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Full text of "Die verschuldung des bäuerlichen grundbesitzes in Bayern von der entstehung der hypothek bis zum beginn der aufklärungsperiode (1598-1745). Mit einer einleitung über die entwicklung der freiheit der verfügung über grund und boden unter lebenden im mittelalter. Forschungen zur geschichte des agrarkredits"

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^arbarb  College  librarp 


FROM  THE 

J.  HUNTINGTON  WOLCOTT 

FUND 

GIVEN  BY  ROGER  WOLCOTT  [CLASS 
OF  1870]  IN  MEMORY  OF  HIS  F ÄTHER 
VOR  THE  "PURCHASE  OF  BOOKS  OF 
PERMANENT  VALUE,  THE  PREFERENCE 
TO  BE  GIVEN  TO  WORKS  OF  HISTORY, 
POUTICAL  ECONOMY  AND  SOCIOLOGY" 


Die  Derfdjulöung 

öes 

bäuerlichen  <5run6beft%e$ 

in  Botjcrn 

uon  6er  <Ent[tef)ung  ber  t)r}potf|e& 

bis  3um  Beginn  öer  flufftfärungsperiobe 

(1598     1745). 


Ittit  einer  (Einleitung 

über 

öic  (Eiitroicfcluitg  fter  $reih,eit  ber  Oerfügung  über  (Bruno  uiib 

Boben  unier  febenben  im  ITIiltelalter. 


5orf(f|ungen  3ur  <5e|d}id)te  öes  Agrarkredits. 

Don 

Dr.  £*rtt)itr  <Eorjen. 


£eip3ig, 

Oer  lag  uon  Dun&er  &  rjumblot. 

1906. 


Die 


Derfdjuttmng  6es  bäuerlidjen  (Brunöbefttjes 

in  Bauern 

1598  —  1745. 


ZlXf 


„ttic^ts  liegt  ben  tttenfdjen  me^r  am  Qe^en, 
als  öafe  fie  Kreöit  Ijabcn."  (1732.) 


Die  Der|d)uföung 


öes 


bäuerlichen  <5run6beft^e$ 

in  Batjern 

von  öer  (Entftefyung  6er  Qqpotfjefe 
bis  3um  Beginn  ber  Hufklärungsperioöe 

(1598    1745). 


ITXit  einer  (Einleitung 

über 

6te  (Entundtlung  öer  5reil}eit  öer  Derfügung  über  ©runö  unb 
Boöen  unter  £ebenben  im  ITTittelalter. 


5orfd)ungen  3ur  (Z>efd)id)te  öes  Hgrarkreöits. 

Don 

Dr.  artfjur  doljen. 


i 


Ceip3ig, 
ücrlag  von  Duncfcer  &  fjumblot. 

1906. 


EcavoS' itf.it 


I     OCT  19  1912 


Tr^^r^^c 


9We  ffied&te  borb ehalten. 


üortpott; 


2)afe  bie  twrltegenbe  ©d&rtft,  bei  ber  bie  3KaI)nung  beS  igoraj 
„nonum  prematur  in  annum"  wörtlidj)  befolgt  worben  ifi,  eine 
ßfidfe  in  ber  2Biffenfd&aft  ausfüllt,  wirb  ntemanb  bezweifeln  fönnen, 
ber  bie  Stgrarpolitif  ber  ©egenwart  unb  bie  ßiteratur  be3  Slgrar* 
frebitö  fennt.  3Rit  3lu3nal)me  be§  fanonifdjen  3w3t>erbote3  gibt  eS 
auf  bem  weiten  ©ebtete  ber  33obenoerfd(julbung  unb  be3  SlgrarfrebitS 
fein  Problem,  baä  eine  etngetjenbere  ^tftortfd^e  ©arfteHung  gefunben 
$ätte.  SDie  Stellung  ber  ©efdfjidfjte  als  Setjrmeijierin  ber  ®taat& 
mannet  ifi  jmar  bei  biefen  felbfl  in  SBergejfenljeit  geraten,  aber  ba 
ba3  ©d&lagwort  „CmtwidElung"  in  ber  SBelt  ber  8Sorftettungen  immer 
größere  Sebeutung  gewinnt,  fo  barf  ber  aSirtfdfjaftS&iftorifer  tjoffen, 
bei  wirifd&aftöpolttifdfjen  fragen  bodfj  nodfj  etwas  ©etjör  ju  finben. 
Ober  gilt  nidfjt  nur  im  Seben  be3  ©njelnen,  fonbern  audfj  in  ber 
Sßolitif  ber  ©oft,  bafe  jebe  ©eneration  baju  Derurteilt  ift,  iljre  eigenen 
trüben  Erfahrungen  gu  machen? 

2)afj  bie  SBef  dfjränfung  be£  %tyma&  in  räumlidfjer  Sejteljung, 
auf  ein  befiimmieS  Sanb1,  bie  3lufnat)me  be3  33ud(je$  beeinträchtigen 
wirb,  befürdfjte  t(§  nidfjt ;  benn  jeber  ftenner  weife,  bafe,  wa$  ein  Sudjj 
bur$  biefed  SBerfa^ren  an  SSreite  oerliert,  e3  an  Stefe  gewinnen  mufc. 

Urfprünglid^  Ijatte  tdfj  bie  äbftdfjt,  mdjjt  nur  bie  SBerfdfjulbung 
beä  ÄleingrunbbeftfeeS ,  fonbern  audjj  bie  be3  ©rofegrunbbeftfceS  (be$ 
2bel£)  ju  betjanbeln.  35a  idfj  aber  fd&on  bei  meinen  erften  33er* 
fudjen,  9trd^it>e  abiiger  gamilien  ju  benufeen,  oerfdfjlojfene  £üren 
fanb,  fo  warf  tdfj  ba3  oon  mir  gefammelte  3Waterial  über  bie  35er- 
föulbung  beä  Slbetö  ab  unb  bearbeitete  e£  $u  einer  befonberen  9X6= 
Ijanblung  2. 

2BaS  ben  geitraum  betrifft,  fo  wählte  id&  baS  17.  3al>rf)unbert 
beS^alb,  weil  ju  biefer  3*tt  juerfl  einige  ber  widfjttgjlen  ©runblagen  beS 
mobemen  Ärebttwefenä,  DerjinSlid&eS  SDarleJjen,  jQppotljefenwefen  ufw., 


1  Auf  ben  Umfang  be$  ehemaligen  ©erjogtumS  ftagern. 
9  3m  fitteraturoerseigm*  gittert. 


—     VI     — 

voU  jur  ©eltung  famen.  Sfaßerbem  reijte  midfj  bcr  Umftanb,  baß 
(bi3t)er)  gerabc  in  SBejietjung  auf  ba8  17.  Qa^t^unbert  ba£  tieffie 
SDunfel  bie  Ärebtioerftfltniffe  ber  ©runbbeftfeer  be<f  te.  S)ie  3al)re  1598 
unb  1745  jmb  ntd&t  tüiafürlid^  gemäht:  1598  übergibt  2BiK)elm  V. 
bcr  fromme,  ber  &auptgegner  ber  Jßppotljef,  bie  Regierung  feinem 
moberner  gefinnten  ©otyne  9Jto£tmilian  L,  mit  bem  mir  fofort  in 
bie  Sßertobe  be3  9lbfoluti3mu3  unb  (gemäßigten)  aWerfantiliSmuS  ein« 
rüden.  1745  befteigt  ber  frtebliebenbe  3RajimiIion  III.  Sflfef,  ein 
£tjpu3  be3  „aufgeflärten  dürften",  33at)ern3  £l)ron.  <£r  grünbet  bie 
3lfabemie  ber  SBtffenfd&aften,  unter  feiner  Regierung  beginnt  langfam 
bie  ^Bauernbefreiung.  SDie  f5ortfö^tung  ber  Unterfud&ung  bis  $ur 
©egenmart  märe  intereffant  unb  oerloäenb,  mag  aber,  bei  nun  ge* 
gebenem  gunbament,  o^ne  große  ©dfjroierigfeiten  oon  SKnberen  vor* 
genommen  merben. 

3m  Saufe  ber  Arbeit  [teilte  e8  fidfj  ate  notmenbig  fcerauä,  im 
aWittelalter  f eften  guß  ju  f äffen.  2Ba3  t<$  f anb ,  oerbtdjjteie  ftdfj 
afö  Einleitung  ju  einer  bef onberen  ©tubie  (§  1),  bie  i<$  auf  bem 
Titelblatt  tjeroor^eben  ju  bürfen  glaube,  meil  fie  eine  grage  betrifft, 
bie  ein  über  unfer  Xtyma  IjinauSge^enbe^  roirtfdfjaftS*  unb  redfjtä- 
gefd(jid(jtlid&e$  Sntereffe  bejifct  unb  §ier  jum  erftenmal  im  ,8ufammen= 
l)ang  einge^enb  be^anbelt  mirb. 

Sie  3)  a  r  ft  e  1 1  u  n  g  gerfättt  in  brei  £etle.  3unäd)ft  werben  bie 
©runblagen  be3  Ärebitö,  unb  jroar  befonberS  bie  redfjtlidfjen  unb 
roirtfd&aftlid&en  ©runblagen  beljanbelt  (erfteS  bis  merteS  Äapttel). 
SDarauf  folgt  eine  ©dfjilberung  ber  ßrebttoerljältmjfe  felbft  mit  83e* 
nu|ung  tum  ©erid&täbfidfjern  (fünfte«  Äapitel).  ein  fedfrfteS  ßapitel, 
in  roeld&em  idj  bie  Sßolittf  be3  ©taateS  barlege,  gibt  mir  jugleidf) 
©elegenljett ,  bie  Urfadfjen  ber  SBerfdfjulbung  be3  bäuerlid&en  ©runb= 
beftfceS  an  jroei  Seifpielen  (ßrieg  unb  9Kißernten)  eingeljenber  ju 
betrauten. 

2luf  bie  ©arftellung  folgt  eine  3ufawmenfaf[ung  ber  6r  = 
gebniffe.  2lber  mä^renb  i<$  in  ber  3)arfteHung  ba3  SUiaterial  un* 
mittelbar  reben  laffe,  enthält  ber  Slbfd^nitt  „@rgebniffe"  ein  fub- 
jeftioeS  Clement :  er  jeigt,  rote  tdjj  mir  auf  ©runb  be3  2BäterialS  bie 
3uftänbe  unb  ©reigniffe  üorftcffe.  3nbem  idf)  aber  hierbei  ben  ©toff 
anberS  anorbne,  roie  bei  ber  Sarfteßung,  gelingt  es  mir,  ben  ©egen- 
ftanb  nod&  tum  einer  anberen  ©eite  ju  beleuchten. 

3tn  Slnljang  bringe  i<$  außer  ber  $Priorität8orbnung  Ijaupt* 
fädljltdf)  Stypen  ber  non  mir  benufcten  SBriefprotofotte.  ©roßeS 
Sntereffe  mirb   baS   ebenfalls  im   2lnt)ang  abgebrudfte  „Snoentar" 


—    VII    — 

erregen,  weil  e3  bem  Sefer  ein  getreues  ©ptegelbtlb  einer  Bauer- 
Itdjen  9Birtfd)aft  auä  ber  üou  uns  be^anbelten  Stitpmobt  bietet. 

3um  ©djluft  obliegt  mir  nodj  bie  Sßffidjt,  allen  benen  meinen 
Ijerjlidjfien  3)anf  au3jufpre<$en,  bie  midj  bei  meiner  Arbeit  in  irgenb 
einer  3Betfe  unterftüfet  ^aben.  33ef onber3  igerw  ©e^eimrat  Untoerfttätö* 
profejfor  £.  Srentano,  ber  midj  auf  ba8  ^ema  aufmetff  am 
gemadjt  Ijat  unb  niemals  ermübete,  mir  feinen  roerttwtten  9tat  ju 
erteilen,  ißerrn  9teidj3ardjbaffeffor  Dr.  ©triebinger  unb  jQerrn 
Dberftleutnant  a.  3).  g  e  r  <$  l  f djulbe  idj  2)anf  füy  mannen  iQinroeto 
auf  nridjtige  Duetten.  • 

«TCfindjen,  tm  SBtprtt  1906. 

3vx  »ntapt» 


3n  fyctltst>er3etd?nis. 


©eite 

Starwort V 

$er}et<$ni8  bet  ge!ürjt  jitierten  Sitetatur X 

SBerseidJniS  ber  benüfcten  SBerorbnungen  nebft  Angabe  ber  gunbfteHe  .  .  XV 
Einiges  wm  bet  Serfaffung  unb  SBe§örbenorgantfatton  beS  Äurfürften- 

tum8  »aljern XVII 


(Einleitung. 

§    1.    3)ie  ©ntnricflung  ber  greüjeit  ber  Serfügung  über  ©runb  unb 

©oben  unter  Sebenben  im  Mittelalter 1 

§    2.    2)ie  Entfteljung  beö  ffleattrebttS  in  morp$ofogif<$er  Betrachtung         37 


(SrfteS  Äapitet. 

Da*  ^uyotyeJtariftye  Darlehen* 

8.    SRentfauf  unb  ^arle^enöginö  (3ftentenftt)ulb  unb  Jtapitalfc$ufl>)     .  56 

§    4.    2)ie  Errichtung  ber  §gpot$ef  unb  ba8  ^ubliaitätSprinjip    ...  82 

§    5.    2)ie  gefeilteren  £gpoilje!en,  ^fanbprfotfegien  unb  gtargugSrec^te .  108 

3roeite3  Jtapttel. 

Die  SUtfpdjt  be*  fcrtmbljtmt  über  ben  SreMtuerkeljr  ber  &rtmbuutertatt*tu 

§  .  6.    3)aö  $er!eljr8redf)t  ber  grunbbaren  Bauerngüter  im  allgemeinen .  122 

§    7.    $a£  grunb$errli$e  Äonfen8rea)t 182 

§    8.    2>te  Urfacfcen  beS  ftonfen3re$ted 148 

§    9.    $ie  SBtrfungen  be«  ÄonfenSred&teS 158 

S)rttte8  Rayittl 

Jupij  trab  JJoltjeU 

§  10.    ©<$ulbre<$t  unb  ©d&ulbnerpoltsei 165 

§  11.    gubaugüter  unb  ©üterjertrümmerung 176 

§  12.    3)ie  Eintreibung  ber  grunbljerrlidjen  abgaben  unb  bie  Äbftofrong 

ber  6<$ulben 182 

18.    3in$tasen  unb  2ßua)erpoliäei 208 


—    IX    — 

5Bierte3  Äapitcl. 

9a*  Kapital 

Seite 
§  14.    2>ie  Ärebttgeber 214 

gfinfteS  Jtapttel. 

9le  tatfädjUdiett  3ttfl  forte 

na<$  ben 

UrieftjrotofeolUti  «Hb  DtrlaflfeiiMaftiHiiieittareit. 

§  15.    @<$ulbt>erfd&ro&ungen  (ijauptfäd&ttd&  3)arle$en8!rebit) 234 

§  16.    Äauf  unb  übergabSoerträge  (Seftfcfrebit) 254 

§  17.    $ertafFenf$aftSUu>entare  (6d&ulbenftanb) 279 

©edjfteS  Äapttel. 

Staatlüfte  Aktionen* 

§  18.    2>er  $reifcigiä$rige  Ärieg 299 

§  19.    aRifceroten 325 

§  20.    3lefortm>erfui$e 338 


§  21.  $ie  Serf  cfculbung  unb  i&re  ttrfad&en 360 

§  22.  Jfcrebtt$mbermffe 381 

§  23.  $te  Ärebttbebmgungen.    Ärebttnot .  .  .  402 

24.  $ie  Ärcbitpolit« 419 

25.  Sdjluüfolgerungen 440 


&«4tft0 455 

©toflarium 469 


Uev$e\d\ms 

ber  gefügt  3ttierten  Citeratur* 


21  r  dj  t  v ,  Dberbaperif djeS,  für  oaterlänbif dje  ©ef  djtdjte,  herausgegeben 
t>om  ißiftorif<$en  SBerein  oon  unb  für  Dberbapern,  1839  ff. 

Bluemblacher  Christophorus ,  Tractatus  de  iure  emphy- 
teutico,  vitalitio  et  iure  precario,  ad  usum  et  mores  nostri 
temporis  aecomodatus.  In  quo  casus  quotidiani  .  .  .  dis- 
cutiuntur.    Salisb.    Ed.  I.  1661.    Ed.  II.  1715. 

SBrentano  ßujo,  ©ef amtnette  2luf fäfee  I. :  ©rbredjt&potitif,  alte  unb 
neue  geubalität.    ©otta  1899. 

Srunner  ißeütri<$,  25eutf$e  9Ie3)t3gefdji<$te  (SBinbingS  iQanbbudj 
ber  beutfdjen  ^edjt&oiffenföaft,  II  1).   2  33be.    1887  u.  1892. 

Chlingensperg,  Quaestiones  ex  titulo  codicis  de  iure  emphy- 
teutico  depromptae,  quas  in  Universitate  Ingolstadiana 
publicae  disputationi  subjeeit  Fr.  J.  J.  M.  comes  de  Seins- 
heim praeside  H.  A.  M.  de  Chlingensperg.  1730. 

(Soljen,  2lrtf)ur,  2)er  ßampf  um  bie  abeligen  ©fiter  in  93apern 
nadj  bem  5Dreif$igiäfyrtgen  Kriege  unb  bie  erften  baperifd&en 
2lmortifatton3gefefce.  3^(4^  för  ^c  B*fotnte  ©taatötoiffen* 
fdjaft,  1903,  ©.  1  ff. 

Colloquium:  ©in  Win$h\%{\fy  unb  ßuftigS  Colloquium  oon 
eiligen  SReidjStagSpunften.  ^nfonberljeit  bie  Deformation  ber 
3öUe ,  3in^Ja^unÖ  un^  SSerbeff erung  ber  3Ratrif ei  be= 
treffenb.  herausgegeben  oon  ©bewarb  ©ottyein.  Sammlung 
älterer  unb  neuerer  ftaatSioiffenfdjaftlidjer  ©Triften  be£  3n*  unb 
SluSlanbeS,  herausgegeben  oon  ßujo  S3rentano  unb  (Smanuel  £ef  er. 
S)under  &  igumblot,  ßeipjig,  1893. 

©ie§e  baju  bie  Einleitung  gur  9leu§erau§ga&e  t>on  ©otljein. 

SSerfaffer  ift  ber  SBürgermeifter  oon  Ueberlingen  (am  Sobenfee) 
$  flaumer,  „al§  Vertreter  beö  ftäbtifajen  $atrijiate8  aua)  Vertreter  be3 
Sei§IapitalS",  „an  geinljeit,  SBilbuna.  unb  fajriftftetterifajer  ©eroanbt^eit 
feinen  rein  juriftifä)en  ©egnern  entfd&ieben  überlegen0  (®ot§ein  3.  47). 
2)ie  ©d&rift  ift  „eine  gortfefcung  jener  im  16.  3a§r§unbert  t)or  allem 
beliebten  ©treitgefpräd&e,  ein  ©lieb  in  jener  langen  Steige,  bie  oon 


—     XI     — 

UIri$  oon  ©utten  ju  (Sljriftian  £omaftu3  reitet",  eine  „^rogtammfdjuft 
augunffcn  be§  ^Bürgertums"  (©otljetn  ©.  51/52). 

Robert  3JHdfjael,  2)ie  innere  Regierung  Bayerns  nad(j  bem  35rcil5tg= 

jährigen  Äriege.    gorfd&ungen  jur  ©efd&td&te  33anern£  [f.  u.], 

12.  §Bb.,  1904,  ©.  32—108. 

Sgl.  audj  bie  baran  ftc^  fnüpfenbe  Volenti!  ätmfdjen  ^reufj  unb 
$5ber(,  im  gleiten  Sanbe. 

<£nbemann  Sßityelm,  ©tubien  in  ber  romanifdfHanoniftifdfjen  2Birt= 

fd&afts-  unb  SRed&tSleljre  big  gegen  ©nbe  be£  17.  3aljrf)unbert3. 

2  SBänbe.    1874  unb  1883. 
%\ä  Subnrig,  SDie  bäuerlid&e  ©rbfolge  im  re<$t£rl)einifdf)en  SSaijern. 

2Hfindf)ener  uüW$it>trtfd&aftlid&e  ©tubien,  8.  ©tüdf.   Sotta,  1895. 
§orf<$ungen  jur  ©ef  <$idf)te  2Janern3.   aSicrtelja^r^fc^rift,  feit  1898 

herausgegeben  dmi  Äarl  t>.  SRein^arbftöttner ,  feit   1904  tum 

SBidfjael  SDöbert  unb  bem  ©enannten.    (SReue  golge  ber  „gor= 

fdjjungen  jur  Äultur-  unb  ßiteraturgefd&idfjte  SanernS",  feit  1893.) 
tJrepberg  9Ka£  grl>r.  ».,  5ßragmatifdfje  ©ef<$id(jte  ber  banerifdfjen 

©ef  efcgebung  unb  ©taatönerroaltung  feit  ben  3eiten  9Jia£tmilian3  I. 

9?ad&  amttid&en  Duellen  bearbeitet.  1836  ff.  4  23be.  (unooHenbet). 
©otljein  ©bewarb,  3)ie  beutfdfjen  Ärebitoer^ältniffe  unb  ber  SDreiftig* 

jäljrige  Ärieg.    ©inteitung  (Pag.  in  lateinifdfjen  3^*™)  pm 

„Colloquium",  ftelje  oben. 
4}  ab  erlin  6.  g.  SB.,  ©pftematifd^e  Bearbeitung  ber  in  9Keid&el* 

bedfS    Historia   Frisingensis    enthaltenen   Urfunbenfammlung. 

(Srfier  [einiger]  Seil:  SRed&tSgefdfjidfjte.    1842. 
^eu^Ier    SfobreaS,    Snftttutionen    be3    beutfd&en    $ßrü>atred(jte$ 

(SinbingS  fcanbbudfj  ber  beutfd&en  9ted&t$it>iff enf d^af t ,   II   2). 

2  8änbe.    1885  unb  1886. 
4?ofrat3gutadfjten: 

©ummarifd&er  unb  ©antprojefe,  roie  berfelbe  auf  ge= 
Ijaltene  Äonfultation  unb  ©eliberation  mit  ben  35eputirten 
von  gemeiner  ßanbfd^afl  in  ein  orbentlid&eS  SibeU  nerfafet 
unb  begriffen  roorben.    1611. 

Concordata  über  bie  ßanbred^t  ber  gürftentflmer  Dber=  unb 
•ftieberbanern.    Dfme  Qa^reSja^l. 

©utad&ten  über  bie  banerifd&e  SanbS*  unb  SßoUjeiorbnung 
ber  gürftentümer  Dber=  unb  -JUeberbanern.  D&ne  3a$re$j. 

3)ie  (SnttDÜrfe  jur  Sfceufobififation  t>on  1616  tourben  aunäc&ft  von 
einer  Hommiffion  $er5og[i$er  Beamten  (ben  fogenannten  ^oliaeirftten*), 
bann  öon  einem  ad  hoc  eingelegten  Sanbfc$aft8au8f#ujj  ((r?oliaeiau8fc$ufj4') 
unb  enb(i$  oon  ben  ^erjogU^en  SHfafterien  bur$beraten  (ftreg&erg  I 


—    XII     — 

@inl.  S.  20).  SDer  $ofrat  bearbeitete  bie  @utaa)ten  ber  einzelnen  Re- 
gierungen nebft  feinen  eigenen  Siebenten  unb  Sorfdtfftgen  ju  ben  obigen 
Vorlagen  (um  1611). 

UnioerfttätSbibüot&e!  SRünd&en,  2°  mscr.  221.  —  £>ie  burc$» 
gefcenbe  golüerung  ift  von  einer  fpäteren  $anb. 

3nama*©ternegg  ßarl  SJ&eobor  u.,  3)eutfd)e  ^trtfc^aftSgefdjtdjte. 
S3t3  iefet  3  Ȋnbe.  (33i$  jutn  @nbe  be$  3Rittetaiter$.)    1879  ff. 

ft  renn  er  granj  t)v  Sagertf  dfje  £anbtag$l)anblungen  in  ben  gctfjren 

1429—1513.    18  Sanbe.    1805. 
$)er  Sanbtag  im  ißerjogtum  Sapern  oorn  3al)re   1605.    2lu* 

einer  gletdföetttgen  ieanbfdfjrift.    1802. 
S)er  Sanbtag  im  fierjogtum  SBapem  w>m  Sa^te  1612.    3fa& 

autfientifdfjen  föanbfdjriften  gefammelt.    1803. 
©er  ßanbtag  im  Äurfürftentum  33apem  vom  Qa^re  1669.    3lu£ 

autljentifdjen  &anbfd(jriften  gefammelt.    1802. 

2(uä)  bie  2lu8gaben  biefer  ßanbtage  ftnb  von  Brenner. 

Manz,  Praeludium  belli  civilis  inter  rigorosos  creditores  et 
calamitosos  debitores  super  censibus  et  pensionibus 
praeteritorum  annorum,  quod  sub  praeside  Casp.  Manz 
publice  defendit  Joa.  Achatius  a  Seeau.    Pars  I.   lag.  1642. 

Über  3flan§  t)gl.  $ier  @.  299  unb  318.  „ttnftreitig  ber  bebeutenbfte 
Surift,  ben  ba3  fat$ottfa)e  2)eutfa)fonb  bamalö  säurte  .  .  .  von  um« 
faffenber  praftifdjer  @rfal)rung*  (GJotljein  ©.  46). 

„Bellum  civile*:  2)er  ^ürgerfrieg"  anriföen  ben  ©laubigem  unb> 
ben  ©djulbnern  ging  neben  bem  2)reifiigiä§rigen  Ariege  §er.  (@iet)e 
oben  bei  „Colloquium").  S)er  erfte  Xtxl  ift  oorftet)enbe$  „Praeludium"» 
2)er  aroeite  %eü  ift  ba3  „Bellum  civile"  felbft,  eine  fpätere  Arbeit  be$ 
fruchtbaren  ©ajrtftfieKerS. 

Sftanj,  ©djufe  unb  ©<$irm:  Patrocinium  debitorum  calamitate 
belli  depauperatorum ,  ba3  ift  ©<$u$  unb  ©c$irm  aller 
erarmten  unb  burdEj  ba3  leibige  ÄriegStoefen  oerberbten  ©djjulbner 
nuber  tyre  geftrengen  unb  unmitleibigen  ©laubiger,  anfänglich 
[1636]  in  Satein  betrieben  burdj  6a3par3Äanj,  anjefco  aber 
in  bie  beutfdje  ©prad&e  überfefct.    Qngoljtabt  1641. 

&u8  ber  Storrebe:  „Steine  opiniones  an  vielen  Orten  angenommen, 
täglich  praftiaiert  unb  in  Urteilen  benfelben  nachgegangen  .  .  .  ©o  ift 
aud)  jebermann,  ber  ntia)  fennt,  rooljl  benm&t,  bajj  ia)  nidjt  gewöhnt, 
nieberen  ober  tjoljen  ©tanbeöperfonen  $u  blanbieren." 

aKanj,  3tn3f<$armüfeel,  ba3  ift  ein  gefctljrlidjer  bodj  täglicher 
©treit  jroifdfjen  ben  ©laubigem  unb  ©dfjulbnern,  ob  man  bei 
biefen  leibigen  ÄriegSjeiten  f<$ulbig  fei,  bie  8ia\ta  ju  bejahen. 
SKuSgejogen  aus  bem  lateinifcijen  £raftat  Bellum  civile  inter 


—    XIII    — 

creditores  et  debitores  des  Caspar  Manz  unb  in  bie  beutf dje' 
Spradje  t>erfefct  burdj  33altl).  Sang.    1645. 

2luö  ber  Sorrebe:  „$arum  ta)  mir  vorgenommen,  einen  btirger* 
liefen  Ärieg  anaufleQen  unb  unterfa)teblia)e  !riegfü§renbe  Parteien  bem 
gtinfttgen  Sefer  auf  ben  ©djauplafc  »orjufüfjren,  fte  etliche  ©änge  unb 
©efeü)te  mttetnanber  tun  au  (äffen ,  aföbann  mid&  anrifdjen  Ujnen  einju« 
legen  unb  momöaUa)  grieben  gu  mad&en  unb  fte  ooneinanber  ju  f Reiben/ 

3» aper  SRanfreb,  Duellen  jur  33e$örbengefdjid)te  33apem3.    1900. 

2Rapr  (3Repr)  ©g.  Äarl,  Sammlung  ber  <$urpfaljbaperifdjen  2anbe$= 
oerorbnungen.    1784  ff. 

SWeiboIjm  33iftor,  SDaS  beutfdje  <Pfanbredjt.    1867. 

3Jtemorial.  allgemein  löbliche  ßanbfdjaft  in  Sägern  ufit>.  &anbs 
fdjrifi,  15  SHätter  in  2°,  einer  Sammlung  ber  bapertfd&en 
lanbftänbifdjen  grei^eitöbriefe  beigebunben.  D^ne  SaljreSj.  unb 
Unterfd&rift.  —  ,3n>ifdjen  1651  unb  1669.  ©leidfoettige  SCbfc^rift. 

Offenbar  ibentifa)  mit  bem  greoberg  1 153  erwähnten  „libellum  grava- 
minum"  ber  Sanbfd&aft&oerorbneten  an  ben  <S$urfürften  oom  15.  gebr.  1666. 
3n  $rfoatbeftfc. 

SRerfel  Qo^anneS,    35a3  Firmare  beS  baperifd&en   33olföredjte3. 

3eüfd&rift  für  9te<$t3gefdjidjte,  2.  33b.,  1862. 
M.  B.:   Monumenta  Boica,  Ed.   Acad.  Scient.   Elect.  Mon. 

1763  ff. 
•JHejler  Siegmunb,  ©efd&idjte  Sapern«.    6.  33b.    SSerfaffung  unb 

Äultur  1508  -1651.    1903.      . 
SRofenttjal  ©buarb,  ©efd&idjte  beS  ©erid&tSroefenS  unb  ber  33er* 

roaltungäorganifation  S3apern3.    1.  33b.    (33i$  jum  @nbe  beS 

16.  3at>rijunbert3.)    1889. 
Sammlung   ber  merfmürbigften  djurbaperifdjen  ©eneralien   unb 

fianbeSperorbnungen.    (herausgegeben  von  ßreittmapr.)    1771. 
S  $  m  e  l }  l  e  iganS,  SDer  Staatshaushalt  33apernS  im  18. 3al>rljunbert. 

aWflnd&ener  DolfSmirtf^aftli^e  Stubien.  41.  Stfidf.  Gotta  1900. 
S c h m i d  Caspar,  Commentariiinjus  Provinciale  Bavaricum 

1695. 

Tom.  I.:   Comm.  ad  processum  summarium  et  edictalem, 

cum  duabus  novellis  in  praesidium  debitorum  depaupera- 

torum  etc. 

Tom.  II.  et  III.:  Comm.  ad  jus  municipale  Bavaricum. 

Über  ©a)mtb  unb  feinen  Kommentar  fie$e  ©.  74.  £er  erfte  SBanb 
bei  Iatetnifa)en  Kommentars  enthält  ben  ©ummarifü)en  ^rojejj  unb  ben 
Qantyroftet,  ferner  einige  Anfänge,  barunter  ein  Kommentar  jur 
Serorbnung  oom  20.  3uni  1650  (unten  ©.  816).  $te  beiben 
anbeten   ©änbe  enthalten  baä   Sanbrea)t.    SemerfenSwert  ift   befonber* 


—    XIV     — 

ber  Äommentar  aum  21.  Eitel  („93on  ber  ®runb§erren  ©ered&tigfeit*  ufto.)* 
©djmtb  au  SCrt.  1:  „.  .  .  i$  bei  jegtt$em  Slrtifel  bagjenige  reben  »erbe, 
nmö  i$  burd)  40  3a§re  gefeiten,  teils  in  ©trettfadjen,  bie  an  bie  ^öc^ften 
2)icafteria  faft  täglich  enoad&fen  ftnb,  teils  aber  bei  meinen  eigenen  Unter« 
tanen,  beren  id&  nidjt  wenig  gehabt  fyabe,  »eil  fte  iljren  ^ed^ten  fteif 
innefteOen".  —  3Me  Auslegung  ber  einsehen  Slrttfel  verfällt  in  Hummern 
(n.  1,  2  ufro.). 

Sch  mid  Caspar,  Commentarius  ober  Auslegung  be£  <$urbagerifd(jeu 
Sanbred&teS.    QnS  SDeutfdfje  überfefct.    2  5CetIe.    1747. 

Schmid  Caspar,  Commentarius  ober  2lu3legung  bei  dfjurbmjerifdjjett 
©ummarifd&en  unb  ©antprojeffeS.  3n3  3)eutfdE)e  überfefet.   1742, 

2)ie  beutfd)e  ft6erfefcung  ift  naa)  ©engler  (Duettengefd^tc^te  be8  im 
äömgreid)  Sanern  geltenben  ^rfoatrecfjteä,  I.  Seil,  1864,  «Rote  92)  eine 
„gelungene*.  2luf  ©runb  meler  Stichproben  tarn  tdj  ju  berfelben  Aber* 
Seugung,  bie  Überfefcung  ift  metftend  wortgetreu. 

©egbel  2Ka£,  SagerifdjeS  ©taatSred&t.    2.  Sttufi.    1.  33b.    1896. 

(©efd&id&ttid&e  @mtettung.) 
Urbar3gebraud(j  ©erneuter,  oon  einem  9tegen3burgtfd&en  2)om* 

fapttlifd&en  Beamten.    D^ne  3fa§re3ja§l.    (1750.) 
W  e  i  x  e  r  Joh.  Casp.,  De  jure  dominorum  et  subditorum.    Über 

ben  21.  %\it\  bei  dtjurbaperifd&en  SanbredfjteS  [na<$  ber  Segal- 

orbnung].    1726. 
2Bt)fc,  2)ie  ©fllt  unb  ber  ©d&ulbbrief  nadf)  3öti(§erifdöent  9ted&t. 

3ettfd(jrift  für  ©dfjroeiaerifd&eS  SRedfjt,  9.  33b.,  1861. 
Zeller  Ferd.  Ernest.,  Praeludicia  sive  resolutiones  a  summis 

Ducatus  Bavariae  dicasteriis  emanatae.    1733. 


£o5iftfattonen* 

Lex  Baiuvariorum,  roaljrfd&einlid&  jnrifdjjen  743  unb  748. 

S)a3  [ältere]  Sanbredjt  ßubroigS  bei  Sägern,  jnrifd&en  1333  unb  1336. 

2)aS  9ted&t3bud(j  SubroigS  be$  Sägern,  1346. 

(Srflärung  ber  2anbe$freif)eit,  1508. 

33ud&  ber  gemeinen  ßanbbot,  1516.  Sanbredfjt, 


Sieformation  ber  Sanbred^te,  1518. 
©erid&töorbnung,  1520. 
SanbeSorbnung,  1553. 
S)er  Sanbelorbnung  weitere  ©r- 
Härung,  1578. 


©eridfjtSorbnung, 
©ummarifdfjer  Sprojefj,  \  2 

©antprojefc,  °* 

Sauber  unb  Spolijeiorbnung, 
£anbre<$t,  1756. 


—     XV 


ber  uricfyttgjien  benutzen  Derorbnungen  nebft  ßunbfeUm* 


2)atum 


SunbftcOe 


83emer* 
hingen 


27.  gebr.  1594 

13.  HRärs  1598 

20.  Sttli  1605 

23.  5cbr.  1635 

11.  Stpril  1635 


10.  3Rai    1637 

20.  Sunt  1650 
17.  Sprit  1654 
16.  ©ept.  1654 

21.  ftftq  1662 
27.  Sugufl  1669 

24.  fcejbr.  1669 

4.  2>ejbr.  1671 

5.  Rar»   1672 
7.  Stfir»  1674 


HuSletfjung  b.  Sormunb* 
fd^aftSgelber  .    .    .    . 

Erneuerte  3Jlanbata 
unb  Sanbgebote 
aRajimilian  I.   .    . 

©djutbenwef  en  ber  3U  ben 
Sanbfaljnen  auögen>äl)l* 
ten  Untertanen  .    .    . 

©ültnad&läffe  bei  ben 
Äaftenuntertanen  wegen 
ÄriegeS 

griftenbetoitttgung  in 
©ajulbfad&en  ber  bura) 
ben  Ärteg  oerberbten 
SanbeSuntertanen   .  -. 

3>ie©läubiger,n>eIo5e 
burtt)  ben  geinb 
Derberbt  roorben  . 

SinSnattjlafj  in  6djulb» 
fachen  wie  oben  .    .    . 

$rooiftonaImanbat  jutn 
nadjfolgenben     .    .    . 

3in3na$la&  in  ©djulb* 
fadjen  rote  oben  .    .    . 

ttnterfiüfeung  bei  Stoß- 
ernten 

3Ranbat  über  bie 
(anbfa)aft(.  Grava- 
mina 

SRentmeiftertnftru!* 
tton 

Aufrichtung  ber  §eirat3- 
briefe 

9u3(ei$ung  ber  Hirsen- 
gelber    

Verbot  ber  ©üter^er* 
trümmerung  .... 


Unio.»83ibr.  SWündjen2 


8 


©taatäbtbl. 


Manz,  Patrocinium 
(tat.  3tu3gabe,  1640), 
9Cn$ang 

Umo.*8tbr.  SRünd&en6 


Schmid,   Co  mm. 
tom.  I.,  Anfang  .    . 
Unio.-»ibt.  SRünd&en6 


@taatdbibl.        ,       8 

Sammlung  oon  Äreitt- 

magr  6.  86    ... 

©benba  8.  547  .    .    . 

©taatöbibl.  9Wüna)en4 


(Sinaetbrutf 


Ausfertigung 
an  bte  Kegle* 
ruttß    Sanb«* 


§anbfct)rift- 


£anbfo$rift< 
lia) 

©injelbrudt 


n 


Unio.-$tbr.  SRün^en1 


$anbfa)rift 
(Sinjelbrutf 


}»eglau 
»bfa)r. 
21.»pri 


Beglaubigte 
vom 
IpriK  1762 


»mnerfungen  auf  umfte^enber  ©eiie. 


—     XVI    — 


4.  gebr.   1676 

24.  3titt    1676 
81.  3Rai     1681 

27.  SRära  1692 

5.  2Rärj  1701 

26.  Sluril  1712 

16.  gebr.  1713 
2.  $e$br.  1717 

r 

12.  April  1719 


29.  3<*n.    1735 
14.  3uni  1740 


7.  ttou.    1747 


Unterftüfcung  bei  SRifk 
ernten 

desgleichen 

Verbot    ber     ©üterjer- 
trümmerung9.    .    .    . 

Unterftüfcung  bei  3Jli&* 
ernten 

©rjeffe  in  Ätrd&en* 
abmintftrationS* 
fachen      

ttnterftüfcung  bei  Wib< 
ernten 

2)e$gleid)en 

JHrd)enrec$nung8* 

toefen  

$er     ®otte8$äufer 

unb  tnilben  ©tif* 

tungen  Sied&nungen 

bei.ben  §ofmard&en 

Xajorbnung    .    ... 

2)a8  greigelb  ober 
bie  SRadjfteuer    .    . 

(Sinforberung  uon  Gut- 
achten über  bie  grage, 
ob  bie  Serorbnungen 
uom  20.  Sunt  1650  unb 
16.  ©ept.  1654  (f.  o.) 
nodj  gültig  fmb  .    .    . 


©taatSbibl.  3JHlnc$en4 


Unio.«»ibl. 
©taatSbtbl. 


IT 

n 


8 
6 

10 


3Raur,  @amml.  IV  754 


StaatäbiM.  SRttnd&en* 


©injelbrud 


»egl.  SBMArtft 
com  21.  »pm 
1762 

Ginjelbrud 


ttnh>.*Stbl. 


6 


HRanr,  ©ammt.  IV  764 


n 


Sammlung  oon  ßrettt* 
maur  ©.  40 
Gbenba  6.  214 

ttnio.*Stbl.  SRünd&en6 


§anbft$rift 


1  2)er  betreff  ift,  wenn  burd&fd&offen  gebrueft,  offisiett,  fonjt  ttnURirUc$. 
8  2°  jus  1750  (Sauer.  Generalien). 

8  2°  jus  1692  (©ammelbanb). 

4  2°  Bav.  960  (Sauer,  Generalien  in  Cahiers). 

5  Cgm.  Aua.  11  (Klöckeliana)  n.  39. 

Älötfcltano:  eine  «Sammlung  t>on  «Materialien  jut  @ef#td)te  ber  öaoerlföen  Staat«* 
»erwaltung,  angelegt  oon  Älöctel  (f  1833). 

«  2°  jus  1768  (Sauer.  Generalien  [meift  $anbfa)rtft]). 
7  2°  jus  1754  (Sauer.  Generalien). 
«  Älöctel  44  (fä(ftt)lia)  21.  3Äai  1662). 

9  Ausfertigung  „an  alle  Seamte  beS  Rentamtes  2Jlüna)en*.  2lu8  flreitt* 
utaur,  Slnmerlungen  $um  banerifa^en  Sanbrec$t  II  c.  2  §  14  n.  9  ge$t  aber  bie 
generelle  Statur  beS  2)efrete8  Ijeruor. 

io  JUöcfel  55. 


XVII     — 


(Einiges 

von  ber  öerfaffung  unb  Sefyörbenorganifation  bes 

Kurffirjientums  Sayern- 


9tegententafel. 

SBiQelm  Vv  her  gromme 1579—1598 

9»ajtmiltan  1 1598—1651 

Sägern  ßurfürflentum 1623 

gerbtnanb  SHaria     .    .- 1651—1679 

3RapmiHan  II.  ©mannet 1679—1726 

ßfierreidjifdje  DKupation 1704—1714 

Statt  »ibred&t  (afe  Äaifer  ftarl  VIIV  1742—1745)  .  1726—1745 


SMe  ß^^^ölfitellen1  waren:  1.  bcr  ©ebeime  diät  (üergleidj* 
bar  unferem  „©efamtminifterium") ,  2.  ber  Jßofrat:  für  3ufit&  unb 
?PoIijei  (bcr  iQofrat  war  aber  guglcid^  SWtttelfteHe ,  fiebe  unten), 
3.  bie  igoffammer :  für  bie  ginan jen,  4.  ber  geifttidje  9lat :  jur  3Cu£^ 
Übung  ber  firdjlidjen  fio^eit  beS  ©taateS.  —  ©ett  1644  beftanb 
ab  oberfie  Snftanj  in  ©trettfadjen  ein  9tet>ifton3geri<bt  (Sfteoiforium), 
ein  ©egenftüdf  jutn  SReidjSfammergeridjt.  Über  ben  SSifttationSrat 
fle$e  ©.  341. 

Sägern  war  eingeteilt  in  bie  der  „ Rentämter"  9Wün<$en, 
2enb8l)ut,  Straubing,  Surgbaufen.  2ln  ber  ©pifce  be3  Rentamtes 
SRflnd^en  flanb  ber  ßofrat  (fiebe  oben),  an  ber  ©pifce  eines  ieben 
ber  brei  übrigen  ^Rentämter  flanb  eine  „ Regierung"  (in  SRedjtefadjen 
„$ifajterium"  genannt). 

SDie  StnttaU  unb  bie  SWittetflellen  waren  ÄoffegiatbeljÖrben. 

SMe  untersten  jiaatlidjen  SBeljörben  waren  bie  Sßflegämter, 
$fkggerid>te,  fianbgeridjte.  ©ie  waren  befefct  mit  einem  Pfleger 
(^Pegoerwalter f)  ober  £anbri$ter  unb  mit  einem  @eri<bt3f<#reiber. 
Sie  ©eridjtsbiener  Riegen  gronboten.    ©röfeere  SanbgerWjjte  waren 


i 


$ie  ©ejörbenorgamfation  im  alten  Sägern  gut  $t\t  bed  abführten  Surften» 
tum«  ifi  nodj  ni$t  genügenb  erforföt.   $emnä($ft  erfdjeint:  2)ie  t)iet  Rentämter 
bei  alten  Sanern  nebfl  iljren  Unterorbnungcn  unb  bem  leeren  lanbedfürftUc^en 
©eamtenperfonaf  1450—1804.    93on  ©eorg  gerd&[. 
1  6ie$e  barübet  unten  e.  100. 
Co$cn,  ©«i^ulbuwfl.  II 


—    XVIII    — 

in  „Smter"  eingeteilt,  biefe  bilbeten  aber  feinen  fetbftänbigen  ©eridjjtS- 
bejirf.    (Über  bie  „iQofmard&geridfjte"  fielje  unten.) 

Quftij  unb  Sßolijei  waren  nodjj  nidfjt  ooneinanber  getrennt. 

SDte  Äaftenämter  Ratten  bie  g  r  u  n  b  Ijerrf dfjaftli<$en  gunftionen 
be3  ©taateS  gegenüber  beffen  ©  r  u  n  b  Untertanen  ju  »erfe^en. 

©ine  ber  baperifdjen  Seljörbenorgamfation  etgeniümlidfje  Äontrott- 
infianj  war  ber  Sfcentmeifter,  beren  e£  oier  gab,  \t  einen  für 
jebe3  Rentamt.  S)er  SRentmeifter  ftanb  unmittelbar  unter  bem  Äur* 
fürften  unb  Ijatte  auf  jäljrlidjen  Umritten  bie  Smter  ju  mfttieren 
unb  ba£  öffentliche  ßeben  ju  übermalen.  3)a8  Ergebnis  ging  in 
Sßrotof  ottform  an  bie  3wtralfteffen  jur  SSerbef Reibung. 


SJton  unterfdfjieb 1  bie  Sanbftänbe  unb  bie  „gemeinen  Untertanen". 
SDie  ©tänbe  festen  fid^  jufammen  aus  bem  Slbel  (SRiiterfdjjaft),  ben 
Prälaten  (ßlöfter)  unb  bem  Sürgertum  (©täbte  unb  mit  Saubftaub* 
fdfjaft  begabte  SRärfte).  S)ie  Sanbftänbe  Ratten  ©ifc  unb  ©timme 
auf  ben  ßanbtagen.  33orauS'fe|ung  ber  SluSübung  biefeS  SRed&teS 
burdfj  ben  Slbel  mar  ber  33eftfc  eines  in  bie  Sanbtafel  eingetragenen 
©uteS,  einer  „&ofmardj"  (fie^e  unten).  Sie  Sanbftanbfdfjaft  beä 
2lbel3  „erhielt  baburdfj,  bafj  fie  afe  an  bem  abeligen  ®ntt  £aftenb 
betrautet  mürbe,  einen  meljr  realen  ßljarafter"  ÖQuggenberget 
©.  188). 

2)er  ßanbtag  mürbe  in  bem  gangen  uns  befdfjäftigenben  3*tt5 
räum  nur  breimal  einberufen  (1605,  1612  unb  1669).  ©päter  oer- 
fal)  ber  SanbfdfjaftöauSfdfjufj,  melier  am  ©djjluffe  eines  ieben  Saitb* 
tags  beljufS  Vertretung  ber  ©tänbe  bis  jum  nä<$ften  ßanbtag  ge= 
wä&lt  mürbe  —  SanbfdfjaftSoerorbnung  — ,  bie  gunftion  beS  2anb= 
tagS.  SDie  SanbfdjjaftSoerorbnung  beftanb  aus  16  Sftitgtiebertt 
(4  Prälaten,  8  9fttter,  4  33ürgermeifter,  je  bie  iQälfte  aus  bem  Ober« 
lanb  unb  bem  Unterlanb)  unb  Ijatte  baS  9ted&t  ber  Kooptation. 


Sfof  ben  „§ofmar<$en"  ruljte  bie  niebere  ®erid?t3barfeit  (£of* 
jnard&geredfjtigfett).  S)er  Gljarafter  als  §ofmar<$  beruhte  auf 
Privilegien,  auf  &erfommen,  auf  lanbeSfürftlidijer  äkrleijjung.  2)te 
Sjofmard&geredfjtigfeit  umfaßte  inSbefonbere  aud&  bie  3fotlgeridfjt$barfett 
mit  SluSna&me  berjemgen  über  ©runb  unb  Soben,  bie  niebere  Sßolijei 
unb  baS  ©djarroerfSredfjt  (hierüber  fte^e  unten  ©.  367). 

1  9Sgl.  §ua,gen5eraer,  2)ie  fiaat8re($tlit$e  (Stellung  beS  lanbfäffigen  Slbetä 
im  alten  Sägern,  in  ber  8ri$u>aKfc$en  Seitfc^rift,  1899,  ©.  181  ff. 


—    XIX     — 

3)ie  &ofmardjen  waren  geroöl>nlidj  gefdjloffen,  b.  §.  bie  &ofs 
mardjgeredjttgfeit  bejog  fidfj  nidjt  nur  auf  bic  eigenen  ©runbunter* 
tonen  beä  iQofmardjIjerrn,  fonbem  auf  alle  ©eridtfSetngefeffenen. 

SHe  ©runb&erritdtfeit  afe  foldje  braute  feine  obrigfeitlidjen  S3e= 
fugniffe  mit  fidj.  3Ban  unierfdjieb  fkenge  jtmfdjen  ben  $ofmar(^s 
Ferren  unb  ben  „blofcen  ©runbljerren"  Oßfarrer,  Stiftungen,  Sürger 
ufn>.),  ftelje  j.  33.  ©.  154. 


S)ie  Angehörigen  ber  „ebelmannSfreien"  ©efdfjtedjter  Ratten 
neben  iljrer  iQofmardjgeredjitgfeit  bie  niebere  ©eridjtöbarfeit  auf  iljren 
fogenannten  „einfdjid&tigen  ©ütem". 

(Sbelmamtöfrei  waren  biejenigen  Familien,  roeldje  bereite  im 
3fa^re  1557,  bei  ber  3$erleit)ung  be3  60.  greiljeitSbriefeS,  jum  bar)t* 
ttfdjen  Slbel  gehört  Ratten1. 

©infdfjidfjtige  ©üter  roaren  foldfje,  roeldje  aufterl)alb  ber  ©renjen 
ber  igofmard^  im  „Sanbgeridjtlidjen"  jerjtreut  lagen. 

Sie  niebere  ©eridjtsbarfeit  über  bie  einf djidjttgen  ©üter  enthielt 
biefelben  Sefugniffe  wie  bie  ißofmard&geredjtigfett. 

3Jtan  unierfdjteb  batyer  in  ber  golge  jnrifdjen  ben  ebelmannS* 
freien  ©efd&ledjtern  (bem  „alten  Slbel")  unb  ben  blofjen  iQofmardj* 
Ferren  (bem  „neuen  Slbel") 2. 


1  SBSIjrenb  alfo  bie  §ofmard&gere($tigteit  ein  bingltd&eä  9te$t  war,  Ijatte 
bie  GbelmamtSfretyeit  perfönUdjen  ©Ijarafter. 

9  ©ie§e  barüfter  (Sonett,  Äampf  um  bie  abeligen  ©üter  ©.  20  ff. 


n 


(Einleitung* 


§  i. 

9te  Ohtitotrfthmg  b*r  3fcei$?tf  fr*r  fterf&guitg  über 
®tunb  unb  $tö*n  unter  Isbenfrsn  im  Mittelalter» 

L 

SDic  SBelaftung  uon  ©runb  unb  33oben  mit  ©Bulben  ift  eine 
Slrt  SBerfügung  barübet,  ber  SBobenfrebit  eine  ©rfdjjeinung  be3  Siegen* 
f  d£jaft£t>erfei)r3.  SDic  notmenbtge  SBotauSfefcung  ber  SSobenoetfdfjulbung 
unb  be$  Sobenfrebitö  ift  ba(;er  bie  greitjeit  ber  Verfügung  über 
©runb  unb  Stoben  unb  ba3  Sefteljen  eines  SBerfeljrS  in  ©runbftüdfen. 

3tm  Slnfang  ber  Äulturentrotdflung  gab  e$  roeber 
biefen  Seifert  nod(j  jene  grei^eit. 

®af$  ed  leine  gretyeit  ber  Verfügung  oon  ©runb  unb  33oben 
von  XobeS  wegen  gab,  ift  allgemein  befannt;  bie  komplementär« 
erf Meinung  beim  SSerfe^r  unter  Sebenben  ift  tum  ben  2Birtfdfjaft$* 
fjtfloriletn  bis  jefet  wenig  beamtet  roorben.  SDie  Urfadje  be$  geljlenS 
ber  33erfügung$freil)eit  ift  bei  beiben  SBerfügungSarten  ba3  geilen 
von  ©onbereigentum. 

fiauS  unb  igof  gehörte  ntd&t  einem  ©injelnen,  etwa  bem  Familien* 
pater,  bem  ^nfjaber  ber  £au$geroalt ;  biefer  mar  nidjt  berechtigt, 
über  baS  unberoeglid&e  SBermfigen  eigenmädfjtig  ju  oerffigen.  @r  mar 
gefmnben,  e$  feinen  Äinbern  fo  ju  Ijinterlaffen,  mie  er  felbft  e$  oon 
feinen  33orfaljren  ttberfommen  Ijatte.  ©runb  unb  33oben  gehörten 
bem  Saufe,  als  einer  bie  einzelnen  ©enerationen  überbauemben 
®emeinf($aft.  ©lieben  bie  Äinber  nadfj  bem  £obe  beS  $auSoaterS 
beteinanber  im  $aufe  jtfcen,  fo  burfte  natürltdjj  erft  red&t  ntdfjt  ein 
einzelner  §au£genoffe  felbjtänbtg  aber  baS  &auSoermögen  oerffigen. 
Darübet,  bog  ben  Jladftfommen  ber  IjäuSlidfje  ©runbbefife  ungefdjjmälert 
oerMieb,  roadfjte  (roa^cf^einli^)  bie  ©type.  Sie  fungierte  als  eine 
Sri  Xufftd&tSorgan. 

2BaS  inSbefonbere  ben  bäuerlid&en  ©runbbeftfe  betrifft,  fo 
loat  berfelbe  lange  3eü  ™r  Attribut  ber  SRitgliebfd^aft  in  ber 
SRatfgenoffenfd&aft.    &auS,  $of  unb  gelb  waren  nur  unter« 

6o^ cn,  gtarföulbitng.  1 


—    2    — 

fleorbnete  3ube§örungen  bcr  teufe,  ben  £auptbeftanbteU  bübeten  bie 
Stffmenbnufcung  unb  anbcre  genoffenfdfjaftttd&e  9Ritred&te.  ©rtofdjj  bie 
SWitgliebf  d&af  t ,  j.  33.  baburd),  baß  ein  &au$  auSftarb,  fo  trat  feine 
Vererbung  ein,  fonbern  bann  fiel  bie  ißufe  an  itjre  Duette,  bie  2Rarfc 
gcnoffenf<$aft,  jurüd1. 

S)ie  2Rttgliebfdf)aft  in  ber  3Warfgenoffenfdjaft,  bie  £eUl)aberf<J)aft 
an  intern  Vermögen  mar  ate  ein  mit  beut  ©tatuS  gegebenes  SRedfjt 
im  ©runbe  unoeräußerltdjj.  SBottte  ein  Sauer  feinen  Jßof  oeräußem, 
fo  beburfte  et  ber  3ufHmmung  ber  fämtUdjjen  9Äarf genoffen ;  n>iber- 
fpradEj  au<$  nur  einer,  fo  mar  bie  Veräußerung  unmöglich 2.  Watüxliä) : 
mit  ber  Sfafäffigmadfjung  be$  @rmerber£  mar  ja  audjj  feine  aufnähme 
als  SWarfgenoffe  notmenbig  oerbunben. 

©o  mar  ba$  9tedfjt  fcbe«  (Sinjelnen  am  ©runb  unb  Voben  burdjj 
bas  Ijöljere  9te<$t  ber  ©emeinfdfjaft,  ber  er  angehörte,  begrenzt,  unb 
ebenfo  fließen  bie  Veftfcred&te  ber  ttnteroerbfinbe  nadj  oben  an  bie 
Utredjte  ber  größeren  Verbänbe,  oon  benen  jte  einen  5Ceit  bilbeien. 
©ine  Verfügung  über  ©runb  unb  Voben  mar  alfo  feljr  fd&nrierig 
unb  eigentlich  nur  in  ber  SßJeife  möglidfj,  baß  er  ju  feiner  Duelle, 
bem  nädjftf)öf)eren  Verbänbe,  jurüäfeljrte.  2Bemt  jum  Veifptel 
ein  SBergelbfd&ulbner  oon  bemeglidjer  S&abt  gdnstid^  entblößt  mar 
unb  nur  me^r  feine  elenbe  iQütte a  befaß,  fidfj  ber  broljenben  ©djalb« 
fnedjtfdfjaft  ju  entjieljen,  fo  fonnte  er  feine  £fitte  (menn  audfj  SSäter 
unb  Vrüber  jaf)lung3unfäi)tg  maren)  unter  etgentfimltd&en  3ttemon{en, 
bie  mir  fpäter  nft^er  fd&ilbern  merben,  an  feine  ©ippe4  abtreten, 
unb  biefe  mußte  bann  bie  ©d&ulb5  übernehmen6. 

©&  fehlte  aber  bamalS  nidfjt  nur  bie  redfjtlidfje  Vorausfefeung 
be$  ßtegenf dfjaf töoert eljrs ,  bie  gretljett  ber  Verfügung  übet  ©runb 
unb  Voben,  fonbjrn  e$  fehlten  aud^  bie  mirtfdjjaftli<$en  Ve* 
bingungen.  @8  fehlte  ber  2lnlaß  fomo&l  jur  Veräußerung  t>on  ©nmb; 
ftäclen  als  aud)  jum  @rmerb  folget  oon  Sfaberen.  2Ber  ©runbbeftg 
befaß,  behielt  tljn,  benn  et  mar  bie  notmenbige  VaftS  ber  mittf<$aft* 

1  S)ie8  ge$t  aus  bem  @bi!t  be8  fränfifd&en  Königs  G&ilperitf  (jm.  573 
unb  575)  Ijeroor.  JBgl.  ©ierfe,  @rbre$t  unb  3Stcinenred&t  (Settfd^r.  f.  Äed&tS* 
gef«i«tc  XII,  1875). 

*  Lex  Sal.  XLV  1.  @mfpruc$«frift  12  3»onatc. 

8  @8  tft  ju  ben!enf  bafr  bie  gelbflur  nodj  ntd^t  aerteift  war. 

4  @igentlic§ :  bem  näd&ften  ©ippegenoffen ;  mar  aud)  biefer  }a$fungdunf&9ig, 
fo  !am  ber  übernäd&fte  an  bie  Steige  ufm. 

R  @tgentli($  bie  Hälfte  ber  ©d&ulb,  benn  bie  anbere  §ätfte  mufjte  bie  <&\ppt 
o$ne$in  jagten. 

•  Lex  Sal.  LVIlI. 


—    3     — 

Itd&en  unb  fo&talen  ©£tflenj.  Staubte  eine  gamilie  meljr  Sanb  jur 
2lbfd&idf>tung  eines  gamtltenmitgltebeS,  fo  war  bie  SWarfgenoffenfdjaft 
verpflichtet,  £anb  Ijerjugeben;  baju  biente  if)r  &eimfafltered(jt  (f.  o.). 
3Bar  aEe$  bebaute  ßanb  in  fefien  igänben,  fo  würbe  in  ber  Slffmenb 
gerobet.  2tud&  btefe  Vorgänge  fteffen  no<$  feinen  SSerfe^r  bar,  fte 
finb  nur  äuSfluß  beS  ©efamteigentumS.  — 

SDie  erflen  3^mobiltamräußerung£gef<ijäfte  —  im  ©inne  einer 
■Btaffenerf Meinung  — ,  benen  wir  in  ben  Duellen  begegnen,  finb  bie 
©$enfungen  an  bie  Äirdjje  junt  Seelenheil.  Um  im 
fremben  Sanbe  feften  guß  f äffen  ju  fönnen,  mußten  bie  ©lauben3= 
boten  unb  iljre  -Wadöfolger  banadfj  trauten,  ©runbbefifc  ju  erwerben. 
©ie  veranlagten  alfo  bie  eintyetmifdfjen  ©runbbeftfeer,  i^nen  ©runb 
unb  Soben  ju  fd&enfen.  ©egengabe  war  ba8  remedium  animae, 
bie  ©rlöfung  von  ben  ©ttnben,  bie  ewige  ©eligfeit.  ffixe  ©tettung 
als  SMener  ©otteä,  ifjre  geiftige  Überlegenheit  als  Äulturmenfdfjen 
verlief  ben  ©laubenSboten  ben  naiven  Sarbaren  gegenüber  eine 
gewiffe  Autorität,  bie  i&nen  bei  ben  SBerl>anblungeu  juftatten  fam. 
3Wit  rljetorifdjem  Raffinement  fdjjilberten  fte  bie  greuben  beS  ißimmels, 
unb  bie  leidjt  erregbare  Sß&antafte  ber  -WaturmenfdSJen  vergrößerte  fte 
ins  ungemeine.  2Ba3  bebeuteten  gegen  fotöje  2lu§fid^ten  bie  irbtfdfjen 
©fiter,  bie  traurigen  Hilfsmittel  einer  iämmerlidjen  (Sjrtftenj1? 

©ie  Jtlerifer  wanbten  ftdjj  junäd&ft  an  bie  gamtlien Häupter. 
SBon  romaniftifdf>er  Sluffaffung  befangen  gelten  fte  biefe,  als  mit 
ber  $au$gemalt  bef leibet,  für  berechtigt,  über  ben  unbeweglichen 
gamilienbeftfc  ju  verfügen,  gerner  nahmen  fte  an,  baß  bie  meift 
bejahrten  gamilienlfäupter  ifjren  geiftlidjen  Argumenten  angejtcljtS 
be$  fjerannatyenben  £obe£  befonberS  jugänglicfc  feien.  3)er  Familien- 
vater  begann  barüber  nadfjjubenfen,  was  er  baju  tun  fönne,  um  jur 
ewigen  ©eligfeit  ju  gelangen2,  ©r  fam  ju  bem  ©ntfd&luffe,  feinen 
©runbbeftfe  ber  ftirdfje  ju  freuten.    2Bie  §atte  er  bteS  anzufangen? 

3Waßgebenb  für  bie  Drganifation  be$  Siegenfd&aftS* 
oerfe^r*  war  bie  eigentumverfaffung.  3)ie  Veräußerung  war 
baljer  irid&t  ^rivatfad&e  etneS  (Stnjelnen,  fonbern  Angelegenheit 
ber  SJerbänbe  mit  Ijö^eren,  urfprüngli<J>en  Anregten 
an  ©runb  unb  Soben. 


1  Hist.  Frig.  I  Nr.  607:  „Thesaurizate  vobis  thesauros  in  coelo,  ubi 
n*c  erago  (Äunjct)  nee  tinea  (Motte)  demolitur";  „hereditas  divitiis 
c>apautnr  in  coelis  aeternis." 

8  (fcbenba:  „  .  .  .  cogitare  coepit,  quid  ad  remedium  animae  suae 
pertinere  potuisset." 

1* 


—    4    — 

3u  biefen  SBerbänben  gehörte  t>or  allem,  mte  wir  gefe^en  Ijaben, 
bie  jQauSgenoffenfd&aft.  S)ie  SBeräufjerung  von  ©rbgut,  terra  aviatica, 
sors  unb  mte  bie  2lu3brüdf  e  alle  Reiften  mögen,  mar  ©adjje  ber  ©  e  - 
famtljett  ber  oollbered&tigten  fcauSgenoffen1.  2Ber  t>on 
tynen  an  ber  SSeräufjerung  nidfjt  beteiligt  geroefen  mar,  fonnte  fte 
anfedfjten2.  SWitmirfung  mar  nid&t  nötig,  fonbem  e$  genügte  bie 
blofje  2lnmefent)eit.  SDte  foUeftioe  SBerfügung  ber  gamilienmitglteber 
über  ben  ©runbbeftfc  tritt  bef onberS  f  d&ön  in  bie  Srfdjjeinung,  menn 
bie  SBeraufjerungStätigfeit  von  tynen  gemeinf am  (ju  „gefamter 
&anb")  oorgenommen  mirb.  2)te3  mar  immer  bann  ber  gaU,  menn 
ba$  iQauS  ber  einheitlichen  ©eroalt  (manus)  entbehrte,  meil  3.  93. 
Srüber  ober  Settern  an  feiner  Spifce  fianben. 

2lu$  ber  fommunijHfdjjen  -Jtatur  beä  bamaligen  ©runbeigentumS 
ergibt  ftdjj  mit  Utotmenbigfett  eine  gemiffe  Öffentlidfjfeit  beä 
SBeräufterungSoorgangeS.  33or  allem  mufjte  bei  Dielen  33er= 
äufcerungen  ber  ÄretS  ber  an  ber  ©emeinfdfjaft  beteiligten  feftgefiellt 
werben,  unb  biefeS  mar  nur  baburdjj  möglich,  baj$  man  bem  33er* 
äufeerungSgefd&äft  ooffe  Sßubltjität  gab,  fo  bafj  jeber,  ber  am  ©runb* 
ftücf  einen  Slnfprudjj  ju  §aben  glaubte,  in  ber  Sage  mar,  ü)n  geltenb 
ju  mad&en.  gerner:  Je  metyr  SBiberfprud&Sbered&tigte  ftd&  an  ber  33er * 
äufeerung  beteiligten,  befio  meniger  mar  ein  nachträglicher  Sßiberfprudfj 
ju  befürchten.  3)te3  lag  aber  nid&t  nur  im  Qntereffe  be3  ©rmerberS, 
fonbem  (*ud&  beä  SBeräufcererS ,  meil  er  bem  ©rmerber  haftbar  mar, 
menn  bie  SBeräufcerung  angefochten  mürbe  (f.  u.)-  SRadjj  ber  Lex 
Bajuvariorum  (XVI  1  unb  4)  unterlag  ber  SBeraufjerer  fremben 
GinttS  fogar  einer  poena  dupli,  inbeiti  er  bem  Äfiufer  nidfjt  nur 
ben  Kaufpreis  reftituieren,  fonbem  audEj  ein  anbereS  ©ut  oon  gleicher 
2lrt  oerfdfjaffen  mu&te. 

3)ie  Urfunben  jeigen,  baft  bie  Öffentlid&Jeit  beä  ©tunbftücf? 
oerfeljrS  über  ba3  burdfj  ba$  ©efamteigentum  ber  i&auSgenoffenfdjaft 
geforberte  9Wafe  IjinauSgmg.  63  fommt  oor,  bafc  bie  Sippe  jus 
f ammenberufen  mirb8,  menn  bie  ißauägenoffen  barüber  uneinig  ftnb, 
ob  oeräufeert  merben  foH  ober  ntd&t.    SBorneljme  Ferren  laffen  fidfj 


1  Db  bie  nähere  (Generation  (ber  „proximus  heres")  bie  entferntere  auä* 
fc^Iog  (alfo  ber  ©o$n  ben  GbnUl,  ber  SBruber  ben  Neffen  ufro.),  ift  beßritten. 
Söenn  ber  ©o$n  be3  Seräufiererg  gegen  bie  SBeräufserung  nichts  einjuroenben 
§atte,  fo  wirb  bie$  in  ber  [Regel  au%  beim  @n!cl  ber  gatt  geroefen  fein. 

8  3lbterr  ©iegm.,  ©rbenroartredjt  n.  b.  älteften  baper.  9led)t8queHen  (©ierfe, 
Unterf.,  37.  fceft)  1891. 

8  Hist.  Fris.  I  Nr.  13. 


—    5    — 

oon  tyrem  ©efolge  begleiten,  wenn  fie  ju  einer  SBeräufeerung 
fdfjreiten  \  ©anj  geroöl)nltd(j  ift  e3  ferner,  bafe  ni<§t  nur  bie  cognati, 
fonbern  audfj  bie  vicini,  bie  3Äarf  genoffen  ober  bie  umliegenben 
£ofbefifcer,  jur  33eräu§erung  jugejogen  werben,  ober  fonft  an  tyx 
teilnehmen;  in  mannen  ttrfunben  ift  fogar  oon  einem  ÄonfenS  ber 
■Wadjbam  ober  -Dtorfgenoffen  jur  SBerau&enmg  bie  Siebe 2.  Überhaupt 
ift  ba3  Seftreben  erfid&tlicfj ,  möglid&ft  oiele  unb  namentltdE)  tnöglid^ft 
oorne^me  Seute  jur  SBeräufcerung  tyeranjujieljen :  je  mefjr  bieS 
gelang,  befto  größere  Autorität  erhielt  ber  ungemö^nlidfje  SSorgang, 
benn  alle  Umfte^enben  galten  als  feine  ©eburteljelfer. 

2Bte  bie  red&tlidfje  ©ebunben^eit  oön  ©runb  unb  Soben  für 
bie  Drganifation  biefeS  alteften  StegenfdfjaftSoerfelirS  mafegebenb  mar, 
fo  beftimmte  feine  tatfäd&lidfje  @ebunbent)eit  bie  gorm  ber  SBer* 
äufcerung.  2)ie  33eräuf$erung  oon  ©runbfiüden  mar  nodf)  ttxoaä 
aufjergeroöfinlid&eS ;  e$  fehlte  nodjj  ba3  red&te  SBertrauen  in  bie  neue 
©rfdfjeinung,  unb  oor  allem  fehlte  bie  Übung  in  abjiraften  5Bor= 
fteüungen,  bie  nötig  ift,  fie  ju  begreifen.  2)al)er  ftnb  bie  erften 
Smmobtliaroeraufcerungen  oott  oon  Sßlafttf  unb  fonfreter 
©innlid&fett.  SJlan  mieS  gemiff ermaßen  mit  gingern  auf  bie 
©ntftljaftiglett  be$  aSeräufjerungStoiHenS  §in,  unb  man  erfdfj&pfte  ftd(j 
beinahe  in  Umftänblid&feiten,  um  bie  SBeräufcerungStatfad&e  nur 
red^t  fefi  ber  ©rinnerung  einzuprägen,  ©a  e£  aber  pfipftfdfj  unmöglidfj 
ift,  ©runb  unb  33oben  gegenftänblid^  ju  übergeben,  fo  begnügte  man 
fidj  mit  fgmboltfdjen  £anblungen.  SDiefe  mürben  einem 
bereite  befte^enben  33 o r fi e 1 1 u n g 3 ! r e i f  e  entnommen, namentlich 
bem  SBerfe^r  mit  beroeglid&en  ©ütern.  SBeil  man  ben  Soben 
fetbjt  nidfjt  mit  ber  iQanb  übergeben  fann,  fo  übergibt  man  roenigften3 
einen  £eil  beSfelben  ober  ber  auf  itjm  toadfjfenben  grüßte  oon  §anb 
ju  fianb.  SKan  mobilifiert  bie  Immobilien  (in  ber  SBorftellung)  jum 
3mede  ber  33efifcübertragung 8.  9ta$  ber  L.  Baj.  gibt  ber  SBeräufeerer 
bem  ©rmerber  mit  ber  redeten  &anb  ©rbe  oon  ben  oier  ©den  be$ 
©nmbftüdfeS  ober  ©ras  ober  (toemt  e$  ein  SBalb  ift)  einen  3^eig4. 
$er  2Bergelbfdf>ulbner,  ber  nad)  ber  lex  Salica  feine  glitte  an  bie 


1  (Sbenba. 

•  8.  ®.  Hist.  Fris.  I  Nr.  12. 

•  Sgl.  bie  au<$  ©iel  fpätcr  noa)  auftretenben  SCuäbrücte:  Übergabe  ,gu 
getarnter  $anb",  ffeßtttoergang  »auf  bie  tote  $anb"  ufro. 

«  L.  B.  tezt  III  tit.  XVII  8.  SDie  gaffung  ber  öefttmmung  läfet  „auf 
fefei  Älter  unb  auf  eine  ben  erften  Slnflebehingen  bed  SolfeS  no$  titelt  ent- 
fernt liegenbe  Seit*  f (Rieften  (3Rer!eI,  £a?  firmare,  6.  117). 


—    6    — 

©ippe  abtritt,  um  ber  ©dfjulbfnedEJtfdjjaft  ju  entgegen  (f.  o.),  fammelt 
oon  ben  mer  ©den  ber  iQütte  ©rbe  in  feiner  &cmb,  flcHt  ftd^  auf 
bie  ©d&wette,  ba£  ©eftd&t  nadfj  innen  gewenbet,  unb  wirft  bie  ©rbe 
mit  ber  linfen  £anb  über  feine  ©d&ulter  hinweg  auf  ben  nadjfien 
SKagen.  (©iefer  fängt  fte  n)al)rf<i)einli<$  mit  ber  £anb  auf.)  3roar 
Ijanbelt  e$  ftdfj  Ijier  nid&t  um  eigentlid&en  Sobenerwerb,  fonbern  um 
dlMUfyx  be£  ©runbbefifceS  ju  feiner  Duelle.  2lber  um  fo  be* 
jeidjnenber  ift  bie  ©efefeeSfteUe  für  ba3  Sllter  ber  ©itte  be£ 
„©dfjollenwurfeS".  ©ine  anbere  bem  SBerfe^r  mit  bewegltdjjen 
©ütern  entnommene  fgmbolifd&e  föanblung  ift  bie  Sefleibung,  ba£ 
Urbilb  ber  „3>noeftitur".  Äein  ©ut  ifl  wo§l  früher  in  ©onber* 
eigentum  übergegangen  afe  bie  ftleibung  (einfdEjliejsltdEj  ©d&mutf),  unb 
audEj  fpater  nodfj  gehörte  fie  ju  ben  widfjtigften  im  inbimbueffen  33efi| 
befinblidfjen  SBermögenSftüdfen1.  33ei  ber  Qnueftitur  freilidfj  ift  bie 
Äleibung  jum  iQanbfdjjut)  jufammengefd&rumpft,  bie  &anb  be3  ©r* 
werberS  wirb  von  bem  SBeräufcerer  mit  bem  iQanbfd&ul)  befletbet,  bie 
beiben  fpmbolifdEjen  Jganblungen  „Übergabe  tum  ijjanb  ju  &anb" 
unb  „Sefleibung"  finb  ju  ©inem  oerfdjjmoljen.  änbere  fpmbolifdje 
feanblungen  finb  »on  ben  bamafö  bereite  befannten  SSrten  be£ 
©rwerbä  non  ©runbbefifc  fjergenommen.  3?ad^  ber  1.  Baj. 
a.  a.  D.  fann  Eigentum  baburdfj  übertragen  werben,  bafi  ber  ©r* 
werber  (in  ©egenwart  be3  SeräufeererS)  einen  Sßflug  um  baä  ©runb* 
ftücf  ^erumfüfirt,  Slobung  fingierenb.  3>n  btn  Urfunben  ftnbet  man 
fefjr  häufig  ben  exitus  unb  introitus:  bie  beteiligten  fingieren  §ier 
Dffupatüm  unb  Serelef  tton ,  um  etwaigen  fpäteren  ©inwenbungen 
gegen  bie  ^Realität  ber  33eräu§erung  oorjubeugen. 

S)ie  ©dfjenfungen  tum  ©runb  unb  SBoben  an  bie  Äir<$e  jum 
©eelen^eil  pflegten  alfo  anfangs  an  Ort  unb  ©teile,  in 
©egenwart  ber  SBerwanbten  unb  -ftadfjbam,  feierlich, 
unter  fpmboltfd&en  feanblungen  norgenommen  ju  werben, 
©in  anfdjjaulidfjeä  Seifpiel  ber  Vorgänge  Ui  einer  berartigen  ©djjenfung 


1  25er  feine  Stuften  auf  bie  ©ippe  abroäljenbe  äöergelbfd&ulbner  mufc 
ofjne  ©ürtel,  alfo  im  §etnb,  barfuß  einen  fd&roeren  Prügel  (palus)  in  ber 
öanb,  über  ben  Sann  fpringen,  um  barjutun,  bafj  er  fein  beroeglidjeä  Vermögen 
me§r  &eftfce.  (9tod&  im  17.  3o§r(junbert  melbet  ber  banerifd&e  ^uMtaift  Wani 
[©d&ufc  unb  <Sc§irm  II  56],  bafj  ber  »on  bem  beneficium  cessionis  bonorum 
(5)ebraud&  ma$enbe  8an!erottierer  in  italtenifd^en  ©täbten  feinen  ©ürtel  Idfen 
ober  bie  §ofe  aufmalen  unb  mit  ben  SBorten:  „3$  trete  ab"  öffentlich  ben 
Wintern  entblößen  mufe.) 


bietet  un«  eine  greiftnger  Urfunbe  (obwohl  fie  aus  einer  er§eblt<$ 
fpfiieren  3eit  flammt,  oom  3al)re  839) l : 

2>er  vir  nobilis  Statolt  oon  £agolftng,  begeifiert  oon  bem 
SEBorte  beS  &errn,  labt  ben  SBifdjof  ein,  ju  il)m  nadj  £agolftng  ju 
tommen.  Der  33ifdjof  tommt  unb  fragt  ben  9t.  coram  omnibus 
vicinis  et  cognatis  suis,  ob  er  roirfltdj  berechtigt  fei  (si  potenter 
potuisset),  feinen  öeftfc  (res  suas)  jum  Seelenheil  an  ein  ©otte& 
f)au$  }u  übertragen,  dreimal  fragt  ber  33ifd^of  unb  {einer  roiH  unb 
tarn  nein  fagen  (nullus  ei  contradicere  voluit  neque  potuit). 
Unfer  9t  aber  fie^t  umgürtet  mit  feinem  guten  ©dfcmert  (viriliter 
circumcinctus  gladio  suo)  mitten  in  ber  featte  (in  medio  triclinio) 
feineä  &aufe$  unb  gibt  in  ben  Steliquienfdjrein  (tradidit  in  capsam) 
unb  in  bie  JQänbe  (in  manus)  be$  SifdjofS  alles  toa$  er  f)at  hierauf 
meift  3t  tum  ber  ©d&toeffe  feinet  Kaufes  au$  ben  Sifdjof  in  feinen 
ganjen  33eftfe  ein  (de  omnibus  rebus  suis  per  superliminarem 
domus  suae  vestivit).  £um  ©djlufc  oerläfct  (exivit)  9t  ba$  &au$, 
unb  ber  Sttfdjof  tritt  ein  (intravit). 

@$  ift  flar,  baf$  bei  biefem  in  materieller  unb  formeller  33e* 
jie^ung  fo  fdjtoerfftCigen  33eftfcübergang£apparat  bie  ©Deutungen  an 
bie  Äirdje  großen  ©<$roterigfeiten  begegneten  unb  auf  oiele&t über* 
ntffe  fliegen. 

■Ramentlid)  roaren  eS  bie  i&auSfö^ne,  bie  ben  frommen 
Intentionen  ber  gamilienoäter  ernftltdj  roiberftrebten.  3n  ber  Siegel 
nod)  in  ber  SJlüte  iljrer  ftctyit  befmblidj,  lebensfroh  unb  tatenburflig, 
unb  begierig,  ba3  gamiliensepter  ju  ergreifen,  fa^en  fte  fidj  in  i^ren 
planen  unb  Hoffnungen  burd)  baS  (nadj  t&rer  Stuf faffung)  gleifcnertf dje 
Setragen  ber  fremben  Männer  unb  burdj  bie  natürlidje  ©d&mädje 
i&ter  Säter  bebaut,  bie,  lebenSmübe  unb  fatt  ber  ©nttäufdjungen, 
bie  e$  bringt,  feine  SJtöglidjfeit  unb  feinen  SBunfdj  in  fidj  unb  oor 
ft<b  faljen,  als  e$  frteblidj  auäflingen  ju  laffen  unb  im  Senfeitö 
mürbiger  fortjufefcen. 

S)a&  in  bem  nun  folgenben  Äampfe  ber  Qntereffen  bie 
Äirdje  fidj  nWjjt  immer  auf  ben  9le<$t3ftanbpunft  [teilte,  tyre  poltttfd>e, 
toirtfd>aftftd)e  unb  geiflige  Überlegenheit  oft  fdjonungäloS  baju  mtfj* 
brauste,  bie  ftinber  ber  eingefeffenen  ©runbbejtfcer  non  iljrem  6rbe 
)u  oerbrdngen,  ift  avß  ben  Kapitularien  befannt.  äud>  baä  baperifd^e 
»otf*red>t  enthält  änbeutungen.  @3  fagt  (XVI  12):  9Kd)t  feiten 
(aliquoties)  entfielen  ärgerliche  ©treitigfeiten  (scandala)  burdj  ben 


1  Hist  Fris.  I  Nr.  607. 


—     8    — 

oertoerflidSJen  (reprehensibilis)  Unfug,  fremben  83cfi|  (res  alterius) 
ju  oerfdfjenfen.  gerner  fprid&t  e8  tum  betrfigerifdfjen  2Radjjettfd&aften 
(iniustis  machinamentis)  jum  3roetfe  kt$  33erfd&enfen3  fremben 
©igentumS  (XVI  13). 

3u  ben  9Jitttetn,  wetöje  bie  ftirdje  ergriff,  um  bie  ©dfjenfungen 
jum  ©eelenfjeil  cor  Anfechtungen  ju  fidfjero,  gehören  bie  fo  ^ftuftgen 
2Bteberl)olung$s  unb  33efräfttgung8gefd(>äfte  unb 
sä  lau  fein.  2Bemt  nur  ber  leifefte  3roeifel  <m  ber  aSottfornmen^eit 
be3  SBeräufeerungSafteS  beftanb,  umrbe  bie  SBeräufeerung  n>omöglid& 
unter  günftigeren  Umfiänben  tuieberljolt x.  35ie  ©dfjenfungSurfunbeu 
ftrofcen  förmlidfj  oon  SBerfidjerungen  ber  ©rnftlidfjfeit  unb  ©ültigfeit 
ber  ©d&enfung,  be3  geljlenS  t>on  SBiberfprud&Sberedjjtigten  ober 
Sßtberfpredjjenben,  be3  erfolgten  ©igentumSfibergang« ,  ber  Untoiber- 
ruf lidjfeit  ber  ©dfjenfung,  ber  ewigen  SJauer  be$  übergegangenen  ©igen- 
tumS.  SDie  oben  gitterte  Urfunbe  oon  839  f fliegt  mit  ben  3Sorten: 
Äein  3Kiteigentümer  (coheres),  toeber  SH.  felbft  nod&  feine  filii 
(&au£genoffen)  ober  jemanb  aus  ber  ©ippfdfjaft  (parentes)  ober 
SBerroanbtfdjaft  (cognati),  foll  bie  Sefugnte  (potestatem)  Ijaben, 
bie  ©djjenfung  anjufedfjten  (commutandi),  fonbem  bie  ©igentumä* 
Übertragung  foll  oon  ewiger  SDauer  fein  unb  etotg  in  Äraft  oer* 

bleiben  (sed  perpetua  stabilitate  in  perpetuum  traditio  eius  con- 
firmata  permansisset). 

Sor  ädern  aber  gebrauste  bie  ÄirdEje  i^re  polittfdfje  SDiadfjt 
int  Kampfe  gegen  bie  alte  Drbnung. 

Über  bie  ©ntfteljungSgefdjjidfjte  ber  Lex  Baiuvariorum  wirb 
nodjj  geftritten2.  ^ebenfalls  tyat  bie  Äirdjje  bebeutenben  Anteil  an 
ber  Urljeberfdfjaft.  3)ie3  gilt  befonberS  oon  ben  beiben  erflen  Sitein, 
unb  liier  nrieber  oon  ben  beiben  ßettarttfeln  I  1  unb  2,  otelleidfjt 
bem  &auptjiel  be£  ©efefeeä  ober  feiner  legten  Stebaftion. 

3)er  jioeite  ßeitartifel  Jjat  ben  $mä,  bie  ©d&enhmgen  <m  bie 
ÄirdEje  ju  fiebern,  ber  erfte,  fie  $u  erlebtem. 

35er  jtüeite  Artifel  fagt:  2Ber  ber  Äirdjje  bie  iljr  gefdfjenften 
©üter  entjieljen  loiH,  ber  ©genfer  ober  feine  ©rben  ober  fonft 
jemanb,  wirb  oon  ©ott  gerietet  unb  ift  ein  geinb  ber  Äird^e;  bem 
roeltlid&en  Sftidjter  foH  er  brei  Unjen  ©olb  jur  ©träfe  jaulen  unb 


1  9tomentlidj>  bann,  roenn  einer  ber  (Srben  beim  erftmaligen  6d&en!ung$aft 
nod&  minberjä^rig  geroefen  war. 

u  »runnet  fefct  i§re  Slbfaffung  in  bie  3eit  oon  743  bis  748,  »e$t$* 
gefdj.  I  317. 


—    9     — 

bcr  SUtdje  foDC  er  iljre  ©fiter  wieber  jurfidfgeben  unb  ebenfootele  bet 
gleiten  2lrt  ba;u. 

3)er  erfte  Slrtifel  be3  erften  £ttefe  unb  be8  ganzen  ©efefeeS  be- 
siegt ftdfj  auf  bie  SDiSpofitionäbefugniS  ber  gamilien  = 
oäter  unb  auf  bie  gorm  ber  ©djjenfungen  an  bie  Ätrdfje. 

2Bir  wollen  junädfjft  bie  Snberungen  betrauten,  bie  ba3  SBoIfö- 
red&t  an  ben  materiellen  SBorau3fefeungen  ber  SBerffigungen  über 
©runb  unb  33oben  traf. 

2)er  ©ebanfe  war:  SBenn  ber  gamilienoater  nidljt  über  ben 
gangen  gamilienbeftfe  oerffigen  fonnte,  fo  foHte  er  wenigstens  über 
ben  auf  tljn  treffenben  £eil  oerfügen  fönnen.  £)ie  ©rofefamilte  foHte 
in  iljre  einjelnen  £eile,  in  bie  Äleinfamilten,  au3  benen  fte  beftanb  l, 
auSetnanberf  allen,  ba$  ©efamteigentum  realiter  in  feine  einjelnen 
Seile  aufgelöst  werben.  @3  fdjjwebte  eine  SDiobemifierung  be3 
germanifdfjen  gamilienredjjteS  nadE)  betn  SBorbilbe  be3 
entwickelteren  römifdfjen  oor. 

Slbfdfjid&tungen  ober  Teilungen  be£  &au$oermögen3 
waren  mit  ber  fteigenben  Sntenfität  ber  Äultur,  mit  bem  kleiner* 
werben  be3  9toblanbe£  unb  mit  bem  Untergang  be3  &eimfaHre$te3 
ber  3Warfgemeinbe  (©.  2)  immer  tjäufiger  geworben,  ©tauben 
mehrere  unter  ftd&  gleichberechtigte  gamilienoäter  jufammen  an  ber 
Spifce  beä  igauSljaltS,  alfo  etwa  33rüber  ober  SSettern,  fo  muffte  auf 
Verlangen  audfj  nur  einer  Sinie  bie  ©emeinfd&aft  gelöft  unb  ba£ 
gemeinfdfjaftlicfje  SBermögen  unter  bie  betreffenben  Sinien  verteilt 
werben2.  &atte  bie  gamilie  bagegen  eine  einheitliche  ©ptfce 
(beftanb  ftc  alfo  aus  einem  SBater  unb  feinen  2)efjenbenten) ,  fo 
brauchten  fid&  bie  SDUtglieber  tyre  2lbfdfjtd(jtung  nid(jt  gefallen  ju 
laffen;  wenigstens  würbe  barüber  gefiritten,  ob  ber  gamilienoater 
gegen  ben  SBitten  feiner  ©öljne  bie  gamilie  auflöfen  fönne8. 

Lex  Baiuvariorum  I  1  bagegen  beftimmt:  SBenn  ein  freier 
9Rann  feinen  SBejtfc  (res  suas)  ber  Äird&e  jum  ©eelen^eil  fd&enfen 
will,  fo  faim  er  mit  feinen  ©öljnen  teilen  unb  barf  bann  über  feinen 


1  2)et  (&u*(t<$e  $erb  Bereinigte  in  ber  älteften  $e\t  betonntfiefc  einen  mel 
größeren  ÄretS  von  Jamilienmttgliebem  tote  Ijeutjutage,  roeil  bte  @$e  bie 
Qrünbung  eine«  beförderen  $auäftanbe$  nid&t  fjerbetaufü&ren  pflegte. 

f  L.  B.  XV  9:  fratres  heriditatem  patris  aequaliter  dividant. 

•  Über  ba*  S6f4tc$tung*rec$t  ogL  $euSler,  3nft.  I  §§  51/52;  «Wer, 
6t<gm«,  G$el.  ©ütertedjt  uub  &bf$i$tung*re$t  na$  ben  ftlteften  fragt.  Äec^tfi- 
aueOeit,  1898,  6.  5  ff.    9uc$  %id  6.  280-83. 


—     10    — 

Slnteil  verfügen  (licentiam  habeat  de  portione  sua,  postquam  cum 
filiis  suis  partivit). 

S)a3  ©efefc  gefjt  t>on  ber  -ytormalfamüie  au«:  bejahrter  SSater 
(nebft  ©fjefrau),  verheiratete  ©öljne,  fagen  wir  brei  an  ber  3a&l, 
beren  @§efrauen,  uuertnadfjfene  ©nfel  unb  ©nfelinnen.  (2)ie  t>er* 
heirateten  Söd&ter  gehören  jum  iQaufe  tyrer  Satten.)  @3  finb  t)ier 
uollbered&tigte  &au3genoffen  t>orl)anben  (ber  SBater  unb  bie  brei 
©öljne),  unb  ba3  &au3oermögen  wäre  alfo  in  t)ier  Seile  ju  teilen  \ 
35er  35ater  will,  ba  er  mangels  3uftttnmung  ber  übrigen  iQau$* 
genoffen  nidEjt  ba«  ganje  iQauSoermögen  ber  Äird&e  fdfjenfen  fatm, 
roenigftenS  über  einen  Seil,  roenigftenS  über  feinen 
3t  n  teil  (portio)  frei  verfügen  fönnen  unb  f dfjlägt  ba^er  bie  Stuf- 
löfung  ber  £au$gemeinfd(jaft  vox.  3)ie  ©öfjne  roiberftreben.  3)ie£ 
foH  tynen  nad&  bem  neuen  ©efefe  nid&tS  mefjr  Reifen,  fonbern  ber 
gamiliemmter  fott  aud&  gegen  tljren  SBillen  ba3  SauSaermögen  teilen 
fönnen,  wenn  er  feinen  Anteil  ber  Äirdje  fd&enfen  will. 

2)a3  ©efefe  fteüt  ein  Äompromifc2  bar:  £er  gamilienoater 
foU  md[)t  ba3  ganje  gamttiengut  ber  Äirdfje  fdfjenfen  fönnen,  aber 
feinen  2lnteil.  S)tefe3  Äompromtfe  jttrifdfjen  SBätern  unb  ©6I)nen, 
prifd&en  3>nbit>ibuali3mu3  unb  $amiltenfommuni3mu3 
ift  von  großer  Sebeutung  nidfjt  nur  für  bie  ©efdfjid&te  ber  gamilie, 
fonbern  aud&  für  bie  ©efdEjtdjte  be3  Serfe^rS  mit  ©runbftüdfen.  33or§er 
war  nur  ein  ©runbftüd&oerfe^r  ber  gamilien  ufro.  unteretnanber,  ein 
Äolleftiuoerfeljr,  möglid&.  5Bon  jefct  an  beginnt  ber  $nbi  = 
oibualuerfeljr  im  heutigen  Sinne  eine  SftoHe  ju  fpielen. 

Slber  nidfjt  nur  gegen  bie  alte  gamilienoerfaffung  roenbete  ft<$ 
bie  Äirdjje,  fonbern  audjj  gegen  iljren  Sttuäbruä  unb  üjre  ©tüfee.  35ie 
enge  Drganifation  be8  Siegenf dfjaftSoerfeljrS ,  feine  fteffelung  an 
Örtlidfjf  eiten  unb  görmlidfjf eiten  f oUte  einer  freieren  ©eftaltung 
be3  33efifcübertragung$afte3  meinen.  S)ie  ©d&enhmgen  an 
bie  Äirdfje  foßten  nidfjt  meljr  auf  bem  ©ute  felbfl,  unter  bem  S^^n 


1  Vgl.  Slbler,  2l&fa)ta)tung8reo5t,  6.  29.  —  $enfen  mix  und  einen  ber 
©ö§ne  tot  unb  an  feiner  ©teile  beffen  ©ö§ne,  fo  roäre  —  benfe  ta)  —  nad) 
Analogie  beS  SRepräfentationSredjteS  ba8  ^auöoennögen  ebenfalls  in  vier  Seile 
ju  teilen. 

2  3n  @aa)fen  ging  bie  Segünftigung  ber  Äird&e  über  ein  foldjeä  Äom* 
promig  $inau3:  SRtemanb  barf  fein  ©rbgut  veräußern  unb  baburdj  feine  (Srben 
i|re$  (SrbteüS  berauben;  ausgenommen  finb  bie  Veräußerungen  an  bie  &tr$e 
(1.  Sax.  LX1I).  3)er  3«>«tf  war  ein  politifdjer:  bie  ©djmädjung  ber  f&$ftf$en 
©runbbeftfcerflaffe  (f.  u.). 


—  11   — 

bc8  &erbe3  unb  im  &ör*  unb  ©eljfretfe  ber  SRadfjbaw  oorgenommen 
werben,  fonbem  in  ber  Ätrdje,  nor  bem  SÜtar.  2)er  ^eilige  foHte 
bie  &au8gßtter,  bie  ©emeinfdfjaft  ber  ©laubigen  fottte  bie  örtlidfje 
©emetnfd&aft  ablöfen.  3Me  ©manjipatton  be3  ©üteroerfeljrS 
t>on  ber  ©d&olle,  feine  ßonjentration  in  ber  Äirdfje  Ijatte  audj 
praftifdfje  SBorteite.  SBenn  man  mehrere  jerftreut  unb  t>ielleid£>t  weit 
ooneinanberliegenbe  ©üter  jugleid^  an  einen  ^eiligen  fd&enfen  moHte, 
fo  mußte  man  bisher  t)on  ©ut  ju  ©ut  reifen,  ma3  umftänbltdf)  unb 
fojlfpieltg  mar;  in  ber  Ätrdje  bagegen  fonnte  man  in  einem  ®afc 
beliebig  oiele  ©üter  übertragen.  2)a3  ©ut  gegenftänbltdj  ju  über* 
geben,  mar  nun  freiließ  nodf)  oiet  weniger  mögüd&,  als  in  ber  erften 
Sßeriobe  be£  ©fiteroerfeljrS,  roo  fid&  bie  Parteien  menigftenS  auf  bem 
©ute  felbft  befanben.  2lber  bieS  lag  gerabe  im  ftntereffe  ber  Äirdfje. 
3)enn  nun  pnbet  ber  a3eräußerung$mille  in  ber  Slbftraftion  feine 
©e^ilfin,  in  bei  ©djrift  feine  Vermittlerin,  in  ber  Ur* 
funbe  feine  Trägerin.  S)aS  maren  aber  SDomänen  be3  ÄleruS, 
£icr  fonnte  er  feine  geiftige  Überlegenheit  voü  jur  ©eltung  bringen l. 
2tm  Stnfang  mußten  jene  Sarbaren,  menn  fte  eine  ©djjenfungäurfunbe 
unterjetd&neten ,  roo^jl  !aum,  ma$  fte  taten;  ctynlidj)  mie  etma  fytnU 
jutage  bie  SRegerljäuptlinge  bie  Tragweite  iljreS  £un$  nid(jt  ju  er= 
ineffen  vermögen,  menn  fie  ben  Sßfabftnbern  ber  Äolomalftaaten  i&r 
Sanb  abtreten. 

2)a$er  feljen  mir  ba£  Verfahren  bei  ©d|jenfungen  an  bie  Äirdfje 
im  bapertfdfjen  5Bolf3red&t  genau  geregelt  (I  1):  3)er  ©genfer  foll 
bie  ©d&enfung  auf  einer  Urfunbe  eigenljänbig  betätigen  (per 
epistolam  confirmet  propria  manu).  3)ann  foll  er  feine  3euSen 
—  minbeftenS  fedjjs  an  ber  £aljl  —  ön  bie  Urfunbe  iganb  an-- 
legen  (imponant  manus)  unb  U)re  9lamtn  barunter  f dfjreiben  laffen. 
3um  ©d&luß  foff  er  bie  Urfunbe  auf  ben  Slltar  legen  (ponat 
super  altare)  unb  fo  feinen  33efifc  vox  bem  Sßriefter  übergeben  (et 
sie  tradat  ipsam  peeuniam  coram  sacerdote). 

3Me  fpmbolifdfje  fianblung  be3  Übergebend  von  £anb  ju  &aub 
fpielt  audjj  in  biefem  ©tabium  be3  33efifefibertragung3red()te3  nodjj 
eine  große  SRoffe.  (£3  genügt  nidfjt,  baß  bie  Urfunbe  oom  ©genfer 
unb  ben  3*u8en  unterfd&rieben  mirb,  fonbem  fie  muß  auf  ben  Slltar 


1  Sgl.  ttrunner,  3ur  ®ef<$.  ber  röm.  unb  germaniföen  tttf.  ©.  113: 
2>k  Übereignung  per  cartam  ift  .ben  »ergebenen  germanifc*en  Stämmen  burc* 
bie  römiföen  $rootnaia(en,  tnäbefonbere  bur$  bie  ©riftl  idtfeit,  übermittelt 
«•eben'. 


—    12    — 

gelegt,  b.  t).  bem  ©eiligen  übergeben  werben1.  2)a3  bebeutet, 
bafe  er  feinen  33efifc  übergibt.  S5ie  ißeroorljebung  ber  manuellen 
SBerridjtung  beim  Unterfd&retben  burdjj  ben  ©dfjenfer  unb  bie  3e^flen 
Ijat  offenbar  ben  3roed ,  bit  Jganbfpmboltf  nod&  ftärfer  ^eroortreten 
ju  laffen.  63  fottte  ein  Äompromtfc  gef djaffen  werben  nidfjt  nur 
jwifdfjen  ©ebunbentjeit  unb  SBerffigungSfreiljeit  (f.  oben),  fonbern 
audfj  jwtfd&ett  bem  oolf$mäfjig*l)eibnifdfjen  realen 
©dfjollenwurf  unb  ber  römif$  =  <$riftli$en  abfirafien 
SBeurfunbung.  SBenn  ein  ©tfiä  be3  SobenS  ntdjjt  übergeben 
werben  fann  (weil  ber  2lft  bodfj  in  ber  flirre,  ferne  oom  ©runbfifief,  oor 
fidfj  getyen  fott),  fo  foll  bodfj  wenigstens  etwas  übergeben  werben,  was 
ben  SBefife  oertreten  fann,  ein  ©pmbol,  unb  jum  ©pmbol  eignet  ftd& 
bie  Urfunbe.  2tudjj  in  ber  notwenbigen  2lnjal;l  ber  3eu9en  S^tgt  fidfj 
bie  5tompromifjnatur  ber  Seftimmung.  ©ed&S  3cu8en  muffen  e3 
fein,  e£  bürfen  aber  me|r  fein. 

@3  ift  woljl  nidjjt  gewagt,  wenn  man  behauptet,  ba&  bie  ,3euSen 
ntdjjt  nur  UrfunbSperfonen  waren,  fonbern  au<$  bie  ©igentumS- 
oertyältniffe ,  namentlid^  bie  SefugniS  beS  SBeraufeererS  jur  33er- 
äufeerung,  ba3  geilen  oon  @infprudf)3redE)ten  ju  bezeugen  Ratten. 
SDeStjalb  foHten  e3  möglid^ft  oiele  fein,  ©ie  würben  woljl  metfienS 
ber  -Dtorfgemeinbe  entnommen,  in  ber  ba3  @ut  lag.  darüber,  ob 
mit  Vorliebe  3lnfed(jtung$beredfjtigte,  alfo  SBerwanbte  be$  SBeräufcererS, 
ate  3eu9en  jugejogen  würben,  wollen  wir  feine  beftimmte  SBeljauptung 
aufftellen;  inbeffen  erfd&eint  e3  als  ba3  natürlidfje;  benn  tyr3eugnte 
Ijatte,  weil  e$  jugleid&  bie  3uftimmung  be8  2tnfed(jtung$bered()tigten 
in  ftdj  enthielt,  boppelten  SBert  für  ben  SBeräufeerer 8. 

Sem  33ebürfni3  nad&  3^er ü<^'ei*  un^  2tnfdfjaulid[jfeit 
ber  SRedEjiSoorgänge  gingen  aber  biefe  Äonjeffionen  mdfjt  einmal  weit 
genug.  3Me  Urfunben  laffen  nämlidjj  häufig  ein  nodf)  oiel  weit- 
läufigeres SBerfatyren  bei  ©d^enfungen  an  bie  ßirdfje  erfennen, 
als  im  SBolfSred&t  oorgefdfjrieben  ift.  $a  fogar  bie  alten  ©pmbole 
©d&oHe  unb  3roeig  erhalten  fidE);  fie  werben,  wenn  möglidf),  vom 
©ute  jur  33eräufierung3f)anblung  mitgebradfjt.    Qn  einer  §reifinger 


1  Srunner,  gorfd&ungen  (1894)  <S.  613:  „  ...  ift  e8  ...  bie  Übergabe 
unb  ma)t  bie  2lbfaffung  ber  Urfunbe,  roet$e  ben  rechtlichen  SRittelpunft  bed 
gangen  ©efdjäfteS  bilbet.* 

8  Hist.  Rames.  fagt,  bafe  man  bie  Sötjne  al£  3cugen  Bei  Sergabungen 
Sugejogen  fjat,  um  ifjren  fpäteren  (Stnfprud)  ju  »er^inbern  (Ämira,  <£rbenfo(ge 
unb  SerroanbtfajaftSglieberung  naa)  ben  a(t«nieberbeutfa)en  SRett)ten,  1874,  ©.  107). 


—     13    — 

ttrfunbe  oon  821 l  Reifet  e3  j.  33.:  ©er  ©d&enfer  nafym  feine 
parentes  unb  propinqui  mit  ftd^  unb  Ijolte  oon  ben  beiben  ©ütern, 
bie  er  f dfjenfen  wollte,  ©ra$f Rollen  unb  ©efclinge;  afe  er  am 
33ifdfjof8fifce  angelangt  mar,  trat  er  cor  bem  ganjen  ju  ber  geicrlid^^ 
feit  oerfammelten  5tleru3  unb  SBolfe  jum  Slltar ;  Ijier  legte  er  ba3 
grüne  3*ug  nieber ;  ein  Sßriefier  unb  ein  3Röndfj  nahmen  bie  ©efclinge 
unb  pflanzten  fte  an  ber  5ttrdfjenmauer  ein.  — 

(Sin  anbereS  SRittel,  ben  primitiven  SRaturaliSmuS  einer 
Detfe^rSarmen  3eü  fltit  &em  *m  bagerifd&en  SBolföredfjt  nadjj  33e* 
friebtgung  ringenben  regeren  SBerfetyrSbebürfniS  ju  oer* 
einigen,  beftanb  barin,  ba&  man  bie  ftrabttion  juerft  in  ber  flirre 
in  ber  befd&rtebenen  (ober  in  freierer)  SBeife  oornaljm  unb  bann  bie 
alte^rmürbigen  Formalitäten  auf  bem  ©runbftüd  felbft  nadj^olte 2. 

IL 

©ine  jroeite  ©ruppe  oon  33eräuf$erung3gefdfjäften  in  ber  ältefien 
3eit  be$  2iegenfd&aft8oerfef)r3  ftnb  bie  SBeräu&erungen  au$ 
Slot.  Unter  ben  9totf  allen  treten  befonber3  jmei  ©attungen  ftarf 
Ijeroor:  SJiangel  be$  notmenbigen  SebenSunterljalteS 
unbSBerfd&ulbung.  3n  ber  mannigfaltigften  Kombination:  3)er 
9Rangel  an  Lebensmitteln  iann  bie  SBerfdjjulbung  Ijeroorrufen  ober 
oergröfeern,  bie  ©Bulben  fönnen  bie  ©jiftenjmittel  aufjeljren  unb  fo 
Verarmung  fdfjaffen.  Unter  ben  ©Bulben  mad^en  fid&  aber  am  Sin* 
fang  bie  Sßergelbfd&ulben  berart  breit8,  ba&  fte  —  praftifd) 
genommen  —  beinahe  ate  bie  einzigen  in  ber  ältefien  3«t  erfdfjeinen. 
6$  mar  eben  ein  fampflufligeS  unb  beutegieriges  ©efdjjled&t.  35er 
3lnreij,  ©d&aben  jujufttgen,  mar  ebenfo  grofe  mie  jener,  Ijofjen 
©d&abenerfafc  }u  beanfprud&en,  unb  bie  33ufjen  waren  oermutlidfj  be$* 
fyatb  fo  tyoi)  angefefct,  bamit  bie  SBerlefcten  um  fo  efyer  oon  ber 
9lutra<$e  abflünben. 

Äonnte  ftd&  ber  ©injelne  ntd&t  au$  eigenen  Mitteln  fortbringen, 
fo  mar  feine  ©ippe  oerpfltd&tet ,  iljn  ju  unterftüfcen.  2)ieS  be* 
)og  ftd&  nidjjt  nur  auf  ben  %aU  ber  Verarmung,  fonbem  aud&  auf 
ben  §att  ber  SBerfd&ulbung.    2Benn  ein  SBergelbfd&ulbner  lein  be= 


1  Eist  Fris.  I  Nr.  421. 

s  »gl.  $eu«ler,  Die  ©eroere,  1872  6.  18  ff.    ©o&m,  3ur  ©efö.  ber  »uf- 
laffung,  6ira6burgcr  geftg.  f.  £$öl,  1879,  @.  90  ff.,  103  f. 
•  ttfictftbem  bie  Spielf  Bulben  (ZacituS). 


—    14    - 

megltdjeS  SSermögen  metyr  befafc1  unb  aud&  ber  junäd&ji  jur  Unter« 
ftüfcung  üerpftid^tetc  Serbanb,  bie  £au3gemeinfdjaft  (SBater  unb 
Grübet),  jatylungSunfcÜjtg  mar,  fo  fonnte  ber  ©d&ulbner  von  ber 
©ippe  Übernahme  ber  ©djjulb  »erlangen,  ©r  braudjte  ftdjj  alfo  nidjt 
in  ©djulbfnedfjtfd&aft  ju  begeben,  fonbern  bie  ©ippe  mufete  \§n  aus 
ber  brotyenben  ©<$ulbfnedfjtfdjaft  —  gegen  Abtretung  feines  &aufe8, 
f.  o.  ©.  2  -  löfen. 

Sie  Unterftüfeung$pfli<$t  ber  ©ippe  läfet  ftdj  aber  nid&t  nur 
Ijiftorifdfj  feftfteflen,  fonbern  fie  ergibt  fidf)  audfj  logifdfj  mit  -Kot* 
menbigfeit.  2Benn  ber  Dberoerbanb  ben  Unteroerbanb ,  biefer  ba£ 
Snbimbuum  an  ber  SSeräufeerung  be3  ©runbbefifceä ,  an  feiner  SBer* 
n>ertung  jur  griftung  be£  SebenS,  jur  Sefeitigung  von  ©Bulben, 
jur  ©elbftauälöfung  au£  ber  broljenben  ©djulbfnedjtfcljaft  oerijinbern 
fonnte,  burdfj  Sßtberfprudfj  gegen  bie  SBeräufeerung  (f.  o.),  fo  mufften 
jene  in  ber  Drganifation  l)öl)er  fteljenben  fojialen  SBefen  bie  @r* 
füllung  ber  genannten  toirtfc^aftlic^en  Aufgaben  titn  felbft  über- 
nehmen. 

3lber  bie  ©ippen  verfielen,  unb  baju  tyat  bie  Unter* 
ftüfcung&pfltdfjt  mefentlidjj  beigetragen;  fie  oerbluteten  burd&  bie  2ln= 
fprüdfje  auf  materielle  33etljüfe,  bie  ber  ©injelne  an  fie  fteffte *.  2lu($ 
bie  -JRarfgenoffenfdfjaften  oerarmten  unb  mit  ber  Socfe* 
rung  be$  alten  ftrengen  gamilienbanbeS  (f.  I)  mürbe  ber 
9?ücöjalt,  ben  ba$  ^nbiotbuum  <m  feiner  £auggemeinfd>aft  Ijatte, 
ebenfalls  immer  fdjmäc^er.  ©er  (Sinjelne  mar  nun  bei  ©rljaltung  von 
Seben  unb  greiljett  auf  ftdf)  allein  angemiefen.  Sie  golge  mar:  e$ 
fonnte  i^m  nid&t  me^r  oerroefirt  merben,  ju  biefen  §ö<$ften  3n>edfen, 
ba  er  fidj  Seben  unb  gretyett  täglidfj  neu  erringen  mußte,  über  feinen 
©runbbeftfc  ju  verfügen  burdf)  SBerfauf,  Eingabe  an  3<*!jlung3s 
ftatt  ufm.  Stttein  ebenfo  blieben  bie  über  bem  ©injelnen  fiefjenben 
f  ojialen  Drganifationen  berechtigt,  menn  fie  baju  bie  Äraft  Ratten 
unb  mittend  maren,  mie  eljebem,  für  ben  Unteroerbanb,  für  ben 
einzelnen  im  f$alle  ber  9?ot  ein juf pringen ,  einerfei«  tyn  ju  untere 
galten,  feine  ©Bulben  ju  übernehmen8,  anberfettS  bie  SBeräufeerung 


1  @r  mufjte  burd&  12  (StbeSljetfe*  erhärten  (WanifefiationSeib),  bafc  er 
nidjtä  ocr^cimlic^c  („subtus  terram"). 

2  Decr.  Childebert  IL:  De  Chrenecruda  lex,  quam  paganorum  tem- 
pore observabant,  deinceps  nunquam  valeat,  quia  per  ipsam  cecidit 
multorum  potestas.    (3eitft$r.  f.  SRed&t$gefd&.  9t.  3f.  III,  Germ.  6.  45.) 

ls  „Sine    nottorft   gheve   unde   sine  scult  ghelde",   rote  bie  ®o£(arer 
Statuten  ft$  auSbrüdfen  (©öftren  6.  26). 


—    15    — 

feine*  ©runbbeft|e$  iljm  ju  unterfagen,  jur  @ntfd&abigung,  jum  (Ent- 
gelt für  bie  &Ufeleijhtng  &en  ©runbbejtfc  an  ftdj  jiefjenb. 

3)ie3  ift  ©inn  unb  (SntfteljungSurfad&e  be3  SofungSredfjteS 
(im  ©egenfafee  jur  früheren  SöfungSpfltdEjt)  ber  gamilie  wnb  ber 
SRarfgenojfenfdfjaft  (©rblofung,  3Karf  lofung) :  ©er  nädfjfte  @rbe, 
ber  3?ad&bar  löft  baS  ©ut,  baS  fonft  bem  freien  SBerfeljr  verfallen 
würbe,  auö1. 

•Weben  ber  ©eelennot  ber  SSeoötterung  war  e3  alfo  tyre 
materielle  $lot,  bie  ju  einer  Sodferung  ber  ©ebunbenljett  oon 
©runb  unb  ©oben  im  SBerfe^r  ben  äfolafc  gab. 

2>ie  ^äufigften  33eräuf$erungen  au$  SRot  waren  bie  an  bie 
©runbljerren.  Sie  gehören  ju  ber  fojtalen  @rf  d&einung ,  bie  man 
mit  bem  SBort  „Jtommenbationen"  Jennjeic&net.  S)er  ©tn  jelne 
mar  ju  fd^mad^,  als  baft  er  oljne  fojialen  9tttcfl)alt  £)ätte  befielen 
tonnen.  2)ie  alten  ©enojfenfd&aften  unb  SBerbänbe  waren  immer 
letflung$unfat)iger  geworben,  unb  fo  benugte  ber  ©runbbejifcer  bie  iljm 
geworbene  8Serfügung3freil>eit  baju,  ft(§  einen  neuen  Unter ftanb 
ju  aerfdfjaffen.  @r  übertrug  feinen  ©runbbefife  (metfienS  audjj  ftdjj 
f elfter)  einer  vornehmen /  reiben,  mädfjttgen  Sßerfon  gegen  33eleiljung 
mit  bem  ©ut  unb  gegen  ba$  SBerfpred&en  be3  ©dfjufceS  unb  ber  &Ufe 
in  Notfällen.  9tomentlid&  war  bie$  in  ber  Äaroltngerjeit  ijäuftg,  als 
bie  bekannten  Stadtteile  ber  fränftfd&en  iQeereSoerfafiung  für  ben 
Meinen  ^freien,  fpater  bie  oerwfijhmgSreidSJen  ßinfaHe  ber  öftlidfjen 
9iad&barn  bie  3toi,  Verarmung  unb  SBerfdfjulbung  beS  Keinen  ©runb* 
beßgerS  auf  bie  ©pifce  getrieben  Ratten. 

3)ie  Äommenbationen  trugen  nidfjt  weniger  wie  bie  ©d&enfungen 
an  bie  Äird&e  jur  ©ntfie^ung  eines  Siegenf dfjafteoerfel)r3  bei.  Sie 
Ratten  eine  gewiffe  SBerffigungSfretyeit  beS  ©runbbeftfcerS  nidfjt  nur 
jur  SSorauäf efcung ,  fonbern  audjj  eine  weitere  ©tärfung  berfelben 
nottoenbig  jur  %*\%*.  35enn  nidjjt  nur  bie  fleinen  ©runb* 
befifcer  Ratten  ein  Qntereffe  baran,  im  Notfall  über  tyren  ©runb* 
befifc  frei  oerfügen  ju  fönnen,  fonbern  audfj  bie  grofjen  ©runb* 
Ferren  felbft  waren  nun  an  ber  ßodferung  ber  materiellen  unb 
formalen  ©dfjranfen  be$  SiegenfdfjaftSoerfeljrS  interefftert.  SDenn  je 
f$ioä<$er  biefe  würben,  befio  me^r  ©elegentjeit  Ratten  fte,  iljren 
©runbbeflfe  ju  nermeljren  unb  fo  iljre  aftodjjt  ju  oergrö&ern.  3a 
fogar  bie  gamilienmttglteber,  bie  £au*föl)ne  ufw.,  bie  jtdfj 

1  BpÜn  gefaltet  ft$  biefe«  SoftingSred&t  gu  einem  8otlauf*te$t,  no$ 
fetter  ft*  einem  Betrautest  ((.  u.> 


—    16    — 

efjebem  fo  fe^r  gegen  bie  ©djenfungen  an  bie  Äirdjje  gewefjrt  Rotten, 
waren  fügfamer  geworben;  benn  bie  3lot  ffitjrte  eine  nod(j  berebtere 
Spraye,  als  fie  oon  ben  SKöndfjen  ju  Ijören  gewohnt  waren.  Stußer* 
bem  ftanben  ben  großen  ©runbljerren  SKittel  genug  ju  ©ebote, 
audj)  gegen  ben  SBiberfprudjj  ber  gamütenmttglieber,  ja  trog  3Biber= 
firebenS  be3  ©utSinljaberS  beffen  Unterwerfung  unb  bte  SlngBeberung 
feines  ©runbbeftfceS  an  ben  grontyof  §erbeijuffil)ren.  2Bie  häufig 
ft<$  bie  großen  Ferren  über  bie  SDtitredjte  ber  gamilienmitglieber, 
über  baä  JQerfommeu  unb  bie  gefefcltdfjen  SBerfiußerungSformen  f)tm 
wegfegten,  wie  fte  bie  SBiberfpenjiigen  in  ben  Strieg  fd&tdften,  bis  fte 
mürbe  würben ,  ift  ju  befannt,  al$  baß  wir  e£  nä^er  auSjuffiljren 
bräunten. 

S)ie  Karolinger  ©erfolgten  biefer  (Srfcfjeinung  gegenüber  eine 
gemäßigte  Sßolittf.  ©inerfettS  fudjten  fie  jur  (Spaltung  ber 
2Bel>rfäf)tgfett  be$  SBolfeS  ben  erwähnten  9Wtßbräud(jen  ber  großen 
©runbljerren  entgegenzutreten,  anberfeitS  waren  fte  beftrebt,  bie  83er- 
fügung  über  ©runb  unb  ©oben  ju  erteiltem  im  Sntereffe  ber  oon 
iljnen  begfinftigten  ßtrcfje,  im  Qntereffe  ber  großen  ©runbljerren,  auf 
bie  fte  polttifdfj  benn  bod)  angewiefen  waren,  im  eigenen  Sntereffe, 
ba  fte  felbft  ju  ben  großen  ©runbljerren  gehörten,  enbltd^  aber  au<$ 
im  3>ntereffe  ber  bebrängten  ©runbbeftfcer  felbfi. 

2)ie  jweite  £enbenj  fommt  am  retnften  bem  unterworfenen  SBolfe 
gegenüber  jum  2lu8bru<f.  S)enn  ^ier  waren  3tüdfld&ten  auf  bie 
Sßetyrfctyigfeit  ber  Seoölferung  nidjt  am  Sßlafe,  im  ©egenteil,  bie 
©d)wä<$ung  ber  fäd^fifc^cn  SBolföfraft  war  ja  ein  iQauptjiel  ber 
Äarolingifd^en  Sßolttif. 

3)ie  Lex  Saxonum  fagt  (tit.  62):  SRiemanb  barf  fein  (Srbgut 
oeräußero  (unb  baburdfj  feine  ©rben  enterben)  außer  an  bie  Ätrdje 
unb  <m  ben  ßönig,  nisi  forte  famis  necessitate  coactus,  ut  ab 
illo,  qui  hoc  aeeeperit,  sustentetur.  SBenn  man  alfo  burdj  bie 
31  o  t  gezwungen  tfi,  ba8  @rbe  ju  oeraußem,  um  baburdj  bie  Unter« 
ftüfeung  unb  ben  ©dfjufc  be$  Erwerbers  ju  erringen,  fo  foH  bie£ 
juläfftg  fein. 

Dbfdjon  bie  Äommenbationen  fomit  bie  inbtoibueHe  SBerfügungS- 
fret^eit  förberten,  Ratten  fie  anberfeitS  eine  neue  Sinbung  be3  ©runb* 
beftfceS  jur  golge.  -Jtomentlidj  für  ben  SSerfc^r.  9Wit  bem  ©intritt 
in  ben  grunb*  unb  fd&ut$errlt<$en  SBerbanb  würbe  ba8  fommenbierte 
©ut  bem  freien  SBerfc^r  wieber  entzogen.  2ln  bie  ©teile  be3  SBiber- 
fprud(j3red£)te3  ber  alten  fojialen  SBerbänbe  trat  ba8  2Biberfprud&S* 


—     17    — 

red&t  be£  ©runbtjerrn,  ober  richtiger:  neben  bie  ßberrefte  ber 
alten  SßiberfprudfjSredjte  trat  jenes  2Biberfprudj3red)t  neu  tjtnju  \ 

3)er  fornmuniftifclje  2)ogmattfer  mag  ben  frü^eitigen 
äJerfaU  ber  alten  gamilienoerfaffung  bef  tagen,  ber  (Steifer  mag 
bie  ©emaltfamfeit  ber  2Kittel  oerbammen,  burdjj  bte  man  bem  neuen 
Sßrinjip  ©ingang  oerfdfjaffte,  ber  £iftorifer  wirb  aber  barauf  t)in* 
weifen,  bafe  e8  nur  ber  praftifdlj  bebeutungSlofe  Stimmer  ber 
SSoHfreitjeit  mar,  ben  ber  Sauer  opferte,  um  als  ÜKtnberfreter  ober 
poriger  eine  fid&erere  @£tftenj  auf  weniger  f  d&roanf  enber ,  wenn  audj 
eingeengter  ©runblage  ju  führen.  — 

35ie  bei  ben  ©Deutungen  an  bie  Äirdfje  beobachteten  58er* 
äufserungäförmlidjfetten  fjaben  n)ir  oben  befprodfjen.  Sa  bie  be* 
treffenben  Seftimmungen  ber  SBolföredfjte  aber  jum  Steil  fingulärer 
9totur  finb,  ftdfj  nur  auf  ©dfjenfungen  bejieljen,  fo  muffen  mir  nun 
audfj  biejenigen  Sefiimmungen  ber  SBolföred&te  ins  Sluge  f äffen,  bie 
ni<f>t  von  donare,  fonbern  oon  vendere,  venditio  ober  oon  traditio 
(Seräufeerung)  fd&ledjjtroeg  fpredjjen.  2113  StypuS  fann  bie  be* 
rühmte  ©teile  Lex  Rib.  LIX  1  gelten: 

Si  quis  alteri  aliquid  vendiderit  et  emptor  testamentum 
(Urfunbe)  venditionis  aeeipere  voluerit,  in  mallo  (in  ber  ©erid&tös 
nerfammlung)  hoc  facere  voluerit,  pretium  in  praesente  tradat, 
et  rem  aeeipiat.  et  testamentum  publice  conscribatur.  Quod 
si  parva  res  fuerit,  VII  testibus  firmetur,  si  autem  magna,  XII 
roboretur. 

Sllfo  aud&  ber  SBerfauf  fann  fpmbolifdf)  gefdjjeljen,  burdfj 
Übertragung  eines  ©gmbolS,  ber  Urfunbe,  in  ber  ©eridjjtes 
oerfantmlung.  S)a3  Pergament  tjat  fd&on  Sebeutung  erlangt;  aber 
ba§  no<$  immer  lebenbtge  SBorte  unb  &anblungen  ben 
Seräu&erungSoorgang  betjerrf  d|jen ,  geljt  au$  ber  munberbaren,  \a 
nmnberlid&en  SBetfe  tjeroor,  roie  bie  Urfunbe  felbfl  in  bie  ©pmbolif 
hineingearbeitet  erfd&eint 2.  SSon  ber  großen  3eu8enial&*  (JÜt  ebenfalls 
ba*  oben  Seite  12  ©efagte. 

Sfadf)  ba$  bapert f c^e  SBolfSredfjt  lägt  ben  fymbotifdfjen 
Serfauf  oon  ©runbfifldfen  burdfj  Urfunbe  bereite  ju.  Seim  SBerfauf 
but<$  Urfunbe  muffen  brei  ober  mefyr  3eu8en  jugegen  unb  in  ber 

1  $at  ffitberfprud&öred&t  fd) rümpfte  aber  beim  SJertouf  au£  Kot,  ebenfo 
wü  bie  älteren  3Biberfpruc$öted)te,  in  ein  3Sortouf3rec$t,  fpäter  in  ein  betraft* 
xt$t  jufammen.    ©o  f$on  in  ber  lex  S&x.  tit.  64. 

9  &o$m  in  ben  M.  G.:  Carta  in  mallo  levatur,  i.  e.  cum  ramo  et 
cetpite  de  terra  levatur. 

Co  I  en,  8ttf Salbung.  2 


—    18    — 

Urfunbc  benannt  fein  (XVI  16) l.  3m  ©egenfafc  ju  biefem  ftjtn- 
boltfdfjen  Verlauf  mittelfi  ttrfunbe  unb  benannten  3^*8«*  fteljt 
bie  ältere,  oolfötümlidfje  2trt  beS  SBerfaufS  cor  —  minbejienS  jroei 
bi$  brei  —  gezogenen  3wgen  (XVI  2).  $fyxt  3cu9f $af*  nJör 
folenn,  roa^renb  bie  benannten  3eu8cn  btbm  fpmboltfd&en  SBerlauf 
nur  als  geroöljnlidfje  3eu8cn  fungierten,  ©ejogen  Riegen  fte  beSljalb, 
weil  fte  bei  ben  Dfiren  ^erbeigejogen  werben  mußten.  „2)te  3eu8ett 
gelten  ben  gelbumgang  mit,  roenn  er  gemadjt  mürbe,  unb  mürben 
nadfj  SSorfd^rift  be8  5Bolf$re<$te3  an  ben  D^ren  gebogen  ober  gejupft, 
oljne  3^eifel  immer  t>on  beiben  Kontrahenten,  unb  fo  öffetttlid^  oor- 
geführt"  (3Werfel  ©.  118).  ©ie  nriberfirebten  moljl,  meil  fte  als 
Drtöfunbige  ba$  freie  ungebunbene  ©igentum  be$  SJerfäuferS  ju  be= 
jeugen  Ratten  unb  burdfj  ein  folc^e^  3eugni3  leidet  eine  SBerantmortung 
auf  fidj  laben  tonnten. 

9laä)  ben  Kapitularien  foffte  bie  SBeräufjerung  oon  ©runb* 
ftfiden,  um  orbnungSmäfeig  (legitima  traditio)  ju  fein,  in  publico 
placito2  unb  nor  „idonei  testes"  (fielje  unten)  gefdfjetyen. 

SGBie  bie  Verläufe  nadjj  9teid(>$redfjt,  fo  mürben  bie  ©dfjenfungen 
an  bie  Äirdfje  tatfädfjlidfj  öffentlich  oorgenommen8.  aber  audfj  bie 
ftreng  nadfj  ber  SBorfdfjrtft  oon  1.  B.  1 1  aufgenommenen  ©djjenfungen 
fönnen  afe  öffentliche  Stfte  angefeljen  werben,  befonberS  ba,  roie  wir 
miffen,  lange  3e^  ©eridjjtSoerljanblungen  in  ber  Jtird&e  abgehalten 
morben  ftnb. 

SDie  Sefifcübertragung  fanb  alfo  öffentlich  jtatt,  fomo^l  bei  ben 
©djjenfungen ,  ate  audfj  bei  ben  SBeräufcerungen  aus  Slot.    Slber  bie 

1  3n  ber  $ra£t8  waren,  tute  fidj  aus  ben  ttrfunben  ergibt,  au$  Beim 
f»mboftfa)en  Verlauf  fompltftterte  gärmltd&feiien  in  Übung.  2)cnn  je  finn« 
fälliger  unb  offen !unbiger  man  eine  Veräußerung  machte,  befto  weniger 
leidet  war  fpäter  ein  Sinfpruä)  ju  erwarten. 

8  3)a§  2Bort  placitum  „fyat  nidjt,  wie  mallas,  au8f$lteßKc$  ©ejte^ung  auf 
^ er icr) t Ii 4 e  Serebung,  gufammen!unft,  gewonnen*.  (8o§m,  2He  altbeutf$e 
9teiä)S*  unb  ®eriä)t§oerfaffung  If  1871,  @.  57  Sftote.) 

8  ,3)ie  <Sa)en!ungen"  fagt  fcäberlin  6.  2  „gefä)a$en  öffentlich  entweber 
in  ber  ßtrdje  felbft  ober  unter  freiem  §immel  auf  bem  au  SSolföoerfammlungen 
beftimmten  ^lafce/  „3)te  ©äjenfung  mußte*  fdr)rt  §äberlin  fort  „su  einer  Seit 
gefdjeljen,  an  welker  au8  irgenb  einer  feierlichen  äSeranlaffung  entweber  ba8 
qanit  SSoU  ober  boaj  wenigftenS  bie  jur  betreffenben  ober  ju  nahegelegenen  Äirä)en 
gefcörenbe  ©eiftlict)Ieit  oerfammelt  war.  tftne  fold)e  SBeranlaffung  war  oor* 
$anben,  wenn  ber  §erjog  ju  ©eridjt  faß  ober  wenn  ber  33ifa)of  bei  einer  feier- 
lichen Gelegenheit  auf  ©nnoben  unb  bergleid&eo  ben  gefamten  Klerus  (familia) 
unb  ba8  SBolf  in  ber  tfirdje  oerfammelt  $atte.  2)iefe  legte  Gelegenheit  tft  wo&I 
am  meiften  wahrgenommen  worben,  um  mit  ber  &ir$e  Serträge  abaufc^ließen/ 


—    19    — 

Seftfcübertragung  auf  bem  ©runbjiüdf  felbft  war  afe  ju  fd&werfaHig 
unb  umftänblidfj  abgefommen.  3ln  tljre  ©teile  war  bie  33eftfe*  \ 
Übertragung  in  ber  öffentlichen  SBolfSoerfammlung  getreten. 
&ier,  wo  alle  Angelegenheiten  non  allgemeinem  Qntereffe  erlebigt 
würben,  war  alles  Nötige  non  felbft  jur  £anb :  SBeräufeerer  unb  ©r* 
toerber,  bie  ©infprud&Ss  unb  £ofung3bered(jtigten,  ©efdjjäftSjeugen  unb 
Umftanb  fo  oiel  man  beburfte,  be8  2lbfaffen3  oon  Urfunben  mächtige 
£eute,  pome^me  Surren,  beren  Anwefen^ett  bem  ©efdjäft  eine  be* 
fonbere  Autorität  oerlielj.  Sie  ©pmbole,  ©djjolle,  3weig  ufw.,  fonnten 
leidet  vom  ©runbftücf  mitgebracht  werben,  ober  man  begnügte  jidfj, 
je  tne&r  bie  ©pmboltf  oerblafcte,  bie  gctyigfeit  ju  abftraften  5Bor* 
Stellungen  juna&m,  mit  bem  nädjftbeften  ©tücf  ©rbe.  Sie  SDfenfdfjen 
waren  nidfjt  meljr  fo  gebunben  wie  efcebem,  unb  man^er  ©tnfpruc^ 
berechtigte  befanb  ftdj)  aufcerljalb  feiner  Heimat  irgenbwo  in  ber 
©raffcftaft,  unb  man  fonnte  nur  in  ben  SBolföoerfammlungen,  aber 
ba  mit  ©ewifcljeit,  feiner  Ijab^aft  werben,  ©ine  gewiffe  örtliche 
Sefd&ränfung  be3  SBefifcübergangS  beftanb  alfo  nodjj  immer.  Sie 
Seftfcfibertragung  mufjte  domi  vorgenommen  werben ,  b.  I).  in  ber 
©raffd&aft,  wo  man  ju  igaufe  war,  ober  wenigftenS  im  Stammet 
lanb.  gerner  mußten  bie  3*ugen  idonei  fein;  baS  waren  aber 
nur  3eu9ens  welche  ba$  oeräufjerte  ©runbftüd  unb  bie  Parteien 
fannten  unb  welche  im  ©tamme£red(jt  bewanbert  waren,  alfo  ©au- 
genoffen  ober  wenigstens  ©tammeSgenoffen. 

3lu(§  in  biefem  ©tabium  ber  gefdfjidfjtltdfjen  ©ntwiä lung  entfpridjjt 
bemnadjj  bie  Organifation  be3  Siegenfd&aftöoerfebrä  bem  augen= 
blidf Kd&en  flulturjuftonb :  berSBerfeljr  war  über  ba£  „@tter" 
l)inau3gewadf)fett,  aber  no<$  fein  SRetdfjSoerfe&r  geworben.  — 

Sie  wadfjfenbe  äfoSbeljrattig  be3  granfenreidjjeS,  bie  weite  ©nt* 
femung  ber  ÄriegSfdfjaupläfce  unb  bie  ßatiralifation  ber  ©taat3* 
oerwaltung  matten  einen  ©djrttt  notwenbig,  ber  bie  wid&tigfien 
Jtonfequenjen  in  fidf>  barg. 

9Benn  ein  Jtrieger  auf  einem  gelbjuge  angefid&ts  be3  na^en 
Tobe*,  ober  wenn  ein  ^Beamter  am  ÄönigStjofe,  uietleidbt  uon  einer 
fdjweren  Äranf^cit  befallen,  ber  Äirdfje  eine  ©djjenfung  machen  ober 
fonfl  über  fein  Sermögen  oerfügen  wollte,  f o  war  üjm  ba$  in  Dielen 
hätten  unmöglich.  Senn  in  ber  Siegel  befanb  er  fidfj  weber  in  ber 
©raffdjaft,  wo  ba3  ©ut  lag,  uodjj  fonnte  er  ft<$  in  ber  ©tle  mit 
feinen  SSerwanbten  unb  fonftigen  einfprud&Sberedjtigten  ©enoffen 
auSeinanberfefeen,  no$  werben  „geeignete  3cußen"  (ft^)*  wx)  immer 
jur  fianb  gewefen  fein,    äfa  ber  Snberung  biefeS  3ufta^^  faü* 

2* 


—    20    — 

bie   Sltrdje   grofeeS   Qntereffe.     SDte  Snberung   erfolgte   butdE)    ein 
Äapitutare  t)on  818/9  (c.  6)1. 

3)a£  Äapitulare  ftettt  ein  ganj  neue«  Sßrtnjtp  auf: 

$eber  freie  3Wann  foH  überall,  u>o  immer  er  miß,  bie  Sefugnte 
Ijaben,  feine  ©üter  (res  suas)  jum  Seelenheil  (an  bie  ftirdje)  p 
übertragen,  3)te3  mar  offenbar  ber  potitifdje  3roe(^  *>*$  ©efefceS. 
S)ann  fommt  aber  bie  Stufianmenbung :  2Benn  jemanb  feine  ©äter 
ju  feinem  Seelenheil  ober  fonft  ju  irgenb  einem  wohltätigen  fttotdt 
ober  an  einen  SSermanbten  ober  an  iemanb  anberen  übertragen 
will,  unb  jtdj  in  ber  ©raffdjaft  befxnbet,  mo  bie  ©üter  liegen,  fo 
foll  er  nad)  rote  oor  eine  legitima  traditio  —  b.  $.  in  comitatu 
coram  idoneis  testibus  —  oornetymen.  äßenn  er  ftd)  aber  gerabe 
aufcerljalb  ber  ©raffdjaft  befinbet,  j.  33.  im  &eere  ober  in  ber  fatfer* 
liefen  Sßfalj  ober  fonftroo,  fo  foH  er  testes  idoneos  Ijeraujieljen, 
©augenoffen  ober  toenigftenS  ©tammeSgenoffen  (qui  eadem  lege 
vivant  qua  ipse  vivit) ;  f ann  er  feine  f old&en  3*u0«i  befommen,  fo 
mag  er  beftmöglidje  anbere  3ew9cn  ^tanjie^en  (de  aliis  quales  ibi 
meliores  inveniri  possint),  unb  oor  U)nen  foll  er  bie  ©fiter* 
Übertragung  oorneljmen. 

@r  foH  aud)  3npeftitur6ürgen  BefteUen  (fideiiussores  investiturse  donet, 
qui  ei,  qui  illam  traditionem  aeeipit,  vestituram  faciat).  9todj  ©rfüKung  biefer 
görmlidjfetten  fann  bet  @rbe  feineö  biefer  ©üter  oom  Erwerber  fjerauöoerlangen, 
ja  er  ift  fogar  öerpflidjtet,  aud)  feinerfeitö  bie  Snoeftitur  au  verbürgen  (bamit  er 
feine  2Rögftd&!eit  f)at,  bie  Veräußerung  anaufe<$ten). 

SBenn  ber  SBeräufcerer  in  &auSgemeütfd)aft  lebt  (si  nondum 
res  suas  cum  coheredibus  suis  divisas  habuit),  fo  bilbet  biefer 
Umftanb  fein  ipinberoiS  ber  SBeräufcerung ,  fonbem  bann  fotten  bie 
ßrben  bem  ©rroerber  feinen  Slnteil  herausgeben,  unb  roenn  jte  e8 
nidjt  freiwillig  tun,  fo  foll  bie  Regierung  (®raf  ober  ©enbbote) 
tfjnen  fo  lange  jufefcen  (distringantur),  big  fie  eS  tun.  2lu8naljme: 
SBenn  e3  fidj  um  eine  ^rabition  an  bie  Äirdje  ^anbelt  unb  ber  33er* 
äußerer  Slfjenbenten  ober  S)efjenbenten  l)mterläfjt,  fo  foH  bie  ßtrd&e 
bis  jum  £obe  ber  2lf jenbenten,  bis  jur  SWünbigfeit  ber  2)ef jenbenten 
mit  tljnen  in  ©emeinberfd&aft  fifeen  bleiben.  — 

3)ie  Steuerungen  finb: 

1.  ©igentumSübertragung  in  ber  ©raffdjaft,  roo  ba$  ®ut  Regt, 
ift  nidjt  me^r  abfolut  nötig,  fonbern  jebeS  ©ut  im  fränfifdjen 
9teidj  fann    an   jebem   anberen   Orte   beS   frfinfifd&en 


1  Boretiub  I  282. 


—    21    — 

SRetd&eS  übertragen  werben.  SMe  grofeügige  Sßolitif  ber  Karolinger 
l>atte  ein  2Beltreidj  gef djaffen,  mit  beffen  weiten  SBcr^ältniffcn  fid) 
eine  Sefdjränfung  be£  5Berfel)r3  mit  ©runbftficfen  in  bie  ©raffdjaftö* 
grenjen  nidjt  mel)r  vereinigen  liefe. 

2.  üRatttrlidj  tonnte  man  nun  nidjt  meljr  barauf  befielen,  ba& 
ber  Sefifcfibergang  in  ©egenwart  oon  ©augenoffen  ober  audj  nur 
in  ©egenwart  oon  ©tammeSgenoffen  erfolge:  Sin  bie  ©teile  ber 
lebenbigen  9Ritwtrf  ung  ber  Qnteref f enten  ifi  ber  jurtfttfdje 
Segriff  ber  „beftmöglidjen  $tuqtnu  getreten. 

3.  Sludfj  bie  Sluflöfung  ber  &auSgemeinf djaft ,  bie  2lbfdjic§tung 
beS  SSeräuftererS  oor  ber  SBeräufcerung  ift  nidjt  meljr  nötig  (wie  bieS 
nodj  nadj  ber  lex  Baj.  ber  gaff  mar),  fonbern  e3  fann  ber  Slnteil 
am  jQauSoermögen  afe  foldjer  oeräufcert  werben.  3)amit  ift  biefer 
au3  einem  Attribut  ber  Sperfönlidjfeit  ju  einem  gelbwerten  ®utt, 
jum  SScrf e^r^objeft ,  jur  2Bare  geworben,  e3  Ijat  ber  römifdj* 
redjtlidje  Segriff  be3  ibeellen  Anteils  ©ngang  in«  SRedjteleben 
gefunben. 

®a3  Äapttulare  f)at  alfo  mit  ben  brei  widjtigften  bisherigen 
©djranfen  ber  5Berfügung$freiljett,  einer  lofalen,  einer  per* 
f  onellen  unb  einer  materiellen,  im  Sßrtnjip  aufgeräumt. 

2)aS  Capitulare  oerbinbet  aber  btefe  Neuerungen  mit  einer  Vorfdjrift,  bie 
nie  eine  Übergangsbestimmung  ausfielt,  toeit  fte  eine  ftonjef (ton  an  bie  bisherigen 
ItabittonSprinjipten  enthält.  2)er  Veräußerer  foH  nämlidj  einen  Bürgen  freuen 
bafür,  baß  bie  ©djenhmg  ober  Veräußerung  naa)träglia)  in  ber  bte  ba&in  »or- 
gefa)riebenen  Jonn  nrieber§olt  wirb  (alfo  in  comitatu  unb  coram  testibus 
indoneis).  3W.  a.  SB.:  SBenn  ber  Sa)en!er  ober  Veräußerer  feine  §eimat 
nrieberfteljt,  unb  e8  fta)  bemnaa)  IjerauSfteHt,  baß  ba8  rafa)  improoifterte  Ver* 
äußcrung$geftt)äft  unnötig  geroefen  wäre,  fo  muß  er  felbft  bie  Veräußerung 
wieberljolen-  3ft  bied  ntajt  ber  %aU,  fo  muß  e$  ber  Vürge  tun,  weil  biefer 
ht  bie  bttrgfa)aftlia)  übernommenen  Verpflichtungen  a(3  ©elbftfa)ulbner  eintritt. 
Slußerbem  ift  ber  @rbe  be8  Veräußeret  verpflichtet,  bie  ©djenfung  eber  93er* 
äußerung  bura)  SBieberljolung  au  betätigen. 

III. 

Sei  beiben  bisher  befprodjenen  ©rwerbSarten ,  ber  ©djenfung 
jum  Seelenheil  unb  ber  ftommenbation ,  finbet  feine  genaue 
Sdjäfcung  oon  ßeiftung  unb  ©egenleiftung  ftatt,  befielt 
feine  ©leidjung  jwifd&en  ßetftung  unb  Vergütung.  SDiefe 
&rfd>einung  bebarf  nod>  einer  furjen  Erörterung. 

9m  Anfang  ber  Äulturentwicflung  gibt  e«  feinen  ©üteroerfe&r. 
9Bad  bie  Immobilien  betrifft,  fo  $aben  wir  biefe  £atfad&e  fd&on  be* 


—    22    — 

f prodfjen.  Aber  audfj  ber  £auf  <$oerf  e§r  pon  beroeglid()en©egen* 
fiänben  fe^lt  im  Seben  ber  SRaturoölfer  \  Snner^alb  be3  ©tammeg, 
be3  SBoHcS  ^crrfd^t  ©ütergememfd&aft.  SDer  SRotleibenbc  nimmt  oom 
Überfluß  roenn  folget  oor^anben  ift,  offne  lange  $u  fragen,  unb  er 
fmbet  nidfjtö  babei,  roenn  anbere  ©tammeägenojfen  tn  gleicher  Sage 
e3  ebenfo  madfjen.  @in  (f rieb  lidjer)  SBerfeljr  mit  fremben  Stämmen 
(SBölfern)  befielt  nid&t;  roünfd&t  man  etroaS  ju  befifcen,  roa$  ein 
grember  l)at,  fo  rotrb  ein  Sftaubjug  in  ba£  feinbltd&e  ©ebiet  unter= 
nommen. 

©üteroerfeljr  entfielt,  fobalb  ber  ©tamm  mit  Angehörigen 
etne£  fremben  ©ebieteS  in  frteblidfjen  SSerfefjr  tritt  3Kan  labt 
ben  burftigen  ©aftfreunb,  man  beraubt  tyn  nidjjt,  aber  man  erwartet 
feinen  SBiberftanb,  roenn  man  ijjm  ein  ©tücf  feiner  Sagbbeute  ah 
bettelt.  3Wan  fdfjenft2  ijjm,  roaS  er  brauet,  ate  wenn  man  einen 
notleibenben  ©tamme£genof[en  oor  fidjj  f)äite,  man  fdjjtelt  aber  babei 
auf  bie  glänjenben  ober  nüfcltdfjen  ©adfjen,  bie  er  mit  fid&  füfjrt 
S)a3  ©treben  na<$  bem  gröfetmöglid&en  ©eroinn  ift  in  feinen  Anfängen 
bereite  oortyanben:  ba^er  feine  Unentgeltltdjjfeit  im  SBerfe^r  mit 
gremben.  Aber  biefeS  ©treben  ift  nodlj  ntdfjt  entroiäelt  genug,  &ab^ 
unb  ©egengabe  in  ba3  SBerfjältnte  von  SBorauSfefcung  unb  <5r* 
füllung,  von  SBare  unb  $rei3  ju  bringen. 

SDiefer  Art  ift  bie  ©d&enfung  be£  älteften  beutfd^en  StedjjteS- 
©ie  ift  feine  einfeitige  Liberalität,  fonbern  ein  „AuSroedjjfeln"  von 
©efdfjenfen.  SBenn  bie  ©dfjenfung  ntdfjt  ernribert  mirb,  fo  fann  fie 
oom  ©genfer  roiberrufen  roerbeu8. 

AudE)  ber  SBerfejjr  mit  unbeweglichen  ©ütern  entftanb  oon 
aufcen  fjer,  burdf)  ben  SBerfe^r  mit  gremben.  2)ie  ©laubenSboten 
famen  oon  fernen  Sanben  unb  brauten  eine  frembe  Äultur.  2)te 
großen  ©runbfjerren  roaren  jroar  eutfjeumfdd,  aber  fie  gehörten  einer 
anberen  klaffe  an  roie  bie  Meinen  Sauern. 

Audfj  ber  SBerfefjr  mit  unberoegltdfjen  ©ütern  f)atr 
roie  jener  mit  beroegltdfjen,  nidfjt  mit  bem  £auf<$e  ober 
gar  mit  bem  Äaufe,  fonbern  mit  ber  ©dfjenfung  be* 
gönnen.   SSBieberum  mürben  SJorftellungen,  bie  im  SBerfeJjr 


1  Sgl.  ©artoriuä  ».  2Battetfl(Kmfett,   @ntfte$ung  beö  Xaufdj^anbclä   in 
SPotyneften  (3tfd&r.  f.  @ojiaI*  u.  3Btrtfd&aft3gefd&.  IV  1896). 

2  „©fenfjan,  fdjenfen  Reifet  urfprünglic$  propinare,  ministrare  pocula, 
ju  trinfen  geben*  (SBrunner,  ©ifcunggöer.  b.  preufj.  2Wab.  b.  2B.  1885,  ©.  1177). 

8  8gl.  $appen()eim  2Ras,  Sounegilb  (©ietfe,  UnterfudJ.  XIV). 


—    23    — 

mit   beweglichen   ©ütern   bereits   geläufig   geworben 
waren,  auf  bie  unbeweglichen  ©üter  übertragen. 

SMe  ©dfjenfungen  an  bie  Äirdje  waren  feine  einfeitigen 
©d&enfungen ,  fonbem  ©c$enfungen  mit  ©egengabe.  ©egengabe  war 
ba£  ewige  ©eelen^etl *,  über  weldjeS  bie  3Jtön$e  ju  verfügen  erklärten. 
Qu  ben  Urfunben  wirb  bie  ©djenfung  häufig  afe  redemtio  animae, 
a(3  SluStöfung  ber  ©eele  aus  ben  Älauen  be3  Teufels  bejeid&net. 
Obwohl  alfo  bie  ©djenfungen  an  bie  Äircfje  feinen  unentgeltlichen 
©rwerb  barftellen,  fo  ift  bei  i^nen  ba3  Squbalent  bodfj  von  befonberer 
2lrt.  63  befielt  in  einem  tbeellen,  \a  in  einem  imaginären  ©ute, 
©runbbejife  unb  ©eelen^eil  finb  infommenfurable  ©röfcen. 
2lttinäl)lidj  würben  aber  audj  bie  ©genfer  flüger,  unb  ber  greifinger 
Äird&e  würbe  feit  bem  Slnfang  be3  9.  Qa^r^unbertö  faft  feine 
©dfjenfung  me^r  unbebingt  gemadjt2,  fonbem  foweit  ber  ©genfer 
fein  $BafaHität3oerl>ältni3  einging  (Äommenbation),  würben  3al)rtage, 
S3egräbnteftätten  u.  bergt.,  fpäter  Sßfrünben  für  nadjgeborene  ©dljne 
auSbebungen 2.  2)enn  e3  „rechneten  bie  SDWnd&e  mit  iljren  &thtttn 
unb  SBegräbniffen  wie  mit  realen  äBerten"8. 

3lber  nidfjt  nur  bei  ber  ©djjenfung  jutn  Seelenheil  finbet  feine 
Äongruenj  t>on  Seiftung  unb  Vergütung  fiatt,  fonbem  anfy  bei  ber 
Äommenbation.  ftxvax  würben  bei  ber  Äommenbation  Dom  ©r* 
werber  be3  ©runbfiüdfö  wemgfienS  reale  SBerte  gegeben,  unb  fte 
bebeutet  ba^er,  gegenüber  ber  ©djjenfung  jutn  Seelenheil,  bereits 
einen  gortfdjritt  in  ber  Bewertung  ber  ©egenleiftung.  Slber  in  ben 
meifien  gällen  fyattm  bie  ftommenbierenben  feine  SS a  1)1,  ob  fie  fidj 
auf  bie  Äommenbation  einlaffen  wollten  ober  nidjt,  unb  ba^er  audjj 
fein  ^ntereffe  an  einer  genauen  Abwägung  oon  Vorteilen  unb  9lafy 
teilen.  3fa<$  bei  ber  Äommenbation  erfolgte  batyer  nur  eine  ^umma* 
rif<$e  äbgletdjung  oon  ®dbt  unb  ©ntgelt. 

3e  meljr  bie  Äultur  f ortf d&reitet ,  befto  wertooBer  wirb  ber 
©runb  unb  33oben  ate  SßrobufttonSinfirument,  befto  weniger  werben 
alfo  bie  ©runbbeftfeer  geneigt  fein,  tyren  ©runbbeftfc  otyne  entfpredjenbeS 
$quu>alent  Ijutjugeben.     3)al)er  fe^en  wir  in  ber  golgejeit  eine 


1  Sgl.  «biet  ©iegm.,  Slbf<5ic$tung$red&t  6.  7:  „Sei  ben  Sangobarben 
1)ieb  ba$  remedium  salatis  animse  gerabe$u  SaunegUb  in  bem  Sinne,  ba&  bie 
Crldfuna  ber  ©eelc  alä  ©egengabe  galt' 

■  SäberUn  S.  24. 

*  ©atfur,  »eitt.  §.  3Btrtf($aft3gcfc$.  frans.  Äl öfter  im  10.  u.  11.  3a$r$.r 
3cirf$r.  für  6o)taK»  unb  3Birtf$aftagef$ic$te  ob.  I  (1893),  6.  182. 


—    24    — 

immer  genauere  Slbfd&äfcung  t>on  SBare  unb  SßreiS  beim 
Sobenoerfe^r  Sßlafc  greifen. 

S)ie  erfie  ©rroerbSart,  bei  ber  ba3  ©runbftüdf  nidfjt  in  S3aufd& 
unb  Sogen  bewertet,  fonbern  gegen  ©üter  Eingegeben  wirb,  bie  f  i  dj 
jum  Sßertmafcftab  eignen,  ift  ber  £aufdfj.  S)ie  großen 
©runb^erren  empfanben  nämlidfj,  afe  tljr  Sanbljunger  einen  geuriffen 
©fittigungSpunft  erreidjjt  Ijatte,  ba$  SebflrfniS  nadjj  planmäßiger 
©inridijtung  iljreS  2Birtfdfjaft3betriebe8  unb  nadfj  Strronbierung 
be3  erworbenen  58eft|e3.  SMe  anfange  biefer  SBertaufdjjungen  fallen 
faum  t)or  ben  SBeginn  ber  Äarolingerjeit  unb  häufig  werben  jie 
erft  t)on  ber  9Ritte  be3  9.  3al)rl)unbert$  an1.  Qn  ben  greiftnger 
£rabttion8urfunben  erf^emt  ber  %au\ü)  erft  t)om  Sfofang  be$  9.  %cfyx* 
^unbertö  an;  er  tritt  l)ier  alfo  um  ein  ^aljrfjunbert  fpäter  auf  afe 
bie  ©dfjenfung.  3lm  Slnfang  feiner  ©ntroidftung  ift  ber  Xaufd^  nodfj 
mit  ©ierfdfjalen  au$  ber  Sßertobe  ber  ©dfjenfung  behaftet. 
3n  greifing  überfteigt  in  ben  erften  jroei  fta^unberten  ber  @nt* 
miälung  be8  £aufdfje$  bie  3^1  ber  tum  ber  Äir<$e  empfangenen  &öfe, 
Sodje  SanbeS  unb  SßalbeS,  guber  SBiefen  ufro.  bie  3<*ltf  ber  bafür 
Eingegebenen  um  ein  33ebeutenbe3';  erft  in  ben  fpäteren  3aljr^unberten 
finbet  ©leid&mäfeigfeit  beim  Xaufdfje  ftatt2* 

©benfo  jeigt  ber  Äauf  in  ber  erften  3eü  f^nrt  Stuf  tretend 
taufdfjäl)nli<ijen  ßljarafter.  S3ei  ben  Käufen,  bie  bie  ftretfinger 
Äirdfje  jur  SBergröfjerung  iljreS  ©runbbefifceS  t)oroaf)m,  beftanb  ber 
Kaufpreis  biö  junt  13.  Qa^r^unbert  „feiten  in  barem  ©elbe,  fonbern 
Eäuftg  in  tarierten  SBermögenSftficfen,  als  Kleibern,  SBaffen,  Sßferben, 
Anetten  u.  bergt.".  SMe  res  empta,  ba3  Ä  auf  gut,  b.  1).  burdjj 
Äauf  errungene  ©ut  (im  ©egenfafc  jur  hereditas,  jum  2tßob),  tritt 
erft  üergleidfjSroeife  fpat  in  ben  Duetten  afe  SBerfe^rSgegenftanb  §ert>or, 
in  ben  greifinger  £rabition$urfunben  erft  oon  760  an.  @rft  oom 
13.  3»af>rl)unbert  an  übertreffen  in  ben  un£  erhaltenen  greiftnger 
Urfunben  bie  Äaufoerträge  an  3^  bie  ©Deutungen  unb  Saufdfj5 
oerträge 8. 

©o  entmideln  fi<$  in  fidfjtbarem  -ftad&etnanber  unb 
SBoneinanber  unb  im  3u)ammexi\)ai\Qt  mit  ber  SDtffe= 
renjierung  ber  Seoölferung  bie  oerfd&iebenen  ©üter* 
erroerbSarten,  juerft  ©dfjenfung  unb  Äommenbation,  fo- 


1  3nama*@ternegg  I  299. 

2  öäberlin  6.  45,  46,  54.  —  »gl.  au$  3itama.@ternegg  n  181. 

8  Sä&erUn  ©.  78,  98.  —  »gl.  3nama.@ternegg  I  297  (St.  ©allen* 


—    25    — 

bann  Xauf<$  unb  Äouf.  •  Slbjroeigungen  be$  SBerfaufS  auä  9iot 
finb  bte  SBerpfanbung  unb  bte  gronung.  darüber  fie^e  ba3 
folgenbe  Äapitel. 

©eine  eigentliche  Stoffe  fpielt  ber  Äauf  aber  erft  in  ber  Sß erio b e 
ber  ©elbmirtfdjaft  unb  beä  ©täbtemefenS.  S)aoon  ift 
nun  nodjj  ju  Rubeln. 

IV. 

3)a3  erfie  ©ejefebud[j  ber  SBeftgoten  §atte  bei  ber  2lufjä§lung 
ber  nerfäuflid&en  ©egenftanbe  ber  Immobilien  leine  Erwähnung 
getan  (sive  mancipia  sive  quodlibet  animalium  genus  venditur), 
im  jmeiten  S^ejt  finb  fie  aber  fdjjon  hinzugefügt  („sive  terrae")1, 
©iefe  einfädle  Satfadjje  ift  fo  redfjt  bejeidjnenb  für  bie  (Sntmtcflung 
ber  SBeräufjerlidSJfett  von  ©runbftuden.  Urfprünglidjj  mar 
©runb  unb  33oben  unoeräufcerlidjj,  in  ber  erften&älfte 
be3  ^Mittelalters  ift  er  5BerfeI)r3gegenftanb  gemorben. 
3>te  midjjtigfle  ©tappe  biefeS  (SntmidflungägangeS  ift  bie  ©rrnög* 
lidjjung  ber  Teilung  be$  £au3oermögen3  gemefen  (2lu3= 
bilbung  beS  Slbfd^id^tung^red^teg  ber  ißauSgenoffen  unb  Anerkennung 
ber  $Beräu6erlt<f)fett  be$  Anteils  an  ber  &au£gememfdfjaft).  3)ic  S5er- 
äufjerung  rourbe  femer  baburdj  erleichtert,  baf$  bie  umftänblid&en 
3eremonien  unb  ftarren  formen  ber  erften  3*it  burdjj  bie  anpaffung8= 
fähigere  ttrfunbe  jurfiägebrängt,  gef fyroäfyt  unb  jum  £eil  erfcfet 
mürben.  35er  SBerfe^r  mit  ©runbftfidfen  mürbe  audj)  baburdfj  freier, 
ba§  feine  engen  örtlichen  ©djjranfen  fielen  (Cap.  tum  818). 
yiaä)  ben  fränfifdfjen  9teid&8gefefcen  enbltdfj  ift  e£  nidjjt  gegen  bie 
öffentlid&e  Drbnung  (legitima  traditio),  menn  bie  ©emeinber  an  ber 
äSeräufcerung  nidj)t  beteiligt  merben,  fonbern  e£  genfigt,  bafc  eine 
Slnja^l  einmanbfreier  3*u8en  ö^er  ben  redfjtlidfjen  3uftanb  be$ 
©uteä  befriebigenbeS  3eu8n^  ablegt. 

©o  bebeutenb  biefe  gortfdfjrttte  an  ftd&  maren,  fo  bilbeten  bie 
SRefie  ber  alten  SigentumSoerfaffung  bod&  immernoch  ein 
grofjeS  $tnberni£  für  ben  ©ttteroerfeljr.  2lbgefel)en  baoon, 
ba&  e$  oft  fd^mierig  mar,  bie  geeigneten  Seute  in  ber  nötigen  3htja$l 
ju  finben,  meldte  ba3  2Bif[en  unb  ben  SBiffen  Ratten,  als  ©efd^äftö- 
unb  äuSfunftSjeugen  bei  ber  SBerau&erung  ju  bienen,  mar  ba$  Mittel 
felbft  ein  fe^r  unftd&ereS.  ©cljlie&ltdfj  tarn  e$  bodfj  l)auptfä(ijlid& 
barauf  an,  ob  biejenigen,  bie  einen  Anteil  am  ©runbflfid  Ratten 
ober  }u  Ijaben  glaubten,  mit  ber  Veräußerung  einoerftanben  maren, 

1  Lareleye,  De  U  Proprio,  II.  Ed.  1877,  p.  168. 


—    26    — 

ober  ob  man  oon  biefcr  ©eite  eine  Sfafedfjtung  gewärtigen  mufcte. 
©8  empfahl  ftdj  baljer  immer,  bie  ©infprud&S*  unb  2ofung3* 
berechtigten  jur  £eilnal)me  an  ber  a3eräufcerung3§anblung  /  jum 
ÄonfenS,  ja  momöglid(j  jur  SBitmirfung  ju  oeranlaffen.  &fiufig  aber 
mar  e$  unmögltdfj,  alle  Äonfenfe  aufzutreiben,  oielfac^  fannte  maxi 
nid&t  alle  ÄonfenSredfjte  ober  ben  Slufentljalt  ber  ßonfenSbered&tigten, 
unb  ber  ©rmerber  mufete  ftdfj  barauf  gefaxt  machen,  nodjj  nadjj  Sauren 
jmeifelljaften  ober  unberüdffidfjtigt  gebliebenen  änfprüdfjen  oon  @e* 
noffen  beä  SBeräufjererS  ju  begegnen;  benn  eine  ©rjtfcung  ober  @r- 
ftfcungSfrifien  fennt  ba$  beutfdfje  SRcd&t  nid^t.  SefonberS  fdfjmierig 
geftaltete  fid^  bie  SBerffigung  über  ben  ©runbbeftfc,  menn  unmünbige 
ßrben  oor^anben  maren.  3)er  Sßormunb  mar  nämlidj}  nidfjt  befugt, 
für  feinen  ©djjufcbefoljlenen  auf  beffen  Sfaredfjte  am  ©runbbeftfc  ju 
oerjidfjten.  2Benn  alfo  ein  Unmünbiger  an  einer  SBeräufcerung  bt* 
teiligt  mar,  fo  blieb  bie  SBtrffamfeit  ber  ©utSübertragung  big  jur 
@rreid&ung  ber  SBoHjctyrigfeit  ungemifc,  unb  mie  leidfjt  fonnte  man 
fid&  über  bie  äBiUfäljrigfeit  be3  SReulmgS  einer  ftäufdiiung  Eingeben! 

Solange  bie  ©ebunben^eit  be3  33oben3  in  (Knilang  ftanb  mit 
ben  allgemeinen  Äultur juftänben ,  folange  bie  ©enojfenfd&aften ,  bie 
bie  Präger  jener  3JHtre$te  maren,  aud(j  mirMtdjj  eine  innige  SebenS* 
gemetnfd&aft  bilbeten,  folange  traten  bie  ermähnten  SBeräu&erung^ 
l)inbermffe  nid^t  ftörenb  jutage.  Slbcr  als  bie  SBerljattniffe  ftdfc 
meiteten,  aU  bie  größere  SKannigfaltigfeit  be$  mirt  = 
fcfjaftlidfjen  Seben3  audlj  einen  freieren  ©üteroerfeljr  erforberte, 
als  ber  SKenfdfj  felbft  bemegltdj)  mürbe  unb  i^m  bie  ©renjen 
feiner  3Karf,  feinet  ©aue3  ju  eng  gemorben  maren,  ba  mad&te  ftdjj 
baS  23ebürfni3  nadfj  einer  ©rleid&terung  ber  Verfügung  über  ben 
©runbbeftfe,  na<$  einer  ßurüäbrängung  ber  alten  genoffenfd&aftlid&en 
@infprudfj3red(jte  gebietertfdfj  geltenb. 

©dfjon  bie  2lu3bilbung  ber  9te$t3fitte  ber  ©ernähr* 
f<#aft3leiftung  oerf Raffte  bem  ©rmerber  einen  größeren  ©dfjufc 
feinet  SBefifeeS.  35er  SSeräufeerer  pflegte  bem  ©rmerber  baS  feierlid&e 
SBerfpred&en  ju  geben,  alles  ju  tun,  rotö  nötig  fei,  xf)m  ben  SBeftfc  ju 
ftdfjem,  ju  befeftigen  (firmare)1,  voafyx  ju  madfjen,  ?urj  ju  gemetyr* 
leifien,  alfo  nötigenfalte  Äonfenfe  ober  görmlidfjfeiten  nadfjjuljolen 
ober  ben  ganjen  SBeraufcerungäaft  ju  mieberljolen ,  um  etmaigen 
ßmeifeln  an  ber  Satfadfje  ber  33efi|übertragung  ober  an  iljrer  ©ültig- 
feit  ju  begegnen.    3)er  SBeräufjerer  gab  bem  ©rroerber  meiflenS  audfj 


1  M.  B.  XI  S.  160:  Tradendo  firmavimus,  firmando  tradidimus. 


—     27     — 

materielle  Garantien  jur  ©idjerung  ber  ©emäljrfd&afteleiflung.  @r 
wettete  entmeber,  b.  f).  er  fefcte  ein  ©emette  (=  5ßf  anb),  baß  e3  matyr 
fei^  baß  er  mirfttdfj  oerfügung$bered[jtigter  (Eigentümer  fei.  Ober 
er  ftellte  einen  ©eroä^rSmann.  35ei  abgeleitetem  Seftfc,  alfo  beim 
Äaufgut,  erfd&ten  ber  SSormann  im  Sefifee  als  ber  natürltd&e  ®e* 
roäljrSmann,  bei  ererbtem  33eft|e  veranlagte  man  mol)l  einen  ©e- 
fdfjäftSjeugen  ober  einen  ber  SRiterben,  33ürgfdjaft  ju  übernehmen. 

S)ie  Lex  Baj.  fd&üfet  ba3  ©emctyrfd&aftSoerfpredSJen  mit  ber 
3)uplijitätöftrafe l.  9ia<$  bagerifdfjem  9te<$t3gebraudj  mar  ber  33er* 
äußerer  fogar  verpflichtet,  ©emätyrfcbaft  ju  letften  unb  ju  biefem 
ßroecfe  feinen  SBefifcoorgänger  als  ©emctyrämann  ober  (namentlich 
bei  ererbtem  Seftfee)  Sürgfdjaft  ober  Sßfanb  ju  fietten2. 

3>te  golge  ber  ©emätyrfdfjafteletfiung  mar,  baß  ber  (Srmerber 
fid&  e&er  geneigt  jeigte,  über  3Äängel  ber  ©utöübertragung  jjüimeg* 
jufe^en,  auf  biefe  ober  Jene  görmlidjfeit  ju  oerjidjjten,  unb  ba$  oer« 
einfaßte  ben  33efifcübergang  unb  befreite  ben  2iegenfdfjaft$oerfel)r  oon 
mancher  läftigen  ^effeL 

2Ba£  inSbef onbere  bie  33ürgfcl)aft$leiftung  betrifft,  f o  trat 
i&re  Sebeutung  für  bie  ©id&er^eit  be$  Siegenf d&aft3oerfel)r$  tjaupt* 
fädjlic!)  ba  ftarf  l)eroor,  mo  fie  in  bie  gorm  ber  Sreufjänber* 
fd&aft  gefleibet  mürbe.  3)aS  ©ut  mürbe  bem  Särgen  übertragen 
mit  bet  SSerpfKdfjtung ,  e3  .bem  eigentlichen  ©rroerber  ju  übertragen 
(Sa (mannet,  saleburgiones ;  12.  unb  13.  ^a^unbert).  3n  Siaytxn 
war  e£  SBraudfj,  „für  eine  Siegenfdfjaf  t  einen  beftänbigen  ©  a  1  m  a  n  n 
ju  fjaben,  burdjj  ben  ade  Veräußerungen  unb  Xrabitionen  mußten 
oottjogen  werben.  2)a3  gemährte  bie  ©id(jerf)eit ,  baß  lein  Un« 
berechtigter  über  ein  f oldfjeS  ©ut  oerfügte ;  ber  ©almann  mußte,  mer 
baju  befugt  fei  unb  gab  fidfj  einem  anberen  nid&t  jur  Vollziehung  ber 
Xrabitümen  l)er;  er  mar  ba£  lebenbige  ©runbbudfj  biefeS 
®ute3"  (Segler,  3nft.  I  222).  —  äud&  nadj  &äberlin  (©.  39) 
ftanb  r,bie  bem  @rmerber  eine*  ©runbftfiäeS  bur<$  ben  ©almann 
gewahrte  ©id&er&eit  teife  in  ber  SSerfid^erung ,  baß  ber  Xrabent  jur 
Jrabition  befugt  gemefen  fei  (ber  ©almann  mußte  nämlidf)  burdlj 
feine  Stellung  oon  allen  etmaigen  ^inbemiffen  ber  freien  33er* 
äußerung  eine«  ®utt$  unterrichtet  fein,  unb  man  fann  nid&t  an* 
nehmen,    baß   er   trofc   entgegenfte^enber   &mbewiffe   bemtodfj    bie 

1  XYI  12:  Si  ße  firmare  promiserit  emtori,  id  est  suirön  (=  roeren, 
too$rma<$«n) ....  et  constituum  ruperit:  tunc  pretium  reddat  et  talem  terram 
aut  speciem,  qualem  se  firmare  pollicebat,  restituat  sine  mora. 

*  »e4»6u4  Sri.  193  unb  200.    $eud(er,  3nft.  II  114,  147. 


—    28    — 

SErabitton  vorgenommen  §aben  mürbe  .  .  .)  teils  barin,  bafc  ber 
©almann  tyn  —  ben  ©rmerber  —  gegen  unredjtmäfeige  Singriffe 
oerteibigen  mu&te".  3ul*i  ©almann  mürbe  häufig  ein  SSermanbter 
beS  »eräufcererS  beftefft1.  3laä)  £äberlin  (©.  38)  marenbie  ©al* 
männer  „mächtige  melttidjje  Ferren,  oon  benen  man  fomoljl  ©d&ufc 
als  aud)  bie  getreue  2luSfül)rung  beS  übernommenen  Auftrages  er- 
märten  burfte,  mie  bie  lateinifdjen  SfoSbrücfe  denfensor,  conser- 
vator,  fiduciarius  .  .  .  anbeuten.  SDal)er  mürben  fie  urfprfingltdj 
aus  ben  ©rafen  genommen  .  .  ."  9?a<Ij  Neugier  fonnie  bie  ©al* 
mannfdfjaft  „oon  alten  unb  5Bogteu>erl)ältmjfen  fjerrfiljren,  jumal  roo 
es  ber  &er$og  oon  Sapern  felbft  ober  fonft  ein  angefe^ener  fQtrt, 
ein  ©raf  ufm.  ift".  SBir  geljen  alfo  nicöt  fel)l,  menn  mir  fagen, 
bafe  entmeber  ein  naljer  SSermanbter  beS  SBeräufjererS  fid^  $um  ©al- 
bürgen  Vergab  ober  bie  &errf<$aft  felbft,  bie  Dbrtgfeit,  baS  ©al~ 
bürgenamt  ausübte  unb  pm  ©ntgelt  tnelletdfjt  abgaben  empfing. 

Silber  nid^t  nur  burdj)  3eu9ettr  Bürgen,  ©almänner  fudfjte  man 
bie  SSeräufeerung  ju  ftdjero,  bie  oerfetyrSfeüibtidje  SBirfung  ber  alten 
genoffenfdjaftlidjen  3Rttredfjte  abjuf  djjmädfjen ,  fonbem  bie  SBerfe&rS- 
entmidflung  führte  audj  ju  einer  bir eften  SBefdEJränfung  biefer 
2Biberfprud(jSredf)te.  Slber  mäljrenb  in  ber  erften  ißälfte  beS  3Rittel* 
alters  bie  2luflöfung  ber  oerfeljrSredjtlidjen  ©ebunben^ett  oon  ©runb 
unb  S?oben  bur<$  bie  (Sinfü^rung  ber  Xeilbarfeit  beSfelben 
erfolgte,  fd&lug  man  in  ber  jmeiten  fiälfte  beS  SRittelalterS  einen 
anberen  2Beg  jum  gleiten  $itk  ein,  inbem  man  bie  ©infprud&Sredfjte 
S c i t li d^  begrenzte. 

&ier  ift  aber  jroifd&en  bem  fäd(jftfd)en  9ltä)t  unb  ben  fübbeutfdjen 
Siedjten  ju  unterfdjeiben. 

SDaS  fädjftfdfje  Sftttyt  fnüpft  bie  jeitlidjje  Segrenjung  ber 
@tnfprud)Sred)te  an  bie  S3ebingung  ber  geridjtlidjen  Sluf* 
laffung.  SDer  geridjtlidjen  2luf  laffung  gefjt  ein  Aufgebots* 
»erfahren  oorauS.  35ie  gertdljtlidfje  Stuf  laffung  erf  djetnt  aber  nidfjt 
nur  in  regelmäßiger  2lb£ängtgfeit  oom  SlufgebotSoerfaljren,  fonbem 
auc&  i^rerfeitS  als  SBorauSfefcung  eines  orbnungSmäßigen  Aufgebots- 
oerfaljrenS.    S)aS  2lufgebotSt>erfaI)ren  befielt  in  einer  breimaligen 


1  ©rimm,  SBetStümer  III,  669  (2Bübenf<$önau,  um  1440):  @S  foH  ein  jeber 
SauerSmann  ober  $interfafs  um  teilen,  »erfefcen,  roqczln  [=taufdjen],  laufen  unb 
oerfaufen  in  offener  ©tift  jä^riic^  ber  $errfd)aft  feinen  redeten  ®etoä$r  unb 
ftürftanb  na$  ©ippe  unb  »tut  fürbringen  unb  (teilen.  —  Sgl.  UnioerfttäiS* 
bi&l.  Wlüntyn  2°  mscr.  698  (1442):  „. . . .  oon  einem  Säuern,  ber  benn  €>a(* 
mann  geroefen  fei  alä  au  einer  öeftättgung  ber  ©en>cU)rfc$aft . . .  .* 


-    29    — 

äufforberung  burd&  ben  gronboten  on  etwaige  ©mfprudfjsberedfjtigte, 
fid)  ju  melben,  bie  geridfjtlid&e  Sluflaffung  felbft  in  ber  Übertragung 
be3  ©runbftficfö  oom  SBeräufcerer  an  ben  ©rmerber  burd)  bie  £anb 
be8  9tidjjter3  ate  SBertreterS  be3  Königs,  genauer  auSgebrüdt  in  ber 
Übertragung  oom  33eräufjerer  an  ben  Stifter  unb  oon  biefem  an 
ben  ©rwerber1. 

3)te  gerid&tlidfje  Sluflaffung  (jatte  bie  SBirfung,  bafc  nadfj  ^a\)t 
unb  Sag  (1  3al)r  6  2Bo<$en  3  Sage)  nid^t  nur  bie  bei  ber  Über* 
tragung  anwefenb  ©ewefenen  (oben  ©.  4),  fonbern  audjj  bie  abwefenb 
©ewefenen  mit  tyrem  ©infprudj)  präflubiert,  auSgefd&loffen  würben, 
unb  —  eine  golge  baoon  —  bie  ©ewätyrfdjaftSoerpfftdfjtung  be$ 
SSeräufcererS  mit  bem  Slblauf  biefer  grift  erlofdfj.  (35er  ©rwerber 
befanb  fidfj  nadfj  Slblauf  biefer  grift,  wie  man  ftd^  auSbrüdft,  in 
„redfjter  ©ewere"2.) 

©S  iji  nidjt  fdjjwierig,  SBorläufer  ber  gerid&tlidfjen  Sluf* 
(af  fung  ju  finben  ober  Vermutungen  auSjufpred&en,  in  meldten 
3Serfaffung8juftänben  fie  wurjeln  fann.  Qdfj  erinnere  nur  an  tbie 
grifi  tum  12  2Konaten,  meldte  nadjj  ber  1.  Sal.  für  ben  ©infpruclj 
ber  SRorfgenoffen  gegen  ben  3ujug  eines  gremben  galt  (©.  2), 
ferner  baran,  bafc  nad&  ber  lex  Saxonum  bie  Übertragung  oon 
©runbftfidten  an  ben  Äönig  bem  ©infprud(j$red()t  ber  ©rben  ntdfjt 
unterworfen  mar  (©.  16).  ©nblidjj  an  bie  fräntifd&e  missio  in  bona, 
oon  ber  weiter  unten  bie  9tebe  fein  wirb:  SBenn  ber  ftönig  ein 
©ut  jum  ftxotdt  ber  Sefriebigung  ber  ©laubiger  befd&lagnatymt 
Ijatte,  fo  lonnte  fidjj  ber  ©dfjulbner  (unb  ber  nädfjjie  ©rbe)  ba$  ©ut 
babut$  erhalten,  ba&  er  binnen  3af)r  unb  Sag  bie  ©Bulben  jaulte. 

3fo<l>  im  baijertfdfjen  &anbre<$t  finben  wir  eine  jettlidfje 


1  6o$m  in  ber  3tf$r.  f.  Bed&ttgeW.,  tt.  g.  I  (1880)  ©.  35/36:  „$ie 
SJottjieijting  eine«  fflectjtSgefcQäfteä  oor  einem  dritten  gletcfc  ber  SoBjietjung  be* 
9tafttdgefc$&fte3  bura)  biefen  dritten."  ,3)ie  Sluflaffung  oor  bemSRid&ter  unb 
bie  fcuflaffung  bur$  ben  9H$ter  roec$feln  al$  gleic$bebeutenb  miteinonber  ab." 
,2He  getic$tnct}e  Sluflaffung  bebeutet ,  bafc  ber  ©rwerber  fein  Stecht  nic$t  un- 
mittelbar quo  ber  #anb  bed  SeraufcererS,  fonbern  au«  ber  §anb  beö  9ftid)terd 
empfängt.*  Sgl.  äeuSier  II  84:  „SMe  Jöebeutung  biefer  gerichtlichen  Fertigung 
liegt  barin,  bat  fie  eine  förmliche  2lmtöt)anblung  ifi,  bei  ber  ba8  ©ertd^t  als 
folget  funfttoniert,  widjt  blofj  alä  Sufdjauer  figuriert.11  3)arin  untertreibet  ft$ 
bie  gerichtliche  Xuflaffung  be*  @a$fenfpiegel$  oon  ber  Traditio  cartae  in  mallo 
ber  lex  Ribuariorum. 

•  6otyn,  ebenba  @.  59:  ,2)ie  redete  ©eroere  ift  feit  bem  11.  3at)tt)unbert 
tuuftmeiäbar*.  $eu*ler  ebenba:  *2)ie  und  aufbewahrten  ©eifpiele  folcfer  geriet* 
liefen  Fertigung  ge$en  m.  SB.  nic^t  über  baö  11.  3at)r$unbert  hinauf/ 


—    30    — 

Sefdfjranfung  her  ©infprud&Sredfjte.  aber  btefeS  gwl  mirb  mit 
onbcren  Mitteln  erteilt  mie  im  fädfjftfd&en  Siebte,  nämlidj)  burdfj 
Entlehnung  von  SBerjctfyrungSfrijlen  aus  bem  römtfd&en 
SRedjte.  SRadfj  bem  älteren  SanbredEjt,  publijiert  jtoifd^en  1333  unb 
1336  !,  2trt.  193,  betragt  bie  ftrift  10  3a$re,  aber  Urfunben  (j.  83. 
oon  1299  unb  1317) 2  zeigen,  bag  bie  ie^nja^rige  ©rfifcungSfrtft 
fdjjon  oodjer  nidfjt  unbefannt  war.  2)a3  neuere  ßanbred&t  (ba$  fogen. 
9ted&t3bud&  SubroigS  be3  SBatjern  t>on  1346)  fe|t  eine  3lnfed(jtung$s 
frift  oon  Qfaljr  unb  £ag  (fädjftfdfje  grift)  für  ßrben  im  ßanbe  unb 
oon  jroei  Sauren  (römifd&e  grift)  für  @rben  aufcer  SanbeS  feft  (3lrt.  188 
unb  200) 8.  S)ie  SSerfe^r^bejie^ungen  Ratten  eben  weitere  gort* 
fd&rttte  gemalt,  unb  ba  erfd&ten  bie  10— 20  jährige  (SrfifcungSfrift 
fdfjon  ate  ju  toettgeljenb ,  bie  1 — 2  jährige  grift  ate  genügenb  *ur 
SBa^rung  ber  Sntereffen  ber  SKiteigentümer  unb  ©rben. 

@ine  befonbere  günflige  SBe^anblung  erfuhr  im  baijerifdfjen  SRed&te 
berS3erfaufau$9tot.  SMe  @rben  beS  SRotletbenben  Ratten  fein 
2Biberfpru<$3red(>t,  fonbern  nur  ein  33orfauf$re<$t  (©.  15).  ätorauä» 
fefcung  mar,  bafc  ber  33ejifcer  feinen  nädEjften  (Srben  ba$  @ut  jum 
ßaufe  anbot  unb  feine  Notlage  oor  ©eridfjt  eiblidf)  erhärtete. 

Slrt.  204:  858er  ©gen  ober  Se^en  §at,  unb  motten  ifyx  bie 
(Srben  baran  irren,  bafc  er  e$  ntd&t  oerfaufe,  ber  foH  fielen  auf  SRedfjt 
unb  fott  bereben  gen  ben  Jgeiligen,  bafe  er  be8  ©ute$  nid&t  länger 
erfparen  möge  oor  junger  ober  oor  groft  unb  oon  ©elbS  9tot  unb 
oon  befonberer  e^etyafter  3?ot  (bie  e^eljafte  Slot  fott  er  benennen),  ber 
foH  e$  barnad^  ben  nädjjften  ©rben  anbieten;  motten  fte  i$m  e8 
gelten  aU  anbere  &mtt,  fo  fott  er  tynen  e$  geben ;  töten  fte  e£  nid>t 
je^ant  [ju  iganb,  fofort,  alfo  bar],  fo  (jat  er  ©emalt  ju  geben, 
roem  er  miß4. 

2Ibet  audfj  bann,  menn  bie  Slot  mdjjt  bie  Seranlaffung  jur  S3er= 
äufcerung  btlbet,  aber  ber  SBeftfcer  bodjj  fo  arm  tft,  bafc  er  meber 
ein    Sßfanb    ftetten,   nodjj    Särgen   auftreiben  fann6,   um   feiner 

1  v.  b.  $forbten  Subro.,  ©tubten  $u  Äaifer  Subwig*  D&erbager.  Stabt* 
unb  Sanbrec&te,  1875,  ©.  146  unb  204.    Sgl.  £eu*ler,  3nft  U  113. 

9  M.  B.  XIX  p.  481  unb  488. 

8  mt  bem  Ablauf  ber  @r|tyung8frift  erlitt  natürlich  au$  bie  ®eroä$r* 
fd^aftöfrtft  beS  SeräufjererS.  3)er  ©rroerber  ^atte  t)on  ba  an,  wie  fid^  ba$  ®efe$ 
(Slrt.  188)  auSbrilcft,  bie  „fülle  ®en>ere/» 

4  2)er  Slrtifel  toar  auc§  im  älteren  fianbred^t  enthalten,  o.  b.  $forbten 
6.  200. 

