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^arbarb College librarp
FROM THE
J. HUNTINGTON WOLCOTT
FUND
GIVEN BY ROGER WOLCOTT [CLASS
OF 1870] IN MEMORY OF HIS F ÄTHER
VOR THE "PURCHASE OF BOOKS OF
PERMANENT VALUE, THE PREFERENCE
TO BE GIVEN TO WORKS OF HISTORY,
POUTICAL ECONOMY AND SOCIOLOGY"
Die Derfdjulöung
öes
bäuerlichen <5run6beft%e$
in Botjcrn
uon 6er <Ent[tef)ung ber t)r}potf|e&
bis 3um Beginn öer flufftfärungsperiobe
(1598 1745).
Ittit einer (Einleitung
über
öic (Eiitroicfcluitg fter $reih,eit ber Oerfügung über (Bruno uiib
Boben unier febenben im ITIiltelalter.
5orf(f|ungen 3ur <5e|d}id)te öes Agrarkredits.
Don
Dr. £*rtt)itr <Eorjen.
£eip3ig,
Oer lag uon Dun&er & rjumblot.
1906.
Die
Derfdjuttmng 6es bäuerlidjen (Brunöbefttjes
in Bauern
1598 — 1745.
ZlXf
„ttic^ts liegt ben tttenfdjen me^r am Qe^en,
als öafe fie Kreöit Ijabcn." (1732.)
Die Der|d)uföung
öes
bäuerlichen <5run6beft^e$
in Batjern
von öer (Entftefyung 6er Qqpotfjefe
bis 3um Beginn ber Hufklärungsperioöe
(1598 1745).
ITXit einer (Einleitung
über
6te (Entundtlung öer 5reil}eit öer Derfügung über ©runö unb
Boöen unter £ebenben im ITTittelalter.
5orfd)ungen 3ur (Z>efd)id)te öes Hgrarkreöits.
Don
Dr. artfjur doljen.
i
Ceip3ig,
ücrlag von Duncfcer & fjumblot.
1906.
EcavoS' itf.it
I OCT 19 1912
Tr^^r^^c
9We ffied&te borb ehalten.
üortpott;
2)afe bie twrltegenbe ©d&rtft, bei ber bie 3KaI)nung beS igoraj
„nonum prematur in annum" wörtlidj) befolgt worben ifi, eine
ßfidfe in ber 2Biffenfd&aft ausfüllt, wirb ntemanb bezweifeln fönnen,
ber bie Stgrarpolitif ber ©egenwart unb bie ßiteratur be3 Slgrar*
frebitö fennt. 3Rit 3lu3nal)me be§ fanonifdjen 3w3t>erbote3 gibt eS
auf bem weiten ©ebtete ber 33obenoerfd(julbung unb be3 SlgrarfrebitS
fein Problem, baä eine etngetjenbere ^tftortfd^e ©arfteHung gefunben
$ätte. SDie Stellung ber ©efdfjidfjte als Setjrmeijierin ber ®taat&
mannet ifi jmar bei biefen felbfl in SBergejfenljeit geraten, aber ba
ba3 ©d&lagwort „CmtwidElung" in ber SBelt ber 8Sorftettungen immer
größere Sebeutung gewinnt, fo barf ber aSirtfdfjaftS&iftorifer tjoffen,
bei wirifd&aftöpolttifdfjen fragen bodfj nodfj etwas ©etjör ju finben.
Ober gilt nidfjt nur im Seben be3 ©njelnen, fonbern audfj in ber
Sßolitif ber ©oft, bafe jebe ©eneration baju Derurteilt ift, iljre eigenen
trüben Erfahrungen gu machen?
2)afj bie SBef dfjränfung be£ %tyma& in räumlidfjer Sejteljung,
auf ein befiimmieS Sanb1, bie 3lufnat)me be3 33ud(je$ beeinträchtigen
wirb, befürdfjte t(§ nidfjt ; benn jeber ftenner weife, bafe, wa$ ein Sudjj
bur$ biefed SBerfa^ren an SSreite oerliert, e3 an Stefe gewinnen mufc.
Urfprünglid^ Ijatte tdfj bie äbftdfjt, mdjjt nur bie SBerfdfjulbung
beä ÄleingrunbbeftfeeS , fonbern audjj bie be3 ©rofegrunbbeftfceS (be$
2bel£) ju betjanbeln. 35a idfj aber fd&on bei meinen erften 33er*
fudjen, 9trd^it>e abiiger gamilien ju benufeen, oerfdfjlojfene £üren
fanb, fo warf tdfj ba3 oon mir gefammelte 3Waterial über bie 35er-
föulbung beä Slbetö ab unb bearbeitete e£ $u einer befonberen 9X6=
Ijanblung 2.
2BaS ben geitraum betrifft, fo wählte id& baS 17. 3al>rf)unbert
beS^alb, weil ju biefer 3*tt juerfl einige ber widfjttgjlen ©runblagen beS
mobemen Ärebttwefenä, DerjinSlid&eS SDarleJjen, jQppotljefenwefen ufw.,
1 Auf ben Umfang be$ ehemaligen ©erjogtumS ftagern.
9 3m fitteraturoerseigm* gittert.
— VI —
voU jur ©eltung famen. Sfaßerbem reijte midfj bcr Umftanb, baß
(bi3t)er) gerabc in SBejietjung auf ba8 17. Qa^t^unbert ba£ tieffie
SDunfel bie Ärebtioerftfltniffe ber ©runbbeftfeer be<f te. S)ie 3al)re 1598
unb 1745 jmb ntd&t tüiafürlid^ gemäht: 1598 übergibt 2BiK)elm V.
bcr fromme, ber &auptgegner ber Jßppotljef, bie Regierung feinem
moberner gefinnten ©otyne 9Jto£tmilian L, mit bem mir fofort in
bie Sßertobe be3 9lbfoluti3mu3 unb (gemäßigten) aWerfantiliSmuS ein«
rüden. 1745 befteigt ber frtebliebenbe 3RajimiIion III. Sflfef, ein
£tjpu3 be3 „aufgeflärten dürften", 33at)ern3 £l)ron. <£r grünbet bie
3lfabemie ber SBtffenfd&aften, unter feiner Regierung beginnt langfam
bie ^Bauernbefreiung. SDie f5ortfö^tung ber Unterfud&ung bis $ur
©egenmart märe intereffant unb oerloäenb, mag aber, bei nun ge*
gebenem gunbament, o^ne große ©dfjroierigfeiten oon SKnberen vor*
genommen merben.
3m Saufe ber Arbeit [teilte e8 fidfj ate notmenbig fcerauä, im
aWittelalter f eften guß ju f äffen. 2Ba3 t<$ f anb , oerbtdjjteie ftdfj
afö Einleitung ju einer bef onberen ©tubie (§ 1), bie i<$ auf bem
Titelblatt tjeroor^eben ju bürfen glaube, meil fie eine grage betrifft,
bie ein über unfer Xtyma IjinauSge^enbe^ roirtfdfjaftS* unb redfjtä-
gefd(jid(jtlid&e$ Sntereffe bejifct unb §ier jum erftenmal im ,8ufammen=
l)ang einge^enb be^anbelt mirb.
Sie 3) a r ft e 1 1 u n g gerfättt in brei £etle. 3unäd)ft werben bie
©runblagen be3 Ärebitö, unb jroar befonberS bie redfjtlidfjen unb
roirtfd&aftlid&en ©runblagen beljanbelt (erfteS bis merteS Äapttel).
SDarauf folgt eine ©dfjilberung ber ßrebttoerljältmjfe felbft mit 83e*
nu|ung tum ©erid&täbfidfjern (fünfte« Äapitel). ein fedfrfteS ßapitel,
in roeld&em idj bie Sßolittf be3 ©taateS barlege, gibt mir jugleidf)
©elegenljett , bie Urfadfjen ber SBerfdfjulbung be3 bäuerlid&en ©runb=
beftfceS an jroei Seifpielen (ßrieg unb 9Kißernten) eingeljenber ju
betrauten.
2luf bie ©arftellung folgt eine 3ufawmenfaf[ung ber 6r =
gebniffe. 2lber mä^renb i<$ in ber 3)arfteHung ba3 SUiaterial un*
mittelbar reben laffe, enthält ber Slbfd^nitt „@rgebniffe" ein fub-
jeftioeS Clement : er jeigt, rote tdjj mir auf ©runb be3 2BäterialS bie
3uftänbe unb ©reigniffe üorftcffe. 3nbem idf) aber hierbei ben ©toff
anberS anorbne, roie bei ber Sarfteßung, gelingt es mir, ben ©egen-
ftanb nod& tum einer anberen ©eite ju beleuchten.
3tn Slnljang bringe i<$ außer ber $Priorität8orbnung Ijaupt*
fädljltdf) Stypen ber non mir benufcten SBriefprotofotte. ©roßeS
Sntereffe mirb baS ebenfalls im 2lnt)ang abgebrudfte „Snoentar"
— VII —
erregen, weil e3 bem Sefer ein getreues ©ptegelbtlb einer Bauer-
Itdjen 9Birtfd)aft auä ber üou uns be^anbelten Stitpmobt bietet.
3um ©djluft obliegt mir nodj bie Sßffidjt, allen benen meinen
Ijerjlidjfien 3)anf au3jufpre<$en, bie midj bei meiner Arbeit in irgenb
einer 3Betfe unterftüfet ^aben. 33ef onber3 igerw ©e^eimrat Untoerfttätö*
profejfor £. Srentano, ber midj auf ba8 ^ema aufmetff am
gemadjt Ijat unb niemals ermübete, mir feinen roerttwtten 9tat ju
erteilen, ißerrn 9teidj3ardjbaffeffor Dr. ©triebinger unb jQerrn
Dberftleutnant a. 3). g e r <$ l f djulbe idj 2)anf füy mannen iQinroeto
auf nridjtige Duetten. •
«TCfindjen, tm SBtprtt 1906.
3vx »ntapt»
3n fyctltst>er3etd?nis.
©eite
Starwort V
$er}et<$ni8 bet ge!ürjt jitierten Sitetatur X
SBerseidJniS ber benüfcten SBerorbnungen nebft Angabe ber gunbfteHe . . XV
Einiges wm bet Serfaffung unb SBe§örbenorgantfatton beS Äurfürften-
tum8 »aljern XVII
(Einleitung.
§ 1. 3)ie ©ntnricflung ber greüjeit ber Serfügung über ©runb unb
©oben unter Sebenben im Mittelalter 1
§ 2. 2)ie Entfteljung beö ffleattrebttS in morp$ofogif<$er Betrachtung 37
(SrfteS Äapitet.
Da* ^uyotyeJtariftye Darlehen*
8. SRentfauf unb ^arle^enöginö (3ftentenftt)ulb unb Jtapitalfc$ufl>) . 56
§ 4. 2)ie Errichtung ber §gpot$ef unb ba8 ^ubliaitätSprinjip ... 82
§ 5. 2)ie gefeilteren £gpoilje!en, ^fanbprfotfegien unb gtargugSrec^te . 108
3roeite3 Jtapttel.
Die SUtfpdjt be* fcrtmbljtmt über ben SreMtuerkeljr ber &rtmbuutertatt*tu
§ . 6. 3)aö $er!eljr8redf)t ber grunbbaren Bauerngüter im allgemeinen . 122
§ 7. $a£ grunb$errli$e Äonfen8rea)t 182
§ 8. 2>te Urfacfcen beS ftonfen3re$ted 148
§ 9. $ie SBtrfungen be« ÄonfenSred&teS 158
S)rttte8 Rayittl
Jupij trab JJoltjeU
§ 10. ©<$ulbre<$t unb ©d&ulbnerpoltsei 165
§ 11. gubaugüter unb ©üterjertrümmerung 176
§ 12. 3)ie Eintreibung ber grunbljerrlidjen abgaben unb bie Äbftofrong
ber 6<$ulben 182
18. 3in$tasen unb 2ßua)erpoliäei 208
— IX —
5Bierte3 Äapitcl.
9a* Kapital
Seite
§ 14. 2>ie Ärebttgeber 214
gfinfteS Jtapttel.
9le tatfädjUdiett 3ttfl forte
na<$ ben
UrieftjrotofeolUti «Hb DtrlaflfeiiMaftiHiiieittareit.
§ 15. @<$ulbt>erfd&ro&ungen (ijauptfäd&ttd& 3)arle$en8!rebit) 234
§ 16. Äauf unb übergabSoerträge (Seftfcfrebit) 254
§ 17. $ertafFenf$aftSUu>entare (6d&ulbenftanb) 279
©edjfteS Äapttel.
Staatlüfte Aktionen*
§ 18. 2>er $reifcigiä$rige Ärieg 299
§ 19. aRifceroten 325
§ 20. 3lefortm>erfui$e 338
§ 21. $ie Serf cfculbung unb i&re ttrfad&en 360
§ 22. Jfcrebtt$mbermffe 381
§ 23. $te Ärebttbebmgungen. Ärebttnot . . . 402
24. $ie Ärcbitpolit« 419
25. Sdjluüfolgerungen 440
&«4tft0 455
©toflarium 469
Uev$e\d\ms
ber gefügt 3ttierten Citeratur*
21 r dj t v , Dberbaperif djeS, für oaterlänbif dje ©ef djtdjte, herausgegeben
t>om ißiftorif<$en SBerein oon unb für Dberbapern, 1839 ff.
Bluemblacher Christophorus , Tractatus de iure emphy-
teutico, vitalitio et iure precario, ad usum et mores nostri
temporis aecomodatus. In quo casus quotidiani . . . dis-
cutiuntur. Salisb. Ed. I. 1661. Ed. II. 1715.
SBrentano ßujo, ©ef amtnette 2luf fäfee I. : ©rbredjt&potitif, alte unb
neue geubalität. ©otta 1899.
Srunner ißeütri<$, 25eutf$e 9Ie3)t3gefdji<$te (SBinbingS iQanbbudj
ber beutfdjen ^edjt&oiffenföaft, II 1). 2 33be. 1887 u. 1892.
Chlingensperg, Quaestiones ex titulo codicis de iure emphy-
teutico depromptae, quas in Universitate Ingolstadiana
publicae disputationi subjeeit Fr. J. J. M. comes de Seins-
heim praeside H. A. M. de Chlingensperg. 1730.
(Soljen, 2lrtf)ur, 2)er ßampf um bie abeligen ©fiter in 93apern
nadj bem 5Dreif$igiäfyrtgen Kriege unb bie erften baperifd&en
2lmortifatton3gefefce. 3^(4^ för ^c B*fotnte ©taatötoiffen*
fdjaft, 1903, ©. 1 ff.
Colloquium: ©in Win$h\%{\fy unb ßuftigS Colloquium oon
eiligen SReidjStagSpunften. ^nfonberljeit bie Deformation ber
3öUe , 3in^Ja^unÖ un^ SSerbeff erung ber 3Ratrif ei be=
treffenb. herausgegeben oon ©bewarb ©ottyein. Sammlung
älterer unb neuerer ftaatSioiffenfdjaftlidjer ©Triften be£ 3n* unb
SluSlanbeS, herausgegeben oon ßujo S3rentano unb (Smanuel £ef er.
S)under & igumblot, ßeipjig, 1893.
©ie§e baju bie Einleitung gur 9leu§erau§ga&e t>on ©otljein.
SSerfaffer ift ber SBürgermeifter oon Ueberlingen (am Sobenfee)
$ flaumer, „al§ Vertreter beö ftäbtifajen $atrijiate8 aua) Vertreter be3
Sei§IapitalS", „an geinljeit, SBilbuna. unb fajriftftetterifajer ©eroanbt^eit
feinen rein juriftifä)en ©egnern entfd&ieben überlegen0 (®ot§ein 3. 47).
2)ie ©d&rift ift „eine gortfefcung jener im 16. 3a§r§unbert t)or allem
beliebten ©treitgefpräd&e, ein ©lieb in jener langen Steige, bie oon
— XI —
UIri$ oon ©utten ju (Sljriftian £omaftu3 reitet", eine „^rogtammfdjuft
augunffcn be§ ^Bürgertums" (©otljetn ©. 51/52).
Robert 3JHdfjael, 2)ie innere Regierung Bayerns nad(j bem 35rcil5tg=
jährigen Äriege. gorfd&ungen jur ©efd&td&te 33anern£ [f. u.],
12. §Bb., 1904, ©. 32—108.
Sgl. audj bie baran ftc^ fnüpfenbe Volenti! ätmfdjen ^reufj unb
$5ber(, im gleiten Sanbe.
<£nbemann Sßityelm, ©tubien in ber romanifdfHanoniftifdfjen 2Birt=
fd&afts- unb SRed&tSleljre big gegen ©nbe be£ 17. 3aljrf)unbert3.
2 SBänbe. 1874 unb 1883.
%\ä Subnrig, SDie bäuerlid&e ©rbfolge im re<$t£rl)einifdf)en SSaijern.
2Hfindf)ener uüW$it>trtfd&aftlid&e ©tubien, 8. ©tüdf. Sotta, 1895.
§orf<$ungen jur ©ef <$idf)te 2Janern3. aSicrtelja^r^fc^rift, feit 1898
herausgegeben dmi Äarl t>. SRein^arbftöttner , feit 1904 tum
SBidfjael SDöbert unb bem ©enannten. (SReue golge ber „gor=
fdjjungen jur Äultur- unb ßiteraturgefd&idfjte SanernS", feit 1893.)
tJrepberg 9Ka£ grl>r. »., 5ßragmatifdfje ©ef<$id(jte ber banerifdfjen
©ef efcgebung unb ©taatönerroaltung feit ben 3eiten 9Jia£tmilian3 I.
9?ad& amttid&en Duellen bearbeitet. 1836 ff. 4 23be. (unooHenbet).
©otljein ©bewarb, 3)ie beutfdfjen Ärebitoer^ältniffe unb ber SDreiftig*
jäljrige Ärieg. ©inteitung (Pag. in lateinifdfjen 3^*™) pm
„Colloquium", ftelje oben.
4} ab erlin 6. g. SB., ©pftematifd^e Bearbeitung ber in 9Keid&el*
bedfS Historia Frisingensis enthaltenen Urfunbenfammlung.
(Srfier [einiger] Seil: SRed&tSgefdfjidfjte. 1842.
^eu^Ier SfobreaS, Snftttutionen be3 beutfd&en $ßrü>atred(jte$
(SinbingS fcanbbudfj ber beutfd&en 9ted&t$it>iff enf d^af t , II 2).
2 8änbe. 1885 unb 1886.
4?ofrat3gutadfjten:
©ummarifd&er unb ©antprojefe, roie berfelbe auf ge=
Ijaltene Äonfultation unb ©eliberation mit ben 35eputirten
von gemeiner ßanbfd^afl in ein orbentlid&eS SibeU nerfafet
unb begriffen roorben. 1611.
Concordata über bie ßanbred^t ber gürftentflmer Dber= unb
•ftieberbanern. Dfme Qa^reSja^l.
©utad&ten über bie banerifd&e SanbS* unb SßoUjeiorbnung
ber gürftentümer Dber= unb -JUeberbanern. D&ne 3a$re$j.
3)ie (SnttDÜrfe jur Sfceufobififation t>on 1616 tourben aunäc&ft von
einer Hommiffion $er5og[i$er Beamten (ben fogenannten ^oliaeirftten*),
bann öon einem ad hoc eingelegten Sanbfc$aft8au8f#ujj ((r?oliaeiau8fc$ufj4')
unb enb(i$ oon ben ^erjogU^en SHfafterien bur$beraten (ftreg&erg I
— XII —
@inl. S. 20). SDer $ofrat bearbeitete bie @utaa)ten ber einzelnen Re-
gierungen nebft feinen eigenen Siebenten unb Sorfdtfftgen ju ben obigen
Vorlagen (um 1611).
UnioerfttätSbibüot&e! SRünd&en, 2° mscr. 221. — £>ie burc$»
gefcenbe golüerung ift von einer fpäteren $anb.
3nama*©ternegg ßarl SJ&eobor u., 3)eutfd)e ^trtfc^aftSgefdjtdjte.
S3t3 iefet 3 Ȋnbe. (33i$ jutn @nbe be$ 3Rittetaiter$.) 1879 ff.
ft renn er granj t)v Sagertf dfje £anbtag$l)anblungen in ben gctfjren
1429—1513. 18 Sanbe. 1805.
$)er Sanbtag im ißerjogtum Sapern oorn 3al)re 1605. 2lu*
einer gletdföetttgen ieanbfdfjrift. 1802.
S)er Sanbtag im fierjogtum SBapem w>m Sa^te 1612. 3fa&
autfientifdfjen föanbfdjriften gefammelt. 1803.
©er ßanbtag im Äurfürftentum 33apem vom Qa^re 1669. 3lu£
autljentifdjen &anbfd(jriften gefammelt. 1802.
2(uä) bie 2lu8gaben biefer ßanbtage ftnb von Brenner.
Manz, Praeludium belli civilis inter rigorosos creditores et
calamitosos debitores super censibus et pensionibus
praeteritorum annorum, quod sub praeside Casp. Manz
publice defendit Joa. Achatius a Seeau. Pars I. lag. 1642.
Über 3flan§ t)gl. $ier @. 299 unb 318. „ttnftreitig ber bebeutenbfte
Surift, ben ba3 fat$ottfa)e 2)eutfa)fonb bamalö säurte . . . von um«
faffenber praftifdjer @rfal)rung* (GJotljein ©. 46).
„Bellum civile*: 2)er ^ürgerfrieg" anriföen ben ©laubigem unb>
ben ©djulbnern ging neben bem 2)reifiigiä§rigen Ariege §er. (@iet)e
oben bei „Colloquium"). S)er erfte Xtxl ift oorftet)enbe$ „Praeludium"»
2)er aroeite %eü ift ba3 „Bellum civile" felbft, eine fpätere Arbeit be$
fruchtbaren ©ajrtftfieKerS.
Sftanj, ©djufe unb ©<$irm: Patrocinium debitorum calamitate
belli depauperatorum , ba3 ift ©<$u$ unb ©c$irm aller
erarmten unb burdEj ba3 leibige ÄriegStoefen oerberbten ©djjulbner
nuber tyre geftrengen unb unmitleibigen ©laubiger, anfänglich
[1636] in Satein betrieben burdj 6a3par3Äanj, anjefco aber
in bie beutfdje ©prad&e überfefct. Qngoljtabt 1641.
&u8 ber Storrebe: „Steine opiniones an vielen Orten angenommen,
täglich praftiaiert unb in Urteilen benfelben nachgegangen . . . ©o ift
aud) jebermann, ber ntia) fennt, rooljl benm&t, bajj ia) nidjt gewöhnt,
nieberen ober tjoljen ©tanbeöperfonen $u blanbieren."
aKanj, 3tn3f<$armüfeel, ba3 ift ein gefctljrlidjer bodj täglicher
©treit jroifdfjen ben ©laubigem unb ©dfjulbnern, ob man bei
biefen leibigen ÄriegSjeiten f<$ulbig fei, bie 8ia\ta ju bejahen.
SKuSgejogen aus bem lateinifcijen £raftat Bellum civile inter
— XIII —
creditores et debitores des Caspar Manz unb in bie beutf dje'
Spradje t>erfefct burdj 33altl). Sang. 1645.
2luö ber Sorrebe: „$arum ta) mir vorgenommen, einen btirger*
liefen Ärieg anaufleQen unb unterfa)teblia)e !riegfü§renbe Parteien bem
gtinfttgen Sefer auf ben ©djauplafc »orjufüfjren, fte etliche ©änge unb
©efeü)te mttetnanber tun au (äffen , aföbann mid& anrifdjen Ujnen einju«
legen unb momöaUa) grieben gu mad&en unb fte ooneinanber ju f Reiben/
3» aper SRanfreb, Duellen jur 33e$örbengefdjid)te 33apem3. 1900.
2Rapr (3Repr) ©g. Äarl, Sammlung ber <$urpfaljbaperifdjen 2anbe$=
oerorbnungen. 1784 ff.
SWeiboIjm 33iftor, SDaS beutfdje <Pfanbredjt. 1867.
3Jtemorial. allgemein löbliche ßanbfdjaft in Sägern ufit>. &anbs
fdjrifi, 15 SHätter in 2°, einer Sammlung ber bapertfd&en
lanbftänbifdjen grei^eitöbriefe beigebunben. D^ne SaljreSj. unb
Unterfd&rift. — ,3n>ifdjen 1651 unb 1669. ©leidfoettige SCbfc^rift.
Offenbar ibentifa) mit bem greoberg 1 153 erwähnten „libellum grava-
minum" ber Sanbfd&aft&oerorbneten an ben <S$urfürften oom 15. gebr. 1666.
3n $rfoatbeftfc.
SRerfel Qo^anneS, 35a3 Firmare beS baperifd&en 33olföredjte3.
3eüfd&rift für 9te<$t3gefdjidjte, 2. 33b., 1862.
M. B.: Monumenta Boica, Ed. Acad. Scient. Elect. Mon.
1763 ff.
•JHejler Siegmunb, ©efd&idjte Sapern«. 6. 33b. SSerfaffung unb
Äultur 1508 -1651. 1903. .
SRofenttjal ©buarb, ©efd&idjte beS ©erid&tSroefenS unb ber 33er*
roaltungäorganifation S3apern3. 1. 33b. (33i$ jum @nbe beS
16. 3at>rijunbert3.) 1889.
Sammlung ber merfmürbigften djurbaperifdjen ©eneralien unb
fianbeSperorbnungen. (herausgegeben von ßreittmapr.) 1771.
S $ m e l } l e iganS, SDer Staatshaushalt 33apernS im 18. 3al>rljunbert.
aWflnd&ener DolfSmirtf^aftli^e Stubien. 41. Stfidf. Gotta 1900.
S c h m i d Caspar, Commentariiinjus Provinciale Bavaricum
1695.
Tom. I.: Comm. ad processum summarium et edictalem,
cum duabus novellis in praesidium debitorum depaupera-
torum etc.
Tom. II. et III.: Comm. ad jus municipale Bavaricum.
Über ©a)mtb unb feinen Kommentar fie$e ©. 74. £er erfte SBanb
bei Iatetnifa)en Kommentars enthält ben ©ummarifü)en ^rojejj unb ben
Qantyroftet, ferner einige Anfänge, barunter ein Kommentar jur
Serorbnung oom 20. 3uni 1650 (unten ©. 816). $te beiben
anbeten ©änbe enthalten baä Sanbrea)t. SemerfenSwert ift befonber*
— XIV —
ber Äommentar aum 21. Eitel („93on ber ®runb§erren ©ered&tigfeit* ufto.)*
©djmtb au SCrt. 1: „. . . i$ bei jegtt$em Slrtifel bagjenige reben »erbe,
nmö i$ burd) 40 3a§re gefeiten, teils in ©trettfadjen, bie an bie ^öc^ften
2)icafteria faft täglich enoad&fen ftnb, teils aber bei meinen eigenen Unter«
tanen, beren id& nidjt wenig gehabt fyabe, »eil fte iljren ^ed^ten fteif
innefteOen". — 3Me Auslegung ber einsehen Slrttfel verfällt in Hummern
(n. 1, 2 ufro.).
Sch mid Caspar, Commentarius ober Auslegung be£ <$urbagerifd(jeu
Sanbred&teS. QnS SDeutfdfje überfefct. 2 5CetIe. 1747.
Schmid Caspar, Commentarius ober 2lu3legung bei dfjurbmjerifdjjett
©ummarifd&en unb ©antprojeffeS. 3n3 3)eutfdE)e überfefet. 1742,
2)ie beutfd)e ft6erfefcung ift naa) ©engler (Duettengefd^tc^te be8 im
äömgreid) Sanern geltenben ^rfoatrecfjteä, I. Seil, 1864, «Rote 92) eine
„gelungene*. 2luf ©runb meler Stichproben tarn tdj ju berfelben Aber*
Seugung, bie Überfefcung ift metftend wortgetreu.
©egbel 2Ka£, SagerifdjeS ©taatSred&t. 2. Sttufi. 1. 33b. 1896.
(©efd&id&ttid&e @mtettung.)
Urbar3gebraud(j ©erneuter, oon einem 9tegen3burgtfd&en 2)om*
fapttlifd&en Beamten. D^ne 3fa§re3ja§l. (1750.)
W e i x e r Joh. Casp., De jure dominorum et subditorum. Über
ben 21. %\it\ bei dtjurbaperifd&en SanbredfjteS [na<$ ber Segal-
orbnung]. 1726.
2Bt)fc, 2)ie ©fllt unb ber ©d&ulbbrief nadf) 3öti(§erifdöent 9ted&t.
3ettfd(jrift für ©dfjroeiaerifd&eS SRedfjt, 9. 33b., 1861.
Zeller Ferd. Ernest., Praeludicia sive resolutiones a summis
Ducatus Bavariae dicasteriis emanatae. 1733.
£o5iftfattonen*
Lex Baiuvariorum, roaljrfd&einlid& jnrifdjjen 743 unb 748.
S)a3 [ältere] Sanbredjt ßubroigS bei Sägern, jnrifd&en 1333 unb 1336.
2)aS 9ted&t3bud(j SubroigS be$ Sägern, 1346.
(Srflärung ber 2anbe$freif)eit, 1508.
33ud& ber gemeinen ßanbbot, 1516. Sanbredfjt,
Sieformation ber Sanbred^te, 1518.
©erid&töorbnung, 1520.
SanbeSorbnung, 1553.
S)er Sanbelorbnung weitere ©r-
Härung, 1578.
©eridfjtSorbnung,
©ummarifdfjer Sprojefj, \ 2
©antprojefc, °*
Sauber unb Spolijeiorbnung,
£anbre<$t, 1756.
— XV
ber uricfyttgjien benutzen Derorbnungen nebft ßunbfeUm*
2)atum
SunbftcOe
83emer*
hingen
27. gebr. 1594
13. HRärs 1598
20. Sttli 1605
23. 5cbr. 1635
11. Stpril 1635
10. 3Rai 1637
20. Sunt 1650
17. Sprit 1654
16. ©ept. 1654
21. ftftq 1662
27. Sugufl 1669
24. fcejbr. 1669
4. 2>ejbr. 1671
5. Rar» 1672
7. Stfir» 1674
HuSletfjung b. Sormunb*
fd^aftSgelber . . . .
Erneuerte 3Jlanbata
unb Sanbgebote
aRajimilian I. . .
©djutbenwef en ber 3U ben
Sanbfaljnen auögen>äl)l*
ten Untertanen . . .
©ültnad&läffe bei ben
Äaftenuntertanen wegen
ÄriegeS
griftenbetoitttgung in
©ajulbfad&en ber bura)
ben Ärteg oerberbten
SanbeSuntertanen . -.
3>ie©läubiger,n>eIo5e
burtt) ben geinb
Derberbt roorben .
SinSnattjlafj in 6djulb»
fachen wie oben . . .
$rooiftonaImanbat jutn
nadjfolgenben . . .
3in3na$la& in ©djulb*
fadjen rote oben . . .
ttnterfiüfeung bei Stoß-
ernten
3Ranbat über bie
(anbfa)aft(. Grava-
mina
SRentmeiftertnftru!*
tton
Aufrichtung ber §eirat3-
briefe
9u3(ei$ung ber Hirsen-
gelber
Verbot ber ©üter^er*
trümmerung ....
Unio.»83ibr. SWündjen2
8
©taatäbtbl.
Manz, Patrocinium
(tat. 3tu3gabe, 1640),
9Cn$ang
Umo.*8tbr. SRünd&en6
Schmid, Co mm.
tom. I., Anfang . .
Unio.-»ibt. SRünd&en6
@taatdbibl. , 8
Sammlung oon Äreitt-
magr 6. 86 ...
©benba 8. 547 . . .
©taatöbibl. 9Wüna)en4
(Sinaetbrutf
Ausfertigung
an bte Kegle*
ruttß Sanb«*
§anbfct)rift-
£anbfo$rift<
lia)
©injelbrudt
n
Unio.-$tbr. SRün^en1
$anbfa)rift
(Sinjelbrutf
}»eglau
»bfa)r.
21.»pri
Beglaubigte
vom
IpriK 1762
»mnerfungen auf umfte^enber ©eiie.
— XVI —
4. gebr. 1676
24. 3titt 1676
81. 3Rai 1681
27. SRära 1692
5. 2Rärj 1701
26. Sluril 1712
16. gebr. 1713
2. $e$br. 1717
r
12. April 1719
29. 3<*n. 1735
14. 3uni 1740
7. ttou. 1747
Unterftüfcung bei SRifk
ernten
desgleichen
Verbot ber ©üterjer-
trümmerung9. . . .
Unterftüfcung bei 3Jli&*
ernten
©rjeffe in Ätrd&en*
abmintftrationS*
fachen
ttnterftüfcung bei Wib<
ernten
2)e$gleid)en
JHrd)enrec$nung8*
toefen
$er ®otte8$äufer
unb tnilben ©tif*
tungen Sied&nungen
bei.ben §ofmard&en
Xajorbnung . ...
2)a8 greigelb ober
bie SRadjfteuer . .
(Sinforberung uon Gut-
achten über bie grage,
ob bie Serorbnungen
uom 20. Sunt 1650 unb
16. ©ept. 1654 (f. o.)
nodj gültig fmb . . .
©taatSbibl. 3JHlnc$en4
Unio.«»ibl.
©taatSbtbl.
IT
n
8
6
10
3Raur, @amml. IV 754
StaatäbiM. SRttnd&en*
©injelbrud
»egl. SBMArtft
com 21. »pm
1762
Ginjelbrud
ttnh>.*Stbl.
6
HRanr, ©ammt. IV 764
n
Sammlung oon ßrettt*
maur ©. 40
Gbenba 6. 214
ttnio.*Stbl. SRünd&en6
§anbft$rift
1 2)er betreff ift, wenn burd&fd&offen gebrueft, offisiett, fonjt ttnURirUc$.
8 2° jus 1750 (Sauer. Generalien).
8 2° jus 1692 (©ammelbanb).
4 2° Bav. 960 (Sauer, Generalien in Cahiers).
5 Cgm. Aua. 11 (Klöckeliana) n. 39.
Älötfcltano: eine «Sammlung t>on «Materialien jut @ef#td)te ber öaoerlföen Staat«*
»erwaltung, angelegt oon Älöctel (f 1833).
« 2° jus 1768 (Sauer. Generalien [meift $anbfa)rtft]).
7 2° jus 1754 (Sauer. Generalien).
« Älöctel 44 (fä(ftt)lia) 21. 3Äai 1662).
9 Ausfertigung „an alle Seamte beS Rentamtes 2Jlüna)en*. 2lu8 flreitt*
utaur, Slnmerlungen $um banerifa^en Sanbrec$t II c. 2 § 14 n. 9 ge$t aber bie
generelle Statur beS 2)efrete8 Ijeruor.
io JUöcfel 55.
XVII —
(Einiges
von ber öerfaffung unb Sefyörbenorganifation bes
Kurffirjientums Sayern-
9tegententafel.
SBiQelm Vv her gromme 1579—1598
9»ajtmiltan 1 1598—1651
Sägern ßurfürflentum 1623
gerbtnanb SHaria . .- 1651—1679
3RapmiHan II. ©mannet 1679—1726
ßfierreidjifdje DKupation 1704—1714
Statt »ibred&t (afe Äaifer ftarl VIIV 1742—1745) . 1726—1745
SMe ß^^^ölfitellen1 waren: 1. bcr ©ebeime diät (üergleidj*
bar unferem „©efamtminifterium") , 2. ber Jßofrat: für 3ufit& unb
?PoIijei (bcr iQofrat war aber guglcid^ SWtttelfteHe , fiebe unten),
3. bie igoffammer : für bie ginan jen, 4. ber geifttidje 9lat : jur 3Cu£^
Übung ber firdjlidjen fio^eit beS ©taateS. — ©ett 1644 beftanb
ab oberfie Snftanj in ©trettfadjen ein 9tet>ifton3geri<bt (Sfteoiforium),
ein ©egenftüdf jutn SReidjSfammergeridjt. Über ben SSifttationSrat
fle$e ©. 341.
Sägern war eingeteilt in bie der „ Rentämter" 9Wün<$en,
2enb8l)ut, Straubing, Surgbaufen. 2ln ber ©pifce be3 Rentamtes
SRflnd^en flanb ber ßofrat (fiebe oben), an ber ©pifce eines ieben
ber brei übrigen ^Rentämter flanb eine „ Regierung" (in SRedjtefadjen
„$ifajterium" genannt).
SDie StnttaU unb bie SWittetflellen waren ÄoffegiatbeljÖrben.
SMe untersten jiaatlidjen SBeljörben waren bie Sßflegämter,
$fkggerid>te, fianbgeridjte. ©ie waren befefct mit einem Pfleger
(^Pegoerwalter f) ober £anbri$ter unb mit einem @eri<bt3f<#reiber.
Sie ©eridjtsbiener Riegen gronboten. ©röfeere SanbgerWjjte waren
i
$ie ©ejörbenorgamfation im alten Sägern gut $t\t bed abführten Surften»
tum« ifi nodj ni$t genügenb erforföt. $emnä($ft erfdjeint: 2)ie t)iet Rentämter
bei alten Sanern nebfl iljren Unterorbnungcn unb bem leeren lanbedfürftUc^en
©eamtenperfonaf 1450—1804. 93on ©eorg gerd&[.
1 6ie$e barübet unten e. 100.
Co$cn, ©«i^ulbuwfl. II
— XVIII —
in „Smter" eingeteilt, biefe bilbeten aber feinen fetbftänbigen ©eridjjtS-
bejirf. (Über bie „iQofmard&geridfjte" fielje unten.)
Quftij unb Sßolijei waren nodjj nidfjt ooneinanber getrennt.
SDte Äaftenämter Ratten bie g r u n b Ijerrf dfjaftli<$en gunftionen
be3 ©taateS gegenüber beffen © r u n b Untertanen ju »erfe^en.
©ine ber baperifdjen Seljörbenorgamfation etgeniümlidfje Äontrott-
infianj war ber Sfcentmeifter, beren e£ oier gab, \t einen für
jebe3 Rentamt. S)er SRentmeifter ftanb unmittelbar unter bem Äur*
fürften unb Ijatte auf jäljrlidjen Umritten bie Smter ju mfttieren
unb ba£ öffentliche ßeben ju übermalen. 3)a8 Ergebnis ging in
Sßrotof ottform an bie 3wtralfteffen jur SSerbef Reibung.
SJton unterfdfjieb 1 bie Sanbftänbe unb bie „gemeinen Untertanen".
SDie ©tänbe festen fid^ jufammen aus bem Slbel (SRiiterfdjjaft), ben
Prälaten (ßlöfter) unb bem Sürgertum (©täbte unb mit Saubftaub*
fdfjaft begabte SRärfte). S)ie Sanbftänbe Ratten ©ifc unb ©timme
auf ben ßanbtagen. 33orauS'fe|ung ber SluSübung biefeS SRed&teS
burdfj ben Slbel mar ber 33eftfc eines in bie Sanbtafel eingetragenen
©uteS, einer „&ofmardj" (fie^e unten). Sie Sanbftanbfdfjaft beä
2lbel3 „erhielt baburdfj, bafj fie afe an bem abeligen ®ntt £aftenb
betrautet mürbe, einen meljr realen ßljarafter" ÖQuggenberget
©. 188).
2)er ßanbtag mürbe in bem gangen uns befdfjäftigenben 3*tt5
räum nur breimal einberufen (1605, 1612 unb 1669). ©päter oer-
fal) ber SanbfdfjaftöauSfdfjufj, melier am ©djjluffe eines ieben Saitb*
tags beljufS Vertretung ber ©tänbe bis jum nä<$ften ßanbtag ge=
wä< mürbe — SanbfdfjaftSoerorbnung — , bie gunftion beS 2anb=
tagS. SDie SanbfdjjaftSoerorbnung beftanb aus 16 Sftitgtiebertt
(4 Prälaten, 8 9fttter, 4 33ürgermeifter, je bie iQälfte aus bem Ober«
lanb unb bem Unterlanb) unb Ijatte baS 9ted&t ber Kooptation.
Sfof ben „§ofmar<$en" ruljte bie niebere ®erid?t3barfeit (£of*
jnard&geredfjtigfett). S)er Gljarafter als §ofmar<$ beruhte auf
Privilegien, auf &erfommen, auf lanbeSfürftlidijer äkrleijjung. 2)te
Sjofmard&geredfjtigfeit umfaßte inSbefonbere aud& bie 3fotlgeridfjt$barfett
mit SluSna&me berjemgen über ©runb unb Soben, bie niebere Sßolijei
unb baS ©djarroerfSredfjt (hierüber fte^e unten ©. 367).
1 9Sgl. §ua,gen5eraer, 2)ie fiaat8re($tlit$e (Stellung beS lanbfäffigen Slbetä
im alten Sägern, in ber 8ri$u>aKfc$en Seitfc^rift, 1899, ©. 181 ff.
— XIX —
3)ie &ofmardjen waren geroöl>nlidj gefdjloffen, b. §. bie &ofs
mardjgeredjttgfeit bejog fidfj nidjt nur auf bic eigenen ©runbunter*
tonen beä iQofmardjIjerrn, fonbem auf alle ©eridtfSetngefeffenen.
SHe ©runb&erritdtfeit afe foldje braute feine obrigfeitlidjen S3e=
fugniffe mit fidj. 3Ban unierfdjieb fkenge jtmfdjen ben $ofmar(^s
Ferren unb ben „blofcen ©runbljerren" Oßfarrer, Stiftungen, Sürger
ufn>.), ftelje j. 33. ©. 154.
S)ie Angehörigen ber „ebelmannSfreien" ©efdfjtedjter Ratten
neben iljrer iQofmardjgeredjitgfeit bie niebere ©eridjtöbarfeit auf iljren
fogenannten „einfdjid&tigen ©ütem".
(Sbelmamtöfrei waren biejenigen Familien, roeldje bereite im
3fa^re 1557, bei ber 3$erleit)ung be3 60. greiljeitSbriefeS, jum bar)t*
ttfdjen Slbel gehört Ratten1.
©infdfjidfjtige ©üter roaren foldfje, roeldje aufterl)alb ber ©renjen
ber igofmard^ im „Sanbgeridjtlidjen" jerjtreut lagen.
Sie niebere ©eridjtsbarfeit über bie einf djidjttgen ©üter enthielt
biefelben Sefugniffe wie bie ißofmard&geredjtigfett.
3Jtan unierfdjteb batyer in ber golge jnrifdjen ben ebelmannS*
freien ©efd&ledjtern (bem „alten Slbel") unb ben blofjen iQofmardj*
Ferren (bem „neuen Slbel") 2.
1 SBSIjrenb alfo bie §ofmard&gere($tigteit ein bingltd&eä 9te$t war, Ijatte
bie GbelmamtSfretyeit perfönUdjen ©Ijarafter.
9 ©ie§e barüfter (Sonett, Äampf um bie abeligen ©üter ©. 20 ff.
n
(Einleitung*
§ i.
9te Ohtitotrfthmg b*r 3fcei$?tf fr*r fterf&guitg über
®tunb unb $tö*n unter Isbenfrsn im Mittelalter»
L
SDic SBelaftung uon ©runb unb 33oben mit ©Bulben ift eine
Slrt SBerfügung barübet, ber SBobenfrebit eine ©rfdjjeinung be3 Siegen*
f d£jaft£t>erfei)r3. SDic notmenbtge SBotauSfefcung ber SSobenoetfdfjulbung
unb be$ Sobenfrebitö ift ba(;er bie greitjeit ber Verfügung über
©runb unb Stoben unb ba3 Sefteljen eines SBerfeljrS in ©runbftüdfen.
3tm Slnfang ber Äulturentrotdflung gab e$ roeber
biefen Seifert nod(j jene grei^eit.
®af$ ed leine gretyeit ber Verfügung oon ©runb unb 33oben
von XobeS wegen gab, ift allgemein befannt; bie komplementär«
erf Meinung beim SSerfe^r unter Sebenben ift tum ben 2Birtfdfjaft$*
fjtfloriletn bis jefet wenig beamtet roorben. SDie Urfadje be$ geljlenS
ber 33erfügung$freil)eit ift bei beiben SBerfügungSarten ba3 geilen
von ©onbereigentum.
fiauS unb igof gehörte ntd&t einem ©injelnen, etwa bem Familien*
pater, bem ^nfjaber ber £au$geroalt ; biefer mar nidjt berechtigt,
über baS unberoeglid&e SBermfigen eigenmädfjtig ju oerffigen. @r mar
gefmnben, e$ feinen Äinbern fo ju Ijinterlaffen, mie er felbft e$ oon
feinen 33orfaljren ttberfommen Ijatte. ©runb unb 33oben gehörten
bem Saufe, als einer bie einzelnen ©enerationen überbauemben
®emeinf($aft. ©lieben bie Äinber nadfj bem £obe beS $auSoaterS
beteinanber im $aufe jtfcen, fo burfte natürltdjj erft red&t ntdfjt ein
einzelner §au£genoffe felbjtänbtg aber baS &auSoermögen oerffigen.
Darübet, bog ben Jladftfommen ber IjäuSlidfje ©runbbefife ungefdjjmälert
oerMieb, roadfjte (roa^cf^einli^) bie ©type. Sie fungierte als eine
Sri Xufftd&tSorgan.
2BaS inSbefonbere ben bäuerlid&en ©runbbeftfe betrifft, fo
loat berfelbe lange 3eü ™r Attribut ber SRitgliebfd^aft in ber
SRatfgenoffenfd&aft. &auS, $of unb gelb waren nur unter«
6o^ cn, gtarföulbitng. 1
— 2 —
fleorbnete 3ube§örungen bcr teufe, ben £auptbeftanbteU bübeten bie
Stffmenbnufcung unb anbcre genoffenfdfjaftttd&e 9Ritred&te. ©rtofdjj bie
SWitgliebf d&af t , j. 33. baburd), baß ein &au$ auSftarb, fo trat feine
Vererbung ein, fonbern bann fiel bie ißufe an itjre Duette, bie 2Rarfc
gcnoffenf<$aft, jurüd1.
S)ie 2Rttgliebfdf)aft in ber 3Warfgenoffenfdjaft, bie £eUl)aberf<J)aft
an intern Vermögen mar ate ein mit beut ©tatuS gegebenes SRedfjt
im ©runbe unoeräußerltdjj. SBottte ein Sauer feinen Jßof oeräußem,
fo beburfte et ber 3ufHmmung ber fämtUdjjen 9Äarf genoffen ; n>iber-
fpradEj au<$ nur einer, fo mar bie Veräußerung unmöglich 2. Watüxliä) :
mit ber Sfafäffigmadfjung be$ @rmerber£ mar ja audjj feine aufnähme
als SWarfgenoffe notmenbig oerbunben.
©o mar ba$ 9tedfjt fcbe« (Sinjelnen am ©runb unb Voben burdjj
bas Ijöljere 9te<$t ber ©emeinfdfjaft, ber er angehörte, begrenzt, unb
ebenfo fließen bie Veftfcred&te ber ttnteroerbfinbe nadj oben an bie
Utredjte ber größeren Verbänbe, oon benen jte einen 5Ceit bilbeien.
©ine Verfügung über ©runb unb Voben mar alfo feljr fd&nrierig
unb eigentlich nur in ber SßJeife möglidfj, baß er ju feiner Duelle,
bem nädjftf)öf)eren Verbänbe, jurüäfeljrte. 2Bemt jum Veifptel
ein SBergelbfd&ulbner oon bemeglidjer S&abt gdnstid^ entblößt mar
unb nur me^r feine elenbe iQütte a befaß, fidfj ber broljenben ©djalb«
fnedjtfdfjaft ju entjieljen, fo fonnte er feine £fitte (menn audfj SSäter
unb Vrüber jaf)lung3unfäi)tg maren) unter etgentfimltd&en 3ttemon{en,
bie mir fpäter nft^er fd&ilbern merben, an feine ©ippe4 abtreten,
unb biefe mußte bann bie ©d&ulb5 übernehmen6.
©& fehlte aber bamalS nidfjt nur bie redfjtlidfje Vorausfefeung
be$ ßtegenf dfjaf töoert eljrs , bie gretljett ber Verfügung übet ©runb
unb Voben, fonbjrn e$ fehlten aud^ bie mirtfdjjaftli<$en Ve*
bingungen. @8 fehlte ber 2lnlaß fomo&l jur Veräußerung t>on ©nmb;
ftäclen als aud) jum @rmerb folget oon Sfaberen. 2Ber ©runbbeftg
befaß, behielt tljn, benn et mar bie notmenbige VaftS ber mittf<$aft*
1 S)ie8 ge$t aus bem @bi!t be8 fränfifd&en Königs G&ilperitf (jm. 573
unb 575) Ijeroor. JBgl. ©ierfe, @rbre$t unb 3Stcinenred&t (Settfd^r. f. Äed&tS*
gef«i«tc XII, 1875).
* Lex Sal. XLV 1. @mfpruc$«frift 12 3»onatc.
8 @8 tft ju ben!enf bafr bie gelbflur nodj ntd^t aerteift war.
4 @igentlic§ : bem näd&ften ©ippegenoffen ; mar aud) biefer }a$fungdunf&9ig,
fo !am ber übernäd&fte an bie Steige ufm.
R @tgentli($ bie Hälfte ber ©d&ulb, benn bie anbere §ätfte mufjte bie <&\ppt
o$ne$in jagten.
• Lex Sal. LVIlI.
— 3 —
Itd&en unb fo&talen ©£tflenj. Staubte eine gamilie meljr Sanb jur
2lbfd&idf>tung eines gamtltenmitgltebeS, fo war bie SWarfgenoffenfdjaft
verpflichtet, £anb Ijerjugeben; baju biente if)r &eimfafltered(jt (f. o.).
3Bar aEe$ bebaute ßanb in fefien igänben, fo würbe in ber Slffmenb
gerobet. 2tud& btefe Vorgänge fteffen no<$ feinen SSerfe^r bar, fte
finb nur äuSfluß beS ©efamteigentumS. —
SDie erflen 3^mobiltamräußerung£gef<ijäfte — im ©inne einer
■Btaffenerf Meinung — , benen wir in ben Duellen begegnen, finb bie
©$enfungen an bie Äirdjje junt Seelenheil. Um im
fremben Sanbe feften guß f äffen ju fönnen, mußten bie ©lauben3=
boten unb iljre -Wadöfolger banadfj trauten, ©runbbefifc ju erwerben.
©ie veranlagten alfo bie eintyetmifdfjen ©runbbeftfeer, i^nen ©runb
unb Soben ju fd&enfen. ©egengabe war ba8 remedium animae,
bie ©rlöfung von ben ©ttnben, bie ewige ©eligfeit. ffixe ©tettung
als SMener ©otteä, ifjre geiftige Überlegenheit als Äulturmenfdfjen
verlief ben ©laubenSboten ben naiven Sarbaren gegenüber eine
gewiffe Autorität, bie i&nen bei ben SBerl>anblungeu juftatten fam.
3Wit rljetorifdjem Raffinement fdjjilberten fte bie greuben beS ißimmels,
unb bie leidjt erregbare Sß&antafte ber -WaturmenfdSJen vergrößerte fte
ins ungemeine. 2Ba3 bebeuteten gegen fotöje 2lu§fid^ten bie irbtfdfjen
©fiter, bie traurigen Hilfsmittel einer iämmerlidjen (Sjrtftenj1?
©ie Jtlerifer wanbten ftdjj junäd&ft an bie gamtlien Häupter.
SBon romaniftifdf>er Sluffaffung befangen gelten fte biefe, als mit
ber $au$gemalt bef leibet, für berechtigt, über ben unbeweglichen
gamilienbeftfc ju verfügen, gerner nahmen fte an, baß bie meift
bejahrten gamilienlfäupter ifjren geiftlidjen Argumenten angejtcljtS
be$ fjerannatyenben £obe£ befonberS jugänglicfc feien. 3)er Familien-
vater begann barüber nadfjjubenfen, was er baju tun fönne, um jur
ewigen ©eligfeit ju gelangen2, ©r fam ju bem ©ntfd&luffe, feinen
©runbbeftfe ber ftirdfje ju freuten. 2Bie §atte er bteS anzufangen?
3Waßgebenb für bie Drganifation be$ Siegenfd&aftS*
oerfe^r* war bie eigentumverfaffung. 3)ie Veräußerung war
baljer irid&t ^rivatfad&e etneS (Stnjelnen, fonbern Angelegenheit
ber SJerbänbe mit Ijö^eren, urfprüngli<J>en Anregten
an ©runb unb Soben.
1 Hist. Frig. I Nr. 607: „Thesaurizate vobis thesauros in coelo, ubi
n*c erago (Äunjct) nee tinea (Motte) demolitur"; „hereditas divitiis
c>apautnr in coelis aeternis."
8 (fcbenba: „ . . . cogitare coepit, quid ad remedium animae suae
pertinere potuisset."
1*
— 4 —
3u biefen SBerbänben gehörte t>or allem, mte wir gefe^en Ijaben,
bie jQauSgenoffenfd&aft. S)ie SBeräufjerung von ©rbgut, terra aviatica,
sors unb mte bie 2lu3brüdf e alle Reiften mögen, mar ©adjje ber © e -
famtljett ber oollbered&tigten fcauSgenoffen1. 2Ber t>on
tynen an ber SSeräufjerung nidfjt beteiligt geroefen mar, fonnte fte
anfedfjten2. SWitmirfung mar nid&t nötig, fonbem e$ genügte bie
blofje 2lnmefent)eit. SDte foUeftioe SBerfügung ber gamilienmitglteber
über ben ©runbbeftfc tritt bef onberS f d&ön in bie Srfdjjeinung, menn
bie SBeraufjerungStätigfeit von tynen gemeinf am (ju „gefamter
&anb") oorgenommen mirb. 2)te3 mar immer bann ber gaU, menn
ba$ iQauS ber einheitlichen ©eroalt (manus) entbehrte, meil 3. 93.
Srüber ober Settern an feiner Spifce fianben.
2lu$ ber fommunijHfdjjen -Jtatur beä bamaligen ©runbeigentumS
ergibt ftdjj mit Utotmenbigfett eine gemiffe Öffentlidfjfeit beä
SBeräufterungSoorgangeS. 33or allem mufjte bei Dielen 33er=
äufcerungen ber ÄretS ber an ber ©emeinfdfjaft beteiligten feftgefiellt
werben, unb biefeS mar nur baburdjj möglich, baj$ man bem 33er*
äufeerungSgefd&äft ooffe Sßubltjität gab, fo bafj jeber, ber am ©runb*
ftücf einen Slnfprudjj ju §aben glaubte, in ber Sage mar, ü)n geltenb
ju mad&en. gerner: Je metyr SBiberfprud&Sbered&tigte ftd& an ber 33er *
äufeerung beteiligten, befio meniger mar ein nachträglicher Sßiberfprudfj
ju befürchten. 3)te3 lag aber nid&t nur im Qntereffe be3 ©rmerberS,
fonbem (*ud& beä SBeräufcererS , meil er bem ©rmerber haftbar mar,
menn bie SBeräufcerung angefochten mürbe (f. u.)- SRadjj ber Lex
Bajuvariorum (XVI 1 unb 4) unterlag ber SBeraufjerer fremben
GinttS fogar einer poena dupli, inbeiti er bem Äfiufer nidfjt nur
ben Kaufpreis reftituieren, fonbem audEj ein anbereS ©ut oon gleicher
2lrt oerfdfjaffen mu&te.
3)ie Urfunben jeigen, baft bie Öffentlid&Jeit beä ©tunbftücf?
oerfeljrS über ba3 burdfj ba$ ©efamteigentum ber i&auSgenoffenfdjaft
geforberte 9Wafe IjinauSgmg. 63 fommt oor, bafc bie Sippe jus
f ammenberufen mirb8, menn bie ißauägenoffen barüber uneinig ftnb,
ob oeräufeert merben foH ober ntd&t. SBorneljme Ferren laffen fidfj
1 Db bie nähere (Generation (ber „proximus heres") bie entferntere auä*
fc^Iog (alfo ber ©o$n ben GbnUl, ber SBruber ben Neffen ufro.), ift beßritten.
Söenn ber ©o$n be3 Seräufiererg gegen bie SBeräufserung nichts einjuroenben
§atte, fo wirb bie$ in ber [Regel au% beim @n!cl ber gatt geroefen fein.
8 3lbterr ©iegm., ©rbenroartredjt n. b. älteften baper. 9led)t8queHen (©ierfe,
Unterf., 37. fceft) 1891.
8 Hist. Fris. I Nr. 13.
— 5 —
oon tyrem ©efolge begleiten, wenn fie ju einer SBeräufeerung
fdfjreiten \ ©anj geroöl)nltd(j ift e3 ferner, bafe ni<§t nur bie cognati,
fonbern audfj bie vicini, bie 3Äarf genoffen ober bie umliegenben
£ofbefifcer, jur 33eräu§erung jugejogen werben, ober fonft an tyx
teilnehmen; in mannen ttrfunben ift fogar oon einem ÄonfenS ber
■Wadjbam ober -Dtorfgenoffen jur SBerau&enmg bie Siebe 2. Überhaupt
ift ba3 Seftreben erfid&tlicfj , möglid&ft oiele unb namentltdE) tnöglid^ft
oorne^me Seute jur SBeräufcerung tyeranjujieljen : je mefjr bieS
gelang, befto größere Autorität erhielt ber ungemö^nlidfje SSorgang,
benn alle Umfte^enben galten als feine ©eburteljelfer.
2Bte bie red&tlidfje ©ebunben^eit oön ©runb unb Soben für
bie Drganifation biefeS alteften StegenfdfjaftSoerfelirS mafegebenb mar,
fo beftimmte feine tatfäd&lidfje @ebunbent)eit bie gorm ber SBer*
äufcerung. 2)ie 33eräuf$erung oon ©runbfiüden mar nodf) ttxoaä
aufjergeroöfinlid&eS ; e$ fehlte nodjj ba3 red&te SBertrauen in bie neue
©rfdfjeinung, unb oor allem fehlte bie Übung in abjiraften 5Bor=
fteüungen, bie nötig ift, fie ju begreifen. 2)al)er ftnb bie erften
Smmobtliaroeraufcerungen oott oon Sßlafttf unb fonfreter
©innlid&fett. SJlan mieS gemiff ermaßen mit gingern auf bie
©ntftljaftiglett be$ aSeräufjerungStoiHenS §in, unb man erfdfj&pfte ftd(j
beinahe in Umftänblid&feiten, um bie SBeräufcerungStatfad&e nur
red^t fefi ber ©rinnerung einzuprägen, ©a e£ aber pfipftfdfj unmöglidfj
ift, ©runb unb 33oben gegenftänblid^ ju übergeben, fo begnügte man
fidj mit fgmboltfdjen £anblungen. SDiefe mürben einem
bereite befte^enben 33 o r fi e 1 1 u n g 3 ! r e i f e entnommen, namentlich
bem SBerfe^r mit beroeglid&en ©ütern. SBeil man ben Soben
fetbjt nidfjt mit ber iQanb übergeben fann, fo übergibt man roenigften3
einen £eil beSfelben ober ber auf itjm toadfjfenben grüßte oon §anb
ju fianb. SKan mobilifiert bie Immobilien (in ber SBorftellung) jum
3mede ber 33efifcübertragung 8. 9ta$ ber L. Baj. gibt ber SBeräufeerer
bem ©rmerber mit ber redeten &anb ©rbe oon ben oier ©den be$
©nmbftüdfeS ober ©ras ober (toemt e$ ein SBalb ift) einen 3^eig4.
$er 2Bergelbfdf>ulbner, ber nad) ber lex Salica feine glitte an bie
1 (Sbenba.
• 8. ®. Hist. Fris. I Nr. 12.
• Sgl. bie au<$ ©iel fpätcr noa) auftretenben SCuäbrücte: Übergabe ,gu
getarnter $anb", ffeßtttoergang »auf bie tote $anb" ufro.
« L. B. tezt III tit. XVII 8. SDie gaffung ber öefttmmung läfet „auf
fefei Älter unb auf eine ben erften Slnflebehingen bed SolfeS no$ titelt ent-
fernt liegenbe Seit* f (Rieften (3Rer!eI, £a? firmare, 6. 117).
— 6 —
©ippe abtritt, um ber ©dfjulbfnedEJtfdjjaft ju entgegen (f. o.), fammelt
oon ben mer ©den ber iQütte ©rbe in feiner &cmb, flcHt ftd^ auf
bie ©d&wette, ba£ ©eftd&t nadfj innen gewenbet, unb wirft bie ©rbe
mit ber linfen £anb über feine ©d&ulter hinweg auf ben nadjfien
SKagen. (©iefer fängt fte n)al)rf<i)einli<$ mit ber £anb auf.) 3roar
Ijanbelt e$ ftdfj Ijier nid&t um eigentlid&en Sobenerwerb, fonbern um
dlMUfyx be£ ©runbbefifceS ju feiner Duelle. 2lber um fo be*
jeidjnenber ift bie ©efefeeSfteUe für ba3 Sllter ber ©itte be£
„©dfjollenwurfeS". ©ine anbere bem SBerfe^r mit bewegltdjjen
©ütern entnommene fgmbolifd&e föanblung ift bie Sefleibung, ba£
Urbilb ber „3>noeftitur". Äein ©ut ifl wo§l früher in ©onber*
eigentum übergegangen afe bie ftleibung (einfdEjliejsltdEj ©d&mutf), unb
audEj fpater nodfj gehörte fie ju ben widfjtigften im inbimbueffen 33efi|
befinblidfjen SBermögenSftüdfen1. 33ei ber Qnueftitur freilidfj ift bie
Äleibung jum iQanbfdjjut) jufammengefd&rumpft, bie &anb be3 ©r*
werberS wirb von bem SBeräufcerer mit bem iQanbfd&ul) befletbet, bie
beiben fpmbolifdEjen Jganblungen „Übergabe tum ijjanb ju &anb"
unb „Sefleibung" finb ju ©inem oerfdjjmoljen. änbere fpmbolifdje
feanblungen finb »on ben bamafö bereite befannten SSrten be£
©rwerbä non ©runbbefifc fjergenommen. 3?ad^ ber 1. Baj.
a. a. D. fann Eigentum baburdfj übertragen werben, bafi ber ©r*
werber (in ©egenwart be3 SeräufeererS) einen Sßflug um baä ©runb*
ftücf ^erumfüfirt, Slobung fingierenb. 3>n btn Urfunben ftnbet man
fefjr häufig ben exitus unb introitus: bie beteiligten fingieren §ier
Dffupatüm unb Serelef tton , um etwaigen fpäteren ©inwenbungen
gegen bie ^Realität ber 33eräu§erung oorjubeugen.
S)ie ©dfjenfungen tum ©runb unb SBoben an bie Äir<$e jum
©eelen^eil pflegten alfo anfangs an Ort unb ©teile, in
©egenwart ber SBerwanbten unb -ftadfjbam, feierlich,
unter fpmboltfd&en feanblungen norgenommen ju werben,
©in anfdjjaulidfjeä Seifpiel ber Vorgänge Ui einer berartigen ©djjenfung
1 25er feine Stuften auf bie ©ippe abroäljenbe äöergelbfd&ulbner mufc
ofjne ©ürtel, alfo im §etnb, barfuß einen fd&roeren Prügel (palus) in ber
öanb, über ben Sann fpringen, um barjutun, bafj er fein beroeglidjeä Vermögen
me§r &eftfce. (9tod& im 17. 3o§r(junbert melbet ber banerifd&e ^uMtaift Wani
[©d&ufc unb <Sc§irm II 56], bafj ber »on bem beneficium cessionis bonorum
(5)ebraud& ma$enbe 8an!erottierer in italtenifd^en ©täbten feinen ©ürtel Idfen
ober bie §ofe aufmalen unb mit ben SBorten: „3$ trete ab" öffentlich ben
Wintern entblößen mufe.)
bietet un« eine greiftnger Urfunbe (obwohl fie aus einer er§eblt<$
fpfiieren 3eit flammt, oom 3al)re 839) l :
2>er vir nobilis Statolt oon £agolftng, begeifiert oon bem
SEBorte beS &errn, labt ben SBifdjof ein, ju il)m nadj £agolftng ju
tommen. Der 33ifdjof tommt unb fragt ben 9t. coram omnibus
vicinis et cognatis suis, ob er roirfltdj berechtigt fei (si potenter
potuisset), feinen öeftfc (res suas) jum Seelenheil an ein ©otte&
f)au$ }u übertragen, dreimal fragt ber 33ifd^of unb {einer roiH unb
tarn nein fagen (nullus ei contradicere voluit neque potuit).
Unfer 9t aber fie^t umgürtet mit feinem guten ©dfcmert (viriliter
circumcinctus gladio suo) mitten in ber featte (in medio triclinio)
feineä &aufe$ unb gibt in ben Steliquienfdjrein (tradidit in capsam)
unb in bie JQänbe (in manus) be$ SifdjofS alles toa$ er f)at hierauf
meift 3t tum ber ©d&toeffe feinet Kaufes au$ ben Sifdjof in feinen
ganjen 33eftfe ein (de omnibus rebus suis per superliminarem
domus suae vestivit). £um ©djlufc oerläfct (exivit) 9t ba$ &au$,
unb ber Sttfdjof tritt ein (intravit).
@$ ift flar, baf$ bei biefem in materieller unb formeller 33e*
jie^ung fo fdjtoerfftCigen 33eftfcübergang£apparat bie ©Deutungen an
bie Äirdje großen ©<$roterigfeiten begegneten unb auf oiele&t über*
ntffe fliegen.
■Ramentlid) roaren eS bie i&auSfö^ne, bie ben frommen
Intentionen ber gamilienoäter ernftltdj roiberftrebten. 3n ber Siegel
nod) in ber SJlüte iljrer ftctyit befmblidj, lebensfroh unb tatenburflig,
unb begierig, ba3 gamiliensepter ju ergreifen, fa^en fte fidj in i^ren
planen unb Hoffnungen burd) baS (nadj t&rer Stuf faffung) gleifcnertf dje
Setragen ber fremben Männer unb burdj bie natürlidje ©d&mädje
i&ter Säter bebaut, bie, lebenSmübe unb fatt ber ©nttäufdjungen,
bie e$ bringt, feine SJtöglidjfeit unb feinen SBunfdj in fidj unb oor
ft<b faljen, als e$ frteblidj auäflingen ju laffen unb im Senfeitö
mürbiger fortjufefcen.
S)a& in bem nun folgenben Äampfe ber Qntereffen bie
Äirdje fidj nWjjt immer auf ben 9le<$t3ftanbpunft [teilte, tyre poltttfd>e,
toirtfd>aftftd)e unb geiflige Überlegenheit oft fdjonungäloS baju mtfj*
brauste, bie ftinber ber eingefeffenen ©runbbejtfcer non iljrem 6rbe
)u oerbrdngen, ift avß ben Kapitularien befannt. äud> baä baperifd^e
»otf*red>t enthält änbeutungen. @3 fagt (XVI 12): 9Kd)t feiten
(aliquoties) entfielen ärgerliche ©treitigfeiten (scandala) burdj ben
1 Hist Fris. I Nr. 607.
— 8 —
oertoerflidSJen (reprehensibilis) Unfug, fremben 83cfi| (res alterius)
ju oerfdfjenfen. gerner fprid&t e8 tum betrfigerifdfjen 2Radjjettfd&aften
(iniustis machinamentis) jum 3roetfe kt$ 33erfd&enfen3 fremben
©igentumS (XVI 13).
3u ben 9Jitttetn, wetöje bie ftirdje ergriff, um bie ©dfjenfungen
jum ©eelenfjeil cor Anfechtungen ju fidfjero, gehören bie fo ^ftuftgen
2Bteberl)olung$s unb 33efräfttgung8gefd(>äfte unb
sä lau fein. 2Bemt nur ber leifefte 3roeifel <m ber aSottfornmen^eit
be3 SBeräufeerungSafteS beftanb, umrbe bie SBeräufeerung n>omöglid&
unter günftigeren Umfiänben tuieberljolt x. 35ie ©dfjenfungSurfunbeu
ftrofcen förmlidfj oon SBerfidjerungen ber ©rnftlidfjfeit unb ©ültigfeit
ber ©d&enfung, be3 geljlenS t>on SBiberfprud&Sberedjjtigten ober
Sßtberfpredjjenben, be3 erfolgten ©igentumSfibergang« , ber Untoiber-
ruf lidjfeit ber ©dfjenfung, ber ewigen SJauer be$ übergegangenen ©igen-
tumS. SDie oben gitterte Urfunbe oon 839 f fliegt mit ben 3Sorten:
Äein 3Kiteigentümer (coheres), toeber SH. felbft nod& feine filii
(&au£genoffen) ober jemanb aus ber ©ippfdfjaft (parentes) ober
SBerroanbtfdjaft (cognati), foll bie Sefugnte (potestatem) Ijaben,
bie ©djjenfung anjufedfjten (commutandi), fonbem bie ©igentumä*
Übertragung foll oon ewiger SDauer fein unb etotg in Äraft oer*
bleiben (sed perpetua stabilitate in perpetuum traditio eius con-
firmata permansisset).
Sor ädern aber gebrauste bie ÄirdEje i^re polittfdfje SDiadfjt
int Kampfe gegen bie alte Drbnung.
Über bie ©ntfteljungSgefdjjidfjte ber Lex Baiuvariorum wirb
nodjj geftritten2. ^ebenfalls tyat bie Äirdjje bebeutenben Anteil an
ber Urljeberfdfjaft. 3)ie3 gilt befonberS oon ben beiben erflen Sitein,
unb liier nrieber oon ben beiben ßettarttfeln I 1 unb 2, otelleidfjt
bem &auptjiel be£ ©efefeeä ober feiner legten Stebaftion.
3)er jioeite ßeitartifel Jjat ben $mä, bie ©d&enhmgen <m bie
ÄirdEje ju fiebern, ber erfte, fie $u erlebtem.
35er jtüeite Artifel fagt: 2Ber ber Äirdjje bie iljr gefdfjenften
©üter entjieljen loiH, ber ©genfer ober feine ©rben ober fonft
jemanb, wirb oon ©ott gerietet unb ift ein geinb ber Äird^e; bem
roeltlid&en Sftidjter foH er brei Unjen ©olb jur ©träfe jaulen unb
1 9tomentlidj> bann, roenn einer ber (Srben beim erftmaligen 6d&en!ung$aft
nod& minberjä^rig geroefen war.
u »runnet fefct i§re Slbfaffung in bie 3eit oon 743 bis 748, »e$t$*
gefdj. I 317.
— 9 —
bcr SUtdje foDC er iljre ©fiter wieber jurfidfgeben unb ebenfootele bet
gleiten 2lrt ba;u.
3)er erfte Slrtifel be3 erften £ttefe unb be8 ganzen ©efefeeS be-
siegt ftdfj auf bie SDiSpofitionäbefugniS ber gamilien =
oäter unb auf bie gorm ber ©djjenfungen an bie Ätrdfje.
2Bir wollen junädfjft bie Snberungen betrauten, bie ba3 SBoIfö-
red&t an ben materiellen SBorau3fefeungen ber SBerffigungen über
©runb unb 33oben traf.
2)er ©ebanfe war: SBenn ber gamilienoater nidljt über ben
gangen gamilienbeftfe oerffigen fonnte, fo foHte er wenigstens über
ben auf tljn treffenben £eil oerfügen fönnen. £)ie ©rofefamilte foHte
in iljre einjelnen £eile, in bie Äleinfamilten, au3 benen fte beftanb l,
auSetnanberf allen, ba$ ©efamteigentum realiter in feine einjelnen
Seile aufgelöst werben. @3 fdjjwebte eine SDiobemifierung be3
germanifdfjen gamilienredjjteS nadE) betn SBorbilbe be3
entwickelteren römifdfjen oor.
Slbfdfjid&tungen ober Teilungen be£ &au$oermögen3
waren mit ber fteigenben Sntenfität ber Äultur, mit bem kleiner*
werben be3 9toblanbe£ unb mit bem Untergang be3 &eimfaHre$te3
ber 3Warfgemeinbe (©. 2) immer tjäufiger geworben, ©tauben
mehrere unter ftd& gleichberechtigte gamilienoäter jufammen an ber
Spifce beä igauSljaltS, alfo etwa 33rüber ober SSettern, fo muffte auf
Verlangen audfj nur einer Sinie bie ©emeinfd&aft gelöft unb ba£
gemeinfdfjaftlicfje SBermögen unter bie betreffenben Sinien verteilt
werben2. &atte bie gamilie bagegen eine einheitliche ©ptfce
(beftanb ftc alfo aus einem SBater unb feinen 2)efjenbenten) , fo
brauchten fid& bie SDUtglieber tyre 2lbfdfjtd(jtung nid(jt gefallen ju
laffen; wenigstens würbe barüber gefiritten, ob ber gamilienoater
gegen ben SBitten feiner ©öljne bie gamilie auflöfen fönne8.
Lex Baiuvariorum I 1 bagegen beftimmt: SBenn ein freier
9Rann feinen SBejtfc (res suas) ber Äird&e jum ©eelen^eil fd&enfen
will, fo faim er mit feinen ©öljnen teilen unb barf bann über feinen
1 2)et (&u*(t<$e $erb Bereinigte in ber älteften $e\t betonntfiefc einen mel
größeren ÄretS von Jamilienmttgliebem tote Ijeutjutage, roeil bte @$e bie
Qrünbung eine« beförderen $auäftanbe$ nid&t fjerbetaufü&ren pflegte.
f L. B. XV 9: fratres heriditatem patris aequaliter dividant.
• Über ba* S6f4tc$tung*rec$t ogL $euSler, 3nft. I §§ 51/52; «Wer,
6t<gm«, G$el. ©ütertedjt uub &bf$i$tung*re$t na$ ben ftlteften fragt. Äec^tfi-
aueOeit, 1898, 6. 5 ff. 9uc$ %id 6. 280-83.
— 10 —
Slnteil verfügen (licentiam habeat de portione sua, postquam cum
filiis suis partivit).
S)a3 ©efefc gefjt t>on ber -ytormalfamüie au«: bejahrter SSater
(nebft ©fjefrau), verheiratete ©öljne, fagen wir brei an ber 3a&l,
beren @§efrauen, uuertnadfjfene ©nfel unb ©nfelinnen. (2)ie t>er*
heirateten Söd&ter gehören jum iQaufe tyrer Satten.) @3 finb t)ier
uollbered&tigte &au3genoffen t>orl)anben (ber SBater unb bie brei
©öljne), unb ba3 &au3oermögen wäre alfo in t)ier Seile ju teilen \
35er 35ater will, ba er mangels 3uftttnmung ber übrigen iQau$*
genoffen nidEjt ba« ganje iQauSoermögen ber Äird&e fdfjenfen fatm,
roenigftenS über einen Seil, roenigftenS über feinen
3t n teil (portio) frei verfügen fönnen unb f dfjlägt ba^er bie Stuf-
löfung ber £au$gemeinfd(jaft vox. 3)ie ©öfjne roiberftreben. 3)ie£
foH tynen nad& bem neuen ©efefe nid&tS mefjr Reifen, fonbern ber
gamiliemmter fott aud& gegen tljren SBillen ba3 SauSaermögen teilen
fönnen, wenn er feinen Anteil ber Äirdje fd&enfen will.
2)a3 ©efefe fteüt ein Äompromifc2 bar: £er gamilienoater
foU md[)t ba3 ganje gamttiengut ber Äirdfje fdfjenfen fönnen, aber
feinen 2lnteil. S)tefe3 Äompromtfe jttrifdfjen SBätern unb ©6I)nen,
prifd&en 3>nbit>ibuali3mu3 unb $amiltenfommuni3mu3
ift von großer Sebeutung nidfjt nur für bie ©efdfjid&te ber gamilie,
fonbern aud& für bie ©efdEjtdjte be3 Serfe^rS mit ©runbftüdfen. 33or§er
war nur ein ©runbftüd&oerfe^r ber gamilien ufro. unteretnanber, ein
Äolleftiuoerfeljr, möglid&. 5Bon jefct an beginnt ber $nbi =
oibualuerfeljr im heutigen Sinne eine SftoHe ju fpielen.
Slber nidfjt nur gegen bie alte gamilienoerfaffung roenbete ft<$
bie Äirdjje, fonbern audjj gegen iljren Sttuäbruä unb üjre ©tüfee. 35ie
enge Drganifation be8 Siegenf dfjaftSoerfeljrS , feine fteffelung an
Örtlidfjf eiten unb görmlidfjf eiten f oUte einer freieren ©eftaltung
be3 33efifcübertragung$afte3 meinen. S)ie ©d&enhmgen an
bie Äirdfje foßten nidfjt meljr auf bem ©ute felbfl, unter bem S^^n
1 Vgl. Slbler, 2l&fa)ta)tung8reo5t, 6. 29. — $enfen mix und einen ber
©ö§ne tot unb an feiner ©teile beffen ©ö§ne, fo roäre — benfe ta) — nad)
Analogie beS SRepräfentationSredjteS ba8 ^auöoennögen ebenfalls in vier Seile
ju teilen.
2 3n @aa)fen ging bie Segünftigung ber Äird&e über ein foldjeä Äom*
promig $inau3: SRtemanb barf fein ©rbgut veräußern unb baburdj feine (Srben
i|re$ (SrbteüS berauben; ausgenommen finb bie Veräußerungen an bie &tr$e
(1. Sax. LX1I). 3)er 3«>«tf war ein politifdjer: bie ©djmädjung ber f&$ftf$en
©runbbeftfcerflaffe (f. u.).
— 11 —
bc8 &erbe3 unb im &ör* unb ©eljfretfe ber SRadfjbaw oorgenommen
werben, fonbem in ber Ätrdje, nor bem SÜtar. 2)er ^eilige foHte
bie &au8gßtter, bie ©emeinfdfjaft ber ©laubigen fottte bie örtlidfje
©emetnfd&aft ablöfen. 3Me ©manjipatton be3 ©üteroerfeljrS
t>on ber ©d&olle, feine ßonjentration in ber Äirdfje Ijatte audj
praftifdfje SBorteite. SBenn man mehrere jerftreut unb t>ielleid£>t weit
ooneinanberliegenbe ©üter jugleid^ an einen ^eiligen fd&enfen moHte,
fo mußte man bisher t)on ©ut ju ©ut reifen, ma3 umftänbltdf) unb
fojlfpieltg mar; in ber Ätrdje bagegen fonnte man in einem ®afc
beliebig oiele ©üter übertragen. 2)a3 ©ut gegenftänbltdj ju über*
geben, mar nun freiließ nodf) oiet weniger mögüd&, als in ber erften
Sßeriobe be£ ©fiteroerfeljrS, roo fid& bie Parteien menigftenS auf bem
©ute felbft befanben. 2lber bieS lag gerabe im ftntereffe ber Äirdfje.
3)enn nun pnbet ber a3eräußerung$mille in ber Slbftraftion feine
©e^ilfin, in bei ©djrift feine Vermittlerin, in ber Ur*
funbe feine Trägerin. S)aS maren aber SDomänen be3 ÄleruS,
£icr fonnte er feine geiftige Überlegenheit voü jur ©eltung bringen l.
2tm Stnfang mußten jene Sarbaren, menn fte eine ©djjenfungäurfunbe
unterjetd&neten , roo^jl !aum, ma$ fte taten; ctynlidj) mie etma fytnU
jutage bie SRegerljäuptlinge bie Tragweite iljreS £un$ nid(jt ju er=
ineffen vermögen, menn fie ben Sßfabftnbern ber Äolomalftaaten i&r
Sanb abtreten.
2)a$er feljen mir ba£ Verfahren bei ©d|jenfungen an bie Äirdfje
im bapertfdfjen 5Bolf3red&t genau geregelt (I 1): 3)er ©genfer foll
bie ©d&enfung auf einer Urfunbe eigenljänbig betätigen (per
epistolam confirmet propria manu). 3)ann foll er feine 3euSen
— minbeftenS fedjjs an ber £aljl — ön bie Urfunbe iganb an--
legen (imponant manus) unb U)re 9lamtn barunter f dfjreiben laffen.
3um ©d&luß foff er bie Urfunbe auf ben Slltar legen (ponat
super altare) unb fo feinen 33efifc vox bem Sßriefter übergeben (et
sie tradat ipsam peeuniam coram sacerdote).
3Me fpmbolifdfje fianblung be3 Übergebend von £anb ju &aub
fpielt audjj in biefem ©tabium be3 33efifefibertragung3red()te3 nodjj
eine große SRoffe. (£3 genügt nidfjt, baß bie Urfunbe oom ©genfer
unb ben 3*u8en unterfd&rieben mirb, fonbem fie muß auf ben Slltar
1 Sgl. ttrunner, 3ur ®ef<$. ber röm. unb germaniföen tttf. ©. 113:
2>k Übereignung per cartam ift .ben »ergebenen germanifc*en Stämmen burc*
bie römiföen $rootnaia(en, tnäbefonbere bur$ bie ©riftl idtfeit, übermittelt
«•eben'.
— 12 —
gelegt, b. t). bem ©eiligen übergeben werben1. 2)a3 bebeutet,
bafe er feinen 33efifc übergibt. S5ie ißeroorljebung ber manuellen
SBerridjtung beim Unterfd&retben burdjj ben ©dfjenfer unb bie 3e^flen
Ijat offenbar ben 3roed , bit Jganbfpmboltf nod& ftärfer ^eroortreten
ju laffen. 63 fottte ein Äompromtfc gef djaffen werben nidfjt nur
jwifdfjen ©ebunbentjeit unb SBerffigungSfreiljeit (f. oben), fonbern
audfj jwtfd&ett bem oolf$mäfjig*l)eibnifdfjen realen
©dfjollenwurf unb ber römif$ = <$riftli$en abfirafien
SBeurfunbung. SBenn ein ©tfiä be3 SobenS ntdjjt übergeben
werben fann (weil ber 2lft bodfj in ber flirre, ferne oom ©runbfifief, oor
fidfj getyen fott), fo foll bodfj wenigstens etwas übergeben werben, was
ben SBefife oertreten fann, ein ©pmbol, unb jum ©pmbol eignet ftd&
bie Urfunbe. 2tudjj in ber notwenbigen 2lnjal;l ber 3eu9en S^tgt fidfj
bie 5tompromifjnatur ber Seftimmung. ©ed&S 3cu8en muffen e3
fein, e£ bürfen aber me|r fein.
@3 ift woljl nidjjt gewagt, wenn man behauptet, ba& bie ,3euSen
ntdjjt nur UrfunbSperfonen waren, fonbern au<$ bie ©igentumS-
oertyältniffe , namentlid^ bie SefugniS beS SBeraufeererS jur 33er-
äufeerung, ba3 geilen oon @infprudf)3redE)ten ju bezeugen Ratten.
SDeStjalb foHten e3 möglid^ft oiele fein, ©ie würben woljl metfienS
ber -Dtorfgemeinbe entnommen, in ber ba3 @ut lag. darüber, ob
mit Vorliebe 3lnfed(jtung$beredfjtigte, alfo SBerwanbte be$ SBeräufcererS,
ate 3eu9en jugejogen würben, wollen wir feine beftimmte SBeljauptung
aufftellen; inbeffen erfd&eint e3 als ba3 natürlidfje; benn tyr3eugnte
Ijatte, weil e$ jugleid& bie 3uftimmung be8 2tnfed(jtung$bered()tigten
in ftdj enthielt, boppelten SBert für ben SBeräufeerer 8.
Sem 33ebürfni3 nad& 3^er ü<^'ei* un^ 2tnfdfjaulid[jfeit
ber SRedEjiSoorgänge gingen aber biefe Äonjeffionen mdfjt einmal weit
genug. 3Me Urfunben laffen nämlidjj häufig ein nodf) oiel weit-
läufigeres SBerfatyren bei ©d^enfungen an bie ßirdfje erfennen,
als im SBolfSred&t oorgefdfjrieben ift. $a fogar bie alten ©pmbole
©d&oHe unb 3roeig erhalten fidE); fie werben, wenn möglidf), vom
©ute jur 33eräufierung3f)anblung mitgebradfjt. Qn einer §reifinger
1 Srunner, gorfd&ungen (1894) <S. 613: „ ... ift e8 ... bie Übergabe
unb ma)t bie 2lbfaffung ber Urfunbe, roet$e ben rechtlichen SRittelpunft bed
gangen ©efdjäfteS bilbet.*
8 Hist. Rames. fagt, bafe man bie Sötjne al£ 3cugen Bei Sergabungen
Sugejogen fjat, um ifjren fpäteren (Stnfprud) ju »er^inbern (Ämira, <£rbenfo(ge
unb SerroanbtfajaftSglieberung naa) ben a(t«nieberbeutfa)en SRett)ten, 1874, ©. 107).
— 13 —
ttrfunbe oon 821 l Reifet e3 j. 33.: ©er ©d&enfer nafym feine
parentes unb propinqui mit ftd^ unb Ijolte oon ben beiben ©ütern,
bie er f dfjenfen wollte, ©ra$f Rollen unb ©efclinge; afe er am
33ifdfjof8fifce angelangt mar, trat er cor bem ganjen ju ber geicrlid^^
feit oerfammelten 5tleru3 unb SBolfe jum Slltar ; Ijier legte er ba3
grüne 3*ug nieber ; ein Sßriefier unb ein 3Röndfj nahmen bie ©efclinge
unb pflanzten fte an ber 5ttrdfjenmauer ein. —
(Sin anbereS SRittel, ben primitiven SRaturaliSmuS einer
Detfe^rSarmen 3eü fltit &em *m bagerifd&en SBolföredfjt nadjj 33e*
friebtgung ringenben regeren SBerfetyrSbebürfniS ju oer*
einigen, beftanb barin, ba& man bie ftrabttion juerft in ber flirre
in ber befd&rtebenen (ober in freierer) SBeife oornaljm unb bann bie
alte^rmürbigen Formalitäten auf bem ©runbftüd felbft nadj^olte 2.
IL
©ine jroeite ©ruppe oon 33eräuf$erung3gefdfjäften in ber ältefien
3eit be$ 2iegenfd&aft8oerfef)r3 ftnb bie SBeräu&erungen au$
Slot. Unter ben 9totf allen treten befonber3 jmei ©attungen ftarf
Ijeroor: SJiangel be$ notmenbigen SebenSunterljalteS
unbSBerfd&ulbung. 3n ber mannigfaltigften Kombination: 3)er
9Rangel an Lebensmitteln iann bie SBerfdjjulbung Ijeroorrufen ober
oergröfeern, bie ©Bulben fönnen bie ©jiftenjmittel aufjeljren unb fo
Verarmung fdfjaffen. Unter ben ©Bulben mad^en fid& aber am Sin*
fang bie Sßergelbfd&ulben berart breit8, ba& fte — praftifd)
genommen — beinahe ate bie einzigen in ber ältefien 3«t erfdfjeinen.
6$ mar eben ein fampflufligeS unb beutegieriges ©efdjjled&t. 35er
3lnreij, ©d&aben jujufttgen, mar ebenfo grofe mie jener, Ijofjen
©d&abenerfafc }u beanfprud&en, unb bie 33ufjen waren oermutlidfj be$*
fyatb fo tyoi) angefefct, bamit bie SBerlefcten um fo efyer oon ber
9lutra<$e abflünben.
Äonnte ftd& ber ©injelne ntd&t au$ eigenen Mitteln fortbringen,
fo mar feine ©ippe oerpfltd&tet , iljn ju unterftüfcen. 2)ieS be*
)og ftd& nidjjt nur auf ben %aU ber Verarmung, fonbem aud& auf
ben §att ber SBerfd&ulbung. 2Benn ein SBergelbfd&ulbner lein be=
1 Eist Fris. I Nr. 421.
s »gl. $eu«ler, Die ©eroere, 1872 6. 18 ff. ©o&m, 3ur ©efö. ber »uf-
laffung, 6ira6burgcr geftg. f. £$öl, 1879, @. 90 ff., 103 f.
• ttfictftbem bie Spielf Bulben (ZacituS).
— 14 -
megltdjeS SSermögen metyr befafc1 unb aud& ber junäd&ji jur Unter«
ftüfcung üerpftid^tetc Serbanb, bie £au3gemeinfdjaft (SBater unb
Grübet), jatylungSunfcÜjtg mar, fo fonnte ber ©d&ulbner von ber
©ippe Übernahme ber ©djjulb »erlangen, ©r braudjte ftdjj alfo nidjt
in ©djulbfnedfjtfd&aft ju begeben, fonbern bie ©ippe mufete \§n aus
ber brotyenben ©<$ulbfnedfjtfdjaft — gegen Abtretung feines &aufe8,
f. o. ©. 2 - löfen.
Sie Unterftüfeung$pfli<$t ber ©ippe läfet ftdj aber nid&t nur
Ijiftorifdfj feftfteflen, fonbern fie ergibt fidf) audfj logifdfj mit -Kot*
menbigfeit. 2Benn ber Dberoerbanb ben Unteroerbanb , biefer ba£
Snbimbuum an ber SSeräufeerung be3 ©runbbefifceä , an feiner SBer*
n>ertung jur griftung be£ SebenS, jur Sefeitigung von ©Bulben,
jur ©elbftauälöfung au£ ber broljenben ©djulbfnedjtfcljaft oerijinbern
fonnte, burdfj Sßtberfprudfj gegen bie SBeräufeerung (f. o.), fo mufften
jene in ber Drganifation l)öl)er fteljenben fojialen SBefen bie @r*
füllung ber genannten toirtfc^aftlic^en Aufgaben titn felbft über-
nehmen.
3lber bie ©ippen verfielen, unb baju tyat bie Unter*
ftüfcung&pfltdfjt mefentlidjj beigetragen; fie oerbluteten burd& bie 2ln=
fprüdfje auf materielle 33etljüfe, bie ber ©injelne an fie fteffte *. 2lu($
bie -JRarfgenoffenfdfjaften oerarmten unb mit ber Socfe*
rung be$ alten ftrengen gamilienbanbeS (f. I) mürbe ber
9?ücöjalt, ben ba$ ^nbiotbuum <m feiner £auggemeinfd>aft Ijatte,
ebenfalls immer fdjmäc^er. ©er (Sinjelne mar nun bei ©rljaltung von
Seben unb greiljett auf ftdf) allein angemiefen. Sie golge mar: e$
fonnte i^m nid&t me^r oerroefirt merben, ju biefen §ö<$ften 3n>edfen,
ba er fidj Seben unb gretyett täglidfj neu erringen mußte, über feinen
©runbbeftfc ju verfügen burdf) SBerfauf, Eingabe an 3<*!jlung3s
ftatt ufm. Stttein ebenfo blieben bie über bem ©injelnen fiefjenben
f ojialen Drganifationen berechtigt, menn fie baju bie Äraft Ratten
unb mittend maren, mie eljebem, für ben Unteroerbanb, für ben
einzelnen im f$alle ber 9?ot ein juf pringen , einerfei« tyn ju untere
galten, feine ©Bulben ju übernehmen8, anberfettS bie SBeräufeerung
1 @r mufjte burd& 12 (StbeSljetfe* erhärten (WanifefiationSeib), bafc er
nidjtä ocr^cimlic^c („subtus terram").
2 Decr. Childebert IL: De Chrenecruda lex, quam paganorum tem-
pore observabant, deinceps nunquam valeat, quia per ipsam cecidit
multorum potestas. (3eitft$r. f. SRed&t$gefd&. 9t. 3f. III, Germ. 6. 45.)
ls „Sine nottorft gheve unde sine scult ghelde", rote bie ®o£(arer
Statuten ft$ auSbrüdfen (©öftren 6. 26).
— 15 —
feine* ©runbbeft|e$ iljm ju unterfagen, jur @ntfd&abigung, jum (Ent-
gelt für bie &Ufeleijhtng &en ©runbbejtfc an ftdj jiefjenb.
3)ie3 ift ©inn unb (SntfteljungSurfad&e be3 SofungSredfjteS
(im ©egenfafee jur früheren SöfungSpfltdEjt) ber gamilie wnb ber
SRarfgenojfenfdfjaft (©rblofung, 3Karf lofung) : ©er nädfjfte @rbe,
ber 3?ad&bar löft baS ©ut, baS fonft bem freien SBerfeljr verfallen
würbe, auö1.
•Weben ber ©eelennot ber SSeoötterung war e3 alfo tyre
materielle $lot, bie ju einer Sodferung ber ©ebunbenljett oon
©runb unb ©oben im SBerfe^r ben äfolafc gab.
2>ie ^äufigften 33eräuf$erungen au$ SRot waren bie an bie
©runbljerren. Sie gehören ju ber fojtalen @rf d&einung , bie man
mit bem SBort „Jtommenbationen" Jennjeic&net. S)er ©tn jelne
mar ju fd^mad^, als baft er oljne fojialen 9tttcfl)alt £)ätte befielen
tonnen. 2)ie alten ©enojfenfd&aften unb SBerbänbe waren immer
letflung$unfat)iger geworben, unb fo benugte ber ©runbbejifcer bie iljm
geworbene 8Serfügung3freil>eit baju, ft(§ einen neuen Unter ftanb
ju aerfdfjaffen. @r übertrug feinen ©runbbefife (metfienS audjj ftdjj
f elfter) einer vornehmen / reiben, mädfjttgen Sßerfon gegen 33eleiljung
mit bem ©ut unb gegen ba$ SBerfpred&en be3 ©dfjufceS unb ber &Ufe
in Notfällen. 9tomentlid& war bie$ in ber Äaroltngerjeit ijäuftg, als
bie bekannten Stadtteile ber fränftfd&en iQeereSoerfafiung für ben
Meinen ^freien, fpater bie oerwfijhmgSreidSJen ßinfaHe ber öftlidfjen
9iad&barn bie 3toi, Verarmung unb SBerfdfjulbung beS Keinen ©runb*
beßgerS auf bie ©pifce getrieben Ratten.
3)ie Äommenbationen trugen nidfjt weniger wie bie ©d&enfungen
an bie Äird&e jur ©ntfie^ung eines Siegenf dfjafteoerfel)r3 bei. Sie
Ratten eine gewiffe SBerffigungSfretyeit beS ©runbbeftfcerS nidfjt nur
jur SSorauäf efcung , fonbern audjj eine weitere ©tärfung berfelben
nottoenbig jur %*\%*. 35enn nidjjt nur bie fleinen ©runb*
befifcer Ratten ein Qntereffe baran, im Notfall über tyren ©runb*
befifc frei oerfügen ju fönnen, fonbern audfj bie grofjen ©runb*
Ferren felbft waren nun an ber ßodferung ber materiellen unb
formalen ©dfjranfen be$ SiegenfdfjaftSoerfeljrS interefftert. SDenn je
f$ioä<$er biefe würben, befio me^r ©elegentjeit Ratten fte, iljren
©runbbeflfe ju nermeljren unb fo iljre aftodjjt ju oergrö&ern. 3a
fogar bie gamilienmttglteber, bie £au*föl)ne ufw., bie jtdfj
1 BpÜn gefaltet ft$ biefe« SoftingSred&t gu einem 8otlauf*te$t, no$
fetter ft* einem Betrautest ((. u.>
— 16 —
efjebem fo fe^r gegen bie ©djenfungen an bie Äirdjje gewefjrt Rotten,
waren fügfamer geworben; benn bie 3lot ffitjrte eine nod(j berebtere
Spraye, als fie oon ben SKöndfjen ju Ijören gewohnt waren. Stußer*
bem ftanben ben großen ©runbljerren SKittel genug ju ©ebote,
audj) gegen ben SBiberfprudjj ber gamütenmttglieber, ja trog 3Biber=
firebenS be3 ©utSinljaberS beffen Unterwerfung unb bte SlngBeberung
feines ©runbbeftfceS an ben grontyof §erbeijuffil)ren. 2Bie häufig
ft<$ bie großen Ferren über bie SDtitredjte ber gamilienmitglieber,
über baä JQerfommeu unb bie gefefcltdfjen SBerfiußerungSformen f)tm
wegfegten, wie fte bie SBiberfpenjiigen in ben Strieg fd&tdften, bis fte
mürbe würben , ift ju befannt, al$ baß wir e£ nä^er auSjuffiljren
bräunten.
S)ie Karolinger ©erfolgten biefer (Srfcfjeinung gegenüber eine
gemäßigte Sßolittf. ©inerfettS fudjten fie jur (Spaltung ber
2Bel>rfäf)tgfett be$ SBolfeS ben erwähnten 9Wtßbräud(jen ber großen
©runbljerren entgegenzutreten, anberfeitS waren fte beftrebt, bie 83er-
fügung über ©runb unb ©oben ju erteiltem im Sntereffe ber oon
iljnen begfinftigten ßtrcfje, im Qntereffe ber großen ©runbljerren, auf
bie fte polttifdfj benn bod) angewiefen waren, im eigenen Sntereffe,
ba fte felbft ju ben großen ©runbljerren gehörten, enbltd^ aber au<$
im 3>ntereffe ber bebrängten ©runbbeftfcer felbfi.
2)ie jweite £enbenj fommt am retnften bem unterworfenen SBolfe
gegenüber jum 2lu8bru<f. S)enn ^ier waren 3tüdfld&ten auf bie
Sßetyrfctyigfeit ber Seoölferung nidjt am Sßlafe, im ©egenteil, bie
©d)wä<$ung ber fäd^fifc^cn SBolföfraft war ja ein iQauptjiel ber
Äarolingifd^en Sßolttif.
3)ie Lex Saxonum fagt (tit. 62): SRiemanb barf fein (Srbgut
oeräußero (unb baburdfj feine ©rben enterben) außer an bie Ätrdje
unb <m ben ßönig, nisi forte famis necessitate coactus, ut ab
illo, qui hoc aeeeperit, sustentetur. SBenn man alfo burdj bie
31 o t gezwungen tfi, ba8 @rbe ju oeraußem, um baburdj bie Unter«
ftüfeung unb ben ©dfjufc be$ Erwerbers ju erringen, fo foH bie£
juläfftg fein.
Dbfdjon bie Äommenbationen fomit bie inbtoibueHe SBerfügungS-
fret^eit förberten, Ratten fie anberfeitS eine neue Sinbung be3 ©runb*
beftfceS jur golge. -Jtomentlidj für ben SSerfc^r. 9Wit bem ©intritt
in ben grunb* unb fd&ut$errlt<$en SBerbanb würbe ba8 fommenbierte
©ut bem freien SBerfc^r wieber entzogen. 2ln bie ©teile be3 SBiber-
fprud(j3red£)te3 ber alten fojialen SBerbänbe trat ba8 2Biberfprud&S*
— 17 —
red&t be£ ©runbtjerrn, ober richtiger: neben bie ßberrefte ber
alten SßiberfprudfjSredjte trat jenes 2Biberfprudj3red)t neu tjtnju \
3)er fornmuniftifclje 2)ogmattfer mag ben frü^eitigen
äJerfaU ber alten gamilienoerfaffung bef tagen, ber (Steifer mag
bie ©emaltfamfeit ber 2Kittel oerbammen, burdjj bte man bem neuen
Sßrinjip ©ingang oerfdfjaffte, ber £iftorifer wirb aber barauf t)in*
weifen, bafe e8 nur ber praftifdlj bebeutungSlofe Stimmer ber
SSoHfreitjeit mar, ben ber Sauer opferte, um als ÜKtnberfreter ober
poriger eine fid&erere @£tftenj auf weniger f d&roanf enber , wenn audj
eingeengter ©runblage ju führen. —
35ie bei ben ©Deutungen an bie Äirdfje beobachteten 58er*
äufserungäförmlidjfetten fjaben n)ir oben befprodfjen. Sa bie be*
treffenben Seftimmungen ber SBolföredfjte aber jum Steil fingulärer
9totur finb, ftdfj nur auf ©dfjenfungen bejieljen, fo muffen mir nun
audfj biejenigen Sefiimmungen ber SBolföred&te ins Sluge f äffen, bie
ni<f>t von donare, fonbern oon vendere, venditio ober oon traditio
(Seräufeerung) fd&ledjjtroeg fpredjjen. 2113 StypuS fann bie be*
rühmte ©teile Lex Rib. LIX 1 gelten:
Si quis alteri aliquid vendiderit et emptor testamentum
(Urfunbe) venditionis aeeipere voluerit, in mallo (in ber ©erid&tös
nerfammlung) hoc facere voluerit, pretium in praesente tradat,
et rem aeeipiat. et testamentum publice conscribatur. Quod
si parva res fuerit, VII testibus firmetur, si autem magna, XII
roboretur.
Sllfo aud& ber SBerfauf fann fpmbolifdf) gefdjjeljen, burdfj
Übertragung eines ©gmbolS, ber Urfunbe, in ber ©eridjjtes
oerfantmlung. S)a3 Pergament tjat fd&on Sebeutung erlangt; aber
ba§ no<$ immer lebenbtge SBorte unb &anblungen ben
Seräu&erungSoorgang betjerrf d|jen , geljt au$ ber munberbaren, \a
nmnberlid&en SBetfe tjeroor, roie bie Urfunbe felbfl in bie ©pmbolif
hineingearbeitet erfd&eint 2. SSon ber großen 3eu8enial&* (JÜt ebenfalls
ba* oben Seite 12 ©efagte.
Sfadf) ba$ bapert f c^e SBolfSredfjt lägt ben fymbotifdfjen
Serfauf oon ©runbfifldfen burdfj Urfunbe bereite ju. Seim SBerfauf
but<$ Urfunbe muffen brei ober mefyr 3eu8en jugegen unb in ber
1 $at ffitberfprud&öred&t fd) rümpfte aber beim SJertouf au£ Kot, ebenfo
wü bie älteren 3Biberfpruc$öted)te, in ein 3Sortouf3rec$t, fpäter in ein betraft*
xt$t jufammen. ©o f$on in ber lex S&x. tit. 64.
9 &o$m in ben M. G.: Carta in mallo levatur, i. e. cum ramo et
cetpite de terra levatur.
Co I en, 8ttf Salbung. 2
— 18 —
Urfunbc benannt fein (XVI 16) l. 3m ©egenfafc ju biefem ftjtn-
boltfdfjen Verlauf mittelfi ttrfunbe unb benannten 3^*8«* fteljt
bie ältere, oolfötümlidfje 2trt beS SBerfaufS cor — minbejienS jroei
bi$ brei — gezogenen 3wgen (XVI 2). $fyxt 3cu9f $af* nJör
folenn, roa^renb bie benannten 3eu8cn btbm fpmboltfd&en SBerlauf
nur als geroöljnlidfje 3eu8cn fungierten, ©ejogen Riegen fte beSljalb,
weil fte bei ben Dfiren ^erbeigejogen werben mußten. „2)te 3eu8ett
gelten ben gelbumgang mit, roenn er gemadjt mürbe, unb mürben
nadfj SSorfd^rift be8 5Bolf$re<$te3 an ben D^ren gebogen ober gejupft,
oljne 3^eifel immer t>on beiben Kontrahenten, unb fo öffetttlid^ oor-
geführt" (3Werfel ©. 118). ©ie nriberfirebten moljl, meil fte als
Drtöfunbige ba$ freie ungebunbene ©igentum be$ SJerfäuferS ju be=
jeugen Ratten unb burdfj ein folc^e^ 3eugni3 leidet eine SBerantmortung
auf fidj laben tonnten.
9laä) ben Kapitularien foffte bie SBeräufjerung oon ©runb*
ftfiden, um orbnungSmäfeig (legitima traditio) ju fein, in publico
placito2 unb nor „idonei testes" (fielje unten) gefdfjetyen.
SGBie bie Verläufe nadjj 9teid(>$redfjt, fo mürben bie ©dfjenfungen
an bie Äirdfje tatfädfjlidfj öffentlich oorgenommen8. aber audfj bie
ftreng nadfj ber SBorfdfjrtft oon 1. B. 1 1 aufgenommenen ©djjenfungen
fönnen afe öffentliche Stfte angefeljen werben, befonberS ba, roie wir
miffen, lange 3e^ ©eridjjtSoerljanblungen in ber Jtird&e abgehalten
morben ftnb.
SDie Sefifcübertragung fanb alfo öffentlich jtatt, fomo^l bei ben
©djjenfungen , ate audfj bei ben SBeräufcerungen aus Slot. Slber bie
1 3n ber $ra£t8 waren, tute fidj aus ben ttrfunben ergibt, au$ Beim
f»mboftfa)en Verlauf fompltftterte gärmltd&feiien in Übung. 2)cnn je finn«
fälliger unb offen !unbiger man eine Veräußerung machte, befto weniger
leidet war fpäter ein Sinfpruä) ju erwarten.
8 3)a§ 2Bort placitum „fyat nidjt, wie mallas, au8f$lteßKc$ ©ejte^ung auf
^ er icr) t Ii 4 e Serebung, gufammen!unft, gewonnen*. (8o§m, 2He altbeutf$e
9teiä)S* unb ®eriä)t§oerfaffung If 1871, @. 57 Sftote.)
8 ,3)ie <Sa)en!ungen" fagt fcäberlin 6. 2 „gefä)a$en öffentlich entweber
in ber ßtrdje felbft ober unter freiem §immel auf bem au SSolföoerfammlungen
beftimmten ^lafce/ „3)te ©äjenfung mußte* fdr)rt §äberlin fort „su einer Seit
gefdjeljen, an welker au8 irgenb einer feierlichen äSeranlaffung entweber ba8
qanit SSoU ober boaj wenigftenS bie jur betreffenben ober ju nahegelegenen Äirä)en
gefcörenbe ©eiftlict)Ieit oerfammelt war. tftne fold)e SBeranlaffung war oor*
$anben, wenn ber §erjog ju ©eridjt faß ober wenn ber 33ifa)of bei einer feier-
lichen Gelegenheit auf ©nnoben unb bergleid&eo ben gefamten Klerus (familia)
unb ba8 SBolf in ber tfirdje oerfammelt $atte. 2)iefe legte Gelegenheit tft wo&I
am meiften wahrgenommen worben, um mit ber &ir$e Serträge abaufc^ließen/
— 19 —
Seftfcübertragung auf bem ©runbjiüdf felbft war afe ju fd&werfaHig
unb umftänblidfj abgefommen. 3ln tljre ©teile war bie 33eftfe* \
Übertragung in ber öffentlichen SBolfSoerfammlung getreten.
&ier, wo alle Angelegenheiten non allgemeinem Qntereffe erlebigt
würben, war alles Nötige non felbft jur £anb : SBeräufeerer unb ©r*
toerber, bie ©infprud&Ss unb £ofung3bered(jtigten, ©efdjjäftSjeugen unb
Umftanb fo oiel man beburfte, be8 2lbfaffen3 oon Urfunben mächtige
£eute, pome^me Surren, beren Anwefen^ett bem ©efdjäft eine be*
fonbere Autorität oerlielj. Sie ©pmbole, ©djjolle, 3weig ufw., fonnten
leidet vom ©runbftücf mitgebracht werben, ober man begnügte jidfj,
je tne&r bie ©pmboltf oerblafcte, bie gctyigfeit ju abftraften 5Bor*
Stellungen juna&m, mit bem nädjftbeften ©tücf ©rbe. Sie SDfenfdfjen
waren nidfjt meljr fo gebunben wie efcebem, unb man^er ©tnfpruc^
berechtigte befanb ftdj) aufcerljalb feiner Heimat irgenbwo in ber
©raffcftaft, unb man fonnte nur in ben SBolföoerfammlungen, aber
ba mit ©ewifcljeit, feiner Ijab^aft werben, ©ine gewiffe örtliche
Sefd&ränfung be3 SBefifcübergangS beftanb alfo nodjj immer. Sie
Seftfcfibertragung mufjte domi vorgenommen werben , b. I). in ber
©raffd&aft, wo man ju igaufe war, ober wenigftenS im Stammet
lanb. gerner mußten bie 3*ugen idonei fein; baS waren aber
nur 3eu9ens welche ba$ oeräufjerte ©runbftüd unb bie Parteien
fannten unb welche im ©tamme£red(jt bewanbert waren, alfo ©au-
genoffen ober wenigstens ©tammeSgenoffen.
3lu(§ in biefem ©tabium ber gefdfjidfjtltdfjen ©ntwiä lung entfpridjjt
bemnadjj bie Organifation be3 Siegenfd&aftöoerfebrä bem augen=
blidf Kd&en flulturjuftonb : berSBerfeljr war über ba£ „@tter"
l)inau3gewadf)fett, aber no<$ fein SRetdfjSoerfe&r geworben. —
Sie wadfjfenbe äfoSbeljrattig be3 granfenreidjjeS, bie weite ©nt*
femung ber ÄriegSfdfjaupläfce unb bie ßatiralifation ber ©taat3*
oerwaltung matten einen ©djrttt notwenbig, ber bie wid&tigfien
Jtonfequenjen in fidf> barg.
9Benn ein Jtrieger auf einem gelbjuge angefid&ts be3 na^en
Tobe*, ober wenn ein ^Beamter am ÄönigStjofe, uietleidbt uon einer
fdjweren Äranf^cit befallen, ber Äirdfje eine ©djjenfung machen ober
fonfl über fein Sermögen oerfügen wollte, f o war üjm ba$ in Dielen
hätten unmöglich. Senn in ber Siegel befanb er fidfj weber in ber
©raffdjaft, wo ba3 ©ut lag, uodjj fonnte er ft<$ in ber ©tle mit
feinen SSerwanbten unb fonftigen einfprud&Sberedjtigten ©enoffen
auSeinanberfefeen, no$ werben „geeignete 3cußen" (ft^)* wx) immer
jur fianb gewefen fein, äfa ber Snberung biefeS 3ufta^^ faü*
2*
— 20 —
bie Sltrdje grofeeS Qntereffe. SDte Snberung erfolgte butdE) ein
Äapitutare t)on 818/9 (c. 6)1.
3)a£ Äapitulare ftettt ein ganj neue« Sßrtnjtp auf:
$eber freie 3Wann foH überall, u>o immer er miß, bie Sefugnte
Ijaben, feine ©üter (res suas) jum Seelenheil (an bie ftirdje) p
übertragen, 3)te3 mar offenbar ber potitifdje 3roe(^ *>*$ ©efefceS.
S)ann fommt aber bie Stufianmenbung : 2Benn jemanb feine ©äter
ju feinem Seelenheil ober fonft ju irgenb einem wohltätigen fttotdt
ober an einen SSermanbten ober an iemanb anberen übertragen
will, unb jtdj in ber ©raffdjaft befxnbet, mo bie ©üter liegen, fo
foll er nad) rote oor eine legitima traditio — b. $. in comitatu
coram idoneis testibus — oornetymen. äßenn er ftd) aber gerabe
aufcerljalb ber ©raffdjaft befinbet, j. 33. im &eere ober in ber fatfer*
liefen Sßfalj ober fonftroo, fo foH er testes idoneos Ijeraujieljen,
©augenoffen ober toenigftenS ©tammeSgenoffen (qui eadem lege
vivant qua ipse vivit) ; f ann er feine f old&en 3*u0«i befommen, fo
mag er beftmöglidje anbere 3ew9cn ^tanjie^en (de aliis quales ibi
meliores inveniri possint), unb oor U)nen foll er bie ©fiter*
Übertragung oorneljmen.
@r foH aud) 3npeftitur6ürgen BefteUen (fideiiussores investiturse donet,
qui ei, qui illam traditionem aeeipit, vestituram faciat). 9todj ©rfüKung biefer
görmlidjfetten fann bet @rbe feineö biefer ©üter oom Erwerber fjerauöoerlangen,
ja er ift fogar öerpflidjtet, aud) feinerfeitö bie Snoeftitur au verbürgen (bamit er
feine 2Rögftd&!eit f)at, bie Veräußerung anaufe<$ten).
SBenn ber SBeräufcerer in &auSgemeütfd)aft lebt (si nondum
res suas cum coheredibus suis divisas habuit), fo bilbet biefer
Umftanb fein ipinberoiS ber SBeräufcerung , fonbem bann fotten bie
ßrben bem ©rroerber feinen Slnteil herausgeben, unb roenn jte e8
nidjt freiwillig tun, fo foll bie Regierung (®raf ober ©enbbote)
tfjnen fo lange jufefcen (distringantur), big fie eS tun. 2lu8naljme:
SBenn e3 fidj um eine ^rabition an bie Äirdje ^anbelt unb ber 33er*
äußerer Slfjenbenten ober S)efjenbenten l)mterläfjt, fo foH bie ßtrd&e
bis jum £obe ber 2lf jenbenten, bis jur SWünbigfeit ber 2)ef jenbenten
mit tljnen in ©emeinberfd&aft fifeen bleiben. —
3)ie Steuerungen finb:
1. ©igentumSübertragung in ber ©raffdjaft, roo ba$ ®ut Regt,
ift nidjt me^r abfolut nötig, fonbern jebeS ©ut im fränfifdjen
9teidj fann an jebem anberen Orte beS frfinfifd&en
1 Boretiub I 282.
— 21 —
SRetd&eS übertragen werben. SMe grofeügige Sßolitif ber Karolinger
l>atte ein 2Beltreidj gef djaffen, mit beffen weiten SBcr^ältniffcn fid)
eine Sefdjränfung be£ 5Berfel)r3 mit ©runbftficfen in bie ©raffdjaftö*
grenjen nidjt mel)r vereinigen liefe.
2. üRatttrlidj tonnte man nun nidjt meljr barauf befielen, ba&
ber Sefifcfibergang in ©egenwart oon ©augenoffen ober audj nur
in ©egenwart oon ©tammeSgenoffen erfolge: Sin bie ©teile ber
lebenbigen 9Ritwtrf ung ber Qnteref f enten ifi ber jurtfttfdje
Segriff ber „beftmöglidjen $tuqtnu getreten.
3. Sludfj bie Sluflöfung ber &auSgemeinf djaft , bie 2lbfdjic§tung
beS SSeräuftererS oor ber SBeräufcerung ift nidjt meljr nötig (wie bieS
nodj nadj ber lex Baj. ber gaff mar), fonbern e3 fann ber Slnteil
am jQauSoermögen afe foldjer oeräufcert werben. 3)amit ift biefer
au3 einem Attribut ber Sperfönlidjfeit ju einem gelbwerten ®utt,
jum SScrf e^r^objeft , jur 2Bare geworben, e3 Ijat ber römifdj*
redjtlidje Segriff be3 ibeellen Anteils ©ngang in« SRedjteleben
gefunben.
®a3 Äapttulare f)at alfo mit ben brei widjtigften bisherigen
©djranfen ber 5Berfügung$freiljett, einer lofalen, einer per*
f onellen unb einer materiellen, im Sßrtnjip aufgeräumt.
2)aS Capitulare oerbinbet aber btefe Neuerungen mit einer Vorfdjrift, bie
nie eine Übergangsbestimmung ausfielt, toeit fte eine ftonjef (ton an bie bisherigen
ItabittonSprinjipten enthält. 2)er Veräußerer foH nämlidj einen Bürgen freuen
bafür, baß bie ©djenhmg ober Veräußerung naa)träglia) in ber bte ba&in »or-
gefa)riebenen Jonn nrieber§olt wirb (alfo in comitatu unb coram testibus
indoneis). 3W. a. SB.: SBenn ber Sa)en!er ober Veräußerer feine §eimat
nrieberfteljt, unb e8 fta) bemnaa) IjerauSfteHt, baß ba8 rafa) improoifterte Ver*
äußcrung$geftt)äft unnötig geroefen wäre, fo muß er felbft bie Veräußerung
wieberljolen- 3ft bied ntajt ber %aU, fo muß e$ ber Vürge tun, weil biefer
ht bie bttrgfa)aftlia) übernommenen Verpflichtungen a(3 ©elbftfa)ulbner eintritt.
Slußerbem ift ber @rbe be8 Veräußeret verpflichtet, bie ©djenfung eber 93er*
äußerung bura) SBieberljolung au betätigen.
III.
Sei beiben bisher befprodjenen ©rwerbSarten , ber ©djenfung
jum Seelenheil unb ber ftommenbation , finbet feine genaue
Sdjäfcung oon ßeiftung unb ©egenleiftung ftatt, befielt
feine ©leidjung jwifd&en ßetftung unb Vergütung. SDiefe
&rfd>einung bebarf nod> einer furjen Erörterung.
9m Anfang ber Äulturentwicflung gibt e« feinen ©üteroerfe&r.
9Bad bie Immobilien betrifft, fo $aben wir biefe £atfad&e fd&on be*
— 22 —
f prodfjen. Aber audfj ber £auf <$oerf e§r pon beroeglid()en©egen*
fiänben fe^lt im Seben ber SRaturoölfer \ Snner^alb be3 ©tammeg,
be3 SBoHcS ^crrfd^t ©ütergememfd&aft. SDer SRotleibenbc nimmt oom
Überfluß roenn folget oor^anben ift, offne lange $u fragen, unb er
fmbet nidfjtö babei, roenn anbere ©tammeägenojfen tn gleicher Sage
e3 ebenfo madfjen. @in (f rieb lidjer) SBerfeljr mit fremben Stämmen
(SBölfern) befielt nid&t; roünfd&t man etroaS ju befifcen, roa$ ein
grember l)at, fo rotrb ein Sftaubjug in ba£ feinbltd&e ©ebiet unter=
nommen.
©üteroerfeljr entfielt, fobalb ber ©tamm mit Angehörigen
etne£ fremben ©ebieteS in frteblidfjen SSerfefjr tritt 3Kan labt
ben burftigen ©aftfreunb, man beraubt tyn nidjjt, aber man erwartet
feinen SBiberftanb, roenn man ijjm ein ©tücf feiner Sagbbeute ah
bettelt. 3Wan fdfjenft2 ijjm, roaS er brauet, ate wenn man einen
notleibenben ©tamme£genof[en oor fidjj f)äite, man fdjjtelt aber babei
auf bie glänjenben ober nüfcltdfjen ©adfjen, bie er mit fid& füfjrt
S)a3 ©treben na<$ bem gröfetmöglid&en ©eroinn ift in feinen Anfängen
bereite oortyanben: ba^er feine Unentgeltltdjjfeit im SBerfe^r mit
gremben. Aber biefeS ©treben ift nodlj ntdfjt entroiäelt genug, &ab^
unb ©egengabe in ba3 SBerfjältnte von SBorauSfefcung unb <5r*
füllung, von SBare unb $rei3 ju bringen.
SDiefer Art ift bie ©d&enfung be£ älteften beutfd^en StedjjteS-
©ie ift feine einfeitige Liberalität, fonbern ein „AuSroedjjfeln" von
©efdfjenfen. SBenn bie ©dfjenfung ntdfjt ernribert mirb, fo fann fie
oom ©genfer roiberrufen roerbeu8.
AudE) ber SBerfejjr mit unbeweglichen ©ütern entftanb oon
aufcen fjer, burdf) ben SBerfe^r mit gremben. 2)ie ©laubenSboten
famen oon fernen Sanben unb brauten eine frembe Äultur. 2)te
großen ©runbfjerren roaren jroar eutfjeumfdd, aber fie gehörten einer
anberen klaffe an roie bie Meinen Sauern.
Audfj ber SBerfefjr mit unberoegltdfjen ©ütern f)atr
roie jener mit beroegltdfjen, nidfjt mit bem £auf<$e ober
gar mit bem Äaufe, fonbern mit ber ©dfjenfung be*
gönnen. SSBieberum mürben SJorftellungen, bie im SBerfeJjr
1 Sgl. ©artoriuä ». 2Battetfl(Kmfett, @ntfte$ung beö Xaufdj^anbclä in
SPotyneften (3tfd&r. f. @ojiaI* u. 3Btrtfd&aft3gefd&. IV 1896).
2 „©fenfjan, fdjenfen Reifet urfprünglic$ propinare, ministrare pocula,
ju trinfen geben* (SBrunner, ©ifcunggöer. b. preufj. 2Wab. b. 2B. 1885, ©. 1177).
8 8gl. $appen()eim 2Ras, Sounegilb (©ietfe, UnterfudJ. XIV).
— 23 —
mit beweglichen ©ütern bereits geläufig geworben
waren, auf bie unbeweglichen ©üter übertragen.
SMe ©dfjenfungen an bie Äirdje waren feine einfeitigen
©d&enfungen , fonbem ©c$enfungen mit ©egengabe. ©egengabe war
ba£ ewige ©eelen^etl *, über weldjeS bie 3Jtön$e ju verfügen erklärten.
Qu ben Urfunben wirb bie ©djenfung häufig afe redemtio animae,
a(3 SluStöfung ber ©eele aus ben Älauen be3 Teufels bejeid&net.
Obwohl alfo bie ©djenfungen an bie Äircfje feinen unentgeltlichen
©rwerb barftellen, fo ift bei i^nen ba3 Squbalent bodfj von befonberer
2lrt. 63 befielt in einem tbeellen, \a in einem imaginären ©ute,
©runbbejife unb ©eelen^eil finb infommenfurable ©röfcen.
2lttinäl)lidj würben aber audj bie ©genfer flüger, unb ber greifinger
Äird&e würbe feit bem Slnfang be3 9. Qa^r^unbertö faft feine
©dfjenfung me^r unbebingt gemadjt2, fonbem foweit ber ©genfer
fein $BafaHität3oerl>ältni3 einging (Äommenbation), würben 3al)rtage,
S3egräbnteftätten u. bergt., fpäter Sßfrünben für nadjgeborene ©dljne
auSbebungen 2. 2)enn e3 „rechneten bie SDWnd&e mit iljren &thtttn
unb SBegräbniffen wie mit realen äBerten"8.
3lber nidfjt nur bei ber ©djjenfung jutn Seelenheil finbet feine
Äongruenj t>on Seiftung unb Vergütung fiatt, fonbem anfy bei ber
Äommenbation. ftxvax würben bei ber Äommenbation Dom ©r*
werber be3 ©runbfiüdfö wemgfienS reale SBerte gegeben, unb fte
bebeutet ba^er, gegenüber ber ©djjenfung jutn Seelenheil, bereits
einen gortfdjritt in ber Bewertung ber ©egenleiftung. Slber in ben
meifien gällen fyattm bie ftommenbierenben feine SS a 1)1, ob fie fidj
auf bie Äommenbation einlaffen wollten ober nidjt, unb ba^er audjj
fein ^ntereffe an einer genauen Abwägung oon Vorteilen unb 9lafy
teilen. 3fa<$ bei ber Äommenbation erfolgte batyer nur eine ^umma*
rif<$e äbgletdjung oon ®dbt unb ©ntgelt.
3e meljr bie Äultur f ortf d&reitet , befto wertooBer wirb ber
©runb unb 33oben ate SßrobufttonSinfirument, befto weniger werben
alfo bie ©runbbeftfeer geneigt fein, tyren ©runbbeftfc otyne entfpredjenbeS
$quu>alent Ijutjugeben. 3)al)er fe^en wir in ber golgejeit eine
1 Sgl. «biet ©iegm., Slbf<5ic$tung$red&t 6. 7: „Sei ben Sangobarben
1)ieb ba$ remedium salatis animse gerabe$u SaunegUb in bem Sinne, ba& bie
Crldfuna ber ©eelc alä ©egengabe galt'
■ SäberUn S. 24.
* ©atfur, »eitt. §. 3Btrtf($aft3gcfc$. frans. Äl öfter im 10. u. 11. 3a$r$.r
3cirf$r. für 6o)taK» unb 3Birtf$aftagef$ic$te ob. I (1893), 6. 182.
— 24 —
immer genauere Slbfd&äfcung t>on SBare unb SßreiS beim
Sobenoerfe^r Sßlafc greifen.
S)ie erfie ©rroerbSart, bei ber ba3 ©runbftüdf nidfjt in S3aufd&
unb Sogen bewertet, fonbern gegen ©üter Eingegeben wirb, bie f i dj
jum Sßertmafcftab eignen, ift ber £aufdfj. S)ie großen
©runb^erren empfanben nämlidfj, afe tljr Sanbljunger einen geuriffen
©fittigungSpunft erreidjjt Ijatte, ba$ SebflrfniS nadjj planmäßiger
©inridijtung iljreS 2Birtfdfjaft3betriebe8 unb nadfj Strronbierung
be3 erworbenen 58eft|e3. SMe anfange biefer SBertaufdjjungen fallen
faum t)or ben SBeginn ber Äarolingerjeit unb häufig werben jie
erft t)on ber 9Ritte be3 9. 3al)rl)unbert$ an1. Qn ben greiftnger
£rabttion8urfunben erf^emt ber %au\ü) erft t)om Sfofang be$ 9. %cfyx*
^unbertö an; er tritt l)ier alfo um ein ^aljrfjunbert fpäter auf afe
bie ©dfjenfung. 3lm Slnfang feiner ©ntroidftung ift ber Xaufd^ nodfj
mit ©ierfdfjalen au$ ber Sßertobe ber ©dfjenfung behaftet.
3n greifing überfteigt in ben erften jroei fta^unberten ber @nt*
miälung be8 £aufdfje$ bie 3^1 ber tum ber Äir<$e empfangenen &öfe,
Sodje SanbeS unb SßalbeS, guber SBiefen ufro. bie 3<*ltf ber bafür
Eingegebenen um ein 33ebeutenbe3'; erft in ben fpäteren 3aljr^unberten
finbet ©leid&mäfeigfeit beim Xaufdfje ftatt2*
©benfo jeigt ber Äauf in ber erften 3eü f^nrt Stuf tretend
taufdfjäl)nli<ijen ßljarafter. S3ei ben Käufen, bie bie ftretfinger
Äirdfje jur SBergröfjerung iljreS ©runbbefifceS t)oroaf)m, beftanb ber
Kaufpreis biö junt 13. Qa^r^unbert „feiten in barem ©elbe, fonbern
Eäuftg in tarierten SBermögenSftficfen, als Kleibern, SBaffen, Sßferben,
Anetten u. bergt.". SMe res empta, ba3 Ä auf gut, b. 1). burdjj
Äauf errungene ©ut (im ©egenfafc jur hereditas, jum 2tßob), tritt
erft üergleidfjSroeife fpat in ben Duetten afe SBerfe^rSgegenftanb §ert>or,
in ben greifinger £rabition$urfunben erft oon 760 an. @rft oom
13. 3»af>rl)unbert an übertreffen in ben un£ erhaltenen greiftnger
Urfunben bie Äaufoerträge an 3^ bie ©Deutungen unb Saufdfj5
oerträge 8.
©o entmideln fi<$ in fidfjtbarem -ftad&etnanber unb
SBoneinanber unb im 3u)ammexi\)ai\Qt mit ber SDtffe=
renjierung ber Seoölferung bie oerfd&iebenen ©üter*
erroerbSarten, juerft ©dfjenfung unb Äommenbation, fo-
1 3nama*@ternegg I 299.
2 öäberlin 6. 45, 46, 54. — »gl. au$ 3itama.@ternegg n 181.
8 Sä&erUn ©. 78, 98. — »gl. 3nama.@ternegg I 297 (St. ©allen*
— 25 —
bann Xauf<$ unb Äouf. • Slbjroeigungen be$ SBerfaufS auä 9iot
finb bte SBerpfanbung unb bte gronung. darüber fie^e ba3
folgenbe Äapitel.
©eine eigentliche Stoffe fpielt ber Äauf aber erft in ber Sß erio b e
ber ©elbmirtfdjaft unb beä ©täbtemefenS. S)aoon ift
nun nodjj ju Rubeln.
IV.
3)a3 erfie ©ejefebud[j ber SBeftgoten §atte bei ber 2lufjä§lung
ber nerfäuflid&en ©egenftanbe ber Immobilien leine Erwähnung
getan (sive mancipia sive quodlibet animalium genus venditur),
im jmeiten S^ejt finb fie aber fdjjon hinzugefügt („sive terrae")1,
©iefe einfädle Satfadjje ift fo redfjt bejeidjnenb für bie (Sntmtcflung
ber SBeräufjerlidSJfett von ©runbftuden. Urfprünglidjj mar
©runb unb 33oben unoeräufcerlidjj, in ber erften&älfte
be3 ^Mittelalters ift er 5BerfeI)r3gegenftanb gemorben.
3>te midjjtigfle ©tappe biefeS (SntmidflungägangeS ift bie ©rrnög*
lidjjung ber Teilung be$ £au3oermögen3 gemefen (2lu3=
bilbung beS Slbfd^id^tung^red^teg ber ißauSgenoffen unb Anerkennung
ber $Beräu6erlt<f)fett be$ Anteils an ber &au£gememfdfjaft). 3)ic S5er-
äufjerung rourbe femer baburdj erleichtert, baf$ bie umftänblid&en
3eremonien unb ftarren formen ber erften 3*it burdjj bie anpaffung8=
fähigere ttrfunbe jurfiägebrängt, gef fyroäfyt unb jum £eil erfcfet
mürben. 35er SBerfe^r mit ©runbftfidfen mürbe audj) baburdfj freier,
ba§ feine engen örtlichen ©djjranfen fielen (Cap. tum 818).
yiaä) ben fränfifdfjen 9teid&8gefefcen enbltdfj ift e£ nidjjt gegen bie
öffentlid&e Drbnung (legitima traditio), menn bie ©emeinber an ber
äSeräufcerung nidj)t beteiligt merben, fonbern e£ genfigt, bafc eine
Slnja^l einmanbfreier 3*u8en ö^er ben redfjtlidfjen 3uftanb be$
©uteä befriebigenbeS 3eu8n^ ablegt.
©o bebeutenb biefe gortfdfjrttte an ftd& maren, fo bilbeten bie
SRefie ber alten SigentumSoerfaffung bod& immernoch ein
grofjeS $tnberni£ für ben ©ttteroerfeljr. 2lbgefel)en baoon,
ba& e$ oft fd^mierig mar, bie geeigneten Seute in ber nötigen 3htja$l
ju finben, meldte ba3 2Bif[en unb ben SBiffen Ratten, als ©efd^äftö-
unb äuSfunftSjeugen bei ber SBerau&erung ju bienen, mar ba$ Mittel
felbft ein fe^r unftd&ereS. ©cljlie<dfj tarn e$ bodfj l)auptfä(ijlid&
barauf an, ob biejenigen, bie einen Anteil am ©runbflfid Ratten
ober }u Ijaben glaubten, mit ber Veräußerung einoerftanben maren,
1 Lareleye, De U Proprio, II. Ed. 1877, p. 168.
— 26 —
ober ob man oon biefcr ©eite eine Sfafedfjtung gewärtigen mufcte.
©8 empfahl ftdj baljer immer, bie ©infprud&S* unb 2ofung3*
berechtigten jur £eilnal)me an ber a3eräufcerung3§anblung / jum
ÄonfenS, ja momöglid(j jur SBitmirfung ju oeranlaffen. &fiufig aber
mar e$ unmögltdfj, alle Äonfenfe aufzutreiben, oielfac^ fannte maxi
nid&t alle ÄonfenSredfjte ober ben Slufentljalt ber ßonfenSbered&tigten,
unb ber ©rmerber mufete ftdfj barauf gefaxt machen, nodjj nadjj Sauren
jmeifelljaften ober unberüdffidfjtigt gebliebenen änfprüdfjen oon @e*
noffen beä SBeräufjererS ju begegnen; benn eine ©rjtfcung ober @r-
ftfcungSfrifien fennt ba$ beutfdfje SRcd&t nid^t. SefonberS fdfjmierig
geftaltete fid^ bie SBerffigung über ben ©runbbeftfc, menn unmünbige
ßrben oor^anben maren. 3)er Sßormunb mar nämlidj} nidfjt befugt,
für feinen ©djjufcbefoljlenen auf beffen Sfaredfjte am ©runbbeftfc ju
oerjidfjten. 2Benn alfo ein Unmünbiger an einer SBeräufcerung bt*
teiligt mar, fo blieb bie SBtrffamfeit ber ©utSübertragung big jur
@rreid&ung ber SBoHjctyrigfeit ungemifc, unb mie leidfjt fonnte man
fid& über bie äBiUfäljrigfeit be3 SReulmgS einer ftäufdiiung Eingeben!
Solange bie ©ebunben^eit be3 33oben3 in (Knilang ftanb mit
ben allgemeinen Äultur juftänben , folange bie ©enojfenfd&aften , bie
bie Präger jener 3JHtre$te maren, aud(j mirMtdjj eine innige SebenS*
gemetnfd&aft bilbeten, folange traten bie ermähnten SBeräu&erung^
l)inbermffe nid^t ftörenb jutage. Slbcr als bie SBerljattniffe ftdfc
meiteten, aU bie größere SKannigfaltigfeit be$ mirt =
fcfjaftlidfjen Seben3 audlj einen freieren ©üteroerfeljr erforberte,
als ber SKenfdfj felbft bemegltdj) mürbe unb i^m bie ©renjen
feiner 3Karf, feinet ©aue3 ju eng gemorben maren, ba mad&te ftdjj
baS 23ebürfni3 nadfj einer ©rleid&terung ber Verfügung über ben
©runbbeftfe, na<$ einer ßurüäbrängung ber alten genoffenfd&aftlid&en
@infprudfj3red(jte gebietertfdfj geltenb.
©dfjon bie 2lu3bilbung ber 9te$t3fitte ber ©ernähr*
f<#aft3leiftung oerf Raffte bem ©rmerber einen größeren ©dfjufc
feinet SBefifeeS. 35er SSeräufeerer pflegte bem ©rmerber baS feierlid&e
SBerfpred&en ju geben, alles ju tun, rotö nötig fei, xf)m ben SBeftfc ju
ftdfjem, ju befeftigen (firmare)1, voafyx ju madfjen, ?urj ju gemetyr*
leifien, alfo nötigenfalte Äonfenfe ober görmlidfjfeiten nadfjjuljolen
ober ben ganjen SBeraufcerungäaft ju mieberljolen , um etmaigen
ßmeifeln an ber Satfadfje ber 33efi|übertragung ober an iljrer ©ültig-
feit ju begegnen. 3)er SBeräufjerer gab bem ©rroerber meiflenS audfj
1 M. B. XI S. 160: Tradendo firmavimus, firmando tradidimus.
— 27 —
materielle Garantien jur ©idjerung ber ©emäljrfd&afteleiflung. @r
wettete entmeber, b. f). er fefcte ein ©emette (= 5ßf anb), baß e3 matyr
fei^ baß er mirfttdfj oerfügung$bered[jtigter (Eigentümer fei. Ober
er ftellte einen ©eroä^rSmann. 35ei abgeleitetem Seftfc, alfo beim
Äaufgut, erfd&ten ber SSormann im Sefifee als ber natürltd&e ®e*
roäljrSmann, bei ererbtem 33eft|e veranlagte man mol)l einen ©e-
fdfjäftSjeugen ober einen ber SRiterben, 33ürgfdjaft ju übernehmen.
S)ie Lex Baj. fd&üfet ba3 ©emctyrfd&aftSoerfpredSJen mit ber
3)uplijitätöftrafe l. 9ia<$ bagerifdfjem 9te<$t3gebraudj mar ber 33er*
äußerer fogar verpflichtet, ©emätyrfcbaft ju letften unb ju biefem
ßroecfe feinen SBefifcoorgänger als ©emctyrämann ober (namentlich
bei ererbtem Seftfee) Sürgfdjaft ober Sßfanb ju fietten2.
3>te golge ber ©emätyrfdfjafteletfiung mar, baß ber (Srmerber
fid& e&er geneigt jeigte, über 3Äängel ber ©utöübertragung jjüimeg*
jufe^en, auf biefe ober Jene görmlidjfeit ju oerjidjjten, unb ba$ oer«
einfaßte ben 33efifcübergang unb befreite ben 2iegenfdfjaft$oerfel)r oon
mancher läftigen ^effeL
2Ba£ inSbef onbere bie 33ürgfcl)aft$leiftung betrifft, f o trat
i&re Sebeutung für bie ©id&er^eit be$ Siegenf d&aft3oerfel)r$ tjaupt*
fädjlic!) ba ftarf l)eroor, mo fie in bie gorm ber Sreufjänber*
fd&aft gefleibet mürbe. 3)aS ©ut mürbe bem Särgen übertragen
mit bet SSerpfKdfjtung , e3 .bem eigentlichen ©rroerber ju übertragen
(Sa (mannet, saleburgiones ; 12. unb 13. ^a^unbert). 3n Siaytxn
war e£ SBraudfj, „für eine Siegenfdfjaf t einen beftänbigen © a 1 m a n n
ju fjaben, burdjj ben ade Veräußerungen unb Xrabitionen mußten
oottjogen werben. 2)a3 gemährte bie ©id(jerf)eit , baß lein Un«
berechtigter über ein f oldfjeS ©ut oerfügte ; ber ©almann mußte, mer
baju befugt fei unb gab fidfj einem anberen nid&t jur Vollziehung ber
Xrabitümen l)er; er mar ba£ lebenbige ©runbbudfj biefeS
®ute3" (Segler, 3nft. I 222). — äud& nadj &äberlin (©. 39)
ftanb r,bie bem @rmerber eine* ©runbftfiäeS bur<$ ben ©almann
gewahrte ©id&er&eit teife in ber SSerfid^erung , baß ber Xrabent jur
Jrabition befugt gemefen fei (ber ©almann mußte nämlidf) burdlj
feine Stellung oon allen etmaigen ^inbemiffen ber freien 33er*
äußerung eine« ®utt$ unterrichtet fein, unb man fann nid&t an*
nehmen, baß er trofc entgegenfte^enber &mbewiffe bemtodfj bie
1 XYI 12: Si ße firmare promiserit emtori, id est suirön (= roeren,
too$rma<$«n) .... et constituum ruperit: tunc pretium reddat et talem terram
aut speciem, qualem se firmare pollicebat, restituat sine mora.
* »e4»6u4 Sri. 193 unb 200. $eud(er, 3nft. II 114, 147.
— 28 —
SErabitton vorgenommen §aben mürbe . . .) teils barin, bafc ber
©almann tyn — ben ©rmerber — gegen unredjtmäfeige Singriffe
oerteibigen mu&te". 3ul*i ©almann mürbe häufig ein SSermanbter
beS »eräufcererS beftefft1. 3laä) £äberlin (©. 38) marenbie ©al*
männer „mächtige melttidjje Ferren, oon benen man fomoljl ©d&ufc
als aud) bie getreue 2luSfül)rung beS übernommenen Auftrages er-
märten burfte, mie bie lateinifdjen SfoSbrücfe denfensor, conser-
vator, fiduciarius . . . anbeuten. SDal)er mürben fie urfprfingltdj
aus ben ©rafen genommen . . ." 9?a<Ij Neugier fonnie bie ©al*
mannfdfjaft „oon alten unb 5Bogteu>erl)ältmjfen fjerrfiljren, jumal roo
es ber &er$og oon Sapern felbft ober fonft ein angefe^ener fQtrt,
ein ©raf ufm. ift". SBir geljen alfo nicöt fel)l, menn mir fagen,
bafe entmeber ein naljer SSermanbter beS SBeräufjererS fid^ $um ©al-
bürgen Vergab ober bie &errf<$aft felbft, bie Dbrtgfeit, baS ©al~
bürgenamt ausübte unb pm ©ntgelt tnelletdfjt abgaben empfing.
Silber nid^t nur burdj) 3eu9ettr Bürgen, ©almänner fudfjte man
bie SSeräufeerung ju ftdjero, bie oerfetyrSfeüibtidje SBirfung ber alten
genoffenfdjaftlidjen 3Rttredfjte abjuf djjmädfjen , fonbem bie SBerfe&rS-
entmidflung führte audj ju einer bir eften SBefdEJränfung biefer
2Biberfprud(jSredf)te. Slber mäljrenb in ber erften ißälfte beS 3Rittel*
alters bie 2luflöfung ber oerfeljrSredjtlidjen ©ebunben^ett oon ©runb
unb S?oben bur<$ bie (Sinfü^rung ber Xeilbarfeit beSfelben
erfolgte, fd&lug man in ber jmeiten fiälfte beS SRittelalterS einen
anberen 2Beg jum gleiten $itk ein, inbem man bie ©infprud&Sredfjte
S c i t li d^ begrenzte.
&ier ift aber jroifd&en bem fäd(jftfd)en 9ltä)t unb ben fübbeutfdjen
Siedjten ju unterfdjeiben.
SDaS fädjftfdfje Sftttyt fnüpft bie jeitlidjje Segrenjung ber
@tnfprud)Sred)te an bie S3ebingung ber geridjtlidjen Sluf*
laffung. SDer geridjtlidjen 2luf laffung gefjt ein Aufgebots*
»erfahren oorauS. 35ie gertdljtlidfje Stuf laffung erf djetnt aber nidfjt
nur in regelmäßiger 2lb£ängtgfeit oom SlufgebotSoerfaljren, fonbem
auc& i^rerfeitS als SBorauSfefcung eines orbnungSmäßigen Aufgebots-
oerfaljrenS. S)aS 2lufgebotSt>erfaI)ren befielt in einer breimaligen
1 ©rimm, SBetStümer III, 669 (2Bübenf<$önau, um 1440): @S foH ein jeber
SauerSmann ober $interfafs um teilen, »erfefcen, roqczln [=taufdjen], laufen unb
oerfaufen in offener ©tift jä^riic^ ber $errfd)aft feinen redeten ®etoä$r unb
ftürftanb na$ ©ippe unb »tut fürbringen unb (teilen. — Sgl. UnioerfttäiS*
bi&l. Wlüntyn 2° mscr. 698 (1442): „. . . . oon einem Säuern, ber benn €>a(*
mann geroefen fei alä au einer öeftättgung ber ©en>cU)rfc$aft . . . .*
- 29 —
äufforberung burd& ben gronboten on etwaige ©mfprudfjsberedfjtigte,
fid) ju melben, bie geridfjtlid&e Sluflaffung felbft in ber Übertragung
be3 ©runbftficfö oom SBeräufcerer an ben ©rmerber burd) bie £anb
be8 9tidjjter3 ate SBertreterS be3 Königs, genauer auSgebrüdt in ber
Übertragung oom 33eräufjerer an ben Stifter unb oon biefem an
ben ©rwerber1.
3)te gerid&tlidfje Sluflaffung (jatte bie SBirfung, bafc nadfj ^a\)t
unb Sag (1 3al)r 6 2Bo<$en 3 Sage) nid^t nur bie bei ber Über*
tragung anwefenb ©ewefenen (oben ©. 4), fonbern audjj bie abwefenb
©ewefenen mit tyrem ©infprudj) präflubiert, auSgefd&loffen würben,
unb — eine golge baoon — bie ©ewätyrfdjaftSoerpfftdfjtung be$
SSeräufcererS mit bem Slblauf biefer grift erlofdfj. (35er ©rwerber
befanb fidfj nadfj Slblauf biefer grift, wie man ftd^ auSbrüdft, in
„redfjter ©ewere"2.)
©S iji nidjt fdjjwierig, SBorläufer ber gerid&tlidfjen Sluf*
(af fung ju finben ober Vermutungen auSjufpred&en, in meldten
3Serfaffung8juftänben fie wurjeln fann. Qdfj erinnere nur an tbie
grifi tum 12 2Konaten, meldte nadjj ber 1. Sal. für ben ©infpruclj
ber SRorfgenoffen gegen ben 3ujug eines gremben galt (©. 2),
ferner baran, bafc nad& ber lex Saxonum bie Übertragung oon
©runbftfidten an ben Äönig bem ©infprud(j$red()t ber ©rben ntdfjt
unterworfen mar (©. 16). ©nblidjj an bie fräntifd&e missio in bona,
oon ber weiter unten bie 9tebe fein wirb: SBenn ber ftönig ein
©ut jum ftxotdt ber Sefriebigung ber ©laubiger befd&lagnatymt
Ijatte, fo lonnte fidjj ber ©dfjulbner (unb ber nädfjjie ©rbe) ba$ ©ut
babut$ erhalten, ba& er binnen 3af)r unb Sag bie ©Bulben jaulte.
3fo<l> im baijertfdfjen &anbre<$t finben wir eine jettlidfje
1 6o$m in ber 3tf$r. f. Bed&ttgeW., tt. g. I (1880) ©. 35/36: „$ie
SJottjieijting eine« fflectjtSgefcQäfteä oor einem dritten gletcfc ber SoBjietjung be*
9tafttdgefc$&fte3 bura) biefen dritten." ,3)ie Sluflaffung oor bemSRid&ter unb
bie fcuflaffung bur$ ben 9H$ter roec$feln al$ gleic$bebeutenb miteinonber ab."
,2He getic$tnct}e Sluflaffung bebeutet , bafc ber ©rwerber fein Stecht nic$t un-
mittelbar quo ber #anb bed SeraufcererS, fonbern au« ber §anb beö 9ftid)terd
empfängt.* Sgl. äeuSier II 84: „SMe Jöebeutung biefer gerichtlichen Fertigung
liegt barin, bat fie eine förmliche 2lmtöt)anblung ifi, bei ber ba8 ©ertd^t als
folget funfttoniert, widjt blofj alä Sufdjauer figuriert.11 3)arin untertreibet ft$
bie gerichtliche Xuflaffung be* @a$fenfpiegel$ oon ber Traditio cartae in mallo
ber lex Ribuariorum.
• 6otyn, ebenba @. 59: ,2)ie redete ©eroere ift feit bem 11. 3at)tt)unbert
tuuftmeiäbar*. $eu*ler ebenba: *2)ie und aufbewahrten ©eifpiele folcfer geriet*
liefen Fertigung ge$en m. SB. nic^t über baö 11. 3at)r$unbert hinauf/
— 30 —
Sefdfjranfung her ©infprud&Sredfjte. aber btefeS gwl mirb mit
onbcren Mitteln erteilt mie im fädfjftfd&en Siebte, nämlidj) burdfj
Entlehnung von SBerjctfyrungSfrijlen aus bem römtfd&en
SRedjte. SRadfj bem älteren SanbredEjt, publijiert jtoifd^en 1333 unb
1336 !, 2trt. 193, betragt bie ftrift 10 3a$re, aber Urfunben (j. 83.
oon 1299 unb 1317) 2 zeigen, bag bie ie^nja^rige ©rfifcungSfrtft
fdjjon oodjer nidfjt unbefannt war. 2)a3 neuere ßanbred&t (ba$ fogen.
9ted&t3bud& SubroigS be3 SBatjern t>on 1346) fe|t eine 3lnfed(jtung$s
frift oon Qfaljr unb £ag (fädjftfdfje grift) für ßrben im ßanbe unb
oon jroei Sauren (römifd&e grift) für @rben aufcer SanbeS feft (3lrt. 188
unb 200) 8. S)ie SSerfe^r^bejie^ungen Ratten eben weitere gort*
fd&rttte gemalt, unb ba erfd&ten bie 10— 20 jährige (SrfifcungSfrift
fdfjon ate ju toettgeljenb , bie 1 — 2 jährige grift ate genügenb *ur
SBa^rung ber Sntereffen ber SKiteigentümer unb ©rben.
@ine befonbere günflige SBe^anblung erfuhr im baijerifdfjen SRed&te
berS3erfaufau$9tot. SMe @rben beS SRotletbenben Ratten fein
2Biberfpru<$3red(>t, fonbern nur ein 33orfauf$re<$t (©. 15). ätorauä»
fefcung mar, bafc ber 33ejifcer feinen nädEjften (Srben ba$ @ut jum
ßaufe anbot unb feine Notlage oor ©eridfjt eiblidf) erhärtete.
Slrt. 204: 858er ©gen ober Se^en §at, unb motten ifyx bie
(Srben baran irren, bafc er e$ ntd&t oerfaufe, ber foH fielen auf SRedfjt
unb fott bereben gen ben Jgeiligen, bafe er be8 ©ute$ nid&t länger
erfparen möge oor junger ober oor groft unb oon ©elbS 9tot unb
oon befonberer e^etyafter 3?ot (bie e^eljafte Slot fott er benennen), ber
foH e$ barnad^ ben nädjjften ©rben anbieten; motten fte i$m e8
gelten aU anbere &mtt, fo fott er tynen e$ geben ; töten fte e£ nid>t
je^ant [ju iganb, fofort, alfo bar], fo (jat er ©emalt ju geben,
roem er miß4.
2Ibet audfj bann, menn bie Slot mdjjt bie Seranlaffung jur S3er=
äufcerung btlbet, aber ber SBeftfcer bodjj fo arm tft, bafc er meber
ein Sßfanb ftetten, nodjj Särgen auftreiben fann6, um feiner
1 v. b. $forbten Subro., ©tubten $u Äaifer Subwig* D&erbager. Stabt*
unb Sanbrec&te, 1875, ©. 146 unb 204. Sgl. £eu*ler, 3nft U 113.
9 M. B. XIX p. 481 unb 488.
8 mt bem Ablauf ber @r|tyung8frift erlitt natürlich au$ bie ®eroä$r*
fd^aftöfrtft beS SeräufjererS. 3)er ©rroerber ^atte t)on ba an, wie fid^ ba$ ®efe$
(Slrt. 188) auSbrilcft, bie „fülle ®en>ere/»
4 2)er Slrtifel toar auc§ im älteren fianbred^t enthalten, o. b. $forbten
6. 200.
6 <§£ ift babei ^auptfä^lic§ an ererbten JBeftfe ju benfen, benn bei Jtaufgut
lonnte ber Ser&u^erer in ber Siegel feinen Vorgänger al$ ©ewä^römann [teilen.
— 31 —
©ewäljrfdfjaft&pflidfjt ju genfigen, foll er über feinen ©runbbefife frei
oerffigen fönnen, wenn er vor ©ertdfjt biefe SEatfad&e eiblidj be-
tätigt1. SDie 33eftimmung oerfolgte wotjl ben S^ecf, ernten
oerfdfjulbeten ©runbbefifcem ben SBerfauf i^reS
©runbbefifeeS ju erleid&tern. SDenn wer fyat £uft, ein
©runbfiüdE ju faufen, wenn er ein bis jwei Qo^re lang ©mwenbungen
ber (Srben gewärtigen mufj, unb ber SBerfäufer feine ©id^er^eit ba~
gegen bieten fann?
Seifpiet einer gerid^tli^en Stuflaffung (Fertigung) nadfj 2trt.
200 unb 204 be3 9ted&t3bud&e8 2 :
3$, Ulrtdf) ©täfctinger, ber 3*ü 2anbrtd(jter ju S5adfjau, befenne
äjfentlidj mit bem 33rief oon ©eridjjtö wegen, bafc in Siedet vor mtdfj
tarn, ba i$ ju 2)ad(jau an offen Sanbredfjten fafc unb ben ©tab in
ber &anb W* jw rieten, Qörg Sßotfdjjner, Sfirger ju ÜWünd&en, unb
fpradjj, wie er unb fein @ef<$wiftergeit, berer ooffe ©eroalt [SBoff*
tnacfjt] er Ijiet, ju laufen gegeben f)aben ©imon gretjmaner, ber
,3ett 3<Wner «t» Sfartor ju 9Wündfjen, iljren eigenen &of, ju Sßugenrteb
gelegen, mit allen feinen 3ube$5rungen, unb ftunb alfo l)te unb well
bem g. ben i§of fertigen unb übergeben als ber ©raffdfjaft unb
©djrannen 2)adfjau SRedfjt ift nadEj be$ SBudjjS ©ag: [SBtebergabe von
9lrt. 200]. Sfte ba3 [bie SBerlefung] befd&a$ , rebet 5p. : Sllfo well
er ben ißof nadij beS oerlefenen Slrtifefe ©ag mit bem @ib fertigen
unb betätigen, wann er weber Jörgen nodjj ©ewäljrfdfjaft gehaben
mug, unb begehrt, idlj fofft iljm befe ftatt tun. darauf tiefe idjj ben
^ronboten rufen 3 ©tunben [b. §. 3 mal mit äbftanben oon 1 ©t.]
mit lauter ©timme, ob jemanb ba war, ber wiber bie Fertigung ju
reben f)iet, ber fönt unb oerantwurt ba$, als redjjt war. 2)a fam
niemanb. SDa gab [id&] 3ted&t unb Urteil : 5ß. fofft ben &of bem %.
fertigen unb aufgeben mit feinem @ib unb mit ©ertd&tä i§anb be*
fifitigen für il)r eigentlich [eigentümlich] erfaufteS ©ut. Sß. Ijat
barauf einen gegebenen, gelehrten, ftarlen @ib gefdfjworen ju ©ott
unb ben ^eiligen oor offen SRed&ten, ba& fie ben $of oon e^e^after
unb @elb£ SRot nit länger erfparen Ijaben mugen unb tyren ßrben
ju feinem ©efäljrbe, nadfj be$ 83ud&8 ©ag, unb ging hierauf hinein
1 Urt. 200: SBer «nebet Jörgen, nodj [anbere] ©eroäljrföaft gehaben mag,
ber foll e£ beft&ien, al« ba* 8ua) fagt [b. (j. in 2trt. 204 fagt], wenn ba$ ge-
f<^te^tr fo (at fH alle <3en>erf$afi ergangen.4 — S)er SCrtifel fc^eint im älteren
ifanbre^t nia)t enthalten gewefen au feinf alfo eine SBetterentoidelung bcS im
9rt 204 enthaltenen ^rinaipö baraufteilen.
* Mon. Bo. XIX. Monast. Püterich n. 29, @. 298 (a. 1459).
— 32 —
in bic ©djjrannen oor offen ©eridfjt unb gab mir ben igof mit aller
feinet 3«9^örung auf unb oerjief) jtd^ befe für ft<$ unb fein ©ef dfjwijiers
gett an ben ©tab in ©eridfjts §anb, ben antwurt idfj barnad& bem
g. vox offen ©ertdfjt mit bem Btab unb ©eridfjtS &anb ein für fein
lebigeS, eigentliches, freiet ©ut.
2Bir ^aben Ijter eine öffentliche ©ertd&täoerljanblung. 5ß. l)at
©Bulben falber fein ©ut oerfaufen muffen, ©ewctyrfc&aft fann er
nid&t leiften. @r wM ba$er ba3 ©ut bem ßäufer nadjj Slrt. 200
unb 204 gertd&tltdj) fertigen, 3U biefem Qmtdt befdjjwflrt er feine
SRotlage. Safe er barauf bie ©d&ranfen betritt unb gemäfc fäd&pfd&er
©emo^n^eit ba3 ©ut nadfj oottjogenem gerid&tlid&en Aufgebot in bie
£anb be3 SftidfjterS auflädt, u>irb oom ©efefce nid&t geforbert, finbet
aber barin feine (Srflärung, bafc bie Parteien, einmal oor
©erid&t, biefe weitere Slrt ber ©tdfjerftellung be$
SBefifcfibergangeS al$ einen Vorteil empfanben unb ftd&
barauf einigten. £at[ää)lid) enthalten bie meiften Urfunben, wo ein
93erfal)ren nad) Slrt. 200 ober 204 oorfommt, bie geridfjtlicjje Über*
tragung.
SBir {jaben eine Stufenleiter : 3)ie 9Hd&tej:iftenj t»on ©infprud&S*
redeten mürbe juerft oon 3eu8cn beftätigt, bann bur<# Särgen
garantiert, fpäter burdj) 33orfd|jiebung etne$ ©almanneS allem
3meifel entzogen, enbli<# mit bem SBa^rjeidfjen richterlicher
Autorität beglaubigt. SKan i)ob bie Sreuljanberfdfjaft über biefe
IjinauS, inbem man bie Dbrigfeit jum ^reu^änber bcftcHte. 3Ran
reinigte ben ©runbbefife oon ben ©d&laäen ber (Sinfprudjjäred&te,
inbem man i§n ju feiner Duelle, bem ©runb^erm öjofred&t) bejto.
bem Äönig unb beffen Vertreter (Sanbred&t) jurüdtfdfjicfte.
2)ie gerid&tlid&e 2luflaffung in ber oben gefd^ilberten gorm
fdfjeint in 33atjern im 15. 3fal)rl)unbert red&t beliebt gewefen ju fein *.
ißäufig mürbe fie audfj bann oorgenommen, wenn feine Notlage t>or=
Rauben mar, bie SBerpfUd&tung jur ©ewälirfdEjafteleiltung in red&t*
mäßiger SQBcife erfüllt werben fonnte bejw. erfüllt würbe 2„ 3Rit-
unter mirb bie grage überhaupt ntd&t aufgeworfen, ob ber SBerfäufer
$fanb ober 33ürgfdfjaft ftellen fann, fonbem bie Parteien einigen
1 ftvexliü) lögt fidj ferner beurteilen, wie weit lofale ©ewofjnfjeiten baran
beteiligt waren. $enn für bie Slrt ber <3eroä§rfd)aft war au$ baS ®raffdjaftö*
rec$t mafegebeub (Slrt- 192: ,. . . als beä SanbeS 9tec$t ift unb ber $etrf$aft,
ba e8 innen gelegen ift" unb oben: „als ber ©rafföaft unb ber ©$ranne
2)a$au tted&t ift").
■ 3- ». M. B. XIX p. 257 (1408) unb p. 281 (1439).
— 33 —
fid> einfadj auf „gerichtliche Fertigung"1; mandjmal ernennen bie
JRedjtefpredjer auf geridjtlid&e Fertigung2, ^ebenfalls bc =
gnügten fi$ bic Parteien gerne mit ber gert^ tilgen
Fertigung an ©teile ber ©eroä^rfd&aftsletftung. S)enn
obfdjon biefe in einer früheren ^eriobe einen großen gortfdjritt be*
beutet Ijatte, fo rourbe bodj bie Stotroenbigfeit ber ©efteHung oon
Sßfanb ober SBürgfdjaft mit ber 3*it als läfttge geffel empfunben.
3)aju fommt, bafe ba8 geridjtlidje 2lufgebot3t)erfal)ren bie
©idjerung be3 @rroerber3 gegen 2lnfed&tung butdE) bie ®rben tedjnifdj
beffer (weil btreft, gern tff ermaßen automatifdj) beroirfte, als bie
©eroäljrfd&aftsieiftung. 2Ba8, enblidj bie 3Kitmirfung be8
SRidjterS betrifft, fo bilbete fie bie ftärffte bamalS möglid&e ©arantie
gegen SBerljeimlidfjung oon genoffenf d&af tlidjen , bie SBeräufjerung
fjinbemben 33ejiel)ungen jum ©ute. 3)er Stifter gewann mit ber
3eit eingeljenbe Äenntnte ber eigentum8oerl)ctltniffe feinet SBejirleS,
wenn ber Sefifcroed&fel gemöfjnlidj burdfj feine Vermittlung erfolgte.
©£ war ju erwarten, bafe er jtcf) nidjt jutn ©trofjmann eines 33e=
trüget^ Vergab.
V.
9Kit ber fortfdjreitenben ©elbmirtfdjaft mirb ber
Sterfauf oon ©runbfifiefen aus einem SRotbe^elf immer mefjr eine
regelmäßige SBerfeljrStnftitution. 3)ie Segünftigung , bie
ba3 ©efefc ben notleibenben foroie überhaupt ben armen ©runb*
beftfcern gemährte, nrirb nun, juerft burdj bie graste (fie^e oor),
bann aud) gefefelidd, auf ba3 ganje Äauf gebiet ausgebest. Ober
beffer : SMe für ben SBerfauf aus 3tot eingeführten ©runbf äfee mürben
auf bie 33er f auf e au3 anberen roirtfd&aftltdjen 2lnläffen,
aus ©elegen^eit, jum ©eminn ufn>. übertragen.
2)ie bai;erifd&e Sieformation oon 1518 fennt feinen Unterfdjieb
tne^r jnrifd&en bem SBerfauf au« -Kot unb ben übrigen SBeräufeerung^
1 M. 6. XIX p. 322 (1468). $er SKa)ter fragt, toie e8 um bie ©en>ä$r*
f<$aft ftc^c; ber Jtäufer: er rciffe nic^t anberS, al3 fte wären ber ®en>ä$rfa)aft
einä [einig]; ber Ääufer: er fjätte genug um bie ©eroityrfdjaft unb begehre nid^t
me$r benn Fertigung mit ©erta)t$ $anb.
* M. B. X 36 (1358): „Sa fefct teft [ber Stifter] fünfe barum, bie ertaiten
auf tyren ©ib, man foUte iljren (Srbcn unb greunben (unb tun in bem ®erid)t
... ob fie nriber baS Seelgerftt unb baö <8Jeftt)äft [it&t reben »outen , baö
foDten fie oerantroorten auf ba§ nftd&fte Stecht, unb fomme bann niemanb, ber e3
»iberfpreejen »oUte, fo möchte fie [bie ©eelgerätgeberin] ed wo$l fertigen mit
$eri$t6(anb, für rea)te$ ©igen, ben oben betriebenen Ferren/
«o&en, Setföulbuttg. 3
— 34 —
gelegensten. 33erfäufer fott ba$ ©ut bcn nädfjften ©rben jum SBerfauf
anbieten. Üben bief e baS SBorfaufäredljt nid&t au$, f o erlangt ber
Ääufer „alle ©eto er". SDa oon 9tot unb Slrnrnt feine (Srtoäljnung
metjr gefdf)iet)t, fo ift.audlj ber gerichtliche 6ib fotote bie pradjjtooHe
altertümlich * plaftif d(je ©ibeSformel beä StedjjtöbudjeS weggefallen.
Unterbleibt bie äfabietung, fo fyabm bie näd&ften ßrben binnen 3aljr
unb ftag1 ba3 @tnftanb$red(jt, b. 1). ba3 9ted&t, in biefer grift
ftatt beS ßäuferS in ben Äauf ju treten (XXIII 2). 2)a3 SBtber*
f pru<$3re<J)t ber (Srben ift oerfd&nmnben; benn biejenige SBeräufcerungS*
art, in ber e§ nmrjelt, bie ©djenfung, Ijatte an praftifdjjer Sebeutung
fo fetjr oerloren, baf$ fie bie SRedSJtSenttoidElung nid^t tne^r be-
einfluffen fonnte. —
@S f)at feinen ©inn, bie SBanblungen be3 2?orfauf3* unb
@inftanbSredf)te$ burdf) bie SanbeSorbnung oon 1553 (III. 33u<$
3. SHtel) ^inburd^ bis jur ©efefegebung oon 1616 pi oerfolgen. @8
genügt ju bemerfen, bafe e3 oerjlärft würbe unb bafc baburdfj bie
©nttoicflung ber gretljeit ber SBerfügung über Qmmobilten eine rfidf*
läufige 9Wdf)tung erfuhr. SDaS Sanbredfjt oon 1616 Sit 10
(oom ©inftanb) 2lrt. 1 ftellt bie Siegel auf: „SBer eigen liegenb ©ut
l)at unb ba3 oerfaufen will, ber foH e3 feinen greunben [SBerwanbten],
bie iljm bie näd&ften im ©rab ber ©ippfdjjaft big in oierten ©rab
oerwanbt unb im Sanb finb, anbieten unb iljnen oor SÄnberen
St a u f 8 ft a 1 1 1 u n" (SBorf auf Sredjjt). @rf olgte ba3 Angebot orbnungS-
mäfcig, fo Ijatte ber uädjfte SBerwanbte einQa^r lang ba^ ©in ft anhö-
re d^t. (Srfolgte ba3 Angebot nid&t, fo betrug bie (SinftanbSfrift
jwet Satjre (Slrt. 2, oergl. audlj Slrt. 13). SDaS ©nftanbgredfjt
fxnbet nur bei Käufen ftatt, alfo ntdfjt bei Sauften unb Übergaben,
au<$ nidfjt bei 3xo<m%8vtTtä\xferi (2lrt. 18, 19). ©o lange bie
@inftanb3frift läuft, foH ber Käufer „nichts bauen, einigen $in& ober
©ült, fo auf bem oerfauften ©tficf liegt, nidfjt ablöfen, nodfj ba3
erfaufte ©ut weiter oerfaufen, oerfefcen, oerpfänben, oerfdfjreiben ober
ju ©rbredfjt ober fieibgebing oerlafen ober oerftiften, noclj aud& in
ben juge^örigen SBälbern einigen namhaften &oljfdfjlag tun ober
fonft auf einige anbere SBetS unb SBBeg etwas bergleidjen fümeljmen,
1 $te grift oon jtoei Sagten für SanbeSabroefenbe ift weggefallen. Slufier
ber ermähnten germanifd&en gfrtft oon 3a§r unb £ag rennt bie Deformation
(XXIII 5 unb 10; au$ Sanbbot oon 1516: fol. 24) bereits bie römifäen @r*
ftfcungSfriften oon 3 Sauren begro. 6 Sauren (bei 8anbe8abioefen§eit); fte famen
jur Stntoenbung, toemt jemanb nid&t auf ©runb ber ©rbeneigenföaft, fonbern
aus einem anberem Xitel bie SSeräufeerung anfechten toollte.
— 35 —
baburdj ba3 ©ut beut ©infte^er ju ©efafjr unb ©djjaben roiber
©ebüljr unb Sftedjt bef<$roert ober gefdfjmälert roürbe", bei ©träfe
ber Ungüttigfeit be8 betreffenben 3tedfjt3gcfdf)äfte3 (2trt. 8). SDer
Stäufer burfte alfo ba3 ©ut roeber beteriorieren nodEj meliorieren
(nic^tö bauen!), er burfte roeber bie auf bem ®xxtt laftenben ©dEjulben
abtragen, nodj ba3 ©ut jur Erlangung oon Ärebit im gaHe ber
SRot oerroenben; baS ©ut mar berroeilen oottftcmbig extra
commercium. SDer ©inftel)er barf ba8 ©ut nur für fidj felbft
laufen unb nidEjt „einem anberen ju ©ef allen ober ÜRufeen"; b. f).
er barf fid& nidjt jum ©troljmann eines ©ritten ^ergeben, ©r
fott audfj „baS ©ut für fi<$ felbfl ju behalten", nidjjit, e£ „um tintä
Übergewinns totUett roieber ju oerfaufen" beabfidfjtigen, b. i). er foll
ben ©inftanb nidEjt jur ©pefulation mifcbraudfjen. SDaS muß
ber ©tnftel)er auf Verlangen befd&roören. Sei ßuroiberljanblung
Serlufi beS ©inftanbSredEjteS unb ©träfe (2lrt. 5).
3Bir finben alfo nodfj im 17. 3fa^rf)unbert SRefte ber
fütnmuniftifdjjen gamilienoerfaffung. SEBctd^ anberen 2)ing
aber baS 2tnteüre<$t ber ißauSgenoffen am ©runbbefifc geroorben ift,
bi§ eS beim ©mftanbSred&t lanbete, ge^t barauS Ijeroor, baß biefeS
ben ©efjenbenten beS SerfäuferS nur bann jufteljt, roenn fie bie
ßauffumme „nidfjt oon bem Sater ober ber 9Kutter, bie baS ©ut
oerfauft, fonbern inanberroeg Ijaben" (Sanbredfjt oon 1616 X 16).
2>er ©ebanfe ift offenbar ber, bafj bie S)efjenbenten als ©rben in
bie Serfauferfiettung treten, alfo in biefer ©igenfdjjaft ntdfjt felbft
baS ©inflanbSredjjt ausüben fönnen. 3)aS agrarifdfje Sßrtnjip
beS gamtlienfommuniSmuS ift in ftonflift gefommen
mit ber Qbee ber erbredjjtlidjjen Fortführung ber
inbtoibuellen Sßerfönlidfjfeit, unb biefe ift im Segriffe ju
ftegen. 3)er Siegenf dfjaftSoerfe^r ift jroar nodfj immer bürftig,
unb ©dfjmib berietet (ßanbredfjt X 14 Str. 1), man fefje täglich
bei ben Säuern, roie fefjr fie auf ber Soreltern ©üter erpidfjt feien,
fo baß fie foldfje anberS nidjjt als in ber äufeerften -Kot oerliefcen.
9iod& immer fpielt alfo im Serfefjr mit bäuerlichen ©runbftüdfen bie
91 ot bie Hauptrolle. Statürliclj. 2BaS fottte audf) ber Sauer nad&
Veräußerung feines ißofeS anfangen? 2)er iQof gab i^m bie
„(rjrtftenjberedjjttgung", roie man Ijeute fagen roürbe. SBar er aber
roirttidj genötigt, ben $of ju oerfaufen, bie ©jiflenjbered&tigung auf*
jugeben, um ju epfiieren, fo fonnte ifjm bie geffel beS ©inftanbS-
redjteS feljr läflig roerben, befonberS ba eS ju ©dfjifanen ober in
eigennü|iger SBeife mifcbraudfjt roerben fonnte. ©aS baperifd^e Sanb=
:3*
— 36 —
redjt oon 1616 warnt j. 33. baoor (X 5), bafj bcr ©inftanbSberedjitgte
ben Käufer mit bem ©tnftanb fd&reäe ober bebro^e, ju bem
groeäe, bafj er oon tfjm „Selb ober anbere SBergteidjung für bie
Stöfteljung Dom ©inftanb abbringen wollte".
Die ©rgcbnif f e finb:
1. Der Smmobiliaroerfelir ift ein Sßrobuft ber Ijiftorifdjen @nt*
rotälung. ©r ift abhängig oon ber greiljeit ber SBerffigung über
©runb unb 33oben. Diefe gretyeit ift ein SluSflufe be$ Sprioat*
eigentumS an ©runb unb ©oben.
2. SUiafegebenb für bie Drganifation be3 SiegenfdjaftSoerfeljrS
ift bie ©tgentumSoerfaffung. SDic Öffentlidjfeit ber Übertragung oon
©runb unb Soben in ber älteften $eit $ e^ne S*>Ige ber
fommuniftif<$en iRatur be3 ©runbetgentumS.
3. Die SBeftfcfibertragung felbft, anfangs in feierltd&er SEeife
vorgenommen unb ooll oon ©innlidfjfeit, nrirb immer formlofer, aber
audj immer abftrafter.
4. Den 2lnftof$ jur ©nttoiälung be3 Siegenf<$aft3oerfel)r3 oon
©tufe ju ©tufe gibt bie Differenzierung ber ©efettfd^aft. ©8 ent-
fielen neue 33eoölferung3flaffen , bie na<$ bem ©rtoerb oon ©runb
unb Soben als bem oorjüglidjften 3Kittel jur 3Wadjt ftreben: ber
ßleruS, bie ©runbljerren, bie Bürger (ber lv 2. unb 3. ©tanb).
5. Dabei nrirb ber ©runbftüdEoerfe^r immer mannigfaltiger unb
formenreidjer. Seiftung unb ©egenleiftung finb anfangt in*
t ommenfurabel ; je toertootter ber ©runb unb Soben wirb, befto
genauer toirb bie SßreiSbefttmmung.
6. Die älteften SBeräufeerungSarten finb (in <$ronologifd)er
Reihenfolge) bie ©d&enfung jum ©eelenljeil, bie SBeräufcerung aus
■Jiot (Äommenbatton), ber £aufd& (beljufs Slrronbierung). 9lu3 bem
9totoerfauf entmideln fi<$ bie Sßerpfänbung unb bie gronung.
7. 216er nidjt nur bie SeoölferungSflaffen, bie eine SBerme^rung
iljreS ©runbbeftfeeS toünfdjen, Ijaben ein ^ntereffe an einem regeren
Siegenfd&aftSoerfefjr, fonbem aud) btejenigen, bie aus toirtfdjaftlid&en
©rünben genötigt finb, ifjren ©runbbefifc ju oeräufcern.
8. Daljer ©rtoeiterung beS inbioibuetten SBerfügungSredjteS
(SeilungSbefugniS, 3lbfd&idjtungSred)t, aSeräufeerlid^feit beS Anteils),
©djtoädjung ber alten 2BiberfprudjSredjte (Umtoanblung in ein
ßofungSredjt, fpäter in ein 58erf aufSredjt , nodj fpäter in ein
JRetraftrcd^t) , jeitlid&e Segrenjung berfelben (gertd&tlid&e Sluflaffung,
— 37 —
@infüf)rung bcr römifdfjen (SrjtfcungSfriften ; redete ©ewer, ftittc
©eroer).
9. 3)ie Sfirger fudjjen i^ren im ißanbel unb ©ewerbe erworbenen
9leic&tum in ©runbbefifc anjulegen. Sie jugunften ber notleibenben
©runbbefifcer eingeführten 5Berfef)r$erletd(jterungen werben allgemeine
(Srrungenfdfjaft. 2lu3 bem agrarif<$en 3mmobtliaroerfel)r3re<ijte be$
SWittelalterS ift ein bürgerliches Siedet geworben.
§ 2.
BEfrarfiiung.
I.
33eoor wir in ber SDarfteHung ber ©ntmieflung ber 3Ser-
äu&erungSarten — burdjj Erörterung ber SBerpfänbung unb SBer=
gültung — weiterfahren, muffen wir einen 33liä werfen auf bie
©ntfieljung ber ftaatlidjjen 3roang3oollftre<fung.
Die geridfjtlid&e Qxoan^voWitudnxii jugunften von $ßritwt=
forberungen ift ebenfo wie bie grei^eit ber Verfügung über ©runb
unb Soben feine „ewige", fonbern eine „l)iftorifdjje Äategorie", b. Ij.
fte ift erft im Saufe ber gefdEjidfjtlidjjen ©ntwicflung entftanben1.
2Benn wir bieS nd^er barlegen wollen , fo muffen wir an bie
altefte ©attung oon ©d&ulben anfnüpfen, 3)ie3 waren bie 35eliftS=
fd&ulben. SRed^ttwibrige ©ewalt ift ^tftortfdfj bie erfte 23erfdjjulbung8*
urfadje. 2)ie oerlefcte Sippe fonnte nämlidf), ftatt 33lutrad(je ju üben,
fid) mit einer 33uf$e aufrieben geben : Söergelb. 2Bie aber, wenn ba$
SEBergelb nidjjt bejaht würbe? 2)ann fonnte zweierlei eintreten:
(£rften$ trat baS §ef>bered(jt wieber in 2Birf famfeit , unb in SBer-
folgung beSfelben fonnte ber SBerlefete, alfo ber ©laubiger, ftdjj eigene
wältig Sefriebigung oerf dfjaffen — ©elbftpfänbung. gerner
würbe bie Verweigerung ber (Sntrid&tung ber Sufee als Un-
ge^orfam gegen bie Dbrtgfeit, afe Störung be3 öffentlichen
3frieben3 betyanbelt — ber $riebenSbre<fjer würbe friebloS er*
f lärt, geästet, in ben Sann getan. SBon biefer 9Jtofjregel §atte
aber ber ©laubiger nidjjtö; benn baS fonftejierte Vermögen fiel bem
Äönig ju.
Um bie erjten Anfänge ber gerid&tlidfjen gwangSooUftretfung
1 3für bad gfolgenbe oergt. bef . «runner, S)eutf $e 9te$t*gef eftttye 1 279 ff.,
II 445 ff.
— 38 —
Derfieljen ju formen, muffen mir eine ©tgentümltdjfeit be3 älteften
©dfjulbrecfjteS tüof)l beachten.
3)ie XÜgung ber ©Bulben lonnte nämlidfj aud|j in ber SBeife
erfolgen, bafe ftatt ber eigentlid&en Seiftung eine 8rfafc =
letfiung gemalt würbe. 2>ie Srfafcleiftung fonnte eine befinittoe
fein (SBerfauf an 3al()fang8ftatt) ö^er ewe prooiforif^e, b. t).
eine (Srfafeleiftung mit 33efugni$ be3 ©d&ulbnerS jur SluSlöfung be3
jum (Srfafce ©eleifteten burdfj Seiftung beS urfprüngltdj) ©efd&ulbeten.
2)amit §aben mir bie SBerpfänbung in iljrer ältejien, urfprüng*
lidfjen gorm, in ifjrer Stammform. SUleS, xotö oeräufeert merben
fann, fann audfj als Sßfanb benufct merben, aud& ber ©d|julbner
felbft1. Slber audfj britte Sßerfonen (abgefeljen von ben
©Maoen, bie ja ate ©adfje galten) j. 33. ©ippegenoffen, fonnten jur
©rfafcleifiung ^erangejogen merben, unb jmar an 3<*l)lung3ftatt 2 ober
an SßfanbeSftatt (©eifel)3.
®ie SSereitmiHigfeit be3 ©läubigerS, ftatt ber eigentlid&en Seiftung
eine ©rfafcleiftung anjunefjmen 4 , erflärt fi<§ aus bem SWangel an
©elb unb au« ber ©leidfjförmigfeit ber 33ebürfniffe unb igauSftänbe6.
35a ein ©ut fehlte, ba3 allen SBerten jur gorm tyätte bienen
fönnen, fo mar e£ Sftebenfadje, in melier gorm bie SBerte in bie
SBirtfc^aft eintraten. SDie ©letd&förmtgfeit ber 2Birtfd&aftS* unb
&eben$meife oer^inberle inbioibuette SBertfdfjäfcungen : bie ÜBert*
fdEjäfcungen maren fonoentioneH unb fanben iljren 2lu8bruä in ben
SBertta^en ber 33otföredf)te. 2lud(j bie aRangel^aftigfeit be3 SBoH*
ftredungSmefenS , baS geilen einer ftaatlidEjen 3mangSr>oEftre<fung
mirfte barauf §in, bafj ber ©laubiger in entfpred&enben Grfafc=
1 ©allifcr)e$ ftonsU beö 7. 3a$r$. (bei «runner II § 109): „De ingenuis,
qui se pro peeunia aut alia re vendiderint vel obligaveriut." 33gl. L. B. II 1 :
„. . . ipse se in servitium deprimat." Xie Ätrdje roirfte barauf §in, bafi von
bem unbebingten ©elbftoerfauf in bauernbe Äneci)tfa)aft abgefeiert tourbe.
2 Srunner II 448: „@inft fa)eint es erlaubt getoefen ju fein, ntc^t nur
ben eigent(ia)en ©djulbner, fonbem au$ ßeroiffe Sippegenoffen beäfelben gu
pfänben, fo bafj bie ©ippe, wie ber JJeljbe, fo auä) ber $fänbung auägefefct war."
* ©d&roeber, !Rea)t3gefa)ia)te, 4. SlutT. ©. 290: $er ©eifel „wenn bie 2tu3-
löfung unterblieb, in ©a)ulbfne($tfa)aft verfiel unb gänglia) ber SBiUfür be3
©läubigerS, ber if)n »erlaufen, oerftümmeln, töten tonnte, preisgegeben war".
4 «runner, 9tea)t3gef($ia)te II 442: „21u# toenn Urteil unb SBette auf
eine ©elbfumme lauteten, erfolgte bie 3a^lung meiftenS nia)t in ©elb, fonbern
in ©elbeöroert, in Anetten, Siel), SBaffen unb fonftigen ©tücfen beroeglidjer
$abe.-
5 Sgl. 3nama«@ternegg, Sßert unb $reid in ber älteften $eru>be beutfa)er
Solfötoirtf^aft. 3a^rbäa)er für ^ationalöfonomie 1878 @. 214 ff.
— 39 —
leiflungen, au<$ prooif orif djjen , eine 2lrt oon SBefriebigung fa$: er
war frolj, überhaupt ttxocß ju befommen, unb wenn er nur bem
SBcrte nadfj baS, roaS iljm jufam, erhielt, fo legte er feinen
2Bert barauf, eS in einer beftimmten gorm ju erhalten.
9Ran fteljt — bieg bitte id[> bem ©ebäd&tnte moljl einzuprägen — /
baft in biefem ©tabium ber S3erfe§r3entmi<flung bie SBerpfänbung
noä) fein Ärebitgefd^äft ift, fonbern ein Sarg efdjäft. @$ tfi aber
au<j> flar, baft in einer 3^r tt)o e$ nodjj feine ftaatltdfje ^wan^
DöBfirecfung gibt, ber Ärebit überhaupt fefjtt unb feine
Ärebitgefdfjäfte gemalt werben1. Sogar ba3 ©piel ifl m><$
33argefd&äft: „33eim Goppeln muß man fefcen!"
2Ba$ nun bie ©ntfle^ung ber fiaatltd&en groangSoottftredfung be-
trifft, fo motten mir nur bie &anb§abung (©dfjulbner felbft) unb bie
gronung (unberoeglid&eä Vermögen) in ttjre Anfänge oerfolgen. S)enn
bie 2tnf finge ber geric&tlidfjen 9Robiliarpfänbung „liegen im bunflen" 2.
©omofjl bei ber iQanbljabung afö audfj bei ber Krönung flogen mir
nun aber auf ben oben ermähnten ttnterfd&ieb jnrifd&en bepnitioer
unb prooiforifd&er (Srfafetetftung.
©er SBergelbfd&ulbner tonnte oon ber regreßpflichtigen, aber
jaljlungSunffiljigen Sippe in ©d&ulbfnedfjtfdfjaft oerfauft merben (lex
Sal. tit. 58 : „in raallo praesentare debent"). 2Benn tljn niemanb
au&ldfie, bann oerftel er jroang$meife bem ©laubiger („de vita sua
componat"). SMefe „SßreiSgabe" an ben ©laubiger fd&mfid&te ftd&
im Saufe ber 3*ü jur ©djulbljaft ab, bei ber ber ©djulbner
burd& nadfjträglfdfje 3a^^n8 auggelöfi merben tonnte. aber nodfj
nad[| bem ©dfjmabenfpiegel ifl bie ©djjulbl>aft fel)r ftreng (c. 252):
3)er ©laubiger fottte ben ©dfjulbner „galten gletdfj feinem Qngeftnbe
mit Slrbeit unb mit ©peife. Unb miß er, er mag tljn bef fließen
in ein ©ifenbanb" (Slodf, gu&fd&ette).
Watt) ben (Srgebniffen unferer Unterfudfjung auf ©. 1 ff. ifl e£
oerflänblid& , bafc bie 3mmobiltare£efution fid) erjt oer&ältniSmäfng
fp« entmidfelte8.
1 Bfranfen, ®efa). beS frans. $fanbre$t* (1879) @. 213: ,3n einer @efeU-
f$aft, beten Vertrauen auf bie öffentliche ®eroalt alö ©$üfeerin oermögenä*
rea)t(ta)er Sntereffen etwa noa) Qleia) Sfcutt wäre, ftnb alle ©efdjäfte 8argefa)äfte.*
Sgl. $eu*ler,' 3nfr II 227: .Selber ßaben] aud) bie 2)euifa)en auf ba*
,bcutfa)e SRanneöroort" oon aller« Ijer nia)t Qalb fo feft gebaut, alö man fta)
einteben mda)te."
8 »runner I 279.
1 <&* mar leichter, einen SRann feiner greiljeit $u berauben a(3 feine« An-
trifft am £anb. (Hearn, Aryan houeehold, 1891 p. 77.)
— 40 —
SDie Srnmobiliaresef ution ift aus ber auf ben aSermögen^
bann (ÄonftSfation) befd[jränften griebloflgfeit ^eroorgegangen. ©ie
erfdjjeint juerfi in bcn Äapitularien geregelt. Äapttulare mm 818/9
c. II1: SBenn bie Hegenben ©üter eines Übeltäterg fonftejiert
roorben finb, fo fann er fte binnen Qaljr unb £ag aus bem Sann
löfen, j. 33. burdj freiwilligen SBerfauf unb 3a^^n8 bet 33ufce.
3laä) Slblauf ber grift oerfallen fte bem gtöfuS. SDie vom Übeltäter
gefdfjulbete SBufce wirb oom ©rafen au« ben auf ben ©ütern be-
finblidjen beroegltd&en ©egenftanben bem ©laubiger bejaht ; reiben fte
ni<$t §in, fo wirb ba£ geljlenbe au£ ben ©ütern felbft er-
gänjt (de immobilibus suppleatur). SBenn ber Übeltäter in @e=
meinberfdfjaft fi|t (si nondum cum suis coheredibus proprium
suum divisum habuit), fo wirb Borger gertd&ilidfjeS Aufgebot unb
Stbfdjjidfjtung oorgenommen (convocet eos comes et cum eis
legitimam divisionem faciat).
SDie ©infü^rung ber SmmobiliareEefuiion bebeutet einen großen
$ortfdjritt nidjt nur für ben ©laubiger, fonbem audfj für ben
©dfjulbner. Sener fonnte bei glud&t be3 ©dfjulbnerä ftdjj an beffen
unberoeglid&e ©üter tjalten, unb biefem bot bie Smmobiliaresefution
ein 3JIittel, ber ©jefutiofnedfjtfcijaft ju entgegen.
3m ©dfjroabenfpiegel (c. 176) beträgt bie grift, binnen roeld&er
ber ©d&ulbner ba$ ©ut einlöfen fann, nur me$r fedjjS SBodfjen. 3n
biefem 9?ed[)tebud(j , fotoie im ©adfjfenfpiegel (2lrt. 41) ift ba$ @e*
famtfjanboerliältnte (f. o.) in ein binnen 3a§r unb £ag aus*
juübenbeS SofungSred&t bejm. betraf tredljt 2 oerflüd&tigt.
IL
ÄHe SBerpfänbung t)on ©runbftüden entroidelt fidf) au$
ber ©. 13 befdfjrtebenen „SBeräufjerung aus ©dfjulbnot". 3)er SBer*
gelbfd&ulbner übertrug ©runbftfiäe an 3öfjlung3ftatt, behielt fid& aber,
nrie tym biefeä bei ber missio in bona ein 3a$r lang jufianb, bie
SBiebereinlöfung oor. SBenn, tote geroö^nlidfj, eine SßiebereinlöfungS*
frift nereinbart roorben mar, fo oerpel ba3 Sßfanb na<$ erfolglofem
Slblauf ber grift bem ©laubiger; ber ©laubiger fonnte über ba£
oerfallene Sßfanb oerfügen wie über anbereS ©igen8. SDie ©afcung
1 Boretius I 283.
2 ,$arna$ fomme fein @rbe oor ©erid&t — binnen %af)t unb Sag —
unb aielje ftc§ $u feinem @rbe . . . unb gelte bie ©djulb,*
8 2>ie 2lu8brtt<fe lauten: JJttr Serpfftnbung ponere in manum (pignoris
causa), obligare, sazze, aerfefcen unb einantworten [©afcung] ufn>.; für ben
— 41 —
ifl protrifortfdjje ©rfafeleiftung : folange ber ©laubiger ba£ Sßfanb in
igänben $at, $at er feinen 2lnfprudj gegen ben ©d&ulbner (audE) lein
Qntereffe baran, üjn weiter ju verfolgen) l. Seim $fanbt>erfall t>er=
roanbelt ft<l) bie protuforifd&e ©rfafcleifhmg in eine beftnittoe.
Über bie $ett ber ©ntfie^ung ber ©afcung befielen 3KeinungS=
oerfdfjiebenljeiten. 3n ben romanifdfjen Säubern (Italien * t granf-
retd&) fd(jeint fie früher aufgefommen ju fein aU in ©nglanb unb
3>eutfdf)lanb. SJtacfj i&äberlin (©. 145) liefert bie greifinger ©amm*
lung vom ©nbe beä 12. bis jutn Anfang be3 15. 3al>rl)unbert$ Ur*
funben über ©afcungSgefd&äfte. SDie tum uns benufcten Urfunben
au3 berfelben Sammlung finb jum 5Eeil oljne SDatum, junt £eil
liegen fie jnrifd&en 1259 unb 1361.
3)ie ©afcung bebarf, ba fie eine Verfügung über ©runbftüdfe
enthält, flu iljrer Segrünbung berfelben Formalitäten unb SBorauS*
fefcungen mie bie Übertragung liegenber ©fiter überhaupt8. 3)a
aber ba3 Qntereffe be3 nadfjften @rben bei ber ©afcung nid&t nur
burdj) ben (Srbenlaub, fonbem audfj burdfj baS bem ©djjulbner ju=
fie&enbe (oererbung3fäl)ige) SßieberlofungSred&t gefdfjüfct mar, jener
-übrigens feiten in belferen SBermögenSperljältmffen gemefen fein wirb
atö ber Sßfanbfdfjulbner, fo merben (Srbenlaub unb ©rlofung bei ber
<5a|ung geringere Sebeutung gehabt §aben rote bei ber Veräußerung
im allgemeinen.
SMe ©afeung bot ben 33efifcem oon beroeglidfjem Kapital ©e-
legenfjeit, biefem eine anbere gorm flu geben, in ber e8 grüßte
bradjte. 9tamentltd& benufcten oiele Älöfter unb ©eiftlidfje4 bie
Setfall: cadere ab praedio, praedium pertinere debet ad . . . ., proprietatis
titulo redire ad . . . etc.
1 9tec$t36ud) 3rt. 240: Äfogt einer ben anbern um (Selb unb fprid&t bann
jener, i$ leugne i$m be« @e(bed m$t, er $at aber ein $fanb von mir, fo foff
er mit Äu§e fiten.
9 Roth. c. 173: Et ßi talis ei evenerit necessitas, ut terra cum man-
cipia aut sine maneipia vendere aut loco pignoris ponere debeat,
dicat priuß iili, cui thingavit: . . . . si tibi videtur, subveni mihi et res
istas conseiro in tuam proprietatem.
* 9tor bie Äuflaffuno. im engeren @inne ($er3i$t(eiftungder!(arung)
fällt weg.
* ßamprea)t, öeitr. 3. ®ef*. be* frans- SBirtfcfraftSfeben* im 11. 3a&rlj.,
1878 (©$mouer, gorfä). I 3) ©. 136 ff. ©aefur, öeitr. 9. Söirtföaftögefä.
frana« «. totyring. Ätöfter im 10. unb 11. 3a$r$. (3eitf$r. für ©03.* u. SBirt-
fa)aftd0efc$. 1, 1893, ©. 168 ff.) Allix unb Genestal, les Operations financieres
de l'Abbaye de Troarn du XI. au XIV. siecle. (3ierie(ja$r£f4r. ufw. roie aor,
II 1904 e. 623 ff.)
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©afcung baju, um entbe&rlid&en SSorrat an golbenen unb ftlbernen
ßirdjjengerätfdjjaften ober anbeten Äoftbarfeiten in ©runbfifiefe ober in
SRenten oon ©runbftttdfen umjufefeen. SMftenS war ber ©d&ulbner
md&t in ber ßage, fein SBieberlofungäredjjt auSjuüben; bann $atte
man ein ©runbftficf bittig erworben, was um fo fdfjäfeenSwerter war,
afe ber ©runberwerb fdjnrieriger geworben, ba3 Streben bamad^
ba£ gleite geblieben mar. S)en großen Ferren aber bot bie ©afcung
bie 3WöglidSJfeit, jur SBerwtrflidjung müitärifdjer ober polittfd&er ^Jläne
iljren ©runbbeftfe ^eranjujteljen , oljne Ujn beftnttio aufgeben ju
muffen, oielmeljr mit ber 2luSftdjt, beim ©intritt gänfiiger SBer-
^ältmffe, alfo namentlich wenn ba3 ©lücf mit i^nen mar, nrieber in
feinen S3efife unb SWufcgenufe ju treten.
SMefer ©Ijarafter ber ©afcung al* einer Slrt oon
©runberwerb unb aU einer $ortfefcung ber auf Sin*
fammlung be3 ©runbbefifceS in wenigen Rauben ge =
ridjteten Strömung jeigt ftd) barin, bafc urfprflnglid& bie ©in«
löfungSfrtfi bei ber ©afeung in ber Siegel eine ßberrafdjenb furje
mar, nur ein falbes Qa^r ober ein $af)T betrug1. 3)ie ©afcung
mar eben im roefentlt<$en nodfj SSerfauf aus sJtot; bie
Stücfgangigmad&ung mirb bem ©dfjulbner furje 3*ü öff#* 8*foff*n,
aber eigentlich oon feiner ©eite fo redjt erwartet.
©tärfer als bei ber ©afeung (älteren ©afcung) trat ber ©^arafter
ber ©idjerung burdf) Spfanb bei ber Sßfanboerfdfjretbung
(neueren ober jüngeren ©afeung) Ijeroor. ©tatt ba3 ©runbftficf ju
übergeben, übergab man ein ©urrogat, ba$ ben ©laubiger in
ben ©tanb fefcte, jeberjeit fidfj in ben Seftfc be3 SßfanbeS felbft ju
bringen, namlidfj eine Urfunbe, in ber man ba3 Sßfanb nur oer*
fd&rieb. 35ie Urfunbenbegebung biente, wie bei ber ©igentumä*
Übertragung (Äapitel I), al$ ©tjmbol, nämlidfj §ter afe ©gmbol
ber SBerpfänbung. 2)a ber ©laubiger auf ©runb ber Sßfanb*
oerfdjreibung ba3 Sßfanb l)erau$oerlangen fonnte, fo burfte ber
©dfjulbner ba3 Sßfanb mdfjt oeraufcem ; gegen eine etwaige geridfjtlid&e
33efd(jlagnal)me be3 ©runbftücfeä fonnte ber ©laubiger unter 33or*
weifung feiner Sßfanburfunbe ©infprudf) ergeben.
1 SBenn ®($ulbner unb ©laubiger bie beireffenben @runbftütfe ni$t felbft
bewirtfäafieten, fonbern na$ Sei^ered^t ausgaben, ober wenn e8 fidj bzi ber 3ta>
pfänbung nid&t um ©aäjgüter, fonbern um ©mfttnfte ober anbete nufcbare
diente Ijanbelte, fo »erurfaa)te ber furae 8eft|n>ea)fel Uint unoerijältniömäfetgen
©$wierig!eiten, fonbern bie Eienfie unb Abgaben, mürben bann einfadj itokt
bem ©tt)u(bner bem ©laubiger gegiftet.
— 43 —
2>ie Sßfanboerfdfjreibung eignete fidj befonberS für fold&e gäHe,
wo e$ ftdj mdfjt um befte^enbe ©Bulben fymbelte, fonbern um
©td&erfteffung für fünftige ©Bulben, beren ©jiftenj unb ©röfje nodfj
mdjt feftftanb, aifo um btofte &aftung3oerbinblidf) fetten.
&ter Ijatte ber @<$ulbner feinen 2lnla§, bem ©laubiger jefct fd&on
©runbfiücfe einzuräumen, beren Sßufcgenufj bem ©laubiger ju ftatten
fam. gäfle folget Haftung jtnb namentlidjj bie ©en>äf)rfdf>aft beim
Äauf *, bie ©d&abenerfa$pflid(jt, bie Haftung gegenüber ben ©enoffen
wegen SBaljrung i^rer SKitred&te, fpäter bie au3 ber SBerroaltung beS
grauen« unb beS ÄinberguteS entftanbenen SBerpflüdfjtungen. ©ntftefjt
au£ ber £aftung eine präfente unb iiquibe ©djulb, fo fann ber
©laubiger iid& in ben Seftfc be$ SßfanbeS fefeen, roenn nötig, mit
geriet lief) er £ilfe. ©inftroeilen bient i^m bie Sßfanboerfd&retbung afe
prooiforifdfje ©rfa|leiftung 2. SOBie bie (SigentumSfibertragung burdj
Utfunbe, fo tritt audfj bie fijmbolifd&e SBerpfänbung , bie neuere
Saftung, juerft (feit bem 11. Safjrljunbert 8) in bem mirtfd^aftli^
entwitfeltften Sanbe auf, in Italien. S)ie Meinung, bafj bie neuere
©afcung im roef entließen ein ftäbtifd^ed ^nftitut getoefen, tyat fdfjon
«eu£(er afe unjutreffenb jurücf geroief en 4.
9toifirlidfj fonnten mdjjt nur ©runbfifidfe, fonbern audf) nu^
bare SRed^te an folgen, &t\)xdvx, bäuerlid>e 3Me wfw., au3
9tot oerfauft unb oerfefct werben. 2lfe in ben ©täbten infolge
SlmDad&fenS ber Seoölferung ber abgabepflichtige ©oben im SBerte
gefHegen, anberfeitö ba$ Sebürfnte nad& beroeglid&em Kapital größer
geworben mar, ba beftanb ber 3lnlafe unb bie SWöglid&feit, ©runb
unb Soben afe ©ntgelt für eine ^Barleistung ober jur Sejaljlung
wm ©Bulben mit einer feften 2tbgabe ju belegen (Stentfauf,
©ültfauf). @rft fpäter oerbreitete fidfj ber ©ültfauf aud& auf
1 beugter II ©. 147: ,$iefe Serpfänbung ftnbet fic$ namentlich in ben
ba^erifd&en Urtunben auf Stritt unb Xritt, »eil ba3 baperifefce Sanbrea)t bei
Serfauf oon £iegenfa)aften für bie Stauer ber ©en>Ä&rfa)aft3frift oom Sertäufer
Bürgen ober gürpfanb »erlangt.4'
* Söie bie ©afcung jur $f anboerf a)reibung , fo fa)n>äa)te fta) bie 93er*
geifelung jur 8ürgfa)aft ab. SBä$renb ber „©eifel* in bie Gewalt be*
Gläubiger* übergebt, ift bteä beim »Bürgen* (fideijussor) ma)t ber gaU. «ber
aua) ber , Bürge* ift sun&ftft noa) (prooiforifdje) @rfafcleifiung, er mufc für ben
$auptfa)u(bner »einfielen*.
* Sruniter, $orfa)ungen 6. 624.
4 3nft II 148: „ . . . . fie ift im £anbrea)te ebenfo alt.* dagegen noa)
3nama*6ternegg, SBtrtfa}aftßgefa). II 457: , im ftäbtifa)en Seben früher unb
(tftuftget angemenbet alö auf bem Sanbe."
— 44 —
bcm Sonbe, nämlidfj afe audj f)ier bcr Sobenwert burdjj 9Mio=
rationcn unb burdfj bic ©unft ber ßonjunftur ein Ijöljerer geworben
war unb bie Säuern größere ©elbftcmbigfeit gewonnen Ratten.
Sßie ©runbfiütfe unb Renten au$ folgen oerfauft unb oerfefci
werben fonnten, fo fonnte audfj eine SRente auf einem ©runbftücf
oerfaufs* ober oerfafcwetfe fonftituiert werben. Ober mit
anberen äBorten: S)ie SRente fonnte afe ewige fonftituiert werben
ober fo, bafc bem SBerfäufer ba8 @inlöfung$red&i jufianb. ttr*
fprünglidj war bie ©wiggttlt baä normale. 3)enn bem Ääufer war
e3 aud& in biefer $eit nodj nid&t um eine oorfibergeljenbe ©elbanlage
ju tun, fonbern me^r um bie bauernbe ©rlangung oon (Sinffinften
au$ ©runb unb 33oben. Stauer würbe e3 anfangs afe ©nabe be*
trautet, wenn ber Ääufer barein wittigte, bafc bem SBerfäufer bie
SßteberfaufSberedfjttgung jufteljen fotte *. Später fefct ftdfj bie Sßteber*
faufSgttlt immer me^r neben unb fogar an bie ©teile ber (Smiggtilt ;
ba$ SRenteninftitut wirb immer bewegli<$er, namentlich
burdf) bie ßeid&toeräufcerlicPeit ber 9tentenbriefe 2 ; in mandfjen SRedfjtS*
gebieten ge^t man fo weit, bie befteljenben ©wiggülten ablösbar ju
erflären8 unb bie ©rridjtung oon neuen ©wiggütten ju oerbieten.
SMe SBieberfaufägült oerljält fid|j bemnadfj jur ©wiggttlt wie bie
SBerfefcung jum SBerfauf. ©ie bient baju, bem „SRentfäufer" für
bie Eingegebene ©umme bis jur ' ©inlöf ung ber ©ült, b. I). bis jur
©rftattung ber ©umme, einen prooiforifdfjen ©rfafc ju bieten.
Unterbleibt bie ©inlöfung, fo bilbet bie SRente ben beftnitioen @rfafc.
2Bie ber ©runb^err äin&pfftdfjtige ©üter einjte^en fonnte, wenn
ber ©runb^olb ben 3w£ nid^t leiftete, fo fiel baS rentenpflidjtige
©runbfiüdE bem ^Rentenberechtigten anjjeim, wenn bie ©ntridjjtung
ber SRente unterblieb. SBeil biefer gatt gewöljnli<$ nur bei Über-
fdjulbung eintrat, fo lag barin feine abnorme &ärte gegen ben
©dfjulbner.
1 §eu3Ier, 3nft. I 357.
2 ©olbfd&mibt, §anbelörea)t, 3. Sufl., @. 135: „2)a3 3n$aberpapier finbet
ftdj . . . mit ber reinen 3n$aber!(aufet in Stauen in ber jmetten ©älfte beä
10. 3a$r$unberi$, in glanbern unb Eeutfajfonb im 13. 3a^r§unbert/ $a* früh-
zeitige auftreten beä 3n$aberpapiere8 $at feinen ©runb in ber Statur ber ttr*
lunbe als ©umbol (^fanbfombol, f. o.).
8 ©päieftenS gegen ©nbe be8 14. 3a$rljunbert$ fmb in ben baor.
©tobten biefe Renten allgemein für ablösbar erttftrt. Später erft ftot fta) bie
SCblöSbarfeit ber (Stoigrenten auf bem Sanbe bura)gefefct. 3m Urrunbenbua)
oon Snberftorf (Bauern) lommen Vereinbarungen über Xblöfung oon gelauften
Renten erft feit 1424 oor (3nama*@ternegg IU 2 ©. 469).
— 45 —
2)er SSorteil beS ©filtfaufs oor ber ©afcung beftcmb
für ben ©d&ulbner barin, bafj eine mcl genauere 2tbglei<$ung von
Seiftung unb ©egenleiftung oorgenommen werben fonnte: bie ©filt
würbe in ber &ö§e feftgefefct, bie beut Eingegebenen Kapital entfpradfj.
3)er ©laubiger Ijatte ben Vorteil, bafe er atö einem ©runbftüd: eine
9iente jog, oljne eS oerwalten laffen ju muffen. SDa bie ©alt nidjt
notroenbig fämtlidfje ©infünfte aus bem ©runbftüd in Slnfprudfj
na&m, fo fonnten auf ein ©runbfttidf mehrere ©ülten gelegt,
fonnte ein ©runbftüd jur Äapitalaufna^me bei oerfd&tebenen Sßerfonen
benüfct werben, mag bei ber ©afeung ebenfalls ntdfjt möglich mar.
2>iefe 2Röglid)feit führte im 15. unb 16. 3aljrf)unbert infolge
Steigerung be3 33obenwerte3 ju einer immer größeren
Sientenlafi, inbem man immer auf bie betreff enbe „9Mioratton"
ober „Überteuerung", wie man fidjj auäbrüdfte, eine SRente legte.
III.
3)ie immer wad&fenbe SluSnufeung ber Stentenfäljigfeit be3
33oben3 unb bie barauä fxd£> ergebenbe ©efafjr ber Überfd&utbung
rief ein 39ebfirfni3 naci) weiterer ©tdfjerung ber SRenten*
gläubiger ^eroor. ©ie erfolgte baburdfj, bafe ein ©runbfiüd ober
mehrere ©runbfiüde, bie ber SRentenfdfjulbner neben bem SRentengute
bef a&, fubfibiär haftbar erflärt unb oerf d&rieben mürben. „ ©eit
bem 14. Sa^r^unbert wirb biefe 35erftärfung ber ©idfjerljeit be3 3?euten=
berechtigten burdfj .... gürpfanb (ttnterpfanb) immer häufiger,
unb im 15. ftaljr^unbert ift fie fdEjon ganj allgemein'' (^euSler II 151).
3a, e$ werben nidfjt nur anbere ©runbftüdfe, fonbern Ijäufig wirb
baS 9tentengrunbftfi<f felbft bem ©laubiger nodfj befonberS oer=
f ^rieben, unb fd<efjlidfj gilt ba3 3tentengrunbftüd als füll*
fdjtoeigenb bem ©laubiger mitoerpfeinbet. 9hm wirb jwtfdEjen
©ült* unb spfanboerfd&reibung fein ttnterfd&ieb mefjr
gemalt1, baS ©ültgut wirb audEj aU Unterpfanb bejeidjnet 2, unb
biefe Sluäbrücfe werben promiscue gebraucht.
1 3- ®* m ber ©rttärung ber baorifäen Sanbeäorbnung oon 1578 fol. 31 ff.:
•OfiUbrief ober SerWreibung11, „@ttlt ober oerförieben Unterpfanb".
* $eue(er @. 152: »Unb fo nimmt bie 9%e$tdfpra4e leinen Slnftanb me&r,
baö (&ut, auf weitem bie diente (jaftet, ebenfo tote bie fubftbiär für ben Serluft
rtngefefcien ©fiter alö Unterpfanb gu bejeic^nen." SBgfj 6. 88: »ungemein toirb
nun bei ©(Uten aller Art baS ©runbftücf, auf ba3 ber 3m* gefegt ift, Unter«
pfanb genannt.'
— 46 —
Sei biefem 3uf*anb *>cr 2)fage lieg ftdjj bic ttnoeräufceriidjjfeit
etneS unterpf anbtoeife oerfd&riebenen ©runbftttdfs ntd&t aufregt erhalten,
benn e3 [teilte ftd) baS SebürfniS tyerauS, ein unb baSfelbe
©runbftüä mehrmals, nämlidlj jur ©idljerfteüung oer =
fc^t ebener ©ülten, $u oerfdEjreiben.
5Ctt. 29 2lrt. 1 ber baperifd&en „^Reformation" oon 1518 fagt:
2Ber fein §ab unb ©üter einem anbeten um eine benenntü<ije
©umme ©elbs oerpfanbet unb oerfefct §at, unb baSfelbe oerpffinbete
§ab unb ©ut beffer ift unb ein Übermaß ertragen fann,
fo mag ber &err beS SßfanbeS, ber eS oerfefet fjat, folcfc Seffecung
unb Übermaß einem ober mehreren anberen, bodj bem @rflen an
feinem 9?edfjte unb SBorgang oljne ©djjaben, n>of)l üerpfänben, baran
iljn audfj ber @rfte, bem er es oerpfanbet tjat, fo er tym foldjeS t>or
ju toijfen tut, alsbann nidjjt fjmbew mag.
(Srft baS Sanbredfjt oon 1616 faßt neben ber SBerpfänbung eines
fdjon oerpfembeten ©runbfiüdfs auä) ben SBerfauf eines folgen
©runbfiüdfs ins 3(uge, inbem eS oorfdfjreibt (XV 6), bafe in einem
folgen gaffe ber oerfaufenbe ©dfjulbner bem Sßfanbgläubtger ben
SBetfauf anjeigen muffe unb beim Käufer bie Übernahme ber ©djjutb
ermirfen foffe. (SDurdfj eine berartige ©djjulbfiberna^me toerbe aber
ber urfprünglidjje ©djjulbner oon feiner ©dfjulb ntd^t befreit.)
3Me Unterlaffung ber oorgefd&riebenen Slnjeige bei ber 3Beiter=
oerpfänbung unb SBercmfcerung oerpfänbeter ©runbfiütfe jie^t ©träfe
nadjj ftdf).
ÜKan fieljt hieraus, toie jögemb unb oorjidjjtig man jidfj no<$ im
16., ja im 17. ^aljrljunbert auf bem SBege ber äfaerfemtung einer
9Äef)rljeit oon Spfanbredjten oortoärts betoegt Ijat. 2Birflid& Ijat ber
£ofrat ftdfj bamalS gutadfjtlidj) gegen baS (SrforberntS ber oortyerigen
SBfajeige an ben $ßfanbbered()tigten auSgefprodfjen : „@S toürbe audj)
honestioribus personis befd&toerli<# fallen, baß fie tyre liegenben
©üter, toeldje jemalen um eine fdfjledfjte ©umme oerfefet l, nidEjt foHen
libere [b. Ij. oljne 2fajeige] oerfaufen mögen, ba bo<$ bie ©laubiger
tooljl anbere 9Kittel ^aben, fidfj tyrer Unterpfänber oljne ©perrung
ber Ääufe ju oerfid&ern." „Hoc esset vigilare pro commodo
cuiusque privati, ber fein ©<$aben felbft billig in adjjt nehmen foff."
SDaS ©d&ulbbefenntnis beS (SnoerberS fei überflfifftg, ba bie ©ad&e
oljneljin cum onere auf iljn ü6ergel)e.
1 2)ie neuere ©afcung ift gemeint.
— 47 —
2)er Umftanb, bafc man nun mittete Sßfanboerfdfjreibung ein
unb baSfelbe ©runbftüd jur ©i<$erung mehrerer ©Bulben oerpfänben
fonnte, oerfdjjaffte ber Sßfanbüerfdfjreibung einen weiteren SBorfprung
x>or ber©afcung, benn ein foldfjeS SBerfaljren mar bei ber ©afeung
einfad& auSgefcljloffen.
3)ie SBergültung unb SBerfd&reibung eines ©uteä an mehrere
©laubiger nad&einanber mufete notroenbigermeife ju einer D r b n u n g
ber barauä entftetyenben fonfurrierenben ©laubiger-
redete führen* 3)a$ ältere ©ültrcd^t ging bem jüngeren, bie ältere
Sßfanboerfdjreibung ber jüngeren oor, mit anberen SBorten: ber
9tong ber oerfd&iebenen ©filt* unb Sßfanbgläubiger richtete ftdjj nadfj
ber Priorität, ©agegen bewahrte bie ©afeung lange 3*ü *ta
SSorred&t oor ber 5ßfanboerf$reibung. -Jlodf) in ber baperifdjjen
Deformation oon 1518 Reifet e$ fd&ledfjtmeg (XXIX 4): „2Bäre aber
einem ein ©ut ju Sßfanb oerfefet unb ^ätte ba3 bei feinen iQanben,
ber geljt bem oor, ber allein 93rief unb ©tegel, aber ba3 Sßfanb nit
innehat." 3m Sanbred&t oon 1616 (XVI 4) fielen Sßfanbfafeung
unb Spfanboerf d&reibung , roaS ben Slang ber $Pfanbredfjte betrifft,
tinanber gleich, benn, wie ber gutadfjtenbe igofrat meinte, „bafj ber*
jentge, fo ein Sßfanb in feine fianb gebraut, einem anbern fott oor-
geljen, ber eine alte SBerfd&retbung Ijat, märe nriber Stecht unb mürbe
atter^anb unjtemlid&e unb t>ortetlifdf)e s$artetltdE)feiten in fraudem
antiquorum creditorum abgeben" (ju &.9t. XVI 4).
Sei ber älteren Slrt beä SjefutionSoerfafjrenS, bem oben ©. 44
ermähnten SSerfaH* ober £eünfattre<§te, festen fid^ bie oerfdjjiebenen
Ulealgläubiger (@filt*, ©afcung*, Sßfanbgläubtger) in ber Slrt a\x&
einanber, bafc berjenige, ber ba$ ©ut beS gemeinfamen ©dfjulbnerS
übernehmen wollte, bie ©laubiger, bie einen befferen Dang Ratten,
befriebtgte. 3n ber SßrasiS gefialtete ftd& bie ©ad&e fo, bafc ber
jüngfte ©laubiger juerfi ,,jum 3u8e fam", b. lj. ba3 ©ut unter
Sefriebigung ber oorljerge^enben ©laubiger übernehmen tonnte ; bann
ber näd&jifolgenbe ufm. (3ugoerfaljren).
IV.
©o lange ba£ Sßfanb bei SRid&tjaljlung ber Sßfanbfumme bem
©laubiger oerfällt, ba$ ©ültgrunbftüd bei SRidfjtja&lung ber ©ült
bem ©laubiger Ijeimfättt, lann man von Deallrebit eigentlich
nodfr nid&t reben. ©afcung, ©ült unb Sßfanboerfd&reibung
Unb in biefer 3*ü nur SRobififationen oon 33argefd^äften
— 48 —
unb meljr 3eu8n*ffe bafflr, bafe fein Ärebit gegeben worben tft, ate
©rfdjjemungen oon SRcalfrebtt.
SDieä änbert ftd^ mit bem ©inbringen ber ©elbwtrtfdfjaft.
S)ann ift e3 nämlidfj bem ©laubiger nidfjt meljr borum ju tun,
©runbbefifc ju gewinnen ober überhaupt nur befrtebigt ju werben,
gleidfjoiel in melier gorm, fonbern er miß fein ©elb wieber^aben. 2Wit
bem ©alt- ober SPfanbgrunbftüä miß er ftd& ntd&t mefjr begnügen;
©runb unb ©oben beginnt für iljn nur ©etbwert ju fein, ©aljer
erfolgt nun bie 33efriebigung be3 ©laubiger^ aus bem für bie
©dfjulb ^aftenben ©runbftüde ($fanb, ©ültgut) in ber Seife, bafc e3
oerfauft wirb, unb ber ©laubiger fid& au$ bem (Srlöfe beja^li mad&t.