6  <§£  ift  babei  ^auptfä^lic§  an  ererbten  JBeftfe  ju  benfen,  benn  bei  Jtaufgut 
lonnte  ber  Ser&u^erer  in  ber  Siegel  feinen  Vorgänger  al$  ©ewä^römann  [teilen. 


—    31    — 

©ewäljrfdfjaft&pflidfjt  ju  genfigen,  foll  er  über  feinen  ©runbbefife  frei 
oerffigen  fönnen,  wenn  er  vor  ©ertdfjt  biefe  SEatfad&e  eiblidj  be- 
tätigt1. SDie  33eftimmung  oerfolgte  wotjl  ben  S^ecf,  ernten 
oerfdfjulbeten  ©runbbefifcem  ben  SBerfauf  i^reS 
©runbbefifeeS  ju  erleid&tern.  SDenn  wer  fyat  £uft,  ein 
©runbfiüdE  ju  faufen,  wenn  er  ein  bis  jwei  Qo^re  lang  ©mwenbungen 
ber  (Srben  gewärtigen  mufj,  unb  ber  SBerfäufer  feine  ©id^er^eit  ba~ 
gegen  bieten  fann? 

Seifpiet  einer  gerid^tli^en  Stuflaffung  (Fertigung)  nadfj  2trt. 
200  unb  204  be3  9ted&t3bud&e8 2 : 

3$,  Ulrtdf)  ©täfctinger,  ber  3*ü  2anbrtd(jter  ju  S5adfjau,  befenne 
äjfentlidj  mit  bem  33rief  oon  ©eridjjtö  wegen,  bafc  in  Siedet  vor  mtdfj 
tarn,  ba  i$  ju  2)ad(jau  an  offen  Sanbredfjten  fafc  unb  ben  ©tab  in 
ber  &anb  W*  jw  rieten,  Qörg  Sßotfdjjner,  Sfirger  ju  ÜWünd&en,  unb 
fpradjj,  wie  er  unb  fein  @ef<$wiftergeit,  berer  ooffe  ©eroalt  [SBoff* 
tnacfjt]  er  Ijiet,  ju  laufen  gegeben  f)aben  ©imon  gretjmaner,  ber 
,3ett  3<Wner  «t»  Sfartor  ju  9Wündfjen,  iljren  eigenen  &of,  ju  Sßugenrteb 
gelegen,  mit  allen  feinen  3ube$5rungen,  unb  ftunb  alfo  l)te  unb  well 
bem  g.  ben  i§of  fertigen  unb  übergeben  als  ber  ©raffdfjaft  unb 
©djrannen  2)adfjau  SRedfjt  ift  nadEj  be$  SBudjjS  ©ag:  [SBtebergabe  von 
9lrt.  200].  Sfte  ba3  [bie  SBerlefung]  befd&a$ ,  rebet  5p. :  Sllfo  well 
er  ben  ißof  nadij  beS  oerlefenen  Slrtifefe  ©ag  mit  bem  @ib  fertigen 
unb  betätigen,  wann  er  weber  Jörgen  nodjj  ©ewäljrfdfjaft  gehaben 
mug,  unb  begehrt,  idlj  fofft  iljm  befe  ftatt  tun.  darauf  tiefe  idjj  ben 
^ronboten  rufen  3  ©tunben  [b.  §.  3  mal  mit  äbftanben  oon  1  ©t.] 
mit  lauter  ©timme,  ob  jemanb  ba  war,  ber  wiber  bie  Fertigung  ju 
reben  f)iet,  ber  fönt  unb  oerantwurt  ba$,  als  redjjt  war.  2)a  fam 
niemanb.  SDa  gab  [id&]  3ted&t  unb  Urteil :  5ß.  fofft  ben  &of  bem  %. 
fertigen  unb  aufgeben  mit  feinem  @ib  unb  mit  ©ertd&tä  i§anb  be* 
fifitigen  für  il)r  eigentlich  [eigentümlich]  erfaufteS  ©ut.  Sß.  Ijat 
barauf  einen  gegebenen,  gelehrten,  ftarlen  @ib  gefdfjworen  ju  ©ott 
unb  ben  ^eiligen  oor  offen  SRed&ten,  ba&  fie  ben  $of  oon  e^e^after 
unb  @elb£  SRot  nit  länger  erfparen  Ijaben  mugen  unb  tyren  ßrben 
ju  feinem  ©efäljrbe,  nadfj  be$  83ud&8  ©ag,  unb  ging  hierauf  hinein 


1  Urt.  200:  SBer  «nebet  Jörgen,  nodj  [anbere]  ©eroäljrföaft  gehaben  mag, 
ber  foll  e£  beft&ien,  al«  ba*  8ua)  fagt  [b.  (j.  in  2trt.  204  fagt],  wenn  ba$  ge- 
f<^te^tr  fo  (at  fH  alle  <3en>erf$afi  ergangen.4  —  S)er  SCrtifel  fc^eint  im  älteren 
ifanbre^t  nia)t  enthalten  gewefen  au  feinf  alfo  eine  SBetterentoidelung  bcS  im 
9rt  204  enthaltenen  ^rinaipö  baraufteilen. 

*  Mon.  Bo.  XIX.  Monast.  Püterich  n.  29,  @.  298  (a.  1459). 


—     32    — 

in  bic  ©djjrannen  oor  offen  ©eridfjt  unb  gab  mir  ben  igof  mit  aller 
feinet  3«9^örung  auf  unb  oerjief)  jtd^  befe  für  ft<$  unb  fein  ©ef dfjwijiers 
gett  an  ben  ©tab  in  ©eridfjts  §anb,  ben  antwurt  idfj  barnad&  bem 
g.  vox  offen  ©ertdfjt  mit  bem  Btab  unb  ©eridfjtS  &anb  ein  für  fein 
lebigeS,  eigentliches,  freiet  ©ut. 

2Bir  ^aben  Ijter  eine  öffentliche  ©ertd&täoerljanblung.  5ß.  l)at 
©Bulben  falber  fein  ©ut  oerfaufen  muffen,  ©ewctyrfc&aft  fann  er 
nid&t  leiften.  @r  wM  ba$er  ba3  ©ut  bem  ßäufer  nadjj  Slrt.  200 
unb  204  gertd&tltdj)  fertigen,  3U  biefem  Qmtdt  befdjjwflrt  er  feine 
SRotlage.  Safe  er  barauf  bie  ©d&ranfen  betritt  unb  gemäfc  fäd&pfd&er 
©emo^n^eit  ba3  ©ut  nadfj  oottjogenem  gerid&tlid&en  Aufgebot  in  bie 
£anb  be3  SftidfjterS  auflädt,  u>irb  oom  ©efefce  nid&t  geforbert,  finbet 
aber  barin  feine  (Srflärung,  bafc  bie  Parteien,  einmal  oor 
©erid&t,  biefe  weitere  Slrt  ber  ©tdfjerftellung  be$ 
SBefifcfibergangeS  al$  einen  Vorteil  empfanben  unb  ftd& 
barauf  einigten.  £at[ää)lid)  enthalten  bie  meiften  Urfunben,  wo  ein 
93erfal)ren  nad)  Slrt.  200  ober  204  oorfommt,  bie  geridfjtlicjje  Über* 
tragung. 

SBir  {jaben  eine  Stufenleiter :  3)ie  9Hd&tej:iftenj  t»on  ©infprud&S* 
redeten  mürbe  juerft  oon  3eu8cn  beftätigt,  bann  bur<#  Särgen 
garantiert,  fpäter  burdj)  33orfd|jiebung  etne$  ©almanneS  allem 
3meifel  entzogen,  enbli<#  mit  bem  SBa^rjeidfjen  richterlicher 
Autorität  beglaubigt.  SKan  i)ob  bie  Sreuljanberfdfjaft  über  biefe 
IjinauS,  inbem  man  bie  Dbrigfeit  jum  ^reu^änber  bcftcHte.  3Ran 
reinigte  ben  ©runbbefife  oon  ben  ©d&laäen  ber  (Sinfprudjjäred&te, 
inbem  man  i§n  ju  feiner  Duelle,  bem  ©runb^erm  öjofred&t)  bejto. 
bem  Äönig  unb  beffen  Vertreter  (Sanbred&t)  jurüdtfdfjicfte. 

2)ie  gerid&tlid&e  2luflaffung  in  ber  oben  gefd^ilberten  gorm 
fdfjeint  in  33atjern  im  15.  3fal)rl)unbert  red&t  beliebt  gewefen  ju  fein  *. 
ißäufig  mürbe  fie  audfj  bann  oorgenommen,  wenn  feine  Notlage  t>or= 
Rauben  mar,  bie  SBerpfUd&tung  jur  ©ewälirfdEjafteleiltung  in  red&t* 
mäßiger  SQBcife  erfüllt  werben  fonnte  bejw.  erfüllt  würbe  2„  3Rit- 
unter  mirb  bie  grage  überhaupt  ntd&t  aufgeworfen,  ob  ber  SBerfäufer 
$fanb  ober  33ürgfdfjaft  ftellen  fann,  fonbem  bie  Parteien  einigen 


1  ftvexliü)  lögt  fidj  ferner  beurteilen,  wie  weit  lofale  ©ewofjnfjeiten  baran 
beteiligt  waren.  $enn  für  bie  Slrt  ber  <3eroä§rfd)aft  war  au$  baS  ®raffdjaftö* 
rec$t  mafegebeub  (Slrt-  192:  ,.  .  .  als  beä  SanbeS  9tec$t  ift  unb  ber  $etrf$aft, 
ba  e8  innen  gelegen  ift"  unb  oben:  „als  ber  ©rafföaft  unb  ber  ©$ranne 
2)a$au  tted&t  ift"). 

■  3-  ».  M.  B.  XIX  p.  257  (1408)  unb  p.  281  (1439). 


—    33    — 

fid>  einfadj  auf  „gerichtliche  Fertigung"1;  mandjmal  ernennen  bie 
JRedjtefpredjer  auf  geridjtlid&e  Fertigung2,  ^ebenfalls  bc  = 
gnügten  fi$  bic  Parteien  gerne  mit  ber  gert^ tilgen 
Fertigung  an  ©teile  ber  ©eroä^rfd&aftsletftung.  S)enn 
obfdjon  biefe  in  einer  früheren  ^eriobe  einen  großen  gortfdjritt  be* 
beutet  Ijatte,  fo  rourbe  bodj  bie  Stotroenbigfeit  ber  ©efteHung  oon 
Sßfanb  ober  SBürgfdjaft  mit  ber  3*it  als  läfttge  geffel  empfunben. 
3)aju  fommt,  bafe  ba8  geridjtlidje  2lufgebot3t)erfal)ren  bie 
©idjerung  be3  @rroerber3  gegen  2lnfed&tung  butdE)  bie  ®rben  tedjnifdj 
beffer  (weil  btreft,  gern  tff ermaßen  automatifdj)  beroirfte,  als  bie 
©eroäljrfd&aftsieiftung.  2Ba8,  enblidj  bie  3Kitmirfung  be8 
SRidjterS  betrifft,  fo  bilbete  fie  bie  ftärffte  bamalS  möglid&e  ©arantie 
gegen  SBerljeimlidfjung  oon  genoffenf d&af tlidjen ,  bie  SBeräufjerung 
fjinbemben  33ejiel)ungen  jum  ©ute.  3)er  Stifter  gewann  mit  ber 
3eit  eingeljenbe  Äenntnte  ber  eigentum8oerl)ctltniffe  feinet  SBejirleS, 
wenn  ber  Sefifcroed&fel  gemöfjnlidj  burdfj  feine  Vermittlung  erfolgte. 
©£  war  ju  erwarten,  bafe  er  jtcf)  nidjt  jutn  ©trofjmann  eines  33e= 
trüget^  Vergab. 

V. 

9Kit  ber  fortfdjreitenben  ©elbmirtfdjaft  mirb  ber 
Sterfauf  oon  ©runbfifiefen  aus  einem  SRotbe^elf  immer  mefjr  eine 
regelmäßige  SBerfeljrStnftitution.  3)ie  Segünftigung ,  bie 
ba3  ©efefc  ben  notleibenben  foroie  überhaupt  ben  armen  ©runb* 
beftfcern  gemährte,  nrirb  nun,  juerft  burdj  bie  graste  (fie^e  oor), 
bann  aud)  gefefelidd,  auf  ba3  ganje  Äauf gebiet  ausgebest.  Ober 
beffer :  SMe  für  ben  SBerfauf  aus  3tot  eingeführten  ©runbf  äfee  mürben 
auf  bie  33er f  auf  e  au3  anberen  roirtfd&aftltdjen  2lnläffen, 
aus  ©elegen^eit,  jum  ©eminn  ufn>.  übertragen. 

2)ie  bai;erifd&e  Sieformation  oon  1518  fennt  feinen  Unterfdjieb 
tne^r  jnrifd&en  bem  SBerfauf  au«  -Kot  unb  ben  übrigen  SBeräufeerung^ 

1  M.  6.  XIX  p.  322  (1468).  $er  SKa)ter  fragt,  toie  e8  um  bie  ©en>ä$r* 
f<$aft  ftc^c;  ber  Jtäufer:  er  rciffe  nic^t  anberS,  al3  fte  wären  ber  ®en>ä$rfa)aft 
einä  [einig];  ber  Ääufer:  er  fjätte  genug  um  bie  ©eroityrfdjaft  unb  begehre  nid^t 
me$r  benn  Fertigung  mit  ©erta)t$  $anb. 

*  M.  B.  X  36  (1358):  „Sa  fefct  teft  [ber  Stifter]  fünfe  barum,  bie  ertaiten 
auf  tyren  ©ib,  man  foUte  iljren  (Srbcn  unb  greunben  (unb  tun  in  bem  ®erid)t 
...  ob  fie  nriber  baS  Seelgerftt  unb  baö  <8Jeftt)äft  [it&t  reben  »outen ,  baö 
foDten  fie  oerantroorten  auf  ba§  nftd&fte  Stecht,  unb  fomme  bann  niemanb,  ber  e3 
»iberfpreejen  »oUte,  fo  möchte  fie  [bie  ©eelgerätgeberin]  ed  wo$l  fertigen  mit 
$eri$t6(anb,  für  rea)te$  ©igen,  ben  oben  betriebenen  Ferren/ 
«o&en,  Setföulbuttg.  3 


—    34    — 

gelegensten.  33erfäufer  fott  ba$  ©ut  bcn  nädfjften  ©rben  jum  SBerfauf 
anbieten.  Üben  bief  e  baS  SBorfaufäredljt  nid&t  au$,  f o  erlangt  ber 
Ääufer  „alle  ©eto er".  SDa  oon  9tot  unb  Slrnrnt  feine  (Srtoäljnung 
metjr  gefdf)iet)t,  fo  ift.audlj  ber  gerichtliche  6ib  fotote  bie  pradjjtooHe 
altertümlich  *  plaftif d(je  ©ibeSformel  beä  StedjjtöbudjeS  weggefallen. 
Unterbleibt  bie  äfabietung,  fo  fyabm  bie  näd&ften  ßrben  binnen  3aljr 
unb  ftag1  ba3  @tnftanb$red(jt,  b.  1).  ba3  9ted&t,  in  biefer  grift 
ftatt  beS  ßäuferS  in  ben  Äauf  ju  treten  (XXIII  2).  2)a3  SBtber* 
f pru<$3re<J)t  ber  (Srben  ift  oerfd&nmnben;  benn  biejenige  SBeräufcerungS* 
art,  in  ber  e§  nmrjelt,  bie  ©djenfung,  Ijatte  an  praftifdjjer  Sebeutung 
fo  fetjr  oerloren,  baf$  fie  bie  SRedSJtSenttoidElung  nid^t  tne^r  be- 
einfluffen  fonnte.  — 

@S  f)at  feinen  ©inn,  bie  SBanblungen  be3  2?orfauf3*  unb 
@inftanbSredf)te$  burdf)  bie  SanbeSorbnung  oon  1553  (III.  33u<$ 
3.  SHtel)  ^inburd^  bis  jur  ©efefegebung  oon  1616  pi  oerfolgen.  @8 
genügt  ju  bemerfen,  bafe  e3  oerjlärft  würbe  unb  bafc  baburdfj  bie 
©nttoicflung  ber  gretljeit  ber  SBerfügung  über  Qmmobilten  eine  rfidf* 
läufige  9Wdf)tung  erfuhr.  SDaS  Sanbredfjt  oon  1616  Sit  10 
(oom  ©inftanb)  2lrt.  1  ftellt  bie  Siegel  auf:  „SBer  eigen  liegenb  ©ut 
l)at  unb  ba3  oerfaufen  will,  ber  foH  e3  feinen  greunben  [SBerwanbten], 
bie  iljm  bie  näd&ften  im  ©rab  ber  ©ippfdjjaft  big  in  oierten  ©rab 
oerwanbt  unb  im  Sanb  finb,  anbieten  unb  iljnen  oor  SÄnberen 
St  a  u  f  8  ft  a  1 1 1  u  n"  (SBorf auf Sredjjt).  @rf olgte  ba3  Angebot  orbnungS- 
mäfcig,  fo  Ijatte  ber  uädjfte  SBerwanbte  einQa^r  lang  ba^  ©in  ft  anhö- 
re d^t.  (Srfolgte  ba3  Angebot  nid&t,  fo  betrug  bie  (SinftanbSfrift 
jwet  Satjre  (Slrt.  2,  oergl.  audlj  Slrt.  13).  SDaS  ©nftanbgredfjt 
fxnbet  nur  bei  Käufen  ftatt,  alfo  ntdfjt  bei  Sauften  unb  Übergaben, 
au<$  nidfjt  bei  3xo<m%8vtTtä\xferi  (2lrt.  18,  19).  ©o  lange  bie 
@inftanb3frift  läuft,  foH  ber  Käufer  „nichts  bauen,  einigen  $in&  ober 
©ült,  fo  auf  bem  oerfauften  ©tficf  liegt,  nidfjt  ablöfen,  nodfj  ba3 
erfaufte  ©ut  weiter  oerfaufen,  oerfefcen,  oerpfänben,  oerfdfjreiben  ober 
ju  ©rbredfjt  ober  fieibgebing  oerlafen  ober  oerftiften,  noclj  aud&  in 
ben  juge^örigen  SBälbern  einigen  namhaften  &oljfdfjlag  tun  ober 
fonft  auf  einige  anbere  SBetS  unb  SBBeg  etwas  bergleidjen  fümeljmen, 


1  $te  grift  oon  jtoei  Sagten  für  SanbeSabroefenbe  ift  weggefallen.  Slufier 
ber  ermähnten  germanifd&en  gfrtft  oon  3a§r  unb  £ag  rennt  bie  Deformation 
(XXIII  5  unb  10;  au$  Sanbbot  oon  1516:  fol.  24)  bereits  bie  römifäen  @r* 
ftfcungSfriften  oon  3  Sauren  begro.  6  Sauren  (bei  8anbe8abioefen§eit);  fte  famen 
jur  Stntoenbung,  toemt  jemanb  nid&t  auf  ©runb  ber  ©rbeneigenföaft,  fonbern 
aus  einem  anberem  Xitel  bie  SSeräufeerung  anfechten  toollte. 


—    35     — 

baburdj  ba3  ©ut  beut  ©infte^er  ju  ©efafjr  unb  ©djjaben  roiber 
©ebüljr  unb  Sftedjt  bef<$roert  ober  gefdfjmälert  roürbe",  bei  ©träfe 
ber  Ungüttigfeit  be8  betreffenben  3tedfjt3gcfdf)äfte3  (2trt.  8).  SDer 
Stäufer  burfte  alfo  ba3  ©ut  roeber  beteriorieren  nodEj  meliorieren 
(nic^tö  bauen!),  er  burfte  roeber  bie  auf  bem  ®xxtt  laftenben  ©dEjulben 
abtragen,  nodj  ba3  ©ut  jur  Erlangung  oon  Ärebit  im  gaHe  ber 
SRot  oerroenben;  baS  ©ut  mar  berroeilen  oottftcmbig  extra 
commercium.  SDer  ©inftel)er  barf  ba8  ©ut  nur  für  fidj  felbft 
laufen  unb  nidEjt  „einem  anberen  ju  ©ef allen  ober  ÜRufeen";  b.  f). 
er  barf  fid&  nidjt  jum  ©troljmann  eines  ©ritten  ^ergeben,  ©r 
fott  audfj  „baS  ©ut  für  fi<$  felbfl  ju  behalten",  nidjjit,  e£  „um  tintä 
Übergewinns  totUett  roieber  ju  oerfaufen"  beabfidfjtigen,  b.  i).  er  foll 
ben  ©inftanb  nidEjt  jur  ©pefulation  mifcbraudfjen.  SDaS  muß 
ber  ©tnftel)er  auf  Verlangen  befd&roören.  Sei  ßuroiberljanblung 
Serlufi  beS  ©inftanbSredEjteS  unb  ©träfe  (2lrt.  5). 

3Bir  finben  alfo  nodfj  im  17.  3fa^rf)unbert  SRefte  ber 
fütnmuniftifdjjen  gamilienoerfaffung.  SEBctd^  anberen  2)ing 
aber  baS  2tnteüre<$t  ber  ißauSgenoffen  am  ©runbbefifc  geroorben  ift, 
bi§  eS  beim  ©mftanbSred&t  lanbete,  ge^t  barauS  Ijeroor,  baß  biefeS 
ben  ©efjenbenten  beS  SerfäuferS  nur  bann  jufteljt,  roenn  fie  bie 
ßauffumme  „nidfjt  oon  bem  Sater  ober  ber  9Kutter,  bie  baS  ©ut 
oerfauft,  fonbern  inanberroeg  Ijaben"  (Sanbredfjt  oon  1616  X  16). 
2>er  ©ebanfe  ift  offenbar  ber,  bafj  bie  S)efjenbenten  als  ©rben  in 
bie  Serfauferfiettung  treten,  alfo  in  biefer  ©igenfdjjaft  ntdfjt  felbft 
baS  ©inflanbSredjjt  ausüben  fönnen.  3)aS  agrarifdfje  Sßrtnjip 
beS  gamtlienfommuniSmuS  ift  in  ftonflift  gefommen 
mit  ber  Qbee  ber  erbredjjtlidjjen  Fortführung  ber 
inbtoibuellen  Sßerfönlidfjfeit,  unb  biefe  ift  im  Segriffe  ju 
ftegen.  3)er  Siegenf  dfjaftSoerfe^r  ift  jroar  nodfj  immer  bürftig, 
unb  ©dfjmib  berietet  (ßanbredfjt  X  14  Str.  1),  man  fefje  täglich 
bei  ben  Säuern,  roie  fefjr  fie  auf  ber  Soreltern  ©üter  erpidfjt  feien, 
fo  baß  fie  foldfje  anberS  nidjjt  als  in  ber  äufeerften  -Kot  oerliefcen. 
9iod&  immer  fpielt  alfo  im  Serfefjr  mit  bäuerlichen  ©runbftüdfen  bie 
91  ot  bie  Hauptrolle.  Statürliclj.  2BaS  fottte  audf)  ber  Sauer  nad& 
Veräußerung  feines  ißofeS  anfangen?  2)er  iQof  gab  i^m  bie 
„(rjrtftenjberedjjttgung",  roie  man  Ijeute  fagen  roürbe.  SBar  er  aber 
roirttidj  genötigt,  ben  $of  ju  oerfaufen,  bie  ©jiflenjbered&tigung  auf* 
jugeben,  um  ju  epfiieren,  fo  fonnte  ifjm  bie  geffel  beS  ©inftanbS- 
redjteS  feljr  läflig  roerben,  befonberS  ba  eS  ju  ©dfjifanen  ober  in 

eigennü|iger  SBeife  mifcbraudfjt  roerben  fonnte.    ©aS  baperifd^e  Sanb= 

:3* 


—     36    — 

redjt  oon  1616  warnt  j.  33.  baoor  (X  5),  bafj  bcr  ©inftanbSberedjitgte 
ben  Käufer  mit  bem  ©tnftanb  fd&reäe  ober  bebro^e,  ju  bem 
groeäe,  bafj  er  oon  tfjm  „Selb  ober  anbere  SBergteidjung  für  bie 
Stöfteljung  Dom  ©inftanb  abbringen  wollte". 

Die  ©rgcbnif f  e  finb: 

1.  Der  Smmobiliaroerfelir  ift  ein  Sßrobuft  ber  Ijiftorifdjen  @nt* 
rotälung.  ©r  ift  abhängig  oon  ber  greiljeit  ber  SBerffigung  über 
©runb  unb  33oben.  Diefe  gretyeit  ift  ein  SluSflufe  be$  Sprioat* 
eigentumS  an  ©runb  unb  ©oben. 

2.  SUiafegebenb  für  bie  Drganifation  be3  SiegenfdjaftSoerfeljrS 
ift  bie  ©tgentumSoerfaffung.  SDic  Öffentlidjfeit  ber  Übertragung  oon 
©runb  unb  Soben  in  ber  älteften  $eit  $  e^ne  S*>Ige  ber 
fommuniftif<$en  iRatur  be3  ©runbetgentumS. 

3.  Die  SBeftfcfibertragung  felbft,  anfangs  in  feierltd&er  SEeife 
vorgenommen  unb  ooll  oon  ©innlidfjfeit,  nrirb  immer  formlofer,  aber 
audj  immer  abftrafter. 

4.  Den  2lnftof$  jur  ©nttoiälung  be3  Siegenf<$aft3oerfel)r3  oon 
©tufe  ju  ©tufe  gibt  bie  Differenzierung  ber  ©efettfd^aft.  ©8  ent- 
fielen neue  33eoölferung3flaffen ,  bie  na<$  bem  ©rtoerb  oon  ©runb 
unb  Soben  als  bem  oorjüglidjften  3Kittel  jur  3Wadjt  ftreben:  ber 
ßleruS,  bie  ©runbljerren,  bie  Bürger  (ber  lv  2.  unb  3.  ©tanb). 

5.  Dabei  nrirb  ber  ©runbftüdEoerfe^r  immer  mannigfaltiger  unb 
formenreidjer.  Seiftung  unb  ©egenleiftung  finb  anfangt  in* 
t ommenfurabel ;  je  toertootter  ber  ©runb  unb  Soben  wirb,  befto 
genauer  toirb  bie  SßreiSbefttmmung. 

6.  Die  älteften  SBeräufeerungSarten  finb  (in  <$ronologifd)er 
Reihenfolge)  bie  ©d&enfung  jum  ©eelenljeil,  bie  SBeräufcerung  aus 
■Jiot  (Äommenbatton),  ber  £aufd&  (beljufs  Slrronbierung).  9lu3  bem 
9totoerfauf  entmideln  fi<$  bie  Sßerpfänbung  unb  bie  gronung. 

7.  216er  nidjt  nur  bie  SeoölferungSflaffen,  bie  eine  SBerme^rung 
iljreS  ©runbbeftfeeS  toünfdjen,  Ijaben  ein  ^ntereffe  an  einem  regeren 
Siegenfd&aftSoerfefjr,  fonbem  aud)  btejenigen,  bie  aus  toirtfdjaftlid&en 
©rünben  genötigt  finb,  ifjren  ©runbbefifc  ju  oeräufcern. 

8.  Daljer  ©rtoeiterung  beS  inbioibuetten  SBerfügungSredjteS 
(SeilungSbefugniS,  3lbfd&idjtungSred)t,  aSeräufeerlid^feit  beS  Anteils), 
©djtoädjung  ber  alten  2BiberfprudjSredjte  (Umtoanblung  in  ein 
ßofungSredjt,  fpäter  in  ein  58erf aufSredjt ,  nodj  fpäter  in  ein 
JRetraftrcd^t) ,  jeitlid&e  Segrenjung  berfelben  (gertd&tlid&e  Sluflaffung, 


—    37     — 

@infüf)rung   bcr   römifdfjen   (SrjtfcungSfriften ;    redete   ©ewer,   ftittc 
©eroer). 

9.  3)ie  Sfirger  fudjjen  i^ren  im  ißanbel  unb  ©ewerbe  erworbenen 
9leic&tum  in  ©runbbefifc  anjulegen.  Sie  jugunften  ber  notleibenben 
©runbbefifcer  eingeführten  5Berfef)r$erletd(jterungen  werben  allgemeine 
(Srrungenfdfjaft.  2lu3  bem  agrarif<$en  3mmobtliaroerfel)r3re<ijte  be$ 
SWittelalterS  ift  ein  bürgerliches  Siedet  geworben. 

§  2. 

BEfrarfiiung. 
I. 

33eoor  wir  in  ber  SDarfteHung  ber  ©ntmieflung  ber  3Ser- 
äu&erungSarten  —  burdjj  Erörterung  ber  SBerpfänbung  unb  SBer= 
gültung  —  weiterfahren,  muffen  wir  einen  33liä  werfen  auf  bie 
©ntfieljung  ber  ftaatlidjjen  3roang3oollftre<fung. 

Die  geridfjtlid&e  Qxoan^voWitudnxii  jugunften  von  $ßritwt= 
forberungen  ift  ebenfo  wie  bie  grei^eit  ber  Verfügung  über  ©runb 
unb  Soben  feine  „ewige",  fonbern  eine  „l)iftorifdjje  Äategorie",  b.  Ij. 
fte  ift  erft  im  Saufe  ber  gefdEjidfjtlidjjen  ©ntwicflung  entftanben1. 

2Benn  wir  bieS  nd^er  barlegen  wollen ,  fo  muffen  wir  an  bie 
altefte  ©attung  oon  ©d&ulben  anfnüpfen,  3)ie3  waren  bie  35eliftS= 
fd&ulben.  SRed^ttwibrige  ©ewalt  ift  ^tftortfdfj  bie  erfte  23erfdjjulbung8* 
urfadje.  2)ie  oerlefcte  Sippe  fonnte  nämlidf),  ftatt  33lutrad(je  ju  üben, 
fid)  mit  einer  33uf$e  aufrieben  geben :  Söergelb.  2Bie  aber,  wenn  ba$ 
SEBergelb  nidjjt  bejaht  würbe?  2)ann  fonnte  zweierlei  eintreten: 
(£rften$  trat  baS  §ef>bered(jt  wieber  in  2Birf famfeit ,  unb  in  SBer- 
folgung  beSfelben  fonnte  ber  SBerlefete,  alfo  ber  ©laubiger,  ftdjj  eigene 
wältig  Sefriebigung  oerf dfjaffen  —  ©elbftpfänbung.  gerner 
würbe  bie  Verweigerung  ber  (Sntrid&tung  ber  Sufee  als  Un- 
ge^orfam  gegen  bie  Dbrtgfeit,  afe  Störung  be3  öffentlichen 
3frieben3  betyanbelt  —  ber  $riebenSbre<fjer  würbe  friebloS  er* 
f  lärt,  geästet,  in  ben  Sann  getan.  SBon  biefer  9Jtofjregel  §atte 
aber  ber  ©laubiger  nidjjtö;  benn  baS  fonftejierte  Vermögen  fiel  bem 
Äönig  ju. 

Um  bie  erjten  Anfänge  ber   gerid&tlidfjen  gwangSooUftretfung 

1  3für  bad  gfolgenbe  oergt.  bef .  «runner,  S)eutf  $e  9te$t*gef eftttye  1 279  ff., 
II  445  ff. 


—     38    — 

Derfieljen  ju  formen,  muffen  mir  eine  ©tgentümltdjfeit  be3  älteften 
©dfjulbrecfjteS  tüof)l  beachten. 

3)ie  XÜgung  ber  ©Bulben  lonnte  nämlidfj  aud|j  in  ber  SBeife 
erfolgen,  bafe  ftatt  ber  eigentlid&en  Seiftung  eine  8rfafc  = 
letfiung  gemalt  würbe.  2>ie  Srfafcleiftung  fonnte  eine  befinittoe 
fein  (SBerfauf  an  3al()fang8ftatt)  ö^er  ewe  prooiforif^e,  b.  t). 
eine  (Srfafeleiftung  mit  33efugni$  be3  ©d&ulbnerS  jur  SluSlöfung  be3 
jum  (Srfafce  ©eleifteten  burdfj  Seiftung  beS  urfprüngltdj)  ©efd&ulbeten. 
2)amit  §aben  mir  bie  SBerpfänbung  in  iljrer  ältejien,  urfprüng* 
lidfjen  gorm,  in  ifjrer  Stammform.  SUleS,  xotö  oeräufeert  merben 
fann,  fann  audfj  als  Sßfanb  benufct  merben,  aud&  ber  ©d|julbner 
felbft1.  Slber  audfj  britte  Sßerfonen  (abgefeljen  von  ben 
©Maoen,  bie  ja  ate  ©adfje  galten)  j.  33.  ©ippegenoffen,  fonnten  jur 
©rfafcleifiung  ^erangejogen  merben,  unb  jmar  an  3<*l)lung3ftatt 2  ober 
an  SßfanbeSftatt  (©eifel)3. 

®ie  SSereitmiHigfeit  be3  ©läubigerS,  ftatt  ber  eigentlid&en  Seiftung 
eine  ©rfafcleiftung  anjunefjmen 4 ,  erflärt  fi<§  aus  bem  SWangel  an 
©elb  unb  au«  ber  ©leidfjförmigfeit  ber  33ebürfniffe  unb  igauSftänbe6. 
35a  ein  ©ut  fehlte,  ba3  allen  SBerten  jur  gorm  tyätte  bienen 
fönnen,  fo  mar  e£  Sftebenfadje,  in  melier  gorm  bie  SBerte  in  bie 
SBirtfc^aft  eintraten.  SDie  ©letd&förmtgfeit  ber  2Birtfd&aftS*  unb 
&eben$meife  oer^inberle  inbioibuette  SBertfdfjäfcungen :  bie  ÜBert* 
fdEjäfcungen  maren  fonoentioneH  unb  fanben  iljren  2lu8bruä  in  ben 
SBertta^en  ber  33otföredf)te.  2lud(j  bie  aRangel^aftigfeit  be3  SBoH* 
ftredungSmefenS ,  baS  geilen  einer  ftaatlidEjen  3mangSr>oEftre<fung 
mirfte   barauf   §in,   bafj  ber  ©laubiger  in  entfpred&enben   Grfafc= 

1  ©allifcr)e$  ftonsU  beö  7.  3a$r$.  (bei  «runner  II  §  109):  „De  ingenuis, 
qui  se  pro  peeunia  aut  alia  re  vendiderint  vel  obligaveriut."  33gl.  L.  B.  II  1 : 
„.  .  .  ipse  se  in  servitium  deprimat."  Xie  Ätrdje  roirfte  barauf  §in,  bafi  von 
bem  unbebingten  ©elbftoerfauf  in  bauernbe  Äneci)tfa)aft  abgefeiert  tourbe. 

2  Srunner  II  448:  „@inft  fa)eint  es  erlaubt  getoefen  ju  fein,  ntc^t  nur 
ben  eigent(ia)en  ©djulbner,  fonbem  au$  ßeroiffe  Sippegenoffen  beäfelben  gu 
pfänben,  fo  bafj  bie  ©ippe,  wie  ber  JJeljbe,  fo  auä)  ber  $fänbung  auägefefct  war." 

*  ©d&roeber,  !Rea)t3gefa)ia)te,  4.  SlutT.  ©.  290:  $er  ©eifel  „wenn  bie  2tu3- 
löfung  unterblieb,  in  ©a)ulbfne($tfa)aft  verfiel  unb  gänglia)  ber  SBiUfür  be3 
©läubigerS,  ber  if)n  »erlaufen,  oerftümmeln,  töten  tonnte,  preisgegeben  war". 

4  «runner,  9tea)t3gef($ia)te  II  442:  „21u#  toenn  Urteil  unb  SBette  auf 
eine  ©elbfumme  lauteten,  erfolgte  bie  3a^lung  meiftenS  nia)t  in  ©elb,  fonbern 
in  ©elbeöroert,  in  Anetten,  Siel),  SBaffen  unb  fonftigen  ©tücfen  beroeglidjer 
$abe.- 

5  Sgl.  3nama«@ternegg,  Sßert  unb  $reid  in  ber  älteften  $eru>be  beutfa)er 
Solfötoirtf^aft.    3a^rbäa)er  für  ^ationalöfonomie  1878  @.  214  ff. 


—    39     — 

leiflungen,  au<$  prooif  orif  djjen ,  eine  2lrt  oon  SBefriebigung  fa$:  er 
war  frolj,  überhaupt  ttxocß  ju  befommen,  unb  wenn  er  nur  bem 
SBcrte  nadfj  baS,  roaS  iljm  jufam,  erhielt,  fo  legte  er  feinen 
2Bert  barauf,  eS  in  einer  beftimmten  gorm  ju  erhalten. 

9Ran  fteljt  —  bieg  bitte  id[>  bem  ©ebäd&tnte  moljl  einzuprägen  — / 
baft  in  biefem  ©tabium  ber  S3erfe§r3entmi<flung  bie  SBerpfänbung 
noä)  fein  Ärebitgefd^äft  ift,  fonbern  ein  Sarg efdjäft.  @$  tfi  aber 
au<j>  flar,  baft  in  einer  3^r  tt)o  e$  nodjj  feine  ftaatltdfje  ^wan^ 
DöBfirecfung  gibt,  ber  Ärebit  überhaupt  fefjtt  unb  feine 
Ärebitgefdfjäfte  gemalt  werben1.  Sogar  ba3  ©piel  ifl  m><$ 
33argefd&äft:   „33eim  Goppeln  muß  man  fefcen!" 

2Ba$  nun  bie  ©ntfle^ung  ber  fiaatltd&en  groangSoottftredfung  be- 
trifft, fo  motten  mir  nur  bie  &anb§abung  (©dfjulbner  felbft)  unb  bie 
gronung  (unberoeglid&eä  Vermögen)  in  ttjre  Anfänge  oerfolgen.  S)enn 
bie  2tnf finge  ber  geric&tlidfjen  9Robiliarpfänbung  „liegen  im  bunflen" 2. 
©omofjl  bei  ber  iQanbljabung  afö  audfj  bei  ber  Krönung  flogen  mir 
nun  aber  auf  ben  oben  ermähnten  ttnterfd&ieb  jnrifd&en  bepnitioer 
unb  prooiforifd&er  (Srfafetetftung. 

©er  SBergelbfd&ulbner  tonnte  oon  ber  regreßpflichtigen,  aber 
jaljlungSunffiljigen  Sippe  in  ©d&ulbfnedfjtfdfjaft  oerfauft  merben  (lex 
Sal.  tit.  58 :  „in  raallo  praesentare  debent").  2Benn  tljn  niemanb 
au&ldfie,  bann  oerftel  er  jroang$meife  bem  ©laubiger  („de  vita  sua 
componat").  SMefe  „SßreiSgabe"  an  ben  ©laubiger  fd&mfid&te  ftd& 
im  Saufe  ber  3*ü  jur  ©djulbljaft  ab,  bei  ber  ber  ©djulbner 
burd&  nadfjträglfdfje  3a^^n8  auggelöfi  merben  tonnte.  aber  nodfj 
nad[|  bem  ©dfjmabenfpiegel  ifl  bie  ©djjulbl>aft  fel)r  ftreng  (c.  252): 
3)er  ©laubiger  fottte  ben  ©dfjulbner  „galten  gletdfj  feinem  Qngeftnbe 
mit  Slrbeit  unb  mit  ©peife.  Unb  miß  er,  er  mag  tljn  bef fließen 
in  ein  ©ifenbanb"  (Slodf,  gu&fd&ette). 

Watt)  ben  (Srgebniffen  unferer  Unterfudfjung  auf  ©.  1  ff.  ifl  e£ 
oerflänblid& ,  bafc  bie  3mmobiltare£efution  fid)  erjt  oer&ältniSmäfng 
fp«  entmidfelte8. 

1  Bfranfen,  ®efa).  beS  frans.  $fanbre$t*  (1879)  @.  213:  ,3n  einer  @efeU- 
f$aft,  beten  Vertrauen  auf  bie  öffentliche  ®eroalt  alö  ©$üfeerin  oermögenä* 
rea)t(ta)er  Sntereffen  etwa  noa)  Qleia)  Sfcutt  wäre,  ftnb  alle  ©efdjäfte  8argefa)äfte.* 
Sgl.  $eu*ler,'  3nfr  II  227:  .Selber  ßaben]  aud)  bie  2)euifa)en  auf  ba* 
,bcutfa)e  SRanneöroort"  oon  aller«  Ijer  nia)t  Qalb  fo  feft  gebaut,  alö  man  fta) 
einteben  mda)te." 

8  »runner  I  279. 

1  <&*  mar  leichter,  einen  SRann  feiner  greiljeit  $u  berauben  a(3  feine«  An- 
trifft am  £anb.    (Hearn,  Aryan  houeehold,  1891  p.  77.) 


—    40    — 

SDie  Srnmobiliaresef  ution  ift  aus  ber  auf  ben  aSermögen^ 
bann  (ÄonftSfation)  befd[jränften  griebloflgfeit  ^eroorgegangen.  ©ie 
erfdjjeint  juerfi  in  bcn  Äapitularien  geregelt.  Äapttulare  mm  818/9 
c.  II1:  SBenn  bie  Hegenben  ©üter  eines  Übeltäterg  fonftejiert 
roorben  finb,  fo  fann  er  fte  binnen  Qaljr  unb  £ag  aus  bem  Sann 
löfen,  j.  33.  burdj  freiwilligen  SBerfauf  unb  3a^^n8  bet  33ufce. 
3laä)  Slblauf  ber  grift  oerfallen  fte  bem  gtöfuS.  SDie  vom  Übeltäter 
gefdfjulbete  SBufce  wirb  oom  ©rafen  au«  ben  auf  ben  ©ütern  be- 
finblidjen  beroegltd&en  ©egenftanben  bem  ©laubiger  bejaht ;  reiben  fte 
ni<$t  §in,  fo  wirb  ba£  geljlenbe  au£  ben  ©ütern  felbft  er- 
gänjt  (de  immobilibus  suppleatur).  SBenn  ber  Übeltäter  in  @e= 
meinberfdfjaft  fi|t  (si  nondum  cum  suis  coheredibus  proprium 
suum  divisum  habuit),  fo  wirb  Borger  gertd&ilidfjeS  Aufgebot  unb 
Stbfdjjidfjtung  oorgenommen  (convocet  eos  comes  et  cum  eis 
legitimam  divisionem  faciat). 

SDie  ©infü^rung  ber  SmmobiliareEefuiion  bebeutet  einen  großen 
$ortfdjritt  nidjt  nur  für  ben  ©laubiger,  fonbem  audfj  für  ben 
©dfjulbner.  Sener  fonnte  bei  glud&t  be3  ©dfjulbnerä  ftdjj  an  beffen 
unberoeglid&e  ©üter  tjalten,  unb  biefem  bot  bie  Smmobiliaresefution 
ein  3JIittel,  ber  ©jefutiofnedfjtfcijaft  ju  entgegen. 

3m  ©dfjroabenfpiegel  (c.  176)  beträgt  bie  grift,  binnen  roeld&er 
ber  ©d&ulbner  ba$  ©ut  einlöfen  fann,  nur  me$r  fedjjS  SBodfjen.  3n 
biefem  9?ed[)tebud(j ,  fotoie  im  ©adfjfenfpiegel  (2lrt.  41)  ift  ba$  @e* 
famtfjanboerliältnte  (f.  o.)  in  ein  binnen  3a§r  unb  £ag  aus* 
juübenbeS  SofungSred&t  bejm.  betraf  tredljt 2  oerflüd&tigt. 

IL 

ÄHe  SBerpfänbung  t)on  ©runbftüden  entroidelt  fidf)  au$ 
ber  ©.  13  befdfjrtebenen  „SBeräufjerung  aus  ©dfjulbnot".  3)er  SBer* 
gelbfd&ulbner  übertrug  ©runbftfiäe  an  3öfjlung3ftatt,  behielt  fid&  aber, 
nrie  tym  biefeä  bei  ber  missio  in  bona  ein  3a$r  lang  jufianb,  bie 
SBiebereinlöfung  oor.  SBenn,  tote  geroö^nlidfj,  eine  SßiebereinlöfungS* 
frift  nereinbart  roorben  mar,  fo  oerpel  ba3  Sßfanb  na<$  erfolglofem 
Slblauf  ber  grift  bem  ©laubiger;  ber  ©laubiger  fonnte  über  ba£ 
oerfallene  Sßfanb  oerfügen  wie  über  anbereS  ©igen8.    SDie  ©afcung 

1  Boretius  I  283. 

2  ,$arna$  fomme  fein  @rbe  oor  ©erid&t  —  binnen  %af)t  unb  Sag  — 
unb  aielje  ftc§  $u  feinem  @rbe  .  .  .  unb  gelte  bie  ©djulb,* 

8  2>ie  2lu8brtt<fe  lauten:  JJttr  Serpfftnbung  ponere  in  manum  (pignoris 
causa),  obligare,  sazze,    aerfefcen  unb  einantworten  [©afcung]  ufn>.;  für  ben 


—    41    — 

ifl  protrifortfdjje  ©rfafeleiftung :  folange  ber  ©laubiger  ba£  Sßfanb  in 
igänben  $at,  $at  er  feinen  2lnfprudj  gegen  ben  ©d&ulbner  (audE)  lein 
Qntereffe  baran,  üjn  weiter  ju  verfolgen) l.  Seim  $fanbt>erfall  t>er= 
roanbelt  ft<l)  bie  protuforifd&e  ©rfafcleifhmg  in  eine  beftnittoe. 

Über  bie  $ett  ber  ©ntfie^ung  ber  ©afcung  befielen  3KeinungS= 
oerfdfjiebenljeiten.  3n  ben  romanifdfjen  Säubern  (Italien  *  t  granf- 
retd&)  fd(jeint  fie  früher  aufgefommen  ju  fein  aU  in  ©nglanb  unb 
3>eutfdf)lanb.  SJtacfj  i&äberlin  (©.  145)  liefert  bie  greifinger  ©amm* 
lung  vom  ©nbe  beä  12.  bis  jutn  Anfang  be3  15.  3al>rl)unbert$  Ur* 
funben  über  ©afcungSgefd&äfte.  SDie  tum  uns  benufcten  Urfunben 
au3  berfelben  Sammlung  finb  jum  5Eeil  oljne  SDatum,  junt  £eil 
liegen  fie  jnrifd&en  1259  unb  1361. 

3)ie  ©afcung  bebarf,  ba  fie  eine  Verfügung  über  ©runbftüdfe 
enthält,  flu  iljrer  Segrünbung  berfelben  Formalitäten  unb  SBorauS* 
fefcungen  mie  bie  Übertragung  liegenber  ©fiter  überhaupt8.  3)a 
aber  ba3  Qntereffe  be3  nadfjften  @rben  bei  ber  ©afcung  nid&t  nur 
burdj)  ben  (Srbenlaub,  fonbem  audfj  burdfj  baS  bem  ©djjulbner  ju= 
fie&enbe  (oererbung3fäl)ige)  SßieberlofungSred&t  gefdfjüfct  mar,  jener 
-übrigens  feiten  in  belferen  SBermögenSperljältmffen  gemefen  fein  wirb 
atö  ber  Sßfanbfdfjulbner,  fo  merben  (Srbenlaub  unb  ©rlofung  bei  ber 
<5a|ung  geringere  Sebeutung  gehabt  §aben  rote  bei  ber  Veräußerung 
im  allgemeinen. 

SMe  ©afeung  bot  ben  33efifcem  oon  beroeglidfjem  Kapital  ©e- 
legenfjeit,  biefem  eine  anbere  gorm  flu  geben,  in  ber  e8  grüßte 
bradjte.    9tamentltd&    benufcten   oiele   Älöfter    unb    ©eiftlidfje4   bie 


Setfall:  cadere  ab  praedio,  praedium  pertinere  debet  ad  . . . .,  proprietatis 
titulo  redire  ad  .  .  .  etc. 

1  9tec$t36ud)  3rt.  240:  Äfogt  einer  ben  anbern  um  (Selb  unb  fprid&t  bann 
jener,  i$  leugne  i$m  be«  @e(bed  m$t,  er  $at  aber  ein  $fanb  von  mir,  fo  foff 
er  mit  Äu§e  fiten. 

9  Roth.  c.  173:  Et  ßi  talis  ei  evenerit  necessitas,  ut  terra  cum  man- 
cipia  aut  sine  maneipia  vendere  aut  loco  pignoris  ponere  debeat, 
dicat  priuß  iili,  cui  thingavit:  .  .  .  .  si  tibi  videtur,  subveni  mihi  et  res 
istas  conseiro  in  tuam  proprietatem. 

*  9tor  bie  Äuflaffuno.  im  engeren  @inne  ($er3i$t(eiftungder!(arung) 
fällt  weg. 

*  ßamprea)t,  öeitr.  3.  ®ef*.  be*  frans-  SBirtfcfraftSfeben*  im  11.  3a&rlj., 
1878  (©$mouer,  gorfä).  I  3)  ©.  136  ff.  ©aefur,  öeitr.  9.  Söirtföaftögefä. 
frana«  «.  totyring.  Ätöfter  im  10.  unb  11.  3a$r$.  (3eitf$r.  für  ©03.*  u.  SBirt- 
fa)aftd0efc$. 1, 1893,  ©.  168  ff.)  Allix  unb  Genestal,  les  Operations  financieres 
de  l'Abbaye  de  Troarn  du  XI.  au  XIV.  siecle.  (3ierie(ja$r£f4r.  ufw.  roie  aor, 
II  1904  e.  623  ff.) 


-    42     — 

©afcung  baju,  um  entbe&rlid&en  SSorrat  an  golbenen  unb  ftlbernen 
ßirdjjengerätfdjjaften  ober  anbeten  Äoftbarfeiten  in  ©runbfifiefe  ober  in 
SRenten  oon  ©runbftttdfen  umjufefeen.  SMftenS  war  ber  ©d&ulbner 
md&t  in  ber  ßage,  fein  SBieberlofungäredjjt  auSjuüben;  bann  $atte 
man  ein  ©runbftficf  bittig  erworben,  was  um  fo  fdfjäfeenSwerter  war, 
afe  ber  ©runberwerb  fdjnrieriger  geworben,  ba3  Streben  bamad^ 
ba£  gleite  geblieben  mar.  S)en  großen  Ferren  aber  bot  bie  ©afcung 
bie  3WöglidSJfeit,  jur  SBerwtrflidjung  müitärifdjer  ober  polittfd&er  ^Jläne 
iljren  ©runbbeftfe  ^eranjujteljen ,  oljne  Ujn  beftnttio  aufgeben  ju 
muffen,  oielmeljr  mit  ber  2luSftdjt,  beim  ©intritt  gänfiiger  SBer- 
^ältmffe,  alfo  namentlich  wenn  ba3  ©lücf  mit  i^nen  mar,  nrieber  in 
feinen  S3efife  unb  SWufcgenufe  ju  treten. 

SMefer  ©Ijarafter  ber  ©afcung  al*  einer  Slrt  oon 
©runberwerb  unb  aU  einer  $ortfefcung  ber  auf  Sin* 
fammlung  be3  ©runbbefifceS  in  wenigen  Rauben  ge  = 
ridjteten  Strömung  jeigt  ftd)  barin,  bafc  urfprflnglid&  bie  ©in« 
löfungSfrtfi  bei  ber  ©afeung  in  ber  Siegel  eine  ßberrafdjenb  furje 
mar,  nur  ein  falbes  Qa^r  ober  ein  $af)T  betrug1.  3)ie  ©afcung 
mar  eben  im  roefentlt<$en  nodfj  SSerfauf  aus  sJtot;  bie 
Stücfgangigmad&ung  mirb  bem  ©dfjulbner  furje  3*ü  öff#*  8*foff*n, 
aber  eigentlich  oon  feiner  ©eite  fo  redjt  erwartet. 

©tärfer  als  bei  ber  ©afeung  (älteren  ©afcung)  trat  ber  ©^arafter 
ber  ©idjerung  burdf)  Spfanb  bei  ber  Sßfanboerfdfjretbung 
(neueren  ober  jüngeren  ©afeung)  Ijeroor.  ©tatt  ba3  ©runbftficf  ju 
übergeben,  übergab  man  ein  ©urrogat,  ba$  ben  ©laubiger  in 
ben  ©tanb  fefcte,  jeberjeit  fidfj  in  ben  Seftfc  be3  SßfanbeS  felbft  ju 
bringen,  namlidfj  eine  Urfunbe,  in  ber  man  ba3  Sßfanb  nur  oer* 
fd&rieb.  35ie  Urfunbenbegebung  biente,  wie  bei  ber  ©igentumä* 
Übertragung  (Äapitel  I),  al$  ©tjmbol,  nämlidfj  §ter  afe  ©gmbol 
ber  SBerpfänbung.  2)a  ber  ©laubiger  auf  ©runb  ber  Sßfanb* 
oerfdjreibung  ba3  Sßfanb  l)erau$oerlangen  fonnte,  fo  burfte  ber 
©dfjulbner  ba3  Sßfanb  mdfjt  oeraufcem ;  gegen  eine  etwaige  geridfjtlid&e 
33efd(jlagnal)me  be3  ©runbftücfeä  fonnte  ber  ©laubiger  unter  33or* 
weifung  feiner  Sßfanburfunbe  ©infprudf)  ergeben. 


1  SBenn  ®($ulbner  unb  ©laubiger  bie  beireffenben  @runbftütfe  ni$t  felbft 
bewirtfäafieten,  fonbern  na$  Sei^ered^t  ausgaben,  ober  wenn  e8  fidj  bzi  ber  3ta> 
pfänbung  nid&t  um  ©aäjgüter,  fonbern  um  ©mfttnfte  ober  anbete  nufcbare 
diente  Ijanbelte,  fo  »erurfaa)te  ber  furae  8eft|n>ea)fel  Uint  unoerijältniömäfetgen 
©$wierig!eiten,  fonbern  bie  Eienfie  unb  Abgaben,  mürben  bann  einfadj  itokt 
bem  ©tt)u(bner  bem  ©laubiger  gegiftet. 


—    43    — 

2>ie  Sßfanboerfdfjreibung  eignete  fidj  befonberS  für  fold&e  gäHe, 
wo  e$  ftdj  mdfjt  um  befte^enbe  ©Bulben  fymbelte,  fonbern  um 
©td&erfteffung  für  fünftige  ©Bulben,  beren  ©jiftenj  unb  ©röfje  nodfj 
mdjt  feftftanb,  aifo  um  btofte  &aftung3oerbinblidf) fetten. 
&ter  Ijatte  ber  @<$ulbner  feinen  2lnla§,  bem  ©laubiger  jefct  fd&on 
©runbfiücfe  einzuräumen,  beren  Sßufcgenufj  bem  ©laubiger  ju  ftatten 
fam.  gäfle  folget  Haftung  jtnb  namentlidjj  bie  ©en>äf)rfdf>aft  beim 
Äauf  *,  bie  ©d&abenerfa$pflid(jt,  bie  Haftung  gegenüber  ben  ©enoffen 
wegen  SBaljrung  i^rer  SKitred&te,  fpäter  bie  au3  ber  SBerroaltung  beS 
grauen«  unb  beS  ÄinberguteS  entftanbenen  SBerpflüdfjtungen.  ©ntftefjt 
au£  ber  £aftung  eine  präfente  unb  iiquibe  ©djulb,  fo  fann  ber 
©laubiger  iid&  in  ben  Seftfc  be$  SßfanbeS  fefeen,  roenn  nötig,  mit 
geriet  lief)  er  £ilfe.  ©inftroeilen  bient  i^m  bie  Sßfanboerfd&retbung  afe 
prooiforifdfje  ©rfa|leiftung 2.  SOBie  bie  (SigentumSfibertragung  burdj 
Utfunbe,  fo  tritt  audfj  bie  fijmbolifd&e  SBerpfänbung ,  bie  neuere 
Saftung,  juerft  (feit  bem  11.  Safjrljunbert 8)  in  bem  mirtfd^aftli^ 
entwitfeltften  Sanbe  auf,  in  Italien.  S)ie  Meinung,  bafj  bie  neuere 
©afcung  im  roef  entließen  ein  ftäbtifd^ed  ^nftitut  getoefen,  tyat  fdfjon 
«eu£(er  afe  unjutreffenb  jurücf  geroief  en 4. 

9toifirlidfj  fonnten  mdjjt  nur  ©runbfifidfe,  fonbern  audf)  nu^ 
bare  SRed^te  an  folgen,  &t\)xdvx,  bäuerlid>e  3Me  wfw.,  au3 
9tot  oerfauft  unb  oerfefct  werben.  2lfe  in  ben  ©täbten  infolge 
SlmDad&fenS  ber  Seoölferung  ber  abgabepflichtige  ©oben  im  SBerte 
gefHegen,  anberfeitö  ba$  Sebürfnte  nad&  beroeglid&em  Kapital  größer 
geworben  mar,  ba  beftanb  ber  3lnlafe  unb  bie  SWöglid&feit,  ©runb 
unb  Soben  afe  ©ntgelt  für  eine  ^Barleistung  ober  jur  Sejaljlung 
wm  ©Bulben  mit  einer  feften  2tbgabe  ju  belegen  (Stentfauf, 
©ültfauf).    @rft  fpäter  oerbreitete  fidfj   ber  ©ültfauf  aud&  auf 


1  beugter  II  ©.  147:  ,$iefe  Serpfänbung  ftnbet  fic$  namentlich  in  ben 
ba^erifd&en  Urtunben  auf  Stritt  unb  Xritt,  »eil  ba3  baperifefce  Sanbrea)t  bei 
Serfauf  oon  £iegenfa)aften  für  bie  Stauer  ber  ©en>Ä&rfa)aft3frift  oom  Sertäufer 
Bürgen  ober  gürpfanb  »erlangt.4' 

*  Söie  bie  ©afcung  jur  $f anboerf a)reibung ,  fo  fa)n>äa)te  fta)  bie  93er* 
geifelung  jur  8ürgfa)aft  ab.  SBä$renb  ber  „©eifel*  in  bie  Gewalt  be* 
Gläubiger*  übergebt,  ift  bteä  beim  »Bürgen*  (fideijussor)  ma)t  ber  gaU.  «ber 
aua)  ber  ,  Bürge*  ift  sun&ftft  noa)  (prooiforifdje)  @rfafcleifiung,  er  mufc  für  ben 
$auptfa)u(bner  »einfielen*. 

*  Sruniter,  $orfa)ungen  6.  624. 

4  3nft  II  148:  „  .  .  .  .  fie  ift  im  £anbrea)te  ebenfo  alt.*   dagegen  noa) 

3nama*6ternegg,  SBtrtfa}aftßgefa).  II  457:  , im  ftäbtifa)en  Seben  früher  unb 

(tftuftget  angemenbet  alö  auf  bem  Sanbe." 


—    44    — 

bcm  Sonbe,  nämlidfj  afe  audj  f)ier  bcr  Sobenwert  burdjj  9Mio= 
rationcn  unb  burdfj  bic  ©unft  ber  ßonjunftur  ein  Ijöljerer  geworben 
war  unb  bie  Säuern  größere  ©elbftcmbigfeit  gewonnen  Ratten. 

Sßie  ©runbfiütfe  unb  Renten  au$  folgen  oerfauft  unb  oerfefci 
werben  fonnten,  fo  fonnte  audfj  eine  SRente  auf  einem  ©runbftücf 
oerfaufs*  ober  oerfafcwetfe  fonftituiert  werben.  Ober  mit 
anberen  äBorten:  S)ie  SRente  fonnte  afe  ewige  fonftituiert  werben 
ober  fo,  bafc  bem  SBerfäufer  ba8  @inlöfung$red&i  jufianb.  ttr* 
fprünglidj  war  bie  ©wiggttlt  baä  normale.  3)enn  bem  Ääufer  war 
e3  aud&  in  biefer  $eit  nodj  nid&t  um  eine  oorfibergeljenbe  ©elbanlage 
ju  tun,  fonbern  me^r  um  bie  bauernbe  ©rlangung  oon  (Sinffinften 
au$  ©runb  unb  33oben.  Stauer  würbe  e3  anfangs  afe  ©nabe  be* 
trautet,  wenn  ber  Ääufer  barein  wittigte,  bafc  bem  SBerfäufer  bie 
SßteberfaufSberedfjttgung  jufteljen  fotte  *.  Später  fefct  ftdfj  bie  Sßteber* 
faufSgttlt  immer  me^r  neben  unb  fogar  an  bie  ©teile  ber  (Smiggtilt ; 
ba$  SRenteninftitut  wirb  immer  bewegli<$er,  namentlich 
burdf)  bie  ßeid&toeräufcerlicPeit  ber  9tentenbriefe 2 ;  in  mandfjen  SRedfjtS* 
gebieten  ge^t  man  fo  weit,  bie  befteljenben  ©wiggülten  ablösbar  ju 
erflären8  unb  bie  ©rridjtung  oon  neuen  ©wiggütten  ju  oerbieten. 

SMe  SBieberfaufägült  oerljält  fid|j  bemnadfj  jur  ©wiggttlt  wie  bie 
SBerfefcung  jum  SBerfauf.  ©ie  bient  baju,  bem  „SRentfäufer"  für 
bie  Eingegebene  ©umme  bis  jur '  ©inlöf ung  ber  ©ült,  b.  I).  bis  jur 
©rftattung  ber  ©umme,  einen  prooiforifdfjen  ©rfafc  ju  bieten. 
Unterbleibt  bie  ©inlöfung,  fo  bilbet  bie  SRente  ben  beftnitioen  @rfafc. 

2Bie  ber  ©runb^err  äin&pfftdfjtige  ©üter  einjte^en  fonnte,  wenn 
ber  ©runb^olb  ben  3w£  nid^t  leiftete,  fo  fiel  baS  rentenpflidjtige 
©runbfiüdE  bem  ^Rentenberechtigten  anjjeim,  wenn  bie  ©ntridjjtung 
ber  SRente  unterblieb.  SBeil  biefer  gatt  gewöljnli<$  nur  bei  Über- 
fdjulbung  eintrat,  fo  lag  barin  feine  abnorme  &ärte  gegen  ben 
©dfjulbner. 

1  §eu3Ier,  3nft.  I  357. 

2  ©olbfd&mibt,  §anbelörea)t,  3.  Sufl.,  @.  135:  „2)a3  3n$aberpapier  finbet 
ftdj  .  .  .  mit  ber  reinen  3n$aber!(aufet  in  Stauen  in  ber  jmetten  ©älfte  beä 
10.  3a$r$unberi$,  in  glanbern  unb  Eeutfajfonb  im  13.  3a^r§unbert/  $a*  früh- 
zeitige auftreten  beä  3n$aberpapiere8  $at  feinen  ©runb  in  ber  Statur  ber  ttr* 
lunbe  als  ©umbol  (^fanbfombol,  f.  o.). 

8  ©päieftenS  gegen  ©nbe  be8  14.  3a$rljunbert$  fmb  in  ben  baor. 
©tobten  biefe  Renten  allgemein  für  ablösbar  erttftrt.  Später  erft  ftot  fta)  bie 
SCblöSbarfeit  ber  (Stoigrenten  auf  bem  Sanbe  bura)gefefct.  3m  Urrunbenbua) 
oon  Snberftorf  (Bauern)  lommen  Vereinbarungen  über  Xblöfung  oon  gelauften 
Renten  erft  feit  1424  oor  (3nama*@ternegg  IU  2  ©.  469). 


—    45    — 

2)er  SSorteil  beS  ©filtfaufs  oor  ber  ©afcung  beftcmb 
für  ben  ©d&ulbner  barin,  bafj  eine  mcl  genauere  2tbglei<$ung  von 
Seiftung  unb  ©egenleiftung  oorgenommen  werben  fonnte:  bie  ©filt 
würbe  in  ber  &ö§e  feftgefefct,  bie  beut  Eingegebenen  Kapital  entfpradfj. 
3)er  ©laubiger  Ijatte  ben  Vorteil,  bafe  er  atö  einem  ©runbftüd:  eine 
9iente  jog,  oljne  eS  oerwalten  laffen  ju  muffen.  SDa  bie  ©alt  nidjt 
notroenbig  fämtlidfje  ©infünfte  aus  bem  ©runbftüd  in  Slnfprudfj 
na&m,  fo  fonnten  auf  ein  ©runbfttidf  mehrere  ©ülten  gelegt, 
fonnte  ein  ©runbftüd  jur  Äapitalaufna^me  bei  oerfd&tebenen  Sßerfonen 
benüfct  werben,  mag  bei  ber  ©afeung  ebenfalls  ntdfjt  möglich  mar. 
2>iefe  2Röglid)feit  führte  im  15.  unb  16.  3aljrf)unbert  infolge 
Steigerung  be3  33obenwerte3  ju  einer  immer  größeren 
Sientenlafi,  inbem  man  immer  auf  bie  betreff enbe  „9Mioratton" 
ober  „Überteuerung",  wie  man  fidjj  auäbrüdfte,  eine  SRente  legte. 

III. 

3)ie  immer  wad&fenbe  SluSnufeung  ber  Stentenfäljigfeit  be3 
33oben3  unb  bie  barauä  fxd£>  ergebenbe  ©efafjr  ber  Überfd&utbung 
rief  ein  39ebfirfni3  naci)  weiterer  ©tdfjerung  ber  SRenten* 
gläubiger  ^eroor.  ©ie  erfolgte  baburdfj,  bafe  ein  ©runbfiüd  ober 
mehrere  ©runbfiüde,  bie  ber  SRentenfdfjulbner  neben  bem  SRentengute 
bef a&,  fubfibiär  haftbar  erflärt  unb  oerf  d&rieben  mürben.  „ ©eit 
bem  14.  Sa^r^unbert  wirb  biefe  35erftärfung  ber  ©idfjerljeit  be3  3?euten= 
berechtigten  burdfj  ....  gürpfanb  (ttnterpfanb)  immer  häufiger, 
unb  im  15.  ftaljr^unbert  ift  fie  fdEjon  ganj  allgemein''  (^euSler  II 151). 
3a,  e$  werben  nidfjt  nur  anbere  ©runbftüdfe,  fonbern  Ijäufig  wirb 
baS  9tentengrunbftfi<f  felbft  bem  ©laubiger  nodfj  befonberS  oer= 
f ^rieben,  unb  fd&ltefjlidfj  gilt  ba3  3tentengrunbftüd  als  füll* 
fdjtoeigenb  bem  ©laubiger  mitoerpfeinbet.  9hm  wirb  jwtfdEjen 
©ült*  unb  spfanboerfd&reibung  fein  ttnterfd&ieb  mefjr 
gemalt1,  baS  ©ültgut  wirb  audEj  aU  Unterpfanb  bejeidjnet 2,  unb 
biefe  Sluäbrücfe  werben  promiscue  gebraucht. 


1  3-  ®*  m  ber  ©rttärung  ber  baorifäen  Sanbeäorbnung  oon  1578 fol.  31  ff.: 
•OfiUbrief  ober  SerWreibung11,  „@ttlt  ober  oerförieben  Unterpfanb". 

*  $eue(er  @.  152:  »Unb  fo  nimmt  bie  9%e$tdfpra4e  leinen  Slnftanb  me&r, 
baö  (&ut,  auf  weitem  bie  diente  (jaftet,  ebenfo  tote  bie  fubftbiär  für  ben  Serluft 
rtngefefcien  ©fiter  alö  Unterpfanb  gu  bejeic^nen."  SBgfj  6.  88:  »ungemein  toirb 
nun  bei  ©(Uten  aller  Art  baS  ©runbftücf,  auf  ba3  ber  3m*  gefegt  ift,  Unter« 
pfanb  genannt.' 


—    46    — 

Sei  biefem  3uf*anb  *>cr  2)fage  lieg  ftdjj  bic  ttnoeräufceriidjjfeit 
etneS  unterpf  anbtoeife  oerfd&riebenen  ©runbftttdfs  ntd&t  aufregt  erhalten, 
benn  e3  [teilte  ftd)  baS  SebürfniS  tyerauS,  ein  unb  baSfelbe 
©runbftüä  mehrmals,  nämlidlj  jur  ©idljerfteüung  oer  = 
fc^t ebener  ©ülten,  $u  oerfdEjreiben. 

5Ctt.  29  2lrt.  1  ber  baperifd&en  „^Reformation"  oon  1518  fagt: 

2Ber  fein  §ab  unb  ©üter  einem  anbeten  um  eine  benenntü<ije 
©umme  ©elbs  oerpfanbet  unb  oerfefct  §at,  unb  baSfelbe  oerpffinbete 
§ab  unb  ©ut  beffer  ift  unb  ein  Übermaß  ertragen  fann, 
fo  mag  ber  &err  beS  SßfanbeS,  ber  eS  oerfefet  fjat,  folcfc  Seffecung 
unb  Übermaß  einem  ober  mehreren  anberen,  bodj  bem  @rflen  an 
feinem  9?edfjte  unb  SBorgang  oljne  ©djjaben,  n>of)l  üerpfänben,  baran 
iljn  audfj  ber  @rfte,  bem  er  es  oerpfanbet  tjat,  fo  er  tym  foldjeS  t>or 
ju  toijfen  tut,  alsbann  nidjjt  fjmbew  mag. 

(Srft  baS  Sanbredfjt  oon  1616  faßt  neben  ber  SBerpfänbung  eines 
fdjon  oerpfembeten  ©runbfiüdfs  auä)  ben  SBerfauf  eines  folgen 
©runbfiüdfs  ins  3(uge,  inbem  eS  oorfdfjreibt  (XV  6),  bafe  in  einem 
folgen  gaffe  ber  oerfaufenbe  ©dfjulbner  bem  Sßfanbgläubtger  ben 
SBetfauf  anjeigen  muffe  unb  beim  Käufer  bie  Übernahme  ber  ©djjutb 
ermirfen  foffe.  (SDurdfj  eine  berartige  ©djjulbfiberna^me  toerbe  aber 
ber  urfprünglidjje  ©djjulbner  oon  feiner  ©dfjulb  ntd^t  befreit.) 

3Me  Unterlaffung  ber  oorgefd&riebenen  Slnjeige  bei  ber  3Beiter= 
oerpfänbung  unb  SBercmfcerung  oerpfänbeter  ©runbfiütfe  jie^t  ©träfe 
nadjj  ftdf). 

ÜKan  fieljt  hieraus,  toie  jögemb  unb  oorjidjjtig  man  jidfj  no<$  im 
16.,  ja  im  17.  ^aljrljunbert  auf  bem  SBege  ber  äfaerfemtung  einer 
9Äef)rljeit  oon  Spfanbredjten  oortoärts  betoegt  Ijat.  2Birflid&  Ijat  ber 
£ofrat  ftdfj  bamalS  gutadfjtlidj)  gegen  baS  (SrforberntS  ber  oortyerigen 
SBfajeige  an  ben  $ßfanbbered()tigten  auSgefprodfjen :  „@S  toürbe  audj) 
honestioribus  personis  befd&toerli<#  fallen,  baß  fie  tyre  liegenben 
©üter,  toeldje  jemalen  um  eine  fdfjledfjte  ©umme  oerfefet l,  nidEjt  foHen 
libere  [b.  Ij.  oljne  2fajeige]  oerfaufen  mögen,  ba  bo<$  bie  ©laubiger 
tooljl  anbere  9Kittel  ^aben,  fidfj  tyrer  Unterpfänber  oljne  ©perrung 
ber  Ääufe  ju  oerfid&ern."  „Hoc  esset  vigilare  pro  commodo 
cuiusque  privati,  ber  fein  ©<$aben  felbft  billig  in  adjjt  nehmen  foff." 
SDaS  ©d&ulbbefenntnis  beS  (SnoerberS  fei  überflfifftg,  ba  bie  ©ad&e 
oljneljin  cum  onere  auf  iljn  ü6ergel)e. 


1  2)ie  neuere  ©afcung  ift  gemeint. 


—    47     — 

2)er  Umftanb,  bafc  man  nun  mittete  Sßfanboerfdfjreibung  ein 
unb  baSfelbe  ©runbftüd  jur  ©i<$erung  mehrerer  ©Bulben  oerpfänben 
fonnte,  oerfdjjaffte  ber  Sßfanbüerfdfjreibung  einen  weiteren  SBorfprung 
x>or  ber©afcung,  benn  ein  foldfjeS  SBerfaljren  mar  bei  ber  ©afeung 
einfad&  auSgefcljloffen. 

3)ie  SBergültung  unb  SBerfd&reibung  eines  ©uteä  an  mehrere 
©laubiger  nad&einanber  mufete  notroenbigermeife  ju  einer  D  r  b  n  u  n  g 
ber  barauä  entftetyenben  fonfurrierenben  ©laubiger- 
redete  führen*  3)a$  ältere  ©ültrcd^t  ging  bem  jüngeren,  bie  ältere 
Sßfanboerfdjreibung  ber  jüngeren  oor,  mit  anberen  SBorten:  ber 
9tong  ber  oerfd&iebenen  ©filt*  unb  Sßfanbgläubiger  richtete  ftdjj  nadfj 
ber  Priorität,  ©agegen  bewahrte  bie  ©afeung  lange  3*ü  *ta 
SSorred&t  oor  ber  5ßfanboerf$reibung.  -Jlodf)  in  ber  baperifdjjen 
Deformation  oon  1518  Reifet  e$  fd&ledfjtmeg  (XXIX  4):  „2Bäre  aber 
einem  ein  ©ut  ju  Sßfanb  oerfefet  unb  ^ätte  ba3  bei  feinen  iQanben, 
ber  geljt  bem  oor,  ber  allein  93rief  unb  ©tegel,  aber  ba3  Sßfanb  nit 
innehat."  3m  Sanbred&t  oon  1616  (XVI  4)  fielen  Sßfanbfafeung 
unb  Spfanboerf  d&reibung ,  roaS  ben  Slang  ber  $Pfanbredfjte  betrifft, 
tinanber  gleich,  benn,  wie  ber  gutadfjtenbe  igofrat  meinte,  „bafj  ber* 
jentge,  fo  ein  Sßfanb  in  feine  fianb  gebraut,  einem  anbern  fott  oor- 
geljen,  ber  eine  alte  SBerfd&retbung  Ijat,  märe  nriber  Stecht  unb  mürbe 
atter^anb  unjtemlid&e  unb  t>ortetlifdf)e  s$artetltdE)feiten  in  fraudem 
antiquorum  creditorum  abgeben"  (ju  &.9t.  XVI  4). 

Sei  ber  älteren  Slrt  beä  SjefutionSoerfafjrenS,  bem  oben  ©.  44 
ermähnten  SSerfaH*  ober  £eünfattre<§te,  festen  fid^  bie  oerfdjjiebenen 
Ulealgläubiger  (@filt*,  ©afcung*,  Sßfanbgläubtger)  in  ber  Slrt  a\x& 
einanber,  bafc  berjenige,  ber  ba$  ©ut  beS  gemeinfamen  ©dfjulbnerS 
übernehmen  wollte,  bie  ©laubiger,  bie  einen  befferen  Dang  Ratten, 
befriebtgte.  3n  ber  SßrasiS  gefialtete  ftd&  bie  ©ad&e  fo,  bafc  ber 
jüngfte  ©laubiger  juerfi  ,,jum  3u8e  fam",  b.  lj.  ba3  ©ut  unter 
Sefriebigung  ber  oorljerge^enben  ©laubiger  übernehmen  tonnte ;  bann 
ber  näd&jifolgenbe  ufm.  (3ugoerfaljren). 

IV. 

©o  lange  ba£  Sßfanb  bei  SRid&tjaljlung  ber  Sßfanbfumme  bem 
©laubiger  oerfällt,  ba$  ©ültgrunbftüd  bei  SRidfjtja&lung  ber  ©ült 
bem  ©laubiger  Ijeimfättt,  lann  man  von  Deallrebit  eigentlich 
nodfr  nid&t  reben.  ©afcung,  ©ült  unb  Sßfanboerfd&reibung 
Unb  in  biefer  3*ü  nur  SRobififationen  oon  33argefd^äften 


—    48     — 

unb  meljr  3eu8n*ffe  bafflr,  bafe  fein  Ärebit  gegeben  worben  tft,  ate 
©rfdjjemungen  oon  SRcalfrebtt. 

SDieä  änbert  ftd^  mit  bem  ©inbringen  ber  ©elbwtrtfdfjaft. 
S)ann  ift  e3  nämlidfj  bem  ©laubiger  nidfjt  meljr  borum  ju  tun, 
©runbbefifc  ju  gewinnen  ober  überhaupt  nur  befrtebigt  ju  werben, 
gleidfjoiel  in  melier  gorm,  fonbern  er  miß  fein  ©elb  wieber^aben.  2Wit 
bem  ©alt-  ober  SPfanbgrunbftüä  miß  er  ftd&  ntd&t  mefjr  begnügen; 
©runb  unb  ©oben  beginnt  für  iljn  nur  ©etbwert  ju  fein,  ©aljer 
erfolgt  nun  bie  33efriebigung  be3  ©laubiger^  aus  bem  für  bie 
©dfjulb  ^aftenben  ©runbftüde  ($fanb,  ©ültgut)  in  ber  Seife,  bafc  e3 
oerfauft  wirb,  unb  ber  ©laubiger  fid&  au$  bem  (Srlöfe  beja^li  mad&t. 

3)iefe3  ©tabium  in  ber  ©efd&tdfjte  ber  Swanggoottftredfung  wirb 
als  bieSßeriobe  be3  5Diftraftion3oerfal)ren3  unb  SBerfaufS* 
pfanbeS  bejetdfjnet  im  ©egenfafc  ju  SSerfattpfanb.  2)a3  SBerfaufS* 
pfanb  ifl  nid&t,  wie  ba$  SBerfaDpfanb ,  prooiforifdfje  ©rfafeletftung, 
fonbern  3Rittel  jur  ©id^erung  einer  gorberung.  SDa$ 
SBerfaufäpfanb  Ijat  oor  bem  SSerfaUpfanb  ben  Vorteil,  bafj  ba3 
SBertyältniS  oon  ßeiftung  unb  ©egenleiftung  beredfjnet  unb  beffer  für 
©leid^eit  ber  beiben  Stiftungen  geforgt  werben  fann.  Überfteigt 
nämlidf)  ber  SSerfaufSerlöS  bie  gorberung  be3  ©läubigerS,  fo  erhält 
ben  Überfdjufc  ber  ©dfjulbner1.  bleibt  er  barunter,  fo  fann  ber 
©laubiger  weitete  ©djjritte  jur  SDecfung  be$  2lu3faDte  unternehmen* 
SBorauSfefeung  ber  Qnftitution  be8  25erfaufgpfanbe£  ift  ba$  SBor- 
^errfdEjen  ber  ©elbwirtf d&af t ,  unb  jwar  md&t  nur  aus  bem  foeben 
angegebenen  ©runbe,  fonbern  audfj  beSljalb,  weit  jur  ©rmöglid&ung 
be$  SßfanboerfaufeS  Ä  auf  er,  alfo  ©el  bleute,  nortjanben  fein 
muffen.  2Ba3  inSbefonbere  bie  ©ült  betrifft,  fo  fönnen  natürlich  nur 
rüäfiänbige  ©ülten  ben  2tnlafe  jur  SMftraftion  unb  SSergantung 
bilben,  nid&t  aber  ba3  ©ültfapital,  benn  auf  biefeS  §at  ja  ber 
©laubiger  in  biefer  ^eriobe  nodjj  feinen  2lnfprudfj.  2)a3  ©ut  wirb 
ba^er,  wenn  ber  ©ültfdjjulbner  bie  ©ülten  nid&t  ja^lt,  mit  ben  barauf 
ru^enben  ©ülten  feilgeboten,  biefe  geljen  mit  bem  ©ute  als  Sßafftoa 
auf  ben  neuen  Sefifeer  über  (Stent  enfdjjulb).  ©o  nodjj  1578 2. 
@rft  fpäter  bringt  ftdfj  in  ber  ©efefcgebung  ber  StypuS  jur  ©eltung, 


1  2)ie  Vereinbarung  beS  ^fanboerfaüS  (lex  commissoria)  toirb  fogar  üer* 
boten  (na$  bem  Seifpiel  beS  3i  9i)- 

2  (SrHärung  ber  bannten  Sanbeöorbnung  1578,  fol.  33:  „%)o$  alfo  au 
t>erfte§en,  n>o  aufltegenb  ®elt  auf  bem  »erganteten  ©tücf  oerf abrieben ,  beffen 
$auptfumma  man  allein  &u  öerjinfen  unb  nid)t  bar  auöjuaaljlen  fd&ulbig  wäre, 
bajj  biefelbe  auf  bem  ©tue!  attermafsen  rote  juw>r  no$  liegen  bleibe  unb  ber« 


—    49    — 

bafj  bcr  Sfafteigerer  bie  ganje  ©umme  bar  ober  in  fttrjen  grifien 
ju  jaulen  $at  unb  barauS  fämtlid&e  (Staubiger  befriebigt  werben 
(Rapitalf^ulb,  fte^e  §  3).    ©o  1616. 

3)ie  SMftraf tton  f  elbft  gef  <#ie§t  urf prfinglidd  burdfj  ben  ©  1  ä  u  b  i  g  e  r 
felbft,  auf  jebe  i§m  geeignet  erfd&einenbe  2Beife,  aber  „rebüdj",  mit» 
unter  „vor  3eu9en"-  ©päter  ift  bem  ©laubiger  ein  bestimmtes 
Sterfaijren  oorgef dfjrieben ,  inbem  er  bie  SBeräufeerung  burdj  ben 
gronboten  bef orgen  laffen  muf$.  $er  gronbote  bietet  ba3  ©runb* 
ftiidC  feil,  inbem  er  ein  ©pmbol  beSfelben  (©pan,  SBafen)  ^erurn* 
trägt.  ©r  ^anbelt  babei  im  -Kamen  unb  Auftrag  be3  ©laubiger^ 
Stodfj  fpäter  wirb  bie  3roang3oeräuf5erung  burdfj  ba£  ©erid^t  felbfi 
oorgenommen ,  b.  §.  in  beffen  Auftrag  oom  gronboten.  (Sine  3tu3* 
antwortung  beS  ©runbftüdfö  an  ben  ©laubiger  ftnbct  babei  überhaupt 
nidfjt  meljr  (tatt. 

DaS  erfte  (SntwidflungSftabium ,  bie  freie  S)iftraftüm  burdfj  ben 
©laubiger,  finben  mir  nodf)  in  ber  baperifdjen  Deformation  oon 
1518  (XXVIII  13)  \  SDaS  ßanbredfjt  tum  1616  leitet  jum  jwetten 
(SntwidflungSftabium  über :  35er  ©laubiger  fott  ba$  Sßfanb  womöglich 
aufeer  ber  ©ant,  bod&  mit  2Bitten  be3  ©d^ulbnerS  ober  SftdjjterS  t>er= 
taufen ;  fann  er  feinen  Kaufmann  baju  finben,  fo  fott  er  e8  öffentlich 
im  ©.antwege  (ftelje  unten)  oerfaufen  (XV  13).  SDerfiofrat  fanb 
biefe  Seftimmung  „bebenflidfj",  „bieweil  §temit  gar  oiel  UngleidljeS 
ffirge&en  mö<$te".  6r  fd&lug  oor,  bafe  ba3  $fanb  „aus  guten  oer* 
nänftigen  Urfad&en  bem  Kläger  nidfjt  alfo  gleich  geantwortet  unb 

nodfj  weniger  burdfj  i^n  f elbft  oerfauft,  fonbern burdj) 

©erid&tsljanb  oerfauft  werben  foffe". 

Sßenn  mehrere  ©laubiger  miteinanber  fonfurrierten,  ging  bie 
ßinmifd&ung  ber  Dbrigfeit  ertyeblicij  weiter.  3>m  ©antprojefc  oon 
1616  war,  wenn  „oiele  ©laubiger  jufammenftie&en"  (II  1),  bie 
geric&tlidfje  SBerfteigerung  ba$  offizielle  @£efution$t>erfal)ren. 

Sei  SSorljanbenfetn  mehrerer  ©laubiger  fanb  femer,  behufs 
befferer  SBerüdffid^tigung  fämtlid&er  ©ttlt*  ober  $f  anbtnljaber ,  ein 
gerichtliches  Aufgebot,  ein  ©läubigerlonfurS,  ftatt2. 


jenige,  welkem  ba8  ©tüd  guerfannt  ift,  mit  (Erlegung  folget  §auptfumma  nia)t 
befämeri  rocrbc* 

1  »Xntroortct  man  (Sinem  @ut  mit  ®eritt)t  ju  $fanb,  baS  ©igen  ift,  baä 
fott  er  behalten  14  £age  unb  fott  e*  jenem  [bem  ©d&ulbner]  anbieten.  Soft  er 
cd  bann  nitt)t,  fo  fott  er  eS  oerfaufen,  o§ne  atte  ©efäl)rbe,  ob  er  mag." 

1  $ad  erfte  baprifa)e  £anbe3gefe$,  in  roela)em  ia)  ein  Aufgebot  ber 
Gläubiger  ftnbe,  ift  bie  „GrHärung  ber  SanbeSorbnung"  oon  1578  (fol.  31). 

•  ölen,  8eff$u(fcuitg.  4 


—    50    — 

2)a3  öffentlich c  SHftrattionSoerfaljren  mit  Aufgebot 
nannte  man  „SBergantung"  ober  ©ingularfonhirS  (©antprojeft, 
ebiftSprojefi)  \ 

SMc  öffentliche  SBerjietgerung  ftanb  übrigens  audj  nad)  bem 
baperifdjen  ©antprojefj  t)on  1616  faft  nur  auf  bem  Rapier.  Sei 
umf angreifen  ©anten  (&ofmardjen ,  ganje  SDörfer),  femer  wenn 
Überfdfjulbung  oorlag  [alfo  tatfädjlidj  in  ben  meiften  fällen],  war 
nämlidj  ber  $ru>att>erlauf  be$  @ute$  burdj  bie  ©laubiger  unter 
Stuffidjt  be3  ©ert<$te$  juläfftg  (ftitte  ©ant).  »ei  ber  offenen  ©ant 
mufeten  fämtltdje  angemeldete  gorberungen  burdj  ba$  SBieiftgebot 
gebeät  werben,  bei  ber  füllen  ©ant  befianb  biefeä  ©rforberniS  m<$t 2. 
SBurbe  im  ©antoerfa^ren  fein  paffenber  ©laubiger  gefunben,  fo  trat 
ba$  alte  ftuqpttfofycm  mit  £eimfattredjt  ein. 

V. 

35ie  £enbenj  jur  fteigenben  Sobenoerfdjjulbung  machte  fidj 
nidjt  nur  intenfio,  fonbern  aud)  ejpanfio  geltenb,  b.  Ij.  nidjt  nur  in 
ber  SDBeife,  bafc  ein  ©ut  jur  ©ic^erftettung  mehrerer  Renten  »er* 
fdjrieben  mürbe  (SSergültung  ber  Überteuerung,  f.  oben),  fonbern 
auü)  in  ber  SBeife,  ba£  mehrere  ©üter  jur  ©id^erflettung  einer 
9?ente  als  gürpfanb  beftellt  mürben. 

2luf  biefem  SQBege  gelangte  man  fdjon  friHjjeittg ,  ber  &teru3 
jum  £eil  fdjon  im  13.  Qa^unbert8,  jur  SBerpfönbung  be3 


1  ©inen  baö  ganje  Vermögen  umfaffenben  Äonfurä  (Unfoerfalfonrurfi), 
b.  §.  einen  ©eneralarreft  mit  @btftal§ttatton  fennt  baö  baprifc&e  Sfted^t  im  16. 
unb  17.  3a$r$unbert  nod&  nid^t.  8ei  g  I  u  $ 1  be«  @<$ulbner3  tritt  ba3  ge»ö§n* 
lid&e  Ärreft »erfaßten  ein  (Sanbred^t  XIII  2). 

Sgl.  Neugier,  ßonfurSprosefj  (3tfdjr.  f.  fdjtoeij.  SRedjt  VII  146):  »Saniere 
Seit  f)at  eö  gebauert,  big  bei  SluSflagung  eines  anroefenben  ©djutbnerö  ein 
n>irJlic$e8  ßonfur3t>erfal)ren  burd&brang  .  .  .  2)er  älteren  $eit  tag  bie  Slnftc^t 
ferne,  bafj  burdj  2lu8f  lagung  eines  ÄrebttorS  ein  gaUiment  von  Slmtö  wegen 
eröffnet  werben  fönne.  2)a8  erfd&ten  einerfeüS  als  ein  unjuläfftgeS  Sorgreifen  beö 
<3eri$te3  gegenüber  ben  anberen  Ärebttoren,  bie  melleid&t  allen  ©runb  Ratten, 
nodj  juroarten  gu  wollen,  anbererfeitS  als  eine  gu  rücffic^tölofe  Strenge  gegen 
ben  Sd&ulbner,  inbem  bie  übrigen  ßrebitoren,  bie  i&n  nod)  gefront  Ratten,  nun 
au$  bei  Strafe  ber  SluSfd&liefjung  t&re  gorberungen  geltenb  matyn  mufften. 
5)te  feurige  3bee  bagegen  ift  me§r  bie,  bafs  bei  einem  ©c$ulbner,  ber  einen 
Arebitor  nic$t  beliebigen  !ann,  9^ad&ficr)t  geroöl)nlic$  .  .  .  nidjt  am  ?lafce  ift 
unb  blofi  baju  bient,  bie  $erf$leppung  ber  @se!utton  unb  einen  nodj  größeren 
Serluft  su  beförbern.« 

9  ©d&mib  ju  ®antpn>aef$  IV  7  n.  2. 

8  »rnolb,  ©ef$.  be$  @igentum3  in  ben  ©täbten,  ©.  128. 


4 


—     51     — 

ganjen  SBermögenS.  Um  bie  2Witte  be$  15.  Qaljrljunberte  toirb 
bic  ©eneraloerpfänbung  fo  allgemein,  bajj  fie  fdjablonenmäfjig  faft 
in  alle  SRentenbrtefe  aufgenommen  mirb.  Unb  rote  infolge  ber 
innigen  SBerbinbung  oon  Sßfanboerfdjreibung  unb  9tentenfauf  fid^  bie 
Übung  bilbete,  baä  SRentengut  felbft  bem  ©laubiger  pfanbroeife  ju 
oerf  d&reiben ,  ja  attmetylid)  ba$  Stentengut  audj  o^ne  entfpredjenbe 
3l6rebe  afe  Sßfanb  be3  ©fililnljaberS  betrachtet  mürbe,  fo  trug  man 
fein  Sebenfen  meljr,  auf  ba3  gan je  Vermögen  eine  31  e  n  t  e  ju  legen, 
ja  ba£  ganje  SBermögen  be3  SftentfdjulbnerS  afe  für  bie  ©ntrtdjtung 
ber  3tente  oljne  weiteres  haftbar  ju  erflären.  SDamtt  ift  bie 
SRedjtSbilbung  bei  ber  allgemeinen  p  erf  önlidjen  &aftpf lidjt 
angefommen  \ 

Slber  biefe  lefctere  tyat  audj  nodj  eine  anbere  SBurjel.  Qe  me§r 
ftdfj  nämltdj  ba$  SBollftrecfungSroefen  oeroolttommnet,  befto  anfprudjs* 
lofer  barf  ber  ©laubiger  in  2lnfe!jung  ber  oom  ©djulbner  ju  be= 
fiellenben  2)ecfung  fein.  SlnfangS  gibt  er  nur  gegen  gletdj*  ober 
l>öl)em>ertige3  Sßfanb.  Qe  me§r.  fein  Vertrauen  roädjft,  bafj  ber 
©cj&ulbner  jaulen  roerbe,  muffe,  je  meljr  Ärebit  er  tfjm  alfo  entgegen^ 
bringt,  befto  weniger  Sebeutung  legt  er  bem  äßerte  beS  $fanbe8 
bei,  unb  fdjliefjlidj  betrachtet  er  biefeä  nur  ate  Seroetemittel  ober  als 
©pmbol  ber  befte^enben  gorberung  (©djeinpfanb).  2)a8  ©pmbol 
fann  eine  ttrfunbe  fein  (©djulboerfdjreibung2,  geroöljnlidj  in 
SBerbinbung  mit  einer  Sßfanboerfdjreibung,  f.  oben;  Äerbe), 
julefet  genügt  audj  eine  fpmbolifdje  ißanblung  mit  imaginärem  Qn^alt, 
}.  39.  bie  „SBerpfanbung  be$  SBorteS",  ber  @ljre  (ba3  SBort  „geben"), 
ber  Jßanbfd&lag,  ba£  feierliche  ©elübbe  („mit  9Kunb  unb  iQanb  an= 
geloben")8.  Stuf  biefe  Seife  ift  bie  SRedjtSentroicflung  oom  9?eal= 
pertrag  (borgen)  jum  gormaloertrag  (looen)  gelangt.  3)urdj 
©rblaffen  unb  33erfdjroinben  ber  5Bertrag3formeln  entfielt  ber  form* 
lofe  Vertrag  be3  mobernen  SRed&teS,  ju  beffen  ©rfüttung  im 
3wang3faffe  ba£  ganje  Vermögen  be3  ©djulbnerS  Ijerangejogen  wirb 4. 

1  $eu*(er  II  152. 

*  ©ronner,  5orfa)ungen,  1894,  ©.  630:  „$ie  »egebung  ber  cautio  [=Ur- 
funbe]  tonnte  alö  (grfafc  ber  wadia  [=  $fanb]  eintreten  unb  fungierte  al3  folget." 

*  9tog  in  Urfunben  beä  17.  3a^r^v  ngl.  SBeiaenegger,  Quaest.  Monet. 
(im  Staging  oon  SKanj,  Biblioth.  aur.  Vol.  nov.,  1701),  qu.  7  n.  30:  3n  ben 
Dbligationftmftrumenten  finbet  fta)  meiftatS  bie  Jffoufel  „8erfprea)en  hierauf 
bti  unferen  abeligen,  freifjerrligen,  gräflichen,  fürftlid&en  2Borien,  freuen  unb 
Glauben,  bie  Stnfen  aufrichtig  unb  reb(id)  ju  besagen.*    ©ie§e  aua)  ftntyang  I. 

4  2)ie  blofr  perföntigen  Verpflichtungen  blieben  aber  ba^  ganje  3ÜM.  f)'w 
bura)  in  ber  @jefution  gegenüber  ben  Siealforberungen  babuca)  benachteiligt,  bafe 


—    52    — 

£)a3  2luffommen  beS  83erfauf3pfanbe3  an  ©teile  be3  alten 
SBerfaHpfanbeS  $atte  jur  golge,  baß  bei  SBeräufterung  einer  Sßfanb* 
fadje  ber  urfprfinglid&e  ©cljulbner  bennodfj  nertyaftet  blieb  für  ben 
gatt,  bafi  bie  Sßfanbfadfje  jur  5Dedfung  ber  gorberung  nidfjt  Ijmreidfjen 
würbe.  S)ie  ©ntwtdßung  ber  allgemeinen  perforieren  &aftpflid(jt 
Ijatte  jur  golge,  bafc  ber  urfprttngtidfje  ©dfjulbner  fogar  in  erfter 
Sinie,  twr  bem  Sßfanbfdfjulbner,  angegriffen  werben  fonnte1.  SDamtt 
ift  bie  ?Pfanb^aftung  jum  Slccefforium  einer  perfönlidjen  gorberung, 
bie  Spfanbnerfdfjretbung  jur  igppotfjef  geworben.  S)iefe  ^ppot^ef 
be3  gemeinen  SRed&teS  ift  ber  römifdfjen  iQ^potyef  fe§r  äl)nltt$,  aber 
fie  ift  nidfjt  tbentifdfj  mit  tyx.  9?adfj  rßmifdfjem  SRed^t  fyat  ber 
&t)potljefengläubiger  bie  33efugm3,  bie  iQtjpotljefenfacije  in  Sefifc  311 
nehmen  unb  ftdfj  felbft  au£  il)r  ju  beliebigen  (©elbfibiftraftion).  S)ie 
@infül)rung  ber  ©erid&tltdfjfeit  be3  SMftraftionSoerfaljrenS  in  Seutfdfj* 
lanb  Ijat  ben  Übergang  biefer  SefugniS  nom  31.3*.  in  ba3  gemeine 
9?ecf)t  t>er^)inbert,  bamit  entfiel  aber  audfj  ba8  SBeftfcred&t  be3  römifd&en 
&9POtl)efengIäubiger3.  iftadfj  gemeinem  Sftedfjt  !jat  ber  igtjpotljefen* 
gläubiger  nur  bie  33efugni£,  nom  SSefifcer  ber  &tjpotl)efenfac&e  oorjugSs 
weife  Sefriebigung  au£  biefer  ju  oerlangen 2. 

S)ie  moberne  &t)pot^ef  ift  bie  Ijtftorifdfje  gort  = 
entwteflung. nidfjt  ber  römifdfjen  &9P0tl)ef,  fon.bern  ber 
neueren  ©afcung  [Sßfanbuerfdfjreibung]  (©oljm).  — 

SMe  ©rgebniffe  ftnb: 

1.  2tm  2tnfang  gibt  e3  feine  ftaatlidjje  3wöng^oottftedung,  baljer 
feinen  Ärebit,  baijer  feine  ßrebitgefdfjäfte.  2Ule  ©efdftffte  finb  33ar* 
gefdfjäfte,  audfj  bie  SBerpfänbung  unb  ber  9tentfauf. 

bei  iljnen  baS  unbeweglid&e  Vermögen  nur  fubftbiär  haftete,  nämlidj  nur  bann, 
wenn  baö  bewegliche  Vermögen  gut  SBefriebigung  beä  ©läubtgerS  niü)t  fjinreidjte. 
SRodj  1616  würbe  eS  in  Sapern  fo  gehalten,  @eric$t$orbnung  XIII  3:  2)er 
SRidjter  fott  Sottftrecfimg  tun  in  ben  erften  14  Sagen  in  bie  beweglichen  ©üter 
unb,  wenn  bie  nic^t  fo  weit  reiben,  aläbann  in  ben  anberen  [=  nädjfien]  14  Sagen 
in  bie  liegenben  ©üter  greifen. 

1  £euöler  in  ber  3tfct)r.  f.  @d)weiaerifc$eg  9ta$t  VII  (1858)  @.  135:  2)a3 
®eneralpfanbrea)t  bilbet  „ben  Übergang  oon  ber  alten  2lnfa)auung,  welche  blofc 
baö  belaftete  ©runbftücf  für  bie  ©ült  haften  lieg,  ju  bem  neuen  .  .  .  Betern, 
wonad)  ber  (Smpfönger  beS  Kapitals  ber  eigentliche  ©$u(bner,  ba3  ©runbftücf 
blofe  Unterpfanb  ift". 

2  ©o§m  in  ber  3eitfajr.  f.  b.  ?rioat-  unb  öffentliche  3*ea)t  5.  ob.  (1878) 
@.  32/33:  2>ie  moberne  ©npotJjef  ift  m$t  actio  in  rem,  fonbern  actio  per- 
sonalis  in  rem  scripta  mit  Privilegium  exigendi  .  .  .  ftealobligation,  b.  §. 
„eine  Obligation,  welche  mit  bem  <5ubjeft  be8  ©runbftücfö  i^r  ©ubjeft  wea)felt". 


—    53    — 

2.  3nfolgc  StuffommenS  bcr  ©elbttnrtfd&ajt  wirb  ba3  SBerfaH* 
pfanb  jum  SBerfaufSpfanb.    63  entfielt  bcr  Dealfrebit. 

3.  9JUt  bcr  befferen  Sennrtfdfiaftung  be3  Sobenä  imb  mit  bem 
©tetgen  bcr  SBeoöIferung  wirb  ©runb  unb  SBobcn  immer  mcrtoollcr. 
SDer  Sobcn  wirb  nun  immer  intenffoer  jur  ©rlangung  von  Ärebit 
oermenbet,  bcr  SRcalfrcbit  wirb  immer  freier,  beroegltd&er,  formen* 
reidfjer. 

4.  auf  ©runb  SBeroottfommnung  be3  ftaatUc^en  83offftre<fung3= 
roefenS  entfielt  burd)  Ausbreitung  unb  SBerfladjung  beS  StealfrebitS 
bie  perfönltdfje  £aftpflidfjt.  2)a3  Spfcmb  ift  SÄccefforium  ber  perfön= 
lidfjen  gorberung  geworben. 

VI. 

3um  (Sdjlufc  bcr  ©mleitung  unb  jur  Überführung  auf  bie 
eigentliche  2)arfteffung  möchte  idfj  einen  Überblid  über  bie 
^PfanbredfjtMijpen  geben,  bie  im  17.  Qaljrljunbert  in  Sapern 
nertreten  finb.  9Bir  werben  au$  biefem  JQuerfdjnitt  erfeljen,  bafc 
bie  gaben  ber  (Snturidttung  ftdfj  nid^t  oerloren,  fonbern  nur  i^re 
Stärfe  unb  Sage  geänbert  §aben,  inbem  ju  ben  bünn  geworbenen 
alten  haftbarere  neue  ftdfj  gefeilt  §aben. 

3n  ber  baperifdfjen  ©efefcgebung  oon  1616  fommen  alle  brei 
bisher  be§anbelten  Sßfanbredjtöttipen  t>or,  bie  ©afeung,  bie  Sßfanb- 
üerfdfjreibung  unb  bie  £ppot$ef. 

2ßa3  junäd&ft  bie  ©afeung  betrifft,  fo  l)at  ftdfj  biefeS  ^nftttut 
im  SRedjtöteben  atterbingS  oiel  reiner  erhalten  aU  in  ber  ©efefe- 
gebung.  ©ie  wirb  im  17.  $al)rf)unbert  non  jroei  in  fojialer  Sejie^ung 
fefjr  oerfdjjiebenen  SeodKerungSflaffen  gebraust:  oom  tyoljen  2lbel 
unter  bem  %\ttl  „^ßfanbfdfjaft",  non  ben  Säuern  unter  bem 
Damen  „SBieberlofung".    DäfjereS  unten. 

Site  ©egenftanb  ber  offiziellen  DedfjtSbUbung  bagegen  ift  bie 
©afcung  begeneriert.  6in  in  fidEj  gefdfjloffeneS  De<$t3tnftitut  ift  fie 
überhaupt  nidjjt  mel>r;  man  fyat  fie  mit  bem  gauftpfanb  jufammen* 
geworfen  unb  beseitiget  fie  roie  btefeS  balb  furjroeg  ate  „SBerfefcung", 
balb  ate  „?$fanb,  baS  bem  ©laubiger  in  feine  ©eroalt  eingeantwortet 
wotben"  (pignus  im  ©egenfafc  ju  hypotheca).  Unter  biefen  33e* 
nennungen  tritt  und  bie  ©afcung  im  Sanbredfjt  oon  1616  in  fünf 
9rtifeln  entgegen,  oon  benen  brei  au$  bem  Ded>t3budjje  ftammen  (unb 
Don  ba  in  bie  Deformation  übergegangen  finb),  einer  au$  ber 
Deformation.    Die  DedEjtöfäfce  ftnb  im  Saufe  ber  3a§rl)unberte  ber 


-     54     — 

Slbnüfcung  oerf allen  imb  fielen  jum  £eil  unter  ftdj  im  SBiberfprudEj, 
@3  lo^nt  fidfj  ntd&t,  barauf  nä§er  einjugeljen. 

Sieben  ber  ©afcung  fennt  ba3  £anbred&t  oon  1616  (VII  1)  bie 
emptio-venditio  cum  pacto  retroemtionis  im  ©üme 
ber  Sßanbeften. 

35ie  Spfanboerfdfjreibung  befxnbet  ftdjj  1616  in  jenem  ßuftanbe 
ber  2Retamorpl)ofe  jur  iQtjpotljef,  ben  mir  oben  ffifötert  ijaben.  Site 
fold&eä  3Kifd(jprobuft  begegnet  fte  uns  befonber$  im  ßanbredf)t  (£it.  15 
unb  16),  roäljrenb  bie  ißppotljef,  unb  jroar  bie  ftillfdfjtoeigenbe 
igtjpot^ef  be3  römtfdfjen  SRedfjteS,  in  rein  romaniftifdfjer  ©eftalt  ben 
©antprojefe  befjerrfdjjt.  3Me  anbere  2lrt  ber  &gpot§ef,  bie  au 3* 
brüdflidfje  £t)pot{jef,  erfd^etnt  im  ©antprojefc  ate  mit  ber  Sßfanb- 
oerfd&reibung  ibenttfdjj,  im  ßanbredfjt  ift  fie  burdjj  ein  paar  leljrbudfj- 
mäßige  9?ed(jtSfäfce  oertreten,  bie  man  ben  Seftimmungen  über  bie 
^fanboerfdfjreibung  aufgepfropft  §at. 

•Jtotürlidjj  ift  e3  unmöglich,  bajs  fo  oerfdfjiebene  ©eelen  in  ber 
33ruft  eines  ©efefegeberS  rooljnen.  2lte  ba3  Sßfanbred&tSinftitut  oon 
1616  barf  man  unbebenflidfj  bie  i(?gpo%f  bejetdfjnen.  35ie  ©afeung 
ift  nur  metjr  Antiquität ;  bie  Sßfanboerf dfjreibung  ift  in  ber  &t)pot§ef 
aufgegangen,  oon  ber  £t)potf)ef  überroadjjfen  roorben,  nid&t  nur  in 
ber  ©efefcgebung,  fonbern  audj  in  ber  SiedfjtSübung. 

2Bie  fremb  ba£  beutfdfje  ^Pfanbredfjt  bem  Suriften  beS  17.  Satyr* 
tyunbertS  geworben  ift,  erfteljt  man  aus  bem  Kommentar  oon  ©dfjmib, 
ber  im  jioeiten  SSiertel  be3  17.  3aljr!junbert3  gelernt,  im  brüten 
geroirft,  im  oierten  gefdfjrieben  fyat  ©dfjmib  ftnb  jtoar  bie  früheren 
bapertfdfien  Äobiftfationen  ntdfjt  unbefannt.  @r  fennt  ba$  SRedfjtS* 
budfj  au§  einem  „©tatutenbfidfjel"  oon  1384  unb  bie  Deformation 
aus  einer  2lu3gabe  oon  1588.  9lber  er  §ält  biefe  @bitton$jeiten 
jugleidfj  für  bie  ©ntfte^ungSjeit  ber  ©efefce.  @r  oerfolgt  bie  S3e= 
ftimmungen  be3  Sanbred&teS  oon  1616  in  bie  SBergangentyeit  jurfidf, 
jammert  aber  über  ben  „obffuren  SBerftanb  unb  sensus"  jener  „ur* 
alten  ©afeungen"  (ju  S.5R.  XV  15  pr.).  ®r  tut  fo,  ate  toenn  fdjjon 
1384  ba3  römifdfje  Dedfjt  gegolten  unb  nur  ein  anbereä  Semetefpftem 
beftanben  tyätte.  @r  madjjt  feinen  ttnterfdjjieb  prifd&en  ©afcung, 
SPfanboerf dfjreibung  unb  ißppotfjef ;  bie  S3eftimmungen  über  bie  ©afcung 
interpretiert  er  fo,  ate  toenn  fie  ftdfj  auf  bie  iQppottyefen  begießen 
mürben,  bei  benen  bie  §gpot^efenfa<$e  bem  ©laubiger  übergeben 
roorben  ift  (roaä  nad&  römifdfjem  9te<f)t  bie  Statur  be$  SßfanbredjjteS 
nidjjt  änbert);  ^fanboerfdfjreibung  unb  &i)potl)ef  finb  i§m  ein«.  @r 
unierfdjeibet  jroar  ftrenge  jrotfdfien  SBieberlofung  unb  ßauf  mit  9Wi<f= 


—    55    — 

tauf,  l)ält  aber  bie  SBieberlofung  ebenfo  tote  bic  Sßfanbfdfjaft  nur 
für  eine  Untergattung  ber  römifdjen  Slntidjrefe.  6r  fdjreibt  (ju 
£.31.  XV  16  SRr.  15—17):  $n  SDeutfdjlanb  gibt  e3  einen  fc^r 
gebräudjlidjen  Äontraft,  roeldjer  genannt  wirb  contractus  anti- 
chreseos;  babei  wirb  oerehtbart,  bafc  ber  ©laubiger  baS  Sßfanb 
anftatt  ber  3tof*n  nufcen  unb  niesen  fott,  bis  er  bejaljlt  wirb ;  biefer 
Äontraft  fommt  unter  gemeinen  Seuten  häufig  oor,  wir  §aben 
felbfi  oft  gefeiten,  bafc  bie  armen  Seute,  fo  ©Bulben  tjaben,  i^re 
unbeweglichen  ©üter,  j.  33.  ein  ißauS,  einen  2tder  ober  ©arten  ober 
eine  SBicfe  in  ber  äßeife  oerpfänben *,  bafj  ber  ©laubiger  bie  grüßte 
afe  3^  behalten  fott  unb  fte  nidjt  an  ber  ©djulb  abjieljen  ju 
laffen  brauet. 


1  2)ie  2lnttd&refe  ftegog  ftdj  alfo  gen>ö§nftd)  nur  auf  einaelne  ©runbftütfe, 
u>ä$renb  bie  §gpot§e!  in  ber  Sieget  ba8  ganje  3lnn>efen,  ja  baS  ganse  Vermögen 
umfaßte. 


DarfMtmg* 


(Erftes  KapttcL 

2><ts  ltypotJ)efiarif<fje  parken. 


§3. 

I. 

SQBie  fidj  aus  bcm  oortgen  Paragraphen  ergibt,  ift  ber  Sftcalftrebit 
in  alimcüjlidjer  ©ntmidflung  aus  bem  Smmobtliaroerfeljr  Ijeroor* 
gegangen.  2)ie  ©afcung  tft  nodfj  im  mefentlidjen  eine  2lrt  Soben* 
ermerb  *.  6rft  ba3  SRentengef d^äft  in  feiner  jüngeren  ©eftalt  —  9tent* 
lauf  mit  äßieberlofung  —  trägt,  menn  audfj  nidf)t  feiner  juriftifdfjen 
Statur,  fo  bodjj  feiner  mirtfdfjaftlidjjen  gunftion  nadfj  bie  mefentltd&en 
Söierfmale  ber  entgeltlichen  Ärebitgema^rung  an  fidfj,  inbem  eine 
©elbfumme  gegen  bie  2llternattoe  „SRädja^Iung  ober  iäljrlidjeS 
dizityniä"  Eingegeben  mtrb.  SDer  SWentenfufc  betrug  10°/o2,  mar 
alfo  nidf)t  f  etyr  §od(j.  9lber  bie  31  n  m  e  n  b  u  n  g  beS  SRentfaufS  mit 
SBieberlofung  jur  (Mangung  oon  Ärebit  bejn>.  jur  oerjinSlidjjen  3tn= 
legung  oon  Sargelb  mar,  eben  infolge  feines  ermähnten  UrfprungS, 
jmtefadfj  befdfjränft: 

1.  SDa  bie  Stente  nur  auf  Immobilien  gelegt  merben  fonnte, 
fo  maren  nur  biejenigen  ©djjulbner  in  ber  Sage,  fidfj  auf  biefe  Sßeife 
©elb  su  oerf Raffen,  meldte  ©runbbefifc  Ratten.  Slber  audij,  menn 
ein  Strebitbebürfttger  jmar  folgen  befaft,  aber  Ujn  ntdfjt  in  ber  er« 
mahnten  SRidfjtung  auSnufeen  fonnte,  meil  er  etwa  fdfjon  ju  feljr  über- 
fdfjulbet  mar,  ober  meil  bie  anmartberedjttgten  gamilienglieber  jid& 

1  «gl.  aufy  m$ev,  SDic  @ntfte§ung  ber  §Bo»dn>irtf4aftf  3.  »ufl.  (1901) 
S.  151-152. 

8  SRünd&ener  Stabtred&t,  Slrt.  421:  $te  ©tabtfammer  foH  „ben  SBaifen 
jä^rlic^  je  von  jel>n  $funben  eineö  geben*. 


—    57    — 

ber  aufnähme  bcr  Stente  mit  ®rfoIg  mtberf efeten ,  ^fo  mufcte  er  ftd& 
nadfj  einem  anberen  3Jltttel  umfe§en,  auä  feiner  -Kot  l)erau£jufommen. 

2.  3)a  ber  Slentengläubiger  ben  ßrebit  ntdfjt  fünbigen  fonnte, 
fo  werben  nur  foldfje  ©elbbefifeer  junt  Äaufe  einer  SRente  fidtj  fjerbeu 
getaffen  tyaben,  meldte  mit  ©tcjjerljett  mujsten,  bafc  fie  felbft  ba3  ©eib 
ni<$i  braud&en  mürben.  (Sine  Steigerung  ber  Stente  mar  au3= 
gefd&loffen,  unb  felbft  bann,  roenn  ber  ©djulbner  bie  Stente  nic^t 
jaulte ,  fonnte  ber  ©laubiger  fein  Ä  a  p  i  t  a  l  n  i  d(j  t  jurüdf^ 
»erlangen,  fonbern  muffte  befienfatts  mit  bem  SRentengrunbftäd 
Dorlieb  nehmen,  ©in  gemiffeä  ©egengemidfjt  gegen  bie  Unberoegltdjj* 
feit  in  ben  bezeichneten  Stiftungen  bot  bie  83eräufeerlid^feit  be3 
9?entenbriefe3. 

3n  beiben  gölten,  menn  ber  ©dfjulbner  feinen  belafhmggfctyigen 
©runbbefifc  fcatte,  unb  menn  ber  ©laubiger  an  ber  Unfänbbarfeit  be3 
ÄrebitoerfjältnijfeS  Slnftofj  na^m,  fragte  e3  ftd(),  ob  ber  ©d&ulbner 
nid^t  auf  unentgeltliche  &ilfeleiftung  rennen  fonnte. 

Qe  primitioer  bie  Äultur,  befto  mirffamer  pflegen  bie  ge* 
noffenfdfjaftlidEjen  Sejteljungen  ju  fein,  unb  Unterftüfeung  im 
gafle  ber  Slot  ift  eine  ber  mtdfjtigften  iljrer  Sufeerungen1.  S)te  ge= 
no  jfenf  d&aftlid&en  Seftrebungen  be$  9Ktttelalter3  finb  oon  ber  St  i  r  ä)  e 
metter  entmidfelt  morben,  inbem  fie  iljr  Qbeal  ber  d^riftlid^en  Sßad^ften= 
liebe  aufflettte,  inbem  fie  ben  ©d&u$  ber  ©d&madfjen  unb  2lrmen 
prebigte  unb  (Stnridfjtungen  ju  feiner  SBermtrfltdfjung  fdjjuf.  SDie 
fircljlid&en  Sßofiulate  mürben  oon  ber  mit  iljr  oerfd&mifterten  fdfjolaftt* 
fd^en  5ßl)ilofopl)ie  in  ein  Softem  altruifttfd(jer  gt§if  gebraut. 

3u  ben  6rfd&emungen  fojialer  &i(feleiftung  gehört  jmeifelloS 
audj  baS  jinSlofe  2)  ar  leiten.  Slad^  ber  Stedjjtöauffajfung  be$ 
3)Httelalter3  ifl  e3  al$  mtberrufltdfjeä  ©efdfjenf  ju  bejeid&nen  — 
miberruflid^,  fotange  feine  ©egenleiftung  (3tüc£leiftung)  erfolgt.  2)ie 
Äirdfje  Ijatte  megen  be£  oon  iljr  aufgehellten  2Budfjeroerbote8  be* 
fonberen  Slntafc,  auf  biefen  SWobuS  ber  SDarle!jn$gemäl)rung  Jjinju* 
weifen,  unb  fie  mürbe  nid&t  mübe,  bie  mit  trbifdfjen  ©ütem  @e* 
fegneten  jur  ©eroäljrung  oon  ©penben  um  ©otteä  mitten,  jur  ©elbfc 
lojtgfett  bei  ber  SBorftrecfung  oon  ©elbfummen  an  Stotleibenbe  ju 
ermahnen.  3)iefe  pofitioe  ©eite  ber  d&riftlidfjen  3to3le§re  mirb  ge= 
möfjnltdE)  ju  wenig  beamtet. 

aber  infolge  beS  menfd&ltd&en  (SigennufceS  muffte  bie  Hoffnung 
auf  jinälofe  ©elbljilfe  nur  allju  oft  ft<$  ote  trfigerifd&  ermeifen. 

1  aber  bie  UnterflfifcimflSpfU$t  ber  Sippe  6.  13. 


—    58    — 

@S  mufj  batyer  im  ganjen  als  gortfdfjritt  in  bcr  ©ntwidlung 
beS  ÄrebitwefenS  bejeidfjnet  werben,  bajs  ftd^  Seute  fanben,  welche 
©elb  befafcen,  aber  an  bem  allgemein  tyerrfdfjenben  ©treben  nad)  bem 
©rwerb  t>on  ©runbbeftfe  (ober  (Sinftlnften  aus  ©runbbeftfc)  nidfjt 
teilnahmen,  meldte  gegen  Entgelt  &ilfeleifiung  gemährten;  reelle 
aus  ber  igilfe  in  ber  -Kot  ein  ©efdfjäft,  eine  Unternehmung,  einen 
©rwerb  matten  —  furj,  baft  fid^  eine  Älaffe  berufsmäßiger 
©elboerlet^er  bilbete.  3)a  eS  fidfj  um  fapttaltflifd^e  Unter* 
neljmungen  im  mobemen  ©inne  Ijanbelte,  fo  mufjte  ber  Unternehmer 
feine  Ausgaben  in  feinen  6tnna!jmen  erfefct  erhalten  unb  aufcerbem 
einen  ©ewinn  madfjen.  ©rftereS  gefdjjalj  burdfj  WM jaljlung  ber  ©elb* 
fumme,  ber  ©ewtnn  beftanb  im  fogenannten  StarleljenSjinS. 

3)er  StypuS  ber  mittelalterlidEjen  £ei§fapttaüften  ftnb  befanntlidf). 
bie  3 üben.  Qfjr  BinSfuft  war  fe&r  W/  nac§  *>cm  baijerifd[jen 
Sanbf rieben  von  1244  §  80  roödfjentlid&  jwet  Pfennige  pro  $funb, 
alfo  431/4°/o  jctyrUdf)  in  maximo1. 

£ro$bem  bie  gewerbsmäßigen  ©elboerleiljer  eine  widfjtige  volU* 
wtrtf dfj af tlid^e  Aufgabe  erfüllten,  fo  mürben  t§re  SMenfie  bodfj  läfKg 
empfunben  unb  als  oerberblidf)  angefeljen,  unb  fte  felbft  maren  ber 
33erad(jtung  unb  Verfolgung  auSgefefet.  2)ieS  §at  oor  allem  ben 
©runb,  baftbaS  ©elb  nodfj  nidfjt  Äapitaletgenfd&aftljatte. 

igeute  unterfdfjetbet  man  in  ber  Sftationalöfonomie  befanntlidfj 
brei  (SinfommenSarten:  ©runbrente,  ÄapitaljinS,  Arbeitslohn, 
daneben  fann  man  eine  inerte  ©tnfommenSart  auffteßen,  ben  Unter» 
neljmergewinn.  3fm  2Ktttelalter  fannte  unb  anerkannte  man  nur 
jwei  Arten  oon  urfprünglidfjem 2  @infommen:  Arbeit  unb  natura 
lid^e  grudfjtbarfett  („©otteS  ©egen").  darüber  ^inauS  mar  baS 
©treben  nadEj  ©ewtnn  oerpönt.  SBegen  33or^errfd&enS  ber 
■Jtaturalwtrtfdjjaft  mar  baS  beweglidjje  (umlaufenbe)  Äapital  un* 
probuftio.  ©rofcbetriebe  maren  nid^t  norljanben.  $um  Setriebe 
beS  ißanbwerfS  mar  menig  ober  fein  Kapital  notmenbig.  3)er 
ig  anbei  Ijatte  OanbwerfSmäfcigen  ßljarafter8,  bie  Seifhmg  beS 
föänblerS  beftanb  in  ber  Übertragung  ber  2Bare  oon  Ort  ju  Ort 
unb  in  ber  Überminbung  ber  babei  befieljenben  ©efatyren.  3)er 
iganbel  ift  erlaubt,  wenn  ber  ©ewinn  ein  mäßiger  ift,  unb  wenn 
man  tljn  jum  Unterhalt  oerwenbet  ober  als  Soljn  ber  Arbeit  an* 

1  Duellen  unb  (Erläuterungen  jur  Sager.  (Sefä).  V  90,  ©gl.  SRiejler,  ©efö. 
SanernS,  II  191.  .- 

2  ©egenfafc:  abgeleitetes  ©mfommen,  j.  8.  83eute. 

8  ©ombart.  $er  mobeme  Kapitalismus,  1902,  I  165  ff. 


—    59    — 

ftrcbt  (Stomas  von  Stquin)1;  2)er  JganbelSgeminn  bilbet  alfo  bcn 
ßoljn  beS  fcänblerS  +  Wuranjprämie.  2Bo  ©elb  tatfäc^Iid^  ©elb 
erjeugt,  gefdfjieljt  bieg  na<§  bcr  33orftelluug  beS  ÜRittelalterS  in 
mpftifd&er  SBeife.  S5aS  ©clb  mar  bemnadfj  unprobuftio,  unb  eS  war 
ein  unerhörter  SBorgang 2,  bafe  bie  ©elbleute  fid^  nidfjt  mit  bem  SRüdf* 
empfang  ber  geliehenen  ©umme  begnügten,  fonbern  meljr  verlangten. 
SBofür? 

2)er  gemötynlidfje  2lnlaf$  jur  2lufnaijme  eines  oerjtnSlidjjen  3)ar= 
leljenS  mar  bie  3lot  3)er  ©dfjulbner  befriebigte  mit  ber  3)arlel)enS= 
fumme  feine  ßebenSnotburft  ober  einen  nodfj  fiürmifdfjeren  unb  ge= 
fctyrlidfjeren  ©laubiger,  als  es  ber  3ube  mar;  au<$  SBerfd&menbung, 
©enufcfud&t,  jugenblidfjer  Übermut  führte  §äufig  jum  Suben.  3mmer 
aber  jerrann  baS  ©elb  in  ben  &änben  beS  ©djjulbnerS,  fobalb  eS 
bafjtn  gelangt  mar;  eS  trat  nidfjt  als  bauernbeS  $luS  feiner  ftdjjt* 
baten  Qabt  Ijtnju.  3)ie  3^fcn  mu&ten  aus  bem  laufenben  ©in* 
fommen  beftritten,  befdjjmerlidfj  erarbeitet  merben,  maS  um  fo 
fd&limmer  mar,  als  jeber  gemöl)nlidfj  nur  fooiel  oerbtente,  bafi  er 
fianbeSgemäfj  leben  fonnte,  ©rfpamiffe  alfo  feiten  gemadjt  mürben. 

Unter  biefen  Umftänben  mufjte  bie  ©inforberung  von  S)arle§enSs 
jinfen  als  parafitifdfjeS  Beeren  ^om  ©rträgntS  fremben  gletfeeS,  mit 
einem  SBort  als  2Bud(jer,  bie  2luSbebmgung  oon  SJarle^enSjinfen 
als  Ausbeutung  einer  Notlage  erfdjjetnen.  $)a&  ber  gemerbS* 
mäfeige  Setyfapitalift  aus  ber  §ilfe  in  ber  31  ot  ein  ©efd&äft 
madfjte,  fonnte  leidet  ba^in  mifcoerftanben  merben,  bafc  er  aus  ber 
91  ot  ein  ©efd&äft  madfje.  ©alt  fdfjon  baS  ©elb  an  fid&  als  SeufelS* 
roerf,  ba  eS,  obwohl  unprobuftio,  eine  fo  grofce  Sftad&t  ausübte,  fo 
mufcte  bie  SRöglidfjfeü,  aus  ©elb  ©elbgeminn  ju  erzielen,  alfo  nodfj 
mefjr  ©elb  ju  madfjen,  gerabeju  als  SieblingSerfinbung  ber  ißölle 
erf  feinen. 

2)aju  fommt,  ba&  ber  5)arlel)nSjinS  nid&t  nur  ein  mirtfd&afts 
Ud&eS,  fonbern  audfj  ein  fojialeS  Problem  bilbet.  3u8'e^  mit 
ber  Älaffe  ber  Sietyfapitaliften  entftanb  ein  neuer  fojialer  ©egenfafc, 
ber  ©egenfafcjmifd&en  ©laubiger  unb  ©dfjulbner,  jmifdjjen 
2Budf)erer  unb  Sauer,  jmifd^en  Kapitalismus  unb  ^auperiSmuS. 
2)ie  Sdfjuibner  erfdfjienen  als  bie  ©d&madfjen,  SemitleibenSmerten, 
bie  ©laubiger  als  ifyre  oeradEjtungSroürbigen  Reiniger.    SEBie  Ijeute 


1  Brentano,  Gtfttt  unb  SoUtoittffiaft  in  ber  ©efäid&te,  1901,  ©.  13. 
1  SKtym'&aroetf,  Äapitol  unb  ÄapitaljinS,  I  69,  nennt  bad  SeifainS- 
proMem  ben  »oorgeföobenen  Soften*  beS  Äapitalainöproblcmö. 


—     60     — 

bcr  feine  fojiale  ^ofttion  rü<ffid&t$lo£  auSbeutenbe  Sirbettgeber  als 
inhuman  bejetdfjnet  wirb,  fo  unterfdfjieb  man  im  3Rittelalter  Rumäne 
unb  inhumane  ©laubiger.  3ene3  waren  bie  ©laubiger,  bie  feinen 
3in3  berechneten,  biefcö  bie  ©laubiger,  bie  bie  3Men  üön  3^^  8U 
Saljr  lawinenartig  anfdfj  wetten  liegen 1 . 

3u  biefem  fojialen  ©egenfafc  trat  nun  nodfj  ein  anberer,  ber 
nationale  ©egenfafc.  S)ie  ©laubiger  waren  nidfjt  nur  bie  Steigen, 
bie  oom  ©Zweige  ber  Slrmen  lebten  unb  prafeten,  fonbern  audfj 
gremblinge,  ©inbringlinge ,  meldte  mit  neuen  oerberblidEjen  6in= 
ridfjtungen  bie  eingefeffenen  33rüber  tljrer  legten  §abt  beraubten. 
Dbmoljl  in  ber  SRinber^eit,  bereicherten  fie  fidj  jufel)enb3,  wäfcrenb 
bie  Opfer  i^rer  Habgier  immer  ärmer  würben,  ©erabe  iljre  nume- 
rifdfje  ©dfjwädfje  aber  gereifte  üjnen  jum  SSerberben.  Sjjrer  wtrt= 
fdEjaftlidfjen  ©tärfe  entfprad)  mdf)t  i^re  polittfdfje  unb  mtlitärtfd&e 
■JRadfjt.  35en  ©rofcen  be$  SanbeS,  auf  beren  ©<$ufe  fte  einen  Sin* 
fpru<$  ju  §aben  glaubten,  famen  bie  3ubem>erfolgungen  mitunter 
ganj  gelegen;  benn  erftenS  fonnten  audfj  fie  bei  einer  SBernidfjtung 
ber  ©dfjulbbrtefe  nur  gewinnen,  unb  jweitenS  mürbe  bie  3But  be3 
SBolfeS  oon  iljren  eigenen  SRiffetaten  abgelenft. 

3)ie  weitere  ©ntwidflung  geljt  batyin,  baß  ba3  Renten 
gefdfjäft  bie  gorm  be£  oerjinSlid&en  ©arlefjenS  an* 
nimmt,  bafe  baburdfj  bie  ©renjen  be3  SobenfrebitS  um 
ein  bebeutenbeS  erweitert  werben,  ber  SBudfjerfrebit 
aber  um  fo  weiter  jurfidf  gebrängt  wirb,  einen  je  größeren 
©pielraum  ba3  reguläre  itrebitgefd&äft,  ba$  SRentengefdjjäft  bejw. 
(fpäter)  ba3  ^potfjefartfdfje  ©arteten  erlangt. 

IL 

S)er  erfte  ©dfjritt  jur  Segalifierung  be3  oerjinSltd&en 
SarleljenS  war  bie  Slufljebung  oon  beffen  ©traf barfeit. 

■JtodS)  bie  baperifdfje  Deformation  oon  1518  ^atte  be= 
ftimmt  (Sit.  33  3trt.  8) : 

„©idfj  fott  ein  jeber  an  ber  33ejal)Iung  be3  SBerteS,  ben  er 
tymgelietyen  l)at,    begnügen    laffen    unb   niemanb   oon  ben  anbern 


1  „Si  autem  [creditor]  humanus  fuerit,  ratam  non  quaeret  usuram  . . . 
sin  vero  inhumanus  fuerit,  uno  anno  crescit  usura  (Srifdje  Äanonen» 
[ammlung  XXXIV  5,  nadj  ©ommerlab,  2Btrtft$.  Sätißfett  ber  Äirdje  im  HRitteL 
alter,  1900,  ©.  188). 


—    61    — 

einigen  9hiff$a&,  ©efudj  ober  SBudjer  nehmen  .  .  .  2Bo  aud)  foldj 
nm<$erli<$,  gefctyrlid)  unb  unjiemlidj  ßontraft  im  SRedjt  fürfommen, 
fott  ber  9tid>ter  bie  für  fraftloS  erfennen  .  . .  unb  baju  ben  ißinleüjer 
ftrafen." 

SBorljer  ^atte  ba3  ßanbbot  von  1516  (f.  46)  erftärt:  SBer 
„umdjerifdj  &änbel  treibt  unb  ©elb  von  ©elb,  als  von  je^n 
©ulben  einen  nimmt  unb  barauf  austeilt",  follmit©elb 
unb  ©efängnte  befiraft  werben. 

2Ü3  StarletyenSnmdjerer  werben  alfo  balb  fieute  bejeidjnet,  bie 
aufjer  bem  35arlel>en8fapital  etroaS  nehmen  (1518),  balb  Seute,  bie 
Selb  oon  ©elb  nehmen  [ftatt  oon  ©runbftttden,  mie  beim  SRentfauf] 
(1516).    SDer  10°/o  3in3fufe  (1516)  ift  beifpielSmeife *  genannt2. 

3n  ber  9tadjfolgerin  be3  SanbbotS,  ber  ßanbeSorbnung 
oo n  1553  finben  fidj  bie  oben  gefperrt  gebrückten  Sßorie  beSSanb* 
böte  nid^t  meljr.  S)a3  oerjinSltd&e  2)arleljen  ift  alfo  nadj  bagerifdjem 
9ted)t  bürgerlich8  nidjt  meljr  jtrafbar  (fonbern  nur  ungültig).  3)ie 
„n>ud>ertfdjen  &  anbei"  werben  ejemplifliiert.  2tu3  ben  ge= 
mahlten  Seifpielen  ergibt  ftdj,  bafc  3infenne^men  6rfm  Sterleten  nur 
bann  ftrafbar  ift,  wenn  e$  oerfdjleiert  mirb  ober  ber  3^  e^n 
namhafter  ift,  j.  33.  meljr  als  20°/o  beträgt.    (9täl)ere3  unten 

§  13.) 

2Ba3  bie  jiotlredjtlidje  ©ültigfeit  be3  oerjtnSltdjen  3)ar? 
lebend  betrifft,  fo  mürbe  ba$  Sßrinjip,  bafe  atteä,  roaS  man  über  ba£ 
Äapital  IjtnauS  erhält,  2Bud&er  ift,  oon  brei  ©eiten  §er  untere 
miniert : 

1.  2)urdj  2luäbilbung  ber  Qfntereffele^re.  2Benn 
ber  Sd&ulbner  mit  ber  9Hlcfftaf)lung  beS  3)arlel)en3  im  SSerjug  ftanb, 
burdj  SSerfäumung  ber  SHldEja^lunggfrifi  ober  —  bei  unbefrifteten 
Darlehen  —  burdj  9lidjtbead)tung  ber  erfolgten  Äünbigung,  fo 
mu&te  er  bem  ©laubiger  feinen  gefamten  nachweisbaren  Schaben 
—  id  quod  interest,  b.  f).  ben  ttnterfdjieb  jnnfdjen  ber  gegen« 
©artigen  materiellen  Sage  be8  ©läubigerä  unb  jener,  in  ber  fid)  ber 
©laubiger  befinbcn  mürbe,  menn  ber  ©djulbner  nidjt  in  SSerjug  ge* 
fommen  märe  —  oergüten.  3unt  ©djaben  im  weiteren  Sinne  gehört 
nidjt  nur  ber  eigentliche  Stäben  (damnum  emergens),  j.  33. 
ber  ©laubiger  mufcte  nun  felbft  ein  3)arle^en  aufnehmen  —  bei 


1  Bnber*  Kiefer  VI  174  (befmitionSweife). 

1  (Sfeftt  baraud  tjeroor,  bajj  ber  übliche  3inöfufe  bei  2) arteten  10°/o  www? 

9  ©eflenfafc:  getftüg. 


—    62    — 

Quben  —  unb  bafür  Qm\m  jaulen,  fonbern  audfj  ber  entgangene 
©eroinn  (lucrum  cessans)r  j.  33.  ber  ©laubiger  Ijatte  fidfj  an  einem 
&anbel3gefd(jäft  beteiligen  (unten  sub  2)  ober  eine  SRente  laufen 
fönnen  (unten  sub  3).  Sie  2Iu8geftaltung  ber  Sntereffeleljre  in 
ber  Stiftung  ber  2lnerfennung  beä  oerjinSlid&en  SarleljenS  beftanb 
nun  barin,  bafe  man 

a)  juläfftg  erklärte,  t>on  ber  Segränbung  ber  ©djulb 
an  für  bieganjeßeit  ber  Ärebitgeroäfjrung  fraft  Vertrages1  oom 
©dfjulbner,  oljne  bafc  er  fonft  im  33er jug  ju  fein  brauste,  ein  be  = 
ftimmteä  3ftttcreffc,  namentlich  audfj  in  SProjenten,  ju  forbero, 

b)  bem  ©laubiger  ben  Sftadjroetä  be$  ©dEjabenS  bis  ju 
einer  gemiffen  ©renje  erliefe.  Ser  9tei<ij3beputation$abfdf)ieb  ton 
1600  (§  139)  j.  33.  fiettt  bie  gefefelid&e  Vermutung  auf,  ba&  ber 
©laubiger  mit  feinem  ©elbe  roenigftenS  5°/o  oerbienen  fann. 

2.  33on  bem  (erlaubten)  ©efettfdjaftSoertrag  unterfdfjeibet  ftd& 
ba3  oerjtnSlidfje  Sarleljen  baburc^,  baf$  bei  biefem  forooljl  bie  3wrütf= 
erlangung  beä  Äapitafe,  als  audf)  bie  ©rjielung  t>on  ©eroinn  (rechts 
lid&)  fidfjer  ift.  2Bie  aber,  roenn  ber  ftitte  £eill>aber  bem  tätigen 
feinen  unfid&eren  ©eminn  gegen  einen  fixeren  (etwa  5%)  oerfauft 
unb  bei  iljm  gleidfoeitig  fein  Äapttal  oerfidjjert?  Siefe  Slrt,  ein 
Kapital  anjulegen,  ben  fogenannten  contractus  trinus  (33er* 
tragSbreifaltxgfeit),  nidfjt  aber,  wie  bie  &umaniften  behaupteten,  ben 
„SBud&er",  §at  ber  ^ngolftäbter  Sßrofeffor  @df ,  ber  fpätere  ©egner 
£utf>er$,  1515  in  Sologna  oerteibigt 2.  Sie  SiSputation  §at  in  ber 
firdfjltdfjen,  nriffenfdEjaftlidfjen  unb  fcmfmannifd&en  Sffielt  eine  Ijeute  faum 
begreifliche  Aufregung  Ijeroorgerufen.  „Sie  Äaufleute  finb  je|t  ooH 
Übermut  unb  erflären  i§re  Verträge  afe  erlaubt",  fd&retbt  ber  SRüm* 
berger  &umamjt  ©djjeurl  an  ben.  Qurtften  Srutoetter  in  ©rfurt8. 
Unter  ben  Äaufleuten  finb  l)auptfäd()ltd&  bie  SlugSburger  iganbels* 
pufer  gemeint;  benn  in  2lug3burg  mar  ber  ©ebraudfc  beä  con- 
tractus trinus  in  allgemeiner  Übung.  Sie  ©egner  6dfe  be* 
tyaupteten  fogar,  (Sä  fei  oon  ben  gugger  beftod^en.  ©id^er  ift, 
bafe  (Sdf  fidfj  ber  meiteftge^enben ,  audjj  materiellen  ttnterftüfcung  ber 
Sugger,    feiner    ©aftfreunbe,    erfreute*.     Sie    ©egnerfdjjaft    ber 

1  „Mora  pacto  aequiparatur"  (©nbemann  II  265/66). 

2  (Stf  fcfcrieb  über  ben  contractus  trinus  au$  eine  Bbfjanblung  (Jpanb* 
färift  ber  SKünd&ener  Umoerfttät8MbUot&ef).  @c$neib,  Dr.  @tf  unb  ba$  firc^Cic^e 
SinSoerbot.    (©iftorifdj^olit.  Blätter,  1891.) 

3  6<$neib  8.  663. 

4  ©benba  ©.  674. 


—    63    — 

&umaniften   erllcirt  fid)  au3  i^rcm  £aj3  gegen  bie  „SKonopoliften" 
gugger  unb  Äonforten. 

(Sine  wichtige  SBebingung  ber  ©üftigfeit  be3  contractus  trinus 
ift  bie,  baft  ber  ©d&ulbner  ©efd£)äft3mann  ift.  @r  bient  alfo  bem 
^ßrobuftiofrebtt  unb  ift  ein*  föauptträger  ber  ^Bewegung,  bie  auf 
2lncrfennung  ber  Sßrobultioität  be3  beweglichen  Äapt  = 
tal3  jielte.  @ine  weitere  SBebingung  ber  ©ültigfeit  be3  contractus 
trinus  befielt  barin,  bafe  ber  fixere  ©ewinn  mdfjt  meljr  wie  5°/o 
betragen  barf.  SDer  contractus  trinus  ift  alfo  eine  Unterart  be3 
5  0/o*aSertrageS,  oon  bent  unten  netyer  bie  Siebe  fein  wirb. 

S3a  mir  in  biefer  2lrbeit  nur  ben  Sobenfrebit  im  Sluge  §aben, 
fo  glauben  wir  e3  bei  biefer  furjen  (Srörterung  über  ben  contractus 
trinus  bemenben  laffen  ju  fönnen. 

3.  gür  ben  bäuerlichen  Ärebit  weit  williger  al§  bie  2tu3* 
geftaltung  ber  Sntereffeleljre  unb  bie  Überführung  be3  ©efellfdfjafts* 
»ertrage*  in  ba$  oerjinSlid&e  S)arlet)en  war  bie  SHobilifterung 
be8  9ientfaufe3.    ©ie  äußerte  ftdfj  befonberS  in  breierlei: 

a)  SBie  beim  ©efettfdfjaftöoertrag  @rfolg  ober  SRifcerfolg  einer 
Kapitalanlage  oon  ©lementareretgntffen  (©eeftürme  ufw.) 
abfangt,  fo  audfj  beim  SRentfauf.  3)enn  ba  biefer  au$f$lteJ3tt<$  eine 
reale  Obligation  erzeugt,  fo  ift,  wenn  ba3  ©runbftüd  feine  ^rfid&te 
bringt,  alfo  bei  Untergang  ober  bei  totaler  Unfrudfjtbarfeit  be$* 
fetten  (Störung  ober  Dffupation  burdf)  ben  geinb,  geuerSbrunft, 
totale  9Rifeernte  ufw.),  ber  S3efifcer  be$  ©runbftfidfö  oon  ber  ©ält= 
entridfjtung  befreit.  8113  Sßrobujent  erfdfjeint  eben  in  ben  beiben  fallen 
bie  grudfjtbarfeit  be8  33oben$  bejw.  ber  SBagemut  be3  Kaufmann*. 
Seim  oerjinSlid&en  SDarle^en  bagegen,  wo  baS  Kapital  als  fold&eS 
bie  grüßte  Ijeroorbringt ,  muft  ber  ©ewinn  notwenbigerweif e  ein 
fidlerer  fein.  Sänge  fjat  man  ftdfj  gefträubt,  ben  SRentfauf  nad& 
biefer  SRid&tung  bem  oerjtnSlidfjen  ©arteten  anjugleidfjen ;  benn  ba* 
Serlangen  nadjj  ©ültreidfjung ,  wenn  ben  Sauer  ein  foldfjeS  Unglüdf 
getroffen  Ijatte,  mufete  ate  ungerecht,  und^rifttid^ ,  wud^erifd^  cr= 
f feinen.  ©d&liefclidfj  fagte  man:  SBie  bei  ber  ©efettfdfjaft  bie  ®r= 
jielung  eine*  beftimmten  ©ewinneä  jum  ©egenftanb  eine*  5Ber  = 
fid&erunggoertrageS  mit  ber  anbeten  Partei  gemalt  werben 
fann,  fo  beim  SRentfauf  bie  ©ntrtdfjtung  ber  ©ült;  notwenbig  ift 
nur,  baß  bie  SBerftd&erungSprämie  in  ber  (Srmäfjtgung  ber  SRente 
jum  SBorfd&em  fommt1. 


1  Gregorius[de  Valencia,  S.  J.,  Comm.  Theol.,  1595,  t.  III  Disp.  Y  Qu.  25. 


—    64    — 

b)  Segfinftigt  würbe  biefe  Degeneration  beS  StentfaufeS  bur<§ 
eine  anbete  2trt  ber  ßodferung  beS  ©filtmftituteS.  ©eit  bem  3n= 
einanberfliefjen  ber  Segriffe  ©ültoerfdfjreibung  unb  $ßfanbt>erfd(jretbung 
(oben  ©.  45)  tonnte  man  baS  Sßrinjip,  bafc  nur  baS  ©runbftüdE 
für  bie  ©ntridfjiung  ber  9lente  ^aftei,  ntd^t  mefjr  aufregt  erhalten, 
äfaberfetts  fonnte  man  fidj  oon  bem  bem  Stentfaufe  eigentümlichen 
SBorftellungSfcetfe  md(jt  gleidj  emanzipieren,  ©tatt  bie  allgemeine 
perfönlidfje  &aftpflidfjt  anjuerf  ennen ,  fprad(j  man  baoon,  bafj  bie 
SRente  auf  ber  Sßerfon  beS  9Ientem>erfäuferS  ruljen  fönne  (census 
personalis),  befdEjränfte  aber  biefe  3Äögtidjfeü  weiter  ba^in,  bafe 
biefe  ^erfon  bona  fruetifera  Jjaben  ober  fidfj  einer  notabilis  in- 
dustria  erfreuen1,  alfo  ad  lucrum  idonea  fein  muffe.  $n  biefer 
Sefdjjränfung  fommt  bie  ßurüäljaltung  ber  bamaligen  jflm&Ufyct 
gegenüber  bem  Äonfumtiofrebit  jum  lefeten  2luSbrudf.  Sluf 
biefem  ©ebiete  erfdjien  es  befonberS  angebracht,  oorftdfjtig  ju  fein, 
roeil  bei  -Kotbarleben  bie  ©efatyr  ber  äSeumd&erung  eine  befonberS 
grofje  ift. 

c)  35er  entfdfjetbenbe  Stritt,  ja  gemiffermafcen  ein  ©prung  ins 
gegnerifdje  Sager,  mar  aber  bie  @infü§rung  beS  ÄünbigungS- 
red&teS  beS  ©läubtgerS  beim  9tentfauf.  ©o  lange  bie  Ärebit* 
geroäljrung  unfünbbar  ift,  Ijat  ber  pünftltdfj  bie  ©dfjulben  jaljtenbe 
©d&uibner  nidfjtS  SBefentlidfjeS  uom  ©laubiger  ju  fürdfjten.  2)ie  @tn- 
fü^rung  biefer  Äünbbarf  eit 2  bagegen  bringt  ben  ©d&ulbner  mit 
einem  3Me  mitten  in  baS  mobern  *  fapitalifitfdfje  ©etriebe.  ©ie 
peinigt  if)n  fdjon  in  ber  SBorftettung,  nötigt  iljn,  ftdfj  oorjeitig  nadjj 
anberen  Hilfsquellen  umjufdEjauen ;  fie  fteHt  iljn  oor  bie  2ttöglid(jfeit 
ber  SBerfdjjled&terung  feiner  Ärebitbebingungen ,  namentlidjj  ber  @r= 
Ijöljung  beS  ßinfeS,  fefet  iljn  allen  ©dfjroanfungen  unb  gäljrtidfjfeiten 
beS  ©elbmarfteS  aus  unb  liefert  iljn  unter  Umftänben  ooUftänbig 
in  bie  i§anb  feines  ©läubigerS.  Äein  Söunber,  baft  bie  (Einräumung 
beS  ÄfinbigungSredfjteS  an  ben  ©laubiger  (aufter  für  ben  gaU,  ba& 
er  baS   ©elb   notroenbtg   felbft  brauet)   als  ttmdfjerlidjj   angefeljen 


1  3ett)  («Ra^ereö  unten)  III  167.  —  3»it  He<$t  weift  gunf,  3inä  unb 
2ßud)er,  1868  (©.  68)  in  biefem  gufammen^ang  barauf  §in,  bafj  »roä^renb  beS 
83eftanbe8  ber  Surft*  unb  £el)em>erfaffung  bie  Arbeit,  b.  f).  bie  2lnteUna$me  an 
ber  ^robuftiottät  unb  bem  ©eroinn  berfelben,  fein  perfönlid)e§ ,  fonbern  ein 
binglia)e$  SRedjt  n>ar\ 

2  2)ie  Einräumung  ber  ßünbigungSbefugniä  an  ben  ©laubiger  erfolgte 
fjäuftg  in  ber  2lrt,  bafi  bem  @a)uftmer  bie.  $ßic§t  auferlegt  würbe,  auf  f)alf>* 
jährige  ßünbtgung  bura)  ben  ©laubiger  bie  SRente  einjulöfen. 


—    65    — 

würbe1.  9tod&  bic  Steitppolijeiorbnung  oon  1548  t>erbot  ben  auf 
©eite  be3  ©läubtgerS  ftinbbaren  SRentfauf2.  SDte  Unfünbbarfeit  be$ 
3tn3üertrage8  mar  eben  bic  lefete  9tefert>e  ber  mtttelalter* 
lid&en  Ärebitle^re.  Sfobererfeitä  maren  bte  9tentengläubiger 
fd&on  ju  anfprud&SoolI  geworben  in  Sejieljung  auf  bte  SHSpofition 
über  ij>re  Kapitalien  unb  bie  SBeroeglidjjfett  berfelben.  ©ie  begnügten 
ftdf)  nid£>t  meljr  mit  einer  üerjütSlidjen  Anlage  berfelben,  gletd&oiel 
welcher  Strt,  fonbem  fie  wollten  in  ber  2lu3nüfcung  ber  fteigenben 
9ta<§frage  nadf)  muffigen  ©elbbeflänben  möglidjft  roenig  befd&ränft 
fein.  3)afjer  blieb  bie  ermähnte  33eftimmung  o^ne  praftifd&e 
SBirf ung 8,  unb  im  SReidfjSbeputationSabf d&ieb  oon  1600  (§  35)  mürbe 
bie  (im  Vertrage  feftgefefete)  Siefjiffton  burdjj  ben  ©laubiger  roenigftenS 
bei  Säumnis  in  ber  SRentenjaljlung  jugelaffen,  fo  bafc  ber 
©laubiger  altematio  bie  ©ültreid&ung  forbern  ober  fein  Kapital 
jurfidfoerlaugen  fonnte. 

III. 

3n  biefem  ©tabium  ber  ©nimidflung  be3  t>erjin3lid&en  3)ar= 
MjjenS  fprengte  lefetereS  feine  füllen  „©efellfd&aft, 
©d&abenerfafe,  Stentfauf"  unb  jetgte  ft<$  in  feiner  magren 
©efialt  al$  contractus  quo  quinque  annua  pro  centum  exiguntur  4. 
a»tt  5%  Binfen  begnügte  man  fidfj,  meil  biefer  Binäfufc  fibltd&6 
unb  gefefclidjj  mar  (unten  §  13).    SBenn   ein  ©laubiger  meljr  mie 


1  ^inSfelb  (naa)  fcofrjitSgutad&ten  ju  ben  ©efefcen  oon  1616,  £3ft.  Xni  14): 
Emtio  census  ex  utraque  parte  redimendus  e  republica  repellendus  est,  quia 
yiam  praecluderet  caritati  et  tolleret  omne  mutuum. 

Sünder  SRanbat  oon  1582  (SB»6  S.  47):  @8  ftnb  „etltd&e  eigennüfcige 
£eute,  bte  baö  #auptgut  oon  3a§r  au  3<*&*  ober  auf  bestimmte  3iele  unb  Sage 
mit  Strenge  eingießen,  entroeber,  bajj  fte  bamit  «nebenan  unter  etwas 
Sorteil*  unb  duftend  anbere  6*ulbbrtefe  laufen  ober  ©d&enfungen 
[Sorteile]  mit  Sufagung  längeren  SBartenä  überfommen  unb  $af>m 
mögen,  babur$  bann  viele,  fo  ba3  ©elb  aufgenommen,  e^ematen  fte  baä  nrieber 
Suroege  bringen  unb  aMöfen  fönnen,  fta)  inS  Serberben  gerietet  .  .  / 

■  Zit.  17  §  8:  S)ie  Soäfünbung  ber  ©ültoerfd&reibung  auf  SBiebertouf  fott 
beim  Serföufer  unb  nidftt  beim  Käufer  ftefjen,  unangefe§en,  mie  bie 
©ültoerfttjretbunq  geftellt  ift ,  unb  mad  barüber  ge§anbelt  morben  ift. 

•  2>er  SWterftanb  auf  bem  baoerifttjen  ßanbtag  1583:  @S  ift  »unoerborgen, 
mai  im  Het$  für  »ebenfen  bagegen  eingefallen,  unb  bafc  fola)e  Drbnung  barauf 
)u  i§rer  SBirfung  bei  ben  SReidjöft  ernten  nie  fommen  fei". 

4  (Stenaue  Definition  gleid)  unten. 

6  ©ommerfob,  Slrtifel  „ginftfuft*  im  $anbm.  b.  @tn>.:  »Der  3in8fu|  oon 
5°/*  tnufc  im  16.  3a$r$unbert  ald  ber  normale  gegolten  f)a ben.* 
Ceften,  Berfdjjulbung.  5 


—    66    — 

5  °/o  beanfprudjte,  fo  beburfte  er  ber  alten  Ärücfen.  S)ie  5  °/o  waren 
alfo  baS  SBleibenbe,  SBefentlidje,  roäljrenb,  roaS  feine  gaffung  betrifft, 
ber  SBertrag  im  prafttfdjen  Seben  balb  beut  SRentfauf,  balb  bem 
©efettfdfjaftSoertrag,  balb  bem  Qntereffeuertrag,  balb  jroeien  t>on  tynen 
ober  allen  breien  ähnelte.  SBegen  biefer  inbifferenten  neutralen  garbe 
würbe  ber  Vertrag  einfad)  ^ünfprojentuertrag  (contractus 
5  pro  100)  genannt1. 

SDer  günfprojentuertrag  mar  in  ganj  ©eutfdjlanb  2,  befonbetö 
aber  in  33apern8  verbreitet.  Sie  jQodjburg  be£  günfprojentoertrageS 
fdjeint,  mie  bie  be£  contractus  trinus  am  Slnfang  be8  ^a^r^unbertö, 
auf  ber  ©läubigerfeite  SlugSburg  gemefen  ju  fein4. 

3)er  (SntfdjeibungSfampf  um  bie  Slnerfennung  be$  günfprojenfc 
»ertraget  fiel  in  Sägern5*. 


1  Stfd&of  2Rarquarb  oon  StugSburg  1575  jum  P.  9iofep$iu8  (S)u^r  [»gl. 
unten]  @.  222):  „$ie  ftarrcn  $eutfa)en  .  .  .  wollen  ntd&t«  §ören 
von  einem  eingetroffenen  <8efeIIfd)aft8t> ertrag  unb  bergt.  3)enn 
ba  biefe  Seute  leidet  argwöhnen,  fürchten  fte  ftd^r  wenn  fo  viele  ßfoufeln  gemalt 
werben  muffen,  unb  wollen  etnfaa)l)in  ben  Vertrag  von  5%,  wie  aua) 
immer  fromme  Beute  benfetben  beuten,  als  (Sefeltfdjaftöoertrag,  alS  ent* 
fallenben  ©ewinn,  al§  ®a)abenerfafc,  olö  SRentfauf  ufw." 

2  33ifa)of  2Äarquarb  bei  berfelben  (Megenfjeit:  2)er  5°/o*3Jertrag  ift  „jefct 
gang  unb  gäbe  ma)t  allein  in  ben  großen  ©täbten,  fonbern  aua)  faft  in  allen 
greifen  unb  Dörfern  2)eutfd&lanb8".  —  P.  ©tofc  untevm  7.  2Rai  1576  (S)uljr 
@.  225)  an  ben  Sefuitengeneral:  2)er  5°/o*Sertrag  „nia)t  allein  l)ier  [in  2Cug8- 
bürg],  fonbern  weit  unb  breit  bei  Sorne§m  unb  (Gering,  ftaufleuten  unb  ge* 
meinem  SSolf  allgemein  ?geübt".  —  $er  5 °/o* SBertrag  würbe  ba^er  aua)  Con- 
tractus Germanicus  genannt. 

8  3)a8  ßapttel,  in  bem  3«$  (f*  unten)  ben  5% Vertrag  beljanbelt,  fä^rt 
ben  £itel:  De  contractu,  quo  exiguntur  quinque  annua  pro  centum,  paBsim 
in  Germania  et  nominatim  per  Bavariam  usitato. 

4  3Warcu§  gugger  fa)reibt  unterm  16.  Slpril  1576  „in  großer  Erregung* 
an  P.  Stofc  ($u!)r  ©.  226):  „ffienn  bie  9tta)tfc$nur,  bie  3$r  oorfd&lagt,  be- 
obachtet werben  müßte,  bann  wären  nia)t  allein  wir  3?ugger,  fonbern  aua)  ganj 
2>eutfc§lanb  in  brei  Sauren  am  Settelftab  .  .  .  @8  wäre  alle*  gut,  wenn  3§r 
eö  foweit  bringen  Jönntet,  baß  aua)  mir  ba8  (Selb  o^ne  3mg  gegeben  würbe, 
aber  ta)  fd&ulbe  ungefähr  lVi  2JttHionen  ©ulben,  für  bie  ia)  5,  8,  ja  10°/o  be- 
gasten muß.  dagegen  fa)ulbet  mir  ber  ßönig  von  Spanien  einige 
2JUllionen  unb  ja§It  mir  weber  3infen,  «öo)  gibt  er  ba8  ßapital 
Surücf.  2Ba§  foll  ta)  nun  tun?  3ubem  $abe  ia)  t&m  ba8  (Selb  ma)t  geliehen, 
fonbern  er  $at  e$  t>on  meinem  Sater  unb  3o$«ntte8  Sugger  erpreßt, 
infolgebeffen  SofjanneS  2We3,  aua)  ba§  Seben  oerloren." 

5  Über  bie  naa)folgenb  gefa)ilberten  33egebmffe  unb  SJer§anbIungen  ftnb 
wir  bura)  awei  quellenmäßige  2)arftettungen  gut  unterrichtet:  Zech  Franciscus, 
S.  J.   (^rofeffor  in  Sngolftabt):  Rigor  moderatus  doctrinae  Pontificiae  circa 


—     67    — 

SB il^ eint  V.,  mit  beut  IBcinamcn  bcr  fromme,  aufgeftadjjelt 
burdfj  „etlidfje  fd^arpfc  Sßrebiger  ju  £of" *  —  ncmtliclj  ben  SMHinger 
Sßrüfefjor  P.  ^epoob  unb  ben  £ofprebiger  3)umiu3  —  faftte  ein 
SSerbot  be$  $unfprojentDertrage8  tnS  2tuge.  Gr  fonftituierte  (1580) 
eine  aus  S^eologen  (barunter  ißetjoob  unb  ber  Orben&protnnjial 
$offäu3)  unb  Suriften  gemtfdfjte  Äommiffion,  mit  ber  Aufgabe, 
über  bie  grage  ju  beraten,  unb  forberte  oon  feiner  Unioerfttat 
3ngoIftabt  ein  ©utadfjten  ein.  3)ie  Untoerfttät  lieferte  nad^einanber 
jroei  oerfd&iebene  ©utad^ten,  ba$  eine  gegen,  ba§  anbere  für  ben 
günfprojentoertrag  2. 

Überhaupt  Ijerrfdfjte  unter  ben  Qefuiten  grofce  Uneinigfeit 
barfiber,  nrie  man  ftdf)  junt  günfpro jentoertrag  »erhalten  folle.  SBemmrf 
man  iljn,  fo  fd&redfte  man  bie  33eid£)tfinber  oon  ber  SBeidjjte  abf  trieb 
man  jie  weniger  ftrengen  Äonfurrenjorben  in  bie  2lrme8.  SBenn 
man  ben  günfprojentoertrag  aber  anerkannte,  fo  fefctc  man  fiel)  bem 
Stufe  ber  ©d&laffljeit  aus4. 

SDer  ©erjog  erließ  (jroifd^en  bem  2.  3)ejember  1580  unb  bem 
7.  2Ipril  1581)  ein  gegen  ben  günfprojentoertrag  gerichtetem 
2ttanbat  an  feine  SBeljörben. 

3)er  SBortlaut  lä&t  ftdj  nitt)t  feftftellen.  Sa*  2)efret  fdjeint  nitt)t  gebrutft 
toorben  ju  fein.  SBityelm  V.  unterm  7.  Slpril  1581  an  Slquaoioa:  „Später 
riet  und  berfelbe  $offaeu£  bei  einer  Ijier  in  ÜRüna)en  abgehaltenen  Beratung, 
o$ne  öffentlich cö  3luffef)en  einen  iSrlafj  an  bie  SRia)ter  unb  SRafliftrate 
)u  richten  mit  bem  Serbote,  biefen  Vertrag  [ben  günfprojentoertrag]  gu 
billigen,  unb  mit  bem  Sefefjf,  bie  bieSbeaüglidjen  ^rojeffe  an  unfer  oberfteS 
©eridjt  in  3Rfina)en  ju  oertoetfen  .  .  .  ©o  tyaben  mir  benn  unfere  ®e» 
richte  in  biefer  ©ejieljung  angeroiefen,  roie  §offftu8  geraten 
Gatte*  (2)ul)r  ©.  234).    $ied  fa)eint  aber  boa)  nid^t  fo  ganj  ber  gatt  fietoefen 

usuras  a  Benedicto  XIV  traditus,  1751,  tom.  III.  §256  ff.  Xann  $.  Su&r, 
Die  beutfdjen  3efuiten  im  günfproaemftreit  be$  16.  Safjr&unbertS  (3eitfa)r.  f. 
laty.  %\>tol.  XXIV,  1900,  ©.  209  ff.).  3ea)  $at  offizielle  5lftenftücfef  2>u(jr  Sitten 
ber  ©efeHfdjaft  3efu  bznv^U 

1  ©o  brütft  fta)  baä  §ofra«gutaa)ten  ju  ben  ®efefcen  oon  1616  (891.  XIII 
U)  au*. 

*  2)af  gtoeite,  bem  günfprojentoertrag  günftige  ©utadjten  mar  oon  $offäu8 
unb  ©regortuS  oon  Valencia  (^rofeflor  an  ber  Unioerfttat)  infpiriert.  $a£  erfte, 
entgegengefe&te ,  aud  ber  geber  oon  (Soerljarb,  mar  naa)  ber  Se&auptung  bed 
fcoffäu*  (Du&r  6.  235,  ogl.  aueft  8ea)  §  257)  taifäajtta)  bloße  $rioatarbeit. 

*  P.  $offäu£  unterm  20.  Februar  1568  an  ben  $apft:  »$ie  ©aa)e  §at 
für  une  joltt)e  6a)n)ierigf eiten ,  bafe  im  gaUe  ber  Unerlaubtbeit  niemanb  oon 
benen,  bie  5%  nehmen,  bei  und  beizten  roiU*.  (Du^r  @.  213.)  P.  9Renginu3 
<Snb€  3ult  1571  an  P.  Sanoo  (2)u§r  ©•  215). 

4  P.  SRaggio  unterm  21.  D (tober  1571  an  P.  9lata(i8  ($u§r  8.  215). 

5* 


—    68    — 

ju  fein;  benn  $offäu3  oerroaljrt  fta)  in  feiner  SRed&tfertigungSfd&rift  bagegen. 
3)a8  Sluöf  abreiben  an  bie  Ijeraoglid&en  Stifter  fei  tym  unb  P.  #eöoob  oor  bet 
Slbfenbung  »orgelefen  worben;  er  fyabe  ftct)  bagegen  erflärt  unb  bem  §erjog 
münblidj  unb  fdjrtftlia)  von  ber  Veröffentlichung  abgeraten,  ba  in  bemfetben 
SDinge  als  SBud&er  verurteilt  würben,  bie  feine  Verurteilung 
oerbienten. 

3m  ßreiäarajio  9Ründ&en  (Gen.  Heg.  Grim.  fasc.  323/10)  beftnbet  fiel)  eine 
glaubwürbtge  2lbfcr)rift  be3  2Ranbat3entwurfe8 ,  ber  ber  Unioerfttät  Sngolftabt 
unterm  14  3ult  1580  jur  Begutachtung  oom  £erjog  überfanbt  worben  war. 
tiefer  Entwurf  Ijat  folgenben  Sn^alt: 

Söir  finb  beim  antritt  unferer  Regierung  [1579]  barauf  aufmerffam  gemalt 
roorben,  bafc  in  unferem  gürftentum  bei  Sielen  ein  böfer  SRifjbraua)  eingetiffen 
ift:  3luf!ünbigung  bura)  ben  Käufer  beim  ©ültfauf,  3inS* 
»erfd&reibung  bei  ©elbanlet)en  ,ot)ne  reblidje,  gute  Urfatt)en' 
[b.  f).  3in8titel,  oben  ,§üllen,  Ärüden'  genannt],  3.  33.  erwad&fenben  ©traben 
ober  entgangenen  ©ewtnn.  2)a8  ift  eine  gute  3*it  Ijer  in  folgen  ©ebraud) 
fommen,  bafj  man  eS  gar  nimmer  für  unrecht  unb  ungiemlia)  galten  will.  3118 
fatbolifd&er  gürft  muffen  wir  etwaä  bagegen  tun.  2)ie  Dbrtgfeiten  fotten  ,bie 
©aa^e  batjin  ria)ten,  bafc  fcinfüran  bie  3in3fäufe  unb  2lnlec)en  in  ob* 
gerne  (bete  [Unfünbbarfeit  ober  3^3titel]  billige  d&riftltd&e  gorm  ge* 
ftellt,  ber  Söudjer  allenthalben  in  unferem  gürftentum  auögereutet,  aua)  auf 
fünftige  (Sontrafte  anberS  nia)t,  benn  biefer  unferer  a)riftlia)en  wo&lmeinenben 
Drbnung  gemäjj  mit  Euerer  .  .  .  gütlicher  ober  rechtlicher  ©rfenntniS  gehalten 
unb  verfahren  werbe*.  SBer  fta)  biefer  Verorbnung  ,oeräajtltä)  n>iberfe$t%  fott 
geftraft  werben,  fielen  aber  in  einem  obee  anberen  gaUe  foldje  3roeifel  ein, 
bafe  3^r  bie  an  un§  gelangen  ju  laffen  für  eine  ÜRotburft  achtet,  ba«  mögt  3$r 
jeberjeit  wo&l  tun  unb  unteren  Sefä)etb  barüber  erwarten1. 

üb  unb  wieweit  biefer  ÜRanbatöentmurf  bem  naa)^er  wirflia)  erlaffenen 
9Ranbat  entfpridjt,  ob  (um  bie  ©jtreme  §err»orju^eben)  beibe  ibentifa)  finb  ober 
ob  bad  SÄanbat  auf  biefen  Entwurf  gar  nidjt  jurürfsufütjren  ift,  muffen  wir 
ba§ingefteKt  fein  laffen.  9iea)era)en  beim  allgemeinen  !Reia)3ard)io,  beim  ©e- 
$eimen  <Staat8ara)u> ,  bei  ben  J?ret8ara)ioen  HRündjen  unb  £anb8$ut  naa)  bem 
9Ranbat  blieben  erfolglog. 

3)amit  mar  bie  Angelegenheit  nidjt  jur  SRulje  gefommen,  fonbern 
im  ©egenteil  bem  ©treit  ber  Meinungen,  bem  ©egenfafc  ber  Qntereffen 
neue  SRaljrung  jugefffi&rt1. 

35er  iQerjog  roanbte  ftd^  bafjer  in  feiner  ©eroiffenSnot  an  ben 
$apft  mit  ber  bringenben  Sitte  um  feinen  diät  unb  feine  (Snt* 
fd^eibung2.    35er  Sßapft  betraute  ben  eben  neugema^lten  Sefuiten* 


1  2Iu3  einer  2)enfftt)rift  beö  $offäu*  an  Slquaoioa  (2)u$r  6.  238):  „Surdj 
feinen  un!lugen  ©ifer  madjte  ber  $erjog  fia)  unb  und  bei  feinen  Untertanen  fo 
vertagt,  ba&  feine  SRäte  baran  bauten,  gegen  bie  ©efellfüjaft  »or- 
duge^en,  um  fte  cor  fo  ge§äffigen  unb  gefä&rlidjen  SReformoerfuajen  in  ber 
Jolge  abau^alten." 

9  3)er  ©rief roea) fei  ift  oon  SaUerini,  De  jure  circa  usurara,  t.  I  (Sin« 
^ang),  1747,  oeröffentlia)t. 


—    69    — 

general  Slquatrioa  mit  bcr  Silbung  einer  ßommiffion  (2lpril  1581). 
Sin  berfelben  normen  auf  bapertfdjjer  ©eite  igoffauS  unb  ©regoriuä 
teil.  SDer  &erjog  liefe  ber  ftommifffon  ein  (n>al)rfd£)einlidSJ  oon 
Öetjoob  jjetf a$tt$)  Formular  oortegen,  ba8  ben  günfprojentoertrag 
in  möglid&fl  reiner  ©efialt  enthielt,  unb  ate  beffen  Äern  bie 
Äommiffion  folgenben  £atbefianb  bezeichnete1:  „Titius  centenaria 
summa  Sempronio  tradita,  cum  eo  paciscitur  de  quinario  lucro 
quotannis,  securo  capitali  et  lucro,  potestate  utrique 
parti  relicta  rescindendi  contractum,  modo  ad  semestre 
spatium  praemoneat  ea  de  re  socium  [feinen  2Ritfonira§enten]". 
2Bef entlidj  ift  1.  eine  getmffe  garblofigfett  be3  Vertrages  (Slbftraftion 
oon  Slentfauf,  ©efeflfdfjaftöoertrag,  ^ntereffeoertrag)  2.  bie  2lffefuranj= 
Haufei  (©.  61)  3.  bie  perfönltd&e  £aftpfitd&t  4.  ba$  ÄfinbtgungS* 
red&t  beS  ©läubtgerS. 

3)ie  Äommiffion  braute  ityre  SUleinung  in  einem  „Sraftat" 
(Öanbfdjjrift)  jum  9lu3bru<l  SDer  Vertrag  fei,  obwohl  be3  mutuum 
foioie  überhaupt  irgenb  einer  beftimmten  33ertrag8art  feine  ©rma^nung 
gefdjjetje,  ungültig,  roeil  er  sine  personarum  delectu  cum 
cuiusvis  conditionis  homine  abgefdjloffen  werbe  unb  baljer 
in  2Btrfltd&feit  mutuum  fei  (ßedj  §  262/3).  $)er  $apfl  folgte  in 
feiner  6ntfd)eibung  bem  ©utad&ten  ber  Äommiffton:  3)er  nor- 
gelegte  SBertrag  fei  nmdjjerlidfj ,  benn  er  fönne  auf  feine  anbere 
SBertragSgattung  als  auf  ba$  oerjinSlid&e  Sarleljen  jurüdfgefüljrt 
werben.  35er  Sßapft  fügte  aber  oorfidjjtig  {jinju:  SBenn  in  S)eutf(^= 
lanb  ein  ^ünfprojentoertrag  mit  einer  anberen  gaffung  Derbreitet 
ifi,  fo  fott  fidjj  biefe  ©ntf Reibung  nidjt  auf  tljn  bejteljen  (§  264). 

2)er  §finfprojentt>ertrag  würbe  alfo  nur  in  benfelben  ©renjen 
juläffig  erflärt,  bie  für  bie  2lffimilatton  be3  Stentfaufeä  an  ba3  Star* 
lefjen  (oben  ©.  63  ff.)  gejogen  waren. 

3)er  SBJiberftanb  be$  Sanbeä  gegen  bie  Sßolitif  be3  &erjog3  in 
ber  3in^frage  oerbidjjtete  fid&  auf  bem  Sa nb tage  oon  1583  ju 
ben  fjeftigften  klagen2. 

2)iefelben  gelten  bejetd&nenberweife  nid&t,  wie  man  erwarten 
fottte,  oon  ben  SSürgern,  fonbern  oom  2lbel  aus.  S)er  SRitter* 
fianb  bringt  oor  (Grav.  1):  ©urdfj  baS  SSerbot  an  bie  ©erid&te, 
auf  5  °/o  Qntereffe  ober  jäf>rlid(je  SSerjinfung  ©rfenntnte  ju  tun,  ftnb 
alle  ©ewerbe  unb  Hantierungen  in  großen  äbfall  ge* 

*  Se4  §  259  ff. 

8  »aperifae*  8et<$*arc$u>,  KUba^erifcfte  Sanbfaaft  P.  2  n.  30.  —  SBtr 
tpbcn  nur  bie  für  und  roi^tigften  $un!te  &er»or. 


—     70    — 

raten.  9Kand£)er  ift  baburdfj  gebrungen  roorben,  feine 
üätertidjen  ©rbgüter  von  ftdfj  ju  laffen  unb  $remben  ein* 
juräumen.  3>enn  feiner  will  fein  ©elb  umfonft  IjerleiJjen 
unb  fid£)  felbft,  aud£)  SEBeib  unb  Kinb  in  9Rangel  unb  2lrmut  ftecfen, 
um  einen  anberen  mit  feinem  ®utt  ju  bereitem.  3Bof)l  roenbet  maxi 
ein,  man  fotte  feine  Sarfd^aft  auf  ©rfaufung  Iiegenber  ©tücfe  an* 
legen1.  Slber  biefeä  ift  nidEjt  eines  jeben  ©elegenf)eit  unb  fann  bei 
©eroerbäleuten  nid&t  ftattljaben,  aud£)  nid£)t  bei  benen,  bie  i^re  Äinber 
in  frembe  ober  ferne  Sänber  verheiraten  motten.  Sie  2lbfd(jaffung 
ber  SSerjinfung  §at  $ur  golge  gehabt,  bafe  alle  Sarfd&aft  aus  SSatjern 
in  anbere  Sänber  gebogen  roorben,  bafe  bie  in  Sägern  bi^er  auf 
SBer  jinf  ung  angelegten  Kapitalien  l)aufenroeifeunbmitl)ödEjfter 
Sefd&roerbe  ber  ©dfjulbner  abgeforbert  roorben  finb. 
3a,  mer  ©elb  $u  feiner  äufcerften  -ftotburft  aufbringen 
roill,  fann  feinet  me^r  befommen.  3U™  ©djjluft  bittet  ber 
Stitterftanb,  ba3  gefdfje^ene  SSerbot  roieber  aufgeben. 

35er  &er$og  äufcert  junäd&ft  fein  33efremben  barüber,  baj& 
gerabe  ber  SRitterftanb  fidE)  über  ba3  Verbot  befdjjroere.  SBenn  e£ 
jum  5ßerberben  unb  Abfall  ber  Kommerjten  gereift,  fo  Ijätten  bodfj 
bie  ©täbte  unb  3Jlärfte  triel  meljr  Urfad&e  baju.  2)a3  Sßerbot 
bejroedft  Austreibung  aller  rouäjerlid&en  Kontrafte,  rooburdjj  alle  ©tänbe 
auSgefogen  unb  oerberbt  werben,  foroie  Spflanjung  brüberlidjjer  Siebe, 
©eroijfenäljalber  l)aben  mir  ntd&t  umtyin  fönnen,  bergleid&en  roud&erifd&e 
Kontrafte  abjufdfjaffen.  2)iefelbe  SBeroanbtniS  l)at  e3  mit  ben 
SBieberfaufSgfilten,  roenn  beiben  teilen  bie  Sluffünbigung  oorbe^alten 
roirb,  benn  ba3  ift  in  ber  SReid^Spolijeiorbnung  auäbrüälid)  für 
rouäjerifdf)  erflärt  roorben.  2Benn  aber  ber  SRitterftanb  meint,  bafc 
bem  Saterlanb  fo  fe^r  baran  gelegen,  baft  bie  commercia  baburd& 
gefperrt  unb  fonft  anbere  inconvenientiae  oerurfad£)t  mürben;  aud& 
biefer  Seit  fd^ier  niemanb  gefunben  roerbe,  fo  fünf  oom  &unbert 
faufen  motte,  roenn  itym  bie  Auffünbigung  nid^t  ebenfo  roie  bem 
Käufer  jugelaffen  roerbe  —  fo  rootten  roir,  jebodjj  auf  SBiberruf 
unb  ^ßxobe ,  bie  SBieberfaufSgülien,  audfj  roenn  beiben 
Seilen,  b.  i.  bem  Käufer  unb  bem  SSerfäufer,  bie 
Söfung  unb  Auffünbung  oorbeljalten  roirb,  bulben 
unb  bie  9K<$ter  barauf  erfennen  laffen.  SDamit  biefe  „Xoleranj" 
aber  nidjjt  mifjbrauäjt  roirb,  fo  rootten  roir  Formulare  ^erftetten  unb 


1  8Ufo  in  einer  ber  oorfapitaliftifd&en  Ära  (fielje  Einleitung)  entfprec$enben 
SBetfe. 


—     71    — 

ben  ©erid&ten  überfdfjtden,  an  bie  fidfj  jeber  Untertan  naä)  2Rafe  unb 
gorm  galten  fann,  unb  jroar  ein  Formular  für  Sßieberfaufe  unb 
ein  gormular  für  Ztutt,  bie  feine  aufltegenben  ©üter  Ijaben,  ba  ober 
baoon  fie  ©ülten  oerfaufen  fönnen. 

SDem  2lbel  ift  ntd&t  red^t,  baft  bie  „Xoleranj"  auf  SBiberruf 
geftettt  fein  fott.  6r  münfd&t,  bajs  fie  fo  lange  in  Äraft  bleiben  fotte, 
bis  bie  9iei<fj3ftänbe  anberS  befitmmten.  gormulare  l)ä(t  er  für  un= 
nötig,  weil  fidfj  ein  jeber,  Käufer  unb  SBerfäufer,  audEj  ofjne  fie  in 
adfjt  nehmen  werbe  unb  ba£  lefcte  2Bort  bodfj  immer  bie  ©erid£)te 
Ratten. 

3)er  gürft  fommt  in  feiner  Steplif  normal  auf  bie  Sßrinjipten* 
frage  ju  fpred&en.  Unbeftreitbar  ift,  bafe  in  Sägern  bie  meiften 
Äontrafte,  ba  fünf  oom  £unbert  jäljrlidEj  ju  geben  oerfprodjjen  nrirb, 
allein  auf  2tnleljen  unb  SSerjinfung  geftettt  getoefen,  roeldjeS  je  anberS 
nid^t  benn  ein  mutuum,  man  oermäntele  unb  berge  e3  gleidfj,  wie 
man  miß.  .Smifdfjen  jä^rlid&en  ©ülten  einerfeitS  unb 
33erjinfung  ober  Qntereffe  anbererfeits  ift  ein  großer 
Unterfdfjieb.  SÄuS  Sftüdftdfjt  auf  bte  SReidfj&polijeiorbmmg  fann  bie 
Soleranj  nur  rotberrufliclj  jugegeben  werben.  Übrigens  barf  ber 
SRttterftanb  rufjig  fein,  o^ne  mistige  Urfad&e  werben  mir  bie  Xoleranj 
nidfjt  reoojieren.  SBir  fönnen  fte  aber  audfj  nidfjt  perpetuieren,  o§ne 
unfer  ©eroiffen  ju  oerlefeen  unb  o^ne  ©dfjimpf,  ©pott  unb  58er- 
fleinerung  beforgen  p  muffen. 

S)em  SRitterftanb  fommt  ber  ©tanb  ber  ©täbte  unb 
SRärfte  ju  &ilfe  (Grav.  12):  SDurdE)  baS  Verbot  ber  SBerjinfung, 
ba  forocfjl  ber  Darleiher  als  audfj  ber  ©dfjulbner  bie  Sluffünbigung 
&at,  finb  nidfjt  nur  mir  befdfjwert,  fonbern  alle  ©tänbe  unb  baS 
gange  Sanb.  @S  trifft  nämlidfj  nidfjt  nur  ber  ©otteStyäufer,  2llmofen 
unb  oermaiften  Pupillen  ©elb,  fonbern  audf)  faft  alle  anberen 
©eroerbe  unb  Hantierungen,  furj  alle  &anblungen  unb  ßontrafte. 
33ei  ber  ttnfidfjerlieit  in  einer  fo  widfjtigen  ©adfje  ift  eS  unmöglidjj  ju 
^anbeln  unb  ju  traftieren.  SDie  ©otteS^äufer  unb  befonberS 
bie  armen  SBaiSlein  muffen  ifjr  ©elblein  feiern 
1  äffen;  mäljrenb  fie  oon  ben  ©ülten  unterhalten  werben  fottten, 
muffen  fie  nun  baS  Äapital  oerjeljren  unb  ijaben  barnadfj  nid&ts. 
Die  9titterfd&aft  \)<xt  mit  unferem  jtemlidfjen  SBiffen  unb  SBiUen  ftdfj 
beföwert,  benn  eS  ift  ein  gemeines  burdjjge^enbeS  SBerf, 
fo  baS  gange  Sanb  betrifft. 