3)iefe3 ©tabium in ber ©efd&tdfjte ber Swanggoottftredfung wirb
als bieSßeriobe be3 5Diftraftion3oerfal)ren3 unb SBerfaufS*
pfanbeS bejetdfjnet im ©egenfafc ju SSerfattpfanb. 2)a3 SBerfaufS*
pfanb ifl nid&t, wie ba$ SBerfaDpfanb , prooiforifdfje ©rfafeletftung,
fonbern 3Rittel jur ©id^erung einer gorberung. SDa$
SBerfaufäpfanb Ijat oor bem SSerfaUpfanb ben Vorteil, bafj ba3
SBertyältniS oon ßeiftung unb ©egenleiftung beredfjnet unb beffer für
©leid^eit ber beiben Stiftungen geforgt werben fann. Überfteigt
nämlidf) ber SSerfaufSerlöS bie gorberung be3 ©läubigerS, fo erhält
ben Überfdjufc ber ©dfjulbner1. bleibt er barunter, fo fann ber
©laubiger weitete ©djjritte jur SDecfung be$ 2lu3faDte unternehmen*
SBorauSfefeung ber Qnftitution be8 25erfaufgpfanbe£ ift ba$ SBor-
^errfdEjen ber ©elbwirtf d&af t , unb jwar md&t nur aus bem foeben
angegebenen ©runbe, fonbern audfj beSljalb, weit jur ©rmöglid&ung
be$ SßfanboerfaufeS Ä auf er, alfo ©el bleute, nortjanben fein
muffen. 2Ba3 inSbefonbere bie ©ült betrifft, fo fönnen natürlich nur
rüäfiänbige ©ülten ben 2tnlafe jur SMftraftion unb SSergantung
bilben, nid&t aber ba3 ©ültfapital, benn auf biefeS §at ja ber
©laubiger in biefer ^eriobe nodjj feinen 2lnfprudfj. 2)a3 ©ut wirb
ba^er, wenn ber ©ültfdjjulbner bie ©ülten nid&t ja^lt, mit ben barauf
ru^enben ©ülten feilgeboten, biefe geljen mit bem ©ute als Sßafftoa
auf ben neuen Sefifeer über (Stent enfdjjulb). ©o nodjj 1578 2.
@rft fpäter bringt ftdfj in ber ©efefcgebung ber StypuS jur ©eltung,
1 2)ie Vereinbarung beS ^fanboerfaüS (lex commissoria) toirb fogar üer*
boten (na$ bem Seifpiel beS 3i 9i)-
2 (SrHärung ber bannten Sanbeöorbnung 1578, fol. 33: „%)o$ alfo au
t>erfte§en, n>o aufltegenb ®elt auf bem »erganteten ©tücf oerf abrieben , beffen
$auptfumma man allein &u öerjinfen unb nid)t bar auöjuaaljlen fd&ulbig wäre,
bajj biefelbe auf bem ©tue! attermafsen rote juw>r no$ liegen bleibe unb ber«
— 49 —
bafj bcr Sfafteigerer bie ganje ©umme bar ober in fttrjen grifien
ju jaulen $at unb barauS fämtlid&e (Staubiger befriebigt werben
(Rapitalf^ulb, fte^e § 3). ©o 1616.
3)ie SMftraf tton f elbft gef <#ie§t urf prfinglidd burdfj ben © 1 ä u b i g e r
felbft, auf jebe i§m geeignet erfd&einenbe 2Beife, aber „rebüdj", mit»
unter „vor 3eu9en"- ©päter ift bem ©laubiger ein bestimmtes
Sterfaijren oorgef dfjrieben , inbem er bie SBeräufeerung burdj ben
gronboten bef orgen laffen muf$. $er gronbote bietet ba3 ©runb*
ftiidC feil, inbem er ein ©pmbol beSfelben (©pan, SBafen) ^erurn*
trägt. ©r ^anbelt babei im -Kamen unb Auftrag be3 ©laubiger^
Stodfj fpäter wirb bie 3roang3oeräuf5erung burdfj ba£ ©erid^t felbfi
oorgenommen , b. §. in beffen Auftrag oom gronboten. (Sine 3tu3*
antwortung beS ©runbftüdfö an ben ©laubiger ftnbct babei überhaupt
nidfjt meljr (tatt.
DaS erfte (SntwidflungSftabium , bie freie S)iftraftüm burdfj ben
©laubiger, finben mir nodf) in ber baperifdjen Deformation oon
1518 (XXVIII 13) \ SDaS ßanbredfjt tum 1616 leitet jum jwetten
(SntwidflungSftabium über : 35er ©laubiger fott ba$ Sßfanb womöglich
aufeer ber ©ant, bod& mit 2Bitten be3 ©d^ulbnerS ober SftdjjterS t>er=
taufen ; fann er feinen Kaufmann baju finben, fo fott er e8 öffentlich
im ©.antwege (ftelje unten) oerfaufen (XV 13). SDerfiofrat fanb
biefe Seftimmung „bebenflidfj", „bieweil §temit gar oiel UngleidljeS
ffirge&en mö<$te". 6r fd&lug oor, bafe ba3 $fanb „aus guten oer*
nänftigen Urfad&en bem Kläger nidfjt alfo gleich geantwortet unb
nodfj weniger burdfj i^n f elbft oerfauft, fonbern burdj)
©erid&tsljanb oerfauft werben foffe".
Sßenn mehrere ©laubiger miteinanber fonfurrierten, ging bie
ßinmifd&ung ber Dbrigfeit ertyeblicij weiter. 3>m ©antprojefc oon
1616 war, wenn „oiele ©laubiger jufammenftie&en" (II 1), bie
geric&tlidfje SBerfteigerung ba$ offizielle @£efution$t>erfal)ren.
Sei SSorljanbenfetn mehrerer ©laubiger fanb femer, behufs
befferer SBerüdffid^tigung fämtlid&er ©ttlt* ober $f anbtnljaber , ein
gerichtliches Aufgebot, ein ©läubigerlonfurS, ftatt2.
jenige, welkem ba8 ©tüd guerfannt ift, mit (Erlegung folget §auptfumma nia)t
befämeri rocrbc*
1 »Xntroortct man (Sinem @ut mit ®eritt)t ju $fanb, baS ©igen ift, baä
fott er behalten 14 £age unb fott e* jenem [bem ©d&ulbner] anbieten. Soft er
cd bann nitt)t, fo fott er eS oerfaufen, o§ne atte ©efäl)rbe, ob er mag."
1 $ad erfte baprifa)e £anbe3gefe$, in roela)em ia) ein Aufgebot ber
Gläubiger ftnbe, ift bie „GrHärung ber SanbeSorbnung" oon 1578 (fol. 31).
• ölen, 8eff$u(fcuitg. 4
— 50 —
2)a3 öffentlich c SHftrattionSoerfaljren mit Aufgebot
nannte man „SBergantung" ober ©ingularfonhirS (©antprojeft,
ebiftSprojefi) \
SMc öffentliche SBerjietgerung ftanb übrigens audj nad) bem
baperifdjen ©antprojefj t)on 1616 faft nur auf bem Rapier. Sei
umf angreifen ©anten (&ofmardjen , ganje SDörfer), femer wenn
Überfdfjulbung oorlag [alfo tatfädjlidj in ben meiften fällen], war
nämlidj ber $ru>att>erlauf be$ @ute$ burdj bie ©laubiger unter
Stuffidjt be3 ©ert<$te$ juläfftg (ftitte ©ant). »ei ber offenen ©ant
mufeten fämtltdje angemeldete gorberungen burdj ba$ SBieiftgebot
gebeät werben, bei ber füllen ©ant befianb biefeä ©rforberniS m<$t 2.
SBurbe im ©antoerfa^ren fein paffenber ©laubiger gefunben, fo trat
ba$ alte ftuqpttfofycm mit £eimfattredjt ein.
V.
35ie £enbenj jur fteigenben Sobenoerfdjjulbung machte fidj
nidjt nur intenfio, fonbern aud) ejpanfio geltenb, b. Ij. nidjt nur in
ber SDBeife, bafc ein ©ut jur ©ic^erftettung mehrerer Renten »er*
fdjrieben mürbe (SSergültung ber Überteuerung, f. oben), fonbern
auü) in ber SBeife, ba£ mehrere ©üter jur ©id^erflettung einer
9?ente als gürpfanb beftellt mürben.
2luf biefem SQBege gelangte man fdjon friHjjeittg , ber &teru3
jum £eil fdjon im 13. Qa^unbert8, jur SBerpfönbung be3
1 ©inen baö ganje Vermögen umfaffenben Äonfurä (Unfoerfalfonrurfi),
b. §. einen ©eneralarreft mit @btftal§ttatton fennt baö baprifc&e Sfted^t im 16.
unb 17. 3a$r$unbert nod& nid^t. 8ei g I u $ 1 be« @<$ulbner3 tritt ba3 ge»ö§n*
lid&e Ärreft »erfaßten ein (Sanbred^t XIII 2).
Sgl. Neugier, ßonfurSprosefj (3tfdjr. f. fdjtoeij. SRedjt VII 146): »Saniere
Seit f)at eö gebauert, big bei SluSflagung eines anroefenben ©djutbnerö ein
n>irJlic$e8 ßonfur3t>erfal)ren burd&brang . . . 2)er älteren $eit tag bie Slnftc^t
ferne, bafj burdj 2lu8f lagung eines ÄrebttorS ein gaUiment von Slmtö wegen
eröffnet werben fönne. 2)a8 erfd&ten einerfeüS als ein unjuläfftgeS Sorgreifen beö
<3eri$te3 gegenüber ben anberen Ärebttoren, bie melleid&t allen ©runb Ratten,
nodj juroarten gu wollen, anbererfeitS als eine gu rücffic^tölofe Strenge gegen
ben Sd&ulbner, inbem bie übrigen ßrebitoren, bie i&n nod) gefront Ratten, nun
au$ bei Strafe ber SluSfd&liefjung t&re gorberungen geltenb matyn mufften.
5)te feurige 3bee bagegen ift me§r bie, bafs bei einem ©c$ulbner, ber einen
Arebitor nic$t beliebigen !ann, 9^ad&ficr)t geroöl)nlic$ . . . nidjt am ?lafce ift
unb blofi baju bient, bie $erf$leppung ber @se!utton unb einen nodj größeren
Serluft su beförbern.«
9 ©d&mib ju ®antpn>aef$ IV 7 n. 2.
8 »rnolb, ©ef$. be$ @igentum3 in ben ©täbten, ©. 128.
4
— 51 —
ganjen SBermögenS. Um bie 2Witte be$ 15. Qaljrljunberte toirb
bic ©eneraloerpfänbung fo allgemein, bajj fie fdjablonenmäfjig faft
in alle SRentenbrtefe aufgenommen mirb. Unb rote infolge ber
innigen SBerbinbung oon Sßfanboerfdjreibung unb 9tentenfauf fid^ bie
Übung bilbete, baä SRentengut felbft bem ©laubiger pfanbroeife ju
oerf d&reiben , ja attmetylid) ba$ Stentengut audj o^ne entfpredjenbe
3l6rebe afe Sßfanb be3 ©fililnljaberS betrachtet mürbe, fo trug man
fein Sebenfen meljr, auf ba3 gan je Vermögen eine 31 e n t e ju legen,
ja ba£ ganje SBermögen be3 SftentfdjulbnerS afe für bie ©ntrtdjtung
ber 3tente oljne weiteres haftbar ju erflären. SDamtt ift bie
SRedjtSbilbung bei ber allgemeinen p erf önlidjen &aftpf lidjt
angefommen \
Slber biefe lefctere tyat audj nodj eine anbere SBurjel. Qe me§r
ftdfj nämltdj ba$ SBollftrecfungSroefen oeroolttommnet, befto anfprudjs*
lofer barf ber ©laubiger in 2lnfe!jung ber oom ©djulbner ju be=
fiellenben 2)ecfung fein. SlnfangS gibt er nur gegen gletdj* ober
l>öl)em>ertige3 Sßfanb. Qe me§r. fein Vertrauen roädjft, bafj ber
©cj&ulbner jaulen roerbe, muffe, je meljr Ärebit er tfjm alfo entgegen^
bringt, befto weniger Sebeutung legt er bem äßerte beS $fanbe8
bei, unb fdjliefjlidj betrachtet er biefeä nur ate Seroetemittel ober als
©pmbol ber befte^enben gorberung (©djeinpfanb). 2)a8 ©pmbol
fann eine ttrfunbe fein (©djulboerfdjreibung2, geroöljnlidj in
SBerbinbung mit einer Sßfanboerfdjreibung, f. oben; Äerbe),
julefet genügt audj eine fpmbolifdje ißanblung mit imaginärem Qn^alt,
}. 39. bie „SBerpfanbung be$ SBorteS", ber @ljre (ba3 SBort „geben"),
ber Jßanbfd&lag, ba£ feierliche ©elübbe („mit 9Kunb unb iQanb an=
geloben")8. Stuf biefe Seife ift bie SRedjtSentroicflung oom 9?eal=
pertrag (borgen) jum gormaloertrag (looen) gelangt. 3)urdj
©rblaffen unb 33erfdjroinben ber 5Bertrag3formeln entfielt ber form*
lofe Vertrag be3 mobernen SRed&teS, ju beffen ©rfüttung im
3wang3faffe ba£ ganje Vermögen be3 ©djulbnerS Ijerangejogen wirb 4.
1 $eu*(er II 152.
* ©ronner, 5orfa)ungen, 1894, ©. 630: „$ie »egebung ber cautio [=Ur-
funbe] tonnte alö (grfafc ber wadia [= $fanb] eintreten unb fungierte al3 folget."
* 9tog in Urfunben beä 17. 3a^r^v ngl. SBeiaenegger, Quaest. Monet.
(im Staging oon SKanj, Biblioth. aur. Vol. nov., 1701), qu. 7 n. 30: 3n ben
Dbligationftmftrumenten finbet fta) meiftatS bie Jffoufel „8erfprea)en hierauf
bti unferen abeligen, freifjerrligen, gräflichen, fürftlid&en 2Borien, freuen unb
Glauben, bie Stnfen aufrichtig unb reb(id) ju besagen.* ©ie§e aua) ftntyang I.
4 2)ie blofr perföntigen Verpflichtungen blieben aber ba^ ganje 3ÜM. f)'w
bura) in ber @jefution gegenüber ben Siealforberungen babuca) benachteiligt, bafe
— 52 —
£)a3 2luffommen beS 83erfauf3pfanbe3 an ©teile be3 alten
SBerfaHpfanbeS $atte jur golge, baß bei SBeräufterung einer Sßfanb*
fadje ber urfprfinglid&e ©cljulbner bennodfj nertyaftet blieb für ben
gatt, bafi bie Sßfanbfadfje jur 5Dedfung ber gorberung nidfjt Ijmreidfjen
würbe. S)ie ©ntwtdßung ber allgemeinen perforieren &aftpflid(jt
Ijatte jur golge, bafc ber urfprttngtidfje ©dfjulbner fogar in erfter
Sinie, twr bem Sßfanbfdfjulbner, angegriffen werben fonnte1. SDamtt
ift bie ?Pfanb^aftung jum Slccefforium einer perfönlidjen gorberung,
bie Spfanbnerfdfjretbung jur igppotfjef geworben. S)iefe ^ppot^ef
be3 gemeinen SRed&teS ift ber römifdfjen iQ^potyef fe§r äl)nltt$, aber
fie ift nidfjt tbentifdfj mit tyx. 9?adfj rßmifdfjem SRed^t fyat ber
&t)potljefengläubiger bie 33efugm3, bie iQtjpotljefenfacije in Sefifc 311
nehmen unb ftdfj felbft au£ il)r ju beliebigen (©elbfibiftraftion). S)ie
@infül)rung ber ©erid&tltdfjfeit be3 SMftraftionSoerfaljrenS in Seutfdfj*
lanb Ijat ben Übergang biefer SefugniS nom 31.3*. in ba3 gemeine
9?ecf)t t>er^)inbert, bamit entfiel aber audfj ba8 SBeftfcred&t be3 römifd&en
&9POtl)efengIäubiger3. iftadfj gemeinem Sftedfjt !jat ber igtjpotljefen*
gläubiger nur bie 33efugni£, nom SSefifcer ber &tjpotl)efenfac&e oorjugSs
weife Sefriebigung au£ biefer ju oerlangen 2.
S)ie moberne &t)pot^ef ift bie Ijtftorifdfje gort =
entwteflung. nidfjt ber römifdfjen &9P0tl)ef, fon.bern ber
neueren ©afcung [Sßfanbuerfdfjreibung] (©oljm). —
SMe ©rgebniffe ftnb:
1. 2tm 2tnfang gibt e3 feine ftaatlidjje 3wöng^oottftedung, baljer
feinen Ärebit, baijer feine ßrebitgefdfjäfte. 2Ule ©efdftffte finb 33ar*
gefdfjäfte, audfj bie SBerpfänbung unb ber 9tentfauf.
bei iljnen baS unbeweglid&e Vermögen nur fubftbiär haftete, nämlidj nur bann,
wenn baö bewegliche Vermögen gut SBefriebigung beä ©läubtgerS niü)t fjinreidjte.
SRodj 1616 würbe eS in Sapern fo gehalten, @eric$t$orbnung XIII 3: 2)er
SRidjter fott Sottftrecfimg tun in ben erften 14 Sagen in bie beweglichen ©üter
unb, wenn bie nic^t fo weit reiben, aläbann in ben anberen [= nädjfien] 14 Sagen
in bie liegenben ©üter greifen.
1 £euöler in ber 3tfct)r. f. @d)weiaerifc$eg 9ta$t VII (1858) @. 135: 2)a3
®eneralpfanbrea)t bilbet „ben Übergang oon ber alten 2lnfa)auung, welche blofc
baö belaftete ©runbftücf für bie ©ült haften lieg, ju bem neuen . . . Betern,
wonad) ber (Smpfönger beS Kapitals ber eigentliche ©$u(bner, ba3 ©runbftücf
blofe Unterpfanb ift".
2 ©o§m in ber 3eitfajr. f. b. ?rioat- unb öffentliche 3*ea)t 5. ob. (1878)
@. 32/33: 2>ie moberne ©npotJjef ift m$t actio in rem, fonbern actio per-
sonalis in rem scripta mit Privilegium exigendi . . . ftealobligation, b. §.
„eine Obligation, welche mit bem <5ubjeft be8 ©runbftücfö i^r ©ubjeft wea)felt".
— 53 —
2. 3nfolgc StuffommenS bcr ©elbttnrtfd&ajt wirb ba3 SBerfaH*
pfanb jum SBerfaufSpfanb. 63 entfielt bcr Dealfrebit.
3. 9JUt bcr befferen Sennrtfdfiaftung be3 Sobenä imb mit bem
©tetgen bcr SBeoöIferung wirb ©runb unb SBobcn immer mcrtoollcr.
SDer Sobcn wirb nun immer intenffoer jur ©rlangung von Ärebit
oermenbet, bcr SRcalfrcbit wirb immer freier, beroegltd&er, formen*
reidfjer.
4. auf ©runb SBeroottfommnung be3 ftaatUc^en 83offftre<fung3=
roefenS entfielt burd) Ausbreitung unb SBerfladjung beS StealfrebitS
bie perfönltdfje £aftpflidfjt. 2)a3 Spfcmb ift SÄccefforium ber perfön=
lidfjen gorberung geworben.
VI.
3um (Sdjlufc bcr ©mleitung unb jur Überführung auf bie
eigentliche 2)arfteffung möchte idfj einen Überblid über bie
^PfanbredfjtMijpen geben, bie im 17. Qaljrljunbert in Sapern
nertreten finb. 9Bir werben au$ biefem JQuerfdjnitt erfeljen, bafc
bie gaben ber (Snturidttung ftdfj nid^t oerloren, fonbern nur i^re
Stärfe unb Sage geänbert §aben, inbem ju ben bünn geworbenen
alten haftbarere neue ftdfj gefeilt §aben.
3n ber baperifdfjen ©efefcgebung oon 1616 fommen alle brei
bisher be§anbelten Sßfanbredjtöttipen t>or, bie ©afeung, bie Sßfanb-
üerfdfjreibung unb bie £ppot$ef.
2ßa3 junäd&ft bie ©afeung betrifft, fo l)at ftdfj biefeS ^nftttut
im SRedjtöteben atterbingS oiel reiner erhalten aU in ber ©efefe-
gebung. ©ie wirb im 17. $al)rf)unbert non jroei in fojialer Sejie^ung
fefjr oerfdjjiebenen SeodKerungSflaffen gebraust: oom tyoljen 2lbel
unter bem %\ttl „^ßfanbfdfjaft", non ben Säuern unter bem
Damen „SBieberlofung". DäfjereS unten.
Site ©egenftanb ber offiziellen DedfjtSbUbung bagegen ift bie
©afcung begeneriert. 6in in fidEj gefdfjloffeneS De<$t3tnftitut ift fie
überhaupt nidjjt mel>r; man fyat fie mit bem gauftpfanb jufammen*
geworfen unb beseitiget fie roie btefeS balb furjroeg ate „SBerfefcung",
balb ate „?$fanb, baS bem ©laubiger in feine ©eroalt eingeantwortet
wotben" (pignus im ©egenfafc ju hypotheca). Unter biefen 33e*
nennungen tritt und bie ©afcung im Sanbredfjt oon 1616 in fünf
9rtifeln entgegen, oon benen brei au$ bem Ded>t3budjje ftammen (unb
Don ba in bie Deformation übergegangen finb), einer au$ ber
Deformation. Die DedEjtöfäfce ftnb im Saufe ber 3a§rl)unberte ber
- 54 —
Slbnüfcung oerf allen imb fielen jum £eil unter ftdj im SBiberfprudEj,
@3 lo^nt fidfj ntd&t, barauf nä§er einjugeljen.
Sieben ber ©afcung fennt ba3 £anbred&t oon 1616 (VII 1) bie
emptio-venditio cum pacto retroemtionis im ©üme
ber Sßanbeften.
35ie Spfanboerfdfjreibung befxnbet ftdjj 1616 in jenem ßuftanbe
ber 2Retamorpl)ofe jur iQtjpotljef, ben mir oben ffifötert ijaben. Site
fold&eä 3Kifd(jprobuft begegnet fte uns befonber$ im ßanbredf)t (£it. 15
unb 16), roäljrenb bie ißppotljef, unb jroar bie ftillfdfjtoeigenbe
igtjpot^ef be3 römtfdfjen SRedfjteS, in rein romaniftifdfjer ©eftalt ben
©antprojefe befjerrfdjjt. 3Me anbere 2lrt ber &gpot§ef, bie au 3*
brüdflidfje £t)pot{jef, erfd^etnt im ©antprojefc ate mit ber Sßfanb-
oerfd&reibung ibenttfdjj, im ßanbredfjt ift fie burdjj ein paar leljrbudfj-
mäßige 9?ed(jtSfäfce oertreten, bie man ben Seftimmungen über bie
^fanboerfdfjreibung aufgepfropft §at.
•Jtotürlidjj ift e3 unmöglich, bajs fo oerfdfjiebene ©eelen in ber
33ruft eines ©efefegeberS rooljnen. 2lte ba3 Sßfanbred&tSinftitut oon
1616 barf man unbebenflidfj bie i(?gpo%f bejetdfjnen. 35ie ©afeung
ift nur metjr Antiquität ; bie Sßfanboerf dfjreibung ift in ber &t)pot§ef
aufgegangen, oon ber £t)potf)ef überroadjjfen roorben, nid&t nur in
ber ©efefcgebung, fonbern audj in ber SiedfjtSübung.
2Bie fremb ba£ beutfdfje ^Pfanbredfjt bem Suriften beS 17. Satyr*
tyunbertS geworben ift, erfteljt man aus bem Kommentar oon ©dfjmib,
ber im jioeiten SSiertel be3 17. 3aljr!junbert3 gelernt, im brüten
geroirft, im oierten gefdfjrieben fyat ©dfjmib ftnb jtoar bie früheren
bapertfdfien Äobiftfationen ntdfjt unbefannt. @r fennt ba$ SRedfjtS*
budfj au§ einem „©tatutenbfidfjel" oon 1384 unb bie Deformation
aus einer 2lu3gabe oon 1588. 9lber er §ält biefe @bitton$jeiten
jugleidfj für bie ©ntfte^ungSjeit ber ©efefce. @r oerfolgt bie S3e=
ftimmungen be3 Sanbred&teS oon 1616 in bie SBergangentyeit jurfidf,
jammert aber über ben „obffuren SBerftanb unb sensus" jener „ur*
alten ©afeungen" (ju S.5R. XV 15 pr.). ®r tut fo, ate toenn fdjjon
1384 ba3 römifdfje Dedfjt gegolten unb nur ein anbereä Semetefpftem
beftanben tyätte. @r madjjt feinen ttnterfdjjieb prifd&en ©afcung,
SPfanboerf dfjreibung unb ißppotfjef ; bie S3eftimmungen über bie ©afcung
interpretiert er fo, ate toenn fie ftdfj auf bie iQppottyefen begießen
mürben, bei benen bie §gpot^efenfa<$e bem ©laubiger übergeben
roorben ift (roaä nad& römifdfjem 9te<f)t bie Statur be$ SßfanbredjjteS
nidjjt änbert); ^fanboerfdfjreibung unb &i)potl)ef finb i§m ein«. @r
unierfdjeibet jroar ftrenge jrotfdfien SBieberlofung unb ßauf mit 9Wi<f=
— 55 —
tauf, l)ält aber bie SBieberlofung ebenfo tote bic Sßfanbfdfjaft nur
für eine Untergattung ber römifdjen Slntidjrefe. 6r fdjreibt (ju
£.31. XV 16 SRr. 15—17): $n SDeutfdjlanb gibt e3 einen fc^r
gebräudjlidjen Äontraft, roeldjer genannt wirb contractus anti-
chreseos; babei wirb oerehtbart, bafc ber ©laubiger baS Sßfanb
anftatt ber 3tof*n nufcen unb niesen fott, bis er bejaljlt wirb ; biefer
Äontraft fommt unter gemeinen Seuten häufig oor, wir §aben
felbfi oft gefeiten, bafc bie armen Seute, fo ©Bulben tjaben, i^re
unbeweglichen ©üter, j. 33. ein ißauS, einen 2tder ober ©arten ober
eine SBicfe in ber äßeife oerpfänben *, bafj ber ©laubiger bie grüßte
afe 3^ behalten fott unb fte nidjt an ber ©djulb abjieljen ju
laffen brauet.
1 2)ie 2lnttd&refe ftegog ftdj alfo gen>ö§nftd) nur auf einaelne ©runbftütfe,
u>ä$renb bie §gpot§e! in ber Sieget ba8 ganje 3lnn>efen, ja baS ganse Vermögen
umfaßte.
DarfMtmg*
(Erftes KapttcL
2><ts ltypotJ)efiarif<fje parken.
§3.
I.
SQBie fidj aus bcm oortgen Paragraphen ergibt, ift ber Sftcalftrebit
in alimcüjlidjer ©ntmidflung aus bem Smmobtliaroerfeljr Ijeroor*
gegangen. 2)ie ©afcung tft nodfj im mefentlidjen eine 2lrt Soben*
ermerb *. 6rft ba3 SRentengef d^äft in feiner jüngeren ©eftalt — 9tent*
lauf mit äßieberlofung — trägt, menn audfj nidf)t feiner juriftifdfjen
Statur, fo bodjj feiner mirtfdfjaftlidjjen gunftion nadfj bie mefentltd&en
Söierfmale ber entgeltlichen Ärebitgema^rung an fidfj, inbem eine
©elbfumme gegen bie 2llternattoe „SRädja^Iung ober iäljrlidjeS
dizityniä" Eingegeben mtrb. SDer SWentenfufc betrug 10°/o2, mar
alfo nidf)t f etyr §od(j. 9lber bie 31 n m e n b u n g beS SRentfaufS mit
SBieberlofung jur (Mangung oon Ärebit bejn>. jur oerjinSlidjjen 3tn=
legung oon Sargelb mar, eben infolge feines ermähnten UrfprungS,
jmtefadfj befdfjränft:
1. SDa bie Stente nur auf Immobilien gelegt merben fonnte,
fo maren nur biejenigen ©djjulbner in ber Sage, fidfj auf biefe Sßeife
©elb su oerf Raffen, meldte ©runbbefifc Ratten. Slber audij, menn
ein Strebitbebürfttger jmar folgen befaft, aber Ujn ntdfjt in ber er«
mahnten SRidfjtung auSnufeen fonnte, meil er etwa fdfjon ju feljr über-
fdfjulbet mar, ober meil bie anmartberedjttgten gamilienglieber jid&
1 «gl. aufy m$ev, SDic @ntfte§ung ber §Bo»dn>irtf4aftf 3. »ufl. (1901)
S. 151-152.
8 SRünd&ener Stabtred&t, Slrt. 421: $te ©tabtfammer foH „ben SBaifen
jä^rlic^ je von jel>n $funben eineö geben*.
— 57 —
ber aufnähme bcr Stente mit ®rfoIg mtberf efeten , ^fo mufcte er ftd&
nadfj einem anberen 3Jltttel umfe§en, auä feiner -Kot l)erau£jufommen.
2. 3)a ber Slentengläubiger ben ßrebit ntdfjt fünbigen fonnte,
fo werben nur foldfje ©elbbefifeer junt Äaufe einer SRente fidtj fjerbeu
getaffen tyaben, meldte mit ©tcjjerljett mujsten, bafc fie felbft ba3 ©eib
ni<$i braud&en mürben. (Sine Steigerung ber Stente mar au3=
gefd&loffen, unb felbft bann, roenn ber ©djulbner bie Stente nic^t
jaulte , fonnte ber ©laubiger fein Ä a p i t a l n i d(j t jurüdf^
»erlangen, fonbern muffte befienfatts mit bem SRentengrunbftäd
Dorlieb nehmen, ©in gemiffeä ©egengemidfjt gegen bie Unberoegltdjj*
feit in ben bezeichneten Stiftungen bot bie 83eräufeerlid^feit be3
9?entenbriefe3.
3n beiben gölten, menn ber ©dfjulbner feinen belafhmggfctyigen
©runbbefifc fcatte, unb menn ber ©laubiger an ber Unfänbbarfeit be3
ÄrebitoerfjältnijfeS Slnftofj na^m, fragte e3 ftd(), ob ber ©d&ulbner
nid^t auf unentgeltliche &ilfeleiftung rennen fonnte.
Qe primitioer bie Äultur, befto mirffamer pflegen bie ge*
noffenfdfjaftlidEjen Sejteljungen ju fein, unb Unterftüfeung im
gafle ber Slot ift eine ber mtdfjtigften iljrer Sufeerungen1. S)te ge=
no jfenf d&aftlid&en Seftrebungen be$ 9Ktttelalter3 finb oon ber St i r ä) e
metter entmidfelt morben, inbem fie iljr Qbeal ber d^riftlid^en Sßad^ften=
liebe aufflettte, inbem fie ben ©d&u$ ber ©d&madfjen unb 2lrmen
prebigte unb (Stnridfjtungen ju feiner SBermtrfltdfjung fdjjuf. SDie
fircljlid&en Sßofiulate mürben oon ber mit iljr oerfd&mifterten fdfjolaftt*
fd^en 5ßl)ilofopl)ie in ein Softem altruifttfd(jer gt§if gebraut.
3u ben 6rfd&emungen fojialer &i(feleiftung gehört jmeifelloS
audj baS jinSlofe 2) ar leiten. Slad^ ber Stedjjtöauffajfung be$
3)Httelalter3 ifl e3 al$ mtberrufltdfjeä ©efdfjenf ju bejeid&nen —
miberruflid^, fotange feine ©egenleiftung (3tüc£leiftung) erfolgt. 2)ie
Äirdfje Ijatte megen be£ oon iljr aufgehellten 2Budfjeroerbote8 be*
fonberen Slntafc, auf biefen SWobuS ber SDarle!jn$gemäl)rung Jjinju*
weifen, unb fie mürbe nid&t mübe, bie mit trbifdfjen ©ütem @e*
fegneten jur ©eroäljrung oon ©penben um ©otteä mitten, jur ©elbfc
lojtgfett bei ber SBorftrecfung oon ©elbfummen an Stotleibenbe ju
ermahnen. 3)iefe pofitioe ©eite ber d&riftlidfjen 3to3le§re mirb ge=
möfjnltdE) ju wenig beamtet.
aber infolge beS menfd<d&en (SigennufceS muffte bie Hoffnung
auf jinälofe ©elbljilfe nur allju oft ft<$ ote trfigerifd& ermeifen.
1 aber bie UnterflfifcimflSpfU$t ber Sippe 6. 13.
— 58 —
@S mufj batyer im ganjen als gortfdfjritt in bcr ©ntwidlung
beS ÄrebitwefenS bejeidfjnet werben, bajs ftd^ Seute fanben, welche
©elb befafcen, aber an bem allgemein tyerrfdfjenben ©treben nad) bem
©rwerb t>on ©runbbeftfe (ober (Sinftlnften aus ©runbbeftfc) nidfjt
teilnahmen, meldte gegen Entgelt &ilfeleifiung gemährten; reelle
aus ber igilfe in ber -Kot ein ©efdfjäft, eine Unternehmung, einen
©rwerb matten — furj, baft fid^ eine Älaffe berufsmäßiger
©elboerlet^er bilbete. 3)a eS fidfj um fapttaltflifd^e Unter*
neljmungen im mobemen ©inne Ijanbelte, fo mufjte ber Unternehmer
feine Ausgaben in feinen 6tnna!jmen erfefct erhalten unb aufcerbem
einen ©ewinn madfjen. ©rftereS gefdjjalj burdfj WM jaljlung ber ©elb*
fumme, ber ©ewtnn beftanb im fogenannten StarleljenSjinS.
3)er StypuS ber mittelalterlidEjen £ei§fapttaüften ftnb befanntlidf).
bie 3 üben. Qfjr BinSfuft war fe&r W/ nac§ *>cm baijerifd[jen
Sanbf rieben von 1244 § 80 roödfjentlid& jwet Pfennige pro $funb,
alfo 431/4°/o jctyrUdf) in maximo1.
£ro$bem bie gewerbsmäßigen ©elboerleiljer eine widfjtige volU*
wtrtf dfj af tlid^e Aufgabe erfüllten, fo mürben t§re SMenfie bodfj läfKg
empfunben unb als oerberblidf) angefeljen, unb fte felbft maren ber
33erad(jtung unb Verfolgung auSgefefet. 2)ieS §at oor allem ben
©runb, baftbaS ©elb nodfj nidfjt Äapitaletgenfd&aftljatte.
igeute unterfdfjetbet man in ber Sftationalöfonomie befanntlidfj
brei (SinfommenSarten: ©runbrente, ÄapitaljinS, Arbeitslohn,
daneben fann man eine inerte ©tnfommenSart auffteßen, ben Unter»
neljmergewinn. 3fm 2Ktttelalter fannte unb anerkannte man nur
jwei Arten oon urfprünglidfjem 2 @infommen: Arbeit unb natura
lid^e grudfjtbarfett („©otteS ©egen"). darüber ^inauS mar baS
©treben nadEj ©ewtnn oerpönt. SBegen 33or^errfd&enS ber
■Jtaturalwtrtfdjjaft mar baS beweglidjje (umlaufenbe) Äapital un*
probuftio. ©rofcbetriebe maren nid^t norljanben. $um Setriebe
beS ißanbwerfS mar menig ober fein Kapital notmenbig. 3)er
ig anbei Ijatte OanbwerfSmäfcigen ßljarafter8, bie Seifhmg beS
föänblerS beftanb in ber Übertragung ber 2Bare oon Ort ju Ort
unb in ber Überminbung ber babei befieljenben ©efatyren. 3)er
iganbel ift erlaubt, wenn ber ©ewinn ein mäßiger ift, unb wenn
man tljn jum Unterhalt oerwenbet ober als Soljn ber Arbeit an*
1 Duellen unb (Erläuterungen jur Sager. (Sefä). V 90, ©gl. SRiejler, ©efö.
SanernS, II 191. .-
2 ©egenfafc: abgeleitetes ©mfommen, j. 8. 83eute.
8 ©ombart. $er mobeme Kapitalismus, 1902, I 165 ff.
— 59 —
ftrcbt (Stomas von Stquin)1; 2)er JganbelSgeminn bilbet alfo bcn
ßoljn beS fcänblerS + Wuranjprämie. 2Bo ©elb tatfäc^Iid^ ©elb
erjeugt, gefdfjieljt bieg na<§ bcr 33orftelluug beS ÜRittelalterS in
mpftifd&er SBeife. S5aS ©clb mar bemnadfj unprobuftio, unb eS war
ein unerhörter SBorgang 2, bafe bie ©elbleute fid^ nidfjt mit bem SRüdf*
empfang ber geliehenen ©umme begnügten, fonbern meljr verlangten.
SBofür?
2)er gemötynlidfje 2lnlaf$ jur 2lufnaijme eines oerjtnSlidjjen 3)ar=
leljenS mar bie 3lot 3)er ©dfjulbner befriebigte mit ber 3)arlel)enS=
fumme feine ßebenSnotburft ober einen nodfj fiürmifdfjeren unb ge=
fctyrlidfjeren ©laubiger, als es ber 3ube mar; au<$ SBerfd&menbung,
©enufcfud&t, jugenblidfjer Übermut führte §äufig jum Suben. 3mmer
aber jerrann baS ©elb in ben &änben beS ©djjulbnerS, fobalb eS
bafjtn gelangt mar; eS trat nidfjt als bauernbeS $luS feiner ftdjjt*
baten Qabt Ijtnju. 3)ie 3^fcn mu&ten aus bem laufenben ©in*
fommen beftritten, befdjjmerlidfj erarbeitet merben, maS um fo
fd&limmer mar, als jeber gemöl)nlidfj nur fooiel oerbtente, bafi er
fianbeSgemäfj leben fonnte, ©rfpamiffe alfo feiten gemadjt mürben.
Unter biefen Umftänben mufjte bie ©inforberung von S)arle§enSs
jinfen als parafitifdfjeS Beeren ^om ©rträgntS fremben gletfeeS, mit
einem SBort als 2Bud(jer, bie 2luSbebmgung oon SJarle^enSjinfen
als Ausbeutung einer Notlage erfdjjetnen. $)a& ber gemerbS*
mäfeige Setyfapitalift aus ber §ilfe in ber 31 ot ein ©efd&äft
madfjte, fonnte leidet ba^in mifcoerftanben merben, bafc er aus ber
91 ot ein ©efd&äft madfje. ©alt fdfjon baS ©elb an fid& als SeufelS*
roerf, ba eS, obwohl unprobuftio, eine fo grofce Sftad&t ausübte, fo
mufcte bie SRöglidfjfeü, aus ©elb ©elbgeminn ju erzielen, alfo nodfj
mefjr ©elb ju madfjen, gerabeju als SieblingSerfinbung ber ißölle
erf feinen.
2)aju fommt, ba& ber 5)arlel)nSjinS nid&t nur ein mirtfd&afts
Ud&eS, fonbern audfj ein fojialeS Problem bilbet. 3u8'e^ mit
ber Älaffe ber Sietyfapitaliften entftanb ein neuer fojialer ©egenfafc,
ber ©egenfafcjmifd&en ©laubiger unb ©dfjulbner, jmifdjjen
2Budf)erer unb Sauer, jmifd^en Kapitalismus unb ^auperiSmuS.
2)ie Sdfjuibner erfdfjienen als bie ©d&madfjen, SemitleibenSmerten,
bie ©laubiger als ifyre oeradEjtungSroürbigen Reiniger. SEBie Ijeute
1 Brentano, Gtfttt unb SoUtoittffiaft in ber ©efäid&te, 1901, ©. 13.
1 SKtym'&aroetf, Äapitol unb ÄapitaljinS, I 69, nennt bad SeifainS-
proMem ben »oorgeföobenen Soften* beS Äapitalainöproblcmö.
— 60 —
bcr feine fojiale ^ofttion rü<ffid&t$lo£ auSbeutenbe Sirbettgeber als
inhuman bejetdfjnet wirb, fo unterfdfjieb man im 3Rittelalter Rumäne
unb inhumane ©laubiger. 3ene3 waren bie ©laubiger, bie feinen
3in3 berechneten, biefcö bie ©laubiger, bie bie 3Men üön 3^^ 8U
Saljr lawinenartig anfdfj wetten liegen 1 .
3u biefem fojialen ©egenfafc trat nun nodfj ein anberer, ber
nationale ©egenfafc. S)ie ©laubiger waren nidfjt nur bie Steigen,
bie oom ©Zweige ber Slrmen lebten unb prafeten, fonbern audfj
gremblinge, ©inbringlinge , meldte mit neuen oerberblidEjen 6in=
ridfjtungen bie eingefeffenen 33rüber tljrer legten §abt beraubten.
Dbmoljl in ber SRinber^eit, bereicherten fie fidj jufel)enb3, wäfcrenb
bie Opfer i^rer Habgier immer ärmer würben, ©erabe iljre nume-
rifdfje ©dfjwädfje aber gereifte üjnen jum SSerberben. Sjjrer wtrt=
fdEjaftlidfjen ©tärfe entfprad) mdf)t i^re polittfdfje unb mtlitärtfd&e
■JRadfjt. 35en ©rofcen be$ SanbeS, auf beren ©<$ufe fte einen Sin*
fpru<$ ju §aben glaubten, famen bie 3ubem>erfolgungen mitunter
ganj gelegen; benn erftenS fonnten audfj fie bei einer SBernidfjtung
ber ©dfjulbbrtefe nur gewinnen, unb jweitenS mürbe bie 3But be3
SBolfeS oon iljren eigenen SRiffetaten abgelenft.
3)ie weitere ©ntwidflung geljt batyin, baß ba3 Renten
gefdfjäft bie gorm be£ oerjinSlid&en ©arlefjenS an*
nimmt, bafe baburdfj bie ©renjen be3 SobenfrebitS um
ein bebeutenbeS erweitert werben, ber SBudfjerfrebit
aber um fo weiter jurfidf gebrängt wirb, einen je größeren
©pielraum ba3 reguläre itrebitgefd&äft, ba$ SRentengefdjjäft bejw.
(fpäter) ba3 ^potfjefartfdfje ©arteten erlangt.
IL
S)er erfte ©dfjritt jur Segalifierung be3 oerjinSltd&en
SarleljenS war bie Slufljebung oon beffen ©traf barfeit.
■JtodS) bie baperifdfje Deformation oon 1518 ^atte be=
ftimmt (Sit. 33 3trt. 8) :
„©idfj fott ein jeber an ber 33ejal)Iung be3 SBerteS, ben er
tymgelietyen l)at, begnügen laffen unb niemanb oon ben anbern
1 „Si autem [creditor] humanus fuerit, ratam non quaeret usuram . . .
sin vero inhumanus fuerit, uno anno crescit usura (Srifdje Äanonen»
[ammlung XXXIV 5, nadj ©ommerlab, 2Btrtft$. Sätißfett ber Äirdje im HRitteL
alter, 1900, ©. 188).
— 61 —
einigen 9hiff$a&, ©efudj ober SBudjer nehmen . . . 2Bo aud) foldj
nm<$erli<$, gefctyrlid) unb unjiemlidj ßontraft im SRedjt fürfommen,
fott ber 9tid>ter bie für fraftloS erfennen . . . unb baju ben ißinleüjer
ftrafen."
SBorljer ^atte ba3 ßanbbot von 1516 (f. 46) erftärt: SBer
„umdjerifdj &änbel treibt unb ©elb von ©elb, als von je^n
©ulben einen nimmt unb barauf austeilt", follmit©elb
unb ©efängnte befiraft werben.
2Ü3 StarletyenSnmdjerer werben alfo balb fieute bejeidjnet, bie
aufjer bem 35arlel>en8fapital etroaS nehmen (1518), balb Seute, bie
Selb oon ©elb nehmen [ftatt oon ©runbftttden, mie beim SRentfauf]
(1516). SDer 10°/o 3in3fufe (1516) ift beifpielSmeife * genannt2.
3n ber 9tadjfolgerin be3 SanbbotS, ber ßanbeSorbnung
oo n 1553 finben fidj bie oben gefperrt gebrückten Sßorie beSSanb*
böte nid^t meljr. S)a3 oerjinSltd&e 2)arleljen ift alfo nadj bagerifdjem
9ted)t bürgerlich8 nidjt meljr jtrafbar (fonbern nur ungültig). 3)ie
„n>ud>ertfdjen & anbei" werben ejemplifliiert. 2tu3 ben ge=
mahlten Seifpielen ergibt ftdj, bafc 3infenne^men 6rfm Sterleten nur
bann ftrafbar ift, wenn e$ oerfdjleiert mirb ober ber 3^ e^n
namhafter ift, j. 33. meljr als 20°/o beträgt. (9täl)ere3 unten
§ 13.)
2Ba3 bie jiotlredjtlidje ©ültigfeit be3 oerjtnSltdjen 3)ar?
lebend betrifft, fo mürbe ba$ Sßrinjip, bafe atteä, roaS man über ba£
Äapital IjtnauS erhält, 2Bud&er ift, oon brei ©eiten §er untere
miniert :
1. 2)urdj 2luäbilbung ber Qfntereffele^re. 2Benn
ber Sd&ulbner mit ber 9Hlcfftaf)lung beS 3)arlel)en3 im SSerjug ftanb,
burdj SSerfäumung ber SHldEja^lunggfrifi ober — bei unbefrifteten
Darlehen — burdj 9lidjtbead)tung ber erfolgten Äünbigung, fo
mu&te er bem ©laubiger feinen gefamten nachweisbaren Schaben
— id quod interest, b. f). ben ttnterfdjieb jnnfdjen ber gegen«
©artigen materiellen Sage be8 ©läubigerä unb jener, in ber fid) ber
©laubiger befinbcn mürbe, menn ber ©djulbner nidjt in SSerjug ge*
fommen märe — oergüten. 3unt ©djaben im weiteren Sinne gehört
nidjt nur ber eigentliche Stäben (damnum emergens), j. 33.
ber ©laubiger mufcte nun felbft ein 3)arle^en aufnehmen — bei
1 Bnber* Kiefer VI 174 (befmitionSweife).
1 (Sfeftt baraud tjeroor, bajj ber übliche 3inöfufe bei 2) arteten 10°/o www?
9 ©eflenfafc: getftüg.
— 62 —
Quben — unb bafür Qm\m jaulen, fonbern audfj ber entgangene
©eroinn (lucrum cessans)r j. 33. ber ©laubiger Ijatte fidfj an einem
&anbel3gefd(jäft beteiligen (unten sub 2) ober eine SRente laufen
fönnen (unten sub 3). Sie 2Iu8geftaltung ber Sntereffeleljre in
ber Stiftung ber 2lnerfennung beä oerjinSlid&en SarleljenS beftanb
nun barin, bafe man
a) juläfftg erklärte, t>on ber Segränbung ber ©djulb
an für bieganjeßeit ber Ärebitgeroäfjrung fraft Vertrages1 oom
©dfjulbner, oljne bafc er fonft im 33er jug ju fein brauste, ein be =
ftimmteä 3ftttcreffc, namentlich audfj in SProjenten, ju forbero,
b) bem ©laubiger ben Sftadjroetä be$ ©dEjabenS bis ju
einer gemiffen ©renje erliefe. Ser 9tei<ij3beputation$abfdf)ieb ton
1600 (§ 139) j. 33. fiettt bie gefefelid&e Vermutung auf, ba& ber
©laubiger mit feinem ©elbe roenigftenS 5°/o oerbienen fann.
2. 33on bem (erlaubten) ©efettfdjaftSoertrag unterfdfjeibet ftd&
ba3 oerjtnSlidfje Sarleljen baburc^, baf$ bei biefem forooljl bie 3wrütf=
erlangung beä Äapitafe, als audf) bie ©rjielung t>on ©eroinn (rechts
lid&) fidfjer ift. 2Bie aber, roenn ber ftitte £eill>aber bem tätigen
feinen unfid&eren ©eminn gegen einen fixeren (etwa 5%) oerfauft
unb bei iljm gleidfoeitig fein Äapttal oerfidjjert? Siefe Slrt, ein
Kapital anjulegen, ben fogenannten contractus trinus (33er*
tragSbreifaltxgfeit), nidfjt aber, wie bie &umaniften behaupteten, ben
„SBud&er", §at ber ^ngolftäbter Sßrofeffor @df , ber fpätere ©egner
£utf>er$, 1515 in Sologna oerteibigt 2. Sie SiSputation §at in ber
firdfjltdfjen, nriffenfdEjaftlidfjen unb fcmfmannifd&en Sffielt eine Ijeute faum
begreifliche Aufregung Ijeroorgerufen. „Sie Äaufleute finb je|t ooH
Übermut unb erflären i§re Verträge afe erlaubt", fd&retbt ber SRüm*
berger &umamjt ©djjeurl an ben. Qurtften Srutoetter in ©rfurt8.
Unter ben Äaufleuten finb l)auptfäd()ltd& bie SlugSburger iganbels*
pufer gemeint; benn in 2lug3burg mar ber ©ebraudfc beä con-
tractus trinus in allgemeiner Übung. Sie ©egner 6dfe be*
tyaupteten fogar, (Sä fei oon ben gugger beftod^en. ©id^er ift,
bafe (Sdf fidfj ber meiteftge^enben , audjj materiellen ttnterftüfcung ber
Sugger, feiner ©aftfreunbe, erfreute*. Sie ©egnerfdjjaft ber
1 „Mora pacto aequiparatur" (©nbemann II 265/66).
2 (Stf fcfcrieb über ben contractus trinus au$ eine Bbfjanblung (Jpanb*
färift ber SKünd&ener Umoerfttät8MbUot&ef). @c$neib, Dr. @tf unb ba$ firc^Cic^e
SinSoerbot. (©iftorifdj^olit. Blätter, 1891.)
3 6<$neib 8. 663.
4 ©benba ©. 674.
— 63 —
&umaniften erllcirt fid) au3 i^rcm £aj3 gegen bie „SKonopoliften"
gugger unb Äonforten.
(Sine wichtige SBebingung ber ©üftigfeit be3 contractus trinus
ift bie, baft ber ©d&ulbner ©efd£)äft3mann ift. @r bient alfo bem
^ßrobuftiofrebtt unb ift ein* föauptträger ber ^Bewegung, bie auf
2lncrfennung ber Sßrobultioität be3 beweglichen Äapt =
tal3 jielte. @ine weitere SBebingung ber ©ültigfeit be3 contractus
trinus befielt barin, bafe ber fixere ©ewinn mdfjt meljr wie 5°/o
betragen barf. SDer contractus trinus ift alfo eine Unterart be3
5 0/o*aSertrageS, oon bent unten netyer bie Siebe fein wirb.
S3a mir in biefer 2lrbeit nur ben Sobenfrebit im Sluge §aben,
fo glauben wir e3 bei biefer furjen (Srörterung über ben contractus
trinus bemenben laffen ju fönnen.
3. gür ben bäuerlichen Ärebit weit williger al§ bie 2tu3*
geftaltung ber Sntereffeleljre unb bie Überführung be3 ©efellfdfjafts*
»ertrage* in ba$ oerjinSlid&e S)arlet)en war bie SHobilifterung
be8 9ientfaufe3. ©ie äußerte ftdfj befonberS in breierlei:
a) SBie beim ©efettfdfjaftöoertrag @rfolg ober SRifcerfolg einer
Kapitalanlage oon ©lementareretgntffen (©eeftürme ufw.)
abfangt, fo audfj beim SRentfauf. 3)enn ba biefer au$f$lteJ3tt<$ eine
reale Obligation erzeugt, fo ift, wenn ba3 ©runbftüd feine ^rfid&te
bringt, alfo bei Untergang ober bei totaler Unfrudfjtbarfeit be$*
fetten (Störung ober Dffupation burdf) ben geinb, geuerSbrunft,
totale 9Rifeernte ufw.), ber S3efifcer be$ ©runbftfidfö oon ber ©ält=
entridfjtung befreit. 8113 Sßrobujent erfdfjeint eben in ben beiben fallen
bie grudfjtbarfeit be8 33oben$ bejw. ber SBagemut be3 Kaufmann*.
Seim oerjinSlid&en SDarle^en bagegen, wo baS Kapital als fold&eS
bie grüßte Ijeroorbringt , muft ber ©ewinn notwenbigerweif e ein
fidlerer fein. Sänge fjat man ftdfj gefträubt, ben SRentfauf nad&
biefer SRid&tung bem oerjtnSlidfjen ©arteten anjugleidfjen ; benn ba*
Serlangen nadjj ©ültreidfjung , wenn ben Sauer ein foldfjeS Unglüdf
getroffen Ijatte, mufete ate ungerecht, und^rifttid^ , wud^erifd^ cr=
f feinen. ©d&liefclidfj fagte man: SBie bei ber ©efettfdfjaft bie ®r=
jielung eine* beftimmten ©ewinneä jum ©egenftanb eine* 5Ber =
fid&erunggoertrageS mit ber anbeten Partei gemalt werben
fann, fo beim SRentfauf bie ©ntrtdfjtung ber ©ült; notwenbig ift
nur, baß bie SBerftd&erungSprämie in ber (Srmäfjtgung ber SRente
jum SBorfd&em fommt1.
1 Gregorius[de Valencia, S. J., Comm. Theol., 1595, t. III Disp. Y Qu. 25.
— 64 —
b) Segfinftigt würbe biefe Degeneration beS StentfaufeS bur<§
eine anbete 2trt ber ßodferung beS ©filtmftituteS. ©eit bem 3n=
einanberfliefjen ber Segriffe ©ültoerfdfjreibung unb $ßfanbt>erfd(jretbung
(oben ©. 45) tonnte man baS Sßrinjip, bafc nur baS ©runbftüdE
für bie ©ntridfjiung ber 9lente ^aftei, ntd^t mefjr aufregt erhalten,
äfaberfetts fonnte man fidj oon bem bem Stentfaufe eigentümlichen
SBorftellungSfcetfe md(jt gleidj emanzipieren, ©tatt bie allgemeine
perfönlidfje &aftpflidfjt anjuerf ennen , fprad(j man baoon, bafj bie
SRente auf ber Sßerfon beS 9Ientem>erfäuferS ruljen fönne (census
personalis), befdEjränfte aber biefe 3Äögtidjfeü weiter ba^in, bafe
biefe ^erfon bona fruetifera Jjaben ober fidfj einer notabilis in-
dustria erfreuen1, alfo ad lucrum idonea fein muffe. $n biefer
Sefdjjränfung fommt bie ßurüäljaltung ber bamaligen jflm&Ufyct
gegenüber bem Äonfumtiofrebit jum lefeten 2luSbrudf. Sluf
biefem ©ebiete erfdjien es befonberS angebracht, oorftdfjtig ju fein,
roeil bei -Kotbarleben bie ©efatyr ber äSeumd&erung eine befonberS
grofje ift.
c) 35er entfdfjetbenbe Stritt, ja gemiffermafcen ein ©prung ins
gegnerifdje Sager, mar aber bie @infü§rung beS ÄünbigungS-
red&teS beS ©läubtgerS beim 9tentfauf. ©o lange bie Ärebit*
geroäljrung unfünbbar ift, Ijat ber pünftltdfj bie ©dfjulben jaljtenbe
©d&uibner nidfjtS SBefentlidfjeS uom ©laubiger ju fürdfjten. 2)ie @tn-
fü^rung biefer Äünbbarf eit 2 bagegen bringt ben ©d&ulbner mit
einem 3Me mitten in baS mobern * fapitalifitfdfje ©etriebe. ©ie
peinigt if)n fdjon in ber SBorftettung, nötigt iljn, ftdfj oorjeitig nadjj
anberen Hilfsquellen umjufdEjauen ; fie fteHt iljn oor bie 2ttöglid(jfeit
ber SBerfdjjled&terung feiner Ärebitbebingungen , namentlidjj ber @r=
Ijöljung beS ßinfeS, fefet iljn allen ©dfjroanfungen unb gäljrtidfjfeiten
beS ©elbmarfteS aus unb liefert iljn unter Umftänben ooUftänbig
in bie i§anb feines ©läubigerS. Äein Söunber, baft bie (Einräumung
beS ÄfinbigungSredfjteS an ben ©laubiger (aufter für ben gaU, ba&
er baS ©elb notroenbtg felbft brauet) als ttmdfjerlidjj angefeljen
1 3ett) («Ra^ereö unten) III 167. — 3»it He<$t weift gunf, 3inä unb
2ßud)er, 1868 (©. 68) in biefem gufammen^ang barauf §in, bafj »roä^renb beS
83eftanbe8 ber Surft* unb £el)em>erfaffung bie Arbeit, b. f). bie 2lnteUna$me an
ber ^robuftiottät unb bem ©eroinn berfelben, fein perfönlid)e§ , fonbern ein
binglia)e$ SRedjt n>ar\
2 2)ie Einräumung ber ßünbigungSbefugniä an ben ©laubiger erfolgte
fjäuftg in ber 2lrt, bafi bem @a)uftmer bie. $ßic§t auferlegt würbe, auf f)alf>*
jährige ßünbtgung bura) ben ©laubiger bie SRente einjulöfen.
— 65 —
würbe1. 9tod& bic Steitppolijeiorbnung oon 1548 t>erbot ben auf
©eite be3 ©läubtgerS ftinbbaren SRentfauf2. SDte Unfünbbarfeit be$
3tn3üertrage8 mar eben bic lefete 9tefert>e ber mtttelalter*
lid&en Ärebitle^re. Sfobererfeitä maren bte 9tentengläubiger
fd&on ju anfprud&SoolI geworben in Sejieljung auf bte SHSpofition
über ij>re Kapitalien unb bie SBeroeglidjjfett berfelben. ©ie begnügten
ftdf) nid£>t meljr mit einer üerjütSlidjen Anlage berfelben, gletd&oiel
welcher Strt, fonbem fie wollten in ber 2lu3nüfcung ber fteigenben
9ta<§frage nadf) muffigen ©elbbeflänben möglidjft roenig befd&ränft
fein. 3)afjer blieb bie ermähnte 33eftimmung o^ne praftifd&e
SBirf ung 8, unb im SReidfjSbeputationSabf d&ieb oon 1600 (§ 35) mürbe
bie (im Vertrage feftgefefete) Siefjiffton burdjj ben ©laubiger roenigftenS
bei Säumnis in ber SRentenjaljlung jugelaffen, fo bafc ber
©laubiger altematio bie ©ültreid&ung forbern ober fein Kapital
jurfidfoerlaugen fonnte.
III.
3n biefem ©tabium ber ©nimidflung be3 t>erjin3lid&en 3)ar=
MjjenS fprengte lefetereS feine füllen „©efellfd&aft,
©d&abenerfafe, Stentfauf" unb jetgte ft<$ in feiner magren
©efialt al$ contractus quo quinque annua pro centum exiguntur 4.
a»tt 5% Binfen begnügte man fidfj, meil biefer Binäfufc fibltd&6
unb gefefclidjj mar (unten § 13). SBenn ein ©laubiger meljr mie
1 ^inSfelb (naa) fcofrjitSgutad&ten ju ben ©efefcen oon 1616, £3ft. Xni 14):
Emtio census ex utraque parte redimendus e republica repellendus est, quia
yiam praecluderet caritati et tolleret omne mutuum.
Sünder SRanbat oon 1582 (SB»6 S. 47): @8 ftnb „etltd&e eigennüfcige
£eute, bte baö #auptgut oon 3a§r au 3<*&* ober auf bestimmte 3iele unb Sage
mit Strenge eingießen, entroeber, bajj fte bamit «nebenan unter etwas
Sorteil* unb duftend anbere 6*ulbbrtefe laufen ober ©d&enfungen
[Sorteile] mit Sufagung längeren SBartenä überfommen unb $af>m
mögen, babur$ bann viele, fo ba3 ©elb aufgenommen, e^ematen fte baä nrieber
Suroege bringen unb aMöfen fönnen, fta) inS Serberben gerietet . . /
■ Zit. 17 § 8: S)ie Soäfünbung ber ©ültoerfd&reibung auf SBiebertouf fott
beim Serföufer unb nidftt beim Käufer ftefjen, unangefe§en, mie bie
©ültoerfttjretbunq geftellt ift , unb mad barüber ge§anbelt morben ift.
• 2>er SWterftanb auf bem baoerifttjen ßanbtag 1583: @S ift »unoerborgen,
mai im Het$ für »ebenfen bagegen eingefallen, unb bafc fola)e Drbnung barauf
)u i§rer SBirfung bei ben SReidjöft ernten nie fommen fei".
4 (Stenaue Definition gleid) unten.
6 ©ommerfob, Slrtifel „ginftfuft* im $anbm. b. @tn>.: »Der 3in8fu| oon
5°/* tnufc im 16. 3a$r$unbert ald ber normale gegolten f)a ben.*
Ceften, Berfdjjulbung. 5
— 66 —
5 °/o beanfprudjte, fo beburfte er ber alten Ärücfen. S)ie 5 °/o waren
alfo baS SBleibenbe, SBefentlidje, roäljrenb, roaS feine gaffung betrifft,
ber SBertrag im prafttfdjen Seben balb beut SRentfauf, balb bem
©efettfdfjaftSoertrag, balb bem Qntereffeuertrag, balb jroeien t>on tynen
ober allen breien ähnelte. SBegen biefer inbifferenten neutralen garbe
würbe ber Vertrag einfad) ^ünfprojentuertrag (contractus
5 pro 100) genannt1.
SDer günfprojentuertrag mar in ganj ©eutfdjlanb 2, befonbetö
aber in 33apern8 verbreitet. Sie jQodjburg be£ günfprojentoertrageS
fdjeint, mie bie be£ contractus trinus am Slnfang be8 ^a^r^unbertö,
auf ber ©läubigerfeite SlugSburg gemefen ju fein4.
3)er (SntfdjeibungSfampf um bie Slnerfennung be$ günfprojenfc
»ertraget fiel in Sägern5*.
1 Stfd&of 2Rarquarb oon StugSburg 1575 jum P. 9iofep$iu8 (S)u^r [»gl.
unten] @. 222): „$ie ftarrcn $eutfa)en . . . wollen ntd&t« §ören
von einem eingetroffenen <8efeIIfd)aft8t> ertrag unb bergt. 3)enn
ba biefe Seute leidet argwöhnen, fürchten fte ftd^r wenn fo viele ßfoufeln gemalt
werben muffen, unb wollen etnfaa)l)in ben Vertrag von 5%, wie aua)
immer fromme Beute benfetben beuten, als (Sefeltfdjaftöoertrag, alS ent*
fallenben ©ewinn, al§ ®a)abenerfafc, olö SRentfauf ufw."
2 33ifa)of 2Äarquarb bei berfelben (Megenfjeit: 2)er 5°/o*3Jertrag ift „jefct
gang unb gäbe ma)t allein in ben großen ©täbten, fonbern aua) faft in allen
greifen unb Dörfern 2)eutfd&lanb8". — P. ©tofc untevm 7. 2Rai 1576 (S)uljr
@. 225) an ben Sefuitengeneral: 2)er 5°/o*Sertrag „nia)t allein l)ier [in 2Cug8-
bürg], fonbern weit unb breit bei Sorne§m unb (Gering, ftaufleuten unb ge*
meinem SSolf allgemein ?geübt". — $er 5 °/o* SBertrag würbe ba^er aua) Con-
tractus Germanicus genannt.
8 3)a8 ßapttel, in bem 3«$ (f* unten) ben 5% Vertrag beljanbelt, fä^rt
ben £itel: De contractu, quo exiguntur quinque annua pro centum, paBsim
in Germania et nominatim per Bavariam usitato.
4 3Warcu§ gugger fa)reibt unterm 16. Slpril 1576 „in großer Erregung*
an P. Stofc ($u!)r ©. 226): „ffienn bie 9tta)tfc$nur, bie 3$r oorfd&lagt, be-
obachtet werben müßte, bann wären nia)t allein wir 3?ugger, fonbern aua) ganj
2>eutfc§lanb in brei Sauren am Settelftab . . . @8 wäre alle* gut, wenn 3§r
eö foweit bringen Jönntet, baß aua) mir ba8 (Selb o^ne 3mg gegeben würbe,
aber ta) fd&ulbe ungefähr lVi 2JttHionen ©ulben, für bie ia) 5, 8, ja 10°/o be-
gasten muß. dagegen fa)ulbet mir ber ßönig von Spanien einige
2JUllionen unb ja§It mir weber 3infen, «öo) gibt er ba8 ßapital
Surücf. 2Ba§ foll ta) nun tun? 3ubem $abe ia) t&m ba8 (Selb ma)t geliehen,
fonbern er $at e$ t>on meinem Sater unb 3o$«ntte8 Sugger erpreßt,
infolgebeffen SofjanneS 2We3, aua) ba§ Seben oerloren."
5 Über bie naa)folgenb gefa)ilberten 33egebmffe unb SJer§anbIungen ftnb
wir bura) awei quellenmäßige 2)arftettungen gut unterrichtet: Zech Franciscus,
S. J. (^rofeffor in Sngolftabt): Rigor moderatus doctrinae Pontificiae circa
— 67 —
SB il^ eint V., mit beut IBcinamcn bcr fromme, aufgeftadjjelt
burdfj „etlidfje fd^arpfc Sßrebiger ju £of" * — ncmtliclj ben SMHinger
Sßrüfefjor P. ^epoob unb ben £ofprebiger 3)umiu3 — faftte ein
SSerbot be$ $unfprojentDertrage8 tnS 2tuge. Gr fonftituierte (1580)
eine aus S^eologen (barunter ißetjoob unb ber Orben&protnnjial
$offäu3) unb Suriften gemtfdfjte Äommiffion, mit ber Aufgabe,
über bie grage ju beraten, unb forberte oon feiner Unioerfttat
3ngoIftabt ein ©utadfjten ein. 3)ie Untoerfttät lieferte nad^einanber
jroei oerfd&iebene ©utad^ten, ba$ eine gegen, ba§ anbere für ben
günfprojentoertrag 2.
Überhaupt Ijerrfdfjte unter ben Qefuiten grofce Uneinigfeit
barfiber, nrie man ftdf) junt günfpro jentoertrag »erhalten folle. SBemmrf
man iljn, fo fd&redfte man bie 33eid£)tfinber oon ber SBeidjjte abf trieb
man jie weniger ftrengen Äonfurrenjorben in bie 2lrme8. SBenn
man ben günfprojentoertrag aber anerkannte, fo fefctc man fiel) bem
Stufe ber ©d&laffljeit aus4.
SDer ©erjog erließ (jroifd^en bem 2. 3)ejember 1580 unb bem
7. 2Ipril 1581) ein gegen ben günfprojentoertrag gerichtetem
2ttanbat an feine SBeljörben.
3)er SBortlaut lä&t ftdj nitt)t feftftellen. Sa* 2)efret fdjeint nitt)t gebrutft
toorben ju fein. SBityelm V. unterm 7. Slpril 1581 an Slquaoioa: „Später
riet und berfelbe $offaeu£ bei einer Ijier in ÜRüna)en abgehaltenen Beratung,
o$ne öffentlich cö 3luffef)en einen iSrlafj an bie SRia)ter unb SRafliftrate
)u richten mit bem Serbote, biefen Vertrag [ben günfprojentoertrag] gu
billigen, unb mit bem Sefefjf, bie bieSbeaüglidjen ^rojeffe an unfer oberfteS
©eridjt in 3Rfina)en ju oertoetfen . . . ©o tyaben mir benn unfere ®e»
richte in biefer ©ejieljung angeroiefen, roie §offftu8 geraten
Gatte* (2)ul)r ©. 234). $ied fa)eint aber boa) nid^t fo ganj ber gatt fietoefen
usuras a Benedicto XIV traditus, 1751, tom. III. §256 ff. Xann $. Su&r,
Die beutfdjen 3efuiten im günfproaemftreit be$ 16. Safjr&unbertS (3eitfa)r. f.
laty. %\>tol. XXIV, 1900, ©. 209 ff.). 3ea) $at offizielle 5lftenftücfef 2>u(jr Sitten
ber ©efeHfdjaft 3efu bznv^U
1 ©o brütft fta) baä §ofra«gutaa)ten ju ben ®efefcen oon 1616 (891. XIII
U) au*.
* 2)af gtoeite, bem günfprojentoertrag günftige ©utadjten mar oon $offäu8
unb ©regortuS oon Valencia (^rofeflor an ber Unioerfttat) infpiriert. $a£ erfte,
entgegengefe&te , aud ber geber oon (Soerljarb, mar naa) ber Se&auptung bed
fcoffäu* (Du&r 6. 235, ogl. aueft 8ea) § 257) taifäajtta) bloße $rioatarbeit.
* P. $offäu£ unterm 20. Februar 1568 an ben $apft: »$ie ©aa)e §at
für une joltt)e 6a)n)ierigf eiten , bafe im gaUe ber Unerlaubtbeit niemanb oon
benen, bie 5% nehmen, bei und beizten roiU*. (Du^r @. 213.) P. 9Renginu3
<Snb€ 3ult 1571 an P. Sanoo (2)u§r ©• 215).
4 P. SRaggio unterm 21. D (tober 1571 an P. 9lata(i8 ($u§r 8. 215).
5*
— 68 —
ju fein; benn $offäu3 oerroaljrt fta) in feiner SRed&tfertigungSfd&rift bagegen.
3)a8 Sluöf abreiben an bie Ijeraoglid&en Stifter fei tym unb P. #eöoob oor bet
Slbfenbung »orgelefen worben; er fyabe ftct) bagegen erflärt unb bem §erjog
münblidj unb fdjrtftlia) von ber Veröffentlichung abgeraten, ba in bemfetben
SDinge als SBud&er verurteilt würben, bie feine Verurteilung
oerbienten.
3m ßreiäarajio 9Ründ&en (Gen. Heg. Grim. fasc. 323/10) beftnbet fiel) eine
glaubwürbtge 2lbfcr)rift be3 2Ranbat3entwurfe8 , ber ber Unioerfttät Sngolftabt
unterm 14 3ult 1580 jur Begutachtung oom £erjog überfanbt worben war.
tiefer Entwurf Ijat folgenben Sn^alt:
Söir finb beim antritt unferer Regierung [1579] barauf aufmerffam gemalt
roorben, bafc in unferem gürftentum bei Sielen ein böfer SRifjbraua) eingetiffen
ift: 3luf!ünbigung bura) ben Käufer beim ©ültfauf, 3inS*
»erfd&reibung bei ©elbanlet)en ,ot)ne reblidje, gute Urfatt)en'
[b. f). 3in8titel, oben ,§üllen, Ärüden' genannt], 3. 33. erwad&fenben ©traben
ober entgangenen ©ewtnn. 2)a8 ift eine gute 3*it Ijer in folgen ©ebraud)
fommen, bafj man eS gar nimmer für unrecht unb ungiemlia) galten will. 3118
fatbolifd&er gürft muffen wir etwaä bagegen tun. 2)ie Dbrtgfeiten fotten ,bie
©aa^e batjin ria)ten, bafc fcinfüran bie 3in3fäufe unb 2lnlec)en in ob*
gerne (bete [Unfünbbarfeit ober 3^3titel] billige d&riftltd&e gorm ge*
ftellt, ber Söudjer allenthalben in unferem gürftentum auögereutet, aua) auf
fünftige (Sontrafte anberS nia)t, benn biefer unferer a)riftlia)en wo&lmeinenben
Drbnung gemäjj mit Euerer . . . gütlicher ober rechtlicher ©rfenntniS gehalten
unb verfahren werbe*. SBer fta) biefer Verorbnung ,oeräajtltä) n>iberfe$t% fott
geftraft werben, fielen aber in einem obee anberen gaUe foldje 3roeifel ein,
bafe 3^r bie an un§ gelangen ju laffen für eine ÜRotburft achtet, ba« mögt 3$r
jeberjeit wo&l tun unb unteren Sefä)etb barüber erwarten1.
üb unb wieweit biefer ÜRanbatöentmurf bem naa)^er wirflia) erlaffenen
9Ranbat entfpridjt, ob (um bie ©jtreme §err»orju^eben) beibe ibentifa) finb ober
ob bad SÄanbat auf biefen Entwurf gar nidjt jurürfsufütjren ift, muffen wir
ba§ingefteKt fein laffen. 9iea)era)en beim allgemeinen !Reia)3ard)io, beim ©e-
$eimen <Staat8ara)u> , bei ben J?ret8ara)ioen HRündjen unb £anb8$ut naa) bem
9Ranbat blieben erfolglog.
3)amit mar bie Angelegenheit nidjt jur SRulje gefommen, fonbern
im ©egenteil bem ©treit ber Meinungen, bem ©egenfafc ber Qntereffen
neue SRaljrung jugefffi&rt1.
35er iQerjog roanbte ftd^ bafjer in feiner ©eroiffenSnot an ben
$apft mit ber bringenben Sitte um feinen diät unb feine (Snt*
fd^eibung2. 35er Sßapft betraute ben eben neugema^lten Sefuiten*
1 2Iu3 einer 2)enfftt)rift beö $offäu* an Slquaoioa (2)u$r 6. 238): „Surdj
feinen un!lugen ©ifer madjte ber $erjog fia) unb und bei feinen Untertanen fo
vertagt, ba& feine SRäte baran bauten, gegen bie ©efellfüjaft »or-
duge^en, um fte cor fo ge§äffigen unb gefä&rlidjen SReformoerfuajen in ber
Jolge abau^alten."
9 3)er ©rief roea) fei ift oon SaUerini, De jure circa usurara, t. I (Sin«
^ang), 1747, oeröffentlia)t.
— 69 —
general Slquatrioa mit bcr Silbung einer ßommiffion (2lpril 1581).
Sin berfelben normen auf bapertfdjjer ©eite igoffauS unb ©regoriuä
teil. SDer &erjog liefe ber ftommifffon ein (n>al)rfd£)einlidSJ oon
Öetjoob jjetf a$tt$) Formular oortegen, ba8 ben günfprojentoertrag
in möglid&fl reiner ©efialt enthielt, unb ate beffen Äern bie
Äommiffion folgenben £atbefianb bezeichnete1: „Titius centenaria
summa Sempronio tradita, cum eo paciscitur de quinario lucro
quotannis, securo capitali et lucro, potestate utrique
parti relicta rescindendi contractum, modo ad semestre
spatium praemoneat ea de re socium [feinen 2Ritfonira§enten]".
2Bef entlidj ift 1. eine getmffe garblofigfett be3 Vertrages (Slbftraftion
oon Slentfauf, ©efeflfdfjaftöoertrag, ^ntereffeoertrag) 2. bie 2lffefuranj=
Haufei (©. 61) 3. bie perfönltd&e £aftpfitd&t 4. ba$ ÄfinbtgungS*
red&t beS ©läubtgerS.
3)ie Äommiffion braute ityre SUleinung in einem „Sraftat"
(Öanbfdjjrift) jum 9lu3bru<l SDer Vertrag fei, obwohl be3 mutuum
foioie überhaupt irgenb einer beftimmten 33ertrag8art feine ©rma^nung
gefdjjetje, ungültig, roeil er sine personarum delectu cum
cuiusvis conditionis homine abgefdjloffen werbe unb baljer
in 2Btrfltd&feit mutuum fei (ßedj § 262/3). $)er $apfl folgte in
feiner 6ntfd)eibung bem ©utad&ten ber Äommiffton: 3)er nor-
gelegte SBertrag fei nmdjjerlidfj , benn er fönne auf feine anbere
SBertragSgattung als auf ba$ oerjinSlid&e Sarleljen jurüdfgefüljrt
werben. 35er Sßapft fügte aber oorfidjjtig {jinju: SBenn in S)eutf(^=
lanb ein ^ünfprojentoertrag mit einer anberen gaffung Derbreitet
ifi, fo fott fidjj biefe ©ntf Reibung nidjt auf tljn bejteljen (§ 264).
2)er §finfprojentt>ertrag würbe alfo nur in benfelben ©renjen
juläffig erflärt, bie für bie 2lffimilatton be3 Stentfaufeä an ba3 Star*
lefjen (oben ©. 63 ff.) gejogen waren.
3)er SBJiberftanb be$ Sanbeä gegen bie Sßolitif be3 &erjog3 in
ber 3in^frage oerbidjjtete fid& auf bem Sa nb tage oon 1583 ju
ben fjeftigften klagen2.
2)iefelben gelten bejetd&nenberweife nid&t, wie man erwarten
fottte, oon ben SSürgern, fonbern oom 2lbel aus. S)er SRitter*
fianb bringt oor (Grav. 1): ©urdfj baS SSerbot an bie ©erid&te,
auf 5 °/o Qntereffe ober jäf>rlid(je SSerjinfung ©rfenntnte ju tun, ftnb
alle ©ewerbe unb Hantierungen in großen äbfall ge*
* Se4 § 259 ff.
8 »aperifae* 8et<$*arc$u>, KUba^erifcfte Sanbfaaft P. 2 n. 30. — SBtr
tpbcn nur bie für und roi^tigften $un!te &er»or.
— 70 —
raten. 9Kand£)er ift baburdfj gebrungen roorben, feine
üätertidjen ©rbgüter von ftdfj ju laffen unb $remben ein*
juräumen. 3>enn feiner will fein ©elb umfonft IjerleiJjen
unb fid£) felbft, aud£) SEBeib unb Kinb in 9Rangel unb 2lrmut ftecfen,
um einen anberen mit feinem ®utt ju bereitem. 3Bof)l roenbet maxi
ein, man fotte feine Sarfd^aft auf ©rfaufung Iiegenber ©tücfe an*
legen1. Slber biefeä ift nidEjt eines jeben ©elegenf)eit unb fann bei
©eroerbäleuten nid&t ftattljaben, aud£) nid£)t bei benen, bie i^re Äinber
in frembe ober ferne Sänber verheiraten motten. Sie 2lbfd(jaffung
ber SSerjinfung §at $ur golge gehabt, bafe alle Sarfd&aft aus SSatjern
in anbere Sänber gebogen roorben, bafe bie in Sägern bi^er auf
SBer jinf ung angelegten Kapitalien l)aufenroeifeunbmitl)ödEjfter
Sefd&roerbe ber ©dfjulbner abgeforbert roorben finb.
3a, mer ©elb $u feiner äufcerften -ftotburft aufbringen
roill, fann feinet me^r befommen. 3U™ ©djjluft bittet ber
Stitterftanb, ba3 gefdfje^ene SSerbot roieber aufgeben.
35er &er$og äufcert junäd&ft fein 33efremben barüber, baj&
gerabe ber SRitterftanb fidE) über ba3 Verbot befdjjroere. SBenn e£
jum 5ßerberben unb Abfall ber Kommerjten gereift, fo Ijätten bodfj
bie ©täbte unb 3Jlärfte triel meljr Urfad&e baju. 2)a3 Sßerbot
bejroedft Austreibung aller rouäjerlid&en Kontrafte, rooburdjj alle ©tänbe
auSgefogen unb oerberbt werben, foroie Spflanjung brüberlidjjer Siebe,
©eroijfenäljalber l)aben mir ntd&t umtyin fönnen, bergleid&en roud&erifd&e
Kontrafte abjufdfjaffen. 2)iefelbe SBeroanbtniS l)at e3 mit ben
SBieberfaufSgfilten, roenn beiben teilen bie Sluffünbigung oorbe^alten
roirb, benn ba3 ift in ber SReid^Spolijeiorbnung auäbrüälid) für
rouäjerifdf) erflärt roorben. 2Benn aber ber SRitterftanb meint, bafc
bem Saterlanb fo fe^r baran gelegen, baft bie commercia baburd&
gefperrt unb fonft anbere inconvenientiae oerurfad£)t mürben; aud&
biefer Seit fd^ier niemanb gefunben roerbe, fo fünf oom &unbert
faufen motte, roenn itym bie Auffünbigung nid^t ebenfo roie bem
Käufer jugelaffen roerbe — fo rootten roir, jebodjj auf SBiberruf
unb ^ßxobe , bie SBieberfaufSgülien, audfj roenn beiben
Seilen, b. i. bem Käufer unb bem SSerfäufer, bie
Söfung unb Auffünbung oorbeljalten roirb, bulben
unb bie 9K<$ter barauf erfennen laffen. SDamit biefe „Xoleranj"
aber nidjjt mifjbrauäjt roirb, fo rootten roir Formulare ^erftetten unb
1 8Ufo in einer ber oorfapitaliftifd&en Ära (fielje Einleitung) entfprec$enben
SBetfe.
— 71 —
ben ©erid&ten überfdfjtden, an bie fidfj jeber Untertan naä) 2Rafe unb
gorm galten fann, unb jroar ein Formular für Sßieberfaufe unb
ein gormular für Ztutt, bie feine aufltegenben ©üter Ijaben, ba ober
baoon fie ©ülten oerfaufen fönnen.
SDem 2lbel ift ntd&t red^t, baft bie „Xoleranj" auf SBiberruf
geftettt fein fott. 6r münfd&t, bajs fie fo lange in Äraft bleiben fotte,
bis bie 9iei<fj3ftänbe anberS befitmmten. gormulare l)ä(t er für un=
nötig, weil fidfj ein jeber, Käufer unb SBerfäufer, audEj ofjne fie in
adfjt nehmen werbe unb ba£ lefcte 2Bort bodfj immer bie ©erid£)te
Ratten.
3)er gürft fommt in feiner Steplif normal auf bie Sßrinjipten*
frage ju fpred&en. Unbeftreitbar ift, bafe in Sägern bie meiften
Äontrafte, ba fünf oom £unbert jäljrlidEj ju geben oerfprodjjen nrirb,
allein auf 2tnleljen unb SSerjinfung geftettt getoefen, roeldjeS je anberS
nid^t benn ein mutuum, man oermäntele unb berge e3 gleidfj, wie
man miß. .Smifdfjen jä^rlid&en ©ülten einerfeitS unb
33erjinfung ober Qntereffe anbererfeits ift ein großer
Unterfdfjieb. SÄuS Sftüdftdfjt auf bte SReidfj&polijeiorbmmg fann bie
Soleranj nur rotberrufliclj jugegeben werben. Übrigens barf ber
SRttterftanb rufjig fein, o^ne mistige Urfad&e werben mir bie Xoleranj
nidfjt reoojieren. SBir fönnen fte aber audfj nidfjt perpetuieren, o§ne
unfer ©eroiffen ju oerlefeen unb o^ne ©dfjimpf, ©pott unb 58er-
fleinerung beforgen p muffen.
S)em SRitterftanb fommt ber ©tanb ber ©täbte unb
SRärfte ju &ilfe (Grav. 12): SDurdE) baS Verbot ber SBerjinfung,
ba forocfjl ber Darleiher als audfj ber ©dfjulbner bie Sluffünbigung
&at, finb nidfjt nur mir befdfjwert, fonbern alle ©tänbe unb baS
gange Sanb. @S trifft nämlidfj nidfjt nur ber ©otteStyäufer, 2llmofen
unb oermaiften Pupillen ©elb, fonbern audf) faft alle anberen
©eroerbe unb Hantierungen, furj alle &anblungen unb ßontrafte.
33ei ber ttnfidfjerlieit in einer fo widfjtigen ©adfje ift eS unmöglidjj ju
^anbeln unb ju traftieren. SDie ©otteS^äufer unb befonberS
bie armen SBaiSlein muffen ifjr ©elblein feiern
1 äffen; mäljrenb fie oon ben ©ülten unterhalten werben fottten,
muffen fie nun baS Äapital oerjeljren unb ijaben barnadfj nid&ts.
Die 9titterfd&aft \)<xt mit unferem jtemlidfjen SBiffen unb SBiUen ftdfj
beföwert, benn eS ift ein gemeines burdjjge^enbeS SBerf,
fo baS gange Sanb betrifft.
3)ie pon SBilfjelm V. angefünbigten gormulare erfd&tenen in
3ngolfiabt unter bem Xitel: „^Reformierte unb ber ©eredfjtigfeit ge*
— 72 —
mäfee Formulare allerlei @elboerfd[)reibungen famt angehängten 2tuf*
merfen, fo babei ju l^aben"1. @S finb im gangen 6 gormulare:
©wiggült, SßieberfaufSgttlt, SBieberfaufSgült mit ÄünbigungSred&t beS
Ääitf er^ , contractus trinus mit jQtjpotljefbeftellung (für &anbels=,
£anbwerfS* unb SauerSleute), SDarleljen mit SBerfpred^en ber (Sr*
ftattung beS entge^enben ©ewtnnS, beS ju erleibenben ©djabena.
Beim britten Formular (ÄünbigungSred&t beS ÄäuferS) ftnbct fldj
folgenbe -Kote:
35amit biefe beibeSteilS ablöSlid&en 3w3oerfc(jreibungen, weldfje
gemeütiglidfj oiel ©efaljr unb 3)iif$braud[) l)aben, gebulbet werben
fönnen, finb nadjj folgenbe fünfte ju merfen:
a) @S ift nötig, bafc bie ©ült auf „redjjte waljre 3^^-
guter" gelegt wirb, „meldte fo otel ober me^r freier,
eigener unoerfetjrter Sftufeungen watyrljaftig tragen2,
als oiel barauf unb barob oerfauft wirb".
b) deiner ber beiben £eile, befonberS aber ber SBerfäufer, barf
burdfj ben beiberfeits ablösbaren 3in3fauf ju heftig bebrängt ober
befd&wert toerben. 2Bo baljer eine obrigfeitlid&e 3^n^aEc fß*
2Bieberoerfäufe [o^ne ÄünbtgungSred&t beS ÄäuferS] befielt, mufe,
wenn bie $in$ta]ct bem lanbeSttblid&en SRentenfufce entfpridfjt8 [fünf*
projentiger Stentenfufc], beim beiberfeits ablöSlidfjen 3wSfauf [jum
SfaSgleidfj gegen bie Segünftigung beS ©laubiger S] einniebrigerer
3 ins [als 5°/o] ausgemalt werben.
c) Söo beibeSteilS ablöSltäje $xn\t oon ber Dbrigfeit oerboten
unb fold&eS Verbot angenommen unb in oollem Sraud^4, ba fotten
folä)e QvaSt&aft oermieben werben. —
3Me „SEoteranj" oon 1583 bebeutet jweifelloS einen Stüdjug
in ber 3inSpolitif SBiltyelmS V. nadfj ber mittleren ßinie beS römifd&en
ÄommiffionSgutacfjtenS oon 1581. Qnbem ber föerjog ben beiberfeits
fünbbaren SRentenoertrag ju bulben jufagt, bricht er feinem 9Ranbat
ben gefäfyrlidfjften ßdfyn au$- 3lug *>er ^°*e iu ben Formularen
ergibt fi<$ freilidE), bafe bie Slente auf „redete wa§re 3inSgüter" ge*
legt werben mufc, um ber 35ulbung für würbtg eradfjtet werben ju
fönnen. S)ie beiberfeits fünbbare ^Jerfonalrente, ber 5 °/o = SBertrag
fd&led(jtf)m, ift alfo fo wenig juläffig, wie nadEj bem ©utadjjten oon
1 Slbgebrucft bei 3- 3- ©peibet , Speculam Observ. 1657, ©H^roort
8 23CIfo Überfdjulbung unjuläfftg.
8 SBörtlidj: „Unb fold&er %a% angenommen unb im 8rau$ ift/
* S>ie8 max bei ber Sfteid^dfonftitution oon 1548 nid&t ber $aU (f. o.).
— 73 —
1581. ©omo^l bic Slntwort be3 gürften auf bie 33efd(jwerbe be3
9iitterfianbe£, als audfj ba8 gormelwerf berufen auf einem ©utad£)ten
be3 ©regor t)on SBalenjia, ba8 biefer aus Sfolafe ber ßanbtagS*
oer^anblungen bem dürften auf beffen heftiges drangen gegen ben
aßxttett feiner Oberen erftattet Ijatte1.
$n eine neue Sßljafe trat bie $rage be£ jinSbaren 2)arleljen3
für SBarjero mit ben SBorbereitungen jur SReufobififation,
weld&e unter 9Rajtmiltan I. ins SBerf gefefet mürbe.
SHe erfte ©efefcgebungSfommiffton, bie fogenannten ^olijei =
täte, Ratten einen Strtifel (14) oorgef plagen mit ber Überf dEjrif t :
„3>afj vom 25arleljen nid&t SBudfjer nodf) ©efudjj foK genommen
werben." 2Bal)rfd)eintidj fottte bie ®. 60 ermähnte SBeftimmung ber
Sieformation oon 1518 erneuert werben.
S)er &of rat2 ift ber 3Reinung, bafe bie „SEoleranj" 2Bill)elmg V.
nunmehr „für ein beftänbigeS ßanbredfjt ju nehmen" fei, jebodjj unter
Beibehaltung ber oben sub a unb b ermähnten ©rforbemiffe. 25er
&ofrat wirft au<$ bie Frage auf, ob ein befonberer Slrtifel bem
Sanbred^t einjuoerleiben fei, ober ob, weil bie Steuerung „ber
SReid&Spoltjet biametral juwiber", „oielteid&t blofe ein fcljrtftlid&er
Sefefjl burdfj ba£ Sanb auSjufd&reiben" fei. @r entfdjeibet fid^
für ba£ erftere, unter Berufung auf bie potestas legum con-
den darum juri communi contra riarum unb arbeitet gleidE) felbft
ben £e£t au$:
9tod(>bem bie ©ültfäufe, weld&e beiberfeitS ablöSlidfj, in unferem
H'anb oon alten faxten im 33rau<$, fo laffen wir e3 bei foldfj altem
&erfommen, jebodE) unter folgenben Sebingungen:
1. ©ollen bie ©ültoerfd^reibungen „auf 9Äajs unb 2Beife ge*
ftettt werben, wie l>ier oben in gebrückter $ o r m fonjipiert unb be*
griffen ift". 2HIe anberen — b. I). in ben Formularen ni<$t oor=
gefe&enen — bem ©dfjulbner ungünftigen („bamit ber SBerfäufer ber
(Mit bebrängt unb befdfjwert werben mödjjte") 33ertrag3beftimmungeu
foUen perboten fein.
2. 2Bie oben sub a. 2)enn wenn „biejenigen, fo ntd&t auf«
liegenbe ©fiter fjaben, allein burdj) perfönltd&e Obligation
ober SBerbinbniS ©ölten, fo beiberfeitS abtttölidfj, oerfaufen", fo
wäre bie£ nid&t* anbereS als ein Slnleljen unb 2)e<fmantel be3
2ßud&er$. ©old&e gefährliche ßontrafte, baburdf) ber ©l)riftenl>eit
1 2>u*r S. 242/4, 3ed& § 270.
1 $ofrategutac$ten au ben ©efe^en von 1616 (SH. XIII 14).
— 74 —
Siebe unb ©utfjerjigfeü beS 2)arlet^erS ganj unb gar
aufgelebt mürbe, motten wir abgefd&afft §aben.
3. Sei betberfeitS ablöSltd&en ©ültfäufen fott für ijunberi ©ulben
ißauptgelb nid&t 5, fonbern nur 4 ©ulben ©ült oerfauft werben,
weit ber SBerfäufer bei biefen ©üitfäufen mefjr „33ef erwerbe
unb Ungelegen^eit" §at, als bei bem nur auf ©eite beS 35er-
fäuferS abiöSltd&en ©ültfauf.
Sei 3un>iberl)attblung gegen biefe 33eftimmungen fott nid&t nur
feine ©jefution gefd&eljen, fonbern audfj baS £auptgelb jur ©träfe
oerfatten fein unb noclj baju ber Käufer nadfj ©elegentjeit feiner
^ßerfon audf) fonft geftraft werben, unbefdfjabet beS geiftlicfjen
©trafreä)teS.
Aber roeber ber reaftionäre 33orfd&lag ber Sßoltjeiräte, no<$ ber
oerfjältmSmäfjig fortfd&rittlidfje beS &ofratS würbe oom gürfteu
angenommen. £)aS Saubre d(jt oon 1616 enthält oom oerjinSlid&en
SDarletyen fein Sßort. S)ie ©trafnorm oon 1518 ift alfo gefallen,
bie beiberfeitS ablöStiä)en 3w3fäufe furif mit ben bur<$ bie Formulare
beftimmten SKobiftfationen gebulbet, aber nid£)t redf)tlid() anerfannt.
3m übrigen bleibt eS beim gemeinen Sftedjjt, b. f). beim fanonifd&en
3inSoerbot.
IV.
©benfo unfid&er toie bie ©efefcgebung Derzeit fidf) in SBatjern bie
£f)eorie ju bem Problem beS oerjinSlid&en 2)arlef>enS.
•Jtidfjt nur bie gefamte jurtftifd&e 33ilbung, fonbern aud& bie
fojialen 3uftänbe unb Strömungen feiner 3eü fpicgetn ftd£) miber
in bem Kommentar beS Äafpar ©dfjmib, einem fultur*
l)iftorifd)en S)enfmat erften SRangeS, roo oiele @rfa^}rungStatfa<§en,
von einer femigen aber gereiften sJ$erfönltd£)feit unmittelbar erfaßt
unb mit einer AuSbrucfSroeife oon bajuoarifdf)er Äraftfütte roieber*
gegeben, bie bamals üblidfjen fdfjolafttfd&en Argumentationen, Sinti*
tationen, ©jftinftionen ufto. angenehm unterbrechen, ©ein Äommentar
fyattt bis jur Äreittmat)rfdf)en ©efefcgebung eine naljeju ber gefei-
lteren gletdjjfommenbe Autorität. @r mürbe jtoar oon ©d&mib erft
in feinen legten SebenSjatyren oerfafet unb auS feinem -Kadfilaft 1695
herausgegeben. @r fonnte alfo auf ben oon uns be^anbelten $i\\*
räum nur jum Seil ©inftuft ausüben. Aber {ebenfalls §atte ©d&mib
felbft infolge feiner Ijeroorragenben fojialen ©tellung als SDUtglieb
beS fcofrateS, aSijefanjler, ßanjler (1668—1683), Dbetftle&en*
— 75 —
propfi ufro.1, mannigfad&e ©elegenfjett, feine iurtftifd^en (unb fonfitgen)
2ln|tdf)ten jur ©eltung ju bringen, unb fein Äommentar bietet uns
ben beften Überbtid über bie ju feiner 3eü ™ kapern ^ctr=
fdjjenben 9ted()t3anfdE)auungen.
Obwohl ©djjmib am @nbe be£ 17. 3fa^rf)unbertS fdjjreibt, fteljt
er grunbfafclidf) noä) auf bem ©tanbpunfte be3 fanonifdfjen
3in3oerbote3. 3§m ift ba3 Sarletyen ein nadfj bürgerlichem,
göttlichem unb natürlichem Siedet roefentlidfj unentgeltlicher Vertrag,
eine „©uttat", ein „greunbfiücf", fein @rn>erb$gefdfjäft, unb 3temim3=
jenjen an 2lriftotele8 S^eorte oon ber Unfrud&tbarfeit be§ ®elbe$
unb an ben biblifd&en ©a|: „mutuum date nihil inde sperantesu
festen in feinem Äommentar meljrfadfj nrieber. @r brücft fidjj aber
m<$t immer entf Rieben au3; fo fagt er an ber £auptfteHe ^\^ 13^
Art. 1 3lx. 5), bafc ba3 Starteten feinen 3in^ julaffe , roaS ber
©laubiger über ba3 Äapitat empfange, fei „eigentlich unb formaliter"
SBudjer. Überhaupt ge^t er ben in ber SBudjerleJjre fo häufigen
belitaten (Streitfragen mit SBorliebe au$ bem Sßege, roenn feine S3er=
nunft unb fein ©inn für ©mpirie mit feinem ©emiffen ober feiner
Älugljeit in Äonflift geraten fönnte: obroofjl er fidfj im allgemeinen
nidfji gerne, mie man ju fagen pflegt, eine &anb oor ben 3Runb
nimmt. SludE) mad&t er bem Sebürfnte nadf) einem freieren Ärebit-
red&t fo roeitgeljenbe Äonjeffionen, bafe bie prafttfdfjen folgen
feinet ©tanbpuufteä aufgehoben erfd^einen.
©dfjmib ift ein Anhänger ber ©. 61 bargeftettten Sntereffe*
lef>re. 2)er ©efefcgeber fei ber Slnfid^t, bafe „niemanb fo lüberlid^
fei, bafe er nidjjt 5 % baS Saljr §ütburd£j gewinnen fönne". 2Benn
alfo ber ©dfjulbner leugne, bafe ber ©laubiger foldjjeS Snterejfe mit
gutem ©emiffen begehren fönne, fo muffe er „be£ ©laubiger^ Un*
nuffen&eit, gaul^eit ober Unfäfjigfeit enoeifen". %n ber Xat fei im
bagerifd&en &ofrat, roo er— ©d&mib — Slffcffor gemefen, ben
©laubigem ex capite morae 5 °/o jugefproc^en roorben, and) menn
fie ni<$t ermiefen Ratten, bafc fie 5 °/o iäf)rlid& Ratten gewinnen
fönnen. 2ludf) ba3 ßammergeridfjt ju ©peijer pflege ben ©laubigem
oljne Unterfd&ieb 5 °/o jujufpred&en. 3um ©djlujfe biefer ben ©lau*
gern günftigen Argumentation gebraust ©dfjmib bie fräftige 2lpoftropf)e
an feine fiefer: 2Ber ftd& benn getraue, „bem ©laubiger, ber nur
1 Über ©$mibä Seben unb polittföe Sebeutung fte$e %'öbexl, Sapern
unb 3franftek&, 1900, ©. 167 ff. 2Iud) Zeiget in ber allgemeinen Seutfcben
Biographie. Sgl. femer bie $ofemil anrifefcen 2>öberC unb $teu6 in <Jorfd>. jur
®ef$. »anern«, 1904.
— 76 —
5 °/o begehrt, oorjuroerfen, bafe er fo oiel nid&t gewinnen fönne, roo
bodjj 3 in^brt cf e alle £age um geringeren Sßreiä feil
herumgetragen roerben, alfo bafe audfj einSlinber unb £aub*
ftummer, ja fogar ber bümmfte Äerl1 um 900 fL 1000 erroerben,
alfo nidfjt allein 5, fonbern 6 °/o geroinnen" fönne ? (ju S9i. XIII 11,
SKr. 10 unb 11).
ßafpar äftanj — ber jroeite Qurift, beffen 3w3tl)eorie wir
betrauten motten — Ijatte jroar ju grofce interterritoriale Sebeutung,
um aU „baperifdfjer Surift" bejeidjjnet werben ju ftnnen, aber er
lam ate Sßrofeffor in Qngolftabt 2 unb afö Äanjler uon $ßfatj=!Äeu-
bürg8 in mannigfadje Serü^rung mit ba^erifdfjen 5fte$t3 juftanben 4.
Qn feinen Sßerfen ift ba3 batjerifäje SPartifularredfjt jroar nidfjt ju
©runbe gelegt, aber ^eroorragenb berüdffid&tigt, unb ber originale
Xetl feiner 3w3t§eorie, feine Se^re oom Slentfauf Ijat bei
feinen 3eÜ9Moffen weithin Sluffe^en erregt unb bei ben bagerifdEjen
Quriften, befonberS audfj bei feinem Steffen Gafpar ©d&mib, ent*
fd^iebene Autorität genoffen.
9Kanj ift ein igauptoertreter ber perfönlidfjen Haftung
be3 StentenfäjulbnerS. @r unterf Reibet census realis, per
sonalis unb mixtus (Praelud. p. 42, 3tn£f$armü6el 6. 7). Unter
letzterem oerfiefyt er einen Sftentf auf mit bingli$em unb perfönltd&em
2lnfprud£) (fumulatio). derart gemifdjjt fei ber SRentfauf in allen
gaffen, roo e3 Reifte: „$$ oerfaufe bir eine ©ült aus bem ©runb*
ftücf x" ober „atö allen meinen ©runbftüdfen". @r begrünbet Me3
bamit, baft ber Äauf eine perfönlidtje Obligation erjeuge. @m
Census mere realis liege nur bann nor, roenn bie perfflnlidfje
Haftung be3 SSerfäuferS auSbrinflidfj oon ben Kontrahenten au^
gefdjjloffen roerbe, ober roenn e3 fidfj nidfjt um ben SBerfauf eines
3ütfe3 fjanble, fonbern um einen anberen 9Wobu3, einen folgen ju
fonftituieren (j. 33. um eine ©d^enfung). 55er census personalis
erjeuge bloß eine perfönlid&e Obligation. SDtc gormel für ben
Sßerfonaljinä lautet bei 3J!an} emfadfj : „Qdjj oerfaufe bir einen jäljr*
lidjjen 3^3 oon 5 fl.", ober „id& befenne, bafe idfj oon SMefe 100 fl.
empfangen, bafür id£) tym einen jäfirlidjjen 3fa* oerfauft, unb per*
1 Caecus, surdus et mutus, Stupor et stultus.
* 1636—1653, 1660-1673.
8 1653—1660.
4 2Iud) bem banerifd&en Äurfürjien gerbinanb SWaria war SRanj „in
wichtigen unb oerroicfelten gragen ein treuer unb williger ^Berater" (Ättgemeine
beutfdje Sioßrapfcie).
— 77 —
fpredfje, fettigen ade 3>a§re auf SBiartini ju jaulen". 35er census
personalis ifi alfo nadf) 9Jtonj au<# bann gültig, wenn ber 33er=
fftufer feine persona fructifera ift (ogl. o. ©. 64).
SBeniger günfiig ftefft ftdfj 3Ranj jum Äünbtgung3redf)t beä
ÄäuferS. 6r fagt, bie Älaufel, woburdjj bem Ääufer biefe3 SRedfjt
eingeräumt werbe, fei jwar gültig, werbe aber für „obioS unb ge=
(JäfftS/ fü* gefäl)rlid(j unb fdfjier t>on aßen (Mehrten für argroöfjmfdfj
gehalten" (3in3fd(jarmfifeel ©. 378). 2Benn ber ©laubiger be$ ©elbeS
länger entraten fönne, unb bie 9?ot be3 ©cfjulbnerS erforbere, baft man
iljm nodf) einen SBerjug geftatte, fo fei ber ©laubiger aus bem ©efefte
ber djrifiiidjen -Jtödfjftenliebe nerbunben, bem ©dfjulbner ba3 ©elb no<§
länger in iQänben ju laffen (©djjufc unb ©$irm III 134).
3m ganjen fann man fagen, bafe oon ber S^eorie ebenfowenig
wie üon ber ©efeggebung baS oerjinälidSJe SDarleljen rüdfyaltloS an-
erfannt mar, unb bafc bie 9Retarmopl)ofen, bie bie entgeltltd&e Seil)=
fapitalnufeung oom SRentfauf jum ©arlefjen burdljmad&en muffte, mit
SKifitrauen beobachtet unb jum £eil mit Fanatismus »erfolgt
würben.
©8 ift ba^er begreiflich, baft ba£ oerjinSlidfje ©arletyen
fid> aud& im 17. Qaljrljunbert nod& ntd&t überall offen
^eroorwagte. SRodfj immer oermieb man e$, ba8 2Bort Sterleten
mit bem SEBorte 3in3 l &u oerbinben, fonbem man wählte entweber einen
ber erlaubten modi percipiendi annuatim certum lucrum — 3tent=
fauf a, Sterleten mit lucrum cessans8 ufw. — ,ober man wäfjlte eine
inbifferente, neutrale gaffung unb überliefe e3 bem Seid&toater unb
bem weltlichen 9tid(jter, einen erlaubten 9Robu3 !jerau3= bejw. tyineins
1 2)ie richtige lateinifd&e 85eaeid)nung für „abgeleitete Aap italnufcung" ift
uflnrae, Vergütung für bett ©ebraudj. $ie Ijeute üblichen beutf djen 2luö*
brtitfe 3infen, 3ntereffen, fpiegetn feljr gut ben gefdjtdjtlidjen Urfprung
unfereä oergintfigen $>arleljen$ roieber, roä^renb bie Ijtftorifdj ju erftärenbe
Nebenbebeuiung von nsurae = „SBuo$er, b. §. parafttifd) gezogener (Senrinn*
iQtqtnfküd t>on ,$ludbeutung") bie §auptbebeutung biefeS SBorteS oerbrängt
tat. — @ fl It — ©elt = ©elb. ©elb alfo bet beutfa)e 3tu3bwct für „3\n$\
• »flf. »aumetfier, $rioatre($t »on Hamburg, 1. 8b., 1856, ©. 170 (Wote):
,9U gegen Gnbe beg 17. 3a$r$unbert3 würben faft nur Renten in ben Renten«
büdjern oerjeitt)net @rft feit Jener 3«t ift bie Snffription von Kapitalien oor*
^errf^enb geworben/ 9lua) in SBürttemberg war ber ©üHFauf (Hentenfauf)
no4 im 17. 3a$r*unbert üblia) (3eitfo)r. f. beutf$eä »ec^t 11. S3bv 1847,
6. 491). ©eifpiel einer ©ültoerfa)reibung, roie fte um 1600 gebräudtfid) geroefen,
im Anfang L
■ 3» *• mit ber Motivierung, roie eö in einem Vertrag oon 1623 Reifet:
vfBetI @lftubiger befagteö ©elb fonft in anber Söeg rao^l nu<jen !önnen.M
— 78 —
julefen — 5 ^o-SBertrag1. Stöer audjj wo als Stammen be$ 3^'
oertrageS ba3 9tentengefd£)äft gewählt ift, geljt gewö^nlidjj aus ber
gaffung Ijeroor, bafe bie perf onlidfje Haftung be$ ©d&ulbner3
in ber Intention ber Parteien liegt2. 2)aj3 in biefer 3eü M* ©ütt*
faufe faft auSfd&liefelidj beiberfeitS ablMliä) finb, Ijaben wir fdjjon
oben erwähnt8.
©porabifdjj finben wir im 17. ^aljrljunbert aber audfj reine
2)arlefyenSoerträge , b. Ij. SDarlefjenSoertrage , in benen bie Q\t&*
ftipulatton nid&t mit damnum emergens ober lucrum cessans ufw.
begrünbet ift. SJtonj (3üt3fdfjarmüfcet ©. 23) f dfjreibt, bafc an
etlidEjen Orten gormulare oon zinsbaren Starteljen „toleriert unb
approbiert unb barüber bie 3^ ober trielme^r usurae erfemtt
worben". ®r fügt aber fyuiju, bafe „bennodf) ber Seiner ober 2)ar*
leider nidEjt ftdjer ftetye", unb an trielen Orten wenigftenS bei bert
©antprojeffen bergleid&en unjuläffige 3^nfen *>en ^totteien aberfamtt
werben, unb fd^Iie^t bie betreffenbe Erörterung mit einer SRemintejens
an feine eigene ridfjterlidjje Xätigfeit: er Ijabe felbft in SßrioritätS*
urteilen foldjje usurae lucratoriae abgefprodfjen. 35amit ifl audfj
bie $rage beantwortet, wie fid(j bie ©eridjjtSprasiS berarttgen
unerlaubten Verträgen gegenüber oerljalten fyat gerner ergibt ftd^
barauS, bafc e3 weniger bie ©dfjulbner waren, bie ben Äontraft ate
ungültiges oerjinSli^eS 35arlel)en angefochten Jjaben, fonbem baft bie
©laubiger untereinanber, wenn eä jum Äonfurrenjfampfe unter üjnen
fam, alfo bei ber ©ant, bie ©inrebe be3 $vtöxo\xtyx% erhoben.
SDaljer bejeidjjnet 9Ranj als ben $m& feiner 3wf^^wtenf^ttung oon
©dEjulboerfdjjreibungSformularen (3inSfd^armü|el ©. 13) u. a. baljin
ju wirfen, bafe bem unftubierten 3Kanne in coneursu creditorum
beim ©antprojeffe weber eine Äontrooerfe erwedf t, nodfj feine gorberung
ganj unb gar oerworfen ober er mit ben 3*nfen ^m $ßriorität3=
urteil weit hinter? unb jurüdgefefct werbe.
3m 17. Saljrfjunbert tarn alfo in Sapern ntdjjt nur ber ©ült*
fauf in feinen legten, bem oerjinSltdfjen ©arteten ftd&
1 Sftanj, 3i«öf^armü^el <5. 3: »Unb u>ien>o§l ber gemeine SRann fd)n>er*
lid) einen Unterf$teb inter usaras et census, unter ben 3mfen m einem 8hl*
leljen unb ben (Suiten faffen fann/
8 Manz, Praelud. p. 59: „interrogati enim homines rudiores, qui sub-
tilitates juris et distinetiones Dd. ignorant, omnino responderent , se vel
obligatos esse vel alios sibi obligatos habere."
8 2Ranj, Sm&fäavmüliel <S. 12: w. . . wirb faft burd&ge§enb8 ber«
ajeidjen Äuffünbigung praftijiert."
— 79 —
ftarf annäljemben 2tuSjweigungen, fonbcm aitd^ baS
t) er jtnSlid&e 3) arteten felbft mit ©pejial* unb ©eneral*
lji>potf)ef oor.
©d&tmb ju SSR. I 17 9fc. 22: 3u jefcigen 3eiten werben fd&ier
alle Srteffd&aften auf bie SBeife eines realen ober mijrtierten i&inS*
faufeS errietet, ober es wirb in benfelben eine weitfdjjtd&tige
S3erpfänbung ber ©fiter fowoljl insgemein als mfonberljeit oor*
genommen.
V.
Sßenn wir bie bargefteHte (Sntwtcflung nodfj einmal fiberblidfen,
fo fällt nnS junäd&ft auf, bafe bie SBitfung ber fanonifdjjen 3inSlet)re
auf bie fiaatltdjen 3tn§gefc^e in Sapern triel länger bauert, als man
geroötynlidj annimmt. Qn einer 3e^/ ro° bit SReformibeen eines
SJobinuS, SRolina, ©almafiuS in proteftantifdjjen Sänbem bie ©efefc*
gebung bereits beljerrfdjten, fträubte man ftdjj in Sapern offtjteH nod[j
immer gegen bie prinzipielle preisgäbe beS fanonifd&en 3in$bogma3.
S)en 3roecf fewer ftrengen Haltung f)at 2Btl§elm V. feinen ©tänben
gegenüber 1583 ntd&t befonberS beutlidj, aber mit einer dfjaraftertftifd&en
SBenbung funbgegeben: Austreibung ber wudSJerifd&en ßontrafte, wo«
burdj alle ©tänbe auSgefogen unb oerberbt werben unb 5ß f l a n j u n g
brüberlidfjer Siebe. 35er 3™* ifl alfo ein negatioer unb ein
pojtttoer. ©S f ollen burdfj 33efämpfung beS SBudfjerS, mit bem §ier
baS oerjinSlid&e 3)arlel)en gleidjjgefefct wirb, beffen fdjjäblidjje folgen
befeitigt werben , unb eS wirb audfj ein pofttioeS Programm an=
gebeutet: baS um>er$inSli<$e 3)arlefjen foD geförbert unb gepflegt
werben. SDer ©ebanfengang war offenbar ber: SBenn man baS 3wfen5
nehmen oer^inbert, fo muffen bie 2>arlef)eu unentgeltlich gegeben
werben.
3>er SBerwirHid&ung biefer 3bee ftanb aber bie menfd&lidfje Un*
oottfommen^eit tjemmenb im 2Bege. 2)ie ©rfaljrung jeigte, bafe im
prafttfdfjen Seben bie meiften SWenfdfjen oon bem ©runbfafce aus*
gingen, bafe jeber fidjj felbft ber SRäd^ftc fei1. 3)ie Äapitaliften be*
ftanben barauf, bafe iljnen Qin^ bewilligt unb baS ÄünbigungSred&t
eingeräumt werbe. SlnbererfeitS war ber Ärebitoerfe^r bereits um
entbehrlich geworben, unb jwar nidfjt nur auf bem ©ebiete ber
%*robuftion fonbem audj) ber 5?onfumtiofrebit. @S lag im ^ntereffe
1 6<$mib j. fiH. XVII 6 n. 9: „Frigescente in dies magis Christiana
caritate contractus gratuiti in deconsuetudinem abierunt."
- 80 —
beS Staates, baß bic SRotleibenben nidjt jum äufcerften getrieben
mürben1, im ^fntereffe ber Äapttaltften , bafc bie SDWglidjfeit ber
t)erjinSlid)en Anlage muffiger ©elbbefiänbe erhalten bliebe B. 3)iefe
SDWglidjfeit beftanb ferner bereits in einem fo großen Umfange, bafc
man oon einer Unprobuftiüität beS beroeglidjen Kapitals faum meljr
fpred^en fonnte8 (wenn au<$ bie gunftion beSfelben als Seüjfapttal
an Sebeutung no<$ immer feine gunftion afä Sßrobultürfapital über-
traf). Sßarattel mit biefer @ntnri<f lung ging ein prinzipieller SBanbel
in ber öffentlichen SReimmg über ben 33egriff beS SBudjerS: ber
SBudjerbegriff mürbe aus einem medjanifdden ein ptydjologifdjer4.
S)ie 2Bat)l ju treffen iroifdjen jenen ettytfd&en Sßoftulaten
unb biefen praftifdjenöebürfniffen, mar fdfjroierig, befonberS
für ein ßanb mie Sagern, baS ft$ als &ort ber 9tedjtgläubigfett
betrachtete. 3)ie SBaljl fiel e<$t jefuitifd) jugunften eines Rom-
promiffeS. 2Me Slnmenbung ber tjerJömmtidjen Sfrten, einen
3inSgeminn ju erjielen, mod&te bei raffinierter Raffung ber Verträge
Diele ©efa^ren für baS (Seelenheil mit ftdj bringen, aber fte maren
im SBergleidj jum oerjinSlid^en ©arletjen immerhin baS Heinere
Übel 5. 9Kan mag bief eS jälje gehalten an einem überlebten Sßrinjtp
als Stonquid&oterte empfinben, aber anbererfeitS erregt baS peinliche
©udjen naü) bem, roaS im einzelnen gaUe als „baS ©eredjte"
erfdjeint6, bie gürforge bafür, bafc ber ©djulbner „nidjt ju fe^r
1 ©oleruS (§ofratSgutac$ten gu ben ©efefeen von 1616, SSR. XIII 14):
„. . . cum respublica sine mutuatione consistere nequeat, ut quae non
magis ex divitibus quam indigis constat, quibus si nemo Bit, qui grati-
ficatur in peeuniis, siti vel fame contubescent aut ad seditiones item furta
et rapinas se conferent."
2 ©ie$e oben 6. 71: „$ie (Sotteg&dufer unb befonberg bie armen SBaU*
lein muffen i§r ©elblein feiern (äffen.41
8 ©ie§e oben ©. 76 (@$mib): ,3eber $ummfo»f lattn ntdjt nur 5, fonbern
fogar 6% oerbienen/
* P. ©tofc unterm 7. SRai 1576 an ben gefuitengeneral ($u$r ©. 222):
,3a) I)abe nod) niemanb gehört, ber nidjt gerne zugegeben, SBuä)er fei @ünbe . . .,
aber wenn man bann weiter fragt, roaS fie unter 9Buä)er oerfte^en , fagen fie
eljer atteö möglidje, als baf$ fie zugeben, jeber 3)arle§en«gerolnn fei 9Bu$er;
unter Sßudjer fd&einen fte nur bie fdjlimmften Arten ber jübtfdjen Ausbeutung
gu oerftefjen.4'
5 ®regoriu8 o. Valencia, Comm. Theol., 1595, III 5 qu. 25: „Quando-
quidem id etiam , quod per se intolerabile et malum (modo minus malum
sit), censent DD. posse proponi et explicari alicui, ut illud potius faciat,
quam aliud maius malum."
6 3* ©• Stomas be 33 io in $nfe$ung ber montes pietatis: @ute3 unb
— 81 —
bebrängt ober befdjjmert werbe" (©. 72), furj ber ^bealtSmuS,
ber in ber fanonifd&en SBtrtfd&aftSleljre jutage tritt, unmillfürlidfj
unfere £eilna§me, ja unfere Semunberung.
35er ©runb beS fanomfdfjen ÄampfeS gegen baS oerjmSlidEje
3>arlef)en mar tbtn nidjt nur ein bogmattfd&er, fonbern and) ein
et§ifd£>er. 3)ieS ergibt ftdjj barauS, bafc er nidjt bem 3in3 als folgern
galt, fonbern — wenigstens in ber fpateren (Sntroidflung ber fano*
nifdfjen 2Bud&ertf)eorie — nur bem 3in3 in SBerbinbung mit
ber Äapitalf djulb unb bem Äonfumtiofrebit. 3Me Renten*
fdfjutb als SRealfdfjulb erregte fein Sebenfen, menn ber 3^fu§
(9tentenfu§) ein mäßiger mar. Slber bie gretyett ber 3in3befttmmung
mürbe bamalS oon feiner ©eite verlangt; in ber Slnerfennung ber
Stotmenbigfeit einer BinStaEe, eines 3w3maj:imumS maren bie 5Ber=
treter ber fanomfdjjen 3wSlet)re unb bie teuerer, proteftanttfdfje unb
fatljolifd[je Sänber einig, ttmgefefirt erfdjien au<$ bie Äapitalfdjjulb
als SßerfonalfdEjulb ungefährlich, menn fte caritatioer 9latur mar, alfo
ein 3^ überhaupt nidfjt beanfprud^t mürbe. SBogegen ftdfj baS
d^rifUid^e ©efityl fträubte, mar baS 3ugefiänbniS, bafc ber ©laubiger
3tnfen oerlangen unb baS Äapital jeberjeit jurfidfoerlangen fann.
(Sntmeber Stentenfdfjulb ober unoerjtnSlid&e Kapital-
fd&ulb! S)ie fanonifd^e Agitation gegen ben SBud^er galt alfo
nid&t meniger bem Jtapttalmud&er als bem Qxniwn^tt. 35er
Ijerfämmlidfje 2luSbru<f „fanomfd&e 3w3t$eorie" ift bemnad& ein
ju befdfjränfter. 3)ie ßfinbigung beS ÄapitalS beburfte
ju feiner red&tlid&en Slnerfennung ebenfo felir ber
et&tfd&en 3Rotioterung mie bie gorberung oon 3**3.
Qnfofern berührt fidf) bie djjriftlid&foiiale Xlieorie beS SKittelalterS
mit ber romantifdfjen eines 2Röfer unb SRobbertuS (ftelie unten § 25).
Slber mit bem Unterfd&ieb, bafc lefetere fxd^ nur ouf ben Sobenfrebit
bejtel)t (ntd&t j. 93. auf ben »etriebsfrcbit beS SanbmirtS), erftere
ben ißerfonalfrebit fogar als ganj befonberS fd&ufebebftrfttg mit ben
ftrengften Äautelen umgab.
5 glimme* , Vorteil unb 9taa)teü mufs jcbem naa) feiner SBürbigfeit §u-
geteilt werben« SBfirbiger unter ben Armen ift aber immer ber dürftige, b. $.
berjenige, n>ela)er am meiften beim mons pietatis entleiht unb baS ©elb am
länßften behält. 8ttfo fottte er aud) am wenigsten jaulen muffen. ($0(9*
apfeJ, Xie Anfänge ber montes pietatis, Seröffentl. auS bem tfrgeigift. @em.
9Rfingenr ». 11, 1903, 6. 109.)
tto^en, Stofajnlbuiig. 6
— 82 —
§4.
Mt (ßrrirfifung irsr l££ptf feeft unb ira*
I.
S)te gebräudjlidje gorm be$ $8ertrag3abfdjlujfe3 war f<ä&on im
■Mittelalter bie SJeurfunbung. SBäljrenb Ijeutjutage bie Unter*
fd)rift ba3 toefentlid&e SRerfmal ber ©efdjäftSurfunbe bilbet, §atte
in ber 3eü ber Analphabeten ba$ ©iegel biefe Sebeutung: e3
biente als 3e^en *>er 6^t^cit unb 2lutljentiiität ber Urfunbe l. Sie
Herstellung ber Urfunbe war ©adje ber ©djreibftmbigen, b. Ij. ber
Notare. 2Ber felbft feinen -ftotar tjatte, muf$te fid) beljufä Slm
fertigung von Urfunben an einen &errn toenben, ber eine Äanjlei,
alfo Notare tiatte, unb ü)n erfud)en, fein ©iegel anjulegen ober mit*
anzulegen. 3)ie8 tat man nidjt ungern, benn ber Vertrag fcmnte
an Autorität nur gewinnen, menn er oon großen Ferren bekräftigt
mürbe. @3 ging mit ben ©iegeln nne mit ben 3*ugen : 3)er ©rmerber
eines ©runbftücfeS falj in einem fremben ©iegel eine ©arantie me&r
für ba3 freie ©igentum beS SBeräufcererS.
$n eigenen Angelegenheiten fomtte jeber greie2 Urfunben er*
rieten unb flegeln.
35ie Siegelung in fremben Angelegenheiten beanf prusten bie
Sanbftänbe8 als ein ftänbifdjeS SBorredjt. ©er ©taat Ijielt
lange 3*ü an bem ©runbfafc ber allgemeinen ©iegelfreiljeit
feft, Sanbbot 15164:
„SßaS fonber Sßerfonen miteinanber ju tun gewännen in
Ääufen, Vaihingen ober anberen ©adjen, bie mag ein jeber eljr*
bare5 SUiann, ber ©iegel Ijat, roo^il flegeln."
1 Sgl. ©gröber, 2)eutftt)e 9tedjt$gefdjid&te, 4. «ufl., ©. 700: „S)er ©ebrau($
ber ©iegel ift römifd&er §erfunft, aber roäljrenb bie Körner nur ©tegeloerfdjlujj,
jum ©d&ufce ber Urfunbe gegen SBerfälfd)ung, tonnten, Berroenbeten bie ©ermanen
bie ©iegel im <5mne iljrer §au3mar!e . . . al3 @rfennung$aei($en für bie per«
fönliaje ober amtliche Stellung be8 XudfteBerS."
8 Sc§röber, ebenba. — gür ben ©runbljolb flegelte ber ©runb$err.
8 Sterlet, 2)a3 firmare 6. 135.
* Fol. 2*2. ©leid&lautenb Sanb3§ut-3ngol|itäbter SanbeSorbnung 1474,
Brenner VII 508.
5 ^rbar" — baS fmb nid&t nur bie «bltgen ufro., ogl. M. B. X n. 90
(1365): „. . . unb bei ben 9te$ten ftnb geroefen oiel ehrbare Seut, ebel unb un-
ebel, reia) unb arm/ — @§rbare Seut = frume leut, biber leut. — 1474 $iefc
es: »bie mag ein jeber fromme SRann . . ."
— 83 —
35er Staat gefianb aber bo<# ben ©täuben einen getoiffen 33or*
rang gegenüber ben „fd&led&ten fiegelmäfttgen Sßerfonen" ju.
9teformation 1518 V 5: ©etoaltbriefe f offen „befefltgt fein
mit einem befannten Qnfiegel einer ©tabt ober 2Warfte« ober
©tneS, fo in einer SBürbe ober oon Slbel ift, geifiltdfjen
ober roeltltdjjen ©tanbe«, ober eine gertdfjtlid&e aSertoaltung
!>at. aber oon fonberen fdjledfjten Sßerfonen, bie ftegel*
mäßig finb1, ba f offen berfelben ©iegel jtoet fein, bamit eine«
ba« anbere befeftige. @« toäre benn foldfjer ©etoaltbrief mit eine«
erfannten ehrbaren Regelmäßigen aKanne« Qfnftegcl im 33ettoefen
jroeier 3*ugen (ta bew ©etoaltbrief benennt) tnljalt be« Sanb«*
gebraudfje« in SBapern beftegelt ober burdfj eine« ober mehrerer glaub-
rofirbigen Slotarien lünbige Snftrument . . . auf gerietet, babei foff
e« audj) bleiben".
9Sgl. ebenba X 1: „2Ber ftd^ unter eine« ehrbaren 3Wanne«
Snjtegel oerbinbet . . . f o foff berfelbe ©iegler fein Snfiegel nidjjt
anlegen, e« feien benn jtoei anbere ehrbare 3Ränner babei ... bie
ba fe^en unb fjören, bafc er fein Qnfiegel angelegt fydbt, na<$ beiber
£eile fleißiger Sitte . . . 3Bo audjj ber ©rief mit jtoeten bekannten
^nftegetn befeftigt ift, unb lein 3^SC babei gefdfjrieben fte^t, afebann
bejeugi ein Snfiegel ba« anbere, unb ift berfelbe 33rief . . . audj
fräftig."
3)er moberne©taat ifl ©egner ber inbioibuellen Ungebunben=
^eit unb ber ftänbifdjen SSorredfjte. @r M&mtft bie Slnardfjte be«
affgemeinen ©iegelredfjte« , bie SlnfprttcJje be« Slbel«, in Äonfurrenj
mit ben ftaatlid&en Seljörben, aber unter 3lu«f<ljluf3 ber SRid^t-
privilegierten , für Slnbere flegeln ju bürfen; er fudfjt femer ba«
grunbfjerrfd&aftlid&e ©tegelred^t etnsufdjjränfen.
©d&on 1497 „befd&toeren ftdfj Slbel unb 9Ktterfdf)aft ber »e*
Regelung falber ; benn bie Pfleger unb äftdjjter tooffen, bafi niemanb
ftegeln nodj SSerfd&reibung außerhalb benn bei iijnen tun nodjj auf*
rieten foff; beräumen ft<$, bafi [e«] oon @u>. ©n. gefd&afft fei, unb
{äffen [e£] oon ben Ätrdfjen unb Sanbfd&rannen oerffinben unb au««
rufen. 2)a« boi) ber SRitterfdfjaft unmöglich ju glauben, oon alter«
nid&t I/erfommen unb in anberen Säubern ju l)ören fd^impflid^ ift" 2.
Aber erfl um bie SWitte be« 16. Qatirljunberi« ifi ber Äampf
um ba« Siegeltest jugunften be« ©taate« entf Rieben:
1 G* ift Qlfo §n>ifc$en ben ©tgetmäfjigen von SBürbe unb ben „föled&ten
ftegelmftfttgen $erfonen* §u untertreiben.
' «rennet XIII 13.
6*
— 84 —
ßanbeSorbnung 1553 II 4 Art. 5 : „Site in täglidfjer ©rfaljrung
befunben wirb, baß je länger je ntc^t neue ©tegetyerren entfielen,
bie fid) allerlei SBeftegelung anmafcen, baburdfj etwa nidfjt allein im*
gebü&rltd&e gefäljrlid&e Sßaft unb Jganblungen praftijiert unb auf*
gerietet, fonbern mele unförmlid&e 33riefe unb SBerfc&reibungen ge~
fertigt werben, baju au<# unferen Slmtleuten in tyrer 33ejiegelung
unbillig ©tntrag unb SIbbrutf) ifjrer gewöhnlichen SlmtSnufcungen
befdjjtefjt, . . . wollen unb fefcen wir mit 9tat unferer ßanbfd&aft,
bafc fürberljin alle Verträge, Ääufe, SBeftänbe, Übergaben unb
anbere Äontrafte, fo jwifdfjen ben ©eridfjtsleuten aufgertd&tet
werben . . . oor ber orbentlid&en Dbrigfeit iebeS Drtö be*
ftegelt unb gefertigt . . . werben,"
1616 ößolJD. I 3 ärt. 5) würbe ber 2lrtifel wieberfcolt unb
mit berfelben 33egrünbung oerfe^en.
SDreierlei ©rünbe werben alfo für bie SBerftaatltdSJung be3
SBerbrtefungSwefenS oorgebradfjt.
1. 3)ie red&tlidfje ©idfjerljett : bie oielen unförmlichen 58er*
f d&reibungen \
2. gtolijeilidfjer ©runb: SBer^mberung wudjjerifdjjer Äontrafte2.
3. ginanjieüer ©runb : bie ©portein für Sriefereien floffen ganj
ober jum Seil ben ©erid^töbeamten ju, fie bilbeten einen Seil iljrer
33efolbung, tljreS regulären (SinfommenS. Qe reichlicher fie floffen,
bejio geringer burften bie übrigen Seftanbteile ber Sefolbung fein,
2)aS ftaatltdjje ©iegelredjjt ift alfo nid&t nur SRedfjtSinjlitution
unb Sßolijeianftalt, fonbern au$ nugbareS ^o^eitöred^t, Stegal.
SDaS grunb^errlid^e ©tegelredfjt |atte bie ßanbeSorbnung non "
1553 unangetaftet gelaffen, weil e$ fidfj babei um 33eftegelung in
eigenen Angelegenheiten Ijanble. Sfebodf) nur bie fieg eintägigen
©runb^erren (oon SBürbe) foHten biefc^ Stecht Ijaben.
SD. II 4 Slrt. 3: „Sßeldfjer ©runb^err ftegelmäfeig ifi, ber mag
um fein eigen ©runb unb 33oben, fo ftd(j Snberung bamit suträgt,
ober etwas barauf oerpfänbet ober oerfd&rieben wirb, wo§l fertigen".
1 SIu§ betn §ofratögutatt)ten (consid. 6): 2)ie geugen ber Deformation
(V 5 unb XI, |. oben) „ftnb jemalen fdjlecfcte, einfältige Seute, reelle wenig
ober gar m$t a$t geben auf ungebührliche Äontrafte unb ©anbiungen . . .,
beroroegen bie Aufrichtung oor ber orbentliajen Dbrigfeit Diel tätlicher f {teuerer
unb beffer ift*.
8 %u$ bem §ofratSguiao$ten: bafi baburdj »ben ungebührlichen, gefähr-
lichen $afti8 unb $anblungen, aua; ben n>ua)erifa)en Äontraften am
beften fürtommen unb begegnet werben möge".
— 85 -
äßenn aber ein Vertrag nidjt nur grunbuntertäntgen
SBoben betrifft, fonbern au<$ perfönltdfje SSerpfltdjjtungen
barin feftgefefet werben — Seifptele: Sdfjulbaufna^me mit spfanb*
Derfdfjreibung, ©utefibergabe mit 2lu$trag — was bann? SDarfiber
Ijai erft bie Sßolijeiorbnung oon* 1616 @ntfd(jeibung getroffen. 2)tefe
loieber^olt nämlidf) (I 3 ärt. 3) bie SRorm von 1553, fügt aber
$inju (2trt. 4).:
„Über bie $al)rni$ unb 9?aljrungau$träge foff ber ©eridjjtös
Ijerr fonberbar fertigen, alfo bafe bie Fertigung an beiben Orten
gefdfjelje unb baS Siegel* unb Sdjjreibgelb jebeS Orte« fonberbar
beja^It werbe."
3)ie Regierung Straubing Ijatte beantragt, in foldfjen „casibus
mixtis" ber ©ertdjjtSobrigfeit auSfdftfiefjlidl) bie Sepegelung ju-
jufpredfjen. 3)er Jgofrat Ijatte oorgefdfj lagen: 63 foffe jwifd&en mixta
separabilia unb inseparabilia unterfdfjieben werben ; toenn man bie
realen 9ted&t$oerl)filtniffe unb bie perfönltdfjen äterpfltdfjtungen oon=
«inanber trennen fönne, fo fei e8 billig, feinem ber beiben Sßräten*
beuten, ©runb^err unb Siegelten:, if)t 9ted&t ju entjieljen; anbern=
falte „erfdfjeine e3 conveniens, bafe bie ©eridfjteobrigfeit ben ©runb*
§erro oorgejogen werbe". S)amit „f offen fidjj bie ©runbfjerrn billig
fontentieren". Sern SBebfirfniS nadj @inf adrett unb »iffigfeit be3
IRedSJtSoerfefjrS trug biefer SBorfd&lag gewifc nidfjt 9ted(jnung. aber
ber fiofrat meint, e3 fei „meljr baran gelegen, bafi in mixtis separa-
bilibus bie f?ertigung nidfjt fonfunbiert werbe" \
©infamer wie in ber X^eorie unb in ber ©efefcgebung gestaltete
ftd& bie Streitfrage in ber graste, inbem, wie Sdjmfo (W ßSW. XXI
14 9?r. 13) berietet, ©runbljerr unb ©erid&tsljerr * ftd& gewö§nlid&
dnigten, wer oon tynen ben 33rief aufrichten foffe (wobei bie 2Bal)l
in ber Siegel auf ben ©eridjjtä&errn gefallen fein bfirfte).
5Da3 jiaatlid&e Siegelmonopol fjat bie Sßublijität be«
3tnmobttian>erfel)r$ ntd&t notwenbig jur^olge. ©3 befdfjrfinft
nur ben Segriff biefer Sßubltjität, fjinbert aber nidjjt, bafe bie Parteien
t$te ©efdjtffte fceimlidfj unter ftd) abmalen, bafi jte SBtnfeloerträge
«bfd&Kefietu 3n ber £at fft trofc ©infityrung be$ flaatlid&en Sieget
regate bie Sßublijttät be« 3mmobiliaroerfel)rS in SBapern nur un*
©oHfommen burd&geffi&rt worben. Bwax bejlimmt bie Sanbe*orbnung
1553 III. »ud&, 3. Sit., 8. u. 9. »rt. :
1 $ofrat£0iito4ten §u I 3 consid. 5.
9 über bie 9tor-®runb$erren (Die <5Jrunb$erren o$ne ®eri<$t8bar!eit)
nähere* 6. 154.
— 86 —
68 ift „billig unb mit 9tat unferer Scmbfdjaft unfere emftlidje
aReinung, bafe füran bie Ääufe ni<$t fjeimlid&, fonbern öffent*
lid(j oor ber Dbrtgfeit ober fonft im Seifein ehrbarer
ßeute geljanbelt unb bef Stoffen roerben. Unb fonberlidj) motten mir,
bafj auf betn Sanbe bie Sauerdleute unb gemein 23 o IE iljre
Ääufe oor tljren ©erid&tS* unb jQofmardfjobrigfeiten, audfj
Se^en* unb ©runb^erren, mo fid(j foldjeS nad& ©elegen&eii
ber ©üter gebührt, aufrtdfjten unb oerfertigen laffen".
SDie SBorfd^rift fteljt im SEitel „33om @inftanb". SDaS ift für i£>r
2Rotto bejetdjjnenb. Slber audjj tfjre SRadjjbarfdfjafi beutet auf biefen
3ufammen§ang Ijin. 2lrt. 8 cit. fagt in feinem erften SJeil: S)er
(Sinftanb foQ nad) Ablauf eines SaljreS JeineSmegS me^r fiattyaben.
SDaran rei^t fid^ unmittelbar unfere Seftimmung: „2lber bagegen ift
audjj bittig unb mit 9fcat unferer Sanbfd^aft unfere ernfiltd&e
3Wetnung" ufm. mie oor.
SDie Öffentlidjjfeit beS 3mmobiltaroerfel)rS ift alfo nodfj immer
golge ber f amilien^af ten ©ebunbenfjeit be3 ©runb*
bef ifceS, fte mirb im ^ntereffe beS „nädfjften ©rben" aufrechterhalten
ober mieber eingeführt.
3)a8 Sanbred^t oon 1616 roieber^olt bie Sefiimmung (X [(Sin*
ftanb] 12) mit ber SWotürierung : „bamit in ben Äaufen bejio*
weniger Srr in bem (Sinftanb unb fonften fürgelje", unb mit
bem Sufafe:
„SBürbe aber jemanb biefem Slrtifel junriber enbltdjj unb be*
fdfjliefclid!) ^eimlid^ oerfaufen ober Jaufen1, fott oon jeben 100 ff.
be$ ÄauffdjtttingS ein jeber 5 ff. jur ©träfe oerfatten §aben."
35ie tieimlidjjen Äaufe ftnb alfo ftrafbar, aber nidjjt ungültig,
hiermit ftimmt VI 2 beSfelben fianbredfjteS überein:
„2)te Stäufe unb Äontrafte .... ftnb fräftig unb gültig, fo*
balb fie oon ben Parteien mit atterfeitö öeroitttgung unb Slbrebe
befdfjloffen, menn gleidjj hierum nodfj feine ©Triften aufgertdfjtet
ftnb."
gür bie ©ntmidflung be$ SBobenfrebitö fommt e$ übrigen« oiel
weniger barauf an, ob bie Sßublijität ber Seftfeübertragung bei
Immobilien oorgef ^rieben, afe barauf, ob fte fiblicfc mar. SMefe
grage ift ju bejahen, ©d&mtb bemerft (ju S9i. XXI 14 n. 14), bafe
«i«fct faft überall bie ©emo^n^eit obwaltet, bafe faft über alle
1 @d ftnb nur bie Häufe unb Serläufe tum unbeweglich en ®<x$tn
gemeint.
— 87 —
Äontrafte, abfonberlidjj toeldfje über liegenbe ©fiter gefd^toffen werben,
bei orbentlidjjer DBrtgfctt offene ^nftrumenie errietet roerben".
2Bie oerljält e8 fidj nun mit ber Öffentlichkeit bei ber
^Jfanboerfd&retbung oon Itegenben ©fitem?
3n ber Deformation oon 1518 !>atte e$ nodjj ganj lafontf<$
ge$eifcen (XXVIII 6):
„2Ber bem 2tnbern Sßfanb oerfefet, ba3 ©igen ober fielen ift,
unb baSfelbe Sßfanb bennodfj in feiner ©eroalt behält unb jenem,
bem er e3 oerfefct Ijat, allein mit ©ebing untertänig madjt — bem
fott ber SBerpffinber ober SBerfefeer glaubrofirbig ©rief unb Urfunb
barum geben."
S5ie „Söeitere (Srflärung ber ßanbeäorbnung" oon 1578 mar
einen ©dfjritt weiter gegangen, fte ^atte (f. 33) nadfj bem SBorbilb
beä römifd&en 9tedfjte£ benienigen, „roeld&e unter ber Dbrigfeit ober
anberer jtegelmäfciger Sßerfouen Fertigung tyre SBerfd&reibungen auf*
gerietet", ein SBorjugäredjt gegeben.
3m Sanbred&t oon 1616 fe^rt bie ermähnte Dorm ber Deformation
nrieber (XV 6) K dagegen jlettt ber ©antprojefe oom gleiten 3al>re
unter ber ftberf dfjrif t : ,,2Bie bie ©dljulboerf Reibungen , barin ein
©ut oerpfänbet roirb, f ollen aufgertd&tet werben" (II 20) ba$
5ßrinjip auf, bafi fünftig mänmglid& bie Sßfanboerfdfjreibungen oor
ber orbeniltdfjen Dbrigfett aufrichten unb „allba in baS
orbentlid&e Sßrotofoll einzeichnen laffen" foH. ©8 ift
jmar aud(j erlaubt2, oor einem Dotar mit jroei 3eu8cn °btx oor
einer anberen ftegelmäfjtgen Sßerf on mit brei Stuqm 8 ober, roenn ber
©dfjulbner felbfi eine ftegelmäfcige Sßerfon ift, oor brei 3eu9en Wc
©fiter ju oerf ^reiben (II 21), aber berartige [quaftöff entließe] 83er*
f d&reibungen fielen hinter ben öffentlichen im Dange jurfid 4 [5ß u b -
It jitätSprämie]. ausnahmen:
a) S)ie fiegelmäfeigen Sßerfonen oon 2Bürbe, b. t).
bie »beugen, bie fürflltd&en Däte unb fonftige fürneljme Beamte,
bie Stotteren unb Sijenttaten, bie ©efdfjled&ter in ben &auptftäbten 5
„mögen Ujre 33erfdS>reibungen unter tyren eigenen Qnfiegeln aufrichten,
toie benn oon alters Ijerfommen".
1 Seboa) mit ©ef$rän!ung auf ©peaiafpfänber.
• $er ©ofrat $atte fl<$ gegen biefcö 3ugeftänbnt* geroenbet, roa* fpäter
ben Beifall oon ©cjmib (n. 1) fanb.
9 $ie %xtih<xt)l ift bem römifajen 9ied)t entnommen.
4 Sßenn fte unter fta) allein, alfo nia)t mit gefeilteren §9pot$e!en, ton»
turrieren, fte$e Hnfjang II.
5 2>ie $o(en ©eifUl<$en ftnb nia)t genannt, fie gehören aber baju.
— 88 —
b) Über bic „ßontrafte unb £anbtungen be3 gemeinen
33auer3mann auf bem Sanbe" fott „nirgenba gefertigt unb
auf gerietet werben, benn oor üjr jebeB Dbrtgfett". „3)a e3 aber
anberS befdjjelje, foHen foldfje SBerfdfjretbungen . . . f o mel ba$ oer=
fdfjriebene Unterpfanb betrifft, ganj unb gar ungültig unb bie
foldfjermafeen oerfd&rtebenen ©Bulben allein perfönlidfje ©prfidfje
[äfafprfidfje] fein, otyne alle ^rei^eit etneS UnterpfanbeS."
3toif^en biefer »eftimmung unb «ßoI.D. I 3 Sit 3 (fte^e
oben ©. 85) würbe mit Sted&t ein SBiberfprudjj gefunben. 3laä)
©dfjmib ad S3i XXI 14 n. 11, Gl)Hngen$perg ©. 10 %at bei ©d&ufo*
Betreibungen mit Jggpot^efenbeftellung ber ©eridjtöfjerr bie ©djjulb*,
ber ©runbljerr bie SPfanboerfdfjreibung ju fertigen. Überhaupt ging
baS ganje Qa^unbert ber Streit jroifdjen bem Staat unb
ben ©runbfjerren um ba8 ©tegelredfjt fort, unb jtoar mit
madjjfenbem SIRifeerfolg für bie festeren. SDer ©treit breite ftd^
OauptfädEjlidjj um bie ©renjgebiete , bie fogenannten casus mixti,
Ääufe, Übergaben, ißppot^ef befteüungen , austrage ufn>.; bis am
12. -Wooember 1683 ba3 Sftemforium entfd&teb: in casibus mixtis,
). 33. bei ©d&ulboerfdfjretbungen mit ißppot^efenbeftellung, l)at ber
©eridjtöljerr ba$ gertigung^redfjt ; unb, nadfj fonfequenter gejtyattung
biefeS ©tanbpunfteS burdjj bie Sfteddtfped&ung *, bie ftajorbnung oon
1735 (©. 13), unter fd&arfen Ausfällen gegen bie ©runbljerrfd&aften,
bie burdfj ifjre Sfamafcungen bie Untertanen in fdjroere Äoften ftür jten,
enbgüttig ftatuierte: bie ©runbljerrf haften finb nur jur ©rrid&tung
ber ©ttft3 = unb ÄonfenSbriefe juftänbig.
2Bir wollen nun bie 3Kotioe be£ 3wange3 P* obrigfeit*
ltd&en ißppotfjefenerridjjtung (foroett ein foldjjer 3ro<W8 befte^t) in$
SKuge faffen.
2)a3 ©efefc felbft bejetdfjnet afe ben 3wecl ber betreffenben 33e*
fümmung (©antprojefc II 20) : „bamit bie Dbrigfeiten, ob einer iljm
felbft ju ©djjaben ober SRufeen ^auft, au<# ob ber SDarlettjer
oerfid&ert fein möge, ungefäljrttdf) ma^me^men unb, im gatte bie
fdfjeinbare ©efajjr oor 2tugen, ben igerleiljer, ob er jt<§ bennod(j motte
jum Starletyen bereben laffen, erinnern fönnten." SDeutlid^er fann,
mos ba3 ©efefe tottt, aus bem Kommentar oon ©djjmib erfeljen
werben. SDiefer f treibt (ju II 20 n. 1): 2)a3 2lmt ber Dbrtgfett
bei ber &9potljefenerrid(jtung tft, fleißig obadfjt ju geben, ob bie
Parteien fidd felbft ju ©dfjaben ober Sttuften §anbeln?
1 ©&Itngen$perg, ebenba: „Et sie observari in praxi vidimus sexcenties."
— 89 —
ferner ob ber ©elbempfänger itnftanbe ift, nrieber ju jaulen, ober
üielme^r in Ijanbgreifltdfjer ©efaljr fdSiroebt, ba3 angelernte ©elb ju
sedieren, roeil er oielletdfjt fd&on gar ju fefjr mit ©dfjulben
überlaben ifi unb bem SBerberben juna&et? ©ergleidfjen ttmftänbe
finb rooljl ju erforfd&en unb bem ©laubiger fleißig t>or Slugen gu
flellen, bamtt er fidfj nidjjt nadjj ber ißanb bef lagen fönne, baß er
betrttglidjjer 2Beife jum Vergeben be3 ©arleljenS oerfityrt ober
a\x& Umotffenljeit unb Unoerfianb einfa<J) überrumpelt (sinistris
persuasionibus induetum) toorben fei. „@8 befteift ftdfj bemnadfj
bte Ijeilfamjle SBerorbnung, mit toeldfjer anbefohlen toirb, baß bie
^ßfanboerfd&reibungen oor orbentlid&er Dbrigleit fotten errietet
werben, avß bem boppelten Stbjroed, baß nämlidfj roeber ber ©laubiger,
toeber ber ©djjulbner fo leidet nit betrogen unb um ba3 ©einige
gebraut werben fönne, biefer nämltdjj mit Überhäufung ber
©dfjulben unb jener mit SluSletyung beS ©elbeS bei größter ®e*
fa$r beS SBerlufteS."
Unb an einer anberen ©teile (ärt. 7 n. 11) fagt ©dEjmib,
bie &9potl)efenerridfjtung ofjne 3uS^^un9 *>er Dbrigfeit fei ben ge*
meinen fieuten beSljalb verboten, bamit nid&t eine ©adfje mehreren
jugleidfj oerbunben1 unb einer ober ber anbere ©laubiger um fein
bargelie^eneS ©elb gebradfjt werbe, ©leidfj barauf aber meint er,
bie Urfad&e fei bodfj me§r bie, baß bie ©dfjulbner nidfit be*
trogen werben unb in Slrmut fommen, als baß bie ©elbwudjjerer,
bie i|r ©elb ausleihen unb bergleidjjen gemeine Seute burdfj bie
3infen auämelfen, oor ©djjaben behütet werben. 2)ie (Einfalt unb
ber Unoerftanb ber gemeinen fieute erforbere ben gefefelidjjen 3^0*8
ber obrigfeitlidfjen ©rridfjtung ber Jgppotljefenbriefe im ©egenfafc ju
ben ©iegelmaßigen, bei benen biefeS SKotio entfalle, unb ein ber*
artiger 3roang batyx unnötig fei (ju 3lrt. 20 n. 2).
©nfalt unb Unoerfianb ber Kontrahenten atfo, bie nottoenbigen
3noentarfMdte ber polt} ei (bat liefen 2Bei§l)eit, ließen e3 als untunlidjj
erf$einen, bei ber ftrebitgewäbrung auf iQppot&el bie Parteien jtdfj
felbfl }u überladen. Stauer bie obrigfeitlidjje Unterfud&ung be$
ÄrebitgefcijfifteS unb feiner oorauSftdjjtltd&en Solgen für bie Parteien.
Die Obrigfeit foOte adj)t geben, baß lein ©dfjwtnbel getrieben werbe,
unb baß aud& fonfl leine ber beiben Parteien ©dfjaben erleibe ober
gar burdlj ba« ®efdf>äft ruiniert werbe. SDie obrigfeitli<$e
gür Jorge foDte ftdfj alfo fowoljl auf ben ©laubiger, tote au<$ auf
ben ©d&ulbner erftreefen:
1 $&iit(i$ wenn fle baju m$t aufreiht.
- 90 -
1. £)a3 ©ertdfjt fott unterfud&en, ob ber SD ax leider gut per*
jtdfjert ift unb, roenn Sßerlufigcfa^r befielt, befonberS menn baä
©runbftürf fd&on oerfdfjrieben ift unb meljrfadfje SBelafiungen nid^t
oertragen fann, ben fierletljer batauf aufmerffam machen unb ju
einer ifa&erung oeranlaffen, ob er jxdj bennodf) jutn 3)arle^en bereben
laffen motte, bamit ber ©laubiger ft$ nid&t Ijinterljer beflagen fann,
bafj er einem ©d&minbel jum Opfer gefallen ift.
2. SBid&tiger ift ber ©dfjufc be$ ©dfjulbnerS: 5Da8 ©erlebt
foQ ftdfj überlegen, ob bie ©d[)ulbaufna^me im ^ntereffe beä ©dfjulbnerS
liegt, ober ob ba3 ©efdfjäft ein mudjertfd&eS ift ober fonft ©efafjr
befielt, bafj ber ©dfjulbner baburd& in Überfd&ulbung unb tn$ 3Ser=
berben gerate. —
■Kodjj flarer mirb bie £enbenj ber obrigfeitlic&en Sluffid&t, toenn
mir ba8 ©egenfiüdf jur &9potljef enbejiettung , bie SürgfdfjaftS*
beftellung, ins äuge f äffen. 2Ut<ij bei biefer mar nämlidfj bie
Öffentltd&feit als SRegel eingeführt. 2% XIV 7 :
SBenn ein SauerSmann ober gemeiner f<$ted(jter 33ttrger für
jemanb bürgen mttt, fo mufe in mistigen gätten oor ber orbent»
lidjjen Dbrigfeit ein orbentlid&er Sürgfd&aftSbrief aufgert<$tet werben.
3fn germgfd&äfcigen ©adfjen1 mufete bie 33ürgfd(jaft „mit genug*
famer (Erinnerung, mie unb maSgeftalt @iner 33ürge merben fott, in
bie ©eridfjtäbücljer mit allen Umftanben unb meldfjermafjen bie SBürg*
fd&aft befdfjel)en, emgefd^rieben" werben.
9hm mirft ©d&mib (3lx. 1) bie grage auf, meldten ©runb biefe
SBorfdfjrift Ijabe. 35ie nädftftltegenbe annähme fei: bie Unerfahren*
Ijeit ber gemeinen £eute. 2lber btefeS Argument genfige nid&t. 2)e£
©efefegeberS SWeinung unb abfegen fei „oiel me^r gemefen, bergletdfjen
©tnf^ränlung jum -Jtufcen be3 gemeinen SBefenS als jum
•Jhifcen ber Sßrtoatleute einzuführen, bamit nämlid^ bie SBeiber, Äinber
unb SKadjjfömmlinge nidfjt burdfj bergleidfjen unbebad^tfame SSfirgfd&aften
erarmen unb oerberben unb bem ©emeinroefen überläftig
merben." 2)a§er fomme e$ auclj, bafe bergleid&en f<$ledfjte
Seute [ofjne obrigfeitlidjje 3Bitnurhmg] feine Jggpotljef geben
fönnen.
2Bir finben alfo audfj §ter, mie auf fo oielen ©ebieten mer=
Jantiltflifdfjer ©taatsfunft, bafc hinter ber gürforge für bie SBolilfa&rt
ber Untertanen polijetlic&e unb, in lefcter Sinie, fiSfalifd&e
Argumente ftedfen. 3)er ©ebanfengang mar: SeidjjtftnnigeS
1 ©renge 50 ff. (@c$mib n. 8).
— 91 —
Ärebitieren unb ©d&ulbenmadjjen fyat SBermögenSüertujie , oft fogar
oöHtge SBerarmung jur golge; mittellofe Seute btlben eine ©efaljr
für bie öffentliche ©id^er^eit unb eine Saft für bie öffentlichen
ginanjen; es liegt ba&er im ureigenjlen Qntereffe be3 Staates, bie
Untertanen t>or materieller ©dfjäbigung bei ber aufnähme oon
&t>pot£efenfd&ulben ju bewahren.
Stamm, ba& bie Dbrigfeit bie @ntf Reibung gebabt, ob bie
Ärebitgewä^rung , bie Sobenbelaftung erfolgen foHe, oerlautet in
Sägern mdjt$. 3)er SRidjjter f)at bie ©abläge ju prüfen unb bie
Parteien auf bie ®efaf)ren be3 ©efd&äfteS aufmerffam ju madfjen,
aber er barf bie Sßrotofollierung nid&t oerroeigern, toenn bie Parteien
trofcbem auf i^rer Stbjtdjt befielen. 3Rit anberen Söorten: bie
Dbrigfett §atte in Sägern bei ber Sgpotyefenerrid&tung fein
ÄonfenSredjjt- ßbenf oroentg bei ben ßiegenf dfjaf töoeräufce*
rungen unb überhaupt bei obrigfeitlid&en Srieferridjjtungen irgenb
roeldjjer Strt1.
IL
SBeldje Mittel Ratten nun bie ^Beamten, um bie fdjjtmertge
Aufgabe, bie iljnen bei ber (Srrid&tung ber ©d&ulb* unb Sßfanb*
oerfdjreibungen oblag, ju erfüllen?
9tod& ©antprojefe II 20 foHten bie vox ber orbentlid^en Dbrig*
feit aufgerichteten Jogpotyefen affba in baS „orbentlidfje Sßrotofott"
eingejeid&net werben. Stamit ift ba£ „SSriefprotofoH" gemeint.
3m 14. unb 15. Saljrljunbert roaren, unabhängig oom fremben
Siebte, in faft allen beutfd^en Säubern, freütdfj fd&led&t genug ge*
führte ©eridjjtsbüd&er entftanben; fte muffen oerbreiteter gemefen
fein, afe man glaubt9. Qljre SBorgänger werben bie ©tabtgerid&tä*
bfid&er gemefen fein8, ©ine Trennung jtmfd&en flreitiger unb nidjjt*
{Streitiger ©eridfjtäbarfeit fd&eint bei biefen ©eridfjtSbüdjjern nidjjt fiatt*
gefunben ju fcaben, fo bafe alfo bie Fertigungen über ©runb unb
1 »nber* in SBürttemberg , fte$e ©fixier, SBfirttembergifd&e* ?rioatre($i,
I 905. 3igl. au$ @iobbe, £anbbudj, 3. HufL, II 2 6. 149 unb in Spring*
3a$rb. XII 221.
1 SRaurer ®g. &, ©efcfti^te be3 attgcrmanifd&en unb namentlich alt»
baperifaen ®eri4t*oerfa$ren* (1824; 6. 336. Sgr. auc$ »ofentfcal 6. 66.
* Über bae SÄünc&ener ©eriifctSbudj fie$e ftefyne ¥<rol, 3ur ©eföigte be*
9üm$ener ßiegenf$aft«re<$teä (1900) 6. 4 ff.
— 92 —
Stoben in biefelben S3üd(jer eingetragen mürben mie bie ©trat*
f adfjen \
3fm 17. 3fat)rljimbert beobad&ten mir folgenbeä. SJor ber 2ht$*
Ijänbigung ber oor ber Dbrtgfeit errtdjjteten Urfunben (Sriefe) an
bie Parteien würbe ein furjeS Sßrotofoff, baS bie mefentlidfjen SBer*
tragSbeftünmungen enthielt (SBrief protof oll), in befonberS baju
ieftimmteSeri^töbü^erCSriefprotofonbä^er^riefttötel^
bü<$er) eingetragen. 3Me $riefprotoMbüd(jer, na<$ tyrem Swetfe
<wdfj furjmeg „33riefprotofolIe" genannt, enthalten in buntem 35ur<#=
einanber 5protofotte über ©d&ulboerfd&reibungen, Saufe, Übergaben,
<£rbteilung$oerträge, ©Verträge, £aufd&e, Duittungen, 5Bergleid&e,
SSerjidSJtleiftungen, SBerfiiftungen, Sßormunbf^aftöbefteHungen, ©eburtS*
beurfunbungen, SCeftamente ufm., ja mitunter fogar Sßer^öre in @filt=
t)ber ©traffa<#en unb bergl., letzteres trielleidfjt nur infolge ©dfjlen*
irianS ber betreffenben ^Beamten2.
S)ie ©inträge erfolgten rein dfjronologifdjj, SRegifier fehlten
ober maren menigftenS ntdfjt oorgefdfjrieben.
2Bie ftd& aus ber Äafuiftif ber bamaligen juriftifd&en ßiteratur8
ergibt, mar bei ber (Srrtdfjtung ber ißgpotfjefen ber gemöljnlidfje
Hergang ber, bafc ber ©laubiger ben SRidfjter fragte, ob er auf
ba% ©runbftüdf mit ©id^er^eit Ärebit geben fönne, ober ob e3 bereite
überfd&ulbet fei unb jur 35edung ber neuen ©d&ulb nidfjt me^r $m*
reidfje. 2tuf eine fold&e anfrage mar ber 9ttdfjter uerpfltd&tet, bie
3tedjerd(je oorjuneijmen, in ben Silbern nad^jufe^en ufm. unb bie
©erlangte 2tu3funft ju geben. Xat er e£ nid&t ober ©erfuhr er babei
leidjtfinmg, fo haftete er bem ©laubiger für ben ©d&aben. Slber
xmdfj menn ber ©laubiger fein berartigeS Verlangen flellte, fonbern
4)§ne meitereS frebitierte, fonnte er nadj S3erli<ij (n. 61) beim SKuSfall
feiner gorberung am Stifter Stegrejs nehmen, qui seivit aut per
inspectionem librorum censualium scire debuit, bafc bie $orbe=
1 SRünd&ener ©tabtred&t, STrt. 32: „3Ber @rb unb @tgen ju $fanb will
tefcen, ber foll baS tun cor (Bericht in offener ©d&ranne in ben oter SBanben,
unb ba$ foH man fajreiben in ba$ <Serid&t8bud&." 9luc§ Sluffoffung tum
©igen foHie „in baS 33ud&4' gefd&rieben werben (Art. 31). Stemme ©. 6 ff. —
Uttdjt ju »enuedjfeln mit bem @fria)t$buc$ ift ba§ in ber 5Rec$t3gefc$ic$te be*
rü§mt geworbene „2Ründ)ener ©runbbudj". @8 I)at jum ©tammuater baä (nad)
Realfolien eingerichtete) @roiggelbbu$ oon 1484 (föeljme @. 11, 24).
2 Über ben 3ufammen$ang biefer Sriefprotofotte mit ben (3eri$t$bii$ern
beö 15. 3a§r§unbertö !ann icr> feine Angaben machen.
8 öerlia) Concl. II 29 n. 77 ff., Sfoemblad&er ©. 188 ff., <5$ttngen8perg
<S. 73 f. u. 31.
— 93 —
rung gefäljrbet fei. 2Bte wenig praftifdfjen SBert bie Haftung be£
^ßrotofottbeamten aber §atie, jeigt bie Semerfung von ßjjüngendperg.
©. 74, bajs fie „in puncto juris forsan non displicet, utut in
praxi contra dominum directum [e£ wirb angenommen, bafe biefer
bie ©erid(jt$barfeit fyat] in tali circumstantia agere sit forsan
periculosum et vincere satis dubimn".
£>a§ in Sägern ber Sßrotofottbeamte bie ^Sflic^t Ijatte, von
2lmtS megen bie ©td&erljeit be3 Ärebitgeberd ju unterfud&en unb
&u btefem 3roedfe bie auf bem ©ute laftenben ©Bulben feftjuftellen,
ergibt ftdfj aus ber 2)arftellung auf ©. 88 ff. Sei ber gefd&Uberten
Sefdfjaffen&eü ber bagertfd&en SßrotofoUbfidjjer mürbe aber ben Beamten
hiermit eine unerfüllbare Aufgabe jugemutet. SDie Sjppotfjefen mußten
in jebem einzelnen gaUe au$ ben oerfd&iebenften ©teilen unb ©e=
fdfjäften ber Sßrotofottbfid&er jufammengefudjjt unb jufammengeftellt
merben, unb baS mar bei bem Gljaod oon Eintragungen fef>r
fd&roierig, müljfam unb zeitraubend ja praftifd& gerabeju unmöglich
3Iber audjj menn eS möglich gemefen märe, fo l)ätte e$ ntdfjt uiel
geholfen. 3)enn jur Beurteilung ber ©idfjerl>eit beS ©läubigerd ift
e$ nid&t nur nötig, bie ©Bulben $u fennen, fonbern audjj ben anberen
gaftor, ba$ (immobile) SWtitmermögen bed ©dfjulbnerS. darüber
bem Srtefprotofott 3wperläfpge« unb ©rfdfjöpfenbed ju entnehmen,
mar nod) fdEpmeriger als bei ben ©Bulben. 3)a£ bagerifdfje ©efefe
erfennt Med aud) an. @3 beftimmt (©antpr. II 20) : „2)odj) unb bie»
meil bie Obrigfeiten nid&t jeberjeit eines jeben Vermögen miffen mögen,
foD eS üjnen o&ne ©efa&r (ein, menn fie gleich ben SDarlei^er
nit Ratten Dermarnt." ©iefeS ift bie fd&ärffle ©elbftfritif, ein »e^
fenntntö ber UnauSfityrbarfeü be$ oom ©efefce ©emoKten. 3)amtt
oerlor ba3 ©efefe aber aud(> feine fraftigfle ©tüfce, benn nun ^atte
ber SSeamte fein Qnterejfe me§r baran, feine 2Barnerrotte mirflidjj
auägufülpen.
Um bie ©d&mierigleit ber iQppotijefenredfjerdfje ooH mürbigen $u
fönnen, mufc man nodjj folgenbe Umftänbe in @rmägung jtef>en:
1. 63 mar erlaubt, ba$ ganje Vermögen ju oerpfänben
(©eneralJjppotljef), fogar baä fünftige Vermögen. SDer
$9pot$efenbeamte tonnte ftdfj alfo nidfjt bamit begnügen, bie ©djjuiben
(unb ba$ Vermögen) bedienigen, ber eine Jjjppoi&ef errieten mollte,
ju erforfd&en, fonbern er mußte ftd& audfj bie $rage oorlegen,
meldte Vermögend fi ü <f e für biefe ©Bulben oorjugämeife ju tyaften
^aben, unb mann biefelben in baä SBermflgen beS ©d&ulbnerS ein-
getreten ftnb.
— 94 —
2. -Kur jur iQppotljef euer ridjj tun g beburfte eS bcr obrigfeto
Jtdfjen 9JHtmtrfung, nidfjt aber j. SB. jur Söfd&ung bcr &tjpotl)efen.
3)er ©<$ulbner fonnte alfo burd& bic SBorfptegelung, bafc ältere
©djjulben fdfjon bejaht feien, mit Seid&tigfeit ben Beamten unb bie
lungeren ©laubiger über ben magren ©dfjulbenftanb tauften.
3. ©rmarb ein ebelmannSfreter &ofmardfjl)err ein Out, baS im
33ejirfe eines fürftlidfjen ©ertd&teS gelegen mar, fo ging bie ©erid&tS*
J6arfeit über baS ©ut auf üjn über1. 2tbcr natürlich o^ne ©runb*
budfj: meil eben für baS ©ut fein eigenes ©runbbud) beftanb. SDer
JQofmarcI$err Ijatte alfo feine ÜWöglidftfett, in ber golge bei ber
Sßrotofottierung eines ©dfjulbbriefeS bie oor bem ©utSermerb ent*
ftanbenen äSobenfd&ulben ju berücffidjjtigen. —
SBenn eS fdjjon bei ben obrigfeitlidfjen iggpotljefenerricljtungen
um bie 5ßublijität beS ©efdfjäfteS fo fd&ledjt befieDt mar, inbem eine
mirflidjje Öffentlidjfeit fo ferner erhielt merben fonnte, fo mu&ien bie
nidfit oor ber Dbrigfeit errichteten um fo meljr biefer
Garantien entbehren.
35ie fiegelmäfcigen Sßerfonen oon SBürbe befafien, mie
mir gefeljen l)aben, baS 5ßrit>tleg, unter iljrem eigenen ©iegel, otjne
3ujie^ung ber Dbrigfeit ober fonftiger ftegelmäfciger Sßerfonen, aud&
oljne 3uiic^u^9 üön 3cuflen/ tytc ©üter oerfd&reiben ju bürfen.
SDaS Sßrurileg ber ©tegelmäfcigfett l>atte brei ©rünbe:
1. 3)ie ©iegelmäftigen genoffen öffentlichen ©tauben.
IBctyrenb bie übrigen Staatsangehörigen in bürgerlichen ©adfjen tyx
3eugni$ befdfjmören mufften, mürbe ben 2luSfagen ber ©iegelmäfjigen,
„bie fie in i^rer perfönlidjen ©egenmart bei tyren priefierlidfjen SBürben,
-abeligen ßljren, audlj freuen unb ©lauben, abmefenb aber unter
iljren 3fnfte<jeln ober Sßetfd&aften fdjjriftlidfj" gaben, oölliger ©lauben
gefd&enft (©umm. 5ßr. VII 15). 3»n peinlichen ©adfjen burften jte
nidfjt gefoltert merben. 3ftre eiblid&e SBerftd&erung, üjr SÄanneS* unb
OEjrenmort gab tyren ©rflfirungen eine gemiffe 23eU)e, i^ren SBer*
fdfjretbungen eine größere ©idfjerljeU ber ©rfüttung2. SDie 2lbeligen
bejeidfjnen ftcij genie als bie ,,2Bat)rl)aftigen" jur 2tbgrenjung oom
lügenhaften gemeinen -Kann (SRtefefd&e). SBenn ein ©iegelmäfjiger,
baS ifl ber ©inn beS SßrtoilegS, unter feinem ©iegel, alfo feierlich,
feine ©üter oerfd&retbt, fo bebarf es feines befonberen SemeifeS, bafe
1 HRofer 3. 3-, (Einleitung in baS bagerifd&e Staatsrecht, 1754, ©. 864.
2 2)tefe @rf<$etnung ftnbet fu$ au$ $eute nodj in geroiffen Greifen bei
<Srf(ärungcn unb ©c$ulboerfc&rei6ungen »auf ©jremoort".
— 95 —
fie bie Scloftung ©ertragen fönnen, feiner weiteren ©arantte ber
©id&erl)eit be$ ©laubiger*. 3Da3 2)ogma von ber ©laubwfirbigfeit
ber StbeÜgen mufjte bie tDirfttd^e Sßubli}ttät erfe|en.
2. SDie privilegierten Sßerfonen ftnb aber ntdfjt nur Toafyti)i\i&
liebenb, fonbero audf) verftänbig. 63 ift nidfjt ju befürchten, bafe
fie jtdfj burdjj unbebadfjtfame ©dfjulbverfd&reibungen an ben Settelftab
bringen. $)ie polijeilid&en ©rünbe be£ 3roan9e^ iur obrtgfettlidjjen
33rieferrid(jtung treffen bei iljnen alfo nidf)t ju.
3. 3n le|ter fiinie Ijatte ba3 Sprioilcg ber ©iegelmäfetgfett feine
Urfad&e in ber felbftänbigen Stellung ber privilegierten
Älaffen im ©taate. 3)ie privilegierten ^erfonen waren in ben
„Sriefereien" (überhaupt vielfach in ©egenftänben ber freiwilligen
©eridfjtöbarfeit) gewiffermaften exterritorial, jebe von tynen war fidfj
felbft Dbrigfeit. 2>ie Drgantfation ber 2tuffidf)t über ben Siegen*
fdfjafteverfeljr burdjj ben ©taat war auf falbem SBege fteljengeblieben.
SDa^er ba3 -ftebeneinanber ber obrigfeitlidfjen SBerbriefung bei ben
gemeinen Untertanen unb beS „©iegelredfjteS" in eigenen angelegen*
Reiten bei ben privilegierten Älaffen. —
Dbfdjjon bie fiegelmäftigen Sßerfonen öffentlichen ©lauben genvffen,
fo fann man bei iljren SPfanbverfdfjreibungen bodfj Jaum von einer
wirflidjjen Söffentltdjjlett ber SelaftungSverljältniffe, von einem ©djjufee
gegen SSerljeimlidfjung ber SSor^pot^efen fpredjen. Seim bäuerltd&en
©runbbefifc war bie Sßublijität ber SBerfd&ulbung jwar feljr mangels
ijaft, aber fie war bo<$ vor^anben; beim ©rofegrunbbefifc (Slbel unb
Prälaten) war e3 ganj1 bem ©ewiffen ober ber berec&nenben (Sr*
wägung be3 ©<$ulbner3 überlaffen, wie weit er feinen ©laubigem
©inblidf in feine SBermögenSverljältniffe gefiatten wollte, bem ©laubiger,
nadj> feiner ©rfaljrentyeit ju beurteilen, was er bavon galten foltte.
gür ben Ärebit be8 Slbete Ijatte baS fefjr unangenehme folgen, beren
Erörterung nid&t Ijier^er gehört2.
dagegen barf ntd&t unerwähnt bleiben, weil baburdjj wandle
©igentfimltd&feit be$ bamaligen ÄrebitwefenS erflärlid& wirb, bafe man
von ber SBirfung unb 33ebeuiung ber Öffentlichkeit im
politifd^en unb wtrtfdfjaftlid&en Seben eine anbere SBorftellung
tyaite wie fyoxU, bafc namentlich bie ©d&eu vor Darlegung ber öfo*
nomifdfjen unb finanziellen SBerjjältmffe allgemein war. ©d&mib be-
1 ätteber beim $ofrat no<$ bei ben Regierungen würben ©eric^tSbüdjer
ober öriefprotofoae gehalten (©d&mib au 8B. I 12 n. 23).
1 Sgl. Darüber (£o$en, Kampf um bie abligen ©üter, 6. 87 ff.
— 96 —
jeidfjnet e$ als „odiosissimum, nobilium et honestarum personarun
facultates palam facere, ne, dum exiguae et modicae sint, ex-
ponantur contemptui, aut, si adhuc firmae, subiciantur invidiae" K
SefonberS peffimtftifd& aber badete man turnt 2Bert ber Äunbbar=
madfjung ber 33ermögenSüerl)ältmffe für ben Streb it.
SllS ber &erjog auf bem ßanbtag twn 1605 bie ©rljebung einer
Slrt t>on ©infommenfieuer (tum 10 °/o) aorfd&lug, begrünbeten bie
©tänbe i^re Dppofttüm u. a. bamit (©. 69) : gut SSermeibung oon
ttngletdfjljetten mfifcte man bie ©umaljmeregifter , ©albfid&er ufw.
öffentlich auflegen. „3u was ©dfjtmpf, ©pott unb SBerfleinerung,
audfj Slbfdfjnetbung altes SlrebitS, ftrauunb ©laubenS" würbe
eS mdfjt führen, „wenn eines jeben SBermögen unb ©Bulben öffentlich
an ben £ag fommen würben". 2)er SBert ber ©üter „würbe
aerfd&lagen", ber Ärebit gefd&mälert, \a verloren!
SBemger bebenflidj erfd&ien ben &mbfdEjafiSt>erorbneten im 3!a§re 1658
bie Anlegung eines &auptbudfjeS, in welches alle [SPafffos] Äapitatien
ber unbefreiten Sßerfonen eingetragen werben foHten (jum Smtd e
ber SBefteuerung). Slber btefeS 9M Ijatte ber gürft feine Sebenfen,
inbem er bie Anlegung eines foldfjen Jßauptbud&eS als gefäl)rli<$
für ben Ärebit erflärte2.
III.
Slufeer ben gefdfjilberten bürftigen SPubltjitätSelementen befinben
ftd& aber in ben batjerifdjen ©efefcen nodij anbere ©inridjjtungen
jum ©dfjufce gegen SBerljetmltdfjung ber 33obenlafien.
S)abei muffen wir aber jwifdjen ©eneraUjgpottyefen unb ©pejiak
Ijppotljefen einerfettS, jwtfdfjen ©täubiger unb Käufer anbererfeitS
unterfd&eiben.
1. 2)aS römifdjje 3?edfjt Ijatte bem gutgläubigen Käufer
einer mit ©dfjulben belafteten ©adfje babur<$ ©dfjufc gewährt, bafc
eS iljm geftattete, bie &gpotl)efenglaubiger an ben £auptfd&ulbner ju
oerweifen, fo lange biefer fofoent war (exceptio excussionis
[personalis]) ; bieS war eine förmltd&e 33anferotterflärung
beS StealfrebitS, eme&innötigung junt Sßerfonalfrebit.
Slber bie authoritas doctorum ging im ©egenfafc jur heutigen
SPanbeftenleljre baljin, bafc jene ©inrebe bem ^ppot^efengläubiger nur
bei ©eneralljtjpottyefen, nid&t bei ©pejiatytipotljefen entgegen*
1 3m Kommentar jur Söerorbnung oom 20. Quni 1650.
2 gregberg I 137. — 8gl. audj unten § 20.
— 97 —
gehalten werben fönne. ©#tmb fagt (ju 291 XXI 23 n. 7):
2)ie ©inrebe ber SBorauSflage gegen ©pejiatpfanbgläubiger würbe
„nriber alle Drbnung ber Statur", alfo gegen baS -Katurrecljt, oer*
ftofeen. SDer ©d&ufc, ben bie exceptio excussionis bem aljmmgS*
lofen Äaufer einer mit &9po$efen belafieten ©adfje gewährte, bejog
ftdjj alfo in Sägern nur auf ©eneralljgpotljefen \ 2)te btnglidje
SBirfung ber ©eneral^ppotljefen war alfo befdjränft.
3töer Med toar bem Jtrebit e^er förberlid^ als f d^ctbltd^ , weil es bie
Sebeutung ber bebenflid&en ©enerall^pot^efen tyerabbrüdte.
2. 3)er fcofrat Ijatte bei ber SJegutadfjtung ber ©nttoärfe oon
1616 iura ©djufce ber gutgläubigen Säufer unb (Staubiger oor*
gefdjlagen (ju £31. XV 6) :
a) bog ber SBerfSufer ober wer fein liegenb ©ut oerpfänben
will, auf Segefjren beS ÄäuferS ober ©läubtgerS bei £reue unb
©lauben anpgeigen fdjulbig fein foll, wem unb um wie oiel baS ©ut
oerpfänbet fei. Sei 3w*>iberl)anblung ©träfe.
b) „SBenn einer bem anbero fein liegenb ©ut [waljrljeitSwtbrig]
für frei, lebig unb unoerfefct2 oerfauft", fott er geftraft werben.
c) SBemt einer fein liegenb ©ut „um eine größere ©umme
©elbS, at$ es ertragen f ann ober wert ift, tyren mehreren oerf e|en *
ober oerfd&reiben tut", foS er ebenfalls geftraft werben.
2)ttt ©träfe foQte alfo nadfj bem SBiUen beS &ofrateS geafjnbet
werben :
a) bie fiberfd&ulbung eines bereits belafieten ©uteS,
b) bie waljrljeitSwibrige 3ufaSe ber Saftenfretfjeit beim SSerfaufe
ehted ©uteS,
c) falfd&e angaben über bie Selafhmg eines ©uteS auf anfrage
ber ©laubiger ober Äaufer.
S)aS baijerifdje £anbre<$t beftimmte:
a) 2Ber ein bereits oerpfänbeteS ©ut weiteroerpfänbet,
o^ne bafc eS biefeS Übermaß oertragen famt, mufs bem gefdjäbigten
©laubiger ein anbereS gutes unb taugliches Sßfanb aufteilen unb wirb
mtt ©elb ober mit ©effingniS beftraft (29t. XVI 1). £ie 33e*
ftimmung bejiefjt ftdj nur auf ©pejial^pot^elen (nid&t auf
©eneral$wotj)efen).
1 ©ntfäeibimg bed $aoerif$en ftemforiumd oom 27. ftooember 1649 C8etter
6. 181). tUfa$e not n>a$rfc$ein(ic$ bie regelmäßige Übernahme ber @$ulb bei
GpetfaQipotyefat bur$ ben Erwerber infolge Äanbrei&t XV 6 (flefte unten).
* Sie neuere ©aftung ift gemeint.
Coften, Serföulfeuitg. 7
— 98 —
b) 2Ber ein specialiter oerpfänbeteS @ut »erlauft, mufi
bafär forgen , bafc ber Käufer bie ©dfjulb (als perfönlid&e ©d&ulb)
übernimmt 2Bibrigenfall3 ©träfe (S». XV 6, fte§e oben ©. 46),
©er Serfäufer mufc alfo von ber ©jiflenj be$ Sßfanbredjteä bem
Ääufer1 Slnjeige madjen, benn fonft fann er bie Übernahme ber
©d&ulb nidfjt oeranloffen.
3. SBenn ber SBerfäuf er bie SBorf d^rift ad 2 b nid&t erfüllte, ber
Ääufer alfo im guten ©lauben jtdfj befanb, eine pfanbfrete ©a<$e $u
beftfcen, fo fonnte er in 5 bejn>. (SanbeSabmefenljett) in 10 Sauren
bie greityeit vom Sßfanbredfjt erftfcen (£anbred&t 1X2). 3m
gemeinen Sftedfjt mar nur bie aufterorbentltdfje Srftfcung (40 3»a§re)
ber Sßfanbfretljett anerfannt (©dfjmib ebenba n. 17).
©o madfjte auä) ba$ baperifd&e 9ted&t ber 9?fitffid£jt auf ben
Äfiufer, ber ahnungslos ein mit ©dfjulben belafleteä Slmoefen als
f dfjulbenfrei erlauft &atte, Äonjefftonen, geriet aber eben §ierburd)
mieber in Äonf lift mit bem 2Befen bes Stealfrebitö , bem bing*
liefen ßljaräfter beS $f anbredfjteS , oon bem ber ©laubiger erfl bie
redete ©idfjerljeit erhofft. 3Kan füllte btefeS audfj fdfjon bamatö gaftj
gut IjerauS. „ftn ben §odfjgelel>rten (Srinnerungen, meldfje tum ben
füme^mfien SRäten unb SftedfjtSüerftänbtgen jur $*it, ba unfere Sanb*
redjt errietet mürben, fe^r Peinig jufammengetragen morben" [ibenttfdfc
mit bem „£ofrategutad&ten" ?] mürbe nadfj ©<$mib (n. 17) befür*
mortet, ben 3lrtifel IX 2 ju [treiben, ba biefe Seftimmung „umt
ben Sfted&tSgele&rten mit fdfjeelen 2lugen angefe^en werben fflnnte". —
&eimltdfjfeit beS iQtjpotfjefenroefenS unb binglidfje
■ftatur ber^ppot^ef fielen eben in unlösbarem SBiber*
fprudij miteinanber.
IV.
■Jtodfj folgenfdfjroerer als bie Sau^eit unb Snfonfequenj
beS ©taateS bei 3)urd&fü§rung ber spubltjität beS ^ppoi^e!en=
mefenS fdfjemt mir ein mit ber Spublijität felbft bamals t>er=
bunbeneS Übel gemefen ju fein: bie Äoftfpieligfeii ber
obrtgfeitlidfjen $gpot§efenerri<ijtung.
SDie Älage über „33ef djj werung mit Siegel* unb
©djjreibgelbern bei SBriefereien" ift in Sapern eine alte.
©dj>on in ben SanbtagSDerfjanblungen beS 15. 3al)rl>unbert$ ftnben
1 Übet bie weitere Storfdjrift, ben ©laubigem Anzeige com Setfauf $u
erfiatien, fle^c ebenba.
— 99 —
wir fte1; im $afyxt 1497 mad&t bcr Säbel fogar auf bie golge*
erf djetmmg ber SBerringerung be3 Siegenf djaftSoerf el)r$ aüfmerffam 2.
3m Sanbbot t>on 1516 Reifet e8 (fol. 20) : ©3 finb mehrmals
Älagen oorgefommen, bafc bie 5ßf leger, Stifter unb©ertdjt$*
fdjreiber mit bem ©iegel* unb ©djreibgelb, audj bie
gronboten mit intern So^n bie ßeute, infonberljeit auf
bem ßanbe, übernehmen unb befdjweren. ©benfo 1553. Qn bem
©eneralmanbat , baS 2ßaEimilian I. beim ^Regierungsantritt 1598
erliefe8, nrirb neben anberen wunben fünften audj biefer berührt
(©. 15), mit ber intereffanten SBenbung, ber arme SWann fei ba*
gegen l)itflo$, ba er fxd^ über bie SBeftfcwerung oon beforgenber
Ungunjl wegen nt<$t wo$l beflagen bürfe. 3n ber Sßoli jeiorbnung
von 1616 wirb wteber ber 2Be§eruf mm 1516 ausgeflogen (I 3
2trt. 1). 2)abet werben aber ©pejialfälle Ijeroorgeljoben. @3
fommt oor, bafe, wenn eine Summe ©elbeS etlidje ^unbert ©ulben
betragt, oon jebem fiunbert ein Sßfunb Pfennige ©tegelgelb
erhoben wirb (alfo ftatt ber ffeen @ebül>r eine prozentuale), gemer :
wenn eine Sßerfon ein Sterleten aufnimmt, fo werben oerf djiebene
©df>ulbobltgationen errietet unb wirb bie SDarle^enSfumme
auf biefe verteilt, bamit man t)on jebem ©djulbbriefe Siegel* unb
©djreibgelb nehmen lann. häufig wirb ber ©djulbbrief abftd&tlicfc
„nur auf etliche befiimmteSa^re" ausgestellt, bamit er nadj
Slblauf biefer 3*ü erneuert werben mufe, unb bemgemäjs wieber^olt
Siegel unb ©djreibgelb geforbert werben fann. S)ann wirb eine
neue Regelung ber ©iegelgelber vorgenommen : SBon gemeinen
Sriefen, afö ©prüfen, Ääufen, igeirat3= unb bergletdjen Sriefen fott
bei einem SSetrag non weniger afö 50 Sßfunb Pfennige Vi Sßfunb
al£ ©iegelgelb genommen werben, bei leeren Beträgen 1 Sßfunb
Pfennige.
3u einem Slbfd(jlufc, wenigstens für itnfere Sßeriobe, wirb bie
©a<$e in ber Sajorbnung oom 29. Qanuar 1735 gebradjt, bie
einen fe$r energif$en £on aufflögt: Einige oon unferen ©eridjte*
Stuften* unb anberen Beamten fowoljl als audj non ben ^ofmard)*
in^abern unb beren 9tt$tern weidjen bei ber (Sinfjolung ber ©ertd&tö*
gebühren immer me^r oon ber Sßolijeiorbnung ab unb übernehmen
1 3. ». 1471 (Ärenner VII 271).
1 »SRögen @n>. ®n. abnehmen , wa$ Stabend barau* entfielt ben armen
fiettten, bie i$re ©fiter naa) i(rer iRotburft, ba fie auf ba« Siegel*
gelb ©arge Gaben, ni$t »erlaufen mbQtn" (Ärenner XIII 18).
* Erneuerte SRanbate uf». •
7*
I
- 100 — <
bie Untertanen fonber^eitlid) in ben Snoenturen unb
SBriefereien wiber alle ©ebüljr in ^öd^ft bebrängltd&em Übermaß
unb eigenmächtiger SBiÜfür. ©te berufen jtd& babei auf alte« iger-
fommen, auf bie ©ewoljnljeit benadfjbarter Territorien, auf alte
rid&terlidfje Urteile unb „oerglidfjen Drbnung". Slber ber §ttrft forme
biefe SBebrfidfung ber Untertanen aus lanbeSoäterlidfjer gürforge
mdfjt oerftatten, befonber« ba bie %ajctn nur von ber Sßolijeiorbnung
abgingen unb eine &erjäfjrung barin niemals ftatt^abe; namentU<#
fottten über bie in ber SCajorbnung gegebenen SBorfdjjrtften §mau£
ben Untertanen feine 33riefe tne^t unbillig aufgebrängt
„ober fonft au$ @igennufc fo trielSBriefe aföeljebeffen gefd&al},
meljr errietet werben". @3 werben neue Sagen feftgefefet, bie uns
nid&t meljr intereffieren.
S)ie ieaupturfadjje biefer 3Äifeftänbe war ba$ 33efolbung8fe)ftem.
2)ie „©portein für SBriefereien" ffoffen ganj ober quotenweife ben
©ertd&töbeamten ju — unb jwar bie ©tegelgelber ben 9ttdjtem, bie
©dfjretbgelber ben ©eridjjtöfd&reibem — , fie bilbeten einen Seil iljrer
Sefolbung, tyreS regulären ©tnfommenS \ ja fie waren jur 33e*
ftreitung tljreS Unterhalte« auf biefe (Sinfünfte gerabeju angemtefen*
■JKdfjt nur oon ben fdjjulbtgen SSeamten jur 2fa$rebe — Ijeifit e£ in
ber SCajorbnung oon 1735 — fonbem audfj oon trielen redfjt unb
rebltdfj Ijanbelnben ^Beamten werbe oielfältig oorgebradjt, bafc fie tum
ben bisherigen gefefclid&en Sajen „in ©egen^alt ber bortmaligen
wolfeiferen gegen jefctge weit teuerere $etten unb §dljer ge*
ftiegene Sßfennwerte" fidfj mit äßeib unb Äinb mdfjt me^r ju
erhalten oermödfjten.
33efonberS unglüdfltdfj unb folgenfd&wer war in biefer Sejteljung
bie Drganif ation oieler Sßflegeämter.
@3 beftanb nämli<$ bie Unfttte, bafe bie gürften oerbienten ißof*
beamten unb Sftäten, überhaupt folgen Sßerfonen, weldjjen fie eine
©unft erweifen wottten, eine Sßflege oerlie^en, b. I). biefe bejogen bie
©inffinfte be$ äfatteä unb Ratten nur ben Sßffegeoerwalter ju be*
fietten unb ju befolben (SRofent^al ©• 346). 5Die folgen fönnen
fd&on au« ber ßammerratöorbnung oom 26. SJejember 1617 erfefcen
werben, 63 Reifet §ter a : 6$ befinbet ftd&, bafc „bei unterfd(jiebftd&en
©eridfjten bie SPffegoerwalter tyren 9lmtöpflid^ten jugegen ftdjj gar
ungebüljrlitij unb fträfltdf) oerljalten, wiber bie Sanbred&t unb ®erid&t$*
1 fflofentyal, ®etie$t*organifatton @. 99 unb 563, fte$e au# oben ©. 84.
8 SRager äRanfr., Qu. 3. Sefcörbengefö. Sapernö (1890) ©. 400.
— 101 —
orbnung niel iniustitias begeben, bie armen Untertanen merllidfj be*
ferneren unb gleidjjf am erfeigem, ba$ Äird&en*, Spupttten* unb
hinterlegte ©elb ju ffdj gießen, audfj aHe£ }u tyrem ^rfaatnufeen
birigieren unb bemfelben allein nadjljängen. SDeffen aber unter
anberem U>rem felbS Sefennen nadfj fttme&mlidj bie Urfatye ift, weit
tynen über ba$ Deputat, fo fte tum [ben] SfottSgefäHen ben Sßffegero
geben muffen, ni$t fotriel oerbletbt, bafc fte fic^ famt SSkib unb
Äinbern tonnten Einbringen". SMe i&offammer roirb bann auf*
geforbert, fünftig feinen Sßffegoerwalter ju inftaffteren , tt>enn ftdj
nidjt aus ber SBeftettungSurfunbe ergibt, bajs ber SBerwalter burdjj
ba3, was ü>m vom Pfleger gelaffen wirb , ein el)rltdje$ SluSfommen
fjat. Sßenn i^m aber an beftänbiger SSefblbung „gar ein geringe*
afftgntert unb er meiftteilS auf bie gemeinen Siufcungen
a(£ ©trafen, ©iegel*, Slbf^ieb- unb ©djreibgelb etc.
gewiefen wäre", fo foH bie &offammer ex officio oorgreifen
unb bem Vermalter eine eljrtidje auSträgtidje Unterhaltung unb SSe«
folbung oon ber ^ffegnufcung beftimmen, „babei fte frembem @ut
nadföuftetten, bie Untertanen^ ju befdjweren unb bie orbentlidje
©ertdjtstajre ju fiberf djreiten nidjt ttrfadje Ijaben"1.
■Widjt beffer afe in ben ftaatlidjen ©eridjtöbejirfen mar e3 in
biefen fingen in ben jQofmard&en befteDt. ©djmib fagt (ju
£9i. XV 17 n. 3) furj unb gut: 2>ie SJefolbung ber &ofmar<#*
ndjjter befielt melften« in ©elbfirafen unb in ber Slugfaugung ber
Sauern. $n einem erftd&tttdj ber $ra£t£ entnommenen SBertanfdjlag
eirer &ofmardj8 (1762) ftnb für bie SBrief* unb ©iegelgelber (1751)
400 ff. ausgeworfen bei 500 ff. [0elb*]©tift , 400 ff. [©etreibe]*
©ülten unb 100 ff. ©<$armerf$fompofition. 3n ben §ofmar<$en
fdjeint man mitunter ju braftifdjen Mitteln gegriffen ju Ijaben, bie
Sntbetf ung ber ©ebaijrenegjeffe ju oer^inbern : man oerbot j. 33. ben
Sauern, baft fte bie Xagorbnung galten8.
SBaS nun bie SBirf ung biefer ©ebltyrenejjsejfe betrifft, fo liegt
Sftnftcfte Aonftatierungen in ber #offammerinffruftion oon 1640 unb im
9taa)trag baju mm 1649 (Kaper a. a. O. ®. 442, 452).
* ?ruggcr 3o. 3of. 8art$., Observ. ad Jus Bar., 1762, ©. 79 ff.
1 3n einem 6a)reiben be* $ofmara)rto)ter* oon £o^enburg an ben $of»
manWernt, 1781 (SRonatffarift bed Ijiflor. »eretn* oon Dbetb., 1898, 6. 149
[?funb]) wirb ausgeführt: ©eorg SRitter ift ein SRenfa), ber überhaupt böfe*
Seifpiel gibt; wenn er mit bem gfo& naa) 9Rüna)en f&$rt, §< er, ber boa) ein
gemeiner SauerSmann, fta) bort oft in Äaffee$äufern jum geitungtefen auf; er
rfi$mt fld) anberen Beuten gegenüber, ba| er bie ©eria)td* unb Xa^orbnung ju
t>aufe $abe, wa« betannterma^en gar nia)t fein barf.
— 102 -
*S nalje, anjuneljmen, baß fte bie SBerbriefungen etfdjroett imb bie
normale ©ntmidflung beS Stegenf<$aftS* unb Ärebttoerfel^rS geljinbert
ober roenigftenS SBinfeloerträge geförbert unb baburdj bie SRedfjtS*
fidfjerljeit beeinträchtigt Ijaben ; wie ja audj) 1497 tatfäd&li<$ behauptet
morben ift, baß burdjj fie mand&er burd& bie roirtfdfjaftlidfjen 33er*
Ijältmffe gerechtfertigter ©utSoerfauf vereitelt werbe (fie^e oben).
3fm allgemeinen fdfjetnen aber bie Ijoljen SBerbriefungSfoften e^er ba£
©egenteil jur golge gehabt ju l>aben, nämltdjj oiele über f Ittf f ige
Urfunben unb ©djulbaufnaljmen, bie aus roirtfd&aftlid&en
©rünben beffer unterblieben mären.
S)ie SÖtamtm Ratten nämltdfj megen ber rechtmäßigen unb unrecht*
mäßigen ©ebü&ren ein Qntereffe baran, baß otele ©<$ulbobltgatümen
aufgenommen mürben, baS Qntereffe oon ©laubiger unb ©dfjulbner
ftanb tynen erft in jmeiter 3leil)e. ©dfjmib berichtet (©antprojeß II
20 n. 4), eS fei. öftere oorge!ommen, baß 3Wd(jter infolge
oon 33eftedfjungen ober aus anberen Urfadjjen auf baS
«ßerberben fdjjon abfinfenbe ßeute betrügerifdfjer unb boS*
§after SBeife jur ©df)ulbaufnal>me angeführt unb oer-
leitet Ijaben. Unter ben „anberen Urfadjjen" wirb aber mofjl bie
©portelgier ju oerfteljen fein.
S)ie mo^Tmeinenbe SÄbfid&t beS ©ef efcgeberS , burdfj ben Sw^g
jur obrigfettlidfjen SBrteferridfjtung unüberlegte unb fdjjäblidfje ©d&ulb*
gefdfjäfte ju oetfjinbern, f dfjetterte alfo nid&i nur an ber üßangel-
^aftigfeit beS fadfjlidfjen Apparates (Srtefprotofotte), fonbern audjj
an ben 3ßängeln ber Beamten ober beffer ber Seamtenorganifation :
Qnbem ber ©taat bie ©taatSoermaltung als ©efd&äft, baS
fiaatltdfje ©iegelredfjt als Sftegal, bie ©ebü^ren als 2lmtS*
nufeungen, bie 3>nl)aber &er SlmtSftellen als ©efdjjäftS*
teill) ab er be^anbelte, überlieferte er bie Untertanen bem fc&ranfen*
lofen ©goiSmuS ber Beamten unb 33eamtenftted&te, oermanbelte er
bie SBo^ltat ber öffentlichen iQppotljefenerridfjtung in eine ber fdjjtoerften
plagen, bk baS oljnetyin fo fejjr miß^anbelte SSolf ju erbulben §atte.
S)ie &eiratSurfunben maren bem ßmange ber obrigfeitlidfjen ©rrid^tung
untermorfen. SfoSgenommen maren Urfunben über einen 2Bert*
gegenftanb oon meniger als 50 fL (unb bie &eiratsbriefe ber ©tegel*
mäßigen), ©d&mib füfjrt als SRotio ber ©eftattung ber 2luSna^me
an (ju £9i I 18 n. 6): „bamit mdf)t bergletdjjen armfelige Seute
für SBejaljlung ber Sriefe unb ©iegel oiel bejahen muffen, meil
fonft befannt ift, baß bie Sanbbeamten baS 3$rige &e*m S^Her
einjie^en unb bie arme ßeut oljne SUiitleib ju §e<$eln miffen." ©r
— 103 —
bemerft weiter: ,,5Dod) biefe unfere SReinung tun nrir gern einem
gefd&eiteren Urteil unterwerfen." Ob feine 3Keinung richtig ift, Ijat
für un£ feine 33ebeutung; aber baft -fte in bem Äopfe be3 fingen
unb erfahrenen SßolitiferS überhaupt entfielen tonnte, gibt jum
S)enfen Slnlafc. SBaren bie f<$le<$ten @rfa^rungen, bie
man mit ben obrigfeitltdjen igppot^efen madjjte,
tnelleidjt eine ttrfadje bat>on, baf$ fi$ bie Ijeimlidjjen
&9P0tljefen im 9tedfjt3leben \o lange erhalten $aben?
§ 5.
^fe g^mvägm ^gp0tt|Bton, ^fantrptürilegmt
L
3m norigen Äapitel l)aben mir gefeljen, wie mangelhaft e3 um
bie Sßublijität ber &tjpi>tljefenerrid(jtung beflettt mar. Sie ©djufc*
einridfjtungen gegen Ijeimltdfje Sgpotljefen, nämltdfj:
1. bie exceptio excussionis bei ©eneralfjijpotljefen,
2. Sttnjeigepflidfjt be£ SSerfäuferS an ben Ääufer bei ©pejtal*
^ppot^ef cn ,
3. ©rftfcung ber Sßfanbfreiljett in fünf bejw. je^n Sauren bei
■JKdjtetnljaltung ber SBorfd&rift ad 2,
4. Seftrafung ber bolofejt Überfd&ulbung
genügten nid>t unb ftanben jum £eil mit bem SBefen be3 Steat
frebitö in SBiberfprudfj. SRodf) me^r wie bie au3brfi<flt$en , burdf)
Vertrag erridfjteten iQtjpotljefen nerfttefeen aber bie gefefclid&en
ober ftillfd&weigenben faypotfytttn gegen ba$ ^ßublijitätö*
prinjip. ©aS ftnb nämlidjj folelje $9potl)efen , roetöje unmittelbar,
fraft SRedfjtöf afc , mit ber gorberung üerbunben ftnb, welche alfo ju
i^rer ©ntftefcung überhaupt feinet befonberen SlfteS, fonbern nur ber
©ntfteljung ber betreffenben gorberung bebürfen.
■Jtodf) bem ©antprojefe t>on 1616 (Xitel 2) Ijaben folgenbe
©laubiger bejro. gorberungen ein gefefelid^eö Sßf anbredjjt :
1. 3)er Staat (©eneraUjppot&ef).
2. Der ©runbljerr um feine &errenforberungen am Bauerngut
unb an ber barauf befmbüdjen galante.
3. 2)er £au8§err um ben £au$$fnS an ben Sttaten be3 Bieters.
4. 3Me e^eftau um il>r eingebra<$te3 Vermögen (©eneral^pot^ef).
— 104 —
5. SDie Stinber um iljr 9Ruttergut (©eneratyppotyef) l.
6. S5ie ^Pupillen, Stiftungen, ©emeinben ufro. am SBermögen
tyrer SBormünber unb SBertoalter (®enerall)i)potl>ef).
7. SBon bem ©ebanfen auSgeljenb, ba& berjenige, ber bie @ant=
maffe burdfj 2lrbeit«leifiung ober 2)arleljen$gen>äi)rung bereichert,
unb bem baburdfc trielleidfjt fogar bie (Spaltung ber SWaffe bejtö. ba£
SBorljanbenfetn einer folgen ju oerbanfen ift, e3 oerbient, t)or ben
geroöljnlidfjen ©laubigem au« ber SUtoffe befriebtgt ju werben, gibt
ba$ ©efefe ein Sßfanbredfjt :
a) bem iganbroerförnann , um ben oerbienten Soljn, cnx bem
©ute, an ba3 er feine Arbeit gelegt (£R. XXXII 1);
b) bemjenigen, ber jur SBiebererbauung ober ©rljaltung eines
■Ausbaue« * ober einer anberen folgen ©ad&e ©elb ober Sau*
materialien IjergelteJjen, am -ftufebau ober ber anberen ©adjje;
c) bemjenigen, ber jur SSefctung ber gelber ©etreibe Ijer*
geliehen, an ben grüßten be« betreffenben Sa^re«.
2Bte man fie^t, finb bie meiflen igppotljefen ©eneral^ppot^efen,
fte oerftofcen alfo mdjjt nur gegen ba« Sßrinjip ber Sßublijität,
fonbern audjj gegen baS Sßrinjip ber ©pejialttät. ©ie oerfloften
ferner gegen baS Sßrinjtp ber Priorität8; benn bie meiften gef t&
lid&en Jggpotljefen finb mit einem SBorjugäredjte ausgestattet
Oßfanbprioilegien). 3Ban unterf Reibet abfolute unb relatioe
5Borjug«redSJte. 9?elatto ift ba£ SBorjugSred&t , toenn e$ ber be*
treffenben gefefeltd&en ißtjpotljef nur oor ben früher entftanbeneu
(nidfjt ober weniger prioilegierten) gefefcltd&en feppotljeten ben SSor*
rang oerletyt. (Sin abfolute« SSorjugSred&t ift ein foldfje«, beffen
Äraft ftdjj aufy gegenüber ben früher entftanbenen auSbrfidtltdfjen
&t)potl)efen jetgt, inbem ntdjjt nur bie fitUfdfjmetgenben, fonbern au$
bie au3brü<fli<$en ioppotljefen im Klange jurüdtoeidfjen muffen.
23on ben oben ermähnten gefefcltdfjen ^ijpot&efen entbehren nur
jene ad 3, 5 unb 7 a eine« SßfanbprtoilegS. 3)ie übrigen rangieren
in ber nadjjftetyenben Reihenfolge: -Kufcbautntereff enten , ©teuer*
forberungen be« ©taate«, Lieferanten oon ©aatgut, ©runb&err, (§fy&
frau, Äuratelljppot^efen, gorberungen be« ©taate« au« Äontraft unb
aSermaltung. S)ie 83ereidfjerung$forberungen, ©teuerforberungen unb
iQerrenforberungen gemefeen einen abfoluten SBoraug, ba$ SBorgugS*
red^t ber übrigen gefefclidjjen ^ppot^efen ift nur ein relatioe«.
1 ©d&mib au ©antpr. II 24 n. 38. Sftl. aud& ©antpr. II 18.
9 ©egenfafc: ßuftöau.
8 Prior tempore, potior jure !
— 105 —
216er audj bie auSbrficflid&en &gpotf)efen fonfurrteren unter ftdj
nidjt rein nadj ber ^Priorität tyrer ©ntfteljung, fonbern bie öffent-
lichen iQtjpot^elen (b. ty. bie oor ber Dbrtgfeit errtd&teten wtb bie
i&ppotljefen ber ftegelmäfeigen Sßerfonen von SBürbe) Ijaben einen SBor*
jug oor ben quafi * öffenttidjen (©. 87). S)ie 9teftfauffdjillmg$s
fjppotljef, fotoie bie &t)potl)ef beSjenigen, ber jum Sfafauf eines ®ute£
ober jum 33au eines JßaufeS ©elb l>ergeliel)en * , ge^en fogar ben
meifien gefefelidjen ioppotljelen im SRange oor aus ben oben ad 7
angegebenen 3Rotü>en.
Studj unter ben gemeinen ©laubigem, b. Ij. unter ben mdjt mit
einer &ppotl)ef oerfefjenen, gibt eS Kategorien, bie mit einem ^rtotleg
vor ben übrigen begabt ftnb („gemeine befreite ©laubiger").
©ie ftnb aber nidjt fo mistig / bafc e$ nötig märe, fte aufjujäfjlen
(ogl. Sbt^ang II).
Gnbltdj ift nodj ju ermähnen, ba§ es audj SBorjugSredjte
ol>ne igppotfjef gibt. Statin gehören bie gorberungen, toeldje
oorroeg aus ber ©antmaffe ju befriebigen ftnb, nämltdj bie ©eridjtS*
f offen, bie SBeerbtgungSfoften unb ber „gearnbte Stblofjn". SDiefe
SBorjugSredjte finb abfolut, b. ^. fte ge^en allen übrigen gorbe*
rungen oor.
Sei biefem SBtrrwarr oon SBorjugSredjten o^ne &9pot$ef,
fippotljefen mit 5Borjug$red)t, teil* abfoluter, teils relatioer -Katar,
^ppot^efen o§ne 5Borjug$red)t, gemeine gorberungen mit unb ofjne
^ßrtoileg tfi e3 natürlich, bafe man bie oerfdjiebenen ©laubiger-
fategorien für ben gad ber ©ant na$ t&rem Stange in Klaffen
orbnete OßriorttätSorbnung). 3)er bagerif dje ©antpro jefe (£tt. II)
tennt 10 Klaffen. Sie erften 3 Klaffen bilben bie SBorjugSredjte oljne
$ijpotl>ef, bie Klaffen 4 — 7 enthalten im roefentlid&en bie gefefeltd&en
$W>otf)e{en mit ^Sfanbprioileg, Klaffe 8 unb 9 bie gefefclidjen §gpotl}fen
o&ne ?ßru>ileg unb bie auäbrütf li$en ^ppot^efen, in Klaffe 10 folgen
bie gemeinen ©laubiger mit Sprünleg. ©rft nadj biefen 10 (Stellen
fommen bie unbefreiten gemeinen ©laubiger jum 3u8e- 3foi 3fo*
f)ang II Ijaben mir bie bapertfd^e SprioritätSorbnung, toie fte ftdj au5
bem ©antprojefe ergibt, mit jiemlidjer 2Kfil)e jufammengeftettt. 3li$t
in ber $riorität$orbnung begriffen finb bie Separation** unb
QuafifeparationSredjte. Sag ber (Eigentümer einer fremben
©ad&e, bie in ber ©antmaffe aufgefunben nrirb, ftdj nid&t an ber
©ant ju beteiligen brauet, fonbem fein (Eigentum einfach an ftdj
1 $euie würbe man wettetet fagen: Saufapttalipen , Hintermänner oon
$fiuferfpe!ulanten, SmmobUicnbanFen ober beraj.
— 106 —
jteljen fann (©eparationSrecljt) , ifi felbftoerfiänblidfj. STOit einem
CtuaftfeparationSred(jt finb bie unter einem SSorbeftfcer ber ©adfje tnU
ftanbenen &t)potf)efen begabt. 2). f). fte brausen ftdfj oon ben
©laubigem beS ©antfd&ulbnerS nid&t aus iljrer jeitltdfc begrünbeten
Stellung oerbrängen ju laffen, audjj bann nid(jt, toenn biefe ein ab*
foluteä SSorjugSredjt bejtfcen1.
SDie -ftad&teile ber gefefeltdfjen iQtjpotljefen, ber Sßfanbprünlegien
unb ber SBorjugSred&te lagen nidjjt nur in üjrer (S^iftcng an ftc§,
fonbern audEj in bem Unfug, ber mit biefen @inri$tungen getrieben
mürbe. 3)a3 baijerifdfje ©efefe oertoetft, nadjjbem e$ bie ganje STOaterie
fe^r einge^enb geregelt l>at, ben SftdEjter nodjj auSbrfidttidj auf baS
gemeine 9?ed(jt unb bie 9tedfjtSgelel)rten (©antprojefc II 23), roaS
©d&mtb ju ber Ijitynifd&en SBemerfung veranlagt, bafi bie 9?edfjt£*
gelehrten S3euteru3, 3Moniu3 unb anbere Practici mit fiiDfd&toeigenben
§T)poti)thTi unb SSorrangSredfjten bod(j gar ju freigebig feien unb ftdjj
baburdj fd&on in Sfttfefrebtt gebraut Ratten.
Übrigens finb bie aSorjugSredfjte feine Singularität beS römifd&en
SRedjjteS, t>on too fte ins gemeine Sftedfjt übergegangen finb, fonbern
fdfjon im 9te<$te beS SDttttel alters finben fte fid& fporabtfdf>; baS
SSorjugSredjjt beS ©runbljerrn (SftedfjtSbudfj 2trt. 1 58 : ©er &err f äljrt
um fein ©elb oor allen Seuten), beS &auSl)ertn (SRündSJener ©tabt*
red&t Slrt. 178 : „SSerbienter ißauSjtnS fä^rt oor allem ©elb auf ben
Sßfanben, bie inner &auS finb")/ beS gearnbten StbloljnS2 ftnb Sei«
fpiele, bie fidjj bei eingeljenber SWed^erd^e tooljl nodfj oerme&ren liefen,
©etoiffe SBorjugSred&te, j. 33. ber SSorjug ber ©antfoften, ber 8e*
erbigungSloften, ber Siblö&ne oerfteljen fid& ferner gerabeju oon felbfi
unb l)aben ba^er audfj in bie mobemen ©efefcgebungen, fo abljolb fte
fonft ben SBorjugSred&ten ftnb, @ingang gefunben. Site SijpuS
allerbtngS finb fotoofjl bie gefefcttdfjen Jgijpot&efeu als audfj bie 33or*
jugSredfjte römifdfjen UrfprungS; bie praftifdjj toid&ttgften, bie SJotal-
prioilegien, ber SSorjug beS ßinber* unb SRünbelguteS, ber ftSfalifd&en
unb quaftfisfaltfdfjen gorberungen erfdfjetnen erft mit ber SRejeption
unb ftnb bem römifd&en Siedete entnommen. SDie 3*d<#tng ber
gefefeltdjjen &t)potl)efen unb bie Unterfdfjeibuug oon oertragSmäfcigen,
gefefclidjjen unb rid^terltd^en Sßfanbred&ten ift f ojuf agen baS 31 a f f e n *
merf mal, baS bie ^ppot^ef oon ber neueren ©afcung trennt, meldte
1 SJgf. aber oben <3. 96 (exceptio excussionis).
9 »SSerbicntev Sibfo$n fd&reit ju ®ott im ^immel", ogf. 3Het5o$m, $fanb*
red&t @. 452.
— 107 —
beibe 5Re<$t8infixtute , mie mir in § 2 berette nctyer gezeigt i)<xbmr
im übrigen jeitUd^ unb begrifflich ineuwnberfltejsen ; bie gefefcltdfjen
$9potf)efen unb SPfanbprioilegien finb enbltdij ba3 ©tedfenpferb ber
romanifierenben Surteprubeuj be$ 17. 3al)rl)unberte geroefen.
9?ad(jbem bic Deformation oon 1518 ben SSorjug be$ heirate*
gute£ aufgehellt Ijatte, erfdfjetnen bie SBorjug3red(jte in Sapern pm
erfien 3Jtale in ber „2ßeiteren ©rflärung ber 2anbe8orbnung" oon
1578 (fol. 32) in 9iei& unb ©Heb. 3)em 9ttd&ter totrb befohlen,
bei ber ®ant junädfjft bie ©antfoften auf ben ©antjettel ju fefcen
unb bann bie „gefreiten ©laubiger" ju bebenden, unb babei in ber
@rfenntni£ ber Priorität „nadfj getriebenem gemeinen Sterte ju
entf Reiben" ; au$brfldfltd& ermähnt finb ber ©runb^err mit ber au$*
fte^enben ©runbgült, bie Äirdjjen, bie SRünbel unb ber Sibloljn. 161
wirb bann, tote mir gefe&en §aben, mit großer Sorgfalt unb SBett-
fd&toeiftgfeit eine eigene „Sßrioritäteorbnung" aufgeteilt, meldte aber
im mefentlidfjen ber be$ gemeinen 9tedfjte3 nadfjgebtlbet ift.
II.
2)ie praftif djj toid&tigfie gef efclidfje ißppotljef \ jene be3 grauen*
gutes, l)ängt mit ber oermögenSredfjtlidfjen Stellung ber
Gf>efrau jufammen.
3)a8 el)elid|je ©fiterred&t nadfj bem Sanbredjjt von
1616 wirb getoö§nlid(j afe „(Srrungenfd&aftSgemeinfcijaft"
d&arafteriftert. 35a3 e^elidfje Vermögen befielt aus 9JJann$gut, SBeiber*
gut unb ©^egut. S)a3 ©Ijegut ift gemeinfam. @3 befielt aus ber
©rrungenfd&aft unb ber „gemein gemifd^ten &au3fal)roi$". 3U*
©rrungenfc&aft gehören aud& bie grüd&te ber ©onbergfiter. «Stirbt
ber @§emann oljne &interlaf[ung oon Seibeäerben au3 biefer @&e, fa
erhält bie Ehefrau bie £älfte be£ 6§egute3 (bie anbere Hälfte jum
9tie6braud& auf SebenSjett — 12SR. I 4). ©ttrbt er mit firnter*
laffung fold&er, fo erhält bie grau nur einen ÄinbSteil be£ ß&egute*
(231. I 1).
2lu$ biefem SRed&tejujtanb ergibt ftd|j ber äuSfdfjlufc ber
1 (Eine einge$enbe ®tubie über bie $iftorif$en Bebingungen ber gefeilten
$9POt$e!en Qätte au$ tyre (Bntroicttung im Altertum, namentlich im römifäeit
Staate, in tyren Bereif au jieljen; anberfeitS würbe bie oorttegenbe Arbeit bei
folgern Beginnen in* Ufertofe geraten; audj wirb man fagen fönnen, ba£ t&re
ftegepiion in $eutf$(anb bo$ i§re @rünbe gehabt $aben mufs unb ni$t lebig»
li$ au* einer platoniföen Borliebe für ba* römtföe Äe^t erflärt »erben tonn.
— 108 -
Haftung be$ grauengutes für bie ©Bulben, bie ber
(Seemann gemad&t Ijat, audfj für biejenigen ©dfjulben, bie er in
feiner ©igenfdjaft al$ SBertreter ber eljelidfjen ©entein-
f d^af t nadfj aufcen (@$ef Bulben) gemalt $at. 3)ie SReformatton
oon 1518, weld&e ba$ eljelidje ©fiterred&t beinahe ebenfo georbnet
fcatte, tote ba$ Sanbred&t oon 1616, ^ebt btefeö augbrfidttid& (XLIV 1)
mit ben SBorten Ijeroor: S)ie ß^efrau ift „tum tyrem ©ute, wo fte
ftd^ infonberljeit barum, wie 9ted(jt ift [b. §. in red(jt$gfilttger gorm]
ntdjjt oerpflidfjtet, nid&t fdfjulbig, il>re$ 2Ranne$ ©elbfdjulb ju be*
jaulen".
SDaS SBermögen ber (Sljefrau war aber ntd&t nur bem Sugriffe
ber ©laubiger be$ 6f>entanne$ entjogen, fonbern e3 würbe üjr oom
©efefee fogar eine befonberS privilegierte Stellung unter
ben ©laubigem i^ r e^ (Seemannes zugeteilt.
Waty ©antpr. II 11 Ijat bie ©Ijefrau eine gefefclid&e iQppotljef
wegen tljreS in bie @I)e gebrauten SBermögenS am ganjen SSerwögen beS
@ljemanne$. SBegen iljreS igeiratguteS (dos)1 §at fte fogar ein 83 or*
jugSred&t an fünfter ©teile. SBenn bie oon ber grau eingebrachten
löermögenSgegenftänbe („Itegenbe ©üter, 3tn3oerfd&reibungen, §a$roi$
ober anbereS") beim SfaSbrudfj ber ©ant über baS SSermögen be3
(Seemannes nodf) oor^anben ftnb, fo fann fte fte au$ ber ©antmaffe
IjerauSjiefyen (Separation), braudfjt ftdj alfo in feine Sßrioritfit3=
ftreitigfeiten mit ben ©laubigem einjulaffen (©antpr. II 14). Qa
fogar oon benjenigen ©egenftänben, bie nachweislich mit i^rem ©elbe
gefauft worben waren, gilt biefeS, aber nur, wenn fte fonfl einen
StuäfaH erleiben mfifete unb baS ©elb ©otaleigenfdfjaft $atte (ebenba).
SDic SBirffamfett ber oermögen$red&tltd(jen ©onberfieffung ber
<SIjefrau war aber baburd& begrenjt unb befdfjranft, baß fte ftdfj für
i^ren ©bemann (bürgfdjjaftöweife ober afö ©elbfifd&ulbnerin) oer*
1 @tt)mib (ju (Santpr. II 11 n. 28): „. . . fürwahr, »erlta) concl. 65 n. 69
CeJjrt auSbrüdlia) . . ., bafj, wenn ein 9Beib einfältig Einheiratet o$ne Sebingung
«ineö gewiffen §eirat8gute8 , alle i§re bem SWanne zugebrachten SWittel melmeljr
für ?arap$ernalgüter al$ [für] ein §eiratgut gehalten werben/ ferner
3tot$, »aper. 3u>ilrea)t, 1. 3lufl., I 348: „. . . ein Seit be3 eljefraultajen 93er»
mögenS als 2) od befteUt . . . werben fann, womit bann bie SJejeid&nung beö
übrigen ©onberoermögenS ber grau als $arap$ernal* unb SRejepti&gut gegeben
ift . . . 2>ie 3)o8beftellung Ijatte ... ben 8toec!, einem Seit bed grauen*
flute« bie 2)otalprfoilegien 3u fta)ern . . / Sgl. Dagegen 3Bäa)ter, SBürttemb.
ißrioatred)t I 632: ,2)a man aber in ben 3ubringung3inoentarien gero5$nlia)
eben alle«, wa3 bie <£(tern bem Äinbe in bie @$e mitgaben, aber in ber Siegel
blojj biefeg, §eiratgut [Dos] nannte . . .*
— 109 —
fdjreiben unb babei iljr SBermögen oerpffinben fonnte. gerner fonnte
fte auf t$re ©läubigerprioilegten SBerjid^t leiften. SBeibeS fa^te maxi
unter bcm SBegriffe „83erjid&t auf bic eljefraulidfjen greis
Reiten'1 jufammen, bctin au<$ bic SKttoBligierung für ben @f>emarat
tonn man juriftifd^ al$ Sterbt betrauten, nämlid& auf ba£
beneficium Authentica si qua mulier1. 3um 33erjid[jt auf if)re
ef}efrauli<$en gretyetten waren nun aber getüiffe Formalitäten
nötig. Sei SSfirgerS* unb Bauersleuten mufete er in ätöroefenfjett be£
(Seemannes oor ©eridfjt oorgenommen werben, e£ muffte ein orbent*
lidjer ©dfjulbbrtef aufgerid&tet unb [in ba3 SßrotofoH, fie^e oben ©. 92]
eingetragen werben. 5Der SBergtd&tleiftung mu&te eine Slnroeifung
ber ©Ijefrau, b. \). eine Erinnerung an tyre SRedjte unb greiljeiten,
bur<$ einen Sßrofurator [„Stnroetfer"] ober burdfr ba3 ©erid&t oor&er*
gelten. Stobei fottte bie grau gefragt werben, „ob fie e£ rotKtg tut
ober burd) iljren (S&etöirt mit S)ro^ungen ober in anberroeg roiber
i&ren freien SBitten gejroungen werbe", ferner, ob ber SBerjtdfjt „etwa
üjr, tyrem @l>ewirt ober ben Äinbern gar nidfjt jum iKufcen, fonbern
trielmelp pm ©djjaben unb SSerberben gereidjen möd&te, beromegen
fie ftdjj roo&l bebenfen foUe" (29t. I 12 unb 13). SDte Bemühung
beS ®ef efcgeberS , biefe S3orf Triften einjuf Warfen unb fie nid&t al£
teere Formalitäten, fonbern als mistige materielle Äautelen erfd&emen
ju (äffen, erljeDt audfj aus ber ©d&lufcbemerfung, man foDe ja ntdfjt
„oermeinen, e$ fei genug, roenn man in bie Briefe fd&retbe, bie
(Erinnerung fei alfo gefd(je!)en, nadfj Qnljalt btefeS SlrtifelS".
SBenn mir bief en SRedjjtSjuftanb beurteilen motten, f o muffen
mir jmifdjjen ber ©ütertrennung an ftdfj unb ben ©läubtgerprurilegten
ber Ehefrau unterfdjjeiben.
Sie Trennung ber ©üter in ber ®^c, bie 2lu3*
fdjliefjung ber Haftung be3 grauengute* für bie
©<$ulben be$ (Seemannes gibt ju fd^mermiegenben Bebenfen
2nlafe. Sie ifi geeignet, leid&tfinntge« ©djjulbenmad&en ju
bef örbern, inbem fte ba$ Serantmortlid&leitögefüljl be$ ©dfjulbnerS
fd?n>äd)t: 2>ie äufeerften folgen feiner JganblungSroeife bleiben üjm
erfpart, ba er am Vermögen feiner %xau immer einen SRfidtyalt
finbet. ©te fann, mie jebe ©flterejemtion , ben Ärebit beein*
triftigen, inbem fte ba$ e£efution*fä&tge Sermdgen, bie reale
©runblage be* Ärebit«, fdjjmälert. ©te fann ba« SRed&tSbemufii*
1 $ie Übernahme einer 8erbinbli($!eit be* (Styenumne* bnr<$ bie (Styefratt
tft ungültig.
— 110 —
-fein fd&äbtgen, bcnn häufig werben bie ©laubiger, bie Sauft in
her £afdje, fefjen muffen, wie ber ©d&ulbner mit bem (Selbe feiner
grau, baS }u i^rer Sefriebigung Ijmretdfjen mürbe, fein bisherige«
3Bol)lleben, bur<$ ba£ e$ fo meit gefommen ift, fortfefct.
3)aju fommt aber nod& bie fdjjiefe Stellung ber ©Ije*
fr au, redjjtlidfj ate ©läubtgertn tyreS 9ttanne8, tatfäd<djj ate feine
J^ntereffengenofftn. Sßte eine oerräterifdjje igeereStruppe tl>re günftige
Stellung baju benufct, um ben eigenen fieuten in ben SRfiden ju fallen,
fo fann bie @§efrau iljre ©läubigereigenfdfjaft miPraudjjen, inbem
fie, mäfjrenb fie i^re ©läubigerredfjte auäjufiben fdfjeint ober üorgtbt,
ben S^gtiff ber übrigen ©laubiger vereitelt. 3)ie Slu^ftd^t auf bie
-ungefd&mälerte (Spaltung tyreS SSermögenS mirb fie inbolent
machen unb attju bulbfam gegen ben ßetd&tftnn unb ba3 unroirtfd&affc
lidjje ©ebaljren iljreS (Seemannes. Sft fie genuftfüd&ttg unb ebenfo
-gemtffenlo« mie etma ber (Seemann, fo mirb fie fidj ju feiner 3Jiit*
f djjulbnertn bei ber fitntergeljung ber ©laubiger mad&en, um bie
grudfjt berfelben, ben üppigen SebenSroanbel, mit i^m teilen ju Önnen.
2lnbererfett3 erfd&eint es ungered&t, bie grau unb miti^rbie
ilinber für jebe« UnglüdE, ba3 ben (Seemann unb SSater betroffen
fjat, ja für jeben ßeid&tfinn, beffen er ftdfj fd^ulbig gemad&t l)at, mit*
iü&en ju laffen. 2Bie e$ @ljen gibt, mo bie Unmirtfdfjaftlidtfeit unb
18erfdfjmenbung3fud&t ber grau ben 9Äann um fein SBermögen bringt,
f o gibt e3 erfreulid&ermeife auä) @^en, mo bie grau ben mirtfdfjafilid&
unb etljifdj mertootteren @l)etetl repräfentiert. 2)er ©d&ulbner ift
nid&t me^r ju retten, aber foll ber ©taat bulben, bafc audjj bie
jmeite ©eneration in ©efa^r gerät, jugrunbe ju ge^en? ©o
triftig btefeS Argument ifi, fo erfd(jemt bie (Sjremtion beä grauengute«
ni<$t afe empfehlenswerte golgerung beSfelben. S)enn bei ber fe§r
t>erfdjjtebenen ©röfce beS grauenguteS lägt ftdlj ferner eine ©renje
gießen, mo bie bittige 9tücf jtdfjt auf bie gamilie beä ©dfjulbnerS auf«
ijört unb bie unbillige &mtanfefeung ber ©laubiger beginnt.
3lber e3 fd&eint muffig, f)ier „bie Vorteile unb bie -Jtodfjteile
xjegenetnanber abjumägen", benn ba3 e^elid^e ©üterredjjt na<# bem
£anbred&t oon 1616 §at überhaupt feinen ibealen, fonbern einen
Ijifiorifdjjen ©runb.
ttrfprünglidf) lonnte ba3 Sßeib fein SSermögen ermerben,
ja e$ mar felbft SBermögenSbeftanbteil. S)er SÄann erroarb
feine grau oon ber gamilie, au« ber fie ^eroorgegangen mar, um
-einen Kaufpreis (9ftuntfdjjafc). ©ie mufete in ber 2Sirtf<$aft tyreä
SRamteS arbeiten, unb maä fte ermarb, gehörte ifjm.
— 111 -
Später erhielt ba$ 2Beib Anteil am b ctt) eg li<$ ert ©ute il>rer
Familie. Qtjre Unfreiheit minberte fi<# ju einer 2lrt fcfirigfett. 3)er
grauenfauf Ijörte auf. SDie grau befam bei (gingeljung einer @ije
fogar eine SluSjteuer. SDie SluSfieuer bilbete ü>re 3lbfmbung für
tyren Anteil am bemeglid&en Vermögen. 3)ie ©egenleiftung be$
STOanneS beftanb barin, bafe er bie grau in feine gamtfie aufnahm,
alfo für tyren Unterhalt forgte. SDie Stellung be£ 2Betbe3 in
ber gamilie mar aber nidjjt me$r bie einer 9Ragb, fonbern bie ber
unmfinbigen Äinber („filiae loco"). Sie bauerte audjj nadjj bem
3tobe be£ 3Rarote3 fort (SBitmenbeifife). Sßurbe bie ©de gelöft, oljne
bafj Äinber ©orfjanben maren, j. $. bei SBerftofcung megen Un*
frudfjtbarfeit, fo mufjte ber (Seemann bie SluSfteuer mieber fjerauS*
geben (Bwiduma). $)a bteS nur in ben feltenften gäHen möglidjj mar,
fo bilbete jtd& ber Sraudfj, ber grau eine Quote ber ©efamtfaljrnis,
j. 33. bie fiälfte ober ein SDrittel (ÄinbSteil) ju überlaffen
(galjrniSgemeinfd&aft).
9loä) fpäter erhielt baS SBeib audjj ©rbred&t an Siegen*
f djjaften. Sludjj biefe gingen in ben 83ejife, in bie SBermaltung unb ben
Stufcgenufi be£ ÜJtowteS aber: grauengut foll ntdfjt roadjjfen.
Sine ttngeredfjtigf eit erblidte man barin nidfjt, benn e£ mürben feiten
Überf pfiffe erjielt, meil ber SRarft jur SBermertung ber Soben^
erjeugniffe fehlte. SBon ben Siegenfdfjaften felbft fonnte jt<§ bie Sippe
ber ©f>efrau nidf>t fo leidet trennen mie tum ber ©erabe. 3)af)er ber
Safe: grauengut follaudfj nidjjt fd^minben, eS foll fottnadjj
(finberlofer) Stuftöfung ber @lje an bie ©fjefrau, alfo in SBirf lidfjfeit
an i£re Sippe, jurüdf allen ; benn audjj bie grau teerte nadjj 2luf-
Ufung ber ©de in baS frühere 3Kunbium jurfief (SWunbialfijflem).
SBäljrenb alfo auf bem fianbe, nadjj Slgrarredfjt, bie
fippen^afte Drganifation nodj nidfjt gang tfjre iQerrfdjjaft an baS
gamiUenprinjip abgegeben Ijatte, gelangt in ben Stäbten,
beim fcanbel, ein neues Sßrinjip jur ©eltung: baS ber ©efell«
fd>af* (® fiter gemexnfeijaft). Sei ber Kolonifatton lommt ba£
3nbit)ibuum ju Sebeutung, unb fo f)ob ftcJj burdjj bie ©ntftel>ung ber
©tobte audjj bie fojiale Stellung beS 2Beibe3. SDer 3ufammenljang
mit ben alten oerroanbtfdjjaftttdEjen unb genoffenf d&aftlid&en SJerbänben
wirb abgebrochen, bie aus ben oerfdjjtebenen eingemanberten (Elementen
ber ©tabtbeoJtterung l>en>orgef>enben ©fjen werben ber 3fa$gangS*
punft für bie »Übung neuer SSermdgen \ bie jur @r$ö$ung be$
ÄrebÜS im ©efd&äfte fonjentriert werben muffen.
l SeuMer H 304.
- 112 —
2)oS eljelidjje ©üterred&t in Sägern nadjj ben ©efefcbfid&ern
oon 1518 unb 1616 fann man afe eine auf falbem SBege
fielen gebliebene ©tttergemeinf dfjaf t bejeid&nen.
gär bie &anbel$leute unb für bie jum SSerfauf
arbeitenben iQanbtoerfer ift bie ©fitergemetnfd&aft jum gefefc*
ltd&en ©üterred&t erhoben (Deformation 1518 XXXXIV 7; 1616;
I 7, Slbf. 2).
3lber aud& auf bem Sanbe ift ba3 neue Sßrtnjip ber ©fiter*
gemeinfd&aft ntd&t ganj oljne (Sinflufe geblieben* 2JKt bem einbringen
ber ©elbtotrtfdfjaft auf baä ßanb war e£ möglidf) geworben, burdj>
SSerfauf ber jum SebenSunterljalt nid&t notmenbigen ®ut$frfid&te @r*
fparotffe ju erzielen unb biefe jum Stnfauf oon ßiegenfd&aften ober
©dfjulbforberungen (©filten) ju oertoenben. an biefer „Srrungen-
fdjaft" erhält baä SBeib feinen Anteil, enttoeber bie J&älfte ober
menigftenS einen Äinb^teil ((Srrungenfd&aftSgemeinfd&aft,
fte^e oben).
£rofc biefer Äonjefftonen an eine neue fojiale Drbnung inner«
fyalb ber gamilie bilbete bie @£)e no$ immer leine toirflidfje SebenS*
gemeinfdfjaft, fonbern im roefentlidfjen blieb fte nodfj ©etoaltoer&ältniS.
2)er ©ijemann oerroaltet ba3 ganje Vermögen, audfj ba3 grauengut
unb bie ©rrungenfd&aft, er beftimmt ben SBo^nfifi, bie „Jta&rung",
b. f). bie SRatyrungSquette ber Seeleute unb ben e^elidjjen Stuftoanb.
S)ie grau mu& bem 2Wanne iljre Slrbeitefraft jur SBerffigung ftetten;
toaS fte erwirbt, muft fte bem -Kanne abliefern. S)ie (S&efrau ift
ntd&t mitgeniefeenbe unb mitleibenbe ©enoffin i&reä
SRanneS, toie man bieg häufig in ibealifierenber SDarfteKung ge*
fd&rieben finbet, fonbern feine ©etoaltuntertoorfene, fein
©d&üfcltng unb Pflegling.
S)a bie grau — abgefe^en oon iljrem §äu3ltd(jen SHMrfungS-
freife — fein SRed^t ber SWitbeftimmung über bie entfd&eibenben
toirtfd&aftltdfjen gragen be$ eljeltd&en SebenS l>at, fo erfdjeint e$
bittig, i$r audfj feine SBeranttoortung für beffen SRefultat auf*
juerlegen. liefern ©rforberniffe entfprid&t bie ©rrungenfd&aftä*
gemetnfdfjaft bejfer als bie ©fitergemetnfd&aft SBei biefer f)at bie
Qfyt eine SBirtfdjjaft „auf gemeinfamen@ebeif) unb Serberb"
jur golge, bei jener bilbet ba$ grauengut eine (Snllaoe im elje*
ltd&en Vermögen. —
SBenn man aber einmal ba£ ©pftem ber ©ütertrennung, alfo
bie SBfaerfennung etneS befonberen grauengutes, als gegeben Einnimmt
fo ift nur ein ©dfjritt ju bem ©tanbpunft, bafj man 21 nft alten
— 113 -
treffen mufj, um bie ungefdfjmälerte ©rljaliung be$ grauem
gutes ju f tigern.
SDer nädfjftftegenbe SBeg, ba$ grauengut oor feiner ©efäfjrbung
burdf> 2Rif$braudf) ber eljemännnlid&en SSertüaltung unb oor bent 3u*
griff feitenS ber ©laubiger beS (Seemannes ju bewahren, befielt in
ber au$brücilid)en Seftellung eines SßfanbredfjteS jus
gunften be3 grauengute£ auf ben ©ütern be$ (Seemannes. SDtefer
3Beg ijl benn aud& oon iefjer befdfjritten roorben, feit e3 grauengüter
unb $ppotl)efen gibt1. Sludjj in SBa^ern fcerrfd&te „ber gemeine
83raud>", bafc in ben £eirat$briefen wegen be$ ganjen SBeiberguteS
„eine auSbrüdfttd&e ©eneraüjppotfjef in aSe beS 33räutigam3 jefctge
unb fünftige SWittel au$brücfKd& bebungen" mürbe (©dfjmib ju
©antpr. II 11 n. 16).
aber ©elbfi^ilfe fefet eine geroiffe ©inftdjjt ber beteiligten
uorauä, energtfdfje SBa^rung ber Sntereffen auf ber einen Seite,
3)ulbfamfeit biefen Qntereffen gegenüber auf ber anberen ©eite.
Unb nun bilbete bie ©taats&tlfe ein ganjeS ©ijftem oon @in*
rid&tungen aus, bie alle ben &md Ratten, bie Sicherung beS
grauenguteä oon ben gaftoren ßeidfjtftnn, SRangel an gürforge,
©tgenfinn, Soweit unabhängig ju machen. 33or allem mar ba$
SSenoaltungSredfjt be$ (Seemannes baburdfj befd&ränft, bafc er ba$ un*
beroeglid&e Vermögen ber grau o&ne ifjre (SinnriHigung nid^t oeräufeern
burfte aufcer in 3iotfäHen (29t. I 17 unb ©d&mib n. 27). SBenn
ber (Seemann „fein §ab unb ©ut unjiemlid) oerfd&toenbet ober in
unoorfeljenen Sttbgang feiner SRa^rung fällt", fo bafj ba3 grauengut
in ©efaip gerät fo ift er gefefclidfj oerpfitd(jtet, ©pejian^poi&ef ju
beffeOen (I 8)2. ©er ©fjemann barf von feinem &ab unb ©ut,
fotoeü e$ jur ©id&erung be$ grauengute* oerfd&rieben ift, nur fo
oiel verlaufen ober mit ©Bulben belaften (auger in SRotfäUen), bafc
er Dom SReji ba& grauengut {jerauSjafilen fann (I 9). Sei lieber«
lieber äBirtfdjjafi fann bem ermann bie SBertoaltung be$ grauen«
gute« entjogen merben (I 7).
SRad&bem biefe ©d&ufcmafcregeln fd&on in ber Deformation oon
1 6a)on unter bem SRunbialfrfkem ($eud(er II 898: neuere ©afcung,
tikneralpfanb).
* 2)ie Reformation gab biefer (auäbrüdliä)en!) $$pot$e! fogar ein Sorgugg«
re$t (XXXXIV 6): „. . . audj ben ®a)ulbnern [b. f). ben ©laubigem] an Be-
jahung i^rer ©d)utb oon ber Übermaß, fo über baS $eirat*gut . . . oor*
(anben, unfääbfia)).1'
<Eo$ev, Btrföulbmtfl. 8
- 1U —
1518 enthalten waren, gibt ba£ Sanbred&t oon 1616 bcr ©fjefrau
bie oben ©. 108 erwähnten befonberen SRed^te.
2Ba$ bie ©eroäfjrung eines gefefelid&en SßfanbredjteS an
bie @l)efrau betrifft, fo liegt in biefer 9Kafjregel an fidfj nidjjtö SBer-
merfli<$e3. SDenn ob ber ©laubiger felbft im nötigen äfugenblid
für bie ©id&erung feiner gorberung forgt ober ob bieg ber ©taat
für üjn tut, fann ben übrigen ©laubigem gletd&güttig fein. SDaS
Unreäjt biefen gegenüber begann erft mit ber &eimlid&feit ber
@nt fieljung ber grauenljgpotljef. Sei ben SSertrag^ppot^efen ber
bäuerlichen Seoölferung beftanb, roenn audfj eine feljr mangelhafte
^ublijttät, fo bocij roemgftenS überhaupt Sßubltjitat. S5ie gefefelid&en
^ppot^efen bagegen entftanben o^ne irgenb ein äufeereS fidfjtbareS
3eid(jen l.
Db ba3 33orjug3recijt ber Stotalljtjpotljef ein abfoluteS ober
nur ein relatioeä fei, über biefe grage mürbe „in utramque
partein oftermafö ftarf bteputiert" (Sanbtag 1605, S. 181). Sag
Sanbredfjt oon 1616 entfd£)ieb für ba3 lefctere, unb bamit mar ben
3)otalpritrilegten if)r giftigfter ©tadfjel genommen.
S)ie oerfdfjiebenen Stellungen, bie man ju ben eljefraulidfjen
greiljetten einnehmen fann, nämlidjj jene Stuffaffung, bie in iljnen
eine ©efaljr für ben Slrebtt unb bie me^r fonferoatioe, bie in iljnen
ein 9Jtittel jur ©r^altung be$ 33ermögen8 bei ber gamilie jte^t —
beibe ©tanbpunfte fönnen ,mir audfj in ben Duellen aus bem
17. ftaljrljunbert oerfolgen. ©djmtb madjt mieberljolt (j. 83.
©antpr. II 11 n. 7, 12 n. 1 unb 11) barauf aufmerff am, mie ein
überfdfjulbeter unb bem nurtfdfjaftlidfjen Sßerberben jueilenber
©bemann feine ©laubiger, bie üielletdji fdfjon lange auf feinen ©ütern
ein $fanb Ijaben, betrügen fann, inbem er bie Sftecljte feine«
SßeibeS unb feiner Äinber ju magren oorgibt, mäljrenb er in SGBirtlic^-
feit jum eigenen Vorteil Ijanbelt, meil er iQerr ift über bog SBer*
mögen feiner grau unb bie -Rutjniefeung baoon Ijat. @r ermähnt
1 2)te ©fjeoerträge nutzten anmr bei einem SBertgegenftanb von me§r a(8
50 fl. t>or ber DbrigJeit errietet werben (SSR. 1 18, fiefte oben ©. 102), aber ab*
gefe^en baoon, bafj ©djmib (n. 3) als 3^ecf biefer SBeftimmung nur $er$inbe*
rung „überflüffiger ©tritt unb $änbe(, n>elä)e burdj ungefdjiclt unb unförmig
errichtete (Sljegebinge meiftenS entfielen*, anzugeben weift, auä) bie $ragi8
fd)wanlte. 9tod) einer SJerorbnung oom 4. 2>ejember 1671 fotten bie Untertanen
mit Aufrichtung ber §eirat8fontrafte nidjt befd)wett werben, @8 fott i§nen nur
bie ®efaljr oor Augen geftellt werben, barein iljre Sßeiber unb ßinber [unb bie
©laubiger?] geraten fönnen, wenn fein §eirat$brief oorliegt.
— 115 —
bie triefen in feiner rid&terltdjjen $ßra£i$ oorgefommenen (Streitigfeiten
jtmfdfjen ben ©laubigem unb ben G^efrauen ber ©antterer, „tnbem
bie arg lift igen 2Betber, roie fie e3 tmS3raud& Eiaben, atteieauS*
fafjrnis als mit eigenem gleifc, fonberlidfc mit 9iabel, ©pinbel unb
Stodfen erworbene ©adf)en iljnen [ftdfj] üinbiiierten, bie ©laubiger aber
ft<$ banriber fefeten" (ju ©antpr. II 14 n. 8). 3Jtanj bagegen
weift mit Sefriebigung barauf fyn (©djjufc unb ©dfjtrm II 77), bafe
ein banferotter Seemann burdf) bie @£emtion ber Äleiber, be3
©dfjmudfeS, be3 föeiratguteS unb be^ ganzen 33ermögen3 ber @^efrau
unb burdjj bie etyemännltdfje SBerroaltung „leidjjtlidjj fein §au&s
roefen von neuem anrieten unb mehren fann". Qa, 1605
roenben fidfj bie ©tänbe fogar gegen bie 3uläfftg!eit be$ SBersidjjteS
auf bie Authentica si qua mulier (oben ©. 109) mit ber inter*
effanten Segrünbung, baft „btefe SBerfdfjreibungen ber SBetber Diel
un&auSltd&eßeutmad&en unb forooljl bie ungeratenen -DWmner
ate Meinen ju iljrem SBerberben Reifen, ftdfj auf bie SBeiber*
guter oerlaffen" (©. 180); bie ©tänbe behaupten alfo, bafc bie 33e=
ietligung ber ©fjefrau an ben ©d&ulboerfdfjretbungen i§re$ -KanneS
jum leidfjtfmmgen ©d&ulbenmad&en unb jur SBerfd&roenbung, auf ber
©eite ber ©laubiger jum leid&tfmmgen Ärebitgeben t>erffij)re. ©ie
erweitere nämli<$ bie ©renjen be3 ÄrebitS, unb biefer Vorteil roerbe
oon ni<$t3nufctgen (Seemännern mit gfreuben benfifct, bei ebenfo ffrupel*
lofen ©laubigem neue ©Bulben ju fontrafjieren.
2Ba3 inSbefonbere bie pfanbredfjtlidfje ©onberftellung
ber ©Ijefrau betrifft, fo ift e3 auffaHenb, bafc ber ißofrat in
feinem ©utad&ten jum ©antprojeffe tum 1616 feine prinzipielle @in*
toenbung gegen jene 3lrtifel beS ©antprojeffeä ju mad&en roeife, bie
oon ber Sppotljef be3 grauenguteS unb oom Stotalprünleg
^anbeln1. Slber audjj ©d&mib2 ift fein prinzipieller ©egner ber
gefefelidfjen feppotfjef ber (Sljefrau. 3roar töft er ntdfjt unerwähnt,
bafj nadjj ber 9Weinung einiger Tutoren (bie er nidjjt nennt) bie elje*
froulidjjen grei^eiten oermerflid^ feien, bem SKaturredfjt unb
ber Vernunft jurotberliefen unb ba^er etjer einjufdjjränfen afe
ju erweitern feien. @r felbft aber betrautet ba3 ©efefc genriffermafcen
als ba$ ^üll^orn, au$ bem ber ©taat nadjj belieben gefefclidjje
1 „»et btefen brei dritteln, ber ©ei&erprcUation, öeroeifung beS §etrat8«
gute* unb ber SBttroenunter&attung betr., tut uns fein fonbereS Sebcnfcn für*
fatttn- (au ®antpr. H 2trt. 11—18).
■ 8« ©anrj«. n 11—14.
8*
— 116 —
ißtipottyefen unb Sßfanbprürilegien fpenben forme, wenn er nur ntdjt
babei oertragSmäfng erworbene Steckte oerlefce. 3ujHntanu3
namltdjj, ein 2Betbermann, ijabe jum ©ef allen feiner ©ematylin
£l)eobora, auf ungeftfimeS Sitten ber 2Beiber, biefen meljr Siebte
eingeräumt, als bie SiHigfeit mit ftdj bringe. SDenn wenn e8 fd&on
juläffig fei, baf$ ein ©efefc, baS Ijeute einer Sßerfon ober ©ad&e eine
ftillfd&metgenbe i&ppottjef ober baS SBorrangSredfjt gebe, morgen einer
anberen Sßerfon ober ©adjje ebenfold&e greitjeit geftatte, fo fei eS bo*
gegen fjart unb abfurb, einem ©laubiger, ber burdj SfoSbebwgung
einer auSbrüdfltdjjen ©pe jial* ober ©eneral^pot^e! f elbfi für
ftdfj oorgeforgt fjabe, fein SRedjjt oljne feine ©d&ufo ju nehmen, ©djjmib
rüfjmt überhaupt be3 bagerifdfjen ©efefcgeberS Sorgfalt, inbem er ftdfj
einer aHjuroeiten SluSbeljnung ber roeibli<Jjen grei^eiten
jum Stadfjtetl ber ©laubiger enthalten fyabt, was ben Sob*
rebner aber nidf>t fjmbert, gleidjj barauf in eftenftoer Auslegung nad^
oerfd&tebenen SKdfjtungen f)in Unglaublid&eS ju leiften (©antpr. II
14 n. 4 ff.). @ine tl)eorettfdfje SSegränbung ber aßeibergutprfoilegten
gibt ©d&mib mdfjt; nur einmal madfjt er einen Slnlauf baju, inbem
er fagt, bafc „biefe gretyeiten ben SBeibern jum SRufcen beS ge*
meinen 2Befen3 geftattet roorben finb, bamit i^r &eiratgut nid&t
jugrunbe gefje". S)ie 3>bee ift jebenfaßs, bafc ben SBitmen unb SBaifen
ein 3e^rPfennig erhalten bleiben foHe. SDie burdfj baS SBorjugSred&i
beS igetratguteS am meiften gefä^rbeten ;3fntereff en , bie Sntereffen
ber Äinber einer früheren Qfyt, fönnten burdfj eine auSbrttdHidfje
ißppottjef jugunften ber lefeteren geroaljrt werben (ftetje unten). greiltdj>
fei es nid&tsbeftoroeniger fdfjon häufig oorgefommen, „bafc
mittels beS anberen SBeibeS igeiratgut bie Äinber erfter 6§e beim
©antprojefc ©d&aben erlitten fjaben".
SDHt biefer ftonfiatierung fönnen mir unfere ©rörterungen über
bie „eljefraulid&en greiljeiten" abfdfjliefcen. ©te jeigen baS SebenHidfje
unb ©efctyrltd&e berfelben, fte geigen aber audjj, ba& fte mdfjt fo un*
oemünftig waren, wie fte gewöJjnlidjj ^ingefiettt werben, bafe fte in
ber l>tftortfd[)en Stellung beS SBeibeS iljre ©runblage Ratten unb bog
ber ©taat bemüht mar, bie SluSwüd&fe berfelben ju befdfjneiben.
III.
3)ie gefefclidfje igppotljef beS SJiflnbelS am ganzen
SBermögen beS SSormunbS nebfl SSorjugSredjjt Ijängt mit
ber ©ntwidflung be$ SBormunbfdjaftSwefenS jufammen.
i
- 117 —
Urfprfinglidjj * war bie SBormunbfd&aft ntd&t ein gürforge=
jonbern ein ©eroalioerljältmS. 35er nädjfie ©ermag unterroanb fidj
beS feinet &errn beraubten &ofe3, an beffen ungefdjmäterter (Spaltung
er afe änroartberedjtigter ein Qntereffe l)atte, jog bie -Kufcungen unb
Derpflegte ben SDWinbel. Sine ttngere<$tigfeit gegen ben aWünbel
erblufte man barin nidjt, ba ja bie ©etegen^eit jur SBerroertung oon
Überfdjfiffen ber 2Birtfd>aft fehlte unb baf)er in ber Siegel feine
gemacht würben.
infolge Slufföfung ber alten gämÜiennerbänbe unb 2fo$bilbung
be$ SnbttribualeigentumS entjianb im 13. unb 14. 3a!jrl)unbert baS
heutige SBormunbfdjaftöroefen. 35iefe« ift eine ©taatSanftalt : 3)er
©taat forgt für Sluffießung beS StormunbS unb übermalt feine
©efdjäftefü^rung. SDie SSormunbfdjaft toirb im Qntereffe beä
9)iftnbefe geführt unb ijl perfönlid&e gfirforge unb aSermögenä*
terroaltung. 2)er SSormunb ift bem Staate tterantroorttidj unb §at
perfobifd) SRedjnung ju fteüen. 3n ben Sfteid^ unb SanbeSpoHjet*
orbnungen be$ 16. 3al)rl)unbert3 ift ba$ SormunbfdjaftSroefen ber
fiauptfadje nad) berette auSgebilbet a. 3n &er ^ßtajrte flieg aber bie
Durchführung ber betreffenben Sefiimmungen oielfadj auf iQtnber*
ttijfe, unb im Äampfe gegen ben ©igennufc, bie ©orglof igfeit
unb Xräg^eit ber SBormunbfdjaftSorgane8 mufcte bie
^efefelid^e $upiQen$gpotf)e( be$ römifdjen Stentes bem Staate Ijödfjfi
roiUfommen fein.
3lud> bie gefefetidje ^ppot^ef ber Äinber am Ver-
mögen il>reS SSaterS megen i^reS 3JtutterguteS mar (ein
3ufaüSergebni$, fonbem audj fie ftnbet in ben Sebürfniffen ber 3*ü
i&re Segrünbung unb ©rflärung. S)er SBater mar jmar gefefclidj
©erpflid&tet (S31. III 4), beim $obe ber SWutter ben Äinbern i$r
3)htttergut „auäjujeigen unb ju nerftdjern", b. f). ifjnen eine au^--
brücflid&e fcopattjef Ijieroegen ju beftellen; aber barin waren, mie
©d>mib (©antpr. II 11 n. 18) berietet, „bie S)orfrid>ter forg-
fältiger als bie Dbrigfeiten in ben ©tobten", ©djmib nennt e3
1 $euS(er H § 165 ff.
8 $e6ran, $a$ Sormunbföaftörec^t ber ffleigdpottgetorbmingen. 2)tff.
1899. »ofent^al @. 328.
9 Lischke (praeses Gribner), Diss. de origine et aequitate . . . tacit.
Hypoth. 1782 § 12: „Verum enim vero iam aecusanda est negligentia iu-
dicam; nam nee singulis annis rationem postulant, curamque plane non
agunt popillorum, donec finita tutela res non amplius sit integra . . .
Quotidie . . . laeduntur pupilli et impune a magistratu negüguntur."
— 118 —
gerabeju eine „öffentliche ßlage", bafc bie (Stabtobrigfeiten unb
Regierungen [leitete als SlufftdfjtSbeljörben bei SBormunbfdfjaften über
abelige Äinber] bei äBteberoerljeiratung ber SBäter bie SBerftdfjerung
beS 9KutterguteS „mehreren Teiles" oemad&läffigen. 3Me gefefe*
ltdfje aKuttergutö^ppot^ef braute §ier einen ©rfafe, wenn fte aud)
gegenüber bem igetratgute ber jwetten ©^efrau oerfagte (f. o. ©. 116)*
Sie Drganifation beS SBormunbfd&aftSwefenS ftanb eben nodf) in
einem gewiffen 3JK&t>erl)ältniS ju ber §ol)en unb umfaffenben Slufgabe,
bie ber ©taat burdj ben ©djjufe ber SBatfen auf ftd& genommen l)atie:
2)a bie ©id&erung ifjrer materiellen Qntereffen burdjj
bie $Pflegfd(jaft3organe ni<$t gewährleistet erfdfjien, fo
erfolgte fie unmittelbar, burc§ ©efefe.
©o ift ber ©dfjufe ber SBitwen unb SBaifen burdfj ben
©taat iganb in &anb gegangen mit ber ©manjtpation be£
SnbioibuumS non ben geffeln ber gamiliengewalt:
3)ie grau fte^t nun bem 9Wanne, bie Äinber fielen ben ßltern niefit
metyr rechtlos gegenüber, fonbem fie beftfeen befonbere Vermögend
intereffen, bie fie mitunter in einen ©egenfafe jum gamilienljaupte
bringen fönnen, wobei i^nen ber Btaat fd&üfeenb jur ©eite ftel>t»
SDie SRittel tyierju fjolte er ftdfj, wo er fte fanb: bie gefefclidjjen
gamiltenljppotljefen beS einbringenben römifdfjen 9%ed^ted waren jwar
ein primttioeS 2Rtttel, aber fie waren ein bequemes ÜWittel,
benn fie appellierten nid&t an ben guten SBillen unb bog Sßflidfjt*
bewu&tfein trofeiger unb eigennüfctger Beamter unb SBormfinber,
fonbern fie waren ft$ in fid^ genug, ba£ ©efefc fdfjfifcte unmittelbar,
wen e£ gefdfjüfet wtffen wollte.
SBaS nun aber bie übrigen gefefelid&en ^ppot^efen betrifft, fo
bebarf baS SSor jugSredjjt be£ Staates wegen ber ©erid&tsfoften,
©teuern, gorberungen aus Äontraft unb Verwaltung jur (Srflärung
unb 33egrünbung nur beS &inweifeS barauf, bafc bie 3*ü/ tn ber
wir uns im ©eifie befxnben, eine 3«t ifi entfte^enber ©taaiSwtrtfd&aft
unb beginnenber gisfalität1.
2)ie Ätrdfje, bie Äranfen* unb 3lrmenanftalten, bie
Äommunen, bie getftlidfjen Sruberfdfjaften ^aben, wie
wir gefefjen fjaben, gefefclid&e fcgpotljef nebft 33orjugSre<#t am 5Ber-
1 §eu8ler, ßonfurSproaefc, 6.228: „$er Storjug bed gemeinen ©uteS, be&
giSfufi, ift fd)on barum eine neuere 3bee, weil ftd& ber Segriff ber ©taatS«
geroalt unb ber Slu&flüffe berfelben erft mit ber neueren 3eit au8ge6Ubet §at . . .
(Sin Privileg beS Staate« unb beö Staatsgutes Mlbete fi« erft, aK biefer $e»
griff fefte SBurjel gefaxt f)atU."
— 119 —
mögen tfjrer SBertoalter. 9Cu<$ biefeS fann uns nidjjt tounber nehmen,
ba bet Staat trofc unb toegen ber ©rftarfung ber ©taatöibee in ber
Äird&e unb tljren Attributen, ferner in ben ftommunen unb Stiftungen
jroar nur 2Berfjeuge feinet SBiffenä unb fetner SRadfjt, aber eben bodfj
^dd^ft millfommene Reifer unb SBerfjeuge erblidte unb fte afe ©rfafe*
anftalten auf ©ebieten Ijod&fdfjäfcte, too feine eigene Äraft oorläuftg
nodfj nid&t auSreidfjte.
•Run nodf) ein paar SBorte oon ber gefeilteren ijjppotyef be$
iQanbmerferS an ber oon il>m reparierten ober bearbeiteten ©ad&e.
©djmib begrünbet fte bamtt, bafj ber &anbn>erfer burdjj feine Strbcit
„bte Äonbition ber übrigen ©laubiger beffer mad&e" (ju &R. XXXII 1
n. 3) unb gibt ifjnen (n. 1) fogar ein SBorjugSredfjt nadfj Analogie ber
inremversio (©teile IV): „33et uns ftnb täglidfje (Stempel, n>o man
SRaurer unb gfmmerleute jur ^Reparation oon baufälligen Käufern
unb anbetet ©ebäube mit bem @ebing aufftettt, bafc fte nad& aUm
beigefd&afften Baumaterialien um getoiffen £agloljn mit i^ren ©efeffen
ben Sau führen foffen auf i^re Soften unb ©d&äben. 2Benn nun
ber Sau fertig unb alfo ^ergefiefft toorben, ba& fein geiler ju finben,
ber Bauherr aber unterbeffen erarmt unb auf bie ©ant fommen ift,
genrife fef>r Ijart wäre e$, bafj ein foldfjer 9Reifter, ber feinen
äufjerfien gleifj angetoenbet fjat, erft mit ben ©emeingläubigern an*
fielen folle, bie mit &t)potl)ef bebeeften ©laubiger aber, beren ©adfje
[= Sage] fte oerbeffert l>aben, iljnen oorgeljen f offen."
SBer badete bei biefen SBorten ntd&t an bie heutigen 33e-
ffrebungen, ben ^orberungen ber Sau^anbtoerfer eine
beffere ©idfjerung ju oerf d&affen ? S)er burdj) bie 33auf)anbtoerfer
gefdfjaffene SWeljrtoert foQ ju iljrer oorjugStoeifen Sefriebigung referoiert
bleiben, ©o gefunb alfo ber oon ©djjmib auägefprod&ene ©ebanfe
mar, fo mangelhaft mar feine Ausführung. 2)aS gefefelidfje
5ßfanbred&t beS iganbioerferS (gleid&urie ba3 tljnen oon ©d&mib bei»
gelegte SBorjugSred&t) ergriff nämlidfj ba3 ©runbjlficf nid&t nur, fotoeit
ber ©ebäubetoert reifte, fonbern ging barüber IjtnauS. 3- 89. auf
einem ©runbfiüdf, ba$ 500 toert ift, roirb ein ©ebäube aufgeführt.
3)ie &anbtoerf erlogne betragen 1000, ba$ ©anje §at einen 2Bert oon
2000. @3 entfielt ein Sranb, ber SnwefenSwert ftnft auf 1000.
2)ie übrigen ©laubiger faden au£, obtooljl bie „Bereicherung" ber
SRaffe burdij bie $anbmerfer oielleid&t nur 500 beträgt. 3roifd&en
Saufteflemoert unb ©ebäuberoert mürbe fein Unterfdjjieb gemadfjt1.
2)ie oon ber preufciföen Regierung 1897 ff. wröffentti<$ten ©efefc*
— 120 —
Stodj genug ber ©injelljetten ! @$ lag gemifj im (S&arafter
jener &t\t, wo alles nadj feinem SBerte fürs (Semeinnwtjl gefdjäfct
mürbe, baf$ aud) bei ber geftfefcung ber SRangorbnung ber ©laubiger
reglementiert mürbe unb bie ©laubiger flafftftjiert mürben je
na<$ ber Sebeutung, bie ber Staat ben betreffenben
3>ntereffen beilegte. 3)ie prtoilegierten QwottyUn bilbeten
eine 2lrt Slbel, bie Sßfanbprimlegten felbft ein ©tü<f ber bamaligen
Sßrioilegienmirtfdjaft überhaupt. SDaS jetgt fu$ befonberS in
ber Steigung jur SluSbeljnung ber Sßfanbprinilegien unb
in iljrer SBerme^rung mit juneljmenber ^Beliebtheit ber 5ßrioilegien=
erteilung als eines SJWttefe ber 2Birtf<$aftSpülitif. SBenn man ein
Sntereffe befonberS begänfiigen mollte, t>erliel> man fiäufxg ein Sßfanb*
prioileg. Site man j. 93. im Scfyxt 1662 megen einer 3Kifjerote baS
Äapital ermuntern mollte, ben Säuern unter bie Slrme ju greifen,
eröffnete man ben magemutigen ßrebttgebern bie äfosjtd&t auf abfoluten
SSorjug t>or ben anbern ©laubigem, alfo audj vor ben mit einer
älteren SBertragSt^potljef oerfefjenen. (-Rareres § 19.) 2)er be*
fannten ©enferfdjen £ud$anblungSfompagnie, einer ber erften unb
bebeutenbften merfantiliftifdjen Unternehmungen SBapernS, gab man
gleidj bei t^rer ©rünbung (1689) ein jus praelationis megen aller
üjrer gorberungen x, unb ate btefeS Unternehmen 1728 auf bie Sanb*
fdjaft überging, betätigte man btefeS Spritrileg3 unb präjifterte eS
baljtn, baft bie betreffenben gorberungen gletdj nadj ben ©teuer*
forberungen be3 ©taateS (©teile IV b) fommen foHten84. (2ludj
biefeS 33orjug3recfjt galt alfo, menigftenS feit 1728, ni<$t nur gegen«
über ben älteren gefefclidjen iQ^potljefen, fonbern aud) gegenüber ben
älteren SBertragSl^potljefen.)
SDurdj btefeS 3u^be^e|en etneS fdjon bei ber ©eburt ben
SobeSfeim in ftdj tragenden ^rinjipS - mürben bie SBorjugSred&te
entwürfe gut Sicherung ber Sauforberungen berütffttt)tigen biefen ttnterfa)ieb
,Saw>ermerf", fteftfefcung beö SaufteHentoerteS bura) »Saufajöffenämter*).
1 Äreittmagr, 3lnmerfungen jum Cod. jud. oon 1757, XX 19 a.
2 Äreuter, Setträge jur @eftt)id)te beä SBoHengew. in Sapern im 3*italtet
beS SKertontilfoftem« (Dberbaoer. «ra)h> für ®efö., 50. Sb.) ©. 288. — Ar.
fct)cint gu behaupten, bafj baS Sßrimleg 1728 sunt erften 3Me erteilt toorben
ift, ftef)e bagegen 9tote 1.
8 ftreittmanr, a. a. 0.
4 3n SBürttemberg würbe 1737 bem SubnrigSburger 3ua)t» unb Arbeit*«
Ijaufe ein abfoluieS Sorjugäredjt gegeben unb btefeS $rioi(eg noa) 1810 (!) auf
alle 3ua)t«, SBaifen* unb 3rren$äufer ausgebest (2Btta)ter I 610).
— 121 —
naifirltd) nid&t oernünftiger, ein Sßrioileg ftanb bem anbern
im Sßege, unb ber ©d&luft toar allgemeine ttnftd&erljeit.
9Kan foQte nun beulen, bafc eine fo mangelhafte unb in ft<^
oerfe^lte ©mrid&tung bei allen benfenben Äöpfen auf einfümmige
Gntrüfhmg geflogen fein müfcte unb nur com 35ogma oon bem allein
glfl<fli<J) mad&enben römtfd&en SRed^te fönnte getragen toorbeu fein,
unb befonber* toer t>om heutigen entnridfelten ^tjpot^efenraefen rüdf*
wart* fdfjaut, bem erfdfjeinen bie gefefclidfjen ijjppotljefen unb bie
$fanbprfoilegten afe tttoa* frembarttgeS, in ba$ er ftdEj ferner hinein*
finben !ann. Qn SBirflidfjfeii waren bie lefeteren im 17. Qa^r^unbert
fein ©egenftanb prinzipieller SBermerfung ober 93e =
fämpfung. 2ßan na^m fte otelme^r als etwas ©egebeneS ^tnr
bejfen (Sjriflenjbered&tigung nidjt erfi erwiefen ju werben brause, weit
jie fi$ oon felbfl oerfielje.
äfe e3 fWj bei ber SBorberatung be8 ©efefcgebungSwerfeS oon
1616 barum Rubelte, melier Umfang bem SBorjugSred&te ber ©runb*
Ferren gegeben toerben foHe, braute bie Regierung Straubing l gegen
eine attjuweite Slu^be^nung 2 biefeS SBorjugSred&teS ein Sebenfen oor.
2)iefe$ ging aber nidfjt ba^in, baft baburdj bie übrigen ©laubiger über-
haupt ober bie mit einer 33ertrag3l)t)poti)ef oerfe^enen ©laubiger be=
nadjteiligt mürben, fonbern bafc babei „anbere ebenmäßig prioilegierte
©laubiger, fo ältere gorberungen fjaben, beoorab be3 ©dfjulbnerS
eijetoeib mit tyrem fieiratgut, weldjeS fte ifjrem SRanne, gletdfjwie
bcrfelbe bef Raffen, oertrauen unb in föanben laffen mufj, ganj unb
gar ba^inter bleiben" mürben; worauf ber &ofrat felbft mit bem
aud bem -Waturredfjt hergenommenen ©egengrunb aufwartet, quod
eiusmodi accidentia non semper possint evitari, et quod
propter abusum non debeat tolli usus. 3flan betrachtete alfo bie
bebenflid&en Sirfungen ber SBorjugSred&te nur als 31 u 8 w ü djj f e ber=
felben8, unb aud& bem burdf) bie gefefclidjjen &npot&efen gefdjäbtgten
©laubiger fonnte man oorfjalten unb Ijielt man oor, baß er jtdjj tbm
fyätte informieren follen, ob unb weldfje gefefelid&en J§npo*
tiefen auf bem ©runbftüd laften4.
1 $ofrat8guta$ten ju (Santpr. II 9.
1 »öl. unten @. 200.
8 Sgl. uudj Lischke (praeses Gribner), Diss. de origine et aequitate
tacit. hypoth. 1732 § 8: „. . . non ipsae tacitae hypothecae, Bed fraudes
circa eas obvenientes praecidendae sunt."
4 «gl. GQUngentptrg ©. 78 (nadj 8erli$ concl. II 29 n. 85): „Creditor
. . . sibi imputare debet, quod non diligentius et accuratius in con-
— 122 —
2)ie ftißfdjmeigenben Sppot^efcn unb bie a3orjug3red(jte fd&einen
alfo im 17. 3aljrl)unbert ben &öl)epunft tyrer Ijiftorifd&en ©ntroicflunfl
nodj nidjt überfd&ritten ju fcaben unb mtfyx ofe 2Bol>ltat benn als
Sßlage empfunben morben ju fein. 3(n einer 3*it, rox> felbft bie oer*
nünftigften Seftrebungen eines eifrigen ©efefcgeberS in ber 3fa3*
füfjrung immer auf ©djmierigfeiten [tieften, immer an ben flippen
Snbolenj unb &erfommen fdjeiterten, ba mären 9Wafjregeln, bie
von felbft, otjne menfdjlid&eS 3u*un, wirften, rotttfommen,
unb gerne üerfdfjmerjte man um ihretwillen mandjeS in i^rem ©efolge
auftretenbe Übel.
@rft im 18. 3al)rl)unbert begann mit ber freieren Stellung ber
Styeorte gegen baS römifdje Sftedjt, bie ben S31id für beffen 2KängeI
fdjärfte, ber 2lnfturm auf bie gefefelidjen iQppot^efen unb 5Borjug3-
redjte. SDie ©djtlberung biefer Vorgänge gehört nidjt mel)r in ben
Stammen ber twrltegenben 3lrbeit.
^weites KapiteL
|>te JlitffhQt bes $ntnb0ernt äßet bat &xebitx>ex&t§x
her #runbuntetfanen.
§ 6.
9a0 1&tTl&tix&xzyiit tftx grmtbfctren $auBrngüfer
im allgemeinen-
Site ber bauerltd&e ©runbbepfe in 2lbl)ängigfett tum ben großen
©runbfjerren geraten mar, tibU btefeS SBerljältnte aud? auf ba« 9%ed^t
jur Verfügung über ben bauerltdjen ©runbbefifc feine SBirfung.
SBenn eine bäuerlidje ©runbgered&tigfett oeraufcert werben wollte, fo
mar bie SBeräufeerung ntdjt auSfdjliefcltdfj ©adje beS SeftfcerS, fonbern
ber Dbereigentümer , ber ©runbijerr Ijatte ein SBort, ja fogar feljr
ditionem debitoris . . . inquisiverit, id quod tarnen cuivis contrahenti in-
cumbere et creditori cuivis primas inter curas esse debet."
— 123 —
Diele SBorte babei mttjureben. 2Bie oor^er ba3 Berfügungäredjjt be&
©injelnen in bem BerffigungSredfjte ber gamüie, biefed in bem 58er*
fügungSredfjte ber aRarfgenoffenfdfjaft eingefapfelt mar, fo gab e$ für
ein JjoftörtgeS ©runbftütf feinen anbeten 2Beg ber Beräufcerung, al&
burdfj ben ©runbljerm tyinburdE). 2)er ©runbljerr $atte bei
ber Beräufjerung immer feine &anb im ©piel, er ^atte bie Bor*
Ijanb1, bie Bwifdfjenljanb, unb cr fotberte &anblol)n. aber,,
wie wir fd&on ©. 17 J)eroorgel)oben Ijaben, bie Überreste ber
gamilie unb ber 3Karfgenoffenfdfjaft waren burdfj ben
Übergang be3 bäuerlid&en ©runbbefifeeS in bie ©eroalt be3 ©runb-
Ijerrn mdfjt untergegangen, nidjt ganj oerbrängt roorben, fonbern fte
ttattn in Äonfurrenj mit bem Überreste be3 ©runb^errn.
®enn roenn audfj bie Autorität be3 ©runb^errn über ben genoffen*
fdfjaftüd&en ©eift ben ©ieg baoontrug, fo blieb bodfj bie genoffen-
fd&afilid&e Drganifation befielen, ja fte fdfjöpfte befanntlidfj avß ber
©runbfjerrfdfjaft neues Seben: SDie SRarfgenoffenfdfjaft befam eine
tmmardjifdjje ©pifce, fie rourbe jur ig o f genoff enf <$aft, baS 3)orfredf>t
würbe jum ißofred&t, ba3 ©orfgeridjt junt iQ of geriet.
3)a3 BerfeljrSred&t ber Bauerngüter in feinen Bedungen jum
©runb^errn, jur gamüie unb ©emeinbe ift in ben fogenannten
SBeiStfimern, b. %. ben Beurfunbungen ber i&of* unb SDorfredfjte,
niebergelegt. 2lu3 benfelben ge^t Ijeroor, bafc bie 3lrten ber 33er*
äufcerung, bie bei Bauerngütern in Slnroenbung famen, fdfjon red&t
jaljlreidfj roaren2. 9?amentli($ bie ©afeung roar nidfjt nur bei
großen Ferren beliebt, fonbern fd&eint gegen @nbe be3 Mittelalter^
au<$ bei ben Bauern ein gebräud[jlidfje3 SRittel geroefen }u fein, ftdf>
au£ materieller SWot ju Reifen.
BaramtSredfjt ju -Kaufen unb Äletljetm (15. Qaljrijunbert)*:
„3)er oor Sirmut ober oon anber ©adfjen unb Breften feinen ge*
n>5&nlid&en Dienfi meinen Ferren nidfjt geben mag, berfelb Bau-
mann fyat ©eroatt }u oerfefeen einen 2Icfer ober ein SBieSmab au»
bemfelben ©ut ju 3 3af)ren."
3n ber Siegel bebarf eS jur Berfefcung ebenfo ber ©inroiHigung.
be$ ©runbfjerrn, roie jur Beräufcerung.
1 6<Jon na$ ber Lex Sax. tit. 64«
9 Grimm, SöeiStümer VI 112: »erlaufen, oerfefcen, oerföaffen an feinem
(e|ten, Dertütmnern, Überging nehmen, oern>ea)f dn; III 668: oerfaufen, oerfefcen,
tafeln, rainen, teilen.
• Gbenba III 668.
— 124 —
&of)enafdjau *: „©£ foß fein UrbarSmann feinen ©runb, toeber
SEBiefen ober 2Wer, auf für} ober lang aufjer be£ &erro oon
grepberg SBetoittigung oerfefcen."
I.
SDa bie SluffidEjt be3 ©runbfjerrn über ben untertänigen ©oben,
ioie erwähnt, burdjj bie in ben oerfd&iebenen grunbljerrlidfjen Sejirfen
oerfdjiebenen ©ebräud&e unb ©afeungen geregelt war, fo tarn ba3
£anbredf)t erft fpät baju, fxd& biefeS 3™eige3 ber Sftedfjtöorbnung
■anjuneljmen. SDie erften (Spuren baoon finben wir in ber £cmbe3=
arbnung oon 1553. Stbcr erft bie Äobiftfatton oon 1616 orbnet
bie Sßer^ältniffe ber bäuerlichen ©eredjtigfeiten planmäßig, freiließ
tiid&i o^ne bem &erfommen (bem i§ofre<J)t) in oielen fünften feine
Geltung p beioffen. 33eoor wir aber ba3 33erfef)r3red()t ber Sauern*
guter nadj ber ßobififation oon 1616 unterf udEjen , muffen toir auf
bie oerfd&tebenen Strien ber bäuerlichen ©runbgered&tig-
feiten einen Sälidf werfen.
2lm leid^teften ju begreifen ift ber Unterfd&teb jtoifd&en ®rb*
{jeredfjttgfett (@rbred£jt) unb ßeibgered&tigfeit (Seibrcd^t , fieibgebing).
SBorin fie ftdfj unterf Reiben , ba3 fagt tljr -Warne. S)ie ©rb*
<jeredjjtigfett ift oererbltdjj, bie ßeibgered&ttgfeit ge^t nur
bi^ jum £obe be3 ©runbtjolben (auf ßeiblebenlang) ; toenn fie
©Regatten oerlietyen ift, bis junt £obe be3 Überlebenben ©Regatten
<£>oppelleibredfjt). S5er prafttfd&e Unterfd&ieb jtoifdfjen ©rbredfjt unb
Seibred&t mar aber ntdfjt fo groft als ber red^tlid^e. 35ie „33er-
treibung ber ©rben beS SeibredEjterS" mürbe nämli<$, wie ber Urbare
<jebraud& fagt (©. 86), „feiten praftijiert", unb ber UrbarSgebraudfj
«rflärt bieg für billig „wenn nid&t anbere Sebenfen oorljanben,
bergleid&en Sebenfen genugfamli<$ ifi, bafc man einmal Unterbrudjj
madfje unb bem Qn^aber babei ben Unterfd&ieb jtoifdfjen ©rbredfjt,
gteiftift [ftelje unten] unb Seibred&t roeifen tue". SKatürlidfj mufcte
t>er ©rbe beS Seibred&terS bei ber Übernahme be3 &ofe3 eine abgäbe
<m ben ©runbljerrn jaulen, nämltdjj ba3 ßeib g e bin g gelb, ein
tWittelbing jtüifdfjen &anbloljn unb Kaufpreis2.
3u biefen beiben igauptgattungen oon bäuerlichen ©runb*
^eredfjtigfeiten fommt baS Sau ernteten. ©3 ifi iurifHfdjj fielen
1 $ee$ ©artwig, 8olf*tmffenfc$aftad&e ©tubien, ©. 292.
2 Ur&ar8geBraud& 6. 88: „. . . fott man orbinari $ä§er, benn mit 5 fl.
<mf 100 ge$en*.
— 125 —
mit äbgabenpfRd&i. Stauer wirb es in Sapern metfienS Seutel*
leiten, feltener ©adfleljen genannt, inbem an Stelle ber Se^entxeue
materielle Seiflungen treten. SDie abgaben befielen in ber 3a$lung.
oon 5°/o be3 SBerteS bei Anbetungen in ber Sßerfon be$ ßeljen**
§errn ober SeljenSmanneS (ßefjenretdf)). Som ©rbredjjt untertreibet
ft<$ baS Seutelleljen begrifflich baburd), bafe bei biefem ber Sauer
feine iäf>rlid&en abgaben (©ttft unb SDienft) ju entrichten brauste.
£atfä$H$ waren biefe aber audjj beim Seutelleljen in Übung,
(fraft igerfommenS ober ©tiftbrtef e$), fo bafe, wie ber Urbar3gebrau<$
(©. 72) fagt, bie Seutellel)en ben @rbred&ten „fd&ier burd&geljenb*
gletdfjgemadjt" toaren.
SMe oierte Slrt . oon bäuerlichen ©runbgeredfjtigfetten mar bie
greiftift (genauer: greifttftgeredfjtigfeit) ober ber Ferren«
gunft. 3m 16. 3fal)rl)unbert fd&eint über ben btnglidfjen ©l)arafter
ber greifttft ©treit jioifd&en ben ©runbtjerren unb ben
Sauern beftanben ju $aben. ©einem Flamen nadf) ift biefeS Seftfc*
red&t ber Sauern ein fef)r unftdjjereä, benn ber Sauer fonnte nad>
freiem Selieben be$ ©runb^errn jeberjeit abgeftiftet werben. $ie
©runbljerren unb üjre furiftifdfjen Serater1 wollten in jenen 3*itm
ber Steigerung be$ greife« ber Slgrarprobufte bie greifiift plöfcli<$
at£ reinem SpadfjtoerfjältniS im römifdfjen 3ted&t3ftnne be^anbelt roiffen,
bie Säuern miberfirebten unb beriefen ftd& barauf, bafe fte ü)r SRed^t
oom Sorbeftfcer erfauft Ratten, ©ie unterfte^en ft<$ — fagt ba&
Sanbbot oon 1516 (f. 42) mit Unwillen — i^ren &errf d(jaften , fo
biefelben iljrer -Kotburft unb ©elegenljeit nadfj ifjre iQöfe unb anbere
©fiter auf bem Sanbe anberen SReiern oerftiften, „otel S)rang3 unb
SRutwittenS ;u beweif en, audfj nid&t aSein gegen tyrer &errfcijaft,
fonbern audf> benjemgen, bie an ifjrer ftatt aufgeftiftet werben, ft<$
bro^tidj) unb in anbertoeg faft ungefd&idft ju galten unb über ber
£errfd(>aft 2Bitten in ben ©fitern ju bleiben, aud& baburdf) ben ÜReier,
fo bie fcerrfd&aft barauf ju ftiften oor $at, ju bedingen, i^ren
©unft unb SBillen, wo er anberä ju bem ©ute fommen unb baÄfelbe
1 Sgl. ©runner, Seüjegroang (1897) 6. 11 : „SBenn man au$ ber romanifü»
f$en Surifyrubeng Jener 3eit ni^t gcrabeau ben SJoramrf bauernfeinblid&er ©e*
ftnnung machen barf, fo fehlte i$r bo$ ba* SerftönbniS für bie SRannigfaltigfeit
ber bäuerlichen ©eftyfonnen be$ beutföen 9fte$te3. 2)a ju beren Beurteilung
bad 9191. nur bie Segriffe ber @roj>a($t unb ber geitpacftt an bie $anb gab, fo
nrirfte bie 9te4t8oern>altung niocUiercnb unb braute fte jaljlreic$e 3&>if4en»
formen unter bie @$ablone ber 3eitpa<$t.*
— 126 —
mit SRulje unb oljne ©orge beftfcen will, oon tynen ju erfaufen". 3)a3
Sanbbot befiehlt, bic &ateftarrigen , aufeer fte weisen alfogleid^ auf
ber Ferren SBiHcn, in @ifen unb 33anb ju fdfjliefjen unb in ben
Wertet ju fd&leppen (©d&mtb ju SSR. XXI 4 n. 2).
35ic neue Drbnung ber gretftifte burdf) baS ©efefcbudfj oon 1616
fdfjeint auf einem Äompromtfj prifdfjen ben beiberfeitigen Qntereffen
ju berufen. 2)er i&errengünfiler fann „alle 3>al)re ju regtet ©tift*
jett" vom ©runbfjerrn abgeftiftet werben. „Sebodf) foQ ber ©runb*
^err entroeber beut Sffteter oergönnen, feinen ißerrengunft einem anbeten
tauglidjen 3fteier ju oerfaufen ober, ba er tyn nidjt wollte oerfaufen
laffen, bemfelben, juoor unb elje er vom ©ute abjieljt, baSjenige be*
jaulen, toie l)odf) bem 3Keier fol<$er ißerrengunft, aufterljatb ber
ga^rniS, in feine ©eroalt fommen, ju weitem audfj ju rennen ifl
fein ©rbteil, weisen er am iQerrengunfi gehabt Ijat; item ber
J&err foff iljm aud& roieber tyhtauSgeben ben ijieoor eingenommenen
2tnf all, unb fo ber 3Reier ttxocß SRam^afte^ an bem ©ute ge-
Jbeffert Ijätte; bagegen mann fid& ein 2lb fd^Icif befünbe, foDC ber
©runbljerr aud(j befugt fein, folgen an bem, roaä er fonft bem 3Weier
müfcti l)inau3geben, auf ju^eben unb abjujiefien. . . . SBoHte aber ber
©runb^err bem SKeier baSjenige, roie jefct gemelbet ifl, nidfjt bejahen,
fo ijat er nidfjt 3Kadfjt, üjn, audfj feineu Slblaufer, an ber ©ült ju
fteigem ober ju ijöljem, nodfj oom ©ute ju treiben" (£3i. XXI 5).
S)ie Sßolijeträte fyatttn oorgef dalagen, baf$ ber Käufer ober 6rbe
„mit bem ©runb^errn um ein ©ült, fo ba£ ©ut ertragen mag,
<ibjufommen, ober ben föerrerigunft einem anberen, ber fotd&e
©ült gebe, inner 2 Qa^ren . . . ju oerfaufen ober ju übergeben
fdfjulbig, ober ba er toeber eines nodfj anbereä tun toottte, für«
«gemenbeter SBefferung falber etroaS ju begehren nidfjt befugt fein"
folle, aber iljren SBorfdjjlag felbft mit einem NB! bejetd&net. Der
iQofrat Ijatte fidfj (®utad(jten) bagegen auägefprodjen mit ber
intereffanten Segrünbung: „Tale statutum pugnaret contra
naturalem aequitatem . . . quod domini locupletarentur cum
pauperum subditorum damno aut iniuria."
Dbrooljl bemnadfj beim £errengunft ber ©runbljerr ben SBauer
jeberjeit oertreibeu fonnte, wenn er i^m nur feine Auslagen erfefcte,
fo mar e$ nad& bem 3eu8^ff^ be8 Urbargebraud&eS (©. 100) über-
haupt „bodfj ntd&t faft gebräudSJig", ben &errengünfiler ab«
Sufiiften \
1 9Jgl. ,@teuerfragftuc!4' von 1721 (©c^mclalc ©. 413): „$>ie ®efa$t ber
— 127 —
SCrofc bcr SSerfdfjiebenljett jwtfdfjen @rbre<$t uttb Seutellc^cn
einerfeite, Seibredfjt uttb igerrengunft anbererfettö in bcr redfjtlid&en
©id&erl)eit beS 33eftfee3 bejlanb olfo in bcr SßrajtS fein grofeer
Untcrfd^ieb jwifdSJen biefen trier Slrten1 oon bäuerlidfjen ©ruttb*
gered&tigfeiten, benn wenn feine befonberen Umjlänbe e$ erforberten,
madfjte matt beim ßeibredjjt unb beim &errengunft oon bem 2ttfftftungS*
rechte unb bem barauS folgenben SlbgabenerljöljungSredfjte feinen
©ebraudf).
2lu3 biefer gleichmäßigen Seljanblung ber t)ier bäuerlichen
©runbgered&tigfeiten burdfj bie grunb^errlidfje Sßra£t3 erflärt e$ ftdfj,
bafc biefelben audfj tum ben Sauern in Sejtetyung auf tt)re 93er«
fiufjerung3fäl)tgfeit gleich ober annä^emb gleich beljanbelt worben
futb. SDie Seibredjjte unb igerrengunfte waren ebenfo SBerfeljrS*
objefte, SBaren, wie bie ©rbredjte unb Seutelte^en, fte fonnten
oerfauft, uerpfänbet (oerfdjjulbet), Ja fogar oergantet werbe«.
©antprojefc III 1 redjnet bie Seibgebinge (neben ben Seijen
unb ben ©rbredjjten) auSbrüdHidjj ju ben ©egenftänben, über bie ba$
©antoerfafjren oer^ängt werben fann, unb baS igofrategutadfjten ($u
©antpr. II 20) bejeid^net bie$ aU quotidiano usu iudiciorum
notissimum. ©d&mto fd&reibt (§u S3t. XXI 21 n. 5): „SBir
t>aben in unferem SBaterlanb über 100 bergleidfjen letbredjte ©üter,
wetöje ebenfo wie bie ©rbredjjte in &anbel unb SBanbel fielen, oer*
fauft unb burdjj uerfdfjiebene ßontrafte oeräufcert werben", wobei
man aber, wie au$ bem folgenben ju erfe^en ift, auf bie 3af)l 100
fein ©ewidfjt legen barf. 2ln einer anberen ©teile (ju ©antpr. II
9 n. 5) fagt nämlid& berfelbe ©d&riftftetter , bafc ein Seibredfjtegut
„mit ÄonfenS be$ ©runb^errn mit ©Bulben fönne belaben unb t>er*
pfanbet werben, weldfjeS faft täglich ift, unb biefem nadjj audfc
oergantet werben"2.
Xutftiftung . . . gefü)ie$t . . . feiten, aufeer bem lüberlia)en Untertan . . . ©inb
alfo bie oeranfeitete gfreifttften fo gut . . . für ben Untertan a(£ bie @rb*
geregtigteiten/
1 über eine fünfte — feltenere — Art, bie SReuftift, fte$e §au$mann @eb.,
©runbentiafhmg in Stauern, ©. 38.
8 $g(. au* ©alsburg ®luemblaü)er ©. 233: „Ad bona Vitalitia, bie
£eiftgebinggüter, quod attinet, . . . deeidi potest, quod etiam in executionem
et Bubhastationem capi queant . . . Si enim Vitalitia bona, bie £eibgebing-
güter, statim post mortem ipsius, qui vitalitium aeeepit vel emit, per
Dominum revocarentur, in emendis eiusmodi bonis vitalitiis Subditi non
enormiter tantum, sed enormissime laederentur, cum semper sab certa
— 128 —
SBaS aber ben &errengunft betrifft, fo Ijaben wir oben ge-
feiert, bafc ba$ SWed^t be$ ißerrengfinftterS meifi auf entgeitlidjetrt
©rwerb beruhte. S)af$ hierunter au<§ bie Übernahme einer ©djulben*
laft ju oerftefien tji, baß ber ißerrengunft alfo oerfdjulbet werben
tonnte, ergibt ftdj aus bem ©efefee (SSR. XXI 4). SDiefeS fityrt
nämlidj als Seifpiel be£ entgelttid&en ©rwerbS eines £errengunfte*
an: „ba er ein namhaftes ©elb bafär bejaht [33arfauf], anberen
ßrben üjr Erbteil . . . IjinauSgeben muffen [Übernahme fc mit 2lb*
finbung ber anberen @rben] ober einen ©djulbenlafi auf ftdS) genommen
[Sfteftlauffdjillmg] ober e3 mit anberen bergleidjen Sefdjwerben an
t^n ober feine SBorfaljren tommen [©djulbenübernaljme]."
SeutUdjer afe bie£ nadj ben bagerifd&en Duetten möglich ifi,
brüät fidj ber ©aljburger S3luembladjer aus, namentlich audj über
bie $er gantung3möglidjfeit: „ [Consuetudine nostri Archie-
piscopatus] bona vitalitia et precaria, bie Seibgebing* unb gteiftift*
guter, hucusque indifferentes in subhastationem et executionem
capta sunt; licet itaque de Jure [communi] executio in illa
fieri non posset, tarnen quia in hisce terris consuetudo ita
invaluit et sie quotidie practicatum est, merito adhuc im-
posterum ita observari debebit" (©. 245).
Sie bciuerlidjen ©runbgered&tigfeiten waren alfo oeräufjerlidjj
unb ftanben im SSerle^r. 6I)Iingen&perg (©. 64) fagt generell:
Emphyteuses in commercio sunt; unb ber ©aljburger Sluem-
blauer brüdt ft<$ ebenfo allgemein aus (©. 221): „Bona Emptay-
teutica ... de consuetudine et praxi citra ullam difficul-
tatem ubivis locorum subhastari et in executionem aeeipi
solent", woraus folgt, bafe fie audj freiwillig oeräufcert werben
tonnten.
illa spe et opinione emant, quod etiam in heredes suos transmittere pos-
sint, et res brevissime eo redigeretur, ut nemo amplius ullum bonum Tel
praedium vitalitio jure emeret."
2)a8 SRedjt be$ ßäuferS etneg Seibrett)te3 am ©ute nannte man „äuftonb".
2)er 3uftanb bauerte rea)t(ia) bis )um £obe beö SeibrecfcterS. 3)er 3uftänber
Ijat, tote ber Käufer beim @rbrea)t ben SInfatt, bem ©runb^errn eine Abgabe,
baö guftanbögelb, alfo ebenfalls eine 2lrt oon Saubemium, ju entrichten, ©eine
§ö> richtete fta) naa) ber §ö$e beä SeibgebinggelbeS. äßitt beim Ableben be*
8eibrea)ter8 ber guftänber ba8 ©ut erwerben, fo foK i$n ber ©runb^err *o$ne
billige Urfadje nia)t baoon ftof}en" (UrbarSgebraudj ©. 95).
129 —
IL
3)ic SBeräufterung ber bäuerlichen ©runbgeredfjtigfeiten mar ge*
roiffen 33ef<Jjränfungen unterworfen. 2Bir motten bie brei Ijaupt«
fadijlidfjften Sefdfjrfinfungen nadfjeinanber befyanbeln1:
1. 3)ie Bauerngüter unterlagen einem boppetten @inftanb£*
redete, nämltdf) bem @inftanb3red£)te be$ nädEjften @rben (©.34)
unb bem beS ©runbEjerrn (£5». tum 1616 Sit. 10 2trt. 1, 14, 15).
35er ©runbfjerr getyt bem nädfjften 33erroanbten nor. SBä^renb biefer
ba3 (Sinftanbäredjt nid&t ju ©pefulationSjroedfen ausüben barf (©. 35),
fteljt e3 bem ©runbtyerrn frei, ba3 SRetraftgut „geroinnSijalber" an
fid> ju littyn (3lrt. 5, ©dfjmib ju n. 18). 2)er SScrfaffer be3 Urbare
gebrauch (©. 14) betrautet ba3 (SinftanbSredfjt fogar als SWittel
jur Steigerung ber ©runbgülten, inbem ber ©rmerber tnettetd&t burdjj
S3ebrol)ung mit bem (SinftanbSredjt „ftdEj f Freden laffen unb größere
©ttften auf ftd^ nehmen mürbe". 2)ie3 fei aber, fo fügt er r>or=
ßdjjtig ijinju, „mefjrerS ju ben $eiten Ju ptafti gieren , menn bie
©üter unb ba3 ©etreibe roürbig, afe menn fie gar in ätöfdfjlag finb".
Seim ßmangSnerfauf ijat ber ©runb^err, mie audfj ber näd&fte
erbe, fein (SinftanbSredfjt (2lrt. 19) 2.
2. 2)a3 ftmbred&t von 1616 ift audfj ba$ erfte bagerifd&e ©efefe,
baS bie Saubemien ju regeln unternimmt. 3Me Anregung baju
mar vom ißofrat ausgegangen8 unb bamit begrünbet morben, bafc
„täglid&e ©tritt beSfjalb oorfommen", unb bafj „man hierin bod& ein
gemiffeS Sanbredfjt Ijaben" foUte. Sie entgegenfteljenbe ©d&mierigfeit,
93erfdjiebenl)eit ber ©erooj)nl)eiten in ben uerfdjiebenen ©egenben
SaijernS, fönne baburdfj gelöfi werben, baft man bie abroeid&enben
Sraudfje in einem befonberen Slrtifel aufrechterhalte.
Viererlei fragen münfd&t ber igofrat entf dfjieben ju fe^en:
a) 9la$ gemeinem SÄedjjt4 fei bei SBefifcänberung burdfj
Vererbung auf bie 35efjenbenten beS erften ©rmerberä
ein fiaubemium ntd&t ju jaulen. Dagegen motte „faft für ein ßanb&
gebraut mm SSielen angejogen merbena, ba& bei jeber Seftftänberung,
1 Über ba* ®üter3ertrümmeruna,Soerboi fic^e ©. 176.
* über bad ©inftanböre^t be« ®runb§errn an ben 3ubaugrunbftütfen
feiner Säuern fte$e 6. 181.
8 $ofrat*autaa)ten ju Sanbrea)i XXI 24 fol. 327 ff.
4 Worunter ift bei bäuerlichen @runbgerea)tia,!eiten immer bad 9tea)t ber
Ciitp^teufe su verfielen.
Colcn, Oerftyilbuitg. 9
— 130 — >
alfo immer, menn ein neuer Sefifeer auf baS ©ut fomme, ber 2tnfatt
b. $. ba3 Saubemium gereift merben muffe. 35er &ofrat wiffe aber j
feinen gatt, bafe bei iljm ein fold^eö ©emol)nl)eiteredf)t gerichtlich fefc
geftettt morben mare. @r beflreite nid&t, bafj ber größere £eil ber
©runb^erren oon jeber Seftfeänberung, audf) menn ba$ ©ut nur t)on
ben Altern auf bie Äinber übergebe, einen 2lnfatt neunte; aber eine
©emo^eit fei nodfj fein ©emo^nljeitöredfjt, ein Ferren brau^ nodf>
fein SanbeSbraud^1. ©8 fei nun aber „moljl ju bebenfen, ob man
aus bemjenigen, ma^ feitljero beSfattS befd&etyen, atebalb ein Sanb*
redjt mad&en motte". 9Jlan bürfe nid&t nadj) ben tatfäc^lic^en 3u*
ftänben fragen, fonbern barnadj, meld&er 3uftanb ber münfd&enamerte
fei2. SDaljer muffe man bei ber gefefclid&en (Sanftion berartiger
red&tSmibriger ©eroo^nljeiten norftdfjtig ju SBerfe getyen. Übrigens '
fei ba3 ©an je audf) eine ©emiffenSfrage, „als mit 9tat ber Geologen
hierin ge^anbelt merben muffe". S)enn ba bie bäuerlichen ©runb=
geredfjtigfeiten meiftenS mit einem onerofen Xitel, alfo entgeltlich,
erroorben mürben, fo oerfiofce e3 gegen £reue unb ©lauben, ba3
Saubemium (oon einer unb berfelben bäuerlichen gamilie) mehrmals
p nehmen. SDieS mürbe nid&tS anbereS fein ate eine Sereidjerung
auf frembe Soften (locupletari cum aliena iactura et damno).
„Sann ba fidfj balb etliche XobeSfätte aufeinanber begeben unb ein
jeber neue Sefifeer, melier burdfj ©rbfd^aft ba3 ©ut befommt, auf
oorgeljenbe ©Haftung be3 ©uteS 5 fl. oon 100 jum SKnfatt geben N
fott, mürbe in menig ftaljren mit @rfaufung erfiltd& beä ©rbred&jeS,
fobann mit ben jäljrltdjen ©ülten, nodfj baju mit Steigung fo oieler
Sittfälle auf 3lbfterben ber oorigen Sefifeer ber ©runbljerrfdfjaft me§r
gegeben unb gereift merben, als baS Eigentum beS ©uteS jmetmal
mert ifi." @3 gebe feinen ftd&ereren 2Beg, feinen 2Beg, auf bem man
fidfj in conscientia meniger nergreife, als eS bei Sßerorbnung gemeinen
SRedfjtenS ju belaffen. 35od(j fönne baneben in einem befonberen
Slrtifel ftatuiert merben: „3)a eine ober anbere &errfdfjaft auf alle
[ft<$] begebenbe SSeränberung ber 33eftfcer beim ©ut, menn fdfjon
burdj @rbfd(jaft, als ba bie Äinber unb anbere ßrben abfteigenber
Sinie baju fommen, ben Slnfatt ju nehmen oon alters hergebracht,
ober ba es in SBerlei^ung ber ©ered&tigfett alfo bebingt morben, fott
1 Consuetudo dominorum — consuetudo quae inducitur contra jus com«
mune a populo recognoscente superiore.
8 „Non tarnen enim spectandum est, quid Romae factum sit, quam
quod fieri debeat."
— 131 —
e3 bei btefem alten igerfommen o§ne 9Kittel gelaffen werben unb
verbleiben", Staburdfj werbe bett ©runbljerren , meld&e bergletd&en
laudemia ex omni mutatione hergebracht, nidfjtS benommen unb
baneben „fein SBeg auf getan, bie armen Untertanen inSgemeüt ju
befc&meren'*, fonbem bennodfj „avaritiae dominorum, fo biefe
laudemia de novo einführen motten, etlidfjermafjen begegnet".
2lu3 ber ganfare mar eine ©fjamabe gemorben!
b) ©3 fei eine grofte -Jiotburft, aud& etroaS ©erotffeS ju ftatuieren,
ma^ jutn Sfof all gereift unb genommen merben fotte. SDie Regierung
Straubing beriete, etlicher Orte neunte man gar 10 ©ulben oon 100.
@r (ber iQofrat) miffe e8 nidfjt anberS, aU bafc 5 oon 100 bur<#s
get)enb3 lanbSgebräudfjlidjj fei. S)arauf möge bie IWeljmung be$
Slnfaltö moberiert merben. SBenn aber bie SSercmberung burdjj ©rbfatt
gefd>el)e unb bodjj ein ätafaff ju jaulen fei, fo fei ber Stofatt etmaS
niebriger ju bemeffen.
c) 3Ba3 ba3 fog. 21 b j u g 3 g e I b (2lbfal)rt3gelb) betreffe, fo
fei nad& feinem (beS ißofratö) SBiffen nid(jt gebräudjig, neben bem
Anfall ttmeß für ben Slbjug ju geben, unb e3 motte batyer flatuiert
merben, bafj für ben Slbjug nidfjtS genommen merben fotte, mo bie
feerrfdjaft biefeS SRed^t nidfjt oon altera über SBtonneSgebenfen fjer*
gebraut.
d) $laü) ber communis Dd. opinio fei bei ber 3wang$s
oeräufjerung ein ßaubemium nidfjt gefdfjulbet. S>te Regierung
(Straubing beriete jmar, in iljrem SBejirf befiele ba3 igerfommen,
ba& aud& bei 3roang8Deräuf$erungen ber Unfall gereift merben muffe.
3tDeifeilo$ märe eS oemünftig, bieS feffyufefcen, befonberä mit Sftüdf fidfjt
barauf, bafe ber ©runbljerr bie 3roan93oeräuJ3erung nidfjt t)tnbern
Örate unb baljer burd& frembe ©d&ulb, nämlidjj burdf> bie ©dfjulb
be3 abgekauften ©runbuntertanen, leidet einen ©dEjaben erleiben fönne,
tnbem er gehalten fei, ben neuen Seftfcer afe Naumann anjune^men1.
©ie Bejahung eines 2tnfatt3 beim 3ro<*n93t>er!auf fc{ geeignet, i^n
bafür ju entfd&äbigen unb aufcerbem bem SWifefianb be3 SelaftungS^
fonfenfeS auf 3ett (fa!)* unten) entgegenjurotrfen. —
3)a* ßanbred&t traf folgenbe «eftimmungen (XXI 21):
ad a unb d: S5er Unfall fott genommen merben, „fo oft ftdjj
mit bem 83efi$er eine SBeränberung juträgt". 3Mfo audjj bei ber
SSererbung oon ben ©Item auf bie Äinber, bei Übergaben, bei ber
Sn^eiratung ber ©utsfjälfte unb beim 3^ongöoerfauf.
1 8fll. unten @. 147.
9
— 132 —
@ine günftfge ©elegenljett ju einem bebeutfamen Anfang ber
Bauernbefreiung war uerf äumt worben!
ad b: 2)er SlnfaH beträgt 5 ©ulben oom 100, „töte bie @e*
redjtigfeü be$ @ute$ aufter ber galjrnis gefd&äfct worben", unb
nid&t meJjr, „wo aber bisher weniger im ©ebraudf) gewefen, babet
fott es bleiben".
ad c: „SBenn an einem Ort bie abfahrt neben bem äfafaH
ober 3ufta^ 8U nehmen bräudfjig unb funblidjj ^erfommen, mag
biefelbe an folgen Orten fürberljin audfj genommen werben."
©djjmib fügt ijinju (n. 5): „Sei uns ift berSJraudj, ba£ für
ba8 Slbfaljrtegelb nur 2 ©ulben 30 Äreujer, für ba3 Slnfattgelb
5 ©ulben, jufammen alfo 7 ©ulben 30 Äreujer oom 100 oom
©runbljerro geforbert werben: baljero benn biefe §ergebradjten
gewötjnlid&en ©eiber fowotyl bie erb- ate bie leibred&ten x Säuern
ofjne SBiberrebe ganj gutwillig bei jebweber SSeränberung bejahen,
unb wir ^aben bei feljr Dielen SBeränberungen feinen Sauer gehabt,
ber fidj ber Seja^lung wiberfefet tyätte".
3. SMe wtd&tigfte Sefdjjränlung in ber greü)ett ber Verfügung
über grunbuntertänigen Soben beftanb aber im ftonfenSredjte be3
©runbljerrn. 35aoon im nädjften Paragraphen.
§7.
I.
■Jiad&bem fdjon bie Sanbe^orbnung oon 1553 (III 15 Slrt. 7)
eS betlagt l)atte, baft „@tlid&e aus unb oon iljren oerftifteten ©ütern
etliche ©tudf unb ©runb oljne ü)rer fielen* unb ©runbtyerren SBiffen
unb äBiHen §tnjulafen [b. t). weiter ju oerftiften] unb etwa ju oer*
fefcen ober gar ju oerfaufen [ftd&] unterstehen", unb biefe« bei Serluft
ber ©eredfjtigfeit oerboten Ijatte, würbe 1616 ba$ grunW&errUd&e
ÄonfenSredfjt einge^enb geregelt.
3Bir muffen aber babei jwtfdfjen ber eigentlidfjen Seräufeerung
(woju audfj bie Serfefcung gehört) unb ber bloßen Sßfanboer*
fdfjreibung (^potljefenbeftellung) unterfd&eiben.
1. Sanbr.ed&t XXI 8: „3Beld&er 3Keier fein SeutelW&en , @rb*
1 8gl. oben ©. 124 (Seibgebtnggeft).
— 133 —
xed&t, Jßeibgebing ober iQerrengunft oerfaufen, fibergeben ober in anber-
weg oerfinbern toitt, ber fott e« tun mit 33enulligung unb
2Bif f en feinet ©runbßerm ..."
SBirb ba« ©efd^dft nidfjt beim ©runbljerrn oerlautbart, fyat alfo
jemanb anberer bie 33efiegetung, fo borf ber ©iegelfjerr nidfjt fertigen,
Toenn i&m mdfjt ein 2Billen«brief be« ©runbljerm, b. &.
eine Urfunbe über beffen Äonfen«, oorgelegt wirb (SßolJD. I 3
2lri. 3)1.
33ei 6rbteilung«oerträgen (@rbau«einanberf efcungen),
beren Sßrotofottierung an fi<# ©adfje be« ©eridf)t«§errn , ntdfjt be«
©runbljerm war, tjatte, footet ben Sefifc be« ©ute« anlangt, „fein
Sftidfjter 3Jtadfjt, einem ©runbljerrn oßne feine Senrittigung einen au«
ben (Srben aufjubrängen, fonbern roa« er be«fjalb Ijanbelt, fott alle«
auf be« ©runbßerrn ©utljeifcen befdfjeßen" (SSR. XXI 22, oergl.
unten ©. 139).
3ur 3toanBi8t)erfttt6erttttB (SBergantung) bebarf e« ber grunb*
Ijerrlid&en ©ene^migung ntdfjt fließe unten ©. 147).
3)ie folgen ber 33eräufterung einer bäuerlichen ©runbgeredfjtig*
feit oßne »emitttgung be« ©runbßerrn finb SSR. XXI 15 feft=
flefefct:
„SBerfauft er [b. ß. ber Sauer] feine ©eredjtigfett oßne 33or=
TOtffen feine« &errn . . . ober oerfefct e« oßne feine« igerrn 8e*
mittigung unb fibergibt« bem anbern mit rotrflidfjer @in =
antmortung au« feiner in be«felben &anb; . . . f o mag ber
£err ba« ©ut ... mit bem Stedjten [b. ß. auf bem 9?e<$t«n>eg]
einjießen, unb fott ber SWeter bem ©eridjt in bie ©träfe ge-
fallen . . . aud) bie befdfjeljene SBeränberung ober SBerfefcung aller*
bing« ungültig unb unfräftig fein."
SMe folgen Pwb: Ungttltigfeit be« ©efdfjäfte«, Sßerroirfung ber
©runbgeredfjtigf eit , ©träfe. 3)ie« bejteßt fid& nidjjt nur auf bie
SBeräufcerung, fonbem audfj auf bie SBerfefcung, benn ber ©runb ber
SBernrirfung ift bie (Sinantroortung an einen Unberechtigten oßne
Äonfen« be« ©runbßerrn. SDer ©runbßerr ßat ba« Siedet, bie ®e*
redfjtigfeit einzugießen; bamit ift nidfjt gefagt, baft er biefe« SRedfjt
in allen fallen ber fonfen«lofen SBeräufeerung, alfo etwa fogar beim
geilen einer bö«nrilligen 3lbjt$t, au«fibte. SDer SBerfaffer be« Urbar=
gebraute« fagt (©. 20) : ,,©odf> fteßt e« in bergleid&en Ratten ju be«
1 $ie SötttenSbrtefe follcn beim ®eric$i3$errn bleiben unb oon tljm auf»
bewahrt »erben.
- 134 —
> ©runb^erro ©efallen, ob er bie ©träfe ber Äabujität fällen ober ft($
etwa mit einer geringen leibentlid&en ©elbfirafe (tote benn ge*
meiniglidf) gefdjieljt) begnügen laffen motte."
3lber ntdjt nur jur SBeräufcerung einer bäuerlichen ©runb-
geredfjtigfeit beburfte e3 ber 3uftimmung be3 ©runb^errn, fonbern auty
2. ju itjrer Selaftung mit ©Bulben ober ffirjer: ju iljrer 33 er*
fdfjulbung. hierbei fommt oor allem bie ^fanboerfdjreibung
(Sgpotfjefenbeftettung) in SBetradjt.
SDie betreffenben Seftimmungen ftnben fid^ in bem älrtifet ein-
geftreitt, ber oon ber ^ppot^efenbefteHung Ijanbelt. @3 Reifet ba
(©antprojefj II 20) * : SWiänniglidj (mit 2lu3nal}me ber ©iegelmäfngen)
foH oor feiner orbentlidjjen Dbrigfeit (ober benen, toeldje fonfi bie
Fertigung ljaben) bie Sßfanboerfd&reibungen auf rieten laffen. 83or
„bie $Pfanboerfdfjreibungen" fteljt aber, mag toir jefet nad&tragen
muffen :
„unb , ba er einen ©runb^erm Ijat , mit Seroilligung
beSfelben"
unb im weiteren Verläufe be£ 2lrtifel£ finben mir femer:
„35a audjj ein ©runbuntertan feine beim ©ut ^abenbe @e*
redfjtigfeit oljne feinet ©runb^errn ^Bewilligung oerfdjrteben ober
oerpfänbet Ijätte, foll bergletd&en 33erfd(jreibung unb SBerpfänbung
ungültig unb bie ©djutb allein für eine gemeine unbefreite
laufenbe ©dfjulb ju galten fein."3
SSermirfung ber ©runbgeredjjtigfeit tritt alfo nidfjt ein, toerot ber
©runbfyolb oerfäumt, ben ©runbljerrn um feinen ÄonfenS jur
Sßfanboerfdjreibung ju bitten, fonbern nur Ungültigfeit ber Sqwo*
tljef enbefteßung ; barin befteljt ein großer Unterfdjieb jtoifdfjen bem
Äonfen3red£)t bei ber 33erfefcung unb bem üonfenSredjjt bei ber bloßen
Sßfanboerfcijreibung.
@ine ©onberbeftimmung (8». XXI 22) befielt für bie
2lu3träge:
„63 foHen audfj ebenfalls bie 2tu$träge berer, fo i§re ©eredjjtig*
feit übergeben, anberS nid&t, benn mit be3 ©runbljerw SemiHigung
bebingt toerben unb fonften nid&t jugelaffen fein."
1 »gf. oben ©. 87.
8 33eaüglid& ber ©eute liefen tft Sft. XI 4 ma&ge6enb: „SBitt @iner . . .
foldj ßeljen [2teutelle§en] in eines anbern #anb . . . oeränbern ober übergeben
ober ttmaZ barauf oerfdjretben, ber fott e$ tun mit Sornriffen unb 8en>iSigung
beö ge^en^erm."
— 135 —
Stafj her ©runbuntertan fein SReiergut o$ne ÄonfenS be3 ©runb*
$errn nidfjt mit ©dfjulben belafien, tnSbefonbere feine iQgpotfjef barauf
befleffen fänne1, wirb in ber Literatur unjä^lige SWale fonfiatiert,
unb bie ©d&riftfteDer berufen ftdj babei häufig ntdfjt nur auf ba£
©efefc, fonbern audj auf ben San be3 brau d&, nergl. j. 33. Gelingens-
perg ©. 72 : „. . . . non modo in Patria sed et aliis Provinciis
et in Praxi vi statutorum, consuetudinis et instrumentorum
emphyteuticorum tenore oppignorationem et hypothecationem
esse interdictum nisi consensu domini."
IL
63 fragt ftdjj nun : ©tef)t e$ im freien 33elteben be3 ©runbljerrn,
feinen ßonfen* jur 33eräufjerung (Sßerf dfjulbung) ju erteilen ? Ober ift
er an genriffe 33erroeigerung$grünbe gebunben?
2)ie 5ßolijeiorbnung beftimmt an ber ©teile, n>o fte r>om 2Billen$=
brief (ÄonfenSbrief) fprid&t (oben ©. 133), bafc ber ©runb&err ben
aBittenSbrtef, „wenn er bie SBenriUigung in ben Äontraft abjufd&lagen
feine redfjtmäfeige Urfadjje fyat ... non Rauben ju geben
fd&ulbig fein" foH. $er Slrtifel begießt ftdfj auf alle Slrten non 58er*
auf erung, audjj auf bie blofee SBerpfänbung. 2Ba3 er aber unter einer
folgen red&tmäfeigen Urfadfje nerftanben fjaben wolle , ba3 f agt ber
©efefcgeber — wemgftenS an biefer ©teile — nid&t2. 2Btr fontmen
alfo auf unfere porige grage jurüd, muffen aber nun roieber jroifd&en
ber eigentlichen SBeräufeerung unb ber blofeen 58er»
fdjulbung unterf dfjeiben.
1. 231. XXI 15 fagt ganj allgemein:
„9Da 6iner ein @rbred(jt, Seibgebing, ober eine anbere ©eredjjtig*
fett auf einem @ut Ijat, bem mag ber §err foldfjeS ju nerfaufen ober
ju üeränbern nidfjt mehren, bodfj baft er il)n junor barum begrübe8
unb i^m einen tauglichen 3Keier [teile."
1 @efe(U$e §l)|>oti)e!en bebürfen natürlich be* grunbijerrlia)en ftonfenfeft
ju üjrer <£ntftel)ung ntdjt. $ie Srage war übrigens in ber Literatur niä)t un-
freftritten; aber „vielfältige ^rftjubicia unferer 4urfürft(ia)en $t!afterien* ent-
(Rieben fo (@a)mib au £9t. XXI 15 n. 15). — SGBenn ein ©runbuntertan o$ne
gnmb&errlid)en ÄonfenS ©eneral$npot§et befteUte, fo war fte gültig, beaog ftä)
aber ma)t auf bie ©runbgered&tigfeit (Sä^mib, ebenba n. 14) [fonbern nur auf
bie Sa&miS unb auf etn>aige freieigene Orunbftürfe].
• $inft<4tlia) ber »euteUe^en fte§e m. XI 4 unb XV 14.
* 2). f). ifjn um feinen ÄonfenS angebe.
— 136 —
ißter nrirb alfo fogar bie SefugniS jur Veräußerung afe Siegel,
bie Verweigerung ber ©rlaubnis afe 3lu3natyme, afe ba3 Ungeraden-
Itd&e, Ijingeftellt.
2Ba3 oerfteljt aber ba$ ©efefc unter einem tauglichen SWeier?
hierauf gibt S9t. XXI 91 Antwort:
„2Bo ber ©runb^err offentlidj fe§e, baß berjemge, welker eine
©eredfjtigfeit bei bem ©ut ju laufen ober exnjutun fidfj unterfinge,
be$ funblidfjen Unvermögens, baß i^m bie Vejaljlung
ju tun unerfd&nunglicij, alfo er ifym ju einem 3Jieter
billig nidjt anne^mlid^ fein funnte, fott er nidjt fd&ulbtg
fein, in ben Verfauf, Übergab ober anbere Veranberung ju be-
willigen ; fonbern ber, melier feine ©ered&tigfett oeränbern will, [foff]
bem ©runbfjerw einen foldjen 9Mer fteHen, ber o^ne 21 b*
fdfjteifung be£ ©uteS unb beS ©runbljerrn Stadtteil ben
ÄauffdjiHing ober £tnau$gabe bar ober auf jtemlidje griften
bejahen unb erlegen möge."
2Ba3 ba3 ©efefe roiH, nrirb no<$ flarer, roenn man ben Rom*
mentar oon ©djmib fjeransieijt. ©djmtb fdjretbt (ju SHrt. 9 n. 1):
S)er ©runbljerr fann feinen ÄonfenS oerroeigern, „roenn funbbar
unb notorifdf) ift, bafe fold&er Käufer fo arm unb unoermöglidj
fei, baß er ben ßauffdjitting bar ober in beftimmten griften
nid)t erlegen fann, mit einem Sffiort, untaugli<$, unfähig, unb
unanneijmlidj fei . . . 2lu3 Urfad&e, toeil au$ ber Slrmut unb
bem Unoermögen be$ ÄäuferS eines au$ beiben notroenbig erfolgen
muß, bafe ba3 ©ut jum 2tbfdjleif fommen, ober ber ©runb-
tyerr bie jäljrlidjen ©d&ulbigfeiten oerlieren ober wenig*
ftenS bem neuen 2Mer minbern muffe".
2)er ©runbljerr brauet fidfj alfo bie Veräußerung nidfji gefallen
ju laffen, wenn ber -Kad&f olger fo arm unb unoermögltdj ift, baft
bie jctyrlidjjen Slbgaben gefäfjrbet finb ober äbfdjleif ju befürd&ten ift.
@in ßeidfjen baoon toirb barin gefel/en, bafe er bie Äauffumme nidjt
erf Urningen fann. @3 wirb ba^er oerlangt, baß ber Ääufer bie
Äauffumme bar btiofyit ober fi<$ ju „jiemlidjen griften" oerfte^t,
unb barin wirb ba$ SDlerfmal eines „tauglidfjen ÄäuferS" erblidt.
SDie ©d&riftft eller faffen ben Vegriff „tauglid[j" toeiter
unb geben überhaupt bem grunbfjerrlidjen ©rmeffen einen toeiteren
©pielraum.
1 SBom §ofrat in feinem ©utac$ten (au 2Crt. 8) atö »gute Scrorbnung'
fcejeid&net.
— 137 —
©dfjmtb fagt, feine Auslegung fortfefeenb (n. 2):
„SBenn fdfjon aber in biefem SKrttfel allein oon ber 2lrmut unb
Unoermfigen^eit beS fünftigen Nachfolgers geljanbelt roirb, ber auf
fein Vermögen mel>r bauet als barin ift, fo ift bodfj fein S^eifel,
bafc ein fßnftiger Sefifcer audfj aus anberen Urfadfjen als un*
fä^ig unb mdfjt angenehm oerroorfen werben fönne, aus Urfad&e, weil
bie (Erteilung beS ÄonfenfeS eine ®uttat ift [beneficium], niemanb
aber gehalten ift, einem unoerbienten fdfjäblidfjen 3Henfd(jen eine ®ut*
tat angebei^en ju laffen."
3Me vom SRad^f olger geforberten (Sigenf haften finb mtrtfd£)aft=
lidfj~ted[jnifd(jer unb ftttlic^-poltgetlid^cr SWatur.
©d&mib fätyrt an ber erwähnten ©teile fort:
„SBenn [bu] alfo fefceft, bafj ber -Wad&folger jroar 9JMttel genug
Ijabe, bodjj aber ein ©erfd&roenberifdfjer, ntd&t t)auSlicijer/
jänfifdfjer, flud^enber, betrüglid&er ober anberen
Saftern ergebener SWenfdfj fei, biefer fürmal)r fann ebenfalls . . .
oom i&errn oerroorfen werben."
©IjlingenSperg gebraust (©. 60 unb 63) bie 2luSbrü<fe:
„habilis atque accepta bilistt, „rerum peritus".
2)er UrbarSgebraudf) (©. 26) ift für ÄonfenSoermeigerung, wenn
ber ©rmerber „um ©tift unb SHenft ntd&t gut, uneljrlidf)
ober alfo befdfjaffen märe, beffen fidfj bie -Kad&barfdjjaft
ju befd&meren billig Urfadjj l)ätte". S)em @rben beS Setb*
red|)ier3 fott man baS leibred&te ®ut nid&t belaffen (f onbern eS anber-
meitig ocrftif ten) , menn ber Seibredjjter oertulid^, ungeljorfam
unb IjalSftarrig gemefen unb oom @rben baS gleite ju be-
folgen ift (©. 86).
2lm anfprud&Soottfien ift 2Bet£er, ber SSerf affer eines fjanblidfjen
ÄommentarS oon 1726. 6r »erlangt (ju 3lrt. 9 n. 5 unb Strt. 15
n. 7 — 9), bafc ber neue SDleier a) nid&t arm unb unoermögltdfj
ift, fonbern bie SRittel, ju bejaf)len, l)at; b) gefd&idft,
füglidjj, genügfam unb ;unt &auSoater tauglidjj ift, fo
bog er bem ®ute oorfte^en, es mefentlid& unb baulich erhalten unb
ben jä^rli^en jtanon entriß ten fann; c) tugenbljaft ifi, j. SB.
nid&t fireit liebenb unb rauffüd^tig. „SBenn ein foldjjer
raufenber ober fireitcnber 83 ö f e n> i d(j t unb © p o 1 1 o o g e l [!] moljl
SRittel fyattt )u bejahen, fo mürbe bod& berfelbe . . . a praxi für
feinen anfionbigen SReier ober Untertan anjune&men [fein], meines
auf jeben lafler^aften SWenfdSJen ju ejtenbteren ift, bamit ben Saftem,
— 138 —
roeldfje auf alle 2ßeifc auszutilgen, fein 2Beg unb %üx geöffnet
werbe."
Sei @ut3fibernal)men infolge von ßrbauSeinanber*
fe|ungen fennt ba£ ©efefc einen wetteren, gern} fpejietten ÄonfenS-
oerroeigerungSgrunb.
SSR. XXI 22: „2Bo ein 3Weier oerftirbt unb &interiä&t eine
SBitroe, Äinber ober anbere ßrben, fo mag ber Sfttdjter gleid&tool)!
ber Abteilung falber jtoifdjen tynen Ijanbeln. Sotriel aber bie
33eftfcung be3 ©ute3 anlangt, foH fein Stifter 3Kadjt $aben, einem
©runbljerrn oljne feine ^Bewilligung einen aus ben @rben aufjubrängen,
fonbern ma3 er be£l)alb ^anbelt, foQ aHe$ auf be£ ©runb^errn &uU
^etfeen befd&e^en, unb ber ©runb^err, ba er beffen er^ebltdje 5Be-
benfen [§a&], ntdjt fdjulbtg fein, eben benjenigen, fo im SSertrag
fürgefdjlagen mürbe, jum 3Weier anjuneljmen. S5odj mo Äinber t>on
erfter 6l)e oorljanben, meldje bem ©ut oorfte^en unb e8 erfdjwingen
mögen, follen biefelben oor ber Stiefmutter in 58er =
ftiftung be3 ©ute3 bebaut werben." 2llfo audj §ier Reifet
e£, baft ber ©runbljerr ben iftadjfolger, auf ben fidj bie &tnter=
bliebenen einigen, annehmen muft, wenn er feine er^ebltdje
SBebenfen bagegen fjat1, unb aus bem SßaffuS „weldfje bem ©ut
oorfteljen unb es erfdjroingen mögen" ergibt ftclj, bafi Un*
tauglidjfett unb Unüermöglidjfett ju ben „erljeblidjen Sebenfen" ge-
hören. Slufterbem aber ift ber ©runbfjerr, ma3 bie 2Bal)l beS neuen
SJieierS betrifft, infoferne einer befonberen 33efdjränfung unterworfen,
ate er, roenn Äinber erfter @§e mit iljrer (Stiefmutter (einer ©attin
aus fpäterer (Slje be3 oerftorbenen SBater^) bejte^ungSroeife mit beren
Äinbern fonfurrieren , erfteren ben SBorjug geben fott- SHefe Ste
ftimmung ift auf bie Qnitiattoe be3 iQofrate juräcf jufä^ren : „Sebodj
1 2)er §ofrat bemerfte in feinem <3uta$ien : er verfiele biefe ©teile baljirt,
„roenn ber ©runb$err billige SJebenfen §at, v. g. ba ber gürgefdjlagene alfo
bef Raffen, baß er bem ©ut ber *Rotburft nadj niefct »orfteljen fönnte*; baß eö
aber fonft „ben (Srben, roeldje ein gleidjeö SRed&t Ijaben, ntd&t üerroe&rt »erben
mag, ftd& hierüber ju Dergleichen, melier baö ©ut beftfcen foll", baß alfo ber
©runbljerr „oljne billige rechtmäßige ttrfacge ftc$ ni$t weigern fott, ben
gür gefölagenen jum @rben anjunefjmen, unb hierin feinem @rben roeber ju fiieb
nod& £eib $anbeln, auc$ o^ne großem SBeroegnuä ntcr)t Urfadje geben fott, bamit
[= baß] ber Vertrag jroifd&en ben @rben aufgeftoßen n>erbe\ @8 folle baljer
ftatt „er$ebli$e JBebenfen" gefagt werben: „erljeblidje rechtmäßige S3ebenfen*.
SÖarum bieä nia^t gefc^e^en ift, roiffen mir ni$t; baß aber bie SReinung bed
©efe^eö feine anbere mar, rote bie be3 ^ofratö, gefjt aud bem 3ufttmmen^ang
Don 5lrt. 22 mit 2lrt. 9 cit. (befonberd ad vocem: Ȇbergabe") Jjeroor.
— 139 —
mödfjte gerbet fiatmert werben, baf$ fowoljl bie Dbrigfeit als ber
©runbljerr ad(jt geben foH, bamit nid&t (wie tum öfteren ge*
fd&ie£t) bie SBeiber anberer @&e burd& aufgerid&tete Verträge beim
©ute Derbleiben, unb bagegen bie Äinber erfter 6l>e, weldjje veri
heredes emphyteusis finb, gegen föerauSgebung eine&
fdfjledf>ten geringen ©elbS oon bem ©ute oerftofjen werben ; eS wären
benn bie Äinber nodjj unerwadjjfen, ober wäre in anberweg bie 3loU
burft, bie SRutter bei bem ©ut ju laffen, mag aisbann fold&eS audjj-
befdfjeljen." Damit alfo eine Benachteiligung ber Äinber erfter Qfyt
burd& habgierige unb ttjrannifdfje Stiefmütter oer^inbert wirb, ift ber
©runbl)err nidjjt nur berechtigt, ben ÄonfenS jur ©infefeung ber
(Stiefmutter ober eines i^rer letblid&en Ätnber als ©utSüberneljmer
im Vertrag ju verweigern, fonbern er ift fogar baju oerpfUdjjtet, eS-
fällt tym in biefer 33ejiel)ung eine obrigfeitlidfje 3totte ju.
Der @runbf)err l)atte aber nidjjt nur bei ber 2Ba 1)1 beS@utS*
nad&folgerS ein entfdjjeibenbeS SBort, fonbern er fonnte audfj auf
bie SßretSbefttmmung ©influfe ausüben.
231. XXI 8: „Äann ber SWeier beweifen, wie §odfj bie @e-
rcd&tigfeit ober aud& ber fcerrengunft mit SBiffen unb Bewilligung.
beS ©runb^errn an i \) n l o m m e n ... f o ift ber £err f dfjulbig,.
ifjn wieberum fo fyod) gegen einen anberen uerfaufen ju laffen."
Die Befferung ift jujured&nen, ber Slbfd&leif abjujie^en. Äann ober
will aber ber 3Reier biefeS nid&t beweifen, fonbern „gebähte fotd>
fein SRedfjt, wie baS Tanten ^aben mag, nadjj ©eftaltfame beS-
©uteS unb iMufcenS, ben er babei Ijaben fann, §0$ gu über»
f<$lagen . . . f o mag ber &err nad& Meinung unb ©utadfjten un*
parteiifdjjer fieute baS Übermaß ringern unb allein ben billigen
SBert julaffen. Unb wo bann ber SKeier oermeint, fein £err §ätte
i^m ben Äauffd&Uling ober ÜbergabSfumme l ju faft geringer^, fott
ber 9tid(jter na<$ ber ©dfjäfcung unb bem ©utadfjten einer ©a<$?
oerftänbigentommiffion, ju ber jebe Partei ein SWitglieb unb ber
9ttdf>ter baS britte benennen foß, unb nadfj genommenem 2tugenfd&eut
„erfennen, wie $odfj ber SBeier feine ©eredjjtigfeit ober ben Ferren*
gunft . . . oerfaufen mag". Die ©adfjoerjlänbtgen werben oom
©efefee ermahnt, „fleißig in obadfjt [ju] ^aben, wie baS ©ut mit
feinen ÜRufeungen bef Raffen unb ob an bemfelben etwas namhaftes
gebeffert ober geärgert worben". DiegaljrniS foH „fonberbar an«
gefd^lagen werben'4, bamit man ben eigentlichen 2Bert ber ©eredfjttg*
7kt Ärtüel gilt alfo nic^t nur von Ääufen, fonbern au$ oon Übergaben.
— 140 —
feit felbft crfe^en fann. 2Benn bcr 3Keier ftdfj herausnimmt, ,,ju
Einern SDetfmantel beS übermäßigen ÄaufS bie $aljrniS ju l>od(j ju
fd&äfcen", fo fott ebenfalls baS ermahnte fd(jtebSrtcijterlidf)e SBerfaljren
•eintreten.
SBenn ber SßreiS a(fo nid&t Ijöfjer mar als ber eigene Stufroanb
t>eS bisherigen 9ReierS betragen §atte, fo fonnte ber ©runbljerr aus
ber $ßretS{)itye leinen @mmanb gegen bie Veräußerung i)ernef)men.
SBenn ber 3Weter aber feinen 2lufroanb nidjjt nadfjmeifen fonnte ober
fidfj mit bem ©rfafc beSfelben nidfjt begnügen wollte, fonbern nad>
HWaßgabe ber ©utSqualttät unb ©utSnufeung oerfaufen mottte, fo
fonnte ber ©utSljerr nadfj Sln^örung unpartetifd&er ßeute ben SßreiS
ermäßigen unb jmar bis auf baS 9Hoeau beS „billigen SBerteS".
tiefer mürbe im Streitfall arbiträr beftimmt, es mußten aber babei
bie ©utSnufeungen entfpredfjenb berüdfjtdfjtigt merben.
3)iefe 2lrt oon ^Preisbestimmung fdjließt ftd& enge an bie 33e=
fugmS beS ©runbtjerrn, jeben ©utSnadjjfolger jurüdEjuroetfen, ber ben
Kaufpreis nid^t bar ober menigftenS in „jiemltdfjen griften" bejaht.
SDte SttbletjnungSbefugniS follte ben ©runb^erm in ben ©tanb
feßen, ju oerfjüten, baß ber neue SUleier fdfjon gleidjj in
aerfdjjulbetem ßuftanb auf baS ©ut jiet>e; er follte möglid&fl
fd)ulbenfrei ben SSeftfc antreten ober bie ©dEjulben follten menigftenS
derart fein, baß fie ntdfjt ju brüdfenb mirfen. SBaS ^alf aber baS
„gejtemenbe Verhältnis" ber Äauffd&tHingSraten jur Äauffumme,
menn biefe felbft fibermäßig ijodfj mar? SBenn ber neue SKeier ftd&
baburdjj gletd) oon äfafang an feiner ganjen Sarfd&aft beraubte,
fo baß iljm leine 9Rittel jur @utsbemirf(§aftung übrig blieben?
©o jroingt jebe 33 c f d&ränf ung ber S8erfd^ulbungS=
frei^eit baju, audjj inben SBerfeljr felbft Eingriffe ju
machen. —
35er ©runb^err fonnte alfo nidfjt nur aus ber Sßerfon beS
©utSnadfjfolgerS feine (Sinroenbungen nehmen, fonbern audfj aus ben
SBeräußerungSbebingungen. @r fonnte eine ftberfd&ulbung
burdfj ju l)ol)e ÄauffdfjilltngSrefte, austrage, 2lb*
finbungSgelber ufm. oer^inbern. SBie ftanb es nun
über bamit
2. bei bloßen ©d&ulboerfdfjreibungen mit fiijpot^efen*
beftellung, alfo befonberS bei l)i)potl)efarif<fj oerfid&erten
Darlehensaufnahmen? Konnte au<$ §ier ber ©runb^err feinen
itonfenS oermeigern, menn eine Überfd&ulbung ju befttrd&ten mar?
Ober nodj) präjif er auSgebrüdft : 2Bar aud& §ter bie bro&enbeüber-
— 141 —
fd&ulbung eine „redjtmäfjige" Urfadje jur SSer^
roeigerung be£ ÄonfenfeS?
SBäfcrenb in Stnfe^ung ber SBeräufterungSfäHe baä ©efefe felbft
genau fagt, was eine „redjtmäfjige Urfadje jur ÄonfenSoerweigerung"
tfi, ftnben fid) in ber ganjen ©efefcgebung oon 1616 feine Slntyaltö*
punfte barüber, mann ber ©runb^err bei blofcen SBerpfänbungen
feinen ßonfenS erteilen muffe unb unter welken Umftänben er Ujn
oertoeigern fönne. S)ie (Sntfdjetbung über biefe grage war alfo in
ba$ @rmeffen be8 ©runbtjerro unb im Streitfälle in ba3 be£
9K$ter$ gefteHt. @3 ift Har, bafc biefe ftdj nad) paffenben ^räiubtjten
in anbeten Säubern umfallen.
3fn ©aljburg mürbe um bie 3Ritte be$ 17. ^a^rljunbertö
bie SBerfd&ulbung ber ^Bauerngüter über bie iQätfte be£ 3Berte&
»erboten. SBenn ein Bauerngut bereite bis jur iQälfte be$ 3ßerte&
oerfdjulbet ift, fo foH eine 2)arlel)enaufnat)me nur im Notfälle,
nur im mäßigen betrage unb nur afe Sßerfonalfdjulb
(mit SSärgfd^aft) o&ne weitere Selaftung be3 ©uteä jugelaffen
werben1.
3n bem ©aljburgtfdjen föauptwerf e über ba$ Siedet ber Säuern»
guter, beS erjbifdjöfßd&en SuftijratS unb SßrofefforS SBluembladjer
ift ber $rage: „an dominus in hypothecationem consentire
teneaturu ein befonbereS Äapitel genribmet2. 3m allgemeinen, fagt
SHuemblaifcer, ift ber ©runb^err feinen ÄonfenS ju erteilen gehalten,
dummodo debitum, de quo consensus petitur, valorem et
pretium rei emphyteuticae non excedat. SDtc statuta unb
consuetudines, meiere jur SBerpffinbung ben ÄonfenS be3 ©runb*
Ijerm erforbem, feien alfo nidjt ba^in auSjubelpten unb ju inter-
pretieren, quod, si Emphyteutae necessitas ineumbat hypothecam
imponendi, penes Domini directi arbitrium stet,
talem hypothecam prohibendi, quia pugnaret contra Jus naturale
et gentium, de quo Gommerciorum usus Über esse debet. ©ine
(gtnfdjtönhmg fei nadj ber consuetudo ©aljburgS ju madjen,
de qua consensus ad hypothecandam rem dumtaxat quoad
dimidietatem eius pretii praestari solet.
33on Sfoembladjer ^aben nun bie batjerifdjen Tutoren
1 Serorbnuitßen oom 9. Sunt 1654 unb oom 7. 3Kai 1655, Säumt, 3lu$-
%uq ber ©ala&urgiWen SanbeSgefefce (1785) I 34. Saßt, aueft I 28, II 431,
III 68.
9 Tract. de iure Emph., 1661 (2. KufL 1715), qu. 12.
— 142 —
emfadj abgetrieben, jum 5CetI unter SSerattgememerung feiner von
tym auSbrüdflidfj auf ©aljburg befd&ränften Ausführungen.
9lm grünblid&ften gefd&at) bieg burdjj <5l)lingen3perg, ber
33luemblad(jer faft mörtlidf) jitiert unb feine 2lnftdfjt miebergibt (©. 72),
jebod^ mit SBeglaffung ber Semerfung, bafc ber @runbt)err nur bi3
pr Hälfte be8 2öerte3 be$ ©runbjiüdfö feinen ßonfenS p erteilen
foaudfjt.
SBetjer (p SKrt. 9 n. 17) fityrt aU elfte unb lefete limitatio
ber SBerpflidfjtung be8 ©runbljerm, feinen ÄonfenS ju geben, unter
IBerufung auf Sluembladfjer an: „SBenn ber ©rbred&ter feine ©e-
rec^tigfeit einem anbern über bie föälfte oerf treiben ober oer*
fefeen tritt." 2lud(j berttrbarägebraudjj jctylt unter bie julfifftgen
(Sinmenbungen be3 ©runb^errn ba3 Sebenfen, baft bie ©utöfd&ulben
über ben tjatben 2B e r t l)tnau$gel)en würben (©. 26). S5er SBer*
f affer fragt bann nodfj befonberS (©. 27), ob ber Sauer bemna<£
nidjt bie aßadfjt fydbt, fein ©ut mit SBormiffen beS ©runb^errn auf
oölltgen 2Bert ju oerpfänben, unb antwortet: „9ltin, benn e3
ift miber ben SanbSgebraudj) , unb au8 rielen erljeblid&en Urfad&en
nidjt ju paffteren."
3Ran fann biefe 9lu8fprü<$e jugleidf) als -ftieberfdfjlag unb
ate Duelle ber grunbljerrltdjjen 5ßra£i3 betrauten, mie fte fid& in
33arjern in ber erften iQälfte be3 18. 3al>rl)unbert$ ^erauSgebttbet t>at.
$rül>er mürbe moljl oon gatt ju gatt entf Rieben, ob burdfj bie be=
abftdfjttgte Selaftung beS ©runbftüdfeS bie oom ÄonfenSredfjt ju
fd&üfcenben $ntereffen gefdjjäbigt mürben ober mdfjt, unb ob bemnadj)
ber ÄonfenS ju erteilen ober ju oermeigern fei. D^ne 3^eifel mürbe
babei au$ ba$ 9Jtaf$ ber oor^anbenen SBerfd&ulbung unb bie ©efaljr
ber Überfdfjulbung burdfj bie neue iQppot^ef in (Srmägung gejogen.
2l6cr bestimmte ©runbfafce bilbeten ftdf) erft heraus, nadfjbem baS be*
nad&barte, jlammeSoermanbte unb ehemals jum baperifdfjen ißerjogtum
gehörige ©aljburg energtfdfj mit entfpredljenben SRafcregeln ooran*
gegangen mar, unb eine befonberS in emp^ijteuttfd&en fragen fo
gefd&afete Autorität mie Sluembladjjer biefen 2Raf$regeln ba$ literarifd&e
^Bürgerrecht oerlieljen ^atte. SRun mürbe e3 au<$ in Sagern jur
feftfte^enben Siegel, bafc ber ©runb^err burd& 2tu3fibung be3
ßonfen3redjjte$ bie Überfd&ulbung ju oer^inbern l)abe, unb jum
S e J) r f a | , bafe ber ©runb^err berechtigt fei, bie SBerf dtjulbung über
bie igälfte be$ SBerteS ^inau^ ju oer^inbern1. >2)ie Übung ber
1 «iettetd^t !)at baju aud^ bie Serorbnuna oom 5. 3»ät) 1672 (§ 20) bei*
— 143 —
©runbl>erren fd&etnt gegen bte 3Ritte be$ 18. 3al)tf)imbert$ ju immer
ftrengex geworben ju fein, benn nadfj bem Äreittmagrfd&en Sanbred&t
mm 1756 (IV 7 § 15) war e$ fd&on
„nid&t geroö^nlidfj, auf metjr, benn bie igälfte be3 SBerteS vom
©rbred&te1 ju fonfentieren".
§8.
<Sl)Hngen$perg nennt (©. 60) folgenbe „rationesa be3 grunbljerr*
liefen Äonf en$red|jte3 : 1. ne in praestando annuo canone
aut alio modo domino directo fiat praeiudicium; 2. ut laude-
ffliorura non ineurrat dominus periculum; 3. ne dominus
directus in iure praeemendi vel retractus, quod ipsi
competit, impediatur. 3laü) ©djjmtb (ju S5R. XXI 15 n. 7) £at
ba£ ÄonfenSred&t bie Aufgabe, „@l)re, SRefpeft unb ^räjubij
be3 $errn" bei ber SBeräufeerung ju fidEjern. 35er SRefpeft oor bem
©runb^errn laufe nämtidj ©efa^r, wenn „ber abtretenbe 9Reter ft$
tinbilbe, bafc non i^m allein ba3 SBeräufeerungSroerf abfange", ©eine
©eredfjtfame fei gef ä^rbet, toenn ber 9laü) folger glaube, bafc bie i^m
oeräu&erte ©adf)e freieigen fei, unb mit ber $eit bem ©runbljerrn
ba$ ©runbred&t gar ableugne, ©o f)atte fdfjon bie SanbeSorbnung
oon 1553, III 15 ärt. 7 (oben ©. 132), fonftattert, bafc burdfj
fcmfenSlofe 5Beräuf$erungen ben ©runbtyerren „mit ber 3eit o^ne
i$r aSormiffen fol<$ ©runb oerloren unb bie ©üter gefd&mälert
werben".
StaS ftonfenSred&t foHte alfo ber Sßa&rung be$ DbereigentumS,
ber Sicherung ber grunbl)errlidfjen abgaben, ber ßaubemienfontroHe
unb jur (Erleichterung ber Ausübung be8 grunb^errlid^en ©inftanbs*
redete* bienen. 63 mar ba3 midjjtigfte Mittel jur 99 e auf*
fidjiigung be3 ©ttteroerfe&rS ber ©runb^otben unb
«in nottoenbigeS © li e b b e r grunbljerrfd&aftitdfjen 33erfel)$ =
organifation. Slber bieS erftört nodjj mdfjt jur ©enäge ben eigen«
tfimltdjen Anteil ber grunb^errfd^aftlid^en SBerroaltung an ber SßreiS»
getragen. gfreüi<$ müfcte fte — wenn bem fo fein foUte — mifcüerftanben
roorben fein, inbem fte nur eine inbirefte SerföulbungSgrenje ftatutierte
(efenba).
1 $er 8a| gilt, wie fta) aud bem 3ufammenfjang ergibt, aua) oom ßeib*
red)t unb oom $errengunfi
— 144 =~
bilbung bcr grunbbaren ©üter unb bie Semüljungen ber ©runb*
Ferren, beren Überfdjjulbung ^intanjuljalten.
2luf bem ßanbtag oon 1605 Hagen bic ©täube (©. 159):
„@3 ift in allen ^Regierungen , fonberltdjj aber im Dberlanb,
funbbar ... wie ^od^ unb überljodfj bie Untertanen i§re grei =
ftiften unb &errengunft, wie fie e$ nennen, fdjjäfcen, oer*
laufen unb übergeben, unjäljltge ©Bulben barauf machen
unb enbüdj ntdjjt allein fid£) felbft, fonbern and) tt)re eigenen ßinber
bamit in ©runb oerberben." 3)er föerjog oertröftete auf bie bamalS
bereite in Angriff genommene „ Deformation ber ^olijei". 3n einem
bei biefer ©elegen^eit erftatteten ©utadfjten l mirb audjj bie 1605 an*
gefd&mttene grage betjanbelt. @3 Reifet barin:
„2lnlangenb bie anbere grage, ift $mar ein unleibenblidjjeS SDing,
bafc bie Untertanen tyre greiftiften fo l)od(j überfd&äfcen unb barauf
einen ganjen übermäßigen Raufen ©d[julben mad^en, fid^ unb anbere,
ja ifjre eigenen Äinber oerberben, baburdfj benn bie ©üter nidfjt
fönnen erbaut merben, fonbern not^alber in SCbfd^Ieif fommen mfijfen.
9lber mer mill anjefco ein jebeS ©ut fdjjäfeen? ©ie finb
ungletdjj, bie ©üter, an ben Saufelbern, ^oljfejen unb 2Bte3=
mätjbern."
iQier rotrb rtd&ttg oermerft, bafe jur SBer^inberung ber Über-
flutung eine ©utsfdfjäfcung nötig ift, unb audfj bie ©dfjmierigfeit
ber lederen wirb erfannt. 2)a£ ©utadjjten fäljrt fort:
„2BiH man es in eines ©runbtyerrn SBillen unb S)t3fretum
ftellen [b. Ij. bie ©djjäfcung], mürbe be£ ÄriegenS unb 3<KtfenS fein
@nbe fein. @£ märe rooljl ein 3ftittel, bafe man in ben ©teuer*
regiftern na<$fälje, mie f)odfj ein jeber feine ©tift in ber ©teuer felbft
angef djlagen 2. 2lber babei finb anä) oiel Sebenffäffe, benn fold&e
©d&äfcungen ftnb ungleich unb märe tttoaS gar ju nat>e gefudjjt*
[S). t). fo leidet ift bie ©adfje bod) nidjjt.] SDodfj märe e$ bennod^
nidfjt unratfam, bafe man ben ©runbtjerren, bie i^re Untertanen mit
ber ©teuer felbft nidfjt ju belegen §aben, auf ijjr S3ege^ren einen
©Straft aus ben ©teuerbfid&ern gäbe, bamit, menn fie [bie Untertanen]
tyre greifiiften gar ju fjodjj fd&äfcen ober mit Ungrunb, als Ratten fte
me^rerS barumben geben, anjeigen wollten, fie l)terburd& jur ©ebüljr
fönnten gemiefen merben. ©onft mödjjte biefeS ein burd&ge^enbeS
1 „©utad&ten unb 2)tSfur8 wegen bcr greifttften unb ^errenöunfte" (o. $>.
u. U.), etaamibiiotW 2Ründjen, cgm. 2552 II, fol. 370 bearo. 379.
8 2)er 2fotfdf>fog jur ©teuer war natürlich ein mögUc$ft niebtiger.
— 145 -
atfittel fein, bafj ein jeber Untertan anzeigen unb ju bef peinigen
f d&ulbig, wie l)od(j [t^tn] bic §reiftift in ber näd&ften [leiten] SBeränberung
aufcer ber $al)rni3 jugefommen ; bei foldfjer ©umme fönnte er fürber*
^in gelaffen werben, e$ würbe benn baS ©ut alfo gebeffert, bafj er
fünftig ben Überfdjjufe tootjl ju niesen §ätte, beSgleidjjen , ba e$ im
Stöfdjleif fommen, mödfjte man i^m bie SfHmatum audjj ringern."
SDer SBorfd&lag, „bajs ein jeber Untertan anzeigen unb ju be*
fd&einigen fd&ulbig, roie l)od() [tym] bie greiftift in ber näc^ften SBeränbe*
tung jugefommen", mar nidjt neu. 3)a3 öofratögutad&ten oon 1616
(ju £9t XXI 5, add.) nennt e$ perpetua regula ad nostros ante-
cessores, bajs einer, toeldjjer iQerrengunft Ijat, ntdfjt l)öl)er nerfaufen
unb nid&t me^r auf ba3 ©ut fdfjlagen fSnne, afe fooiet er mit SBor^
nriffen unb SSenrittigung beS ©runbt>errn barum aufgelegt. 2lud) ber
&ofrat fonftatiert bie Überfd&äfeung ber fierrengunfte : „3ltebann
mot|l t>or Sorten ©jempla für gangen, baß ber Jßerrengunfi
$öi>er ift »er f auf t, üb ergleben unb an g|e)tommenmorben,
aU ba3 ßigentum »erlauft merben möd&te." S)aran fügt
er feinen eigenen SBorfdjjlag: „Quare ad evitandum hoc incon-
veniens ift aüeroeg ju fonftatteren , . . . bajs ber ©runb^err nidjjt
fd&ulbig fein foll, metjr aus feinem ©ut fdjlagen ju laffen, ate ber
Sejtfcer, melier »erlaufen ober übergeben will, um ben iQerrengunft
^ieoor mit feinem ÄonfenS aufgelegt l)at."
S)a3 aüeS bejie^t ftd&, wie man fie^t, nur auf ben Ferren*
gunfl. SBaS ift ber ©runb biefer SluSnaljmejiettung ? Sffiarum
fottte gerabe beim iQerrengunft ju teuere Übernahme unb Über*
f d&ulbung Ijintan gehalten merben ? SBeldjjen ©runb fjatte überhaupt
bie Äonfiatterung biefer @rfdf)einung juft bei biefer Slrt »on bäuer*
lieber ©ered&ttgleit? 2Beld(jer merftoürbige 3ufaH wollte e$, ba&
gerabe ber iQerrengunft fo leidet überfdfjäfct unb überfdjjulbet merben
tonnte?
2fod& barüber gibt und ba$ £ofrat3gutad(jten Sluffd&luf}. S)er
$ofrat begrünbet nÄmlid& feinen oben erwähnten 33orfdf>lag folgenber-
mafecn: *2)enn fonft ber fcerrengunft mittlerroeÜen fo tjodf) »erlauft
merben mädjjte, bafc einem ©runb^errn gar ju fd&roer fallen würbe,
ba* ©ut, ba er wollte, wteberum an ftdjj ju löfen."- ijjter muffen
wir ben Sefer baran erinnern, bog berj@runbl>err ben JQerrengünftler
„jäfjrlufj ju regtet ©tiftjeii" abjWften tonnte, menn er tfjm feinen
äufwanb oergütete; ber Slufwanb befianb ^aitptfac^Iic^ im Entgelt
für ben feinerjritigen (Erwerb ber fcerrengunfi; baju gehörten aber
nid&t nur bie JBarja&lungen, fonbem audjj bie ©d&ulboerpftid&tungen,
«often, Berf^nlbutifi. 10
— 146 —
bie ber Käufer auf fidj genommen Ijatte, mit anbeten äßorten: bie
flehen gebliebenen Sieftfauffdfjittinge. S)ie bur<$ ben ©rwerb ent*
fianbene ©d&ulbenlaft olfo mußte ber ©runbljerr ebenfalte auf ftdfj
nehmen ober oom ©ute ablöfen, wenn er ben iQerrengünfiler abftiften
wollte. 3)er ©runb^err fyatte bai)er ein Qntereffe an niebrigen
greifen unb an geringer SBerfd&ulbung ber igerrengunfie.
SDaS ftmbred&t oon 161t5 ijanbelt (XXI 8, ©. 139) freiltdj
oon allen ©runbgered&tigfeiten. „Äann ber 3fteter bewetfen, rote
tjodfj bie ©ered&ttgfett ober audf) ber ißerrengunft mit
äBiffen unb 33ewitttgung be3 ©runbtjerrn an i^n fommen" ufw. 3lber
ber ißerrengunft ift bodfj befonberS ^eroorge^oben.
SÄudfj in äfafetjung ber Sßreteregelung untertreibet ftdf) ber er«
mahnte 3lrtifel be3 ßanbredfjteS 1616 oom 33orfd(jlag ber beiben
oorangegangenen ©utadfjten. 3lux wenn ber 3Mer feinen Stufwanb
nadfjweift, fott biefer ber SßreiSfeftfefcung jugrunbe gelegt werben.
SBitt ober fann ber 3Keier feinen Slufmanb nidjjt nadjjweifen, fo fann
ber ©runbtjerr ©Haftung be3 billigen SßerteS burd^ ©ad&oerfi&nbige
eintreten laffen, unb bann foH biefer maßgebenb fein.
$m SBorbergrunb ber Bewegung um bie SKiebrigljaltung be3
^reifes ber bäuerltdfjen ©eredjjttgfeiten ftanb audjj nadj 1616 ber
&errengunft. SDieS geigt beutltdj bie SBemerfung oon ©dfjmib
(ad &K. XXI 8 n. 2), baß ber „SBauer fein Stecht i)abe, mit SBer*
faufung ober SBeräußerung feines Sted&teS einen SBucljer ju treiben
ober ©ewinn ju fudjen; beffen ift bie Urfadfje, bamit er bem &erro
fein SRed^t nidjjt fdtfimmer mad&e. Unb biefeS tjat fonber^eitlid^
Spiafe beim &errengunft. ... Unb batjero ift gewiß, baß, wenn
oon $tit ber erften ©uteoerleiljung bie ©üter allein ber $eit falber
im SBerte geftiegen, foldjjeS nidfjt bem Sauer, fonbem bem &errn
befagtermaßen ju SKufcen fomme". 3)er ßonjunfiurengewinn
bem ©runbljerrn! S)ie greife f ottten beim fierrengunft fünftlidfj
niebrig gehalten, Überfdfjulbung oer^inbert toerben, bamit ber @runb*
fjerr aus feinem 2lbftiftung3red&te einen möglic^ft großen ©ewüm
fd&lagen fönne. 2lud& wegen iljreS '@tnftanb£redfjte8 Ratten bie
©runb^erren ein Qnterefje an niebrigen greifen; benn je geringer
biefe, befto weniger Soften erforberte ber ©inftanb, befto leeren
©ewinn oerfpradfj er. 2)arau3 ergibt fid[j, baß bie oben erwähnten
Klagen unb SBefürd&tungen in Sejie^ung auf bie Überfdfjulbung unb
bie Überfettung ber igerrengunfte nur afe relatio grunb^altig
ju betrauten finb. 9Som ©tanbpunfte be$ ©runb^errn gefeljen,
geigte ftdlj Überfd&äfcung unb Überfdjjulbung. SDaß bie ©efa&r einer
— 147 —
nrirflid&en ftberfdfjäfcung unb ttberfd&ulbung oorlag, iji anjuneljmen.
SBenn bet SWeier feine ©runbgeredfjtigfeit oeräufeern wollte, fo ifi e$
ganj natürlich, ba& er barnad^ trachtete, möglidfjft t>iel ©elb barauS
ju f dalagen; bieS gelang ttym eljer, wenn er fulante 3al^^9^s
bebtngungen fieHte, weil bann ber ÄreiS ber flbernatjmSfäljigen unb
unter ftd& fonfurrierenben Ääufer ein größerer war. ©ie§e ©djjmib
ju 231. XXI 8 n. 3: „Sßemt vom SBerte nid&tS befannt, ber
SReier audfj nidfjt erweif en will noä) lann, wietriel anfangt um baS
@ut ausgelegt worben, f o fyat ber iQerr ©ewalt , baß er felbft ben
SBert auSflredfen fönne. SBir felbfi tyaben erfahren, wie IjalS*
fiarrig fid& bie Sauern in Überfdjäfcung i^rer ©üter
aufführen, alfo baß fie ju biefer obwohl bebrängten 3*ü i^re
erb- ober leibredjten ©üter unb abfonberlidjj ben Ferren«
gunft um fo §ol)en SBert feilbieten, baß fein Äaufer fd&ier gefunben
werben fann, außer ber igerr läßt an ben jätjrlidfjen ©d&ulbigfetten
nadf>." Slber biefe SßrafiS Ijatte i^re natürltd&e ©renje im ©elbft-
intereffe ber Parteien, wetyrenb bie fünfilid&e ©renje ber grunb*
§errlid&en SpreiSfeftfefeung an bem 9Jiangel litt, baß fie ju eng geftedft
war unb leidet mißbraud&t werben fonnte.
£>ie Seftrebungen ber ©runb^erren, bie flberfdfjulbung ber
Bauerngüter im Äaufwege ^intanju^alten, Ratten alfo im eigenen
Qntereffe ber ©runb^erren i§re llrfadfje. Slber audjj waS bie fonftigen
a3erfd&ulbung3möglid()feiten betrifft, namentlich bie SBerfdfjulbung burdjj
^Darlehensaufnahme , Ratten bie ©runbljerren ju einer genauen
Stontrofle aßen äfalaß.
©er Jßofrat erflärt ben ÄonfenSjwang bei ^ppot^efbefteHungen
beSljalb für „Ijettfam unb nüfelidfj", weil „ber ©runbljerren prae-
judicium [burdfj bie fcgpotljefbejlellung] nid&t wenig oerfiert [wirb]
unb ex hypotheca bie ©a$e Ietdfjtlid(j ad alienationem fundi
emphyteutici fommen mag" (ju ©antpr. II 20). Stoß bie S3er*
pfänbung „fd&ier ber näd&fie 2Beg" jur SBeräußerung, be-
merft au$ ber UrbarSgebraudfj (©. 23). ©abei ift Ijauptfäd&lidfj an
bie 3n>angSoerfteigerung ju benfen. S)er ©runb^err j)atte
ein großes Qntereffe baran, eS nid&t jur SSergantung ber bäuerlichen
©ered&tigfeit fommen ju laffen, weil bie SergantungSbebingungen
feinem ©njluß entrüdft waren. SDaS ÄonfenSredjjt beS ©runb^erm
bei SBeräußerung ber ©runbgeredfjtigfeit bejog ftd& ntd&t auf bie
gerichtliche SroangSoeräußerung1 : alienatione prohibita non censetur
1 Bluemblacher, p. 221: Neque Domini consensus neque dissensus
Attenditur.
10*
— 148 —
pohibita alienatio necessaria, benn necessitas legem non habet
(9toi fennt fein ©ebot). ©egen bie Überfd&uibung be3 ©uteS b
ber (Sinjieigerung mar in bcr ©antorbnung f elbft SBorforge getroffen
2BaS aber bie Seftimmung beS neuen ÜWeierS betrifft, fo erfolgte f
oljne bie Sßitroirfung be$ ©runbljerro, Ijier tonnte er einen coloni
inacceptabilis nidjt jurfidtoeifen8.
©ine anbete ©oentualität, bie ben ©runbljerrn oeranlaffe
tonnte , bie SBerfdjulbung ber bäuerlichen ©runbgeredjtigfetten m
£t)potl)ef en oom egoiflif <$en ©tanbpunft ju prüfen, war ber & e i m
fall ber bäuerlichen ©eredjtigfett. SBenn ein ^Bauerngut bei
©runb!jerm ^eimftel — fei eS jur ©träfe (unten 6. 193), fei c
im getoöljnlidjen 2Bege (ßrlöfdjen ber Familie beim (Srbredjjt, %o
beim Setbredjjt, älbftiftung beim feerrengunji) — fo blieb bi
©djulbenlaft auf bem ©ute liegen, ba$ ©ut fe^rte, roie man ft<
auSbrflcfte, cum onere jum ©runb^errn jurficf 4, alfo im SBerte g<
1 SBeijer gu 9lrt 15 qu. III.
2 ©antprojefj IV 2: @in „namhafter* £eil ber ©infteigerungSfumme foHi
bar erregt, baS übrige „auf leibentlia)e griffrn* oerfta)ert werben.
8 SBenn ber ©runbljerr — roaS meiftenS ber gatt gemefen fein nrirb -
gegen ben verganteten ©runbljolb eine gforberung $atte, fo Ijatte er a(
©laubiger ©inffafj auf bie SergantungSbebtngungen.
4 3)ie gfrage war übrigeng ntdjt unbeftritten. SBenn man oom ©afce aus
geljt : Nemo plus iuris in alium transferre potest quam ipse habet, fo foHi
man benfen, bafi bie auf ber bäuerlichen ©runbgeredjtigfeit laftenben @a)ulbe
beim §eimfaH, alfo beim ©rlöfdjen ber ©runbgerea)tigfeit , ebenfalls erlöfa)er
Snbeffen ftatuierte ftt)on baS römifa)e Äedjt eine 3lu3na§me oom obigen ©a$<
wenn ber (Smpfjnteuta bie @mp§uteuftS oerpfänbet (3Binbfa)eib f $anbeften
§ 219 «Rote 8). $te juriftifd^e gormel für biefeS Servituts lautet: „$i
©mpljoteuftS bauert in Slnfeljung beS ^fanbredjteS fort/ $a$ ©ut übernimm
einfiweilen (bis gur SBieberoerftiftung) bie Haftung für bie oon bem ©mpljöteuti
fontra^ierten ©Bulben. (^erfönlta) haftet ber Dbereigentümer nic&t.)
SBaS baS baoerifa)e ftea)t anlangt, fo finbet fta) (gft. XXI 16) quo
gefprod&en, bafe bei ber gluckt eines ©runb§olben bie ©laubiger beSfelben burd
ben bann eintretenben £etmfatf ber ©runbgereä)tigfeit feinen 9taa)teil erleibet
burften. $aS oerlaffene ©ut mufete alfo, wie ©djmib (n. 8) bemerft, oergante
unb jebem ©laubiger prtoritätSmäfjig baS ©einige bejaht werben. 2)af$ bei bei
SCbftiftung eines Ferren günftlerS ber@runbfjerr bie bem lefcteren burdj ber
©rwerb entftanbene @d&ulbenlaft auf fta) nehmen ober oom ©ute ablöfen mujjte
fyabm mir bereits gefeljen (oben @. 146). 2BaS baS Seibredjt betrifft, fc
ftatuiert erft baS Sanbreajt oon 1756 (IV 7 § 29 n. 9)r bafc bei Sergantung
beS 9taa)(affeS eines ßetbredjterS bie Setbgereajtigfeit gur ©antmaffe gehört (alfe
bie gortbauer eines erlof$enen Seibrea)teS in Slnfe^ung ber auf tym ru^enben
^fanbrea)te, fie^e oben), eS ift aber angune$men, bag ^ierbura) fein neuet
- 149 —
minbert. 3)er ©runbljerr mufjte bei ber äBieberoerftiftung günftigere
33ebingungen fietten, afe wenn ba3 ©ut unnerfdjulbet geroefen wäre.
SMS ba^in mu&te bet ©runb^err für bie »on bem bisherigen SÄeier
fontraljterten ©Bulben in ißölje be3 2Berte3 ber ©runbgeredjtigfett
auffommen. 2llte3 ba3 mufjte ben ©runbfjerrn notroenbigerroeife
$um ©egner einer roeitgeljenben SBerfdjulbung feiner Bauerngüter
madjen, ja mußte iljm gegen jebe Selaftung berfelben mit neuen
©Bulben SÄifetrauen einflößen.
2lm beutltdjflen jeigt ftd) bie Stellung ber ©runb^erren jur
SJelajiung be3 abhängigen bäuerlichen 33eftfeeS mit ©djulben, wenn
toir bie „austrage" tn$ Sluge f äffen. 2)er UrbarSgebraudj (©. 34)
füljrt als ©runb be3 ÄünfenSjroangeS bei austragen an, bafe fie
„ben ©ütern fetjr befdjroerltdj unb bem ©runb^errn
f djäblidj" finb, unb „mefjr junt &aber unb ßanf benn jum ^rieben
geraten", ©djmtb (29t. XXI 22 n. 2) füfjrt aU ©runb anf baß
„meijienS foldj alte übergebenbe Sauern für tyre Sßfrünbe [b. f).
2tu3trag] bem Äinbe eine f o. I dj e SBürbe auflegen , baß e3 bem
©runb^erm bie ©dfjulbtgfetten ntdjt abftatten fann". 9ln
«iner anberen ©teile (n. 6): SMe Austrage finb o^ne SeroiHigung
ber ©runbfjerren barum mdjt gültig, „bamit fie an i^ren Jä^r =
<9runbfa$ aufgeftettt, fonbern nur ein befteljenber SRedJtSjuftanb Fobifijiert
werben foHte.
Bua) 8luentblaa)er fagt (qu. 35 n. 2), bafc bie bäuerliche ®runbgerea)tig*
fett, wela)e wegen $eimfaH3 (tjierju gd^U er ben orbentltdjen ©ettnfaK unb ben
au&erorbentftdjen jur ©träfe, n. 7) jum ©runbfjerrn $urüc!fe$rt, cum onere per
Emphyteutam imposito jurttcffeljrt, wenn bie £opotljef (onus) mit ßonfenS be8
<$runb&errn auferlegt worben ift.
©ejroeifelt rourbe, ob ber ©runbfjerr bei ber ßonfen Serteilung bie 2Bir!ung
ber Serpfänbung bei $eimfäQig!eit au8fd)ltef$en fönne, etwa burdj eine Älaufel
beä SBortlautö: „SBenn ftd) eine äeimfäHigfeit ereignet, fo fott biefer ÄonfenS und
an unferen grunb$errltc$en ©eredjtfamen unpräiubijierlia) fein" (9ln^. IV).
ßine fola)e Jtlaufel fonnte nämli$ baljin oerftanben werben, ut videlicet oppi-
gnoratio valida efficiatur respectu illius temporis, quo penes emphyteutam
est mansura emphyteusis (cf. Chlingensperger Christ., Disp. de Jur. Emph.,
1691, p. 153). Snbeffen ding bie $errf$enbe Meinung baljin, ba& biefe älaufel,
aua) wenn fie in generali plane et amplissima forma gefafst würbe, als facto
contraria, unb weil verborum extensio vix aliud operatur, feine SBirfung l>abe
(ogL ©uiad&ten über bie lanbägebräua)igen @ut*gerea)tigfciten , fo »on ben
Deputierten ©a)arn>er!8räten Ref. Seibl erftattet worben, ben 6. Äuguft 1671.
UnioeTfttätsbibUotfte! 9Wün<$en, 2° mscr. 220 fol. 248). [$te ©teile besiegt fta)
auf fielen, bie Ä laufei fann aber bei bäuerlichen ©erec&tigfeiten feine anbere
©ebeutung gehabt §aben ald bei fielen.]
— 150 —
lid&en ©ülten feinen ©djaben leiben". 3lud(> ber iQofrat fini
ben ßonfenSjwang bei SluStragSfHpulationen au8 betn ©runbe rätli
„fintemalen burdfj bie bebungenen 8lu$träge oftermalen bie na
folgenben Seftfcer beS ©uteS, benen übergeben wirb, fo ljod& b
fd(jwert werben, baft fie e$ md&t etf Zwingen, nod& bem ©ute
bie Sänge oorfteljen fönnen: baburdf) nid&tS anbete« ate äbfd&le
be« ©ute« ju erwarten" (ju 231. XXI 22).
2Benn wir baS bisher bargeftettte Material aber baä grün
tyerrlidfje ÄonfenSred&t überbltdfen, fo ergibt ftd& und oor allem eine
SVid^t im Qntereffe ber Sauern felbji, ber alten Sefifcer ober t
©utSnadjjf olger , im ^ntereffe [ber bäuerlichen g am Uten ober b
Sauern ftanbeS, audfj nid^t im ^ntereffe ber ©laubiger lag b
grunbljerrlid&e itonf enäredfjt , fonbem ooroeljmltdf) im ^ntereffe b
©runb^erm felbfi. 9hir bie Seoorjugung be$ Stoterben oor b
Stiefmutter (unb ben Äinbern berfelben) bei ber ©rbteilung §at ein»
ibealen ©runb/ aber audjj l)ier Jjanbelt e3 fidE) nid&t um ba3 mit
fd&aftlid&e 2Bol)lergel)en ber bäuerlichen Seoölferung, fonbern u
eine gorberung ber ©ered&tigleit. 316er im übrigen wirb in b<
oon und benufcten Duellen, wenn oom Rrotd beä ÄonfenSred&teS b
SRebe ift, immer auf ba$ Qntereffe beS ©runb^erm ^ingewiefen. 3w
beflagt ber ßanbtag 1605 bie Überfdjjäfeung unb Überfdfjulbung b
&errengunfte beSljalb, weil baburdfj bie Säuern nidjjt nur ftd& felb|
fonbem audfj tljre Äinber in« Serberben ftürjen. Slber nidfjt ol)t
bie weitere golge ju fonftatteren, bafc bie ©üter ntd&t erbaut werbe
fönnen, fonbern notyalber in Slbfdjjleif fommen muffen, gerner f)ä
e3 ber J&ofrat (£31. XXI 8) für „woljtbebad&t unb eine Ijo&e SRo
burft, gute Sorfe^ung ju tun, bafe bie gatyrniS nidjjt fo l)odfj ai
gef dalagen unb babur<$ fowol)l be{r Käufer als ber ©runb^ei
ntd&t befaljret werbe". Sllfo fojiale ©rwägungen fehlen nidfjt gan
aber fte treten bod& ungebührlich jurüdf hinter ber ftarfen Setonnn
ber grunbljerrfd&aftlidSJen Sebürfniffe.
35er ©runbljerr Ijatte ein Qn'.tereffe:
I. oon jeber Seftfeänberung ÄenntmS ju erhalten
1. jur 2Bal>rung ber grunbljerrfdfjaftlidfjen Steckte (be$ Dbex
etgentum$) im allgemeinen,
2. jur (Srmöglidjjung ber Eintreibung ber 3l6gaben
a) im allgemeinen,
b) befonberS ber ßaubemten, weil e£ bei i^nen mdjjt nu
barauf anfam, bie pfttd&tige Sßerfon ju fennen, fonben
audjj barauf, ben ©djjulbigfeitöfall ju erfaffen,
- 151 —
3. jur ©rmiJgltd&ung ber SluSfibung be3 (SinftanbärecljteS,
II. an ber gern^altung gemtffer VertragSbebingungen bei SBer*
äufjerungen unb ©d&ulbaufnaljmen in ber Stiftung
1. §o§er Verfdfjulbung
a) jur ©idfjerung ber Stbgabenentridjjtung,
b) jur Vermeibung von äbfdjjleif,
c) jur SSermeibung ber SBergantung (bei Verpfänbungen),
d) jur Vergütung ber 9Ktnberung be£ SßerteS ber ©runb*
gered&tigfext bei £eimfaH,
2. ijoljer greife
a) jur Verringerung be3 StofmanbS bei einer fpäter etwa
erfolgenben 2lbftiftung (beim ißerrengunft),
b) beSgleidfjen bei Ausübung be8 ©inftanbSredjjteS,
c) weil ceteris paribus mit ben greifen ber ©üter bie
©utöfdjjulben madjjfen,
d) weil, je teurer bog ©ut, befto weniger SRittel jur 33e=
roirtfd&aftung be3 ©ute3 jur Verfügung fielen, mag
roegen II 1 a unb b nridjtig ifi,
III. an ber richtigen SfaSroaljl beS ©utönadfjfolgerS
1. in ber SRidfjtung günftiger VermögenSnerfjältniffe unb ge*
miffer roirtfddaftltd&er ©genfdjjaften, au3 benfelben ©rfinben
wie ju II 1 a unb b,
2. in ber Stiftung gemtffer moralifdfjer ©igenfdfjaften aus
gut8l)errfdSJaftlid£)^olijeilid&en ©rünben.
Vom rein pmfttfdjjen ©tanbpunft erfd&eint ba3 ÄonfenSredfjt
burd&auä ntd&t ate notroenbige golge be£ grunbtjerrlidEjen VerbanbeS.
3)ie 3Ü>gabenpfftd(jt haftet bei ber bäuerlichen Sei&e auf bem ©runb
unb Stoben, burdjj ben Vefifcmedfjfei mirb fie mdfjt berü|rt. Unfere
©d&riftftetter betonen benn audj) im Überfluß bafc nadfj gemeinem
Siedete, b. Ij. nad(j bem iufHnianeifdSJen Steckte ber (Smpljgteuftö, ba3
bäuerlid&e ©runbftflcf frei oeräufcert merben bfirfe. Stttein ba ba3
Vermögen be3 ©runb^olben, ber 3ufümb ber bäuerlid&en SQBirtfd^aft,
bie ©i$erl)ett ber 2lbgabenentridf)tung unb bie -ftadf^altigleit ber
©utSnufcungen oerfdfjteben ftnb, je nadfj ber Sßerfönlidfjfett be3 ©runb*
fjolben, fo erfd&eint ba£ itonf enSredjjt , wenn audfj nidfjt logifdEj, fo
bodjj toirtf d^a f t lid^ aU natfirltdfje Vegleiterfdjjetnung
ber grunb&errltdfjen Verfaffung.
$)a$ grunbJjerrlid&e £onfen$red(>t mar ein Veftanbteil ber grunb*
IjerrKdfjen Verfajfung. §ier liegen bie SBurjeln feiner Vebeutung,
feiner SRed&tfertigung unb feines Verfall*. SSSic bie grunb^errlid^e
— 152 —
SSerfaffung felbft ein wichtiges ©Ueb ber fuliureHen Qntwidhu
bilbet, fo 1)at audj) ba« grunbljerrlid&e ÄonfenSred&t feine fultu
gefd&id&tltd&e Aufgabe gehabt. 6$ mar eine ber notmenbige
Slnflalten jur formellen Drbnung beS £iegenfd&aft<
oerfel)rS jur Qtit *>er Sronfjofroirtfd&aft. SDer mit b
(Sntfiefjung ber großen ©runbljerrfd&aften oerbunbene toirtfd&aftlid
gortfd&ritt fyat ftdj nur baburd) ermöglichen laffen, ba& bie obe
Klaffe, eben bie @runbl)erren, bie fierrfd^aft aber ben gefamten ©ruti
unb SBoben erlangte. 2)er ©runb unb 33oben, ber ju einer ©runi
^errfd^aft gehörte, bilbete ein einljeitlicijea ©anje. 2)ie Sejie^unge
ber einjelnen 33auernl)öfe jum^ronljof matten eine Stuffid^t be
©runb^errn über ben 33efifcn>edjfel unb bie 33er
fd&ulbung ber Sauern^öfe notroenbig. SDie gron&ofnrirtfdfjaj
Ijat eine gefd&loffene Drganifation: ber ©runb^err brauet nidfjt ju
äugeben, ba& feine 33auern^öfe an SRid&tberedjjtigte, namentlich nidji
bafe fte an 2lu$mfir!er gelangen. Setoitttgt er e3 bo<Jj, fo !ann e
für biefe „©unft" ein ©ntgelt oerlangen (Saubemium) : ber ©rroerbe
lauft fidf) t>on ber SSeräufcerungSbefdfjränfung lo$. ©o bilben ja 2tb
gaben aller Slrt feljr häufig 3e^en mb SRefte ehemaliger Unfreiheit
2ltlmal)lid) unb befonberS roenn bie ©elbnrirtfd&aft audjj bt
großen ©runb^erren erfaßt, werben biefe abgaben bie iQauptfadjje
ba£ Dberetgentum ift bann nur me^r redjjtlidjje ©runblage bei
Slbgabenpflid&t, alfo 3Kittel jum Sroed. !ftamentiidfj ift ba3 ber gall
nad&bem bie formelle Drbnung be$ StegenfdfjaftSoerfeljrS oon bei
©runb^errfd^aft auf eine anbere, Ijö^ere Drganifation, ben Staat
übergegangen mar. 3)iefe ßntttncflung Ijat in 33apem, wie mir ge
fe&en $aben, oon 1553 bte 1735 gebauert (ftampf um baä Siegel
redjjt). 9hm fann ba£ ÄonfenSredjjt mdjjt me^r mit bem allgemeiner
Qntereffe gerechtfertigt merben; fomeit e3 nötig ift, im allgemeinen
Qntereffe SBeräufeerungS* unb a3etfd&ulbung$bef$ränfungen aufju;
erlegen, gefdfjieljt bteS im Stammen ber ftaatlid&en Drbnung beä
Siegenf djjaftSoerfe^rS K 3)ie Sebeutuug be$ ÄonfenSredfjteS befdjjränfi
fid^ nunmehr bar auf, nadfj SDiöglidfjfeit ju oerl)inbem, baß
Störungen in bem SBerljältnU ber bäuerlichen SEBirt*
fd^aft jur ©runbl)errfdfjaft eintreten, ©oldfje Störungen
gibt e3 na<$ ber Drganifation ber ©runb^errfd^aften in 33apem im
17. Saljrljunbert namentlich jmeierlei: S)eterioration beä £ofe$
unb Sßräftattonäunfäljigfeit be$ ©runb^olben. Sie finb ge=
1 Ser&riefungSjroang (©. 84), ©üteracrtrümmerungöt)crbot (@. 176).
— 153 —
eignet, bie ©umarmen be£ ©runb^errn ju minbern, feinen SebenS*
mafjfiab ju oerffirjen, feinen ©influfc ju fc&mälern, feine SBerfdfjulbung
ju fleigern.
S)en ©runbbafc aller ber (Stnridjjtungen, bie mir mit bem Tanten
ÄoufenSred&t jufammenf äffen, bilbete — nur roieberljolen e3 — bie
©orge um bte (Spaltung beSißofeS unb ber SeifiungS*
fä^tgleit be£ ©runb Ijolben.
©rfi oon ber SKitte be£ 18. ^afjrljunbertS an, atfo in einer
3eit, mit ber mir un$ nid&t me&r ju befaffen Haben, würbe ba$
grunbljerrttdfje ÄonfenSred&t infolge be3 ©inbringenä naturredfjtlidfjer
3tnf<#auungen in bie Äreife ber leeren Beamten unb jum £etl ber
©runbljerren in ben SMenft ber Seftrebungen geftellt, bie einer Über*
fd&ulbung ber 33aueml)öfe aus Humanitären unb voltä-
ttnrtfdfjaftlidfjen ©rünben entgegenarbeiteten.
§9.
„2ln i^ren grüßten follt i^r fie ernennen!" 3)afc ba8 ÄonfenS*
redfjt bem grunbljerrltdjjen Sntereffe feine ©ntftef)ung unb ©rfjaltung
Derbanfte, foH uns mdfjt anfechten, wenn e3 auf bie bäuerliche 33e*
tößerung günfüg eingenrirft fyai, wenn e3 alfo j. 35. ummrtfdfjaftlidfje
aSertragSbebingungen , ju fyoty SBerfdfjulbung ufro. oerljinbert Hat.
9Bie aer^ätt e3 ftd) bamit? SEBtr fommen alfo jur $rage nadfj ben
SBirfungen unb folgen be3 ÄonfenSredjjteS. 3unä$ft Rubelt e£ ficij
barum, ju toiffen, ob ba$ ÄonfenSredfjt, um in ©streuten ju fpredjjen,
bie Seräufcerung unb SBerfdjulbung ber bäuerlichen
©eredjjtigfeiten unmöglich gemalt §at ober ob fidfj bie
ÄonfenSetfjotung unb ÄonfenSerteilung in ber graste als leere
Formalität ^erau^fleßte.
1. SDic Antwort ift vor allem bauon abhängig, ob ba3
ÄonfenSred&t tatfädjjlidfj beamtet morbenift obemtdfjt,
benn wenn e3 nur auf bem Rapier geftanben fyat, fo ergibt fidfj feine
SebeutungSloftgfeit t>on felbft. hierbei fommen, was bie SBerfdfjulbung
betrifft, jwei Stappen be3 SBerfd&ulbungSprojeffeS in 83etrad(jt: bie
SBerfd&ulbung felbft unb bie SBergantung, bie Kontrahierung
ber ©Bulben unb bie Regulierung berfelben. 3ft bie befteHte
$9pot$et au<$ bei mangelnbem Jtonfenfe als gültig anerfannt
toorben? 3ft fie trofc mangelnben ÄonfenfeS bei ber 9tangorbmmg
im ©antoerfa^ren berttdffid&tigt toorben?
— 154 —
@£ ift dar, baß bie grage nadfj ber 33ea<$tung ober 91
beadfjtung be$ grunbfjerrlid&en Jtonfenäred&teS oerfd&ieben ju
antworten ifi, je nad&bem ber betreffenbe ©runbtyerr bie ft o n b t \
©erid&täbarfett befeffen §at ober nid&t. 2)tefe begreift tn ftdj: 1.
(Siegeltest in bem ©. 84 ff. bargelegten Umfang 2. bie 3"ftänbic
im ©antprojeß; nur bie SBergantung felbft, b. J). bie öffentl
geilbietung, tfl, menn nid&t anbereS hergebracht ift, ©ad)e be3 Sc
geri<$te$ (©antpr. IV 13 unb ©dfjmib n. 1). SBerni ber @ru
fyerr eine fiofmardfj befaß, alfo jugletdf) ©erid^tö^err mar, fo f)
er e3 in feiner &anb, bem Äonfen3red&t ©eltung ju oerfd&affen , t
anbete auSgebrfidt, bie SefugniS be$ DbereigentümerS unb
©erid&tSgeroalt ftoffen in i$m in eine« jufammen. äfaberS mar
bagegen in ^infid^t ber bloßen ©runbljerren, „roie btemefjr«
Sßrfilaten, Sbttffinnen, Äottegialfttfter unb anbere getftltdSJe $erfo
unb SflrgerSleute unb audfj otele Slbeltge ftnb, meldte oljne &ofmari
gered&ttgfett befonbere ©üter bejtfcen, morfiber [fie] gar ft
SuriSbtftion l)aben" (©d&mib ju SSR. XXI 14 n. 9). £ier fam
befonberS feit ber ©infd&ränfung be3 grunb^errlid&en ©iegelred^
bei &9potl)e?enbeftelIungen ufm., barauf an, ob ber ©erid&töljerr
ber ©rridfjtung ber ©d&ulboerfd&reibungen unb eoeniueH im ©a
»erfahren auf ba3 grunbl)errltd(je ÄonfenSred&t 9Wdfft$t na^m, o
ob er bie ©utöbelaftung juließ, bejie&entlidfj ber gorberung auf i
©antjettel Ijtjpotljefarifd&en 9famg einräumte, oljne fid^ barum
fümmem, ob ber ßonfenS beS ©runb^erm oorliege, ober gar,
moljl er mußte, baß er nid&t oorliege. 2)ieS ift am beften aus I
SanbtagSoerljanblungen ju erfc^cn. SDenn bie ßtaffe ber ©rui
Ferren o^ne ;3uri3biftton mar befonberS im ÄleruS {fort oertreti
anbererfeitö mar ber gfirft ber bebeutenbfte ©erid&tö^err beS Sani
unb ber ©ienft^err ber fiattlid&en 9Kd(jter, unb in ben Sanbtai
„Gravamina" be$ 5prälatenftanbe8 fommen ba^er bie Slagen öl
aRißadjjtung be$ ÄonfenSred&teS am ^äufigften unb am lauteften ji
SluSbrudf.
Stuf bem Sanbtag oon 1605 bringen bie Prälaten (©. 212 |
oor: SQBtr fyabm fd&on früher oftmals ßlage geführt, baß I
Pfleger, SßflegSoermalter unb Sanbrid&ter beS gürften bei kontxatU
bie bie ©runbuntertanen ber ©otteSfjäufer über i^re grunbbat
©üter abf daließen, j. 33. bei SBerfäufen, Übergaben, ^äufd^en u
bergleid^en, „miber atte SBernunft unb SRed&t" bem Untertanen of)
ÄonfenS ber ©runbtjerrfdfjaften ju fontra^ieren geftatten. Starauf
in ber „SBeiteren @rllärung ber SanbeSorbnung" oon 1578 beftinn
— 155 —
toorben, bafc bie ©eridfjtg^erren ben Äontraft nidjt fertigen foffetv
btoox tynen ein SBillenSbrief [Äonfengbrief] beg ©runbl)erro oor*
gelegt werbe1. S5iefe ©afeungen finb aber in Sßinb gefd&lagen
worben, unb bie oljne itonf eng beg ©runb^errn, aug bloßem ©ut*
fceifjen ber ©eridf)tgobrtgfett abgefd&loffenen ßontrafte ber ©runb*
Untertanen Ijaben ju ©tritt unb ganl unb ju Dielen unb teurer*
Sßrojeffen jtoifc^en ©runbljerren unb ©runbuntertanen , jwifdfjen
biefen unb tyren ©laubigem geführt, ©oldfje „ § e i m l i $ e n .
Fertigungen" bringen ferner ung unb unferen ©ottegJjäufern
au<$ fonft grofeen ©d&aben, inbem bie Untertanen oljne unferen
ßonfeng oft etltdfje 100 ©ulben auf bie ©üter jjetmltdf) t)erfdjreibenA
unb wenn fie bann „ju 9lbfad fommen", iljre ©üter trofe beg-
mangelnben Äonfenfeg oergantet werben, wag ein „fiberaug-
fdjjwereg unb unleibentltdjeg ©raoamen" ift. Vergönnt aber ein
Sßrälat aug billigen Urfadfjen, ober ba eg poor bei einem ©ut
bräud(jig gemefen, einem Untertan, eine geroiffe, bodf) gleidfjmäfeige*
©umme [burdfj Sßerlauf] aug feiner greiftift ju fdjlagen, fo erlauben
bie Pfleger eine größere ©umme, gerabe „als wenn fie unb nidjt
wir bie ©runbljerren wären". 2ludj bieg ift eine „unleibentltdije
SBefd&werbe" unb überbieg eine „wiffentlidfje SBerberbung ber
Untertanen unb ©üter". Überhaupt fommt eg ntdfjt gar fo feiten
t>or, baft ber Pfleger, wenn ein Untertan feine ©utggeredfjtigfett
feiner SRotburft nad(j oerfaufen will, bag Verlangen ftettt, „bie Unter*
tonen foHen wegen SBerfaufung üjrer ©ered&tigfeiten bei tljm um @r*
laubnig unb nic^t bei ung alg tljren ©runbljerren anhalten, mafeen fi<ft
alfo bie ©runbfjerrfd&aft an ; ba man bieg würbe geftatten, frifet bie
Ungebühr weiter um fid> unb nehmen anbere barob weiter ein
©jrempej". 6nblt<$ Ijeben bie Prälaten nodfj Ijeroor, bafc bie ©ertdfjtgs
Ferren bei Übergabgoerträgen oljne Bewilligung ber ©runbf)errfd(jaften
bem Übergeber Slugträge unbäQugna^men protokollieren, „wo»
burdjj bie angeljenben Saugleute merflidfj unb alfo gefdljäbigt
werben, baft fte bie ©üter nidfjt, wie ftdfj gebührt, erhalten tonnen,
fottbem aböbtngen".
Sludf) auf bem nädtfien Sanbtag, im Qa^re 1612, befd&wereu ftdfr
bie Prälaten barüber, bajj etliche Sanbrid&ter ftd& unterfteljen,
ÄugtraggfHpulationen otjne ber ©runbljerren SBorwtffen ju
machen unb ju oergönnen (©. 271); audjj ber Sefdjjwerbepunft taud^t
wieber auf, bafc bie ©erid&tgfcerren beim Sertaufe oon bäuerlichen
1 ©i*$e oben 6. 183. | * Oben 6. 144.
— 156 —
©eredjjtigfeiten wollen, bafc bie Untertanen „fte unb nidfjt un£
ÄonfenS anlangen unb iljnen einSßillenägelb bejahen" (©. 2'
Unb obwohl, wie wir gefeljen tyaben, bie SKaterie in ber ©efefcgeb
oon 1616 nadfj bem SBMlIen ber Prälaten neu geregelt roorben
ertönen auf bem ßanbtage oon 1669 wieber biefelben Älagen. ,
unterfte^t fid&" — fo Reifet es in ber Sefdfjwerbefdjjrift be3 ^ßrälal
ftanbeä — „ein Xeil ber ^Beamten über ber ©ttfte unb Ätö
eigentfimlid&e ©üter SluStragS* unb SRaljrungSs, ja wofjl
Orunbfaufs unb (Sigenbriefe aufjurid^ten , unb bieg, elje i
$uoor afe ber ©runbfjerr um ben notwenbigen SDBitten unb Äonf
requiriert worbeu, ober aber wegen be$ neu ange^enben SBefife
ftd) erflärt Ijat, woraus folgt, bafe mand&mal bem ©ut bergletd
Untertanen aufgebrungen werben, fo weber bem ©ut nodfj
©runbljerrfdjaft, weniger ftdfj felbft ju SRufcen Raufen o
bem ©ut oorfte^en fönnen." 2Bitt man — fo geljt e§ weiter —
bergleidfjen itontrafte, woju man ja nidfjt oerpflidjtet ift unb ni
gejwungen werben fcmn, nid^t willigen, fo werben bie armen ße:
oon ben geridfjt3l)errli(ljen SBeamten überrebet, gegen i^re ©runbljeri
wegen ©rteilung be$ ÄonfenfeS ju projeffieren unb baburdfj
oergeblid&e ßoften geftürjt, ja e3 gefdfjietyt wo^l gar, ba§ bie Sh
träge auf ein meljrereS, aU man oon grunb^errfd&aftSmegen I
willigt, eingerichtet werben, hierauf folgt eine SBlufforberung an i
Äurfürften, er möge nidfjt jugeben, bafc bie ©runb^errfd^aften, v
bisher gefd&eljen, aufeer ad&t gelaffen, nodfj audf) „bafe bie ©tift& u
Älofieruntertanen o^ne ber ©runbfjerren SBHffen fo oie
fältige unb unerfdjjwinglid&e ©djjulben aufneljmer
(Sanbtag oon 1669, ©. 379 unb 383).
3)er 5htrfürft begnügte ftdfj bamit, in bem 3Ranbate, ba£ a
bie Sefdfj werben ber Sanbftänbe erging, oom 27. 2luguft 1669, ba
2lnfel)ung be8 Äonfen3red&te$ im Sanbredjt unb in ber Sßolijt
arbnung „bie SRotburft nadjj ©enügen ausgeworfen", bie befte^enbi
33eftimmungen einjufdljärfen.
2. 3)ie jweite SSorauSfefcung ber praftifdjjen Sebeutung bi
itonfenSredfjteS war bieSBirffamf eit ber oorgef eljenen^reU
regelung. 2Ba3 bieg betrifft, fo wohnten jwei ©eeten in ber 33ru
be$ © r u n b I) e r r n. @inerf eitS ^atte er ein Qntereffe an n i e b r i g e
greifen aus ben ©. 145 ff. angegebenen ©rünben. Slnbererfeitö $at
ber ©runbljerr SBeranlaffung, l>of)e SBertfdfjäfcungen unb alfo teuer
Ißreife ju wfinfd&en; benn barnadfj ridjtete fidEj bie £öf)e b(
Saubemien. SDa^er fagt @ljlmgen$perg ©. 65: „...saep
— 157 —
contrahentes pro hie et nunc [für ben SKugenblid] sunt optima
dispositi, ita ut emphyteuta cum lucro vendat ; id quod dominus
male non habebit . . . ; interest . . . ipsius ratione laudemii
praestandi . . .a ©erfelbe Umftanb aber roirfte bei ben Sau er n
umgefe^rt in ber Stiftung ju niebrtger ©djjäfcungen *, unb par
glet<$mel, roeldfjeS i§re SßarteifteBung fonft bei ber Angelegenheit
mar, alfo bei ben Ääufero, Serfäufero, Übergebern, Überneljmem,
©efdjjtmftero, ©djjäfcleuten gletdfjermafeen. 2Bo e3 ftdfj um ben gemein*
fanten ©egner, ben ©runbljerrn, Rubelte, ba muffte ber perfönlidfje
gigennufe jurüätreten.
Um nun einen Ijoljen &auf= ober Übernal)m£prei3 heraus*
jufd&lagen unb" bodfj mit einer geringen Slnlett baoonjufommen,
roenbeten bie Sauem l)äuftg allerlei ftniffe an. 3- S5. fie liefen
eine geringere Rauf? ober Überganggfumme protofollieren, als t>er=
einbart mar ; freilidfj nur bann, menn fie annehmen burften, baf* ber
©runb^err fein 6inftanb3red(jt nidfjt ausüben merbe2. Ober fte
„mifdjten nadfj ber Säuern angeborenen ©dfjalß)ett aHe£ burdfj*
einanber" im Sertrag, ©ut unb galjrnte, bamit ber ©runbljerr ntd^t
fo leicht auf ben SEBert be3 ©uteS allein fomme unb fo „am Unfall*
gelb betrogen merbe"8.
3u roeld&em ©nbrefultat führten nun biefe teilmeife parallel
laufenben, teilmeife fidf) freujenben llmftänbe unb -JKotioe? Seim
fcetrengunfi jtegte roeitjjin bie Unluft be3 ©runbljerrn, §ol)e
greife ju bewilligen. Seim (Srbredfjt tritt meljr baS Seftreben
fjerüor, bie Saubemialfd&raube anjujieljen. 35a$er fagt ©dfjmib (ju
291. XXI 8 n. 5), mettetd&t mit Übertreibung, er $abe „niemals
gefeljen", „bafc einem maljrljaften erbredfjten Sauer bei freier4 Ser»
faufimg fetneS 9ted|jte$ ein foldfjeS Serbot6 gefd&eljen fei, roeldfje*
Serbot ju tun . . . b^i ben trcranteiteten gretftiften faft eine täglidfje
©ad&e ift".
2)afe bie unfelige Saubemienjagb tatfä<$li<$ bie günftigen
SBirfungen be$ ÄonfenSredfjteS auf ben ©d&ulbenftanb häufig burdjj*
1 Örentono ©. 427 ff.
* Chlingensperg p. 62: „. . . ut istis temporibus saepe evenisse
seimus."
• e^mib au m XXI 8 n. 1.
4 (Segenfaft: 3n>an0^ver!auf.
6 2). Q. ein Verbot, bie ©ere$tig!eit teurer a(8 gu einem beftimmten greife
$u »erlaufen.
— 158 —
freujte, jeigt eine bei grepberg II 246 gitterte SSerorbnung t
3. Januar 1726:
9tadjbem bie ©runb^errfd&aften fd^Ie^t bemittelte Seute j
ülnfauf \) o<$ gültiger ©üter julaffen (blofe aus ©udjjt ju Sänb
unb ©p ort ein1), bie ftd) fdfjon oon oorn^erein nid)t belauf
t önnen unb in für jem roteber auf bie ©ant fommen , rooburcfj
-Ärebitoren in ©djjaben geraten, fo fotten t>on fämtlidfjeu Seam
beriet Äaufe oerljinbert unb bie Äfiufer gehalten werben, ftd& ü
bie ÜWittel jur Seljauptung beS @ute$ auSjuroeifen.
3. S5a3 Streben ber ©runb^erren nadj ©rljöfju
fcer Säubern taleinnaljmen ^inberte aber ba3 Äonfen3r<
uidfjt nur an feiner praftifdfjen 33erarirf üdfjung , fonbern führte a
ju einem 2Wi&brau<$ beäfelben. SDie ©runb^erren fugten i
feiner Jßfilfe ben SBerfe^r mit unfreien Sauemgütern
.ju regeln, bafc möglidjft oiel Saubemialanfätte erjtelt rourb
SBenn j. 33. ein Sauer fein ©ut feinem ©oljne unb bejfen 33r<
übergab, fo fonftruierte man jroei Slnfätte, nämlich einen gan;
SlnfaH für ben Übergang be£ ©ute$ auf ben ©oljn unb einen tjall
Slnfatt für ben Übergang beS ißälfteanteite an beffen Sraut. ©c|
in einem ffirfilidjen 2)efret com 2. 2lpril 16012 wirb getabelt, i
„oon etlichen wm 2lbel im ©ertdjtSbejtrf ftieb"8 biefe 9ßxa%i$ ni
bem SBorgang „etlicher öfterreid^ifd^er Sanbfaffen" geübt unb bere
„in einen ©ebraudf)" gebradjt werbe. SBenn bie Parteien — ty
es in bem 3)efret weiter — bie Ballung jroeier Unfälle oertoetgei
fo roirb fein &eirat$brief aufgerichtet. SBetdfje Häufung oon Saui
mien man im 18. 3a!jrljunbert burdfc bie ßafutfHf ber grunbfjei
Hdfjen ÄtmfenäpraftS erhielte, ifi fdfjon oon anberer ©eite bargeftt
toorben4. S)er SSerf affer beS UrbargebraudjeS (©. 46/47) gibt b
$runbl)errlid)en Seamten ben 9?at: SBenn „bie oerfdtfagenen all
©runbljolben" ftdfj ber Saubemienljäufung bei Übergaben baburdfj ei
%itf)tn motten, bafe fie „einen Äauf oorgeben", fo fott man, um b<
„oerbreljten ©riffe" ju begegnen, bie SSenrittigung be$ 2lu3trag3 tx
1 ©rftereS auf ©eite ber Käufer, lefctereS auf ©eite ber (SJrunbfjerrfdjafti
2 $te @£jeffe in Suftänben unb 2lbfa$rten betr. HRüna)ener ©taatäbi
«jgm. 2552 II fol. 325.
8 3wei berfelben finb im 2)efret genannt. — $)a§ „2;raftieren unb @ä)mbe
ber Untertanen an ber Dftgrenje, befonberä in S^ieb, roar aua) eine Urfadje b
bortigen Sauernaufftanbe« 1633/34 (Diester, ©tfcungSber. ber E)iftor. ßfoffe b
igl. bager. 5lfab. ber Söiffenftt}., 1900, ©. 35).
* »rentano ©. 430.
— 159 —
weigern. £ier liegt ber 2JHf}braud[j be3 ÄonfenSredjte« $ur ©r^ung
bet grunbl)errltdfjen ©mnafjmen Rar jutage.
4. 2)er größte unb folgenfd&merfte 3Ktßbraudfj, ber mit bem
ÄonfenSredfjt getrieben mürbe, mar aber bie ©rljebung uns
gerechtfertigter unb übermäßiger ©ebneren für bie
ÄonfenSerteilung bei ber SBerpfänbung. SBenn bie ©ertdfjtS*
Ferren bie Untertanen burdj ©ebütjrenüberforberungen bei ber
Srieferrtd&tung bebrütften, fo mürbe ber ÄonfenS ben
©r unb Ferren ju einer Duelle unerlaubter Vereiterung auf Äoften
ber ©runb^otben unb iljreS ÄrebttS.
SMe „Sßeitere ©rflärung ber SanbSorbnung" oon 1578, bie p*
erfi ben SEBiUenöbrief eingeführt §at (oben ©. 133), beftimmt (fol. 1),
baß ber ©runbtjerr ben SBiffenSbrief „oljne einige Sejaljlung oon
Rauben ju geben fdjjulbig fein foff". 3)ie ^oltjetorbnung tum 1616
ift fdfjon nid&t me^r fo ftreng: fte geftattet, für ben 2Bitten3brief
©ieget unb ©dfjreibgelb ju forbem (I 3 2lrt. 3); bagegen verbietet
fte atterbmgS bem ©runb^errn (ebenba, Slrt. 1), „ba ber Untertan
feine ©eredEjtigfeit oerfdfjreibt unb er barein mittigt, von foldjer 83e-
mittigung megen (außer be3 (Sieget* unb ©djreibgelbe« um ben
SBtllenSbrief) einig ©elb [ju] begehren", unb befräftigt unb erläutert
bieS an einer anberen ©teile (III 3 2lrt. 3) alfo: @3 ift uns „glaub-
mürbig angelangt, baß etlid&e ©runbljerren, menn bie Untertanen iljre
auf bem ©ute Ijabenben ©ered&tigfeiten mdfjt nerfaufen, übergeben
ober fonfl aus i^rer in anbere öänbe oeranbern, fonbern allein ©elb
aufnehmen motten unb megen SBerfdjreibung foldfjer tljrer ©eredfjttgs
feiten um Äonfen« bei i^nen anlangen, aud& inf onberjjeit , menn ein
Untertan mieberum heiratet unb ba$ 2Beib auf foldfjer ©ered^tigfeit
üjr ^eiratögut allein oerfidjert unb ifjr bie ©eredfjtigfett felbft md^t
»erheiratet mürbe, megen iljrer Semittigung ein SBillenägelb
forbern unb nehmen"; bie« ift aber, „meil feine mirfltdfje aSeränbe*
rung gefd&ie&t, bem Siebten unb ber Sittigfeit jumiber" unb mirb
baljer abgerafft unb verboten.
SDaS SßittenSgelb ift alfo eine laubemialäl)nltd(je ©ebfiljr, bie
für ÄonfenSerteilungen, befonberS bei SBerpfänbungen , bei ©elegen*
^eit ber Erteilung be3 2Bttten3briefe3 neben bem ©iegel- unb ©d&reib*
gelb erhoben mürbe. Sei mirfltdfjen SBeräußerungen burfte tin
fiaubemium erhoben merben, bei einer bloßen 33elaftung be3 ©ute£
nid&t. Um aber bei biefer au« ber ftonfenäertetlung neben bem
©iegelgelb bodj) einen Vorteil ju jieljen, mürbe für fie ein (Sntgelt,
eine abgäbe geforbert, bie jmar nidfjt fo $od& mie ber ißanblo&n,
- 160 —
aber in ber SBegrünbung tym fefjr ffl&nltdf) mar. 2Bie ber £anbl
nad& ber fcofoerfaffung eine Vergütung für bie 2ßttgfeit ber gm
$errlid(jen Bnnfd&enfymb mar, fo fott ba* SBittenSgelb ein ©ntj
fein für bie im 2Bttten$briefe mebergelegte SBtttenäerflärung
©runb&errn, feinen ÄonfenS geben ju motten. Stuf bie nad&tetU
folgen biefec Sßraste werbe td& unten in § 20 be$ näheren
fpred&en fommen.
5. 2Wit bem ©treben iber ©runb^erren nadjj mSglid&ft §o!
einnahmen fingen audf) bie fogenannten £emporalfonfen
b. f). bie SBerfdfjulbungSfonfenfe auf 3*ü/ jufammen.
©inige 3a§re oor ber ©efefcgebungSarbeü oon 1616 (alfo roa
fd^etnlid^ am Slnfang be3 17. ^a^r^unbertö) f)atte bie igoffamn
an bie Äafienämter einen 33efeljl erlaffen, „ba& auf feinem fürftlidj
Urbarfifid einige ©d&ulb über 4 Saljre nit * fotte oerfd&rieben werben
$)ie Sßolijeiorbnung oon 1616 bagegen §at" bie Xemporaloerfd&reibung
b. &. bie ©dfjulbuerfd&reibungen auf 3*ü, oerboten, ba fie nur t
3toecf Ratten, bie mehrmalige (Erhebung be$ (Sieget unb ©djjre
gelbes ju ermögüd&en (oben ©. 99). liefern SBiberfprudjj jwifdfj
altem unb neuem Siedjjt, jmifd&en Drbnung unb SßrastS, oerbanl
mir eine fel)r intereffante unb jiemlid& grfinblid&e (Srörterung fc
fcofrateS über ttrfadjen unb folgen btz Xemporatfonfenfe, b. §. t
Äonfenfe auf 3*ü, fowie über bie SRittel ju beren Sefeitigung 2.
3laä) bem &ofrat$gutad)ten beruht bie „praxis consensi
limitati et ad certum tempus" in Sägern nidfjt auf ißerfomme
fonbern f)at tyren 6ntftel)ung3grunb in folgenbem: S)er©run
jjerr §at „ein me&rereS |praeiudicium ju geroarten, wenn [er i
eine SBerfefcung 8 ober SBerpfänbung, ate menn er in ben SSerfauf ein
©rbredfjteS fonfentiert, bietoeil in casu oppignorationis, ba i
Xrabition nid&t afebalb befdfjiel)t, fein Slnfatt gereift ober gegebi
mirb, aud& Ijernadfj, ba es ju SBergantung bergleid^en @rbred&te3 fomtr
md)t gebräud&tg ift, ob necessariam eiusmodi alienationem ein«
äfofatt ju geben ober ju reiben". S3em ©runbljerrn fällt e3 balj
„md&t unbillig ferner, in bie 33erfefcung ober SBerpfänbung ein
(Srbred&teg (simpliciter et pure) ju willigen", ©ein ^ntereffe gel
oielme^r baljin, bafj im galle ber SRot „ber emphyteuta angemalt«
werben möge, feine emphyteusin ju o erlaufen", fo bafj ,>
1 doppelte Verneinung pleonaftif d^ au oerftetjen!
2 £ofrat8gutad&ten au $ol.0. I 3 consid. 1 (fol. 596 ff.).
8 2>ie neuere ©afcung ift gemeint.
— 161 —
©rmtbjjerr de manu ad manum feinen nötigen Slnfatt einju*
nehmen Ijätte".
2Ba3 nun bie golgen ber £emporalfonfenfe betrifft, fo er*
roa^nt bie &offammer junäd&ft, baß „ben ©laubigem in ben
$ßru>ritätepro}effen, beoorab wegen ber Novation großes praeiudicium
unb [großer] ©dfjaben" erwad&fe. SDamit ifi gemeint: @in Sauer
nimmt am 2. Januar 1605 bei A auf wer Qaljre ein &ppotl)ef*
barleljen auf, am 2. Januar 1608 beSgleidjen bei B; am 1. SDe*
jember 1609 wirb baS erjie ^ppot^efbarte^en auf weitere oier Qaljre,
alfo bis (Snbe 1612 oerlängert. 3m 3a(jre 1611 fommt ber &of
auf bie ©ant. £ier geljt B bem A oor, obwohl A nidfjt juriftifdSJ,
aber tatfädjüd) unb wtrtfdjjaftlidfj bie erfte fippot&ef fyat 3Ktt biefer
©adjlage §ängt offenbar bie jwette oom iQofrat genannte nad&teiüge
aSirfung ber SEemporaHonfenfe jufammen, nämlidf), „baß niemanb
gern meljr auf bie fielen1 unb ©rbredfjte leiten will",
waS jur golge Ijat, baß „bie emphyteutae unb vasalli Sftot babei
leiben" muffen.
2)afjer gibt ber fiofrat ju bebenfen, ob ber gürft in Slnfe^ung
ber ilrbargfiter auf ben £emporaloerfdfjreibungen beharren motte,
äöenn ja, fo fei ju beffird&ten, baß „arid) anbere ©runbljerren ftdjj
ebenmaßigen 9tedfjten3 gebrauten motten". 3)abur<$ mürbe aber ber
Slrtifel oon ber 2tbftettung ber Semporaloerfd&reibungen „in totum
gleid&fam elubiert unb ju 33oben gefiettt".
S)a3 befte -Kittel gegen bie Semporallonfenfe befielt
nad& anfiel beS &ofrat$ barin, „bie ©runbljerren it)re«$ SlnfattS
falber auf begebenbe SBeränberung beS 33efifcer3 ju üerfidfjem, ob fie
fd&ou [in] bie oppignorationem rei emphyteuticae (pure et
simpliciter) einwilligen", burdfj Slnleitbarerfläruug ber
3wang$oeräußerung. „SBoflte man aber auf ben consensus
[ simplex et purus] in casu oppignorationis au<$ eine
9tei$ung f dalagen . . . f o möd&te foldfjeS aui) nidfjt für unbillig [!]
ermeffen werben", benn — bie SBegrünbung ift furios — wenn bie
Serpfänbung nid&t wäre, fo müßte ber ©runbijotb baS ©ut not*
falber oerfaufen unb ber ©runb^err beföme bodfj feinen ftanbloljn.
Die ©runbljerren fotten — baS ifi ber ©inn ber beiben 5Bor*
fdjläge — oon ber ?ßraji8 ber Eemporalfonfenfe baburdfj abgebracht
werben, baß man i$r materielles ^ntereffe am consensus purus erljö^t.
SBenn aber ber gürft — $etßt eS im &ofratSguta<$ten weiter —
1 J)u JBeutelleQen flnb gemeint
(Soften, 0erf4ulbung. 11
— 162 —
auf bie £emporaloerf<Ijreibungen bei ben UrbarSgütero nidfjt i
jtdfjten wolle, fo fönneben „difficultatibus ber ©laubiger §al6
(fie^e oben) baburdjj begegnet werben , baft ein statutum gem<
werbe be3 QnljaltS: „2Benn eine Xemporafoerfd&reibung effpir
unb UrbarSmann ober ©rbredfjter barüber einen neuen ÄonfenS a
bringt, bafc ad effectum praelationis anberer SBerfdjjreibung f)itx
feine iJtooatton tnbujiert, fonbern ein fold&er ©laubiger in bie ©1
gefegt werben fott, tote bie erfte SBerfdjjreibung batiert tji."
SDer £ofrat erwäjjnt and) einen SÄittelweg jwifdjen
2Utfred&terl)altung unb ber ooUftänbigen Sefeitigung ber £empo:
fonfenfe. (Stn fold(jer wäre barin ju erblidfen, bafc bie £empo:
fonfenfe auf längere 3eü/ i- 35« auf ä*§n 3«^re ober auf SebenS
be$ ©elbentne&merS erftredt mürben. „2)ie Regierung Surgljauf
— bemerft ber fiofrat jur SBegrünbung biefeä SBorfd&tagS — „ü!
fd&idft einen ©straft au« be$ 5taftner3 3»nftruftion bafelbft (wie
aberberfelbe ift, ift nid&t barauS ju erfe^en), bafc bie ©filtbriefe
ben UrbarSgütem auf adfjt ^aljre geftellt werben fotten1."
greittdjj „wäre e$ rätlid&er unb beffer" — bamit fdfjliefet
iQofrat feine Ausführungen — „bie consensus limitatos, we
oljne ba8 in biefem ßanbe nid&t lange Ijerfommen, ganj unb gar <
juftellen gegen obbetnelbte conditionibus be3 2lnfafltö ober anb
9tetdfjni3 in omnem eventum". Saburdfj würben bie ©runbljei
nidf)t allein „genugfamlid(j oerftd&ert", fonbern e$ würbe baburdfj c
nodf) ein anberer mit ben £emporaifonfenfen oerbunbener (f
oben) großer SRadfjteü oer^ütet, nämltdfj „bafc bie Se^en* 2 unb Url
guter nid&t8 no<$ me^r oerfdfjlagen [= wertlos] werben,
bereit« befdfjeljen unb fd&ier niemanb feine8 Suft Ijat, Sei
ju fauf en ober barauf bem Seljenmann id&t wa$ f)i
[ju] leiten".
3m Sanbredfjt unb in ber ^olijeiorbnung oon 1616 würbe
audfj wtrfltdf) bie ßaubemienpfttdfjtigfeü ber SBergantung auSgefpro*
(©. 131). Slber bie Hoffnung, bie man baran gefnüpft jjatte,
bie £emporaloerfdfjreümngen unb ^fonfenfe oerfdfjwmben würl
1 2)er fcofrat fügt (jinju: „3)at>on mu|$ man SReidjnte geben »om ©u
ber erften Sa^reögült 15 fr., behält bann ber [®eü>»]®ntne§mer na$ ben
rührten aajt 3a&ren bie @<$ulb no$ länger unbegabt, fo muß bie gebi
SReidJniS nneberum gegeben werben" (ogt. baju oben ©. 159).
9 Sie 2Beutette$en ftnb gemeint.
3 Stoppelte Verneinung I)ier SBerftärtung ber Verneinung.
— 163 —
ging nidfjt in ©rfflffung1. ©ie Ratten eben nid&t nur in ber
Saubemienloftgfeit ber ©ant, fonbero überhaupt in bem ©treben
ber Ärunbljerren nad) ©rtjöljung ber bäuerlid&en 3lb =
gaben ü)re ttrfadfje. ©erabe ber &ofrat, ber felbft fonftattert Ijat
(fief>e oben -Kote), bafc ber Äaftner oon 33urgl>aufen bei jebem jeitlidf)
begrenjten Äonfeng ein SBtflenggelb ergebe, $äite fid(j benfen fönnen,
bafe bag SBiffenggelb einen mächtigen SCntrieb jur jeitltd&en 33e*
grenjung beg Äonfenfeg btlbe.
2Betm man bag ftonf eng r e <$ t alg etmag ©egebeneg Einnimmt,
f o mirb man nidEjt um^in fönnen, ju ben Xemporal fonfenfen eine
gün [tigere Stellung einjuneljmen, alg bieg ber &ofrat tut. 9Ran
muß audj bei biefer ©inridfjtung jroifdfjen iljrem 2Befen unb bem
aRifcbraudjj ber ©üiridjtung unterfdfjetben. ©teilen mir ung bie
folgen eineg £emporalfonfenf eg lebhaft oor SCugen ! S)er temporal»
fonfeng fann bie gute 2Birfung Ijaben, bafc ber ©djjulbner, meil er
SWicijtoerlängerung beg Äonfenfeg flirrtet, früher feine ©<$ulb tilgt,
alg er eg fonft täte. 3ft bieg nidfjt ber gaU, fo mirb ftdfj ber
©laubiger redfjtjeüig um SSerlängerung beg Äonfenfeg umfe^en
muffen. 35enn roenn ber Äonfeng erlifdfjt, fo oerliert ber ©laubiger
feine ftppotyef am Bauerngut unb bamit ben SSorjug feiner gorberung
oor anberen. Sßirb bag ©efudfj abgef dalagen , fo mirb bieg ben
©laubiger oeranlaffen, feine gorberung redfjtjetttg einjuf orbern,
bamit er ben SBortetl, ben iljm bie Jßppotljef oerfd&afft, nodf) aufc
nüfeen fann. 3>n atten biefen gälten trägt bie temporale 33egrenjung
beg Äonfenfeg ju einer fd&leunigeren 2lbroicflung ber auf
bem Sauemgute laftenben ©d&ulben bei. Slnbererfeitg ifi
ber ftemporalfonfeng für ben Sauer beffer alg bie SBermeigerung
beg Äonfenfeg. S)er Sauer fielet bodjj nodj bie aWfigltdjjfeit oor ft<f),
fid& mirtfdSJaftlidjj ju rehabilitieren, eg mirb üjm eine ©nabenfrift
gegeben, innerhalb bereu er feine SBerljältniffe orbnen fann. 3^8*
ftdjj, bafc ber ©d&ulbner umgefeljrt ift auf ber 33a^n beg Sßerberbeng,
ober bafc er roenigfleng guten 2Bitten jeigt, ftd& aug ben ©d&mierig*
1 3m Ärei3ara)io HRünajen ®en.-^eg. 289/8 („Äonfenfe ad hyp. et alien.
1665—1658*) finben fi($ aroei fcemporalfonfenfe beä gerbinanb 2Roria (auf fea)g
3a$re), roa^rfc^einlic^ Äonjepte ber §of!ammer unb fpäter oon Schreibern atö
3Wuflcrformulare benu|t. (SineS biefer SWtenftütfe im 2ln§ana. IV. — <8en.-9Keg,.
1094/78 (,8eraeia)ni3, toaS ben £e$en(euten . . /): »Ute um le$en*$errlia)en
ÄonfenS jur Serpfanbung eines »eutette&en«, nebfl 9(!tenoormer!ung oom 2. SRai
1690: Ponfenö auf fea)* 3af)re erteilt. — ®a)u(bfumme in ben brei fällen: 200,
50, 100 fl.
11*
— 164 —
feiten l>eraudäuarbeiten, fo fann man, rocnn ed fidj ald nötig $erau
ftettt, ben ftemporalfonfend — abermofe auf 3*ü — oerlängei
Sßenn ntd&t, fo ift ber ©runbfjerr burclj ben Ablauf ber ßonfmdft
in bie Sage oerfefct, ben ©runbljolb jur Siquibation fein
SBtrtfd&aft, jum Berlaffen bed ©uted gu jroütgen, re$t$eit
ju 3 min gen, roäljrenb er ftdjj fonfi fortgefröttet Ijäite, }um ©<$ab
bed ©runb&errn unb ber ©laubiger (©. 194), aber otyte ftd> feil
mefentlidjj ju nüfcen. 2)ie Semporalfonf enf e roaten olf o ein SD? i 1 1 e
weg jmifdfjen bem Qntereffe bed Säuern, ©elb gu crlangei
unb betn Sntereffe bed ©runbljerm, überfdjjulbung ju oei
f)inbern. ©ie ermöglichten eine periobifdfje SReotfton bc
guftanbed ber Bauerngüter unb ber Sage ber Sauer
^e|t, ba wir in bie grunbl)errlidfje Äonfendprajid einen ©tnbli
gewonnen fjaben, erfdjjeint und aber aud) bad Behalten ber ©ertdfjti
Ferren unb i^rer Beamten gegenüber bem Äonfendred&te in eine
anbeten, milberen, ja in einem gttnfiigen fiidfjte. 2Bar ed nidjjt oe
bienftlidlj, bad Äonfendredfjt möglidfjft an bie SBanb ju brüden ur
baburdf) ben Unfug, ber mit iljm getrieben mürbe, einjubämmen
aber gemadj) ! 2)enn au<$ bie geridfjtdljerrlid&en Beamten befämpft«
ober beffer ignorierten bad Äonfendredfjt nid&t aud reiner 9Wenfd&ei
freunblidfjfett, ober aud einer ibealen Neigung ju freiem, flottei
Ärebitoerfe^r, ober aud einem tnfttnfttoen Beroufttfein ober ein(
tfyeoretifd&en ©rfenutnid, baft bie 3*ü ber ©tänbeljerrfd&aft oorb
fei unb bie „Sßertobe ber ©taatdroirtfdfjaft" anbredfje — nein, au<
bei iljnen maren ed materielle Sntereffen, bie fie oeranlafeten, jui
Äonfendredfjt eine feinbltd&e ©tettung einjuneljmen. SDied ergibt fti
jum £eil fdjjon aud ben ßanbtagdoer^anblungen felbft. @ine Älac
bed Sßrälatenftanbed auf bem Sanbtage oon 1612 gefjt Ja ba^in, ba
bie ©eridfjtdfjerren motten, baft fie unb nid&t bie ©runb^erren ui
Äonfend angelangt werben unb iljnen bad SBtttendgelb gejault mert
(oben ©. 156). Unb im Saljre 1605 bejeid&nen ed bie Sßrätate
ald eine „merfltdfje, juoor unerhörte" Befd&roernid, ba& in ben beibe
©eridfjten Biedjjtad^ unb Äöfeting, wenn bie Älofteruntertanen iljx
©üter oerfaufen, übergeben ober oertaufd&en motten, bie Sßflegei
gerabe ald menn fie ©runb^erren mären, oon ben Äon
trajjenten 10 — 12 ©ulben forbern, „geben i^m einen neuen unet
hörten SRamen unb nennen ed bad ämmangelb" (Sanbtag ©. 220]
2>ie ©ertd&tdbeamten befämpfen alfo bad grunbljerrlid&e Äonfendredfj
jum £eil nur bed^alb, um fid& feine Borteile felbft aneignen ji
fönnen, fie oer^üten, bafe ed oon ben ©runbljerren mifebraudfjt merbe
— 165 —
um e3 felbft }u mifjbraudfjen. ttmgefeljrt ift ber ©ifer bcr Sßrälaten
extlaxlid) , bic ft<§ um bic grüdjte il>re3 feinen „UrbarägebraudfjeS"
betrogen fa^en. (Sin Unre^t ift ber geütb be3 anberen, ba3 „2Bitten£s
gelb" nrirb vom „Stotmangelb" umgebrad&t.
2Ba8 aber bie ©eridjjtsbeamten bei i^rer SWtfjadjjtung be3 ÄonfenS*
red)te$ geroöl)nlidfj im Sluge Ratten , ba£ finb eigentlich mdjjt grunb*
berrlidjje SRedfjte unb ©efälle, fonbern bie Siegel* unb ©djjretbgelber,
beren Sebeutung für Ärebit unb SBerfd&ulbung mir ©. 98 ff. fennen
gelernt Ijaben. S)ie ©eridjjtSbeamten fonnten ba3 Äonfen3=
tedjt nid&t leiben, meil e8 bie fportelbringenben S3er=
briefungen oerringerte. 2Bie bie Saubemien unb 2BiHen3=
gelber ba$ 3*e* &er grunbljerrlidfjen Sßraste roaren, fo maren Ijofje
Siegel* unb ©dfjreibgelber ba$ Qbeal eines fingen unb erfahrenen
©eridfjtäbeamten.
SDie golbenen @ier, bie bie &enne legte — ba3 mar ber SßreiS,
um ben jmifdjjen ©runb^erren unb @erid£jt3l)erren ber ©treu tobte.
S)te fcenne aber mar ber 33auewftanb.
Drittes Kapitel*
§ 10.
Sdtullwedtt unb SrtiuUmBrptfltjei
I.
S)er 3uftanb beS ©dfjulbenmefenS, ba$ SRafc ber Äapitalbilbung
unb bie SWöglidjtfeit ber itrebitertangung merben immer audjj von ber
Stellung abhängen, meldte ©taat unb ©efellfd&aft ber
(Jntroicflung beSÄrebitä gegenüber einnehmen, t)onbem@rabe
ber ©d&äfcung, bie bie ©efettfd&aft bem ©laubiger entgegenbringt,
wn ber 2trt ber 33el>anblung, bie ber ©d&ulbner bur<$ ben ©taat
erfährt. 2Bo ber ©laubiger rafdjj ju feinem 9te<$te unb ju feinem
©elbe fommt, wo eine gute Sßoltjei für bie ©olibität be* Ärebit»
oerfel)rS forgt, ba mirb ber Äapttalift leidet ju bemegen fein, oon
feinem ©dfjafce anberen mitzuteilen. 2Bo bagegen bie Sebeutung be$
— 166 —
itrebitS für baS wtrtfd&aftltd|je unb fojtale geben beS 5Bol!e3 perfann
wirb, ober wo bei ber (Eintreibung oon ©djjulben ehtUnterfcfjiel
gemalt wirb }wifdjj£n ben oerfdjjiebenen Älaffen t>ot
©laubigem unb ©djjulbnern, baS Sntereffe beS ©laubiger*
nur bann feine 2Ba$rung finbet, wenn er jur Ijerrfdjjenben illaff*
geljärt, ber ©d&ulbner auf ©runb oon ©tanbeSprürilegten obei
Vorurteilen ©djjufc gegen feine ©laubiger geniefct, ba wirb e$ fd&wei
fein, baS beweglidjje Kapital aus feinen ©djjlupfwinfeln ju lotfen
ja bie Äapitalbilbung wirb bann geljinbert fein, weil mancher es
oorjieljen wirb, feine ©rfparniffe jur ©rljötyung feiner ©egenwart^
freuben ju oerwenben.
3Wau fann nidfjt fagen, bafc ber ftrebit in ber 3ett, mit bei
fidfj biefe SKrbeit befdfjäftigt, gering gefdjjafct worben wäre, ©eine
Seiftungen unb SBirfungen werben fogar Ijfiuftg in gewallten 2Ben-
bungen gepriefen. SBenigftenS gilt bieS oom öffentlichen ftrebit.
©o nennt 3Rajimilian 1. 1637 in einem ©treiben an bie SanbfdfjaftS*
oerorbneten ben Ärebit baS „wertuoffe Äleinob beS SanbeS" l. Sieben
bem öffentlichen ©djjulbenwefen gab es noclj ein anbereS ©ebiet,
auf bem baS Ärebitgeben unb ntefjmen fogar als normal, afe felbfk
oerfiänbltdfj galt — ber fianbel. igier wirb bie Sebeutung be£
SrebitS leiber fdfjon flberfdfjäfet, unb es jeigen fidj bereits bie ©puren
jenes mpftifdfjen ©laubenS an geljeimniSooffe ©igenfdfjaften be£
ÄrebttS, ber auf feinem $öl)epunfte jur erften „Sßanamaaffäre" fiam
(1716—20) führte.
2)ie SBerbeugungen aber, bie fonft oor bem ßrebit gemadfjt
werben, finb meifienS platonifdjjer 2lrt. ©obalb SlnjeidSJen beroor=
treten, bafe ber Ärebit beS wirtfdjjaftlicljen SebenS in feiner ©efamt*
Ijett fidj bemädfjttgt §at, bafc er in Sßaläfte unb fiütten eingebrungen
ift, fängt man über bie unglüdlid&en ©dfjulbner unb über bie Ijart*
{jerjigen unb betrügerifdjjen ©laubiger ju jammern an. 3Kan be*
trautet ben Ärebit immer nodjj als ©rfdjemung aus einer
anberen SBelt, unb barauS refultiert eine gewiffe ängftlid^e ©djjeu
oor iljm, ja eine infttnftmäfjtge Stbneigung gegen biefen 3)ämon.
SBenn man es audj nidjjt immer oermeiben fönne, ©dfjulben ju
machen, fo bärfe man ftdEj bodfj nur in ben bringenbften gaffen barein
begeben, unb oor allem muffe man bamadfj trauten, fie fo balb wie
möglidfj wieber loS ju werben. $n einem ©treiben ber baperifdjjen
ßanbf^aft an ben prften oom 3al)re 1612 Reifet eS g. 8.: (Sine
jebe Commune, ja fogar audfj eine jebe 5ßrtt>atperfon, fo
1 grepberg I 88.
— 167 —
I
ftd& fort jubringen unterfteljt, jtc^t, wenn fte in ©d&ulben fiedft, vor
allem anbeten batouf, bafc fxe ftclj biefeS oerberbttd&en unb um ftd^
freffenben SBurmeS, ber SafjreSjinfeu unb Sntereffen, entlabe (Sanb*
tag ©.94).
Sejeidjnenb für bie 2luf faffung vom SBefen be$ Ärebitö wirb immer
bic fjfrage fein, rote er eingeteilt wirb. 35af* j. 33. bie Hafftfdje
■Mationalöfonomie iljn in Sßrobuftfofrebtt unb ßonfumtiofrebtt ein«
teilte, ift ganj natürlidjj. Senen Ijtelt fie für nüfclidj, biefen für
fdjäblidj ober roemgjienä für gleichgültig, ©ett bie ttberfd(jä|ung
ber Sßrobuftion, bie Unterfdfjafcung ber Äonfumtion t)on ber WationaU
öfonomie uerlaffen roorben ift, wirb au<# bie ermähnte ©inteilung
md>t meljr fo ftarf betont, fonbern meljr nur nodjj mitgefd&Ieppt.
SBenn mir un$ nun in ber Siteratur be$ 17. Qafjrljunbertö umfe^en,
roeldfje Slrten oon itrebit man unterfdfjieben fjat, fo finben mir roieber
ein Ijöd&ji bemerfen£n>erte$ ©pmptom. 3Wan beurteilte namltdfj bie
totafd&aftlidfjen ®rf Meinungen nidfjt oom nrirtf djjaftlidfjen , fonbern
(vom jurifftfc&en unb) oom moralifd&en ©tanbpunfte. ©o audfj
ben Ärebit. 2)a3 ©dfjulbenmadf)en unb ba$ SSerfc^xtlbetfetn galt als
berechtigt ober unberedjjtigt, je nadfjbem ber ©d&ulbner an feinem
3ufianbe fdfjulb f)atte ober nid&t.
35er namentlich oon SRofdfjer &o<$gefd(jä|te Sngolftabter Sßrofeffor
»efolb fagt1:
Sane duo Bancae-ruptorum genera statuenda sunt.
Primum est illorum, qui decoquunt vitio fortunae. Jn-
hunianum plane est, hos, utpote fortunae telis vexatos,
puniri . . . Secundum vero genus est illorum debitorum,
qui suo vitio sua amittunt: pessimum certe hominum genus
et nulla plane miseratione dignum . . .' Apud hos enim
artis laudatissimae est, profundere dissipando atque dila-
cerando, astute, maleficeque; circumvenire, aueupare atque
oecupare peeunias alieoas ; ab initio large polliceri, in medio
fraudulentas facere versuras et omni fine charitatis ac
justitiae respectu tandem fallere omnibus fidem.
@3 roirb alfo jnrifd&en 33erfdf)ulbung infolge ungünftiger
Äonjunfturen unb SBerfd&ulbung aus pofttioer ©d&ulb
unterfd&ieben. 2Benn ber ©d&ulbner feine mifclidjje Sage felbfi ner*
föulbet $at, inbem er bem $runf, bem ©piel, ber Äletberprad&t
ergeben unb baburdfc in feine üble Sage geraten mar, inbem er biefe
1 Vitae et mortis consideratio politica, 1623, p. 28.
— 168 —
bur$ Unftetfe, 9tod&läfftgfett in ber äßirtfdfjaft, burd& unorbentltdfje
SBefen oerf d&limmerte , fo oerbient er (einen ©djufc gegen bei
©laubiger, ber, ber ewigen SBinfeljüge mübe, bie gange Strenge bc
©efe^ed gegen ifjn malten lägt. SBenn bie SBerfdfjulbung bagegei
in UnglüdfSfällen, in ÄriegSnoi, in Sranbfdfjafeung, geuerSbrufi, 3Kife
ernten ufro. iljre Urfadfje §atte, bann ift ber ©djjulbner be3 ajittleib*
unb ber Sdjommg würbig. SDie SBorftettung , ba& jeber bie folget
ber ungünftigen ftonjunfturen ertragen muffe, ba itjm ja audfj bi<
Vorteile ber gflnftigen Äonjunftur jugute fämen, war ben SRenfd^er
nod& fremb. 2)er ©tnjelne war ja burd& bie befte^enbe Drbnung in
einen engen itretS von 2Wöglicljfeiten fo feft emgefd&nürt, bafc er bu
günfligen Äonjunfturen eben ntdjjt auSnfifcen fonnte. 3Bie fonnte
man ba verlangen, bafj er bie oerberbltdjjen folgen einer. Ärtfis
ganj auf fid) neunte? SBenn bie ©efettfd&aft iljn Rubere, auf eigene
gaufi an feinem ©lüde ju jimmern, fo möge fte audjj bafür forgen,
bafj er bei plöfelid&eu oerberbli<$en ©reigniffen nidfjt bebauembem
Stdjjfeljudfen begegne ober burd) ftrenge ©df)ulbgefe|e oottenbS gebrochen
werbe. Sßenn bie Setrüger unb 33erfd&roenber überhaupt feinet
ÄrebiteS wfirbig feien, fo er^eifd^e umgefetjrt bie troftlofe Sage ber
unoerfdjjulbet ins Unglütf ©efommenen ein fdfjonenbeS SSorge^en bei
ber gerid&tltdjen Eintreibung ber ©Bulben. SBon biefem ©tanbpunft
aus ift bie ©ebulb unb Sangmut ju begreifen, bie man im
^ßrojefeoerfa^ren gegen bie ©dfjulbner an ben £ag legte. 9Kan
fal) eben in ber cor ©erid&t gefd&leppten Partei mc^t ben im Äampfe
um« 3)afein unterlegenen Äonf urrenten , fonbern ben unglfidHtdfjen
vom ©d&icffal unb feinen ©laubigem oerfolgten 9Bitmenf<$en.
II.
3)a$ Sßrojefeoerfaljren litt unter einer allju großen 3lu£ =
beljnung beSfelben, oerurfadfjt burdfj ju häufigen ©d&riftenwedSifet,
burdfj ju triele Termine, ju lange griften, bu*$ &i* ©d&tfanen ber
©d&ulbner, ben ©tgennufc ber älboofaten unb bie übel angebrachte
3taW\$t ber SKidfjter.
Qn Sapern gab e$ jwei ^ßrojefearten: ben orbentltdfjen
Sßtojefe („Drbinartprojefc") unb ben ju feiner Slbfürjung 1553 ein*
geführten unb 1616 auSgeftalteten fummarifdfjen SProjefe. 35ie gut*
f Reibung barüber, ob erftere ober lefctere Sprojefcari angeroenbet
werben fott, lag beim Äläger. 3)a3 gebraudjjlidjje Sproje&oerfaljren
mar ber fummarifdfje Sprojefc. 2)ie im fummartfdfjen Sßrojejs unter*
— 169 —
liegenbe Sßartet foroite binnen Qaljr unb %a$ ben Orbmariprojefc
ergreifen.