3)ie  pon  SBilfjelm  V.  angefünbigten  gormulare  erfd&tenen  in 
3ngolfiabt  unter  bem  Xitel:   „^Reformierte  unb  ber  ©eredfjtigfeit  ge* 


—    72    — 

mäfee  Formulare  allerlei  @elboerfd[)reibungen  famt  angehängten  2tuf* 
merfen,  fo  babei  ju  l^aben"1.  @S  finb  im  gangen  6  gormulare: 
©wiggült,  SßieberfaufSgttlt,  SBieberfaufSgült  mit  ÄünbigungSred&t  beS 
Ääitf er^ ,  contractus  trinus  mit  jQtjpotljefbeftellung  (für  &anbels=, 
£anbwerfS*  unb  SauerSleute),  SDarleljen  mit  SBerfpred^en  ber  (Sr* 
ftattung  beS  entge^enben  ©ewtnnS,  beS  ju  erleibenben  ©djabena. 
Beim  britten  Formular  (ÄünbigungSred&t  beS  ÄäuferS)  ftnbct  fldj 
folgenbe  -Kote: 

35amit  biefe  beibeSteilS  ablöSlid&en  3w3oerfc(jreibungen,  weldfje 
gemeütiglidfj  oiel  ©efaljr  unb  3)iif$braud[)  l)aben,  gebulbet  werben 
fönnen,  finb  nadjj  folgenbe  fünfte  ju  merfen: 

a)  @S  ift  nötig,  bafc  bie  ©ült  auf  „redjjte  waljre  3^^- 
guter"  gelegt  wirb,  „meldte  fo  otel  ober  me^r  freier, 
eigener  unoerfetjrter  Sftufeungen  watyrljaftig  tragen2, 
als  oiel  barauf  unb  barob  oerfauft  wirb". 

b)  deiner  ber  beiben  £eile,  befonberS  aber  ber  SBerfäufer,  barf 
burdfj  ben  beiberfeits  ablösbaren  3in3fauf  ju  heftig  bebrängt  ober 
befd&wert  toerben.  2Bo  baljer  eine  obrigfeitlid&e  3^n^aEc  fß* 
2Bieberoerfäufe  [o^ne  ÄünbtgungSred&t  beS  ÄäuferS]  befielt,  mufe, 
wenn  bie  $in$ta]ct  bem  lanbeSttblid&en  SRentenfufce  entfpridfjt8  [fünf* 
projentiger  Stentenfufc],  beim  beiberfeits  ablöSlidfjen  3wSfauf  [jum 
SfaSgleidfj  gegen  bie  Segünftigung  beS  ©laubiger  S]  einniebrigerer 
3 ins  [als  5°/o]  ausgemalt  werben. 

c)  Söo  beibeSteilS  ablöSltäje  $xn\t  oon  ber  Dbrigfeit  oerboten 
unb  fold&eS  Verbot  angenommen  unb  in  oollem  Sraud^4,  ba  fotten 
folä)e  QvaSt&aft  oermieben  werben.  — 

3Me  „SEoteranj"  oon  1583  bebeutet  jweifelloS  einen  Stüdjug 
in  ber  3inSpolitif  SBiltyelmS  V.  nadfj  ber  mittleren  ßinie  beS  römifd&en 
ÄommiffionSgutacfjtenS  oon  1581.  Qnbem  ber  föerjog  ben  beiberfeits 
fünbbaren  SRentenoertrag  ju  bulben  jufagt,  bricht  er  feinem  9Ranbat 
ben  gefäfyrlidfjften  ßdfyn  au$-  3lug  *>er  ^°*e  iu  ben  Formularen 
ergibt  fi<$  freilidE),  bafe  bie  Slente  auf  „redete  wa§re  3inSgüter"  ge* 
legt  werben  mufc,  um  ber  35ulbung  für  würbtg  eradfjtet  werben  ju 
fönnen.  S)ie  beiberfeits  fünbbare  ^Jerfonalrente,  ber  5  °/o = SBertrag 
fd&led(jtf)m,  ift  alfo  fo  wenig  juläffig,  wie  nadEj  bem  ©utadjjten  oon 

1  Slbgebrucft   bei   3-   3-   ©peibet ,    Speculam   Observ.   1657,   ©H^roort 

8  23CIfo  Überfdjulbung  unjuläfftg. 

8  SBörtlidj:  „Unb  fold&er  %a%  angenommen  unb  im  8rau$  ift/ 

*  S>ie8  max  bei  ber  Sfteid^dfonftitution  oon  1548  nid&t  ber  $aU  (f.  o.). 


—    73    — 

1581.  ©omo^l  bic  Slntwort  be3  gürften  auf  bie  33efd(jwerbe  be3 
9iitterfianbe£,  als  audfj  ba8  gormelwerf  berufen  auf  einem  ©utad£)ten 
be3  ©regor  t)on  SBalenjia,  ba8  biefer  aus  Sfolafe  ber  ßanbtagS* 
oer^anblungen  bem  dürften  auf  beffen  heftiges  drangen  gegen  ben 
aßxttett  feiner  Oberen  erftattet  Ijatte1. 

$n  eine  neue  Sßljafe  trat  bie  $rage  be£  jinSbaren  2)arleljen3 
für  SBarjero  mit  ben  SBorbereitungen  jur  SReufobififation, 
weld&e  unter  9Rajtmiltan  I.  ins  SBerf  gefefet  mürbe. 

SHe  erfte  ©efefcgebungSfommiffton,  bie  fogenannten  ^olijei  = 
täte,  Ratten  einen  Strtifel  (14)  oorgef plagen  mit  ber  Überf  dEjrif  t : 
„3>afj  vom  25arleljen  nid&t  SBudfjer  nodf)  ©efudjj  foK  genommen 
werben."  2Bal)rfd)eintidj  fottte  bie  ®.  60  ermähnte  SBeftimmung  ber 
Sieformation  oon  1518  erneuert  werben. 

S)er  &of  rat2  ift  ber  3Reinung,  bafe  bie  „SEoleranj"  2Bill)elmg  V. 
nunmehr  „für  ein  beftänbigeS  ßanbredfjt  ju  nehmen"  fei,  jebodjj  unter 
Beibehaltung  ber  oben  sub  a  unb  b  ermähnten  ©rforbemiffe.  25er 
&ofrat  wirft  au<$  bie  Frage  auf,  ob  ein  befonberer  Slrtifel  bem 
Sanbred^t  einjuoerleiben  fei,  ober  ob,  weil  bie  Steuerung  „ber 
SReid&Spoltjet  biametral  juwiber",  „oielteid&t  blofe  ein  fcljrtftlid&er 
Sefefjl  burdfj  ba£  Sanb  auSjufd&reiben"  fei.  @r  entfdjeibet  fid^ 
für  ba£  erftere,  unter  Berufung  auf  bie  potestas  legum  con- 
den darum  juri  communi  contra riarum  unb  arbeitet  gleidE)  felbft 
ben  £e£t  au$: 

9tod(>bem  bie  ©ültfäufe,  weld&e  beiberfeitS  ablöSlidfj,  in  unferem 
H'anb  oon  alten  faxten  im  33rau<$,  fo  laffen  wir  e3  bei  foldfj  altem 
&erfommen,  jebodE)  unter  folgenben  Sebingungen: 

1.  ©ollen  bie  ©ültoerfd^reibungen  „auf  9Äajs  unb  2Beife  ge* 
ftettt  werben,  wie  l>ier  oben  in  gebrückter  $  o  r  m  fonjipiert  unb  be* 
griffen  ift".  2HIe  anberen  —  b.  I).  in  ben  Formularen  ni<$t  oor= 
gefe&enen  —  bem  ©dfjulbner  ungünftigen  („bamit  ber  SBerfäufer  ber 
(Mit  bebrängt  unb  befdfjwert  werben  mödjjte")  33ertrag3beftimmungeu 
foUen  perboten  fein. 

2.  2Bie  oben  sub  a.  2)enn  wenn  „biejenigen,  fo  ntd&t  auf« 
liegenbe  ©fiter  fjaben,  allein  burdj)  perfönltd&e  Obligation 
ober  SBerbinbniS  ©ölten,  fo  beiberfeitS  abtttölidfj,  oerfaufen",  fo 
wäre  bie£  nid&t*  anbereS  als  ein  Slnleljen  unb  2)e<fmantel  be3 
2ßud&er$.    ©old&e  gefährliche  ßontrafte,  baburdf)  ber  ©l)riftenl>eit 


1  2>u*r  S.  242/4,  3ed&  §  270. 

1  $ofrategutac$ten  au  ben  ©efe^en  von  1616  (SH.  XIII  14). 


—     74    — 

Siebe  unb  ©utfjerjigfeü  beS  2)arlet^erS  ganj  unb  gar 
aufgelebt  mürbe,  motten  wir  abgefd&afft  §aben. 

3.  Sei  betberfeitS  ablöSltd&en  ©ültfäufen  fott  für  ijunberi  ©ulben 
ißauptgelb  nid&t  5,  fonbern  nur  4  ©ulben  ©ült  oerfauft  werben, 
weit  ber  SBerfäufer  bei  biefen  ©üitfäufen  mefjr  „33ef  erwerbe 
unb  Ungelegen^eit"  §at,  als  bei  bem  nur  auf  ©eite  beS  35er- 
fäuferS  abiöSltd&en  ©ültfauf. 

Sei  3un>iberl)attblung  gegen  biefe  33eftimmungen  fott  nid&t  nur 
feine  ©jefution  gefd&eljen,  fonbern  audfj  baS  £auptgelb  jur  ©träfe 
oerfatten  fein  unb  noclj  baju  ber  Käufer  nadfj  ©elegentjeit  feiner 
^ßerfon  audf)  fonft  geftraft  werben,  unbefdfjabet  beS  geiftlicfjen 
©trafreä)teS. 

Aber  roeber  ber  reaftionäre  33orfd&lag  ber  Sßoltjeiräte,  no<$  ber 
oerfjältmSmäfjig  fortfd&rittlidfje  beS  &ofratS  würbe  oom  gürfteu 
angenommen.  £)aS  Saubre  d(jt  oon  1616  enthält  oom  oerjinSlid&en 
SDarletyen  fein  Sßort.  S)ie  ©trafnorm  oon  1518  ift  alfo  gefallen, 
bie  beiberfeitS  ablöStiä)en  3w3fäufe  furif  mit  ben  bur<$  bie  Formulare 
beftimmten  SKobiftfationen  gebulbet,  aber  nid£)t  redf)tlid()  anerfannt. 
3m  übrigen  bleibt  eS  beim  gemeinen  Sftedjjt,  b.  f).  beim  fanonifd&en 
3inSoerbot. 

IV. 

©benfo  unfid&er  toie  bie  ©efefcgebung  Derzeit  fidf)  in  SBatjern  bie 
£f)eorie  ju  bem  Problem  beS  oerjinSlid&en  2)arlef>enS. 

•Jtidfjt  nur  bie  gefamte  jurtftifd&e  33ilbung,  fonbern  aud&  bie 
fojialen  3uftänbe  unb  Strömungen  feiner  3eü  fpicgetn  ftd£)  miber 
in  bem  Kommentar  beS  Äafpar  ©dfjmib,  einem  fultur* 
l)iftorifd)en  S)enfmat  erften  SRangeS,  roo  oiele  @rfa^}rungStatfa<§en, 
von  einer  femigen  aber  gereiften  sJ$erfönltd£)feit  unmittelbar  erfaßt 
unb  mit  einer  AuSbrucfSroeife  oon  bajuoarifdf)er  Äraftfütte  roieber* 
gegeben,  bie  bamals  üblidfjen  fdfjolafttfd&en  Argumentationen,  Sinti* 
tationen,  ©jftinftionen  ufto.  angenehm  unterbrechen,  ©ein  Äommentar 
fyattt  bis  jur  Äreittmat)rfdf)en  ©efefcgebung  eine  naljeju  ber  gefei- 
lteren gletdjjfommenbe  Autorität.  @r  mürbe  jtoar  oon  ©d&mib  erft 
in  feinen  legten  SebenSjatyren  oerfafet  unb  auS  feinem  -Kadfilaft  1695 
herausgegeben.  @r  fonnte  alfo  auf  ben  oon  uns  be^anbelten  $i\\* 
räum  nur  jum  Seil  ©inftuft  ausüben.  Aber  {ebenfalls  §atte  ©d&mib 
felbft  infolge  feiner  Ijeroorragenben  fojialen  ©tellung  als  SDUtglieb 
beS  fcofrateS,  aSijefanjler,  ßanjler  (1668—1683),  Dbetftle&en* 


—    75    — 

propfi  ufro.1,  mannigfad&e  ©elegenfjett,  feine  iurtftifd^en  (unb  fonfitgen) 
2ln|tdf)ten  jur  ©eltung  ju  bringen,  unb  fein  Äommentar  bietet  uns 
ben  beften  Überbtid  über  bie  ju  feiner  3eü  ™  kapern  ^ctr= 
fdjjenben  9ted()t3anfdE)auungen. 

Obwohl  ©djjmib  am  @nbe  be£  17.  3fa^rf)unbertS  fdjjreibt,  fteljt 
er  grunbfafclidf)  noä)  auf  bem  ©tanbpunfte  be3  fanonifdfjen 
3in3oerbote3.  3§m  ift  ba3  Sarletyen  ein  nadfj  bürgerlichem, 
göttlichem  unb  natürlichem  Siedet  roefentlidfj  unentgeltlicher  Vertrag, 
eine  „©uttat",  ein  „greunbfiücf",  fein  @rn>erb$gefdfjäft,  unb  3temim3= 
jenjen  an  2lriftotele8  S^eorte  oon  ber  Unfrud&tbarfeit  be§  ®elbe$ 
unb  an  ben  biblifd&en  ©a|:  „mutuum  date  nihil  inde  sperantesu 
festen  in  feinem  Äommentar  meljrfadfj  nrieber.  @r  brücft  fidjj  aber 
m<$t  immer  entf Rieben  au3;  fo  fagt  er  an  ber  £auptfteHe  ^\^  13^ 
Art.  1  3lx.  5),  bafc  ba3  Starteten  feinen  3in^  julaffe ,  roaS  ber 
©laubiger  über  ba3  Äapitat  empfange,  fei  „eigentlich  unb  formaliter" 
SBudjer.  Überhaupt  ge^t  er  ben  in  ber  SBudjerleJjre  fo  häufigen 
belitaten  (Streitfragen  mit  SBorliebe  au$  bem  Sßege,  roenn  feine  S3er= 
nunft  unb  fein  ©inn  für  ©mpirie  mit  feinem  ©emiffen  ober  feiner 
Älugljeit  in  Äonflift  geraten  fönnte:  obroofjl  er  fidfj  im  allgemeinen 
nidfji  gerne,  mie  man  ju  fagen  pflegt,  eine  &anb  oor  ben  3Runb 
nimmt.  SludE)  mad&t  er  bem  Sebürfnte  nadf)  einem  freieren  Ärebit- 
red&t  fo  roeitgeljenbe  Äonjeffionen,  bafe  bie  prafttfdfjen  folgen 
feinet  ©tanbpuufteä  aufgehoben  erfd^einen. 

©dfjmib  ift  ein  Anhänger  ber  ©.  61  bargeftettten  Sntereffe* 
lef>re.  2)er  ©efefcgeber  fei  ber  Slnfid^t,  bafe  „niemanb  fo  lüberlid^ 
fei,  bafe  er  nidjjt  5  %  baS  Saljr  §ütburd£j  gewinnen  fönne".  2Benn 
alfo  ber  ©dfjulbner  leugne,  bafe  ber  ©laubiger  foldjjeS  Snterejfe  mit 
gutem  ©emiffen  begehren  fönne,  fo  muffe  er  „be£  ©laubiger^  Un* 
nuffen&eit,  gaul^eit  ober  Unfäfjigfeit  enoeifen".  %n  ber  Xat  fei  im 
bagerifd&en  &ofrat,  roo  er—  ©d&mib  —  Slffcffor  gemefen,  ben 
©laubigem  ex  capite  morae  5  °/o  jugefproc^en  roorben,  and)  menn 
fie  ni<$t  ermiefen  Ratten,  bafc  fie  5  °/o  iäf)rlid&  Ratten  gewinnen 
fönnen.  2ludf)  ba3  ßammergeridfjt  ju  ©peijer  pflege  ben  ©laubigem 
oljne  Unterfd&ieb  5  °/o  jujufpred&en.  3um  ©djlujfe  biefer  ben  ©lau* 
gern  günftigen  Argumentation  gebraust  ©dfjmib  bie  fräftige  2lpoftropf)e 
an  feine  fiefer:  2Ber  ftd&  benn  getraue,  „bem  ©laubiger,  ber  nur 

1  Über  ©$mibä  Seben  unb  polittföe  Sebeutung  fte$e  %'öbexl,  Sapern 
unb  3franftek&,  1900,  ©.  167  ff.  2Iud)  Zeiget  in  ber  allgemeinen  Seutfcben 
Biographie.  Sgl.  femer  bie  $ofemil  anrifefcen  2>öberC  unb  $teu6  in  <Jorfd>.  jur 
®ef$.  »anern«,  1904. 


—     76    — 

5  °/o  begehrt,  oorjuroerfen,  bafe  er  fo  oiel  nid&t  gewinnen  fönne,  roo 
bodjj  3 in^brt cf e  alle  £age  um  geringeren  Sßreiä  feil 
herumgetragen  roerben,  alfo  bafe  audfj  einSlinber  unb  £aub* 
ftummer,  ja  fogar  ber  bümmfte  Äerl1  um  900  fL  1000  erroerben, 
alfo  nidfjt  allein  5,  fonbern  6  °/o  geroinnen"  fönne  ?  (ju  S9i.  XIII 11, 
SKr.  10  unb  11). 

ßafpar  äftanj  —  ber  jroeite  Qurift,  beffen  3w3tl)eorie  wir 
betrauten  motten  —  Ijatte  jroar  ju  grofce  interterritoriale  Sebeutung, 
um  aU  „baperifdfjer  Surift"  bejeidjjnet  werben  ju  ftnnen,  aber  er 
lam  ate  Sßrofeffor  in  Qngolftabt 2  unb  afö  Äanjler  uon  $ßfatj=!Äeu- 
bürg8  in  mannigfadje  Serü^rung  mit  ba^erifdfjen  5fte$t3 juftanben 4. 
Qn  feinen  Sßerfen  ift  ba3  batjerifäje  SPartifularredfjt  jroar  nidfjt  ju 
©runbe  gelegt,  aber  ^eroorragenb  berüdffid&tigt,  unb  ber  originale 
Xetl  feiner  3w3t§eorie,  feine  Se^re  oom  Slentfauf  Ijat  bei 
feinen  3eÜ9Moffen  weithin  Sluffe^en  erregt  unb  bei  ben  bagerifdEjen 
Quriften,  befonberS  audfj  bei  feinem  Steffen  Gafpar  ©d&mib,  ent* 
fd^iebene  Autorität  genoffen. 

9Kanj  ift  ein  igauptoertreter  ber  perfönlidfjen  Haftung 
be3  StentenfäjulbnerS.  @r  unterf Reibet  census  realis,  per 
sonalis  unb  mixtus  (Praelud.  p.  42,  3tn£f$armü6el  6.  7).  Unter 
letzterem  oerfiefyt  er  einen  Sftentf auf  mit  bingli$em  unb  perfönltd&em 
2lnfprud£)  (fumulatio).  derart  gemifdjjt  fei  ber  SRentfauf  in  allen 
gaffen,  roo  e3  Reifte:  „$$  oerfaufe  bir  eine  ©ült  aus  bem  ©runb* 
ftücf  x"  ober  „atö  allen  meinen  ©runbftüdfen".  @r  begrünbet  Me3 
bamit,  baft  ber  Äauf  eine  perfönlidtje  Obligation  erjeuge.  @m 
Census  mere  realis  liege  nur  bann  nor,  roenn  bie  perfflnlidfje 
Haftung  be3  SSerfäuferS  auSbrinflidfj  oon  ben  Kontrahenten  au^ 
gefdjjloffen  roerbe,  ober  roenn  e3  fidfj  nidfjt  um  ben  SBerfauf  eines 
3ütfe3  fjanble,  fonbern  um  einen  anberen  9Wobu3,  einen  folgen  ju 
fonftituieren  (j.  33.  um  eine  ©d^enfung).  55er  census  personalis 
erjeuge  bloß  eine  perfönlid&e  Obligation.  SDtc  gormel  für  ben 
Sßerfonaljinä  lautet  bei  3J!an}  emfadfj :  „Qdjj  oerfaufe  bir  einen  jäljr* 
lidjjen  3^3  oon  5  fl.",  ober  „id&  befenne,  bafe  idfj  oon  SMefe  100  fl. 
empfangen,  bafür  id£)  tym  einen  jäfirlidjjen  3fa*  oerfauft,  unb  per* 


1  Caecus,  surdus  et  mutus,  Stupor  et  stultus. 

*  1636—1653,  1660-1673. 

8  1653—1660. 

4  2Iud)  bem  banerifd&en  Äurfürjien  gerbinanb  SWaria  war  SRanj  „in 
wichtigen  unb  oerroicfelten  gragen  ein  treuer  unb  williger  ^Berater"  (Ättgemeine 
beutfdje  Sioßrapfcie). 


—    77     — 

fpredfje,  fettigen  ade  3>a§re  auf  SBiartini  ju  jaulen".  35er  census 
personalis  ifi  alfo  nadf)  9Jtonj  au<#  bann  gültig,  wenn  ber  33er= 
fftufer  feine  persona  fructifera  ift  (ogl.  o.  ©.  64). 

SBeniger  günfiig  ftefft  ftdfj  3Ranj  jum  Äünbtgung3redf)t  beä 
ÄäuferS.  6r  fagt,  bie  Älaufel,  woburdjj  bem  Ääufer  biefe3  SRedfjt 
eingeräumt  werbe,  fei  jwar  gültig,  werbe  aber  für  „obioS  unb  ge= 
(JäfftS/  fü*  gefäl)rlid(j  unb  fdfjier  t>on  aßen  (Mehrten  für  argroöfjmfdfj 
gehalten"  (3in3fd(jarmfifeel  ©.  378).  2Benn  ber  ©laubiger  be$  ©elbeS 
länger  entraten  fönne,  unb  bie  9?ot  be3  ©cfjulbnerS  erforbere,  baft  man 
iljm  nodf)  einen  SBerjug  geftatte,  fo  fei  ber  ©laubiger  aus  bem  ©efefte 
ber  djrifiiidjen  -Jtödfjftenliebe  nerbunben,  bem  ©dfjulbner  ba3  ©elb  no<§ 
länger  in  iQänben  ju  laffen  (©djjufc  unb  ©$irm  III  134). 

3m  ganjen  fann  man  fagen,  bafe  oon  ber  S^eorie  ebenfowenig 
wie  üon  ber  ©efeggebung  baS  oerjinälidSJe  SDarleljen  rüdfyaltloS  an- 
erfannt  mar,  unb  bafc  bie  9Retarmopl)ofen,  bie  bie  entgeltltd&e  Seil)= 
fapitalnufeung  oom  SRentfauf  jum  ©arlefjen  burdljmad&en  muffte,  mit 
SKifitrauen  beobachtet  unb  jum  £eil  mit  Fanatismus  »erfolgt 
würben. 

©8  ift  ba^er  begreiflich,  baft  ba£  oerjinSlidfje  ©arletyen 
fid>  aud&  im  17.  Qaljrljunbert  nod&  ntd&t  überall  offen 
^eroorwagte.  SRodfj  immer  oermieb  man  e$,  ba8  2Bort  Sterleten 
mit  bem  SEBorte  3in3 l  &u  oerbinben,  fonbem  man  wählte  entweber  einen 
ber  erlaubten  modi  percipiendi  annuatim  certum  lucrum  —  3tent= 
fauf a,  Sterleten  mit  lucrum  cessans8  ufw.  — ,ober  man  wäfjlte  eine 
inbifferente,  neutrale  gaffung  unb  überliefe  e3  bem  Seid&toater  unb 
bem  weltlichen  9tid(jter,  einen  erlaubten  9Robu3  !jerau3=  bejw.  tyineins 

1  2)ie  richtige  lateinifd&e  85eaeid)nung  für  „abgeleitete  Aap  italnufcung"  ift 
uflnrae,  Vergütung  für  bett  ©ebraudj.  $ie  Ijeute  üblichen  beutf  djen  2luö* 
brtitfe  3infen,  3ntereffen,  fpiegetn  feljr  gut  ben  gefdjtdjtlidjen  Urfprung 
unfereä  oergintfigen  $>arleljen$  roieber,  roä^renb  bie  Ijtftorifdj  ju  erftärenbe 
Nebenbebeuiung  von  nsurae  =  „SBuo$er,  b.  §.  parafttifd)  gezogener  (Senrinn* 
iQtqtnfküd  t>on  ,$ludbeutung")  bie  §auptbebeutung  biefeS  SBorteS  oerbrängt 
tat.  —  @  fl  It  —  ©elt  =  ©elb.    ©elb  alfo  bet  beutfa)e  3tu3bwct  für  „3\n$\ 

•  »flf.  »aumetfier,  $rioatre($t  »on  Hamburg,  1.  8b.,  1856,  ©.  170  (Wote): 
,9U  gegen  Gnbe  beg  17. 3a$r$unbert3  würben  faft  nur  Renten  in  ben  Renten« 
büdjern  oerjeitt)net  @rft  feit  Jener  3«t  ift  bie  Snffription  von  Kapitalien  oor* 
^errf^enb  geworben/  9lua)  in  SBürttemberg  war  ber  ©üHFauf  (Hentenfauf) 
no4  im  17.  3a$r*unbert  üblia)  (3eitfo)r.  f.  beutf$eä  »ec^t  11.  S3bv  1847, 
6.  491).  ©eifpiel  einer  ©ültoerfa)reibung,  roie  fte  um  1600  gebräudtfid)  geroefen, 
im  Anfang  L 

■  3»  *•  mit  ber  Motivierung,  roie  eö  in  einem  Vertrag  oon  1623  Reifet: 
vfBetI  @lftubiger  befagteö  ©elb  fonft  in  anber  Söeg  rao^l  nu<jen  !önnen.M 


—    78    — 

julefen  —  5  ^o-SBertrag1.  Stöer  audjj  wo  als  Stammen  be$  3^' 
oertrageS  ba3  9tentengefd£)äft  gewählt  ift,  geljt  gewö^nlidjj  aus  ber 
gaffung  Ijeroor,  bafe  bie  perf  onlidfje  Haftung  be$  ©d&ulbner3 
in  ber  Intention  ber  Parteien  liegt2.  2)aj3  in  biefer  3eü  M*  ©ütt* 
faufe  faft  auSfd&liefelidj  beiberfeitS  ablMliä)  finb,  Ijaben  wir  fdjjon 
oben  erwähnt8. 

©porabifdjj  finben  wir  im  17.  ^aljrljunbert  aber  audfj  reine 
2)arlefyenSoerträge ,  b.  Ij.  SDarlefjenSoertrage ,  in  benen  bie  Q\t&* 
ftipulatton  nid&t  mit  damnum  emergens  ober  lucrum  cessans  ufw. 
begrünbet  ift.  SJtonj  (3üt3fdfjarmüfcet  ©.  23)  f dfjreibt,  bafc  an 
etlidEjen  Orten  gormulare  oon  zinsbaren  Starteljen  „toleriert  unb 
approbiert  unb  barüber  bie  3^  ober  trielme^r  usurae  erfemtt 
worben".  ®r  fügt  aber  fyuiju,  bafe  „bennodf)  ber  Seiner  ober  2)ar* 
leider  nidEjt  ftdjer  ftetye",  unb  an  trielen  Orten  wenigftenS  bei  bert 
©antprojeffen  bergleid&en  unjuläffige  3^nfen  *>en  ^totteien  aberfamtt 
werben,  unb  fd^Iie^t  bie  betreffenbe  Erörterung  mit  einer  SRemintejens 
an  feine  eigene  ridfjterlidjje  Xätigfeit:  er  Ijabe  felbft  in  SßrioritätS* 
urteilen  foldjje  usurae  lucratoriae  abgefprodfjen.  35amit  ifl  audfj 
bie  $rage  beantwortet,  wie  fid(j  bie  ©eridjjtSprasiS  berarttgen 
unerlaubten  Verträgen  gegenüber  oerljalten  fyat  gerner  ergibt  ftd^ 
barauS,  bafc  e3  weniger  bie  ©dfjulbner  waren,  bie  ben  Äontraft  ate 
ungültiges  oerjinSli^eS  35arlel)en  angefochten  Jjaben,  fonbem  baft  bie 
©laubiger  untereinanber,  wenn  eä  jum  Äonfurrenjfampfe  unter  üjnen 
fam,  alfo  bei  ber  ©ant,  bie  ©inrebe  be3  $vtöxo\xtyx%  erhoben. 
SDaljer  bejeidjjnet  9Ranj  als  ben  $m&  feiner  3wf^^wtenf^ttung  oon 
©dEjulboerfdjjreibungSformularen  (3inSfd^armü|el  ©.  13)  u.  a.  baljin 
ju  wirfen,  bafe  bem  unftubierten  3Kanne  in  coneursu  creditorum 
beim  ©antprojeffe  weber  eine  Äontrooerfe  erwedf  t,  nodfj  feine  gorberung 
ganj  unb  gar  oerworfen  ober  er  mit  ben  3*nfen  ^m  $ßriorität3= 
urteil  weit  hinter?  unb  jurüdgefefct  werbe. 

3m  17.  Saljrfjunbert  tarn  alfo  in  Sapern  ntdjjt  nur  ber  ©ült* 
fauf  in  feinen  legten,  bem  oerjinSltdfjen  ©arteten  ftd& 


1  Sftanj,  3i«öf^armü^el  <5.  3:  »Unb  u>ien>o§l  ber  gemeine  SRann  fd)n>er* 
lid)  einen  Unterf$teb  inter  usaras  et  census,  unter  ben  3mfen  m  einem  8hl* 
leljen  unb  ben  (Suiten  faffen  fann/ 

8  Manz,  Praelud.  p.  59:  „interrogati  enim  homines  rudiores,  qui  sub- 
tilitates  juris  et  distinetiones  Dd.  ignorant,  omnino  responderent ,  se  vel 
obligatos  esse  vel  alios  sibi  obligatos  habere." 

8  2Ranj,  Sm&fäavmüliel  <S.  12:  w.  .  .  wirb  faft  burd&ge§enb8  ber« 
ajeidjen  Äuffünbigung  praftijiert." 


—    79    — 

ftarf  annäljemben  2tuSjweigungen,  fonbcm  aitd^  baS 
t) er  jtnSlid&e  3) arteten  felbft  mit  ©pejial*  unb  ©eneral* 
lji>potf)ef  oor. 

©d&tmb  ju  SSR.  I  17  9fc.  22:  3u  jefcigen  3eiten  werben  fd&ier 
alle  Srteffd&aften  auf  bie  SBeife  eines  realen  ober  mijrtierten  i&inS* 
faufeS  errietet,  ober  es  wirb  in  benfelben  eine  weitfdjjtd&tige 
S3erpfänbung  ber  ©fiter  fowoljl  insgemein  als  mfonberljeit  oor* 
genommen. 

V. 

Sßenn  wir  bie  bargefteHte  (Sntwtcflung  nodfj  einmal  fiberblidfen, 
fo  fällt  nnS  junäd&ft  auf,  bafe  bie  SBitfung  ber  fanonifdjjen  3inSlet)re 
auf  bie  fiaatltdjen  3tn§gefc^e  in  Sapern  triel  länger  bauert,  als  man 
geroötynlidj  annimmt.  Qn  einer  3e^/  ro°  bit  SReformibeen  eines 
SJobinuS,  SRolina,  ©almafiuS  in  proteftantifdjjen  Sänbem  bie  ©efefc* 
gebung  bereits  beljerrfdjten,  fträubte  man  ftdjj  in  Sapern  offtjteH  nod[j 
immer  gegen  bie  prinzipielle  preisgäbe  beS  fanonifd&en  3in$bogma3. 
S)en  3roecf  fewer  ftrengen  Haltung  f)at  2Btl§elm  V.  feinen  ©tänben 
gegenüber  1583  ntd&t  befonberS  beutlidj,  aber  mit  einer  dfjaraftertftifd&en 
SBenbung  funbgegeben:  Austreibung  ber  wudSJerifd&en  ßontrafte,  wo« 
burdj  alle  ©tänbe  auSgefogen  unb  oerberbt  werben  unb  5ß  f  l  a  n  j  u  n  g 
brüberlidfjer  Siebe.  35er  3™*  ifl  alfo  ein  negatioer  unb  ein 
pojtttoer.  ©S  f  ollen  burdfj  33efämpfung  beS  SBudfjerS,  mit  bem  §ier 
baS  oerjinSlid&e  3)arlel)en  gleidjjgefefct  wirb,  beffen  fdjjäblidjje  folgen 
befeitigt  werben ,  unb  eS  wirb  audfj  ein  pofttioeS  Programm  an= 
gebeutet:  baS  um>er$inSli<$e  3)arlefjen  foD  geförbert  unb  gepflegt 
werben.  SDer  ©ebanfengang  war  offenbar  ber:  SBenn  man  baS  3wfen5 
nehmen  oer^inbert,  fo  muffen  bie  2>arlef)eu  unentgeltlich  gegeben 
werben. 

3>er  SBerwirHid&ung  biefer  3bee  ftanb  aber  bie  menfd&lidfje  Un* 
oottfommen^eit  tjemmenb  im  2Bege.  2)ie  ©rfaljrung  jeigte,  bafe  im 
prafttfdfjen  Seben  bie  meiften  SWenfdfjen  oon  bem  ©runbfafce  aus* 
gingen,  bafe  jeber  fidjj  felbft  ber  SRäd^ftc  fei1.  3)ie  Äapitaliften  be* 
ftanben  barauf,  bafe  iljnen  Qin^  bewilligt  unb  baS  ÄünbigungSred&t 
eingeräumt  werbe.  SlnbererfeitS  war  ber  Ärebitoerfe^r  bereits  um 
entbehrlich  geworben,  unb  jwar  nidfjt  nur  auf  bem  ©ebiete  ber 
%*robuftion  fonbem  audj)  ber  5?onfumtiofrebit.    @S  lag  im  ^ntereffe 


1  6<$mib  j.  fiH.  XVII  6  n.  9:  „Frigescente  in  dies  magis  Christiana 
caritate  contractus  gratuiti  in  deconsuetudinem  abierunt." 


-     80    — 

beS  Staates,  baß  bic  SRotleibenben  nidjt  jum  äufcerften  getrieben 
mürben1,  im  ^fntereffe  ber  Äapttaltften ,  bafc  bie  SDWglidjfeit  ber 
t)erjinSlid)en  Anlage  muffiger  ©elbbefiänbe  erhalten  bliebe B.  3)iefe 
SDWglidjfeit  beftanb  ferner  bereits  in  einem  fo  großen  Umfange,  bafc 
man  oon  einer  Unprobuftiüität  beS  beroeglidjen  Kapitals  faum  meljr 
fpred^en  fonnte8  (wenn  au<$  bie  gunftion  beSfelben  als  Seüjfapttal 
an  Sebeutung  no<$  immer  feine  gunftion  afä  Sßrobultürfapital  über- 
traf). Sßarattel  mit  biefer  @ntnri<f lung  ging  ein  prinzipieller  SBanbel 
in  ber  öffentlichen  SReimmg  über  ben  33egriff  beS  SBudjerS:  ber 
SBudjerbegriff  mürbe  aus  einem  medjanifdden  ein  ptydjologifdjer4. 

S)ie  2Bat)l  ju  treffen  iroifdjen  jenen  ettytfd&en  Sßoftulaten 
unb  biefen  praftifdjenöebürfniffen,  mar  fdfjroierig,  befonberS 
für  ein  ßanb  mie  Sagern,  baS  ft$  als  &ort  ber  9tedjtgläubigfett 
betrachtete.  3)ie  SBaljl  fiel  e<$t  jefuitifd)  jugunften  eines  Rom- 
promiffeS.  2Me  Slnmenbung  ber  tjerJömmtidjen  Sfrten,  einen 
3inSgeminn  ju  erjielen,  mod&te  bei  raffinierter  Raffung  ber  Verträge 
Diele  ©efa^ren  für  baS  (Seelenheil  mit  ftdj  bringen,  aber  fte  maren 
im  SBergleidj  jum  oerjinSlid^en  ©arletjen  immerhin  baS  Heinere 
Übel 5.  9Kan  mag  bief eS  jälje  gehalten  an  einem  überlebten  Sßrinjtp 
als  Stonquid&oterte  empfinben,  aber  anbererfeitS  erregt  baS  peinliche 
©udjen  naü)  bem,  roaS  im  einzelnen  gaUe  als  „baS  ©eredjte" 
erfdjeint6,  bie  gürforge  bafür,  bafc  ber  ©djulbner  „nidjt  ju  fe^r 


1  ©oleruS  (§ofratSgutac$ten  gu  ben  ©efefeen  von  1616,  SSR.  XIII  14): 
„.  .  .  cum  respublica  sine  mutuatione  consistere  nequeat,  ut  quae  non 
magis  ex  divitibus  quam  indigis  constat,  quibus  si  nemo  Bit,  qui  grati- 
ficatur  in  peeuniis,  siti  vel  fame  contubescent  aut  ad  seditiones  item  furta 
et  rapinas  se  conferent." 

2  ©ie$e  oben  6.  71:  „$ie  (Sotteg&dufer  unb  befonberg  bie  armen  SBaU* 
lein  muffen  i§r  ©elblein  feiern  (äffen.41 

8  ©ie§e  oben  ©.  76  (@$mib):  ,3eber  $ummfo»f  lattn  ntdjt  nur  5,  fonbern 
fogar  6%  oerbienen/ 

*  P.  ©tofc  unterm  7.  SRai  1576  an  ben  gefuitengeneral  ($u$r  ©.  222): 
,3a)  I)abe  nod)  niemanb  gehört,  ber  nidjt  gerne  zugegeben,  SBuä)er  fei  @ünbe  . .  ., 
aber  wenn  man  bann  weiter  fragt,  roaS  fie  unter  9Buä)er  oerfte^en ,  fagen  fie 
eljer  atteö  möglidje,  als  baf$  fie  zugeben,  jeber  3)arle§en«gerolnn  fei  9Bu$er; 
unter  Sßudjer  fd&einen  fte  nur  bie  fdjlimmften  Arten  ber  jübtfdjen  Ausbeutung 
gu  oerftefjen.4' 

5  ®regoriu8  o.  Valencia,  Comm.  Theol.,  1595,  III  5  qu.  25:  „Quando- 
quidem  id  etiam ,  quod  per  se  intolerabile  et  malum  (modo  minus  malum 
sit),  censent  DD.  posse  proponi  et  explicari  alicui,  ut  illud  potius  faciat, 
quam  aliud  maius  malum." 

6  3*  ©•  Stomas  be  33 io  in  $nfe$ung  ber  montes  pietatis:   @ute3  unb 


—    81    — 

bebrängt  ober  befdjjmert  werbe"  (©.  72),  furj  ber  ^bealtSmuS, 
ber  in  ber  fanonifd&en  SBtrtfd&aftSleljre  jutage  tritt,  unmillfürlidfj 
unfere  £eilna§me,  ja  unfere  Semunberung. 

35er  ©runb  beS  fanomfdfjen  ÄampfeS  gegen  baS  oerjmSlidEje 
3>arlef)en  mar  tbtn  nidjt  nur  ein  bogmattfd&er,  fonbern  and)  ein 
et§ifd£>er.  3)ieS  ergibt  ftdjj  barauS,  bafc  er  nidjt  bem  3in3  als  folgern 
galt,  fonbern  —  wenigstens  in  ber  fpateren  (Sntroidflung  ber  fano* 
nifdfjen  2Bud&ertf)eorie  —  nur  bem  3in3  in  SBerbinbung  mit 
ber  Äapitalf  djulb  unb  bem  Äonfumtiofrebit.  3Me  Renten* 
fdfjutb  als  SRealfdfjulb  erregte  fein  Sebenfen,  menn  ber  3^fu§ 
(9tentenfu§)  ein  mäßiger  mar.  Slber  bie  gretyett  ber  3in3befttmmung 
mürbe  bamalS  oon  feiner  ©eite  verlangt;  in  ber  Slnerfennung  ber 
Stotmenbigfeit  einer  BinStaEe,  eines  3w3maj:imumS  maren  bie  5Ber= 
treter  ber  fanomfdjjen  3wSlet)re  unb  bie  teuerer,  proteftanttfdfje  unb 
fatljolifd[je  Sänber  einig,  ttmgefefirt  erfdjien  au<$  bie  Äapitalfdjjulb 
als  SßerfonalfdEjulb  ungefährlich,  menn  fte  caritatioer  9latur  mar,  alfo 
ein  3^  überhaupt  nidfjt  beanfprud^t  mürbe.  SBogegen  ftdfj  baS 
d^rifUid^e  ©efityl  fträubte,  mar  baS  3ugefiänbniS,  bafc  ber  ©laubiger 
3tnfen  oerlangen  unb  baS  Äapital  jeberjeit  jurfidfoerlangen  fann. 
(Sntmeber  Stentenfdfjulb  ober  unoerjtnSlid&e  Kapital- 
fd&ulb!  S)ie  fanonifd^e  Agitation  gegen  ben  SBud^er  galt  alfo 
nid&t  meniger  bem  Jtapttalmud&er  als  bem  Qxniwn^tt.  35er 
Ijerfämmlidfje  2luSbru<f  „fanomfd&e  3w3t$eorie"  ift  bemnad&  ein 
ju  befdfjränfter.  3)ie  ßfinbigung  beS  ÄapitalS  beburfte 
ju  feiner  red&tlid&en  Slnerfennung  ebenfo  felir  ber 
et&tfd&en  3Rotioterung  mie  bie  gorberung  oon  3**3. 
Qnfofern  berührt  fidf)  bie  djjriftlid&foiiale  Xlieorie  beS  SKittelalterS 
mit  ber  romantifdfjen  eines  2Röfer  unb  SRobbertuS  (ftelie  unten  §  25). 
Slber  mit  bem  Unterfd&ieb,  bafc  lefetere  fxd^  nur  ouf  ben  Sobenfrebit 
bejtel)t  (ntd&t  j.  93.  auf  ben  »etriebsfrcbit  beS  SanbmirtS),  erftere 
ben  ißerfonalfrebit  fogar  als  ganj  befonberS  fd&ufebebftrfttg  mit  ben 
ftrengften  Äautelen  umgab. 


5  glimme* ,  Vorteil  unb  9taa)teü  mufs  jcbem  naa)  feiner  SBürbigfeit  §u- 
geteilt  werben«  SBfirbiger  unter  ben  Armen  ift  aber  immer  ber  dürftige,  b.  $. 
berjenige,  n>ela)er  am  meiften  beim  mons  pietatis  entleiht  unb  baS  ©elb  am 
länßften  behält.  8ttfo  fottte  er  aud)  am  wenigsten  jaulen  muffen.  ($0(9* 
apfeJ,  Xie  Anfänge  ber  montes  pietatis,  Seröffentl.  auS  bem  tfrgeigift.  @em. 
9Rfingenr  ».  11,  1903,  6.  109.) 

tto^en,  Stofajnlbuiig.  6 


—     82    — 
§4. 

Mt  (ßrrirfifung  irsr  l££ptf  feeft  unb  ira* 

I. 

S)te  gebräudjlidje  gorm  be$  $8ertrag3abfdjlujfe3  war  f<ä&on  im 
■Mittelalter  bie  SJeurfunbung.  SBäljrenb  Ijeutjutage  bie  Unter* 
fd)rift  ba3  toefentlid&e  SRerfmal  ber  ©efdjäftSurfunbe  bilbet,  §atte 
in  ber  3eü  ber  Analphabeten  ba$  ©iegel  biefe  Sebeutung:  e3 
biente  als  3e^en  *>er  6^t^cit  unb  2lutljentiiität  ber  Urfunbe l.  Sie 
Herstellung  ber  Urfunbe  war  ©adje  ber  ©djreibftmbigen,  b.  Ij.  ber 
Notare.  2Ber  felbft  feinen  -ftotar  tjatte,  muf$te  fid)  beljufä  Slm 
fertigung  von  Urfunben  an  einen  &errn  toenben,  ber  eine  Äanjlei, 
alfo  Notare  tiatte,  unb  ü)n  erfud)en,  fein  ©iegel  anjulegen  ober  mit* 
anzulegen.  3)ie8  tat  man  nidjt  ungern,  benn  ber  Vertrag  fcmnte 
an  Autorität  nur  gewinnen,  menn  er  oon  großen  Ferren  bekräftigt 
mürbe.  @3  ging  mit  ben  ©iegeln  nne  mit  ben  3*ugen :  3)er  ©rmerber 
eines  ©runbftücfeS  falj  in  einem  fremben  ©iegel  eine  ©arantie  me&r 
für  ba3  freie  ©igentum  beS  SBeräufcererS. 

$n  eigenen  Angelegenheiten  fomtte  jeber  greie2  Urfunben  er* 
rieten  unb  flegeln. 

35ie  Siegelung  in  fremben  Angelegenheiten  beanf prusten  bie 
Sanbftänbe8  als  ein  ftänbifdjeS  SBorredjt.  ©er  ©taat  Ijielt 
lange  3*ü  an  bem  ©runbfafc  ber  allgemeinen  ©iegelfreiljeit 
feft,  Sanbbot  15164: 

„SßaS   fonber  Sßerfonen  miteinanber  ju  tun   gewännen  in 

Ääufen,  Vaihingen  ober  anberen  ©adjen,  bie  mag  ein  jeber  eljr* 

bare5  SUiann,  ber  ©iegel  Ijat,  roo^il  flegeln." 

1  Sgl.  ©gröber,  2)eutftt)e  9tedjt$gefdjid&te,  4.  «ufl.,  ©.  700:  „S)er  ©ebrau($ 
ber  ©iegel  ift  römifd&er  §erfunft,  aber  roäljrenb  bie  Körner  nur  ©tegeloerfdjlujj, 
jum  ©d&ufce  ber  Urfunbe  gegen  SBerfälfd)ung,  tonnten,  Berroenbeten  bie  ©ermanen 
bie  ©iegel  im  <5mne  iljrer  §au3mar!e  .  .  .  al3  @rfennung$aei($en  für  bie  per« 
fönliaje  ober  amtliche  Stellung  be8  XudfteBerS." 

8  Sc§röber,  ebenba.  —  gür  ben  ©runbljolb  flegelte  ber  ©runb$err. 

8  Sterlet,  2)a3  firmare  6.  135. 

*  Fol.  2*2.  ©leid&lautenb  Sanb3§ut-3ngol|itäbter  SanbeSorbnung  1474, 
Brenner  VII  508. 

5  ^rbar"  —  baS  fmb  nid&t  nur  bie  «bltgen  ufro.,  ogl.  M.  B.  X  n.  90 
(1365):  „.  .  .  unb  bei  ben  9te$ten  ftnb  geroefen  oiel  ehrbare  Seut,  ebel  unb  un- 
ebel,  reia)  unb  arm/  —  @§rbare  Seut  =  frume  leut,  biber  leut.  —  1474  $iefc 
es:  »bie  mag  ein  jeber  fromme  SRann  .  .  ." 


—    83    — 

35er  Staat  gefianb  aber  bo<#  ben  ©täuben  einen  getoiffen  33or* 
rang  gegenüber  ben  „fd&led&ten  fiegelmäfttgen  Sßerfonen"  ju. 

9teformation  1518  V  5:  ©etoaltbriefe  f  offen  „befefltgt  fein 
mit  einem  befannten  Qnfiegel  einer  ©tabt  ober  2Warfte«  ober 
©tneS,  fo  in  einer  SBürbe  ober  oon  Slbel  ift,  geifiltdfjen 
ober  roeltltdjjen  ©tanbe«,  ober  eine  gertdfjtlid&e  aSertoaltung 
!>at.  aber  oon  fonberen  fdjledfjten  Sßerfonen,  bie  ftegel* 
mäßig  finb1,  ba  f  offen  berfelben  ©iegel  jtoet  fein,  bamit  eine« 
ba«  anbere  befeftige.  @«  toäre  benn  foldfjer  ©etoaltbrief  mit  eine« 
erfannten  ehrbaren  Regelmäßigen  aKanne«  Qfnftegcl  im  33ettoefen 
jroeier  3*ugen  (ta  bew  ©etoaltbrief  benennt)  tnljalt  be«  Sanb«* 
gebraudfje«  in  SBapern  beftegelt  ober  burdfj  eine«  ober  mehrerer  glaub- 
rofirbigen  Slotarien  lünbige  Snftrument  .  .  .  auf  gerietet,  babei  foff 
e«  audj)  bleiben". 

9Sgl.  ebenba  X  1:  „2Ber  ftd^  unter  eine«  ehrbaren  3Wanne« 
Snjtegel  oerbinbet  .  .  .  f o  foff  berfelbe  ©iegler  fein  Snfiegel  nidjjt 
anlegen,  e«  feien  benn  jtoei  anbere  ehrbare  3Ränner  babei  ...  bie 
ba  fe^en  unb  fjören,  bafc  er  fein  Qnfiegel  angelegt  fydbt,  na<$  beiber 
£eile  fleißiger  Sitte  .  .  .  3Bo  audjj  ber  ©rief  mit  jtoeten  bekannten 
^nftegetn  befeftigt  ift,  unb  lein  3^SC  babei  gefdfjrieben  fte^t,  afebann 
bejeugi  ein  Snfiegel  ba«  anbere,  unb  ift  berfelbe  33rief  .  .  .  audj 
fräftig." 

3)er  moberne©taat  ifl  ©egner  ber  inbioibuellen  Ungebunben= 
^eit  unb  ber  ftänbifdjen  SSorredfjte.  @r  M&mtft  bie  Slnardfjte  be« 
affgemeinen  ©iegelredfjte« ,  bie  SlnfprttcJje  be«  Slbel«,  in  Äonfurrenj 
mit  ben  ftaatlid&en  Seljörben,  aber  unter  3lu«f<ljluf3  ber  SRid^t- 
privilegierten ,  für  Slnbere  flegeln  ju  bürfen;  er  fudfjt  femer  ba« 
grunbfjerrfd&aftlid&e  ©tegelred^t  etnsufdjjränfen. 

©d&on  1497  „befd&toeren  ftdfj  Slbel  unb  9Ktterfdf)aft  ber  »e* 
Regelung  falber ;  benn  bie  Pfleger  unb  äftdjjter  tooffen,  bafi  niemanb 
ftegeln  nodj  SSerfd&reibung  außerhalb  benn  bei  iijnen  tun  nodjj  auf* 
rieten  foff;  beräumen  ft<$,  bafi  [e«]  oon  @u>.  ©n.  gefd&afft  fei,  unb 
{äffen  [e£]  oon  ben  Ätrdfjen  unb  Sanbfd&rannen  oerffinben  unb  au«« 
rufen.  2)a«  boi)  ber  SRitterfdfjaft  unmöglich  ju  glauben,  oon  alter« 
nid&t  I/erfommen  unb  in  anberen  Säubern  ju  l)ören  fd^impflid^  ift" 2. 

Aber  erfl  um  bie  SWitte  be«  16.  Qatirljunberi«  ifi  ber  Äampf 
um  ba«  Siegeltest  jugunften  be«  ©taate«  entf Rieben: 

1  G*  ift  Qlfo  §n>ifc$en  ben  ©tgetmäfjigen  von  SBürbe  unb  ben  „föled&ten 

ftegelmftfttgen  $erfonen*  §u  untertreiben. 

'  «rennet  XIII  13. 

6* 


—    84    — 

ßanbeSorbnung  1553  II  4  Art.  5 :  „Site  in  täglidfjer  ©rfaljrung 
befunben  wirb,  baß  je  länger  je  ntc^t  neue  ©tegetyerren  entfielen, 
bie  fid)  allerlei  SBeftegelung  anmafcen,  baburdfj  etwa  nidfjt  allein  im* 
gebü&rltd&e  gefäljrlid&e  Sßaft  unb  Jganblungen  praftijiert  unb  auf* 
gerietet,  fonbern  mele  unförmlid&e  33riefe  unb  SBerfc&reibungen  ge~ 
fertigt  werben,  baju  au<#  unferen  Slmtleuten  in  tyrer  33ejiegelung 
unbillig  ©tntrag  unb  SIbbrutf)  ifjrer  gewöhnlichen  SlmtSnufcungen 
befdjjtefjt,  .  .  .  wollen  unb  fefcen  wir  mit  9tat  unferer  ßanbfd&aft, 
bafc  fürberljin  alle  Verträge,  Ääufe,  SBeftänbe,  Übergaben  unb 
anbere  Äontrafte,  fo  jwifdfjen  ben  ©eridfjtsleuten  aufgertd&tet 
werben  .  .  .  oor  ber  orbentlid&en  Dbrigfeit  iebeS  Drtö  be* 
ftegelt  unb  gefertigt  .  .  .  werben," 

1616  ößolJD.  I  3  ärt.  5)  würbe  ber  2lrtifel  wieberfcolt  unb 
mit  berfelben  33egrünbung  oerfe^en. 

SDreierlei  ©rünbe  werben  alfo  für  bie  SBerftaatltdSJung  be3 
SBerbrtefungSwefenS  oorgebradfjt. 

1.  3)ie  red&tlidfje  ©idfjerljett :  bie  oielen  unförmlichen  58er* 
f  d&reibungen  \ 

2.  gtolijeilidfjer  ©runb:  SBer^mberung  wudjjerifdjjer  Äontrafte2. 

3.  ginanjieüer  ©runb :  bie  ©portein  für  Sriefereien  floffen  ganj 
ober  jum  Seil  ben  ©erid^töbeamten  ju,  fie  bilbeten  einen  Seil  iljrer 
33efolbung,  tljreS  regulären  (SinfommenS.  Qe  reichlicher  fie  floffen, 
bejio  geringer  burften  bie  übrigen  Seftanbteile  ber  Sefolbung  fein, 
2)aS  ftaatltdjje  ©iegelredjjt  ift  alfo  nid&t  nur  SRedfjtSinjlitution 
unb  Sßolijeianftalt,  fonbern  au$  nugbareS  ^o^eitöred^t,  Stegal. 

SDaS  grunb^errlid^e  ©tegelredfjt  |atte  bie  ßanbeSorbnung  non  " 
1553  unangetaftet  gelaffen,  weil  e$  fidfj  babei  um  33eftegelung  in 
eigenen  Angelegenheiten  Ijanble.    Sfebodf)  nur  bie  fieg eintägigen 
©runb^erren  (oon  SBürbe)  foHten  biefc^  Stecht  Ijaben. 

SD.  II  4  Slrt.  3:  „Sßeldfjer  ©runb^err  ftegelmäfeig  ifi,  ber  mag 
um  fein  eigen  ©runb  unb  33oben,  fo  ftd(j  Snberung  bamit  suträgt, 
ober  etwas  barauf  oerpfänbet  ober  oerfd&rieben  wirb,  wo§l  fertigen". 


1  SIu§  betn  §ofratögutatt)ten  (consid.  6):  2)ie  geugen  ber  Deformation 
(V  5  unb  XI,  |.  oben)  „ftnb  jemalen  fdjlecfcte,  einfältige  Seute,  reelle  wenig 
ober  gar  m$t  a$t  geben  auf  ungebührliche  Äontrafte  unb  ©anbiungen  .  .  ., 
beroroegen  bie  Aufrichtung  oor  ber  orbentliajen  Dbrigfeit  Diel  tätlicher  f  {teuerer 
unb  beffer  ift*. 

8  %u$  bem  §ofratSguiao$ten:  bafi  baburdj  »ben  ungebührlichen,  gefähr- 
lichen $afti8  unb  $anblungen,  aua;  ben  n>ua)erifa)en  Äontraften  am 
beften  fürtommen  unb  begegnet  werben  möge". 


—    85    - 

äßenn  aber  ein  Vertrag  nidjt  nur  grunbuntertäntgen 
SBoben  betrifft,  fonbern  au<$  perfönltdfje  SSerpfltdjjtungen 
barin  feftgefefet  werben  —  Seifptele:  Sdfjulbaufna^me  mit  spfanb* 
Derfdfjreibung,  ©utefibergabe  mit  2lu$trag  —  was  bann?  SDarfiber 
Ijai  erft  bie  Sßolijeiorbnung  oon*  1616  @ntfd(jeibung  getroffen.  2)tefe 
loieber^olt  nämlidf)  (I  3  ärt.  3)  bie  SRorm  von  1553,  fügt  aber 
$inju  (2trt.  4).: 

„Über  bie  $al)rni$  unb  9?aljrungau$träge  foff  ber  ©eridjjtös 
Ijerr  fonberbar  fertigen,  alfo  bafe  bie  Fertigung  an  beiben  Orten 
gefdfjelje  unb  baS  Siegel*  unb  Sdjjreibgelb  jebeS  Orte«  fonberbar 
beja^It  werbe." 

3)ie  Regierung  Straubing  Ijatte  beantragt,  in  foldfjen  „casibus 
mixtis"  ber  ©ertdjjtSobrigfeit  auSfdftfiefjlidl)  bie  Sepegelung  ju- 
jufpredfjen.  3)er  Jgofrat  Ijatte  oorgefdfj  lagen:  63  foffe  jwifd&en  mixta 
separabilia  unb  inseparabilia  unterfdfjieben  werben ;  toenn  man  bie 
realen  9ted&t$oerl)filtniffe  unb  bie  perfönltdfjen  äterpfltdfjtungen  oon= 
«inanber  trennen  fönne,  fo  fei  e8  billig,  feinem  ber  beiben  Sßräten* 
beuten,  ©runb^err  unb  Siegelten:,  if)t  9ted&t  ju  entjieljen;  anbern= 
falte  „erfdfjeine  e3  conveniens,  bafe  bie  ©eridfjteobrigfeit  ben  ©runb* 
§erro  oorgejogen  werbe".  S)amit  „f  offen  fidjj  bie  ©runbfjerrn  billig 
fontentieren".  Sern  SBebfirfniS  nadj  @inf  adrett  unb  »iffigfeit  be3 
IRedSJtSoerfefjrS  trug  biefer  SBorfd&lag  gewifc  nidfjt  9ted(jnung.  aber 
ber  fiofrat  meint,  e3  fei  „meljr  baran  gelegen,  bafi  in  mixtis  separa- 
bilibus  bie  f?ertigung  nidfjt  fonfunbiert  werbe"  \ 

©infamer  wie  in  ber  X^eorie  unb  in  ber  ©efefcgebung  gestaltete 
ftd&  bie  Streitfrage  in  ber  graste,  inbem,  wie  Sdjmfo  (W  ßSW.  XXI 
14  9?r.  13)  berietet,  ©runbljerr  unb  ©erid&tsljerr  *  ftd&  gewö§nlid& 
dnigten,  wer  oon  tynen  ben  33rief  aufrichten  foffe  (wobei  bie  2Bal)l 
in  ber  Siegel  auf  ben  ©eridjjtä&errn  gefallen  fein  bfirfte). 

5Da3  jiaatlid&e  Siegelmonopol  fjat  bie  Sßublijität  be« 
3tnmobttian>erfel)r$  ntd&t  notwenbig  jur^olge.  ©3  befdfjrfinft 
nur  ben  Segriff  biefer  Sßubltjität,  fjinbert  aber  nidjjt,  bafe  bie  Parteien 
t$te  ©efdjtffte  fceimlidfj  unter  ftd)  abmalen,  bafi  jte  SBtnfeloerträge 
«bfd&Kefietu  3n  ber  £at  fft  trofc  ©infityrung  be$  flaatlid&en  Sieget 
regate  bie  Sßublijttät  be«  3mmobiliaroerfel)rS  in  SBapern  nur  un* 
©oHfommen  burd&geffi&rt  worben.  Bwax  bejlimmt  bie  Sanbe*orbnung 
1553  III.  »ud&,  3.  Sit.,  8.  u.  9.  »rt. : 

1  $ofrat£0iito4ten  §u  I  3  consid.  5. 

9  über  bie  9tor-®runb$erren  (Die  <5Jrunb$erren  o$ne  ®eri<$t8bar!eit) 
nähere*  6.  154. 


—    86    — 

68  ift  „billig  unb  mit  9tat  unferer  Scmbfdjaft  unfere  emftlidje 
aReinung,  bafe  füran  bie  Ääufe  ni<$t  fjeimlid&,  fonbern  öffent* 
lid(j  oor  ber  Dbrtgfeit  ober  fonft  im  Seifein  ehrbarer 
ßeute  geljanbelt  unb  bef Stoffen  roerben.  Unb  fonberlidj)  motten  mir, 
bafj  auf  betn  Sanbe  bie  Sauerdleute  unb  gemein  23 o IE  iljre 
Ääufe  oor  tljren  ©erid&tS*  unb  jQofmardfjobrigfeiten,  audfj 
Se^en*  unb  ©runb^erren,  mo  fid(j  foldjeS  nad&  ©elegen&eii 
ber  ©üter  gebührt,  aufrtdfjten  unb  oerfertigen  laffen". 

SDie  SBorfd^rift  fteljt  im  SEitel  „33om  @inftanb".  SDaS  ift  für  i£>r 
2Rotto  bejetdjjnenb.  Slber  audjj  tfjre  SRadjjbarfdfjafi  beutet  auf  biefen 
3ufammen§ang  Ijin.  2lrt.  8  cit.  fagt  in  feinem  erften  SJeil:  S)er 
(Sinftanb  foQ  nad)  Ablauf  eines  SaljreS  JeineSmegS  me^r  fiattyaben. 
SDaran  rei^t  fid^  unmittelbar  unfere  Seftimmung:  „2lber  bagegen  ift 
audjj  bittig  unb  mit  9fcat  unferer  Sanbfd^aft  unfere  ernfiltd&e 
3Wetnung"  ufm.  mie  oor. 

SDie  Öffentlidjjfeit  beS  3mmobiltaroerfel)rS  ift  alfo  nodfj  immer 
golge  ber  f amilien^af ten  ©ebunbenfjeit  be3  ©runb* 
bef ifceS,  fte  mirb  im  ^ntereffe  beS  „nädfjften  ©rben"  aufrechterhalten 
ober  mieber  eingeführt. 

3)a8  Sanbred^t  oon  1616  roieber^olt  bie  Sefiimmung  (X  [(Sin* 
ftanb]  12)  mit  ber  SWotürierung :  „bamit  in  ben  Äaufen  bejio* 
weniger  Srr  in  bem  (Sinftanb  unb  fonften  fürgelje",  unb  mit 
bem  Sufafe: 

„SBürbe  aber  jemanb  biefem  Slrtifel  junriber  enbltdjj  unb  be* 
fdfjliefclid!)  ^eimlid^  oerfaufen  ober  Jaufen1,  fott  oon  jeben  100  ff. 
be$  ÄauffdjtttingS  ein  jeber  5  ff.  jur  ©träfe  oerfatten  §aben." 
35ie  tieimlidjjen  Äaufe  ftnb  alfo  ftrafbar,  aber  nidjjt  ungültig, 
hiermit  ftimmt  VI  2  beSfelben  fianbredfjteS  überein: 

„2)te  Stäufe  unb  Äontrafte  ....  ftnb  fräftig  unb  gültig,  fo* 

balb  fie  oon  ben  Parteien  mit  atterfeitö  öeroitttgung  unb  Slbrebe 

befdfjloffen,  menn  gleidjj  hierum  nodfj  feine  ©Triften  aufgertdfjtet 

ftnb." 

gür  bie  ©ntmidflung  be$  SBobenfrebitö  fommt  e$  übrigen«  oiel 

weniger  barauf  an,  ob  bie  Sßublijität  ber  Seftfeübertragung   bei 

Immobilien  oorgef ^rieben,  afe  barauf,  ob  fte  fiblicfc  mar.    SMefe 

grage  ift  ju  bejahen,    ©d&mtb  bemerft  (ju  S9i.  XXI 14  n.  14),  bafe 

«i«fct  faft  überall  bie  ©emo^n^eit  obwaltet,  bafe  faft  über  alle 


1  @d   ftnb  nur  bie  Häufe  unb  Serläufe  tum  unbeweglich  en  ®<x$tn 
gemeint. 


—    87    — 

Äontrafte,  abfonberlidjj  toeldfje  über  liegenbe  ©fiter  gefd^toffen  werben, 
bei  orbentlidjjer  DBrtgfctt  offene  ^nftrumenie  errietet  roerben". 

2Bie  oerljält  e8  fidj  nun  mit  ber  Öffentlichkeit  bei  ber 
^Jfanboerfd&retbung  oon  Itegenben  ©fitem? 

3n  ber  Deformation  oon  1518  !>atte  e$  nodjj  ganj  lafontf<$ 
ge$eifcen  (XXVIII  6): 

„2Ber  bem  2tnbern  Sßfanb  oerfefet,  ba3  ©igen  ober  fielen  ift, 
unb  baSfelbe  Sßfanb  bennodfj  in  feiner  ©eroalt  behält  unb  jenem, 
bem  er  e3  oerfefct  Ijat,  allein  mit  ©ebing  untertänig  madjt  —  bem 
fott  ber  SBerpffinber  ober  SBerfefeer  glaubrofirbig  ©rief  unb  Urfunb 
barum  geben." 

S5ie  „Söeitere  (Srflärung  ber  ßanbeäorbnung"  oon  1578  mar 
einen  ©dfjritt  weiter  gegangen,  fte  ^atte  (f.  33)  nadfj  bem  SBorbilb 
beä  römifd&en  9tedfjte£  benienigen,  „roeld&e  unter  ber  Dbrigfeit  ober 
anberer  jtegelmäfciger  Sßerfouen  Fertigung  tyre  SBerfd&reibungen  auf* 
gerietet",  ein  SBorjugäredjt  gegeben. 

3m  Sanbred&t  oon  1616  fe^rt  bie  ermähnte  Dorm  ber  Deformation 
nrieber  (XV  6)  K  dagegen  jlettt  ber  ©antprojefe  oom  gleiten  3al>re 
unter  ber  ftberf dfjrif  t :  ,,2Bie  bie  ©dljulboerf Reibungen ,  barin  ein 
©ut  oerpfänbet  roirb,  f  ollen  aufgertd&tet  werben"  (II  20)  ba$ 
5ßrinjip  auf,  bafi  fünftig  mänmglid&  bie  Sßfanboerfdfjreibungen  oor 
ber  orbeniltdfjen  Dbrigfett  aufrichten  unb  „allba  in  baS 
orbentlid&e  Sßrotofoll  einzeichnen  laffen"  foH.  ©8  ift 
jmar  aud(j  erlaubt2,  oor  einem  Dotar  mit  jroei  3eu8cn  °btx  oor 
einer  anberen  ftegelmäfjtgen  Sßerf  on  mit  brei  Stuqm 8  ober,  roenn  ber 
©dfjulbner  felbfi  eine  ftegelmäfcige  Sßerfon  ift,  oor  brei  3eu9en  Wc 
©fiter  ju  oerf ^reiben  (II  21),  aber  berartige  [quaftöff entließe]  83er* 
f  d&reibungen  fielen  hinter  ben  öffentlichen  im  Dange  jurfid 4  [5ß  u  b  - 
It jitätSprämie].    ausnahmen: 

a)  S)ie  fiegelmäfeigen  Sßerfonen  oon  2Bürbe,  b.  t). 
bie  »beugen,  bie  fürflltd&en  Däte  unb  fonftige  fürneljme  Beamte, 
bie  Stotteren  unb  Sijenttaten,  bie  ©efdfjled&ter  in  ben  &auptftäbten 5 
„mögen  Ujre  33erfdS>reibungen  unter  tyren  eigenen  Qnfiegeln  aufrichten, 
toie  benn  oon  alters  Ijerfommen". 

1  Seboa)  mit  ©ef$rän!ung  auf  ©peaiafpfänber. 

•  $er  ©ofrat  $atte  fl<$  gegen  biefcö  3ugeftänbnt*  geroenbet,  roa*  fpäter 
ben  Beifall  oon  ©cjmib  (n.  1)  fanb. 

9  $ie  %xtih<xt)l  ift  bem  römifajen  9ied)t  entnommen. 

4  Sßenn  fte  unter  fta)  allein,  alfo  nia)t  mit  gefeilteren  §9pot$e!en,  ton» 
turrieren,  fte$e  Hnfjang  II. 

5  2>ie  $o(en  ©eifUl<$en  ftnb  nia)t  genannt,  fie  gehören  aber  baju. 


—    88    — 

b)  Über  bic  „ßontrafte  unb  £anbtungen  be3  gemeinen 
33auer3mann  auf  bem  Sanbe"  fott  „nirgenba  gefertigt  unb 
auf  gerietet  werben,  benn  oor  üjr  jebeB  Dbrtgfett".  „3)a  e3  aber 
anberS  befdjjelje,  foHen  foldfje  SBerfdfjretbungen  .  .  .  f  o  mel  ba$  oer= 
fdfjriebene  Unterpfanb  betrifft,  ganj  unb  gar  ungültig  unb  bie 
foldfjermafeen  oerfd&rtebenen  ©Bulben  allein  perfönlidfje  ©prfidfje 
[äfafprfidfje]  fein,  otyne  alle  ^rei^eit  etneS  UnterpfanbeS." 

3toif^en  biefer  »eftimmung  unb  «ßoI.D.  I  3  Sit  3  (fte^e 
oben  ©.  85)  würbe  mit  Sted&t  ein  SBiberfprudjj  gefunben.  3laä) 
©dfjmib  ad  S3i  XXI 14  n.  11,  Gl)Hngen$perg  ©.  10  %at  bei  ©d&ufo* 
Betreibungen  mit  Jggpot^efenbeftellung  ber  ©eridjtöfjerr  bie  ©djjulb*, 
ber  ©runbljerr  bie  SPfanboerfdfjreibung  ju  fertigen.  Überhaupt  ging 
baS  ganje  Qa^unbert  ber  Streit  jroifdjen  bem  Staat  unb 
ben  ©runbfjerren  um  ba8  ©tegelredfjt  fort,  unb  jtoar  mit 
madjjfenbem  SIRifeerfolg  für  bie  festeren.  SDer  ©treit  breite  ftd^ 
OauptfädEjlidjj  um  bie  ©renjgebiete ,  bie  fogenannten  casus  mixti, 
Ääufe,  Übergaben,  ißppot^ef befteüungen ,  austrage  ufn>.;  bis  am 
12.  -Wooember  1683  ba3  Sftemforium  entfd&teb:  in  casibus  mixtis, 
).  33.  bei  ©d&ulboerfdfjretbungen  mit  ißppot^efenbeftellung,  l)at  ber 
©eridjtöljerr  ba$  gertigung^redfjt ;  unb,  nadfj  fonfequenter  gejtyattung 
biefeS  ©tanbpunfteS  burdjj  bie  Sfteddtfped&ung  *,  bie  ftajorbnung  oon 
1735  (©.  13),  unter  fd&arfen  Ausfällen  gegen  bie  ©runbljerrfd&aften, 
bie  burdfj  ifjre  Sfamafcungen  bie  Untertanen  in  fdjroere  Äoften  ftür jten, 
enbgüttig  ftatuierte:  bie  ©runbljerrf haften  finb  nur  jur  ©rrid&tung 
ber  ©ttft3  =  unb  ÄonfenSbriefe  juftänbig. 

2Bir  wollen  nun  bie  3Kotioe  be£  3wange3  P*  obrigfeit* 
ltd&en  ißppotfjefenerridjjtung  (foroett  ein  foldjjer  3ro<W8  befte^t)  in$ 
SKuge  faffen. 

2)a3  ©efefc  felbft  bejetdfjnet  afe  ben  3wecl  ber  betreffenben  33e* 
fümmung  (©antprojefc  II  20) :  „bamit  bie  Dbrigfeiten,  ob  einer  iljm 
felbft  ju  ©djjaben  ober  SRufeen  ^auft,  au<#  ob  ber  SDarlettjer 
oerfid&ert  fein  möge,  ungefäljrttdf)  ma^me^men  unb,  im  gatte  bie 
fdfjeinbare  ©efajjr  oor  2tugen,  ben  igerleiljer,  ob  er  jt<§  bennod(j  motte 
jum  Starletyen  bereben  laffen,  erinnern  fönnten."  SDeutlid^er  fann, 
mos  ba3  ©efefe  tottt,  aus  bem  Kommentar  oon  ©djjmib  erfeljen 
werben.  SDiefer  f treibt  (ju  II  20  n.  1):  2)a3  2lmt  ber  Dbrtgfett 
bei  ber  &9potljefenerrid(jtung  tft,  fleißig  obadfjt  ju  geben,  ob  bie 
Parteien   fidd   felbft   ju  ©dfjaben  ober  Sttuften   §anbeln? 


1  ©&Itngen$perg,  ebenba:  „Et  sie  observari  in  praxi  vidimus  sexcenties." 


—    89    — 

ferner  ob  ber  ©elbempfänger  itnftanbe  ift,  nrieber  ju  jaulen,  ober 
üielme^r  in  Ijanbgreifltdfjer  ©efaljr  fdSiroebt,  ba3  angelernte  ©elb  ju 
sedieren,  roeil  er  oielletdfjt  fd&on  gar  ju  fefjr  mit  ©dfjulben 
überlaben  ifi  unb  bem  SBerberben  juna&et?  ©ergleidfjen  ttmftänbe 
finb  rooljl  ju  erforfd&en  unb  bem  ©laubiger  fleißig  t>or  Slugen  gu 
flellen,  bamtt  er  fidfj  nidjjt  nadjj  ber  ißanb  bef lagen  fönne,  baß  er 
betrttglidjjer  2Beife  jum  Vergeben  be3  ©arleljenS  oerfityrt  ober 
a\x&  Umotffenljeit  unb  Unoerfianb  einfa<J)  überrumpelt  (sinistris 
persuasionibus  induetum)  toorben  fei.  „@8  befteift  ftdfj  bemnadfj 
bte  Ijeilfamjle  SBerorbnung,  mit  toeldfjer  anbefohlen  toirb,  baß  bie 
^ßfanboerfd&reibungen  oor  orbentlid&er  Dbrigleit  fotten  errietet 
werben,  avß  bem  boppelten  Stbjroed,  baß  nämlidfj  roeber  ber  ©laubiger, 
toeber  ber  ©djjulbner  fo  leidet  nit  betrogen  unb  um  ba3  ©einige 
gebraut  werben  fönne,  biefer  nämltdjj  mit  Überhäufung  ber 
©dfjulben  unb  jener  mit  SluSletyung  beS  ©elbeS  bei  größter  ®e* 
fa$r  beS  SBerlufteS." 

Unb  an  einer  anberen  ©teile  (ärt.  7  n.  11)  fagt  ©dEjmib, 
bie  &9potl)efenerridfjtung  ofjne  3uS^^un9  *>er  Dbrigfeit  fei  ben  ge* 
meinen  fieuten  beSljalb  verboten,  bamit  nid&t  eine  ©adfje  mehreren 
jugleidfj  oerbunben1  unb  einer  ober  ber  anbere  ©laubiger  um  fein 
bargelie^eneS  ©elb  gebradfjt  werbe,  ©leidfj  barauf  aber  meint  er, 
bie  Urfad&e  fei  bodfj  me§r  bie,  baß  bie  ©dfjulbner  nidfit  be* 
trogen  werben  unb  in  Slrmut  fommen,  als  baß  bie  ©elbwudjjerer, 
bie  i|r  ©elb  ausleihen  unb  bergleidjjen  gemeine  Seute  burdfj  bie 
3infen  auämelfen,  oor  ©djjaben  behütet  werben.  2)ie  (Einfalt  unb 
ber  Unoerftanb  ber  gemeinen  fieute  erforbere  ben  gefefelidjjen  3^0*8 
ber  obrigfeitlidfjen  ©rridfjtung  ber  Jgppotljefenbriefe  im  ©egenfafc  ju 
ben  ©iegelmaßigen,  bei  benen  biefeS  SKotio  entfalle,  unb  ein  ber* 
artiger  3roang  batyx  unnötig  fei  (ju  3lrt.  20  n.  2). 

©nfalt  unb  Unoerfianb  ber  Kontrahenten  atfo,  bie  nottoenbigen 
3noentarfMdte  ber  polt}  ei  (bat  liefen  2Bei§l)eit,  ließen  e3  als  untunlidjj 
erf$einen,  bei  ber  ftrebitgewäbrung  auf  iQppot&el  bie  Parteien  jtdfj 
felbfl  }u  überladen.  Stauer  bie  obrigfeitlidjje  Unterfud&ung  be$ 
ÄrebitgefcijfifteS  unb  feiner  oorauSftdjjtltd&en  Solgen  für  bie  Parteien. 
Die  Obrigfeit  foOte  adj)t  geben,  baß  lein  ©dfjwtnbel  getrieben  werbe, 
unb  baß  aud&  fonfl  leine  ber  beiben  Parteien  ©dfjaben  erleibe  ober 
gar  burdlj  ba«  ®efdf>äft  ruiniert  werbe.  SDie  obrigfeitli<$e 
gür  Jorge  foDte  ftdfj  alfo  fowoljl  auf  ben  ©laubiger,  tote  au<$  auf 
ben  ©d&ulbner  erftreefen: 

1  $&iit(i$  wenn  fle  baju  m$t  aufreiht. 


-    90    - 

1.  £)a3  ©ertdfjt  fott  unterfud&en,  ob  ber  SD ax leider  gut  per* 
jtdfjert  ift  unb,  roenn  Sßerlufigcfa^r  befielt,  befonberS  menn  baä 
©runbftürf  fd&on  oerfdfjrieben  ift  unb  meljrfadfje  SBelafiungen  nid^t 
oertragen  fann,  ben  fierletljer  batauf  aufmerffam  machen  unb  ju 
einer  ifa&erung  oeranlaffen,  ob  er  jxdj  bennodf)  jutn  3)arle^en  bereben 
laffen  motte,  bamit  ber  ©laubiger  ft$  nid&t  Ijinterljer  beflagen  fann, 
bafj  er  einem  ©d&minbel  jum  Opfer  gefallen  ift. 

2.  SBid&tiger  ift  ber  ©dfjufc  be$  ©dfjulbnerS:  5Da8  ©erlebt 
foQ  ftdfj  überlegen,  ob  bie  ©d[)ulbaufna^me  im  ^ntereffe  beä  ©dfjulbnerS 
liegt,  ober  ob  ba3  ©efdfjäft  ein  mudjertfd&eS  ift  ober  fonft  ©efafjr 
befielt,  bafj  ber  ©dfjulbner  baburd&  in  Überfd&ulbung  unb  tn$  3Ser= 
berben  gerate.  — 

■Kodjj  flarer  mirb  bie  £enbenj  ber  obrigfeitlic&en  Sluffid&t,  toenn 
mir  ba8  ©egenfiüdf  jur  &9potljef enbejiettung ,  bie  SürgfdfjaftS* 
beftellung,  ins  äuge  f äffen.  2Ut<ij  bei  biefer  mar  nämlidfj  bie 
Öffentltd&feit  als  SRegel  eingeführt.    2%  XIV  7 : 

SBenn  ein  SauerSmann  ober  gemeiner  f<$ted(jter  33ttrger  für 
jemanb  bürgen  mttt,  fo  mufe  in  mistigen  gätten  oor  ber  orbent» 
lidjjen  Dbrigfeit  ein  orbentlid&er  Sürgfd&aftSbrief  aufgert<$tet  werben. 

3fn  germgfd&äfcigen  ©adfjen1  mufete  bie  33ürgfd(jaft  „mit  genug* 
famer  (Erinnerung,  mie  unb  maSgeftalt  @iner  33ürge  merben  fott,  in 
bie  ©eridfjtäbücljer  mit  allen  Umftanben  unb  meldfjermafjen  bie  SBürg* 
fd&aft  befdfjel)en,  emgefd^rieben"  werben. 

9hm  mirft  ©d&mib  (3lx.  1)  bie  grage  auf,  meldten  ©runb  biefe 
SBorfdfjrift  Ijabe.  35ie  nädftftltegenbe  annähme  fei:  bie  Unerfahren* 
Ijeit  ber  gemeinen  £eute.  2lber  btefeS  Argument  genfige  nid&t.  2)e£ 
©efefegeberS  SWeinung  unb  abfegen  fei  „oiel  me^r  gemefen,  bergletdfjen 
©tnf^ränlung  jum  -Jtufcen  be3  gemeinen  SBefenS  als  jum 
•Jhifcen  ber  Sßrtoatleute  einzuführen,  bamit  nämlid^  bie  SBeiber,  Äinber 
unb  SKadjjfömmlinge  nidfjt  burdfj  bergleidfjen  unbebad^tfame  SSfirgfd&aften 
erarmen  unb  oerberben  unb  bem  ©emeinroefen  überläftig 
merben."  2)a§er  fomme  e$  auclj,  bafe  bergleid&en  f<$ledfjte 
Seute  [ofjne  obrigfeitlidjje  3Bitnurhmg]  feine  Jggpotljef  geben 
fönnen. 

2Bir  finben  alfo  audfj  §ter,  mie  auf  fo  oielen  ©ebieten  mer= 
Jantiltflifdfjer  ©taatsfunft,  bafc  hinter  ber  gürforge  für  bie  SBolilfa&rt 
ber  Untertanen  polijetlic&e  unb,  in  lefcter  Sinie,  fiSfalifd&e 
Argumente    ftedfen.      3)er    ©ebanfengang    mar:    SeidjjtftnnigeS 


1  ©renge  50  ff.  (@c$mib  n.  8). 


—    91    — 

Ärebitieren  unb  ©d&ulbenmadjjen  fyat  SBermögenSüertujie ,  oft  fogar 
oöHtge  SBerarmung  jur  golge;  mittellofe  Seute  btlben  eine  ©efaljr 
für  bie  öffentliche  ©id^er^eit  unb  eine  Saft  für  bie  öffentlichen 
ginanjen;  es  liegt  ba&er  im  ureigenjlen  Qntereffe  be3  Staates,  bie 
Untertanen  t>or  materieller  ©dfjäbigung  bei  ber  aufnähme  oon 
&t>pot£efenfd&ulben  ju  bewahren. 

Stamm,  ba&  bie  Dbrigfeit  bie  @ntf Reibung  gebabt,  ob  bie 
Ärebitgewä^rung ,  bie  Sobenbelaftung  erfolgen  foHe,  oerlautet  in 
Sägern  mdjt$.  3)er  SRidjjter  f)at  bie  ©abläge  ju  prüfen  unb  bie 
Parteien  auf  bie  ®efaf)ren  be3  ©efd&äfteS  aufmerffam  ju  madfjen, 
aber  er  barf  bie  Sßrotofollierung  nid&t  oerroeigern,  toenn  bie  Parteien 
trofcbem  auf  i^rer  Stbjtdjt  befielen.  3Rit  anberen  Söorten:  bie 
Dbrigfett  §atte  in  Sägern  bei  ber  Sgpotyefenerrid&tung  fein 
ÄonfenSredjjt-  ßbenf  oroentg  bei  ben  ßiegenf dfjaf töoeräufce* 
rungen  unb  überhaupt  bei  obrigfeitlid&en  Srieferridjjtungen  irgenb 
roeldjjer  Strt1. 


IL 

SBeldje  Mittel  Ratten  nun  bie  ^Beamten,  um  bie  fdjjtmertge 
Aufgabe,  bie  iljnen  bei  ber  (Srrid&tung  ber  ©d&ulb*  unb  Sßfanb* 
oerfdjreibungen  oblag,  ju  erfüllen? 

9tod&  ©antprojefe  II  20  foHten  bie  vox  ber  orbentlid^en  Dbrig* 
feit  aufgerichteten  Jogpotyefen  affba  in  baS  „orbentlidfje  Sßrotofott" 
eingejeid&net  werben.    Stamit  ift  ba£  „SSriefprotofoH"  gemeint. 

3m  14.  unb  15.  Saljrljunbert  roaren,  unabhängig  oom  fremben 
Siebte,  in  faft  allen  beutfd^en  Säubern,  freütdfj  fd&led&t  genug  ge* 
führte  ©eridjjtsbüd&er  entftanben;  fte  muffen  oerbreiteter  gemefen 
fein,  afe  man  glaubt9.  Qljre  SBorgänger  werben  bie  ©tabtgerid&tä* 
bfid&er  gemefen  fein8,  ©ine  Trennung  jtmfd&en  flreitiger  unb  nidjjt* 
{Streitiger  ©eridfjtäbarfeit  fd&eint  bei  biefen  ©eridfjtSbüdjjern  nidjjt  fiatt* 
gefunben  ju  fcaben,  fo  bafe  alfo  bie  Fertigungen  über  ©runb  unb 


1  »nber*  in  SBürttemberg ,  fte$e  ©fixier,  SBfirttembergifd&e*  ?rioatre($i, 
I  905.  3igl.  au$  @iobbe,  £anbbudj,  3.  HufL,  II  2  6.  149  unb  in  Spring* 
3a$rb.  XII  221. 

1  SRaurer  ®g.  &,  ©efcfti^te  be3  attgcrmanifd&en  unb  namentlich  alt» 
baperifaen  ®eri4t*oerfa$ren*  (1824;  6.  336.    Sgr.  auc$  »ofentfcal  6.  66. 

*  Über  bae  SÄünc&ener  ©eriifctSbudj  fie$e  ftefyne  ¥<rol,  3ur  ©eföigte  be* 
9üm$ener  ßiegenf$aft«re<$teä  (1900)  6.  4  ff. 


—    92    — 

Stoben  in  biefelben  S3üd(jer  eingetragen  mürben  mie  bie  ©trat* 
f  adfjen  \ 

3fm  17.  3fat)rljimbert  beobad&ten  mir  folgenbeä.  SJor  ber  2ht$* 
Ijänbigung  ber  oor  ber  Dbrtgfeit  errtdjjteten  Urfunben  (Sriefe)  an 
bie  Parteien  würbe  ein  furjeS  Sßrotofoff,  baS  bie  mefentlidfjen  SBer* 
tragSbeftünmungen  enthielt  (SBrief protof oll),  in  befonberS  baju 
ieftimmteSeri^töbü^erCSriefprotofonbä^er^riefttötel^ 
bü<$er)  eingetragen.  3Me  $riefprotoMbüd(jer,  na<$  tyrem  Swetfe 
<wdfj  furjmeg  „33riefprotofolIe"  genannt,  enthalten  in  buntem  35ur<#= 
einanber  5protofotte  über  ©d&ulboerfd&reibungen,  Saufe,  Übergaben, 
<£rbteilung$oerträge,  ©Verträge,  £aufd&e,  Duittungen,  5Bergleid&e, 
SSerjidSJtleiftungen,  SBerfiiftungen,  Sßormunbf^aftöbefteHungen,  ©eburtS* 
beurfunbungen,  SCeftamente  ufm.,  ja  mitunter  fogar  Sßer^öre  in  @filt= 
t)ber  ©traffa<#en  unb  bergl.,  letzteres  trielleidfjt  nur  infolge  ©dfjlen* 
irianS  ber  betreffenben  ^Beamten2. 

S)ie  ©inträge  erfolgten  rein  dfjronologifdjj,  SRegifier  fehlten 
ober  maren  menigftenS  ntdfjt  oorgefdfjrieben. 

2Bie  ftd&  aus  ber  Äafuiftif  ber  bamaligen  juriftifd&en  ßiteratur8 
ergibt,  mar  bei  ber  (Srrtdfjtung  ber  ißgpotfjefen  ber  gemöljnlidfje 
Hergang  ber,  bafc  ber  ©laubiger  ben  SRidfjter  fragte,  ob  er  auf 
ba%  ©runbftüdf  mit  ©id^er^eit  Ärebit  geben  fönne,  ober  ob  e3  bereite 
überfd&ulbet  fei  unb  jur  35edung  ber  neuen  ©d&ulb  nidfjt  me^r  $m* 
reidfje.  2tuf  eine  fold&e  anfrage  mar  ber  9ttdfjter  uerpfltd&tet,  bie 
3tedjerd(je  oorjuneijmen,  in  ben  Silbern  nad^jufe^en  ufm.  unb  bie 
©erlangte  2tu3funft  ju  geben.  Xat  er  e£  nid&t  ober  ©erfuhr  er  babei 
leidjtfinmg,  fo  haftete  er  bem  ©laubiger  für  ben  ©d&aben.  Slber 
xmdfj  menn  ber  ©laubiger  fein  berartigeS  Verlangen  flellte,  fonbern 
4)§ne  meitereS  frebitierte,  fonnte  er  nadj  S3erli<ij  (n.  61)  beim  SKuSfall 
feiner  gorberung  am  Stifter  Stegrejs  nehmen,  qui  seivit  aut  per 
inspectionem  librorum  censualium  scire  debuit,  bafc  bie  $orbe= 

1  SRünd&ener  ©tabtred&t,  STrt.  32:  „3Ber  @rb  unb  @tgen  ju  $fanb  will 
tefcen,  ber  foll  baS  tun  cor  (Bericht  in  offener  ©d&ranne  in  ben  oter  SBanben, 
unb  ba$  foH  man  fajreiben  in  ba$  <Serid&t8bud&."  9luc§  Sluffoffung  tum 
©igen  foHie  „in  baS  33ud&4'  gefd&rieben  werben  (Art.  31).  Stemme  ©.  6  ff.  — 
Uttdjt  ju  »enuedjfeln  mit  bem  @fria)t$buc$  ift  ba§  in  ber  5Rec$t3gefc$ic$te  be* 
rü§mt  geworbene  „2Ründ)ener  ©runbbudj".  @8  I)at  jum  ©tammuater  baä  (nad) 
Realfolien  eingerichtete)  @roiggelbbu$  oon  1484  (föeljme  @.  11,  24). 

2  Über  ben  3ufammen$ang  biefer  Sriefprotofotte  mit  ben  (3eri$t$bii$ern 
beö  15.  3a§r§unbertö  !ann  icr>  feine  Angaben  machen. 

8  öerlia)  Concl.  II  29  n.  77  ff.,  Sfoemblad&er  ©.  188  ff.,  <5$ttngen8perg 
<S.  73  f.  u.  31. 


—    93    — 

rung  gefäljrbet  fei.  2Bte  wenig  praftifdfjen  SBert  bie  Haftung  be£ 
^ßrotofottbeamten  aber  §atie,  jeigt  bie  Semerfung  von  ßjjüngendperg. 
©.  74,  bajs  fie  „in  puncto  juris  forsan  non  displicet,  utut  in 
praxi  contra  dominum  directum  [e£  wirb  angenommen,  bafe  biefer 
bie  ©erid(jt$barfeit  fyat]  in  tali  circumstantia  agere  sit  forsan 
periculosum  et  vincere  satis  dubimn". 

£>a§  in  Sägern  ber  Sßrotofottbeamte  bie  ^Sflic^t  Ijatte,  von 
2lmtS  megen  bie  ©td&erljeit  be3  Ärebitgeberd  ju  unterfud&en  unb 
&u  btefem  3roedfe  bie  auf  bem  ©ute  laftenben  ©Bulben  feftjuftellen, 
ergibt  ftdfj  aus  ber  2)arftellung  auf  ©.  88  ff.  Sei  ber  gefd&Uberten 
Sefdfjaffen&eü  ber  bagertfd&en  SßrotofoUbfidjjer  mürbe  aber  ben  Beamten 
hiermit  eine  unerfüllbare  Aufgabe  jugemutet.  SDie  Sjppotfjefen  mußten 
in  jebem  einzelnen  gaUe  au$  ben  oerfd&iebenften  ©teilen  unb  ©e= 
fdfjäften  ber  Sßrotofottbfid&er  jufammengefudjjt  unb  jufammengeftellt 
merben,  unb  baS  mar  bei  bem  Gljaod  oon  Eintragungen  fef>r 
fd&roierig,  müljfam  unb  zeitraubend  ja  praftifd&  gerabeju  unmöglich 
3Iber  audjj  menn  eS  möglich  gemefen  märe,  fo  l)ätte  e$  ntdfjt  uiel 
geholfen.  3)enn  jur  Beurteilung  ber  ©idfjerl>eit  beS  ©läubigerd  ift 
e$  nid&t  nur  nötig,  bie  ©Bulben  $u  fennen,  fonbern  audjj  ben  anberen 
gaftor,  ba$  (immobile)  SWtitmermögen  bed  ©dfjulbnerS.  darüber 
bem  Srtefprotofott  3wperläfpge«  unb  ©rfdfjöpfenbed  ju  entnehmen, 
mar  nod)  fdEpmeriger  als  bei  ben  ©Bulben.  3)a£  bagerifdfje  ©efefe 
erfennt  Med  aud)  an.  @3  beftimmt  (©antpr.  II  20) :  „2)odj)  unb  bie» 
meil  bie  Obrigfeiten  nid&t  jeberjeit  eines  jeben  Vermögen  miffen  mögen, 
foD  eS  üjnen  o&ne  ©efa&r  (ein,  menn  fie  gleich  ben  SDarlei^er 
nit  Ratten  Dermarnt."  ©iefeS  ift  bie  fd&ärffle  ©elbftfritif,  ein  »e^ 
fenntntö  ber  UnauSfityrbarfeü  be$  oom  ©efefce  ©emoKten.  3)amtt 
oerlor  ba3  ©efefe  aber  aud(>  feine  fraftigfle  ©tüfce,  benn  nun  ^atte 
ber  SSeamte  fein  Qnterejfe  me§r  baran,  feine  2Barnerrotte  mirflidjj 
auägufülpen. 

Um  bie  ©d&mierigleit  ber  iQppotijefenredfjerdfje  ooH  mürbigen  $u 
fönnen,  mufc  man  nodjj  folgenbe  Umftänbe  in  @rmägung  jtef>en: 

1.  63  mar  erlaubt,  ba$  ganje  Vermögen  ju  oerpfänben 
(©eneralJjppotljef),  fogar  baä  fünftige  Vermögen.  SDer 
$9pot$efenbeamte  tonnte  ftdfj  alfo  nidfjt  bamit  begnügen,  bie  ©djjuiben 
(unb  ba$  Vermögen)  bedienigen,  ber  eine  Jjjppoi&ef  errieten  mollte, 
ju  erforfd&en,  fonbern  er  mußte  ftd&  audfj  bie  $rage  oorlegen, 
meldte  Vermögend fi ü <f  e  für  biefe  ©Bulben  oorjugämeife  ju  tyaften 
^aben,  unb  mann  biefelben  in  baä  SBermflgen  beS  ©d&ulbnerS  ein- 
getreten ftnb. 


—    94    — 

2.  -Kur  jur  iQppotljef  euer  ridjj  tun  g  beburfte  eS  bcr  obrigfeto 
Jtdfjen  9JHtmtrfung,  nidfjt  aber  j.  SB.  jur  Söfd&ung  bcr  &tjpotl)efen. 
3)er  ©<$ulbner  fonnte  alfo  burd&  bic  SBorfptegelung,  bafc  ältere 
©djjulben  fdfjon  bejaht  feien,  mit  Seid&tigfeit  ben  Beamten  unb  bie 
lungeren  ©laubiger  über  ben  magren  ©dfjulbenftanb  tauften. 

3.  ©rmarb  ein  ebelmannSfreter  &ofmardfjl)err  ein  Out,  baS  im 
33ejirfe  eines  fürftlidfjen  ©ertd&teS  gelegen  mar,  fo  ging  bie  ©erid&tS* 
J6arfeit  über  baS  ©ut  auf  üjn  über1.  2tbcr  natürlich  o^ne  ©runb* 
budfj:  meil  eben  für  baS  ©ut  fein  eigenes  ©runbbud)  beftanb.  SDer 
JQofmarcI$err  Ijatte  alfo  feine  ÜWöglidftfett,  in  ber  golge  bei  ber 
Sßrotofottierung  eines  ©dfjulbbriefeS  bie  oor  bem  ©utSermerb  ent* 
ftanbenen  äSobenfd&ulben  ju  berücffidjjtigen.  — 

SBenn  eS  fdjjon  bei  ben  obrigfeitlidfjen  iggpotljefenerricljtungen 
um  bie  5ßublijität  beS  ©efdfjäfteS  fo  fd&ledjt  befieDt  mar,  inbem  eine 
mirflidjje  Öffentlidjfeit  fo  ferner  erhielt  merben  fonnte,  fo  mu&ien  bie 
nidfit  oor  ber  Dbrigfeit  errichteten  um  fo  meljr  biefer 
Garantien  entbehren. 

35ie  fiegelmäfcigen  Sßerfonen  oon  SBürbe  befafien,  mie 
mir  gefeljen  l)aben,  baS  5ßrit>tleg,  unter  iljrem  eigenen  ©iegel,  otjne 
3ujie^ung  ber  Dbrigfeit  ober  fonftiger  ftegelmäfciger  Sßerfonen,  aud& 
oljne  3uiic^u^9  üön  3cuflen/  tytc  ©üter  oerfd&reiben  ju  bürfen. 

SDaS  Sßrurileg  ber  ©tegelmäfcigfett  l>atte  brei  ©rünbe: 

1.  3)ie  ©iegelmäftigen  genoffen  öffentlichen  ©tauben. 
IBctyrenb  bie  übrigen  Staatsangehörigen  in  bürgerlichen  ©adfjen  tyx 
3eugni$  befdfjmören  mufften,  mürbe  ben  2luSfagen  ber  ©iegelmäfjigen, 
„bie  fie  in  i^rer  perfönlidjen  ©egenmart  bei  tyren  priefierlidfjen  SBürben, 
-abeligen  ßljren,  audlj  freuen  unb  ©lauben,  abmefenb  aber  unter 
iljren  3fnfte<jeln  ober  Sßetfd&aften  fdjjriftlidfj"  gaben,  oölliger  ©lauben 
gefd&enft  (©umm.  5ßr.  VII  15).  3»n  peinlichen  ©adfjen  burften  jte 
nidfjt  gefoltert  merben.  3ftre  eiblid&e  SBerftd&erung,  üjr  SÄanneS*  unb 
OEjrenmort  gab  tyren  ©rflfirungen  eine  gemiffe  23eU)e,  i^ren  SBer* 
fdfjretbungen  eine  größere  ©idfjerljeU  ber  ©rfüttung2.  SDie  2lbeligen 
bejeidfjnen  ftcij  genie  als  bie  ,,2Bat)rl)aftigen"  jur  2tbgrenjung  oom 
lügenhaften  gemeinen  -Kann  (SRtefefd&e).  SBenn  ein  ©iegelmäfjiger, 
baS  ifl  ber  ©inn  beS  SßrtoilegS,  unter  feinem  ©iegel,  alfo  feierlich, 
feine  ©üter  oerfd&retbt,  fo  bebarf  es  feines  befonberen  SemeifeS,  bafe 


1  HRofer  3.  3-,  (Einleitung  in  baS  bagerifd&e  Staatsrecht,  1754,  ©.  864. 

2  2)tefe  @rf<$etnung  ftnbet  fu$  au$   $eute  nodj  in  geroiffen  Greifen   bei 
<Srf(ärungcn  unb  ©c$ulboerfc&rei6ungen  »auf  ©jremoort". 


—    95     — 

fie  bie  Scloftung  ©ertragen  fönnen,  feiner  weiteren  ©arantte  ber 
©id&erl)eit  be$  ©laubiger*.  3Da3  2)ogma  von  ber  ©laubwfirbigfeit 
ber  StbeÜgen  mufjte  bie  tDirfttd^e  Sßubli}ttät  erfe|en. 

2.  SDie  privilegierten  Sßerfonen  ftnb  aber  ntdfjt  nur  Toafyti)i\i& 
liebenb,  fonbero  audf)  verftänbig.  63  ift  nidfjt  ju  befürchten,  bafe 
fie  jtdfj  burdjj  unbebadfjtfame  ©dfjulbverfd&reibungen  an  ben  Settelftab 
bringen.  $)ie  polijeilid&en  ©rünbe  be£  3roan9e^  iur  obrtgfettlidjjen 
33rieferrid(jtung  treffen  bei  iljnen  alfo  nidf)t  ju. 

3.  3n  le|ter  fiinie  Ijatte  ba3  Sprioilcg  ber  ©iegelmäfetgfett  feine 
Urfad&e  in  ber  felbftänbigen  Stellung  ber  privilegierten 
Älaffen  im  ©taate.  3)ie  privilegierten  ^erfonen  waren  in  ben 
„Sriefereien"  (überhaupt  vielfach  in  ©egenftänben  ber  freiwilligen 
©eridfjtöbarfeit)  gewiffermaften  exterritorial,  jebe  von  tynen  war  fidfj 
felbft  Dbrigfeit.  2>ie  Drgantfation  ber  2tuffidf)t  über  ben  Siegen* 
fdfjafteverfeljr  burdjj  ben  ©taat  war  auf  falbem  SBege  fteljengeblieben. 
SDa^er  ba3  -ftebeneinanber  ber  obrigfeitlidfjen  SBerbriefung  bei  ben 
gemeinen  Untertanen  unb  beS  „©iegelredfjteS"  in  eigenen  angelegen* 
Reiten  bei  ben  privilegierten  Älaffen.  — 

Dbfdjjon  bie  fiegelmäftigen  Sßerfonen  öffentlichen  ©lauben  genvffen, 
fo  fann  man  bei  iljren  SPfanbverfdfjreibungen  bodfj  Jaum  von  einer 
wirflidjjen  Söffentltdjjlett  ber  SelaftungSverljältniffe,  von  einem  ©djjufee 
gegen  SSerljeimlidfjung  ber  SSor^pot^efen  fpredjen.  Seim  bäuerltd&en 
©runbbefifc  war  bie  Sßublijität  ber  SBerfd&ulbung  jwar  feljr  mangels 
ijaft,  aber  fie  war  bo<$  vor^anben;  beim  ©rofegrunbbefifc  (Slbel  unb 
Prälaten)  war  e3  ganj1  bem  ©ewiffen  ober  ber  berec&nenben  (Sr* 
wägung  be3  ©<$ulbner3  überlaffen,  wie  weit  er  feinen  ©laubigem 
©inblidf  in  feine  SBermögenSverljältniffe  gefiatten  wollte,  bem  ©laubiger, 
nadj>  feiner  ©rfaljrentyeit  ju  beurteilen,  was  er  bavon  galten  foltte. 
gür  ben  Ärebit  be8  Slbete  Ijatte  baS  fefjr  unangenehme  folgen,  beren 
Erörterung  nid&t  Ijier^er  gehört2. 

dagegen  barf  ntd&t  unerwähnt  bleiben,  weil  baburdjj  wandle 
©igentfimltd&feit  be$  bamaligen  ÄrebitwefenS  erflärlid&  wirb,  bafe  man 
von  ber  SBirfung  unb  33ebeuiung  ber  Öffentlichkeit  im 
politifd^en  unb  wtrtfdfjaftlid&en  Seben  eine  anbere  SBorftellung 
tyaite  wie  fyoxU,  bafc  namentlich  bie  ©d&eu  vor  Darlegung  ber  öfo* 
nomifdfjen  unb  finanziellen  SBerjjältmffe  allgemein  war.    ©d&mib  be- 


1  ätteber  beim  $ofrat  no<$   bei  ben  Regierungen  würben  ©eric^tSbüdjer 
ober  öriefprotofoae  gehalten  (©d&mib  au  8B.  I  12  n.  23). 

1  Sgl.  Darüber  (£o$en,  Kampf  um  bie  abligen  ©üter,  6.  87  ff. 


—    96    — 

jeidfjnet  e$  als  „odiosissimum,  nobilium  et  honestarum  personarun 
facultates  palam  facere,  ne,  dum  exiguae  et  modicae  sint,  ex- 
ponantur  contemptui,  aut,  si  adhuc  firmae,  subiciantur  invidiae"  K 
SefonberS  peffimtftifd&  aber  badete  man  turnt  2Bert  ber  Äunbbar= 
madfjung  ber  33ermögenSüerl)ältmffe  für  ben  Streb  it. 

SllS  ber  &erjog  auf  bem  ßanbtag  twn  1605  bie  ©rljebung  einer 
Slrt  t>on  ©infommenfieuer  (tum  10  °/o)  aorfd&lug,  begrünbeten  bie 
©tänbe  i^re  Dppofttüm  u.  a.  bamit  (©.  69) :  gut  SSermeibung  oon 
ttngletdfjljetten  mfifcte  man  bie  ©umaljmeregifter ,  ©albfid&er  ufw. 
öffentlich  auflegen.  „3u  was  ©dfjtmpf,  ©pott  unb  SBerfleinerung, 
audfj  Slbfdfjnetbung  altes  SlrebitS,  ftrauunb  ©laubenS"  würbe 
eS  mdfjt  führen,  „wenn  eines  jeben  SBermögen  unb  ©Bulben  öffentlich 
an  ben  £ag  fommen  würben".  2)er  SBert  ber  ©üter  „würbe 
aerfd&lagen",  ber  Ärebit  gefd&mälert,  \a  verloren! 
SBemger  bebenflidj  erfd&ien  ben  &mbfdEjafiSt>erorbneten  im  3!a§re  1658 
bie  Anlegung  eines  &auptbudfjeS,  in  welches  alle  [SPafffos]  Äapitatien 
ber  unbefreiten  Sßerfonen  eingetragen  werben  foHten  (jum  Smtd e 
ber  SBefteuerung).  Slber  btefeS  9M  Ijatte  ber  gürft  feine  Sebenfen, 
inbem  er  bie  Anlegung  eines  foldfjen  Jßauptbud&eS  als  gefäl)rli<$ 
für  ben  Ärebit  erflärte2. 

III. 

Slufeer  ben  gefdfjilberten  bürftigen  SPubltjitätSelementen  befinben 
ftd&  aber  in  ben  batjerifdjen  ©efefcen  nodij  anbere  ©inridjjtungen 
jum  ©dfjufce  gegen  SBerljetmltdfjung  ber  33obenlafien. 
S)abei  muffen  wir  aber  jwifdjen  ©eneraUjgpottyefen  unb  ©pejiak 
Ijppotljefen  einerfettS,  jwtfdfjen  ©täubiger  unb  Käufer  anbererfeitS 
unterfd&eiben. 

1.  2)aS  römifdjje  3?edfjt  Ijatte  bem  gutgläubigen  Käufer 
einer  mit  ©dfjulben  belafteten  ©adfje  babur<$  ©dfjufc  gewährt,  bafc 
eS  iljm  geftattete,  bie  &gpotl)efenglaubiger  an  ben  £auptfd&ulbner  ju 
oerweifen,  fo  lange  biefer  fofoent  war  (exceptio  excussionis 
[personalis]) ;  bieS  war  eine  förmltd&e  33anferotterflärung 
beS  StealfrebitS,  eme&innötigung  junt  Sßerfonalfrebit. 
Slber  bie  authoritas  doctorum  ging  im  ©egenfafc  jur  heutigen 
SPanbeftenleljre  baljin,  bafc  jene  ©inrebe  bem  ^ppot^efengläubiger  nur 
bei  ©eneralljtjpottyefen,  nid&t  bei  ©pejiatytipotljefen  entgegen* 

1  3m  Kommentar  jur  Söerorbnung  oom  20.  Quni  1650. 

2  gregberg  I  137.  —  8gl.  audj  unten  §  20. 


—    97    — 

gehalten  werben  fönne.  ©#tmb  fagt  (ju  291  XXI  23  n.  7): 
2)ie  ©inrebe  ber  SBorauSflage  gegen  ©pejiatpfanbgläubiger  würbe 
„nriber  alle  Drbnung  ber  Statur",  alfo  gegen  baS  -Katurrecljt,  oer* 
ftofeen.  SDer  ©d&ufc,  ben  bie  exceptio  excussionis  bem  aljmmgS* 
lofen  Äaufer  einer  mit  &9po$efen  belafieten  ©adfje  gewährte,  bejog 
ftdjj  alfo  in  Sägern  nur  auf  ©eneralljgpotljefen \  2)te  btnglidje 
SBirfung  ber  ©eneral^ppotljefen  war  alfo  befdjränft. 
3töer  Med  toar  bem  Jtrebit  e^er  förberlid^  als  f d^ctbltd^ ,  weil  es  bie 
Sebeutung  ber  bebenflid&en  ©enerall^pot^efen  tyerabbrüdte. 

2.  3)er  fcofrat  Ijatte  bei  ber  SJegutadfjtung  ber  ©nttoärfe  oon 
1616  iura  ©djufce  ber  gutgläubigen  Säufer  unb  (Staubiger  oor* 
gefdjlagen  (ju  £31.  XV  6) : 

a)  bog  ber  SBerfSufer  ober  wer  fein  liegenb  ©ut  oerpfänben 
will,  auf  Segefjren  beS  ÄäuferS  ober  ©läubtgerS  bei  £reue  unb 
©lauben  anpgeigen  fdjulbig  fein  foll,  wem  unb  um  wie  oiel  baS  ©ut 
oerpfänbet  fei.    Sei  3w*>iberl)anblung  ©träfe. 

b)  „SBenn  einer  bem  anbero  fein  liegenb  ©ut  [waljrljeitSwtbrig] 
für  frei,  lebig  unb  unoerfefct2  oerfauft",  fott  er  geftraft  werben. 

c)  SBemt  einer  fein  liegenb  ©ut  „um  eine  größere  ©umme 
©elbS,  at$  es  ertragen  f ann  ober  wert  ift,  tyren  mehreren  oerf e|en  * 
ober  oerfd&reiben  tut",  foS  er  ebenfalls  geftraft  werben. 

2)ttt  ©träfe  foQte  alfo  nadfj  bem  SBiUen  beS  &ofrateS  geafjnbet 
werben : 

a)  bie  fiberfd&ulbung  eines  bereits  belafieten  ©uteS, 

b)  bie  waljrljeitSwibrige  3ufaSe  ber  Saftenfretfjeit  beim  SSerfaufe 
ehted  ©uteS, 

c)  falfd&e  angaben  über  bie  Selafhmg  eines  ©uteS  auf  anfrage 
ber  ©laubiger  ober  Äaufer. 

S)aS  baijerifdje  £anbre<$t  beftimmte: 

a)  2Ber  ein  bereits  oerpfänbeteS  ©ut  weiteroerpfänbet, 
o^ne  bafc  eS  biefeS  Übermaß  oertragen  famt,  mufs  bem  gefdjäbigten 
©laubiger  ein  anbereS  gutes  unb  taugliches  Sßfanb  aufteilen  unb  wirb 
mtt  ©elb  ober  mit  ©effingniS  beftraft  (29t.  XVI  1).  £ie  33e* 
ftimmung  bejiefjt  ftdj  nur  auf  ©pejial^pot^elen  (nid&t  auf 
©eneral$wotj)efen). 


1  ©ntfäeibimg  bed  $aoerif$en  ftemforiumd  oom  27.  ftooember  1649  C8etter 
6. 181).  tUfa$e  not  n>a$rfc$ein(ic$  bie  regelmäßige  Übernahme  ber  @$ulb  bei 
GpetfaQipotyefat  bur$  ben  Erwerber  infolge  Äanbrei&t  XV  6  (flefte  unten). 

*  Sie  neuere  ©aftung  ift  gemeint. 
Coften,  Serföulfeuitg.  7 


—     98    — 

b)  2Ber  ein  specialiter  oerpfänbeteS  @ut  »erlauft,  mufi 
bafär  forgen ,  bafc  ber  Käufer  bie  ©dfjulb  (als  perfönlid&e  ©d&ulb) 
übernimmt  2Bibrigenfall3  ©träfe  (S».  XV  6,  fte§e  oben  ©.  46), 
©er  Serfäufer  mufc  alfo  von  ber  ©jiflenj  be$  Sßfanbredjteä  bem 
Ääufer1  Slnjeige  madjen,  benn  fonft  fann  er  bie  Übernahme  ber 
©d&ulb  nidfjt  oeranloffen. 

3.  SBenn  ber  SBerfäuf  er  bie  SBorf d^rift  ad  2  b  nid&t  erfüllte,  ber 
Ääufer  alfo  im  guten  ©lauben  jtdfj  befanb,  eine  pfanbfrete  ©a<$e  $u 
beftfcen,  fo  fonnte  er  in  5  bejn>.  (SanbeSabmefenljett)  in  10  Sauren 
bie  greityeit  vom  Sßfanbredfjt  erftfcen  (£anbred&t  1X2).  3m 
gemeinen  Sftedfjt  mar  nur  bie  aufterorbentltdfje  Srftfcung  (40  3»a§re) 
ber  Sßfanbfretljett  anerfannt  (©dfjmib  ebenba  n.  17). 

©o  madfjte  auä)  ba$  baperifd&e  9ted&t  ber  9?fitffid£jt  auf  ben 
Äfiufer,  ber  ahnungslos  ein  mit  ©dfjulben  belafleteä  Slmoefen  als 
f dfjulbenfrei  erlauft  &atte,  Äonjefftonen,  geriet  aber  eben  §ierburd) 
mieber  in  Äonf  lift  mit  bem  2Befen  bes  Stealfrebitö ,  bem  bing* 
liefen  ßljaräfter  beS  $f  anbredfjteS ,  oon  bem  ber  ©laubiger  erfl  bie 
redete  ©idfjerljeit  erhofft.  3Kan  füllte  btefeS  audfj  fdfjon  bamatö  gaftj 
gut  IjerauS.  „ftn  ben  §odfjgelel>rten  (Srinnerungen,  meldfje  tum  ben 
füme^mfien  SRäten  unb  SftedfjtSüerftänbtgen  jur  $*it,  ba  unfere  Sanb* 
redjt  errietet  mürben,  fe^r  Peinig  jufammengetragen  morben"  [ibenttfdfc 
mit  bem  „£ofrategutad&ten"  ?]  mürbe  nadfj  ©<$mib  (n.  17)  befür* 
mortet,  ben  3lrtifel  IX  2  ju  [treiben,  ba  biefe  Seftimmung  „umt 
ben  Sfted&tSgele&rten  mit  fdfjeelen  2lugen  angefe^en  werben  fflnnte".  — 

&eimltdfjfeit  beS  iQtjpotfjefenroefenS  unb  binglidfje 
■ftatur  ber^ppot^ef  fielen  eben  in  unlösbarem SBiber* 
fprudij  miteinanber. 

IV. 

■Jtodfj  folgenfdfjroerer  als  bie  Sau^eit  unb  Snfonfequenj 
beS  ©taateS  bei  3)urd&fü§rung  ber  spubltjität  beS  ^ppoi^e!en= 
mefenS  fdfjemt  mir  ein  mit  ber  Spublijität  felbft  bamals  t>er= 
bunbeneS  Übel  gemefen  ju  fein:  bie  Äoftfpieligfeii  ber 
obrtgfeitlidfjen  $gpot§efenerri<ijtung. 

SDie  Älage  über  „33ef  djj  werung  mit  Siegel*  unb 
©djjreibgelbern  bei  SBriefereien"  ift  in  Sapern  eine  alte. 
©dj>on  in  ben  SanbtagSDerfjanblungen  beS  15.  3al)rl>unbert$  ftnben 

1  Übet  bie  weitere  Storfdjrift,  ben  ©laubigem  Anzeige  com  Setfauf  $u 
erfiatien,  fle^c  ebenba. 


—    99    — 

wir  fte1;  im  $afyxt  1497  mad&t  bcr  Säbel  fogar  auf  bie  golge* 
erf  djetmmg  ber  SBerringerung  be3  Siegenf djaftSoerf el)r$  aüfmerffam 2. 

3m  Sanbbot  t>on  1516  Reifet  e8  (fol.  20) :  ©3  finb  mehrmals 
Älagen  oorgefommen,  bafc  bie  5ßf  leger,  Stifter  unb©ertdjt$* 
fdjreiber  mit  bem  ©iegel*  unb  ©djreibgelb,  audj  bie 
gronboten  mit  intern  So^n  bie  ßeute,  infonberljeit  auf 
bem  ßanbe,  übernehmen  unb  befdjweren.  ©benfo  1553.  Qn  bem 
©eneralmanbat ,  baS  2ßaEimilian  I.  beim  ^Regierungsantritt  1598 
erliefe8,  nrirb  neben  anberen  wunben  fünften  audj  biefer  berührt 
(©.  15),  mit  ber  intereffanten  SBenbung,  ber  arme  SWann  fei  ba* 
gegen  l)itflo$,  ba  er  fxd^  über  bie  SBeftfcwerung  oon  beforgenber 
Ungunjl  wegen  nt<$t  wo$l  beflagen  bürfe.  3n  ber  Sßoli  jeiorbnung 
von  1616  wirb  wteber  ber  2Be§eruf  mm  1516  ausgeflogen  (I  3 
2trt.  1).  2)abet  werben  aber  ©pejialfälle  Ijeroorgeljoben.  @3 
fommt  oor,  bafe,  wenn  eine  Summe  ©elbeS  etlidje  ^unbert  ©ulben 
betragt,  oon  jebem  fiunbert  ein  Sßfunb  Pfennige  ©tegelgelb 
erhoben  wirb  (alfo  ftatt  ber  ffeen  @ebül>r  eine  prozentuale),  gemer : 
wenn  eine  Sßerfon  ein  Sterleten  aufnimmt,  fo  werben  oerf  djiebene 
©df>ulbobltgationen  errietet  unb  wirb  bie  SDarle^enSfumme 
auf  biefe  verteilt,  bamit  man  t)on  jebem  ©djulbbriefe  Siegel*  unb 
©djreibgelb  nehmen  lann.  häufig  wirb  ber  ©djulbbrief  abftd&tlicfc 
„nur  auf  etliche  befiimmteSa^re"  ausgestellt,  bamit  er  nadj 
Slblauf  biefer  3*ü  erneuert  werben  mufe,  unb  bemgemäjs  wieber^olt 
Siegel  unb  ©djreibgelb  geforbert  werben  fann.  S)ann  wirb  eine 
neue  Regelung  ber  ©iegelgelber  vorgenommen :  SBon  gemeinen 
Sriefen,  afö  ©prüfen,  Ääufen,  igeirat3=  unb  bergletdjen  Sriefen  fott 
bei  einem  SSetrag  non  weniger  afö  50  Sßfunb  Pfennige  Vi  Sßfunb 
al£  ©iegelgelb  genommen  werben,  bei  leeren  Beträgen  1  Sßfunb 
Pfennige. 

3u  einem  Slbfd(jlufc,  wenigstens  für  itnfere  Sßeriobe,  wirb  bie 
©a<$e  in  ber  Sajorbnung  oom  29.  Qanuar  1735  gebradjt,  bie 
einen  fe$r  energif$en  £on  aufflögt:  Einige  oon  unferen  ©eridjte* 
Stuften*  unb  anberen  Beamten  fowoljl  als  audj  non  ben  ^ofmard)* 
in^abern  unb  beren  9tt$tern  weidjen  bei  ber  (Sinfjolung  ber  ©ertd&tö* 
gebühren  immer  me^r  oon  ber  Sßolijeiorbnung  ab  unb  übernehmen 

1  3.  ».  1471  (Ärenner  VII  271). 

1  »SRögen  @n>.  ®n.  abnehmen  ,  wa$  Stabend  barau*  entfielt  ben  armen 
fiettten,  bie  i$re  ©fiter  naa)  i(rer  iRotburft,  ba  fie  auf  ba«  Siegel* 
gelb  ©arge  Gaben,  ni$t  »erlaufen  mbQtn"  (Ärenner  XIII  18). 

*  Erneuerte  SRanbate  uf».     • 

7* 


I 

-    100    —  < 

bie  Untertanen  fonber^eitlid)  in  ben  Snoenturen  unb 
SBriefereien  wiber  alle  ©ebüljr  in  ^öd^ft  bebrängltd&em  Übermaß 
unb  eigenmächtiger  SBiÜfür.  ©te  berufen  jtd&  babei  auf  alte«  iger- 
fommen,  auf  bie  ©ewoljnljeit  benadfjbarter  Territorien,  auf  alte 
rid&terlidfje  Urteile  unb  „oerglidfjen  Drbnung".  Slber  ber  §ttrft  forme 
biefe  SBebrfidfung  ber  Untertanen  aus  lanbeSoäterlidfjer  gürforge 
mdfjt  oerftatten,  befonber«  ba  bie  %ajctn  nur  von  ber  Sßolijeiorbnung 
abgingen  unb  eine  &erjäfjrung  barin  niemals  ftatt^abe;  namentU<# 
fottten  über  bie  in  ber  SCajorbnung  gegebenen  SBorfdjjrtften  §mau£ 
ben  Untertanen  feine  33riefe  tne^t  unbillig  aufgebrängt 
„ober  fonft  au$  @igennufc  fo  trielSBriefe  aföeljebeffen  gefd&al}, 
meljr  errietet  werben".  @3  werben  neue  Sagen  feftgefefet,  bie  uns 
nid&t  meljr  intereffieren. 

S)ie  ieaupturfadjje  biefer  3Äifeftänbe  war  ba$  33efolbung8fe)ftem. 
2)ie  „©portein  für  SBriefereien"  ffoffen  ganj  ober  quotenweife  ben 
©ertd&töbeamten  ju  —  unb  jwar  bie  ©tegelgelber  ben  9ttdjtem,  bie 
©dfjretbgelber  ben  ©eridjjtöfd&reibem  — ,  fie  bilbeten  einen  Seil  iljrer 
Sefolbung,  tyreS  regulären  ©tnfommenS \  ja  fie  waren  jur  33e* 
ftreitung  tljreS  Unterhalte«  auf  biefe  (Sinfünfte  gerabeju  angemtefen* 
■JKdfjt  nur  oon  ben  fdjjulbtgen  SSeamten  jur  2fa$rebe  —  Ijeifit  e£  in 
ber  SCajorbnung  oon  1735  —  fonbem  audfj  oon  trielen  redfjt  unb 
rebltdfj  Ijanbelnben  ^Beamten  werbe  oielfältig  oorgebradjt,  bafc  fie  tum 
ben  bisherigen  gefefclid&en  Sajen  „in  ©egen^alt  ber  bortmaligen 
wolfeiferen  gegen  jefctge  weit  teuerere  $etten  unb  §dljer  ge* 
ftiegene  Sßfennwerte"  fidfj  mit  äßeib  unb  Äinb  mdfjt  me^r  ju 
erhalten  oermödfjten. 

33efonberS  unglüdfltdfj  unb  folgenfd&wer  war  in  biefer  Sejteljung 
bie  Drganif ation  oieler  Sßflegeämter. 

@3  beftanb  nämli<$  bie  Unfttte,  bafe  bie  gürften  oerbienten  ißof* 
beamten  unb  Sftäten,  überhaupt  folgen  Sßerfonen,  weldjjen  fie  eine 
©unft  erweifen  wottten,  eine  Sßflege  oerlie^en,  b.  I).  biefe  bejogen  bie 
©inffinfte  be$  äfatteä  unb  Ratten  nur  ben  Sßffegeoerwalter  ju  be* 
fietten  unb  ju  befolben  (SRofent^al  ©•  346).  5Die  folgen  fönnen 
fd&on  au«  ber  ßammerratöorbnung  oom  26.  SJejember  1617  erfefcen 
werben,  63  Reifet  §ter a :  6$  befinbet  ftd&,  bafc  „bei  unterfd(jiebftd&en 
©eridfjten  bie  SPffegoerwalter  tyren  9lmtöpflid^ten  jugegen  ftdjj  gar 
ungebüljrlitij  unb  fträfltdf)  oerljalten,  wiber  bie  Sanbred&t  unb  ®erid&t$* 


1  fflofentyal,  ®etie$t*organifatton  @.  99  unb  563,  fte$e  au#  oben  ©.  84. 
8  SRager  äRanfr.,  Qu.  3.  Sefcörbengefö.  Sapernö  (1890)  ©.  400. 


—    101     — 

orbnung  niel  iniustitias  begeben,  bie  armen  Untertanen  merllidfj  be* 
ferneren  unb  gleidjjf am  erfeigem,  ba$  Äird&en*,  Spupttten*  unb 
hinterlegte  ©elb  ju  ffdj  gießen,  audfj  aHe£  }u  tyrem  ^rfaatnufeen 
birigieren  unb  bemfelben  allein  nadjljängen.  SDeffen  aber  unter 
anberem  U>rem  felbS  Sefennen  nadfj  fttme&mlidj  bie  Urfatye  ift,  weit 
tynen  über  ba$  Deputat,  fo  fte  tum  [ben]  SfottSgefäHen  ben  Sßffegero 
geben  muffen,  ni$t  fotriel  oerbletbt,  bafc  fte  fic^  famt  SSkib  unb 
Äinbern  tonnten  Einbringen".  SMe  i&offammer  roirb  bann  auf* 
geforbert,  fünftig  feinen  Sßffegoerwalter  ju  inftaffteren ,  tt>enn  ftdj 
nidjt  aus  ber  SBeftettungSurfunbe  ergibt,  bajs  ber  SBerwalter  burdjj 
ba3,  was  ü>m  vom  Pfleger  gelaffen  wirb ,  ein  el)rltdje$  SluSfommen 
fjat.  Sßenn  i^m  aber  an  beftänbiger  SSefblbung  „gar  ein  geringe* 
afftgntert  unb  er  meiftteilS  auf  bie  gemeinen  Siufcungen 
a(£  ©trafen,  ©iegel*,  Slbf^ieb-  unb  ©djreibgelb  etc. 
gewiefen  wäre",  fo  foH  bie  &offammer  ex  officio  oorgreifen 
unb  bem  Vermalter  eine  eljrtidje  auSträgtidje  Unterhaltung  unb  SSe« 
folbung  oon  ber  ^ffegnufcung  beftimmen,  „babei  fte  frembem  @ut 
nadföuftetten,  bie  Untertanen^  ju  befdjweren  unb  bie  orbentlidje 
©ertdjtstajre  ju  fiberf djreiten  nidjt  ttrfadje  Ijaben"1. 

■Widjt  beffer  afe  in  ben  ftaatlidjen  ©eridjtöbejirfen  mar  e3  in 
biefen  fingen  in  ben  jQofmard&en  befteDt.  ©djmib  fagt  (ju 
£9i.  XV  17  n.  3)  furj  unb  gut:  2>ie  SJefolbung  ber  &ofmar<#* 
ndjjter  befielt  melften«  in  ©elbfirafen  unb  in  ber  Slugfaugung  ber 
Sauern.  $n  einem  erftd&tttdj  ber  $ra£t£  entnommenen  SBertanfdjlag 
eirer  &ofmardj8  (1762)  ftnb  für  bie  SBrief*  unb  ©iegelgelber  (1751) 
400  ff.  ausgeworfen  bei  500  ff.  [0elb*]©tift ,  400  ff.  [©etreibe]* 
©ülten  unb  100  ff.  ©<$armerf$fompofition.  3n  ben  §ofmar<$en 
fdjeint  man  mitunter  ju  braftifdjen  Mitteln  gegriffen  ju  Ijaben,  bie 
Sntbetf ung  ber  ©ebaijrenegjeffe  ju  oer^inbern :  man  oerbot  j.  33.  ben 
Sauern,  baft  fte  bie  Xagorbnung  galten8. 

SBaS  nun  bie  SBirf  ung  biefer  ©ebltyrenejjsejfe  betrifft,  fo  liegt 


Sftnftcfte  Aonftatierungen  in  ber  #offammerinffruftion  oon  1640  unb  im 
9taa)trag  baju  mm  1649  (Kaper  a.  a.  O.  ®.  442,  452). 

*  ?ruggcr  3o.  3of.  8art$.,  Observ.  ad  Jus  Bar.,  1762,  ©.  79  ff. 

1  3n  einem  6a)reiben  be*  $ofmara)rto)ter*  oon  £o^enburg  an  ben  $of» 
manWernt,  1781  (SRonatffarift  bed  Ijiflor.  »eretn*  oon  Dbetb.,  1898,  6.  149 
[?funb])  wirb  ausgeführt:  ©eorg  SRitter  ift  ein  SRenfa),  ber  überhaupt  böfe* 
Seifpiel  gibt;  wenn  er  mit  bem  gfo&  naa)  9Rüna)en  f&$rt,  §&lt  er,  ber  boa)  ein 
gemeiner  SauerSmann,  fta)  bort  oft  in  Äaffee$äufern  jum  geitungtefen  auf;  er 
rfi$mt  fld)  anberen  Beuten  gegenüber,  ba|  er  bie  ©eria)td*  unb  Xa^orbnung  ju 
t>aufe  $abe,  wa«  betannterma^en  gar  nia)t  fein  barf. 


—     102     - 

*S  nalje,  anjuneljmen,  baß  fte  bie  SBerbriefungen  etfdjroett  imb  bie 
normale  ©ntmidflung  beS  Stegenf<$aftS*  unb  Ärebttoerfel^rS  geljinbert 
ober  roenigftenS  SBinfeloerträge  geförbert  unb  baburdj  bie  SRedfjtS* 
fidfjerljeit  beeinträchtigt  Ijaben ;  wie  ja  audj)  1497  tatfäd&li<$  behauptet 
morben  ift,  baß  burdjj  fie  mand&er  burd&  bie  roirtfdfjaftlidfjen  33er* 
Ijältmffe  gerechtfertigter  ©utSoerfauf  vereitelt  werbe  (fie^e  oben). 
3fm  allgemeinen  fdfjetnen  aber  bie  Ijoljen  SBerbriefungSfoften  e^er  ba£ 
©egenteil  jur  golge  gehabt  ju  l>aben,  nämltdjj  oiele  über  f  Ittf  f ige 
Urfunben  unb  ©djulbaufnaljmen,  bie  aus  roirtfd&aftlid&en 
©rünben  beffer  unterblieben  mären. 

S)ie  SÖtamtm  Ratten  nämltdfj  megen  ber  rechtmäßigen  unb  unrecht* 
mäßigen  ©ebü&ren  ein  Qntereffe  baran,  baß  otele  ©<$ulbobltgatümen 
aufgenommen  mürben,  baS  Qntereffe  oon  ©laubiger  unb  ©dfjulbner 
ftanb  tynen  erft  in  jmeiter  3leil)e.  ©dfjmib  berichtet  (©antprojeß  II 
20  n.  4),  eS  fei. öftere  oorge!ommen,  baß  3Wd(jter  infolge 
oon  33eftedfjungen  ober  aus  anberen  Urfadjjen  auf  baS 
«ßerberben  fdjjon  abfinfenbe  ßeute  betrügerifdfjer  unb  boS* 
§after  SBeife  jur  ©df)ulbaufnal>me  angeführt  unb  oer- 
leitet  Ijaben.  Unter  ben  „anberen  Urfadjjen"  wirb  aber  mofjl  bie 
©portelgier  ju  oerfteljen  fein. 

S)ie  mo^Tmeinenbe  SÄbfid&t  beS  ©ef  efcgeberS ,  burdfj  ben  Sw^g 
jur  obrigfettlidfjen  SBrteferridfjtung  unüberlegte  unb  fdjjäblidfje  ©d&ulb* 
gefdfjäfte  ju  oetfjinbern,  f dfjetterte  alfo  nid&i  nur  an  ber  üßangel- 
^aftigfeit  beS  fadfjlidfjen  Apparates  (Srtefprotofotte),  fonbern  audjj 
an  ben  3ßängeln  ber  Beamten  ober  beffer  ber  Seamtenorganifation : 
Qnbem  ber  ©taat  bie  ©taatSoermaltung  als  ©efd&äft,  baS 
fiaatltdfje  ©iegelredfjt  als  Sftegal,  bie  ©ebü^ren  als  2lmtS* 
nufeungen,  bie  3>nl)aber  &er  SlmtSftellen  als  ©efdjjäftS* 
teill)  ab  er  be^anbelte,  überlieferte  er  bie  Untertanen  bem  fc&ranfen* 
lofen  ©goiSmuS  ber  Beamten  unb  33eamtenftted&te,  oermanbelte  er 
bie  SBo^ltat  ber  öffentlichen  iQppotljefenerridfjtung  in  eine  ber  fdjjtoerften 
plagen,  bk  baS  oljnetyin  fo  fejjr  miß^anbelte  SSolf  ju  erbulben  §atte. 
S)ie  &eiratSurfunben  maren  bem  ßmange  ber  obrigfeitlidfjen  ©rrid^tung 
untermorfen.  SfoSgenommen  maren  Urfunben  über  einen  2Bert* 
gegenftanb  oon  meniger  als  50  fL  (unb  bie  &eiratsbriefe  ber  ©tegel* 
mäßigen),  ©d&mib  füfjrt  als  SRotio  ber  ©eftattung  ber  2luSna^me 
an  (ju  £9i  I  18  n.  6):  „bamit  mdf)t  bergletdjjen  armfelige  Seute 
für  SBejaljlung  ber  Sriefe  unb  ©iegel  oiel  bejahen  muffen,  meil 
fonft  befannt  ift,  baß  bie  Sanbbeamten  baS  3$rige  &e*m  S^Her 
einjie^en  unb  bie  arme  ßeut  oljne  SUiitleib  ju  §e<$eln  miffen."    ©r 


—    103    — 

bemerft  weiter:  ,,5Dod)  biefe  unfere  SReinung  tun  nrir  gern  einem 
gefd&eiteren  Urteil  unterwerfen."  Ob  feine  3Keinung  richtig  ift,  Ijat 
für  un£  feine  33ebeutung;  aber  baft  -fte  in  bem  Äopfe  be3  fingen 
unb  erfahrenen  SßolitiferS  überhaupt  entfielen  tonnte,  gibt  jum 
S)enfen  Slnlafc.  SBaren  bie  f<$le<$ten  @rfa^rungen,  bie 
man  mit  ben  obrigfeitltdjen  igppot^efen  madjjte, 
tnelleidjt  eine  ttrfadje  bat>on,  baf$  fi$  bie  Ijeimlidjjen 
&9P0tljefen  im  9tedfjt3leben  \o  lange  erhalten  $aben? 


§  5. 

^fe  g^mvägm  ^gp0tt|Bton,  ^fantrptürilegmt 

L 

3m  norigen  Äapitel  l)aben  mir  gefeljen,  wie  mangelhaft  e3  um 
bie  Sßublijität  ber  &tjpi>tljefenerrid(jtung  beflettt  mar.  Sie  ©djufc* 
einridfjtungen  gegen  Ijeimltdfje  Sgpotljefen,  nämltdfj: 

1.  bie  exceptio  excussionis  bei  ©eneralfjijpotljefen, 

2.  Sttnjeigepflidfjt   be£   SSerfäuferS  an   ben  Ääufer   bei   ©pejtal* 
^ppot^ef  cn , 

3.  ©rftfcung  ber  Sßfanbfreiljett  in  fünf  bejw.  je^n  Sauren  bei 
■JKdjtetnljaltung  ber  SBorfd&rift  ad  2, 

4.  Seftrafung  ber  bolofejt  Überfd&ulbung 

genügten  nid>t  unb  ftanben  jum  £eil  mit  bem  SBefen  be3  Steat 
frebitö  in  SBiberfprudfj.  SRodf)  me^r  wie  bie  au3brfi<flt$en ,  burdf) 
Vertrag  erridfjteten  iQtjpotljefen  nerfttefeen  aber  bie  gefefclid&en 
ober  ftillfd&weigenben  faypotfytttn  gegen  ba$  ^ßublijitätö* 
prinjip.  ©aS  ftnb  nämlidjj  folelje  $9potl)efen ,  roetöje  unmittelbar, 
fraft  SRedfjtöf  afc ,  mit  ber  gorberung  üerbunben  ftnb,  welche  alfo  ju 
i^rer  ©ntftefcung  überhaupt  feinet  befonberen  SlfteS,  fonbern  nur  ber 
©ntfteljung  ber  betreffenben  gorberung  bebürfen. 

■Jtodf)  bem  ©antprojefe  t>on  1616  (Xitel  2)  Ijaben  folgenbe 
©laubiger  bejro.  gorberungen  ein  gefefelid^eö  Sßf  anbredjjt : 

1.  3)er  Staat  (©eneraUjppot&ef). 

2.  Der  ©runbljerr  um  feine  &errenforberungen  am  Bauerngut 
unb  an  ber  barauf  befmbüdjen  galante. 

3.  2)er  £au8§err  um  ben  £au$$fnS  an  ben  Sttaten  be3  Bieters. 

4.  3Me  e^eftau  um  il>r  eingebra<$te3  Vermögen  (©eneral^pot^ef). 


—    104    — 

5.  SDie  Stinber  um  iljr  9Ruttergut  (©eneratyppotyef) l. 

6.  S5ie  ^Pupillen,  Stiftungen,  ©emeinben  ufro.  am  SBermögen 
tyrer  SBormünber  unb  SBertoalter  (®enerall)i)potl>ef). 

7.  SBon  bem  ©ebanfen  auSgeljenb,  ba&  berjenige,  ber  bie  @ant= 
maffe  burdfj  2lrbeit«leifiung  ober  2)arleljen$gen>äi)rung  bereichert, 
unb  bem  baburdfc  trielleidfjt  fogar  bie  (Spaltung  ber  SWaffe  bejtö.  ba£ 
SBorljanbenfetn  einer  folgen  ju  oerbanfen  ift,  e3  oerbient,  t)or  ben 
geroöljnlidfjen  ©laubigem  au«  ber  SUtoffe  befriebtgt  ju  werben,  gibt 
ba$  ©efefe  ein  Sßfanbredfjt : 

a)  bem  iganbroerförnann ,  um  ben  oerbienten  Soljn,  cnx  bem 
©ute,  an  ba3  er  feine  Arbeit  gelegt  (£R.  XXXII  1); 

b)  bemjenigen,  ber  jur  SBiebererbauung  ober  ©rljaltung  eines 
■Ausbaue«  *  ober  einer  anberen  folgen  ©ad&e  ©elb  ober  Sau* 
materialien  IjergelteJjen,  am  -ftufebau  ober  ber  anberen  ©adjje; 

c)  bemjenigen,  ber  jur  SSefctung  ber  gelber  ©etreibe  Ijer* 
geliehen,  an  ben  grüßten  be«  betreffenben  Sa^re«. 

2Bte  man  fie^t,  finb  bie  meiflen  igppotljefen  ©eneral^ppot^efen, 
fte  oerftofcen  alfo  mdjjt  nur  gegen  ba«  Sßrinjip  ber  Sßublijität, 
fonbern  audjj  gegen  baS  Sßrinjip  ber  ©pejialttät.  ©ie  oerfloften 
ferner  gegen  baS  Sßrinjtp  ber  Priorität8;  benn  bie  meiften  gef t& 
lid&en  Jggpotljefen  finb  mit  einem  SBorjugäredjte  ausgestattet 
Oßfanbprioilegien).  3Ban  unterf Reibet  abfolute  unb  relatioe 
5Borjug«redSJte.  9?elatto  ift  ba£  SBorjugSred&t ,  toenn  e$  ber  be* 
treffenben  gefefeltd&en  ißtjpotljef  nur  oor  ben  früher  entftanbeneu 
(nidfjt  ober  weniger  prioilegierten)  gefefcltd&en  feppotljeten  ben  SSor* 
rang  oerletyt.  (Sin  abfolute«  SSorjugSred&t  ift  ein  foldfje«,  beffen 
Äraft  ftdjj  aufy  gegenüber  ben  früher  entftanbenen  auSbrfidtltdfjen 
&t)potl)efen  jetgt,  inbem  ntdjjt  nur  bie  fitUfdfjmetgenben,  fonbern  au$ 
bie  au3brü<fli<$en  ioppotljefen  im  Klange  jurüdtoeidfjen  muffen. 

23on  ben  oben  ermähnten  gefefcltdfjen  ^ijpot&efen  entbehren  nur 
jene  ad  3,  5  unb  7  a  eine«  SßfanbprtoilegS.  3)ie  übrigen  rangieren 
in  ber  nadjjftetyenben  Reihenfolge:  -Kufcbautntereff enten ,  ©teuer* 
forberungen  be«  ©taate«,  Lieferanten  oon  ©aatgut,  ©runb&err,  (§fy& 
frau,  Äuratelljppot^efen,  gorberungen  be«  ©taate«  au«  Äontraft  unb 
aSermaltung.  S)ie  83ereidfjerung$forberungen,  ©teuerforberungen  unb 
iQerrenforberungen  gemefeen  einen  abfoluten  SBoraug,  ba$  SBorgugS* 
red^t  ber  übrigen  gefefclidjjen  ^ppot^efen  ift  nur  ein  relatioe«. 

1  ©d&mib  au  ©antpr.  II  24  n.  38.    Sftl.  aud&  ©antpr.  II  18. 

9  ©egenfafc:  ßuftöau. 

8  Prior  tempore,  potior  jure ! 


—    105    — 

216er  audj  bie  auSbrficflid&en  &gpotf)efen  fonfurrteren  unter  ftdj 
nidjt  rein  nadj  ber  ^Priorität  tyrer  ©ntfteljung,  fonbern  bie  öffent- 
lichen iQtjpot^elen  (b.  ty.  bie  oor  ber  Dbrtgfeit  errtd&teten  wtb  bie 
i&ppotljefen  ber  ftegelmäfeigen  Sßerfonen  von  SBürbe)  Ijaben  einen  SBor* 
jug  oor  ben  quafi  *  öffenttidjen  (©.  87).  S)ie  9teftfauffdjillmg$s 
fjppotljef,  fotoie  bie  &t)potl)ef  beSjenigen,  ber  jum  Sfafauf  eines  ®ute£ 
ober  jum  33au  eines  JßaufeS  ©elb  l>ergeliel)en  * ,  ge^en  fogar  ben 
meifien  gefefelidjen  ioppotljelen  im  SRange  oor  aus  ben  oben  ad  7 
angegebenen  3Rotü>en. 

Studj  unter  ben  gemeinen  ©laubigem,  b.  Ij.  unter  ben  mdjt  mit 
einer  &ppotl)ef  oerfefjenen,  gibt  eS  Kategorien,  bie  mit  einem  ^rtotleg 
vor  ben  übrigen  begabt  ftnb  („gemeine  befreite  ©laubiger"). 
©ie  ftnb  aber  nidjt  fo  mistig /  bafc  e$  nötig  märe,  fte  aufjujäfjlen 
(ogl.  Sbt^ang  II). 

Gnbltdj  ift  nodj  ju  ermähnen,  ba§  es  audj  SBorjugSredjte 
ol>ne  igppotfjef  gibt.  Statin  gehören  bie  gorberungen,  toeldje 
oorroeg  aus  ber  ©antmaffe  ju  befriebigen  ftnb,  nämltdj  bie  ©eridjtS* 
f offen,  bie  SBeerbtgungSfoften  unb  ber  „gearnbte  Stblofjn".  SDiefe 
SBorjugSredjte  finb  abfolut,  b.  ^.  fte  ge^en  allen  übrigen  gorbe* 
rungen  oor. 

Sei  biefem  SBtrrwarr  oon  SBorjugSredjten  o^ne  &9pot$ef, 
fippotljefen  mit  5Borjug$red)t,  teil*  abfoluter,  teils  relatioer  -Katar, 
^ppot^efen  o§ne  5Borjug$red)t,  gemeine  gorberungen  mit  unb  ofjne 
^ßrtoileg  tfi  e3  natürlich,  bafe  man  bie  oerfdjiebenen  ©laubiger- 
fategorien  für  ben  gad  ber  ©ant  na$  t&rem  Stange  in  Klaffen 
orbnete OßriorttätSorbnung).  3)er bagerif dje ©antpro jefe (£tt. II) 
tennt  10  Klaffen.  Sie  erften  3  Klaffen  bilben  bie  SBorjugSredjte  oljne 
$ijpotl>ef,  bie  Klaffen  4 — 7  enthalten  im  roefentlid&en  bie  gefefeltd&en 
$W>otf)e{en  mit  ^Sfanbprioileg,  Klaffe  8  unb  9  bie  gefefclidjen  §gpotl}fen 
o&ne  ?ßru>ileg  unb  bie  auäbrütf li$en  ^ppot^efen,  in  Klaffe  10  folgen 
bie  gemeinen  ©laubiger  mit  Sprünleg.  ©rft  nadj  biefen  10  (Stellen 
fommen  bie  unbefreiten  gemeinen  ©laubiger  jum  3u8e-  3foi  3fo* 
f)ang  II  Ijaben  mir  bie  bapertfd^e  SprioritätSorbnung,  toie  fte  ftdj  au5 
bem  ©antprojefe  ergibt,  mit  jiemlidjer  2Kfil)e  jufammengeftettt.  3li$t 
in  ber  $riorität$orbnung  begriffen  finb  bie  Separation**  unb 
QuafifeparationSredjte.  Sag  ber  (Eigentümer  einer  fremben 
©ad&e,  bie  in  ber  ©antmaffe  aufgefunben  nrirb,  ftdj  nid&t  an  ber 
©ant  ju  beteiligen  brauet,  fonbem  fein  (Eigentum  einfach  an  ftdj 

1  $euie  würbe  man  wettetet  fagen:  Saufapttalipen ,  Hintermänner  oon 
$fiuferfpe!ulanten,  SmmobUicnbanFen  ober  beraj. 


—     106    — 

jteljen  fann  (©eparationSrecljt) ,  ifi  felbftoerfiänblidfj.  STOit  einem 
CtuaftfeparationSred(jt  finb  bie  unter  einem  SSorbeftfcer  ber  ©adfje  tnU 
ftanbenen  &t)potf)efen  begabt.  2).  f).  fte  brausen  ftdfj  oon  ben 
©laubigem  beS  ©antfd&ulbnerS  nid&t  aus  iljrer  jeitltdfc  begrünbeten 
Stellung  oerbrängen  ju  laffen,  audjj  bann  nid(jt,  toenn  biefe  ein  ab* 
foluteä  SSorjugSredjt  bejtfcen1. 

SDie  -ftad&teile  ber  gefefeltdfjen  iQtjpotljefen,  ber  Sßfanbprünlegien 
unb  ber  SBorjugSred&te  lagen  nidjjt  nur  in  üjrer  (S^iftcng  an  ftc§, 
fonbern  audEj  in  bem  Unfug,  ber  mit  biefen  @inri$tungen  getrieben 
mürbe.  3)a3  baijerifdfje  ©efefe  oertoetft,  nadjjbem  e$  bie  ganje  STOaterie 
fe^r  einge^enb  geregelt  l>at,  ben  SftdEjter  nodjj  auSbrfidttidj  auf  baS 
gemeine  9?ed(jt  unb  bie  9tedfjtSgelel)rten  (©antprojefc  II  23),  roaS 
©d&mtb  ju  ber  Ijitynifd&en  SBemerfung  veranlagt,  bafi  bie  9?edfjt£* 
gelehrten  S3euteru3,  3Moniu3  unb  anbere  Practici  mit  fiiDfd&toeigenben 
§T)poti)thTi  unb  SSorrangSredfjten  bod(j  gar  ju  freigebig  feien  unb  ftdjj 
baburdj  fd&on  in  Sfttfefrebtt  gebraut  Ratten. 

Übrigens  finb  bie  aSorjugSredfjte  feine  Singularität  beS  römifd&en 
SRedjjteS,  t>on  too  fte  ins  gemeine  Sftedfjt  übergegangen  finb,  fonbern 
fdfjon  im  9te<$te  beS  SDttttel alters  finben  fte  fid&  fporabtfdf>;  baS 
SSorjugSredjjt  beS  ©runbljerrn  (SftedfjtSbudfj  2trt.  1 58 :  ©er  &err  f  äljrt 
um  fein  ©elb  oor  allen  Seuten),  beS  &auSl)ertn  (SRündSJener  ©tabt* 
red&t  Slrt.  178 :  „SSerbienter  ißauSjtnS  fä^rt  oor  allem  ©elb  auf  ben 
Sßfanben,  bie  inner  &auS  finb")/  beS  gearnbten  StbloljnS2  ftnb  Sei« 
fpiele,  bie  fidjj  bei  eingeljenber  SWed^erd^e  tooljl  nodfj  oerme&ren  liefen, 
©etoiffe  SBorjugSred&te,  j.  33.  ber  SSorjug  ber  ©antfoften,  ber  8e* 
erbigungSloften,  ber  Siblö&ne  oerfteljen  fid&  ferner  gerabeju  oon  felbfi 
unb  l)aben  ba^er  audfj  in  bie  mobemen  ©efefcgebungen,  fo  abljolb  fte 
fonft  ben  SBorjugSred&ten  ftnb,  @ingang  gefunben.  Site  SijpuS 
allerbtngS  finb  fotoofjl  bie  gefefcttdfjen  Jgijpot&efeu  als  audfj  bie  33or* 
jugSredfjte  römifdfjen  UrfprungS;  bie  praftifdjj  toid&ttgften,  bie  SJotal- 
prioilegien,  ber  SSorjug  beS  ßinber*  unb  SRünbelguteS,  ber  ftSfalifd&en 
unb  quaftfisfaltfdfjen  gorberungen  erfdfjetnen  erft  mit  ber  SRejeption 
unb  ftnb  bem  römifd&en  Siedete  entnommen.  SDie  3*d<#tng  ber 
gefefeltdjjen  &t)potl)efen  unb  bie  Unterfdfjeibuug  oon  oertragSmäfcigen, 
gefefclidjjen  unb  rid^terltd^en  Sßfanbred&ten  ift  f ojuf agen  baS  31  a  f  f  e  n  * 
merf  mal,  baS  bie  ^ppot^ef  oon  ber  neueren  ©afcung  trennt,  meldte 


1  SJgf.  aber  oben  <3.  96  (exceptio  excussionis). 

9  »SSerbicntev  Sibfo$n  fd&reit  ju  ®ott  im  ^immel",  ogf.  3Het5o$m,  $fanb* 


red&t  @.  452. 


—     107     — 

beibe  5Re<$t8infixtute ,  mie  mir  in  §  2  berette  nctyer  gezeigt  i)<xbmr 
im  übrigen  jeitUd^  unb  begrifflich  ineuwnberfltejsen ;  bie  gefefcltdfjen 
$9potf)efen  unb  SPfanbprioilegien  finb  enbltdij  ba3  ©tedfenpferb  ber 
romanifierenben  Surteprubeuj  be$  17.  3al)rl)unberte  geroefen. 

9?ad(jbem  bic  Deformation  oon  1518  ben  SSorjug  be$  heirate* 
gute£  aufgehellt  Ijatte,  erfdfjetnen  bie  SBorjug3red(jte  in  Sapern  pm 
erfien  3Jtale  in  ber  „2ßeiteren  ©rflärung  ber  2anbe8orbnung"  oon 
1578  (fol.  32)  in  9iei&  unb  ©Heb.  3)em  9ttd&ter  totrb  befohlen, 
bei  ber  ®ant  junädfjft  bie  ©antfoften  auf  ben  ©antjettel  ju  fefcen 
unb  bann  bie  „gefreiten  ©laubiger"  ju  bebenden,  unb  babei  in  ber 
@rfenntni£  ber  Priorität  „nadfj  getriebenem  gemeinen  Sterte  ju 
entf Reiben" ;  au$brfldfltd&  ermähnt  finb  ber  ©runb^err  mit  ber  au$* 
fte^enben  ©runbgült,  bie  Äirdjjen,  bie  SRünbel  unb  ber  Sibloljn.  161 
wirb  bann,  tote  mir  gefe&en  §aben,  mit  großer  Sorgfalt  unb  SBett- 
fd&toeiftgfeit  eine  eigene  „Sßrioritäteorbnung"  aufgeteilt,  meldte  aber 
im  mefentlidfjen  ber  be$  gemeinen  9tedfjte3  nadfjgebtlbet  ift. 

II. 

2)ie  praftif djj  toid&tigfie  gef efclidfje  ißppotljef \  jene  be3  grauen* 
gutes,  l)ängt  mit  ber  oermögenSredfjtlidfjen  Stellung  ber 
Gf>efrau  jufammen. 

3)a8  el)elid|je  ©fiterred&t  nadfj  bem  Sanbredjjt  von 
1616  wirb  getoö§nlid(j  afe  „(Srrungenfd&aftSgemeinfcijaft" 
d&arafteriftert.  35a3  e^elidfje  Vermögen  befielt  aus  9JJann$gut,  SBeiber* 
gut  unb  ©^egut.  S)a3  ©Ijegut  ift  gemeinfam.  @3  befielt  aus  ber 
©rrungenfd&aft  unb  ber  „gemein  gemifd^ten  &au3fal)roi$".  3U* 
©rrungenfc&aft  gehören  aud&  bie  grüd&te  ber  ©onbergfiter.  «Stirbt 
ber  @§emann  oljne  &interlaf[ung  oon  Seibeäerben  au3  biefer  @&e,  fa 
erhält  bie  Ehefrau  bie  £älfte  be£  6§egute3  (bie  anbere  Hälfte  jum 
9tie6braud&  auf  SebenSjett  —  12SR.  I  4).  ©ttrbt  er  mit  firnter* 
laffung  fold&er,  fo  erhält  bie  grau  nur  einen  ÄinbSteil  be£  ß&egute* 

(231.  I  1). 

2lu$   biefem   SRed&tejujtanb   ergibt  ftd|j  ber  äuSfdfjlufc  ber 


1  (Eine  einge$enbe  ®tubie  über  bie  $iftorif$en  Bebingungen  ber  gefeilten 
$9POt$e!en  Qätte  au$  tyre  (Bntroicttung  im  Altertum,  namentlich  im  römifäeit 
Staate,  in  tyren  Bereif  au  jieljen;  anberfeitS  würbe  bie  oorttegenbe  Arbeit  bei 
folgern  Beginnen  in*  Ufertofe  geraten;  audj  wirb  man  fagen  fönnen,  ba£  t&re 
ftegepiion  in  $eutf$(anb  bo$  i§re  @rünbe  gehabt  $aben  mufs  unb  ni$t  lebig» 
li$  au*  einer  platoniföen  Borliebe  für  ba*  römtföe  Äe^t  erflärt  »erben  tonn. 


—    108     - 

Haftung  be$  grauengutes  für  bie  ©Bulben,  bie  ber 
(Seemann  gemad&t  Ijat,  audfj  für  biejenigen  ©dfjulben,  bie  er  in 
feiner  ©igenfdjaft  al$  SBertreter  ber  eljelidfjen  ©entein- 
f  d^af t  nadfj  aufcen  (@$ef Bulben)  gemalt  $at.  3)ie  SReformatton 
oon  1518,  weld&e  ba$  eljelidje  ©fiterred&t  beinahe  ebenfo  georbnet 
fcatte,  tote  ba$  Sanbred&t  oon  1616,  ^ebt  btefeö  augbrfidttid&  (XLIV  1) 
mit  ben  SBorten  Ijeroor:  S)ie  ß^efrau  ift  „tum  tyrem  ©ute,  wo  fte 
ftd^  infonberljeit  barum,  wie  9ted(jt  ift  [b.  §.  in  red(jt$gfilttger  gorm] 
ntdjjt  oerpflidfjtet,  nid&t  fdfjulbig,  il>re$  2Ranne$  ©elbfdjulb  ju  be* 
jaulen". 

SDaS  SBermögen  ber  (Sljefrau  war  aber  ntd&t  nur  bem  Sugriffe 
ber  ©laubiger  be$  6f>entanne$  entjogen,  fonbern  e3  würbe  üjr  oom 
©efefee  fogar  eine  befonberS  privilegierte  Stellung  unter 
ben  ©laubigem  i^ r e^  (Seemannes  zugeteilt. 

Waty  ©antpr.  II  11  Ijat  bie  ©Ijefrau  eine  gefefclid&e  iQppotljef 
wegen  tljreS  in  bie  @I)e  gebrauten  SBermögenS  am  ganjen  SSerwögen  beS 
@ljemanne$.  SBegen  iljreS  igeiratguteS  (dos)1  §at  fte  fogar  ein  83  or* 
jugSred&t  an  fünfter  ©teile.  SBenn  bie  oon  ber  grau  eingebrachten 
löermögenSgegenftänbe  („Itegenbe  ©üter,  3tn3oerfd&reibungen,  §a$roi$ 
ober  anbereS")  beim  SfaSbrudfj  ber  ©ant  über  baS  SSermögen  be3 
(Seemannes  nodf)  oor^anben  ftnb,  fo  fann  fte  fte  au$  ber  ©antmaffe 
IjerauSjiefyen  (Separation),  braudfjt  ftdj  alfo  in  feine  Sßrioritfit3= 
ftreitigfeiten  mit  ben  ©laubigem  einjulaffen  (©antpr.  II  14).  Qa 
fogar  oon  benjenigen  ©egenftänben,  bie  nachweislich  mit  i^rem  ©elbe 
gefauft  worben  waren,  gilt  biefeS,  aber  nur,  wenn  fte  fonfl  einen 
StuäfaH  erleiben  mfifete  unb  baS  ©elb  ©otaleigenfdfjaft  $atte  (ebenba). 

SDic  SBirffamfett  ber  oermögen$red&tltd(jen  ©onberfieffung  ber 
<SIjefrau  war  aber  baburd&  begrenjt  unb  befdfjranft,  baß  fte  ftdfj  für 
i^ren  ©bemann  (bürgfdjjaftöweife  ober  afö  ©elbfifd&ulbnerin)  oer* 


1  @tt)mib  (ju  (Santpr.  II 11  n.  28):  „.  .  .  fürwahr,  »erlta)  concl.  65  n.  69 
CeJjrt  auSbrüdlia)  . . .,  bafj,  wenn  ein  9Beib  einfältig  Einheiratet  o$ne  Sebingung 
«ineö  gewiffen  §eirat8gute8 ,  alle  i§re  bem  SWanne  zugebrachten  SWittel  melmeljr 
für  ?arap$ernalgüter  al$  [für]  ein  §eiratgut  gehalten  werben/  ferner 
3tot$,  »aper.  3u>ilrea)t,  1.  3lufl.,  I  348:  „.  .  .  ein  Seit  be3  eljefraultajen  93er» 
mögenS  als  2) od  befteUt  .  .  .  werben  fann,  womit  bann  bie  SJejeid&nung  beö 
übrigen  ©onberoermögenS  ber  grau  als  $arap$ernal*  unb  SRejepti&gut  gegeben 
ift  .  .  .  2>ie  3)o8beftellung  Ijatte  ...  ben  8toec!,  einem  Seit  bed  grauen* 
flute«  bie  2)otalprfoilegien  3u  fta)ern  .  .  /  Sgl.  Dagegen  3Bäa)ter,  SBürttemb. 
ißrioatred)t  I  632:  ,2)a  man  aber  in  ben  3ubringung3inoentarien  gero5$nlia) 
eben  alle«,  wa3  bie  <£(tern  bem  Äinbe  in  bie  @$e  mitgaben,  aber  in  ber  Siegel 
blojj  biefeg,  §eiratgut  [Dos]  nannte  .  .  .* 


—    109    — 

fdjreiben  unb  babei  iljr  SBermögen  oerpffinben  fonnte.  gerner  fonnte 
fte  auf  t$re  ©läubigerprioilegten  SBerjid^t  leiften.  SBeibeS  fa^te  maxi 
unter  bcm  SBegriffe  „83erjid&t  auf  bic  eljefraulidfjen  greis 
Reiten'1  jufammen,  bctin  au<$  bic  SKttoBligierung  für  ben  @f>emarat 
tonn  man  juriftifd^  al$  Sterbt  betrauten,  nämlid&  auf  ba£ 
beneficium  Authentica  si  qua  mulier1.  3um  33erjid[jt  auf  if)re 
ef}efrauli<$en  gretyetten  waren  nun  aber  getüiffe  Formalitäten 
nötig.  Sei  SSfirgerS*  unb  Bauersleuten  mufete  er  in  ätöroefenfjett  be£ 
(Seemannes  oor  ©eridfjt  oorgenommen  werben,  e£  muffte  ein  orbent* 
lidjer  ©dfjulbbrtef  aufgerid&tet  unb  [in  ba3  SßrotofoH,  fie^e  oben  ©.  92] 
eingetragen  werben.  5Der  SBergtd&tleiftung  mu&te  eine  Slnroeifung 
ber  ©Ijefrau,  b.  \).  eine  Erinnerung  an  tyre  SRedjte  unb  greiljeiten, 
bur<$  einen  Sßrofurator  [„Stnroetfer"]  ober  burdfr  ba3  ©erid&t  oor&er* 
gelten.  Stobei  fottte  bie  grau  gefragt  werben,  „ob  fie  e£  rotKtg  tut 
ober  burd)  iljren  (S&etöirt  mit  S)ro^ungen  ober  in  anberroeg  roiber 
i&ren  freien  SBitten  gejroungen  werbe",  ferner,  ob  ber  SBerjtdfjt  „etwa 
üjr,  tyrem  @l>ewirt  ober  ben  Äinbern  gar  nidfjt  jum  iKufcen,  fonbern 
trielmelp  pm  ©djjaben  unb  SSerberben  gereidjen  möd&te,  beromegen 
fie  ftdjj  roo&l  bebenfen  foUe"  (29t.  I  12  unb  13).  SDte  Bemühung 
beS  ®ef efcgeberS ,  biefe  S3orf Triften  einjuf Warfen  unb  fie  nid&t  al£ 
teere  Formalitäten,  fonbern  als  mistige  materielle  Äautelen  erfd&emen 
ju  (äffen,  erljeDt  audfj  aus  ber  ©d&lufcbemerfung,  man  foDe  ja  ntdfjt 
„oermeinen,  e$  fei  genug,  roenn  man  in  bie  Briefe  fd&retbe,  bie 
(Erinnerung  fei  alfo  gefd(je!)en,  nadfj  Qnljalt  btefeS  SlrtifelS". 

SBenn  mir  bief en  SRedjjtSjuftanb  beurteilen  motten,  f o  muffen 
mir  jmifdjjen  ber  ©ütertrennung  an  ftdfj  unb  ben  ©läubtgerprurilegten 
ber  Ehefrau  unterfdjjeiben. 

Sie  Trennung  ber  ©üter  in  ber  ®^c,  bie  2lu3* 
fdjliefjung  ber  Haftung  be3  grauengute*  für  bie 
©<$ulben  be$  (Seemannes  gibt  ju  fd^mermiegenben  Bebenfen 
2nlafe.  Sie  ifi  geeignet,  leid&tfinntge«  ©djjulbenmad&en  ju 
bef  örbern,  inbem  fte  ba$  Serantmortlid&leitögefüljl  be$  ©dfjulbnerS 
fd?n>äd)t:  2>ie  äufeerften  folgen  feiner  JganblungSroeife  bleiben  üjm 
erfpart,  ba  er  am  Vermögen  feiner  %xau  immer  einen  SRfidtyalt 
finbet.  ©te  fann,  mie  jebe  ©flterejemtion ,  ben  Ärebit  beein* 
triftigen,  inbem  fte  ba$  e£efution*fä&tge  Sermdgen,  bie  reale 
©runblage  be*  Ärebit«,  fdjjmälert.   ©te  fann  ba«  SRed&tSbemufii* 


1  $ie  Übernahme  einer  8erbinbli($!eit  be*  (Styenumne*  bnr<$  bie  (Styefratt 
tft  ungültig. 


—     110    — 

-fein  fd&äbtgen,  bcnn  häufig  werben  bie  ©laubiger,  bie  Sauft  in 
her  £afdje,  fefjen  muffen,  wie  ber  ©d&ulbner  mit  bem  (Selbe  feiner 
grau,  baS  }u  i^rer  Sefriebigung  Ijmretdfjen  mürbe,  fein  bisherige« 
3Bol)lleben,  bur<$  ba£  e$  fo  meit  gefommen  ift,  fortfefct. 

3)aju  fommt  aber  nod&  bie  fdjjiefe  Stellung  ber  ©Ije* 
fr  au,  redjjtlidfj  ate  ©läubtgertn  tyreS  9ttanne8,  tatfäd&ltdjj  ate  feine 
J^ntereffengenofftn.  Sßte  eine  oerräterifdjje  igeereStruppe  tl>re  günftige 
Stellung  baju  benufct,  um  ben  eigenen  fieuten  in  ben  SRfiden  ju  fallen, 
fo  fann  bie  @§efrau  iljre  ©läubigereigenfdfjaft  miPraudjjen,  inbem 
fie,  mäfjrenb  fie  i^re  ©läubigerredfjte  auäjufiben  fdfjeint  ober  üorgtbt, 
ben  S^gtiff  ber  übrigen  ©laubiger  vereitelt.  3)ie  Slu^ftd^t  auf  bie 
-ungefd&mälerte  (Spaltung  tyreS  SSermögenS  mirb  fie  inbolent 
machen  unb  attju  bulbfam  gegen  ben  ßetd&tftnn  unb  ba3  unroirtfd&affc 
lidjje  ©ebaljren  iljreS  (Seemannes.  Sft  fie  genuftfüd&ttg  unb  ebenfo 
-gemtffenlo«  mie  etma  ber  (Seemann,  fo  mirb  fie  fidj  ju  feiner  3Jiit* 
f  djjulbnertn  bei  ber  fitntergeljung  ber  ©laubiger  mad&en,  um  bie 
grudfjt  berfelben,  ben  üppigen  SebenSroanbel,  mit  i^m  teilen  ju  Önnen. 

2lnbererfett3  erfd&eint  es  ungered&t,  bie  grau  unb  miti^rbie 
ilinber  für  jebe«  UnglüdE,  ba3  ben  (Seemann  unb  SSater  betroffen 
fjat,  ja  für  jeben  ßeid&tfinn,  beffen  er  ftdfj  fd^ulbig  gemad&t  l)at,  mit* 
iü&en  ju  laffen.  2Bie  e$  @ljen  gibt,  mo  bie  Unmirtfdfjaftlidtfeit  unb 
18erfdfjmenbung3fud&t  ber  grau  ben  9Äann  um  fein  SBermögen  bringt, 
f o  gibt  e3  erfreulid&ermeife  auä)  @^en,  mo  bie  grau  ben  mirtfdfjafilid& 
unb  etljifdj  mertootteren  @l)etetl  repräfentiert.  2)er  ©d&ulbner  ift 
nid&t  me^r  ju  retten,  aber  foll  ber  ©taat  bulben,  bafc  audjj  bie 
jmeite  ©eneration  in  ©efa^r  gerät,  jugrunbe  ju  ge^en?  ©o 
triftig  btefeS  Argument  ifi,  fo  erfd(jemt  bie  (Sjremtion  beä  grauengute« 
ni<$t  afe  empfehlenswerte  golgerung  beSfelben.  S)enn  bei  ber  fe§r 
t>erfdjjtebenen  ©röfce  beS  grauenguteS  lägt  ftdlj  ferner  eine  ©renje 
gießen,  mo  bie  bittige  9tücf jtdfjt  auf  bie  gamilie  beä  ©dfjulbnerS  auf« 
ijört  unb  bie  unbillige  &mtanfefeung  ber  ©laubiger  beginnt. 

3lber  e3  fd&eint  muffig,  f)ier  „bie  Vorteile  unb  bie  -Jtodfjteile 
xjegenetnanber  abjumägen",  benn  ba3  e^elid^e  ©üterredjjt  na<#  bem 
£anbred&t  oon  1616  §at  überhaupt  feinen  ibealen,  fonbern  einen 
Ijifiorifdjjen  ©runb. 

ttrfprünglidf)  lonnte  ba3  Sßeib  fein  SSermögen  ermerben, 
ja  e$  mar  felbft  SBermögenSbeftanbteil.  S)er  SÄann  erroarb 
feine  grau  oon  ber  gamilie,  au«  ber  fie  ^eroorgegangen  mar,  um 
-einen  Kaufpreis  (9ftuntfdjjafc).  ©ie  mufete  in  ber  2Sirtf<$aft  tyreä 
SRamteS  arbeiten,  unb  maä  fte  ermarb,  gehörte  ifjm. 


—  111   - 

Später  erhielt  ba$  2Beib  Anteil  am  b ctt) eg li<$ ert  ©ute  il>rer 
Familie.  Qtjre  Unfreiheit  minberte  fi<#  ju  einer  2lrt  fcfirigfett.  3)er 
grauenfauf  Ijörte  auf.  SDie  grau  befam  bei  (gingeljung  einer  @ije 
fogar  eine  SluSjteuer.  SDie  SluSfieuer  bilbete  ü>re  3lbfmbung  für 
tyren  Anteil  am  bemeglid&en  Vermögen.  3)ie  ©egenleiftung  be$ 
STOanneS  beftanb  barin,  bafe  er  bie  grau  in  feine  gamtfie  aufnahm, 
alfo  für  tyren  Unterhalt  forgte.  SDie  Stellung  be£  2Betbe3  in 
ber  gamilie  mar  aber  nidjjt  me$r  bie  einer  9Ragb,  fonbern  bie  ber 
unmfinbigen  Äinber  („filiae  loco").  Sie  bauerte  audjj  nadjj  bem 
3tobe  be£  3Rarote3  fort  (SBitmenbeifife).  Sßurbe  bie  ©de  gelöft,  oljne 
bafj  Äinber  ©orfjanben  maren,  j.  $.  bei  SBerftofcung  megen  Un* 
frudfjtbarfeit,  fo  mufjte  ber  (Seemann  bie  SluSfteuer  mieber  fjerauS* 
geben  (Bwiduma).  $)a  bteS  nur  in  ben  feltenften  gäHen  möglidjj  mar, 
fo  bilbete  jtd&  ber  Sraudfj,  ber  grau  eine  Quote  ber  ©efamtfaljrnis, 
j.  33.  bie  fiälfte  ober  ein  SDrittel  (ÄinbSteil)  ju  überlaffen 
(galjrniSgemeinfd&aft). 

9loä)  fpäter  erhielt  baS  SBeib  audjj  ©rbred&t  an  Siegen* 
f  djjaften.  Sludjj  biefe  gingen  in  ben  83ejife,  in  bie  SBermaltung  unb  ben 
Stufcgenufi  be£  ÜJtowteS  aber:  grauengut  foll  ntdfjt  roadjjfen. 
Sine  ttngeredfjtigf eit  erblidte  man  barin  nidfjt,  benn  e£  mürben  feiten 
Überf pfiffe  erjielt,  meil  ber  SRarft  jur  SBermertung  ber  Soben^ 
erjeugniffe  fehlte.  SBon  ben  Siegenfdfjaften  felbft  fonnte  jt<§  bie  Sippe 
ber  ©f>efrau  nidf>t  fo  leidet  trennen  mie  tum  ber  ©erabe.  3)af)er  ber 
Safe:  grauengut  follaudfj  nidjjt  fd^minben,  eS  foll  fottnadjj 
(finberlofer)  Stuftöfung  ber  @lje  an  bie  ©fjefrau,  alfo  in  SBirf  lidfjfeit 
an  i£re  Sippe,  jurüdf  allen ;  benn  audjj  bie  grau  teerte  nadjj  2luf- 
Ufung  ber  ©de  in  baS  frühere  3Kunbium  jurfief  (SWunbialfijflem). 

SBäljrenb  alfo  auf  bem  fianbe,  nadjj  Slgrarredfjt,  bie 
fippen^afte  Drganifation  nodj  nidfjt  gang  tfjre  iQerrfdjjaft  an  baS 
gamiUenprinjip  abgegeben  Ijatte,  gelangt  in  ben  Stäbten, 
beim  fcanbel,  ein  neues  Sßrinjip  jur  ©eltung:  baS  ber  ©efell« 
fd>af*  (®  fiter  gemexnfeijaft).  Sei  ber  Kolonifatton  lommt  ba£ 
3nbit)ibuum  ju  Sebeutung,  unb  fo  f)ob  ftcJj  burdjj  bie  ©ntftel>ung  ber 
©tobte  audjj  bie  fojiale  Stellung  beS  2Beibe3.  SDer  3ufammenljang 
mit  ben  alten  oerroanbtfdjjaftttdEjen  unb  genoffenf d&aftlid&en  SJerbänben 
wirb  abgebrochen,  bie  aus  ben  oerfdjjtebenen  eingemanberten  (Elementen 
ber  ©tabtbeoJtterung  l>en>orgef>enben  ©fjen  werben  ber  3fa$gangS* 
punft  für  bie  »Übung  neuer  SSermdgen \  bie  jur  @r$ö$ung  be$ 
ÄrebÜS  im  ©efd&äfte  fonjentriert  werben  muffen. 

l  SeuMer  H  304. 


-     112    — 

2)oS  eljelidjje  ©üterred&t  in  Sägern  nadjj  ben  ©efefcbfid&ern 
oon  1518  unb  1616  fann  man  afe  eine  auf  falbem  SBege 
fielen  gebliebene   ©tttergemeinf  dfjaf t  bejeid&nen. 

gär  bie  &anbel$leute  unb  für  bie  jum  SSerfauf 
arbeitenben  iQanbtoerfer  ift  bie  ©fitergemetnfd&aft  jum  gefefc* 
ltd&en  ©üterred&t  erhoben  (Deformation  1518  XXXXIV  7;  1616; 
I  7,  Slbf.  2). 

3lber  aud&  auf  bem  Sanbe  ift  ba3  neue  Sßrtnjip  ber  ©fiter* 
gemeinfd&aft  ntd&t  ganj  oljne  (Sinflufe  geblieben*  2JKt  bem  einbringen 
ber  ©elbtotrtfdfjaft  auf  baä  ßanb  war  e£  möglidf)  geworben,  burdj> 
SSerfauf  ber  jum  SebenSunterljalt  nid&t  notmenbigen  ®ut$frfid&te  @r* 
fparotffe  ju  erzielen  unb  biefe  jum  Stnfauf  oon  ßiegenfd&aften  ober 
©dfjulbforberungen  (©filten)  ju  oertoenben.  an  biefer  „Srrungen- 
fdjaft"  erhält  baä  SBeib  feinen  Anteil,  enttoeber  bie  J&älfte  ober 
menigftenS  einen  Äinb^teil  ((Srrungenfd&aftSgemeinfd&aft, 
fte^e  oben). 

£rofc  biefer  Äonjefftonen  an  eine  neue  fojiale  Drbnung  inner« 
fyalb  ber  gamilie  bilbete  bie  @£)e  no$  immer  leine  toirflidfje  SebenS* 
gemeinfdfjaft,  fonbern  im  roefentlidfjen  blieb  fte  nodfj  ©etoaltoer&ältniS. 
2)er  ©ijemann  oerroaltet  ba3  ganje  Vermögen,  audfj  ba3  grauengut 
unb  bie  ©rrungenfd&aft,  er  beftimmt  ben  SBo^nfifi,  bie  „Jta&rung", 
b.  f).  bie  SRatyrungSquette  ber  Seeleute  unb  ben  e^elidjjen  Stuftoanb. 
S)ie  grau  mu&  bem  2Wanne  iljre  Slrbeitefraft  jur  SBerffigung  ftetten; 
toaS  fte  erwirbt,  muft  fte  bem  -Kanne  abliefern.  S)ie  (S&efrau  ift 
ntd&t  mitgeniefeenbe  unb  mitleibenbe  ©enoffin  i&reä 
SRanneS,  toie  man  bieg  häufig  in  ibealifierenber  SDarfteKung  ge* 
fd&rieben  finbet,  fonbern  feine  ©etoaltuntertoorfene,  fein 
©d&üfcltng  unb  Pflegling. 

S)a  bie  grau  —  abgefe^en  oon  iljrem  §äu3ltd(jen  SHMrfungS- 
freife —  fein  SRed^t  ber  SWitbeftimmung  über  bie  entfd&eibenben 
toirtfd&aftltdfjen  gragen  be$  eljeltd&en  SebenS  l>at,  fo  erfdjeint  e$ 
bittig,  i$r  audfj  feine  SBeranttoortung  für  beffen  SRefultat  auf* 
juerlegen.  liefern  ©rforberniffe  entfprid&t  bie  ©rrungenfd&aftä* 
gemetnfdfjaft  bejfer  als  bie  ©fitergemetnfd&aft  SBei  biefer  f)at  bie 
Qfyt  eine  SBirtfdjjaft  „auf  gemeinfamen@ebeif)  unb  Serberb" 
jur  golge,  bei  jener  bilbet  ba$  grauengut  eine  (Snllaoe  im  elje* 
ltd&en  Vermögen.  — 

SBenn  man  aber  einmal  ba£  ©pftem  ber  ©ütertrennung,  alfo 
bie  SBfaerfennung  etneS  befonberen  grauengutes,  als  gegeben  Einnimmt 
fo  ift  nur  ein  ©dfjritt  ju  bem  ©tanbpunft,  bafj  man  21  nft  alten 


—    113    - 

treffen  mufj,  um  bie  ungefdfjmälerte  ©rljaliung  be$  grauem 
gutes  ju  f tigern. 

SDer  nädfjftftegenbe  SBeg,  ba$  grauengut  oor  feiner  ©efäfjrbung 
burdf>  2Rif$braudf)  ber  eljemännnlid&en  SSertüaltung  unb  oor  bent  3u* 
griff  feitenS  ber  ©laubiger  beS  (Seemannes  ju  bewahren,  befielt  in 
ber  au$brücilid)en  Seftellung  eines  SßfanbredfjteS  jus 
gunften  be3  grauengute£  auf  ben  ©ütern  be$  (Seemannes.  SDtefer 
3Beg  ijl  benn  aud&  oon  iefjer  befdfjritten  roorben,  feit  e3  grauengüter 
unb  $ppotl)efen  gibt1.  Sludjj  in  SBa^ern  fcerrfd&te  „ber  gemeine 
83raud>",  bafc  in  ben  £eirat$briefen  wegen  be$  ganjen  SBeiberguteS 
„eine  auSbrüdfttd&e  ©eneraüjppotfjef  in  aSe  beS  33räutigam3  jefctge 
unb  fünftige  SWittel  au$brücfKd&  bebungen"  mürbe  (©dfjmib  ju 
©antpr.  II  11  n.  16). 

aber  ©elbfi^ilfe  fefet  eine  geroiffe  ©inftdjjt  ber  beteiligten 
uorauä,  energtfdfje  SBa^rung  ber  Sntereffen  auf  ber  einen  Seite, 
3)ulbfamfeit  biefen  Qntereffen  gegenüber  auf  ber  anberen  ©eite. 
Unb  nun  bilbete  bie  ©taats&tlfe  ein  ganjeS  ©ijftem  oon  @in* 
rid&tungen  aus,  bie  alle  ben  &md  Ratten,  bie  Sicherung  beS 
grauenguteä  oon  ben  gaftoren  ßeidfjtftnn,  SRangel  an  gürforge, 
©tgenfinn,  Soweit  unabhängig  ju  machen.  33or  allem  mar  ba$ 
SSenoaltungSredfjt  be$  (Seemannes  baburdfj  befd&ränft,  bafc  er  ba$  un* 
beroeglid&e  Vermögen  ber  grau  o&ne  ifjre  (SinnriHigung  nid^t  oeräufeern 
burfte  aufcer  in  3iotfäHen  (29t.  I  17  unb  ©d&mib  n.  27).  SBenn 
ber  (Seemann  „fein  §ab  unb  ©ut  unjiemlid)  oerfd&toenbet  ober  in 
unoorfeljenen  Sttbgang  feiner  SRa^rung  fällt",  fo  bafj  ba3  grauengut 
in  ©efaip  gerät  fo  ift  er  gefefclidfj  oerpfitd(jtet,  ©pejian^poi&ef  ju 
beffeOen  (I  8)2.  ©er  ©fjemann  barf  von  feinem  &ab  unb  ©ut, 
fotoeü  e$  jur  ©id&erung  be$  grauengute*  oerfd&rieben  ift,  nur  fo 
oiel  verlaufen  ober  mit  ©Bulben  belaften  (auger  in  SRotfäUen),  bafc 
er  Dom  SReji  ba&  grauengut  {jerauSjafilen  fann  (I  9).  Sei  lieber« 
lieber  äBirtfdjjafi  fann  bem  ermann  bie  SBertoaltung  be$  grauen« 
gute«  entjogen  merben  (I  7). 

SRad&bem  biefe  ©d&ufcmafcregeln  fd&on  in  ber  Deformation  oon 


1  6a)on  unter  bem  SRunbialfrfkem  ($eud(er  II  898:  neuere  ©afcung, 
tikneralpfanb). 

*  2)ie  Reformation  gab  biefer  (auäbrüdliä)en!)  $$pot$e!  fogar  ein  Sorgugg« 
re$t  (XXXXIV  6):  „.  .  .  audj  ben  ®a)ulbnern  [b.  f).  ben  ©laubigem]  an  Be- 
jahung i^rer  ©d)utb  oon  ber  Übermaß,  fo  über  baS  $eirat*gut  .  .  .  oor* 
(anben,  unfääbfia)).1' 

<Eo$ev,  Btrföulbmtfl.  8 


-    1U    — 

1518  enthalten  waren,  gibt  ba£  Sanbred&t  oon  1616  bcr  ©fjefrau 
bie  oben  ©.  108  erwähnten  befonberen  SRed^te. 

2Ba$  bie  ©eroäfjrung  eines  gefefelid&en  SßfanbredjteS  an 
bie  @l)efrau  betrifft,  fo  liegt  in  biefer  9Kafjregel  an  fidfj  nidjjtö  SBer- 
merfli<$e3.  SDenn  ob  ber  ©laubiger  felbft  im  nötigen  äfugenblid 
für  bie  ©id&erung  feiner  gorberung  forgt  ober  ob  bieg  ber  ©taat 
für  üjn  tut,  fann  ben  übrigen  ©laubigem  gletd&güttig  fein.  SDaS 
Unreäjt  biefen  gegenüber  begann  erft  mit  ber  &eimlid&feit  ber 
@nt  fieljung  ber  grauenljgpotljef.  Sei  ben  SSertrag^ppot^efen  ber 
bäuerlichen  Seoölferung  beftanb,  roenn  audfj  eine  feljr  mangelhafte 
^ublijttät,  fo  bocij  roemgftenS  überhaupt  Sßubltjitat.  S5ie  gefefelid&en 
^ppot^efen  bagegen  entftanben  o^ne  irgenb  ein  äufeereS  fidfjtbareS 
3eid(jen l. 