2)er Drbinariprojefc bewerte „mexften* oiele Sa^re* (©d(jmib
ju ©antpr. III 9 n. 10), burd) ju oiele Termine unb burdfj um
begrfinbete SSerlängerung berfelben, inbem ben „oerjügigen Slboofaten
unb Sßrofuratoren ju otel nad&geljangt würbe" (Sanbtag 1605
grav- 18) K
2lber au<$ ber „©ummarifdfje 5ßroje^ oerbiente biefen
feinen Slamen feineSmegS. @r bauerte „oftermals 10, 12 unb big über
20 3a&re" (Sanbtag 1605 grav. 4). 1616 würbe, wie erwähnt,
ber fummarifdjje Sßrojefc reoibiert, unb e$ würbe ein befonbereS
©efefebudf) für tyn gefd&affen. £rofcbem bauerte ber fummarifdje
^Srojefc „öfter« 20, 30 ober nodjj me^r Qaljre", ja er war weit oer*
roidfelter unb bauerte weit länger als ber Drbinariprojefc. ©djjulb
baran Ratten bie „Sonetten, 2lbleimmgen, 2lu3flfidfjte , galfdfjljeiten
unb Betrügereien" ber Parteien unb Stbnofaten, biefer „@eri<$tfc
plauberer unb 3un8enbreföer" (©d&mib ju ©umm.$ßr. @inl. unb
13 d. 1). ©egen @nbe ber Regierung gerbinanb 3Waria3 follte
abermals eine 5R e n i f i o n be3 ©ummartf df>en SßrojeffeS vorgenommen
werben, aber nun waren e3 bie Vertreter ber ©tänbe, bie
fianbfc&aftSperorbneten, bie ftdfj bagegen wanbten mit ber ©rflärung,
bog e$ bei ben oorwaltenben Memmen $e\Un gar ju Ijart fein unb
jum SRuin oieler gamtlten gereidfjen würbe, mit SBerfdjärfungen in
ben Sßrojefjformen burd&jugreifen (fjretjberg 1 191). Qnjwifd^en war
nämlidjj bie burdjj ben 30 jährigen ßrieg oerurfadf)te frebitred&tlidfje
9teaftion eingetreten (fie^e unten § 18).
aber nidfjt nur baS ©trett*, f onbern audfj baSöettretbungä*
oerfa^ren litt unter ber Umftanblidjjfeit unb ©<$wer =
fälligfeit be* Betriebes. 1605 flagen bie Sanbftänbe (©. 156):
„Obfd&on oftermafe bie debita liquib unb richtig, audjj etlidfje
9Jtale bie Sejaljlung [von ber Dbrigfeit] gefdfjafft worben, fo werben
bod> wiber ber ©laubiger äBitten Xäbigungen auf griften ober 3lb-
brudfr fürgenommen / unb wo man gletdjj gerne eine 3eit ©ebulb
Jjfitte, fo ift e£ bodfj nur ein oergeblidfjer Stufjug, werben bie
©laubiger in Schaben gebraut unb bennodjj nidfjt bejaht, frud&ten
1 3" ber £.0. oon 1553 wirb gegen bie SRtdjter fogar ber Vorwurf er*
toben, baft fte «mit gletfj me$r £Äg [Termine] matten*, TueiC bei ben <9eria)t3«
oerfymblungen (roe(a)e bamal« noa) im 2ötrtß&au$ abgehalten )u werben pflegten)
auf 9left)niutg ber Parteien jebe&nal ein »grofe Sertrinfen" (Ärenner VIP 61)
oeranftaftet mürbe.
— 170 —
au$ bisweilen foldje Xäbigungen anberS nid^tö, toeber [afö] b
injrotfd&en ber ©d&ulbner feine bona dissipirt unb lefcltdj l
©laubiger ba3 Seinige gar oerlteren mu$ul. ©d(jmib fagt (
£9t. XIII 10 n. 9), bafi man bei ben batjerifdjjen ©erid&ten t
bie ©jefution metfienS länger ffreiten mufi als in ber &auptfad)e.
gür anerfannte ober burdfc öffentliche ttrfunben 1
fd&einigte Slnfprüd&e Ijatte ba$ bagerifdfje ©efefe ein befdfjleunigl
33erfaljren oorgefe&en : e3 f ottte nad& einer furjen grift gleidjj mit t
Beitreibung begonnen werben, iQören toir bagegen mieber ©d&m
(ju ©umm.$r. XI 5 n. 12): 2hid) toenn ein liquibeS, unjtoeif
^afteä, unftrittigeS, anerfannteS ober eingejlanbeneS Qnftrument m
liegt, fo fann man bodfj, toenn ber ©dfjulbner irgenb eine ungeretm
freoetyafte @tntoenbung ergebt, o^ne förmlichen ?Projef$ unb 9Kdfjt<
fpruclj feine ©jefution erlangen.
2lm un^eiloottfien für ben Ärebit ertoiefen ft<$ bie SB<
jflgerungen, bie beim ©antoerfa^ren oorfamen, ja üblidfj mar*
Statt nadjj frud&tlofem Slblauf ber nadfj bem SBergantungSantrag b<
©dfjulbner nod& jufte^enben Htägigen grifi (©antpr. III 1) gle
bog ©runbftüdf ju befd&lagnaljmen, mürbe, rote ©djjmib (n. 1—
berietet, ein ooHftanbiger ^rojefc angeftellt unb biefer Sßrojefi i
oiele Qa^re ^mauSgejogen, bis jenes, ba$ in 14 &agen §ätte c
fd^e^en follen, erft nadfj 10 Qa^ren ober "*><$ fpäter getan muri
SMefer bebauerlidfje 2Rifjbrau<$ — bemerft ©d&mib befonberS — ^a
ntd&t nur in ben ÄriegSjeiten ge^errf d&t, f onbern merbe audfj in 2lnf efjui
ber neuen „in griebenäjeiten gemadfjten ©Bulben nodfj täglidfj foi
gefefct"2. 6in foldjjer 3«f^nb fei unerträglich ; benn muffe mi
fidf) nidjjt befd&toert füllen, menn man jemanb unter ber 33
bingung einer auSbrüdflidfjen ©pejtalbppoiljef 10(
©ulben, rüdfja^lbar binnen einer beftimmten gri
geliehen fyabt unb nadfj Slblauf ber grtfi mit bem ©cijuibner e
lange ftreiten unb einen ganjen Sßrojefe ausfielen mäffe?
äfadfj bie übrigen oom ©efefce für ba£ ©antoerfaljren oc
gefd&riebenen griften mürben feineSroegS innegehalten. 3m Soft
liegen fidjj bie Referenten jur Aufarbeitung tljreä 9teferate3 i
mehrere Qa^re £eit, unb ©dfjmib erjctylt, er fei auf ©antaften c
ftofcen, bie über 15 $al)re lang nur immer angeroad&fen feien, ui
1 Sgl. au$ ebenba ©. 152: 2)iefe Unorbnung fann ein „$ec!mantel oie!
$arxiaUt&ten" werben.
8 »gl. Bentmeifterinftruftion mm 1669 3iff. 18: „Wit ber ®ant fott mc
ftc^ nidgt ü bereifen."
— 171 —
ju beren Bearbeitung er fester ein ganjeS $af)i gebraust l)abe
(SU III 7 n. 1).
©egen bie ©nifdjeümttgen be3 ©antgerid&teS ftanb ben Parteien
bie Sippe Hat ton ju. dagegen roenbet fidfj ©dfjmtb (©antpr. III
9 n. 6) mit ben SBorten: ©ie §alte baS SBerfaljren minbefienS um
8/* 3fal)r auf, roenn ober bie SRegierungSbireftoren ben Regiments*
raten burdj bie ginger fäfjen, bafc biefe ifjre Referate ad calendaa
Graecas oerfd&ieben fönnten, bann fogar nodjj länger unb auf t)iele
Sa&re.
£>ie lange ®auer be$ ©antprojeffeS fonnte befonberS ben nadfj*
fieljenben ©laubigem gefäljrltdSJ werben, benn bie im Verläufe
be3 ©antoerfal)ren8 oerfatlenben Sva\ta nahmen natürlich am SBorrang
ber ipauptforberung teil (©antpr. II 27) l. S)ie golge xoax, bafcA
mit ein in § 18 nä^er ju erörternbeS kehret oon 1650 fonfiattert,
„mit 3uerfennung ber auäflänbigen, fonberltdfj ber unter roetyrenbem
©biftSprojefc oerfaHenben 3inf*n *n bit privilegierten ©teilen ge*
meiniglicij ba8 ganje Vermögen bergeftalt erfd&öpft [war], ba& bie
jüngeren ©laubiger gar mit bem Äapital ju SSerluft gegangen"28.
SBenn mir unfere 2lu3fül)rimgen über bie SUlängel be8 ©ant*
oerf aureus jufammenfaffen f ollen, fo fönnen mir bteä nidjjt
beffer tun, ate inbem mir roieber einen 3*ügenof[en reben laffen.
„3m ©antprojefe 3. Sitel 8. 2trttfel ift ftatuiert, bafc ber <Sbtft$*
projefe oöttig mit (Sinfcijliefjung ber SprtorttätSpubltfation inner
32 Sßocj&en ju @nbe gebradjt werben fott. 63 gefdfjietyt aber öfter*
malen, bafe ber ©btfteprojefj, SprioritätSerfenntnte unb beren Sßubli*
fation pajtim ex causa debitoris, partim creditorum et
etiam judicii über bie befummle 3*ü unb woijl etliche ^afyxe
protrahiert unb aufgewogen wirb, ba^ero bie ©d&ulbenlafi wegen ju*
madjjfenber Sntereffen bermafcen unb ju großem Sßräjubij ber jüngeren
unb nad&ge^enben Ärebitoren fidfj mehret, alfo [bafc bie älteren
1 9Bad bie übrigen ginfen betrifft, fo faßt ber »rtilel: 3m allgemeinen
fott nur eine ©ült am Spange ber $auptforberung teilnehmen; wenn ber
©laubiger aber beweift, baft er „um alle oerfaUenen ©alten jebeSmal unb alle
3a$re gefragt unb an feinem greifte nia)tö ernmnben fei, aber e&e unb juoor
tftm nurfli<$ bagu »erQolfen roorben, ber ©antprojefe eingefallen", bann fotten
alle biefe ©Alten am Spange ber $auptforberung teilnehmen.
9 Sgl. auft) @a)mib ju ©antpr. III 9 n. 6.
* 2>a$er öefa)rän!ung ber privilegierten 3infen auf einen 3*$te*ain* in
biefem IRanbat. föieberaufoebung ber 8ef$rän!ung im SRanbat oom 16. 6ep*
tember 1654 (unten § 18).
— 172 —
©laubiger] bic Kapitalien unb Qntereffen befommen, jene [
jüngeren] aber beibeS verlieren muffen" (3*tter ©. 188).
III.
Sßäljrenb big ^ierljer eine bem ©d&ulbner günftige Senbenj !
©c$ulbbettreibung3praEtS bel)errfdf)t, beginnt mit frud&tlofem 2lblc
ber gemöljnlicfien @£efutton3oerfud(je eine matyre ßeibenSjeit für t
©<$ulbner: e8 mürbe &anb an i!)n gelegt. SDie©dSJuIbf)aft <
(SsefutionSmittel beftanb nodfj immer; aber wie ftdfr bie ©afcung
bie Sßf anboerf dfjreibung , bie gronung in bie ©ant oermanbelt t>at
fo mar mit ber ©ntmidtlung beS 5trebitn>efenS , meil nun in i
Siegel mehrere ©laubiger ju berfidffidfjügen roaren, an bie ©tc
tum ,.&anb unb Alfter" beS ©läubigerS ber obrigfeitlic
©dfjulbturm getreten. 3)ie „&anbf)abung " gehörte jur „t äg l i d[j i
<3emo!)n§eit, inbem mir feljen, bafc balb ber, balb jener ©d&ulbr
gen £0$ gehoben mirb" (9Kanj, ©dfjufc unb ©d&irm I 33). 3
priüilegierten Sßerfonen Ratten es aber audjj in biefer 3E
iie^ung beffer; benn bie abiigen, fagt 9Kanj an berfelben ©te
(I 62), „oerfdfjont man bei uns fo oiel, bafe fie nid&t in tief
Wurmen, fonbern an einem ersten Ort ober audfj in einem ©d(jl.
ober allein frei unter ber ©olbaten SBadfjt oerroa^rt merben" \ D
mo^l bie ©d^ulb^aft eigentlich nur bann Seredfjtigung Ijatte, roei
ber ©<$ulbner fein SSermögen fjintertytelt, alfo als äufeerfteS 3roanS
mittel gegen böswillige ©djjulbner, rourbe fie in ber SßrajtS ^äuj
ffrupelloS oerljängt2. 63 mar batyer nodjj immer eine feljr g
möljnltd&e @rf d&etnung , bafe ber ©dfjulbner bie gludjt ergriff, u
t>en ©cfjredfniffen be3 ©dfjulbturmeS ju entgegen8. SBenn er fi
aber einmal ju biefem ©dritte entfd^lofe, fo mar e3 begreiflich, b(
-er es ni$t mit leeren &änben tun mottte. 3)a nun, roie ©<f)m
(ju 23t XIII 7 n. 2) fagt, „bem gemeinen SBefen baran liegt, b(
nidfjt bie Seute mit fd£)led&tem ober gar feinem üRufeen ber ©laubig
in ben ©efängniffen tyerumgejogen merben", fo mürbe nadfj bem Se
1 8gr. fteumener itarl, 2)arftettung bc8 ftrafbaren Bankrotts, 1891, ©. 10;
*®en>tffe personae privilegiate finb [1548 MS 1806] in ber Stegel von b
©djulbljaft überhaupt befreit, fo grauen , bie (SJetftltd&en, ber Sbel, bie docton
unb äfjnlid&e . . /
2 HRanj, ©djufc unb ©djtrm, I 57: „. . . tnad&en ft$ unfere Rieftet un
£)6rig!etten . . . leine Sfrupel, fonbern . . . fahren [mit bem ©d&ulbner] glei
<$en Sod).*
8 Erat obstinatus ad fugam, qui nolebat mori in carcere (Baldus).
— 173 —
fpiele be3 rflmifd&en 3ted(jteg bte ©üterabtretung eingeführt1-
<Sie bejlanb in bet äSermögenSmanifeftation unb Abtretung ber ©üter
an bie ©laubiger unb befreite oon ber Sßerfonaiejefution. $ur
©üterabtretung war aber nur ber ©djjuümer jugelaffen, ber „au&
uitDermeiblid^er -Rot unb unfürf ebenem UnglüdföfaH oljne fein
33erfc&uibeu ju foldfjer Slrntut fommen, baft er feine ©laubiger
md&t ju bejahen fjat", bagegen ntdljt ©dfjulbner, weld&e „burclj i§r
rounrbentlidfj 2Befen, Unfleifj unb -Kad&läffigfeit, ba fie bem ©ptel,
Xrinfen ober anberen Seidjjtferitgfetten obgelegen unb i^rem iQauS*
fydbtn, Hantierung, ©eroerben unb 2lrbeit, wie ftdfj gebührt, mdjjt
aufgewartet ober fonfien ju präd&ttg, oertunlidjj ober oljne Slot ju
freigebig gewefen, ins SSerberben fommen" (SSW. XIII 5 unb 8).
3)ie ÜRafilofigfett ber ©sefutton geigte fidfj aber nid&t nur barinA
bafe fie cor ber Sßerfönlid&feit nidjjt Jpalt mad&te, fonbern aud& barin,
bafe fie bte jur SSemi($tung ber materiellen ©fiftenj be3 ©d&ulbner&
gefjen fonnte. 3)ie @$efution$fäI)tgfeit beä SBermögenS war
beinahe unbefdjjränft. SDer ©ebanfe, baf$ bem ©djjulbner ein @jiften$s
min im um gelaffen werben fott, bafc iljm namentlid^ bie jur gort=
fü^tung feinet SerufeS notwenbtgen ©egenftanbe nid&t genommen
werben bürfen, ift burdfjauS mobern. 9iaü) ber baijerifd&en ©efefc*
gebung oon 1616 (©er.D. XIII 5, ©umm. 5ßr. XI 7) mar nur ba$
33ettjeug ber Sranfen unb Sßöd&nerinnen oon ber Sßfänbung un~
bebingt auSgefdjloffen. S)ie 33aumann$fa{jrnte be3 SiderbauerS (2tdEer=
roffe, Dd&fen, pflüge unb bergleidjjen), ba3 SBerfjeug be3 £anbwerfg*
manneä, ber Sibloljn ber ©galten, bie SBaffen ber ßriegSleute, bie
33fidjer be3 ©ele^rten burften oom ©laubiger angegriffen werben,
wenn feine anberen pfänbbaren ©egenftanbe oor^anben waren. Über-
haupt fottten immer biejenigen ©üter gepfänbet werben, beren SBer*
Cuft bem ©dfjulbner am wenigften fdfjabe unb beren er am elften
entraten fönne. ©erabe biefe Seftimmung fdjjeint aber nid&t immer
eingehalten warben ju fein. Qn unferem „9Remoriaf' (3iff- 46)
wirb jtlage barüber geführt , ba& „wenngleidfj anbere Sßerte oor*
fjanben, ofpte alles SBerfd&onen &au$* ober 33aumann3f aljrniS , xoa&
am meiften gilt unb am beften ©elb gibt, angegriffen unb
weggenommen wirb, . . . babur<$ mancher . . . oom ©einigen in
ben Settel getrieben wirb".
2u(ij in bejug auf bie ©renjen ber ©jequierbarfeit be$ 33er*
mdgen* braute ba3 Snftttut ber ©üterabtretung einen tüchtigen
1 Über ben Seitpunft $errf$t WeinunßftoerftiiebenQeü.
— 174 —
gortfäriti. 9fa<$ baperifd&em fted&te (29t. XIII 7) foHte I
©d&ulbner, ber na<5) ber (Guterabtretung fid^ materiell lieber edj
J>at, wegen ber früheren ©Bulben nid^t ganj auSgepfänbet wert
dürfen, fonbern e$ fottte i§m ju feiner „jiemlid&en SHotburf
<twa$ gelaffen werben. Selber folgte audjj biefer wohltätigen 3
jlimmung, wie fo Dielen anberen, bie ßorruption auf bem gu
befonberS infolge baoon, baß man bei abeltgen ©djjulbnem j
Slrbeitöfraft feinen materiellen SBBert beimaß. ©<$mib fagt (n. U
„3n unferem SBaterlanb ift metftenS bieS im SBraudj, baß bem
befferen ©tanb geratenen ©d&ulbner frudjjttragenbe ©fiter ober $h
briefe angewtefen werben, aus meldten er feinen Unterhalt, jebi
baß fold&e ©fiter unb 3w8briefe in salvo oerbleiben, §aben far
fo lange er lebt, nadfj feinem £obe aber werben fotane ©fiter u
3in3briefe unter bie ©laubiger oerteilt." iJtadfj bemfelben 2tu1
<n. 11) befamen Slbelige geroö^nlid^ jum wödfjentlid&en Unterhalt
bis 4 fl. angewiefen, bei bem bamaligen ©elb werte eine ganj <
fledEltdjje ©umme1.
IV.
2tu3 ber jum £etl nodjj redjt großen ißärte be3 ©<$ulbredjjt<
namentlidjj in ben lefeten ©tabien ber ©djjulbbettreibung, erllärt f
au<$ bie 3Jiilbe gegen morofe ©<$ulbner, bie ßuxüd Haltung gegenuE
t)rängenben ©laubigem, folange man nodj irgenb hoffen fonnte, ol)
eigentliche 3wang3maßregeln burdfjjufommen. Wtan mußte: wei
ber ©djulbner einmal in ber £anb be3 ©läubtgerS mar, fo gab
fein §alt meljr auf ber fd&tefen ©bene ber „©djjulbfnedfjtfdfjaft
SBeit weniger llmftänbe f feinen gemalt worben ju fein, wo ni<
nur ©laubiger gegen ©d&ulbner ftanb, fonbern fameraliftifd
UKottoe fi<$ ben moralifttfdfjen tyinjugef ettten , auf bem ©ebiete b
ipolijei, wenn e3 galt, aus ©rfinben ber gemeinen Sßolj
fatyrt bem SBergeuben oon igab unb ©ut, bem letdfjtfinnigi
©d&ulbenmadjjen, ber SSernadfjlaffigung oon igauS unb igof entgegei
1 üRo$ weiter als ©d&mib ge§t Watts: 2)em ©djulbner ift ber ftanbei
$emä&e Unterhalt ju belaffen (auger wenn ber ©laubiger felbft ft$ in 2trm
befinbet). Sei ber Semeffung beöf elben ftnb bie SujuSgrenjen ber $olij<
orbnungen mafjgebenb. 3)er ©belmann barf feine golbene RetU behalten, wer
fte nid&t me§r afö 200 ff. wert ift ufro. (©cfcufc unb @a)irm m 74 ff.) 2
<3egenf$rift, ba8 ©ottoqutum, fommt immer nrieber P^nenb auf ben bankrott*
^belmann mit ber „gülbenen RttteM gurücf.
- 175 —
jutreten. &ier griff ber ©taat fogar mit naü>=iappiger ©ebarbe ju,
weil er in „Sruber SüberlidEj" nid^t ben irregeljenben üftenfd&en fa§,
fonbern ein unnüfceS ©lieb ber ©efeflfdjaft.
9htr ein Seifpiel.
Sluf bie Älage, bajj „eilige ungeratene ausgewählte [ju ben
,2anbf aljnen', einer 2trt t>on Sanbweljr, auSgemufterte] 3Äutter«
finber i^nen felbft, audfj SBeib unb Äinb jum ©dljaben unb 33er*
berben ba£ 3^rige mutwillig oerfdjjwenben", reffrtbiert bergfirft
unterm 20. Suli 1605: 2Benn ein abgewählter ft$ „mutwilligen
fürfäfeüdjen ÜbetyaufenS" unterfteljt, fo „foll er atebalb brei £age
mit SBaffer unb SBrot im ©efängniS barum gefiraft" unb, wenn
biefe ©träfe nid&t §ilft, „nadfj Ungarn1 gefdjicft werben".
SRad&bem ber gürft feinen „ausgewählten" fo ben ^ßolijetftorf
fiejeigt/ t>ergifjt er nidfjt, i^nen mit ber anberen ißanb ein 3uderbrot
ju reichen.
(53 I)abe ftdj gezeigt , bafe au<$ wotyl tyaufenben 2lu3erwäl)lten
©on melen, bie fid& wegen be3 täglid^en iQinauSjieljenS ber 2lu3=
etwätjlten ©orge matten, „nidjjt meljr geborgt ober mit iljnen
wie bi^er geljanbelt werben motte". 3a fogar oon ben SBor*
münbern, Äirdjjen* unb 3C(^Pröpften werbe „ba3 anliegenbe
©elb, weld(je3 oft mit liegenben ©tudfen, bie fid) ntdfjt weg*
trogen laffen, uerfidfjert ober fonft genugfam oerbürgt, auf*
flef agt". 35aburd(j werbe aber mand&er c^rlid^e woljtyaufenbe 3Jlann
„tu ein fold^eS äKifctrauen gebraut", baf$ er „oielletdjjt gar baburdjj
oerberben" muffe. 3)te3 fott oon ben Dbrigfeiten nidfjt meljr geftattet
werben, fonbern wenn jemanb einem ju ben Sanbfaljnen ausgewählten
nur beS^alb, weil er ein ausgewählter, nid&t mejjr borgen will, fo
foU er mit feiner Älage abgewiefen werben(!). —
SDaS 17. ^a^rljunbert ift reidjj an ©egenfäfcen. 2Bie bie
gefellfdjjaftlidfjen Umgangsformen jwifd&en lanbsfned&tifd&er Siau^eit
unb jierlid&er 33reite fidEj bewegen, fo ftofcen im wtrtfdjjaftlidjen
Äampfe jwifdjjen ©laubigem unb ©djjulbnem altes un-
beugfameS ©djjulbred&t unb raffinierte Slboofatenfunft jufammen,
übertriebene Sentimentalität unb polizeiliche ©<#roff Ijeit , SftüdEfidfjtSs
lofigfeit gegen ben ©laubiger unb Stüdffxd&tSlofigfeit gegen ben
©d&ußmer wedljfeln miteinanber ab. Slber baS 3aljr!)unbert war
aud) rei<$ an unerwarteten ©d&idffalSfdjjlägen, wie an frioolen Steffen
in ber SebenSfityrung , bie baS ©dfjtcffal !)erauSforberten. Unb fo
1 2>a* bamalige „Sibirien" (Xürfenfriege).
— 176 —
bilbet baS enge SRebeneinanber tum eljrlid&em 9W it leib mit b<
„unglfidflid&en Sd&ulbnern" unb gerettet ©ntrüftung geg<
bie „unbanfbaren ©cfculbner" nur ba$ ©piegelbilb ju ben bunt«
2Bedf)felfätten einer nielgeftalttgen ära.
§ 11.
Jutmugfifrr unb (ßüferierirämmmmg»
3nt ©ebanfenfd&afc ber romantifd&en Hgrarpolitif ftnb 3roerg
guter, ^ßauperimuS, 33obem>erfdfjulbung enge bei einanber roo&nenb
SBegriff e. 2Boein@üterteilung3i>erbot (©iiterjertrflmmerungä
üerbot) befielt, bo wirb iugleidjj and) einSfitemerfd&uIbungS
verbot nermutet, ja manchmal fogar angenommen, @benf o roie bi
SBerf($ulbung beS 33obenS t>on ber grei^eit ber 33obera>eräufjerunc
abhängig ift, fo benft man fidjj bie 3Wöglidf>Ieit ber @üter<
t eilung jugleidj) als Sebingung unb als 5ßarattelerf Meinung bei
SBerfdfjulbungSmöglidfjfeit. 3)ie ©d&lufcf olgerung non SeilungS*
befd^ränfungen auf SerfdfjulbungSbefd&ränfungen ift nun atterbings
na^eliegenb, roeü biefe beiben Singe begriff lidfj unb in ber Siegel
audj Ijiftortfdf) biefelbe SEBurjel Ijaben: $eräufjerungSbefdfjrän&mg.
SKudfj ift a priori anjunefjmen, bafe ajiafjregelu gegen bie 3^rfplitterung
ber ©üter geeignet finb, bie Serfd^ulbung emjufdjränfen, meil fie
u. a. bem ©laubiger eines ber gebräudjlidjen Hilfsmittel entjie^en, fxd^
SSefriebigung ju nerfdfjaffen. StnbererfettS geigt fdljon ber ttmftanb,
bafc gerabe in ©ebieten ber bäuerlid&en ©injelerbfolge über roadjjfenbe
SBerfdjulbung geflagt urirb, bafc ©üterjertrümmerung unb ©äter-
nerfdjjulbung bodjj nt<$t in bem engen 3ufamment}ang mit einanber
fielen, melier allein es rechtfertigen fönnte, bie beiben ©rfdtjemungen
in einem 2ltemjugen ju nennen.
3)o<$ mir wollen über ben Umfang unbßroecf ber ©flter=
jertrümmerungSnerbote junöd^ft bie Duellen fpred&en laffen.
9Kan mufc in SBapern jroeierlet Sttrten oon ©fitergertrümnterung$=
verboten unterf Reiben , baS poltjeiltd&e unb baS fiSfalifdfje.
35ie „ßrflärung ber SanbeSorbnung" non 1578 (f. 17) unb bie
Sßol.D. oon 1616 (IV 12 3trt. 8) mad&en gront gegen bie ßrridjtung
oon ßeerljäuSleramöefen burd) bie ©runbeigentümer. 3Ran tcottte
bie Äonfurrenj t)on ben bereits anfäffigen tagelöhnern fernhalten,
ber SSerteuerung ber SDtenftboten fteuem (biefe SeertyäuSler waren
nämlidj) metftenS oortyer ©galten gemefen) unb leichtfertigen heiraten
— 177 —
„Ijeülofer, unoermöglidfjer tmb ben 33enadjbarten ganj fdfjäblidfjer
^erfonen" vorbeugen K -Ramentlidfj aber wirb beflagt, bafe „ju noc$
melperem SBerberben btefeä SanbeS etwa anfetynlidfje gute£öfe
burdf) tljren ©runbljerm in oiele £eile jerrtffen, unb biefe ber*
gleiten oerberblidfjen Seuten, bic fein SBermögen hinter iljnen
roiffen no<$ l>aben, ftüdfweife oerlafen werben" (1578). SDtc
©rrid&tamg oon ©ölbneranwefen wirb baljer ben ©runbetgentümern
nur bann erlaubt, wenn fie ba3 Slnwefen mit fo otel Sßiefen unb
Sdfern ausflutten, „babei pdf) ein ©ölbner jiemlt<!j erhalten unb
feine -Wahrung ol)ue anberer -Jtodfjbarn Sefdljwer unb ©dfjaben
fcaben tnödjte" (1578, 1616). SDie £erf d&lagung ber £öfe in 3 wer g*
anwefen würbe alfo »erboten unb jur Sebingung gemalt, bafe ba8
abgetrennte ©tüdf fo grofe ift, bafe e£ eine felbftänbige 9?a!)rung avß*
mafym fann. ©8 würben nun, um bem ©efefce ©enüge ju leiften
unb bodj in ber [offenbar beliebten unb rentablen] ©rridjtung oon
Sölbneranwefen nidjt be^inbert ju fein, abermals „ganje &öfe
unb ©äter jerriffen unb bie ©runbftud, 2Biefen unb $<fer
ju ben neu erbauten ©ölbentyäufeln gelegt" 2. Sa I)ierau3 „nit ge*
ringer Stäben erfolgt" (worin ber ©dfjaben beftanb, ift ni<$t gefagt),
fo würbe ($ol.D. IV 12 2trt. 8) beftimmt, „ba& ^iefäran (aufcer
fonberbaren genugfamen erheblichen ttrfadfjen, bie oon ber Dbrtgfett
für genugfam erfennt feien) fein £of ober anber ganjeS ©uet in
Salben jerriffen, fonbem allein einfdfjidjjtige feinem £of
ober ganjen ©uet einverleibte ©tudf ju ben neu erbauten
Solben gelegt werben f ollen".
35ie Sßolijeiorbnung oon 1616 geljt alfo weiter wie bie „@r=
flärung" oon 1578. 3)ie ßerfdfjlagung ber ©üter in ©ölben wirb
audj bann oerboten, wenn bie ©röfee ber legieren ben ©rforbemiffen
ber ©rflärung oon 1578 entfpridfjt. äBenn ©ölben — gleid^oiel,
toeldfjer ©röfce — errietet werben follen, fo barf bieg nidjjt unter
Seemträdjttgung ber ©röfce bereite beftefjenber ißöfe ober ©üter ge*
fd&efcen. Stomit Ijaben wir ba$ erfte eigentliche (formale), b. §. oon
feinen 3Wottoen loägelöfte ©ütergertrümmerungSoerbot.
3)a8 f U f a t i f $ e ©ütergertrümmerungSoerbot finbet ftdfj erft in
ben (ungebrudften) 3lu«fd[jreiben oom 7. 3Kärs 1674 unb 31. Sttai
1681. 3)er gürft fagt in biefen SBerorbnungen , e8 fei iljm oer=
1 «gl. ^tafcer, ©eföidjte ber Wnbtic&en *rbetten>er$ältmffe in Sägern
(SUtbaper. gorf$., herausgegeben ootn $iftor. herein oon Dberbapern, $eft 2/3,
6. 98, 112).
» 4M.D. 1616 IV 12 SCrt. 8.
<t oft eil, Cerfgulbung. 12
— 178 —
fd&iebene SKale berietet roorben, „rooSma&en bie Älöfler unb anbe
oor, in unb na$ ben penoid&enen JtriegSja^ren oon ben irrten m
@runb unb Voben jugeljörigen ©ütern oerfd&tebene ©rünbe ^inroe,
genommen unb anberen jugelegt, rooburd) jene gefd&mälert, bie
aber oerbeffert roorben" ; bennod& fei „jebeS @ut bei bem , roaS <
oor^er, nämliclj ein ganjer , falber ober ViertelS&of, geroefen, oe
blieben, au£ bem bann bie ttngleid&ljett erfolgt, bafi berjenige, uc
beffen @ut bie ©rfinb ^imoeggenommen, für ben, meinem es1 31
gelegt roorben, um fo triel als felbige auftragen, niedrer 33urbei
roeber [= als] fertiger fdfjulbig märe, oerridjjten unb abfiatten [f)a
müjfen, fo ber Vittigfeit ntd&t gemäß". GS mirb ba^er beföhlet
„auf bergleidfjen 3«^^ö^«l^^u«8en *>*r ©üter gute Dbadf
[ju] galten, unb foldfje benen, fo bie ©üter mit ©runb unb öobe
ange^örig, nodjj weniger ben Untertanen [ju] oerftatten"; melmelj
foüen bie ©üter „in bem ©tanb, wie oon alters geroefen
gelaffen werben".
Um biefe Stftonbate ju oerfte^en, mu& man bie ©eltenljei
neuer (Steuerveranlagungen in Vapern in Grroägung jieljer
35ie lefcte Veranlagung jur orbent liefen ©teuer (fog. 2a nb
fteuer) ijatte im 3al)re 1593 ftattgefunben. Dbroo^l fxe nu
12 Saljre gelten fottte, fo rourbe bodfj 128 3a^re lang feine neu
Veranlagung vorgenommen (©d&meljle ©. 343). SMe ©teuer be
Vauernf dfjaf t mar überroiegenb Vermögens ft euer. 35ie Veranlagun<
erfolgte in ber SBeife, ba& baS Vermögen eines jeben fteuerpflidfjtigei
iQauSroirtS erhoben unb in £atafter eingetragen rourbe (©teuer
befdjjreibung), ©dfjmeljle ©. 345/6.
35ie bem ©taate oon ben Untertanen ju entridfjtenben Natural
leiftungen (j. V. gouragelieferungen) unb bie im 18. ^a^unber
an beren ©teile getretenen „& o f a n l a g e n" rourben nadjj bem $ o f
fufe, b. f). na<$ ber ißofgröfce bemeffen, ein ganjer iQof bilbete bi
Gin^eit2 (©d&meljle ©. 286 ff.). SDie Gmrei&ung ber fcöfe untei
bie oerfd^iebenen ©röfeenflaffen mar trabitioneU, alt^ergebradtjt. Giw
SReform beS iQoffufeeS, eine Slnpaffung beSfelben an bfe tatfäd&lidfjet
Vertyältmffe fanb in bem für uns in Vetradjt fommenben 3^traum
niemals ftatt.
35ie golge biefer ©tabilität beS ©teuer* unb 2falageroefen3 war
1 »tätigt fte.
9 Qftn falber §of Ijiefc Qube (©über), ein SiertelSljof Seijen (Seiner), ein
Sldjtetyof öaufölbe, ein ©e^aefjntel^of Sölbe f$tec$tniea (©ölbner).
— 179 —
große Ungleichheit ber Belegung mit öf f entlt d^en
Saften unb Älagen barüber. 3)erai natürltdj Ratten Seränberungen
im Seftanbe ber ©üter ftattgefunben , namentlich in ftarfem SRaße
im 3>reißigjäl)rigen Äriege unb in ben barauf folgenben ^aijren.
3n bcn Sauren 1670 unb 1671 würbe ber Serfudj gemadjt,
eine neue ©teuerbef Reibung IprjufieBen, ber Serfuci) mißlang1.
9hut griff man ju bem rabif ateren SRittel : man ©erbot, Snberungen
in bem Seftanbe ber ©üter oorjune^men. SDa ber <E>taat nid^t bie
fttaft $atte, ginrid&tungen ^eroorjubringen , bie ben Satfad) en
angetroffen waren, fo fottte ft$ bie 2Birf lid^ fett in Überem=
ftimmung mit ben (Einrichtungen galten.
SBenn mir tum bem ftSfalifd&en ©üterjertrümmerungSoerbot
feiner fmgularen Statine wegen abfegen, fo muffen mir ba£ baperif d&e
©ttterjertrfimmerungSoerbot als eine gegen ben $auperi$mu$
gerichtete poltjeilid&e 9ttaßregel bejetdjnen. SRan befürd&tete
Don ber ©üterjertrümmerung bie ©ntfte^ung neuer fleiner ©üter
unb bie SBerfleinerung befte^enber ©üter. 9Son gu Ileinen ©ütern
aber befürchtete man Verengerung be8 9tal)rung3jianbe3 ber Seftfcer
unb ©efffl&rbung ber öffentlichen ©id&erljeit. 9Kan ^ielt bie Sauern*
guter, wie fie waren, für mdjt ju groß, man wünfdjte ntd^t eine
iöerfleinerung berfelben. 33on einer allgemeinen ©egnerfd&aft be3
Staates gegen bie SBerfe^rSfretyeit aber geben bie 3*rtrümmerung3*
oerbote lein 3eu9*"3/ au$ i>i*fem ©eifte ftnb fte ntdfjt IjerauSgeboren.
2)tefe3 ©rgebnte unferer ttnterfudjjung über ben 3roedf btt
©üterftertrümmerungäoerbote ftnbet inbtreft feine Sefiätigung burdjj
ben Äampf beä (Staates gegen bie fogenannten 3ubau*
guter. 3u&auflö*er «önnte man foldjje ©üter, bie ein Sauer neben
feinem eigentlichen ©ute befaß unb baju, alfo gleichfalls, gletcfc
jeitig baute, fei e$, baß fie im ©igentum beS Sauern ftanben ober
in bem eines ©runb^errn (beS ©runb^errn beS öauptguteS ober
eine« anberen ©runb^erm). SBä^renb bie ©äterjertrümmerung bie
©üter nerfleinerte, mar bie ©Ute, 3ufaugflter }u galten, geeignet,
bie ©ütergröße ju fteigern, wenn man nämluij ba3 &auptgut
unb baä 3ubaugut als einen Äomplej: betrachtete.
3fn ben 3a!)ren 1694—96 oeranftaltete bie Regierung eine (Sr*
Hebung über bie 3lnjal>l unb ©rdße (Vi &of, V* &of ufw.) ber
3ubaugüter2. Sßeitere fragen lauteten: Db ber 3ubauer o^ne
1 8gt. unten § 20.
9 fttepberg II 244.
12
— 180 —
folgen Qnbau bei §äu3lid>en SBürben verbleiben tonn*
ferner: Ob fid) ein eigener 3Reier ouf bem 3ubau galten fönn<
SMe golge ber (Erhebung mar ein SRanbat oom 12. Styril 1701, b<
bie 3«taugüter ex officio ju oerfaufen ftnb, wenn fi<$ ein befonber
9Reier barauf ernähren !ann. 2ludj ein SJtanbat oon 1722 tofinfdjt
baß bie triefen 3«baugfiter mit eigenen SDteiern befefet werben folltei
63 fottte alfo nic^t nur bie Stlbung von 3n>erggütern oerljinbe
werben, welche jur felbftänbtgen 9RannSnal>rung (nebft gamilie) nid
^tnreidjen (©üterjertrümmerungSoerbote) , fonbern bie ©üter foUte
audj ntd)t größer fein, bamit fte „ju SBürben gebraut werben f önnen
unb nid&t jum Xtxl öbe ftefjen muffen. ©oentuett f ollen bie @ät<
geteilt, b. \). ba$ 3u^uSut °öm &auptgut getrennt unb befonber
bemeiert werben, „bamtt — wie bie Sanbfdjaft ftdj auSbrflcfte — bi
wäf>renb be$ Krieges unb ber Sßefi abgenommene 9Rannfd>af
wieber erfefct unb oerme^rt werbe'4. SBirflidje Sauer
f o Ute n auf ben ©ütern fifcen (feine £aglö$ner), aber au
jebem ©ut nur einer.
SBie bie ©fiterjertrümmerungSoerbote SßaupertömuS oerljütei
f outen, fo war baS Verbot ber 3ubaugfiter gegen bie etwaige @nt
fte^ung einer bäuerlichen Sßlutofratte gerietet. SBemgfteni
glauben bie SanbfdjaftSoerorbneten (1700) bie Beobachtung gemadj
ju ^aben, baß bie Qn^aber oon 3"baugütem „ namhaft oiel ©etreibi
erbauen unb als oermöglidj fo lange bamit jurüdfyalten, 6tö e3 nad
intern SBunfdj in ^öljeren Sßretö fteigt", alfo ©etreibewudjer treiben
Unb in einem 3Ranbat oom 26. 3Rärj 1725 1 mad&t bie ftegterunc
i^rem gepreßten ißerjen Suft, inbem fte oerffinbet, baß bie „Sauere
fönige" meifienS foldje Säuern feien, weldje e3 auf 2 bis 2Vi ^öfi
gebradjt Ratten. Äein SBunber; benn nur woljfyabenbe Säuern
waren unabhängig genug, nidjt immer nadj ber pfeife oon „©nabeu
ißerr £anbrid)ter" tanjen ju muffen.
3lber e£ gab audj nodj einen anberen ©runb, warum ber ©efefc
geber bie 3ubaugüter mit mtßgünftigen Slugen betrachtete. 3Ran
fürd&tete nämlidj, baß ber Sauer auf baS 3u^ugut, befonberS auf
bie freieigenen ©runbftfide größeren gleiß oerwenbete unb baS ißaupt*
gut um fo me^r oernadjläfftgte (©djmib ju £9i XXI 19
n. 10). Sludj fürd&iete man ©treitigfeiten jwifdjen ©runbtjerr
unb Sauer aber bie ©renken jwifdjen &auptgut unb 3^baugut.
Stauer waren bie grunbuntertänigen Sauern im galten
gregberg II 246.
— 181 —
üon 3ubaugfitern gefefclidben Sefd&ränfungen unter«
toorfen (£9t. XXI 19):
1. Äetn grunb untertäniger Sauer burfte o$ne SenriHigung unb
Sorariffen feinet ©runb^erm „einen 3ubau ober fonberbare eigene
©rünbe ju bem ®ute fjaben, bauen, annehmen ober ju =
f auf en". $)ie$ gilt audj) für ben (SrbfaO: „63 ifi audjj fein @runfc
l>err fd&ulbtg, feinem SReier eigene ©tü<f ju laffen, wenn er foldjje
flletc^ ererbt fyitte."
2. 9Bemt ein Sauer „einen $ubau ober fonbere ©rünbe, bie
er für eigen $alt", oeräufjern toottte, fo beburfte er einer Se*
f Reinigung be3 ©runb&errn, bafe er leinen Sfofprudjj barauf ergebe.
D&ne fold&e Sefd&eimgung burfte bie Dbrigfeit ba$ ®ef<$äft md&t
protofoUieren.
3. greietgene Sufauflttrobfiücfe unterlagen bem (Sinflanbs*
red&t be$ ©runb^errn be3 £auptgute$, toenn biefer baS 3u&au*
grunbßficf beim &auptgut behalten wollte.
SDiefe ungeheuerlichen Seflimmungen enthielten felbfi nadj) 3ln=
ftdjt ber 3eitgenoffen ju otel „favor dominorum". S)er &of*
tat meint in feinem ©utadjten, bei ererbten ©runbfiüdfen befiele für
bie SSefdfjranfung ad 1 fein vernünftiger ©runb, fonbern eine Sin*
jeigepfftdjt mürbe aud& genügen, ©dfjmib befommt bei 33efpredfjung
berfelben 33efdfjränfung eine naturredjtltdfje äforoanblung, inbem er
fdjreibt (n. 10), bafc fte gegen ba$ SBölferred&t oerfto&e, roetl fte bem
freien 3Kenfd^en ben freien ißanbel unb SBanbel einfdjränfe. Über-
haupt fei fein 3roetfel, bafc ber Slrtifel (19) „magis faveat dominis
quam pauperculis rusticellis" (n. 8). 2lud& ba3 GinftanbSredfjt
an freieigenen 3u^au9tun^^^en (*>&** 3" 3) nennt ©djjmib „be=
fremblidj)". @r erjagt, bei einem 3)i3put tyabe tym jemanb biefeS
€mjtanb$re$t als eine SBirfung ber Sßräpotenj ber Sanbftänbe bei
€rrid(>tung be£ SanbrecljteS vorgehalten unb behauptet, e£ fei ju bem
3»e<fe „oon ben Ferren erfunben roorben, ut fundos proprietarios
particulares paulatim omnes ad se trahant rusticosque ab
omni proprietate alienos sibique stipendiarios faciant".
3lu$ biefer StarfleEung ergibt ftdfj, bafc ftdjj bie Seftimmungen
gegen bie ©üterjertrümmerungen unb jene gegen bie3ubau*
guter einanber ergänzen follten. SDie ©üter follten tue ber ju
g r o & n o d& } u flein fein. Sie follten meber f o groft fein, bafc fte
ntdj>t entfpred>enb gebaut merben fönnen, nodjj fo flein, bafi fte jum
Unterhalt für eine gamitie nidjjt ausreichen.
Obwohl biefe Sßolitif ftd& eigentlich gegen bie brofcenbe SSer*
— 182 —
armung ridjjtet, bejte$ung$meife bie $ebung bet fianbeSfuttur ju
3»edEe f)at, fo mujj fie bod& auf bie SBerfd&ulbung bcr Bauerngut
einen ®influ& gehabt ljaben unb gehört ba&er ju unterem @egei
ftonbe; benn SSerarmung unb SSerfd&ulbung fte^en in enge
2ßed)felbejiel}ungen jueinanber. SBerarmung gieljt in bet SReg
SBerfd&ußmng nadf> ftdj), unb 33erfdjulbung ift häufig nur ber %ui
brudt für eine befonbere gorm ber SBerarmung, unb jmar für eir
befonberS gefährliche. SBenn aud& biefer 3ufammenl)ang in ben obe
vorgeführten Quellen nirgenbs hervortritt unb bie Beratung ber 93ei
fd&ulbung nid&t unter ben Stftotioen ber betreffenben gefefclidfjen 33<
ftimmungen genannt wirb, fo ift bo<$ nid&t au$gef d&loffen , ja foga
felbftuerjtänblidf), bafj ber ©efefcgeber ben 3ufammenljang fannte un
erfannte, unb ma^rfd&etnlidfj, bafj tym bie Beratung ber SSerfd&ulbun
inbireft als Qmd feine« S3orgel>en3 oorfd&roebte. SltterbingS murb
biefer $vm& nidf>t erreicht; benn rote mir im näd&jten ^aragrap^ei
fe&en werben, mürbe burd& bie ©üterjertrümmerungSoerbote bie 33er
fdfjulbung ber Bauerngüter nidfjt fo feljr oer^inbert — baburdfj, bafc fi
bie freie Verfügung über ben ©runb unb Boben bef dfjränften , ali
geförbert — baburdfc, bafc fie bie Slbfloftung oon Sd&ulbei
erfd&merten.
§ 12.
JPte (Eintreibung b*r grunbftrctltifeen Hbgaten uni
bie Äbpfoßung iwt £xäfculbm
Üb man ba$ Behältnis jroifd&en ©runbfcerr unb ©runbuntertati
ate Ärebitoer&ältmS auffaffen fann, barüber $errfd&t in ber Stteratm
fetneämegS Übereinfiimmung. ©o tuel ift aber fidler, ba& bie grunb=
§errlid(jen abgaben jur @ntfteljung oon frebitltdjjen Bedungen ben
äfalafe geben fönnen, menn fie nämltdjj nidfjt redf)tjeitig entrichte*
werben, fo bafc au« ber Stögabenpflid&t 2lbgabenrücfftänbe er=
warfen. 2)ie Slbgabeurüdfftänbe finb SdEjulben mie äße anberen
©d&ulben, fie belaften baS Bauerngut ebenfo mie ttxoa §t>pot£efarifdS>
oerftdfjerte SDarle^enSf Bulben, fta, fie belafteten e£ nod& me^r; benn
bie ©runbfjerren erfreuten ftdfj bei ber ©intreibung ber grunb&err-
lidfjen abgaben gemiffer 33 or redfjte, unb biefe oerftärften ben 216=
gabenbrud bebeutenb. 3)ie prioüegierte Stellung ber ©runbtyerren unb
bie mifelid&e Sage ber ©runbuntertanen bübeten einen boppelten unb
um fo fdfjrofferen ©egenfafc ju ber Begünfttgung , meld&e ©taat unb
©efeUfdfjaft, mie mir in einem ber früheren Paragraphen (©. 168 ff.)
— 183 —
ausgeführt Ijaben, in anbeten fojtalen ©paaren häufig bem ©d&ulbner
in feinem Kampfe mit bem ©laubiger ju teil werben liefen.
3)ie (SjefutionSprurilegien ber ©runb^erren nuteten ftdd aber in
tyrer Sttbfic^t unb in ifjrer SBirfung audfj gegen bie übrigen
©laubiger, inbem bie aus bem ©runbbarfeitSüetfjältniffe ijeroor*
gegangenen gorberungen bei ber ©jefution Sorjüge cor ben anberen
genoffen. S)er Sauer litt alfo jmtefadi): ©ein ©d&tcffal mar, menn
er mit 3ibgaben im SRttdftanb blieb, in ber &anb beS ©runbljerrn
unb feiner Beamten; femer mürben burdfj bie (SsefuttonSprtoilegien
beS ©runb^errn bie übrigen ©laubiger ju ©laubigem jroetten
SRangeS ^erabgebrüdtt , unb baS fdfjäbigte natürlich ben ßrebit beS
©runbljolben.
SBtr »erfahren bei ber S)arfteüung am beften fo, bafe mir ein
oerfd[julbeteS Bauerngut unb einen bebeutenben Stücfftanb grunbjjerr*
lieber ©efäUe annehmen unb fragen: 2BaS tut ber ©runbljerr,
um ju ber gefd&ulbeten Seiftung ju gelangen, unb
was tut ber Sauer, um fidf) benno<$ bei &auS unb &of ju er-
matten unb baS ©d&ulbenbanb gefahrlos ab^umideln.
SBir ©erfolgen alfo ben Slbgabenrüdffianb eines grunbbaren Sauern*
gutes burdj bie nerfdjjtebenen Serfud&e, i^n aus ber SBelt ju f Raffen,
bis ju feiner fd&lieftlid&en (Sinbolung unb Entrichtung, mir
beobachten bie SBufungen, bie eine Ijod&grabige Selaflung beS ©uteS
mit Stbgabenrüdftäuben auf baS ©ebenen beS ©uteS unb auf baS
2Bo$lergel)en beS Sauern ausübte, furj, mir betrauten bie folgen
ber Serfdfjulbung: SBir laffen bie einzelnen (Spifoben in ber
©efd&td&te eines nerfd&ulbeten SauernguteS mie bie 2ßie
eines 2)ramaS an unferen Slugen oorüberjie^en. Unb in ber %at,
mir Ijaben Itfer ein 3)rama oor uns, noH oon ©djjulb unb Ser*
^ängniS, t>ott von nergeblid&en Senkungen ber igauptperf on , bem
feft ein&erfd&reitenben ©d&idffal ju entgegen S)enn i&re Senkungen,
burdfr äbftojjung oielleidfjt überflüffiger ©runbftüdfe ftdjj bie bringenbften
©laubiger oom &alfe ju fdjjaffen unb baburdf) 3e^ iu geminnen, um
mit ©infefcung aller Ärafte ftd^ aus bem oerjroeifelten 3"ftonb mieber
emporjuarbetten , f Reitern an ber ©ebunbenljeit beS bäuerlid&en
©runbbeftyeS, an ben prioatred&tltdfjen unb polizeilichen Sefd&ränfungen,
benen bie Serfügung über i§n untermorfen mar. Salb einen Sei*
treibungSoerfud^ abme^renb, balb bie 2lbftofmng ber fiörenbfien
©Bulben oerf ud&enb , balb unbebenflid&e , balb unlautere Mittel
anmenbenb, taumelt ber oerfdjjulbete ©runbbefifeer oon einer
©tappe feines mirtf d&af tltdfjen Unterganges jur
— 184 —
anbern, um f<$lief}li$ heimatlos unb mittellos, oerfolgt uub
geästet, fiedj) unb elenb als 33ettler auf ber Sanbfirafie ju enben.
SRatfirltcf) behaupten tote nid)!, bafc fic^ bie ©d&ulbenabtoidlung
bei ben SSauerogütern immer in ber SBeife ober auä) nur regelmäßig
in berfelben Reihenfolge jugetragen f>abe, tote mir e8 f Silbern
toerben. 2Bir fjaben bei unferer SDarftetlung audjj leinen beftimmten,
quellenmäßig bejeugten gaH oor äugen. 3)a3 golgenbe foK oiel=
mefjr nur ein 33ilb baoon geben, toie mir und nadj einge&enben
GueHenjiubien ben Verlauf beS 5Berfdjulbung8brama8 eines grunb*
porigen Säuern benfen.
1. $fänbung.
9(ud^ unter normalen SBerljältniffen beginnen bie ©jefutton^
oerfudje mit ber ?ßfänbung. Um fo me^r mußte biefeS bei ber
©intreibung ber grunb^errlidfjen abgaben ber gaU fein; benn bie
$fänbung megen grunb$errft$er abgaben mar feljr einfadj, weil bie
©runbtyerren ba3 SRedfjt jur ©elbftpfänbung befafcen1. S5a3
Sßfanb mußte aber oor ©erid^t gebraut werben, toie jebeä genommene
Sßfanb. -Kur bei ©etreibegfilten mar bie$ nidjt nötig2, §ter
burfte ber ©runbtyerr baS ©etreibe nid^t nur pfänben unb fein ©ut-
§aben abmeffen, fonberu audj auSbrefdfjen unb baS 2)rufdjergebm3
behalten (SSR. 1616 XV 4).
©in anfdjauUdjeS SBilb be$ Hergang« bei ber grunbtjerrltdfjen
Sßfänbung, namentlich um SRaturalgfilten, liefert 31. 2B. @rtel8:
„2Benn einer tootyl jaulen fönnte unb e£ bodfj rnd&t tut, fonbern
lieber ba$ ©elb bem SSirt jum SGBein als bem ©eunb^errn juträgt,
auf foldjen gatt pflegt bie ©runbljerrfd&aft auf oorgeljenbe genug=
fame ©rmatjnung bie ©feuern, fobalb ba3 ©etreibe barein geführt
morben, ex officio ju fperren, ba$ ©etreibe auäbrefdjen ju laffen
unb mit iQtnterlaffung ber -ftotburft, toaS bem Untertan ba$ 3af)r
tjmburdjj ju &au3 unb gelb mödjjte oonnöten fein, mit bem übrigen
nadj billiger ©djjäfcung bie grunb^errfd^aftlid^e gorberung ganj ober
1 SSR. XV 3: „<S$ fott aua) ein jeglicher ©runb§err au8 ben breien
©tänben 3Waa)t Ijaben, auf feinem ©ut ober um feine @ült, fte fei ein ober me§r
3a$r angefianben, ober um feine« ©uteS 9&ea)t [®uteö SRed&t = ©ut36eria)t]
oljne gronboten au pfänben/ &§nlid) fajon im „föedjjtS&ua)-, in ber »SanbS*
fretljeit" unb in ber „Deformation".
2 3)ie fragte be^nte biefe gretljeit auf alle Sfcaturalgfiften, alfo 3. 83. auf
ben fogenannten „ßü$enbienft" aud.
8 Praxis aurea oon ber nieberen ®eridjt8barfeit, 1682, ©. 199.
— 185 —
jum Seil auäju jaulen." S)iefe ©d&ilberung be$ief)t fidfj jmar auf
Öflcrreid^ — „alfo wirb e3 in Ofterreicb tägltdfj praftijtert" —
aber ©rtet fügt $inju, bafj e3 in 33apern ebenfo gehalten werbe.
35a3 ©elbftpfänbungSred&t ftanb, wie fid& f dfjon aus obigem 3itat
ergibt, benjenigen ©runb^erren $u, bie ju ben ©tan ben gehörten,
alfo nidfjt nur ben &ofmardjt)erren , fonbern audj ben ßlöftern, bie
feine ©erid&töbarfett befaften. 3la$ bem ©ntwurf be$ SanbredjjteS
oon 1616 fottte ba3 Sßrürileg allen ©runbljerren gegeben werben,
aber ber fiofrat §atte ba$ bebenfltdj) gefunben „wegen ber gemeinen
f<§led)ten ©runbljerren , bie fein ©eridjt no<$ ©ife ober gefreite
Sebetyöfe §aben, baft tynen fo triel ©ewalt unb 2Kadfjt eingeräumt
werben fott, unb fönnten oiel inconvenientiae §terau3 erfolgen".
2)iefe mufcten fidfj alfo behufs Sßfänbung an bie orbentlidje Dbrigfeit
roenben. S)ie in ber ©tabt wotynenben ©runbljerren fonnten aber ü)re
©runb^olben baburdjj „im 3<*um galten", bafj fie baS 3lrreftie*
tungSprioileg ber ©täbter (29t. XIX 7) jur 2lnwenbung brachten,
wenn jene i§re Sßrobufte jum SBerfauf auf bie ©Granne brauten.
SßenigftenS gilt bieS oon ben in ber ©tabt wo^nenben ©etftlidfjen, unb
oon Ujnen würbe btefeS iftedSJt „täglidf) öffentlich praftijiert" (©djmib ju
29t XIX 7 n. 12). ©<#werer war bie grage bejfigltdf) ber anbeten
unbefreiten ©runbljerren, alfo namentlich bejüglidfj ber Beamten, ju
beantworten, aber ©dljmtb befennt, baft er fidf) be3 3lrreftterung3*
primlegS wiber tyatsftarrige ©runbuntertanen nidjt einmal, fonbern
mehrere Sßale mit -Kufcen bebient Ijabe, „weil biefe fdfjalf^aften ßeute
i()re ©täbel juoor leeren, etye ber ©runb^err fommt, ba3 ©einige ju
torbern, alfo ba& ju &titm faum ein anbereä 9WitteI oor^anben, ate
bafj er ben auf ber ©djranne ertappten Sauer arreftieren läßt".
S)a« grunbljerrftd&e SßfänbungSredjjt war, wie alle in bie obrtg*
feitlidfje ©ewalt einfdjneibenben SBorredfjte ber ©runbljerreu , bei ben
ftaatti$en Beamten nid^t beliebt, unb baf? audjj nid&t mit ber
3urtöbiftion begabte ©runb^erren (wenn fie nur Sanbftanbfd&aft
befafjen) jur ©elbfipffinbung berechtigt waren, galt fdjon im 17. 3af>r*
^unbert ate ntd&t me&r jeitgemäfj, wemgfienS wirb biefer 3ufianb oon
21. SB. ©rtel (a. a. D.) als „fe$r merfwttrbig" bejeid&net. Stuf bem
fianbtage oon 1669 flagen bie Sßrälaten: SDie fürftlid^en Beamten
wollen nid^t geftatten, „bafj fte, ©tifter unb Älöfter, beffen fie be=
red&tigt, gegen ifjre Untertanen mit bem SluSbrefdfjen unb ber
^fänbung »erfahren, fonbern fudfjen einzig unb allein bieä, bafj ber
©runbfcerr ftd& jum Äläger mad&e unb mit fd&ledjjtem SRefpeft in
gorm einer orbentlid^en ftlage gegen feinen Untertan geri$tlid&
— 186 —
oorge^e, au<$ neben äu«legung ber ®eridjt8taj:e ertoarl
n>aS i§m im Urteile abjubijiert werbe" (©. 378).
S)er Sortetl ber ©elbfitpfffnbung beftanb, wie man jteljt, in b
©<$leunigfett unb Stßigfett ber ©d&ulbbeüreibung. Aber ein @rfo
mürbe auf biefem 2Bege nur bann erretd&t, menn etma« Sßfänbban
oorgefunben mürbe. 2Bar ba« ni<#t ber gad, fo mufjte unterfud
merben, ob ber ©runbljolb mtrflidj nid^t imftanbe mar, bie ©filt i
liefern, ober ob er au« SBiberfpenftigfett ober ©eminnfud&t feii
S&abt oerljeimltd&e, fein ©etreibe oer borgen tyalte ufm. liefern 3^ec
biente
2. bie „iganbljabung".
2)ie &anbl>abung ber Säuern mar $art, oft graufam1. @i
jutn 3foUgema$rfam für „trofctge Säuern" geeignete« Sofa! in b<
Art be« ©dfjulbturme« ejiftierte in ben fleinen fiofmaräjen, auf be
©d&löffern ber Slbtigen meinen« nid^t. 3)a« ©emö&nlid&e mar, ba
man ben Sauer „in Sanb unb @tfen" fdjlug ober in be
„S 1 o d" ftecfte. Sei bief er Manipulation mufete fid^ ber SWann at
ben Soben fefcen unb bie ©jtremitäten nadj ooroe fireden, melc^
nun in ber Slrt gefeffelt mürben, baft bie oberen unb bie unteren t
SßaraHelftellung jueinanber oer^arrten 2. 2)ur<$ ba« Unbehagliche be
Situation follte ber Sauer oeranlafjt merbeu, anjugeben, mo er fei
©elb, fein ©etreibe oerftecft §abe ufm. häufig mochte ba« Witi
über ba« 3Jla§ gebraust morben fein, ©ogar ber Serfaffer be
Urbar«gebraud?e«, ber bo$ fonft ein äiemlidfj robujie« ©emiffen §a1
ermahnt, „alle Umfianbe, ob unb roa^ für (Sntfdjjulbigungen oor
Rauben/ bie if)n tum ber ©träfe 8 mof)l gar entheben mddfjten, fleifji
ju ermägen, bamit man niemanb miber bie ©ebüf)r ju befdjmerei
ober ju flagen oerurfadfje" (©. 7).
3Me ©urdjfütjrung ber Sßerfonalejefution ifi ©adje ber Dbrig
feit, ©ie (unb ntdjt ber ©laubiger) f)at ben ©d&ulbner ju oer
haften unb ju bemalen. Sin fi<# fönnen alfo nur bie ber ©eridjt«
barfeit teilhaftigen ©runbljerren tljre ©runbtjolben „f)anbl)aben"
1 2Uidj bie §äufia,feii ber $anb§abuna, roegen ©ojulben toav bei ber
Sauern größer af§ bei ben übrigen Kategorien von 6cbulbnern; weil bie ,9%ec$tS
wohltat ber ©üterabtretung" (ftelje oben 6. 173) für jene prafttfa) !aum ir
S3etraa)t !am (ftelje unten @. 198).
2 Äönig Sear IL Kft 2. ©aene.
8 SDÖie bie ©a)ulb§aft (ftefje oben), fo nwrbe aua) ber @tfenanfa)lag auj
bem gron§of §auftg al« ©träfe aufgefaßt.
— 187 —
O<ngenSperg ©.93: „. . . si dominus directus simul sit
i urisdictionis, . . . dubium non est, quin non tantum pro-
annuo canone, sed et pro laudenriis possit suos colonos pigno-
rare, carceri mancipare quin et executive procedere . . ."■
3n Sapern aber ift auf ben Sanbtagen oon 1583, 1588 unb 159a
an bie ©ertdfjt$l)erren unb ©erid&töbeamten ber 33efel)l ergangen, baf$.
bie ©runbuntertanen ber Prälaten wegen tyrer auäftänbtgett
©ülten unb anberer üjerrenforberungen unroetgerüdj iljren ©runb*
Ferren in bie Älöfter gefdjjafft werben follen1; bie Prälaten burften
alfo audjj bann, wenn fte jurtebtftionSloS waren, bie fcanb^abung.
felbft, auf beut igerrenljof, oornebmen. S)ie3 war prafttfdf) ein
grofjer Unterfdfjieb ; benn bie ffirfiltd&en Seamten bewährten bei
ber ©intreibung ber ©efatte ber ©runb^erren ntdjt nur nid^t §alb>
fo großen ©ifer wie biefe felbft, fonbern fte fugten fogar ben rigo*
rofen ©runb^erren 3ügel anzulegen. 35er SHtterftanb 1669 2: 2öemt
au£ bem 9titterftanb einer ober ber anbere einen tyafeftarrigen Untere
tan, fo ben fdfjulbigen ©eborfam in ber ©äte nid&t leiften will, ab-
gebrungener SBeife in SBertjaft nehmen laßt, fo fallt e3 fdfjwer, bafc
gleidfc bie ©ntlaffung be£ Verhafteten unb woljl ju 3^tten
(wenn fd&on ber ©runbljerr intentionem fundatam für fidfj &at}
nodjj baju ein unoorgreif ltdfjer 3 n ft a n b [©tunbung], unb wof)l gar
in ©djjarwerföfadfjen anbefohlen wirb: baburdfj oerurfad&t wirb, bafr
oft bie Untertanen lange 3*ü baroadfj [weber] ben ©eljorfam, no<£
fd&ulbigen 3?efpeft leiften.
•Wodjj meljr als bie (Sbelleute Ratten bie Prälaten mit i^rent
„SBerfd&affungSred&t" (ftetye oben) unter bem pafftoen SBiber*
jlanbe ber lütamten ju leiben. Stuf bem Sanbtage non 1605 beflagt
ftd& nämlid) ber Sßrälatenftanb, bafj bie ©erid^tö^erren bie Untertanen
ben Prälaten bei auSfiänbigen ©ülten ufw. „ntd&t oerfd&affen, fonbern
weifen fte nod& baju an, oor und [b. \). ben Sßralaten] auf ©rforbern
nidjjt )u erfechten, und bamit f lagbar non Upten }u mad&en"
(©. 218). 3m Safcre 1612 behaupten ebenfalls bie Prälaten, baf$.
oiele SßfänbungSoerfud&e entbe^rlid^ warben, wenn bie ©eridjts-
beamten iljrer 23erfd[}affung3pflidjt meljr nad&fffmen (©. 273). auf
bem Sonbtage non 1669 ertönt wieber biefelbe Älage: 2)ie ffirftlidjjen
SJeamten oerweigem nid&t nur bie JBerf Raffung , „fonbern oer^elfen
ben ©runb&erren ju bem 31jrtgen fo lange unb oiel nidjjt, bis fte
1 Sanbtag oon 1605 @. 218, 1612 @. 273.
* Sanbtag 6. 424.
— 188 —
i^rer ätogtei, ©d&arwerf unb ©teuern bejaht f!nb" (©. 378). 311
audfj |ier triebet ©eridfjtSljerr gegen ©runbljerr, ©teuer
gegen grunb^errlidjje abgaben. SDic ßlöjter 33eidfjertin
äfpadfj, bie ÄoHegiatfiifter Sanb8l)ut unb SSilSljofen befd&weren ft
nod& befonberS, bafe fte bei ben fürfilidfjen Beamten „in 2lnforberm
tyrer grunbtyerrlidfjen äuSftänbe einige Slffiftenj nidjjt erhalten fönnte
ja ba& woljl Jjiebei auf ber Untertanen erfte Supplicationes i^r
ungegart von ben Tribunalen ... bie Untertanen ber ©tfen 6<
fleben unb nadjj Saufe entlaffen werben, fte ba^er ju itjren grunl
$errltd&en 3lu$ftänben bei foldjjer 33ewanbtniS nid&t gelangen fönnter
<©. 384).
S)er 33efd(jetb, ber hierauf erging, jeid&net ftdf) nidfjt burdj fali
momfd&e SBeiS^ett aus. 63 würbe1 einfad> befHmmt, bafe, „wen
bie ©runb^erren2 an ben rtd&tigen grunbtyerrlid&en gorberungc
bie SSerf Raffung eines ober mehrerer Untertanen begehren, fold
iljnen feineSwegS oerweigert ober aufgejogen »erben folle". Sin b<
9ted&t3lage würbe nid&tS geönbert; benn ba£ bie grunb^errlicf
$orberung, wegen beren bie föanbtjabung erfolgte, „ridjjttg" fei
muftte, oerfie&t ftc^ oon felbft. Slber gerabe baS fdfjetnt ber ©treii
punft gewefen ju fein: bie ©runbfjerren behaupteten jeweils bi
„SKtdjjttgfeit" ber gorberung, bie ©eridfjtSbeamten »erlangten ty\
geftfiettung im Sßrojejjoerfaljren. SMefefoftete aber 3 ei t un
©elb, unb eS ift baljer Mar, ba& bie Sßrälaten ftd^ gegen eine foldf)
IKuffaffung beS SBerfdfjaffungSredfjteS fträubten. —
2Benn nidjjt nur bie Sßfänbung, fonbern au<# bie ^anb^abun
oljne Erfolg blieb, weil ber ©runb^olb tatfäd&lidSJ bie abgaben nidfj
*ntridf)ten fonnte, j. 33. weil er eine SBi&ernte erlitten t)atte, f
fragte e$ fidjj, ob ber ©runbljerr bereit unb eoentued, ob er oet
pflid&tet war, bem ©runb^olb
3. Siad&lafe
in gewähren.
2)aS Siedet beS Sauern auf SRadfjlafc an ben ©ültei
bei @lementarfd(jäben ober fojialen Sftotftänben (ftrieg
©eudfjen) wirb gewö§nli<ij als felbftoerftänblid^ unb neben ben
fRed&t auf pofitioe &ilfe unb Unterftüfcung im gaffe ber SRot (j. 33
imrdfj SDarleljen, § 19) gewiffermafcen als äfoerSfeite auf ber SRebaitti
1 3m SRanbat über kbie lanbfd&aftftdjen ©raoamtna vom 27. Sluguft 1668
9 @8 finb nur bie ©runb$erren auä ben brei ©tänben gemeint.
— 189 —
„geubalfijfiem" Betrautet, ja man nimmt barauS Slnlafe, btefeS mit
einem 9Kmbu3 ju oerfeljen unb e8 fo ber heutigen „gretyeit ju
oer^ungern" gegenüberstellen. ©3 ift batjer junä^ft bie grage ju
beantworten, ob in ber oon uns betjanbelten 3eit in Sägern bie
Säuern bei ßlementarf d&äben 1 ODtifeemte, 2)ürre, SRäffc, Sranb, Sfteif ,
Jßagelf <$lag , SRäufe* ober Snfeftenfrafe ufto.) gänjlid&en ober ent-
fpreeftenben 3laäjla% an ben ©alten verlangen fonnten. 3)a$ ©efefe
fätoeigt barfiber. SRadfj ©dfjmib, 231. XXI 24 n. 24, ift e* bei
Umttögltd&feit, bie ©ülten ju liefern, wegen Unfrudfjtbarfeit, 9Räufe*
frafe, iQeuf d&reden , Sfteiffdfjäben ufto. SanbeSbraudfj , bafc bei allen
nieberen unb teeren ©ertdfjten jtoifc&en bem ©runbtjerrn unb ben
Sauem gütlidje Sergleid&e tentiert werben, bei toeldfjen bie
gemeine SReinung obferoiert totrb, bafc jene Sauern gelinber ge*
galten werben follen, toeldfje übergültet finb unb fester
fo oiel ©filt liefern mfiffen als ber ©runb trägt. 6tn
SR e dj t auf -Jtadfjlafc erfennt ©djmib alfo n i dfj t an, unb in feinem
Kommentar jum ©antprojefe II 9 n. 17 fpottet er fogar über bie
„tölpetyaftigen Sauern", toeldfje ftd& einbilben, bafe fie bei nid&t
oorauSjufetyenben UnglütföfäHen oon ber Sttbfü^rung ber ©alt befreit
feien. 2lud} 6f)lingen8perg ftef)t auf einem folgen ©tanbpunft. 3lafy
iljm mürbe bei Unfrud&tbarfett unb ätjnlidjen UnglfldSfällen fein
SRadfjlafc (remissio), fonbern nur ©tunbung (dilatio)2 gemährt.
Hoc practice experiuntur miselli rustici et persentiseunt. 2Benn
aber ber ©d&aben größer ift unb mehrere Qa^re bauert, fo bafe ber
Satter faum ba3 taglid&e Srot £at, fo erfdfjeint e3 billig (con venire),
bafc bie ©runb^erren ettoaS nadjlaffen ; horum rigorem quandoque
posse et debere a iudice mitigari credimus et suademus (p. 15).
2)er Serfaffer be3 gemeinen UrbargebraudfteS (©. 81 — 84) unter«
f djeibet $toifd)en ©rbredijt unb Seibred&t. 3)em ßrbred&ter bei
©d&auer, fiagel, geuer unb Sßaffer ettoaS nadjjulaffen, ifi man nidjjt
fd&ulbig, tooljl aber bem Seibredfjter, roeil bie Serfttftung ju
ßeibredjt ber Serpadjjtung aljnltdfj ift; Serüdftdfjtigung oerbienen bie
fieibredjter befonberS bann, menn fie „toie redfjt ift" mit ©tift unb
$ienft jtemlidjj fyoä) belegt ftnb. 3m allgemeinen foQ man aber „mit
bergleid&en 9tad&laffen nidf>t )u milbe fein, benn ba£ tägliche Se*
ferneren ifi ber Sauern Slrt, bie bem ©runb^erm nidfjt leidet ju
oiel geben, unb too fie ein gutes Qa^r tyaben, audfj too^l
1 Über bad 9tod)la&red)t im ÄriegSfatte ftelje § 18.
* ,@ic »erben in SUiöftanb gefdjrieben, ut vulgo loquuntur.*
— 190 —
baju fdjtoeigen unb bie ©tifte, um ber grudjtbarfeit mittel
bennodj nid^t oerboppeln".
3u allem Überfluß enthalten au<$ bie ©tift$briefe geroöbi
lidj bie Älaufel, bafc bie ©Alten trofc ©lementarereigniffe entrißt
werben muffen1.
4. SBenn ber ©runbl)err feinen Stadjlafi gewährte, fo trat o
ben ©runbtjolb oon neuem bie $rage Ijeran, wie er feine ©läubigi
befriebigen fotte. $n feinem ©runbbeftfc $atte ber Sauer imtw
eine ftiHe Sfteferoe, bie er jur Tilgung oon ©djulben unb ji
3tetablierung feiner SBirtfdjaft oerwenben fomtte. 9tadj
Slbftofcung etneS XtiU be3 ©runbbefifceä
fonnte er ben SReft in SRu^e unb guter Drbnung weiter bauen, uti
Dielleidjt braute er eS mit ber 3*ü burd^ SBerbefferung beSfelben — i
er nun auf eine geringere gladje baSfelbe Duantum Sirbett oerwenbe
fonnte — ober burdj 3ui^auf lieber p bem früheren 2Bof)tftanb, \
bafy fdjliefjUdj bie Operation ju feinem ÜWufcen auäfdjlug. 2lber biefi
2trt ber ©djulbenregulierung ftanben ^inbcrttiffe im SBege, unb baj
gehört oor allem ba$ ©. 176 befjanbelte ©üterjertrümme
rungäoerbot.
SDic ©üterjertrümmeruugSoerbote waren junadtft an bie 2tbrcf
t>er ©runbetgentümer, ber ©runbEjerren, gerietet. SMefe foHten b
UBteberauStuung Ijeimgefallener iQöfe bie &öfe weber jerfdjlagen noi
£eüe baoon abtrennen unb anberen &öfen tyinjuffigen. SIber am
bie 33 a u e r n f ollten bie ©üter nidjt jertrtimmern, f onbern bie ©üt(
f Otiten „im ©tanbe, tote oon 2ttter3 getoefen, gelaffen werben'
2)arau3 ergibt fidj, bafe ben ©runb^otben bie Abtrennung oon Steile
itjreS ©uteS jum 3toe<fe ber SBeräufcerung nidjt geftattet mar 2. ©<
<Srunb§err burfte in foldje 33eräu&erung ttid^t einwilligen8, b<
Stifter fie nic^t protofoUieren.
@in Angreifen be3 £ofe3 jum 3mdt ber Seja^lung oo
©djulben mar alfo bem Sauer ntdjt toöglid). @r fonnte feine
<Srunbbefifc nur fo roeit jur ißerabminberung feinet ©d&ulbenftanbe
1 ©djtmb, Äommentar jum $e!ret vom 20. %\mi 1650: „. . . tametsi . .
plerumque in instrumentis emphyteuticariis , in ben ©tiftö Briefen , express
.stipulatio et conventio fiat, quod canones solvi debeant seposito omi
«asu fortuito." Sgl. Sfaljang III.
2 3)ie SRealteilung ber ©üter im @rbgange war nad& ©djnub nodj ertaub:
nac$ Äretttmagr (1756) bereit« verboten, gidt ©. 27.
8 3)te ©d&rtftftetter rennen bafjer baS ©üteraertrümmerung8t>erbot ju be
^onfenSflerroeigerungggrünben, SBefeer $u 2lrt. 9 n. 9, Urbarägebraudj ©. 2(
— 193 —
fonbero wadfjf am ju fein, oorjugreifen , Termin ju fe$en unb fidfj
um anbete 3Reier ju bewerben."
2lu$ biefer (offenbar an bie Äafienämter ergangenen) SBerorbnung
bürfte au<$ fjeroorge^en, baß es nic^t immer gelang, ben geeigneten
2Koment für ben ©elbftoerfauf begw. bie Sßräoentiooergantung ju
► finben.
6. Unter $Pfänbung3oerfudf>en, SBerfdfjaffungSfd&retben, iftadfjlafc
oerljanblungen, SSerfaufSprojeften mar bie 3eit oerftridjjen, bie für bie
Äabujität
galt. Wafy gemeinem 9ledf>te trat SBerwirfung ber ©runbgered&ttgfett
ein, „wenn ein ©ültbauer eines weltlichen igerrn auf brei Saljre
ober ein ©ültbauer einer Ätrdfje auf jwei 3a§re bie ©ült ntd&t er«
legt Ijat"1. ®a$ bapertfd&e Sanbredfjt ermähnt bie „SBerwirfung
wegen nidfjt bejahter ©ülten", mie biefer Äabujttätögrunb
htrj genannt mirb, nidfjt au8brüdflt<$, aber er fagt (XXI 20), bafc
ber 3)ieier aus ben Urfad^en, berent^alben nadjj StuSweifung ber
SRedfjten [b. f). be3 gemeinen 9ted&teS] ein ©rbred&ter fein ©rbredfjt
oerwirft, feine ©eredfjtigfett beim ©ut, wie bie -Kamen $aben mag,
(alfo aud(j ßetbredjjt unb fierrengunft) oermirft tyaben fott*.
SBenn ber ©runbljerr jugleidf) ©erid&tätyerr mar, fo fonnte er
ben 33aucr bei Äabujität au$ eigener ;Dtadfjtoottfommenl)ett oom ©ute
v treiben; einigen ©d&ufc gegen Sftijsbraudjj bot ba3 2lppelIation3re<f)t.
SBenn bagegen ber ©runb^err nidfjt bie ©erid(j>t$barfeit &atte, fo mar
nadjj ber SWemung ber ©djjriftftetter 8 ein 3Kd^terfpruc^ nötig, bie
ftabujitöt trat alfo in biefem gatte ntd&t ipso iure ein.
©rofje praftifd&e SBebeutung fd&etnt bie äJerwirfung wegen
9tid&tentrid&tung ber ©ülten ntd&t gehabt ju Ijaben. @3 tft audfj
flar: wenn e* ftdfj bei ber Unfähigkeit be3 SBauern jur ©ült*
entridjjtung nur um wrüberge&enbe ©dfjwterigfeiten Rubelte, über*
1 dufter ben r»ier befonberen Äabu^itätSfällen (*lia)tentria)tung
ber ©ülten, Seräufterung o$ne Jtonfenä, Äbfd&feif r gluckt — über bie betben
leiteten ftefce unten) trat aua) bann Serotrtung ber @runbgerea)ttgteit ein
(SB. XXI 20), nenn ber ®runbuntertan eine bura) Äabujit&tSHaufel gefa)ü*te
»efHmmung beS etif t öbrief cö oerlefcte. 9toa) GQUngenSperg (©. 48)
war bem ©tiftöbriefe meiftenö bie Ä laufei $insugefügt, bafc ber ©runb^err ben
Sauer oertreiben bfirfe, wenn biefer bie im ©ttftSbriefe enthaltenen fünfte unb
«rtifcl nia)t einhalte, »gl. aua) ben ©tifttbrief im «n$ang III.
* ©a)mib su £9t. XXI 20 n. 2.
• ©a)mib n. 9, Urbarägebraua) 6. 10.
Oo^eit, 9tarfA)ulhmg. 13
— 194 —
fyntpt folange ber Sauer Ijoffen burfte, feine ©dfjulbenlafl ju bt
wältigen, tüirb er alle« baran gefegt §aben, ftd) auf beut ©ute j
galten; benn ßabujität bebeutete für tyn SBerlufi be« ©ute« oljn
Gntfd&äbigung. 2)arm beftanb eben ber 3w*d bet Äabujität. ©i
follte ©träfe fein unb für ben ©runbl)errn ein bequemes SWittel
burdjj tljre 2lnbrol)ung bie Sauern jur pünltlidfjen ©rffillung üjre
Sßfüdfjten anhalten unb bei iljrer 2lu«ffi§rung ftd^ für ben ©ntgan
an ©ülten fdfjablo« ju galten. SBenn ba« ©ut aber bereite übet
fd&ulbet war, fo rifc ftd^ ber ©runb^err nidfjt barum; benn bt
©d&ulben blieben trofe ftabujität auf bem ©ute liegen. SDlit einen
oerfdfjulbeten Sauemgut fonnte ber ©runbljerr feine grogartigen ©e
fd&äfte machen; benn angenommen er fänbe einen „annehmbaren
neuen aJieier, fo roirb ftdj biefer bodjj nur bann auf bie Übernahm
einlaffen, roenn er 2U>gabennad&laf$ ober fonflige befonbere 33er
günftigungen jugeftanben erhält Slufjerbem Ijatte ber ©runb^err et)
Sntereffe baran, e« nidfjt ju breijä^rigen 9tfi<fftänben ober menigfien
ntd&t barüber $tnau« fommen ju (äffen ; benn fein Sorjug«red(jt gin;
in ber Siegel nid&t weiter aU bis jur britten 3a§re«gült (fiel)
unten ©. 201). —
3n bem Seftreben, ftdj) auf bem ©ute ju galten, griff ber Saue
rooljl audjj ju unrechtmäßigen -Kitteln, trielleid&t in ber &offnuni
unb mit bem Sorfafc, ben barau« entfte^enben ©djjaben unte
günftigeren Umfiänben roieber ju erfefcen. 2)amit meinen mir
7. ben @ut«abfd&leif,
eine regelmäßige ©pifobe in ber ©efd&idjjte eine« oerfdfjulbeten Sauern
gute«. Seifpiele mm ©ut«abfdf)letf jäljlt ba« ©efefc felbft auf
„bie Käufer, ©täbel, (Stall unb anbere 3totmer jergeljen unb jerfaüei
laffen, bie Sdfer unb 2Bie«mat)b nidfjt rooljl anbauen no<$ bungen
bie genb auf ben ©rfinben oerfaufen, . . . ©rfdfjlagung unb Ser
fdfjroenbung ber jugef)örigen &öljer" (SM. XXI 17). @« roerbei
alfo bie nötigen Slufmenbungen jur Qnftanb^altung be« ©ute« unter
laffen, unb e« wirb ein Seil ber ®ut«fubftanj oerbraudfjt ober oer
lauft unb baburdfj ba« ©ut oerfdfjled&tert unb fein 3Bert geminbert
SlHe« ©innen unb Sradjjten be« Sauem ift in biefem ©tabiun
feine« Sftiebergang« baljin gerietet, möglidfjft balb ©elb ju befommen
ba&er fpart er an ben nötigsten 2tu«gaben, batyer oerfauft er bi
©rträgnijfe t>or i&rer Steife unb ©rnte. 2Utf)ergebradfjte, burdfj bii
©itte geheiligte 2Birtfdfjaft«regeln werben oernad&läfftgt , ber ganji
Setrieb gerät in« SJBanfen. ©er Sauer forgt nur me^r für bi<
— 195 —
augenblitflid&en Sebürfmffe , für fie toaljrfdjeinltd) gebanfenloS, ir*
rationell, ba er feinen ura>ermeiblt<$en 3?um cor 2lugen fielet. 3) er
£of ift entwertet unb infolge baoon nun audjj über*
fd&ulbet (trofc SBerfdfjulbungSgrenje!), unb ba ber SBefifcer
merft, bafi er nur metyr für feine ©laubiger arbeitet, fo oerliert er
ba3 lefcte 3»nteref[e an ber SBieber^erbeifüljrung georbneter 33er=
$ältnif[e.
gretltdj) brauste e3 ni<$t fo weit ju t ommen ; benn ©utöabf d^Ieif
Ijatte Äabujität jur golge.
S)afc bie ©runbgeredjjttgfeit bei Stböbigung (Slbfdjjwenbung, SStb*
fdfjleif) be$ ©uteS bem ©runb&errn oerfäUt, ift fd&on 1516 (fol. 43),
1518 (XXXIV 12, 13) unb 1553 (III 15 2trt. 3 unb 4) au$*
gefprod&en; ba$ SanbredEjt oon 1616 (XXI 17, 18) unterwirft alle
2lrten oon bäuerlichen ©runbgered&tigfetten ber SBerwirfung wegen
»bfd&leif*. SDaS «erfahren bei ber ßabujität wegen 2IbfdE»teif^
war ein fummarifdjeS, weil jt<$ gegeigt Ijatte, bafc bie ©runb^olben
„avß äRutwttttgfeit . . . jur SBerlängerung ber ©ad&e . . . bamit
fie mittlerjeit bie ©üter befio meljr ber &errfd&aft ju SRad&teil er*
Sbigen mögen", lange ^ßrojeffe anfingen. 3)er SRid^ter befttmmte auf
©rfudjen be$ ©runbljerm einen Sag in 9Ronat8frift unb ernannte
brei unparteüfdje ©adfjoerftänbige, bie ba8 ®ut „ ju S)orf unb gelb"
beftdjjttgten. SBenn ber 2Reier tro$ SerwtrfungSerflärung oom ©ute
nidfjt wetdfjen wollte, fo tarn er in3 ©efcmgnte.
$atte ber ©runb^err felbft bie ©ertdjtSbarfeit , fo fonnte er
nadj bem ©efefce felbftänbig „bie ©ebü^r gegen ben Untertan t>or*
nehmen", oorbeljaltlid) be$ 2fcppellation3red(jte$. 2Ba$ bie &ofmardjjs
Ferren afe „gebityrlidj" betrad&teten, geljt aus bem ftommentar oon
©d&mtb Ijeroor, ber an biefer ©teile gegen feine ©ewo^n^eit bie
©runb^erren jtemlidf) Ijart anfaßt.
6r fdjjretbt (ju Slrt. 17 n. 2—5): SDie iQofmar<i$erren be*
obad&ten ba3 gefefeltd^ oorgefdjjriebene Serfafjren nidjt, fonbem oer*
treiben bie armen Sauern meiftenS mit ©ewalt unb geben fo ju ben
unenblid&en Älagen unb ©treitigfeiten Slnlafc, mit benen alle ©erid&te
angefüllt finb. (Sin weiterer SWifeftanb ift, bafe bie 33ef<$werbe jum
lanbe£l)errli<$en ©eridfjte feine auffdjjiebenbe SBirfung Ijat, fo bafe oft
ein ober ber anbere SReier frepiert, ef)e er bei einem Ijöljeren ©eridjjte
§ilfe finbet1. S)iefe$ ©elbftl)ilfered&t ber &ofmard(#erren ifi
1 93g(. aber Chlingensperg p. 47: „. . . prout paucis abhinc mensibus
in nostro districtu vidimus emphyteutam quem a iudice quopiam hoff-
marchiali forsan nimio rigore praedio emphyteutico pulsum restitutum et
18*
— 196 —
ungere$t unb un leiben lief), weil fte bobei in eigener ©adEj
SRedjt fpred&en, bet (Sigennufc aber ber geinb ber SBaljr
&eit ifl.
3fadj> Gljlingenäperg ermahnt (p. 47) bie $ofmar$i)erren , b<
ber ÄabujitätSerflärung wegen 91bf$(eif£ gegen il>re ©runb^olbe
caute et conscientiose oorjuge^en, „cum saepe vidimus, q u a n t
rigore et processu inordinato, quin saepe praeeipitato pro
cedant contra miseros emphyteutas domini simul hofmarchiale
ac proprietarii, non raro ex cupiditate praedium emphyteutieun
ad se trahendi, frequentius, ut peeuniam extorqueanf. äRilbe
urteilt ber SBerfaffer beS ttrbar3gebraud&$, inbem er (©. 59) fdfjretbt
©S fte^t bem ©runbfjerrn frei, ob er ba$ SBerwirfungSoerfa^ren ein
f plagen ober baS aRifjgeba&ren je nad& bem ©rabe mit einer mä&igei
@e(bftrafe }ur SBarnung be$ ®runbl)olben a^nben will, „mmafjei
gemeiniglich gefd&te^t", inbem „bie ^rioation ober 6mjiel>un<
ber ©eredfjtigfeit oipie SBerflte&ung anberer me^r Urfa$en, als 93er
tulidjjfeit, ttnge&orfam, £rufe unb fcafeftorrigfeit, Verachtungen uni
bergleid&en, gar feiten praftijiert wirb"1.
SRucfte ber ÜWeier gegen bie ©träfe , fo foimte ber ©runb^en
bie Jtabujttät auS tyrer SReferoe nrieber ^eroorljoten. 5Der 3Reier foE
fl<$, fäljrt ber UrbarSgebrauclj (©. 53) weiter, gutwillig jur [®elb<
©träfe bequemen, ober ber ©runb^err §at Urfadfje, feinen fyaU
ftarrigen Ungeljorfam mit ber StabujitätS* ober SßrtoationSflrafe ab-
jujlrafen.
2)ie &ärte ber SBerwtrhmg wegen 2lbf<Ijletf$ beftanb alfo melji
in ber SKrt ber Ausübung biefeö SRed&teS als in ber $äufig*
feit berfelben. $a$ SSetfa^ren mar jum Seil rigoros unb un-
gerecht, jum Seil langwierig. Saft ber ©runb^err bie ©elbftrafc
ber Äabujitäteftrafe im allgemeinen oorjog, leud&tet fdjjou befall)
ein, weil ftdfj für baS tyerabgelommene unb entwertete ©ul
nidijt fo letdfjt ein „annehmbarer" unb babei wittiger üRadfjfolger ftnben
liefe, b. i). ein folget, ber auf SWinberung ber abgaben ober äfpilt<$e
33ergünftigungen leinen 2lnfpru<$ ertyob.
ei de omni damno fuisße satisfactum a commissione ex consilio Aulico
[$oftat] decreta."
1 8gl. ebenba ©. 52 mit SejieSung auf bie ßabusttftt überhaupt:
„@ö werben bergleid&en ^ßrioationö- ober ©ntfefcungSftrafen nia)i faf* pratttaiert,
loo man ma)t fonberbare Soweit unb IjalSftorrigen Unge^orfam beö ©runb-
$olben alfo au ftrafen oerurfadjt wirb, fonbern e3 pflegt ber ©runb$err ge*
meinigU4 biefelbe in eine leibliche ©elbfirafe $u oettoanbeln.*
— 197 —
•
Snbem man fo bie ©djjraube bcr ©elbftrafe anfefcte, mod&te e$
tdo^I oorfommen, baß ber Sauer berroeilen immer metjr aböbigte,
um bie ©ültrfidfftänbe , bie ©trafen unb anberen ©d&ulben ju be=
jaulen, unb gerabe baburdfj aber immer tiefer in bie Serfd&ulbung
geriet; unb ba§ bem ©runb^errn erft ju fpät bie äugen barüber
aufgingen, baft er früher l)atte emfd&retten unb ftdfj um einen neuen
SJteier fyättt umfeljen muffen. 2Btr fte^en alfo nun oor einem bete*
rtorierten, entwerteten unb oerfdfjulbeten @ut, vox einem mfitenben
©runbtyerrn unb vox einem ^eruntergefommenen Säuern, bem jeben
äugenblidf bie ©pniffion brofjt. 2BaS wirb biefer tun? SDie SBa^I
fann feinen Slugenblidf jmeifetyaft fein, ©r nrirb
8. bie glud&t
«rgreifen. ©o rettete er memgftenS, roaS iljm oon feiner SaumannS*
faljrmg unb oon feinem £au8rat übriggeblieben mar, vox feinen
©laubigem', ftdj felbft vox bem ©fenanfd&lag unb SBeib unb ftinb
erhielt er iljren ©rnätyrer. Sielletdfjt erlangte er anberSroo eine £ube
ober ©ölbe ;u erträglidjjen Sebtugungen, unb roenn ntd&t, fo formte
er (wenn er nodf) jung unb fräftig genug mar), roie fo oiele anbere
entgleise ©fiftenjen, beim iQeere fein ©lädt oerfud&en. gn ber gleiten
Sage mar aber jeber Sauer, beffen ©runbbeftfe ftarf überfdjjulbet
mar, roenn er audfj 3lbfdfjleif nid&t getrieben unb bie ©utegered&tigfeit
md&t oerroirft Ijatte. @r fonnte, roie 9Ranj in feinem „©djufe unb
©d&irtn" II 68 fagt, vernünftig bei ftd& felbft fold&en SDtSfur*
formieren" : „2Benn td(j meine Sdfer allein burdjj mein arbeitfamen
%lt\% miberumben in ein bäulidjj mefen ridjten null1, fo braudjj idjj
jo unb fo oiel 3a$r. ©ntjroifdfjen mu& tdfj oiel faurer arbeit
ausfielen, junger unb fummer leiben, bis bafe fie tttvtö frud&tbar*
Ik&eä ertragen : mann e3 ba&in fommt, fo merben meine ©laubiger
»or^anben fein, mtd& baroon oerfto&en unb bie grud&t meiner
fianbarbeit neben anberen meinen ©ütern unter einanber teilen.
2)arumben mitt idfj lieber bei 3*üen baroon fein unb mein §eil
anberäroo oerfudfjen, als erft ^ernadjj mein 9Rül>e unb arbeit ^ammt
ben ©ütern oerlieren."
2)em Sauer, ber feiner ©runbfcerrfd&aft ttrvaS fdfjulbig mar,
mar bie gludfjt freiließ fe^r erfd&roert.
3n Sapern burften bie grunbuntertänigen Sauern tyren £of
nid&t oerlaffen, otynemit ber ©runb^errfd&aft 2lbred&nung gepflogen
unb einen „ehrbaren Slbfdfjieb" oon ibm genommen unb erhalten
G* ift ba&ei an (Srdbigung but<$ &*n Ärieg gebaut.
— 198 —
ju $aben (£31. XXI 1, 16). «Benn ein Sauer &eimlt<$, oljne SEBiffi
unb SBiSen ber ©runbljerrfdjaft, oom ©ute wegjog (oljne äbfdfnebi
urfunbe), fo fotlten iljm bie Dbrigfeiten beS SanbeS ben ©urdjjn
unb bie aBieberanfäfftgmad&ung nidjt gefiatten, fonbern tljn fan
feiner ga&mtS aufhalten unb Ijanbljaben, „er bejahe benn ju
vox bem fierrn feine ©filt"; bie ©runb^errfdjaft fonntc b
Serfdjaffung beS glücljtigen begehren, „bafc berfelbe Sauer wteb<
auf fein ©ut fott jief)en", ober bie ©runbgeredjtigfett »er wir!
erflären (Su$ ber Sanbpot 1516 fol. 42, Steformation 1518 XXXI1
11, SanbeSorbnung 1553 III 15 »rt. 5, 2anbre<$t 1616 XXI 2, 16
2Benn ber Sauer allein „otyne 2Beib unb Ätnb, Ste§ unb Sqcim
rat" entroidj unb binnen 3a§r unb Xag ntd^t jurücf f eljrte , fo fyati
er ebenfalls feine ©eredfjtigfett oerwirft uub war, wenn er „wege
©Bulben, SRelandjolep ober anberer Ungelegenen falber" 1 aus
getreten war, bem ©runbljerm (jur &anW>abung) , wenn er ab<
wegen 3Wiffetaten geflüchtet toar, bem SanbeSfürfien (jur Sejirafunc
„oerf allen".
2lu3 biefem ©runbe mar au$ bie SRedfjtSwoljltat ber ©ütet
abtretung, mie mir fd&on oben ermähnt $aben, ffir bie Säuern un
praftifdfj. SWanj: @S legen bie &errf<$aften oftermalen ben Untei
tanen foldfje Sürben unb Sefdjwerben auf, bafe fie notmenbi
Saud unb $of oerlaffen unb anberdmo ^injie^en unb nidjt fowo|
cessionera bonorum al$ di sces sionem an bie &ax\
nehmen muffen (©d&ufe unb ©dfjirm II 92). S)ie „SMSjeffton" abt
ift gludjt. ©er $uftanb, bafc ein jatjlungSunfäljtger ©d&ulbner nu
gm ei aRöglid&feiten oor fi<§ fa§: entmeber bie Jßanbljabung im
iljren ©djjredf en ober bie ^eimlidje ftludjjt, ^atte alfo für ba3 Sauern
oolf nodjj feine alte Sebeutung.
$eigt ftdfj bei ber Stbredjnung, baß ber Sauer bem ißerrn nidfjti
fd^ulbig ift unb feinen ©d&aben ju erfefcen fyat, fo fann i^m be
ehrbare 2lbfdfjieb ni$t oerweigert werben. SBenn audj — fag
©djmib n. 6 — bie Seftimmung beS SanbredjteS über Sauernflud^
unb Sauemoerfolgung ben ©runbljerren „geneigt unb faooraber
ftnb, fo bflrfen bie Sauern ober Untertanen bodj iljreS SRed&teS, au
bie ©üter nadfj ©efatten refignieren ju fönnen, md&t beraubt werben
„benn fie ftnb in ber £at freie Seute unb feiner Seib
eigenfd^aft unterworfen2".
1 2luS bem $ofrat3gutad&ten.
2 „Sunt enim revera homines liberi, nee servituti personali sub
jeeti nee glebae terrae addicti aut adscripti."
— 199 —
9. 2Bir nehmen nun an, bafc bem SBauer bic glud&t geglfldft
ift ; bann ftef)t feinen ©laubigem nur metyr bie bäuerliche ©ered[jtig*
feit jur 33efrtebigung , benn bie SRobilien Ijat ber Sauer ja mit*
genommen. 3)em ©runb^errn bleibt nidjtö meljr übrig, ate, was er
längft $atte tun fallen, bie ©eredjtigfeü jur
SSergantung
ju bringen; unb wenn er felbft e3 mdjjt tut, fo werben bie anberen
©laubiger bie ©ant beantragen. ©<$mib ju SSft. XXI 16 n. 8:
„2Ba3 ift aber redfjien£, wenn ber SWeier mit feinen 9Robilien unb
[feinem] SBielj burd&gelommen ? Sitebann ifl jwar ba$ ©ut oerwtrft,
büdjj alfo, bafc ben ©laubigem tyre Siebte unbefräuft bleiben. 9J?ufc
alfo ba3 oerlaffene ©ut oergantet unb jebem ©laubiger Priorität^*
mä&ig ba3 ©einige bejatjlt werben." 1
25af3 bie SBergantung einer bäuerlichen ©runbgeredfjtigfeit nid&tS
ujigeroö&nltdfjeS mar, geigt u. a. eine Semerfung Don ©dfjmtb (ju
©antpr. IV 7 n. 3), er J)abe o f t gefe^en, wie 33auerntyöfe oergantet
worben feien2.
9Wit ber gorberung, baß jebem ©laubiger ba8 ©einige
bejaht werben rnufc, platte e3 aber feine ©dfjwiertgfeiten ; benn eben
na<# ber SßrioritätSorbmmg 3 war ber ©runb^err oor ben übrigen
©laubigem prioilegiert.
3)er SBorrang be3 ©runbljerrn nor ben übrigen
©laubigem ifi begreif ltd&erweife feljr alt. ®r ift fdjjon im StedfjtS*
bu<$ Subwig be$ Sägern erwähnt4 unb fdjeint fd^on bamate miß*
1 2)ie Auf einanber folge: Sbfttjteif — gtuc^t — Sergantung wirb audj burd)
einen »on Setter ©. 124 erwähnten SRedjtöfatt t>on 1649 tffuftrtert: »@o ein
colonuB ober Seibgebinger auf feinem ©ute ©Bulben maa)t unb baneben merf*
lia) baöfelbe abfdjletft, enblidj gar o&ne SBiffen beö ©runbfjerrn baoon*
$ie$t? . . . tiefer ÄafuS f)at fta) ereignet 8ioifa}en bem tropft oon ©arfa),
bann feinem gemefenen Seibgebinger ttlria) ßerbl, Debitoren SBolfgang @ber
et consortes, ioe(a)e bie Serlauf ung [93 ergantun g] begehrt, ber tropft aber
auf Aabugitfit gebrungen.*
9 Sgl. aua) $rä(atenftanb 1669 (2 an b tag 6.376) Gray. 2: „$a man mit
n>irflia)er (Sinforberung an i$n [ben ©runbuntertan] fefeen unb mit ©ant
unb $fanb nriber felben »erfahren toitt, [fo ift] nia)tS anbereö atö bie wir!«
lia)e $on(aud(affung §u befahren."
* €>te$e aber aua) Chlingensperg p. 10: Subditi in suis in Stru-
men ti 8 emphyteuticis plerumque „sua bona hypothecent in genere,
quin et in specie praedia emphyteutica" ; ferner 9hu)ang III.
4 Art 158: „. . . ba fott ber §err um fein ©elt oor allen beuten
fahren.*
— 200 —
braud&t unb al$ ungere$t empfunben toorben )u fein1. 3tud& bi
«Reformation mm 1518 fogt (XXXIV 5), bafe „ber $err be* er ftc
geteert werben" fott, unb bie „Ghrflärung ber SanbeSorbnung
oon 1578 rennet bie @runbl>erren ju ben „gefreiten ©laubigem
(107). 3)ie ©efefce üou 1616 beflimmen (©antpr. II 9, 291. XXI 11)
S>er ©runb&err Ijat an ber ©runbgered&tigfeit unb a:
allen oor^anbenen grüßten ein gefefclidfjeS Sßf anbred&t unb fomm
unter ben ©laubigem an inerter Stelle (Xn^ang II). $fanbre<$
unb SBorjug begießen ftd& nidjjt nur auf @runb* ober §errengülten
fonbern and) auf ftanbloipi, ©utSberid&t unb Slbfdfjletf (b. f>. CSrtt
fd&äbtgung baffir), alfo auf alle $errenforberungen. 9tn ber au
baS ©ut gebrauten $al>mis Ijat ber ©runb^err nur ein ftiö
fd&roeigeubeS Sßfanb, ol>ne SBorjug2. 2)a3 3ted&t ber oierten ©teil«
ber SßrioritätSorbnung , ju ber bie grunbf)errlid&en gorberungen ge=
§ören, ifi ein abfoluteä, mit anberen SBorten: bie grunbljerrlidfjer
gorberungen getyen nid&t nur ben fiittfdfjroetgenben fcgpotljefen ntinberer
SRangeS (@ljefrau, 2Wünbell)9pot$ef ufw.), fonbern au$ etroatgen
äderen auSbrfidflid(jen £t)pot&efen oor (ogl. ©. 104).
93e jie^en fidj biefe SBorredfjte be8 ©runb&errn auf alle Ferren*
forberungen, audjj auf bie fd&on feit längerer 3*it rücf jiänbigen, ober
nur auf bie &errenforberungen be3 legten QaljreS (oben ©.171
9tote 1)? SDer Sßrälatenftanb §attt ftd& 1605 (Grav. 11, ©. 217J
beflagt, baf; bie ©erid&taljerren „nidf}t me^r als eine einzige £erren=
gült für gefreit int ©antredfjt erfennen". Sei ber Uteufobiftfation
oon 1616 brangeu bie Sanbfiänbe barauf, e£ foQe auäbrüdflidjj au&
gefprodfjen werben, bafe äße grunb^errlidfjen ©ülten, fte feien ein
Qa^r ober mehrere Qaljre auSftänbig, an bem SBorrang teilnehmen
follen, roeil „ba$ [D6er-]©igentum toeit fraftiger ift, als ba3 Sted&t
eine« ©laubiger«" (©d&mib ju ©antpr. II 9 n. 14). 3m erften
©ntnmrf be3 ßanbredjjteS oon 1616 mar audfj nrirfltdfj eine mU
fpred&enbe Seftimmung enthalten. 2lber bie Regierung Straubing
fnüpfte baran ba3 SBebenfen, baß „auf folgen %a\l etlidfje ©runb*
1 (Sbenba: „. . . 2)a ©erluren bie anbeten ©elter i^r Out unbillig um";
„toann wir oiel gefe&en §abcn , ba& Ferren mit ©unft bamit faft übet tragen*.
2 2)a3 aud ber nieberen ©eridjtSbarfett entfpringenbe ©c$arroerfgred)t
ift roeber mit ftiHfcfcweigenbem $fanbte$t nodj mit 35orjug$rec$t »erbunben
(»eil ber @eri($td§err ben Pflichtigen unmittelbar gut fieiftung anringen fann),
ebenfo oer^ält eö fta) mit ben (geringfügigen) au8 ber Setbeigen fc^aft §er*
rüljrenben abgaben, j. 33. Seibpfennig. (©c^mib au ©antpr. II 9 n. 30 unb 311
fi». IV 1 n. 33.)
I
— 201 —
Ferren mit Steife tljren föinterfaffen borgen mödjjten, bamit, roenn
biefelben übel Raufen unb in Sirmut geraten, audj bie auSftänbtgen
©tunbgfilten unb &errenforberungen mdfjt bejahen fönneu, fte oon
ben ©fitem abfte^en muffen, roeldfje ein ©runbljerr fold&ergeftalt an
fid) jie^jen fann unb ber oftermaligen SSeränberung mit Sin* unb
Slbftanb merflidfj ju gemefcen Ijat1, Ijerentgegen aber anbere . . .
©laubiger, fo ältere Slnforberungen §aben, . . . ganj unb gar ba=
hinter bleiben" (ißofrategutadSJten ju ©antpr. II 9).
©a8 ©efefc fd^lägt ba^er, hierin bem ©utad&ten be$ ipofrateS
folgenb, einen SRiitelmeg 2 ein (©antpr. II 9) : „SBofern ber ©runb*
!>err über brei Qa&re borgete, foH er feine gretljett nur auf eine
3al>re$gflli ijaben, er Knute benn beroeifen, baft ber Untertan burd&
©d&auer, Srunft, SSie^faff ober anber bergletdfjen Unglüdf ü)n mdfjt
bejahen fönnen, er alfo genugf ame Urfadfj gehabt, ti)m fo lang ju
borgen." SDaburd^ foflte oer^fitet werben (ißofratögutadfjten) , baft
ber ©runb^err „ju feinem großen SSorteil fooiel ©filten unb Ferren*
forberungen jufammenfommen lafet, bamit er ju feinem ®e*
fallen, mann er null, über furj ober lang ba$ ©ut an fid^ bringen
fann, roeld&eS anberen Seuten ju ©d&aben nid[jt ju inbulgieren ober
jujulajfen".
Staft ber ©runbljerr bie bäuerliche ©runbgeredfjtigfeit md(jt nur
bann jur SSergantung bringen fonnte, menn grunbljerrlidjje ©ölten
fällig toaren, fonbern audjj fidjjerungSmeife, menn bie @nt*
ridjjtung berfelben blofc gefäljrbet mar (oorauSgefefct, baft ber Sauer
überhaupt ju „oerberben" im ^Begriffe ftanb) — Sßräoentiogant —
f>aben mir fdfjon oben ©. 192 ermähnt8.
$te ©runbljerren Ratten alfo reidijlidfj 3Had&t unb SWittel, bie
tynen jufW&enben abgaben jur (Eintreibung ju bringen, ©ine ja^r*
1 3)er Übergang beS <5iute8 auf ben Stafteigerer Bei ber ®ant war oor
1616 nid&t anleitbar. SBenn ber @runb|err bei ber Sergantung eineö Sauern»
gute« $anbloljn erzielen wollte, mufite er baö ©ut einftetgern (bearo. übernehmen)
unb «rieber audtun.
1 %a$ @4mib (n. 14) „bie gefteibefte 8efc$eiben$eit\
1 Wtbtn biefe grunbfterrfgaftltge $rftoentiooergantung trat in ber
jroeiten §älfte be* 18. 3a$r$unbert3 bie poliaeilid^e, wegen Hebernder SBirt-
feftaft unb $erf$u(bung , ogr. bie Sßanbate oom 9. $e)ember 1762 , 21. Januar
1768 unb namentlich oom 3. Suguft 1772 ($ötttnger, ©ammCung baneriföer
«erobnungen XIV 2 6. 581, 582, 118). 3$re ftarfteQung liegt ntdjt in unferer
Aufgabe.
— 202 —
Ipmbertebmge GntroidHung fyattt auf bem ©ebtete be$ ©d&ulbredjteS
ber Bauerngüter Serfjältniffe gef$affen, fo günfiig für bie @runb=
fperren, bog ber ftnbigfic 5lopf nidjjt günfHgere $ätte auSflügetn
fönnen. Regellos unb planlos entftanben, jeid&nen fidj> bie ©re-
tuttonäpritrilegien ber ©runbtjerrcn bod) bur<$ eine golgerid&ttgfett
au$, bie bem lücfenf einbüßen ©ijfiem gemift 6$re gemalt Ijfitte.
Stoju tommt bie beoorjugte (Stellung be3 ©nmbfjerrn bei ber ©ant,
ber 33orjug ber grunbljerrKd&en abgaben j. 9. t>or älteren S)artel)en3*
fapitalien. ©ie fdfjäbigte bie übrigen ©laubiger1 unb tonnte ba=
burdf> leidet abfd&redfenb auf jte roirfen. 3)abur$ würbe ber Sauer
bei Ärebttbebürftigfeit noHenbä in bie Sinne be£ @runbl>errn ge=
trieben, ber nun bie 2Jtöglidfjfeit Ijatte, $u bem ©runbbarfeit^
oerbanbe ba£ Sanb ber SBerfd&ulbung, ju feiner ©eroalt als ©runb*
l>err feine aBadfjt als ©laubiger l>tnjujufügen. 5Die fällig roerbenben
©ülten unb £anblöf)ne vereinigten ßdj mit ben a\x& Stüdffiänben unb
griftenbenrittigungen Ijerrfiljrenben gorberungen, biefe roieber mit
Darlehen unb 3lbred&nung$falbi ju einer Äette oon 83 er*
pflid&tungen, beren 9lbroicflung um fo fdjjroieriger unb leibend
poller ftd^ gehalten mufjte, je rigorofer unb eigennütziger bie ©runb*
Ferren bie tljnen jufte^enben @£efution3befugmffe anroanbten.
2)a3 £empo beS 5Borgef)en3 ber ®runbl>erren mar nun
allerbingS in ben oerfd&iebenen ©tabien ber SBerfd&ulbung fel>r ner*
fdfjteben unb ungleichmäßig. Solange aus bem ÜReier nod& ttmtö fjer?
auSjuf plagen mar, fo lange man Ijoffen burfte, bafi er ftd^ roieber
erholen roürbe, fd&eint ba£ ©treben gemaltet ju l>aben, iljn beim ©ute
ju erhalten. 2Jfan beroittigte bann — oft nur aHjureidilid) unb
o^ne bie ttmftcmbe in ©rroägung ju jteljen — ©tunbungen unb
grifien, man begnügte ftdjj mit ©icljerljettsleifiungen unb %t\U
ja^lungen, roäljrenb man ■Jtad&lafjgeroätirung nad& 2Rögltd&feit ju oer=
meiben fud&te. Slnbrängenbe ©laubiger fud&te man ju befd&rotdjjtigen,
itjren 3ugriff abjuroetyren ober möglidfjft lange Ijtntanju^alten. @rfl
wenn bie SRüdfftanbe fo Ijodf) angefd&rooßen roaren, baß bie ©Bulben-
regulierung nidfjt met)r ju erwarten mar, menn ber Sauer t>er =
a r m t mar , unb ba$ © u t f e l b ft unter ben folgen jtd&tbarltdjj ju
leiben begann — ba änberte man plöftlid^ bie £aftif : man wollte nun
oon ©tunbungen mdfjts meljr roiffen, fonbent forberte ba8 ganje
1 3m , Kolloquium * (6. 28) fjält ber Sauer bem (Sbelmann vox: „SBenn
bie armen 2mtt auf bie ©ant getrieben »erben, ne$mt 3$* ben alten Sttöftanb
»orberft hinweg, unb foUte gleia) für anbere ©laubiger nt$t3 übrig
blei6en/
— 203 —
©utljaben auf einmal, mit bcr 2lltematü>e: ba8 ©elb ober ba&
@ut. greilidEj mar bann bie ridjjttge 3*ü jur Siquibation ijäuft&
oerpafct: ber Sauer formte burd& @r^ebung nichtiger ©inmänbe ba$
SBerfa^ren in bie Sänge be^nen ; unterbeffen fud&te er oom ©ute no<£
mögltd&fi oiel SRu|en ju jie^en, er trieb äbfd&menbung unb tradjjtete,
ben SReft feiner &abt in ©td&erl)eit ju bringen.
SMefer ©egenfafc ätotfdfjen ber Sknbenj ju bitatorifdfjer Se^anb*
lung ber Siquibation bei latenter SBerfdjulbung unb rüclftdijtelofer
©d(jneibtgfeit, menn ber 3ufammenbrudfj ba ift, fomie ber ©egenfafc
jmtfd&en ber SßrajiS ber ©runb^erren unb ben Sntereffen ber übrigen
©laubiger fpiegelt fi<# gut in folgenber 33efd&merbe ber Prälaten
beim Sanbtage oon 1669 (©. 382) miber: @3 merben „bie Untere
tonen unter fttitm allju füreilenb unb ofjne SRot mit 2luf*
menbung großer unb fernerer ©erid&tefoften oon ben ^Beamten oer*
gantet, untermeilen aber, menn jte fdjjon ben ©ütern uni>
©runbljerrfd&aften ju ©d&aben Raufen unb fort unb fort
nmterS in ©Bulben fidfj fteclen, miber ber ©runbljerren
millen bei ben ©fitem behauptet". S)ie Seamten ge^en
gleidfjmäfetg, nad& bem ©efefce, gegen bie ©dfjulbner oor, meber ba&
3«tereffe ber ©laubiger nod& ba3 ftntereffe ber ©dfjulbner ganj oer*
nad&läffigenb. S)ie ©runbljerren finb geneigt, folange bie ©dfjulben
nur als fd&IetdjjenbeS Übel auftreten , bei jebem a3erfu<§ ber
©runb^olben, fi<$ tyrer ©laubiger ju erme^ren, ftdfj auf bie ©eite
ber erfleren ju jieHen, menn aber Ujre eigenen Qntereffen in©efa^r
fommen, ben Übergang be8 ©uteS auf einen neuen 3Reier ju
forcieren.
§ 13.
£in*fe*en vmb Wnriitxpüliftt
©puren polijeiltdfjer £ätigfeit finb mir in biefer ©dfjrift
fd&on öftere begegnet. 35ie SBorfd&riften betreffenb Fertigung oor ber
Dbrigfeit (©. 84, 87) Ratten bie Aufgabe, SJemudjjerung uni>
unmtrtfd&aftlidjje Sßerfdjjulbung ju oer^fiten. SBerfdjjmenber unb
Sanferottierer mürben mit ©trenge oermamt (©. 175). S)a&
©fiterjertrflmmerungSoerbot (©. 176) $atte u. a. ben 3roe(*/ feur(^
83erf)fitung ber Silbung oon 3roW8°nroefen &w fanft bro^enben
SBerarmung ju feuern, unb fteljt baburdfj, menn e3 au<$, mie mir
©. 190 gejeigt Ijaben, bie SBerfd&ulbung inbireft meljr förberte afe
^inberte, im engen 3ufammenf>ang mit ben gegen bie SBerfdfjulbung,
— 204 —
ber Bauerngüter gerichteten polijetltd&en 2Raßnal)men. 3Benn biefe
Äußerungen poli^eilid^cr gürforge bfirftig erf dfjeinen , fo barf man
uidjjt oergeffen, baß audjj bem ©runbljerm bie fterntyaltung fd^äblic^er
<5inflüffe oom 9Birtf<$aftö(eben ber Sauern oblag, ber ©taat ftdfj
alfo in mand&er SejieJjung befd&eiben tonnte.
SefonberS aber jeigte ftd^ ber ©ifer be$ ©taateä für ba$ 2Bol)l
feiner Untertanen no$ immer in feiner Sefämpfung b e £
ÜBucfter*. 2Bir motten und bei Sefpred&ung ber toudfjerpolijeilid&en
ÜWaßnafjmen auf ben Ärebitoerfel>r befd&ränfen.
Unter 9Bu$er oerftanb man balb bie (Srjtelung eines ©e*
minneS im Ärebitoerfeljr, balb nur bie ©rjtelung etne$ übermäßigen
©eroinneS, je na<$ ber Statur be$ betreffenben ©efd&äfteS. Sludfj bie
Serfd&leierung be$ ©eroinneä erfdjjien als tou<fjerlid&, unb jtoar oljne
weitere*, b. f). oljne SRücfftcijt bar auf, ob ber ©eroinn überhaupt
ober feine Übermäßtgfeit oerfdfjleiert mar. 211$ SWittel jur 33er-
fjinberung beS 2Budjjer$ mürben angeroenbet: SirxävtxboU , SßreiS*
befdfjränfungen (StaStajen, Sefdjjränfung auf ben „gemeinen SBert"),
Verbot beftimmter ©efd&aftötppen. 2)ie Serbote unb Sefdfjränfttngen
tyaben entmeber bloß jioilre<fjtli$e SBirfung (Ungültigfeit beS @e*
fdfjäfteS überhaupt ober in Sejie!)ung auf ba$ Übermaß) ober audfj
ftrafredfjtltdfje.
Sei Setrad&tung biefer SKaßregeln muffen wir jrotfd&en ©etb*
frebit, SRaturalfrebtt unb Äauffrebit unterfdfjeiben.
L $er ©elbfrebit.
2Ba3 biefen anbelangt, fo roiffen roir bereit« (§ 3), baß offtjieff
no<$ immer ein Unterfd&ieb jrotfdjjen 2)arle§en unb
Stentlauf gemalt rourbe. Seim S5arle§en mar e8 oerboten,
3infen (usuras) ju nehmen, bie 3in«fiipulation toar ungültig. Seim
Stentfauf gehörte bie Sereinbarung eine« 3infe8 (census) fogar ju
ber SRatur beS ©efdfjäfteS.
2)er SRentenfuß, ber, rote mir ©. 56 gejeigt Ijaben, in
HKünd&en bei ber @infül)rung be§ ©tabtredfjtbud&eS burd(j Subrotg
ben Saper minbeftenä 10 °/o betragen Ijat, ging im 15. ^aljrljunbert
unb in ber erfien ©älftc beS 16. ftaljrljunbertS aUmctyltdj) herunter1,
1 3n ben oberbeutfajen ©tobten mar er fdjon 1450 auf ben ©tanbarb
Don 5% gefunfen: Steumann, ©efd)ic$ie beS SBuc&erS, ©. 266 ff. ßientenfufj»
tabette). Über ben 3m8fuft in ben legten 3af>r(junberien be8 3ÄittetaItcrö fte§e
au<$ bie Angaben bei Sampredjt, $eutfa)e3 3Btrtfa)af Weben im Mittelalter II
<1886) ©. 595 ff.
— 205 —
TOaljrfdjetttKci) im 3ufaimtt«^ange mit bcr 33erote§rung ber @bel*
metallc1. ©aljer mar man bei ben SieidjSftänben fd&on 1500 batauf
bebaut, „bie annuos reditus auf einen getoiffen nötigen gufc fefeen
unb ein beftänbtgeS Duantum berfelben regulieren ju laffen"2*
Slber erfi 1530 führte man ba3 SBorJjaben aus, inbem man be*
ftimmie, bafj „l)inffiran vom 100 m<$t me^r benn 5, mie ge*
b r ä u $ l i <$ , gegeben unb genommen werben" foff (ütößoUD.
XXVI 8).
2)ie Territorien folgten8, öaperifd&e £anbe3orbnung 1553 (III
4 ärt. 3) : 35er SRentfäufer fott „oon 100 fl. £auptfutntna an 5 fL
jä§rlidfjer ©filten erfättigt" fein, unb eS fott Ujm „ein meljrere&
ober barüber ntd&t gebühren".
35tefeö ©üttmajimum oon 1553 ift unoeränbert in bie
Sßolijetorbnung oon 1616 übergegangen (II 1 2lrt. 3).
©trafbar ifi jebodtj bie Überfdjjreitung biefer ßitötajct nadE>
baperifd&etn Stecht ebenforoenig mie bie SBereinbarung eines 3^f &
burdfj edfjteS Darlehen. $n beiben gaffen treten nur bie befannten
jürilred&tltdfjen folgen ein: Ungültigfeit , Unflagbarfett, ^PfCic^t jur
SRfidfja^lung be3 unerlaubten ©etotnneS.
©trafbar ift nadfj ber SanbeSorbnung oon 1553 (III 4
3lrt. 1) unb nadlj ber SßolJD. oon 1616 (II 1 3lrt. 1): „2Ber
umdfjerifdf) fiänbel treibt ober jtd& fonft anberer gefährlicher tyattt
1 Sommerlab, 8Cri «3^dfuf; im Mittelalter * im $anbn>örter5ua) ber
StaatSnnffenfd&aften.
8 SReiern 3o$. ©ottfr., »ebanfen oon ber 9lett)tmäfiigleit be3 [elften ging*
taler«, 1733, ©. 110.
8 3)ie Stellung ber Sntereffengruppen jur (Srmä&tgung be$ Renten*
fujje« bura) ©efefc unb jur gefefclia)en (Stnfüljrung beä 3indmarimumd erhellt
flar au$ ber ©ntioitflung in ber Sauftfc. ©beimann „2llte 3\n%>, Renten« unb
Qelbtoirtfdjaft in ber Dberlaufifc" (Slusftt)nitt): ,Wan barf fta) nia)t nmnbern,
bat *>ie itlage über fjolje 3infen aHjumeift oon benen ausging, roela)e oiel ju
Sinfen Ratten.* ,2)er weitaus größere Seil aller auf 3in8 genommenen (Selber
rührte oon ber Äira)e unb ®eiftlia)!eit wie au$ frommen unb milben
Stiftungen $er. 2)a8 meifle baoon $atte ber äiemlia) oerfc&ulbete Sanb-
abel in $änben.* 3n ben ©tobten waren beibe Sntereffen, ba8 ber
©laubiger unb baS ber @o)ulbner, oereinigt. 2)ie Stäbte oerlangten ba&er
öerabfefcung bed 3m*fu&e3 bura) ©efefc» weigerten fia) aber, nad&bem fie mit
i$rer gforberung bura)gebrungen waren, ein entforedJenbeS 3ugeftänbniS bem
Sanbabel $infta)tlia) ber an ftäbtifa)e Aira)en, Stiftungen unb anbere Äaffen
ju ja^lenben Renten au maajen.
— 206 —
unb Jtontrafte gebraust"1. (Sine ©jemplififation gibt ba3
<Befe* felbft (3lrt. 2):
„6$ foflen au$ nadtfolgenbe Aontrafte unb ftanblungen für
toud>erif<$ gehalten unb crfennt werben" (1616):
1. 2Ber ftdj me^t oerf djreiben läßt, als et Eingibt.
2. 2Ber bei ber 3fa3jal)lung beS Äapitate ben crftcn 3al)re£~
find gleich abgießt.
3. 2Ber ©Ubergulben auSleiljt unb ftd& eben fo oiel ©olb*
gulben oerfd&reiben läfet (a); ober wer fonfl eine ©orte ©elbeS
ju Ijö&erem 2Berte, als fte bermalen „insgemein gültig", ausleiht (b).
4. „2Ber einem ©etreibe, Sßferbe, Südjer unb bergleid&en SBare
um ein ©elb faufSroeife anfdjlägt unb oiel Ijöljer, benn foldje SBare
immer ertragen mag ober roert ift, einräumt." 3)amit ift baS 2luf=
Rängen oon Sßaren an ©elbbebfirftige ju §o$em greife gemeint.
5. 2Ber ftdj neben bem 3^3 &om Entlegner ein „©ienfigelb"
<$Prooifion) oerfpred^en läßt.
6. 2Ber „über bie juläffigeSinfung nod& anbere ©a<§en,
<ild &eu, ©trol), $olj, ©etreibe, Dbft ober bergleidjen, item, baß
man tym einen ©runb, folgen ju nießen, einräumen ober einen
©runb anbauen fott, ober toaS fonft bergleidjen außerhalb beS iä§r=
liefen juläffigen 3M^ f*ta ^a9/ bebingt, aufträgt ober an*
itimmt".
7. 2Ber eine ©umme ©elbeS jroar umfonft Ijinletyt, „bodj
baß tym ber Entlegner etwa eine große SBare unb ganj in einem
geringen Sßert aufteilen muß; alfo baß er feine jQauptfumma unb
einen großen genieß moljl boppelt ober breifad&ig Ijaben mag".
8. 2Ber fein ©elb mit bem ©ebing roegleitjt, baß tym ber
©ntleljner „ein namtjaftigeS bafür oerjinfen ober als 2luf gelb
geben muß, tfjut ttxoa nte|r benn oom ljunbert j xo a n j i g " 2.
@S jmb im allgemeinen bie aus ben 5R^JoI.Ö. oon 1530 unb
1548 befannten £gpen 8. ©trafbar ift bemnacb bie SBerfd&leierung
1 @r foU feinet ©eritt)tgobrtg!eit „jur ©träfe oerfatten fein, aud) baju
*iad& Gelegenheit ber Sßerfon unb feineö Verbrechens etliche Xage gefänglich ge*
galten unb ofjne genugfame Serfiajerung niäjt auögelaffen werben".
2 1553 bief elben fcgpen ftrafbar erflärt mit SCuSnafjme oon 2, 8b unb 6.
8 3eboc$ festen im 9iei<9 9&r. 2 unb 6. $te ©träfe beftanb nad& ben
fteid&Spoliaeiorbnungen im SBerlufte oon V* beä Kapitals, fte mar aber nidjt nur
•auf ben eigentlichen 3Buä)er, fonbern aud) auf bteüberfd)reitung beö ©ült*
tnajtmumS unb auf ben Sorbefjatt beö flünbigungöredJteS but$
J>en (Sültlftufer (©. 65) gefejt (1530 XXVI 8; 1548 XVII 8).
— 207 —
i>*3 3fafe3 ober her Überfdfjreitung be£ 3fa3ma£imum3; ferner ber
eigentlid&e 3to3roud&er, b. f). ba£ -Keimen von „namhaften
Büifen", j. 33. meljr als 20%. 35ie „gebül)rlid(jen, ju =
läffigen" 3*nfcn *wn 5 °/o ju nehmen, ift bagegen nid^t [traf bar ;
ebenfo ift ntdfjt firafbar bie Überfd&reitung biefeS 9Rafee3, menn fte
toeber oerfdfjleiert nodf) übertrieben ift
©iner SBerfdfjleierung ber 3^ftiPu^a^n erfd^ien audfj bie
2Bieberlofung (Sinti dfjrefe) oerbäd&ttg. 2lber au<§ bie
©efa^r beä 3fo3rou<$er3 beftanb bei ber 3lnttdj)ref e , weil fidj bei
ü>r fdfjroer beregnen läfjt, ob ber „justus modus" unb wie weit er
Übertritten ifi (ftelje oben 3iff** 6)- ©fe Äanoniften toaren me^r
für SSerroerfung ber Slntidfjref e , bie beutfdfjen Qurtften fugten ben
Äontraft ju oerteibigen (©d&mtb ju S9t. XV 16 n. 16), roaljrfd&etn*
lidjj um ftdfj nidjjt in SBiberfprudfj mit ber £atfad(je feiner 2huoenbtmg
im täglichen Ztbtn ju fegen. SBenn bie 2lntid&refe afe foldfje ju
rechtfertigen mar, fo muftte im einzelnen %aUt bodfj nodjj befonberS
unterfud&t werben, ob ba3 3^majimum eingehalten fei; ba3 Über*
ma$ mufete am Kapital abgezogen werben.
2)af)er liebten e3 bie antidjjretifdfjen (Gläubiger, toenn fte fi(§ mit
bem 3utfm0Etniuw nidfjt begnügen wollten, ber 2lnttdfjrefe ben 2ln*
fdjjein be3 Äauf3 mit SBieberfauf ju geben. 35enn ber Käufer
fann nadfj Äaufredfjt bie ©adjje beliebig nufeen, ba3 3in^^aEtmum
geljt i^n nidjjtö an — ber Rauf mar ja ftetä ba3 ©djjmerjenSftnb
ber fdjjolaftifd&en SRattonalöfonomie.
2Bä§renb ©dfjmib, wie mir ©. 75 gefeljen Ijaben, bei ber
3ntereffelet)re mit ben ©laubigem red&t gltmpflidfj oerfäljrt, jieljt er
bei ber Seljanblung ber grage, ob bie Äaufoerträge mit Sftüdfauf
gegen bie 3^8efefee oerftofeen, ftraffere ©aiten auf. S)a fd&impft
er in ber ttjm eigentümlichen Äraftmanier über bie Sßudjjerer unb
3tn$Dampire, bie, um ifjre ©d&ledfjtigfeiten ju bemänteln, fo oer*
toidfelte unb oerf dfjraufte 33ertrag3inftrumente errieten.
6r f d&liefet: „2Ber red&tmäfeig einen antraft f djliefet, mufc ba3 Sid^t
nid&t freuen unb baS ©efd&äft mit ©d&raufen ntd&t oerbunleln,
fonbern ba$ Äinb beim rid&tigen tarnen nennen" (ju ß9t. VII 1
n. 2-5).
IL 3)er Natura 1fr eb it.
A. 35a« ©etreibebarle^en. SBäljrenb bie einbringenbe
©elbwirtfd&aft im 16. 3al>rl>unbert bie Sßrobuftiottät be$ ©elbe*
offenfunbig mad&te, bauerte e$ nod& längere 3*ü/ bis aud& bie
— 208 —
anberen fungiblen @üter fiel) bie SBfaerfemtung üjreS StapitaU
d&arafterS errangen, gerner fjat ba$ ©etretbebarleljen, weil e£ fxd^
habet um bie Eingabe eine* ©uteS fjanbelt, baS getodfjnlidfj uid&t als
$aufd&gut bient, fonbern ftdfj unmittelbar jur SebürfniSbefriebigung
eignet / unmittelbar ber Sßrobuftton getoibmet werben fann, Diel
häufiger als baS ©elbbarleljen baS Gepräge ber &ilfeleifiung in
ber 91 o t ; baS ©etreibebarleljen behalt Ijierburdjj Diel länger wie baS
©elbbarle^en jenes fojiale unb caritatioe ©epräge, baS eine mefent*
lidjje Urfad&e ber ursprünglichen UnoerjtnSlid&feit beS 3)arle§enS aus*
gemadjjt fyat ©S ift ba&er begreiflich, bafc bie SDulbung, bie bem
oerjinslicljen ©elbbarle^en gemährt würbe, ftdj auf baS oerjinSltdfje
©etreibebarle^en mdjjt erftredfte. SDie ^oltjetorbnung Don 1616 fteljt
nodjj auf biefem ©tanbpunfte:
II 1 ärt. 6 : SBiü ©ner für ©etreibe „nrieberum ©etreibe Ijaben,
fo foü er bem SBauerSmann eine 3*i* beftimmen, mann er iljm foldfj
©etreibe ungefährlich in gleicher ©üte foQ antworten". SBeim ©e-
treibebarleljen foQ alfo ber &erlei()er nid&t meljr ©erlangen als er
gegeben §at, alfo feinen RixiS1 , unb er fott bie fttit, ju ber bie
SRüdgabe erfolgen fott, bei ber Eingabe feftfefeen, bamit U)m bie
2Högltd(jfeit genommen ift, iou<ljerifd)ettüeife gerabe bann bie 9tü<f*
gäbe ju oerlangen, wenn baS ©etreibe im greife ljodf> fiefjt.
B. Sie „£ ins fülle". SRädfrft bem ©etreibe ift ber wid&tigfte
S3ebarf beS Steuern baS SBie^. 2)aS SSiel) fann auf jweterlei Slrt Der*
liefen werben, nämlidjj pad&täJjnlidjj unb barle$en$ät)nlid(j. 3m (enteren
gaHe Ijaben mir ben eifernen SBieljfontraft, mobei nidjjt bie
entlehnten ©tücfe, fonbern anbere oon gleicher Slrt (in ber Siegel
aus ber Slufjud^t) jurüdfgegeben werben. SDaS SBieij nimmt nämli<$
eine 3JiittelfteHung ein jwifdfjen ben fungiblen unb ben md&t fungiblen
©egenftänben. 63 ift nid&t fo fungibel wie ©elb ober ©etreibe,
aber bodfj fungibler als }. 33. ©runb unb Soben. 2)aS eifeme Sßie^
finben mir fd&on in ben M.B. unter bem 9lamn ,,3mmerful)"*.
äBaljrfcljeinlidf) Ijanbelt eS fidfj bei ben fogenannten „3ütSfü§en" ber
baperifd^en Sßolijeiorbnungen um baSfelbe 3tecljtSDetf)ältniS. 3)a „bte
armen ßeute mit ben ^inSfü^en in Diel weg f)o<$ befd&wert" mürben,
fo mürbe eine 3inStaje feftgefefet (1516 fol. 44, 1553 unb 1616
III. 33ud& 15. Sit. 2. 2trt). 5Rad& ber Sßolijeiorbnung oon 1616
1 2)ie 3in3loftg!eit ge^t aus bem Sufammen^ange §ert>or.
8 Über bie 8tef)leU)e aur 9tomabenjeit , vor ber feften Slnfteblimg, |te§e
bie Semerrungen bei Sreniano, Hnerbenrec$t unb ©runbeigentum, 6. 17 9tote.
— 209 —
follte 1 ff. ober ein brei 2Bod&en alte* flalb, nad& 2Bal)l be8 ©laubiger«,
iä§rli<$ gegeben werben. SDaS war ein fe^r ro^cr SRaftftab, benn
ber SBert ber Auf) blieb bobei unberficfftdjjtigt. Sei Übertretung
1 ff. ©träfe.
C. SDie grud&tgütt. 3u ben ftaturalfrebitgefdjäften ifl
and) bie ©etreibegfilt ober gru<$tgttlt ju rennen, b. I). ein 3ltnU
fauf, wobei bie Stente nidjt in ©elb, fonbem in Sobenfrüdjten befteljt.
3)ie ©etreibegült fd&eint im 16. $al)rf)unbert in Sägern jtemlidj
verbreitet gemefen ju fein; benn bie batjerifdfje SanbeSorbnung oon
1553 (II 1 Slrt. 3) fagt, ber Äauf ablöSlidfjer ©etreibegülten fei in
Sägern fo gar eingebrungen unb gemein worben, bafc ein jeber,
fo ju feinen Obliegen ©elbeS bebürfttg, baSfelbe anber ©efialt
benn auf ^raibjinfung nidfjt wofjl aufbringen fönne.
35a aber erwiefenermafjen audj bie Sßfenniggült allgemein in Übung
roar, fo ift bie SBemerfung ber SanbeSorbnung ate übertrieben ju
bejetdjnen. SBielleidjjt Ijanbelte e$ ftdfj um eine oorfibergeljenbe Be-
liebtheit ber ©etreibegülten bei ben ©elbgebem, oeranlafjt burdfr
bie fleigenbe Stiftung ber ©etreibepreife. Starauf beutet
audfj bie weitere SBemerfung ber SanbeSorbnung : SDa baS ©etreibe
etltdf) oiel Saljre Ijer in Ijoljem SBert gemefen fei unb nodfj fei, fo
folge, bafe nic^t allein ber ©filtinfjaber weit tne|r als baS ge*
bfifjrlidje Qntercf f e einnehme, fonbern ber SBerfäufer Ijodfj be«
fdfjwert unb ber arme SauerSmann, fo etwa au* brängenber -Kot ©elb
aufbringen unb bergleidjen ©ültretdjjung auf ftdfj laben muffe, gar
jum SBerberben gebraut werbe. 2luc^ in ber SReidjSpoltjeiorbnung
oon 1577 wirb ber @influf$ ber Neuerung auf ben ©eibwert ber
üRaturatgülten fjeroorgeljoben. Xxt 19 § 2 : Die armen ßeute muffen
bie 3Bein= unb ©etreibegülten ju einfaQenben teueren Saljren ein weg
wie ben anberen entrichten, alfo oftermal oom iQunbert 10,
20 biö in bie 30 fl. jaulen.
Die SßreiSfteigerung ober, wie man gefagt fjat, bie SßreiS*
reoolution beS 16. Safcr&unbertS1 bauerte 1510 bis 1590.
SefonberS heftige Bboomsu erfolgten in ben fünfziger unb ftebjiger
Qaljren, alfo in beseitigen Saljrje&nten , in benen bie erwähnten
fßoUjeiorbnungen gefdfjaffen würben. Die Bewegung erfaßte ntdfrt
nur bie Slgtarprobufte , fonbern audfj bie übrigen SBaren unb bie
1 ffiiebe , Sur ®efät<$te ber ?rei*rei>o&iium be* 16. unb 17. 3a$r$unbert3,
Staat*- unb foatafariffenf<&aftlt<$e ©ei träge, herausgegeben oon SRia*fon>3!i II
2(1895).
• •Ijew, Cerföutbung. 14
— 210 —
Arbeitslöhne, wenn audE) nidfjt in gletdjjem 2Kaße tote bie erfleren.
SBäfjrenb ber Canbmann alfo baburdj), baß er nadj ber alten 3Bert-
relation jTuifdjen ©elb imb ©etreibe ju jinfen fjatte, an ber 2lu3=
nufcung ber günftigen Äonjunftur ge^inbert war, mußte er bie ©r=
l}ö!)ung feiner SßrobuftionSfoften ooH unb ganj auf fid^ nehmen,
©eine ©djulben waren fidf) gleid(j geblieben unb feine SluSgaben
Ratten fidf) vermehrt. Unter ben Siaturalgülten fdjjetnen otele ©toig=
glitten geroejen ju fein; fie ftamtnten mol;l nod) auS ber 3*ü/ roo
eö nidjt gebräud()lid) mar, bem ©d&ulbner baS 9lblöfungSred)t eutjus
räumen. 3n normalen QtxUn mafyti fidf) biefer SKangel wenig
fühlbar. Sefet aber, too bie Umtoanblung ber Jlaturalgülten in
©elbgülten im Qntereffe beS ©djulbnerS lag, erfd&ien ber Mangel
beS ßünbigungSredjteS red&t brüdenb.
$n ben 2lugen ber 3 * i * 8 e n ° f 1 c n roar W* Steigerung ber
greife nodf) größer als in Sßirf lid&f eit , benn fie unterließen, ben
©influß ber 9)iünjüerfdf)ledf)terung ju eliminieren. 3Me Sttenge ftanb
bem unerhörten Vorgang rat= unb oerftänbniSloS gegenüber, ©ie
Ijielt bie SßreiSftetgerung für eine fünftlidf)e unb faf) bie Urfadfje ber=
felben im gürfauf, in ber §abfud&t ber Äaufleute ufio. ©ie glaubte,
baß fidf) bei ftrengem ©in f djreiten gegen bie „Sßudfjerer unb 3){ono*
poltften" balb bie alte Sßoljlfeityett mieber einfteHen mürbe.
Unter bem ©tnfluffe biefer Erbitterung fteljen audfj bie
©efefee gegen bie Natura Igülten. S)ie grud&tgülten oerfdfwffen bem
©elbgeber bei fteigenben greifen ber SBobenfrüdfjte eine Statte, bie
meit über ben „gebü^rlidfjen, juläffigen" 3™* (üön 5 0/o) IjinauSgetjt.
SMefeS Übermaß fteHt fid^ als eine burdfc nid&tS ju redfjtfertigenbe
Selaftung beS oerfdjjulbeten SanbmanneS bar. 3Me guten greife, bie
bem fianbmann als grud&t feiner Arbeit, als (Entgelt für Unbilben
aller 3lrt gebühren, bienen nur baju, ben oerfjaßten ©laubiger ju
bereichern. $n ber 9tetcf)Spolijeiorbnung oon 1577 wirb Da^er baS
©ültmajimum auf bie 3?aturalgülten ausgebest * ; ferner werben fämt*
lidfje befteljenbe üttaturalgülten ablösbar erflärt, etoige iftaturalgülten
alfo verboten. 9?odfj weiter ging bie 33at)erifd^e SanbeSorbnung oon
1553: ©ie oerbot ben ßauf oon ©etreibegülten unb ließ
nur metyr ©elbgülten ju2.
1 @oenba § 2: „31 ber ba ßorn* ober 2öeingiUten fauft werben , ba& von
20 fl. Sauptfumme nidjt met)r als 1 fj. 2Rünj gereuter ober bejaht werbe."
8 „Überhaupt fott ntemanb meljr oon @efb einen anberen 3mä faufen ober
nehmen, benn (Selb/
— 211 —
2>ie Seftimmung würbe 1616 oljue Snberung wieber^olt (?ppLD.
II 1 2lrt. 3). 2tber injwifdfjeu war bie Schlage eine anbete ge*
toorben.
■Midfjt nur, baß injwifd(jen eine tiefere ©infid&t in bie ttrfadjjen
ber SßreiSreoolution Sßlafc gegriffen fjatte, feit SobinuS 1568 ben
©afe aufgeteilt fyaiit, baß bie äßermetyrung beS ©olb* unb ©über*
üorrateS, namentlidfj ber 3uflu6 üon eMen 9RetaHen auS Omenta
bie igaupturfad&e, ja beinahe bie einzige Urfadfje ber ^Preissteigerung
fei, fonbern bie SpreiSfteigerung Ijatte feit 1590 aufgehört unb in
mannen ©egenben fogar einem meljr ober minber er^eblid^en SßreiS*
falle «ßlafe gemacht (SBiebe 113, 115, 187).
Obwohl in ber Sßolijeiorbnung von 1616 bie 9Jtotioe beS 33er*
boteS ber ablösbaren ©etreibegülten genau ebenfo lauten, n>ie fte
1553 gelautet Ratten, fo muß ber 3rocd &er Beftimmung bodf) ein
anberer geworben fein, benn bie ermähnten SUtotioe paffen auf bie
Preisbewegung feit 1590 teineSwegS. 3n &cr $a* begrünbet ber
fcofrat fein SBotum (ju ßSR. XIII 14 additio), baß baS SBerbot
aufregt erhalten werben fotte, einfach mit ber ©efafjr beS ex-
cessus justi pretii bei ben grudfjtgülten, cum rerum pretia
in republica frequentissime varientur et vix duobus annis con-
tinuis in eodem statu permaneant.
@S ijanbelt fi<$ alfo beim «erbot ber SRaturalgfilten 1616 nid&t
me&r, wie 1553, um ein Älaf fengefefc jugunften ber oer*
fd&ulbeten ©runbbefifcer, bie billigen Ärebit wünfd&en,
fonbern um ein ©d&ufcgefefc gegen bie bloße ©efafjr
beS@etreibewudfjerS,um eine triel ju weit getriebene flonf equen j
ber 3inStaje : f d&on bie 3Kögltd&teit beS ©teigenS ber ©etretbepreife
madfjt bie ©efefceSfanatiter gittern. 6S ift baljer nur fonfequent,
baß ber &ofrat oorfdjjlägt, bie oom Slbel, bie Prälaten unb bie t>er*
möglichen SBürger in ben £auptftäbten oon bem Verbote auSbrücflidfj
auSjune&men, alfo baß eS ifjnen unoermeljrt fein foffe, ©etreibegülten
ju pertaufen; benn ber 3roect ber Sefihmnung fei bodjj ber, ben
armen Bauersmann ju fd&üfcen.
Sapern ift nid&t baS einzige f übbeutf <$e Saab, wo im 16. Qaljrs
ljunbert bie grucfjigülten verboten worben finb. ©o j. 99. würbe
in 3tiridj 1529 perboten, anbere 3\n\en ju taufen als Sßfennig*
jinfen *.
SBie gefä&rU<$ aber baS «erbot ber grud&tgülten für ben Ärebit
1 Styl e. 82.
u
— 212 —
ber länblid&en ©runbbeftfcer fein fonnte, jetgt bie einleitutig eines
3üri^cr 9tat$erfenntnijfe* oon 1548: „3118 an meine ßerren Watt
unb Surger gelangt tft, tote ftdg etliche ber unferen auf bem 2anbe
übel beflagen, toie fte ©elbeS treffHd^ notbürftig wären, unb aber
ba3 nidfjt anber« toiffen anjufommen benn um Sem*
jinS, mit l>o$em Stnrufen, ilpien ba8 ju erlauben unb nad)ju=
laffen . . ."
III. $er Äauffrebit.
A. äuS bem Sßrinjip ber Unentgeltlidfjfeit be$ Ärebitoerfe^rS
ergibt ftdf) aud& ber 2tu3fdjlufc eine« &\xi\& beim Ärebitfauf.
S)a3 baperifdfje Sanbbot oon 1516 o erbt et et (fol. 46), fünftig
©etreibe ober anbere Sßfenmoerte §öl)er auf Sorg benn um
bar ©elb ju geben unb ju faufen, toeil „baburdfj ber gemeine
39auer3mann ju merflidjjem SRad&teil gebrungen" toerbe. ©benfo bie
SanbeSorbnung oon 1553. aber biefe SBefiimmung mar oljne Sßrete-
tagen ferner burdfoufüljren. SMe Sßolijeiorbnung oon 1616 fagt
baljer (II 1 Slrt. 6) oiel treffenber toie Ujre Vorgänger:
„@ibt einer bem anberen ©etreibe \ bafc er ttjm Ijernadf) ©elb
bafür geben foK; in biefem galle foH er mit iljm atebalb einen
nötigen Äauf treffen unb ba3 ©etreibe anfd&lagen, toaS e3 jur
felben3eit, roie er e3 tljm gibt, in 3 gern ein um baSfelbe SReoter
gültig ift unb bem 33auer$mann nid&tS anbereS . . . auftragen,
jumuten ober oon tym annehmen."
35er ©etretbepreiS tourbe auf ben „gemeinen SBert" be*
fdjjränft, um bie 3fa$lofigfeit be$ ©etreibefrebttfaufeS fontroHieren
ju fönnen.
B. SDer „SDtufterfauf"; 9Wan letljt einem SauerSmann nac§
ber ®xntt, aber oor bem ©rufdfj ©elb gegen bie SBerpflid&tung, nac§
bem SDrufdj) ©etreibe bafür ^erjugeben unb nimmt ein 9Rufter oon
bem ©etreibe (1616 II 1 Slrt. 6). &aS ©efdfjäft ifl nur bann
gültig, toenn ba3 ©etreibe fo fyoä) angefdjjlagen toirb, tote e3 jurjeit
ber 3a§fong ber ©elbfumme gültig geioefen ober ju einem getoiffen
Seitpunft, j. S. am ©affuStag ober am SHartinStag, gelten toirb.
Sagegen l)at ber „&erleü)er ober ßäufer" nid&t bie 33efugni8, ba$
©etreibe abjuforbern, toenn e8 iljm gefällig (b. $. tooljl, nadfjbem er
toenig ©elb bafür hergegeben §at, ju ber &\t, wo baS ©etreibe red&t
■ ■ ii ■ «
1 *¥fennn>erte" werbe« nia)t me$* genannt, bie JBefttmmuna. Gesteht fttt)
alfo nur auf ben ©etreibefrebitfauf.
— 213 —
$o$ im Sßreife ftc^t). SDie S)oppelnatur beS ©efd&äfteS emerfeit*
als Äauf, anbererfeitS als Setye, fomie bie &ilflofigfett bcr bamaligen
33egriffSbilbung gegenüber berartigen ©oppelerfdfjeinungen erbeut gut
aus ber fd&roanfenben Terminologie (2Rufterfauf, ©elbleiljen, &er*
leider ober Ääufer).
C. ©ro&e Sljnlidjjfeit mit bem eben gefd&ilberten SKufterfauf
$at ber berühmte „SBerfauf beS ©etreibeS auf bem &alm",
„auf ber SBurjet", „auf bem gelbe". Sei beiben ©efd&äften
^anbelt eS fid) um bie 2)tSfontierung einer fünftigen einnähme auf
bie ©egenroart. SBäljrenb aber ber SKufierfauf juriftifd^ einen edfjten
Äauf barftettt, fann man ben SBerfauf ber grüßte auf bem ißalm nur
als emptio spei bejeidfjnen, meil bie @rnte burdf) ißagelfd&lag ufro.
üernid&tet werben fann unb überhaupt nadf) Quantität unb Dualität
uon allerlei .ßufälligfeiten abhängig ift. Saburdf) befommt ber Äauf
ber grüßte auf bem &alm etroaS Sllcotorif c^cjS, baS tyn ju einem
beliebten SBerfjeuge nmd&erifdfjer Ausbeutung gemalt Ijat.
S)er SBerfauf ber %tüü)tt auf bem ißalm gehört benn audfj feit
ber Äarolingerjeit ju ben oon ber ©efefcgebung beft gefaßten
©efd&äftStppen. 3m baperifd&en Sanbbot oon 1516 wirb er
©erboten (fol. 46). SDie baperifdfje SanbeSorbnung oon 1553 läfet
tljn im Notfälle ju, ber SßreiS foH aber ntdjjt niebriger fein, als baS
©etreibe „am 9WartinStag beSfelben SaljreS nadjj gemeinem Äauf
gültig ifi" (III 4 2lrt. 5). @benfo 1616 (II 1 2lrt. 5). S$nlid&
<md& bie Stetd&Spoltjetorbnungen oon 1548 unb 1577. 3laü) lefcterer
(XIX 3) burfte ber SßreiS nidfjt niebriger fein, als ber SBert ber
betreffenben grud&t entmeber jurjeit beS ßontrafteS ober 14 £age
nadj ber ©rnte nadj) „gemeinem Äauf" betrug. S)ie SReidjjSpolijei*
orbnungen geben audfj bie ©rünbe biefer SBefd&ränfung an.
3una$ft wirb baS ©efdfjäft bejeidjjnet als ein ißinauSletyen von ©elb
„unter bem ©d&ein ber ÄaufmannfdSJaft". ©obann mirb biefer ®e*
fd&äftsform oorgemorf en , bafe „arme notbürftige Seut, xotö fte gar
Ijärtiglid) erarbeiten, näl>er [billiger], benn fidfj fonft nadjj gemeinem
gewöljnlidfjen Äauf gebührt, ju geben oerurfadfjt unb gebrungen
werben". 3)er SSerfauf ber grfid&te auf bem gelbe oerftofje gegen
„gflttlid&e unb menfd&lidfje ©afcung, bie Siebe beS -ftädfjften unb bie
guten Sitten1', er gereidjje ferner ben &errfdfjaften ju großem ©djjaben,
weil bie Untertanen nun biefen „tyr ©ebitfjrnis oiel beftomeniger ju
tun oermflgen". 6nblidj> fd&eini baS 39ebenfen gemaltet ju l>aben,
bog bie Sauern, toenn ber ©elbmann bie <Srnte mit 93efd&lag belegt,
„md&tS $aben, roooon fie fid&, U>re grau unb ftinber ernä&ren" unb
— 214 —
babur<$ in bie Sufjetfte SRot flebrad&t werben Rinnen1. 2lu3 btefem
©runbe rourbe ber SBerfauf beS ©etreibeS auf bemigalm jum %ixx*
lauf geregnet, ©egen ben gürfauf, b. f). ben 2tuffauf oon not?
toenbtgen SebenSmitteln not ifjrer SebarfSreif e , um burdfj 3urfidf*
Ijaltung mit bem Angebot ober bur<$ Äonjentrierung beSfelben einen
Ijöfjeren Sßrete ju erjielen, richtete fid^ aber bie Erbitterung aller
berer, bie an niebrigen greifen ber SebenSmittel ein Qntereffe Ratten,
alfo bet breiten 9Raffe be3 faufenben SBolfeS unb tyrer geiftigen
p^rer.
Diertes Kapitel
$a$ Kapital.
I. allgemeines.
33i^er tjaben mir Ijauptfäd&ticJE) bie rechtlichen unb poli*
t i f $ e n Sebingungen be3 ÄrebitoerfeljrS beljanbelt. 2lber ber
ßrebitoerfeljr Ijat audfj nurtfd&aftlidjje SBorauSf efeungen , unb
btefe ftnb fafi nodf) mid&tiger wie jene.
SBor allem muß, bamit ein itrebitoerfeljr entfielen fann, bie
Äultur fo roeit fortgef dfjritten fein, bafe bie ©efeHfd&aft ni<$t meljr
auSfdjliefclidfj ron ber £anb in ben 2Wunb lebt: SDioment ber
©<$a|bilbung. gerner mufc ber Ärebit fo roeit entroicfelt fein,
bafc man feine ©d&äfce anberen jeitmeilig jur -Wufeung überlaffen
fann : 9R o m e n t ber Ärebitbilbung. Slber biefe beiben
9Komente ermöglichen an ftd^ nur ben unentgeltlichen Ärebitoerfeljr,
einen bärftigen ßrebitnerfefjr. 3)amit ber Ärebitoerfeljr ftdfj oott
entfalten fönne, mufe nodfj ein ©ritte« ttfnjuf ommen : 3)a8 menfd)*
lidje ©eroinnftreben mufc fi<$ bem Ärebitoerfeljr mitgeteilt ljaben.
SBir nennen biefeS ba3 SKoment ber Äapitalbilbung. S)emt
jum Kapital (capitale, caput, &auptfad[je, stock) gehört begrifflich
ber 3in3 (grucfjt, Siebenfache), rote ber ©cfjatten jum Stdjjt. 35ie
1 Copus Joh., De fructibus etc., 1583 p. 43.
— 215 —
3*\t, bte einen regen Ärebttoerfefjr entwideln will, mufi auä ben
Sknben von Autorität unb &erfommen fid) loSmad&en, fie mu§ ben
2Rut Ijaben, inbiotbualiftifd) , fapitaliftifdf) ju fein, @nblidf> liegt
fd&on im 2Borte ©dtjafc, nodfj me^r a6er im SBorte SBerfeljr, ba& e3
ein öligem eines Saufd&gut unb 3Bertaufbewat>rung3mütel geben mufc,
unb bafc biefeä fo reid^tid^ oortyanben fein foH, baft bie 33ermogen3s
werte SBarenfunftion Ejaben, mit anberen SBorten, bafe man für fie
jidfjer unb rafdfj ©elb befommen fann: -Dtoment ber ©elb*
bilbung.
2Btr fönnen SBorftetjenbeS in bie SBorte jufammenfaffen : 3)ie
wirtfdfjaftlid&e Sebingung be3 ÄrebitoerfefjrS ift ba3 $Bor^anben =
fein t)on SeiEjf apital in gorm be£ ©elbfapitals.
SBenn mir nun bie &\t, mit ber mir un3 bef<$äftigen, barauf*
f)in unterfud&en, ob bie ermähnten bier 3Romente oerwirflidfjt waren,
fo fmben mir folgenbeS:
1. 9Kan mag ein Sewunberer unb SBerteibiger beS 17. 3af)r*
fjunbertö fein, baft bie 3Jtenf$en bie £ugenb ber ©parfamfeit in
^}ol)em SRafce geübt t)aben, wirb man nidjt behaupten tonnen. S)ie
Älagen ber ©cbriftfteller über SBerfd&wenbung unb SBöllerei
ftnb allgemein1. 2Benn trofebem bie ©dfjafcbilbung einen Ijoljen ©rab
erreidfjte — waren bodfj bie im 2)reif}igjäE}rigen Äriege »ergrabenen
©dfjäfce lange 3eü ber £raum oon ©lüdföjägem unb gaulenjern —
fo mar bie SRot ber 3cü baran fdfjulb2.
2. 2)er %mü ber ©dEjafcbilbung mar, wie man fieljt, nid&t bie
©rjielung oon ©eminn burdfj rentierlid&e Anlage, fonbern bie ©idfje*
rung oon &Uf3mitte(n im gaUe ber 3?ot. SMe (Srfparniffe mürben
junäd&ji t^efauriert3. 3)erÄrebit mar nodfj fo unentwidfelt, bafj
SBiete ben igauptjwedE ber ©dfjafebtlbung burdjj 2lu$leiljung gefäljrbet
eradfjteten. 3>e unftdfjerer bie3citoer^ältniffe, befto weniger liefe
man ftd& barauf ein, bie gefammelten Notpfennige au« ber &anb ju
geben, um nidjt felbfi oom trttgerifdjjen ©elbmarlt abhängig ju
werben.
1 @($mib su 83t XIII 9 n. 4: „. . . in unferem S)eutf d&fanb , wo bie
Serföroenberei bur<$ beftänbige« Steffen unb ©aüfen fe^r im ©c^ioung ge$t/
* 3n einer (SrMftrung ber SanbfcJaftSoerorbneien oom 18. S)eaember 1624
(Sregberg I 62) ift oon ben ßanbftänben bie Siebe, bie „pro defensione reli-
gioniß Catholicae et patriae i$r @rfparte3 an betreibe, ©djafcgelb,
©Über unb öarfdjaft oorgeftredt". ©8 toirb alfo jioifd&en ©<$afc unb Betriebs-
mitteln unterfgieben.
8 9to$ $eute fott bie ©itte ber Aufbewahrung ber ©rfparotffe in ©tro$-
fätfen unb ©trumpfen in SKtbanern in erftaunlic$em SRage oerbreitet fein.
— 216 —
3. 2Bo ba3 erwähnte Sebenfen nidfjt obwaltete, würben bi£=
poutble ©elbfummen auSgelxeljen, nnb jwar auf j&ixtö ober Qntereffe.
SDaS jinSlofe @elbbarlel)en war jur 2lu3naljme geworben. 2Benn
man pdj bem 9Kfifo auSfefcte, im gaHe ber 9tot tnttteltod bajuftefjen,
fo wollte man wenigftenS eine @ntfd(jäbigung für bie 3lngft baoor
(prezzo del battieuore na<f) ©altani). 3)a$ Streben nadfj bem
gröfetmöglid&en ©eminn war oerwerflidf) unb ungefefelidfj
(3in^toi*e). 2lber bie 2lu3leUjung gegen lanbeSübttdfje unb
angemeffene $\n\tti ö&er Sntereffen mar eine erlaubte unb
gebräud&lidfje 6rwerb3gelegenl)ett.
4. S)ie red&tlidfjen Sefd&ränfungen, bie tedfjnifd&e 3Wcfftänbigfeit
unb bie SRangelljaftigfett ber SerfeljrSmittel Ratten jur golge, bajs
bie SRaturprobufte einen weiten unb IjmberniSreidfjen SBeg jurütf*
legen mußten, elje iljr Sßert in bie ©elbform umgefefct werben
fonnte. 3)amit §ängt jum &eil audfj bie oben erwähnte Üppigfeit
ber SebenSweife jufammen. SDian wufcte nidfjt wo&in mit bem
©otteäfegen. SDte 33efd&räuft$eit be$ 3)iarfte3 fcielt bie
greife auf einem niebrigen ©taub. 9?ur gut, baß ber 9teid&tum
SapernS an Sobenprobuften unb -Jlaturfdfjafcen (®e=
treibe, Sie&, ©alj) groß genug mar, um abfoluten ©elbmangel nidfjt
auffommen ju iaffen. —
2Bie man ftetjt, fehlte feinet ber SDiomente, bie jur ©ntmidflung
be$ ÄrebitoerfeljrS nötig finb, oöllig, aber feinet berfelben mar redjjt
auSgebllbet. —
Sßeldfje Segriffe oon Sfteid&tum l)errfd&ten, fann man au£
ber Semerfung oon 9Kanj erfeljen (©dEjufe unb ©dfjirm IV t>):
„SBenn ein fürneljmer ©beimann 100 ober 200 fl. bekommt, fo ift
er bod& barum nodjj nid&t oiel reifer geworben; ba bo<$ ein Sauer,
wenn er btefeS fjätte, in aEeweg für reifer gehalten würbe." Star*
aus folgt, bafe wir baä bäuerliche Kapital mit anberen 2tugen
anfeljen muffen, als ba3 ftänbifdjje Äapital1.
1 $>en 3 üben mar feit 1553 ber Auf enthalt in Bauern verboten. Staa)
gfrenberg (II 349) mar baffer im 17. 3a$rljunberi in Sapern fein Sube $u
ftnben [gr. f treibt: 16. Sa&rljunbert, e8 ift aber offenbar ein 2)rudfe§ler]. 3Rit
aufjerba»eriftt}en Suben $u fontrafjieren, mar ben SBanern unterfaßt. SBäljrenb
ber öfter r ei c^ifc^en Oüupation (1704 — 1714) festen fia) nrieber Suben in größerer
%n^af)i in Sagern feft. 216er fie fa)einen ftet) tne^r bur$ tl)re ßonfurrens im
©anbei alö bura) JSrebttgefdjäfte, mefjr bei ben Kaufleuten unb §anbn>erfern afö
bei ben Sauern unbequem unb oer&afjt gemad)t ju fyaben (Sfrenberg I 243, 317,
380 II 351).
— 217
IL Sie ©tabtbfirger.
3Me ©tabtbfirger, im 15. unb 16. Saljrfjunbert neben ber Äirdje
too^I bie bebeutenbften Ärebitgeber, treten im fiebenjelinten infolge
beS befannten SBerfattS oon ©emerbe nnb &anbel in 2)eutfdfjlanb in
biefer iljrer ©tgenfd&aft oerljaltniSmäjjig jurüdf.
9In bem SB er fall oon £ anbei unb ©eroerbe in
3)eutf<fjlanb feit ber jmetten £älfte beS 16. Saljr*
f)unbert$ l)atte 33atjern fein ooffgemeffeneS Anteil, ja btefeS Sonb
würbe Don ben mif$ltdf)en Solgen ber Snberung ber 58erfeljr3 =
toege befonberS ferner jlidj berührt, ba bie ©unft feiner Sage
(jimfdfjen Italien unb ben grojjen fübbeutfdjen SRcic^öfläbten) uor*
mala einzelne ©eroerbe* unb &anbel3jtt)etge ju großer 33lfite gebraut
Ijatte. 35af)er beginnen fdfjon üor bem Sreijjigjäljrtgen Kriege bie
Älagen über ben SBerfaH beS ©emerbeS. 2luf bem Sanbtage von
1612 Hagen bie ©tänbe (©. 213): ®aS ©eroerbe fyabz merflid& ab-
genommen unb e$ fei „faft baS einjige ©eroerbe mit bem 93 i er*
fieben" übrig geblieben. @3 werben bie 9Rittel aufgejagt, bem
<Staatt ©elb jujufü^ren: „SDaS ©etreibe, Bali, Sßferbe unb
SBielj, bann etlidfj wenige iQanbroerfSgeroerbe , als Soben,
t$eberit, SBettpardfjent, Seinmanb unb etlid&e anbere ge*
ringe" (©. 100). aber aud& biefe lefctgenannten , feit langem in
Sägern ein^eimif dfjen * ©eroerbe waren ftarf jurücfgegangen. -Wadjj
«iner auf SSerananlaffung &erjog 9Wafimilian I. 1623 oeranftalteten
Erhebung belief ftdj bamalS bie inlänbifdfje [3al)reS*]$ßrobuftion oon
2oben, Süd&ern ufm. auf 7450 ©tfief £udj unb Soben, 8200 ©tü<f
geberit, 3200 ©tüä SPard&ent unb 3eug unb auf 8000 p. gefdf»aute
Arbeit, toäljrenb früher [bie 3*ü tft nidfjt angegeben] im Rentamt
Stünden allein 6 bis 8000 ©tücf fioben unb 6000 ©tüdf geberit
verfertigt unb 2/s baoon ins SluSlanb verfauft roorben maren2.
$>a$ Urteil, baS ber &erjog auf ©runb biefer Gnquete unb anberer
Erfahrungen über ben ©tanb beS ©emerbeS fällte, lautete feljr
pefftmiftifö. @r liefe ben 2anbf<$aftSt>erorbneten unterm 18. 3Kärj
1624 eröffnen8, bafe er mit 33ebauern unb Sefremben vernommen
Ijabe, wie feljr faft burdfjgeljenbS in SBatjern bie ©emerbe unb bie
1 1608 fpri$t ber ,$oltseiaudf$u&M oon bem .berühmten 9lün$ener
Sobcn* (Srepberg II 862).
8 Sre^berfl II 378.
8 Gbenba 6. 873.
— 218 —
■Jtaljrung be3 gemeinen 2Jtonne3 in abnähme geraten feien, fo bafc
bie im fianbe erjtelten-JWaterialien oon 2BoI(c, %laä)$,
©am unb anberem unoerarbeitet unb rot) aufter £anb
geführt mürben1.
2)er Dreißigjährige Ärieg perfekte bem beutfdjen £anbel
unb ©eroerbe ben SobeSftofe. $11 ben Stäbten unb 9Jtärften, fo
Hagen bie baperifdjjen Stäube 1669, finb „faft äße oorneljmen Äom-
merjien unb £anblungen oerfd&nmnben" (©. 90); „biejenigen fed)£
föauptgeroerbe unb Hantierungen , für roeldfje man eigentlich bie
©täbte unb SRärfte ergebt unb erbaut tjat", ftnb bem Qnlanbe oon ben
SluSlänbern (gran5of en ,* 2Belf dfjen , ©nglänbern , -Kieberlänbem)
ent jogen roorben, meldte nun auf bem SBege beSigaufierljanbelä
i§re Sfid&er, R\xx^ unb Sifen waren in Sägern oerfd&leifcen
(©. 490).
2)ie inlänbifdfjen ©eroerbetreibenben waren gegenüber ben 3fa3*
länbern foroofyl beim @tn lauf ber9Watertalien2, als audfj beim
äbfafc ber ^Probufte8 im 9laä)te\l. 2lud(j ber gemeine 3Kann
fing an, fidj in frembe Xüdfjer ju f leiben *. @8 waren offenbar mtfyt
wirtfdfjaftlidde als tedf)nifd(je ©rünbe, bie bie Äonfurrenjfäljigfeit
ber Ijeimifdfjen Sßrobufte beeinträchtigten. Die ©täbte 1612 (Sanb*
tag ©. 414): „63 märe mit ben inlänbifdfjen Supern ein großer
duften ju f Raffen unb oiel ©elb im Sanbe ju behalten, man §&tte
audjj ju foldjer Arbeit qualifijterte Seute unb 9Jiaterialia l)in unb
wieber, aber fie fyabtn ben SSerlag nidfjt unb werben oon
ben fremben Xüdfjern gebrüdft." 3)er i&anbel oerforgte fidfj ba, too
er bie günftigften Sebingungen waljrnaljm. 2Ran fagte fi<# fd&on
bamate, bajj „e8 nidfjt genüge, [gute] 2Baren ju madfjen,
fonbern nur ber SBerfdfjleifc berfelben bringe ©ewinn"6.
Sie &aupturfadfje be3 35arnteberliegen3 oon iganbel unb ©eroerbe
aber erblidfte man im ©elbmangel, ober, wie man Ijeute fagen
mürbe, im Kapitalmangel. $n ber £at befdf)leunigten bie im
2)reifeigiäf)rigen Kriege eingetretenen Äapitaloerlufte (unten § 18)
1 SBatjern war alfo Slgrarftaat.
2 2lu8 ben Ser§anblungen be$ „^oliaeiauSfäuffe«" 1608 (ftrepberg II 357):
,2)ie 9lu8Iänber bringen me&r ©elb mit [auf bie SMärtte 311m (Sinfauf ber 3to$*
probufte unb §albfabrifate] unb aafjlen beffer a(S bie Snlänber."
8 SCu« bem©utad&ten ber „Sßoliaeiräte' 1608 (Jre^berg II 364): SRan fotte
ftrenge auf bie ftäbttfdjen §anbroer?§(eute feljen, baß fie bie SBare auef) toof)U
feiler geben, bie man ja aud) in SlugSburg unb Nürnberg faft um bie $älfte
©elb l)abm fönne.
4 Sreoberg II 381. | 5 Gbenba 357.
— 219 —
bieSBerfallgefddwinbigfeitoon £anbel unb ©eroerbe ungemein.
5Äu3 ber wirflidfj „guten alten 3ett" war ein gereifter 5Reid()tum, e3
waren eine 9Renge oon gefdfjaftlidfjen Sejie^ungen unb SBerbinbungen
geblieben, meldte e£ gematteten, eine 3ei^an8 fojufagen vom eigenen
§ett ju jefjren. 3™ Äriege rourbe biefer nationale SReferoefonbS
erfd&öpft1. SDie ©täube 1669 (Sanbtag ©. 90): @3 „tft faft niemanb
mefjr ju ftnben, ber eines foldfjen SBermögenS wäre, baft, wenngteidfj
§anbwerföleute würben oorfjanben fein, bie fidfj jur görberung
allerlei SBaren unb £anbroerfe gern unb wifliglid) gebrauten taffett
wollten, ein fold&er ben 33erlag unb SBorrat (wie e3 ju regten unb
namhaften Hantierungen oonnoten ift) oor fidj bringen mödfjte".
SBernid&tenb lautet auefy ba8 Urteil beS befannten merfantilifti*
fdEjen Agitators 3-3- Sedier über bie wirtfdfjaftlidfje Seiftung^
fätyigfeit ber baperifd^en Äaufleute unb §anbwerfer2: 3m Sanbe
befäfjen l)ödf)jien$ 100 S3ürger ein £auptoermögen [Äapital]; bie
meiften fyätten ttid^t auf ad)t £age oorauS ju leben; ber &anb*
werfer betrüge au£ 9iot unb fjabe feinen ©egen. 3lber audfj bie
burdfj SBedjjer unb feineSgleidfjen nad& Sapern gebrauten neuen wirt*
fd&aftSpolttifdfjen 3fbeen fonnten bie Sage oon iganbel unb ©ewerbe
nidfjt beffern. 35ie jatjlreidjen oon 1665, namentlich aber oon 1679
an meift auf ftaatüdfje Anregung unb mit ftaatlidjjer föilfe ge*
grünbeten 33erlag$unternefymungen merfanttliftifd&er
Senbenj fonnten trofe ber weiteftgeljenben ^rioilegien , mit benen
fie nad& mobernen Sprinjtpien ausgerüstet würben, nidjt reüffieren unb
fanben meiftenS nad& furjer SreibtyauSejiftenj ein unrü&mlid(je£
ßnbe. Sapern war eben § int erlaub geworben unb blieb e$.
äBenn bie ©tabtbürger nid&t einmal ju iljren eigenen gefdjjäft*
liefen planen unb Unternehmungen ba$ nötige Kapital befafcen, fo
ijl e$ Mar, baft bie bäuerlid&e öeoölferung auf ber ©udfje nadfj
frebitbereiten ©elbem auf ba3 ftäbtifdfje Äapital feine grofee Meinung
mad&en burfte. Die ©ewerbetreibenben unb $änbler in ben ©täbten
1 $afe ber Kapitalmangel jum $eil im ftarfen ®elbbebarf be$
©taate* ju Äricgö^rocdfen feine Utfaa)e fyabt, erfannte man ganj tidjtig.
2>ie £anbfa)aftSoerorbneten 1628 föreobetg II 374): Slufeer allem Smetfel fei e*
aber, ba&, nenn ben Äaufleuten unb anbeten tyr sunt fat$olifa)en 9unbe ge-
liehene* Äapital, toooon fte fogat bie verfallenen 3infen nta)t einmal meljr er«
tybtn fonnten, triebet abgelöft unb barfentridjtet mürbe, $ierbura) bie ftefcenben
Äommerjien guten 5teÜ8 mieber in ©ang gebracht werben fonnten.
* 3n einer an ben bageriföen Äurfürften gerbinanb SWaria gerichteten
(unooUenbet gebliebenen) »^ebuftion* oon 1664 (grepberg II 387).
— 220 —
fyabtn baljer weniger aU 25arle!)n3geber ber bäuerlichen S3eoötferung,
benn als beren ftänbige SBBarenborger Sebeutung. 2uf bem
fianbtage von 1605 fudfjen bie ©täbte iljr SßfänbungSprioileg ju
rechtfertigen (®. 360): ©3 nüfce au<$ bem Untertan auf bemfianbe;
benn „roer TooQte oljne biefeS Mittel einem SauerSmann um 1, 2
ober 3 ©ulben feine äBaren, Gifen, %uä), Seber unb
anbereS, beffen ber SauerSmann nidfjt entraten fann, borgen, wenn
er jeberjeit oor ©eridjjt Magen unb me^r Unfoften, als bie igaupt*
fadjje wert, barüber aufroenben müßte?" S)ie ßanbleute brad&ten
an ben 2Bodfjett* unb ^a^rmärften iljre Sßrobufte in bie ©tobte unb
oerfa^en fidjj jugleid^ mit bem, roa£ £au3 unb igof an flabtifd&en
©rjeugmffen unb an fonftigeu SWarftroaren nötig Ijatte. Ratten fte
fein ©elb jur Sejaljlung, j. 33. roeil xf)t ©infauf ben SScrfauf über=
flieg, fo mürbe i^nen bte jur nädfjften Ernte frebitiert.
III. S)ie ©runb^erren unb bie ^Beamten1.
9lad) ber ©Ute ber 3eü/ M* Ärebitgerofi&rung afe igilfeleiftung
au fjuf äffen, waren bie ©runbtjerren in erfter Steige baju be=
rufen, ber frebitbebürftigen bäuerlichen SBeoölferung ba$ nötige
Äapttal jur SBerfügung ju fteHen. Steffen gelang e3 nidfjt immer,
btefeS Sßoftulat in bie 2Birfli<$leit umjufefcen. Sffienn ber gute
SBiUe, ba£ fojiale SBerftänbntä oor^anben mar, fo fehlte e$ bodj)
feljr fjaufig an ben SDMtieln jur SDurdfjfüljrung , am Kapital *. 3)ie
©igenroirtfdfjaft ber ^ofmar^erren , ber fogenannte ^of bau, mar
unbebeutenb, unb ba bie igauptarbeitsfräfte bie gronpflidfjtigen
maren, fo mar baS ißerrenlanb ntdfjt beffer beftettt mie baS
Sauernlanb. gm ©taatäbienft unb föofbienft ermud&fen bem
Slbel flarfe SRepräfentationSs unb anbere ausgaben. 3)ie Stbeligen
gehörten batjer meljr jur ©d&ulbnerflaffe al8 jur ©laubtgerflaffe.
©3 gab aber audfj ausnahmen unter ben 3ß>eligen. gn
einer ©d&rift oon 1682 ö ift ju lefen: „©ieid^mie mandjjer Sanbfaft
in bie äu&erfie Unoermögen^eit unb 2lbf<Ijleifung feiner ©üter ge*
fiürjt wirb, alfo gibt e£ anbere, meldte .... glfidfeltg tyre ißauS*
1 @fisse. Sßer ft<$ für näheres interefftrt, fei auf meine 9l6§anblung
,$er ßampf um bie abltgen ©üter" ufro. (Xüb. 3eitf($r. 1903) $tngennefen.
* 3m 3<u)re 1700 erMären bie Sanbfd&aftSoerorbneten , !aum ber jefyite
£etl unter ben Slbligen f)abt nod) 300 fl. in ätorrat (5«»&erg I 250).
8 (Srtel 91. SB., Praxis aurea oon 2tnf($fog, SCajation ufro. atter §oc$*
gültigen Sanbgüter,
— 221 —
wirtf<$aft führen .... roo^l nriffenb, bafe 9teid)tum eine ©tüfce
be8 äbels ifl." SDiefen tnobernen ©tanbpunft na^rn befonberS ber
„neue Stbel" ein, ber fi<$ aus bem Sefifcabel1 unb bem
SJiplomabel jufammenfefcte. Sier „grofee aKittel", rafdj reidfj
ju werben, waren bamals bie ©fiter*2 unb bie ©etreibe*
fpefulation8, ber Äauf t>on Ämtern unb oon ©dtjulb*
titeln4. SBer polittfd&en (Stnfluf}, wer bie ©unft feines dürften
befafj, bem uerroanbelte ftdj alles, was er berührte, in ©elb unb
©runbbefife5. S)a3 aufge&enbe ©eftirn be$ „mobernen ©taateS"
warf auf bie SHener be£ Staates ein blenbenbeä Stdjt, in bem fie
ft<$ fonnen fonnten. 3)er Seamte, ber bie &anb nadj bem 2lbel3s
brief auSflredt, ifl ba3 ©egenftücf be3 2lbligen, ben nad) Smtern
gelüftet.
©er ißoftnardjljerr, ber jugleidj Ijöfyerer Beamter
ifl, rennet bie 25arle^en3gewäljrung an frebitbebürftige ©runb*
Untertanen ju ben regelmäßigen Aufgaben einer fortfdjrittltdjen
^ofmardtjoerwaltung. @r fefet feinen ß^rgeij barein, woljtyabenbe
Sauern ju befifcen, au$ benen er möglidjft triel Sorteil jie^t. 6r
ifl uns 2Robett gefeffen ju bem nidjt burdjauS fdjmetdjetyaften Silbe,
baS wir ©. 202 von bem ©runbfierrn, ber jugleid) ©laubiger
feiner ©runbuntertanen ifl, entworfen liaben.
IV. 2)ie Sauern unb bie länblidjen ©ewerbetreibenben.
SDie SluSfi^t, burd& i&re lanbwtrtfdjaftltdje SCa'ttgfeit
©elb ju oerbienen, mar nidjt fe§r groß für bie Säuern. S)ie Se*
1 ,3Mo(e §ofmara)6ejt|er4' im ©egenfafc ju ben „ebelmannSfreien ©e*
fa)lea)tetn".
1 <£o$en, ßampf um bie abligen ©üter, ©. 20 f.
* 3m 3a§re 1627 erflärt ber ©e§eime !Rat, bafj nun oor allem barauf Be-
baut 3U nehmen fei, bie erfc&öpfte ärmere Äfaffe au oerftt)onen, Dagegen bie
Prälaten unb 9litterfa)aft, foroie bie ^ermöglichen überhaupt, toe(a)e noa) wenig
geleiftet, aber i$r betreibe bei biefer Neuerung um baS doppelte
ober baft 2)reifa<$e oertaufen, au einer mehreren §ilfe unb S(nfa)fog au
bringen; benn ed gebe Seute pi 3— 12000 fl. Ginlommen, fo boa) wenig tontri-
ouieren förenberg I 64).
4 ©ie$e unten § 23.
• „Wan benle nur an ben £offammerpräfibenten SRänbl, berp um mit
einem 3eitgenoffen 8U fprea)en, al* ©tubent ,mit bem $äflein bie Suppe er«
bettelte*, M $räfibent eine £iegenfa)aft naa) ber anbeten erftatb unb boa) noa)
Zaufenbe beim $ofga$(amt wie bei ber £anbfa)aft oerjinfen (äffen tonnte"
($öfrerl in 8forfa). gur @efo)ta)te »aoern* 10. Ob. 6. 189).
— 222 —
bauung be3 SobenS mar bie Ijerf ömmlidjje , primitioe; bafj in bem
tum uns bejubelten 3^toaum tedf)itifdf)e gortfd&ritte ge-
wad;t worben wären, baoon verlautet in unferem ganzen 9Jlateria[
nidjtS1. 2)ie gortfd&rttte Ratten oon oben, oon ben ©runbljerren
auSgeljen muffen. 25er 2lbel aber fudfjte atle3 £etl in ber 2lu£=
faugung ber Sauern unb im Äampfe um politifdfje Sorrerfjte.
2Benn btc Sauern ifjre feäufer mafftuer gebaut, brauchbarere 2ltfer*
gerate angefd&afft, beffereS $\xä)tv\tf) gehalten, neue Äulturen ein=
geführt, ben Soben forgfältiger bearbeitet, bie Sradfje eingefd&ränft
ptten, fo märe gleidj ber ©runbljerr unb fein Seamter ba gemefen,
ben Sömenanteil für fidfj ju forbern. @£ galt eben als SPrinjtp,
bem Sauern nur fo oiel ju laffen, ba& er leben fonnte; menn er
barüber IjinauS bem Soben etwas abgewann, fo gebührte e3, im
©runbe genommen, bem Dbereigentümer , unb e3 Ejanbelte fidj nur
barum, ben juriftifdfjen Sorwanb, ba3 2tu3l)ängefdSJilb ju finben,
um bem Urljeber möglidjjft triel baoon abjujmaden2. 35ie golge
mar bie bef annte 3 n b o l e n j ber Sauern unb ein grofceS 3K i ft -
trauen gegen alles 9?eue. 3Der 2>rud, unter bem bie Sauem burdfj
üjre polttifd&e SWcd^tlofigfeit, burdf) bie @£jeffe ber ©runbljerren
unb Seamten litten, Ijatte feit bem @nbe beS Mittelalters, befonberS
aber feit bem grojjen Sauernfriege einen grojjen SBanbel in ityren
SUaffeneigenfdfjaften erzeugt. 2BaS mar auS bem bieberen,
wolilljabenben, felbftberoufeten SauerSmann geworben, wie er uns
nod) aus ben SBeiStümern entgegentritt? @ine oerftodte Äned&tfeete,
bereu einzige Sßaffen Sügenljaftigfeit unb ©d&lauljeit bilbeten, bie
SWerfmale plebejtfdfjer ©eftnnung.
2lber eS fehlten nid&t nur bie tedfjnifdfjen unb pfpd&ologt*
f djjen Sebingungeu einer rationellen lanbmirtfdfjaftlidfjen SetriebS*
fü^rung, fonberu audfj bie Drganifation beS 2lbfa&eS ber
Sobenprobufte mar berart, ba§ etwaige gänftige Chancen uon
ber bäuerlichen Seoölferung nid&t benüfct werben tonnten.
35er ftänbifd&e ©fyarafter beS bamaligen ©taatSwefenS jeigte
1 o. b. ©oty, ©efätd&ie ber beutfäen Sanbroirtfäaft I (1902) 6. 247:
„(Sine trgenb er§e6lid)e Anbetung in ber Setrieböroeife fanb ... im 16. unb
17. 3a$rf>unbert m^t ftatt.* — Ü&er ben lanbroirtfd)aft(t$en Setiieb in
2)eutfc$fojtb im 17. 3a$r$unbert »gl. ©ünfc in SanbtoirtföaftMifior. Blätter
Sajrg. I ff.
2 Sgl. ftenimeifterinftrultion 1669 ßiff. 86: ,SSo »efferungen uor§anben,
f ollen bie ©üier ftÖ^er oerftiftet werben.*
— 223 —
ftdj nämlidfj au<§ in ben SJejHmmungen über ben ©etreibe*
Derfefjr.
2)ie priütlcgierten ©tätten be$ ©etreibetyanbete waren bie
9öod&en= unb Saljrmärfte ber ©täbte unb SKftrfie1. SDaS ftänbifdfje
©etreibe (2lbel, Prälaten, öürger)2 war aber vom WlaxtU
ynang befreit (2trt. 4). 33äcfer unb SBirte burften ba3 ©etreibe,
beffen fte ju ifyrem &anbwerf bebürfttg, an ben Käufern ber Sßro*
bujenten ouffaufen (2lrt. 2). Sie 2lbeltgen unb bie Sßrälaten waren
in Slnfeijung i^reS „eigen erbauten", fowie ifyreS „©ienft* unb
3ef)entgetreibe3" maut- unb joüfrei (2lrt. 7). 3Me eigentliche ©e*
Ireibefpef ulation / b. J). r/ber Kürlauf ju bem @nbe, bafc fte folgen
im Sanbe behalten unb ju anberer 3*i* lieber Eingeben Knuten,
bamit man in mi&rätigen Safyxtn befto meljr ©etreibe im Sanb
$abe unb um fo tuel meljr Neuerung üertytitet werbe", mar 5ßri=
oileg ber SBürger unb Äaufleute.
Unter ben fianbetebefdjränhmgen mußte naturgemäß bie Slbfa %*
fällig feit, unter ber beoorjugten Stellung ber ©rofegrunbbefifeer
bie Äonfurrenjfälngfeit be$ bäuerlichen ©etreibeS leiben. 3m
„9Remorial" beMagen fiel) bie Petenten baräber, baß bie 33erwalter
ber fürftlid&en Sräu&fiufer ben äBeijen „nur non ben Älöftern,
Pfarrern unb anberen [©ro&grunbbeftfcern] ratione eines guten
firitfaufs in grosso" faufen, „t>on ben armen Untertanen aber
nimmt man fd&ier ntdfjtS ober bod) gar wohlfeil" (3iff. 59). SBeiter
Reifet es in bemfelben ©dfjrif tftücl : SBiele legen fidjj auf ben 2Betjen=
fauf unb »erführen iljn ju ben Srauljäuf ern , baburdj ber arme
SauerSmann ben feinigen [b. \). feinen äßeijen] nidjt Einbringen
[b. §. ju ben SBräufjäufern] fann, „ift ein redjter gfirfauf", bennod&
wirb er pafftert (3iff. 60).
2Me Säuern waren baljer genötigt, fidfj i&ren Äonfurrenten im
©etreibeabfafc, ben ©ro&grunbbeftfcern unb ben ipänblem, in bie
2rme ju werfen. Site ftänbifdjj galt ntd&t nur baS „eigen erbaute"
©etreibe ber ©tänbe, ferner ba3 „2)ienft* unb 3c^nt8^treibe",
fonbern au<$ baS freie ©etreibe ber Säuern, ba$ in ben SSeftfc ber
©runb^erren übergegangen war8. 2Bie aber bie freie Äonfurrenj in
1 $oLD. II 2 %vt. 1: <$* foH feinem geftatttet fein, ba* ©etreibe tanber
tikftaft, benn auf ben gefreiten offenen 9Bo$en* unb 3a$?mftrlten in unferen
«äbten unb SWärften aufjutoufen" [6e$ufd ffieiteroertauf].
1 »darein bie großen $farr«, 8mt** unb 8ebety$fe aua) gebogen*.
8 96er nur „nenn genug ©etreibe im Sanb*. ©ei Neuerung mufrt eä
alfo auf bie 6a)ranne gebraut »erben.
— 224 —
3tnfel>ung biefeS „freien ©etreibeS" au$fa§, ge^t barauS Ijeroor, ba&
ber ©efefegeber e3 für angebracht fyalt, bie ©runb&erren baran ju
erinnern, bafe i^r 3BarenanfeilungSred(jt (Sor?auf3red&t) fid>
auf baS ©etretbe nid(jt bejie^e; ba3 ©ctrctbc mußte „ungenötigt
unb gutwillig" in ben Sefi$ beS ©runbt)errn gefommen fein (2lrt. 4),
216er audf) bie 3roifd()ettl>fänbler oerftanben e3 fetyr wol)l, bie
3ioang$lage, in ber fidj bie Säuern in Sejtefyung auf ben ®e*
treibeabfafe befanben, ft$ nufcbar ju machen1.
2öenn bemnadf) ber Ertrag be* von iljnen bebauten SobenS
feine ©olbgrube für bie Sauern war, fo fehlte e3 bennodEj nidjt
gänjlid^ an einer länblidjen Sßlutofratie.
Dbiootjl ber betrieb oon ©eroerbe unb &anbel im allgemeinen
ein Sßrioileg ber Sürger ber ©tabte unb 9Rärfte bilbete, fo lebten
bod& audfj auf bem Sanbe, unter ben Säuern, eine ÜRenge oon
fletnen ©emerbetreibenben unb &änblern.
SDland^e ©etoerbe konnten fdjjon nad& bem ©efefce audfj auf bem
Sanbe betrieben werben. S)aju gehören aufeer ben alten oier el)e*
haften ©emerben (Eaferne, 3Wfll)le, ©djjmiebe, Sab) nad& ber Sßolijei*
orbnung oon 1616 bie fieinenmeber , 2Bolfa>irfer unb fioberer (als
Soljntoerfer) ; bie Xud&fdjjerer, fieberer, ©attler unb Sttemer (fte
burften tyre SBare aber nur auf ben 9Wärften oerfaufen) ; alle ©törer
unb glidf er ; bie Sä<f er unb Äälbermefcger 2 . 2lud& Jtäuf ler, gragner
unb Rödler roaren auf bem Sanbe jugelaffen, als 3wifd&enl)änbler :
fie burften oor ben Käufern „effenbe SPfenmoerte" auffaufen, mußten
biefe aber auf ben aWärften oerfaufen8.
£atfäd&lid& blieb e3 nid^t bei biefen Sefdjjränfungen. SDie
ßanbtag3oert)anblungen be$ 17. 3at)rf)unbert3 ftnb ooll oon Älagen
be$ SürgerftanbeS über baS hinaufbringen ber fläbtifdjjen
©rtoerbSjtoeige auf ba$ fianb: S)ie igoftoerfer „laufen bie
SDörfer au«" (1612 ©. 363). S)ie fcanbtoerföleute fmb „auf bem
©ai fotool>l in ben lanbgeridfjtlidjjen als aud& ^ofmardjjifdfjen Dörfern
fo gemein, baft ber gu^r* unb Sauerdmann alles baSjenige, toaS er
ju feinem gutyrioerl un*> Sauemarbeit oonnöten, gleidjj in ben
1 Unterm 14. Kuguft 1674 mürbe angeorbnet, gute ®p&f> unb Dbaäjt ju
geben, »auf Xraibföuffer , welche bie armen Untertanen, fo ü)r fcratb einen
wetten 9Beg 311 ber ©äjranne führen unb nit lang auf ber Sprung (ie8cn
bleiben fönnen, befio härter galten unb me&r brürten, roo$I nriffenb, bafj fte
fola)eS nit ntejr §urütfftt$ren mögen' CJJreg&erg II 90).
1 JM.D. IV 2, 6 «rt. 7, 8 «rt 9, ügr. autt) IV 1 «rt. 11.
« $oi.D. n 7 %tt im
— 225 —
Dörfern befommen fann" (1669 ©. 493). Überhaupt roitt man
„nun atteS foufunbieren, ©täbte unb Dörfer" (1612 ©. 363),
„fotd&er ©eftalten, bafe mandjjeS 2)orf in biefem einen ätfarft unb
roandjer 3Rarft ein SDorf repräfentiert" (1669 ©. 493). Sie« geigt
ftdjj audfj im &anbel. „@3 ift bie gretfd&lerei unb &antieren$ in
ben SJörfern überljäuftg auffommen, ein jeber gaulenjer null jtd& mit
feiern nähren unb ein gretfdfjlerei ober ©etoerb anfiellen, rote benn
ttyrer oiele l)in unb roieber mit ©alj, @ifen, 9Mgel, Xud&, ©eilen,
§aftenfpete, Sranntroein, item ©dfjaf, 9Hnb, ©djjroein, 2BolI, &ontg
u. bflt. $anbeln" (1612, ebenba).
Sin biefer ©elegenljeit , Selb ju oerbienen, beteiligten ftd& aud&
bie Säuern mit Sebljaftigfeit. SDaS geljt burdjj bie Qa&rljunberte.
3eber Sauer wirb Sietjtjänbler unb ädert nimmer,
flogen bie ©tänbe auf bem Sanb$ljut*3ngolftäbter Sluäfd&ujjtage
Don 1501 l; unb 1799 fdfjreibt SRottmanner (Semerfungen über
Saubemialredfjte, ©. 152): „2lber gibt e3 benn nid&t audjj xoofyU
$abenbe, retd&e, ftolje Sauern ober anbere, bie i&re 3Btrtf<$aft an
ben Stagel fangen unb nur treffen unb faufen? 0 ja! 3$ mödfjte
aber fragen: ob tyr Vermögen ntdfjt insgemein oon allerlei £anbet
fd&aften mit ©etreibe, &olj, Spferben unb anberem Siel), oon Sieben*
getoerben, oon allerlei gutyrroerfen unb Zaubereien, oon über-
nommenen Lieferungen [jum 2Rilitär] ober nodfj fd&ledfjteren ftänbeln,
Don Setrfigereien unb SebrüdEungen i^rer •Jladfjbam, oon Se*
fted&ungen be* 9Hd&ter unb ©bergen u. bgl. §errül)re?"
35ie ippifd&en SRepräfentanteu be$ beweglichen ÄapitalS auf
bem fianbe waren f$on bamalS, rote audfj Ijeute nodf), bie SBirte,
2Rüller unb Ar am er. £aj$ bie aWüHer unb SBtrte beim @e*
treibe&anbel Sorteile befafcen, jjaben mir fdfjon oben gefe^en. Sie
SSirte unb Ärämer fa&en oiel Sargelb burd& tyre ginger gleiten
unb lamen burdj) ©tunbung oon 3e#f$ulben unb äBarenlieferungen
leidet in @läubigerbejiel)ungen ju ben Sauern. Sie ßrämer unb
SWttffer mürben burdfj bie ©igenart iljreS ©eroerbebetriebeS jur 3)ar*
leljenSgetoäljrung gerabeju ijingebrcmgt, lefctere jum ausleihen oon
©etreibe, erftere jum ©elbbarle^en.
aber audfj bie ©rfparniffe ber Sauern felbft (amen aU
Sfei&fapttal in Setrad&t. 3&t eigentlicher 3roedt mar iool)l häufig
1 Ärenner XIII 176: „Die »auern, aud) öauernfne<$te, ©ölbner, %a$
werter, bereit einer nur 8 ober 4 ff. IBert $at, ber nimmt fi<$ gürtoufen* an,
unb märtet be* Kcferbaud unb Arbeit nimmer."
Gofccii, ©erf^ulbung. 15
— 226 —
nur ber, bem Sauer ju ermöglichen, ftdfj burdf) bcr 3^tten Ungunft
ju f dfjlagen, jüngere ©öljne mit Sßeggelb ju nerfeljen, tjeiratenben
Södjjtern eine neiberroedfeube äuSfiattung ijerjurid&ten , ben Xauf*,
fiodfoeitS* unb Seidjjenfcijmäufjen ben üblidfjen Umfang ju geben, für
eine rofirbige Seflattung ber eigenen Überrefte ju forgen unb ber
©eele eine gute aufnähme bei ©Ott ju oerfd&affen, Slber menn ber
glücflidje S3efi$er oon einem weniger gut gestellten 9?a<ijbarn um
ein Sterleten angegangen mürbe, fo fal) er in bem erhofften ginä*
gerotnn eine wenn audfj nid&t oon ädern Anfang an ins 2luge ge-
faxte, fo bodj nidfjt unerfreuliche Zugabe ju feinen trbifdfjen ©lücfS-
gütern — baS ©elb märe bodfj nur bradjj gelegen! SDaS SRiftfo
ifi nidfjt grofc, iebenfallS nid&t größer als bie SBerluftgefa^r bur<f>
SDiebftaljl ufm. 35er ©dfjlaf roirb alfo nidjjt leiben, ©old&eS ermog
ber SBauerSmann, rotnn er im ^Begriffe jianb, unter bie Äapitaliften
ju ge&en.
V. S)ie ßirdjjen unb milben Stiftungen.
3n einem fpäter näljer ju erörternben S)efret oom 4. gebruar
1676 mirb gefagt, eS fei „bittig, bafc ben armen Seuten, fo baS
S^rige bei guten Seiten in bie Äird&enjlödfe unb ju milben ©ttf*
tungen beigetragen, im gatte ber -Kot oon benfelben, wenn fie es
Ijaben, mieber geholfen unb Ijierburdf) erfpriejjlici) unter bie Slrme
gegriffen roerbe". hierin liegt jroeierlei: einmal bie SJatfadfje, ba&
baS Vermögen ber Äird&en unb milben Stiftungen jum großen XeiE
von ber bäuerlichen Seoölferung Ijerrüljrte; fobann baS Sßoftulat,
bafc bie 33arf d&aften ber Äird&en unb milben Stiftungen, wenn fte
überhaupt ausgeliehen werben, jur Sefriebigung beS ßrebitbebfirf*
niffeS ber bäuerltd&en Seoölferung bienen follcn. @S mar alte,
bis auf bie ^eibenjeit jurüdfgeljenbe ftrabitton, ber ©eele etwas
für baS ^enfeitS mitjugeben: Urfprüngliclj ©erätfdfjaften [„©eel =
gerate"], fpäter ©elb; urfprüngltdjj , auf ©runb roij-ant^ro*
pomorpljer SSorfteUung , jum perfönltdjjen Sebarf, fpäter, um ber
©eele bie Pforten beS jQimmelS ju öffnen; urfprünglid^ burdfj reale
3Witgabe tnS ©rab, fpäter, roeit praf tif dfjer , burdjj Übergabe an bie
Vermittler jttrifdfjen MeSfeitS unb jenfeitS, bie ^riefterf dfjaft *. 3)ie
©itte mürbe genährt burdfj menfdfjlidfje ©itelfeit unb burdj ben ©in*
flujj beS ftleruS. ^eber mofjlljabenbe Sauer Ijielt fidjj, fdfjon aus
1 »gl. Sipper tf ßutturaeföt^te II (SBiffen ber ®egenn>art, 47. öanb
1886) 6. 99.
— 227 —
©tanbeSrücf fid&ten , für oerpflidfjtet, für ben StobeSfall ©eelemneffen
unb Qafjrtage ju ftiften, Segate für Sruberfd&aften auSjufefcen ufro.
Xut er eS mdfjt, fo Ijolen bic Hinterbliebenen baS SSeyfäumte nadfj.
©urdjj ben nie oerftegenben t'3ufM$ an milben ©aben roaren bie
©otteSljäufer unb frommen Stiftungen ftetS im 33efifce oon barem
©elb, baS fie auf $ix& anlegen, Ärebitbebürftigen jur Verfügung
ftetten tonnten. SMe ©etbgefdtjäfte ber Äirdfjen Ratten einen folgen
Umfang, bafc 3Ranj fagen tonnte: 3Me ©infünfte ber Äird&en,
Älöfter, ©pitäler unb ßirdjenftiftungen befielen größtenteils in ge =
fauften Renten (Präludium ©. 7). Stabet fdjeint eine Seilung
ber Ärebitfunftion in ber SBeife, entfpred&enb ber oerfdjjtebenen ißer*
fünft ber Kapitalien, beobachtet morben ju fein, bajj bie ßlöfter,
beren SReid&tum £auptfäd&lid|j auf ©penben oonSBornetjmen beruhte,
als Ärebitgeber beS 21 b eis, bie 33arf haften ber ©orffird&en
unb örtlidfjen Stiftungen bagegen als ÄrebitfonbS ber
bäuerlidfjen Seoölferung galten, roenigftenS tourbe biefe
Sttfferenjierung ber Aufgaben allfeits refpefttert unb als felbji=
uerftänblid^ angefeljen.
•Jtatürlidd rid&tete fidfj bie Sßebanterie ber StnSbogma*
tifer ganj befonberS gegen bie Ätrdfje in i^rer ©tgenfdfjaft als
©elbgeber. SRodfj bie baperifd^e SanbeSorbnung oon 1553 (II 10
Strt. 15) läjjt ben ßirdjen unb ©otteSljaufern „bei SBermeibung
fernerer ©träfe11 nur bie 2Uteroatioe : entroeber 1. Anlegung ber
baren ©eiber „auf gemiffe pfanbmäfcige liegenbe ©tüdfe gegen ge=
nugfame Aufrichtung unb Vertreibung um gebü^rlid^ 3^3 un&
©ülten" (gebü^rlicl) 5°/o); ober 2. Ärebitgemä^rung ofjne Squtoalent :
SBenn „ein SPfarrmann in miffentltd&er augenfdfjeinlid&er SWot, barein
er ungefährlich tommen, eines jiemlicljen Anlegens bebürftig, aisbann
unb in folgern gaöe wollen mir aus ©nabe unb bem armen 9Bann
ju gutem julaffen, bafc einem folgen oon ber Äirdfjenbarfd&aft gegen
gebüljrlid&e SBerftd&erung unb SBerfdjjreibung eine jiemlid&e gürfiredfung
auf eine benannte 3*ü m$ Gelegenheit feiner 9tot unb ber 5tird(je
SBermögen (bod& ol)ne alle SBerjinfung . . .) befdjjeljen möge."
SDie Anlegung ber SJarfcfjaft ber ßird&e auf 3^3 war alfo nur
in §orm beS 5 °/oigen 3inSfauf es mit beftimmter realer SBerftdjjerung
(9iea(rente ober ©pejial^pot^ef) juläffig. SDaS jinSlofe 2)arle£en
mar offiziell jur ausnähme §erabgefunfen. Unentgeltliche Ärebil-
geroäfjrung foÖte, rote aus obigem ijeroorgelft, nur Sßlafc greifen :
a) in offenbaren Notfällen b) ben eigenen Sßfarrangefyörigen gegen?
über c) menn bie SRotlage eine unoerfdjjulbete mar d) in be=
15*
— 228 —
fdEjränfter £öf)e (jiemltdfjeS alliieren, jiemttd&e gürftredfung, nadlj ©e=
legenfjeit be3 ÄirdjjenoermögenS) e) auf beftimmte grift f) aus ©nabe,
b. ty. bic ^farrangeljörigen foDten feinen 5Änfpru<$ barauf Ijaben.
SDafc praltifdf) bie Ärebitgemäljrung gegen 3^3 fettend ber &ir<§e
bie SRegel bilbete, ge§t audf) au$ ben föofratSgutad&ten jur ^Polisci*
orbnung uon 1616 tyeroor. 3m ßmtnmrfe ju biefem ©efeße mar
nämlidfj, wie e3 fc^cint, bie ermähnte ©teile ber SanbeSorbnung uon
1553 (SRotbavIeljen otyne 3in$) beibehalten. 3)er £ofrat aber bemerft
(iu I 9 2lrt. 15): „Ob e$ mol)l für fid& felbft redfjt, unb mit ber
Äirdfjen ©elb nidfjt genmdfjert, aud& bem armen 3Wanne mit ber
ßirdfjen ©ut oorberft geholfen werben fott, fo ift bodfj biefeö Statutum
bis anljero nidfjt gehalten morben, fonbern man letljt baS
Äird&engelb toto die um 3*nfun9 au$", unb pläbtert bann
für ©treid&ung ber SHBortc „bod& ofyne atte SBerjinfung". ©o
gefd&af) e3, unb feit 1616 ejriftiert ba$ unoerjinSlid&e Sterleten im
offijießen 93ermögen3oern>aliung£rec[jt ber ÄirdEje nidf)t meljr.
2)ie Sßolijeiorbnung von 1616 enthält aber nodf) eine anbere
Neuerung. 2)a3 @rforberni£, bafj bie üerjinSlidfje ©elbanlage ber
Ätrdfjen auf ein beftimmte^ ©runbftücf rabijiert fein mufe, ift nämlidf)
fallen gelaufen. 3)er StuSbrucf lautet nunmehr (ju I 9 Slrt. 15):
2)a3 bare ©elb ber ©otteSljäufer foH fünftig nur „auf geroiffe
genugfame SBerfid&erung, Sttufridfjtung unb Sßerf<^rei =
bung" angelegt werben, ©pejialrente ober ©pejiatygpotljef ift
bemnad) nidtjt mefjr erforberlid), fonbern e8 wirb nur ganj allgemein
„genugfame SSerfid&erung" verlangt. 35ie SSerfidfjerung mufe aber
audfj „genrifc" fein, b. f). e§ mufe eine beftimmte Sidfjerfyeit angeboten
unb gegeben roerben. £>ie perfönlidfje Ärebitrofirbigfeit allein genügt
alfo ni<f)t. 3m übrigen bleibt e3 bem ©rmeffen ber ßirdfjenDerroaltung
überlaffen, ju entfdfjeiben, roaS als „getuiffe, genugfame SBerftd&erung"
ju erad&ten fei. $\\ ber $praj:i3 rourbe oerlangt, bafc ber ©dfjulbner
feine ©üter oerfdjrieb unb Sürgen ftellte. (Slä^creS § 20.)
Sie gunftion ber Äirdfjen unb milben ©tiftungen als Hrebit=
geber ber bäuerlichen Seoölferung Ijat jur Sebingung, baf$ bereu
Vermögen orb entließ oerroaltet wirb. Stafe bie ©eiber ber
ßirdfjen unb milben ©tiftungen oor SBerfd&leuberung ju beroatyren,
bafc fie burdfj rentterlidfje Slnlage ju oerme^ren ftnb, bafe bei ifjrer
9lu3leil)ung nidfjt ber @tgennufc ber SBerroalter, bereu ©unft unb
SBtttfür, fonbern ba§ 3(ntereffe ber Äuranben unb allgemeine 3nter=
effen mafcgebenb fein muffen — btefe 2luffaffung fd&eint nic^t ju
aHen 3^iten aU felbftoerftcmbliä) gegolten ju l;aben.
— 229 —
3m ganjen 16. 3af)rf)unbert wirb barüber geflagt, bafc bie
tanbgertdfjtlidf)en Beamten, Jgofmardfjljerren, ^farrfyerren, Mxtym*
pröpfie btc SBarfdfjaften ber ©otteSljäufer „unter fid£) jteljen unb
eigenen ©efallenS bamit tyanbeln" x ; bafe bie Sltrdfjenpröpfte unb
anbere, fo ba3 Äirdfjengelb in SBernxiljrung {jaben, foldfjeS „unter*
einanbet auäleiljen unb ßaufmannfd&aft bamit treiben" 2 ; baß etliche
ber Pfleger* unb 2lmtleute e$ [ben Äirc&enpröpften] „mit ©eroatt
nehmen"8. 35aburdf) mürben ben ©otte£tyäufern md&t nur „bie
gebüfcrenben 9?ufcungen unb ©ülten entzogen", fonbern e3 mußten
aud) bie Kapitalien „oft mit fjarter SUJü^e unb ferneren Unfofien"
nrieber eingebracht, „etma audfj, mo nid&t bie ganje (Summe, bodfj
aufs menigfte ber fyalbe Xeil baljinter gelaffen werben"4.
3)ie Sßolijeiorbnung oon 1616 traf folgenbe Seftimmungen
(1. »udfj 9. SCit. 15. ärtifel): SDer Äirdfjen unb ©otteS&äufer Sar*
gelb fott anberä nid&t, benn auf geroijfe genugfame SSerftdfjerung,
Stufridfjtung unb aSerfdfjreibung um gebü^rlic§ 3^3 un& ©ülten
[f. o.], bod^ in allemeg mit Seroilligung ber Dbrigfeit unb
SJorwiffen be3 Pfarrer« unb ber Äirdfjenpröpfte beä
DrteS angelegt werben. SBeber Pflegern, Jßofmard^erren, 9tidfjtern,
©ertd&tsfd&reibern, Äird&enpröpften, ober wer fonji bie SRed&nung auf*
juneljmen Ijat, nod) Stmtleuten fott fünftig Sinteren ober gürftredfung,
weber auf 3inf nod£) ofyne 3^3, befdfjeljen. 63 mag audj ber lanb*
gericijtltd&en 5tirdfjen Sarfd&aft mol)l in einer &ofmard& unb bagegen
einer ^ofmard^ifd^en Äircfye 33arfdf)aft im ßanbgeridfjt angelegt werben,
vomn nur genugfame 93erft<$erung gefd&iefyt,
2)a3 jur SBorauSfefcung ber 2lu3leil)ung gemalte (SinoerfiänbmS
Don Dbrigfeit, Pfarrer unb Äird&enpröpften fdjeint aber mdfjt immer
oorljanben geroefen ju fein, wie folgenbe Sefd&merbe be3 Prälaten*
ftanbeS auf bem ßanbtage oon 1605 (©. 226) braftifd& jeigt:
„3)a etma ein paar ©eitel im $tä)\ä)Ttixi , f orbern bie Pfleger
fol<$e3 oljne unfer SBorwiffen ab, leiten e£ au3 nadfj i&rem ©unft
unb ©efatlen, bie Ätrdfjenpröpfie bürfen nichts baju fagen . . . (jer*
gegen fmb etlichen Äird&en fogar feine Drnät, SRefegemänber, SUtar*
tüd&er unb bg(v baß e$ über bie maßen fpötttidf) ift, bie ^od&würbigen
1 Sierorbnung o$ne $atum, Äreiöarc^io SNündjen ®en.«9leg. fasc. 533/142.
* ganbedorbnung 1553 II 10 Art. 1.
• »Utertag 1497, Ärenner XIII 16.
4 Serorbnung o^ne Saturn, ferner oom 3. 9lot>em6er 1537 („ofjne einige
»erjinfimg unb »ufcen be3 ©otteötjaufeä"), ferner oom 20. 2Rär§ 1618, fämt(tc$
im Kret*at$i© Künden ®en.-»eg. fasc. 533/142.
— 230 —
Saframenta unb ©eljeimniffe unfereS d&riftlid&en ©laubenS in fo
jerriffenen, gerfaulten unb unfaubcrcn Ornaten ju celebrtren. SBeun
man bergleidjen etwas mad&en miß, finb alSbalb bic @erid(jt3l)erren
barwiber, ober e$ wäre not, man bettelt es oon t^nen unb fiele
itjnen ju $ü§en, alfo gar motten fie audfj bie geiftlid^en ©adfjen
allein meiftern."
Sßer bei biefem ©egenfafc jwifdfjen &üter be$ Äultuä
unb 9Wef)rer be3 ©uteS im SRed&te mar, Iäftt fidjj ferner ent=
fdfjetben, befonberS ba audfj bie Regierung in biefer $rage in iljrem
Urteil fd&wanfte. $n bem SÄejefe mit bem SBiStum 2lug3burg von
1684 werben bie Pfarrer ermahnt, bei 2tu3leif)ung ber Äird&engelber
„gebüfjrenbe Sefdfjeibenljeit" gegen bie fürftlidfjen Beamten ju jeigen
unb „unnötige Steigerungen ober Dppojttionen" ju unterlagen, «3n
einer SBerorbnung oom 5. 9Kärj 1701 bagegen wirb bie SBermutung
auSgefprodfjen : SDte ^Beamten feljen e3 weit lieber, wenn bie erfparten
Äirdfjengelber auf Sntereffe angelegt werben, al$ wenn man um 33er=
befferung ber Sßaramente unb anbere SRotwenbigfeiten bei t&nen an-
flopft. SDenn baoon l)aben fie nidfjts, in jenem %att aber ^aben fie
bie ©dfjulbbriefe aufjuridfjten unb auf fidfj begebenbe 93eränberung£=
fälle abermals bie neuen assecurationes ober obligationes einju=
rieten, 63 wirb alfo l)ier barauf angefpielt, bafc bie Beamten
burd& bie ©iegelgelber ein Qntereffe am 2lu$leil)en ber ßirdfjen*
fapttalien l>aben, unb e$ wirb i^re Vorliebe für oerjinSlid&e anläge
be$ ÄirdfjenoermögenS mit biefem Qntcrcffe in SBerbinbung gebrad&t.
SUlit ben ©tegelgelbern §ängt audfj bie weitere oben ermähnte
SBorfdfjrift jufammen, ba& greijfigigfeit beS Äird&enfapitalS
jwifdjjen ben SanbgeridfjtSbejtrfen unb ben ioofmard&en befielen fall.
33ie Seamten behüteten eiferfüd&ttg bie in iljrem ©ebiete oor^anbenen
Skrfdjjaften ; benn bie „orbentlid&e Dbrigfett", bie jur SßrotofoHierung
beS ©dfjulbbrtefeS juftänbig mar, mar bie Dbrigfeit am 2Bol)nftfee beä
©djulbnerS, unb e$ lag batyer im Sntereffe ber Seamten, bafe bie
ißppotljefenfapitalien in iljrem S3ejirfe blieben.
SDte SSeftrebungen ber Regierung in bejug auf bie btSponiblen
©eiber ber ©otteäljäufer unb frommen Stiftungen gingen alfo ba^in,
bajj biefelben orbentlidfj oerwaltet, fidfjer unb nuj-
bringenb angelegt unb ber bäuerlichen Seoölferung
jur Sefriebigung iljreS ÄrebitbebürfniffeS jur 5Bcr =
fügung geftellt mürben. $)em wirften aber, wie mir gefe&en
$aben, oerfdjjiebene anbermeitige Sntereffen entgegen. Sie
Pfarrer wollten bie Äirdfjengelber meiftenS jur SSerbefferung be$
— 231 —
©otteSbienfteS, bic £ofmard$erren mitunter afe SetrtebSfapital ifjrer
33räul)äufer oertoenben1; bic Beamten betrachteten fte aHjufe^r ate
Seil t&rer Slmtöpfrünbe , bic 3e*pröpfte als 3«ittel, i&re Settern*
fd^aft bei guter Saune ju erhalten2. 2)iefe ©egentenbenjen mußten
natürlidfj auf bie SBermögenSlage ber ©otteSljäufer unb Stiftungen
einen ungünftigen ©influfi atötibm. SBenn aber eine 33erorbnung
vom 2. Sejember 1717 fonfiatiert, bafj ftdjj faft ber me^rfle
Seil ber in Stopexn oorljanbenen ©ottealjäuferoermögen bermaten
in einem fdfjledfjten unb mittcllofen 3ujfambe beftnbe, fo wirb
man bieS für eine Übertreibung galten bürfen. ^ebenfalls bilbeten
bie Äirdfjengelber bie &auptmaffe be$ im Sanbe jerftreut cor*
Ijanbenen Setyfapitate unb bie mistig fte unter ben ßrebitquetten,
aus benen bie bauerlid&e SBeoölferung fd^öpfte. 2)te biefem 33er*
IjältniS ©intrag tuenben ©egenjlrömungen roaren nur Unters
firömungen unb famen als fold&e gegenüber ber allenthalben in
bie ©rfd&einung tretenben £atfadfje nid^t in Setradjt, baf$ ba£ Ärebit=
bebfirfnte ber bäuerlichen SeoöKerung in erfter Sinie burclj bie
Jtirdfjengelber feine S5efriebigung fanb.
VI. $ie 3ȟnbetgetber.
3)er Anteil am ©runbbeftfc ber gamiüe, ju ©elb gemalt,
fonnte leidet ben ©Darafter oon £eil)fapital annehmen / roenn ber fo
Slbgefunbene ba3 ©elb einfhoeilen nid&t brauste. 3He8 mar be=
fonberä bei ben SßupiHen ber %aü, benen man i§r SBermögen bei
83eenbigung ber SBormunbfd&aft möglidfjft unoerfeljrt übergeben wollte.
3)ie beiberfeitä fünbbaren SRentenfäufe — fagt 3Kanj
praeludium p. 31 — eignen fid^ feijr jur Slnlage ber
SRünbelgelber, benn biefe foHen, wenn ber Sßupttt bie SBottjä&rig*
leit erreicht §at unb fein Vermögen felbft oerroalten ober eine Familie
grünben will, leidet realifterbar fein. 35er ©taat, ber ungefähr
gleidfoeitig mit bem Sluffommen ber fünbbaren ©ültfäufe baS SBor*
munbfd&aftSioefen feft in bie $anb genommen Ijatte, fudfjte bie oer*
jin*Ud|)e Anlage ber Sßupittengelber nad& Gräften ju förbern.
1 (Sine SBerorbnung oom 12. Spul 1719 ermahnt bie $ofmar$ric$ter, ba|
lie ft4 nid)t unterftejjen follen, ba3 bare ©elb ber <Bottes§äufet unb milben
©tifhmgen „jur JBeftreitung iljrer eigenen ober beren §errf<$aften 93rau§auS-
unb anberer Stuögoben unter ft<$ au sieben*.
s $erorbnung oom 12. April 1719: $ie @rfa$rung gebe §u erfennen, baj*
nrieberQott Äinfcenpröpfte ben Debitoren oon greunbfc$aft3 wegen mit @in-
forberung ber @runb« unb Jtapita (gälten oielfa$ fonnioieren.
— 232 —
3m bat)erifd&en 2anbted>te oon 1616 Reifet e3 (V 7) : ©ie 93or:
mflnber fotten „btc Sarfdfjaft unb galjrnte nad(j beftem -Wufcen bei
Äinber anlegen, batnit biefelben Ätnber jä^rtid^en 3in3 ober
anberen jiemlidfjen ®eniej$ baoon §aben mögen".
Slber bie gfirforge be$ Staate« für jmedfmä&ige SSermaltung
be$ 9Rfinbefoermögen£ fiiefe, wie fein entfpred&enbeS 3Sorgel)en bei
ben ftirdfjenfapttalien, auf föinb'emiffe.
©ine SJerorbnung vom 27. gebruar 1594 fagt: 33eim tefeten
fianbtag in ßanbafjut [1593] fjaben fttf) bie ©tänbe barüber be-
fd^toert, bafc mit bem SBormunbfdfjaftSgelbe tjin unb mtber aDer^anb
Unorbnung unterlaufe, inbent bie Sanb* unb £ofmar$ri$ter afö
Äuratelbeamte biefe ©eiber
1. um ber ©d&ulbbriefe mitten ben nädfjfien SBermanbten, roemt
fte mdfjt im Sejirle ber SBormunbfdfjaftSbetyörbe wohnen, nid^t leiten
motten ;
2. audj fonft „um ©efdjjenfe, SBerefcrung unb anberen eigen*
nüfcigen ©eniefe mitten ganj uorteitifd^ unb parteiifdf)" Ijanbeln;
3. ^äufig für fidfj felbft entlegnen unb jum eigenen ©ebrauefj
oermenben, moburdfj bie ©eiber ben ^upitten leidet ganj unb gar
oerloren geljen.
S)ann mirb angeorbnet, bafc bie Beamten bei Ausleihung ber
SBormunbfdfjaftSgelber ber Sßupitten 3?u|en ieberjeit betrauten unb
fidj ieber eigennüfeigen £anblung3roeife enthalten fotten. S^ifdljen
ben oerfdfjiebenen Sanbgeri.'d&tSbejirlen f ollen fie
leinen ttnterfdjieb ma^en (ogl. oben ©. 230), unb bie
nädEjften SBermanbten fotten fie cor anberen, fremben 3)arlefyen3fud(jern
bebenfen, jebodE) fo, bafc ben Sßupiffen jebeSmal genugfame 3Jer-
fid&erung unb SBergemiffung gefd&efje1.
35iefe leitete 33eftimmung, ber SBorjug ber n äfften 3? er*
manbten bei 2tu$leil)ung ber Sßupillengelber, wirft be*
frembenb. SBtelteidfjt barf man barin einen Überreft ber oormoligen
©inrtd&tung beS 33ormunbfdfjaft3n)efen£ , einen legten Slu^Iäufer ber
SKuntfdfjaft erbltcfen. 9Bie ber gamilienfornmuntemuS fidf) sunt
©inftanb$red[)t ber nädftften Sßerroanbten oerflüdfjtigte, fo blieb oon
bem unbefdfjränften SSerfügungSredfjt be3 ©ergaben über bie 3MÜien
be3 SDiünbefe ein «orred^t berfelben übrig, bie SBarfdfjaft *>e§ »bete
gegen SReidfjung be£ üblidfjen 3tof*3 unb ©id^er^eitöleifiung unter
1 äßteberfjehmß im ©eneralmanbat von 1598.
— 233 —
2lu8f<#lufi bcr übrigen 33emerber in bie eigene 2Birtfd&aft ju
fteden.
5Ran fiel;t, baß audfj bei ben SWünbelf apitalien , wie bei ben
Kirdfjengelbern , bie 2lu3leiljung nidfjt immer fo erfolgte, mie e3 im
^ntereffe ber 33efifcer unb ber frebitbebürftigen Seoölferung lag,
fonbern baß aud& Ijier frembe ^ntereffen itnterliefen unb auf bie
2lu3leil)ebebingungen Einfluß gewannen. Qmmer^in bemalten ftdfj
bie 2Rfinbelgelber als bie jmeite große ©ruppe oon Sei^-
fapitalien, bie bem bäuerltd&en ©runbbeji|er bei Sebarf ju
billigen 33ebingungen jur SBerfügung ftanb.
3n biefeS Kapitel gehört audj bie Kapitalrentenfteuer.
Über btefeS ^ema ^aben mir, meil auf einem ganj anberen ©ebiete
ber ^trtfdfjaftägefd&id&te liegenb, feine eigenen gorfdfjungen angefieHt,
unb ma3 bie Siteratur bietet, ift bürftig. ©elbft ©djmeljleS Sin*
gaben finb in biefer Sejieljung fummarif<$ unb lüdfenljaft. 3)ennodfj
werben mir un$ in folgenbem nadfj biefem ©d&riftftetfer rieten
(S. 356/57).
2Me Kapitalrentenfteuer mar ein Seftanbteil ber orbentltd&en
© t e u e r , ber „£ a n b ft e u e r" . 3Me ßanbfteuer mürbe oon ben „un*
befreiten", b. §. nidjt jur Sanbfd&aft gehörigen Sßerfonen erhoben unb
mar im allgemeinen SBermögenSfteuer (oben ©. 178), bie ©teuer
auf ausgeliehene Kapitalien (Kapitalrentenfteuer) aber mar
eine @rtrag$fteuer, inbem bie Kapital r e n t e jttr ©teuer tjerangejogen
mürbe. 2)er ©teuerfafc betrug nad& ber ©teuerinfiruftion oon
1612 Ve ber SRente, nadfj fpäteren ©teuermanbaten balb Vs, balb Vio.
äUtdf) bie SBormunbfd&aftSgelber unterlagen ber Kapitalrenten»
fteuer, aber nur, menn fte über 100 fl. betrugen unb jctyrltdf) meljr
ertrugen, aU ber Unterhalt ber Unmünbigen erforberte. Sie Kon*
trolle mar (menigftenä auf bem Rapier) fe^r ftrenge. Sei ieber
Sefifcoeränberung unb ieber ©ant mußten bie ©eridfjte oon 2lmt$
roegen prüfen, ob oon ben ©dfjulben, bie auf bem ©ute lafteten,
aud& immer bie ©teuer entrichtet roorben fei. 2Bar bieS ni<$t ber
galt, fo uerlor ber ^gpot^efargläubiger feine „gaubierenbe 9tedf)t8=
fteUe" unb muebe „inter currentesa gefefct. Srofebem mürbe bie
Kapitalrentenfteuer ^äufig befraubiert, na<| Kreittmapr am meiften
oon allen ©teuern. 3Me &ö§e be$ ©teuerfafceS ift bemnadfj ntd&t fo
tragifdfj ju nehmen. 2Bie oiel bie Äapitalrentenfteuer eintrug,
läßt ftd[j nidfjt feftftellen, meil in ben betreff enben Duellenangaben
fein Unterfdfjieb jroifdfjen ben oerfdfjiebenen 33eftanbteilen ber Sanb«
fleuer gemalt ift (©d&meljle ©. 387). $a$ finanzielle (SrgebuiS litt
— 234 —
aufeer unter ber läufigen S)efraubation {ebenfalls fe^r unter bi
©jremtion ber Sanbftänbe, j. 33. beS fapitalfräfttgen Sßrälatenftcmbe*
Staljer mar bie Regierung beftrebt, btefeS Privilegium ju befeittge
(§ 20), aber o&ne erfolg.
fünftes KapiteL
5>ie tatfä<$fi<$en $itff<t«tt
nadfj ben
§ 15.
^arl*fint#ftrefcti)*
■Hadfjbem wir in ben oor^ergeljenben Kapiteln bie 93c-
btngungen beS KrebitmefenS (SKnerfennung be8 SJarle^en^jinfe^
Orbnuug beS &vpotfyefenmefenS , 33erfd[julbung$fretf)eit, gute Suftij
unb Sßolijei, 33orljanbenfein oon Kapital) bargefiettt Ijaben, wollen
wir un$ in biefetn Kapitel mit ben tatfädfjlidfjen 3uPän^cn
bef Saftigen, bie im 17. Sa^rljunbert in 33ejte&ung ouf ben 33oben=
frebit unb bie 33obeni>erfdfjulbung getyerrfdfjt Ijaben. 2lber ni<$t fo
fc^r baburdjj jeidfjnet ftdfj biefeS Kapitel oor ben übrigen Kapiteln
au3, fonbern burdf) bie (Stgenart beS benüfcten 9RaterialS. SBctyrenb
wir in ben übrigen Kapiteln ba3 2Katerial Ijernefymen, moljer wir
e3 befommen, motten mir biefem Kapitel au3fdfjltef$ltd& 33 rief-
protofolle unb 33erlaf f enf djjaftSinoentare jugrunbe legen.
S)ie SSrtefprotofolle1 finb, mie mir fd&on ©. 92 ermäljut
§aben, amtlidjje Sßrotofotte über bie oon ben Parteien oor ber
Dbrigfeit gefdfjlojfenen ©efdfjäfte, ofpjiette SluSjüge au3 ben oon
tynen errid&teten, oor ber Dbrigfeit gefertigten Urfunben (33riefen).
S)ie SBerlaffenfdjjaftSinoentare finb amtltd&e protofolle über
bie iginterlaffenfdfjaft 33erftorbener. SDie 33riefprotofoffe unb 35er=
laffenfd&aftöinoentare finb alfo amtHdjje geftfteffungen über £at=
1 »gl. SCn^ang V— VII.
— 235 —
fadjen, nämlidjj über bic Grrtdfjtung oon Urfunben, über ben S8cr-
wögenSbefunb bei XobeSfäHen. 3)iefe iljre SBefen^ett oerleilji ben
IBriefprotofollen unb SBerlaffenfdfjaftSmoentaren eine ßuoerläfftgfeit,
bic faft an bie ©laubrofitbigfeit oon Urfunbenmaterial Ijeranreid&t.
HBtr motten biefcS mit Sejteljung auf bie Sriefprotofotte näljer aus*
führen, bie Slnroenbung auf bie Qnoentare burdf) Slnalogie fcmn ber
Sefer felbft oorne^men.
©timmung unb Temperament, fubjefttoeä Urteil, perfönlidfje
IJBeltanfd&auung ufro. , alfo gaftoren, meldte ben Sßert ber meiften
übrigen §iftorifd[jen Duellen, fogar ben Sßert ber fceute bei Ijiftort*
fdfjen gorfd&ungen fo beliebten SBerroaltungSaften für 3u^n^5
fd&ilberungen fo fe^r ^erabbrüdfen , ftnb in ber Siegel oljne ©influfc
<mf ben ftnfyalt ber 33riefprotofotte. SRidfjt bie 9tefle£ton, überhaupt
tttcljt allgemeine ©ejidjjtSpunfte beftimmen ben 3n^alt ber SBrtef*
protofotte, fonbern ber gefdjjäftlicije SBorteil ber Parteien, allenfalls
bie £fi<$tigfeit unb ©enriffenljaftigfeit ber Sßrotofottbeamten. 9tie*
manb roirb, um ein brafttfdfjeS SBeifpiel ju gebrauten, ein oerjin^s
ÜdfjeS ©arleljen aufnehmen, um bie imrtfd&afttd&e Sered&tigung be3
$infe$ ad oculos ju bemonftrieren. Unb roenn audfj bie ^Beamten
il)re Stutorität baju mifebraudfjten, um au£ (Sigennufc ober ©ttelfeit
ben ßrebituerfe&r ber Untertanen über ba£ oom ©efefee gewollte
*Dla% §inau$ ju beeinfluff en , fo mar bodfj für bie ©efialtung ber
Ärebitoer^ältniffe fd&liefclidfj nur ba3 abgefd&loffene ©efdjjäft mafc
gebenb. Senmfcte gälfd&ungen ber Sßrotofotte in bem ©inne, bafe etroaS
anbereS protofolliert rourbe, als im ©riefe ftanb, werben too^}1 faum
Dorgefommen fein, dagegen rnufe ber Sefer jtdfj fietS oor Sfagen
galten, ba& bie sprotofotte roefentlidfj fürjer gefafet ftnb, tote bie 5ßer-
iragSutfunben felbft, bafe bort Seftanbteile ber lefeteren mand&mal
gänjltd) toeggelaffen worben, toeil fie ber SBeamte für nebenfädjlidfj
Ijielt, ober weil jte in ben SBertragSurfunben fo tyäuftg nrieberfeljrten,
ba& fte ftdfj fojufagen oon felbft oerftanben. S)arauf beutet audjj
ber ^ßaffuS l)tn, ben mir am ©dfjluffe mandfjer protofotte finben:
„unb toie bergleidjjen ©d&ulboerfd&reibungen aufgenommen ju werben
pflegen" ober bergleidfjen. 35er $}tamtt beruft .ft<$ in biefer ©eneral*
flaufei auf ben amtlichen ©til, auf ben allgemein befannten üblichen
3n(jalt ber ©d)ulbbriefc.
Sei ber äuSma^l ber $Protofottbüd&er unb $roto!oDeinträge
bin i$ in ber SBeife oerfa^ren, bafc fowol>l bie tppifd&en als au<$
bie inbioibuellen 3^8* in meiner SDarftellung jutage treten. 311$
id> meine &efte anlegte, bemühte ify miä) junädfrft, für feben ©e*
— 230 —
ridfjtSbejir! unb für jcbc Qefd&äftSgattung (Sd&ulbnerfd&reibung ufrc
Ipp cn ju ftnben. 2Bar biefeS gelungen, fo mtereffterte ic§ mi
bei ben fpäteren Grjerpten naturgemäß mef>r für baS äbn>eidjen£>
G&arafterijHfd&e. €0 fomtnt e3, baß in ber nadjjfolgenb«
35arfteIIung (§§15 unb 16) ba3 Sppifd^e tnelleidjjt meljr jurürftril
als ficf) nad^ feiner quantitativen SJebeutung rechtfertigen läßt, un
baß bei ben 2ht$nat>men ba£ umgefefjrte SBer&ältnte obwaltet.
3Me Verteilung ber non mir benüfcten unb in biefer <Sdjrii
ermähnten ^rotofofleinträge nad^ SSertragSgattungen un
©ertdfjtSbejirfen1 ergibt fid^ aus folgenber Tabelle:
e®.
Grbtng
2®.
grieb*
berg
2®.
JUing*
2®.
SBolf-
rat$*
Raufen
mara)«
$art*
§aufen u.
binnen*
©err*
f*aft
Sauen*
Pein4
e
3
Süjulbbriefe
Jtaufoerträge
Übergaben
4
2
9
1
17
3
6
1
9
21
5
3
7
3
11
60
16
26
Summe
6
» 1
20
16
29
»
102
2)ie SJriefprotofolIe ber £errfdjaft galfenftein5 finb im Seftfte
beS Ijiftorifdjen Verein* für Dberbapern (in SRünd&en). S)ie übrigen
VriefprotüfoHe befinben jidf) im ÄreiSard&io SWfindjen.
1 Über 2age unb Umfang berfelben pgl. Spa^i, ©tatiftiföe 2luffa)lüffe über
ba* $erjogtum ©anern, 4 Seile, 1803 ff. (5lm 6 bluffe beS 1. 33anbe3 2anbforte.]
* 2)a$ Sanb- unb ^fleggeriäjt Äling umfaßte beinahe baS ganje bebtet
äroifdjen $f)temfce unb 3nn unb rourbe bei ber SReuorganifation am Anfang be3
19. Sa^r^unberid auf gel oft. (3efct größtenteils 9lmt$geri$t Xroftberg.)
8 3m 23e$trfe beS 2anbgeria)t3 gfriebberg (f. 0.) gelegen.
4 Unb §ofmard) Srannenburg mit §oMaufen. Sag am 3nn, an ber
tirottfa^en ®ren$e unb gehört jefct 511m ©ejtrfe be3 8lmt$geriü)te$ SRofenJeim.
3m ©eftfce ber gamilie §unbt, ging baö öeftfetum 3toiftt)en 1642 unb 1649 an
i&anö (S^riftopr) von SRuepp, ehemaligen ®eneralhieg§fommiffär bei ber SCrmee
be* trafen £iUn, au$ Söhnten gebürtig, über, blieb bi$ 1768 bei ber gamifie
SRuepp unb rourbe in biefem Safce um 80000 fl. an ®raf SRar, V. oon ^regftng
»erlauft. 2luf ber 4>errfa)aft lafteten bamalS 73084 ff. ©Bulben. (Sadjauer
im Dberbaarifd&en SCrd&io 2. Sb. [1840] ©. 387 ff.) galfenftein fjaite übrigen»
nur ben Site! „öerrföaft", in ©irfücljfeit mar ba$ ®ebiet Jpofmara).
6 SrtefprotofoHe ber freiljerrlid) Äueppfa^en fcerrfdjaft galfenftein, SHübing
unb anberer einfältiger ®üter 1655 mit 1666. — SriefprotofoH ber fcerrfajaft
gatfenftein unb SRUbing de annis 1678—1689.
— 237 —
I. ©ntfte^ungSurfadje be8 ©<$ulboerf)ältniffe3.
(2tnla& jur ©djulbaufnalj'me.)
SBon bcn 60 ©djulbbrtefprotofotten laffen 25 erf ernten, ba§
«3 fid& um bie 2lufnaf)me eme£ Darlehens fymbelt; bie betreffenben
tßrotofoHe gebrauten bie SlitSbrücfe „bar t>orgelte^}ene3 ©elb", „bar
oorgeftrecfteS ©elb" ufro. 12 ©djulbbriefe Ijaben bie Anerkennung
ober 'Jteuorbnung einer ©djulb jum ©egenftanb, 4 ©djulbbriefe
bie Übernahme einer ©djulb burdj ben SRadjfolger im Sefifce be$
belafteten ©runbftücfe. Die übrigen 19 ©djulbbriefprotofolle fpredjen
nur Don ©djulbbef enntniS , ©d&ulboerfd&reibung , ©rrtdjtung eines
©djulbbriefe^ ufn>.
2Ba$ bie 25 2)arlefjen3fd)ulben betrifft, fo geben nur
14 SßrotofoHe ben Slnlafc jur ©djulbaufnaf)me an. SBon biefen be=
gnägen ftd) 9, bie „&au3notburft" be$ ©djulbnerS afe ben
2lnla& ju bejeid&nen; in 4 gäHen oon biefen 9 roirb bie fiauSnot*
burft afe befonberS bringlidj Ijingeftettt — jur „Ijoljen", „fonber*
baren", „unentbehrlichen" , „unumgänglichen" &au3notburft , gerabe
afe roenn bie Darlehensaufnahme einer befonberen ©ntfdjulbigung,
einer etljifdjen 2Wottt>ierung bebürfte. Unter ber ipauSnotburft ftnb
nid&t nur bie unmittelbaren Sebürfniffe, ber Sebarf ber jQauS*
Haltung im heutigen ©inne ju nerfte^en, fonbern audfj ber Sebarf
an Kapital jur Sßrobuftion; benn bie Sanbroirtfd&aft tft im bäuer*
lidjen Seben nodj (tbemnegenb ein £eil ber &au3tmrtfdjaft.
5 SßrotofoHe geljen näljer auf ben 3wecf *>er Darlehens*
aufnahmt ein:
1] a) SRinnent^al 22. 9Rai 1646: 21. 91. oon &. befennt, bafc il>m
ba$ grfiljme&benefijium mm 2lltomünfter auf fein biefem SBeneftjtum
ju Dbereigentum gel)3rige$ ©ut, jur „SW euer bauung be8 =
felben, weil com fd&roebtfdjen geinb $au$ unb ©tabel
abgebrannt roorben", 30 ff. bar oorgelie^en f)abz.
2] b) DeSgl. 9. »pril 1685 : £&. 3H., ©dju&madjer ju SR. unb
fein Sßeib geben bem ©t. Urfula*@otte8§auS ju &art$aufen einen
©djulbbrief über 30 fl., roeldbe i^nen jur SBieberauSbauung
tl)TeS unlängft burdjj eine unoerfeljenS entftanbene
§euer$brunft abgebrannten ©ölbenljaufeS üorgelie^en
roorben ftnb.
3] c) griebberg 8. 3uni 1690: $. Ä. ju D. unb 2R., feine
%xau, geben einer SSormunbfd&aft einen ©d^ulbbrief auf 30 fl.,
— 238 —
roeldje tljnen jurSBieberaufbauung tljreS „abgebrunnenen"
fcaufeS bar oorgeliefcen worben fmb.
41 d) SHmrnentftal 16. äpril 1652: 3. $., fcofmard&untertart
ju fr, befennt, bog er feinem &ofmardjl)erm ju tun fd&ulbig ge~
worben ift 30 fl., weld&e ber §ofmardf>l)err t&m jur ©rfaufung
oon ©amgetreibe bar oorgeliefjen.
5] e) SDeSgl. 13. 3uli 1687 : @. @v Sauer ju fr unb fein @f>e*
toeib geben bem St. Urfulas®otte3l)au3 allba einen ©dfjulbbrief^
tautenb auf 70 fl., worunter 20 fL oon feinem SBater ^errü^reit
unb 50 fl. i^m jur Sejaljlung feiner SReuftift oorgelteljen:
toorben jtnb. —
2Bie bereite erwähnt, l)aben 4 ©d&ulbbriefe eine ©dfjulbüber«
naljme, 12 ©d&ulbbriefe ein ©d&ulbanerfenntniS jum ©egenftanb.
Über 2lrt (Übernahme burdj Käufer ober ©rben?) unb @ntfte!)ung3-
grunb ber übernommenen ©Bulben lajfen fid^ feine näheren
geftftettungen madfjen, ba bie Sßrotofoffe über biefe fünfte fdfjweigen.
SBon ben 12 ©djulbanerfenntntffen betreffen 4 au£
©rbregulierungen !)eroorgegangene SBerpftid&tungen, fte regeln nämlicfc
bie 2luSja^lung oon ©Itemgütern burdj ben anberen ©Iternteil ober
burdj bie ©efd^toifter. SDa wir im nädfjfien Paragraphen 00m @rb*
regulterungSfrebit auSfüljrlidfj Rubeln, fo fönnen fie Ijier übergangen
werben. 1 ©dfmlbbefcnntnis , betitelt ,,©c&ulbfriftenbrief', fefct für
eine aus oerfdfjiebenen 2)arleljen aufgelaufene ©dfjulbfumme grifien
feft unb roirb weiter unten befd&rteben werben. 6in anbereS ©djjulb*
befenntniS regelt ben 9tegre&anfprud& eines SDiünbelS gegen feinen
SBormunb. 3 ©d^ulbbefenntniffe finb aus SRüdfftanbeh an grunb*
^errlid^en abgaben tyeroorgegangen, unb 3 Sßrotofolle Ijaben bie %tft*
ftellung einer ©etreibefauffdfjulb jum ©egenftanb. -Kur biefe 6 lefcts
genanten ©dfjulbbriefe wollen wir uns ^ter näljer anfeljen:
6] a) SRinnent^al, 16. SRoo. 1650: ©. §., 9Knnent()alfd&er $of*
mardfjuntertan ju fr, befennt unb oerfdjjreibt bem ©t. 3o^anneS-
©otteS^auS ju $aar 48 fl., bie er oon feinem bermalen üme*
Ijabenben ©ütet, als weites mit bem redfjten (Eigentum ermelbten
©otteS^auS, mit ber 3!uri3biftion aber einer jeben $jofmardj$errfdfjaft
ju 9?tnnentl)al gehörig, an igerr'enforberungen nadfj unb naefj
fdjjulbig geworben.
7] b) SDeSgl. 27. 3Kai 1653: 3K. $., £ofmard&wirt ju SR. unb
feine ©Ijewirtin befennen, tljrem iQofmardjf)errn wegen etlidfje
Sa^re ^er im SuSftanb begriffenen Sin*5/ ©tift*,
— 239 —
SDienfb, SEafern* unb ©etreibegelbeä 92 fl. 52 Ir. f<$ulbig
ju fein.
8] c) SeftgL 11. äprtl 1674: G$r. ©t. »u SR. unb fein Sßeib
geben bem grauenf (öfter 2lliomünfter al3tyrer@runbljerrfd)aft
einen ©d&ulbbrief, lautenb auf 45 fl.
9] d) Äling, 18. 3uni 1682 *: $. benennt, bafc er feiner lieben
fiauStmrtin 9Karia um 14 2Wefcen oerfauften © am l) ab er
13 fl. 40 fr. ju tun fdjulbig geworben ift2, foldje oerfpridfjt er iljr
auf fommenben SRartini getreulich roieberum ^eimjuja^len.
10] e) 2)e3glv „©amljaberüerltbung" fiberfdjrieben, oom 11. 2fyrit
1682. &)t. «pe. oon %. befennt, bafc er bem 21. Sßa. oon %. für
abgegebenen ©am^aber 28 fl. ju tun fdjulbig geworben, bie
uerfpridjt er i^m auf fünftigeS feuriges getreultdj nrieberum jjeim*
juja&len.
111 f) SDe^gl. „©anüjaberoerlibung" oom 1. SKpril 1682. 3K. oon D.
befennt, bafc tljm von D., 33ürger unb Sßeijenbierfdjenf ju ©. jur
SBefamung ber feurigen ©ommerfelber 12 9Ke$en. &aber
unb jur ©peife 4 SKefcen Äorn oorgeftredt roorben, bie oerfprtdjt er
t&m fönftigen iQerbjl bem jefeigen SEBcrt nadj, nämlidj ben SKefeen
i&aber ju 40 fr., ben -JWefeen Äom ju 45 fr., jufammen 11 fl.,
Ijeimjujaljlen.
S)er SBoHfianbigfeit falber fei ^ier nodj erwähnt, bafc im
©djulbbrief 3Zr. 4 ber ©d&ulbner beiläufig oerfpridfjt, (neben ben 2)ar*
let)en$frtfien) audfj bie fdjulbigen ©utsfriften8 unb bie aus*
fieljenben ©tift*, ©ült* unb ©djarroerfSgelber ab*
juffiljren.
Slber nidjt nur bie ©djulbbriefprotof olle , fonbem audj bie
mannen anberen SriefprotofoHen, }. 33. Äaufprotofolten ober Übergabe
protofotten mitunter beigegebenen ©djulboerjeidjmffe fönnen in biefem
Paragraphen als Material benüfct werben. 3)er @ntfie^}ung$grunb
ber einzelnen ©<$ulbpofien lägt fid& au£ iljnen freiließ feiten erfennen.
Sine SfoSnaljme madjt baS im Slnljang IX abgebruefte au8 Sfalafj
einer obrigfeitlid&en 3roang$oeräuf3erung aufgehellte ©djulben*
oerjctd>ni$ au* fiartfjaufen Dorn 1. gebruar 1652.
S>iefed ©<$ulbenoerjei<$ni$ enthalt 17 ©djulbpoften, unb bei
14 ©djulbpoften ift ber ©<$ulbgrunb angegeben. 3n fünf gällen
1 3m VrotofoU irrtümlich 1683.
8 Srage: SBte fommt ber bemann baju, fetner grau betreibe abzulaufen?
* 2)er @$u(bner $atte bie ©nmbgeredjttgfett (3. 8. eine (eingefallene (Srb-
ßere^tigfeit) offenbar oom ©runb^errn btreft erworben.
— 240 —
fymbelt e$ jidfj um ein ©elbbarle^en („geliehene* ©elb"); ber 2hilat3
jur 3)arlel)en8aufna&me ift nidfjt erroä&nt, nur bei einem Soften
Reifet e$ „in ber Ijödfjfien 9?ot geliehen". 3>a& ber ©djjulbner übel
baran mar, bemeifen audjj bie oier SBorfd&fiffe an ©etreibe (,,©peife=
getreibe"), foroie bie brei fdfjulbig gebliebenen Sibloljnbeträge. SMe
©eridtjtsfoften ftnb fe^r Ijodij, jie belaufen fidfj auf 12—15 ©utbeu;
bagegen ift bie ©runbtyerrfdfjaft gut meggefommen, benn iljr bei ber
oerjtoeifelten Sage be£ ©dfjulbnerS offenbar oorljanben gemefeneä
©utljaben ift bis auf einen Slanfoeintrag aufammengefd&molsen.
2lm meiften treten in bem vorgeführten Stotfad&enmaterial bie
au3 bem ©runbbarfeitSoerljältniS ftd& ergebenben SBer-
pfltd&tungen unb ber Sebarf an ©etreibe als unmittelbare Ur=
fadjje ber SBerfdfjulbung tyeroor. 3)er Sauer bleibt bie ©ülten unb
bie $anblöi)ne fdjjulbig, ober er nimmt ein Starteten auf, um fie
entrichten ju fönnen. ©r lagt ftdfj ©etreibe jur SBefamung unb jur
©peife leiten — geroöj)nUd& ju einem beftimmten ätofdjjlag in ©elb — ,
ober er lauft e£ unb bleibt ben Kaufpreis fdjulbig, ober er nimmt
ein 35arle^en auf, um ©etreibe faufen ju fönnen. Städ&jibem
faden bie Äapitalaufnaljmen jur 2Biebererrt<$ tung oon ab-
gebrannten ©ebäulidjjfetten in$ SKuge. Sie Elementar-
ereigniffe unb fonftigen UnglücfSfäffe fpielen alfo eine grofce Sftotte.
IL ©laubiger, Ärebitgeber, £öl)e ber ©d&ulbbeträge.
3n 19 oon ben 60 ©dfjulbbriefen erfdfjeinen ©otteSljaufer unb
anbere pia corpora afe ©laubiger, in 19 ©dfjulbbriefen SBormunb*
fdfjaften, in 5 bie ©runbljerrfdfjaften unb in 17 ©d&ulbbriefen
Sßrioatleute. 2Bir motten nur bie Ärebitgeber bei SDarleljen, alfo
bie Darlehensgeber, netyer ins 3luge f äff en; $u liefern 3wecf e
muffen mir junädftft feftjuftellen fud&en, roie utele oon ben 60 Sßro*
tofoHen auf ©arleljenSfrebtt jurüdfjufü^ren finb. ©leidfj bei 33eginn
biefeS Paragraphen Ijaben mir fonftatiert, bafc in 25 gfiflen bie Sauf*
nannte eines SDarlefjenS protofoBiert erfd&eint. ^a^n fommt ber
ebenfalls bereits ermähnte ©d^ulbfriftenbrief. Slufcerbem fönnen mir
oon ben ©dfjulbbefenntniffen gaU 9, 10 unb 11 gut $um 3)arlefjenS=
frebit rennen. Sfteljmen mir nun an, bafc bie 4 übernommenen
©dfjulben ßuf bem SBege beS Darlehens entftanben finb, unb bajj
audjj bie 19 33riefprotof olle , bie oon ber ©ntfteljung beS ©$ulb=
oerf)ältmffeS fdfjroeigen, auf 2)arle^}enSfrebit berufen, fo §aben mir
25 + 1 -h 3 -f- 4 + 19 = 52 gätte. SBir finben nun : Sei 16 SDar*
— 241 —
le^en ftnb ©otteSfjäufer bic Ärebitgeber, bei 2 eine SBruberfdfjaft, bei
1 eine 2llmofenfttftung, bei 16 Sterleten eine SBormunbf dfjaf t , bei
2 Sarleljen tjaben bie ©runbljerrfdfjaften frebitiert (3?r. 1 unb 4),
bei 15 Starben ^rbatleute. ©Reibet man bie 15 Sprtoatfapitaliften
nadj intern ©tanb unb Seruf, fo ftnbet man batunter 1 työljeren
^Beamten (furfürftlidfjer Böttner ju $ifdfjbad(j unb §errfdfjaft$üertt>alter
von galfenftein) unb 4 Sürger (SBagner unb Sürger in grieb*
6erg, 33firger unb Äürfdfjner in SlugSburg, Särger unb 33ilbl)auer
tn Augsburg, Sürger unb 33ierfdfjenf in ©.); in ben übrigen gälten
ftnb bie ©laubiger bäuerlichen ©tanbeS: 2 Sriefprotofotte geben
Sauern als bie ©laubiger anf 2 SriefprotofoHe SauerSetyeleute,
1 SriefprotoM einen „9Mer", 1 33riefprotofolI 3Jief$ner3el)eleute,
1 SriefprotofoH eine (ooUJä^rige) ©d&netberä* unb aWefcnerätodfjter ;
3 SSriefprotofotte erwähnen nur ben -Kamen be£ ©elbgeberS, unb bie
■Kamen Hingen bäurifdj.
3n ben aUermeiften gälten Ijat ber Ärebitgeber am SBo^nort
be3 ©djjulbnerS ober roenigftenä im gleiten ©eridfjtsbejir! feinen ©ifc.
fragen mir nad£) ber ißölje ber ©dfjulbbeträge unb nadfj
ifjrer Verteilung auf bie oerfdfjiebenen ©laubiger*
gruppen, fo ergibt fidE) folgenbe
Tabelle
«533«
«.in: »2.
ja
s 'S"
Jg.«»!
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a
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—
—
1
, . 85 .
„ 95- ,,
1
—
—
—
1
. . 95 .
.105 „
4
3
—
3
10
, , 105 fl.
• • •
—
1
1
1
3
Summe |
20 |
16 |
5
« 1
52
5)er niebrigfte »etrag ifi 9 ff., ber pd&fte 152 fl.
Sag bie fojiale ©teQung unb überhaupt bie Eigenart ber Ärebit=
(Sofien, JUerföulbung. 16
— 242 —
geber auf bie §ö(je bcr Sdjulbbeträge einen ©influfc ausgeübt, fani
cixß biefer Tabelle nidfjt gefolgert werben.
Gin elroa^ anbereS öilb oon ber 3ufammenfefeung ber ©laubige*
fdfjaft erhalten wir, wenn wir nidjt bie ©df)ulbbriefprotofoHe, fonben
bie in mannen ber ÜbergabSoerträge (§10) au$ ber £errfd)af
galfenftein enthaltenen1 ©d^ulbenocrjeid^niffc imferer SRe
trad&tung jugrunbe legen, ä£ir laffen im folgenben alle2 ©djufb
poften berfelben mit Slngabe ber uns intereffierenben ©laubiger
eigenfdjaf ten 8 unb be3 gefdfjulbeteu SJetrageS aufmarfdfjieren.
1. Übergabäoertrag Wr. 1 oom 20. 9Wär j 1657.
3 ©otte^äufer ju 100, 70 unb 70 fl.; ber ©runb^etrfdjjafl
fc^ulbig 50 fl.*, „ju ©erid&t auSftänbig" 15 fl.; ©. £u., SBirt ju
%. 76 fl., jwei anbere SBirte je 10 fl.; Jt. 3W. in fr 200 fl. (nebft
10 fl. ©ültrücfftänbe) ; ©. 11. in SD. 135 fl.; weitere «ßrioatfapitalien
ju 100 fl., 44 fl. (nebft 7 fl. ©ültrüdfftänbe), 30 fl., 30 fl., 23 fl.,
23 fl., 5 fl., 1 fl.; ©dfjulben an unbefannte ©laubiger 10 fl.,
weiterer ©ültrücfftanb 5 fl. Summe 1024 fl.
2. ÜbergabSoertrag ÜWr. 20 oom 15. Sßooember 1657.
@otte$l)au3 170 fl.; ©. £u., 2Birt ju g. 24 fl., 3». 3R., ©d&mieb
ju g. 50 fl., SR. 2B. in fr 100 fl. (Summe 344 fl.
3. ÜbergabSoertrag 9tr. 21 oom 17. ^uni 1678.
@otteSl)au$ 28 fl., Ä. &u., SBirt in fr 30 fl.; £. £a., Ärämer
20 fl. ; £errn ßf)r. &upfauf in Sffieprn 50 fl. (nebft 2 fl. 30 fr.
©ültrüdfftanb); D. 6. in X. 31 fl. 30 fr.; ein weitere« 5ßrioat=
fapital ju 4 fl.; „Meinen ©eitern" 6 fl. Summe 172 fl.
4. ÜbergabSoertrag -Jtr. 2 oom 2. Sftooember 16785.
3wei ©otte^äufer 100 fl. (nebft 5 fl. ©ültrücfftanb) unb 108 fl.
(Äapital unb ©ültrücfftanb), eine äSormunbfd&aft 85 fl. ; bem §errn
1 Über bic in beit Snueniaren befiublidjen fielje § 17.
2 9SWit Sluönaljme berjenigen, bie 8 um näa)ften Paragraphen gehören.
8 SBieberfebrenbe tarnen t)abt \ü) burdj bie 2lnfaiigsbua)ftaben erfe^t.
©leiere 9lnfang$budjftaben beuten alfo auf ©leidjfjeit be$ WamenS i)\n.
4 2öa§rfa)etnli($ Seibgebinggelb für ben Übergang be£ £eibrea)te$ auf beu
Übernehmet ; nxnigftenö fjeijjt eö im Übergabsbriefe, bafe ba$ Seibgebinggelb für
bas [oon ber ®runb§errfa)aft] „erfaufte" Seibgebing in ber ÜbergabSfuimne
eingefcbloffen fei.
6 $eaa)ten3roert erfd&eint, bajj; biefeS ®ut ibentifa) ift mit bem ©ute ftr. 1
(ber Über geber bei 9tr. 4 ibentifdj mit bem Übernehme r bei 9lr. 1). SBei SJer*
gleidjung ber @dfjuftu)ö(je ergibt fidj.eine geringfügige SNinberung nadj Serlauf
von 20 Sauren; bei $erg(ei$ung ber ©a)ulb poften ergibt fta) eine aiem(ia)e
Variabilität naa) Beträgen unb Gläubigern.
— 243 —
Verwalter an Steuern unb Anlagen 3 fL, bem £erm Pfarrer 5 p.,
bem ©dfjulmeifter 7 p. ; £errn gerb, iQunbt ju 33rannenburg 5 p. ;
bem SBirt Ä. fiu. in g. 10 fL ; bem ©djmieb 9». 3tt. in $. (Kapital
unb ©ültrücfftanb) 101 p. 46 fr.; einem SWitöer 21 p., einem SDiefcger
8 p., einem 2Beber 10 fL; ber Ä. U. ju 3). Äapttal unb ©ülträd*
ftänbe 126 fL , ©. 3t. 50 fL, ß. $5. |u fi. 10 fL, 8L £. ju SB.
5 fL, fr ©. 1 ff. 12 fr.; weitere gSrumtfapitalien ju 110 p. (Kapital
unb (Suiten) , 50, 32, 15, 5, 5 unb 2 fL ©umme 879 fL 58 fr.
5. Übergab3oertrag 9?r. 23 oom * 1684
(fol. 77).
3tr>ei ©otte$l)äufer ju je 100 fL (nebft ©ültrücfftanb ju je
5 p.); £erm fior. ©djöttl in Dberauborf 5 fL; Ä. &u., 2Birt ju
%. 22 p.; £. £a., Ärämer ju g. 28 p.; einem ©djneiber 4 p.;
beSgL, bei 2R. in ber &erberg 18 p.; einem fiafner 12 p.; einem
„SCagroerfer" 10 Pv einem „2)ienftfne<$t" 20 p.; 21. ß. in SB. 8 p.;
3). in $. 5 P. 24 fr. ©onftige ^rioatfapitalien 22 p. 30 frv
20 p., 16 p., 10 p., 10 p., 3 p. 45 fr.; an bie ©runb&errfd&aft
alter 3lu$ftanb 40 p. ©umme 464 p. 39 fr.
6. ÜbergabSoertrag Sir. 22 oom 14. SRärj 1685.
©otteS&auS 130 p., ©ültrücfpänbe 6 p. 30 fr.; „ber gnäbigen
äerrföaft ju galfenftein" 4 p. 46 fr. ; R. £u. , SBirt in %. 2 p. ;
©. U., SBirt in 33. 17 p. ; einem &afner 17 p., einem SWe&ger 1 Pv einem
„ßeberer" in 95. 2 p. 8 fr.; fcerrn fior. ©d&öttl in Dberauborf
216 p.; 3). in ». 17 p.; 31. &ö. in &. 4 p.; weitere gkioatfapitalien
ju 17, 15 (lebig), 15 (SBitroe), 8, 3, 1, 1, 1, 1 fL ©umme 479 P.
24 fr.
7. ÜbergabSoertrag 3lx. 18 oom 6. Sßooember 1685.
©otteS&au* 50 p.; @.U., SBirt in 39. 30 p., einem SBeber
15 p.; ber ©runbljerrfdfjaft „um bad erfaufte Seibgebing" 30 p.
©umme 125 p.
8. ÜbergabSoertrag 9ir. 25 oom 2. ©eptember 1688.
einem ©otteS&au* 110 fL; einem SBirt in 3tofenf)eim 30 Pv
einem anbern 12 p., einem Ärämer 11 p. 10 fr., einem 3intmer*
mann 7 Pv einem ©d&mteb 1 p. 20 fr., einem SBagner 1 Pv einem
SMcfer 3 p. ; „ber alten Äupferfdjjmiebm unb tyrer Softer jeber
30 fl.M, „33äuerin" ju SB. 9 p.; &errn ©cfcöttl }u äuborf 3 p.;
2i. in % 30 Pv 3R. ». in % 5 p., 9W. in U. 3 p. 30 fr., 2. in
1 ftatum nidjt angegeben. 3«>if<$en bem 20. SRärj unb bem 15. 8prM
aufgenommen.
16*
— 244 —
$. 2 ff. 30 fr., D. in 3. 2 ff.; 3«. S., Icbiß (meiblid&e ^erfon
11 ff., 9K. 2B., SBittib 8 ff., fonftige «prioatgläubiger ju 25, 15,
14, 10, 8, 8, 5 ff., 4 ff. 20 fr., 3 ff., 2 ff. 30 fr., 1 ff. 30 fr.,
1 ff. 20 fr. Summe 407 ff. 10 fr.
3m allgemeinen gewähren uns bic ©d&ulbenperjeid&niffe folgenbeS
djarafteriftifdfje Silb: 2ln ber ©pifee fielen mit größeren Seträflen
ein ober jtoei ©otteSljäufer, bann fommen Sßrioatleute mit größeren,
Heineren unb fletnften Seträgen; ba unb bort jeigt ftd), baß maxi
auä) ber ©runbljerrfdSjaft nod& etmaS fdjjulbig geblieben iff ober nod>
©teuem &u flauten §at. 2)en ©d&luß machen (Slterngüter, Übergabe
fdfjtHingSrefte unb bergl.
SßaS nun ©tanb unb Seruf ber Sßrtoatleute betrifft, bic in
ben ©d&ulbenoerjeid&niffen als ©laubiger auftreten, fo finben tviv
nur brei „Ferren", nämlidfj ©d&öttl, fcunbt unb fiupfauf (mit
gorberungen oon 5 bis 216 ff.) ; bie übrigen finb, toie fidfj aus ben
(oon uns gefügten) Sperfonen* unb DrtSbejeidjnungen ergibt, Äanb=
betootyner nieberen ©tanbeS, barunter triele ©etoerbetreibenbe. Sttuf*
fallenb ift baS häufige SBorfommen gleidfjer Tanten, aus toeld&ent
Umffanb ftd& ergeben bürfte, baß eS unter ber 35orfbeoölferung &mte
unb gamüten gab, meldte oielfadjj als ©elbgeber bienten unb baljer
bei ©elbbebarf befonberS in Setradfjt gejogen mürben.
Sludj nad& ben ©d&ulboerjetd&rtiffen pflegte fidf) ber Sauer alfo
junädjjft an ein ©otteS&auS ober an eine Sormunbfdfjaft
feiner föeimat ober ber näheren Umgebung ju toenben, menn er für
«inen außerorbentlidfjen 3roecf, $. S. jur Sejaljlung oon ©rbabfinbungS*
gelbern ober nadfj einer geuerSbrunft, eine größere ©elbfumme brauchte.
Slieb ber geroünfd&te ©rfolg aus, ettoa weil feine ©eiber biSponibel
toaren, ober weil baS SEmuefen mit Äird&en* unb SRünbelgelbern
fdjjon ju feljr belaftet mar, fo baß bie ©td&er^eit nidfjt meljr groß
genug ju fein fdjjien, fo ging ber Ärebitbebürftige bemittelte Seute,
bu i$n fannten, um ein ©arletjen an. ©leidfjeS tat er, roerin eS ftdj
Don oomljerein nur um einen oorüberge^enben ober um einen Heineren
©elbbebarf Ijanbelte, fo baß eS ffd^ nidfjt lohnte, ben fdfjtoerfättigen
Apparat ber aufnähme eines Äirdjem ober 2JlünbelgelbeS in 33e*
megung ju fefcen. S^^pfennige alter im austrage lebenber
Säuern, ausbezahlte unb ber SBermenbung Ijatrenbe .(Slterngüter
(31 b f i n b u n g S g e 1 b e r) , bie müßig liegenbe Sarf d&aft ber größeren
©orfgeroerbetretbenben unb beS SorffrämerS — baS
maren bie Hilfsmittel beS frebitfudEjenben Sauern, roemt bie ©otte$=
Käufer oerfagten. 2Benn aber ber Ärebit einmal angefpannt war,
— 245 —
f o traten ju ben 3)arleljen3f Bulben leidet fd^ulbig gebliebene £ ö i) n e
ber ©emerbetreibenben, Xaglö^ner, ©tenftboten, fowie ©dfjulbfummen
Ijinju, für bie ber Seidjtftnnige oom Ärämer wegen getaufter ©cime=
reien, ©ifenwaren, wegen gelieferten ©aljeS, beim SBirt wegen £aufc,
ioodfoeits*, Seid&enfdfjmäufe ufw. angefreibet worben war. 2Kan
toürbe fe^lgetyen, wenn man alle Soften ber ©djulbem>erjeid)niffe gar
%u feierlidfj int ©inne eines geregelten ÄrebitoerfeljrS nehmen würbe.
SBielmetyr finb bie Heineren ©dfjutben tum wenigen ©ulben wotyl nur
ouf frebitierte Söljne unb Sieferungen ber eben erwähnten 2lrt ober
ouf gelegentlich e 2tu3tyitfe im galle bringenber -Kot
jurücfjufü^ren. SEBenn ein Sauer ein paar ©ulben rafdj brauste,
fo lief er tbm ju einem beffer fituierten -Jtadjbam, unb baS 2)ar*
lefjen würbe unter Umftanben oljne 3*nfcn/ °§nt SDedfung unb o^ne
5Berbriefung bewilligt unb gegeben.
III. SBerjtnfung.
SSon ben 60 ©d&ulbbriefprotofollen geben 50 bie ©djjulb als
Deräin3li<$ , 1 afe teils üerjinSlidfj teils unoer jinSlidjj , 3 als unoer*
jinSltdfj ju ernennen, wäljrenb 6 über bie SerjinfungSfrage fdfjweigen.
SBon ben 3 unperjinSltd&en ©dfjulboerfdSJreibungen rüljren
2 oon ©rbregulierungen ^er unt> intereffieren uns ba^er in biefem
ijufammenljange nid&t. SDie britte ift oon
12] Hinncntyal, 11. Stuguft 1651. 3R. 5ßv ber fcofmardfj binnen*
fyal Untertan, befennt, bafc er jum ©otteS^auS nadf) SB. um vor*
geliehenes ©etb 15 fl. of)ne 3tn$ ju jaulen fdjjulbig.
Sei 1 ©djjulbbriefprotofoH fott bie ©djjulb im erflen Qa^re
unoerjmSlicIj fein, bann aber oerjinfi werben1:
13] griebberg, 3. gebruar 1666. <q. ©v ©artner oon Sedfjl)aufen,
befennt, ba& iljm oon ber 3. ißaunftetterfd&en ätmofenftiftung
in äugSburg ju feiner Abgelegenen Ijo^en -Jtotburft bereits am
8. 3uni 1665 an barem ©elb 100 fl. oorgefireeft worben, bie oer=
fprid&t er oon jefct an inner Qa^re^frifl wieber ju bejahen ober
auf längeres Qn^aben lanbeSgebräudfjlidfj ju uerjinfen.
Son ben ©d&ulbbriefprotofollen, bie oon ber SerjinfungSfrage
überhaupt nid&tS erwähnen, ftnb 5 mit ben gäHen 31. 2, 7, 9,
10 unb 11 ibentifdjj; baS fed&fte §at folgenben Qntyalt:
14] SHimcntyal, 19. 2lugufi 1649. 2». $., SBirt ju binnen*
3Bir jäljlen biefe ©<$ulb $erna($ 8« ben BerjinSUd&en.
— 246 —
t&al1 unb feine ß&efrau 33. perfdjreiben bem g. SS., Sürger unb
SSilb^auer in 2lug3burg, 30 fl. il)m (b. Ij. bem SBirt) ju feinet
fonberbaren SWotburft bar porgeliefjeneS ©elb; bie oerfpredben ffe
Seeleute bem &errn 2B. auf näd&ftfommenben SRartini ofjne
Ginfüljrung pon Unfoften ju bejahen, ©enerafc unb ©pejtal=
Ijgpotljef. —
2Benn mir nun biefe §äHe einge^enb betradjten, fo bärfte fein
3roetfel fein, bafe 9ir. 9, 10 unb 11 Seifpiele unentgeltlicher firebtt=
getoäljrung bilben. Sie tragen alle SMerfmale einer freunbfdjaftlidjen
SluSljilfe wegen porüberge!)enber 3lot 25a3felbe bfirfte pon 9t. 14
gelten, worauf befonberS bie SBenbung „of)ne ©infü&rung einiger
Unfoften" Ijintoeifen bürfte, ba biefe* SBort Ijier roof)l fo piel wie
damnum (ftntereffe) bebeutet. 2lud) bei 31. 7 bürfte 3w3loftgfeit
vorliegen, ba bie ©djulboerfd&reibung lebiglidj ba3 ©rgebnte einer
Sbredjnung über 2lbgabenrüdftänbe ufro. barfteHt. dagegen möchten
toir uns bei 31. 2 für 3^barfeit auäfpredjen, ba !)ier jeber fadE)*
lidje ©runb für 2lnnaf)me be3 ©egenteils feljlt.
3inbem mir nadj biefem ©rgebniffe jene 6 jmeifeKjaften gaffe
auf bie beiben ©ruppen ber oerjinSlid&en unb unperjtnälidjen ©d&ulb*
perfdjreibungen perteilen, fo befommen mir im gangen 52 perjinS*
lidje Sdjulbperfdjreibungen unb 8 unperjin3lidje.
$er 3to3 ift bei 50 ©d&ulbperfd&reibungen ein ©elbjmS, bei
2 ©d&ulbperfcfyieibungen ein -KaturaljinS. 35er eine §aH pon
■Katuraloerjinfung ift ibentifd^ mit ber 2intidjrefe dl. 17. 555er anbere
§all tft pon
15] iMinnentfjal/ 28. Februar 1650. ©. $., Sauer ju fi. unb
Gfjr. feine (Sfjenrirtin befenuen, bem ©. £., SBkgner unb 33ürger ju
grieoberg, um ba3 tfjnen nad) unb nadj porgeftrecfte ©elb 30 fl.
fd&ulbig ju fein, für ba3 jätyrlidje ^ntereffe perfpridjt il;m $ß. alle
^ci^re einen SDtefcen Üein unb folgen alle 3at;re anjufäen, bamtt ift
©. £. roof)l jufrieben.
9?ur in 3 gätten ift ber ©elbjinä inbioibuell feftflef^
nämlidE): bei 30 fl. Kapital 1 fl. 30 fr. 3in3 (ibentifdj mit 31. 1),
mieberum bei 30 fl. Kapital 1 fl. 30 fr. 3tn3 , bei 40 fl. Kapital
2 fl. Qini; alfo ünmer 5°/o. Qn ben beiben (erstgenannten pUen
ift Ijinjugefügt, bafc ber Qiitö ber lanbSgebräudjige ift.
2ßa3 bie übrigen 47 Sdjjulbbtiefe betrifft, fo ift in 10 %&ttm
bie iQölje beä 3ix\\zä babur$ beftimmt, bajg ber £anbe$gebraud) an*
1 3bentifd& mit bem SR. $. oon >Jlv. 7.
— 247 —
gerufen toirb ; 10 ^rotofoffe beseidjnen bie &öf;)e be3 3^nfe^ ^ex
«Sinäfufjeä roeber bireft nodf) mbireft, tun aber fo, al£ wenn ber
3ittSfujg Don felbft feftftünbe. ©ie gebrauchen nämlidf) bie 2lu3brücfe:
3)er ©djulbner oerfpridfjt, bie Sdfjulbfumme „neben ben oerfaffenben
3infungen", „famt ber jäfjrlidfjen ©ült", „famt ber bürgerten ©ült",
„famt bem ^ntereffe" ju jaulen; ober: er perfprid^t , bie ©djulb-
funtme „treulich ju oergülten" ; ober einfadfj : er gibt eine S3ricfgütt
um . . . ©ulben Kapital.
Qn 25 gaffen ift bie SBerjinSlidfjfett nur burdfj geftfefeung be3
SCerminä für bie Erlegung be3 äinfeS1 (©ültjeit, ©ültroeil, 3in3*
jeit) jum 2lu§brucf gebraut; in 1 gaffe (@rbregulierung$fd)ulb)
erfe^en mir ben 3w8fuf$ barauS, bafe ber 3w3rüdEftanb angegeben
ift ; unb in 1 gaffe nehmen wir, wie oben au3gefüljrt, SBerjin^lid^feit
an, obwohl fie überhaupt nidjjt jum 2lu3brucf gdradjt ift =
47 gaffe.
3fn allen jenen 36 gaffen, in benen jroar eine jinSbare Sdjulb
oorliegt, ber 3^fu6 a&er au^ ^em ^Prototoff nidfjt erfejjen werben
fann, muffen wir ben lanbe3üblid>en 3^n^ üon 5°/° *m 3a^r
aU gegeben annehmen. SDic ^rotofoffe brüdfen fid^ nämlid) nur
ftirj aus, weil ftdjj bei uerbrieften oerjinSlidfjen ©elbfdjjulben biefer
3in3fuf$ oon felbft oerftanb.
SBenn mir ben ©arleljenäfrebit (ogt. ©. 240) befonberS
in3 3luge faffen, fo muffen wir unterf Reiben : 49 ©elbbarletyen unb
3 in ©elb gefdftffete unb in ©elb rüdf jaf)lbare ©etreibebarletjen. ©ie
lefeteren (31. 9 — 11) finb unoerjütStid) , bie erfteren jerf äffen in 2
unoerjmSltdSJe (3?. 7 unb 14) unb 47 oer jin£lid£)e , unb biefe roieber
in 2 Sterleten mit -KaturaljinS unb in 45 ©arle^en mit 5°/oigem
©elbjinS. 3"farorow 5^ %<&*-
IV. Tilgung, Äünbigung.
3n 14 ©dEjulbbriefprotof offen finb 3a$lung£frifien feftgefefct, in
ben übrigen 40 gaffen fann ber ©laubiger bie ©djulb jeberjeit eins
forbem. ^ebodf) ift in 35 oon biefen 46 gaffen eine beibe Parteien,
©laubiger unb ©d&ulbner, binbenbe ÄünbigungSfrift beftimmt.
SDte ßünbigungSfrtft beträgt in 2 gaffen lU 3af)r, in 33 gaffen
l'* 3a^r. 3n 1 gaffe ift eine ßünbigungSpflid&t be3 ©laubiger«
au^brüdlid^ oerneint; e3 fieifjt ba nämlidf, bafj ba3 Äapital oon
1 3)ie ae6räuc$ltc$fien 3in3jiefe waren: Martini, Sic^tmefr, SWi<$aelt$,
©corgt, 3a!obi, Öatti, 2Bei§nat§ten.
— 248 —
15 ff. „auf Segelten unb SRotburft be3 SJarletyerS toieberjugelten
fei. 2Ba$ bie übrigen 10 gaße betrifft, fo nimmt mem am befte
an, ba§ bie Sd&ulbbriefe bie übliche halbjährige Äünbigungefrij
enthalten l)aben, unb bofe ber entfpred&enbe 9?ermerf im Sprotofa
nur beSfjalb unterblieben ift, roeü biefe ÄünbigungSfrift üblicfc mar
@« erl)öl)t ftdf) alfo bie 3al;l ber ©d&ulboerfdfjreibungen mit tjalb
jähriger ßünbigungSfrtft auf 43.
S)ie 14 gäüe, in benen bie 3*ü ber Sftficlja&lung inbioibu eil
feftgefefct ift, finb bie folgenben:
1. Jbentifdf) mit 3h. 1. 3)ie £arte$ung$f<f)uß> oon 30 fl. ifl
innerhalb 2 Jaljre „abjulöfen", fo lange bleibt fte unoerbrieft.
2>te Überfdfjrift be3 SprotofolIoermerfeS lautet ba^er toie folgt:
„©d&ulbbefenntniS [nur] in« SßrotofoH." SBenn biefe gdt o^ne
SRüdfjaljlung abläuft, fo l)at ber ©dfjulbner einen „orbentlid&en
Sdjjulbbrief" (mit ber getoöfjnlid&en halbjährigen ÄünbigungSfrift)
aufjurtd&ten.
2. Jbenttfdfj mit 3lx. 4. SDie 2)arle$en3fd&ufo oon 30 fl. ift
2 Ja^re unffinbbar; bann finb jäljrltdfj 10 fl. jurüdfjujafjlen.
3. Jbentif<$ mit 9Zr. 12. SDer ©djjulbner Ijat oon ber (un=
oerjinSlid&en) ©dfjulb ju 15 fl. jä&rlidj 5 fl. jurücfjuja^len.
4. Jbentifd^ mit 9tr. 14. 35ic (unoerjinSlid&e) 3)arleljen3=
fdfjulb oon 30 fl., am 19. Säuguft aufgenommen, ifl an SWartini
beäfelben JaljreS ju bejahen.
5. Jbentifdfj mit 3lx. 8. 3)ie grunbl)errfdSJaftlid&e ©d&ufo oon
45 fl. ift in 9 Jahresraten »on je 5 fl. ju jaulen.
6. unb 7. S3ei ben ©amtyaberoerfd&retbungen (SRr. 9—11)
ift ber Sffiert im i&erbft gleiten Jal)re3 nadf) ber ©rnte ju
oergflten.
16] 8. 3ftnnentl)al, 9. gebruar 1653 : 31. St., Sauer in ber &of*
mar<$ SR., unb 3W., feine ©tyefrau, oerf treiben fidfj bem el)renfeften,
ffirneljmen fierrn ©t., 33firger unb Äürfd&ner in StugSburg, um 60 fl-
bar oorgelietyeneä ©elb, roeld&eS fie „ inner Jaljr unb £ag, aö
auf ßidfjtmefj 1654 toieber banlbarlid^ famt bem Jntereffe unfehlbar
bejahen motten".
17] 9. grtebberg, ben 23. Januar 1666: 2W. 3W. oon % be*
lennt, bafe i&m &. 2B. oon S. ju feiner angelegenen tyo&en SWotburft
10 fl. oorgeftreef t ; bie oerfprid&t er iljm auf fünftige §erbft*
jeit toieberum ju bejahen.
10, Jbentifdfj mit SKr. 13. SDer ©d&ulbner oerfpridfjt, ba$
£>arlel)en oon 100 fl. innerhalb JaljreSfrift jurüdEjuja^len;
— 249 —
e£ ifl aber audfj für bcn gatt 3Sorforge getroffen, bafc er e3 nidfjt
tut, bann tritt nätnlid^ SBeräinSlidfjfeit ein.
18] 11. Äling, ben 5. Quli 1661: 2B. 21. ju D. unb 3W., feine
<5!jefrau, oerfdfjretben bem ©. 5ß. 152 fl. bar oorgefiredfteS ©elb
unb üerfpred&en an bem Äapttal jafjrlidSJ 15 fl. ju erlegen.
19] 12. gjerladfj (2Bolfrat$t>aufen), ben 25. Januar 1659. „©d&ulb--
frijienbrief " : Ä. in % unb feine grau befennen, ba§ fie bem
<3otte3l)au3 ju 3t fdjulbtg roorben finb 100 fl., toeldfje tljnen auf
imterfd&iebltd&e 3Ral ju ifjrer obgelegenen £au3notburft bar oor*
geliehen roorben, unb oerf pred&en , jä£rltdjj 10 fl. famt ben pro
rata t>erfattenen Qntereffen ju bejahen.
13. unb 14. finb GlterngutSoerfd&retbungen unb gehören bem*
nadfj nidfjt Ijierfjer. —
Site 3tfl(f ja^lungStermine erfdjjeinen in ben ©dfjulbbrief*
protofotten bie Termine, benen mir fdjon oben ©. 247 in tyrer
©igenfdfjaft ate ©ültjetten begegnet finb.
V. 2)edfung, Sicherheiten (igppotfief, Sürgfdfjaft).
33ei 54 oon ben 60 ©dfjulbbriefprotofollen finb jur ©id&erfjeit
ffir bie ©cfjulb 5ß f ä n b e r beftefft, nur 6 ©d&ulboerf dfjreibungen ent-
behren alfo ber 9fealbe<fung.
3ene 54 ©dfjulbbriefprotofoffe jerfatten in 3 ©dfjulbbriefprotofoüe
mit ©pejiall^potljef, 34 mit ©eneratyppotfjef, 15 mit ©pejial*
^i)pot^ef unb ©eneralljtjpot^ef, 1 mit äntidfjrefe unb ©eneralfjtjpottyef,
1 mit ©pejial* unb ©eneralf)t)pott)ef unb mit SBerpfänbung oon
©d&ulbbriefen.
A. 3n 1 ©<$ulbbriefprotofoH erfd&eint nodfj eine fe^r alte %otm
ber 2)edfung burdd Sßfanb, bie Überantmortung an ben ©laubiger ju
Sefifc* unb SRufegenufe: bie iftufcung foll bie ©tette ber 3tofen *«*
treten (Sinti dj>refe). daneben läuft eine ©eneral^ppot^ef. 2)er
%a\L ifl ibentifdjj mit 5Wr. 17: ©ine geringfügige ©umme wirb „jur
^o&en !Jtotburft" auf furje grift (ungefähr 4 3Konate) bargelietyen ;
ber ©d&ulbner oerfprid&t, bem ©laubiger „injnnf d&en , bis bie 33e*
jaljlung gefd&ie^t, beS falben XetlS an feinem ©arten beim Saufe,
fo ungefähr Vt £agroerf, nie&en ju laffen; fobalb nun aber bie
Stellung gefd&te^t, foQ tljm bie -Wufcniefjung beim ©arten triebet
unoer$inberlid& ^eimfaQen"; aufjerbem foHen S&ab unb ©üter be$
©d>ulbner£ oerpfänbet fein.
B. 2Benn ba£ ganje Vermögen oerpfänbet nrirb, fo ift
^a^r^abe unb ©runbbefifc barunter begriffen. 3Ba3 ben ©runbbefifc
— 250 —
anlangt, fo umfafct bie Herftridfung foroofyl bie freien afe auä) bii
grunbbaren ©fiter1. Qn unferen Sriefprotofollen ftnbct fi<f> bie3 u
2 gällen auSbrüdflid) fonftatiert.
35ie ©enerall)t)potljef bejiefjt fidj femer entmeber nur auf ba$
gegenwärtige Vermögen ober audfj auf baS fünftig neu f)in-}u*
fommenbe. 2Ba3 unfere S3rtefprotofotte betrifft, fo erfd&eini nadj
meiner 33eoba<$tung in 9 gätten fünftigeS Vermögen auäbrücfltdj
mitobügiert (in 3 gäKen bie fünfttg ju erroerbenbe gatyrljabe, in
(5 fallen ba3 fämtlid&e fünftige SBermögen).
C. Obwohl bie ©eneralljtjpotfief, wie wir gefe^en f)dbzn, auä)
bie liegenben ©fiter ergreift, fo liebte man es bod), bie toidjtigften
Seftanbteile be3 unbemegltd&en SBermögenS befonberS fjeroorjuljebeii
unb ju oerfdfjreiben (©pejialljtjpotljef). SDaju mag ber Um=
ftanb beigetragen Ijaben, bafe ber l^n^aber einer blofeen ©eneral-
Ijtjpotfjef oon einem fpäteren (Srmerber be$ ®\\ti$ auf ben urfprüng*
liefen ©d&ulbner oerroiefen werben fonnte (exceptio excussionis,
<5. 96), roäljrenb bteS bei ber ©pejtalljtjpotljef nid&t ftattljaft mar.
9?amentlid£) bie SSerpfänbung ber fr ei eigenen ©runbfiüdfe fd&eint
feljr beliebt geroefen ju fein. S)er ©runb ift naöeliegenb: fie mar
einfacher mie bie Sßerpfänbung grunbbarer ©üter, man ftieft babei
nidf)t auf ba3 £inberni3 be3 SonfenSjroangeS.
$n ber auf ber nädfjften Seite enthaltenen Tabelle fteDen mir
f amtliche ©pejialf)t)potf)efen jufammen, bie mir in bm ©djjulbbrtef*
protofollen gefunben Ijaben. 35ie ©pejial^potl)ef ift ftets mit einer
©eneratyi;potl)efef oerbunben', aufgenommen bie gälle 7, 8 unb 17.
D. 2Bie mir fdfjon öfters ermähnt ^aben, beburfte e3 bei grunb*
baren ©fitern ju i^rer SBerpfänbung be$ grunbtyerrlidfjen
ÄonfenfeS. 2)ie Sßrotofollbetyörbe burfte bie &gpotf)efenerridfjtung
nidEjt protokollieren, menn iljr nidfjt ein „SBillenSbrief" be$ ©runb*
Ijerrn oorgelegt mürbe. @ine SBerpflidfjtung , ba3 ©rgebniS biefer
Unterfudfjung über ba$ SBorljanbenfein be3 ÄonfenfeS im SBxief-
protofoll ju fonftatieren, beftanb aber nidf)t.
33on ben 54 Jßppotljefbeftellungen finb e3 nur 3, meldte au3-
fdfjliefjlid; eigene ©üter (nid)t baneben audfj grunbbare) betreffen. ®ie
übrigen 51 unterlagen bem ßonfen^roange. 3n 28irflid)feit ftnbct fidjj
nur bei 5 ^fanboerfd^reibungen im ^ßrotofolle bie geftfteUung ber
ÄonfenSerteilung ober ber @£iftenj eines SBiHenSbrtefeS. darunter
finb 2 ©pejtalfjppotljefen (3lx. 5 unb 9 ber Tabelle ©. 251) unb
1 fiefctere aber nur unter ber 93ebtngung ber ßonfcnSertettung (f. u.).
- 251 —
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— 252 —
3 ©eneral^ppot^efen. 3m ftafle 9tr. 5 her Tabelle ift ber ftonfeirä
auf 5 3a$re befd&ränft. 3n 3 gäOen ift baS SDatum beS 2BtHenS=
briefeS angegeben, bie jioifcfjen ber 2tu$fteflimg beS 2Bitten$briefe3
unb ber ©djulbprotofollierung oerftridjjene grifl betragt 2, 12 unb
29 Stage.
E. Serjidjt auf bie meiblidjen greiljeiten. SMefer
fonnte, tote wir oben ©. 109 ausgeführt tyaben, entroeber in ber
SEBctfc gefdje^en, bafc bie ©fjefrau ben ©djulbbrtef mitunterfdjrteb,
ober in ber SBeife, bafc fie auSbrücflid) auf i^re Sßfanbprioüegten
ufto. Serjidjt leiftete.
3n 35 ©djulbbrtefprotofollen fmb (Seeleute afe ©dfjulbner be=
nannt, unb in 20 oon biefen 35 gfitten oerjtdjtet ba8 2Beib aufeer-
bem auf iljre Sorredjte aU ©täubigertn; oon biefem Serjid)t allein
(oljne attitoerfdjulbung) Ijaben wir fein Seifpiel gefunben.
3)iefe 3a^en ntägen bem ßefer geringfügig erf djeinen, man
mufe aber bebenfen, bafj in einer Steige oon ©d&ulbbriefprotofotfen
ju einem Serjtdjte auf bie toeiblidjen grei^eiten feine Seranlaffung
oorgelegen fein toirb, j. S. wenn ber ©djulbner SBitmer war ober
toenn ber ©laubiger nodj fräftigere SprioUegten befafc wie bie ©&e*
frau, ettoa bur<$ ©runb&errlidjfeit ufw.
F. SRädjft ber &gpot&ef ift bie widjtigfle 2frt ber S)e<fung bie
Sürgfdjaft.
SSott ben 60 ©djulbbriefprotototten fommt in 32 eine Sarg*
fdjaftäftellung oor.
Sei 25 biefer 32 Sßrotofoüe $abe id& mir bie 2ln&al>l ber
Sürgen notiert. 3n jtoei gäüen toirb 1 Särge befiettt, in 13 $ßro*
tofollen erfdjeinen bie Särgen paarweife, bei 5 5ßrotofoIIen beträgt
bie SCnja^l ber Särgen 3, bei 2 betrögt fte 4 unb in je einem
gatte tjat ber ©laubiger gar 5, 6 unb 8 Särgen ju feiner ©idjer=
ftettung nötig gefunben, (©djulbfumme in biefen 3 gäOen 120, 100
unb 100 fl.)
3lber nidjt nur bie 2fajat}l ber Särgen, fonbern audj bie
©tärfe ifjrer Haftung ift auffattenb. Qn 11 Sßrotof ollen oerpfänben
bie Särgen bem ©laubiger itjr ganjeS Sermögen ju feiner größeren
©id&erfjett, in 20 Sßrotofotten oerjid&ten bie Särgen auf bie ©inrebe
ber Teilung (fte oerbärgen ftdj „unoerfd&eibenlid)"), in 15 Rotten
auf bie ©inrebe ber SorauSflage (fte werben ntdjt nur als Särgen,
fonbern aud) als „©elbfigelier unb ©elbftjaljler" geftettt).
G. Qn 29 SriefprotofoIIen erfreuten beibe 2lrten oon bedungen,
Sßfanb unb Sürgfdjaft, miteinanber. 9tur bei 3 Srief*
— 253 —
protofollen läuft alfo neben ber 33ürgfdjaft feine SPfanbbefteffung
einher, roetyrenb fid(j bei 25 Sßrotof ollen ber ©laubiger mit ber
blo&en Sßfanb&af tung , o^ne 33ürgfd()aft, begnügt. ©3 bleiben, ba
nur 60 ©d&ulbbriefprotofolle §aben, 3 gaffe ungebeeften Ärebitö.
3)a3 ÜRäljere ift aus ber nadjjfte^enben Weinen Tabelle ju erfe^en.
©dfjulbbrtefprotofolle
mit
©eneraf*
t)X)yolt)et
mit
6pe$ial*
Ijppotljef
mit ©eneral-
fjijpotljef unb
Spejial*
typpotljet
oljne 35er*
pfänbung
S
g
3
mit öürgfdjaft . . .
oljne Sürgf^aft . .
22
12
3
7
10 1
3
3
32
28
©umme
•
34
» 1
17 |
e |
60
2Bir l)aben alfo 22 Sßrotofoffe mit bloßer ©eneralfjppotljef unb
mit 33ürgf dfjaft , 12 ^rotofoHe mit blofeer ©eneralljt)potl)ef oljne
Sfirgfd&aft, 7 Sßrotofoffe mit ©pesialfippottjef unb Sfirgfdfjaft unb
13 ghrotofoffe mit ©pejiall)gpotf)ef oljne Sürgfd^aft. Ober mit
anbern SBorten : Sßon ben ©laubigem, benen eine © p e j i a t l)t)potl)ef
gegeben werben fonnte, oerlangte nur ber britte Seil baneben
Sürgenfieffung ; oon ben ©laubigem aber, bie ftdfj mit einer ©eneral*
l)t)pott)ef begnügen mußten, beftanben über jtoei drittel auf ber
Stellung oon Särgen. JJn ben gaffen, too meljr al-3 jwei
Sürgen geliefert werben mußten, enthalten bie Srtefprotofoffe
fämtltd^ nur ©eneral^pot^efen, feine ©pejiaUjijpotyefen.
3Ran fte^t barauS, tote innig ipgpotljefarfrebtt unb 39firgfdfjaft3*
frebtt jufammenljängen , wie bie oerfdjjiebenen ©attungen oon ge?
bedttem Ärebit ftdf) gegenfeitig oertreten fönnen, unb wie ber
iogpot^efenfrebit, wenn er nur ©elegen^eit Ijat, ftdfj redfjt ju
entfalten, geeignet ift, bie altere unb härtere gorm be$ gebeeften
ftrebits, ben »ürgfdfjaftsfrebü, au$ feiner ^ofition ju
oerbrängen.
H. gäffe oon ungebeeftem Ärebit fommen, wie mir fdfjon
bewerft Ijaben, nur 3 oor. 2)aoon ift ein gaff ibenttfd^ mit Str. 12,
in ben beiben anberen gaffen ^anbelt e$ fxd(> um einen ©djjulleljrer
unb einen ©tein^adfer, wa$rfdjeinlid& o^ne ©runbbeftfe. dagegen
darunter au$ gatt 17 (Hnti<$refe mit ©eneraUgpotycf).
— 254 —
fd&etnt ba3 Verfahren nid&t ganj feiten gewefen ju fein, bafc mai
bem ©djulbner bie DarlefjenSfumme junädjfl auf furje grift, etmi
1—2 3a^re, „oljne »rief unb Sürgfd&aft", wie man fid
auSbrfidte, b. (). o^ne Sßfanb unb Sürgfd&aft (benn bie förmlid)
aSerfd^reibung würbe &auptfä<ijlid() wegen ber SßfanbbejteHung vor
genommen) überliefe, aber babei bebingte, bafe ber Sdfjulbner, wem
er nid&t in ber beftimmten grift ba$ 2>arlefyen jurüdfja&le, bii
©d&ulb „gebüljrenb oerftdfjern unb einen orbentlidfjen ©dfjulbbrie
aufriß ten muffe". (Sinftmeilen würbe ba£ ©efd&äft nur tnS 5J3ro
tofoH eingetragen, ©in foldjjer %aü liegt bei 9tr. 1 uor (grif
2 3a§re).
§ 16.
Sauf- vmtf iibzx$zb#ivzttvä$t OBeJi^ftreMf)»
A. 3)er Äauffrebtt.
2)er Kaufpreis fonnte in oerfdjjiebener SBeife entrid&tet werben:
burrf) 33arjal)lung ; burdfj Übernahme oon ©Bulben, bie auf bem
©runbftücf lafteten; burdlj äufred&nung gegen ©Bulben be3 3Ser=
fäuferä an ben Käufer; burdfj ©ewätyrung oon SJtoturalreid&niffen ;
femer fonnte ber ÄaufpreiS audfj geftunbet werben. Sefeterenfatte
wirb er entweber im gangen debitiert , ober e3 werben griften
bewilligt.
2)a3 -Jtaturalreid&mS befianb entweber in einem bto&en SBofc
nungSredfjt (ißerbergSredjjt), ober e£ würbe eine fdrmlid&e ©tnleibfdfjaft
auSbebungen, b. ty. ein 2lu3trag ä^nlid) ben austragen ber über*
gebenben 2lfjenbenten. 2)ie auftrage waren alfo bamalS nod& nid&t,
wie §eutjutage, eine 33efonberljeit ber Übergaben, fonbern fte {amen
aud& bei Ääufen unter ©efd&wiftern unb SHidjjtoerwanbten por. Sie
SluStragS* unb iQerbergSbewittigungen treten aber bei ben eigentlid&en
Ääufen nidjjt fo häufig auf, wie bei ben Übergaben, bei benen fte
ja gerabeju bie Siegel bilben ; ferner bewegen fidjj bie ©tnletb*
fd&aft3au3träge quantitatio in mäßigeren ©renjen ate bie Übergabe
auftrage.
S)ie Äaufeinleibfd&aften unb * iQerbergSredjjte Ijaben permut*
Iidfj in ber Verbreitung ber -Katuralwirtfd&aft, in ben lieber?
laffungsbefcljränfungen unb in ber allgemeinen ©ef#aftigfeit ifjre
Urfadfje. 2)er Segriff be3 ©taat$bürgertum£ war nodf) nidfjt au3;
gebilbet, neu 2lnjie^enbe begegneten überaß großem -Dtifjtrauen unb
— 255 —
fd&ifanöfcr 33e§anblung fetteng ber 2Utbürger, aus armenpolijeilidfjen
©ritnben. 2Ber feine SBoljnung, feine „-Jlafjrung" aufgab, fonnte,
auä) wenn er bie nötigen ©elbmittel befafc, leidet ©d&roierigfeiten
bei ber ©rlangung beS SebenSunterfjalteS begegnen, benn bie ©elb?
imrtfdfjaft mar nod& nid&t entfpredijenb auSgebübet, baS heutige 3Kiet-
toefen c^tflicrtc noefj nid&t. 9htr bie guge&örigfeit ju einem ©tanbe
uub ber SSefife oon ©runb unb 33oben, eines 9tealred&teS ober einer
fonfiigen „©ered&tfame" , nidfjt aber ber Äapitalbefifc allein roar als
©runblage ber bürgerlichen @£iftenj anerkannt. 35er 2lbeüge als
iQofmardjjbeftfcer , ber Sauer als Sntyaber *wer ©runbgered&tigfett
ober eines freien ipofeS, ber ©tabtbürger als Sefifeer eines £aufeS
ober einer ©eroerbegeredfjtfame, ber SDiöndjj als Älofterbruber , bie
©eifilidfjen unb 33eatnten als Snfjaber oon Sßfrfinben — fie alle
befafcen eine Segititnation jum 3)afein; ber „Sßrioatier", als
fojiale ©rfd^einung, ejiftierte nidfjt.
SBenn ber Sauer alfo ftdf) jur SRu^e fefcen unb fein Seftfctum
oerfaufen wollte, fo burfte unb fonnte er ftdjj bodjj nid&t ganj oon
i^m loSmadfjen, um nidfjt feine „SBobenftänbtgfeit" ju oerlteren. <£r
muftte fid^ baS SRed&t oorbeljalten , auf bem ©ute bleiben ju bürfen
unb fidjj oon feinem ©utSnadfjfolger ernähren ju laffen. fceute jiefct
ber Sauer in bie ©tabt.
3Me ©inleibfdfjaften waren natürlich bei ben ©runbtyerren un*
beliebt, wie bie austrage ber Übergeber, wenn aud& mdjjt in bem*
felben 9Rafce wie biefe, weil fie bod& weniger bebeutenb waren. 2)er
SBerfajfer beS UrbargebraudjjeS fd&retbt : „3ft ber &err f djjulbig, @in*
Uibfd&aftSauSträge }u oerwilligen ? Stein, man fott §iemit nid)t ju
milbe fein, f eibige ju oerwittigen, benn fte finb ben ©ütern f a ft be=
fd&werlidfj unb bem ©runb^errn fdjjäblid&" ; wetyrenb er für} barauf
bie ÜbergabS austrage als „ben ©ütern fetjr befd&werlidjj" er«
Wärt. —
2Bir laffen nun bie oon uns ejeerpierten Äaufbriefproiofolle *
ber Steige nadjj folgen unb mahlen jum ©djjlüffel ber Einteilung
bie 21 rt ber SBertd&tigung beS ßaufpretfeS.
1. SBerfäufe mit Sarjafjlung.
a) grbing, ben 12. Df tober 1638. SBeräufeerung eines
SldferS, 21V« »ifang umfaffenb, fo „freie« lebigeS ©gen" unb 1617
vom früheren Sefifcer erworben. ©er ftäufer §at bem SBerfäufer,
2)ie Semerfung 6. U35/36 ift au$ i»er$cr au ftejteften.
— 256 —
feinem 9la$6ar, „mit ßrlegung einer beftimmten nnb bar bejahten
©umme ©elbeS eine annehmliche SBergleid&ung gettyan".
b) ßltng, ben 16. SRooember 1035. SBittoe oerfauft i^rem
©d&roager unb beffen grau Seutelle&en nebft ga&rntö um 412 fL,
bereite bejaht, mit ber 33ebingung, bafe SBerfäuferin bei Äaufern
freien Gim unb SttuSgang, einen SBinfel in ber Stube unb auf bem
oberen ©oben eine ©djlafftede ljaben foHe. SBenn ftd^ bie .Hon-
traljenten nidfjt miteinanber ©ertragen fönnen, fo foD ber SBerfäuferin
anftatt ber Verberge jäljrttdj ein Stetd&Staler be^änbigt werben.
c) JRinnentyal, ben 10. 3uni 1G86. ». g. oerfauft 1 Sud&art
2cfer (Sage befd&rieben) 'feinem £od)termann um 70 ff., toooon
65 bar beja^lt.
2. SBerfäufe, bei benen ber Kaufpreis oormiegenb burdj ©dfjulb*
Übernahme unb 2lufredf)ung entrichtet toirb.
d) Sffiolfrat^aufen , ben 10. 3uni 1660. SBerfauf eines
grunbuntertänigen „Seiend" famt gaumig an einen Setter. Äaufc
preis 520 ft. 2)aoon 20 ff. bar bejaht. Übernommene ©d&ulbeti
336 fL: SBormunbfd&aft 100 ff., 2)ienftfned()t 11 ff., fierrenforbe^
rungen 11 ff., fonftige ©djulben 200 unb 14 ff. SDer SReff oon
164 ff. gefjt gegen bie oom Käufer beim ®ut ,,ju 9u$ gehabte"
©<$ulbforberung auf.
e) galfenftein, ben 18. Oft. 1659. 2ße&ner oerfauft fein ber
«Pfarre gehöriges „©ütl" famt „£äu$l" feinem ©d&toager um 235 ff.
Käufer übernimmt ein einer 33ruberfdE)aft gehöriges ©dfjulbfapital
oon 60 ff.; 150 ff. barf er fid) als ©rbantetl jugute redjnen; ber
SReft oon 25 ff. ift „in anbenoeg jju befdjaffen unb richtig ju madjen,
toie fie fidf) fönnten miteinanber oergleidtjen".
3. SSerfäufe mit Krebitierung beS ÄaufpreifeS, o^ne
griftenbetoittigung :
f) Kling, ben 17. SWoo. 1661. SSerfauf einer Seibgeredjjtigfeit
um 215 ff. Käufer oerfprtd&t, „ben Kauffdfjillmg binnen Qa^r unb
£ag ju erlegen ober auf längeres Qnljaben ju oerjtnfen". 2luStrag
jugunften beS SBerfäuferS.
g) Kling, ben 19. JDej. 1661. SBerfauf einer (Srbgered&tigfeit
unb einer Seibgered&tigfeit nebft gatjrnis um 315 ff.; 15 ff. bar,
bie übrigen 300 inner Qafjr unb £ag ; SluStragSbetoifligung in be*
fonberer SBerljanblung.
h) ftalfenftem, ben 13. 3Wfirj 1665. ©dfjufterStoittoe oerfauft
iljr leibredjtbareS „(Süll" bem &. um 255 ff. S)aoon muffen alle
©laubiger — fie finb nuljt genannt — bejaht werben; ferner Ijat
— 257 —
ber Käufer bcr @runbf)errfd&aft 10 ff. für 2lbfdf)leif unb 7 Vi ff.
2Ibfaf)rtgelb (laudemium) ju entrichten1; ber SWeft ift inner $afyx
unb £ag gutjumadfjen ober §infüro ju oerintereffieren. 2lu3trag:
jätjrKdjj 2 ©ter Äorn, 1 ©ter Soeben, 1 ©ter ©erfte, V« 2Kefeen
©alj, 2 $paar ©dfjulje; oierteliäfjrlidfj 2 *pfunb SutterfdEjmalj ; bei
©djladfjtung 4 U vom Sttnb unb 3 U vom ©dfjroein; freiet &olj
unb Sidfjt; 2 Dbftbäume; Verberge.
4. 33erfäufe mit griffenberoilligung.
i) ©rbing, ben 4. gebr. 1638 2. 3Serfauf einer fieibgered&ttgfeit
um 330 ff.; 30 ff. bar, je 100 ff. 3Rid&aett 1638, ßic&tmefc unb
©eorgi 1639 „alleroegS oljne ©Ut". ©erbergSredEjt, frei £olj. SBer-
pfänbung beS ÄaufguteS unb ber übrigen „§ab unb ©üter" beS
Käufers um ben Kaufpreis ufro.
k) ©rbing, 7. Oft. 1638: SBttme verlauft greiftiftfötbe um
400 ff. ; 200 bar, 2Beif)nadfjten 1638 unb Wrid&Stag 1639 je 100 ff. ;
igerbergSred&t, femer jäfirlidf) Vs 2Wefcen SEBeijen, 2 3W. ßorn, V« 9W.
©erfle, Vi 2ß. £aarlinfaat.
1) ®rbing, ben 29. ©ept. 1640. £of, Se^en unb 2 ©ölben,
fämtlid^ grunbuntertänig , um 2300 ff. oerfauft. 3af)lungSroeife •
650 ff. burdf) Übernahme einer ©d&ulb'; 550 ff. burdf) 2lufred>mmg
gegen eine gorberung be£ ÄäuferS; ber 3teft oon 1100 ff. in griffen,
nämlid& 2i<$tme& 1641 100 ff. unb Sidfjtmefe 1642—1646 je 200 ff.
SBerpfänbung ber oerfauften, foroie ber anberen &ab unb ©üter be$
ÄäuferS um ben Kaufpreis.
m) SRinnentljat, ben 26. 3Bäri 1686. SBertauf von 3 ^udfjart
eigenen 2lcfer3 um 400 ff. 35aoon 116 ff. bar, 184 ff. burdfj Über*
naljme von ©Bulben (134 unb 50 ff.), 100 ff. in 4 SaljreSfriften,
immer ©eorgi.
n) SRinnent^al, 21. gebr. 1662. „@ütl" um 225 ff. oer*
fauft. 3um Slufjug 80 ff., gaftnad&t 1663 25 ff., unb bann alle
3a{jre 25 ff. bis jur oolligen Tilgung, ©eneral- unb ©pejial-
^pot^ef.
o) SRinnentyal, ben 1. gebr. 1652. SBerfauf eines falben
fiofe* (greiftift) um 100 ff., ja&lbar in 10 jctyrtid&en griffen,
ofjne 3in$.
p) SRinnent^al, ben 13. 2lug. 1662. Sßerfauf eines ©ölbner*
gütte (©aus abgebrannt), mooon 3 ^ud&art (1 2l<fer in jebem gelb)
1 DaS Set&re$i allein (oljne 3a§rm* ufro.) auf 100 fl. ßefajäfct?
■ Sgl. »n&ana. VI.
tfoQen, $erf4u(butig. 17
— 258 —
grunbbar unb 61/« Qudjjart (21/* 3töer, 4 SBie*mal>b) frei, an
2Bagner*e&eleute oon griebberg um 350 fl. 2)er StaufpretS in
3a&re*raten (juerft 50, bann 30 fl.). 3ur ©id&erung fflt bie au3=
fteljenben Setrfige wirb bie ©ölbe Dcr^ppot^ejiert. SSerfäufer fyattt
für ba* ©ölbnergfitl aBein 300 fl. bejaht, aber, weil injtoifdfjen
&au* unb ©tabl „nerbrunnen" , ift e* jefct nur auf 150 ff. an=
gefd&lagen worben.
q) $alfenftein, ben 12. »pril 1662. »erfauf eine* „©fitfe"
(Seibredfjt) um 290 fl. 2)amm 60 fl. burdf) ©<$ulbenfiberna§me,
100 fl. in $a$r unb Sag, ber SRefl oon 130 fl. nadfj Stblauf eine*
Sa^re*, „wie e* ftottftnben fann". —
SEBir fjaben alfo 3 5läufe mit Sarjaljlung (a, b, c), 2 Jtäufe
mit ©d&ulbttberna^me (d unb e), 5 ftäufe mit ©tunbung be* ßauf*
preife* (f, g, i, o, p), 2 gätte mit Sarja^lung1 unb ©tunbung,
(k, n), 3 gäHe mit ©djjulbfibema^me unb ©tunbung (h, 1, q),
1 gaff mit SaräQ^lung, ©dfjulbübemafjme unb ©tunbung (m), ju-
fammen 16 Jtfiufe; in 5 gaffen (f, g, h, i, k) bewilligt ber ßäufer
einen 3lu*trag, in 1 gaffe (b) nur ein &erberg*redSJt.
3Ba* in*befonbere bie 11 Verläufe mit ©tunbung betrifft,
fo finb in 7 gaffen beftimmte 3aWun8*Wfien vereinbart. 3Me
griften finb 3af>re*friften unb erftredfen fidfj auf 2 — 11 3atjre.
3infen finb ntd&t ju jaulen. $n ben übrigen (4) gaffen bemiHigt
ber SBerfäufer nur eine furje grift (1 3<$r) i^r Sejaljlung be*
Äauffd&ifling*refte*. 9la(f) Slblauf ber grifi fann er ben nod& rüdt-
ftänbigen Betrag jeberjeit einforbem. 39i* bie* gefd(jie&t, Ijat ber
Ääufer 3*nfcn (3Serjug*jinfen) ju entrichten.
3n 4 Sßrotof offen erfd&eint bie SBerpfänbung be* oerfauften
©ute* jugunften ber 3^^lung*rüdfftänbe unb, bei Vereinbarung oon
■Jtoturalreidfjniffen , audfj biefer üermerft ; in 3 oon biefen fällen ift
aufeerbem ©eneratyppottyef beftellt.
S5ie Derfauften ©runbftüdfe felbft finb meiften* grunbbar;
nur in 3 gaffen (a, c, in) Ijanbelt e* fid^ um ©runbftttdfe, bie bem
SBerfäufer ju freiem ©igentum gehören, unb e* finb biefe* einzelne
Sdfer; in 1 gaffe (p) ift ba* oerfaufte @ut jum Seil freie* @igen=
tum, jum Seil grunbbar. 3)ie Beibringung be* grunbljerrlid&en
Äonfenfe* sum Berfaufe ift in 6 Sßrotofoffen (b, f, g, h, p, q)
fonftatiert. —
1 ©eringfugige Änjaljlung ift ntdjt atö ©arja&lung geregnet.
— 259 —
2Jtan fcmn nidjt fagen, ba& fxcf) in biefem Material eine Ijocfc
grabige SSerfdfjulbung auSfpridfjt; benn wenn audjj barauS Ijer*
t>otgel)t, bafe bie Satzung feineSwegS bie Siegel bilbet, fo ftnb
boc§ bie 3al)lungSbebingungen wi allgemeinen berart, bafs bie ©üter
ntd&t f<$wer belaftet erfdfjeinen. (Sntweber finb bie 3<*&fon83friften
furj (1—3 Sa^re), ober, wenn fte auf lange 3*ü ^inauS bewilligt
ftnb, fo ftnb fie fo geringfügig, bafc fie ofjne ©efa&r ootn ©ute ge*
tragen werben fönnen. SltterbingS muffen Ijäuftg ©Bulben über*
nommen werben, bie bereits auf bem ©ute ruljen; aber wenn biefe
audfj bem Ääufer läftig werben tonnten, fo ftnb fte bodj nid^t auf
Stedjnung beS ÄauffrebitS ju fegen. 9Re§r als bie ÄauffdjjittingS*
frifien waren bie (Smleibfdfjaften imftanbe, bem Ääufer baS Raufen
ju erfdfjroeren. Slm meiften erregt gatt 1 33ebenfen barüber, ob liier
ni<$t bem Ääufer eine ju grofce ©dfjulbenlaft aufgebürbet wirb:
äfojaljlung wirb in nennenswerter &ö^)e nid&t geletftet; ber Raufet
mu& ©Bulben im Setrage oon 30°/o beS ©utSwerteS übernehmen
unb 6 Satire lang je 200 ff. bejahen. Slrofebem erfdfjemt ber (Srwerb
beS ©uteS fubjeftio gerechtfertigt, weil ber Ääufer felbft eine
gorberung am ©ute Ijatte, unb oielleid&t, um biefe nid^t ju per-
lieren, baS ©ut übernehmen mu&te.
©er ßauffrebit Ijatte ben 3wecf unb bie Sebeutung, Seuten,
bie jwar genfigenbeS Vermögen befafjen, baS ©runbftfidf ju erwerben,
beten SRittel aber nid&t liquib genug waren, um fofortige 33ar*
jaljlung ju leiften, ben SWitbemerb um baS ©runbftücf ju ermög»
lidjen. 5Da^et bie furjen, jinSlofen Termine. 3)er Ääufer fottte in
bie Sage oerfefct werben, alsbalb, ofpte Atel Umfdfj weife, baS ©ut
ju laufen, unb ben ftauffd&illing nad&träglici) ^erbetjuf Raffen , burdj
Äfinbigung oon ©ut&aben ufw. 3)er SBertäufer hoffte oon biefer
feine ©idjprljeit nid&t ernftlid& beeinträd&tigenben Äulanj einen leeren
SßreiS infolge ber größeren Äonfurrenj ber Ääufer1.
B. SDer @rbteilungSfrebit.
2)ie Familie, beten Uta^rungSquette baS Bauerngut bilbet, befielt
geroöl)nlid& gleidjjeittg aus mehreren Äöpfen, ja aus mehreren
Generationen.
1 3u beachten tft, bafj unfer Material nur ben unmittelbaren Äauf-
ftebit betrifft, bafs ftd) alfo au« i$m nia)t ergibt, wie oft ber Ääufer Ärebtt
(Darle&endfrebit) in Stnfpruo) nehmen mufite, um bie $ur Barga^lung
be* JtaufpreifeS nötige ©umme aufsubringen.
17*
— 260 —
©ine -ftormalfamilie Ijat gewiffermafcen jwei SMmenftonen —
fte beljnt ftdf) nad& oben unb unten au$ (Slfeenbenten unb SDefjen*
beuten), !ann ftdfj aber, bei Äinberreidjtum, audfj nadfj ber ©eite er*
ftreden (ßottateralen).
2)iefer SBieUjeit ber Sßerfonen fönnte aucij eine 9Rel>r§ett ber
©ubfifienjfonbs innerhalb ber gamilie entfpredjjen. ©ewö§nlt<$ aber
bilbet ba3 Bauerngut bie einjige ©runblage für ben Unterhalt ber
gamilie.
@3 fann nun mand&erlet gef dEjeben : 2)a$ Bauerngut fann unter
bie felbftänbigen (erwad&fenen) gamilienmitglieber geteilt werben
(ober wenigftenS unter bie gamiltenljäupter). Slber nidfjt immer
eignet fidfj ba3 Bauerngut jur Teilung, au3 tedEjnifdjjen unb mirt=
fd&aftlid&en ©rünben; mandfjmal fteljen audf) red[)tlidE)e jQinberniffe im
SBege. @3 fann nun 1. ba£ Bauerngut al$ @anje§ beladen werben,
inbem man audfj ber gamilie mirtf^aftlid^e ©in^eitlid&feit gibt: bie
gamilie wirtfdljaftet bann auf bem ©ute gemeinfam, e$ wirb auf
gemeinfame 3tedf)nung probujiert, unb bie SRu|ung bient allen
gamiltenmitgliebern jum SebenSunterljalt1. S)a$ ©ut fann aber au<$
2. oon einem gamilienmitglieb ju Sllletneigentum unb auf alleinige
Nedfjnung übernommen werben. SDie Qntereffen ber übrigen
gamilienmitglieber werben bann auf anbere 2Beife gewahrt, fei e3,
ba& ber Überneljmer a) tyre SlUmentation übernimmt, fei e£,
baß er b) fie anberwettig , in ©elb ober Naturalien, entfdfjäbtgt.
©rflereS (a) fönnen mir als ba8 patriardjjalif djje , lefctereS (b) al£
ba3 SlbftnbungSfijftem bejeidfjnen.
S)a3 SlbfinbungSfpfiem ift nur bann am Sßlafce, wenn bie
abgefunbenen gamilienmitglieber leidet eine anbere 6rwerb3*
gelegen^eit befommen, fei e8, bafe fie mit &ilfe ber Slbfinbung
auf ein anbereä ©ut jteljen, fei e3, bafc fie iljre perfönlidjje SIrbettS*
fraft fonfi entfpredjjenb oerwerten fönnen. @3 ift aber au<§ nötig,
ba§ bem Überne^mer ber -JtoljrungSftanb burdjj bie Slbfinbung nid&t
ju fefjr oerengert wirb. Seiftet er bie Slbfinbung in Naturalien, fo
wirb ba$ ©utSmoentar oerfürjt ; bie Slbfinbung in ©elb fann, burejj
SBerringerung be$ S3etrieb3f apttafe , SDeterioration beä ©uteS na<$
fidEj gießen ober feine SSerfd^ulbung jur golge tyaben, feinen (Srtrag
fdfjmälern.
häufig ift e3 ba$ 33efte, bafc ber ©utsbefifeer burdf) 83er-
1 (Sine Sl&art — einen SReft — biefer @tnri<$tung finbet man nodj fjeute
in Söagern pielfac$ in ber „ÄommunEjaufung" pon ©efd&nnfiern, gief ©.59.
— 261 —
äufcerung eines fteilS beS ©uteS ftdf) von ben läftigen ©elb*
Verpflichtungen befreit ; aber bief eS ift , rote bie Teilung beS ©uteS,
ouS tedjnifdfjen, toirtfd^aftlid^cn unb ganj befonberS aus redfjtlid&en
(Srünben nid&t immer möglidfj. 9?ädf>ftbem ift eine günftige
©elegenbeit jum Abfafe ber Agrarprobufte für ben mit
AbfinbungSgelbern flberlafteten Sanbmonn feljr mistig. 3)enn nur
bann wirb eS H)m möglidf) fein, bie ©utSnufcungen rafd& unb oorteik
Ijaft in bie gorm beS 3ö^lungSmtttefö ju bringen.
SBeiter fommt folgenbeS in Setradjt: ©o lange baS ©ut nur
,9fal)rungSquetle bilbet, fei eS, bafj eS unter bie ©rben geteilt ober
bafe bie £auSgemeinfdfjaft fortgefefct wirb, ober felbft bei Anwenbung
beS patriard&alifd&en ©pftemS, ift eine ©dtjäljung beS ©uteS nid&t
notwenbig, übt fie feinen ©influfj auf baS ©ebenen beS SßirteS, jietyt
eine Überfdfjäfeung feine fd&limmen folgen für bie beteiligten nadjj
ftdfj. SBenn bagegen bie oom ©ut weidEjenben ©rben in ©elb ent=
fdfjäbigt werben muffen, fo ift eine ©utsfd&äfeung unentbefjrlidfj, unb
eine ridfjtige ©utsfdjäfcung ift bann oon großer Sebeutung. SDaS.
Bauerngut l>at nun aufgehört, bloß -KaljrungSquelle ju fein unb ift
jum Unternehmen geworben. Sei S3ered(jnung beS Steinertrages
eines Unternehmens muß aber ber Arbeitslohn beS Unternehmers
unb mu& ber ÄapitaljinS oom 9tol)ertrag abgezogen werben. 2Bie
oft oon ben Sanbwirten bagegen gefünbigt wirb, ift befannt. 3)abei
ift nodfj töo£)1 ju berficfjtdfjtigen, aus meldten teilen ber Arbeitslohn
befteljt, bafc er grojü genug fein foD, um ni<$t nur ben Arbeiter
felbft in ber 3eit ber ArbeitSfä&igfeit, fonbern audfj bie SKad&fommen«
fd^aft bis jur erlangten ArbeitSfaljigfeit uub ben Arbeiter n a djj bem
Aufhören ber ArbeitSfäljigfeit unterhalten ju fönnen, ba& er alfo
aud) einen ©parpfennig enthalten foH. ©o lange freitid^ biefe
gorberung in benjenigen Sßrobuf tionSjwetgen , too bie ArbeitSfraft
am frü&eften jur ©elbftänbigfeit gelangt ift, im ©ewerbe, nodj) feine
©rfftttung ftnbet, fann man nidjt erwarten, bafj bie abjieljenben ©e-
fdfjwifter bem fibernefjmer ben ooHen Arbeitslohn jugefte^en. —
2Benn mir nun unterfudfjen, ob in bem 3*itraum, mit bem mir
uns befdjjfiftigen, bie oben ermähnten SBorauSfefcungen ber Anwenbung
beS AbftnbungSfpftemS oorgelegen Ijaben, fo fommen mir im wefent*
lieben }u einer oemeinenben Antwort. _ Am beften war eS nodf) mit
ber ©elegenljeit }u anberweitiger Unterfunft beftellt.
S)enn wenn aud> baS 3unfta>efen Unb ber gronbienft ber Setätigung
ber ArbeitSfraft in ©ewerbe unb fianbwirtfd&aft geffeln auferlegten,
fo waren bie ©ölbnerljeere unb bie Älöfter imftanbe, ganje SWaffen
— 262 —
Don fieimatlofen in fid^ aufzunehmen, dagegen befanb ft<£ ber
bäuerliche ©runbbcftfe nodj> ju fe^r in naturalmirtf<$aftli$en
SBerfjältniffen, als bafc bie Slbfinbungen in ©elb betn Über*
neunter nid^t Ratten gcfä^rlid^ werben fflnnen. 2)er Sauet pro*
bujierte im wefentltd&en nid^t für ben SWarft, fonbern für ben eigenen
SJebarf. 3Me ©mäljrung einer grofeen gamtlie begegnete ba^er
oer&ältniSmä&ig geringeren ©d&wierigfeiten als bie Erlangung ber
nötigen ©elbfummen jur 2lbfdfjidf>tung. SDaju fommt, bafi ber Sauer
aufrieben war, wenn er oon betn ©rtrage beS 83obenS, ben er 6e*
baute, leben tonnte, an bie &erauSwtrtf Haftung eines ÄapttaljinfeS
ober gar einer ©runbrente würbe nidjt gebaut. Selbft ber Srtoerb
eined Sparpfennigs würbe nidjjt ins Sluge gefaxt S)er Sauer §atte
oor Stugen, bafc er feine bejahrten Altern verpflegen muffe: alfo
fönne er int Ijoljen älter baSfelbe von feinen Äinbern verlangen.
Sei ber SluSetnanberfefeung ber Slnfprfid&e an baS ©ut inner-
halb ber $ami(ie famen faft alle oben befd&riebenen SBege in 2ln*
wenbung: bie Teilung, baS patriardfjalifd&e unb baS SlbfhtbungS»
fpftem. 2)aS bagerifdjje Sanbredjjt oon 1616 fagt XL 1: „SBenn
33ater ober Sßutter o&ne ©efdfjäft [b. l>. o&ne lefetwtttige Serfügung]
mit %ob vergeben unb hinter i^nen e^elidje Äinber oerlaffen, bie«
felben Ätnber erben all tyr $bab unb ©üter jugleidf)." 5Die jtinber
Ratten alfo gleid&eS Erbrecht, eS beftanb feine Snbioibual*
fufjef fton. 35aS &auptbefi$tum ber bäuerlichen gamilie, baS Bauern-
gut, tourbe aber tatfädf}li<| nid&t geteilt, fonbern oon einem Äinbe
in ber SBeife übernommen, bafe bie übrigen ©rben für tl>re Stafprüdje
abgefunben mürben. 35aS Sor^errfd^enbe mar alfo baS SlbfinbungS*
fpftem.
©emöljnlidfj 1 wartete man mit ber Übergabe nidjjt bis jum £obe
ber ©Itern, fonbern menn bie Sefifcer fd&madfj unb ru^ebebürftig ge-
roorben, iljre Ätnber fcerangewadjjfen waren unb betraten wollten, fo
fibergaben jene „me^r unb befferen SRufeenS, 9tu&e unb ©elegenljett
falber", wie ber 2luSbrud etwa lautete, if)t ©ut unter Sebenben
bemjenigen Ambe, baS jum SWad&f olger beftimmt war. ©ine Siegel,
bafe baS ältefte ober Jüngfte ftinb baS ©ut erhielt, läßt ftd& nidfjt
aufftellen. 3$ benfe, bafc bem Ätnbe übergeben würbe, baS um bie
3eit, ba bie Umftänbe für bie Übergabe fprad&en, eine ©l)e einging,
oorauSgef efct , ba& baS igeiratSgut beS anberen ©(jetetlS ben @r=
Wartungen ber Übergeber entfprad&. 3roH^^ ©0&n unb 2;o<$ter
1 3unt folgenben »gl. Anfang VII.
— 263 —
tourbe fein ttnterfdfjieb gemalt. $ie Übergaben an £odjter unb
SEodfjtermann ftnb ebenfo fjäuftg wie bie Übergaben an ©ol>n unb
©dfjnriegertod&ter.
3Me Slbfinbung ber toeidfjenben ©cfd^toiftcr befte^t in ber
SluSfleuer unb in einer ©elbentfdfjäbigung. 2)ie SluSfieuer ber
©dEjtoeftem enthält getoö^nlidjj Settfertigung (33ettftatt unb 33ett*
getoanb, b. lj. Sßolfter, Unterbett, Xeppidfj; ein IjärbeneS unb ein
roerd&eneS Sßaar ßeiladSi), £ruf)e unb Äul) ; mandfjmal ift audfj @^ren-
befdfjnetbung (gefttagSfleib) unb iQoljtoerf (SBoljnungSeinrtdfjtung)
babei1. 3Me SluSftattung ber 33rüber ifi einfacher, geroö^nlid^ wirb
nur eine Ruf) gegeben, manchmal aud^ ©^renbefd^neibung. 3U*
SluSflattung gehört aber audfj ba3 (troäene) SjodfoeitSmal}!, fafo*
p^emiftif<$ „SRorgenfuppe" genannt.
9Die ©elbentfdjäbigung ber ©efdfjtotfter (SttbfiubungSgelb)
ift getw^nlidfj „$u betrat ober anberer e^e^after SRotburft" ju ent*
rieten, manchmal bei (Srreid&ung eines beftimtnten 2llter3 ; aber audjj
bie germanifdfie grift von Safyx unb £ag fommt oor. 2Benn ein
©rbe fein ©Iterngut nadfj betn SBerfaHtermme in ber &anb be8
^Pflichtigen beläßt, fo Ijat e§ biefer ju oerftdjjern (mit iQppotljef) unb
ju oerjinfen.
2)er Überne^mer £at ferner feine jüngeren ©efdfjioifier, „btö fie
tljr 33rot felbft geroinnen fönnen (big jum 12. SebenSjaljre), mit aller
Stotburft ju verpflegen unb in ß^re ©otteS ju erjieljen".
@nbli($ ift ju bemerken, bafe bie lebigen ©efdfjroifter ein lebend
längttdfjeS &erberg3red&t beim ©ute tmben.
Sluf ©runb biefer ©egenleifiungen be3 Übernel>mer3 oerjtdfjten
bie übrigen ©rben enttoeber im ÜbergabSoertrag felbft ober in einem
befonberen SBertrag („Serjid&toertrag") auf üjre Stnfprüd^e am
elterlichen ©ute.
2)af$ ber junge Sauer bie auf bem ©ute laflenben ©Bulben
übernehmen mufi, oerftelit ftdj) oon felbft. @r f)at bie ©djjulben,
„wie e$ bei einer ober ber anberen ftattfinben mag", b. t). nadfj ben
für fie geltenben Seftimmungen über Jtünbigung unb Tilgung ju
bejahten.
Aber audfc bie Übergeber muffen roeiter leben. 3)a audjj fie
einen änfprud& auf ba$ ©ut Ijaben, unb fogar ben erften SKnfprudfj,
fo muffen aud(j fie abgefunben werben. Sludfj biefe Äbfinbung befielt
1 3Ran benfe an ben bur$ $a§(rei4e Abbildungen Mannten »bapertfäen
Brautoagen".
— 264 —
in ©elb unb Naturalien. £ie alten 33auer3leute bebingen fid& ent=
roeber im ÜbergabSoertrag ober in einem befonberen SBertrag einen
SluStrag1. 2>er 2lu£trag befteljt im &erberg3redfjt unb in
•ftaturalreid&niffen. ©ie SKuSträgler Ijaben Slnfprudj auf einen
„Sßinfel in ber ©tube" unb auf eine ßammer, fyäufig audfj auf
befonbere SRäume jur 2tufbematyrung ifjrer &abe.
Sie SRaturalreid&niffe jerfaffen in tägliche, rood&entlid^e,
vierteljährliche, jafjrlidfje ufro. ©ie befielen in jäJjrlidfjen Sieferungen
t)on ©etreibe (SRoggen, 2Betjen, &afer, ©erfle), mertelja^rlt^en üon
Shttterfdjmalj, toödfjentltcljen oon ßiern, täglichen Don ÜRitöj. SJfandj*
mal §aben bie Übergeber audfj am Dbfi, fotoie an ber ©dfjladjtung
Anteil, &äufig femer wirb baS 9ted)t ber SDHtbenüfeung oon ©alj,
Äraut, iQolj, Sid&t unb Äüdfjengefcljirr auSbebungen. aber audj
Dberfleibung, befonberS ©djulje, f)at ber Sauer feinen ©Item ju
liefern; jur 33efdf)üffung ber Unterfleibung bient bie SBerpfUdjtung
be3 Übernel>mer3, alle Qatyre ein beftimmte8 Quantum &aarlin ufro.
für bie Sitten anjufäen.
häufig tmrb bebungen, bafc bie jungen Bauersleute bie 2lu3~
trägler „bie tägliche ßoft ob bem £ifd), fo gut fie fie oon ©Ott bem
2llImädSJtigen l>aben werben", mitgeniefeen laffen foHen. S)ie SRatural*
reidjjniffe bienen bann „jur Sefferung", „jur 3u&u&e"/ "Ju vxtfyctt
Unterhaltung" ufro. Seltener ift, ba§ bie Übergeber nur bie Äcfl
am £ifd& Ijaben, oljne weiteren SBfafpruclj auf Sieferung oon SebenS*
mittein.
©eroöfjnlidj behalten ftd^ bie Übergeber befiimmte ©runbflüde
(Scler, SBtefen, SWüben= ober Ärautfelber), Dbftbäume, eine Ruf) ufro.
oor („Sluänaljme"). 3U* @rnäl>rung ber Äul> bient l)äuftg ein
Slnteil am ißeu, ein SDitttüeibcrcd^t ufro. 3Me aufgenommenen ©runb=
ftücfe Ijat ber Überneljmer, feltener ber Übergeber, px beftellen.
SBenn oon ben Übergebenben ©Itern ber eine ©Iternteil ftirbt,
fo fd&rumpft ber 2lu3trag geroöljnlid[j oon felbft auf bie igälfte feinet
urfprünglidfjen SetrageS jufammen. ©inb bei ber Übergabe bie
©rofceltern be3 Überne^merS nodfj am Seben, fo unterbleibt bie
©ttpulterung eines 2tuStrag$ jugunften ber Übergeber, ©er 3tu3trag
1 Sgl. ©djmtb ju ©antpr. II 24 n. 3; w. . . n>a$ ift im ganzen Sanbe
meljr gerooljnlid), aI3 bafj bie Untertanen, gemeine Bürger unb Sauern ober
^anbroerföteute iljre SBerfftätt, $öfe, GJüter, Siedet unb ©erec^tigfeiten üjren
Ätnbern ober einem berfelben bei i!)ren Se&jeiten übergeben, mit SJorbe&alt eines
9lu8trag3 ober bebungener ^frünbe?"
— 265 —
roirb bann erft nadj bem £obe be3 alten Sauern, „nadj grunbljerr*
lid&em Äonfenä auf guter Seute SWat" feftgefefct.
2)ie ©elbentfdjäbigung ber Übergeber wirb gemeiniglidj 3 e § r *
Pfennig genannt. 35er 3e§*Pfenntg bient bem Srtamen nadj jur
SBerf orgung ber Übergeber mit benjenigen SBerbraudjSgtttern , bie fie
nur int £aufdjt>erfeljr erlangen fönnen. Qn 2Btrfli$feit (teilt er oft
eine förmlidje Vergütung für bie Abtretung be3 ©uteä bar1. 3)er
gefjrpfennig ift nadj unb nadj, „wie bie Übergeber feiner bebürfen"
ober in Jahresraten (mit ober oljne Slnjaljlung, lefetere fofort, nadj
ber fiodjjeit be3 Überneljmerä) , ober binnen ftcfyx unb %a$ ju be*
jaulen unb auf längeres Jnneljaben ju oerjinfen. 3)er alte Sauer
f cum ben Beljrpfennig „ ju feinem eigenen -Wufeen oerroenben", er barf
„bamit Ijanbeln, nrie er will".
fiäuftg enthalten bie Übergab3oerträge audj Seftimmungen über
bie SB ererb ung ber „21u3naljmen" unb be3 beim £obe be3 Über*
<jeber3 tttoa nodj oor^anbenen Stfprpfcmüsä- ©ann bienen biefe
SBermögenSbeflanbteile mitunter baju, etwaige gärten ber Übergabe
befthnmungen ju befeitigen. £)a3 33ett ber alten Sauern erhält
ßeroöljnlidj ber Überne^mer, er §at aber bafür bie SeerbtgungSfoften
ju tragen.
©ämtltdje oom Überneljmer ju leiftenben bejro. gefdjulbeten
(Selb betrage (©utef dfjulben , SlbftnbungSgelber, S^^f^^S) Silben
bie „Ü b er g ab 3f um me". iJHdjt in ber Übergabäfumme begriffen
tfi alfo ber eigene ©rbteil be8 ÜbewefjmerS. SMefer wirb überhaupt
tn ben ÜbergabSoertragen toeber beregnet nodf) auSgefdjieben, bie
ÜbergabSfumme ift eine rein redjnerifdje ©röfee.
häufig finb bie ÜbergabSoerträge fo gefafct, bafc nidjt bem Über«
nefjmer, fonbern bem Übergeber bie Seja^lung ber ©utsfdjulben unb
ber (im Vertrage nadj Slnjaljl, Slrt unb ©rö&e feftgefefcten) 9lb*
finbungSgelber aus ber ÜbergabSfumme obliegt. $)iefe Sefonber^eit
Ijat für uns natürltdj feine Sebeutung, benn für bie materielle Sage
beS Überne&merS ift e$ gleidjgülttg, ob biefer bie ©utsfdjulben unb
2l6fmbungSgelber bejaht, ober ob fie ber Übergeber aus ber bann
effeftto ju leiftenben ÜbergabSfumme bejaht.
Daoon ift ber %a\L ju unterf Reiben , bafc im ÜbergabSoertrag
eine @rbau$einanberfefcung überhaupt md)t ftattfinbet, fonbem ber
Übergeber bie äbfd&idjtung ber ©efdjnnfter be« ÜberneljmerS , iljre
1 9U8 eigentliches 3e§ra.elb ober Eafäengelb bient Qfiufig ein im BuStraa.
vereinbarte* Duaiemoergelb oon 15 fr. ober bergleic$en.
— 266 —
Sefriebigung für iljren ©rbtetl ftdfj oorbe^ält. Storni fiettt bie Uber=
gäbe bot: 1. bie Stbf d^id^tung be$ ÜberneljmerS, 2. bie
Abtretung be*@ute£ anben Übeme&mer gegen eine Vergütung,
welche bie (Srbteile ber übrigen ßinber in fidfj fdjlie&t. 2)ie beftmtioe
Grbregulierung finbet bann geroöljnlidfj erft naä) bem £obe ber alten
Säuern fiatt. (3u biefer Äategorte non ÜbergabSoerträgen geboren
bie -Kümmern 4, 5, 6, 7, 14; nielleid&t aud& bie SRummetn 8, 11,
1(3, 22, 23, in roeldjen Verträgen toeidjenbe Äinber überhaupt nid(}t
ermähnt werben.)
Sie ÜbergabSoerträge enthalten geroö&nlidjj audjj bie Äonjtatierung
be$ grunbtyerr lidjen StonfenfeS, f onrie bie 33eftettung einer © e n e r a I -
^rjpot^ef jur ©td&erung famtlid&er nom neuen Seftfcer über-
nommenen 33erpfttdfjtungen.
©djjon du« biefer überfielt über ben Qnljalt ber Übergabe
vertrage erfennt man, mit roie trielen Sßräftationen ba$ Sauern*
gut bei ber Übernahme belaben mürbe. SBenn bie oerfdfjiebenen
©enerationen ein jctyeS ütben Ratten unb niete Jtinber oor&anben
roaren, fo lonnte leidet eine gebetylidfje 2Btrtf<$aft an ber Übermenge
ber Qnbinibuen f Reitern, bie in einer ober ber anberen 2Beife t)om
©ute leben ober jel>ren wollten unb mufften. 3)ie austrage unb
ausnahmen, bie 3c^rPfenn^8e un^ mütterlichen fceiratgüter, fonftige
SBerpflid&tungen jur Alimentation, bie SluSjtattung unb ©ntfdfjäbigung
ber ©efdfjroifier, etroaige auf bem ©ute ru^enbe alte Slbftnbungen
(ber ©efd&tmfter be3 Übergeberg), bie Äoften ber Übernahme feibfi
bilbeten, ba ber (Srtrag beä ©uteS ji$ nid&t nadjj Seiteben fteigem
liefe, ein fel>r roenig elaftifd&eä 33anb, ba« bie SebenSljaltung be3
Übemel)mer8 er^eblidfj emfd&nfiren fonnte. 3)iefer burfte oon ©lücf
reben, toenn feine grau ein fo grofee3 & ei ratgut in bie <£l)e
braute, baf? er ftdfj eine« beträdfjtlidfjen Xei(3 ber auf iljm laftenben
Verpflichtungen entlebigen lonnte. 3)a8 &etratgut mürbe oon ben
aSerraanbten ber grau geroötjnlidj) nadjj einer bebeutenben 2lnjat)lung
in grtften1 entrichtet. 2)ie igeiratgüter unb bie ©rbteile ber Über*
ne^mer bilbeten ba$ eigene Äapital ber bäuerlichen SBirte unb bie
©runblage ber aßirtfd&aftsffityrung.
SEBir fommen bamit oon felbft auf bie roid&tige, ja für ben ©rb=
regulierungSfrebit entfdjjetbenbe grage nadjj ber ©röfce be3 6rb*
teils be8 Übemel>mer3. igat ber Übeme^mer einen glei<#
1 @8 fommt aber auefj vov, bafe ba3 §eiratgut nad) bem ©(jeoertrag ein«
fad) »na$ unb naefc1' ober „binnen 3>a§r unb Zqq" gu teiften ift.
— 267 —
grofeen ©rbteil erhalten tote feine ©ef djtoifier , ober l>at er txn fo*
genannte^ „SBorauS" erhalten, ober fjat er weniger ermatten, toeil ber
Vorteil in 2lnfd^lag gebraut tourbe, bafc er fid^ fojufagen in ein
getnadfjteS 83ett legen fonnte? ttnfere SBriefprotofoHe geben barauf
feine beftimmte Slntroort, ba fte meber ben Sßert be3 ©uteS nodj bie
©rdfee beS @rbteitö be$ Übernel>merS angeben.
3nbeffen läfet ftdj bodj aus geroiffen äfajeidjen folgern, baß bie
n>eid>enben (Srben in ben ÜbergabSoerträgen fetneSmegS ungänfiiger
gefteHt würben, al$ ber ©ut$übernel>mer. 2lbgefef>en oon et nj einen
barauf Ijimoeifenben Sefttmmungen ber oon un$ exzerpierten unb im
folgenben abgebrudften ÜbergabSoerträge l [äffen biefelben nämlidjj
überhaupt ben negatioen ©djlujä zu, baß bie gleidje Se^anblung
fämtlid&er ©efdjtoifter Sitte mar. SBenn ber @ut$fibernel>mer einen
SBorauS befommen Ijätte, fo Ijätte biefeS ftdjerltdfj in einer ober ber
anberen SEßeife in ben ÜbergabSoerträgen jum SluSbrud fommen
muffen, benn toie mir fe^en werben, ge^en biefe bei ber Siegelung
ber aus ber ©utSübemaljme fid) ergebenben rechtlichen Beziehungen
fe^r ind detail. !Wun ergibt fidE) aber eine Segünftigung be$ ®\xt&*
übernelpnerä, eine 3urü<ffeftung ber meidjenben ©rben gegen il>tt aus
feiner ©teile ber ÜbergabSoerträge mit SetoeiSfraft, fonbern biefelben
madfren im ©egenteil auf ben Sefer fämtlid^ ben ©tnbruef, baß bie
©leiclftett ber Erbteile oon ben Kontrahenten mit peinlicher ©e*
nautgfeit getoaljrt mürbe.
2)a3 tatfädjli<$e ©röfeenoer&ältniS ber Erbteile jueinanber mar
alfo nid&t tmflanbe, ein ©egengemidjt ju bilben gegen bie abfolute
©röfee ber baS ©ut oon ber Übernahme an belaftenben 93er-
pflid&tungen , bie üblen golgen ju milbem, bie fi$ für ben 3uftan*>
be3 ©uteS unb für bie 2eben$l>altung be3 ©ut3übemeljmer$ aus ber
3trt ber Vererbung ergab. äfaberfeitS l>inbert uns ber SWangel be*
ftimmter angaben betreffenb bie ©röfee beS ©rbtcitö be$ ©ut$*
überne&merS in ben ÜbergabSoerträgen, bie 3Serf<J)ulbung beS ©uteS
burd) bie ©rbregulierung im einzelnen ju beregnen, dagegen
feljlt und nidjt jebe 9Rögli<$leit ju einer fummarifdjjen Be-
urteilung biefer 33er(jältmjfe. Senn au£ ber ©röfee be« ©ut£«
ütoentarS, namentlich beS lebenben, au£ ber $ölje ber auf bem ©ute
lajienben ©Bulben, au$ bem Setrage ber oon bem Überne&mer an*
geheirateten SKitgift, au$ ber &öl>e be$ &anbloljn3 laffen fi$ man<fc
mal 6<$lüffe sieben auf bie ©röte, ben 3uf*an& unb bie
Die Jöemerhmß 6. 235 unten iß au$ Ijier$ec ju besteuert.
— 268 —
@rtrag$fäi>igfeit be$ ©ute$, fowte auf bic SWittel, bic
bem Übemel)mer t>on ber Übernahme an jur Serfügung fhmben.
S5a wir nun bie fiö^e ber SRatutalreidjmff e , fowie bcn Setrag ber
©elbabfinbungen fennen, fo ftnb wir in ber Sage, bei manchen ©utS-
übergaben bie ©d&mere ber auf bem ©ute lajtenben äSerpflid&tungen
unb ben ©rab ber burd) bie Übergabe herbeigeführten 58erf<$ulbung
annäljernb fd&äfeen ju fönnen.
I. ©röfee be3 lebenben SnoentarS angegeben.
2)arau3 lägt fid& bie ©utSgröfce unb barauS bie relative &ö^e
ber SBerfd&ulbung burdfj ©rbregulierung, fowte bie
Sage be3 ÜbernelimerS annäfjernb beurteilen.
1. ©rofjeS ©ut; Diel Jtinber. 3)ie »elaftung beä ©ute« burdfj
Slbfinbung ber wetcfjenben ©rben tfi, weil baS ©ut fdjjon oerfdfjulbet,
unbebeutenb, farot aber bodfj, eben wegen ber Ijo^en allgemeinen 3?er=
fdfjulbung, redfjt brfidtenb wirlen.
galfenftein, Übergabsbrief vom 20. 2Rfirj 1657. ©. £., 3Reier
ju SB., unb Ä., fein @l>eweib, übergeben iljrem ©o&ne £anS tyr
SWeiergut famt $al)rntS, barunter 4 Sßferbe, 4 Äfilje, 16 gungrinber.
Übemeljmer l)at für bie Übergabe 1450 fL ju bejahen. 3)aoon
f ollen folgenbe ©laubiger ju 1024 fL inSgefamt befriebigt werben
(©dfjulbenoerjeidfjniS 3lx. 1 oon ©. 242). %txntx tun bie
Übergeber iljren Äinbern auf if)x oäterltcljeS unb mütterliches ®rbe
folgenbe Slufmad&ung : einer verheirateten £odfjter 50 fL, einem ©ofjn
unb einer £od&ter je 40 fL, trier weiteren £ö$tern je 30 fL, fünf
weiteren ©öljnen, „ftntemal fold^e no<$ Hein unb unerjogen", jebem
20 fL ©umma 350 fL Sie (einfache) SluSflattung &at ber Ü6er=
neunter ^erjurid&ten. 3)er Überreft wm ben 1450 fL (76 fL) bleibt
ben Übergebern al« 8tffq>faixA$. SfaStrag.
Sntereffant ift eS, bie 20 Saljre barauf erfolgenbe neuerliche
Übergabe beSf elben ©uteS von bem Überne&mer auf beffen %o$Ux
unb £od(jtermann ju unterfud&en.
2. galfenftein, ben 2. STCoobr. 1678. SDie ©Bulben (© d& u I b e n =
t>erjeidfjnis 31 x. 4) ftnb im ganjen gletdfj geblieben, fte betragen
880 fL Shifterbem l)at baS ©ut nod& ©IterngutSrefte oon ber oorigen
©eneration ju tragen ju 15, 7, 30 = 52 fl., fowie ben größten £eil
beS 3^tpfennigS ju 1, nämlid^ einen Sieft oon 62 fl. SJaju fomtnen
nun bie neuen ©elbentfdfjäbigungen ber ©efdjjroifter, nfimlidjj oier
Sßerfonen, jufammen 50 fl., unb ber neue $tffq>itnm% t)on 50 fl.
%xo% ber ttngunft ber Umftänbe infolge §ol)er SBerfdfjulbung tfi bie
— 269 —
Sage beä ©uteS ntdjt fdjlimmer geworben. $xoax forberten oiele
Äöpfe itjren. Sttnteil , aber mit ber Sefdjeibenljett, bie ben prefären
Söerljältmjfen entfpradj.
3. ©rofceS ©ut, anfefjnlidje ©rbportionen. S>er 3e§rPfcnnt9/
ber aud) bie ©utäfdjulben in fid& fdjliefet, jum Seil burdjj ba3 @in=
bringen ber S^efrau be3 Übernel;mer3 gebcdEt. ©rofee 2lu3na^me.
gürforge für ©leidjfteUung ber Äinber.
@rbing, ben 10. gebruar 1640. 3B. ©t. t)on D. unb 2l.> feine
©^eroirtin, liaben mit ifjrem Soljn iganS unb feiner 33raut folgenbe
Übergabe befdjloffen : Übergeben wirb ba$ ©rbredfot auf bem ©t.=iQof
ju D., bem St. ©mmeranftift in 9tegen3burg gehörig, ferner bie
greiftift auf einem bem 33tfd)of oon gretfmg gehörigen &ofe, famt
7 Stoffen, 3 Äülien, 7 Qungrinbern. S)ie ÜbergabSfumme beträgt
2000 flv roooon 100 fl. f of ort , 600 fL £i<$tme& 1641 mit bem
&etratgut ber 33raut ju 700 fl., ba$ tyr SBater in benfelben griften
ju entrichten oerfprodjen l)at, bejaht werben f ollen; ber 9teft ju
1300 fl. ifl ßidjtmefe 1642 richtig ju madjen ober anneljmlidj ju
oerft^em unb ju oerjinfen. S)aoon Ijaben bie alten (Seeleute bie
©d>ulben unb ben lebigen brei Äinbern ifjr &eiratgut, nämlidj bem
©eorg 500 fl., ber SWaria unb ber Slnna je 400 fL, abjuridjten.
©en oier verheirateten Äinbern „fyat bteSmal nid^tö met)r gemalt
werben fdnnen, jumal fie ju bereu SBereljelidjung ju ©enägen
empfangen", ausnähme 3 §elbäcfer, 7 £agn>erf 2Biefe (baoon
V« Eagmerf frei), 2 »ifang &arb, 2 Sifang 9tüben. äuStrag:
jäfjrlid) 1 ©Reffet Steigen* Über bie Vererbung oon 2lu3na§me
unb S^fPfawifl witb beftimmt: 2Jon ben oorbe^altenen SGBiefcn be*
fommen bie älteren (oer^eirateten) brei £öd)ter l1/« Sagroerf oor*
aus, „bodj bafj fie fold^e bem Überne^mer, roenn er e$ Ijaben
miß, um 200 fl. folgen lajfen". SDen freieigenen SBieSflecf foU ber
verheiratete ©o^n erben „in 33ebenfung er gegen bie anberen
etoaä weniger eingenommen" ; im übrigen faden bie oorbe^altenen
©runbjtfidte an bie verheirateten Äinber ju gleiten Seilen. 3)ie
fiinterlaffenfd&aft an ©elb befommen bie lebigen itinber. ©eneral-
l)9P0tf)et.
4. ©rofceä ©ut, 2 Äinber, wenig ©Bulben. SDie Übergab«
fumme, au£ ber aud> ba3 anbere Äinb ju beliebigen tfi, feljr mäßig,
günftige 3aJ>lung3bebmgungen.
&mbgerid&t SBolfratS&aufen, 3lmt SBolfratSljaufen, ben 12. Stuguji
1659. ©egenftanb ber Übergabe Seutellejjen famt 3 3ugrojfen unb
6 fluten. Übeme^mer Softer unb ©ibam. Übergabfumme 350 fl.
— 270 —
Saoon ge&t ein Äirdjengelb ju 50 fL ab. ©te übrigen 300 fL in
iäf>rli$en griffen oon breimal 50 fL unb bann 25 fL SDie 3ht$=
ftattung ber jüngeren Xod&ter obliegt bem Übernehmet. ©eneral=
^pot^ef.
3tu£trag: 9>ie tägliche ftofi ob bem Xtfdjj, fo gut fte e3 oon
©ott bem 8t0mdd)tigen l>aben werben, bann jur 3ubu§e jä^rlid^
1 Steffel Äorn unb V« Steffel SBeijen, oierteljäfprlid; 3 $funb
Vutterf<$mat} unb 15 fr. ©elb ; roddf>entlid&, wenn bie §emten legen,
4 Gier; täglich, toenn oori>anben, 1 ftanne 3Kild5; ferner jäl>rlid&
Vs SRorgen Jjjarltnfaat anjufäen unb ben SWer ju bearbeiten, foroie
2 Sßaar ©d&ulje.
5. ©rofeeS @ut, Diel Jtinber, oicl ©Bulben, gleite (Srbteite,
geringe ©rbportionen, oorteityafte heiraten. — Sei biefer Übergabe
ftnb mir in ber Sage, audj) bie mit ber ßrbregulierung ju-
fammenfjängenben Vorgänge, befonberS bie burd& fte ver-
anlagten ©d&ulbaufna&men ju berüdftdjtigen. Stoburdfj er-
halten mir einen Überblidf über baS ©anje oon ©efdjjäften, bie ber
Übergang eines Bauerngutes oon einer ©eneration auf bie anbere
erforbem fonnte, einen Überbltd über bie Verlegenheiten, bie mit
ber Übernahme eines oerfd&ulbeten ShtroefenS fcfiuftg oerbunben maren.
©ämtlidje ^rotofotte ftnb oor bem &ofmar$geri$t Stinnent^al
unb ^artbaufen aufgenommen.
Hm 3. ftebr. 1687 übergeben bie VauerSefceleute 33. unb 9R. ©.
ju &artl>aufen iljren freiftiftmeife befeffenen, bem Ulrid&Stlofler in
Augsburg gehörigen $of mit gabrniS, als 5 angeföirrte Stoffe,
1 gütten, 4 9JWd>fiU>e, 3 3ungrinber, 3 »etten, 2 mit ©ifen be*
fdjlagene SBagen, 3 pflüge, 1 fcöljerne unb 2 eiferne 6ggen,
„©d&äff unb ©d&irr" ufro. i&rem ©o&ne ®. @. um 1100 fL Über*
gabfumme, in folgenber 2Beife ju entrid&ten: näd&fte ©tiftjeit 150 fL,
3afobi 1688, 1689 unb 1690 je 125 fl., bann jä&rlid& 50 fL Sit
2 SSd&ter fcaben bei tyrer Verheiratung oom @utSttbernel>mer je
1 Stuf) ju befommen. austragt jä^rltd^ 2 ©djjeffel Joggen,
1 Steffel Äern unb Vi ©d&effel ißaber, ein Viertel beS gewonnenen
DbfteS. Sßenn Überneljmer an Äirdjjioeif) ober in ber SBtnterSjeit
f<$ladfjtet, ein hinteres Viertel. Vorbehalten ferner „Ärautftucf"
unb Ruf). Übergeber Jjjaben ^älfteanteil beS &euS unb ©rummets
im ©arten unb befommen 2 ÜRefcen Sein angefat; ben Seinfamen
£aben Übergeber ju [teilen, bie Überne&mer Ijaben aber ben ge*
toonnenen gladfjS „MS an bie &ed(jel ju pufeen". SluStragSljäufel
jur Verberge.
— 271 —
©o ber ÜbergabSoertrag. ©in paar SBodfjen barauf, am
12. STOfirj 1687, nimmt bcr neue ©utöbejtfcer bei einem Sottet
fjauS in $. unter ben fjerfömmlidjen Sebmgungen gegen SBer*
pfänbung be3 £ofeS 50 ff. auf, roaljrfdjeinlid) jur Seja^lung be3
£aubemium$.
SBalb barauf ftirbt ber Übergeber. 3)al)er (SrbteilungS*
©ertrage vom 6. 3uni uub 13. Quli 1687. 3Jton ift barin
einig, bafc mmbeftenS 800 ff. ©Bulben auf bem ©ute laffen. SDie
7 ßütber (2 ©ö&ne erffer <£§e, 2 Softer unb 3 ©öljne jmeiter
<£l)e) befommen je 15 fl. Slbfutbung afe Erbanteil. 3)er SWeft
}u 199 ff. verbleibt ber SBitroe für itjre „(jeiratlidjen ©prüd&e", fte
t)at aber ben beiben ©öljnen erfter ßlje (Bürger unb $ßoftgeI)ilfe)
bereu TOuttergut, nämlidj 174 fl. unb 80 fl., in griffen aus*
juja^len.
3ur felben Seit — 13. Quli 1687 — heiratet ber Über*
neunter. &eirat*gut 650 fl.; nämlid& 200 fl. bar, ben SReft in
3a$re*frifien (1688 100 fl., 1689—1692 je 50 ff., bann fä$rlid&
25 ff.) ; »uSftattung : „e&rlidje Settfertigung", ftufc, Sungrinb. S)er
Sräutigam bringt ben&of ju. £rofe be3 83areingange3 nimmt ber
Übernehmet am gleiten £age mehrere ©Bulben auf, nämlidjj
bei obigem ©otte$l>au3 50 ff. jur 33ejal)lung be3 SaubemiumS fär
Übergang beS SRiteigentumd auf bie 23raut \ ferner bei 2 SSormunb*
fdfjaften je 12 unb 15 ff.; immer unter Serpffinbung be£ &ofe$.
3n bief en Sßrotof otten f piegelt ffd& ein gutes ©tuet © e f dj i d) t e
be3 betreffenben $ofe$ toiber. 5Der Überna§m3prei3 unb bie 33e=
fdfjreibung ber 33aumann$fal)mi$ geffatteu einen ©d&lufi auf ben
2Bert be3 Slntoefen*. S)amad^ tjanbelt e$ ftd) um einen größeren
£of, um ein Seftfetum, rote e£ unter rein bauerltd&en SSerljältniffen
aü tt>ptfd& angenommen toerben !ann. SDie SBerfdfjulbung ift eine
Ijod&grabige, fte beträgt me^r als jroet drittel be3 Überna&mSpretfeS,
©ogar jur Sejafclung eines Xeile* ber $etratöfoffen, namentlich be3
SaubemiumS, mufe Ärebit in Sfofprucb genommen toerben. ©erabe
an biefem gaffe jeigt ftdj aber red^t beutlicfc, rote brücfenb oft bie
Saubemien werben fonnten, befonberS ba fie au$ bem SBerte ber
©eredjjttgfett beregnet mürben, o^ne Serüdfid&tigung ber
barauf laffenben ©djjulben. ©egenttber ben bebeutenben
anbenoeitigen ©utSfd&ulben oerfdfjtoinben bie SlbfutbungSgelber faft
ganj. @ie betragen nur ben 11. %t\l be3 ÜbernaljmSpretfeS, ©neu
64utbbricfproto!oü ttr. 5.
— 272 —
Sidfjtpunft in biefen unerquidHt<$en 2BedE>felfäHen be$ gamiltenlebenS
bilbet bie Beirat beS ©utSüberneljmerS. 35ie ebenfalls nid&t unan=
feljnlid&en &eiratgüter bet beiben @&efrauen beS Übergebers füib
in baS @ut (jinemgefdSJuftert worben, fo bafe e$ SWülje mafyt, bie
Ätnber erfter Glje für tyre SJhtttergutSanfprüdjje ju beliebigen.
6. ©rofceS ©ut, ©ebäube jum Xeil niebergebrannt. 3 Äinber.
33ert)ältni3mä&ig geringfügige ÜbergabSf umme , bie bie SKbfinbung
ber roetdfjenben (Srben etnfdjjliefjt unb burd& ba$ JQeiratögitt ber
ß&efrau beinahe gebeeft ift. ©ünftige 3a&lung$bebuigungen. —
£©. 2Bolfrattl>aufen, Sfmt $erlad(j, ben 18. gebr. 1660. 2Bitit>e
fibergibt bem 2!omfapttel in greiftng gehörige „SJranbftatt" (2)rittel=
leljen) unb Saufölbe, nadf> £egemfee gehörig, mit 4 Stoffen,
5 Äfiljen ufm. ©oljn unb beffen ©^eiüirtin um 260 fl. Übergabe-
fumme; baoon 60 fl. bejaht, ber 9teft in Jahresraten oon 40 fl.
S)ie jroei nod) lebigen Äinber (Soljn unb £od)ter) fyat Übergeberiit
für tl>re (Srbanfprüd&e ju befriebigen, bie SluSftattung aber §at
Übemef>mer Ijerjurid&ten. SKuStrag. &eiratgut ber ©djjnnegertodSJter
gemäfe igeiratsbrief oom gleiten £age 190 fl., jo^lbar in Ja^reä-
raten ju 50 fl.
7. ©rofeeS ©ut, otele Äinber.. 2)ie Selafiung burdfj 216-
finbung ber roeid&enben (Srben erfdfjetnt, wenn man in 33etrad^t jiefjt,
ba& fd&on beträd^tlirf)e ©d&ulben auf bem ©ute rudert, nid>t
unbebeutenb. ©ünftige 3a^unfl3&ekin8un9en* Seträdjjtltdfje 2lu3*
nannte.
griebberg, ben 1. Slpril 1666. — 9K. ». non ». l>at fd&on
t)or 2 Jahren feinem ©o^ne ben &of (Sreiftift) famt 5 SRoffen um
850 fl. übergeben, roomtt „er benn au<$ feinet igetratSguteS [falber]
entrid&tet fein foH". £)iefe . Summe nrirb beglichen : burd& ftber*
laffung beS falben SBoJjnljaufeS in 2lnfd&lag von 150 fl., ©nt=
rid&tung berjenigen ©laubiger, bie ben SBorgang Ijaben, 200 ffv
3e^rpfennig 40 fl. SDer SRcft ju 460 fl. in 2 Jahresraten ju 50 fl.
unb bann in Jahresraten ju 25 fl. ißieroon §aben junädfjji bie
beiben ©öljne erfter @^e (jufammen) 100 fl. als fceiratgut unb
@rbportion ju befommen; bie aisbann üerbleibenben griften fielen
bem SBater ju, bodjj mufe er baoon bie übrigen ©d&ulben (alfo bie
gemeinen ©dfjulben, fie^e oben) bejahen unb ftd& mit ben übrigen
lebigen 6 Äinbern (roaljrfdfjeinlidfj jroeiter @f>e) beS mütterlid&en
©uteS falber üergleid&en. SluSnaljme: 2 Judjart 2l<fer, 1 £ag*
roerf jmeimä^biger 2lnger, 2 Sifang gro^e SRüben, 1 Sifang Meine
SRüben. ©eneral^pot^ef.
— 273 —
8. SRittlereS ©ut ©ie Übernaljmebebmgungen wären fefyr
günfiig ju nennen, jumal biet Viertel be$ Übevßab^fd^iUtng^ Dom
(Einbringen beS anbeten ©Ijetette gebedft erfdfjetnen, wenn ber —
übrigens nid(jt aHjugrofje — 2lu3trag md&t wäre.
2®. 2Bolfrat3l>aufen, Statt 2Barngau, ben 14. Sfyrtl 1660.
Übergeben wirb ein Seutelleljen famt 2 ^ugodfjfen, 5 äWild&fityen,
2 Sungrinbern an ©oijn unb beffen 6l>emirtüt um 270 fl., wooon
30 fl. bejaht finb unb ba3 übrige na<§ unb nad& erlegt werben foll,
jebodfj foQ Übergeber feine ©dfjulben felbfi bejahen.
äuätragSbrief oom gleiten £age: S)ie tägltd&e Äofi am Sifdj,
fo gut fte e3 oon ©ott Ijaben werben, bann iä&rtt<$ 1 Steffel
©ettetbe, barunter 1 3Refcen ßorn, 1 3W. Sßeijen, 4 3W. ©erftc ;
von ©eorgi big 3Rartini täglidf) 1 gute 2Kafe 3Kild& unb möd&entHdj
6 @ier, unb oon Söiartini bis ©eorgi 1 ßänbl 3Kildfj täglidfr unb
wddfjentlidfj 3 (Sier, quatemberlidfj 3 & ©dfjmalj unb 15 fr. ©elb;
enblidj) alle $al)re 1 SWefcen &arlmfamen, ben bie jungen (Seeleute
£auen unb bauen fallen, unb jebeä brüte $at)r 1 wollenes Äleib ju
reiben, ©eneralljgpot^ef. i&etrategut ber Sraut be3 Überne^merS
gemäfe ißeiratbrtef oom gleiten Xage 200 fl.
9. 3Rittlere3 ©ut, 2 Äinber, bie äbftnbung ber wetdjjenben
©djjwefier bebeutenb, ber 3^tpfennig jiemltdEj §od&. Sorgwirtfdjjaft.
Sie ©utäfdfjulben erfdfjeinen übrigens burdf) baS Einbringen beS
anberen ©IjetetlS gebecft.
S@. SßolfratS&aufen, Statt SBamgau, ben 11. 3funi 1660 l.
Übergabe eines 33eutelle§enS mit 2 SKutterpferben , 3 Äflljen,
4 Qungrinbern an Stodjjter unb ©ibam. ÜbergabSfumme 550 fl.
SDaoon ftnb ju enteilten: baS igeiratSgut ber anberen Stod&ter ;u
230 fl., ©Bulben 50 + 20 + 20 +- 20 -+- 50 + 10 = 170 fl.
(lauter Slad&barfrebit), baS (Slterngut einer ©d&wefter beS Übergebet
ju 20 fl. unb ber £anblol>n. 3)er SReft (ca. 100 fl.) ifl 3efjr*
Pfennig. Die SluSftattung ber lebigen Eod&ter l>at jum £etl ber
Überne&mer (SBettferttgung, ©fcrenbef djjneibung , Äul>), jum SEeil ber
Xlbergeber (fioljwerf) auSjuridfjten. SluStrag. $eiratgut beS
©d&wiegerfo&neS gemäfc fieiratbrtef oom gleiten Sage 250 flv
na$ unb nadjj }u bejahen unb jur Sefriebigung ber im Übergabe
brief genannten ©laubiger ju oerwenben.
10. SRittelgrofeeS ©ut. 3iemlidf> große bare ©elbabftnbungen.
2BolfratSi)aufen, 25. unb 26. Dftober 1660. SBttwe übergibt
ifrr »eutellefren (2 Stoffe, 3 Äü^e ufw.) ©oljn unb ©d&wtegertod&ter
1 8g(. Kn^ang VII.
tfo^en, Sai^ulbung. 18
— 274 —
um 225 fL Stamm finb 95 fL fdfjon bejaht1; 100 fL $aben bie
Überne&mer ber lebigen Stodjjter, 20 Safere alt, jur SSereljelicIjung
(otyne ßinS) in ßtben , nebft äuäjtattung ; ben 3*eft ju 30 fl. ber
Übergeberin ju tyrer allmäl>ltd&en Stotburft. 2Benn Übergeberin
ttroa* baoon Ijintertöfct , fo erben bie verheiratete unb bie lebige
Softer jufammen ein SDrtttel, ber ©oljn jroei drittel, er fyat aber
bie SegräbniSfoften ju tragen. Sudtrag. ©enerafoerpfänbung.
11. SRittelgrofeeS ®ut. 2)er grunbljerrfcljaftlid&e SluSjtanb unb
ba£ SRitgiftgetreibe beuten auf ungfinfHge tmrtfd&aftltd&e SSerljältmffe
Ijin, Sie ©elboerpflidSJtungen beS Überne&merS erfdfjeinen burdjj ba3
©(^einbringen ber grau großenteils gebedft.
SRinneut&al , ben 19. SWärj 1665. Übergabe eines §ofe£ mit
4 SRoffen an ©o&n. SDtefer oerfpridfjt, 300 fL IjinauSjugeben,
nämlt<$ an ber fcod&jeit 60 fL, bann jä&rltd& 30 fl. «leine Xu3»
nafyme. 8Ba$ bie alten 3fo3ftönbe an (Mb unb ©etreibe betrifft,
fo foQen bie jroei Steffel (betreibe ber alte unb ber junge Sauer
fommenben üjerbft mttetnanber, ben ©elbrfidfftanb oon 48 fl. aber
foü ber Übergeber allein in jäljrlid&en 9taten oon 10 fL ber Jßerr*
fdjjaft entrichten. 2lm gleiten Sage heiratet ber ©utöfiberne^nter.
Einbringen ber SJraut * 2fo3jiattung unb 250 fL, roooon*40 fL „in
©amen» unb ©petfegetreibe unb anberem" ju leiften, 210 fl. bar,
nämltdjj 60 fl. fofort („ju ©uerfdjjmalj"), bann jäfjrlidf) 20 fL
12. 2Rittelgro&e$ @ut, $au* abgebrannt, ©finftige Über«
na^mebebingungen. 2)a3 &eiratgut ber grau betft bte übernom«
tnenen ©d&ulben unb ben 3*l)tpfttmig.
2&olfrat$&aufen, 13. September 1660. SBttwe fibergibt i^r
Seutelle^en nebft 3 3ugroffen nnb 2 ftü&en („unb fonfi nid&tS,
jumal bereits cor einem 3af>r burcij ein unoorljergefeljen au3=
gefommeneS geuer §au$ unb &of nerbrunnen") ©oljn unb ©djroieger-
tod&ter. hierfür baben biefe 150 fl. fjerauäjugeben oerfprodjjen :
ben 3 unmänbigen ftinbern bei @rreidj>ung beS 12. Lebensjahres je
15 fL ; 40 fl. ber Übergeberin jum Unterhalt, unb jroar 5 fl. fofort,
baS übrige jur 9totburft nadfj unb nadfj; 65 fl. Ijaben bie ©laubiger
ju forbem. 2luStrag. @enerall)ijpot$ef. igetratgut ber SRüflber*
ne^merin (gemäfe ijjeiratsbrief com gleiten Sag): 100 fL, baoon
62 fl. bar, ben SReft binnen 3a^r unb Sag; 3lu$ftattung.
13. ÄleineS @ut. Siele ©d&ulben, 3tn$* unb ©üttrüdftänbe.
■Keue ©elbfd&ulben labt ber Unternehmer burdjj bie Übernahme ntd&t
auf fid), bagegen urirb i^m ber StuÄtrag ju f Raffen mad&en.
1 SBa§rfdjeinltc$ Erbanteil ber oer&eirateten £o$ter.
-r- 275 —
S®. SBotfrata&aufen, 8tmt SSqrogau, ben 20. SRoaember 1659.
@. 2K. vom Alan leiten befennt, bafj er feine SBaufölbe famt 1 gar
fti)ted)ten SRofc unb 2 Äüljen Softer unb (Sibam um 300 fL Aber«
%tbm Ijat. Stamm foH biefer bie ©Bulben bejahen, nämlidfj
Kapital ©ülteu
einem ©otteSljauS 50 fL 2 fL 30 fr. .
einer SBormunbfd&aft 60 „ 9 „ -
einer anberen SBormunbfdfjaft . . 50 „ 5 „ —
einem anberen ©otteS&aufe ... 10 „ — „45 „
gerner ©d&ulben an ^Privatleute ju 10, 10, 10, 5, 3 unb 3 fL
Kapital; enblidj) auSfianbige ©runbgülten ju 5 fL 36 fr. an bie
©runb&errfdfjaft. ©er 9teft von 65 fL 39 fr. ift 3e$rpfenmg. Über*
neunter Ijaben bie brei lebigen ftinber mit SluSftattung ju verfemen,
©eneratytjpotljef.
3iemlid& bebeutenber 2lu$trag: ^äljrttdj 1 SDtefcen SBeijen,
1 2Re&en 2öeijen unb ©erfte untereinanber , 1 SJiefeen ©reierlingS*
forn, wie eS ber 33au gibt, l1/« 2Wefcen ©erfte* unb 41/« SWefcen
$abermifd)ling ; folange bie SluStragSperfonen ber arbeit beiden
föimen, fcaben fie beim Übernehmet bie tägliche Äoft ob bem Xi\$ ;
bie 2tu3trag3leute befommen ferner täglich im ©ommer 1 2Ra&, im
Sßinier 1 Ranne 9Rild& ; ftraut unb 3?fiben bärfen fie nadfj SRotburft
nehmen unb 2 ßirfcfc, 1 Sfyfel* unb 1 Birnbaum für fi<$ benufcen.
Übernehmet jjat i^nen jä^rüd^ 5 Sßrientmefcen &ar(infaat an§u=
fäen unb 2 Sßaar ©<$ul)e jujuftellen. 3)te alten behalten ferner bie
SBofymmg in ber Stube unb, jur Siegerftatt foroie }um Stuf enthalt
i&rer ©ad&en, bie mittlere ftammer.
14. jtteine* ©ut. ©rfjeblid&e ©elbabftnbung , aber günftige
3af)lung$bebmgungen. SMäfeiger äuätrag.
9Knnentt>al/ 4. 9iooember 1686. SBitroe £. übergibt Ujr ©ölben*
fylii*<$en, baju in jroei gelbem je 1 Qudfjart unb im britten gelb
1 2 3ud&art, ber fcofmardfjfjerrfd&aft fiift* unb gältbar, nebft 2 Äußert
unb 1 Qungrinb Eod&ter 2Raria unb ©djjroiegerfoljn gegen 200 fl.
ftbergabfumme. 33ar 50 fl., bann jäl)rlidj> je 15 fl.
Xuätrag: 2)ie Übergeberin &at Bei ben Übernehmen! jeitlebenS
bie §erberg, femer $olj unb ßtdfjt ju beanfprud&en, ober, wenn fie
fid) ntdjjt beieinanber vertragen, ftatt bejfen jaf}rtt<$ 3 fl. SBenn
eined von ben gmei ganjen 3ud&art über SBinter angebaut ift, fo be*
fommt bie Übergeberin 2 SRefcen Joggen, wenn aber nur ba8 Ijalbe
3udfjart, befommt fie md&tS baoon. gerner fyat man i&r ju geben:
Jfyrlidft 4 Sßfunb ©d&malj, mdd^entli^ 1 2Rafi Sßitd&, ben britten
18*.
— 276 —
£eü be* Dbfie*/ am Sonntag bie Eier, nad) Slotburft SRfiben. Xit
lebige Xod&ter befommt oom übernehmet iljre ShiSßattung. 3Ba«
Übergeberin an ®elb fcinterlä&t, befommen nur bie (brei) roetd&enben
Äinber.
15. Äleine« @ut, 2 Äinber, 3e&*Pfenn*ß unb Slbftnbung ge*
tingfügig.
2®. SBolfratS&aufen , »mi fcaning, ben 29. Oftober 1659.
fibergeben wirb ein ©ölbenljäuSl famt Jtul) an ©olpt unb ©djnrieger^
todjter. 3)iefe foflen al« Übergabfumme 45 fl. binnen %al)v unb
Sag J>erau«bejal)len unb ben Übergeber unb feine @^emirtin mit
Äoft unb Äleibung nad& SRotburft unterhalten. SHe lebige ^odjter
^at au£ bem fibergabfd&itling ju tyrer Sebfirftigfett 20 fl. unb auf
Slbleben i&rer ßltern beten S3ett unb »ettflatt ju befommen.
IL 3)te Sage be« Übeme&mer« tfi&t fidj au3
anberen Stnjeid&en, al« sub 1 angegeben, annäfjemb
ermitteln.
16. Übernetjmererbteü angegeben. @ut«roert (Über-
gab«pret«) !ann ba&er beregnet werben : ßrfterer betragt ettoa 2/s be3
lefcteren. 2)ie jungen 33auer«leute treten alfo mit einer @djulben=
lafl oon 8/s be« @ut«roerte« bie Sßirtfdjaft an.
ßrbing, ben 3. Stooember 1644. *ß. übergibt feiner Softer
unb beren (Seemann feine SReierljube, ^retftift, bem ßlofler grauen*
d&iemfee gehörig. „3u fdjwlbiger SSergleidjung beffen mfiffen bie
Überneljmer bem [alten] Sauer Aber 700 fl. ber Xofytx geregnet
&eiratgut no<$ eine ©umme ©elbe«, benanntltdj 1100 fl., &erau£=
geben", b. I). binnen $af)i unb £ag bejahen ober auf längeres
^nne^aben üerftd&ern unb oerjinfen. 3)ie ©djjutben bleiben bem
Übergeber, ©eneral&tjpotljef.
17. ©änflige 33er^ältniife. 3roet ©ö&ne. ©leidjeßrbteile.
S)ie alten beanfprud&en feinen befonberen 3e*Wfenntß* 2)er 2lb=
ftnbung«betrag ifl jur &alfte bereit« getilgt.
2Bolfrat«l)aufen, ben 23. Juli 1744. ©ölbnerSeljeleute über*
geben tljre SBaufölbe iljrem ©o^n Slnton um 800 fl. „woran Ujm,
Übeme^mer, als ein affignierte« unb oerroilltgte« ißetratgut abgeben,
mithin jugute fommen, 400 fl." 200 fl. bejaht, 9teft ju 200 fl. in
brei Jahresraten. SuStrag unb SluSna^me befd&eiben. S)er nod»
lebige ©oljn Jofef l)at, roenn er nid&t bei Sebjeiten ber Eltern ab*
gefdjid&tet („ausgesteuert") mirb, au« ber SBerlaffenfdjaft berfelben
feinen ©rbteil ju 400 fl. im oorauS ju forbern.
18. 3temlidj Heine« ©ut. (SDer SSert ergibt fidj au«
i
— 277 —
ber $ö!)e be$ &anbloljne$.) SWS&ige SSerfd&ulbung. 3)er alte
Stauer f)at jum jnmten 9Rale oorteilljaft geheiratet. SSiel Äinber.
kleine SBatergfiter. Sefdjeibener 3e^rPfenn*8* ®°$ 3Jtuttergut bleibt
auf bem $ofe liegen.
fjalfenfiem, ben 6. Utoüember 1685. Übergabe eines SeibredjteS
<in ©o$n 5ß. [erfter @&e]. Siefer übernimmt bie ©djulben ju 95 fl.
<©d>ulbenoerjeidjnU Sir. 7) unb ba3 fceiratgutfjaben feiner
(Stiefmutter ju 120 fl., gibt ben brei Stödjtern erfter 6^e il)r 3Rutter*
gut oon je 17 fl. = 51 fl. fjinauS, ftnbet bie a<$t lebigen Jttnber
beiber 6ljen für iljr Satergut mit je 14 fl. = 112 fl. unb bie t>er*
heiratete £o$ter mit einem SBatergutSrefi oon I2V2 fl. ab, bejaht
ba3 Setbgebinggelb von 30 fl. an bie ©runbljerrf djaft * unb bem
Sitten 30 fl. als 3e$rpfenmg. SluStrag.
III. 3n ben folgenben ÜBergabSoerträgen (9ir. 19—26) lägt
fu$ jroar ba3 5Berl)ältntS ber (SrbregulierungSfdjulben jum ©utSroert,
foroie bie materielle Sage beS ©utSüberneljmerS mangels ÄenntniS
beS ©utSroerteS unb beS ©rbanteilS beS ÜberneljmerS nidjt feftftellen,
u>of)l aber baS quantttatioe SBerljältniS jroifd>en ben
(SrbregulierungS* unb ben fonftigen ©utSfdjulben.
S>a3 ©rgebniS: SBiel ©Bulben, üeine ©Iterngüter,
mäßige 3*&*Pfettnt8e- $i* SlbfinbungSgelber finb aber roaljrs
fdjeinlid) nur wegen Ijotyer allgemeiner SSerfd&ulbung fo unbebeutenb.
<Sben wegen biefer SBerfdjulbung ift oermutlidj) bie Sage ber ©utS*
Aberneljmer trog ber ©eringffigigfeii ber Slbftnbungen (eine be-
friebigenbe, fdjleppen ftd) biefe trog tljrer ©eringfügigfeit junt Seil
Don ©eneration )u ©eneration.
19. galfenfiein, 3. 2Kai 1625. Seeleute übergeben tyrem
©oljne ©g. unb feiner 33raut iljre Seibgebinggere^tigleit. Über«
neunter Ijaben in Slnredjmmg auf bie Übergabfumme ade ©elter,
Summa 630 fl., ju bejahen, ben anberen fed)S Äinbem (fünf
9Räbd)en, ein Änabe) als (glterngut bei iljrer Verheiratung je 20 fl.
famt äuSftattung ju geben unb ben Übergebern „jur 3u&u&e" 30 fl.
in Jahresraten oon 2 fl. [3*to>fennig]. SluStrag.
20. galfenftein, 15. SRooember 1657. ©egenftanb ber Über-
gäbe ein £eibre$t, Überneljmer ©o&n, Übergabfumme , 474 fl.
SDiefe fegt fid^ gufammen roie folgt: Sefteljenbe ©Bulben 344 fl.
(SdjulbenoerjeidjniS 31 r. 2), alte SlbfinbungSgelbrefie 50 flv
1 7Vi°/« au* 400 fl. Übergabfumme na$ Kbjug beS $anbto$n« unb be*
CrbanieUS bet Übernehmet*. — Übergabfumme 450 fl.
— 278 —
Stbfinbung ber SdSJwefter 80, Se^Pfe,mtg 50 fl. Übernehmet t)A
feinet ©dfjmefler audjj SluSflattuhg ju geben. 2(u3trag.
21. galfenjtein, 17. 3uni 1678. 3Bitwe fibergibt tf>r ber
fcetrfd&aft %. gehörige* ©ut intern ©oljne gegen Slbrid&tung ber
©Wubtger, beten gotberungen (©djulbennetjeid[jni$ Sir. 3»
172 fl. betragen, Übernahme alter SbfinbungSgelber mit ben {>ol>m
©eträgen 40, 75, 100 fl., »eja^lung oon 70 fl. im ganjen au
fämtlid&e Äinber ber beiben @^en. 3)en fcödfjiern aud) SluSftattung.
äuStrag.
22. ftalfenftein, ben 14. SRfirj 1684. Übergabe einer Seife
gered&tigfett an Xodjjtet unb ©dj>miegerfol)n. Übergabfumme 600 fl.,
nämli$ übernommene ©Bulben 479 fl. 24 fr. (© 6) u I b e n =
t?erjeidjni$ 31 x. 6), alte 3^tpfennige unb SlbfinbungSgelber 10,
20, 20, 12, 5, 5, 2 fl. = 74 fl., neuer 3e$rpfennig 46 fl. 36 fr.
= 600 fl.
23. galfenflein, oljne 2)atum, aber jebenfalfö jnrifd&en 20. 5D?är$
unb 15. Slpril 1684 aufgenommen, (Seeleute übergeben Ujr ber
©runbl)errfdjjaft ju galfenftein gehörige« ©ut iljrem ©ofyte. 3>a=
gegen foH Überneljmer bie ©Bulben (©dfjulbennerjeidjnis
3? r. 5) im SSetrage t)on 424 fl. 39 fr. jafjlen, feiner SRuttet Satbara
iljt £eiratgut oon 90 fl. fjerauSgeben unb feinen ßltern einen $tl)x*
Pfennig oon 80 fl. entrid&ten, unb jmar 40 fl. nad) feiner ^odfoeit,
ben SReft oon 40 fl. „über 3fal)r unb £ag, nadfjgeflalt er ben 33ater
galten mürbe, nadf) unb nadfj, wie er e$ tun faun, ja gar iljn ge*
fd&enft ju befommen, wenn er e$ um ityn [ben SBater] oerbient".
®er gnäbige iQerr f)at nodfj einen alten 2lu$fianb oon 40 fl. ju
forbern, biefen tragen Sßater unb ©ol>n gemeinfam.
Sebeutenber 3tu$trag: 3)ie beiben 2Uten fyabtn fidfj a\i$*
genommen bie £erberg, ben SHfdfj, fo gut ityn bie 3nPfe^ uon ©Ott
ju geniefeen fjaben merben, ferner ju einer Sejferüng jätyrlidjj 3 Sftegen
SBeijen, 5 SKefeen Äorn, 2 SRefcen ©erfle, gleid& nad& bem 3*^*;
15 Sßfunb $leifcf); alle ©amStag bie ©ier abjunefjmen; bie SWitd^ oon
ber beften Stuf) unb, menn ber Sterling oerfauft n>irb, 5 fl. baoon ;
einen SSimbaum unb einen Apfelbaum; ba3 ©alj unb Kraut, baS
£olj, ßidfjt unb Äüd^engefd^irr nadf) SRotburft $u gebrauten ; jäljtlidj
V« -äflefcen £arlinfaat anjufäen; jebem 2 $aar ©d^ufie, ber SWutter
jur ©eroanbung 8 fl.
24. galfenftein, ben 6. -Jiooember 1685. Übergabe einer Seib-
gebinggered&tigfeit auf einem ber &errfd(jaft %. gehörigen ©ute an
©otyn. Überne^mer foH bie ©dfjulben bejahen, nämltdjj jtoei @otte3*
— 279 —
Käufern (60 + 100 =) 160 ff. nebft (3 + 5 ^) 8 ff. ©alt, bem
SSBirt R. iQu. in.g. 40 ff.; ber Xodfjter 3ttaria, „fo fie Ijerem bat
geliehen", 6 ff. ; fünf Heine ©Bulben (§auptfäd)lt<$ iQanbmerferloijne)
7 ff.; ferner ber &errfd)aft um ba£ erfaufte Setbgebing 60 ff.
feetratgut ber 9Kttübergeberin , ju beren freier Verfügung 20 ff.
3)ie ©elbabftnbung ber oier SBrüber unb brei ©dEJroeffern beträgt \t
15 ff, = 105 ff., ber 3e$rpfemiig 54 ff. 3Me ©djmeftern Ijaben
SluSflattung ju beanfpruc^en. 2lu3trag.
25. ^alfenfiein, 2. ©eptember 1688. Übergebeh ttrirb Setbredjt
an ©ol>n. SDiefer Ijat bie ©Bulben im Setrage oon 407 ff. ja
übernehmen (©djutbenoerjeidjnis 31 r. 8), feinen fed)$ ©e=
fdjnnftern ju i^rer Verheiratung otyne ©ült je 20 ff., ben ©djmeftem
audj 2lu3ftattung ju geben unb ben Übergebern $u einem fttfo
Pfennig nad) unb nad) 73 ff. ju jaulen. 2lu3trag.
26. ftaKenflein, Übergabe t>om 12. gebruar 1683. SDen brei
lebigen ©d&roeftern ©rbteil je 24 ff., ßetyrpfennig 48 ff., ©Bulben
400 ff. Seibgebing 30 ff. 2tu3trag.
§ 17.
3n ben beiben üorfjergefjenben Paragraphen ^aben mir bje
bäuerlichen ©utöfdjutben für fidj betrautet. $efct motten mir bie
©efamtljeit ber auf einem ©ute laftenben ©djulben
aU ©in^eit nehmen unb iljr Verhältnis jum ©utfmert,
ate iljre relatioe £öl)e ober ben ©rab ber SBerfd&ulbung beS
bäuerlichen SefifceS feftftetten.
SDamtt $aben mir §mar f<$on im oorigen Paragraphen, nament*
U(§ bei ben (Erörterungen über ben (SrbreguüerungSfrebtt , einen
änfang gemalt, inbem mir ni<^t fdjulbenmeife, fonbern güterme.ife
vorgegangen finb. 63 lag bieS eben baran, bafe beim (SrbreguüerungS*
frebit gleichzeitig mit ber ©utöbelaftung anbere £ran$afttonen mit
bem ©ute oorgenommen merben (Übernahme ufm.), bie ber erwähnten
©utSbelaftung erft tyren ß&arafter (als ©rbregulierungSfdjulb ufm.)
©erleiden unb babei einen Überblid über bie gefamte SBerfd&ulbung
be$ ©uteS gemäßen. 6$ mar ein fe&r unoottfommener Anfang;
benn in ben meiften gätten fonnten mir bie eine ber bem ©djulb*
oer^ältniffe jugrunbe Uegenben ©rö&en (ben $<ü)Ux) nur annäljemb,
— 280 —
bie anbete (ben Rentier) nur jum Seile (wegen mangelnber ÄenntntS
beS Erbteils beS ÜberneljmerS) fonftatteren. Qnx befriebtgenben
Sdfung unferer aufgäbe mäffen wir, inbem wir entweber bie
bäuerliche ©utSwirtfd&aft aU Unternehmen ober baS
Sermögen beS dauern ins äuge faffen — prafltfd^ wirb es
in ber Siegel auf eine« IjtnauSlaufen — bie Summe ber Slftioa unb
bie Summe ber Sßaf jtoa beregnen unb bie B i l a n i stehen, alf o eine
„Snoentur" oorneljmen.
Qnoenturen !amen im bäuerlichen Seben gewötjnlid!) nur bei
einer Gelegenheit vor: bei ber Berlaffenfd&aftSregulterung.
SDie 2tufftettung eine? beljörblidfjen BerlaffenfdfjaftSinoentarS im £obe£*
fade war für bie Sauern obligatorifdjj.
S9t 1616 XLIII 1 : „SDa aber bie @rben bie Qnoentur nidjt
wollten fürneljmen, fann man fte gleid&wofcl barju nic^t bringen,
eS fei benn, bafc etlid&e ber ©rben unoogtbar unb minber-
iäljrig ober abwefenb ober aud) fo arm, baji ju beforgen, ba
fte bie (Srbfdjaft unter ftd& brächten, beS oerfiorbenen ©rblafferS
©laubiger bie Bejahung oon i^nen nid&t mödfjten
befommen, f onbem in ®ef aljr beS BerlufieS jlunben, ober b a
es unter bem gemeinen Bauersmann wäre; in folgen
fallen foQ bie Obrigfeit bie Qnoentur amtshalber audj wiber ber
(Srben SBBiffcn oorneljmen • . ."
£rofebem alfo beim Übergang eines Bauerngutes oon einer
©eneration auf bie anbere burdj Bererbung ein 3noentar aufgenommen
werben mufete, fo war bie SnoentarSerrtd&tung bodfj oerljältniSmä&tg
ein f elteneS BorfommniS, nämlid(j im BerljältniS ju ben Ü6er=
gaben, weil bie Bauerngüter gewöfjnlidf) oon ber alten ©eneration
nodfj ju ßebjeiten auf bie ntnt übertragen würben. 3)ie Beranlaffung
jur Qnoentarerrtd&tung beftanb batjer wo$l metftenS barin, bafe ber
Bauer in guten SWannSjaljren mit $interlaffung unmünbiger Äinber
plöfeitd^ ftarb, ol>ne ©elegentyett gehabt ju fjaben, baS ©ut feinen
ßrben ju übergeben.
3)ie t e d& n i f d(j e ©inridljtung eines folgen !Jtod(>laf$uu>eniarS
lagt fidjj bequem aus 3tnl)ang VIII erfe^en.
£)aS Qnoentar wirb oom 9?id(jter ober ©eridfjtsfdfjreiber unter
SKitwirfung jweter beeibigter ©<$ä|leute aufgenommen. Sunfi^fl
wirb bie Beranlaffung ber ^noentarSerrid&tung angeführt, gewö^nlidj
finb audjj bie Hinterbliebenen fummarifdlj (j. B. SBitwe unb jroei
unmünbige Äinber) ober inbioibueH angegeben. SDamt folgt bie
Befd&reibung beS BermögenS nadjj tppif djjen, burdfj bie
1
— 281 —
ÄmtSroutine Ijergebradjten Stubrifen. 3uerft fommt bie 33e-
fdjreibung aHe3 bejfen, n>a$ in ben (2Bol>ns unb 2Birtfd&aft30 ®e*
6auben aorgefunben wirb, inbem man von ©etaft ju ©elafj weiter
fdfjreitet, non einem ©iotfroerf jum anbeten emporfteigt; mertoottere
©egenfiänbe werben inbioibueü gefdfjäfet, bie gewöhnlichen ©ebraudjjS*
gegenftänbe unb ©erätfdjjaften werben in ber Siegel nur tnbuubuett
ober mengenweife angegeben, bagegen gruppenweife (j. 33. ba$ Äüdjen*
gefd&irr in einem) gefdjfifet. S)a8 alfo ift bie „$al)rm3". Sßeitere
Stubrifen ftnb baS @ut „ju £au8 unb gelb", bie Sarfd&aft (fcäufig
wirb biefe aber bei gafjrmS angegeben), bie „©djjulben herein", b. Ij.
bie ©uiljaben, bie „©Bulben §inau3" (nadj unferem ©pradjjgebraucij :
bie ©djulben fd&led&tweg) unb bie Urfunben (j. SB. bie ©tiftsbriefe,
bie ÜbergabSoertrage ufw.). 3um ©$lujfe folgt gewöljnlidfj eine
SJeredjnung ber Snoenturfojlen (@eri<$t$gebfif)ren ufn).).
3)ie ©djwiertgfeiten ber Sluffiellung einer 3$er*
fdjulbungSjtaiifttf finb befannt. 3)ie ©d&ulbner l)aben häufig
ein 3ntereffe baran, tyre ©Bulben aU möglidjjft gering, ben SBert
iljrer ©fiter afe möglid^ft groß IjinjufteSen. SRadfjt e3 ba^er fdfjon
SWitye, bie auf einem ©ute laftenben ©Bulben erfdjöpfenb feftju=
fieHen, fo gebridfjt e3 faji an iebem SRittel, bie Sßerfonalfd&ulben }u
ermitteln. SJoHenbS ju ben Unmöglichkeiten fd^eint e$ ju gehören,
ben ©fiterwert mit einer ben ©rforberniffen ber ©tatiftif entfpredfjenben
3uuer(äf{tg(eit ju ergeben; man Ijat ftdj in biefer Sejieljung baran
gewöhnt, mit Notbehelfen (Äataftralwert, SranboerftdfjerungSfumme,
3)urd&f<$nitt oon SBerfaufSerlöfen) ju arbeiten.
SBemt bie iQtnberoiffe fdjon bort fo bebeutenb ftnb, wo e$ ftd>
um ©egenwarteoer^ältmffe Ijanbelt, fo toirb e3 ber gorfdjer um fo
freubiger begrüßen, toenn er aus einer um ein paar Saljrljunberte
jurüdttiegenben 3*it, wo e8 überhaupt nod& (eine ©tatijttf, iebenfallS
aber leine 33erfdf)ulbung$ftatiftif gegeben Ijat, Urfunben finbet, in
benen ©utSwert unb ©d&ulbenfianb mit amtlicher
Autorität fonflatiert erfdjeinen. SBenn auclj ber Umfang
be$ ©d&äfcungSgefdiJäfte«, wenn bie in ber Statur ber ©a$e liegenben
©d&wierigfeiten einer genauen ©d&äfcung im einzelnen baS SÄefultat
beeinflußt Ijaben mögen, wenn e$ audjj ben beteiligten nid&t immer
gelungen fein wirb, etwa ftdfj oorbrängenbe ©onberintereffen (©. 156/7)
auSjufdjalten ober ju paralpfieren , fo ift bodj anjuneljmen, baß bie
9tfl<ift<$t auf bie unmünbigen (Srben, ber @ib ber ©d&äfcleute, ber
©egenfafc ber oerfd&tebenen ^ntereffen (©runbljerr, Übeme^mer,
— 282 —
roeid&enbe ßrben) imb baS S^ebflrfniö nadfj tyrer StuSgleid&ung ufnu
in bet Siegel bofflr geforgt fiaben, bajj ber 3n$alt beS 3noeniur=
protofoffeS nidfjt attjufe^r t)on ber aBirflid&feit abroidf).
S)ie Sfnoenturaufna^me fommt fo in i^rer 33ebeutung für bie
$eftfieffung roirtfdfjaftlid&er äSerfjältniffe ber Siquibatiou eines
Unternehmens gleidjj. ©ie ermöglicht geroiffermafeen einen Quer*
fd&nitt burdjj bie ©irtfcfjaftSgefdfjid&te ber ©üter unb gamilten an
ber ©renje jmeier ©enerationen ju jte^en, unb l)at t)iele Stjnlidfjfeit
mit ben non ber ©dfjule 1© Play auf geroerblid&em ©ebiete angelegten
„2lrbeitermonograpl)ten" .
2)ie 5RadE)laf$inoentare fönnen aber nidEjt nur jur Unterfudfjung
ber allgemeinen nrirtfd&aftlidtjen Sage ber einzelnen iQöfc unb Familien
bienen, fonbern fie §aben eine barüber fyinauSgefjenbe roirtfd&afts*
unb fulturgefdjjic&tlidjje Sebeutung. Qnbem fte namlt<$ bie
33ejeid(jnung, bie 33efd£)affenf)eit, bie SKenge unb ben SBert affer ©üter
beurfunben, bie ft$ im Sßermögen beS 33auern befanben ober jum
Stnroefen geborten, gewähren fte einen quellenmäßig fixeren unb
betaiffierten 6 i n b 1 i & in baSSeben beS Sauern, ljauptfädfjli<&
in fein SBirtfdjjaftSleben, in feine SßrobuftionS* unb JtonfumtionS*
oerljaltniffe. S)ie Sauart unb (Einteilung beS £aufeS, bie ©erat*
fd^aften unb bie 3imTnereinri^tun8 / %&*§ un*> Vorräte (bie ©r*
näljrungSroeif e) , baS Setb* unb baS Settgeroanb, bei nielen biefer
©egenftänbe audf) ber übliche SßreiS, ferner bie beliebten SRünj^
forten — alles baS fann auS ben 9tad£)la&mpentaren erfefyen werben»
•Jtomentlidfj aber baS 9Jta§ ber obroaltenben (Eigenprobuftüm la&t fid^
gut auS tljnen erfennen. Sßenn mir j. 33. ©pinnrodfen, igedtjeloor-
ridjjtung, eine 2Renge oon halbfertigem unb fertigem Seinen (IjarbeneS
3eug) unb oon SIbfätten (9Ber<$, rupfeneS 3eu9) *n &en 3nüen^aren
finbeu, fo ergibt fidjj, bafe baS ßleibungSbebürfniS nidEjt taufdfjnnrt*
fdjjaftlidfj, fonbern jum größten Xeile burdfj eigene Sßrobuftion gebedt
roirb. Ärautf äffer , Dbftbanjen, grofee Sßorräte an 9Reljl, 3)örr?
obft ufro. nötigen ebenfalls jum ©d^lüffe auf SSorratSprobuftion jum
eigenen Sebarf.
2)ie 2luSroaf)l oon Snuentaren , bie ftdf) für unfere ftxotdt
eignen, ift übrigens mdfjt fo ganj einfadf). SDie im ÄreiSardfjio
äßündjjen erhaltenen lanbgeridjjtlidjen Snoenturbüdjjer gelten jum £eil
nidfjt fefjr f)odf) hinauf, fold^e aus bem 17.;;3a$rf)unbert jtnb nur in
fpärlid&er 2lnjaf)l oorljanben. Qn ben meiften Snoentaren ift baS
Bauerngut felbft (&auS unb ©runbftücfe) nur angeführt, aber nidjjt
— 283 -
gefdfjäfct1, unb mir Ijaben SWfllje gehabt, SBerlaffenfd&aftSinoentare
mit ©uWfdjäfcung ju finben. Snoentare mit biefem SWangel fönnen
roir nämlidjj nid&t brausen, benn ber ©utöroert ift natürlidEj von
roefentlidfjem ©influfe auf ben SSerfdfjulbungSgrab.
Xxoij biefer ©d^iüicrigfeiten waren mir barauf bebadjjt, bte
^noentare fo auSjuroaljlen , baf$ Sanbftrtdjje oerfdfjtebenen
tüirtf d^af tlid^cn ©IjarafterS in unferem 9Jtaterial vertreten
finb. 9Bir bringen 3>noentare au$ einer ©egenb mit oorimegenbem
©etreibebau ÖQorfmardfj Ölfooen, jefct jum StmtSgertdjjt ©beräberg
geljörenb), aus einer ©egenb tnit oorroiegenber 5Biel)nrirtf<§aft
(Srannenburg) unb aus einer ©egenb mit gemifdjtem agrartfdjjem
unb gewerblichem ©Ijarafter (SReidfjenljan) 2.
SBaS bie 2lu3n>al)l ber Qnoentare felbft (innerhalb ber ermähnten
2fatt£bejirfe) betrifft, fo mar idf) bemüht, fo oorjuge^en, bafe ^Belieben
ober SBittfür meinerfeitS mögüd&ft auSgefdfjaltet mar. SSon Steigen*
l>a 1 1 mahlte id(j bie erften 15 Qnoentare mit ©utöfdfjäfcung be$
ämettälteften am Äreteärd&io 9Ründ)en aufbetoaljrteu ^noenturbud&eS
(im erften SBanb flnben ftd& feine Qnoentare mit ©utöfd&äfcung) —
3?r. 1 — 15. 3<l> flieg auf eine große 9Wannigfaltigfeit ber ©r*
f Meinungen , unb fo fudjte i<$, um ben Sefer nidfjt ju feljr ju oer*
nrirren, im nädfjften SBanbe no<$ ein paar ftgpen jufammen, bie mit
großer ©dfjärfe ben Unterfdjjteb jwifd^en einer blütjenben, einer auf
ber fdfjtefen ©bene ber SBerfdjulbung angefommenen unb einer gänjlidfj
oerfattenen ©utömirtfd&aft jeigen (31. 16 — 18). ©arauf folgen
Qnoentare aus einem Qnoenturbud^ ber &ofmard(j „33rannenburg,
©roß* unb ßlein^oljfjaufen", ba3 tdfj im fjiftorifcljen SBerein oon
Dberbatjern gefunben l)abe, unb jroar bie 7 erften Qnoentare mit
©utSfdfjäfcung (3t. 19—25). ®ie 4 ^noentare au3 ber Sad&emaijrfcljen
ßofmardjj Öllofen (SR. 26—29) ftnb bie einjtgen mit £inte ge*
f dfjrtebenen , mit ©utsfdfjäfcuhg oerf ebenen 3nuenture ta btm &**
treffenben 2lftB be3 Ärei3ardE)io$ (bie anberen finb mit Sleiftift
1 JDaju gefjöreu au$ bie oon © tric binger in ber „SHtbao erifd)en
SWonatffc&rtft be* $iftonfc$en SereinS oon Dberbapern" 3a$rg. I (1899) $eft 6
ueröffentü$ten Sinoentare.
* $a$ 6a(sfubn>er! in fteigengatt gab ber Seoölferung Gelegenheit jur
Sermertung tyrer HrbeitäFraft unb sunt »bfafc tyrer $robu!te (§. 83. fcolj).
9u4 ber ©rengoerfefjr (SBetntmpori) nrirfte förbernb auf bie Differenzierung ber
toirtf^aftlidjen StoQfiltmffe. 2>a&er oerlfäUniftmäfjig fiele lanbroirtföaftlioje
Setriebe mit gewerblichen Hebenbetrieben (@aftwirtfo)aft, gfufyroerf, SQöein^onbel).
8 ©ie untertreiben ft$ alfo oon ben übrigen oon und oeröffentligten
— 284 —
gefdjrieben). S>en ©d)lu& bittet ein Heine* 3fo*trfiglerinoentar au$
SUtötting, boS erfle eine« ^noenturbudjeS, bo£ oorwiegenb foldje
Heine 3noentare enthält.
33ei ber SBiebergabe beS 3nl>a(t* ber 3nt>entare mufjte id) ber
Äürje wegen meinen 3roe<f, eine Storfiettung ber SBerfdjulbung be£
bäuerlichen ©runbbeftfceä ju geben / fefi im Sluge behalten. SDa^er
mu&te i$ fcäufig aud& ba ffirjen, wo eine einge^enbere SarfUKung
Dom futturgef$t$tli$en ©tanbpunft von großem Qntereffe gewefen
wäre. 3)ie* gilt befonberä oon ber Slufjfiljlung ber ga&rniS. SBtr
mäffen und bamit begnügen, ben 3Bert ber gafcmi* im ganjen am
jugeben, unb madjen nur beim ©rofsoielj eine 3lu8naf)me, weil 3Benge
unb SBert beSfelben einen ©d&lufc auf 3^ftanb unb SBert beS @ute3
gulaffen, einen @$lufj, ber und im 3uf<immen$(mge mit ber ©ut3*
fdjäfcung be£ Snnentar* aud) geftattet, bie Älaffiftfation ber ®üter
bei ben ÜbergabSoerträgen (©. 268 ff.) auf i$re 9ttd&tigfeit $in ju
prüfen. SBenn ber äufjäljlung be$ „lebenben" 3m>entar$ ein „ufro."
^injugeffigt ift, fo bebeutet bieg, bafc in ber Wertangabe ber SBert
ber »rut (3ungoie$, Äälber, gütten), bei sterben überbieg ber SBert
be3 ®ef<$irr* inbegriffen ift. (Sine 2lu$fd>etbung be* SBerteS auf bie
einzelnen S3iel>gattungen felbft mar mir nämlidjj nidjt immer möglidj.
SDen SBert ber SBorräte an ©etreibe unb Butter, an Seinwanb ufro.
Ijabe idj nur in einigen fallen notiert , wo bieS jut SljarafterifHf
ber SSerljältniffe be3 betreffenben SlnwefenS notmenbig erföien.
Sludj fonft l)abe i<$ midjj möglicher Äürje bei ber Anfertigung
ber SluSjfige befleißigt, ftreujer unb geller ijabt idfj meiften* mU
weber ignoriert ober jur Stufrunbung auf ben nädjften ganjen ober
falben ©ulben oerwenbet. SDie SBefd&reibung ber bei ber Snoentari*
fterung auf bem $ofe oorgefunbenen ttrfunben fjabe i<$ weggefoffen,
ebenfo bie Angabe ber $öfje ber Snoentur* unb SeerbigungSfoflen,
leitete aber nur bann, wenn fie nidjt ju ben ©Bulben geregnet,
fonbern am ©bluffe be$ SnoentareS befonberS angegeben waren.
Sie ©djulben tjabe idj nad) 2JWglt<$fett furj djaraftertfiert ; bie
33ejetdjnung aU „Sßrtoatfdjjulb" bebeutet ba$ geilen etneS befonberen
©Ijaraftermerfmate , j. 33. faH$ nur ber ©laubigemame angegeben
ift, unb biefer -Raine nidjtsfagenb. SBo bei ber ©utSfdjäfcung bie
©runbbarfeit be3 ®ute3 befonberS ^eroorge^oben war, tyabe td>
biefeS audj getan, jebodj $aben wir ba8 9?äl>ere (©ejeidjmmg ber
3noentaren baburd>, bafe fte ntcjt, wie jene, in 3noentur&ttc$em, fonbern
in einem Bit gefammelt flnb.
— 285 -
©rwibgered>tigfeit, ber iQerrfdjaft) metjtenS beifeite gelaffen. 2fodj>
ben Äopf be$ SiwentarS (2)atum, Sejeidjnung be$ ©rblaffer^, be$
SlnlaffeS ber 3m>entar$aufnaljme, ber ©bleute) l)abe idj möglid^ft
futj geftaltet unb mdjt einmal immer ben Ort ber SnoentarSaufna^me
angegeben, roeil biefer tyäuftg als (Sinöbe oljne befonbereS Qntcreffe.
dagegen §abe id) eS für jmetfmäfng gehalten, ber SDarftettung
be$ 3m>entar£ eine furje 9Gote, eine öualififation ber rotrt*
fd&aftlid&en Sage be$ betreff enben ©uteS ooranjuf Riefen , um
bem Sefer gleich anfangt einen ©djlflffel jur Beurteilung beS gatteS
an bie &anb ju geben. @S braucht roofjl faum Ijernorgeljoben ju
werben, bafe biefe öualififatton, als auf fubjettinenßinbrficfen
beruljenb, von ben barauf f olgenben p o f i t i n e n angaben met^obo*
logifdf) firenge ju fonbem ift.
1. SBeifebad)1, ben 28. SKärj 1678. Biemltdj nerfd&ulbet.
Sauptfdjulbmaffe gut fonfolibiert.
1 9to& 44 fl., 4 Äfi&e ufm. 48 fl., gafcrniS im ganjen 136 fl.
2)aS (jum gfirfibtStum ©aljburg grunbbare) ©ut, non ben ©djäfc*
mannem „angefdjlagen, wie man es nadj i&rem ©ragten nerfaufen
fflnnte", auf 550 fl. unb 10 Stadialer (ju IV2 fl.) Seitfauf. ©Bulben
herein (@inbringli<$fett junt Seil gtoeifetyaft) 12 fl. 3tftit>a 713 fl.
©djulben IjinauS: ®em ©otteSljauS „auf ber ©main" 200 fl.,
ein 3a$reSjinS baoon 10 fl., prtoat 50 fl., ein 3af)reSjinS baoon
2Va fl., bem Saufpaten beS (SrblafferS, „oerfdjaffteS ©elb", 20 fl.,
ber Ä. um eine ftul) unb um geliehenes ©elb 20 fl.; einer 3)ienft*
magb l1/» fl., ju aWeffen, ätmofen unb SSBaUfa^rten 5 fl. ©umme
309 fl. ttberföufc 404 fl.
2. 3*t>entar t>om 24. Dftober 1678. 3)ie Sage beS
©uteS l>ängt non bem SluSgange eines SßrojeffeS ab.
1 Stuf) ufn>. 11 fl., gafjrniS im ©anjen 57 fl. SDaS ©ut
(falbes fielen jur $ofmardj Ä., nämlidj igauS, ©runbftfldf, 2BteS*
ma^b, (Sid&^olj, Sergmaljber) 600 fl. ©Bulben herein 24 unb 5 fl.
aftfoa 686 fl.
©djulben IjinauS: (Sinem ©otteSljauS 180 fl., 3wf*n barauS
9 fl., bemfelben ©otteSljauS „alter auSfiänbiger Äir$en[gelb]reft, fo
aber beim djurffirfiltdjen fiofrat no<# ftrittig", 96 fl.; unoerftd&erte
1 3nopntut6u4 beS furfürftfi$en ^ftegcflcn^teö Äei($en$att unb ber [fürfl«
liefen] §ofmarc$ Kariftein [beflitmenb 1672]. 2. 8anb. 1678—1692. Ärei*arc$io
Stünden öriefprotofoUe 745/72.
- 286 —
©Bulben an Sßrtoatleute ju 30, 34 unb 41 fl. Summa 390 fl.
Überfd&ufe 296 fl.
3. 3noentar com 30. »pril 167 9. erben SSHtroe unb
10 Jtinber au* jroei gljen. 3mport oon tiroler 2Bem. © er e gelte
grofjjßgtge Serljfiltniffe. Äaufmänmfdjjer Ärebit
5 guljrroffe famt ©efd&irr 180 fl., 12 ftfi&e ufro. 140 ff.,
gatyrniä im ganjen 404 fl. Sin Sargelb ift, ba „oor 4 Qafjren
nädjtlid(j eingebrochen unb etlidjj 100 fl. weggenommen, injrotfd&en
aud) ein Seil ber Äinber verheiratet roorben", niedreres nid&t cor-
fjanben als 82 fl. 2)a$ jur ipofmardfj Sötarejoll grunbbare ©ut
550 fl., 5 ftoljteile 250 fl. ©Bulben herein: Son SBirten unb
©aftgebern in SReid&entyatt unb Umgebung (ttnfen, Sofer ufro.) für
gelieferten 2Bem ju f orbern : 75, 70, 56, 36, 19, 15, 15, 35 fl., ju*
fammen 321 fl. Stftioa 1607 fl.
©Bulben $inauS: 9tod& Sojen, Srijen, Älaufen unb SDiarfrett
um bejogenen 3Bein: 100, 36, 36, [25, 17 unb 90 fL 2tn SBtrte,
meiftenS ber Umgebung, l)auptfä$li$ um 3e^run9 un& 3utter &e*m
Transport be* 2Beine3: 21, 20, 19, 18, 18, 14, 10, 6, 6, 5, 3 fL
einem Sinber in Sojen um hergegebene« 2Beingefd)trr 15 fl.,
©dfjmteben um SBagen» unb ißufbefdjjlag 16, 15 unb 1 fl. Stern
faiferlid&en 3°ltomt Battenberg auSjiänbige SWauten 9 fl. Um einen
#o!jteil ftaufgelbreft 45 fl. 2Ruttergut*refl ber 5 ©efd&roifier be3 ©rb*
Iaffer* 65 fl. ©umme ber ©Bulben ^inau* 610 fl. Überfdjufe 997 fL
4. 3noentar oom 20. Siooember 1679. 7 ftinber.
©<$ulbenfrei ; refpeftabler ©utäftanb.
1 9tof$ ufro. 30 fl., 7 Äü&e ufro. 86 fl., gutteroorrat 40 fl.,
gafirmS im ganjen 233 fl. Sarfdjaft: „Steffen ift bermalen, roeil
fic§ ber SBerftorbene erft fürjltdf) feiner ©djulben gar entlebiget, meljr
nid&t oortyanben al3 6 fL" 3roei Keine ©ftter (grunbbar) 500 fL
©Bulben herein: einem Bierbrauer in 9teidf)enl)all um nerlaufte
©erfte 22 fl., priuat 3 fL äftioa 764 fl. ©Bulben t)inau3: feine.
5. &ager, ben7. SHärj 1680. hinterblieben SBitroe unb
2 jtinber. Überfdfjulbete ruinierte SBirtf <$af t , IjeruntergefommeneS
3m>entar. ©dfjulbner l)at feinen jQppot&efarfrebit meljr unb mufe
bafcer jur Slnttdfjrefe greifen.
1 alte* fd&led&teS Boß 6 fl., 3 Äü&e ufro. 25 fL, ga&rniS im
ganjen 42 fl. $Da3 „Saferngütl" 300 fLr; eine einem SBirt auf
SBieberlofung oerfdfjrtebene SEBiefe (fie^e unten) 120 fl. ©utljaben
beim ©aljmeieramt SReidjjen^all um geliefertes Sau^olj (316=
fd&roenbung?) 12 jL »ftiua 474 fl.
— 287 —
©d&ulben hinaus: SDcm ©otteS^auS Äarlftein üerftdjjerteS Kapital
1O0 ff., «etncm SBirt 120 ff, (jur ©idfjerljeti eine SBiefe auf 9Bieber=
lofung uerfdfjrieben), $inS 2 ff., einer äßitroe um geliehenes unb jum
5Eeü üerfid&erteS Selb 45 ff., bereu »ruber (3BüHer) 33 ff., £inS
3 fl., einer anbern Spriuatperfon um geliehenes ©elb 4 ff., fonftige
*Priüatfd&ulben 3, 1V2, IV2 ff., 35 fr. Arbeitslöhne an ©$mteb,
^IWüller, 3Kefeger unb Sädfer 2 ff., 30, 30 unb 25 fr. SDem ©tief*
fof>n mütterliches 6rbe 30 ff., eingebrad(jteS föeiratgut ber SBitroe
40 ff. ©umme ber ©djulben l)inauS 387 ff. Überfd&ufe 87 ff.
6. 3nt>entar über bie 33erlaffenfdjaft eines SBtrteS in igager
vom 17. 3uli 1680. @rben SBitme unb 4 ftinber. Segütert.
Seidfjtfmnige Sorgmirtfc^aft.
5 Äüfje ufm. 75 ff., gafjrnis im ganjen 285 ff. Allerlei 3Künjen
117 ff. SMe ©rbSgered&tigfett auf ber SBirtStafern in £., baS 3oH=
Ijaufergut genannt, 500 ff., baS baju gehörige „©tablergütl" 450 ff.,
baS nad() ©aljburg fttftbare „Seunbl" 50 ff. .
©Bulben herein: ©utljaben bei Privatleuten ju 59 unb 16 ff.
<erftereS rityrt no$ vom SBater beS ©d&ulbnerS Ijer). „©ämtlid&e
Dtad&barn [b, Ij. ©emeinbeangetjörige] von ig. ftnb anftänbig 10 ff."
(roaljrfd&etnlidfj oon einer gemeinfd&aftlidSJen jfcäft ^errü^renb) ; weitere
<Sd>ulben t>on ^rtoatleuten (maljrfdfjeinlidfj 3e($f$ulben) ju 5, 4, 9,
2, 16, 4, 12, 2, 5, 3, 18, 17, 25, 25, 18, 1 unb 3 ff.; eS ftnb
itoax „oemtöge oor&anbener ©d&ulbbüd&er" no<ij anbere, ältere Aus*
ftänbe, jum ^ett oon Dielen Qfa^ren l)er, norljanben, aber ba bie
Sdjulbner „teils geftorben, teils Derborben", alfo uon i&nen md&tS
me|ir }u befommen, fo ift ntdfjtS bafür ausgeworfen roorben. ©umme
ber ©Bulben herein: 254 ff. ©umme ber Aftioa 1656 ff.
©Bulben IjinauS : 2>em 3t. in 3Kautt>aufen um SSein unb anbereS,
abgered&neterma&en 150Vs ff., einem Sierbrauer um Sier 40V« ff.,
igerrn $., »ergmerfsin^aber in SReid&enljan, 24 ff., anbere Sßrioat*
fd&uß) 26 ff., an eine SBormunbfd&aft (aus SBermaltung) 100 ff.
©umme 341 ff. Überfdfjufe 1315 ff.
7. Qnüentar 00m 12. Auguft 1680. f$au*frau. £tnter*
blieben 2Bitroer unb 2 ©öljne. Kleiner, aber fiberroiegenb freier
©rroibbefffc. ©d&ulbenfianb nod& nidfjt brüdfenb.
1 9to& ufro. 30 ff., 2 flfi&e ufm. 26 ff., $a$mi8 im ganjen
110 ff. Sargelb : „nidjjtS, roie benn SBitmer erft fürjlid& etroaS ent*
nehmen muffen", (Ein SSiertelleljen, ©igentum ber SSerftorbenen, baju
ein »eunbl, 1 Stogwerf gro& unb ein nad& ©aljburg grunbbareS
»eunbl, jufammen 450 ff. Aftfoa 560 ff.
— 288 —
©Bulben IjinauS : Giner Bruberf djaft in 9tei$enl)aD üerbrief te3
©elb 50 fl., einer Bormunbfcftaft oerfidjterte* Kapital 50 ffc, einem
■Küfler, ofjne Berftdjerung , 50 fl., bem $raunfteinif$en Brumuuart
in Sager, erft fürjlid) entliehenes ©elb, 10 fl. ©imune 160 fl.
Überzug 400 fl.
8. Beim ©ee, 13, Sluguft 1680, wegen ber Sinter^
bitebenen (jroeiiäljrigeS jtinb unb SSMtroe), befonberS aber ber „babet
oortyanbenen ©d&ulben" aufgenommen. Sänge ftranfyeit be$ 3?er=
fiorbenen fyat bie SBirtfdjaft in Unorbnung gebradjt.
3 flüfce ufro. 25 fl., $a$mi$ 56 fl. fr9Beil ber »erworbene
über jtüci ^aljre franf gelegen unb viel Unfoften aufgangen, ifi an
barem ©elb me^r nidjt oorljanben als 6 fl." S)aS (grunbbare) ©fttl
400 fl. »ftioa 462 fl.
©Bulben fcinauS: 2)em Brunntoart in ipager laut Obligation
130 fl., 3tofen baoon 6V2 fl.; einem Säger 30, einem i&erbergS*
mann 12, einem SMenftfnedjt 10 fl., prioat 9 fl. (unb Vi SRefceit
fcaber), 7, 2, 2, 2, Vt fl.; beSgleid&en , unoerftd&ert, 22 fl.; »aber
um abgegebene ärjnei 8 fl., SfBirferlo^n 1 fl., SWüBer 1 fl., 2 Bier*
brauern 2 fl., Sibloljn 12 fl.; „ju SBaflfaljrten unb fonfl getane
Berfpred&en" fotoie iQanbloljn jufammen 25 fl. ©umme 282 fl.
Überfd&ufe 180 fl.
9. 9tonn, ben 9. äpril 1681. f SBitroe, hinterblieben
oottjä^riger ©oljn. 2)a$ ©ut Ijodjgrabtg oerfd&ulbet, Bef Raffung
oon ©etreibe auf Ärebtt.
2 Äülje ufro. unb 4 ©aifen ufm. 30 fl., galjrmS im ganjen
60 fl. ißierju mad&t ba§ Sßrotofoll bie Bemerlung „fd&ledjte ga^rni^
toetl lein met>rer$ oorljanben". ©ut 400 fl. ©djulben herein: ©ut*
fiaben bei einem Simmttmttftex um Arbeitslohn 6 fl. ; um ein oer-
faufteS SRofc 7 fl. ©umme ber Sßtioa: 473 fl.
©Bulben IjinauS: 2)em ©otteS&auS Slonn oerftdjjerteS ßapttal
190 fl., 3in$ 4V« fL, bem SofcanneSfpttal in Stetdjen&ail 20 fl., bem
SeoproftenljauS bafelbft 30 fl., jftitril IVa fl.; einem Bierbrauer in
9ieidjenl>att um nadj unb nadj geliehene« ©elb 20 fl., einem anberen
Bierbrauer beSgleidjjen 15 fl., einem britten Bierbrauer 4 fl., einem
SluSträgler um geliehenes ©elb 10 fl., femer prioat 10, 3, 3 unb
2V« fl. ; für 2 2ßefeen SSBeijen 3Va fl., einem anberen für 1. 3We|en
SBetjen 1 fl. 45 fc., einem britten „um gutterei" 2 fl. ; einem ©djtrneb
2 jl., jmei Bädern 4 unb 1 fl., einem Baber 1 fl., ins Älofter ©t. 3eno
20 fl., nidjt näljer bejeidjneie, aus brei Soften befte^enbe ©djulb von
2 fl. 15 fr. ©umme ber ©Bulben ^inauS 351 fl. Überfd&ufe 122 fl.
— 289 —
10. ignoentar vom 17. SRooember 1681. hinterblieben
finb SBittoe unb fed&3 Äinber. ©e&r gute SBer^altniffe.
1 SRofe ufn>. 50 ff., 9 ßü&e ufn>., 3 ©<$afe, 3 ©d&roeine 104 ff.
ga^mi« im ganjen 199 ff. Sarfd^aft in ber £ruf)e 6 ff. @ut
600 ff. Stfttoa 805 ff.
©Bulben IjinauS: ©inem 93ädfer um oorgelieljeneS ©elb 20 ff.,
auSflänbiger Siblofjn beS 2)ienftfned&te8 14 ff., privat 10 ff. ©umme
44 ff. Überfd&ufe 761 ff.
11. 2tuf ber ©main, ben 22. 3Rärj 16841. f »., 3"5
Ijaber be$ Sp.*@üt{$ unb 9Raurermeiffer. Sinterblieben SBttroe unb
»roci Äinber. S)er Ärebit fdjarf angefpannt, bie SSerfiältniffe ober
nod) immer georbnete.
4 Rifyt ufto. 46 ff., gaumig im ganzen 78 ff. ®\tt 800 ff.
2tttioa 878 ff.
©djjulben IjinauS: @otte3l)au$ auf ber ©main 150 ff., ©otteS-
&au* 9teid&enljall 50 ff., @otte3&au$ Jtarlflem 50 ff., ©püal SRetdjen*
f>aH 100 ff., einem SWaurermeiffer „jum &anbroerl" 34 ff., einem
3intmermann 30 ff. (bie beiben Sßoften rühren toofjl oon einem ge*
tnetnfdjaftUd) mit bem SBerfforbenen unternommenen ö^öbau $er);
$toei Bierbrauern 5 unb 6 ff. ©umme 425 ff. Überfdjufi 453 ff.
12. Snoentar oom 23. 3Wärj 1684. f «nberlofer
2Bütoer. Sefdfjeibene, aber günftige SSerljältmffe.
5 ßfltje ufto. 57 ff., gatjrniS im ganjen 105 ff. Sargelb 14 ff.
Out 400 ff. Stftioa 519 ff. ©d&ulben: feine.
13. SBeifebad), ben 5. äprtl 1685. f ^Äütter. £inter*
blieben SBittoe unb Äinber. 2BoIjlljabenljeit ; Überf<$ufjiotrtf<$aft.
1 Slofe mit gütten 85 ff., 6 Äü^e ufto. 80 ff., ga$rm$ im
ganjen 357 ff. 83arf d&aft : „3n einem länglidjjen £ruljel, fo im Ober*
ftfibl fleijt", i)at ftd^ an ©elb gejeigt: 1 SDufaten 3V8 ff., 14 fran*
jöflfd&e Saler 241/« ff., 4 I)albe 3l/a ff., ganje ©ulben 10 ff., ijalbe
5 ff., ©rofdjjen IIV2 ff., Jtreujer über »ejaljlung ber @erid>t$f offen
4 ff., im ganjen 62 ff.
SBoljn&auS mit ©etreibe- unb ©ägmfi^le nebff gelbbau, bem
Älofter ©t. 3eno ffiftbar, 800 ff. ; ein 3ubaugut 400 ff. ; jtoet &aar*
äefer, jur Sßffege Stei^en^aQ gehörig, „oom (Srblaffer bei ber neuen
©fiterbefd&reibung felbft angefangen" auf 140 ff.; ein fcöljl „toeil
es gar «ein unb fd&ied&t befiettt" nur 20 ff.
1 1682 unb 1683 Ijaben ftc$ feine Snoenturen begeben.
Co^en, Serf<$ttlbuti0. 19
— 290 —
©djulben herein : Sßrioat 20 fL, 20 fL, beSgleidjjen, oorgeKeijeneS
©elb, 10 fL ©umme bcr »ftfoa 1835 fL
©Bulben I>inauS : &anbroerferlöljne 15 fL, gerrn SB. in SReid&en*
Ijall ungefähr 16 fl. ©umme 31 fl. (S)ie 98itme &at 250 fL ©etrat=
gut etngebrad&t unb SHiteigentum angeheiratet.) überfdjufe 1804 fL
14. &ager, ben 7. Dftober 1686. Überf d&ulbung ; ?ReaU
frebit nur mefjr ju brüdenben S3ebingungen (2tntid&rcfe) erf)ältlid&.
SRofe 32 fL, 3 Äitye ufro. 30 fL, galjrniS im ganjen 90 fL
„Stufcer biefer f<$le<$ten galjmis, toeil fein meljrerS tu>rf}anben", wirb
baS ©fitl „ ausgenommen ein Sßeuntl unb eine SBiefe, fo bereite ba*
von fommen, bodj fünftig lieber baju gelöjt werben fönnen", nur
auf 270 fL angefangen, äftioa 360 fl.
Sdjulben tytnauS: ©otteSl)au$ Äarlftein nerftdjerteS Kapital
100 fL; prinat 50 fL (3infen 2Vi fl.), 33, 6, 41/«, 3, 2 fL; bcr
SRutter beS Verstorbenen „Ijergelie^eneS SRofcgclb" 36 fl. ; einem SBirt
13 fL, einem ©d&rnieb 2 fl. ; bem ©tieffotyn 30 fl., ben oortjanbenen
brei «einen ftinbem »atergut 20 fL ©umme 302 fL Überfdjufc 58 fL
15. &ager, ben 7. Dftober 1686. hinterblieben SBitroc
unb nier Äinber. Überfdjulbung ; man borgt fid) fo burdj.
3 Äfifje ufro. 38 fl., gatjrniS im ganjen 52 fl. 2)aS Out 300 ff.
»ftioa 352 fl.
©Bulben IjinauS : 35em ©otteSljauS Jtarlftein oerftdjerteS Kapital
70 fL; jur Sßfannl)auSie<f>e 9teid)enl)att beSgleidjen 100 fl., 3wfen
10 fl., ber ©djroiegermutter 50 fl. ; einem SReidjen^atter S3ürger 4 fL,
prioat 21, 4, 3, 2 unb 2 fl.; einem SBirt 27 fL, beSgteidjen 4 fL,
einem SKütter 8 fl., beSglei<$en 5 fl., 2Birferlo&n 2 fl. ©umme
312 fl. Überfäufc 40 fl.
16. 2luf ber ©main, 23. 3luguft 16941. SJBitme unb
jeljn jum £eil unmünbige ßmber üorljanben. ©rofceS, fdjoneS,
ma^rfd&etnlidj freies Sefifctum. 9teidje ©rnte, rooljlgeffitlte Stoßen.
2Ran ift in ber Sage, frebitbebürftigen 9tadjbarn mit größeren 33e=
trägen auszuhelfen.
1 9to& 60 ff., 5 flfi^e ufro. 80 fl., rupfeneS unb IjärbeneS £udj
unb Seilad&er im SBerte uon 64 fl., ©etreibeoorräte ju 30 fl.
ga^rniS im ganjen 364 fl. „3)er feurige völlige ©tanb in ©etreibe,
&eu unb ©rummet" 200 fl. Qn ber SBarfdfjaft: 5 fteidjStaler ju
2 fl. = 10 fl., 21 ©olbgulben ju 3 fl. 10 fr. = 66l/8 fl., ©rofdjen im
1 flreiSard&to aRünd&en ©riefprototoüe 745/73.
1
— 291 —
9Berte von 21 fl. 3>n einem abfonbertidjen ©djafetrüljel : 20 SReidjS*
taler ju 2 fl. = 40 fl., 3 §albe = 3 fl., 1 ßatbergulben = 52 fr.,
1 rneredfiger günfjefjner = 15 fr., 2 tneredftge 3e^nc^ = 20 &•/
2 anbre ßeljner = 20 fr. ©umme ber Sarfdjaft 142 fl.
S)a$ ©ut „9?eiterf)of genannt, mit ber gemauerten l großen 33e=
Häufung" 1800 fl.
©Bulben herein: &auer auf ber ©matn von feinem ©ütl
200 fl., »inber ebenba 150 fl., prtoat 150 unb 100 fl., privat 62 fl.,
©d&uljmad&er 30 ff., SBirt 18 fl. ©umme 710 fl. ©umme ber
»ftioa 3216 fl.
©djulben tyinauS: Sßrtoat aus Sterleten 100 fl. Überfluß
3116 fl.
17. Stuf ber ©main, 9. September 1694. hinter-
blieben 2Bitroe unb vier unmünbige itinber. 2)ie SBerfdjulbung l)at
bereite eine bebenflidje &ö§e erreidjt, bie 33en>irtf d&aftung fdjeint
aber nod) nid^t barunter gelitten }u tjaben, baä notmenbige Inventar
nodj vortjanben ju fein.
4 Äülje ufto. 60 flv bie oorfjcmbene gutterei in &eu unb
©rummet für ba$ SSiel) 80 fl., ©trof) unb &abmer 20 fl.; ga&rni*
im ganjen 204 fl. 3)a3 ©ut (grunbbar) 400 fl. ©Bulben herein :
S)ie SBitroe l)at bei SB. (n>al)rfdjeinltä) intern ©ruber) an mütterüdjem
©rbe no$ 25 fl. ju fudjen. ©umme ber Slftioa 629 fl.
©djulben l)inau3 : 3)em ©otteSljauS Äarlftein verbrieftet Äapttal
160 fl., bem ©pital SReid&entjaH 200 fl., 3a$re3jin$ 10 fl.; privat,
geliehene« ©elb 20 fl.; femer privat 10 fl., 10 fl. unb l1/« fl.;
einem SRütter 7Va fl., einem ftcämer „um aufgenommene« Xufy'
4 fl., ber SWutter be$ Verstorbenen au$$tma<t)t& ©elb C3«^Pfcnnig)
80 fl. ©umme 503 fl. Überfd&ufe 126 fl.
18. &ier Rubelt e$ fid^ um fein 93erlaffenfdjjaft3im>entar,
fonbern ba$ Inventar ift über ba$ Vermögen eine« „mit SBeib unb
Stirb $eimlidj (jintoeggejogenen @eridjt$untertanen, ber vor*
fcanbenen ©laubiger falber" am 2. 3uni 1693 unter
SWitrotrfung breier ©djjafcmanner errietet tvorben. Stlujlration ju
©. 197.