Db  ba3  33orjug3recijt  ber  Stotalljtjpotljef  ein  abfoluteS  ober 
nur  ein  relatioeä  fei,  über  biefe  grage  mürbe  „in  utramque 
partein  oftermafö  ftarf  bteputiert"  (Sanbtag  1605,  S.  181).  Sag 
Sanbredfjt  oon  1616  entfd£)ieb  für  ba3  lefctere,  unb  bamit  mar  ben 
3)otalpritrilegten  if)r  giftigfter  ©tadfjel  genommen. 

S)ie  oerfdfjiebenen  Stellungen,  bie  man  ju  ben  eljefraulidfjen 
greiljetten  einnehmen  fann,  nämlidjj  jene  Stuffaffung,  bie  in  iljnen 
eine  ©efaljr  für  ben  Slrebtt  unb  bie  me^r  fonferoatioe,  bie  in  iljnen 
ein  9Jtittel  jur  ©r^altung  be$  33ermögen8  bei  ber  gamilie  jte^t  — 
beibe  ©tanbpunfte  fönnen  ,mir  audfj  in  ben  Duellen  aus  bem 
17.  ftaljrljunbert  oerfolgen.  ©djmtb  madjt  mieberljolt  (j.  83. 
©antpr.  II  11  n.  7,  12  n.  1  unb  11)  barauf  aufmerff am,  mie  ein 
überfdfjulbeter  unb  bem  nurtfdfjaftlidfjen  Sßerberben  jueilenber 
©bemann  feine  ©laubiger,  bie  üielletdji  fdfjon  lange  auf  feinen  ©ütern 
ein  $fanb  Ijaben,  betrügen  fann,  inbem  er  bie  Sftecljte  feine« 
SßeibeS  unb  feiner  Äinber  ju  magren  oorgibt,  mäljrenb  er  in  SGBirtlic^- 
feit  jum  eigenen  Vorteil  Ijanbelt,  meil  er  iQerr  ift  über  bog  SBer* 
mögen  feiner  grau  unb  bie  -Rutjniefeung  baoon  Ijat.    @r  ermähnt 


1  2)te  ©fjeoerträge  nutzten  anmr  bei  einem  SBertgegenftanb  von  me§r  a(8 
50  fl.  t>or  ber  DbrigJeit  errietet  werben  (SSR.  1 18,  fiefte  oben  ©.  102),  aber  ab* 
gefe^en  baoon,  bafj  ©djmib  (n.  3)  als  3^ecf  biefer  SBeftimmung  nur  $er$inbe* 
rung  „überflüffiger  ©tritt  unb  $änbe(,  n>elä)e  burdj  ungefdjiclt  unb  unförmig 
errichtete  (Sljegebinge  meiftenS  entfielen*,  anzugeben  weift,  auä)  bie  $ragi8 
fd)wanlte.  9tod)  einer  SJerorbnung  oom  4.  2>ejember  1671  fotten  bie  Untertanen 
mit  Aufrichtung  ber  §eirat8fontrafte  nidjt  befd)wett  werben,  @8  fott  i§nen  nur 
bie  ®efaljr  oor  Augen  geftellt  werben,  barein  iljre  Sßeiber  unb  ßinber  [unb  bie 
©laubiger?]  geraten  fönnen,  wenn  fein  §eirat$brief  oorliegt. 


—    115     — 

bie  triefen  in  feiner  rid&terltdjjen  $ßra£i$  oorgefommenen  (Streitigfeiten 
jtmfdfjen  ben  ©laubigem  unb  ben  G^efrauen  ber  ©antterer,  „tnbem 
bie  arg lift igen  2Betber,  roie  fie  e3  tmS3raud&  Eiaben,  atteieauS* 
fafjrnis  als  mit  eigenem  gleifc,  fonberlidfc  mit  9iabel,  ©pinbel  unb 
Stodfen  erworbene  ©adf)en  iljnen  [ftdfj]  üinbiiierten,  bie  ©laubiger  aber 
ft<$  banriber  fefeten"  (ju  ©antpr.  II  14  n.  8).  3Jtanj  bagegen 
weift  mit  Sefriebigung  barauf  fyn  (©djjufc  unb  ©dfjtrm  II  77),  bafe 
ein  banferotter  Seemann  burdf)  bie  @£emtion  ber  Äleiber,  be3 
©dfjmudfeS,  be3  föeiratguteS  unb  be^  ganzen  33ermögen3  ber  @^efrau 
unb  burdjj  bie  etyemännltdfje  SBerroaltung  „leidjjtlidjj  fein  §au&s 
roefen  von  neuem  anrieten  unb  mehren  fann".  Qa,  1605 
roenben  fidfj  bie  ©tänbe  fogar  gegen  bie  3uläfftg!eit  be$  SBersidjjteS 
auf  bie  Authentica  si  qua  mulier  (oben  ©.  109)  mit  ber  inter* 
effanten  Segrünbung,  baft  „btefe  SBerfdfjreibungen  ber  SBetber  Diel 
un&auSltd&eßeutmad&en  unb  forooljl  bie  ungeratenen  -DWmner 
ate  Meinen  ju  iljrem  SBerberben  Reifen,  ftdfj  auf  bie SBeiber* 
guter  oerlaffen"  (©.  180);  bie  ©tänbe  behaupten  alfo,  bafc  bie  33e= 
ietligung  ber  ©fjefrau  an  ben  ©d&ulboerfdfjretbungen  i§re$  -KanneS 
jum  leidfjtfmmgen  ©d&ulbenmad&en  unb  jur  SBerfd&roenbung,  auf  ber 
©eite  ber  ©laubiger  jum  leid&tfmmgen  Ärebitgeben  t>erffij)re.  ©ie 
erweitere  nämli<$  bie  ©renjen  be3  ÄrebitS,  unb  biefer  Vorteil  roerbe 
oon  ni<$t3nufctgen  (Seemännern  mit  gfreuben  benfifct,  bei  ebenfo  ffrupel* 
lofen  ©laubigem  neue  ©Bulben  ju  fontrafjieren. 

2Ba3  inSbefonbere  bie  pfanbredfjtlidfje  ©onberftellung 
ber  ©Ijefrau  betrifft,  fo  ift  e3  auffaHenb,  bafc  ber  ißofrat  in 
feinem  ©utad&ten  jum  ©antprojeffe  tum  1616  feine  prinzipielle  @in* 
toenbung  gegen  jene  3lrtifel  beS  ©antprojeffeä  ju  mad&en  roeife,  bie 
oon  ber  Sppotljef  be3  grauenguteS  unb  oom  Stotalprünleg 
^anbeln1.  Slber  audjj  ©d&mib2  ift  fein  prinzipieller  ©egner  ber 
gefefelidfjen  feppotfjef  ber  (Sljefrau.  3roar  töft  er  ntdfjt  unerwähnt, 
bafj  nadjj  ber  9Weinung  einiger  Tutoren  (bie  er  nidjjt  nennt)  bie  elje* 
froulidjjen  grei^eiten  oermerflid^  feien,  bem  SKaturredfjt  unb 
ber  Vernunft  jurotberliefen  unb  ba^er  etjer  einjufdjjränfen  afe 
ju  erweitern  feien.  @r  felbft  aber  betrautet  ba3  ©efefc  genriffermafcen 
als  ba$  ^üll^orn,  au$  bem  ber  ©taat  nadjj  belieben  gefefclidjje 


1  „»et  btefen  brei  dritteln,  ber  ©ei&erprcUation,  öeroeifung  beS  §etrat8« 
gute*  unb  ber  SBttroenunter&attung  betr.,  tut  uns  fein  fonbereS  Sebcnfcn  für* 
fatttn-  (au  ®antpr.  H  2trt.  11—18). 

■  8«  ©anrj«.  n  11—14. 

8* 


—     116    — 

ißtipottyefen  unb  Sßfanbprürilegien  fpenben  forme,  wenn  er  nur  ntdjt 
babei  oertragSmäfng  erworbene  Steckte  oerlefce.    3ujHntanu3 
namltdjj,  ein   2Betbermann,   ijabe  jum   ©ef allen   feiner  ©ematylin 
£l)eobora,  auf  ungeftfimeS  Sitten  ber  2Beiber,  biefen  meljr  Siebte 
eingeräumt,  als  bie  SiHigfeit  mit  ftdj  bringe.    SDenn  wenn  e8  fd&on 
juläffig  fei,  baf$  ein  ©efefc,  baS  Ijeute  einer  Sßerfon  ober  ©ad&e  eine 
ftillfd&metgenbe  i&ppottjef  ober  baS  SBorrangSredfjt  gebe,  morgen  einer 
anberen  Sßerfon  ober  ©adjje  ebenfold&e  greitjeit  geftatte,  fo  fei  eS  bo* 
gegen  fjart  unb  abfurb,  einem  ©laubiger,  ber  burdj  SfoSbebwgung 
einer  auSbrüdfltdjjen  ©pe  jial*  ober  ©eneral^pot^e!  f  elbfi  für 
ftdfj  oorgeforgt  fjabe,  fein  SRedjjt  oljne  feine  ©d&ufo  ju  nehmen,  ©djjmib 
rüfjmt  überhaupt  be3  bagerifdfjen  ©efefcgeberS  Sorgfalt,  inbem  er  ftdfj 
einer  aHjuroeiten  SluSbeljnung  ber  roeibli<Jjen  grei^eiten 
jum  Stadfjtetl  ber  ©laubiger  enthalten  fyabt,  was  ben  Sob* 
rebner  aber  nidf>t  fjmbert,  gleidjj  barauf  in  eftenftoer  Auslegung  nad^ 
oerfd&tebenen  SKdfjtungen  f)in  Unglaublid&eS  ju  leiften  (©antpr.  II 
14  n.  4  ff.).   @ine  tl)eorettfdfje  SSegränbung  ber  aßeibergutprfoilegten 
gibt  ©d&mib  mdfjt;  nur  einmal  madfjt  er  einen  Slnlauf  baju,  inbem 
er  fagt,  bafc  „biefe  gretyeiten  ben  SBeibern  jum  SRufcen  beS  ge* 
meinen  2Befen3  geftattet  roorben  finb,  bamit  i^r  &eiratgut  nid&t 
jugrunbe  gefje".  S)ie  3>bee  ift  jebenfaßs,  bafc  ben  SBitmen  unb  SBaifen 
ein  3e^rPfennig  erhalten  bleiben  foHe.    SDie  burdfj  baS  SBorjugSred&i 
beS  igetratguteS  am  meiften  gefä^rbeten  ;3fntereff  en ,  bie  Sntereffen 
ber  Äinber  einer  früheren  Qfyt,  fönnten  burdfj   eine  auSbrttdHidfje 
ißppottjef  jugunften  ber  lefeteren  geroaljrt  werben  (ftetje  unten).  greiltdj> 
fei   es   nid&tsbeftoroeniger   fdfjon   häufig  oorgefommen,   „bafc 
mittels  beS  anberen  SBeibeS  igeiratgut  bie  Äinber  erfter  6§e  beim 
©antprojefc  ©d&aben  erlitten  fjaben". 

SDHt  biefer  ftonfiatierung  fönnen  mir  unfere  ©rörterungen  über 
bie  „eljefraulid&en  greiljeiten"  abfdfjliefcen.  ©te  jeigen  baS  SebenHidfje 
unb  ©efctyrltd&e  berfelben,  fte  geigen  aber  audjj,  ba&  fte  mdfjt  fo  un* 
oemünftig  waren,  wie  fte  gewöJjnlidjj  ^ingefiettt  werben,  bafe  fte  in 
ber  l>tftortfd[)en  Stellung  beS  SBeibeS  iljre  ©runblage  Ratten  unb  bog 
ber  ©taat  bemüht  mar,  bie  SluSwüd&fe  berfelben  ju  befdfjneiben. 

III. 

3)ie  gefefclidfje  igppotljef  beS  SJiflnbelS  am  ganzen 
SBermögen  beS  SSormunbS  nebfl  SSorjugSredjjt  Ijängt  mit 
ber  ©ntwidflung  be$  SBormunbfdjaftSwefenS  jufammen. 


i 


-     117    — 

Urfprfinglidjj  *  war  bie  SBormunbfd&aft  ntd&t  ein  gürforge= 
jonbern  ein  ©eroalioerljältmS.  35er  nädjfie  ©ermag  unterroanb  fidj 
beS  feinet  &errn  beraubten  &ofe3,  an  beffen  ungefdjmäterter  (Spaltung 
er  afe  änroartberedjtigter  ein  Qntereffe  l)atte,  jog  bie  -Kufcungen  unb 
Derpflegte  ben  SDWinbel.  Sine  ttngere<$tigfeit  gegen  ben  aWünbel 
erblufte  man  barin  nidjt,  ba  ja  bie  ©etegen^eit  jur  SBerroertung  oon 
Überfdjfiffen  ber  2Birtfd>aft  fehlte  unb  baf)er  in  ber  Siegel  feine 
gemacht  würben. 

infolge  Slufföfung  ber  alten  gämÜiennerbänbe  unb  2fo$bilbung 
be$  SnbttribualeigentumS  entjianb  im  13.  unb  14.  3a!jrl)unbert  baS 
heutige  SBormunbfdjaftöroefen.  35iefe«  ift  eine  ©taatSanftalt :  3)er 
©taat  forgt  für  Sluffießung  beS  StormunbS  unb  übermalt  feine 
©efdjäftefü^rung.  SDie  SSormunbfdjaft  toirb  im  Qntereffe  beä 
9)iftnbefe  geführt  unb  ijl  perfönlid&e  gfirforge  unb  aSermögenä* 
terroaltung.  2)er  SSormunb  ift  bem  Staate  tterantroorttidj  unb  §at 
perfobifd)  SRedjnung  ju  fteüen.  3n  ben  Sfteid^  unb  SanbeSpoHjet* 
orbnungen  be$  16.  3al)rl)unbert3  ift  ba$  SormunbfdjaftSroefen  ber 
fiauptfadje  nad)  berette  auSgebilbet a.  3n  &er  ^ßtajrte  flieg  aber  bie 
Durchführung  ber  betreffenben  Sefiimmungen  oielfadj  auf  iQtnber* 
ttijfe,  unb  im  Äampfe  gegen  ben  ©igennufc,  bie  ©orglof igfeit 
unb  Xräg^eit  ber  SBormunbfdjaftSorgane8  mufcte  bie 
^efefelid^e  $upiQen$gpotf)e(  be$  römifdjen  Stentes  bem  Staate  Ijödfjfi 
roiUfommen  fein. 

3lud>  bie  gefefetidje  ^ppot^ef  ber  Äinber  am  Ver- 
mögen il>reS  SSaterS  megen  i^reS  3JtutterguteS  mar  (ein 
3ufaüSergebni$,  fonbem  audj  fie  ftnbet  in  ben  Sebürfniffen  ber  3*ü 
i&re  Segrünbung  unb  ©rflärung.  S)er  SBater  mar  jmar  gefefclidj 
©erpflid&tet  (S31.  III  4),  beim  $obe  ber  SWutter  ben  Äinbern  i$r 
3)htttergut  „auäjujeigen  unb  ju  nerftdjern",  b.  f).  ifjnen  eine  au^-- 
brücflid&e  fcopattjef  Ijieroegen  ju  beftellen;  aber  barin  waren,  mie 
©d>mib  (©antpr.  II  11  n.  18)  berietet,  „bie  S)orfrid>ter  forg- 
fältiger  als  bie  Dbrigfeiten  in  ben  ©tobten",    ©djmib  nennt  e3 


1  $euS(er  H  §  165  ff. 

8  $e6ran,  $a$  Sormunbföaftörec^t  ber  ffleigdpottgetorbmingen.  2)tff. 
1899.    »ofent^al  @.  328. 

9  Lischke  (praeses  Gribner),  Diss.  de  origine  et  aequitate  .  .  .  tacit. 
Hypoth.  1782  §  12:  „Verum  enim  vero  iam  aecusanda  est  negligentia  iu- 
dicam;  nam  nee  singulis  annis  rationem  postulant,  curamque  plane  non 
agunt  popillorum,  donec  finita  tutela  res  non  amplius  sit  integra  .  .  . 
Quotidie  .  .  .  laeduntur  pupilli  et  impune  a  magistratu  negüguntur." 


—    118    — 

gerabeju  eine  „öffentliche  ßlage",  bafc  bie  (Stabtobrigfeiten  unb 
Regierungen  [leitete  als  SlufftdfjtSbeljörben  bei  SBormunbfdfjaften  über 
abelige  Äinber]  bei  äBteberoerljeiratung  ber  SBäter  bie  SBerftdfjerung 
beS  9KutterguteS  „mehreren  Teiles"  oemad&läffigen.  3Me  gefefe* 
ltdfje  aKuttergutö^ppot^ef  braute  §ier  einen  ©rfafe,  wenn  fte  aud) 
gegenüber  bem  igetratgute  ber  jwetten  ©^efrau  oerfagte  (f.  o.  ©.  116)* 

Sie  Drganifation  beS  SBormunbfd&aftSwefenS  ftanb  eben  nodf)  in 
einem  gewiffen  3JK&t>erl)ältniS  ju  ber  §ol)en  unb  umfaffenben  Slufgabe, 
bie  ber  ©taat  burdj  ben  ©djjufe  ber  SBatfen  auf  ftd&  genommen  l)atie: 
2)a  bie  ©id&erung  ifjrer  materiellen  Qntereffen  burdjj 
bie  $Pflegfd(jaft3organe  ni<$t  gewährleistet  erfdfjien,  fo 
erfolgte  fie  unmittelbar,  burc§  ©efefe. 

©o  ift  ber  ©dfjufe  ber  SBitwen  unb  SBaifen  burdfj  ben 
©taat  iganb  in  &anb  gegangen  mit  ber  ©manjtpation  be£ 
SnbioibuumS  non  ben  geffeln  ber  gamiliengewalt: 
3)ie  grau  fte^t  nun  bem  9Wanne,  bie  Äinber  fielen  ben  ßltern  niefit 
metyr  rechtlos  gegenüber,  fonbem  fie  beftfeen  befonbere  Vermögend 
intereffen,  bie  fie  mitunter  in  einen  ©egenfafe  jum  gamilienljaupte 
bringen  fönnen,  wobei  i^nen  ber  Btaat  fd&üfeenb  jur  ©eite  ftel>t» 
SDie  SRittel  tyierju  fjolte  er  ftdfj,  wo  er  fte  fanb:  bie  gefefclidjjen 
gamiltenljppotljefen  beS  einbringenben  römifdfjen  9%ed^ted  waren  jwar 
ein  primttioeS  2Rtttel,  aber  fie  waren  ein  bequemes  ÜWittel, 
benn  fie  appellierten  nid&t  an  ben  guten  SBillen  unb  bog  Sßflidfjt* 
bewu&tfein  trofeiger  unb  eigennüfctger  Beamter  unb  SBormfinber, 
fonbern  fie  waren  ft$  in  fid^  genug,  ba£  ©efefc  fdfjfifcte  unmittelbar, 
wen  e£  gefdfjüfet  wtffen  wollte. 

SBaS  nun  aber  bie  übrigen  gefefelid&en  ^ppot^efen  betrifft,  fo 
bebarf  baS  SSor jugSredjjt  be£  Staates  wegen  ber  ©erid&tsfoften, 
©teuern,  gorberungen  aus  Äontraft  unb  Verwaltung  jur  (Srflärung 
unb  33egrünbung  nur  beS  &inweifeS  barauf,  bafc  bie  3*ü/  tn  ber 
wir  uns  im  ©eifie  befxnben,  eine  3«t  ifi  entfte^enber  ©taaiSwtrtfd&aft 
unb  beginnenber  gisfalität1. 

2)ie  Ätrdfje,  bie  Äranfen*  unb  3lrmenanftalten,  bie 
Äommunen,  bie  getftlidfjen  Sruberfdfjaften  ^aben,  wie 
wir  gefefjen  fjaben,  gefefclid&e  fcgpotljef  nebft  33orjugSre<#t  am  5Ber- 

1  §eu8ler,  ßonfurSproaefc,  6.228:  „$er  Storjug  bed  gemeinen  ©uteS,  be& 
giSfufi,  ift  fd)on  barum  eine  neuere  3bee,  weil  ftd&  ber  Segriff  ber  ©taatS« 
geroalt  unb  ber  Slu&flüffe  berfelben  erft  mit  ber  neueren  3eit  au8ge6Ubet  §at . . . 
(Sin  Privileg  beS  Staate«  unb  beö  Staatsgutes  Mlbete  fi«  erft,  aK  biefer  $e» 
griff  fefte  SBurjel  gefaxt  f)atU." 


—    119    — 

mögen  tfjrer  SBertoalter.  9Cu<$  biefeS  fann  uns  nidjjt  tounber  nehmen, 
ba  bet  Staat  trofc  unb  toegen  ber  ©rftarfung  ber  ©taatöibee  in  ber 
Äird&e  unb  tljren  Attributen,  ferner  in  ben  ftommunen  unb  Stiftungen 
jroar  nur  2Berfjeuge  feinet  SBiffenä  unb  fetner  SRadfjt,  aber  eben  bodfj 
^dd^ft  millfommene  Reifer  unb  SBerfjeuge  erblidte  unb  fte  afe  ©rfafe* 
anftalten  auf  ©ebieten  Ijod&fdfjäfcte,  too  feine  eigene  Äraft  oorläuftg 
nodfj  nid&t  auSreidfjte. 

•Run  nodf)  ein  paar  SBorte  oon  ber  gefeilteren  ijjppotyef  be$ 
iQanbmerferS  an  ber  oon  il>m  reparierten  ober  bearbeiteten  ©ad&e. 
©djmib  begrünbet  fte  bamtt,  bafj  ber  &anbn>erfer  burdjj  feine  Strbcit 
„bte  Äonbition  ber  übrigen  ©laubiger  beffer  mad&e"  (ju  &R.  XXXII 1 
n.  3)  unb  gibt  ifjnen  (n.  1)  fogar  ein  SBorjugSredfjt  nadfj  Analogie  ber 
inremversio  (©teile  IV):  „33et  uns  ftnb  täglidfje  (Stempel,  n>o  man 
SRaurer  unb  gfmmerleute  jur  ^Reparation  oon  baufälligen  Käufern 
unb  anbetet  ©ebäube  mit  bem  @ebing  aufftettt,  bafc  fte  nad&  aUm 
beigefd&afften  Baumaterialien  um  getoiffen  £agloljn  mit  i^ren  ©efeffen 
ben  Sau  führen  foffen  auf  i^re  Soften  unb  ©d&äben.  2Benn  nun 
ber  Sau  fertig  unb  alfo  ^ergefiefft  toorben,  ba&  fein  geiler  ju  finben, 
ber  Bauherr  aber  unterbeffen  erarmt  unb  auf  bie  ©ant  fommen  ift, 
genrife  fef>r  Ijart  wäre  e$,  bafj  ein  foldfjer  9Reifter,  ber  feinen 
äufjerfien  gleifj  angetoenbet  fjat,  erft  mit  ben  ©emeingläubigern  an* 
fielen  folle,  bie  mit  &t)potl)ef  bebeeften  ©laubiger  aber,  beren  ©adfje 
[=  Sage]  fte  oerbeffert  l>aben,  iljnen  oorgeljen  f offen." 

SBer  badete  bei  biefen  SBorten  ntd&t  an  bie  heutigen  33e- 
ffrebungen,  ben  ^orberungen  ber  Sau^anbtoerfer  eine 
beffere  ©idfjerung  ju  oerf  d&affen  ?  S)er  burdj)  bie  33auf)anbtoerfer 
gefdfjaffene  SWeljrtoert  foQ  ju  iljrer  oorjugStoeifen  Sefriebigung  referoiert 
bleiben,  ©o  gefunb  alfo  ber  oon  ©djjmib  auägefprod&ene  ©ebanfe 
mar,  fo  mangelhaft  mar  feine  Ausführung.  2)aS  gefefelidfje 
5ßfanbred&t  beS  iganbioerferS  (gleid&urie  ba3  tljnen  oon  ©d&mib  bei» 
gelegte  SBorjugSred&t)  ergriff  nämlidfj  ba3  ©runbjlficf  nid&t  nur,  fotoeit 
ber  ©ebäubetoert  reifte,  fonbern  ging  barüber  IjtnauS.  3-  89.  auf 
einem  ©runbfiüdf,  ba$  500  toert  ift,  roirb  ein  ©ebäube  aufgeführt. 
3)ie  &anbtoerf erlogne  betragen  1000,  ba$  ©anje  §at  einen  2Bert  oon 
2000.  @3  entfielt  ein  Sranb,  ber  SnwefenSwert  ftnft  auf  1000. 
2)ie  übrigen  ©laubiger  faden  au£,  obtooljl  bie  „Bereicherung"  ber 
SRaffe  burdij  bie  $anbmerfer  oielleid&t  nur  500  beträgt.  3roifd&en 
Saufteflemoert  unb  ©ebäuberoert  mürbe  fein  Unterfdjjieb  gemadfjt1. 


2)ie  oon  ber  preufciföen   Regierung   1897  ff.   wröffentti<$ten   ©efefc* 


—    120    — 

Stodj  genug  ber  ©injelljetten !  @$  lag  gemifj  im  (S&arafter 
jener  &t\t,  wo  alles  nadj  feinem  SBerte  fürs  (Semeinnwtjl  gefdjäfct 
mürbe,  baf$  aud)  bei  ber  geftfefcung  ber  SRangorbnung  ber  ©laubiger 
reglementiert  mürbe  unb  bie  ©laubiger  flafftftjiert  mürben  je 
na<$  ber  Sebeutung,  bie  ber  Staat  ben  betreffenben 
3>ntereffen  beilegte.  3)ie  prtoilegierten  QwottyUn  bilbeten 
eine  2lrt  Slbel,  bie  Sßfanbprimlegten  felbft  ein  ©tü<f  ber  bamaligen 
Sßrioilegienmirtfdjaft  überhaupt.  SDaS  jetgt  fu$  befonberS  in 
ber  Steigung  jur  SluSbeljnung  ber  Sßfanbprinilegien  unb 
in  iljrer  SBerme^rung  mit  juneljmenber  ^Beliebtheit  ber  5ßrioilegien= 
erteilung  als  eines  SJWttefe  ber  2Birtf<$aftSpülitif.  SBenn  man  ein 
Sntereffe  befonberS  begänfiigen  mollte,  t>erliel>  man  fiäufxg  ein  Sßfanb* 
prioileg.  Site  man  j.  93.  im  Scfyxt  1662  megen  einer  3Kifjerote  baS 
Äapital  ermuntern  mollte,  ben  Säuern  unter  bie  Slrme  ju  greifen, 
eröffnete  man  ben  magemutigen  ßrebttgebern  bie  äfosjtd&t  auf  abfoluten 
SSorjug  t>or  ben  anbern  ©laubigem,  alfo  audj  vor  ben  mit  einer 
älteren  SBertragSt^potljef  oerfefjenen.  (-Rareres  §  19.)  2)er  be* 
fannten  ©enferfdjen  £ud$anblungSfompagnie,  einer  ber  erften  unb 
bebeutenbften  merfantiliftifdjen  Unternehmungen  SBapernS,  gab  man 
gleidj  bei  t^rer  ©rünbung  (1689)  ein  jus  praelationis  megen  aller 
üjrer  gorberungen x,  unb  ate  btefeS  Unternehmen  1728  auf  bie  Sanb* 
fdjaft  überging,  betätigte  man  btefeS  Spritrileg3  unb  präjifterte  eS 
baljtn,  baft  bie  betreffenben  gorberungen  gletdj  nadj  ben  ©teuer* 
forberungen  be3  ©taateS  (©teile  IV  b)  fommen  foHten84.  (2ludj 
biefeS  33orjug3recfjt  galt  alfo,  menigftenS  feit  1728,  ni<$t  nur  gegen« 
über  ben  älteren  gefefclidjen  iQ^potljefen,  fonbern  aud)  gegenüber  ben 
älteren  SBertragSl^potljefen.) 

SDurdj  btefeS  3u^be^e|en  etneS  fdjon  bei  ber  ©eburt  ben 
SobeSfeim   in   ftdj  tragenden  ^rinjipS  -  mürben  bie  SBorjugSred&te 


entwürfe  gut  Sicherung  ber  Sauforberungen  berütffttt)tigen  biefen  ttnterfa)ieb 
,Saw>ermerf",  fteftfefcung  beö  SaufteHentoerteS  bura)  »Saufajöffenämter*). 

1  Äreittmagr,  3lnmerfungen  jum  Cod.  jud.  oon  1757,  XX  19  a. 

2  Äreuter,  Setträge  jur  @eftt)id)te  beä  SBoHengew.  in  Sapern  im  3*italtet 
beS  SKertontilfoftem«  (Dberbaoer.  «ra)h>  für  ®efö.,  50.  Sb.)  ©.  288.  —  Ar. 
fct)cint  gu  behaupten,  bafj  baS  Sßrimleg  1728  sunt  erften  3Me  erteilt  toorben 
ift,  ftef)e  bagegen  9tote  1. 

8  ftreittmanr,  a.  a.  0. 

4  3n  SBürttemberg  würbe  1737  bem  SubnrigSburger  3ua)t»  unb  Arbeit*« 
Ijaufe  ein  abfoluieS  Sorjugäredjt  gegeben  unb  btefeS  $rioi(eg  noa)  1810  (!)  auf 
alle  3ua)t«,  SBaifen*  unb  3rren$äufer  ausgebest  (2Btta)ter  I  610). 


—     121    — 

naifirltd)  nid&t  oernünftiger,  ein  Sßrioileg  ftanb  bem  anbern 
im  Sßege,  unb  ber  ©d&luft  toar  allgemeine  ttnftd&erljeit. 

9Kan  foQte  nun  beulen,  bafc  eine  fo  mangelhafte  unb  in  ft<^ 
oerfe^lte  ©mrid&tung  bei  allen  benfenben  Äöpfen  auf  einfümmige 
Gntrüfhmg  geflogen  fein  müfcte  unb  nur  com  35ogma  oon  bem  allein 
glfl<fli<J)  mad&enben  römtfd&en  SRed^te  fönnte  getragen  toorbeu  fein, 
unb  befonber*  toer  t>om  heutigen  entnridfelten  ^tjpot^efenraefen  rüdf* 
wart*  fdfjaut,  bem  erfdfjeinen  bie  gefefclidfjen  ijjppotljefen  unb  bie 
$fanbprfoilegten  afe  tttoa*  frembarttgeS,  in  ba$  er  ftdEj  ferner  hinein* 
finben  !ann.  Qn  SBirflidfjfeii  waren  bie  lefeteren  im  17.  Qa^r^unbert 
fein  ©egenftanb  prinzipieller  SBermerfung  ober  93e  = 
fämpfung.  2ßan  na^m  fte  otelme^r  als  etwas  ©egebeneS  ^tnr 
bejfen  (Sjriflenjbered&tigung  nidjt  erfi  erwiefen  ju  werben  brause,  weit 
jie  fi$  oon  felbfl  oerfielje. 

äfe  e3  fWj  bei  ber  SBorberatung  be8  ©efefcgebungSwerfeS  oon 
1616  barum  Rubelte,  melier  Umfang  bem  SBorjugSred&te  ber  ©runb* 
Ferren  gegeben  toerben  foHe,  braute  bie  Regierung  Straubing l  gegen 
eine  attjuweite  Slu^be^nung 2  biefeS  SBorjugSred&teS  ein  Sebenfen  oor. 
2)iefe$  ging  aber  nidfjt  ba^in,  baft  baburdj  bie  übrigen  ©laubiger  über- 
haupt ober  bie  mit  einer  33ertrag3l)t)poti)ef  oerfe^enen  ©laubiger  be= 
nadjteiligt  mürben,  fonbern  bafc  babei  „anbere  ebenmäßig  prioilegierte 
©laubiger,  fo  ältere  gorberungen  fjaben,  beoorab  be3  ©dfjulbnerS 
eijetoeib  mit  tyrem  fieiratgut,  weldjeS  fte  ifjrem  SRanne,  gletdfjwie 
bcrfelbe  bef Raffen,  oertrauen  unb  in  föanben  laffen  mufj,  ganj  unb 
gar  ba^inter  bleiben"  mürben;  worauf  ber  &ofrat  felbft  mit  bem 
aud  bem  -Waturredfjt  hergenommenen  ©egengrunb  aufwartet,  quod 
eiusmodi  accidentia  non  semper  possint  evitari,  et  quod 
propter  abusum  non  debeat  tolli  usus.  3flan  betrachtete  alfo  bie 
bebenflid&en  Sirfungen  ber  SBorjugSred&te  nur  als  31  u  8  w  ü  djj  f  e  ber= 
felben8,  unb  aud&  bem  burdf)  bie  gefefclidjjen  &npot&efen  gefdjäbtgten 
©laubiger  fonnte  man  oorfjalten  unb  Ijielt  man  oor,  baß  er  jtdjj  tbm 
fyätte  informieren  follen,  ob  unb  weldfje  gefefelid&en  J§npo* 
tiefen  auf  bem  ©runbftüd  laften4. 

1  $ofrat8guta$ten  ju  (Santpr.  II  9. 

1  »öl.  unten  @.  200. 

8  Sgl.  uudj  Lischke  (praeses  Gribner),  Diss.  de  origine  et  aequitate 
tacit.  hypoth.  1732  §  8:  „.  .  .  non  ipsae  tacitae  hypothecae,  Bed  fraudes 
circa  eas  obvenientes  praecidendae  sunt." 

4  «gl.  GQUngentptrg  ©.  78  (nadj  8erli$  concl.  II  29  n.  85):  „Creditor 
. .  .  sibi  imputare  debet,  quod  non  diligentius  et  accuratius  in  con- 


—    122    — 

2)ie  ftißfdjmeigenben  Sppot^efcn  unb  bie  a3orjug3red(jte  fd&einen 
alfo  im  17.  3aljrl)unbert  ben  &öl)epunft  tyrer  Ijiftorifd&en  ©ntroicflunfl 
nodj  nidjt  überfd&ritten  ju  fcaben  unb  mtfyx  ofe  2Bol>ltat  benn  als 
Sßlage  empfunben  morben  ju  fein.  3(n  einer  3*it,  rox>  felbft  bie  oer* 
nünftigften  Seftrebungen  eines  eifrigen  ©efefcgeberS  in  ber  3fa3* 
füfjrung  immer  auf  ©djmierigfeiten  [tieften,  immer  an  ben  flippen 
Snbolenj  unb  &erfommen  fdjeiterten,  ba  mären  9Wafjregeln,  bie 
von  felbft,  otjne  menfdjlid&eS  3u*un,  wirften,  rotttfommen, 
unb  gerne  üerfdfjmerjte  man  um  ihretwillen  mandjeS  in  i^rem  ©efolge 
auftretenbe  Übel. 

@rft  im  18.  3al)rl)unbert  begann  mit  ber  freieren  Stellung  ber 
Styeorte  gegen  baS  römifdje  Sftedjt,  bie  ben  S31id  für  beffen  2KängeI 
fdjärfte,  ber  2lnfturm  auf  bie  gefefelidjen  iQppot^efen  unb  5Borjug3- 
redjte.  SDie  ©djtlberung  biefer  Vorgänge  gehört  nidjt  mel)r  in  ben 
Stammen  ber  twrltegenben  3lrbeit. 


^weites  KapiteL 

|>te  JlitffhQt  bes  $ntnb0ernt  äßet  bat  &xebitx>ex&t§x 

her  #runbuntetfanen. 


§  6. 

9a0  1&tTl&tix&xzyiit  tftx  grmtbfctren  $auBrngüfer 

im  allgemeinen- 

Site  ber  bauerltd&e  ©runbbepfe  in  2lbl)ängigfett  tum  ben  großen 
©runbfjerren  geraten  mar,  tibU  btefeS  SBerljältnte  aud?  auf  ba«  9%ed^t 
jur  Verfügung  über  ben  bauerltdjen  ©runbbefifc  feine  SBirfung. 
SBenn  eine  bäuerlidje  ©runbgered&tigfett  oeraufcert  werben  wollte,  fo 
mar  bie  SBeräufeerung  ntdjt  auSfdjliefcltdfj  ©adje  beS  SeftfcerS,  fonbern 
ber  Dbereigentümer ,  ber  ©runbijerr  Ijatte  ein  SBort,  ja  fogar  feljr 


ditionem  debitoris  .  .  .  inquisiverit,  id  quod  tarnen  cuivis  contrahenti  in- 
cumbere  et  creditori  cuivis  primas  inter  curas  esse  debet." 


—    123    — 

Diele  SBorte  babei  mttjureben.  2Bie  oor^er  ba3  Berfügungäredjjt  be& 
©injelnen  in  bem  BerffigungSredfjte  ber  gamüie,  biefed  in  bem  58er* 
fügungSredfjte  ber  aRarfgenoffenfdfjaft  eingefapfelt  mar,  fo  gab  e$  für 
ein  JjoftörtgeS  ©runbftütf  feinen  anbeten  2Beg  ber  Beräufcerung,  al& 
burdfj  ben  ©runbljerm  tyinburdE).  2)er  ©runbljerr  $atte  bei 
ber  Beräufjerung  immer  feine  &anb  im  ©piel,  er  ^atte  bie  Bor* 
Ijanb1,  bie  Bwifdfjenljanb,  unb  cr  fotberte  &anblol)n.  aber,, 
wie  wir  fd&on  ©.  17  J)eroorgel)oben  Ijaben,  bie  Überreste  ber 
gamilie  unb  ber  3Karfgenoffenfdfjaft  waren  burdfj  ben 
Übergang  be3  bäuerlid&en  ©runbbefifeeS  in  bie  ©eroalt  be3  ©runb- 
Ijerrn  mdfjt  untergegangen,  nidjt  ganj  oerbrängt  roorben,  fonbern  fte 
ttattn  in  Äonfurrenj  mit  bem  Überreste  be3  ©runb^errn. 
®enn  roenn  audfj  bie  Autorität  be3  ©runb^errn  über  ben  genoffen* 
fdfjaftüd&en  ©eift  ben  ©ieg  baoontrug,  fo  blieb  bodfj  bie  genoffen- 
fd&afilid&e  Drganifation  befielen,  ja  fte  fdfjöpfte  befanntlidfj  avß  ber 
©runbfjerrfdfjaft  neues  Seben:  SDie  SRarfgenoffenfdfjaft  befam  eine 
tmmardjifdjje  ©pifce,  fie  rourbe  jur  ig  o  f  genoff enf <$aft,  baS  3)orfredf>t 
würbe  jum  ißofred&t,  ba3  ©orfgeridjt  junt  iQ  of  geriet. 

3)a3  BerfeljrSred&t  ber  Bauerngüter  in  feinen  Bedungen  jum 
©runb^errn,  jur  gamüie  unb  ©emeinbe  ift  in  ben  fogenannten 
SBeiStfimern,  b.  %.  ben  Beurfunbungen  ber  i&of*  unb  SDorfredfjte, 
niebergelegt.  2lu3  benfelben  ge^t  Ijeroor,  bafc  bie  3lrten  ber  33er* 
äufcerung,  bie  bei  Bauerngütern  in  Slnroenbung  famen,  fdfjon  red&t 
jaljlreidfj  roaren2.  9?amentli($  bie  ©afeung  roar  nidfjt  nur  bei 
großen  Ferren  beliebt,  fonbern  fd&eint  gegen  @nbe  be3  Mittelalter^ 
au<$  bei  ben  Bauern  ein  gebräud[jlidfje3  SRittel  geroefen  }u  fein,  ftdf> 
au£  materieller  SWot  ju  Reifen. 

BaramtSredfjt  ju  -Kaufen  unb  Äletljetm  (15.  Qaljrijunbert)*: 
„3)er  oor  Sirmut  ober  oon  anber  ©adfjen  unb  Breften  feinen  ge* 
n>5&nlid&en  Dienfi  meinen  Ferren  nidfjt  geben  mag,  berfelb  Bau- 
mann  fyat  ©eroatt  }u  oerfefeen  einen  2Icfer  ober  ein  SBieSmab  au» 
bemfelben  ©ut  ju  3  3af)ren." 
3n  ber  Siegel  bebarf  eS  jur  Berfefcung  ebenfo  ber  ©inroiHigung. 
be$  ©runbfjerrn,  roie  jur  Beräufcerung. 


1  6<Jon  na$  ber  Lex  Sax.  tit.  64« 

9  Grimm,  SöeiStümer  VI  112:  »erlaufen,  oerfefcen,  oerföaffen  an  feinem 
(e|ten,  Dertütmnern,  Überging  nehmen,  oern>ea)f  dn;  III 668:  oerfaufen,  oerfefcen, 
tafeln,  rainen,  teilen. 
•  Gbenba  III  668. 


—    124    — 

&of)enafdjau  *:  „©£  foß  fein  UrbarSmann  feinen  ©runb,  toeber 
SEBiefen  ober  2Wer,  auf  für}  ober  lang  aufjer  be£  &erro  oon 
grepberg  SBetoittigung  oerfefcen." 

I. 

SDa  bie  SluffidEjt  be3  ©runbfjerrn  über  ben  untertänigen  ©oben, 
ioie  erwähnt,  burdjj  bie  in  ben  oerfd&iebenen  grunbljerrlidfjen  Sejirfen 
oerfdjiebenen  ©ebräud&e  unb  ©afeungen  geregelt  war,  fo  tarn  ba3 
£anbredf)t  erft  fpät  baju,  fxd&  biefeS  3™eige3  ber  Sftedfjtöorbnung 
■anjuneljmen.  SDie  erften  (Spuren  baoon  finben  wir  in  ber  £cmbe3= 
arbnung  oon  1553.  Stbcr  erft  bie  Äobiftfatton  oon  1616  orbnet 
bie  Sßer^ältniffe  ber  bäuerlichen  ©eredjtigfeiten  planmäßig,  freiließ 
tiid&i  o^ne  bem  &erfommen  (bem  i§ofre<J)t)  in  oielen  fünften  feine 
Geltung  p  beioffen.  33eoor  wir  aber  ba3  33erfef)r3red()t  ber  Sauern* 
guter  nadj  ber  ßobififation  oon  1616  unterf  udEjen ,  muffen  toir  auf 
bie  oerfd&tebenen  Strien  ber  bäuerlichen  ©runbgered&tig- 
feiten  einen  Sälidf  werfen. 

2lm  leid^teften  ju  begreifen  ift  ber  Unterfd&teb  jtoifd&en  ®rb* 
{jeredfjttgfett  (@rbred£jt)  unb  ßeibgered&tigfeit  (Seibrcd^t ,  fieibgebing). 
SBorin  fie  ftdfj  unterf Reiben ,  ba3  fagt  tljr  -Warne.  S)ie  ©rb* 
<jeredjjtigfett  ift  oererbltdjj,  bie  ßeibgered&ttgfeit  ge^t  nur 
bi^  jum  £obe  be3  ©runbtjolben  (auf  ßeiblebenlang) ;  toenn  fie 
©Regatten  oerlietyen  ift,  bis  junt  £obe  be3  Überlebenben  ©Regatten 
<£>oppelleibredfjt).  S5er  prafttfd&e  Unterfd&ieb  jtoifdfjen  ©rbredfjt  unb 
Seibred&t  mar  aber  ntdfjt  fo  groft  als  ber  red^tlid^e.  35ie  „33er- 
treibung  ber  ©rben  beS  SeibredEjterS"  mürbe  nämli<$,  wie  ber  Urbare 
<jebraud&  fagt  (©.  86),  „feiten  praftijiert",  unb  ber  UrbarSgebraudfj 
«rflärt  bieg  für  billig  „wenn  nid&t  anbere  Sebenfen  oorljanben, 
bergleid&en  Sebenfen  genugfamli<$  ifi,  bafc  man  einmal  Unterbrudjj 
madfje  unb  bem  Qn^aber  babei  ben  Unterfd&ieb  jtoifdfjen  ©rbredfjt, 
gteiftift  [ftelje  unten]  unb  Seibred&t  roeifen  tue".  SKatürlidfj  mufcte 
t>er  ©rbe  beS  Seibred&terS  bei  ber  Übernahme  be3  &ofe3  eine  abgäbe 
<m  ben  ©runbljerrn  jaulen,  nämltdjj  ba3  ßeib g e bin g gelb,  ein 
tWittelbing  jtüifdfjen  &anbloljn  unb  Kaufpreis2. 

3u  biefen  beiben  igauptgattungen  oon  bäuerlichen  ©runb* 
^eredfjtigfeiten  fommt  baS  Sau  ernteten.    ©3  ifi  iurifHfdjj  fielen 

1  $ee$  ©artwig,  8olf*tmffenfc$aftad&e  ©tubien,  ©.  292. 

2  Ur&ar8geBraud&  6.  88:  „.  .  .  fott  man  orbinari  $ä§er,  benn  mit  5  fl. 
<mf  100  ge$en*. 


—    125    — 

mit  äbgabenpfRd&i.  Stauer  wirb  es  in  Sapern  metfienS  Seutel* 
leiten,  feltener  ©adfleljen  genannt,  inbem  an  Stelle  ber  Se^entxeue 
materielle  Seiflungen  treten.  SDie  abgaben  befielen  in  ber  3a$lung. 
oon  5°/o  be3  SBerteS  bei  Anbetungen  in  ber  Sßerfon  be$  ßeljen** 
§errn  ober  SeljenSmanneS  (ßefjenretdf)).  Som  ©rbredjjt  untertreibet 
ft<$  baS  Seutelleljen  begrifflich  baburd),  bafe  bei  biefem  ber  Sauer 
feine  iäf>rlid&en  abgaben  (©ttft  unb  SDienft)  ju  entrichten  brauste. 
£atfä$H$  waren  biefe  aber  audjj  beim  Seutelleljen  in  Übung, 
(fraft  igerfommenS  ober  ©tiftbrtef  e$),  fo  bafe,  wie  ber  Urbar3gebrau<$ 
(©.  72)  fagt,  bie  Seutellel)en  ben  @rbred&ten  „fd&ier  burd&geljenb* 
gletdfjgemadjt"  toaren. 

SMe  oierte  Slrt .  oon  bäuerlichen  ©runbgeredfjtigfetten  mar  bie 
greiftift  (genauer:  greifttftgeredfjtigfeit)  ober  ber  Ferren« 
gunft.  3m  16.  3fal)rl)unbert  fd&eint  über  ben  btnglidfjen  ©l)arafter 
ber  greifttft  ©treit  jioifd&en  ben  ©runbtjerren  unb  ben 
Sauern  beftanben  ju  $aben.  ©einem  Flamen  nadf)  ift  biefeS  Seftfc* 
red&t  ber  Sauern  ein  fef)r  unftdjjereä,  benn  ber  Sauer  fonnte  nad> 
freiem  Selieben  be$  ©runb^errn  jeberjeit  abgeftiftet  werben.  $ie 
©runbljerren  unb  üjre  furiftifdfjen  Serater1  wollten  in  jenen  3*itm 
ber  Steigerung  be$  greife«  ber  Slgrarprobufte  bie  greifiift  plöfcli<$ 
at£  reinem  SpadfjtoerfjältniS  im  römifdfjen  3ted&t3ftnne  be^anbelt  roiffen, 
bie  Säuern  miberfirebten  unb  beriefen  ftd&  barauf,  bafe  fte  ü)r  SRed^t 
oom  Sorbeftfcer  erfauft  Ratten,  ©ie  unterfte^en  ft<$  —  fagt  ba& 
Sanbbot  oon  1516  (f.  42)  mit  Unwillen  —  i^ren  &errf  d(jaften ,  fo 
biefelben  iljrer  -Kotburft  unb  ©elegenljeit  nadfj  ifjre  iQöfe  unb  anbere 
©fiter  auf  bem  Sanbe  anberen  SReiern  oerftiften,  „otel  S)rang3  unb 
SRutwittenS  ;u  beweif en,  audfj  nid&t  aSein  gegen  tyrer  &errfcijaft, 
fonbern  audf>  benjemgen,  bie  an  ifjrer  ftatt  aufgeftiftet  werben,  ft<$ 
bro^tidj)  unb  in  anbertoeg  faft  ungefd&idft  ju  galten  unb  über  ber 
£errfd(>aft  2Bitten  in  ben  ©fitern  ju  bleiben,  aud&  baburdf)  ben  ÜReier, 
fo  bie  fcerrfd&aft  barauf  ju  ftiften  oor  $at,  ju  bedingen,  i^ren 
©unft  unb  SBillen,  wo  er  anberä  ju  bem  ©ute  fommen  unb  baÄfelbe 


1  Sgl.  ©runner,  Seüjegroang  (1897)  6. 11 :  „SBenn  man  au$  ber  romanifü» 
f$en  Surifyrubeng  Jener  3eit  ni^t  gcrabeau  ben  SJoramrf  bauernfeinblid&er  ©e* 
ftnnung  machen  barf,  fo  fehlte  i$r  bo$  ba*  SerftönbniS  für  bie  SRannigfaltigfeit 
ber  bäuerlichen  ©eftyfonnen  be$  beutföen  9fte$te3.  2)a  ju  beren  Beurteilung 
bad  9191.  nur  bie  Segriffe  ber  @roj>a($t  unb  ber  geitpacftt  an  bie  $anb  gab,  fo 
nrirfte  bie  9te4t8oern>altung  niocUiercnb  unb  braute  fte  jaljlreic$e  3&>if4en» 
formen  unter  bie  @$ablone  ber  3eitpa<$t.* 


—    126    — 

mit  SRulje  unb  oljne  ©orge  beftfcen  will,  oon  tynen  ju  erfaufen".  3)a3 
Sanbbot  befiehlt,  bic  &ateftarrigen ,  aufeer  fte  weisen  alfogleid^  auf 
ber  Ferren  SBiHcn,  in  @ifen  unb  33anb  ju  fdfjliefjen  unb  in  ben 
Wertet  ju  fd&leppen  (©d&mtb  ju  SSR.  XXI  4  n.  2). 

35ic  neue  Drbnung  ber  gretftifte  burdf)  baS  ©efefcbudfj  oon  1616 
fdfjeint  auf  einem  Äompromtfj  prifdfjen  ben  beiberfeitigen  Qntereffen 
ju  berufen.  2)er  i&errengünfiler  fann  „alle  3>al)re  ju  regtet  ©tift* 
jett"  vom  ©runbfjerrn  abgeftiftet  werben.  „Sebodf)  foQ  ber  ©runb* 
^err  entroeber  beut  Sffteter  oergönnen,  feinen  ißerrengunft  einem  anbeten 
tauglidjen  3fteier  ju  oerfaufen  ober,  ba  er  tyn  nidjt  wollte  oerfaufen 
laffen,  bemfelben,  juoor  unb  elje  er  vom  ©ute  abjieljt,  baSjenige  be* 
jaulen,  toie  l)odf)  bem  3Keier  fol<$er  ißerrengunft,  aufterljatb  ber 
ga^rniS,  in  feine  ©eroalt  fommen,  ju  weitem  audfj  ju  rennen  ifl 
fein  ©rbteil,  weisen  er  am  iQerrengunfi  gehabt  Ijat;  item  ber 
J&err  foff  iljm  aud&  roieber  tyhtauSgeben  ben  ijieoor  eingenommenen 
2tnf  all,  unb  fo  ber  3Reier  ttxocß  SRam^afte^  an  bem  ©ute  ge- 
Jbeffert  Ijätte;  bagegen  mann  fid&  ein  2lb  fd^Icif  befünbe,  foDC  ber 
©runbljerr  aud(j  befugt  fein,  folgen  an  bem,  roaä  er  fonft  bem  3Weier 
müfcti  l)inau3geben,  auf ju^eben  unb  abjujiefien.  . . .  SBoHte  aber  ber 
©runb^err  bem  SKeier  baSjenige,  roie  jefct  gemelbet  ifl,  nidfjt  bejahen, 
fo  ijat  er  nidfjt  3Kadfjt,  üjn,  audfj  feineu  Slblaufer,  an  ber  ©ült  ju 
fteigem  ober  ju  ijöljem,  nodfj  oom  ©ute  ju  treiben"  (£3i.  XXI  5). 
S)ie  Sßolijeträte  fyatttn  oorgef dalagen,  baf$  ber  Käufer  ober  6rbe 
„mit  bem  ©runb^errn  um  ein  ©ült,  fo  ba£  ©ut  ertragen  mag, 
<ibjufommen,  ober  ben  föerrerigunft  einem  anberen,  ber  fotd&e 
©ült  gebe,  inner  2  Qa^ren  . . .  ju  oerfaufen  ober  ju  übergeben 
fdfjulbig,  ober  ba  er  toeber  eines  nodfj  anbereä  tun  toottte,  für« 
«gemenbeter  SBefferung  falber  etroaS  ju  begehren  nidfjt  befugt  fein" 
folle,  aber  iljren  SBorfdjjlag  felbft  mit  einem  NB!  bejetd&net.  Der 
iQofrat  Ijatte  fidfj  (®utad(jten)  bagegen  auägefprodjen  mit  ber 
intereffanten  Segrünbung:  „Tale  statutum  pugnaret  contra 
naturalem  aequitatem  .  .  .  quod  domini  locupletarentur  cum 
pauperum  subditorum  damno  aut  iniuria." 

Dbrooljl  bemnadfj  beim  £errengunft  ber  ©runbljerr  ben  SBauer 
jeberjeit  oertreibeu  fonnte,  wenn  er  i^m  nur  feine  Auslagen  erfefcte, 
fo  mar  e$  nad&  bem  3eu8^ff^  be8  Urbargebraud&eS  (©.  100)  über- 
haupt „bodfj  ntd&t  faft  gebräudSJig",  ben  &errengünfiler  ab« 
Sufiiften  \ 


1  9Jgl.  ,@teuerfragftuc!4'  von  1721  (©c^mclalc   ©.  413):  „$>ie  ®efa$t  ber 


—    127    — 

SCrofc  bcr  SSerfdfjiebenljett  jwtfdfjen  @rbre<$t  uttb  Seutellc^cn 
einerfeite,  Seibredfjt  uttb  igerrengunft  anbererfettö  in  bcr  redfjtlid&en 
©id&erl)eit  beS  33eftfee3  bejlanb  olfo  in  bcr  SßrajtS  fein  grofeer 
Untcrfd^ieb  jwifdSJen  biefen  trier  Slrten1  oon  bäuerlidfjen  ©ruttb* 
gered&tigfeiten,  benn  wenn  feine  befonberen  Umjlänbe  e$  erforberten, 
madfjte  matt  beim  ßeibredjjt  unb  beim  &errengunft  oon  bem  2ttfftftungS* 
rechte  unb  bem  barauS  folgenben  SlbgabenerljöljungSredfjte  feinen 
©ebraudf). 

2lu3  biefer  gleichmäßigen  Seljanblung  ber  t)ier  bäuerlichen 
©runbgered&tigfeiten  burdfj  bie  grunb^errlidfje  Sßra£t3  erflärt  e$  ftdfj, 
bafc  biefelben  audfj  tum  ben  Sauern  in  Sejtetyung  auf  tt)re  93er« 
fiufjerung3fäl)tgfeit  gleich  ober  annä^emb  gleich  beljanbelt  worben 
futb.  SDie  Seibredjjte  unb  igerrengunfte  waren  ebenfo  SBerfeljrS* 
objefte,  SBaren,  wie  bie  ©rbredjte  unb  Seutelte^en,  fte  fonnten 
oerfauft,  uerpfänbet  (oerfdjjulbet),  Ja  fogar  oergantet  werbe«. 

©antprojefc  III  1  redjnet  bie  Seibgebinge  (neben  ben  Seijen 
unb  ben  ©rbredjjten)  auSbrüdHidjj  ju  ben  ©egenftänben,  über  bie  ba$ 
©antoerfafjren  oer^ängt  werben  fann,  unb  baS  igofrategutadfjten  ($u 
©antpr.  II  20)  bejeid^net  bie$  aU  quotidiano  usu  iudiciorum 
notissimum.  ©d&mto  fd&reibt  (§u  S3t.  XXI  21  n.  5):  „SBir 
t>aben  in  unferem  SBaterlanb  über  100  bergleidfjen  letbredjte  ©üter, 
wetöje  ebenfo  wie  bie  ©rbredjjte  in  &anbel  unb  SBanbel  fielen,  oer* 
fauft  unb  burdjj  uerfdfjiebene  ßontrafte  oeräufcert  werben",  wobei 
man  aber,  wie  au$  bem  folgenben  ju  erfe^en  ift,  auf  bie  3af)l  100 
fein  ©ewidfjt  legen  barf.  2ln  einer  anberen  ©teile  (ju  ©antpr.  II 
9  n.  5)  fagt  nämlid&  berfelbe  ©d&riftftetter ,  bafc  ein  Seibredfjtegut 
„mit  ÄonfenS  be$  ©runb^errn  mit  ©Bulben  fönne  belaben  unb  t>er* 
pfanbet  werben,  weldfjeS  faft  täglich  ift,  unb  biefem  nadjj  audfc 
oergantet  werben"2. 


Xutftiftung  .  .  .  gefü)ie$t  .  .  .  feiten,  aufeer  bem  lüberlia)en  Untertan . . .  ©inb 
alfo  bie  oeranfeitete  gfreifttften  fo  gut  .  .  .  für  ben  Untertan  a(£  bie  @rb* 
geregtigteiten/ 

1  über  eine  fünfte  —  feltenere  —  Art,  bie  SReuftift,  fte$e  §au$mann  @eb., 
©runbentiafhmg  in  Stauern,  ©.  38. 

8  $g(.  au*  ©alsburg  ®luemblaü)er  ©.  233:  „Ad  bona  Vitalitia,  bie 
£eiftgebinggüter,  quod  attinet, . . .  deeidi  potest,  quod  etiam  in  executionem 
et  Bubhastationem  capi  queant  .  .  .  Si  enim  Vitalitia  bona,  bie  £eibgebing- 
güter,  statim  post  mortem  ipsius,  qui  vitalitium  aeeepit  vel  emit,  per 
Dominum  revocarentur,  in  emendis  eiusmodi  bonis  vitalitiis  Subditi  non 
enormiter  tantum,  sed  enormissime  laederentur,  cum  semper  sab  certa 


—    128    — 

SBaS  aber  ben  &errengunft  betrifft,  fo  Ijaben  wir  oben  ge- 
feiert, bafc  ba$  SWed^t  be$  ißerrengfinftterS  meifi  auf  entgeitlidjetrt 
©rwerb  beruhte.  S)af$  hierunter  au<§  bie  Übernahme  einer  ©djulben* 
laft  ju  oerftefien  tji,  baß  ber  ißerrengunft  alfo  oerfdjulbet  werben 
tonnte,  ergibt  ftdj  aus  bem  ©efefee  (SSR.  XXI  4).  SDiefeS  fityrt 
nämlidj  als  Seifpiel  be£  entgelttid&en  ©rwerbS  eines  £errengunfte* 
an:  „ba  er  ein  namhaftes  ©elb  bafär  bejaht  [33arfauf],  anberen 
ßrben  üjr  Erbteil  . . .  IjinauSgeben  muffen  [Übernahme  fc  mit  2lb* 
finbung  ber  anberen  @rben]  ober  einen  ©djulbenlafi  auf  ftdS)  genommen 
[Sfteftlauffdjillmg]  ober  e3  mit  anberen  bergleidjen  Sefdjwerben  an 
t^n  ober  feine  SBorfaljren  tommen  [©djulbenübernaljme]." 

SeutUdjer  afe  bie£  nadj  ben  bagerifd&en  Duetten  möglich  ifi, 
brüät  fidj  ber  ©aljburger  S3luembladjer  aus,  namentlich  audj  über 
bie  $er  gantung3möglidjfeit:  „ [Consuetudine  nostri  Archie- 
piscopatus]  bona  vitalitia  et  precaria,  bie  Seibgebing*  unb  gteiftift* 
guter,  hucusque  indifferentes  in  subhastationem  et  executionem 
capta  sunt;  licet  itaque  de  Jure  [communi]  executio  in  illa 
fieri  non  posset,  tarnen  quia  in  hisce  terris  consuetudo  ita 
invaluit  et  sie  quotidie  practicatum  est,  merito  adhuc  im- 
posterum  ita  observari  debebit"  (©.  245). 

Sie  bciuerlidjen  ©runbgered&tigfeiten  waren  alfo  oeräufjerlidjj 
unb  ftanben  im  SSerle^r.  6I)Iingen&perg  (©.  64)  fagt  generell: 
Emphyteuses  in  commercio  sunt;  unb  ber  ©aljburger  Sluem- 
blauer  brüdt  ft<$  ebenfo  allgemein  aus  (©.  221):  „Bona  Emptay- 
teutica  ...  de  consuetudine  et  praxi  citra  ullam  difficul- 
tatem  ubivis  locorum  subhastari  et  in  executionem  aeeipi 
solent",  woraus  folgt,  bafe  fie  audj  freiwillig  oeräufcert  werben 
tonnten. 


illa  spe  et  opinione  emant,  quod  etiam  in  heredes  suos  transmittere  pos- 
sint,  et  res  brevissime  eo  redigeretur,  ut  nemo  amplius  ullum  bonum  Tel 
praedium  vitalitio  jure  emeret." 

2)a8  SRedjt  be$  ßäuferS  etneg  Seibrett)te3  am  ©ute  nannte  man  „äuftonb". 
2)er  3uftanb  bauerte  rea)t(ia)  bis  )um  £obe  beö  SeibrecfcterS.  3)er  3uftänber 
Ijat,  tote  ber  Käufer  beim  @rbrea)t  ben  SInfatt,  bem  ©runb^errn  eine  Abgabe, 
baö  guftanbögelb,  alfo  ebenfalls  eine  2lrt  oon  Saubemium,  ju  entrichten,  ©eine 
§ö>  richtete  fta)  naa)  ber  §ö$e  beä  SeibgebinggelbeS.  äßitt  beim  Ableben  be* 
8eibrea)ter8  ber  guftänber  ba8  ©ut  erwerben,  fo  foK  i$n  ber  ©runb^err  *o$ne 
billige  Urfadje  nia)t  baoon  ftof}en"  (UrbarSgebraudj  ©.  95). 


129    — 


IL 

3)ic  SBeräufterung  ber  bäuerlichen  ©runbgeredfjtigfeiten  mar  ge* 
roiffen  33ef<Jjränfungen  unterworfen.  2Bir  motten  bie  brei  Ijaupt« 
fadijlidfjften  Sefdfjrfinfungen  nadfjeinanber  befyanbeln1: 

1.  3)ie  Bauerngüter  unterlagen  einem  boppetten  @inftanb£* 
redete,  nämltdf)  bem  @inftanb3red£)te  be$  nädEjften  @rben  (©.34) 
unb  bem  beS  ©runbEjerrn  (£5».  tum  1616  Sit.  10  2trt.  1, 14, 15). 
35er  ©runbfjerr  getyt  bem  nädfjften  33erroanbten  nor.  SBä^renb  biefer 
ba3  (Sinftanbäredjt  nid&t  ju  ©pefulationSjroedfen  ausüben  barf  (©.  35), 
fteljt  e3  bem  ©runbtyerrn  frei,  ba3  SRetraftgut  „geroinnSijalber"  an 
fid>  ju  littyn  (3lrt.  5,  ©dfjmib  ju  n.  18).  2)er  SScrfaffer  be3  Urbare 
gebrauch  (©.  14)  betrautet  ba3  (SinftanbSredfjt  fogar  als  SWittel 
jur  Steigerung  ber  ©runbgülten,  inbem  ber  ©rmerber  tnettetd&t  burdjj 
S3ebrol)ung  mit  bem  (SinftanbSredjt  „ftdEj  f Freden  laffen  unb  größere 
©ttften  auf  ftd^  nehmen  mürbe".  2)ie3  fei  aber,  fo  fügt  er  r>or= 
ßdjjtig  ijinju,  „mefjrerS  ju  ben  $eiten  Ju  ptafti gieren ,  menn  bie 
©üter  unb  ba3  ©etreibe  roürbig,  afe  menn  fie  gar  in  ätöfdfjlag  finb". 

Seim  ßmangSnerfauf  ijat  ber  ©runb^err,  mie  audfj  ber  näd&fte 
erbe,  fein  (SinftanbSredfjt  (2lrt.  19) 2. 

2.  2)a3  ftmbred&t  von  1616  ift  audfj  ba$  erfte  bagerifd&e  ©efefe, 
baS  bie  Saubemien  ju  regeln  unternimmt.  3Me  Anregung  baju 
mar  vom  ißofrat  ausgegangen8  unb  bamit  begrünbet  morben,  bafc 
„täglid&e  ©tritt  beSfjalb  oorfommen",  unb  bafj  „man  hierin  bod&  ein 
gemiffeS  Sanbredfjt  Ijaben"  foUte.  Sie  entgegenfteljenbe  ©d&mierigfeit, 
93erfdjiebenl)eit  ber  ©erooj)nl)eiten  in  ben  uerfdjiebenen  ©egenben 
SaijernS,  fönne  baburdfj  gelöfi  werben,  baft  man  bie  abroeid&enben 
Sraudfje  in  einem  befonberen  Slrtifel  aufrechterhalte. 

Viererlei  fragen  münfd&t  ber  igofrat  entf dfjieben  ju  fe^en: 

a)  9la$  gemeinem  SÄedjjt4  fei  bei  SBefifcänberung  burdfj 

Vererbung  auf  bie  35efjenbenten  beS  erften  ©rmerberä 

ein  fiaubemium  ntd&t  ju  jaulen.   Dagegen  motte  „faft  für  ein  ßanb& 

gebraut  mm  SSielen  angejogen  merbena,  ba&  bei  jeber  Seftftänberung, 


1  Über  ba*  ®üter3ertrümmeruna,Soerboi  fic^e  ©.  176. 

*  über  bad  ©inftanböre^t  be«  ®runb§errn  an  ben  3ubaugrunbftütfen 
feiner  Säuern  fte$e  6.  181. 

8  $ofrat*autaa)ten  ju  Sanbrea)i  XXI  24  fol.  327  ff. 

4  Worunter  ift  bei  bäuerlichen  @runbgerea)tia,!eiten  immer  bad  9tea)t  ber 
Ciitp^teufe  su  verfielen. 

Colcn,  Oerftyilbuitg.  9 


—    130    —  > 

alfo  immer,  menn  ein  neuer  Sefifeer  auf  baS  ©ut  fomme,  ber  2tnfatt 
b.  $.  ba3  Saubemium  gereift  merben  muffe.  35er  &ofrat  wiffe  aber  j 
feinen  gatt,  bafe  bei  iljm  ein  fold^eö  ©emol)nl)eiteredf)t  gerichtlich  fefc 
geftettt  morben  mare.  @r  beflreite  nid&t,  bafj  ber  größere  £eil  ber 
©runb^erren  oon  jeber  Seftfeänberung,  audf)  menn  ba$  ©ut  nur  t)on 
ben  Altern  auf  bie  Äinber  übergebe,  einen  2lnfatt  neunte;  aber  eine 
©emo^eit  fei  nodfj  fein  ©emo^nljeitöredfjt,  ein  Ferren brau^  nodf> 
fein  SanbeSbraud^1.  ©8  fei  nun  aber  „moljl  ju  bebenfen,  ob  man 
aus  bemjenigen,  ma^  feitljero  beSfattS  befd&etyen,  atebalb  ein  Sanb* 
redjt  mad&en  motte".  9Jlan  bürfe  nid&t  nadj)  ben  tatfäc^lic^en  3u* 
ftänben  fragen,  fonbern  barnadj,  meld&er  3uftanb  ber  münfd&enamerte 
fei2.  SDaljer  muffe  man  bei  ber  gefefclid&en  (Sanftion  berartiger 
red&tSmibriger  ©eroo^nljeiten  norftdfjtig  ju  SBerfe  getyen.  Übrigens  ' 
fei  ba3  ©an je  audf)  eine  ©emiffenSfrage,  „als  mit  9tat  ber  Geologen 
hierin  ge^anbelt  merben  muffe".  S)enn  ba  bie  bäuerlichen  ©runb= 
geredfjtigfeiten  meiftenS  mit  einem  onerofen  Xitel,  alfo  entgeltlich, 
erroorben  mürben,  fo  oerfiofce  e3  gegen  £reue  unb  ©lauben,  ba3 
Saubemium  (oon  einer  unb  berfelben  bäuerlichen  gamilie)  mehrmals 
p  nehmen.  SDieS  mürbe  nid&tS  anbereS  fein  ate  eine  Sereidjerung 
auf  frembe  Soften  (locupletari  cum  aliena  iactura  et  damno). 
„Sann  ba  fidfj  balb  etliche  XobeSfätte  aufeinanber  begeben  unb  ein 
jeber  neue  Sefifeer,  melier  burdfj  ©rbfd^aft  ba3  ©ut  befommt,  auf 
oorgeljenbe  ©Haftung  be3  ©uteS  5  fl.  oon  100  jum  SKnfatt  geben  N 
fott,  mürbe  in  menig  ftaljren  mit  @rfaufung  erfiltd&  beä  ©rbred&jeS, 
fobann  mit  ben  jäljrltdjen  ©ülten,  nodfj  baju  mit  Steigung  fo  oieler 
Sittfälle  auf  3lbfterben  ber  oorigen  Sefifeer  ber  ©runbljerrfdfjaft  me§r 
gegeben  unb  gereift  merben,  als  baS  Eigentum  beS  ©uteS  jmetmal 
mert  ifi."  @3  gebe  feinen  ftd&ereren  2Beg,  feinen  2Beg,  auf  bem  man 
fidfj  in  conscientia  meniger  nergreife,  als  eS  bei  Sßerorbnung  gemeinen 
SRedfjtenS  ju  belaffen.  35od(j  fönne  baneben  in  einem  befonberen 
Slrtifel  ftatuiert  merben:  „3)a  eine  ober  anbere  &errfdfjaft  auf  alle 
[ft<$]  begebenbe  SSeränberung  ber  33eftfcer  beim  ©ut,  menn  fdfjon 
burdj  @rbfd(jaft,  als  ba  bie  Äinber  unb  anbere  ßrben  abfteigenber 
Sinie  baju  fommen,  ben  Slnfatt  ju  nehmen  oon  alters  hergebracht, 
ober  ba  es  in  SBerlei^ung  ber  ©ered&tigfett  alfo  bebingt  morben,  fott 


1  Consuetudo  dominorum — consuetudo  quae  inducitur  contra  jus  com« 
mune  a  populo  recognoscente  superiore. 

8  „Non  tarnen  enim  spectandum  est,  quid  Romae  factum  sit,  quam 
quod  fieri  debeat." 


—    131    — 

e3  bei  btefem  alten  igerfommen  o§ne  9Kittel  gelaffen  werben  unb 
verbleiben",  Staburdfj  werbe  bett  ©runbljerren ,  meld&e  bergletd&en 
laudemia  ex  omni  mutatione  hergebracht,  nidfjtS  benommen  unb 
baneben  „fein  SBeg  auf  getan,  bie  armen  Untertanen  inSgemeüt  ju 
befc&meren'*,  fonbem  bennodfj  „avaritiae  dominorum,  fo  biefe 
laudemia  de  novo  einführen  motten,  etlidfjermafjen  begegnet". 
2lu3  ber  ganfare  mar  eine  ©fjamabe  gemorben! 

b)  ©3  fei  eine  grofte  -Jiotburft,  aud&  etroaS  ©erotffeS  ju  ftatuieren, 
ma^  jutn  Sfof  all  gereift  unb  genommen  merben  fotte.  SDie  Regierung 
Straubing  beriete,  etlicher  Orte  neunte  man  gar  10  ©ulben  oon  100. 
@r  (ber  iQofrat)  miffe  e8  nidfjt  anberS,  aU  bafc  5  oon  100  bur<#s 
get)enb3  lanbSgebräudfjlidjj  fei.  S)arauf  möge  bie  IWeljmung  be$ 
Slnfaltö  moberiert  merben.  SBenn  aber  bie  SSercmberung  burdjj  ©rbfatt 
gefd>el)e  unb  bodjj  ein  ätafaff  ju  jaulen  fei,  fo  fei  ber  Stofatt  etmaS 
niebriger  ju  bemeffen. 

c)  3Ba3  ba3  fog.  21  b  j  u  g  3  g  e  I  b  (2lbfal)rt3gelb)  betreffe,  fo 
fei  nad&  feinem  (beS  ißofratö)  SBiffen  nid(jt  gebräudjig,  neben  bem 
Anfall  ttmeß  für  ben  Slbjug  ju  geben,  unb  e3  motte  batyer  flatuiert 
merben,  bafj  für  ben  Slbjug  nidfjtS  genommen  merben  fotte,  mo  bie 
feerrfdjaft  biefeS  SRed^t  nidfjt  oon  altera  über  SBtonneSgebenfen  fjer* 
gebraut. 

d)  $laü)  ber  communis  Dd.  opinio  fei  bei  ber  3wang$s 
oeräufjerung  ein  ßaubemium  nidfjt  gefdfjulbet.  S>te  Regierung 
(Straubing  beriete  jmar,  in  iljrem  SBejirf  befiele  ba3  igerfommen, 
ba&  aud&  bei  3roang8Deräuf$erungen  ber  Unfall  gereift  merben  muffe. 
3tDeifeilo$  märe  eS  oemünftig,  bieS  feffyufefcen,  befonberä  mit  Sftüdf  fidfjt 
barauf,  bafe  ber  ©runbljerr  bie  3roan93oeräuJ3erung  nidfjt  t)tnbern 
Örate  unb  baljer  burd&  frembe  ©d&ulb,  nämlidjj  burdf>  bie  ©dfjulb 
be3  abgekauften  ©runbuntertanen,  leidet  einen  ©dEjaben  erleiben  fönne, 
tnbem  er  gehalten  fei,  ben  neuen  Seftfcer  afe  Naumann  anjune^men1. 
©ie  Bejahung  eines  2tnfatt3  beim  3ro<*n93t>er!auf  fc{  geeignet,  i^n 
bafür  ju  entfd&äbigen  unb  aufcerbem  bem  SWifefianb  be3  SelaftungS^ 
fonfenfeS  auf  3ett  (fa!)*  unten)  entgegenjurotrfen.  — 

3)a*  ßanbred&t  traf  folgenbe  «eftimmungen  (XXI  21): 
ad  a  unb  d:   S5er  Unfall  fott  genommen  merben,  „fo  oft  ftdjj 
mit  bem  83efi$er  eine  SBeränberung  juträgt".    3Mfo  audjj  bei  ber 
SSererbung  oon  ben  ©Item  auf  bie  Äinber,  bei  Übergaben,  bei  ber 
Sn^eiratung  ber  ©utsfjälfte  unb  beim  3^ongöoerfauf. 


1  8fll.  unten  @.  147. 

9 


—    132    — 

@ine  günftfge  ©elegenljett  ju  einem  bebeutfamen  Anfang  ber 
Bauernbefreiung  war  uerf äumt  worben! 

ad  b:  2)er  SlnfaH  beträgt  5  ©ulben  oom  100,  „töte  bie  @e* 
redjtigfeü  be$  @ute$  aufter  ber  galjrnis  gefd&äfct  worben",  unb 
nid&t  meJjr,  „wo  aber  bisher  weniger  im  ©ebraudf)  gewefen,  babet 
fott  es  bleiben". 

ad  c:  „SBenn  an  einem  Ort  bie  abfahrt  neben  bem  äfafaH 
ober  3ufta^  8U  nehmen  bräudfjig  unb  funblidjj  ^erfommen,  mag 
biefelbe  an  folgen  Orten  fürberljin  audfj  genommen  werben." 

©djjmib  fügt  ijinju  (n.  5):  „Sei  uns  ift  berSJraudj,  ba£  für 
ba8  Slbfaljrtegelb  nur  2  ©ulben  30  Äreujer,  für  ba3  Slnfattgelb 
5  ©ulben,  jufammen  alfo  7  ©ulben  30  Äreujer  oom  100  oom 
©runbljerro  geforbert  werben:  baljero  benn  biefe  §ergebradjten 
gewötjnlid&en  ©eiber  fowotyl  bie  erb-  ate  bie  leibred&ten x  Säuern 
ofjne  SBiberrebe  ganj  gutwillig  bei  jebweber  SSeränberung  bejahen, 
unb  wir  ^aben  bei  feljr  Dielen  SBeränberungen  feinen  Sauer  gehabt, 
ber  fidj  ber  Seja^lung  wiberfefet  tyätte". 

3.  SMe  wtd&tigfte  Sefdjjränlung  in  ber  greü)ett  ber  Verfügung 
über  grunbuntertänigen  Soben  beftanb  aber  im  ftonfenSredjte  be3 
©runbljerrn.    35aoon  im  nädjften  Paragraphen. 


§7. 

I. 

■Jiad&bem  fdjon  bie  Sanbe^orbnung  oon  1553  (III  15  Slrt.  7) 
eS  betlagt  l)atte,  baft  „@tlid&e  aus  unb  oon  iljren  oerftifteten  ©ütern 
etliche  ©tudf  unb  ©runb  oljne  ü)rer  fielen*  unb  ©runbtyerren  SBiffen 
unb  äBiHen  §tnjulafen  [b.  t).  weiter  ju  oerftiften]  unb  etwa  ju  oer* 
fefcen  ober  gar  ju  oerfaufen  [ftd&]  unterstehen",  unb  biefe«  bei  Serluft 
ber  ©eredfjtigfeit  oerboten  Ijatte,  würbe  1616  ba$  grunW&errUd&e 
ÄonfenSredfjt  einge^enb  geregelt. 

3Bir  muffen  aber  babei  jwtfdfjen  ber  eigentlidfjen  Seräufeerung 
(woju  audfj  bie  Serfefcung  gehört)  unb  ber  bloßen  Sßfanboer* 
fdfjreibung  (^potljefenbeftellung)  unterfd&eiben. 

1.  Sanbr.ed&t  XXI  8:    „3Beld&er  3Keier  fein  SeutelW&en ,  @rb* 


1  8gl.  oben  ©.  124  (Seibgebtnggeft). 


—    133    — 

xed&t,  Jßeibgebing  ober  iQerrengunft  oerfaufen,  fibergeben  ober  in  anber- 
weg  oerfinbern  toitt,  ber  fott  e«  tun  mit  33enulligung  unb 
2Bif  f  en  feinet  ©runbßerm  ..." 

SBirb  ba«  ©efd^dft  nidfjt  beim  ©runbljerrn  oerlautbart,  fyat  alfo 
jemanb  anberer  bie  33efiegetung,  fo  borf  ber  ©iegelfjerr  nidfjt  fertigen, 
Toenn  i&m  mdfjt  ein  2Billen«brief  be«  ©runbljerm,  b.  &. 
eine  Urfunbe  über  beffen  Äonfen«,  oorgelegt  wirb  (SßolJD.  I  3 
2lri.  3)1. 

33ei  6rbteilung«oerträgen  (@rbau«einanberf efcungen), 
beren  Sßrotofottierung  an  fi<#  ©adfje  be«  ©eridf)t«§errn ,  ntdfjt  be« 
©runbljerm  war,  tjatte,  footet  ben  Sefifc  be«  ©ute«  anlangt,  „fein 
Sftidfjter  3Jtadfjt,  einem  ©runbljerrn  oßne  feine  Senrittigung  einen  au« 
ben  (Srben  aufjubrängen,  fonbern  roa«  er  be«fjalb  Ijanbelt,  fott  alle« 
auf  be«  ©runbßerrn  ©utljeifcen  befdfjeßen"  (SSR.  XXI  22,  oergl. 
unten  ©.  139). 

3ur  3toanBi8t)erfttt6erttttB  (SBergantung)  bebarf  e«  ber  grunb* 
Ijerrlid&en  ©ene^migung  ntdfjt  fließe  unten  ©.  147). 

3)ie  folgen  ber  33eräufterung  einer  bäuerlichen  ©runbgeredfjtig* 
feit  oßne  »emitttgung  be«  ©runbßerrn  finb  SSR.  XXI  15  feft= 
flefefct: 

„SBerfauft  er  [b.  ß.  ber  Sauer]  feine  ©eredjtigfett  oßne  33or= 
TOtffen  feine«  &errn  . . .  ober  oerfefct  e«  oßne  feine«  igerrn  8e* 
mittigung  unb  fibergibt«  bem  anbern  mit  rotrflidfjer  @in  = 
antmortung  au«  feiner  in  be«felben  &anb;  . . .  f o  mag  ber 
£err  ba«  ©ut  ...  mit  bem  Stedjten  [b.  ß.  auf  bem  9?e<$t«n>eg] 
einjießen,  unb  fott  ber  SWeter  bem  ©eridjt  in  bie  ©träfe  ge- 
fallen .  .  .  aud)  bie  befdfjeljene  SBeränberung  ober  SBerfefcung  aller* 
bing«  ungültig  unb  unfräftig  fein." 

SMe  folgen  Pwb:  Ungttltigfeit  be«  ©efdfjäfte«,  Sßerroirfung  ber 
©runbgeredfjtigf eit ,  ©träfe.  3)ie«  bejteßt  fid&  nidjjt  nur  auf  bie 
SBeräufcerung,  fonbem  audfj  auf  bie  SBerfefcung,  benn  ber  ©runb  ber 
SBernrirfung  ift  bie  (Sinantroortung  an  einen  Unberechtigten  oßne 
Äonfen«  be«  ©runbßerrn.  SDer  ©runbßerr  ßat  ba«  Siedet,  bie  ®e* 
redfjtigfeit  einzugießen;  bamit  ift  nidfjt  gefagt,  baft  er  biefe«  SRedfjt 
in  allen  fallen  ber  fonfen«lofen  SBeräufeerung,  alfo  etwa  fogar  beim 
geilen  einer  bö«nrilligen  3lbjt$t,  au«fibte.  SDer  SBerfaffer  be«  Urbar= 
gebraute«  fagt  (©.  20) :  ,,©odf>  fteßt  e«  in  bergleid&en  Ratten  ju  be« 


1  $ie  SötttenSbrtefe  follcn  beim  ®eric$i3$errn  bleiben  unb  oon  tljm  auf» 
bewahrt  »erben. 


-     134    — 

>  ©runb^erro  ©efallen,  ob  er  bie  ©träfe  ber  Äabujität  fällen  ober  ft($ 
etwa  mit  einer  geringen  leibentlid&en  ©elbfirafe  (tote  benn  ge* 
meiniglidf)  gefdjieljt)  begnügen  laffen  motte." 

3lber  ntdjt    nur   jur   SBeräufcerung   einer  bäuerlichen   ©runb- 

geredfjtigfeit  beburfte  e3  ber  3uftimmung  be3  ©runb^errn,  fonbern  auty 

2.  ju  itjrer  Selaftung  mit  ©Bulben  ober  ffirjer:  ju  iljrer  33  er* 

fdfjulbung.     hierbei   fommt   oor   allem   bie   ^fanboerfdjreibung 

(Sgpotfjefenbeftettung)  in  SBetradjt. 

SDie  betreffenben  Seftimmungen  ftnben  fid^  in  bem  älrtifet  ein- 
geftreitt,  ber  oon  ber  ^ppot^efenbefteHung  Ijanbelt.  @3  Reifet  ba 
(©antprojefj  II  20) * :  SWiänniglidj  (mit  2lu3nal}me  ber  ©iegelmäfngen) 
foH  oor  feiner  orbentlidjjen  Dbrigfeit  (ober  benen,  toeldje  fonfi  bie 
Fertigung  ljaben)  bie  Sßfanboerfd&reibungen  auf  rieten  laffen.  83or 
„bie  $Pfanboerfdfjreibungen"  fteljt  aber,  mag  toir  jefet  nad&tragen 
muffen : 
„unb ,  ba  er  einen  ©runb^erm  Ijat ,  mit  Seroilligung 
beSfelben" 
unb  im  weiteren  Verläufe  be£  2lrtifel£  finben  mir  femer: 

„35a   audjj   ein  ©runbuntertan  feine  beim  ©ut   ^abenbe  @e* 

redfjtigfeit  oljne  feinet  ©runb^errn  ^Bewilligung  oerfdjrteben  ober 

oerpfänbet  Ijätte,  foll  bergletd&en  33erfd(jreibung  unb  SBerpfänbung 

ungültig  unb   bie  ©djutb  allein   für  eine  gemeine  unbefreite 

laufenbe  ©dfjulb  ju  galten  fein."3 

SSermirfung  ber  ©runbgeredjjtigfeit  tritt  alfo  nidfjt  ein,  toerot  ber 

©runbfyolb   oerfäumt,   ben    ©runbljerrn   um   feinen  ÄonfenS   jur 

Sßfanboerfdjreibung  ju  bitten,  fonbern  nur  Ungültigfeit  ber  Sqwo* 

tljef enbefteßung ;  barin  befteljt  ein  großer  Unterfdjieb  jtoifdfjen  bem 

Äonfen3red£)t  bei  ber  33erfefcung  unb  bem  üonfenSredjjt  bei  ber  bloßen 

Sßfanboerfcijreibung. 

@ine  ©onberbeftimmung  (8».  XXI  22)  befielt  für  bie 
2lu3träge: 

„63  foHen  audfj  ebenfalls  bie  2tu$träge  berer,  fo  i§re  ©eredjjtig* 
feit  übergeben,  anberS  nid&t,  benn  mit  be3  ©runbljerw  SemiHigung 
bebingt  toerben  unb  fonften  nid&t  jugelaffen  fein." 


1  »gf.  oben  ©.  87. 

8  33eaüglid&  ber  ©eute liefen  tft  Sft.  XI  4  ma&ge6enb:  „SBitt  @iner . . . 
foldj  ßeljen  [2teutelle§en]  in  eines  anbern  #anb  .  .  .  oeränbern  ober  übergeben 
ober  ttmaZ  barauf  oerfdjretben,  ber  fott  e$  tun  mit  Sornriffen  unb  8en>iSigung 
beö  ge^en^erm." 


—    135    — 

Stafj  her  ©runbuntertan  fein  SReiergut  o$ne  ÄonfenS  be3  ©runb* 
$errn  nidfjt  mit  ©dfjulben  belafien,  tnSbefonbere  feine  iQgpotfjef  barauf 
befleffen  fänne1,  wirb  in  ber  Literatur  unjä^lige  SWale  fonfiatiert, 
unb  bie  ©d&riftfteDer  berufen  ftdj  babei  häufig  ntdfjt  nur  auf  ba£ 
©efefc,  fonbern  audj  auf  ben  San be3 brau d&,  nergl.  j.  33.  Gelingens- 
perg  ©.  72 :  „. . . .  non  modo  in  Patria  sed  et  aliis  Provinciis 
et  in  Praxi  vi  statutorum,  consuetudinis  et  instrumentorum 
emphyteuticorum  tenore  oppignorationem  et  hypothecationem 
esse  interdictum  nisi  consensu  domini." 


IL 

63  fragt  ftdjj  nun :  ©tef)t  e$  im  freien  33elteben  be3  ©runbljerrn, 
feinen  ßonfen*  jur  33eräufjerung  (Sßerf dfjulbung)  ju  erteilen  ?  Ober  ift 
er  an  genriffe  33erroeigerung$grünbe  gebunben? 

2)ie  5ßolijeiorbnung  beftimmt  an  ber  ©teile,  n>o  fte  r>om  2Billen$= 
brief  (ÄonfenSbrief)  fprid&t  (oben  ©.  133),  bafc  ber  ©runb&err  ben 
aBittenSbrtef,  „wenn  er  bie  SBenriUigung  in  ben  Äontraft  abjufd&lagen 
feine  redfjtmäfeige  Urfadjje  fyat  ...  non  Rauben  ju  geben 
fd&ulbig  fein"  foH.  $er  Slrtifel  begießt  ftdfj  auf  alle  Slrten  non  58er* 
auf  erung,  audjj  auf  bie  blofee  SBerpfänbung.  2Ba3  er  aber  unter  einer 
folgen  red&tmäfeigen  Urfadfje  nerftanben  fjaben  wolle ,  ba3  f agt  ber 
©efefcgeber  —  wemgftenS  an  biefer  ©teile  —  nid&t2.  2Btr  fontmen 
alfo  auf  unfere  porige  grage  jurüd,  muffen  aber  nun  roieber  jroifd&en 
ber  eigentlichen  SBeräufeerung  unb  ber  blofeen  58er» 
fdjulbung  unterf dfjeiben. 

1.  231.  XXI  15  fagt  ganj  allgemein: 

„9Da  6iner  ein  @rbred(jt,  Seibgebing,  ober  eine  anbere  ©eredjjtig* 
fett  auf  einem  @ut  Ijat,  bem  mag  ber  §err  foldfjeS  ju  nerfaufen  ober 
ju  üeränbern  nidfjt  mehren,  bodfj  baft  er  il)n  junor  barum  begrübe8 
unb  i^m  einen  tauglichen  3Keier  [teile." 


1  @efe(U$e  §l)|>oti)e!en  bebürfen  natürlich  be*  grunbijerrlia)en  ftonfenfeft 
ju  üjrer  <£ntftel)ung  ntdjt.  $ie  Srage  war  übrigens  in  ber  Literatur  niä)t  un- 
freftritten;  aber  „vielfältige  ^rftjubicia  unferer  4urfürft(ia)en  $t!afterien*  ent- 
(Rieben  fo  (@a)mib  au  £9t.  XXI  15  n.  15).  —  SGBenn  ein  ©runbuntertan  o$ne 
gnmb&errlid)en  ÄonfenS  ©eneral$npot§et  befteUte,  fo  war  fte  gültig,  beaog  ftä) 
aber  ma)t  auf  bie  ©runbgered&tigfeit  (Sä^mib,  ebenba  n.  14)  [fonbern  nur  auf 
bie  Sa&miS  unb  auf  etn>aige  freieigene  Orunbftürfe]. 

•  $inft<4tlia)  ber  »euteUe^en  fte§e  m.  XI  4  unb  XV  14. 

*  2).  f).  ifjn  um  feinen  ÄonfenS  angebe. 


—    136    — 

ißter  nrirb  alfo  fogar  bie  SefugniS  jur  Veräußerung  afe  Siegel, 
bie  Verweigerung  ber  ©rlaubnis  afe  3lu3natyme,  afe  ba3  Ungeraden- 
Itd&e,  Ijingeftellt. 

2Ba3  oerfteljt  aber  ba$  ©efefc  unter  einem  tauglichen  SWeier? 

hierauf  gibt  S9t.  XXI  91  Antwort: 

„2Bo  ber  ©runb^err  offentlidj  fe§e,  baß  berjemge,  welker  eine 
©eredfjtigfeit  bei  bem  ©ut  ju  laufen  ober  exnjutun  fidfj  unterfinge, 
be$  funblidfjen  Unvermögens,  baß  i^m  bie  Vejaljlung 
ju  tun  unerfd&nunglicij,  alfo  er  ifym  ju  einem  3Jieter 
billig  nidjt  anne^mlid^  fein  funnte,  fott  er  nidjt  fd&ulbtg 
fein,  in  ben  Verfauf,  Übergab  ober  anbere  Veranberung  ju  be- 
willigen ;  fonbern  ber,  melier  feine  ©ered&tigfett  oeränbern  will,  [foff] 
bem  ©runbfjerw  einen  foldjen  9Mer  fteHen,  ber  o^ne  21  b* 
fdfjteifung  be£  ©uteS  unb  beS  ©runbljerrn  Stadtteil  ben 
ÄauffdjiHing  ober  £tnau$gabe  bar  ober  auf  jtemlidje  griften 
bejahen  unb  erlegen  möge." 

2Ba3  ba3  ©efefe  roiH,  nrirb  no<$  flarer,  roenn  man  ben  Rom* 
mentar  oon  ©djmib  fjeransieijt.  ©djmtb  fdjretbt  (ju  SHrt.  9  n.  1): 
S)er  ©runbljerr  fann  feinen  ÄonfenS  oerroeigern,  „roenn  funbbar 
unb  notorifdf)  ift,  bafe  fold&er  Käufer  fo  arm  unb  unoermöglidj 
fei,  baß  er  ben  ßauffdjitting  bar  ober  in  beftimmten  griften 
nid)t  erlegen  fann,  mit  einem  Sffiort,  untaugli<$,  unfähig,  unb 
unanneijmlidj  fei  .  .  .  2lu3  Urfad&e,  toeil  au$  ber  Slrmut  unb 
bem  Unoermögen  be$  ÄäuferS  eines  au$  beiben  notroenbig  erfolgen 
muß,  bafe  ba3  ©ut  jum  2tbfdjleif  fommen,  ober  ber  ©runb- 
tyerr  bie  jäljrlidjen  ©d&ulbigfeiten  oerlieren  ober  wenig* 
ftenS  bem  neuen  2Mer  minbern  muffe". 

2)er  ©runbljerr  brauet  fidfj  alfo  bie  Veräußerung  nidfji  gefallen 
ju  laffen,  wenn  ber  -Kad&f  olger  fo  arm  unb  unoermögltdj  ift,  baft 
bie  jctyrlidjjen  Slbgaben  gefäfjrbet  finb  ober  äbfdjleif  ju  befürd&ten  ift. 
@in  ßeidfjen  baoon  toirb  barin  gefel/en,  bafe  er  bie  Äauffumme  nidjt 
erf Urningen  fann.  @3  wirb  ba^er  oerlangt,  baß  ber  Ääufer  bie 
Äauffumme  bar  btiofyit  ober  fi<$  ju  „jiemlidjen  griften"  oerfte^t, 
unb  barin  wirb  ba$  SDlerfmal  eines  „tauglidfjen  ÄäuferS"  erblidt. 

SDie  ©d&riftft  eller  faffen  ben  Vegriff  „tauglid[j"  toeiter 
unb  geben  überhaupt  bem  grunbfjerrlidjen  ©rmeffen  einen  toeiteren 
©pielraum. 


1  SBom  §ofrat  in  feinem  ©utac$ten  (au  2Crt.  8)  atö  »gute  Scrorbnung' 
fcejeid&net. 


—    137    — 

©dfjmtb  fagt,  feine  Auslegung  fortfefeenb  (n.  2): 
„SBenn  fdfjon  aber  in  biefem  SKrttfel  allein  oon  ber  2lrmut  unb 
Unoermfigen^eit  beS  fünftigen  Nachfolgers  geljanbelt  roirb,  ber  auf 
fein  Vermögen  mel>r  bauet  als  barin  ift,  fo  ift  bodfj  fein  S^eifel, 
bafc  ein  fßnftiger  Sefifcer  audfj  aus  anberen  Urfadfjen  als  un* 
fä^ig  unb  mdfjt  angenehm  oerroorfen  werben  fönne,  aus  Urfad&e,  weil 
bie  (Erteilung  beS  ÄonfenfeS  eine  ®uttat  ift  [beneficium],  niemanb 
aber  gehalten  ift,  einem  unoerbienten  fdfjäblidfjen  3Henfd(jen  eine  ®ut* 
tat  angebei^en  ju  laffen." 

3Me  vom  SRad^f olger  geforberten  (Sigenf haften  finb  mtrtfd£)aft= 
lidfj~ted[jnifd(jer  unb  ftttlic^-poltgetlid^cr  SWatur. 

©d&mib  fätyrt  an  ber  erwähnten  ©teile  fort: 

„SBenn  [bu]  alfo  fefceft,  bafj  ber  -Wad&folger  jroar  9JMttel  genug 
Ijabe,  bodjj  aber  ein  ©erfd&roenberifdfjer,  ntd&t  t)auSlicijer/ 
jänfifdfjer,  flud^enber,  betrüglid&er  ober  anberen 
Saftern  ergebener  SWenfdfj  fei,  biefer  fürmal)r  fann  ebenfalls  .  . . 
oom  i&errn  oerroorfen  werben." 

©IjlingenSperg  gebraust  (©.  60  unb  63)  bie  2luSbrü<fe: 
„habilis  atque  accepta  bilistt,  „rerum  peritus". 

2)er  UrbarSgebraudf)  (©.  26)  ift  für  ÄonfenSoermeigerung,  wenn 
ber  ©rmerber  „um  ©tift  unb  SHenft  ntd&t  gut,  uneljrlidf) 
ober  alfo  befdfjaffen  märe,  beffen  fidfj  bie  -Kad&barfdjjaft 
ju  befd&meren  billig  Urfadjj  l)ätte".  S)em  @rben  beS  Setb* 
red|)ier3  fott  man  baS  leibred&te  ®ut  nid&t  belaffen  (f onbern  eS  anber- 
meitig  ocrftif ten) ,  menn  ber  Seibredjjter  oertulid^,  ungeljorfam 
unb  IjalSftarrig  gemefen  unb  oom  @rben  baS  gleite  ju  be- 
folgen ift  (©.  86). 

2lm  anfprud&Soottfien  ift  2Bet£er,  ber  SSerf affer  eines  fjanblidfjen 
ÄommentarS  oon  1726.  6r  »erlangt  (ju  3lrt.  9  n.  5  unb  Strt.  15 
n.  7 — 9),  bafc  ber  neue  SDleier  a)  nid&t  arm  unb  unoermögltdfj 
ift,  fonbern  bie  SRittel,  ju  bejaf)len,  l)at;  b)  gefd&idft, 
füglidjj,  genügfam  unb  ;unt  &auSoater  tauglidjj  ift,  fo 
bog  er  bem  ®ute  oorfte^en,  es  mefentlid&  unb  baulich  erhalten  unb 
ben  jä^rli^en  jtanon  entriß  ten  fann;  c)  tugenbljaft  ifi,  j.  SB. 
nid&t  fireit liebenb  unb  rauffüd^tig.  „SBenn  ein  foldjjer 
raufenber  ober  fireitcnber  83  ö  f  e  n>  i  d(j  t  unb  ©  p  o  1 1  o  o  g  e  l  [!]  moljl 
SRittel  fyattt  )u  bejahen,  fo  mürbe  bod&  berfelbe  .  .  .  a  praxi  für 
feinen  anfionbigen  SReier  ober  Untertan  anjune&men  [fein],  meines 
auf  jeben  lafler^aften  SWenfdSJen  ju  ejtenbteren  ift,  bamit  ben  Saftem, 


—     138    — 

roeldfje  auf   alle  2ßeifc   auszutilgen,  fein  2Beg  unb   %üx  geöffnet 
werbe." 

Sei  @ut3fibernal)men  infolge  von  ßrbauSeinanber* 
fe|ungen  fennt  ba£  ©efefc  einen  wetteren,  gern}  fpejietten  ÄonfenS- 
oerroeigerungSgrunb. 

SSR.  XXI  22:  „2Bo  ein  3Weier  oerftirbt  unb  &interiä&t  eine 
SBitroe,  Äinber  ober  anbere  ßrben,  fo  mag  ber  Sfttdjter  gleid&tool)! 
ber  Abteilung  falber  jtoifdjen  tynen  Ijanbeln.  Sotriel  aber  bie 
33eftfcung  be3  ©ute3  anlangt,  foH  fein  Stifter  3Kadjt  $aben,  einem 
©runbljerrn  oljne  feine  ^Bewilligung  einen  aus  ben  @rben  aufjubrängen, 
fonbern  ma3  er  be£l)alb  ^anbelt,  foQ  aHe$  auf  be£  ©runb^errn  &uU 
^etfeen  befd&e^en,  unb  ber  ©runb^err,  ba  er  beffen  er^ebltdje  5Be- 
benfen  [§a&],  ntdjt  fdjulbtg  fein,  eben  benjenigen,  fo  im  SSertrag 
fürgefdjlagen  mürbe,  jum  3Weier  anjuneljmen.  S5odj  mo  Äinber  t>on 
erfter  6l)e  oorljanben,  meldje  bem  ©ut  oorfte^en  unb  e8  erfdjwingen 
mögen,  follen  biefelben  oor  ber  Stiefmutter  in  58er  = 
ftiftung  be3  ©ute3  bebaut  werben."  2llfo  audj  §ier  Reifet 
e£,  baft  ber  ©runbljerr  ben  iftadjfolger,  auf  ben  fidj  bie  &tnter= 
bliebenen  einigen,  annehmen  muft,  wenn  er  feine  er^ebltdje 
SBebenfen  bagegen  fjat1,  unb  aus  bem  SßaffuS  „weldfje  bem  ©ut 
oorfteljen  unb  es  erfdjroingen  mögen"  ergibt  ftclj,  bafi  Un* 
tauglidjfett  unb  Unüermöglidjfett  ju  ben  „erljeblidjen  Sebenfen"  ge- 
hören. Slufterbem  aber  ift  ber  ©runbfjerr,  ma3  bie  2Bal)l  beS  neuen 
SJieierS  betrifft,  infoferne  einer  befonberen  33efdjränfung  unterworfen, 
ate  er,  roenn  Äinber  erfter  @§e  mit  iljrer  (Stiefmutter  (einer  ©attin 
aus  fpäterer  (Slje  be3  oerftorbenen  SBater^)  bejte^ungSroeife  mit  beren 
Äinbern  fonfurrieren ,  erfteren  ben  SBorjug  geben  fott-  SHefe  Ste 
ftimmung  ift  auf  bie  Qnitiattoe  be3  iQofrate  juräcf jufä^ren :  „Sebodj 


1  2)er  §ofrat  bemerfte  in  feinem  <3uta$ien :  er  verfiele  biefe  ©teile  baljirt, 
„roenn  ber  ©runb$err  billige  SJebenfen  §at,  v.  g.  ba  ber  gürgefdjlagene  alfo 
bef Raffen,  baß  er  bem  ©ut  ber  *Rotburft  nadj  niefct  »orfteljen  fönnte*;  baß  eö 
aber  fonft  „ben  (Srben,  roeldje  ein  gleidjeö  SRed&t  Ijaben,  ntd&t  üerroe&rt  »erben 
mag,  ftd&  hierüber  ju  Dergleichen,  melier  baö  ©ut  beftfcen  foll",  baß  alfo  ber 
©runbljerr  „oljne  billige  rechtmäßige  ttrfacge  ftc$  ni$t  weigern  fott,  ben 
gür gefölagenen  jum  @rben  anjunefjmen,  unb  hierin  feinem  @rben  roeber  ju  fiieb 
nod&  £eib  $anbeln,  auc$  o^ne  großem  SBeroegnuä  ntcr)t  Urfadje  geben  fott,  bamit 
[=  baß]  ber  Vertrag  jroifd&en  ben  @rben  aufgeftoßen  n>erbe\  @8  folle  baljer 
ftatt  „er$ebli$e  JBebenfen"  gefagt  werben:  „erljeblidje  rechtmäßige  S3ebenfen*. 
SÖarum  bieä  nia^t  gefc^e^en  ift,  roiffen  mir  ni$t;  baß  aber  bie  SReinung  bed 
©efe^eö  feine  anbere  mar,  rote  bie  be3  ^ofratö,  gefjt  aud  bem  3ufttmmen^ang 
Don  5lrt.  22  mit  2lrt.  9  cit.  (befonberd  ad  vocem:  Ȇbergabe")  Jjeroor. 


—    139     — 

mödfjte  gerbet  fiatmert  werben,  baf$  fowoljl  bie  Dbrigfeit  als  ber 
©runbljerr  ad(jt  geben  foH,  bamit  nid&t  (wie  tum  öfteren  ge* 
fd&ie£t)  bie  SBeiber  anberer  @&e  burd&  aufgerid&tete  Verträge  beim 
©ute  Derbleiben,  unb  bagegen  bie  Äinber  erfter  6l>e,  weldjje  veri 
heredes  emphyteusis  finb,  gegen  föerauSgebung  eine& 
fdfjledf>ten  geringen  ©elbS  oon  bem  ©ute  oerftofjen  werben ;  eS  wären 
benn  bie  Äinber  nodjj  unerwadjjfen,  ober  wäre  in  anberweg  bie  3loU 
burft,  bie  SRutter  bei  bem  ©ut  ju  laffen,  mag  aisbann  fold&eS  audjj- 
befdfjeljen."  Damit  alfo  eine  Benachteiligung  ber  Äinber  erfter  Qfyt 
burd&  habgierige  unb  ttjrannifdfje  Stiefmütter  oer^inbert  wirb,  ift  ber 
©runbl)err  nidjjt  nur  berechtigt,  ben  ÄonfenS  jur  ©infefeung  ber 
(Stiefmutter  ober  eines  i^rer  letblid&en  Ätnber  als  ©utSüberneljmer 
im  Vertrag  ju  verweigern,  fonbern  er  ift  fogar  baju  oerpfUdjjtet,  eS- 
fällt  tym  in  biefer  33ejiel)ung  eine  obrigfeitlidfje  3totte  ju. 

Der  @runbf)err  l)atte  aber  nidjjt  nur  bei  ber  2Ba  1)1  beS@utS* 
nad&folgerS  ein  entfdjjeibenbeS  SBort,  fonbern  er  fonnte  audfj  auf 
bie  SßretSbefttmmung  ©influfe  ausüben. 

231.  XXI  8:  „Äann  ber  SWeier  beweifen,  wie  §odfj  bie  @e- 
rcd&tigfeit  ober  aud&  ber  fcerrengunft  mit  SBiffen  unb  Bewilligung. 
beS  ©runb^errn  an  i \) n  l o m m e n  ...  f o  ift  ber  £err  f dfjulbig,. 
ifjn  wieberum  fo  fyod)  gegen  einen  anberen  uerfaufen  ju  laffen." 
Die  Befferung  ift  jujured&nen,  ber  Slbfd&leif  abjujie^en.  Äann  ober 
will  aber  ber  3Reier  biefeS  nid&t  beweifen,  fonbern  „gebähte  fotd> 
fein  SRedfjt,  wie  baS  Tanten  ^aben  mag,  nadjj  ©eftaltfame  beS- 
©uteS  unb  iMufcenS,  ben  er  babei  Ijaben  fann,  §0$  gu  über» 
f<$lagen  . . .  f o  mag  ber  &err  nad&  Meinung  unb  ©utadfjten  un* 
parteiifdjjer  fieute  baS  Übermaß  ringern  unb  allein  ben  billigen 
SBert  julaffen.  Unb  wo  bann  ber  SKeier  oermeint,  fein  £err  §ätte 
i^m  ben  Äauffd&Uling  ober  ÜbergabSfumme l  ju  faft  geringer^,  fott 
ber  9tid(jter  na<$  ber  ©dfjäfcung  unb  bem  ©utadfjten  einer  ©a<$? 
oerftänbigentommiffion,  ju  ber  jebe  Partei  ein  SWitglieb  unb  ber 
9ttdf>ter  baS  britte  benennen  foß,  unb  nadfj  genommenem  2tugenfd&eut 
„erfennen,  wie  $odfj  ber  SBeier  feine  ©eredjjtigfeit  ober  ben  Ferren* 
gunft  .  .  .  oerfaufen  mag".  Die  ©adfjoerjlänbtgen  werben  oom 
©efefee  ermahnt,  „fleißig  in  obadfjt  [ju]  ^aben,  wie  baS  ©ut  mit 
feinen  ÜRufeungen  bef Raffen  unb  ob  an  bemfelben  etwas  namhaftes 
gebeffert  ober  geärgert  worben".  DiegaljrniS  foH  „fonberbar  an« 
gefd^lagen  werben'4,  bamit  man  ben  eigentlichen  2Bert  ber  ©eredfjttg* 


7kt  Ärtüel  gilt  alfo  nic^t  nur  von  Ääufen,  fonbern  au$  oon  Übergaben. 


—    140    — 

feit  felbft  crfe^en  fann.  2Benn  bcr  3Keier  ftdfj  herausnimmt,  ,,ju 
Einern  SDetfmantel  beS  übermäßigen  ÄaufS  bie  $aljrniS  ju  l>od(j  ju 
fd&äfcen",  fo  fott  ebenfalls  baS  ermahnte  fd(jtebSrtcijterlidf)e  SBerfaljren 
•eintreten. 

SBenn  ber  SßreiS  a(fo  nid&t  Ijöfjer  mar  als  ber  eigene  Stufroanb 
t>eS  bisherigen  9ReierS  betragen  §atte,  fo  fonnte  ber  ©runbljerr  aus 
ber  $ßretS{)itye  leinen  @mmanb  gegen  bie  Veräußerung  i)ernef)men. 
SBenn  ber  3Weter  aber  feinen  2lufroanb  nidjjt  nadfjmeifen  fonnte  ober 
fidfj  mit  bem  ©rfafc  beSfelben  nidfjt  begnügen  wollte,  fonbern  nad> 
HWaßgabe  ber  ©utSqualttät  unb  ©utSnufeung  oerfaufen  mottte,  fo 
fonnte  ber  ©utSljerr  nadfj  Sln^örung  unpartetifd&er  ßeute  ben  SßreiS 
ermäßigen  unb  jmar  bis  auf  baS  9Hoeau  beS  „billigen  SBerteS". 
tiefer  mürbe  im  Streitfall  arbiträr  beftimmt,  es  mußten  aber  babei 
bie  ©utSnufeungen  entfpredfjenb  berüdfjtdfjtigt  merben. 

3)iefe  2lrt  oon  ^Preisbestimmung  fdjließt  ftd&  enge  an  bie  33e= 
fugmS  beS  ©runbtjerrn,  jeben  ©utSnadjjfolger  jurüdEjuroetfen,  ber  ben 
Kaufpreis  nid^t  bar  ober  menigftenS  in  „jiemltdfjen  griften"  bejaht. 
SDte  SttbletjnungSbefugniS  follte  ben  ©runb^erm  in  ben  ©tanb 
feßen,  ju  oerfjüten,  baß  ber  neue  SUleier  fdfjon  gleidjj  in 
aerfdjjulbetem  ßuftanb  auf  baS  ©ut  jiet>e;  er  follte  möglid&fl 
fd)ulbenfrei  ben  SSeftfc  antreten  ober  bie  ©dEjulben  follten  menigftenS 
derart  fein,  baß  fie  ntdfjt  ju  brüdfenb  mirfen.  SBaS  ^alf  aber  baS 
„gejtemenbe  Verhältnis"  ber  Äauffd&tHingSraten  jur  Äauffumme, 
menn  biefe  felbft  fibermäßig  ijodfj  mar?  SBenn  ber  neue  SKeier  ftd& 
baburdjj  gletd)  oon  äfafang  an  feiner  ganjen  Sarfd&aft  beraubte, 
fo  baß  iljm  leine  9Rittel  jur  @utsbemirf(§aftung  übrig  blieben? 
©o  jroingt  jebe  33 c f d&ränf ung  ber  S8erfd^ulbungS= 
frei^eit  baju,  audjj  inben  SBerfeljr  felbft  Eingriffe  ju 
machen.  — 

35er  ©runb^err  fonnte  alfo  nidfjt  nur  aus  ber  Sßerfon  beS 
©utSnadfjfolgerS  feine  (Sinroenbungen  nehmen,  fonbern  audfj  aus  ben 
SBeräußerungSbebingungen.  @r  fonnte  eine  ftberfd&ulbung 
burdfj  ju  l)ol)e  ÄauffdfjilltngSrefte,  austrage,  2lb* 
finbungSgelber  ufm.  oer^inbern.  SBie  ftanb  es  nun 
über  bamit 

2.  bei  bloßen  ©d&ulboerfdfjreibungen  mit  fiijpot^efen* 
beftellung,  alfo  befonberS  bei  l)i)potl)efarif<fj  oerfid&erten 
Darlehensaufnahmen?  Konnte  au<$  §ier  ber  ©runb^err  feinen 
itonfenS  oermeigern,  menn  eine  Überfd&ulbung  ju  befttrd&ten  mar? 
Ober  nodj)  präjif er  auSgebrüdft :  2Bar  aud& §ter  bie  bro&enbeüber- 


—    141     — 

fd&ulbung    eine    „redjtmäfjige"    Urfadje    jur    SSer^ 
roeigerung  be£  ÄonfenfeS? 

SBäfcrenb  in  Stnfe^ung  ber  SBeräufterungSfäHe  baä  ©efefe  felbft 
genau  fagt,  was  eine  „redjtmäfjige  Urfadje  jur  ÄonfenSoerweigerung" 
tfi,  ftnben  fid)  in  ber  ganjen  ©efefcgebung  oon  1616  feine  Slntyaltö* 
punfte  barüber,  mann  ber  ©runb^err  bei  blofcen  SBerpfänbungen 
feinen  ßonfenS  erteilen  muffe  unb  unter  welken  Umftänben  er  Ujn 
oertoeigern  fönne.  S)ie  (Sntfdjetbung  über  biefe  grage  war  alfo  in 
ba$  @rmeffen  be8  ©runbtjerro  unb  im  Streitfälle  in  ba3  be£ 
9K$ter$  gefteHt.  @3  ift  Har,  bafc  biefe  ftdj  nad)  paffenben  ^räiubtjten 
in  anbeten  Säubern  umfallen. 

3fn  ©aljburg  mürbe  um  bie  3Ritte  be$  17.  ^a^rljunbertö 
bie  SBerfd&ulbung  ber  ^Bauerngüter  über  bie  iQätfte  be£  3Berte& 
»erboten.  SBenn  ein  Bauerngut  bereite  bis  jur  iQälfte  be$  3ßerte& 
oerfdjulbet  ift,  fo  foH  eine  2)arlel)enaufnat)me  nur  im  Notfälle, 
nur  im  mäßigen  betrage  unb  nur  afe  Sßerfonalfdjulb 
(mit  SSärgfd^aft)  o&ne  weitere  Selaftung  be3  ©uteä  jugelaffen 
werben1. 

3n  bem  ©aljburgtfdjen  föauptwerf  e  über  ba$  Siedet  ber  Säuern» 
guter,  beS  erjbifdjöfßd&en  SuftijratS  unb  SßrofefforS  SBluembladjer 
ift  ber  $rage:  „an  dominus  in  hypothecationem  consentire 
teneaturu  ein  befonbereS  Äapitel  genribmet2.  3m  allgemeinen,  fagt 
SHuemblaifcer,  ift  ber  ©runb^err  feinen  ÄonfenS  ju  erteilen  gehalten, 
dummodo  debitum,  de  quo  consensus  petitur,  valorem  et 
pretium  rei  emphyteuticae  non  excedat.  SDtc  statuta  unb 
consuetudines,  meiere  jur  SBerpffinbung  ben  ÄonfenS  be3  ©runb* 
Ijerm  erforbem,  feien  alfo  nidjt  ba^in  auSjubelpten  unb  ju  inter- 
pretieren, quod,  si  Emphyteutae  necessitas  ineumbat  hypothecam 
imponendi,  penes  Domini  directi  arbitrium  stet, 
talem  hypothecam  prohibendi,  quia  pugnaret  contra  Jus  naturale 
et  gentium,  de  quo  Gommerciorum  usus  Über  esse  debet.  ©ine 
(gtnfdjtönhmg  fei  nadj  ber  consuetudo  ©aljburgS  ju  madjen, 
de  qua  consensus  ad  hypothecandam  rem  dumtaxat  quoad 
dimidietatem  eius  pretii  praestari  solet. 

33on  Sfoembladjer  ^aben  nun  bie  batjerifdjen  Tutoren 


1  Serorbnuitßen  oom  9.  Sunt  1654  unb  oom  7.  3Kai  1655,  Säumt,  3lu$- 
%uq  ber  ©ala&urgiWen  SanbeSgefefce  (1785)  I  34.  Saßt,  aueft  I  28,  II  431, 
III  68. 

9  Tract.  de  iure  Emph.,  1661  (2.  KufL  1715),  qu.  12. 


—    142    — 

emfadj  abgetrieben,  jum  5CetI  unter  SSerattgememerung  feiner  von 
tym  auSbrüdflidfj  auf  ©aljburg  befd&ränften  Ausführungen. 

9lm  grünblid&ften  gefd&at)  bieg  burdjj  <5l)lingen3perg,  ber 
33luemblad(jer  faft  mörtlidf)  jitiert  unb  feine  2lnftdfjt  miebergibt  (©.  72), 
jebod^  mit  SBeglaffung  ber  Semerfung,  bafc  ber  @runbt)err  nur  bi3 
pr  Hälfte  be8  2öerte3  be$  ©runbjiüdfö  feinen  ßonfenS  p  erteilen 
foaudfjt. 

SBetjer  (p  SKrt.  9  n.  17)  fityrt  aU  elfte  unb  lefete  limitatio 
ber  SBerpflidfjtung  be8  ©runbljerm,  feinen  ÄonfenS  ju  geben,  unter 
IBerufung  auf  Sluembladfjer  an:  „SBenn  ber  ©rbred&ter  feine  ©e- 
rec^tigfeit  einem  anbern  über  bie  föälfte  oerf treiben  ober  oer* 
fefeen  tritt."  2lud(j  berttrbarägebraudjj  jctylt  unter  bie  julfifftgen 
(Sinmenbungen  be3  ©runb^errn  ba3  Sebenfen,  baft  bie  ©utöfd&ulben 
über  ben  tjatben  2B  e  r  t  l)tnau$gel)en  würben  (©.  26).  S5er  SBer* 
f affer  fragt  bann  nodfj  befonberS  (©.  27),  ob  ber  Sauer  bemna<£ 
nidjt  bie  aßadfjt  fydbt,  fein  ©ut  mit  SBormiffen  beS  ©runb^errn  auf 
oölltgen  2Bert  ju  oerpfänben,  unb  antwortet:  „9ltin,  benn  e3 
ift  miber  ben  SanbSgebraudj) ,  unb  au8  rielen  erljeblid&en  Urfad&en 
nidjt  ju  paffteren." 

3Ran  fann  biefe  9lu8fprü<$e  jugleidf)  als  -ftieberfdfjlag  unb 
ate  Duelle  ber  grunbljerrltdjjen  5ßra£i3  betrauten,  mie  fte  fid&  in 
33arjern  in  ber  erften  iQälfte  be3  18.  3al>rl)unbert$  ^erauSgebttbet  t>at. 
$rül>er  mürbe  moljl  oon  gatt  ju  gatt  entf Rieben,  ob  burdfj  bie  be= 
abftdfjttgte  Selaftung  beS  ©runbftüdfeS  bie  oom  ÄonfenSredfjt  ju 
fd&üfcenben  $ntereffen  gefdjjäbigt  mürben  ober  mdfjt,  unb  ob  bemnadj) 
ber  ÄonfenS  ju  erteilen  ober  ju  oermeigern  fei.  D^ne  3^eifel  mürbe 
babei  au$  ba$  9Jtaf$  ber  oor^anbenen  SBerfd&ulbung  unb  bie  ©efaljr 
ber  Überfdfjulbung  burdfj  bie  neue  iQppot^ef  in  (Srmägung  gejogen. 
2l6cr  bestimmte  ©runbfafce  bilbeten  ftdf)  erft  heraus,  nadfjbem  baS  be* 
nad&barte,  jlammeSoermanbte  unb  ehemals  jum  baperifdfjen  ißerjogtum 
gehörige  ©aljburg  energtfdfj  mit  entfpredljenben  SRafcregeln  ooran* 
gegangen  mar,  unb  eine  befonberS  in  emp^ijteuttfd&en  fragen  fo 
gefd&afete  Autorität  mie  Sluembladjjer  biefen  2Raf$regeln  ba$  literarifd&e 
^Bürgerrecht  oerlieljen  ^atte.  SRun  mürbe  e3  au<$  in  Sagern  jur 
feftfte^enben  Siegel,  bafc  ber  ©runb^err  burd&  2tu3fibung  be3 
ßonfen3redjjte$  bie  Überfd&ulbung  ju  oer^inbern  l)abe,  unb  jum 
S  e  J)  r  f  a  | ,  bafe  ber  ©runb^err  berechtigt  fei,  bie  SBerf  dtjulbung  über 
bie  igälfte  be$  SBerteS  ^inau^  ju  oer^inbern1.  >2)ie  Übung  ber 


1  «iettetd^t  !)at  baju  aud^  bie  Serorbnuna  oom  5.  3»ät)  1672  (§  20)  bei* 


—    143    — 

©runbl>erren  fd&etnt  gegen  bte  3Ritte  be$  18.  3al)tf)imbert$  ju  immer 
ftrengex  geworben  ju  fein,  benn  nadfj  bem  Äreittmagrfd&en  Sanbred&t 
mm  1756  (IV  7  §  15)  war  e$  fd&on 

„nid&t  geroö^nlidfj,  auf  metjr,  benn  bie  igälfte  be3  SBerteS  vom 

©rbred&te1  ju  fonfentieren". 


§8. 

<Sl)Hngen$perg  nennt  (©.  60)  folgenbe  „rationesa  be3  grunbljerr* 
liefen  Äonf en$red|jte3 :  1.  ne  in  praestando  annuo  canone 
aut  alio  modo  domino  directo  fiat  praeiudicium;  2.  ut  laude- 
ffliorura  non  ineurrat  dominus  periculum;  3.  ne  dominus 
directus  in  iure  praeemendi  vel  retractus,  quod  ipsi 
competit,  impediatur.  3laü)  ©djjmtb  (ju  S5R.  XXI  15  n.  7)  £at 
ba£  ÄonfenSred&t  bie  Aufgabe,  „@l)re,  SRefpeft  unb  ^räjubij 
be3  $errn"  bei  ber  SBeräufeerung  ju  fidEjern.  35er  SRefpeft  oor  bem 
©runb^errn  laufe  nämtidj  ©efa^r,  wenn  „ber  abtretenbe  9Reter  ft$ 
tinbilbe,  bafc  non  i^m  allein  ba3  SBeräufeerungSroerf  abfange",  ©eine 
©eredfjtfame  fei  gef ä^rbet,  toenn  ber  9laü)  folger  glaube,  bafc  bie  i^m 
oeräu&erte  ©adf)e  freieigen  fei,  unb  mit  ber  $eit  bem  ©runbljerrn 
ba$  ©runbred&t  gar  ableugne,  ©o  f)atte  fdfjon  bie  SanbeSorbnung 
oon  1553,  III  15  ärt.  7  (oben  ©.  132),  fonftattert,  bafc  burdfj 
fcmfenSlofe  5Beräuf$erungen  ben  ©runbtyerren  „mit  ber  3eit  o^ne 
i$r  aSormiffen  fol<$  ©runb  oerloren  unb  bie  ©üter  gefd&mälert 
werben". 

StaS  ftonfenSred&t  foHte  alfo  ber  Sßa&rung  be$  DbereigentumS, 
ber  Sicherung  ber  grunbl)errlidfjen  abgaben,  ber  ßaubemienfontroHe 
unb  jur  (Erleichterung  ber  Ausübung  be8  grunb^errlid^en  ©inftanbs* 
redete*  bienen.  63  mar  ba3  midjjtigfte  Mittel  jur  99  e  auf* 
fidjiigung  be3  ©ttteroerfe&rS  ber  ©runb^otben  unb 
«in  nottoenbigeS  © li e b  b e r  grunbljerrfd&aftitdfjen  33erfel)$  = 
organifation.  Slber  bieS  erftört  nodjj  mdfjt  jur  ©enäge  ben  eigen« 
tfimltdjen  Anteil  ber  grunb^errfd^aftlid^en  SBerroaltung  an  ber  SßreiS» 

getragen.  gfreüi<$  müfcte  fte  —  wenn  bem  fo  fein  foUte  —  mifcüerftanben 
roorben  fein,  inbem  fte  nur  eine  inbirefte  SerföulbungSgrenje  ftatutierte 
(efenba). 

1  $er  8a|  gilt,  wie  fta)  aud  bem  3ufammenfjang  ergibt,  aua)  oom  ßeib* 
red)t  unb  oom  $errengunfi 


—     144    =~ 

bilbung  bcr  grunbbaren  ©üter  unb  bie  Semüljungen  ber  ©runb* 
Ferren,  beren  Überfdjjulbung  ^intanjuljalten. 

2luf  bem  ßanbtag  oon  1605  Hagen  bic  ©täube  (©.  159): 

„@3  ift  in  allen  ^Regierungen ,  fonberltdjj  aber  im  Dberlanb, 
funbbar  ...  wie  ^od^  unb  überljodfj  bie  Untertanen  i§re  grei  = 
ftiften  unb  &errengunft,  wie  fie  e$  nennen,  fdjjäfcen,  oer* 
laufen  unb  übergeben,  unjäljltge  ©Bulben  barauf  machen 
unb  enbüdj  ntdjjt  allein  fid£)  felbft,  fonbern  and)  tt)re  eigenen  ßinber 
bamit  in  ©runb  oerberben."  3)er  föerjog  oertröftete  auf  bie  bamalS 
bereite  in  Angriff  genommene  „  Deformation  ber  ^olijei".  3n  einem 
bei  biefer  ©elegen^eit  erftatteten  ©utadfjten l  mirb  audjj  bie  1605  an* 
gefd&mttene  grage  betjanbelt.    @3  Reifet  barin: 

„2lnlangenb  bie  anbere  grage,  ift  $mar  ein  unleibenblidjjeS  SDing, 
bafc  bie  Untertanen  tyre  greiftiften  fo  l)od(j  überfd&äfcen  unb  barauf 
einen  ganjen  übermäßigen  Raufen  ©d[julben  mad^en,  fid^  unb  anbere, 
ja  ifjre  eigenen  Äinber  oerberben,  baburdfj  benn  bie  ©üter  nidfjt 
fönnen  erbaut  merben,  fonbern  not^alber  in  SCbfd^Ieif  fommen  mfijfen. 
9lber  mer  mill  anjefco  ein  jebeS  ©ut  fdjjäfeen?  ©ie  finb 
ungletdjj,  bie  ©üter,  an  ben  Saufelbern,  ^oljfejen  unb  2Bte3= 
mätjbern." 

iQier  rotrb  rtd&ttg  oermerft,  bafe  jur  SBer^inberung  ber  Über- 
flutung eine  ©utsfdfjäfcung  nötig  ift,  unb  audfj  bie  ©dfjmierigfeit 
ber  lederen  wirb  erfannt.    2)a£  ©utadjjten  fäljrt  fort: 

„2BiH  man  es  in  eines  ©runbtyerrn  SBillen  unb  S)t3fretum 
ftellen  [b.  Ij.  bie  ©djjäfcung],  mürbe  be£  ÄriegenS  unb  3<KtfenS  fein 
@nbe  fein.  @£  märe  rooljl  ein  3ftittel,  bafe  man  in  ben  ©teuer* 
regiftern  na<$fälje,  mie  f)odfj  ein  jeber  feine  ©tift  in  ber  ©teuer  felbft 
angef djlagen 2.  2lber  babei  finb  anä)  oiel  Sebenffäffe,  benn  fold&e 
©d&äfcungen  ftnb  ungleich  unb  märe  tttoaS  gar  ju  nat>e  gefudjjt* 
[S).  t).  fo  leidet  ift  bie  ©adfje  bod)  nidjjt.]  SDodfj  märe  e$  bennod^ 
nidfjt  unratfam,  bafe  man  ben  ©runbtjerren,  bie  i^re  Untertanen  mit 
ber  ©teuer  felbft  nidfjt  ju  belegen  §aben,  auf  ijjr  S3ege^ren  einen 
©Straft  aus  ben  ©teuerbfid&ern  gäbe,  bamit,  menn  fie  [bie  Untertanen] 
tyre  greifiiften  gar  ju  fjodjj  fd&äfcen  ober  mit  Ungrunb,  als  Ratten  fte 
me^rerS  barumben  geben,  anjeigen  wollten,  fie  l)terburd&  jur  ©ebüljr 
fönnten  gemiefen  merben.     ©onft  mödjjte  biefeS  ein  burd&ge^enbeS 


1  „©utad&ten  unb  2)tSfur8  wegen  bcr  greifttften  unb  ^errenöunfte"  (o.  $>. 
u.  U.),  etaamibiiotW  2Ründjen,  cgm.  2552  II,  fol.  370  bearo.  379. 
8  2)er  2fotfdf>fog  jur  ©teuer  war  natürlich  ein  mögUc$ft  niebtiger. 


—    145    - 

atfittel  fein,  bafj  ein  jeber  Untertan  anzeigen  unb  ju  bef peinigen 
f d&ulbig,  wie  l)od(j  [t^tn]  bic  §reiftift  in  ber  näd&ften  [leiten]  SBeränberung 
aufcer  ber  $al)rni3  jugefommen ;  bei  foldfjer  ©umme  fönnte  er  fürber* 
^in  gelaffen  werben,  e$  würbe  benn  baS  ©ut  alfo  gebeffert,  bafj  er 
fünftig  ben  Überfdjjufe  tootjl  ju  niesen  §ätte,  beSgleidjjen ,  ba  e$  im 
Stöfdjleif  fommen,  mödfjte  man  i^m  bie  SfHmatum  audjj  ringern." 

SDer  SBorfd&lag,  „bajs  ein  jeber  Untertan  anzeigen  unb  ju  be* 
fd&einigen  fd&ulbig,  roie  l)od()  [tym]  bie  greiftift  in  ber  näc^ften  SBeränbe* 
tung  jugefommen",  mar  nidjt  neu.  3)a3  öofratögutad&ten  oon  1616 
(ju  £9t  XXI  5,  add.)  nennt  e$  perpetua  regula  ad  nostros  ante- 
cessores,  bajs  einer,  toeldjjer  iQerrengunft  Ijat,  ntdfjt  l)öl)er  nerfaufen 
unb  nid&t  me^r  auf  ba3  ©ut  fdfjlagen  fSnne,  afe  fooiet  er  mit  SBor^ 
nriffen  unb  SSenrittigung  beS  ©runbt>errn  barum  aufgelegt.  2lud)  ber 
&ofrat  fonftatiert  bie  Überfd&äfeung  ber  fierrengunfte :  „3ltebann 
mot|l  t>or  Sorten  ©jempla  für  gangen,  baß  ber  Jßerrengunfi 
$öi>er  ift  »er  f  auf  t,  üb  ergleben  unb  an  g|e)tommenmorben, 
aU  ba3  ßigentum  »erlauft  merben  möd&te."  S)aran  fügt 
er  feinen  eigenen  SBorfdjjlag:  „Quare  ad  evitandum  hoc  incon- 
veniens  ift  aüeroeg  ju  fonftatteren ,  . . .  bajs  ber  ©runb^err  nidjjt 
fd&ulbig  fein  foll,  metjr  aus  feinem  ©ut  fdjlagen  ju  laffen,  ate  ber 
Sejtfcer,  melier  »erlaufen  ober  übergeben  will,  um  ben  iQerrengunft 
^ieoor  mit  feinem  ÄonfenS  aufgelegt  l)at." 

S)a3  aüeS  bejie^t  ftd&,  wie  man  fie^t,  nur  auf  ben  Ferren* 
gunfl.  SBaS  ift  ber  ©runb  biefer  SluSnaljmejiettung ?  Sffiarum 
fottte  gerabe  beim  iQerrengunft  ju  teuere  Übernahme  unb  Über* 
f  d&ulbung  Ijintan  gehalten  merben  ?  SBeldjjen  ©runb  fjatte  überhaupt 
bie  Äonfiatterung  biefer  @rfdf)einung  juft  bei  biefer  Slrt  »on  bäuer* 
lieber  ©ered&ttgleit?  2Beld(jer  merftoürbige  3ufaH  wollte  e$,  ba& 
gerabe  ber  iQerrengunft  fo  leidet  überfdfjäfct  unb  überfdjjulbet  merben 
tonnte? 

2fod&  barüber  gibt  und  ba$  £ofrat3gutad(jten  Sluffd&luf}.  S)er 
$ofrat  begrünbet  nÄmlid&  feinen  oben  erwähnten  33orfdf>lag  folgenber- 
mafecn:  *2)enn  fonft  ber  fcerrengunft  mittlerroeÜen  fo  tjodf)  »erlauft 
merben  mädjjte,  bafc  einem  ©runb^errn  gar  ju  fd&roer  fallen  würbe, 
ba*  ©ut,  ba  er  wollte,  wteberum  an  ftdjj  ju  löfen."-  ijjter  muffen 
wir  ben  Sefer  baran  erinnern,  bog  berj@runbl>err  ben  JQerrengünftler 
„jäfjrlufj  ju  regtet  ©tiftjeii"  abjWften  tonnte,  menn  er  tfjm  feinen 
äufwanb  oergütete;  ber  Slufwanb  befianb  ^aitptfac^Iic^  im  Entgelt 
für  ben  feinerjritigen  (Erwerb  ber  fcerrengunfi;  baju  gehörten  aber 
nid&t  nur  bie  JBarja&lungen,  fonbem  audjj  bie  ©d&ulboerpftid&tungen, 

«often,  Berf^nlbutifi.  10 


—    146    — 

bie  ber  Käufer  auf  fidj  genommen  Ijatte,  mit  anbeten  äßorten:  bie 
flehen  gebliebenen  Sieftfauffdfjittinge.  S)ie  bur<$  ben  ©rwerb  ent* 
fianbene  ©d&ulbenlaft  olfo  mußte  ber  ©runbljerr  ebenfalte  auf  ftdfj 
nehmen  ober  oom  ©ute  ablöfen,  wenn  er  ben  iQerrengünfiler  abftiften 
wollte.  3)er  ©runb^err  fyatte  bai)er  ein  Qntereffe  an  niebrigen 
greifen  unb  an  geringer  SBerfd&ulbung  ber  igerrengunfie. 

SDaS  ftmbred&t  oon  161t5  ijanbelt  (XXI  8,  ©.  139)  freiltdj 
oon  allen  ©runbgered&tigfeiten.  „Äann  ber  3fteter  bewetfen,  rote 
tjodfj  bie  ©ered&ttgfett  ober  audf)  ber  ißerrengunft  mit 
äBiffen  unb  33ewitttgung  be3  ©runbtjerrn  an  i^n  fommen"  ufw.  3lber 
ber  ißerrengunft  ift  bodfj  befonberS  ^eroorge^oben. 

SÄudfj  in  äfafetjung  ber  Sßreteregelung  untertreibet  ftdf)  ber  er« 
mahnte  3lrtifel  be3  ßanbredfjteS  1616  oom  33orfd(jlag  ber  beiben 
oorangegangenen  ©utadfjten.  3lux  wenn  ber  3Mer  feinen  Stufwanb 
nadfjweift,  fott  biefer  ber  SßreiSfeftfefcung  jugrunbe  gelegt  werben. 
SBitt  ober  fann  ber  3Keier  feinen  Slufmanb  nidjjt  nadjjweifen,  fo  fann 
ber  ©runbtjerr  ©Haftung  be3  billigen  SßerteS  burd^  ©ad&oerfi&nbige 
eintreten  laffen,  unb  bann  foH  biefer  maßgebenb  fein. 

$m  SBorbergrunb  ber  Bewegung  um  bie  SKiebrigljaltung  be3 
^reifes  ber  bäuerltdfjen  ©eredjjttgfeiten  ftanb  audjj  nadj  1616  ber 
&errengunft.  SDieS  geigt  beutltdj  bie  SBemerfung  oon  ©dfjmib 
(ad  &K.  XXI  8  n.  2),  baß  ber  „SBauer  fein  Stecht  i)abe,  mit  SBer* 
faufung  ober  SBeräußerung  feines  Sted&teS  einen  SBucljer  ju  treiben 
ober  ©ewinn  ju  fudjen;  beffen  ift  bie  Urfadfje,  bamit  er  bem  &erro 
fein  SRed^t  nidjjt  fdtfimmer  mad&e.  Unb  biefeS  tjat  fonber^eitlid^ 
Spiafe  beim  &errengunft.  ...  Unb  batjero  ift  gewiß,  baß,  wenn 
oon  $tit  ber  erften  ©uteoerleiljung  bie  ©üter  allein  ber  $eit  falber 
im  SBerte  geftiegen,  foldjjeS  nidfjt  bem  Sauer,  fonbem  bem  &errn 
befagtermaßen  ju  SKufcen  fomme".  3)er  ßonjunfiurengewinn 
bem  ©runbljerrn!  S)ie  greife  f ottten  beim  fierrengunft  fünftlidfj 
niebrig  gehalten,  Überfdfjulbung  oer^inbert  toerben,  bamit  ber  @runb* 
fjerr  aus  feinem  2lbftiftung3red&te  einen  möglic^ft  großen  ©ewüm 
fd&lagen  fönne.  2lud&  wegen  iljreS  '@tnftanb£redfjte8  Ratten  bie 
©runb^erren  ein  Qnterefje  an  niebrigen  greifen;  benn  je  geringer 
biefe,  befto  weniger  Soften  erforberte  ber  ©inftanb,  befto  leeren 
©ewinn  oerfpradfj  er.  2)arau3  ergibt  fid[j,  baß  bie  oben  erwähnten 
Klagen  unb  SBefürd&tungen  in  Sejie^ung  auf  bie  Überfdfjulbung  unb 
bie  Überfettung  ber  igerrengunfte  nur  afe  relatio  grunb^altig 
ju  betrauten  finb.  9Som  ©tanbpunfte  be$  ©runb^errn  gefeljen, 
geigte  ftdlj  Überfd&äfcung  unb  Überfdjjulbung.    SDaß  bie  ©efa&r  einer 


—    147    — 

nrirflid&en  ftberfdfjäfcung  unb  ttberfd&ulbung  oorlag,  iji  anjuneljmen. 
SBenn  bet  SWeier  feine  ©runbgeredfjtigfeit  oeräufeern  wollte,  fo  ifi  e$ 
ganj  natürlich,  ba&  er  barnad^  trachtete,  möglidfjft  t>iel  ©elb  barauS 
ju  f dalagen;  bieS  gelang  ttym  eljer,  wenn  er  fulante  3al^^9^s 
bebtngungen  fieHte,  weil  bann  ber  ÄreiS  ber  flbernatjmSfäljigen  unb 
unter  ftd&  fonfurrierenben  Ääufer  ein  größerer  war.  ©ie§e  ©djjmib 
ju  231.  XXI  8  n.  3:  „Sßemt  vom  SBerte  nid&tS  befannt,  ber 
SReier  audfj  nidfjt  erweif  en  will  noä)  lann,  wietriel  anfangt  um  baS 
@ut  ausgelegt  worben,  f o  fyat  ber  iQerr  ©ewalt ,  baß  er  felbft  ben 
SBert  auSflredfen  fönne.  SBir  felbfi  tyaben  erfahren,  wie  IjalS* 
fiarrig  fid&  bie  Sauern  in  Überfdjäfcung  i^rer  ©üter 
aufführen,  alfo  baß  fie  ju  biefer  obwohl  bebrängten  3*ü  i^re 
erb-  ober  leibredjten  ©üter  unb  abfonberlidjj  ben  Ferren« 
gunft  um  fo  §ol)en  SBert  feilbieten,  baß  fein  Äaufer  fd&ier  gefunben 
werben  fann,  außer  ber  igerr  läßt  an  ben  jätjrlidfjen  ©d&ulbigfetten 
nadf>."  Slber  biefe  SßrafiS  Ijatte  i^re  natürltd&e  ©renje  im  ©elbft- 
intereffe  ber  Parteien,  wetyrenb  bie  fünfilid&e  ©renje  ber  grunb* 
§errlid&en  SpreiSfeftfefeung  an  bem  9Jiangel  litt,  baß  fie  ju  eng  geftedft 
war  unb  leidet  mißbraud&t  werben  fonnte. 

£>ie  Seftrebungen  ber  ©runb^erren,  bie  flberfdfjulbung  ber 
Bauerngüter  im  Äaufwege  ^intanju^alten,  Ratten  alfo  im  eigenen 
Qntereffe  ber  ©runb^erren  i§re  llrfadfje.  Slber  audjj  waS  bie  fonftigen 
a3erfd&ulbung3möglid()feiten  betrifft,  namentlich  bie  SBerfdfjulbung  burdjj 
^Darlehensaufnahme ,  Ratten  bie  ©runbljerren  ju  einer  genauen 
Stontrofle  aßen  äfalaß. 

©er  Jßofrat  erflärt  ben  ÄonfenSjwang  bei  ^ppot^efbefteHungen 
beSljalb  für  „Ijettfam  unb  nüfelidfj",  weil  „ber  ©runbljerren  prae- 
judicium  [burdfj  bie  fcgpotljefbejlellung]  nid&t  wenig  oerfiert  [wirb] 
unb  ex  hypotheca  bie  ©a$e  Ietdfjtlid(j  ad  alienationem  fundi 
emphyteutici  fommen  mag"  (ju  ©antpr.  II  20).  Stoß  bie  S3er* 
pfänbung  „fd&ier  ber  näd&fie  2Beg"  jur  SBeräußerung,  be- 
merft  au$  ber  UrbarSgebraudfj  (©.  23).  ©abei  ift  Ijauptfäd&lidfj  an 
bie  3n>angSoerfteigerung  ju  benfen.  S)er  ©runb^err  j)atte 
ein  großes  Qntereffe  baran,  eS  nid&t  jur  SSergantung  ber  bäuerlichen 
©ered&tigfeit  fommen  ju  laffen,  weil  bie  SergantungSbebingungen 
feinem  ©njluß  entrüdft  waren.  SDaS  ÄonfenSredjjt  beS  ©runb^erm 
bei  SBeräußerung  ber  ©runbgeredfjtigfeit  bejog  ftd&  ntd&t  auf  bie 
gerichtliche  SroangSoeräußerung1 :  alienatione  prohibita  non  censetur 

1  Bluemblacher,  p.  221:  Neque  Domini  consensus   neque  dissensus 

Attenditur. 

10* 


—     148    — 

pohibita  alienatio  necessaria,  benn  necessitas  legem  non  habet 
(9toi  fennt  fein  ©ebot).  ©egen  bie  Überfd&uibung  be3  ©uteS  b 
ber  (Sinjieigerung  mar  in  bcr  ©antorbnung  f  elbft  SBorforge  getroffen 
2BaS  aber  bie  Seftimmung  beS  neuen  ÜWeierS  betrifft,  fo  erfolgte  f 
oljne  bie  Sßitroirfung  be$  ©runbljerro,  Ijier  tonnte  er  einen  coloni 
inacceptabilis  nidjt  jurfidtoeifen8. 

©ine  anbete  ©oentualität,  bie  ben  ©runbljerrn  oeranlaffe 
tonnte ,  bie  SBerfdjulbung  ber  bäuerlichen  ©runbgeredjtigfetten  m 
£t)potl)ef  en  oom  egoiflif  <$en  ©tanbpunft  ju  prüfen,  war  ber  &  e  i  m 
fall  ber  bäuerlichen  ©eredjtigfett.  SBenn  ein  ^Bauerngut  bei 
©runb!jerm  ^eimftel  —  fei  eS  jur  ©träfe  (unten  6.  193),  fei  c 
im  getoöljnlidjen  2Bege  (ßrlöfdjen  ber  Familie  beim  (Srbredjjt,  %o 
beim  Setbredjjt,  älbftiftung  beim  feerrengunji)  —  fo  blieb  bi 
©djulbenlaft  auf  bem  ©ute  liegen,  ba$  ©ut  fe^rte,  roie  man  ft< 
auSbrflcfte,  cum  onere  jum  ©runb^errn  jurficf 4,  alfo  im  SBerte  g< 


1  SBeijer  gu  9lrt  15  qu.  III. 

2  ©antprojefj  IV  2:  @in  „namhafter*  £eil  ber  ©infteigerungSfumme  foHi 
bar  erregt,  baS  übrige  „auf  leibentlia)e  griffrn*  oerfta)ert  werben. 

8  SBenn  ber  ©runbljerr  —  roaS  meiftenS  ber  gatt  gemefen  fein  nrirb  - 
gegen  ben  verganteten  ©runbljolb  eine  gforberung  $atte,  fo  Ijatte  er  a( 
©laubiger  ©inffafj  auf  bie  SergantungSbebtngungen. 

4  3)ie  gfrage  war  übrigeng  ntdjt  unbeftritten.  SBenn  man  oom  ©afce  aus 
geljt :  Nemo  plus  iuris  in  alium  transferre  potest  quam  ipse  habet,  fo  foHi 
man  benfen,  bafi  bie  auf  ber  bäuerlichen  ©runbgeredjtigfeit  laftenben  @a)ulbe 
beim  §eimfaH,  alfo  beim  ©rlöfdjen  ber  ©runbgerea)tigfeit ,  ebenfalls  erlöfa)er 
Snbeffen  ftatuierte  ftt)on  baS  römifa)e  Äedjt  eine  3lu3na§me  oom  obigen  ©a$< 
wenn  ber  (Smpfjnteuta  bie  @mp§uteuftS  oerpfänbet  (3Binbfa)eib  f  $anbeften 
§  219  «Rote  8).  $te  juriftifd^e  gormel  für  biefeS  Servituts  lautet:  „$i 
©mpljoteuftS  bauert  in  Slnfeljung  beS  ^fanbredjteS  fort/  $a$  ©ut  übernimm 
einfiweilen  (bis  gur  SBieberoerftiftung)  bie  Haftung  für  bie  oon  bem  ©mpljöteuti 
fontra^ierten  ©Bulben.    (^erfönlta)  haftet  ber  Dbereigentümer  nic&t.) 

SBaS  baS  baoerifa)e  ftea)t  anlangt,  fo  finbet  fta)  (gft.  XXI  16)  quo 
gefprod&en,  bafe  bei  ber  gluckt  eines  ©runb§olben  bie  ©laubiger  beSfelben  burd 
ben  bann  eintretenben  £etmfatf  ber  ©runbgereä)tigfeit  feinen  9taa)teil  erleibet 
burften.  $aS  oerlaffene  ©ut  mufete  alfo,  wie  ©djmib  (n.  8)  bemerft,  oergante 
unb  jebem  ©laubiger  prtoritätSmäfjig  baS  ©einige  bejaht  werben.  2)af$  bei  bei 
SCbftiftung  eines  Ferren günftlerS  ber@runbfjerr  bie  bem  lefcteren  burdj  ber 
©rwerb  entftanbene  @d&ulbenlaft  auf  fta)  nehmen  ober  oom  ©ute  ablöfen  mujjte 
fyabm  mir  bereits  gefeljen  (oben  @.  146).  2BaS  baS  Seibredjt  betrifft,  fc 
ftatuiert  erft  baS  Sanbreajt  oon  1756  (IV  7  §  29  n.  9)r  bafc  bei  Sergantung 
beS  9taa)(affeS  eines  ßetbredjterS  bie  Setbgereajtigfeit  gur  ©antmaffe  gehört  (alfe 
bie  gortbauer  eines  erlof$enen  Seibrea)teS  in  Slnfe^ung  ber  auf  tym  ru^enben 
^fanbrea)te,  fie^e  oben),  eS  ift  aber  angune$men,   bag  ^ierbura)  fein  neuet 


-     149    — 

minbert.  3)er  ©runbljerr  mufjte  bei  ber  äBieberoerftiftung  günftigere 
33ebingungen  fietten,  afe  wenn  ba3  ©ut  unnerfdjulbet  geroefen  wäre. 
SMS  ba^in  mu&te  bet  ©runb^err  für  bie  »on  bem  bisherigen  SÄeier 
fontraljterten  ©Bulben  in  ißölje  be3  2Berte3  ber  ©runbgeredjtigfett 
auffommen.  2llte3  ba3  mufjte  ben  ©runbfjerrn  notroenbigerroeife 
$um  ©egner  einer  roeitgeljenben  SBerfdjulbung  feiner  Bauerngüter 
madjen,  ja  mußte  iljm  gegen  jebe  Selaftung  berfelben  mit  neuen 
©Bulben  SÄifetrauen  einflößen. 

2lm  beutltdjflen  jeigt  ftd)  bie  Stellung  ber  ©runb^erren  jur 
SJelajiung  be3  abhängigen  bäuerlichen  33eftfeeS  mit  ©djulben,  wenn 
toir  bie  „austrage"  tn$  Sluge  f äffen.  2)er  UrbarSgebraudj  (©.  34) 
füljrt  als  ©runb  be3  ÄünfenSjroangeS  bei  austragen  an,  bafe  fie 
„ben  ©ütern  fetjr  befdjroerltdj  unb  bem  ©runb^errn 
f  djäblidj"  finb,  unb  „mefjr  junt  &aber  unb  ßanf  benn  jum  ^rieben 
geraten",  ©djmtb  (29t.  XXI  22  n.  2)  füfjrt  aU  ©runb  anf  baß 
„meijienS  foldj  alte  übergebenbe  Sauern  für  tyre  Sßfrünbe  [b.  f). 
2tu3trag]  bem  Äinbe  eine  f  o.  I  dj  e  SBürbe  auflegen ,  baß  e3  bem 
©runb^erm  bie  ©dfjulbtgfetten  ntdjt  abftatten  fann".  9ln 
«iner  anberen  ©teile  (n.  6):  SMe  Austrage  finb  o^ne  SeroiHigung 
ber  ©runbfjerren  barum  mdjt  gültig,   „bamit  fie  an  i^ren  Jä^r  = 


<9runbfa$   aufgeftettt,    fonbern   nur   ein    befteljenber   SRedJtSjuftanb   Fobifijiert 
werben  foHte. 

Bua)  8luentblaa)er  fagt  (qu.  35  n.  2),  bafc  bie  bäuerliche  ®runbgerea)tig* 
fett,  wela)e  wegen  $eimfaH3  (tjierju  gd^U  er  ben  orbentltdjen  ©ettnfaK  unb  ben 
au&erorbentftdjen  jur  ©träfe,  n.  7)  jum  ©runbfjerrn  $urüc!fe$rt,  cum  onere  per 
Emphyteutam  imposito  jurttcffeljrt,  wenn  bie  £opotljef  (onus)  mit  ßonfenS  be8 
<$runb&errn  auferlegt  worben  ift. 

©ejroeifelt  rourbe,  ob  ber  ©runbfjerr  bei  ber  ßonfen Serteilung  bie  2Bir!ung 
ber  Serpfänbung  bei  $eimfäQig!eit  au8fd)ltef$en  fönne,  etwa  burdj  eine  Älaufel 
beä  SBortlautö:  „SBenn  ftd)  eine  äeimfäHigfeit  ereignet,  fo  fott  biefer  ÄonfenS  und 
an  unferen  grunb$errltc$en  ©eredjtfamen  unpräiubijierlia)  fein"  (9ln^.  IV). 
ßine  fola)e  Jtlaufel  fonnte  nämli$  baljin  oerftanben  werben,  ut  videlicet  oppi- 
gnoratio  valida  efficiatur  respectu  illius  temporis,  quo  penes  emphyteutam 
est  mansura  emphyteusis  (cf.  Chlingensperger  Christ.,  Disp.  de  Jur.  Emph., 
1691,  p.  153).  Snbeffen  ding  bie  $errf$enbe  Meinung  baljin,  ba&  biefe  älaufel, 
aua)  wenn  fie  in  generali  plane  et  amplissima  forma  gefafst  würbe,  als  facto 
contraria,  unb  weil  verborum  extensio  vix  aliud  operatur,  feine  SBirfung  l>abe 
(ogL  ©uiad&ten  über  bie  lanbägebräua)igen  @ut*gerea)tigfciten ,  fo  »on  ben 
Deputierten  ©a)arn>er!8räten  Ref.  Seibl  erftattet  worben,  ben  6.  Äuguft  1671. 
UnioeTfttätsbibUotfte!  9Wün<$en,  2°  mscr.  220  fol.  248).  [$te  ©teile  besiegt  fta) 
auf  fielen,  bie  Ä laufei  fann  aber  bei  bäuerlichen  ©erec&tigfeiten  feine  anbere 
©ebeutung  gehabt  §aben  ald  bei  fielen.] 


—     150    — 

lid&en  ©ülten  feinen  ©djaben  leiben".  3lud(>  ber  iQofrat  fini 
ben  ßonfenSjwang  bei  SluStragSfHpulationen  au8  betn  ©runbe  rätli 
„fintemalen  burdfj  bie  bebungenen  8lu$träge  oftermalen  bie  na 
folgenben  Seftfcer  beS  ©uteS,  benen  übergeben  wirb,  fo  ljod&  b 
fd(jwert  werben,  baft  fie  e$  md&t  etf Zwingen,  nod&  bem  ©ute 
bie  Sänge  oorfteljen  fönnen:  baburdf)  nid&tS  anbete«  ate  äbfd&le 
be«  ©ute«  ju  erwarten"  (ju  231.  XXI  22). 

2Benn  wir  baS  bisher  bargeftettte  Material  aber  baä  grün 
tyerrlidfje  ÄonfenSred&t  überbltdfen,  fo  ergibt  ftd&  und  oor  allem  eine 
SVid^t  im  Qntereffe  ber  Sauern  felbji,  ber  alten  Sefifcer  ober  t 
©utSnadjjf olger ,  im  ^ntereffe  [ber  bäuerlichen  g  am  Uten  ober  b 
Sauern  ftanbeS,  audfj  nid^t  im  ^ntereffe  ber  ©laubiger  lag  b 
grunbljerrlid&e  itonf enäredfjt ,  fonbem  ooroeljmltdf)  im  ^ntereffe  b 
©runb^erm  felbfi.  9hir  bie  Seoorjugung  be$  Stoterben  oor  b 
Stiefmutter  (unb  ben  Äinbern  berfelben)  bei  ber  ©rbteilung  §at  ein» 
ibealen  ©runb/  aber  audjj  l)ier  Jjanbelt  e3  fidE)  nid&t  um  ba3  mit 
fd&aftlid&e  2Bol)lergel)en  ber  bäuerlichen  Seoölferung,  fonbern  u 
eine  gorberung  ber  ©ered&tigleit.  316er  im  übrigen  wirb  in  b< 
oon  und  benufcten  Duellen,  wenn  oom  Rrotd  beä  ÄonfenSred&teS  b 
SRebe  ift,  immer  auf  ba$  Qntereffe  beS  ©runb^erm  ^ingewiefen.  3w 
beflagt  ber  ßanbtag  1605  bie  Überfdjjäfeung  unb  Überfdfjulbung  b 
&errengunfte  beSljalb,  weil  baburdfj  bie  Säuern  nidjjt  nur  ftd&  felb| 
fonbem  audfj  tljre  Äinber  in«  Serberben  ftürjen.  Slber  nidfjt  ol)t 
bie  weitere  golge  ju  fonftatteren,  bafc  bie  ©üter  ntd&t  erbaut  werbe 
fönnen,  fonbern  notyalber  in  Slbfdjjleif  fommen  muffen,  gerner  f)ä 
e3  ber  J&ofrat  (£31.  XXI  8)  für  „woljtbebad&t  unb  eine  Ijo&e  SRo 
burft,  gute  Sorfe^ung  ju  tun,  bafe  bie  gatyrniS  nidjjt  fo  l)odfj  ai 
gef dalagen  unb  babur<$  fowol)l  be{r  Käufer  als  ber  ©runb^ei 
ntd&t  befaljret  werbe".  Sllfo  fojiale  ©rwägungen  fehlen  nidfjt  gan 
aber  fte  treten  bod&  ungebührlich  jurüdf  hinter  ber  ftarfen  Setonnn 
ber  grunbljerrfd&aftlidSJen  Sebürfniffe. 

35er  ©runbljerr  Ijatte  ein  Qn'.tereffe: 
I.  oon  jeber  Seftfeänberung  ÄenntmS  ju  erhalten 

1.  jur  2Bal>rung  ber  grunbljerrfdfjaftlidfjen  Steckte  (be$  Dbex 
etgentum$)  im  allgemeinen, 

2.  jur  (Srmöglidjjung  ber  Eintreibung  ber  3l6gaben 

a)  im  allgemeinen, 

b)  befonberS  ber  ßaubemten,  weil  e£  bei  i^nen  mdjjt  nu 
barauf  anfam,  bie  pfttd&tige  Sßerfon  ju  fennen,  fonben 
audjj  barauf,  ben  ©djjulbigfeitöfall  ju  erfaffen, 


-     151     — 

3.  jur  ©rmiJgltd&ung  ber  SluSfibung  be3  (SinftanbärecljteS, 
II.  an  ber  gern^altung  gemtffer  VertragSbebingungen  bei  SBer* 
äufjerungen  unb  ©d&ulbaufnaljmen  in  ber  Stiftung 

1.  §o§er  Verfdfjulbung 

a)  jur  ©idfjerung  ber  Stbgabenentridjjtung, 

b)  jur  Vermeibung  von  äbfdjjleif, 

c)  jur  SSermeibung  ber  SBergantung  (bei  Verpfänbungen), 

d)  jur  Vergütung  ber  9Ktnberung  be£  SßerteS  ber  ©runb* 
gered&tigfext  bei  £eimfaH, 

2.  ijoljer  greife 

a)  jur  Verringerung  be3  StofmanbS  bei  einer  fpäter  etwa 
erfolgenben  2lbftiftung  (beim  ißerrengunft), 

b)  beSgleidfjen  bei  Ausübung  be8  ©inftanbSredjjteS, 

c)  weil  ceteris  paribus  mit  ben  greifen  ber  ©üter  bie 
©utöfdjjulben  madjjfen, 

d)  weil,  je  teurer  bog  ©ut,  befto  weniger  SRittel  jur  33e= 
roirtfd&aftung  be3  ©ute3  jur  Verfügung  fielen,  mag 
roegen  II  1  a  unb  b  nridjtig  ifi, 

III.  an  ber  richtigen  SfaSroaljl  beS  ©utönadfjfolgerS 

1.  in  ber  SRidfjtung  günftiger  VermögenSnerfjältniffe  unb  ge* 
miffer  roirtfddaftltd&er  ©genfdjjaften,  au3  benfelben  ©rfinben 
wie  ju  II  1  a  unb  b, 

2.  in  ber  Stiftung  gemtffer  moralifdfjer  ©igenfdfjaften  aus 
gut8l)errfdSJaftlid£)^olijeilid&en  ©rünben. 

Vom  rein  pmfttfdjjen  ©tanbpunft  erfd&eint  ba3  ÄonfenSredfjt 
burd&auä  ntd&t  ate  notroenbige  golge  be£  grunbtjerrlidEjen  VerbanbeS. 
3)ie  3Ü>gabenpfftd(jt  haftet  bei  ber  bäuerlichen  Sei&e  auf  bem  ©runb 
unb  Stoben,  burdjj  ben  Vefifcmedfjfei  mirb  fie  mdfjt  berü|rt.  Unfere 
©d&riftftetter  betonen  benn  audj)  im  Überfluß  bafc  nadfj  gemeinem 
Siedete,  b.  Ij.  nad(j  bem  iufHnianeifdSJen  Steckte  ber  (Smpljgteuftö,  ba3 
bäuerlid&e  ©runbftflcf  frei  oeräufcert  merben  bfirfe.  Stttein  ba  ba3 
Vermögen  be3  ©runb^olben,  ber  3ufümb  ber  bäuerlid&en  SQBirtfd^aft, 
bie  ©i$erl)ett  ber  2lbgabenentridf)tung  unb  bie  -ftadf^altigleit  ber 
©utSnufcungen  oerfdfjteben  ftnb,  je  nadfj  ber  Sßerfönlidfjfett  be3  ©runb* 
fjolben,  fo  erfd&eint  ba£  itonf  enSredjjt ,  wenn  audfj  nidfjt  logifdEj,  fo 
bodjj  toirtf d^a f t lid^  aU  natfirltdfje  Vegleiterfdjjetnung 
ber  grunb&errltdfjen  Verfaffung. 

$)a$  grunbJjerrlid&e  £onfen$red(>t  mar  ein  Veftanbteil  ber  grunb* 
IjerrKdfjen  Verfajfung.  §ier  liegen  bie  SBurjeln  feiner  Vebeutung, 
feiner  SRed&tfertigung  unb  feines  Verfall*.    SSSic  bie  grunb^errlid^e 


—    152    — 

SSerfaffung  felbft  ein  wichtiges  ©Ueb  ber  fuliureHen  Qntwidhu 
bilbet,  fo  1)at  audj)  ba«  grunbljerrlid&e  ÄonfenSred&t  feine  fultu 
gefd&id&tltd&e  Aufgabe  gehabt.  6$  mar  eine  ber  notmenbige 
Slnflalten  jur  formellen  Drbnung  beS  £iegenfd&aft< 
oerfel)rS  jur  Qtit  *>er  Sronfjofroirtfd&aft.  SDer  mit  b 
(Sntfiefjung  ber  großen  ©runbljerrfd&aften  oerbunbene  toirtfd&aftlid 
gortfd&ritt  fyat  ftdj  nur  baburd)  ermöglichen  laffen,  ba&  bie  obe 
Klaffe,  eben  bie  @runbl)erren,  bie  fierrfd^aft  aber  ben  gefamten  ©ruti 
unb  SBoben  erlangte.  2)er  ©runb  unb  33oben,  ber  ju  einer  ©runi 
^errfd^aft  gehörte,  bilbete  ein  einljeitlicijea  ©anje.  2)ie  Sejie^unge 
ber  einjelnen  33auernl)öfe  jum^ronljof  matten  eine  Stuffid^t  be 
©runb^errn  über  ben  33efifcn>edjfel  unb  bie  33er 
fd&ulbung  ber  Sauern^öfe  notroenbig.  SDie  gron&ofnrirtfdfjaj 
Ijat  eine  gefd&loffene  Drganifation:  ber  ©runb^err  brauet  nidfjt  ju 
äugeben,  ba&  feine  33auern^öfe  an  SRid&tberedjjtigte,  namentlich  nidji 
bafe  fte  an  2lu$mfir!er  gelangen.  Setoitttgt  er  e3  bo<Jj,  fo  !ann  e 
für  biefe  „©unft"  ein  ©ntgelt  oerlangen  (Saubemium) :  ber  ©rroerbe 
lauft  fidf)  t>on  ber  SSeräufcerungSbefdfjränfung  lo$.  ©o  bilben  ja  2tb 
gaben  aller  Slrt  feljr  häufig  3e^en  mb  SRefte  ehemaliger  Unfreiheit 
2ltlmal)lid)  unb  befonberS  roenn  bie  ©elbnrirtfd&aft  audjj  bt 
großen  ©runb^erren  erfaßt,  werben  biefe  abgaben  bie  iQauptfadjje 
ba£  Dberetgentum  ift  bann  nur  me^r  redjjtlidjje  ©runblage  bei 
Slbgabenpflid&t,  alfo  3Kittel  jum  Sroed.  !ftamentiidfj  ift  ba3  ber  gall 
nad&bem  bie  formelle  Drbnung  be$  StegenfdfjaftSoerfeljrS  oon  bei 
©runb^errfd^aft  auf  eine  anbere,  Ijö^ere  Drganifation,  ben  Staat 
übergegangen  mar.  3)iefe  ßntttncflung  Ijat  in  33apem,  wie  mir  ge 
fe&en  $aben,  oon  1553  bte  1735  gebauert  (ftampf  um  baä  Siegel 
redjjt).  9hm  fann  ba£  ÄonfenSredjjt  mdjjt  me^r  mit  bem  allgemeiner 
Qntereffe  gerechtfertigt  merben;  fomeit  e3  nötig  ift,  im  allgemeinen 
Qntereffe  SBeräufeerungS*  unb  a3etfd&ulbung$bef$ränfungen  aufju; 
erlegen,  gefdfjieljt  bteS  im  Stammen  ber  ftaatlid&en  Drbnung  beä 
Siegenf  djjaftSoerfe^rS  K  3)ie  Sebeutuug  be$  ÄonfenSredfjteS  befdjjränfi 
fid^  nunmehr  bar  auf,  nadfj  SDiöglidfjfeit  ju  oerl)inbem,  baß 
Störungen  in  bem  SBerljältnU  ber  bäuerlichen  SEBirt* 
fd^aft  jur  ©runbl)errfdfjaft  eintreten,  ©oldfje  Störungen 
gibt  e3  na<$  ber  Drganifation  ber  ©runb^errfd^aften  in  33apem  im 
17.  Saljrljunbert  namentlich  jmeierlei:  S)eterioration  beä  £ofe$ 
unb  Sßräftattonäunfäljigfeit  be$  ©runb^olben.    Sie  finb  ge= 


1  Ser&riefungSjroang  (©.  84),  ©üteracrtrümmerungöt)crbot  (@.  176). 


—    153    — 

eignet,  bie  ©umarmen  be£  ©runb^errn  ju  minbern,  feinen  SebenS* 
mafjfiab  ju  oerffirjen,  feinen  ©influfc  ju  fc&mälern,  feine  SBerfdfjulbung 
ju  fleigern. 

S)en  ©runbbafc  aller  ber  (Stnridjjtungen,  bie  mir  mit  bem  Tanten 
ÄoufenSred&t  jufammenf  äffen,  bilbete  —  nur  roieberljolen  e3  —  bie 
©orge  um  bte  (Spaltung  beSißofeS  unb  ber  SeifiungS* 
fä^tgleit  be£  ©runb  Ijolben. 

©rfi  oon  ber  SKitte  be£  18.  ^afjrljunbertS  an,  atfo  in  einer 
3eit,  mit  ber  mir  un$  nid&t  me&r  ju  befaffen  Haben,  würbe  ba$ 
grunbljerrttdfje  ÄonfenSred&t  infolge  be3  ©inbringenä  naturredfjtlidfjer 
3tnf<#auungen  in  bie  Äreife  ber  leeren  Beamten  unb  jum  £etl  ber 
©runbljerren  in  ben  SMenft  ber  Seftrebungen  geftellt,  bie  einer  Über* 
fd&ulbung  ber  33aueml)öfe  aus  Humanitären  unb  voltä- 
ttnrtfdfjaftlidfjen  ©rünben  entgegenarbeiteten. 

§9. 

„2ln  i^ren  grüßten  follt  i^r  fie  ernennen!"  3)afc  ba8  ÄonfenS* 
redfjt  bem  grunbljerrltdjjen  Sntereffe  feine  ©ntftef)ung  unb  ©rfjaltung 
Derbanfte,  foH  uns  mdfjt  anfechten,  wenn  e3  auf  bie  bäuerliche  33e* 
tößerung  günfüg  eingenrirft  fyai,  wenn  e3  alfo  j.  35.  ummrtfdfjaftlidfje 
aSertragSbebingungen ,  ju  fyoty  SBerfdfjulbung  ufro.  oerljinbert  Hat. 
9Bie  aer^ätt  e3  ftd)  bamit?  SEBtr  fommen  alfo  jur  $rage  nadfj  ben 
SBirfungen  unb  folgen  be3  ÄonfenSredjjteS.  3unä$ft  Rubelt  e£  ficij 
barum,  ju  toiffen,  ob  ba$  ÄonfenSredfjt,  um  in  ©streuten  ju  fpredjjen, 
bie  Seräufcerung  unb  SBerfdjulbung  ber  bäuerlichen 
©eredjjtigfeiten  unmöglich  gemalt  §at  ober  ob  fidfj  bie 
ÄonfenSetfjotung  unb  ÄonfenSerteilung  in  ber  graste  als  leere 
Formalität  ^erau^fleßte. 

1.  SDic  Antwort  ift  vor  allem  bauon  abhängig,  ob  ba3 
ÄonfenSred&t  tatfädjjlidfj  beamtet  morbenift  obemtdfjt, 
benn  wenn  e3  nur  auf  bem  Rapier  geftanben  fyat,  fo  ergibt  fidfj  feine 
SebeutungSloftgfeit  t>on  felbft.  hierbei  fommen,  was  bie  SBerfdfjulbung 
betrifft,  jwei  Stappen  be3  SBerfd&ulbungSprojeffeS  in  83etrad(jt:  bie 
SBerfd&ulbung  felbft  unb  bie  SBergantung,  bie  Kontrahierung 
ber  ©Bulben  unb  bie  Regulierung  berfelben.  3ft  bie  befteHte 
$9pot$et  au<$  bei  mangelnbem  Jtonfenfe  als  gültig  anerfannt 
toorben?  3ft  fie  trofc  mangelnben  ÄonfenfeS  bei  ber  9tangorbmmg 
im  ©antoerfa^ren  berttdffid&tigt  toorben? 


—     154    — 

@£  ift  dar,  baß   bie  grage  nadfj  ber  33ea<$tung  ober  91 
beadfjtung   be$    grunbfjerrlid&en    Jtonfenäred&teS   oerfd&ieben    ju 
antworten  ifi,  je  nad&bem  ber  betreffenbe  ©runbtyerr  bie  ft  o  n  b  t  \ 
©erid&täbarfett  befeffen  §at  ober  nid&t.  2)tefe  begreift  tn  ftdj:  1. 
(Siegeltest  in  bem  ©.  84  ff.  bargelegten  Umfang  2.  bie  3"ftänbic 
im  ©antprojeß;  nur  bie  SBergantung  felbft,  b.  J).  bie  öffentl 
geilbietung,  tfl,  menn  nid&t  anbereS  hergebracht  ift,  ©ad)e  be3  Sc 
geri<$te$  (©antpr.  IV  13   unb  ©dfjmib  n.  1).    SBerni  ber  @ru 
fyerr  eine  fiofmardfj  befaß,  alfo  jugletdf)  ©erid^tö^err  mar,  fo  f) 
er  e3  in  feiner  &anb,  bem  Äonfen3red&t  ©eltung  ju  oerfd&affen ,  t 
anbete   auSgebrfidt,   bie   SefugniS   be$  DbereigentümerS   unb 
©erid&tSgeroalt  ftoffen  in  i$m  in  eine«  jufammen.    äfaberS  mar 
bagegen  in  ^infid^t  ber  bloßen  ©runbljerren,  „roie  btemefjr« 
Sßrfilaten,  Sbttffinnen,  Äottegialfttfter  unb  anbere  getftltdSJe  $erfo 
unb  SflrgerSleute  unb  audfj  otele  Slbeltge  ftnb,  meldte  oljne  &ofmari 
gered&ttgfett    befonbere    ©üter   bejtfcen,    morfiber    [fie]    gar   ft 
SuriSbtftion  l)aben"  (©d&mib  ju  SSR.  XXI  14  n.  9).    £ier  fam 
befonberS  feit  ber  ©infd&ränfung  be3  grunb^errlid&en  ©iegelred^ 
bei  &9potl)e?enbeftelIungen  ufm.,  barauf  an,  ob  ber  ©erid&töljerr 
ber  ©rridfjtung  ber  ©d&ulboerfd&reibungen  unb  eoeniueH  im  ©a 
»erfahren  auf  ba3  grunbl)errltd(je  ÄonfenSred&t  9Wdfft$t  na^m,  o 
ob  er  bie  ©utöbelaftung  juließ,  bejie&entlidfj  ber  gorberung  auf  i 
©antjettel  Ijtjpotljefarifd&en  9famg   einräumte,  oljne  fid^  barum 
fümmem,  ob  ber  ßonfenS  beS  ©runb^erm  oorliege,  ober  gar, 
moljl  er  mußte,  baß  er  nid&t  oorliege.    2)ieS  ift  am  beften  aus  I 
SanbtagSoerljanblungen  ju  erfc^cn.     SDenn  bie  ßtaffe  ber  ©rui 
Ferren  o^ne  ;3uri3biftton  mar  befonberS  im  ÄleruS  {fort  oertreti 
anbererfeitö  mar  ber  gfirft  ber  bebeutenbfte  ©erid&tö^err  beS  Sani 
unb  ber  ©ienft^err  ber  fiattlid&en  9Kd(jter,  unb  in  ben  Sanbtai 
„Gravamina"  be$  5prälatenftanbe8  fommen  ba^er  bie  Slagen  öl 
aRißadjjtung  be$  ÄonfenSred&teS  am  ^äufigften  unb  am  lauteften  ji 
SluSbrudf. 

Stuf  bem  Sanbtag  oon  1605  bringen  bie  Prälaten  (©.  212  | 
oor:  SQBtr  fyabm  fd&on  früher  oftmals  ßlage  geführt,  baß  I 
Pfleger,  SßflegSoermalter  unb  Sanbrid&ter  beS  gürften  bei  kontxatU 
bie  bie  ©runbuntertanen  ber  ©otteSfjäufer  über  i^re  grunbbat 
©üter  abf daließen,  j.  33.  bei  SBerfäufen,  Übergaben,  ^äufd^en  u 
bergleid^en,  „miber  atte  SBernunft  unb  SRed&t"  bem  Untertanen  of) 
ÄonfenS  ber  ©runbtjerrfdfjaften  ju  fontra^ieren  geftatten.  Starauf 
in  ber  „SBeiteren  @rllärung  ber  SanbeSorbnung"  oon  1578  beftinn 


—    155    — 

toorben,  bafc  bie  ©eridfjtg^erren  ben  Äontraft  nidjt  fertigen  foffetv 
btoox  tynen  ein  SBillenSbrief  [Äonfengbrief]  beg  ©runbl)erro  oor* 
gelegt  werbe1.  S5iefe  ©afeungen  finb  aber  in  Sßinb  gefd&lagen 
worben,  unb  bie  oljne  itonf  eng  beg  ©runb^errn,  aug  bloßem  ©ut* 
fceifjen  ber  ©eridf)tgobrtgfett  abgefd&loffenen  ßontrafte  ber  ©runb* 
Untertanen  Ijaben  ju  ©tritt  unb  ganl  unb  ju  Dielen  unb  teurer* 
Sßrojeffen  jtoifc^en  ©runbljerren  unb  ©runbuntertanen ,  jwifdfjen 
biefen  unb  tyren  ©laubigem  geführt,  ©oldfje  „  §  e  i  m  l  i  $  e  n  . 
Fertigungen"  bringen  ferner  ung  unb  unferen  ©ottegJjäufern 
au<$  fonft  grofeen  ©d&aben,  inbem  bie  Untertanen  oljne  unferen 
ßonfeng  oft  etltdfje  100  ©ulben  auf  bie  ©üter  jjetmltdf)  t)erfdjreibenA 
unb  wenn  fie  bann  „ju  9lbfad  fommen",  iljre  ©üter  trofe  beg- 
mangelnben  Äonfenfeg  oergantet  werben,  wag  ein  „fiberaug- 
fdjjwereg  unb  unleibentltdjeg  ©raoamen"  ift.  Vergönnt  aber  ein 
Sßrälat  aug  billigen  Urfadfjen,  ober  ba  eg  poor  bei  einem  ©ut 
bräud(jig  gemefen,  einem  Untertan,  eine  geroiffe,  bodf)  gleidfjmäfeige* 
©umme  [burdfj  Sßerlauf]  aug  feiner  greiftift  ju  fdjlagen,  fo  erlauben 
bie  Pfleger  eine  größere  ©umme,  gerabe  „als  wenn  fie  unb  nidjt 
wir  bie  ©runbljerren  wären".  2ludj  bieg  ift  eine  „unleibentltdije 
SBefd&werbe"  unb  überbieg  eine  „wiffentlidfje  SBerberbung  ber 
Untertanen  unb  ©üter".  Überhaupt  fommt  eg  ntdfjt  gar  fo  feiten 
t>or,  baft  ber  Pfleger,  wenn  ein  Untertan  feine  ©utggeredfjtigfett 
feiner  SRotburft  nad(j  oerfaufen  will,  bag  Verlangen  ftettt,  „bie  Unter* 
tonen  foHen  wegen  SBerfaufung  üjrer  ©ered&tigfeiten  bei  tljm  um  @r* 
laubnig  unb  nic^t  bei  ung  alg  tljren  ©runbljerren  anhalten,  mafeen  fi<ft 
alfo  bie  ©runbfjerrfd&aft  an ;  ba  man  bieg  würbe  geftatten,  frifet  bie 
Ungebühr  weiter  um  fid>  unb  nehmen  anbere  barob  weiter  ein 
©jrempej".  6nblt<$  Ijeben  bie  Prälaten  nodfj  Ijeroor,  bafc  bie  ©ertdfjtgs 
Ferren  bei  Übergabgoerträgen  oljne  Bewilligung  ber  ©runbf)errfd(jaften 
bem  Übergeber  Slugträge  unbäQugna^men  protokollieren,  „wo» 
burdjj  bie  angeljenben  Saugleute  merflidfj  unb  alfo  gefdljäbigt 
werben,  baft  fte  bie  ©üter  nidfjt,  wie  ftdfj  gebührt,  erhalten  tonnen, 
fottbem  aböbtngen". 

Sludf)  auf  bem  nädtfien  Sanbtag,  im  Qa^re  1612,  befd&wereu  ftdfr 
bie  Prälaten  barüber,  bajj  etliche  Sanbrid&ter  ftd&  unterfteljen, 
ÄugtraggfHpulationen  otjne  ber  ©runbljerren  SBorwtffen  ju 
machen  unb  ju  oergönnen  (©.  271);  audjj  ber  Sefdjjwerbepunft  taud^t 
wieber  auf,  bafc  bie  ©erid&tgfcerren  beim  Sertaufe  oon  bäuerlichen 


1  ©i*$e  oben  6.  183.  |  *  Oben  6.  144. 


—    156    — 

©eredjjtigfeiten  wollen,  bafc  bie  Untertanen  „fte  unb  nidfjt  un£ 
ÄonfenS  anlangen  unb  iljnen  einSßillenägelb  bejahen"  (©.  2' 
Unb  obwohl,  wie  wir  gefeljen  tyaben,  bie  SKaterie  in  ber  ©efefcgeb 
oon  1616  nadfj  bem  SBMlIen  ber  Prälaten  neu  geregelt  roorben 
ertönen  auf  bem  ßanbtage  oon  1669  wieber  biefelben  Älagen.  , 
unterfte^t  fid&"  —  fo  Reifet  es  in  ber  Sefdfjwerbefdjjrift  be3  ^ßrälal 
ftanbeä  —  „ein  Xeil  ber  ^Beamten  über  ber  ©ttfte  unb  Ätö 
eigentfimlid&e  ©üter  SluStragS*  unb  SRaljrungSs,  ja  wofjl 
Orunbfaufs  unb  (Sigenbriefe  aufjurid^ten ,  unb  bieg,  elje  i 
$uoor  afe  ber  ©runbfjerr  um  ben  notwenbigen  SDBitten  unb  Äonf 
requiriert  worbeu,  ober  aber  wegen  be$  neu  ange^enben  SBefife 
ftd)  erflärt  Ijat,  woraus  folgt,  bafe  mand&mal  bem  ©ut  bergletd 
Untertanen  aufgebrungen  werben,  fo  weber  bem  ©ut  nodfj 
©runbljerrfdjaft,  weniger  ftdfj  felbft  ju  SRufcen  Raufen  o 
bem  ©ut  oorfte^en  fönnen."  2Bitt  man  —  fo  geljt  e§  weiter  — 
bergleidfjen  itontrafte,  woju  man  ja  nidfjt  oerpflidjtet  ift  unb  ni 
gejwungen  werben  fcmn,  nid^t  willigen,  fo  werben  bie  armen  ße: 
oon  ben  geridfjt3l)errli(ljen  SBeamten  überrebet,  gegen  i^re  ©runbljeri 
wegen  ©rteilung  be$  ÄonfenfeS  ju  projeffieren  unb  baburdfj 
oergeblid&e  ßoften  geftürjt,  ja  e3  gefdfjietyt  wo^l  gar,  ba§  bie  Sh 
träge  auf  ein  meljrereS,  aU  man  oon  grunb^errfd&aftSmegen  I 
willigt,  eingerichtet  werben,  hierauf  folgt  eine  SBlufforberung  an  i 
Äurfürften,  er  möge  nidfjt  jugeben,  bafc  bie  ©runb^errfd^aften,  v 
bisher  gefd&eljen,  aufeer  ad&t  gelaffen,  nodfj  audf)  „bafe  bie  ©tift&  u 
Älofieruntertanen  o^ne  ber  ©runbfjerren  SBHffen  fo  oie 
fältige  unb  unerfdjjwinglid&e  ©djjulben  aufneljmer 
(Sanbtag  oon  1669,  ©.  379  unb  383). 

3)er  5htrfürft  begnügte  ftdfj  bamit,  in  bem  3Ranbate,  ba£  a 
bie  Sefdfj werben  ber  Sanbftänbe  erging,  oom  27.  2luguft  1669,  ba 
2lnfel)ung  be8  Äonfen3red&te$  im  Sanbredjt   unb  in  ber  Sßolijt 
arbnung  „bie  SRotburft  nadjj  ©enügen  ausgeworfen",  bie  befte^enbi 
33eftimmungen  einjufdljärfen. 