1 Auf) unb 4 ftälber famt ©tattjube&ör 44 fl. 3)te fta&rni*
im ganjen ift, „weil bie tveggejogenen Seeleute alles SBett*, $al$*
unb Seinivanbgervanb §etmli<$ enttragen unb ni<$W meljr bavon ju
erfunben", ba$ 2)agelaffene aber „mel)rerenteil$ ein alter 3*ug",
1 Äulturl)iftorif<$ &emer!en*n>ert, bafc biefeä befonbrö $en>orge$oben wirb.
19*
- 292 —
nur auf 62 fl. geföfifet roorben. ©te beiben (grunbbaren) ®üil
werben, weil „beibe Käufer ganj baufällig unb mit grofjen ttnfoften
wieber auf}uri$ten", nur auf 550 fl. angefangen. @in jum Älofter
3eno gehörige* Xagroerf Sanb 70 fL Summe ber äfttoa 682 fl.
$)a bie ©djulbforberungen ber ©laubiger fidj auf me^r be=
laufen, fo werben bie beiben ©ttter famt ber galjrmS ben ©laubigem,
„bamtt um fooiel weniger ju 93erlufl ge&t, jum §ö$eren SBerfcmfe"
überladen; babei wirb tynen aufgetragen, „mit bem jenigen, ber e£
an jtdj erf>anbeln roiH, oor ©eridjt ju erfdjeinen unb ben getroffenen
Äauf orbentlid) anzugeben, bamit folgenbS jnnfdjen iljnen be£
SorgangS falber ein SßrtörüätSerfenntm* nerfa&t unb publiziert
werben" fann.
19. ©ro^olj^aufen, 12. 3uni 17391. @rben fteben
©ef djtoifier. $fiu8ler o^ne lanbroirtf d&aftlid&en ©runbbejtfc ; ärmliche,
gebrücfte »erljältniffe.
ga&rmS 23 fl. fcäuSdfjen mit ©ärtd&en (Seibte^t) 50 fL
Slfttoa 73 fl.
©Bulben ju 4, 1 */•, 1 fl. ; einem SDa<$be<f er So&n 30 fr. ; jtoei
SSrübem be3 »erftorbenen 2Vi unb IVa fl, S)ie »auf ättigfeit 2 be*
lauft fid^ na<$ bem ungefähren äfofdjlag auf 20 fl. 3uT>enturfoftm
7 flv bem Pfarrer ©eelgerät 6 fl., bem äReftner 1 fL Bvivxmz 45 fL
Überfdjufe 28 fL
20. ©eSgleid&en, nom 12. $uni 1739. hinterblieben
SBttroe unb wer unmflnbige Ätnber. SRtfjlidje 33er&ältniffe (9Bangel
an ©aatgetreibe). Ungeregelte Sorgnrirtfdjaft.
2 Stoffe 25 fL, 4 Rüty ufro. 54 fl., ga|>rm3 im ganjen 148 fl.
35a8 ©ut „fo bem Sau nadj eine &ube ifi" 500 fL ©djulben $er-
ein: ftficfflänbiger ©rbteil ju 12 fL Slftum 660 fL
©Bulben l)inau8: einem ©otteS^auS 65 fl., Qntereffen bauon
3 fL 15 fr., prtoat 30 fl., geliehene« ©elb 9 unb 4 fL; einem
3Rütter 6 unb 1 fl., einem SBagner 56 fr., einem SWaurergefeHen
l1/« fl., ßot)n ber ©ienftbirne IVa fl., ber oorigen SHenftbirne 1 fl. 20 fr. ;
femer prfoat 4V2, 4, 4, 2Vi, IV2, l1/*, 1 fl., 45, 28 unb 20 fr.;
bem »ruber be3 ©rblafferS 17 fl., ber ©djroefter 20 fl., ber 3Äutter
ber SBitme, foroie tyren Äinbern laut Übergabäbrief uon 1731 21 fL,
ferner für ben bieäjätirigen SluStrag 3 fL'; bem Pfarrer für geliehene
1 Snoenturbuc^ ber $ofmarc$ Srannenburg, ©rofc» unb ßleinJ&oIaljaufen
de annis 1739-1758/59. 3m $tftortf$en herein für Ö6er&agern in 3Rünc$en.
2 $er Setrag ber SBaufäEtgfeit ift an bie ©runb§errfd)aft ju entrichten
H
— 293 —
2 ajfefcen $aber 1 ff. 12 fr., ». 3». für hergegebene 2 2Kefeen langen
aBeijenS unb 5 äßefeen Jobber num ©amen 6 ff. 40 fr., bem &. 2).
für 1 3Re|en ©ober 24 fr.; „unterfdjieblidje Heine Soften" 6 ff.
SDie SaufäWgfeit beträgt mtnbeftenS 50 ff. Qnoenturf offen 12 ff.
15 fr., bie „pfarr&errlidjen 9te<$te famt ©otteSbienft unb anberem"
8 ff., 2Refener 1 ff. ©umme ber ©Bulben $inau3 291 ff. Über*
f #u& 369 ff.
21. Älein^olj^aufen, 12. 3uni 1740. Unflarljeit ber
SRed&tSoerljältmffe ; fdfjeint SBudjerern in bie &&nbe gefallen ju fein.
1 9tof$ 30 ff., 6 Äül)e ufto. 70 ff., ga^rniS im ganjen 192 ff.
3>a3 ©ut 600 ff. «ftioa 792 ff.
©djulben IjinauS: @. $&. in 93. in unterfd&iebltd&en Soften unb
3a^ren, jum Seil herein geliehen, nadfj brei befonberen SBcr*
jeidfjmffen * 346 ff.; fonft prtoat 10 unb 6V2 ff.; bem ©dfjmteb
Arbeitslohn 1 ff., bem Dbffpel&er 30 fr. SDeS @rblaffer$ ©dfjioeffer
yrätenbtert 78 ff., fo ü)r aber oon ber ©utSnntioe (sie!) roiber*
f proben unb von berfelben oorgebrad&t wirb, bafc {le jtoar oon ber
©d&wägerin 50 ff. jur Aufbewahrung erhalten, nadfj etlichen Sagen
ober beten (Seemann auf fein Segelten mieber beljänbigt &abe.
^enter forbert ein SBertoanbter 70 ff. bar geliehenes ©elb, wofür
il>m ber SeibgebingSbrief ju Sßfanb eingefefet toorben fei. 33aufäHigs
feit ungefähr 50 ff. Snoenturfoften 13 ff. ©Bulben 575 ff. Über*
fd&ufc 217 ff.
22. ©rofe^olj^aufen, ben 4. 3uli 1739. Sßitioe unb
fünf Äinber jnrifdjen 17 unb 3 Sauren. QitmÜä) Keines ©ut, aber
<mfei>ntidE)e Mittel, ffattltcljeS »etriebSfapttal.
1 Sßferb 30 ff., 5 Äü&e ufto. 50 ff., gaijrmS im ganjen 205 ff.
©ut (grunbbar) 400 ff. ©Bulben herein: ©elie&eneS ©elb 20 ff.,
für ©amfcaber 24 ff., bei einem &uffc$mieb 23 ff., prioat 20 unb
6 ff. S)te SBertoanbten ber SBitroe fd>ulben 00m fieiratgut nod&
100 ff. ©umme 193 ff. »ftioa 798 ff.
©Bulben IjtnauS : prioat 21/« ff., einem ©djmteb 2Vf ff. Sau*
ffiaigfeit 50 ff. 2>em Pfarrer für ©otteSbienft ufto. 7 ff., bem
9Refmer 1 ff., für ©penbbrot 51/« ff., Snoenturfoffen 151/« ff.
©umme 84 ff. Überfd&ufe 714 ff.
23. ©ro^olj^aufen, ben 4. 3uli 1739. hinterblieben
SBitioer unb jtoei f leine Amber. ©d&öneS, jum Seil freies Sefffe»
tum. ©eringfttgige @rbregulierungSf$ulben, fonft unbelaffet.
2>ie Stoseigniffe liegen ni$t M.
— 294 —
1 9fa>& 40 ff., 9 Äfllje ufw. 111 ff., gafcrm* im ganjen 318 ff.
2>te bem ©otte8l)au3 in ©rof$ol)^aufen gelangen jroet Seibgebtng*
gfltl (ein ganje* unb ein $albe* fielen) 1100 ff. ©emäfi Kaufbrief
Dom 31. Suli 1674 wirb ba3 freie, lebige, etgentfimlidje „Sßraitl",
4 ädfer grofe, gefdtffct auf 250 ff. ©d&ulben herein: 7, 1, 1 fl. ;
„ba$ fogenannte ©alliterpofterl tum $unbf>am" 10 ff. 2tfitoa
1687 ff.
©Bulben i)inau3 : SBon ben SBerroanbten ber t>er jtorbenen JQauä*
ftau werben ©Itewgfiter im Setrage t)on 122 ff. prätenbiert. 33au-
fälligfeit am ganjen fielen 40 ff., am Ratten 10 ff. 2>em Pfarrer
für ©otteSbienff unb «ßönfatt 8 ff., 3npenturfofien 22 ff. gummc
202 ff. SReft 1485 ff.
24. ftieui&ol^aufen, ben 12. »uguff 1739. S5a£
anfefytlidje »etrtebäfapital fü^rt ju bem ©bluffe, bafc bie be*
beutenben ©Bulben jum £eil probufttoer -Katar ftnb. — hinter-
blieben SBitme unb jmei Meine Äinber.
2 «Pfcrbe 35 ff., 7 Äfi&e ufro. 87 ff., gaumig im ganjen 224 ft.
»argelb 8 ff. SDa$ ©ut (bem »au nac$ ein Seijen) 500 ff.
©Bulben herein: Sßrtoat 30 ff., reffierenber ©rbteil 14 ff. Slftioa
776 ff.
©Bulben f)inau3: @otte$l)au3 in Ä. 50 ff., prioat 80, 40, 20,
15, 15 ff.; einem ©djufter 35, einem 3Jiaurer 20 ff., einem ©uf~
fdjmteb 15, einem 2Birt 6 ff.; bem SMenftfnedjt Siblo^n 30 ff.; ber
SKutter ber ©rblafferin (2lu$träglerin) 3*!wfenmg 50 ff., bem
»ruber (2)ienftfned)t) 100 ff. [roa^rfdjeüilidj ©rbabftnbung], Sau*
fättigfeit 40 ff.; bem Pfarrer 3 ff., bem »enefijiaten 4 ff., für
©penbbrot 4 ff., bem SWefmer 1 ff. ; 3m>enturfoften 16 ff. ©umnte
544 ff. 3Jeft 232 ff.
25. ©rofe^olj^auf en, ben 18. 3)ejember 1739.
hinterblieben Sßttme unb aü)t Äinber (8—22 3fa&re). SErofc einiger
©Bulben günftige Sage. (Normaler ©dfjulbenftanb.)
2 Stoffe 16 ff., 5 Rü^ ufra. 68 ff., galjrmS im ganjen 238 ff.
©ut, „fo bem »au nad) jmei fielen importiert" 500 ff. Slftiua
738 ff.
©djulben IjinauS: ©otte3ljau$ in ©ro^olj^aufen 50 ff., bie3=
jährige« 3ntereffe 2Vi ff.; @otte3l>au$ in Älein^olj^aufen 90 ff.
^ntereffe 41/« ff. ; prioat 20 ff , 3al)re3jm3 1 ff. »aufattigfeit 40 ff.
S)em Pfarrer 5 ff., bem SRe&ner 1 ff., um ©penbbrot 3 ff., 3n*
oenturfoften 16 ff. Summe 233 ff. Steft 505 ff.
n
— 295 —
26. ßlfofen, ben 23. 2Kärj 17361. f 2Büroe, hinter*
blieben eine groftäljrige Stocktet. SBer^ältniSmafcig bebeutenber 5Bie^
ftanb. 3Bal)rfcI)emUdj SKebenüerbienft im guljrroefen. Überhaupt er«
freulid&e, toenn audfj befd&ränfte SBer^ältniffe.
5 Sßferbe ufrn. 60 flv 5 Äitye ufro. 56 fL, 6 ©djjafe, ©d&roeine ;
ga^rnte im ganjen 181 fL 3)a3 ber jQerrfdfjaft gehörige ©ut 400 fL
Slftioa 581 fL
©dfjulben tyinauS: ©efd&miftern ber ©rblafferin 53 unb 28 fL,
einem ©dfjufter 10 fL, fonft Heine betrage ju 8, 5, 3, 1 fl. Qm
ganjen 108 fl. 9left 473 fl.
27. Ölfofen, 6. Quni 1737. hinterblieben Sßitme unb jroei
grofjjäljrige Äinber. 33erfd&ulbung bur<$ SlbfinbungSgelber , 3Wangel
an ^Betriebst apital ; Heine, gebrüdte 3Serl)ältniffe.
2 Stoffe ufro. 30 fl., 1 Ruf) ufro. 10 fl. galjvute im ganjen
71 fl. 2)a8 nadjj ©berSberg grunbbare ©ut nrirb, ba „baS £au3
bergeftalt baufällig, bafc e3 bem ©infollen gleidfj fiet)t", nur auf
300 fL angef dalagen. SHtioa 371 fl.
©d&ulben &inau$: @otte3l»au3 £). 30 fl.; prioat 8, 6, 3, 3,
2 fL; ben jroei ©dfjmeftern be$ ©rblafferS ausgemachtes naterlid&eS
unb mfitterlidfjeS ©ut 200 fl. , bem »ruber ber SBitroe 7 fL ; aus*
ftänbiger £anbloj,n 30 fl. ©umme 289 fl. SRefl 82 fL
28. günfing (Olfofen), ben 24.3uli 1742. f SBitroc,
hinterblieben ad^t ftinber aus jmei @t)en. ©rofebauer, ftoljeS 33eftfe*
tum, bequeme SBerljaltniffe 2.
8 SRoffe ufro. 270 fl., 15 M&e ufrn. 200 fl., 3 ©d&effel SBeijen
48 fl., 2 ©d&effel fcaber 17V2 fl., IV2 ©dfjeffel ßorn 13V« fl.,
4 SWefeen ©erfie 5 fl., gaumig im ganjen 769 fl. »argelb 250 fL
2)aS ber &errfdfjaft grunbbare ©ut, ganjer &of, Seibred&t, 1600 fl.;
fjatöer ioof ßjube), Seibred&t, jum Älofter Xegernfee grunbbar, 534 fl. ;
fielen, ebenfo, 266 fL SSermögen im ganjen 3419 fl.
29. Ölfofen, 16. Dftober 1745. f ©d&ufter. ©intern
blieben äßitroe unb jmei unmflnbige Äinber. (Sin Meiner ißanb=
werter, ber felbft mit ber SKot ju fämpfen £at, benufct bie geringe
33arfdjjaft, bie ibm feine @l>efrau in bie @t)e gebraut f)at, baju, eine
Äu& jn erwerben unb ftdfj burdfj Ärebitgemal)rung gegen 2lnti =
1 Inventaria von ber abeliß £a$emnat>rfd)en $ofmar<$ ÖCfofen. Äretä-
areftto Stünden örteforototoHe 759Va/l.
* $te Snoentur ift na<$ auöbrücfttd&er ßonftatierung im 3m>entar über
ba* gefamte Vermögen (ber beiben (Seeleute) aufgenommen.
— 296 —
$refe in ben SBejtfc ber }u i&rer Fütterung notroenbigen ©runb-
ftüdc ju fefeen. Sieber lägt er feine SRedjmmg bei feinen 9iof?fh>ff =
Iteferanten anfd&toeffen, als bafe er auf biefe rentable Kapitalanlage
t>erjid&tet.
1 alte« 9to& 5 fl., 1 Ruf) ufm. 26 fl., ©djufterroerfjeug 5 ff.,
$a$rni* im ganjen 87 fl. ©Bulben herein : SPrioat gegen ben 9htg«
genufe getoiffer Sdfer unb einer SBiefe1 100 fl.; geliehenes Selb auf
eine SBiefe8 40 fl.; geliehene« @elb 40 fl. »u&erbem ftnb nad>
©ut^aben ju 40 fl. im ganjen oorfcanben, roett aber bawm fafl ntd>i5
meljr ju befommen, fo werben an^er nur 20 fl. gefefet. Summe ber
©Bulben herein 200 fl. »ftina 287 fl.
©d&ulben IjinauS: ßlterngfiter 40 fl., Jpeiratgut ber 2Bita>e
94 fl., einem Seberer fflr abgenommene« fieber 40 fl., bem ©djuly^
ftte^t Siblofcn 10 fl. ©umme 184 fl. Überreft 183 fl.
30. Sltötting8, ben 25. Sanitär 1738. f 2lu3-
t r ä g l e r. 2)ie Slfttoa befielen in ben Seibf leibern be$ SBerfiorbenen
unb im Mobiliar ber 2lu8trag$ftube, SBert 9 fl. ; ferner in bem vom
jungen ©utSbeftfcer nod> gefdjulbeten SRefi be$ 3$*Pfennig$ ju 165 fl.
= 174 fl. ^Jaffioa: Be^rgelb für Me no$ lebenbe SluSträglerm
10 fl.; fromme Segate, 9Heffen, ©todfgelb 64 fl. (!), Pfarrer 6 fl.,
SRefmer 3 fl., ©penbbrot 7 fl.; ©eri<$t$foflen 4 fl., SeerbtgungS*
foften 8 fl. ©umme 102 fl. 3Som 3e$rpfennig bleiben alfo 72 fl.
übrig, bie ber junge Sauer ben grben (er felbfl unb feine ®e*
fd&nrifter) ^erauäjugeben fjat.
SBenn wir bie ^noentare (mit ausnähme ber ©onberfatte 9ir. 29
unb 30) nadj bem ©rabe ber SBerfdjulbung orbnen, fo erhalten
mir bie auf ©. 297 enthaltene Tabelle, ju beren ©rläuterung
mir nur bemerlen muffen, ba& Stubrif 7 ba$ SßrojentoertyältmS
jmifd&en SRubrif 6 unb SRubrif 5 batfiettt4.
Sitte 33erfdjulbung8grabe ftnb oertreten. 3 ©üter fütb fdjulben-
frei, 7 biö ju 25°/o, 6 oon 25 bi« ju 50, 6 oon 50 bis ju 75,
1 3). $. auf SOBteberlofung.
2 $9potI)el ober SBieberlofung ?
8 Snoenturbud} ber furfürftlid&en ^ropftei SUtötting d. a. 1738/39 (Äreiä»
axQiv 9Rün$en SriefprotofoHe 132/555).
* 3- 23- &u 9lt. 4: S\^° - 1,689 - 2.
— 297 —
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— 298 —
5 oon 75 bis ju 100 °/o oerfd&ulbet, unb 1 ©ut ifi überfd&ulbet. GS
tft anjune^men, bafc ein £eil ber na<$ ben Snoentaren nur oer=
fd&ulbeten, aber nidjt überfdjulbeten ©fiter fxd^ als fiberfd&utoet
^jerauSgefteDt f>aben würbe, wenn fie bem ftrengen, aber juoerläffigen
©djeibemittel „offener SJtarft" auSgefefct worben wären- 20>biert
man fämtli<$e Stftiomaffen unb fämtltd&e Sßaffiomaffen unb berechnet
man hieraus in berfelben SBeife, wie wir biefeS bei ben einzelnen
Qnoentaren getan l)aben, ben SBcrf djulbungSgrab , fo ftnbet man bie
3iffer 28,6. SDiefe 3a$l fann man alfo als ben burd&fd&nitt*
liefen SBerfdjjulbungSgrab ber ben ©egenfianb unferer 3n*
oentare bilbenben bäuerlichen SEßirtfd^aften betrauten.
ßwtfdjen bem ©rab ber Serfdjulbung unb ben oerfdfjiebenen
©egenben, aus benen bie Qnoentare flammen, laffen fid> feine
parallelen aufstellen, dagegen fd&eint bie ©utSgröfee einen ge*
wtffen (Sinfhtf? auf ben ©rab ber SBerfdjulbung gehabt ju f>aben.
©djeibet man nämlid) bie ©üter bem SBerte nadj in jwei annäljernb
gleidj grofje Seftänbe, in foldje ©fiter, beren SBert ben Setrag von
500 fl. überfieigt, unb in foldje, beren 2Bert barunter bleibt, fa
finben mir, bafj Säuern oerfdjulbet finb
bid ju 25% 25—50% 50—75% über 75% Summe
bei ben größeren ©fitem 6 3 1 1 11
bei ben Heineren ©fitem 3 1 3 5 12,
wäfjrenb oon ben 4 ©fitem, bie gerabe 500 fi. wert finb, 1 bis ju
25°/o unb bie 3 anberen tum 25 bis ju 50°/o ber SKftiomaffe »er*
fdjulbet finb. 2)afj bie größeren ©üter in unferer Tabelle
weniger oerfdjjulbet finb als bie Heineren, jeigt fidj aud) bei
näherem ^infe^en. Sei ben 5 größten ©fitem (1000 fi. SBert ober
meljr) beträgt bie Serfdjulbung weniger als 25°/o, bei 2 oon iljnen
ift bie S3erf$ulbung ganj unbebeutenb, baS wertooUfte ©ut ifi
fdjulbenfret. dagegen beläuft fiä) bei ben 4 ©fitem, weldje weniger
wert finb als 400 fl., bie SBerfdfoulbung in einem galle auf 62%,
in ben 3 anberen fallen auf über 70%. SSon ben 12 ©fitem im
Sßerte oon 450 bis 800 fi., alfo mittlerer SBertSgrö&e, befinben $$
6 unter ben 2lnwefen mit mittlerer 33erf<$ulbung (25 — 50%); ja
nodj mefyr: biefe SerfdjulbungSgruppe wirb auSfdjltefclidj oon ©fitem
mit foldier SBertSgröfee eingenommen.
3luffattenb ift audj bie weitere @rfdf>emung, baß eine Slnja^l
oon benjjenigen Slnwefen, bie nur bis ju 50% oerfdjulbet finb, mit
©ewerbebetrieben oerbunben ift. S)ie 3 ©fiter mit 3Kfifferei,
guljrmannSbetrteb unb ©aftwirtfd&aft finb geringfügig oerfc&ulbet.
— 299 —
3Me beiben Slnwefen mit SBeinljanbel unb SDiaurerfjanbtoerf finb jroar
bebeutenb oerfdjulbet, btc ©djulben finb aber bei biefem jum ietf,
bei jenem jum größten £eil im ©ewerbebetrteb entftanben. @r*
toä^nung oerbient ferner bie £atfadjje, bajs audfj bie beiben frei*
eigenen ©fiter oerljältntemäftfg wenig oerfdjulbet finb.
35a oon ben 7 ©fitem im 2Berte oon 800 fl. unb barfiber 5
entroeber frei oon ©runbuntertänigfeit ober mit hieben*
betrieben gewerblicher ober faufmännif<$er Slrt oerbunben finb, ba
alfo txri Äaufaljufammen^ang jwifdfjen ©utögrö&e einerfeits unb
gfrettjeit be$ ©runbetgentumS fowie Äombtnatton oon lanbwirtfdjaft*
liefern unb gewerblid[jem Setrieb anbererfeitö ju befielen fdjeint, fo
fann man fagen, baf$ bie ©eftaltung be3 bäuerlidjen ©runbbeft|e3
(fotoeit unfer bef<$ränfte3 SJiaterial reidjt) in ber Stiftung größerer
greibeit unb 2)ifferenjierung ber SßrobuftionSwetfe
(burdf) ©ntfle^ung lanbwirtf <$aftlidjer 9?ebenbetriebe) auf bie SB e r *
fdjulbung einen mäftigenben ©influfc ausgeübt Ijat.
Sed$es Kapitel
§taatti$e &Mionm.
§ 18.
3fcer ^CTifti^iäftri^ Krieg-
Unter ben ttrfadjen ber SBerfdjulbung be3 bäuerlichen @runb*
beftfee^ fteljt bie Arie gSnot in erfier SReilje. ©er breifcigjäljrige
Ärieg tyat bie SBerfdjulbung plöfclidj ju einer ganj aufeerorbent*
lidjen ipö^e emporgetrieben, er tyat eine ÄrebüfufiS erjeugt, bie
in ber ©efdfjidjte berühmt geworben ift. 2Btr l)aben audj in biefem
Äapitet nur ben bäuerlichen ©runbbefifc 4im 2luge unb greifen nur
ba über btefeS ©ebiet l)tnau$, wo e3 be$ 3ufaTntwen^angö wegen
nötig ifi.
I.
35ie fdjlimmen wirtfd&aftltdfjen folgen be$ ÄriegeS1
1 $auptfäc$li$ na$ Viani, »&%"$ unb 6$irm ber ©$ulbner\ SRanj
war Vertreter fce8 Sc&ulbnerintereffeS , obroofjl er felbft eä nid&t augeben roilL
£r §atte alfo ©runb, (ei ©Witterung be3 @Ienb8 bide gar&en aufzutragen. 3$
— 300 —
beftanbcn junädtft in einer bebeutenben SSerminberung bei
beweglichen SBermögen*. Sie ÄriegSft euern , 3u>ang£anlel)en,
(Einquartierungen, Kontributionen / a3ranbf<$afcungen unb $${flnbe-
rungen beraubten ba£ fianb eine* großen Seilet be3 oor^anbenen
Selbe* unb ©elbtöwerte* , bie Foftbaren ©erfitf djaften mußten ein*
gefdfjmoljen, Äunflwerfe }u (Selb gemalt werben, bie £anbe£probufte
würben maffenl>aft für. bie fceere requiriert Sefonberä abtt ben
Sauern ging e* fd>le$t. 3)enn, „weil bie Sauern ni$t$ tnä*
geheim unb verborgen tyaben, sancta simplicitas omnia palam
habet u (IV 20), fo lag \fyc ganje* Vermögen offen oor greunbe£
unb gsinbeS äugen. 2)ie ©fiter würben ber ga^rniS beraubt, wa£
ber Sauer ben einen £ag juf ammenfparte , ging am anbern Xafle
bur<$ ßinfatt ber geinbe („ober ber feinbfeligen greunbe") wieber
verloren (I 16).
Sieben biefe äbfa&lung bei platten fianbeS trat ein weiteres
Übel, bie ©ntoölferung. Ärieg, junger unb ©eitlen bejimierten
bie Seoöllerung, bie übrig ©ebliebenen waren fo entfräftet, baß fie,
wie fd)on SRanj fdjreibt (II 67), tne^r ben £oten al£ ben Sebenbigen
gleid) faljen. @3 war ganj natürlich, baß ftc tyre oerwfijieten unb
ber galjrm$ entblößten gelber, tyre ausgeraubten unb burdjj Sranb
jerftörten Käufer verließen, um als SBagabunben, Stäuber, SRarobeure,
©olbaten Jammer ftatt Sfeiboß ju fein (StmplijiffimuS). 35ie
©fiter blieben 5be liegen, jum Kapitalmangel gefeilte ftd) SeutemangeL
SDie 3)eoafiierung ber ©fiter, bie SKinberung il)re3 (SrtrageS,
bie Seutenot, ber ©elbmangel unb bie ©efa&ren be$ SanblebenS Ratten
eine beifpiellofe Entwertung ber ©fiter jur golge. 35te Sin-
gaben ber ©<$riftfteffer über ben ©rab ber Entwertung fdjwanfen
jwar fe^r; ba$ ifl begreiflich, benn ftc fjaben nur ben 3roe*/ Me
©abläge ju beleuchten. 3)le weiteftgetjenben oon mir gefunbenen
Slngaben jmb bie oon ©djmtb unb SWanj. ©d>mtb behauptet, baß
bie unbeweglichen ©fiter !aum mefjr bie Hälfte, ja fogar ben britten
ober vierten £eil ber cor bem Jtriege ablief gewefenen ©d&äfcung
erreidjen1, unb 2Kanj fagt (1641), baß bie Sdfer, bie wenig ftaljre
fyabe biefe abgetönt, unb mit biefer @infc$rän!ung fann und SWanj a(3 guter
geuge über bie tatfädjttdjen 3uftänbe bienen, ba wir ja nidjt fo fel)r bie ©röfee,
ald bie Slrt ber SBirfung be$ Kriege« auf ba« nrirtfc&aftttaje 2tben unb . be*
fonberS auf bie Sage ber Sauern iennen lernen wollen, ftbtigenä Ijat ber
#aupigegner t>on SRana, ^flaumer, fo heftig er fonfl in feinem »Kolloquium*
SWanj angreift, ftd) bod) an feiner ©teile biefer ©djrift gegen bie tatfäa)(ia)en
SluffteHungen von SRanj in bejug auf bie Notlage ber Sauern geroenbet.
1 3m Äomm. jur SBerorbnung vom 20. 3uni 1650 p. 10.
— 301 —
uor^er 100 imb mefjr ©ulben gegolten, jefct loum me$r 20 ft. wert
ftnb1. Slm ^duftgflen finbet pdf) bie angäbe, bafe bie (Sntmertung
bie iQälfte betragen l)abe.
3)ie SBermögenäminberung emerfeita, ber aufcerorbentltdfje ©elb*
bebarf anberfeits führten ju einer 3<*&lung8frift3. ®ic aus*
fieljenben Kapitalien mürben maffenfjaft gefiinbigt, bie Klagen nnb
©jefutionen brängten jtd&2, aber feiner fonnte feinen ©laubiger be*
friebigen, roeil jeber oon feinen ©d&ulbnern im ©tidjje gelaffen rourbe.
SDie ungeheuren Äapitafoerlufte, unter benen bie ©laubiger ju leiben
Ratten 8, riefen ein fd^raer ju ttbernrinbenbeS SRifetrauen unb in 33er*
btnbung mit bem allgemeinen ©elbmangel brüdfenbe Krebitnot l)er*
vox*. 2)er 3a&fattg*frift£ Mgte bie KrebitfrifiS.
2)er erfle ©d&ulbner, ber feine 3a^un9 einstellte, mar natürlich
ber ©taat.
©dfjon 1622 erfolgte eine ©ifiierung ber 3infettjaf)Iung6,
unb 1637 muftte ber gürft ben Sanbfd&aftSoerorbneten erflären, bie
3infenrücfftänbe feien fo \)o<$) angefdjjmollen , bafc man auf außer*
orbentlidje ©edfungSmtttel 33ebad^t nehmen muffe, wolle man mdjjt
bie ärmeren Ärebitoren ganj Derfdjjmadjjten lajfen unb ben Krebit,
ba$ toerte Äleinob be$ SanbeS, jerjlören6. SDte^ mar feine Über*
tretbung, unb bie 3^nfen/ Me &cr Stowt <utdjj foldfjen feiner Unter-
tanen, bie felbft oom Kriege furchtbar mitgenommen waren, fd&ulbete,
beHefen fid^ bei einzelnen ©laubigem auf taufenbe oon ©ulben.
2Benn bie geängfttgten ©laubiger beä ©taateS, von ber Sßot ge*
trieben, um 3?üdEjaJ)lung ber auf fte treffenben ©taatsfdfjulb ober
roemgfienS um 6ntrid&tung eines Seilet ber 3ütfen baten, erhielten
fie pon ber Regierung ben 33efdfjeib: 2Wan trage mit bem ©efudfj*
fleSer „gnfibigfteS 9Witletb", möchte i&m gerne geholfen fe^en, Ijabe
1 II 124.
1 6a)mib §u ©antpr. III 3 n. 2: 33et vermiedenen ftrtegätrubefo Ijaben
ft$ ftt)ier feine anberen $rojeffe alö ©antprojeffe ergeben.
• 6o}mib §u SB. XVI 1 n. 9: ,3n ben oerfioffenen garten unb bebrangten
3eiten" fmb fe^r »iele ©antprogeffe geführt roorben, »bei benen bie ©eneral*
Qijpotyefen unb Serpf&nbung ba3 gange Vermögen be* ©antiererd jroei- ober
breimal erfa)öpften*.
• SWang, ©a)ufc unb 8a)trm II 67: ,9lun ift aber fa)iet niemanb, ber bem
anberen Reifen unb ©elb ffirftretfen fann, ober wenngleia) jemanb ba* Vermögen
(at, fo rairb er boa) nia)t gerne n>a« aufteilen, tcilö barum, weil er bie alten
S^ulben nia)t einbringen fann unb alfo fia) feine neue Unge(egen$eit maa)en witt.*
5 gfrepberg I 62 s. v. ,n>ela)e feit jroei Sauren im Kudflanb".
• (Sbenba I 88.
— 302 —
aber wegen ber ftarfen JtriegSauSgaben nidjt bie Mittel, bem ©efudje
ju toillf afjren ; ober bergleldjjen. Utatürlid) fanfen bie ©taatS-
obligattonen unter Sßart, roa$ ben ©taatöfrebit weiter
fdjtoädjte 1.
2Bie e« bei Ärebitfrifen ju gefdje^en pflegt, fo Ratten aud) bie
3a$lung8fd)roierigfeiten be$ Staate« weitge^enbe SBirfungen2,
inbem fi$ bie baoon auSgeljenbe 3^^ungdnot oon ©laubiger auf
©djulbner, oon ©djulbner auf ©laubiger fibertrug unb bie gefamten
Ärebitoerljältniffe jerrüttete. 33on ben ftaatlid()en QcfyhxnQS&mtzxn
im ©tidje gelaffen, oon ben eigenen ©laubigem auf$ äufeerfte brang-
faliert, blieb oielen md&tS anbereS übrig, als ben übrigen ©djulbnem,
toenn biefelben aud) nod> fo fdjonungäbebürftig waren, ben Strebit
jur Unjeit ju ffinbigen ober unter brfidtenben Sebingungen felbft
neue ©Bulben ju fontraljieren.
2)er ©elbmangel unb bie 3 a$lung$frtft3 führten eine 3n*
flation oon ©djulbtiteln auf bem ©elbmarfte gerbet.
2)urd) bie ÄriegSnot — jammert SWeoiuS8 — ifl e3 f<$on fo weit
gefommen, bafe commercia fere cum chartis hodie ampliora sint
quam cum nummis. ©eine ©d&ulbbriefe waren eben ba3 einzige,
bad ber ©laubiger ju iQanben fyrtte, womit er größere bringenbe
StuSgaben beftreiten, toomit er feinen SBerpfli^tungen gegen feine
eigenen ©laubiger nadjlommen fonnte, unb biefe waren frol), über-
Ijaupt etwa« ju bekommen. SWit ©djulbttteln mürbe alfo SD e düng
gegeben unb gefauft4, mit ©djulbtiteln mürben bie Södjter
1 ©erorbnung vom 4. SRooember 1641 (Cgm. Ana 11, 93 n. 40): ©tlit&e
wollen bie ftaatliojen ©ajulboerfa^retbungen nia)t naa) if)um »ölligen valor unb
©ültigfett in Bejahung anftatt bar (Selb nehmen. Staburdfr ifl faß bei jeber*
mann eine no$ größere SMffibenj unb SRigtrauen erroedt unb entftanben.
2 „$on ber SBieberOeifteHung be« ©Bulben*, äinebrief* unb ©elbwefenS
— geftc^t ber gürft 1654 fprbft *u — $ängt ßrebit, Äommerj, aHe Äontvafte
unb bie Sßieberbetebung ber oeröbeten ©üter ab* (JJreuberg I 127). $en 3»-
fammenljang jwifd&en ©taatSfrebit unb $rioatfrebit betonen aua)
bie ©ttinbe 1669 (Sanbtag 6. 248) , inbem fte gegen bie oom Surften geplante
„Eejimation ber ©taatöfajulb" (©injie&ung oon Vio ber 3infen ju ©teuerjroecfen)
barau? aufmerffam maa)en, wa$ für einen Slnftofc bie #anblungen unb Äommerjien
erleiben würben, inbem eS unmöglich fein würbe, mit ber öejaljlung [ber eigenen
©djurben] ju folgen, fo ba& eine $ofmaraj naa) ber anberen auf bie ®ant
fommen mürbe.
8 Disc. levaminum inopiae debitorum 1653 p. 456.
4 &en ©djulbbrtefen war meift bie ßfaufel beigefügt, ba& jcber redjtmäjjige
gutgläubige 3n§aber forberungS6erea)tigt fei, og(. ©. 44 unb 2lnljang I.
— 303 —
ausgestattet. 9iod(j gegen @nbe beS Satjr^junbertS fd&reibt ©dfjmib (ju
£9i. 1 17 n. 21) : „@S ift ffim>at)r in unferem SBaterlanbe fd&on fo roett
gefommen, baß aus ©elbmangel fester alle Ääuf unb ßäuf olfo ju
<$efdfjeljen pflegen, baß bie 3w3briefe bie ©teile beS baren ©elbeS
vertreten unb aud) von @blen, ©rafen unb greiljerrn i>crcn Xödfjtem
anftatt beS iQeiratSguteS ein ober mehrere taufenb ©ulben an 3^5
DerfdEjreibungen gegeben werben."
3)ieS bejieljt fidfj auf alle 2lrten oon ©dfjulbbriefen, audfj auf bie
(befferen) prioaten ©dfjulboerfdfjreibungen. Jgauptfädfjlidfj aber ftanben
bte ftaatlidjjen ©d&ulbobligationen in SBerfetjr1.
2ßtt ben ©djjulbbriefen nmrbe audjj fpefultert, jum £eil mit
Jöitfe fremben ©elbeS. 8erli<$ fd&reibt2: Sie 3Jienf<$en oerfäumen
fein -Mittel, ©elb jufammenjufd&arren. 3efct *un fte *$ f^^ ^ufig
(frequentissime) auf bie SBeife, baß fie aliorum actiones et iura
niodico aliquo dato sibi acquirunt et sibi cedi curant. ©<$mib
erinnert fi<$ 8, baß mäfyrenb beS ÄriegeS feljr t)äuftg ßeute ©elb auf*
genommen unb jum Slnfauf (reluitio) oon ©d&ulbtiteln oenoenbet
fjaben — mit großem ©enrinn, weil bie Seftfcer üielleid^t in großer
Slot unb baljer bereit waren, ein Viertel, ein SDrittel, ja bie £älfte
beS Nominalbetrages nadjjjulaffen , wenn fte nur ben 9lejl bar er«
hielten 4.
3>ie ©<$amloftgfeit, mit ber bie äuffäufer oon ©dfjulbbrtefen
bie SRotlage ber 33eft|}er berfelben ausbeuteten, um fte i^nen um
geringen SßretS ab jubrüdfen, erregte allgemeine ©ntrüftung, unb bie
JjierburdS) erjielten ©eminne ftanben in lebhaftem Äontraft ju bem
allgemeinen ©lenb, baS uns fonft roaljrenb beS ÄriegeS unb furj
nad(> bemfelben aus ben Duellen allenthalben entgegentritt.
SMe geigen beS ÄriegeS auf ©d&ulbenftanb unb ßrebttoerljältniffe
mußten ftdf> natürlich — trofc ©letdfjljeit genriffer ©runblinien, bie
mir hiermit gejogen fjaben — bei ben oerfdfjtebenen SeoölferungS-
f (äffen oerf Rieben äußern, unb bemgemäß mußten au<$ bie com
Qtaatt ergriffenen -Maßregeln oerfdfjieben ausfallen, je nadfj ber
33eoölferungSflaffe, für bie fte gelten follten, ober auf bie fie gemünjt
waren.
1 6$mtb au SB. I 17 n. 21: $ie meiften Äontrafte werben mit furfürft-
It<$en unb lanbföaft liefen 3tn«briefen »ottbra<$t.
8 9toc$ SRanft, Interpret, leg. Anastasianae, 1653 p. 3.
8 Äomm. jur Serorbnung vom 20. Sunt 1650 p. 14.
4 Sgl. aud& oben @. 76.
— 304 —
IL
2BaS bie bäuerliche Seoölferung betrifft, fo erhalten mir
ein gutes 33ilb oon bem ©influfj beS AriegeS auf beren ©d&ulbem
toef en unb überhaupt auf i$re materielle Sage burd(j einen Script
beS SRentmetfierS oon SanbSfcut an bie §offammet
oom 15. Qanuar 1651 \ 3mar nimmt ber Serid&t auf ben
Ärieg (einen 33ejug, aber eS ift jtoeifeHoS, bafc bie gef Gilberten
traurigen 3uftänbe im Ärieg unb in feinen golgeereigniffen (1649
^ungerdnot unb Sßefl) tyre Urfadjje fyabtn. 2)er öeridjjt tautet ettoa :
allenthalben (tagen bie Untertanen über bie oieten unb fdfjtoeren
93ürgfdjaft£fd)ulben. 5Die meifien §aben neben tfjren eigenen
nodf> 33firgf df>aftSf<Jjute*n , mand&e f>aften bis ju mehreren Ijunbert
©ulben. SDaju (ommt/ bafe ^äuftg bie Siebenbürgen geftorben unb
oerborben, iljre ©üter flbe ober burcfc bie ©ant bereits an anbere
ge(ommen ftnb. 2lud^ wenn fte aber no<$ bei &au£ unb &of, fo ifl
eine Älage ganj nufcloS, ba t&re ©äter berjett nid&t einmal fo oiet
toert ftnb, als tyre eigenen ©Bulben betragen , ja fd&on bie fyotyn
SProjeftfoflen bie ©antmaffe aufjeljren mürben. Überhaupt leben bie
Untertanen in großer 3trmut, fo bafe fte fid^ in oielen Satjren
ntdfjt me^r erfd&nringen (Annen. 2)enn fie ftnb um Siel) unb gähnte
unb um Ujr ganjeS Vermögen gebraut toorben. daneben Ijaben fte
ftarfe Würben ^u tragen, inbem fte tyren ©runbljerrfd&aften (bie
teilroeife jiemlid& ftar( auf fie losgehen) ©ttft unb ©ült,
ferner ben ©eifUid&en, ^Beamten unb Stmtleuten bie oerfd&iebenen
itynen jufiefjenben Lüftungen, j. 33. ©tro&, &oljbienfi, $ennengelb,
3ogb* unb anbere ©djanoerf leiften f offen unb muffen, fo bafe e$
iljnen unmöglich ift, bie SürgfdfjaftSf Bulben ju bejahen. 3)ie ©e*
nannten fönnen fidfj jroar ofjne biefe tyre Fügungen nid&t erhalten,
aber idjj Ijabe i^nen bod& ernftlidfj jugefprodfjen , bafc fte gute SMS*
fretion gebrauten unb ber Untertanen SRot tooljl berüdfftd&tigen
f offen, bafe fte eS toiber bie 9Wöglid&(eit nid&t treiben, fonbern nur
fo oiel nehmen foffen, als jene ofjne 33efd^mer ju reiben oermögen*
3n biefem Seridfjt ift oon oerfdfjiebenen arten oon ©Bulben
bie SRebe: 1. grunbljerrfd&aftitd&e ufto. abgaben, 2. fonfHge eigene
©Bulben, 3. SfirgfdfjaftSfdljulben. 2)aju (ann man nehmen 4. Sprojefc
(often.
ßrei$an$to SWüuc$en ©en.^eg. fasc. 553 n. 142.
"1
— 305 —
Sffiir wollen junädjft nur oon ber erften ©dfjulbgattung fpredfjen,
ben grunbljerrfd&aftlid&en 3l6ga6en. 2)er Script fteHt
©rcnjen auf für bic (Eintreibung berfclbcn. 2)ie ©runbfjerren ufw.
foBcn ntd^t auf bcm ftrengcn SWc^tc befielen, fonbern bei ©injtetjung
bcr abgaben mit 2>i3fretion unter Serticfftdjttgung ber 9lot ber
Untertanen mafcooll ©erfahren, SfobererfeitS gibt ber Serid&t ju,
baf$ bie ©runbf)erren ufw. auf bie ifjnen jufte^enben Lüftungen jum
SebenSunterljalt angewiefen ftnb.
(Sin diefy auf SKadjtafe ber ©ülten wegen ßrtegSnot
fjatte ber Sauer nur, wenn e3 iljm burdfj ben Ärieg unmöglich ge=
toefen war, ba3 gelb ju befteUen, j. 33. weil ba3 ©ut oom geinbe
befefct war, ober weil biefer ba3 ©aatgut requiriert Ijatte, bagegen
nidEjt, wenn ber geinb fid? ber @rnte bemäd&ttgt Ijatte1. 2lber bie
SBerijältniffe waren mäd&tiger ate%bie ;3>urtftenargumenie, unb fie
ftanben auf (Seite ber Sauern. 2)ie aufeerorbentlid&e ©ntoölferung
fjatte ben Sauern plöfelidd eine wtrtfdfjaftltdfje Überlegenheit über i^re
igerrf haften oerf dfjaff t , unb biefe mufjten fidjj, wenn fie iljre ©üter
nneber ertragfähig feljen wollten, ju Äonjeffionen, ja ju gegen*
fettiger Überbietung bequemen. 3)er 3U9 fd&eint audfj bamate fd&on
nad^ beut SBeften gegangen ju fein, tum Sapern nadfj ©d&waben unb
granfen (©d&mib ju £9i. XXI 16 n. 13). SDtefe ©abläge bauerte
audf) nadfj bem griebenSfdfjluffe nodjj einige 3e^ fört> ^enn M* Se*
uölferung beburfte ju tljrer ©rgänjung einiger &\t unb ba3 Sanb
vieler Slrbeit, um ben früheren ©tanb ber Äultur wieber ju er-
reiben, ©rft nad& bem griebenSfdfjluffe fam mit ber ©idfjer^jeit ber
Sßerfon unb be3 SermögenS audfj bie redete Suft, an£ SBerf ju ge^en ;
unb man fann fagen, bafe bie beutfdfje Solföwirtfd&aft nun auf ^a^r*
jeljnte mit ber äBieberljerftellung oon Sanb unb Seuten
befd&äftigt ift. 9loü) im Sa^re 1669 flagt auf bem baperifd&en
Sanbtage ber Sßrälatenftanb (©. 373, 381): Um ju oermeiben, bafj
bie ©runbuntertanen „oon iQauS unb £of ge^en, ben ©runbfjerrs
fdjaften bie unbemeierten ©üter fteljen laffen unb jidfj mit SBeib unb
Jtüib weiter begeben", muffte man iljnen „mitleibenltd[j fonbefjen*
bieren"; man mufjte iljnen beffere ©ered^tigfeiten geben2, ben neuen
Septem bie ©tifte unb ©ülten auf oiele lange Qa^re nad^fe^en,
bie ©etreibebienfie abtun unb auf nadfjfommenbe $t\tm für ©tift
1 ©c§mib ju S9t. XXI 24 n. 23. 3Rana, @c$ufc unb 6(&irm IV 31.
$0(. au$ oben 8. 188.
2 3. 8. ftatt 2e\bxt$t <Sr6red&i.
(So^en, öcrf^ulbung. 20
— 306 —
unb ©ienft ein gar leibenlt<$e$ , unb wa$ bie Untertanen felbfl quU
willig offeriert, annehmen.
$fjnlid& pnb bie SRaferegeln, bie ber ©taat ergriff, um, n>tc
e3 in einem unten näljer ju erörternben 2)efret von 1640 Ijeifjt, bie
Untertanen „jum Ijauen unb bauen ju bewegen", bamit bie uer-
brannten unb öbe liegenben @ fit er fidf) wieber erholen unb bie
„SRannf d&aft" wieber geftärft werbe.
©runblegenb ijt ein SWanbat oom 23. gebruar 16 3 5 *.
3)a3 9Wanbat fonftatiert, bafe „bie Untertanen bur<$ Ärteg unb
(Sterben an Dielen Orten alfo jugrunbe gegangen, bafe an manchen
Orten ganje Dörfer, ©üter unb SWeierfd&aften leer fielen", weift auf
bie SBerfd&iebenljeit ber Umfianbe &in („an einem Ort [tyaben] bie
Untertanen oiel mefjr als an bem anberen gelitten") unb ver-
orbnet :
1. denjenigen UrbarSuntertanen, roeld^e „gar abgebrannt unb
äufeerft Derber bt, audfj au$ wiffentlid&er 2lrmut nidjjts geben Kinnen",
f ollen alle äuSftänbe an Pfennig unb ©etreibegfilten n a c(j =
gelaf f en, ben übrigen fott „etwas unb fo Diel, was fie erfd&wingen
mögen, auf gewiffe 3 * eI e un& 3 eit en ju bejahen aufgetragen"
werben.
2. SBenn „ein ober ber anbere Untertan bie oorige [bisherige]
©fitt wegen feines ruinierten ober oljnebieS übergulteten ©uteS ba3
erfte, jweite, brüte ober nodjj mef)r Qa^re nidfjt reiben fönnte, [fo
mag] foldfje ©fllt auf mehrere gewiffe Qa^re gar ober jum
Xeil nad&gefeljen", jebodjj fott in ben UrbarSbüd&ern nidtjtS geanbert
werben.
3. 33er gfirft fei „nid&t abgeneigt", tauglid&en Bauersleuten
Seibredfjte ober anbere ©ered&tigfeiten umfonft ober um ein
leibenlid&eS ©elb unter ber Sebtngung abfolgen ju laffen, bafe
fie bie abgebrannten ißäufer aufridfjten unb bie ©üter wieber am
bauen. Sie Äaftenämter werben angewiefen, „auf bergleidfjen Unter=
tanen ju gebenfen".
2)ie aKittel, bie ber baperifd&e ©taat bei feinen 2Bieberfulti=
inerungSbeftrebungen in änwenbung braute, beftanben alfo in bem
yiafylab oerfattener unb fünfttger ©ülten, ferner in ber 2tuStuung
ber bäuerlichen ©eredfjtigfetten um bittigeren SßreiS. 3)aju famen
balb nodfj anbere 3Rittel, nämlid& Befreiung oon ©taatslafien
1 $te un8 oorltegenbe Ausfertigung ifi jroar nur an bie Regierung *Janb3*
gut gerietet, aber n>al)rfdjetnnd> Ijanbelt eä ftd& um ein ©eneralmanbat.
— 307 —
unb birefte Unterftfifcung mit ßapital1. ©djon 5 Qfa^rc
fpater ergebt nämlidj bie 9Kal)nung2: SDte &offammer foH Unter-
tanen, roetd^e ftdj um öbe liegenbe ©üter bewerben, „mit ißolj, ©elb,
©etreibe unb bergletdjen Reifen, Setbgebing ober bergtetd^en ©ered&tig*
feiten umfonft geben, auf gemiffe Satyre ©tift unb ©ült nadjlaffen"
unb fte „6i3 fte ftd) in etroa§ toieber erholen, fo oicl rote mögüdj
mit Steuern, ©djarroerf, SBufterung unb anberen folgen ßanbeS*
fettrben Der fronen".
$>iefe SBteberbemeierungSpolittf bauerte, wie ermähnt,
audj nad& bem Kriege fort, befonberS audj behufs Unterbringung
ber abgebonften ©ölbner. ©in 2)efcet tum 1649 befagt8:
SBenn ftdj Offiziere ober ©olbaten um öbe abgebrannte ©üter ober
©eredjtigfeiten, fo und IjeimgefaHen, melben, fo [offen fie brei 3fal)re
abgabenfrei fein ; man wirb fte mit Sauljolj unterftfifcen, i^nen überall
an bie Jpanb ge^en, fte aufmuntern ufro. ©leiere 33egfinfiigungen
füllen bie Untertanen genießen, bie baS Sanb oerlaffen Ijaben unb
nun toieber jurflctteljren. ©itreS ber erften StegierungSbefrete gerbinanb
SRariaS (1651- 1679) oerfpridjt benen, bie öbe (Äajten*) ©fiter toieber
bemeiem mürben, Unterftfifcung mit Sau^otj unb anberem unb
9la<$laß ber Saubemien*.
III.
3)aS Qntereffc ber ©runb^erren an einer milben $ra£t$ in
Stnfe^ung ber Seitreibung ber grunbfjerrlidjen ^LbQabtn ^inberte aber
1 ttatürfia) fehlte e« au* niajt an ©ewalt mitte tn. ©djmtb melbet
ganj naio fau fiR. XXI 16 n. 6), baft bie Bauern, welche na* auägefianbenen
jtrteg3befa)werbeit noa) etwa* übrig Ratten, unb »naajbem ifjnen beffere Be«
bingungen angetragen worben, auBer fianbed auf beffere ©üter wegberufen
worben1*, naä) einer bamatö erlaffenen Berorbnung, «wenn fte fdjon ifjrem §errn
ntd)t« fä)ulbig mären noa) i§m einigen ©ä)aben fttnterlaffen (jfttten" (og[. oben
6. 197/98), mutet* an ben ©rengen aufgeteilter SBadjen »auf i§re vorigen ©üter
jurüdgetriebeu »erben fottten". Sua) bie Spalten waren naa) 6a)mib (ebenba
il 13) naa) bem grieben ,fo infolent geworben4, bafc fte ben Bauern »©efefce
9orfa)rieben unb, wenn ifcrem SRutwttten feine ©attefaftion geftt)e&en*, in SRenge
aud bem Sanbe liefen. 2>a$er Delegation, eine entlaufenen Dienstboten gegen»
über gebrftua)lta)e, aber nia)t£ weniger a(d geeignete Strafe tfMafer, ©efa)ia)te
ber Iäub(ia)en ttrbeiteroerty&ftmffe in Bauern, passim). 9tad) @a)mib (ebenba)
würbe aber biefe Strafe oon ben Bayern gefürchtet, „weil fte üjren 9tube(n unb
Änöbein unb bem gulbenen Baterfanbe angewohnt ftnb\
* $offammerrat*infiruftion oom 15. 3uli 1640. SRaoer, Bel)örbenorg.
6. 439.
» ftrepberg II 287.
* $benba II 241.
20*
— 308 -
nid&t, baß fte mitunter auf iljre ©runbuntertanen „ftarf losgingen"
(f. o.). 63 wirb eben für bie grunbl>errlid(jen Beamten nidjjt immer
leidet gemefen fein, bie Stufcbarmad&ung ber grunbljetr*
lidjen ©efäde unb bie ©djjonung ber nerberbten Unter-
tanen miteinanber ju Dereinigen. 2)er ©d&ulbner ifl geneigt
jjebe ©EefuttonSljanblung feine« ©laubiger« als unnötig, poretüg,
graufam unb fogar furjftdftig ju branbmarfen. SDer ©laubiger
umgefe^rt wirb in jeber SBittfäljrigfeit be3 ©eridjjteS gegen ben
©dfjulbner eine ungerechte, fd&äblid&e unb oergeblidje SBerjögerung
beS 3uftijoerfabren3 erblidfen.
Sfodjj im breißigjäljrigen Kriege unb unmittelbar nadf) i§m
Wagten bie ©djjulbner fe&r über bie melen, unnötigen, übereilten,,
fdjjonungSlofen, nerberblidjen (Syefutionen, burd& bie man bem
äfanen $ab unb @ut beim @lodfenftreid& um ein geringe« abbringe.
3n 2Birfli<!>feit ftanben bie ©eridjjte nur afljufe&r auf feiten ber
©d^ulbner (oben S. 168 ff.). Sefonber* im Äriege mar e$ „tägliche
$ßra£t3 bei ben ©erid&ten, baß ber ©d&utbner entweber jur 3urttdf*
jafjlung be$ Äapitate gar nid&t Derurteilt wirb, ober wenn er oer*
urteilt wirb, fo nimmt man bod& feine ©jrefution gegen Ujn oor"
(3Wanj, Qmifäaxmtytl ©. 377). 2)en ©d&ulbnern mar e3 eben
nid&t nur um ©dfjonung ju tun, fonbern fte fugten bie Siquibation
if)re« entwerteten 33eftfce3 ju oer^inbern ober fo lange f}inau£ju*
jieljen, bis roieber beffere SBer^ältniffe eingetreten mären.
Die ©laubiger anbererfeitS muteten melfadf) gegen iljr eigene«
J^ntereffe, inbem fte bie ©d&ulbner big jum äußerften trieben, ftatt
i&nen 3eit ju laffen, fid) einigermaßen ju erholen, ©ie maren eben
burdf) bie allgemeine 9?ot in 2Jtitleibenfdf)aft gejogen, burdjj bie SBinfel*
jage tyrer ©d&ulbner erbittert unb großenteils felbfi oerarmt.
©o berietet ein „2lmtmann" feinem SanbeSffirften * :
@3 fangen bie Untertanen in meiner Slmtung burdjj bie ©nabe
©otteS, burdfj @. ©n. Sei^ilfe unb fonften guter Seute SSorfd&ub fid^
mieberum an ju erholen, 9?oß unb SBiel) an ftd& ju bringen. SBenn
fte nun aber &olj, &eu, ©trol) ober etwa« bergleidfjen in bie ©tabt
führen, fo finb afebalb bie Sürger ba unb motten bie &anb auf
9ioß unb SBagen f dalagen. @8 ift tynen aber unmöglich, iljr
£au$mefen mieberum abjurt<ljten unb jugleid^ bie ©dfjulben ju be-
jahen, fiberbieS ift eS ein partes 2)ing, baS, waS man l)eute im
©dfjweiße beS 2lngeftd&te3 mit faurer Strbeit gewonnen, morgen gleidfj ben
1 SRanj, @#ufc unb Schirm IV 21. — HRana nennt roeber gett m>($ Ort.
— 309 —
©laubigem roieber fiberlaffen ju muffen. 2tber audjj für bie ©laubiger
ift e3 beffer, wenn fte einen Slnfianb berotlltgen unb mit ber 3*it bte
flemje ©dfjulb befommen, als menn fte, jefct etmaS menigeS empfangen*),
ftd& felbft unb anbere in ©droben bringen. —
3Wanj roibmet eine befonbere (Srörterung ber grage, ob bie
Säuern gleidfj roieberum angeforbert roerben lönnen,
toemt fte ein ÖcfjSleiu ober ein SSie^Iein ober etltc^eö 33aujeug }u=
roege gebraut ober aber aus oerfauftem ©tro§, &eu, &olj, Äorn
unb bergleid&en etwa« ©elb, oielleidfjt 2 — 5 fl., bie fte in ben
näd&fien 4—5 £agen toieber ausgeben muffen, jufammeng,erafpelt
$aben (©dfjufe unb ©dfjirm IV 20, 25). SDie 3lntroort lautet: SDteS
fei iljnen feineämegS ju gefiatten, benn fonft mürbe ber iftaditeil auf
bie igerrfd&aft fallen, roeldje ftdjj felbft oielleid&t 2lbbrud& getan,
um bie Untertanen ju erhalten, unb e$ mürbe „ben ©laubigem ttjr
Ungeftüm unb i^re iQärte ju ©eminn, ben fcerrfdjjaften aber iljre
fjreigebigfeit ju ©droben geretdfjen" (ebenba ©. 26—27).
3n biefer §rage (mie immer, menn e$ fid& um einen Äonfltft
pnfd&en ben Säuern unb beren ©laubigem fjanbelte, ftelje oben
©. 202/3) ftanben alfo bie ©runbljerren auf ©eite ber Säuern. ß$
tarn aber audjj oor, bafc bie Sauern mit iljren eigenen
©laubigem unter einer 3)e<fe fpielten. 3um 33cifpiel ber
Sauer Ijatte oom ©runb&errn Snoentar unb 33aujeug erbeten , um
baraufljin oon feinem ©laubiger SBorfdfjüffe ober ©tunbung ju er*
langen, aber au<$ bagegen roeif$ 9Ran$ (IV 32 — 33) eine „Äautel" :
SDer ©runb^err foH ba$ Eigentum ber Stoffe für ftdjj behalten unb
biefe nur bittroeife, precario, ben Sauern überlaffen1; ober er
foH fte iljnen jroar oerfaufen, aber fid^ ein Unterpfanb barauf
vorbehalten8; menn er bie Stoffe, Dd&fen ufm. bem Sauer nid&t
unmittelbar gegeben, fonbem if)m nur ©elb ju tyrer ©rfaufung
geliehen l>abe, fo foUe er ftd& an ben erlauften ©egenftänben ein
Unterpfanb bestellen laffen, bamit er allen anberen Sßfanb*
gläubigem oorge^e8.
derartige gälle, oielleid&t fogar unmittelbar ber ermähnte 3lmt$=
beriet, Ijaben aWapmilian I. oeranlafct, in bem gletdfr nacfcljer näljer
jtt erdrtemben SWanbat oom 11. Slpril 1635 (sub 2) auf bie ein»
1 ©iqentumSoorbeljalt. — ©o verlaufen bie mobernen Bbjafjlunaö*
aefa)äfte mitunter in ber gorm ber SWöbeUeifce, bamit bte Stöbet von ben
Gläubigern nidjt oepfänbet »erben tonnen.
1 Vfanboorbe^att.
* ^fanbprioiUß ber quasi in rem versio, Anfang II
— 310 —
f^lögigcn Seftimmungen bet ©eri<$t£otbnung unb be3
©ummarifdjien SßrojeffeS (©. 173) ^injuweifen , ba e3 bem
armen Unteiton unb SauerSmann in ben jefcigen fdfjroeren 3^ten jura
Serberben gereidjjen würbe, wenn ifym in ber ©Eefution alfo gleich
fein weniges mit Rätter 9)Jü^e unb Slrbeit bewahrtes ober fäuflid)
roieberum erworbene* SRofe ober 33ied^cl, uneradfjtet er beäfelben ju
feinem Unterhalt unb Sldferbau t>onnöten, wieberum abgenommen
mürbe.
GtroaS weiter — nid&t nur in ber ©a<$e, fonbern audf) in begug
üuf ben SßerfonenfreiS — getyt eine Seftimmung in einer 38erorbmmg
oom 10. 2Rat 1637. Sie bejie^t ftd& auf bie „Sanbftänbe
unb Untertanen, bie nid&t burdj eigene ©djjulb, fonbern burdfj
ÄriegSgewalt in foldfje* Serberben gefommen, bafe fte oljne
merflidfjen 3tbbrud& tyrer unentbehrlichen Unterhaltung bereit bie
©djjulben nid&t bejahen fönnen", unb befagt, bafe folgen
©d&ulbnern bei ber ©jefution „bie 9Rittel ju iljrer 2Biebet=
er^olung unb Sfoffommen in ißanben gelaffen werben" foDen.
SBäljrenb obige Seftimmungen bie ©jefutton gegen ©djjulb*
forberungen baburdfj begrenjen, bafj fte ben ©ptelraum für ba3 3U~
greifen ber ©laubiger n er engen, $aben anbere ©efefee bejro.
©efefceSfteflen ben 3roe<*/ ber @jefution jeitlid&e ©darauf en anju*
legen, burdjj ißinauSfd&iebung unb SBerlangfamung ber*
felben.
SDaS Sßrinjip ftnbet fidf> — meine« SBtffenS — jum erften 3Äale
balb nadjj bem erften fdfjwebifd&en ©nfafle in einem „©eneralbefefjl"
dou 16331 auSgefprodfjen. SKit ben ©d&uümem, bie nid^t burdf>
Übetyaufen, fonbern burdfj ÄriegSfdfjaben um ba$ 3$rige gefomnten,
fott „untergreifige ÜBoberation unb3nftanb gehalten unb
nid&t gleidfj gegen itjre Sßerfon ober ©fiter mit ben @£eJutionSmittetn
ber ©trenge nadf) oerfaljren" werben, fonbern e3 fott folgen ruinierten
Sanbftänben unb Untertanen „etwas Termin gegeben unb üjre
ßrebitoreS, baft fie bis ba^in ftdjj gebulben, angewiefen merben".
SSottftänbig ausgebübet erfd&eint baS neue Sßrinjip in ber SBer-
orbnung oom 11. 2tpril 1635*. ©ie fpridfjt nur oom „ge*
meinen armen SRann" unb befagt:
2Ber in biefen ÄriegSjetten folgen ©d&aben erlitten, bafe i^m
1 3$ fenne iijn nur au8 ber (Einleitung be8 oben erwähnten SRanbateS
oon 1637.
8 Stbgebrucft im Slnfjcmg jum „Patrocinium" (tat. 3lu8gabe) be3 9Wan&.
i
— 311 —
bic Wxtttl ermangeln, feine ©dfjulben ju bejahen, foll (wenn er in
feine Unoermögen^eit nidfjt burdfj lüberlidfjeS, oertunli<$e3 £au$mefen
geraten ifi) mitleibig beljanbelt werben ; e3 fotten 3Serfyanblungen mit
ben ©laubigem gepflogen werben, bajs fie leibenlidfje giften
gewähren ; wenn bie SBerljanblarigen erfolglos bleiben, fo follen o o n
2lmt8 wegen bem ©dfjulbner, bamit er beim IjäuSlid&en
2lnwefen verbleiben fann, erfdjwinglid&e Saf)l\xn$$*
friften gefefet werben.
hiermit begeben wir uns bereits auf ein ©ebiet, bem ba3
woberne ©mpftnben wiberfpridfjt, auf ba$ rriel erörterte ©ebiet
ber ßwangSflunbungen ober Moratorien: @3 foll mit ben
©sefutionen innegehalten werben, ben ©djutbnern foD oon 3lmtö
wegen ein entfpredjjenber 3ö^lungStermin gegeben werben, bie ©runb*
befifcer follen bei i^ren ©ütern ermatten werben, häufig mag ein
foldfjeä SSerfa^ren audjj im wahren Sntereffe ber ©laubiger gelegen
gewefen fein, im ganjen ftellen ftdlj aber biefe Maßregeln ate foldje
bar, weldfje einfeitig jugunfien ber ©ctyulbner erlaffen worben ftnb.
3ebod^ wirb im ©läubigerinteref fe in ben SBerorbnungen bie
SJeftimmung getroffen, baft audfj bie Sage be3 ©laubiger^ berücfftd&tigt
werben foll (1635), bafc ben ©laubigem, bie fidf) in gleidfjer ober
tto(§ größerer Notlage beftnben, wie bie ©dfjulbner, „md&t gar ju ^art
jujufefeen fei". SBtelmetjr fei ber ÜWittelmeg einjufdfjlagen : ben
©dfjulbnem foll wieber auf bie Seine geholfen unb bie ©laubiger follen
bod> nid&t jugrunbe gerietet werben (1637).
Slber fd^on geigte fid& bie ßeljrfeite aller unflaren ausnähme*
gef efcgebung : 3Rifcbraudf) unb SBiQfür. 2)a$ oben fdfjon erwähnte
STOanbat oom 10. Wlai 1637 flagt: @3 fei juweiten benjenigen
©d&utbnern, fo be§ ©eneralbefe&lS oon 1633 billig ju genießen ge=
Ijabt Ratten, bie barin oorgefe^ene Segünfligung oor enthalten ; um-
gefeljrt fei au<$ etlichen, bie ben burdf) bie ÄriegSunruljen erlittenen
SRuin nur angejogen (b. I}. behauptet), otjne i^n ju beweifen, 3Ro=
beration unb ©tillftanb nadj bem SDtonbate oon 1633 gewährt
worben. Stuf erfteren geiler begießt ft<$ offenbar aud& bie 33e=
merfung in ber SBerorbnung oom 11. 3lpril 1635: e8 fei trofc „unters
fd&ieblidfjer @eneralbefel>le" gegen bie burdf) ÄriegSfdfjaben in 9iot
gefommenen ©d&ulbner „nicljtsbeftowemger pro rigore justitiae
mit ben gebräudfjlid[jen ©eridfjtSgefdfjäften, rootjl au<$ mit @£ehttion3=
projeffen, ärrefien unb Sßfänbungen ©erfahren" worben.
— 312 —
IV.
aber bie 3TOang$fhmbungen unb 6refution$auffdfjfibe mußten
bodj aud& einmal ein 6nbe nehmen. 9iad^ betn Kriege. @$ mußte
bie 3ra9e entfliehen werben, ob bie Suftij ifjren ungeljinberten
Fortgang ftnben, ober ob man in Anbetracht be3 „extraordinari
unb erorbitanten gaHe$ .oon ben gemeinen SRedfjtSregeln etwa*
abtoeid&en" * foHe. ©egen ben ©d&lufc be3 ÄriegeS unb nadj
Seenbigung be$felben entbrannte batjer ein Stampf jtoifdjen
©dfjulbnern unb ©laubigem, jioifcljen ber ©<£ulbner= unb
ber ©läubigerflaffe über bie 2lrt ber Siegelung ber©d&ulb =
oerl)ältniffe. Unb biefer ßampf fanb in ber Siteratur 2Biber=
\)aü unb ©tüfee.
2)ie SBünfdfje ber ©dfjulbner Ratten jioeiertei junt ©egen*
ftanb. 6rften$ füllten fte ftdfj überhaupt bur<$ bie 2Wenge ber an-
gefd&roollenen %\xi\tn befd&ioert, unb fte toünfdfjten baljer einen 9iadj~
laß ber toä^renb be$ StriegeS oerfallenen, nodfj rüdftänbigen ©dfjulb*
jinfen. 3TOe^eng wollten fte oon tyrem ©runbbeftfc jur 2)ecfung
ber ©Bulben nidfjtä ^ergeben: e$ fiel i^nen tjart, ftdfj oon i^ren
gamiliengütern ju trennen, liefen lederen 2Bunf<$ §atte, nrie
fdfjon aus ber 3Rotürierung Ijeroorgeljt, befonberS ber 91 bei.
2)er Literatur, foroeit fte ju ben ©d&ulbnern Ijielt, oblag
e3 nun, bie gorberungen ber ©dfjulbner toiffenfdfjaftlidfj ju begrünben.
3Wit bem pofitioen SRedEjt ließ fidfj babei nid^t oiel anfangen; audfj
bie Untertreibung jnufdfjen erlaubten unb unerlaubten 3tn8fontraften
fonnte nur eine unterftüfeenbe, feine entfdfjeibenbe 9Me me^r fpielen,
benn bie £e^re oon ber Unprobuftioität be$ beioeglid&en Äapitafe mar
l u alteräfdjjtoadfj geworben. 3Kan oerftel ba^er auf ba8 2lu$funft3=
mittel, ba3 bie ^uriften ftetö gebrauten, wenn fte füllen, baß ba3
SRedfjt mit ben augenblidfltdf)en 9Bad&toer§ältniffen unb SebenS-
anfdjjauungen nidfjt im ©inHange fteljt : fie erflärten bie gorberungen
ber ©djjulbner für billig.
■äftanj jieljt in feinen ©Triften bie 83iHigfeit jur Segrünbung
feiner £&efen überall Ijeran, too er mit rein juriftifdjen Argumenten
nidfjt auSfommt. S)ie dürften unb, afe bereu Vertreter, tyre 9fäte
erttärt er berechtigt, bie ungefdfjriebene S3iHigfeit au$ ©rünben be3
gemeinen 9?ufcen$ bem gefdfjriebenen SRedfjte oorjujie^en, benn
1 SBorte ber öatjerifdjen Serorbnung oom 20. 3uni 1650, fte^e unten.
— 313 —
„bie SHHigfeit ift bie SRidfjtfdfjnur be$ StedjjteS", nur mufc ftc babet
t,ben göttlichen unb natürlid&en ©afcungen attemperiert werben''1.
2Ranj ifi ber Shtftdjjt, bafe bie burdt) ben Krieg' oerberbten
©d&ulbner au3 ©rünben ber SiHigfeit nidfjt gejwungen werben Wnnen,
i^ren ©runbbefifc ju »erlaufen, ben ©laubigem abzutreten ober an
3a§lung8ftatt ju überlaffen, wenn ber Sßertanfdfjlag ein gar ju ge-
ringer ifi2. gerner ift er ber 2lnjtdj)t, bafc ben burdfj ben Ärieg
t>crberbten ©d&ulbnern au£ ©rünben ber SiHigfeit burdj ©efefe bie
3infen eiliger Qaljre nad&gelaffen werben foHen (eine 2lu3naljme fott
$emadfjt werben, wenn ber ©laubiger felbfi oollfiänbig oerarmt ift)8.
JQeute würben wir feine Stellung als ©efül)l3foätali$mu3
Jbe jeidjjnen 4, benn er wirb nid&t tnübe , fein SDlitleib mit ben de-
bitores calamitosi funbjutun, unb bie creditores rigorosi in
<Segenfafe ju i^nen ju fteUen. Sejeidfjnenb ift feine Sufcerung : SBenn
©laubiger unb ©dfjulbner gletdj armfelig baran finb, fo foH, was
ber ©djjulbner nodjj übrig fyat, jwifdfjen il)m unb bem ©laubiger
geteilt werben5.
SßaS nun bie literartfdjjen Vertreter ber ©laubiger betrifft,
fo wehrten fte ftdfj nidfjt gegen bie ^ereinjie^ung be£ ©runbfafceS
ber SiHigfeit in bie 3)tefuffton, aber fie beft ritten, bafe eine
33egünftigung ber ©d&ulbner ber Silligfeit entfpred^e.
„SBerberben bie ©dfjulbner burdEj ba$ 8df)Un, fo oerberben bie
©laubiger burd& ba$ Mängeln" (Colloquium ©. 17). „SDer
©laubiger ftreitet, um ©djjaben ju oermeiben, ber ©dfjulbner, um
«ine frembe ©adfje au behalten" (ebenba). 2)a3 „aequilibrium",
ba$ fojiale ©leidfjgewidfjt jwifdEjen ©laubiger unb ©d^ulbner, werbe
alfo burdjj bie gefefcltdfje ©ewä^rung oon 3^na($lag nid&t wieber*
Oergeftellt, fonbern e$ ftnfe bann bie anbere ©djjale. SRanj oer*
lange felbfi, bafc bie Sittiglrit in ber „natürlid&en SBernunft" i^re
Rechtfertigung unb ©renje $abe. 2Ba$ fei aber natürlicher, als bie
Vertrage galten, was oernünftiger, als bem notleibenben ©laubiger
bur<§ 3tü<fjal)lung ber ©djjulb banfbarlidfj ju Reifen? (Colloquium
©. 43, 55/56).
1 3indf4armfite( 6. 242.
8 6<$ut unb 6$irm II 120.
s 3indf4armü^e( ©. 218, 296.
4 Sott feinen Biographen ($Ugem. beutfdje ©tograp&te u. Ä.) wirb und
SWanj atö uneigennützig gefo)Uoert.
6 6<$ufc unb ©*irm III 101, 3inef*armü*el 6. 208. — Sgl. 6<$ufe unb
egirat II 88: „3n folger 9Zot ift alle* gemein/
— 314 —
aber aud) ber gemeine duften crforberc fetneSroegS eine je
unerhörte SSegünfttgung beS fdjjulbnertföen ^ntereffeS. 3)ie ©laubiger
leiften, f d&reibt Spflaumer, bem SRömifd&en SReidje ebenfo nüfclify
SMenfte, als bie unnfifeen 33erfd&wenber unb ©dfjulbenmacljer (Collo-
quium ©. 15). 2)eS 3Wanj unb anberer ©c&ulbnerfdfjmeid&ler 2Kei*
nung würbe bem gemeinen SBefen ntd^t blofc feinen SRufcen, fonbern
ben &öd)ften Stäben unb enblid&eS SSerberben bringen. 3)enn wer
wollte Ijinffirber bem anberntrauen ober Reifen, ober
mit jemanb ju fontra&teren Sufl ober $erj tjaben,
mann ber Äontraft nur ju friebli<$en guten 3*ü*n Seftanb Ijaben,
ju ftriegS* unb anberem wibrigen ©rfolg aber nid&t meljr gelten
mürbe? (©. 44).
Übrigens ftefje es mit ben ©dfjulbnern nid^t fo fd<mm, als
biefe glauben magert wollten: menn fte nur bie 9JKttel an bie
&anb nehmen wollten, ftdjj tyrer ©Bulben ju entlebigen — 33er*
filberung eines Teiles ber ©fiter — fo märe bie 3af)IungS*
fd&wierigfeit — benn um eine foldfje Ijanbele eS fid&, nid^t um eine
Unmögttdjfeit ju jaulen — balb gehoben (©. 25/2(5). SBegen biefer
©dfjulben werbe alfo ber föimmel nodj lange nid&t einfallen (©. 41).
©idfjerlidfj feien me^r Ärebitoren wegen Hinterbliebener als Debitoren
wegen getaner Sejaljlung jugrunbe gegangen (©. 31, 25).
2)iefe lefetere Semerfung ift nidfjt ganj ju oermerfen. 3)er
Ärieg felbft mag oielleidfjt baS fianb härter mitgenommen ^aben,
als ben beweglichen Sefife; aber barnadfj werben bie ©laubiger
unter ber 3<$lung8frift3 / ber ©infteDung ber Elutionen unb ben
2luSflfidfjten ber ©dfjulbner um fo ftärfer gelitten Ijaben. Stauer
modfjte eS fommen, baft auf ©dfjmtb, ber fe^r Ijaufig 9Ritglieb ber
3inSnadfjlaftfommtfftonen am fiofrat unb an ber ©traubinger 5Re*
gierung war, bie Ärebitoren in Höherem ©rabe ben (SmbrudE be-
dauernswerter Seute matten (miserabiliores visi), als bie ©djulbner,
obwohl eS fefjr fd&mierig gewefen fei, eine ©ntfdfjeibung barüber ju
treffen, utrisque miserias suas ad lacrimas usque depromentibus
(Äomm. jur Söerorbnung oom 20. Quni 1650, p. 2, 3).
©tarfer als wiffenfdjjaftlidfje ©rünbe war natürlich bie 3Ha<$t
ber Qntereffen. 2)ieS gilt fowo^l oon bem beljörb lid&en SBer*
fahren bei ber Seitreibung ber Sd&ulben, als audj) oon ber gefefc*
lidfjen Siegelung ber ©dfjulboerijältniffe. Sßflaumer a. a. D. fpottet,
baft bei ben SanbeSgeridfjten propter multitudinem et potentiam
debitorum ad solvendum impotentium bie [3inSgläubiger nidfji
fo leidfjt ein ©nburteil ober wenigfienS eine @£efutton erlangen
— 315 —
(Colloquium ©. 50). Unb Sdfjmib ergäbt: @r fydbt einmal einen
33eootlTnädfjttgten jum 9tetdfj3tag nadfj ben ©rünben be3 (ben ©dfjulbnern
günftigen) 3teidf)3fd(jluffe3 non 1654 (fiefje unten) gefragt unb bie
Slnttoort erhalten: ber ©runb fei einfad) ber, bafe auf bem be*
treffenben 3teidfj3tag meljr ©dfjulbner als ©laubiger gefeffen feien.
©d&ntib fügt launig l)in$u: ba3 glaube er gerne, forooljl roaS bie
21nja^I ber ©enbboten (missorum) als was bie 2tnjal)l ber ©enber
(mittentium) anlange (ebenba p. 16).
Dbrooljl ber ganje Streit um bie ©d&ulbregulierung ftdfj auf
alle ©djulben bejog, fo fpifcte er ftd& bod^ polttifdf) ju einer Ärebit*
frage beS ©rofegrunbefifceS, be$ 2lbel3 ju. Senn unter
ben oerfdjulbeten SeoölferungSllaffen mar ber Slbel bie mädfjtigfte.
3)er Äleingrunbbeftfe , ber Sauemfianb, mar jroar, wie mir gefe^en
fyaben, ebenfalls fe^r t>erf dfjulbet , aber er mar nid&t in ber Sage,
feine Qntereffen politifdf) jun ©eltung ju bringen. Qm Colloquium
forbert ber Softor ben Sauer fpöttifdfj auf, bie Sauerngemeinbe
folle einen StuSfdfjufe jum SWeid^Stag abfdfjidfen, wenn fte ©elb f)<xbe,
worauf ber Sauer meint, e3 fei ju befürchten, bafc bie Deputation
beim Sßrofofen Duartier nehmen muffe (©. 58).
S)er Stttigfett, bem gemeinen -Kufeen nadf) Ijätte bie @rlei^te=
rung ber ©dfjulbner ftdf) audf) auf bie SRüdEftänbe aus grunbs
tyerrltdfjen abgaben bejie^en muffen. S)enn ba3 waren eben
bie igauptfdfjulben ber 93 au er n, unb ba§ Servitute jwifd&en
©runb^err unb Sauer mar ein analoges wie baS Servitute
jwifdjjen ©laubiger unb ©dfjulbner. Son einer Siegelung be$
SRec&teä ber ©ültnadfjläffe mar aber bei ber ganjen Sewegung
nirgenbS bie Siebe, §ier würbe eine Slbweid&ung t>om gemeinen 9?ed)te
nid&t nötig befunben. 35er jur ©rflärung angegebene ©runb, ba$
SRedfjt beS ©runb^errn auf bie ©ült fei bingli<$, ifl bod& rein
forma l* j urtflif (^ er SRatur unb ba^er jur geftfteHuug ber Urfad&e
md&t au$rei<$enb. Sie eigentliche Urfadfje mar ^bm bie ermähnte
politifd&e unb Uterarifd&e Dt)nma<$t ber Sauern.
3)er SluSgang ber ©adfje mürbe alfo mdfjt burdfj tl>eoretifd(je
(ftel>e oben SiBigfeit, gemeiner Stuften), fonbern burdfj polittfd&e
Erwägungen beftimmt. 3roar fleKt baS baprifd^e ©efefc1 ben
©tunbfafc auf: baS Äriegäoerberben Ijabe ebenfowol)( bie ©laubiger
ate bie ©<$ulbner getroffen, unb ber ©dfjaben fei „faft gemein" ge*
wefen, baf>er foßen audf) wegen ber rücfflfinbigen 3*nfen n^t e*ne
1 2)ie 3ntcrimÖDerorbnung oom 17. April 1654.
— 316 -
Älaffe allein, fonbem beibe miteinanber baS (SntgeltmS fjaben unb
tragen. Sludfj ©dfjmib fagt in feinem ftommentar jur 33erorbnung
Dom 20. 3uni 1650 (p. 6), bie 3ntention (intentio) be3 ©efefc
gebet« fei geroefen, alle Untertanen (nidjt nur bie ©d&ulbner) 511
erhalten, benn ber ©taat fyabt fein geringere« Qntereffe baran, bie
©laubiger ju erholten, als bie ©djjulbner. 2Ibcr faft in einem
Sltem mit biefer 33emerfung meint er, bie Intention (intentio) be3
gürflen fei bie geroefen, ut bona nobilia in familiis,
quantum possibile est, conserventur, ba er gefefjen
tyabe, bafj talia bona, quae per aliquot subinde saecula in una
familia permanserunt , propter ruinam bellicam, et sie sine
culpa possessorum et quidem cum tanto damno et detrimento
aestimationis ex iniuria temporis subsecutae in alienas manus
devenerint. SlllerbingS muffe biefeS $tel feto* ©tenje ljaben in
ber 3tü<fftd&tnaf)me auf bie notleibenben ober bebürftigen ©laubiger.
SDer fidfjerfte Sßeg fei eben ber SDHttelmeg, aber ba balb bie
eine 3ntereffengruppe, balb bie anbere gefdjjrieen fyabt (inter tot
lamentationes ultro citroque interpositas) , fei eS ferner ge-
roefen, tyn ju finben (ebenba p. 4).
@3 fdfjeint alfo faft, als ob Räumer Stecht Ijatte, inbem er
fdfjrieb: „SDer -Kamen boni publici toirb jur Bemäntelung ber
Debitoren eignen Sntereffe« übel mifebrauciji" (Colloquium ©. 15),
alle bie fd&änen Lebensarten oon Billigfeit / gemeinem !ftu|en ufro.
feien nur ©eforationSftfidfe.
3u meinem praftifd&en ©rgebniffe führte nunberfoeben
gef Gilberte Qntereffenfampf unb 2Weinung$jireit ?
V.
3n Sag er n gelangte man früher ju einer ©ntfdfjeibung als
im SRetdfje.
Sine SJerorbnung vom 20. Sunt 16501 bejUmmt:
1. S)a bie ©rfaljrung jeigt, bafc bem ©emeinroefen burd) %m*
tierung gütlicher ißanblung allein nidfjt geholfen werben fann, fo
möge, wenn jnrifd&en ben Parteien über allem angemanbten gleifc
fein SBergleidfj jiattfinbet, ber ißofrat (bie Legierung)2 ex officio
1 93or bem ©rfofj ber SSerorbnung waren ©utadjten beS §ofrat8 unb ber
Regierungen eingeholt roorben.
9 2>aS Geltet roenbet flc$ an bie SWittelfteUen. 3)iefe foHen bie Unter*
geriete »bar auf weifen*.
&
— 317 —
vorgreifen unb nadjj ©rroägung aller Umftanbe einerfeitS unb
anbererfeitS entroeber auf erfdfjromgftdje grtflen erfennen ober na djj
©eftalt ber ©ad&en rool)l gar etroaS an ben rfidffiän*
b igen 3infungen abfpredjen.
2. SBorauSgefefet wirb, baß ber ©dfjulbner baS übrige, roaS il;m
no<$ abjufiatten obliegt, erfd&roingen unb oljne weiteren ©dfjaben
für bie ©Kubiger Raufen unb fortfommen fann. 2lnbernfall8 tyat
man ergeben ju laffen, roaS redfjtenS ift; jumat fid^ bisher otel*
faltig erjeigt, baß, wenn fdfjon ben ruinierten ©dfjulbnern bie
©laubiger lange aus bem 2Bege gehalten, bennod(j benfelben nid&t
geholfen, fonbem ben ©laubigem nur größerer ©dfjaben jugejogen
roorben.
3. @3 ift „roofjl ju erroägen, ob ein ©dfjulbner nid&t etwa
burdj fein Übelljaufen, übermäßige ^ßradfjt, lüberlid&eS Seben unb
bergletd&en in äbfdfjlag unb fiinterftelligfeit geraten unb, rote fid&
bei etlichen jeigen mödfjte, fd^on juoor, etje einer burdf) ba3 ÄriegS*
roefen in nodf) größeren ©dfjaben geführt roorben, feinen Ärebit oer=
loren, roeil mit bergleidljen weniger SJfttleib ju tragen tfi, aU mit
anbeten, roeld&e oljne tyr SBerfd&ulben um \%x SBermögen fommen
unb in ba3 SBerberben gerunnen finb".
4. ferner iji ju berüdfftdfjtigen, roie e3 mit ben ©laubigem
befdjjaffen, ob fte nidfjt in zbzn fo großer Sftot unb Unoermögen*
^ett rote bie ©d&ulbner ftedfen.
5. ©benfo: ob nidfjt, roie fid& öftere begeben, bie ©d&ulbner
burdfj Äauf ober bergleidjjen, „uneradfjtet er um ben SRuin roo^t
gewußt, bie ©fiter audf) in Slnfetjung beffen leidster an fidfj erfjanbelt
l}at" [©pefulationäfauf mit &llfe oon Ärebit], in
Sdfjulben unb iQinterftettigfeit geraten, ba er bodfj biefer SBfirbe, roenn
er nur ben Äauf ober bergleid&en fianblung ^ätte bleiben laffen,
woljl Ijätte überhoben fein Knnen.
6. 63 ifl über alle [fonfiigen] Umftänbe, roeld&e ben ©d&ulbtter
graoieren ober fubleoieren, [in jebem einzelnen galle] genugfamer
Serid&t einjuljolen unb nidjjt anberS ab cum causae Cogni-
tion e ju oerfaljren, bamit man nid&t einem aus bloßem 3Jtttleib
ffelfe, bem anbem aber roiber SRedfjt fdjjabe, benn roeil bie gälle oer*
Wieben finb, fo ift e« billig, baß nadjj »efd&affen&eit ber
Umftanbe ein Unterfd&ieb gemalt roerbe.
7. Sn bie ©jefution unb SSergantung foll man
nidjt gleich fommen, fonbern, fooiel nadfj ben oben ermahnten
Umftanben möglich, ben ©d&ulbner bei ben ©ütern laffen,
— 318 —
unb mit gutem 9eba$t äffe« rooljl erroägen, elje bie @£efuttim unb
®ant anbefohlen wirb. 2Benn eine ber Regierungen in einem ober
anbern rotdfjtigen gaffe ber ©ant falber 2nfianb nimmt, fo möge
fie beim dürften 83efd&eü> erholen.
Offenbar gebaute man auf bem Söege ber ftabinettäjuftu
ben roid&tigfien politifdfjen 3roedf ber SBerorbnung, bie (Spaltung ber
abeligen gamilien bei tyren ©fitern, am elften ju erreichen, benn
bie „mistigeren gäffe" werben eben bie polittfdfj roidfjtigen gätte
geroefen fein. 3)a& bie Seftimmung audfj prafttfd&e 33ebeutung
gehabt fjat, geljt au« ben SBorten ©d&mib3 tyxvox: 9 . . - . prout
ita factum esse meminimus, sed certe non sine magna lamen-
tatione creditoruma! SBeldfjeS bie folgen waren, gefjt ebenfalls
au« ©dfjmib !)ert>or (ebenba). 9tömlidfj, ba& „iustitia multum pro-
traheretur et, cum celeri opus fuisset remedio ad diminuendum
aes alieuum, per eiusmodi protractiones aes alienum augeretur,
coneursus annuorum censuum et usurarum non sisteretur, sed
antiquis semper novae accederent" (p. 10, 11).
3m 9teid>e naljm ber Streit feinen Sortgang. 3)er %x\t*
benSoertrag von 1648 (VIII 5) fieffte eine Siegelung ber
©ad&e burd) ben nädjjften SRetdfjStag, im Qntereffe ber tranquillitas
publica, in 2Iu3fid)t; injnrifd&en fofften feine imraoderatae exe-
cutiones ftattfinben. 3n ben näd&ften Qa^ren flieg bie (Srroartung
auf« fcödfjfte. 2)er Sleidfjätag oon 1654 — berfelbe, bem
©ueridfe bie erfte, non i^m erfunbene Suftpumpe oorfü^rte — traf
bie (Sntfdjeibung, unb jroar im ganjen jugunften ber ©d&ulbner.
2)ie S5eftimmungen beS 9lei^«f(^Iuffe« non 1654 über bie
fd&roebenben 3*n^f^u^en berufen jum Xeil auf Äompromtffen , in
ber ißauptfadfje auf einem ©iege be« gürfienrate£ über baS
©täbtefollegium. ©ie finb begannt, mir fönnen un« ba^er
§ier furj f äffen.
S)er SReid&äfd&Iufe bejie^t ftdfj auf „bie burdfj ben Ärieg non
SWitteln gefommenen ober burdfj fjolje 2lufroacfjfung ber ... .
3infen befdfjroerten ©dfjuftmer" (§ 171). ©r bejteljt fidf) nidjjt
[2ht3naljmen] auf ba^jenige, „nm3 in ben ÄriegSläuften ju Stanjion,
SBranbfdjafeung unb Rettung SeibS, SebenS, Käufer unb ©üter,
audfj Abtragung ber ©ati3faftion£gelber erborgt toorben" x ; ferner
nid&t auf ba^jentge, „roaS jur ©rfaufung ober SBieberauf bauung
1 ©otOcin ©. 88: ,<£$ Ijätte Qeljeitjen, eine @($ulb ber 2)anf6artett oer*
lefcen, toenn man aud) bie 3infe» biefer <5d)utt>en üerfürjt fyätte."
t
i
'1
— 319 —
bcr t>ertoüfteten , anjefco in esse ftefjenben unb inmittete genoffenen
©üter ausgeliehen toorben" (§ 174).
3n ber ©adfje felbfl nmrbe befd&loffen:
1. £>ie ffinbbaren Kapitalien f ollen in ben näd&ften brei
Sauren oon ben ©laubigem ntdfjt aufgefünbigt werben; bei
itünbigung barnadfc barf ber ©djulbner ba§ Kapital ratenweife ju=
rücfjafjlen, unb jtoar je nad& ©röfje ber ©umme in jwei big
fteben 3a§re8raten.
SluSnaljmen ju 1:
a) 5Der ©ebitor fyat ba3 ©einige „nur mutwillig oerjeljrt"
[33erfd[jtoenbung].
b) 3)er Debitor ftetyt feinen ©ad^en alfo fd^led^t oor, bafc
teine Hoffnung jur Sefferung unb ju feinem aufnehmen oorljanben.
c) S)er itrebitor f)at für fidj) unb bie ©einigen feinen Unter-
halt unb feine SRettungSmittel. Sie StuSna^me ad c gilt nur salvo
judicis arbitrio (§ 172).
2. ©ämtlidje auSftänbige 3*nfen un& 3>ntereffen
toerben bis auf ben oierten £eil faffiert unb aufs
gehoben. 2)aS SReftoiertel foQ nadjj grlebigung ber Äapttalttlgung
(sub 1) fo beja^lt werben, ba& jebeS 3al)r neben bem (au-
fenben ein alter 3*n3 *d*(jt wirb (§ 173). $n ber Storch
fefcung biefer Seftimmung (ad 2) beftanb ber ©ieg beS gürflenrateS *
über ba3 ©täbtefottegium, ba$ il>r wiberjtrebt $atte.
3. 2Benn ber ©dfjulbner „bei biefen gelbflemmen fyittri feine
baren SWittel Ijatte no<$ erlangen fönnte", fo fott er berechtigt fein,
bie ©djjulbfumme „burdfj ©argebung anberer beweglicher unb un-
beweglicher ©üter, anftatt barer öejaljlung" auf woorf)ergel)enbe
jtd i f d^ cn ben oorigen unb gegenwärtigen 3eiten auf
baS SRittel geftellte billige ©dfjafeung" ju entrid&ten; bie
SBa&l unter ben ©fitern foD ber ©laubiger fcaben (§ 172). —
35iefe3 alfo war ber berühmte 5Reidf>3fd(jlu& oon 1654, oon bem
©djmib fagt, bafc er ein fulmen creditoribus satis grave gewefen
1 Bauern f)attt folgenbeS Sotum abgegeben: ,SBeü bie Söffe unb Umftänbe
fe^r ung(ei$, au$ bei ben 5trieg6ja$ren bie 3infen ni$t an einem Ort rote an
anbeten gurücfgeblieben, wäre eöjnic^t rooljl mög(i($, eine bur$gebenbe Aonftttution
ju machen, hielte jeboeb bafür, weilen ber ©djabe unb calamitas belli foroobl
ben Jtrebitoren ali Debitoren getroffen, wäre bie (Srfoffung ber Qin\e etroa auf
bie $älf te ju fejen unb alfo )u teilen, bafe ni<$t aller ©djabe auf ben Arebi*
toren rebunbierte.* (Meiern 3- ®., ©ebanfen oon ber fflecbtmäfsigfeit beö fechten
3in*ta(er*, 1733, Beilage 9.)
— 320 —
fei, unb baft er, ut legentibus apparebit, omnia quasi debitoris
arbitrio fiberlaffen fyabt (Kommentar jut 33erorbnung oom 20. Quni
1650 p. 9, 15).
3)er fcauptunterfd&ieb jwifdjjen bem SieidfjSfdfjluffe unb ber
Siegelung in Sägern befteljt borin, bafe jener oon felbft — sine causa-
rum specialium cognitione, wie fiel) ©djjmib (p. 9) auSbrficft —
Slnwenbung fanb, toä^renb in Sapern ba£ ®erid^t in jebetn einjelnen
gaffe unter Sßflrbigung ber fonfreten Umfiänbe nadf) freiem (Sr-
tneffen über 3roang8ftunbung unb 3TOongSna^Ia§ entfdfjteb. Cbroofjl
©d&mib, fd&on burd& feine partifulariftifd&en £enbenjen, für bie lefetere
SKet^obe eingenommen mar, oerfannte er bod) nid^t bie ©rünbe, bie
i$re Slnroenbung im SReidEJ auSfd&lojfen: bie größere Äompliiterttjeit
be$ 5Red&t3leben8 in bem ungleidfj größeren unb fomplijierteren
Organismus beS römifd&en Steteres , ^auptfädfjlidfj unter ben um
mittelbaren ©tänben: man märe nidjjt fertig geworben, wenn mau
jeben gatt befonberS unterfud&t ^ätte; in SBapern ging ba3 etjer
(ebenba). Überhaupt aber mar baS 9ieid() im ganjen meljr oerwüftet als
gerabe Sapern l, unb beburfte baljer rabifalerer SWaferegeln. ©d&werer
tft bie Seftimmimg beS SRctd^Sfd^luffeö ju rechtfertigen, bafc bei ber
Eingabe an 3<*l)lungSftatt bie ©ad&e nid&t nad& bem gegenwärtigen
SEBerte ju fdfjäfcen fei, fonbern nadf) bem Surd&fdfjniit ber SBerte „ber
früheren unb gegenwärtigen Seiten"; aber gerabe fte §at ©djmtb ju
ber ©. 315 ermähnten 9ieid()StagSanefbote 2lnlafc gegeben, unb jufl
an iljr fjing — wenn id& midE) fo auSbrücfen barf — baS &erj ber
Slbeligen.
3)ie bereite ergangenen £errttorialoerorbnungen Ijatte ber 9?eid(jS*
f<$lufj aufredet erhalten; ebenfo mar oorgefe^en (§ 171), bafe bie
SleidfjSftänbe nad& Anleitung ber Siegeln beS 9ieidf)Sfd(jluffeS weitere
SBerorbnungen erlaffen. SDieS war aud& in 33a gern beabft<$tigtA
obwohl, Ijier bie fiiquibation feit 1650 fdjjon in ooffem ©ange war.
$)ie oorbereitenbe SBerorbnung oom 17. 2lpril 1654, meldte ©ut-
ad&ten oom föofrat unb oon ben Regierungen einforberte, befiimmt
1 3m 3a$re 1644 weift iDiajimilian I. in einem ©dj reiben an bie £anb*
fc&aftöoerorbneten unter bem 2luäbrucf feines innigften SRitleibenö auf bie nodj
ungleich größeren Srangfale ber angrenjenben Sänber $in (Jrenberg I 95). SgL
aber aud& fein ©^reiben an feinen ©ruber gerbütanb, CSjrjbifd&of &u Äöfa, am e
4. Suni 1632 (Dberbaperifd&eS STrc^tt) für öaterlänbifeje (55ef c^tc^te , IL 8b.,
1840, © .437): „SBa§ aber baS arme Sagerfonb belangt, würben e3 @. S. nietet
mefjr Jennen unb o$ne äRitfetb ni$t anfe^en fönnen, bergleidjen (Srubelität tft
in biefem ßrieg niä)t erhört roorben.*
i
— 321 —
fogar, bafe unterbeffen feine ©refutionen oorjuneljmen feien. SRatür-
ltdj blieb e3 im allgemeinen bei ber SBerorbnung t)on 1650, alfo bei
ber grunbfäfclidfjen 33erf<$iebent)eit ber Regelung in Sägern nnb im
9tetdje \ benn jene SJerorbnung l)atte ftd^ ofe „ber SiHigfeit gemäfe"
tjermtSgeftellt 2, unb man mar „oljne fonberbare Älage" mit tljr aw&
gef ommen 2. SMe $nberungen2 Ratten nur Slnpaffung ans dlnü)&
gefefe unb an bie (Stimmung im SReidfj jum 3wecfe. 2tn ben rüdf-
ftänbtgen 3wfungen foUte „n>ot)l ein niedreres als bis^ero
obferoiert warben", abgefprod&en werben. Äein Stadfjlafc foH
auSgefprod&en werben bei benjenigen ©d&ulben, „meldte unter mal)*
tenbem ÄrtegSwefen ju 2lbridfjtuug ber SRanjionen unb 33ranbs
fd&afcungen, $u Sluf^elfung, SBerbefferung ober ©rfaufung ber ©üter,
^Alimentation , Sejafjlung ber ©Bulben, 2lu3fteuerung ber Äinber
unb anberem bergleidfjen gemadfjt worben". 2lud& ba3 breijäljrtge
Moratorium (oben sub 1) mürbe vom SReidfje Ijerübergenommen,
mit fernerem fierjen, nämlidfj „obwohl fdfjwer unb wtberredfjt*
lidf) fd&einen will", bie 2luffünbigung ber Kapitalien „ raiber
33 rief unb Siegel unb bie baju oon ben Äontrafjenten paftierte
2Bieberlofung unb 2luffiinbigung einjuf dfjränf en". SBenn „eines ober
be3 anberen Ärebitor funbbare Sßot ober anbermeitiger wtffentlidfjer
3uftanb unb be3 ©dfjulbnerS SWittel unb Vermögen ein anbereS er*
f orbern ober julajfen täte", fo foH bie ÄfinbtgungSfrage ju rid&ter*
li<$em ©rmeffen gefieHt fein. Obwohl „e$ im Sanbe nunmehr in
einen anberen unb befferen ©tanb geraten", fo ift bodj bei ©anten
nodj immer „beljutfam unb nidfjt oljne fonberbare er^etfdfjenbe -Kot*
burft ju oerfafiren".
VI.
®er äufeere ©rfolg biefer SRotgefefcgebung mar in Sapern ein
günftiger. ©d&on oor bie ergänjenbe SBerorbnung oon 1654 in Äraft
trat, waren, wie im Äommentar oon ©d&mtb fonftatiert wirb, bie
meiften, ja faft alle ©treitfadfjen (plurimae et fere omnes causae
litigiosae) entmeber gütlich beigelegt ober oon ben @eridfjt3l)öfen
nad& Anleitung ber erlaffenen 3)efrete amtlid(j entf Rieben (p. 11).
9lber toie entfliehen? -Wadf) bem ©eifte ber S)efrete, nadf) ben
formen ber 23iHigfeit unb beS „gemeinen SftufcenS"? 2ln einer
1 6$mib faßt, ber bagerifd&en Regierung intentionem fuisse, prioribus
decretis inhaerendi, nullo modo vero Recessum Imperii approbandi (p. 12).
8 SJerorbnunfl oom 16. September 1654.
(Soljen, »irf<$ulbunfl. 21
— 322 —
anbeten Stelle feine« Äommentarä bemerft ©<$mib, auf bie mtxU
ge&enbe SJegünfHgung ber Sdjulbner im Steige anfpietenb, Don ben
baperiföen ©eridj)t£l)öfen feien alle ©ad&en entweber gütlid^ bei*
gelegt ober nadj genauer Prüfung ber materiellen Sage (mediis
et adminiculis) ber beiben Parteien weife (prüden ter) ent*
f Rieben worben (p. 16). Cb bie« mel)r fein fott, ate eine
patriotifdfje Stebeblume, roiffen wir ntdjt. 2)ajj bie SSerorbnung oon
1050 nad& einer offiziellen Äonflatterung ju einer 5t(age leinen Slnlafc
gegeben fyat, &aben wir fdjon ermähnt. 3)ie baperifdjje 9RetI)obe, über
bie Shtwenbung be£ SRotred&teS in jebem einzelnen galle oom Stifter
entf Reiben ju laffen, fd^eint ft$ bewährt ju !>aben, benn: bie non
ben baperifdfjen ©engten fejlgefefcten 3<*l[)fong3termine entfprad&en
ber ©ered&tigfeit unb Siüigfeit me^r als bie im SReidtegefefc 6e-
ftimmten (p. 11). SlnberfettS fehlte e3 ben baperifdjen ©ertöten
nidfjt an ber nötigen Sd&neibigfett: ©dfjmib erjagt au$ feiner
ridjterlid&en SßrafiS: 2)a3 gewöhnliche SBerfafjren (com-
munis modus) bei unferen [b. ff. ben baperifd&en] ®eri<$t£$öfen
war folgenbeS (p. 7): SBenn bie ©laubiger ju rigoros waren, fo
bafc man etyer au£ einem Seifen Sßaffer, benn au$ iljnen einen frei-
willigen 9tod&lafe fcätte tyerauSlodfen fönnen, fo würbe eine Äommiffton
jur gfitlid&en Beilegung emgefefct. SBenn in biefer Stommif jion ber
©dfjulbner ftd^ jur 39ejal)lung eines fo bebeuteuben Seiled ber ner-
faHenen 3^nfen «bot, als bie Äommifjton für genügenb unb ben
erlittenen ÄriegSfd&äben entfpred&enb eradfjtete, fo erging metftenS ber
©prudfc: „2Btr laffen bid^ bei beinern anerbieten oerbletben." SDie
SBergleid&Soertjanblungen würben alfo, obwohl oom ©laubiger ab-
gebrochen, oon 2lmtS wegen mit redjjtlid&er SBirfung oerfeljen (con-
firmata), fo bafe ber Ijarttjerjige ©laubiger ntdfjt nur beS betreffenben
©elbbetrageS, fonbem aud& beS Slnfprud&eS auf 35anfbarfeit, ben er
burdfj mitleibtgeS SBefen Ijätte erlangen fönnen, oerluftig ging. —
Selber würben bie äöoljltüten beS ©efefceS oielfadfj beeinträchtigt
burcij Umftänbe unb SBorgänge, benen wir in biefer ©dfjrift fdjjon
öfters begegnet finb, nämlidf) burdjj bie -ättifebräuclje unb ©e-
winnfudfjt ber Beamten.
@in ©dEjreiben beS ©eiftlid&en SRateS an bie &of Jammer, vom
2. SDejember 1650 \ l;at folgenben 3n(>alt: Sem ©eiftlid&en SRat ift
ju O^ren gekommen, maS für übermäßige exaetiones (©intreibungen)
bie Beamten gegen bie_ armen Untertanen auf bem Sanb gebrauten,
ßreiöard&to Wünfyn ©en.-Äeß. fasc. 533 9tr. 142.
— 323 —
bie um -Jtad&lafe iljrer gefd&ulbeten Äirdfjengelber anhatten. 3)ie 33e*
amteu (jören fic jwar an, oerlangen aber 3, 4 ober 5 fl. ÄommifftonS*
loften; fte errieten ferner, ftatt bie nadfjgelaffene ©d&ulbfumme auf
bcn alten ©djjulbobligationen einfadfj abjufd&retben, neue ©dfjulbbrtefe,
für bte wieber befonbere ©ebü^ren erhoben werben ; cnblid^ forbern fie
für einen ganj einfadfjen Sendet, ber faum in einem falben Sogen
beftetjt, 15 ober 16 SBafeen; be3 äbfd&iebSgetbeS [@ntfd&eibung3gebfil>r],
ba3 bie Beamten au<$ hierbei oerlangen, gar nid^t ju gebenfen.
2Ufo bafe, wenn ein SauerSmann 30 fl. einem ©otte8l)aufe fdfjulbig
ift, unb i(|m baoou bie iQälfte nadjjgelaffen wirb, foldfje 15 fL nid&t
it>m jugute fommen, fonbern ber Seamtenfdfjaft $uf allen. SBie ftdj
benn bie Untertanen oerne^men laffen, bafe fie bie itirdfje gerne be-
liebigen mürben, wenn man tynen nur Suft taffc unb erfdEjwingltdfje
3al>lung3friften gebe, inbem fie ba$ (Selb lieber ben ©otteS-
Käufern ali ben Beamten „gunnen". —
3a&lreid(jer unb praftifdjj weit mistiger afe bie oor ben unb
von ben ©erid&ten ins SBerl gefegten ©tunbungen unb ;ftadfjiäffe
motten leidet biejenigen gewefen fein, meldte o^ne 3u*un &** ®es
xi($te3 unb aufcerfjalb ber ©d&ulbei'ntreibung aus freier 33er ein*
batung ber Parteien erfolgten. ©er ©laubiger erfannte, bafc
bie Eintreibung ber ©dfjulb genau nadfj bem SBortlaute be$ ÄontralteS
unmöglich fei, er mochte hoffen, burdfj 33erminberung ber ©dfjulb
unb ©rleid&terung ber 3°&lun8$&eMn8un8en / ^utä) ©Raffung einer
neuen DertragSmäfeigen ©runblage bie mirtfdfjaftlidje Sage be£
©djulbuerS ju §eben unb fo bie größere ©idjjertjett einer %t\U
befriebigung ju gewinnen. SBenn bie Parteien fidjj Aber bie neuen
SJebingungen einig waren, bann gingen fie wot)l, bann erft gingen
fie }u ©eridfjt, um fie protofoHieren ju laffen. 3$ bin bei meinen
©tubien in ben Sriefprotofollen, metjr jufattig als fudfjenb,
auf einige — im gaujen oier — berartige Sßrotofolle gefto&en.
1. ©rbing, ben 27. Sanuar 1638. 33ergleidf) jmifd&en bem ehr-
baren ©. unb bem „audfj befdjjetbenen" D. ©. ift bem 0. 200 fl.
©auptfadfje unb baoon eine oerfaSene 3a$re$gfllt fdfjulbig. 3)a aber
bem ©. bie$ „bei biefen ferneren Qtittn gletdfj oöffig ju be*
jagten unmöglich", fo fjat er ftdfj mit €). bat)iu uergltdfjen, bafc er
\f)m bie verfallene ©filt atebalb unb bie &auptfad(je in wer 3a^re£*
raten 1639—42 of>ne ©filt bellen fott. ©eneralljppot&el.
2. (Srbing, ben 8. 9Rärj 1640. SSergleidfj. $. ift bem SB. au«
einer ©rbfdfjaftSangelegenljeit 70 fl. fdfjulbig geworben. 3)a aber bem
5ß. „bei biefen Hemmen 3^^en unb auSgeftanbener
21*
— 324 —
JlrtegSempörung" bie Sdjulb pöHig ju bejahen unmöglich ift,
fo $at tym SS. au* gutem Stilen 25 ff. nadjjgef eljen , bie übrigen
45 ff. foU $. in jtoei 3al)re£raten, namlidj am fommenben unb barauf*
folgenben 3™***™™/ bejahen, bei SSerpffinbung feiner Sfrabe unt>
©fiter.
3. Grbing, ben 1. 3uni 1640. ^ertrag. 2)er ehrbare 98. §atte
fid) mit ben SBormfinbern feine* ©tieffo$neS ba^in oertragen, baß er
baS „ftaimet" übernehmen unb bem ©tteffo!>ne 925 fl. aSatcr- unb
9Jtuttergut herausgeben f oDe. 2>a aber „wegen erlittenen
©d&abenS, bann ÄrtegSruinS unb Slbfd&lagS ber ©fiter
iljm fotd&eS oödig ju bejahen unmöglich", fo wirb ausgemacht: 31.
Ijat bem ©tieffotjne fiberS 3a!jr 600 fl. ju bejahen ober von ba an
anneljmlidf) ju oerfidfjern unb ju oerjtnfen, femer ityn, bis er fein
SBrot felbft oerbienen fann, ju alimentieren. ©eneraltjppotljet
4. 28olfratSl;aufen (3tmt «Perladfj), 18. ftebruar 1660. Duittung.
ö. befennt, oon ©. 40 ff. bar empfangen ju fcaben. 3)iefer Setrag
beregnet fidf) au* 150 ff., meldte ber SBater beS @. bem SBater beS
©. in ben „erften ©djtoebenjeiten" oorgelie^en tjatte, nadf>
Slbjug oon 110 ffv toeldfje burdfj SJergleidfj „in ©rroägung ©. übet
ruiniert unb oerberbt roorben" gutwillig nadjgefe!jen morben. —
3n Sßirflidjjteit falj es alfo mit bem Ärebiftoefen nodf) oiel
f dfjlimmer aus, als man bei blofeer Setradjjtung ber offiziellen $er=
^anblungen unb ©efefce anjuneljmen oeranla&t ift. SBäljrenb ftd& Ijier
baS Db unb SBieroeit immer nur um bie ßapitalffunbungen
unb 3inSnadf)läffe breite, erf feinen in ber raupen Suft ber
2ßir!lid&fett bie 3inSüerpffid£)tungen beinahe als Sagateil, bie Kapital*
ftunbungen als ©egenftanb jmeiter Drbnung: baS ©treben unb
SBiberftreben l, bie ©inigung unb Erbitterung 2 galten ber §ra8e &er
Sortbauer ber Äapttalfdfjulben, es Ijanbelte ftdf) um beren
©ein ober SBenigerfeiu, um ©ein ober iftidfjtfem eines großenteils
be« gläubigertfd&en ©runboermögenS, um SBerminberung ber auf bie
1 G$mib, Äommentar jur Serorbnunfl vorn 20. 3uni 1650, p. 5: „Quam-
viö saepius factum esse meminimus, ut miseri debitores a creditoribus
suis non tantum remissionem ex annuis pensionibus, sed etiam ex ipsa
sorte principali peterent et obtinerent, quod magis Christanae pietatrquam
iustitiae legibus consonum fuit."
B SBgf. aud) ben 9ln^ang I abßebrudften Sd&utbbrief: „Sin welchem . . .
mic& . . . ni$t föüfcen, formen ober bereifen foH fein geifttic^ed nod) tüettlicfieö
Wettet, dtety, Statut, @en>ol)nf>eit, ®nabe, Srei^eit, «erbot, ©ebot, fein er*
langtet 9lec$t, Schauer, ^agel ober anberer unoerfeljener 3ufaü, feine (Sjaeption,
wie bie immer genennt."
— 325 —
f ($utbmrifd)en Sßirtfd&aften brüdf enben, toie ein SBurm um fid& freffenben
Äapitatüerpflidfjtungen. pflaumet fpottet über bie ©dfjulbner, welche
glauben, man merbe butdjj ben Ärieg oon ben ©dfjulben erlöft roie
bur<$ bie £aufe uon ben ©ünben, meldte auf ben SRetdfjStag märten
unb ttjre Hoffnung fefeen mie auf einen SWefftaS (Colloquium p. 46).
555er 5Eraum ber ©dfjulbner mar alfo allgemeine 33ernid£)tung ber
©Bulben, mar ©eifad&t^ie, aber bie 9Wad()t beS bemeglidfjen
Kapitals, bie Überzeugung von ber 2Bi<$tigfeit be3 ÄrebttS mar fdfjon
grofc genug, um biefen Xraum nidfjt jur ernftljaf ten gorberung, ge=
fdjnmge benn jur SEBirfltc^fcit merben ju laffen, um ben 3ted(jtös
beftanb ber ßa:pitalt>erpflid(jtungen cor ber Annullierung ju bemafjren.
§ 19.
SReben bem Äriege maren bie ©lementarereigniffe ber
bebeutenbfie Anlafe jur SBerfd^ulbung. SefonberS, fomeit fie 2Rifc
ernten oerurfadfjten. 2Wifternten riefen nämlidfj 3Rangel am
tuidfjttgften UnterfcaltSmittel, ben Sobenfrüd&ten,
Ijeroor. Stamentlidf) mar biefeä bei ben Säuern ber $att, meil fte
bie Sobenf rfid&te , oon benen fie lebten, felbft probujierten. S)ie
33obenfrfid&te Jörnen aber für ben Sauer nidfjt nur ate SebenSmittel
in Setrad&t, fonbern audjj als baS Ijauptfädjjlid&fte SßrobufttonSs
mittel (©aatfrudfjt). @ine -Kifeemte unb Ujre golge, bie
Neuerung ber Sobenf rüd(jte , fonnte alfo leidet jum Anlafe für
bie Sauern merben, tyren Ärebit möglidEjft anjufpannen, um bie
notmenbigen Sobenfrüd&te ober ©elb ju i&rer Sefd&affung ju er*
langen unb ba$ äufcerfte, bie JQungerSnot, oon ftdj) abjumenben
ober, menn fte bennodjj eintrat, ju milbern.
SBie bie ÄriegSnot, fo gaben audfj bie SWifeernten bem ©taate
iBeranlaffung, fid& mit bem ©d^ulbenroefen ber Sauern ju be*
fdjjäftigen. Aber mäljrenb e$ fidj) bort für itjn barum Ijanbelte, bie
Serfdfjulbung }u linbern, mar e3 §ier ber 3W a n g e l an Ärebtt,
ber bie Slufmerffamfeit beä ©taateS auf pdf) teufte. 3)er Staat fa&
f\ä) oor bie Aufgabe geftettt, ben Sauern ben nötigen Ärebit ju
t>erf$affen ober felbft ju gemäßen. 3Me betreffenben 3Raf$regeln
gehören jum ©ebiete ber Xeuerungäpotitif ober SeuerungS*
polijei, ftnb aber oon ber jiemltdü reiben älteren unb neueren
fiiteratur über biefen ©egenfianb im allgemeinen bisher auffaQenb
wenig beamtet morben.
— 326 —
gür bie SRöglid&feit, bei Neuerung ba£ notwenbtge ©etreibe
ju erlangen, war jundd&fl bie Etrganifation beS ©etreibe*
mar!te$ ma&gebenb. 6. 223 Ijaben wir hierüber einiget gebraut.
Sßffl&renb toir aber bort Don ben Säuern als ©etreibeoerfäufern
ausgingen, müjfen wir fyier bie Säuern als ©etretbefonfumenten,
als £eil ber Stod&frage tnS 3tuge faffen.
3>aS wenig oorleil^afte SSilb, baS toir a. a. 0. oon ber Organa
fation beS ©etreibeabfafceS enttoorfen traben, wirb baburdfj gemilbert,
bafe ntd&t nur baS iQanbelSintereffe ber Bürger unb ber ©roggrunb;
befifter , fonbem au$ baS SBerforgungSintereffe ber 33er*
brauner oon ber ©efefcgebung gefdjjfifct war. 3Ber „jur Unter*
Haltung feine« £auSl>abenS unb 33efäung feiner ©rflnbe"1 ©etreibe
nötig ^atte, war nid&t auf bie ftäbtifd&en ©d&rannen befd&ränft, fonbem
burfte audj) „an ben igfiufern ber ^robujenten" ftd& bie Stotburft
oerfdfjaffen (<ßol. D. 161Ö, 8u<$ II Sit. 2 2lrt. 2). »uf ber <5d>ranne
Ratten bie Äonfumenten fogar ein SorfaufSred&t oor ben &änblern2.
SBenn „arme Seute im Sanbe beS ©etreibe« mefcenweife notbflrftig"
waren, fo war jeber SSeftfcer oon ©etreibe oerpfKdjjtet, i&nen ©etreibe
faufweife abjugeben (2trt. 3).
®ie ÄuSlänber waren ben Snlänbem in ber SBerforgung
mit ©etreibe im allgemeinen gleid&geftellt8. 3ebod& bejog fidfj bie«
nur auf ben ©dfjrannenoerfetjr, ber oben erwähnten SBergünfiigung
beS 2lrt. 2 waren nur Qnlänber teilhaftig, gerner Ratten bie in=
länbifd&en 33äcfer — wafjrfd&einlidjj, weil fie bei Hungersnöten nid&t
nur „bilblicty" als Sßrflgelfnaben ju bienen pflegten — bie SefugniS,
bie oon SfaSlänbern auf ber ©djranne gemachten Jtaufe auf eigene
9tedf)nung ju übernehmen (@infianbSred&t, 2lrt. 9).
2)iefe Orbnung beS ©etretbeoerfeljrS erlitt natürlich er^eblidfje
aWobififationen , wenn eine Neuerung ober gar eine ftungerS*
not beoorftanb ober Ijereinbradfj. 2)a würben alle bie bekannten
Hausmittel ber SeuerungSpolitif herbeigeholt4. SBor allem würbe
ber ©etreibeoerfefjr im Qnlanb häufig weiter befd&ränft, als in ber
Sßol.D. oorgefetjen war, inbem j. 33. ber Sluffauf bti ben Käufern
ausnahmslos unterfagt, alles ju oerfaufenbe ©etreibe an bie
1 Säcfer unb SBirte: „§ur @r§altung t$rer SBirtföaft unb i$re* $anb*
werfe" (ogl. oben ©. 223).
2 2)aö ©etveibe burfte nur bann „uerfüfjrt* werben, »wenn onbere tyre
SRotburft juDor eingefauft unb ©etreibe übrig Mei6t" (%xt 4).
8 SMee erflärt fic§ roo!)l barauä, bafj Sapern ©etreibeegportlanb war (f. u.).
4 2>ad golgenbe na$ grenberg II 85 ff.
— 327 —
©djrannen geroiefen rourbe. 3Kitunter rourben $Prei$ta£en aon
bcn 33e!)örben feftgefefct, meldte Söiaferegel aber natürlich burd&au$
xxicfyt geeignet war, bie Vorräte a\\% iljren ©dj lupf romfein fjeroor*
julodfen1.
33efonber3 aber bie2lu3ful)r von ©etreibe nadj bem 2lu8*
lanb rourbe in 3e^en ^er Neuerung befdfjränft.
Sägern roar im allgemeinen mel)r ©etreibeauSfutjr* rote
Ginfuljrlanb3. 2lu3ful)rarti?el roirb namentlidfj ba$ ©ült=,
©ienfi* unb 3e^fentöe*re^e 9*roefen fein, als Exporteure tyaben mir
unä alfo bie großen ©runb- unb 3c$*nt$erren Oßrälaten, Stbelige,
Seamte, Pfarrer), BefonberS bie an ben SanbeSgren jen , ju benfen.
Slbfafcroege roaren Ijauptfädfjlidf) bie großen SBafferftrafcen 3)onau
unb 3>nn, meldte bamalS fdfjiffreidfjer roaren roie im 3ei*a^er &«
eifenba^nen. SDer ©etreibefjanbel felbft fdfjeint übrigens, rote au$
t>erf$iebenen 2lnjeidfjen ^eroorgetjt, in bem oon un£ beljanbelten
3eitraum immer me^r in bie igänbe ber äfaslänber übergegangen
ju fein.
2)a3 geroö^nlidfje8 9ßittel, baS inlänbifdfje ©etreibe t>om SfoS*
lanb fern ju galten, bilben befanntlidfj bie ©etreibefperren,
fei e3 in einjelnen grud&tgattungen , fei e$ allgemein. SWitunter
genügte ein bloßem Sfajieljen ber greife, ba$ SKifttrauen rege ju
matten unb eine ©etreibefperre ^eroorjurufen. 5Bon 1692 an
roedfjfelten bie Sperren unb beren Suftjebung beinahe rote bie
fd&ledjjten unb bie guten Safjre. 2)a aber bie SBefjörben unb fogar
bie jur Überroad&ung be3 ©etreibeoerfe^rS 1692 etngefefcte (1695
roieber abgefd&affte) „©etreibebeputation" „Sßafeporten", b. !). Segiti*
mationen jum Sluffauf unb jur 3lu3ful)r eines beftimmten Quantums,
häufig gegen ©ebü^r, aufteilten, fo roaren bie ©etreibefperren nid&t
1 ,3Uö aber [1692] faum Mannt geworben roar, bafj man bod ©etreibe
buret ein ©eneralbefret auf einen geroiffen $rei3 gefegt Ijabe, fe^rte bie auä«
Ianbif$e 3uful)r, befonberä au« ööljmen, tooijer bad meifte §u hoffen geroefen,
unterwegs roieber um" *greoberg II 92).
* Sgl. bie 6. 217 gitterte Äußerung ber Stänbe auf bem fianbtage von
1612: „$ao betreibe, 6alj, $ferbe unb Siel) . . /. — 2)ie Regierung 9urg*
Raufen berietet 1694 an ben ©crimen SRat, bafj feit IVa 3aljren im $urg-
Ipufener JRegierungSbejtr! 32000 ©a)effet ©etreibe aufcer 8anbeS geführt roorben
feien (ftrenberg II 95>
8 Reglementierung 1714 (ftreoberg II 99): S)ie auelänbifa)en Käufer ftnb
mit ü)ren $äffcn an bie Regierung gu roeifen, roelaje benfelben bie Orte, roo fte
taufen bürfen, anroeifen unb bie Quantität be* au laufenben ©etreibed be-
ftimmen roirb.
— 328 —
immer roirffam. Übrigens fehlte e* audfr bamat* fdjjon nidfjt an
Stimmen / bie auf bie Sd&attenfeite ber Sperren, Verringerung ber
©rwerb*gelegen!jeit ber fianbroirte, {finmiefen. Sie £anbfd>aft be=
richtet 169(5 an ben geheimen SRat: ©ine länger anbauernbe Sperre
märe fd>äb(i$ fär ba* Sanb; burdj fte (eibe &anbel unb SBanbel.
3Ran verlange oon bem SSauer, unb jmar oorjug*roeife von ifym,
Steuern unb abgaben, unb fottte tym ba^er audjj auf alle tunlidje
SBetfe bie SBege öffnen, um jum ©elbe ju gelangen. . . . 2Ba* auf
einer Seite an ©etreibe l)inau*gef)e, roerbe auf ber anberen Seite
au* Üänbern, in melden genug geroadjfen fei, mie au* Sd&roaben,
SReuburg unb ©id^ftäbt, roenigfien* jum £eil mieber hereingeben
(gre^berg II 9(5). 25ie Sauern waren natfirlidfj mieber nur 33or=
fpann. 2)ie Sefeitigung ber Sperren tag ljauptfädj>Ud> im Sntereffe
ber Stäube, roeil nur biefe in ber Sage roaren, ben SSorteil au*=
junfifcen.
Un$ intereffiert ^ier aber nur bie Frage, roa* ber Btaat in
Xeuerung*jeiten unternahm, um armen Sanbuntertanen ba*
ju ityrem Unterhalt nötige Speifegetreibe unb ba*
jur Fortführung t ^ r e r tüirtf d^af tltd^ en @£iftenj utt-
entbe^rlid^e Saatgut ju verfd&affen.
Unfer SKaterial bilben an*fd(jliefelid& bie betreffenben ftaatlidfjen
SJerorbnungen. 2Bir fönneu un* mit ifjnen auä) ganj gut be-
gnügen, metl fte, mie bie meiften SBerorbnungen au* biefer 3«t/ ntd&t
nur fagen, ma* getan merben fott, fonbern audjj, marum e* getan
werben foH, ja häufig fogar über bie SBirtung ber vorhergegangenen
9Waf$regeln fidf) au*fpredjen.
3)ie erfte ftaatlid&e §Uf*aftion (im 17. 3at)rt)unbert), von ber
unfer 3Haterial Rubelt, fanb 1014 ftatt. 211* im grüljling biefe*
3af)re* bie Sffiinterfaat verbarb, mürben be* befürd&teten ©etreibe-
mangel* megen vom dürften ein „SRat", ein „fteHermeifter" unb ein
„2luffd()lageumel)mer" jum ©etreibeeinfauf nadj Öfterreid^ ab=
georbnet. Die ©efamtfoften ber 2lftton betrugen 61436 fl., tvovon
ungefähr bie iQälfte ba* ffirftlidfie 3^Iamt, bie anbere £älfte bie
Sanbfdjaft traf. @rlöft mürben von bem au* Cfterretdj herein*
gebrauten unb im Sanbe verteilten ©etreibe 62 754 fl., fo bafe ein
©eminn von 1318 fl. verblieb1. 2)a* Unternehmen mar alfo fe^r
gut gelungen. Unter melden Sebingungen ba* ©etreibe abgegeben
ftregberfl II 85.
— 329 -
würbe, ob ber gürfl nur feine UrbarSleute berüdfjxdfjtigte ober audjj
bie anberen SanbeSuntertanen, tote unb in toeldjjen Stammen bie
©eiber eingingen, baS ge!jt aus unferem 9Raterial nid&t Ijeroor.
3)ie ©runb* unb Sßfarrtjerren mürben bei ©träfe aufgeforbert,
© amengetreibe oorjuf gießen, ju billigen greifen, ober
bares ©elb1.
SDaS 3a^r 1627 bietet uns ©elegenljeit, bie furfürftlid&e
Sßoltttf eingeljenber ju betrauten. SllS Material bient uns ein
©dfjretben ber Regierung SanbSljut an bie Pflege ©rbing oom
24. 2Kat 1627, oon bem ftd& eine äbfdjrift in ber 3Künd(jener
©taattbibiiot&ef befinbet2. SDaS ©d&riftftücf, bog audfj an bie
anberen SßflegegeridEjte ergangen fein toirb, befagt:
©em Äurfürften feien oon unterfd&iebltdfjen Orten Ätagen ju=
gegangen, bafc bei btn gemeinen SanbeSuntertanen ein fold^cr ©e=
treibemangel unb ein fold^cö (SIenb fjerrfd&e, bafe eS iljnen unmögltdfj
fei, fid& unb bie 3$rigen big jur näd&ften @rnte Jjinjubringen unb
ju erhalten. 2)er gfirfi fydbt ba^er nidfjt nur aus feinen im Sanbe
Dor^anbenen Äafien fotoofjl ben eigenen Äaftenuntertanen als aud&
ben ©runbuntertanen anberer ©runbljerrfdfjaften bereits eine „merf*
lidfje Unjal)!" allerlei ©etreibeS abgeben, fonbern audfj aus Söfterreidfj
unb Summen ein merflidfjeS Duantum er^anbeln, mit Unfoflen unb
©efaljr ins Sanb bringen unb nunmehr faft alles unter bie
Untertanen austeilen laffen. 3)ieS fei nun allerbingS jur
Steuerung ber aller Orten oor^anbenen SRot mdf)t erMedflid^, aber
ber gürft fönne aus Sßangel an weiterem ©etreibe nidjjt mef>r tun.
6r oerne^me aber nid&t ofjne -äRifefatten, bafj me^rerenteilS bie Sanb*
ftänbe unb ©runbfjerren tyxtn Untertanen trofc beren oielfältigen
2lnfu<J>enS unb tjödfjften Älagen in biefer Hungersnot roeber mit
©etreibe, nodjj mit ©elb, nodfj in anbertoeg einige &ilfe leiften,
fonbern fie faft ftetS mit leeren iQänben ^eimge^en laffen, obwohl
fie auS 33lttigfeit unb df)rift(idE)er Siebe fd&ulbig mären, ft$ tynen
tyilfreidfj ju ertoeifen. 3)ie Saubftänbe unb ©runbtjerrfdfjaften feien
ju ermahnen, bafe fie mit itjren ©runbuntertanen ein c&riftlidfjeS
SJHtletb &aben unb, toenn im 33eftfc oon ©etreibe, i&nen bei fo
großem ßlenb bis jur grnte bamit aushelfen, bei (Ermangelung
oon ©etreibe aber mit SBorlei&ung baren ©elbeS ober burd)
Sürgfd^aftSleiftung unter bie arme greifen foEen, bamit fie
1 Sreijberg II 85.
* Älödel 38 XV.
— 330 —
bie nötige ©peife erljanbeln unb bie ©rnte oljne grofeeä £unger=
leiben erwarten tonnen, ©erbe bie 9ßal)mmg nidjt beachtet, fo
Ijabe ber ^flegoenoalter }u berieten unb bie SBiberfpenftigen nam-
haft ju machen.
SDafe bie f d&limmen Qaljre 1646—1649 $ilfgaftionen not«
wenbig matten, ifi flar. 1646 erhielten bie Stentmetfter Sefeljl,
für bie jugrunbe gerichteten Untertanen ©amengetreibe ju erfjanbeln.
1647 würben bie burd) ben Ärieg in£ Glenb gefommenen Unter-
tanen au$ ben fürfllid^cn haften mit ©peife- unb ©amgetreibe Der-
fe&en. 1649 nmrbe ein 2lnle§en aufgenommen, um wegen ber ein-
getretenen ©eudjjen unb brofyenben $unger3not ©etreibe Ijerbei-
jufd&affen1.
SDen fcö^epunft tyrer SluSbtlbung erreichte bie Sßolxtil ber die-
gierung auf bem und J)ier befd&äftigenben ©ebiete mit bem (ge*
brudten) 2)efrete nom 21. 2ßärjl662. @3 fyat bei ben fpfiteren
ctynlidjjen Sßafjnatjmen be$ Staate« als ©runblage unb dufter gebient.
SDurdjj bie fcagelfdjjläge — fagt ba$ SJefret — foroie burdfc bie
$>ürre unb „SKiferätigfeü" beS SaljreS 1661 feien Diele SanbeS*
Untertanen in foldfie 9tot unb 2lrmut gefommen, bafc fie ntd&t nur
bie beoorfteljenbe ©ommerfaat anzubauen unterlaffen müftten, fonbem
fogar an ©peife unb SebenSmitteln Mangel litten, ©d&on nerlaute,
bafe Diele Untertanen au« bem ßanbe laufen, Diele Untertanen au«
JQunger jur (Spaltung be$ Seben« unnatürliche ©ad&en genießen.
Daraus fönnten „aUer^anb böfe Sudeten entfielen, unb u>ot)l enblidj
gar eine Äontagton", ferner feien gröbigung unb SBenoüfhmg ber
©üter, ©dfjn>äd(jung ber 9Wannfdj>aften unb Diele anbere Ungelegen«
Reiten ju beforgen. SDer gürft tyabt bereit« angeorbnet, ba& ben
Äaftenuntertanen „auf fünftige mögliche Sßteber*
erftattung mit ©peife* unb © aat getreibe na<$ ÜRöglidfjfeit
unter bie 2lrme gegriffen unb geholfen werbe", unb toer beffen teil*
fjaftig werben motte, möge fid& beim juftänbtgeu itaftenamt melben.
SDiefe SBorfe^rung genüge aber nidfjt jur S3etyebung beS Übels. SSiel*
mefjr müßten aud[j bie anberen ©runb* unb ißofmardfjljerr*
fd^aften iljren 3in$5 unb ©ültleuten unb Untertanen in gleid&er
SBeife mit ©peife* unb ©amengetreibe beifpringen; benn eS fei
billig, bafe fie, „gleid&roie fie baS Sfjrige Dan i^ren Unter*
tanen empfangen, alfo aud& benfelben im gälte ber
■Kot © ilf c leiften"; audjj muffe einem jeben ©runb* unb &of*
1 gregberg II 89r 235, I 106.
— 331 —
rnatd^errn felbft am meiften boran gelegen fein, bafc feine Unter-
tanen am Seben unb bei i^ren ©ätern erhalten würben. 3)en £of*
mardjs* unb ©runbtyerrfdfjaften wirb baljer befohlen, i^ren notleibenben
Untertanen, fooiel ibnen ju tun möglidEj, mit ©peife- unb ©am*
getreibe ju Reifen. 2lber au<# an bie anberen Seute, „bie fotd^c^
tun fönnten unb vermögen", rietet ber Äurfürfi einen 2lppett, tyrer
d£)rtfilidfjen ©dfjulbigfett gemäfe tljre SRebenmenfcljen in biefer 3lot
ntcfji ju oerlajfen, fonbern einanber treutidj bei juf pringen , „baju
männiglid& aus d^riftltd^er Siebe um fo oiel me!)r gehalten, weil
gleidjwotjl no<§ jur 3*ü am ©etreibe im Sanbe fein Mangel, fonbern
beu armen Seuten, nad& ber fo lange Qfafjre auSgefianbenen ßrieg^
ruin unb fnadf)] anberen UnglüdföfäDen , allein ba3 ©elb unb bie
SKittel, felbtgeS ju ertjanbeln unb an ftd^ ju bringen, abgeben".
3n)ar fei „ba3 Ärebit §in unb wieber bergefialt ge*
fallen, ba§ feiner bem anberen trauen ober auf 33org
etwa 3 geben will". Slber audfj biefem Sebenfen fönne ab-
geholfen werben. Stamit nämlid|j biejenigen, fo bie SKittel tyaben,
wenn fie ntd&t ju vermögen feien, au3 Sarm^erjigfeit iljren -Heben*
tnenfdfjen beijufpringen , memgftenS mit 9ificffid&t auf bie „fünftige
unfehlbare SBiebererftattung baju bewogen mürben, fo werbe oer*
orbnet, bafc äße bie, fo ben armen bebrangten unb notleibenben
Untertanen entweber mit ©peife- ober ©amgetreibe ober jur @r*
faufung beSfelben mit ©elb an bie Jganb gelten, ntd&t nur bie gant*
orbnungSmäfeige fiittfd^weigenbe ißtjpot&ef nebfl SBorjugSredjjt (an
werter ©teile) wegen be3 ©amgetreibeS an ben grüßten beSfelben
3al)re3, fonbern audf) wegen beS jur SebenSnotburft unb jum Unter*
Ijalt hergegebenen ©etreibeS ober anberer -Jto&rungSmittel, ober wegen
be3 ju biefem 3roe<f e Ijergelieljenen ©elbeS eine ©eneral^tjpot^ef
nebfl SBorjugSredjt „t>or allen anberen, uerpfanbeten
unb unoerpfänbeten ©Bulben, wie bie immer priotle*
giert fein" mögen1, an ben ©ütern be8 ©d&ulbnerS !)aben
foHen. 2)a ^ierburdf) — fo fdjjlie&t ba3 3)efret — ein jeber „feiner
39etyilfe falber genugfame ©idfjertjett" erlange, fo befiele umfoweniger
Urfad&e, in biefer „©Etraorbinarinot" bie &anb oon ben armen
Seuten abjujteljen.
SMe näd&fte (Gelegenheit für bie Regierung, tyre Stftigfeit in ber
befd&tiebenen Stiftung fortjufefcen, bot ba$ 3a!)r 1676. 2)a$ oer=
1 2Ufo au<$ oor ben auöbrüdtlidjen Sor^pot^elen , mit anberen ©orten:
ba$ Sorjugere^t war ein abfolute* (og(. ©. 104).
— 332 —
gangene Qa^r 1675 Ijatte triel Stegen unb, im 3ufamitten&an9
bamit, eine 9Rifsernte gebraut. @3 würbe ba&er ein SDefret erlaffen
(4. gebruar 1076), ba£ mit geringen Slbweidjjungen benfelben
SBortlaut Ijat wie baS heftet oom 21. 3Wär} 1662. 2)a8 »egleit*
^reiben, mit bem btefe« heftet vom $ofrat bem ©erid&t §aag
$inau3gefdf)loffen nmrbe, ebenfalls oom 4. gebruar 1676 1, fd&ärft
nodf) befonberS ein, flei&ig Dbadjjt }u geben, ob bie ©runbljerrfd&aften
baS 2>efret befolgen, unb wibrigenfafltö „oljne SRefpeft" bem Jöofrat
ju berieten, bamit gegen berg(eid>en barte ©runb^errfd&aften ex
officio oorgegangen werben föune. Sefonber* intereffant ift bie $e-
merfung beSfelben ©d(jreiben$, bo im Qa^re 1662 „oielen Untertanen
oon bem ©elboorrat, fo bei Äird&en, Sruberfd&aften, ©pitälern unb
anberen milben Stiftungen bor^anben gewefen, jur (Srfaufung von
©peife= unb ©amengetreibe auf fünftige Sßieberbejafjlung aufr
geholfen worben" fei, fo fei biefeS Mittel audfj betmalen, weil bie
9Jot nid^t geringer, ju ergreifen, „jumalen oon fidfj felbft billig,
bafe ben armen fieuten, fo ba$ 3^r ige bei guten 3*i*en
in bie Äird&enftödfe unb ju milben Stiftungen bc t -
getragen, im galle ber 91oi oon benfelben, wenn fie e3
Ijabeu, wieber oerljolfen unb ffierburdj) erfpriegtid^ unter bie
Sirme gegriffen werbe".
3Me SBerorbnung oon 1662 fd&eint bemna$ nid&t ganj erfolglos
gewefen ju fein. 2lber audjj bie iQUfSaftion oon 1676 oerlief nid)t
ganj ofjne ©rgebmS, wenigfieng fonftatiert ein weiteres SDefret Dorn
gleiten 3a$re (24. 3uli), bajs ben furfttrftlidfjen Äaftenuntertanen
mit ©peife* unb ©amgetreibe, fooiel es bei einem ober anberem ber
Äaftenfimter Ijabe gefdfjetyen fönnen, geholfen worben fei, „weldfjeS
fonber 3roetfel au# anbere ©runb* unb &ofmar<ijt)errfd(jaften werben
getan unb i^ren 3^3* un^ ©ültleuten nidfjt weniger fjilflid&e £anb
erwiefen l)aben", in ber Hoffnung, bafc bie @rnte 1676 baS übrige
tun werbe. £)a$ fei nun atterbingä nid&t gan } eingetroffen ; otelmeijr
Ratten in oerfdfjtebenen ©eridjjtsbejirfen ber ^Rentämter 2Httnd&en,
SanbSljut unb 33urgf>aufen jwei ©d&auerwetter an ben SBinter*
früdfjten unb in etlid&en Orten audjj an ben ©ommerfrüdfjten nid&t
geringen ©dEjaben angerichtet, woburdjj oiele aufs neue in große
2lrmut oerfefct worben. Um nun biefe im Sanbe unb bei ben ©ütern
1 <Siaats&iMioi$e! 3Rüna>n, Hlöcfel 54 XXIX. — ® (etilem tenbe «egleit*
fdjreiben ftnb raa^rfc^einUc^ audj an bie anberen Sanbgeridjjte be3 Rentamtes
3Rün$en unb meUei$t au$ an bie Sanbgerta)tr ber anberen Rentämter I)tnau3*
gegangen.
— 333 -
ju erhalten, mirb baS SDefret oom 4. gebruar 1676 erneuert. 3)ann
folgt ber üblidfje 93efef)l, bie ©runb* unb $}ofmardf$errf haften, bie
„i^re Untertanen in miffentltdEjer unb befannter ÜRot fteefen laffen
unb bodfj bie -Kittel tyaben", itjnen igilfe ju leiften, ju mahnen unb
eüentuett mit ber ©jefution gegen fic ju oerfa^ren. -Weit ifl bie
2Baroung, bie oom Surften beabfidfjtigte ®abt an ©etreibe unb ©elb
„gratis unb treulidfj ju oerretcfyen unb feine ©igennüfeigfeit ju ge*
brausen" l.
3)a& audf) bie SSerorbnung oom 4. gebruar 1676 gute grfidjte
getragen, bürfte fi<$ audf) barauS ergeben, baf$ fie in einem S)efrete
Dom 2 7. 3Rärj 1692, welkes ebenfalls burdE) eine SRifeernte oer*
anlaßt mar, eine „Ijeüfame SBerorbnung" genannt mirb. SMefeS
3>efret oon 1692 bietet übrigens nidfjt oiel neues. SllS (Snbjmecf
nrirb mieber angegeben, bajj bie Untertanen bei &auS unb ißof er*
galten merben. 2)er bei ben Äaftenämtern oorfjanbene SBorrat an
Öafer unb ©erfte foH, fomeit er nid&t oon ben ©aljamtern benötigt
mirb, ben in 3?ot unb 3lrmut ftedfenben Äaftenuntertanen jur 33e=
fatnung ber gelber „in einem orbentlid&en unb gegen
jefcige tjotje Ääufe um Vs geringeren greife ober tootjl
gar auf fünftige SBiebererftattung in natura oon
feuriger mit ©ott ^offenber gejung, bodfj oljne weitere
■Jiadfjporg8 anlefjenSroeife" abgegeben merben. ©benfo miemit
bem ©amengetreibe foD eS audj) mit bem ©peifegetreibe gehalten
merben. SWun folgt bie 3lufforberung an bie ©runbtjerrfd&aften, nadf)
aWafegabe ber eigenen SJttttel unb ber Untertanen -Jtot biefen bie
gleite &ilfe juteil merben ju laffen, aus dj)riftlid&er Siebe unb um
beS eigenen QntereffeS mitten.
2)er Slppett an bie ©runb!)errfdfjaften fdfjemt mieber jiemlid^
mirfungSloS oertjattt $u fein. 2BeId)e 33emanbtmS eS überhaupt jum
Seil mit ber Neuerung gehabt 1)at, baS erfahren mir aus einer @nt*
fd&Kefcung beS igofrateS an baS 2anbgerid&t SBolfratStjaufen oom
15. SKai 16928. S)er igofrat meint, baS ©etreibe merbe nur
barum oon £ag ju £ag teuerer, meü nid^t nur bie ©etreibe-
^änbler unb Äauberer, ferner bie Säuern felbft,
1 SJIojje ©ölbner unb Sagtoerfer, „fo ganj feine SRaljrung iahen" , finb,
nenn fte ed wollen, nadj »raunau jum ©d&anggebäu anjuroeffen, wo iljnen pro
Sag 5 fr. oerabreiebt werben foUen.
1 3). f). rooljl ol)ne Verlängerung ber ©tunbung.
8 ©aptr. Generalien , Sammlung ber StaatSbibliot&e! SRünc&en. — $a3
SReffripi ift n>a§rfc$ einlief aud) an bie auberen Amter ergangen.
— 334 —
fonbetn au$ bie geifllidjjen unb toeltUd&en ©iänbe mit
bem (Setreibe an ftdjj galten, ba$ ©enerate t>om 27. Sftärj
1692 unbeachtet lajfen unb toeber tyre ©etretbefaften öffnen, notf)
bie Slotburft auf bie ©Granne führen. Der 2anbridf>ter fotte alle
in feinem SDiflriftc ©efftaften mit ©etreibeoorrat Serfeljenen an ba3
ßanbgebot oom 27. 9Rär§ 1692 erinnern. SBenn einer ober ber
anbere aus unoeranttoortltd&em ©ei} nidjt parieren motte, fo foQe er
„ol)ne SRefpeft" oorge^en, oon 3lmt$ wegen bie @etreibe =
faften öffnen unb baS ©etreibe um billigen SßreiS ben
Siotleibenben abgeben. SBibrigenfattS werbe er — ber ßanb=
ridfjter — bei 93erfpürung oon Äonnioenj ober SBorfommen oon
Älagen ber 3lrmen nad) 2Kündfjen gittert unb jur SBeranttoortung
gejogen. SRamentücIj Ijabe er barauf ju feljen, bafj bie ©runbljerr*
f haften ifjren jal)lung$unf ätjigen Untertanen jur SBer^fltung oon
$unger$not baS notmenbtge ©peifegetreibe auf 33org ober na<§
©eftalt ber Dinge gar umfonfl abgeben.
Seiber erftredte ftclj ber Jlotftanb be3 SaljreS 1692 au<$ auf ba§
folgenbe 3>afjr. 3n eincm ©^reiben be3 &ofrate3 an baä Sanb*
geriet SBolfratStjaufen oom 18. äpril 16931 ift toieber oon bem
fjerrfdjenben ©etreibemanget, ben teueren 3e^en^ &er Äot &er armen,
oon bem fcfyrecflidjen junger unb ben unnatürlichen ©peifen, bie ju
feiner Stillung genoffen werben , oon ber ©ntfiefjung f ontagiöfer
Jtranftjeiten bie SRebe. JErofcbem !)abe e$ ben 2Infc^ein, bafe ein Seil
ber &ofmardjl)errfdjaften ba£ in biefer ©adfje ergangene ©enerak
manbat [Toa^rf^einli^ ift baS 2»anbat oom 15. 2Wai 1692 (f. o.)
gemeint] faft ganjlidfj au&er adfjt unb bie armen Untertanen ganj
^ilfloS laffen. 3)a3 9Wanbat oon 1692 toirb toiebertjolt eingefdfjärft.
2)ie SRaferegeln be$ SatjreS 1692 fdjjeinen alfo feine grofee
SBirfung gehabt $u tjaben.
Sludfj am Anfang be$ 18. 3a$rt)unbert$ fanben jtoei aufeinanber=
folgenbe 9Wif$ernten ftatt, bie bie Regierung nneber nötigten, bie
gleiten aJiafjregeln ju ergreifen. 2lm 26. 3lpril 1712 mürbe
nämli<# ein 35efret erlaffen, baS mit wenigen, ganj nebenfad&lid&en
2lbroeid&ungen ebenfo lautete, wie ba$ ber SBerorbnung oom 21. 9Kärj
1662 nad&gebilbete SJefret oom 4. gebruar 1676. Sludf) ein im
foigenben Qaljre (16. gebruar 1713) erlaffeneS ©efret bewegt
fidfj in benfelben ©eleifen. ©3 nimmt auf bie „f<$on fo lange 3*ü
an^altenben ferneren ÄriegSfonjunfturen" unb auf bie jwei 3al;re
©icf,e 9tote 3 ber oor^erge^enben Seite.
— 335 —
Ijinburdfj erfolgte „SRiferätigfeit" 33ejug, rooburdfj bie Untertanen in
fö grofee 9?ot unb Sirmut geraten feien, bafe tbnen ba3 ©petfe*
betreibe mangele unb ba$ ©amengetreibe für bie ©ommerfaat, unb
bafc jte aud& nid&t imftanbe feien, ba3 nötige ©etreibe um bar ©elb
fceijufdjaffen. SDer SanbeSfürft Ijabe bafjer bejfiglid[j ber Äaften*
Untertanen biefelben Slnorbnungen getroffen, roie in ben ^aljren
1(370 unb 1692. ©r fjoffe, baft aud) bie ü6rigen geifttid^cn unb
n>eltüdjen ©runb* unb &ofmard!Jf)errf<ijaften ifjren mitteltofen ©tift~
unb ©filtleuten mit ©peife* unb namentlich aud£) mit ©aatgetreibe
ober ju beffen ©rfaufung mit ©elb nad) 3Röglid(jfeit beifprängen ufro.
SEBibrigenfaltö Dffxjiafoerfatjren. 2lu<$ ber SßajfuS be£ 35efrete3 oom
21. 3ßärj 1662 über ba$ 2)arnieberliegen be3 ÄrebitS toirb mieber*
J^olt unb bie bort oerfünbete 3lu3bet)mmg be$ Privilegium prae-
lationis beftötigt.
SBenn mir bie in biefen SBerorbnungen ufro. jutage tretenbe
^Jolitif einer jufammenfaffenben 33etradf)tung unterjiefjen,
fo ergibt ftd&, bafc ber ©taat bemüht ift, ben burdjj @lementarfd|jäben
(aßifnoad&a, ^Regenwetter, Jeagelfd&auer, 2)ürre ufm.) in Slot ge-
fommenen unb be3 ©amen* unb ©peifegetreibeS entbefjrenben Unter*
tanen mit ©etreibe aushelfen. 3unädf)ft oerroenbete er baju ben
in feinen eigenen Saften oorfjanbenen ©etreibeoorrat. @in großer
Teil ber Bauerngüter ftanb unter ber ©runb^errfdfjaft be£ ©taate$
(Äajienuntertanen, UrbarSuntertanen) ; ba3 oon tynen ju liefernbe
SHenfigetreibe mürbe, fomeit e$ ntdfjt unmittelbar bem 33erbraudf)e
jugefü^rt mürbe, in ben fürftlidfjen ©etreibefaften auf»
gefpeidj>ert. ©omeit baS Äajtengetreibe nidfjt au$reid&te unb bie
nötigen -Büttel jum Slnfauf oorljanben mareu , lieg bie Regierung
aus fremben Sänbern ©etreibe ^erbeif Raffen unb unter
bie Untertanen verteilen. Sei beiben 9Wa®eln, ber Abgabe oon
©etreibe au$ ben ffirftlid&en ©peidEjem unb ber &ilf3aftton mit
auSlänbifdjjem ©etreibe, berfidffidjjtigte ber ©taat junäd&ft bie 33c=
bürfnijfe ber eigenen ©runb Untertanen. aber audfj auf bie
übrigen SanbeSuntertanen be^nte ber ©taat biefe feine
ftürforge aus1, benn e$ lag ein allgemeines SanbeSintereffe oor,
„ weil bie Teuerungen ©pibemten, grofje ©terblid&feit, SfaSroanberung,
1 Sgl. bagegen bie Seföroerbe ber Sanbföaft auf bem BuSf^ufttage von
1497 (Arenner XIII 182): ,@o @. ©n. fcraib abzugeben ©erfäaffen ab <B. @n.
Äaften im Dberlanb, fo toirb ©erboten, baj$ man be* Abel* armen beuten in
bie $ofmar$ i4td [= ctroae] geben fott."
— 336 —
©d&toäd&ung ber SRannfdjjaften, ßberoerben ber ©üter jur golgc
fjaben tonnten. Sie SJebingungen, unter benen ber Staat ba«
©etreibe abgab, ftnb oerf Rieben unb im einzelnen nidfjt immer au&
unferem Material erjtdfjtlidj. SReifien« nrirb fidjj ber Staat bie
SBiebererftattung bei ber näd&ften ßrnte auäbebungen Ijaben. 21 ber
audj bie fäuflid&e Überladung ju einem im 3Serl)ältm« jum WlaxtU
prei« geringeren greife fommt oor1.
Sie gttrforge beS ©taate« für Abgabe tum (betreibe an
©runbuntertanen anberer ©runb^erren betätigte ftdj aber
audj barin, bafe ber ©taat bie (enteren jur ftilfleiftung ju be-
ftimmen fud&te. 3)ie ©runb* unb &ofmardtöerrfdjaften fottten tyren
burdfj bie ©lementarereigntffe in 9?ot geratenen Untertanen fo viel
rote möglidf) f)ilfreid& unter bie 9lrme greifen , burdfj Abgabe von
@etreibe ju billigen greifen bi« jur näd&ften @mte ober, roenn bie
grunbljerrfdjaftlidjen «Speicher leer, burdfj ©eiboorfdSJüffe (ober burd>
»ürgfd^afWleiftung [©. 329]), bamit fte ba« notige ©etreibe er-
fcanbeln fönnen. 2)ie« forbert ß^riftentum unb 2Koral (bie „ötttig*
feit")/ bieg forbert ber fjerrf dfjaftlidfj * oormunbf d&aftlid&e (S^arafter
beS @runbbarfeit3oerf)älinijJe* (©. 330), bie« forbert enblidfr ba«
eigene Qntereffe be« ©runbtjerrn. 316er bie ©rma^nungen be«
©taate« blieben meiften« unbead&tet (©. 329, 334), benn bie ©runb*
^errfdfjaften jogen e« oor, bie i)o\)en ©etreibepreife baju ju be=
nfifcen, um au« ifjren SBorräten einen augenblidlicljen SBorteü §er=
auSjufd&lagen (©. 334). ©er ©taat ging nun ftrenger gegen bie
©runbfjerren oor. 6r ©erlangte, bafe bie ©runb^erren ba« ©etreibe
itjren Untertanen „auf Sorg ober nadjj ©eftalt ber ©adfjen gar um-
fonft" abgeben follten, unb ermächtigte feine Organe jur Sfcefution
gegen bie SBiberfpenftigen (1692, ©. 334).
lifo (jm«tofe) ©etreibe* unb ©elboorf pfiffe, Überlaffung be«
©etreibe« ju billigem greife ober gar umfonfi, Sef Raffung tum
Ärebit burdfj 33firgfd(jaftaleifiung, ba« ftnb bie SRaferegeln, in benen
fid& bie &ilfeleiftuug ber ©runbljerren unb be« ©taate« bei 3JK&-
ernten auSbrficfte.
©in brüte« 9Wittel neben ber Unterftfifcung burd& bie ©runb=
1 (Sin „SRagaainfnftem1' im ©inne ber heutigen ©efd&id&ffd&retbung fann
man in ber oben betriebenen ^olittF nodj ntc§t erblicfen. $a3 2Befenift<$e
biefeS ©oftemg befteijt nämttd) in ber Sluffpeidjerung oon (Betreibe in 3eiten
beö ÜberfluffeS burd) ben ©taat unb in ber Stbgabe beäfeloen (ei Weiterung
ju mäßigem greife. SMefe« ff3Äagajin[9ftem" begegnet in SBagern erft um bie
SBenbe beS 18. unb 19. 3af>r$unbert3.
— 337 —
Ijetren unb bcr flaatlid^en £ilf§aftton beftanb in iQerbeifd&affung
bcr Sftotburft im freien Ärebitoerfe^r, alfo in einer fort*
gefd&rittenen SBerfjältniffen entfpredjjenben SBeife. ©etreibe war t>or*
fjanben, aber e£ fehlte ben Säuern ba3 ©elb, um e$ bei ben teueren
greifen anjufd&affen, unb e§ fehlte ber Ärebit, um ben ©elbmangel
unfdjäbÜdj ju mad&en. Sie ganje grage lief in eine RapxtaU
unb Ärebitfrage IjinauS. 3)er ©taat appellierte an ben
SlltrutemuS ber Staatsangehörigen („dfjrtftlid&e ©dfjulbigfeit, ben
SKebenmenfdfjen treulidfj beijufpringen" ufro.), aber ba£ eraneS ftd£)
oljnmädfjtig gegenüber bem ©elbfiintereffe, ba$ cor ber SBerluftgefaljr
jurficlfd&eute. ©inen genriffen ©rfolg fjatte ber Btaat nur ben
©otte$l)äuferu gegenüber, bei benen er feine Autorität emfefeen
fonnte. 2ludf) liier wirb ba$ ßrebitgeben als etfjifdfje SPfItdfjt betrautet.
Um feinen SSorftellungen @el)ör ju t)erf Raffen, griff ber ©taat
ju einem oerjmeifelten 3Rittel, baä ftd& allerbingS in ben Stammen
ber bamaligen SBtrtfdfjaftöpolittf gut einfügte: er gab benjenigen,
bie ben notleibenben Untertanen Ärebit in (Selb ober ©etreibe geben
würben, ein spriüileg. @r pfropfte alfo auf baä ©pftem ber
ißtjpotyefenpriüilegien noi) ein roeitereä auf.
2)ie8 ftnb bie ©runbjüge ber 5politif, bie ber <&taat »erfolgte,
um bei aJM&ernten ber bcwerlid&en SBeoölferung ba$ nötige ©etreibe
im Ärebitmege ju oerf Raffen. 63 ift eine pofitioe $Politif, benn
ber ©taat tritt sunt Seil felbft afe Ärebitgeber auf, jum £eil trifft
er äfaftalten, ben Ärebitbebürftigen bie ©rlangung be3 benötigten
ÄrebitS ju fidjjem ober ju erleichtern.
&eute blidfen mir mit Sefremben unb mit einem gemiffen
©efü^le be3 ©toljeS auf jene 3ett jurüdf, in ber &agelfd&auer,
3>firre, aJttfjroad&S ufro. bie pljpfifd&e ©siftenj eine« großen Seile«
ber SBeoölferung bebrolien unb baä Sanb an ben 9tanb beä 9htm3
bringen fonnten. £eute fyabm mir ©ifenba^nen unb S)ampff$tffe,
©etreibebörfen (?) unb Sager^aufer, ^pot^efenbanfen unb 2)ar*
M&enSgenojfenf djjaften , ©parfaffen nnb jQageloerfid&erung. Unb bod&
$at bie gutternot be$ Sa^reS 1893 gejeigt, baß aud& l)eute nod&
bie SanbroirtfdSJaft in folgen gätten eine ftaatlid&e &ilf$aftion nidfjt
entbehren fann. ©ibt ba$ nid&t ju benfen? 63 jeigt, bafe bie
fianbnnrtfd&aft nodfj feljr oiel ju tun l)at, um in bie mobernen
SBerltfltniffe urirflidj (jinernjuroadtfen.
Co^en, ätarföulbutiQ. 22
— 338 —
§ 20.
I.
©o intereffant bie in ben betben t>otfjergeljenben Paragraphen
gejeigte fiaatlid&e Sßolitif erfd&einen mag, fo mar fte bo<$ nidjjt meljr
als eine blofce ©elegeu&ettS* unb SBerlegenljettSgefefcgebung. aber
bie mannigfaltigen SWifeftfinbe auf betn ©ebiete beS bäuerlichen
ÄrebttmefenS, namentlich ber bei ben STOifeemten jutage getretene
ßrebttmangel, mußten ba8 Slugenmerf ber Regierung audfj in ge-
roöljnltdfjen 3^tläuften unb anbauemb auf ftdj lenfen unb in iljr
ben SBunfdfj rege machen, grfinblidje Slb^ilfc ju f Raffen. 5Den am
flog baju gab fretlidfj nidjt baS ÄrebitbebfirfniS ber bäuer-
lidfjen Seoölferung, fonbern baS SJebfirfniS ber Ätrdje,
tljre Selber t>erjtnölic^ anzulegen, nid^t bie ©c^toterig*
feit ber Ärebiterlangung, fonbern bie SSerlufie berÄtrd&e
burdj> ftrebitgemäl)rung, ntd&t bie 3Rangell>aftigfeit beS
Ä rebttred&teS, fonbern bie SBerbefferungSbebürftigfeit
beS ÄirdfjenoerroaltungSred&teS* 92i<$t im Qntereffe ber
roidfjtigjien ©dfjulbnerflaffe-, ber Sauern, erfolgte bie JWeformarbeit,
fonbern im Qntereffe ber urid&tigfien ©läubigerKaff e , ber Ätrd&e.
SRtdfjt aus oäterltd&er gürforge für bie Untertanen fjanbelt ber
©taat, fonbern als ©d&ufcfjerr ber Äirdjje.
Unb bodfj famen biefe 9leformbeftrebungen aud& ben 33auero
ju gute. 35enn abgefetyen bamm, bafc bie ©tdjjertyeit ber ftrebit*
geber oor SBerluften im allgmeinen aud& im Qntereffe ber ©d&ulbner
liegt, roeil fte nun leidster unb billiger Ärebit befommen fännen,
[tiefe ber Staat bei feinen ^emüfjungen für fixere unb nufebrtngenbe
Anlage ber Äird&enfapttalien aud& auf bie gaftoren, meldte an=
fd&einenb bie Urfadjje beS fjerrfd&enben ÄrebitmangelS
bilbeten. 2Bie aber aud) fonft Ijäuftg tf)eoretif$e ©rfenntntS ben
prafttfdfjen (Sifer mädfjtig förbert, fo erwärmte ftdj ber ©taat in
ber golge audfj bafür, praftifeij an bie SSefeitigung ber Sinberatffe
ju ge^en, bie ber Strebttgemäfjrung an bie bäuerliche SBeoölferung
im SBege ftanben.
Unb wenn audfj ber Sieformplan ftd& nur auf eine Älaffe oon
©laubigem bejog, auf bie Äird&e, fo erftredfte fidjj bie SBebeutung ber
Reform bod) auf ben ganzen Seteid) beS bäuerlid&en ÄrebittoefenS.
S)erot erftenS roaren bie flirren, rote mir ©. 226 gefefjen $aben, weit*
— 339 —
au3 bic nndjtigfte Äategorie von Ärebitgebern ber Sauern, seitens
mufjtett au$ eben biefem ©runbe bie ftrebitbebmgungen, meldte bte
©otte£l)äufer ben S3auern auferlegten unb einräumten, audfj für bie
anberen ©laubiger mafegebenb werben, ©nbltdjj würbe ein £etl ber
33eftimmungen, bie ber Reform ber SBerwaltung ber ftirdjjenfapttalten
iljre ©ntfte^ung oerbanften, au3brüdfüdf> mit ©eltung nidjjt nur für
bic ©otteSljäufer, fonbern für alle ©laubiger oerfeljen.
SBie wir ©. 229 bargelegt fjaben, füllten bie baren ©eiber ber
Ätrdjen unb ©otteäl)äufer t>erjin§H(§ angelegt werben, gormett mar
baju bie 33enritttgung ber Dbrigfeit unb ba£ SBorwiffen be8 Pfarrers
unb ber Äirdjjenpröpfte notroenbig. Qn materieller Sejie^ung mar
„geunffe, genugfame SSerftdjjerung , Sfafridfjtung unb SBerfd&retbung"
oorgefdjrieben. 2Ba8 aU genugfame 33erftdjerung ju betradfjten fei,
roax bem ©rmeffen ber $irdf)ent>erroaltung bt%xo. ber Äuratelbeljörbe
überlaffen. 3)afc bie ©rridjtung einer ©dfjulbobligation
oor ber orbentlidjjen Obrigfeit erforberlidf) mar, bürfte fidj aus ben
SBorten „Sfafrid&tung unb SSerfd&retbung" ergeben, ebenfo bafe au 3*
brfidlidje SBerpfänbung erforberlidi) mar, aus bem SBorte
„gettriffe" [SSerfidjjerung]. 2lu3 bem golgenben bürfte fyeroorgeljen,
bafe man nadf) ber amtlidfjen Sprayte als 3JKnbefterforberm3 33 er*
fdfjreibung be3 Bauerngutes unb Stellung von Sürgen
aufhellte. £rofe biefer ftrengen SBeftimmungen fdfjeint bie ©idfjer*
I)eit ber frebitierenben ©otte3l)äufer manchmal mandjjeS
ju wfinfdfjen übrig gelaffen ju fjaben. 35ie3 jetgt * ein 9Ji a n b a t *
etitmurf vom 9. gebruar 1646: SDer Äurfürft %a\ xoa\)t*
genommen, bafe bie Beamten auf bem Sanbe ben ßirdjjenftiftungen,
©pitälern unb fonftigen piae causae gehörige ©eiber öfters un*
Dorfid&tig unb an foldjje ©dfjulbner auslesen, bafc man Kapital unb
Sinfen oerlieren ober mit foftfpieligen Sßrojeffen bie Bejahung ju-
toegebringen muß; au<$ bafc fte beim äuSleiljen meljr iljr Sßrtoat*
intereffe, afe ber ©otteSljäufer ufm. Sflufcen unb ©id&erljett beobachten.
Äünfttg barf bafcer bie 3lu8leif)ung ber ©eiber ber ftird&en unb
milben Stiftungen nur mit ©enefjmtgung ber &offammer unb ber
)u ben geifllid^en ©ad&en oerorbneten 9täte erfolgen.
©er ©ntrourf mürbe junäd&ft ber fioffammer jur SBegutadfjtung
mitgeteilt, unb biefe ermiberte fd&on am näd&ften Sage (10. gebruar
1 2)ie Duelle JU biefem Paragraphen Mlbet, wenn m($t$ anbere* bemerft,
ÜTti&axQiv SRüncftett ®en.-9ieß. fasc. 583 n. 142 ($eru>a(tung ber Atrien-
fapitatien). — 3$ benufce biefen 3Wt nur foioeit, atö bie von uni be$anbelte
Aettpertobe reicht
22*
— 340 —
1646): Sie beabftd&tigte Steuerung ift fiberflüfftg, unpraftifd& unb
gefälpli<$. Bitift flberflüffig, weil in bcr Spolijetorbmmg of>tte*
fjin gute Sorfe^ung getroffen ifl, bafj bie Ätrd&en* unb ber gleichen
Selber nur mit bcr Dbrigfeit, be* Pfarrer« unb ber Ätrdfjenpröpfie
Sonoiffen gegen genugfante Serftdjerung ausgeliehen toerben foHeiu
(Si ftnb alfo }u jeber 9lu£lei()ung fünf $erfonen (Pfleger, ©eri($l£~
fdjreiber, Pfarrer, bie beiben Äird&enpröpfie) notig, unb ba$ tfi
toatjrlidf) genug. Sie 2(u£leU)ung oon Ätrdjjengelbern würbe ftd>
femer fe$r umftanblid^ gehalten, wenn jebeä StarleljenSgefudf^
au<$ um bie Ueinfte ©elbfumme, einen förmlichen Snftanjenjug burd)-
machen mfi&te. 3)aburdfj fann ba£ SJianbat audjj großen S d?a bert
bringen, weil e£ bie Äoften ber ©elbaufna&me er^ö^en unb bie 2(u3~
leiljung felbfi oerjögern mürbe, fo bafs bie ©eiber geraume 3eit oljne
9tu$en unb ^ntereffe im 3edjjfcl>rein liegen bleiben müßten. Sagegen
md<$te e8 ft<lj allenfalls empfehlen, anjuorbnen, ba& bie Seamten
tyalbjä^rliclj berieten foffen, ob bie ausgeliehenen ©eiber jur ©enäge
bur$ 39firgfdf)aft ober in anbermeg affefuriert ftnb, unb ob ben
Äirdjjen ufm. jebeSmal neue 33ürgen geftellt werben, menn bie alten
„jum SBerberben geraten".
infolge biefe* ableljnenben ©utad&tenS ber fioffammer fd&eint
ber 3RanbatSentnmrf liegen geblieben ju fein; erft im 3al)re 1654
fommt bie Regierung auf tyren Sßlan jurüdf . @in unterm 25. 31 o *
oember erlaffeneS ÜDtanbat benimmt nämliclj, bafe bei Starleljengs
poften oon meljr afe 100 fi. folgenber ^nfianjenjug eingehalten
werben foH: Sanbgertdjjt, Regierung, Äurfflrft. £>abei fott JebeSmal
berietet werben, „tooltfn unb gegen toaS SBerfid&erung [bie Summe]
auf 3w3 anjulegen fein mädf>te". 2)erfelbe 2ßtf$ftanb, ber ben
3ßanbat3enttourf oon 1646 oeranlafei fyatte, ift audf) im ÜRanbat oon
1654 aU SRotto angegeben, nur ift er l)ier netyer bejeid&net: Sie
Beamten unterfte^en ftdjj Ijtn unb toieber, bie p ben ©otteSljäufern
gehörigen 83arfd&aften o^ne genugfame SBerfid&erung unbebadjjtfamer,
too^l audjj eigennüfctgerroeife unb nadjj ©unfl auSjuleiljetu
2Benn bie Beamten bei ber 9hi3(eit)ung ben $md oerfolgten,
bipdjj fte bem ©d^ulbner — etioa gegen §ol)e SJere^rung, alfo aus
(Sipennufc — eine ©unft ju enoetfen, fo lonnten fte freiließ bie ©tdfjer*
Ijett be3 ÄrebitgeberS ni$t immer im 2luge behalten.
IL
aber balb jagte ftdfj , bafc mit fhengen SBorf dfjriften aber bie
©id^erfteHung ber Stird&enfapitalien ba$ Problem ber befimögltdfjen
4
— 341 —
SSertoaltung bicfer Äapitalien femeSroegS gelöft roax. 3Me burdfj baS
IDtanbat oon 1654 gefdjaffene ßentraltfation ber SBerroaltung
ber Äird&enfapttalien tyatte nämHd& bie golge, bafc bic mafc
gebenben oberen Se&örben bie auf biefem ©ebiete Ijerrfdjenben 3«s
flänbe unb 3Ri£fiänbe unmittelbar, unb jroar an prafttfdfjen gätten
fennen lernten.
am 20. Stooember 1670 fd&reibt ber Sßflegoerroalter
x>on Steumarft an ben 33if itation^rat1: Sie im Qaljre
1665 anljer oerorbneten 33ifitation£fomnupre fjaben u. a. befohlen,
bafj fortan fein Ätrdfjengelb oljne grunb^errltdfjen ÄonfenS unb bürg-
fdjaftlidje Serfidjjerung mefjr ausgeliehen werben fott. SMefeS l>abe
i<$ bisher fdjulbigermafcen eingehalten, es l>at ftdjj aber gezeigt, bafj
«tlid(je Älöfter tfjren Untertanen gar feinen ÄonfenS, etliche nur
<utf geroiffe Safjre erteilt unb bafür ein ftarfeS 2BillenS*
flelb eingeforbert Ijaben. 35ie Untertanen muffen alfo bie %t-
langung oon Ärebit entweber teuer bejahen („werben fol<$er-
fleftalten befdfjwert"), ober beS 2lnlel>en£ gänjIidE) entraten unb in
^ ö ($ ft er 91 ot fortlaufen, wenn fie nidfjt ju anberwärtigen be*
benflid^en SKitteln2 greifen wollen. S)ie ©otteSfcäufer aber muffen
t§r oon Saljr ju 3a§r jufammengebrad&teS Vermögen o^ne 9tu|en
im 3ed&fd§rait liegen laffen. 2)ief e Umftänbe §abe idj bem geiftltd&en
9tat unter bem 14. Stejember 1668 auSfü&rlid) befdfjrteben unb feit=
bem oerfd&tebene SBlale auf ©rteilung eines SBefdjjeibeS gebrängt. @m
foldjjer ift jefet unumgänglich nötig, benn oerfdfjiebene Untertanen
motten Äirdfjengelber ju tyrer Ijödfjften SRotburft gegen genägenbe
Särgfd^aft [oljne weitere ©td&erfieflung] aufnehmen, was idfj aber
aus bem oben ermähnten ©runbe [SBerbpt ber SMfitationSfommiffäre]
tridtjt julaffen fann. 3$ bitte alfo nod&mals jur Seförberung beS
9tu$en3 ber ©otteSljäufer unb ber 2lnliegenl)eiten ber Untertanen bie
auSfte^enbe 9iefolution ju erlaffen, bamit ben SRotbürftigen an bie
1 Über ben Stfttationörat (attfttationSfommtffton), eine 3*ntralftette, *gl.
Ärei8ar<$tt> 9Münc$en §.»9fceg. 440. <£r würbe eingeführt burc§ 2>efret vom
2. SRai 1665: „$emna$ roür au 8 erheblichen Urfac^en bewogen roorben, cm att
unb iebe unfere $ffeg : Sannbigeridjter Jtaften: au<§ annbere Ämbter unferS <S$ur-
fürftent$umb Qaurn, ein Commifsion gbift }u oerorbnen, bamit ben ein jimb*
Jicje 3eit§eto für! kommen befdjroerbten , na$ migti$!$eit remediert, au$ in
«nnberroeeg ein beffere orbnung in genrifen fachen ju unnferem unnb unnferer
Sannbten nuj gemalt werbe." 3n bemfelben gfaäjifel bie 3nftru!tion.
2)er Sifttationörat beftanb auä brei 9Ritg liebern r rourbe mit $etret vom
16. «ugufi 1683 auf gelöft unb mit ftefret com 10. 3uli 1715 erneuert
9 ißa^rf^einU^ ift ber ®ut«abf*leif gemeint.
— 342 —
$<mb gegangen werben famt unb fte bei l>äuSltdS>en Gtyren erhalten
bleiben.
$ier muffen wir baran erinnern, bajj, wenn ein gtunbuntertäniger
Sauer fein Vermögen ofcne grunbljerrlidjen Äonfenä oerpfänbete, bie
©runbgered&tigfeit ni$t als mitoerpfänbet galt, weil ja gut Skr-
pfänbung ber leiteten ber grunb^errU($e ÄonfenS erforberUcfc war.
SBenn bie a3ifitation$!ommijfäre bie ÄonfeuSerbringung afe 33e~
bingung ber 3)arleben$gewctyrung erflärten, fo sollten fte alfo bamtt
Tagen: Die ©id&erbeit beS @otte3ljaufe$ ifl ungenügenb, wenn bie
©runbgered&tigfeit nid&t mitoerpfänbet ift, weil ber ÄonfenS feljlt.
ätynlid&e Senate rote au$ SReumarft waren fdjjon Dörfer an#
2Betlljeim, SanbSberg, 2Bolfrat$l>aufen unb £rojlberg, enbltdf) au£
bem SRentamt Straubing eingelangt. S)er Äurfürft Ijatte in biefen
fällen auf ©utad&ten beS SBifttationSrateS entfliehen (Signaturen
vom 27. S)ejember 1667 unb 23. äuguft 1669): SDen ©efud&fiellent
lönnen unb follen bie erbetenen Äirdfjenfapitalien in unb trofc
(Ermangelung be$ grunbf>errltd(jen ÄonfenfeS unb frei-
eigener ©runbftfidte gegen genügenbe 33ürgfdfjaft, ©eneral*
oerpfänbung unb SBerjldjjt auf bie weiblichen gretyeiten oorgelie^en
werben ; jebodf) follen fowoljl ber föauptfdjulbnet als axii) bie Sürgen
angefeffen unb begütert fein, bie Särgen follen fidj ferner ber @in*
reben ber Teilung unb SSorauSflage begeben, unb e3 fott feine Sürgen*
reiterei getrieben werben, b. I}. e$ foll nidjt einer für ben anberen
bürgen „unb auf fold&e SBeife bie ßapitalia unfidfjer gemacht werben",
enblidjj foU bie änjaljl ber Sürgen mit ben Äapitalien berart ftetgen,
bafe bei einem S3etrag oon 20—40 fl. jwei 33ürgen, bei einem Se-
trag oon 40—60 fl. brei unb für 100 fl. oier ober fünf Sürgen
für bie ©d&ulb fjaften.
S)ie ©otteSljäufer würben alfo oon ber SBorfd&rtft ber @in*
forberung be3 grunbfjerrlidfjen ÄonfenfeS in biefen gäDen btöpenftert
Site Äompenfation foffte bie SBerftärfung ber bürgfdfjaftlidfjen SBer*
fldjjerung bienen. 2lber bamit war bie ©ad&e nid^t abgetan. S)en
gäHen, wo bie Untertanen ben ÄonfenS nidfjt ju erbringen vtx*
mod&ten, ftanben nämlidfj anbere §äQe, namentlich aus bem Rentamt
Sanb^ut, gegenüber, wo fie bie notwenbigen Särgen nidjt auf-
zutreiben in ber Sage waren. SBäljrenb ber SBtfitationSrat,
wie wir gefe^en Ijaben, auf ftarfe bürgfd&aftltdfje ©td&erfjeit ©ewidjjt
legte, fdfjeint ber geiftlidfje 3t at reale Secfung burdfj SBerpfänbung
oort ©runbflüdfen für wichtiger gehalten ju fyaben. SBenigftenS be*
gutadfjtet er in einem biefer gäHe, „bafj bie itirdjjengelber o^ne
I
— 343 —
Sciftung einiger Sürgfdfjaft auf ©runbftüdfe auSjulei&en
fein möchten". 3)er ©efjeimrat entfdfjieb in bem Spezialfälle bem
©utad&ten gemäfc (Signatur vom 17. 2»ärj 1671).
älber bie ©dfjmterigfett unb SQBid^ttgfeit ber grage liefe eine
firünblid&e generelle Regelung berfelben mfinfd&enSroert erfd&einen.
©djon Dörfer Ijatte ber ©e^eimrat vom SStfitationSrat unb getft*
liefen 9iat ein Äolleftiogutad&ten etngeforbert barüber, „ma3
für ein Temperament ju gebrauchen, bamit bie armen Unter-
tonen an bergteid&en Äird&enanle^en nidfjt ge^inbert,
hingegen bennodj bie ßird&en fidler geftellt werben
mögen" (Signatur be8 geiftlidfjen 9late3 an ben SSifitationSrat oom
23. Dftober 1669). Unterm 17. 3Rärj 1671 prämierte ber @e*
Ijeimrat ba8 ju löfenbe Sßroblem naljer ba^in, „ob unb roie bie bisher
erlaffenen 2)efrete roegen aufnähme ber ÄirdSjengelber, bamit bie»
fclben jum ©dfjaben ber ©otteSljäufer ntd^t ofjne 9lu%en
liegen bleiben ober benjentgen, bie foldjjer bebärftig
feien, ju beren 2luf* unb 3un,e9e&rtn 9en 9ar äu
fernere Soften oerurfad&t werben, fünftig ju milbem, unb
was glei<$rool)l ber genugfamen SBerftdfjerung falber für fiautelen ju
beobachten fein möd&ten". SDer SBifttationSrat erholte junädfjft oon
ben Regierungen tljre SDleinung. SDaS betreffenbe 35efret (oom
26. 3luguft 1670) beginnt mit ben SBorten : @S bejeigt fidfj, bafc bie
roegen 2lu$letl>ung ber Äirdfjengelber ergangenen forgfältigen ©efreta
foroo^l ben ©otte$l)äufern afe ben Untertanen tyinberltdf) unb nadf)*
teilig ftnb, inbem bie Untertanen mit SBürgfdjaften unb
mit ber ©rrotrfung be3 grunbf)errlid&en ÄonfenfeS
nid&t auffommen fönnen, bagegen ben Äirdjjen bie
©eiber im3*dSJfdfjrein oljne Ruften liegen bleiben. &ier=
auf folgt ber Auftrag, ein ©utadfjten ja liefern barüber, „ma$ für
ein Temperament ju gebrauten" ufto. roie oor.
33eoor mir biefe ©utadfjten bringen, motten mir nod& einmal, in
Äürje, aber in fpfiematifdfjer Orbnung, barlegen, um roaS e$ fidf) bei
in ber Steformfrage Ijanbelte.
@3 Ijatte fiel) IjerauSgeftettt, bafe bie Untertanen, fei e3 mit ben
Sürgfd&aften, fei e$ mit ber ©rmirfung bee grunbfjerrlid&en ÄonfenfeS,
nidjjt ober nur fdfjroer — ledere« namentlich roegen ber fjofjen Stoften
ber ÄonfenSerlangung — auffommen fonnten. S)ie ftolge mar, bafe
bie Untertanen bie anlegen, beren fie beburften, mdfjt aufbringen
tonnten, unb ben Jtird&en i&re ©eiber in ben 3*d&fd&reinen bradfjliegen
blieben. Die roegen 2lu3leif)ung ber Äird&engetber ergangenen ftrengen
— 344 —
ftefrete Ratten fi<& bemna$ als für ba£ gortfommen fowoljl ber
©otteS&äufer wie au$ ber Untertanen ^inberlidf) erwiefen. S>ie Auf-
gabe mar, biefe Defrete fo ju temperieren, ju milbern, bafc bie Unter-
tanen leine Rot leiben mußten unb bod& genflgenbe Äautelen für bie
©tdjerljeit ber ©otte£$au*tapttalien befianben.
2lm 1 1. Stuguft 1671 übermittelte ber SBifttationSrat bem
getjUtd&en Rat bie injmifd&en eingetroffenen Seridfjte1 ber Re-
gierungen nebjt feinem eigenen ©utadfjten. 2)er SSifitatumSrat
refapituliert junädjjft für; bie 2torgef<$idjte ber ©rljebung, fobann
referiert er über bie 93eri$te ber Regierungen.
SDie Regierung 8anb$i)ut fd&reibt:
3)ie ©rfa^rung jeigt, bafc oon etlichen ©runb^erren unfereS
RegtmentSbiftrifteS für Erteilung be$ ÄonfenfeS in bie 5 unb 6 Reidj$*
taler begehrt werben, wa$ ein „großes unbilliges Übermaß" iffc
SBoffenbS unmögli<§ fd&eint eS ju fein, bie nötigen S3ürgen aufju*
treiben. SBenn ein Untertan bei ber ©runb&errfd&aft um ftonfen£
anhält, biefer aber oerweigert (unb bie Steigerung bef djeinigt)
wirb; ober wenn ber RonfenS nur gegen 3a^un8 e^ner Ab er-
mäßigen %a%t unb batjer, wegen Unt>ermögenl)eit beS Petenten,
praftifdjj überhaupt nidjjt ju befommen ifi, fo fott ber ÄonfenS
bennodf) als gegeben angefe^en unb ein 2lnlel)en, etwa mm 50
ober 100 fl., bewilligt werben. SDamit aber bie ©oiteeljäufer mit ober-
ere grunb^errli^en ÄonfenS attejeit tyre SSerfid&erung Ijaben unb
oljne ©dfjaben fein fönnen, fo fott ftrenge barauf gefeljen werben,
baß mit ber 2lnlel)enSbemittigung nid^t fyöfjer hinaufgegangen werbe,
als eg ber SBert beS ©uteS, b. §. ber ©runbgeredfjtigfeit, juläßt.
©adfje ber Sanbridjjter wirb es fein, barauf ju achten, baß bie
©üter „nidfjt ju oiel, unb jwar mel>r nidfjt, als bie ©ered&tigfeit er*
tragen möge, mit ©Bulben überlegt" werben, ©egen Beamte, weld&e
„mit ungenugfamen unb nidfjt woljt funbierten Sendeten einlangen
unb baburdfj ifyren Sßrioatnutjen me^r als ber ©otteSfjäufer ©idfjer=
§eit unb 2Bol)lfal)rt uor fic§ Ijaben", fott eingefdfjritten werben.
Damit bie Seamten in ben ©tanb gefegt ftnb, biefe iljre Aufgabe
ju erfüllen, unb bamit „bie Untertanen tyierinfatts feinen 33etrug
gebrauten unb über jugelaffene [anlegen] weitere 2lnleljen aufnehmen,
folgenbS tyre ©eredjjttgfetten ju ber ©runblierrfd^aften Sßräjubij
onerieren fönnen", fo wäre eS fe£r vorteilhaft, „wenn ein ©dfjulb^
1 ©ie ftnb nic§t bei ben Slften, idj fenne fle nur auS bem Referate beS
SttfitationSrateS.
— 345 —
b u <$ aufgerichtet unb bergleidjen Stnleljen orbentlid& barin oerjetdünet
würben".
SDic Regierung Straubing äufjert fidjj alfo: 2Bir fjaben ben
ißanbridjter t>on Straubing (Sanb), welker gute SBtffcnfd^aft ber
tljm anvertrauten ©otteSfjäufer unb Untertanen Ijat, mit feinem 33or*
fdjlag einoernommen. 2)er geljt baljin, e3 foQe ben ©otteSljäufern
ein Sßrfoileg gegeben werben, „woburdf) fie com ©antprojefe 2. Site!
20. Slrttfel [©. 134] bergejlalt efimiert werben, bafe bie ©cfjulb*
t>erfdfjretbungen fttnftig gältig, o^ne wie mit grunbfjerrlidjem
«ftonf en$, bodj bafe foldfjeS beren Stiften unb ©filten unprä jubilier*
Iid&". gerner folle ber 5tonfen3 fünftig „um eine leibentlid&e ©ebflljr
unb nidjt nur auf oter ober fedjS Qa^re, fonbern indefinite"
[o^ne }eit(idje S3efdjränfung] gemährt werben. 3)ie Regierung fetbft
teilt aber biefe SReinung ni<$t, fonbern l>ält bafür, bafc bie ©rteilung
t>e3 ÄonfenfeS ben ©runbljerrfd&aften nidfjt aufzutragen, fonbern non
t>en Seamten blofe jujumuten fei, aber nur bergeftalt, bog e$
„an iljren grunbljerrli<f)en gorberungen ganj nid&t unpräjubijterlidj *
fein foll".
2)a3 ©utadjten ber Regierung 33urgl)aufen befdjfiftigt ftd^
im ©egenfafe ju ben beiben oorfjergeljenben ©utadjten me^r mit ber
SBfirgenfalamität als mit bem ÄonfenSjwange. @3 gef)t batyin:
€3 fott jwar bei ber SBorfdjrift, bafj bie Äird&engelber nid&t anberS
üU gegen orbentltd&e SBerfdjretbung ber !Qab unb ©üter be$ 6nt~
nehmet« unb gegen annehmliche 33ürgfdj)aft ausgeliehen werben f öden,
fein Verbleiben $aben. 3)en entlegnem foH alfo bie SBfirgfdjaft no<$
weiter jugemutet werben. SBenn aber einer ober ber anbere 2)ar=
Ie§enSbebfirftige mit Sürgfd&aft nid&t auffommen fann, bagegen ge*
rid&tsbefanntermafeen angefeffen unb mit eigenen ober (Srbredjtögütem
fo wo§l oerfe&en ift, bafe eine ©efa&r beS SBerlufteS nid^t ju be=
forgen, fo mag i^m, bamit weber bie Untertanen nodj bie ®ottt&*
Käufer an iljrem Vorwärts! ommen oer&inbert werben, o f) n e 39 ü r g =
f <^af*t mit einem ©otteSfjauSanlefien geholfen werben, aber nur
1. gegen eine in optima forma bei ber orbentlidjjen Obrigteit
ober ©runbljerrfd&aft, fo bie Fertigung §at, aufgerid&tete © <$ u l b *
Obligation unb SBerfdjjretbung aller S&ab unb ©üter,
2. gegen ben gebräuchlichen SB er jid^t ber ß^eweiber,
benen gemeiniglid^ bie fcälfte be$ ©ute* gehört, auf ifjre fjeiratlid&en
3fofprfld)e unb weiblichen greifjeiten.
doppelte Verneinung $iet oetftärfte Verneinung.
— 346 —
3. @3 foff in ben ©d&ulbobligationen bie causa debendi,
ob nämlidj baS (Selb „jur Melioration ober ©rfaufung eine« ®ute$,
SamengetreibeS ober ju n>a8 @nbe" oorgefiredft nrirb, genau an-
gegeben werben1.
4. ©8 foll, wenn mit bergleid&en ©otteS&auSgelbem ältere
©Bulben abgetragen werben, ben ©otteStjdufern bie betreff enbe
gorberung jebiert unb eine entfpred&enbe Älaufel in ben ©<$ulb*
brief aufgenommen werben9.
5. @3 fotten „bie ®üter aber bie $ätfte [be3 SßerteS]
mit bergleid&en Sfale&en nid&t graoiert" werben.
6. SDamit biefer Sßunft gebü^renb in Dbadjjt genommen wirb,
wäre ben 9itamtm an jubefe&len , „ein abfonberltd&eS SRegifter
ju galten [für bie ©d&ulben]".
7. S)ie Seamten fotten nidjjt me^r fo oiel Qntereffen jus
fammenlommen laffen. —
■Wadjjbem ber SBtfitationärat bergeftalt über bie 93orf daläge
ber Regierungen referiert \)at, geljt er baju über, feine eigene Mei-
nung barjutegen, ßr erinnert jtmad&fi an bie ©pejialfäffe, bie ben
erften 2lnftofe jur ganzen ©rfjebung gegeben (©. 342) unb auf fein
bei biefer (Gelegenheit abgegebenes ©utadjjten. 3n biefem ©utad&ten
Ijabe er auf ftärfere 2tu$btlbung ber bürgerfd&aftlid&en ©arantien
als ©egengewid)t gegen ben SKangel beS ÄonfenfeS unb freieigener
©runbfiüdfe Ijingenuefen. 3lun muffe man aber je langer je me&r ner*
f puren, bafe bie Untertanen audjj mit ben öürgfdfjaften fd&roerlidjj
me^r auffommen fönnen, „aus ttrfad&en, bafc ba£ Ärebit berjeit
fe^r mangiert unb feiner bem anbern tne^r traut, audfj
bie Bürgen gemeiniglid& ebenfo fiarf, wo nidjt [tärfer ate bie prinzi-
pales [b. f>. bie i&auptfd&ulbner] obäriert ftnb". S)aju fommt,
bafc „bergleidfjen Sürgfd^afWoerfd&reibungen bei ©rbred&ten8, jumal
wenige eigentümlid&e ©utäbefifcer finb, aud> ben grunb*
^errlidjen ÄonfenS, mit weitem e3 bod& ebenfo fcart als mit ber
»firgfäaft felbft {»ergebt, erforbern"4. Die golge ift, bafc bie
Äird&enfapitalien o^ne -ftufeen im 3e($[^reine biegen bleiben unb,
1 3ur Sicherung be3 ber ©djut&forberung ctroa jufteljenben 3Jorjug8ree$ted
an vierter ©teile (2lnfjang II).
2 $riorität§orbnung (Slnfjang II), ©teile VIII unb IX 3iff. 3.
8 2)ie bäuerlichen ©runbgerec^ttgfeiten überhaupt fmb gemeint (Pars
pro toto).
* SBegen ber mit ber 8ürgf$aft§öerfc§reibung geroö&nlidj oerbunbenen
Setaftung ber (Mter beS Bürgen.
i
V
4>
*7«
— 347 —
staufcen, avß 3Bangel beS grunbljerrHdfjen ÄonfenfeS
^, «^ wegen her ju feiner (Erlangung auftuwenbenben
^^. N rt werben muffen.
"% ^ SKfitationSrate* ftfifeen ftd& jum Seil auf
^ ^^ ^^r '^ufen, jum £etl auf bie oon SanbS^ut
^ 'V^ s«> "***< *ben$bebingungeu betrifft,
•^ S* s^r^ *^ - $orf<$läge ber Regierung von
... '^v^V ^ ^ *>*tet, unter faft wörtlicher SKnleljnung
v: /'^-.^^^ *egierung, bafc unter beftimmten 33orau3*
* \~ \ * 'J?% ' oenen btx Regierung oon Surg^aufen be<f en,
*! > "*' ^ audfj bie SSerfd^ulbungggrenje com falben 2Bert
ce Stellung oon Särgen oerjid&tet werben fann.
,ipftel)lt, ben Beamten ben Auftrag ju erteilen, „ein ab«
j)tö SRegifier ober 33udj ju galten, bamit man fe^en
♦ie, ob unb wie bie ©üter burd& ©Bulben belegt
cten, unb ob baS barleiljenbe ©otteSljauS oerfid&ert
fei". 3leu ifl ber SBunfdjj, bafc bie SBeamten beauftragt werben
follen, „ifjre 2lmt3obfidfjt möglidfjft barauf ju galten, bafj bie
aufgenommenen ©eiber jur SBerbefferung be$ ©uteS ju 3)orf unb
Selb ober in anberweg l wirfltdfj angelegt unb bafjin uerwenbet werben".
2. 3Ba3 aber „bie anbere SD if f tf ultät wegen be$
grunb&errlidfjen ÄonfenfeS" anlangt, fo äufeert fidjj ber
SSijitationSrat ba^in, er fönne mdfjt erfef>en, wie bie ©rteilung beS*
felben ben @runb$errfdf>aften aufgetragen werben folle, ba befanntlidjj
feinem fein SRed&t oljne fein 3u*un genommen werben fönne. @r
fjalte alfo baffir, bafj bie Untertanen au<$ fflnftig fid& um ben
Äonfen* bewerben follen, bagegen fönne ben ©runb^erren }u =
gefprod^en werben, ben ÄonfenS ju erteilen, unb jwar um ge==
ringere Stojren, unb ntdjjt nur auf ba3 eine ober anbere 3a^r,
fonbern auf immer (indefinite), „jumal bergleid&en 2lnlef)en com-
muniter jur Melioration iljrer [b. i). ber ©djjulbner] ©üter
unb Sefamung ber gelber angewenbet werben". SBenn
bie ©runbfjerren aber trofc einbringlid&en Suttbutö fold&eS per*
weigern, fo fönne man — unb Ijter nähert ftd^ ber aSifttattonörat
ber ÜRetmmg ber Regierung SanbSljut — immer nod& baS ©ilfö*
mittel ergreifen, ben ÄonfenS für gegeben unb bie ©$ulb für gültig
ju galten, natürlidjj nur mit bem SSorbeljalt, bafe es „bem ©runb*
1 3« bem in ber Urfunbe afö causa debendi angegebenen Sroetfe.
— 348 —
$erra mit allen feinen Jßerrenforberungen, foroie aßen [feinen] anberen
Siebten unb ©ered&tigfeiten unfdjäbltd) fein fott\ Sd&lie<cfj er*
Märt ber aSijttationSrat, bafe er e8 bem geiftlidjjen 9tat überlaffe, gemäß
ber ©eljetmratsftgnatur oom 17. 3Kärj 1671 (fte^e oben) mit bem
&ofrat über bie oorliegenbe Angelegenheit ins Sememen ju treten.
©& ift mdfjt ju leugnen, bafe biefe ©utadfjten oiele neue ©eftdfjtS*
punfte enthalten unb einen für i&re ^txt fefjr $ol>en ©rab oon polt-
tifd&er (Smjid&t befunben.
1. 9lur wenn man fidjj überlegt, wie feft bie ©runbljerrlidftfett
in ber polittfdfjen SBerfaffung, in ben roirtfd&aftlid&en Sebürfniffen
unb in ben ftttlidfjen SSorfteHungen be3 SanbeS gerourjelt mar, fann
man ben $ortfdjritt roürbigen, ber barin liegt, bafj ein einfacher
Sanbridfjter bie 33efeitigung be8 grunbtyerrltdfjen Äon-
fenfeS verlangt, greüidfj befd&ränft er ftdjj auf Ätrd&enbarle^en ;
audjj bringt er feinen SBorfdfjlag in ber roenig oerlefcenben jeitgemäfcen
Raffung, bafc ben Äirdfjen ein entfpredfjenbeS „Sßrioileg" erteilt
werben fotte.
S)ie Regierung Straubing tut in biefen lanbrid&terlid&en Sßein
Diel 2Baffer. Sie miß, ba& bie Äonfenäerteüung ben ©runbljerren
utcljt „aufgetragen", fonbern nur „jugemutet" werben foß, auf ben
^rfien Slicf eine feine Unterfd&eibung, in aBirflid&ieit ein ooflenbeter
3Wtdfjug.
9U(§t fo tapfer wie ber Sanbrtdfjter oon Straubing, aber audjj
nidjjt fo jagfjaft wie bie Regierung oon Straubing, fonbern me^r
biplomattfdj fafet bie Regierung SanbSljut bie Sadfje an : 3)er ÄonfenS
foß nur bann jtoanggtoeife als gegeben angefetjen werben, wenn ber
©runbfjerr if)n (red&tSroibrig) oermeigert ober aus einem armen Teufel
eine übermäßige Xaje IjerauSpreffen miß. gerner nur bei gering*
fügigen 2)arlef)en, j. 33. im Setrage oon 50 bis 100 fl.
©er 93ifitation0rat oer^ält fidfj ju ben rabifalen 83orfdf)lägen
betreffenb Slbfd^affung beS ÄonfenSredjteS feljr ffepttfdfj. @r feljrt
ben Quriften fyerauS: 2)a3 ÄonfenSredfjt ift ein erworbene* Sftedjt,
feinem fann ein foldjjeS Siedet o§ne fein 3uiun genommen toerben.
<£r pläbiert für eine milbe Xonart : 2)ie Seamten foßen ben ©runb=
Ferren bloß eifrig jureben, ben ÄonfenS unter bittigen Sebingungen
ju erteilen. 35af$ ber ÄonfenS fingiert, ober, tote mir fagen mürben,
ber feljlenbe Äonfen* rtd&terltdfj ergänjt werbe", miß ber aSifitatümä*
rat nur als lefcte Buflud&t gelten laffen.
2. S)ie Sdfjrotertgfeit ber Sürgenbefd^af fung füljrt
ber SBifitationSrat auf ben Ijerrfd&enben Ärebitmangel unb auf bie
— 349 —
ttberf d&ulbung her Särgen jurüdf. Ob au$ biefen ©rünben niemanb
fid^ jüm Särgen ^ergeben wollte, ober ob bie 3)arlel)en3geber in ber
2tu3rt>aJ)l ber Särgen ftdfj mifetrauiftij jetgjen, ifi nidjjt gefagt, mafyx*
fc^etnlid^ war beibe3 ber gatt: e$ mar ferner, geeignete Särgen
ju futben. 3lu<§ ba3 JtonfenSred&t trug baju bei, benn bie Sarg»
fdjaftsleiftung Ijatte in ber SWegel ben grunbljerrltd&en Äonfenä jur
notu>enbigen SorauSfefcung. 2)ie beiben ©<$merjen3finber Äonfenä*
imb Sürgfd&aftejToang toaren alfo miteinanber oertoadfjfen.
3«t Sefeitigung ber im SärgfdfjaftSjroange liegenben Ärebit*
fyinbetniffe [teilt bie Regierung Surgljaufen unb, i^r folgenb, ber
93iftiatton3rat ein ganjeS ©pfiem oon 3Rafcregeln auf, toeldjje
e3 in tyrer ©efamt^eit ben ©otteSfjäufern ermöglid&en f ollen, bei
SBaucrn mit freien ©runbfiüdfen unb bei Erbrechten — nur biefe
fdfjeinen für fidler genug gehalten roorben ju fein — auf SürgfdfjaftS*
ftettung ju oerjidfjten. 25afj ber SDarlefjenSbegeljrer einen orbentltd&en
©d&ulbbrief errieten unb barin fein Sermögen oerfdfjreiben fott, ift
ju>ar nidfjt neu, benn ba3 oerftanb fidf) a\xä) nadfj ben Sorfdfjriften
oon felbft. 2lucJj ba& bie (Sljefrau, roeldfje bem 9Jianne ein ©runb*
ftüd angeheiratet unb fidfj als Sßitioenftfc bie £älfte baoon aus*
bebungen ober toetd&e oon tyrem SDlanne bie Hälfte feines ©runb*
beftfceä afe SBiberlage (&eirat$gutau$jeigung) jugefdjjrteben erhalten,
auf i§re „toeiblidjjen gretljetten" oerjidfjten follte, toiberfpradfj nid&t
ben ^errfd^enben ©emo^n^eiten , unb bie ©sjeptton ber ©ut3l)älfte
oon ber i&aftung märe ber £enbenj nad& ©idfjerftellung ber Äird&en*
fapitalien ftradfe jutoiber getoefen. SDie Sorfd&läge betreffenb An-
gabe ber causa debendi, SertoenbungSfontroHe unb 3effa>n ätterer
Sorberungen erf lären fidf) au3 ber Semäljung, bie 3)arlel>en3bebingungen
fo ju geftalten, bafc baS frebitierenbe ©otteäljauä aller iljm nadfj ber
Sßrioritäteorbnung jujteljenben Sorteile teilhaftig fein toärbe.
©anj neu aber ift an ben Sorfdfjlägen ber Regierungen unb be£
SifUationSrateS
3. ber ©ebanfe ber SerfdfjutbungSgrenje unb ber @in*
fü^rung oon ©d()ulbbüd&>m.
a) SDie Regierung SanbStjut befürwortet bie Serfd(julbung8-
grenje einfach ald Mittel jur ©id&erung ber ©otteä Käufer als
©laubiger („batmt fte mit ober o&ne grunb^errlid^en itonfenS allejeit
i&re Serftd&erung Ijaben mögen") unb ber ©runbljerren („bamit
bie Untertanen tyre ©ered&tigfeiten ju ber @runbl)errfdfjaften Sßräjubij
nid&t onerieren fönnen"). ®ie Serfdjjulbwngagrenje foH barin be*
fielen, bafj eine tlberfd&ulbung be$ ©uteS oer&ütet wirb. Site
— 350 —
SRtttel jur ©in^altung bct 33erfdf)ulbung3grenje tüirb bie polizeiliche
gürforge ber Beamten bejeid&net. Samtt bie Seamten imjianbe
ftnb, bie ©infcaltung ber SerfdfjulbungSgrenje audf) gegen bolofe
©d&ulbner ju überwachen, foQ ein ©djjulbbudfj aufgerid&tet
werben, in welkem „bergleidjjen Stallen" ju oerieidjjnen wären.
b) SDie Regierung 39urgl>aufen beljanbelt bie 5Berfd)ulbung3=
grenje al* ÄompenfattonSgegenftanb gegen ben 83erjtdfjt
auf Sürgenfiellung. 2)ie SBerfd&ulbungSgrenje foQ bei ber
SßertS&älfte liegen. SfRittel jur S)urdSJfüf)rung: „txn ab*
fonberltcfceS [©$u&*]»u$\
c) ©er SBifitaiionSrai: Qtotd unb $dl>e ber 33erf d&ulbungS*
grenje wie adb. S)er 3mecf be$ ©d&ulbbud&eS („abfonberltdfjeS
SRegifler ober 33ud(j über bergleid&en ©Bulben") ift aber liier ein
roettergefjenber unb allgemeinerer als im ©utadjten 33urgf>aufen,
nämticij : „bamit man fe^en fann, ob unb wie bie ©fiter mit ©dfjulben
belegt unb ob ba$ barletyenbe ©otteä^auS oerftdjjert ift", alfo gan$
allgemein bie 6rmöglidf>ung einer Kontrolle über ©Bulben?
ftanb unb ©idfjerljeit. —
SBeldjje praftifdjjen folgen Ratten nun bie fd&limmen 6r-
fafjrungen, bie ber Btaat in bejug auf Verwaltung ber Äirdfjen*
lapitalien gemalt, unb namentlich bie an pojitioen SBorf dalägen fo
reichhaltige ©r^ebung bei ben 33eljörben?
©dfjon ein §albe$ Sa^r oor ber Einleitung ber @rl)ebung ^atte
bie SRentmeiflerinflrultion oom 24. S)ejember 1669
(unter 3tff- 5) auf &a8 ßommenbe mit ben SBorten vorbereitet:
„SBegen SBerfidfjerung ber Äird&enfapitalien fott er [ber SRent*
meijier auf feinem Umritt] bie SDefrete wof)l beadfjten, welche wir
wegen ber SBfirgf <$af t unb be$ grunbf>errttd(jen Äonf enf e3 n ä dj ft e n 3
ju oerorbnen gebenfen, mafcen weber ber ÄonfenS nodfj bie
SBürgen fo leidet ju bewirfen ftnb, folglidfj ben Äird^en i§re Äapitalia
in bem 3*df)fd&rein liegen bleiben." SemerfenSwert ift audjj folgenbe
Seflimmung ber Sientmeiflerinftruftion (3tff. 15): 3)ie unndtigen
SBrieferridfjtungen, weldfje nur ben Beamten SRufien bringen, nämlid&
burdjj bie wieber^otten ©ebülpen, bie ©d&ulbner aber eben beSljalb
in Äoften ftfirjen, foll ber SRentmeifter abftetten.
©nblidfr unterm 5. 3Kärj 1672 würbe bie in »uSfid&t gepeilte
SBerorbnung erlaffen.
3n ben Seftimmungen fönnen bie ©puren ber SBorfdfjläge ber
Regierungen (namentlich ber 93urgl>aufener) unb be$ 93ifitation$rateS
bis auf ben SBortlaut oerfolgt werben.
— 351 —
1. SDie Untertanen, wel<$e ein anlegen oon ben ©otteSljäufern
begehren, foffen audlj ffinfttg in atteweg angewiefen werben, Bürgen
ju fletten; matt fott fte ermahnen, bog fie ft<$ angelegentlid&ft ju ber
Ätrd&en bejferer SBerftd&erung um Särgen bewerben unb tynen fo
biefe Sttrt oon Äaution jumuten. „SBürbe aber etwa einer ober ber
anbete mit ber SBfirgfdjaft nidjt auffommen fönnen, ha*
gegen mit @ut * unb Nennwert alf o angef effen fein, bafc feine ©üter
über bie fcälfte nid&t obäriert, folglich bei tym einiger SBerlujt
öermutlidj nid^t ju beforgen märe", fo fott tym ba8 begehrte 2fa*
leiten otyne 3umutung einer Sürgenjiettung gegeben merben; jebodfj
fott bem frebitierenben ©otteSljauS „®ut, §ab unb gafjrnte" be3
©djulbnerS oer^ppot^ejiert unb oerfdfjrieben merben, unb
in bie ©djulbobligation f ollen ber 93erjtd)t ber ©fyefrau auf
it)re 2tnfprfl<$e unb greifjeiten, fomie bie causa debendi aufgenommen
merben.
2. ©3 ifl „ein abfonberltdjeS ©dfjulbbudj auf Juristen, barin
ber Untertanen ©Bulben unb Vermögen, bie ©eredfjtig*
feit ityrer ©üter, ob fte namltdf) ©rbredjt, Seibgebing, t>er*
anleitete greiftift unb was bergleidfjen fein mag, orbentltdj be-
fd&rieben feien, au§ roeldjem leid^tlid^ abjunetymen unb ju ermeffen
fein mirb, toa$ unb wie oiel einem foldjen Untertan oorju*
leiten fein mödfjte, weldjeä alles gar wo^l auö ben im nädfjft
jurüdtgelegten 3fal>re allenthalben aufgeridjteten neuen ©teuere
befd&reibungen, Sftegiftern ober Sßrotof ollen ju wiffen".
3. ©in neuer, berechtigter ©efid&tSpunft tritt in ber Slnforbe*
rung an bie ©eridjtsbeamten tyeroor, bei ©träfe ber Emotion „Ujre
fleißige 2lmt$obftdjt unb Qnfpeftion auf bie oerfdjwenberifdjen
ober ben ©otte$l)äufern ju StadjteÜ unb ©djaben ^aufenben Unter*
tanen" ju rieten.
4. SBirb ein Untertan feinen ©laubigem ,,ju ©djaben ^aufenb"
erfunben, fo bafc „bei iljm ba$ ©otteSljauS in wirflidjer 33erlufiigung
unb ©efa^r ftefjen würbe", fo fott gegen tljn, anberen jur 2Barnung,
„gleidj) alsbalb mit ©ant unb $fanb unmittelbar oer*
fahren werben" *.
5. 3)er grunbtyerrlid&e Äonfen* fott nadfj unferer SJerorbnung
1 2Ke SJerorbnung ge$t in biefem $un!t mit i(ren Äonjcffioncn weiter rote
baS öurgfraufener ©utacfcten. 2>iefe* fjatte ©erlangt, ba& ber ©efud&fteHer »mit
eigenen ober (grbrecfttdgütern* oerfe$en fei.
8 SDiefer Bppett richtet ft<$ gegen bie hergebrachten ®$e!ution*t>erf a}fcppungen
(6. 169).
— 352 —
jwar ein „notmenbtge* SRequifitum" bleiben, er foU aber „o&ne 5Dar-
gebung einigen 3BUlen$gelbe$ unb nidjjt gegen gewiffe, audj
leibentltd&e Eajre, gef Zweige benn gegen eine fo übermäßige 93er-
eljrung oon 6, 7, 8 biä ju 10 unb me&r 9teid[)3talern, weldfjeS al&
ol>nebieS bem armen Untertan fo befd&werltd) als unerjwinglidj
gänjlidfj abjuftetten", erteilt werben, wie fdjon in ber Sßolijetorbnuna
oorgefe&en.
6. Ob ber ÄonfenS jur aufnähme oon Äird&engelbern in-
definite ober ad certum tempus ju erteilen fei, foQ ber
„SBtttfür" be$ ©runbfjerrn anljeimgefiefft bleiben, —
33eoor wir bie SBerorbnung Dom 5. 2Jtörj 1672 einer 33eiradjiung
unb Beurteilung unterbieten, mäjfen wir bie %xa$t beantworten, wa£
unter ben sub ßiff. 2 ber SBerorbnung erwähnten „neuen ©teuer-
befd&reibungen ober SRegiftem ober Sßrotof ollen" §u oerfleljen ifl.
3Rit biefer grage fommen wir auf eine jwetie SReitje oon 2tn*
föfcen }ur ©infü&rung oon ©d&ulbbüd&ern. Öffentliche ©djulbbü<#er
Knnen, bie ©<$ulbbü(§er unferer 9ieformprojefte fonnten zweierlei
3 werfe oerfolgen.
1. Spolijetlidjer 3roe(f : SSer^inberung oon Überf djulbung,
©i<#erung ber ©in^altung ber SBerf d&ulbungagrenje , ©id&er&eit ber
©laubiger unb be$ ©runbljerrn.
2. gtäfalifd&er 3roedf: ©rmöglid&ung ber fteuerli<$en
©rfaffung ber ©d&ulbforberung. 2)en SBorfd&lag ber SanbfdjaftS*
oerorbneten, 1658, ein &auptbudj anzulegen, in weldjeS alle
[5paffiO']Äapitalien ber un befreiten Sßerfonen einjutragen wären,
jjaben wir fd>on ©. 96 erwähnt. SRur ber unbefreiten Sßerfonen:
benn bie ©tänbe waren oon ber ©teuerpfiidfjt epimiert. Umfaffenber
war ber Sßlan, mit bem bie Regierung auf bem ßanbtag non 1669
Ijeroortrat. 3)er gürft erflärt e3 für gut unb nüfelidj, bafe ein @e*
bot ober ©tatut gemalt werbe, „fünftig ofjne einigen Unter*
f<$ieb ber Sßerfonen feine ftapitalia me&r für pfanbmäfetg ju
erlennen, e$ feien benn biefelben oor ber orbentlidjen Dbrigfeit, unb
in specie oon ben abeligen Sßerfonen bei ben ^Regierungen unb bem
jQofrat1, infinuiert unb in ein orbentltdjeS äRatrüel ein*
getragen worben". ©o fönnte man leidet auf bie ©teuerster *
jie&ungen fommen, weil bie liegenben ©üter fidj oljnebieS nidjjt oer*
bergen liefen, unb e3 fidfj gemeiniglidfj nur um bie SBer&e&lung be£
©infommenS oon aufliegenben Kapitalien tyanble (Sanbtag 237). 2)ie
1 9Ufo 2luf§e6ung ber ©iegelmä&tgfett bei ber ©gpoiljefen&eftellung !
— 353 —
©tänbe bejubeln biefen SBorfd&lag fe^r fd(jlau: jte tun nämlidj fo,
als roemt er ftdjj auf fie mdjjt mitbejöge unb bitten nur — um mdjt
oor eine ooHenbete £atfad&e gefieHt ju werben — oor Ausfertigung
beS Statuts ü)r ©utad&ten einju&oten (©. 251). 2)er gfirft er«
nribert, baJ3 er baS oorgefdjjlagene statutum „nidijt nur auf bie*
jenigen Sßerfonen, metd^e ben breien ©tänben nid[jt beigetan jtnb,
fonbern propter publicam utilitatem universaliter oerftelje unb
für gut befinbe" (6. 256). Qn ber SCat $ätte ein ©d&ulbbudjj mit
SnjtnuationSäioang fär alle Staatsangehörigen, mit 6infdf)lu|
beS SlbetS unb ber übrigen ©iegelmäfcigen, fdjjon beStyalb
einen unfd&afcbaren 2Bert gehabt, weil es audfj ju ben oben er*
mahnten poltjeilidfjen 3^ecfcn fjätte bienen tonnen. Qnbeffen liefe bie
Regierung tyren Sßlan fallen ju gunflen einer fmanjpolittfdfj toeiter-
greif enben SWafmafime : einer Reform ber ©teueroeranlagung \ ©düon
im barauf folgenben 3fafjre (1670) eröffnet nämttdd ber fturffirft ben
SanbfdfjaftSoerorbneten, eS fei befdfjloffene ©ad&e, jur &erfteßung einer
größeren ©tetd^^ett ber ©teuerbe(egung eine burd&ge&enbe neue
©teuerbefdfjreibung oorjune&men *. Unterm 11. 2Wärj 1671
erging an bie unteren Se^örben ber 39efe$l, mittete beigefdjjloffener
Fragebögen (Qnterrogatorien) baS fteuerbare SBermögen iljrer Unter»
gebenen (alfo nid^t ber Sanbftänbe, weil biefe fieuerfrei) ju fpeji*
fijieren8. (Sine grage lautete: „2BaS er [ber Gefragte] für oer*
briefte ober unoerbriefte ©Bulben herein ober Ijin*
aus [b. f). gorberungen ober ©Bulben] . . . Ijabe unb oon toaS
3 ei t biefelben unb oon toem auf bie @üli fommen ftnb" [b. f).
33eginn ber SBerjinfung unb SRame beS ©läubtgerS]. S)aS Unter*
nehmen fanb aber „an mandjen görmlidjjfeiten Sfaftofc unb lata bann
balb toieber ins ©todfen"4. S)ie ©teuern mürben in ber golgejeit
teils nadfj ber älteren ©teuerbefdfjreibung oon 1593, teils nadjj ber
oon 1671, teils nadfr einer fpäteren, aber ebenfalls unooQenbet ge-
bliebenen oon 1721 [©d&metjle ©. 359] erhoben (Äreittmapr, ©amnu
lung ©. 152).
SRad> biefer äbfd&toeifung jur ©teuerbefdjreibung oon 1671 unb
tyrer SBorgefdfjid&te lehren mir ju unferer SBerorbnung oom 5. SRärj
1672 jurfidf.
1. »IS aRittel jurSWilb er ung beS »firgfd&aftSjtoangeS
1 Über bie Steuerveranlagungen (©teuerbefäretbungen) f. o. ©. 178.
9 3?re»berg I 181.
8 *Rün$ener 6taattMMü>t$ef 2° Bav. 960 V 31 (fcrutf).
4 grenberg I 196.
Coftcn, ©erfäulbung. 23
— 354 —
wirb, entfpredfjenb ben SBorfdjjlägen ber Regierung 33urg!>aufen unb
be$ 3Stfxtation3rate$, eine Slrt tum inbirefter Serfd&ulbungS-
grenze eingeführt. Sie Säuern fallen im allgemeinen bie greiljeit
Ijaben, iljre ©üter über bie fcälfte be* SBerteS mit ©Bulben ju
befd&meren, aber ba£ SRafftalten in ber aufnähme non ©Bulben foü
baburdfj begünftigt unb geförbert werben, ba& man t>on ber Stellung
von Särgen abfielt , menn bie SBerfdfjulbung bie &älfte be$ ®ut&
toerteä ntd&t überf freitet l.
2. 3n ber »erorbnung vom 5. 2Rärj 1672 wirb ben ©d&ulb =
b ü $ e r n eine triel mistigere unb f elbftänbigere Stellung eingeräumt,
nrie in ben ©utadfjten. Site S^edf ift nidfjt meljr, toie bei ben @ut=
ad&ten SanbSljut unb Surgfcaufen, bie Kontrolle über bie ©inljaltuttg
ber SBerfd&ulbungSgrenje angegeben, fonbern nadjj ber Qntention
ber Serorbnung, bie in biefem $unft eine änregung be3 93ifttatwnS^
rateS weüerbilbet, fottte burdfj bie '©dfjulbbüdjjer ben ©laubigem
bie SKöglid&fett gegeben werben, überhaupt bie ^rage ber
Ärebitgeioä&rung nadj ob unb rote oiel ben Umflänben ent=
fpredjjenb ju entfdjjeiben. SBäljrenb ferner in ben ©utad&ten nur
an eine beftimmte Älaffe tum ©laubigem, bie ©ötte3&äufer, gebaut
rotrb, finbet ftdf) oon einer berartigen Sefdjjränfung, toaS bie ©djjulbs
bttd&er betrifft, in ber SBerorbnung feine ©pur. Unb obwohl auf
bie anbere in ben ©utad&ten enthaltene Sefdjjränfung, bafe bie ©d&ulb-
büdjjer nur für bie bei ben ©otte£i)äufern aufgenommenen ©Bulben
[„bergleidfjen ©Bulben"] obltgatorifdjj fein fott, fein grofjeä ©emid&t
ju legen ift, weil ©d&ulbbüdfjer nur bann einen ©inn §aben, roenn
fämtltdfje ©dfjulben ober menigftenS fämtlid&e ©arleljenSfdfjutben barin
aufgenommen werben, fo mu§ bodf) Ijeroorgeljoben werben, bajj audfj
biefe Sefdfjränfung in ber SBerorbnung fallen gelaffen ift.
@in jweiter, feljr großer gortfd&ritt ber SSerorbnung über bie
©utad&ten l)inau3 liegt in bem Umftanb, bafj nadfj ber. SBerorbnung
uom 5. SRärj 1672 nidfjt nur bie ©Bulben im ©djulbbudj) oermerft
1 ©ine foldje SJerfdJuIbungSgrenje beftanb bereite im benachbarten @alj*
bürg , unb »ielleid&t §at biefeS SSorbtlb in Sanern anregenb gewirrt. Xie falj*
burgifd&e 33efiimmung lautet etwa : Äein Untertan, beffen jum ?fanb anerboteneS
@ut mit (Sinred&nung ber auöftänbtgen 3wfen, $errfd&aft8forberungen unb ber
mit einer ftiQfgroeigenben £öpot$e! oerfe&enen Sortierungen über ben falben
Söert nidjt belaben ift, fott n>iber feinen SSHUen )ur Stellung von Särgen an»
geftrengt werben (fonbern bie $»potf>efenbeftettung fott genügen) (3«uner, ©afo*
burgtföe £anbe3gefe$e , 1785 r I 34, Serorbn. von 1654 unb 1655). Über bte
birefte SJerfd&uttmngSgrense be3 ©aljburger unb banerifdjen ftedjteS f. ©. 141.
— 355 —
■werben füllten, fonbern audfj baS Vermögen ber Untertanen, nament*
Udfj baS unberoeglid&e Vermögen (bie ©runbgeredfjtigfetten). ©a«
mit erft war eine notroenbige VorauSfefcung gefd&affen jur ©rretdjjung
beS 3^dEeS ber ©d&ulbbüd&er. $enn bie ©id&erl)eit beS ©laubiger«
$äugt nid&t nur oon ber ©umme ber bereits beftetyenben ©Bulben
ab, fonbern audEj von ber ©röfee beS 2WttooermögenS. 33 aS
©d&ulbbudjj follte alfo ©runbbud) fein. Site ©runblage
jur ißerftettung ber ©d&ulb* unb ©runbbüd&er foHten bie ©teuer«
befdfjreibungen oon 1671 bilben, toeldfje, wie wir gefeljen tyaben, ntdfjt
nur baS 2tftiooermögen ber Untertanen, fonbern audlj bie Sßaffto=
fapitalien nebft 3)atum unb Benennung ber ©laubiger enthielten.
£ro| biefer Verbefferungen gefjt aus ber lafonifdfjen gaffung ber
©dfjulbbüdfjeroorfd&rift in ber Verordnung oom 5. 3Rärj 1672 bodfj Ijer*
vor, bafc bie baperifdfje Regierung in einer großen QHufion über bie
©<$roierigfeiten eine« folgen Unternehmens befangen war. 3n
ber %al, bie SGaioität Ijat etroaS Äomifd&eS, mit ber man bamalS
glaubte, nur eines geberftridfjeS ju bebürfen, um im ganjen Sanbe
ißppotljefenbüd&er erflehen ju laffen. 3)af} es nötig mar, oor&er ge=
totffe organifatorifd(je Vebingungen ju erfüllen unb eine Steige oon
©treu* unb VolljugSfragen ju entf Reiben, bie mit ber ©infüljrung
tum fctjpotljefenbüd&ern auftauten mußten, erfannte man md&t, unb
es beburfte einer jafjrljunbertlangen @rfal?rung, um ju biefer gefefc*
fleberifdfjen SReife ju gelangen. SDaju fam, bafc bie ©fiterbefdjjreibung,
auf bie man bie neuen ©d&ulbbüc&er ftüfcen wollte, nidfjt jur Voll*
enbung gelangte. 35aS ©todfen ber einen Reform fd&eiut audjj auf
bie anbere lä&menb eingerotrlt ju Ijaben. 2BenigftenS &ören mir in
ben nädfjfien 90 Qaljren nid&tS oon etma befte&enben ©d&ulbbüd&ern
ober oon neuen Verfudfjen, fold&e einjufüfjren, unb baS ©Reitern beS
VerfudjjeS von 1672 fjat jebenfaUS au<$ bie Veftimmung über 25tS*
penS oon ber Vürgenfteüung iQuforifd^ gemalt.
3. SBä&renb, 'rote mir gefeljen Ijaben, in ber Vürgenfrage unb
in bem, toaS bamit juf ammenljängt , bie Verorbnung oom 5. 3Jförj
1672 bie vorausgegangenen ©utadfjten nodjj übertrumpft, legt fte fti)
bem ÄonfenSred&te gegenüber eine grofce 3ieferoe auf. Stoiber*
feitS mar bei ber ©d&onung beS ÄonfenSredjjteS baS ganje SReform*
unternehmen jur Unfrudfjtbarfeit verurteilt, unb barauS erllört es
ftdf), bafe bie Verorbnung oon 1672, trofc ber tnterejfanten gutad&t=
liefen Vorarbeiten, im ganjen bodjj einen bürftigen ©ütbrudf madjt.
9Wan bef$ränfte fid^ barauf, ben 2Wijjbraud& beS ÄonfenSred&teS jum
founbfooielten SRale ju verbieten, unb rüljrenb wirft ber babei ju=
— 356 —
tage ttctenbe DptimiSmu«, inbem man trog ber jaljlreidjen
roibrigen (Erfahrungen mit biefem papternen aKittel einen ©rfolg er*
ringen ju formen glaubte. 3)aju fam, bafj ber Unfug, ben ÄonfenS
nur für einige 3al>re )u erteilen, um ju roiebertyolten SBtolen ba£
2BiHen«gelb erpreffen ju fönnen, nid&t nur ni$t abgejiettt, fonbera
fogar auäbrüdlidj fanttioniert mürbe.
$urd& alle biefe Umftänbe faf> ft$ ber Staat au« ber 9b>He
eine« ffl&nen Reformator«, bie er einnehmen ju fönnen gehofft
Ijatte, in bie eine« eifernben Sßrebiger« gebrängt.
III.
3u ben fünften, roeldfje bei ber Siegelung ber Sejieljungett
jwifdjen ben ©otte«ljäufern al« ©laubigem unb ben bäuerlichen
©runbbeftfcern al« ©d&ulbnern ju berfldffidjjtigen maren, gehörte audfj
ber S5arleljen«üertrag , b. ^. feine tedjnifdje ©inridfjtung unb bie
3)arleljen«bebingungen. ©dfjon bei ber ©r^ebung von 1671
waren toertootte 33efferung«üorfdSJläge in biefer Stiftung gemalt
roorben, namentlich oon ber Regierung 33urgljaufen. S)ie 3lu«*
geftaltung unb gortbilbung be« 3)arlel)en«t>ertrage$
bilbet t>on ba ab einen Seil be« ftaatltdfjen SReformprogramme«.
3m Saljre 1680 Ijatte bie 5Bifitation«fommiffton im $fleggerid&t
2öolfrat«ljaufen ein ©d&ulbbriefformular aufgestöbert,
ba« ber Pfleger ^o&ann 3Widfjael SÄetdfjmein abgefaßt unb jur 33e*
fdjjleunigung ber 2lu«fertigung ber ©dfjulbobligationen in 2)rucf ge«
geben Ijatte. 2)ie gaffung be« gormular« fd^cint mufierljaft gemefen
ju fein, benn bie SBifttation«fommtffum ermunterte ben Pfleger, ein
©jemplar bem geiftlidjen 9iate einjufenben. 3)ie« erfahren mir au«-
bem Seglettfdfjreiben be« Pfleger« »om 28. 3lugufi 1680.
35a« in ben Slften beftnbliclje 2Bolfrat«baufener ©rudfformular
ift iuriftifdfj al« 2)arlefjen, ntdfit al« ©ültfauf ju d&arafterifierenA
menn audfj ba« SBort ©arleljen üermteben ift. 3)a« gormutar ent*
Ijält bie SBereinbarung beiberfeitiger halbjähriger ftfinbigung, bie 33e*
ftellung einer ©eneratyppot^ef, bie ßonftatterung be« erteilten Äon*
fenfe«, SfirgenfteBung nebft ©eneralfjtjpotljef unb aSerjtd&t auf bie
3ted&t«n>oljltaten be« Särgen, bie 9tfidfgriff«f laufei nebft ©eneral*
fjppot^ef, ben SSerjid&t auf bie 9?edfjt«rooI}ltaten ber (Sfjefrau unb bie
Äonftatierung ber SRed^t«bele^rung ber le|teren.
©er geiftlidfje 9tat übermittelt unterm 19. gebruar 1683 ba&
3Bolfrat«f)aufener gormular ber &offammer mit bem Semerfen:
SBerot bie Ätrd&enbrtefe gebrudft merben, fo fönnen Diele geiler t>er*
— 357 —
tnteben werben, inbem fonft mondfje notwenbige Ätaufeln oon ben
©erid&töfd&retbern weggetaffen werben.
S)ie ißoffammer erftärt unterm 80. $)ejember 1683 tyr ©in*
tjerftanbnte. ©egen ba3 SßolfratSljaufener Formular beftefje fein
Siebenten, jebodfj folle, wenn e3 ft$ nid&t um bar geliehenes ©etb,
fonbern um eine übernommene ©dfjulb tyanbele, „jur SBerljütung ^aller
SSerlufte bei ben ©anten" bie „clausula sine novatione"1
fcetgeffigt werben.
63 würben benn audfj tatfädfjltd(j 500 ©jemplare gebrudft unb
je 1—2 ©jemplare. an fämtlidjje ttnterbefyörben be3 Sanbeä tyinauS*
gegeben mit bem auftrage, „alle Ätirdjen= unb ©dfjulbbriefe" barnadj
brudfen ju lajfcn. S)ie ©rudflfoften feien au3 ben ©dfjretbgelbern ju
bedfen. Suf bie -ftoimenbigfeit ber clausula sine novatione bei
übernommenen ©djulben wirb in bem ©enerale2 nodj befonberS
iiufmerffam gemadfjt.
35iefe SBer&anblungen jetgen, bafc bie Regierung ntd&t nur für
bie materielle ©idfjerljett ber frebitierenben ©otte^äufer (Sfirgfdfjaft,
^pot^e!, ßonfenS, SBerfdfjulbungSgrenje, ©d&ulbbud&, 2luffid)t über
bie SBerwenbung ber ©eiber, Slufftd&t über bie IfiberUdjjen ©djulbner,
©dfjärfung be3 3lmtSgewijfen£) beforgt war, fonbern ba£ fie au<§ auf
bie ©nfjaltung berjenigen Formalitäten burdfj bie fttrdjen*
Verwaltungen bebaut war, o§ne bie felbft bie ftärffien materiellen
itautelen fiel) oft wirfungSloS erweifen. @3 genügt nidfjt, bafc formen
aufgehellt werben, weld^e bem 2)arlet>en3oertrag jugrunbe gelegt
werben foffen, fonbern bie Regierung fid&ert au<$ bie 3)urd&fü&rung
biefer formen bur<$ 3lufftettung unb Verbreitung eines „SRormal*
vertraget", ber, o^ne ben ©<$ulbner ju bebrüdfen, bie pefuniären
Qntereffen unb bie red^tlid^e Stellung beS ©läubigerS ju f <$üfcen ge-
eignet ift. SMefe SDto®el war bamalS fd(jon beSljalb angebracht,
1 SBenn ber (Srroerber eines ©uteö eine barauf laftenbe #npot§e!enfü)ulb
mit übernahm, fo pflegte jtmfajen bem neuen Seftfcer unb bem ©laubiger eine
neue ©a)ulbobltgation errietet ju njerfcen. $tefem SJertragSinftrument mürbe
aber bie Äfoufel (jinsugefttgt, bafs bie barin vertriebene 6c$ulb nic^t al« neue
6a)ulb, fonbern at« bie alte ©tt)ulb gelten folle (clausula de non novando
ober sine novatione). $ie beim Starbeftyer entftanbenen f>npot$efen fyattm
nftmlid) ein Duafifeparation*rea)t bei ber ©ant (©. 106). 2>er ©laubiger $atte
alfo ein ftarfeö Sntereffe baran, eine Mnerfennung barüber fterbeijuf ü&ren , baft
baö im neuen Vertrag Betriebene $fanb fein neued ?fanb fei, fonbern ba*
alte unter bem SJorbeftfcer errichtete.
8 Entwurf uom 19. 3Rai 1684.
— 358 —
roeil ba* geltenbe $9potl>efenre<Ijt bem ©laubiger fo oiele gaflftridfe
legte, bafc nur genaue SRed&tSfenntmS, Sßorfid^t unb @en>anbtf>eit im
2lbf äffen ber Verträge, ©rfa^rungen in. ber ©erid&tS* unb Jtanjlei*
prapS ufto. t>or ©<$aben behüteten.
2)er 2)arle!)enSoertrag oon SBolfratSljaufen ift aber aud? beS^alb
intereffant, weil er le^rt, bis ju weiter garblofigfeit baS 3)ogma
oon ber 3fa3fofiftfeit beS 3)arle&enS in ber graste oerbtafct toar.
3)er StypuS eines reinen unb netten StorlefjenSoertrageS ift, wenn
aud) md&t unter biefem tarnen, x>on einem Sanbgerid&t als ©dfjema
benufct unb oon ber B^tralfteQe als of fijieHer ©d&ulbt>ertrag beftimmt
unb empfohlen roorben.
IV.
Durante causa durat effectus: Qm 3>af)re 1683 geljt ba§
©piel oon neuem loS. ©in an bie brei Regierungen SanbStjut,
(Straubing unb Surgljaufen gerid&teteS ©enerale vom 5. Quni1
fagt: S)ie Untertanen unb befonberS bie Särgen fonnen mit bem
grunbfjerrlidfjen ÄonfenS nidjjt ober nur fd&roer auffommen,
weil bie ©runb^erren iljn oftmals oerroeigem, ba^er finb faft
feine Sürgen mefyr $u befommen, eS ift ju beffird&ten, bafe
bte Äird&engelber o^ne 3^tt^ *m 3e(^f^re^n Hegen bleiben,
unb bie armen notleibenben Untertanen gar IjtlfloS
gelaffen xo erben. [©S ift immer biefelbe Sitanei: -ftid&tauf*
bringen ber ©tdjjerungSmtttel , SHangel an Ärebit, SBrac^Kcgen ber
Kapitalien.] ©in £eil ber ©eridjjte fjilft fidfj bamit, bafc man fidjj
forooljl bei ben ©dfjulbnern als audEj bei ben Sürgen mit ©eneral*
Ijppot&et oljne grunbfjerrlidfjen ÄonfenS begnügt unb nur bei ben
menigften aWitoerfd&reibung ber ©runbgeredfjtigfeit unb Erbringung
beS grunb^errlidfjen ÄonfenfeS2 verlangt. 3)aS ift aber eine fdfjled&te
SBerftdfjerung unb Ijat jur golge, bafc bie geliehenen ftapitalien
bei ber ©ant in ©efa^r flehen ober gar gu SBerluft gefeit
muffen. SlnberfeitS oernefjmen wir, bafc eS MeSfaHS in praxi an
einem £eil ber ©erid&te gang anberS obferoiert wirb unb bergleid&en
Äirdfjenfdfjulben, roennfd^on bie ©eiber o^ne ben erforberltdfjen grunb*
1 ßon&ept. Überfdjrift: 3Rar, ©manuel ©fjurfürft an bie brei Regierungen
3U SanbS&ut, Straubing unb Surgljaufen. Unter jd^rtft: §offammerrat 3m $of.
2 2BörtIic§: „weilen bie ©djulbner unb i$re Jörgen ifjre liegenb unt>
fa^renbe (Sueter Mojj in genere, bie wenigeren aber tyre ©ueter mit grunb$err*
tfd&em ßonfenS t>erf ^reiben/
— 359 —
Ijerrlidfjen ÄonfenS ausgeliehen, bennodEj bei SBergantung ber
©üter als pfanbmäfeige ©Bulben in bie ad&te ©teile
gefegt werben.
©er Auftrag ging baljin:
1. @S foH ein ©utad^ten erftattet werben, ob bei ißtnauS*
leifjung ber Äirdjengelber ber grunbf)errlid(je $onfenS nadfj ©eftalt*
fame beS SlnleljenS forooljl oon bem ©dEjulbner felbft als feinen
Sflrgen ober oon bem ©djulbner allein ju begehren, ober ob bie
©otteS^äufer bei ber ©eneral^ppot^ef oljne grunbljerrltdfjen ßonfenS
genugfam oerftd&ert unb bie @ntleil)er babei ju laffen fein möd&ten,
ober wie es [fonft] fünfttg bamit ju galten [fei]".
2. @S ift ju beridjjten, ob fie — bie Regierung — in praxi
stricte am Sanbredfjt unb an ber SBerorbnung oom 5. SRärj 1672
feft^alte unb — im SProjefj — auf bie -Rottoenbigfeit beS SBorliegenS
beS ÄonfenfeS fotooljl bei bem ©dfjulbner als aud() bei ben Bürgen
fpredjje, ober ob fie „bisher bergletdfjen Äird&enf Bulben, wenn audj ber
grunbljerrlid&e ÄonfenS babei ermangelt, jebennodfj bei ben ©anten
in bie ad&te ©teile gefefet [l>abe]".
35iefeS ©enerale jeigt, baft bie SBerorbnung oom 5. 3Jiärj 1672
nidjjtS genügt fjat, fonbern bie SJitfjftänbe, bie jur ©rfjebung oon
1670 geführt Ratten, in ooHer ©dfjärfe f ortbejknben :
SBenn baS ©otteSljauS, baS um ein Sarlefjen angegangen tourbe
oolle ©idjjerfjeit oerlangte, fo mar baS 3uftonbefommen beS $rebit=
gefd&äfteS in $rage gefieHt. SWadfjte baS ©otteS^auS im Qntereffe
ber Untertanen unb im eigenen ^ntereffe, jur 3Sermeibung oon 3inS*
oerluft, Äonjeffionen in ber SJedfungSfrage, fo mar bie ©inbrmglidfjs
feit ber gorberung gefäfjrbet. 2Benn bie Se^örbe, um biefeS SDilemma
ju »erfüllten, baS ÄonfenSredfjt beS ©runb^errn unbeachtet liefe, fo
fonnte jt<$ biefer befdfjtoeren.
2Bie ben richtigen SBeg finben jroifd&en biefen fidjj freu*
jenben Qntereffen ber ©dfjulbner, ber ©laubiger unb ber ©runb*
Ferren? Sänge 3eit oerging, bis eines biefer Qntereffen als ju leid&t
befunben mürbe unb aus bem Problem eliminiert merben fonnte.
2)afe aber fdjjon in ber jmeiten §alfte beS 17. 3aI?rf)unbertS bie batje*
rifdjje Regierung ftdfj bemühte, einen geredeten SKuSgleidfj fcerjuftellen
jmifd^en biefen oerfdfjtebenartigen ^ntereffen, ein fo fdfjnnerigeS, aber
aud) für bie ©ntmidflung beS ÄrebitS fo mistiges Problem ju läfen,
muj3 riiljmenb anerfannt werben.
(Ergebniffe.
§ 21.
SDen &ifiorifern ifi bie Xatfaty geläufig, rote rafdj Ijifiorifdjje ©in-
ridljtungen, menn fte einmal untergegangen fxnb, ber ©rinnerung, ja
bem 33orfielIung$t>ermögen ber SWenfdjen entfdjjminben. 1848 war
mit ber grunbljerrlidfjen SBerfaffung audjj ber lefcte SÄeft beS grunb*
^errlidfjen ÄonfenSred&teS aufgehoben mürben, unb nur 20 Saljre
baroad) fonnte ber SBerfaffer einer bamate oiel gelefenen ©dfjrift2
behaupten: „2)ie SRatur biefeS SBerljältniffeS [ber ©ebunben&eü be$
bäuerlichen ©runbbeftfceS] brad&te e8 mit ficf), bafc ber ©fiteroerfeljr
ein äufeerft befd&ränfter mar . . . @ine SMSmembratton ber größeren
©üter mar beinahe unmöglich, unb nod& roeniger tarn eine Selaftung
beä ©uteS mit ©Bulben oor, meil Ijierju ber itonfenS be£ ©runb*
§erm erforbert mürbe . . . 35er Sauer ber bamaligen Qext tyatte
aud(j feine SBeranlaffung , ©dfjulben ju madjjen . . . -Kur jur 3luf=
bringung biefer SIbftnbungSfummen [bie Slbftnbung ber ©efd&mtjier
ift gemeint] mar SBeranlaffung jur Kontrahierung oon ©<§ulben ge-
geben . . . SDiefe SBer&ältmffe brauten e3 mit ftdEj, bafc eine Über*
fd&ulbung eines bäuerlid&en 2htmefen3 ju jener $ett ju ben größten
Seltenheiten gehörte . . ." 2fad& fonft begegnet man häufig ber Stuf*
faffung, baft bie Serfd&ulbung be$ bäuerlichen ©runb-
beftfeeS erft mit ber Slufljebung ber grunbljerrlidfjen
SBerfaffung beginne, ja baft bie Sauern oorfjer gar nid&t in
ber Sage gemefen feien, iljren ©runbbeftfe mit ©d&ulben ju belafien,
meil fte feine freie Verfügung barüber befeffen. ©er ©runb=
Ijerr — fo mirb meiter argumentiert — mirb fidfj mo^l gehütet
1 2)ie Siffc*n in edigen JUantmern weifen anf bie ©teile biefeS 33uc$e3
$in, n>o baS Skaliere ju finben ift.
9 SDie Entwertung ber lanbrmrtfdjaftlidjen ©üter unb bie ßrebitfoftcjfett
ber bäuerlichen S3eoö(!erung in ben alibaperifdjen Sßrooinjen. Stnonijm.
2Mn<$en 1867.
— 361 —
$aben, bic SBerfd^ulbung ober gar bte SBergantung ju geftatten, im
Qfntereffe be£ $ofc« unb au$ obrtgfeitlidfjer gürforge für bie Untere
tanen. 2)iefe SBorftettung muß — unb ba$ tft baS crfte ©rgebnte biefcr
©djrtft — afe irrig jurüdtgemiefen werben. S5ie ^Bauerngüter
ftanben in SBerfeljr (in commercio sunt — ©fjltngenSperg) [128].
SBenn ber Sauer in bie SRotlage tarn, feinen ©runbbeftfc oerpfänben
ju muffen, fo ftanb e8 nidf)t im freien Selieben be8 ©runbljerrn, bie
tBerpfänbung ju ^inbern [141]. Sludfj bie SBergantung eines oer*
yfänbeten ©runbftüdfeS mußte ftdfj ber ©runbfjerr gefallen lajfen, unb
toer 3u^^g an ben SWeiftbietenben erfolgte, oljne baß er gehört
mürbe [148]. 3)ie Seräußerung, Serpfanbung unb SBergantung ber
bäuerlidjen ©runbgeredfjtigfeiten mar eine „tägltd&e ©rfdjjeimmg".
SBeldfjer 9lrt maren nun bie ©d&ulben ber Sauern?
*SMe ftrage nadjj ben llrfadfjen ber Serfdjjulbung be$ bäuerlichen
©runbbeftfeeS mirb in ben Duellen nid&t generell beljanbelt, benn e3
beftanb nodfj fein Sntereffe an einer tljeoretifc&en Erörterung be3 SBer-
fd(julbung$problem3, fonbem e$ ftnb immer nur etnjelne 33erfd&ulbung8=
flrünbe, bie bie Slufmerffamfeit auf ftd& jie^en. 3m allgemeinen fann
man fagen, baß ber ganje Sebarf be£ Säuern, fein ©elbbebarf unb
fein Sebarf an Naturalien, fein ©tgenbebarf unb fein Serf eljrSbebarf \
jur Serfdfjulbung äfalaß geben, bie ©tufe be3 ÄrebitbebarfeS burdjj*
mad&en fonnte. ©d&ted&te SermögenSlage mirft eben auf alle ©ebiete
beS nrirtfdfjaftlidfjen ßebenS tyre ©Ratten. Sluemblad&er fd&reibt
(p. 230): S5ie Säuern ftnb gegenwärtig größerenteils (potiori ex
parte) fo elenb baran (tarn miseri), baß fie oljne ©d^ulbenmad^en
ittdfjt imfianbe ftnb , für ftdjj unb tyre gamilie ben notroenbigen Se=
barf an SebenSmitteln (victum et amictum necessarium) aufju*
bringen, bie ©teuern, Kontributionen unb jä^rltdjjen abgaben ju
jaulen unb il)re ©runbftüde anjufäen unb ju bebauen. &ier tyaben
wir fd^on eine prinzipiell mistige Unterf Reibung : ben llnterfdfjieb
oon Sßrobuftiofrebit, Jtonfumtiofrebtt unb ber Ser*
fdfjulbung burdj> abgaben. @ine anbere Unterf dfjeibung gibt
un$ S3t. XXI 4 an bie ißanb: 3)er ©rtoerb eine« ©uteS fann ba*
burdfj jur Urfad&e ber Serfd&ulbung beS Übernel)mer3 werben, baß er
auf bem ©ute laftenbe ©Bulben übernimmt ober au3 Sfolaß beS @r-
»erb« neue ©Bulben fontra^iert, inbem er ben ÄauffdfjiHing fd&ulbig
bleibt ober ben SRiterben ü>r ©Itemgut auSjufolgen unterläßt. 2tu3
biefer ©teile ge^t Ijeroor, baß man ben Unterf djjieb jroifd^en ben
8cr!e§r3bebarf: taufönrirtfc$afiKt$cr unb Äbgabenbebarf.
— 362 —
fogenannten SJeftferegulterungSfd&ulben unb ben übrigen
©djjulben fdjjon berüchtigte, gaffen mir ben ©utSerwerb unb
bie au$ bem ©utSermerb füe&enben 2$erpfltd(jtungen gegen ben ©tutib-
Ijerrn als 93erfd&ulbung$urfa<ije jufammen (33efi|fdjjulben), fo
fitanen wir biefer bie SSBirtfd^aft^fd^uIben entgegenf efcen , bie
bei bet 33erotrtf<$aftung be$ ©uteS entfielen ober burdf> fte oeranlafci
werben. ©in föauptbetfptel tyaben mx fdjjon fennen gelernt. @£ ftnb
bie ©dfjulben, bie jur 33efd&affung oon ©amengetreibe gemadfjt werben.
1649 bringen bie SanbfdjjaftSoerorbneten , um ba3 ttnoermögen be£
SanbeS jur Prägung einer neuen ©teuer ju begrünben, u. a. vor:
„3ur 2lnfd(jaffung oon ©amengetreibe, 33iel) unb galjrmS §aben oiele
[Sanbleute] ftdfj in ©Bulben geftedft" (grepberg I 108). SDen @§a*
rofter oon STOeliorationSfrebit mirb biefer 33emirtfdfjaftungg-
frebit mo&l feiten gehabt Ijaben, weil eigentliche Meliorationen faum
oorgefommen fein werben. &wax lefen mir im ©uiadfjten be£
33ifttation$rate3 oon 1671, bafc bie ©dfjulbner bie oon i^nen erbetenen
Äird&enanle&en communiter jur 2Mtoration tyrer ©äter (unb 33e*
famung iljrer gelber) oerroenbeten [347], aber barunter finb feine
■Meliorationen in unferem ©inne, fonbern bie Sßieberbemeiemng ober
©äter nadjj bem Kriege, bie 2Bieberf)erfteHung abgebrannter SBirt*
fdjjaftSgebäube unb bergleidfjen ju oerfte^en. ©ine jQaupturfad&e ber
33erfdjjulbung maren nämlidj ©lementarereigntffe unb fonftigeS Un*
glüdf , j. 33. im Äriege. 2ludfj ber aufjerorbentlidfje, im Ärebitmege
ju bedfenbe 33ebarf an ©aatgetreibe mar mol)l meifienS auf SWife-
madfjS, alfo auf SRaturereigniffe, jurüdEjufüljren.
SKber nid^t nur ber ^robuftiofrebit, fonbern audfj ber Jtonfumtio*
frebit mar jum großen £eil SRotfrebit. $mar ifl öftere oon ben
oerberbltdjjen 2Birt3ljau3fdfjulben ber 33auern bie Sftebe, aber
mäfjrenb j. 33. bei ben Slbeligen bie 33erfd(jmenbung in ben Duellen
ate eine ißaupturfad&e ifjrer 33erfdfjulbung uns entgegentritt, mirb afe
&aupturfadfje ber 33erfd(julbung ber 33auern gemeinhin bie !ftot ge-
nannt. 33ei 33luemblad&er p. 230 lefen mir: $u meinem ftxoedt
pflegen bie 33auern in biefen unglücf feiigen 3^ten (1661) ©dfjulben
ju madfjen, menn ntdfjt fjauptfäd&lidfj jum eigenen Unterhalt unb bem
Ujrer gamilie? SDer Ärebit mar alfo SDefijttfrebit, jur 3loU
burft, mie e3 in ben Urfunben unb Sßrotof ollen &etfrt, merben
©Bulben aufgenommen, jur SebenSnotburft ober jur SRotburft oon
&au3 unb'iQof. @in fotd&eg Defijit fonnte fidf) um fo leidster ein*
fteHen, je größer bie ©elbauggaben maren, je meljr ber 33auer alfo
in bie ©elbmirtfdfjaft oerflod&ten mar, meil Ijier jur Saune ber
— 363 —
■Jtoturgeroalten bic £fi<fe bcr 2)tarltoert)ältmffe fidtj ^injugefettte. 1669
erflärt ber qSrälatenftanb (©. 375) : Sa bereit bic ©elbmittel beim
armen SauerSmann roegen SBoIjlfetHjett be3 ©etreibeS feljr gering
unb fdjjledjjt, fo Ijat er fid(j mü^famltd^ ju erarbeiten, bafc er bie
jäljrlid&en ©teuern, ber (Spalten Siblöljne unb roaS auf &anbroerfer,
fo er nidfjt entraten fann, ergebt, beifdfoaffen unb erf Urningen fann.
GS ift ba^er begreif lidfj , bafc ber Sauer, menn er beim 33ejug von
SBaren auf ben fiäbtifd&en Warft angerotefen mar, leidet einem un*
geregelten 33orgmefen verfiel. 9luf bem Sanbtage oon 1605 fragen
bie ©täbte: SBeldjjer ©tabtbürger mürbe einem SauerSmamt um 1,
2 ober 3 fl. feine SBaren, 6ifen, %\xü), Seber unb anbereS, beffen ber
33auer3mann nidfjt entraten fann, borgen, menn er üjn ntdfjt inner-
halb ber SRauern arreftieren laffen fönnte? [220].
älfo ©teuem unb abgaben, Sfteftf auf fd&ittinge unb (Srbabfinbungen,
ftrieg, SRifjernten unb ©lementarereigniffe, ßofjnrfidfjlänbe, ßerfc unb
83orgpojten — baä ftnb bie gaftoren, bie ber SBerfdfjulbnng in ber
SRegel jugrunbe lagen, ©in Ijübfd&eS 33ilb in engem Stammen oon
bem 3"fammenmirfen ber oerfd&iebenen SBerfd&ulbungSurfac&en bietet
uns folgenbeä ©djjulbenoerjetdfjniS aus fiart^aufen1. @3 ift
jroar fingiert unb aufterbem aus bem @nbe beS 18. Qabr^unbertö
(1797), aber mir fönnten fein ttjpifdfjereS ©dfjulbetfptel mahlen, mie
btefeS bodj) IjalbmegS autfjentifdfje Sßfjantajteprobuft.
35ic Regina SRumblm oon igartljauf en f agt an, f djjulbig ju fein :
3)en Sefuiten Kapital [SRotftanbäfrebit] 100 fl.
3in3 30
23er SDirn [Siblo^n] 30
S)em SBruber granj [©rbabfinbung] 250
unb meljr 14
SDem ©o&n [SBatergut] 130
SDer £od>ter [SBatergut] 100
SDem ©alluS 25
3u ©t. Urfula 10
3fafen 5
S)er gnfibigen Jßerrfd&aft [Slbgabenrüdtftanb] a .... 100
1 ÄreiSarflio 9Rün<$en »riefprototoUe 350/346 fol. 336.
8 darunter ber 6tt)reibem>ifc: 9i SR. faßt an, fajulbtg jiu fein, nämlia) fo
Diel, a(* fie nic^t im Vermögen t)at, ic& ljabe hiermit nur bie gfeber auf biefed
t)or 100 Sauren Diel feinere unb beffere Rapier probiert, unb wenn c« no$
100 3a$re im 1698er »riefprotofott liegen bleibt, fo d*$(t man jufl 1897.
— 364 —
S)er ©Ijarafter ber auf bem bäuerlichen ©nmbbeftfc iafienben
©Bulben entfpra<$ ber bamaligen SBirtfdjaftä Keife, infolge
Sor$errfdjjenS ber ©genprobuf tion , ber9laturalroirtf<$aft futb
bie beiben ©eitert be$ roirtfd&aftlidjjen SebenS, Sßrobuftion unb Jton*
fumtion, no<$ nid&t fdjjarf oonetnanber gerieben, bie ©reiben jroifd^en
Sßrobuftiofrebit unb Äonfumtfofrebtt fdjjmanfenb. 3)te ©runblage
ber bäuerltd&en Sffiirtfd&aft ift JgauS unb igof, nid&t ber lanbmirt*
fd&aftlidjje Setrieb. SDer Sauer ift nidjjt Sanbnrirt oon Seruf ober
gar lanbnHrtfd&aftlid&er Unternehmer, fonbern einfadf) SB irt. @r ift
Äleingrunbbefifcer, genauer: Seftfcer einer ©runbgered&ttgfett,
oon ber er feinen Unterhalt jtetjt. („2)er Sauer näfjrt fid^ oom
Sßflug".) 63 gibt ba&er nod& leinen Untertrieb jmifdSJen Ianbroirt=
fdfjaftlidjem itrebit unb perfönlidfjem Ärebit be3 @runbbefi|er3,
jwifd&en ©runbf Bulben unb Sßrtoatf Bulben ; ber 2Igrarfrebit,
aU mirtfd&aftlid&e« ©onberproblem, §at fid& au£ ber
©efamterfd&einung be$ ÄrebitmefenS nocjj nidfjt $er =
auägefdjjält. SBenn ber bäuerliche ©runbbefift mit ©Bulben be=
laftet wirb, fo ift e$ „ber Sauer" als fojiale Äategorie, ber
bem ©laubiger , bem $rotof oübeamten , bem ©sefutionäorgan , bem
über ba£ ©djjulbredjt beftimmenben ©taat gegenüberfteljt. 3)enn ba£
t>or&errfdj>enbe ftlaffenmerfmal ifi nod& immer bie ©tanbeg-
juge^örigfeit. Sßid^t bie Sanbroirte, bie Äaufleute, bie £anb*
roerfer als foldjje roaren t>erf d&ulbet , fonbern ber Slbel, ber Särger-
flanb, überhaupt bie ©tänbe, femer bie Sauern, bie „gemeinen
Untertanen auf bem Sanbe", bie ©efe&e nid&t ju geben, fonbern ju
nehmen §aben.
Stadfjbem mir f o ba3 bäuerliche ©d&ulbenroefen im allgemeinen fürs
d&arafteriftert §aben, motten mir bie roid&tigften Serfdjjulbung3 =
urfad&en einer näheren Setradfjtung unterjieljen.
I. 2)ie 9!lbQabtn unb ©teuern.
3)ie abgaben unb ©teuern fonnten auf ba$ bäuerlidfje ©d&ulbem
mefen ©influfc üben 1. als Slbgabenrfldfftänbe, menn ftc ber Sauer
fd&ulbig bleiben mufjte, 2. mittelbar als Serfd&ulbungSurfadJje, menn
ber Sauer ein ©arlefjen aufnehmen mufjte, um fie ju bejahen,
3. überhaupt als roirtfcljaftlidfje Saft, bie bie ausgaben beä Sauern
erljöfjte, fein Sermögen beeinträchtigte, feine SebenSfjaltung üerringerte.
Über bieiQölje unb ben brücfenben G^arafter ber grunb-
§errlid&en abgaben l>errfd£)te nur eine ©timme. ©d&mib fagt (ju
S5R. XXI 24 n. 24): „@3 finb fd&ier alle Sauerngfiter in unferem
— 365 —
SBaterlanb mit IjerrfdfjaftlidEjen Sßräfiationen fo belaben, bafc, roemt
ber ©runbljerr fold^e mit eigenen SDienftboten bauen mollte, er nadjj
21b jug ber Unfoften fo oiel nidjjt junt ©eminn t)aben fann, als bie
lä^rltd&e ©alt auswirft". ©IjlingenSperg p. 15 f dfjretbt, baß ben
33auero „annui canones satis magni et fructibus aequantes
correspondentesque imponuntur". SDaS ©ültnadjjlafcmanbat t>om
23. gebruar 1635 gibt ju, ba& bie UrbarSgüter an mannen Orten
fr> übergfiltet finb/ bafc fte bie ifi&rlidfjen ©ülten nid&t erf Zwingen
fönnen.
SDte grunb^errlidfjen abgaben maren na<$ ©egenben unb $err*
fd&aften oerf Rieben l, meil ftdfj i^re 3lrt unb ©röfce nad& bem J^er*
lommen ridjtete. 3Kan unterfd&ieb ©tifte, b. f). ©elbabgaben, unb
SJienfie, b. §. Naturalabgaben. Unter ben SMenften ftnb ber ©etretbe*
btenft2 unb ber „Äud&elbienft" (©er, »utter, ©djmalj, Ääfe, £fi!)ner)
Ijeroorju^eben. 3Me brüdenbfien abgaben waren bie &anblöfjne,
über beren ßljarafter mir burdfc ein ißofrategutad&ten gut informiert
futb [129]. SDer feanbloljn mar bei jebem ©utSübergang, audjj auf
bie 3)ef jenbenten , ferner audfj bei ber 3roang£oeräuf}erung , ju ent*
rieten. 35er £anblof>n verfiel in ben Stnfaff, ju 5% beS @ut8*
merte$, unb in ba3 Slbjuggelb, ju 2V2°/o. 33eim £obe eine« leib*
redeten Säuern mar von ben (Srben, menn tynen, roa% gemötynltdf}
ber gatt mar, ber ©runbljerr baS Setbredfjt oerlief), baS Seibgebing*
gelb ju erlegen. ©$ mürbe ju ben Saubemien geredfjnet, mar aber
feiner Statur unb moljl aud& meiftenS feiner ißö&e nadjj ein 3Wittel*
bing jmifdfjen ftanbloljn unb Kaufpreis. @in befonberä groger, aber
merfmürbigermetfe bisher menig beamteter 9JZi§ftanb mar, bajj bie
Seredfjnung be3 ßaubemium aus bem SBerte ber ©runb*
gered&tigfeit oljne Slbjug ber auf bem ©ute laftenben
©Bulben [271] erfolgte. 2)a, mie mir fe&en merben, ber ©rab
ber SBerfdjjulbung bei ben oerfd&iebenen Bauerngütern fetyr oer*
fdjjieben mar, ba e$ oiele überfdjjulbete Bauerngüter gab, fo madEjte
ber Jganbloljn oft einen fe&r großen Bruchteil ber fd&ulbenfreien
SBertSquote aus.
SDer Slbgabenbrudf mürbe nodj) gefteigert burd^ bie &ärte, mit
1 SRanbat oom28. gebruar 1685: »2Btc triff eit tft, $at oft mancher gröfjere
$of ober Rübenbau, fonberbar bie Erbgüter, eine Weine, entgegen oft viel ein
Weiterer $of ober $ube in (Selb unb Xraib weit eine größere ©ült gu geben*.
* $a* 6teuernac$fofimanbat oom 27. SRärj 1737 (©aper. ©ener., ©aminl.
ber ©iaaWbibl. Stünden) fprigt oon ben ,311m Zeil unerfaroinglidjen betreibe«
btenftai* ber (Sfrunbuntertanen.
- 366 —
ber fie oft eingetrieben würben, unb bie in feltfomem Jtontrafi
ßeljt }u ber Sangmut, bie man fonft gegen bie „unglüdf lid&en ©djjulbner"
an ben £ag legte. 2)er 9tentmeifier oon 2anb3£ut berichtet unter
bem 15. 3uni 1651 ber fioffammer [304], bafc bie ©runbljerrfdjaften
§um Seil „ftarf auf itjre ©runbuntertanen loägeljen", unb fteljt fid)
genötigt, tljnen jujuf pred&en , bafc fte „gute SDiSfretion gebrauten"
unb bie @in}ief)ung iljrer abgaben „miber bie SRöglidjjfeit nid&t
treiben" fotten. 3)aS ©elbftpfänbungS* unb aäerfd&affung^
redfj t fieberte ben ©runb^erren eine rafdfje Gfcefution [184] ; mar 33er=
badjt oorljanben, baft ber ©runb&olb boloferroeife feine abgaben^
pflid(jt oerfäumte, f o rouftte man feinen £rofe burdf) „ © t o df e n unb
SBlocfen" ju bred&en [186]; geringe SSerfe^Iungen gegen bie §er*
gebraute Drbnung jogen © t r a f e nad) fid(>; bteßabujität mürbe,
menn überhaupt, rü(fft($töIod ausgeübt [195]; §atte ber Sauer ttn-
glttdf, fo bafc man annehmen fonnte, bafs er au<$ beim beften SBtHen
nid&t imftanbe fein mürbe, ben Jßof orbenttidjj ju bemirtfdjjafien unb
bie jätyrHdjen ©ülten ju liefern, fo fonnte er, audjj menn er bte baljin
feine Sßflidfjten pünftliclj erfüllt tyatte, von §au$ unb $of vertrieben,
ba3 ©ut auf bie ©ant gebradfjt merben [191]. S)ie ©tift Abriefe
fpradjjen, einlief) mie Ijeute tnelfadfj bie Arbeitserträge, nur tum ben
SRedfjten ber ©runb^erren unb ben ^ßflid^ten ber Sauern, regelten
alles fo, mie e$ im grunbljerrltdfjen Sntereffe lag unb festen für bie
geringfügigen SBertragSoerlefcungen bie meiteftgefjenben redfjtlid&en
folgen feft (ansang III). ein 9ted&t auf SRad&lafe ber ©ölten
bei ©lementarfdfjäben mürbe oon ben ©runbljerren nid^t an-
erfannt, nur mibermittig fügten fte ftd& bem 3TOan8e &er Umfiänbe
unb ber Autorität ber ftaatltd&en Beamten, bie fidj im ftefalifdjjen
Qntereffe um 3«bittigung oon ätögabennad&lafe an bie ©runbuntertanen
bemühten [189].
Sie ©runbuntertanen maren gegen bie Übergriffe ber ©runb*
Ferren unb iljrer ^Beamten geroöEjnlidjj me&rloS. SDie mangelhafte
SSolfSbilbung ftanb einer mirffamen ©elbft^ilfe entgegen, bemt
bie 2Benigften fonnten lefen ober f dfjreiben. gerner mar bie fojiale
©tellung ju ungleid&. Sluf bem fianbtage oon 1612 laffen ftdfj
bie ©tänbe oerneljmen (©. 244): „@3 finb oft bie armen fieute fo
einfältig ober fo erfd&rocfen, baft fte i&re SRotburft uorjubringen nidijt
JBerfianb ober iQerj genug l)aben, audfj gebenfen, menn fte mit einem
fürftlidfjen Dffijier [Beamten] motten Wegen, fcaben fie einen ferneren
©egenteil, muffen mojjl fo oiel ttnfoften baran erftredfen, ate triel bie
geflagte Übermaß ift, unb meil man tynen in foldfjen fällen, menn«
— 367 —
$letd& tyre Älage billig, bie Unfofien nidfjt miebererftattet , ift üjnen
• . . ni<$t geholfen, maljrenb fte nid&tsbefiomeniger um ba$ ©elb
fommen tmb einen Ungunft baju erlangen". „3)ie Sßflegeoermalter"
— fo Reifet e$ in einem „3Wemorial" an ben SanbeSfürften [bei
n. 62] — „beren iljre ißauptpfleger bei ipof ober Regierung Ijodfj
bebient, oerlaffen ftdjj auf biefelben unb bruden beroroegen befto me^r
auf bie ©efätte, . . . bennoefc barf man e$ nid&t atynben, fonft be*
broljen bergleid&en Sßflegoerroatter mit tljren Dbertyerren" . 35er einzige
SSorteil ber Säuern in bem ungleichen Äampfe mit ben grunbljerr-
lid^en Sntereffen befianb im Set>ölferung8 = unb ©etbmangel,
foroie in i&rer perfönlidjjen grei^eit1. SBenn man e3 bem
Sauer gar ju bunt mad^te, fo paefte er feine ©ad&en jufammen unb
jog nadjj aufjirebenben ©egenben, roo üjm günftigere Sebtngungen
^eftellt mürben [305]. ftonnte er einen „ehrbaren Slbfdfjteb" nidfjt er«
langen, roeil er burdfj 2lbgabenrü<fftänbe ju tief an feinen iperw oer=
fd&ulbet mar, fo rücfte er bei SRadjjt unb iftebel, mit 2Beib unb Äinb,
mit 9fa>fj unb galjmtS a\x$ [197], unb ber ©runbtyerr fanb rooljl nur
mit großer 9Wül)e einen SWeier, ber nidfjt nur ben SBiHen, fonbern
au<$ bie -Kittel befafc, ba$ abgemirtf haftete unb fiberfdfjulbete ©ut
roieber in bie £ö£e ju bringen. 3)ie Bereinigung oon Sauemgütem
mit bem &ofbau, ba$ fogenannte Säuern legen, mar in Sapern
roeber fiblidf)2, nodjj lag biefe SßrafiS im Qntereffe be$ ißofmardf)*
beftfeerS8.
3n biefen 3ufammenf)ang gehören aud(j bie gronben ober
©dfjarmerfe. ©ie waren bem ©erid&tS^erm ju leifien unb
jerftelen in ©pannbienft unb iganbbienft. ©rfterer oblag bem fpann*
fähigen Säuern, lefcterer bem nid&t fpannfäljigen. 2)ie ©djjarroerfe
roaren gemö^nlid^ ungemeffen, b. I). famtlid&e Sauern eine* ©ertdjjtSs
bejtrfeS Ratten gemetnfd&aftlicl) fämtlid&e gronbienfle ju oerrid&ten,
beren ber ©erid&tsljerr beburfte. Dbrooljl bie gronben in feiner un=
mittelbaren Sejie^ung jum Ärebitroefen flehen, fo übten fte bodf) eine
ungünfiige SBirfung auf bie rotrtfd&aftlidfje Sage unb auf bie Ser*
mögenSoerijältmffe ber Sauern, inbem fie fte häufig an ber Senrirfc
fd&aftung be$ eigenen SobenS unb überhaupt an ber Seforgung ber
eigenen Angelegenheiten Ijinberten. SDie ßlagen über Sebräcfung
bur<$ bie ©d&armerfe ftnb minbefienS ebenfo ja^lretdf) unb laut rote
1 2)ie £eibeigenf<0aft war wenig oerbreitet (nur auf einzelne ©egenben be-
f$r&nft) unb fefcr mttbe.
1 fi». X 5 s. v. .©eil ber @runb$err baö ©ut ni$t felbft baut*.
* Brentano 6. 223 ff.
— 368 —
bicjenigen über bie grunbljerrlid&en abgaben. 2Benn trofcbem in
btefer Arbeit von ben gronben fo wenig bie JRebc ift , fo f)at bie$
feinen ©runb barin, bafc ber SSerfaffec fein otyne^in fomplijierteS
%i)tma nidjt nodj> oerwidfelter geftalten wollte, femer barin, bafj bie
Stellung ber gronben in ber baperifdjjen 2Birtfdfjaft$oerfaffung bereite
eine auSreidjjenbe Erörterung in ber Literatur gefunben §at
(Sine beliebte Streitfrage war, ob bie Untertanen me^r unter
ben grunb&errlidfjen abgaben ober mc^r unter ben ftaatlidfjen Steuern
litten, Sid&er ift, bafe bie Steuern fe^r mannigfaltig1 unb
jum Seil fetyr tyodj2 waren. SBenn fie ftetS ftrenge angelegt unb
eingetrieben worben wären, fo &ätte Rd& btefeS in einem SJtafte jetgen
muffen, ba3 jur Umfefjr genötigt f)ätte. 2lber was bie wtdjttgfie
Steuer, bie ßanbfieuer, beteifft, fo würbe fie oon ben &ofmard&*
Untertanen burd) bie §of mardStöerren fetbft erhoben ; natürlich gingen
fie babei mögltdfjft f^onenb oor, um benfelben ju tljrem eigenen
Stuften befto fefter baS gett über bie Dljren jie&en ju fönnen. 3)et
Hauptmangel ber Steuern mar baljer weniger bie abfolute &öl)e ber
Steuerlaft, als bie Ungleichheit ber Steueroerteilung.
■JHdfjt nur, bafc bie Steueranlage mit ben tatfadSJlidfjen SSer^ältniffen
in Sßiberfprudf) geriet, je mel)r fie oeraltete [178J, bie erwähnte Sßraj&
ber Stänbe bewirf te audfj, bafc bie ©runbuntertanen be$ <5taaU$,
bie fogenannten Raften- ober UrbarSuntertanen, umfomeljr mit Steuern
belaben waren, bamit ber 2lu3fall feine S)edfung fänbe8. 3tud& bie
ungeeignete 3 ^* * b*t Steuererhebung fd&etnt bisweilen
Slnftofe erregt ju Ijaben4.
1 S5gr. Sd&mtb $u ©anipr. II. 6 n. 10: 3n ben lefcten ÄriegSjeiten ftnb
oftmals Steuern oon aufcerorbentltdjer unb ungeroö$nlid)er Slrt auferlegt roorben.
2 SefonberS natürlich inäriegSseiten. »tealer V 666: „3m 3Ser§ältni3
aur ®rö&e feines SanbeS fjat tool)! fein anberer gürft nur annä^ernb fooiel für
ben ßrteg aufgetoenbet tote URagimÜtan I. JBon ben 54597003 fl. Soften,
tr»eltt)e ba3 ligiftifa)e unb ba8 bauerifa)e $Retü)8()eer toä§renb ber breiig ÄriegS-
jaljre oerurfad&te, entfielen nämlia) auf dauern allein 38042 510 ff. (Sbenba
©. 665: „Qattt Sauern aua) bur<$ ben Jtrieg nia)t fo allgemein unb ma)t fo
anbauernb gelitten, rote einige anbere Seile be$ SReia}8, fo roaren bafür n>o$l in
feinem Territorium bie gorberungen ber Regierung an bie ©teuerfraft ber Unter*
tanen aud) roä^renb unb irofc be3 Äriegeö fo $oa) gekannt rote §ier.* Über bie
ßriegSfoften SagernS unb ber übrigen Stgajtänbe im £>rei&tgjä§rigen Ärtege ogl.
aua) SBalter ©oft in „Sorfäungen )ur ®efa)ia)te Säuernd*, 1904, 8. 109 ff.
8 ©a)meljle S. 369—72.
4 Memoria! n. 65: »3)afj man bie Sanbfteuer fo früt), atteaeit ^wifcr)en
3Riä)aeli3 unb ©allt, anfallt unb einbringen lagt, ift be3 Sanbe« großer ©c&aben,
-i
— 369 —
f
IL 2)er ©utSermerb.
A. 3m ungemeinen.
SBerfd&ulbung infolge oon ©utSerroerb fann auf jmeierlet 2lrt
eintreten: 1. mbem bie babei auf ba3 ©ut gelegten Saften in einem
aWifjoerljälinta jum 6rmerb$prei$ fielen; 2. burdjj ttberfd&äfeung be*
©utemerteS. S)enn wenn ber (SrmerbapretS ju bem mirflid&en ©ute*
werte in einem 9Wißoerl)ältni$ fteljt, fo fann audfj bann, menn ba8
5Berl)ältni$ be3 auf bem ©ute liegen gebliebenen £eife be3 @rmerb&
preifeä ju biefem felbft ein normales ift, bie Selaftung be$ neuen
©utSbefifeerS mit ©Bulben eine attju große fein. —
S)a in ber 3*it, mit ber mir uns befd&äftigen, trielfadfj ober bie
Überf<$ä$ung ber Bauerngüter burdjj bie Sauern beim 6r*
toerb berfelben geflagt mirb [144], fo muffen mir uns mit ben 33 e-
jiel>ungen jroifcfien Überfdfjäfcung unb ttberfdjjulbung
ein menig befaffen.
2lu$ ben Ausführungen ©. 127 ergibt fic£, baß bie Säuern*
guter , unb jroar audjj bie unfreien, einen Sßrete Ratten. 2)arau3
fottte man ben ©djjluß gießen fönnen, baß fie bem 33ebauer eine diente
gemährten, baß fie nadf) 2lbjug aller ausgaben, einfd(jtießti<$ ber
grunbljerrlidfjen %b§dbtn, einen Reinertrag abwarfen, ^nbeffen märe
biefer ©djjluß ooreilig. SBergegenroärtigen mir und bo$ einmal ben
Vorgang! ©in junger Sauer, bisher Äned&t beim älteren Sruber,
mitt fid) felbjiänbig madjen. ©ein Kapital befielt in feinem (Eltern*
gut unb im $etratgut feiner SBraut. $>a$ Angebot ift gering, benn
bie jaljlreidjjen SBeräußerungSbefd&ränfungen verengern ben SWarft
SBefonberS mar biefeS bei ben unfreien Sauemgütern ber gaff. 3)ie
ber ©runb&errlidfjfeit nid&t unterliegenben bäuerlid^en ©runbfifidfe
maren, namentlich menn fie ju ben maljenben ©runbftücfen gehörten,
nid&t fo oerfefjrSfd&merfällig (unb baljer me§r im SBerfefcr),
aber fie maren eben beSljalb um fo gefugter unb baljer teurer1.
S)ie golge ifi: 3)er -ftadljfragenbe ift nid&t in ber Sage, beim ©utS*
in öebenfung, bafs ber Sauerämann no$ in ber Arbeit begriffen, folge aber
oerabf&umen unb breföen mufj, ba ba3 Xraib . . . am nu>§lfeilften ift, bann
jebermann §injugeben unb in (Selb gu fa)äf en gebrungen [n>irb], bamit man bie
Steuer erlegen tonnte . . .*
1 ÄmortifaiionSgefe* oom 16. ©eptbr. 1730 (UnioerfttätSMMiotye! fRünd&en
2° jus 1768 II): ,2)en wenigen etwa noä im Sanbe übrigen eigentümlichen
einfa)iä)tigen ©ütern unb ©tücfen wirb oon allen ©eiien na$geftettt".
6p$ew, ©erf^utbung. 24
— 370 —
erwerb ftreng wirtfd&aftltdj) ^onbeln §u fönnen. @r beregnet ben
Rohertrag, bie Betriebsausgaben, bie ©utslajten. Sletbt fooiel, bog
et mit gamilie baoon leben tonn, fo ift er bereit, ba* ©ut ju er-
werben unb fein SBermögen baju ju oerwenben, eS in ba8 @ut „tjüt?
einjufleden". ©8 fällt iljm gar nid&t ein, ftd& einen Arbeitslohn ober
gar einen ÄapitatjinS auSredjnen ju wollen. ©r will feinen
Ünterneljmergewinn, fonbern SRafjrung. 6r fafjt baS ©ut
nid^t aU SRentenquelle auf, fonbern als 5?a^rung§ =
quelle, als SBtttel, um ft<$ unb bie Seinen fo re$t unb fdjledjjt
burd)S Seben ju f d&lagen. Sein Äapital betrautet er ni$t als
©par* unb Notpfennig, fonbern aU Dpferpfenntg auf
bem Slltar beS SobenmonopolS. @tn abfolut unrentables,
well nur bie SProbuftionSfoften einbringenbeS ©ut, fonnte auf biefe
9Beife einen SßreiS erjielen, wie iljn bei fheng gefd&äftltd&er Äalfu*
Iation nur ein nadf) 33obenqualttät ober Sage beoorjugteS ©runbjlficf
oerbiente.
92odj größer mar bie ©efaljr ber Überfd&afcung, menn baS 93er*
mögen beS SRad&fragenben jum ©utSerwerb ni<$t ausreiste ober erft
liquib gemacht werben muffte (in unferem gatte burdf> Äünbigung
beS ©Iterngut&abenS), unb ber ©rmerber baljer jum Srotdt beS ©uts*
erwerbeS ©djulben mad&te. Seim jtaufe j. 93. baburd), baf$ er
ftd^ ben ÄaufpretS debitieren liefe, ober baburdfr, bafj er ein 3)ar*
Ie^en aufnahm, um ben Kaufpreis erlegen ju fönnen. 9Bir fpredfjen
nur oon erfterem §aH [254]. ©S wirb eine für je ftrift (oon
1 3aljr) bewitttgt; na$ Ablauf berfelben mufc ber Ääufer ben
fdjulbtgen Setrag lanbeSttblidfj oerjinfen unb ben SSerfäufer auf SSer-
langen jeberjelt oottftanbig bef riebigen. @m anberer, ebenfalls ge*
bräud<dljer SfypuS befielt barin, bafe eine SRct^c oon jäl)rlit$en,
gewöljnlidj unter fid& gleiten SRatenja^lungen feftgefefet
mirb. Derartige 3a^uKgSbebingungen er^ö^en ben SßretS1,
well fie ben ÄreiS oon Bewerbern, bie um ben Sefifc beS
©ute« fonfurrieren fönnen, erweitern2. Qe größer bie ©djjulben,
bie auf bem ©ute liegen bleiben ober auf baS ©ut gelegt werben,
befto geringfügiger ba« Storoermögen , bejfen ber Bewerber jum ©r-
1 $on ber burd& 3inS unb ffliflfoprämte bewirften @r§ö$ung beS Häuf«
preifeS feljen mir babei natürlich ab.
8 $gf. ©antpr. IV 2: ,$11% bi*$er t$rer viele vom darlegen auf bie »er*
ganteten ©üter allem beSfjatb abgeförecft toorben, bafs einer gleich anbeten £age£
bie bare DöQttge Sejabfong reiften muffen . . / $aju ©$mib (ju IV 8 n. 6):
„Söentge finb, roeldje gleich Sargelb bei ber §anb fyabzn*.
— 371 —
werbe bebarf. Qe geringfügiger aber biefeö Vermögen, befio größer
iie jal)lung3fäljige iftadtfrage1.
•ftidfjt nur Überf d&äfcung fflljrt olfo jur S5er-
fdjjulbung, fonbern auch umgefeljrt Verfd&ulbung jur
Überfd&afcung.
B. Sie ©rbregullermtg.
SnSapem beftanb gleidjeS (Srbredjt ber Äinberaud(j für
ben bäuerlichen ©runbbeftfc. 68 war aber ©Ute, bafe ber alternbe
Sauer ba$ ®ut einem feiner Jtinber (baS gewöljnlidfj gletdfoeittg
heiratete) übergab [262]. 2)er Übernetymer Ijatte ben roeidjenben
<3ef<$wiflern tyre ©rfcteile in ©elb IjinauS ju enteilten. 5Die 8e*
tedjjnung ber Erbteile erfolgte nadj bem Sßrtnjip ber ©leid^^eit be3
<Srbred(jte3. &er übeme^mer erhielt alfo fein „5Borau$'\ S)ie@ltern*
gäter ber roeidjenben (grben blieben geiDö^nlid^ auf bem ®ute liegen,
bid fte tljrer beburften, &. 33. jur Vereljelid&ung ober ©elbfiänbtgs
mad&ung. SDer Übergang be$ ®ute8 oon einer Generation auf bie
anbere fonnte alfo leidjt jum Slnlafc für bie &erf$ulbung be$ ©uteS
werben, befonberS wenn Diele Jtinber oorljanben waren, fo bafc bie
freie (Srbquote be$ ftbernel)mer$ melleidfjt nur einen geringen 33ru<$*
teil beS ©utömerteS ausmalte, Überfdjäfeung b e 3 ©ute* fonnte
bie VerfdjulbungSgefaljr fteigern, unb gerabe bei ber Übernahme lann
eine fold&e Überf Haftung leidet eintreten, weil ber Übeme^mer in
]ugenbli$em Optimismus au$ 6ifer, fid^ felbftänbig ju madjen unb
eine Familie ju grünben, bie fcinberniffe burdjj ein SBerfletnerungä*
gla$ )u fe^en geneigt ift. kommen fd&ledjte 3"*"*/ f° tonn burdfj
bie notroenbig toerbenbe Slbfdjjidjtung eines jüngeren SruberS,
bur$ bie SluSjiattung einer ©dfjwefier ißauS unb SBirtfd&aft unter
ttmftänben ins SBanfen geraten. Verringert wirb biefe ©efaljr, wenn
ber Übeme^mer reid) heiratet, weil er bann mit bem £eiratgui
feiner grau einen Seil ber auf bem ©ute laftenben ©Iterogflier bar
fcinauSbejaljlen tonn.
SBenn wir nun unfere SJriefprotofoffe [268] barauf $in prüfen,
ob unb in weldjem SWafee bie (Sntf <$äbigung ber
weid&enben (Srben eine SBerfd&ulbung ber Bauerngüter
1 £u$ betnfetben ©runbe verfallen Keine @ütet mtl leistet ber ©efaljr
ber überfa)äfcung nie grofce unb foftöare Öüter. ©a)on ©ajmib beoba$tet (au
gkuttpt. IV 7 n. 8), baft ,ft<$ leistet um gemeine unb geringe, alt um abelige
unb foftfrare Ottter ÄÄufer (eroortun*.
— 372 —
jur golge gehabt $at, fo fluben wir naturgemäß eine große
3Ronnigfaltigfeit ber SBer&ältmffe. 3m allgemeinen fann man fagett,
baß bie <Htemgüter anffattenb Hein fuib. 3Retflen3 ftnbet ba3 barin
feine GrHdrung, baß mele Äinber nor$anben ftnb, unb ba£ ®ut fdfron
bei ber Übernahme ftarf oerfd&ulbet mar. ©8 ftnb aber audj Aber»
gab£t>ertrfige in unferem Material, roo roenig Äinber oorljanben ftnb
unb bie Slbftnbung ber roeidjenben ©rben (trofcbem) eine beträd&tltdjje
©efamtljöfje erteilt. 3)ann genügt aber fcäuftg ba$ eigene Vermögen
be* Überne§mer£ (ba« §eiratgut feiner $rau), einen großen SCeit
ber <E*btegulierung$fdjju(ben ju tilgen.
Daß bie @ntfd)äbigung$anfprüd)e ber meid&enben ©eben in ben
Übergabdnerträgen als $erf<$ulbung*urfa<$e ntd&t ftatfer &en>ortretenr
Ijat au<$ barin feinen ©runb, baß and) ber Übergeber gemö^nlid^
eine ßeiftung in @elb („Se\)tvtenm%") beanfprud&t. Um ben Setrag.
btefer ©elbfumme oerminbert ftdjj bie bei ber Übergabe unter bie
©efd&nrifter jur Verteilung fommenbe 3Sermögen«maffe. 3)er 3e§**
Pfennig bleibt einfhoeilen auf bem ©ute liegen unb fte^t jur freien
SSerffigung be$ Übergeber*, ©eine ®röße ift fe&r oerfd&ieben. &aufift
fieHt er nur einen Notpfennig bar, in anberen gälten ift er fo groß»,
baß er förmlid& ate Kaufpreis erfd&eint unb einen beträd&tlid&en
»efianbieil be« elterlid&en SßermögenS in fid^ fd<eßt
2)te brfidenbften, bei ber Übergabe auf baS ®ut fommenbeit
Saften waren bie austrage unb „ausnahmen". Der Über«
geber bebingt ftdfj entmeber 9laturalrei$niffe au$ (SluStrag) ober er
behält ftd& ben ©rtrag beftimmter ©runbftüdte ufm. oor (ausnähme).
[Ober eS gefc^te^t beibeS.] Über bie Xatfa$e ber allju tjotjen
Selaftung ber Bauerngüter burdfj austrage (ju benen man l>ier
mofyl audfj bie „ausnahmen" ju rennen 1)at) ftnb ftdfj bie Vertreter
beS grunb$errfdfjaftltdSJen QfntereffeS unb bie ©d&riftfieller einig [149]-
9R«n fagte ben austragen nadjj, baß fte bem jungen Sauer bie
orbentlid&e Semeierung beS ©uteS erfd&roeren unb beffen SßräftationSs
fclljigfeit bebroljen, ja fogar jur ©eterioration führen. Salt man ft<£
an bie ÜbergabSt>erträge felbft, fo erf feinen bie 2luSirägler atterbütgS
als anfprudfjSooHe Seute, bie md&t leidet genug befommen fönnen
unb mdjjt immer gebttljrenbe SRüdftc^t auf bie oft prefäre Sage tyrer
■Jtod&folger nehmen. 2)ie ÜbergabSnerträge madfjen häufig ben ©in*
brudf, als roenn bie Übergeber iljrem Ambe nur bie Slrbeit unb bie
®<Ijiulbenlaft „übergeben", ftä) felbfi aber für ben 3left i&rer SCage
aus bem ©uteertrag ein mögltdfjfi großes „arbettSlofeS" ©infommen
ju oerfdfjaffen fugten. 35ie &auSrotrtfd(jaft erfdfjeint oom Slugenblidfe
— 373 —
ber Übergabe in p>ei $etle gef palten: eine £onfumtton*gemeinfd(>aft
unb eine SßrobuftionS* unb ßonfumttonSgenieinfdSJaft, meldte tyre
Überfd&üffe an bie erftere abführt,
3foa ber §ö$e ber auftrage ergibt ftdj aber aud>, bafs bie
©eringffigigfeit ber gefdjnrifterUd&en äbfinbungen ni$t barin i&ren
©runb $at, bafc bie Angehörigen, felbft unter perfönlid&en Opfern/
«ine allju grofje Selafiung be$ §ofe£ Ijintanjulialten fugten. $ätte
in ber bäuerlichen 33eoölferung ein ftarfe« 3nte reffe an einer
künftigen £age be$ ÜberneljmerS ober ein tbealeS
Streben, ba$ ©ebei^en be£ $ofeS ju förbern, geljerrfdjjt,
fo märe e3 unmöglich getoefen, ba& bie Übergeber bei ben Übergabeu
i&re Überlegenheit fo fe&r jur ©ettung gebradjt unb tyren egotfttfdjjen
2Bfinfd&en fo fefjr bie 3ügeljl)ätten fliegen laffen.
III. SRatur- unb ÄriegSgemalt.
SBä^renb bie Abgaben unb ber ©utSerroerb, wenn fie jur 93er»
fdmlbung führen, biefe geroö^nlid) unmittelbar }ur golge fjaben,
bilben Ärieg unb Stoturereigniffe, wo fte auftreten, eine mittelbare
Urfadfje ber SBerfd&utbung. ©ie führen nämlid& junädftft SRotiiänbe
(erbei. @3 oerfdjlimmert ftd& bie materielle Sage ber baoon ©e=
troffenen, i$r Vermögen, iljre SBirtfcIjaft, i$re ßebenS&altung, e$
«ntjie&t 9tot unb Armut, eine aufierorbentltd&e Notlage jteljt aber
leidet SBerfdfjulbung nadfj fidfj, benn ber -ftotletbenbe toirb fidjj mit
$ilfe beS ÄrebitS burd) Darlehen neue 2Rittel ju oerf Raffen
fudfjen; aufcerbem oerfdjärft fidj ber ftrucf ber bereits befte^enben
©Bulben, fo baji aud& bann, menn feine neuen ©d&ulben fontra&tert
werben, eine t>er$ä(tm$mäf)ig geringfügige Selaftung ber ©fiter, roeldjje
unter normalen Umflänben fi$ faum fühlbar gemalt §ätte, eine
förmliche ÄrifiS na<§ ftd> jiel)en lann.
S)ie am Anfang biefe* Paragraphen erörterte @rf Meinung, wie
tafdj vergangene Äulturjufiänbe unb i$re Sebingungen oergeffen werben,
ijt befonber* auffaHenb, wenn mir bie roirtfd&aftltcljen Solgen ber
eiementarereigniffe in einer 3«* erm&gen, bie eigentlich bf$
auf }toei 9Reufd)enalter oor ber ©egentoart ^eranrei^t. S)ie ©nt=
midtclung ber 3Serfel)r3mtttet, bie gortf dritte ber 33erfid)erung, nament-
lich ber $euer* unb §agelt>erft$erung, fonrie beS geuerläfcijroefenS
Ijaben ben mobernen Europäer gegen bie ©d&redfniffe oon geuer unb
SBaffer, oon abnormer SBitterung ufro. berart abgeflumpft, baji er
fidf) im ©eifie ferner in einen Äulturjuftanb oerfefceu fann, roo bie
— 374 —
ttrirtfdjaftlidje ©pftenj audj bet SBorftd&tigflen rote an einem bünnert
gaben ju Rängen fd&ien, unb baß mir unfere 33 liefe fd&on nadjj bem
fernen Dflen menben muffen, um jubegreifen, mo£ totale <£tnäf<$erung
von Sbavß unb §of, toad anljaltenbe 5Dürte ober üRäffe, Neuerung
unb Hungersnot für eine unterbrfitfte, rfidftänbige, abergtöubifdje,
mutlofe unb vom SBeltoerfeljr abgefdfjloffene Seoölferung bebeuten
fönnen.
a) 2)a$ ©djjmanfen ber (Ernteerträge mar ba$ größte
Übel ber naturalmirtfd&aftlid&en Äulturperiobe, ber Suägletd) jmifdjjen
UnoerfäuflidSJfeit be3 ©etreibe« unb Neuerung il)r mid^ttgfte^ nrirt*
fd&aftltclje* Problem. 2Bar bie @rnte günfitg, fo raupte man nid&t
mo^in? mit bem ©egen ©otteS, trat 2Rtßernte ein, fo gitterte ein
ganjeS SBolf, oom 9Rinifter bis jum ftaglöljner. Sin 3foSg[ei<§
oon £anb ju 2anb mar ntd&t immer möglich ©enn bie Dualität
ber @rnte ifi über ganje Sänbergebiete $tn gemö§nltd& bie gleite.
Sßenn in einem 2anbe Neuerung auäbrad), fo hütete man bie
Ijeimifdjen SBorräte mit 2lrgu$augen. £>ie SBerfefcrSmittel unb 23er*
feljrSmege maren prirnttto, fo baß größere ©etreibetranäporte, felbfi
auf oer&ältm$mäßig geringfügige (Entfernungen, fxd^ nur bei einer
feljr großen Spannung ber greife rentierten.
35enno<$ mar in ben feftenflen Raffen abfoluter ©eireibemangef
ber Äem ber ÄriftS. Slber ba3 ©etreibe mar fo teuer, baß nur
bie mo^Hjabenben 33et>ölferung3freife, unb audj biefe nur unter großen
Opfern, ftd> mit ben nötigen SebenSmitteln rerfeljen fonnten, bie
große 9Waff e be$ 58oße$ aber entmeber b a r b e n ober jic$in©djuiben
fte den mußte. 3U* 9Serf($ärfung ber ÄrifiS trugen ber affgemeine
©elbmangel, ber feljlenbe Überblicf über bie -Karftlage, bie ©pefu*
lationSmut ber Äornmudfjerer, bie ftd) über bie SDauer ber iljnen
günftigen ßonjunftur oft oerijängniSooffen SHufionen Eingaben, bie
©prung^aftigfeit unb SBerfe^rtfjeit ber oom QtaaU ergriffenen
SRaßregeln meleS bei. 9H<$t nur bie eigentlichen Äonfumenten, bie
©tabtleute, litten unter ben 9Wtßernten, fonbern audfj bie Sauern t
ja biefe in befonberS Ijoljem ©rabe, meü fte bie Sobenfrüdfjte ntd&t
nur jur ©tiffung be3 fcungerS, fonbern au<$ jur 5ßrobuftion, jur
Fütterung be$ SBieljS, befonberS aber audj jum SInbauen unb Sin*
fäen beburften [325]. $el)lte ba3 ©aat getreibe, fo fam ju beut
augenblicfltdfjen SRotftanb bie fürdjterltdje Sßaljrfd&einltd&feit, ja ©emiß*
!>ett Ijinju, baß e3 audf) im nädjften ftatyi ntdfjt beffer um fte fielen
mürbe. 3)af)er bie 3lnftrengungen, bie bie Sauern matten, menn
eine 9Kißemte bro^te ober ba mar, ©amen* unb ©peifegetreibe
— 375 —
-auf Jtrebit ju belommen ober ©etbbarleljen ju erlangen jur
Befd&affung be$ SRottoenbigen.
b) ©ine beftänbige TDtrtfd^aftlidf>e ©efaljr für £au£ unb igof
bilbeten an$ bie geuerSbrünfte. 2Bof)nl)au$, ©tabel unb ©tatt>
SBagen unb ©efd&irr, ba$ Baujeug, bie Vorräte unb bie täglichen
> ©ebraud&Sgegenfiänbe — ba$ betoeglid&e unb ein grofeer £eil beS un*
beweglichen BermögenS war jeben äugenblicf bur<$ Branb unb Bltfc*
fdjjlag bebro^t. 2>a Blifcableiter fehlten, majfioe Bauern&äufer ju
ben Seltenheiten gehörten, bie Zäunte ganj anberä als in ber heutigen
3eit ber oielen ftauf gelegensten mit Vorräten aller 21 rt oft
ooffgeftopft toaren, ba ber 9Renf$ bem oer^eerenben Elemente ^ttf=
unb mad&tloS gegenüber ftonb, fo toar fotooljl bie häufig fett ali
> bie 903 irff am feit ber geuerSbrfinfte eine oiel größere toie §eüt*
jutage. Oft enbigten fie für ben Betroffenen mit bem Berlufte beS
ganjen BermögenS, mit bem oottftänbigen toirtfd&aftlidjjen SRuin, mit
ber Bernid&tung ber fokalen ©fiftenj. Sin auägebrodfjener Branb
bilbete leidet eine ftatafirop&e, oon ber man ftdjj nidjt meljr erholen
tonnte, unb bie audf) pfpd^ifd^ um fo fd&merjtid&er traf, ba fie ben
ttnglfidßtd&en mitunter in toentg äugenblidfen oom tooljtyabenben
3JJanne jum auSgeftofjenen Bettler madjte.
geuerSbrünjie bilbeten ba^er häufig ben Slnlafe jur 93er«
f djulbung. ©d(jon bie Bernid&tung eines ©tabelä famt 3nl)alt burdfr
> geuerSgetoalt brängte too&l in ben meiften gäHen jur 3nanfprud&na&me
üon Ärebit, jur Belüftung beS JQofeS mit einer ©dfjulb. ^n unferen
Briefprotofollen ift oerljaltuiSmäfjig fe^r oft oon abgebrannten
Bauerngütern, oon eingeafd&erten SBirtfdjjaftSgebäuben, oon Ber*
fd&ulbung be$ ©uteS aus biefem 2lnlafj bie Siebe. *
c) $ie gröfcte ©dfjulbnot aber führte ber S)reißig]ä^rige ftrieg
herbei mit feiner brutalen Kriegführung2 unb feinen Begleitern
junger unb ^eft. SBenn aud(j bie ÄriegSnot in ben oerfdfjiebenen
©egenben BatjemS oerfdjjieben toar — „an ben einen Orten f)aben
1 6. 287: geuerSbrunfi unb Krieg; ebenba: gut SöieberauSbauung tyret
unl&ngft bur<$ eine unoerfeQend entftanbene geuertbtunft abgebrannten ©Mben*
Qaufe*; ebenba: jur SiKeberaufbauung i$re$ abgebrunnenen $aufed; ©. 258: $au8
unb etabei im SBerte oon 150 ff. abgebrannt; @. 272: öranbftatt; ©. 274:
burefc unoerfe$en$ auSgefommeneS Seucr $au8 unb $of oerbrunnen.
9 SRanj, @$ut unb 6$irm III 131: 6* ift „burdjgefjenbö ju feljen ge*
roefen, wie jefct in biefem, jefct tu einem anberen Ort bie Sanbleute tfjrer JJaljrni*
beraubt, oon i$ren Gütern oerftofeen, oon §au& unb §of oerjagt, in bie SMlber
getrieben unb mit $unben wie baft ffitCb barin gefugt unb ge§efet worben*.
— 376 —
bie Untertanen triel me^r als an anbeten gelitten" fagt ba£
2)efret vom 23. gebruar 1635 — fo war bo<$ in ben legten Sagten
beS JtriegeS, wo ber geinb ungefctubert baS oon Streitkräften ent*
blöfcte Sanb burd&jteljen tonnte, eine allgemeine SanbeSoer*
wflfiung erfolgt , bie befanntlidfc am metflen ba§u beitrug , ben
griebenSfdSJlufc enblid(j $erbeijuffll>ren. „SDie Untertanen leben — fo
flagt ber SRentmeifter oon SanbS^ut nodj brei 3a^re barnad(j (1651)
— in grofjer Sirmut, fo bafc fte ftd(j in trielen 3a$ren **#* we^r
erfdjjwingen ttnnen. 3)enn fte ftnb um Siel) unbftafjrnis unb
um iljr ganjeS Vermögen gebraut worben" [304].
3u ben 9Wttteln, um ftdf) unb bie Familie beim Seben, ba$ §au8*
wefen in notbürftigem 3wP^nb ju erhalten, ben mafelofen Stafprfid&en
ber Gruppenführer unb ber ©olbateSfa geregt ju werben, nadj) i^rem
SBegjuge unb befonberS nadlj bem griebenSfd&luffe wieber bejfere
Serljältniffe Ijerbetjuf filjren , gehörte natflrlidj audjj ber Ärebit.
Aber ntdjjt nur unmittelbar gab ber Ärieg jur Serfdjjulbung äfalafc,
fonbern audjj mittelbar, inbem ber ©fiterwert burdfj SIÄinberung
tyreS Ertrages, burdfc ben ®elbmangel unb burdfj bie ©ntoölferung
fe^r fiarf Ijerabfanf, mtnbeftenS auf Vi feines früheren ©tanbeS [300].
„2Benn man gleid& bie ©fiter feil bietet — flagt SRanj 1640 — fo
will bod& niemanb laufen, weil man (aum Bauersleute ftnbet, meldte
bie öbe liegenben $<fer umfonft annehmen, in einen befferen ©tanb
unb in ein bäultd& SBefen wieberum ju bringen, ober ba ft<$ glettfc
ein Ääufer ftnbet, fo will er bod^ feinen billigen 2Bert barauf
fdfjlagen" (©d&ufc unb ©d&trm II 123). 3)ie Serfd&ulbung burdf>
ben Ärieg mar alfo nid&t nur abfolut fe^r grofe, fonbern er §atte
audfj eine relatioe Serfdfjulbung jur golge, inbem bie ©runb*
läge beS ÄrebitS, ber 2Bert beS ©runbbeftfeeS, ftd& jufammenjog, wie
wenn ein angefpannteS elafltfdjjeS Sanb plofcliclj loSgelaffen wirb. —
S)ie Säuern waren alfo mit abgaben befdfjwert, burdjj
Beftfcfibergang belaftet, unb in iljrem ©ebenen oon natura
lid&en unb polittfdjjen UnglficfS* unb 2ßedf>felfällen
abhängig.
jtann man alfo fagen, bafc bie Bauerngüter in
Sapern im 17. 3a{jrl)unbert oerfd&ulbet waren? SDiefe
grage läfct ftdfj nic^t fo einfadf) beantworten. 2BaS foH baS benn
Reißen: „S5er Saueroftanb ift oerfdfjulbet", „bie Sanbroirtfd^aft ift
oerf dfjulbet" unb berglei<$en ? SBttt man bamit fagen : „2)ie Bauern*
guter ftnb im ©urdfjfdfjnttt oerf dljulbet ?" Ober: „@S gibt Diele oer*
— 377 —
-fdjulbete Säuernder?" 2)a3 finb befanntlid& jnm ganj oerfd&tebene
5Dtnge. 2tudf) Ijier jeigt ftd& „bie trügertfdjj bunfle 9tatur ber $)urd&*
^nitt^Ien". «udfj bie Segriffe Serfd&ulbung, Über*
f <$ u 1 b u n g ufro. ftnb burd&auä nifyt über allen 3weif el ergaben unb
toerben tatfäd<djj in oerfd&iebenem Sinne gebraust.
S)ie Sorfilbe „Ser" bebeutet1
1) ein SormärtS bis jum 6nbe (j. SB. in ben SEBörtern oer*
Jlfiljen, verbluten, verbleiben, oerbraud&en). Serfdjjulbung in biefem
©inne ifl fein 3**ftanb, fonbern ein fortgefefeteS ®efd|jel)en, eine
"SBewegung bis ju bem fünfte, mo bie Sßafftoa bie 2ßtn>a erteilt Ijaben.
2) Sud biefer Sebeutung entroicfelt ftd& ber Segriff „über ba3
Sitl hinaus" (Setfpiele: oeralten, oerlieben, oerfd&Iafen, oerfaljen).
„Ser" in biefem ©inne bebeutet alfo, wie bie Sorfilbe „über", wenn
<Md& nid&t in bemfelben ©rabe, ein Übermaß 3lber roetyrenb man
beim ©ebraudje be$ 2Borte$ fiberfd&ulbung immer an ba£ 83er*
$ältni£ jröifd&en SHttoa unb Sßafftoa benft, atfo an ein reinem 3^^s
t>er$ältni3, fpridfjt man fd&on bann oon Serfd&ulbung, wenn bie
©Bulben boö Stfttooermögen jmar ntd&t übersteigen, aber fo fjodj)
ftnb, bafc bie tmrtfdfjaftild&e Sage be$ ©dfjulbnerS gefä&rbet erfdfjetnt,
t>afe bie tmrtfd&aftltd&e ©^iftenj in Ujr ©egenteil, in 2JHfjroirtfd()aft
wnfdfjtögt. 3fm Segriffe Serfdjjuttmng Hegt alfo ein fubjeftioeg,
im Segriffe Ü b e r f dfjulbung ein obieftioeS 2Woment.
Snbeffen nimmt man e£ mit bem Segriffe Überfdfjulbung
tiidjjt fe$r genau, fpridfjt man fdfjon bann oon Überfdjjulbung, menn
tnan nur einen §ol)en ©rab oon Serfdjjulbung meint, j. S. über 75 °/o.
tlnberfeitö gebraust man ba$ 2Bort Serfdfjulbung häufig rein
abjeftfo jux ^eftfteOung beS Ser&ättmffe* jmifd&eu SKttoa unb
tßaffioa, j. S.: „3>a$ @ut ifl ju 5°/o oerfd&ulbet", „S)te Serfd&ulbung
ift gering".
Unb fo beantworten mir benn obige grage baljin, baJ3 bie
Bauerngüter im S)urd(jfd(jnitt nidjjt oerfdjjulbet waren, bajü
<iber uiele Sauern oerfdjjulbet waren, unb bafc eS über-
fd&ulbete Sauerngüter gegeben §at2. 3)er ©rab ber
1 9ta$ Stimm, $eutf$eg 3B8rierbud&, s. v. »Set*.
8 $er ¥oIi$eiau*f<$uS oon 1606 urteilt über bie Sage ber Sauern m$t
fe$r günftig: ber 2We$rteü ber Bauern fei foft ebenfooiet fa)ulbig atö er oer-
möglid) fei. — 8ea)er bemerft in feiner „ftebuttton* oom 80. Dtober 1664, bie
Bauern feien arm unb nur na$e ben ©täbten etoad beffer baran förenberg II
$63, 887). — Sgl. au* fa)on bie etänbe 1568 (Sanbtag 6. 54): 2)ic «auern
toben fi<$ sunt Xeil in @d^u(ben gefieeft, unb e« ifl ni$tt me^r benn Strntut
— 378 —
Serfdjjulbung (ofjjjeftio) roax in ben etnjeUten ©egenben fef>rt>er=
fdjieben. 6$ gab ©egenben, in benen bie meinen ©üter fo m*
fdjulbet waten, bafe ber @ut$fibernel)mer feinen @efdjn>ifiern faum
eine ßleinigfeit l)erau$iat)len fonnte unb bod> felbji mit ben größten
©d&nnerigfeiten ju ffimpfen §atte (galfenftcin unb Sraraienburg),
anbete ©egenben, n>o ftd> mo&l&abenbe Sauern auf frönen, großen,
unoerfd&ulbeten ©ifcen erhalten Ratten.
2)ie Serf<$ulbung würbe baburdj oerfd&ärft, baft bie meiften
Sauern neben iljren eigenen ©djulben nod> SürgfdjaftS*
fd&ulben ju tragen fyatttn. S)er SRentmetfier oon SanbSljut fdjreibt
in einem Senate oom 15. 3uni 1651 [304]: „»aentfjalben Hagen
bie Untertanen aber bie Dielen unb ferneren Sfirgfd&aftöfd&ulbeiu
Sie meiflen $aben neben tyren eigenen nodj Sfirgfd&aftöföulben,
manche haften bt$ ju mehreren ^unbert ©ulben". 2)ie Siebenbürgen
feien geworben unb oerborben, itjre ©üter öbe ober burdj bie ©ant
bereite an anbere gefommen. [3Randjer Sfirge, ba3 ift bie äReinung,
mufj alfo im ganjen Setrage feiner bürgfdjaftlid&en Haftung für bie
©djulb auffommen.] 1671 fonftetiert ber SifttatumSrat, bafj bie
Särgen gemeiniglidj ebenfo ftarf, roo nidjt fiärfer, rote bie £aupt*
fdjulbner oneriert finb [346]. 3)ie ©elbfifdjulben unb bie Sfirgfdjaftä«
fdjjulben oerftärften alfo gegenfeitig ben S)rucf, ben fte auf ben oer*
fdjulbeten £eil ber Seoölferung ausübten, ©anjegamiltenunb
3)örfer waren fo in i&ren SermflgenSoerijältmffen ooneinanber
abhängig, ber ©turj be$ ©inen tonnte ben 9tuin oon fo unb fo
vielen anbeten naä) jtd(j jieljen.1
(Sin anberer gaftor, ber bie Serfd&ulbung ju fleigem geeignet
mar, roax baS SefolbungSfpftem, genauer: ber Umßanb, bafc
bie Seamten unter anberem au« ben bei ber ^ppot^efenprotofottierung
entfaffenben ©ebneren tyre Sejafjlung erhielten. Dbmo^l bie
Seamten oerpfUdjtet waren, bei biefer ©elegenljeit einer Serfdjulbung
ber ©titer möglidtfi entgegenjumirfen (©. 88), fo lag bie Serfud&ung
Dorganben, bie fürneSmliä) erfa)eint, wenn man gut ßfoge oor ©ertdjt fommt,
ober auf ber Untertanen 2J6fter5en, ba man in ben 3"» entarten fdjier
nia)t8 alö ©Bulben finbet.
1 $eu3fer II 240 (1886): „. . . mir no$ Ijeutsutage bie 3Ba$me$mung
matten, bafj in bäuerlichen Greifen bie Serbürgung atö eine SfaftanbSpflidjt be*
trautet wirb, roeldje fein felbft in roeit entferntem ©rabe Serroanbter, ja felbft
fein ©emeinbegenoffe bem anbern verweigert, baljer in vielen (Segenben bie
öfonomtfa)en 3ntereffen großer gamtlfen [unb großer Dörfer burd> eine 85er*
fettung ber mannigfaltigften 8ürgfa)aften untereinanber gebunben ftnb/
— 379 —
bodj feljr nalje, bie Untertanen beim ©djjulbenmad&en gerodeten ju
laffen, \a fte jur aufnähme oon "©Bulben ju oerantaffen, ju verleiten,
wo tiM fold&e weber nötig no<$ ratfam war [102]. S)ie poltjetltd^en
unb bie fisfalif<$en Qntereffen beS BtaattS lagen f)ier, wie bei fo
meiern anbeten, in SBiberfireit.
2Bemt aber ein ©ut oerfd&ulbet war, fo toar e$ für ben Sefifeer
oft fe&r fd&wterig, aus feiner Notlage IjerauSjufommen. S)enn ba£
näd&filiegenbe SJlittel, ©djulben abjuftofjen, ber SBerfauf eines
%t\Ü be$ ©runbbefifce«, fließ auf £inbemiffe. äbgefe^en baoon, ba§
ber grunbtyerrlidje ÄonfenS ^terju erforberlidj toar [133]^
war baS SWittel au$ wegen beS (SinftanbSredfjteS be£ nädjften
SBenoanbten [34] unb be3 ©runb&errn [129] oon jweifelljafter
SBirfung. 3)a3 ©inftanbäred&t tourbe oon ben S3erwanbten jur ©r*
preffung ober im Qntereffe grember, oom ©runb^errn ju bem 3roecfe
mifebraudjt, ben 9ta$foiger „an ber ©ült ju fleigern". g$ ift
Hat, baß ba$ @inftanb$re<$i ben @üteroerfe$r erfdjmerte ober
wenigjleuS ben SßreiS ber ©üter brfldie.
3)a8 &auptl)inberote, einen Xeil beä ©runbbeftfceS ju oerfaufen
unb baburdj bare SRittel ju erlangen , bilbete aber ba$ ©üter*
jertrümmerungSoerbot [176], baS armenpolijeiüdje unb ft$*
falifc^e ©rünbe $atte. SDie Sauern^öfe foQten nidjt jerriffen werben
(obrigfeitlidjer S)i3pen3 juläffxg) ; e£ foHten aber audj nidjt einzelne
©runbftflde baoon abgetrennt unb anberen jugelegt werben. Über«
Ijaupt foffen bie ©üter „in bem ©tanbe, rote oon 2llter§ gewefen,
gelaffen werben" . SBegen beS ©üterjertrümmerungSoerboteS war bie
äboeräujjerung oon Seiten be3 Bauerngutes audj bann unmöglich,
wenn ©runb^err unb SBerwanbte nidjtS bagegen einjuwenben Ratten.
3n golge ber tatfädjlidjen unb rechtlichen ©djwierigfeit, bie
©djulb ju oerminbern, fdjleppten ftd& bie ©Bulben aufoielen
©ütenv in mannen ©egenben „oon ©efd&ledjt ju ©efdjjledjt, wie
eine ewige Äranfljett fort". SBon ben i&errenforberungen wirb uns
bejeugt, baft bie SluSftänbe häufig auf bem ©ute liegen blieben, wenn
ber Pflichtige Sauer baS ©ut weiter oerfaufte ober anberweitig
oerfiufeerte *. 2tu$ oon ben ßltemgfltern lafteten häufig no<$ SWefte
1 ©eri*t be* Hentmeifter* oon Sanb*$ut oom 25. Sunt 1678 (flrei3arc$to
Stünden @en.'9teft. 583/142): »on etlichen Äaftenämtern wirb ber gefrier gemalt,
gusugeben, bafc ttrbargfiter, auf benen oon oielen Sauren §er IRtttfftänbe oon
©etreibegülten laften, in ber SBeife anbeten fäufU<$ ober in anberioeg übertragen
werben, bafc ber (Snoerber ben ©etrcibeauöftanb fibernimmt unb nur ben Heft
be« Äauffc&ittingö bar 6esa$lt.
— 380 —
unabgeldft auf ben (Sütern, wenn bicfe bereit« auf bie neue ©eneration
übergingen unb neue (Slterogutabfmbungen barauf gelegt werben
mußten.
*
Sie bäuerlichen ©fiter waren nidjt bie einzigen, bie eine grofee
©d&ulbenlafi tragen mufften. 2)afi ber Abel jiarf oerfdjjulbet tdclx,
$abe i$ in einer anberen arbeit gegeigt l. aber au$ Ober bie 33er*
fdjulbung be8 jtfibtif d&en ©runbbeftfceS wirb fd&on bamafe ge!lagt.
SDie ©tänbe 1605 (Sanbtag 6. 75): SDic Käufer in ben ©tSbten
unb aJtörften jxnb oft mit (Swiggelbem f$ier fo fyofy al* fte wert
ftnb belaben, bie 3nge$äufer $aben ju niedrerem Seil mdjtS als
Jttnber unb ©djulben, fönnen ft<$ Don £ag ju 3Tag faum ernähren
unb Einbringen. ©d>mtb f treibt (ju ©antpr. II 28 n. 2 unb t>):
5Die ganje ©tabt 3Kfind>en ift oott oon ablö$lid>en 3infen/ unb faum
ift ein £auS )u finben, auf weld&em nidjt etliche taufenb ©ulben
unter bem Tanten ber ßwtggelber liegen. 3$ Ijabe oft gefeiten, bafc
Käufer in ber ©tabt mit folgen ßwigjtnfen fold&ergeftalten überhäuft
gewefen, baf* alle barauf geäfften (Srotgjmfen nidjt ^aben bejaht
werben fönnen. — 35er ©efamtbetrag ber in SWündjen auf ben Käufern
liegenben @wiggelbfd&ulben wirb für ba8 3a$r 1620 auf 765362 ft.
angegeben *.
©o lange bie ©afcung ber gewö&nlidje 9Robud, ein ©runbfifidf
p oerpf finben, war [40], fonnte freilid) eine Überfdjulbung oon
©runbftüdfen burd) Selaftung mit mehreren ©Bulben ntd&t oor*
fommen. ©obalb aber bie ©Uli* unb Sßfanboerfdjreibungen aufkamen,
unb bie SBeiteroerpfänbung oerfdjriebener ©runbftüde erlaubt würbe
[46], mu&te fidj) in furjer Qtxt ba unb bort ber Übelfianb ber 83er*
fdjulbung be$ lobend jeigen. S)enn bie ©runbbefifcer Ijaben
baS natürliche Seftreben, ben tljrem ©runbbeftfc inne =
wotynenben Ärebitwert aud) auSjunfifcen. SRotfiänbe
1 (Sofien, 2)er Äampf um bie abeligen @üter in Sägern nad) bem 2)reifiig*
jährigen Kriege unb bie erften bageriföen Ämorttfationägefefce. £ettf$rift für
bie gefamte ©taat3n>if[enfc$aft 1903 6. 1 ff.
8 geller 217. — 2>ie Serfc&ulbunglbe* fiäbtifäen ©runbbeftfce« befdjr&nrte
fxd) nic^t auf Sägern. Sgl. $eusler, 2)ie Silbung be8 föroeijertfojen ßonfurä*
projeffe* (3eitfdjrtft für fäweiaerifd&e« fte$t VII 173): ,$urc$ bß« ganje
16. 3a(r$unbert geljt in Serbtnbung mit bem Serbote ber @rri$tung oon (Stoig*
flinfen bie Älage. bog fo viele Käufer baufällig oerlaffen mürben wegen übermäßiger
Saft oon ©roigginfen.' — Über bie 9fan>efen3oerfo)ulbung in ÜRündjen im
18. 3a$r§unbert fte^e fflenaulb, Beiträge jur ©ntnncfelung ber ©runbrente
unb SöoljnungSfrage in 2flünd)en. 1904
— 381 —
fommen {mutet unb überaß tum 3eit ju 3ett oor, unb lieber geljt
ein ©runbbeftfcet über ba$ tutrtfd^aftltd^ juläfftge unb ratfame 2Rafc
ber SBerfd&ulbung $inau$, al* bafe er bie ©runblage feiner toirt*
fd^afttid^en ©jijlenj auf* unb biefe felbfi ber SSernidjtung preisgibt»
StaS ift ganj begreiflich, unb nientanb wirb tym barau« einen 33or*
nmrf mad&en.
§ 22.
5Die Sefriebigung be3 ÄrebitbebürfniffeS ber bäuerlichen 33e«
üölferung litt unter einer Steige oon $tnberniffen.
Site Sebmgungen be£ ÄrebitoerfeljrS §aben wir oben (©. 214)
mer. Momente bejeid&net: ©d&afcbilbung, Ärebttbilbung,
Äapitalbilbung unb ©elbbilbung. Sei Slbroefen^ett einet
Ärebitbebmgung fpridjjt man in ber -Kationalöfonomte oon einem
ftrebitf)inberni£. 3Ran fann zweierlei Slrten non Ärebüljmbermffen
untertreiben, bie mittelbaren unb bie unmittelbaren. Unmittelbar
ftnb bietenigen / meldte bet Ärebitbtlbung im SBege fielen, mittel*
bar bie anberen. 2Bir motten fed&S Jtrebit^inbemiffe nctyer be*
Ijanbeln, unb jwar jroei unmittelbare (unten II unb III) unb trier
mittelbare. Sie mittelbaren begießen ftdj auf ba$ erfte (IV unb V),
auf ba$ britte (I) unb auf ba$ nierte 9Romeut (VI).
I. 3 in^bogma unb ^i^^^^jimum.
Obwohl feine praftifdfje Sebeutung faft auf 9hitt Ijerabgefunfen
war, fo fianb ba£ Dogma wm ber UnoerjinSlid&feit be*
Darlehens immer no<$ aufredjt. 2)ie auf ©eite be$ ©laubiger*
fünbbaren 3i«3fäufe (SRentenfäufe) maren nur gebulbet, unb audfr
biefe* nur unter ber SBebingung, ba& ber 3^ auf *roa§re,
tedfjte 3tn«gfiterw gelegt mürbe [72], Qm allgemeinen mar e$ nid&t
fd^roicrtg, um ba& 3^n^°Sma ^erum juf ommen : man muffte ft$ nur
pten, ba* Sßort Darlehen im Äontraft ju gebrauten. Stber bie
©eridfrtSpraji* fdfjroanfte, ber 9te<$t$juftanb mar ein unjtd&erer [78].
(£in Formular tonnte in je^n gaffen paffteren, um im elften gaffe
bei einem ftonfur* auf Slnfed&tung ber übrigen ©laubiger als un-
erlaubter SDarle^enSoertrag erflärt ju werben. SDer ©laubiger ge*
$5rte nadf) einer meit oerbreiteten SBorfteffung ju ben §af[enSwerten
©eftalten, unb es beburfte immer mieber be3 §inweife$ barauf, ba&
e3 au$ wenig lieben*wfirbige ©d^ulbner, »etrfiger, SBerfd&wenber in
— 382 —
©djulbner gefialt , gebe, um ba$ Aequilibrium gtüifd^cn @($ulbner
unb ©laubiger in ber ©efellfd&aft, oor ©erid&t, in ber @efe|gebung
)u bewahren ober wieber^erjuflellen [165].
SDie Äonjeffionen, bie man bem praftifd&en 93ebfirfniffe na<$ 2ln~
erfennung be$ 3infeS mad&te, bejogen jt<$ nur auf ba3 ©elbbarle&en.
auf bem ©ebiete beS -KaturalfrebitS ^errfd^te ba$ 3in^°8ma
no<$ in feiner notten ©d&ärfe. 2)le UnoerjinSlid&feit be«@etretbe=
barlel)enS wirb nodj 1616 ootn ©efefcgeber au$brfidtlid& fejtgefefct
[207]. Seim „Äauf oon ©etreibe ober anberen Sßfenn*
werten auf 95 arg" burfte ber SßretS ntd&t §öl)er fein als beim
itauf gegen 93arjal>lung (1516 , 1553), nid&t $ö§er als ber genteine
SBert (1616) [212]; audj beim SSerfauf beS ©etreibe« auf
bem fialm burfte baS ©etreibe nidfjt unter bem gemeinen SBert
hergegeben werben [213], ber ©elbgeber burfte alfa feinen 3^8 &**
lammen bafür, baß er ben SßretS fd&on cor ber @rnte bejahte.
3Son roeit größerer prafttfdfjer 93ebeutung als baS fanonifdjje
3inSaerbot mar bie g e f e fc 1 1 d& e 3 i n $ * <* £ *• iftadfj ber 3tei<$3polt jei*
orbnung t>on 1530 unb na<$ ber bagerifdfjen ßanbeSorbnung oon
1553 burften bei ablöälid&en 3ta3fäufen nid^t me^r als 5 oon 100
gegeben unb genommen werben [205]. 3)en SSerwaltern ber Ätird&ens
gelber mürbe bie 93eobadj>tung beS Sto&nGStowntö no^ befonberS
eingefd&ärft [227]. (Sine „namhafte" fiberfd&reitung be$ 3inS*
majimum« mar firafbar [206].
Stoß bie 3^taSe frebiterfdfjwerenb wirfen mußte, ijl leidet ein=
jufefjen. ©ie entfpradfj jwar ber jQttye nad& bem abliefen 3ta$fufc/
unb fte wirb baljer neben bem „reinen 3^3" au<$ eine mäßige
„Sltftfoprämie" enthalten liaben. Slber wäl)renb im freien Ärebtt*
oerfe^r ber 3"^ *>en 3Karttoer^altnijfen unb SBefonber^eiten an*
gepaßt unb bie 9Ufifoprämie nad^ ©efa&renflaffen abgefhtft werben
lann, bilbete bie ftitötatt ber Sßolijeiorbnungen eine fonftante ©röße,
mit ber ber ©laubiger rennen mußte. 2)aju fommt, baß audjj bie
3in^taje, wie aHe$, xoa$ mit ber 3w3boftrin jufammenljängt, form-
lid& ju £obe geljefct würbe. SBerfd^leierte 3™$fttpulationen würben
[traf bar erflärt [206], alte^rwürbige Qnftitutionen , wie j. 93. ber
Äauf oon ©runbftüdfen mit SBieberlofung (früher ©afcung ge^
nannt, jefct romaniftert: Sfotid&refe) unb baS 3^n^^ul^S^f^äft
mußten ftdf) gefallen laffen, in biefeS SßrofrufteSbett gefpannt ju
werben [207/8]. ©efdfjäfte, bie ber ©tgenart be* bäuerlichen Ärebit*
bebfirfmjfeS fo feljr entf prägen, wie ber 93 er! auf oon grudfjt*
gälten, würben fogar oerboten [209], weil beim beflänbigen
— 383 —
©d&monfen ber ©etreibepretfe* bie ©nljaltung be3 3taSma£imum$
(1553), beS Justum pretium" (1616) ju fd&mierig fei. 2Witunter
«mrbe behauptet, bafe bcr ©Wubiger beim ©elbjtnS unter ba$
3Jta£imum mm 5°/o $erabgel)en muffe, menn t&m bie ÄfinbtgungS*
Befugnis eingeräumt merbe. S)enn, fo fagte man, ba$ 3tn*m<t£famtm
t>on 5°/o gilt für ben ablöSlid&en, auf ©eite be$ ©läubigerä un*
fünbbaren ©filtfauf. SBenn ber ©dfjulbner feinem ©laubiger bie
ÄünbigungSbefugniS jugefietyt, fo ift e3 eine gorberung ber ©ered6tig*
feit, bajs tym in ber ©rmäfeigung beS 3tof** ri« SluSgleidfj gemährt
werbe [72]! Siadfj biefer Sluffafjung mar ber fünfprojentige @filt*
fauf mm 1530 bejm. 1553 ba$ unoerrüdbare ©ianbarb*
Irebitgefdfjäft; mürben abmeid&enbe SBertragSbefiimmungen ge=
troffen, fo muffte immer für bie SBieberljerfieCung ber Salance ge*
forgt merben. —
£)a£ größte ßrebitf>mberni$ mar ameifelloS
IL bie mangelhafte ©id&er^eit be$ ÄrebitgeberS,
t>erurfad(jt burdjj
ba$ fdfjledfjte $gpotljefenroefen.
©afc ber ißijpotljef arfrebtt auf ben brei Sßrinjipien $ubli}itöt,
Spezialität unb Priorität aufgebaut fein mufc, (ann man
$eute in jebem Se^rbu$ ber 9?ationalöfonomte unb beS SßrioatredfjteS
Iefen. 2lber meldte Erfahrungen mußten burd(jgemadfjt, meldte 2ßiber*
ftänbe übermunben, meldte &inberniffe aus bem Sßege geräumt,
weld&e Vorarbeiten geleiftet merben, um ju biefer ©inft^t ju ge-
langen, um ber ©infidfjt bie %<xt folgen laffen ju fönnen! SDte
3Ba^r^eit ijl, ba& man lange 3^t fein SebürfniS nadfj einer
SReinfultur beä 3tcalfrcbit3 empfunben fjat — baljer bie Sin*
erferomng ber ©eneral^ppot^efen — , unb bafe man bie ©onber*
ftellung ber Immobilien im SRed&tSfijjtem, ber fcgpotljefen
im 3mmobiltarred&t nur langfam al$ notmenbig erlannt, nur jögernb
unb am anfange nur im bürfttgjten SDta&e oermirflidjjt tyat. ©inb
bo<$ audjj bie SluSbrüdfe 9tealfrebit, SBobenfrebtt, 3mmobiltar* unb
SRoWHarfrebtt , Sßerfonalfrebit mobemen UrfprungS, roätjrenb ba$
SBort Ärebit felbft fdjjon bamafe allgemein gebräuchlich mar!
Snfteengen Urteilen über bie fcetmltd&en §t)pot!)elen
fehlte e* nidjjt. ©ribner1 nennt fte „©tüfcen ber ttngered&tigfett,
1 Invitatio (von ©ribner) au einer $ifferiatüm oon *rtftemu* „Historia
legatorum" (praeses G. H. Mylius) 1781.
— 384 —
Statten bet 8etruge$". edjweber1 Betlagt, bafj bie (Staubiger fo
t^dufig burdfr £er$eimli$ung unb SBerfötoeigung ber Sobenlafien (per
onerum recitentiam et suppressionem) betrogen unb gefdjpdbigt
werben (defraudentur ac eludantur). ©djmib erjagt (ju £Ä. IX
2 n. 12): 3Baljrenb be* S5reifcigi4l>rtgen ÄrtegeS Itm eS öftere wr,
bog mit ©djjulben fiberlabene ßeute tyre mit $ppotl)e&n belaflcte ©ftter
$eimli$ an anbere oerfauften, um ftd) oor ber ©ant }u retten unb
bei ©jren ju erhalten unb jur ©dfjommg tyrer gamilte. @r bewerft
baju: Obwohl fxe mit bem ftaufpreid bie §ppoti)eten$infen bejahten,
fo $aben fte bodj gefehlt unb gefftabigt, inbem fte ben gutgläubigen
JMufer ber augenfdjeinli<I>en ©efalp unterwarfen, uon ben &9potl)efett*
gläubigem um 3^fen unb Äapitat angeforbert ju werben.
9hm waren jmar bie ^pot^elen ber bäuerlichen Seoölfenmg
nidjt Ijetmlidfj, fonbern fte mußten oor ber orbentlt<$en Dbrigfeit er»
rietet werben [87]. aber jwifdjen biefer ^ublijität unb bem, wa£
mir !)eute unter ber Sßubltjttät ber &t>potl>efen oerfieljen, ift bodf>
ein groger Untertrieb. SDte heutigen iQppotfjefenbttdjer finb ein*
ridfjtungen }ur ©tdfjerung oon $reu unb ©lauben im 3m»
mobiliarfrebitoerf et>r : 2)em (Staubiger wirb ba3 Material oorgelegt,
mit fcilfe beffen er bie Ärebitwürbigfett be& ©<$ulbner3 beurteilen
!ann. 33eim SßubltjitätSjwang ber Äanbredfjte foff ba8 Sntereffe ber
Parteien burd& bie ftaatli<$eu Organe bireft gewahrt werben»
9totflrli<$ tft lefctere« 2Rtttel, trofc be$ Slnfäeme* oom ©egeuteU,
toeit unserer wie erftereä, e0 oerljält ftdf) ju il>m ettoa wie bef re*
tierte ©taatsljilfe jur organisierten ©elbfifrilfe. @*
fehlte bie richtige $9pot$etenoerfaffung [92], e$ fehlte <nt<fr
am geeigneten Seamtenmaterial. 2)ie ©iegelgelber matten bie
Sßrotofollbeamten blinb wie gegen bie ©efaljr ber Überfd&ulbung
(©. 378), fo audfj gegen etwa bem ©laubiger broljenbe SBerlufte»
S)te ©iegelgelber waren bei ben ©laubigem wie bei ben ©d&ulbnem
gleidjmäfeig oerlja&t. SDie ©otte$l)äufer [als ©laubiger] tlagte*
barflber, ba§ bie Beamten bie Äird&engelber „nadj ®unft austeilen"
[340], bafc fte „met)r tyren Sßrioatnufcen als bie ©idjer&eit unb 2Bol)l*
fa$rt ber ©otieäljäufer im «uge fjaben" [339]; bie ©d&ulbner be*
fdfjulbigten fte ber Überfd&reitung ber %a%m unb bafc fie „33er*
errungen" ober fonftige ©efdfjenfe beanfprudjten. Sefied&ung
unb @rp reffung liegen ja oft nafje beieinanber, fo baji fte faum
oon einanber unterf Rieben werben föraten. 3)aS SßublijtiätS*
Disquis. de autoritate publ. ad hypothecae constit. necess. 1716 § 19.
— 385 —
ptinjtp rourbe burdj) bie ©iegelgelber bisfrebitiert, fo
baß man bte Äoftenlofigfeit ber gefefeltdfjen £npotI)efen als einen
SBorjug oor ben öffentlichen empfanb1.
2Ba3 nun bte ermähnten gefefclid&en fcppotyefen betrifft, fo Ijaben
bte gefeilteren §gpotfjefen be8 @runbl>erro unb ber ß&efrau roo&l
bte größte praf tif d&e SBebeutung gehabt. SDie föerrenforberungen
gingen au<$ alteren Äonoenttonalljgpot&efen, j. 99. oon 2>arle&en8*
gläubigem oor [200], Sie @^efrau fonnte burdfj iljr Stuf treten
als ©laubigerin tfjreS 2Ranne8 einen großen Xtil feinet SSermögenS
ber ©jefution burdj) bie übrigen ©laubiger entstehen [108]. Sei ber
§äuftgfeit be3 SBorfommenS tum grunbl>errlid(jen Stögabenrüdffiänben,
fotoie oon eljefraulid&en 3lnfprüd[jen bitbete e$ eine aHtäglidf)e ©r«
f Meinung , baß nidSJtpriotlegierte ©laubiger au£ ber Sftangfteffung,
bie tynen fonft jugefommen wäre, burd& ben ©runb^errn ober bie
©Ijefrau oerbrängt würben unb mit iljren gorberungen im SßriorttatS*
er? etmtnis ausfielen. 2 2)aju f ommt, baß gerabe biefe 33orjug$re<#te,
näntlidjj be3 ©runbljerrn unb ber 6l>efrau, leidet baju mißbraucht
werben tonnten, bie ©laubiger ju prellen. 33ei ber ©runbunter*
tänigfeit ftanb ber ©dfjulbner unter ber 3lbl>ängigfett beS prioi*
legierten ©laubiger*, bei ber &)t ber privilegierte ©laubiger unter
ber älb^ängigfeit be$ ©djjulbnerS. SiiefeS 58erl)ältm$ bilbete förmlt<$
eine (Sinlabung, bort an ben privilegierten ©laubiger [201], l)ier an
ben ©djjulbner [110], mit bem anberen £ett unter einer SDcdfe ju
fpielen unb fo bie übrigen ©laubiger $u fd&äbigen, o§ne baß biefe
etwa* bagegen unternehmen tonnten.
klimmt man bie oielen Streitfragen Ijinju, bie ba$ gemeine
iQ9P0it)efenredf)t fo ungenießbar madfjen, bie ©emo^eit ejtenfioer
Auslegung [106], bie überhaupt einen geiler ber bamaligen SuriS*
prubenj bilbete, unb bie bie Se^re oon ben ftittf dfjroeigenben ißppotljefen
unb Sßfanbpritrilegten ju bem berüdfjtigtften Sßanbeftenfapitel gefialtete,
1 Lischke (praeses Gribner), Diss. de orig. et aequitate Tacit. Hypoth.
1732 §8: „Cum tacitas hypothecas i.j. sine imploratione officii judicis et
sine Bumtu expensisque iudicialibus quilibet acquirere possit, ipsae
laudari merentur".
8 SRanj, e#u$ unb 6d)irm II 10: @ö lommt feiten x>or, bafj bie
©laubiger eines dauern bei ber ©ant niä)t auf ben Storgang beä S&eibed ober
anberer $rit>üegierter fta&en. ©benba II 9: ,2)ten>eUen benn bed Sdjutbnerä
äöeib, wenn iljr HRann anfängt, au Derbetben, üjr §eiratgut nrieber begehren
fann unb gemeinig lid& fi$ neben anberen ßrebitorenfinben t äftt, . . -
fo wirb fte i$r $eiratgut bauon sieben unb ben anberen ©laubigem faum
ntcjt ttroa* überbleiben".
6o$ eu, »erfd&ulbung. ^5
— 386 —
bie langwierigen unb oerwidfelten $rioritätSpro$effe, bic eine
ftolge biefer 3uftönbe waren, enbltd& bie Umftänblid&feit beS
©antoerfaljrenS, bie bie 3ntfen bet oorge^enben ©laubiger an«
fdfjwellen liefe unb bie nad&folgenben ©laubiger um fo meljr jurü<f=
warf [171], fo begreift man, wie feljr bie ©id&ert)eit ber ©laubiger
unb bamit ber ftrebit ber ©runbbeftfcer unter bem bamaligen
fi9pot^efenroefen litt. 211S bie ©tänbe 1612 (©. 385) fidfj über bie
6infül>rung beS ©al$anbelSmonopolS beilegten, motivierten fie tyre
Jtlage unter anberem bamit: S)en armen Sßupiffen §at man ifjr
©elb, MS fte erroad&fen unb felbfl bamit Ijantieren fönnten, mit
fonberem i^ren SRufcen beim ©alj^anbel anlegen fönnen. Slnjelo
wenn gleid& etroa bie ©Item tyren Äinbern etroaS weniges überlaffen,
fo ift bod& feine ©elegen^eit oorfymben, ben Sßupitten tyren
SRufcen bamit ju f d&affen unb iljr ©elb f i d) e r 1 i <$ anzulegen. 2llf o,
ba& es tynen oftmals oerjogen unb bisweilen burdjj Ijäuftge
gallimenta unb ©biftSprojeffe gar oerloren mürbe,
©in SWanbat t>om 22. Df tober 1761 betreffenb ©üterfonffription l
(baS mir auSnaljmSroeife benähen, obmoljl eS äeitlid& ntdjjt mefjr in
unfere ^Jeriobe faßt) fonftatiert, bafc oiele ©otteS^äufer, milbe ©tif-
tungen, ^ßupiUenoormünber unb audft Sßrtoate burdfj ©elbauSleüjen,
ungeachtet obrigfreitlidjjer ^ppot^efenerrid^tung unb grunb&errlid&er
JtonfenSer^olung, bennodj) vielfältig barum in SBerluftgefafjr geraten
unb roirfüdfjen ©d&aben erlitten, meil bie Slufne^mer ber Kapitalien
nid&t nur ben SBert iljrer ©üter unb ©runbfiüdEe immer t)od(> an*
gegeben, fonbern aud& bie oor^erge^enben barauf liegenben Kapitalien,
hineingebrachte &eiratgfiter, nodfj rüdffiänbige oäterlid^e unb mütter=
Hdjje ©rbteile unb aud& anbere antraf tenbe ©d^ulben oerfd^miegen
unb Der galten. 3n meldfj ^o^em ©rabe bie Ijeimlidjjen iQt)po=
tiefen lä^menb auf ben SBerfe^r nrirfen fonnten, ergibt ftd(j mit
großer 3)eutlidjjfeit aus einer nrie jufättig Eingeworfenen Semerfung
oon 3»anj. S)iefer ©d&riftftetter fd&tlbert (Sdf>ufc unb ©d&trm II 107)
bie oerfdjjiebenen 9Wöglidf)feiten ber Sefrtebtgung ber ©laubiger unb
entmint babei audjj bie 21bftof3ung ber ©Bulben burc$ SBerfauf von
unberoeglid&en ©ütern. 3)ann fäljrt er fort: „SBiß <*6er niemanb
laufen, meil man oielleid&t ffirdjtet, eS mähten bie
©üter oerfefct [= oerpfänbet] fein . . . ".
SBenn man na^ ber ttrfadjje beS [dfjledfjten Sppot^elen-
mefenS ber bamaligen &it fragt, fo erhält man getoö^nlid^ jur
1 Äretttmapr, Sammlung, ©. 125.
— 387 —
3fatroort, bafc bic 3?ejeptton be$ römifd&en 9te<$te3 biefen
3uftanb üerfd&ulbet Ijabe.
Sie lanbläufige Slnfid&t über bie gefdSJid&tlidjje
©ntroidflungbeS SßfanbredjjteS inSeutfdjtanb ift
in Äfirje bic:
3m alten beutfdfjen Siedete fjat e$ jroet 2Irten be8 $Pfanbred&te$
an Qmmobtlien gegeben: bie „ältere" (tanbredjjtlidfje) ©afcung, bei
ber ba3 Sßfanb in ben 33efife be3 ©läubigerS übergebt, unb bie
„neuere" (fiabtredfjtltdje) ©afeung, bei ber biefcö ntd&t ber gatt ift.
Sie ©afeung — {ebenfalls bie ältere, roal)rfd)emlic& aber audfj bie
jüngere — wirb burdfj einen feierlichen, öffentltd&en (geroöljnlidjj wirb
Ijinjugefügt : gerid&tlid&en) Sttft, bie fog. Sluflaffung, begrünbet. ©tili*
f dfjroeigenbe Sßfanbredjte , ©eneraloerpf änbungen , Sßfanbprurilegten
fennt ba£ beutfd&e SRed^t nid&t. 3m alten beutfdfjen Siedete l)aben
alfo fd&on bie Sßriniipien Sßublijxtät, ©pejtalität unb Priorität, auf
benen bie ©id&erljeit be3 Stealfrebiteä beruht, gegolten.
©anj anbere ©runbfäfce finb mit ber SKejeptüm be3 3191. in
JDeutfdfjlanb eingebrungen. 9ladfj 91% fann ba3 Sßfanbred&t ganj
formlos, fogar tnünblidü, begrünbet werben; e$ fennt iQtjpotljefen an
SRobilien, ftiHfd^tüeigenbe Sßfanbred&te, @eneralt)9pot()efen unb Sßfanb*
Privilegien. SDurdfj bie 3öSettofigJcit be$ römtfdfjen Sßfanbred&teS ifl
ber Ärebit in einem grofjen $eile ber beutfd&en ©ebiete ooUftänbig
jerftört roorben.1 ©lüdflidfjerroetfe ift man in ber neueften $eit ju
ben gefunben ©runbfäfcen be3 älteren beutfdfjen 3tedfjte3 jurüdfgelefjrt,
unb baburdfj ift eS gelungen, ben Ärebit nriebertKrjuftetten.
SDiefe äuffaffung ift t>er£)ältni3mä&ig alt, fie fjängt in tyren
anfangen mit bem erroadjjenben ©tubium be£ l>eimtfd)en 9ted&te3 . im
18. 3al>rl)unbert jufammen. 3)ie romantifdfje ©djjule mieS nodjj fiärfer
auf bie SRed&tSfitten be$ 3»ittelalter3 $in unb fiellte fte in ©egenfafe
ju bem „tnbioibualiftifd&en" Siedfjte ber SRömer. 3Bät)renb ber bürgere
lidjje SiberaliSmuS be$ 19. 3al>rl>unbert$ im allgemeinen bie Sbeale
ber SRomantifer heftig befömpfte, ging beren 2$eorie von ber 2Btrfung
ber Stejeptüm be3 römifd&en Sted&teS, befonberS be£ römifd^en spfanb*
redete«, jum Stogma geweigert, unter bem ©influjj ber Bewegung jur
Sieform beS 3mmobiltarred&te8, auf bie SSulgäröfonomie unb SBulgär*
Jurfc&prubenj ber 60er 3al>re über. &eute ift bie gefennjetd&nete
SßorfMung wefentlid& üerblafct, aber (ie fielet nodjj immer unbeftegt
ba, ja fie ifl nodfj niemals ernjüidfj angegriffen morben.
1 So nrirtticft »oi$ in ber Stertelia$r*f<$rift für ftecfttäm., 1879 , ©, 18.
25*
— 388 —
äBfire fte rid&tig, fo xo&tt bie (Sntwtdflung be* {ßfanbred&teS in
2)euifd&lanb in ber %at eine ^ ifto r i f d^ e Äurtofität. 2Bäijrenb
bie menfdfrlid&en SHnge in ber Kegel in einer bestimmten SRidjjtung
fufc forientwtdfeln unb fortfdfjreiten, würbe ba$ Sßfanbredjjt bem ger*
mamfd&en 9ied(>t$bewu&tfetn in einer faß ibealen ©eftalt entfliegen
fein, in einer ©eftalt, bie an bie oottenbetflen SRedSJtöeinrid&tungen
ber heutigen frebitwirtfdjjaftlid&en unb fapitaliftifd&en $tit erinnerte,
unb nadjj 500—1000 Qa^ren würbe man nidfjtö beffereS fyaben tun
f önnen, als ju biefen erprobten ©umd&tungen be$ 3R3L jurücfjuf e^ten ;
in ber 9Ritte Ifige bie trofilofe Öbe unb 2)ürre be$ römifdfjen Sßfanb*
red&teS, baS ben ©inbrudf mad&te, aU fcatte eS ein iurijltfdfjer
©djelm erfunben, um bie ©laubiger brei 3a§rl)unberte
bamit ju foppen. 9Som beutfd&en jum römifdfjen Sßfanbrecljte,
oon ber neueren Saftung jur &ppotljef mürbe feine Srücfe führen,
unb bie moberne Drganifatüm beä Stealfrebitö würbe mdfjt in einer
roirtfdfjaftlidjjen unb fojialen ©ntroidflung, fonbern in ber @rfenntnt£
ber gfe^Ier be3 römifd&en Sßfanbred&teS üjre Urfadfje liaben. —
9Bie in ber Einleitung auSfüfjrltdjj gejeigt rourbe, Ijatte bie
Öffentlid&feit ber ©tgentumäübertragung bei 3mmo*
bilien im beutfdfjen 9ted[jt nidfjt in Sebürfnif f en be£
ÄrebitS unb 3SerfeI>r$, fonbern in ber genoffenfdfjaft*
liefen SBinbung b eS ©runbeigentumS il>re Urf aefj e
[4] l. S)ie ßffentlidjjfeit mar in Sägern nidjt gefefelid^ oorgefdjjrieben,
fonbern nur im ©ebraudj. S)enn e$ lag im Qntereffe beiber Sßarteien,
einer Slnfedjtung burdjj anmartberedSJtigte ©enoffen möglid&fi oorju-
beugen. 2lud^ bie geridfjtlidjje 2tuflaffung mar in Sapern nid&t
obligatorifdfj. SBenn fte im 15. 3aljrf)unbert immer me&r in Übung
fam [32], fo liegt barin feine Steigerung ber Öffentlid&fett, fonbern
eljer eine äbfdjjwadSJung, inbem bie Slufftd&t über ben SiegenfdjjaftS*
oerfe^r oon ben engen unb innigen SBerbänben ber $&au%* unb SWarfs
genojfenfd&aft allmä()li<$ auf ben jmar umfaffenberen aber bafür
um fo lodfereren SSerbanb ber bem gleiten ©eridfjtöbann Unterworfenen
überging, öffentlich (gertd&tlid&) mar Riebet nid&t bie Vertrags*
fd&liefeung, fonbern bie Sefräftigung (firmare) be3 abgefd&Ioffenen ©e*
fd&fifteS burd& ©ewäljrfd&aftSleiftung [26]. 3n ber Slrt ber
©ewctfjrfd&aft aUerbingS näherte fidjj ba$ alte Sftedfjt bem mobernen
1 geudler II 102: „Sßenn baS heutige 9ted)t bem öffentlichen ©tauben be»
(SrunbbudjS juliebe einen anbeten SBeg eingefdjfogen fyat [SBttfung ber Fertigung
gegen 3)ritte], fo ift baS eben unter bem (Sinfluffe eines anberen SRottoed ge»
f$e$en, baö wir bem alten beutfa)en Vltfyte bcWj faum fdjon auftreiben bürfen\
— 389 —
©tlftem bcr öffentlid&en 33üd&er. ©ie erfolgte juerfi burdfr ortS*
lunbige 3eugen [12]; bann burd& 33ürgen (gemöljnlidfj mad&te
man ben SBormann jum Sürgen) [27], bann burd(j ©albürgen
ober ©almänner (inbem man umgefe&rt ben SBfirgen ffinftlidfj
$\m SBormann madjjte) [27], bann burd(j bie Autorität be$
SRtc^tcr^ [30], SBenn man biefe „©emäfjrSmänner" als bie
„lebenbigen ©runbbüdfjer" beS agrarifdfjen SRedjjteS bejeidfjnen
mill, fo mag es immerhin gefd&et>en. Sei Seginn beS „papiernen
Zeitalters" märe bann bie 9led)tSbilbung jur r/papiernen ®e*
mäljrfdüaft" ber sprotofoHe unb ©runbbüd&er übergegangen. ©er
tBertragSf d&lufj felbfi erfolgte burd& bie Übergabe ber befiegelten
Urlunbe. 3)ie Urfunbe ift römifdjen UrfprungS, aber in ber ttr*
funben Begebung [11] I>at fidjj ein IjeimifdfjeS Clement (Übergabe
einer ©d&olle, eines 3roeigeS) auf anbere &\tm herübergerettet. SluS
bem — anfangs freien — ©iegelred&t in fremben Angelegenheiten
cntroidfelt fidfj bie ©iegelmäfeigfeit unb baS jlaatlidjje ©iegel*
tegal [83]. ©tegelfretyeit unb ©tegelmä&igfeit ftnb alfo ebenfo
fernbeutfdjj mie bie SKuflaffung, unb f<$on barauS ergibt ftdj bie
SBerf el>rtljeit ber ©egenüberftellung: Sßublijität
beutfdjj, gormfrei&eit römifd&.
3)ie ©afcung (ältere ©afcung) ift fein Ärebttgefdfjäft, fonbern
«ine 2lrt SBeräufeerung. 2Iud^ bei tyr maren alfo bie Slnfprüc&e ber
anroartbered&tigten ©enoffen ju berfidfftd&tigen (Öffentlidfjfeit). @ine
SSerbrängung beS ©elbgeberS aus feiner in materieller Sejieljuttg
murjelftdjjeren ©tettung burdf) anbere ©elbgeber mar beim ©Ijarafter
ber ©afcung auSgefd&loffen, eS beftanb alfo gar lein 2lnlafe, Slnjlalten
ju treffen jur 2Bal)rung ber Priorität, ©benfo ftanb eine SSerlefcung
beS SßrinjipS ber ©pejialität infolge ber Eigenart ber ©afcung oon
Dornigerem aufcer grage. 2lud& bei ber Spfanboerfd&reibung
(„neuere ©afcung") [42] mar eine SBeiteroeräufeerung unb SBetter*
üerpfänbung urfprünglidj ©erboten (Priorität unb ©pejialität). Die
Ißfanboerfdfjreibung muffte nadf) bem baperifd&en SRed&tSbudfj (1346)
in öffentlicher @erid&tSoer$anblung mit bem ©eridfjtsfiegel bekräftigt
werben.1 9la$ ber Sieformation (1518) mar es nid&t meljr nötig.
1 9teä)täbuä) 1346 Art. 222: Söcr bem anbent pfanb antnmrt, baj aign
ober W)n ift, unb boö pfanb bannoä) in feiner gematt bleibt, unb baj er e*
ienem, bem er cd gefefet $at, se $ant ni$t untertänig maä)t, mit n>e(a)em ge»
bing ba* gef<$ia)t, ba foC er im brief über geben mit feinem Snfigel, ob er ein
«igen 3nflgel $at, unb mit geriet« 3nfige( barju. <S8 foO au<$ ber Ritter
fein Snfiget nia)t anlegen, fein beger bann jener oor offen geriet; ift e« aber
ein fo getan man, ber Snfigel* nia)t $at, ber fol ed tun mit @eria)te* Snflgel.
— 390 —
316er au$ „wo ®eridf)t$büd(jer geführt würben, liefe man btefelben
lefen, um fefijuftellen, ob ba3 ©runbftödf, meldfjeS oeräu&ert werben
follte, oerpfänbet fei; nidfjt, um ben ©rwerber oon oor&anbenen
SPfanbredjjten in Äenntni* }u fefeen, fonbem um eine unfiattljafte 33er*
äufcerung ju oerf)inbem unb bem [älteren] Sßfanbgläubiger
©elegenljeit jur (Sinfprad&e ju geben" (9Wetbol>m ©. 429),
alfo au« ganj anberen 3Rotioen, wie biejenigen ftnb, bie beim mobernen
©runbbud&fpjiem mafegebenb ftnb.
3m älteren beutfdjjen 5Red&t haftete ber Stoben nur, wenn et
(j. 33. burdjj Sßfanboerfdfjretbung ober ÄonfHtuierung einer Statte)
auSbrüdtltdfj haftbar erflärt mürbe, S)ie SReatyaft mar ferner eine
auSfdjjliefelid&e — nur ber Stoben haftete. Qe meljr bie ©i<$erl)eit
burdjj bie freiere (Sntroidlung beS ^fanbredEjteS an Qntenfität ein*
bfifcte, befto meljr ging fte in« Sreite, unb fdjliefelidfj pflegte man ba£
ganje SSermögen unterpfanbwetfe ju oerfd&reiben. S5te ©eneral*
oerpfänbung [51] ifl, wie man ftet)t, ein natfirltddeS ©lieb bet
©ntwidflung beS beutfdfjen $Pfanbredf)te$. SDie Übertreibung be£
^rinjipS ber SReatyaftung burdfj ba3 ©eneralpfanb bilbet aber au<$
bie Negation biefeS SßrinjipS unb fein ©rab. Siunme^r haftet bei
SRealfdfjulben audf) ba3 übrige SSermögen be$ ©d&ulbnerS, ferner haftet
ber Stoben aud(j für perföntid&e ©Bulben [52]. £>ie ©enerat
oerfdfjreibung bilbet alfo bie 33 r ü df e oom ©pftem ber SR e a 1*
Haftung jum ©pflem ber ©eneral^aftung. Slber aud^
beim ©pftem ber ©eneralfjaftung behält bie Sßfanboerfdjjreibung tyren
tjo&en SBert, inbem fie nämlid& bem ©laubiger garantiert, bafc er
au« bem Spfanb oorjugäweife 33efriebigung erhält unb i^n fo vor
ber Äonfurenj aller fpäteren ©laubiger fdfjüfet (&tjpot$ef beS gemeinen
SRed&teS) [53]. SDie £gpot$ef ift alfo nid&t 3ufall3probuft ber
SRejeption be$ römifd&en SRed&teS, fonbern baä natürliche @r-
gebniä ber t)ifiortf <$en ©ntwidflung beS beutfd&en
SRedfjteS1. Ob an ber <SntfieI>ung ber &tjpotf)ef bie neuere ©afcung *
ben größeren Stnteil gehabt $at ober ba3 SRentengef d&äft 8, ift oon
1 »rnolb, ©ef$ic$te be$ Eigentums in ben etäbten, 6. 128: »Sötte
200 S^rc oor (5mfü§rung beS 9t9t. loar unfer tRcc^t jum begriff einer §gpo«
t^ef gelangt, ntcftt im Änfd)lufi an bie rdmifä)e, fonbern burdjauö fe(6ftänbi&
unb auf eigene §anb."
2 So&m in ber (Srün&utfäen 3eitfd&rift 8b. 5 ©.22: ,$ie moberne $opo*
t$e! ifl bie 4iflorifa)e gortentrottflung nid)t ber romifa)en §upo$ef , fonbern bet
mittelalterlichen [neueren] ©afcung".
8 $eu*(er, II 153: »Unfer moberne* (opotyejterte* 2)arle$en $at fic§ nic^t
— 391 —
untergeorbneter SBebeutung. 9laü) unferer im jweiten Paragraphen
bargelegten Stuftest §at fidfj baS I^pofyefarifdje Sterleten aus beiben
gletd&mäfetg entwidtelt. Safe bei biefer SRetamorp^ofe aus tynen
etwas aubereS geworben ift, foH ntd&t beftritten werben, aber eS ifi
nid&t aus etwas 2)eutf$em etwas SftömifdfjeS, fonbern aus etwas
Sßrtmittoem etwas gortgefd&ritteneS, aus etwas 2lgra*
rifd&em etwas SWoberneS geworben, unb ber Sßanbel war fein
ptöfclid&er, fonbern ein langfamer, aßmctyliger.
SeidEjt unb ungejwungen — fagt SeuSler1 — läuft
bie neuere „©ttlt in baS tnoberne fjtjpotljeäierte S)ar*
leljen aus.
2BaS bie fiillf d^weigenben iQgpott)efen unb bie Sßf anb*
prioilegien betrifft, fo ift iljr ©t)ftem atterbingS römifd&en Ur*
fprungS, aber im Sßrinjtp finb fte bem beutfdfjen Siedete nid^t fremb
[106]. Sludf) in ber ©eftalt, in ber fte in ber StejeptionSperiobe auf*
treten, erfdfjeinen fte burd&auS ntdjjt als etwas bem beutfdjjen SiedfjtS*
leben 2luf oftroierteS , fonbern audjj in biefer tyrer Übertreibung finb
fte in 35eutfdjjlanb willig, mit Sewufetfein unb als etwas 9?edfjteS
aufgenommen worben.
Sßenn man onm SWSR. fprid&t, meint man gewö^nlid^ baS 9191.,
wie eS uns in ber legten Sßertobe feiner gefdfjidjjtlidfjen ©ntwtälung,
bie mit bem Corpus iuris abfd<efct, entgegentritt. SBenn man ba-
gegen baS beutfdfje Siedet anruft, fo §at man bie 9tedf)tSbenfmäler im
Sluge, bie wegen tyrer oielen Äuriofitäten baS Qntereffe beS gorfdfjerS
juerft feffelten, bie Lex Salica unb ben ©ad&fenfpiegel — 9led^tSs
benfmäler, bie einer oerfyältniSmäfjig frühen Sßcriobc ber ©ntwidflung
beS beutfdfjen SRedfjteS angehören. 9Ran nennt baljer baS 9R9i ein
tnbioibualiftif d&eS , baS beutfdfje ein agrarifdfjeS 9ledjt, unb überfielt
babei, bafc audfj baS 9t9i eine agrarifdfje Sßeriobe gehabt
$at (fiducia), unb bajs baS beutfdfje SRedfjt jur 3^it ber
9tejeption fd(jon mit oollen (Segeln bem 3>nbiüibualiS =
muS jugetrieben ift OPfanboerfd&reibung). 3Me (Sinffiljrung beS
9191. fjat freiließ biefen inbioibualiftifdjjen 3U8 geförbert, inbem fie
i!)n auf allen (Gebieten beS 9fted(jtSlebenS jur ©eltung gebraut $at,
unb fte f)at babei audfj fdjjäblid!) gewirft, inbem fte i^n audfj ba jur
©eltung gebraut Ijat, wo eS lofal unb fojial oerfrüfjt war [125],
fölec&troeg ouö ber Safcung , fonbern roefentttd) auä bem 9ftentengefc$äfte,
allerbingS unter . . . Beteiligung ber ©afcung, entnricfelt".
1 3nfl. I 358.
— 392 —
). 93. in ben %erf)ältntffen ber ä3auernfd&aft abfeitS gelegener Sanb*
fdfjaften, — aber nidfjt als römtfd&e« 9tedfjt Ijat ba$ neue 5tcd^t biefe
fd&limmen folgen gehabt, fonbern al$ inbioibualifltfd&e$ Stecht.
Überall, n>o frembeS inbioibualiftifd&eS Sftedfjt mit
agrarifd&en ober $alb agrarifdjjen ßuflänben ju =
fammentrifft, fommt e£ ju einer agrarifdjjen 5Meoo =
lution, ba$ inbioibualtjltfdfje 9ted&t mag flammen, wo^er immer.
2)a beim iQppotljefenredfjt bed gemeinen SRedjjteÄ in*
folge mangelhafter 3)urd)füt)rung be* SßubltjitätSprinjtpeä ^ppotljefen-
forberungen cbcnfo leidet begrflnbet werben fonnten, toie geioöljnttd&e
gorberungen, fo ift e$ flar, bafc bie Ijppotljefarifd&e ©id&erung, unb
jtoar in ber ftorm ber SBerpfänbung be$ ganjen SBetmögenS, im
Ärebttoerfeljr fefjr getoö^nlid^ mar. SDiefeö Softem läuft alfo barauf
IjinauS, eine Stangorbnung ber oerfdfjiebenen forberungen mit ftu-
grunbelegung ber (SntfleljungSjeit ju begrünben, fo bafe bei ber
Siquibation be$ fdfjulbnerifd&en 93ermögen8, bei feinem 3ufa^me^::
brudjj, ber SBergantung, nidfjt ein RonfurS ber ©laubiger erfolgte,
nidjjt ein SJHt* unb SRebeneinanberlaufen, fonbern fämtlid&e ©laubiger
nadjeinanber jum 3u8e fernem SBon einem 9tealfrebit ober
SJobenfrebit !ann man bei einem folgen ©pftem faum me^r
reben, toeil ja ba3 ganje SBermögen in ber t)ppotl)eferifdfjen Sicherung
eingerieben ift1. 2)a3 an ftdjj nid&t tabelnStoerte Sßrinjip ber
Haftung be$ ganjen SBermögenS nadjj 2Jto&gabe ber (SntfiefjungSjeit
ber gorberungen würbe aber burdj) bie gefefclid&e SßriorttätS*
o r b n u n g (im ©egenf a& ju ber natürlichen ber ©ntfteijungSjeit) mit
tyren SBorjugSredfjten burd&brod&en. Slufeerbem nmrbe e$ baburdfj
iüuforifd^ gemalt, bafe lein ©laubiger toufcte, ob ba$ fdjjulbnerifd&e
Vermögen nidjt bur<$ bereite oor^anbene ©Bulben ooffflänbig ab*
forbiert, alfo fiberfd&ulbet fei 2Ba$ $ilft aber bem ©laubiger bie
©i<$etf)eii oor ber Äonfurrenj ber 92ac^f olger, toenn er oon ber 3bi=
jaljl unb ©tärfe feiner SBormänner feine ÄenutniS Ijat, unter bereu
fitjpotljefen fidfj bie feine mie in einem 3Weere ju oerlieren brot)t?
SMe neuere StedfjtSentiüidflung ge^t nun baljin, ben
ißijpotijefengläubiger nid^t nur cor feinen fünftigen 3Ritgläubigern,
fonbern audjj cor ben vergangenen nadj 2Wögltd(jfett ju
fdfjfifcen. ©egen einen offenen geinb roeljrt man ftdE) bekanntlich
leidster, nrie gegen einen verborgenen, ber au« bem &inter!)alt feine
Pfeile abf Riefet. SSor jenem fann man fiäj jurüdfjteljen, toenn man
1 3Ran untertrieb me(me$r: verbrieften unb unoerbrieften Ürebit
(,o$ne »rief unb »ürgfe^oft* ufn>., 3. 8. @. 254).
— 393 —
bte eigenen ©treitfräfte in ber SWinorttcit fieljt, bei einem unoer-
muteten Überfall ifi man verloren, aud& menn man ben Äampf oer*
meiben möchte. S)a$er bie 2lbfc^affung ber fiittfdfjmeigenben &gpo*
tiefen unb ber 5ßf anbprioilegien , bie ©infü&rung öffentlicher $gpo*
t§efenbüd&er, bie SSefeitigung be3 -Kebelfd&leierS ber ©eneratytjpotyefen
(bei jeber &9potl)ef mufc fomot)l ba8 ©runbfifidf beftimmt fein afe
audf) bie &9potl)efenfumme) , bie SBieberljerftettung ber natürlichen
3Warfd(jorbmmg ber öppot&efen (fte marfd&ieren in ber Reihenfolge,
fn ber fie angetreten finb).
Sei biefer &gpotf)efenorbnung, bei 33eobadfjtung ber Sßrinjtpien
Ißublijttät, ©pejialttät unb Priorität ^aftet jebeS ©runbftücf juoer*
läfftg für bie &9potf)efenfd(julben, mit benen e£ belaftct roirb. 3)a3
übrige Vermögen beS ©dfjulbnerS haftet jroar ebenfalls, aber nid&t fo
juoerläfftg. ©leid&eS gilt mieberum vom ©runbftücf in Slnfeljung
berjenigen ©d&ulben, meldte perfönltdjjer Statur finb.
©o oerfjält e$ fu§ mit ber SBirfung ber 9lejeption be$ römifd&en
3led(jte3 auf ba$ &ppotljeJenmefen.
III. Sie grunbJjerrlid&e 33erfaffung.
(2)a$ Äonfenäredfjt.)
SMe SSerpfänbung ber bäuerlichen ©runbgered&tigfeit mar nur
bann gültig, menn ber ©runbljerr feinen AonfenS tjierju erteilte
[134]. 3>er ÄonfenS mürbe aber „oftmals oermeigert" (©. 358),
unb fogar oon ben fiaatlidjjen Beworben mirb barüber geflagt, bafc
bie Untertanen mit bem grunbljerrltd&en AonfenS, fei es jur 2fof*
nannte oon eigenen ©Bulben, fei e£ behufs SürgfdjjaftSleiftung,
„nid&t auffommen fönnen", bafe e3 bamit „Ijart f)ergel)e" ufm.
(©. 343, 346, 355). SCrofc ber großen 3Rängel be3 fcppotfjefen*
toefenä mar bie SefteHung einer &i)pott)ef auf bem ©ute beS
©dfjulbner3 bod& immerhin bie befte ©i<$erf)eit für ben Ärebttgeber.
5Daljer tonnte ba3 Äonf enSred&t , menn e3 audj oielletd&t einerfeit*
geeignet mar, einer unmirtfdfjaftlid&en SBerfd&ulbung ber Bauerngüter
»orjubeugen , anberf eitö leidet ein Hemmnis ber Arebit»
trlangung unb Kapitalanlage merben.
S)ie frebit^inbernbe SBirfung beS ßonfenSred&te* mürbe nod& ge*
ftetgert burdjj bie 9Rt§bräud(je, bie mit iljm getrieben mürben.
Staju gehörten oor allem bie £emporalfonfenfe unb baS SBillenSgelb.
2)a3 SBillenSgelb [159] mar eine für bie SBiKenSerflärung
be$ @runb$errn, ben Äonfen* ju geben, miberredf>tti$ erhobene @e*
— 394 —
bfi$r. Die (Erbitterung über bie 2Bitten3geü>er richtete {i$ weniger
gegen bie ©rtjebung oon SBitlenSgelbem an ftd&, fonbern me$r gegen
bie &ö$e ber 2Bttten3gelber. $n biefer Sejieljung f d&einen feine
befiimmten ©runbfäfce eingehalten worben ju fein. 3n einem gfaHe
wirb bie jQöfce be$ äBiCenSgelbeS auf l1/* % angegeben (©. 162), in
einem anberen gatte auf 10—12 fl. (©. 164, ©djulbfumme ntdjjt
ermähnt). 3n ber SBerorbnung oon 1672 wirb als tatfädfjlidfjeS
&ödj>ftmafc fogar ber Setrag tum 10 SReidjjStalern genannt (©. 352).
SDie Regierung £anb$I>ut berietet, e$ geige ftdjj, ba§ von etlichen
©runbljerren für ©rteilung beS ÄonfenfeS in bie 5 ober 6 Men-
taler (7Vs — 9 fl.) begehrt werben, „was ein großes unb unbilliges
Übermafe fei" (6. 344).
3)urd(j bie ftemporalfonfenfe [160] mürbe natürlich baS
Übet ber fjoljen ÄonfenSgebüljren nodf) oerfdfjärfi Denn menn nad£
Slblauf beS 3*ürauwe$/ ffa ben ber ÄonfenS erteilt würbe, baS
ÄrebitbebürfniS fortbauerte, fo mußte baS SBillenSgelb wtebert)olt er*
legt werben.
3)ie SBefdfjwerung mit ben SßtllenSgelbero Ijatte junäd&ft 5Ber-
teuerung beS ÄrebitS jufolge. ©erabe in bem Söhtgenblidf, wo
ber ©runbljolb in ber oerjweifeltften Sage mar, wo er frember fitlfe
am notwenbigften beburfte, fam ber ©runb^err mit ber ©elbfdjjraube/
unb jener mußte fidfj fügen, wenn er ftdjj mdjjt ben legten 2luSweg
oerfperren wollte [341].
3lber audfj bie ©laubiger Ratten unter bem ÄonfenSredjjt untv
bem SWißbraudjj beffelben ju leiben, inbem ifjre ©idjjerljeü baburdfj
beeinträchtigt mürbe. Qn Ermangelung beS grunb^errlid^en
ÄonfenfeS mürben in mannen ©erid&tSbejtrfen bie Äirdjengelber
bennodfj ausgeliehen, inbem fi<$ bie Darlehensgeber mit bloßer
©eneratyppotyef (o^ne ©inbejieljung ber bäuerlid&en ©eredfjtigfeit}
begnügen mußten [358]. 3)aS mar aber eine fdfjledfjte SBerfidfjerung,
unb bie betreffenben Kapitalien ftanben bei ber ©ant in ©efa^r ober
gingen fogar ju SSerluft. 2)iefe fd&limme SBirfung beS ÄonfenSredfjteS
mürbe atterbingS baburd^ abgefdbraädfjt, baß oon einem £eil ber
©erid^te berartig oerfidfjerte $orberungen bei SBergantung ber bäuer*
liefen ©ered&tigfeit trofe beS ÄonfenSmangelS'wie &9potljefenfapitalien
beljanbelt, alfo bloßen &anbfd(>ulben oorgejogen mürben. 33ie 9Ked&tS*
unfidfjert)eit aber beftanb unb mußte oiete Äapttalbefifeer oon ber
Selei^ung bäuerlicher ©runbgered&ttgfeiten oljne ßonfenS abfdfjreäen.
Slber nidfjt nur bie ©d&wterigfeit beS ÄonfenSerlangung an ftd&
bilbete ein iQinberniS ber ©id&er§eit beS ©läubigerS, fonbern auäj
— 395 —
bie Übung, iljn nur auf 3*tt ju bewilligen. S)enn nadfj Slblauf bcr
«Seit mar e$ für ben öppotbefengläubtger mit redjtlidjen ©djmiertg*
feiten oerbunben, bei ©rneuerung be3 ÄonfenfeS feinen bteljet
innegehabten 9tang ju behaupten (©. 161). —
3u ben mittelbaren Ärebitljinbermffen gehört oor allem bie
5Befd(jränftl)eit be3 ßapitalmarfteS.
IV. SDer Äapitaloerf efjr mar territorial begren jt. 5Da3 SKittet
Itferju mar
ba£ greigelb ober bte SRad^fteuer1.
SMefe ftaatlidje Abgabe mürbe in Sägern oon allen benen erhoben,
bie „mit i^ren ©fitern ober SBermögen an (Selb, galante, 2tu£fieuerung,
ober tüte bie fonft ben !ftameu fjaben mag, aus bem Sanbe
gießen ober biefelben burdj @rbfaH, J&eirat unb anber bergleidjjen
SBeg bittcmSbrmgen* 2. 2>a3 greigelb betrug 10 °/o. Dbmobl ba£
greigelb ben 3^edf ^atte, ba3 inlänbtfdje Kapital im Snlanbe feft*
jubalten, fo Ijatte biefe ©teuer eber ba3 ©e g enteil jur 2B irfung,
inbem eSbaSauSlanbtfdje Äapttal baoon abhielt, bie baperif djen
©renjen ju überfdjreiten. SDaS $reigelb mürbe nämltd) audj oon ben
Sladjbar ftaaten erhoben, teils jur SRetorfton, teifö aus eigenem
Stntrieb, unb ba biefe (bie 2Mf<$of3- unb SWetd^^fläbte ber Umgebung)
meifienS fapitalretdjer maren als Sapern, fo mußte ba$ greigelb*
infütut jum 9tadjteile 33atjern3 auSfdjlagen. 3)a$ greigelb bilbete
aber aud) bed^alb ein feinbernis ber 5tapitalanfammlung, meil e£
bie oorflbergeljenbe (SKnmanberung oon reiben Seuten nnb oon
^Reichtümern mit einer Abgabe belegte 8. SBenn j. 83. ein Sluälänber
in SBapern einmanberte, feine £odjter aber mit einem SanbSmamt
fidj oerel)eltdjte, fo mar i^r fceiratgut nac^fteuerpfltc^tig. SMe golge
mar, bafe foldje Sinmanberer ii)i Vermögen in iljrer Heimat ließen.
3Rejjr als bie ftaatltdjen Sefdjränfungen ber greijügigfett be£
Äapitat* b^ben mirtfdjaftlid&e SBerbältniffe, namentltdj bie
geringe ©ntmidlung be$ SBerfebrS unb ber SBerfebrSmtttel, baben
ferner bie 9ted)t3oerfdjieben§eit oon Sanb ju Sanb, ber3Äangel
auSretd&enber interterritorialer SRecIjtSbilfe ufm. ben ßrebitoerfeljr in
territoriale ©djranfen geroiefen. —
aber m$t alles im Sanbe oorljanbene Äapital ftanb bem sprioat*
frebit jur SBerfügung.
1 S)ie beiben SCuSbrüdfe werben in JBagern promiscae gebraust.
* Serorbmmg oom 14. 3uni 1740.
* Sanbiag 1605 grav. 19.
— 896 —
V. ©ie in ben fedjjiger 3al)ren be$ 19. Sa^r^unbcrtö auf-
getretene „ Krebitnot" ber ßanbmirte $atte belanntlidjj au<$ batin i§re
llrfadjje, bog ba$ Kapital ftdjj bamafe mit Vorliebe anberen Slnlage?
gebieten juwanbte, bie leeren ©eroinn unb eine bequemere 5Ber-
maltung ber Kapitalien in Sfaäftdfjt ftcttten. Sßir $aben bereits oben
gefe^en, ba§ ba$ ©arnieberltegen oon ftanbel unb ©ewerbe in Sapern
im 17. galjrljunbert einen o&nlidjen SBettbemerb jnnfdfjen ©emerbe
unb ßanbroirtfd&aft um ba3 Seityfapital oerljinberte. 2>er einzige
Jtonfurrent auf bem Kapitalmarfte, ben ber ©runbbeftfc ju ffird>ten
$atte, mar ber ©taat.
SDte 2fafprüd&e beS ©taateS an baS SanbeSfapiial waren fe^r
grofe, namentlich im ©retfjtgiä&rtgen Kriege [301]. S)er ©taat
Ijatte bei feiner Bewerbung um baS tnlänbifd&e Kapital baburd& einen
großen SSorfprung oor ben übrigen Krebitfud&enbea, bafi er jener
burdj feine Autorität 9ia$bru<t perlenen fonnte. S)te <Staat&
anlegen roaren jum großen £eil
3mang3anle$en,
tiamentlidSJ eben im 2)retf$igiäl)rigen Kriege, afe ed immer f<fjmieriger
geworben mar, im 2tu3lanb bie nötigen ©eiber aufjubringen1. Ob=
tt>of)l man bei ber SKuSfdjreibung von 3wmg3anleljen ben SBinf mit
bem 3<iunpfaf)t ber bireften ©eroalt oorjog 2, unb obwohl ben Kontri-
buenten orbnungSmäfeige ftaatlid&e ©d&ulboerfd&reibungen ausgestellt
ttmrben, fo mar e3 bodfj um ben freien SBettberoerb jroifd&en Sßrioat*
unb ©taatsfrebit gefdfjeljen. 9latüxliü) mar bie Kfinbbarfeit biefer
jroangSroeife gegebenen 3)arlet)en re<$tli<$ 8 ober tatfädfjlidfj befdfjrcmft.
SanbeSnot entfd&ulbigt alles, ©in großer £eil beS -Jtottonalfapitate
mar fo auf lange 3eü f eflgelegt , ber Ijeimtfdfjen SBolteroirtfdfjaft
«ntjogen.
VI. S)ie 2Wünjmirren.
2Bie auf &anbel unb SBerfeljr im allgemeinen, fo übten bie
1 2)er §erjog 1619: 2luf ©aljburg fei feine SRedjnung ju machen, Xitot
(äffe nidjtä §erau8 unb wegen Sforenj unterliege ed allerlei Sebenlen (3?reg«
terg I 51).
2 3Ründ&ener ©taat3bibUot$ef 2° Bav. 960X1 n. 1 (gebrutfte« Sfonquett):
#2Bir hoffen nidjjt, bajj biefed unfereS 8ege§ren8 2)u 3)ic$ ju negmenber unferer
^RiftfaUigfcit weigern foaff.
8 3. 93. burdj bie JUaufel in ber Staatäf djulbüerfd&reibung : ßünbigung
fcurd& ben ©laubiger nur „roemt bie SanbeSnot wieber aufgehört f)at" juläfftg.
— 397 —
imfltfldfltdjen 3JWlnjocr^äItttiffe audfj auf ben ßrebttoerfe$r einen un*
günfiigen ®tnfluj3 au$.
3n redjjtltd&er Sejieljung bilbeten bie ©runblage beS 2Rfinjwefen*
bie 9teid|>Smfinsorbnung von 1559 unb ber SRetdfjSabfdjjieb oon 1566
(§ 149 unb 150). SWeid&Smfinjfufi war ber ©ulben* unb fcalerfufj,
bie fcauptmünjen waren ber SReidfjggulben unb ber SRetd&Staler, jener
ju 60 ßreujer, biefer ju 68 Ar.
SWünjgefete
SBert nadj
ßreujer *
Stuf bie ftötniföe 3Rar! 311
16 ßot gingen8
bei einem geinge^afte »on
tauf)
fein
©ulben
1559 u. 1566
60
148/9
9Va
8
IOVb
%aUv .
1566
68
142/9
9
2Benn man oon ber ©tüdfelung ausgebt, fo bilbete alfo ber
©ulben bie ©tanbarbmünje, wenn man aber vom 2Wünjfu& ausgebt,
ber SEaler.
3luf ber einen ©eite ber SReid&Smfinjen foöte ber 9fei<$3abler
unb bie Äreujerjtffer (60, 68 ufw.), auf ber anberen ©eite ba*
SBappen be3 prägenben SReidjjSflanbeS unb bie Saljreäja&l fielen.
Qnfolge ber SBerfdfjledfjterung ber Heineren 3Wünjen liefe ftd^ ba3
obige 2Bertoerl)ältm3 jwifd&en ben igauptmünjen unb bem Äreujer
ntdfjt aufregt erhalten. $war matten bie l>ol)en unb nieberen Sßfinj*
fälfdjjer oor ben &auptmün$en nidjjt igalt, aber bie Heineren 2Wünjen
litten unter ben 9Rünjgreueln bodjj me§r wie bie größeren, fo ba£
biefe im SBergleidfj mit bem (Selbe be$ gewöhnlichen 33erfe&r3 einen
!jo$en @rab oon Stabilität erlangten. 2Bol)l beftimmte bie SReid&a*
münjorbnung oon 1559 (§ 12), bafe oon ben Meinem 2Wünjen nidfjt
nte^r gemalt werben fotten, als man in iljrer 3lrt „neben ben
großen ©tfidfen jur Stotburft ntdjjt entraten mag", aber baran fefjrten
ftdjj bie „ftipper unb Sftipper" mdfjt, unb 3)eutfdjjlanb würbe oon
3eit ju 3*it oon minberwertigen Keinen ÜRünjen gerabeju über»
fd&wemmt. 3)ie gut&alttgen 9Rfinjen würben bann als S3ru<$fUber
oerwenbet, ober fte gingen in$ 2tu$lanb. Vergebens bie SUtfinjoerrufe,
1 $er Äreujcr jerftcl in 4 Pfennige, ber Pfennig in 2 geller.
* $ie Äölniföe SRar! wog bamalS 238 g na$ unferem ©etoi^tdfnftem.
1 Kei^Sgulben alfo runb »"23 g ©über. $a ber heutige 8erein*taler c 17 g
©über enthält, fo mürben auf 3 oon ben bamaligen 9tetc$$gulben ungefähr 4 ber
heutigen Seretndtaler treffen.
— 398 —
aergebenS 2luSful)r* unb (Stnfdfjmeljüerbote. SDie gemiffentyafteren
3*cid^5ftänbe mußten ben weniger Igewiffentyaften , bie größeren ben
Heineren nad&folgen, ja fte ju fiberbieten fudjen, wenn fie iljr ©ebiet
nid&t ben fremben SWünjflätten ausliefern wollten. @8 fehlte ben
beutfd&en Sanben bie poltttfdjje unb wirtfdfjaftlid&e Einheit, ben beut;
fd&en gürften ba$ ©olibaritatSgeffi&l. SDie ÄretSmünjüeretnigungen
(j. 33. ber brei oberen ftretfe: ftayttn, granfen, ©d&waben) unb
Äretätage leiteten im einzelnen mand&eS ©ute, waren aber ntdjjt
imftanbe, burdfjgreifenben 2Banbel }u fdjaffen.
3n 33apern war ba$ Unwefen ber aRfinjüerfd&led&terung ieben=
f alte nidjt größer wie in ben anberen größeren beutf djjen Territorien *.
3lm fd&limmften ftanb e$ audfj in Sapern in ben berüchtigten „Äipper*
unb SBipperja&ren" 1621—23, als ber ©reißigjäljrige Ärieg ben
©elbbebarf plöfelid^ gewaltig anfd&wellen madfjte. Stile Sßaren fliegen
enorm im SßreiS, auägebrücft in ben fdjj legten SWfinjf orten, aud& bie
gut^altigen 3Wünjen. Unterm 28. 3uni 1622 mußte in Sägern
befretiert werben a, baß bei gemeinen 3a§tungen ber [gute] 9teid&3=
taler nid&t über 10 fl. unb ber [gute] ©ulben nid&t über 9 jL an=
genommen werben fotle. 3n Sanbä&ut flieg ber SßreiS be& Storni
(in 2Rfind&ener ©Raffel) oon 4 fl. 26 fr. im 3a$re 1621 auf 11 fT.
4V« fr. im Qa^re 1622 unb 33 fl. 13V2 fr. im 3ai)re 1623 8.
auf bem äWünjprobationStage oom 10. »pril bejw. 31. 3Kärj 1623 4
fonnte aber bodj wieber eine SRebuftion beS 3Wünjtarife$ in ber
SBeife oorgenommen werben, baß ber gute £aler auf 90 fr., ber
gute ©ulben auf 80 fr. fefigefefct würbe. Sei berfelben ©elegen&eit
würbe jwifd&en ben beteiligten SteidfjSftänben, um eine weitere 33er*
fdjjledjterung ber ©dfjeibemünjen ju oer&üten, eine Slrt oon ©d&etbe*
mttnjfuß (Äreujer, Pfennige) oereinbart: „Äreujer foDen auf bie
fölmfdfje 3Karf geljen 300 ©tücf unb fein galten 5 £ot" [alfo
60 ßreujer 1 £ot]. 3m ©efolge biefer ©afcungen würbe oon
2Wajimilian I. im SJtünjgebote oom 14. Quni 1623 für bie Dberpfalj5
ber Äippergulben (jwar oorläuftg nodjj, afe ©d&eibemünje, gebulbet,
aber) auf 1U feine« SRominalwerteS, alfo auf 15 fr. beoaloiert. -Wadf)
1 »gr. Äie^er VI 48 Kote.
8 grenberg II 294 «Rote.
8 Jtofjlbrenner grana, Seitr. 3. Sanbw. unb ©tat. in Sägern, 1783, ©. 84.
4 £ori, Sa»erifa)e3 SRünareajt II 348.
5 Sori II 850. — 9la$ Äutt in ben TOtteilungen ber Sagertfd&en numi§*
tnatifä)en ®efeflfd&aft IL 3a$rg. (1883) 6. 53 „8*>etfeUo3 au* in Sütbaijern1' [?].
— 399 —
SejtS1 Behauptete ffdj her ßur$ son 90 fr. für bert 9teidj3taler
„längere 3eit". 3m 3al>re 1678 (SDtanbate com 10. 3anuar unb
J4. äpril)8 würbe ber 2Bert be$ 3*eid(j$taler3 auf 1 ff. 45 fr., ber
be« 9leidj3gulben$ auf 1 ff. 34 fr. er^öljt. SDiefeS 2BertüerI)attni$
erhielt ftd^ aber nidjt feljr lange, fonbern auf bem SRünjprobattonSs
tage com (September 1693 würbe ber SBert be3 9teidj3taler$ aber=
tnafe tarifarifdj er^ö^t, auf 2 ff. (Seipjtger gufc) 8, eine 2Bertrelatipn,
bie befanntlidj 1737 als 9tetdj3münäfu& anerfannt würbe.
SBie feljr bie 3Rünjwirren, namentlich bte SWünjoerfdjledjterungen,
&anbel unb SSerfe^r fdjjäbigten, ift befannt. 3Me aWünjüer^dltniffe
werben benn audj gewöljnlid) unter ben Urfadjen beä StücfgangeS
von ißanbel unb ©ewerbe in jener 3*it auSbrücl lidj ermähnt 4.
3)ie l)eroorffed>enbfte unter ben fd&limmen SBirfungen einer Wtüxifr
t>erfdjledjterung war bie 3errüttunß &cr Steife, bie Untergrabung
von %xtu unb ©lauben im SBerfefjr. S)ie juerft ©efdjabigten waren
in ber SRegel bie 5J3robujenten, weil fte für gute SBare fdjledjteä ©elb
erhielten. ©ewifcigt, gingen fie mit ifjren greifen um fo meljr in
bie $ö&e, unb nun waren e3 bie ßonfumenten, bie bie folgen ber
SRünjoerfdjledjterung ju fpüren befamen. Unter ben teueren greifen
muffte aber natürlich wieberum ber Slbfafc ber Sßrobufte leiben. 3Ber
ni<$t nur Ääufer fonbern audj 3Serfäufer war unb fo bie §ol)en
Sßreifc auf anbere ©djultern abwatjen fonnte, war gut baran. Stile
biejenigen bagegen, bereu (Sinfünfte anä feften ober wemgfienS längere
3eit um>eränberlidjen Sejügen beftanben, j. 83. Zentner, SBitwen
unb SBatfen, Äirdjen, ©galten unb SDienftboten, ©olbaten, femer ber
©taat5 mit i^ren $au3jtnfen, Sßfenniggülten, 3ntereffen, ßiblöfjnen,
.©olbanf prüfen, 2Jiauten5 fafjen im Stadtteil, inbem fte „pro re, ba$
iffc für einen redeten ©ulben, Skfeen ober Äreujer, ben man tljnen
föulbig gewefen, nidjtS anbereS ate nomen6, ba« ift einen falfdj
1 ©anbmörterbua) ber Staats»., Slrt HRünjmefen bei neueren &\t.
1 Sori III 128 unb 130.
8 2ovi III 206. $er 9iet($$guH>en im baperifdjen SWünjgebot oom 27. «prU
1698 (,2Bie naa) bem bermalen genommenen gufe be3 9teia)etalet8 in feiner
äußerlichen (Srfttyung au 2 ff. aua) anbere im innerlichen $a(t geregte Sorten
foroo^l frei ben Ämtern a(3 fonft im $anbel unb ©anbei angenommen unb gang*
bar fein foHen') auf 1 ff. 46 !r. (ßori III 204).
4 3- »• Sreljberg II 372 (1624).
6 3* entnehme bie 3ufammenffettung einem ®utaa)ten beö State« Seuler
an SRasimitian L, aud ber 3eU 1621—23 (greijberg II 291).
• Knfpietung auf bie p^ilofop^ifa)en »ia)tungen fteattften flJfoto) unb
«ominaliffen (SUifteteUS)?
— 400 —
genannten ©ulben, Safecn ober Jtreujer" l empfingen. Samtt $aben nur
f d&on eine fjrage berührt, bie und bef onberS inieref fiert, namltd) bie gfrage
naä) bent (Sinfluf? ber 2Wfin}oerf<$led)terungen auf bie ©djulbenjaljlung,
überhaupt auf baS SBer&ältniS jmifd&en ©laubiger unb ©d&ulbner-
S)a« bamafe $errf<$enbe ©elbfpften bejeidjnet man geroöljnli<&
ate ba$ ©pftem be$ ©ortengelbeS *. SBenn im Vertrag leine be*
fHmmte ©etbforte ate ©egenftanb ber 3Sertrag8erffiffung genannt
wirb, fo barf ber ©d&ulbner in einer beliebigen ©elbforte jaulen-
Stur mußten bie 2Rflnjen flaatlidfr anerlannt fein, baä Reifet fte burften
ni$t, wegen ungenfigenben ©e&alts ober bergleid&en, oerrufen unb
verboten fein, ferner brauste man bei großen 3<^lungen feine gar
ju Keinen 9Wünjen annehmen8.
SDte fdjledjten 9Rfinjjufiänbe brachten, tote mir bereite ermähnt
Ijaben, mit jtd>, bafc bie Heineren anfingen t>erf)ältni£mäfcig einen triel
bebeutenberen Umtauf Ratten ate bie größeren, ja bafj an Unteren
jeitroeilig ein arger 2Rangel §errfd>te. 3)ie8* Ijatte jur gfolge, bafc
bie Heineren 2Wünjen häufiger ju 3<*i)h"igen, au^ Ju größeren, oer*
menbet mürben , ben ©elbbebarf oerfaljen, ate t>oltemirtfd&aftUd>
mfinfd>enSmert unb oom ©efefcgeber beabftdjtigt war, unb ate tyre
Stellung im aRfinjfgfiem entfprad).
3n melden 2Rttnjforten tatfad^Itd^ im einzelnen gatte 3<^^ung
unb atfidfjaljlung ftattgefunben fyat, föfct ftdj natürlich nic^t meljr
ober fdjmerlidj f eftftetten 4. 6$ ift aber Aar, bafj bie 3^^tungen fUfr
um fo fd&mieriger unb unerquieflidjer geftalteten, je fdjlimmer bie
aRfinjjuflänbe waren. 9lad) Se^iS a. a. D. bilbeten bie einfachen unb
otelfadjen Äreujerftücfe „im gemöl)nKdjjen Seben ba£ ioauptumlaufs*
mittel". „Sie mürben jum eigentlichen SBertmafe, unb ber ÄurS . . .
ber groben ©ilbermfinjen mürbe ba^er in 3fi&Iguü>en unb Äreujer
auSgebrfidt" [ftefce audj oben]. 3Ran mufc alfo jmifdjen ©pejieS*
gulben, b. $. ben mirfttdj geprägten SRetdjSgulbenfifldfen (f. o.), unb
bem 3^lgulben untertreiben. 3)er 3ät)lgulben „bebeutete 60 Äreujer
be$ umlaufenben ÄleingelbeS" 6. 2lud) in Sapern mar eS flblidj,
1 2tu$ bem SRote 5 ber t>or§erge$enben &titt girierten Outacfttcn.
2 SejiS in 3a§rb. für «Rattonalölonomie III. fr 9. 8b. ©. 829 ff.
8 Äei$8münjorbnung 1559 § 38: ($3 foU au$ niemanb in einiger großer
33eja$lung wenig ober oiel Pfennige »iber feinen SBtUen ju nehmen fäulbtg fein.
4 ©inen 2ln§altSpunft für bie §äuftgfeit ber gunttion ber t>erf$iebenen
SRünjf orten al§äBertaufbetoa$rung$mitteI liefern manchmal bie 3n»entare,
»gl. oben @. 289 unb 291.
K $e(fferic&, ©elb unb ©anfen I 48. Sgl. ben unten gitterten gäbet p. 404:
Florenorum species nulla est.
— 401 —
bcn SReidfjSgulben ju 60 fr. in biefcr gunftüm Ju oerwenben. $)te
Verträge lauteten gewöl)nlid& auf „ . . . fL r^einifd^ ju 60 fr. ge*
rennet". SWetjlenS würbe Jjtnjugefügt, bafc bie 3«^U«Ö *fa 8uta,
geregter, gangbarer, unoerrufener" 2Rflnje ober 2BäI)rung ju erfolgen
Jjabe1. Sei ©elbauf nahmen finbet ftd& fcauftg audj ba3 äfaerf enntnte,
bafe bie ©elbfumme auä) in biefer SOBcife Eingegeben worben fei1.
2Bie Derzeit e£ jid& aber mit ber Sa^ungSpfltd^t, wenn jwifdjjen
bem SBertragSabfdjjlufj unb ber 3a^un9/ alfo bei 3)arlef>en jwif tjjen
ber Eingabe ber ©elbfumme unb iljrer Sftüdfgabe, bie umlaufenden
aßüngen i^ren SBert geänbert Ratten? Sffiir meinen natürlich nid&t
eine änberung be3 SIRfinjfufjeS, benn eine foldje §at in bem 3*itraum,
mit bem mir un$ bef djäftigen, nidfjt flattgef unben , fonbem eine
SBerminberung i^red ©ewidfjteä ober Feingehaltes bei gleidjjbleibenbem
©epräge. 3Rit anberen SBorten : wenn ber Realwert ber SRünjen ge*
funfen, iljr Nominalwert aber jid& gleichgeblieben mar. ftam e3 auf
ben ^Realwert (valor intrinsecus) an ober auf ben Nominalwert
(valor extrinsecus) ? StnberS auSgebrficft: war baä tempus con-
tractus mafegebenb ober ba$ tempus solutionis? ©ine umftdjjttge
unb fdfjarfjmmge ©d&rift be$ faoopifdjjen StateS unb SRedfjtegeleljrten
Antonius gaber2 aus ber „ftipper* unb Sßipper&eit" fommt ju
bem SrgebniS: Semper bonitatis intrinsecae ratio habenda est.
3)ie ©d&rift übte nadfc ©otljein8 einen „beftimmenben (Sinflug" auf
bie SRecijteanfd&auungen iljrer Stit 2lber e§e biefe 2lnjid(jt burdjj*
gebrungen war, Ratten bie ©dfjulbner bie Ujnen gfinfttgen ßettums
ftänbe bap benfifct, um mit ben entwerteten 3ai)lung8mitteln ft<# to
großem 9JtoBfiabe tljrer ©Bulben $u entUbigen4. 3lo$ Seufzer in
feinem oben erwähnten ©utadjjten lägt bie Rechtsfrage offen5 unb
1 3. 8. 3tnl>ang I.
8 Tract. de variis nummariorum debitorum solutionibus 1622 p. 408.
• Pag. XIX.
4 (Sbenba.
5 »gr. au$ bie ^ünafc^rift ber Grneftiner um 1530 (£ofc, 2>ie brei glug-
fünften ufro., Sammlung ftaatöroiflcnfd&aftfid^cr <Sa)riften »on Brentano unb
Sefer) p. 20/21: @* ifl an fta) MUig . . ., bajj ein jeber bie 3Rün§e na$ i$rem
redeten natürlichen Sßerte, ben fte an fla) felbft ober wegen be« ©über*
beft|t [oben Äealroeri genannt], nueberjaljle, fomie er ober feine 35 or-
fafjren biefelbige empfangen $aben; nia)t aber, wie man ed tajiert,
wenn g(eia) aua) im ßanbe eine Stünaoerringerung burd&gefüljrt roorben
wäre*, forote bie Qemerfung oon £o( 6. 36 ebenba. 2)ogmengefa)io5tlia)e* bei
Gnbemann II 197 ff.
60 l e n , ©erf gulbung. 26
— 402 —
roetft nur de lege ferenda auf baS „mehrmals ergangene Sßräjubtj"
be3 5Retd)S{ammergerid&te8 $in, „ba& in allen Sejaljlungen ntdjt
tempus solutionis, fonbern tempus contrarius gelte".
SBegen ber befifinbigen ober periobifd&en SBerfdjled&terung ber
{leinen 3Wfinjen, bie, mie mir gefeljen Reiben, bie eigentliche SBäljrung
bilbeten, ifl e3 befanntlid^ trreffi^renb, wenn man Preisangaben au3
©erfdjiebenen 3eitye*toben mit einanber oergleidjt, oljne baS 9Rafe
biefer SBerfdjledjterung, ben roedjifelnben geingeljalt ber {leinen 3Rünjen
in Serüdfftc^tigung ju jte^en. 9Jlit einer blofeen Umre<$nung nadj
bem SRttnjfufj ber groben SDWlnjen (j. 39. bem ©ulben* ober £aler*
fug oon 1559 bejro. 1566) ifi nidjt gebient. 2)eSroegen unb weil
eine Unterfudjung aber ben Realwert ber gebräuchlich geroefenen
{leinen 9Rünjen, bejro. Aber bie Bewegung biefeS 9tealroerte3
Don 3ei* iu 3eit ü&er *>en 9?a^men biefer ©d&rift weit l)tnau3
ginge, §aben wir e8 unterlaffen, bie oerfdjiebenen SBert* unb ©elb=
angaben in unferetn Duettenmaterial, namentlich in ben Srtefproto*
foflen unb Qnoentaren, auf ben tynen innemo^nenben SRealroert ju
prüfen, ober gar unter 3ugrunbelegung fei e$ beS ©tlbergenridjteS,
fei e$ ber heutigen Sßäfjrung mit einanber ju oerglei<$en *. Sßir
{onnten uns beffen um fo eljer entfdjlagen, roetl e3 jidj Ja in unferer
ganjen ©djrift nidjt um geftftettung abfoluter ©röfcen Ijanbelt, fonbern
um bie Setradjtung uon $Berl)ältm8jal}len, j. 33. um baS Servitute
jnrifd&en SSermögen unb ©Bulben, pnfd&en ftapiial unb 3infen,
jtt>if<$en ber Eingegebenen unb ber jurfidbejaljlten ©elbfumme. 3)afe
aber bie ©dSJroanftmgen be3 2Wfinjroerte3 auf ba$ leitete &erf)ältni$,
jtoifd(jen aufgenommenem Kapital unb gurfidtgejaljltem Äapital, im
attgemeinen {einen ©influfj ausübten, tyaben mir foeben gejeigt.
§ 23.
3M* &r?btfb?Mngim02tt. ßtEMftwt
I. 35er f.ojiale ftrebit.
©r bilbet im 17. Qa^r^unbert nur meljr eine ausnähme, !>at
ftdj aber oerfeinert. @r l)at im Saufe ber 3*it feine {ommunijttfd&e
i&fltte abgeftreift unb {aritatioe 3üge angenommen. SluS bem „33ruber *
{rebtt"2 ift ein greunbfdjaft${rebit geworben. Studj bie
1 2lbflcfe§en baoon, bafs audj rnodj ber SBec&fel ber Jfauftraft be$ @ilberö
gu &erüdtfttf)tt8en gewefen träte.
* Snama.StetneQg, ©taatStmffenfd&aftnd&e Sb^anblungcn 6. 113: „2)ec
— 403 —
©idfjer & et t bei biefem „fojtctlen" Ärebtt, rote man tljn nennen fann,
fyat ftdfj oergeifttgt. Urfprünglidjj jog bie ©ippe einfadjj SQanS unb
4}of be3 ©ippegenoffen, ben fie aus ber ©d&ulbfnedjjtfdjjaft löfte, an
ft<§ unb madfjte ftdfj bamit bejaht [14]. Sei ben ber ©ippe nadfj*
gebilbeten „SBruberfd&aften" garantiert ber @ib mit feinen gludfj*
formein bie ©rfttllung ber Sßfftdjjten, bie ber ©enoffe gegenüber bem
(äanitn auf ftd^ genommen §atte (Verruf). 3>n reiferen Äultur*
juftanben bilbet bie Stellung be3 ©djjulbners in ber ©efettfd&aft ben
toirffamfien Sdjufe be3 ©läubigerS gegen Jiid^tja^lung ber „(S^rens
fdfjulben". 3)ie ß^renf djulben ftnb namltdf) gegenwärtig bie fojialen
©Bulben berjenigen Äreife, bie ftd& eine befonbere Gfyxt jufdfjreiben.
S)er ©dfjulbner würbe ba$ fojtale änfeljen, ba3 er geniefjt, einbüßen,
er mürbe ftdj in feinem fojialen Äreife, in ber ©emeüne, bei feinen
33eruf3genoffen unmöglidfj mad&en, menn er eS mit ber Stfidfjafjlung
oon ©efälltgfeitSbarleljen ebenfo wenig genau nehmen mürbe,
als etma — mit ber SSejafjlung fetner Sieferanten.
SDie genoffenfd&aftlid&e ^wfammenge^örigfeit ift
alfo bie SBurjel beä „fojialen ÄrebitS". ©ine anbere Sßurjel ift ba$
jQerrfdjjaftSoer^ältntS. 3)er &err ift jum Unterhalt unb jur
ttnterftüfcung feines ©$üg(ing3 oerpftid^tet. ©tatt iljm etwas ju
fdjjenfen, fann er tym audjj in ber Slrt feine &üfe angebetljen taffen,
bafc er tym ein ©arteten gemährt, oljne 3*nfen in verlangen. ©er
©d&ufcbefol)tene erftattet baS ©arteten jurüdf, menn er e$ oermag;
(o lange er mit beS SebenS 3lot ju fämpfen tyat, fann er nidjjt baju ge*
jwungen werben, weil tym ber &err baS @|:ifienjminimum verbürgen
tnufc. 2Bie ber SJruberfrebit jum greunbfd&aftäfrebit ausreift, fo
entroidfelt ftd& ber &errfd&aft3frebit jum reinen gttrforge*
Jrebit. SWan braucht bem ©dfjfifcer nidfjt mefcr bie §abt oerfdjjreiben,
wie bem Teufel bie ©eefe, fonbern ein patriard&alifd&eS SBerfjältniS
genügt, um eine ^ürforgepflidjt ^jeroorjurufen.
1. S)em gürforgefrebtt begegnen mir in unferer ^ßeriobe
im Servitute ber Äirdfje ju ben $aro<$ianen, be3 ©runb*
Ijerrn ju ben ©runbuntertanen, beS ©taateS ju ben
JßanbeSuntertanen.
a) 3)et SRejefc jwifdfjen bem Äurffirfien unb bem 33ifdf>of oon
Sreiftng oon 1718 befttmmt, ba& jut SJeförberung gemeinf amen
SBoljlftanbeS oon ben Siird&engelbern almofentoeife armen
©ruber borgt bem ©ruber, ber 2)orfgenoffe bem 2)orfgenoffen, bem ©aflfreunb
ber ©aflfreunb. $aä innige fojiale Sertylttm* ifi bie Duelle biefe* ftrebitö".
26*
— 404 —
unb fonfit oerfoffenen franfen Sßfarrfinbern, jeboc^ aHein gu bereu
^öd^fter SRotburft, audjj auf juoor eingeholte ftdjjere Snformation, in
leibentltd&em 9Rafje, je nadfj ber Äird&e ©rtrfigniS, unb nur wenn
benfelben anberweitig nid&t beigefprungen wirb, an bie $anb ge*
gangen werben fott. 3Rit ©d&auer, SJrunji ober bergleid&en UnglüdfS*
fällen in ärmut gefegten Sßfarrfinbern foH, fo Diel ber ßirdfjen @in~
fünfte e8 leiben, oljne Sriefunfofien auf 4 — 5 Saljre mit einem
Starken beigefprungen werben, unb jwar, wenn bie betreff enben
spfarrfinber jugleid^ ©runbuntertanen ber Äird&e ftnb, o^ne
Qntereffe, wenn nidjt, gegen SReid&ung eines geringeren
3infe3 [als beS übltd&en oon 5%]. ©dfjon bei ber 2JKfcernte oon
1662 war oielen Sebrängten oon bem Saroorrat ber Äirdfje „jur
©rfaufung oon ©peife» unb ©amengetreibe auf fünftige SDBieber-
erflattung ausgeholfen worben" (©. 332).
b. Die SBerpflidfjtung beS ©runb^errn jur ©ewäfjrung
oon gürforgefrebit beftanb mefcr in ber S^eorte, als bafc fie ftd&
tatfadjjltdfj ©eltung oerfd&afft fyattt. Smmerljm Ijaben bie Ijierljer
gehörigen Seiftungen ber ©runbfjerren an bie ©runbuntertanen eine
gewiffe praftifd&e Sebeutung. Der ©taat naljm bei SRifeernten feine
fojiale Aufgabe gegenüber feinen ©runbuntertanen wirflidjj ernji [335].
Äl e r u S unb S3eamtenfdf>aftin itjrer ©igenf d^aft als ©runb^erren
fdjjeinen ein richtigeres 2tuge für ben 3ufammen^ang jwifd^en ©ewalt*
oerfjältmS unb gürforgeoerl)filtnis gehabt ju ijaben, wie ber 2lbeL
3m breifjigififirigen Äriege aber mußte audfj bem engljerjigften abgaben*
einforberer einleudjjten, bafc er feinen ©runbuntertanen erft aufhelfen
muffe, wenn er bie 2luSfidf>t auf feine gewöljntidfjen (Sinfünfte nidfjt
oerlieren wolle. -Kur war bieS nidjjt immer mögti<$, benn wer anberen
Reifen will, barf nid&t feibft IjtlfSbebürfttg fein.
c) Die SBereitwiHigfeit beS ©taateS (als folgen) jur ©e-
Währung fojialen ÄrebitS erflärt ftdfj aus feinem 3fntereffe an einer
„naljrljaften ooßreid&en ©emeinbe" (Sedier). Die oon 3*ü ju 3*ü
immer wieberfe^renbe Slot fonnte bie „3Jtannf<$aft" fdjjwäd&en, bie
©üter beoaftieren. SBoljer bie ©olbaten nehmen, wo^er baS ©elb,
um bie beftänbigen Ärtege ju führen? Die grage fieHen, Ijeifjt, fie
beantworten. Der Slufwanb rentiert ftd&, audjj wenn baS ©rgebniS
ber £ranSaftion rom prioatwtrtfd&aftlidfjen ©tanbpunft wenig be*
friebigt.
2. 2BaS nun ben greunbf d&aftsfrebit anbelangt, fo ift
berjenige 2lnwenbungSfaH, ber uns in unferem 3Raterial am meiften
begegnet, ber SRadfjbarfrebit [245]. ^n ben Sriefprotofollen unb 3n*
— 405 —
t>entaren ftnben wir eine 3Benge oon f leinen ©djulben (im Settage
von wenigen ©ulben, einem ©ulben, oon Srudfjteilen eines ©ulbenS),
von benen mir unmöglich annehmen fönnen, bafc fie oerjtnSltcl) ftnb.
3)er -Wacljbar §ilfi Ijier bem SRacIjbar in einer momentanen ©elboer*
legen^ett aus unb erwartet in gleicher Sage bie gleite ©efättigfett.
SDaS 3)arletyen mirb jinSloS unb formlos gegeben, benn eS mürbe
1xdj nidfjt lohnen, 3*nfen Su beregnen, unb nodfj weniger, ben beljörb*
ticken Apparat in Bewegung ju fefcen, baS »erjagte ©iegelgelb ju
entrichten.
3. 2)er übliche SDlobuS, fojialen Ärebit ju gewähren,
umr, wie wir fe^en, baS unoerjinSlidfje ©elbbarle^en. aber
§äuftg ifl eS weniger baS ©elb, beffen ber Sauer in brängenber
IJtot bebarf, fonbem Naturalien, namentlidfj ©et reibe. S)ann
ift bem ßrebitfudjer mit einem ©etreibebarle^en unter Umfiänben
beffer gebient als mit einem ©elbbarle^en. 3)er fojiale iftaturalfrebit
§atte ftd^ feine befonbere, ben eigenen Sebürfniffen gut angepaßte
33ertragSgattung gef Raffen — „©amljaberoerltbung" [239]:
3)aS ©etreibe wirb in ©elb angef dj tagen, ber ©djjulbner oerfpri<$t
„&etmjal)lung" im &erbft. 2Ba&rfdfjeinlt<# §atte er bie SBa^l, baS
bargeltefjene ©etreibe in gleicher SKenge unb ©orte jurüdjuerftatten
ober ben Kaufpreis ju erlegen. 3^ wäljle abficfctlidj biefe SluSbtücfe,
um bie fdjjwanfenbe Terminologie ber Duellen ju marfieren. S)ie
itrebitgeber finb bei ber ©amljaberoerlet&ung — wie wir, mobemer,
fagen motten — in ber Siegel Sßerfonen, bie oermöge tyreS SerufS
ober SeftfceS über größere ©etreibeoorräte oerfügen: anbere Sauern,
<m<$ SBirte, Sräuer, ferner bie ©runb^erren. Sei ber ©ewä^rung
Don fojialem Ärebit bur<J) ben ©taat ober burdj bie ©runb^erren
wegen 2HangelS an ©aatgetreibe (f. o.) würbe ma§rfdfjeinltd(j biefe
tJorm gewählt. Slber nid&t nur ©aatgetreibe,. fonbern audj Sie§,
Sau^olj, Saujeug, tonnten bie Sauern bisweilen oon ben ©runb*
Ijerren auf bem 2Bege beS fojialen ÄrebttS erlangen.
4. 2)aS fojiale SWoment fann ferner beim fojialen Ärebit fiatt
in ber 3taSlofigfeit Ober im geringeren 3inS) barin befielen, ba§
ber ©laubiger, um bem ©djulbner bie Ärebiterlangung ju erteiltem,
fidf) in Sejie&ung auf feine S)e<fung, auf bie ©tdjjerljeit ber
Ärebitierung bef djeibet. ®r forbert feine Serbrief ung, feine ?ßroto*
Mierung, feine fcppotfjefbeftellung, feine Sürgfd&aftSleifhmg, fonbern
er frebitiert „o&ne Sriefunfofien", „oljne Srief unb Sürg-
fdjaft", wie bie flereotppen gormen lauten.
5. Slber nid&t nur bur$ eigene ßrebttgewS&rung unter festeren,
- 406 —
billigen 33ebingungen fcmn man ben fojialen 3njHnft betätigen,
fonbem audjj baburdfj, bafj man ftdS) bem Sruber ober greunbe, ber
fonfl leinen Ärebit finben würbe, jum Sfirgen ^ergibt. SMe
33ürgfd(jaft ift eine Sttrt oon inbireftem Ärebit, eine primitioe
gorm ber $eute fo au3gebilbetengenoffenfd|jaftli(ljen Haftung*
3)ic SürgfdfjaftSletftung gefd&ieljt gewöl)nli<ij unentgeltlich, wenigftenS
gibt unfer 3KoteriaI feinen än^altöpunft bafür, bafe e3 ablief ge=
wefen wäre, bem Sürgen eine SSergütung ober eine Remuneration
für feine ©ienfie ju oerfpredjjen ober ju geworren. SDie ©egen*
Ieiflung lag, wie bei ber unentgeltlidfjen Ärebitgewäfjrung überhaupt,
in ber ertoarteten ©egenfeittgfeit. S)afc bie gegenfeitige SBerbürgung
feine Seltenheit bilbete, wirb man au$ bem SBorge^en ber Regierung
gegen Sürgenreiterei (©. 342) fdfj liegen bürfen. ©ewöljnlidfj waren
e$ ©tanbeägenoffen, bie um bie Übernahme ber Sürgfd&aft erfudfjt
tourben, auf bem ©ebiete be£ bäuerlid&en ÄrebitS alfo Säuern, SBer*
toanbte, greunbe, Radjjbarn. gafit ffimtltdjje Sürgennamen in ben
Sriefprotofoffen Hingen bäurifdjj.
Sei jeber SKrt oon fojialem Ärebit bilbet bie grunblegenbe
Sebingung, bafe man ben ©d^ulbner im 2luge behalten, fein SBer=
mögen überfein, feine SebenStoeife prüfen fann. 2)er fojtale Ärebit
wirb ba^er immer nur innerhalb enger fojialer Äreife (3)orf*
gemeinbe, ißofmardfj, Sßfarrbejirf ufw.) feine ©tätte finben, feine
SBirffamfeit entfalten fönnen. SDarin liegt feine ©dfjwädfje. SDenn
je enger ber fojiale Ärete, in bem fidf) ber ©d&ulbner bewegt, beflo
leidster wirb fein fojialer Ärebit fid|j erfdfjöpfen, befto me^r wirb er
auf ©efdf)äft3frebit angewtefen fein.
II. ©er ©efd&äftSfrebtt.
3)ie normale unb Ijäufigfte gorm ber Ärebitgemäljrung mar bie
gegen öprojentige Äapital* unb 5ßfanboerfd^reibung
(günfprojentoertrag) , fei e3 in ber gaffung eines ©ültfaufS mit
ÄfinbigungSbefugntö be$ ©läubigerS [64], fei e$ in ber gaffung
eines oerjinSlidfjen £)arle§en£ [78], fei e$ in einer bajrotfd^en liegenben
SDie Seftimmung be3 3^n^f uBe^ <*uf 5°/o mar (abgefeljen oom
fojialen Ärebit, f. o.) fo allgemein [245], ba$ man biefen SwSfafr
ju ben ttjpifd&en Ärebitbebingungen bei ©ewäfjrung oon ©efdfjäftS*
frebit jaulen fann.
2Ba3 ben RüdfjaljlungamobuS [247] betrifft, fo würben
mand&mal jäljrlid&e Raten ja^ Jungen oereinbart ober eine furje Rücf*
— 407 —
ja§lung$frift, j. 93. oon einem i$af)re, im Vertrage feftgefefet* @e*
roö^nli^ aber würbe ba« Starteten auf unbeftimmte 3eit gemährt,
b. I). in ber SBetfe, bafe ber ©d^ulbner bie 25arlet)en«fumme jeberjeit
prficfjalilen, ber ©laubiger fie ju jeber 3«t jurüdfoerlangen fonnte;
jebodfj mufjte fomoljl vom ©djjulbner aU audfj oom ©laubiger eine
^albjaljrige ÄünbigungSfrift beobad&tet werben.
35ie ©idfjerfjeit be« ©laubiger« beftanb f)auptfäd<d& in ber
Sßfanbnerfdfjreibung [250] . ÜWeiften« mürbe ba« gan je Vermögen
»erpfänbet. 3fn ber ©eneralfjppotfyef mar aud& ber unbemeglid&e
S5efi| begriffen, feljr oft mürben aber bie im Sefifce be« ©dfjulbner«
beftnbltd&en ©runbfiüde, namentlidfj, menn fie fein Eigentum maren,
no<$ befonber« mitoerpfänbet (©pejialljppotljef). Seltener ifi bie
SBerpfänbung beftimmter ©runbftäcfe allein, o^ne ©enerall^potljef.
6in fe^r gebräud&lid&e« ©id&erungSmtttel toar ferner ber SSerjid&t ber
©fjefrau auf iljre „l)eiratlid)en 2lnfprüd&e unb metblidfjen greiljeiten"
[109, 252]. ©in fold&er SBerjidjjt mar notmenbig roegen ber ben
©laubigem au« ber günftigen ©tellung ber ßljefrau im Äonfurfe
brotjenben ©efa^r.
Slber ber ©laubiger begnügt fidfj in ber Siegel nidfjt mit ber
iQtjpotfjefbeftettung al« ©idf)erung«mittel, fonbem er oerlangt audjj
SBürgen [252], meiften« jroei, häufig me^r. 2ludjj bie Bürgen oer=
pfänben gemöljnlidf) i&r ganje« SSermögen, jur befferen ©idjjerljett be«
©laubiger«.
SDa« gefdfjtlberte ©efd&äft mürbe ftet« gertdfjtlidfj verbrieft
unb turnt ©eridjjt in ba« Sriefprotofoll eingetragen [92]. 3)a«
mar fd&on megen ber ^PfanboerfdEjretbung unb Sürgfdjjaft notmenbig,
benn biefe Sßartetljanblungen mußten (bei 93auer«leuten) t>or ©eridfjt
Dorgenommen merben [88, 90].
S)ie 5 projentige ©dfjulb* unb 5ßf anboerfdfjretbung mar bef onber«
bei ben aSermaltern ber Äird&en*, Stiftung«; unb Sßupillen*
gelber beliebt [228, 231]. SDa biefe ßrebttqueHen in erfter Sinie
in Setradfjt famen, menn ein Sauer eine größere ©elbfumme gegen
gute ©id&erl)eit jum üblichen ,8ut«fuf$ (alfo mie mir fagen mürben:
auf erfte £gpotl)ef) aufnehmen mottte, fo fönnen mir bie öprojenttge
©d&ulb = unb Sßfanboerfd&reibung al« ben 31 o r m a l uertrag be«
(foliben) ©efd&fift«frebite« bejeid&nen.
SBett feltener al« ber ©elbjtn« mar ber ©etreibe* ober ftrudfjt*
jinS, ber SSerfauf eine« jä()rlidSJen 9teid&niffe« uon grüd&ten um eine
beftimmte ©elbfumme [209], 3m 16. gafjr^unbert mar ber grudfjt*
jtn« jiemltdfj „gemein" gemefen, er mürbe verboten, meil er megen
— 408 —
ber ©d&nwnfungen beS ©etretbepreifeS für ben Sanbmann gefäfjrlidtj
erfd&ten; im 17. Qaljrljunbert tarn er nad& betn 3eu8n^ von 2R<ro}
(3tn$fd&armüfcel ©. 11) nur „bisweilen" t>or.
3)er ©rlangung eines anbeten SebarfSguteS ber Sauern, be£
SBieljeS, auf bem Ärebttwege, biente eine anbete ©efd&äftsform, ba£
Snfiitut ber „3inSfül)e" [208], eine 2frt tum ©ifernoie^fontraft. 3n*
beffen Fann btefeS ©efdjjäft oieHeidfjt mit größerem Sterte bem 2Sud&er*
frebit jugejffl< werben als bem ©efdjjäftsfrebtt (f. u.).
Sludfj ber ©efdjjäftSfrebit ber bamaltgen 3*ü enthält nod& ein
fosialeS Moment, baS wm bem älteren „fojialen Ärebtt" §errfiljrt
unb an iljn erinnert. 2Bir meinen baS gefefcltdje 3inSmajimum [205],
baS bem ©enrinnjtreben beS ©WubtgerS ©dfjranfen fefct. Sie bamafe
nod(j roett oerbreitete fojiale SKuffaffung vom 2Befen beS ÄrebitS
fommt audfj barin jum SÄuSbrudf, baft man ftd& melfadj) nod& immer
nid&t baran geronnen !onnte, bie entgeltliche Ärebitgeroäljrung als
auf nrirtfd&aftlid&en £riebfebern berufjenb anjuerfennen, fonbem, roenn
nur bie fojialen ©djjranfen beS ©efdfjäftSfrebiteS (3inSma£imum ufro.)
gewahrt blieben, barin f)äuftg ein oerbienfilid&eS SBerf, gottgefällige
&ilfeleiflung in ber Slot ufw. erbliden ju muffen glaubte.
III. ©er SBudjerfrebit.
3ft eS fdfjon Ijeutjutage fd^mierig, roud&etifdfjen Manipulationen
auf bie ©pur ju fommen, um fo t)iel me$r bei einer {jiftorifdjjen
Slrbeit, ba 2Bu<$ergefdfjäfte webet bem 2luge beS SßrotofoHbeamten
unterbreitet nodlj in ben SlrdSJtoen mumiftjiert ju werben pflegen.
2Bie bie fofftlen f$unbe auf bie ©feletteile untergegangener £ier*
gattungen fidfj bef dfjränfen , ba bie SBeid^teile nur feiten ber SSer=
fteinerung fäljig ftnb, fo oer^allen bie glfidfje ber in baS gangnefc
oon 2Budf)erem geratenen Unglüdflidfjen in ber SRegel nrirfungSloS unb
oljne an baS Dljr beS &ijloriferS ju gelangen. Qn ber Siteratur
ftnben ftdjj feiten &inroeife auf beftimmte gäHe oon Sewudfjerung,
fonbern bie klagen über 2Bud(jer finb me^r allgemeiner Statur, unb
man weift babei nidjjt, ob eS fid^ um mirflid^en 3w3wudfjer Ijanbelt
ober einfadjj um eine unoorfid^tige (barleljenSäljnlid&e) Raffung ber
ftontrafte ober enblidfj um an fi<$ unbebenflidjje, aber bamalS aus
wirtfd&aftSpoltttfdjjen ©rfinben geljafcte unb als oerwerflidfj betrachtete
gefd&äftlid&e 3Wanipulationen, j. 35. um fold^e, bie jum großen 33c*
reiche beS „gürfaufS" gehören1.
1 aMcmorial ÜRr. 57: „2)ie usurae unb contrabanda [finb] 311 faft ein*
geriffen unb fo gemein, fonberlidj in ben ©tobten, ju gro&em SRad&teü beS Sc*
— 409 —
Snbeffen genfigt fd&onber ©ebraudjj geroiffer ©efd&aftS*
formen jur berechtigten Sfanafcme, bafc totrHid^ SBudfjergefdjäfte
Dorgetommen finb.
SefonberS auf bem ©ebiete beS SRaturatfrebitS [207] fd&eint
jene 3lnard&ie ber Ärebitbebingungen nodjj nid&t ganj übers
tounben gemefen ju fein, bie ben SBudjerfrebtt fennjeid&net. 3n biefer
2lnnaf>me bfirfen mir und aud& nidfjt baburd) irre machen (äffen, bafc
flerabe ber iKaturalfrebtt reid& mit Sitövtxbottn / 3^taEcn ufa.
fcebadfjt erfdjeint. 2)enn biefeS ift nur eine golge t)on jenem, wie
ftdfj aus ben betreffenben gefefelid&en Seftimmungen beuttidjj ergibt.
SBon ber SBteljleilje, bem SBerfauf be$ ©etreibeS auf bem
.$alm, ber ©etreibegfilt bejeugt bie Sßolijetorbnung au$brudfli<l>,
bafj burdj fte ber Sauer „IjodSJ befdjroert werbe". S)ie ©etreibegfilt
-mürbe ben gelbbebörftigen Sanbleuten häufig gerabeju aufgebrängt,
tnbem i^nen bei Slbroeifung biefer 2lrt oon itrebitgeroäfjrung mit
5Berfagung be3 Ärebitö gebro^t mürbe. 35ie ©etreibegfilt unb ba$
Snftitut ber $xtiltlß)t gehören alfo mdfjt nur bem ©efdjjäftSfrebtt
an, fonbern audfj bem SBudfjerfrebit. 2lber audf) biejenigen -Hatural*
frebttgefdjjäfte, bie mir auf ©runb tyrer allgemeinen Sebeutung jum
f ojialen Ärcbit geregnet tyaben , baS ©etreibebarlefjen unb
ber ©etreibefrebitfauf, tonnten leidet ju „merfUdfjem 3laä)töl"
ber Ärebitbebflrftigen unb Sßotleibenben mifcbraud&t werben.
©benfo ferner rote bie grage nadf) ber Verbreitung beS SßudjjerS
ifl bie grage ju beantmorten, meldten SeoölferungSlreifen
bie SBudEjerer angehörten. Quben maren in Sapern nid&t oorljanben
[216], baoon, baß ©tabtbürger in auffaüenbem 9Rafce jum ©djjaben
ber bäuerlid&en Seoölferung Ärebttnmdfjer getrieben, verlautet in un*
ferem ÜRatertal nid&tä. dagegen ift naljeliegenb, bafj bie trabitioneKe
9Ibt)ängigfett, in ber ftdjj ber Heine gelbbebfirftige Sauer jur Ifinb-
liefen ^lutofratie, namentlich tum Ärämer, 2Birt, 2RfilIer [224]
bamal« befanb (unb nodfj befinbet), auf biefe Kategorien einen [tarfett
Slnteij üben mufcte, iljre gläubigerifd&en SBejieljungen jur ©rjielung
unerlaubten ©erotnnS ju mt&braud&en.
Obwohl bemnad^ audfj im 17. 3aljrl)unbert bie bäuerlid&e 35e*
Datierung unter Ärebitroudjjer }u leiben fyat, fo tonn man jtdlj bodfr
ie8 ©inbrudte nid&t erme&ren, bajs bie Älagen über 2Bu<$er abgenommen
Jjjaben unb nid&t me&r mit ber fiebenbigfeit erfd&aHen, nrie im 16. Qa&r*
tofirftigen unb 9lot(eibenben , babur$ manchem bat ©einige um fyalbtl ab-
gebrungen wirb, geföroeige ber nmcgeriföen Äon träft*.
— 410 —
fjunbert. 2Benn e« erlaubt ifl, oon ber ßeftigfeit ber ©dfjmerj*
bejeugung auf bie 3ntenfttät be* Übel« ju fliegen, fo fann man bafjer
fagen, baß ber 2Bud&er vom 16. jutn 17. Qa^r^unbert ab*
genommen Ijat. gragt man nadfj ben Urfadjen bief er 6rf djetnung,
fo ift am nädjjftltegenben bie Slnnaljme, baß bie Umwanblung be«
9tentengefdf)äfte« in ba« oerjutflidfje $tjpott>efarifdf)e Sterleten unb bie
bamitäufammen$ängenbeeinfü$rungbe«5tfinb^ung«re<$te«
be$ ©laubiger«, überhaupt bie SRobilifierung be«Ärebit« im
16. Qa^unbert biefen erfreulichen 2Banbel herbeigeführt l)at (©. 60).
2)ie genannten SWomente Ijaben bie Ärebitgeroctyrung erleichtert, bie
©renjen be« foliben ßrebit« erweitert. Solange Äapitalbejtfcer, bie
bi«§er bem Äapitalmarft fern geblieben waren, weil fte bie $eji*
legung tljre« Äapital« in unfünbbaren SRentenbriefen freuten
(©. 70), fieflten btefeö nunmehr frebitbebfirftigen ©runbbeftfeern
ju ben gebräud&Hd&en Ärebitbebingungen jur SBerfügung. 3n bem*
felben 3Jiaße, wie biefer Umfdfjwung eintrat, mußte ber 2Bud>er, ber
flet« au$ ber Ärebitbebürftigfeit berjenigen, bie ju
normalen Sebingungen feinen Ärebit meljr erlangen
fönnen, feine iftaljrung jieljt, äurfidfmetdfjen, an 33ebeutung oerlieren.
aber wie ba« fojiale ©effi&l, außer in ber 3to$foftgfett ber
ßrebitgewäljrung, fidfj aud& in ber ©enügfamfeit be« ©laubiger« in
33ejug auf feine 2)edfung äußern fonnte (©. 405), fo fann fidjj ber
Ärebttwucfjer audj barin jeigen, baß, bei normalem 3™$/ bem
©dfjulbner §arte 33ebingungen in Sejie^ung auf bie
©idfjerfjeit be« ©laubiger« auferlegt werben.
3)ie SHängel be« &tjpotl)efenwefen« Ratten ntdjt jur f^olge, baß ba«
©id&erung« mittel ber £ijpot(jef oon ben ©laubigem weniger begehrt
würbe, baß bie ©laubiger auf £ppot§efbeftelIung SSerji^t leifteten,
f onbern im ©egenteil : wa« bie Dualität ber &9potl)efen ju wttnfd&en
übrig ließ, ba« fudfjte man an ber Quantität ^ereinjubringen. SDie
Mängel be« igtjpotljefenwefen« führten ju einet
Häufung ber ljgpotl)efarifcf)en ©id&erljeiten. ©d&mib
fagt (ßSR. XV 6 n. 10), baß „bie ©eneratyppotljefen feiten be*
fonber« bebungen werben, 'fonbern meiften« erftlid^ eine ©pejial*
§gpotl>ef bebungen unb nadfjgefjenb« erft eine ©eneralljppotljef bei*
gefegt wirb: jum ©jempel, bem Titio oerfdjjreibe id& um biefe ober
jene ©umme ©elbe« biefe« ober jene« ©ut, unb in Ermangelung,
ba er baburdjj ju feiner ©ati«faftion nid&t gelangen fann, alle meine
übrigen beweglid&en unb unbemeglid&en ©üter ufw., wie gemeiniglich
alle £ppotl)eJenformulare biefe« Qn^alt« finb".
— 411 —
2lber bie &tjpott)efenfumulierung genügt natürlidfj nid&t jur
Sparalpfterung ber ©d&äben beS &tjpot§efenmefen3. 2)enn eine no<$
f 0 große 2fajal)l oon mangelhaften I)t)potl)efarifdjjen SDedfungen erzeugt
noä) feine gute ©edhmg, unb triele Utullen geben immer nur SRuH.
2)te tDtd^ttgfte SBirftmg ber SRangeltyaftigfeit beS &tjpotl)efens
roefenS mar bie große praftifdfje Sebeutung beä Sürg =
fd&aft$frebit$. 2Wan fud&te e3 an ber Sürgen^aftung Ijereinju*
bringen, menn bie SPfanbljaftung oerfagte.
SDie Sürgfdfjaft Ijat ebenfo mit ba$ Sßfanbredfjt einen fefjr intern
effanten attmctylid&en (SntmiälungSgang t>on ber äußerften &ärte unb
(Starrheit bis ju ben milben formen ber Äonfiitutionen im Corpus
juris burd(jgemadfjt. aber bie graste mar nid^t fo rafdEj oorgefdfjritten,
wie ba$ formale Siedfjt, unb ber SürgfdfjaftSfrebit mar im 17. Qaljr*
Ijunbert oerfjaltniSmäßig fireng unb fd&merfällig. S)er ©laubiger
begnügte ftd) gemö§nli<$ nidfjt mit 1 Särgen, fonbern er forberte
beren 2, mandjjmal nodf) me^r, bis ju 8, ja e3 ift uns ein gatt über*
liefert, baß bei einem Äapital oon 1000 fl. 40 Särgen verlangt
tourben l. SBemt einer ber Särgen ftarb ober jaljlungSunfäljig mürbe,
fo mußte ein neuer Särge geftellt merben [340]. S)ie Särgen mußten
angefeffen unb begütert fein, ©eneralljppotljef befiteDen, fie mußten
femer .,unoeifdfjeibenlidfj" unb als „©elbftgelter unb ©elbftjaljler"
für bie ©cfjulb eintreten, b. Ij. auf bie ©inreben ber Teilung unb
ber SorauSflage oerjid^ten.
3e fd&mfid(jer bie Ijtjpotljef arif dfje ©id^er^eit er-
f djjten, befito firenger mar ber ©laubiger in Slnfefjung
ber Sürgfd&aftSleiftung. 2)al)er fommt bie ©edfung burd^
Sürgfd^aft häufiger oor unb ift bie 2lnjal)l ber Sürgen größer, menn
ber ©d&ulbner nur ©eneralljtjpotlje! beftettt, als menn er ©pejiaU
fcppot&ef befteüt (©. 253). ©in S)efret oom 23. Sluguft 1669 (©. 342)
forbert auf 100 fl. Äapital 4 ober 5 Särgen, menn ber ©d&ulbner
ben grunb&errlid&en ÄonfenS nid&t erlangen fann, ber ©laubiger alfo ber
Ijtjpot&efarifd&en 2)edtung burdf) bie ©runbgeredjjtigfett beS ©dfjuIbnerS
entraten muß8.
1 3n einem 2)efret oom 24. SRärj 1756 (SWapr, Sammlung, II 1058) wirb
»mit Senounberung" fonftaiiert, bajj ein ^flegefommiffär bei Sluöletyung eineS
Äir<$en!apital3 von je 100 fl. 4, folglich oom Kapital jii 1000 fl. 40 »ürger*
»§ergefteüt toiffen wollte*. 2)ic „©riefle ber allau übermäßigen 3? er»
bürgung* f ollen abgerafft ro erben.