2.  3)ie  jweite  SSorauSfefcung  ber  praftifdjjen  Sebeutung  bi 
itonfenSredfjteS  war bieSBirffamf eit  ber  oorgef eljenen^reU 
regelung.  2Ba3  bieg  betrifft,  fo  wohnten  jwei  ©eeten  in  ber  33ru 
be$  ©  r  u  n  b  I)  e  r  r  n.  @inerf eitS  ^atte  er  ein  Qntereffe  an  n  i  e  b  r  i  g  e 
greifen  aus  ben  ©.  145  ff.  angegebenen  ©rünben.  Slnbererfeitö  $at 
ber  ©runbljerr  SBeranlaffung,  l>of)e  SBertfdfjäfcungen  unb  alfo  teuer 
Ißreife  ju  wfinfd&en;  benn  barnadfj  ridjtete  fidEj  bie  £öf)e  b( 
Saubemien.     SDa^er    fagt    @ljlmgen$perg   ©.  65:    „...saep 


—    157     — 

contrahentes  pro  hie  et  nunc  [für  ben  SKugenblid]  sunt  optima 
dispositi,  ita  ut  emphyteuta  cum  lucro  vendat ;  id  quod  dominus 
male  non  habebit  . . . ;  interest  .  .  .  ipsius  ratione  laudemii 
praestandi  . .  .a  ©erfelbe  Umftanb  aber  roirfte  bei  ben  Sau  er  n 
umgefe^rt  in  ber  Stiftung  ju  niebrtger  ©djjäfcungen  *,  unb  par 
glet<$mel,  roeldfjeS  i§re  SßarteifteBung  fonft  bei  ber  Angelegenheit 
mar,  alfo  bei  ben  Ääufero,  Serfäufero,  Übergebern,  Überneljmem, 
©efdjjtmftero,  ©djjäfcleuten  gletdfjermafeen.  2Bo  e3  ftdfj  um  ben  gemein* 
fanten  ©egner,  ben  ©runbljerrn,  Rubelte,  ba  muffte  ber  perfönlidfje 
gigennufe  jurüätreten. 

Um  nun  einen  Ijoljen  &auf=  ober  Übernal)m£prei3  heraus* 
jufd&lagen  unb"  bodfj  mit  einer  geringen  Slnlett  baoonjufommen, 
roenbeten  bie  Sauem  l)äuftg  allerlei  ftniffe  an.  3-  S5.  fie  liefen 
eine  geringere  Rauf?  ober  Überganggfumme  protofollieren,  als  t>er= 
einbart  mar ;  freilidfj  nur  bann,  menn  fie  annehmen  burften,  baf*  ber 
©runb^err  fein  6inftanb3red(jt  nidfjt  ausüben  merbe2.  Ober  fte 
„mifdjten  nadfj  ber  Säuern  angeborenen  ©dfjalß)ett  aHe£  burdfj* 
einanber"  im  Sertrag,  ©ut  unb  galjrnte,  bamit  ber  ©runbljerr  ntd^t 
fo  leicht  auf  ben  SEBert  be3  ©uteS  allein  fomme  unb  fo  „am  Unfall* 
gelb  betrogen  merbe"8. 

3u  roeld&em  ©nbrefultat  führten  nun  biefe  teilmeife  parallel 
laufenben,  teilmeife  fidf)  freujenben  llmftänbe  unb  -JKotioe?  Seim 
fcetrengunfi  jtegte  roeitjjin  bie  Unluft  be3  ©runbljerrn,  §ol)e 
greife  ju  bewilligen.  Seim  (Srbredfjt  tritt  meljr  baS  Seftreben 
fjerüor,  bie  Saubemialfd&raube  anjujieljen.  35a$er  fagt  ©dfjmib  (ju 
291.  XXI  8  n.  5),  mettetd&t  mit  Übertreibung,  er  $abe  „niemals 
gefeljen",  „bafc  einem  maljrljaften  erbredfjten  Sauer  bei  freier4  Ser» 
faufimg  fetneS  9ted|jte$  ein  foldfjeS  Serbot6  gefd&eljen  fei,  roeldfje* 
Serbot  ju  tun  . . .  b^i  ben  trcranteiteten  gretftiften  faft  eine  täglidfje 
©ad&e  ift". 

2)afe  bie  unfelige  Saubemienjagb  tatfä<$li<$  bie  günftigen 
SBirfungen  be$  ÄonfenSredfjteS  auf  ben  ©d&ulbenftanb  häufig  burdjj* 


1  Örentono  ©.  427  ff. 

*  Chlingensperg    p.  62:    „.  .  .  ut  istis   temporibus   saepe  evenisse 
seimus." 

•  e^mib  au  m  XXI  8  n.  1. 
4  (Segenfaft:  3n>an0^ver!auf. 

6  2).  Q.  ein  Verbot,  bie  ©ere$tig!eit  teurer  a(8  gu  einem  beftimmten  greife 
$u  »erlaufen. 


—    158    — 

freujte,  jeigt  eine  bei  grepberg  II  246  gitterte  SSerorbnung  t 
3.  Januar  1726: 

9tadjbem  bie  ©runb^errfd&aften  fd^Ie^t  bemittelte  Seute  j 
ülnfauf  \)  o<$  gültiger  ©üter  julaffen  (blofe  aus  ©udjjt  ju  Sänb 
unb  ©p  ort  ein1),  bie  ftd)  fdfjon  oon  oorn^erein  nid)t  belauf 
t önnen  unb  in  für jem  roteber  auf  bie  ©ant  fommen ,  rooburcfj 
-Ärebitoren  in  ©djjaben  geraten,  fo  fotten  t>on  fämtlidfjeu  Seam 
beriet  Äaufe  oerljinbert  unb  bie  Äfiufer  gehalten  werben,  ftd&  ü 
bie  ÜWittel  jur  Seljauptung  beS  @ute$  auSjuroeifen. 

3.  S5a3  Streben  ber  ©runb^erren  nadj  ©rljöfju 
fcer  Säubern  taleinnaljmen  ^inberte  aber  ba3  Äonfen3r< 
uidfjt  nur  an  feiner  praftifdfjen  33erarirf  üdfjung ,  fonbern  führte  a 
ju  einem  2Wi&brau<$  beäfelben.  SDie  ©runb^erren  fugten  i 
feiner  Jßfilfe  ben  SBerfe^r  mit  unfreien  Sauemgütern 
.ju  regeln,  bafc  möglidjft  oiel  Saubemialanfätte  erjtelt  rourb 
SBenn  j.  33.  ein  Sauer  fein  ©ut  feinem  ©oljne  unb  bejfen  33r< 
übergab,  fo  fonftruierte  man  jroei  Slnfätte,  nämlich  einen  gan; 
SlnfaH  für  ben  Übergang  be£  ©ute$  auf  ben  ©oljn  unb  einen  tjall 
Slnfatt  für  ben  Übergang  beS  ißälfteanteite  an  beffen  Sraut.  ©c| 
in  einem  ffirfilidjen  2)efret  com  2.  2lpril  16012  wirb  getabelt,  i 
„oon  etlichen  wm  2lbel  im  ©ertdjtSbejtrf  ftieb"8  biefe  9ßxa%i$  ni 
bem  SBorgang  „etlicher  öfterreid^ifd^er  Sanbfaffen"  geübt  unb  bere 
„in  einen  ©ebraudf)"  gebradjt  werbe.  SBenn  bie  Parteien  —  ty 
es  in  bem  3)efret  weiter  —  bie  Ballung  jroeier  Unfälle  oertoetgei 
fo  roirb  fein  &eirat$brief  aufgerichtet.  SBetdfje  Häufung  oon  Saui 
mien  man  im  18.  3a!jrljunbert  burdfc  bie  ßafutfHf  ber  grunbfjei 
Hdfjen  ÄtmfenäpraftS  erhielte,  ifi  fdfjon  oon  anberer  ©eite  bargeftt 
toorben4.  S)er  SSerf affer  beS  UrbargebraudjeS  (©.  46/47)  gibt  b 
$runbl)errlid)en  Seamten  ben  9?at:  SBenn  „bie  oerfdtfagenen  all 
©runbljolben"  ftdfj  ber  Saubemienljäufung  bei  Übergaben  baburdfj  ei 
%itf)tn  motten,  bafe  fie  „einen  Äauf  oorgeben",  fo  fott  man,  um  b< 
„oerbreljten  ©riffe"  ju  begegnen,  bie  SSenrittigung  be$  2lu3trag3  tx 


1  ©rftereS  auf  ©eite  ber  Käufer,  lefctereS  auf  ©eite  ber  (SJrunbfjerrfdjafti 

2  $te  @£jeffe  in  Suftänben  unb  2lbfa$rten  betr.  HRüna)ener  ©taatäbi 
«jgm.  2552  II  fol.  325. 

8  3wei  berfelben  finb  im  2)efret  genannt.  —  $)a§  „2;raftieren  unb  @ä)mbe 
ber  Untertanen  an  ber  Dftgrenje,  befonberä  in  S^ieb,  roar  aua)  eine  Urfadje  b 
bortigen  Sauernaufftanbe«  1633/34  (Diester,  ©tfcungSber.  ber  E)iftor.  ßfoffe  b 
igl.  bager.  5lfab.  ber  Söiffenftt}.,  1900,  ©.  35). 

*  »rentano  ©.  430. 


—    159    — 

weigern.  £ier  liegt  ber  2JHf}braud[j  be3  ÄonfenSredjte«  $ur  ©r^ung 
bet  grunbl)errltdfjen  ©mnafjmen  Rar  jutage. 

4.  2)er  größte  unb  folgenfd&merfte  3Ktßbraudfj,  ber  mit  bem 
ÄonfenSredfjt  getrieben  mürbe,  mar  aber  bie  ©rljebung  uns 
gerechtfertigter  unb  übermäßiger  ©ebneren  für  bie 
ÄonfenSerteilung  bei  ber  SBerpfänbung.  SBenn  bie  ©ertdfjtS* 
Ferren  bie  Untertanen  burdj  ©ebütjrenüberforberungen  bei  ber 
Srieferrtd&tung  bebrütften,  fo  mürbe  ber  ÄonfenS  ben 
©r  unb  Ferren  ju  einer  Duelle  unerlaubter  Vereiterung  auf  Äoften 
ber  ©runb^otben  unb  iljreS  ÄrebttS. 

SMe  „Sßeitere  ©rflärung  ber  SanbSorbnung"  oon  1578,  bie  p* 
erfi  ben  SEBiUenöbrief  eingeführt  §at  (oben  ©.  133),  beftimmt  (fol.  1), 
baß  ber  ©runbtjerr  ben  SBiffenSbrief  „oljne  einige  Sejaljlung  oon 
Rauben  ju  geben  fdjjulbig  fein  foff".  3)ie  ^oltjetorbnung  tum  1616 
ift  fdfjon  nid&t  me^r  fo  ftreng:  fte  geftattet,  für  ben  2Bitten3brief 
©ieget  unb  ©dfjreibgelb  ju  forbem  (I  3  2lrt.  3);  bagegen  verbietet 
fte  atterbmgS  bem  ©runb^errn  (ebenba,  Slrt.  1),  „ba  ber  Untertan 
feine  ©eredEjtigfeit  oerfdfjreibt  unb  er  barein  mittigt,  von  foldjer  83e- 
mittigung  megen  (außer  be3  (Sieget*  unb  ©djreibgelbe«  um  ben 
SBtllenSbrief)  einig  ©elb  [ju]  begehren",  unb  befräftigt  unb  erläutert 
bieS  an  einer  anberen  ©teile  (III  3  2lrt.  3)  alfo:  @3  ift  uns  „glaub- 
mürbig  angelangt,  baß  etlid&e  ©runbljerren,  menn  bie  Untertanen  iljre 
auf  bem  ©ute  Ijabenben  ©ered&tigfeiten  mdfjt  nerfaufen,  übergeben 
ober  fonfl  aus  i^rer  in  anbere  öänbe  oeranbern,  fonbern  allein  ©elb 
aufnehmen  motten  unb  megen  SBerfdjreibung  foldfjer  tljrer  ©eredfjttgs 
feiten  um  Äonfen«  bei  i^nen  anlangen,  aud&  inf  onberjjeit ,  menn  ein 
Untertan  mieberum  heiratet  unb  ba$  2Beib  auf  foldfjer  ©ered^tigfeit 
üjr  ^eiratögut  allein  oerfidjert  unb  ifjr  bie  ©eredfjtigfett  felbft  md^t 
»erheiratet  mürbe,  megen  iljrer  Semittigung  ein  SBillenägelb 
forbern  unb  nehmen";  bie«  ift  aber,  „meil  feine  mirfltdfje  aSeränbe* 
rung  gefd&ie&t,  bem  Siebten  unb  ber  Sittigfeit  jumiber"  unb  mirb 
baljer  abgerafft  unb  verboten. 

SDaS  SßittenSgelb  ift  alfo  eine  laubemialäl)nltd(je  ©ebfiljr,  bie 
für  ÄonfenSerteilungen,  befonberS  bei  SBerpfänbungen ,  bei  ©elegen* 
^eit  ber  Erteilung  be3  2Bttten3briefe3  neben  bem  ©iegel-  unb  ©d&reib* 
gelb  erhoben  mürbe.  Sei  mirfltdfjen  SBeräußerungen  burfte  tin 
fiaubemium  erhoben  merben,  bei  einer  bloßen  33elaftung  be3  ©ute£ 
nid&t.  Um  aber  bei  biefer  au«  ber  ftonfenäertetlung  neben  bem 
©iegelgelb  bodj)  einen  Vorteil  ju  jieljen,  mürbe  für  fie  ein  (Sntgelt, 
eine  abgäbe  geforbert,  bie  jmar  nidfjt  fo  $od&  mie  ber  ißanblo&n, 


-     160    — 

aber  in  ber  SBegrünbung  tym  fefjr  ffl&nltdf)  mar.  2Bie  ber  £anbl 
nad&  ber  fcofoerfaffung  eine  Vergütung  für  bie  2ßttgfeit  ber  gm 
$errlid(jen  Bnnfd&enfymb  mar,  fo  fott  ba*  SBittenSgelb  ein  ©ntj 
fein  für  bie  im  2Bttten$briefe  mebergelegte  SBtttenäerflärung 
©runb&errn,  feinen  ÄonfenS  geben  ju  motten.  Stuf  bie  nad&tetU 
folgen  biefec  Sßraste  werbe  td&  unten  in  §  20  be$  näheren 
fpred&en  fommen. 

5.  2Wit  bem  ©treben  iber  ©runb^erren  nadjj  mSglid&ft  §o! 
einnahmen  fingen  audf)  bie  fogenannten  £emporalfonfen 
b.  f).  bie  SBerfdfjulbungSfonfenfe  auf  3*ü/  jufammen. 

©inige  3a§re  oor  ber  ©efefcgebungSarbeü  oon  1616  (alfo  roa 
fd^etnlid^  am  Slnfang  be3  17.  ^a^r^unbertö)  f)atte  bie  igoffamn 
an  bie  Äafienämter  einen  33efeljl  erlaffen,  „ba&  auf  feinem  fürftlidj 
Urbarfifid  einige  ©d&ulb  über  4  Saljre  nit *  fotte  oerfd&rieben  werben 
$)ie  Sßolijeiorbnung  oon  1616  bagegen  §at"  bie  Xemporaloerfd&reibung 
b.  &.  bie  ©dfjulbuerfd&reibungen  auf  3*ü,  oerboten,  ba  fie  nur  t 
3toecf  Ratten,  bie  mehrmalige  (Erhebung  be$  (Sieget  unb  ©djjre 
gelbes  ju  ermögüd&en  (oben  ©.  99).  liefern  SBiberfprudjj  jwifdfj 
altem  unb  neuem  Siedjjt,  jmifd&en  Drbnung  unb  SßrastS,  oerbanl 
mir  eine  fel)r  intereffante  unb  jiemlid&  grfinblid&e  (Srörterung  fc 
fcofrateS  über  ttrfadjen  unb  folgen  btz  Xemporatfonfenfe,  b.  §.  t 
Äonfenfe  auf  3*ü,  fowie  über  bie  SRittel  ju  beren  Sefeitigung 2. 

3laä)  bem  &ofrat$gutad)ten  beruht  bie  „praxis  consensi 
limitati  et  ad  certum  tempus"  in  Sägern  nidfjt  auf  ißerfomme 
fonbern  f)at  tyren  6ntftel)ung3grunb  in  folgenbem:  S)er©run 
jjerr  §at  „ein  me&rereS  |praeiudicium  ju  geroarten,  wenn  [er  i 
eine  SBerfefcung 8  ober  SBerpfänbung,  ate  menn  er  in  ben  SSerfauf  ein 
©rbredfjteS  fonfentiert,  bietoeil  in  casu  oppignorationis,  ba  i 
Xrabition  nid&t  afebalb  befdfjiel)t,  fein  Slnfatt  gereift  ober  gegebi 
mirb,  aud&  Ijernadfj,  ba  es  ju  SBergantung  bergleid^en  @rbred&te3  fomtr 
md)t  gebräud&tg  ift,  ob  necessariam  eiusmodi  alienationem  ein« 
äfofatt  ju  geben  ober  ju  reiben".  S3em  ©runbljerrn  fällt  e3  balj 
„md&t  unbillig  ferner,  in  bie  33erfefcung  ober  SBerpfänbung  ein 
(Srbred&teg  (simpliciter  et  pure)  ju  willigen",  ©ein  ^ntereffe  gel 
oielme^r  baljin,  bafj  im  galle  ber  SRot  „ber  emphyteuta  angemalt« 
werben  möge,  feine  emphyteusin  ju  o erlaufen",  fo  bafj  ,> 


1  doppelte  Verneinung  pleonaftif  d^  au  oerftetjen! 

2  £ofrat8gutad&ten  au  $ol.0.  I  3  consid.  1  (fol.  596  ff.). 
8  2>ie  neuere  ©afcung  ift  gemeint. 


—    161     — 

©rmtbjjerr  de   manu  ad  manum    feinen  nötigen  Slnfatt  einju* 
nehmen  Ijätte". 

2Ba3  nun  bie  golgen  ber  £emporalfonfenfe  betrifft,  fo  er* 
roa^nt  bie  &offammer  junäd&ft,  baß  „ben  ©laubigem  in  ben 
$ßru>ritätepro}effen,  beoorab  wegen  ber  Novation  großes  praeiudicium 
unb  [großer]  ©dfjaben"  erwad&fe.  SDamit  ifi  gemeint:  @in  Sauer 
nimmt  am  2.  Januar  1605  bei  A  auf  wer  Qaljre  ein  &ppotl)ef* 
barleljen  auf,  am  2.  Januar  1608  beSgleidjen  bei  B;  am  1.  SDe* 
jember  1609  wirb  baS  erjie  ^ppot^efbarte^en  auf  weitere  oier  Qaljre, 
alfo  bis  (Snbe  1612  oerlängert.  3m  3a(jre  1611  fommt  ber  &of 
auf  bie  ©ant.  £ier  geljt  B  bem  A  oor,  obwohl  A  nidfjt  juriftifdSJ, 
aber  tatfädjüd)  unb  wtrtfdjjaftlidfj  bie  erfte  fippot&ef  fyat  3Ktt  biefer 
©adjlage  §ängt  offenbar  bie  jwette  oom  iQofrat  genannte  nad&teiüge 
aSirfung  ber  SEemporaHonfenfe  jufammen,  nämlidf),  „baß  niemanb 
gern  meljr  auf  bie  fielen1  unb  ©rbredfjte  leiten  will", 
waS  jur  golge  Ijat,  baß  „bie  emphyteutae  unb  vasalli  Sftot  babei 
leiben"  muffen. 

2)afjer  gibt  ber  fiofrat  ju  bebenfen,  ob  ber  gürft  in  Slnfe^ung 
ber  ilrbargfiter  auf  ben  £emporaloerfdfjreibungen  beharren  motte, 
äöenn  ja,  fo  fei  ju  beffird&ten,  baß  „arid)  anbere  ©runbljerren  ftdjj 
ebenmaßigen  9tedfjten3  gebrauten  motten".  3)abur<$  mürbe  aber  ber 
Slrtifel  oon  ber  2tbftettung  ber  Semporaloerfd&reibungen  „in  totum 
gleid&fam  elubiert  unb  ju  33oben  gefiettt". 

S)a3  befte  -Kittel  gegen  bie  Semporallonfenfe  befielt 
nad&  anfiel  beS  &ofrat$  barin,  „bie  ©runbljerren  it)re«$  SlnfattS 
falber  auf  begebenbe  SBeränberung  beS  33efifcer3  ju  üerfidfjem,  ob  fie 
fd&ou  [in]  bie  oppignorationem  rei  emphyteuticae  (pure  et 
simpliciter)  einwilligen",  burdfj  Slnleitbarerfläruug  ber 
3wang$oeräußerung.  „SBoflte  man  aber  auf  ben  consensus 
[ simplex  et  purus]  in  casu  oppignorationis  au<$  eine 
9tei$ung  f dalagen  . . .  f o  möd&te  foldfjeS  aui)  nidfjt  für  unbillig  [!] 
ermeffen  werben",  benn  —  bie  SBegrünbung  ift  furios  —  wenn  bie 
Serpfänbung  nid&t  wäre,  fo  müßte  ber  ©runbijotb  baS  ©ut  not* 
falber  oerfaufen  unb  ber  ©runb^err  beföme  bodfj  feinen  ftanbloljn. 

Die  ©runbljerren  fotten  —  baS  ifi  ber  ©inn  ber  beiben  5Bor* 
fdjläge  —  oon  ber  ?ßraji8  ber  Eemporalfonfenfe  baburdfj  abgebracht 
werben,  baß  man  i$r  materielles  ^ntereffe  am  consensus  purus  erljö^t. 

SBenn  aber  ber  gürft  —  $etßt  eS  im  &ofratSguta<$ten  weiter  — 

1  J)u  JBeutelleQen  flnb  gemeint 

(Soften,  0erf4ulbung.  11 


—     162    — 

auf  bie  £emporaloerf<Ijreibungen  bei  ben  UrbarSgütero  nidfjt  i 
jtdfjten  wolle,  fo  fönneben  „difficultatibus  ber  ©laubiger  §al6 
(fie^e  oben)  baburdjj  begegnet  werben ,  baft  ein  statutum  gem< 
werbe  be3  QnljaltS:  „2Benn  eine  Xemporafoerfd&reibung  effpir 
unb  UrbarSmann  ober  ©rbredfjter  barüber  einen  neuen  ÄonfenS  a 
bringt,  bafc  ad  effectum  praelationis  anberer  SBerfdjjreibung  f)itx 
feine  iJtooatton  tnbujiert,  fonbern  ein  fold&er  ©laubiger  in  bie  ©1 
gefegt  werben  fott,  tote  bie  erfte  SBerfdjjreibung  batiert  tji." 

SDer  £ofrat  erwäjjnt  and)  einen  SÄittelweg  jwifdjen 
2Utfred&terl)altung  unb  ber  ooUftänbigen  Sefeitigung  ber  £empo: 
fonfenfe.  (Stn  fold(jer  wäre  barin  ju  erblidfen,  bafc  bie  £empo: 
fonfenfe  auf  längere  3eü/  i-  35«  auf  ä*§n  3«^re  ober  auf  SebenS 
be$  ©elbentne&merS  erftredt  mürben.  „2)ie  Regierung  Surgljauf 
—  bemerft  ber  fiofrat  jur  SBegrünbung  biefeä  SBorfd&tagS  —  „ü! 
fd&idft  einen  ©straft  au«  be$  5taftner3  3»nftruftion  bafelbft  (wie 
aberberfelbe  ift,  ift  nid&t  barauS  ju  erfe^en),  bafc  bie  ©filtbriefe 
ben  UrbarSgütem  auf  adfjt  ^aljre  geftellt  werben  fotten1." 

greittdjj  „wäre  e$  rätlid&er  unb  beffer"  —  bamit  fdfjliefet 
iQofrat  feine  Ausführungen  —  „bie  consensus  limitatos,  we 
oljne  ba8  in  biefem  ßanbe  nid&t  lange  Ijerfommen,  ganj  unb  gar  < 
juftellen  gegen  obbetnelbte  conditionibus  be3  2lnfafltö  ober  anb 
9tetdfjni3  in  omnem  eventum".  Saburdfj  würben  bie  ©runbljei 
nidf)t  allein  „genugfamlid(j  oerftd&ert",  fonbern  e$  würbe  baburdfj  c 
nodf)  ein  anberer  mit  ben  £emporaifonfenfen  oerbunbener  (f 
oben)  großer  SRadfjteü  oer^ütet,  nämltdfj  „bafc  bie  Se^en* 2  unb  Url 
guter  nid&t8  no<$  me^r  oerfdfjlagen  [=  wertlos]  werben, 
bereit«  befdfjeljen  unb  fd&ier  niemanb  feine8  Suft  Ijat,  Sei 
ju  fauf  en  ober  barauf  bem  Seljenmann  id&t  wa$  f)i 
[ju]  leiten". 

3m  Sanbredfjt  unb  in  ber  ^olijeiorbnung  oon  1616  würbe 
audfj  wtrfltdf)  bie  ßaubemienpfttdfjtigfeü  ber  SBergantung  auSgefpro* 
(©.  131).    Slber  bie  Hoffnung,  bie  man  baran  gefnüpft  jjatte, 
bie   £emporaloerfdfjreümngen  unb  ^fonfenfe    oerfdfjwmben  würl 


1  2)er  fcofrat  fügt  (jinju:  „3)at>on  mu|$  man  SReidjnte  geben  »om  ©u 
ber  erften  Sa^reögült  15  fr.,  behält  bann  ber  [®eü>»]®ntne§mer  na$  ben 
rührten  aajt  3a&ren  bie  @<$ulb  no$  länger  unbegabt,  fo  muß  bie  gebi 
SReidJniS  nneberum  gegeben  werben"  (ogt.  baju  oben  ©.  159). 

9  Sie  2Beutette$en  ftnb  gemeint. 

3  Stoppelte  Verneinung  I)ier  SBerftärtung  ber  Verneinung. 


—    163    — 

ging  nidfjt  in  ©rfflffung1.  ©ie  Ratten  eben  nid&t  nur  in  ber 
Saubemienloftgfeit  ber  ©ant,  fonbero  überhaupt  in  bem  ©treben 
ber  Ärunbljerren  nad)  ©rtjöljung  ber  bäuerlid&en  3lb  = 
gaben  ü)re  ttrfadfje.  ©erabe  ber  &ofrat,  ber  felbft  fonftattert  Ijat 
(fief>e  oben  -Kote),  bafc  ber  Äaftner  oon  33urgl>aufen  bei  jebem  jeitlidf) 
begrenjten  Äonfeng  ein  SBtflenggelb  ergebe,  $äite  fid(j  benfen  fönnen, 
bafe  bag  SBiffenggelb  einen  mächtigen  SCntrieb  jur  jeitltd&en  33e* 
grenjung  beg  Äonfenfeg  btlbe. 

2Betm  man  bag  ftonf  eng  r  e  <$  t  alg  etmag  ©egebeneg  Einnimmt, 
f o  mirb  man  nidEjt  um^in  fönnen,  ju  ben  Xemporal fonfenfen  eine 
gün [tigere  Stellung  einjuneljmen,  alg  bieg  ber  &ofrat  tut.  9Ran 
muß  audj  bei  biefer  ©inridfjtung  jroifdfjen  iljrem  2Befen  unb  bem 
aRifcbraudjj  ber  ©üiridjtung  unterfdfjetben.  ©teilen  mir  ung  bie 
folgen  eineg  £emporalfonfenf eg  lebhaft  oor  SCugen !  S)er  temporal» 
fonfeng  fann  bie  gute  2Birfung  Ijaben,  bafc  ber  ©djjulbner,  meil  er 
SWicijtoerlängerung  beg  Äonfenfeg  flirrtet,  früher  feine  ©<$ulb  tilgt, 
alg  er  eg  fonft  täte.  3ft  bieg  nidfjt  ber  gaU,  fo  mirb  ftdfj  ber 
©laubiger  redfjtjeüig  um  SSerlängerung  beg  Äonfenfeg  umfe^en 
muffen.  35enn  roenn  ber  Äonfeng  erlifdfjt,  fo  oerliert  ber  ©laubiger 
feine  ftppotyef  am  Bauerngut  unb  bamit  ben  SSorjug  feiner  gorberung 
oor  anberen.  Sßirb  bag  ©efudfj  abgef dalagen ,  fo  mirb  bieg  ben 
©laubiger  oeranlaffen,  feine  gorberung  redfjtjetttg  einjuf  orbern, 
bamit  er  ben  SBortetl,  ben  iljm  bie  Jßppotljef  oerfd&afft,  nodf)  aufc 
nüfeen  fann.  3>n  atten  biefen  gälten  trägt  bie  temporale  33egrenjung 
beg  Äonfenfeg  ju  einer  fd&leunigeren  2lbroicflung  ber  auf 
bem  Sauemgute  laftenben  ©d&ulben  bei.  Slnbererfeitg  ifi 
ber  ftemporalfonfeng  für  ben  Sauer  beffer  alg  bie  SBermeigerung 
beg  Äonfenfeg.  S)er  Sauer  fielet  bodjj  nodj  bie  aWfigltdjjfeit  oor  ft<f), 
fid&  mirtfdSJaftlidjj  ju  rehabilitieren,  eg  mirb  üjm  eine  ©nabenfrift 
gegeben,  innerhalb  bereu  er  feine  SBerljältniffe  orbnen  fann.  3^8* 
ftdjj,  bafc  ber  ©d&ulbner  umgefeljrt  ift  auf  ber  33a^n  beg  Sßerberbeng, 
ober  bafc  er  roenigfleng  guten  2Bitten  jeigt,  ftd&  aug  ben  ©d&mierig* 


1  3m  Ärei3ara)io  HRünajen  ®en.-^eg.  289/8  („Äonfenfe  ad  hyp.  et  alien. 
1665—1658*)  finben  fi($  aroei  fcemporalfonfenfe  beä  gerbinanb  2Roria  (auf  fea)g 
3a$re),  roa^rfc^einlic^  Äonjepte  ber  §of!ammer  unb  fpäter  oon  Schreibern  atö 
3Wuflcrformulare  benu|t.  (SineS  biefer  SWtenftütfe  im  2ln§ana.  IV.  —  <8en.-9Keg,. 
1094/78  (,8eraeia)ni3,  toaS  ben  £e$en(euten  .  .  /):  »Ute  um  le$en*$errlia)en 
ÄonfenS  jur  Serpfanbung  eines  »eutette&en«,  nebfl  9(!tenoormer!ung  oom  2.  SRai 
1690:  Ponfenö  auf  fea)*  3af)re  erteilt.  —  ®a)u(bfumme  in  ben  brei  fällen:  200, 
50,  100  fl. 

11* 


—    164    — 

feiten  l>eraudäuarbeiten,  fo  fann  man,  rocnn  ed  fidj  ald  nötig  $erau 

ftettt,  ben  ftemporalfonfend  —  abermofe  auf  3*ü  —  oerlängei 

Sßenn  ntd&t,  fo  ift  ber  ©runbfjerr  burclj  ben  Ablauf  ber  ßonfmdft 

in  bie  Sage  oerfefct,  ben  ©runbljolb  jur  Siquibation  fein 

SBtrtfd&aft,  jum  Berlaffen  bed  ©uted  gu  jroütgen,  re$t$eit 

ju  3 min gen,  roäljrenb  er  ftdjj  fonfi  fortgefröttet  Ijäite,  }um  ©<$ab 

bed  ©runb&errn  unb  ber  ©laubiger  (©.  194),  aber  otyte  ftd>  feil 

mefentlidjj  ju  nüfcen.    2)ie  Semporalfonf enf e  roaten  olf o  ein  SD?  i  1 1  e 

weg  jmifdfjen  bem  Qntereffe  bed  Säuern,  ©elb  gu  crlangei 

unb  betn  Sntereffe  bed  ©runbljerm,  überfdjjulbung  ju  oei 

f)inbern.    ©ie  ermöglichten  eine  periobifdfje  SReotfton  bc 

guftanbed  ber  Bauerngüter  unb  ber  Sage  ber  Sauer 

^e|t,  ba  wir  in  bie  grunbl)errlidfje  Äonfendprajid  einen  ©tnbli 

gewonnen  fjaben,  erfdjjeint  und  aber  aud)  bad  Behalten  ber  ©ertdfjti 

Ferren  unb  i^rer  Beamten  gegenüber  bem  Äonfendred&te  in   eine 

anbeten,  milberen,  ja  in  einem  gttnfiigen  fiidfjte.    2Bar  ed  nidjjt  oe 

bienftlidlj,  bad  Äonfendredfjt  möglidfjft  an  bie  SBanb  ju  brüden  ur 

baburdf)  ben  Unfug,  ber  mit  iljm  getrieben  mürbe,   einjubämmen 

aber  gemadj) !    2)enn  au<$  bie  geridfjtdljerrlid&en  Beamten  befämpft« 

ober  beffer  ignorierten  bad  Äonfendredfjt  nid&t  aud  reiner  9Wenfd&ei 

freunblidfjfett,  ober  aud  einer  ibealen  Neigung  ju  freiem,  flottei 

Ärebitoerfe^r,  ober  aud   einem  tnfttnfttoen  Beroufttfein  ober  ein( 

tfyeoretifd&en  ©rfenutnid,  baft  bie  3*ü  ber  ©tänbeljerrfd&aft  oorb 

fei  unb  bie  „Sßertobe  ber  ©taatdroirtfdfjaft"   anbredfje  —  nein,  au< 

bei  iljnen  maren  ed  materielle  Sntereffen,  bie  fie  oeranlafeten,  jui 

Äonfendredfjt  eine  feinbltd&e  ©tettung  einjuneljmen.    SDied  ergibt  fti 

jum  £eil  fdjjon  aud  ben  ßanbtagdoer^anblungen  felbft.    @ine  Älac 

bed  Sßrälatenftanbed  auf  bem  Sanbtage  oon  1612  gefjt  Ja  ba^in,  ba 

bie  ©eridfjtdfjerren  motten,  baft  fie  unb  nid&t  bie  ©runb^erren  ui 

Äonfend  angelangt  werben  unb  iljnen  bad  SBtttendgelb  gejault  mert 

(oben  ©.  156).    Unb   im  Saljre  1605   bejeid&nen  ed  bie  Sßrätate 

ald  eine  „merfltdfje,  juoor  unerhörte"  Befd&roernid,  ba&  in  ben  beibe 

©eridfjten  Biedjjtad^  unb  Äöfeting,  wenn  bie  Älofteruntertanen  iljx 

©üter  oerfaufen,  übergeben  ober  oertaufd&en  motten,  bie  Sßflegei 

gerabe  ald  menn  fie  ©runb^erren  mären,  oon  ben  Äon 

trajjenten  10 — 12  ©ulben  forbern,  „geben  i^m  einen  neuen  unet 

hörten  SRamen  unb  nennen  ed  bad  ämmangelb"  (Sanbtag  ©.  220] 

2>ie  ©ertd&tdbeamten  befämpfen  alfo  bad  grunbljerrlid&e  Äonfendredfj 

jum  £eil  nur  bed^alb,  um  fid&  feine  Borteile  felbft  aneignen  ji 

fönnen,  fie  oer^üten,  bafe  ed  oon  ben  ©runbljerren  mifebraudfjt  merbe 


—    165    — 

um  e3  felbft  }u  mifjbraudfjen.  ttmgefeljrt  ift  ber  ©ifer  bcr  Sßrälaten 
extlaxlid) ,  bic  ft<§  um  bic  grüdjte  il>re3  feinen  „UrbarägebraudfjeS" 
betrogen  fa^en.  (Sin  Unre^t  ift  ber  geütb  be3  anberen,  ba3  „2Bitten£s 
gelb"  nrirb  vom  „Stotmangelb"  umgebrad&t. 

2Ba8  aber  bie  ©eridjjtsbeamten  bei  i^rer  SWtfjadjjtung  be3  ÄonfenS* 
red)te$  geroöl)nlidfj  im  Sluge  Ratten ,  ba£  finb  eigentlich  mdjjt  grunb* 
berrlidjje  SRedfjte  unb  ©efälle,  fonbern  bie  Siegel*  unb  ©djjretbgelber, 
beren  Sebeutung  für  Ärebit  unb  SBerfd&ulbung  mir  ©.  98  ff.  fennen 
gelernt  Ijaben.  S)ie  ©eridjjtSbeamten  fonnten  ba3  Äonfen3= 
tedjt  nid&t  leiben,  meil  e8  bie  fportelbringenben  S3er= 
briefungen  oerringerte.  2Bie  bie  Saubemien  unb  2BiHen3= 
gelber  ba$  3*e*  &er  grunbljerrlidfjen  Sßraste  roaren,  fo  maren  Ijofje 
Siegel*  unb  ©dfjreibgelber  ba$  Qbeal  eines  fingen  unb  erfahrenen 
©eridfjtäbeamten. 

SDie  golbenen  @ier,  bie  bie  &enne  legte  —  ba3  mar  ber  SßreiS, 
um  ben  jmifdjjen  ©runb^erren  unb  @erid£jt3l)erren  ber  ©treu  tobte. 
S)te  fcenne  aber  mar  ber  33auewftanb. 


Drittes  Kapitel* 


§  10. 
Sdtullwedtt  unb  SrtiuUmBrptfltjei 

I. 

S)er  3uftanb  beS  ©dfjulbenmefenS,  ba$  SRafc  ber  Äapitalbilbung 
unb  bie  SWöglidjtfeit  ber  itrebitertangung  merben  immer  audjj  von  ber 
Stellung  abhängen,  meldte  ©taat  unb  ©efellfd&aft  ber 
(Jntroicflung  beSÄrebitä  gegenüber  einnehmen,  t)onbem@rabe 
ber  ©d&äfcung,  bie  bie  ©efettfd&aft  bem  ©laubiger  entgegenbringt, 
wn  ber  2trt  ber  33el>anblung,  bie  ber  ©d&ulbner  bur<$  ben  ©taat 
erfährt.  2Bo  ber  ©laubiger  rafdjj  ju  feinem  9te<$te  unb  ju  feinem 
©elbe  fommt,  wo  eine  gute  Sßoltjei  für  bie  ©olibität  be*  Ärebit» 
oerfel)rS  forgt,  ba  mirb  ber  Äapttalift  leidet  ju  bemegen  fein,  oon 
feinem  ©dfjafce  anberen  mitzuteilen.   2Bo  bagegen  bie  Sebeutung  be$ 


—     166    — 

itrebitS  für  baS  wtrtfd&aftltd|je  unb  fojtale  geben  beS  5Bol!e3  perfann 
wirb,  ober  wo  bei  ber  (Eintreibung  oon  ©djjulben  ehtUnterfcfjiel 
gemalt  wirb  }wifdjj£n  ben  oerfdjjiebenen  Älaffen  t>ot 
©laubigem  unb  ©djjulbnern,  baS  Sntereffe  beS  ©laubiger* 
nur  bann  feine  2Ba$rung  finbet,  wenn  er  jur  Ijerrfdjjenben  illaff* 
geljärt,  ber  ©d&ulbner  auf  ©runb  oon  ©tanbeSprürilegten  obei 
Vorurteilen  ©djjufc  gegen  feine  ©laubiger  geniefct,  ba  wirb  e$  fd&wei 
fein,  baS  beweglidjje  Kapital  aus  feinen  ©djjlupfwinfeln  ju  lotfen 
ja  bie  Äapitalbilbung  wirb  bann  geljinbert  fein,  weil  mancher  es 
oorjieljen  wirb,  feine  ©rfparniffe  jur  ©rljötyung  feiner  ©egenwart^ 
freuben  ju  oerwenben. 

3Wau  fann  nidfjt  fagen,  bafc  ber  ftrebit  in  ber  3ett,  mit  bei 
fidfj  biefe  SKrbeit  befdfjäftigt,  gering  gefdjjafct  worben  wäre,  ©eine 
Seiftungen  unb  SBirfungen  werben  fogar  Ijfiuftg  in  gewallten  2Ben- 
bungen  gepriefen.  SBenigftenS  gilt  bieS  oom  öffentlichen  ftrebit. 
©o  nennt  3Rajimilian  1. 1637  in  einem  ©treiben  an  bie  SanbfdfjaftS* 
oerorbneten  ben  Ärebit  baS  „wertuoffe  Äleinob  beS  SanbeS" l.  Sieben 
bem  öffentlichen  ©djjulbenwefen  gab  es  noclj  ein  anbereS  ©ebiet, 
auf  bem  baS  Ärebitgeben  unb  ntefjmen  fogar  als  normal,  afe  felbfk 
oerfiänbltdfj  galt  —  ber  fianbel.  igier  wirb  bie  Sebeutung  be£ 
SrebitS  leiber  fdfjon  flberfdfjäfet,  unb  es  jeigen  fidj  bereits  bie  ©puren 
jenes  mpftifdfjen  ©laubenS  an  geljeimniSooffe  ©igenfdfjaften  be£ 
ÄrebttS,  ber  auf  feinem  $öl)epunfte  jur  erften  „Sßanamaaffäre"  fiam 
(1716—20)  führte. 

2)ie  SBerbeugungen  aber,  bie  fonft  oor  bem  ßrebit  gemadfjt 
werben,  finb  meifienS  platonifdjjer  2lrt.  ©obalb  SlnjeidSJen  beroor= 
treten,  bafe  ber  Ärebit  beS  wirtfdjjaftlicljen  SebenS  in  feiner  ©efamt* 
Ijett  fidj  bemädfjttgt  §at,  bafc  er  in  Sßaläfte  unb  fiütten  eingebrungen 
ift,  fängt  man  über  bie  unglüdlid&en  ©dfjulbner  unb  über  bie  Ijart* 
{jerjigen  unb  betrügerifdjjen  ©laubiger  ju  jammern  an.  3Kan  be* 
trautet  ben  Ärebit  immer  nodjj  als  ©rfdjemung  aus  einer 
anberen  SBelt,  unb  barauS  refultiert  eine  gewiffe  ängftlid^e  ©djjeu 
oor  iljm,  ja  eine  infttnftmäfjtge  Stbneigung  gegen  biefen  3)ämon. 
SBenn  man  es  audj  nidjjt  immer  oermeiben  fönne,  ©dfjulben  ju 
machen,  fo  bärfe  man  ftdEj  bodfj  nur  in  ben  bringenbften  gaffen  barein 
begeben,  unb  oor  allem  muffe  man  bamadfj  trauten,  fie  fo  balb  wie 
möglidfj  wieber  loS  ju  werben.  $n  einem  ©treiben  ber  baperifdjjen 
ßanbf^aft  an  ben  prften  oom  3al)re  1612  Reifet  eS  g.  8.:  (Sine 
jebe  Commune,  ja  fogar  audfj  eine  jebe  5ßrtt>atperfon,  fo 

1  grepberg  I  88. 


—    167    — 

I 

ftd&  fort  jubringen  unterfteljt,  jtc^t,  wenn  fte  in  ©d&ulben  fiedft,  vor 
allem  anbeten  batouf,  bafc  fxe  ftclj  biefeS  oerberbttd&en  unb  um  ftd^ 
freffenben  SBurmeS,  ber  SafjreSjinfeu  unb  Sntereffen,  entlabe  (Sanb* 
tag  ©.94). 

Sejeidjnenb  für  bie  2luf  faffung  vom  SBefen  be$  Ärebitö  wirb  immer 
bic  fjfrage  fein,  rote  er  eingeteilt  wirb.  35af*  j.  33.  bie  Hafftfdje 
■Mationalöfonomie  iljn  in  Sßrobuftfofrebtt  unb  ßonfumtiofrebtt  ein« 
teilte,  ift  ganj  natürlidjj.  Senen  Ijtelt  fie  für  nüfclidj,  biefen  für 
fdjäblidj  ober  roemgjienä  für  gleichgültig,  ©ett  bie  ttberfd(jä|ung 
ber  Sßrobuftion,  bie  Unterfdfjafcung  ber  Äonfumtion  t)on  ber  WationaU 
öfonomie  uerlaffen  roorben  ift,  wirb  au<#  bie  ermähnte  ©inteilung 
md>t  meljr  fo  ftarf  betont,  fonbern  meljr  nur  nodjj  mitgefd&Ieppt. 
SBenn  mir  un$  nun  in  ber  Siteratur  be$  17.  Qafjrljunbertö  umfe^en, 
roeldfje  Slrten  oon  itrebit  man  unterfdfjieben  fjat,  fo  finben  mir  roieber 
ein  Ijöd&ji  bemerfen£n>erte$  ©pmptom.  3Wan  beurteilte  namltdfj  bie 
totafd&aftlidfjen  ®rf Meinungen  nidfjt  oom  nrirtf djjaftlidfjen ,  fonbern 
(vom  jurifftfc&en  unb)  oom  moralifd&en  ©tanbpunfte.  ©o  audfj 
ben  Ärebit.  2)a3  ©dfjulbenmadf)en  unb  ba$  SSerfc^xtlbetfetn  galt  als 
berechtigt  ober  unberedjjtigt,  je  nadfjbem  ber  ©d&ulbner  an  feinem 
3ufianbe  fdfjulb  f)atte  ober  nid&t. 

35er  namentlich  oon  SRofdfjer  &o<$gefd(jä|te  Sngolftabter  Sßrofeffor 
»efolb  fagt1: 

Sane    duo    Bancae-ruptorum    genera    statuenda    sunt. 

Primum    est    illorum,    qui    decoquunt  vitio  fortunae.     Jn- 

hunianum   plane   est,   hos,   utpote  fortunae   telis   vexatos, 

puniri  . . .     Secundum    vero    genus   est  illorum  debitorum, 

qui  suo  vitio  sua  amittunt:  pessimum  certe  hominum  genus 

et  nulla   plane   miseratione    dignum  . .  .'    Apud    hos   enim 

artis  laudatissimae  est,  profundere  dissipando  atque   dila- 

cerando,  astute,  maleficeque;  circumvenire,  aueupare  atque 

oecupare  peeunias  alieoas ;  ab  initio  large  polliceri,  in  medio 

fraudulentas    facere   versuras    et   omni    fine    charitatis    ac 

justitiae  respectu  tandem  fallere  omnibus  fidem. 

@3  roirb  alfo  jnrifd&en  33erfdf)ulbung  infolge  ungünftiger 

Äonjunfturen    unb    SBerfd&ulbung    aus    pofttioer    ©d&ulb 

unterfd&ieben.    2Benn  ber  ©d&ulbner  feine  mifclidjje  Sage  felbfi  ner* 

föulbet  $at,  inbem  er  bem  $runf,  bem  ©piel,  ber  Äletberprad&t 

ergeben  unb  baburdfc  in  feine  üble  Sage  geraten  mar,  inbem  er  biefe 


1  Vitae  et  mortis  consideratio  politica,  1623,  p.  28. 


—    168    — 

bur$  Unftetfe,  9tod&läfftgfett  in  ber  äßirtfdfjaft,  burd&  unorbentltdfje 
SBefen  oerf  d&limmerte ,  fo  oerbient  er  (einen  ©djufc  gegen  bei 
©laubiger,  ber,  ber  ewigen  SBinfeljüge  mübe,  bie  gange  Strenge  bc 
©efe^ed  gegen  ifjn  malten  lägt.  SBenn  bie  SBerfdfjulbung  bagegei 
in  UnglüdfSfällen,  in  ÄriegSnoi,  in  Sranbfdfjafeung,  geuerSbrufi,  3Kife 
ernten  ufro.  iljre  Urfadfje  §atte,  bann  ift  ber  ©djjulbner  be3  ajittleib* 
unb  ber  Sdjommg  würbig.  SDie  SBorftettung ,  ba&  jeber  bie  folget 
ber  ungünftigen  ftonjunfturen  ertragen  muffe,  ba  itjm  ja  audfj  bi< 
Vorteile  ber  gflnftigen  Äonjunftur  jugute  fämen,  war  ben  SRenfd^er 
nod&  fremb.  2)er  ©tnjelne  war  ja  burd&  bie  befte^enbe  Drbnung  in 
einen  engen  itretS  von  2Wöglicljfeiten  fo  feft  emgefd&nürt,  bafc  er  bu 
günfligen  Äonjunfturen  eben  ntdjjt  auSnfifcen  fonnte.  3Bie  fonnte 
man  ba  verlangen,  bafj  er  bie  oerberbltdjjen  folgen  einer. Ärtfis 
ganj  auf  fid)  neunte?  SBenn  bie  ©efettfd&aft  iljn  Rubere,  auf  eigene 
gaufi  an  feinem  ©lüde  ju  jimmern,  fo  möge  fte  audjj  bafür  forgen, 
bafj  er  bei  plöfelid&eu  oerberbli<$en  ©reigniffen  nidfjt  bebauembem 
Stdjjfeljudfen  begegne  ober  burd)  ftrenge  ©df)ulbgefe|e  oottenbS  gebrochen 
werbe.  Sßenn  bie  Setrüger  unb  33erfd&roenber  überhaupt  feinet 
ÄrebiteS  wfirbig  feien,  fo  er^eifd^e  umgefetjrt  bie  troftlofe  Sage  ber 
unoerfdjjulbet  ins  Unglütf  ©efommenen  ein  fdfjonenbeS  SSorge^en  bei 
ber  gerid&tltdjen  Eintreibung  ber  ©Bulben.  SBon  biefem  ©tanbpunft 
aus  ift  bie  ©ebulb  unb  Sangmut  ju  begreifen,  bie  man  im 
^ßrojefeoerfa^ren  gegen  bie  ©dfjulbner  an  ben  £ag  legte.  9Kan 
fal)  eben  in  ber  cor  ©erid&t  gefd&leppten  Partei  mc^t  ben  im  Äampfe 
um«  3)afein  unterlegenen  Äonf urrenten ,  fonbern  ben  unglfidHtdfjen 
vom  ©d&icffal  unb  feinen  ©laubigem  oerfolgten  9Bitmenf<$en. 


II. 

3)a$  Sßrojefeoerfaljren  litt  unter  einer  allju  großen  3lu£  = 
beljnung  beSfelben,  oerurfadfjt  burdfj  ju  häufigen  ©d&riftenwedSifet, 
burdfj  ju  triele  Termine,  ju  lange  griften,  bu*$  &i*  ©d&tfanen  ber 
©d&ulbner,  ben  ©tgennufc  ber  älboofaten  unb  bie  übel  angebrachte 
3taW\$t  ber  SKidfjter. 

Qn  Sapern  gab  e$  jwei  ^ßrojefearten:  ben  orbentltdfjen 
Sßtojefe  („Drbinartprojefc")  unb  ben  ju  feiner  Slbfürjung  1553  ein* 
geführten  unb  1616  auSgeftalteten  fummarifdfjen  SProjefe.  35ie  gut* 
f Reibung  barüber,  ob  erftere  ober  lefctere  Sprojefcari  angeroenbet 
werben  fott,  lag  beim  Äläger.  3)a3  gebraudjjlidjje  Sproje&oerfaljren 
mar  ber  fummarifdfje  Sprojefc.    2)ie  im  fummartfdfjen  Sßrojejs  unter* 


—    169    — 

liegenbe  Sßartet  foroite  binnen  Qaljr  unb  %a$  ben  Orbmariprojefc 
ergreifen. 

2)er  Drbinariprojefc  bewerte  „mexften*  oiele  Sa^re*  (©d(jmib 
ju  ©antpr.  III  9  n.  10),  burd)  ju  oiele  Termine  unb  burdfj  um 
begrfinbete  SSerlängerung  berfelben,  inbem  ben  „oerjügigen  Slboofaten 
unb  Sßrofuratoren  ju  otel  nad&geljangt  würbe"  (Sanbtag  1605 
grav-  18)  K 

2lber  au<$  ber  „©ummarifdfje  5ßroje^  oerbiente  biefen 
feinen  Slamen  feineSmegS.  @r  bauerte  „oftermals  10, 12  unb  big  über 
20  3a&re"  (Sanbtag  1605  grav.  4).  1616  würbe,  wie  erwähnt, 
ber  fummarifdjje  Sßrojefc  reoibiert,  unb  e$  würbe  ein  befonbereS 
©efefebudf)  für  tyn  gefd&affen.  £rofcbem  bauerte  ber  fummarifdje 
^Srojefc  „öfter«  20,  30  ober  nodjj  me^r  Qaljre",  ja  er  war  weit  oer* 
roidfelter  unb  bauerte  weit  länger  als  ber  Drbinariprojefc.  ©djjulb 
baran  Ratten  bie  „Sonetten,  2lbleimmgen,  2lu3flfidfjte ,  galfdfjljeiten 
unb  Betrügereien"  ber  Parteien  unb  Stbnofaten,  biefer  „@eri<$tfc 
plauberer  unb  3un8enbreföer"  (©d&mib  ju  ©umm.$ßr.  @inl.  unb 
13  d.  1).  ©egen  @nbe  ber  Regierung  gerbinanb  3Waria3  follte 
abermals  eine  5R  e  n  i  f  i  o  n  be3  ©ummartf  df>en  SßrojeffeS  vorgenommen 
werben,  aber  nun  waren  e3  bie  Vertreter  ber  ©tänbe,  bie 
fianbfc&aftSperorbneten,  bie  ftdfj  bagegen  wanbten  mit  ber  ©rflärung, 
bog  e$  bei  ben  oorwaltenben  Memmen  $e\Un  gar  ju  Ijart  fein  unb 
jum  SRuin  oieler  gamtlten  gereidfjen  würbe,  mit  SBerfdjärfungen  in 
ben  Sßrojefjformen  burd&jugreifen  (fjretjberg  1 191).  Qnjwifd^en  war 
nämlidjj  bie  burdjj  ben  30  jährigen  ßrieg  oerurfadf)te  frebitred&tlidfje 
9teaftion  eingetreten  (fie^e  unten  §  18). 

aber  nidfjt  nur  baS  ©trett*,  f onbern  audfj  baSöettretbungä* 
oerfa^ren  litt  unter  ber  Umftanblidjjfeit  unb  ©<$wer  = 
fälligfeit  be*  Betriebes.  1605  flagen  bie  Sanbftänbe  (©.  156): 
„Obfd&on  oftermafe  bie  debita  liquib  unb  richtig,  audjj  etlidfje 
9Jtale  bie  Sejaljlung  [von  ber  Dbrigfeit]  gefdfjafft  worben,  fo  werben 
bod>  wiber  ber  ©laubiger  äBitten  Xäbigungen  auf  griften  ober  3lb- 
brudfr  fürgenommen  /  unb  wo  man  gletdjj  gerne  eine  3eit  ©ebulb 
Jjfitte,  fo  ift  e£  bodfj  nur  ein  oergeblidfjer  Stufjug,  werben  bie 
©laubiger  in  Schaben  gebraut  unb  bennodjj  nidfjt  bejaht,  frud&ten 

1  3"  ber  £.0.  oon  1553  wirb  gegen  bie  SRtdjter  fogar  ber  Vorwurf  er* 
toben,  baft  fte  «mit  gletfj  me$r  £Äg  [Termine]  matten*,  TueiC  bei  ben  <9eria)t3« 
oerfymblungen  (roe(a)e  bamal«  noa)  im  2ötrtß&au$  abgehalten  )u  werben  pflegten) 
auf  9left)niutg  ber  Parteien  jebe&nal  ein  »grofe  Sertrinfen"  (Ärenner  VIP  61) 
oeranftaftet  mürbe. 


—    170    — 

au$  bisweilen  foldje  Xäbigungen  anberS  nid^tö,  toeber  [afö]  b 
injrotfd&en  ber  ©d&ulbner  feine  bona  dissipirt  unb  lefcltdj  l 
©laubiger  ba3  Seinige  gar  oerlteren  mu$ul.  ©d(jmib  fagt  ( 
£9t.  XIII  10  n.  9),  bafi  man  bei  ben  batjerifdjjen  ©erid&ten  t 
bie  ©jefution  metfienS  länger  ffreiten  mufi  als  in  ber  &auptfad)e. 

gür  anerfannte  ober  burdfc  öffentliche  ttrfunben  1 
fd&einigte  Slnfprüd&e  Ijatte  ba$  bagerifdfje  ©efefe  ein  befdfjleunigl 
33erfaljren  oorgefe&en :  e3  f ottte  nad&  einer  furjen  grift  gleidjj  mit  t 
Beitreibung  begonnen  werben,  iQören  toir  bagegen  mieber  ©d&m 
(ju  ©umm.$r.  XI  5  n.  12):  2hid)  toenn  ein  liquibeS,  unjtoeif 
^afteä,  unftrittigeS,  anerfannteS  ober  eingejlanbeneS  Qnftrument  m 
liegt,  fo  fann  man  bodfj,  toenn  ber  ©dfjulbner  irgenb  eine  ungeretm 
freoetyafte  @tntoenbung  ergebt,  o^ne  förmlichen  ?Projef$  unb  9Kdfjt< 
fpruclj  feine  ©jefution  erlangen. 

2lm  un^eiloottfien  für  ben  Ärebit  ertoiefen  ft<$  bie  SB< 
jflgerungen,  bie  beim  ©antoerfa^ren  oorfamen,  ja  üblidfj  mar* 
Statt  nadjj  frud&tlofem  Slblauf  ber  nadfj  bem  SBergantungSantrag  b< 
©dfjulbner  nod&  jufte^enben  Htägigen  grifi  (©antpr.  III  1)  gle 
bog  ©runbftüdf  ju  befd&lagnaljmen,  mürbe,  rote  ©djjmib  (n.  1— 
berietet,  ein  ooHftanbiger  ^rojefc  angeftellt  unb  biefer  Sßrojefi  i 
oiele  Qa^re  ^mauSgejogen,  bis  jenes,  ba$  in  14  &agen  §ätte  c 
fd^e^en  follen,  erft  nadfj  10  Qa^ren  ober  "*><$  fpäter  getan  muri 
SMefer  bebauerlidfje  2Rifjbrau<$  —  bemerft  ©d&mib  befonberS  —  ^a 
ntd&t  nur  in  ben  ÄriegSjeiten  ge^errf  d&t,  f  onbern  merbe  audfj  in  2lnf  efjui 
ber  neuen  „in  griebenäjeiten  gemadfjten  ©Bulben  nodfj  täglidfj  foi 
gefefct"2.  6in  foldjjer  3«f^nb  fei  unerträglich ;  benn  muffe  mi 
fidf)  nidjjt  befd&toert  füllen,  menn  man  jemanb  unter  ber  33 
bingung  einer  auSbrüdflidfjen  ©pejtalbppoiljef  10( 
©ulben,  rüdfja^lbar  binnen  einer  beftimmten  gri 
geliehen  fyabt  unb  nadfj  Slblauf  ber  grtfi  mit  bem  ©cijuibner  e 
lange  ftreiten  unb  einen  ganjen  Sßrojefe  ausfielen  mäffe? 

äfadfj  bie  übrigen  oom  ©efefce  für  ba£  ©antoerfaljren  oc 
gefd&riebenen  griften  mürben  feineSroegS  innegehalten.  3m  Soft 
liegen  fidjj  bie  Referenten  jur  Aufarbeitung  tljreä  9teferate3  i 
mehrere  Qa^re  £eit,  unb  ©dfjmib  erjctylt,  er  fei  auf  ©antaften  c 
ftofcen,  bie  über  15  $al)re  lang  nur  immer  angeroad&fen  feien,  ui 

1  Sgl.  au$  ebenba  ©.  152:  2)iefe  Unorbnung  fann  ein  „$ec!mantel  oie! 
$arxiaUt&ten"  werben. 

8  »gl.  Bentmeifterinftruftion  mm  1669  3iff.  18:  „Wit  ber  ®ant  fott  mc 
ftc^  nidgt  ü bereifen." 


—    171     — 

ju  beren  Bearbeitung  er  fester  ein  ganjeS  $af)i  gebraust  l)abe 
(SU  III  7  n.  1). 

©egen  bie  ©nifdjeümttgen  be3  ©antgerid&teS  ftanb  ben  Parteien 
bie  Sippe  Hat  ton  ju.  dagegen  roenbet  fidfj  ©dfjmtb  (©antpr.  III 
9  n.  6)  mit  ben  SBorten:  ©ie  §alte  baS  SBerfaljren  minbefienS  um 
8/*  3fal)r  auf,  roenn  ober  bie  SRegierungSbireftoren  ben  Regiments* 
raten  burdj  bie  ginger  fäfjen,  bafc  biefe  ifjre  Referate  ad  calendaa 
Graecas  oerfd&ieben  fönnten,  bann  fogar  nodjj  länger  unb  auf  t)iele 
Sa&re. 

£>ie  lange  ®auer  be$  ©antprojeffeS  fonnte  befonberS  ben  nadfj* 
fieljenben  ©laubigem  gefäljrltdSJ  werben,  benn  bie  im  Verläufe 
be3  ©antoerfal)ren8  oerfatlenben  Sva\ta  nahmen  natürlich  am  SBorrang 
ber  ipauptforberung  teil  (©antpr.  II  27) l.  S)ie  golge  xoax,  bafcA 
mit  ein  in  §  18  nä^er  ju  erörternbeS  kehret  oon  1650  fonfiattert, 
„mit  3uerfennung  ber  auäflänbigen,  fonberltdfj  ber  unter  roetyrenbem 
©biftSprojefc  oerfaHenben  3inf*n  *n  bit  privilegierten  ©teilen  ge* 
meiniglicij  ba8  ganje  Vermögen  bergeftalt  erfd&öpft  [war],  ba&  bie 
jüngeren  ©laubiger  gar  mit  bem  Äapital  ju  SSerluft  gegangen"28. 

SBenn  mir  unfere  2lu3fül)rimgen  über  bie  SUlängel  be8  ©ant* 
oerf aureus  jufammenfaffen  f ollen,  fo  fönnen  mir  bteä  nidjjt 
beffer  tun,  ate  inbem  mir  roieber  einen  3*ügenof[en  reben  laffen. 

„3m  ©antprojefe  3.  Sitel  8.  2trttfel  ift  ftatuiert,  bafc  ber  <Sbtft$* 
projefe  oöttig  mit  (Sinfcijliefjung  ber  SprtorttätSpubltfation  inner 
32  Sßocj&en  ju  @nbe  gebradjt  werben  fott.  63  gefdfjietyt  aber  öfter* 
malen,  bafe  ber  ©btfteprojefj,  SprioritätSerfenntnte  unb  beren  Sßubli* 
fation  pajtim  ex  causa  debitoris,  partim  creditorum  et 
etiam  judicii  über  bie  befummle  3*ü  unb  woijl  etliche  ^afyxe 
protrahiert  unb  aufgewogen  wirb,  ba^ero  bie  ©d&ulbenlafi  wegen  ju* 
madjjfenber  Sntereffen  bermafcen  unb  ju  großem  Sßräjubij  ber  jüngeren 
unb   nad&ge^enben  Ärebitoren  fidfj  mehret,  alfo   [bafc  bie  älteren 


1  9Bad  bie  übrigen  ginfen  betrifft,  fo  faßt  ber  »rtilel:  3m  allgemeinen 
fott  nur  eine  ©ült  am  Spange  ber  $auptforberung  teilnehmen;  wenn  ber 
©laubiger  aber  beweift,  baft  er  „um  alle  oerfaUenen  ©alten  jebeSmal  unb  alle 
3a$re  gefragt  unb  an  feinem  greifte  nia)tö  ernmnben  fei,  aber  e&e  unb  juoor 
tftm  nurfli<$  bagu  »erQolfen  roorben,  ber  ©antprojefe  eingefallen",  bann  fotten 
alle  biefe  ©Alten  am  Spange  ber  $auptforberung  teilnehmen. 

9  Sgl.  auft)  @a)mib  ju  ©antpr.  III  9  n.  6. 

*  2>a$er  öefa)rän!ung  ber  privilegierten  3infen  auf  einen  3*$te*ain*  in 
biefem  IRanbat.  föieberaufoebung  ber  8ef$rän!ung  im  SRanbat  oom  16.  6ep* 
tember  1654  (unten  §  18). 


—    172    — 

©laubiger]    bic    Kapitalien   unb   Qntereffen    befommen,   jene    [ 
jüngeren]  aber  beibeS  verlieren  muffen"  (3*tter  ©.  188). 

III. 

Sßäljrenb  big  ^ierljer  eine  bem  ©d&ulbner  günftige  Senbenj  ! 
©c$ulbbettreibung3praEtS  bel)errfdf)t,  beginnt  mit  frud&tlofem  2lblc 
ber  gemöljnlicfien  @£efutton3oerfud(je  eine  matyre  ßeibenSjeit  für  t 
©<$ulbner:  e8  mürbe  &anb  an  i!)n  gelegt.  SDie©dSJuIbf)aft  < 
(SsefutionSmittel  beftanb  nodfj  immer;  aber  wie  ftdfr  bie  ©afcung 
bie  Sßf  anboerf  dfjreibung ,  bie  gronung  in  bie  ©ant  oermanbelt  t>at 
fo  mar  mit  ber  ©ntmidtlung  beS  5trebitn>efenS ,  meil  nun  in  i 
Siegel  mehrere  ©laubiger  ju  berfidffidfjügen  roaren,  an  bie  ©tc 
tum  ,.&anb  unb  Alfter"  beS  ©läubigerS  ber  obrigfeitlic 
©dfjulbturm  getreten.  3)ie  „&anbf)abung "  gehörte  jur  „t äg l i d[j i 
<3emo!)n§eit,  inbem  mir  feljen,  bafc  balb  ber,  balb  jener  ©d&ulbr 
gen  £0$  gehoben  mirb"  (9Kanj,  ©dfjufc  unb  ©d&irm  I  33).  3 
priüilegierten  Sßerfonen  Ratten  es  aber  audjj  in  biefer  3E 
iie^ung  beffer;  benn  bie  abiigen,  fagt  9Kanj  an  berfelben  ©te 
(I  62),  „oerfdfjont  man  bei  uns  fo  oiel,  bafe  fie  nid&t  in  tief 
Wurmen,  fonbern  an  einem  ersten  Ort  ober  audfj  in  einem  ©d(jl. 
ober  allein  frei  unter  ber  ©olbaten  SBadfjt  oerroa^rt  merben"  \  D 
mo^l  bie  ©d^ulb^aft  eigentlich  nur  bann  Seredfjtigung  Ijatte,  roei 
ber  ©<$ulbner  fein  SSermögen  fjintertytelt,  alfo  als  äufeerfteS  3roanS 
mittel  gegen  böswillige  ©djjulbner,  rourbe  fie  in  ber  SßrajtS  ^äuj 
ffrupelloS  oerljängt2.  63  mar  batyer  nodjj  immer  eine  feljr  g 
möljnltd&e  @rf  d&etnung ,  bafe  ber  ©dfjulbner  bie  gludjt  ergriff,  u 
t>en  ©cfjredfniffen  be3  ©dfjulbturmeS  ju  entgegen8.  SBenn  er  fi 
aber  einmal  ju  biefem  ©dritte  entfd^lofe,  fo  mar  e3  begreiflich,  b( 
-er  es  ni$t  mit  leeren  &änben  tun  mottte.  3)a  nun,  roie  ©<f)m 
(ju  23t  XIII  7  n.  2)  fagt,  „bem  gemeinen  SBefen  baran  liegt,  b( 
nidfjt  bie  Seute  mit  fd£)led&tem  ober  gar  feinem  üRufeen  ber  ©laubig 
in  ben  ©efängniffen  tyerumgejogen  merben",  fo  mürbe  nadfj  bem  Se 


1  8gr.  fteumener  itarl,  2)arftettung  bc8  ftrafbaren  Bankrotts,  1891,  ©.  10; 
*®en>tffe  personae  privilegiate  finb  [1548  MS  1806]  in  ber  Stegel  von  b 
©djulbljaft  überhaupt  befreit,  fo  grauen ,  bie  (SJetftltd&en,  ber  Sbel,  bie  docton 
unb  äfjnlid&e  .  .  / 

2  HRanj,  ©djufc  unb  ©djtrm,  I  57:  „.  .  .  tnad&en  ft$  unfere  Rieftet  un 
£)6rig!etten  .  .  .  leine  Sfrupel,  fonbern  .  .  .  fahren  [mit  bem  ©d&ulbner]  glei 
<$en  Sod).* 

8  Erat  obstinatus  ad  fugam,  qui  nolebat  mori  in  carcere  (Baldus). 


—     173    — 

fpiele  be3  rflmifd&en  3ted(jteg  bte  ©üterabtretung  eingeführt1- 
<Sie  bejlanb  in  bet  äSermögenSmanifeftation  unb  Abtretung  ber  ©üter 
an  bie  ©laubiger  unb  befreite  oon  ber  Sßerfonaiejefution.  $ur 
©üterabtretung  war  aber  nur  ber  ©djjuümer  jugelaffen,  ber  „au& 
uitDermeiblid^er  -Rot  unb  unfürf ebenem  UnglüdföfaH  oljne  fein 
33erfc&uibeu  ju  foldfjer  Slrntut  fommen,  baft  er  feine  ©laubiger 
md&t  ju  bejahen  fjat",  bagegen  ntdljt  ©dfjulbner,  weld&e  „burclj  i§r 
rounrbentlidfj  2Befen,  Unfleifj  unb  -Kad&läffigfeit,  ba  fie  bem  ©ptel, 
Xrinfen  ober  anberen  Seidjjtferitgfetten  obgelegen  unb  i^rem  iQauS* 
fydbtn,  Hantierung,  ©eroerben  unb  2lrbeit,  wie  ftdfj  gebührt,  mdjjt 
aufgewartet  ober  fonfien  ju  präd&ttg,  oertunlidjj  ober  oljne  Slot  ju 
freigebig  gewefen,  ins  SSerberben  fommen"  (SSW.  XIII  5  unb  8). 

3)ie  ÜRafilofigfett  ber  ©sefutton  geigte  fidfj  aber  nid&t  nur  barinA 
bafe  fie  cor  ber  Sßerfönlid&feit  nidjjt  Jpalt  mad&te,  fonbern  aud&  barin, 
bafe  fie  bte  jur  SSemi($tung  ber  materiellen  ©fiftenj  be3  ©d&ulbner& 
gefjen  fonnte.  3)ie  @$efution$fäI)tgfeit  beä  SBermögenS  war 
beinahe  unbefdjjränft.  SDer  ©ebanfe,  baf$  bem  ©djjulbner  ein  @jiften$s 
min  im  um  gelaffen  werben  fott,  bafc  iljm  namentlid^  bie  jur  gort= 
fü^tung  feinet  SerufeS  notwenbtgen  ©egenftanbe  nid&t  genommen 
werben  bürfen,  ift  burdfjauS  mobern.  9iaü)  ber  baijerifd&en  ©efefc* 
gebung  oon  1616  (©er.D.  XIII  5,  ©umm.  5ßr.  XI  7)  mar  nur  ba$ 
33ettjeug  ber  Sranfen  unb  Sßöd&nerinnen  oon  ber  Sßfänbung  un~ 
bebingt  auSgefdjloffen.  S)ie  33aumann$fa{jrnte  be3  SiderbauerS  (2tdEer= 
roffe,  Dd&fen,  pflüge  unb  bergleidjjen),  ba3  SBerfjeug  be3  £anbwerfg* 
manneä,  ber  Sibloljn  ber  ©galten,  bie  SBaffen  ber  ßriegSleute,  bie 
33fidjer  be3  ©ele^rten  burften  oom  ©laubiger  angegriffen  werben, 
wenn  feine  anberen  pfänbbaren  ©egenftanbe  oor^anben  waren.  Über- 
haupt fottten  immer  biejenigen  ©üter  gepfänbet  werben,  beren  SBer* 
Cuft  bem  ©dfjulbner  am  wenigften  fdfjabe  unb  beren  er  am  elften 
entraten  fönne.  ©erabe  biefe  Seftimmung  fdjjeint  aber  nid&t  immer 
eingehalten  warben  ju  fein.  Qn  unferem  „9Remoriaf'  (3iff-  46) 
wirb  jtlage  barüber  geführt ,  ba&  „wenngleidfj  anbere  Sßerte  oor* 
fjanben,  ofpte  alles  SBerfd&onen  &au$*  ober  33aumann3f aljrniS ,  xoa& 
am  meiften  gilt  unb  am  beften  ©elb  gibt,  angegriffen  unb 
weggenommen  wirb,  .  .  .  babur<$  mancher  .  .  .  oom  ©einigen  in 
ben  Settel  getrieben  wirb". 

2u(ij  in  bejug  auf  bie  ©renjen  ber  ©jequierbarfeit  be$  33er* 
mdgen*  braute  ba3  Snftttut  ber  ©üterabtretung  einen  tüchtigen 


1  Über  ben  Seitpunft  $errf$t  WeinunßftoerftiiebenQeü. 


—    174    — 

gortfäriti.  9fa<$  baperifd&em  fted&te  (29t.  XIII  7)  foHte  I 
©d&ulbner,  ber  na<5)  ber  (Guterabtretung  fid^  materiell  lieber  edj 
J>at,  wegen  ber  früheren  ©Bulben  nid^t  ganj  auSgepfänbet  wert 
dürfen,  fonbern  e$  fottte  i§m  ju  feiner  „jiemlid&en  SHotburf 
<twa$  gelaffen  werben.  Selber  folgte  audjj  biefer  wohltätigen  3 
jlimmung,  wie  fo  Dielen  anberen,  bie  ßorruption  auf  bem  gu 
befonberS  infolge  baoon,  baß  man  bei  abeltgen  ©djjulbnem  j 
Slrbeitöfraft  feinen  materiellen  SBBert  beimaß.  ©<$mib  fagt  (n.  U 
„3n  unferem  SBaterlanb  ift  metftenS  bieS  im  SBraudj,  baß  bem 
befferen  ©tanb  geratenen  ©d&ulbner  frudjjttragenbe  ©fiter  ober  $h 
briefe  angewtefen  werben,  aus  meldten  er  feinen  Unterhalt,  jebi 
baß  fold&e  ©fiter  unb  3w8briefe  in  salvo  oerbleiben,  §aben  far 
fo  lange  er  lebt,  nadfj  feinem  £obe  aber  werben  fotane  ©fiter  u 
3in3briefe  unter  bie  ©laubiger  oerteilt."  iJtadfj  bemfelben  2tu1 
<n.  11)  befamen  Slbelige  geroö^nlid^  jum  wödfjentlid&en  Unterhalt 
bis  4  fl.  angewiefen,  bei  bem  bamaligen  ©elb  werte  eine  ganj  < 
fledEltdjje  ©umme1. 

IV. 

2tu3  ber  jum  £etl  nodjj  redjt  großen  ißärte  be3  ©<$ulbredjjt< 
namentlidjj  in  ben  lefeten  ©tabien  ber  ©djjulbbettreibung,  erllärt  f 
au<$  bie  3Jiilbe  gegen  morofe  ©<$ulbner,  bie  ßuxüd Haltung  gegenuE 
t)rängenben  ©laubigem,  folange  man  nodj  irgenb  hoffen  fonnte,  ol) 
eigentliche  3wang3maßregeln  burdfjjufommen.  Wtan  mußte:  wei 
ber  ©djulbner  einmal  in  ber  £anb  be3  ©läubtgerS  mar,  fo  gab 
fein  §alt  meljr  auf  ber  fd&tefen  ©bene  ber  „©djjulbfnedfjtfdfjaft 
SBeit  weniger  llmftänbe  f feinen  gemalt  worben  ju  fein,  wo  ni< 
nur  ©laubiger  gegen  ©d&ulbner  ftanb,  fonbern  fameraliftifd 
UKottoe  fi<$  ben  moralifttfdfjen  tyinjugef  ettten ,  auf  bem  ©ebiete  b 
ipolijei,  wenn  e3  galt,  aus  ©rfinben  ber  gemeinen  Sßolj 
fatyrt  bem  SBergeuben  oon  igab  unb  ©ut,  bem  letdfjtfinnigi 
©d&ulbenmadjjen,  ber  SSernadfjlaffigung  oon  igauS  unb  igof  entgegei 


1  üRo$  weiter  als  ©d&mib  ge§t  Watts:  2)em  ©djulbner  ift  ber  ftanbei 
$emä&e  Unterhalt  ju  belaffen  (auger  wenn  ber  ©laubiger  felbft  ft$  in  2trm 
befinbet).  Sei  ber  Semeffung  beöf  elben  ftnb  bie  SujuSgrenjen  ber  $olij< 
orbnungen  mafjgebenb.  3)er  ©belmann  barf  feine  golbene  RetU  behalten,  wer 
fte  nid&t  me§r  afö  200  ff.  wert  ift  ufro.  (©cfcufc  unb  @a)irm  m  74  ff.)  2 
<3egenf$rift,  ba8  ©ottoqutum,  fommt  immer  nrieber  P^nenb  auf  ben  bankrott* 
^belmann  mit  ber  „gülbenen  RttteM  gurücf. 


-     175    — 

jutreten.    &ier  griff  ber  ©taat  fogar  mit  naü>=iappiger  ©ebarbe  ju, 
weil  er  in  „Sruber  SüberlidEj"  nid^t  ben  irregeljenben  üftenfd&en  fa§, 
fonbern  ein  unnüfceS  ©lieb  ber  ©efeflfdjaft. 
9htr  ein  Seifpiel. 

Sluf  bie  Älage,  bajj  „eilige  ungeratene  ausgewählte  [ju  ben 
,2anbf  aljnen',  einer  2trt  t>on  Sanbweljr,  auSgemufterte]  3Äutter« 
finber  i^nen  felbft,  audfj  SBeib  unb  Äinb  jum  ©dljaben  unb  33er* 
berben  ba£  3^rige  mutwillig  oerfdjjwenben",  reffrtbiert  bergfirft 
unterm  20.  Suli  1605:  2Benn  ein  abgewählter  ft$  „mutwilligen 
fürfäfeüdjen  ÜbetyaufenS"  unterfteljt,  fo  „foll  er  atebalb  brei  £age 
mit  SBaffer  unb  SBrot  im  ©efängniS  barum  gefiraft"  unb,  wenn 
biefe  ©träfe  nid&t  §ilft,  „nadfj  Ungarn1  gefdjicft  werben". 

SRad&bem  ber  gürft  feinen  „ausgewählten"  fo  ben  ^ßolijetftorf 
fiejeigt/  t>ergifjt  er  nidfjt,  i^nen  mit  ber  anberen  ißanb  ein  3uderbrot 
ju  reichen. 

(53  I)abe  ftdj  gezeigt ,  bafe  au<$  wotyl  tyaufenben  2lu3erwäl)lten 
©on  melen,  bie  fid&  wegen  be3  täglid^en  iQinauSjieljenS  ber  2lu3= 
etwätjlten  ©orge  matten,  „nidjjt  meljr  geborgt  ober  mit  iljnen 
wie  bi^er  geljanbelt  werben  motte".  3a  fogar  oon  ben  SBor* 
münbern,  Äirdjjen*  unb  3C(^Pröpften  werbe  „ba3  anliegenbe 
©elb,  weld(je3  oft  mit  liegenben  ©tudfen,  bie  fid)  ntdfjt  weg* 
trogen  laffen,  uerfidfjert  ober  fonft  genugfam  oerbürgt,  auf* 
flef  agt".  35aburd(j  werbe  aber  mand&er  c^rlid^e  woljtyaufenbe  3Jlann 
„tu  ein  fold^eS  äKifctrauen  gebraut",  baf$  er  „oielletdjjt  gar  baburdjj 
oerberben"  muffe.  3)te3  fott  oon  ben  Dbrigfeiten  nidfjt  meljr  geftattet 
werben,  fonbern  wenn  jemanb  einem  ju  ben  Sanbfaljnen  ausgewählten 
nur  beS^alb,  weil  er  ein  ausgewählter,  nid&t  mejjr  borgen  will,  fo 
foU  er  mit  feiner  Älage  abgewiefen  werben(!).  — 

SDaS  17.  ^a^rljunbert  ift  reidjj  an  ©egenfäfcen.  2Bie  bie 
gefellfdjjaftlidfjen  Umgangsformen  jwifd&en  lanbsfned&tifd&er  Siau^eit 
unb  jierlid&er  33reite  fidEj  bewegen,  fo  ftofcen  im  wtrtfdjjaftlidjen 
Äampfe  jwifdjjen  ©laubigem  unb  ©djjulbnem  altes  un- 
beugfameS  ©djjulbred&t  unb  raffinierte  Slboofatenfunft  jufammen, 
übertriebene  Sentimentalität  unb  polizeiliche  ©<#roff  Ijeit ,  SftüdEfidfjtSs 
lofigfeit  gegen  ben  ©laubiger  unb  Stüdffxd&tSlofigfeit  gegen  ben 
©d&ußmer  wedljfeln  miteinanber  ab.  Slber  baS  3aljr!)unbert  war 
aud)  rei<$  an  unerwarteten  ©d&idffalSfdjjlägen,  wie  an  frioolen  Steffen 
in  ber  SebenSfityrung ,  bie  baS  ©dfjtcffal  !)erauSforberten.    Unb  fo 


1  2>a*  bamalige  „Sibirien"  (Xürfenfriege). 


—    176    — 

bilbet  baS  enge  SRebeneinanber  tum  eljrlid&em  9W it leib  mit  b< 
„unglfidflid&en  Sd&ulbnern"  unb  gerettet  ©ntrüftung  geg< 
bie  „unbanfbaren  ©cfculbner"  nur  ba$  ©piegelbilb  ju  ben  bunt« 
2Bedf)felfätten  einer  nielgeftalttgen  ära. 


§  11. 

Jutmugfifrr  unb  (ßüferierirämmmmg» 

3nt  ©ebanfenfd&afc  ber  romantifd&en  Hgrarpolitif  ftnb  3roerg 
guter,  ^ßauperimuS,  33obem>erfdfjulbung  enge  bei  einanber  roo&nenb 
SBegriff  e.  2Boein@üterteilung3i>erbot  (©iiterjertrflmmerungä 
üerbot)  befielt,  bo  wirb  iugleidjj  and)  einSfitemerfd&uIbungS 
verbot  nermutet,  ja  manchmal  fogar  angenommen,  @benf  o  roie  bi 
SBerf($ulbung  beS  33obenS  t>on  ber  grei^eit  ber  33obera>eräufjerunc 
abhängig  ift,  fo  benft  man  fidjj  bie  3Wöglidf>Ieit  ber  @üter< 
t eilung  jugleidj)  als  Sebingung  unb  als  5ßarattelerf Meinung  bei 
SBerfdfjulbungSmöglidfjfeit.  3)ie ©d&lufcf  olgerung non SeilungS* 
befd^ränfungen  auf  SerfdfjulbungSbefd&ränfungen  ift  nun  atterbings 
na^eliegenb,  roeü  biefe  beiben  Singe  begriff lidfj  unb  in  ber  Siegel 
audj  Ijiftortfdf)  biefelbe  SEBurjel  Ijaben:  $eräufjerungSbefdfjrän&mg. 
SKudfj  ift  a  priori  anjunefjmen,  bafe  ajiafjregelu  gegen  bie  3^rfplitterung 
ber  ©üter  geeignet  finb,  bie  Serfd^ulbung  emjufdjränfen,  meil  fie 
u.  a.  bem  ©laubiger  eines  ber  gebräudjlidjen  Hilfsmittel  entjie^en,  fxd^ 
SSefriebigung  ju  nerfdfjaffen.  StnbererfettS  geigt  fdljon  ber  ttmftanb, 
bafc  gerabe  in  ©ebieten  ber  bäuerlid&en  ©injelerbfolge  über  roadjjfenbe 
SBerfdjulbung  geflagt  urirb,  bafc  ©üterjertrümmerung  unb  ©äter- 
nerfdjjulbung  bodjj  nt<$t  in  bem  engen  3ufamment}ang  mit  einanber 
fielen,  melier  allein  es  rechtfertigen  fönnte,  bie  beiben  ©rfdtjemungen 
in  einem  2ltemjugen  ju  nennen. 

3)o<$  mir  wollen  über  ben  Umfang  unbßroecf  ber  ©flter= 
jertrümmerungSnerbote  junöd^ft  bie  Duellen  fpred&en  laffen. 

9Kan  mufc  in  SBapern  jroeierlet  Sttrten  oon  ©fitergertrümnterung$= 
verboten  unterf Reiben ,  baS  poltjeiltd&e  unb  baS  fiSfalifdfje. 

35ie  „ßrflärung  ber  SanbeSorbnung"  non  1578  (f.  17)  unb  bie 
Sßol.D.  oon  1616  (IV  12  3trt.  8)  mad&en  gront  gegen  bie  ßrridjtung 
oon  ßeerljäuSleramöefen  burd)  bie  ©runbeigentümer.  3Ran  tcottte 
bie  Äonfurrenj  t)on  ben  bereits  anfäffigen  tagelöhnern  fernhalten, 
ber  SSerteuerung  ber  SDtenftboten  fteuem  (biefe  SeertyäuSler  waren 
nämlidj)  metftenS  oortyer  ©galten  gemefen)  unb  leichtfertigen  heiraten 


—     177    — 

„Ijeülofer,  unoermöglidfjer  tmb  ben  33enadjbarten  ganj  fdfjäblidfjer 
^erfonen"  vorbeugen  K  -Ramentlidfj  aber  wirb  beflagt,  bafe  „ju  noc$ 
melperem  SBerberben  btefeä  SanbeS  etwa  anfetynlidfje  gute£öfe 
burdf)  tljren  ©runbljerm  in  oiele  £eile  jerrtffen,  unb  biefe  ber* 
gleiten  oerberblidfjen  Seuten,  bic  fein  SBermögen  hinter  iljnen 
roiffen  no<$  l>aben,  ftüdfweife  oerlafen  werben"  (1578).  SDtc 
©rrid&tamg  oon  ©ölbneranwefen  wirb  baljer  ben  ©runbetgentümern 
nur  bann  erlaubt,  wenn  fie  ba3  Slnwefen  mit  fo  otel  Sßiefen  unb 
Sdfern  ausflutten,  „babei  pdf)  ein  ©ölbner  jiemlt<!j  erhalten  unb 
feine  -Wahrung  ol)ue  anberer  -Jtodfjbarn  Sefdljwer  unb  ©dfjaben 
fcaben  tnödjte"  (1578, 1616).  SDie  £erf d&lagung  ber  £öfe  in  3  wer  g* 
anwefen  würbe  alfo  »erboten  unb  jur  Sebingung  gemalt,  bafe  ba8 
abgetrennte  ©tüdf  fo  grofe  ift,  bafe  e£  eine  felbftänbige  9?a!)rung  avß* 
mafym  fann.  ©8  würben  nun,  um  bem  ©efefce  ©enüge  ju  leiften 
unb  bodj  in  ber  [offenbar  beliebten  unb  rentablen]  ©rridjtung  oon 
Sölbneranwefen  nidjt  be^inbert  ju  fein,  abermals  „ganje  &öfe 
unb  ©äter  jerriffen  unb  bie  ©runbftud,  2Biefen  unb  $<fer 
ju  ben  neu  erbauten  ©ölbentyäufeln  gelegt" 2.  Sa  I)ierau3  „nit  ge* 
ringer  Stäben  erfolgt"  (worin  ber  ©dfjaben  beftanb,  ift  ni<$t  gefagt), 
fo  würbe  ($ol.D.  IV  12  2trt.  8)  beftimmt,  „ba&  ^iefäran  (aufcer 
fonberbaren  genugfamen  erheblichen  ttrfadfjen,  bie  oon  ber  Dbrtgfett 
für  genugfam  erfennt  feien)  fein  £of  ober  anber  ganjeS  ©uet  in 
Salben  jerriffen,  fonbem  allein  einfdfjidjjtige  feinem  £of 
ober  ganjen  ©uet  einverleibte  ©tudf  ju  ben  neu  erbauten 
Solben  gelegt  werben  f ollen". 

35ie  Sßolijeiorbnung  oon  1616  geljt  alfo  weiter  wie  bie  „@r= 
flärung"  oon  1578.  3)ie  ßerfdfjlagung  ber  ©üter  in  ©ölben  wirb 
audj  bann  oerboten,  wenn  bie  ©röfee  ber  legieren  ben  ©rforbemiffen 
ber  ©rflärung  oon  1578  entfpridfjt.  äBenn  ©ölben  —  gleid^oiel, 
toeldfjer  ©röfce  —  errietet  werben  follen,  fo  barf  bieg  nidjjt  unter 
Seemträdjttgung  ber  ©röfce  bereite  beftefjenber  ißöfe  ober  ©üter  ge* 
fd&efcen.  Stomit  Ijaben  wir  ba$  erfte  eigentliche  (formale),  b.  §.  oon 
feinen  3Wottoen  loägelöfte  ©ütergertrümmerungSoerbot. 

3)a8  f  U  f  a  t  i  f  $  e  ©ütergertrümmerungSoerbot  finbet  ftdfj  erft  in 
ben  (ungebrudften)  3lu«fd[jreiben  oom  7.  3Kärs  1674  unb  31.  Sttai 
1681.    3)er  gürft  fagt  in  biefen  SBerorbnungen ,  e8  fei  iljm  oer= 

1  «gl.  ^tafcer,  ©eföidjte  ber  Wnbtic&en  *rbetten>er$ältmffe  in  Sägern 
(SUtbaper.  gorf$.,  herausgegeben  ootn  $iftor.  herein  oon  Dberbapern,  $eft  2/3, 
6.  98,  112). 

»  4M.D.  1616  IV  12  SCrt.  8. 

<t  oft  eil,  Cerfgulbung.  12 


—    178    — 

fd&iebene  SKale  berietet  roorben,  „rooSma&en  bie  Älöfler  unb  anbe 
oor,  in  unb  na$  ben  penoid&enen  JtriegSja^ren  oon  ben  irrten  m 
@runb  unb  Voben  jugeljörigen  ©ütern  oerfd&tebene  ©rünbe  ^inroe, 
genommen  unb  anberen  jugelegt,  rooburd)  jene  gefd&mälert,  bie 
aber  oerbeffert  roorben" ;  bennod&  fei  „jebeS  @ut  bei  bem ,  roaS  < 
oor^er,  nämliclj  ein  ganjer ,  falber  ober  ViertelS&of,  geroefen,  oe 
blieben,  au£  bem  bann  bie  ttngleid&ljett  erfolgt,  bafi  berjenige,  uc 
beffen  @ut  bie  ©rfinb  ^imoeggenommen,  für  ben,  meinem  es1  31 
gelegt  roorben,  um  fo  triel  als  felbige  auftragen,  niedrer  33urbei 
roeber  [=  als]  fertiger  fdfjulbig  märe,  oerridjjten  unb  abfiatten  [f)a 
müjfen,  fo  ber  Vittigfeit  ntd&t  gemäß".  GS  mirb  ba^er  beföhlet 
„auf  bergleidfjen  3«^^ö^«l^^u«8en  *>*r  ©üter  gute  Dbadf 
[ju]  galten,  unb  foldfje  benen,  fo  bie  ©üter  mit  ©runb  unb  öobe 
ange^örig,  nodjj  weniger  ben  Untertanen  [ju]  oerftatten";  melmelj 
foüen  bie  ©üter  „in  bem  ©tanb,  wie  oon  alters  geroefen 
gelaffen  werben". 

Um  biefe  Stftonbate  ju  oerfte^en,  mu&  man  bie  ©eltenljei 
neuer  (Steuerveranlagungen  in  Vapern  in  Grroägung  jieljer 
35ie  lefcte  Veranlagung  jur  orbent liefen  ©teuer  (fog.  2a  nb 
fteuer)  ijatte  im  3al)re  1593  ftattgefunben.  Dbroo^l  fxe  nu 
12  Saljre  gelten  fottte,  fo  rourbe  bodfj  128  3a^re  lang  feine  neu 
Veranlagung  vorgenommen  (©d&meljle  ©.  343).  SMe  ©teuer  be 
Vauernf dfjaf t mar überroiegenb Vermögens ft euer.  35ie Veranlagun< 
erfolgte  in  ber  SBeife,  ba&  baS  Vermögen  eines  jeben  fteuerpflidfjtigei 
iQauSroirtS  erhoben  unb  in  £atafter  eingetragen  rourbe  (©teuer 
befdjjreibung),  ©dfjmeljle  ©.  345/6. 

35ie  bem  ©taate  oon  ben  Untertanen  ju  entridfjtenben  Natural 
leiftungen  (j.  V.  gouragelieferungen)  unb  bie  im  18.  ^a^unber 
an  beren  ©teile  getretenen  „&  o  f  a  n  l  a  g  e  n"  rourben  nadjj  bem  $  o  f 
fufe,  b.  f).  na<$  ber  ißofgröfce  bemeffen,  ein  ganjer  iQof  bilbete  bi 
Gin^eit2  (©d&meljle  ©.  286  ff.).  SDie  Gmrei&ung  ber  fcöfe  untei 
bie  oerfd^iebenen  ©röfeenflaffen  mar  trabitioneU,  alt^ergebradtjt.  Giw 
SReform  beS  iQoffufeeS,  eine  Slnpaffung  beSfelben  an  bfe  tatfäd&lidfjet 
Vertyältmffe  fanb  in  bem  für  uns  in  Vetradjt  fommenben  3^traum 
niemals  ftatt. 

35ie  golge  biefer  ©tabilität  beS  ©teuer*  unb  2falageroefen3  war 


1  »tätigt  fte. 

9  Qftn  falber  §of  Ijiefc  Qube  (©über),  ein  SiertelSljof  Seijen  (Seiner),  ein 
Sldjtetyof  öaufölbe,  ein  ©e^aefjntel^of  Sölbe  f$tec$tniea  (©ölbner). 


—    179    — 

große  Ungleichheit  ber  Belegung  mit  öf f entlt d^en 
Saften  unb  Älagen  barüber.  3)erai  natürltdj  Ratten  Seränberungen 
im  Seftanbe  ber  ©üter  ftattgefunben ,  namentlich  in  ftarfem  SRaße 
im  3>reißigjäl)rigen  Äriege  unb  in  ben  barauf  folgenben  ^aijren. 

3n  bcn  Sauren  1670  unb  1671  würbe  ber  Serfudj  gemadjt, 
eine  neue  ©teuerbef Reibung  IprjufieBen,  ber  Serfuci)  mißlang1. 
9hut  griff  man  ju  bem  rabif  ateren  SRittel :  man  ©erbot,  Snberungen 
in  bem  Seftanbe  ber  ©üter  oorjune^men.  SDa  ber  <E>taat  nid^t  bie 
fttaft  $atte,  ginrid&tungen  ^eroorjubringen ,  bie  ben  Satfad) en 
angetroffen  waren,  fo  fottte  ft$  bie  2Birf lid^ fett  in  Überem= 
ftimmung  mit  ben  (Einrichtungen  galten. 

SBenn  mir  tum  bem  ftSfalifd&en  ©üterjertrümmerungSoerbot 
feiner  fmgularen  Statine  wegen  abfegen,  fo  muffen  mir  ba£  baperif d&e 
©ttterjertrfimmerungSoerbot  als  eine  gegen  ben  $auperi$mu$ 
gerichtete  poltjeilid&e  9ttaßregel  bejetdjnen.  SRan  befürd&tete 
Don  ber  ©üterjertrümmerung  bie  ©ntfte^ung  neuer  fleiner  ©üter 
unb  bie  SBerfleinerung  befte^enber  ©üter.  9Son  gu  Ileinen  ©ütern 
aber  befürchtete  man  Verengerung  be8  9tal)rung3jianbe3  ber  Seftfcer 
unb  ©efffl&rbung  ber  öffentlichen  ©id&erljeit.  9Kan  ^ielt  bie  Sauern* 
guter,  wie  fie  waren,  für  mdjt  ju  groß,  man  wünfdjte  ntd^t  eine 
iöerfleinerung  berfelben.  33on  einer  allgemeinen  ©egnerfd&aft  be3 
Staates  gegen  bie  SBerfe^rSfretyeit  aber  geben  bie  3*rtrümmerung3* 
oerbote  lein  3eu9*"3/  au$  i>i*fem  ©eifte  ftnb  fte  ntdfjt  IjerauSgeboren. 

2)tefe3  ©rgebnte  unferer  ttnterfudjjung  über  ben  3roedf  btt 
©üterftertrümmerungäoerbote  ftnbet  inbtreft  feine  Sefiätigung  burdjj 
ben  Äampf  beä  (Staates  gegen  bie  fogenannten  3ubau* 
guter.  3u&auflö*er  «önnte  man  foldjje  ©üter,  bie  ein  Sauer  neben 
feinem  eigentlichen  ©ute  befaß  unb  baju,  alfo  gleichfalls,  gletcfc 
jeitig  baute,  fei  e$,  baß  fie  im  ©igentum  beS  Sauern  ftanben  ober 
in  bem  eines  ©runb^errn  (beS  ©runb^errn  beS  öauptguteS  ober 
eine«  anberen  ©runb^erm).  SBä^renb  bie  ©äterjertrümmerung  bie 
©üter  nerfleinerte,  mar  bie  ©Ute,  3ufaugflter  }u  galten,  geeignet, 
bie  ©ütergröße  ju  fteigern,  wenn  man  nämluij  ba3  &auptgut 
unb  baä  3ubaugut  als  einen  Äomplej:  betrachtete. 

3fn  ben  3a!)ren  1694—96  oeranftaltete  bie  Regierung  eine  (Sr* 
Hebung  über  bie  3lnjal>l  unb  ©rdße  (Vi  &of,  V*  &of  ufw.)  ber 
3ubaugüter2.     Sßeitere  fragen    lauteten:   Db  ber  3ubauer  o^ne 


1  8gt.  unten  §  20. 
9  fttepberg  II  244. 


12 


—    180    — 

folgen  Qnbau  bei  §äu3lid>en  SBürben  verbleiben  tonn* 
ferner:  Ob  fid)  ein  eigener  3Reier  ouf  bem  3ubau  galten  fönn< 
SMe  golge  ber  (Erhebung  mar  ein  SRanbat  oom  12.  Styril  1701,  b< 
bie  3«taugüter  ex  officio  ju  oerfaufen  ftnb,  wenn  fi<$  ein  befonber 
9Reier  barauf  ernähren  !ann.  2ludj  ein  SJtanbat  oon  1722  tofinfdjt 
baß  bie  triefen  3«baugfiter  mit  eigenen  SDteiern  befefet  werben  folltei 
63  fottte  alfo  nic^t  nur  bie  Stlbung  von  3n>erggütern  oerljinbe 
werben,  welche  jur  felbftänbtgen  9RannSnal>rung  (nebft  gamilie)  nid 
^tnreidjen  (©üterjertrümmerungSoerbote) ,  fonbern  bie  ©üter  foUte 
audj  ntd)t  größer  fein,  bamit  fte  „ju  SBürben  gebraut  werben  f  önnen 
unb  nid&t  jum  Xtxl  öbe  ftefjen  muffen.  ©oentuett  f  ollen  bie  @ät< 
geteilt,  b.  \).  ba$  3u^uSut  °öm  &auptgut  getrennt  unb  befonber 
bemeiert  werben,  „bamtt  —  wie  bie  Sanbfdjaft  ftdj  auSbrflcfte  —  bi 
wäf>renb  be$  Krieges  unb  ber  Sßefi  abgenommene  9Rannfd>af 
wieber  erfefct  unb  oerme^rt  werbe'4.  SBirflidje  Sauer 
f o Ute n  auf  ben  ©ütern  fifcen  (feine  £aglö$ner),  aber  au 
jebem  ©ut  nur  einer. 

SBie  bie  ©fiterjertrümmerungSoerbote  SßaupertömuS  oerljütei 
f outen,  fo  war  baS  Verbot  ber  3ubaugfiter  gegen  bie  etwaige  @nt 
fte^ung  einer  bäuerlichen  Sßlutofratte  gerietet.  SBemgfteni 
glauben  bie  SanbfdjaftSoerorbneten  (1700)  bie  Beobachtung  gemadj 
ju  ^aben,  baß  bie  Qn^aber  oon  3"baugütem  „  namhaft  oiel  ©etreibi 
erbauen  unb  als  oermöglidj  fo  lange  bamit  jurüdfyalten,  6tö  e3  nad 
intern  SBunfdj  in  ^öljeren  Sßretö  fteigt",  alfo  ©etreibewudjer  treiben 
Unb  in  einem  3Ranbat  oom  26.  3Rärj  1725 1  mad&t  bie  ftegterunc 
i^rem  gepreßten  ißerjen  Suft,  inbem  fte  oerffinbet,  baß  bie  „Sauere 
fönige"  meifienS  foldje  Säuern  feien,  weldje  e3  auf  2  bis  2Vi  ^öfi 
gebradjt  Ratten.  Äein  SBunber;  benn  nur  woljfyabenbe  Säuern 
waren  unabhängig  genug,  nidjt  immer  nadj  ber  pfeife  oon  „©nabeu 
ißerr  £anbrid)ter"  tanjen  ju  muffen. 

3lber  e£  gab  audj  nodj  einen  anberen  ©runb,  warum  ber  ©efefc 
geber  bie  3ubaugüter  mit  mtßgünftigen  Slugen  betrachtete.  3Ran 
fürd&tete  nämlidj,  baß  ber  Sauer  auf  baS  3u^ugut,  befonberS  auf 
bie  freieigenen  ©runbftfide  größeren  gleiß  oerwenbete  unb  baS  ißaupt* 
gut  um  fo  me^r  oernadjläfftgte  (©djmib  ju  £9i  XXI  19 
n.  10).  Sludj  fürd&iete  man  ©treitigfeiten  jwifdjen  ©runbtjerr 
unb  Sauer  aber  bie  ©renken  jwifdjen  &auptgut  unb  3^baugut. 
Stauer  waren  bie   grunbuntertänigen  Sauern  im  galten 


gregberg  II  246. 


—    181     — 

üon  3ubaugfitern  gefefclidben  Sefd&ränfungen   unter« 
toorfen  (£9t.  XXI  19): 

1.  Äetn  grunb untertäniger  Sauer  burfte  o$ne  SenriHigung  unb 
Sorariffen  feinet  ©runb^erm  „einen  3ubau  ober  fonberbare  eigene 
©rünbe  ju  bem  ®ute  fjaben,  bauen,  annehmen  ober  ju  = 
f  auf  en".  $)ie$  gilt  audj)  für  ben  (SrbfaO:  „63  ifi  audjj  fein  @runfc 
l>err  fd&ulbtg,  feinem  SReier  eigene  ©tü<f  ju  laffen,  wenn  er  foldjje 
flletc^  ererbt  fyitte." 

2.  9Bemt  ein  Sauer  „einen  $ubau  ober  fonbere  ©rünbe,  bie 
er  für  eigen  $alt",  oeräufjern  toottte,  fo  beburfte  er  einer  Se* 
f Reinigung  be3  ©runb&errn,  bafe  er  leinen  Sfofprudjj  barauf  ergebe. 
D&ne  fold&e  Sefd&eimgung  burfte  bie  Dbrigfeit  ba$  ®ef<$äft  md&t 
protofoUieren. 

3.  greietgene  Sufauflttrobfiücfe  unterlagen  bem  (Sinflanbs* 
red&t  be$  ©runb^errn  be3  £auptgute$,  toenn  biefer  baS  3u&au* 
grunbßficf  beim  &auptgut  behalten  wollte. 

SDiefe  ungeheuerlichen  Seflimmungen  enthielten  felbfi  nadj)  3ln= 
ftdjt  ber  3eitgenoffen  ju  otel  „favor  dominorum".  S)er  &of* 
tat  meint  in  feinem  ©utadjten,  bei  ererbten  ©runbfiüdfen  befiele  für 
bie  SSefdfjranfung  ad  1  fein  vernünftiger  ©runb,  fonbern  eine  Sin* 
jeigepfftdjt  mürbe  aud&  genügen,  ©dfjmib  befommt  bei  33efpredfjung 
berfelben  33efdfjränfung  eine  naturredjtltdfje  äforoanblung,  inbem  er 
fdjreibt  (n.  10),  bafc  fte  gegen  ba$  SBölferred&t  oerfto&e,  roetl  fte  bem 
freien  3Kenfd^en  ben  freien  ißanbel  unb  SBanbel  einfdjränfe.  Über- 
haupt fei  fein  3roetfel,  bafc  ber  Slrtifel  (19)  „magis  faveat  dominis 
quam  pauperculis  rusticellis"  (n.  8).  2lud&  ba3  GinftanbSredfjt 
an  freieigenen  3u^au9tun^^^en  (*>&**  3"  3)  nennt  ©djjmib  „be= 
fremblidj)".  @r  erjagt,  bei  einem  3)i3put  tyabe  tym  jemanb  biefeS 
€mjtanb$re$t  als  eine  SBirfung  ber  Sßräpotenj  ber  Sanbftänbe  bei 
€rrid(>tung  be£  SanbrecljteS  vorgehalten  unb  behauptet,  e£  fei  ju  bem 
3»e<fe  „oon  ben  Ferren  erfunben  roorben,  ut  fundos  proprietarios 
particulares  paulatim  omnes  ad  se  trahant  rusticosque  ab 
omni  proprietate  alienos  sibique  stipendiarios  faciant". 

3lu$  biefer  StarfleEung  ergibt  ftdfj,  bafc  ftdjj  bie  Seftimmungen 
gegen  bie  ©üterjertrümmerungen  unb  jene  gegen  bie3ubau* 
guter  einanber  ergänzen  follten.  SDie  ©üter  follten  tue  ber  ju 
g  r  o  &  n  o  d&  } u  flein  fein.  Sie  follten  meber  f o  groft  fein,  bafc  fte 
ntdj>t  entfpred>enb  gebaut  merben  fönnen,  nodjj  fo  flein,  bafi  fte  jum 
Unterhalt  für  eine  gamitie  nidjjt  ausreichen. 

Obwohl  biefe  Sßolitif  ftd&  eigentlich  gegen  bie  brofcenbe  SSer* 


—    182    — 

armung  ridjjtet,  bejte$ung$meife  bie  $ebung  bet  fianbeSfuttur  ju 
3»edEe  f)at,  fo  mujj  fie  bod&  auf  bie  SBerfd&ulbung  bcr  Bauerngut 
einen  ®influ&  gehabt  ljaben  unb  gehört  ba&er  ju  unterem  @egei 
ftonbe;  benn  SSerarmung  unb  SSerfd&ulbung  fte^en  in  enge 
2ßed)felbejiel}ungen  jueinanber.  SBerarmung  gieljt  in  bet  SReg 
SBerfd&ußmng  nadf>  ftdj),  unb  33erfdjulbung  ift  häufig  nur  ber  %ui 
brudt  für  eine  befonbere  gorm  ber  SBerarmung,  unb  jmar  für  eir 
befonberS  gefährliche.  SBenn  aud&  biefer  3ufammenl)ang  in  ben  obe 
vorgeführten  Quellen  nirgenbs  hervortritt  unb  bie  Beratung  ber  93ei 
fd&ulbung  nid&t  unter  ben  Stftotioen  ber  betreffenben  gefefclidfjen  33< 
ftimmungen  genannt  wirb,  fo  ift  bo<$  nid&t  au$gef d&loffen ,  ja  foga 
felbftuerjtänblidf),  bafj  ber  ©efefcgeber  ben  3ufammenljang  fannte  un 
erfannte,  unb  ma^rfd&etnlidfj,  bafj  tym  bie  Beratung  ber  SSerfd&ulbun 
inbireft  als  Qmd  feine«  S3orgel>en3  oorfd&roebte.  SltterbingS  murb 
biefer  $vm&  nidf>t  erreicht;  benn  rote  mir  im  näd&jten  ^aragrap^ei 
fe&en  werben,  mürbe  burd&  bie  ©üterjertrümmerungSoerbote  bie  33er 
fdfjulbung  ber  Bauerngüter  nidfjt  fo  feljr  oer^inbert  —  baburdfj,  bafc  fi 
bie  freie  Verfügung  über  ben  ©runb  unb  Boben  bef dfjränften ,  ali 
geförbert  —  baburdfc,  bafc  fie  bie  Slbfloftung  oon  Sd&ulbei 
erfd&merten. 

§  12. 

JPte  (Eintreibung  b*r  grunbftrctltifeen  Hbgaten  uni 

bie  Äbpfoßung  iwt  £xäfculbm 

Üb  man  ba$  Behältnis  jroifd&en  ©runbfcerr  unb  ©runbuntertati 
ate  Ärebitoer&ältmS  auffaffen  fann,  barüber  $errfd&t  in  ber  Stteratm 
fetneämegS  Übereinfiimmung.  ©o  tuel  ift  aber  fidler,  ba&  bie  grunb= 
§errlid(jen  abgaben  jur  @ntfteljung  oon  frebitltdjjen  Bedungen  ben 
äfalafe  geben  fönnen,  menn  fie  nämltdjj  nidfjt  redf)tjeitig  entrichte* 
werben,  fo  bafc  au«  ber  Stögabenpflid&t  2lbgabenrücfftänbe  er= 
warfen.  2)ie  Slbgabeurüdfftänbe  finb  SdEjulben  mie  äße  anberen 
©d&ulben,  fie  belaften  baS  Bauerngut  ebenfo  mie  ttxoa  §t>pot£efarifdS> 
oerftdfjerte  SDarle^enSf Bulben,  fta,  fie  belafteten  e£  nod&  me^r;  benn 
bie  ©runbfjerren  erfreuten  ftdfj  bei  ber  ©intreibung  ber  grunb&err- 
lidfjen  abgaben  gemiffer  33 or redfjte,  unb  biefe  oerftärften  ben  216= 
gabenbrud  bebeutenb.  3)ie  prioüegierte  Stellung  ber  ©runbtyerren  unb 
bie  mifelid&e  Sage  ber  ©runbuntertanen  bübeten  einen  boppelten  unb 
um  fo  fdfjrofferen  ©egenfafc  ju  ber  Begünfttgung ,  meld&e  ©taat  unb 
©efeUfdfjaft,  mie  mir  in  einem  ber  früheren  Paragraphen  (©.  168  ff.) 


—    183    — 

ausgeführt  Ijaben,  in  anbeten  fojtalen  ©paaren  häufig  bem  ©d&ulbner 
in  feinem  Kampfe  mit  bem  ©laubiger  ju  teil  werben  liefen. 

3)ie  (SjefutionSprurilegien  ber  ©runb^erren  nuteten  ftdd  aber  in 
tyrer  Sttbfic^t  unb  in  ifjrer  SBirfung  audfj  gegen  bie  übrigen 
©laubiger,  inbem  bie  aus  bem  ©runbbarfeitSüetfjältniffe  ijeroor* 
gegangenen  gorberungen  bei  ber  ©jefution  Sorjüge  cor  ben  anberen 
genoffen.  S)er  Sauer  litt  alfo  jmtefadi):  ©ein  ©d&tcffal  mar,  menn 
er  mit  3ibgaben  im  SRttdftanb  blieb,  in  ber  &anb  beS  ©runbljerrn 
unb  feiner  Beamten;  femer  mürben  burdfj  bie  (SsefuttonSprtoilegien 
beS  ©runb^errn  bie  übrigen  ©laubiger  ju  ©laubigem  jroetten 
SRangeS  ^erabgebrüdtt ,  unb  baS  fdfjäbigte  natürlich  ben  ßrebit  beS 
©runbljolben. 

SBtr  »erfahren  bei  ber  S)arfteüung  am  beften  fo,  bafe  mir  ein 
oerfd[julbeteS  Bauerngut  unb  einen  bebeutenben  Stücfftanb  grunbjjerr* 
lieber  ©efäUe  annehmen  unb  fragen:  2BaS  tut  ber  ©runbljerr, 
um  ju  ber  gefd&ulbeten  Seiftung  ju  gelangen,  unb 
was  tut  ber  Sauer,  um  fidf)  benno<$  bei  &auS  unb  &of  ju  er- 
matten unb  baS  ©d&ulbenbanb  gefahrlos  ab^umideln. 
SBir  ©erfolgen  alfo  ben  Slbgabenrüdffianb  eines  grunbbaren  Sauern* 
gutes  burdj  bie  nerfdjjtebenen  Serfud&e,  i^n  aus  ber  SBelt  ju  f Raffen, 
bis  ju  feiner  fd&lieftlid&en  (Sinbolung  unb  Entrichtung,  mir 
beobachten  bie  SBufungen,  bie  eine  Ijod&grabige  Selaflung  beS  ©uteS 
mit  Stbgabenrüdftäuben  auf  baS  ©ebenen  beS  ©uteS  unb  auf  baS 
2Bo$lergel)en  beS  Sauern  ausübte,  furj,  mir  betrauten  bie  folgen 
ber  Serfdfjulbung:  SBir  laffen  bie  einzelnen  (Spifoben  in  ber 
©efd&td&te  eines  nerfd&ulbeten  SauernguteS  mie  bie  2ßie 
eines  2)ramaS  an  unferen  Slugen  oorüberjie^en.  Unb  in  ber  %at, 
mir  Ijaben  Itfer  ein  3)rama  oor  uns,  noH  oon  ©djjulb  unb  Ser* 
^ängniS,  t>ott  von  nergeblid&en  Senkungen  ber  igauptperf  on ,  bem 
feft  ein&erfd&reitenben  ©d&idffal  ju  entgegen  S)enn  i&re  Senkungen, 
burdfr  äbftojjung  oielleidfjt  überflüffiger  ©runbftüdfe  ftdjj  bie  bringenbften 
©laubiger  oom  &alfe  ju  fdjjaffen  unb  baburdf)  3e^  iu  geminnen,  um 
mit  ©infefcung  aller  Ärafte  ftd^  aus  bem  oerjroeifelten  3"ftonb  mieber 
emporjuarbetten ,  f Reitern  an  ber  ©ebunbenljeit  beS  bäuerlid&en 
©runbbeftyeS,  an  ben  prioatred&tltdfjen  unb  polizeilichen  Sefd&ränfungen, 
benen  bie  Serfügung  über  i§n  untermorfen  mar.  Salb  einen  Sei* 
treibungSoerfud^  abme^renb,  balb  bie  2lbftofmng  ber  fiörenbfien 
©Bulben  oerf  ud&enb ,  balb  unbebenflid&e ,  balb  unlautere  Mittel 
anmenbenb,  taumelt  ber  oerfdjjulbete  ©runbbefifeer  oon  einer 
©tappe   feines   mirtf d&af tltdfjen   Unterganges   jur 


—    184    — 

anbern,   um   f<$lief}li$   heimatlos  unb  mittellos,   oerfolgt    uub 
geästet,  fiedj)  unb  elenb  als  33ettler  auf  ber  Sanbfirafie  ju  enben. 

SRatfirltcf)  behaupten  tote  nid)!,  bafc  fic^  bie  ©d&ulbenabtoidlung 
bei  ben  SSauerogütern  immer  in  ber  SBeife  ober  auä)  nur  regelmäßig 
in  berfelben  Reihenfolge  jugetragen  f>abe,  tote  mir  e8  f Silbern 
toerben.  2Bir  fjaben  bei  unferer  SDarftetlung  audjj  leinen  beftimmten, 
quellenmäßig  bejeugten  gaH  oor  äugen.  3)a3  golgenbe  foK  oiel= 
mefjr  nur  ein  33ilb  baoon  geben,  toie  mir  und  nadj  einge&enben 
GueHenjiubien  ben  Verlauf  beS  5Berfdjulbung8brama8  eines  grunb* 
porigen  Säuern  benfen. 

1.    $fänbung. 

9(ud^  unter  normalen  SBerljältniffen  beginnen  bie  ©jefutton^ 
oerfudje  mit  ber  ?ßfänbung.  Um  fo  me^r  mußte  biefeS  bei  ber 
©intreibung  ber  grunb^errlidfjen  abgaben  ber  gaU  fein;  benn  bie 
$fänbung  megen  grunb$errft$er  abgaben  mar  feljr  einfadj,  weil  bie 
©runbtyerren  ba3  SRedfjt  jur  ©elbftpfänbung  befafcen1.  S5a3 
Sßfanb  mußte  aber  oor  ©erid^t  gebraut  werben,  toie  jebeä  genommene 
Sßfanb.  -Kur  bei  ©etreibegfilten  mar  bie$  nidjt  nötig2,  §ter 
burfte  ber  ©runbtyerr  baS  ©etreibe  nid^t  nur  pfänben  unb  fein  ©ut- 
§aben  abmeffen,  fonberu  audj  auSbrefdfjen  unb  baS  2)rufdjergebm3 
behalten  (SSR.  1616  XV  4). 

©in  anfdjauUdjeS  SBilb  be$  Hergang«  bei  ber  grunbtjerrltdfjen 
Sßfänbung,  namentlich  um  SRaturalgfilten,  liefert  31.  2B.  @rtel8: 
„2Benn  einer  tootyl  jaulen  fönnte  unb  e£  bodfj  rnd&t  tut,  fonbern 
lieber  ba$  ©elb  bem  SSirt  jum  SGBein  als  bem  ©eunb^errn  juträgt, 
auf  foldjen  gatt  pflegt  bie  ©runbljerrfd&aft  auf  oorgeljenbe  genug= 
fame  ©rmatjnung  bie  ©feuern,  fobalb  ba3  ©etreibe  barein  geführt 
morben,  ex  officio  ju  fperren,  ba$  ©etreibe  auäbrefdjen  ju  laffen 
unb  mit  iQtnterlaffung  ber  -ftotburft,  toaS  bem  Untertan  ba$  3af)r 
tjmburdjj  ju  &au3  unb  gelb  mödjjte  oonnöten  fein,  mit  bem  übrigen 
nadj  billiger  ©djjäfcung  bie  grunb^errfd^aftlid^e  gorberung  ganj  ober 


1  SSR.  XV  3:  „<S$  fott  aua)  ein  jeglicher  ©runb§err  au8  ben  breien 
©tänben  3Waa)t  Ijaben,  auf  feinem  ©ut  ober  um  feine  @ült,  fte  fei  ein  ober  me§r 
3a$r  angefianben,  ober  um  feine«  ©uteS  9&ea)t  [®uteö  SRed&t  =  ©ut36eria)t] 
oljne  gronboten  au  pfänben/  &§nlid)  fajon  im  „föedjjtS&ua)-,  in  ber  »SanbS* 
fretljeit"  unb  in  ber  „Deformation". 

2  3)ie  fragte  be^nte  biefe  gretljeit  auf  alle  Sfcaturalgfiften,  alfo  3.  83.  auf 
ben  fogenannten  „ßü$enbienft"  aud. 

8  Praxis  aurea  oon  ber  nieberen  ®eridjt8barfeit,  1682,  ©.  199. 


—    185    — 

jum  Seil  auäju jaulen."  S)iefe  ©d&ilberung  be$ief)t  fidfj  jmar  auf 
Öflcrreid^  —  „alfo  wirb  e3  in  Ofterreicb  tägltdfj  praftijtert"  — 
aber  ©rtet  fügt  $inju,  bafj  e3  in  33apern  ebenfo  gehalten  werbe. 

35a3  ©elbftpfänbungSred&t  ftanb,  wie  fid&  f dfjon  aus  obigem  3itat 
ergibt,  benjenigen  ©runb^erren  $u,  bie  ju  ben  ©tan ben  gehörten, 
alfo  nidfjt  nur  ben  &ofmardjt)erren ,  fonbern  audj  ben  ßlöftern,  bie 
feine  ©erid&töbarfett  befaften.  3la$  bem  ©ntwurf  be$  SanbredjjteS 
oon  1616  fottte  ba3  Sßrürileg  allen  ©runbljerren  gegeben  werben, 
aber  ber  fiofrat  §atte  ba$  bebenfltdj)  gefunben  „wegen  ber  gemeinen 
f<§led)ten  ©runbljerren ,  bie  fein  ©eridjt  no<$  ©ife  ober  gefreite 
Sebetyöfe  §aben,  baft  tynen  fo  triel  ©ewalt  unb  2Kadfjt  eingeräumt 
werben  fott,  unb  fönnten  oiel  inconvenientiae  §terau3  erfolgen". 
2)iefe  mufcten  fidfj  alfo  behufs  Sßfänbung  an  bie  orbentlidje  Dbrigfeit 
roenben.  S)ie  in  ber  ©tabt  wotynenben  ©runbljerren  fonnten  aber  ü)re 
©runb^olben  baburdjj  „im  3<*um  galten",  bafj  fie  baS  3lrreftie* 
tungSprioileg  ber  ©täbter  (29t.  XIX  7)  jur  2lnwenbung  brachten, 
wenn  jene  i§re  Sßrobufte  jum  SBerfauf  auf  bie  ©Granne  brauten. 
SßenigftenS  gilt  bieS  oon  ben  in  ber  ©tabt  wo^nenben  ©etftlidfjen,  unb 
oon  Ujnen  würbe  btefeS  iftedSJt  „täglidf)  öffentlich  praftijiert"  (©djmib  ju 
29t  XIX  7  n.  12).  ©<#werer  war  bie  grage  bejfigltdf)  ber  anbeten 
unbefreiten  ©runbljerren,  alfo  namentlich  bejüglidfj  ber  Beamten,  ju 
beantworten,  aber  ©dljmtb  befennt,  baft  er  fidf)  be3  3lrreftterung3* 
primlegS  wiber  tyatsftarrige  ©runbuntertanen  nidjt  einmal,  fonbern 
mehrere  Sßale  mit  -Kufcen  bebient  Ijabe,  „weil  biefe  fdfjalf^aften  ßeute 
i()re  ©täbel  juoor  leeren,  etye  ber  ©runb^err  fommt,  ba3  ©einige  ju 
torbern,  alfo  ba&  ju  &titm  faum  ein  anbereä  9WitteI  oor^anben,  ate 
bafj  er  ben  auf  ber  ©djranne  ertappten  Sauer  arreftieren  läßt". 

S)a«  grunbljerrftd&e  SßfänbungSredjjt  war,  wie  alle  in  bie  obrtg* 
feitlidfje  ©ewalt  einfdjneibenben  SBorredfjte  ber  ©runbljerreu ,  bei  ben 
ftaatti$en  Beamten  nid^t  beliebt,  unb  baf?  audjj  nid&t  mit  ber 
3urtöbiftion  begabte  ©runb^erren  (wenn  fie  nur  Sanbftanbfd&aft 
befafjen)  jur  ©elbfipffinbung  berechtigt  waren,  galt  fdjon  im  17.  3af>r* 
^unbert  ate  ntd&t  me&r  jeitgemäfj,  wemgfienS  wirb  biefer  3ufianb  oon 
21.  SB.  ©rtel  (a.  a.  D.)  als  „fe$r  merfwttrbig"  bejeid&net.  Stuf  bem 
fianbtage  oon  1669  flagen  bie  Sßrälaten:  SDie  fürftlid^en  Beamten 
wollen  nid^t  geftatten,  „bafj  fte,  ©tifter  unb  Älöfter,  beffen  fie  be= 
red&tigt,  gegen  ifjre  Untertanen  mit  bem  SluSbrefdfjen  unb  ber 
^fänbung  »erfahren,  fonbern  fudfjen  einzig  unb  allein  bieä,  bafj  ber 
©runbfcerr  ftd&  jum  Äläger  mad&e  unb  mit  fd&ledjjtem  SRefpeft  in 
gorm  einer  orbentlid^en  ftlage  gegen  feinen  Untertan  geri$tlid& 


—    186    — 

oorge^e,  au<$  neben  äu«legung  ber  ®eridjt8taj:e  ertoarl 
n>aS  i§m  im  Urteile  abjubijiert  werbe"  (©.  378). 

S)er  Sortetl  ber  ©elbfitpfffnbung  beftanb,  wie  man  jteljt,  in  b 
©<$leunigfett  unb  Stßigfett  ber  ©d&ulbbeüreibung.  Aber  ein  @rfo 
mürbe  auf  biefem  2Bege  nur  bann  erretd&t,  menn  etma«  Sßfänbban 
oorgefunben  mürbe.  2Bar  ba«  ni<#t  ber  gad,  fo  mufjte  unterfud 
merben,  ob  ber  ©runbljolb  mtrflidj  nid^t  imftanbe  mar,  bie  ©filt  i 
liefern,  ober  ob  er  au«  SBiberfpenftigfett  ober  ©eminnfud&t  feii 
S&abt  oerljeimltd&e,  fein  ©etreibe  oer borgen  tyalte  ufm.  liefern  3^ec 
biente 

2.    bie  „iganbljabung". 

2)ie  &anbl>abung  ber  Säuern  mar  $art,  oft  graufam1.  @i 
jutn  3foUgema$rfam  für  „trofctge  Säuern"  geeignete«  Sofa!  in  b< 
Art  be«  ©dfjulbturme«  ejiftierte  in  ben  fleinen  fiofmaräjen,  auf  be 
©d&löffern  ber  Slbtigen  meinen«  nid^t.  3)a«  ©emö&nlid&e  mar,  ba 
man  ben  Sauer  „in  Sanb  unb  @tfen"  fdjlug  ober  in  be 
„S 1  o  d"  ftecfte.  Sei  bief er  Manipulation  mufete  fid^  ber  SWann  at 
ben  Soben  fefcen  unb  bie  ©jtremitäten  nadj  ooroe  fireden,  melc^ 
nun  in  ber  Slrt  gefeffelt  mürben,  baft  bie  oberen  unb  bie  unteren  t 
SßaraHelftellung  jueinanber  oer^arrten 2.  2)ur<$  ba«  Unbehagliche  be 
Situation  follte  ber  Sauer  oeranlafjt  merbeu,  anjugeben,  mo  er  fei 
©elb,  fein  ©etreibe  oerftecft  §abe  ufm.  häufig  mochte  ba«  Witi 
über  ba«  3Jla§  gebraust  morben  fein,  ©ogar  ber  Serfaffer  be 
Urbar«gebraud?e«,  ber  bo$  fonft  ein  äiemlidfj  robujie«  ©emiffen  §a1 
ermahnt,  „alle  Umfianbe,  ob  unb  roa^  für  (Sntfdjjulbigungen  oor 
Rauben/  bie  if)n  tum  ber  ©träfe 8  mof)l  gar  entheben  mddfjten,  fleifji 
ju  ermägen,  bamit  man  niemanb  miber  bie  ©ebüf)r  ju  befdjmerei 
ober  ju  flagen  oerurfadfje"  (©.  7). 

3Me  ©urdjfütjrung  ber  Sßerfonalejefution  ifi  ©adje  ber  Dbrig 
feit,  ©ie  (unb  ntdjt  ber  ©laubiger)  f)at  ben  ©d&ulbner  ju  oer 
haften  unb  ju  bemalen.  Sin  fi<#  fönnen  alfo  nur  bie  ber  ©eridjt« 
barfeit   teilhaftigen   ©runbljerren   tljre  ©runbtjolben    „f)anbl)aben" 


1  2Uidj  bie  §äufia,feii  ber  $anb§abuna,  roegen  ©ojulben  toav  bei  ber 
Sauern  größer  af§  bei  ben  übrigen  Kategorien  von  6cbulbnern;  weil  bie  ,9%ec$tS 
wohltat  ber  ©üterabtretung"  (ftelje  oben  6.  173)  für  jene  prafttfa)  !aum  ir 
S3etraa)t  !am  (ftelje  unten  @.  198). 

2  Äönig  Sear  IL  Kft  2.  ©aene. 

8  SDÖie  bie  ©a)ulb§aft  (ftefje  oben),  fo  nwrbe  aua)  ber  @tfenanfa)lag  auj 
bem  gron§of  §auftg  al«  ©träfe  aufgefaßt. 


—    187    — 

O&ltngenSperg  ©.93:    „.  .  .  si  dominus  directus   simul  sit 

i  urisdictionis,  .  . .  dubium  non  est,  quin  non  tantum  pro- 

annuo  canone,  sed  et  pro  laudenriis  possit  suos  colonos  pigno- 

rare,  carceri  mancipare  quin  et  executive  procedere  .  .  ."■ 

3n  Sapern  aber  ift  auf  ben  Sanbtagen  oon  1583,  1588  unb  159a 

an  bie  ©ertdfjt$l)erren  unb  ©erid&töbeamten  ber  33efel)l  ergangen,  baf$. 

bie   ©runbuntertanen  ber   Prälaten   wegen  tyrer   auäftänbtgett 

©ülten  unb  anberer  üjerrenforberungen  unroetgerüdj  iljren  ©runb* 

Ferren  in  bie  Älöfter  gefdjjafft  werben  follen1;  bie  Prälaten  burften 

alfo  audjj  bann,  wenn  fte  jurtebtftionSloS  waren,  bie  fcanb^abung. 

felbft,  auf  beut  igerrenljof,  oornebmen.    S)ie3   war  prafttfdf)   ein 

grofjer  Unterfdfjieb ;  benn  bie  ffirfiltd&en  Seamten  bewährten  bei 

ber  ©intreibung  ber  ©efatte  ber  ©runb^erren  ntdjt  nur  nid^t  §alb> 

fo  großen  ©ifer  wie  biefe  felbft,  fonbern  fte  fugten  fogar  ben  rigo* 

rofen  ©runb^erren  3ügel  anzulegen.    35er  SHtterftanb  1669 2:  2öemt 

au£  bem  9titterftanb  einer  ober  ber  anbere  einen  tyafeftarrigen  Untere 

tan,  fo  ben  fdfjulbigen  ©eborfam  in  ber  ©äte  nid&t  leiften  will,  ab- 

gebrungener  SBeife  in  SBertjaft  nehmen  laßt,  fo  fallt  e3  fdfjwer,  bafc 

gleidfc  bie  ©ntlaffung  be£  Verhafteten  unb  woljl  ju  3^tten 

(wenn  fd&on  ber  ©runbljerr  intentionem  fundatam  für  fidfj  &at} 

nodjj  baju  ein  unoorgreif ltdfjer  3  n  ft  a  n  b  [©tunbung],  unb  wof)l  gar 

in  ©djjarwerföfadfjen  anbefohlen  wirb:  baburdfj  oerurfad&t  wirb,  bafr 

oft  bie  Untertanen  lange  3*ü  baroadfj  [weber]  ben  ©eljorfam,  no<£ 

fd&ulbigen  3?efpeft  leiften. 

•Wodjj  meljr  als  bie  (Sbelleute  Ratten  bie  Prälaten  mit  i^rent 
„SBerfd&affungSred&t"  (ftetye  oben)  unter  bem  pafftoen  SBiber* 
jlanbe  ber  lütamten  ju  leiben.  Stuf  bem  Sanbtage  non  1605  beflagt 
ftd&  nämlid)  ber  Sßrälatenftanb,  bafj  bie  ©erid^tö^erren  bie  Untertanen 
ben  Prälaten  bei  auSfiänbigen  ©ülten  ufw.  „ntd&t  oerfd&affen,  fonbern 
weifen  fte  nod&  baju  an,  oor  und  [b.  \).  ben  Sßralaten]  auf  ©rforbern 
nidjjt  )u  erfechten,  und  bamit  f  lagbar  non  Upten  }u  mad&en" 
(©.  218).  3m  Safcre  1612  behaupten  ebenfalls  bie  Prälaten,  baf$. 
oiele  SßfänbungSoerfud&e  entbe^rlid^  warben,  wenn  bie  ©eridjts- 
beamten  iljrer  23erfd[}affung3pflidjt  meljr  nad&fffmen  (©.  273).  auf 
bem  Sonbtage  non  1669  ertönt  wieber  biefelbe  Älage:  2)ie  ffirftlidjjen 
SJeamten  oerweigem  nid&t  nur  bie  JBerf Raffung ,  „fonbern  oer^elfen 
ben  ©runb&erren  ju  bem  31jrtgen  fo  lange  unb  oiel  nidjjt,  bis  fte 


1  Sanbtag  oon  1605  @.  218,  1612  @.  273. 
*  Sanbtag  6.  424. 


—    188    — 

i^rer  ätogtei,  ©d&arwerf  unb  ©teuern  bejaht  f!nb"  (©.  378).  311 
audfj  |ier  triebet  ©eridfjtSljerr  gegen  ©runbljerr,  ©teuer 
gegen  grunb^errlidjje  abgaben.  SDic  ßlöjter  33eidfjertin 
äfpadfj,  bie  ÄoHegiatfiifter  Sanb8l)ut  unb  SSilSljofen  befd&weren  ft 
nod&  befonberS,  bafe  fte  bei  ben  fürfilidfjen  Beamten  „in  2lnforberm 
tyrer  grunbtyerrlidfjen  äuSftänbe  einige  Slffiftenj  nidjjt  erhalten  fönnte 
ja  ba&  woljl  Jjiebei  auf  ber  Untertanen  erfte  Supplicationes  i^r 
ungegart  von  ben  Tribunalen  ...  bie  Untertanen  ber  ©tfen  6< 
fleben  unb  nadjj  Saufe  entlaffen  werben,  fte  ba^er  ju  itjren  grunl 
$errltd&en  3lu$ftänben  bei  foldjjer  33ewanbtniS  nid&t  gelangen  fönnter 
<©.  384). 

S)er  33efd(jetb,  ber  hierauf  erging,  jeid&net  ftdf)  nidfjt  burdj  fali 
momfd&e  SBeiS^ett  aus.  63  würbe1  einfad>  befHmmt,  bafe,  „wen 
bie  ©runb^erren2  an  ben  rtd&tigen  grunbtyerrlid&en  gorberungc 
bie  SSerf Raffung  eines  ober  mehrerer  Untertanen  begehren,  fold 
iljnen  feineSwegS  oerweigert  ober  aufgejogen  »erben  folle".  Sin  b< 
9ted&t3lage  würbe  nid&tS  geönbert;  benn  ba£  bie  grunb^errlicf 
$orberung,  wegen  beren  bie  föanbtjabung  erfolgte,  „ridjjttg"  fei 
muftte,  oerfie&t  ftc^  oon  felbft.  Slber  gerabe  baS  fdfjetnt  ber  ©treii 
punft  gewefen  ju  fein:  bie  ©runbfjerren  behaupteten  jeweils  bi 
„SKtdjjttgfeit"  ber  gorberung,  bie  ©eridfjtSbeamten  »erlangten  ty\ 
geftfiettung  im  Sßrojejjoerfaljren.  SMefefoftete  aber  3 ei t  un 
©elb,  unb  eS  ift  baljer  Mar,  ba&  bie  Sßrälaten  ftd^  gegen  eine  foldf) 
IKuffaffung  beS  SBerfdfjaffungSredfjteS  fträubten.  — 

2Benn  nidjjt  nur  bie  Sßfänbung,  fonbern  au<#  bie  ^anb^abun 
oljne  Erfolg  blieb,  weil  ber  ©runb^olb  tatfäd&lidSJ  bie  abgaben  nidfj 
*ntridf)ten  fonnte,  j.  33.  weil  er  eine  SBi&ernte  erlitten  t)atte,  f 
fragte  e$  fidjj,  ob  ber  ©runbljerr  bereit  unb  eoentued,  ob  er  oet 
pflid&tet  war,  bem  ©runb^olb 

3.    Siad&lafe 
in  gewähren. 

2)aS  Siedet  beS  Sauern  auf  SRadfjlafc  an  ben  ©ültei 
bei  @lementarfd(jäben  ober  fojialen  Sftotftänben  (ftrieg 
©eudfjen)  wirb  gewö§nli<ij  als  felbftoerftänblid^  unb  neben  ben 
fRed&t  auf  pofitioe  &ilfe  unb  Unterftüfcung  im  gaffe  ber  SRot  (j.  33 
imrdfj  SDarleljen,  §  19)  gewiffermafcen  als  äfoerSfeite  auf  ber  SRebaitti 

1  3m  SRanbat  über  kbie  lanbfd&aftftdjen  ©raoamtna  vom  27.  Sluguft  1668 
9  @8  finb  nur  bie  ©runb$erren  auä  ben  brei  ©tänben  gemeint. 


—    189    — 

„geubalfijfiem"  Betrautet,  ja  man  nimmt  barauS  Slnlafe,  btefeS  mit 
einem  9Kmbu3  ju  oerfeljen  unb  e8  fo  ber  heutigen  „gretyeit  ju 
oer^ungern"  gegenüberstellen.  ©3  ift  batjer  junä^ft  bie  grage  ju 
beantworten,  ob  in  ber  oon  uns  betjanbelten  3eit  in  Sägern  bie 
Säuern  bei  ßlementarf  d&äben 1  ODtifeemte,  2)ürre,  SRäffc,  Sranb,  Sfteif , 
Jßagelf <$lag ,  SRäufe*  ober  Snfeftenfrafe  ufto.)  gänjlid&en  ober  ent- 
fpreeftenben  3laäjla%  an  ben  ©alten  verlangen  fonnten.  3)a$  ©efefe 
fätoeigt  barfiber.  SRadfj  ©dfjmib,  231.  XXI  24  n.  24,  ift  e*  bei 
Umttögltd&feit,  bie  ©ülten  ju  liefern,  wegen  Unfrudfjtbarfeit,  9Räufe* 
frafe,  iQeuf  d&reden ,  Sfteiffdfjäben  ufto.  SanbeSbraudfj ,  bafc  bei  allen 
nieberen  unb  teeren  ©ertdfjten  jtoifc&en  bem  ©runbtjerrn  unb  ben 
Sauem  gütlidje  Sergleid&e  tentiert  werben,  bei  toeldfjen  bie 
gemeine  SReinung  obferoiert  totrb,  bafc  jene  Sauern  gelinber  ge* 
galten  werben  follen,  toeldfje  übergültet  finb  unb  fester 
fo  oiel  ©filt  liefern  mfiffen  als  ber  ©runb  trägt.  6tn 
SR  e  dj  t  auf  -Jtadfjlafc  erfennt  ©djmib  alfo  n  i  dfj  t  an,  unb  in  feinem 
Kommentar  jum  ©antprojefe  II  9  n.  17  fpottet  er  fogar  über  bie 
„tölpetyaftigen  Sauern",  toeldfje  ftd&  einbilben,  bafe  fie  bei  nid&t 
oorauSjufetyenben  UnglütföfäHen  oon  ber  Sttbfü^rung  ber  ©alt  befreit 
feien.  2lud}  6f)lingen8perg  ftef)t  auf  einem  folgen  ©tanbpunft.  3lafy 
iljm  mürbe  bei  Unfrud&tbarfett  unb  ätjnlidjen  UnglfldSfällen  fein 
SRadfjlafc  (remissio),  fonbern  nur  ©tunbung  (dilatio)2  gemährt. 
Hoc  practice  experiuntur  miselli  rustici  et  persentiseunt.  2Benn 
aber  ber  ©d&aben  größer  ift  unb  mehrere  Qa^re  bauert,  fo  bafe  ber 
Satter  faum  ba3  taglid&e  Srot  £at,  fo  erfdfjeint  e3  billig  (con venire), 
bafc  bie  ©runb^erren  ettoaS  nadjlaffen ;  horum  rigorem  quandoque 
posse  et  debere  a  iudice  mitigari  credimus  et  suademus  (p.  15). 
2)er  Serfaffer  be3  gemeinen  UrbargebraudfteS  (©.  81 — 84)  unter« 
f djeibet  $toifd)en  ©rbredijt  unb  Seibred&t.  3)em  ßrbred&ter  bei 
©d&auer,  fiagel,  geuer  unb  Sßaffer  ettoaS  nadjjulaffen,  ifi  man  nidjjt 
fd&ulbig,  tooljl  aber  bem  Seibredfjter,  roeil  bie  Serfttftung  ju 
ßeibredjt  ber  Serpadjjtung  aljnltdfj  ift;  Serüdftdfjtigung  oerbienen  bie 
fieibredjter  befonberS  bann,  menn  fie  „toie  redfjt  ift"  mit  ©tift  unb 
$ienft  jtemlidjj  fyoä)  belegt  ftnb.  3m  allgemeinen  foQ  man  aber  „mit 
bergleid&en  9tad&laffen  nidf>t  )u  milbe  fein,  benn  ba£  tägliche  Se* 
ferneren  ifi  ber  Sauern  Slrt,  bie  bem  ©runb^erm  nidfjt  leidet  ju 
oiel  geben,  unb  too  fie  ein  gutes  Qa^r  tyaben,  audfj  too^l 


1  Über  bad  9tod)la&red)t  im  ÄriegSfatte  ftelje  §  18. 

*  ,@ic  »erben  in  SUiöftanb  gefdjrieben,  ut  vulgo  loquuntur.* 


—    190    — 

baju  fdjtoeigen  unb  bie  ©tifte,  um  ber  grudjtbarfeit  mittel 
bennodj  nid^t  oerboppeln". 

3u  allem  Überfluß  enthalten  au<$  bie  ©tift$briefe  geroöbi 
lidj  bie  Älaufel,  bafc  bie  ©Alten  trofc  ©lementarereigniffe  entrißt 
werben  muffen1. 

4.  SBenn  ber  ©runbl)err  feinen  Stadjlafi  gewährte,  fo  trat  o 
ben  ©runbtjolb  oon  neuem  bie  $rage  Ijeran,  wie  er  feine  ©läubigi 
befriebigen  fotte.  $n  feinem  ©runbbeftfc  $atte  ber  Sauer  imtw 
eine  ftiHe  Sfteferoe,  bie  er  jur  Tilgung  oon  ©djulben  unb  ji 
3tetablierung  feiner  SBirtfdjaft  oerwenben  fomtte.    9tadj 

Slbftofcung  etneS  XtiU  be3  ©runbbefifceä 

fonnte  er  ben  SReft  in  SRu^e  unb  guter  Drbnung  weiter  bauen,  uti 
Dielleidjt  braute  er  eS  mit  ber  3*ü  burd^  SBerbefferung  beSfelben  —  i 
er  nun  auf  eine  geringere  gladje  baSfelbe  Duantum  Sirbett  oerwenbe 
fonnte  —  ober  burdj  3ui^auf  lieber  p  bem  früheren  2Bof)tftanb,  \ 
bafy  fdjliefjUdj  bie  Operation  ju  feinem  ÜWufcen  auäfdjlug.  2lber  biefi 
2trt  ber  ©djulbenregulierung  ftanben  ^inbcrttiffe  im  SBege,  unb  baj 
gehört  oor  allem  ba$  ©.  176  befjanbelte  ©üterjertrümme 
rungäoerbot. 

SDic  ©üterjertrümmeruugSoerbote  waren  junadtft  an  bie  2tbrcf 
t>er  ©runbetgentümer,  ber  ©runbEjerren,  gerietet.  SMefe  foHten  b 
UBteberauStuung  Ijeimgefallener  iQöfe  bie  &öfe  weber  jerfdjlagen  noi 
£eüe  baoon  abtrennen  unb  anberen  &öfen  tyinjuffigen.  SIber  am 
bie  33  a  u  e  r  n  f ollten  bie  ©üter  nidjt  jertrtimmern,  f onbern  bie  ©üt( 
f  Otiten  „im  ©tanbe,  tote  oon  2ttter3  getoefen,  gelaffen  werben' 
2)arau3  ergibt  fidj,  bafe  ben  ©runb^otben  bie  Abtrennung  oon  Steile 
itjreS  ©uteS  jum  3toe<fe  ber  SBeräufcerung  nidjt  geftattet  mar 2.  ©< 
<Srunb§err  burfte  in  foldje  33eräu&erung  ttid^t  einwilligen8,  b< 
Stifter  fie  nic^t  protofoUieren. 

@in  Angreifen  be3  £ofe3  jum  3mdt  ber  Seja^lung  oo 
©djulben  mar  alfo  bem  Sauer  ntdjt  toöglid).  @r  fonnte  feine 
<Srunbbefifc  nur  fo  roeit  jur  ißerabminberung  feinet  ©d&ulbenftanbe 

1  ©djtmb,  Äommentar  jum  $e!ret  vom  20.  %\mi  1650:  „. . .  tametsi  .  . 
plerumque  in  instrumentis  emphyteuticariis ,  in  ben  ©tiftö Briefen ,  express 
.stipulatio  et  conventio  fiat,  quod  canones  solvi  debeant  seposito  omi 
«asu  fortuito."    Sgl.  Sfaljang  III. 

2  3)ie  SRealteilung  ber  ©üter  im  @rbgange  war  nad&  ©djnub  nodj  ertaub: 
nac$  Äretttmagr  (1756)  bereit«  verboten,  gidt  ©.  27. 

8  3)te  ©d&rtftftetter  rennen  bafjer  baS  ©üteraertrümmerung8t>erbot  ju  be 
^onfenSflerroeigerungggrünben,  SBefeer  $u  2lrt.  9  n.  9,  Urbarägebraudj  ©.  2( 


—    193    — 

fonbero  wadfjf  am  ju  fein,  oorjugreifen ,  Termin  ju  fe$en  unb  fidfj 
um  anbete  3Reier  ju  bewerben." 

2lu$  biefer  (offenbar  an  bie  Äafienämter  ergangenen)  SBerorbnung 
bürfte  au<$  fjeroorge^en,  baß  es  nic^t  immer  gelang,  ben  geeigneten 
2Koment  für  ben  ©elbftoerfauf  begw.  bie  Sßräoentiooergantung  ju 
►      finben. 

6.  Unter  $Pfänbung3oerfudf>en,  SBerfdfjaffungSfd&retben,  iftadfjlafc 
oerljanblungen,  SSerfaufSprojeften  mar  bie  3eit  oerftridjjen,  bie  für  bie 

Äabujität 

galt.  Wafy  gemeinem  9ledf>te  trat  SBerwirfung  ber  ©runbgered&ttgfett 
ein,  „wenn  ein  ©ültbauer  eines  weltlichen  igerrn  auf  brei  Saljre 
ober  ein  ©ültbauer  einer  Ätrdfje  auf  jwei  3a§re  bie  ©ült  ntd&t  er« 
legt  Ijat"1.  ®a$  bapertfd&e  Sanbredfjt  ermähnt  bie  „SBerwirfung 
wegen  nidfjt  bejahter  ©ülten",  mie  biefer  Äabujttätögrunb 
htrj  genannt  mirb,  nidfjt  au8brüdflt<$,  aber  er  fagt  (XXI  20),  bafc 
ber  3)ieier  aus  ben  Urfad^en,  berent^alben  nadjj  StuSweifung  ber 
SRedfjten  [b.  f).  be3  gemeinen  9ted&teS]  ein  ©rbred&ter  fein  ©rbredfjt 
oerwirft,  feine  ©eredfjtigfett  beim  ©ut,  wie  bie  -Kamen  $aben  mag, 
(alfo  aud(j  ßetbredjjt  unb  fierrengunft)  oermirft  tyaben  fott*. 

SBenn  ber  ©runbljerr  jugleidf)  ©erid&tätyerr  mar,  fo  fonnte  er 
ben  33aucr  bei  Äabujität  au$  eigener  ;Dtadfjtoottfommenl)ett  oom  ©ute 
v  treiben;  einigen  ©d&ufc  gegen  Sftijsbraudjj  bot  ba3  2lppelIation3re<f)t. 
SBenn  bagegen  ber  ©runb^err  nidfjt  bie  ©erid(j>t$barfeit  &atte,  fo  mar 
nadjj  ber  SWemung  ber  ©djjriftftetter 8  ein  3Kd^terfpruc^  nötig,  bie 
ftabujitöt  trat  alfo  in  biefem  gatte  ntd&t  ipso  iure  ein. 

©rofje  praftifd&e  SBebeutung  fd&etnt  bie  äJerwirfung  wegen 
9tid&tentrid&tung  ber  ©ülten  ntd&t  gehabt  ju  Ijaben.  @3  tft  audfj 
flar:  wenn  e*  ftdfj  bei  ber  Unfähigkeit  be3  SBauern  jur  ©ült* 
entridjjtung  nur  um  wrüberge&enbe  ©dfjwterigfeiten  Rubelte,  über* 


1  dufter  ben  r»ier  befonberen  Äabu^itätSfällen  (*lia)tentria)tung 
ber  ©ülten,  Seräufterung  o$ne  Jtonfenä,  Äbfd&feif r  gluckt  —  über  bie  betben 
leiteten  ftefce  unten)  trat  aua)  bann  Serotrtung  ber  @runbgerea)ttgteit  ein 
(SB.  XXI  20),  nenn  ber  ®runbuntertan  eine  bura)  Äabujit&tSHaufel  gefa)ü*te 
»efHmmung  beS  etif t öbrief cö  oerlefcte.  9toa)  GQUngenSperg  (©.  48) 
war  bem  ©tiftöbriefe  meiftenö  bie  Ä  laufei  $insugefügt,  bafc  ber  ©runb^err  ben 
Sauer  oertreiben  bfirfe,  wenn  biefer  bie  im  ©ttftSbriefe  enthaltenen  fünfte  unb 
«rtifcl  nia)t  einhalte,    »gl.  aua)  ben  ©tifttbrief  im  «n$ang  III. 

*  ©a)mib  su  £9t.  XXI  20  n.  2. 

•  ©a)mib  n.  9,  Urbarägebraua)  6.  10. 

Oo^eit,  9tarfA)ulhmg.  13 


—    194    — 

fyntpt  folange  ber  Sauer  Ijoffen  burfte,  feine  ©dfjulbenlafl  ju  bt 
wältigen,  tüirb  er  alle«  baran  gefegt  §aben,  ftd)  auf  beut  ©ute  j 
galten;  benn  ßabujität  bebeutete  für  tyn  SBerlufi  be«  ©ute«  oljn 
Gntfd&äbigung.  2)arm  beftanb  eben  ber  3w*d  bet  Äabujität.  ©i 
follte  ©träfe  fein  unb  für  ben  ©runbl)errn  ein  bequemes  SWittel 
burdjj  tljre  2lnbrol)ung  bie  Sauern  jur  pünltlidfjen  ©rffillung  üjre 
Sßfüdfjten  anhalten  unb  bei  iljrer  2lu«ffi§rung  ftd^  für  ben  ©ntgan 
an  ©ülten  fdfjablo«  ju  galten.  SBenn  ba«  ©ut  aber  bereite  übet 
fd&ulbet  war,  fo  rifc  ftd^  ber  ©runb^err  nidfjt  barum;  benn  bt 
©d&ulben  blieben  trofe  ftabujität  auf  bem  ©ute  liegen.  SDlit  einen 
oerfdfjulbeten  Sauemgut  fonnte  ber  ©runbljerr  feine  grogartigen  ©e 
fd&äfte  machen;  benn  angenommen  er  fänbe  einen  „annehmbaren 
neuen  aJieier,  fo  roirb  ftdj  biefer  bodjj  nur  bann  auf  bie  Übernahm 
einlaffen,  roenn  er  2U>gabennad&laf$  ober  fonflige  befonbere  33er 
günftigungen  jugeftanben  erhält  Slufjerbem  Ijatte  ber  ©runb^err  et) 
Sntereffe  baran,  e«  nidfjt  ju  breijä^rigen  9tfi<fftänben  ober  menigfien 
ntd&t  barüber  $tnau«  fommen  ju  (äffen ;  benn  fein  Sorjug«red(jt  gin; 
in  ber  Siegel  nid&t  weiter  aU  bis  jur  britten  3a§re«gült  (fiel) 
unten  ©.  201).  — 

3n  bem  Seftreben,  ftdj)  auf  bem  ©ute  ju  galten,  griff  ber  Saue 
rooljl  audjj  ju  unrechtmäßigen  -Kitteln,  trielleid&t  in  ber  &offnuni 
unb  mit  bem  Sorfafc,  ben  barau«  entfte^enben  ©djjaben  unte 
günftigeren  Umfiänben  roieber  ju  erfefcen.    2)amit  meinen  mir 

7.    ben  @ut«abfd&leif, 

eine  regelmäßige  ©pifobe  in  ber  ©efd&idjjte  eine«  oerfdfjulbeten  Sauern 
gute«.  Seifpiele  mm  ©ut«abfdf)letf  jäljlt  ba«  ©efefc  felbft  auf 
„bie  Käufer,  ©täbel,  (Stall  unb  anbere  3totmer  jergeljen  unb  jerfaüei 
laffen,  bie  Sdfer  unb  2Bie«mat)b  nidfjt  rooljl  anbauen  no<$  bungen 
bie  genb  auf  ben  ©rfinben  oerfaufen,  .  .  .  ©rfdfjlagung  unb  Ser 
fdfjroenbung  ber  jugef)örigen  &öljer"  (SM.  XXI  17).  @«  roerbei 
alfo  bie  nötigen  Slufmenbungen  jur  Qnftanb^altung  be«  ©ute«  unter 
laffen,  unb  e«  wirb  ein  Seil  ber  ®ut«fubftanj  oerbraudfjt  ober  oer 
lauft  unb  baburdfj  ba«  ©ut  oerfdfjled&tert  unb  fein  3Bert  geminbert 
SlHe«  ©innen  unb  Sradjjten  be«  Sauem  ift  in  biefem  ©tabiun 
feine«  Sftiebergang«  baljin  gerietet,  möglidfjft  balb  ©elb  ju  befommen 
ba&er  fpart  er  an  ben  nötigsten  2tu«gaben,  batyer  oerfauft  er  bi 
©rträgnijfe  t>or  i&rer  Steife  unb  ©rnte.  2Utf)ergebradfjte,  burdfj  bii 
©itte  geheiligte  2Birtfdfjaft«regeln  werben  oernad&läfftgt ,  ber  ganji 
Setrieb   gerät  in«  SJBanfen.    ©er  Sauer  forgt  nur  me^r  für  bi< 


—    195    — 

augenblitflid&en  Sebürfmffe ,  für  fie  toaljrfdjeinltd)  gebanfenloS,  ir* 
rationell,  ba  er  feinen  ura>ermeiblt<$en  3?um  cor  2lugen  fielet.  3) er 
£of  ift  entwertet  unb  infolge  baoon  nun  audjj  über* 
fd&ulbet  (trofc  SBerfdfjulbungSgrenje!),  unb  ba  ber  SBefifcer 
merft,  bafi  er  nur  metyr  für  feine  ©laubiger  arbeitet,  fo  oerliert  er 
ba3  lefcte  3»nteref[e  an  ber  SBieber^erbeifüljrung  georbneter  33er= 
$ältnif[e. 

gretltdj)  brauste  e3  ni<$t  fo  weit  ju  t ommen ;  benn  ©utöabf d^Ieif 
Ijatte  Äabujität  jur  golge. 

S)afc  bie  ©runbgeredjjttgfeit  bei  Stböbigung  (Slbfdjjwenbung,  SStb* 
fdfjleif)  be$  ©uteS  bem  ©runb&errn  oerfäUt,  ift  fd&on  1516  (fol.  43), 
1518  (XXXIV  12,  13)  unb  1553  (III  15  2trt.  3  unb  4)  au$* 
gefprod&en;  ba$  SanbredEjt  oon  1616  (XXI  17,  18)  unterwirft  alle 
2lrten  oon  bäuerlichen  ©runbgered&tigfetten  ber  SBerwirfung  wegen 
»bfd&leif*.  SDaS  «erfahren  bei  ber  ßabujität  wegen  2IbfdE»teif^ 
war  ein  fummarifdjeS,  weil  jt<$  gegeigt  Ijatte,  bafc  bie  ©runb^olben 
„avß  äRutwttttgfeit  .  .  .  jur  SBerlängerung  ber  ©ad&e  .  .  .  bamit 
fie  mittlerjeit  bie  ©üter  befio  meljr  ber  &errfd&aft  ju  SRad&teil  er* 
Sbigen  mögen",  lange  ^ßrojeffe  anfingen.  3)er  SRid^ter  befttmmte  auf 
©rfudjen  be$  ©runbljerm  einen  Sag  in  9Ronat8frift  unb  ernannte 
brei  unparteüfdje  ©adfjoerftänbige,  bie  ba8  ®ut  „ ju  S)orf  unb  gelb" 
beftdjjttgten.  SBenn  ber  2Reier  tro$  SerwtrfungSerflärung  oom  ©ute 
nidfjt  wetdfjen  wollte,  fo  tarn  er  in3  ©efcmgnte. 

$atte  ber  ©runb^err  felbft  bie  ©ertdjtSbarfeit ,  fo  fonnte  er 
nadj  bem  ©efefce  felbftänbig  „bie  ©ebü^r  gegen  ben  Untertan  t>or* 
nehmen",  oorbeljaltlid)  be$  2fcppellation3red(jte$.  2Ba$  bie  &ofmardjjs 
Ferren  afe  „gebityrlidj"  betrad&teten,  geljt  aus  bem  ftommentar  oon 
©d&mtb  Ijeroor,  ber  an  biefer  ©teile  gegen  feine  ©ewo^n^eit  bie 
©runb^erren  jtemlidf)  Ijart  anfaßt. 

6r  fdjjretbt  (ju  Slrt.  17  n.  2—5):  SDie  iQofmar<i$erren  be* 
obad&ten  ba3  gefefeltd^  oorgefdjjriebene  Serfafjren  nidjt,  fonbem  oer* 
treiben  bie  armen  Sauern  meiftenS  mit  ©ewalt  unb  geben  fo  ju  ben 
unenblid&en  Älagen  unb  ©treitigfeiten  Slnlafc,  mit  benen  alle  ©erid&te 
angefüllt  finb.  (Sin  weiterer  SWifeftanb  ift,  bafe  bie  33ef<$werbe  jum 
lanbe£l)errli<$en  ©eridfjte  feine  auffdjjiebenbe  SBirfung  Ijat,  fo  bafe  oft 
ein  ober  ber  anbere  SReier  frepiert,  ef)e  er  bei  einem  Ijöljeren  ©eridjjte 
§ilfe  finbet1.    S)iefe$  ©elbftl)ilfered&t  ber  &ofmard(#erren  ifi 

1  93g(.  aber  Chlingensperg  p.  47:  „.  .  .  prout  paucis  abhinc  mensibus 
in  nostro  districtu  vidimus  emphyteutam  quem  a  iudice  quopiam  hoff- 
marchiali  forsan  nimio  rigore  praedio  emphyteutico  pulsum  restitutum  et 

18* 


—    196     — 

ungere$t  unb  un  leiben  lief),  weil  fte  bobei  in  eigener  ©adEj 
SRedjt  fpred&en,  bet  (Sigennufc  aber  ber  geinb  ber  SBaljr 
&eit  ifl. 

3fadj>  Gljlingenäperg  ermahnt  (p.  47)  bie  $ofmar$i)erren ,  b< 
ber  ÄabujitätSerflärung  wegen  91bf$(eif£  gegen  il>re  ©runb^olbe 
caute  et  conscientiose  oorjuge^en,  „cum  saepe  vidimus,  q  u  a  n  t 
rigore  et  processu  inordinato,  quin  saepe  praeeipitato  pro 
cedant  contra  miseros  emphyteutas  domini  simul  hofmarchiale 
ac  proprietarii,  non  raro  ex  cupiditate  praedium  emphyteutieun 
ad  se  trahendi,  frequentius,  ut  peeuniam  extorqueanf.  äRilbe 
urteilt  ber  SBerfaffer  beS  ttrbar3gebraud&$,  inbem  er  (©.  59)  fdfjretbt 
©S  fte^t  bem  ©runbfjerrn  frei,  ob  er  ba$  SBerwirfungSoerfa^ren  ein 
f plagen  ober  baS  aRifjgeba&ren  je  nad&  bem  ©rabe  mit  einer  mä&igei 
@e(bftrafe  }ur  SBarnung  be$  ®runbl)olben  a^nben  will,  „mmafjei 
gemeiniglich  gefd&te^t",  inbem  „bie  ^rioation  ober  6mjiel>un< 
ber  ©eredfjtigfeit  oipie  SBerflte&ung  anberer  me^r  Urfa$en,  als  93er 
tulidjjfeit,  ttnge&orfam,  £rufe  unb  fcafeftorrigfeit,  Verachtungen  uni 
bergleid&en,  gar  feiten  praftijiert  wirb"1. 

SRucfte  ber  ÜWeier  gegen  bie  ©träfe ,  fo  foimte  ber  ©runb^en 
bie  Jtabujttät  auS  tyrer  SReferoe  nrieber  ^eroorljoten.  5Der  3Reier  foE 
fl<$,  fäljrt  ber  UrbarSgebrauclj  (©.  53)  weiter,  gutwillig  jur  [®elb< 
©träfe  bequemen,  ober  ber  ©runb^err  §at  Urfadfje,  feinen  fyaU 
ftarrigen  Ungeljorfam  mit  ber  StabujitätS*  ober  SßrtoationSflrafe  ab- 
jujlrafen. 

2)ie  &ärte  ber  SBerwtrhmg  wegen  2lbf<Ijletf$  beftanb  alfo  melji 
in  ber  SKrt  ber  Ausübung  biefeö  SRed&teS  als  in  ber  $äufig* 
feit  berfelben.  $a$  SSetfa^ren  mar  jum  Seil  rigoros  unb  un- 
gerecht, jum  Seil  langwierig.  Saft  ber  ©runb^err  bie  ©elbftrafc 
ber  Äabujitäteftrafe  im  allgemeinen  oorjog,  leud&tet  fdjjou  befall) 
ein,  weil  ftdfj  für  baS  tyerabgelommene  unb  entwertete  ©ul 
nidijt  fo  letdfjt  ein  „annehmbarer"  unb  babei  wittiger  üRadfjfolger  ftnben 
liefe,  b.  i).  ein  folget,  ber  auf  SWinberung  ber  abgaben  ober  äfpilt<$e 
33ergünftigungen  leinen  2lnfpru<$  ertyob. 


ei  de  omni  damno  fuisße  satisfactum  a  commissione  ex  consilio  Aulico 
[$oftat]  decreta." 

1  8gl.  ebenba  ©.  52  mit  SejieSung  auf  bie  ßabusttftt  überhaupt: 
„@ö  werben  bergleid&en  ^ßrioationö-  ober  ©ntfefcungSftrafen  nia)i  faf*  pratttaiert, 
loo  man  ma)t  fonberbare  Soweit  unb  IjalSftorrigen  Unge^orfam  beö  ©runb- 
$olben  alfo  au  ftrafen  oerurfadjt  wirb,  fonbern  e3  pflegt  ber  ©runb$err  ge* 
meinigU4  biefelbe  in  eine  leibliche  ©elbfirafe  $u  oettoanbeln.* 


—    197    — 

• 

Snbem  man  fo  bie  ©djjraube  bcr  ©elbftrafe  anfefcte,  mod&te  e$ 
tdo^I  oorfommen,  baß  ber  Sauer  berroeilen  immer  metjr  aböbigte, 
um  bie  ©ültrfidfftänbe ,  bie  ©trafen  unb  anberen  ©d&ulben  ju  be= 
jaulen,  unb  gerabe  baburdfj  aber  immer  tiefer  in  bie  Serfd&ulbung 
geriet;  unb  ba§  bem  ©runb^errn  erft  ju  fpät  bie  äugen  barüber 
aufgingen,  baft  er  früher  l)atte  emfd&retten  unb  ftdfj  um  einen  neuen 
SJteier  fyättt  umfeljen  muffen.  2Btr  fte^en  alfo  nun  oor  einem  bete* 
rtorierten,  entwerteten  unb  oerfdfjulbeten  @ut,  vox  einem  mfitenben 
©runbtyerrn  unb  vox  einem  ^eruntergefommenen  Säuern,  bem  jeben 
äugenblidf  bie  ©pniffion  brofjt.  2BaS  wirb  biefer  tun?  SDie  SBa^I 
fann  feinen  Slugenblidf  jmeifetyaft  fein,    ©r  nrirb 

8.    bie  glud&t 

«rgreifen.  ©o  rettete  er  memgftenS,  roaS  iljm  oon  feiner  SaumannS* 
faljrmg  unb  oon  feinem  £au8rat  übriggeblieben  mar,  vox  feinen 
©laubigem',  ftdj  felbft  vox  bem  ©fenanfd&lag  unb  SBeib  unb  ftinb 
erhielt  er  iljren  ©rnätyrer.  Sielletdfjt  erlangte  er  anberSroo  eine  £ube 
ober  ©ölbe  ;u  erträglidjjen  Sebtugungen,  unb  roenn  ntd&t,  fo  formte 
er  (wenn  er  nodf)  jung  unb  fräftig  genug  mar),  roie  fo  oiele  anbere 
entgleise  ©fiftenjen,  beim  iQeere  fein  ©lädt  oerfud&en.  gn  ber  gleiten 
Sage  mar  aber  jeber  Sauer,  beffen  ©runbbeftfe  ftarf  überfdjjulbet 
mar,  roenn  er  audfj  3lbfdfjleif  nid&t  getrieben  unb  bie  ©utegered&tigfeit 
md&t  oerroirft  Ijatte.  @r  fonnte,  roie  9Ranj  in  feinem  „©djufe  unb 
©d&irtn"  II  68  fagt,  vernünftig  bei  ftd&  felbft  fold&en  SDtSfur* 
formieren" :  „2Benn  td(j  meine  Sdfer  allein  burdjj  mein  arbeitfamen 
%lt\%  miberumben  in  ein  bäulidjj  mefen  ridjten  null1,  fo  braudjj  idjj 
jo  unb  fo  oiel  3a$r.  ©ntjroifdfjen  mu&  tdfj  oiel  faurer  arbeit 
ausfielen,  junger  unb  fummer  leiben,  bis  bafe  fie  tttvtö  frud&tbar* 
Ik&eä  ertragen :  mann  e3  ba&in  fommt,  fo  merben  meine  ©laubiger 
»or^anben  fein,  mtd&  baroon  oerfto&en  unb  bie  grud&t  meiner 
fianbarbeit  neben  anberen  meinen  ©ütern  unter  einanber  teilen. 
2)arumben  mitt  idfj  lieber  bei  3*üen  baroon  fein  unb  mein  §eil 
anberäroo  oerfudfjen,  als  erft  ^ernadjj  mein  9Rül>e  unb  arbeit  ^ammt 
ben  ©ütern  oerlieren." 

2)em  Sauer,  ber  feiner  ©runbfcerrfd&aft  ttrvaS  fdfjulbig  mar, 
mar  bie  gludfjt  freiließ  fe^r  erfd&roert. 

3n  Sapern  burften  bie  grunbuntertänigen  Sauern  tyren  £of 
nid&t  oerlaffen,  otynemit  ber  ©runb^errfd&aft  2lbred&nung  gepflogen 
unb  einen  „ehrbaren  Slbfdfjieb"  oon  ibm  genommen  unb  erhalten 


G*  ift  ba&ei  an  (Srdbigung  but<$  &*n  Ärieg  gebaut. 


—     198    — 

ju  $aben  (£31.  XXI 1, 16).  «Benn  ein  Sauer  &eimlt<$,  oljne  SEBiffi 
unb  SBiSen  ber  ©runbljerrfdjaft,  oom  ©ute  wegjog  (oljne  äbfdfnebi 
urfunbe),  fo  fotlten  iljm  bie  Dbrigfeiten  beS  SanbeS  ben  ©urdjjn 
unb  bie  aBieberanfäfftgmad&ung  nidjt  gefiatten,  fonbern  tljn  fan 
feiner  ga&mtS  aufhalten  unb  Ijanbljaben,  „er  bejahe  benn  ju 
vox  bem  fierrn  feine  ©filt";  bie  ©runb^errfdjaft  fonntc  b 
Serfdjaffung  beS  glücljtigen  begehren,  „bafc  berfelbe  Sauer  wteb< 
auf  fein  ©ut  fott  jief)en",  ober  bie  ©runbgeredjtigfett  »er wir! 
erflären  (Su$  ber  Sanbpot  1516  fol.  42,  Steformation  1518  XXXI1 
11,  SanbeSorbnung  1553  III 15  »rt.  5,  2anbre<$t  1616  XXI  2, 16 
2Benn  ber  Sauer  allein  „otyne  2Beib  unb  Ätnb,  Ste§  unb  Sqcim 
rat"  entroidj  unb  binnen  3a§r  unb  Xag  ntd^t  jurücf  f eljrte ,  fo  fyati 
er  ebenfalls  feine  ©eredfjtigfett  oerwirft  uub  war,  wenn  er  „wege 
©Bulben,  SRelandjolep  ober  anberer  Ungelegenen  falber" 1  aus 
getreten  war,  bem  ©runbljerm  (jur  &anW>abung) ,  wenn  er  ab< 
wegen  3Wiffetaten  geflüchtet  toar,  bem  SanbeSfürfien  (jur  Sejirafunc 
„oerf  allen". 

2lu3  biefem  ©runbe  mar  au$  bie  SRedfjtSwoljltat  ber  ©ütet 
abtretung,  mie  mir  fd&on  oben  ermähnt  $aben,  ffir  bie  Säuern  un 
praftifdfj.  SWanj:  @S  legen  bie  &errf<$aften  oftermalen  ben  Untei 
tanen  foldfje  Sürben  unb  Sefdjwerben  auf,  bafe  fie  notmenbi 
Saud  unb  $of  oerlaffen  unb  anberdmo  ^injie^en  unb  nidjt  fowo| 
cessionera  bonorum  al$  di  sces  sionem  an  bie  &ax\ 
nehmen  muffen  (©d&ufe  unb  ©dfjirm  II  92).  S)ie  „SMSjeffton"  abt 
ift  gludjt.  ©er  $uftanb,  bafc  ein  jatjlungSunfäljtger  ©d&ulbner  nu 
gm  ei  aRöglid&feiten  oor  fi<§  fa§:  entmeber  bie  Jßanbljabung  im 
iljren  ©djjredf  en  ober  bie  ^eimlidje  ftludjjt,  ^atte  alfo  für  ba3  Sauern 
oolf  nodjj  feine  alte  Sebeutung. 

$eigt  ftdfj  bei  ber  Stbredjnung,  baß  ber  Sauer  bem  ißerrn  nidfjti 
fd^ulbig  ift  unb  feinen  ©d&aben  ju  erfefcen  fyat,  fo  fann  i^m  be 
ehrbare  2lbfdfjieb  ni$t  oerweigert  werben.  SBenn  audj  —  fag 
©djmib  n.  6  —  bie  Seftimmung  beS  SanbredjteS  über  Sauernflud^ 
unb  Sauemoerfolgung  ben  ©runbljerren  „geneigt  unb  faooraber 
ftnb,  fo  bflrfen  bie  Sauern  ober  Untertanen  bodj  iljreS  SRed&teS,  au 
bie  ©üter  nadfj  ©efatten  refignieren  ju  fönnen,  md&t  beraubt  werben 
„benn  fie  ftnb  in  ber  £at  freie  Seute  unb  feiner  Seib 
eigenfd^aft  unterworfen2". 

1  2luS  bem  $ofrat3gutad&ten. 

2  „Sunt  enim  revera  homines   liberi,  nee   servituti   personali  sub 
jeeti  nee  glebae  terrae  addicti  aut  adscripti." 


—     199     — 

9.  2Bir  nehmen  nun  an,  bafc  bem  SBauer  bic  glud&t  geglfldft 
ift ;  bann  ftef)t  feinen  ©laubigem  nur  metyr  bie  bäuerliche  ©ered[jtig* 
feit  jur  33efrtebigung ,  benn  bie  SRobilien  Ijat  ber  Sauer  ja  mit* 
genommen.  3)em  ©runb^errn  bleibt  nidjtö  meljr  übrig,  ate,  was  er 
längft  $atte  tun  fallen,  bie  ©eredjtigfeü  jur 

SSergantung 

ju  bringen;  unb  wenn  er  felbft  e3  mdjjt  tut,  fo  werben  bie  anberen 
©laubiger  bie  ©ant  beantragen.  ©<$mib  ju  SSft.  XXI  16  n.  8: 
„2Ba3  ift  aber  redfjien£,  wenn  ber  SWeier  mit  feinen  9Robilien  unb 
[feinem]  SBielj  burd&gelommen  ?  Sitebann  ifl  jwar  ba$  ©ut  oerwtrft, 
büdjj  alfo,  bafc  ben  ©laubigem  tyre  Siebte  unbefräuft  bleiben.  9J?ufc 
alfo  ba3  oerlaffene  ©ut  oergantet  unb  jebem  ©laubiger  Priorität^* 
mä&ig  ba3  ©einige  bejatjlt  werben." 1 

25af3  bie  SBergantung  einer  bäuerlichen  ©runbgeredfjtigfeit  nid&tS 
ujigeroö&nltdfjeS  mar,  geigt  u.  a.  eine  Semerfung  Don  ©dfjmtb  (ju 
©antpr.  IV  7  n.  3),  er  J)abe  o  f  t  gefe^en,  wie  33auerntyöfe  oergantet 
worben  feien2. 

9Wit  ber  gorberung,  baß  jebem  ©laubiger  ba8  ©einige 
bejaht  werben  rnufc,  platte  e3  aber  feine  ©dfjwiertgfeiten ;  benn  eben 
na<#  ber  SßrioritätSorbmmg 3  war  ber  ©runb^err  oor  ben  übrigen 
©laubigem  prioilegiert. 

3)er  SBorrang  be3  ©runbljerrn  nor  ben  übrigen 
©laubigem  ifi  begreif ltd&erweife  feljr  alt.  ®r  ift  fdjjon  im  StedfjtS* 
bu<$  Subwig  be$  Sägern  erwähnt4  unb  fdjeint  fd^on  bamate  miß* 

1  2)ie  Auf einanber folge:  Sbfttjteif  —  gtuc^t  —  Sergantung  wirb  audj  burd) 
einen  »on  Setter  ©.  124  erwähnten  SRedjtöfatt  t>on  1649  tffuftrtert:  »@o  ein 
colonuB  ober  Seibgebinger  auf  feinem  ©ute  ©Bulben  maa)t  unb  baneben  merf* 
lia)  baöfelbe  abfdjletft,  enblidj  gar  o&ne  SBiffen  beö  ©runbfjerrn  baoon* 
$ie$t?  .  .  .  tiefer  ÄafuS  f)at  fta)  ereignet  8ioifa}en  bem  tropft  oon  ©arfa), 
bann  feinem  gemefenen  Seibgebinger  ttlria)  ßerbl,  Debitoren  SBolfgang  @ber 
et  consortes,  ioe(a)e  bie  Serlauf ung  [93 ergantun g]  begehrt,  ber  tropft  aber 
auf  Aabugitfit  gebrungen.* 

9  Sgl.  aua)  $rä(atenftanb  1669  (2 an b tag  6.376)  Gray.  2:  „$a  man  mit 
n>irflia)er  (Sinforberung  an  i$n  [ben  ©runbuntertan]  fefeen  unb  mit  ©ant 
unb  $fanb  nriber  felben  »erfahren  toitt,  [fo  ift]  nia)tS  anbereö  atö  bie  wir!« 
lia)e  $on(aud(affung  §u  befahren." 

*  €>te$e  aber  aua)  Chlingensperg  p.  10:  Subditi  in  suis  in  Stru- 
men ti  8  emphyteuticis  plerumque  „sua  bona  hypothecent  in  genere, 
quin  et  in  specie  praedia  emphyteutica" ;  ferner  9hu)ang  III. 

4  Art  158:  „.  .  .  ba  fott  ber  §err  um  fein  ©elt  oor  allen  beuten 
fahren.* 


—    200    — 

braud&t  unb  al$  ungere$t  empfunben  toorben  )u  fein1.  3tud&  bi 
«Reformation  mm  1518  fogt  (XXXIV  5),  bafe  „ber  $err  be*  er ftc 
geteert  werben"  fott,  unb  bie  „Ghrflärung  ber  SanbeSorbnung 
oon  1578  rennet  bie  @runbl>erren  ju  ben  „gefreiten  ©laubigem 
(107).   3)ie  ©efefce  üou  1616  beflimmen  (©antpr.  II  9, 291.  XXI 11) 

S>er  ©runb&err  Ijat  an  ber  ©runbgered&tigfeit  unb  a: 
allen  oor^anbenen  grüßten  ein  gefefclidfjeS  Sßf anbred&t  unb  fomm 
unter  ben  ©laubigem  an  inerter  Stelle  (Xn^ang  II).  $fanbre<$ 
unb  SBorjug  begießen  ftd&  nidjjt  nur  auf  @runb*  ober  §errengülten 
fonbern  and)  auf  ftanbloipi,  ©utSberid&t  unb  Slbfdfjletf  (b.  f>.  CSrtt 
fd&äbtgung  baffir),  alfo  auf  alle  $errenforberungen.  9tn  ber  au 
baS  ©ut  gebrauten  $al>mis  Ijat  ber  ©runb^err  nur  ein  ftiö 
fd&roeigeubeS  Sßfanb,  ol>ne  SBorjug2.  2)a3  3ted&t  ber  oierten  ©teil« 
ber  SßrioritätSorbnung ,  ju  ber  bie  grunbf)errlid&en  gorberungen  ge= 
§ören,  ifi  ein  abfoluteä,  mit  anberen  SBorten:  bie  grunbljerrlidfjer 
gorberungen  getyen  nid&t  nur  ben  fiittfdfjroetgenben  fcgpotljefen  ntinberer 
SRangeS  (@ljefrau,  2Wünbell)9pot$ef  ufw.),  fonbern  au$  etroatgen 
äderen  auSbrfidflid(jen  £t)pot&efen  oor  (ogl.  ©.  104). 

93e jie^en  fidj  biefe  SBorredfjte  be8  ©runb&errn  auf  alle  Ferren* 
forberungen,  audjj  auf  bie  fd&on  feit  längerer  3*it  rücf  jiänbigen,  ober 
nur  auf  bie  &errenforberungen  be3  legten  QaljreS  (oben  ©.171 
9tote  1)?  SDer  Sßrälatenftanb  §attt  ftd&  1605  (Grav.  11,  ©.  217J 
beflagt,  baf;  bie  ©erid&taljerren  „nidf}t  me^r  als  eine  einzige  £erren= 
gült  für  gefreit  int  ©antredfjt  erfennen".  Sei  ber  Uteufobiftfation 
oon  1616  brangeu  bie  Sanbfiänbe  barauf,  e£  foQe  auäbrüdflidjj  au& 
gefprodfjen  werben,  bafe  äße  grunb^errlidfjen  ©ülten,  fte  feien  ein 
Qa^r  ober  mehrere  Qaljre  auSftänbig,  an  bem  SBorrang  teilnehmen 
follen,  roeil  „ba$  [D6er-]©igentum  toeit  fraftiger  ift,  als  ba3  Sted&t 
eine«  ©laubiger«"  (©d&mib  ju  ©antpr.  II  9  n.  14).  3m  erften 
©ntnmrf  be3  ßanbredjjteS  oon  1616  mar  audfj  nrirfltdfj  eine  mU 
fpred&enbe  Seftimmung  enthalten.  2lber  bie  Regierung  Straubing 
fnüpfte  baran  ba3  SBebenfen,  baß  „auf  folgen  %a\l  etlidfje  ©runb* 


1  (Sbenba:  „.  .  .  2)a  ©erluren  bie  anbeten  ©elter  i^r  Out  unbillig  um"; 
„toann  wir  oiel  gefe&en  §abcn ,  ba&  Ferren  mit  ©unft  bamit  faft  übet  tragen*. 

2  2)a3  aud  ber  nieberen  ©eridjtSbarfett  entfpringenbe  ©c$arroerfgred)t 
ift  roeber  mit  ftiHfcfcweigenbem  $fanbte$t  nodj  mit  35orjug$rec$t  »erbunben 
(»eil  ber  @eri($td§err  ben  Pflichtigen  unmittelbar  gut  fieiftung  anringen  fann), 
ebenfo  oer^ält  eö  fta)  mit  ben  (geringfügigen)  au8  ber  Setbeigen fc^aft  §er* 
rüljrenben  abgaben,  j.  33.  Seibpfennig.  (©c^mib  au  ©antpr.  II  9  n.  30  unb  311 
fi».  IV  1  n.  33.) 


I 


—    201     — 

Ferren  mit  Steife  tljren  föinterfaffen  borgen  mödjjten,  bamit,  roenn 
biefelben  übel  Raufen  unb  in  Sirmut  geraten,  audj  bie  auSftänbtgen 
©tunbgfilten  unb  &errenforberungen  mdfjt  bejahen  fönneu,  fte  oon 
ben  ©fitem  abfte^en  muffen,  roeldfje  ein  ©runbljerr  fold&ergeftalt  an 
fid)  jie^jen  fann  unb  ber  oftermaligen  SSeränberung  mit  Sin*  unb 
Slbftanb  merflidfj  ju  gemefcen  Ijat1,  Ijerentgegen  aber  anbere  .  .  . 
©laubiger,  fo  ältere  Slnforberungen  §aben,  .  .  .  ganj  unb  gar  ba= 
hinter  bleiben"  (ißofrategutadSJten  ju  ©antpr.  II  9). 

©a8  ©efefc  fd^lägt  ba^er,  hierin  bem  ©utad&ten  be$  ipofrateS 
folgenb,  einen  SRiitelmeg 2  ein  (©antpr.  II  9) :  „SBofern  ber  ©runb* 
!>err  über  brei  Qa&re  borgete,  foH  er  feine  gretljett  nur  auf  eine 
3al>re$gflli  ijaben,  er  Knute  benn  beroeifen,  baft  ber  Untertan  burd& 
©d&auer,  Srunft,  SSie^faff  ober  anber  bergletdfjen  Unglüdf  ü)n  mdfjt 
bejahen  fönnen,  er  alfo  genugf ame  Urfadfj  gehabt,  ti)m  fo  lang  ju 
borgen."  SDaburd^  foflte  oer^fitet  werben  (ißofratögutadfjten) ,  baft 
ber  ©runb^err  „ju  feinem  großen  SSorteil  fooiel  ©filten  unb  Ferren* 
forberungen  jufammenfommen  lafet,  bamit  er  ju  feinem  ®e* 
fallen,  mann  er  null,  über  furj  ober  lang  ba$  ©ut  an  fid^  bringen 
fann,  roeld&eS  anberen  Seuten  ju  ©d&aben  nid[jt  ju  inbulgieren  ober 
jujulajfen". 

Staft  ber  ©runbljerr  bie  bäuerliche  ©runbgeredfjtigfeit  md(jt  nur 
bann  jur  SSergantung  bringen  fonnte,  menn  grunbljerrlidjje  ©ölten 
fällig  toaren,  fonbern  audjj  fidjjerungSmeife,  menn  bie  @nt* 
ridjjtung  berfelben  blofc  gefäljrbet  mar  (oorauSgefefct,  baft  ber  Sauer 
überhaupt  ju  „oerberben"  im  ^Begriffe  ftanb)  —  Sßräoentiogant  — 
f>aben  mir  fdfjon  oben  ©.  192  ermähnt8. 


$te  ©runbljerren  Ratten  alfo  reidijlidfj  3Had&t  unb  SWittel,  bie 
tynen  jufW&enben  abgaben  jur  (Eintreibung  ju  bringen,    ©ine  ja^r* 

1  3)er  Übergang  beS  <5iute8  auf  ben  Stafteigerer  Bei  ber  ®ant  war  oor 
1616  nid&t  anleitbar.  SBenn  ber  @runb|err  bei  ber  Sergantung  eineö  Sauern» 
gute«  $anbloljn  erzielen  wollte,  mufite  er  baö  ©ut  einftetgern  (bearo.  übernehmen) 
unb  «rieber  audtun. 

1  %a$  @4mib  (n.  14)  „bie  gefteibefte  8efc$eiben$eit\ 
1  Wtbtn  biefe  grunbfterrfgaftltge  $rftoentiooergantung  trat  in  ber 
jroeiten  §älfte  be*  18.  3a$r$unbert3  bie  poliaeilid^e,  wegen  Hebernder  SBirt- 
feftaft  unb  $erf$u(bung ,  ogr.  bie  Sßanbate  oom  9.  $e)ember  1762  ,  21.  Januar 
1768  unb  namentlich  oom  3.  Suguft  1772  ($ötttnger,  ©ammCung  baneriföer 
«erobnungen  XIV  2  6.  581, 582,  118).  3$re  ftarfteQung  liegt  ntdjt  in  unferer 
Aufgabe. 


—    202    — 

Ipmbertebmge  GntroidHung  fyattt  auf  bem  ©ebtete  be$  ©d&ulbredjteS 
ber  Bauerngüter  Serfjältniffe  gef$affen,  fo  günfiig  für  bie  @runb= 
fperren,  bog  ber  ftnbigfic  5lopf  nidjjt  günfHgere  $ätte  auSflügetn 
fönnen.  Regellos  unb  planlos  entftanben,  jeid&nen  fidj>  bie  ©re- 
tuttonäpritrilegien  ber  ©runbtjerrcn  bod)  bur<$  eine  golgerid&ttgfett 
au$,  bie  bem  lücfenf einbüßen  ©ijfiem  gemift  6$re  gemalt  Ijfitte. 
Stoju  tommt  bie  beoorjugte  (Stellung  be3  ©nmbfjerrn  bei  ber  ©ant, 
ber  33orjug  ber  grunbljerrKd&en  abgaben  j.  9.  t>or  älteren  S)artel)en3* 
fapitalien.  ©ie  fdfjäbigte  bie  übrigen  ©laubiger1  unb  tonnte  ba= 
burdf>  leidet  abfd&redfenb  auf  jte  roirfen.  3)abur$  würbe  ber  Sauer 
bei  Ärebttbebürftigfeit  noHenbä  in  bie  Sinne  be£  @runbl>errn  ge= 
trieben,  ber  nun  bie  2Jtöglidfjfeit  Ijatte,  $u  bem  ©runbbarfeit^ 
oerbanbe  ba£  Sanb  ber  SBerfd&ulbung,  ju  feiner  ©eroalt  als  ©runb* 
l>err  feine  aBadfjt  als  ©laubiger  l>tnjujufügen.  5Die  fällig  roerbenben 
©ülten  unb  £anblöf)ne  vereinigten  ßdj  mit  ben  a\x&  Stüdffiänben  unb 
griftenbenrittigungen  Ijerrfiljrenben  gorberungen,  biefe  roieber  mit 
Darlehen  unb  3lbred&nung$falbi  ju  einer  Äette  oon  83  er* 
pflid&tungen,  beren  9lbroicflung  um  fo  fdjjroieriger  unb  leibend 
poller  ftd^  gehalten  mufjte,  je  rigorofer  unb  eigennütziger  bie  ©runb* 
Ferren  bie  tljnen  jufte^enben  @£efution3befugmffe  anroanbten. 

2)a3  £empo  beS  5Borgef)en3  ber  ®runbl>erren  mar  nun 
allerbingS  in  ben  oerfd&iebenen  ©tabien  ber  SBerfd&ulbung  fel>r  ner* 
fdfjteben  unb  ungleichmäßig.  Solange  aus  bem  ÜReier  nod&  ttmtö  fjer? 
auSjuf  plagen  mar,  fo  lange  man  Ijoffen  burfte,  bafi  er  ftd^  roieber 
erholen  roürbe,  fd&eint  ba£  ©treben  gemaltet  ju  l>aben,  iljn  beim  ©ute 
ju  erhalten.  2Jfan  beroittigte  bann  —  oft  nur  aHjureidilid)  unb 
o^ne  bie  ttmftcmbe  in  ©rroägung  ju  jteljen  —  ©tunbungen  unb 
grifien,  man  begnügte  ftdjj  mit  ©icljerljettsleifiungen  unb  %t\U 
ja^lungen,  roäljrenb  man  ■Jtad&lafjgeroätirung  nad&  2Rögltd&feit  ju  oer= 
meiben  fud&te.  Slnbrängenbe  ©laubiger  fud&te  man  ju  befd&rotdjjtigen, 
itjren  3ugriff  abjuroetyren  ober  möglidfjft  lange  Ijtntanju^alten.  @rfl 
wenn  bie  SRüdfftanbe  fo  Ijodf)  angefd&rooßen  roaren,  baß  bie  ©Bulben- 
regulierung  nidfjt  met)r  ju  erwarten  mar,  menn  ber  Sauer  t>er  = 
a  r  m  t  mar ,  unb  ba$  ©  u  t  f  e  l  b  ft  unter  ben  folgen  jtd&tbarltdjj  ju 
leiben  begann  —  ba  änberte  man  plöftlid^  bie  £aftif :  man  wollte  nun 
oon  ©tunbungen  mdfjts  meljr  roiffen,  fonbent  forberte  ba8  ganje 

1  3m  ,  Kolloquium  *  (6.  28)  fjält  ber  Sauer  bem  (Sbelmann  vox:  „SBenn 
bie  armen  2mtt  auf  bie  ©ant  getrieben  »erben,  ne$mt  3$*  ben  alten  Sttöftanb 
»orberft  hinweg,  unb  foUte  gleia)  für  anbere  ©laubiger  nt$t3  übrig 
blei6en/ 


—    203    — 

©utljaben  auf  einmal,  mit  bcr  2lltematü>e:  ba8  ©elb  ober  ba& 
@ut.  greilidEj  mar  bann  bie  ridjjttge  3*ü  jur  Siquibation  ijäuft& 
oerpafct:  ber  Sauer  formte  burd&  @r^ebung  nichtiger  ©inmänbe  ba$ 
SBerfa^ren  in  bie  Sänge  be^nen ;  unterbeffen  fud&te  er  oom  ©ute  no<£ 
mögltd&fi  oiel  SRu|en  ju  jie^en,  er  trieb  äbfd&menbung  unb  tradjjtete, 
ben  SReft  feiner  &abt  in  ©td&erl)eit  ju  bringen. 

SMefer  ©egenfafc  ätotfdfjen  ber  Sknbenj  ju  bitatorifdfjer  Se^anb* 
lung  ber  Siquibation  bei  latenter  SBerfdjulbung  unb  rüclftdijtelofer 
©d(jneibtgfeit,  menn  ber  3ufammenbrudfj  ba  ift,  fomie  ber  ©egenfafc 
jmtfd&en  ber  SßrajiS  ber  ©runb^erren  unb  ben  Sntereffen  ber  übrigen 
©laubiger  fpiegelt  fi<#  gut  in  folgenber  33efd&merbe  ber  Prälaten 
beim  Sanbtage  oon  1669  (©.  382)  miber:  @3  merben  „bie  Untere 
tonen  unter  fttitm  allju  füreilenb  unb  ofjne  SRot  mit  2luf* 
menbung  großer  unb  fernerer  ©erid&tefoften  oon  ben  ^Beamten  oer* 
gantet,  untermeilen  aber,  menn  jte  fdjjon  ben  ©ütern  uni> 
©runbljerrfd&aften  ju  ©d&aben  Raufen  unb  fort  unb  fort 
nmterS  in  ©Bulben  fidfj  fteclen,  miber  ber  ©runbljerren 
millen  bei  ben  ©fitem  behauptet".  S)ie  Seamten  ge^en 
gleidfjmäfetg,  nad&  bem  ©efefce,  gegen  bie  ©dfjulbner  oor,  meber  ba& 
3«tereffe  ber  ©laubiger  nod&  ba3  ftntereffe  ber  ©dfjulbner  ganj  oer* 
nad&läffigenb.  S)ie  ©runbljerren  finb  geneigt,  folange  bie  ©dfjulben 
nur  als  fd&IetdjjenbeS  Übel  auftreten ,  bei  jebem  a3erfu<§  ber 
©runb^olben,  fi<$  tyrer  ©laubiger  ju  erme^ren,  ftdfj  auf  bie  ©eite 
ber  erfleren  ju  jieHen,  menn  aber  Ujre  eigenen  Qntereffen  in©efa^r 
fommen,  ben  Übergang  be8  ©uteS  auf  einen  neuen  3Reier  ju 
forcieren. 

§  13. 

£in*fe*en  vmb  Wnriitxpüliftt 

©puren  polijeiltdfjer  £ätigfeit  finb  mir  in  biefer  ©dfjrift 
fd&on  öftere  begegnet.  35ie  SBorfd&riften  betreffenb  Fertigung  oor  ber 
Dbrigfeit  (©.  84,  87)  Ratten  bie  Aufgabe,  SJemudjjerung  uni> 
unmtrtfd&aftlidjje  Sßerfdjjulbung  ju  oer^fiten.  SBerfdjjmenber  unb 
Sanferottierer  mürben  mit  ©trenge  oermamt  (©.  175).  S)a& 
©fiterjertrflmmerungSoerbot  (©.  176)  $atte  u.  a.  ben  3roe(*/  feur(^ 
83erf)fitung  ber  Silbung  oon  3roW8°nroefen  &w  fanft  bro^enben 
SBerarmung  ju  feuern,  unb  fteljt  baburdfj,  menn  e3  au<$,  mie  mir 
©.  190  gejeigt  Ijaben,  bie  SBerfd&ulbung  inbireft  meljr  förberte  afe 
^inberte,  im  engen  3ufammenf>ang  mit  ben  gegen  bie  SBerfdfjulbung, 


—    204    — 

ber  Bauerngüter  gerichteten  polijetltd&en  2Raßnal)men.  3Benn  biefe 
Äußerungen  poli^eilid^cr  gürforge  bfirftig  erf dfjeinen ,  fo  barf  man 
uidjjt  oergeffen,  baß  audjj  bem  ©runbljerm  bie  fterntyaltung  fd^äblic^er 
<5inflüffe  oom  9Birtf<$aftö(eben  ber  Sauern  oblag,  ber  ©taat  ftdfj 
alfo  in  mand&er  SejieJjung  befd&eiben  tonnte. 

SefonberS  aber  jeigte  ftd^  ber  ©ifer  be$  ©taateä  für  ba$  2Bol)l 
feiner  Untertanen  no$  immer  in  feiner  Sefämpfung  b  e  £ 
ÜBucfter*.  2Bir  motten  und  bei  Sefpred&ung  ber  toudfjerpolijeilid&en 
ÜWaßnafjmen  auf  ben  Ärebitoerfel>r  befd&ränfen. 

Unter  9Bu$er  oerftanb  man  balb  bie  (Srjtelung  eines  ©e* 
minneS  im  Ärebitoerfeljr,  balb  nur  bie  ©rjtelung  etne$  übermäßigen 
©eroinneS,  je  na<$  ber  Statur  be$  betreffenben  ©efd&äfteS.  Sludfj  bie 
Serfd&leierung  be$  ©eroinneä  erfdjjien  als  tou<fjerlid&,  unb  jtoar  oljne 
weitere*,  b.  f).  oljne  SRücfftcijt  bar  auf,  ob  ber  ©eroinn  überhaupt 
ober  feine  Übermäßtgfeit  oerfdfjleiert  mar.  211$  SWittel  jur  33er- 
fjinberung  beS  2Budjjer$  mürben  angeroenbet:  SirxävtxboU ,  SßreiS* 
befdfjränfungen  (StaStajen,  Sefdjjränfung  auf  ben  „gemeinen  SBert"), 
Verbot  beftimmter  ©efd&aftötppen.  2)ie  Serbote  unb  Sefdfjränfttngen 
tyaben  entmeber  bloß  jioilre<fjtli$e  SBirfung  (Ungültigfeit  beS  @e* 
fdfjäfteS  überhaupt  ober  in  Sejie!)ung  auf  ba$  Übermaß)  ober  audfj 
ftrafredfjtltdfje. 

Sei  Setrad&tung  biefer  SKaßregeln  muffen  wir  jrotfd&en  ©etb* 
frebit,  SRaturalfrebtt  unb  Äauffrebit  unterfdfjeiben. 

L    $er  ©elbfrebit. 

2Ba3  biefen  anbelangt,  fo  roiffen  roir  bereit«  (§  3),  baß  offtjieff 
no<$  immer  ein  Unterfd&ieb  jrotfdjjen  2)arle§en  unb 
Stentlauf  gemalt  rourbe.  Seim  S5arle§en  mar  e8  oerboten, 
3infen  (usuras)  ju  nehmen,  bie  3in«fiipulation  toar  ungültig.  Seim 
Stentfauf  gehörte  bie  Sereinbarung  eine«  3infe8  (census)  fogar  ju 
ber  SRatur  beS  ©efdfjäfteS. 

2)er  SRentenfuß,  ber,  rote  mir  ©.  56  gejeigt  Ijaben,  in 
HKünd&en  bei  ber  @infül)rung  be§  ©tabtredfjtbud&eS  burd(j  Subrotg 
ben  Saper  minbeftenä  10  °/o  betragen  Ijat,  ging  im  15.  ^aljrljunbert 
unb  in  ber  erfien  ©älftc  beS  16.  ftaljrljunbertS  aUmctyltdj)  herunter1, 

1  3n  ben  oberbeutfajen  ©tobten  mar  er  fdjon  1450  auf  ben  ©tanbarb 
Don  5%  gefunfen:  Steumann,  ©efd)ic$ie  beS  SBuc&erS,  ©.  266  ff.  ßientenfufj» 
tabette).  Über  ben  3m8fuft  in  ben  legten  3af>r(junberien  be8  3ÄittetaItcrö  fte§e 
au<$  bie  Angaben  bei  Sampredjt,  $eutfa)e3  3Btrtfa)af Weben  im  Mittelalter  II 
<1886)  ©.  595  ff. 


—    205    — 

TOaljrfdjetttKci)  im  3ufaimtt«^ange  mit  bcr  33erote§rung  ber  @bel* 
metallc1.  ©aljer  mar  man  bei  ben  SieidjSftänben  fd&on  1500  batauf 
bebaut,  „bie  annuos  reditus  auf  einen  getoiffen  nötigen  gufc  fefeen 
unb  ein  beftänbtgeS  Duantum  berfelben  regulieren  ju  laffen"2* 
Slber  erfi  1530  führte  man  ba3  SBorJjaben  aus,  inbem  man  be* 
ftimmie,  bafj  „l)inffiran  vom  100  m<$t  me^r  benn  5,  mie  ge* 
b  r  ä  u  $  l  i  <$ ,  gegeben  unb  genommen  werben"  foff  (ütößoUD. 
XXVI  8). 

2)ie  Territorien  folgten8,  öaperifd&e  £anbe3orbnung  1553  (III 
4  ärt.  3) :  35er  SRentfäufer  fott  „oon  100  fl.  £auptfutntna  an  5  fL 
jä§rlidfjer  ©filten  erfättigt"  fein,  unb  eS  fott  Ujm  „ein  meljrere& 
ober  barüber  ntd&t  gebühren". 

35tefeö  ©üttmajimum  oon  1553  ift  unoeränbert  in  bie 
Sßolijetorbnung  oon  1616  übergegangen  (II  1  2lrt.  3). 

©trafbar  ifi  jebodtj  bie  Überfdjjreitung  biefer  ßitötajct  nadE> 
baperifd&etn  Stecht  ebenforoenig  mie  bie  SBereinbarung  eines  3^f & 
burdfj  edfjteS  Darlehen.  $n  beiben  gaffen  treten  nur  bie  befannten 
jürilred&tltdfjen  folgen  ein:  Ungültigfeit ,  Unflagbarfett,  ^PfCic^t  jur 
SRfidfja^lung  be3  unerlaubten  ©etotnneS. 

©trafbar  ift  nadfj  ber  SanbeSorbnung  oon  1553  (III  4 
3lrt.  1)  unb  nadlj  ber  SßolJD.  oon  1616  (II  1  3lrt.  1):  „2Ber 
umdfjerifdf)  fiänbel  treibt  ober  jtd&  fonft  anberer  gefährlicher  tyattt 


1  Sommerlab,   8Cri   «3^dfuf;  im  Mittelalter  *   im  $anbn>örter5ua)  ber 
StaatSnnffenfd&aften. 

8  SReiern  3o$.  ©ottfr.,  »ebanfen  oon  ber  9lett)tmäfiigleit  be3  [elften  ging* 
taler«,  1733,  ©.  110. 

8  3)ie  Stellung  ber  Sntereffengruppen  jur  (Srmä&tgung  be$  Renten* 
fujje«  bura)  ©efefc  unb  jur  gefefclia)en  (Stnfüljrung  beä  3indmarimumd  erhellt 
flar  au$  ber  ©ntioitflung  in  ber  Sauftfc.  ©beimann  „2llte  3\n%>,  Renten«  unb 
Qelbtoirtfdjaft  in  ber  Dberlaufifc"  (Slusftt)nitt):  ,Wan  barf  fta)  nia)t  nmnbern, 
bat  *>ie  itlage  über  fjolje  3infen  aHjumeift  oon  benen  ausging,  roela)e  oiel  ju 
Sinfen  Ratten.*  ,2)er  weitaus  größere  Seil  aller  auf  3in8  genommenen  (Selber 
rührte  oon  ber  Äira)e  unb  ®eiftlia)!eit  wie  au$  frommen  unb  milben 
Stiftungen  $er.  2)a8  meifle  baoon  $atte  ber  äiemlia)  oerfc&ulbete  Sanb- 
abel  in  $änben.*  3n  ben  ©tobten  waren  beibe  Sntereffen,  ba8  ber 
©laubiger  unb  baS  ber  @o)ulbner,  oereinigt.  2)ie  Stäbte  oerlangten  ba&er 
öerabfefcung  bed  3m*fu&e3  bura)  ©efefc»  weigerten  fia)  aber,  nad&bem  fie  mit 
i$rer  gforberung  bura)gebrungen  waren,  ein  entforedJenbeS  3ugeftänbniS  bem 
Sanbabel  $infta)tlia)  ber  an  ftäbtifa)e  Aira)en,  Stiftungen  unb  anbere  Äaffen 
ju  ja^lenben  Renten  au  maajen. 


—    206    — 

unb  Jtontrafte  gebraust"1.    (Sine  ©jemplififation  gibt  ba3 
<Befe*  felbft  (3lrt.  2): 

„6$  foflen  au$  nadtfolgenbe  Aontrafte  unb  ftanblungen  für 
toud>erif<$  gehalten  unb  crfennt  werben"  (1616): 

1.  2Ber  ftdj  me^t  oerf djreiben  läßt,  als  et  Eingibt. 

2.  2Ber  bei  ber  3fa3jal)lung  beS  Äapitate  ben  crftcn  3al)re£~ 
find  gleich  abgießt. 

3.  2Ber  ©Ubergulben  auSleiljt  unb  ftd&  eben  fo  oiel  ©olb* 
gulben  oerfd&reiben  läfet  (a);  ober  wer  fonfl  eine  ©orte  ©elbeS 
ju  Ijö&erem  2Berte,  als  fte  bermalen  „insgemein  gültig",  ausleiht  (b). 

4.  „2Ber  einem  ©etreibe,  Sßferbe,  Südjer  unb  bergleid&en  SBare 
um  ein  ©elb  faufSroeife  anfdjlägt  unb  oiel  Ijöljer,  benn  foldje  SBare 
immer  ertragen  mag  ober  roert  ift,  einräumt."  3)amit  ift  baS  2luf= 
Rängen  oon  Sßaren  an  ©elbbebfirftige  ju  §o$em  greife  gemeint. 

5.  2Ber  ftdj  neben  bem  3^3  &om  Entlegner  ein  „©ienfigelb" 
<$Prooifion)  oerfpred^en  läßt. 

6.  2Ber  „über  bie  juläffigeSinfung  nod&  anbere  ©a<§en, 
<ild  &eu,  ©trol),  $olj,  ©etreibe,  Dbft  ober  bergleidjen,  item,  baß 
man  tym  einen  ©runb,  folgen  ju  nießen,  einräumen  ober  einen 
©runb  anbauen  fott,  ober  toaS  fonft  bergleidjen  außerhalb  beS  iä§r= 
liefen  juläffigen  3M^  f*ta  ^a9/  bebingt,  aufträgt  ober  an* 
itimmt". 

7.  2Ber  eine  ©umme  ©elbeS  jroar  umfonft  Ijinletyt,  „bodj 
baß  tym  ber  Entlegner  etwa  eine  große  SBare  unb  ganj  in  einem 
geringen  Sßert  aufteilen  muß;  alfo  baß  er  feine  jQauptfumma  unb 
einen  großen  genieß  moljl  boppelt  ober  breifad&ig  Ijaben  mag". 

8.  2Ber  fein  ©elb  mit  bem  ©ebing  roegleitjt,  baß  tym  ber 
©ntleljner  „ein  namtjaftigeS  bafür  oerjinfen  ober  als  2luf gelb 
geben  muß,  tfjut  ttxoa  nte|r  benn  oom  ljunbert  j xo a n j i g " 2. 

@S  jmb  im  allgemeinen  bie  aus  ben  5R^JoI.Ö.  oon  1530  unb 
1548  befannten  £gpen 8.   ©trafbar  ift  bemnacb  bie  SBerfd&leierung 


1  @r  foU  feinet  ©eritt)tgobrtg!eit  „jur  ©träfe  oerfatten  fein,  aud)  baju 
*iad&  Gelegenheit  ber  Sßerfon  unb  feineö  Verbrechens  etliche  Xage  gefänglich  ge* 
galten  unb  ofjne  genugfame  Serfiajerung  niäjt  auögelaffen  werben". 

2  1553  bief  elben  fcgpen  ftrafbar  erflärt  mit  SCuSnafjme  oon  2,  8b  unb  6. 
8  3eboc$   festen  im  9iei<9  9&r.  2  unb  6.    $te  ©träfe  beftanb  nad&   ben 

fteid&Spoliaeiorbnungen  im  SBerlufte  oon  V*  beä  Kapitals,  fte  mar  aber  nidjt  nur 
•auf  ben  eigentlichen  3Buä)er,  fonbern  aud)  auf  bteüberfd)reitung  beö  ©ült* 
tnajtmumS  unb  auf  ben  Sorbefjatt  beö  flünbigungöredJteS  but$ 
J>en  (Sültlftufer  (©.  65)  gefejt  (1530  XXVI  8;  1548  XVII  8). 


—    207    — 

i>*3  3fafe3  ober  her  Überfdfjreitung  be£  3fa3ma£imum3;  ferner  ber 
eigentlid&e  3to3roud&er,  b.  f).  ba£  -Keimen  von  „namhaften 
Büifen",  j.  33.  meljr  als  20%.  35ie  „gebül)rlid(jen,  ju  = 
läffigen"  3*nfcn  *wn  5  °/o  ju  nehmen,  ift  bagegen  nid^t  [traf  bar ; 
ebenfo  ift  ntdfjt  firafbar  bie  Überfd&reitung  biefeS  9Rafee3,  menn  fte 
toeber  oerfdfjleiert  nodf)  übertrieben  ift 

©iner  SBerfdfjleierung  ber  3^ftiPu^a^n  erfd^ien  audfj  bie 
2Bieberlofung  (Sinti  dfjrefe)  oerbäd&ttg.  2lber  au<§  bie 
©efa^r  beä  3fo3rou<$er3  beftanb  bei  ber  3lnttdj)ref  e ,  weil  fidj  bei 
ü>r  fdfjroer  beregnen  läfjt,  ob  ber  „justus  modus"  unb  wie  weit  er 
Übertritten  ifi  (ftelje  oben  3iff**  6)-  ©fe  Äanoniften  toaren  me^r 
für  SSerroerfung  ber  Slntidfjref  e ,  bie  beutfdfjen  Qurtften  fugten  ben 
Äontraft  ju  oerteibigen  (©d&mtb  ju  S9t.  XV  16  n.  16),  roaljrfd&etn* 
lidjj  um  ftdfj  nidjjt  in  SBiberfprudfj  mit  ber  £atfad(je  feiner  2huoenbtmg 
im  täglichen  Ztbtn  ju  fegen.  SBenn  bie  2lntid&refe  afe  foldfje  ju 
rechtfertigen  mar,  fo  muftte  im  einzelnen  %aUt  bodfj  nodjj  befonberS 
unterfud&t  werben,  ob  ba3  3^majimum  eingehalten  fei;  ba3  Über* 
ma$  mufete  am  Kapital  abgezogen  werben. 

2)af)er  liebten  e3  bie  antidjjretifdfjen  (Gläubiger,  toenn  fte  fi(§  mit 
bem  3utfm0Etniuw  nidfjt  begnügen  wollten,  ber  2lnttdfjrefe  ben  2ln* 
fdjjein  be3  Äauf3  mit  SBieberfauf  ju  geben.  35enn  ber  Käufer 
fann  nadfj  Äaufredfjt  bie  ©adjje  beliebig  nufeen,  ba3  3in^^aEtmum 
geljt  i^n  nidjjtö  an  —  ber  Rauf  mar  ja  ftetä  ba3  ©djjmerjenSftnb 
ber  fdjjolaftifd&en  SRattonalöfonomie. 

2Bä§renb  ©dfjmib,  wie  mir  ©.  75  gefeljen  Ijaben,  bei  ber 
3ntereffelet)re  mit  ben  ©laubigem  red&t  gltmpflidfj  oerfäljrt,  jieljt  er 
bei  ber  Seljanblung  ber  grage,  ob  bie  Äaufoerträge  mit  Sftüdfauf 
gegen  bie  3^8efefee  oerftofeen,  ftraffere  ©aiten  auf.  S)a  fd&impft 
er  in  ber  ttjm  eigentümlichen  Äraftmanier  über  bie  Sßudjjerer  unb 
3tn$Dampire,  bie,  um  ifjre  ©d&ledfjtigfeiten  ju  bemänteln,  fo  oer* 
toidfelte  unb  oerf dfjraufte  33ertrag3inftrumente  errieten. 
6r  f  d&liefet:  „2Ber  red&tmäfeig  einen  antraft  f  djliefet,  mufc  ba3  Sid^t 
nid&t  freuen  unb  baS  ©efd&äft  mit  ©d&raufen  ntd&t  oerbunleln, 
fonbern  ba$  Äinb  beim  rid&tigen  tarnen  nennen"  (ju  ß9t.  VII  1 
n.  2-5). 

IL    3)er  Natura  1fr eb it. 

A.  35a«  ©etreibebarle^en.  SBäljrenb  bie  einbringenbe 
©elbwirtfd&aft  im  16.  3al>rl>unbert  bie  Sßrobuftiottät  be$  ©elbe* 
offenfunbig  mad&te,  bauerte  e$  nod&   längere  3*ü/  bis  aud&  bie 


—    208    — 

anberen  fungiblen  @üter  fiel)  bie  SBfaerfemtung  üjreS  StapitaU 
d&arafterS  errangen,  gerner  fjat  ba$  ©etretbebarleljen,  weil  e£  fxd^ 
habet  um  bie  Eingabe  eine*  ©uteS  fjanbelt,  baS  getodfjnlidfj  uid&t  als 
$aufd&gut  bient,  fonbern  ftdfj  unmittelbar  jur  SebürfniSbefriebigung 
eignet  /  unmittelbar  ber  Sßrobuftton  getoibmet  werben  fann,  Diel 
häufiger  als  baS  ©elbbarleljen  baS  Gepräge  ber  &ilfeleifiung  in 
ber  91  o  t ;  baS  ©etreibebarleljen  behalt  Ijierburdjj  Diel  länger  wie  baS 
©elbbarle^en  jenes  fojiale  unb  caritatioe  ©epräge,  baS  eine  mefent* 
lidjje  Urfad&e  ber  ursprünglichen  UnoerjtnSlid&feit  beS  3)arle§enS  aus* 
gemadjjt  fyat  ©S  ift  ba&er  begreiflich,  bafc  bie  SDulbung,  bie  bem 
oerjinslicljen  ©elbbarle^en  gemährt  würbe,  ftdj  auf  baS  oerjinSltdfje 
©etreibebarle^en  mdjjt  erftredfte.  SDie  ^oltjetorbnung  Don  1616  fteljt 
nodjj  auf  biefem  ©tanbpunfte: 

II 1  ärt.  6 :  SBiü  ©ner  für  ©etreibe  „nrieberum  ©etreibe  Ijaben, 
fo  foü  er  bem  SBauerSmann  eine  3*i*  beftimmen,  mann  er  iljm  foldfj 
©etreibe  ungefährlich  in  gleicher  ©üte  foQ  antworten".  SBeim  ©e- 
treibebarleljen  foQ  alfo  ber  &erlei()er  nid&t  meljr  ©erlangen  als  er 
gegeben  §at,  alfo  feinen  RixiS1 ,  unb  er  fott  bie  fttit,  ju  ber  bie 
SRüdgabe  erfolgen  fott,  bei  ber  Eingabe  feftfefeen,  bamit  U)m  bie 
2Högltd(jfeit  genommen  ift,  iou<ljerifd)ettüeife  gerabe  bann  bie  9tü<f* 
gäbe  ju  oerlangen,  wenn  baS  ©etreibe  im  greife  ljodf>  fiefjt. 

B.  Sie  „£  ins  fülle".  SRädfrft  bem  ©etreibe  ift  ber  wid&tigfte 
S3ebarf  beS  Steuern  baS  SBie^.  2)aS  SSiel)  fann  auf  jweterlei  Slrt  Der* 
liefen  werben,  nämlidjj  pad&täJjnlidjj  unb  barle$en$ät)nlid(j.  3m  (enteren 
gaHe  Ijaben  mir  ben  eifernen  SBieljfontraft,  mobei  nidjjt  bie 
entlehnten  ©tücfe,  fonbern  anbere  oon  gleicher  Slrt  (in  ber  Siegel 
aus  ber  Slufjud^t)  jurüdfgegeben  werben.  SDaS  SBieij  nimmt  nämli<$ 
eine  3JiittelfteHung  ein  jwifdfjen  ben  fungiblen  unb  ben  md&t  fungiblen 
©egenftänben.  63  ift  nid&t  fo  fungibel  wie  ©elb  ober  ©etreibe, 
aber  bodfj  fungibler  als  }.  33.  ©runb  unb  Soben.  2)aS  eifeme  Sßie^ 
finben  mir  fd&on  in  ben  M.B.  unter  bem  9lamn  ,,3mmerful)"*. 
äBaljrfcljeinlidf)  Ijanbelt  eS  fidfj  bei  ben  fogenannten  „3ütSfü§en"  ber 
baperifd^en  Sßolijeiorbnungen  um  baSfelbe  3tecljtSDetf)ältniS.  3)a  „bte 
armen  ßeute  mit  ben  ^inSfü^en  in  Diel  weg  f)o<$  befd&wert"  mürben, 
fo  mürbe  eine  3inStaje  feftgefefet  (1516  fol.  44,  1553  unb  1616 
III.  33ud&  15.  Sit.  2.  2trt).    5Rad&  ber  Sßolijeiorbnung  oon  1616 


1  2)ie  3in3loftg!eit  ge^t  aus  bem  Sufammen^ange  §ert>or. 
8  Über  bie  8tef)leU)e  aur  9tomabenjeit ,  vor  ber  feften  Slnfteblimg,  |te§e 
bie  Semerrungen  bei  Sreniano,  Hnerbenrec$t  unb  ©runbeigentum,  6.  17  9tote. 


—    209    — 

follte  1  ff.  ober  ein  brei  2Bod&en  alte*  flalb,  nad&  2Bal)l  be8  ©laubiger«, 
iä§rli<$  gegeben  werben.  SDaS  war  ein  fe^r  ro^cr  SRaftftab,  benn 
ber  SBert  ber  Auf)  blieb  bobei  unberficfftdjjtigt.  Sei  Übertretung 
1  ff.  ©träfe. 

C.  SDie  grud&tgütt.  3u  ben  ftaturalfrebitgefdjäften  ifl 
and)  bie  ©etreibegfilt  ober  gru<$tgttlt  ju  rennen,  b.  I).  ein  3ltnU 
fauf,  wobei  bie  Stente  nidjt  in  ©elb,  fonbem  in  Sobenfrüdjten  befteljt. 

3)ie  ©etreibegült  fd&eint  im  16.  $al)rf)unbert  in  Sägern  jtemlidj 
verbreitet  gemefen  ju  fein;  benn  bie  batjerifdfje  SanbeSorbnung  oon 
1553  (II  1  Slrt.  3)  fagt,  ber  Äauf  ablöSlidfjer  ©etreibegülten  fei  in 
Sägern  fo  gar  eingebrungen  unb  gemein  worben,  bafc  ein  jeber, 
fo  ju  feinen  Obliegen  ©elbeS  bebürfttg,  baSfelbe  anber  ©efialt 
benn  auf  ^raibjinfung  nidfjt  wofjl  aufbringen  fönne. 
35a  aber  erwiefenermafjen  audj  bie  Sßfenniggült  allgemein  in  Übung 
roar,  fo  ift  bie  SBemerfung  ber  SanbeSorbnung  ate  übertrieben  ju 
bejetdjnen.  SBielleidjjt  Ijanbelte  e$  ftdfj  um  eine  oorfibergeljenbe  Be- 
liebtheit ber  ©etreibegülten  bei  ben  ©elbgebem,  oeranlafjt  burdfr 
bie  fleigenbe  Stiftung  ber  ©etreibepreife.  Starauf  beutet 
audfj  bie  weitere  SBemerfung  ber  SanbeSorbnung :  SDa  baS  ©etreibe 
etltdf)  oiel  Saljre  Ijer  in  Ijoljem  SBert  gemefen  fei  unb  nodfj  fei,  fo 
folge,  bafe  nic^t  allein  ber  ©filtinfjaber  weit  tne|r  als  baS  ge* 
bfifjrlidje  Qntercf f e  einnehme,  fonbern  ber  SBerfäufer  Ijodfj  be« 
fdfjwert  unb  ber  arme  SauerSmann,  fo  etwa  au*  brängenber  -Kot  ©elb 
aufbringen  unb  bergleidjen  ©ültretdjjung  auf  ftdfj  laben  muffe,  gar 
jum  SBerberben  gebraut  werbe.  2luc^  in  ber  SReidjSpoltjeiorbnung 
oon  1577  wirb  ber  @influf$  ber  Neuerung  auf  ben  ©eibwert  ber 
üRaturatgülten  fjeroorgeljoben.  Xxt  19  §  2 :  Die  armen  ßeute  muffen 
bie  3Bein=  unb  ©etreibegülten  ju  einfaQenben  teueren  Saljren  ein  weg 
wie  ben  anberen  entrichten,  alfo  oftermal  oom  iQunbert  10, 
20  biö  in  bie  30  fl.  jaulen. 

Die  SßreiSfteigerung  ober,  wie  man  gefagt  fjat,  bie  SßreiS* 
reoolution  beS  16.  Safcr&unbertS1  bauerte  1510  bis  1590. 
SefonberS  heftige  Bboomsu  erfolgten  in  ben  fünfziger  unb  ftebjiger 
Qaljren,  alfo  in  beseitigen  Saljrje&nten ,  in  benen  bie  erwähnten 
fßoUjeiorbnungen  gefdfjaffen  würben.  Die  Bewegung  erfaßte  ntdfrt 
nur  bie  Slgtarprobufte ,  fonbern  audfj  bie  übrigen  SBaren  unb  bie 


1  ffiiebe ,  Sur  ®efät<$te  ber  ?rei*rei>o&iium  be*  16.  unb  17.  3a$r$unbert3, 
Staat*-  unb  foatafariffenf<&aftlt<$e  ©ei träge,  herausgegeben  oon  SRia*fon>3!i  II 
2(1895). 

•  •Ijew,  Cerföutbung.  14 


—    210    — 

Arbeitslöhne,  wenn  audE)  nidfjt  in  gletdjjem  2Kaße  tote  bie  erfleren. 
SBäfjrenb  ber  Canbmann  alfo  baburdj),  baß  er  nadj  ber  alten  3Bert- 
relation  jTuifdjen  ©elb  imb  ©etreibe  ju  jinfen  fjatte,  an  ber  2lu3= 
nufcung  ber  günftigen  Äonjunftur  ge^inbert  war,  mußte  er  bie  ©r= 
l}ö!)ung  feiner  SßrobuftionSfoften  ooH  unb  ganj  auf  fid^  nehmen, 
©eine  ©djulben  waren  fidf)  gleid(j  geblieben  unb  feine  SluSgaben 
Ratten  fidf)  vermehrt.  Unter  ben  Siaturalgülten  fdjjetnen  otele  ©toig= 
glitten  geroejen  ju  fein;  fie  ftamtnten  mol;l  nod)  auS  ber  3*ü/  roo 
eö  nidjt  gebräud()lid)  mar,  bem  ©d&ulbner  baS  9lblöfungSred)t  eutjus 
räumen.  3n  normalen  QtxUn  mafyti  fidf)  biefer  SKangel  wenig 
fühlbar.  Sefet  aber,  too  bie  Umtoanblung  ber  Jlaturalgülten  in 
©elbgülten  im  Qntereffe  beS  ©djulbnerS  lag,  erfd&ien  ber  Mangel 
beS  ßünbigungSredjteS  red&t  brüdenb. 

$n  ben  2lugen  ber  3  *  i  *  8 e  n  °  f  1 c  n  roar  W*  Steigerung  ber 
greife  nodf)  größer  als  in  Sßirf lid&f eit ,  benn  fie  unterließen,  ben 
©influß  ber  9)iünjüerfdf)ledf)terung  ju  eliminieren.  3Me  Sttenge  ftanb 
bem  unerhörten  Vorgang  rat=  unb  oerftänbniSloS  gegenüber,  ©ie 
Ijielt  bie  SßreiSftetgerung  für  eine  fünftlidf)e  unb  faf)  bie  Urfadfje  ber= 
felben  im  gürfauf,  in  ber  §abfud&t  ber  Äaufleute  ufio.  ©ie  glaubte, 
baß  fidf)  bei  ftrengem  ©in f djreiten  gegen  bie  „Sßudfjerer  unb  3){ono* 
poltften"  balb  bie  alte  Sßoljlfeityett  mieber  einfteHen  mürbe. 

Unter  bem  ©tnfluffe  biefer  Erbitterung  fteljen  audfj  bie 
©efefee  gegen  bie  Natura Igülten.  S)ie  grud&tgülten  oerfdfwffen  bem 
©elbgeber  bei  fteigenben  greifen  ber  SBobenfrüdfjte  eine  Statte,  bie 
meit  über  ben  „gebü^rlidfjen,  juläffigen"  3™*  (üön  5  0/o)  IjinauSgetjt. 
SMefeS  Übermaß  fteHt  fid^  als  eine  burdfc  nid&tS  ju  redfjtfertigenbe 
Selaftung  beS  oerfdjjulbeten  SanbmanneS  bar.  3Me  guten  greife,  bie 
bem  fianbmann  als  grud&t  feiner  Arbeit,  als  (Entgelt  für  Unbilben 
aller  3lrt  gebühren,  bienen  nur  baju,  ben  oerfjaßten  ©laubiger  ju 
bereichern.  $n  ber  9tetcf)Spolijeiorbnung  oon  1577  wirb  Da^er  baS 
©ültmajimum  auf  bie  3?aturalgülten  ausgebest * ;  ferner  werben  fämt* 
lidfje  befteljenbe  üttaturalgülten  ablösbar  erflärt,  etoige  iftaturalgülten 
alfo  verboten.  9?odfj  weiter  ging  bie  33at)erifd^e  SanbeSorbnung  oon 
1553:  ©ie  oerbot  ben  ßauf  oon  ©etreibegülten  unb  ließ 
nur  metyr  ©elbgülten  ju2. 


1  @oenba  §  2:  „31  ber  ba  ßorn*  ober  2öeingiUten  fauft  werben ,  ba&  von 
20  fl.  Sauptfumme  nidjt  met)r  als  1  fj.  2Rünj  gereuter  ober  bejaht  werbe." 

8  „Überhaupt  fott  ntemanb  meljr  oon  @efb  einen  anberen  3mä  faufen  ober 
nehmen,  benn  (Selb/ 


—    211     — 

2>ie  Seftimmung  würbe  1616  oljue  Snberung  wieber^olt  (?ppLD. 
II  1  2lrt.  3).  2tber  injwifdfjeu  war  bie  Schlage  eine  anbete  ge* 
toorben. 

■Midfjt  nur,  baß  injwifd(jen  eine  tiefere  ©infid&t  in  bie  ttrfadjjen 
ber  SßreiSreoolution  Sßlafc  gegriffen  fjatte,  feit  SobinuS  1568  ben 
©afe  aufgeteilt  fyaiit,  baß  bie  äßermetyrung  beS  ©olb*  unb  ©über* 
üorrateS,  namentlidfj  ber  3uflu6  üon  eMen  9RetaHen  auS  Omenta 
bie  igaupturfad&e,  ja  beinahe  bie  einzige  Urfadfje  ber  ^Preissteigerung 
fei,  fonbern  bie  SpreiSfteigerung  Ijatte  feit  1590  aufgehört  unb  in 
mannen  ©egenben  fogar  einem  meljr  ober  minber  er^eblid^en  SßreiS* 
falle  «ßlafe  gemacht  (SBiebe  113,  115,  187). 

Obwohl  in  ber  Sßolijeiorbnung  von  1616  bie  9Jtotioe  beS  33er* 
boteS  ber  ablösbaren  ©etreibegülten  genau  ebenfo  lauten,  n>ie  fte 
1553  gelautet  Ratten,  fo  muß  ber  3rocd  &er  Beftimmung  bodf)  ein 
anberer  geworben  fein,  benn  bie  ermähnten  SUtotioe  paffen  auf  bie 
Preisbewegung  feit  1590  teineSwegS.  3n  &cr  $a*  begrünbet  ber 
fcofrat  fein  SBotum  (ju  ßSR.  XIII  14  additio),  baß  baS  SBerbot 
aufregt  erhalten  werben  fotte,  einfach  mit  ber  ©efafjr  beS  ex- 
cessus  justi  pretii  bei  ben  grudfjtgülten,  cum  rerum  pretia 
in  republica  frequentissime  varientur  et  vix  duobus  annis  con- 
tinuis  in  eodem  statu  permaneant. 

@S  ijanbelt  fi<$  alfo  beim  «erbot  ber  SRaturalgfilten  1616  nid&t 
me&r,  wie  1553,  um  ein  Älaf  fengefefc  jugunften  ber  oer* 
fd&ulbeten  ©runbbefifcer,  bie  billigen  Ärebit  wünfd&en, 
fonbern  um  ein  ©d&ufcgefefc  gegen  bie  bloße  ©efafjr 
beS@etreibewudfjerS,um  eine  triel  ju  weit  getriebene  flonf  equen  j 
ber  3inStaje :  f d&on  bie  3Kögltd&teit  beS  ©teigenS  ber  ©etretbepreife 
madfjt  bie  ©efefceSfanatiter  gittern.  6S  ift  baljer  nur  fonfequent, 
baß  ber  &ofrat  oorfdjjlägt,  bie  oom  Slbel,  bie  Prälaten  unb  bie  t>er* 
möglichen  SBürger  in  ben  £auptftäbten  oon  bem  Verbote  auSbrücflidfj 
auSjune&men,  alfo  baß  eS  ifjnen  unoermeljrt  fein  foffe,  ©etreibegülten 
ju  pertaufen;  benn  ber  3roect  ber  Sefihmnung  fei  bodjj  ber,  ben 
armen  Bauersmann  ju  fd&üfcen. 

Sapern  ift  nid&t  baS  einzige  f übbeutf <$e  Saab,  wo  im  16.  Qaljrs 
ljunbert  bie  grucfjigülten  verboten  worben  finb.  ©o  j.  99.  würbe 
in  3tiridj  1529  perboten,  anbere  3\n\en  ju  taufen  als  Sßfennig* 
jinfen  *. 

SBie  gefä&rU<$  aber  baS  «erbot  ber  grud&tgülten  für  ben  Ärebit 


1  Styl  e.  82. 

u 


—    212    — 

ber  länblid&en  ©runbbeftfcer  fein  fonnte,  jetgt  bie  einleitutig  eines 
3üri^cr  9tat$erfenntnijfe*  oon  1548:  „3118  an  meine  ßerren  Watt 
unb  Surger  gelangt  tft,  tote  ftdg  etliche  ber  unferen  auf  bem  2anbe 
übel  beflagen,  toie  fte  ©elbeS  treffHd^  notbürftig  wären,  unb  aber 
ba3  nidfjt  anber«  toiffen  anjufommen  benn  um  Sem* 
jinS,  mit  l>o$em  Stnrufen,  ilpien  ba8  ju  erlauben  unb  nad)ju= 
laffen  .  .  ." 

III.    $er  Äauffrebit. 

A.  äuS  bem  Sßrinjip  ber  Unentgeltlidfjfeit  be$  Ärebitoerfe^rS 
ergibt  ftdf)  aud&  ber  2tu3fdjlufc  eine«  &\xi\&  beim  Ärebitfauf. 
S)a3  baperifdfje  Sanbbot  oon  1516  o erbt  et  et  (fol.  46),  fünftig 
©etreibe  ober  anbere  Sßfenmoerte  §öl)er  auf  Sorg  benn  um 
bar  ©elb  ju  geben  unb  ju  faufen,  toeil  „baburdfj  ber  gemeine 
39auer3mann  ju  merflidjjem  SRad&teil  gebrungen"  toerbe.  ©benfo  bie 
SanbeSorbnung  oon  1553.  aber  biefe  SBefiimmung  mar  oljne  Sßrete- 
tagen  ferner  burdfoufüljren.  SMe  Sßolijeiorbnung  oon  1616  fagt 
baljer  (II  1  Slrt.  6)  oiel  treffenber  toie  Ujre  Vorgänger: 

„@ibt  einer  bem  anberen  ©etreibe  \  bafc  er  ttjm  Ijernadf)  ©elb 

bafür  geben  foK;  in  biefem  galle  foH  er  mit  iljm  atebalb  einen 

nötigen  Äauf  treffen  unb  ba3  ©etreibe  anfd&lagen,  toaS  e3  jur 

felben3eit,  roie  er  e3  tljm  gibt,  in 3 gern  ein  um  baSfelbe  SReoter 

gültig  ift  unb  bem  33auer$mann  nid&tS  anbereS  .  .  .  auftragen, 

jumuten  ober  oon  tym  annehmen." 

35er  ©etretbepreiS  tourbe  auf  ben  „gemeinen  SBert"   be* 

fdjjränft,  um  bie  3fa$lofigfeit  be$  ©etreibefrebttfaufeS  fontroHieren 

ju  fönnen. 

B.  SDer  „SDtufterfauf";  9Wan  letljt  einem  SauerSmann  nac§ 
ber  ®xntt,  aber  oor  bem  ©rufdfj  ©elb  gegen  bie  SBerpflid&tung,  nac§ 
bem  SDrufdj)  ©etreibe  bafür  ^erjugeben  unb  nimmt  ein  9Rufter  oon 
bem  ©etreibe  (1616  II  1  Slrt.  6).  &aS  ©efdfjäft  ifl  nur  bann 
gültig,  toenn  ba3  ©etreibe  fo  fyoä)  angefdjjlagen  toirb,  tote  e3  jurjeit 
ber  3a§fong  ber  ©elbfumme  gültig  geioefen  ober  ju  einem  getoiffen 
Seitpunft,  j.  S.  am  ©affuStag  ober  am  SHartinStag,  gelten  toirb. 
Sagegen  l)at  ber  „&erleü)er  ober  ßäufer"  nid&t  bie  33efugni8,  ba$ 
©etreibe  abjuforbern,  toenn  e8  iljm  gefällig  (b.  $.  tooljl,  nadfjbem  er 

toenig  ©elb  bafür  hergegeben  §at,  ju  ber  &\t,  wo  baS  ©etreibe  red&t 

■  ■   ii    ■       « 

1  *¥fennn>erte"  werbe«  nia)t  me$*  genannt,  bie  JBefttmmuna.  Gesteht  fttt) 
alfo  nur  auf  ben  ©etreibefrebitfauf. 


—    213    — 

$o$  im  Sßreife  ftc^t).  SDie  S)oppelnatur  beS  ©efd&äfteS  emerfeit* 
als  Äauf,  anbererfeitS  als  Setye,  fomie  bie  &ilflofigfett  bcr  bamaligen 
33egriffSbilbung  gegenüber  berartigen  ©oppelerfdfjeinungen  erbeut  gut 
aus  ber  fd&roanfenben  Terminologie  (2Rufterfauf,  ©elbleiljen,  &er* 
leider  ober  Ääufer). 

C.  ©ro&e  Sljnlidjjfeit  mit  bem  eben  gefd&ilberten  SKufterfauf 
$at  ber  berühmte  „SBerfauf  beS  ©etreibeS  auf  bem  &alm", 
„auf  ber  SBurjet",  „auf  bem  gelbe".  Sei  beiben  ©efd&äften 
^anbelt  eS  fid)  um  bie  2)tSfontierung  einer  fünftigen  einnähme  auf 
bie  ©egenroart.  SBäljrenb  aber  ber  SKufierfauf  juriftifd^  einen  edfjten 
Äauf  barftettt,  fann  man  ben  SBerfauf  ber  grüßte  auf  bem  ißalm  nur 
als  emptio  spei  bejeidfjnen,  meil  bie  @rnte  burdf)  ißagelfd&lag  ufro. 
üernid&tet  werben  fann  unb  überhaupt  nadf)  Quantität  unb  Dualität 
uon  allerlei  .ßufälligfeiten  abhängig  ift.  Saburdf)  befommt  ber  Äauf 
ber  grüßte  auf  bem  &alm  etroaS  Sllcotorif  c^cjS,  baS  tyn  ju  einem 
beliebten  SBerfjeuge  nmd&erifdfjer  Ausbeutung  gemalt  Ijat. 

S)er  SBerfauf  ber  %tüü)tt  auf  bem  ißalm  gehört  benn  audfj  feit 
ber  Äarolingerjeit  ju  ben  oon  ber  ©efefcgebung  beft gefaßten 
©efd&äftStppen.  3m  baperifd&en  Sanbbot  oon  1516  wirb  er 
©erboten  (fol.  46).  SDie  baperifdfje  SanbeSorbnung  oon  1553  läfet 
tljn  im  Notfälle  ju,  ber  SßreiS  foH  aber  ntdjjt  niebriger  fein,  als  baS 
©etreibe  „am  9WartinStag  beSfelben  SaljreS  nadjj  gemeinem  Äauf 
gültig  ifi"  (III  4  2lrt.  5).  @benfo  1616  (II  1  2lrt.  5).  S$nlid& 
<md&  bie  Stetd&Spoltjetorbnungen  oon  1548  unb  1577.  3laü)  lefcterer 
(XIX  3)  burfte  ber  SßreiS  nidfjt  niebriger  fein,  als  ber  SBert  ber 
betreffenben  grud&t  entmeber  jurjeit  beS  ßontrafteS  ober  14  £age 
nadj  ber  ©rnte  nadj)  „gemeinem  Äauf"  betrug.  S)ie  SReidjjSpolijei* 
orbnungen  geben  audfj  bie  ©rünbe  biefer  SBefd&ränfung  an. 
3una$ft  wirb  baS  ©efdfjäft  bejeidjjnet  als  ein  ißinauSletyen  von  ©elb 
„unter  bem  ©d&ein  ber  ÄaufmannfdSJaft".  ©obann  mirb  biefer  ®e* 
fd&äftsform  oorgemorf en ,  bafe  „arme  notbürftige  Seut,  xotö  fte  gar 
Ijärtiglid)  erarbeiten,  näl>er  [billiger],  benn  fidfj  fonft  nadjj  gemeinem 
gewöljnlidfjen  Äauf  gebührt,  ju  geben  oerurfadfjt  unb  gebrungen 
werben".  3)er  SSerfauf  ber  grfid&te  auf  bem  gelbe  oerftofje  gegen 
„gflttlid&e  unb  menfd&lidfje  ©afcung,  bie  Siebe  beS  -ftädfjften  unb  bie 
guten  Sitten1',  er  gereidjje  ferner  ben  &errfdfjaften  ju  großem  ©djjaben, 
weil  bie  Untertanen  nun  biefen  „tyr  ©ebitfjrnis  oiel  beftomeniger  ju 
tun  oermflgen".  6nblidj>  fd&eini  baS  39ebenfen  gemaltet  ju  l>aben, 
bog  bie  Sauern,  toenn  ber  ©elbmann  bie  <Srnte  mit  93efd&lag  belegt, 
„md&tS  $aben,  roooon  fie  fid&,  U>re  grau  unb  ftinber  ernä&ren"  unb 


—    214    — 

babur<$  in  bie  Sufjetfte  SRot  flebrad&t  werben  Rinnen1.  2lu3  btefem 
©runbe  rourbe  ber  SBerfauf  beS  ©etreibeS  auf  bemigalm  jum  %ixx* 
lauf  geregnet,  ©egen  ben  gürfauf,  b.  f).  ben  2tuffauf  oon  not? 
toenbtgen  SebenSmitteln  not  ifjrer  SebarfSreif e ,  um  burdfj  3urfidf* 
Ijaltung  mit  bem  Angebot  ober  bur<$  Äonjentrierung  beSfelben  einen 
Ijöfjeren  Sßrete  ju  erjielen,  richtete  fid^  aber  bie  Erbitterung  aller 
berer,  bie  an  niebrigen  greifen  ber  SebenSmittel  ein  Qntereffe  Ratten, 
alfo  bet  breiten  9Raffe  be3  faufenben  SBolfeS  unb  tyrer  geiftigen 
p^rer. 


Diertes  Kapitel 

$a$  Kapital. 


I.    allgemeines. 

33i^er  tjaben  mir  Ijauptfäd&ticJE)  bie  rechtlichen  unb  poli* 
t  i  f  $  e  n  Sebingungen  be3  ÄrebitoerfeljrS  beljanbelt.  2lber  ber 
ßrebitoerfeljr  Ijat  audfj  nurtfd&aftlidjje  SBorauSf efeungen ,  unb 
btefe  ftnb  fafi  nodf)  mid&tiger  wie  jene. 

SBor  allem  muß,  bamit  ein  itrebitoerfeljr  entfielen  fann,  bie 
Äultur  fo  roeit  fortgef dfjritten  fein,  bafe  bie  ©efeHfd&aft  ni<$t  meljr 
auSfdjliefclidfj  ron  ber  £anb  in  ben  2Wunb  lebt:  SDioment  ber 
©<$a|bilbung.  gerner  mufc  ber  Ärebit  fo  roeit  entroicfelt  fein, 
bafc  man  feine  ©d&äfce  anberen  jeitmeilig  jur  -Wufeung  überlaffen 
fann :  9R  o  m  e  n  t  ber  Ärebitbilbung.  Slber  biefe  beiben 
9Komente  ermöglichen  an  ftd^  nur  ben  unentgeltlichen  Ärebitoerfeljr, 
einen  bärftigen  ßrebitnerfefjr.  3)amit  ber  Ärebitoerfeljr  ftdfj  oott 
entfalten  fönne,  mufe  nodfj  ein  ©ritte«  ttfnjuf  ommen :  3)a8  menfd)* 
lidje  ©eroinnftreben  mufc  fi<$  bem  Ärebitoerfeljr  mitgeteilt  ljaben. 
SBir  nennen  biefeS  ba3  SKoment  ber  Äapitalbilbung.  S)emt 
jum  Kapital  (capitale,  caput,  &auptfad[je,  stock)  gehört  begrifflich 
ber  3in3  (grucfjt,  Siebenfache),  rote  ber  ©cfjatten  jum  Stdjjt.    35ie 


1  Copus  Joh.,  De  fructibus  etc.,  1583  p.  43. 


—    215     — 

3*\t,  bte  einen  regen  Ärebttoerfefjr  entwideln  will,  mufi  auä  ben 
Sknben  von  Autorität  unb  &erfommen  fid)  loSmad&en,  fie  mu§  ben 
2Rut  Ijaben,  inbiotbualiftifd) ,  fapitaliftifdf)  ju  fein,  @nblidf>  liegt 
fd&on  im  2Borte  ©dtjafc,  nodfj  me^r  a6er  im  SBorte  SBerfeljr,  ba&  e3 
ein  öligem  eines  Saufd&gut  unb  3Bertaufbewat>rung3mütel  geben  mufc, 
unb  bafc  biefeä  fo  reid^tid^  oortyanben  fein  foH,  baft  bie  33ermogen3s 
werte  SBarenfunftion  Ejaben,  mit  anberen  SBorten,  bafe  man  für  fie 
jidfjer  unb  rafdfj  ©elb  befommen  fann:  -Dtoment  ber  ©elb* 
bilbung. 

2Btr  fönnen  SBorftetjenbeS  in  bie  SBorte  jufammenfaffen :  3)ie 
wirtfdfjaftlid&e  Sebingung  be3  ÄrebitoerfefjrS  ift  ba3  $Bor^anben  = 
fein  t)on  SeiEjf apital  in  gorm  be£  ©elbfapitals. 

SBenn  mir  nun  bie  &\t,  mit  ber  mir  un3  bef<$äftigen,  barauf* 
f)in  unterfud&en,  ob  bie  ermähnten  bier  3Romente  oerwirflidfjt  waren, 
fo  fmben  mir  folgenbeS: 

1.  9Kan  mag  ein  Sewunberer  unb  SBerteibiger  beS  17.  3af)r* 
fjunbertö  fein,  baft  bie  3Jtenf$en  bie  £ugenb  ber  ©parfamfeit  in 
^}ol)em  SRafce  geübt  t)aben,  wirb  man  nidjt  behaupten  tonnen.  S)ie 
Älagen  ber  ©cbriftfteller  über  SBerfd&wenbung  unb  SBöllerei 
ftnb  allgemein1.  2Benn  trofebem  bie  ©dfjafcbilbung  einen  Ijoljen  ©rab 
erreidfjte  —  waren  bodfj  bie  im  2)reif}igjäE}rigen  Äriege  »ergrabenen 
©dfjäfce  lange  3eü  ber  £raum  oon  ©lüdföjägem  unb  gaulenjern  — 
fo  mar  bie  SRot  ber  3cü  baran  fdfjulb2. 

2.  2)er  %mü  ber  ©dEjafcbilbung  mar,  wie  man  fieljt,  nid&t  bie 
©rjielung  oon  ©eminn  burdfj  rentierlid&e  Anlage,  fonbern  bie  ©idfje* 
rung  oon  &Uf3mitte(n  im  gaUe  ber  3?ot.  SMe  (Srfparniffe  mürben 
junäd&ji  t^efauriert3.  3)erÄrebit  mar  nodfj  fo  unentwidfelt,  bafj 
SBiete  ben  igauptjwedE  ber  ©dfjafebtlbung  burdjj  2lu$leiljung  gefäljrbet 
eradfjteten.  3>e  unftdfjerer  bie3citoer^ältniffe,  befto  weniger  liefe 
man  ftd&  barauf  ein,  bie  gefammelten  Notpfennige  au«  ber  &anb  ju 
geben,  um  nidjt  felbfi  oom  trttgerifdjjen  ©elbmarlt  abhängig  ju 
werben. 


1  @($mib  su  83t  XIII  9  n.  4:  „.  .  .  in  unferem  S)eutf d&fanb ,  wo  bie 
Serföroenberei  bur<$  beftänbige«  Steffen  unb  ©aüfen  fe^r  im  ©c^ioung  ge$t/ 

*  3n  einer  (SrMftrung  ber  SanbfcJaftSoerorbneien  oom  18.  S)eaember  1624 
(Sregberg  I  62)  ift  oon  ben  ßanbftänben  bie  Siebe,  bie  „pro  defensione  reli- 
gioniß  Catholicae  et  patriae  i$r  @rfparte3  an  betreibe,  ©djafcgelb, 
©Über  unb  öarfdjaft  oorgeftredt".  ©8  toirb  alfo  jioifd&en  ©<$afc  unb  Betriebs- 
mitteln unterfgieben. 

8  9to$  $eute  fott  bie  ©itte  ber  Aufbewahrung  ber  ©rfparotffe  in  ©tro$- 
fätfen  unb  ©trumpfen  in  SKtbanern  in  erftaunlic$em  SRage  oerbreitet  fein. 


—    216    — 

3.  2Bo  ba3  erwähnte  Sebenfen  nidfjt  obwaltete,  würben  bi£= 
poutble  ©elbfummen  auSgelxeljen,  nnb  jwar  auf  j&ixtö  ober  Qntereffe. 
SDaS  jinSlofe  @elbbarlel)en  war  jur  2lu3naljme  geworben.  2Benn 
man  pdj  bem  9Kfifo  auSfefcte,  im  gaHe  ber  9tot  tnttteltod  bajuftefjen, 
fo  wollte  man  wenigftenS  eine  @ntfd(jäbigung  für  bie  3lngft  baoor 
(prezzo  del  battieuore  na<f)  ©altani).  3)a$  Streben  nadfj  bem 
gröfetmöglid&en  ©eminn  war  oerwerflidf)  unb  ungefefelidfj 
(3in^toi*e).  2lber  bie  2lu3leUjung  gegen  lanbeSübttdfje  unb 
angemeffene  $\n\tti  ö&er  Sntereffen  mar  eine  erlaubte  unb 
gebräud&lidfje  6rwerb3gelegenl)ett. 

4.  S)ie  red&tlidfjen  Sefd&ränfungen,  bie  tedfjnifd&e  3Wcfftänbigfeit 
unb  bie  SRangelljaftigfett  ber  SerfeljrSmittel  Ratten  jur  golge,  bajs 
bie  SRaturprobufte  einen  weiten  unb  IjmberniSreidfjen  SBeg  jurütf* 
legen  mußten,  elje  iljr  Sßert  in  bie  ©elbform  umgefefct  werben 
fonnte.  3)amit  §ängt  jum  &eil  audfj  bie  oben  erwähnte  Üppigfeit 
ber  SebenSweife  jufammen.  SDian  wufcte  nidfjt  wo&in  mit  bem 
©otteäfegen.  SDte  33efd&räuft$eit  be$  3)iarfte3  fcielt  bie 
greife  auf  einem  niebrigen  ©taub.  9?ur  gut,  baß  ber  9teid&tum 
SapernS  an  Sobenprobuften  unb  -Jlaturfdfjafcen  (®e= 
treibe,  Sie&,  ©alj)  groß  genug  mar,  um  abfoluten  ©elbmangel  nidfjt 
auffommen  ju  iaffen.  — 

2Bie  man  ftetjt,  fehlte  feinet  ber  SDiomente,  bie  jur  ©ntmidflung 
be$  ÄrebitoerfeljrS  nötig  finb,  oöllig,  aber  feinet  berfelben  mar  redjjt 
auSgebllbet.  — 

Sßeldfje  Segriffe  oon  Sfteid&tum  l)errfd&ten,  fann  man  au£ 
ber  Semerfung  oon  9Kanj  erfeljen  (©dEjufe  unb  ©dfjirm  IV  t>): 
„SBenn  ein  fürneljmer  ©beimann  100  ober  200  fl.  bekommt,  fo  ift 
er  bod&  barum  nodjj  nid&t  oiel  reifer  geworben;  ba  bo<$  ein  Sauer, 
wenn  er  btefeS  fjätte,  in  aEeweg  für  reifer  gehalten  würbe."  Star* 
aus  folgt,  bafe  wir  baä  bäuerliche  Kapital  mit  anberen  2tugen 
anfeljen  muffen,  als  ba3  ftänbifdjje  Äapital1. 


1  $>en  3  üben  mar  feit  1553  ber  Auf  enthalt  in  Bauern  verboten.  Staa) 
gfrenberg  (II  349)  mar  baffer  im  17.  3a$rljunberi  in  Sapern  fein  Sube  $u 
ftnben  [gr.  f treibt:  16.  Sa&rljunbert,  e8  ift  aber  offenbar  ein  2)rudfe§ler].  3Rit 
aufjerba»eriftt}en  Suben  $u  fontrafjieren,  mar  ben  SBanern  unterfaßt.  SBäljrenb 
ber  öfter r ei c^ifc^en  Oüupation  (1704 — 1714)  festen  fia)  nrieber  Suben  in  größerer 
%n^af)i  in  Sagern  feft.  216er  fie  fa)einen  ftet)  tne^r  bur$  tl)re  ßonfurrens  im 
©anbei  alö  bura)  JSrebttgefdjäfte,  mefjr  bei  ben  Kaufleuten  unb  §anbn>erfern  afö 
bei  ben  Sauern  unbequem  unb  oer&afjt  gemad)t  ju  fyaben  (Sfrenberg  I  243,  317, 
380  II  351). 


—    217 


IL    Sie  ©tabtbfirger. 

3Me  ©tabtbfirger,  im  15.  unb  16.  Saljrfjunbert  neben  ber  Äirdje 
too^I  bie  bebeutenbften  Ärebitgeber,  treten  im  fiebenjelinten  infolge 
beS  befannten  SBerfattS  oon  ©emerbe  nnb  &anbel  in  2)eutfdfjlanb  in 
biefer  iljrer  ©tgenfd&aft  oerljaltniSmäjjig  jurüdf. 

9In  bem  SB  er  fall  oon  £  anbei  unb  ©eroerbe  in 
3)eutf<fjlanb  feit  ber  jmetten  £älfte  beS  16.  Saljr* 
f)unbert$  l)atte  33atjern  fein  ooffgemeffeneS  Anteil,  ja  btefeS  Sonb 
würbe  Don  ben  mif$ltdf)en  Solgen  ber  Snberung  ber  58erfeljr3  = 
toege  befonberS  ferner jlidj  berührt,  ba  bie  ©unft  feiner  Sage 
(jimfdfjen  Italien  unb  ben  grojjen  fübbeutfdjen  SRcic^öfläbten)  uor* 
mala  einzelne  ©eroerbe*  unb  &anbel3jtt)etge  ju  großer  33lfite  gebraut 
Ijatte.  35af)er  beginnen  fdfjon  üor  bem  Sreijjigjäljrtgen  Kriege  bie 
Älagen  über  ben  SBerfaH  beS  ©emerbeS.  2luf  bem  Sanbtage  von 
1612  Hagen  bie  ©tänbe  (©.  213):  ®aS  ©eroerbe  fyabz  merflid&  ab- 
genommen unb  e$  fei  „faft  baS  einjige  ©eroerbe  mit  bem  93 i er* 
fieben"  übrig  geblieben.  @3  werben  bie  9Rittel  aufgejagt,  bem 
<Staatt  ©elb  jujufü^ren:  „SDaS  ©etreibe,  Bali,  Sßferbe  unb 
SBielj,  bann  etlidfj  wenige  iQanbroerfSgeroerbe ,  als  Soben, 
t$eberit,  SBettpardfjent,  Seinmanb  unb  etlid&e  anbere  ge* 
ringe"  (©.  100).  aber  aud&  biefe  lefctgenannten ,  feit  langem  in 
Sägern  ein^eimif dfjen  *  ©eroerbe  waren  ftarf  jurücfgegangen.  -Wadjj 
«iner  auf  SSerananlaffung  &erjog  9Wafimilian  I.  1623  oeranftalteten 
Erhebung  belief  ftdj  bamalS  bie  inlänbifdfje  [3al)reS*]$ßrobuftion  oon 
2oben,  Süd&ern  ufm.  auf  7450  ©tfief  £udj  unb  Soben,  8200  ©tü<f 
geberit,  3200  ©tüä  SPard&ent  unb  3eug  unb  auf  8000  p.  gefdf»aute 
Arbeit,  toäljrenb  früher  [bie  3*ü  tft  nidfjt  angegeben]  im  Rentamt 
Stünden  allein  6  bis  8000  ©tücf  fioben  unb  6000  ©tüdf  geberit 
verfertigt  unb  2/s  baoon  ins  SluSlanb  verfauft  roorben  maren2. 
$>a$  Urteil,  baS  ber  &erjog  auf  ©runb  biefer  Gnquete  unb  anberer 
Erfahrungen  über  ben  ©tanb  beS  ©emerbeS  fällte,  lautete  feljr 
pefftmiftifö.  @r  liefe  ben  2anbf<$aftSt>erorbneten  unterm  18.  3Kärj 
1624  eröffnen8,  bafe  er  mit  33ebauern  unb  Sefremben  vernommen 
Ijabe,  wie  feljr  faft  burdfjgeljenbS  in  SBatjern  bie  ©emerbe  unb  bie 


1  1608   fpri$t  ber  ,$oltseiaudf$u&M   oon  bem   .berühmten  9lün$ener 
Sobcn*  (Srepberg  II  862). 
8  Sre^berfl  II  378. 
8  Gbenba  6.  873. 


—    218    — 

■Jtaljrung  be3  gemeinen  2Jtonne3  in  abnähme  geraten  feien,  fo  bafc 
bie  im  fianbe  erjtelten-JWaterialien  oon  2BoI(c,  %laä)$, 
©am  unb  anberem  unoerarbeitet  unb  rot)  aufter  £anb 
geführt  mürben1. 

2)er  Dreißigjährige  Ärieg  perfekte  bem  beutfdjen  £anbel 
unb  ©eroerbe  ben  SobeSftofe.  $11  ben  Stäbten  unb  9Jtärften,  fo 
Hagen  bie  baperifdjjen  Stäube  1669,  finb  „faft  äße  oorneljmen  Äom- 
merjien  unb  £anblungen  oerfd&nmnben"  (©.  90);  „biejenigen  fed)£ 
föauptgeroerbe  unb  Hantierungen ,  für  roeldfje  man  eigentlich  bie 
©täbte  unb  SRärfte  ergebt  unb  erbaut  tjat",  ftnb  bem  Qnlanbe  oon  ben 
SluSlänbern  (gran5of  en ,* 2Belf dfjen ,  ©nglänbern ,  -Kieberlänbem) 
ent jogen  roorben,  meldte  nun  auf  bem  SBege  beSigaufierljanbelä 
i§re  Sfid&er,  R\xx^  unb  Sifen waren  in  Sägern  oerfd&leifcen 
(©.  490). 

2)ie  inlänbifdfjen  ©eroerbetreibenben  waren  gegenüber  ben  3fa3* 
länbern  foroofyl  beim  @tn lauf  ber9Watertalien2,  als  audfj  beim 
äbfafc  ber  ^Probufte8  im  9laä)te\l.  2lud(j  ber  gemeine  3Kann 
fing  an,  fidj  in  frembe  Xüdfjer  ju  f leiben  *.  @8  waren  offenbar  mtfyt 
wirtfdfjaftlidde  als  tedf)nifd(je  ©rünbe,  bie  bie  Äonfurrenjfäljigfeit 
ber  Ijeimifdfjen  Sßrobufte  beeinträchtigten.  Die  ©täbte  1612  (Sanb* 
tag  ©.  414):  „63  märe  mit  ben  inlänbifdfjen  Supern  ein  großer 
duften  ju  f Raffen  unb  oiel  ©elb  im  Sanbe  ju  behalten,  man  §&tte 
audjj  ju  foldjer  Arbeit  qualifijterte  Seute  unb  9Jiaterialia  l)in  unb 
wieber,  aber  fie  fyabtn  ben  SSerlag  nidfjt  unb  werben  oon 
ben  fremben  Xüdfjern  gebrüdft."  3)er  i&anbel  oerforgte  fidfj  ba,  too 
er  bie  günftigften  Sebingungen  waljrnaljm.  2Ran  fagte  fi<#  fd&on 
bamate,  bajj  „e8  nidfjt  genüge,  [gute]  2Baren  ju  madfjen, 
fonbern  nur  ber  SBerfdfjleifc  berfelben  bringe  ©ewinn"6. 
Sie  &aupturfadfje  be3  35arnteberliegen3  oon  iganbel  unb  ©eroerbe 
aber  erblidfte  man  im  ©elbmangel,  ober,  wie  man  Ijeute  fagen 
mürbe,  im  Kapitalmangel.  $n  ber  £at  befdf)leunigten  bie  im 
2)reifeigiäf)rigen  Kriege  eingetretenen  Äapitaloerlufte   (unten  §  18) 

1  SBatjern  war  alfo  Slgrarftaat. 

2  2lu8  ben  Ser§anblungen  be$  „^oliaeiauSfäuffe«"  1608  (ftrepberg  II  357): 
,2)ie  9lu8Iänber  bringen  me&r  ©elb  mit  [auf  bie  SMärtte  311m  (Sinfauf  ber  3to$* 
probufte  unb  §albfabrifate]  unb  aafjlen  beffer  a(S  bie  Snlänber." 

8  SCu«  bem©utad&ten  ber  „Sßoliaeiräte'  1608  (Jre^berg  II  364):  SRan  fotte 
ftrenge  auf  bie  ftäbttfdjen  §anbroer?§(eute  feljen,  baß  fie  bie  SBare  auef)  toof)U 
feiler  geben,  bie  man  ja  aud)  in  SlugSburg  unb  Nürnberg  faft  um  bie  $älfte 
©elb  l)abm  fönne. 

4  Sreoberg  II  381.  |  5  Gbenba  357. 


—     219    — 

bieSBerfallgefddwinbigfeitoon  £anbel  unb  ©eroerbe  ungemein. 
5Äu3  ber  wirflidfj  „guten  alten  3ett"  war  ein  gereifter  5Reid()tum,  e3 
waren  eine  9Renge  oon  gefdfjaftlidfjen  Sejie^ungen  unb  SBerbinbungen 
geblieben,  meldte  e£  gematteten,  eine  3ei^an8  fojufagen  vom  eigenen 
§ett  ju  jefjren.  3™  Äriege  rourbe  biefer  nationale  SReferoefonbS 
erfd&öpft1.  SDie  ©täube  1669  (Sanbtag  ©.  90):  @3  „tft  faft  niemanb 
mefjr  ju  ftnben,  ber  eines  foldfjen  SBermögenS  wäre,  baft,  wenngteidfj 
§anbwerföleute  würben  oorfjanben  fein,  bie  fidfj  jur  görberung 
allerlei  SBaren  unb  £anbroerfe  gern  unb  wifliglid)  gebrauten  taffett 
wollten,  ein  fold&er  ben  33erlag  unb  SBorrat  (wie  e3  ju  regten  unb 
namhaften  Hantierungen  oonnoten  ift)  oor  fidj  bringen  mödfjte". 

SBernid&tenb  lautet  auefy  ba8  Urteil  beS  befannten  merfantilifti* 
fdEjen  Agitators  3-3-  Sedier  über  bie  wirtfdfjaftlidfje  Seiftung^ 
fätyigfeit  ber  baperifd^en  Äaufleute  unb  §anbwerfer2:  3m  Sanbe 
befäfjen  l)ödf)jien$  100  S3ürger  ein  £auptoermögen  [Äapital];  bie 
meiften  fyätten  ttid^t  auf  ad)t  £age  oorauS  ju  leben;  ber  &anb* 
werfer  betrüge  au£  9iot  unb  fjabe  feinen  ©egen.  3lber  audfj  bie 
burdfj  SBedjjer  unb  feineSgleidfjen  nad&  Sapern  gebrauten  neuen  wirt* 
fd&aftSpolttifdfjen  3fbeen  fonnten  bie  Sage  oon  iganbel  unb  ©ewerbe 
nidfjt  beffern.  35ie  jatjlreidjen  oon  1665,  namentlich  aber  oon  1679 
an  meift  auf  ftaatüdfje  Anregung  unb  mit  ftaatlidjjer  föilfe  ge* 
grünbeten  33erlag$unternefymungen  merfanttliftifd&er 
Senbenj  fonnten  trofe  ber  weiteftgeljenben  ^rioilegien ,  mit  benen 
fie  nad&  mobernen  Sprinjtpien  ausgerüstet  würben,  nidjt  reüffieren  unb 
fanben  meiftenS  nad&  furjer  SreibtyauSejiftenj  ein  unrü&mlid(je£ 
ßnbe.    Sapern  war  eben  §  int  erlaub  geworben  unb  blieb  e$. 

äBenn  bie  ©tabtbürger  nid&t  einmal  ju  iljren  eigenen  gefdjjäft* 
liefen  planen  unb  Unternehmungen  ba$  nötige  Kapital  befafcen,  fo 
ijl  e$  Mar,  baft  bie  bäuerlid&e  öeoölferung  auf  ber  ©udfje  nadfj 
frebitbereiten  ©elbem  auf  ba3  ftäbtifdfje  Äapital  feine  grofee  Meinung 
mad&en  burfte.   Die  ©ewerbetreibenben  unb  $änbler  in  ben  ©täbten 


1  $afe  ber  Kapitalmangel  jum  $eil  im  ftarfen  ®elbbebarf  be$ 
©taate*  ju  Äricgö^rocdfen  feine  Utfaa)e  fyabt,  erfannte  man  ganj  tidjtig. 
2>ie  £anbfa)aftSoerorbneten  1628  föreobetg  II  374):  Slufeer  allem  Smetfel  fei  e* 
aber,  ba&,  nenn  ben  Äaufleuten  unb  anbeten  tyr  sunt  fat$olifa)en  9unbe  ge- 
liehene* Äapital,  toooon  fte  fogat  bie  verfallenen  3infen  nta)t  einmal  meljr  er« 
tybtn  fonnten,  triebet  abgelöft  unb  barfentridjtet  mürbe,  $ierbura)  bie  ftefcenben 
Äommerjien  guten  5teÜ8  mieber  in  ©ang  gebracht  werben  fonnten. 

*  3n  einer  an  ben  bageriföen  Äurfürften  gerbinanb  SWaria  gerichteten 
(unooUenbet  gebliebenen)  »^ebuftion*  oon  1664  (grepberg  II  387). 


—    220     — 

fyabtn  baljer  weniger  aU  25arle!)n3geber  ber  bäuerlichen  S3eoötferung, 
benn  als  beren  ftänbige  SBBarenborger  Sebeutung.  2uf  bem 
fianbtage  von  1605  fudfjen  bie  ©täbte  iljr  SßfänbungSprioileg  ju 
rechtfertigen  (®.  360):  ©3  nüfce  au<$  bem  Untertan  auf  bemfianbe; 
benn  „roer  TooQte  oljne  biefeS  Mittel  einem  SauerSmann  um  1,  2 
ober  3  ©ulben  feine  äBaren,  Gifen,  %uä),  Seber  unb 
anbereS,  beffen  ber  SauerSmann  nidfjt  entraten  fann,  borgen,  wenn 
er  jeberjeit  oor  ©eridjjt  Magen  unb  me^r  Unfoften,  als  bie  igaupt* 
fadjje  wert,  barüber  aufroenben  müßte?"  S)ie  ßanbleute  brad&ten 
an  ben  2Bodfjett*  unb  ^a^rmärften  iljre  Sßrobufte  in  bie  ©tobte  unb 
oerfa^en  fidjj  jugleid^  mit  bem,  roa£  £au3  unb  igof  an  flabtifd&en 
©rjeugmffen  unb  an  fonftigeu  SWarftroaren  nötig  Ijatte.  Ratten  fte 
fein  ©elb  jur  Sejaljlung,  j.  33.  roeil  xf)t  ©infauf  ben  SScrfauf  über= 
flieg,  fo  mürbe  i^nen  bte  jur  nädfjften  Ernte  frebitiert. 

III.    S)ie  ©runb^erren  unb  bie  ^Beamten1. 

9lad)  ber  ©Ute  ber  3eü/  M*  Ärebitgerofi&rung  afe  igilfeleiftung 
au  fjuf  äffen,  waren  bie  ©runbtjerren  in  erfter  Steige  baju  be= 
rufen,  ber  frebitbebürftigen  bäuerlichen  SBeoölferung  ba$  nötige 
Äapttal  jur  SBerfügung  ju  fteHen.  Steffen  gelang  e3  nidfjt  immer, 
btefeS  Sßoftulat  in  bie  2Birfli<$leit  umjufefcen.  Sffienn  ber  gute 
SBiUe,  ba£  fojiale  SBerftänbntä  oor^anben  mar,  fo  fehlte  e$  bodj) 
feljr  fjaufig  an  ben  SDMtieln  jur  SDurdfjfüljrung ,  am  Kapital  *.  3)ie 
©igenroirtfdfjaft  ber  ^ofmar^erren ,  ber  fogenannte  ^of  bau,  mar 
unbebeutenb,  unb  ba  bie  igauptarbeitsfräfte  bie  gronpflidfjtigen 
maren,  fo  mar  baS  ißerrenlanb  ntdfjt  beffer  beftettt  mie  baS 
Sauernlanb.  gm  ©taatäbienft  unb  föofbienft  ermud&fen  bem 
Slbel  flarfe  SRepräfentationSs  unb  anbere  ausgaben.  3)ie  Stbeligen 
gehörten  batjer  meljr  jur  ©d&ulbnerflaffe  al8  jur  ©laubtgerflaffe. 

©3  gab  aber  audfj  ausnahmen  unter  ben  3ß>eligen.  gn 
einer  ©d&rift  oon  1682 ö  ift  ju  lefen:  „©ieid^mie  mandjjer  Sanbfaft 
in  bie  äu&erfie  Unoermögen^eit  unb  2lbf<Ijleifung  feiner  ©üter  ge* 
fiürjt  wirb,  alfo  gibt  e£  anbere,  meldte  ....  glfidfeltg  tyre  ißauS* 


1  @fisse.  Sßer  ft<$  für  näheres  interefftrt,  fei  auf  meine  9l6§anblung 
,$er  ßampf  um  bie  abltgen  ©üter"  ufro.  (Xüb.  3eitf($r.  1903)  $tngennefen. 

*  3m  3<u)re  1700  erMären  bie  Sanbfd&aftSoerorbneten ,  !aum  ber  jefyite 
£etl  unter  ben  Slbligen  f)abt  nod)  300  fl.  in  ätorrat  (5«»&erg  I  250). 

8  (Srtel  91.  SB.,  Praxis  aurea  oon  2tnf($fog,  SCajation  ufro.  atter  §oc$* 
gültigen  Sanbgüter, 


—    221    — 

wirtf<$aft  führen  ....  roo^l  nriffenb,  bafe  9teid)tum  eine  ©tüfce 
be8  äbels  ifl."  SDiefen  tnobernen  ©tanbpunft  na^rn  befonberS  ber 
„neue  Stbel"  ein,  ber  fi<$  aus  bem  Sefifcabel1  unb  bem 
SJiplomabel  jufammenfefcte.  Sier  „grofee  aKittel",  rafdj  reidfj 
ju  werben,  waren  bamals  bie  ©fiter*2  unb  bie  ©etreibe* 
fpefulation8,  ber  Äauf  t>on  Ämtern  unb  oon  ©dtjulb* 
titeln4.  SBer  polittfd&en  (Stnfluf},  wer  bie  ©unft  feines  dürften 
befafj,  bem  uerroanbelte  ftdj  alles,  was  er  berührte,  in  ©elb  unb 
©runbbefife5.  S)a3  aufge&enbe  ©eftirn  be$  „mobernen  ©taateS" 
warf  auf  bie  SHener  be£  Staates  ein  blenbenbeä  Stdjt,  in  bem  fie 
ft<$  fonnen  fonnten.  3)er  Seamte,  ber  bie  &anb  nadj  bem  2lbel3s 
brief  auSflredt,  ifl  ba3  ©egenftücf  be3  2lbligen,  ben  nad)  Smtern 
gelüftet. 

©er  ißoftnardjljerr,  ber  jugleidj  Ijöfyerer  Beamter 
ifl,  rennet  bie  25arle^en3gewäljrung  an  frebitbebürftige  ©runb* 
Untertanen  ju  ben  regelmäßigen  Aufgaben  einer  fortfdjrittltdjen 
^ofmardtjoerwaltung.  @r  fefet  feinen  ß^rgeij  barein,  woljtyabenbe 
Sauern  ju  befifcen,  au$  benen  er  möglidjft  triel  Sorteil  jie^t.  6r 
ifl  uns  2Robett  gefeffen  ju  bem  nidjt  burdjauS  fdjmetdjetyaften  Silbe, 
baS  wir  ©.  202  von  bem  ©runbfierrn,  ber  jugleid)  ©laubiger 
feiner  ©runbuntertanen  ifl,  entworfen  liaben. 

IV.  2)ie  Sauern  unb  bie  länblidjen  ©ewerbetreibenben. 

SDie  SluSfi^t,  burd&  i&re  lanbwtrtfdjaftltdje  SCa'ttgfeit 
©elb  ju  oerbienen,  mar  nidjt  fe§r  groß  für  bie  Säuern.    S)ie  Se* 


1  ,3Mo(e  §ofmara)6ejt|er4'  im  ©egenfafc  ju  ben  „ebelmannSfreien  ©e* 
fa)lea)tetn". 

1  <£o$en,  ßampf  um  bie  abligen  ©üter,  ©.  20  f. 

*  3m  3a§re  1627  erflärt  ber  ©e§eime  !Rat,  bafj  nun  oor  allem  barauf  Be- 
baut 3U  nehmen  fei,  bie  erfc&öpfte  ärmere  Äfaffe  au  oerftt)onen,  Dagegen  bie 
Prälaten  unb  9litterfa)aft,  foroie  bie  ^ermöglichen  überhaupt,  toe(a)e  noa)  wenig 
geleiftet,  aber  i$r  betreibe  bei  biefer  Neuerung  um  baS  doppelte 
ober  baft  2)reifa<$e  oertaufen,  au  einer  mehreren  §ilfe  unb  S(nfa)fog  au 
bringen;  benn  ed  gebe  Seute  pi  3— 12000  fl.  Ginlommen,  fo  boa)  wenig  tontri- 
ouieren  förenberg  I  64). 

4  ©ie$e  unten  §  23. 

•  „Wan  benle  nur  an  ben  £offammerpräfibenten  SRänbl,  berp  um  mit 
einem  3eitgenoffen  8U  fprea)en,  al*  ©tubent  ,mit  bem  $äflein  bie  Suppe  er« 
bettelte*,  M  $räfibent  eine  £iegenfa)aft  naa)  ber  anbeten  erftatb  unb  boa)  noa) 
Zaufenbe  beim  $ofga$(amt  wie  bei  ber  £anbfa)aft  oerjinfen  (äffen  tonnte" 
($öfrerl  in  8forfa).  gur  @efo)ta)te  »aoern*  10.  Ob.  6.  189). 


—     222    — 

bauung  be3  SobenS  mar  bie  Ijerf  ömmlidjje ,  primitioe;  bafj  in  bem 
tum  uns  bejubelten  3^toaum  tedf)itifdf)e  gortfd&ritte  ge- 
wad;t  worben  wären,  baoon  verlautet  in  unferem  ganzen  9Jlateria[ 
nidjtS1.  2)ie  gortfd&rttte  Ratten  oon  oben,  oon  ben  ©runbljerren 
auSgeljen  muffen.  25er  2lbel  aber  fudfjte  atle3  £etl  in  ber  2lu£= 
faugung  ber  Sauern  unb  im  Äampfe  um  politifdfje  Sorrerfjte. 
2Benn  btc  Sauern  ifjre  feäufer  mafftuer  gebaut,  brauchbarere  2ltfer* 
gerate  angefd&afft,  beffereS  $\xä)tv\tf)  gehalten,  neue  Äulturen  ein= 
geführt,  ben  Soben  forgfältiger  bearbeitet,  bie  Sradfje  eingefd&ränft 
ptten,  fo  märe  gleidj  ber  ©runbljerr  unb  fein  Seamter  ba  gemefen, 
ben  Sömenanteil  für  fidfj  ju  forbern.  @£  galt  eben  als  SPrinjtp, 
bem  Sauern  nur  fo  oiel  ju  laffen,  ba&  er  leben  fonnte;  menn  er 
barüber  IjinauS  bem  Soben  etwas  abgewann,  fo  gebührte  e3,  im 
©runbe  genommen,  bem  Dbereigentümer ,  unb  e3  Ejanbelte  fidj  nur 
barum,  ben  juriftifdfjen  Sorwanb,  ba3  2tu3l)ängefdSJilb  ju  finben, 
um  bem  Urljeber  möglidjjft  triel  baoon  abjujmaden2.  35ie  golge 
mar  bie  bef annte  3  n  b  o  l  e  n  j  ber  Sauern  unb  ein  grofceS  3K  i  ft  - 
trauen  gegen  alles  9?eue.  3Der  2>rud,  unter  bem  bie  Sauem  burdfj 
üjre  polttifd&e  SWcd^tlofigfeit,  burdf)  bie  @£jeffe  ber  ©runbljerren 
unb  Seamten  litten,  Ijatte  feit  bem  @nbe  beS  Mittelalters,  befonberS 
aber  feit  bem  grojjen  Sauernfriege  einen  grojjen  SBanbel  in  ityren 
SUaffeneigenfdfjaften  erzeugt.  2BaS  mar  auS  bem  bieberen, 
wolilljabenben,  felbftberoufeten  SauerSmann  geworben,  wie  er  uns 
nod)  aus  ben  SBeiStümern  entgegentritt?  @ine  oerftodte  Äned&tfeete, 
bereu  einzige  Sßaffen  Sügenljaftigfeit  unb  ©d&lauljeit  bilbeten,  bie 
SWerfmale  plebejtfdfjer  ©eftnnung. 

2lber  eS  fehlten  nid&t  nur  bie  tedfjnifdfjen  unb  pfpd&ologt* 
f  djjen  Sebingungeu  einer  rationellen  lanbmirtfdfjaftlidfjen  SetriebS* 
fü^rung,  fonberu  audfj  bie  Drganifation  beS  2lbfa&eS  ber 
Sobenprobufte  mar  berart,  ba§  etwaige  gänftige  Chancen  uon 
ber  bäuerlichen  Seoölferung  nid&t  benüfct  werben  tonnten. 

35er  ftänbifd&e  ©fyarafter  beS  bamaligen  ©taatSwefenS  jeigte 


1  o.  b.  ©oty,  ©efätd&ie  ber  beutfäen  Sanbroirtfäaft  I  (1902)  6.  247: 
„(Sine  trgenb  er§e6lid)e  Anbetung  in  ber  Setrieböroeife  fanb  ...  im  16.  unb 
17.  3a$rf>unbert  m^t  ftatt.*  —  Ü&er  ben  lanbroirtfd)aft(t$en  Setiieb  in 
2)eutfc$fojtb  im  17.  3a$r$unbert  »gl.  ©ünfc  in  SanbtoirtföaftMifior.  Blätter 
Sajrg.  I  ff. 

2  Sgl.  ftenimeifterinftrultion  1669  ßiff.  86:  ,SSo  »efferungen  uor§anben, 
f  ollen  bie  ©üier  ftÖ^er  oerftiftet  werben.* 


—    223    — 

ftdj  nämlidfj  au<§  in  ben  SJejHmmungen  über  ben  ©etreibe* 
Derfefjr. 

2)ie  priütlcgierten  ©tätten  be$  ©etreibetyanbete  waren  bie 
9öod&en=  unb  Saljrmärfte  ber  ©täbte  unb  SKftrfie1.  SDaS  ftänbifdfje 
©etreibe  (2lbel,  Prälaten,  öürger)2  war  aber  vom  WlaxtU 
ynang  befreit  (2trt.  4).  33äcfer  unb  SBirte  burften  ba3  ©etreibe, 
beffen  fte  ju  ifyrem  &anbwerf  bebürfttg,  an  ben  Käufern  ber  Sßro* 
bujenten  ouffaufen  (2lrt.  2).  Sie  2lbeltgen  unb  bie  Sßrälaten  waren 
in  Slnfeijung  i^reS  „eigen  erbauten",  fowie  ifyreS  „©ienft*  unb 
3ef)entgetreibe3"  maut-  unb  joüfrei  (2lrt.  7).  3Me  eigentliche  ©e* 
Ireibefpef ulation  /  b.  J).  r/ber  Kürlauf  ju  bem  @nbe,  bafc  fte  folgen 
im  Sanbe  behalten  unb  ju  anberer  3*i*  lieber  Eingeben  Knuten, 
bamit  man  in  mi&rätigen  Safyxtn  befto  meljr  ©etreibe  im  Sanb 
$abe  unb  um  fo  tuel  meljr  Neuerung  üertytitet  werbe",  mar  5ßri= 
oileg  ber  SBürger  unb  Äaufleute. 

Unter  ben  fianbetebefdjränhmgen mußte  naturgemäß  bie  Slbfa  %* 
fällig  feit,  unter  ber  beoorjugten  Stellung  ber  ©rofegrunbbefifeer 
bie  Äonfurrenjfälngfeit  be$  bäuerlichen  ©etreibeS  leiben.  3m 
„9Remorial"  beMagen  fiel)  bie  Petenten  baräber,  baß  bie  33erwalter 
ber  fürftlid&en  Sräu&fiufer  ben  äBeijen  „nur  non  ben  Älöftern, 
Pfarrern  unb  anberen  [©ro&grunbbeftfcern]  ratione  eines  guten 
firitfaufs  in  grosso"  faufen,  „t>on  ben  armen  Untertanen  aber 
nimmt  man  fd&ier  ntdfjtS  ober  bod)  gar  wohlfeil"  (3iff.  59).  SBeiter 
Reifet  es  in  bemfelben  ©dfjrif  tftücl :  SBiele  legen  fidjj  auf  ben  2Betjen= 
fauf  unb  »erführen  iljn  ju  ben  Srauljäuf  ern ,  baburdj  ber  arme 
SauerSmann  ben  feinigen  [b.  \).  feinen  äßeijen]  nidjt  Einbringen 
[b.  §.  ju  ben  SBräufjäufern]  fann,  „ift  ein  redjter  gfirfauf",  bennod& 
wirb  er  pafftert  (3iff.  60). 

2Me  Säuern  waren  baljer  genötigt,  fidfj  i&ren  Äonfurrenten  im 
©etreibeabfafc,  ben  ©ro&grunbbeftfcern  unb  ben  ipänblem,  in  bie 
2rme  ju  werfen.  Site  ftänbifdjj  galt  ntd&t  nur  baS  „eigen  erbaute" 
©etreibe  ber  ©tänbe,  ferner  ba3  „2)ienft*  unb  3c^nt8^treibe", 
fonbern  au<$  baS  freie  ©etreibe  ber  Säuern,  ba$  in  ben  SSeftfc  ber 
©runb^erren  übergegangen  war8.  2Bie  aber  bie  freie  Äonfurrenj  in 


1  $oLD.  II  2  %vt.  1:  <$*  foH  feinem  geftatttet  fein,  ba*  ©etreibe  tanber 
tikftaft,  benn  auf  ben  gefreiten  offenen  9Bo$en*  unb  3a$?mftrlten  in  unferen 
«äbten  unb  SWärften  aufjutoufen"  [6e$ufd  ffieiteroertauf]. 

1  »darein  bie  großen  $farr«,  8mt**  unb  8ebety$fe  aua)  gebogen*. 

8  96er  nur  „nenn  genug  ©etreibe  im  Sanb*.  ©ei  Neuerung  mufrt  eä 
alfo  auf  bie  6a)ranne  gebraut  »erben. 


—    224     — 

3tnfel>ung  biefeS  „freien  ©etreibeS"  au$fa§,  ge^t  barauS  Ijeroor,  ba& 
ber  ©efefegeber  e3  für  angebracht  fyalt,  bie  ©runb&erren  baran  ju 
erinnern,  bafe  i^r  3BarenanfeilungSred(jt  (Sor?auf3red&t)  fid> 
auf  baS  ©etretbe  nid(jt  bejie^e;  ba3  ©ctrctbc  mußte  „ungenötigt 
unb  gutwillig"  in  ben  Sefi$  beS  ©runbt)errn  gefommen  fein  (2lrt.  4), 
216er  audf)  bie  3roifd()ettl>fänbler  oerftanben  e3  fetyr  wol)l,  bie 
3ioang$lage,  in  ber  fidj  bie  Säuern  in  Sejtefyung  auf  ben  ®e* 
treibeabfafe  befanben,  ft$  nufcbar  ju  machen1. 

2öenn  bemnadf)  ber  Ertrag  be*  von  iljnen  bebauten  SobenS 
feine  ©olbgrube  für  bie  Sauern  war,  fo  fehlte  e3  bennodEj  nidjt 
gänjlid^  an  einer  länblidjen  Sßlutofratie. 

Dbiootjl  ber  betrieb  oon  ©eroerbe  unb  &anbel  im  allgemeinen 
ein  Sßrioileg  ber  Sürger  ber  ©tabte  unb  9Rärfte  bilbete,  fo  lebten 
bod&  audfj  auf  bem  Sanbe,  unter  ben  Säuern,  eine  ÜRenge  oon 
fletnen  ©emerbetreibenben  unb  &änblern. 

SDland^e  ©etoerbe  konnten  fdjjon  nad&  bem  ©efefce  audfj  auf  bem 
Sanbe  betrieben  werben.  S)aju  gehören  aufeer  ben  alten  oier  el)e* 
haften  ©emerben  (Eaferne,  3Wfll)le,  ©djjmiebe,  Sab)  nad&  ber  Sßolijei* 
orbnung  oon  1616  bie  fieinenmeber ,  2Bolfa>irfer  unb  fioberer  (als 
Soljntoerfer) ;  bie  Xud&fdjjerer,  fieberer,  ©attler  unb  Sttemer  (fte 
burften  tyre  SBare  aber  nur  auf  ben  9Wärften  oerfaufen) ;  alle  ©törer 
unb  glidf  er ;  bie  Sä<f er  unb  Äälbermefcger 2 .  2lud&  Jtäuf  ler,  gragner 
unb  Rödler  roaren  auf  bem  Sanbe  jugelaffen,  als  3wifd&enl)änbler : 
fie  burften  oor  ben  Käufern  „effenbe  SPfenmoerte"  auffaufen,  mußten 
biefe  aber  auf  ben  aWärften  oerfaufen8. 

£atfäd&lid&  blieb  e3  nid^t  bei  biefen  Sefdjjränfungen.  SDie 
ßanbtag3oert)anblungen  be$  17.  3at)rf)unbert3  ftnb  ooll  oon  Älagen 
be$  SürgerftanbeS  über  baS  hinaufbringen  ber  fläbtifdjjen 
©rtoerbSjtoeige  auf  ba$  fianb:  S)ie  igoftoerfer  „laufen  bie 
SDörfer  au«"  (1612  ©.  363).  S)ie  fcanbtoerföleute  fmb  „auf  bem 
©ai  fotool>l  in  ben  lanbgeridfjtlidjjen  als  aud&  ^ofmardjjifdfjen  Dörfern 
fo  gemein,  baft  ber  gu^r*  unb  Sauerdmann  alles  baSjenige,  toaS  er 
ju  feinem  gutyrioerl  un*>   Sauemarbeit  oonnöten,   gleidjj   in   ben 


1  Unterm  14.  Kuguft  1674  mürbe  angeorbnet,  gute  ®p&f>  unb  Dbaäjt  ju 
geben,  »auf  Xraibföuffer ,  welche  bie  armen  Untertanen,  fo  ü)r  fcratb  einen 
wetten  9Beg  311  ber  ©äjranne  führen  unb  nit  lang  auf  ber  Sprung  (ie8cn 
bleiben  fönnen,  befio  härter  galten  unb  me&r  brürten,  roo$I  nriffenb,  bafj  fte 
fola)eS  nit  ntejr  §urütfftt$ren  mögen'  CJJreg&erg  II  90). 

1  JM.D.  IV  2,  6  «rt.  7,  8  «rt  9,  ügr.  autt)  IV  1  «rt.  11. 

«  $oi.D.  n  7  %tt  im 


—    225    — 

Dörfern  befommen  fann"  (1669  ©.  493).  Überhaupt  roitt  man 
„nun  atteS  foufunbieren,  ©täbte  unb  Dörfer"  (1612  ©.  363), 
„fotd&er  ©eftalten,  bafe  mandjjeS  2)orf  in  biefem  einen  ätfarft  unb 
roandjer  3Rarft  ein  SDorf  repräfentiert"  (1669  ©.  493).  Sie«  geigt 
ftdjj  audfj  im  &anbel.  „@3  ift  bie  gretfd&lerei  unb  &antieren$  in 
ben  SJörfern  überljäuftg  auffommen,  ein  jeber  gaulenjer  null  jtd&  mit 
feiern  nähren  unb  ein  gretfdfjlerei  ober  ©etoerb  anfiellen,  rote  benn 
ttyrer  oiele  l)in  unb  roieber  mit  ©alj,  @ifen,  9Mgel,  Xud&,  ©eilen, 
§aftenfpete,  Sranntroein,  item  ©dfjaf,  9Hnb,  ©djjroein,  2BolI,  &ontg 
u.  bflt.  $anbeln"  (1612,  ebenba). 

Sin  biefer  ©elegenljeit ,  Selb  ju  oerbienen,  beteiligten  ftd&  aud& 
bie  Säuern  mit  Sebljaftigfeit.  SDaS  geljt  burdjj  bie  Qa&rljunberte. 
3eber  Sauer  wirb  Sietjtjänbler  unb  ädert  nimmer, 
flogen  bie  ©tänbe  auf  bem  Sanb$ljut*3ngolftäbter  Sluäfd&ujjtage 
Don  1501 l;  unb  1799  fdfjreibt  SRottmanner  (Semerfungen  über 
Saubemialredfjte,  ©.  152):  „2lber  gibt  e3  benn  nid&t  audjj  xoofyU 
$abenbe,  retd&e,  ftolje  Sauern  ober  anbere,  bie  i&re  3Btrtf<$aft  an 
ben  Stagel  fangen  unb  nur  treffen  unb  faufen?  0  ja!  3$  mödfjte 
aber  fragen:  ob  tyr  Vermögen  ntdfjt  insgemein  oon  allerlei  £anbet 
fd&aften  mit  ©etreibe,  &olj,  Spferben  unb  anberem  Siel),  oon  Sieben* 
getoerben,  oon  allerlei  gutyrroerfen  unb  Zaubereien,  oon  über- 
nommenen Lieferungen  [jum  2Rilitär]  ober  nodfj  fd&ledfjteren  ftänbeln, 
Don  Setrfigereien  unb  SebrüdEungen  i^rer  •Jladfjbam,  oon  Se* 
fted&ungen  be*  9Hd&ter  unb  ©bergen  u.  bgl.  §errül)re?" 

35ie  ippifd&en  SRepräfentanteu  be$  beweglichen  ÄapitalS  auf 
bem  fianbe  waren  f$on  bamalS,  rote  audfj  Ijeute  nodf),  bie  SBirte, 
2Rüller  unb  Ar  am  er.  £aj$  bie  aWüHer  unb  SBtrte  beim  @e* 
treibe&anbel  Sorteile  befafcen,  jjaben  mir  fdfjon  oben  gefe^en.  Sie 
SSirte  unb  Ärämer  fa&en  oiel  Sargelb  burd&  tyre  ginger  gleiten 
unb  lamen  burdj)  ©tunbung  oon  3e#f$ulben  unb  äBarenlieferungen 
leidet  in  @läubigerbejiel)ungen  ju  ben  Sauern.  Sie  ßrämer  unb 
SWttffer  mürben  burdfj  bie  ©igenart  iljreS  ©eroerbebetriebeS  jur  3)ar* 
leljenSgetoäljrung  gerabeju  ijingebrcmgt,  lefctere  jum  ausleihen  oon 
©etreibe,  erftere  jum  ©elbbarle^en. 

aber  audfj  bie  ©rfparniffe  ber  Sauern  felbft  (amen  aU 
Sfei&fapttal  in  Setrad&t.    3&t  eigentlicher  3roedt  mar  iool)l  häufig 


1  Ärenner  XIII  176:  „Die  »auern,  aud)  öauernfne<$te,  ©ölbner,  %a$ 
werter,  bereit  einer  nur  8  ober  4  ff.  IBert  $at,  ber  nimmt  fi<$  gürtoufen*  an, 
unb  märtet  be*  Kcferbaud  unb  Arbeit  nimmer." 

Gofccii,  ©erf^ulbung.  15 


—    226    — 

nur  ber,  bem  Sauer  ju  ermöglichen,  ftdfj  burdf)  bcr  3^tten  Ungunft 
ju  f dfjlagen,  jüngere  ©öljne  mit  Sßeggelb  ju  nerfeljen,  tjeiratenben 
Södjjtern  eine  neiberroedfeube  äuSfiattung  ijerjurid&ten ,  ben  Xauf*, 
fiodfoeitS*  unb  Seidjjenfcijmäufjen  ben  üblidfjen  Umfang  ju  geben,  für 
eine  rofirbige  Seflattung  ber  eigenen  Überrefte  ju  forgen  unb   ber 
©eele  eine  gute  aufnähme  bei  ©Ott  ju  oerfd&affen,    Slber  menn  ber 
glücflidje  S3efi$er  oon   einem  weniger  gut  gestellten  9?a<ijbarn  um 
ein  Sterleten  angegangen  mürbe,  fo  fal)  er  in  bem  erhofften  ginä* 
gerotnn  eine  wenn  audfj  nid&t  oon  ädern  Anfang  an  ins  2luge  ge- 
faxte, fo  bodj  nidfjt  unerfreuliche  Zugabe  ju  feinen  trbifdfjen  ©lücfS- 
gütern  —  baS  ©elb  märe  bodfj  nur  bradjj  gelegen!     SDaS  SRiftfo 
ifi  nidfjt  grofc,  iebenfallS  nid&t  größer  als  bie  SBerluftgefa^r  bur<f> 
SDiebftaljl  ufm.    35er  ©dfjlaf  roirb  alfo  nidjjt  leiben,    ©old&eS  ermog 
ber  SBauerSmann,  rotnn  er  im  ^Begriffe  jianb,  unter  bie  Äapitaliften 
ju  ge&en. 

V.    S)ie  ßirdjjen  unb  milben  Stiftungen. 

3n  einem  fpäter  näljer  ju  erörternben  S)efret  oom  4.  gebruar 
1676  mirb  gefagt,  eS  fei  „bittig,  bafc  ben  armen  Seuten,  fo  baS 
S^rige  bei  guten  Seiten  in  bie  Äird&enjlödfe  unb  ju  milben  ©ttf* 
tungen  beigetragen,  im  gatte  ber  -Kot  oon  benfelben,  wenn  fie  es 
Ijaben,  mieber  geholfen  unb  Ijierburdf)  erfpriejjlici)  unter  bie  Slrme 
gegriffen  roerbe".  hierin  liegt  jroeierlei:  einmal  bie  SJatfadfje,  ba& 
baS  Vermögen  ber  Äird&en  unb  milben  Stiftungen  jum  großen  XeiE 
von  ber  bäuerlichen  Seoölferung  Ijerrüljrte;  fobann  baS  Sßoftulat, 
bafc  bie  33arf d&aften  ber  Äird&en  unb  milben  Stiftungen,  wenn  fte 
überhaupt  ausgeliehen  werben,  jur  Sefriebigung  beS  ßrebitbebfirf* 
niffeS  ber  bäuerltd&en  Seoölferung  bienen  follcn.  @S  mar  alte, 
bis  auf  bie  ^eibenjeit  jurüdfgeljenbe  ftrabitton,  ber  ©eele  etwas 
für  baS  ^enfeitS  mitjugeben:  Urfprüngliclj  ©erätfdfjaften  [„©eel  = 
gerate"],  fpäter  ©elb;  urfprüngltdjj ,  auf  ©runb  roij-ant^ro* 
pomorpljer  SSorfteUung ,  jum  perfönltdjjen  Sebarf,  fpäter,  um  ber 
©eele  bie  Pforten  beS  jQimmelS  ju  öffnen;  urfprünglid^  burdfj  reale 
3Witgabe  tnS  ©rab,  fpäter,  roeit  praf  tif  dfjer ,  burdjj  Übergabe  an  bie 
Vermittler  jttrifdfjen  MeSfeitS  unb  jenfeitS,  bie  ^riefterf dfjaft  *.  3)ie 
©itte  mürbe  genährt  burdfj  menfdfjlidfje  ©itelfeit  unb  burdj  ben  ©in* 
flujj  beS  ftleruS.    ^eber  mofjlljabenbe  Sauer  Ijielt  fidjj,  fdfjon  aus 


1  »gl.  Sipper tf   ßutturaeföt^te  II  (SBiffen  ber  ®egenn>art,  47.  öanb 
1886)  6.  99. 


—    227    — 

©tanbeSrücf fid&ten ,  für  oerpflidfjtet,  für  ben  StobeSfall  ©eelemneffen 
unb  Qafjrtage  ju  ftiften,  Segate  für  Sruberfd&aften  auSjufefcen  ufro. 
Xut  er  eS  mdfjt,  fo  Ijolen  bic  Hinterbliebenen  baS  SSeyfäumte  nadfj. 
©urdjj  ben  nie  oerftegenben  t'3ufM$  an  milben  ©aben  roaren  bie 
©otteSljäufer  unb  frommen  Stiftungen  ftetS  im  33efifce  oon  barem 
©elb,  baS  fie  auf  $ix&  anlegen,  Ärebitbebürftigen  jur  Verfügung 
ftetten  tonnten.  SMe  ©etbgefdtjäfte  ber  Äirdfjen  Ratten  einen  folgen 
Umfang,  bafc  3Ranj  fagen  tonnte:  3Me  ©infünfte  ber  Äird&en, 
Älöfter,  ©pitäler  unb  ßirdjenftiftungen  befielen  größtenteils  in  ge  = 
fauften  Renten  (Präludium  ©.  7).  Stabet  fdjeint  eine  Seilung 
ber  Ärebitfunftion  in  ber  SBeife,  entfpred&enb  ber  oerfdjjtebenen  ißer* 
fünft  ber  Kapitalien,  beobachtet  morben  ju  fein,  bajj  bie  ßlöfter, 
beren  SReid&tum  £auptfäd&lid|j  auf  ©penben  oonSBornetjmen  beruhte, 
als  Ärebitgeber  beS  21  b eis,  bie  33arf haften  ber  ©orffird&en 
unb  örtlidfjen  Stiftungen  bagegen  als  ÄrebitfonbS  ber 
bäuerlidfjen  Seoölferung  galten,  roenigftenS  tourbe  biefe 
Sttfferenjierung  ber  Aufgaben  allfeits  refpefttert  unb  als  felbji= 
uerftänblid^  angefeljen. 

•Jtatürlidd  rid&tete  fidfj  bie  Sßebanterie  ber  StnSbogma* 
tifer  ganj  befonberS  gegen  bie  Ätrdfje  in  i^rer  ©tgenfdfjaft  als 
©elbgeber.  SRodfj  bie  baperifd^e  SanbeSorbnung  oon  1553  (II  10 
Strt.  15)  läjjt  ben  ßirdjen  unb  ©otteSljaufern  „bei  SBermeibung 
fernerer  ©träfe11  nur  bie  2Uteroatioe :  entroeber  1.  Anlegung  ber 
baren  ©eiber  „auf  gemiffe  pfanbmäfcige  liegenbe  ©tüdfe  gegen  ge= 
nugfame  Aufrichtung  unb  Vertreibung  um  gebü^rlid^  3^3  un& 
©ülten"  (gebü^rlicl)  5°/o);  ober  2.  Ärebitgemä^rung  ofjne  Squtoalent : 
SBenn  „ein  SPfarrmann  in  miffentltd&er  augenfdfjeinlid&er  SWot,  barein 
er  ungefährlich  tommen,  eines  jiemlicljen  Anlegens  bebürftig,  aisbann 
unb  in  folgern  gaöe  wollen  mir  aus  ©nabe  unb  bem  armen  9Bann 
ju  gutem  julaffen,  bafc  einem  folgen  oon  ber  Äirdfjenbarfd&aft  gegen 
gebüljrlid&e  SBerftd&erung  unb  SBerfdjjreibung  eine  jiemlid&e  gürfiredfung 
auf  eine  benannte  3*ü  m$  Gelegenheit  feiner  9tot  unb  ber  5tird(je 
SBermögen  (bod&  ol)ne  alle  SBerjinfung  .  .  .)  befdjjeljen  möge." 

SDie  Anlegung  ber  SJarfcfjaft  ber  ßird&e  auf  3^3  war  alfo  nur 
in  §orm  beS  5  °/oigen  3inSfauf es  mit  beftimmter  realer  SBerftdjjerung 
(9iea(rente  ober  ©pejial^pot^ef)  juläffig.  SDaS  jinSlofe  2)arle£en 
mar  offiziell  jur  ausnähme  §erabgefunfen.  Unentgeltliche  Ärebil- 
geroäfjrung  foÖte,  rote  aus  obigem  ijeroorgelft,  nur  Sßlafc  greifen : 
a)  in  offenbaren  Notfällen  b)  ben  eigenen  Sßfarrangefyörigen  gegen? 
über   c)  menn    bie    SRotlage   eine   unoerfdjjulbete   mar  d)  in   be= 

15* 


—    228    — 

fdEjränfter  £öf)e  (jiemltdfjeS  alliieren,  jiemttd&e  gürftredfung,  nadlj  ©e= 
legenfjeit  be3  ÄirdjjenoermögenS)  e)  auf  beftimmte  grift  f)  aus  ©nabe, 
b.  ty.  bic  ^farrangeljörigen  foDten  feinen  5Änfpru<$  barauf  Ijaben. 

SDafc  praltifdf)  bie  Ärebitgemäljrung  gegen  3^3  fettend  ber  &ir<§e 
bie  SRegel  bilbete,  ge§t  audf)  au$  ben  föofratSgutad&ten  jur  ^Polisci* 
orbnung  uon  1616  tyeroor.  3m  ßmtnmrfe  ju  biefem  ©efeße  mar 
nämlidfj,  wie  e3  fc^cint,  bie  ermähnte  ©teile  ber  SanbeSorbnung  uon 
1553  (SRotbavIeljen  otyne  3in$)  beibehalten.  3)er  £ofrat  aber  bemerft 
(iu  I  9  2lrt.  15):  „Ob  e$  mol)l  für  fid&  felbft  redfjt,  unb  mit  ber 
Äirdfjen  ©elb  nidfjt  genmdfjert,  aud&  bem  armen  3Wanne  mit  ber 
ßirdfjen  ©ut  oorberft  geholfen  werben  fott,  fo  ift  bodfj  biefeö  Statutum 
bis  anljero  nidfjt  gehalten  morben,  fonbern  man  letljt  baS 
Äird&engelb  toto  die  um  3*nfun9  au$",  unb  pläbtert  bann 
für  ©treid&ung  ber  SHBortc  „bod&  ofyne  atte  SBerjinfung".  ©o 
gefd&af)  e3,  unb  feit  1616  ejriftiert  ba$  unoerjinSlid&e  Sterleten  im 
offijießen  93ermögen3oern>aliung£rec[jt  ber  ÄirdEje  nidf)t  meljr. 

2)ie  Sßolijeiorbnung  von  1616  enthält  aber  nodf)  eine  anbere 
Neuerung.  2)a3  @rforberni£,  bafj  bie  üerjinSlidfje  ©elbanlage  ber 
Ätrdfjen  auf  ein  beftimmte^  ©runbftücf  rabijiert  fein  mufe,  ift  nämlidf) 
fallen  gelaufen.  3)er  StuSbrucf  lautet  nunmehr  (ju  I  9  Slrt.  15): 
2)a3  bare  ©elb  ber  ©otteSljäufer  foH  fünftig  nur  „auf  geroiffe 
genugfame  SBerfid&erung,  Sttufridfjtung  unb  Sßerf<^rei  = 
bung"  angelegt  werben,  ©pejialrente  ober  ©pejiatygpotljef  ift 
bemnad)  nidtjt  mefjr  erforberlid),  fonbern  e8  wirb  nur  ganj  allgemein 
„genugfame  SSerfid&erung"  verlangt.  35ie  SSerfidfjerung  mufe  aber 
audfj  „genrifc"  fein,  b.  f).  e§  mufe  eine  beftimmte  Sidfjerfyeit  angeboten 
unb  gegeben  roerben.  £>ie  perfönlidfje  Ärebitrofirbigfeit  allein  genügt 
alfo  ni<f)t.  3m  übrigen  bleibt  e3  bem  ©rmeffen  ber  ßirdfjenDerroaltung 
überlaffen,  ju  entfdfjeiben,  roaS  als  „getuiffe,  genugfame  SBerftd&erung" 
ju  erad&ten  fei.  $\\  ber  $praj:i3  rourbe  oerlangt,  bafc  ber  ©dfjulbner 
feine  ©üter  oerfdjrieb  unb  Sürgen  ftellte.    (Slä^creS  §  20.) 

Sie  gunftion  ber  Äirdfjen  unb  milben  ©tiftungen  als  Hrebit= 
geber  ber  bäuerlichen  Seoölferung  Ijat  jur  Sebingung,  baf$  bereu 
Vermögen  orb  entließ  oerroaltet  wirb.  Stafe  bie  ©eiber  ber 
ßirdfjen  unb  milben  ©tiftungen  oor  SBerfd&leuberung  ju  beroatyren, 
bafc  fie  burdfj  rentterlidfje  Slnlage  ju  oerme^ren  ftnb,  bafe  bei  ifjrer 
9lu3leil)ung  nidfjt  ber  @tgennufc  ber  SBerroalter,  bereu  ©unft  unb 
SBtttfür,  fonbern  ba§  3(ntereffe  ber  Äuranben  unb  allgemeine  3nter= 
effen  mafcgebenb  fein  muffen  —  btefe  2luffaffung  fd&eint  nic^t  ju 
aHen  3^iten  aU  felbftoerftcmbliä)  gegolten  ju  l;aben. 


—    229     — 

3m  ganjen  16.  3af)rf)unbert  wirb  barüber  geflagt,  bafc  bie 
tanbgertdfjtlidf)en  Beamten,  Jgofmardfjljerren,  ^farrfyerren,  Mxtym* 
pröpfie  btc  SBarfdfjaften  ber  ©otteSljäufer  „unter  fid£)  jteljen  unb 
eigenen  ©efallenS  bamit  tyanbeln" x ;  bafe  bie  Sltrdfjenpröpfte  unb 
anbere,  fo  ba3  Äirdfjengelb  in  SBernxiljrung  {jaben,  foldfjeS  „unter* 
einanbet  auäleiljen  unb  ßaufmannfd&aft  bamit  treiben" 2 ;  baß  etliche 
ber  Pfleger*  unb  2lmtleute  e$  [ben  Äirc&enpröpften]  „mit  ©eroatt 
nehmen"8.  35aburdf)  mürben  ben  ©otte£tyäufern  md&t  nur  „bie 
gebüfcrenben  9?ufcungen  unb  ©ülten  entzogen",  fonbern  e3  mußten 
aud)  bie  Kapitalien  „oft  mit  fjarter  SUJü^e  unb  ferneren  Unfofien" 
nrieber  eingebracht,  „etma  audfj,  mo  nid&t  bie  ganje  (Summe,  bodfj 
aufs  menigfte  ber  fyalbe  Xeil  baljinter  gelaffen  werben"4. 

3)ie  Sßolijeiorbnung  oon  1616  traf  folgenbe  Seftimmungen 
(1.  »udfj  9.  SCit.  15.  ärtifel):  SDer  Äirdfjen  unb  ©otteS&äufer  Sar* 
gelb  fott  anberä  nid&t,  benn  auf  geroijfe  genugfame  SSerftdfjerung, 
Stufridfjtung  unb  aSerfdfjreibung  um  gebü^rlic§  3^3  un&  ©ülten 
[f.  o.],  bod^  in  allemeg  mit  Seroilligung  ber  Dbrigfeit  unb 
SJorwiffen  be3  Pfarrer«  unb  ber  Äirdfjenpröpfte  beä 
DrteS  angelegt  werben.  SBeber  Pflegern,  Jßofmard^erren,  9tidfjtern, 
©ertd&tsfd&reibern,  Äird&enpröpften,  ober  wer  fonji  bie  SRed&nung  auf* 
juneljmen  Ijat,  nod)  Stmtleuten  fott  fünftig  Sinteren  ober  gürftredfung, 
weber  auf  3inf  nod£)  ofyne  3^3,  befdfjeljen.  63  mag  audj  ber  lanb* 
gericijtltd&en  5tirdfjen  Sarfd&aft  mol)l  in  einer  &ofmard&  unb  bagegen 
einer  ^ofmard^ifd^en  Äircfye  33arfdf)aft  im  ßanbgeridfjt  angelegt  werben, 
vomn  nur  genugfame  93erft<$erung  gefd&iefyt, 

2)a3  jur  SBorauSfefcung  ber  2lu3leil)ung  gemalte  (SinoerfiänbmS 
Don  Dbrigfeit,  Pfarrer  unb  Äird&enpröpften  fdjeint  aber  mdfjt  immer 
oorljanben  geroefen  ju  fein,  wie  folgenbe  Sefd&merbe  be3  Prälaten* 
ftanbeS  auf  bem  ßanbtage  oon  1605  (©.  226)  braftifd&  jeigt: 

„3)a  etma  ein  paar  ©eitel  im  $tä)\ä)Ttixi ,  f orbern  bie  Pfleger 
fol<$e3  oljne  unfer  SBorwiffen  ab,  leiten  e£  au3  nadfj  i&rem  ©unft 
unb  ©efatlen,  bie  Ätrdfjenpröpfie  bürfen  nichts  baju  fagen  .  .  .  (jer* 
gegen  fmb  etlichen  Äird&en  fogar  feine  Drnät,  SRefegemänber,  SUtar* 
tüd&er  unb  bg(v  baß  e$  über  bie  maßen  fpötttidf)  ift,  bie  ^od&würbigen 


1  Sierorbnung  o$ne  $atum,  Äreiöarc^io  SNündjen  ®en.«9leg.  fasc.  533/142. 

*  ganbedorbnung  1553  II  10  Art.  1. 

•  »Utertag  1497,  Ärenner  XIII  16. 

4  Serorbnung  o^ne  Saturn,  ferner  oom  3.  9lot>em6er  1537  („ofjne  einige 
»erjinfimg  unb  »ufcen  be3  ©otteötjaufeä"),  ferner  oom  20.  2Rär§  1618,  fämt(tc$ 
im  Kret*at$i©  Künden  ®en.-»eg.  fasc.  533/142. 


—    230    — 

Saframenta  unb  ©eljeimniffe  unfereS  d&riftlid&en  ©laubenS  in  fo 
jerriffenen,  gerfaulten  unb  unfaubcrcn  Ornaten  ju  celebrtren.  SBeun 
man  bergleidjen  etwas  mad&en  miß,  finb  alSbalb  bic  @erid(jt3l)erren 
barwiber,  ober  e$  wäre  not,  man  bettelt  es  oon  t^nen  unb  fiele 
itjnen  ju  $ü§en,  alfo  gar  motten  fie  audfj  bie  geiftlid^en  ©adfjen 
allein  meiftern." 

Sßer  bei  biefem  ©egenfafc  jwifdfjen  &üter  be$  Äultuä 
unb  9Wef)rer  be3  ©uteS  im  SRed&te  mar,  Iäftt  fidjj  ferner  ent= 
fdfjetben,  befonberS  ba  audfj  bie  Regierung  in  biefer  $rage  in  iljrem 
Urteil  fd&wanfte.    $n  bem  SÄejefe  mit  bem  SBiStum  2lug3burg  von 
1684  werben  bie  Pfarrer  ermahnt,  bei  2tu3leif)ung  ber  Äird&engelber 
„gebüfjrenbe  Sefdfjeibenljeit"  gegen  bie  fürftlidfjen  Beamten  ju  jeigen 
unb  „unnötige  Steigerungen  ober  Dppojttionen"  ju  unterlagen,    «3n 
einer  SBerorbnung  oom  5.  9Kärj  1701  bagegen  wirb  bie  SBermutung 
auSgefprodfjen :  SDte  ^Beamten  feljen  e3  weit  lieber,  wenn  bie  erfparten 
Äirdfjengelber  auf  Sntereffe  angelegt  werben,  al$  wenn  man  um  33er= 
befferung  ber  Sßaramente  unb  anbere  SRotwenbigfeiten  bei  t&nen  an- 
flopft.    SDenn  baoon  l)aben  fie  nidfjts,  in  jenem  %att  aber  ^aben  fie 
bie  ©dfjulbbriefe  aufjuridfjten  unb  auf  fidfj  begebenbe  93eränberung£= 
fälle  abermals  bie  neuen  assecurationes  ober  obligationes  einju= 
rieten,    63  wirb  alfo  l)ier  barauf  angefpielt,    bafc  bie  Beamten 
burd&  bie  ©iegelgelber  ein  Qntereffe  am  2lu$leil)en  ber  ßirdfjen* 
fapttalien  l>aben,  unb  e$  wirb  i^re  Vorliebe  für  oerjinSlid&e  anläge 
be$  ÄirdfjenoermögenS  mit  biefem  Qntcrcffe  in  SBerbinbung  gebrad&t. 

SUlit  ben  ©tegelgelbern  §ängt  audfj  bie  weitere  oben  ermähnte 
SBorfdfjrift  jufammen,  ba&  greijfigigfeit  beS  Äird&enfapitalS 
jwifdjjen  ben  SanbgeridfjtSbejtrfen  unb  ben  ioofmard&en  befielen  fall. 
33ie  Seamten  behüteten  eiferfüd&ttg  bie  in  iljrem  ©ebiete  oor^anbenen 
Skrfdjjaften ;  benn  bie  „orbentlid&e  Dbrigfett",  bie  jur  SßrotofoHierung 
beS  ©dfjulbbrtefeS  juftänbig  mar,  mar  bie  Dbrigfeit  am  2Bol)nftfee  beä 
©djulbnerS,  unb  e$  lag  batyer  im  Sntereffe  ber  Seamten,  bafe  bie 
ißppotljefenfapitalien  in  iljrem  S3ejirfe  blieben. 

SDte  SSeftrebungen  ber  Regierung  in  bejug  auf  bie  btSponiblen 
©eiber  ber  ©otteäljäufer  unb  frommen  Stiftungen  gingen  alfo  ba^in, 
bajj  biefelben  orbentlidfj  oerwaltet,  fidfjer  unb  nuj- 
bringenb  angelegt  unb  ber  bäuerlichen  Seoölferung 
jur  Sefriebigung  iljreS  ÄrebitbebürfniffeS  jur  5Bcr  = 
fügung  geftellt  mürben.  $)em  wirften  aber,  wie  mir  gefe&en 
$aben,  oerfdjjiebene  anbermeitige  Sntereffen  entgegen.  Sie 
Pfarrer  wollten  bie  Äirdfjengelber  meiftenS  jur  SSerbefferung  be$ 


—    231    — 

©otteSbienfteS,  bic  £ofmard$erren  mitunter  afe  SetrtebSfapital  ifjrer 
33räul)äufer  oertoenben1;  bic  Beamten  betrachteten  fte  aHjufe^r  ate 
Seil  t&rer  Slmtöpfrünbe ,  bic  3e*pröpfte  als  3«ittel,  i&re  Settern* 
fd^aft  bei  guter  Saune  ju  erhalten2.  2)iefe  ©egentenbenjen  mußten 
natürlidfj  auf  bie  SBermögenSlage  ber  ©otteSljäufer  unb  Stiftungen 
einen  ungünftigen  ©influfi  atötibm.  SBenn  aber  eine  33erorbnung 
vom  2.  Sejember  1717  fonfiatiert,  bafj  ftdjj  faft  ber  me^rfle 
Seil  ber  in  Stopexn  oorljanbenen  ©ottealjäuferoermögen  bermaten 
in  einem  fdfjledfjten  unb  mittcllofen  3ujfambe  beftnbe,  fo  wirb 
man  bieS  für  eine  Übertreibung  galten  bürfen.  ^ebenfalls  bilbeten 
bie  Äirdfjengelber  bie  &auptmaffe  be$  im  Sanbe  jerftreut  cor* 
Ijanbenen  Setyfapitate  unb  bie  mistig  fte  unter  ben  ßrebitquetten, 
aus  benen  bie  bauerlid&e  SBeoölferung  fd^öpfte.  2)te  biefem  33er* 
IjältniS  ©intrag  tuenben  ©egenjlrömungen  roaren  nur  Unters 
firömungen  unb  famen  als  fold&e  gegenüber  ber  allenthalben  in 
bie  ©rfd&einung  tretenben  £atfadfje  nid^t  in  Setradjt,  baf$  ba£  Ärebit= 
bebfirfnte  ber  bäuerlichen  SeoöKerung  in  erfter  Sinie  burclj  bie 
Jtirdfjengelber  feine  S5efriebigung  fanb. 

VI.    $ie  3ȟnbetgetber. 

3)er  Anteil  am  ©runbbeftfc  ber  gamiüe,  ju  ©elb  gemalt, 
fonnte  leidet  ben  ©Darafter  oon  £eil)fapital  annehmen  /  roenn  ber  fo 
Slbgefunbene  ba3  ©elb  einfhoeilen  nid&t  brauste.  3He8  mar  be= 
fonberä  bei  ben  SßupiHen  ber  %aü,  benen  man  i§r  SBermögen  bei 
83eenbigung  ber  SBormunbfd&aft  möglidfjft  unoerfeljrt  übergeben  wollte. 
3)ie  beiberfeitä  fünbbaren  SRentenfäufe  —  fagt  3Kanj 
praeludium  p.  31  —  eignen  fid^  feijr  jur  Slnlage  ber 
SRünbelgelber,  benn  biefe  foHen,  wenn  ber  Sßupttt  bie  SBottjä&rig* 
leit  erreicht  §at  unb  fein  Vermögen  felbft  oerroalten  ober  eine  Familie 
grünben  will,  leidet  realifterbar  fein.  35er  ©taat,  ber  ungefähr 
gleidfoeitig  mit  bem  Sluffommen  ber  fünbbaren  ©ültfäufe  baS  SBor* 
munbfd&aftSioefen  feft  in  bie  $anb  genommen  Ijatte,  fudfjte  bie  oer* 
jin*Ud|)e  Anlage  ber  Sßupittengelber  nad&  Gräften  ju  förbern. 


1  (Sine  SBerorbnung  oom  12.  Spul  1719  ermahnt  bie  $ofmar$ric$ter,  ba| 
lie  ft4  nid)t  unterftejjen  follen,  ba3  bare  ©elb  ber  <Bottes§äufet  unb  milben 
©tifhmgen  „jur  JBeftreitung  iljrer  eigenen  ober  beren  §errf<$aften  93rau§auS- 
unb  anberer  Stuögoben  unter  ft<$  au  sieben*. 

s  $erorbnung  oom  12.  April  1719:  $ie  @rfa$rung  gebe  §u  erfennen,  baj* 
nrieberQott  Äinfcenpröpfte  ben  Debitoren  oon  greunbfc$aft3  wegen  mit  @in- 
forberung  ber  @runb«  unb  Jtapita  (gälten  oielfa$  fonnioieren. 


—    232    — 

3m  bat)erifd&en  2anbted>te  oon  1616  Reifet  e3  (V  7) :  ©ie  93or: 
mflnber  fotten  „btc  Sarfdfjaft  unb  galjrnte  nad(j  beftem  -Wufcen  bei 
Äinber  anlegen,  batnit  biefelben  Ätnber  jä^rtid^en  3in3  ober 
anberen  jiemlidfjen  ®eniej$  baoon  §aben  mögen". 

Slber  bie  gfirforge  be$  Staate«  für  jmedfmä&ige  SSermaltung 
be$  9Rfinbefoermögen£  fiiefe,  wie  fein  entfpred&enbeS  3Sorgel)en  bei 
ben  ftirdfjenfapttalien,  auf  föinb'emiffe. 

©ine  SJerorbnung  vom  27.  gebruar  1594  fagt:  33eim  tefeten 
fianbtag  in  ßanbafjut  [1593]  fjaben  fttf)  bie  ©tänbe  barüber  be- 
fd^toert,  bafc  mit  bem  SBormunbfdfjaftSgelbe  tjin  unb  mtber  aDer^anb 
Unorbnung  unterlaufe,  inbent  bie  Sanb*  unb  £ofmar$ri$ter  afö 
Äuratelbeamte  biefe  ©eiber 

1.  um  ber  ©d&ulbbriefe  mitten  ben  nädfjfien  SBermanbten,  roemt 
fte  mdfjt  im  Sejirle  ber  SBormunbfdfjaftSbetyörbe  wohnen,  nid^t  leiten 
motten ; 

2.  audj  fonft  „um  ©efdjjenfe,  SBerefcrung  unb  anberen  eigen* 
nüfcigen  ©eniefe  mitten  ganj  uorteitifd^  unb  parteiifdf)"  Ijanbeln; 

3.  ^äufig  für  fidfj  felbft  entlegnen  unb  jum  eigenen  ©ebrauefj 
oermenben,  moburdfj  bie  ©eiber  ben  ^upitten  leidet  ganj  unb  gar 
oerloren  geljen. 

S)ann  mirb  angeorbnet,  bafc  bie  Beamten  bei  Ausleihung  ber 
SBormunbfdfjaftSgelber  ber  Sßupitten  3?u|en  ieberjeit  betrauten  unb 
fidj  ieber  eigennüfeigen  £anblung3roeife  enthalten  fotten.  S^ifdljen 
ben  oerfdfjiebenen  Sanbgeri.'d&tSbejirlen  f ollen  fie 
leinen  ttnterfdjieb  ma^en  (ogl.  oben  ©.  230),  unb  bie 
nädEjften  SBermanbten  fotten  fie  cor  anberen,  fremben  3)arlefyen3fud(jern 
bebenfen,  jebodE)  fo,  bafc  ben  Sßupiffen  jebeSmal  genugfame  3Jer- 
fid&erung  unb  SBergemiffung  gefd&efje1. 

35iefe  leitete  33eftimmung,  ber  SBorjug  ber  n äfften  3?  er* 
manbten  bei  2tu$leil)ung  ber  Sßupillengelber,  wirft  be* 
frembenb.  SBtelteidfjt  barf  man  barin  einen  Überreft  ber  oormoligen 
©inrtd&tung  beS  33ormunbfdfjaft3n)efen£ ,  einen  legten  Slu^Iäufer  ber 
SKuntfdfjaft  erbltcfen.  9Bie  ber  gamilienfornmuntemuS  fidf)  sunt 
©inftanb$red[)t  ber  nädftften  Sßerroanbten  oerflüdfjtigte,  fo  blieb  oon 
bem  unbefdfjränften  SSerfügungSredfjt  be3  ©ergaben  über  bie  3MÜien 
be3  SDiünbefe  ein  «orred^t  berfelben  übrig,  bie  SBarfdfjaft  *>e§  »bete 
gegen  SReidfjung  be£  üblidfjen  3tof*3  unb  ©id^er^eitöleifiung  unter 


1  äßteberfjehmß  im  ©eneralmanbat  von  1598. 


—     233     — 

2lu8f<#lufi  bcr  übrigen  33emerber  in  bie  eigene  2Birtfd&aft  ju 
fteden. 

5Ran  fiel;t,  baß  audfj  bei  ben  SWünbelf  apitalien ,  wie  bei  ben 
Kirdfjengelbern ,  bie  2lu3leiljung  nidfjt  immer  fo  erfolgte,  mie  e3  im 
^ntereffe  ber  33efifcer  unb  ber  frebitbebürftigen  Seoölferung  lag, 
fonbern  baß  aud&  Ijier  frembe  ^ntereffen  itnterliefen  unb  auf  bie 
2lu3leil)ebebingungen  Einfluß  gewannen.  Qmmer^in  bemalten  ftdfj 
bie  2Rfinbelgelber  als  bie  jmeite  große  ©ruppe  oon  Sei^- 
fapitalien,  bie  bem  bäuerltd&en  ©runbbeji|er  bei  Sebarf  ju 
billigen  33ebingungen  jur  SBerfügung  ftanb. 

3n  biefeS  Kapitel  gehört  audj  bie  Kapitalrentenfteuer. 
Über  btefeS  ^ema  ^aben  mir,  meil  auf  einem  ganj  anberen  ©ebiete 
ber  ^trtfdfjaftägefd&id&te  liegenb,  feine  eigenen  gorfdfjungen  angefieHt, 
unb  ma3  bie  Siteratur  bietet,  ift  bürftig.  ©elbft  ©djmeljleS  Sin* 
gaben  finb  in  biefer  Sejieljung  fummarif<$  unb  lüdfenljaft.  3)ennodfj 
werben  mir  un$  in  folgenbem  nadfj  biefem  ©d&riftftetfer  rieten 
(S.  356/57). 

2Me  Kapitalrentenfteuer  mar  ein  Seftanbteil  ber  orbentltd&en 
©  t  e  u  e  r ,  ber  „£  a  n  b  ft  e  u  e  r" .  3Me  ßanbfteuer  mürbe  oon  ben  „un* 
befreiten",  b.  §.  nidjt  jur  Sanbfd&aft  gehörigen  Sßerfonen  erhoben  unb 
mar  im  allgemeinen  SBermögenSfteuer  (oben  ©.  178),  bie  ©teuer 
auf  ausgeliehene  Kapitalien  (Kapitalrentenfteuer)  aber  mar 
eine  @rtrag$fteuer,  inbem  bie  Kapital  r  e  n  t  e  jttr  ©teuer  tjerangejogen 
mürbe.  2)er  ©teuerfafc  betrug  nad&  ber  ©teuerinfiruftion  oon 
1612  Ve  ber  SRente,  nadfj  fpäteren  ©teuermanbaten  balb  Vs,  balb  Vio. 
äUtdf)  bie  SBormunbfd&aftSgelber  unterlagen  ber  Kapitalrenten» 
fteuer,  aber  nur,  menn  fte  über  100  fl.  betrugen  unb  jctyrltdf)  meljr 
ertrugen,  aU  ber  Unterhalt  ber  Unmünbigen  erforberte.  Sie  Kon* 
trolle  mar  (menigftenä  auf  bem  Rapier)  fe^r  ftrenge.  Sei  ieber 
Sefifcoeränberung  unb  ieber  ©ant  mußten  bie  ©eridfjte  oon  2lmt$ 
roegen  prüfen,  ob  oon  ben  ©dfjulben,  bie  auf  bem  ©ute  lafteten, 
aud&  immer  bie  ©teuer  entrichtet  roorben  fei.  2Bar  bieS  ni<$t  ber 
galt,  fo  uerlor  ber  ^gpot^efargläubiger  feine  „gaubierenbe  9tedf)t8= 
fteUe"  unb  muebe  „inter  currentesa  gefefct.  Srofebem  mürbe  bie 
Kapitalrentenfteuer  ^äufig  befraubiert,  na<|  Kreittmapr  am  meiften 
oon  allen  ©teuern.  3Me  &ö§e  be$  ©teuerfafceS  ift  bemnadfj  ntd&t  fo 
tragifdfj  ju  nehmen.  2Bie  oiel  bie  Äapitalrentenfteuer  eintrug, 
läßt  ftd[j  nidfjt  feftftellen,  meil  in  ben  betreff enben  Duellenangaben 
fein  Unterfdfjieb  jroifdfjen  ben  oerfdfjiebenen  33eftanbteilen  ber  Sanb« 
fleuer  gemalt  ift  (©d&meljle  ©.  387).    $a$  finanzielle  (SrgebuiS  litt 


—    234    — 

aufeer  unter  ber  läufigen  S)efraubation  {ebenfalls  fe^r  unter  bi 
©jremtion  ber  Sanbftänbe,  j.  33.  beS  fapitalfräfttgen  Sßrälatenftcmbe* 
Staljer  mar  bie  Regierung  beftrebt,  btefeS  Privilegium  ju  befeittge 
(§  20),  aber  o&ne  erfolg. 


fünftes  KapiteL 

5>ie  tatfä<$fi<$en  $itff<t«tt 

nadfj  ben 


§  15. 

^arl*fint#ftrefcti)* 

■Hadfjbem  wir  in  ben  oor^ergeljenben  Kapiteln  bie  93c- 
btngungen  beS  KrebitmefenS  (SKnerfennung  be8  SJarle^en^jinfe^ 
Orbnuug  beS  &vpotfyefenmefenS ,  33erfd[julbung$fretf)eit,  gute  Suftij 
unb  Sßolijei,  33orljanbenfein  oon  Kapital)  bargefiettt  Ijaben,  wollen 
wir  un$  in  biefetn  Kapitel  mit  ben  tatfädfjlidfjen  3uPän^cn 
bef Saftigen,  bie  im  17.  Sa^rljunbert  in  33ejte&ung  ouf  ben  33oben= 
frebit  unb  bie  33obeni>erfdfjulbung  getyerrfdfjt  Ijaben.  2lber  ni<$t  fo 
fc^r  baburdjj  jeidfjnet  ftdfj  biefeS  Kapitel  oor  ben  übrigen  Kapiteln 
au3,  fonbern  burdf)  bie  (Stgenart  beS  benüfcten  9RaterialS.  SBctyrenb 
wir  in  ben  übrigen  Kapiteln  ba3  2Katerial  Ijernefymen,  moljer  wir 
e3  befommen,  motten  mir  biefem  Kapitel  au3fdfjltef$ltd&  33 rief- 
protofolle  unb  33erlaf  f  enf  djjaftSinoentare  jugrunbe  legen. 

S)ie  SSrtefprotofolle1  finb,  mie  mir  fd&on  ©.  92  ermäljut 
§aben,  amtlidjje  Sßrotofotte  über  bie  oon  ben  Parteien  oor  ber 
Dbrigfeit  gefdfjlojfenen  ©efdfjäfte,  ofpjiette  SluSjüge  au3  ben  oon 
tynen  errid&teten,  oor  ber  Dbrigfeit  gefertigten  Urfunben  (33riefen). 
S)ie  SBerlaffenfdjjaftSinoentare  finb  amtltd&e  protofolle  über 
bie  iginterlaffenfdfjaft  33erftorbener.  SDie  33riefprotofoffe  unb  35er= 
laffenfd&aftöinoentare  finb  alfo  amtHdjje  geftfteffungen  über  £at= 

1  »gl.  SCn^ang  V— VII. 


—    235    — 

fadjen,  nämlidjj  über  bic  Grrtdfjtung  oon  Urfunben,  über  ben  S8cr- 
wögenSbefunb  bei  XobeSfäHen.  3)iefe  iljre  SBefen^ett  oerleilji  ben 
IBriefprotofollen  unb  SBerlaffenfdfjaftSmoentaren  eine  ßuoerläfftgfeit, 
bic  faft  an  bie  ©laubrofitbigfeit  oon  Urfunbenmaterial  Ijeranreid&t. 
HBtr  motten  biefcS  mit  Sejteljung  auf  bie  Sriefprotofotte  näljer  aus* 
führen,  bie  Slnroenbung  auf  bie  Qnoentare  burdf)  Slnalogie  fcmn  ber 
Sefer  felbft  oorne^men. 

©timmung  unb  Temperament,  fubjefttoeä  Urteil,  perfönlidfje 
IJBeltanfd&auung  ufro. ,  alfo  gaftoren,  meldte  ben  Sßert  ber  meiften 
übrigen  §iftorifd[jen  Duellen,  fogar  ben  Sßert  ber  fceute  bei  Ijiftort* 
fdfjen  gorfd&ungen  fo  beliebten  SBerroaltungSaften  für  3u^n^5 
fd&ilberungen  fo  fe^r  ^erabbrüdfen ,  ftnb  in  ber  Siegel  oljne  ©influfc 
<mf  ben  ftnfyalt  ber  33riefprotofotte.  SRidfjt  bie  9tefle£ton,  überhaupt 
tttcljt  allgemeine  ©ejidjjtSpunfte  beftimmen  ben  3n^alt  ber  SBrtef* 
protofotte,  fonbern  ber  gefdjjäftlicije  SBorteil  ber  Parteien,  allenfalls 
bie  £fi<$tigfeit  unb  ©enriffenljaftigfeit  ber  Sßrotofottbeamten.  9tie* 
manb  roirb,  um  ein  brafttfdfjeS  SBeifpiel  ju  gebrauten,  ein  oerjin^s 
ÜdfjeS  ©arleljen  aufnehmen,  um  bie  imrtfd&afttd&e  Sered&tigung  be3 
$infe$  ad  oculos  ju  bemonftrieren.  Unb  roenn  audfj  bie  ^Beamten 
il)re  Stutorität  baju  mifebraudfjten,  um  au£  (Sigennufc  ober  ©ttelfeit 
ben  ßrebituerfe&r  ber  Untertanen  über  ba£  oom  ©efefee  gewollte 
*Dla%  §inau$  ju  beeinfluff  en ,  fo  mar  bodfj  für  bie  ©efialtung  ber 
Ärebitoer^ältniffe  fd&liefclidfj  nur  ba3  abgefd&loffene  ©efdjjäft  mafc 
gebenb.  Senmfcte  gälfd&ungen  ber  Sßrotofotte  in  bem  ©inne,  bafe  etroaS 
anbereS  protofolliert  rourbe,  als  im  ©riefe  ftanb,  werben  too^}1  faum 
Dorgefommen  fein,  dagegen  rnufe  ber  Sefer  jtdfj  fietS  oor  Sfagen 
galten,  ba&  bie  sprotofotte  roefentlidfj  fürjer  gefafet  ftnb,  tote  bie  5ßer- 
iragSutfunben  felbft,  bafe  bort  Seftanbteile  ber  lefeteren  mand&mal 
gänjltd)  toeggelaffen  worben,  toeil  fie  ber  SBeamte  für  nebenfädjlidfj 
Ijielt,  ober  weil  jte  in  ben  SBertragSurfunben  fo  tyäuftg  nrieberfeljrten, 
ba&  fte  ftdfj  fojufagen  oon  felbft  oerftanben.  S)arauf  beutet  audjj 
ber  ^ßaffuS  l)tn,  ben  mir  am  ©dfjluffe  mandfjer  protofotte  finben: 
„unb  toie  bergleidjjen  ©d&ulboerfd&reibungen  aufgenommen  ju  werben 
pflegen"  ober  bergleidfjen.  35er  $}tamtt  beruft  .ft<$  in  biefer  ©eneral* 
flaufei  auf  ben  amtlichen  ©til,  auf  ben  allgemein  befannten  üblichen 
3n(jalt  ber  ©d)ulbbriefc. 

Sei  ber  äuSma^l  ber  $Protofottbüd&er  unb  $roto!oDeinträge 
bin  i$  in  ber  SBeife  oerfa^ren,  bafc  fowol>l  bie  tppifd&en  als  au<$ 
bie  inbioibuellen  3^8*  in  meiner  SDarftellung  jutage  treten.  311$ 
id>  meine  &efte  anlegte,  bemühte  ify  miä)  junädfrft,  für  feben  ©e* 


—    230    — 

ridfjtSbejir!  unb  für  jcbc  Qefd&äftSgattung  (Sd&ulbnerfd&reibung  ufrc 
Ipp cn  ju  ftnben.  2Bar  biefeS  gelungen,  fo  mtereffterte  ic§  mi 
bei  ben  fpäteren  Grjerpten  naturgemäß  mef>r  für  baS  äbn>eidjen£> 
G&arafterijHfd&e.  €0  fomtnt  e3,  baß  in  ber  nadjjfolgenb« 
35arfteIIung  (§§15  unb  16)  ba3  Sppifd^e  tnelleidjjt  meljr  jurürftril 
als  ficf)  nad^  feiner  quantitativen  SJebeutung  rechtfertigen  läßt,  un 
baß  bei  ben  2ht$nat>men  ba£  umgefefjrte  SBer&ältnte  obwaltet. 

3Me  Verteilung  ber  non  mir  benüfcten  unb  in  biefer  <Sdjrii 
ermähnten  ^rotofofleinträge  nad^  SSertragSgattungen  un 
©ertdfjtSbejirfen1  ergibt  fid^  aus  folgenber  Tabelle: 


e®. 

Grbtng 

2®. 

grieb* 

berg 

2®. 
JUing* 

2®. 
SBolf- 

rat$* 
Raufen 

mara)« 

$art* 

§aufen  u. 

binnen* 

©err* 

f*aft 

Sauen* 

Pein4 

e 
3 

Süjulbbriefe 

Jtaufoerträge 

Übergaben 

4 
2 

9 
1 

17 
3 

6 
1 
9 

21 
5 
3 

7 

3 

11 

60 
16 
26 

Summe 

6 

» 1 

20 

16 

29 

» 

102 

2)ie  SJriefprotofolIe  ber  £errfdjaft  galfenftein5  finb  im  Seftfte 
beS  Ijiftorifdjen  Verein*  für  Dberbapern  (in  SRünd&en).  S)ie  übrigen 
VriefprotüfoHe  befinben  jidf)  im  ÄreiSard&io  SWfindjen. 


1  Über  2age  unb  Umfang  berfelben  pgl.  Spa^i,  ©tatiftiföe  2luffa)lüffe  über 
ba*  $erjogtum  ©anern,  4  Seile,  1803  ff.  (5lm  6 bluffe  beS  1.  33anbe3  2anbforte.] 

*  2)a$  Sanb-  unb  ^fleggeriäjt  Äling  umfaßte  beinahe  baS  ganje  bebtet 
äroifdjen  $f)temfce  unb  3nn  unb  rourbe  bei  ber  SReuorganifation  am  Anfang  be3 
19.  Sa^r^unberid  auf  gel  oft.    (3efct  größtenteils  9lmt$geri$t  Xroftberg.) 

8  3m  23e$trfe  beS  2anbgeria)t3  gfriebberg  (f.  0.)  gelegen. 

4  Unb  §ofmard)  Srannenburg  mit  §oMaufen.  Sag  am  3nn,  an  ber 
tirottfa^en  ®ren$e  unb  gehört  jefct  511m  ©ejtrfe  be3  8lmt$geriü)te$  SRofenJeim. 
3m  ©eftfce  ber  gamilie  §unbt,  ging  baö  öeftfetum  3toiftt)en  1642  unb  1649  an 
i&anö  (S^riftopr)  von  SRuepp,  ehemaligen  ®eneralhieg§fommiffär  bei  ber  SCrmee 
be*  trafen  £iUn,  au$  Söhnten  gebürtig,  über,  blieb  bi$  1768  bei  ber  gamifie 
SRuepp  unb  rourbe  in  biefem  Safce  um  80000  fl.  an  ®raf  SRar,  V.  oon  ^regftng 
»erlauft.  2luf  ber  4>errfa)aft  lafteten  bamalS  73084  ff.  ©Bulben.  (Sadjauer 
im  Dberbaarifd&en  SCrd&io  2.  Sb.  [1840]  ©.  387  ff.)  galfenftein  fjaite  übrigen» 
nur  ben  Site!  „öerrföaft",  in  ©irfücljfeit  mar  ba$  ®ebiet  Jpofmara). 

6  SrtefprotofoHe  ber  freiljerrlid)  Äueppfa^en  fcerrfdjaft  galfenftein,  SHübing 
unb  anberer  einfältiger  ®üter  1655  mit  1666.  —  SriefprotofoH  ber  fcerrfajaft 
gatfenftein  unb  SRUbing  de  annis  1678—1689. 


—    237     — 


I.    ©ntfte^ungSurfadje  be8  ©<$ulboerf)ältniffe3. 
(2tnla&  jur  ©djulbaufnalj'me.) 

SBon  bcn  60  ©djulbbrtefprotofotten  laffen  25  erf  ernten,  ba§ 
«3  fid&  um  bie  2lufnaf)me  eme£  Darlehens  fymbelt;  bie  betreffenben 
tßrotofoHe  gebrauten  bie  SlitSbrücfe  „bar  t>orgelte^}ene3  ©elb",  „bar 
oorgeftrecfteS  ©elb"  ufro.  12  ©djulbbriefe  Ijaben  bie  Anerkennung 
ober  'Jteuorbnung  einer  ©djulb  jum  ©egenftanb,  4  ©djulbbriefe 
bie  Übernahme  einer  ©djulb  burdj  ben  SRadjfolger  im  Sefifce  be$ 
belafteten  ©runbftücfe.  Die  übrigen  19  ©djulbbriefprotofolle  fpredjen 
nur  Don  ©djulbbef  enntniS ,  ©d&ulboerfd&reibung ,  ©rrtdjtung  eines 
©djulbbriefe^  ufn>. 

2Ba$  bie  25  2)arlefjen3fd)ulben  betrifft,  fo   geben  nur 

14  SßrotofoHe  ben  Slnlafc  jur  ©djulbaufnaf)me  an.  SBon  biefen  be= 
gnägen  ftd)  9,  bie  „&au3notburft"  be$  ©djulbnerS  afe  ben 
2lnla&  ju  bejeid&nen;  in  4  gäHen  oon  biefen  9  roirb  bie  fiauSnot* 
burft  afe  befonberS  bringlidj  Ijingeftettt  —  jur  „Ijoljen",  „fonber* 
baren",  „unentbehrlichen" ,  „unumgänglichen"  &au3notburft ,  gerabe 
afe  roenn  bie  Darlehensaufnahme  einer  befonberen  ©ntfdjulbigung, 
einer  etljifdjen  2Wottt>ierung  bebürfte.  Unter  ber  ipauSnotburft  ftnb 
nid&t  nur  bie  unmittelbaren  Sebürfniffe,  ber  Sebarf  ber  jQauS* 
Haltung  im  heutigen  ©inne  ju  nerfte^en,  fonbern  audfj  ber  Sebarf 
an  Kapital  jur  Sßrobuftion;  benn  bie  Sanbroirtfd&aft  tft  im  bäuer* 
lidjen  Seben  nodj  (tbemnegenb  ein  £eil  ber  &au3tmrtfdjaft. 

5  SßrotofoHe  geljen  näljer  auf  ben  3wecf  *>er  Darlehens* 

aufnahmt  ein: 

1]      a)  SRinnent^al  22.  9Rai  1646:  21.  91.  oon  &.  befennt,  bafc  il>m 

ba$  grfiljme&benefijium  mm  2lltomünfter  auf  fein  biefem  SBeneftjtum 

ju    Dbereigentum    gel)3rige$    ©ut,   jur    „SW  euer  bauung    be8  = 

felben,  weil  com  fd&roebtfdjen  geinb  $au$  unb  ©tabel 

abgebrannt  roorben",  30  ff.  bar  oorgelie^en  f)abz. 

2]      b)   DeSgl.  9.  »pril  1685 :   £&.  3H.,  ©dju&madjer  ju  SR.  unb 

fein  Sßeib  geben  bem  ©t.  Urfula*@otte8§auS  ju  &art$aufen  einen 

©djulbbrief  über  30  fl.,  roeldbe  i^nen  jur  SBieberauSbauung 

tl)TeS    unlängft   burdjj   eine    unoerfeljenS    entftanbene 

§euer$brunft    abgebrannten    ©ölbenljaufeS   üorgelie^en 

roorben  ftnb. 

3]      c)   griebberg  8.  3uni  1690:  $.  Ä.  ju  D.  unb  2R.,  feine 

%xau,   geben   einer  SSormunbfd&aft   einen  ©d^ulbbrief   auf  30  fl., 


—    238     — 

roeldje tljnen  jurSBieberaufbauung  tljreS  „abgebrunnenen" 
fcaufeS  bar  oorgeliefcen  worben  fmb. 

41  d)  SHmrnentftal  16.  äpril  1652:  3.  $.,  fcofmard&untertart 
ju  fr,  befennt,  bog  er  feinem  &ofmardjl)erm  ju  tun  fd&ulbig  ge~ 
worben  ift  30  fl.,  weld&e  ber  §ofmardf>l)err  t&m  jur  ©rfaufung 
oon  ©amgetreibe  bar  oorgeliefjen. 

5]  e)  SDeSgl.  13.  3uli  1687 :  @.  @v  Sauer  ju  fr  unb  fein  @f>e* 
toeib  geben  bem  St.  Urfulas®otte3l)au3  allba  einen  ©dfjulbbrief^ 
tautenb  auf  70  fl.,  worunter  20  fL  oon  feinem  SBater  ^errü^reit 
unb  50  fl.  i^m  jur  Sejaljlung  feiner  SReuftift  oorgelteljen: 
toorben  jtnb.  — 

2Bie  bereite  erwähnt,  l)aben  4  ©d&ulbbriefe  eine  ©dfjulbüber« 
naljme,  12  ©d&ulbbriefe  ein  ©d&ulbanerfenntniS  jum  ©egenftanb. 
Über  2lrt  (Übernahme  burdj  Käufer  ober  ©rben?)  unb  @ntfte!)ung3- 
grunb  ber  übernommenen  ©Bulben  lajfen  fid^  feine  näheren 
geftftettungen  madfjen,  ba  bie  Sßrotofoffe  über  biefe  fünfte  fdfjweigen. 

SBon  ben  12  ©djulbanerfenntntffen  betreffen  4  au£ 
©rbregulierungen  !)eroorgegangene  SBerpftid&tungen,  fte  regeln  nämlicfc 
bie  2luSja^lung  oon  ©Itemgütern  burdj  ben  anberen  ©Iternteil  ober 
burdj  bie  ©efd^toifter.  SDa  wir  im  nädfjfien  Paragraphen  00m  @rb* 
regulterungSfrebit  auSfüljrlidfj  Rubeln,  fo  fönnen  fie  Ijier  übergangen 
werben.  1  ©dfmlbbefcnntnis ,  betitelt  ,,©c&ulbfriftenbrief',  fefct  für 
eine  aus  oerfdfjiebenen  2)arleljen  aufgelaufene  ©dfjulbfumme  grifien 
feft  unb  roirb  weiter  unten  befd&rteben  werben.  6in  anbereS  ©djjulb* 
befenntniS  regelt  ben  9tegre&anfprud&  eines  SDiünbelS  gegen  feinen 
SBormunb.  3  ©d^ulbbefenntniffe  finb  aus  SRüdfftanbeh  an  grunb* 
^errlid^en  abgaben  tyeroorgegangen,  unb  3  Sßrotofolle  Ijaben  bie  %tft* 
ftellung  einer  ©etreibefauffdfjulb  jum  ©egenftanb.  -Kur  biefe  6  lefcts 
genanten  ©dfjulbbriefe  wollen  wir  uns  ^ter  näljer  anfeljen: 

6]  a)  SRinnent^al,  16.  SRoo.  1650:  ©.  §.,  9Knnent()alfd&er  $of* 
mardfjuntertan  ju  fr,  befennt  unb  oerfdjjreibt  bem  ©t.  3o^anneS- 
©otteS^auS  ju  $aar  48  fl.,  bie  er  oon  feinem  bermalen  üme* 
Ijabenben  ©ütet,  als  weites  mit  bem  redfjten  (Eigentum  ermelbten 
©otteS^auS,  mit  ber  3!uri3biftion  aber  einer  jeben  $jofmardj$errfdfjaft 
ju  9?tnnentl)al  gehörig,  an  igerr'enforberungen  nadfj  unb  naefj 
fdjjulbig  geworben. 

7]  b)  SDeSgl.  27.  3Kai  1653:  3K.  $.,  £ofmard&wirt  ju  SR.  unb 
feine  ©Ijewirtin  befennen,  tljrem  iQofmardjf)errn  wegen  etlidfje 
Sa^re    ^er   im  SuSftanb    begriffenen   Sin*5/    ©tift*, 


—    239    — 

SDienfb,  SEafern*  unb  ©etreibegelbeä  92  fl.  52  Ir.  f<$ulbig 

ju  fein. 

8]      c)    SeftgL  11.  äprtl  1674:    G$r.  ©t.  »u  SR.  unb  fein  Sßeib 

geben  bem  grauenf  (öfter  2lliomünfter  al3tyrer@runbljerrfd)aft 

einen  ©d&ulbbrief,  lautenb  auf  45  fl. 

9]      d)    Äling,  18.  3uni  1682 *:  $.  benennt,  bafc  er  feiner  lieben 

fiauStmrtin   9Karia    um    14  2Wefcen    oerfauften    ©  am l)  ab  er 

13  fl.  40  fr.  ju  tun  fdjulbig  geworben  ift2,  foldje  oerfpridfjt  er  iljr 
auf  fommenben  SRartini  getreulich  roieberum  ^eimjuja^len. 

10]  e)  2)e3glv  „©amljaberüerltbung"  fiberfdjrieben,  oom  11.  2fyrit 
1682.  &)t.  «pe.  oon  %.  befennt,  bafc  er  bem  21.  Sßa.  oon  %.  für 
abgegebenen  ©am^aber  28  fl.  ju  tun  fdjulbig  geworben,  bie 
uerfpridjt  er  i^m  auf  fünftigeS  feuriges  getreultdj  nrieberum  jjeim* 
juja&len. 

111  f)  SDe^gl.  „©anüjaberoerlibung"  oom  1.  SKpril  1682. 3K.  oon  D. 
befennt,  bafc  tljm  von  D.,  33ürger  unb  Sßeijenbierfdjenf  ju  ©.  jur 
SBefamung  ber  feurigen  ©ommerfelber  12  9Ke$en.  &aber 
unb  jur  ©peife  4  SKefcen  Äorn  oorgeftredt  roorben,  bie  oerfprtdjt  er 
t&m  fönftigen  iQerbjl  bem  jefeigen  SEBcrt  nadj,  nämlidj  ben  SKefeen 
i&aber  ju  40  fr.,  ben  -JWefeen  Äom  ju  45  fr.,  jufammen  11  fl., 
Ijeimjujaljlen. 

S)er  SBoHfianbigfeit  falber  fei  ^ier  nodj  erwähnt,  bafc  im 
©djulbbrief  3Zr.  4  ber  ©d&ulbner  beiläufig  oerfpridfjt,  (neben  ben  2)ar* 
let)en$frtfien)  audfj  bie  fdjulbigen  ©utsfriften8  unb  bie  aus* 
fieljenben  ©tift*,  ©ült*  unb  ©djarroerfSgelber  ab* 
juffiljren. 

Slber  nidjt  nur  bie  ©djulbbriefprotof  olle ,  fonbem  audj  bie 
mannen  anberen  SriefprotofoHen, }.  33.  Äaufprotofolten  ober  Übergabe 
protofotten  mitunter  beigegebenen  ©djulboerjeidjmffe  fönnen  in  biefem 
Paragraphen  als  Material  benüfct  werben.  3)er  @ntfie^}ung$grunb 
ber  einzelnen  ©<$ulbpofien  lägt  fid&  au£  iljnen  freiließ  feiten  erfennen. 
Sine  SfoSnaljme  madjt  baS  im  Slnljang  IX  abgebruefte  au8  Sfalafj 
einer  obrigfeitlid&en  3roang$oeräuf3erung  aufgehellte  ©djulben* 
oerjctd>ni$  au*  fiartfjaufen  Dorn  1.  gebruar  1652. 

S>iefed  ©<$ulbenoerjei<$ni$  enthalt  17  ©djulbpoften,  unb  bei 

14  ©djulbpoften  ift  ber  ©<$ulbgrunb  angegeben.    3n  fünf  gällen 

1  3m  VrotofoU  irrtümlich  1683. 

8  Srage:  SBte  fommt  ber  bemann  baju,  fetner  grau  betreibe  abzulaufen? 
*  2)er  @$u(bner  $atte  bie  ©nmbgeredjttgfett  (3.  8.  eine  (eingefallene  (Srb- 
ßere^tigfeit)  offenbar  oom  ©runb^errn  btreft  erworben. 


—     240    — 

fymbelt  e$  jidfj  um  ein  ©elbbarle^en  („geliehene*  ©elb");  ber  2hilat3 
jur  3)arlel)en8aufna&me  ift  nidfjt  erroä&nt,  nur  bei  einem  Soften 
Reifet  e$  „in  ber  Ijödfjfien  9?ot  geliehen".  3>a&  ber  ©djjulbner  übel 
baran  mar,  bemeifen  audjj  bie  oier  SBorfd&fiffe  an  ©etreibe  (,,©peife= 
getreibe"),  foroie  bie  brei  fdfjulbig  gebliebenen  Sibloljnbeträge.  SMe 
©eridtjtsfoften  ftnb  fe^r  Ijodij,  jie  belaufen  fidfj  auf  12—15  ©utbeu; 
bagegen  ift  bie  ©runbtyerrfdfjaft  gut  meggefommen,  benn  iljr  bei  ber 
oerjtoeifelten  Sage  be£  ©dfjulbnerS  offenbar  oorljanben  gemefeneä 
©utljaben  ift  bis  auf  einen  Slanfoeintrag  aufammengefd&molsen. 

2lm  meiften  treten  in  bem  vorgeführten  Stotfad&enmaterial  bie 
au3    bem    ©runbbarfeitSoerljältniS    ftd&    ergebenben    SBer- 
pfltd&tungen  unb  ber  Sebarf  an  ©etreibe  als  unmittelbare  Ur= 
fadjje  ber  SBerfdfjulbung  tyeroor.    3)er  Sauer  bleibt  bie  ©ülten  unb 
bie  $anblöi)ne  fdjjulbig,  ober  er  nimmt  ein  Starteten  auf,   um  fie 
entrichten  ju  fönnen.    ©r  lagt  ftdfj  ©etreibe  jur  SBefamung  unb  jur 
©peife  leiten  —  geroöj)nUd&  ju  einem  beftimmten  ätofdjjlag  in  ©elb  — , 
ober  er  lauft  e£  unb  bleibt  ben  Kaufpreis  fdjulbig,  ober  er  nimmt 
ein    35arle^en    auf,   um    ©etreibe    faufen    ju   fönnen.    Städ&jibem 
faden  bie  Äapitalaufnaljmen  jur  2Biebererrt<$ tung  oon  ab- 
gebrannten   ©ebäulidjjfetten    in$    SKuge.     Sie   Elementar- 
ereigniffe  unb  fonftigen  UnglücfSfäffe  fpielen  alfo  eine  grofce  Sftotte. 

IL    ©laubiger,  Ärebitgeber,  £öl)e  ber  ©d&ulbbeträge. 

3n  19  oon  ben  60  ©dfjulbbriefen  erfdfjeinen  ©otteSljaufer  unb 
anbere  pia  corpora  afe  ©laubiger,  in  19  ©dfjulbbriefen  SBormunb* 
fdfjaften,  in  5  bie  ©runbljerrfdfjaften  unb  in  17  ©d&ulbbriefen 
Sßrioatleute.  2Bir  motten  nur  bie  Ärebitgeber  bei  SDarleljen,  alfo 
bie  Darlehensgeber,  netyer  ins  3luge  f  äff  en;  $u  liefern  3wecf  e 
muffen  mir  junädftft  feftjuftellen  fud&en,  roie  utele  oon  ben  60  Sßro* 
tofoHen  auf  ©arleljenSfrebtt  jurüdfjufü^ren  finb.  ©leidfj  bei  33eginn 
biefeS  Paragraphen  Ijaben  mir  fonftatiert,  bafc  in  25  gfiflen  bie  Sauf* 
nannte  eines  SDarlefjenS  protofoBiert  erfd&eint.  ^a^n  fommt  ber 
ebenfalls  bereits  ermähnte  ©d^ulbfriftenbrief.  Slufcerbem  fönnen  mir 
oon  ben  ©dfjulbbefenntniffen  gaU  9,  10  unb  11  gut  $um  3)arlefjenS= 
frebit  rennen.  Sfteljmen  mir  nun  an,  bafc  bie  4  übernommenen 
©dfjulben  ßuf  bem  SBege  beS  Darlehens  entftanben  finb,  unb  bajj 
audjj  bie  19  33riefprotof olle ,  bie  oon  ber  ©ntfteljung  beS  ©$ulb= 
oerf)ältmffeS  fdfjroeigen,  auf  2)arle^}enSfrebit  berufen,  fo  §aben  mir 
25  +  1  -h  3  -f-  4  +  19  =  52  gätte.    SBir  finben  nun :  Sei  16  SDar* 


—    241     — 


le^en  ftnb  ©otteSfjäufer  bic  Ärebitgeber,  bei  2  eine  SBruberfdfjaft,  bei 

1  eine  2llmofenfttftung,  bei  16  Sterleten  eine  SBormunbf dfjaf t ,  bei 

2  Sarleljen  tjaben  bie  ©runbljerrfdfjaften  frebitiert  (3?r.  1  unb  4), 
bei  15  Starben  ^rbatleute.  ©Reibet  man  bie  15  Sprtoatfapitaliften 
nadj  intern  ©tanb  unb  Seruf,  fo  ftnbet  man  batunter  1  työljeren 
^Beamten  (furfürftlidfjer  Böttner  ju  $ifdfjbad(j  unb  §errfdfjaft$üertt>alter 
von  galfenftein)  unb  4  Sürger  (SBagner  unb  Sürger  in  grieb* 
6erg,  33firger  unb  Äürfdfjner  in  SlugSburg,  Särger  unb  33ilbl)auer 
tn  Augsburg,  Sürger  unb  33ierfdfjenf  in  ©.);  in  ben  übrigen  gälten 
ftnb  bie  ©laubiger  bäuerlichen  ©tanbeS:  2  Sriefprotofotte  geben 
Sauern  als  bie  ©laubiger  anf  2  SriefprotofoHe  SauerSetyeleute, 
1  SriefprotoM  einen  „9Mer",  1  33riefprotofolI  3Jief$ner3el)eleute, 
1  SriefprotofoH  eine  (ooUJä^rige)  ©d&netberä*  unb  aWefcnerätodfjter ; 

3  SSriefprotofotte  erwähnen  nur  ben  -Kamen  be£  ©elbgeberS,  unb  bie 
■Kamen  Hingen  bäurifdj. 

3n  ben  aUermeiften  gälten  Ijat  ber  Ärebitgeber  am  SBo^nort 
be3  ©djjulbnerS  ober  roenigftenä  im  gleiten  ©eridfjtsbejir!  feinen  ©ifc. 

fragen  mir  nad£)  ber  ißölje  ber  ©dfjulbbeträge  unb  nadfj 
ifjrer  Verteilung  auf  bie  oerfdfjiebenen  ©laubiger* 
gruppen,  fo  ergibt  fidE)  folgenbe 

Tabelle 


«533« 

«.in:  »2. 

ja 

s  'S" 

Jg.«»! 

s 
a 

SP 

B 

MS  }u  15  f{.     . 

1 

3 

^^_ 

4 

8 

meljr  alt  15  bis 

}u  25  fl. 

2 

— 

— 

— 

2 

.      .    25    . 

>   35  „ 

4 

3 

3 

2 

12 

-      .    35    , 

.   45   , 

— 

2 

— 

^— 

2 

,      .    45    , 

m     55     „ 

4 

2 

— 

— 

6 

,      .    55    , 

n     65    9 

1 

1 

1 

1 

4 

r         .      65      . 

.   75   . 

2 

1 

— 

— 

3 

,      .    75    . 

»   85  w 

1 

— 

— 

— 

1 

,      .    85    . 

„   95-  ,, 

1 

— 

— 

— 

1 

.      .    95    . 

.105  „ 

4 

3 

— 

3 

10 

,      ,  105  fl. 

•               •                • 

— 

1 

1 

1 

3 

Summe    | 

20        | 

16      | 

5 

«    1 

52 

5)er  niebrigfte  »etrag  ifi  9  ff.,  ber  pd&fte  152  fl. 

Sag  bie  fojiale  ©teQung  unb  überhaupt  bie  Eigenart  ber  Ärebit= 

(Sofien,  JUerföulbung.  16 


—    242    — 

geber  auf  bie  §ö(je  bcr  Sdjulbbeträge  einen  ©influfc  ausgeübt,  fani 
cixß  biefer  Tabelle  nidfjt  gefolgert  werben. 

Gin  elroa^  anbereS  öilb  oon  ber  3ufammenfefeung  ber  ©laubige* 
fdfjaft  erhalten  wir,  wenn  wir  nidjt  bie  ©df)ulbbriefprotofoHe,  fonben 
bie  in  mannen  ber  ÜbergabSoerträge  (§10)  au$  ber  £errfd)af 
galfenftein  enthaltenen1  ©d^ulbenocrjeid^niffc  imferer  SRe 
trad&tung  jugrunbe  legen,  ä£ir  laffen  im  folgenben  alle2  ©djufb 
poften  berfelben  mit  Slngabe  ber  uns  intereffierenben  ©laubiger 
eigenfdjaf ten 8  unb  be3  gefdfjulbeteu  SJetrageS  aufmarfdfjieren. 

1.  Übergabäoertrag  Wr.  1  oom  20.  9Wär j  1657. 

3  ©otte^äufer  ju  100,  70  unb  70  fl.;  ber  ©runb^etrfdjjafl 
fc^ulbig  50  fl.*,  „ju  ©erid&t  auSftänbig"  15  fl.;  ©.  £u.,  SBirt  ju 
%.  76  fl.,  jwei  anbere  SBirte  je  10  fl.;  Jt.  3W.  in  fr  200  fl.  (nebft 
10  fl.  ©ültrücfftänbe) ;  ©.  11.  in  SD.  135  fl.;  weitere  «ßrioatfapitalien 
ju  100  fl.,  44  fl.  (nebft  7  fl.  ©ültrüdfftänbe),  30  fl.,  30  fl.,  23  fl., 
23  fl.,  5  fl.,  1  fl.;  ©dfjulben  an  unbefannte  ©laubiger  10  fl., 
weiterer  ©ültrücfftanb  5  fl.    Summe  1024  fl. 

2.  ÜbergabSoertrag  ÜWr.  20  oom  15.  Sßooember  1657. 
@otte$l)au3  170  fl.;  ©.  £u.,  2Birt  ju  g.  24  fl.,  3».  3R.,  ©d&mieb 

ju  g.  50  fl.,  SR.  2B.  in  fr  100  fl.    (Summe  344  fl. 

3.  ÜbergabSoertrag  9tr.  21  oom  17.  ^uni  1678. 
@otteSl)au$  28  fl.,  Ä.  &u.,  SBirt  in  fr  30  fl.;  £.  £a.,  Ärämer 

20  fl. ;  £errn  ßf)r.  &upfauf  in  Sffieprn  50  fl.  (nebft  2  fl.  30  fr. 
©ültrüdfftanb);  D.  6.  in  X.  31  fl.  30  fr.;  ein  weitere«  5ßrioat= 
fapital  ju  4  fl.;  „Meinen  ©eitern"  6  fl.    Summe  172  fl. 

4.  ÜbergabSoertrag  -Jtr.  2  oom  2.  Sftooember  16785. 
3wei  ©otte^äufer  100  fl.  (nebft  5  fl.  ©ültrücfftanb)  unb  108  fl. 

(Äapital  unb  ©ültrücfftanb),  eine  äSormunbfd&aft  85  fl. ;  bem  §errn 


1  Über  bic  in  beit  Snueniaren  befiublidjen  fielje  §  17. 

2  9SWit  Sluönaljme  berjenigen,  bie  8 um  näa)ften  Paragraphen  gehören. 

8  SBieberfebrenbe  tarnen  t)abt  \ü)  burdj  bie  2lnfaiigsbua)ftaben  erfe^t. 
©leiere  9lnfang$budjftaben  beuten  alfo  auf  ©leidjfjeit  be$  WamenS  i)\n. 

4  2öa§rfa)etnli($  Seibgebinggelb  für  ben  Übergang  be£  £eibrea)te$  auf  beu 
Übernehmet ;  nxnigftenö  fjeijjt  eö  im  Übergabsbriefe,  bafe  ba$  Seibgebinggelb  für 
bas  [oon  ber  ®runb§errfa)aft]  „erfaufte"  Seibgebing  in  ber  ÜbergabSfuimne 
eingefcbloffen  fei. 

6  $eaa)ten3roert  erfd&eint,  bajj;  biefeS  ®ut  ibentifa)  ift  mit  bem  ©ute  ftr.  1 
(ber  Über  geber  bei  9tr.  4  ibentifdj  mit  bem  Übernehme r  bei  9lr.  1).  SBei  SJer* 
gleidjung  ber  @dfjuftu)ö(je  ergibt  fidj.eine  geringfügige  SNinberung  nadj  Serlauf 
von  20  Sauren;  bei  $erg(ei$ung  ber  ©a)ulb poften  ergibt  fta)  eine  aiem(ia)e 
Variabilität  naa)  Beträgen  unb  Gläubigern. 


—    243    — 

Verwalter  an  Steuern  unb  Anlagen  3  fL,  bem  £erm  Pfarrer  5  p., 
bem  ©dfjulmeifter  7  p. ;  £errn  gerb,  iQunbt  ju  33rannenburg  5  p. ; 
bem  SBirt  Ä.  fiu.  in  g.  10  fL ;  bem  ©djmieb  9».  3tt.  in  $.  (Kapital 
unb  ©ültrücfftanb)  101  p.  46  fr.;  einem  SWitöer  21  p.,  einem  SDiefcger 
8  p.,  einem  2Beber  10  fL;  ber  Ä.  U.  ju  3).  Äapttal  unb  ©ülträd* 
ftänbe  126  fL ,  ©.  3t.  50  fL,  ß.  $5.  |u  fi.  10  fL,  8L  £.  ju  SB. 
5  fL,  fr  ©.  1  ff.  12  fr.;  weitere  gSrumtfapitalien  ju  110  p.  (Kapital 
unb  (Suiten) ,  50,  32,  15,  5,  5  unb  2  fL    ©umme  879  fL  58  fr. 

5.  Übergab3oertrag  9?r.  23  oom *   1684 

(fol.  77). 

3tr>ei  ©otte$l)äufer  ju  je  100  fL  (nebft  ©ültrücfftanb  ju  je 
5  p.);  £erm  fior.  ©djöttl  in  Dberauborf  5  fL;  Ä.  &u.,  2Birt  ju 
%.  22  p.;  £.  £a.,  Ärämer  ju  g.  28  p.;  einem  ©djneiber  4  p.; 
beSgL,  bei  2R.  in  ber  &erberg  18  p.;  einem  fiafner  12  p.;  einem 
„SCagroerfer"  10  Pv  einem  „2)ienftfne<$t"  20  p.;  21.  ß.  in  SB.  8  p.; 
3).  in  $.  5  P.  24  fr.  ©onftige  ^rioatfapitalien  22  p.  30  frv 
20  p.,  16  p.,  10  p.,  10  p.,  3  p.  45  fr.;  an  bie  ©runb&errfd&aft 
alter  3lu$ftanb  40  p.    ©umme  464  p.  39  fr. 