8 3Ba§rf<$etnli($ §at biefeS Geltet bie SJeranlaffung au bem in ber oortgen
SJote erwähnten SRifrbrau<$ gegeben, inbem ber Beamte beffen Sefrimmungen gar
*u wörtlich genommen $at.
— 412 —
316er ber Sflrgfd&aftSfrebit $at, weil baS SBerljältniS gn>if($en
bcm fiauptfdjjulbner unb bcm Sfirgen int fojialen Ärebit nmrjelt,
feine engen ©renjen1. ©aju fommt, bo§ ber 33ürgf<$aft3frebit,
toie ber bäuerliche Ärebit überhaupt, ftarf unter ber grunbljerrlidjen
33erfaffung mit t&rem ÄonfenSredjte litt, 63 fehlte an Seilten, bie
ftd) ju 33firgen ^ergaben ober fixere Sfirgfdjaft ieiften fonnten
(Sürgennot) [342, 344, 345, 349].
3Me ungenügenbe ©idjer!)eit ber Sppotljefenglfiubtger Ijatte bafcer
nid^t nur bie ©rgänjung be8 fcppotljefarfrebiW burd) ben 33flrgfdjaft3=
frebit unb baS geftyalten an ben alteren flrengereu formen beSfelben
jur golge, fonbem audj ein 3urücfgretfen auf ältere, fdfjon
fiberrounbene gormen beS 5ßf anbredjieS. SBenn ber
©djulbner feinen Sppotljefenfrebtt me^r befam, ober wenn ber
©laubiger überhaupt fein SBertrauen jur l)ijpotIjefarifdS)en SBerftd&erung
$atte, fo muffte ber ©d^ulbner fidj auf eine bem ©laubiger tne^r
©idjerljett geroctyrenbe Slrt ber SSerpfänbung einlaffen. 6r übergab
ein ©runbftücf, einen 2l<fer, eine äßtefe, einen ©artenteil in be£
©laubiger« 33eft|, Pflege unb -Jhifegenuf* mit bem 9tedjt ber „SSHeber*
lofung" [55], b. $. beS SBiebereinjugg bei 3Wldfja^lung be3 Äapitate;
bie grüßte certraten bie ©teile ber 3uif*ft- ©d&mib, bem mir biefe
<Srflärung entnehmen, fagt, bafc biefe SBertragSgattung „bei ge=
meinen Seuten Ijäuftg oorfomme", unb bafc er felbft iljre SBermenbung
burdj „arme Seute, fo ©dfjulben l)aben", oft wahrgenommen Ijabe.
Sfodfj in unferen SriefprotofoHen (©. 249) unb 3noentaren (©. 287,
290, 296) finb mir ba unb bort auf bie Sßieberlofung, mie bie JBaien,
ober äfotidjrefe, roie bie Quriften in Slnleljnung an ben Sßanbeften*
<mSbrurf baS ©efdjäft nannten, geftofcen. 3m ©runbe genommen ift
bie SBieberloftmg fein bloße« StdjerungSgefdjäft, fonbem jugleidj ein
SBeraufcerungSgefdjaft, ebenf o roie tyre 3ugenbf orm, bie ©afeung
beS aWittelalter«. 2Beü ber ©d&ulbner feinen wtrflW&en „Ärebit", im
1 GJoettje unterm 19. September 1816 an feinen ©o$n (Äonaept): ¥2öenn
tm bared ©elb Ijaft, fo magft bu e3 einem greunbe aud) o§ne grojje ©ic$er$eit
leiten. SBiHft bu eS oerfd&enfen, fo ift aud) nid&tS bagegen au fagen, borgft bu,
fo wirft bu btc$ einrid&ten, 3ntereffen ju besagen unb ba3 Kapital abzutragen;
t>erbtirgft bu bta) aber, fo oerfefceft bu bia) in einen unruhigen 3uftonbf *>er
fcefto peinlicher ift, alö bu bia) untätig, ja letbenb vergalten mugt. ftiemanb
verbürgt fta) leidjt, aufcer wenn er glaubt, er laufe feine ©efa&r; ift aber bie
SBerbürgung gefdjeljen, fo füljlt er fta) gar balb, befonberä in forglidjen Slugen*
bliefen, oon einem in ber gerne fta) aetgenben Übel bebro^t, roeldjeä um fo fürd&ter*
lieber erfc^eint, alä er fü^lt, ba6 er ilmx nic^t geroaebfen fei, wenn eä nä^er*
treten foHtew. (®oetbe8 ©riefe, 27. 8b., Söeimar 1903, ©. 165.)
— 413 —
etgentlid&en ©inne be« SB orte«, metjr Ijat, fo oerfauft er (md&t
iuriftif<$, aber tmrtfd&aftttdj) [einen SCeil feine« ©runbbeftfee« unter
ber »ebingung be« JRedjte« auf SRfidfgängtgmadfjung be« SBerfauf«,
wenn er in beffere SBerljältniffe gefommen fein würbe.
©o füljrt Jebe ©d&wädfjung ber ©td&erljeit be«
Ärebttoerfefjr« ju einer Häufung oon 2)e<fung«mitteln,
SU einer immer größeren unb lafiigeren SBinbung be&
©d&ulbner«, ju immer umfiänblidfjeren formen be«
itrebit«.
Seim ßrebitfauf Hefe fidfj ber Swedf, ben, wie wir gefe^en Ijaben,
bie Sßteberlofung t)atte, bem ©laubiger größere ©id^er^eit ju oer*
f djaffen, afe i&m bloße iQ^potljefenbeftellung bieten fonnte, audfj auf
anbere SBeife erreichen, nämlidfj burdf) ben fogenannten Eigentum«*
oorbefjalt.
2Benn ber Ääufer einer ©adfje bem SBerfäufer jur ©idjjerljeit für
ben SReftfauffdjjiDing eine Jgtjpotljef einräumte, fo fam biefe an oierter
©teile jum 3u8e (9ta$ang II), ba man annahm, baß bie Ärebit*
Bewilligung ben Äauf ermöglicht unb biefer bie 9Waffc bereichert fyabt*
(Sine beinahe abfolute ©tdjjerljeti aber bot bem Säufer, ber ftdfj auf
Jtrebitierung be« Äaufpreife« eingeladen tjatte, ber ©igentum«*
vorbehält l. S)er eigentum«oorbel)alt, b. t). bie 3?ertrag«ttaufel, baß.
ba« Eigentum an ber Äauffad&e bi« jur ooQft&nbigen SJejaljlung be«
Jtaufpreife« beim SBerfaufer bleiben foHe, Ijat namlidjj bie SBirfung,
baß fiel) ber SBerfäufer bei etwaiger SBergantung be« ßäufer« am
©antoerfa^ren gar nid&t ju beteiligen brauet, f onbern einfad), inbem er
fein 6igentum«red&t geltenb mad&t, ba« ©ut wieber an fidf) sieben faniu
S)er @igentum«t>orbeI)alt l>at eine gewiffe Säljnltd&teit mit ber
SBieberlofung, inbem ber ©laubiger bei beiben 9?edfjt«inflituten größere
juriftifdfje SKad^tbefugniffe über bie a(« ©idfjerljeü bienenbe ©ad&e
Ijat, al« bei ber $gpotl)ef. ©r unterfd&eibet fid) aber oon ber 9Bieber=
lofung baburcij, baß bei biefer ber ©laubiger bie SRufcung ber ©ad&e
Ijat, wä&renb beim @igentum«oorbe^alt ber ©d&ulbner (Säufer).
S)er @tgentum«t>orbel>alt ift in ber batjerifdjjen ©efefcgebung von
1616 nidfjt erwähnt, idj finbe iljn erft bei ©d&mtb, ber lebiglidjj
fonfiatiert (}u ©antpr. II 24 n. 16), baß ber ©laubiger, ber beim
Serfauf feiner ©adjje ftdfj ba« Gigentum oorbe^alte, weit beffer für*
1 Sgl. über tyn meine 2l&fjanMung ,$ie gefäic&tlidje ©ntroidlung be*
GigentumSoorbefalieS* in ©rün^utS „ ;}eitf $rif t für ba« $rh>at« unb öffentliche
Äe<$t ber ©egenroart* XXI. 33b. (1894), foroie meine Sc&rtft ,$ie DoKSroirt*
fc^aftU^e »ebeutung be* Ä&aa^ungagefääfiea* 1891 6. 8, 46 ff.
— 414 —
forge, als jener, ber ftdj an ber oerfauften ©a<$e nur eine fippot^ef
auäbebinge. SMe Sa^orbnung oon 1735 f<$reibt (©. 9) au£brü(Jlid&
cor, bafc jum ©tgentumSoorbe^alt (reservatio dominii) rote jum
iQtjpot^efenoorbeljalt (constitutio hypothecae) bie Bewilligung be§
©runbtyerrn nötig unb }u erholen fei. ©inen anberen SInwenbungSs
faS be3 GigentumSoorbe^alteS (an beweglichen ©ad&en) Ijaben wir
©. 309 fennen gelernt.
2Bir tyaben gefeiten, baß bie iNangelljafttgfett be$ iQppotl)efen=
wefenS nid&t eine ©rljöljuttg be3 3™!*$/ fonbern bie Slnwenbung bejw.
(Spaltung brüdenber, jum £eil fiberwunbenen ©ntwidlungSflufeu
ungehöriger Ärebitformen jur golge gehabt l>at. 2)a3 Streben beS
©läubigerS, entweber ©tdjertyeü gegen SBerlufte ju erlangen ober einen
größeren ©ewinn jum 2lu8glei<$ gegen etwaige SSerlufte , madfjte ftd)
aber auclj nodfj in einer anberen Weitung geltenb, nämlidj im SB er?
fefjr mit ©d&ulbtitetn.
SDic im ©efolge be3 2>reif$tgjäl?rigen JtriegeS eingetretene &af)*
lungSfrifiS rief eine allgemeine Entwertung ber ©djulbtitel
§eroor. $Ramentlid& gilt biefeS oon ben ftaatlidfjen ©dfjulboerfdfjrei-
bungen, beren SBert von ben SBed^felfätten be$ ÄriegeS befonberS
beeinflußt erfd&ten. £rofe ber 2)eroute ber ©d&ulbforberungen waren
oiele 33efifcer oon ©d&ulbtiteln genötigt, i^re SBertpapiere ju oeräufcern,
um if)xt eigenen ©Bulben bejahen ju fönnen. 3)a£ auf ben SJlarft
geworfene ÜRaterial würbe oon fapttalfräfttgeren &änben ju gängigen
Sebingungen aufgefauft [303]. 3)enn je bringenber ber SSerfäufer
be£ ©elbeS bebarf, befto meljr fann ber Käufer auf ben SßreiS
brfiefen. 35er Ijerrfd&enbe ©elbmangel forgte bafür, bafc bie 9luf*
läufer oon ©dfjulbtiteln ftdfj gegenfeitig mdfjt aHju fe^r Äonfurrenj
matten.
2)er 2tuffauf oon ©d^ulbtiteln unter Sßari bot ©e-
legendi!, au$ beweglid&em Kapital einen ©emtnn ju gießen, ber bem
SRififo entfpradfj — o^ne 9Wl(ffid(jt auf ba8 3^™^™*™- SM&nten
mir an, ein gfinfprojentfdfjulbbrief im Nominalbeträge oon 100 fL
gelange um 90 fl. in bie jweite &anb. 3a&ft &cr ©d&ulbner pünft=
lidjj bie 3*nfenf fo genießt ber ©laubiger tatfäd(jti<lj einen leeren
3in3 als 5°/o. 2llle £age werben 3i™8f>rtefe unter bem 9tominal=
betrag feilgeboten, fo baß au<$ ber S)ümmfte 6% oerbienen fann,
fagt ©<$mib in feinem Kommentar, gerner fann ber (Erwerber be3
©dfjulbbriefeS oiel el)er afe fein gelbbebürftiger Vorgänger bejfere,
werterljöljenbe 3eü*n abwarten unb ben ©<$ulbbrief mit ©ewinn
weiter nerfaufen.
— 415 —
2)a3 mar freiließ alles ©pefulation, aber bie ©etmnndjancen
nmren bafür um fo grö&er.
@3 ift fd&roer, bic 2Btrf ung bief er @f feftenagiotage auf
ben Ärebtt juoerläffig ju beurteilen, ©ie mufe einerf eitS g ü n ft i g
genannt werben, benn mandjer mare mo^l in bie aUerüerjweifeltfte
Sage gefommen, wenn er nidjt fein le^ted flüfftgeS Kapital, bie
©d&ulbbrtefe, Ijätte oerwerten fönnen, wenn er ni$t Ijätte hoffen
bürfen, bei entfpredjjenbem SßreiSabfdjlag einen Ääufer ju finben.
2lnberfeü$ war bie SBtrfung eine ungünfttge, benn e3 war nun
nodj weniger oerlocfenb, bei fo unfid)eren 3uftänben ju Irebitieren:
iebermann jog ben aufeerorbentltd(jen ©ewinn, ben
man burdj 2luffauf oon 3 ^nö 6r ief cn machen fonnte,
bem befdjjeibenen SBorteil ber anläge in fünfprojentigen
©filtfäufen oor. S)er (Sffeftenmarft mad&ie bem „fotiben" £eü)=
gefd&äft beS 5projentigen 3in$faufe£ unlautere Äonfurrenj. 2)er
Jßorfprung be3 2luffaufgefdj>afte3 im Äonlurrenjfampf ber beiben
©efd&äfteformen beftanb barin, bafc e$ burd& feine gefefeltd&e ©ewinn*
grenje befd&ränft mar. 3n ber %at fann man ftdjj feinen größeren
©egenfafc benfen, als bie ©ebunbenfjeit be3 Seüjgefd&äfteS burdjj bie
3tn£ta£e unb bie 3üfieHoftgfett ber bamaligen Spekulation in ©d&ulb*
titeln, Srofcbem fteljen bie 3inStaj;e unb bie ©pefulation in ©djjulb*
titeln, wie man fteljt, in einem genriffen Äaufaljufammenljang : inbem
bie 3inötaje ben Sei^oerfe^r an ber freien Sewegung
Ijinberte, förberte fie inbireft bie ©pefulation in
©dfjulbtiteln.
3Me 3ütöta£e mar aber nidjjt allein fdjulb an ber 3urüdfbrängung
be8 3)arlel)enSgefdf)äfte3 burdfc artbere formen ber Äapitalanlage,
fonbern bie Älage über Ärebitmangel ift in bem 3«itraum,
mit bem mir un$ befd&äftigen, allgemein, fafi fo allgemein, wie bie Älage
über ttberfdjjulbung, ju ber fie in einem mit feltfamen Äontrajle
fielet. ®te $ungen>erorbnung vom 21. SWärj 1662 fonftattert, ber
Jtrebit fei §in unb wteber bergeftatt gefallen, bafc feiner bem anberen
trauen ober auf 83org etwas geben woüe [331]. SUfo gerabe in
3eiten ber allgemeinen Slot, ber Sßrobejeit für ben gefunben National«
hebit, oerfagte biefer. ©er SBifitattonSrat fü^rt in feinem ©utadfjten
©on 1671 bie £atfad[je, bafe „bie Untertanen mit ben Sorgfdfjaften
fd&werlid[j mel>r auffommen fönnen", barauf jurüd, bafc ber Ärebit
berjeit fe§r mangele unb feiner bem anberen me^r traue [346]. S)ie
ttrfad&e be3 Ärebitmangefe ifl an biefen beiben ©teilen nid&t angegeben,
©td&er ift, ba§ bie Ärebit^ inberniffe, bie mir oben gef Gilbert
— 416 -
Reiben, wie ja fdjon im 93egriffe „Ärebitljinberotf}" liegt, jur @nt*
ftc^ung ober SBerflärfung be$ Ärebitmangete bebeutenb beigetragen
§aben. 2tuf bem Sanbtage oon 1583 erklären bie ©tänbe ba8 Ver-
bot ber (Einräumung be3 Äfinbigung3red[jte3 an ben ©laubiger be3*
§alb für fdjäbltdj, weil infolge baoon, wer ©elbed ju feiner äufcerfieu
•Jlot bebürfe, e$ ntdjt tne^r aufbringen fönne, ja bie bereite angelegten
©eiber jum työdjfien 39efd)wer berer, bei benen eS angelegt, abgeforbert
würben [70]. SDen ju ben ßanbfaljnen ausgewählten würbe ber
Ärebit oerfagt, weil ba$ Äapttal in bie 5ßromptl)eit ber 3ufKj fein
red&teS Vertrauen Ijatte [175]. 3a fogar bie auf ben ©ruubfiüden
biefer Seute ^pot^efarifc^ angelegten ©eiber würben gelünbigt, wa£
auf bie Dualität beS &9potl)efettwefen$ unb auf bie 2Bertf<$äfeung
ber ^ppot^efarifd^en ©idjerljett burdj ba3 Kapital ein IjeEeS Sidjt
wirft. SDie gefeilteren fippot^elen Ratten nadjj ©ribner jur golge,
bafc biejemgen, auf beren JBermögen foldje lafieten, im SRotfatte fdjwer
Ärebit fanben, audfj wenn fie tatfädjlid) jaljlung3fäl)ig unb frebit-
würbig waren1. SefonberS aber ba$ grunbljerrlidje ÄonfenSredjt
erwies ftdj als oerberbenbringenb für ben Ärebit. 35ie ©djwierigfeit
ber Beibringung beS ÄoufenfeS unb bie in ber ÄonfenSprajiS ein?
geriffenen 9Kifcbräud£je bewirften, bafc bie Untertanen entweber bie
Ärebiterlangung teuer bejahen ober beS 2lnle£en3 gänjlic^ entraten
unb in Ijöd&fter 9tot fortlaufen mußten [341], ja bafc bereit« bewilligte
Äapitalien gefttnbigt würben [347]. S)ie £entporal!onfenfe Ratten
jur golge, bafc niemanb ßuft Ijatte, auf bäuerlidje ©runbgered&tig*
feiten fein Kapital Jjerjuleifjen [161].
3)er Strebitnot auf ©eite beS ©runbbeftfceS entfpradj eine
Slnlagenot auf ©eite beS beweglichen Kapitals. 2)af* bie
Sarfdjaften ber Kirnen unb milben Stiftungen bradj liegen muffen,
baoon ift in unferem Material häufig bie 9tebe (§ 20) 2. SDie Ur*
fa<$en finb biefelben, wie bie ber ßrebitlofigfeit ber Untertanen:
ungenügenbe ©i^er^eit, nidjt entfpredjenber 3i^8^inn, bie SBeja?
tionen ber ©runbljerren ufw. Unter ben oon uns benüfeten Qnoentaren
ftnben fid) einige, in benen baS SBorljanbenfem größerer ©elbbejianbe
1 Gribner Mich. Henr., Invitatio ad aud. orat., qua V iur. cand. etc.
1731 (3Ründ&ener6taat8DiMi(>t$ef40 $iff. 5249 b): „Extra commercium veluti
constitutos videas . . . ut difficile eis Bit, aut creditorem aut emptorem
invenire".
2 93gt. au$ Äreuter, ^Beiträge aut ©efc^id^te beS 3BoHgen>erbe£ in Magern
(Dberbauertfa)eg Slrd&io für ©efc&idjte 39b. 50 6. 270): „3ur feiben Seit [b. §.
1612, 1622] taudjte aud) ber tylan auf, bie ©tiftungSgelber, bie bod) nur braa)
lögen, als Jßeriagöfapital jum Slnfauf von Rohmaterialien §eranjujie(jen*.
— 417 —
oon oerfd&iebenen SKünjforten auf 33auernl)öfen fonfiatiert ifl
(©. 289, 291). 3)ie ©itte ber Xtyefaurierung war in bcr bäuerlidfjen
Seoößerung nodfj fe&r perbreitet. 2)er &errfd()enbe ©clb- unb ßrebit*
mangel machte e$ fraglidj), ob man bei eigenem ßapitalbebarf leicht
frembe iQtlfe pnben mürbe. Die 2Wülje, bie man fid& oft mit ber
©intreibung ber ©dfjulbforberung geben mußte (©. 1 68), naljm mand&em
bie Suft, btSponible ©eiber auf 3infen anzulegen, ©nbltdjj lag e$
im 3ntereffe ber grunbuntertänigen Säuern, tyre 33arf<$aft möglidfjfi
geheim ju galten, in ©trumpfen, ©tro^fädfen ufm. ju oerbergen
(alfo ntdfjt auSjuleiljen, ttxoa gar unter obrigfeitlid&er SSerbriefung),
bamit bie ©runb^erren unb grunbljerrlicljen Beamten btefelben nid&t
jurn ©egenftanbe ityrer Habgier machen fonnten (ogl. ©. 222).
©e$r oft blieb e$ aber nidfjt babei, baß ber ©runbbefifcer feinen
ßrebit, ber Äapitalift feinen äforeij jur Anlage feine« ÄapttalS auf
3inf en f anb, f onbem bie Ärebitnot jog nod& weitere oerberblidjje
folgen nad) ftdjj. Qm Qa^re 1583 flogen bie ©tänbe: 2Randfjer
Untertan ifi [infolge SBefdfjränfung be3 ÄfinbtgungSred&teS be3 ©lau-
biger^] gejnmngen, feine oäterlidfjen ©rbgüter oon fidjj ju laffen unb
anberen einzuräumen, au« Mangel an ©elb, ba3 er fonft auf bem
SBege be$ ftrebitö Ijätte erlangen fönnen [70]. 3n feinem @ut«
adjjten oon 1612 bemerft ber fiofrat, bie graste ber temporal*
fonfenfe fü^re baju, baß bie ©runb^olben feinen ©laubiger finben
unb i^re ©fiter „notyalber tüofjl oerfaufen muffen" [161]. 2)a$
'öebfirfniS nadf) Sarmitteln ift ju mäd&tig, e$ Ijanbelt ftdjj um bie
©Haltung ber nrirtfdjjaftlid&en (S^iftenj, unb ba erfdjjeint fein Opfer
ju groß, um in ben 33efifc oon ©elb gu gelangen. 2>er überfd&ulbete
©runbbefifcer, ber feinen fippot^efenfrebit me^r befommt, oerfud&t e$
ba^er mit ber Sfotidfjrefe : er überläßt bem ©elbgeber einjelne ©runb-
flücfe jum Siufcgenuß auf SBieberlofung ; gelingt ber SBerfudfr mdjjt,
fo muß er fidfj auf bebingungälofe Veräußerung feiner ©üter
einlaffen. SD i e Ärebitnot jtoxngt alfo beh ©runbbefifcer,
ju ben primitiven (Sinud&tungen einer überrounbenen
Äulturftufe ju greifen, fie fü^rt ju einem SRfidffall in
bie3uftänbe ber frebitlofen, ber fdjredf liefen 3eit. SEBie
ber mitteralterlidf)e ©runbbefifcer fein oäterlidfjeS (Srbe „au$ 2lrmut
ober ©elbfd&ulb" oerfaufen muß [13, 30], weil iljm fein anbereS
9Jtittel }u ©ebote fteljt, feine Notlage ju befeitigen, fo bro^t audfj
in Stittn entmtcfelter ßrebitinfiitutionen biefe 9tottoenbtgfeit bem
©runbbeftfeer um fo me$r, je me^r ber Ärebit an ber freien @nt*
faltung ge^inbert wirb.
fto&en, Serföulbuna. 27
— 418 —
SBie bcr Krebitmangel im SJradfjliegen ber Kapitalien, fo Ijat
aud& bcr SSerfauf au« 3?ot auf feiten be« ©laubiger« fein ©egenjlücf.
3lud& ber ©laubiger war bur<$ bie mannigfad&en Sefdjjränfungen be«
Krebitoerfel)r« genötigt, um fein Kapital nid^t oöttig mfifftg liegen
ju laffen, ju älteren unooltfommeneren Mitteln ber
Kapitalanlage jurüdfjugretfen. 3)ie ältefie S3Crt ber rentierltcljen
Anlage beioeglidfjen Kapital« war ber (Srroerb oon ©runbbeftg ober
oon einfiinften au« ©runbbeftfe. 9loä) 1583 muß ftd) ber baperifd&e
Stttterfianb gegen ba« Argument ber 3^8*0™* menben, toer fein
©elb frudfjtbringenb anlegen motte, möge btefe« „mittel« ©rfaufung
Iiegenber ©tüdfe" tun. £)er SRitterftanb toeift mit Sftedjjt barauf t>in,
baß biefer Sfolagemobu« bei oorfibergeljenbem 2tnlagebebfirfni« nidfjt
jroedmafeig fei [70]. dagegen §at bie tote &anb mit ttjrent
©enerationen überbauemben Stnlagebebflrfni« ben Auflauf oon
©runbbefifc al« SDKttel ber 5Bermögen«anlage in unferer Sßeriobe
ebenfo ftarf betätigt unb gepflegt, rote ben Krebitoerfeljr mit ben
©runbbeftfeern. 3)ie« ging fo weit, ba§ ber Stitterftanb ju ben leb=
^afteflen Klagen fid& oeranlafct faj) barttber, bafe bie Kird&e „bie
abeligen ©üter an fidfj jielje". 3n meiner ©d)rift „35er Kampf um
bie abeligen ©üter" ufro.1 Ijabe idj gezeigt, roie biefe ®rf Meinung
mit ben ©dfjroierigfeiten, benen ber Krebitoerfeljr be*
gegnete (3in«ta£e, mangelhafte« §t)pot^efenroef en) , jufammen*
§ängt. S)er Stbel fefete burdjj, bafe ber ©rroerb oon ©runbbeftl
burd& bie Kird)e Sef^ränfungen unterworfen rourbe (3lmorti =
fation«gefe|e oon 1672, 1701, 1764 2). 2Birftid& fonflatiert
bie geifilid&e 9?at«orbnung oom 16. 2tuguft 1779 8, bafe „bie Kirdjjen,
roeld&e i§r ©elb stante legis amortizationis auf eine anbere Slrt
ntd&t fruhiftjieren fönnen, in täglichen Kapital* unb $\xßotthift ge*
fe|t werben". S)ie Anlage oon beroeglidfjem Kapital burdfj
2lu«lei^ung gegen3in« unb bie3lnlage be«felben burdfj
@rtoerb oon ©runbbefifc furrogieren fidfj alfo in ber
Söetfe, bafc bei ©rfdjjtoerung be« einen 2lnlagemobu«
ber anbere fid& Ijeroortut.
Slber audjj fold&e ©runbbeftfcer , bie an ber Krebitmifere nidfjt
unmittelbar beteiligt toaren, roeil fie be« Krebit« nidfjt beburften,
mürben burdf) bie Krebittyinberniffe häufig in 9Hitleibenfd{jaft gejogen,
1 3eitf«rift für bie gefamte ©taatgn>tffenf<$aft, 1903, ©. 48 f.
2 Sgl. auä) SDöbexl, ttrfprung ber 2Imortifation8gefefcgebung in Sägern
(gorfc&ungen jur ®efdjic$te SarjernS, 1902).
8 SÄapr ü 1140.
— 419 —
weil biefe bic £enbenj tjaben, ben 2Bert be$ ©runbbeftfceS
£erabjuminbern. 2)te £emporalfonfenfe benahmen mdfjt nur,
wie totr oben gefeiten Ijaben, ben ©laubigem bie Suft, auf bäuerliche
Orunbgered&tigfeiten ©elb t)erjuleil)en , fonbern fte brädten baburd)
audjj auf ben Sßert unb ben SßretS ber bäuerlid&en ©üter [162], weil
tuemanb gerne ein ©ut f aufte, an bem er nidfjt einmal einen finanziellen
SRüdfljalt in 3«ten bitterer -Kot fyattt. S)ie Sßfanbprioilegien fd^äbigten
nidfjt nur ben Erebtt berer, auf beren ©üter fte lafteten, fonbern
matten audfj biefe felbft unoerfäuf lt<$ , weil ber Ääufer fürd&ten
mußte, fpäter für bie ©Bulben feinet SBorgängerS haftbar "gemalt
%u werben1.
2)ie Ärebit^inbemiffe Ratten, um ju refümieren, jur golge:
iQtjpottyefenljäufungen , brüdfenbe 33firgf d^af t3oerpflid(jtun$en , ben ®e*
braudj) ber Sfaiidjjrefe, bie SKmoenbung be3 (SigentumSoorbeljalteS,
^Beliebtheit be£ 2luffauf3 oon ©d&ulbtiteln, Ärebitmangel unb Ärebit*
not, SSerminberung ber ©elegenljeiten jur 3lnlage beä Kapitals, 33er*
luft oon &au3 unb &of burdjj bie notleibenben ©runbbefifcer, @nt*
n>ertung be$ ©runbbeftfeeS unb Äonjentration beäfelben in ber Jganb
ber bamaligen Vertreter be3 ÄapttalS: in toto Ärebitfrifen unb
5Bcfiftfrifen.
§ 24.
I. 2)er Sauer als ©egenftanb ber spolttif.
3m 17. Qa^unbert lagen jtoei SBeltanfcijauungen im
Äampfe miteinanber, bie ftänbifd^^tranf jenbentale unb bie
ftaa tSro ir t f dfjaf t li dfj*m er t an tiliftif 6) e.
1. 9tod& ber 2Beltanfd&auung be3 3Wtttelalter3 ifi bie ©efeU*
fd&aftS* unb SBtrtfd&aftäorbnung ntd&t oom SBitten ber 3Wenfd&en ab«
fj&Wfl/ fonbern oon .©Ott gewollt unb feftgefe$t, fte ift im toefent*
lidfjen eine gegebene ©röfce. Aufgabe ber D b r i g I e i t ift, bie be=
fie&enbe Drbnung ju erhalten unb ju fdfjfifcen. Sroax oer^e^lte man
fid& nid&t bie SWängel unb Sd&toäc&en beS oorfjanbenen 3uftan^/
aber baS irbifd&e Jammertal ifi eine ©tätte ber Sufee unb ber
Prüfung. ©rjt im 3enfeit8 erfolgt bie beftnitioe Slbred&nung, bie
©rniebrigung ber fio^en, bie ©r^ö^ung ber Stauen unb ©efned&teten.
SDen Untertanen bie ewige ©eliglett }u fidfjern, ba3 „33öfe" in allen
1 6. 416 ftote 1.
27*
— 420 —
feinen ©rftijetnungen ju befämpfen, ben testen ©lauben $u ©er*
tetbigen, bie Äefcer auSjurotten, barin erfdfjöpfte ftd(> ein großer Seil
ber politifd&en ©pannfraft. SWtrgenbS ftnbet man in ben SDefreten
SKajimilian I. oon SBapern einen fo ^eiligen ©ruft wie ba, too er
ben ßanbeSfinbern perbietet, in fefcerifd&en Säubern Sirbett ju fuc$en.
Slber ber Äörper ifi ba« ©efäfc ber ©eele, unb fo Ijat aud>
ber SRiebrigjie ein unentjie^jbareS Slnred&t auf bie iljtn oon ©ott
verliehene irbifdje Gjiftenj. 2fa<$ fityrt ber Mangel be3
■Jtötigftep leidet jur SBerjioeiflung , ju 9taub unb Sßlfinberung, ju
Slufru^r unb ©etoalttaten jeber 2trt, bie bie befie^enbe Drb-
nung gefäfjrben: eS wäre unflug, e$ fo weit fommen ju lafferu
(Srmaljnungen nadfj unten, junt ©eljorfam gegen bie
Dbrigfeit,*nad& oben, jur aWäfctgung unb ©otteafurdjjt,
wed&feln mit einanber ab unb ergangen fidjj gegenfeitig. 91 i df) t
ber SgoiSmuS unb beffen wirtfdfjaftltc&e ©eiie, ber
©rwerbMrieb, ift ber igebel be3 gortfd&ritts, fonbern
djrifilidje ©efinnung1.
3)ie befieljenbe Drbnung, bie nadfj bem SBiffen ©otteS oon ber
weltti<$en SWadjjt gefd^ü^t werben f off, ift bie ftänbifdfje. S)er
©taat gerfäfft in bie brei ©tfinbe unb in bie „gemeinen Untertanen" .
3)ie teueren Ratten feine polttifd&en SRed^tc a. 2)ie „Sßräpotenj
ber JBanbftänbe" ergeugte ben „favor dominorum", oon
bem bie ©efefce erfüllt finb, bie bie Regierungen gwifdfjen ©runb-
Ferren unb ©runbuntertanen regeln8. 35ie gebrfldfte fogiale ©teflung
ber Sauern äußerte ftdjj audfj in ber unoer^o^lenen 3JHfcad(jtung,
mit ber iljnen bie ©runbljerren unb otele ©d&riftfteller begegneten.
3)ie SBauern werben un3 oon itynen als einfältig, tölpel&aftig, J>al£*
ftarrig, ftrettfüdfjtig, argliftig ufw. gefd&tlbert.
@in ©egengewtdfjt gegen bie ungleiche Se^anblung be8 grunb-
^errfd^oftlid^en unb be$ bäuerlidjjen SntereffeS burdf) bie ©efefegebung
bilben bie häufigen ©rma^nungen an bie ©runbljerren, ben Sogen
beS (SigennufceS unb ber Jgerrfdjjfud&t nidfjt affju ftraff gu fpannen,
ba« ©benbilb ©otteS au<$ im Änedfjte gu eljren. S)enn „bie SWeier
foffen weber ftolgieren, nodjj oon ben Ferren gar unterbrfidft werben"
1 Sgl. oben ©. 331 : ,t$rer d&riftlid&en ©cfculbigfeit gemäfc", „au8 d&rift*
lieber 2\ebe".
2 ©c$mib 8U SSR. XXI 19 n. 8: ©ie Ijaben ©efefce au ne&men unb nid&t
au geben.
8 ©d&mtb au £H. XXI 9 n. 2 : $eg §errn Slnliegen^eit ift aüaeit me&r
alö bie beä 2Reierä au berücffid^tigen.
— 421 —
<<Sd&mtb jit SSR. XXI 17 am ©d&lufc). aber roäljrenb ber ©runb*
§err, wo er formell im 9?e<$te mar, bie ootte ©d&ärfe be8 ©efefteS
hinter ftd& fjatte/ mufete ftdfj ber ©runbljolb bamit tröften, baft „(Sott
im £immel ben Reinigern feinerjett bie SRedfjnung matten werbe".
S5er mafegebenbe gaftor ifl alfo ba3 grunbljerrfdfjaftltdfje
Qntereffe, äufcerlidfj mobtfijiert oon ben Spofiulaten
bcr djjrtftlidfjen ©tljif. 35te Serorbnungen beginnen gett>öl)nltd(j
mit einem ißinroete auf bie gorberungen ber Stlligfeit unb
SBarmljeraigleit , um ata ©d&luffe — weniger patljetif df) , afeer auf*
richtiger — baljin auSjuflingen, baß bei 3"^iber^anblung gegen bie
SBorfdfjrift bie pünftlid(je @ntridfjtung ber grunbtyerrtidjjen 21 b*
gaben gefäljrbet erfdfjeine. SSoIföroirif^aftlid^e ©efid^töpunfte fehlen
audjj ba, wo man einen folgen am elften oermuten mödjjte. 3)er
©runb^err fann ben föerrengunft nidfjt einjie^en, menn er bem Ferren*
flünftler nid&t bie ^Meliorationen vergütet (©. 126). 3)er ©runb ijl
nid&t oolfSmirtfdbaftlid&er SRatur — bie Sauern foHen nidjjt von
UKeliorattonen abgefdfjredft werben — fonbern ein et^ifd^er: bie
©runb^erren foHen ftd) nid^t auf Äoften iljrer Untertanen bereitem.
2. 3)er moberne ©taat braudjjt 3Kannfd&aft unb ©elb. @r
intereffiert ftdj baljer nidfjt nur für ba$ ©eelenfjetl feiner Untertanen,
fonbern audfj für tberen irbifd&eS 2Bol) ler gelten. 2ludfj ber
Sauer wirb ©egenftanb ber ftaatlidfjen gürforge, benn ba$ Säuern?
volt liefert bie £auptmaffe ber Steuern unb ber SRefruten. @ine
gerechtere Beurteilung ber fojialen Sebeutung be$ Säuern, ein
kräftigerer ©d&ufc gegen bie Übergriffe ber ©runb^erren ift bamit
freiließ faum oerbunben. Qroax mad&t ba3 abfolute gürftentum, felbft
<m3 ber ©tänbeorbnung ^eroorgegangen , gront gegen ba8 WliU
iefiimmungSred&t ber ©tänbe. 3)enn „ber gemeine Stuften ge^t
bem Stuften ber ^Privatleute oor" l, unb ju ben res privatae gehören
audfj bie ftänbifd^en Sprioilegien. 216er nodfj ift ber Sauer nidjjt
©elbftjwedf, fonbern aud& bem Sßolijeiftaate ift er nur SWittel jum
3wedf. S)a3 3iel ift bie (Spaltung be« Sauernftanbe« als
foldfjen, ba8 inbbibueQe 2Boljtergef)en ber Sauern bagegen2 l)at nod[j
immer bem Derbrieften 9tedjjte ber ©tänbe ju meinen.
Sludfj fanb bie gfirforge für bie Sauern in ber nodjj mistigeren
ürforge für ba& ©emerbe i&re ©dfjranfen. 3)cnn vox allem gilt e$,
1 ©o 3. $. ©cfcmib gu ©antpr. II 31 n. 11 unb an anbeten ©teilen.
1 ,$em [?olijei*]Staate n>ar ein SBauer fo gut wie ber anbere. 2)ie
Stauern waren i$tn fungible ©rölen" (Srunner, Sei^toang 6. 17).
— 422 —
bie ©infutyr üon SujuSmaren , für bie fo toaljnfinmg oiel Selb ins
9lu8lanb ge^t, entbeljrlidfj )u machen. SDieö ift aber nur bann
möglidjj, wenn bie inlanbifdfjen ©emerbetreibenben fid) niebriger
SßrobuftionSfoften erfreuen, ©o gelangt man jur Sßolitif ber
niebrigen ©etreibepreife. 2)a3 gemerblidjje Sntereffe fiel audj>
beS^alb f<$toer in bie 2Bagfd&ale, weil e$ ein ftänbifdfjeS war, im
©egenfafc jum Sßrobujentenmtereffe ber Sauern. 2Bo§l erflingt fdfjon
bamals ba$ 2ob be3 2l<ferbaue3, beginnt fdjjon bie bufoltfdfje
Qbealifierung be3 Sauern, ber „fein (Sinfommen gleid&fam
auS ©otteS £anb empfängt" *. 3tber prafttfdfje Folgerungen mürben
barauä nidjt gejogen, bie Skngorbnung an ber £afel ber realen
SS ort eile ju änbern, fal) man ftdjj nidjt oeranlafet. 2Bätyrenb ber
Stbelige auf „Sßeifcbrot, &filjner, ©efotteneS unb ©ebrateneS unb
anbere bergleidjjen gute ©peifen" Slnfprudjj Ijat, mufe ber Sauer „ftdj
mit ©d&roarjbroi, 5tafe, 3miebel unb Sonnen2 befd&lagen laffen".
25enn „Sonnen unb 3wiebel W bie ©peife ber Sauern" (Stfanj,
©d&ufc unb ©d&irm III p. 44, 64, 76).
IL 35ie ftaatlidfje Ärebitpolitif im einjelnen.
1. »crftütutiö ftcr ftfterfdralbisttg, fttarforae für die §fd>erf)ett drö ftrebttö»
2luf bem Sanbtage oon 1669 bittet ber ^rälatenftanb ben ßur*
fürjlen, er möge nid&t jugeben, bafe bie ©tift- unb ßlofteruntertanen
fo trielfältige unb fo unerfdEjnringlidje ©Bulben aufnehmen [156]»
3)er gürft erunbert (©. 394) : 3>ie ©c^ulbaufna^me fei „ben Unter*
tanen bei jefcigen ferneren Qütm fo gar nidfjt ju oerroeljren". $n
biefer 9tntmort fommt ein richtiges Urteil über bie Sebeutung be£
JtrebitS bei SRotftcmben unb über bie ©efafjren eines ftaattidjen ©in*
griffet in bie grei^eit ber Serfdjulbung jum 2lu3bru<f. S)arauS er*
Hart ftd& audEj bie ^uxüd Gattung , bie bie baperifdfje Regierung bd
i^ren Senkungen jeigte, bie' Serfd&ulbung ber Sauerngüter ju t>er=
Ijinbem. ©er Äampf gegen bie Serfdfjulbung ber
Sauerngüter mürbe in erfter Sinie afe ©ad&e be3 ©runb^errn
betrautet. 35er ©runbljerr füljrt aber biefen Äampf nid^t au&
pl)ilantl)ropifdfjen Erwägungen, im ^fntereffe be8 Sauern felbft, au<$
nidfjt im oolf$roirtfdfjaftUd)en ^ntereffe, fonbern im eigenen
Sntereffe [150], roeil Serfdfjulbung bie ptinftlidfje Entrichtung ber
1 2Ranj, ©d&ufc unb ©c$trm IV 43.
9 68 finb natürlich bie roeifjen 93o§nen gemeint.
— 423 —
grunbljerrlidfjen Slbgaben gefä&rbete unb jur S)eterioration beS ©uteS
ober ju beffen SBergautung führte, unb toeit eS fd^toer xoax, für ein
abgekauftem ©ut einen geeigneten, b. l>. tüchtigen unb mit ben nötigen
SKitteln oerfeljenen neuen 9Jleier ju finben.
2llS wid&tigfteS -Kittel jur JgintanJ&altung ber Über*
fdfjulbung ftanb ben ©runbfjerren baS Äonf enSr ed& t jur
SBerfügung. £)er ©runbfjerr fonnte einen ©utSnad&folger jurüdf*
weifen [136], ber beS funblidfjen UnoermögenS war, bie Bejahung
[beS ©utSpreifeS] ju tun unb ju erfd&wtngen. @r fonnte oerlangen,
bafc ber Kaufpreis (bie ÜbergabSfumme) bar ober auf jiemlidEje
grifien erlegt werbe. 2lber ntd&t nur auf bie Sffialjl beS 9tadjfolgerS
unb bie geftfefeung ber 3<*&fongSfriften Ijatte ber ©runbljerr (Sinflufj,
fonbem aud& auf bie SßreiSbeftimmung [139], ©r brauste nidfjt
jujulaffen, baS ber ©runbljolb feine ©runbgered&tigfeit nadf) ©eftalt*
fame beS ©utSnufcenS §od(j überfdfjlage, fonbern er fonnte biefe SßreiS*
forberung auf ben (arbiträr feftjufefcenben) „billigen 2Bert" oerringern ;
nur unter ben eigenen ©rmerbSpretS beS SBeräufjererS burfte babei
nidfjt Ijerabgegangen werben. 3)anf biefer gefefeltdfjen Seftimmungen
fyattt ber ©runbljerr bie 3Röglid&feit, ber Überfettung unb Über«
fdfjulbung ber ©runbgeredfjtigfeiten im Staufwege ober ©rbgange ent*
gegenjuwirfen. SRodfj weitgefjenber waren bie Sefugmffe beS ©runb*
fjerrn bei ber bloßen SSerpfcinbung beS ©uteS, alfo Ijauptfäd&lidfj bei
ber Darlehensaufnahme [141]. ißier fonnte ber ©runbljerr ben
ÄonfenS oermeigern, wenn baS ©ut bereits jur iQälfte feinet SßerteS
oerfdfjutbet mar (ober burdEj bie Darlehensaufnahme biefer 58er-
f dfjulbungSgrab überf dritten toorben wäre). SMefe SSerfdjjulbungS*
g r e n j e tarn erfi im Saufe ber oon uns beljanbetten 3*üperiobe burdfj
bie grunbljerrlidfje $ßra£iS $ur @infüfyrung.
@S feljlt nidfjt an 2lnjeidfjen, bafc bie ©runbljerren oon biefem
2Rittel, bie SBerfdfjulbung ber Saueingüter ju oer^inbern, fleifng
©ebraudjj matten. Sd&mtb fagt, er fjabe niemals gefe^en, bafj ein
erbred&ter Sauer oon feinem ©runb^errn oerljinbert worben märe,
fein (Srbredfjt ju oerfaufen, bei &errengünfitern bagegen fei baS „eine
täglid&e Sad&e" (©. 157). 2luf bem Sanbtag oon 1605 geben bie
Prälaten felbjt ju, bafc einem föerrengünftler ber SBerfauf gewöljnlidjj
nur unter ben SSebingungen geftattet werbe, unter benen er felbft
ben ißerrengunfi übernommen Ijatte (©. 155). Unterm 25. Sunt 1678
fd&lägt ber SRentmeijier oon SanbSfjut oor: eS foü nidjjt mef)r jus
gelaffen werben, bafj beim SSerfauf ber Bauerngüter bie grunbtyerr*
liefen 2lbgabenrüdfftänbe als ©utSfdfjulben auf bem ©ute liegen bleiben,
— 424 -
fonbern e$ fofl in folgen gfitten ber neue 3Weier mittete be$ StonfenS*
red&teS gejmungen merben, jene SRfidftdnbe oor&er abjulöfen1. Qm
ansang IV brudfen wir einen ÄonfenSbefdjjeib ab, roo (bei einem
©utämert tum 450 fL unb einem StarleljenSfapital oon 250 fl.) jur
Sebingung ber ßonfenäerteilung gemalt wirb, baß ba£ @ut oon
93fanblaften oöflig frei fei. SBon ben Xemporalfonfenfen fielje unten.
SßetöjeS waren nun bie SBirfungen biefer 3Kaßregeln jur
SSer^inberung ber Überf djjulbung ? ©elang e3 mtrfli<#, bie
SBerfdfjulbung einjubämmen, leidjjtfinnigeS ©djjulben*
machen ju verdaten? SBenn biefed ber galt mar, fo brauchen
mir leinen Slnfioß baran ju nehmen, baß ba$ 2ftotio fein ibealeS war,
fonbern jene Sßaßregeln einer Qntereffenpolitif i^re ©infityrung unb
©urdjjfß^rung oerbanfen. $>enn bie ©efd&idfjte bebient fid^ fcäuftg
unreiner 2Rittel, um einen gortfdfjritt ^erbeijufü^ren. Qa, bie Äuttur
entmidfelt ftc^ fogar regelmäßig im 3^5«^ egoifftfdjjer Slftionen unb
SReaftionen.
9latüxl\ä) mar e$ oft fe^r fdfjmierig, im einjelnen gaUe ju ent*
f Reiben, ob eine totttfd^aftlic^ berechtigte ©dfjulbaufna^me
ober eine bebenflidje Überfpannung be3 ÄrebttS vorlag.
3a fogar bie anfdjeinenb einfache, meil beinahe jiffermäßig ju löfenbe
grage, ob überhaupt eine Überfd&äfcung btivo. Überfdfjulbung ein=
getreten fei bejm. eintreten mürbe, mar nidjt fo leidfjt ju beantmorten.
©d&on in einem ©utadjjten au$ bem Seginn be3 17. 3atjrtyunbert3
Reifet e$ [144]: „2Ber mitt orbentlidfj ein jebeS ©ut fdfjä|en? fie ftnb
ungleich, bie ©fiter, an ben Saufelbem, fioljfejen unb 2$Me8mal)bem" .
©ine nötige ©d&äfcung mar aber nidjjt nur beS^atb nötig, um bei
Ääufen unb Übergaben ben Sßrete unb bie 3<rf)tunggfriften entfpredfjenb
beftimmen ju fönnen, fonbern audfj bie SBfirbigung eines ©efudfjeS
um bloßen 33erfd(julbung$fonfen3 erforberte bei ber befte^enben 35er=
fdfjulbungSgrenje eine foldfje ©d&äfeung, benn bie SBerfdjJulbungSgrenje
brüdft bod) ba3 normale Verhältnis jmifdfjen ©utSmert unb
©utsfdfjulben a\i$. Daju fommt, baß ber ©utSroert natürlich nidfjt
immer ber gleite blieb, fonbern nadj ber ÄonfenSerteilung fidfj änbern
fonnte unb audjj tatfäd<djj häufig genug fid& änberte, fei e£ burdE)
Verringerung ber Sraudjjbarfeit (feinblidfjer ©infatt, 2lbfdfjleif), fei eS
aus anberen ©rfinben (©infen ber 33eoölferung$jtffer, eintretenber
©elbmangel). Studfj bei ber ftrengften ©in^altung ber SBerfdfjulbungSs
grenje fonnte alfo mit ber 3*ü e^nc Überfdjjulbung be£ ©uteS ein*
ßreigar$ü> 9Ründ&en, ®en.*9fteg. 533 3iff. 142.
— 425 —
treten. ©Stätte einer periobif d)en SReotf ton ber ©djäfeungen
fceburft, um bie 33efd)ränfung ber SBerfdjulbung auf ben 33etrag bet
SBerfdjulbungSgrenje jur Xatfad&e werben ju laffen. 216er wo&in mit
ben ©Bulben, weldje bann jenfeitS ber SBerfdjulbungSgrenie ju liegen
f amen ?
@ine foldje pertobtfdje SKeoifion war burdj bie fogenannten
'Semporalfonfenfe [160] ermöglidjt. 3m anfange be$ 17. ^a^r*
J&unbertS oerorbnet bie Jgoffammer, bafj „auf feinem fürfttidjen
Urbargut einige ©djulb über 4 3a§re fott oerfdjrteben werben".
Slnbere Äonfenfe eniftreeften fidj auf 6 ftaljre (©. 163, femer 9ln-
§ang IV) ober 8 3a^re (©. 162). 3n ber SBerorbnung vom
5. SDWErj 1672 werben bie £emporalfonfenfe überhaupt auäbrüdlidj
ate juläffig erflärt [352].
2über abgefetyen baoon, bafc eine oon oornljerein auf eine furje
Slnja^l oon 3at>ren befdjränfte ÄrebitbewtHigung ben mobernen an
ben lanbwirifdjaftttdSJen ßrebit ju fteffenben ftorberungen (Sangfrifltg*
feit) nidjt entfpridjt, würben bie £emporalfonfenfe von ben ©runb*
Ferren praftifdj weniger jur SBer^ütung ber SBerfdjulbung afe jur
©rtyötyung ber grunbljerrlidjen einnahmen benfifet. 2)ie3
«rgiebt fidj au$ bem ißofratögutadjten jur ©efefcgebung von 1616,
in welkem oon erfterem 3Wotio gar ni<#t bie Siebe ift, fonbern afe
3we<f ber £emporalfonfenfe lebiglid) ber angegeben ift, einen (Srfafc
ju erlangen bafür, bafc bie SSergantung feinen Saubemialfall bilbete.
3)er ©runb^olb foHte burdj bie jeitlidje Sefdjränfung beS ÄonfenfeS
oeranlafet werben, bie ©runbgeredjtigfeit lieber gletd) ganj ju oer*
laufen, f o bafe ber ©runbljerr Saubemien befäme. ferner brauten
bie ^emporattonfenfe aud& be$(>alb bem ©runbtjerrn pefumäre 8Sor*
teile, weil er bei jjeber (Erneuerung |be3 ÄonfenfeS 2Billen$gelb
verlangen fonnte über rid&tiger oerlangte. S5ie Älöfter — fdjreibt
ber Pfleger oon SReumarft 1670 an bie Regierung [341] — erteilen
tyren ©runbuntertanen entweber gar feinen ÄonfenS ober nur auf
gemiffe Qa^re unb gegen ftarfeä SBtttenSgelb. 3)aS ÄonfenSredjt
würbe überhaupt häufig baju faifcbraudjt, oon ben in Slot befinbltdjen
©runbuntertannen möglidjft oiel ©etb IjerauSjupreffen. S)a3 ßonfenS*
redjt würbe fo au3 einem berechtigten SKittel jur 33e*
fdjranfung ber Überfdjulbung ein ftörenbeS £tnberni8
für bie ©runbuntertanen, ben benötigten ßrebit ju
erlangen, benn ntdjt jeber ©runb^olb fonnte bei; pefuniären 3ln*
forberungen ber ©runbljerren entfpred&en (©. 394). $a bei ber
SSeräufierung ber ©runbgered^tigfeit fonnte ba£ ÄonfenSredjt fogar
— 426 —
jur (gr^öljung ber Berfdfjulbung fe§r oiel bettragen, beim ber
mit bem Äauf* ober Übernaljm«preife fteigenbe £anblo$n bilbete eine
ftarfe Berfudfjung für bie ©runb&erren, bie Überfd&äfcung ber ©runb*
geredjjtigfeit nid&t nur ju oertjüten, fonbern fte fogar ju förbern unb
&erbeijufü$ren (©. 157).
Slufeer bem ßonfen«redfjt Ijatte ber ©runW&err nodfj ein anbere«
Mittel gegen bie Überfd&ulbung feiner Bauerngüter: ©r fonnte
ruinierte Sauern jtoingen, ba« @ut ju ©erlaufen [191].
Slber ba ftdjj für ein ruinierte« Bauerngut fdjroer Ääufer fanben, fo
gab fidj ber ©runb^err lieber ber Hoffnung §in, bafc e« audjj fo gefjen
werbe, unb oerfäumte babei leidet ben nötigen 3*ityunft jur 33er=
treibung be« Sauern.
2lu« allen biefen ©rünben erfd&eint e« begreiflich , ba§ bie
grunbfjerrlidjje SBerfaffung mit tyrem £onfen«red(jte uftö. bie Über-
fd^ulbung ber Bauerngüter nidfjt Ijtnberte unb ntd&t ^tnbern
fonnte.
SBctyrenb ber ©runbtjerr oon ber fiberfdfjulbung feiner
Bauerngüter in lefcter Sinie beren Entwertung (burdfj Stbfd&Ietf)
fürchtet, ift e« bie ©orge um ba« Vermögen be« Bauern überhaupt,
um feine gamilie, ift e« ber bro^enbe $Paupert«mu«, ber ben
Sßolijetftaat baju oeranla&t, gegen bie Überfd&ulbung ber Säuern-
guter SDtoferegeln ju ergreifen. 2tber ntdjjt nur Verarmung ber ©dfjulb-
ner entfielt au« einer Überfpannung be« Ärebit«, fonbern auclj ber
©laubiger erleibet burd& fie Serlufie , toa^renb er mit feinem
Äapital bei norfid^tiger 2tnlage beffelben oieHetdjjt anbermeitig roirfc
lid&en SRufcen ^atte ftiften fönnen. 35er ^Staat fyatte ein um fo größere«
Qntereffe an ber Beratung oon Äapitaloerluften, an ber £erftettung
ber ©idjjerljeit be« Ärebtt«, weil bie Sermaltung eine« großen
£eile« be« Seifyfapital«, nämlidf) ber Äirdfjeufapitalien, unter
feiner Dberaufftdjt geführt mürbe. 5Bte ber ©runbt>err, fo benüfet
au<$ ber (Staat bie Drganifation be« ©runbjtüdfoerfeljr«
jur Seauffidjjtigung be« ©dijulbenroefen« ber Untertanen. 3)ie $er=
pfänbung ber Bauerngüter mufc, um roirffam ju fein, oor ber orbent*
lidljen Dbrigfeit erfolgen [87]. 35iefe ©inrid&tung ift junädfjft im Qnter*
effe be« ©dfjulbner« getroffen: 3)ie Sßrotofollbefjörbe fott Dbad^t
geben, ob bie aufnähme ber ©d)ulb bem ©dfjulbner jum 5Ru|en ober
jum ©djaben gereift, ober „ob ber entlegner fd&on mit ©Bulben
garjufeljrüberlaben [ift] unb bem Serberben junafjet" (©djmib).
316er au<$ bem ©laubiger wirb bie ftaatlidfje gürforge juteil :
2>er Beamte fott unterfudjjen, ob ber SDarleiljer genfigenb oer =
- 427 — _
f i d&er t iß, unb, wenn feine gorberung gefäljrbet erfd&etnt, tyn barauf
aufmerffam mad&en. 63 foH oerljinbert werben, bafe ber ©d&ulbner
über bie £öl>e feiner SBerfdjulbung bem ©laubiger unnötige angaben
mafy, Sppotljefen Dcrfc^tücigt unb tyn mit fidj in ben Strubel be£
S3erberben8 jietjt1.
SBie jur (Sutfcljeibung über bie ©rteilung ober SBermetgerung be*
grunbfjerrlid&en ÄonfenfeS, fo ift audfj jur obrtgfeitlidfjen Cognition
über bie Slufnatyme einer iQppotl^efenfdfjutb bie ÄenntniS be8 ©utS*
wertes nötig unb bafjer eine ©dfjafeung bejfelben unerläfeltdfj. 2Bie
biefe ©cpfcung vorgenommen werben fott, baoon fagt ba$ ©efefe fein
2Bort. ©ie ©dfjäfcung burdj ben 5ßrotofoHbeamten begegnet benfelben,
oben ermähnten ©dfowierigfeiten, wie bie ©djjäfcung burdjj ben ©runb-
$errn unb ift ebenfo unjuoerläffig unb trügerifdfj wie biefe [424]. SBon
ben übrigen SRängeln ber obrigfettltd&en &tjpot^efem>erbriefung tyaben
nur fdjjon ©. 384 ausführlich getyanbelt. ©rwäbnen muffen mir nodf),
bafj bie Regierung einem ißauptmifeftanb in ber Drganifation be3
iQtjpotyefenwefenS , nämlidD ber bie ©djulbner unb bie ©laubiger
ebenmäßig fdfjabigenben (ebenba) ©leidfjgültigfeit unb ©elbftfudfjt
ber SßrotofottierungSbeamten baburdfj entgegenarbeiten fudjjte, bafr
burd& 3)efret uom 25. SRoo. 1654 bie StuSlei^ung oon Sirdfoengelbern
im Setrage oon me^r aU 100 fl. ber (Sntfd&eibung ber Rtriixal*
ftelle oorbe^alten mürbe [340].
Slber nidjt nur bur<$ ba3 SDttttel ber poltjetlid&en gürforge
fudfjte ber ©taat bie SBerfdfjulbung ju tyinbern, fonbem aud^ auf einem
fjeute bei benffaulen ?ßolitifern beliebten SBege: nämltdfj burdfj 33 e«
ftrafung bei bolofer Überfdfjulbung. ©träfe trifft benjenigen, ber ein
bereite oerpfänbeteä ©ut metteroerpfänbet, o§ne bafe es biefe« Über*
mafc ©ertragen fann [97]. Db biefe ©trafbeftimmung wirfltd& pratttf<§
geworben ift, fönnen wir nid&t angeben, einen Seleg bafür fyabtn wir
in unferem 9ttatertal nid£)t gefunben.
2. »cfeittgutig 5er ftTeMtybtfterttiffe.
SBctyrenb biefer erfte Seil von ftaatlidfjen aßafcregeln baju bienen
foHte, ungefunbe Ärebitgefdfjäfte ju oer^inbem uub ben Ärebit inner»
l>alb ber für ben ©d&ulbner, ben ©laubiger, ben ©runb^errn unb
1 Sgl. au$ @<$mtb }u ©antpr. II 28 n. 7: „@3 liegt bem bürgerlichen
SRagiffrat [in Wunden] §u toad&en ob, bafe er nidjt leid^tlic^ in . . . neue @roig-
8in3i>etfe$reibungen cinrotUiße, roeil biefe« ein gerabet Söeg ift, rooburd) bie mit
©Bulben überhäuften ©(Julbner bie öfteren ©laubiger betrügüd) hintergehen uub
fte um i&re gorberungen bringen fönnen".
— -428 —
ben ©taat notmenbigen ©d&ranfen ju galten, ©erfolgten bie nun ju
befpred&enben ftaatlid&en SRafcregeln ufro. umgelegt ben 3roc(f/ ben
Jtrebitoerfefjr oon unnötigen nnb fd(jäblidfjen geffeln. ju
befreien unb fo bie ©renjen be3 ÄrebitS ju erweitern.
3)enn bie SBertyinberung ber Überfdbulbung barf nit$t burdij 2Rittel
gefd&eljen, bie bem TDirtfd^aftlid^ beteiligten Ärebit bie SebenS-
bebingungen untergraben. SBemt bie pljgjiofratifdHiberale 21jeorie
um bie SBenbe beS 18. unb 19. SatjrljunbertS auf eine Sprengung
ber ©d&ranfen be$ StrebitS übertriebene Hoffnungen fefete unb bie
©efa&ren ber unbebingten greifjeit ber SBerfdfjulbung Überfall, fo badete
umgefefjrt bie barauf folgenbe romantifd&e SReaftüm1 ju peffimiftifd^
oon ben folgen ber Gntfeffelung be3 SlgrarfaebitS 2. ©d&Keßlidfj
muß man fidfj bod& immer bie §rage vorlegen, ob bie SBtrfungen
einer reprefftoen ftrebitpolitif nidfjt fdjjltmmer jtnb, nrie ba$ Übel,
ba$ man befämpfen will. 2Ran glaubt oielfadb, burdjj 33efd&ränfung
ber grei^eit ber SBerfdfjulbung be$ ©runbetgentumS fonferoatioe
^ßolitif ju treiben, bem Sauer feinen 33eft$ ju erhalten ober bergleidjen.
3n 2Birflid&feit fiebert häufig, roie bie Ausführungen auf ©. 417
jeigen, bie SSer^inberung ber Ärebiterlangung bem ßrebit=
bebfirftigen feinen SBeftfc nid&t, fonben treibt iljn nur um fo not-
roenbiger oon ber ©d&olle.
3)e3l)alb mar bie ©efefcgebung ju aßen 3eiten gerabe im 3n=
tereffe ber notleibenben ©runbbeftfcer bemüht, bie au£ ber@ebunben =
Ijeit beä 3mmobiliaretgentum3 unb^mmobiliaroerfe^rä
tyeroorgegangenen ©d&ranfen be$ ÄrebitS ju befeitigen unb baburdj
bem Ärebit größeren ©ptelraum ju oerfd&affen. 35er SBerfauf be3
©runbbefifee3 aus SRot nrirb erleichtert, um bem ©runbbeft$er bie
SDWglidfjfeit ju geben, ber ©d&ulbfnedfjtfdfjaft ju entgegen (©. 30). 2)a3
SBerbot ber SBerpfänbung etneS bereite unterpfanbroeife oerfd^riebenen
©runbftüäea an einen jtoeiten ©laubiger wirb aufgehoben (©.46),
unb baburdfj roirb ba3 ©ebiet be3 33obenfrebit3 mefentlidfj erweitert,
©dfjließlici) wirb auf Setreiben ber ©tänbe unter genriffen SRobalttäten
bie ©inräumung beä ÄünbigungSredjteS an ben ©laubiger in ber
SPrajiS jugelaffen unb bamit ba$ oerjtnSltd&e tytjpottyefarifdSJe S)ar*
leiten tatfädfjlic(j anerlannt. SDenn es tyatte fidfj §erau3gefieHt, baß
1 SBgl. Seron, 3ur ©eneftS ber agrarifdjen Sbeen in ^reufjen (3Rün$ener
$ottön>irtfd&aftlic$e ©tubien, 27. ©tütf), passim.
9 ÜRod) Deute gibt e§, felbft unter ben ©e&ilbeten, mefe ßeute, benen eä
äufcerft ferner fällt, bie Segriffe Krebitieren ((Selb aufnehmen) unb Sorgen
(letd&tjtnmgeg ©d&ulDenmad)en) in ber Sorftettung ju fonbern.
^mi
— 429 —
bte Untertanen fonft t§re ©fiter oerfaufen müßten, weil fte o^ne jene
©mräumung nidjt genfigenbe ©arletyenSljilfe finben fonnten.
Qm 17. Qa^unbert waren e3 befonberä jwet Ärebitfjinber*
ntf fe, ju beren SBegrfiumung ber Staat ftc§ anfd&idfte: ber (redfjtltcije)
ÄonfenSjwang unb ber (tatfädfjlidfje) $wang jwr Bürgen*
ft c II u n g. ©rfiereS Ärebitljinbernte l)atte in ber grunb^errlid&eu
SBerfaffung feine Urfadje, IefctereS in ber 3Rangell>aftigfeit
b e 3 &ppotl)efenwefen3. 2)aß ber Staat ben frebtterf djj werenben
©Ijarafter be3 JtonfenSredjteS unb ber Sfirgennot erfannte, baß er
einen Untertrieb mad&te jwifd&en berechtigten Maßregeln
jur Sefämpfung ber Überf dfjulbung unb f c^äbltd^en in
ben befte^enben SBertyältniffen begrünbeten geffeln
be$ ÄrebitS, oerbient rü^menb anerfannt ju werbrn. SDie SSer^
fudEjung, in ber ffrupeDofen Sefd&ränfung be$ ÄrebitS aüeS igeil
SU fudfjen, ber Xenbenj nadf) SBerltfnberung beS Ieid&tfinnigen ©d&ulbens
madfjenS unb Ärebitierenä au<$ ben foltben Ärebit ju opfern, lag
natye. SBenbeten jtdf) bo$ bie ©tänbe 1(305 gegen bie ßuläfftgfeit
be3 SBerjidjjteS auf ba$ Sßrunleg ber Authentica si qua mulier, bur<$
weisen äJerjid&t einer ber größten -Kcmgel be$ öppot^efenwefenS
unb jugleidjj eines ber folgenfd&werften Ärebitfjinbermffe, ber äfaS*
f dfjluß be3 grauengutea oon ber ©jefution wegen ©dfjulben be8 3Äanne3,
in ber SßrayiS eliminiert werben fonnte, mit ber 3Kotioierung, baß
„btefe SBerfdjretbungen ber 2Beiber oiel un^auSlidfje Seut madfjen, in*
bem fornol)! bie ungeratenen SWänner, afö bie i^nen jum 33erberben
Reifen [b. f). bie ©laubiger], fidfj auf bie äßeibergfiter oerlaffen" [115].
S)er illiberale frebttfeinblid&e ©inn biefer Äußerung erbeut o$ne
weiteres. S)amtt oergletdfje man bie oerftänbige Semerfung be3 gürften
1669 (auf bie Witt* be3 SßrälatenftanbeS, nidfjt jujugeben, baß bie
Untertanen fo mete unb fernere ©d&ulben aufnehmen, f. o.): 3Wan
bürfe bei fo ferneren 3^^en ben Untertanen bie
©dSJuIbenaufnajjme nidjjt ju fefjr erfdEjweren!
SSBctyrenb bei ber Sefdjränfung ber SBerfd&ulbung bafc
grunb§errfdfjaftlid&e ^ntereffe ben treibenben gaftor bilbete,
waren e8 bei ben ftaatlidjjen SSerfudfjen, bie oorljanbenen R r e b i t *
$inberniffe ju befeitigen, bie ftaatlid&en Beamten,
weldjje als 3)ra^tjie§er hinter ber Reform flanben. S)ie Seamten
waren burdjj bie ©i egelgelb er an einem regen Ärebitoerfe^r
intereffiert. gerner beftanb eine gemiffe ©tferfüdfjtelei jwifdfjen bem
ÖrunbOerm unb bem ffirftlid&en Beamten (f. j. 89. ©. 185 unb 187).
3)te Vergrößerung ber ftaatlidfjen 3Ha<ijt mußte aud& ben Wienern
- 430 —
be$ ©taateä ju nufceu fommen, unb beSljalb mareu bie Seamten
©egner ber ßänbtf<$en SBorred&te, befonberä beS grunb^ert-
Udjen Äonfen$red(jU3- 3ftre Zahlt babei mar aber eine boppelte :
SBor allem fugten bie Beamten baS ÄonfenSrecfct möglid^ft ju
ignorieren unb baburdfj prafttfdf) bebeutungSloS ju madjen [154].
gerner unternahm bie Sureauhatie einen jiemlid^ fräf tigen 33 o r fi o B
gegen bie ganje ©mrid&tung [341 ff.], tonnte aber menig auSrid&te«,
meil baS ÄonfenSredjjt }u feft mit ber grunb^errlid&en SSerfaffung
jufammen^ing. SDamtt toar aber audj) bie Grfolgloftgfeit ber ftaat-
Kd(jen öemfiljungen, bie mit bem ÄonfenSredjjte getriebenen 9ßif$bräud&e
abjufdfjaffen, befiegelt.
•Weben ber SRotmenbigfeit ber Erbringung be8 ÄonfenfeS erfdjien
bie !Jlotmenbigfett ber Aufbringung oon Särgen als ein
$auptfrebit()inberni$. 35er Staat bemühte jtdjj lange [343], ein
aKittel ju finben, um bie oielen Sürgfdjjaften entbehrlich ju madjjen.
$)ie3 ift fe£r djarafteriftifd), benn bie ftrengen änfprüdfje ber ©lau-
biger in Sejietyung auf Sfirgenftettung toaren ein ©pmptom be$
fdfjled(jten fcijpot&efemoefenS. Statt ju fagen: mir motten ba£
iQppotljefenmefen oerbeffern, fagte man: bie Untertanen fotten be3
3toange$ jur Sfirgenftettung enthoben merben. 9Ran ging alfo gegen
ein ©pmptom oor ftatt gegen baS Übel felbfi.
S)ie Äompenfation nun, bie bem ©laubiger an ©teile ber 33ürg*
fd&aft gegeben mürbe bejm. gegeben merben fottte, mar bie SBer =
fdjulbungSgrenje [346]. 2Benn ein ©ut nid&t über bie fcälfte feine*
äBerted oerfdfjulbet mar, fo fottte oon ber betreffenben Äird&eitDer*
maltung auf SBfirgenftettung nidjjt beftanben merben l. 3Me ©djjmierigs
feiten ber 35urdf)fül)rung ber SBerfdfjulbungSgrenje $aben mir fdfjon
oben ermähnt. 211$ 2ßittel ber 3)urd^fü^rung mürbe oon ber Regierung
bie ©inrid&tung oon ©d&ulbbfid&ern ins 2luge gefaxt, unb bie
fierftettung oon ©d&ulbbüd£jern mürbe tatfädfjltdfj angeorbnet. 2lu»
benfelben fottten bie ©Bulben unb bie ©äter eines jeben Unter-
tanen, alfo ber ©rab ber SSerfdfjulbung, ju erfe^en fein. Offenbar
mar bie Anlage ber ©d&ulbbüdfjern fo gebadet, bafc jeber Untertan
ober jebeS ©ut fein golium gehabt l)aben mürbe. 2lu3 ben ©d(julb=
1 93on ber Regierung 2anbs$ut würbe eine SSerföulbungSgrenje a(3 2luc*
gleich gegen bie r-on Ujr erftrebte @infd>ränfung beSÄonfenSrecftteS genmnfdjt
[344] : Sie ©äter fottten ni$t über iijren Söert mit ©Bulben belaftet werben,
„bamtt bie ©otte3§äufer mit ober oljne grunbfyerrltgen ftonfenä allezeit ü)re
$erft$erung fjaben unb o$nc ©d&aben fein fönnen" (unb bamit bie <3runbJ)erren
lein $räjubid erUiben).
— 431 —
bfidjem fotfte nämlidj überhaupt ju entnehmen fein, „toaS unb tote
mel bem Untertan oorjuletyen fein tnödjte" [351]. hieraus ergibt
ft<$, baß bie ©djjulbbüd&er mdfjt nur jur $)urd&füt)rung ber 3Ser=
fd&ulbungSgrenje bienen foHten, fonbem baß man oon i!)nen aU
9tebentoirfung eine Steigerung ber Sßublijttät ber ieppo*
tljefen, eine (Sr^öljung ber ©tci)ert)eit ber fünftigen ©laubiger,
eine SBerbefferung be3 &9potyefemoefen$ überhaupt erwartete. SBenn
eä toirfliclj jur (Sntfte^ung oon ©djulbbfidjem gefommen toäre, fo
toäre baS gegen bie Sürgfcijaft ergriffene SPaDiatiomittel oietteidfjt
jum 3lu3gang3punfte einer auf richtigen ©runbfäfcen beruljenben
SReform be3 iQtjpottyefentoefenS geworben. 2)aß nid)t$ barauS
geworben ijt, lag junäd&ft an ben mangelnben SSottjugSbeftimmungen.
HKan muß aber au<$ fagen, baß bie 3eü no<§ nW&t reif baju toar.
SBor aßent waren bie Seamten unfähig ju 3)urdf)fül)rung einer
folgen auf neuen Sßrinjipien ftdjj aufbauenben auSgebeljnten Drgani*
fation. Sin UrteilSfäljigfeit, an ber nötigen Äemttnte be$ praftifdjjen
SebenS unb ber Sebürfniffe unb ©igentämlid^feiten be$ SBolfeS fehlte
es jtoar nid&t, audfj toar bei einem £eil ber Beamten ber gute SBBitte
unb ber ßifer oortjanben, befle^enbe 2Rißftänbe abjufdjjaffen. Säber e3
fehlte an 2)iSjiplin, an ber ©leidfjartigfeit unb Senfbarfeit be3 S3eamten*
perfonalä, an einer gefiederten SebenStage beffelben unb beSljalb and)
an 3u^erläffig!eit ber Spfiidfjterffittung unb an Eingabe an bie ibealen
3iele ber amtlidfjen SerufStätigfeit. SDer oon oben fommenben 5ß o l i t i t
aber mangelte e3 an ©leicijmäßigf eit unb geftigfeit. 2)a3©treben
nadfjbem®emeinwol)l unb bie 21 u fr ed(jt er Haltung ber be*
ftetyenben ©efellfd^aft^orbnung toaren jwei %\tlt, bie
fid& auf bie3)auer unmöglidfj oereinigen liefen. 3unfi$ft
aber beburfte ber ©taat nodEj ber Stäube, oor allem beS 2Xbctö, benn
ein abfoluter iQerrfdfjer otyne ^offameritta erfdfjien unbenfbar. 2Ber
tnödfjte jtoeifeln, fagt ©dfjmtb1, baß ber ©lanj be3 dürften außer=
orbentlid) leiben müßte, toenn ber 2lbel jugrunbe ginge? @S mußte
erft bie ftaatöbürgerlidfje (Sinfad&ljeit unb ber l)ol)e ftttlidfje ©ruft ber
pljilofopljtfdSj aufgeklärten dürften fommen, e^e e$ gelang, bie fallenbe
©tänbeorbnung audfj nodf) ju ftoßen.
2)ie Surd&füljrung be$ SßublijitätSprinjtpeS im ioppotljefenwefen
!)at au$ oiele in ber SRatur ber ©adjje liegenbe ©d&wiertg*
leiten ju übertoinben. S)ie Öffentlidfjfett ber ^ppot^efbeftellung
$at ben 3wedf, ben Ärebit ju fiärfen, itjre ©infü^rung toirb aber
1 3n ber Disc. leg. Amort, Anfang jum jfommentar tom I.
— 432 —
junäd&jl e^er baS ©egenteil jur ftolge £aben, inbem nämlicfc btöfcer
unbefannt gebliebene ©Bulben in SRenge an baS SJageStidfjt treten.
SDa fann e£ nun fein, bafe ©laubiger jid(j plöfelid^ beunruhigt
füllen unb iljr Äapttal fünbigen, bafc oiele ©fiter auf bie ©ant
fommen, bafj eine 3)eroute ber ©tttertoerte erfolgt, unb ba& mandje
gamtlie, bereu imrtfdfjaftlidfje Stellung fefl begrünbet erfdfjien, auf
ber ©fala be3 fojtalen 2lnfe§en$ bebeutenb Ijerabrücfen mufc. 3)ie
©infü&rung ber ßffentlidtfett be3 &t)pot$efenn>efen3 btlbet eine 3lrt
oon allgemeiner Siqutbation ber 33obenfdjjulben ; babei tritt aSerbtng^
eine ©efunbung beS ©d&ulbemoefenS ein, aber nrie fo tyäufig ber
gaff, ift au<$ biefe ©efunbung mit einer ftrifU oerbunben, toeld&e
furdjtfame SBenfdjen me^r ju fd&redten geeignet ift, afe ein d(jronifd(je£
Seiben. SBie fo oielfadjj in ber Slgrargefdjidjte, fo befielt audfj l>ier
ein 3ntereffengegenfag stutfd^en ber befte^enben unb ben fttnftigen
©enerationen, jtmfdjen ©runbbejtfc unb ©runbbeftfcer. 2>enu „ ni<$t$
liegt ben 9Jlenfd£)en meljr am ißerjen, aU bafe fte Ärebit
Ijaben"1, unb toenn fie ftarf oerfdfjulbet fmb, fo färbten fte ba3
Sefanntwerben iljrer ©djulben me^r als bie SSerfdfjulbung felbft, bie
@nt}ie^ung be$ unoerbienten Ärebit« me§r afe bie SBerfagung be£
oerbienten — benn bann oerbienen fie feinen. Seftnben fxd& nun
bie oerfdjjulbeten ©runbbeftfcer in ber aRajorität gegenüber ben un*
t>erf dfjulbeten unb geringoerf dfjulbeten, fo werben fte föijpot&efenbüd&er
ate ß&ifane, als eine iljren Ärebit bebro^enbe, oielleic&t im Qfntereffe
ber ©laubiger gelegene, aber bie ©jiftenj ber ©djjulbner gefä^rbenbe
(Stnrid&tung anfeinben2, fold&e Seiten werben jt<$ nimmermehr ju bem
fd&nrierigen Stefomtroerfe eignen.
& Regelung Deä $retfeä Der Setyfojiitalnuftirafl.
SBir tyaben feijon oben gelegentlich ermähnt, bafj ber ©taat in
ber Sßeriobe, mit ber mir uns befdjäftigen, nid&t ba3 im 3Renfdfjen
ruljenbe ©treben nadf) 33efferung feiner tmrtfdjjaftltdfjen Sage, fonbern
abfirafte 3Wafeftä&e }ur ©runblage feiner SBoIjlfaljrtSpoHttf
1 Lischke (praeses Gribner), Diss. de origine et aequitate tacitarum
hypothecarum 1732 § 8: „Nihil . . . magis hominibus curae cordique est,
quam quod alii ipsis habeant fidem". (Wotto biefer ©d&rift.)
8 Über ben 9Biberftanb be8 Slbelä gegen bie @tnfül)rung oon §9pot$efen*
Büdnern in gran!reid& fteije Clement, Lettres etc. de Colbert II 1 p. 89/90;
in öfterretdj Qbvabmayv, 35erf adjbudj ober publica fides, 1893, ©. 146; in
Sagern Soften, Äampf um bie abeliam ©üter ©.39 ff.; in ©aeftfen ©iegmann
(in ©ammelroerfe oon SWeiboftm „3)eutfc$e8 ©gpotljefenredjt*).
— 433 —
tnad&te. 3Wan Ijtelt e$ bei bcr ©ünbljafttgfeit be$ 3Kenf<$en für ge*
fäljrltdfj, Ujn feinem ©enrinnftreben ju überlaffen, man befürchtete
baoon ftttlid^eö Serberben unb eine allgemeine 2)e3organifation ber
©ef ettfd&aft \ 3ro<*r M jeber ©taub feine tym oon ©Ott gefegte
Aufgabe, unb um biefe erfüllen ju lonntn, mnb man leben. 2)er
Sebenämafefiab unb bie (SrroerbSart ift bei ben oerfdjiebenen ©täuben
»erfdjieben, fie rieten fid[j nadfj ber ©igenart jener Aufgabe. SDer
©injelne foff nid&t ©eroinn, fonbern Unterhalt fudfjen, er barf fidjj
nid&t „aufleben", fonbern nur ftanbeägemäfc leben. Um ben
roenfd<dfjen SgotömuS in ©djjranfen ju galten, innerhalb ber ©dfjranfen
ber jiänbtfdfjen Drbnung, ber S3illigfeit unb be3 ©emein*
rootyleS, erfolgte eine einge^enbe Regelung ber tmrtf<$afttt($en
33ejie^ungen ber Untertanen unter einanber2. 35a$ Sßrtnjip ber freien
Äonfurrenj mar md&t anerfannt, naturredfjtlid&e ©rmägungen jtnb
feiten8 unb Ijaben nur bie Sebeutung beforatioen Seimerfeä.
25er ©taat jog oielfadj audij bie Sß r e i 3 b e ft i m m u n g in ben
Ärete feiner Aufgaben. 3m bäuerlichen SSerfe^r fottte fidfj ber
©üterpreiä nadfj bem &erfommen (bem eigenen äufroanb be3
SBeräufcererS) ober nadjj ber Sittigfeit ridjjten [139]. ©ebraudfjSroert
unb @rtrag$roert („©utequalität unb ©utänufeungen") famen nur
nebenbei in 33etrad&t, inbem fie bei geftfiettung be3 „bittigen 2Berte3"
berfidEjidjjtigt werben füllten. 3)er „gemeine Sßert", ba3 „justum
pretiuma fottte audfj auf bem ©ebiete beS -KaturalfrebitS [207]
eingehalten werben, derartige abfirafte SKafcftäbe mürben bamate
überhaupt Ijäufig ber $rei£beftimmung jugrunbe gelegt. SRa<$ mannen
SBeiätfimern unb ©tiftöbriefen fottte ber ©runbuntertan, ber feine
©ered&tigfeit oerfaufeu wollte, biefe bem ©runbljerrn jur Übernahme
„um einen jiemlid&en Pfennig" anbieten.
äfodj) bie Regelung be$ SßreifeS ber ßetylapttalnufcung burdjj
gefifefcung einer 3*n * t a E * ftettt ein £ o m p r o m i fc bar }urifd&en
©ebunbenljeit unb greiljett beS ÄrebitoerfeljrS, jnrifdfjen ber errungenen
Unentgeltlid&feit unb ber 3ügeltoftgfett beSfelben. 3)a3 bewegliche
1 Sluö ber Äommerjtenenquete äRagimittan I.: „Indiscrete ba$ $antieren
gonj freistellen, wäre ein fc^äbltcr) 2)tng unb roürbe ben SWüffiggang beförbern*
(grenberg II 364).
9 3u3 ber ÄommeraienenqueteaRaxjmiKanL: ,3Wan laffe faft feinem me§r
freie §anb in feiner Hantierung, unb wolle in allen fingen 3Rafi unb Drbnung
geben, unb fei beS 9te$era)ierend unb (Sgaminierenä unb Strafend fein @nbe"
föreoberg II 363).
1 @ie$e oben ©. 181.
Cotyen, »erfc$ulbung. 2S
— 434 —
Kapital toirb als ßnoerbSquefle anerfannt, aber junt Streben nadj
bem größtmöglid&en ©enrinn, jur ©pelulation fott e$ md&t mißbraucht
werben, benn bamtt ift getpö&nlicl) undfjriftlid&er 2Budjjer oerbunben.
3)a$ f^e^ler^afte bief er Sßolittf lag junt SJeil in ber 3 n t o n =
fequenj tfyrer 2>urdf>füf>rung, jum Xeil in ber Starrheit
ber angeioenbeten SJHttel. 2)ie SßreiStasett waren meift bloß
3Ra£ima, fie befdjjränften bie SSertragöfrei^ett nur ju Ungunften be3
SBerläuferS, aber nid&t ju feinen ©unften. 3)ie Säuern fonnten von
bem ©runbfjerrn gejroungen werben, ifjre ©üter, wenn überhaupt,
nidfjt teurer als um fo unb fo otel ju oerfaufen; e8 würbe xljnen
aber leineSwegS garantiert, baß fie eine beftimmte ©elbfumme au$
ifyrer ©runbgered&tigfeit fd&lagen fönnten. Sei ber ©etreibeteuerung
oon 1692 ©erlangte man oon ben Seftfcern oon ©etretbeoorräten,
baß fie biefe „um einen bittigen SßreiS" abgeben foUten [334]. SDaß
man bem Sanbwirt bie fetten 3a()re nid&t mißgönnen barf, wenn man
if>m jumutet, bie Saft ber mageren 3>aljre -gu tragen, bebaute man
ntd&t. 2)ie 3in3ta£e war iu niebrig angefeftt, um baS verfügbare
Setyfapital aus feinen ©d6lupfwinfeln ju lodfen: SHan befaß aber
nid&t einmal bie Äraft unb ^5rinjipienfeftigfeit, ben gormaliSmuS,
ber fi<$ in ber Sajrenpolijei befunbet, audfo ju ©unften ber ©laubiger,
in totifd&en 3eü*n/ burcf) entfd&tebenen ©d&ufc ber ©dfjulbbriefe ju
betätigen (f. u.).
Sapern würbe bamalS geiftig oon einer Korporation befjerrfdjjt,
beren 3we* e* roar/ £&eofratie unb mittelalterlidfje Qbeen mit
mobernen Mitteln ju oerteibigen. SBirtfdfjaftlidfje 35ogmen firdjjlidfjen
UrfprungS ^aben ftdf) ba^er in Sägern meift länger erhalten wie in
ben übrigen beutfdfjen Sänbern. 3Die£ gilt aud^ oon ber Seljre oon
ber Unfrudfjtbarfeit be3 ©elbeS unb oom justum pretium. Son ben
batjerifd&en ^uriften ber bamaligen 3*ü Ijat niemanb auf Siteratur
unb ©efefcgebung größeren Einfluß geübt, wie ©dEjmib unb 9Kan&.
SDieje waren aber beibe Qefuitenjöglinge, fie toaren unter ftdj
oerwanbt unb ftanben 3^it i^rcö SebenS in ben engften oerwanbt=
fdljaftlidfjen unb freunbfdEjaftlid&en Sejieljungen jum ÄleruS.
4« attUÖcrung Dcd erf)Ult)rcrf)tcö. §cifad)tyir.
3ugleid& :
III. 3)er ©egenfafe jwtfdfjen ©laubiger unb ©dEjulbner.
Sßätjrenb bei ber grage: „Serfd&ulbungäbef djjränf ungen ober
görberung be$ Ärebitoerf eljrS ?" ber ©egenfafc jtoif^en ©runb^erren
unb Staatsbeamten, bei bergrage „3in3ta£e öber 3Karf tprete ?" ber
— 435 —
©egenfafc ättrifd§en etfjifd&en Sßoftulaten unb bem freien ©piel ber
Gräfte ber ©efefcgebung bie Sttcijtung mieS, werben bie einjelnen
tp^afen ber ©eflaltung be3 © d(j u 1 b r e dfj t e 8 (im engeren Sinne)
Dom ©egenfafc jmifdfjen ©laubiger unb ©d&ulbner be*
«tnflufet. 3n)ar fommt biefer ©egenfafc audfj auf anberen ©ebieten
ber Ärebitpolitif, ). 33. bei ber gefefclidfjen Siegelung be$ SßreifeS ber
Äapttalnufcung mitunter jum SluSbruä, aber ben eigentlichen Äampf-
plafc ber beiben JJntereffen ©djjulbnerintereffe unb ©läubigerinterejfe
fcilbet ber SBeg von ber ©d&retbftube be8 5Rotar3 jum ©d&ulbturm.
3)ie urfprüngltdfje ©trenge be3 ©dfjulbredfjteS [39]
S)at in ber geringen ©ntroidlung be3 ÄrebttS i^re Urfadfje.
SDer 9lei<$e mürbe nidfjt borgen, menn er nidjt ba3 Vermögen feine«
©dfjulbnerS an fidf) jie^en, bie ^alftcr um ben Seib be3 ©djjulbnerS
legen tonnte. S)er Sinne mufc ftd& ben garten ©d&ulbgefefcen beugen,
benn ber ©ang jum 9Kanidf)äer ift bei brot)enbem rotrtfdjjaftlidSJen
Untergang oft ba8 le$te Hilfsmittel. 2lber menn bie Verjmeiflung
fidf) ber ibreS leiten VefifeeS beraubten 9Wenge bemäd&iigt, unb biefe
fidfj be$ SBerteS ber „fompaften 2Wajorität" bemüht wirb, bann ent*
lebigt fid& ber lange mit 3)tfl$e jurfidfgeljaltene Unwille be£ VolfeS
gegen feine Ausbeuter mit elementarer ©emalt in agrarifd^en
Steooluttonen ber ©dfjulbner gegen bie ©täubiger, ber 33auem
gegen bie SBudjjerer, ber ©ingefeffenen gegen bie $remben, ber an bie
©<$ofle gebunbenen gegen iljre Ferren (kämpfe ber Plebejer gegen bie
tßatrijier, Vertreibung ber Sombarben burdfj bie <£nglänber, Rubens
Verfolgungen). 5E)ie ©d&ulbbriefe werben »erni<f)tet, bie ©dfjulbs
ßefängniffe niebergeriffen , „novae tabulaea (oeioax&ia)
Reifet baS ©djjlagroort, unter bejfen 3e^en Wefe kämpfe au£gefo<J)ten
ju merben pflegen. 216er balb lenft bie ©ntmidtlung in ben ge=
toöljnlidSJen ßauf ber 3)inge ein, ber ©egenfafc ift nidjjt befeitigt unb
ruft bie alten SBirfungen ^eroor. 35er ausgepreßte ©d&mamm fann
ftdfj roieber ooHfaugen, unb nadfj einiger 3C^ miebertjolt fid^ bie
Äataftroplje.
3Wit ber ©ntmidflung ber Stultur, mit ber 2lu3bilbung beS
ftaatlid&en SSollftredtungSroefenS unb mit ber baburdfj bebingten
Steigerung beS ÄrebitS wirb baS ©d&ulbredfjt milber,
bie ©djulbneraufftänbe merben feltener unb oerlieren an £eftigfeit.
3nlefct fann fidfj ber ©dfjulbner oon ber ©dfjulbfjaft baburdj befreien,
bafc er eiblidf) oor ©eridfot fein Vermögen anjeigt (bonorum cessio
[173], aßanifeftationSeib). 9lur menn ein nationales UnglüdE
über ba$ 93olf hereinbricht, ertönt roieber ber alte Stuf na<$ novae
28*
— 436 -
tabulae — ba* geigt bie ©efdftfd&te be$ Sreifjigiäljrtgeti
Ä r i e g e 3.
SMe ©aaten ftnb oon ben J&ufen ber Stoffe gerfiampft, bie ®e*
bäube niebergebrannt unb leer, bie ®ütet ftnb entmertet. Soll ber
©runbbeftfcer gelungen merben, feinen ©laubiger oott unb gang gu
befriebigen? [312] SBenn man gulaffeu mürbe, bafe ber ©laubiger,
auf feinem ©djein befte&enb, baS 83eft$tum beS ©<$ulbner8 gu einem
©pottpreife an ft$ bringt, fo mürbe bie gange Saft be£ nationalen
Unglüdfe bie ©d&ulbnerflaffe treffen, ja bie ©laubiger mürben
au$ biefem Unglfidf SBorteil gießen fönnen, meil fte in belferen $titm
iljre SJeute mit ©eminn mürben loSfd&lagen fönnen. Stemmen mir an,
ein ©runbfiüdf tfl oor bem 5trtege 200 roert, bie barauf lafienbett
©Bulben betragen 100. Qnfolge beS ÄriegeS ftnft ber 2Bert be£
©runbflüdfeS auf 100. gagit: 3)er ©d&ulbner ifl arm gemorben, ber
©laubiger l)at feinen SSerlufl erlitten. SBarum foHen bie ©dfjulb*
forberungen bie eingige gorm be$ SßrioatfapttalS fein, bie vom
©<$i<ffal beSSRattonalfapttal« unberührt bleibt? S)a3 formale
9t e d) t fommt in Äonfltf t mit ber f o g i a 1 e n 3 b e e. SMe ©laubiger
berufen ftdfj barauf, baft bie ©d&ulbner in guten Qa^ren audjj nidjji
mefjr SLn\tn begabt tyaben. 3)ie ©efaljr trifft ben ©igentümer ;
natümalöfonomtfdj auSgebrüdft: ber 2Bed|jfel ber ßoniunfturen ift
greube unb ßeib beS Unternehmer 3. 216er bie Unternehmer
f onnten bie günftigen Umfiänbe eben n i df> t auSnüfcen, überall fliegen
fte gegen bie ©cfjranfen einer peffimifitf^en 2Beltanf<Jjauung, einer
engljergtgen ©efeUfdjaftöorbnung. Äonnte man e$ tynen ba oerargen,
menn fte ft($ bagegen fträubten, bie Sßrfigelfnaben beS ©c$icffa(£ gu
fein, bie oerberblid^en golgen be^ ÄriegeS allein auf tyre ©d&ultern
gu nehmen?
2)er ©a|: „Verträge muffen gehalten merben", „©djulben
finb unter allen Umftänben gu gafjlen", fo fategortfd^ er tyutt Hingt,
tyatte nid&t gu allen 3^ten ©eltung. ©o lange bie ©d&ulben 31 e a 1 *
f djjulben maren, nur auf ©runbbeftfc lagen (SRentfauf), mar ber
©cljulbner in 3Kt&jal)ren oon ber ßinSgatylung, bti totalem Unter»
gang (abfoluter UnfrudEjtbarfeit) be3 ©uteS oon ber ©d&ulb über*
Ijaupt befreit1 [63]. 35er Äapttaltft nimmt tyier an greube unb
1 (Sefefce §ammurabi3 (2)er alte Orient IV 4) üßr. 48: SBenn jemanb eine
verging bare ©djulb Ijat, unb ein Unwetter fein gelb oerroüftet ober bie @rnte
oernidjtet, ober wegen äöaffermangelg Oetreibe auf bem gelbe nidjt n>a($jt, fo foH
er in biefem 3al)re bem ©laubiger fein (Setreibe geben, feine ©djulbtafel auf»
weisen unb 3infen ^r biefeö %af)x ntdfjt jaulen.
— 437 —
Seib be$ Unternehmer« teil. Stidfjt ber Unternehmer Jauft
bie Setljfapttalnufcung, fonbern ber ßapitalift ben
3in3, b. f). einen ^etl beä (SrtrageS (emptio census) —
ttatürUdj nur menn ein fold&er oorfjanben ift.^ SBä^renb mir l)eute
ba£ Sterleten als Äauf ber Setyfapitalnufeung bejeidjjnen, mtrb e3 in
ber lanoniftifd&en 2Btrtfd&aftS* unb SRedjtäleljre gerne unter bem
<3eftd&t3minfel ber „®ef ellfd&aft" [62] betrautet. 3)iefe auf*
faffung mtrfte lange na<$, unb barauä erflärt jtclj junt Seil ba$ un*
geftüme Verlangen ber ©djulbner nadfj &erabfefcung ber ÄapitaU
forberungen bei ÄriegSnot.
2)aju fommt,baft burdj bie Agiotage in ©d&ulbtiteln [303,
414] ein groger Seil ber gläubigertfdjjen gorberungen in anbere &änbe
übergegangen mar. SDabet fyatttn bie urfprüngltd&en ©laubiger ebenfo
une bie ©d&ulbner einen Seil tyreS SBermögenS eingebüßt, lefctere
burd& SBertminberung be$ 33oben3, erftere burdfj SBertminberung ber
©d&ulbobligatümen. 3)ie ßiquibation, nadf) ber alles brängte, {)atte
<ilfo fdfjon jiattgefunben, mit bem (Srgebmffe, ba& ber ©dfjulbner unb
ber ©laubiger gemeinfam unter bem nationalen Ungtücf litten. %xo\)
fa$ ber 3ufanft nut ^cr dritte" entgegen, ber bie ©djjulbbriefe
mit SßreiSabfd&lag an ft$ gebraut $atte in ber Hoffnung, bei SBieber*
Ijerfieffung georbneter 3uftänbe burd& bie blinb maltenbe ^uftitia
feinen ©emtnn realijtert ju fe^en. ©ottten nun biefer nid&t bie
kugen geöffnet werben, bamit fte erfenne, ba§ fte im Segriffe ftelje,
ben ©d&ulbnern au<$ no<$ ben SHcft tljreS SBermögenS
ju nehmen, nur um einer unmürbigen unb oerroerf*
Ud^en ©pefulatton geredet werben ju fönnen?
35er Äampf jmifd&en oerbrieftem Stedfjt unb ben gorberungen
ber SiHigfeit, jmifdfjen ©d&eüt unb $bee, jroifd^en ©Ijplocf unb
Antonio mürbe übrigen« nid&t oom jurifHfd&en ©tanbpunft geführt,
fonbern com polittfdjjen unb fojialen ©tanbpunft. 35ic
$rage mürbe nidjjt fo gefteUt: „©ollen bie ©d&ulbner gelungen
werben, iljre ©Bulben ju jaulen, audfj menn bie befte^enbe Orbnung
babei in Srfimmer geljt?"1, fonbern: SBeldfje SeoölferungSHaffe oer*
bient eine größere Serfldtfid&tigung ityrer Qntereffen,
bie©dfjuibner?laffe ober bie ©läubigerfiaffe [314]? SBenn
«in ©djulbner ofjne SRfidfftd&t auf bie fonfreten Umftänbe jur 3a^un8
ber ©djulb oerurtetlt, auf Setreiben feiner ©laubiger oon §au$ unb
ißof getrieben mürbe, fo etblictte man barin ntd(jt eine bebauerlid&e,
1 Fiat justitia, pereat mundus !
— 438 —
aber imoertneiblidje golgeerfdjjeinung einer flaatlid&en 2!ättgfeit, beten
unparteüfc&e SDurdftffi^rung eine ©runblage beS mobetnen (Staate*
roefenä bilbet, fonbern — eine SSegfinfttgung beS gläubigerifdjen
antereffe«1. S)a& bie Sßid&tigfeit biefeS 3niereffe3 in ber ^eriobe
ber geubalnrirtfdfjaft nid&t genügenb geroflrbtgt roorben ift, ift be-
fannt 33ie Stadjjroirfungen fönncn wir audfj ^eute nodEj ab unb ju
beöbadfjten. Die SBemerhtng oon 9Ranj, ©dfjufc unb ©d&irm IV 89:
„SWan finbet rounberlidfje 2eute, roelcbe lieber Slnberen ®ut& tun,
als if)xz ©laubiger beliebigen" trifft audjj tyeute no<$ ju. Shtdj Ijeute
uod& bübet ber gamilienoater, ber fidfj fetner ©laubiger faum ju er*
wehren Derntag, aber feiner £odfjter eine „ftanbeSgemäfce" 9ftitgift unb
SKuSfieuer in bie ©be gibt2, eine wenig erfreulidEje $tgur be$ gefeilt
fd^aftltd^en SebenS. Sludfj bie SBiffenfdfeaft f)ielt fid& nidfjt frei von
ber einfettigen Seoorjugung be$ ©dSJulbnerintereffe$. Miserabilium
debitorum causa semper plures invenit autores quam causa
creditorum, fagt ©djjmib8, ber in biefer grage eine oermittelnbe
©tellung einnahm.
Die 3R afcrege In, bie ber ©taat ergriff, um bie burd) ben
Ärieg Ijeroorgerufene ©d^ulbnot ju linbern unb ba3 „aequilibrium"
jtoifd&en ©täubiger unb ©djulbner ^erjuftetten, beftanben (in Sapern)
in folgenbem:
1. 3Bilberung be8 ©d&ulbredf)te$ behufs äJertyütung
einer 33efi$frifi3:
a) SBerljtnberung rigorofer ©jefutionen: „@£ foff
nid&t gleidf) mit ben gebräucijlid&en @£efution3mitteln ber ©trenge
na<$ uerfa&ren roerben" (1633) [310] ; „@$ fott nid&t ftradfc auf jebe
Jtlage 33ejaf)lung oerfd&afft unb exequiert werben" (1637); man fott
„an bie ©jelution nidjt gleid; fommen", fonbern ben ©djulbner
fooiel al$ möglidf) „bei ben ©ütern laffen" (1650) [317] ; bei ©anten
ift „betyutfam unb nidfjt oljne fonberbare ertyeifdfjenbe -Jtotburft ju
oerfatiren" (1654) [321].
1 ©djmib im Äommentar jur SBerorbnung »om 20. Sunt 1650 p. 2, 4:
„In pari causa et conditione magis favendum est creditori quam debitori" ;
„. , . ue, dum volumus debitorem conservare, faciamus miserum creditorem
favore magis dignum penitus crepare et interire".
2 SHanj, Sa)ufc unb edjirm IV 92: Unlängft ift gef d)el)en, wba{j Giner,
roeldjer einem anbeten 100 fl. fdjutbtg mar, feinem $od&termann 1000 unb me§t
©ulben gum §eiratgut oetf proben*.
8 @benba p. 16.
— 439 —
b) Ermächtigung an bie ©eridfjte, erforbertidjjenfaBS (audj
gegen ben SBiberfprudjj be3 ©laubiger^) bem ©dfjulbner 3a(jlung3=
ftiften ju bewilligen (1635, 1650, 1654) [311, 317], „bamit er
beim IjauSttdjen Slnwefeu verbleiben fann" (1635).
c) ©djaffung engerer ®£efution3grenjen: 2)en
©dfjulbnern follen „bie 3Rtttel ju tyrer SBteberertyolung unb =3luf-
fommung in &anben gelaffen werben" (1637) [310].
2. ©uäpenfion beä Stünbigung3red£)te3 be8©läubiger$
(1654) [321] : Obwohl e3 „fd&wer unb rotberredjtlidj" erfdjeinen will,
bie Sfaffünbigung ber Kapitalien wtber ©rief unb ©tegel eütjus
fdfjräufen, fo ift e£ bodlj notwenbig, bafj bie ©dfjulbner mit 2luf*
fünbung ber Kapitalien nidjt übereilt werben, fonbern bie Kapi*
talien innerhalb ber nädfjften brei Qafjre, nämlidf) 1654—56, un*
aufgefünbet bleiben.
3. ©igentlidjje @ntfc$ulbung3aftion:
a) 3)ie ©eridOte werben ermäd&tigt, an ben rficfftänbigen
3infen etwa3 abjufpredjjen — novae tabulae ! (1650 [317], 1654
[321]).
b) S)er <&taat als ©runb^err unb afe ©laubiger von grunb*
Ijerrfdfjaftltd&en abgaben unb Sftücfftänben gewahrt ben im Kriege
verarmten UrbarSuntertanen ©tunbung, fowie 9?adfjläffe an
ben verfallenen unb ben fünftigen ©ülten (1635) [306].
3)ie Seftimmungen waren -Jlotredfjt, fie bejogen ftdjj nur auf
bie burdfj ben Krieg ruinierten ©dfjulbner, b. Ij. auf bie ©d&ulbner,
bie infolge be3 burdf) ben Krieg erlittenen ©djjabenS ifyre ©laubiger
nidfjt bejahten fonnten (ausnahmen ftelje ©. 317 unb 321). 2)em
freien richterlichen ©rmeffen mar großer ©pielraum gelajfen. 2)er
Stifter follte nur causae cognitione, „nadfj ©rwägung aller Um=
ftänbe" unb „nadj ©eftalt ber ©adfjen" entfd^eiben ; namentlich follte
unterfudfjt werben, ob ber ©laubiger vielleicht burdj) ben Krieg in
eine ebenfo fdfjled&te ober nodjj fdjjledjjtere SBermögenSlage geraten mar
wie fein ©d&ulbner. ©laubiger, weldfje burdfj ben Krieg um ba$
3fötige gefommen, f outen nidfjt ungünftiger befjanbelt werben, wie
ü)re notleibenben ©dfjulbner.
SBenn bie exorbitanten aluSnaljmegefefce ad la unb b, 2, 3 a
wirflidfj Sftotredfjt geblieben wären, fo fönnte man fie mit ber @r*
wägung rechtfertigen, bafe aufcerorbentlid&e Greigmffe aud) aufeer*
orbentltdfje 9ftaf$naijmen erljeifdfjen. 2lber bie paragrapljenfrolje $uria»
prubenj jener £age, unfähig, bie ©efefce au$ bem ©eifle ljerau$ ju
— 440 —
fcnr ber fte geboren, redjnete nun bcn S<$ulbncrf($ii( |u einem
ifjrer fejteften Sefatfimtr1 trab — ba$ Ärebitredjt mar auf
3ai>r}el?ente Iptnatt* begeneriert
§25,
i.
L Senn man ba3 Srgebni* unferer Unterfud)imgen fiberbßcft,
fo fällt not allem bie eigentümlich Äompleferfdjeinung oon
Serfdjulbung unb flrebitmangel tti£ Äuge. 9Ran fteSt ftd>
nämlidE) häufig oor, baft bicö @£treme ftnb, bie fidj> gegenteilig au£~
föliefsetu 2>enn ba$ Sortjanbenfein oon SJerfdjulbung iß bodjj ein
3ei$en baoon, bafc Ärebit gegeben toorben ift, bog er fogar ;u reid>=
lid) gegeben toorben ift!? 3n unferer Arbeit aber Ratten mir ®e-
legenf>eit, ba* 9lebeneinanberbefte^en, ja ba£ §anb=in*§anb:gel)en oon
Crf Meinungen ju beobachten, bie auf eine tjodjgrabige Serfdfjulbung,
unb anberer 6rf Meinungen , bie anberfeitS auf ^od^grabigen Arebit-
mangel, ja auf Ärebitnot fdjjliefeen laffen.
£o&e SBerfdfjulbung fyat feineSroeg* bebeutenben
Ärebit jur $orau3fefcung. 63 fyat eine 3*ü gegeben, wa ber
Ärebit ein minimaler mar unb bennod) oielfad^ Überfd&ulbung Ijerrfdjjte.
Sie trabitionelle ©etoalttätigfeit unb ©ptelrout ber alten 35eutf$en
brachte mannen berfelben in äJerfdjjulbung, lange oor ber ©ntfteljung
be3 beweglichen Äapitate.
Xai Äapital al£ Sei^fapital, unb jtoar als blofce3 ©rroerbS-
fapital, ift älter toie baS Kapital als ^robuftiofapital [58].
©djon beoor ba* betoeglidje Kapitel in £anbel, ©eioerbe unb Slder-
bau Slntoenbung fanb unb bie ^robuftüntät biefer ©noerbSjtoeige
fteigerte, braute e3 burdfc 2lu$leiljung 3^nfen- ®a% Setljfapital trug
aberebenfo feljr bei, -Kot unb 23erf<ijulbung ju linbem, ate
es Gelegenheit bot, mit &üfe be3 ÄrebitS bie SBerfd&ulbung ju
fteigern. SBorfjer Ijatte ber oerfdfjulbete ©runbbeftfcer fein S3eft|tum
oeräufcern muffen, um fidf) oon ber Sdjulbfnedjjtfcijaft loSjufaufen.
2)er StotleJjenSjinS mar ber ©egemoert bafür, bafe ber ©runbbefifcer
fidj bei feinen ©fitern erhalten fonnte.
1 Meiern, ©ebanfen oon ber ftec^mä&igfeit be8 fed&ften 3in3taler8, 1772,
©. 28: „$ie meiften JDoftoren fyaben ben SRei<$8f$fafj oon 1654 für tin ttnioerfal»
gefefc gegolten*. JWadjj 1747 war baä ba^erifd&e SReotforium im 3meifelf 06 bie
9ta($to6üerorbnung oon 1654 no$ oer6inblic§ fei, f. ÜWanbat oom 17. $oo. 1747.
— 441 —
2fter aud& nodfj in bcr ,3ett, mit bcr wir un3 bcfd^äftigen,
bilben bic ©Bulben, bei bereit @ntfte^ung ber Ärebit im hinter*
grunb bleibt, bie Slbgabenrüdfftanbe, Äauf f d&illing3 =
refle, (SrbregulierungSgelber — beim fie treten cm
ben ©runbbefifcer §eran, ofjne bafc er ein Kapital aufnimmt, \a
in ben meiften gälten, o§ne baß feine Ärebitwürbigfeit ernftli<$ ge*
prüft mürbe — einen großen Seil fämtlid^er ©djulben. 3JKt ber
SBerme^rung be$ ÄapitatS, mit ber ©ntwiälung ber Kultur, mit ber
Steigerung be3 ÄrebttS nehmen biejenigen ©Bulben, beren @nt*
ftetjung uon bem Ärebit abhängig ifl, ben ba$ Äapital bem
©runbbeftfc gemährt, an >$af)l unb £ö*>e P, unb in bemfelben 9ßafee
üerfdfjiebt ftdfj baS ©röfeenoerljältmS jwifdfjen ben beiben Äategorien
üou ©Bulben ju ©unfien ber lefeteren Kategorie.
S)ie SSerfdfjulbung be3 ©runbbeftfeeS tft bemnad^ eine alte
©rfdfjeinung, mir ftnben fte auf ben nerfdjiebenfien ©tufen ber wirt*
fdjaftlid&en ©ntwidttung, im Qtltalttt ber Sftaturalwirtfdfjaft ebenfo
wie im 3*italter ber ©elbroirtfdjaft, unter ber ^eubatyerrfd&aft ebenfo
n)ie unter ber §errfd(jaft be$ ÄapitalS. 35er Ärebit bagegen ift
«in moberneS ©lement. 6r gebeizt nur bei bifferenjierter ©efett*
fd&aft, bti fapitaliftifdEj betriebener Sßrobuftüm (b. I). wo (Srfparungen
flemadfjt, Überfdjjfiffe erjielt werben), bei 33ertrag3freil)eit.
SSerfdjjulbung unb Ärebitmangel ftnb alfo ©rfdEjetnungen,
bie ftdfj nidfji gegenfettig auSf daließen, fonbern bei unentwidEelter
Ärebitwirtfdfjaft fogar gewötynlidfj miteinanber auftreten.
Slber audfj wenn bie ©elegentyeiten , Ärebit ju erlangen, ebenfo aus*
gebtlbet finb, wie bie Urfadfjen ber SBerfcijuIbung, fte^en SBerfdjjulbung
unb SRangel an Ärebit in gewiffen JBe^fclbesic^ungen ju=
einanber :
a) SBerfdfjulbete werben fd&wer Ärebit finben, weil eine not*
wenbige Sebingung ber Ärebitgewctyrung, bie ©id&erfjeit be3 Ärebitö,
fe^lt. älfo: 3e fjöljer bie SBerfdjjulbung, befto geringer
ber Ärebit.
b) Ärebitnot ifl geeignet, Überfd^ulbung ju befd&leuntgen unb
bie eingetretene 33erfdjulbung ju fletgero. SBie wir oben ©. 377
bargelegt Ijaben, ifl Überfdjjulbung ttxocß 9telatioe3, fte fteHt ein
33erl)altn{S bar. ©inerfeitä, wie wir gefe^en ^aben, ein Servituts
jwifdjjen Äftioa unb Sßafftoa, jwifd&en ©üterwert unb ©d&ulbenftanb.
Slnberfeite aber audfj, wie wir nun nadfjtragen muffen, ba3 83er-
$ältntS jwtfdfjen ©dfjulbenflanb unb Ärebit. @in ©runb*
beftfcer, ber feinen ©runbbeftfc bis jur fcälfte feine« 2Berte$ per*
— 442 —
fd&ulbet l>at, tft, wenn er (einen Ärebit fjat, nte^r oerfd&ulbet, als ein
©runbbeftfcer , ber bis ju 3)rettrierte! fernes ©üterroerteS mit
©Bulben belaftet ift, ober nodfj Ärebit finbet1. Qe geringer ber
ßrebit, befto l)öf)er bie SJerfd&ulbung.
• ©emölntltdf) wirb baß ©egenteil behauptet, nantlidj,
bafe bie ©rroetterung ber aRöglid&feit ber Ärebiterfangung, j. 35. bie
Aufhebung oon SBerfcijulbungSbefd&ränfungen, bie SBerfdfjulbung fteigere
unb fleigem muffe, SSir tyaben aber gefeiten, bafc aSerfdjulbungS-
befdfjränfungen bie SBerfdfjulbung feineSmegS fyinbern, weil biefe fjäuftg
(f. o.) in gaftoren tyre ttrfad&e §at, bie ber freien ©elbfibefttmmung
fpotten. dagegen fönnen bie $erf$ulbungSbef<$ränfungett bie
SDWglidfjfett entjieljen, Äapttal aufzunehmen jur SRettung ber xoixU
fdfjaftlidfjen ©jriftenj. ©ie roirfen alfo frebiterfd^toerenb, unb förbern
baburd) bie $Berfd(julbung, b. f). jene 33erfc§ulbung$erfdjeinung, bie
baburdf) entfielt, baft ben ©Bulben nidfjt ber enifpredfjenbe Ärebit
jur ©eite ftefyt. 9Wit einem Sffiort: ©ie madfjen bie SBerfdfjulbung
bräefenber unb gefä&rltd&er, als fte fein mürbe, xotnn aolle gretyeit
beS ÄrebitoerfetyrS beftünbe.
2. SRod) auf ein anbereS eigentümliches @rgebniS unferer Unter*
fud&ungen muffen mir befonberS aufmerffam madjjen. 5Radfj ber Seljre
ber Utotionalöfonomie befielt ber $\n$ (ro^e Q\nS) aus bem 3\x&
(reiner 3\n&) un& &er SRiftfoprämie. 3Me SRififoprämie bilbet eine
Vergütung für bie SBerluftgefaljr. ©ie ift abgeftuft nadjj ©efaljren-
Haffen. 3e geringer bie ©idfjer&eit, bie ber ©d&uttmer bietet, je
geringer alfo ber Ärebtt, ben er oerbtent unb finbet, befto Ijöljer bie
SRiftfoprämte. 3Me p^fiofratifd^ liberale Öfonomie gebrauste befannt*
lid& üjre 2^eorte oon ber S^Sbilbung, moju audjj bie fieljre tum ber
SRififoprcimie gehört, als £auptmaffe in i^rem Äampfe gegen 3w3*
tajen unb Sffiud&ergefefce. 3)ie jeweilige 3in3f)öf)e mürbe als StuSflufc
eines SRaturgefefeeS erflärt, bem gegenüber bie gefefclidfje 3inSta£e
ofjnmäd&tig fei. ©ie 3^ta£en mürben übertreten ober umgangen,
benn baS ßrebit* unb 2lnlagebebürfniS bringe ftdf) rüdEfidfjtSloS
jur ©eltung.
SBenn biefe Argumentation rid&tig tft, fo muß fie gerabe in ber
oon uns beljanbelten $t\t W beroäfjren. Denn bamalS mar bie
©idfjerljeit, bie ber ©d&ulbner bieten fonnte, infolge beS mangelhaften
1 2Ran muB alfo jroeierlei 2lrten oou Überfd&ulbung unter f Reiben: Über*
fc&ulbung im Ser^äftniS jum ©üterraert unb Überfc&ulbung im Serljältniö jut
ßrebitf>ö&e.
— 443 —
iQt>pot(>efenmefen3 ufro. Ijäufig eine feljr geringe, unb e$ beftanben
3in3tajen. 3Ran fottte benfen, bog bie ungenfigenbe ©id&erljeit in
einem um fo jjöljeren 3«^* alfo in ber Überfdjjreitung ober
Umgebung Der 3tn3ta£e, jum 2lu$bru<f tarn, bafc alfo ber
3üi3 troft ber 3ta3*a£e »erft^ieben mar, je nadjj ber ©idfjer&eit be*
©läubigerS. £atfäd&lid& beträgt ber 3in3 in allen gällen entgeltlicher
Ärebitgemäljruttg, oon benen unfer SWaterial beruhtet, 5°/o, er ent*
fprid&t alfo ber 3to3ta£e. SWun fragt e3 fid&, ob bie Sin&tagt nidfjt
umgangen morben tfi, etroa burd) IjeimÜdfje ÜberjinSforberung. 2)er
SBud&ereifatalog oon 1(J16 (o. ©. 206) erflärt u. a. ate SBud&erer;
wer fidfj me&r oerfd&reiben läftt als er Eingibt. Daraus läfet ft<$
ber ©d&lufe jie^en, bafc bie gorberung oon 2lgio oorgefommen ift
3Me Folgerung mirb unterftüfct burdfj bie £atfa<$e ber Agiotage beim
SBerfe^r mit ©djjulboerfd&retbungen, bie in ber 3*it großen
©elbmangete übertjanb genommen unb in ber Literatur fo lauten
SBieberljaH gefunben §at 2lnberfeit3 läjjt fiel) gerabe lefcterer
Umftanb gegen bie SKunatjme auäfpielen, baß bie 2lu3bebingung
üon 21gio bei ber 3lu^leit)ung oon Kapitalien f) auf ig
Dorgefommen ift. 2)enn menn bieö ber %aH geroefen märe, fo tyätte
e3 fid^erlid^ ebenfo großes auffegen erregt, wie ber 3[uf!auf oon
furfierenben ©<$ulbtiteln unter bem Sftominalroert. Qn äBirflidftfett
bejieljen fidjj aber bie Sßamptylete gegen bie Agiotage nur auf ben
2tuffauf oon ©dfjulboerfdjjreibungen.
2)aju fommt folgenbeä : 3)ie roidfjtigfie Sei^fapitalifienflaffe mar,
toie mir fd&on me&rmala auSjufttyren ©elegentjeit Ratten, in Sapern
bamate ber 5Ueru3. Gr betjerrfd&te, mie man Ijeutc fagen mürbe,
ben ©elbmarft. Der ÄleruS oerbanfte feine polttifd&e unb mtrt*
fd&aftlid&e 9ftad&t ber Stellung Sapern« jur Deformation
unb ©egenreformation. 6r mußte 2lHe8 oermeiben, roaS ber
©ad&e ber ©egenreformation tyätte ©intrag tun fönnen. S)iefe SBirfung
Ijätte aber eine Dppofttion ober Dbftruftion gegen bie ftaatltd)en 3i"35
gefefce, überhaupt eine freiere Seljanblung be3 ©elboerfeljrS Ijaben
tonnen. äufeerbem ftanb bie Sermaltung be3 ÄirdfjenoermflgenS,
befonberS bie 2lu3leU)ung oon Äird&engelbern , unter ber fpejiellen
21 u f f i d; t beS ©taatea, unb eine Überfd&reitung ober aJlifea^tung
ber 3mSta£e bur$ bie Äirdfje märe fdjjon au* biefem ©runbe un»
möglich gemefen.
2)ie golge mar : SBenn ein Sauer bei ber 'ittrd&e (ober bei einem
anberen „foliben" ©elbgeber) ein Äapital aufnehmen mollte, fo mürbe
junäd&fl bie ©id&er&eit geprüft. @rfdjien baS ©efdjjäft unbebenfltdfj,
— 444 —
fo würbe boS Kapital unter normalen SJebingungen, alfo ju 5°/o,
gegeben (f. o. ©. 40(5). 3Benn^ftd& bagegen jeigte, bafe ber ©elb=
fud&er (eine genttgenbe ©id&etfjeit bieten tonnte, fo würbe nidjt etwa
ju einem leeren 3™3fafe gegriffen, fonbem bann mürbe ba£ @efu<$
überhaupt abgefd&lagen. 3)er fcilflofe mufcte bann bie ©djjolle oer-
laffen, bie iljn ernährte, ber Äapitalbeftfcer aber mufcte fein (Selb
bradj liegen laffen ober e3 bur<$ ben ©rmerb oon ©runbfittefen
rentierlidj) anlegen.
2)ie 9teafton gegen flaatltd&e 3\n&btfäx&nbin%m brauet alfo
ntd&t immer, mie bie pl^fiofrattfdHiberale 3$eorie annimmt, in einer
überfd&reitung ober Umgebung biefer ©d&ranfen ju befielen, fonbern
bie gehemmte Äraft fann fi<$ audfj in anberer SBeife
jur ©eltung bringen, fte fann fogar }u nod& [flimmeren <&>
Meinungen führen, nämlidjj häufig jur oollfianbigen SSerfagung
be$ ÄrebitS.
IL
Sßenn gleidj ber Stammen unferer Slrbeit jeittid) unb räumlich
«in ju begrenzter ift, als baß fid^ barauä beftimmte Beeren für bie
©efialtung ber gegenwärtigen unb fünftigen Sßolitif in
33ejie§ung auf bie SSerfdjulbung beS ©runbbeftfceS jie^en Itefeen, fo
glauben mir bo<$, bafe einige ©rgebniffe berfelben aud& in biefer
Stiftung frud&tbringenb oermertet merben fönnen, roenn aud(j nur
itegatio, baburdj bafc fte bie UnauSftttjrbarfeit unb ©e-
fä^rlidfjfeit mandfjer Sorfd&lfige jur SBerljfitung ober
SSefeitigung ber SBerf dEjulbung beS ©runbbefifceS
jeigen.
1. 35ie Urfadfje ber befte^enben ober bro&enben SBerfdjjulbung
be$ ©runbbeftfceS mirb oon fielen Slgrartljeorettfern unb Slgrar*
^olitif ern barin gef eljen, bafe ber ©runb unb S3oben freioerfd^ulbbar
ift. ©runb unb 33oben fei nadlj ber gegenwärtigen Slgraroerfaffung
ttidjjt nur SßrobuftümSmittel, fonbern audfj ^anbelSobjeft, 2Bare. 2lu3
ber 33erffigung3freiljeit be$ ©runbbejtfcerS folge aber mit 9iotwenbtg=
feit au<$ feine SBerfdjjulbungSfreifjeit. 2Me immer fleigenbe 33er*
fdjjulbung be3 ©runbbeftfceS fönne nur baburdfc oerljinbert werben,
bafe man bie ganje SKgraroerfaffung reformiere, ben
Iffiarendjjarafter oon ©runb unb ©oben aufgebe, bie SBerfd&ulbungS*
freiljett befdfjränfe. 3U kfcterem 3wecfe wirb bie ßinfüljrung einer
33erfdjulbung8grenäe empfohlen. 33ei einer gewiffen SBertgren je
f oK ba$ ©runbbudj) (^ppot^efenbud^) für bie Eintragung oon 9teal*
— 445 —
f djulben gefperrt werben, unb ber ©runbbefifcer oon ba an auf feinen
SPerfonalfrebit angewtefen bleiben1.
3ur Segrünbung biefeS 3$orfd&lage3 greift man gerne auf bie
aScrgangen^eit jurüdf. 2Kan argumentiert bamit, bafc bie SBerfdjulbung
be3 ©runbbefifceS eine moberne @rfdfjeinung fei, unb bafc ©runb unb
SBoben früher unoeräufeerlidj, unteilbar, unoerfd&ulbbar gewefen fei.
9Äan bringt biefe beiben (angeblichen ober wirfÜ<$en) SEatfadjjen in
ba£ 5Bert)ältni3 oon Urfadje unb SBirfung, inbem man fagt: J)te
ttnuerfdjjulbbarfeit von ©runb unb 33obenl)at beffen
SBerfdjulbung üer^inbert.
SQBir Ijaben aber gefeljen, ba& erfiere Seljauptung unjutreffenb,
lefctere beweteunerljeblidj ift. ßange oor ber 2)ur<$füljrung ber gretljeit
ber SBerfd^ulbung be3 ©runbbefifeeS Ijat e3 eine SBerfdjulbung be£
©runbbeftfceS gegeben [13, 360], unb bie 33eräufjerung3befc$rcmftmgen
Ratten iljre Urfad&e nidfjt in rationaliftifdjen ©rwägungen, fonbern in
ber ©ebunben^eit beä ©runbbefifeeS überhaupt, fie würben oon ben
©injelnen nid&t atö SBoljltat, oon ber ©efamtljeit nidjt als ©egen
empfunben, fonbern man erfannte barin oertyältntemäfjig früljjeittg
finnlofe Überbleibfei au$ einer längft nidjt metyr oerftanbenen SBer*
gangenljeit, &inbemtffe be3 33erfeljr3 unb ÄrebitS. S)ie
©efdfjtcljte be3 SobenfrebitS befte^t au$ einer faft ununterbrochenen
Steige oon 2Rafmal)men, beren 3wecf e8 ifi, ben Ärebitoerie^r ju
erteiltem, bie SMSpoftttonäfreiljeit be3 ©runbbefifcerS ju erweitern.
SBenn einmal eine SReaftion in biefer ©ntwtdflung eintritt [67], fo
fommen fofort wieber jene 9Rtf$ftanbe jum SBorfdfjein, bie ben Sßunfdj
naclj einer größeren grei^eit be3 StrebitoerfeljrS gejeitigt Ratten. 2Benn
bie SBerfdjulbung be$ ©runbbefifeeä oer^inbert wirb, fo mufc ber ©runb*
beftfcer fein ©runbftflcf oerfaufen, wirb itym audfj biefeS oerwe^rt, fo
rnufe er felbft in ©dfjulbfnedfjtfdjjaft ju ©runbe ge^en, in SRot unb
Slrmut oerberben.
SBir Ijaben alfo aud) f)ter eine 6rf<$emung jenes ©efefceS, ba£
ttid^t nur in ber Statur, fonbern, wie uns bünft, audjj in ber
3Kenfd)l)eit3gefd()i<$te jum 3lu3bru<f fommt: SBenn bie fortfdjjrettenbe
1 2)te ärebittommifflcm ber preufjifdjen Sanbroirtfc§aft$fammern f^tägt bie
3erf4ulbung*greit)e cor a(3 Sebtngung für bie Kblöfung ber SR a dj *
$gpot$efen (6i3 $u 5/e refp. auöna^mörocife •/• ber lanbfc$aftlic$en Eaje) burefc
bie £anbf$aften, promnjiaten unb tommunalftänbifäen öffentlichen Ärebitinftttute
mit 6taat3unterftüfcung unb eoent. unter ©olibar^aft beS gefamten
©runbbeftfre* ber ^rooinj. (ftofäer- 3)abe , ftationatöfonomif be$ SWerbau«,
1903, 6. 591/92.)
— 446 —
(fritnudf lung gefiört wirb, fo tritt ^duftg eine SRüdEbilbung ein,
inbem nid(jt nur bereite aufeer gunftton gefegte Organe roieber ju
funftionieren beginnen, fonbem in 2fapaffung an biefelben audj ber
fiebenäprojef) felbft eine bereit* übenounbene gnttotcttungSftufe
refapituliert.
6$ tft ju befürchten, bafc eine 33ef<$ränfung ber 33erfdfjulbungs=
freiljeit be$ ©runbbefifceS, etwa bittet) (Stnffifjrung ber 33erfdfjutbungS;
grenje, a^rttid^e folgen tyaben würbe, inbem mandjjer ©runb&efifcer,
ber unter allen Umftänben ©elb brauet, genötigt fein würbe,
feinen ©runbbefifc ju oerfaufen (alfo etwa feinen ©läubigern
ju überlaffen), benn bie freie SBerfdjulbung beS ©runbbeftfceS lafet fidj
bei ben heutigen SSer^ältniffen als SWittel im Äonfurrenjfampf, als
©prungbrett, ftc& aufjufdjjmingen, als ©tfifce, ftdfj bie wtrtfdfjaftlid&e
®fipenj ju erhalten, nidf)t entbehren.
5Run fann man einmenben : 3ft es benn Dom oolfSwirtfd&af tlidjen
©tanbpunfte (unb biefer allein barf Ijier mafcgebenb fein) fo be=
bäuerlich, wenn bie Steigerung ber SBerfd&ulbung beS ©runbbefifceS
baburdfj oerljinbert wirb, bafe ber ©runbbefifc in anbere, oieHeid&t
luftigere, jebenfaffs fapitalfräftigere igänbe übergebt? ©ibt es nid)t
oiele lanbmirtfdfjaftlid&e Slnwefen, benen lefetereS tedfjnifdfj unb wirt--
fd>aftlid& nur jum ©egen gereichen mürbe? 3)aS mag jutreffen, unb
audlj mir Ijaben ja wieberljolt in biefer ©d&rift biefen ©tanbpunft
pertreten. Slber fetneSwegS fann btefeS Argument oon benen
gebraust werben, bie oon ber 33erfd(julbung bei ©runbbeftfceä eine
€fpropriation ber Sobenbebauer burdfj baS Äapital, beS SanbeS burdfj
bie ©tabt befürd&ten, unb fie oor allem beSljalb oerbammen. —
3n unferer ©d&rtft tritt bie SSerfdfjulbungSgrenje in
zweierlei ©eftalt auf:
A. alSgrunb^errfdjjaftltd&e ©inrid^tung, inbem ber ©runb-
$err feinen JtonfenS jur SBerfd&ulbung oerweigern fann, wenn baS
©runbfiüdf beS ©runbuntertanen bereits bis jur ^atfte feines SßerteS
mit ©Bulben betaftet ift (ober burdfj bie neue ©d&ulbaufnatjme
belaftet werben mürbe). 2Sir tyaben gefeljen (©. 424 ff.)
a) bafe es fd&wierig mar, bie 33erfd&ulbungSgrenje im eingeben
gaffe ju erfennen,
b) bafj fie nidjjt im ^ntereffe ber 33auern ober im affgemeinen
Sntereffe, fonbem im ^ntereffe ber @rtmbt)erren eingeführt mürbe,
c) bafe fie bie $8erfdf)ulbung tatfädftfidf) nid&t tyinberte,
d) bafc baS ÄonfenSred^t, oon bem bie SBerfd&ulbungSgrenje
einen Seftanbteil bilbet, oon ben ©runbfyerren miftbraudjjt roorben ift.
— 447 —
B. 3)ie 93erf($ulbung^sren3e tritt ferner auf in her SB e r o r b n u n g
Dom 5. 3Rärj 1672 unb in ben SSorarbeiten baju. 2)ie 33er*
fc&ulbungSgrenje fott auf ber jQötje beS ©utäwerteS, bejw. bei ber
ißälfte be$ ©utSwerteS liegen unb bienen (©. 430 ff.)
a) jur ©idjerljett be£ @runb^errn unb ber ©laubiger,
b) (wegen ber • ©idjerljeit, bie fte gewährt) faf ultatio als
ÄotnpenfationSobieft für bie Sürgenftettung,
c) (wegen i^rer ©igenfdjaft al£ ÄompenfattonSobjeft) afe
erstrebenswerte ©elbfibefdjränfung be$ ©djulbnerä. —
Sludj biefe 2lxt t)on SBerfd&ulbungSgrenje blieb, obwohl fte, wie
toir feigen, in fel)r befd&etbenem 3Raf$ftabe geplant war, praftifdj
bebeutungäloä.
2. S5enfelben ©inwanb, wie sub 1, bafe eine SBerwirfUdjung
ber t>orgefdjlagenen 3Waferegel bie ©ntwicflung beS Ärebitö um einen
großen 3*itraum jurfidEfdjrauben würbe, fann man audj bem 33or=
f daläge oon Stobbert u^ entgegenfefcen. 9tobbertu3 lieg bie greiljeit
ber SBerfd&ulbung be£ ©runbbefifceS unangetaftet, obwohl er tljeorettfd&
fein greunb berfelben war; er fal) bie &aupturfad)e ber SBerfd&ulbung
beS ©runbbefifeeä in ber Äapitalifatum ber SRente bei ber Sßert*
Beregnung be$ ©runbbefifceä , oerbunben mit ber gluftuation be$
StnSfufeeS1. SDaS SDttitel jur abrufe erbliche er in ber ©in*
fü^rung ber Sftentenfdjulb an©telle ber Äapitalfd&ulb,
in ber ©rfefcung biefer burdfj jene. S)ie SRentenfd&ulb ift auf ©eite
be$ ©läubigerS (unb auf ©eite be3 ©djutbnerS)2 unfünbbar. S)ie
Stljnlidtfeit mit ber burdj ben mütelalterlidjen „Sftentfauf" be*
grünbeten 3tentenfdjulb liegt t>or 2lugen. 9?obbertu3 felbft fyat barauf
aufmerffam gemacht8. @S wirb baljer erlaubt fein, auf bie folgen Ijins
1 3«r ©rttärung unb Slb&Ufe ber Ijeutigen Jtrebitnot be§ (Srunbbeftfce*,
1868, 2. SCufl. (oon Rub. SWener) 1893, ©. 195: 3Ran verlangt einen ft$ nie«
molö umfefcenben, niemals in feinem ooQen SBert reprobuaierenben, fonbern
tmmeroäfjrenb nur Rente abroerfenben unb au3 biefer Rente erft feinen fBert
etljaltenben immobilen gonbS als einen ftc^ ju jeber Qtxt umfefcenben, ju vollem
fBert reprobujierenben unb beSljalb audj ju jeber 3^it )u pollem Söert roieber
flüfftg werbenben, ftatt Rente 3inf*n, üerfdjretben ju bürfen.
9 ©tefje aber Robbertue 6. 136: 2Cblöfung bura) Snfauf von „£anbrenten*
briefen" unb beren Übergabe an ben Rentengläubiger. — SRit ber Rentenfdjulb
nia)t ju uerroedjfeln ift natürlich bie 2lnnuitätenfd)ulb , bie von Robbertud
irouifa) betyanbelt wirb.
8 ©. 199 unb a. a. D. — 9tua) auf feinen Vorgänger SuftuS SRöfer. »uef)
3Höfer moUte ($atriotifa)e $Qantafien II 18), bafe vber 3tndfontra!t auf bem
Sanbe abgefa^afft unb bafür ber Rentelauf roieber eingeführt" toerbe, jum SteiC
unter berfelben $egrüubung mie Robbertud. ,2) er Eigentümer eineö ©utetJ
— 448 —
juwelfen, bie bie Unffinbborfeit beS SRentfaufS gehabt fyat. SDa fmt>
nun fiu&erft letprreid) bie Ser&anbluugen auf bem bax)t
rifdjen ßanbtag oon 1583, bie mir ©- 69 ff. gefd&ilbert Ijaben.
2Bir befinben un$, fummarifd) auSgebrfidft, in ber SmbrtjonüU
pertobe ber „flapitalfd&ulb", be* oerjinSlid&en ©arleljenS. 3)ie Gin=
rdumung be$ Äünbigung$red&te8 an ben ©laubiger Ijatte fi<$ affmä^lig
eingebürgert1. SBityelm Y. mollte, beeinflußt non bem fanatifdpen
glfigel ber 3efuiten, bie SRentenfd&ulb aufredet erhalten unb uerbot
baf>er 1581 bie Einräumung beS ÄfinbigungSredjteS an ben ©taubiger,
roeil er in ber aRöglid&fett ber Äfinbigung eine ©efaljr für ben
©d&ulbner erblitfte. 2Cuf bem Sanbtage t>on 1583 mürben fofort bie
bitterften Älagen barfiber erhoben. $on mem gingen bie
Ä lagen au$? 2Ber bie agrarpolittfdje Literatur ber legten 3al>r=
je^nte perfolgt fyat, fann nidjt im 3roetfel barüber fein : S)ie © t ä b t e
besagten ftdj, al$ bie Vertreter be$ bemeglidjen Äapitate, ba3 ein
Qntereffe an gröfctmöglid&er SemegungSfretyeit fyabt. Ober oielleidjt
ber Jtleruä, wegen ber oielen Äirdjenfapitalien, bie auf rentierlid&e
Anlage angeroiefen maren? 3)ie SRitterfdjaft .bagegen, afö bie SSer*
treter be$ ©runbbefifceS, waren bem dürften natürlich banfbar für
feine gürf orge, benn fie litten bodj unter ber gurie beS ÄapitaltemuS ! ?
2Beit gefehlt! ©3 mar bie SRüterfdjaft, bie ftdj über ba$ SÄanbat
SBilljelmS V. betlagte, unb fie mürbe oom Stanb ber ©tobte unb
SDtörfte barin nur unterftfifct. Unb mos braute ber äbel gegen ba£
SRanbat oor? „2)te auf bem ©runbbeftfc liegenben Kapitalien finb
infolge beS 9Wanbate3 maffen^aft aufgefünbigt morben. SBer ©etb
ju feiner äufeerfien -Jtotburft aufbringen toiO, fann feinet me§r be=
fommen. 2Rand)er ift baburd) gebrungen morben, feine väterlichen
©rbgfiter oon ftdj ju laffen unb anberen etnjuräumen" *.
Jtein Sßort baoon, baß ber ©runbbeftfc unfünbbaren ober lang«
triftigen Ärebttö bebfirfe, ba& ber S3obenfrebit befonberen Regeln
unterliege ober bergleidjen. 35a3 Streben ber SBertreter beS „ a g r a *
fann au ber @rbe nic$t fagen: ®ib mir nadj einem falben 3a§re fo tjiet ®elb
wieber, als itt) für mein ©ut ausgelegt $abe." $ie Söfe [b. §. baS ftünbtgungä«
red^t bed ©läubigerä] ift »eine etenbe unb fa)ftblta)e (grfinbung*. D^ne Söfe
»mürbe ein gang neuer Ärebtt entfielen ... bie 9tenteoerfa)reibung.en mürben
bie ©teile beö baren (Selbes vertreten*.
1 (Sine SCnbeutung oom naa)fo(genben ©eban!engang §af>e itt) bereits in
bem (anonymen) 3Crti!el „$a3 3in8oerbot" in ben „aMna)ener Steueren 9tad&*
riü)ien" 1897 Mv. 492 gegeben.
2 3Röfer (a. a. D.) urteilt ju optimifrifa) , wenn er meint: B%e\>et toirb
gerne Rente laufen, wenn er nitt)t me§r auf 3infen leiten fann/
— 449 —
rtfd&en" SntereffeS ging oielme&r ba&in, bic ©onberregeln be*
SHentenfrebitS ju Befettigen, an feine ©teile ben Äapitalfrebtt ju fefcen,
ben ftrebit überhaupt mobil unb baburdfc leidster jugängltcij gu machen.
33or allem galt e£, bem @runbbeft|er, ber in eine Notlage geraten
war, bie SRöglid&feit ju erweitern, mit fcilfe be3 Ärebit« ftd& bei
&au3 unb &of ju erhalten. Der 3iuf ber ©runbbeftfcer lautete
baljer ntd&t: (Spaltung ber Unfflnbbarfett be$ ÄrebitS, fonbern ba^in :
SRe$r Ärebit!
III.
L SBenn man ba3 33erfdjjulbung$problem rein metfjanifdj
betrautet, fo erfdjjemt e$ gleichgültig, ob jemanb 92uQ SQftioa unb
Stall fßafftoa $at ober 100 Slftioa unb 100 ^affioa. 3n beiben
fallen $at er -Kutt Vermögen, ift er ein armer -Kann. 3)a$ ©djjulben*
gaben äuftert fid^ alfo junädfjfi nur in einem roirtfd&aftlid&en 2)ru<f,
ber ftdj allerbingS häufig jur Notlage fteigert. 3)iefe SBirfung ber
©Bulben ift auf ben erften Sltdf toeber effentieQ nodjj grabuell oer«
fdjteben oon ben folgen einer ungfinfltgen äiermögenSlage überhaupt
be$ 9Ri&oerl)ältmjfe$ jnrifd&en einnahmen unb ausgaben, $totf$en
©fiteroorrat unb *39ebarf. Unb bodf> befielen Unterf^iebe $urif<$en
einer einfachen Notlage unb einer folgen burdfj 35erf d&ulbung :
2. SDie SSerf d&ulbung f ann fid& jur Überfd&ulbung fieigern.
SBer m<$tö fyat, bem !ann man nid&tS nehmen. 2lber roer nid&t nur nidfjt*
Ijat, fonbern aud& nod& ©Bulben, ben oerfolgt ba$ 3JH6gefdf>id fo*
jufagen über ba3 SBermögenSgrab $inau$; er fann nid&t oon fidfr
behaupten: „tdf> fyob mein ©ad(j auf nichts gefiellt", noefc ejriftieren
ja bie ©cfjulbfdfjetne ber ©laubiger. 9lud) toenn er ft<$ nrieber auf-
rafft, mit §lei& unb (Sifer baS Verlorene nrieber einjubrmgen fud&t,
er wirb junäd&fi nur „für feine ©laubiger arbeiten". 3Jtan fpridf)t
bann von einer „mobernen ©djjulbfned&tfd&aft", melier 3lu$brudf
nidfjt übel gemault ift, obwohl bie perföntid^e gretyett babei gewahrt
bleibt.
3. £)ie SBerfd&ulbung fann burdjj 3^^ungd{io({ungen
geweigert werben. SDie Slftioa be3 ©df>ulbner$ ftnb, toie man ftd^
auSbrüdft, nidjt fftlftfg. 2)ie$ ift in bäuerlichen SBer&ältniffen (ein f eltener
ftaH. S>er ©djulbner tyat eine reiche ernte gehabt, aber ba* ^robuft
ifi unoerfäufHdfj ober ftnbet nur ju einem ©pottpreis abnehmet.
9tamentli$ beim SBorljerrfd&en ber SRaturalmirtfdSjaft (ommt
bie« häufig oor. Sei tigerten fe< baS ©etreibe, in fruchtbaren
^a^ren fe< ber äbfafc bafür, ber 3Rarft. Die ©Bulben finb jum
Co ^ (ii, »etfc^ulbanfl. 29
- 450 —
großen Seil bereit* ©e(bfdf)ulben, aber e$ befielt ©elbmangel, bie
gemerbetretbenbe 8eoölferung ift gering unb arm unb baljer fein
guter Äunbe, unb fo l>at ber Sauer feine liebe Slot, nur fo mel
SBobenprobufte ju pertaufen, baß er bie 3™fen jagten fann.
4. SDic SJerf d&ulbung tann bur$ eine St r i f i 3 oerf djärft werben.
SDie Urfad&e ber Ärift* fann t>erf<$ieben fein: Ärieg, SBeränberungen
auf bem 3Beltmarfte,'©teigen be3 3w3fuße3 (wegen ber Äapitalifatton).
©er ©dfjrecfen einer ÄriftS für ben oerfd&ulbeten ©runbbejifcer befielt
barin, baß fie bie SBerte entwertet, roätjrenb bie ©Bulben biefelben
bleiben tote juoor. ©in ©runbbeftfcer, ber leine ©Bulben Ijat unb
feinen ©runbbeftfc nur afe SprobufttonSmttiel, nid(jt als ©pefulationS*
objeft betrautet, ein ©runbbeftfcer alfo, ber baoon leben, banon fparen,
aber nid&t tyn mit ©ewum nerlaufen will, lann bie ÄrtftS oer&ältm$=
mäßig leidet überfielen, inbem er beffere 3*tten abwartet. „©d&tnadSJe
&änbe" bagegen vermögen iljren 33eftfe nidfjt ju galten, fie fe&en ftc£
genötigt um U>re ©laubiger ju beliebigen, einen Seil ü>re$ ©runb=
beftfce* ober i^ren ganjen ©runbbeftfc mit Sngrimm im igerjen um
einen ©pottpreis Ijerjugeben. SRefultat: 2)er ©<$ulbner ift nadj
Seenbigung ber StrtftS ärmer, als er oor tyrer @ntfte^ung geiüefen
mar, fein 33efi|nad&folger bagegen fyat ba$ „fytt abgefd&öpft". 2)a3
©d&limmjie an einer ÄrebitfrtFtS ift alfo bie »eftfcfrifi*.
5. SBä^renb ben bie SSerfdfjulbung förbemben Umflänben ad 1 — 4
im allgemeinen entgegengearbeitet werben fann, bur<$ ßinberung
materieller Slot (Maßregeln gegen ben SßauperiSmuS), burdjj SRtlberung
be3 ©d&ulbred^te^ (ßjiftenjminimum), burdfj görberung ber ©elb*
wirtfdfjaft (2lu$geftaltung ber 33erfel>r$mittel, Steigerung ber Äauffraft
ber Arbeiter), burdfj Serljütung non Ärifen ober ÜKilberung berfelben,
fommen mir nun ju einem SBerfdfjulbungSptyänomen, baS ganj befonbere
3üge auf weift, unb tum bem man mit SRedjjt fagt, baß e£ ein
gefefcmäßtgeS fei, mag man nun ein pofttioeS ©efefe (©leid&ljeit
be8 ©rbredfjteS ber Äinber) ober ein SRaturgefefe (gamilienftnn, benn
bief er betätigt ftdfj natürlich in g 1 e i djj e r 33et)anblung fämtlt<$er
Äinber) barunter nerftetyen. ©omeit bie SBerfcljulbung be3 ©runb*
befifceS im (Srbgange einf adjj auf großer JUnberjal)! beruht, ift ba£
Problem ein Seil be£ 33enöfferung8problem$ überhaupt unb auf
biefeibe SBeife ju löfen wie biefeS (Steigerung ber ^ntenfttät ber
^Bebauung, @rf<$ließung neuer (Erwerbsquellen, innere unb äußere
Äolonif ation , überhaupt größere Sßrobuftinität ber Arbeit)- SDaS
3lnerbenred()t an fidjj ift nur bann mirffam, wenn bie Segünfttgung
be£ Slnerben eine bebeutenbe ift, oerftößt bann aber gegen ben
— 451 —
bemofrattfd&en 3«8 unfercr 3*tt. S)a3 Sfoerbenred&t tfl ein burd&aü«
ariftofratifdjeS Qnflitut, e* will ibeale Säuernde fdfjaffen, förbert
aber auf ber anbeten ©eite ben Sßauperi3mu3. ©iner Sfajaljl toofyU
§abenber, fdfjulberifreter Säuern würbe — bei Jonfequenter 2)urdj?
fü^rung be3 2tnerbred&te8 — eine grofee SRaffe enterbter Proletarier
gegenüberliegen.
■Kun fte^t man bie ttrfad&e ber 3$erfdjjulbung im ©rbgange §auftg
ttid&t im gleiten ©rbredjjt an ftdfj, fonbern in ber Überfdjäfcung
b e 3 ®ut$werte3 burdf) bie (Srben. 3>icf er SfWifeftanb liegt tat*
fädjlid) oor, er ift aber jum £eü burdf) bie 9Konopotflettung ooh
<Srunb unb Soben uerfdjulbet (o. ©. 369), unb würbe jebenfatts
burdfj weitere SBefdfjränfung ber SBeräufeerungSfretyeit oon ©runb unb
SBoben (SBerwetyrung ber gibeifommiffe, 2tnerbenre(J)t) nodf) oerftärft
werben.
Itynlidfj wie bie SBerfdfjulbung burdfj (Srbgang ifi bie SBerfdjjulbung
burdfj ätafauf ju beurteilen. Sludjj §ier Ijanbelt e3 jtdjj für ben ©runb*
befxfe ntd&t um Äapttaljufu^r, fonbern um 3lbfinbung auf bem SBege
be$ Ärebttö, um „fapitaltfterte ©rtragSteile", meldte an ben SBorbefifcer
ober an biejenigen oeräufjert finb, meldte bie 2falauf£fumme nor*
gefd&offen Ifaben (©ertng)1.
6. 35te SBerfdjjulbung be8 ©runbbejtfeeS wirb befonberä audjj
be^alb t)er urteilt, weil fte eine SBerfdjjiebung be3 ©leid^getoid^ted
jwifdfjen ©tabt unb £anb herbeiführe, ©ie bewirle eine Stuf*
faugung oon Smmobiliarwert burdfj ba8 bewegüdfje ftapttal, bie ibeeOe
Aneignung, ja bie ©uteigmmg oon fapitalifiertem Sobenertrag bur<#
ftäbtifdfje Elemente, ©eroö^nlid^ wirb bann weiter auf bie nationale
©efa^r ^htgewiefen, bie au$ einer folgen SBeränberung bro^e, burd&
Surüdfbrängung ber fonferoattoen gaftoren, &erabfefcung ber 2Bel>r=
fraft ufw. SDtefcr ©ebanfengang fteljt in einem merfwürbigen
SBiberfprudjj ju ber immer wieber^olten Seljauptung , bajs bie
SBerfdfjulbung burdj Seftfcübergang ben größten £eil ber SSerfdljuIbung
überhaupt auSmadjje2 unb prafttfdfj faft allein in Setradfjt fomme.
1 24. $lenan>erfammlung be3 beutfd&en Sanbnrirtf $aft$rate$ , Brd&fo be$-
felben, 1896, 6. 220. $gr. Stobbertuä 6. 25: „au Kapital begenerierter 3Kit-
befty an ber ©utSrente/
* 9to<$ ber @$äfcung oon ©ering (a. a. O.) fmb 2)reiüiertel ber $9po*
tyefenföulben auä Stnfauf unb ©rbgang hervorgegangen. Sgl. aber Stabe, 3ur
ftrage ber 9obenentf$ulbung , Serfjanblungen be$ 27. beutföen 3urijtentage3,
3. 8b. (©uta^ten) 6. 45 ff. 6. 67: ,. . . ber »eftyn>e($fel bur$ ©rbgang unb
flauf, befonberS bur4 ©rbgang, in ber breiten SKaffe bed bäuerlichen Seftye* in
29*
— 452 —
3)ewn e* gehört btdü eine ftorfe $(>antafte baju, alte, arfeettömäbe
Sauern, bie fty J«r 9ht^e fefcen wollen, ober abgemietete Stauern*
tinber, bie bod> gum grölten Zeile ber Srbettertlaffe ( häufig ber
länblidjen) angehören, al« Vertreter be* „beu>egli$en Äapitate", be*
„flfibtifd&en ^ntereffeS" nfto. ju betrauten. 2)afe eine ftarte S3er=
fd&ulbung be« ©runbbeftfce* befielen fann, o^ne bafi ftäbttfdje ©le*
mente baoon Sarteil jtelpn, gefjt an* biefer ©d&rift Jjeruor. SDie
©tobte ijaben im 17. 3al)rl)unbert bttrd&au* nidjt ge =
ttonnen, wo ber ©runbbefifc nerloren l;at. aud& bie SBer*
fdjjulbung burd) ©rbgang ift mdfrt ben ©täbten jugute gefoimnen,
benn tardlj bie 91teberlaffung*bef(i>rfinfungen ufw. war e* ben über=
gebeifben Säuern, ben toetd&enben ©efd^nriftern ferner, meint nid^t
imroögltdj gemadjt, ftdfj in ber Stabt anjuftebetn.
7. Sei argumentationen n>ie ad 5 unb 6 fte&t ber alte ®e*
baute im fcintergrunbe , bafc ber Arbeiter ben Ertrag feiner Srbeit
allein genie&en fott1. aber ber ßonbroirt ifl nid&t nur ©runbbeftfeer
unb arbeitet, fonbern, memgflen* in ©eutfdfrlanb nadfj ber im all*
gemeinen ^errf$enben Übung, audjj Unternehmer. 81* foldjer
brauet er betoeglid^e* Äapital, brauet er Ärebit. SBenn ftd^ nun
fein ©runbbeftfc burdf) bie betannten ©igenfd&aften oon ©runb unb
Stoben, natürliche @rtrag*fät}igfeit unb fefter ©tanbort, fo oorjfiglidfj
§ur Unterlage für ben Ärebit eignet, fo wirb er frol> fein, barm
einen Sorfprung cor feinen Äonfurrenten im SBettbetoerb um ba*
beroeglidjje Kapital, ©eroerbe unb £anbel, ju beftfcen, befonber* ba
er in triefen anberen Sejieljungen hinter iljnen jurfidtfie^en mufc. 6*
erfd&eint ba^er „al* eine offene gftage, ob bie jroeifello« nor^anbene
fteigenbe 3una^me ber Umblicken SBerfdjjulbung allein and) ein an«
jeid^en be« Stiebergange« ber Sanbnrirtfd&aft ift, ob ntd&t oielmefjr
unter heutigen SBerljältniffen bie 3unal)me &er SSerfd^ulbung eine
anpaffung be« lanbroirtfcljaftltcben Unternehmen« an bie moberne
Ärebitnrirtfdfjaft bebeutet in bemfelben ©inne, in bem ber Ärebit audf>
auf bem ©ebiete be« ipanbel« unb ber Qnbuftrie ftdj ein immer
weitere« ©ebiet erobert tyat2." SBie reiben fid^ tyier Kapital unb
$eutf$lanb nia)t in fo oerbängnisooller Söeife jur Serfc^ulbung geführt f)at,
rote bie« fett SRoDbertu« melfad) angenommen roirö.*
1 93gl. ©ering auf ber preufjifc^en Slgrarfonferenj von 1894 (Spiels Safjr*
früher XXIII ©rgänjunflSbanb 2 ©. 7): ,,©o geijt ein immer größerer %e\l be«
©obenertrageS in bie §anb berjenigen über, roela)e 33obenrente bejtefjen, oljne
ben ©oben $u bearbeiten".
9 o. <£etto, Sßlenaroerfammlung be« beutfc&en SanbnurtfdjaftSrate« 1902,
8rc$u> ufro., XXVI 255.
— 453 —
Arbeit bie ißänbe! SBäre e$ nidjjt aud& für bic Sanbroirifdjaft an
ber 3eü/ b<** betoeglid&e Kapital neben betn ©runbbefifc unb ber
Sttrbeit als gleidjberedfjtigten gaftor — nid&t nur in ber Styeorie,
fonbern audj in ber graste unb in ber Sßolitif — anjuerf ennen ?
SDie %zü$tt einjutyeimfen, bie bie Konjentration be$ Kapitals in ®e*
ftalt ber gefteigerten Sßrobuftiottät ber Arbeit bringt? 2)a3
Äapital — fdfjon oor bem Sßorte jittern manche — ift wie ein
Tiüfclicijer ©toff, ber erft geformt werben mufc. 3fe nadj
ben &änben, bie ba3 ©ifen formen, nrirb e$ eine Sßflugfd&ar ober ein
©äbel. SBirb e3 ben Sanbtoirten gelingen, iljre SBerf orgung mit
Äapital fo ju orgamfteren, bafe e3 nur feine nü^lid^en @igenf<$aften
$u entfalten oermag, bafe e$ tynen ©egen bringt ftatt glu<$?
8. SDer SBeg, ben mir jurücf gelegt Reiben, meift aud) auf ba3
3iel Ijin: äöir gingen aus oon einer 3^t, mo Kapitalmangel
|errfdjte unb bie ©ebunben^ett oon ©runb unb 95oben bie 33enufcung
beSfelben jur ©rlangung oon Krebit erfdjtoerte. 2Bir enbeten an ber
©djtoeHe einer 3^, bie bie geffeln ber Verfügung über ©runb unb
SBoben abftreifte, aber ba8 Kapital in einer burdjauS mangelhaften
SBerfajfung, ja ofcne 33erfaffung, oerftreut, ifoliert, in ©<#lupfroinfeln
©erborgen, antraf. 3)ie aufgäbe beftanb nun barin, ba$ Kapital ju
fammeln, ju f on jentrieren , itjm SBertrauen emjuftöfjen, e3 in bie
paffenben Kanäle ju leiten. 2Bünf<$en bie Sanbnrirte, bafc bieä in
einer Sßetfe gefdjietyt, mie e3 tljren magren Qntereffen am meifien
entfprid^t, fo muffen fie bie Drganifation beä Kapitals felbft in
bie ißanb nehmen. Sie genoffenfdfjaftlid&e Betätigung §at auf bem
©ebiete beS lanbtoirtfd&aftlid&en KrebittoefenS nod) ein toetteS $elb.
Slud) auf biefem ©ebiete oerfolgt alfo bie ©ntmieflung eine beftimmte
33aljn: 5ßon ber ©ebunben^eit — jur gretljeit — jur
Drganifation.
9. @ine$ getyt aus biefen SBlättern mit Sefttmmtyett §eroor.
©egen bie aSerfd&ulbung oon ©runb unb Soben gibt e$ fein „fpejtfifdjeS
Heilmittel". SDie 93erfd(julbung ift nur baS ©pmptorn eines
Übels, unb fogar eurlrügerifdjeS ©pmptom. ©ie fann ber 2tuSs
brud einer fteigenben SBerftridEung ber Sanbtoirtfdjaft in bie mobeme,
fapitalifHfd& organifierte ©elb= unb Krebittotrtfdjaft fein, ©ie fann
aber audf) ber 2luSbrucf fein oon tedjnifdjer unb nrirtf<i>aftlid)er 9tttcfs
jiänbtgfeit, bei ber ber Sanbroirt überrafdjjt, überrumpelt wirb oon
ben mädjtig anbringenben SBogen ber SBeltioirtfd&aft. ©ie fann audjj
mit unberedjjenbaren gaftoren (SSJitterung , Kinberjaf)!) jufammen*
Rängen. 9Ran mufe alfo ber SBerfdjulbung immer auf ben ©runb
— 454 —
gelten, na<$ tiper Urfadje fragen. 9la$ ber Urf adje mufc ftcfc Ijter
audj bie SRaferegel rieten. Qm etnjetnen unb im allgemeinen.
2Bir ftnb enblidj foroeit, ba& wir bie „fiöfung ber fojialen grage"
ntd>t t>on einem ©pejiftfum, j. 33. naturgemäßer Arbeitslohn, 5probuftit>*
genoffenfdjaft, ©ewinnbeteiligung, SRedjt auf Sirbett, erwarten, fonbern
von ber ©ntmicflung ber 2)inge, oon ber SSerbefferung ber mirtfdjaft-
Kd&en Sage beS Arbeiters im allgemeinen ufto. Sludj baS 33er*
fdjulbungSproblem, bie fojiale grage ber ©runbbejtfcer fann nidjt mit
medjantfd) mirfenben Mitteln, j. 93. SBerfdjulbungSgrense,
fonbern nur mit ben altbewährten Hausmitteln ber SBolfSwirtfdjaft,
nrie mir fte j. 93. oben unter 5. gef Gilbert Ijaben, gelöft werben.
S)er Äampf gegen bie 93erfd>ulbungSgefal)r ift eben im ©runbe bodj
nid&tS anbereS als ber ßampf gegen bie Ungunfl ber wirtf djafi*
lid&en SBer^ältniffe. ftreilidj wirfen Hausmittel nidjt fo rafdj,
aber fte ftnb aud) weniger gefäljrltdj, wie jene Auren k la a5oftor
©ifenbart.
2lnfyang.
(Orthographie beibehalten, Xautotologien oermteben.)
3a) N. N. benenne für midj, alle meine ©rben unb'naa)fl)ommen mit bifett
offenen brief, ba$ ia) t>on fonberS meines nuea unb notturfft wegen oerf$aufft
bem N. N., allen feinen erben unb naa)fljomen 300 fl. SRJjetnifdJ, gute gangbare
unoerbotljene, ben SReiljmf d&en gulben . ju fedfoig freier geregnet, 3erUa)en unb
ewigen gewiffen Sin§ von, ab unb auf; meinen beiben ljofmara)en, äffen ber*
felben redeten, ein« unb sugeprungen umb 6000 gulben ffleüufa), au ©ec§ai(J
freiaer gerechnet, bte mir gebauter N. N. in guter gangbarer unterbotener
SReidJSmüna an fjeut dato behalt Ijat. Serfpred)e hierauf oboermelten N. N.,
feinen @rben unb naa)fl)omen gebadete 300 gulben Serltdjen 3in6gelt8 Sarlict)
auf ©. Sacobö tagr aa)t tag oor ober naa), gegen gebürliä)e quittung auf meinen
Sofien unb fdjaben 3me, bem fljauffer, in fein woljnung unb in feine gemalt au
bejahen, aud) mit erfter SBerainfung auf Sacobi, fo man 3elen wirt ©ed)aed)en*
$unbert unb fünf %af)v, anjufang. Unb bamit offt ernenter N. N., feine (Srben
unb naa)fl)omen wegen be3 (jaubtgutS unb ber 3erlid)en 3wß befto meljr oer-
fidjert unb oergewift fein , So fyab ia) 3me , feinen @rben unb naa)l(jomen au
redeten unberpfanbt eingefefct, ^afft* unb Sßfanbtbar gemacht obbeftimbte 3roo
$ofmara)en N. N. mit allen regten, gerea)tigf§eiten , ein« unb 3uge§orungen,
barumben id) 3§me, feinen (Srben unb naa)f(jomen ein rechter magrer fertiger
fein wtl gegen meniglicj, alfo unb bergeftalt: roo 3^me bem Hjeuffer, feinen
@rben unb naa)fljomen fola)e 3*n& auf obbeftimbte maafs unb wetfc nit gereicht
ober fonft biefem ©rief juroiber geljanbelt mürbe, ba$ aldban ber tyeuffer maa)t
unb gemalt Ijat, wegen fola)er auäftenbigen gilt, (Sofien unb fa)aben unb, im
faljl ber wiberlofung, aud) megen ber fjaubtfuma fambt berfelben Soften unb
fd)aben, gleid) als in eine befl)enbtlia)e gemunnene unb in rea)t erhaltene faa)en,
▼ia executiva mta), meine @rben unb naa)f§omen Sor allen gerieten, getftlta)en
unb weltlichen, oorjunemen, augleid) aud) obbefagte unberpfanbt unb, ba einia)e
abgang baran mar, alle anbere Unfere güt&er, fo 3nte aua) auf fola)en faljl $ie*
mit oerpfenbt fein follen, mit ober oljne red)t eignet gewaltS anaugreiffen, einju*
nehmen, fta) felbft beja< au machen, au nuejen, au nieffen, barmit au t§un unb
imlaffen, a(3 mit anbern feinen eignen gütljern, ©o lang unb eil, H3 3nte bem
Äfymffer, feinen Srben unb naa)f$omen oon mir ober ben meinigen entria)t, aHe£
1 J*rei3ara)io 3Rüna)en ©eneralregifter 289/8. Äonaept o. 3). 2Ba$rfa)etn-
lia) tum 1604, rote au$ bem erften 3inStermin $eroorget)en bürfte. Signatur:
Gopy ®elh>erfa)reibung. — $a3 @a)riftftfld fann als $upud ber um 1600 unb
fpäter üblia) gemefenen 3)arfe§en3oertrftge in gorm be$ beiberfettä ablädlia)en
Äentfaufd betrachtet werben.
— 456 —
abgeleget, au$ biefem bricf alle* feine* 3n(a(t* gelebt roirt. SBie ia) ben au$
$ieneben auf obbemetten fa$( bet nit$a(tung $$nt tyauffer ju einen magren
re$tmeftigen beftenbtgen beftyer erfi angeregter 3ro*9n ttnberpfanbt macb, au$
ta) biefelb alöban nur in fein be* Jtyauffer* namen tnfjaben fol unb mit. 8ht
meinem unb allem anbern in bifein bricf unb $ernaä) befd)rieben mi$, meine
(Erben unb naettyomen nit fa)ueaen fdjirmen ober bewerfen fot ffctn ©etftlidj
noä) roeltltü) geriet, red)t, Statut, geroonljett, genabtr fren$eit, Serbotl), geboüj,
Hein erlanget re$t, fü)aur, bagl ober anbere utraerfe(ene 3uefa$(, fyein exception
wie bie immer genennt, ban id) mta) beren allen in genere et in specie frenroittig
genjlia) unb ewig begeben unb oerjigen. SBer auä) bifen ©rief mit fein be3
tyeiffer*, feiner erben unb na$tyommen gufyen roitten Qnen f)at unb fürbringet,
ber ober biefelben $aben alle biefe hierin griffen red)t. 3ebo$ &abe id) mir einen
enrigen 3erlia)en nribertyauf vorbehalten mit bifer mafi: SBel($e* 3ar* ober
f^ünfftiget Seit mein ober metner (Srben unnb nad)!omen gelegen^eit nit me$r
fein wolt, ermelte fea)*taufenb gulben $aubtfuma auf obgefefcten meinen benben
(ofmarä)en obbefa)rtbener geftalt (igen unb ©erainfen, fonbern ablofen ju (offen,
©o n>i( unb fo( ia), meine (Srben unb naa)?$omen ben nribertyauf unb ablofung
neber 3*« ein $alb* 3ar oor ber Qini 3*it gu nriffen mad&en, unb barauf
oolgent* su ned)ftem ©. Sacob* Sag, ungefer(id) 14 Xage oor ober naa), bie
ablofung unb roiberfauf mit beraiter bejaljlung ber 6 taufenb gulben Ijaubtfuma m.
guter unoerbottjener gangbarerfcSRetd)*münj fambt allen oerfa^lenen unb anftenbigen
gilten Soften unb fajaben, gegen $erau&gebung bifer meiner Serfd&riebung unb
gebirlitt)er Quittung, oljne allen feinen fd)aben tfjuen. ©Itedjer geftalt $a& icr>
3&ne N. N., feinen (Srben unb naä)H)omen, aud) getreuen Sn^aber be* brief*
frenroilUg jugelaffen, ba* er mir bie Ijaubtfuma obbefc&ribner gepalt auffagen
unb auftreiben mag, unb iä) barauf fd)u(big fein fol unb bin, foldje auf*
Iljünbung mit erlegung ber ^aubtfuma in me^rangejogenem wert unb gelt mit
Soften unb fä)aben, aller maßen, rote (jieroben angeregt, ©tat &u geben. Su
roela)em allen iä) mta), meine erben unb naä)f$omen auf ba* crefftgft unb in be*
ftenbigefter form rea)ten* oerbinbe. ade* ben meinen 3lbelta)en e§ren, roaren
nrirben, brauen unb glauben. Sreulid) unb o$ne geoerbe. 3)e* ju Urfljunbt
$ab ia) bifen 93rief mit eigener $anb unberfä)riben, mit meinen angebornen tyett*
fd)aft verfertiget. 33eftt)eljen.
II. ^rforttäf *ovl*mxn& toim 1616 K
I. Sitte ©eria)t*!often (Hrt. 2).
II. SBeerbigungöfoften, £)oftor* unb Slpotbeferfoften (2lrt. 3 unb 4).
III. $er «gearnbte £tblo$n", b. f). ber oerbiente £o$n ber @§e^alten, länb*
liefen unb geroerbltdjen ^aglö^ner unb ber ©törer, aber ^od^ftenS im
Sa^reSbetrag (3lrt 5 unb ©a)mib n. 4).
IV. 1. gorberungen au* Slufmenbungen (innrem versio, 2(rt. 6):
a) , diejenigen, fo $ut notroenbigen SBiebererbauung unb ©Haltung
eine* ©eböu ober anberer ©aa)en, bamit biefelbige ntdjt gar ju
©runbe ge^en, ©elb ober ^Baumaterialien ^erlei^en . . . $oa)
1 ®antoro3e6 Xitel II. ©ielje oben ©. 105.
— 457 —
anberä nidjt, e3 »erbe benn bettriefen, ba| foldj (Selb ju feiner
anberen Urfadpe al$ allem jur notroenbtgen 2Biebererbef[erung unb
ntdjt etwa allein 311 einem unnufclid&en ßuftbau ober in anberroeg
Ijergelieljen, aua) foldj (Mb roirflidö an bie SJerbefferung »erroenbet
roorben*.
b) 2)te Steuern unb 2luffd)läge, „fo Derjenige, beffen ©üter auf bie
©ant fommen, von feinen ©utero ober ©etränfe felbft fdjulbig ift*.
c) »diejenigen, fo (Setreibe gur Sefäung ber gelber Ijerleüjen*, xoznn
„bie gelber bamit befaet werben*, an ben grüßten be3 betreffenben
3a§re$.
2. gorberungen, äljnlia) ienen auS 8lufn>enbungen (quasi in rem versio,
Slrt. 7 unb 8):
a) „2)ie, fo ;ur (Srfaufung ober Sieuerbauung eines' §aufeö ober anberer
Sao)en ifjr @elb bargeftrecft*, vboa) allein in bem gaffe, toenn iljnen
baS er!aufte ober von neuem erbaute ©ut ju einem au8brüc!lia)en
Unterpfanb nerfefct ober »erfd&rteben toorben*. Oft ber 3)arlei$er
eine Sormunbfdjaft, Ätra)e, milbe Stiftung ober ©emeinbe, fo ent-
fällt biefe SorauSfefcung, 2lrt. 8).
b) „(Sine gleta)e Meinung Ijat eS mit benjenigen, bie in ©rfaufung
tljrer ©üter bei folgen ©ütem üjnen [fta)] um ben unbezahlten
ftauffa)iffing ein Unterpfanb auSbrücflid) vorbehalten*.
3. a) 25er ©runbljerr mit feiner ©runb* ober $errengült unb ben anberen
§errenforberungen (3^r ®ült, ©ut86erta)t, Simmetxetyt, Unfall
unb «bfabrt, 2lbfa)leif — fianbreajt XXI , 11) an ber ©runb-
gerea)tigfeit unb ben oor^anbenen grüßten auf brei Sa^re (%rt. 9).
(2ln ber ga^rniä Ijat ber ©runb$err nur ein ftifffa)n>etgenbe8
$fanb o^ne SorjugSrecftt).
b) $ie »ogteigülten (2lrt. 9).
2)er Vorrang ber vierten Stelle besiegt ftd) nur auf ba$ be*
treffenbe ©ut (»rt. 10).
Y. 2)a8 #eiratgut ber @^efrau (dos). (3Ba8 il)r fonfiigeä Einbringen [bie
$arap§ernalien] betrifft, fo l>ai bie @§efrau nur ein ftillfa)weigenbe3
©eneralpfanb, aber fein $or*uggrea)t; gletdjeä gilt von ber SRorgengabe
unb SBiberlage, 00m $oa)geit3tage an) (2lrt. 11, »gl. au* Slrt 12—14).
VI. 2He Pupillen, 3Rtnberjft$rigen, Atrien, Spitäler unb anberen milben Stif-
tungen, aua) bie Stäbte, SRärfte unb anberen ©emeinben, bie eigentliche,
©on ber Dbrigfeit gugelaffene, approbierte Kommunen finb, ferner bie geift-
lia)en Sruberf ajaften; an ifcrer SBormünber unb Serroalter $ab unb ©ütem
(Krt. 15). $a* »orjugsred&t beginnt beim antritt ber Sernmltung (Brt 18).
YII. 2)er giefuS wegen feiner gorberungen au8 einem Gontraft ober auä einer
anvertrauten Serroaltung, fonrie bie gorberungen ber Sanbfdjaft aui
tyrem 8er$ältm§ au ben mit^inbringung ber Sanbfteuern unb Äuffd&töge
Betrauten $erfonen («rt. 16 unb 17). 2)a3 SSorjugSredJt beginnt beim
©ingegen be3 SontrafteS begm. beim antritt ber Serroaltung («rt. 18).
©rroirbt ber Sa)u(bner bar na a) ein $eiratgut, fo ge^t ber gi«fufl ber
(Sbtfrau oor (Art. 16).
VIII. 2)ie primlegierten auÄbrtirf lia)en ^upot^efen, nämlia) bie ©trtraa*-
^upot^efen ber flegelmäfcigen $erfonen unb bie oor ber Dbrigfeit er«
— 458 —
richteten $9pot$efat. ferner bie füttfgtveigenben $9potye!en o$ne Sor*
Sug*re<$t (Krt 19, 20, 22—24).
IX. $ie anbeten au3brütflia)en $npoi$e!en (Hrt 19 unb 21).
ad VIII unb IX:
1. Söenn nigtprivilegierte auftbrü<Ki$e $9pot$e!en unb füttfdjroeigenbe
gypotyefen o$ne 8oraugftreü)t, femer wenn alle brei 91rten von
$npotbe!en (privilegierte audbrü<flia)e, nidjt privilegierte au3brücfti<$e
unb ftiBfa)tvetgenbe o$ne SJoraug*rea)0 am AonfurS beteiligt ftnb, fo
entfa)eibet über ben JRang ber genannten §npot$e!en unter ftc$ nur
bie 3eit ber <8nif*e$ung (*rt. 21 unb ©t&mib au «rt. 22 n. 4)1.
2. £udbrü<flio)e $vpotbefen fljfanboerfd&retbungen), iveldje älter flnb al$
bie 3(nfprüa}e ad V, VI, VII, geben biefen vor, ben Slnfprüo$en ad VII
aber nur, wenn fte [bie audbrücfliajen £tjpot(je!en] ©peaiaQypoigefen
ftnb (Slrt 11, 16, 19 unb 21).
8. ,2Benn jemanb fein (Selb einem anbeten, ber ein fola) audbrücftkbeS
Unterpfanb §at, ju entrichten (erteilt unb benebenö bebingt, bajs er
in beftfelben ©tatt {leben unb aua) fein Unterpfanb $aben fott*, fo iß
er an bie ©teile biefeS ©laubiger* ju fefcen (3lrt. 19).
X. $ie befreiten [privilegierten] gemeinen ©laubiger ($erfonalfrei§eiien):
a) (Surrentforberungen ber ©tftbte.
b) ,2)a @iner aur (Srfaufung eine* ©uteS o$ne $fanb fein ®efl> ber*
gelieben f)at".
c) „2>a eine JBraut vor ber §oa)seit intern fünftigen Gljetvirt ba* §etrat*
gut f)&ttt augebraajt, aber vor ber §ott)aeit feine ©üter angegriffen unb
ber ©antproaefc angefangen tvirb*.
d) ,2)er, mit tveldjeS ©elb ein anberer befreiter ©laubiger beaaljlt, aber
nid&t bebingt ivorben, bafe er in beffelben ©laubiger« ©tatt treten unb
beffen Unterpfanb audj Ijaben fotl*-
e) „Slua) bat ber, mela)er vor oem ©antprogefs von beö ©a)ulbner&
Dbrigfeit ein @efä)8ft, bafe ber ©ajulbner bie Seja^lung tan fo&, er*
langt $at, ben Sorrang vor ben gemeinen ©läubigern*. —
[ÜRaaj biefen tön ©teilen fommen bie unbefreiten gemeinen ©laubiger
8um 3uge.]
III. £ttff*brtef2.
(Safparn ©arauö, getveften £agroertt)er au <Slet$aimb betr.
3 a), ©aSpar ©arauS, getvefter £agiver$ au ©letbatmb, benenne Ijiemit für
miä), unb all meine @rben: SRadjbem ia) von ben $errn (Samerer unb 9%at§ ber
©tatt ©rbing, als obriften Sertvefer unb ©ajuejljerrn ^ber beö Qt. ©etftö Spital
alba, auf be$ btnanten ©pitalS frev. aigent§omblid)en ©ölben au (Sletyaimb
£eibrett)t an mia) gebracht, vermög
1 3WU anberen SBorten: @8 finbet bann lein 9tongunterfa)teb au)ifa>n
fllaffe VIII unb IX ftatt
8 Ärei3ara)iv 3Rüna)en »riefprotofolle 196/1 (8anbgeria)t @rbing).
— 459 —
SetbredjtSbrtefS,
toeldjer von mortlj au mortl) alfo lauttet:
SBür öurgermaifter unb 3flat^ ber ©fcurfrtt. Statt @rbing, al* oberfte Set*
wefer unnb 6t$uea$errn pber beä $eil. ©etftä Spital alba, Sefl&ennen oon be&
Benannten ©pitalS wegen Sentit fament unb fonberö für unn§, aU unnfere 9tac$*
Jörnen, 3)a3 mür von be$ meljrbebeitten ©pitalS beffern nua unnb molfarty
wegen bem (Srbaren (SaSpar ©arauS, geroeften £ag»erd&er au ©letljaimb unnb
<Slifabet$en feiner Jauäfrauen, 3* bccber SeibSlebenlang aber nit lennger, in
unnb auf bemeltem ©pitalS atgent§omblidJ gehörigen ©ölben ju (Sletfjaimb, mit
aU beffen von altera $er rechtlichen ein* unb guegegörungen, ©runbt unnb poben,
ju §auf* unnb $of, nichts bauon ausgenommen , Setbggered&ttgfl&eit geben unb
verlafen Ijaben. 2)arum6en unnb ftr folc$e ßeibred&t gebaute aroap @§eleit$
patS bejalt am ©uma gelig. Xemnafy foßen unb mögen fp ermelte GtfjeUitfy
fold&e ©Ölben 3* baiber Seibölebenlang infjaben, nueaen, nieffen unb gebrauchen,
bo<$ 9ebe$ma§l3 au bejj ernannten ©pitalS gemoljnltd&enn ©tiftjett umb (Baut,
roo&in 3§nnen folcje antyinbt roirbet, in ber ©tifft er [feinen unnb baoon lautlj
©aal* unnb ©tiftSbued&ä au ©ilt raid& gebeä 3a^r bren Bulben brep fd&itting*
Pfennig unnb »ier Pfennig ©tiftgelt, 2>aran bem ©püal weber fd&aur, £agl,
©teur, Sinnlag, Ijtlfgelt, ßrüeg, Sranb, waffergiefjen, noa) anbere bergletd&en be*
f erwerben fd&aben ober abbru$ bringen fotten, S&errerS bie angeaogne ©ölben
fjoinem anbren JBerlafen, fonbern _felbft beftfcen, au §au3 unnb $of wefent unnb
peilidj galten, nid&tö baoon Der Römern, oertyauffen ober oerlaf, au$ auf aue*
tragenbe Serenberung , wie gebreid&ig, umb anlait$, abfartl) unnb anberä ab*
frommen, bann, ba eS fta) begibt unnb bie notturft erforbert, mit barraidfjen
unnb aue&elffen au bejj ©pitalä gepeuen miliig eraaigen , Stern roooer fta) bifer
©ölben Ijalb frritt unnb Srrung eraaigen würbe, fid& beffen ofjnne unnS ober ber
©pitlpfleger oorwiffen mit nieten unberfanngen, fonbern alSbalben gebierenb
anmelben, unnb als offt wttr ober 9lad(j!$ommen bifen brief begehren gefe^en,
andren ober jelefen, fp unnä beffen Jeberaeit ungemaigert mit1 fein. SBann
unnb im fafjl f» aber 3re 2eibrec§t loertyauffen wolten ober mieften, fo folten
f9 foldje« unn« von bejj ©pitalS wegen oor memgelic$ anbieten unnb um einen
aimb(t$en Pfenning eroolgen laffen, SBooer roür nun nit I^auffen motten, als*
bann ma$t ^aben, bie mit unnferem oormiffen ainen anberen teigli$en, fo unnö
gefettig, unnb alle« bS oerri^t, maS in bifem »rief begriffen, auoerf&auffen.
Unnb almeilen fp nun bfe alle« galten, fotten fp von folc^er £eib3gere$tigf$ett
nit entfett, fonbern babei 3r lebennlang, aber nit SSetrer, gelaffen werben. SBann
fp aber ainen ober me$r Urtiel pberfa^ren tf)&tten, bie offt angeregte Sölben
nid)t mefent unb peulid^ gelten , fo fotten fp ober Sre 5^acf) frommen bie 2eibß
redjt gennali* oerworc^t §aben, aud^ bie erftberierte ©ölben al«ban, unnb fonber-
Ud) auf beeber leibgebingg $erfo^nnen ableiben, mit aller nueaung, roie fta)
folget fa^l begibt unnb ed na4 3rem %obt erfunben mirbet, bem obgebac^ten
©pital miberumben $aungefa$len fein. Ohne geverde. 2)eö au magrem Ur-
!(unbt tjaben roür oon bed oittberierten ©pitalä wegen ftnen, ben met)rbemelten
e^eleit^en, bifen £eibre$tdbrief mit unnferem unnb gemainer @tatt t)ieran-
(angenben Snnflgl becrefftigt ert^aitten laffen. ©ef^e^en ben ©iben unnb
1 Statt ,ntt*?
— 460 —
Snxmiftigifien SRonatä Sag Start?, £(* man naa) ©$rifti fcifligifter geburt$ a***
atntouffent 6ea)d$unbert Sea)d unb brrifftgiften 3a§r.
ttnnb hierauf gelob unnb t>erfpria)e 3$ ©arauS, ftroljin bie £et!>te$t3«
gerea)tigtyeit felbften jubeftejen, roefent unb peu(ta) statten, nidjtä baoon au*
»erfyommern, guoertyauffen, verferjen, oertyaiKen , oerenbern ober 3ufa)meHem,
Mit weniger allen in^att beÄ £eibrea)t$briefS tyreutiä) ju Doljie^en unnb barin
fyain auflrebt au fjabtn, Kann unb im fa$l ia) aud) inätyonftig bife £etb$*
gereojtigtyeit vertyauffen roolt ober mieffen, 60 fott unb toiH ia)d obbemelienn
$errn ©erwefern ©or mentgelia) anbieten unb umb einen $imbtta)en Pfennig er«
»olgen foffen, unnb mia) Rainer meiern gereä)tigtyeit, a(3 »ad obaBegterier
£etbreä)tbrief auämeift, anjemafcen. 8e» oerpfenbtung meiner $aab unnb ©ietter.
Ohne Geverde. 2)cö ju magrem ttrtyunt l)ab 34 mit fonberm niete erbettelt
ben (SM @§rnneften Dfroalben geiblmanr, G^urfrtf. SM. in Sanern $ffeg£«
»erroalttern gu ©rbing jc. ic. 3«*gen fein bie @rbarn Simon SHbiner am
%aha [?] unnb Stanbre Sajmit )u £§ann. Actum ben 22. SKar. 1639.
IV. (Erteilung fre* grunbljmrlidiBn Ktfnfenf** |ur
Bsrftftuttmng ?in?0 Bauerngut** \
grerbinanb SRaria <£$urfürft ic. Siebet get$. SBür $aben deinen unber*
fyenigften öeridjt, £anffen $uber« ju @a)altf$amb ©eridjtS ©Ung gebettenen
Consens ju SJorleüjung 200 ft. Ä&ira)engelt geg. $erfa)reibung feiner Urbarfj*
gerea)tigf§eit betr., empfangen unb vernommen. SBan e$ nun 9eri$termaffen
alfo befa)affen, bafi auf fein $ueberd beftfcenbeä unb auf unferen (Saften £roft*
perg gehörige« Urbarfjguet, fo ao. 663 auffer ber SSaljrnuJi pr. 450 fl. aestimiert
worben, berma§(en nod) bereits niajtä nerftfrieben, fo motten u>ür u)me ben ge*
bettenen Consens auf bie 200 fi., boa) nur auf 6 3<")rfong, bergeftalt fykmit
gbft nernnHigen , bafs @r nit allein bie 200 fl. Ä^ira)en-33orIea)en cor autgang
fold&er n>ib Ijaimbjatten, fonbern aua), n>ann fta) unber fold&er Seit eine $aimb*
fäHtgfljeit eraignen, alfeban bifce ertr)ailte Consens unfc an unfer ©runbt^errliä)
gered)tfambe atterbtngS unpraeiudicierlia) fein fotte. @o n>ür 2)ir umb ber
weiteren Serftegung nullen gbift bebeitten wollen. 9Rüna)en, ben 15. September
1637. 3Rair.
V. 3ti\vitobxitfpxKdQkoü.
ßanb* unb Sßfleggertdjt Äling, Sltnt a3aben3§eitn2. ©djulbt* unb
SPorgfdjafftSbrieff.
S^riftop^ ©eemanr von 5llt 93aben$!)aimb unb Barbara beffen ^auöfr.
neben <£>annfe ©eörgen $aager ®^tö procuratorn al% SInmeifern benennen auf
erlanngten Consens 3$r ©runbt§errfa)afft beS (SfofterS ©eon unb §errn ^farrerö
1 &rei8ara)h> 3Küna)en @en.«^eg. 289/8. ßongept, ma^rfa)einlia) aud ben
©eftänben ber $offammer. ©ignatur: ©a)reiber Concept, nber . . . ert^etttung
eined Consens auf ein Sorle^en auf ein Urbarguet.
9 ßreiäarc&h) SKünajen Sriefprotofott 846/16. — Über baS ©eriebt Üling
ngl. 6. 236 Kote 2.
— 461 —
SU ©ab«n«$aimb battert ben 3. unb 8. SRa? ao. bift unb t>erf ^reiben ben
wfrbigen 6t. Starttafs ®ott*f)atti$ unnb $fart!l)ir$eit *u 8abend§aimb, au
fceffen ftatt aber ben geotbneten Ä$ir$enbröbfkn JKolfen 2Ra«r §u $erf(jaimb
wb Zfpman 3e$§ueber *u 8abendl>aimb, 80 fL auf aU 3§ren &aab unb ©tettertt,
CSffttoei&l iebeSmafcl aur ©tflfftaeit unb ®rfte ao. bifc anfacfrent, ftabenä au$
tiodb barjuc neben Ijalbieriger auftytnbtung mit ©§riftop^en Dfwalbt non
35aben*tyumb, ©tep&an ©$imbt, Dfroatben fcueber, <S$riftopl)en SBtbmer, aKe 3
3« ermeftem ©dbenSfjaimb , ©eorgen SBaagner von ©itterling, ©eörgen 3Beeg-
nriftler ju SBeegmtyt unb #annfen SRaner oon 9Cb(a^aintb unoerf$aibenitdj ©er«
t>orgt. geugen So^amt Styrauft unb ©eörg Dbermanr au $aarfc$aaen. Actum
fccnn 1. 3«"9 &o. 1635.
VI. KaufbrtefprutoftoIL
Sanbgeridjt (Srbtng1. — SUjauffS Contract.
3«oernemmen, roeldjermaffen ber @rbar ©eorg $ranbt gu 9teufa$rn unb
Stoma fein $audfrau mit gannfen Ofmalb alba ein ħaufscontract gemacht
unb beföloffen. Fernblicken oerfftauffen ermette (S^elcit^ befagtem DSmalb 3re
£etbgebing*gerec$tigtett ben ber $ranbten ©öiben au Feufafcrn, baft aigent&ombücj
gum Softer Sfortt gehörig (Dabei aber $ranbt nit aHein feinem meib bie 3***
br| @r nriber ju Sanbt tyombt, fonoer aud> fn beebe bie $inberftuben unb
Sammer gur IBofjnung beuber behalten, nad^er O&roalb 3r ber ^ranbten bie
necbfien 5 3a$r nadjeinanb iebeä 1 fueter Ijolg raidjen unb gut Ijermerg fielen
fotte) mit aller 3uegeijör. 3U gebirlic^er SJergletdjung mueS ffjauffer ben 95er*
f^auffer sunt tyaufffgiQmg ein ©uma gelte benenttfcften 330 fL unb 20 fl. Setb-
tfauf: hieran er folgen lentfjauf unb am äfjauffo>ilIing aläpalben 30 fl., bann
tyonnfftige SJUcfjaelt 100 fL, Siecbtmeffen A. 1639 100 fL unb bie übrig 100 fL
(Steorgi bifi Sabrd atoegen oljne gilt behauen [fofl]. 2)en briefduncoften be*
langent, richten bie $art§eien aug(eid) miteinanb ab. Xamit nun folcfter Äljauff8*
contract burdj bie $ingeber oorab ben fbauffer mit Xreuftcber erlegung be«
fttmmten friften, bei Serpfentung bifer unb anbern feinen fyaab unb güetter, ge-
halten werbe, fo feunb aroo gleidjlauttenbe Serfdjreibungen unb jtyaufdabreben
auf geriebt unb auoerfertigung bern mit fonberem 3MeiS erbetten morden 5)er
@bl (S^rnnefft Dfimalb 3etblmaor ^urftl. %d)l in Sanrn k. sc. 3eug 5öoIf
(aina au ©nglpolbing unb Salt^afar Setbl oon Feufa§rn. Actum ben 4. Scbr.
A. 1638.
VII. flbcraabebricfprütoftoa.
Sanbgertdjt SBolfrat^^aufcn, Slmt SBamgau8.
Übcrgab^brief p. 550 fL
(5eörg ©tuettlec^ner Son iUabl überuibt mit oorbero erlangten Conssens
feiner (ernacQ • benamften g Glrunbtberrf gafft oon me^r unb beeffer femee oer-
1 Ärctöardjio Wunden ©riefprotofoü 196/1. - SaL ohfn S. 257 sub i.
1 (Sbenba 911/1. — $g(. Den ÜDeigai>*Dricf Fr. 9 ©. 273.
— 462 —
(offenteil nuejen unb roolfa&rt »eegen mein [sie!] Sngeftebted bem gotourb.
Glofier Zegernfee atgentftomblicft geftttrige* Soften fambt 2 SRutierpferbt, 3 rev^o
Iftüe, 4 Sungrünber, 4 f<ftaff unb all anbete barbet mefente £obt* unb lebenbige
Äaufe* unb $auman* 8aftrnu|, alt SBaagen, fttten, $flieg, ©<ftif unb gjcftir,
niefttd /: aujer »oft er 3me ben rootgemelter grunbfterrfcftafft an audtrag »or=
behalten :/ banon aufgenommen, bem ©rbaro feinem frtl. lieben anben unb
Xocftterm. ©iyten $öger, 8um grauen im $a<ft capttliftfter §errfcftaft au SKieS*
paeft, Barbara feiner (Sftenulrtftin unb aK 3ren (Srben. $arumben unb ftiefür
ftaben fie iftme ain 6umma gelt*, al* 550 fl., fteraufaegeben oerfproeften, toaran
7 fl. 80 fr. beraitft beaaftlt morben, unb am nberreft bic ubemember anftott be§
ubergeber* feiner no<ft an $aimbt ftabenten 2ocftter SRaria, ©o beraitft 21 3aftr
alt, ju iftrer Serfteiratftung ober in anber <£rli(ftn »eeg 290 fl., neben ainer <£r*
lieft lanbtdgebreicftigen förtfgung, <£§renbef(ftneibung unb rej*£ ß$ue, bann fein
nbernemer* * ffietb (SlSbetfta 50 f., $annfen fcrofffcn »on SBaftl 20 fL, §annfen
©trob am Stygftof ftinterm $erg 20 fl., $ernerä beS nbergeber* notft lebigen
©tftmefier ©atftarina 20, SBolfen äBBfirmfeer auf ber mifi 20, ©eörgen Äftnopf
©(ftmibt oon fclainftarbpening 50 fl. unb Georgen Xäjrner 8on SBaftt 10 fl., wie
(Er* ben oinem unb anberm ftatt unb blas fünben fftan, besagen unb riefttig
maeften fotten; unb ben noeft nbrig oerbleibenben reft fte bem »bergeber ju beffen
aftlmaligen notturfft naeft unb naeft ju erlegen f cftulbig fein fotten. geboeft fofifen
bie «bernemer ben benr grunbtfterrf<ftaft aufgelegten anfaftt an felbigem ah*
gureeftnen &aben. ©enebenS muefj aueft nbergeber ben ernant ber Eocftter fort«
tigung bafs §olan>er(ft audfolgen. hierauf $eraei<ftt fiift nbergeber fottem allen
unnb mill fofrfte* ftiemit ben obernementen (gfteleutften alle* ein* unb pberant*
toortt ftaben.
3eugen:
©ebaftian Slrnolt unb SCuauftm (Sraf, beebe Gfturfrtl. Sanbtgericftt* procuratores
ju SBolfera&aufen, ban Seonfcarb SRänftarbt oon SBaftl.
[Dftne Saturn, aber, wie ft<ft au* ben JBoreinträgen ergibt, am 11. 3uni
1660 aufgenommen.]
VIII. Jnirsnfar8*
Inventarium, röelcr>eS auf Äbfterben Jacoben ©tainbergerS auf ben SBiben
§ueb ®uet au ©ro&en fcolaftaufen ©eeltg ober beffen ftinberblibhe aSerlaffenfdJaft
»eegen ber noeft münberjftftrtgen oor^anbenen Äünber bureft bie ©rannenburgifefte
^errfeftaftö ©ericfttS Dbrigfeit in »euf ein @arl £eutftner 3Bürt^ bortften, ©eitlen
Söagner Sandten* S5on Slicft unb Martin ffluefamber gimmer SaEierä au
IBrannenburg als ftieraue oerorbnete 6c^&ealeutften vorgenommen roorben, ben
18. 3)eaember a. 1739.
1 9ii<ftiig moftl: Übergeber*.
8 ftigtig: e*.
8 3noenturbu$ ber §ofmarcft Srannenburg, ©rofi* unb ßleinftolaftaufen
de annis 1739 bi* 1759. 3m ftiftorifeben herein für Oberbapern in 3Rün^en. —
fßql oben S. 294 au ftr. 25. - Über bie §ofmarcft 33 rannen bürg 6. 236
9{ote 4.
— 463 —
©d&äejung
— 30
1 30 -
_ 20 —
— 6 —
— 8 -
— 30 -
— 20 —
— 24 —
— 20 —
— 8 —
— 15 —
— 4 —
— 2 —
— 6 —
— 20 —
2 — —
2 — —
— 45 —
1
— 10 —
_ 4 —
— 4 —
— 4
2 -
— 35
— 4
— 4
— 4
1 —
l
l
{
{
{
3n ber Sßofjnftuben
1 fernes ©rucifir.
1 £tfd) fambt ber 6d)u&foben, barinnen
5 painene
1 ©ifener unb
1 ferner Söfff
2 8orpftnt$
3 6pünnräbl
1 ©aljrn #afpel
4 (grbene unb
6 ^ilsene ©d&üfffn
1 $aI6 HReaen SRafj
1 Sd&liffftain
1 maifdj (jadföe unb
2 (gijrljacf&en [e$ren •=» pflügen]
2 tajen frätt [Heiftgmeffer]
2 Gifen !äU
1 ©engl Ijambet fambt bem rofcen @ifen
1 alteS ©trolj möffer
1 nrinbftng [8o$rn>inbe]
1 fd&nij tnöffer
1 fpörr totl
1 (Stfener förj letzter
2 öe$t S)egl [Xiegel]
1 «eichener ©föbt [gtd&tene ^äcffelbanl]
1 SBaffer guber unb
3 6d&äffl
1 hipferner $ött§afen ßött von ^o^Q
1 (Stferner betto
1 fupferne pfann
9 Rennen unb 1 Ijann*
2 pfunbt rupf er* ©aljrn
1 rupferd fjanbtue<§
1 nubl tnolter [9RuCbe]
3m §aufc flöej [Sorplafc]
1 Sponfag [fpon — von ber 8?ö$re; ©ag — Säge]
2 at$ene Jrautt prent$en [öottid)]
1 ©ebl mannen [Stfctoanne]
1 Süberl
2 roaffer Schafft
1 fätoing fetbl
1 tunget fräH [Jünger, ÄraHe]
1 @ifen Ijauen
3 ©eid
1 @u(ben, Jtreuaer, geller.
* $aS ©eflügel ift no$ ber unmittelbare SBo$mmg3genoffe bed SWenföctt
— 464 —
©c(äejung
f. x. ty.
3n ber jtu$l
( 1 trpfuefj
1 1 fepr Quttbt ßtoß]
— 15 —
c 1 offen gabl
1 1 (Btfen föaufl
l 1 muefter
2 — -
4 fupferne pfannen
- 90 —
1 n>af<$ »fcl
t 1 roaffer 6c$äffl
— 10 —
{ 1 traut* ©dfräffl
1 1 nubl »tbl
— 4 —
1 nubl mottet
— 4 —
8 erbene Söffen
3n ber @taingaben [©tetngabe]
— 17 —
1 Wi fag
— 15 —
1 pacQtrog
— 15 —
2 (aar 6ttte$(
— 2 —
1 pflanzen (auen
3n Äeller
— 4 —
1 9*üe$r übt
— 8 —
1 SReltff) ©föür
— 4 4
9 weiglin [3RÜ<$f$üffel]
— 8 —
4 erbene ©(fcttfflen
— 4 —
2 fc&malj 3)egl
— 9 —
3 3RUd& (äffen
— 4 —
1 finbtäpiänbl
— 80 —
1 @ifen ftecffjen
— 21 —
4 fümpfl unb bre» roöjftein
— 12 —
6 ftilgene täUer ä 2 x
— 6 —
2 procff) Qainhl
3n ber obern f)auä flöej
1 30 —
1 ©tro^pantty fambt aller 3uege(ör
-
— 12 —
2 fürföjl
1 80 -
1 epon pMftatt fambt 1 unberpöttl unb fcöbidfr
— 8 -
1 fdjroung fd^aufC
$n ber Stuben (Sammer
4 — —
f 1 (tmmel pöttftatt fambt 1 ober unb unberpött
1 1 paar rupf er ne leg (ad)
— 80 —
1 ©efpörtte fuefj trugen
—
2 - —
1 ©pon pöttftöbl mit ain ober unb unberpött, ban am p
rupferne leglad)
aar
— 15 —
1 fjalbeS pfunbt pect)
— 10 — .
1 UngefpörtteS 3JWc$ fäftl, barine
— 6 —
3 <$rbene frieg
465 —
©ttjäegung
f. x. gl.
— 40 —
— 42 —
— 45 4
8 — —
1
—
—
1
—
—
—
45
—
15
—
—
6
—
—
20
—
—
6
—
—
45
—
—
56
—
1
—
—
84
—
—
30
—
8
—
—
4
—
—
12
—
12
—
—
10
8
— "~
1
3
«_^_
. —
56
—
5
—
—
4
—
—
15
—
—
48
—
—
10
—
15
—
—
13
20
—
14
1
—
—
50
—
—
35
— •
1
40
—
1
80
—
{
1 2Kt ungefpörte trudjen, in roeldjer
4 rupferne paar letjfaajer
7 @Hen rupferg tued& k 6 x
6V2 @Hen fdjtoarg rupferg gu 7 x
3n ber ftäd&[9touö)]<£ammer
1 ©ponpöttftott fambt ain ober- unb unberpött, ain polfter,
ain ftff, ain rupferä paar (enfaa)
1 »erfpörtte trugen
1 ©rau $ted&ener rotf§ unb ain rotte leib pfaibt [$emb]
1 fd&roarg (ibne $o§ [Seberlpfe]
1 bgleiä)en Ijofen trager
1 ©ürtf
1 fd&warger §uet
1 ©ürtl
1 fajnöH wag
8 pfunbt Ijftd&l $aar ad 7 x
6 pfunbt tüofjl ä 10 x
2 fojlaipf Pgge
1 wagen fötter
2 ©xfen Hampper
1 n>o&I bätfa)en [ftt)fagen]
2 paar $ä$(
1 paar frautt möffer
5 ©ia)[ ad 2 x
1 ©puefjl rat!)
2 befcfcfogene SRefcen maff
1 ©ä)roünge
2 gwilajene Md ä 8 [28?] x
1 3uber
2 @a)äfl
3 päng [Sangen]
8 pfunb ungehobelte $aar ä 6 x
1 6ib unb 1 reutter [®robfieb]
9 SRefeen Steig ä 1 fL 40 x
10 aHegen Äorn a 1 fl. 20 x
30 biegen §aaber gu 28 x
2 Siegen 9Rif$Ung
Vi Wegen $ann [Sonnen]
Vi Siegen $aar lünfet
Unbern %a$
10 pfunbt roera) a 4 x
10 pfunbt ^oar von ber fa)n>üng gu 6 x
2 paar lauter [gu&rmann] ©föür
8 fänffen
«o$en, »erf$uttunfl.
30
— 466 —
©#äcjung
f.
X.
V-
—
45
—
—
18
6
12
3
—
6
—
8
8
8
20
—
16
^^^^
—
16
—
2
15
—
—
15
—
—
16
—
45
^^
15
8
3
—
—
—
—
16
^^mm
1
1
1
1
80
^^mm
10
—
^^^*
10
"
500
50
2 30 -
90
Huf beit £$ennen
1 ȟnbtmW
3 $e? gaM
3 fte<$ett ad 2 x
4 Xxi\<t>U [2)rcfc^Pegc(] ju8x
1 $ei> räffl
2 fueber be?
160 6«ftb [©«aub, ®arbe] ©ttofr ad 8 x
3 füebl £aaber ©tro$ a 1 fl.
10 füebl fcälmb pr 50 x
3m Ho&fUfjf
2 3ugrofe
2 barmb [Ärippe] löttett
3 lammet [Äummet] mit atter 3tte0e$frt ad 45 x
1 fueftr ©abl
2 hinget ®abl
3m Ätje fta$l
5 SReldty flge au 9 fl.
3 jroap jährig unb
2 Jährige halben
6 ©cjaff ad 30 x
3n ber ©Rupfen
2 befd&lagene SBägen
2 Gffen ätten [@gge]
1 pflueg mit beffen 3uege$ör
3 ^o!§ flutten
1 !rautb poben
1 befd&lagener roaffer Grmpper [ßtmer]
1 fänüal panctlj
2)a§ jum §uebertfd)en Beneficio nadj ftofenfjamb gehörige
SQöiben^ueber ©uet ju Öroffen ^olaOaufen, fo bem
pau na$ 31009 lecken tmporttrt, tottrbt äftimtert auf
©Bulben herein
$aac gelt
Summa beö oölligen Vermögend 738 fl. 11 x.
©djulben Zittau«
3um (obtoürbigen ©t. Georgen <Sotte8$au8 alliier §u (Srojj
Jpotjfjaufen Capital
3u ermeltem ©t. (Georgen ©ottöljauS bie8jä§rige« Interesse
3um lobt. ©t. Joannis Baptisto ©ottSfcauö nadjjer (Steinen
^otyljaufen
— 467 —
©d&äejung
f.
X.
*r.
4
30
—
20
_
__
1
—
—
15
58
1
5
30
—
—
40
—
8
—
—
40 — —
3ün8
£>em Sebaftian #ueber Senrje [?] ab ber ©tainpruggen , 95cr*
äünSlidJeS Capital
3ün Sa^rS 3ün8
3)er ©IjrtS Dbrigfl&eit Inventars Deputat toutl) Expens
Jperrn Pfarrer für bie gehaltene ©ottöbienft unb anbereä
2)em SRöffner
Umb ©penbt 8robt
$aufältig!etten
£)iefe feint bem benleiffigen Sfafölag nadj angefd&fogen roorbcn
auf
Summa ber Sdjulben $inau8
233 f. 8 x.
äöenn nun bie @<$ulben JjtnauS gegen bem Vermögen defalciert roerben,
verbleibt nodj
505 fl. 3 x.
83rieffereg
1 Kaufbrief umb btfeS ©uet pr. 350 f. auf Dfroalbten (Sranbtauer unb
Barbara fein ©$en>eib fouttet de dato 27. 9bt>ember anno 1675.
1 (eibgebing brief, bem ©rbfoffer @eet. unb fein @$eroürt$in ©atyartna
betr., de dato 19. 3>ejember anno 1715.
1 SertragSbrief, bie DSroalbt ©ranbauertföe 5 Ätnber betr., dat. 14. 3unn
a. 1717.
1 Quittung pr. 97 fl., bem ©rbfaffer toeegen §inau8 beaalt Satter unb
SRüetterl. ©uet betr., dat. 4. 2lprü 1724.
©rben
2)ie $inberblibene Söittib ©atljarina
9$t Äünber benantfiäjen
Urfufo 22
SWaria 20
$auHu8 . . . 18
€ebafhan .... 17
ift$rig
<Sat§arina .... 16
«nbre 13
»nna 10
©eorg 8
ia*rig
JQafmar^geridjt Sttimentyal unb &artl>aufen *.
©IjtKdje befd&reibung
Über SRtd&ael ©effler, geioefter 9Utomünfterif$er ®runbt unbert$an, mit ber
Jurisdiction 3$ro fren^errl. genaben @§urfrtL $errn $of (Sammer praesident
1 5?rei*arc$u> SRfinc$en. öriefprotofoa 350/346 fol. 21 unb 21 *. (aber ba*
$ofmar<$geric$t »tnnent$al unb §art&aufen »gl. 8. 236 Stote 3.)
30*
15 ff.
30 Ar.
— 468 —
in Stünden gehörig, JBartlme Wagt alba ©ertyaufft »orben \ unb fein ©effferS
©laubiger von ben bef$e<$en Kauff$iumg na$ £au$ btjer beföreibung behalt
werben fotte.
GrffHfften1 Prioritet ttneoffen ungefertö$ 12 ober ....
Söetllanbt Georgen ffntyenfteBer* unb Anna fein (au£frau
nunmehr beeber feeL (inberlaffenen 3 Kinbern Hamen*
. . . .* Grommer, fo von feinem Satter ©eorg frommer
feeC ferneren
3nglei$en ben anbern 2 feinen ©tieffQinbern 3fett$ gingen«
aedert im 12. unb SRaria im 9. 3a§r, jeber 20 ff. . .
3um ©ottdftaufs ftinentyaS no$ wn glitten4 gelt ....
San @ma $iratin fee(., ©o fne 3rer ©d&roeffer SRarta «er*
fd&afft, glichen gelt
Kbam ©uettmamt oon fein ©äffler* ©^»effer fei. Slnna auf
falben t§ail an 14 ff. oorgeltd&en unb 3me oerföaffteS gelt
<£$riftop$ »auföer
Slbam ©uetman an gliedern (Seit
Gliben gelt6
SWai&iefc $örl ju »tnentfcal, ald ©r SRitter au ®riefcpa<$ ge*
toefen, 2 ©<$äffel ©pet£ £raibt iebe baaema§[ pr. 4 ff
80 Ar \
$em SBirtt) §u Äinentyatt 5 SReaen tyorn 1 ff.f ban 1 3Re*
SBeisen pr. 30 Ar
SBolffen ©eblmanr au ©iglSljarbt glichen getraibt jur ©peift
1 ©eftaff Korn sc
3Jli<$l $tfftnger Vs Weaen K$orn angeflogen per ... .
$an Hin Sag 9Raber(ol)n
8ün feinem 2)ienft 3Rabl Stnna ©to$artin von 2)afing aus-
ftenbtiger Sibfoljn
fambt 10 @Un §drble* £ue<$ jebe per 18 Kr
SBiber 3ofepl)en ©djenberger Stbtloljn
2)em SRofi 9to<$troad)ter be^lt
©einer gn. £errfdjafft laut$ IRegifferd
[Sluf ber vierten ©eite beS Mögend rechts unten:]
©ericbüi$e bef$retbung
über Uttd&ael ©effler getieften Slltominfferifc&er ©runbtunbt$onn au 9ttnent$af,
beffen §mberfaffene ©libtger de dato 1. gebr. 1652.
20 ff.
40 ff.
Iff.
6 ff.
7 ff.
Iff.
Iff.
Iff.
9 ff.
Iff.
2 ff.
15 Kr.
20 Kr.
30 Kr.
__
20 Kr.
-ff.
15 Kr.
10 ff.
3 ff.
3 ff.
~ff.
18 Kr.
-ff.
— Kr.
1 »gl. ©. 257 sub o.
3 2ßaö bie Drbnung ber ©d&ulbpoften im 6d)ulbem>eT$etd&m8 betrifft, fo
iff fein befttntmteg $rinaip erlennbar. 34 fa&e bie ©d&uibpoffen jur befferen
uberftdjt na$ ©djulbgattungen georbnet.
8 Sorname unleferltc$.
4 = ©eiteren.
5 £>em Konaept fmb bie ©orte ijinaugeffigt: ,in ber $3$ffen Bot".
(Sloffartum.
9htr folcfce Sluöbrüdfe werben erwähnt, bie in biefet ®$rift häufiger vox*
fotnmen, o§ne babei erflärt gu werben. 3)ie mit * »erfeljenen ©rflärungen finb au$
<5d>meUer, 33agerifd&eg 3Bötterbuc$, 2 Sänbe, 2. 2lufl. (1872 ff.) entnommen.
Slnfall = £a»blofjn.
Slnleit = ^anbloljn.
33aufölbe = ©ölbe (Vie £of) mit ©runbftücfen im ®egenfa$ jut
„gemeinen fdfjledjjien ©." (©ölbenfyauä).
*33eunb (Sßeunt) = ©runbftüdE, worauf (obwohl e3 fein ©arte« t(t)
baS 9te^t liegt ^ e« einjuf riebigen unb otyne 9*üdfid^t awf bie
3elpeiKtim)e$fetimg (f. b.) beliebig gu benu^en. -Samentlidj wirb
ber im 33rac|felb ium 2lnbau oon ^lac^S, Stuben ufw. eiwjejäunte
2lier 33. gewannt.
* 95 i fang = Saßen, 2W erbauen, b. i. bie, beim wieberfjolten £tn=
unb $erfa^ren mit bem Sßflug, mittete beä Sßflugmefferä unb ber
Sßflugfdjar ioSgefdjjnittenen ©treifen @rbe, weldje, burdfj baä ©treid(j=
brett gegen= unb übereinanbergeworfen, eine ©rfyabenljett (meljr
ober weniger fdfjmale Seete) gwifdjen jwei Vertiefungen (gurren)
bilben. 3)er SSifang beftefjt gewöJjnlidfj aus t>ier bis fünf foldfjer
©treifen. S)er Sifangbau eignet fidjj für naffe unb feilte 33öben.
SHenft f. ©. 365.
2)rittelle!jen: „wenn ber ©runbfyolb feinen canon nidjjt äffe Safjre,
fonbern nur von brei gu brei ga^ren gu geben fyat" (ßreittmanr).
*3:enb (gänb) = Sobenertrag im ©egenfafc gu Stent (©elbertrag).
gfretfdjjler = Äauberer (f. b.).
© \xt% beriet = 2Ba8 gum grunbuntertänigen ©ute gehört unb nadjj
£eimfaff beS ©uted babei unb barauf bleiben mu| (SSR. XXI 1
unb ©d(jmib n. 2). 9tacij bem ^ofratSgutadjjten befonberg „bie
SRotburft an $eu, ©treu, 3)ünger, ©amengetreibe unb bergl."
©utSredfjt = ©utäberidjjt (f. b.).
£aarlinfet = §aarleinfamen. $aar=3fladfjö.
Äauberer = 3wtfc$en{jänbler ; Untertyänbler, Vorläufer.
Seitf auf = SffiaS bei einem Äauf aufier bem bebungenen ÄaufpreiS,
gleic^fam gur Sefeftigung beö abgefd&loffenen ^anbete, com Ääufer
nodjj befonberS gegeben unb fefyr oft gemeinfdfjaftticlj oertrunfen
ober oerfdjjmauft wirb. j
Stblo^n, gearnbter — „2Ba3 ber SKann oerbient mit feinem
Sßftug, mit feinem SBielj, ba ber SKann felbä ober fein gebingter ,
(S^eijalt bei ift, audjj wa$ ein gebingter gebröbter Diener ober ]
Sljeljalt bei feiner £errfdjjaft ober ein SEaglöljner bei bem, ber tf)h
um baS SEaglo&n beftefft, oerbient $at" (29t. XXI 5).
— 470 —
3Re$en f. Staffel.
$eunt f. Seunt
$fennn>ert = $fennign>ert, Heiner 2Bert, bef. Siftuaüen.
Stupfen. Sbjettio oon 3Berd> (f. b.). ®egenfa(: färben, SCbjeftü
tum £aar (f. b.).
♦Staffel, 9Rfiiu$ener ©c$. (©etreibemafc) = 6 SMefcen = 12 Sterte!
= 96 SJtafrlein (ber Staffel £aber aber enthielt 7 3Re|en).
45 9Rünc$ener ©d&. = 100 hl. 3Jiandjmal würbe audjj ber feter
ate £oljlmafi für ©etreibe gebraust. 1 ©ter = Vi SJtünd&ener ©<$.
Seelgerät (legatum ad pias causas) : 2Ba3 oon ber $interlajfenf djaf t
bed SJerftorbenen jum $eil feiner ©eele einer Äirdje, Pfarrei
ober einem Älofter für Seelenmeffen, Saljrtage unb bergL jufäHt
ober oermac^t ift. ©iel>e au$ ©. 226.
©ter f. ©<$affeL
©tift f. ©. 365.
993 er ^ (oon nrirfen) = SBerg, SbfaS beim gemein oon gfladjd. SB.
würbe gefponnen unb gab rupfened (f. b.) «Beug.
*2Beren jemanb (einer gorberung), ifjn befriebigen/ bejaljtt madjen,
(ogl. „2B%ung").
*3clge tot britte leil ber gflur nad& ber ©reifelbernrirtföaft.
$iererf$e fcofäud&bnicfeTet (Stefan öeibel & 60. in SUtenftutg.
8766 067
J
Dcrlag oon Dundter & fjumblot in £eip3tg.
Die
innere Koloni|ation im öftlidjen Deutjdjlanö.
Don
Profejjor Dr. tttaj Sering.
Schriften bcs Dcreins für Socialpolitifc, Bano «%.
1893. Preis 7 lUarft.
Die (Brunbt)errfd)aft in ttorbioe[tbeut[d)Ianb.
Don
Dr. tDcrncr tDitttd).
18%. Preis 13 Htarn.
Die Bauernbefreiung
unö 6er
Urfprung öer £anöarbcitcr in öen alteren Cetlen
Preußens.
Don
ffieorg $rie6rid) Knapp.
1887. 3roei ([eile, 3ujammen 16 Ittarh.
(5runbf)err[d)aft unb Rittergut.
üorträge nebft biograpf|tfd)en Beilagen.
Don
(Beorg £rte6nd} Knapp.
1897. preis 3 IHarh 20 Pf.
Die £anbarbeiter in Kned|t[d)aft unb Jreifyeit.
Dier Porträge
üon
©eorg $neöridi Knapp.
1891. Preis 2 Warn.
Piercrfdic i)ofbuc t (Beibcl & (Eo. in flltenburg.
goro/Piv^'f, CO.. INR'
i » v 5 1385
100 CA VibKlÜGE STREET
CHARLESTQWN, MASS.
— ---n
3 2044 017 981 945