6.  ÜbergabSoertrag  Sir.  22  oom  14.  SRärj  1685. 
©otteS&auS  130  p.,  ©ültrücfpänbe  6  p.  30  fr.;  „ber  gnäbigen 

äerrföaft  ju  galfenftein"  4  p.  46  fr. ;  R.  £u. ,  SBirt  in  %.  2  p. ; 
©.  U.,  SBirt  in  33. 17  p. ;  einem  &afner  17  p.,  einem  SWe&ger  1  Pv  einem 
„ßeberer"  in  95.  2  p.  8  fr.;  fcerrn  fior.  ©d&öttl  in  Dberauborf 
216  p.;  3).  in  ».  17  p.;  31.  &ö.  in  &.  4  p.;  weitere  gkioatfapitalien 
ju  17,  15  (lebig),  15  (SBitroe),  8,  3,  1,  1,  1,  1  fL  ©umme  479  P. 
24  fr. 

7.  ÜbergabSoertrag  3lx.  18  oom  6.  Sßooember  1685. 
©otteS&au*  50  p.;  @.U.,  SBirt  in  39.  30  p.,  einem  SBeber 

15  p.;  ber  ©runbljerrfdfjaft  „um  bad  erfaufte  Seibgebing"  30  p. 
©umme  125  p. 

8.  ÜbergabSoertrag  9ir.  25  oom  2.  ©eptember  1688. 
einem  ©otteS&au*  110  fL;  einem  SBirt  in  3tofenf)eim  30  Pv 

einem  anbern  12  p.,  einem  Ärämer  11  p.  10  fr.,  einem  3intmer* 
mann  7  Pv  einem  ©d&mteb  1  p.  20  fr.,  einem  SBagner  1  Pv  einem 
SMcfer  3  p. ;  „ber  alten  Äupferfdjjmiebm  unb  tyrer  Softer  jeber 
30  fl.M,  „33äuerin"  ju  SB.  9  p.;  &errn  ©cfcöttl  }u  äuborf  3  p.; 
2i.  in  %  30  Pv  3R.  ».  in  %  5  p.,  9W.  in  U.  3  p.  30  fr.,  2.  in 


1  ftatum  nidjt  angegeben.    3«>if<$en  bem  20.  SRärj  unb   bem  15.  8prM 
aufgenommen. 

16* 


—    244    — 

$.  2  ff.  30  fr.,  D.  in  3.  2  ff.;  3«.  S.,  Icbiß  (meiblid&e  ^erfon 
11  ff.,  9K.  2B.,  SBittib  8  ff.,  fonftige  «prioatgläubiger  ju  25,  15, 
14,  10,  8,  8,  5  ff.,  4  ff.  20  fr.,  3  ff.,  2  ff.  30  fr.,  1  ff.  30  fr., 
1  ff.  20  fr.    Summe  407  ff.  10  fr. 

3m  allgemeinen  gewähren  uns  bic  ©d&ulbenperjeid&niffe  folgenbeS 
djarafteriftifdfje  Silb:  2ln  ber  ©pifee  fielen  mit  größeren  Seträflen 
ein  ober  jtoei  ©otteSljäufer,  bann  fommen  Sßrioatleute  mit  größeren, 
Heineren  unb  fletnften  Seträgen;  ba  unb  bort  jeigt  ftd),  baß  maxi 
auä)  ber  ©runbljerrfdSjaft  nod&  etmaS  fdjjulbig  geblieben  iff  ober  nod> 
©teuem  &u  flauten  §at.  2)en  ©d&luß  machen  (Slterngüter,  Übergabe 
fdfjtHingSrefte  unb  bergl. 

SßaS  nun  ©tanb  unb  Seruf  ber  Sßrtoatleute  betrifft,  bic  in 
ben  ©d&ulbenoerjeid&niffen  als  ©laubiger  auftreten,  fo  finben   tviv 
nur  brei   „Ferren",  nämlidfj   ©d&öttl,   fcunbt  unb  fiupfauf   (mit 
gorberungen  oon  5  bis  216  ff.) ;  bie  übrigen  finb,  toie  fidfj  aus  ben 
(oon  uns  gefügten)  Sperfonen*  unb  DrtSbejeidjnungen  ergibt,  Äanb= 
betootyner  nieberen  ©tanbeS,  barunter  triele  ©etoerbetreibenbe.    Sttuf* 
fallenb  ift  baS  häufige  SBorfommen  gleidfjer  Tanten,  aus  toeld&ent 
Umffanb  ftd&  ergeben  bürfte,  baß  eS  unter  ber  35orfbeoölferung  &mte 
unb  gamüten  gab,  meldte  oielfadjj  als  ©elbgeber  bienten  unb  baljer 
bei  ©elbbebarf  befonberS  in  Setradfjt  gejogen  mürben. 

Sludj  nad&  ben  ©d&ulboerjetd&rtiffen  pflegte  fidf)  ber  Sauer  alfo 
junädjjft  an  ein  ©otteS&auS  ober  an  eine  Sormunbfdfjaft 
feiner  föeimat  ober  ber  näheren  Umgebung  ju  toenben,  menn  er  für 
«inen  außerorbentlidfjen  3roecf,  $.  S.  jur  Sejaljlung  oon  ©rbabfinbungS* 
gelbern  ober  nadfj  einer  geuerSbrunft,  eine  größere  ©elbfumme  brauchte. 
Slieb  ber  geroünfd&te  ©rfolg  aus,  ettoa  weil  feine  ©eiber  biSponibel 
toaren,  ober  weil  baS  SEmuefen  mit  Äird&en*  unb  SRünbelgelbern 
fdjjon  ju  feljr  belaftet  mar,  fo  baß  bie  ©td&er^eit  nidfjt  meljr  groß 
genug  ju  fein  fdjjien,  fo  ging  ber  Ärebitbebürftige  bemittelte  Seute, 
bu  i$n  fannten,  um  ein  ©arletjen  an.    ©leidfjeS  tat  er,  roerin  eS  ftdj 
Don  oomljerein  nur  um  einen  oorüberge^enben  ober  um  einen  Heineren 
©elbbebarf  Ijanbelte,  fo  baß  eS  ffd^  nidfjt  lohnte,  ben  fdfjtoerfättigen 
Apparat  ber  aufnähme  eines  Äirdjem  ober  2JlünbelgelbeS  in  33e* 
megung  ju  fefcen.     S^^pfennige  alter  im  austrage  lebenber 
Säuern,   ausbezahlte   unb    ber  SBermenbung   Ijatrenbe  .(Slterngüter 
(31  b  f  i  n  b  u  n  g  S  g  e  1  b  e  r) ,  bie  müßig  liegenbe  Sarf  d&aft  ber  größeren 
©orfgeroerbetretbenben  unb   beS   SorffrämerS  —  baS 
maren  bie  Hilfsmittel  beS  frebitfudEjenben  Sauern,  roemt  bie  ©otte$= 
Käufer  oerfagten.    2Benn  aber  ber  Ärebit  einmal  angefpannt  war, 


—     245    — 

f  o  traten  ju  ben  3)arleljen3f Bulben  leidet  fd^ulbig  gebliebene  £  ö  i)  n  e 
ber  ©emerbetreibenben,  Xaglö^ner,  ©tenftboten,  fowie  ©dfjulbfummen 
Ijinju,  für  bie  ber  Seidjtftnnige  oom  Ärämer  wegen  getaufter  ©cime= 
reien,  ©ifenwaren,  wegen  gelieferten  ©aljeS,  beim  SBirt  wegen  £aufc, 
ioodfoeits*,  Seid&enfdfjmäufe  ufw.  angefreibet  worben  war.  2Kan 
toürbe  fe^lgetyen,  wenn  man  alle  Soften  ber  ©djulbem>erjeid)niffe  gar 
%u  feierlidfj  int  ©inne  eines  geregelten  ÄrebitoerfeljrS  nehmen  würbe. 
SBielmetyr  finb  bie  Heineren  ©dfjutben  tum  wenigen  ©ulben  wotyl  nur 
ouf  frebitierte  Söljne  unb  Sieferungen  ber  eben  erwähnten  2lrt  ober 
ouf  gelegentlich e  2tu3tyitfe  im  galle  bringenber  -Kot 
jurücfjufü^ren.  SEBenn  ein  Sauer  ein  paar  ©ulben  rafdj  brauste, 
fo  lief  er  tbm  ju  einem  beffer  fituierten  -Jtadjbam,  unb  baS  2)ar* 
lefjen  würbe  unter  Umftanben  oljne  3*nfcn/  °§nt  SDedfung  unb  o^ne 
5Berbriefung  bewilligt  unb  gegeben. 

III.    SBerjtnfung. 

SSon  ben  60  ©d&ulbbriefprotofollen  geben  50  bie  ©djjulb  als 
Deräin3li<$ ,  1  afe  teils  üerjinSlidfj  teils  unoer jinSlidjj ,  3  als  unoer* 
jinSltdfj  ju  ernennen,  wäljrenb  6  über  bie  SerjinfungSfrage  fdfjweigen. 

SBon  ben  3  unperjinSltd&en  ©dfjulboerfdSJreibungen  rüljren 
2  oon  ©rbregulierungen  ^er  unt>  intereffieren  uns  ba^er  in  biefem 
ijufammenljange  nid&t.  SDie  britte  ift  oon 
12]  Hinncntyal,  11.  Stuguft  1651.  3R.  5ßv  ber  fcofmardfj  binnen* 
fyal  Untertan,  befennt,  bafc  er  jum  ©otteS^auS  nadf)  SB.  um  vor* 
geliehenes  ©etb  15  fl.  of)ne  3tn$  ju  jaulen  fdjjulbig. 

Sei  1  ©djjulbbriefprotofoH  fott  bie  ©djjulb  im  erflen  Qa^re 
unoerjmSlicIj  fein,  bann  aber  oerjinfi  werben1: 
13]  griebberg,  3.  gebruar  1666.  <q.  ©v  ©artner  oon  Sedfjl)aufen, 
befennt,  ba&  iljm  oon  ber  3.  ißaunftetterfd&en  ätmofenftiftung 
in  äugSburg  ju  feiner  Abgelegenen  Ijo^en  -Jtotburft  bereits  am 
8.  3uni  1665  an  barem  ©elb  100  fl.  oorgefireeft  worben,  bie  oer= 
fprid&t  er  oon  jefct  an  inner  Qa^re^frifl  wieber  ju  bejahen  ober 
auf  längeres  Qn^aben  lanbeSgebräudfjlidfj  ju  uerjinfen. 

Son  ben  ©d&ulbbriefprotofollen,  bie  oon  ber  SerjinfungSfrage 
überhaupt  nid&tS  erwähnen,  ftnb  5  mit  ben  gäHen  31.  2,  7,  9, 
10  unb  11  ibentifdjj;  baS  fed&fte  §at  folgenben  Qntyalt: 
14]    SHimcntyal,    19.  2lugufi  1649.    2».   $.,  SBirt  ju   binnen* 


3Bir  jäljlen  biefe  ©<$ulb  $erna($  8«  ben  BerjinSUd&en. 


—    246    — 

t&al1  unb  feine  ß&efrau  33.  perfdjreiben  bem  g.  SS.,  Sürger  unb 
SSilb^auer  in  2lug3burg,  30  fl.  il)m  (b.  Ij.  bem  SBirt)  ju  feinet 
fonberbaren  SWotburft  bar  porgeliefjeneS  ©elb;  bie  oerfpredben  ffe 
Seeleute  bem  &errn  2B.  auf  näd&ftfommenben  SRartini  ofjne 
Ginfüljrung  pon  Unfoften  ju  bejahen,  ©enerafc  unb  ©pejtal= 
Ijgpotljef.  — 

2Benn  mir  nun  biefe  §äHe  einge^enb  betradjten,  fo  bärfte  fein 
3roetfel  fein,  bafe  9ir.  9,  10  unb  11  Seifpiele  unentgeltlicher  firebtt= 
getoäljrung  bilben.  Sie  tragen  alle  SMerfmale  einer  freunbfdjaftlidjen 
SluSljilfe  wegen  porüberge!)enber  3lot  25a3felbe  bfirfte  pon  9t.  14 
gelten,  worauf  befonberS  bie  SBenbung  „of)ne  ©infü&rung  einiger 
Unfoften"  Ijintoeifen  bürfte,  ba  biefe*  SBort  Ijier  roof)l  fo  piel  wie 
damnum  (ftntereffe)  bebeutet.  2lud)  bei  31.  7  bürfte  3w3loftgfeit 
vorliegen,  ba  bie  ©djulboerfd&reibung  lebiglidj  ba3  ©rgebnte  einer 
Sbredjnung  über  2lbgabenrüdftänbe  ufro.  barfteHt.  dagegen  möchten 
toir  uns  bei  31.  2  für  3^barfeit  auäfpredjen,  ba  !)ier  jeber  fadE)* 
lidje  ©runb  für  2lnnaf)me  be3  ©egenteils  feljlt. 

3inbem  mir  nadj  biefem  ©rgebniffe  jene  6  jmeifeKjaften  gaffe 
auf  bie  beiben  ©ruppen  ber  oerjinSlid&en  unb  unperjtnälidjen  ©d&ulb* 
perfdjreibungen  perteilen,  fo  befommen  mir  im  gangen  52  perjinS* 
lidje  Sdjulbperfdjreibungen  unb  8  unperjin3lidje. 

$er  3to3  ift  bei  50  ©d&ulbperfd&reibungen  ein  ©elbjmS,  bei 
2  ©d&ulbperfcfyieibungen  ein  -KaturaljinS.  35er  eine  §aH  pon 
■Katuraloerjinfung  ift  ibentifd^  mit  ber  2intidjrefe  dl.  17.  555er  anbere 
§all  tft  pon 

15]  iMinnentfjal/  28.  Februar  1650.  ©.  $.,  Sauer  ju  fi.  unb 
Gfjr.  feine  (Sfjenrirtin  befenuen,  bem  ©.  £.,  SBkgner  unb  33ürger  ju 
grieoberg,  um  ba3  tfjnen  nad)  unb  nadj  porgeftrecfte  ©elb  30  fl. 
fd&ulbig  ju  fein,  für  ba3  jätyrlidje  ^ntereffe  perfpridjt  il;m  $ß.  alle 
^ci^re  einen  SDtefcen  Üein  unb  folgen  alle  3at;re  anjufäen,  bamtt  ift 
©.  £.  roof)l  jufrieben. 

9?ur  in  3  gätten  ift  ber  ©elbjinä  inbioibuell  feftflef^ 
nämlidE):  bei  30  fl.  Kapital  1  fl.  30  fr.  3in3  (ibentifdj  mit  31.  1), 
mieberum  bei  30  fl.  Kapital  1  fl.  30  fr.  3tn3 ,  bei  40  fl.  Kapital 
2  fl.  Qini;  alfo  ünmer  5°/o.  Qn  ben  beiben  (erstgenannten  pUen 
ift  Ijinjugefügt,  bafc  ber  Qiitö  ber  lanbSgebräudjige  ift. 

2ßa3  bie  übrigen  47  Sdjjulbbtiefe  betrifft,  fo  ift  in  10  %&ttm 
bie  iQölje  beä  3ix\\zä  babur$  beftimmt,  bajg  ber  £anbe$gebraud)  an* 


1  3bentifd&  mit  bem  SR.  $.  oon  >Jlv.  7. 


—     247     — 

gerufen  toirb ;  10  ^rotofoffe  beseidjnen  bie  &öf;)e  be3  3^nfe^  ^ex 
«Sinäfufjeä  roeber  bireft  nodf)  mbireft,  tun  aber  fo,  al£  wenn  ber 
3ittSfujg  Don  felbft  feftftünbe.  ©ie  gebrauchen  nämlidf)  bie  2lu3brücfe: 
3)er  ©djulbner  oerfpridfjt,  bie  Sdfjulbfumme  „neben  ben  oerfaffenben 
3infungen",  „famt  ber  jäfjrlidfjen  ©ült",  „famt  ber  bürgerten  ©ült", 
„famt  bem  ^ntereffe"  ju  jaulen;  ober:  er  perfprid^t ,  bie  ©djulb- 
funtme  „treulich  ju  oergülten" ;  ober  einfadfj :  er  gibt  eine  S3ricfgütt 
um  .  .  .  ©ulben  Kapital. 

Qn  25  gaffen  ift  bie  SBerjinSlidfjfett  nur  burdfj  geftfefeung  be3 
SCerminä  für  bie  Erlegung  be3  äinfeS1  (©ültjeit,  ©ültroeil,  3in3* 
jeit)  jum  2lu§brucf  gebraut;  in  1  gaffe  (@rbregulierung$fd)ulb) 
erfe^en  mir  ben  3w8fuf$  barauS,  bafe  ber  3w3rüdEftanb  angegeben 
ift ;  unb  in  1  gaffe  nehmen  wir,  wie  oben  au3gefüljrt,  SBerjin^lid^feit 
an,  obwohl  fie  überhaupt  nidjjt  jum  2lu3brucf  gdradjt  ift  = 
47  gaffe. 

3fn  allen  jenen  36  gaffen,  in  benen  jroar  eine  jinSbare  Sdjulb 
oorliegt,  ber  3^fu6  a&er  au^  ^em  ^Prototoff  nidfjt  erfejjen  werben 
fann,  muffen  wir  ben  lanbe3üblid>en  3^n^  üon  5°/°  *m  3a^r 
aU  gegeben  annehmen.  SDic  ^rotofoffe  brüdfen  fid^  nämlid)  nur 
ftirj  aus,  weil  ftdjj  bei  uerbrieften  oerjinSlidfjen  ©elbfdjjulben  biefer 
3in3fuf$  oon  felbft  oerftanb. 

SBenn  mir  ben  ©arleljenäfrebit  (ogt.  ©.  240)  befonberS 
in3  3luge  faffen,  fo  muffen  wir  unterf Reiben :  49  ©elbbarletyen  unb 
3  in  ©elb  gefdftffete  unb  in  ©elb  rüdf jaf)lbare  ©etreibebarletjen.  ©ie 
lefeteren  (31.  9 — 11)  finb  unoerjütStid) ,  bie  erfteren  jerf äffen  in  2 
unoerjmSltdSJe  (3?.  7  unb  14)  unb  47  oer jin£lid£)e ,  unb  biefe  roieber 
in  2  Sterleten  mit  -KaturaljinS  unb  in  45  ©arle^en  mit  5°/oigem 
©elbjinS.    3"farorow  5^  %<&*- 

IV.    Tilgung,  Äünbigung. 

3n  14  ©dEjulbbriefprotof  offen  finb  3a$lung£frifien  feftgefefct,  in 
ben  übrigen  40  gaffen  fann  ber  ©laubiger  bie  ©djulb  jeberjeit  eins 
forbem.  ^ebodf)  ift  in  35  oon  biefen  46  gaffen  eine  beibe  Parteien, 
©laubiger  unb  ©d&ulbner,  binbenbe  ÄünbigungSfrift  beftimmt. 
SDte  ßünbigungSfrtft  beträgt  in  2  gaffen  lU  3af)r,  in  33  gaffen 
l'*  3a^r.  3n  1  gaffe  ift  eine  ßünbigungSpflid&t  be3  ©laubiger« 
au^brüdlid^  oerneint;   e3  fieifjt  ba  nämlidf,  bafj  ba3  Äapital  oon 


1  3)ie  ae6räuc$ltc$fien  3in3jiefe   waren:    Martini,    Sic^tmefr,    SWi<$aelt$, 
©corgt,  3a!obi,  Öatti,  2Bei§nat§ten. 


—    248    — 

15  ff.  „auf  Segelten  unb  SRotburft  be3  SJarletyerS  toieberjugelten 
fei.  2Ba$  bie  übrigen  10  gaße  betrifft,  fo  nimmt  mem  am  befte 
an,  ba§  bie  Sd&ulbbriefe  bie  übliche  halbjährige  Äünbigungefrij 
enthalten  l)aben,  unb  bofe  ber  entfpred&enbe  9?ermerf  im  Sprotofa 
nur  beSfjalb  unterblieben  ift,  roeü  biefe  ÄünbigungSfrift  üblicfc  mar 
@«  erl)öl)t  ftdf)  alfo  bie  3al;l  ber  ©d&ulboerfdfjreibungen  mit  tjalb 
jähriger  ßünbigungSfrtft  auf  43. 

S)ie  14  gäüe,  in  benen  bie  3*ü  ber  Sftficlja&lung  inbioibu eil 
feftgefefct  ift,  finb  bie  folgenben: 

1.  Jbentifdf)  mit  3h.  1.  3)ie  £arte$ung$f<f)uß>  oon  30  fl.  ifl 
innerhalb  2  Jaljre  „abjulöfen",  fo  lange  bleibt  fte  unoerbrieft. 
2>te  Überfdfjrift  be3  SprotofolIoermerfeS  lautet  ba^er  toie  folgt: 
„©d&ulbbefenntniS  [nur]  in«  SßrotofoH."  SBenn  biefe  gdt  o^ne 
SRüdfjaljlung  abläuft,  fo  l)at  ber  ©dfjulbner  einen  „orbentlid&en 
Sdjjulbbrief"  (mit  ber  getoöfjnlid&en  halbjährigen  ÄünbigungSfrift) 
aufjurtd&ten. 

2.  Jbenttfdfj  mit  3lx.  4.  SDie  2)arle$en3fd&ufo  oon  30  fl.  ift 
2  Ja^re  unffinbbar;  bann  finb  jäljrltdfj  10  fl.  jurüdfjujafjlen. 

3.  Jbentif<$  mit  9Zr.  12.  SDer  ©djjulbner  Ijat  oon  ber  (un= 
oerjinSlid&en)  ©dfjulb  ju  15  fl.  jä&rlidj  5  fl.  jurücfjuja^len. 

4.  Jbentifd^  mit  9tr.  14.  35ic  (unoerjinSlid&e)  3)arleljen3= 
fdfjulb  oon  30  fl.,  am  19.  Säuguft  aufgenommen,  ifl  an  SWartini 
beäfelben  JaljreS  ju  bejahen. 

5.  Jbentifdfj  mit  3lx.  8.  3)ie  grunbl)errfdSJaftlid&e  ©d&ufo  oon 
45  fl.  ift  in  9  Jahresraten  »on  je  5  fl.  ju  jaulen. 

6.  unb  7.  S3ei  ben  ©amtyaberoerfd&retbungen  (SRr.  9—11) 
ift  ber  Sffiert  im  i&erbft  gleiten  Jal)re3  nadf)  ber  ©rnte  ju 
oergflten. 

16]  8.  3ftnnentl)al,  9.  gebruar  1653 :  31.  St.,  Sauer  in  ber  &of* 
mar<$  SR.,  unb  3W.,  feine  ©tyefrau,  oerf treiben  fidfj  bem  el)renfeften, 
ffirneljmen  fierrn  ©t.,  33firger  unb  Äürfd&ner  in  StugSburg,  um  60  fl- 
bar  oorgelietyeneä  ©elb,  roeld&eS  fie  „ inner  Jaljr  unb  £ag,  aö 
auf  ßidfjtmefj  1654  toieber  banlbarlid^  famt  bem  Jntereffe  unfehlbar 
bejahen  motten". 

17]  9.  grtebberg,  ben  23.  Januar  1666:  2W.  3W.  oon  %  be* 
lennt,  bafe  i&m  &.  2B.  oon  S.  ju  feiner  angelegenen  tyo&en  SWotburft 
10  fl.  oorgeftreef t ;  bie  oerfprid&t  er  iljm  auf  fünftige  §erbft* 
jeit  toieberum  ju  bejahen. 

10,    Jbentifdfj   mit  SKr.  13.    SDer  ©d&ulbner  oerfpridfjt,  ba$ 
£>arlel)en  oon  100  fl.   innerhalb  JaljreSfrift  jurüdEjuja^len; 


—    249    — 

e£  ifl  aber  audfj  für  bcn  gatt  3Sorforge  getroffen,  bafc  er  e3  nidfjt 
tut,  bann  tritt  nätnlid^  SBeräinSlidfjfeit  ein. 

18]  11.  Äling,  ben  5.  Quli  1661:  2B.  21.  ju  D.  unb  3W.,  feine 
<5!jefrau,  oerfdfjretben  bem  ©.  5ß.  152  fl.  bar  oorgefiredfteS  ©elb 
unb  üerfpred&en  an  bem  Äapttal  jafjrlidSJ  15  fl.  ju  erlegen. 
19]  12.  gjerladfj  (2Bolfrat$t>aufen),  ben  25.  Januar  1659.  „©d&ulb-- 
frijienbrief " :  Ä.  in  %  unb  feine  grau  befennen,  ba§  fie  bem 
<3otte3l)au3  ju  3t  fdjulbtg  roorben  finb  100  fl.,  toeldfje  tljnen  auf 
imterfd&iebltd&e  3Ral  ju  ifjrer  obgelegenen  £au3notburft  bar  oor* 
geliehen  roorben,  unb  oerf  pred&en ,  jä£rltdjj  10  fl.  famt  ben  pro 
rata  t>erfattenen  Qntereffen  ju  bejahen. 

13.  unb  14.  finb  GlterngutSoerfd&retbungen  unb  gehören  bem* 
nadfj  nidfjt  Ijierfjer.  — 

Site  3tfl(f  ja^lungStermine  erfdjjeinen  in  ben  ©dfjulbbrief* 
protofotten  bie  Termine,  benen  mir  fdjon  oben  ©.  247  in  tyrer 
©igenfdfjaft  ate  ©ültjetten  begegnet  finb. 

V.    2)edfung,  Sicherheiten  (igppotfief,  Sürgfdfjaft). 

33ei  54  oon  ben  60  ©dfjulbbriefprotofollen  finb  jur  ©id&erfjeit 
ffir  bie  ©cfjulb  5ß  f  ä  n  b  e  r  beftefft,  nur  6  ©d&ulboerf  dfjreibungen  ent- 
behren alfo  ber  9fealbe<fung. 

3ene  54  ©dfjulbbriefprotofoffe  jerfatten  in  3  ©dfjulbbriefprotofoüe 
mit  ©pejiall^potljef,  34  mit  ©eneratyppotfjef,  15  mit  ©pejial* 
^i)pot^ef  unb  ©eneralljtjpot^ef,  1  mit  äntidfjrefe  unb  ©eneralfjtjpottyef, 
1  mit  ©pejial*  unb  ©eneralf)t)pott)ef  unb  mit  SBerpfänbung  oon 
©d&ulbbriefen. 

A.  3n  1  ©<$ulbbriefprotofoH  erfd&eint  nodfj  eine  fe^r  alte  %otm 
ber  2)edfung  burdd  Sßfanb,  bie  Überantmortung  an  ben  ©laubiger  ju 
Sefifc*  unb  SRufegenufe:  bie  iftufcung  foll  bie  ©tette  ber  3tofen  *«* 
treten  (Sinti dj>refe).  daneben  läuft  eine  ©eneral^ppot^ef.  2)er 
%a\L  ifl  ibentifdjj  mit  5Wr.  17:  ©ine  geringfügige  ©umme  wirb  „jur 
^o&en  !Jtotburft"  auf  furje  grift  (ungefähr  4  3Konate)  bargelietyen ; 
ber  ©d&ulbner  oerfprid&t,  bem  ©laubiger  „injnnf d&en ,  bis  bie  33e* 
jaljlung  gefd&ie^t,  beS  falben  XetlS  an  feinem  ©arten  beim  Saufe, 
fo  ungefähr  Vt  £agroerf,  nie&en  ju  laffen;  fobalb  nun  aber  bie 
Stellung  gefd&te^t,  foQ  tljm  bie  -Wufcniefjung  beim  ©arten  triebet 
unoer$inberlid&  ^eimfaQen";  aufjerbem  foHen  S&ab  unb  ©üter  be$ 
©d>ulbner£  oerpfänbet  fein. 

B.  2Benn  ba£  ganje  Vermögen  oerpfänbet  nrirb,  fo  ift 
^a^r^abe  unb  ©runbbefifc  barunter  begriffen.    3Ba3  ben  ©runbbefifc 


—     250     — 

anlangt,  fo  umfafct  bie  Herftridfung  foroofyl  bie  freien  afe  auä)  bii 
grunbbaren  ©fiter1.  Qn  unferen  Sriefprotofollen  ftnbct  fi<f>  bie3  u 
2  gällen  auSbrüdflid)  fonftatiert. 

35ie  ©enerall)t)potljef  bejiefjt  fidj  femer  entmeber  nur  auf  ba$ 
gegenwärtige  Vermögen  ober  audfj  auf  baS  fünftig  neu  f)in-}u* 
fommenbe.  2Ba3  unfere  S3rtefprotofotte  betrifft,  fo  erfd&eini  nadj 
meiner  33eoba<$tung  in  9  gätten  fünftigeS  Vermögen  auäbrücfltdj 
mitobügiert  (in  3  gäKen  bie  fünfttg  ju  erroerbenbe  gatyrljabe,  in 
(5  fallen  ba3  fämtlid&e  fünftige  SBermögen). 

C.  Obwohl  bie  ©eneralljtjpotfief,  wie  wir  gefe^en  f)dbzn,  auä) 
bie  liegenben  ©fiter  ergreift,  fo  liebte  man  es  bod),  bie  toidjtigften 
Seftanbteile  be3  unbemegltd&en  SBermögenS  befonberS  fjeroorjuljebeii 
unb  ju  oerfdfjreiben  (©pejialljtjpotljef).  SDaju  mag  ber  Um= 
ftanb  beigetragen  Ijaben,  bafe  ber  l^n^aber  einer  blofeen  ©eneral- 
Ijtjpotfjef  oon  einem  fpäteren  (Srmerber  be$  ®\\ti$  auf  ben  urfprüng* 
liefen  ©d&ulbner  oerroiefen  werben  fonnte  (exceptio  excussionis, 
<5.  96),  roäljrenb  bteS  bei  ber  ©pejtalljtjpotljef  nid&t  ftattljaft  mar. 
9?amentlid£)  bie  SSerpfänbung  ber  fr  ei  eigenen  ©runbfiüdfe  fd&eint 
feljr  beliebt  geroefen  ju  fein.  S)er  ©runb  ift  naöeliegenb:  fie  mar 
einfacher  mie  bie  Sßerpfänbung  grunbbarer  ©üter,  man  ftieft  babei 
nidf)t  auf  ba3  £inberni3  be3  SonfenSjroangeS. 

$n  ber  auf  ber  nädfjften  Seite  enthaltenen  Tabelle  fteDen  mir 
f amtliche  ©pejialf)t)potf)efen  jufammen,  bie  mir  in  bm  ©djjulbbrtef* 
protofollen  gefunben  Ijaben.  35ie  ©pejial^potl)ef  ift  ftets  mit  einer 
©eneratyi;potl)efef  oerbunben',  aufgenommen  bie  gälle  7,  8  unb  17. 

D.  2Bie  mir  fdfjon  öfters  ermähnt  ^aben,  beburfte  e3  bei  grunb* 
baren  ©fitern  ju  i^rer  SBerpfänbung  be$  grunbtyerrlidfjen 
ÄonfenfeS.  2)ie  Sßrotofollbetyörbe  burfte  bie  &gpotf)efenerridfjtung 
nidEjt  protokollieren,  menn  iljr  nidfjt  ein  „SBillenSbrief"  be$  ©runb* 
Ijerrn  oorgelegt  mürbe.  @ine  SBerpflidfjtung ,  ba3  ©rgebniS  biefer 
Unterfudfjung  über  ba$  SBorljanbenfein  be3  ÄonfenfeS  im  SBxief- 
protofoll  ju  fonftatieren,  beftanb  aber  nidf)t. 

33on  ben  54  Jßppotljefbeftellungen  finb  e3  nur  3,  meldte  au3- 
fdfjliefjlid;  eigene  ©üter  (nid)t  baneben  audfj  grunbbare)  betreffen.  ®ie 
übrigen  51  unterlagen  bem  ßonfen^roange.  3n  28irflid)feit  ftnbct  fidjj 
nur  bei  5  ^fanboerfd^reibungen  im  ^ßrotofolle  bie  geftfteUung  ber 
ÄonfenSerteilung  ober  ber  @£iftenj  eines  SBiHenSbrtefeS.  darunter 
finb  2  ©pejtalfjppotljefen  (3lx.  5  unb  9  ber  Tabelle  ©.  251)  unb 


1  fiefctere  aber  nur  unter  ber  93ebtngung  ber  ßonfcnSertettung  (f.  u.). 


-    251    — 


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—     252    — 

3  ©eneral^ppot^efen.  3m  ftafle  9tr.  5  her  Tabelle  ift  ber  ftonfeirä 
auf  5  3a$re  befd&ränft.  3n  3  gäOen  ift  baS  SDatum  beS  2BtHenS= 
briefeS  angegeben,  bie  jioifcfjen  ber  2tu$fteflimg  beS  2Bitten$briefe3 
unb  ber  ©djulbprotofollierung  oerftridjjene  grifl  betragt  2,  12  unb 
29  Stage. 

E.  Serjidjt  auf  bie  meiblidjen  greiljeiten.  SMefer 
fonnte,  tote  wir  oben  ©.  109  ausgeführt  tyaben,  entroeber  in  ber 
SEBctfc  gefdje^en,  bafc  bie  ©fjefrau  ben  ©djulbbrtef  mitunterfdjrteb, 
ober  in  ber  SBeife,  bafc  fie  auSbrücflid)  auf  i^re  Sßfanbprioüegten 
ufto.  Serjidjt  leiftete. 

3n  35  ©djulbbrtefprotofollen  fmb  (Seeleute  afe  ©dfjulbner  be= 
nannt,  unb  in  20  oon  biefen  35  gfitten  oerjtdjtet  ba8  2Beib  aufeer- 
bem  auf  iljre  Sorredjte  aU  ©täubigertn;  oon  biefem  Serjid)t  allein 
(oljne  attitoerfdjulbung)  Ijaben  wir  fein  Seifpiel  gefunben. 

3)iefe  3a^en  ntägen  bem  ßefer  geringfügig  erf djeinen,  man 
mufe  aber  bebenfen,  bafj  in  einer  Steige  oon  ©d&ulbbriefprotofotfen 
ju  einem  Serjtdjte  auf  bie  toeiblidjen  grei^eiten  feine  Seranlaffung 
oorgelegen  fein  toirb,  j.  S.  wenn  ber  ©djulbner  SBitmer  war  ober 
toenn  ber  ©laubiger  nodj  fräftigere  SprioUegten  befafc  wie  bie  ©&e* 
frau,  ettoa  bur<$  ©runb&errlidjfeit  ufw. 

F.  SRädjft  ber  &gpot&ef  ift  bie  widjtigfle  2frt  ber  S)e<fung  bie 
Sürgfdjaft. 

SSott  ben  60  ©djulbbriefprotototten  fommt  in  32  eine  Sarg* 
fdjaftäftellung  oor. 

Sei  25  biefer  32  Sßrotofoüe  $abe  id&  mir  bie  2ln&al>l  ber 
Sürgen  notiert.  3n  jtoei  gäüen  toirb  1  Särge  befiettt,  in  13  $ßro* 
tofollen  erfdjeinen  bie  Särgen  paarweife,  bei  5  5ßrotofoIIen  beträgt 
bie  SCnja^l  ber  Särgen  3,  bei  2  betrögt  fte  4  unb  in  je  einem 
gatte  tjat  ber  ©laubiger  gar  5,  6  unb  8  Särgen  ju  feiner  ©idjer= 
ftettung  nötig  gefunben,  (©djulbfumme  in  biefen  3  gäOen  120,  100 
unb  100  fl.) 

3lber  nidjt  nur  bie  2fajat}l  ber  Särgen,  fonbern  audj  bie 
©tärfe  ifjrer  Haftung  ift  auffattenb.  Qn  11  Sßrotof  ollen  oerpfänben 
bie  Särgen  bem  ©laubiger  itjr  ganjeS  Sermögen  ju  feiner  größeren 
©id&erfjett,  in  20  Sßrotofotten  oerjid&ten  bie  Särgen  auf  bie  ©inrebe 
ber  Teilung  (fte  oerbärgen  ftdj  „unoerfd&eibenlid)"),  in  15  Rotten 
auf  bie  ©inrebe  ber  SorauSflage  (fte  werben  ntdjt  nur  als  Särgen, 
fonbern  aud)  als  „©elbfigelier  unb  ©elbftjaljler"  geftettt). 

G.  Qn  29  SriefprotofoIIen  erfreuten  beibe  2lrten  oon  bedungen, 
Sßfanb    unb    Sürgfdjaft,    miteinanber.     9tur   bei   3  Srief* 


—    253     — 

protofollen  läuft  alfo  neben   ber  33ürgfdjaft   feine  SPfanbbefteffung 
einher,  roetyrenb   fid(j  bei  25  Sßrotof  ollen  ber  ©laubiger  mit  ber 
blo&en  Sßfanb&af tung ,  o^ne  33ürgfd()aft,  begnügt.    ©3  bleiben,  ba 
nur  60  ©d&ulbbriefprotofolle  §aben,  3  gaffe  ungebeeften  Ärebitö. 
3)a3  ÜRäljere  ift  aus  ber  nadjjfte^enben  Weinen  Tabelle  ju  erfe^en. 

©dfjulbbrtefprotofolle 


mit 
©eneraf* 
t)X)yolt)et 

mit 
6pe$ial* 
Ijppotljef 

mit  ©eneral- 
fjijpotljef  unb 

Spejial* 
typpotljet 

oljne  35er* 
pfänbung 

S 
g 

3 

mit  öürgfdjaft  .  .  . 
oljne  Sürgf^aft    .  . 

22 
12 

3 

7 
10 1 

3 
3 

32 

28 

©umme 

• 

34 

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17         | 

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60 

2Bir  l)aben  alfo  22  Sßrotofoffe  mit  bloßer  ©eneralfjppotljef  unb 
mit  33ürgf  dfjaft ,  12  ^rotofoHe  mit  blofeer  ©eneralljt)potl)ef  oljne 
Sfirgfd&aft,  7  Sßrotofoffe  mit  ©pesialfippottjef  unb  Sfirgfdfjaft  unb 
13  ghrotofoffe  mit  ©pejiall)gpotf)ef  oljne  Sürgfd^aft.  Ober  mit 
anbern  SBorten :  Sßon  ben  ©laubigem,  benen  eine  ©  p  e  j  i  a  t  l)t)potl)ef 
gegeben  werben  fonnte,  oerlangte  nur  ber  britte  Seil  baneben 
Sürgenfieffung ;  oon  ben  ©laubigem  aber,  bie  ftdfj  mit  einer  ©eneral* 
l)t)pott)ef  begnügen  mußten,  beftanben  über  jtoei  drittel  auf  ber 
Stellung  oon  Särgen.  JJn  ben  gaffen,  too  meljr  al-3  jwei 
Sürgen  geliefert  werben  mußten,  enthalten  bie  Srtefprotofoffe 
fämtltd^  nur  ©eneral^pot^efen,  feine  ©pejiaUjijpotyefen. 

3Ran  fte^t  barauS,  tote  innig  ipgpotljefarfrebtt  unb  39firgfdfjaft3* 
frebtt  jufammenljängen ,  wie  bie  oerfdjjiebenen  ©attungen  oon  ge? 
bedttem  Ärebit  ftdf)  gegenfeitig  oertreten  fönnen,  unb  wie  ber 
iogpot^efenfrebit,  wenn  er  nur  ©elegen^eit  Ijat,  ftdfj  redfjt  ju 
entfalten,  geeignet  ift,  bie  altere  unb  härtere  gorm  be$  gebeeften 
ftrebits,  ben  »ürgfdfjaftsfrebü,  au$  feiner  ^ofition  ju 
oerbrängen. 

H.  gäffe  oon  ungebeeftem  Ärebit  fommen,  wie  mir  fdfjon 
bewerft  Ijaben,  nur  3  oor.  2)aoon  ift  ein  gaff  ibenttfd^  mit  Str.  12, 
in  ben  beiben  anberen  gaffen  ^anbelt  e$  fxd(>  um  einen  ©djjulleljrer 
unb  einen  ©tein^adfer,  wa$rfdjeinlid&  o^ne  ©runbbeftfe.    dagegen 


darunter  au$  gatt  17  (Hnti<$refe  mit  ©eneraUgpotycf). 


—    254    — 

fd&etnt  ba3  Verfahren  nid&t  ganj  feiten  gewefen  ju  fein,  bafc  mai 
bem  ©djulbner  bie  DarlefjenSfumme  junädjfl  auf  furje  grift,  etmi 
1—2  3a^re,  „oljne  »rief  unb  Sürgfd&aft",  wie  man  fid 
auSbrfidte,  b.  ().  o^ne  Sßfanb  unb  Sürgfd&aft  (benn  bie  förmlid) 
aSerfd^reibung  würbe  &auptfä<ijlid()  wegen  ber  SßfanbbejteHung  vor 
genommen)  überliefe,  aber  babei  bebingte,  bafe  ber  Sdfjulbner,  wem 
er  nid&t  in  ber  beftimmten  grift  ba$  2>arlefyen  jurüdfja&le,  bii 
©d&ulb  „gebüljrenb  oerftdfjern  unb  einen  orbentlidfjen  ©dfjulbbrie 
aufriß ten  muffe".  (Sinftmeilen  würbe  ba£  ©efd&äft  nur  tnS  5J3ro 
tofoH  eingetragen,  ©in  foldjjer  %aü  liegt  bei  9tr.  1  uor  (grif 
2  3a§re). 

§  16. 

Sauf-  vmtf  iibzx$zb#ivzttvä$t  OBeJi^ftreMf)» 

A.    3)er  Äauffrebtt. 

2)er  Kaufpreis  fonnte  in  oerfdjjiebener  SBeife  entrid&tet  werben: 
burrf)  33arjal)lung ;  burdfj  Übernahme  oon  ©Bulben,  bie  auf  bem 
©runbftücf  lafteten;  burdlj  äufred&nung  gegen  ©Bulben  be3  3Ser= 
fäuferä  an  ben  Käufer;  burdfj  ©ewätyrung  oon  SJtoturalreid&niffen ; 
femer  fonnte  ber  ÄaufpreiS  audfj  geftunbet  werben.  Sefeterenfatte 
wirb  er  entweber  im  gangen  debitiert ,  ober  e3  werben  griften 
bewilligt. 

2)a3  -Jtaturalreid&mS  befianb  entweber  in  einem  bto&en  SBofc 
nungSredfjt  (ißerbergSredjjt),  ober  e£  würbe  eine  fdrmlid&e  ©tnleibfdfjaft 
auSbebungen,  b.  ty.  ein  2lu3trag  ä^nlid)  ben  austragen  ber  über* 
gebenben  2lfjenbenten.  2)ie  auftrage  waren  alfo  bamalS  nod&  nid&t, 
wie  §eutjutage,  eine  33efonberljeit  ber  Übergaben,  fonbern  fte  {amen 
aud&  bei  Ääufen  unter  ©efd&wiftern  unb  SHidjjtoerwanbten  por.  Sie 
SluStragS*  unb  iQerbergSbewittigungen  treten  aber  bei  ben  eigentlid&en 
Ääufen  nidjjt  fo  häufig  auf,  wie  bei  ben  Übergaben,  bei  benen  fte 
ja  gerabeju  bie  Siegel  bilben ;  ferner  bewegen  fidjj  bie  ©tnletb* 
fd&aft3au3träge  quantitatio  in  mäßigeren  ©renjen  ate  bie  Übergabe 
auftrage. 

S)ie  Äaufeinleibfd&aften  unb  *  iQerbergSredjjte  Ijaben  permut* 
Iidfj  in  ber  Verbreitung  ber  -Katuralwirtfd&aft,  in  ben  lieber? 
laffungsbefcljränfungen  unb  in  ber  allgemeinen  ©ef#aftigfeit  ifjre 
Urfadfje.  2)er  Segriff  be3  ©taat$bürgertum£  war  nodf)  nidfjt  au3; 
gebilbet,  neu  2lnjie^enbe  begegneten  überaß  großem  -Dtifjtrauen  unb 


—     255    — 

fd&ifanöfcr  33e§anblung  fetteng  ber  2Utbürger,  aus  armenpolijeilidfjen 
©ritnben.  2Ber  feine  SBoljnung,  feine  „-Jlafjrung"  aufgab,  fonnte, 
auä)  wenn  er  bie  nötigen  ©elbmittel  befafc,  leidet  ©d&roierigfeiten 
bei  ber  ©rlangung  beS  SebenSunterfjalteS  begegnen,  benn  bie  ©elb? 
imrtfdfjaft  mar  nod&  nid&t  entfpredijenb  auSgebübet,  baS  heutige  3Kiet- 
toefen  c^tflicrtc  noefj  nid&t.  9htr  bie  guge&örigfeit  ju  einem  ©tanbe 
uub  ber  SSefife  oon  ©runb  unb  33oben,  eines  9tealred&teS  ober  einer 
fonfiigen  „©ered&tfame" ,  nidfjt  aber  ber  Äapitalbefifc  allein  roar  als 
©runblage  ber  bürgerlichen  @£iftenj  anerkannt.  35er  2lbeüge  als 
iQofmardjjbeftfcer ,  ber  Sauer  als  Sntyaber  *wer  ©runbgered&tigfett 
ober  eines  freien  ipofeS,  ber  ©tabtbürger  als  Sefifeer  eines  £aufeS 
ober  einer  ©eroerbegeredfjtfame,  ber  SDiöndjj  als  Älofterbruber ,  bie 
©eifilidfjen  unb  33eatnten  als  Snfjaber  oon  Sßfrfinben  —  fie  alle 
befafcen  eine  Segititnation  jum  3)afein;  ber  „Sßrioatier",  als 
fojiale  ©rfd^einung,  ejiftierte  nidfjt. 

SBenn  ber  Sauer  alfo  ftdf)  jur  SRu^e  fefcen  unb  fein  Seftfctum 
oerfaufen  wollte,  fo  burfte  unb  fonnte  er  ftdjj  bodjj  nid&t  ganj  oon 
i^m  loSmadfjen,  um  nidfjt  feine  „SBobenftänbtgfeit"  ju  oerlteren.  <£r 
muftte  fid^  baS  SRed&t  oorbeljalten ,  auf  bem  ©ute  bleiben  ju  bürfen 
unb  fidjj  oon  feinem  ©utSnadfjfolger  ernähren  ju  laffen.  fceute  jiefct 
ber  Sauer  in  bie  ©tabt. 

3Me  ©inleibfdfjaften  waren  natürlich  bei  ben  ©runbtyerren  un* 
beliebt,  wie  bie  austrage  ber  Übergeber,  wenn  aud&  mdjjt  in  bem* 
felben  9Rafce  wie  biefe,  weil  fie  bod&  weniger  bebeutenb  waren.  2)er 
SBerfajfer  beS  UrbargebraudjjeS  fd&retbt :  „3ft  ber  &err  f  djjulbig,  @in* 
Uibfd&aftSauSträge  }u  oerwilligen  ?  Stein,  man  fott  §iemit  nid)t  ju 
milbe  fein,  f eibige  ju  oerwittigen,  benn  fte  finb  ben  ©ütern  f  a  ft  be= 
fd&werlidfj  unb  bem  ©runb^errn  fdjjäblid&" ;  wetyrenb  er  für}  barauf 
bie  ÜbergabS austrage  als  „ben  ©ütern  fetjr  befd&werlidjj"  er« 
Wärt.  — 

2Bir  laffen  nun  bie  oon  uns  ejeerpierten  Äaufbriefproiofolle  * 
ber  Steige  nadjj  folgen  unb  mahlen  jum  ©djjlüffel  ber  Einteilung 
bie  21  rt  ber  SBertd&tigung  beS  ßaufpretfeS. 

1.  SBerfäufe  mit  Sarjafjlung. 

a)  grbing,  ben  12.  Df  tober  1638.  SBeräufeerung  eines 
SldferS,  21V«  »ifang  umfaffenb,  fo  „freie«  lebigeS  ©gen"  unb  1617 
vom  früheren  Sefifcer  erworben.    ©er  ftäufer  §at  bem  SBerfäufer, 


2)ie  Semerfung  6.  U35/36  ift  au$  i»er$cr  au  ftejteften. 


—    256    — 

feinem  9la$6ar,  „mit  ßrlegung  einer  beftimmten  nnb  bar  bejahten 
©umme  ©elbeS  eine  annehmliche  SBergleid&ung  gettyan". 

b)  ßltng,  ben  16.  SRooember  1035.  SBittoe  oerfauft  i^rem 
©d&roager  unb  beffen  grau  Seutelle&en  nebft  ga&rntö  um  412  fL, 
bereite  bejaht,  mit  ber  33ebingung,  bafe  SBerfäuferin  bei  Äaufern 
freien  Gim  unb  SttuSgang,  einen  SBinfel  in  ber  Stube  unb  auf  bem 
oberen  ©oben  eine  ©djlafftede  ljaben  foHe.  SBenn  ftd^  bie  .Hon- 
traljenten  nidfjt  miteinanber  ©ertragen  fönnen,  fo  foD  ber  SBerfäuferin 
anftatt  ber  Verberge  jäljrttdj  ein  Stetd&Staler  be^änbigt  werben. 

c)  JRinnentyal,  ben  10.  3uni  1G86.  ».  g.  oerfauft  1  Sud&art 
2cfer  (Sage  befd&rieben)  'feinem  £od)termann  um  70  ff.,  toooon 
65  bar  beja^lt. 

2.  SBerfäufe,  bei  benen  ber  Kaufpreis  oormiegenb  burdj  ©dfjulb* 
Übernahme  unb  2lufredf)ung  entrichtet  toirb. 

d)  Sffiolfrat^aufen ,  ben  10.  3uni  1660.  SBerfauf  eines 
grunbuntertänigen  „Seiend"  famt  gaumig  an  einen  Setter.  Äaufc 
preis  520  ft.  2)aoon  20  ff.  bar  bejaht.  Übernommene  ©d&ulbeti 
336  fL:  SBormunbfd&aft  100  ff.,  2)ienftfned()t  11  ff.,  fierrenforbe^ 
rungen  11  ff.,  fonftige  ©djulben  200  unb  14  ff.  SDer  SReff  oon 
164  ff.  gefjt  gegen  bie  oom  Käufer  beim  ®ut  ,,ju  9u$  gehabte" 
©<$ulbforberung  auf. 

e)  galfenftein,  ben  18.  Oft.  1659.  2ße&ner  oerfauft  fein  ber 
«Pfarre  gehöriges  „©ütl"  famt  „£äu$l"  feinem  ©d&toager  um  235  ff. 
Käufer  übernimmt  ein  einer  33ruberfdE)aft  gehöriges  ©dfjulbfapital 
oon  60  ff.;  150  ff.  barf  er  fid)  als  ©rbantetl  jugute  redjnen;  ber 
SReft  oon  25  ff.  ift  „in  anbenoeg  jju  befdjaffen  unb  richtig  ju  madjen, 
toie  fie  fidf)  fönnten  miteinanber  oergleidtjen". 

3.  SSerfäufe  mit  Krebitierung  beS  ÄaufpreifeS,  o^ne 
griftenbetoittigung : 

f)  Kling,  ben  17.  SWoo.  1661.  SSerfauf  einer  Seibgeredjjtigfeit 
um  215  ff.  Käufer  oerfprtd&t,  „ben  Kauffdfjillmg  binnen  Qa^r  unb 
£ag  ju  erlegen  ober  auf  längeres  Qnljaben  ju  oerjtnfen".  2luStrag 
jugunften  beS  SBerfäuferS. 

g)  Kling,  ben  19.  JDej.  1661.  SBerfauf  einer  (Srbgered&tigfeit 
unb  einer  Seibgered&tigfeit  nebft  gatjrnis  um  315  ff.;  15  ff.  bar, 
bie  übrigen  300  inner  Qafjr  unb  £ag ;  SluStragSbetoifligung  in  be* 
fonberer  SBerljanblung. 

h)  ftalfenftem,  ben  13.  3Wfirj  1665.  ©dfjufterStoittoe  oerfauft 
iljr  leibredjtbareS  „(Süll"  bem  &.  um  255  ff.  S)aoon  muffen  alle 
©laubiger  —  fie  finb  nuljt  genannt  —  bejaht  werben;  ferner  Ijat 


—    257    — 

ber  Käufer  bcr  @runbf)errfd&aft  10  ff.  für  2lbfdf)leif  unb  7  Vi  ff. 
2Ibfaf)rtgelb  (laudemium)  ju  entrichten1;  ber  SWeft  ift  inner  $afyx 
unb  £ag  gutjumadfjen  ober  §infüro  ju  oerintereffieren.  2lu3trag: 
jätjrKdjj  2  ©ter  Äorn,  1  ©ter  Soeben,  1  ©ter  ©erfte,  V«  2Kefeen 
©alj,  2  $paar  ©dfjulje;  oierteliäfjrlidfj  2  *pfunb  SutterfdEjmalj ;  bei 
©djladfjtung  4  U  vom  Sttnb  unb  3  U  vom  ©dfjroein;  freiet  &olj 
unb  Sidfjt;  2  Dbftbäume;  Verberge. 

4.   33erfäufe  mit  griffenberoilligung. 

i)  ©rbing,  ben  4.  gebr.  1638 2.  3Serfauf  einer  fieibgered&ttgfeit 
um  330  ff.;  30  ff.  bar,  je  100  ff.  3Rid&aett  1638,  ßic&tmefc  unb 
©eorgi  1639  „alleroegS  oljne  ©Ut".  ©erbergSredEjt,  frei  £olj.  SBer- 
pfänbung  beS  ÄaufguteS  unb  ber  übrigen  „§ab  unb  ©üter"  beS 
Käufers  um  ben  Kaufpreis  ufro. 

k)  ©rbing,  7.  Oft.  1638:  SBttme  verlauft  greiftiftfötbe  um 
400  ff. ;  200  bar,  2Beif)nadfjten  1638  unb  Wrid&Stag  1639  je  100  ff. ; 
igerbergSred&t,  femer  jäfirlidf)  Vs  2Wefcen  SEBeijen,  2  3W.  ßorn,  V«  9W. 
©erfle,  Vi  2ß.  £aarlinfaat. 

1)  ®rbing,  ben  29.  ©ept.  1640.  £of,  Se^en  unb  2  ©ölben, 
fämtlid^  grunbuntertänig ,  um  2300  ff.  oerfauft.  3af)lungSroeife  • 
650  ff.  burdf)  Übernahme  einer  ©d&ulb';  550  ff.  burdf)  2lufred>mmg 
gegen  eine  gorberung  be£  ÄäuferS;  ber  3teft  oon  1100  ff.  in  griffen, 
nämlid&  2i<$tme&  1641  100  ff.  unb  Sidfjtmefe  1642—1646  je  200  ff. 
SBerpfänbung  ber  oerfauften,  foroie  ber  anberen  &ab  unb  ©üter  be$ 
ÄäuferS  um  ben  Kaufpreis. 

m)  SRinnentljat,  ben  26.  3Bäri  1686.  SBertauf  von  3  ^udfjart 
eigenen  2lcfer3  um  400  ff.  35aoon  116  ff.  bar,  184  ff.  burdfj  Über* 
naljme  von  ©Bulben  (134  unb  50  ff.),  100  ff.  in  4  SaljreSfriften, 
immer  ©eorgi. 

n)  SRinnent^al,  21.  gebr.  1662.  „@ütl"  um  225  ff.  oer* 
fauft.  3um  Slufjug  80  ff.,  gaftnad&t  1663  25  ff.,  unb  bann  alle 
3a{jre  25  ff.  bis  jur  oolligen  Tilgung,  ©eneral-  unb  ©pejial- 
^pot^ef. 

o)  SRinnentyal,  ben  1.  gebr.  1652.  SBerfauf  eines  falben 
fiofe*  (greiftift)  um  100  ff.,  ja&lbar  in  10  jctyrtid&en  griffen, 
ofjne  3in$. 

p)  SRinnent^al,  ben  13.  2lug.  1662.  Sßerfauf  eines  ©ölbner* 
gütte  (©aus  abgebrannt),  mooon  3  ^ud&art  (1  2l<fer  in  jebem  gelb) 


1  DaS  Set&re$i  allein  (oljne  3a§rm*  ufro.)  auf  100  fl.  ßefajäfct? 
■  Sgl.  »n&ana.  VI. 

tfoQen,  $erf4u(butig.  17 


—    258    — 

grunbbar  unb  61/«  Qudjjart  (21/*  3töer,  4  SBie*mal>b)  frei,  an 
2Bagner*e&eleute  oon  griebberg  um  350  fl.  2)er  StaufpretS  in 
3a&re*raten  (juerft  50,  bann  30  fl.).  3ur  ©id&erung  fflt  bie  au3= 
fteljenben  Setrfige  wirb  bie  ©ölbe  Dcr^ppot^ejiert.  SSerfäufer  fyattt 
für  ba*  ©ölbnergfitl  aBein  300  fl.  bejaht,  aber,  weil  injtoifdfjen 
&au*  unb  ©tabl  „nerbrunnen" ,  ift  e*  jefct  nur  auf  150  ff.  an= 
gefd&lagen  worben. 

q)  $alfenftein,  ben  12.  »pril  1662.  »erfauf  eine*  „©fitfe" 
(Seibredfjt)  um  290  fl.  2)amm  60  fl.  burdf)  ©<$ulbenfiberna§me, 
100  fl.  in  $a$r  unb  Sag,  ber  SRefl  oon  130  fl.  nadfj  Stblauf  eine* 
Sa^re*,  „wie  e*  ftottftnben  fann".  — 

SEBir  fjaben  alfo  3  5läufe  mit  Sarjaljlung  (a,  b,  c),  2  Jtäufe 
mit  ©d&ulbttberna^me  (d  unb  e),  5  ftäufe  mit  ©tunbung  be*  ßauf* 
preife*  (f,  g,  i,  o,  p),  2  gätte  mit  Sarja^lung1  unb  ©tunbung, 
(k,  n),  3  gäHe  mit  ©djjulbfibema^me  unb  ©tunbung  (h,  1,  q), 
1  gaff  mit  SaräQ^lung,  ©dfjulbübemafjme  unb  ©tunbung  (m),  ju- 
fammen  16  Jtfiufe;  in  5  gaffen  (f,  g,  h,  i,  k)  bewilligt  ber  ßäufer 
einen  3lu*trag,  in  1  gaffe  (b)  nur  ein  &erberg*redSJt. 

3Ba*  in*befonbere  bie  11  Verläufe  mit  ©tunbung  betrifft, 
fo  finb  in  7  gaffen  beftimmte  3aWun8*Wfien  vereinbart.  3Me 
griften  finb  3af>re*friften  unb  erftredfen  fidfj  auf  2  —  11  3atjre. 
3infen  finb  ntd&t  ju  jaulen.  $n  ben  übrigen  (4)  gaffen  bemiHigt 
ber  SBerfäufer  nur  eine  furje  grift  (1  3<$r)  i^r  Sejaljlung  be* 
Äauffd&ifling*refte*.  9la(f)  Slblauf  ber  grifi  fann  er  ben  nod&  rüdt- 
ftänbigen  Betrag  jeberjeit  einforbem.  39i*  bie*  gefd(jie&t,  Ijat  ber 
Ääufer  3*nfcn  (3Serjug*jinfen)  ju  entrichten. 

3n  4  Sßrotof  offen  erfd&eint  bie  SBerpfänbung  be*  oerfauften 
©ute*  jugunften  ber  3^^lung*rüdfftänbe  unb,  bei  Vereinbarung  oon 
■Jtoturalreidfjniffen ,  audfj  biefer  üermerft ;  in  3  oon  biefen  fällen  ift 
aufeerbem  ©eneratyppottyef  beftellt. 

S5ie  Derfauften  ©runbftüdfe  felbft  finb  meiften*  grunbbar; 
nur  in  3  gaffen  (a,  c,  in)  Ijanbelt  e*  fid^  um  ©runbftttdfe,  bie  bem 
SBerfäufer  ju  freiem  ©igentum  gehören,  unb  e*  finb  biefe*  einzelne 
Sdfer;  in  1  gaffe  (p)  ift  ba*  oerfaufte  @ut  jum  Seil  freie*  @igen= 
tum,  jum  Seil  grunbbar.  3)ie  Beibringung  be*  grunbljerrlid&en 
Äonfenfe*  sum  Berfaufe  ift  in  6  Sßrotofoffen  (b,  f,  g,  h,  p,  q) 
fonftatiert.  — 


1  ©eringfugige  Änjaljlung  ift  ntdjt  atö  ©arja&lung  geregnet. 


—    259    — 

2Jtan  fcmn  nidjt  fagen,  ba&  fxcf)  in  biefem  Material  eine  Ijocfc 
grabige  SSerfdfjulbung  auSfpridfjt;  benn  wenn  audjj  barauS  Ijer* 
t>otgel)t,  bafe  bie  Satzung  feineSwegS  bie  Siegel  bilbet,  fo  ftnb 
boc§  bie  3al)lungSbebingungen  wi  allgemeinen  berart,  bafs  bie  ©üter 
ntd&t  f<$wer  belaftet  erfdfjeinen.  (Sntweber  finb  bie  3<*&fon83friften 
furj  (1—3  Sa^re),  ober,  wenn  fte  auf  lange  3*ü  ^inauS  bewilligt 
ftnb,  fo  ftnb  fie  fo  geringfügig,  bafc  fie  ofjne  ©efa&r  ootn  ©ute  ge* 
tragen  werben  fönnen.  SltterbingS  muffen  Ijäuftg  ©Bulben  über* 
nommen  werben,  bie  bereits  auf  bem  ©ute  ruljen;  aber  wenn  biefe 
audfj  bem  Ääufer  läftig  werben  tonnten,  fo  ftnb  fte  bodj  nid^t  auf 
Stedjnung  beS  ÄauffrebitS  ju  fegen.  9Re§r  als  bie  ÄauffdjjittingS* 
frifien  waren  bie  (Smleibfdfjaften  imftanbe,  bem  Ääufer  baS  Raufen 
ju  erfdfjroeren.  Slm  meiften  erregt  gatt  1  33ebenfen  barüber,  ob  liier 
ni<$t  bem  Ääufer  eine  ju  grofce  ©dfjulbenlaft  aufgebürbet  wirb: 
äfojaljlung  wirb  in  nennenswerter  &ö^)e  nid&t  geletftet;  ber  Raufet 
mu&  ©Bulben  im  Setrage  oon  30°/o  beS  ©utSwerteS  übernehmen 
unb  6  Satire  lang  je  200  ff.  bejahen.  Slrofebem  erfdfjemt  ber  (Srwerb 
beS  ©uteS  fubjeftio  gerechtfertigt,  weil  ber  Ääufer  felbft  eine 
gorberung  am  ©ute  Ijatte,  unb  oielleid&t,  um  biefe  nid^t  ju  per- 
lieren,  baS  ©ut  übernehmen  mu&te. 

©er  ßauffrebit  Ijatte  ben  3wecf  unb  bie  Sebeutung,  Seuten, 
bie  jwar  genfigenbeS  Vermögen  befafjen,  baS  ©runbftfidf  ju  erwerben, 
beten  SRittel  aber  nid&t  liquib  genug  waren,  um  fofortige  33ar* 
jaljlung  ju  leiften,  ben  SWitbemerb  um  baS  ©runbftücf  ju  ermög» 
lidjen.  5Da^et  bie  furjen,  jinSlofen  Termine.  3)er  Ääufer  fottte  in 
bie  Sage  oerfefct  werben,  alsbalb,  ofpte  Atel  Umfdfj weife,  baS  ©ut 
ju  laufen,  unb  ben  ftauffd&illing  nad&träglici)  ^erbetjuf Raffen ,  burdj 
Äfinbigung  oon  ©ut&aben  ufw.  3)er  SBertäufer  hoffte  oon  biefer 
feine  ©idjprljeit  nid&t  ernftlid&  beeinträd&tigenben  Äulanj  einen  leeren 
SßreiS  infolge  ber  größeren  Äonfurrenj  ber  Ääufer1. 

B.    SDer  @rbteilungSfrebit. 

2)ie  Familie,  beten  Uta^rungSquette  baS  Bauerngut  bilbet,  befielt 
geroöl)nlid&  gleidjjeittg  aus  mehreren  Äöpfen,  ja  aus  mehreren 
Generationen. 


1  3u  beachten  tft,  bafj  unfer  Material  nur  ben  unmittelbaren  Äauf- 
ftebit  betrifft,  bafs  ftd)  alfo  au«  i$m  nia)t  ergibt,  wie  oft  ber  Ääufer  Ärebtt 
(Darle&endfrebit)  in  Stnfpruo)  nehmen  mufite,  um  bie  $ur  Barga^lung 
be*  JtaufpreifeS  nötige  ©umme  aufsubringen. 

17* 


—    260    — 

©ine  -ftormalfamilie  Ijat  gewiffermafcen  jwei  SMmenftonen  — 
fte  beljnt  ftdf)  nad&  oben  unb  unten  au$  (Slfeenbenten  unb  SDefjen* 
beuten),  !ann  ftdfj  aber,  bei  Äinberreidjtum,  audfj  nadfj  ber  ©eite  er* 
ftreden  (ßottateralen). 

2)iefer  SBieUjeit  ber  Sßerfonen  fönnte  aucij  eine  9Rel>r§ett  ber 
©ubfifienjfonbs  innerhalb  ber  gamilie  entfpredjjen.  ©ewö§nlt<$  aber 
bilbet  ba3  Bauerngut  bie  einjige  ©runblage  für  ben  Unterhalt  ber 
gamilie. 

@3  fann  nun  mand&erlet  gef  dEjeben :  2)a$  Bauerngut  fann  unter 
bie  felbftänbigen  (erwad&fenen)  gamilienmitglieber  geteilt  werben 
(ober  wenigftenS  unter  bie  gamiltenljäupter).  Slber  nidfjt  immer 
eignet  fidfj  ba3  Bauerngut  jur  Teilung,  au3  tedEjnifdjjen  unb  mirt= 
fd&aftlid&en  ©rünben;  mandfjmal  fteljen  audf)  red[)tlidE)e  jQinberniffe  im 
SBege.  @3  fann  nun  1.  ba£  Bauerngut  al$  @anje§  beladen  werben, 
inbem  man  audfj  ber  gamilie  mirtf^aftlid^e  ©in^eitlid&feit  gibt:  bie 
gamilie  wirtfdljaftet  bann  auf  bem  ©ute  gemeinfam,  e$  wirb  auf 
gemeinfame  3tedf)nung  probujiert,  unb  bie  SRu|ung  bient  allen 
gamiltenmitgliebern  jum  SebenSunterljalt1.  S)a$  ©ut  fann  aber  au<$ 
2.  oon  einem  gamilienmitglieb  ju  Sllletneigentum  unb  auf  alleinige 
Nedfjnung  übernommen  werben.  SDie  Qntereffen  ber  übrigen 
gamilienmitglieber  werben  bann  auf  anbere  2Beife  gewahrt,  fei  e3, 
ba&  ber  Überneljmer  a)  tyre  SlUmentation  übernimmt,  fei  e£, 
baß  er  b)  fie  anberwettig ,  in  ©elb  ober  Naturalien,  entfdfjäbtgt. 
©rflereS  (a)  fönnen  mir  als  ba8  patriardjjalif  djje ,  lefctereS  (b)  al£ 
ba3  SlbftnbungSfijftem  bejeidfjnen. 

S)a3  SlbfinbungSfpfiem  ift  nur  bann  am  Sßlafce,  wenn  bie 
abgefunbenen  gamilienmitglieber  leidet  eine  anbere  6rwerb3* 
gelegen^eit  befommen,  fei  e8,  bafe  fie  mit  &ilfe  ber  Slbfinbung 
auf  ein  anbereä  ©ut  jteljen,  fei  e3,  bafc  fie  iljre  perfönlidjje  SIrbettS* 
fraft  fonfi  entfpredjjenb  oerwerten  fönnen.  @3  ift  aber  au<§  nötig, 
ba§  bem  Überne^mer  ber  -JtoljrungSftanb  burdjj  bie  Slbfinbung  nid&t 
ju  fefjr  oerengert  wirb.  Seiftet  er  bie  Slbfinbung  in  Naturalien,  fo 
wirb  ba$  ©utSmoentar  oerfürjt ;  bie  Slbfinbung  in  ©elb  fann,  burejj 
SBerringerung  be$  S3etrieb3f apttafe ,  SDeterioration  beä  ©uteS  na<$ 
fidEj  gießen  ober  feine  SSerfd^ulbung  jur  golge  tyaben,  feinen  (Srtrag 
fdfjmälern. 

häufig  ift  e3  ba$  33efte,   bafc  ber  ©utsbefifeer  burdf)  83er- 


1  (Sine  Sl&art  —  einen  SReft  —  biefer  @tnri<$tung  finbet  man  nodj  fjeute 
in  Söagern  pielfac$  in  ber  „ÄommunEjaufung"  pon  ©efd&nnfiern,  gief  ©.59. 


—    261     — 

äufcerung  eines  fteilS  beS  ©uteS  ftdf)  von  ben  läftigen  ©elb* 
Verpflichtungen  befreit ;  aber  bief eS  ift ,  rote  bie  Teilung  beS  ©uteS, 
ouS  tedjnifdfjen,  toirtfd^aftlid^cn  unb  ganj  befonberS  aus  redfjtlid&en 
(Srünben  nid&t  immer  möglidfj.  9?ädf>ftbem  ift  eine  günftige 
©elegenbeit  jum  Abfafe  ber  Agrarprobufte  für  ben  mit 
AbfinbungSgelbern  flberlafteten  Sanbmonn  feljr  mistig.  3)enn  nur 
bann  wirb  eS  H)m  möglidf)  fein,  bie  ©utSnufcungen  rafd&  unb  oorteik 
Ijaft  in  bie  gorm  beS  3ö^lungSmtttefö  ju  bringen. 

SBeiter  fommt  folgenbeS  in  Setradjt:  ©o  lange  baS  ©ut  nur 
,9fal)rungSquetle  bilbet,  fei  eS,  bafj  eS  unter  bie  ©rben  geteilt  ober 
bafe  bie  £auSgemeinfdfjaft  fortgefefct  wirb,  ober  felbft  bei  Anwenbung 
beS  patriard&alifd&en  ©pftemS,  ift  eine  ©dtjäljung  beS  ©uteS  nid&t 
notwenbig,  übt  fie  feinen  ©influfj  auf  baS  ©ebenen  beS  SßirteS,  jietyt 
eine  Überfdfjäfeung  feine  fd&limmen  folgen  für  bie  beteiligten  nadjj 
ftdfj.  SBenn  bagegen  bie  oom  ©ut  weidEjenben  ©rben  in  ©elb  ent= 
fdfjäbigt  werben  muffen,  fo  ift  eine  ©utsfd&äfeung  unentbefjrlidfj,  unb 
eine  ridfjtige  ©utsfdjäfcung  ift  bann  oon  großer  Sebeutung.  SDaS. 
Bauerngut  l>at  nun  aufgehört,  bloß  -KaljrungSquelle  ju  fein  unb  ift 
jum  Unternehmen  geworben.  Sei  S3ered(jnung  beS  Steinertrages 
eines  Unternehmens  muß  aber  ber  Arbeitslohn  beS  Unternehmers 
unb  mu&  ber  ÄapitaljinS  oom  9tol)ertrag  abgezogen  werben.  2Bie 
oft  oon  ben  Sanbwirten  bagegen  gefünbigt  wirb,  ift  befannt.  3)abei 
ift  nodfj  töo£)1  ju  berficfjtdfjtigen,  aus  meldten  teilen  ber  Arbeitslohn 
befteljt,  bafc  er  grojü  genug  fein  foD,  um  ni<$t  nur  ben  Arbeiter 
felbft  in  ber  3eit  ber  ArbeitSfä&igfeit,  fonbern  audfj  bie  SKad&fommen« 
fd^aft  bis  jur  erlangten  ArbeitSfaljigfeit  uub  ben  Arbeiter  n  a  djj  bem 
Aufhören  ber  ArbeitSfäljigfeit  unterhalten  ju  fönnen,  ba&  er  alfo 
aud)  einen  ©parpfennig  enthalten  foH.  ©o  lange  freitid^  biefe 
gorberung  in  benjenigen  Sßrobuf  tionSjwetgen ,  too  bie  ArbeitSfraft 
am  frü&eften  jur  ©elbftänbigfeit  gelangt  ift,  im  ©ewerbe,  nodj)  feine 
©rfftttung  ftnbet,  fann  man  nidjt  erwarten,  bafj  bie  abjieljenben  ©e- 
fdfjwifter  bem  fibernefjmer  ben  ooHen  Arbeitslohn  jugefte^en.  — 

2Benn  mir  nun  unterfudfjen,  ob  in  bem  3*itraum,  mit  bem  mir 
uns  befdjjfiftigen,  bie  oben  ermähnten  SBorauSfefcungen  ber  Anwenbung 
beS  AbftnbungSfpftemS  oorgelegen  Ijaben,  fo  fommen  mir  im  wefent* 
lieben  }u  einer  oemeinenben  Antwort.  _  Am  beften  war  eS  nodf)  mit 
ber  ©elegenljeit  }u  anberweitiger  Unterfunft  beftellt. 
S)enn  wenn  aud>  baS  3unfta>efen  Unb  ber  gronbienft  ber  Setätigung 
ber  ArbeitSfraft  in  ©ewerbe  unb  fianbwirtfd&aft  geffeln  auferlegten, 
fo  waren  bie  ©ölbnerljeere  unb  bie  Älöfter  imftanbe,  ganje  SWaffen 


—    262    — 

Don  fieimatlofen  in  fid^  aufzunehmen,  dagegen  befanb  ft<£  ber 
bäuerliche  ©runbbcftfe  nodj>  ju  fe^r  in  naturalmirtf<$aftli$en 
SBerfjältniffen,  als  bafc  bie  Slbfinbungen  in  ©elb  betn  Über* 
neunter  nid^t  Ratten  gcfä^rlid^  werben  fflnnen.  2)er  Sauet  pro* 
bujierte  im  wefentltd&en  nid^t  für  ben  SWarft,  fonbern  für  ben  eigenen 
SJebarf.  3Me  ©mäljrung  einer  grofeen  gamtlie  begegnete  ba^er 
oer&ältniSmä&ig  geringeren  ©d&wierigfeiten  als  bie  Erlangung  ber 
nötigen  ©elbfummen  jur  2lbfdfjidf>tung.  SDaju  fommt,  bafi  ber  Sauer 
aufrieben  war,  wenn  er  oon  betn  ©rtrage  beS  83obenS,  ben  er  6e* 
baute,  leben  tonnte,  an  bie  &erauSwtrtf Haftung  eines  ÄapttaljinfeS 
ober  gar  einer  ©runbrente  würbe  nidjt  gebaut.  Selbft  ber  Srtoerb 
eined  Sparpfennigs  würbe  nidjjt  ins  Sluge  gefaxt  S)er  Sauer  §atte 
oor  Stugen,  bafc  er  feine  bejahrten  Altern  verpflegen  muffe:  alfo 
fönne  er  int  Ijoljen  älter  baSfelbe  von  feinen  Äinbern  verlangen. 

Sei  ber  SluSetnanberfefeung  ber  Slnfprfid&e  an  baS  ©ut  inner- 
halb ber  $ami(ie  famen  faft  alle  oben  befd&riebenen  SBege  in  2ln* 
wenbung:  bie  Teilung,  baS  patriardfjalifd&e  unb  baS  SlbfhtbungS» 
fpftem.  2)aS  bagerifdjje  Sanbredjjt  oon  1616  fagt  XL  1:  „SBenn 
33ater  ober  Sßutter  o&ne  ©efdfjäft  [b.  l>.  o&ne  lefetwtttige  Serfügung] 
mit  %ob  vergeben  unb  hinter  i^nen  e^elidje  Äinber  oerlaffen,  bie« 
felben  Ätnber  erben  all  tyr  $bab  unb  ©üter  jugleidf)."  5Die  jtinber 
Ratten  alfo  gleid&eS  Erbrecht,  eS  beftanb  feine  Snbioibual* 
fufjef  fton.  35aS  &auptbefi$tum  ber  bäuerlichen  gamilie,  baS  Bauern- 
gut, tourbe  aber  tatfädf}li<|  nid&t  geteilt,  fonbern  oon  einem  Äinbe 
in  ber  SBeife  übernommen,  bafe  bie  übrigen  ©rben  für  tl>re  Stafprüdje 
abgefunben  mürben.  35aS  Sor^errfd^enbe  mar  alfo  baS  SlbfinbungS* 
fpftem. 

©emöljnlidfj 1  wartete  man  mit  ber  Übergabe  nidjjt  bis  jum  £obe 
ber  ©Itern,  fonbern  menn  bie  Sefifcer  fd&madfj  unb  ru^ebebürftig  ge- 
roorben,  iljre  Ätnber  fcerangewadjjfen  waren  unb  betraten  wollten,  fo 
fibergaben  jene  „me^r  unb  befferen  SRufeenS,  9tu&e  unb  ©elegenljett 
falber",  wie  ber  2luSbrud  etwa  lautete,  if)t  ©ut  unter  Sebenben 
bemjenigen  Ambe,  baS  jum  SWad&f olger  beftimmt  war.  ©ine  Siegel, 
bafe  baS  ältefte  ober  Jüngfte  ftinb  baS  ©ut  erhielt,  läßt  ftd&  nidfjt 
aufftellen.  3$  benfe,  bafc  bem  Ätnbe  übergeben  würbe,  baS  um  bie 
3eit,  ba  bie  Umftänbe  für  bie  Übergabe  fprad&en,  eine  ©l)e  einging, 
oorauSgef efct ,  ba&  baS  igeiratSgut  beS  anberen  ©(jetetlS  ben  @r= 
Wartungen  ber  Übergeber  entfprad&.    3roH^^  ©0&n  unb  2;o<$ter 


1  3unt  folgenben  »gl.  Anfang  VII. 


—    263    — 

tourbe  fein  ttnterfdfjieb  gemalt.  $ie  Übergaben  an  £odjter  unb 
SEodfjtermann  ftnb  ebenfo  fjäuftg  wie  bie  Übergaben  an  ©ol>n  unb 
©dfjnriegertod&ter. 

3Me  Slbfinbung  ber  toeidfjenben  ©cfd^toiftcr  befte^t  in  ber 
SluSfleuer  unb  in  einer  ©elbentfdfjäbigung.  2)ie  SluSfieuer  ber 
©dEjtoeftem  enthält  getoö^nlidjj  Settfertigung  (33ettftatt  unb  33ett* 
getoanb,  b.  lj.  Sßolfter,  Unterbett,  Xeppidfj;  ein  IjärbeneS  unb  ein 
roerd&eneS  Sßaar  ßeiladSi),  £ruf)e  unb  Äul) ;  mandfjmal  ift  audfj  @^ren- 
befdfjnetbung  (gefttagSfleib)  unb  iQoljtoerf  (SBoljnungSeinrtdfjtung) 
babei1.  3Me  SluSftattung  ber  33rüber  ifi  einfacher,  geroö^nlid^  wirb 
nur  eine  Ruf)  gegeben,  manchmal  aud^  ©^renbefd^neibung.  3U* 
SluSflattung  gehört  aber  audfj  ba3  (troäene)  SjodfoeitSmal}!,  fafo* 
p^emiftif<$  „SRorgenfuppe"  genannt. 

9Die  ©elbentfdjäbigung  ber  ©efdfjtotfter  (SttbfiubungSgelb) 
ift  getw^nlidfj  „$u  betrat  ober  anberer  e^e^after  SRotburft"  ju  ent* 
rieten,  manchmal  bei  (Srreid&ung  eines  beftimtnten  2llter3 ;  aber  audjj 
bie  germanifdfie  grift  von  Safyx  unb  £ag  fommt  oor.  2Benn  ein 
©rbe  fein  ©Iterngut  nadfj  betn  SBerfaHtermme  in  ber  &anb  be8 
^Pflichtigen  beläßt,  fo  Ijat  e§  biefer  ju  oerftdjjern  (mit  iQppotljef)  unb 
ju  oerjinfen. 

2)er  Überne^mer  £at  ferner  feine  jüngeren  ©efdfjioifier,  „btö  fie 
tljr  33rot  felbft  geroinnen  fönnen  (big  jum  12.  SebenSjaljre),  mit  aller 
Stotburft  ju  verpflegen  unb  in  ß^re  ©otteS  ju  erjieljen". 

@nbli($  ift  ju  bemerken,  bafe  bie  lebigen  ©efdfjroifter  ein  lebend 
längttdfjeS  &erberg3red&t  beim  ©ute  tmben. 

Sluf  ©runb  biefer  ©egenleifiungen  be3  Übernel>mer3  oerjtdfjten 
bie  übrigen  ©rben  enttoeber  im  ÜbergabSoertrag  felbft  ober  in  einem 
befonberen  SBertrag  („Serjid&toertrag")  auf  üjre  Stnfprüd^e  am 
elterlichen  ©ute. 

2)af$  ber  junge  Sauer  bie  auf  bem  ©ute  laflenben  ©Bulben 
übernehmen  mufi,  oerftelit  ftdj)  oon  felbft.  @r  f)at  bie  ©djjulben, 
„wie  e$  bei  einer  ober  ber  anberen  ftattfinben  mag",  b.  t).  nadfj  ben 
für  fie  geltenben  Seftimmungen  über  Jtünbigung  unb  Tilgung  ju 
bejahten. 

Aber  audfc  bie  Übergeber  muffen  roeiter  leben.  3)a  audjj  fie 
einen  änfprud&  auf  ba$  ©ut  Ijaben,  unb  fogar  ben  erften  SKnfprudfj, 
fo  muffen  aud(j  fie  abgefunben  werben.    Sludfj  biefe  Äbfinbung  befielt 


1  3Ran  benfe  an  ben  bur$  $a§(rei4e  Abbildungen  Mannten  »bapertfäen 
Brautoagen". 


—    264    — 

in  ©elb  unb  Naturalien.  £ie  alten  33auer3leute  bebingen  fid&  ent= 
roeber  im  ÜbergabSoertrag  ober  in  einem  befonberen  SBertrag  einen 
SluStrag1.  2>er  2lu£trag  befteljt  im  &erberg3redfjt  unb  in 
•ftaturalreid&niffen.  ©ie  SKuSträgler  Ijaben  Slnfprudj  auf  einen 
„Sßinfel  in  ber  ©tube"  unb  auf  eine  ßammer,  fyäufig  audfj  auf 
befonbere  SRäume  jur  2tufbematyrung  ifjrer  &abe. 

Sie  SRaturalreid&niffe  jerfaffen  in  tägliche,  rood&entlid^e, 
vierteljährliche,  jafjrlidfje  ufro.  ©ie  befielen  in  jäJjrlidfjen  Sieferungen 
t)on  ©etreibe  (SRoggen,  2Betjen,  &afer,  ©erfle),  mertelja^rlt^en  üon 
Shttterfdjmalj,  toödfjentltcljen  oon  ßiern,  täglichen  Don  ÜRitöj.  SJfandj* 
mal  §aben  bie  Übergeber  audfj  am  Dbfi,  fotoie  an  ber  ©dfjladjtung 
Anteil,  &äufig  femer  wirb  baS  9ted)t  ber  SDHtbenüfeung  oon  ©alj, 
Äraut,  iQolj,  Sid&t  unb  Äüdfjengefcljirr  auSbebungen.  aber  audj 
Dberfleibung,  befonberS  ©djulje,  f)at  ber  Sauer  feinen  ©Item  ju 
liefern;  jur  33efdf)üffung  ber  Unterfleibung  bient  bie  SBerpfUdjtung 
be3  Übernel>mer3,  alle  Qatyre  ein  beftimmte8  Quantum  &aarlin  ufro. 
für  bie  Sitten  anjufäen. 

häufig  tmrb  bebungen,  bafc  bie  jungen  Bauersleute  bie  2lu3~ 
trägler  „bie  tägliche  ßoft  ob  bem  £ifd),  fo  gut  fie  fie  oon  ©Ott  bem 
2llImädSJtigen  l>aben  werben",  mitgeniefeen  laffen  foHen.  S)ie  SRatural* 
reidjjniffe  bienen  bann  „jur  Sefferung",  „jur  3u&u&e"/  "Ju  vxtfyctt 
Unterhaltung"  ufro.  Seltener  ift,  ba§  bie  Übergeber  nur  bie  Äcfl 
am  £ifd&  Ijaben,  oljne  weiteren  SBfafpruclj  auf  Sieferung  oon  SebenS* 
mittein. 

©eroöfjnlidj  behalten  ftd^  bie  Übergeber  befiimmte  ©runbflüde 
(Scler,  SBtefen,  SWüben=  ober  Ärautfelber),  Dbftbäume,  eine  Ruf)  ufro. 
oor  („Sluänaljme").  3U*  @rnäl>rung  ber  Äul>  bient  l)äuftg  ein 
Slnteil  am  ißeu,  ein  SDitttüeibcrcd^t  ufro.  3Me  aufgenommenen  ©runb= 
ftücfe  Ijat  ber  Überneljmer,  feltener  ber  Übergeber,  px  beftellen. 

SBenn  oon  ben  Übergebenben  ©Itern  ber  eine  ©Iternteil  ftirbt, 
fo  fd&rumpft  ber  2lu3trag  geroöljnlid[j  oon  felbft  auf  bie  igälfte  feinet 
urfprünglidfjen  SetrageS  jufammen.  ©inb  bei  ber  Übergabe  bie 
©rofceltern  be3  Überne^merS  nodfj  am  Seben,  fo  unterbleibt  bie 
©ttpulterung  eines  2tuStrag$  jugunften  ber  Übergeber,    ©er  3tu3trag 


1  Sgl.  ©djmtb  ju  ©antpr.  II  24  n.  3;  w.  .  .  n>a$  ift  im  ganzen  Sanbe 
meljr  gerooljnlid),  aI3  bafj  bie  Untertanen,  gemeine  Bürger  unb  Sauern  ober 
^anbroerföteute  iljre  SBerfftätt,  $öfe,  GJüter,  Siedet  unb  ©erec^tigfeiten  üjren 
Ätnbern  ober  einem  berfelben  bei  i!)ren  Se&jeiten  übergeben,  mit  SJorbe&alt  eines 
9lu8trag3  ober  bebungener  ^frünbe?" 


—    265    — 

roirb  bann  erft  nadj  bem  £obe  be3  alten  Sauern,  „nadj  grunbljerr* 
lid&em  Äonfenä  auf  guter  Seute  SWat"  feftgefefct. 

2)ie  ©elbentfdjäbigung  ber  Übergeber  wirb  gemeiniglidj  3  e  §  r  * 
Pfennig  genannt.  35er  3e§*Pfenntg  bient  bem  Srtamen  nadj  jur 
SBerf  orgung  ber  Übergeber  mit  benjenigen  SBerbraudjSgtttern ,  bie  fie 
nur  int  £aufdjt>erfeljr  erlangen  fönnen.  Qn  2Btrfli$feit  (teilt  er  oft 
eine  förmlidje  Vergütung  für  bie  Abtretung  be3  ©uteä  bar1.  3)er 
gefjrpfennig  ift  nadj  unb  nadj,  „wie  bie  Übergeber  feiner  bebürfen" 
ober  in  Jahresraten  (mit  ober  oljne  Slnjaljlung,  lefetere  fofort,  nadj 
ber  fiodjjeit  be3  Überneljmerä) ,  ober  binnen  ftcfyx  unb  %a$  ju  be* 
jaulen  unb  auf  längeres  Jnneljaben  ju  oerjinfen.  3)er  alte  Sauer 
f cum  ben  Beljrpfennig  „ ju  feinem  eigenen  -Wufeen  oerroenben",  er  barf 
„bamit  Ijanbeln,  nrie  er  will". 

fiäuftg  enthalten  bie  Übergab3oerträge  audj  Seftimmungen  über 
bie  SB  ererb  ung  ber  „21u3naljmen"  unb  be3  beim  £obe  be3  Über* 
<jeber3  tttoa  nodj  oor^anbenen  Stfprpfcmüsä-  ©ann  bienen  biefe 
SBermögenSbeflanbteile  mitunter  baju,  etwaige  gärten  ber  Übergabe 
befthnmungen  ju  befeitigen.  £)a3  33ett  ber  alten  Sauern  erhält 
ßeroöljnlidj  ber  Überne^mer,  er  §at  aber  bafür  bie  SeerbtgungSfoften 
ju  tragen. 

©ämtltdje  oom  Überneljmer  ju  leiftenben  bejro.  gefdjulbeten 
(Selb betrage  (©utef  dfjulben ,  SlbftnbungSgelber,  S^^f^^S)  Silben 
bie  „Ü b er g ab 3f um me".  iJHdjt  in  ber  Übergabäfumme  begriffen 
tfi  alfo  ber  eigene  ©rbteil  be8  ÜbewefjmerS.  SMefer  wirb  überhaupt 
tn  ben  ÜbergabSoertragen  toeber  beregnet  nodf)  auSgefdjieben,  bie 
ÜbergabSfumme  ift  eine  rein  redjnerifdje  ©röfee. 

häufig  finb  bie  ÜbergabSoerträge  fo  gefafct,  bafc  nidjt  bem  Über« 
nefjmer,  fonbern  bem  Übergeber  bie  Seja^lung  ber  ©utsfdjulben  unb 
ber  (im  Vertrage  nadj  Slnjaljl,  Slrt  unb  ©rö&e  feftgefefcten)  9lb* 
finbungSgelber  aus  ber  ÜbergabSfumme  obliegt.  $)iefe  Sefonber^eit 
Ijat  für  uns  natürltdj  feine  Sebeutung,  benn  für  bie  materielle  Sage 
beS  Überne&merS  ift  e$  gleidjgülttg,  ob  biefer  bie  ©utsfdjulben  unb 
2l6fmbungSgelber  bejaht,  ober  ob  fie  ber  Übergeber  aus  ber  bann 
effeftto  ju  leiftenben  ÜbergabSfumme  bejaht. 

Daoon  ift  ber  %a\L  ju  unterf Reiben ,  bafc  im  ÜbergabSoertrag 
eine  @rbau$einanberfefcung  überhaupt  md)t  ftattfinbet,  fonbem  ber 
Übergeber  bie  äbfd&idjtung  ber  ©efdjnnfter  be«  ÜberneljmerS ,  iljre 


1  9U8  eigentliches  3e§ra.elb  ober  Eafäengelb  bient  Qfiufig  ein  im  BuStraa. 
vereinbarte*  Duaiemoergelb  oon  15  fr.  ober  bergleic$en. 


—    266    — 

Sefriebigung  für  iljren  ©rbtetl  ftdfj  oorbe^ält.  Storni  fiettt  bie  Uber= 
gäbe  bot:  1.  bie  Stbf d^id^tung  be$  ÜberneljmerS,  2.  bie 
Abtretung  be*@ute£  anben  Übeme&mer  gegen  eine  Vergütung, 
welche  bie  (Srbteile  ber  übrigen  ßinber  in  fidfj  fdjlie&t.  2)ie  beftmtioe 
Grbregulierung  finbet  bann  geroöljnlidfj  erft  naä)  bem  £obe  ber  alten 
Säuern  fiatt.  (3u  biefer  Äategorte  non  ÜbergabSoerträgen  geboren 
bie  -Kümmern  4,  5,  6,  7,  14;  nielleid&t  aud&  bie  SRummetn  8,  11, 
1(3,  22,  23,  in  roeldjen  Verträgen  toeidjenbe  Äinber  überhaupt  nid(}t 
ermähnt  werben.) 

Sie  ÜbergabSoerträge  enthalten  geroö&nlidjj  audjj  bie  Äonjtatierung 
be$  grunbtyerr  lidjen  StonfenfeS,  f  onrie  bie  33eftettung  einer  ©  e  n  e  r  a  I  - 
^rjpot^ef  jur  ©td&erung  famtlid&er  nom  neuen  Seftfcer  über- 
nommenen 33erpfttdfjtungen. 

©djjon  du«  biefer  überfielt  über  ben  Qnljalt  ber  Übergabe 
vertrage  erfennt  man,  mit  roie  trielen  Sßräftationen  ba$  Sauern* 
gut  bei  ber  Übernahme  belaben  mürbe.  SBenn  bie  oerfdfjiebenen 
©enerationen  ein  jctyeS  ütben  Ratten  unb  niete  Jtinber  oor&anben 
roaren,  fo  lonnte  leidet  eine  gebetylidfje  2Btrtf<$aft  an  ber  Übermenge 
ber  Qnbinibuen  f Reitern,  bie  in  einer  ober  ber  anberen  2Beife  t)om 
©ute  leben  ober  jel>ren  wollten  unb  mufften.  3)ie  austrage  unb 
ausnahmen,  bie  3c^rPfenn^8e  un^  mütterlichen  fceiratgüter,  fonftige 
SBerpflid&tungen  jur  Alimentation,  bie  SluSjtattung  unb  ©ntfdfjäbigung 
ber  ©efdfjroifier,  etroaige  auf  bem  ©ute  ru^enbe  alte  Slbftnbungen 
(ber  ©efd&tmfter  be3  Übergeberg),  bie  Äoften  ber  Übernahme  feibfi 
bilbeten,  ba  ber  (Srtrag  beä  ©uteS  ji$  nid&t  nadjj  Seiteben  fteigem 
liefe,  ein  fel>r  roenig  elaftifd&eä  33anb,  ba«  bie  SebenSljaltung  be3 
Übemel)mer8  er^eblidfj  emfd&nfiren  fonnte.  3)iefer  burfte  oon  ©lücf 
reben,  toenn  feine  grau  ein  fo  grofee3  &  ei  ratgut  in  bie  <£l)e 
braute,  baf?  er  ftdfj  eine«  beträdfjtlidfjen  Xei(3  ber  auf  iljm  laftenben 
Verpflichtungen  entlebigen  lonnte.  3)a8  &etratgut  mürbe  oon  ben 
aSerraanbten  ber  grau  geroötjnlidj)  nadjj  einer  bebeutenben  2lnjat)lung 
in  grtften1  entrichtet.  2)ie  igeiratgüter  unb  bie  ©rbteile  ber  Über* 
ne^mer  bilbeten  ba$  eigene  Äapital  ber  bäuerlichen  SBirte  unb  bie 
©runblage  ber  aßirtfd&aftsffityrung. 

SEBir  fommen  bamit  oon  felbft  auf  bie  roid&tige,  ja  für  ben  ©rb= 
regulierungSfrebit  entfdjjetbenbe  grage  nadjj  ber  ©röfce  be3  6rb* 
teils   be8  Übemel>mer3.    igat  ber  Übeme^mer   einen  glei<# 


1  @8  fommt  aber  auefj  vov,  bafe  ba3  §eiratgut  nad)  bem  ©(jeoertrag  ein« 
fad)  »na$  unb  naefc1'  ober  „binnen  3>a§r  unb  Zqq"  gu  teiften  ift. 


—    267    — 

grofeen  ©rbteil  erhalten  tote  feine  ©ef djtoifier ,  ober  l>at  er  txn  fo* 
genannte^  „SBorauS"  erhalten,  ober  fjat  er  weniger  ermatten,  toeil  ber 
Vorteil  in  2lnfd^lag  gebraut  tourbe,  bafc  er  fid^  fojufagen  in  ein 
getnadfjteS  83ett  legen  fonnte?  ttnfere  SBriefprotofoHe  geben  barauf 
feine  beftimmte  Slntroort,  ba  fte  meber  ben  Sßert  be3  ©uteS  nodj  bie 
©rdfee  beS  @rbteitö  be$  Übernel>merS  angeben. 

3nbeffen  läfet  ftdj  bodj  aus  geroiffen  äfajeidjen  folgern,  baß  bie 
n>eid>enben  (Srben  in  ben  ÜbergabSoerträgen  fetneSmegS  ungänfiiger 
gefteHt  würben,  al$  ber  ©ut$übernel>mer.  2lbgefef>en  oon  et nj einen 
barauf  Ijimoeifenben  Sefttmmungen  ber  oon  un$  exzerpierten  unb  im 
folgenben  abgebrudften  ÜbergabSoerträge l  [äffen  biefelben  nämlidjj 
überhaupt  ben  negatioen  ©djlujä  zu,  baß  bie  gleidje  Se^anblung 
fämtlid&er  ©efdjtoifter  Sitte  mar.  SBenn  ber  @ut$fibernel>mer  einen 
SBorauS  befommen  Ijätte,  fo  Ijätte  biefeS  ftdjerltdfj  in  einer  ober  ber 
anberen  SEßeife  in  ben  ÜbergabSoerträgen  jum  SluSbrud  fommen 
muffen,  benn  toie  mir  fe^en  werben,  ge^en  biefe  bei  ber  Siegelung 
ber  aus  ber  ©utSübemaljme  fid)  ergebenben  rechtlichen  Beziehungen 
fe^r  ind  detail.  !Wun  ergibt  fidE)  aber  eine  Segünftigung  be$  ®\xt&* 
übernelpnerä,  eine  3urü<ffeftung  ber  meidjenben  ©rben  gegen  il>tt  aus 
feiner  ©teile  ber  ÜbergabSoerträge  mit  SetoeiSfraft,  fonbern  biefelben 
madfren  im  ©egenteil  auf  ben  Sefer  fämtlid^  ben  ©tnbruef,  baß  bie 
©leiclftett  ber  Erbteile  oon  ben  Kontrahenten  mit  peinlicher  ©e* 
nautgfeit  getoaljrt  mürbe. 

2)a3  tatfädjli<$e  ©röfeenoer&ältniS  ber  Erbteile  jueinanber  mar 
alfo  nid&t  tmflanbe,  ein  ©egengemidjt  ju  bilben  gegen  bie  abfolute 
©röfee  ber  baS  ©ut  oon  ber  Übernahme  an  belaftenben  93er- 
pflid&tungen ,  bie  üblen  golgen  ju  milbem,  bie  fi$  für  ben  3uftan*> 
be3  ©uteS  unb  für  bie  2eben$l>altung  be3  ©ut3übemeljmer$  aus  ber 
3trt  ber  Vererbung  ergab.  äfaberfeitS  l>inbert  uns  ber  SWangel  be* 
ftimmter  angaben  betreffenb  bie  ©röfee  beS  ©rbtcitö  be$  ©ut$* 
überne&merS  in  ben  ÜbergabSoerträgen,  bie  3Serf<J)ulbung  beS  ©uteS 
burd)  bie  ©rbregulierung  im  einzelnen  ju  beregnen,  dagegen 
feljlt  und  nidjt  jebe  9Rögli<$leit  ju  einer  fummarifdjjen  Be- 
urteilung biefer  33er(jältmjfe.  Senn  au£  ber  ©röfee  be«  ©ut£« 
ütoentarS,  namentlich  beS  lebenben,  au£  ber  $ölje  ber  auf  bem  ©ute 
lajienben  ©Bulben,  au$  bem  Setrage  ber  oon  bem  Überne&mer  an* 
geheirateten  SKitgift,  au$  ber  &öl>e  be$  &anbloljn3  laffen  fi$  man<fc 
mal  6<$lüffe  sieben  auf  bie  ©röte,  ben  3uf*an&   unb  bie 


Die  Jöemerhmß  6.  235  unten  iß  au$  Ijier$ec  ju  besteuert. 


—    268    — 

@rtrag$fäi>igfeit  be$  ©ute$,  fowte  auf  bic  SWittel,  bic 
bem  Übemel)mer  t>on  ber  Übernahme  an  jur  Serfügung  fhmben. 
S5a  wir  nun  bie  fiö^e  ber  SRatutalreidjmff e ,  fowie  bcn  Setrag  ber 
©elbabfinbungen  fennen,  fo  ftnb  wir  in  ber  Sage,  bei  manchen  ©utS- 
übergaben  bie  ©d&mere  ber  auf  bem  ©ute  lajtenben  äSerpflid&tungen 
unb  ben  ©rab  ber  burd)  bie  Übergabe  herbeigeführten  58erf<$ulbung 
annäljernb  fd&äfeen  ju  fönnen. 

I.  ©röfee  be3  lebenben  SnoentarS  angegeben. 
2)arau3  lägt  fid&  bie  ©utSgröfce  unb  barauS  bie  relative  &ö^e 
ber  SBerfd&ulbung  burdfj  ©rbregulierung,  fowte  bie 
Sage  be3  ÜbernelimerS  annäfjernb  beurteilen. 

1.  ©rofjeS  ©ut;  Diel  Jtinber.  3)ie  »elaftung  beä  ©ute«  burdfj 
Slbfinbung  ber  wetcfjenben  ©rben  tfi,  weil  baS  ©ut  fdjjon  oerfdfjulbet, 
unbebeutenb,  farot  aber  bodfj,  eben  wegen  ber  Ijo^en  allgemeinen  3?er= 
fdfjulbung,  redfjt  brfidtenb  wirlen. 

galfenftein,  Übergabsbrief  vom  20.  2Rfirj  1657.  ©.  £.,  3Reier 
ju  SB.,  unb  Ä.,  fein  @l>eweib,  übergeben  iljrem  ©o&ne  £anS  tyr 
SWeiergut  famt  $al)rntS,  barunter  4  Sßferbe,  4  Äfilje,  16  gungrinber. 
Übemeljmer  l)at  für  bie  Übergabe  1450  fL  ju  bejahen.  3)aoon 
f  ollen  folgenbe  ©laubiger  ju  1024  fL  inSgefamt  befriebigt  werben 
(©dfjulbenoerjeidfjniS  3lx.  1  oon  ©.  242).  %txntx  tun  bie 
Übergeber  iljren  Äinbern  auf  if)x  oäterltcljeS  unb  mütterliches  ®rbe 
folgenbe  Slufmad&ung :  einer  verheirateten  £odfjter  50  fL,  einem  ©ofjn 
unb  einer  £od&ter  je  40  fL,  trier  weiteren  £ö$tern  je  30  fL,  fünf 
weiteren  ©öljnen,  „ftntemal  fold^e  no<$  Hein  unb  unerjogen",  jebem 
20  fL  ©umma  350  fL  Sie  (einfache)  SluSflattung  &at  ber  Ü6er= 
neunter  ^erjurid&ten.  3)er  Überreft  wm  ben  1450  fL  (76  fL)  bleibt 
ben  Übergebern  al«  8tffq>faixA$.   SfaStrag. 

Sntereffant  ift  eS,  bie  20  Saljre  barauf  erfolgenbe  neuerliche 
Übergabe  beSf elben  ©uteS  von  bem  Überne&mer  auf  beffen  %o$Ux 
unb  £od(jtermann  ju  unterfud&en. 

2.  galfenftein,  ben  2. STCoobr.  1678.  SDie  ©Bulben  (©  d&  u  I  b e n  = 
t>erjeidfjnis  31  x.  4)  ftnb  im  ganjen  gletdfj  geblieben,  fte  betragen 
880  fL  Shifterbem  l)at  baS  ©ut  nod&  ©IterngutSrefte  oon  ber  oorigen 
©eneration  ju  tragen  ju  15,  7,  30  =  52  fl.,  fowie  ben  größten  £eil 
beS  3^tpfennigS  ju  1,  nämlid^  einen  Sieft  oon  62  fl.  SJaju  fomtnen 
nun  bie  neuen  ©elbentfdfjäbigungen  ber  ©efdjjroifter,  nfimlidjj  oier 
Sßerfonen,  jufammen  50  fl.,  unb  ber  neue  $tffq>itnm%  t)on  50  fl. 
%xo%  ber  ttngunft  ber  Umftänbe  infolge  §ol)er  SBerfdfjulbung  tfi  bie 


—    269    — 

Sage  beä  ©uteS  ntdjt  fdjlimmer  geworben.  $xoax  forberten  oiele 
Äöpfe  itjren.  Sttnteil ,  aber  mit  ber  Sefdjeibenljett,  bie  ben  prefären 
Söerljältmjfen  entfpradj. 

3.  ©rofceS  ©ut,  anfefjnlidje  ©rbportionen.  S>er  3e§rPfcnnt9/ 
ber  aud)  bie  ©utäfdjulben  in  fid&  fdjliefet,  jum  Seil  burdjj  ba3  @in= 
bringen  ber  S^efrau  be3  Übernel;mer3  gebcdEt.  ©rofee  2lu3na^me. 
gürforge  für  ©leidjfteUung  ber  Äinber. 

@rbing,  ben  10.  gebruar  1640.  3B.  ©t.  t)on  D.  unb  2l.>  feine 
©^eroirtin,  liaben  mit  ifjrem  Soljn  iganS  unb  feiner  33raut  folgenbe 
Übergabe  befdjloffen :  Übergeben  wirb  ba$  ©rbredfot  auf  bem  ©t.=iQof 
ju  D.,  bem  St.  ©mmeranftift  in  9tegen3burg  gehörig,  ferner  bie 
greiftift  auf  einem  bem  33tfd)of  oon  gretfmg  gehörigen  &ofe,  famt 
7  Stoffen,  3  Äülien,  7  Qungrinbern.  S)ie  ÜbergabSfumme  beträgt 
2000  flv  roooon  100  fl.  f of ort ,  600  fL  £i<$tme&  1641  mit  bem 
&etratgut  ber  33raut  ju  700  fl.,  ba$  tyr  SBater  in  benfelben  griften 
ju  entrichten  oerfprodjen  l)at,  bejaht  werben  f ollen;  ber  9teft  ju 
1300  fl.  ifl  ßidjtmefe  1642  richtig  ju  madjen  ober  anneljmlidj  ju 
oerft^em  unb  ju  oerjinfen.  S)aoon  Ijaben  bie  alten  (Seeleute  bie 
©d>ulben  unb  ben  lebigen  brei  Äinbern  ifjr  &eiratgut,  nämlidj  bem 
©eorg  500  fl.,  ber  SWaria  unb  ber  Slnna  je  400  fL,  abjuridjten. 
©en  oier  verheirateten  Äinbern  „fyat  bteSmal  nid^tö  met)r  gemalt 
werben  fdnnen,  jumal  fie  ju  bereu  SBereljelidjung  ju  ©enägen 
empfangen",  ausnähme  3  §elbäcfer,  7  £agn>erf  2Biefe  (baoon 
V«  Eagmerf  frei),  2  »ifang  &arb,  2  Sifang  9tüben.  äuStrag: 
jäfjrlid)  1  ©Reffet  Steigen*  Über  bie  Vererbung  oon  2lu3na§me 
unb  S^fPfawifl  witb  beftimmt:  2Jon  ben  oorbe^altenen  SGBiefcn  be* 
fommen  bie  älteren  (oer^eirateten)  brei  £öd)ter  l1/«  Sagroerf  oor* 
aus,  „bodj  bafj  fie  fold^e  bem  Überne^mer,  roenn  er  e$  Ijaben 
miß,  um  200  fl.  folgen  lajfen".  SDen  freieigenen  SBieSflecf  foU  ber 
verheiratete  ©o^n  erben  „in  33ebenfung  er  gegen  bie  anberen 
etoaä  weniger  eingenommen" ;  im  übrigen  faden  bie  oorbe^altenen 
©runbjtfidte  an  bie  verheirateten  Äinber  ju  gleiten  Seilen.  3)ie 
fiinterlaffenfd&aft  an  ©elb  befommen  bie  lebigen  itinber.  ©eneral- 
l)9P0tf)et. 

4.  ©rofceä  ©ut,  2  Äinber,  wenig  ©Bulben.  SDie  Übergab« 
fumme,  au£  ber  aud>  ba3  anbere  Äinb  ju  beliebigen  tfi,  feljr  mäßig, 
günftige  3aJ>lung3bebmgungen. 

&mbgerid&t  SBolfratS&aufen,  3lmt  SBolfratSljaufen,  ben  12. Stuguji 
1659.  ©egenftanb  ber  Übergabe  Seutellejjen  famt  3  3ugrojfen  unb 
6  fluten.    Übeme^mer  Softer  unb  ©ibam.   Übergabfumme  350  fl. 


—    270    — 

Saoon  ge&t  ein  Äirdjengelb  ju  50  fL  ab.  ©te  übrigen  300  fL  in 
iäf>rli$en  griffen  oon  breimal  50  fL  unb  bann  25  fL  SDie  3ht$= 
ftattung  ber  jüngeren  Xod&ter  obliegt  bem  Übernehmet.  ©eneral= 
^pot^ef. 

3tu£trag:  9>ie  tägliche  ftofi  ob  bem  Xtfdjj,  fo  gut  fte  e3  oon 
©ott  bem  8t0mdd)tigen  l>aben  werben,  bann  jur  3ubu§e  jä^rlid^ 

1  Steffel  Äorn  unb  V«  Steffel  SBeijen,  oierteljäfprlid;  3  $funb 
Vutterf<$mat}  unb  15  fr.  ©elb ;  roddf>entlid&,  wenn  bie  §emten  legen, 
4  Gier;  täglich,  toenn  oori>anben,  1  ftanne  3Kild5;  ferner  jäl>rlid& 
Vs  SRorgen  Jjjarltnfaat  anjufäen  unb  ben  SWer  ju  bearbeiten,  foroie 

2  Sßaar  ©d&ulje. 

5.  ©rofeeS  @ut,  Diel  Jtinber,  oicl  ©Bulben,  gleite  (Srbteite, 
geringe  ©rbportionen,  oorteityafte  heiraten.  —  Sei  biefer  Übergabe 
ftnb  mir  in  ber  Sage,  audj)  bie  mit  ber  ßrbregulierung  ju- 
fammenfjängenben  Vorgänge,  befonberS  bie  burd&  fte  ver- 
anlagten ©d&ulbaufna&men  ju  berüdftdjtigen.  Stoburdfj  er- 
halten mir  einen  Überblidf  über  baS  ©anje  oon  ©efdjjäften,  bie  ber 
Übergang  eines  Bauerngutes  oon  einer  ©eneration  auf  bie  anbere 
erforbem  fonnte,  einen  Überbltd  über  bie  Verlegenheiten,  bie  mit 
ber  Übernahme  eines  oerfd&ulbeten  ShtroefenS  fcfiuftg  oerbunben  maren. 

©ämtlidje  ^rotofotte  ftnb  oor  bem  &ofmar$geri$t  Stinnent^al 
unb  ^artbaufen  aufgenommen. 

Hm  3.  ftebr.  1687  übergeben  bie  VauerSefceleute  33.  unb  9R.  ©. 
ju  &artl>aufen  iljren  freiftiftmeife  befeffenen,  bem  Ulrid&Stlofler  in 
Augsburg  gehörigen  $of  mit  gabrniS,   als  5  angeföirrte  Stoffe, 

1  gütten,  4  9JWd>fiU>e,  3  3ungrinber,  3  »etten,  2  mit  ©ifen  be* 
fdjlagene  SBagen,  3  pflüge,  1  fcöljerne  unb  2  eiferne  6ggen, 
„©d&äff  unb  ©d&irr"  ufro.  i&rem  ©o&ne  ®.  @.  um  1100  fL  Über* 
gabfumme,  in  folgenber  2Beife  ju  entrid&ten:  näd&fte  ©tiftjeit  150  fL, 
3afobi  1688,  1689  unb  1690  je  125  fl.,  bann  jä&rlid&  50  fL    Sit 

2  SSd&ter  fcaben  bei  tyrer  Verheiratung  oom  @utSttbernel>mer  je 
1  Stuf)  ju  befommen.  austragt  jä^rltd^  2  ©djjeffel  Joggen, 
1  Steffel  Äern  unb  Vi  ©d&effel  ißaber,  ein  Viertel  beS  gewonnenen 
DbfteS.  Sßenn  Überneljmer  an  Äirdjjioeif)  ober  in  ber  SBtnterSjeit 
f<$ladfjtet,  ein  hinteres  Viertel.  Vorbehalten  ferner  „Ärautftucf" 
unb  Ruf).  Übergeber  Jjjaben  ^älfteanteil  beS  &euS  unb  ©rummets 
im  ©arten  unb  befommen  2  ÜRefcen  Sein  angefat;  ben  Seinfamen 
£aben  Übergeber  ju  [teilen,  bie  Überne&mer  Ijaben  aber  ben  ge* 
toonnenen  gladfjS  „MS  an  bie  &ed(jel  ju  pufeen".  SluStragSljäufel 
jur  Verberge. 


—    271    — 

©o  ber  ÜbergabSoertrag.  ©in  paar  SBodfjen  barauf,  am 
12.  STOfirj  1687,  nimmt  bcr  neue  ©utöbejtfcer  bei  einem  Sottet 
fjauS  in  $.  unter  ben  fjerfömmlidjen  Sebmgungen  gegen  SBer* 
pfänbung  be3  £ofeS  50  ff.  auf,  roaljrfdjeinlid)  jur  Seja^lung  be3 
£aubemium$. 

SBalb  barauf  ftirbt  ber  Übergeber.  3)al)er  (SrbteilungS* 
©ertrage  vom  6.  3uni  uub  13.  Quli  1687.  3Jton  ift  barin 
einig,  bafc  mmbeftenS  800  ff.  ©Bulben  auf  bem  ©ute  laffen.  SDie 
7  ßütber  (2  ©ö&ne  erffer  <£§e,  2  Softer  unb  3  ©öljne  jmeiter 
<£l)e)  befommen  je  15  fl.  Slbfutbung  afe  Erbanteil.  3)er  SWeft 
}u  199  ff.  verbleibt  ber  SBitroe  für  itjre  „(jeiratlidjen  ©prüd&e",  fte 
t)at  aber  ben  beiben  ©öljnen  erfter  ßlje  (Bürger  unb  $ßoftgeI)ilfe) 
bereu  TOuttergut,  nämlidj  174  fl.  unb  80  fl.,  in  griffen  aus* 
juja^len. 

3ur  felben  Seit  —  13.  Quli  1687  —  heiratet  ber  Über* 
neunter.  &eirat*gut  650  fl.;  nämlid&  200  fl.  bar,  ben  SReft  in 
3a$re*frifien  (1688  100  fl.,  1689—1692  je  50  ff.,  bann  fä$rlid& 
25  ff.) ;  »uSftattung :  „e&rlidje  Settfertigung",  ftufc,  Sungrinb.  S)er 
Sräutigam  bringt  ben&of  ju.  £rofe  be3  83areingange3  nimmt  ber 
Übernehmet  am  gleiten  £age  mehrere  ©Bulben  auf,  nämlidjj 
bei  obigem  ©otte$l>au3  50  ff.  jur  33ejal)lung  be3  SaubemiumS  fär 
Übergang  beS  SRiteigentumd  auf  bie  23raut  \  ferner  bei  2  SSormunb* 
fdfjaften  je  12  unb  15  ff.;  immer  unter  Serpffinbung  be£  &ofe$. 

3n  bief en  Sßrotof otten  f piegelt  ffd&  ein  gutes  ©tuet  ©  e  f  dj  i  d)  t  e 
be3  betreffenben  $ofe$  toiber.  5Der  Überna§m3prei3  unb  bie  33e= 
fdfjreibung  ber  33aumann$fal)mi$  geffatteu  einen  ©d&lufi  auf  ben 
2Bert  be3  Slntoefen*.  S)amad^  tjanbelt  e$  ftd)  um  einen  größeren 
£of,  um  ein  Seftfetum,  rote  e£  unter  rein  bauerltd&en  SSerljältniffen 
aü  tt>ptfd&  angenommen  toerben  !ann.  SDie  SBerfdfjulbung  ift  eine 
Ijod&grabige,  fte  beträgt  me^r  als  jroet  drittel  be3  Überna&mSpretfeS, 
©ogar  jur  Sejafclung  eines  Xeile*  ber  $etratöfoffen,  namentlich  be3 
SaubemiumS,  mufe  Ärebit  in  Sfofprucb  genommen  toerben.  ©erabe 
an  biefem  gaffe  jeigt  ftdj  aber  red^t  beutlicfc,  rote  brücfenb  oft  bie 
Saubemien  werben  fonnten,  befonberS  ba  fie  au$  bem  SBerte  ber 
©eredjjttgfett  beregnet  mürben,  o^ne  Serüdfid&tigung  ber 
barauf  laffenben  ©djjulben.  ©egenttber  ben  bebeutenben 
anbenoeitigen  ©utSfd&ulben  oerfdfjtoinben  bie  SlbfutbungSgelber  faft 
ganj.  @ie  betragen  nur  ben  11.  %t\l  be3  ÜbernaljmSpretfeS,  ©neu 


64utbbricfproto!oü  ttr.  5. 


—    272    — 

Sidfjtpunft  in  biefen  unerquidHt<$en  2BedE>felfäHen  be$  gamiltenlebenS 
bilbet  bie  Beirat  beS  ©utSüberneljmerS.  35ie  ebenfalls  nid&t  unan= 
feljnlid&en  &eiratgüter  bet  beiben  @&efrauen  beS  Übergebers  füib 
in  baS  @ut  (jinemgefdSJuftert  worben,  fo  bafe  e$  SWülje  mafyt,  bie 
Ätnber  erfter  Glje  für  tyre  SJhtttergutSanfprüdjje  ju  beliebigen. 

6.  ©rofceS  ©ut,  ©ebäube  jum  Xeil  niebergebrannt.  3  Äinber. 
33ert)ältni3mä&ig  geringfügige  ÜbergabSf umme ,  bie  bie  SKbfinbung 
ber  roetdfjenben  (Srben  etnfdjjliefjt  unb  burd&  ba$  JQeiratögitt  ber 
ß&efrau  beinahe  gebeeft  ift.    ©ünftige  3a&lung$bebuigungen.  — 

£©.  2Bolfrattl>aufen,  Sfmt  $erlad(j,  ben  18.  gebr.  1660.  2Bitit>e 
fibergibt  bem  2!omfapttel  in  greiftng  gehörige  „SJranbftatt"  (2)rittel= 
leljen)  unb  Saufölbe,  nadf>  £egemfee  gehörig,  mit  4  Stoffen, 
5  Äfiljen  ufm.  ©oljn  unb  beffen  ©^eiüirtin  um  260  fl.  Übergabe- 
fumme;  baoon  60  fl.  bejaht,  ber  9teft  in  Jahresraten  oon  40  fl. 
S)ie  jroei  nod)  lebigen  Äinber  (Soljn  unb  £od)ter)  fyat  Übergeberiit 
für  tl>re  (Srbanfprüd&e  ju  befriebigen,  bie  SluSftattung  aber  §at 
Übemef>mer  Ijerjurid&ten.  SKuStrag.  &eiratgut  ber  ©djjnnegertodSJter 
gemäfe  igeiratsbrief  oom  gleiten  £age  190  fl.,  jo^lbar  in  Ja^reä- 
raten  ju  50  fl. 

7.  ©rofeeS  ©ut,  otele  Äinber..  2)ie  Selafiung  burdfj  216- 
finbung  ber  roeid&enben  (Srben  erfdfjetnt,  wenn  man  in  33etrad^t  jiefjt, 
ba&  fd&on  beträd^tlirf)e  ©d&ulben  auf  bem  ©ute  rudert,  nid>t 
unbebeutenb.  ©ünftige  3a^unfl3&ekin8un9en*  Seträdjjtltdfje  2lu3* 
nannte. 

griebberg,  ben  1.  Slpril  1666.  —  9K.  ».  non  ».  l>at  fd&on 
t)or  2  Jahren  feinem  ©o^ne  ben  &of  (Sreiftift)  famt  5  SRoffen  um 
850  fl.  übergeben,  roomtt  „er  benn  au<$  feinet  igetratSguteS  [falber] 
entrid&tet  fein  foH".  £)iefe .  Summe  nrirb  beglichen :  burd&  ftber* 
laffung  beS  falben  SBoJjnljaufeS  in  2lnfd&lag  von  150  fl.,  ©nt= 
rid&tung  berjenigen  ©laubiger,  bie  ben  SBorgang  Ijaben,  200  ffv 
3e^rpfennig  40  fl.  SDer  SRcft  ju  460  fl.  in  2  Jahresraten  ju  50  fl. 
unb  bann  in  Jahresraten  ju  25  fl.  ißieroon  §aben  junädfjji  bie 
beiben  ©öljne  erfter  @^e  (jufammen)  100  fl.  als  fceiratgut  unb 
@rbportion  ju  befommen;  bie  aisbann  üerbleibenben  griften  fielen 
bem  SBater  ju,  bodjj  mufe  er  baoon  bie  übrigen  ©d&ulben  (alfo  bie 
gemeinen  ©dfjulben,  fie^e  oben)  bejahen  unb  ftd&  mit  ben  übrigen 
lebigen  6  Äinbern  (roaljrfdfjeinlidfj  jroeiter  @f>e)  beS  mütterlid&en 
©uteS  falber  üergleid&en.  SluSnaljme:  2  Judjart  2l<fer,  1  £ag* 
roerf  jmeimä^biger  2lnger,  2  Sifang  gro^e  SRüben,  1  Sifang  Meine 
SRüben.    ©eneral^pot^ef. 


—    273    — 

8.  SRittlereS  ©ut  ©ie  Übernaljmebebmgungen  wären  fefyr 
günfiig  ju  nennen,  jumal  biet  Viertel  be$  Übevßab^fd^iUtng^  Dom 
(Einbringen  beS  anbeten  ©Ijetette  gebedft  erfdfjetnen,  wenn  ber  — 
übrigens  nid(jt  aHjugrofje  —  2lu3trag  md&t  wäre. 

2®.  2Bolfrat3l>aufen,  Statt  2Barngau,  ben  14.  Sfyrtl  1660. 
Übergeben  wirb  ein  Seutelleljen  famt  2  ^ugodfjfen,  5  äWild&fityen, 
2  Sungrinbern  an  ©oijn  unb  beffen  6l>emirtüt  um  270  fl.,  wooon 
30  fl.  bejaht  finb  unb  ba3  übrige  na<§  unb  nad&  erlegt  werben  foll, 
jebodfj  foQ  Übergeber  feine  ©dfjulben  felbfi  bejahen. 

äuätragSbrief  oom  gleiten  £age:  S)ie  tägltd&e  Äofi  am  Sifdj, 
fo  gut  fte  e3  oon  ©ott  Ijaben  werben,  bann  iä&rtt<$  1  Steffel 
©ettetbe,  barunter  1  3Refcen  ßorn,  1  3W.  Sßeijen,  4  3W.  ©erftc ; 
von  ©eorgi  big  3Rartini  täglidf)  1  gute  2Kafe  3Kild&  unb  möd&entHdj 
6  @ier,  unb  oon  Söiartini  bis  ©eorgi  1  ßänbl  3Kildfj  täglidfr  unb 
wddfjentlidfj  3  (Sier,  quatemberlidfj  3  &  ©dfjmalj  unb  15  fr.  ©elb; 
enblidj)  alle  $al)re  1  SWefcen  &arlmfamen,  ben  bie  jungen  (Seeleute 
£auen  unb  bauen  fallen,  unb  jebeä  brüte  $at)r  1  wollenes  Äleib  ju 
reiben,  ©eneralljgpot^ef.  i&etrategut  ber  Sraut  be3  Überne^merS 
gemäfe  ißeiratbrtef  oom  gleiten  Xage  200  fl. 

9.  3Rittlere3  ©ut,  2  Äinber,  bie  äbftnbung  ber  wetdjjenben 
©djjwefier  bebeutenb,  ber  3^tpfennig  jiemltdEj  §od&.  Sorgwirtfdjjaft. 
Sie  ©utäfdfjulben  erfdfjeinen  übrigens  burdf)  baS  Einbringen  beS 
anberen  ©IjetetlS  gebecft. 

S@.  SßolfratS&aufen,  Statt  SBamgau,  ben  11.  3funi  1660 l. 
Übergabe  eines  33eutelle§enS  mit  2  SKutterpferben ,  3  Äflljen, 
4  Qungrinbern  an  Stodjjter  unb  ©ibam.  ÜbergabSfumme  550  fl. 
SDaoon  ftnb  ju  enteilten:  baS  igeiratSgut  ber  anberen  Stod&ter  ;u 
230  fl.,  ©Bulben  50  +  20  +  20  +-  20  -+-  50  +  10  =  170  fl. 
(lauter  Slad&barfrebit),  baS  (Slterngut  einer  ©d&wefter  beS  Übergebet 
ju  20  fl.  unb  ber  £anblol>n.  3)er  SReft  (ca.  100  fl.)  ifl  3efjr* 
Pfennig.  Die  SluSftattung  ber  lebigen  Eod&ter  l>at  jum  £etl  ber 
Überne&mer  (SBettferttgung,  ©fcrenbef  djjneibung ,  Äul>),  jum  SEeil  ber 
Xlbergeber  (fioljwerf)  auSjuridfjten.  SluStrag.  $eiratgut  beS 
©d&wiegerfo&neS  gemäfc  fieiratbrtef  oom  gleiten  Sage  250  flv 
na$  unb  nadjj  }u  bejahen  unb  jur  Sefriebigung  ber  im  Übergabe 
brief  genannten  ©laubiger  ju  oerwenben. 

10.  SRittelgrofeeS  ©ut.    3iemlidf>  große  bare  ©elbabftnbungen. 
2BolfratSi)aufen,  25.  unb  26.  Dftober  1660.    SBttwe  übergibt 

ifrr  »eutellefren  (2  Stoffe,  3  Äü^e  ufw.)  ©oljn  unb  ©d&wtegertod&ter 

1  8g(.  Kn^ang  VII. 

tfo^en,  Sai^ulbung.  18 


—    274    — 

um  225  fL  Stamm  finb  95  fL  fdfjon  bejaht1;  100  fL  $aben  bie 
Überne&mer  ber  lebigen  Stodjjter,  20  Safere  alt,  jur  SSereljelicIjung 
(otyne  ßinS)  in  ßtben ,  nebft  äuäjtattung ;  ben  3*eft  ju  30  fl.  ber 
Übergeberin  ju  tyrer  allmäl>ltd&en  Stotburft.  2Benn  Übergeberin 
ttroa*  baoon  Ijintertöfct ,  fo  erben  bie  verheiratete  unb  bie  lebige 
Softer  jufammen  ein  SDrtttel,  ber  ©oljn  jroei  drittel,  er  fyat  aber 
bie  SegräbniSfoften  ju  tragen.    Sudtrag.    ©enerafoerpfänbung. 

11.  SRittelgrofeeS  ®ut.  2)er  grunbljerrfcljaftlid&e  SluSjtanb  unb 
ba£  SRitgiftgetreibe  beuten  auf  ungfinfHge  tmrtfd&aftltd&e  SSerljältmffe 
Ijin,  Sie  ©elboerpflidSJtungen  beS  Überne&merS  erfdfjeinen  burdjj  ba3 
©(^einbringen  ber  grau  großenteils  gebedft. 

SRinneut&al ,  ben  19.  SWärj  1665.  Übergabe  eines  §ofe£  mit 
4  SRoffen  an  ©o&n.  SDtefer  oerfpridfjt,  300  fL  IjinauSjugeben, 
nämlt<$  an  ber  fcod&jeit  60  fL,  bann  jä&rltd&  30  fl.  «leine  Xu3» 
nafyme.  8Ba$  bie  alten  3fo3ftönbe  an  (Mb  unb  ©etreibe  betrifft, 
fo  foQen  bie  jroei  Steffel  (betreibe  ber  alte  unb  ber  junge  Sauer 
fommenben  üjerbft  mttetnanber,  ben  ©elbrfidfftanb  oon  48  fl.  aber 
foü  ber  Übergeber  allein  in  jäljrlid&en  9taten  oon  10  fL  ber  Jßerr* 
fdjjaft  entrichten.  2lm  gleiten  Sage  heiratet  ber  ©utöfiberne^nter. 
Einbringen  ber  SJraut * 2fo3jiattung  unb  250  fL,  roooon*40  fL  „in 
©amen»  unb  ©petfegetreibe  unb  anberem"  ju  leiften,  210  fl.  bar, 
nämltdjj  60  fl.  fofort  („ju  ©uerfdjjmalj"),  bann  jäfjrlidf)  20  fL 

12.  2Rittelgro&e$  @ut,  $au*  abgebrannt,  ©finftige  Über« 
na^mebebingungen.  2)a3  &eiratgut  ber  grau  betft  bte  übernom« 
tnenen  ©d&ulben  unb  ben  3*l)tpfttmig. 

2&olfrat$&aufen,  13.  September  1660.  SBttwe  fibergibt  i^r 
Seutelle^en  nebft  3  3ugroffen  nnb  2  ftü&en  („unb  fonfi  nid&tS, 
jumal  bereits  cor  einem  3af>r  burcij  ein  unoorljergefeljen  au3= 
gefommeneS  geuer  §au$  unb  &of  nerbrunnen")  ©oljn  unb  ©djroieger- 
tod&ter.  hierfür  baben  biefe  150  fl.  fjerauäjugeben  oerfprodjjen : 
ben  3  unmänbigen  ftinbern  bei  @rreidj>ung  beS  12.  Lebensjahres  je 
15  fL ;  40  fl.  ber  Übergeberin  jum  Unterhalt,  unb  jroar  5  fl.  fofort, 
baS  übrige  jur  9totburft  nadfj  unb  nadfj;  65  fl.  Ijaben  bie  ©laubiger 
ju  forbem.  2luStrag.  @enerall)ijpot$ef.  igetratgut  ber  SRüflber* 
ne^merin  (gemäfe  ijjeiratsbrief  com  gleiten  Sag):  100  fL,  baoon 
62  fl.  bar,  ben  SReft  binnen  3a^r  unb  Sag;  3lu$ftattung. 

13.  ÄleineS  @ut.  Siele  ©d&ulben,  3tn$*  unb  ©üttrüdftänbe. 
■Keue  ©elbfd&ulben  labt  ber  Unternehmer  burdjj  bie  Übernahme  ntd&t 
auf  fid),  bagegen  urirb  i^m  ber  StuÄtrag  ju  f Raffen  mad&en. 

1  SBa§rfdjeinltc$  Erbanteil  ber  oer&eirateten  £o$ter. 


-r-     275     — 

S®.  SBotfrata&aufen,  8tmt  SSqrogau,  ben  20.  SRoaember  1659. 
@.  2K.  vom  Alan  leiten  befennt,  bafj  er  feine  SBaufölbe  famt  1  gar 
fti)ted)ten  SRofc  unb  2  Äüljen  Softer  unb  (Sibam  um  300  fL  Aber« 
%tbm  Ijat.    Stamm  foH  biefer  bie  ©Bulben  bejahen,  nämlidfj 

Kapital  ©ülteu 

einem  ©otteSljauS 50  fL  2  fL  30  fr.  . 

einer  SBormunbfd&aft 60    „  9   „   - 

einer  anberen  SBormunbfdfjaft     .    .    50   „  5   „  — 

einem  anberen  ©otteS&aufe    ...    10    „  —   „45   „ 

gerner  ©d&ulben  an  ^Privatleute  ju  10,  10,  10,  5,  3  unb  3  fL 
Kapital;  enblidj)  auSfianbige  ©runbgülten  ju  5  fL  36  fr.  an  bie 
©runb&errfdfjaft.  ©er  9teft  von  65  fL  39  fr.  ift  3e$rpfenmg.  Über* 
neunter  Ijaben  bie  brei  lebigen  ftinber  mit  SluSftattung  ju  verfemen, 
©eneratytjpotljef. 

3iemlid&  bebeutenber  2lu$trag:  ^äljrttdj  1  SDtefcen  SBeijen, 
1  2Re&en  2öeijen  unb  ©erfte  untereinanber ,  1  SJiefeen  ©reierlingS* 
forn,  wie  eS  ber  33au  gibt,  l1/«  2Wefcen  ©erfte*  unb  41/«  SWefcen 
$abermifd)ling ;  folange  bie  SluStragSperfonen  ber  arbeit  beiden 
föimen,  fcaben  fie  beim  Übernehmet  bie  tägliche  Äoft  ob  bem  Xi\$ ; 
bie  2tu3trag3leute  befommen  ferner  täglich  im  ©ommer  1  2Ra&,  im 
Sßinier  1  Ranne  9Rild& ;  ftraut  unb  3?fiben  bärfen  fie  nadfj  SRotburft 
nehmen  unb  2  ßirfcfc,  1  Sfyfel*  unb  1  Birnbaum  für  fi<$  benufcen. 
Übernehmet  jjat  i^nen  jä^rüd^  5  Sßrientmefcen  &ar(infaat  an§u= 
fäen  unb  2  Sßaar  ©<$ul)e  jujuftellen.  3)te  alten  behalten  ferner  bie 
SBofymmg  in  ber  Stube  unb,  jur  Siegerftatt  foroie  }um  Stuf  enthalt 
i&rer  ©ad&en,  bie  mittlere  ftammer. 

14.  jtteine*  ©ut.  ©rfjeblid&e  ©elbabftnbung ,  aber  günftige 
3af)lung$bebmgungen.    SMäfeiger  äuätrag. 

9Knnentt>al/  4.  9iooember  1686.  SBitroe  £.  übergibt  Ujr  ©ölben* 
fylii*<$en,  baju  in  jroei  gelbem  je  1  Qudfjart  unb  im  britten  gelb 
1 2  3ud&art,  ber  fcofmardfjfjerrfd&aft  fiift*  unb  gältbar,  nebft  2  Äußert 
unb  1  Qungrinb  Eod&ter  2Raria  unb  ©djjroiegerfoljn  gegen  200  fl. 
ftbergabfumme.    33ar  50  fl.,  bann  jäl)rlidj>  je  15  fl. 

Xuätrag:  2)ie  Übergeberin  &at  Bei  ben  Übernehmen!  jeitlebenS 
bie  §erberg,  femer  $olj  unb  ßtdfjt  ju  beanfprud&en,  ober,  wenn  fie 
fid)  ntdjjt  beieinanber  vertragen,  ftatt  bejfen  jaf}rtt<$  3  fl.  SBenn 
eined  von  ben  gmei  ganjen  3ud&art  über  SBinter  angebaut  ift,  fo  be* 
fommt  bie  Übergeberin  2  SRefcen  Joggen,  wenn  aber  nur  ba8  Ijalbe 
3udfjart,  befommt  fie  md&tS  baoon.  gerner  fyat  man  i&r  ju  geben: 
Jfyrlidft  4  Sßfunb  ©d&malj,  mdd^entli^  1  2Rafi  Sßitd&,  ben  britten 

18*. 


—    276    — 

£eü  be*  Dbfie*/  am  Sonntag  bie  Eier,  nad)  Slotburft  SRfiben.  Xit 
lebige  Xod&ter  befommt  oom  übernehmet  iljre  ShiSßattung.  3Ba« 
Übergeberin  an  ®elb  fcinterlä&t,  befommen  nur  bie  (brei)  roetd&enben 
Äinber. 

15.  Äleine«  @ut,  2  Äinber,  3e&*Pfenn*ß  unb  Slbftnbung  ge* 
tingfügig. 

2®.  SBolfratS&aufen ,  »mi  fcaning,  ben  29.  Oftober  1659. 
fibergeben  wirb  ein  ©ölbenljäuSl  famt  Jtul)  an  ©olpt  unb  ©djnrieger^ 
todjter.  3)iefe  foflen  al«  Übergabfumme  45  fl.  binnen  %al)v  unb 
Sag  J>erau«bejal)len  unb  ben  Übergeber  unb  feine  @^emirtin  mit 
Äoft  unb  Äleibung  nad&  SRotburft  unterhalten.  SHe  lebige  ^odjter 
^at  au£  bem  fibergabfd&itling  ju  tyrer  Sebfirftigfett  20  fl.  unb  auf 
Slbleben  i&rer  ßltern  beten  S3ett  unb  »ettflatt  ju  befommen. 

IL  3)te  Sage  be«  Übeme&mer«  tfi&t  fidj  au3 
anberen  Stnjeid&en,  al«  sub  1  angegeben,  annäfjemb 
ermitteln. 

16.  Übernetjmererbteü  angegeben.  @ut«roert  (Über- 
gab«pret«)  !ann  ba&er  beregnet  werben :  ßrfterer  betragt  ettoa  2/s  be3 
lefcteren.  2)ie  jungen  33auer«leute  treten  alfo  mit  einer  @djulben= 
lafl  oon  8/s  be«  @ut«roerte«  bie  Sßirtfdjaft  an. 

ßrbing,  ben  3.  Stooember  1644.  *ß.  übergibt  feiner  Softer 
unb  beren  (Seemann  feine  SReierljube,  ^retftift,  bem  ßlofler  grauen* 
d&iemfee  gehörig.  „3u  fdjwlbiger  SSergleidjung  beffen  mfiffen  bie 
Überneljmer  bem  [alten]  Sauer  Aber  700  fl.  ber  Xofytx  geregnet 
&eiratgut  no<$  eine  ©umme  ©elbe«,  benanntltdj  1100  fl.,  &erau£= 
geben",  b.  I).  binnen  $af)i  unb  £ag  bejahen  ober  auf  längeres 
^nne^aben  üerftd&ern  unb  oerjinfen.  3)ie  ©djjutben  bleiben  bem 
Übergeber,    ©eneral&tjpotljef. 

17.  ©änflige  33er^ältniife.  3roet  ©ö&ne.  ©leidjeßrbteile. 
S)ie  alten  beanfprud&en  feinen  befonberen  3e*Wfenntß*  2)er  2lb= 
ftnbung«betrag  ifl  jur  &alfte  bereit«  getilgt. 

2Bolfrat«l)aufen,  ben  23.  Juli  1744.  ©ölbnerSeljeleute  über* 
geben  tljre  SBaufölbe  iljrem  ©o^n  Slnton  um  800  fl.  „woran  Ujm, 
Übeme^mer,  als  ein  affignierte«  unb  oerroilltgte«  ißetratgut  abgeben, 
mithin  jugute  fommen,  400  fl."  200  fl.  bejaht,  9teft  ju  200  fl.  in 
brei  Jahresraten.  SuStrag  unb  SluSna^me  befd&eiben.  S)er  nod» 
lebige  ©oljn  Jofef  l)at,  roenn  er  nid&t  bei  Sebjeiten  ber  Eltern  ab* 
gefdjid&tet  („ausgesteuert")  mirb,  au«  ber  SBerlaffenfdjaft  berfelben 
feinen  ©rbteil  ju  400  fl.  im  oorauS  ju  forbern. 

18.  3temlidj  Heine«  ©ut.    (SDer  SSert  ergibt  fidj  au« 


i 


—    277    — 

ber  $ö!)e  be$  &anbloljne$.)  SWS&ige  SSerfd&ulbung.  3)er  alte 
Stauer  f)at  jum  jnmten  9Rale  oorteilljaft  geheiratet.  SSiel  Äinber. 
kleine  SBatergfiter.  Sefdjeibener  3e^rPfenn*8*  ®°$  3Jtuttergut  bleibt 
auf  bem  $ofe  liegen. 

fjalfenfiem,  ben  6.  Utoüember  1685.  Übergabe  eines  SeibredjteS 
<in  ©o$n  5ß.  [erfter  @&e].  Siefer  übernimmt  bie  ©djulben  ju  95  fl. 
<©d>ulbenoerjeidjnU  Sir.  7)  unb  ba3  fceiratgutfjaben  feiner 
(Stiefmutter  ju  120  fl.,  gibt  ben  brei  Stödjtern  erfter  6^e  il)r  3Rutter* 
gut  oon  je  17  fl.  =  51  fl.  fjinauS,  ftnbet  bie  a<$t  lebigen  Jttnber 
beiber  6ljen  für  iljr  Satergut  mit  je  14  fl.  =  112  fl.  unb  bie  t>er* 
heiratete  £o$ter  mit  einem  SBatergutSrefi  oon  I2V2  fl.  ab,  bejaht 
ba3  Setbgebinggelb  von  30  fl.  an  bie  ©runbljerrf djaft *  unb  bem 
Sitten  30  fl.  als  3e$rpfenmg.    SluStrag. 

III.  3n  ben  folgenben  ÜBergabSoerträgen  (9ir.  19—26)  lägt 
fu$  jroar  ba3  5Berl)ältntS  ber  (SrbregulierungSfdjulben  jum  ©utSroert, 
foroie  bie  materielle  Sage  beS  ©utSüberneljmerS  mangels  ÄenntniS 
beS  ©utSroerteS  unb  beS  ©rbanteilS  beS  ÜberneljmerS  nidjt  feftftellen, 
u>of)l  aber  baS  quantttatioe  SBerljältniS  jroifd>en  ben 
(SrbregulierungS*  unb  ben  fonftigen  ©utSfdjulben. 
S>a3  ©rgebniS:  SBiel  ©Bulben,  üeine  ©Iterngüter, 
mäßige  3*&*Pfettnt8e-  $i*  SlbfinbungSgelber  finb  aber  roaljrs 
fdjeinlid)  nur  wegen  Ijotyer  allgemeiner  SSerfd&ulbung  fo  unbebeutenb. 
<Sben  wegen  biefer  SBerfdjulbung  ift  oermutlidj)  bie  Sage  ber  ©utS* 
Aberneljmer  trog  ber  ©eringffigigfeii  ber  Slbftnbungen  (eine  be- 
friebigenbe,  fdjleppen  ftd)  biefe  trog  tljrer  ©eringfügigfeit  junt  Seil 
Don  ©eneration  )u  ©eneration. 

19.  galfenfiein,  3.  2Kai  1625.  Seeleute  übergeben  tyrem 
©oljne  ©g.  unb  feiner  33raut  iljre  Seibgebinggere^tigleit.  Über« 
neunter  Ijaben  in  Slnredjmmg  auf  bie  Übergabfumme  ade  ©elter, 
Summa  630  fl.,  ju  bejahen,  ben  anberen  fed)S  Äinbem  (fünf 
9Räbd)en,  ein  Änabe)  als  (glterngut  bei  iljrer  Verheiratung  je  20  fl. 
famt  äuSftattung  ju  geben  unb  ben  Übergebern  „jur  3u&u&e"  30  fl. 
in  Jahresraten  oon  2  fl.  [3*to>fennig].    SluStrag. 

20.  galfenftein,  15.  SRooember  1657.  ©egenftanb  ber  Über- 
gäbe  ein  £eibre$t,  Überneljmer  ©o&n,  Übergabfumme ,  474  fl. 
SDiefe  fegt  fid^  gufammen  roie  folgt:  Sefteljenbe  ©Bulben  344  fl. 
(SdjulbenoerjeidjniS  31  r.  2),  alte  SlbfinbungSgelbrefie  50  flv 


1  7Vi°/«  au*  400  fl.  Übergabfumme  na$  Kbjug  beS  $anbto$n«  unb  be* 
CrbanieUS  bet  Übernehmet*.  —  Übergabfumme  450  fl. 


—    278    — 

Stbfinbung  ber  SdSJwefter  80,  Se^Pfe,mtg  50  fl.    Übernehmet  t)A 
feinet  ©dfjmefler  audjj  SluSflattuhg  ju  geben.    2(u3trag. 

21.  galfenjtein,  17.  3uni  1678.  3Bitwe  fibergibt  tf>r  ber 
fcetrfd&aft  %.  gehörige*  ©ut  intern  ©oljne  gegen  Slbrid&tung  ber 
©Wubtger,  beten  gotberungen  (©djulbennetjeid[jni$  Sir.  3» 
172  fl.  betragen,  Übernahme  alter  SbfinbungSgelber  mit  ben  {>ol>m 
©eträgen  40,  75,  100  fl.,  »eja^lung  oon  70  fl.  im  ganjen  au 
fämtlid&e  Äinber  ber  beiben  @^en.  3)en  fcödfjiern  aud)  SluSftattung. 
äuStrag. 

22.  ftalfenftein,  ben  14.  SRfirj  1684.  Übergabe  einer  Seife 
gered&tigfett  an  Xodjjtet  unb  ©dj>miegerfol)n.  Übergabfumme  600  fl., 
nämli$  übernommene  ©Bulben  479  fl.  24  fr.  (©  6)  u  I  b  e  n  = 
t?erjeidjni$  31  x.  6),  alte  3^tpfennige  unb  SlbfinbungSgelber  10, 
20,  20,  12,  5,  5,  2  fl.  =  74  fl.,  neuer  3e$rpfennig  46  fl.  36  fr. 
=  600  fl. 

23.  galfenflein,  oljne  2)atum,  aber  jebenfalfö  jnrifd&en  20.  5D?är$ 
unb  15.  Slpril  1684  aufgenommen,  (Seeleute  übergeben  Ujr  ber 
©runbl)errfdjjaft  ju  galfenftein  gehörige«  ©ut  iljrem  ©ofyte.  3>a= 
gegen  foH  Überneljmer  bie  ©Bulben  (©dfjulbennerjeidjnis 
3?  r.  5)  im  SSetrage  t)on  424  fl.  39  fr.  jafjlen,  feiner  SRuttet  Satbara 
iljt  £eiratgut  oon  90  fl.  fjerauSgeben  unb  feinen  ßltern  einen  $tl)x* 
Pfennig  oon  80  fl.  entrid&ten,  unb  jmar  40  fl.  nad)  feiner  ^odfoeit, 
ben  SReft  oon  40  fl.  „über  3fal)r  unb  £ag,  nadfjgeflalt  er  ben  33ater 
galten  mürbe,  nadf)  unb  nadfj,  wie  er  e$  tun  faun,  ja  gar  iljn  ge* 
fd&enft  ju  befommen,  wenn  er  e$  um  ityn  [ben  SBater]  oerbient". 
®er  gnäbige  iQerr  f)at  nodfj  einen  alten  2lu$fianb  oon  40  fl.  ju 
forbern,  biefen  tragen  Sßater  unb  ©ol>n  gemeinfam. 

Sebeutenber  3tu$trag:  3)ie  beiben  2Uten  fyabtn  fidfj  a\i$* 
genommen  bie  £erberg,  ben  SHfdfj,  fo  gut  ityn  bie  3nPfe^  uon  ©Ott 
ju  geniefeen  fjaben  merben,  ferner  ju  einer  Sejferüng  jätyrlidjj  3  Sftegen 
SBeijen,  5  SKefeen  Äorn,  2  SRefcen  ©erfle,  gleid&  nad&  bem  3*^*; 
15  Sßfunb  $leifcf);  alle  ©amStag  bie  ©ier  abjunefjmen;  bie  SWitd^  oon 
ber  beften  Stuf)  unb,  menn  ber  Sterling  oerfauft  n>irb,  5  fl.  baoon ; 
einen  SSimbaum  unb  einen  Apfelbaum;  ba3  ©alj  unb  Kraut,  baS 
£olj,  ßidfjt  unb  Äüd^engefd^irr  nadf)  SRotburft  $u  gebrauten ;  jäljtlidj 
V«  -äflefcen  £arlinfaat  anjufäen;  jebem  2  $aar  ©d^ufie,  ber  SWutter 
jur  ©eroanbung  8  fl. 

24.  galfenftein,  ben  6.  -Jiooember  1685.  Übergabe  einer  Seib- 
gebinggered&tigfeit  auf  einem  ber  &errfd(jaft  %.  gehörigen  ©ute  an 
©otyn.    Überne^mer  foH  bie  ©dfjulben  bejahen,  nämltdjj  jtoei  @otte3* 


—     279    — 

Käufern  (60  +  100  =)  160  ff.  nebft  (3  +  5  ^)  8  ff.  ©alt,  bem 
SSBirt  R.  iQu.  in.g.  40  ff.;  ber  Xodfjter  3ttaria,  „fo  fie  Ijerem  bat 
geliehen",  6  ff. ;  fünf  Heine  ©Bulben  (§auptfäd)lt<$  iQanbmerferloijne) 
7  ff.;  ferner  ber  &errfd)aft  um  ba£  erfaufte  Setbgebing  60  ff. 
feetratgut  ber  9Kttübergeberin ,  ju  beren  freier  Verfügung  20  ff. 
3)ie  ©elbabftnbung  ber  oier  SBrüber  unb  brei  ©dEJroeffern  beträgt  \t 
15  ff,  =  105  ff.,  ber  3e$rpfemiig  54  ff.  3Me  ©djmeftern  Ijaben 
SluSflattung  ju  beanfpruc^en.    2lu3trag. 

25.  ^alfenfiein,  2.  ©eptember  1688.  Übergebeh  ttrirb  Setbredjt 
an  ©ol>n.  SDiefer  Ijat  bie  ©Bulben  im  Setrage  oon  407  ff.  ja 
übernehmen  (©djutbenoerjeidjnis  31  r.  8),  feinen  fed)$  ©e= 
fdjnnftern  ju  i^rer  Verheiratung  otyne  ©ült  je  20  ff.,  ben  ©djmeftem 
audj  2lu3ftattung  ju  geben  unb  ben  Übergebern  $u  einem  fttfo 
Pfennig  nad)  unb  nad)  73  ff.  ju  jaulen.    2lu3trag. 

26.  ftaKenflein,  Übergabe  t>om  12.  gebruar  1683.  SDen  brei 
lebigen  ©d&roeftern  ©rbteil  je  24  ff.,  ßetyrpfennig  48  ff.,  ©Bulben 
400  ff.    Seibgebing  30  ff.    2tu3trag. 


§  17. 

3n  ben  beiben  üorfjergefjenben  Paragraphen  ^aben  mir  bje 
bäuerlichen  ©utöfdjutben  für  fidj  betrautet.  $efct  motten  mir  bie 
©efamtljeit  ber  auf  einem  ©ute  laftenben  ©djulben 
aU  ©in^eit  nehmen  unb  iljr  Verhältnis  jum  ©utfmert, 
ate  iljre  relatioe  £öl)e  ober  ben  ©rab  ber  SBerfd&ulbung  beS 
bäuerlichen  SefifceS  feftftetten. 

SDamtt  $aben  mir  §mar  f<$on  im  oorigen  Paragraphen,  nament* 
U(§  bei  ben  (Erörterungen  über  ben  (SrbreguüerungSfrebtt ,  einen 
änfang  gemalt,  inbem  mir  ni<^t  fdjulbenmeife,  fonbern  güterme.ife 
vorgegangen  finb.  63  lag  bieS  eben  baran,  bafe  beim  (SrbreguüerungS* 
frebit  gleichzeitig  mit  ber  ©utöbelaftung  anbere  £ran$afttonen  mit 
bem  ©ute  oorgenommen  merben  (Übernahme  ufm.),  bie  ber  erwähnten 
©utSbelaftung  erft  tyren  ß&arafter  (als  ©rbregulierungSfdjulb  ufm.) 
©erleiden  unb  babei  einen  Überblid  über  bie  gefamte  SBerfd&ulbung 
be$  ©uteS  gemäßen.  6$  mar  ein  fe&r  unoottfommener  Anfang; 
benn  in  ben  meiften  gätten  fonnten  mir  bie  eine  ber  bem  ©djulb* 
oer^ältniffe  jugrunbe  Uegenben  ©rö&en  (ben  $<ü)Ux)  nur  annäljemb, 


—    280    — 

bie  anbete  (ben  Rentier)  nur  jum  Seile  (wegen  mangelnber  ÄenntntS 
beS  Erbteils  beS  ÜberneljmerS)  fonftatteren.  Qnx  befriebtgenben 
Sdfung  unferer  aufgäbe  mäffen  wir,  inbem  wir  entweber  bie 
bäuerliche  ©utSwirtfd&aft  aU  Unternehmen  ober  baS 
Sermögen  beS  dauern  ins  äuge  faffen  —  prafltfd^  wirb  es 
in  ber  Siegel  auf  eine«  IjtnauSlaufen  —  bie  Summe  ber  Slftioa  unb 
bie  Summe  ber  Sßaf jtoa  beregnen  unb  bie  B  i  l  a  n  i  stehen,  alf  o  eine 
„Snoentur"  oorneljmen. 

Qnoenturen  !amen  im  bäuerlichen  Seben  gewötjnlid!)  nur  bei 
einer  Gelegenheit  vor:  bei  ber  Berlaffenfd&aftSregulterung. 
SDie  2tufftettung  eine?  beljörblidfjen  BerlaffenfdfjaftSinoentarS  im  £obe£* 
fade  war  für  bie  Sauern  obligatorifdjj. 

S9t  1616  XLIII  1 :   „SDa  aber  bie  @rben  bie  Qnoentur  nidjt 
wollten  fürneljmen,  fann  man  fte  gleid&wofcl  barju  nic^t  bringen, 
eS  fei  benn,  bafc  etlid&e  ber  ©rben  unoogtbar  unb  minber- 
iäljrig  ober  abwefenb  ober  aud)  fo  arm,  baji  ju  beforgen,  ba 
fte  bie  (Srbfdjaft  unter  ftd&  brächten,  beS  oerfiorbenen  ©rblafferS 
©laubiger  bie  Bejahung   oon  i^nen  nid&t  mödfjten 
befommen,  f onbem  in  ®ef  aljr  beS  BerlufieS  jlunben,  ober  b a 
es  unter  bem  gemeinen  Bauersmann  wäre;  in  folgen 
fallen  foQ  bie  Obrigfeit  bie  Qnoentur  amtshalber  audj  wiber  ber 
(Srben  SBBiffcn  oorneljmen  •  .  ." 
£rofebem  alfo   beim  Übergang   eines  Bauerngutes  oon  einer 
©eneration  auf  bie  anbere  burdj  Bererbung  ein  3noentar  aufgenommen 
werben  mufete,  fo  war  bie  SnoentarSerrtd&tung  bodfj  oerljältniSmä&tg 
ein  f  elteneS  BorfommniS,  nämlid(j  im  BerljältniS  ju  ben  Ü6er= 
gaben,  weil  bie  Bauerngüter  gewöfjnlidf)  oon  ber  alten  ©eneration 
nodfj  ju  ßebjeiten  auf  bie  ntnt  übertragen  würben.    3)ie  Beranlaffung 
jur  Qnoentarerrtd&tung  beftanb  batjer  wo$l  metftenS  barin,  bafe  ber 
Bauer  in  guten  SWannSjaljren  mit  $interlaffung  unmünbiger  Äinber 
plöfeitd^  ftarb,  ol>ne  ©elegentyett  gehabt  ju  fjaben,  baS  ©ut  feinen 
ßrben  ju  übergeben. 

3)ie  t  e  d&  n  i  f  d(j  e  ©inridljtung  eines  folgen  !Jtod(>laf$uu>eniarS 
lagt  fidjj  bequem  aus  3tnl)ang  VIII  erfe^en. 

£)aS  Qnoentar  wirb  oom  9?id(jter  ober  ©eridfjtsfdfjreiber  unter 
SKitwirfung  jweter  beeibigter  ©<$ä|leute  aufgenommen.  Sunfi^fl 
wirb  bie  Beranlaffung  ber  ^noentarSerrid&tung  angeführt,  gewö^nlidj 
finb  audjj  bie  Hinterbliebenen  fummarifdlj  (j.  B.  SBitwe  unb  jroei 
unmünbige  Äinber)  ober  inbioibueH  angegeben.  SDamt  folgt  bie 
Befd&reibung  beS  BermögenS  nadjj  tppif djjen,  burdfj  bie 


1 


—    281    — 

ÄmtSroutine  Ijergebradjten  Stubrifen.  3uerft  fommt  bie  33e- 
fdjreibung  aHe3  bejfen,  n>a$  in  ben  (2Bol>ns  unb  2Birtfd&aft30  ®e* 
6auben  aorgefunben  wirb,  inbem  man  von  ©etaft  ju  ©elafj  weiter 
fdfjreitet,  non  einem  ©iotfroerf  jum  anbeten  emporfteigt;  mertoottere 
©egenfiänbe  werben  inbioibueü  gefdfjäfet,  bie  gewöhnlichen  ©ebraudjjS* 
gegenftänbe  unb  ©erätfdjjaften  werben  in  ber  Siegel  nur  tnbuubuett 
ober  mengenweife  angegeben,  bagegen  gruppenweife  (j.  33.  ba$  Äüdjen* 
gefd&irr  in  einem)  gefdjfifet.  S)a8  alfo  ift  bie  „$al)rm3".  Sßeitere 
Stubrifen  ftnb  baS  @ut  „ju  £au8  unb  gelb",  bie  Sarfd&aft  (fcäufig 
wirb  biefe  aber  bei  gafjrmS  angegeben),  bie  „©djjulben  herein",  b.  Ij. 
bie  ©uiljaben,  bie  „©Bulben  §inau3"  (nadj  unferem  ©pradjjgebraucij : 
bie  ©djulben  fd&led&tweg)  unb  bie  Urfunben  (j.  SB.  bie  ©tiftsbriefe, 
bie  ÜbergabSoertrage  ufw.).  3um  ©$lujfe  folgt  gewöljnlidfj  eine 
SJeredjnung  ber  Snoenturfojlen  (@eri<$t$gebfif)ren  ufn).). 

3)ie  ©djwiertgfeiten  ber  Sluffiellung  einer  3$er* 
fdjulbungSjtaiifttf  finb  befannt.  3)ie  ©d&ulbner  l)aben  häufig 
ein  3ntereffe  baran,  tyre  ©Bulben  aU  möglidjjft  gering,  ben  SBert 
iljrer  ©fiter  afe  möglid^ft  groß  IjinjufteSen.  SRadfjt  e3  ba^er  fdfjon 
SWitye,  bie  auf  einem  ©ute  laftenben  ©Bulben  erfdjöpfenb  feftju= 
fieHen,  fo  gebridfjt  e3  faji  an  iebem  SRittel,  bie  Sßerfonalfd&ulben  }u 
ermitteln.  SJoHenbS  ju  ben  Unmöglichkeiten  fd^eint  e$  ju  gehören, 
ben  ©fiterwert  mit  einer  ben  ©rforberniffen  ber  ©tatiftif  entfpredfjenben 
3uuer(äf{tg(eit  ju  ergeben;  man  Ijat  ftdj  in  biefer  Sejieljung  baran 
gewöhnt,  mit  Notbehelfen  (Äataftralwert,  SranboerftdfjerungSfumme, 
3)urd&f<$nitt  oon  SBerfaufSerlöfen)  ju  arbeiten. 

SBemt  bie  iQtnberoiffe  fdjon  bort  fo  bebeutenb  ftnb,  wo  e$  ftd> 
um  ©egenwarteoer^ältmffe  Ijanbelt,  fo  toirb  e3  ber  gorfdjer  um  fo 
freubiger  begrüßen,  toenn  er  aus  einer  um  ein  paar  Saljrljunberte 
jurüdttiegenben  3*it,  wo  e8  überhaupt  nod&  (eine  ©tatijttf,  iebenfallS 
aber  leine  33erfdf)ulbung$ftatiftif  gegeben  Ijat,  Urfunben  finbet,  in 
benen  ©utSwert  unb  ©d&ulbenfianb  mit  amtlicher 
Autorität  fonflatiert  erfdjeinen.  SBenn  auclj  ber  Umfang 
be$  ©d&äfcungSgefdiJäfte«,  wenn  bie  in  ber  Statur  ber  ©a$e  liegenben 
©d&wierigfeiten  einer  genauen  ©d&äfcung  im  einzelnen  baS  SÄefultat 
beeinflußt  Ijaben  mögen,  wenn  e$  audjj  ben  beteiligten  nid&t  immer 
gelungen  fein  wirb,  etwa  ftdfj  oorbrängenbe  ©onberintereffen  (©.  156/7) 
auSjufdjalten  ober  ju  paralpfieren ,  fo  ift  bodj  anjuneljmen,  baß  bie 
9tfl<ift<$t  auf  bie  unmünbigen  (Srben,  ber  @ib  ber  ©d&äfcleute,  ber 
©egenfafc   ber   oerfd&tebenen    ^ntereffen    (©runbljerr,   Übeme^mer, 


—    282    — 

roeid&enbe  ßrben)  imb  baS  S^ebflrfniö  nadfj  tyrer  StuSgleid&ung  ufnu 
in  bet  Siegel  bofflr  geforgt  fiaben,  bajj  ber  3n$alt  beS  3noeniur= 
protofoffeS  nidfjt  attjufe^r  t)on  ber  aBirflid&feit  abroidf). 

S)ie  Sfnoenturaufna^me  fommt  fo  in  i^rer  33ebeutung  für  bie 
$eftfieffung  roirtfdfjaftlid&er  äSerfjältniffe  ber  Siquibatiou  eines 
Unternehmens  gleidjj.  ©ie  ermöglicht  geroiffermafeen  einen  Quer* 
fd&nitt  burdjj  bie  ©irtfcfjaftSgefdfjid&te  ber  ©üter  unb  gamilten  an 
ber  ©renje  jmeier  ©enerationen  ju  jte^en,  unb  l)at  t)iele  Stjnlidfjfeit 
mit  ben  non  ber  ©dfjule  1©  Play  auf  geroerblid&em  ©ebiete  angelegten 
„2lrbeitermonograpl)ten" . 

2)ie  5RadE)laf$inoentare  fönnen  aber  nidEjt  nur  jur  Unterfudfjung 
ber  allgemeinen  nrirtfd&aftlidtjen  Sage  ber  einzelnen  iQöfc  unb  Familien 
bienen,  fonbern  fie  §aben  eine  barüber  fyinauSgefjenbe  roirtfd&afts* 
unb  fulturgefdjjic&tlidjje  Sebeutung.  Qnbem  fte  namlt<$  bie 
33ejeid(jnung,  bie  33efd£)affenf)eit,  bie  SKenge  unb  ben  SBert  affer  ©üter 
beurfunben,  bie  ft$  im  Sßermögen  beS  33auern  befanben  ober  jum 
Stnroefen  geborten,  gewähren  fte  einen  quellenmäßig  fixeren  unb 
betaiffierten  6 i n b  1  i &  in  baSSeben  beS  Sauern,  ljauptfädfjli<& 
in  fein  SBirtfdjjaftSleben,  in  feine  SßrobuftionS*  unb  JtonfumtionS* 
oerljaltniffe.  S)ie  Sauart  unb  (Einteilung  beS  £aufeS,  bie  ©erat* 
fd^aften  unb  bie  3imTnereinri^tun8  /  %&*§  un*>  Vorräte  (bie  ©r* 
näljrungSroeif e) ,  baS  Setb*  unb  baS  Settgeroanb,  bei  nielen  biefer 
©egenftänbe  audf)  ber  übliche  SßreiS,  ferner  bie  beliebten  SRünj^ 
forten  —  alles  baS  fann  auS  ben  9tad£)la&mpentaren  erfefyen  werben» 
•Jtomentlidfj  aber  baS  9Jta§  ber  obroaltenben  (Eigenprobuftüm  la&t  fid^ 
gut  auS  tljnen  erfennen.  Sßenn  mir  j.  33.  ©pinnrodfen,  igedtjeloor- 
ridjjtung,  eine  2Renge  oon  halbfertigem  unb  fertigem  Seinen  (IjarbeneS 
3eug)  unb  oon  SIbfätten  (9Ber<$,  rupfeneS  3eu9)  *n  &en  3nüen^aren 
finbeu,  fo  ergibt  fidjj,  bafe  baS  ßleibungSbebürfniS  nidEjt  taufdfjnnrt* 
fdjjaftlidfj,  fonbern  jum  größten  Xeile  burdfj  eigene  Sßrobuftion  gebedt 
roirb.  Ärautf  äffer ,  Dbftbanjen,  grofee  Sßorräte  an  9Reljl,  3)örr? 
obft  ufro.  nötigen  ebenfalls  jum  ©d^lüffe  auf  SSorratSprobuftion  jum 
eigenen  Sebarf. 

2)ie  2luSroaf)l  oon  Snuentaren ,  bie  ftdf)  für  unfere  ftxotdt 
eignen,  ift  übrigens  mdfjt  fo  ganj  einfadf).  SDie  im  ÄreiSardfjio 
äßündjjen  erhaltenen  lanbgeridjjtlidjen  Snoenturbüdjjer  gelten  jum  £eil 
nidfjt  fefjr  f)odf)  hinauf,  fold^e  aus  bem  17.;;3a$rf)unbert  jtnb  nur  in 
fpärlid&er  2lnjaf)l  oorljanben.  Qn  ben  meiften  Snoentaren  ift  baS 
Bauerngut  felbft  (&auS  unb  ©runbftücfe)  nur  angeführt,  aber  nidjjt 


—    283    - 

gefdfjäfct1,  unb  mir  Ijaben  SWfllje  gehabt,  SBerlaffenfd&aftSinoentare 
mit  ©uWfdjäfcung  ju  finben.  Snoentare  mit  biefem  SWangel  fönnen 
roir  nämlidjj  nid&t  brausen,  benn  ber  ©utöroert  ift  natürlidEj  von 
roefentlidfjem  ©influfe  auf  ben  SSerfdfjulbungSgrab. 

Xxoij  biefer  ©d^iüicrigfeiten  waren  mir  barauf  bebadjjt,  bte 
^noentare  fo  auSjuroaljlen ,  baf$  Sanbftrtdjje  oerfdfjtebenen 
tüirtf d^af tlid^cn  ©IjarafterS  in  unferem  9Jtaterial  vertreten 
finb.  9Bir  bringen  3>noentare  au$  einer  ©egenb  mit  oorimegenbem 
©etreibebau  ÖQorfmardfj  Ölfooen,  jefct  jum  StmtSgertdjjt  ©beräberg 
geljörenb),  aus  einer  ©egenb  tnit  oorroiegenber  5Biel)nrirtf<§aft 
(Srannenburg)  unb  aus  einer  ©egenb  mit  gemifdjtem  agrartfdjjem 
unb  gewerblichem  ©Ijarafter  (SReidfjenljan) 2. 

SBaS  bie  2lu3n>al)l  ber  Qnoentare  felbft  (innerhalb  ber  ermähnten 
2fatt£bejirfe)  betrifft,  fo  mar  idf)  bemüht,  fo  oorjuge^en,  bafe  ^Belieben 
ober  SBittfür  meinerfeitS  mögüd&ft  auSgefdfjaltet  mar.  SSon  Steigen* 
l>a 1 1  mahlte  id(j  bie  erften  15  Qnoentare  mit  ©utöfdfjäfcung  be$ 
ämettälteften  am  Äreteärd&io  9Ründ)en  aufbetoaljrteu  ^noenturbud&eS 
(im  erften  SBanb  flnben  ftd&  feine  Qnoentare  mit  ©utöfd&äfcung)  — 
3?r.  1 — 15.  3<l>  flieg  auf  eine  große  9Wannigfaltigfeit  ber  ©r* 
f Meinungen ,  unb  fo  fudjte  i<$,  um  ben  Sefer  nidfjt  ju  feljr  ju  oer* 
nrirren,  im  nädfjften  SBanbe  no<$  ein  paar  ftgpen  jufammen,  bie  mit 
großer  ©dfjärfe  ben  Unterfdjjteb  jwifd^en  einer  blütjenben,  einer  auf 
ber  fdfjtefen  ©bene  ber  SBerfdjulbung  angefommenen  unb  einer  gänjlidfj 
oerfattenen  ©utömirtfd&aft  jeigen  (31.  16  —  18).  ©arauf  folgen 
Qnoentare  aus  einem  Qnoenturbud^  ber  &ofmard(j  „33rannenburg, 
©roß*  unb  ßlein^oljfjaufen",  ba3  tdfj  im  fjiftorifcljen  SBerein  oon 
Dberbatjern  gefunben  l)abe,  unb  jroar  bie  7  erften  Qnoentare  mit 
©utSfdfjäfcung  (3t.  19—25).  ®ie  4  ^noentare  au3  ber  Sad&emaijrfcljen 
ßofmardjj  Öllofen  (SR.  26—29)  ftnb  bie  einjtgen  mit  £inte  ge* 
f  dfjrtebenen ,  mit  ©utsfdfjäfcuhg  oerf ebenen  3nuenture  ta  btm  &** 
treffenben  2lftB   be3  Ärei3ardE)io$  (bie  anberen  finb   mit  Sleiftift 


1  JDaju  gefjöreu  au$  bie  oon  © tric binger  in  ber  „SHtbao  erifd)en 
SWonatffc&rtft  be*  $iftonfc$en  SereinS  oon  Dberbapern"  3a$rg.  I  (1899)  $eft  6 
ueröffentü$ten  Sinoentare. 

*  $a$  6a(sfubn>er!  in  fteigengatt  gab  ber  Seoölferung  Gelegenheit  jur 
Sermertung  tyrer  HrbeitäFraft  unb  sunt  »bfafc  tyrer  $robu!te  (§.  83.  fcolj). 
9u4  ber  ©rengoerfefjr  (SBetntmpori)  nrirfte  förbernb  auf  bie  Differenzierung  ber 
toirtf^aftlidjen  StoQfiltmffe.  2>a&er  oerlfäUniftmäfjig  fiele  lanbroirtföaftlioje 
Setriebe  mit  gewerblichen  Hebenbetrieben  (@aftwirtfo)aft,  gfufyroerf,  SQöein^onbel). 

8  ©ie  untertreiben  ft$   alfo  oon  ben  übrigen  oon  und  oeröffentligten 


—    284    — 

gefdjrieben).  S>en  ©d)lu&  bittet  ein  Heine*  3fo*trfiglerinoentar  au$ 
SUtötting,  boS  erfle  eine«  ^noenturbudjeS,  bo£  oorwiegenb  foldje 
Heine  3noentare  enthält. 

33ei  ber  SBiebergabe  beS  3nl>a(t*  ber  3nt>entare  mufjte  id)  ber 
Äürje  wegen  meinen  3roe<f,  eine  Storfiettung  ber  SBerfdjulbung  be£ 
bäuerlichen  ©runbbeftfceä  ju  geben  /  fefi  im  Sluge  behalten.  SDa^er 
mu&te  i$  fcäufig  aud&  ba  ffirjen,  wo  eine  einge^enbere  SarfUKung 
Dom  futturgef$t$tli$en  ©tanbpunft  von  großem  Qntereffe  gewefen 
wäre.  3)ie*  gilt  befonberä  oon  ber  Slufjfiljlung  ber  ga&rniS.  SBtr 
mäffen  und  bamit  begnügen,  ben  3Bert  ber  gafcmi*  im  ganjen  am 
jugeben,  unb  madjen  nur  beim  ©rofsoielj  eine  3lu8naf)me,  weil  3Benge 
unb  SBert  beSfelben  einen  ©d&lufc  auf  3^ftanb  unb  SBert  beS  @ute3 
gulaffen,  einen  @$lufj,  ber  und  im  3uf<immen$(mge  mit  ber  ©ut3* 
fdjäfcung  be£  Snnentar*  aud)  geftattet,  bie  Älaffiftfation  ber  ®üter 
bei  ben  ÜbergabSoerträgen  (©.  268  ff.)  auf  i$re  9ttd&tigfeit  $in  ju 
prüfen.  SBenn  ber  äufjäljlung  be$  „lebenben"  3m>entar$  ein  „ufro." 
^injugeffigt  ift,  fo  bebeutet  bieg,  bafc  in  ber  Wertangabe  ber  SBert 
ber  »rut  (3ungoie$,  Äälber,  gütten),  bei  sterben  überbieg  ber  SBert 
be3  ®ef<$irr*  inbegriffen  ift.  (Sine  2lu$fd>etbung  be*  SBerteS  auf  bie 
einzelnen  S3iel>gattungen  felbft  mar  mir  nämlidjj  nidjt  immer  möglidj. 
SDen  SBert  ber  SBorräte  an  ©etreibe  unb  Butter,  an  Seinwanb  ufro. 
Ijabe  idj  nur  in  einigen  fallen  notiert ,  wo  bieS  jut  SljarafterifHf 
ber  SSerljältniffe  be3  betreffenben  SlnwefenS  notmenbig  erföien. 

Sludj  fonft  l)abe  i<$  midjj  möglicher  Äürje  bei  ber  Anfertigung 
ber  SluSjfige  befleißigt,  ftreujer  unb  geller  ijabt  idfj  meiften*  mU 
weber  ignoriert  ober  jur  Stufrunbung  auf  ben  nädjften  ganjen  ober 
falben  ©ulben  oerwenbet.  SDie  SBefd&reibung  ber  bei  ber  Snoentari* 
fterung  auf  bem  $ofe  oorgefunbenen  ttrfunben  fjabe  i<$  weggefoffen, 
ebenfo  bie  Angabe  ber  $öfje  ber  Snoentur*  unb  SeerbigungSfoflen, 
leitete  aber  nur  bann,  wenn  fie  nidjt  ju  ben  ©Bulben  geregnet, 
fonbern  am  ©bluffe  be$  SnoentareS  befonberS  angegeben  waren. 
Sie  ©djulben  tjabe  idj  nad)  2JWglt<$fett  furj  djaraftertfiert ;  bie 
33ejetdjnung  aU  „Sßrtoatfdjjulb"  bebeutet  ba$  geilen  etneS  befonberen 
©Ijaraftermerfmate ,  j.  33.  faH$  nur  ber  ©laubigemame  angegeben 
ift,  unb  biefer  -Raine  nidjtsfagenb.  SBo  bei  ber  ©utSfdjäfcung  bie 
©runbbarfeit  be3  ®ute3  befonberS  ^eroorge^oben  war,  tyabe  td> 
biefeS  audj  getan,  jebodj  $aben  wir  ba8  9?äl>ere  (©ejeidjmmg  ber 


3noentaren  baburd>,  bafe  fte  ntcjt,  wie  jene,  in  3noentur&ttc$em,  fonbern 
in  einem  Bit  gefammelt  flnb. 


—    285    - 

©rwibgered>tigfeit,  ber  iQerrfdjaft)  metjtenS  beifeite  gelaffen.  2fodj> 
ben  Äopf  be$  SiwentarS  (2)atum,  Sejeidjnung  be$  ©rblaffer^,  be$ 
SlnlaffeS  ber  3m>entar$aufnaljme,  ber  ©bleute)  l)abe  idj  möglid^ft 
futj  geftaltet  unb  mdjt  einmal  immer  ben  Ort  ber  SnoentarSaufna^me 
angegeben,  roeil  biefer  tyäuftg  als  (Sinöbe  oljne  befonbereS  Qntcreffe. 
dagegen  §abe  id)  eS  für  jmetfmäfng  gehalten,  ber  SDarftettung 
be$  3m>entar£  eine  furje  9Gote,  eine  öualififation  ber  rotrt* 
fd&aftlid&en  Sage  be$  betreff enben  ©uteS  ooranjuf Riefen ,  um 
bem  Sefer  gleich  anfangt  einen  ©djlflffel  jur  Beurteilung  beS  gatteS 
an  bie  &anb  ju  geben.  @S  braucht  roofjl  faum  Ijernorgeljoben  ju 
werben,  bafe biefe öualififatton,  als  auf  fubjettinenßinbrficfen 
beruljenb,  von  ben  barauf  f  olgenben  p o f  i t i n e n  angaben  met^obo* 
logifdf)  firenge  ju  fonbem  ift. 

1.  SBeifebad)1,  ben  28.  SKärj  1678.  Biemltdj  nerfd&ulbet. 
Sauptfdjulbmaffe  gut  fonfolibiert. 

1  9to&  44  fl.,  4  Äfi&e  ufm.  48  fl.,  gafcrniS  im  ganjen  136  fl. 
2)aS  (jum  gfirfibtStum  ©aljburg  grunbbare)  ©ut,  non  ben  ©djäfc* 
mannem  „angefdjlagen,  wie  man  es  nadj  i&rem  ©ragten  nerfaufen 
fflnnte",  auf  550  fl.  unb  10  Stadialer  (ju  IV2  fl.)  Seitfauf.  ©Bulben 
herein  (@inbringli<$fett  junt  Seil  gtoeifetyaft)  12  fl.    3tftit>a  713  fl. 

©djulben  IjinauS:  ®em  ©otteSljauS  „auf  ber  ©main"  200  fl., 
ein  3a$reSjinS  baoon  10  fl.,  prtoat  50  fl.,  ein  3af)reSjinS  baoon 
2Va  fl.,  bem  Saufpaten  beS  (SrblafferS,  „oerfdjaffteS  ©elb",  20  fl., 
ber  Ä.  um  eine  ftul)  unb  um  geliehenes  ©elb  20  fl.;  einer  3)ienft* 
magb  l1/»  fl.,  ju  aWeffen,  ätmofen  unb  SSBaUfa^rten  5  fl.  ©umme 
309  fl.    ttberföufc  404  fl. 

2.  3*t>entar  t>om  24.  Dftober  1678.  3)ie  Sage  beS 
©uteS  l>ängt  non  bem  SluSgange  eines  SßrojeffeS  ab. 

1  Stuf)  ufn>.  11  fl.,  gafjrniS  im  ©anjen  57  fl.  SDaS  ©ut 
(falbes  fielen  jur  $ofmardj  Ä.,  nämlidj  igauS,  ©runbftfldf,  2BteS* 
ma^b,  (Sid&^olj,  Sergmaljber)  600  fl.  ©Bulben  herein  24  unb  5  fl. 
aftfoa  686  fl. 

©djulben  IjinauS:  (Sinem  ©otteSljauS  180  fl.,  3wf*n  barauS 
9  fl.,  bemfelben  ©otteSljauS  „alter  auSfiänbiger  Äir$en[gelb]reft,  fo 
aber  beim  djurffirfiltdjen  fiofrat  no<#  ftrittig",  96  fl.;  unoerftd&erte 


1  3nopntut6u4  beS  furfürftfi$en  ^ftegcflcn^teö  Äei($en$att  unb  ber  [fürfl« 
liefen]  §ofmarc$  Kariftein  [beflitmenb  1672].  2.  8anb.  1678—1692.  Ärei*arc$io 
Stünden  öriefprotofoUe  745/72. 


-    286    — 

©Bulben  an  Sßrtoatleute  ju  30,  34  unb  41  fl.    Summa  390  fl. 
Überfd&ufe  296  fl. 

3.  3noentar  com  30.  »pril  167  9.  erben  SSHtroe  unb 
10  Jtinber  au*  jroei  gljen.  3mport  oon  tiroler  2Bem.  ©  er  e  gelte 
grofjjßgtge  Serljfiltniffe.    Äaufmänmfdjjer  Ärebit 

5  guljrroffe  famt  ©efd&irr  180  fl.,  12  ftfi&e  ufro.  140  ff., 
gatyrniä  im  ganjen  404  fl.  Sin  Sargelb  ift,  ba  „oor  4  Qafjren 
nädjtlid(j  eingebrochen  unb  etlidjj  100  fl.  weggenommen,  injrotfd&en 
aud)  ein  Seil  ber  Äinber  verheiratet  roorben",  niedreres  nid&t  cor- 
fjanben  als  82  fl.  2)a$  jur  ipofmardfj  Sötarejoll  grunbbare  ©ut 
550  fl.,  5  ftoljteile  250  fl.  ©Bulben  herein:  Son  SBirten  unb 
©aftgebern  in  SReid&entyatt  unb  Umgebung  (ttnfen,  Sofer  ufro.)  für 
gelieferten  2Bem  ju  f orbern :  75,  70,  56,  36, 19,  15,  15,  35  fl.,  ju* 
fammen  321  fl.    Stftioa  1607  fl. 

©Bulben  $inauS:  9tod&  Sojen,  Srijen,  Älaufen  unb  SDiarfrett 
um  bejogenen  3Bein:  100,  36,  36,  [25,  17  unb  90  fL  2tn  SBtrte, 
meiftenS  ber  Umgebung,  l)auptfä$li$  um  3e^run9  un&  3utter  &e*m 
Transport  be*  2Beine3:  21,  20,  19,  18,  18,  14,  10,  6,  6,  5,  3  fL 
einem  Sinber  in  Sojen  um  hergegebene«  2Beingefd)trr  15  fl., 
©dfjmteben  um  SBagen»  unb  ißufbefdjjlag  16,  15  unb  1  fl.  Stern 
faiferlid&en  3°ltomt  Battenberg  auSjiänbige  SWauten  9  fl.  Um  einen 
#o!jteil  ftaufgelbreft  45  fl.  2Ruttergut*refl  ber  5  ©efd&roifier  be3  ©rb* 
Iaffer*  65  fl.    ©umme  ber  ©Bulben  ^inau*  610  fl.   Überfdjufe  997  fL 

4.  3noentar  oom  20.  Siooember  1679.  7  ftinber. 
©<$ulbenfrei ;  refpeftabler  ©utäftanb. 

1  9tof$  ufro.  30  fl.,  7  Äü&e  ufro.  86  fl.,  gutteroorrat  40  fl., 
gafirmS  im  ganjen  233  fl.  Sarfdjaft:  „Steffen  ift  bermalen,  roeil 
fic§  ber  SBerftorbene  erft  fürjltdf)  feiner  ©djulben  gar  entlebiget,  meljr 
nid&t  oortyanben  al3  6  fL"  3roei  Keine  ©ftter  (grunbbar)  500  fL 
©Bulben  herein:  einem  Bierbrauer  in  9teidf)enl)all  um  nerlaufte 
©erfte  22  fl.,  priuat  3  fL    äftioa  764  fl.    ©Bulben  t)inau3:  feine. 

5.  &ager,  ben7.  SHärj  1680.  hinterblieben  SBitroe  unb 
2  jtinber.  Überfdfjulbete  ruinierte  SBirtf  <$af  t ,  IjeruntergefommeneS 
3m>entar.  ©dfjulbner  l)at  feinen  jQppot&efarfrebit  meljr  unb  mufe 
bafcer  jur  Slnttdfjrefe  greifen. 

1  alte*  fd&led&teS  Boß  6  fl.,  3  Äü&e  ufro.  25  fL,  ga&rniS  im 
ganjen  42  fl.  $Da3  „Saferngütl"  300  fLr;  eine  einem  SBirt  auf 
SBieberlofung  oerfdfjrtebene  SEBiefe  (fie^e  unten)  120  fl.  ©utljaben 
beim  ©aljmeieramt  SReidjjen^all  um  geliefertes  Sau^olj  (316= 
fd&roenbung?)  12  jL    »ftiua  474  fl. 


—     287    — 

©d&ulben  hinaus:  SDcm  ©otteS^auS  Äarlftein  üerftdjjerteS  Kapital 
1O0  ff.,  «etncm  SBirt  120  ff,  (jur  ©idfjerljeti  eine  SBiefe  auf  9Bieber= 
lofung  uerfdfjrieben),  $inS  2  ff.,  einer  äßitroe  um  geliehenes  unb  jum 
5Eeü  üerfid&erteS  Selb  45  ff.,  bereu  »ruber  (3BüHer)  33  ff.,  £inS 
3  fl.,  einer  anbern  Spriuatperfon  um  geliehenes  ©elb  4  ff.,  fonftige 
*Priüatfd&ulben  3,  1V2,  IV2  ff.,  35  fr.  Arbeitslöhne  an  ©$mteb, 
^IWüller,  3Kefeger  unb  Sädfer  2  ff.,  30,  30  unb  25  fr.  SDem  ©tief* 
fof>n  mütterliches  6rbe  30  ff.,  eingebrad(jteS  föeiratgut  ber  SBitroe 
40  ff.    ©umme  ber  ©djulben  l)inauS  387  ff.    Überfd&ufe  87  ff. 

6.  3nt>entar  über  bie  33erlaffenfdjaft  eines  SBtrteS  in  igager 
vom  17.  3uli  1680.  @rben  SBitme  unb  4  ftinber.  Segütert. 
Seidfjtfmnige  Sorgmirtfc^aft. 

5  Äüfje  ufm.  75  ff.,  gafjrnis  im  ganjen  285  ff.  Allerlei  3Künjen 
117  ff.  SMe  ©rbSgered&tigfett  auf  ber  SBirtStafern  in  £.,  baS  3oH= 
Ijaufergut  genannt,  500  ff.,  baS  baju  gehörige  „©tablergütl"  450  ff., 
baS  nad()  ©aljburg  fttftbare  „Seunbl"  50  ff.    . 

©Bulben  herein:  ©utljaben  bei  Privatleuten  ju  59  unb  16  ff. 
<erftereS  rityrt  no$  vom  SBater  beS  ©d&ulbnerS  Ijer).  „©ämtlid&e 
Dtad&barn  [b,  Ij.  ©emeinbeangetjörige]  von  ig.  ftnb  anftänbig  10  ff." 
(roaljrfd&etnlidfj  oon  einer  gemeinfd&aftlidSJen  jfcäft  ^errü^renb) ;  weitere 
<Sd>ulben  t>on  ^rtoatleuten  (maljrfdfjeinlidfj  3e($f$ulben)  ju  5,  4,  9, 
2,  16,  4,  12,  2,  5,  3,  18,  17,  25,  25,  18,  1  unb  3  ff.;  eS  ftnb 
itoax  „oemtöge  oor&anbener  ©d&ulbbüd&er"  no<ij  anbere,  ältere  Aus* 
ftänbe,  jum  ^ett  oon  Dielen  Qfa^ren  l)er,  norljanben,  aber  ba  bie 
Sdjulbner  „teils  geftorben,  teils  Derborben",  alfo  uon  i&nen  md&tS 
me|ir  }u  befommen,  fo  ift  ntdfjtS  bafür  ausgeworfen  roorben.  ©umme 
ber  ©Bulben  herein:  254  ff.    ©umme  ber  Aftioa  1656  ff. 

©Bulben  IjinauS :  2>em  3t.  in  3Kautt>aufen  um  SSein  unb  anbereS, 
abgered&neterma&en  150Vs  ff.,  einem  Sierbrauer  um  Sier  40V«  ff., 
igerrn  $.,  »ergmerfsin^aber  in  SReid&enljan,  24  ff.,  anbere  Sßrioat* 
fd&uß)  26  ff.,  an  eine  SBormunbfd&aft  (aus  SBermaltung)  100  ff. 
©umme  341  ff.    Überfdfjufe  1315  ff. 

7.  Qnüentar  00m  12.  Auguft  1680.  f$au*frau.  £tnter* 
blieben  2Bitroer  unb  2  ©öljne.  Kleiner,  aber  fiberroiegenb  freier 
©rroibbefffc.    ©d&ulbenfianb  nod&  nidfjt  brüdfenb. 

1  9to&  ufro.  30  ff.,  2  flfi&e  ufm.  26  ff.,  $a$mi8  im  ganjen 
110  ff.  Sargelb :  „nidjjtS,  roie  benn  SBitmer  erft  fürjlid&  etroaS  ent* 
nehmen  muffen",  (Ein  SSiertelleljen,  ©igentum  ber  SSerftorbenen,  baju 
ein  »eunbl,  1  Stogwerf  gro&  unb  ein  nad&  ©aljburg  grunbbareS 
»eunbl,  jufammen  450  ff.    Aftfoa  560  ff. 


—    288    — 

©Bulben  IjinauS :  Giner  Bruberf  djaft  in  9tei$enl)aD  üerbrief  te3 
©elb  50  fl.,  einer  Bormunbfcftaft  oerfidjterte*  Kapital  50  ffc,  einem 
■Küfler,  ofjne  Berftdjerung ,  50  fl.,  bem  $raunfteinif$en  Brumuuart 
in  Sager,  erft  fürjlid)  entliehenes  ©elb,  10  fl.  ©imune  160  fl. 
Überzug  400  fl. 

8.  Beim  ©ee,  13,  Sluguft  1680,  wegen  ber  Sinter^ 
bitebenen  (jroeiiäljrigeS  jtinb  unb  SSMtroe),  befonberS  aber  ber  „babet 
oortyanbenen  ©d&ulben"  aufgenommen.  Sänge  ftranfyeit  be$  3?er= 
fiorbenen  fyat  bie  SBirtfdjaft  in  Unorbnung  gebradjt. 

3  flüfce  ufro.  25  fl.,  $a$mi$  56  fl.  fr9Beil  ber  »erworbene 
über  jtüci  ^aljre  franf  gelegen  unb  viel  Unfoften  aufgangen,  ifi  an 
barem  ©elb  me^r  nidjt  oorljanben  als  6  fl."  S)aS  (grunbbare)  ©fttl 
400  fl.    »ftioa  462  fl. 

©Bulben  fcinauS:  2)em  Brunntoart  in  ipager  laut  Obligation 
130  fl.,  3tofen  baoon  6V2  fl.;  einem  Säger  30,  einem  i&erbergS* 
mann  12,  einem  SMenftfnedjt  10  fl.,  prioat  9  fl.  (unb  Vi  SRefceit 
fcaber),  7,  2,  2,  2,  Vt  fl.;  beSgleid&en ,  unoerftd&ert,  22  fl.;  »aber 
um  abgegebene  ärjnei  8  fl.,  SfBirferlo^n  1  fl.,  SWüBer  1  fl.,  2  Bier* 
brauern  2  fl.,  Sibloljn  12  fl.;  „ju  SBaflfaljrten  unb  fonfl  getane 
Berfpred&en"  fotoie  iQanbloljn  jufammen  25  fl.  ©umme  282  fl. 
Überfd&ufe  180  fl. 

9.  9tonn,  ben  9.  äpril  1681.  f  SBitroe,  hinterblieben 
oottjä^riger  ©oljn.  2)a$  ©ut  Ijodjgrabtg  oerfd&ulbet,  Bef Raffung 
oon  ©etreibe  auf  Ärebtt. 

2  Äülje  ufro.  unb  4  ©aifen  ufm.  30  fl.,  galjrmS  im  ganjen 
60  fl.  ißierju  mad&t  ba§  Sßrotofoll  bie  Bemerlung  „fd&ledjte  ga^rni^ 
toetl  lein  met>rer$  oorljanben".  ©ut  400  fl.  ©djulben  herein:  ©ut* 
fiaben  bei  einem  Simmttmttftex  um  Arbeitslohn  6  fl. ;  um  ein  oer- 
faufteS  SRofc  7  fl.    ©umme  ber  Sßtioa:  473  fl. 

©Bulben  IjinauS:  2)em  ©otteS&auS  Slonn  oerftdjjerteS  ßapttal 
190  fl.,  3in$  4V«  fL,  bem  SofcanneSfpttal  in  Stetdjen&ail  20  fl.,  bem 
SeoproftenljauS  bafelbft  30  fl.,  jftitril  IVa  fl.;  einem  Bierbrauer  in 
9ieidjenl>att  um  nadj  unb  nadj  geliehene«  ©elb  20  fl.,  einem  anberen 
Bierbrauer  beSgleidjjen  15  fl.,  einem  britten  Bierbrauer  4  fl.,  einem 
SluSträgler  um  geliehenes  ©elb  10  fl.,  femer  prioat  10,  3,  3  unb 
2V«  fl. ;  für  2  2ßefeen  SSBeijen  3Va  fl.,  einem  anberen  für  1.  3We|en 
SBetjen  1  fl.  45  fc.,  einem  britten  „um  gutterei"  2  fl. ;  einem  ©djtrneb 
2  jl.,  jmei  Bädern  4  unb  1  fl.,  einem  Baber  1  fl.,  ins  Älofter  ©t.  3eno 
20  fl.,  nidjt  näljer  bejeidjneie,  aus  brei  Soften  befte^enbe  ©djulb  von 
2  fl.  15  fr.    ©umme  ber  ©Bulben  ^inauS  351  fl.  Überfd&ufe  122  fl. 


—    289    — 

10.  ignoentar  vom  17.  SRooember  1681.  hinterblieben 
finb  SBittoe  unb  fed&3  Äinber.    ©e&r  gute  SBer^altniffe. 

1  SRofe  ufn>.  50  ff.,  9  ßü&e  ufn>.,  3  ©<$afe,  3  ©d&roeine  104  ff. 
ga^mi«  im  ganjen  199  ff.  Sarfd^aft  in  ber  £ruf)e  6  ff.  @ut 
600  ff.    Stfttoa  805  ff. 

©Bulben  IjinauS:  ©inem  93ädfer  um  oorgelieljeneS  ©elb  20  ff., 
auSflänbiger  Siblofjn  beS  2)ienftfned&te8  14  ff.,  privat  10  ff.  ©umme 
44  ff.    Überfd&ufe  761  ff. 

11.  2tuf  ber  ©main,  ben  22.  3Rärj  16841.  f  ».,  3"5 
Ijaber  be$  Sp.*@üt{$  unb  9Raurermeiffer.  Sinterblieben  SBttroe  unb 
»roci  Äinber.  S)er  Ärebit  fdjarf  angefpannt,  bie  SSerfiältniffe  ober 
nod)  immer  georbnete. 

4  Rifyt  ufto.  46  ff.,  gaumig  im  ganzen  78  ff.  ®\tt  800  ff. 
2tttioa  878  ff. 

©djjulben  IjinauS:  @otte3l)au$  auf  ber  ©main  150  ff.,  ©otteS- 
&au*  9teid&enljall  50  ff.,  @otte3&au$  Jtarlflem  50  ff.,  ©püal  SRetdjen* 
f>aH  100  ff.,  einem  SWaurermeiffer  „jum  &anbroerl"  34  ff.,  einem 
3intmermann  30  ff.  (bie  beiben  Sßoften  rühren  toofjl  oon  einem  ge* 
tnetnfdjaftUd)  mit  bem  SBerfforbenen  unternommenen  ö^öbau  $er); 
$toei  Bierbrauern  5  unb  6  ff.  ©umme  425  ff.    Überfdjufi  453  ff. 

12.  Snoentar  oom  23.  3Wärj  1684.  f  «nberlofer 
2Bütoer.    Sefdfjeibene,  aber  günftige  SSerljältmffe. 

5  ßfltje  ufto.  57  ff.,  gatjrniS  im  ganjen  105  ff.  Sargelb  14  ff. 
Out  400  ff.    Stftioa  519  ff.    ©d&ulben:  feine. 

13.  SBeifebad),  ben  5.  äprtl  1685.  f  ^Äütter.  £inter* 
blieben  SBittoe  unb  Äinber.    2BoIjlljabenljeit ;  Überf<$ufjiotrtf<$aft. 

1  Slofe  mit  gütten  85  ff.,  6  Äü^e  ufto.  80  ff.,  ga$rm$  im 
ganjen  357  ff.  83arf d&aft :  „3n  einem  länglidjjen  £ruljel,  fo  im  Ober* 
ftfibl  fleijt",  i)at  ftd^  an  ©elb  gejeigt:  1  SDufaten  3V8  ff.,  14  fran* 
jöflfd&e  Saler  241/«  ff.,  4  I)albe  3l/a  ff.,  ganje  ©ulben  10  ff.,  ijalbe 
5  ff.,  ©rofdjjen  IIV2  ff.,  Jtreujer  über  »ejaljlung  ber  @erid>t$f offen 
4  ff.,  im  ganjen  62  ff. 

SBoljn&auS  mit  ©etreibe-  unb  ©ägmfi^le  nebff  gelbbau,  bem 
Älofter  ©t.  3eno  ffiftbar,  800  ff. ;  ein  3ubaugut  400  ff. ;  jtoet  &aar* 
äefer,  jur  Sßffege  Stei^en^aQ  gehörig,  „oom  (Srblaffer  bei  ber  neuen 
©fiterbefd&reibung  felbft  angefangen"  auf  140  ff.;  ein  fcöljl  „toeil 
es  gar  «ein  unb  fd&ied&t  befiettt"  nur  20  ff. 


1  1682  unb  1683  Ijaben  ftc$  feine  Snoenturen  begeben. 

Co^en,  Serf<$ttlbuti0.  19 


—    290    — 

©djulben  herein :  Sßrioat  20  fL,  20  fL,  beSgleidjjen,  oorgeKeijeneS 
©elb,  10  fL    ©umme  bcr  »ftfoa  1835  fL 

©Bulben  I>inauS :  &anbroerferlöljne  15  fL,  gerrn  SB.  in  SReid&en* 
Ijall  ungefähr  16  fl.  ©umme  31  fl.  (S)ie  98itme  &at  250  fL  ©etrat= 
gut  etngebrad&t  unb  SHiteigentum  angeheiratet.)    überfdjufe  1804  fL 

14.  &ager,  ben  7.  Dftober  1686.  Überf  d&ulbung ;  ?ReaU 
frebit  nur  mefjr  ju  brüdenben  S3ebingungen  (2tntid&rcfe)  erf)ältlid&. 

SRofe  32  fL,  3  Äitye  ufro.  30  fL,  galjrniS  im  ganjen  90  fL 
„Stufcer  biefer  f<$le<$ten  galjmis,  toeil  fein  meljrerS  tu>rf}anben",  wirb 
baS  ©fitl  „ ausgenommen  ein  Sßeuntl  unb  eine  SBiefe,  fo  bereite  ba* 
von  fommen,  bodj  fünftig  lieber  baju  gelöjt  werben  fönnen",  nur 
auf  270  fL  angefangen,    äftioa  360  fl. 

Sdjulben  tytnauS:  ©otteSl)au$  Äarlftein  nerftdjerteS  Kapital 
100  fL;  prinat  50  fL  (3infen  2Vi  fl.),  33,  6,  41/«,  3,  2  fL;  bcr 
SRutter  beS  Verstorbenen  „Ijergelie^eneS  SRofcgclb"  36  fl. ;  einem  SBirt 
13  fL,  einem  ©d&rnieb  2  fl. ;  bem  ©tieffotyn  30  fl.,  ben  oortjanbenen 
brei  «einen  ftinbem  »atergut  20  fL  ©umme  302  fL  Überfdjufc  58  fL 

15.  &ager,  ben  7.  Dftober  1686.  hinterblieben  SBitroc 
unb  nier  Äinber.    Überfdjulbung ;  man  borgt  fid)  fo  burdj. 

3  Äfifje  ufro.  38  fl.,  gatjrniS  im  ganjen  52  fl.  2)aS  Out  300  ff. 
»ftioa  352  fl. 

©Bulben  IjinauS :  35em  ©otteSljauS  Jtarlftein  oerftdjerteS  Kapital 
70  fL;  jur  Sßfannl)auSie<f>e  9teid)enl)att  beSgleidjen  100  fl.,  3wfen 
10  fl.,  ber  ©djroiegermutter  50  fl. ;  einem  SReidjen^atter  S3ürger  4  fL, 
prioat  21,  4,  3,  2  unb  2  fl.;  einem  SBirt  27  fL,  beSgteidjen  4  fL, 
einem  SKütter  8  fl.,  beSglei<$en  5  fl.,  2Birferlo&n  2  fl.  ©umme 
312  fl.    Überfäufc  40  fl. 

16.  2luf  ber  ©main,  23.  3luguft  16941.  SJBitme  unb 
jeljn  jum  £eil  unmünbige  ßmber  üorljanben.  ©rofceS,  fdjoneS, 
ma^rfd&etnlidj  freies  Sefifctum.  9teidje  ©rnte,  rooljlgeffitlte  Stoßen. 
2Ran  ift  in  ber  Sage,  frebitbebürftigen  9tadjbarn  mit  größeren  33e= 
trägen  auszuhelfen. 

1  9to&  60  ff.,  5  flfi^e  ufro.  80  fl.,  rupfeneS  unb  IjärbeneS  £udj 
unb  Seilad&er  im  SBerte  uon  64  fl.,  ©etreibeoorräte  ju  30  fl. 
ga^rniS  im  ganjen  364  fl.  „3)er  feurige  völlige  ©tanb  in  ©etreibe, 
&eu  unb  ©rummet"  200  fl.  Qn  ber  SBarfdfjaft:  5  fteidjStaler  ju 
2  fl.  =  10  fl.,  21  ©olbgulben  ju  3  fl.  10  fr.  =  66l/8  fl.,  ©rofdjen  im 


1  flreiSard&to  aRünd&en  ©riefprototoüe  745/73. 


1 


—    291    — 

9Berte  von  21  fl.   3>n  einem  abfonbertidjen  ©djafetrüljel :  20  SReidjS* 
taler  ju  2  fl.  =  40  fl.,  3  §albe  =  3  fl.,  1  ßatbergulben  =  52  fr., 

1  rneredfiger  günfjefjner  =  15  fr.,  2  tneredftge  3e^nc^  =  20  &•/ 

2  anbre  ßeljner  =  20  fr.    ©umme  ber  Sarfdjaft  142  fl. 

S)a$  ©ut  „9?eiterf)of  genannt,  mit  ber  gemauerten l  großen  33e= 
Häufung"  1800  fl. 

©Bulben  herein:  &auer  auf  ber  ©matn  von  feinem  ©ütl 
200  fl.,  »inber  ebenba  150  fl.,  prtoat  150  unb  100  fl.,  privat  62  fl., 
©d&uljmad&er  30  ff.,  SBirt  18  fl.  ©umme  710  fl.  ©umme  ber 
»ftioa  3216  fl. 

©djulben  tyinauS:  Sßrtoat  aus  Sterleten  100  fl.  Überfluß 
3116  fl. 

17.  Stuf  ber  ©main,  9.  September  1694.  hinter- 
blieben 2Bitroe  unb  vier  unmünbige  itinber.  2)ie  SBerfdjulbung  l)at 
bereite  eine  bebenflidje  &ö§e  erreidjt,  bie  33en>irtf  d&aftung  fdjeint 
aber  nod)  nid^t  barunter  gelitten  }u  tjaben,  baä  notmenbige  Inventar 
nodj  vortjanben  ju  fein. 

4  Äülje  ufto.  60  flv  bie  oorfjcmbene  gutterei  in  &eu  unb 
©rummet  für  ba$  SSiel)  80  fl.,  ©trof)  unb  &abmer  20  fl.;  ga&rni* 
im  ganjen  204  fl.  3)a3  ©ut  (grunbbar)  400  fl.  ©Bulben  herein : 
S)ie  SBitroe  l)at  bei  SB.  (n>al)rfdjeinltä)  intern  ©ruber)  an  mütterüdjem 
©rbe  no$  25  fl.  ju  fudjen.    ©umme  ber  Slftioa  629  fl. 

©djulben  l)inau3 :  3)em  ©otteSljauS  Äarlftein  verbrieftet  Äapttal 
160  fl.,  bem  ©pital  SReid&entjaH  200  fl.,  3a$re3jin$  10  fl.;  privat, 
geliehene«  ©elb  20  fl.;  femer  privat  10  fl.,  10  fl.  unb  l1/«  fl.; 
einem  SRütter  7Va  fl.,  einem  ftcämer  „um  aufgenommene«  Xufy' 
4  fl.,  ber  SWutter  be$  Verstorbenen  au$$tma<t)t&  ©elb  C3«^Pfcnnig) 
80  fl.    ©umme  503  fl.    Überfd&ufe  126  fl. 

18.  &ier  Rubelt  e$  fid^  um  fein  93erlaffenfdjjaft3im>entar, 
fonbern  ba$  Inventar  ift  über  ba$  Vermögen  eine«  „mit  SBeib  unb 
Stirb  $eimlidj  (jintoeggejogenen  @eridjt$untertanen,  ber  vor* 
fcanbenen  ©laubiger  falber"  am  2.  3uni  1693  unter 
SWitrotrfung  breier  ©djjafcmanner  errietet  tvorben.  Stlujlration  ju 
©.  197. 

1  Auf)  unb  4  ftälber  famt  ©tattjube&ör  44  fl.  3)te  fta&rni* 
im  ganjen  ift,  „weil  bie  tveggejogenen  Seeleute  alles  SBett*,  $al$* 
unb  Seinivanbgervanb  §etmli<$  enttragen  unb  ni<$W  meljr  bavon  ju 
erfunben",  ba$  2)agelaffene  aber   „mel)rerenteil$  ein  alter  3*ug", 


1  Äulturl)iftorif<$  &emer!en*n>ert,  bafc  biefeä  befonbrö  $en>orge$oben  wirb. 

19* 


-    292    — 

nur  auf  62  fl.  geföfifet  roorben.  ©te  beiben  (grunbbaren)  ®üil 
werben,  weil  „beibe  Käufer  ganj  baufällig  unb  mit  grofjen  ttnfoften 
wieber  auf}uri$ten",  nur  auf  550  fl.  angefangen.  @in  jum  Älofter 
3eno  gehörige*  Xagroerf  Sanb  70  fL   Summe  ber  äfttoa  682  fl. 

$)a  bie  ©djulbforberungen  ber  ©laubiger  fidj  auf  me^r  be= 
laufen,  fo  werben  bie  beiben  ©ttter  famt  ber  galjrmS  ben  ©laubigem, 
„bamtt  um  fooiel  weniger  ju  93erlufl  ge&t,  jum  §ö$eren  SBerfcmfe" 
überladen;  babei  wirb  tynen  aufgetragen,  „mit  bem jenigen,  ber  e£ 
an  jtdj  erf>anbeln  roiH,  oor  ©eridjt  ju  erfdjeinen  unb  ben  getroffenen 
Äauf  orbentlid)  anzugeben,  bamit  folgenbS  jnnfdjen  iljnen  be£ 
SorgangS  falber  ein  SßrtörüätSerfenntm*  nerfa&t  unb  publiziert 
werben"  fann. 

19.  ©ro^olj^aufen,  12.  3uni  17391.  @rben  fteben 
©ef djtoifier.  $fiu8ler  o^ne  lanbroirtf d&aftlid&en  ©runbbejtfc ;  ärmliche, 
gebrücfte  »erljältniffe. 

ga&rmS  23  fl.  fcäuSdfjen  mit  ©ärtd&en  (Seibte^t)  50  fL 
Slfttoa  73  fl. 

©Bulben  ju  4,  1  */•,  1  fl. ;  einem  SDa<$be<f er  So&n  30  fr. ;  jtoei 
SSrübem  be3  »erftorbenen  2Vi  unb  IVa  fl,  S)ie  »auf ättigfeit 2  be* 
lauft  fid^  na<$  bem  ungefähren  äfofdjlag  auf  20  fl.  3uT>enturfoftm 
7  flv  bem  Pfarrer  ©eelgerät  6  fl.,  bem  äReftner  1  fL  Bvivxmz  45  fL 
Überfdjufe  28  fL 

20.  ©eSgleid&en,  nom  12.  $uni  1739.  hinterblieben 
SBttroe  unb  wer  unmflnbige  Ätnber.  SRtfjlidje  33er&ältniffe  (9Bangel 
an  ©aatgetreibe).    Ungeregelte  Sorgnrirtfdjaft. 

2  Stoffe  25  fL,  4  Rüty  ufro.  54  fl.,  ga|>rm3  im  ganjen  148  fl. 
35a8  ©ut  „fo  bem  Sau  nadj  eine  &ube  ifi"  500  fL  ©djulben  $er- 
ein:  ftficfflänbiger  ©rbteil  ju  12  fL    Slftum  660  fL 

©Bulben  l)inau8:  einem  ©otteS^auS  65  fl.,  Qntereffen  bauon 
3  fL  15  fr.,  prtoat  30  fl.,  geliehene«  ©elb  9  unb  4  fL;  einem 
3Rütter  6  unb  1  fl.,  einem  SBagner  56  fr.,  einem  SWaurergefeHen 
l1/«  fl.,  ßot)n  ber  ©ienftbirne  IVa  fl.,  ber  oorigen  SHenftbirne  1  fl.  20  fr. ; 
femer  prfoat  4V2,  4,  4,  2Vi,  IV2,  l1/*,  1  fl.,  45,  28  unb  20  fr.; 
bem  »ruber  be3  ©rblafferS  17  fl.,  ber  ©djroefter  20  fl.,  ber  3Äutter 
ber  SBitme,  foroie  tyren  Äinbern  laut  Übergabäbrief  uon  1731  21  fL, 
ferner  für  ben  bieäjätirigen  SluStrag  3  fL';  bem  Pfarrer  für  geliehene 

1  Snoenturbuc^  ber  $ofmarc$  Srannenburg,  ©rofc»  unb  ßleinJ&oIaljaufen 
de  annis  1739-1758/59.    3m  $tftortf$en  herein  für  Ö6er&agern  in  3Rünc$en. 

2  $er  Setrag  ber  SBaufäEtgfeit  ift  an  bie  ©runb§errfd)aft  ju  entrichten 


H 


—    293    — 

2  ajfefcen  $aber  1  ff.  12  fr.,  ».  3».  für  hergegebene  2  2Kefeen  langen 
aBeijenS  unb  5  äßefeen  Jobber  num  ©amen  6  ff.  40  fr.,  bem  &.  2). 
für  1  3Re|en  ©ober  24  fr.;  „unterfdjieblidje  Heine  Soften"  6  ff. 
SDie  SaufäWgfeit  beträgt  mtnbeftenS  50  ff.  Qnoenturf  offen  12  ff. 
15  fr.,  bie  „pfarr&errlidjen  9te<$te  famt  ©otteSbienft  unb  anberem" 
8  ff.,  2Refener  1  ff.  ©umme  ber  ©Bulben  $inau3  291  ff.  Über* 
f #u&  369  ff. 

21.  Älein^olj^aufen,  12.  3uni  1740.  Unflarljeit  ber 
SRed&tSoerljältmffe ;  fdfjeint  SBudjerern  in  bie  &&nbe  gefallen  ju  fein. 

1  9tof$  30  ff.,  6  Äül)e  ufto.  70  ff.,  ga^rniS  im  ganjen  192  ff. 
3>a3  ©ut  600  ff.    «ftioa  792  ff. 

©djulben  IjinauS:  @.  $&.  in  93.  in  unterfd&iebltd&en  Soften  unb 
3a^ren,  jum  Seil  herein  geliehen,  nadfj  brei  befonberen  SBcr* 
jeidfjmffen  *  346  ff.;  fonft  prtoat  10  unb  6V2  ff.;  bem  ©dfjmteb 
Arbeitslohn  1  ff.,  bem  Dbffpel&er  30  fr.  SDeS  @rblaffer$  ©dfjioeffer 
yrätenbtert  78  ff.,  fo  ü)r  aber  oon  ber  ©utSnntioe  (sie!)  roiber* 
f proben  unb  von  berfelben  oorgebrad&t  wirb,  bafc  {le  jtoar  oon  ber 
©d&wägerin  50  ff.  jur  Aufbewahrung  erhalten,  nadfj  etlichen  Sagen 
ober  beten  (Seemann  auf  fein  Segelten  mieber  beljänbigt  &abe. 
^enter  forbert  ein  SBertoanbter  70  ff.  bar  geliehenes  ©elb,  wofür 
il>m  ber  SeibgebingSbrief  ju  Sßfanb  eingefefet  toorben  fei.  33aufäHigs 
feit  ungefähr  50  ff.  Snoenturfoften  13  ff.  ©Bulben  575  ff.  Über* 
fd&ufc  217  ff. 

22.  ©rofe^olj^aufen,  ben  4.  3uli  1739.  Sßitioe  unb 
fünf  Äinber  jnrifdjen  17  unb  3  Sauren.  QitmÜä)  Keines  ©ut,  aber 
<mfei>ntidE)e  Mittel,  ffattltcljeS  »etriebSfapttal. 

1  Sßferb  30  ff.,  5  Äü&e  ufto.  50  ff.,  gaijrmS  im  ganjen  205  ff. 
©ut  (grunbbar)  400  ff.  ©Bulben  herein:  ©elie&eneS  ©elb  20  ff., 
für  ©amfcaber  24  ff.,  bei  einem  &uffc$mieb  23  ff.,  prioat  20  unb 
6  ff.  S)te  SBertoanbten  ber  SBitroe  fd>ulben  00m  fieiratgut  nod& 
100  ff.    ©umme  193  ff.    »ftioa  798  ff. 

©Bulben  IjtnauS :  prioat  21/«  ff.,  einem  ©djmteb  2Vf  ff.  Sau* 
ffiaigfeit  50  ff.  2>em  Pfarrer  für  ©otteSbienft  ufto.  7  ff.,  bem 
9Refmer  1  ff.,  für  ©penbbrot  51/«  ff.,  Snoenturfoffen  151/«  ff. 
©umme  84  ff.    Überfd&ufe  714  ff. 

23.  ©ro^olj^aufen,  ben  4.  3uli  1739.  hinterblieben 
SBitioer  unb  jtoei  f leine  Amber.  ©d&öneS,  jum  Seil  freies  Sefffe» 
tum.    ©eringfttgige  @rbregulierungSf$ulben,  fonft  unbelaffet. 


2>ie  Stoseigniffe  liegen  ni$t  M. 


—    294    — 

1  9fa>&  40  ff.,  9  Äfllje  ufw.  111  ff.,  gafcrm*  im  ganjen  318  ff. 
2>te  bem  ©otte8l)au3  in  ©rof$ol)^aufen  gelangen  jroet  Seibgebtng* 
gfltl  (ein  ganje*  unb  ein  $albe*  fielen)  1100  ff.  ©emäfi  Kaufbrief 
Dom  31.  Suli  1674  wirb  ba3  freie,  lebige,  etgentfimlidje  „Sßraitl", 
4  ädfer  grofe,  gefdtffct  auf  250  ff.  ©d&ulben  herein:  7,  1,  1  fl. ; 
„ba$  fogenannte  ©alliterpofterl  tum  $unbf>am"  10  ff.  2tfitoa 
1687  ff. 

©Bulben  i)inau3 :  SBon  ben  SBerroanbten  ber  t>er  jtorbenen  JQauä* 
ftau  werben  ©Itewgfiter  im  Setrage  t)on  122  ff.  prätenbiert.  33au- 
fälligfeit  am  ganjen  fielen  40  ff.,  am  Ratten  10  ff.  2>em  Pfarrer 
für  ©otteSbienff  unb  «ßönfatt  8  ff.,  3npenturfofien  22  ff.  gummc 
202  ff.    SReft  1485  ff. 

24.  ftieui&ol^aufen,  ben  12.  »uguff  1739.  S5a£ 
anfefytlidje  »etrtebäfapital  fü^rt  ju  bem  ©bluffe,  bafc  bie  be* 
beutenben  ©Bulben  jum  £eil  probufttoer  -Katar  ftnb.  —  hinter- 
blieben SBitme  unb  jmei  Meine  Äinber. 

2  «Pfcrbe  35  ff.,  7  Äfi&e  ufro.  87  ff.,  gaumig  im  ganjen  224  ft. 
»argelb  8  ff.  SDa$  ©ut  (bem  »au  nac$  ein  Seijen)  500  ff. 
©Bulben  herein:  Sßrtoat  30  ff.,  reffierenber  ©rbteil  14  ff.  Slftioa 
776  ff. 

©Bulben  f)inau3:  @otte$l)au3  in  Ä.  50  ff.,  prioat  80,  40,  20, 
15,  15  ff.;  einem  ©djufter  35,  einem  3Jiaurer  20  ff.,  einem  ©uf~ 
fdjmteb  15,  einem  2Birt  6  ff.;  bem  SMenftfnedjt  Siblo^n  30  ff.;  ber 
SKutter  ber  ©rblafferin  (2lu$träglerin)  3*!wfenmg  50  ff.,  bem 
»ruber  (2)ienftfned)t)  100  ff.  [roa^rfdjeüilidj  ©rbabftnbung],  Sau* 
fättigfeit  40  ff.;  bem  Pfarrer  3  ff.,  bem  »enefijiaten  4  ff.,  für 
©penbbrot  4  ff.,  bem  SWefmer  1  ff. ;  3m>enturfoften  16  ff.  ©umnte 
544  ff.    3Jeft  232  ff. 

25.  ©rofe^olj^auf en,  ben  18.  3)ejember  1739. 
hinterblieben  Sßttme  unb  aü)t  Äinber  (8—22  3fa&re).  SErofc  einiger 
©Bulben  günftige  Sage.    (Normaler  ©dfjulbenftanb.) 

2  Stoffe  16  ff.,  5  Rü^  ufra.  68  ff.,  galjrmS  im  ganjen  238  ff. 
©ut,  „fo  bem  »au  nad)  jmei  fielen  importiert"  500  ff.  Slftiua 
738  ff. 

©djulben  IjinauS:  ©otte3ljau$  in  ©ro^olj^aufen  50  ff.,  bie3= 
jährige«  3ntereffe  2Vi  ff.;  @otte3l>au$  in  Älein^olj^aufen  90  ff. 
^ntereffe  41/«  ff. ;  prioat  20  ff ,  3al)re3jm3  1  ff.  »aufattigfeit  40  ff. 
S)em  Pfarrer  5  ff.,  bem  SRe&ner  1  ff.,  um  ©penbbrot  3  ff.,  3n* 
oenturfoften  16  ff.    Summe  233  ff.    Steft  505  ff. 


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—    295    — 

26.  ßlfofen,  ben  23.  2Kärj  17361.  f  2Büroe,  hinter* 
blieben  eine  groftäljrige  Stocktet.  SBer^ältniSmafcig  bebeutenber  5Bie^ 
ftanb.  3Bal)rfcI)emUdj  SKebenüerbienft  im  guljrroefen.  Überhaupt  er« 
freulid&e,  toenn  audfj  befd&ränfte  SBer^ältniffe. 

5  Sßferbe  ufrn.  60  flv  5  Äitye  ufro.  56  fL,  6  ©djjafe,  ©d&roeine ; 
ga^rnte  im  ganjen  181  fL  3)a3  ber  jQerrfdfjaft  gehörige  ©ut  400  fL 
Slftioa  581  fL 

©dfjulben  tyinauS:  ©efd&miftern  ber  ©rblafferin  53  unb  28  fL, 
einem  ©dfjufter  10  fL,  fonft  Heine  betrage  ju  8,  5,  3,  1  fl.  Qm 
ganjen  108  fl.    9left  473  fl. 

27.  Ölfofen,  6.  Quni  1737.  hinterblieben  Sßitme  unb  jroei 
grofjjäljrige  Äinber.  33erfd&ulbung  bur<$  SlbfinbungSgelber ,  3Wangel 
an  ^Betriebst  apital ;  Heine,  gebrüdte  3Serl)ältniffe. 

2  Stoffe  ufro.  30  fl.,  1  Ruf)  ufro.  10  fl.  galjvute  im  ganjen 
71  fl.  2)a8  nadjj  ©berSberg  grunbbare  ©ut  nrirb,  ba  „baS  £au3 
bergeftalt  baufällig,  bafc  e3  bem  ©infollen  gleidfj  fiet)t",  nur  auf 
300  fL  angef dalagen.    SHtioa  371  fl. 

©d&ulben  &inau$:  @otte3l»au3  £).  30  fl.;  prioat  8,  6,  3,  3, 
2  fL;  ben  jroei  ©dfjmeftern  be$  ©rblafferS  ausgemachtes  naterlid&eS 
unb  mfitterlidfjeS  ©ut  200  fl. ,  bem  »ruber  ber  SBitroe  7  fL ;  aus* 
ftänbiger  £anbloj,n  30  fl.    ©umme  289  fl.    SRefl  82  fL 

28.  günfing  (Olfofen),  ben  24.3uli  1742.  f  SBitroc, 
hinterblieben  ad^t  ftinber  aus  jmei  @t)en.  ©rofebauer,  ftoljeS  33eftfe* 
tum,  bequeme  SBerljaltniffe 2. 

8  SRoffe  ufro.  270  fl.,  15  M&e  ufrn.  200  fl.,  3  ©d&effel  SBeijen 
48  fl.,  2  ©d&effel  fcaber  17V2  fl.,  IV2  ©dfjeffel  ßorn  13V«  fl., 
4  SWefeen  ©erfie  5  fl.,  gaumig  im  ganjen  769  fl.  »argelb  250  fL 
2)aS  ber  &errfdfjaft  grunbbare  ©ut,  ganjer  &of,  Seibred&t,  1600  fl.; 
fjatöer  ioof  ßjube),  Seibred&t,  jum  Älofter  Xegernfee  grunbbar,  534  fl. ; 
fielen,  ebenfo,  266  fL    SSermögen  im  ganjen  3419  fl. 

29.  Ölfofen,  16.  Dftober  1745.  f  ©d&ufter.  ©intern 
blieben  äßitroe  unb  jmei  unmflnbige  Äinber.  (Sin  Meiner  ißanb= 
werter,  ber  felbft  mit  ber  SKot  ju  fämpfen  £at,  benufct  bie  geringe 
33arfdjjaft,  bie  ibm  feine  @l>efrau  in  bie  @t)e  gebraut  f)at,  baju,  eine 
Äu&  jn  erwerben  unb  ftdfj  burdfj  Ärebitgemal)rung   gegen  2lnti  = 


1  Inventaria  von  ber  abeliß  £a$emnat>rfd)en  $ofmar<$  ÖCfofen.  Äretä- 
areftto  Stünden  örteforototoHe  759Va/l. 

*  $te  Snoentur  ift  na<$  auöbrücfttd&er  ßonftatierung  im  3m>entar  über 
ba*  gefamte  Vermögen  (ber  beiben  (Seeleute)  aufgenommen. 


—    296    — 

$refe  in  ben  SBejtfc  ber  }u  i&rer  Fütterung  notroenbigen  ©runb- 
ftüdc  ju  fefeen.  Sieber  lägt  er  feine  SRedjmmg  bei  feinen  9iof?fh>ff = 
Iteferanten  anfd&toeffen,  als  bafe  er  auf  biefe  rentable  Kapitalanlage 
t>erjid&tet. 

1  alte«  9to&  5  fl.,  1  Ruf)  ufm.  26  fl.,  ©djufterroerfjeug  5  ff., 
$a$rni*  im  ganjen  87  fl.  ©Bulben  herein :  SPrioat  gegen  ben  9htg« 
genufe  getoiffer  Sdfer  unb  einer  SBiefe1  100  fl.;  geliehenes  Selb  auf 
eine  SBiefe8  40  fl.;  geliehene«  @elb  40  fl.  »u&erbem  ftnb  nad> 
©ut^aben  ju  40  fl.  im  ganjen  oorfcanben,  roett  aber  bawm  fafl  ntd>i5 
meljr  ju  befommen,  fo  werben  an^er  nur  20  fl.  gefefet.  Summe  ber 
©Bulben  herein  200  fl.    »ftina  287  fl. 

©d&ulben  IjinauS:  ßlterngfiter  40  fl.,  Jpeiratgut  ber  2Bita>e 
94  fl.,  einem  Seberer  fflr  abgenommene«  fieber  40  fl.,  bem  ©djuly^ 
ftte^t  Siblofcn  10  fl.    ©umme  184  fl.    Überreft  183  fl. 

30.  Sltötting8,  ben  25.  Sanitär  1738.  f  2lu3- 
t  r  ä  g  l  e  r.  2)ie  Slfttoa  befielen  in  ben  Seibf leibern  be$  SBerfiorbenen 
unb  im  Mobiliar  ber  2lu8trag$ftube,  SBert  9  fl. ;  ferner  in  bem  vom 
jungen  ©utSbeftfcer  nod>  gefdjulbeten  SRefi  be$  3$*Pfennig$  ju  165  fl. 
=  174  fl.  ^Jaffioa:  Be^rgelb  für  Me  no$  lebenbe  SluSträglerm 
10  fl.;  fromme  Segate,  9Heffen,  ©todfgelb  64  fl.  (!),  Pfarrer  6  fl., 
SRefmer  3  fl.,  ©penbbrot  7  fl.;  ©eri<$t$foflen  4  fl.,  SeerbtgungS* 
foften  8  fl.  ©umme  102  fl.  3Som  3e$rpfennig  bleiben  alfo  72  fl. 
übrig,  bie  ber  junge  Sauer  ben  grben  (er  felbfl  unb  feine  ®e* 
fd&nrifter)  ^erauäjugeben  fjat. 


SBenn  wir  bie  ^noentare  (mit  ausnähme  ber  ©onberfatte  9ir.  29 
unb  30)  nadj  bem  ©rabe  ber  SBerfdjulbung  orbnen,  fo  erhalten 
mir  bie  auf  ©.  297  enthaltene  Tabelle,  ju  beren  ©rläuterung 
mir  nur  bemerlen  muffen,  ba&  Stubrif  7  ba$  SßrojentoertyältmS 
jmifd&en  SRubrif  6  unb  SRubrif  5  batfiettt4. 

Sitte  33erfdjulbung8grabe  ftnb  oertreten.  3  ©üter  fütb  fdjulben- 
frei,  7  biö  ju  25°/o,  6  oon  25  bi«  ju  50,  6  oon  50  bis  ju  75, 


1  3).  $.  auf  SOBteberlofung. 

2  $9potI)el  ober  SBieberlofung  ? 

8  Snoenturbud}  ber  furfürftlid&en  ^ropftei  SUtötting  d.  a.  1738/39  (Äreiä» 
axQiv  9Rün$en  SriefprotofoHe  132/555). 

*  3-  23-  &u  9lt.  4:   S\^°    -  1,689  -  2. 


—    297    — 


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—    298    — 

5  oon  75  bis  ju  100  °/o  oerfd&ulbet,  unb  1  ©ut  ifi  überfd&ulbet.  GS 
tft  anjune^men,  bafc  ein  £eil  ber  na<$  ben  Snoentaren  nur  oer= 
fd&ulbeten,  aber  nidjt  überfdjulbeten  ©fiter  fxd^  als  fiberfd&utoet 
^jerauSgefteDt  f>aben  würbe,  wenn  fie  bem  ftrengen,  aber  juoerläffigen 
©djeibemittel  „offener  SJtarft"  auSgefefct  worben  wären-  20>biert 
man  fämtli<$e  Stftiomaffen  unb  fämtltd&e  Sßaffiomaffen  unb  berechnet 
man  hieraus  in  berfelben  SBeife,  wie  wir  biefeS  bei  ben  einzelnen 
Qnoentaren  getan  l)aben,  ben  SBcrf djulbungSgrab ,  fo  ftnbet  man  bie 
3iffer  28,6.  SDiefe  3a$l  fann  man  alfo  als  ben  burd&fd&nitt* 
liefen  SBerfdjjulbungSgrab  ber  ben  ©egenfianb  unferer  3n* 
oentare  bilbenben  bäuerlichen  SEßirtfd^aften  betrauten. 

ßwtfdjen  bem  ©rab  ber  Serfdjulbung  unb  ben  oerfdfjiebenen 
©egenben,  aus  benen  bie  Qnoentare  flammen,  laffen  fid>  feine 
parallelen  aufstellen,  dagegen  fd&eint  bie  ©utSgröfee  einen  ge* 
wtffen  (Sinfhtf?  auf  ben  ©rab  ber  SBerfdjulbung  gehabt  ju  f>aben. 
©djeibet  man  nämlid)  bie  ©üter  bem  SBerte  nadj  in  jwei  annäljernb 
gleidj  grofje  Seftänbe,  in  foldje  ©fiter,  beren  SBert  ben  Setrag  von 
500  fl.  überfieigt,  unb  in  foldje,  beren  2Bert  barunter  bleibt,  fa 
finben  mir,  bafj  Säuern  oerfdjulbet  finb 

bid  ju  25%  25—50%  50—75%  über  75%  Summe 

bei  ben  größeren  ©fitem    6  3  1  1         11 

bei  ben  Heineren  ©fitem    3  1  3  5         12, 

wäfjrenb  oon  ben  4  ©fitem,  bie  gerabe  500  fi.  wert  finb,  1  bis  ju 
25°/o  unb  bie  3  anberen  tum  25  bis  ju  50°/o  ber  SKftiomaffe  »er* 
fdjulbet  finb.  2)afj  bie  größeren  ©üter  in  unferer  Tabelle 
weniger  oerfdjjulbet  finb  als  bie  Heineren,  jeigt  fidj  aud)  bei 
näherem  ^infe^en.  Sei  ben  5  größten  ©fitem  (1000  fi.  SBert  ober 
meljr)  beträgt  bie  Serfdjulbung  weniger  als  25°/o,  bei  2  oon  iljnen 
ift  bie  S3erf$ulbung  ganj  unbebeutenb,  baS  wertooUfte  ©ut  ifi 
fdjulbenfret.  dagegen  beläuft  fiä)  bei  ben  4  ©fitem,  weldje  weniger 
wert  finb  als  400  fl.,  bie  SBerfdfoulbung  in  einem  galle  auf  62%, 
in  ben  3  anberen  fallen  auf  über  70%.  SSon  ben  12  ©fitem  im 
Sßerte  oon  450  bis  800  fi.,  alfo  mittlerer  SBertSgrö&e,  befinben  $$ 

6  unter  ben  2lnwefen  mit  mittlerer  33erf<$ulbung  (25 — 50%);  ja 
nodj  mefyr:  biefe  SerfdjulbungSgruppe  wirb  auSfdjltefclidj  oon  ©fitem 
mit  foldier  SBertSgröfee  eingenommen. 

3luffattenb  ift  audj  bie  weitere  @rfdf>emung,  baß  eine  Slnja^l 
oon  benjjenigen  Slnwefen,  bie  nur  bis  ju  50%  oerfdjulbet  finb,  mit 
©ewerbebetrieben  oerbunben  ift.  S)ie  3  ©fiter  mit  3Kfifferei, 
guljrmannSbetrteb  unb  ©aftwirtfd&aft  finb  geringfügig  oerfc&ulbet. 


—    299    — 

3Me  beiben  Slnwefen  mit  SBeinljanbel  unb  SDiaurerfjanbtoerf  finb  jroar 
bebeutenb  oerfdjulbet,  btc  ©djulben  finb  aber  bei  biefem  jum  ietf, 
bei  jenem  jum  größten  £eil  im  ©ewerbebetrteb  entftanben.  @r* 
toä^nung  oerbient  ferner  bie  £atfadjje,  bajs  audfj  bie  beiben  frei* 
eigenen  ©fiter  oerljältntemäftfg  wenig  oerfdjulbet  finb. 

35a  oon  ben  7  ©fitem  im  2Berte  oon  800  fl.  unb  barfiber  5 
entroeber  frei  oon  ©runbuntertänigfeit  ober  mit  hieben* 
betrieben  gewerblicher  ober  faufmännif<$er  Slrt  oerbunben  finb,  ba 
alfo  txri  Äaufaljufammen^ang  jwifdfjen  ©utögrö&e  einerfeits  unb 
gfrettjeit  be$  ©runbetgentumS  fowie  Äombtnatton  oon  lanbwirtfdjaft* 
liefern  unb  gewerblid[jem  Setrieb  anbererfeitö  ju  befielen  fdjeint,  fo 
fann  man  fagen,  baf$  bie  ©eftaltung  be3  bäuerlidjen  ©runbbeft|e3 
(fotoeit  unfer  bef<$ränfte3  SJiaterial  reidjt)  in  ber  Stiftung  größerer 
greibeit  unb  2)ifferenjierung  ber  SßrobuftionSwetfe 
(burdf)  ©ntfle^ung  lanbwirtf  <$aftlidjer  9?ebenbetriebe)  auf  bie  SB  e  r  * 
fdjulbung  einen  mäftigenben  ©influfc  ausgeübt  Ijat. 


Sed$es  Kapitel 

§taatti$e  &Mionm. 


§  18. 

3fcer  ^CTifti^iäftri^  Krieg- 

Unter  ben  ttrfadjen  ber  SBerfdjulbung  be3  bäuerlichen  @runb* 
beftfee^  fteljt  bie  Arie gSnot  in  erfier  SReilje.  ©er  breifcigjäljrige 
Ärieg  tyat  bie  SBerfdjulbung  plöfclidj  ju  einer  ganj  aufeerorbent* 
lidjen  ipö^e  emporgetrieben,  er  tyat  eine  ÄrebüfufiS  erjeugt,  bie 
in  ber  ©efdfjidjte  berühmt  geworben  ift.  2Btr  l)aben  audj  in  biefem 
Äapitet  nur  ben  bäuerlichen  ©runbbefifc  4im  2luge  unb  greifen  nur 
ba  über  btefeS  ©ebiet  l)tnau$,  wo  e3  be$  3ufaTntwen^angö  wegen 
nötig  ifi. 

I. 

35ie  fdjlimmen  wirtfd&aftltdfjen  folgen  be$  ÄriegeS1 

1  $auptfäc$li$  na$  Viani,  »&%"$  unb  6$irm  ber  ©$ulbner\  SRanj 
war  Vertreter  fce8  Sc&ulbnerintereffeS ,  obroofjl  er  felbft  eä  nid&t  augeben  roilL 
£r  §atte  alfo  ©runb,  (ei  ©Witterung  be3  @Ienb8  bide  gar&en  aufzutragen.   3$ 


—    300    — 

beftanbcn  junädtft  in  einer  bebeutenben  SSerminberung  bei 
beweglichen  SBermögen*.  Sie  ÄriegSft  euern ,  3u>ang£anlel)en, 
(Einquartierungen,  Kontributionen  /  a3ranbf<$afcungen  unb  $${flnbe- 
rungen  beraubten  ba£  fianb  eine*  großen  Seilet  be3  oor^anbenen 
Selbe*  unb  ©elbtöwerte* ,  bie  Foftbaren  ©erfitf djaften  mußten  ein* 
gefdfjmoljen,  Äunflwerfe  }u  (Selb  gemalt  werben,  bie  £anbe£probufte 
würben  maffenl>aft  für. bie  fceere  requiriert  Sefonberä  abtt  ben 
Sauern  ging  e*  fd>le$t.  3)enn,  „weil  bie  Sauern  ni$t$  tnä* 
geheim  unb  verborgen  tyaben,  sancta  simplicitas  omnia  palam 
habet u  (IV  20),  fo  lag  \fyc  ganje*  Vermögen  offen  oor  greunbe£ 
unb  gsinbeS  äugen.  2)ie  ©fiter  würben  ber  ga^rniS  beraubt,  wa£ 
ber  Sauer  ben  einen  £ag  juf  ammenfparte ,  ging  am  anbern  Xafle 
bur<$  ßinfatt  ber  geinbe  („ober  ber  feinbfeligen  greunbe")  wieber 
verloren  (I  16). 

Sieben  biefe  äbfa&lung  bei  platten  fianbeS  trat  ein  weiteres 
Übel,  bie  ©ntoölferung.  Ärieg,  junger  unb  ©eitlen  bejimierten 
bie  Seoöllerung,  bie  übrig  ©ebliebenen  waren  fo  entfräftet,  baß  fie, 
wie  fd)on  SRanj  fdjreibt  (II  67),  tne^r  ben  £oten  al£  ben  Sebenbigen 
gleid)  faljen.  @3  war  ganj  natürlich,  baß  ftc  tyre  oerwfijieten  unb 
ber  galjrm$  entblößten  gelber,  tyre  ausgeraubten  unb  burdjj  Sranb 
jerftörten  Käufer  verließen,  um  als  SBagabunben,  Stäuber,  SRarobeure, 
©olbaten  Jammer  ftatt  Sfeiboß  ju  fein  (StmplijiffimuS).  35ie 
©fiter  blieben  5be  liegen,  jum  Kapitalmangel  gefeilte  ftd)  SeutemangeL 

SDie  3)eoafiierung  ber  ©fiter,  bie  SKinberung  il)re3  (SrtrageS, 
bie  Seutenot,  ber  ©elbmangel  unb  bie  ©efa&ren  be$  SanblebenS  Ratten 
eine  beifpiellofe  Entwertung  ber  ©fiter  jur  golge.  35te  Sin- 
gaben  ber  ©<$riftfteffer  über  ben  ©rab  ber  Entwertung  fdjwanfen 
jwar  fe^r;  ba$  ifl  begreiflich,  benn  ftc  fjaben  nur  ben  3roe*/  Me 
©abläge  ju  beleuchten.  3)le  weiteftgetjenben  oon  mir  gefunbenen 
Slngaben  jmb  bie  oon  ©djmtb  unb  SWanj.  ©d>mtb  behauptet,  baß 
bie  unbeweglichen  ©fiter  !aum  mefjr  bie  Hälfte,  ja  fogar  ben  britten 
ober  vierten  £eil  ber  cor  bem  Jtriege  ablief  gewefenen  ©d&äfcung 
erreidjen1,  unb  2Kanj  fagt  (1641),  baß  bie  Sdfer,  bie  wenig  ftaljre 

fyabe  biefe  abgetönt,  unb  mit  biefer  @infc$rän!ung  fann  und  SWanj  a(3  guter 
geuge  über  bie  tatfädjttdjen  3uftänbe  bienen,  ba  wir  ja  nidjt  fo  fel)r  bie  ©röfee, 
ald  bie  Slrt  ber  SBirfung  be$  Kriege«  auf  ba«  nrirtfc&aftttaje  2tben  unb .  be* 
fonberS  auf  bie  Sage  ber  Sauern  iennen  lernen  wollen,  ftbtigenä  Ijat  ber 
#aupigegner  t>on  SRana,  ^flaumer,  fo  heftig  er  fonfl  in  feinem  »Kolloquium* 
SWanj  angreift,  ftd)  bod)  an  feiner  ©teile  biefer  ©djrift  gegen  bie  tatfäa)(ia)en 
SluffteHungen  von  SRanj  in  bejug  auf  bie  Notlage  ber  Sauern  geroenbet. 
1  3m  Äomm.  jur  SBerorbnung  vom  20.  3uni  1650  p.  10. 


—    301     — 

uor^er  100  imb  mefjr  ©ulben  gegolten,  jefct  loum  me$r  20  ft.  wert 
ftnb1.  Slm  ^duftgflen  finbet  pdf)  bie  angäbe,  bafe  bie  (Sntmertung 
bie  iQälfte  betragen  l)abe. 

3)ie  SBermögenäminberung  emerfeita,  ber  aufcerorbentltdfje  ©elb* 
bebarf  anberfeits  führten  ju  einer  3<*&lung8frift3.  ®ic  aus* 
fieljenben  Kapitalien  mürben  maffenfjaft  gefiinbigt,  bie  Klagen  nnb 
©jefutionen  brängten  jtd&2,  aber  feiner  fonnte  feinen  ©laubiger  be* 
friebigen,  roeil  jeber  oon  feinen  ©d&ulbnern  im  ©tidjje  gelaffen  rourbe. 
SDie  ungeheuren  Äapitafoerlufte,  unter  benen  bie  ©laubiger  ju  leiben 
Ratten 8,  riefen  ein  fd^raer  ju  ttbernrinbenbeS  SRifetrauen  unb  in  33er* 
btnbung  mit  bem  allgemeinen  ©elbmangel  brüdfenbe  Krebitnot  l)er* 
vox*.    2)er  3a&fattg*frift£  Mgte  bie  KrebitfrifiS. 

2)er  erfle  ©d&ulbner,  ber  feine  3a^un9  einstellte,  mar  natürlich 
ber  ©taat. 

©dfjon  1622  erfolgte  eine  ©ifiierung  ber  3infettjaf)Iung6, 
unb  1637  muftte  ber  gürft  ben  Sanbfd&aftSoerorbneten  erflären,  bie 
3infenrücfftänbe  feien  fo  \)o<$)  angefdjjmollen ,  bafc  man  auf  außer* 
orbentlidje  ©edfungSmtttel  33ebad^t  nehmen  muffe,  wolle  man  mdjjt 
bie  ärmeren  Ärebitoren  ganj  Derfdjjmadjjten  lajfen  unb  ben  Krebit, 
ba$  toerte  Äleinob  be$  SanbeS,  jerjlören6.  SDte^  mar  feine  Über* 
tretbung,  unb  bie  3^nfen/  Me  &cr  Stowt  <utdjj  foldfjen  feiner  Unter- 
tanen, bie  felbft  oom  Kriege  furchtbar  mitgenommen  waren,  fd&ulbete, 
beHefen  fid^  bei  einzelnen  ©laubigem  auf  taufenbe  oon  ©ulben. 
2Benn  bie  geängfttgten  ©laubiger  beä  ©taateS,  von  ber  Sßot  ge* 
trieben,  um  3?üdEjaJ)lung  ber  auf  fte  treffenben  ©taatsfdfjulb  ober 
roemgfienS  um  6ntrid&tung  eines  Seilet  ber  3ütfen  baten,  erhielten 
fie  pon  ber  Regierung  ben  33efdfjeib:  2Wan  trage  mit  bem  ©efudfj* 
fleSer  „gnfibigfteS  9Witletb",  möchte  i&m  gerne  geholfen  fe^en,  Ijabe 


1  II  124. 

1  6a)mib  §u  ©antpr.  III  3  n.  2:  33et  vermiedenen  ftrtegätrubefo  Ijaben 
ft$  ftt)ier  feine  anberen  $rojeffe  alö  ©antprojeffe  ergeben. 

•  6o}mib  §u  SB.  XVI 1  n.  9:  ,3n  ben  oerfioffenen  garten  unb  bebrangten 
3eiten"  fmb  fe^r  »iele  ©antprogeffe  geführt  roorben,  »bei  benen  bie  ©eneral* 
Qijpotyefen  unb  Serpf&nbung  ba3  gange  Vermögen  be*  ©antiererd  jroei-  ober 
breimal  erfa)öpften*. 

•  SWang,  ©a)ufc  unb  8a)trm  II 67:  ,9lun  ift  aber  fa)iet  niemanb,  ber  bem 
anberen  Reifen  unb  ©elb  ffirftretfen  fann,  ober  wenngleia)  jemanb  ba*  Vermögen 
(at,  fo  rairb  er  boa)  nia)t  gerne  n>a«  aufteilen,  tcilö  barum,  weil  er  bie  alten 
S^ulben  nia)t  einbringen  fann  unb  alfo  fia)  feine  neue  Unge(egen$eit  maa)en  witt.* 

5  gfrepberg  I  62  s.  v.  ,n>ela)e  feit  jroei  Sauren  im  Kudflanb". 

•  (Sbenba  I  88. 


—    302    — 

aber  wegen  ber  ftarfen  JtriegSauSgaben  nidjt  bie  Mittel,  bem  ©efudje 
ju  toillf  afjren ;  ober  bergleldjjen.  Utatürlid)  fanfen  bie  ©taatS- 
obligattonen  unter  Sßart,  roa$  ben  ©taatöfrebit  weiter 
fdjtoädjte 1. 

2Bie  e«  bei  Ärebitfrifen  ju  gefdje^en  pflegt,  fo  Ratten  aud)  bie 
3a$lung8fd)roierigfeiten  be$  Staate«  weitge^enbe  SBirfungen2, 
inbem  fi$  bie  baoon  auSgeljenbe  3^^ungdnot  oon  ©laubiger  auf 
©djulbner,  oon  ©djulbner  auf  ©laubiger  fibertrug  unb  bie  gefamten 
Ärebitoerljältniffe  jerrüttete.  33on  ben  ftaatlid()en  QcfyhxnQS&mtzxn 
im  ©tidje  gelaffen,  oon  ben  eigenen  ©laubigem  auf$  äufeerfte  brang- 
faliert,  blieb  oielen  md&tS  anbereS  übrig,  als  ben  übrigen  ©djulbnem, 
toenn  biefelben  aud)  nod>  fo  fdjonungäbebürftig  waren,  ben  Strebit 
jur  Unjeit  ju  ffinbigen  ober  unter  brfidtenben  Sebingungen  felbft 
neue  ©Bulben  ju  fontraljieren. 

2)er  ©elbmangel  unb  bie  3  a$lung$frtft3  führten  eine  3n* 
flation  oon  ©djulbtiteln  auf  bem  ©elbmarfte  gerbet. 
2)urd)  bie  ÄriegSnot  —  jammert  SWeoiuS8  —  ifl  e3  f<$on  fo  weit 
gefommen,  bafe  commercia  fere  cum  chartis  hodie  ampliora  sint 
quam  cum  nummis.  ©eine  ©d&ulbbriefe  waren  eben  ba3  einzige, 
bad  ber  ©laubiger  ju  iQanben  fyrtte,  womit  er  größere  bringenbe 
StuSgaben  beftreiten,  toomit  er  feinen  SBerpfli^tungen  gegen  feine 
eigenen  ©laubiger  nadjlommen  fonnte,  unb  biefe  waren  frol),  über- 
Ijaupt  etwa«  ju  bekommen.  SWit  ©djulbttteln  mürbe  alfo  SD  e  düng 
gegeben  unb   gefauft4,  mit  ©djulbtiteln  mürben  bie  Södjter 


1  ©erorbnung  vom  4.  SRooember  1641  (Cgm.  Ana  11,  93 n.  40):  ©tlit&e 
wollen  bie  ftaatliojen  ©ajulboerfa^retbungen  nia)t  naa)  if)um  »ölligen  valor  unb 
©ültigfett  in  Bejahung  anftatt  bar  (Selb  nehmen.  Staburdfr  ifl  faß  bei  jeber* 
mann  eine  no$  größere  SMffibenj  unb  SRigtrauen  erroedt  unb  entftanben. 

2  „$on  ber  SBieberOeifteHung  be«  ©Bulben*,  äinebrief*  unb  ©elbwefenS 
—  geftc^t  ber  gürft  1654  fprbft  *u  —  $ängt  ßrebit,  Äommerj,  aHe  Äontvafte 
unb  bie  Sßieberbetebung  ber  oeröbeten  ©üter  ab*  (JJreuberg  I  127).  $en  3»- 
fammenljang  jwifd&en  ©taatSfrebit  unb  $rioatfrebit  betonen  aua) 
bie  ©ttinbe  1669  (Sanbtag  6.  248) ,  inbem  fte  gegen  bie  oom  Surften  geplante 
„Eejimation  ber  ©taatöfajulb"  (©injie&ung  oon  Vio  ber  3infen  ju  ©teuerjroecfen) 
barau?  aufmerffam  maa)en,  wa$  für  einen  Slnftofc  bie  #anblungen  unb  Äommerjien 
erleiben  würben,  inbem  eS  unmöglich  fein  würbe,  mit  ber  öejaljlung  [ber  eigenen 
©djurben]  ju  folgen,  fo  ba&  eine  $ofmaraj  naa)  ber  anberen  auf  bie  ®ant 
fommen  mürbe. 

8  Disc.  levaminum  inopiae  debitorum  1653  p.  456. 
4  &en  ©djulbbrtefen  war  meift  bie  ßfaufel  beigefügt,  ba&  jcber  redjtmäjjige 
gutgläubige  3n§aber  forberungS6erea)tigt  fei,  og(.  ©.  44  unb  2lnljang  I. 


—    303    — 

ausgestattet.  9iod(j  gegen  @nbe  beS  Satjr^junbertS  fd&reibt  ©dfjmib  (ju 
£9i.  1 17  n.  21) :  „@S  ift  ffim>at)r  in  unferem  SBaterlanbe  fd&on  fo  roett 
gefommen,  baß  aus  ©elbmangel  fester  alle  Ääuf  unb  ßäuf  olfo  ju 
<$efdfjeljen  pflegen,  baß  bie  3w3briefe  bie  ©teile  beS  baren  ©elbeS 
vertreten  unb  aud)  von  @blen,  ©rafen  unb  greiljerrn  i>crcn  Xödfjtem 
anftatt  beS  iQeiratSguteS  ein  ober  mehrere  taufenb  ©ulben  an  3^5 
DerfdEjreibungen  gegeben  werben." 

3)ieS  bejieljt  fidfj  auf  alle  2lrten  oon  ©dfjulbbriefen,  audfj  auf  bie 
(befferen)  prioaten  ©dfjulboerfdfjreibungen.  Jgauptfädfjlidfj  aber  ftanben 
bte  ftaatlidjjen  ©d&ulbobligationen  in  SBerfetjr1. 

2ßtt  ben  ©djjulbbriefen  nmrbe  audjj  fpefultert,  jum  £eil  mit 
Jöitfe  fremben  ©elbeS.  8erli<$  fd&reibt2:  Sie  3Jienf<$en  oerfäumen 
fein  -Mittel,  ©elb  jufammenjufd&arren.  3efct  *un  fte  *$  f^^  ^ufig 
(frequentissime)  auf  bie  SBeife,  baß  fie  aliorum  actiones  et  iura 
niodico  aliquo  dato  sibi  acquirunt  et  sibi  cedi  curant.  ©<$mib 
erinnert  fi<$ 8,  baß  mäfyrenb  beS  ÄriegeS  feljr  t)äuftg  ßeute  ©elb  auf* 
genommen  unb  jum  Slnfauf  (reluitio)  oon  ©d&ulbtiteln  oenoenbet 
fjaben  —  mit  großem  ©enrinn,  weil  bie  Seftfcer  üielleid^t  in  großer 
Slot  unb  baljer  bereit  waren,  ein  Viertel,  ein  SDrittel,  ja  bie  £älfte 
beS  Nominalbetrages  nadjjjulaffen ,  wenn  fte  nur  ben  9lejl  bar  er« 
hielten  4. 

3>ie  ©<$amloftgfeit,  mit  ber  bie  äuffäufer  oon  ©dfjulbbrtefen 
bie  SRotlage  ber  33eft|}er  berfelben  ausbeuteten,  um  fte  i^nen  um 
geringen  SßretS  ab  jubrüdfen,  erregte  allgemeine  ©ntrüftung,  unb  bie 
JjierburdS)  erjielten  ©eminne  ftanben  in  lebhaftem  Äontraft  ju  bem 
allgemeinen  ©lenb,  baS  uns  fonft  roaljrenb  beS  ÄriegeS  unb  furj 
nad(>  bemfelben  aus  ben  Duellen  allenthalben  entgegentritt. 

SMe  geigen  beS  ÄriegeS  auf  ©d&ulbenftanb  unb  ßrebttoerljältniffe 
mußten  ftdf>  natürlich  —  trofc  ©letdfjljeit  genriffer  ©runblinien,  bie 
mir  hiermit  gejogen  fjaben  —  bei  ben  oerfdfjtebenen  SeoölferungS- 
f (äffen  oerf Rieben  äußern,  unb  bemgemäß  mußten  au<$  bie  com 
Qtaatt  ergriffenen  -Maßregeln  oerfdfjieben  ausfallen,  je  nadfj  ber 
33eoölferungSflaffe,  für  bie  fte  gelten  follten,  ober  auf  bie  fie  gemünjt 
waren. 


1  6$mtb  au  SB.  I  17  n.  21:  $ie  meiften  Äontrafte  werben  mit  furfürft- 
It<$en  unb  lanbföaft  liefen  3tn«briefen  »ottbra<$t. 

8  9toc$  SRanft,  Interpret,  leg.  Anastasianae,  1653  p.  3. 
8  Äomm.  jur  Serorbnung  vom  20.  Sunt  1650  p.  14. 
4  Sgl.  aud&  oben  @.  76. 


—    304    — 


IL 

2BaS  bie  bäuerliche  Seoölferung  betrifft,  fo  erhalten  mir 
ein  gutes  33ilb  oon  bem  ©influfj  beS  AriegeS  auf  beren  ©d&ulbem 
toef  en  unb  überhaupt  auf  i$re  materielle  Sage  burd(j  einen  Script 
beS  SRentmetfierS  oon  SanbSfcut  an  bie  §offammet 
oom  15.  Qanuar  1651  \  3mar  nimmt  ber  Serid&t  auf  ben 
Ärieg  (einen  33ejug,  aber  eS  ift  jtoeifeHoS,  bafc  bie  gef Gilberten 
traurigen  3uftänbe  im  Ärieg  unb  in  feinen  golgeereigniffen  (1649 
^ungerdnot  unb  Sßefl)  tyre  Urfadjje  fyabtn.   2)er  öeridjjt  tautet  ettoa : 

allenthalben  (tagen  bie  Untertanen  über  bie  oieten  unb  fdfjtoeren 
93ürgfdjaft£fd)ulben.    5Die  meifien  §aben  neben  tfjren  eigenen 
nodf>  33firgf  df>aftSf<Jjute*n ,  mand&e  f>aften  bis  ju  mehreren  Ijunbert 
©ulben.    SDaju  (ommt/  bafe  ^äuftg  bie  Siebenbürgen  geftorben  unb 
oerborben,  iljre  ©üter  flbe  ober  burcfc  bie  ©ant  bereits  an  anbere 
ge(ommen  ftnb.    2lud^  wenn  fte  aber  no<$  bei  &au£  unb  &of,  fo  ifl 
eine  Älage  ganj  nufcloS,  ba  t&re  ©äter  berjett  nid&t  einmal  fo  oiet 
toert  ftnb,  als  tyre  eigenen  ©Bulben  betragen ,  ja  fd&on  bie  fyotyn 
SProjeftfoflen  bie  ©antmaffe  aufjeljren  mürben.    Überhaupt  leben  bie 
Untertanen  in  großer  3trmut,  fo  bafe  fte  fid^  in  oielen  Satjren 
ntdfjt  me^r  erfd&nringen  (Annen.    2)enn  fie  ftnb  um  Siel)  unb  gähnte 
unb  um  Ujr  ganjeS  Vermögen  gebraut  toorben.    daneben  Ijaben  fte 
ftarfe  Würben  ^u  tragen,  inbem  fte  tyren  ©runbljerrfd&aften  (bie 
teilroeife  jiemlid&  ftar(  auf  fie  losgehen)  ©ttft  unb  ©ült, 
ferner  ben  ©eifUid&en,  ^Beamten  unb  Stmtleuten  bie  oerfd&iebenen 
itynen  jufiefjenben  Lüftungen,  j.  33.  ©tro&,  &oljbienfi,  $ennengelb, 
3ogb*  unb  anbere  ©djanoerf  leiften  f offen  unb  muffen,  fo  bafe  e$ 
iljnen  unmöglich  ift,  bie  SürgfdfjaftSf Bulben  ju  bejahen.    3)ie  ©e* 
nannten  fönnen  fidfj  jroar  ofjne  biefe  tyre  Fügungen  nid&t  erhalten, 
aber  idjj  Ijabe  i^nen  bod&  ernftlidfj  jugefprodfjen ,  bafc  fte  gute  SMS* 
fretion    gebrauten  unb  ber  Untertanen   SRot   tooljl  berüdfftd&tigen 
f offen,  bafe  fte  eS  toiber  bie  9Wöglid&(eit  nid&t  treiben,  fonbern  nur 
fo  oiel  nehmen  foffen,  als  jene  ofjne  33efd^mer  ju  reiben  oermögen* 

3n  biefem  Seridfjt  ift  oon  oerfdfjiebenen  arten  oon  ©Bulben 
bie  SRebe:  1.  grunbljerrfd&aftitd&e  ufto.  abgaben,  2.  fonfHge  eigene 
©Bulben,  3.  SfirgfdfjaftSfdljulben.  2)aju  (ann  man  nehmen  4. Sprojefc 
(often. 


ßrei$an$to  SWüuc$en  ©en.^eg.  fasc.  553  n.  142. 


"1 


—    305    — 

Sffiir  wollen  junädjft  nur  oon  ber  erften  ©dfjulbgattung  fpredfjen, 
ben  grunbljerrfd&aftlid&en  3l6ga6en.  2)er  Script  fteHt 
©rcnjen  auf  für  bic  (Eintreibung  berfclbcn.  2)ie  ©runbfjerren  ufw. 
foBcn  ntd^t  auf  bcm  ftrengcn  SWc^tc  befielen,  fonbern  bei  ©injtetjung 
bcr  abgaben  mit  2>i3fretion  unter  Serticfftdjttgung  ber  9lot  ber 
Untertanen  mafcooll  ©erfahren,  SfobererfeitS  gibt  ber  Serid&t  ju, 
baf$  bie  ©runbf)erren  ufw.  auf  bie  ifjnen  jufte^enben  Lüftungen  jum 
SebenSunterljalt  angewiefen  ftnb. 

(Sin  diefy  auf  SKadjtafe  ber  ©ülten  wegen  ßrtegSnot 
fjatte  ber  Sauer  nur,  wenn  e3  iljm  burdfj  ben  Ärieg  unmöglich  ge= 
toefen  war,  ba3  gelb  ju  befteUen,  j.  33.  weil  ba3  ©ut  oom  geinbe 
befefct  war,  ober  weil  biefer  ba3  ©aatgut  requiriert  Ijatte,  bagegen 
nidEjt,  wenn  ber  geinb  fid?  ber  @rnte  bemäd&ttgt  Ijatte1.  2lber  bie 
SBerijältniffe  waren  mäd&tiger  ate%bie  ;3>urtftenargumenie,  unb  fie 
ftanben  auf  (Seite  ber  Sauern.  2)ie  aufeerorbentlid&e  ©ntoölferung 
fjatte  ben  Sauern  plöfelidd  eine  wtrtfdfjaftltdfje  Überlegenheit  über  i^re 
igerrf haften  oerf  dfjaff  t ,  unb  biefe  mufjten  fidjj,  wenn  fie  iljre  ©üter 
nneber  ertragfähig  feljen  wollten,  ju  Äonjeffionen,  ja  ju  gegen* 
fettiger  Überbietung  bequemen.  3)er  3U9  fd&eint  audfj  bamate  fd&on 
nad^  beut  SBeften  gegangen  ju  fein,  tum  Sapern  nadfj  ©d&waben  unb 
granfen  (©d&mib  ju  £9i.  XXI  16  n.  13).  SDtefe  ©abläge  bauerte 
audf)  nadfj  bem  griebenSfdfjluffe  nodjj  einige  3e^  fört>  ^enn  M*  Se* 
uölferung  beburfte  ju  tljrer  ©rgänjung  einiger  &\t  unb  ba3  Sanb 
vieler  Slrbeit,  um  ben  früheren  ©tanb  ber  Äultur  wieber  ju  er- 
reiben,  ©rft  nad&  bem  griebenSfdfjluffe  fam  mit  ber  ©idfjer^jeit  ber 
Sßerfon  unb  be3  SermögenS  audfj  bie  redete  Suft,  an£  SBerf  ju  ge^en ; 
unb  man  fann  fagen,  bafe  bie  beutfdfje  Solföwirtfd&aft  nun  auf  ^a^r* 
jeljnte  mit  ber  äBieberljerftellung  oon  Sanb  unb  Seuten 
befd&äftigt  ift.  9loü)  im  Sa^re  1669  flagt  auf  bem  baperifd&en 
Sanbtage  ber  Sßrälatenftanb  (©.  373,  381):  Um  ju  oermeiben,  bafj 
bie  ©runbuntertanen  „oon  iQauS  unb  £of  ge^en,  ben  ©runbfjerrs 
fdjaften  bie  unbemeierten  ©üter  fteljen  laffen  unb  jidfj  mit  SBeib  unb 
Jtüib  weiter  begeben",  muffte  man  iljnen  „mitleibenltd[j  fonbefjen* 
bieren";  man  mufjte  iljnen  beffere  ©ered^tigfeiten  geben2,  ben  neuen 
Septem  bie  ©tifte  unb  ©ülten  auf  oiele  lange  Qa^re  nad^fe^en, 
bie  ©etreibebienfie  abtun  unb  auf  nadfjfommenbe  $t\tm  für  ©tift 


1  ©c§mib  ju   S9t.  XXI  24   n.  23.    3Rana,  @c$ufc  unb  6(&irm  IV  31. 
$0(.  au$  oben  8.  188. 

2  3.  8.  ftatt  2e\bxt$t  <Sr6red&i. 

(So^en,  öcrf^ulbung.  20 


—    306     — 

unb  ©ienft  ein  gar  leibenlt<$e$ ,  unb  wa$  bie  Untertanen  felbfl  quU 
willig  offeriert,  annehmen. 

$fjnlid&  pnb  bie  SRaferegeln,  bie  ber  ©taat  ergriff,  um,  n>tc 
e3  in  einem  unten  näljer  ju  erörternben  2)efret  von  1640  Ijeifjt,  bie 
Untertanen  „jum  Ijauen  unb  bauen  ju  bewegen",  bamit  bie  uer- 
brannten  unb  öbe  liegenben  @  fit  er  fidf)  wieber  erholen  unb  bie 
„SRannf  d&aft"  wieber  geftärft  werbe. 

©runblegenb  ijt  ein  SWanbat  oom  23.  gebruar  16  3  5 *. 
3)a3  9Wanbat  fonftatiert,  bafe  „bie  Untertanen  bur<$  Ärteg  unb 
(Sterben  an  Dielen  Orten  alfo  jugrunbe  gegangen,  bafe  an  manchen 
Orten  ganje  Dörfer,  ©üter  unb  SWeierfd&aften  leer  fielen",  weift  auf 
bie  SBerfd&iebenljeit  ber  Umfianbe  &in  („an  einem  Ort  [tyaben]  bie 
Untertanen  oiel  mefjr  als  an  bem  anberen  gelitten")  unb  ver- 
orbnet : 

1.  denjenigen  UrbarSuntertanen,  roeld^e  „gar  abgebrannt  unb 
äufeerft  Derber  bt,  audfj  au$  wiffentlid&er  2lrmut  nidjjts  geben  Kinnen", 
f ollen  alle  äuSftänbe  an  Pfennig  unb  ©etreibegfilten  n  a  c(j  = 
gelaf f en,  ben  übrigen  fott  „etwas  unb  fo  Diel,  was  fie  erfd&wingen 
mögen,  auf  gewiffe  3 * eI e  un&  3 eit en  ju  bejahen  aufgetragen" 
werben. 

2.  SBenn  „ein  ober  ber  anbere  Untertan  bie  oorige  [bisherige] 
©fitt  wegen  feines  ruinierten  ober  oljnebieS  übergulteten  ©uteS  ba3 
erfte,  jweite,  brüte  ober  nodjj  mef)r  Qa^re  nidfjt  reiben  fönnte,  [fo 
mag]  foldfje  ©fllt  auf  mehrere  gewiffe  Qa^re  gar  ober  jum 
Xeil  nad&gefeljen",  jebodjj  fott  in  ben  UrbarSbüd&ern  nidtjtS  geanbert 
werben. 

3.  33er  gfirft  fei  „nid&t  abgeneigt",  tauglid&en  Bauersleuten 
Seibredfjte  ober  anbere  ©ered&tigfeiten  umfonft  ober  um  ein 
leibenlid&eS  ©elb  unter  ber  Sebtngung  abfolgen  ju  laffen,  bafe 
fie  bie  abgebrannten  ißäufer  aufridfjten  unb  bie  ©üter  wieber  am 
bauen.  Sie  Äaftenämter  werben  angewiefen,  „auf  bergleidfjen  Unter= 
tanen  ju  gebenfen". 

2)ie  aKittel,  bie  ber  baperifd&e  ©taat  bei  feinen  2Bieberfulti= 
inerungSbeftrebungen  in  änwenbung  braute,  beftanben  alfo  in  bem 
yiafylab  oerfattener  unb  fünfttger  ©ülten,  ferner  in  ber  2tuStuung 
ber  bäuerlichen  ©eredfjtigfetten  um  bittigeren  SßreiS.  3)aju  famen 
balb  nodfj  anbere  3Rittel,  nämlid&  Befreiung  oon  ©taatslafien 


1  $te  un8  oorltegenbe  Ausfertigung  ifi  jroar  nur  an  bie  Regierung  *Janb3* 
gut  gerietet,  aber  n>al)rfdjetnnd>  Ijanbelt  eä  ftd&  um  ein  ©eneralmanbat. 


—    307    — 

unb  birefte  Unterftfifcung  mit  ßapital1.  ©djon  5  Qfa^rc 
fpater  ergebt  nämlidj  bie  9Kal)nung2:  SDte  &offammer  foH  Unter- 
tanen,  roetd^e  ftdj  um  öbe  liegenbe  ©üter  bewerben,  „mit  ißolj,  ©elb, 
©etreibe  unb  bergletdjen  Reifen,  Setbgebing  ober  bergtetd^en  ©ered&tig* 
feiten  umfonft  geben,  auf  gemiffe  Satyre  ©tift  unb  ©ült  nadjlaffen" 
unb  fte  „6i3  fte  ftd)  in  etroa§  toieber  erholen,  fo  oicl  rote  mögüdj 
mit  Steuern,  ©djarroerf,  SBufterung  unb  anberen  folgen  ßanbeS* 
fettrben  Der  fronen". 

$>iefe  SBteberbemeierungSpolittf  bauerte,  wie  ermähnt, 
audj  nad&  bem  Kriege  fort,  befonberS  audj  behufs  Unterbringung 
ber  abgebonften  ©ölbner.  ©in  2)efcet  tum  1649  befagt8: 
SBenn  ftdj  Offiziere  ober  ©olbaten  um  öbe  abgebrannte  ©üter  ober 
©eredjtigfeiten,  fo  und  IjeimgefaHen,  melben,  fo  [offen  fie  brei  3fal)re 
abgabenfrei  fein ;  man  wirb  fte  mit  Sauljolj  unterftfifcen,  i^nen  überall 
an  bie  Jpanb  ge^en,  fte  aufmuntern  ufro.  ©leiere  33egfinfiigungen 
füllen  bie  Untertanen  genießen,  bie  baS  Sanb  oerlaffen  Ijaben  unb 
nun  toieber  jurflctteljren.  ©itreS  ber  erften  StegierungSbefrete  gerbinanb 
SRariaS  (1651-  1679)  oerfpridjt  benen,  bie  öbe  (Äajten*)  ©fiter  toieber 
bemeiem  mürben,  Unterftfifcung  mit  Sau^otj  unb  anberem  unb 
9la<$laß  ber  Saubemien*. 

III. 

3)aS  Qntereffc  ber  ©runb^erren  an  einer  milben  $ra£t$  in 
Stnfe^ung  ber  Seitreibung  ber  grunbfjerrlidjen  ^LbQabtn  ^inberte  aber 

1  ttatürfia)  fehlte  e«  au*  niajt  an  ©ewalt mitte tn.  ©djmtb  melbet 
ganj  naio  fau  fiR.  XXI  16  n.  6),  baft  bie  Bauern,  welche  na*  auägefianbenen 
jtrteg3befa)werbeit  noa)  etwa*  übrig  Ratten,  unb  »naajbem  ifjnen  beffere  Be« 
bingungen  angetragen  worben,  auBer  fianbed  auf  beffere  ©üter  wegberufen 
worben1*,  naä)  einer  bamatö  erlaffenen  Berorbnung,  «wenn  fte  fdjon  ifjrem  §errn 
ntd)t«  fä)ulbig  mären  noa)  i§m  einigen  ©ä)aben  fttnterlaffen  (jfttten"  (og[.  oben 
6.  197/98),  mutet*  an  ben  ©rengen  aufgeteilter  SBadjen  »auf  i§re  vorigen  ©üter 
jurüdgetriebeu  »erben  fottten".  Sua)  bie  Spalten  waren  naa)  6a)mib  (ebenba 
il  13)  naa)  bem  grieben  ,fo  infolent  geworben4,  bafc  fte  ben  Bauern  »©efefce 
9orfa)rieben  unb,  wenn  ifcrem  SRutwttten  feine  ©attefaftion  geftt)e&en*,  in  SRenge 
aud  bem  Sanbe  liefen.  2>a$er  Delegation,  eine  entlaufenen  Dienstboten  gegen» 
über  gebrftua)lta)e,  aber  nia)t£  weniger  a(d  geeignete  Strafe  tfMafer,  ©efa)ia)te 
ber  Iäub(ia)en  ttrbeiteroerty&ftmffe  in  Bauern,  passim).  9tad)  @a)mib  (ebenba) 
würbe  aber  biefe  Strafe  oon  ben  Bayern  gefürchtet,  „weil  fte  üjren  9tube(n  unb 
Änöbein  unb  bem  gulbenen  Baterfanbe  angewohnt  ftnb\ 

*  $offammerrat*infiruftion  oom  15.  3uli  1640.  SRaoer,  Bel)örbenorg. 
6.  439. 

»  ftrepberg  II  287. 

*  $benba  II  241. 

20* 


—    308     - 

nid&t,  baß  fte  mitunter  auf  iljre  ©runbuntertanen  „ftarf  losgingen" 
(f.  o.).  63  wirb  eben  für  bie  grunbl>errlid(jen  Beamten  nidjjt  immer 
leidet  gemefen  fein,  bie  Stufcbarmad&ung  ber  grunbljetr* 
lidjen  ©efäde  unb  bie  ©djjonung  ber  nerberbten  Unter- 
tanen  miteinanber  ju  Dereinigen.  2)er  ©d&ulbner  ifl  geneigt 
jjebe  ©EefuttonSljanblung  feine«  ©laubiger«  als  unnötig,  poretüg, 
graufam  unb  fogar  furjftdftig  ju  branbmarfen.  SDer  ©laubiger 
umgefe^rt  wirb  in  jeber  SBittfäljrigfeit  be3  ©eridjjteS  gegen  ben 
©dfjulbner  eine  ungerechte,  fd&äblid&e  unb  oergeblidje  SBerjögerung 
beS  3uftijoerfabren3  erblidfen. 

Sfodjj  im  breißigjäljrigen  Kriege  unb  unmittelbar  nadf)  i§m 
Wagten  bie  ©djjulbner  fe&r  über  bie  melen,  unnötigen,  übereilten,, 
fdjjonungSlofen,  nerberblidjen  (Syefutionen,  burd&  bie  man  bem 
äfanen  $ab  unb  @ut  beim  @lodfenftreid&  um  ein  geringe«  abbringe. 
3n  2Birfli<!>feit  ftanben  bie  ©eridjjte  nur  afljufe&r  auf  feiten  ber 
©d^ulbner  (oben  S.  168  ff.).  Sefonber*  im  Äriege  mar  e$  „tägliche 
$ßra£t3  bei  ben  ©erid&ten,  baß  ber  ©d&utbner  entweber  jur  3urttdf* 
jafjlung  be$  Äapitate  gar  nid&t  Derurteilt  wirb,  ober  wenn  er  oer* 
urteilt  wirb,  fo  nimmt  man  bod&  feine  ©jrefution  gegen  Ujn  oor" 
(3Wanj,  Qmifäaxmtytl  ©.  377).  2)en  ©d&ulbnern  mar  e3  eben 
nid&t  nur  um  ©dfjonung  ju  tun,  fonbern  fte  fugten  bie  Siquibation 
if)re«  entwerteten  33eftfce3  ju  oer^inbern  ober  fo  lange  f}inau£ju* 
jieljen,  bis  roieber  beffere  SBer^ältniffe  eingetreten  mären. 

Die  ©laubiger  anbererfeitS  muteten  melfadf)  gegen  iljr  eigene« 
J^ntereffe,  inbem  fte  bie  ©d&ulbner  big  jum  äußerften  trieben,  ftatt 
i&nen  3eit  ju  laffen,  fid)  einigermaßen  ju  erholen,  ©ie  maren  eben 
burdf)  bie  allgemeine  9?ot  in  2Jtitleibenfdf)aft  gejogen,  burdjj  bie  SBinfel* 
jage  tyrer  ©d&ulbner  erbittert  unb  großenteils  felbfi  oerarmt. 

©o  berietet  ein  „2lmtmann"  feinem  SanbeSffirften * : 

@3  fangen  bie  Untertanen  in  meiner  Slmtung  burdjj  bie  ©nabe 
©otteS,  burdfj  @.  ©n.  Sei^ilfe  unb  fonften  guter  Seute  SSorfd&ub  fid^ 
mieberum  an  ju  erholen,  9?oß  unb  SBiel)  an  ftd&  ju  bringen.  SBenn 
fte  nun  aber  &olj,  &eu,  ©trol)  ober  etwa«  bergleidfjen  in  bie  ©tabt 
führen,  fo  finb  afebalb  bie  Sürger  ba  unb  motten  bie  &anb  auf 
9ioß  unb  SBagen  f dalagen.  @8  ift  tynen  aber  unmöglich,  iljr 
£au$mefen  mieberum  abjurt<ljten  unb  jugleid^  bie  ©dfjulben  ju  be- 
jahen, fiberbieS  ift  eS  ein  partes  2)ing,  baS,  waS  man  l)eute  im 
©dfjweiße  beS  2lngeftd&te3  mit  faurer  Strbeit  gewonnen,  morgen  gleidfj  ben 


1  SRanj,  @#ufc  unb  Schirm  IV  21.  —  HRana  nennt  roeber  gett  m>($  Ort. 


—    309    — 

©laubigem  roieber  fiberlaffen  ju  muffen.  2tber  audjj  für  bie  ©laubiger 
ift  e3  beffer,  wenn  fte  einen  Slnfianb  berotlltgen  unb  mit  ber  3*it  bte 
flemje  ©dfjulb  befommen,  als  menn  fte,  jefct  etmaS  menigeS  empfangen*), 
ftd&  felbft  unb  anbere  in  ©droben  bringen.  — 

3Wanj  roibmet  eine  befonbere  (Srörterung  ber  grage,  ob  bie 
Säuern  gleidfj  roieberum  angeforbert  roerben  lönnen, 
toemt  fte  ein  ÖcfjSleiu  ober  ein  SSie^Iein  ober  etltc^eö  33aujeug  }u= 
roege  gebraut  ober  aber  aus  oerfauftem  ©tro§,  &eu,  &olj,  Äorn 
unb  bergleid&en  etwa«  ©elb,  oielleidfjt  2 — 5  fl.,  bie  fte  in  ben 
näd&fien  4—5  £agen  toieber  ausgeben  muffen,  jufammeng,erafpelt 
$aben  (©dfjufe  unb  ©dfjirm  IV  20,  25).  SDie  3lntroort  lautet:  SDteS 
fei  iljnen  feineämegS  ju  gefiatten,  benn  fonft  mürbe  ber  iftaditeil  auf 
bie  igerrfd&aft  fallen,  roeldje  ftdjj  felbft  oielleid&t  2lbbrud&  getan, 
um  bie  Untertanen  ju  erhalten,  unb  e$  mürbe  „ben  ©laubigem  ttjr 
Ungeftüm  unb  i^re  iQärte  ju  ©eminn,  ben  fcerrfdjjaften  aber  iljre 
fjreigebigfeit  ju  ©droben  geretdfjen"  (ebenba  ©.  26—27). 

3n  biefer  §rage  (mie  immer,  menn  e$  fid&  um  einen  Äonfltft 
pnfd&en  ben  Säuern  unb  beren  ©laubigem  fjanbelte,  ftelje  oben 
©.  202/3)  ftanben  alfo  bie  ©runbljerren  auf  ©eite  ber  Säuern.  ß$ 
tarn  aber  audjj  oor,  bafc  bie  Sauern  mit  iljren  eigenen 
©laubigem  unter  einer  3)e<fe  fpielten.  3um  33cifpiel  ber 
Sauer  Ijatte  oom  ©runb&errn  Snoentar  unb  33aujeug  erbeten ,  um 
baraufljin  oon  feinem  ©laubiger  SBorfdfjüffe  ober  ©tunbung  ju  er* 
langen,  aber  au<$  bagegen  roeif$  9Ran$  (IV  32 — 33)  eine  „Äautel" : 
SDer  ©runb^err  foH  ba$  Eigentum  ber  Stoffe  für  ftdjj  behalten  unb 
biefe  nur  bittroeife,  precario,  ben  Sauern  überlaffen1;  ober  er 
foH  fte  iljnen  jroar  oerfaufen,  aber  fid^  ein  Unterpfanb  barauf 
vorbehalten8;  menn  er  bie  Stoffe,  Dd&fen  ufm.  bem  Sauer  nid&t 
unmittelbar  gegeben,  fonbem  if)m  nur  ©elb  ju  tyrer  ©rfaufung 
geliehen  l>abe,  fo  foUe  er  ftd&  an  ben  erlauften  ©egenftänben  ein 
Unterpfanb  bestellen  laffen,  bamit  er  allen  anberen  Sßfanb* 
gläubigem  oorge^e8. 

derartige  gälle,  oielleid&t  fogar  unmittelbar  ber  ermähnte  3lmt$= 
beriet,  Ijaben  aWapmilian  I.  oeranlafct,  in  bem  gletdfr  nacfcljer  näljer 
jtt  erdrtemben  SWanbat  oom  11.  Slpril  1635  (sub  2)  auf  bie  ein» 

1  ©iqentumSoorbeljalt.  —  ©o  verlaufen  bie  mobernen  Bbjafjlunaö* 
aefa)äfte  mitunter  in  ber  gorm  ber  SWöbeUeifce,  bamit  bte  Stöbet  von  ben 
Gläubigern  nidjt  oepfänbet  »erben  tonnen. 

1  Vfanboorbe^att. 

*  ^fanbprioiUß  ber  quasi  in  rem  versio,  Anfang  II 


—    310    — 

f^lögigcn  Seftimmungen  bet  ©eri<$t£otbnung  unb  be3 
©ummarifdjien  SßrojeffeS  (©.  173)  ^injuweifen ,  ba  e3  bem 
armen  Unteiton  unb  SauerSmann  in  ben  jefcigen  fdfjroeren  3^ten  jura 
Serberben  gereidjjen  würbe,  wenn  ifym  in  ber  ©Eefution  alfo  gleich 
fein  weniges  mit  Rätter  9)Jü^e  unb  Slrbeit  bewahrtes  ober  fäuflid) 
roieberum  erworbene*  SRofe  ober  33ied^cl,  uneradfjtet  er  beäfelben  ju 
feinem  Unterhalt  unb  Sldferbau  t>onnöten,  wieberum  abgenommen 
mürbe. 

GtroaS  weiter  —  nid&t  nur  in  ber  ©a<$e,  fonbern  audf)  in  begug 
üuf  ben  SßerfonenfreiS  —  getyt  eine  Seftimmung  in  einer  38erorbmmg 
oom  10.  2Rat  1637.  Sie  bejie^t  ftd&  auf  bie  „Sanbftänbe 
unb  Untertanen,  bie  nid&t  burdj  eigene  ©djjulb,  fonbern  burdfj 
ÄriegSgewalt  in  foldfje*  Serberben  gefommen,  bafe  fte  oljne 
merflidfjen  3tbbrud&  tyrer  unentbehrlichen  Unterhaltung  bereit  bie 
©djjulben  nid&t  bejahen  fönnen",  unb  befagt,  bafe  folgen 
©d&ulbnern  bei  ber  ©jefution  „bie  9Rittel  ju  iljrer  2Biebet= 
er^olung  unb  Sfoffommen  in  ißanben  gelaffen  werben"  foDen. 

SBäljrenb  obige  Seftimmungen  bie  ©jefutton  gegen  ©djjulb* 
forberungen  baburdfj  begrenjen,  bafj  fte  ben  ©ptelraum  für  ba3  3U~ 
greifen  ber  ©laubiger  n  er  engen,  $aben  anbere  ©efefee  bejro. 
©efefceSfteflen  ben  3roe<*/  ber  @jefution  jeitlid&e  ©darauf en  anju* 
legen,  burdjj  ißinauSfd&iebung  unb  SBerlangfamung  ber* 
felben. 

SDaS  Sßrinjip  ftnbet  fidf>  —  meine«  SBtffenS  —  jum  erften  3Äale 
balb  nadjj  bem  erften  fdfjwebifd&en  ©nfafle  in  einem  „©eneralbefefjl" 
dou  16331  auSgefprodfjen.  SKit  ben  ©d&uümem,  bie  nid^t  burdf> 
Übetyaufen,  fonbern  burdfj  ÄriegSfdfjaben  um  ba$  3$rige  gefomnten, 
fott  „untergreifige  ÜBoberation  unb3nftanb  gehalten  unb 
nid&t  gleidfj  gegen  itjre  Sßerfon  ober  ©fiter  mit  ben  @£eJutionSmittetn 
ber  ©trenge  nadf)  oerfaljren"  werben,  fonbern  e3  fott  folgen  ruinierten 
Sanbftänben  unb  Untertanen  „etwas  Termin  gegeben  unb  üjre 
ßrebitoreS,  baft  fie  bis  ba^in  ftdjj  gebulben,  angewiefen  merben". 

SSottftänbig  ausgebübet  erfd&eint  baS  neue  Sßrinjip  in  ber  SBer- 
orbnung  oom  11.  2tpril  1635*.  ©ie  fpridfjt  nur  oom  „ge* 
meinen  armen  SRann"  unb  befagt: 

2Ber  in  biefen  ÄriegSjetten  folgen  ©d&aben  erlitten,  bafe  i^m 


1  3$  fenne  iijn  nur  au8  ber  (Einleitung  be8  oben  erwähnten  SRanbateS 
oon  1637. 

8  Stbgebrucft  im  Slnfjcmg  jum  „Patrocinium"  (tat.  3lu8gabe)  be3  9Wan&. 


i 


—    311    — 

bic  Wxtttl  ermangeln,  feine  ©dfjulben  ju  bejahen,  foll  (wenn  er  in 
feine  Unoermögen^eit  nidfjt  burdfj  lüberlidfjeS,  oertunli<$e3  £au$mefen 
geraten  ifi)  mitleibig  beljanbelt  werben ;  e3  fotten  3Serfyanblungen  mit 
ben  ©laubigem  gepflogen  werben,  bajs  fie  leibenlidfje  giften 
gewähren ;  wenn  bie  SBerljanblarigen  erfolglos  bleiben,  fo  follen  o  o  n 
2lmt8  wegen  bem  ©dfjulbner,  bamit  er  beim  IjäuSlid&en 
2lnwefen  verbleiben  fann,  erfdjwinglid&e  Saf)l\xn$$* 
friften  gefefet  werben. 

hiermit  begeben  wir  uns  bereits  auf  ein  ©ebiet,  bem  ba3 
woberne  ©mpftnben  wiberfpridfjt,  auf  ba$  rriel  erörterte  ©ebiet 
ber  ßwangSflunbungen  ober  Moratorien:  @3  foll  mit  ben 
©sefutionen  innegehalten  werben,  ben  ©djutbnern  foD  oon  3lmtö 
wegen  ein  entfpredjjenber  3ö^lungStermin  gegeben  werben,  bie  ©runb* 
befifcer  follen  bei  i^ren  ©ütern  ermatten  werben,  häufig  mag  ein 
foldfjeä  SSerfa^ren  audjj  im  wahren  Sntereffe  ber  ©laubiger  gelegen 
gewefen  fein,  im  ganjen  ftellen  ftdlj  aber  biefe  Maßregeln  ate  foldje 
bar,  weldfje  einfeitig  jugunfien  ber  ©ctyulbner  erlaffen  worben  ftnb. 
3ebod^  wirb  im  ©läubigerinteref fe  in  ben  SBerorbnungen  bie 
SJeftimmung  getroffen,  baft  audfj  bie  Sage  be3  ©laubiger^  berücfftd&tigt 
werben  foll  (1635),  bafc  ben  ©laubigem,  bie  fidf)  in  gleidfjer  ober 
tto(§  größerer  Notlage  beftnben,  wie  bie  ©dfjulbner,  „md&t  gar  ju  ^art 
jujufefeen  fei".  SBtelmetjr  fei  ber  ÜWittelmeg  einjufdfjlagen :  ben 
©dfjulbnem  foll  wieber  auf  bie  Seine  geholfen  unb  bie  ©laubiger  follen 
bod>  nid&t  jugrunbe  gerietet  werben  (1637). 

Slber  fd^on  geigte  fid&  bie  ßeljrfeite  aller  unflaren  ausnähme* 
gef  efcgebung :  3Rifcbraudf)  unb  SBiQfür.  2)a$  oben  fdfjon  erwähnte 
STOanbat  oom  10.  Wlai  1637  flagt:  @3  fei  juweiten  benjenigen 
©d&utbnern,  fo  be§  ©eneralbefe&lS  oon  1633  billig  ju  genießen  ge= 
Ijabt  Ratten,  bie  barin  oorgefe^ene  Segünfligung  oor enthalten ;  um- 
gefeljrt  fei  au<$  etlichen,  bie  ben  burdf)  bie  ÄriegSunruljen  erlittenen 
SRuin  nur  angejogen  (b.  I}.  behauptet),  otjne  i^n  ju  beweifen,  3Ro= 
beration  unb  ©tillftanb  nadj  bem  SDtonbate  oon  1633  gewährt 
worben.  Stuf  erfteren  geiler  begießt  ft<$  offenbar  aud&  bie  33e= 
merfung  in  ber  SBerorbnung  oom  11.  3lpril  1635:  e8  fei  trofc  „unters 
fd&ieblidfjer  @eneralbefel>le"  gegen  bie  burdf)  ÄriegSfdfjaben  in  9iot 
gefommenen  ©d&ulbner  „nicljtsbeftowemger  pro  rigore  justitiae 
mit  ben  gebräudfjlid[jen  ©eridfjtSgefdfjäften,  rootjl  au<$  mit  @£ehttion3= 
projeffen,  ärrefien  unb  Sßfänbungen  ©erfahren"  worben. 


—    312    — 


IV. 

aber  bie  3TOang$fhmbungen  unb  6refution$auffdfjfibe  mußten 
bodj  aud&  einmal  ein  6nbe  nehmen.  9iad^  betn  Kriege.  @$  mußte 
bie  3ra9e  entfliehen  werben,  ob  bie  Suftij  ifjren  ungeljinberten 
Fortgang  ftnben,  ober  ob  man  in  Anbetracht  be3  „extraordinari 
unb  erorbitanten  gaHe$  .oon  ben  gemeinen  SRedfjtSregeln  etwa* 
abtoeid&en"  *  foHe.  ©egen  ben  ©d&lufc  be3  ÄriegeS  unb  nadj 
Seenbigung  be$felben  entbrannte  batjer  ein  Stampf  jtoifdjen 
©dfjulbnern  unb  ©laubigem,  jioifcljen  ber  ©<£ulbner=  unb 
ber  ©läubigerflaffe  über  bie  2lrt  ber  Siegelung  ber©d&ulb  = 
oerl)ältniffe.  Unb  biefer  ßampf  fanb  in  ber  Siteratur  2Biber= 
\)aü  unb  ©tüfee. 

2)ie  SBünfdfje  ber  ©dfjulbner  Ratten  jioeiertei  junt  ©egen* 
ftanb.  6rften$  füllten  fte  ftdfj  überhaupt  bur<$  bie  2Wenge  ber  an- 
gefd&roollenen  %\xi\tn  befd&ioert,  unb  fte  toünfdfjten  baljer  einen  9iadj~ 
laß  ber  toä^renb  be$  StriegeS  oerfallenen,  nodfj  rüdftänbigen  ©dfjulb* 
jinfen.  3TOe^eng  wollten  fte  oon  tyrem  ©runbbeftfc  jur  2)ecfung 
ber  ©Bulben  nidfjtä  ^ergeben:  e$  fiel  i^nen  tjart,  ftdfj  oon  i^ren 
gamiliengütern  ju  trennen,  liefen  lederen  2Bunf<$  §atte,  nrie 
fdfjon  aus  ber  3Rotürierung  Ijeroorgeljt,  befonberS  ber  91  bei. 

2)er  Literatur,  foroeit  fte  ju  ben  ©d&ulbnern  Ijielt,  oblag 
e3  nun,  bie  gorberungen  ber  ©dfjulbner  toiffenfdfjaftlidfj  ju  begrünben. 
3Wit  bem  pofitioen  SRedEjt  ließ  fidfj  babei  nid^t  oiel  anfangen;  audfj 
bie  Untertreibung  jnufdfjen  erlaubten  unb  unerlaubten  3tn8fontraften 
fonnte  nur  eine  unterftüfeenbe,  feine  entfdfjeibenbe  9Me  me^r  fpielen, 
benn  bie  £e^re  oon  ber  Unprobuftioität  be$  beioeglid&en  Äapitafe  mar 
l  u  alteräfdjjtoadfj  geworben.  3Kan  oerftel  ba^er  auf  ba8  2lu$funft3= 
mittel,  ba3  bie  ^uriften  ftetö  gebrauten,  wenn  fte  füllen,  baß  ba3 
SRedfjt  mit  ben  augenblidfltdf)en  9Bad&toer§ältniffen  unb  SebenS- 
anfdjjauungen  nidfjt  im  ©inHange  fteljt :  fie  erflärten  bie  gorberungen 
ber  ©djjulbner  für  billig. 

■äftanj  jieljt  in  feinen  ©Triften  bie  83iHigfeit  jur  Segrünbung 
feiner  £&efen  überall  Ijeran,  too  er  mit  rein  juriftifdjen  Argumenten 
nidfjt  auSfommt.  S)ie  dürften  unb,  afe  bereu  Vertreter,  tyre  9fäte 
erttärt  er  berechtigt,  bie  ungefdfjriebene  S3iHigfeit  au$  ©rünben  be3 
gemeinen   9?ufcen$  bem  gefdfjriebenen  SRedfjte  oorjujie^en,  benn 


1  SBorte  ber  öatjerifdjen  Serorbnung  oom  20.  3uni  1650,  fte^e  unten. 


—    313    — 

„bie  SHHigfeit  ift  bie  SRidfjtfdfjnur  be$  StedjjteS",  nur  mufc  ftc  babet 
t,ben  göttlichen  unb  natürlid&en  ©afcungen  attemperiert  werben''1. 

2Ranj  ifi  ber  Shtftdjjt,  bafe  bie  burdt)  ben  Krieg'  oerberbten 
©d&ulbner  au3  ©rünben  ber  SiHigfeit  nidfjt  gejwungen  werben  Wnnen, 
i^ren  ©runbbefifc  ju  »erlaufen,  ben  ©laubigem  abzutreten  ober  an 
3a§lung8ftatt  ju  überlaffen,  wenn  ber  Sßertanfdfjlag  ein  gar  ju  ge- 
ringer ifi2.  gerner  ift  er  ber  2lnjtdj)t,  bafc  ben  burdfj  ben  Ärieg 
t>crberbten  ©d&ulbnern  au£  ©rünben  ber  SiHigfeit  burdj  ©efefe  bie 
3infen  eiliger  Qaljre  nad&gelaffen  werben  foHen  (eine  2lu3naljme  fott 
$emadfjt  werben,  wenn  ber  ©laubiger  felbfi  oollfiänbig  oerarmt  ift)8. 
JQeute  würben  wir  feine  Stellung  als  ©efül)l3foätali$mu3 
Jbe  jeidjjnen  4,  benn  er  wirb  nid&t  tnübe ,  fein  SDlitleib  mit  ben  de- 
bitores  calamitosi  funbjutun,  unb  bie  creditores  rigorosi  in 
<Segenfafe  ju  i^nen  ju  fteUen.  Sejeidfjnenb  ift  feine  Sufcerung :  SBenn 
©laubiger  unb  ©dfjulbner  gletdj  armfelig  baran  finb,  fo  foH,  was 
ber  ©djjulbner  nodjj  übrig  fyat,  jwifdfjen  il)m  unb  bem  ©laubiger 
geteilt  werben5. 

SßaS  nun  bie  literartfdjjen  Vertreter  ber  ©laubiger  betrifft, 
fo  wehrten  fte  ftdfj  nidfjt  gegen  bie  ^ereinjie^ung  be£  ©runbfafceS 
ber  SiHigfeit  in  bie  3)tefuffton,  aber  fie  beft ritten,  bafe  eine 
33egünftigung  ber  ©d&ulbner  ber  Silligfeit  entfpred^e. 
„SBerberben  bie  ©dfjulbner  burdEj  ba$  8df)Un,  fo  oerberben  bie 
©laubiger  burd&  ba$  Mängeln"  (Colloquium  ©.  17).  „SDer 
©laubiger  ftreitet,  um  ©djjaben  ju  oermeiben,  ber  ©dfjulbner,  um 
«ine  frembe  ©adfje  au  behalten"  (ebenba).  2)a3  „aequilibrium", 
ba$  fojiale  ©leidfjgewidfjt  jwifdEjen  ©laubiger  unb  ©d^ulbner,  werbe 
alfo  burdjj  bie  gefefcltdfje  ©ewä^rung  oon  3^na($lag  nid&t  wieber* 
Oergeftellt,  fonbern  e$  ftnfe  bann  bie  anbere  ©djjale.  SRanj  oer* 
lange  felbfi,  bafc  bie  Sittiglrit  in  ber  „natürlid&en  SBernunft"  i^re 
Rechtfertigung  unb  ©renje  $abe.  2Ba$  fei  aber  natürlicher,  als  bie 
Vertrage  galten,  was  oernünftiger,  als  bem  notleibenben  ©laubiger 
bur<§  3tü<fjal)lung  ber  ©djjulb  banfbarlidfj  ju  Reifen?  (Colloquium 
©.  43,  55/56). 


1  3indf4armfite(  6.  242. 

8  6<$ut  unb  6$irm  II  120. 

s  3indf4armü^e(  ©.  218,  296. 

4  Sott  feinen  Biographen  ($Ugem.  beutfdje  ©tograp&te  u.  Ä.)  wirb  und 
SWanj  atö  uneigennützig  gefo)Uoert. 

6  6<$ufc  unb  ©*irm  III 101,  3inef*armü*el  6.  208.  —  Sgl.  6<$ufe  unb 
egirat  II  88:  „3n  folger  9Zot  ift  alle*  gemein/ 


—    314    — 

aber  aud)  ber  gemeine  duften  crforberc  fetneSroegS  eine  je 
unerhörte  SSegünfttgung  beS  fdjjulbnertföen  ^ntereffeS.  3)ie  ©laubiger 
leiften,  f d&reibt  Spflaumer,  bem  SRömifd&en  SReidje  ebenfo  nüfclify 
SMenfte,  als  bie  unnfifeen  33erfd&wenber  unb  ©dfjulbenmacljer  (Collo- 
quium  ©.  15).  2)eS  3Wanj  unb  anberer  ©c&ulbnerfdfjmeid&ler  2Kei* 
nung  würbe  bem  gemeinen  SBefen  ntd^t  blofc  feinen  SRufcen,  fonbern 
ben  &öd)ften  Stäben  unb  enblid&eS  SSerberben  bringen.  3)enn  wer 
wollte  Ijinffirber  bem  anberntrauen  ober  Reifen,  ober 
mit  jemanb  ju  fontra&teren  Sufl  ober  $erj  tjaben, 
mann  ber  Äontraft  nur  ju  friebli<$en  guten  3*ü*n  Seftanb  Ijaben, 
ju  ftriegS*  unb  anberem  wibrigen  ©rfolg  aber  nid&t  meljr  gelten 
mürbe?  (©.  44). 

Übrigens  ftefje  es  mit  ben  ©dfjulbnern  nid^t  fo  fd&ltmm,  als 
biefe  glauben  magert  wollten:  menn  fte  nur  bie  9JKttel  an  bie 
&anb  nehmen  wollten,  ftdjj  tyrer  ©Bulben  ju  entlebigen  —  33er* 
filberung  eines  Teiles  ber  ©fiter  —  fo  märe  bie  3af)IungS* 
fd&wierigfeit  —  benn  um  eine  foldfje  Ijanbele  eS  fid&,  nid^t  um  eine 
Unmögttdjfeit  ju  jaulen  —  balb  gehoben  (©.  25/2(5).  SBegen  biefer 
©dfjulben  werbe  alfo  ber  föimmel  nodj  lange  nid&t  einfallen  (©.  41). 
©idfjerlidfj  feien  me^r  Ärebitoren  wegen  Hinterbliebener  als  Debitoren 
wegen  getaner  Sejaljlung  jugrunbe  gegangen  (©.  31,  25). 

2)iefe  lefetere  Semerfung  ift  nidfjt  ganj  ju  oermerfen.  3)er 
Ärieg  felbft  mag  oielleidfjt  baS  fianb  härter  mitgenommen  ^aben, 
als  ben  beweglichen  Sefife;  aber  barnadfj  werben  bie  ©laubiger 
unter  ber  3<$lung8frift3  /  ber  ©infteDung  ber  Elutionen  unb  ben 
2luSflfidfjten  ber  ©dfjulbner  um  fo  ftärfer  gelitten  Ijaben.  Stauer 
modfjte  eS  fommen,  baft  auf  ©dfjmtb,  ber  fe^r  Ijaufig  9Ritglieb  ber 
3inSnadfjlaftfommtfftonen  am  fiofrat  unb  an  ber  ©traubinger  5Re* 
gierung  war,  bie  Ärebitoren  in  Höherem  ©rabe  ben  (SmbrudE  be- 
dauernswerter Seute  matten  (miserabiliores  visi),  als  bie  ©djulbner, 
obwohl  eS  fefjr  fd&mierig  gewefen  fei,  eine  ©ntfdfjeibung  barüber  ju 
treffen,  utrisque  miserias  suas  ad  lacrimas  usque  depromentibus 
(Äomm.  jur  Söerorbnung  oom  20.  Quni  1650,  p.  2,  3). 

©tarfer  als  wiffenfdjjaftlidfje  ©rünbe  war  natürlich  bie  3Ha<$t 
ber  Qntereffen.  2)ieS  gilt  fowo^l  oon  bem  beljörb lid&en  SBer* 
fahren  bei  ber  Seitreibung  ber  Sd&ulben,  als  audj)  oon  ber  gefefc* 
lidfjen  Siegelung  ber  ©dfjulboerijältniffe.  Sßflaumer  a.  a.  D.  fpottet, 
baft  bei  ben  SanbeSgeridfjten  propter  multitudinem  et  potentiam 
debitorum  ad  solvendum  impotentium  bie  [3inSgläubiger  nidfji 
fo   leidfjt   ein   ©nburteil  ober  wenigfienS   eine  @£efutton  erlangen 


—    315    — 

(Colloquium  ©.  50).  Unb  Sdfjmib  ergäbt:  @r  fydbt  einmal  einen 
33eootlTnädfjttgten  jum  9tetdfj3tag  nadfj  ben  ©rünben  be3  (ben  ©dfjulbnern 
günftigen)  3teidf)3fd(jluffe3  non  1654  (fiefje  unten)  gefragt  unb  bie 
Slnttoort  erhalten:  ber  ©runb  fei  einfad)  ber,  bafe  auf  bem  be* 
treffenben  3teidfj3tag  meljr  ©dfjulbner  als  ©laubiger  gefeffen  feien. 
©d&ntib  fügt  launig  l)in$u:  ba3  glaube  er  gerne,  forooljl  roaS  bie 
21nja^I  ber  ©enbboten  (missorum)  als  was  bie  2tnjal)l  ber  ©enber 
(mittentium)  anlange  (ebenba  p.  16). 

Dbrooljl  ber  ganje  Streit  um  bie  ©d&ulbregulierung  ftdfj  auf 
alle  ©djulben  bejog,  fo  fpifcte  er  ftd&  bod^  polttifdf)  ju  einer  Ärebit* 
frage  beS  ©rofegrunbefifceS,  be$  2lbel3  ju.  Senn  unter 
ben  oerfdjulbeten  SeoölferungSllaffen  mar  ber  Slbel  bie  mädfjtigfte. 
3)er  Äleingrunbbeftfe ,  ber  Sauemfianb,  mar  jroar,  wie  mir  gefe^en 
fyaben,  ebenfalls  fe^r  t>erf dfjulbet ,  aber  er  mar  nid&t  in  ber  Sage, 
feine  Qntereffen  politifdf)  jun  ©eltung  ju  bringen.  Qm  Colloquium 
forbert  ber  Softor  ben  Sauer  fpöttifdfj  auf,  bie  Sauerngemeinbe 
folle  einen  StuSfdfjufe  jum  SWeid^Stag  abfdfjidfen,  wenn  fte  ©elb  f)<xbe, 
worauf  ber  Sauer  meint,  e3  fei  ju  befürchten,  bafc  bie  Deputation 
beim  Sßrofofen  Duartier  nehmen  muffe  (©.  58). 

S)er  Stttigfett,  bem  gemeinen  -Kufeen  nadf)  Ijätte  bie  @rlei^te= 
rung  ber  ©dfjulbner  ftdf)  audf)  auf  bie  SRüdEftänbe  aus  grunbs 
tyerrltdfjen  abgaben  bejie^en  muffen.  S)enn  ba3  waren  eben 
bie  igauptfdfjulben  ber  93  au  er  n,  unb  ba§  Servitute  jwifd&en 
©runb^err  unb  Sauer  mar  ein  analoges  wie  baS  Servitute 
jwifdjjen  ©laubiger  unb  ©dfjulbner.  Son  einer  Siegelung  be$ 
SRec&teä  ber  ©ültnadfjläffe  mar  aber  bei  ber  ganjen  Sewegung 
nirgenbS  bie  Siebe,  §ier  würbe  eine  Slbweid&ung  t>om  gemeinen  9?ed)te 
nid&t  nötig  befunben.  35er  jur  ©rflärung  angegebene  ©runb,  ba$ 
SRedfjt  beS  ©runb^errn  auf  bie  ©ült  fei  bingli<$,  ifl  bod&  rein 
forma l* j urtflif (^ er  SRatur  unb  ba^er  jur  geftfteHuug  ber  Urfad&e 
md&t  au$rei<$enb.  Sie  eigentliche  Urfadfje  mar  ^bm  bie  ermähnte 
politifd&e  unb  Uterarifd&e  Dt)nma<$t  ber  Sauern. 

3)er  SluSgang  ber  ©adfje  mürbe  alfo  mdfjt  burdfj  tl>eoretifd(je 
(ftel>e  oben  SiBigfeit,  gemeiner  Stuften),  fonbern  burdfj  polittfd&e 
Erwägungen  beftimmt.  3roar  fleKt  baS  baprifd^e  ©efefc1  ben 
©tunbfafc  auf:  baS  Äriegäoerberben  Ijabe  ebenfowol)(  bie  ©laubiger 
ate  bie  ©<$ulbner  getroffen,  unb  ber  ©dfjaben  fei  „faft  gemein"  ge* 
wefen,  baf>er  foßen  audf)  wegen  ber  rücfflfinbigen  3*nfen  n^t  e*ne 


1  2)ie  3ntcrimÖDerorbnung  oom  17.  April  1654. 


—    316    - 

Älaffe  allein,  fonbem  beibe  miteinanber  baS  (SntgeltmS  fjaben  unb 
tragen.    Sludfj  ©dfjmib  fagt  in  feinem  ftommentar  jur  33erorbnung 
Dom  20.  3uni  1650  (p.  6),  bie  3ntention  (intentio)  be3    ©efefc 
gebet«  fei  geroefen,  alle  Untertanen  (nidjt  nur  bie  ©d&ulbner)  511 
erhalten,  benn  ber  ©taat  fyabt  fein  geringere«  Qntereffe  baran,  bie 
©laubiger  ju  erholten,  als  bie  ©djjulbner.    2Ibcr  faft   in    einem 
Sltem  mit  biefer  33emerfung  meint  er,  bie  Intention  (intentio)  be3 
gürflen   fei  bie   geroefen,    ut   bona   nobilia   in   familiis, 
quantum  possibile  est,  conserventur,   ba  er  gefefjen 
tyabe,  bafj  talia  bona,  quae  per  aliquot  subinde  saecula  in  una 
familia  permanserunt ,   propter   ruinam  bellicam,   et   sie    sine 
culpa   possessorum  et  quidem  cum  tanto  damno  et  detrimento 
aestimationis  ex  iniuria  temporis  subsecutae  in  alienas  manus 
devenerint.    SlllerbingS  muffe  biefeS  $tel  feto*  ©tenje  ljaben   in 
ber  3tü<fftd&tnaf)me  auf  bie  notleibenben  ober  bebürftigen  ©laubiger. 
SDer  fidfjerfte  Sßeg  fei  eben  ber  SDHttelmeg,  aber  ba  balb  bie 
eine  3ntereffengruppe,  balb   bie  anbere  gefdjjrieen   fyabt  (inter  tot 
lamentationes   ultro  citroque  interpositas) ,   fei   eS   ferner   ge- 
roefen,  tyn  ju  finben  (ebenba  p.  4). 

@3  fdfjeint  alfo  faft,  als  ob  Räumer  Stecht  Ijatte,  inbem  er 
fdfjrieb:  „SDer  -Kamen  boni  publici  toirb  jur  Bemäntelung  ber 
Debitoren  eignen  Sntereffe«  übel  mifebrauciji"  (Colloquium  ©.  15), 
alle  bie  fd&änen  Lebensarten  oon  Billigfeit  /  gemeinem  !ftu|en  ufro. 
feien  nur  ©eforationSftfidfe. 

3u  meinem  praftifd&en  ©rgebniffe  führte  nunberfoeben 
gef Gilberte  Qntereffenfampf  unb  2Weinung$jireit  ? 

V. 

3n  Sag  er  n  gelangte  man  früher  ju  einer  ©ntfdfjeibung  als 
im  SRetdfje. 

Sine  SJerorbnung  vom  20.  Sunt  16501  bejUmmt: 

1.  S)a  bie  ©rfaljrung  jeigt,  bafc  bem  ©emeinroefen  burd)  %m* 

tierung  gütlicher  ißanblung  allein  nidfjt  geholfen  werben   fann,  fo 

möge,  wenn  jnrifd&en  ben  Parteien  über  allem  angemanbten  gleifc 

fein  SBergleidfj   jiattfinbet,  ber  ißofrat  (bie  Legierung)2  ex  officio 


1  93or  bem  ©rfofj  ber  SSerorbnung  waren  ©utadjten  beS  §ofrat8  unb  ber 
Regierungen  eingeholt  roorben. 

9  2>aS  Geltet  roenbet  flc$  an  bie  SWittelfteUen.  3)iefe  foHen  bie  Unter* 
geriete  »bar auf  weifen*. 


& 


—    317    — 

vorgreifen  unb  nadjj  ©rroägung  aller  Umftanbe  einerfeitS  unb 
anbererfeitS  entroeber  auf  erfdfjromgftdje  grtflen  erfennen  ober  na  djj 
©eftalt  ber  ©ad&en  rool)l  gar  etroaS  an  ben  rfidffiän* 
b igen  3infungen  abfpredjen. 

2.  SBorauSgefefet  wirb,  baß  ber  ©dfjulbner  baS  übrige,  roaS  il;m 
no<$  abjufiatten  obliegt,  erfd&roingen  unb  oljne  weiteren  ©dfjaben 
für  bie  ©Kubiger  Raufen  unb  fortfommen  fann.  2lnbernfall8  tyat 
man  ergeben  ju  laffen,  roaS  redfjtenS  ift;  jumat  fid^  bisher  otel* 
faltig  erjeigt,  baß,  wenn  fdfjon  ben  ruinierten  ©dfjulbnern  bie 
©laubiger  lange  aus  bem  2Bege  gehalten,  bennod(j  benfelben  nid&t 
geholfen,  fonbem  ben  ©laubigem  nur  größerer  ©dfjaben  jugejogen 
roorben. 

3.  @3  ift  „roofjl  ju  erroägen,  ob  ein  ©dfjulbner  nid&t  etwa 
burdj  fein  Übelljaufen,  übermäßige  ^ßradfjt,  lüberlid&eS  Seben  unb 
bergletd&en  in  äbfdfjlag  unb  fiinterftelligfeit  geraten  unb,  rote  fid& 
bei  etlichen  jeigen  mödfjte,  fd^on  juoor,  etje  einer  burdf)  ba3  ÄriegS* 
roefen  in  nodf)  größeren  ©dfjaben  geführt  roorben,  feinen  Ärebit  oer= 
loren,  roeil  mit  bergleidljen  weniger  SJfttleib  ju  tragen  tfi,  aU  mit 
anbeten,  roeld&e  oljne  tyr  SBerfd&ulben  um  \%x  SBermögen  fommen 
unb  in  ba3  SBerberben  gerunnen  finb". 

4.  ferner  iji  ju  berüdfftdfjtigen,  roie  e3  mit  ben  ©laubigem 
befdjjaffen,  ob  fte  nidfjt  in  zbzn  fo  großer  Sftot  unb  Unoermögen* 
^ett  rote  bie  ©d&ulbner  ftedfen. 

5.  ©benfo:  ob  nidfjt,  roie  fid&  öftere  begeben,  bie  ©d&ulbner 
burdfj  Äauf  ober  bergleidjjen,  „uneradfjtet  er  um  ben  SRuin  roo^t 
gewußt,  bie  ©fiter  audf)  in  Slnfetjung  beffen  leidster  an  fidfj  erfjanbelt 
l}at"  [©pefulationäfauf  mit  &llfe  oon  Ärebit],  in 
Sdfjulben  unb  iQinterftettigfeit  geraten,  ba  er  bodfj  biefer  SBfirbe,  roenn 
er  nur  ben  Äauf  ober  bergleid&en  fianblung  ^ätte  bleiben  laffen, 
woljl  Ijätte  überhoben  fein  Knnen. 

6.  63  ifl  über  alle  [fonfiigen]  Umftänbe,  roeld&e  ben  ©d&ulbtter 
graoieren  ober  fubleoieren,  [in  jebem  einzelnen  galle]  genugfamer 
Serid&t  einjuljolen  unb  nidjjt  anberS  ab  cum  causae  Cogni- 
tion e  ju  oerfaljren,  bamit  man  nid&t  einem  aus  bloßem  3Jtttleib 
ffelfe,  bem  anbem  aber  roiber  SRedfjt  fdjjabe,  benn  roeil  bie  gälle  oer* 
Wieben  finb,  fo  ift  e«  billig,  baß  nadjj  »efd&affen&eit  ber 
Umftanbe  ein  Unterfd&ieb  gemalt  roerbe. 

7.  Sn  bie  ©jefution  unb  SSergantung  foll  man 
nidjt  gleich  fommen,  fonbern,  fooiel  nadfj  ben  oben  ermahnten 
Umftanben  möglich,  ben  ©d&ulbner  bei  ben  ©ütern  laffen, 


—    318    — 

unb  mit  gutem  9eba$t  äffe«  rooljl  erroägen,  elje  bie  @£efuttim  unb 
®ant  anbefohlen  wirb.  2Benn  eine  ber  Regierungen  in  einem  ober 
anbern  rotdfjtigen  gaffe  ber  ©ant  falber  2nfianb  nimmt,  fo  möge 
fie  beim  dürften  83efd&eü>  erholen. 

Offenbar  gebaute  man  auf  bem  Söege  ber  ftabinettäjuftu 
ben  roid&tigfien  politifdfjen  3roedf  ber  SBerorbnung,  bie  (Spaltung  ber 
abeligen  gamilien  bei  tyren  ©fitern,  am  elften  ju  erreichen,  benn 
bie  „mistigeren  gäffe"  werben  eben  bie  polittfdfj  roidfjtigen  gätte 
geroefen  fein.  3)a&  bie  Seftimmung  audfj  prafttfd&e  33ebeutung 
gehabt  fjat,  geljt  au«  ben  SBorten  ©d&mib3  tyxvox:  9  .  .  -  .  prout 
ita  factum  esse  meminimus,  sed  certe  non  sine  magna  lamen- 
tatione  creditoruma!  SBeldfjeS  bie  folgen  waren,  gefjt  ebenfalls 
au«  ©dfjmib  !)ert>or  (ebenba).  9tömlidfj,  ba&  „iustitia  multum  pro- 
traheretur  et,  cum  celeri  opus  fuisset  remedio  ad  diminuendum 
aes  alieuum,  per  eiusmodi  protractiones  aes  alienum  augeretur, 
coneursus  annuorum  censuum  et  usurarum  non  sisteretur,  sed 
antiquis  semper  novae  accederent"  (p.  10,  11). 

3m  9teid>e  naljm  ber  Streit  feinen  Sortgang.  3)er  %x\t* 
benSoertrag  von  1648  (VIII  5)  fieffte  eine  Siegelung  ber 
©ad&e  burd)  ben  nädjjften  SRetdfjStag,  im  Qntereffe  ber  tranquillitas 
publica,  in  2Iu3fid)t;  injnrifd&en  fofften  feine  imraoderatae  exe- 
cutiones  ftattfinben.  3n  ben  näd&ften  Qa^ren  flieg  bie  (Srroartung 
auf«  fcödfjfte.  2)er  Sleidfjätag  oon  1654  —  berfelbe,  bem 
©ueridfe  bie  erfte,  non  i^m  erfunbene  Suftpumpe  oorfü^rte  —  traf 
bie  (Sntfdjeibung,  unb  jroar  im  ganjen  jugunften  ber  ©d&ulbner. 

2)ie  S5eftimmungen  beS  9lei^«f(^Iuffe«  non  1654  über  bie 
fd&roebenben  3*n^f^u^en  berufen  jum  Xeil  auf  Äompromtffen ,  in 
ber  ißauptfadfje  auf  einem  ©iege  be«  gürfienrate£  über  baS 
©täbtefollegium.  ©ie  finb  begannt,  mir  fönnen  un«  ba^er 
§ier  furj  f äffen. 

S)er  SReid&äfd&Iufe  bejie^t  ftdfj  auf  „bie  burdfj  ben  Ärieg  non 
SWitteln  gefommenen  ober  burdfj  fjolje  2lufroacfjfung  ber  ...  . 
3infen  befdfjroerten  ©dfjuftmer"  (§  171).  ©r  bejteljt  fidf)  nidjjt 
[2ht3naljmen]  auf  ba^jenige,  „nm3  in  ben  ÄriegSläuften  ju  Stanjion, 
SBranbfdjafeung  unb  Rettung  SeibS,  SebenS,  Käufer  unb  ©üter, 
audfj  Abtragung  ber  ©ati3faftion£gelber  erborgt  toorben" x ;  ferner 
nid&t   auf   ba^jentge,   „roaS  jur  ©rfaufung  ober  SBieberauf bauung 


1  ©otOcin  ©.  88:    ,<£$  Ijätte  Qeljeitjen,  eine  @($ulb  ber  2)anf6artett  oer* 
lefcen,  toenn  man  aud)  bie  3infe»  biefer  <5d)utt>en  üerfürjt  fyätte." 


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'1 


—    319    — 

bcr  t>ertoüfteten ,  anjefco  in  esse  ftefjenben  unb  inmittete  genoffenen 
©üter  ausgeliehen  toorben"  (§  174). 

3n  ber  ©adfje  felbfl  nmrbe  befd&loffen: 

1.  £>ie  ffinbbaren  Kapitalien  f  ollen  in  ben  näd&ften  brei 
Sauren  oon  ben  ©laubigem  ntdfjt  aufgefünbigt  werben;  bei 
itünbigung  barnadfc  barf  ber  ©djulbner  ba§  Kapital  ratenweife  ju= 
rücfjafjlen,  unb  jtoar  je  nad&  ©röfje  ber  ©umme  in  jwei  big 
fteben  3a§re8raten. 

SluSnaljmen  ju  1: 

a)  5Der  ©ebitor  fyat  ba3  ©einige  „nur  mutwillig  oerjeljrt" 
[33erfd[jtoenbung]. 

b)  3)er  Debitor  ftetyt  feinen  ©ad^en  alfo  fd^led^t  oor,  bafc 
teine  Hoffnung  jur  Sefferung  unb  ju  feinem  aufnehmen  oorljanben. 

c)  S)er  itrebitor  f)at  für  fidj)  unb  bie  ©einigen  feinen  Unter- 
halt unb  feine  SRettungSmittel.  Sie  StuSna^me  ad  c  gilt  nur  salvo 
judicis  arbitrio  (§  172). 

2.  ©ämtlidje  auSftänbige  3*nfen  un&  3>ntereffen 
toerben  bis  auf  ben  oierten  £eil  faffiert  unb  aufs 
gehoben.  2)aS  SReftoiertel  foQ  nadjj  grlebigung  ber  Äapttalttlgung 
(sub  1)  fo  beja^lt  werben,  ba&  jebeS  3al)r  neben  bem  (au- 
fenben  ein  alter  3*n3  *d*(jt  wirb  (§  173).  $n  ber  Storch 
fefcung  biefer  Seftimmung  (ad  2)  beftanb  ber  ©ieg  beS  gürflenrateS * 
über  ba3  ©täbtefottegium,  ba$  il>r  wiberjtrebt  $atte. 

3.  2Benn  ber  ©dfjulbner  „bei  biefen  gelbflemmen  fyittri  feine 
baren  SWittel  Ijatte  no<$  erlangen  fönnte",  fo  fott  er  berechtigt  fein, 
bie  ©djjulbfumme  „burdfj  ©argebung  anberer  beweglicher  unb  un- 
beweglicher ©üter,  anftatt  barer  öejaljlung"  auf  woorf)ergel)enbe 
jtd i f d^ cn  ben  oorigen  unb  gegenwärtigen  3eiten  auf 
baS  SRittel  geftellte  billige  ©dfjafeung"  ju  entrid&ten;  bie 
SBa&l  unter  ben  ©fitern  foD  ber  ©laubiger  fcaben  (§  172).  — 

35iefe3  alfo  war  ber  berühmte  5Reidf>3fd(jlu&  oon  1654,  oon  bem 
©djmib  fagt,  bafc  er  ein  fulmen  creditoribus  satis  grave  gewefen 


1  Bauern  f)attt  folgenbeS  Sotum  abgegeben:  ,SBeü  bie  Söffe  unb  Umftänbe 
fe^r  ung(ei$,  au$  bei  ben  5trieg6ja$ren  bie  3infen  ni$t  an  einem  Ort  rote  an 
anbeten  gurücfgeblieben,  wäre  eöjnic^t  rooljl  mög(i($,  eine  bur$gebenbe  Aonftttution 
ju  machen,  hielte  jeboeb  bafür,  weilen  ber  ©djabe  unb  calamitas  belli  foroobl 
ben  Jtrebitoren  ali  Debitoren  getroffen,  wäre  bie  (Srfoffung  ber  Qin\e  etroa  auf 
bie  $älf  te  ju  fejen  unb  alfo  )u  teilen,  bafe  ni<$t  aller  ©djabe  auf  ben  Arebi* 
toren  rebunbierte.*  (Meiern  3-  ®.,  ©ebanfen  oon  ber  fflecbtmäfsigfeit  beö  fechten 
3in*ta(er*,  1733,  Beilage  9.) 


—    320    — 

fei,  unb  baft  er,  ut  legentibus  apparebit,  omnia  quasi  debitoris 
arbitrio  fiberlaffen  fyabt  (Kommentar  jut  33erorbnung  oom  20.  Quni 
1650  p.  9,  15). 

3)er  fcauptunterfd&ieb  jwifdjjen  bem  SieidfjSfdfjluffe  unb  ber 
Siegelung  in  Sägern  befteljt  borin,  bafe  jener  oon  felbft  —  sine  causa- 
rum  specialium  cognitione,  wie  fiel)  ©djjmib  (p.  9)  auSbrficft  — 
Slnwenbung  fanb,  toä^renb  in  Sapern  ba£  ®erid^t  in  jebetn  einjelnen 
gaffe  unter  Sßflrbigung   ber  fonfreten  Umfiänbe  nadf)   freiem  (Sr- 
tneffen  über  3roang8ftunbung  unb  3TOongSna^Ia§  entfdfjteb.    Cbroofjl 
©d&mib,  fd&on  burd&  feine  partifulariftifd&en  £enbenjen,  für  bie  lefetere 
SKet^obe  eingenommen  mar,  oerfannte  er  bod)  nid^t  bie  ©rünbe,  bie 
i$re  Slnroenbung  im  SReidEJ  auSfd&lojfen:  bie  größere  Äompliiterttjeit 
be$   5Red&t3leben8    in   bem   ungleidfj    größeren   unb    fomplijierteren 
Organismus   beS  römifd&en  Steteres ,  ^auptfädfjlidfj   unter  ben   um 
mittelbaren  ©tänben:  man  märe  nidjjt  fertig  geworben,  wenn  mau 
jeben  gatt  befonberS   unterfud&t  ^ätte;   in  SBapern  ging  ba3   etjer 
(ebenba).   Überhaupt  aber  mar  baS  9ieid()  im  ganjen  meljr  oerwüftet  als 
gerabe  Sapern l,  unb  beburfte  baljer  rabifalerer  SWaferegeln.   ©d&werer 
tft  bie  Seftimmimg  beS  SRctd^Sfd^luffeö  ju  rechtfertigen,  bafc  bei  ber 
Eingabe  an  3<*l)lungSftatt  bie  ©ad&e  nid&t  nad&  bem  gegenwärtigen 
SEBerte  ju  fdfjäfcen  fei,  fonbern  nadf)  bem  Surd&fdfjniit  ber  SBerte  „ber 
früheren  unb  gegenwärtigen  Seiten";  aber  gerabe  fte  §at  ©djmtb  ju 
ber  ©.  315  ermähnten  9ieid()StagSanefbote  2lnlafc  gegeben,  unb  jufl 
an  iljr  fjing  —  wenn  id&  midE)  fo  auSbrücfen  barf  —  baS  &erj  ber 
Slbeligen. 

3)ie  bereite  ergangenen  £errttorialoerorbnungen  Ijatte  ber  9?eid(jS* 
f<$lufj  aufredet  erhalten;  ebenfo  mar  oorgefe^en  (§  171),  bafe  bie 
SleidfjSftänbe  nad&  Anleitung  ber  Siegeln  beS  9ieidf)Sfd(jluffeS  weitere 
SBerorbnungen  erlaffen.  SDieS  war  aud&  in  33a gern  beabft<$tigtA 
obwohl, Ijier  bie  fiiquibation  feit  1650  fdjjon  in  ooffem  ©ange  war. 
$)ie  oorbereitenbe  SBerorbnung  oom  17.  2lpril  1654,  meldte  ©ut- 
ad&ten  oom  föofrat  unb  oon  ben  Regierungen  einforberte,  befiimmt 


1  3m  3a$re  1644  weift  iDiajimilian  I.  in  einem  ©dj  reiben  an  bie  £anb* 
fc&aftöoerorbneten  unter  bem  2luäbrucf  feines  innigften  SRitleibenö  auf  bie  nodj 
ungleich  größeren  Srangfale  ber  angrenjenben  Sänber  $in  (Jrenberg  I  95).  SgL 
aber  aud&  fein  ©^reiben  an  feinen  ©ruber  gerbütanb,  CSjrjbifd&of  &u  Äöfa,  am  e 
4.  Suni  1632  (Dberbaperifd&eS  STrc^tt)  für  öaterlänbifeje  (55ef c^tc^te ,  IL  8b., 
1840,  ©  .437):  „SBa§  aber  baS  arme  Sagerfonb  belangt,  würben  e3  @.  S.  nietet 
mefjr  Jennen  unb  o$ne  äRitfetb  ni$t  anfe^en  fönnen,  bergleidjen  (Srubelität  tft 
in  biefem  ßrieg  niä)t  erhört  roorben.* 


i 


—    321     — 

fogar,  bafe  unterbeffen  feine  ©refutionen  oorjuneljmen  feien.    SRatür- 

ltdj  blieb  e3  im  allgemeinen  bei  ber  SBerorbnung  t)on  1650,  alfo  bei 

ber  grunbfäfclidfjen  33erf<$iebent)eit  ber  Regelung  in  Sägern  nnb  im 

9tetdje  \  benn  jene  SJerorbnung  l)atte  ftd^  ofe  „ber  SiHigfeit  gemäfe" 

tjermtSgeftellt 2,  unb  man  mar  „oljne  fonberbare  Älage"  mit  tljr  aw& 

gef ommen 2.    SMe  $nberungen2  Ratten  nur  Slnpaffung  ans  dlnü)& 

gefefe  unb  an  bie  (Stimmung  im  SReidfj  jum  3wecfe.    2tn  ben  rüdf- 

ftänbtgen  3wfungen  foUte  „n>ot)l  ein  niedreres  als  bis^ero 

obferoiert  warben",  abgefprod&en  werben.    Äein  Stadfjlafc  foH 

auSgefprod&en  werben  bei  benjenigen  ©d&ulben,  „meldte  unter  mal)* 

tenbem  ÄrtegSwefen   ju   2lbridfjtuug    ber  SRanjionen   unb    33ranbs 

fd&afcungen,  $u  Sluf^elfung,  SBerbefferung  ober  ©rfaufung  ber  ©üter, 

^Alimentation ,  Sejafjlung  ber  ©Bulben,  2lu3fteuerung  ber  Äinber 

unb  anberem  bergleidfjen  gemadfjt  worben".    2lud&  ba3  breijäljrtge 

Moratorium  (oben  sub  1)  mürbe  vom  SReidfje  Ijerübergenommen, 

mit  fernerem  fierjen,  nämlidfj  „obwohl  fdfjwer  unb  wtberredfjt* 

lidf)    fd&einen  will",  bie   2luffünbigung   ber  Kapitalien    „ raiber 

33  rief  unb  Siegel  unb  bie  baju  oon  ben  Äontrafjenten  paftierte 

2Bieberlofung  unb  2luffiinbigung  einjuf dfjränf en".   SBenn  „eines  ober 

be3  anberen  Ärebitor  funbbare  Sßot  ober  anbermeitiger  wtffentlidfjer 

3uftanb  unb  be3  ©dfjulbnerS  SWittel  unb  Vermögen  ein  anbereS  er* 

f orbern  ober  julajfen  täte",  fo  foH  bie  ÄfinbtgungSfrage  ju  rid&ter* 

li<$em  ©rmeffen  gefieHt  fein.    Obwohl  „e$  im  Sanbe  nunmehr  in 

einen  anberen  unb  befferen  ©tanb  geraten",  fo  ift  bodj  bei  ©anten 

nodj  immer  „beljutfam  unb  nidfjt  oljne  fonberbare  er^etfdfjenbe  -Kot* 

burft  ju  oerfafiren". 

VI. 

®er  äufeere  ©rfolg  biefer  SRotgefefcgebung  mar  in  Sapern  ein 
günftiger.  ©d&on  oor  bie  ergänjenbe  SBerorbnung  oon  1654  in  Äraft 
trat,  waren,  wie  im  Äommentar  oon  ©d&mtb  fonftatiert  wirb,  bie 
meiften,  ja  faft  alle  ©treitfadfjen  (plurimae  et  fere  omnes  causae 
litigiosae)  entmeber  gütlich  beigelegt  ober  oon  ben  @eridfjt3l)öfen 
nad&  Anleitung  ber  erlaffenen  3)efrete  amtlid(j  entf Rieben  (p.  11). 
9lber  toie  entfliehen?  -Wadf)  bem  ©eifte  ber  S)efrete,  nadf)  ben 
formen  ber  23iHigfeit   unb  beS   „gemeinen   SftufcenS"?    2ln   einer 


1  6$mib  faßt,  ber  bagerifd&en  Regierung  intentionem  fuisse,  prioribus 
decretis  inhaerendi,  nullo  modo  vero  Recessum  Imperii  approbandi  (p.  12). 
8  SJerorbnunfl  oom  16.  September  1654. 
(Soljen,  »irf<$ulbunfl.  21 


—    322    — 

anbeten  Stelle  feine«  Äommentarä  bemerft  ©<$mib,  auf  bie  mtxU 
ge&enbe  SJegünfHgung  ber  Sdjulbner  im  Steige  anfpietenb,  Don  ben 
baperiföen  ©eridj)t£l)öfen  feien  alle  ©ad&en  entweber  gütlid^  bei* 
gelegt  ober  nadj  genauer  Prüfung  ber  materiellen  Sage  (mediis 
et  adminiculis)  ber  beiben  Parteien  weife  (prüden ter)  ent* 
f Rieben  worben  (p.  16).  Cb  bie«  mel)r  fein  fott,  ate  eine 
patriotifdfje  Stebeblume,  roiffen  wir  ntdjt.  2)ajj  bie  SSerorbnung  oon 
1050  nad&  einer  offiziellen  Äonflatterung  ju  einer  5t(age  leinen  Slnlafc 
gegeben  fyat,  &aben  wir  fdjon  ermähnt.  3)ie  baperifdjje  9RetI)obe,  über 
bie  Shtwenbung  be£  SRotred&teS  in  jebem  einzelnen  galle  oom  Stifter 
entf Reiben  ju  laffen,  fd^eint  ft$  bewährt  ju  !>aben,  benn:  bie  non 
ben  baperifdfjen  ©engten  fejlgefefcten  3<*l[)fong3termine  entfprad&en 
ber  ©ered&tigfeit  unb  Siüigfeit  me^r  als  bie  im  SReidtegefefc  6e- 
ftimmten  (p.  11).  SlnberfettS  fehlte  e3  ben  baperifdjen  ©ertöten 
nidfjt  an  ber  nötigen  Sd&neibigfett:  ©dfjmib  erjagt  au$  feiner 
ridjterlid&en  SßrafiS:  2)a3  gewöhnliche  SBerfafjren  (com- 
munis modus)  bei  unferen  [b.  ff.  ben  baperifd&en]  ®eri<$t£$öfen 
war  folgenbeS  (p.  7):  SBenn  bie  ©laubiger  ju  rigoros  waren,  fo 
bafc  man  etyer  au£  einem  Seifen  Sßaffer,  benn  au$  iljnen  einen  frei- 
willigen 9tod&lafe  fcätte  tyerauSlodfen  fönnen,  fo  würbe  eine  Äommiffton 
jur  gfitlid&en  Beilegung  emgefefct.  SBenn  in  biefer  Stommif  jion  ber 
©dfjulbner  ftd^  jur  39ejal)lung  eines  fo  bebeuteuben  Seiled  ber  ner- 
faHenen  3^nfen  «bot,  als  bie  Äommifjton  für  genügenb  unb  ben 
erlittenen  ÄriegSfd&äben  entfpred&enb  eradfjtete,  fo  erging  metftenS  ber 
©prudfc:  „2Btr  laffen  bid^  bei  beinern  anerbieten  oerbletben."  SDie 
SBergleid&Soertjanblungen  würben  alfo,  obwohl  oom  ©laubiger  ab- 
gebrochen, oon  2lmtS  wegen  mit  redjjtlid&er  SBirfung  oerfeljen  (con- 
firmata),  fo  bafe  ber  Ijarttjerjige  ©laubiger  ntdfjt  nur  beS  betreffenben 
©elbbetrageS,  fonbem  aud&  beS  Slnfprud&eS  auf  35anfbarfeit,  ben  er 
burdfj  mitleibtgeS  SBefen  Ijätte  erlangen  fönnen,  oerluftig  ging.  — 

Selber  würben  bie  äöoljltüten  beS  ©efefceS  oielfadfj  beeinträchtigt 
burcij  Umftänbe  unb  SBorgänge,  benen  wir  in  biefer  ©dfjrift  fdjjon 
öfters  begegnet  finb,  nämlidf)  burdjj  bie  -ättifebräuclje  unb  ©e- 
winnfudfjt  ber  Beamten. 

@in  ©dEjreiben  beS  ©eiftlid&en  SRateS  an  bie  &of Jammer,  vom 
2.  SDejember  1650  \  l;at  folgenben  3n(>alt:  Sem  ©eiftlid&en  SRat  ift 
ju  O^ren  gekommen,  maS  für  übermäßige  exaetiones  (©intreibungen) 
bie  Beamten  gegen  bie_  armen  Untertanen  auf  bem  Sanb  gebrauten, 


ßreiöard&to  Wünfyn  ©en.-Äeß.  fasc.  533  9tr.  142. 


—    323    — 

bie  um  -Jtad&lafe  iljrer  gefd&ulbeten  Äirdfjengelber  anhatten.    3)ie  33e* 
amteu  (jören  fic  jwar  an,  oerlangen  aber  3,  4  ober  5  fl.  ÄommifftonS* 
loften;  fte  errieten  ferner,  ftatt  bie  nadfjgelaffene  ©d&ulbfumme  auf 
bcn  alten  ©djjulbobligationen  einfadfj  abjufd&retben,  neue  ©dfjulbbrtefe, 
für  bte  wieber  befonbere  ©ebü^ren  erhoben  werben ;  cnblid^  forbern  fie 
für  einen  ganj  einfadfjen  Sendet,  ber  faum  in  einem  falben  Sogen 
beftetjt,  15  ober  16  SBafeen;  be3  äbfd&iebSgetbeS  [@ntfd&eibung3gebfil>r], 
ba3    bie  Beamten  au<$  hierbei  oerlangen,   gar  nid^t  ju   gebenfen. 
2Ufo  bafe,  wenn  ein  SauerSmann  30  fl.  einem  ©otte8l)aufe  fdfjulbig 
ift,  unb  i(|m  baoou  bie  iQälfte  nadjjgelaffen  wirb,  foldfje  15  fL  nid&t 
it>m  jugute  fommen,  fonbern  ber  Seamtenfdfjaft  $uf  allen.    SBie  ftdj 
benn  bie  Untertanen  oerne^men  laffen,  bafe  fie  bie  itirdfje  gerne  be- 
liebigen mürben,  wenn  man  tynen  nur  Suft  taffc  unb  erfdEjwingltdfje 
3al>lung3friften  gebe,  inbem  fie  ba$  (Selb  lieber  ben  ©otteS- 
Käufern  ali  ben  Beamten  „gunnen".  — 

3a&lreid(jer  unb  praftifdjj  weit  mistiger  afe  bie  oor  ben  unb 

von  ben  ©erid&ten  ins  SBerl  gefegten  ©tunbungen  unb  ;ftadfjiäffe 

motten  leidet  biejenigen  gewefen  fein,  meldte  o^ne  3u*un  &**  ®es 

xi($te3  unb  aufcerfjalb  ber  ©d&ulbei'ntreibung  aus  freier  33er  ein* 

batung  ber  Parteien  erfolgten.    ©er  ©laubiger  erfannte,  bafc 

bie  Eintreibung  ber  ©dfjulb  genau  nadfj  bem  SBortlaute  be$  ÄontralteS 

unmöglich  fei,  er  mochte  hoffen,  burdfj  33erminberung  ber  ©dfjulb 

unb  ©rleid&terung  ber  3°&lun8$&eMn8un8en  /  ^utä)  ©Raffung  einer 

neuen    DertragSmäfeigen   ©runblage    bie    mirtfdfjaftlidje  Sage    be£ 

©djulbuerS  ju   §eben  unb   fo   bie  größere  ©idjjertjett  einer  %t\U 

befriebigung  ju  gewinnen.    SBenn  bie  Parteien  fidjj  Aber  bie  neuen 

SJebingungen  einig  waren,  bann  gingen  fie  wot)l,  bann  erft  gingen 

fie  }u  ©eridfjt,  um  fie  protofoHieren  ju  laffen.    3$  bin  bei  meinen 

©tubien  in  ben  Sriefprotofollen,  metjr  jufattig  als  fudfjenb, 

auf  einige  —  im  gaujen  oier  —  berartige  Sßrotofolle  gefto&en. 

1.  ©rbing,  ben  27.  Sanuar  1638.  33ergleidf)  jmifd&en  bem  ehr- 
baren ©.  unb  bem  „audfj  befdjjetbenen"  D.  ©.  ift  bem  0.  200  fl. 
©auptfadfje  unb  baoon  eine  oerfaSene  3a$re$gfllt  fdfjulbig.  3)a  aber 
bem  ©.  bie$  „bei  biefen  ferneren  Qtittn  gletdfj  oöffig  ju  be* 
jagten  unmöglich",  fo  fjat  er  ftdfj  mit  €).  bat)iu  uergltdfjen,  bafc  er 
\f)m  bie  verfallene  ©filt  atebalb  unb  bie  &auptfad(je  in  wer  3a^re£* 
raten  1639—42  of>ne  ©filt  bellen  fott.    ©eneralljppot&el. 

2.  (Srbing,  ben  8.  9Rärj  1640.  SSergleidfj.  $.  ift  bem  SB.  au« 
einer  ©rbfdfjaftSangelegenljeit  70  fl.  fdfjulbig  geworben.  3)a  aber  bem 
5ß.   „bei  biefen   Hemmen  3^^en   unb    auSgeftanbener 

21* 


—    324    — 

JlrtegSempörung"  bie  Sdjulb  pöHig  ju  bejahen  unmöglich  ift, 
fo  $at  tym  SS.  au*  gutem  Stilen  25  ff.  nadjjgef  eljen ,  bie  übrigen 
45  ff.  foU  $.  in  jtoei  3al)re£raten,  namlidj  am  fommenben  unb  barauf* 
folgenben  3™***™™/  bejahen,  bei  SSerpffinbung  feiner  Sfrabe  unt> 
©fiter. 

3.  Grbing,  ben  1.  3uni  1640.  ^ertrag.  2)er  ehrbare  98.  §atte 
fid)  mit  ben  SBormfinbern  feine*  ©tieffo$neS  ba^in  oertragen,  baß  er 
baS  „ftaimet"  übernehmen  unb  bem  ©tteffo!>ne  925  fl.  aSatcr-  unb 
9Jtuttergut  herausgeben  f oDe.  2>a  aber  „wegen  erlittenen 
©d&abenS,  bann  ÄrtegSruinS  unb  Slbfd&lagS  ber  ©fiter 
iljm  fotd&eS  oödig  ju  bejahen  unmöglich",  fo  wirb  ausgemacht:  31. 
Ijat  bem  ©tieffotjne  fiberS  3a!jr  600  fl.  ju  bejahen  ober  von  ba  an 
anneljmlidf)  ju  oerfidfjern  unb  ju  oerjtnfen,  femer  ityn,  bis  er  fein 
SBrot  felbft  oerbienen  fann,  ju  alimentieren.    ©eneraltjppotljet 

4.  28olfratSl;aufen  (3tmt  «Perladfj),  18.  ftebruar  1660.  Duittung. 
ö.  befennt,  oon  ©.  40  ff.  bar  empfangen  ju  fcaben.  3)iefer  Setrag 
beregnet  fidf)  au*  150  ff.,  meldte  ber  SBater  beS  @.  bem  SBater  beS 
©.  in  ben  „erften  ©djtoebenjeiten"  oorgelie^en  tjatte,  nadf> 
Slbjug  oon  110  ffv  toeldfje  burdfj  SJergleidfj  „in  ©rroägung  ©.  übet 
ruiniert  unb  oerberbt  roorben"  gutwillig  nadjgefe!jen  morben.  — 

3n  Sßirflidjjteit  falj  es  alfo  mit  bem  Ärebiftoefen  nodf)  oiel 
f dfjlimmer  aus,  als  man  bei  blofeer  Setradjjtung  ber  offiziellen  $er= 
^anblungen  unb  ©efefce  anjuneljmen  oeranla&t  ift.  SBäljrenb  ftd&  Ijier 
baS  Db  unb  SBieroeit  immer  nur  um  bie  ßapitalffunbungen 
unb  3inSnadf)läffe  breite,  erf feinen  in  ber  raupen  Suft  ber 
2ßir!lid&fett  bie  3inSüerpffid£)tungen  beinahe  als  Sagateil,  bie  Kapital* 
ftunbungen  als  ©egenftanb  jmeiter  Drbnung:  baS  ©treben  unb 
SBiberftreben l,  bie  ©inigung  unb  Erbitterung 2  galten  ber  §ra8e  &er 
Sortbauer  ber  Äapttalfdfjulben,  es  Ijanbelte  ftdf)  um  beren 
©ein  ober  SBenigerfeiu,  um  ©ein  ober  iftidfjtfem  eines  großenteils 
be«  gläubigertfd&en  ©runboermögenS,  um  SBerminberung  ber  auf  bie 

1  G$mib,  Äommentar  jur  Serorbnunfl  vorn  20.  3uni  1650,  p.  5:  „Quam- 
viö  saepius  factum  esse  meminimus,  ut  miseri  debitores  a  creditoribus 
suis  non  tantum  remissionem  ex  annuis  pensionibus,  sed  etiam  ex  ipsa 
sorte  principali  peterent  et  obtinerent,  quod  magis  Christanae  pietatrquam 
iustitiae  legibus  consonum  fuit." 

B  SBgf.  aud)  ben  9ln^ang  I  abßebrudften  Sd&utbbrief:  „Sin  welchem  .  .  . 
mic&  . . .  ni$t  föüfcen,  formen  ober  bereifen  foH  fein  geifttic^ed  nod)  tüettlicfieö 
Wettet,  dtety,  Statut,  @en>ol)nf>eit,  ®nabe,  Srei^eit,  «erbot,  ©ebot,  fein  er* 
langtet  9lec$t,  Schauer,  ^agel  ober  anberer  unoerfeljener  3ufaü,  feine  (Sjaeption, 
wie  bie  immer  genennt." 


—     325    — 

f  ($utbmrifd)en  Sßirtfd&aften  brüdf  enben,  toie  ein  SBurm  um  fid&  freffenben 

Äapitatüerpflidfjtungen.    pflaumet  fpottet  über  bie  ©dfjulbner,  welche 

glauben,  man  merbe  butdjj  ben  Ärieg  oon  ben  ©dfjulben  erlöft  roie 

bur<$  bie  £aufe  uon  ben  ©ünben,  meldte  auf  ben  SRetdfjStag  märten 

unb  ttjre  Hoffnung  fefeen  mie  auf  einen  SWefftaS  (Colloquium  p.  46). 

555er    5Eraum  ber  ©dfjulbner  mar  alfo  allgemeine  33ernid£)tung  ber 

©Bulben,   mar  ©eifad&t^ie,    aber   bie  9Wad()t  beS  bemeglidfjen 

Kapitals,  bie  Überzeugung  von  ber  2Bi<$tigfeit  be3  ÄrebttS  mar  fdfjon 

grofc  genug,  um  biefen  Xraum  nidfjt  jur  ernftljaf  ten  gorberung,  ge= 

fdjnmge  benn  jur  SEBirfltc^fcit  merben  ju   laffen,  um  ben  3ted(jtös 

beftanb  ber  ßa:pitalt>erpflid(jtungen  cor  ber  Annullierung  ju  bemafjren. 

§  19. 

SReben  bem  Äriege  maren  bie  ©lementarereigniffe  ber 
bebeutenbfie  Anlafe  jur  SBerfd^ulbung.  SefonberS,  fomeit  fie  2Rifc 
ernten  oerurfadfjten.  2Wifternten  riefen  nämlidfj  3Rangel  am 
tuidfjttgften  UnterfcaltSmittel,  ben  Sobenfrüd&ten, 
Ijeroor.  Stamentlidf)  mar  biefeä  bei  ben  Säuern  ber  $att,  meil  fte 
bie  Sobenf  rfid&te ,  oon  benen  fie  lebten,  felbft  probujierten.  S)ie 
33obenfrfid&te  Jörnen  aber  für  ben  Sauer  nidfjt  nur  ate  SebenSmittel 
in  Setrad&t,  fonbern  audjj  als  baS  Ijauptfädjjlid&fte  SßrobufttonSs 
mittel  (©aatfrudfjt).  @ine  -Kifeemte  unb  Ujre  golge,  bie 
Neuerung  ber  Sobenf  rüd(jte ,  fonnte  alfo  leidet  jum  Anlafe  für 
bie  Sauern  merben,  tyren  Ärebit  möglidEjft  anjufpannen,  um  bie 
notmenbigen  Sobenfrüd&te  ober  ©elb  ju  i&rer  Sefd&affung  ju  er* 
langen  unb  ba$  äufcerfte,  bie  JQungerSnot,  oon  ftdj)  abjumenben 
ober,  menn  fte  bennodjj  eintrat,  ju  milbern. 

SBie  bie  ÄriegSnot,  fo  gaben  audfj  bie  SWifeernten  bem  ©taate 
iBeranlaffung,  fid&  mit  bem  ©d^ulbenroefen  ber  Sauern  ju  be* 
fdjjäftigen.  Aber  mäljrenb  e$  fidj)  bort  für  itjn  barum  Ijanbelte,  bie 
Serfdfjulbung  }u  linbern,  mar  e3  §ier  ber  3W a n g e l  an  Ärebtt, 
ber  bie  Slufmerffamfeit  beä  ©taateS  auf  pdf)  teufte.  3)er  Staat  fa& 
f\ä)  oor  bie  Aufgabe  geftettt,  ben  Sauern  ben  nötigen  Ärebit  ju 
t>erf$affen  ober  felbft  ju  gemäßen.  3Me  betreffenben  3Raf$regeln 
gehören  jum  ©ebiete  ber  Xeuerungäpotitif  ober  SeuerungS* 
polijei,  ftnb  aber  oon  ber  jiemltdü  reiben  älteren  unb  neueren 
fiiteratur  über  biefen  ©egenfianb  im  allgemeinen  bisher  auffaQenb 
wenig  beamtet  morben. 


—    326    — 

gür  bie  SRöglid&feit,  bei  Neuerung  ba£  notwenbtge  ©etreibe 
ju  erlangen,  war  jundd&fl  bie  Etrganifation  beS  ©etreibe* 
mar!te$  ma&gebenb.  6.  223  Ijaben  wir  hierüber  einiget  gebraut. 
Sßffl&renb  toir  aber  bort  Don  ben  Säuern  als  ©etreibeoerfäufern 
ausgingen,  müjfen  wir  fyier  bie  Säuern  als  ©etretbefonfumenten, 
als  £eil  ber  Stod&frage  tnS  3tuge  faffen. 

3>aS  wenig  oorleil^afte  SSilb,  baS  toir  a.  a.  0.  oon  ber  Organa 
fation  beS  ©etreibeabfafceS  enttoorfen  traben,  wirb  baburdfj  gemilbert, 
bafe  ntd&t  nur  baS  iQanbelSintereffe  ber  Bürger  unb  ber  ©roggrunb; 
befifter ,  fonbem  au$  baS  SBerforgungSintereffe  ber  33er* 
brauner  oon  ber  ©efefcgebung  gefdjjfifct  war.  3Ber  „jur  Unter* 
Haltung  feine«  £auSl>abenS  unb  33efäung  feiner  ©rflnbe"1  ©etreibe 
nötig  ^atte,  war  nid&t  auf  bie  ftäbtifd&en  ©d&rannen  befd&ränft,  fonbem 
burfte  audj)  „an  ben  igfiufern  ber  ^robujenten"  ftd&  bie  Stotburft 
oerfdfjaffen  (<ßol.  D.  161Ö,  8u<$  II  Sit.  2  2lrt.  2).  »uf  ber  <5d>ranne 
Ratten  bie  Äonfumenten  fogar  ein  SorfaufSred&t  oor  ben  &änblern2. 
SBenn  „arme  Seute  im  Sanbe  beS  ©etreibe«  mefcenweife  notbflrftig" 
waren,  fo  war  jeber  SSeftfcer  oon  ©etreibe  oerpfKdjjtet,  i&nen  ©etreibe 
faufweife  abjugeben  (2trt.  3). 

®ie  ÄuSlänber  waren  ben  Snlänbem  in  ber  SBerforgung 
mit  ©etreibe  im  allgemeinen  gleid&geftellt8.  3ebod&  bejog  fidfj  bie« 
nur  auf  ben  ©dfjrannenoerfetjr,  ber  oben  erwähnten  SBergünfiigung 
beS  2lrt.  2  waren  nur  Qnlänber  teilhaftig,  gerner  Ratten  bie  in= 
länbifd&en  33äcfer  —  wafjrfd&einlidjj,  weil  fie  bei  Hungersnöten  nid&t 
nur  „bilblicty"  als  Sßrflgelfnaben  ju  bienen  pflegten  —  bie  SefugniS, 
bie  oon  SfaSlänbern  auf  ber  ©djranne  gemachten  Jtaufe  auf  eigene 
9tedf)nung  ju  übernehmen  (@infianbSred&t,  2lrt.  9). 

2)iefe  Orbnung  beS  ©etretbeoerfeljrS  erlitt  natürlich  er^eblidfje 
aWobififationen ,  wenn  eine  Neuerung  ober  gar  eine  ftungerS* 
not  beoorftanb  ober  Ijereinbradfj.  2)a  würben  alle  bie  bekannten 
Hausmittel  ber  SeuerungSpolitif  herbeigeholt4.  SBor  allem  würbe 
ber  ©etreibeoerfefjr  im  Qnlanb  häufig  weiter  befd&ränft,  als  in  ber 
Sßol.D.  oorgefetjen  war,  inbem  j.  33.  ber  Sluffauf  bti  ben  Käufern 
ausnahmslos   unterfagt,    alles    ju    oerfaufenbe   ©etreibe    an  bie 

1  Säcfer  unb  SBirte:  „§ur  @r§altung  t$rer  SBirtföaft  unb  i$re*  $anb* 
werfe"  (ogl.  oben  ©.  223). 

2  2)aö  ©etveibe  burfte  nur  bann  „uerfüfjrt*  werben,  »wenn  onbere  tyre 
SRotburft  juDor  eingefauft  unb  ©etreibe  übrig  Mei6t"  (%xt  4). 

8  SMee  erflärt  fic§  roo!)l  barauä,  bafj  Sapern  ©etreibeegportlanb  war  (f.  u.). 
4  2>ad  golgenbe  na$  grenberg  II  85  ff. 


—    327     — 

©djrannen  geroiefen  rourbe.  3Kitunter  rourben  $Prei$ta£en  aon 
bcn  33e!)örben  feftgefefct,  meldte  Söiaferegel  aber  natürlich  burd&au$ 
xxicfyt  geeignet  war,  bie  Vorräte  a\\%  iljren  ©dj  lupf  romfein  fjeroor* 
julodfen1. 

33efonber3  aber  bie2lu3ful)r  von  ©etreibe  nadj  bem  2lu8* 
lanb  rourbe  in  3e^en  ^er  Neuerung  befdfjränft. 

Sägern  roar  im  allgemeinen  mel)r  ©etreibeauSfutjr*  rote 
Ginfuljrlanb3.  2lu3ful)rarti?el  roirb  namentlidfj  ba$  ©ült=, 
©ienfi*  unb  3e^fentöe*re^e  9*roefen  fein,  als  Exporteure  tyaben  mir 
unä  alfo  bie  großen  ©runb-  unb  3c$*nt$erren  Oßrälaten,  Stbelige, 
Seamte,  Pfarrer),  BefonberS  bie  an  ben  SanbeSgren  jen ,  ju  benfen. 
Slbfafcroege  roaren  Ijauptfädfjlidf)  bie  großen  SBafferftrafcen  3)onau 
unb  3>nn,  meldte  bamalS  fdfjiffreidfjer  roaren  roie  im  3ei*a^er  &« 
eifenba^nen.  SDer  ©etreibefjanbel  felbft  fdfjeint  übrigens,  rote  au$ 
t>erf$iebenen  2lnjeidfjen  ^eroorgetjt,  in  bem  oon  un£  beljanbelten 
3eitraum  immer  me^r  in  bie  igänbe  ber  äfaslänber  übergegangen 
ju  fein. 

2)a3  geroö^nlidfje8  9ßittel,  baS  inlänbifdfje  ©etreibe  t>om  SfoS* 
lanb  fern  ju  galten,  bilben  befanntlidfj  bie  ©etreibefperren, 
fei  e3  in  einjelnen  grud&tgattungen ,  fei  e$  allgemein.  SWitunter 
genügte  ein  bloßem  Sfajieljen  ber  greife,  ba$  SKifttrauen  rege  ju 
matten  unb  eine  ©etreibefperre  ^eroorjurufen.  5Bon  1692  an 
roedfjfelten  bie  Sperren  unb  beren  Suftjebung  beinahe  rote  bie 
fd&ledjjten  unb  bie  guten  Safjre.  2)a  aber  bie  SBefjörben  unb  fogar 
bie  jur  Überroad&ung  be3  ©etreibeoerfe^rS  1692  etngefefcte  (1695 
roieber  abgefd&affte)  „©etreibebeputation"  „Sßafeporten",  b.  !).  Segiti* 
mationen  jum  Sluffauf  unb  jur  3lu3ful)r  eines  beftimmten  Quantums, 
häufig  gegen  ©ebü^r,  aufteilten,  fo  roaren  bie  ©etreibefperren  nid&t 


1  ,3Uö  aber  [1692]  faum  Mannt  geworben  roar,  bafj  man  bod  ©etreibe 
buret  ein  ©eneralbefret  auf  einen  geroiffen  $rei3  gefegt  Ijabe,  fe^rte  bie  auä« 
Ianbif$e  3uful)r,  befonberä  au«  ööljmen,  tooijer  bad  meifte  §u  hoffen  geroefen, 
unterwegs  roieber  um"  *greoberg  II  92). 

*  Sgl.  bie  6.  217  gitterte  Äußerung  ber  Stänbe  auf  bem  fianbtage  von 
1612:  „$ao  betreibe,  6alj,  $ferbe  unb  Siel)  . .  /.  —  2)ie  Regierung  9urg* 
Raufen  berietet  1694  an  ben  ©crimen  SRat,  bafj  feit  IVa  3aljren  im  $urg- 
Ipufener  JRegierungSbejtr!  32000  ©a)effet  ©etreibe  aufcer  8anbeS  geführt  roorben 
feien  (ftrenberg  II  95> 

8  Reglementierung  1714  (ftreoberg  II  99):  S)ie  auelänbifa)en  Käufer  ftnb 
mit  ü)ren  $äffcn  an  bie  Regierung  gu  roeifen,  roelaje  benfelben  bie  Orte,  roo  fte 
taufen  bürfen,  anroeifen  unb  bie  Quantität  be*  au  laufenben  ©etreibed  be- 
ftimmen  roirb. 


—    328    — 

immer  roirffam.  Übrigens  fehlte  e*  audfr  bamat*  fdjjon  nidfjt  an 
Stimmen  /  bie  auf  bie  Sd&attenfeite  ber  Sperren,  Verringerung  ber 
©rwerb*gelegen!jeit  ber  fianbroirte,  {finmiefen.  Sie  £anbfd>aft  be= 
richtet  169(5  an  ben  geheimen  SRat:  ©ine  länger  anbauernbe  Sperre 
märe  fd>äb(i$  fär  ba*  Sanb;  burdj  fte  (eibe  &anbel  unb  SBanbel. 
3Ran  verlange  oon  bem  SSauer,  unb  jmar  oorjug*roeife  von  ifym, 
Steuern  unb  abgaben,  unb  fottte  tym  ba^er  audjj  auf  alle  tunlidje 
SBetfe  bie  SBege  öffnen,  um  jum  ©elbe  ju  gelangen.  .  .  .  2Ba*  auf 
einer  Seite  an  ©etreibe  l)inau*gef)e,  roerbe  auf  ber  anberen  Seite 
au*  Üänbern,  in  melden  genug  geroadjfen  fei,  mie  au*  Sd&roaben, 
SReuburg  unb  ©id^ftäbt,  roenigfien*  jum  £eil  mieber  hereingeben 
(gre^berg  II  9(5).  25ie  Sauern  waren  natfirlidfj  mieber  nur  33or= 
fpann.  2)ie  Sefeitigung  ber  Sperren  tag  ljauptfädj>Ud>  im  Sntereffe 
ber  Stäube,  roeil  nur  biefe  in  ber  Sage  roaren,  ben  SSorteil  au*= 
junfifcen. 

Un$  intereffiert  ^ier  aber  nur  bie  Frage,  roa*  ber  Btaat  in 
Xeuerung*jeiten  unternahm,  um  armen  Sanbuntertanen  ba* 
ju  ityrem  Unterhalt  nötige  Speifegetreibe  unb  ba* 
jur  Fortführung  t ^ r e r  tüirtf d^af tltd^ en  @£iftenj  utt- 
entbe^rlid^e  Saatgut  ju  verfd&affen. 

Unfer  SKaterial  bilben  an*fd(jliefelid&  bie  betreffenben  ftaatlidfjen 
SJerorbnungen.  2Bir  fönneu  un*  mit  ifjnen  auä)  ganj  gut  be- 
gnügen, metl  fte,  mie  bie  meiften  SBerorbnungen  au*  biefer  3«t/  ntd&t 
nur  fagen,  ma*  getan  merben  fott,  fonbern  audjj,  marum  e*  getan 
werben  foH,  ja  häufig  fogar  über  bie  SBirtung  ber  vorhergegangenen 
9Waf$regeln  fidf)  au*fpredjen. 

3)ie  erfte  ftaatlid&e  §Uf*aftion  (im  17.  3at)rt)unbert),  von  ber 
unfer  3Haterial  Rubelt,  fanb  1014  ftatt.  211*  im  grüljling  biefe* 
3af)re*  bie  Sffiinterfaat  verbarb,  mürben  be*  befürd&teten  ©etreibe- 
mangel*  megen  vom  dürften  ein  „SRat",  ein  „fteHermeifter"  unb  ein 
„2luffd()lageumel)mer"  jum  ©etreibeeinfauf  nadj  Öfterreid^  ab= 
georbnet.  Die  ©efamtfoften  ber  2lftton  betrugen  61436  fl.,  tvovon 
ungefähr  bie  iQälfte  ba*  ffirftlidfie  3^Iamt,  bie  anbere  £älfte  bie 
Sanbfdjaft  traf.  @rlöft  mürben  von  bem  au*  Cfterretdj  herein* 
gebrauten  unb  im  Sanbe  verteilten  ©etreibe  62  754  fl.,  fo  bafe  ein 
©eminn  von  1318  fl.  verblieb1.  2)a*  Unternehmen  mar  alfo  fe^r 
gut  gelungen.    Unter  melden  Sebingungen  ba*  ©etreibe  abgegeben 


ftregberfl  II  85. 


—     329     - 

würbe,  ob  ber  gürfl  nur  feine  UrbarSleute  berüdfjxdfjtigte  ober  audjj 
bie  anberen  SanbeSuntertanen,  tote  unb  in  toeldjjen  Stammen  bie 
©eiber  eingingen,  baS  ge!jt  aus  unferem  9Raterial  nid&t  Ijeroor. 
3)ie  ©runb*  unb  Sßfarrtjerren  mürben  bei  ©träfe  aufgeforbert, 
©  amengetreibe  oorjuf gießen,  ju  billigen  greifen,  ober 
bares  ©elb1. 

SDaS  3a^r  1627  bietet  uns  ©elegenljeit,  bie  furfürftlid&e 
Sßoltttf  eingeljenber  ju  betrauten.  SllS  Material  bient  uns  ein 
©dfjretben  ber  Regierung  SanbSljut  an  bie  Pflege  ©rbing  oom 
24.  2Kat  1627,  oon  bem  ftd&  eine  äbfdjrift  in  ber  3Künd(jener 
©taattbibiiot&ef  befinbet2.  SDaS  ©d&riftftücf,  bog  audfj  an  bie 
anberen  SßflegegeridEjte  ergangen  fein  toirb,  befagt: 

©em  Äurfürften  feien  oon  unterfd&iebltdfjen  Orten  Ätagen  ju= 

gegangen,  bafc  bei  btn  gemeinen  SanbeSuntertanen  ein  fold^cr  ©e= 

treibemangel  unb  ein  fold^cö  (SIenb  fjerrfd&e,  bafe  eS  iljnen  unmögltdfj 

fei,  fid&  unb  bie  3$rigen  big  jur  näd&ften  @rnte  Jjinjubringen  unb 

ju  erhalten.    2)er  gfirfi  fydbt  ba^er  nidfjt  nur  aus  feinen  im  Sanbe 

Dor^anbenen  Äafien  fotoofjl  ben  eigenen  Äaftenuntertanen  als  aud& 

ben  ©runbuntertanen  anberer  ©runbljerrfdfjaften  bereits  eine  „merf* 

lidfje  Unjal)!"  allerlei  ©etreibeS  abgeben,  fonbern  audfj  aus  Söfterreidfj 

unb  Summen  ein  merflidfjeS  Duantum  er^anbeln,  mit  Unfoflen  unb 

©efaljr  ins  Sanb   bringen  unb  nunmehr  faft   alles   unter   bie 

Untertanen  austeilen  laffen.    3)ieS  fei  nun  allerbingS  jur 

Steuerung  ber  aller  Orten  oor^anbenen  SRot  mdf)t  erMedflid^,  aber 

ber  gürft  fönne  aus  Sßangel  an  weiterem  ©etreibe  nidjjt  mef>r  tun. 

6r  oerne^me  aber  nid&t  ofjne  -äRifefatten,  bafj  me^rerenteilS  bie  Sanb* 

ftänbe  unb  ©runbfjerren  tyxtn  Untertanen  trofc  beren  oielfältigen 

2lnfu<J>enS  unb   tjödfjften  Älagen  in  biefer  Hungersnot  roeber  mit 

©etreibe,  nodjj  mit  ©elb,  nodfj   in  anbertoeg  einige  &ilfe  leiften, 

fonbern  fie  faft  ftetS  mit  leeren  iQänben  ^eimge^en  laffen,  obwohl 

fie  auS  33lttigfeit  unb  df)rift(idE)er  Siebe  fd&ulbig  mären,  ft$  tynen 

tyilfreidfj  ju  ertoeifen.    3)ie  Saubftänbe  unb  ©runbtjerrfdfjaften  feien 

ju   ermahnen,  bafe  fie  mit  itjren  ©runbuntertanen  ein  c&riftlidfjeS 

SJHtletb  &aben  unb,   toenn  im  33eftfc  oon  ©etreibe,  i&nen  bei  fo 

großem  ßlenb  bis  jur  grnte  bamit  aushelfen,  bei  (Ermangelung 

oon  ©etreibe  aber  mit  SBorlei&ung  baren  ©elbeS  ober  burd) 

Sürgfd^aftSleiftung  unter  bie  arme  greifen  foEen,  bamit  fie 


1  Sreijberg  II  85. 
*  Älödel  38  XV. 


—    330    — 

bie  nötige  ©peife  erljanbeln  unb  bie  ©rnte  oljne  grofeeä  £unger= 
leiben  erwarten  tonnen,  ©erbe  bie  9ßal)mmg  nidjt  beachtet,  fo 
Ijabe  ber  ^flegoenoalter  }u  berieten  unb  bie  SBiberfpenftigen  nam- 
haft ju  machen. 

SDafe  bie  f d&limmen  Qaljre  1646—1649  $ilfgaftionen  not« 
wenbig  matten,  ifi  flar.  1646  erhielten  bie  Stentmetfter  Sefeljl, 
für  bie  jugrunbe  gerichteten  Untertanen  ©amengetreibe  ju  erfjanbeln. 
1647  würben  bie  burd)  ben  Ärieg  in£  Glenb  gefommenen  Unter- 
tanen  au$  ben  fürfllid^cn  haften  mit  ©peife-  unb  ©amgetreibe  Der- 
fe&en.  1649  nmrbe  ein  2lnle§en  aufgenommen,  um  wegen  ber  ein- 
getretenen  ©eudjjen  unb  brofyenben  $unger3not  ©etreibe  Ijerbei- 
jufd&affen1. 

SDen  fcö^epunft  tyrer  SluSbtlbung  erreichte  bie  Sßolxtil  ber  die- 
gierung  auf  bem  und  J)ier  befd&äftigenben  ©ebiete  mit  bem  (ge* 
brudten)  2)efrete  nom  21.  2ßärjl662.  @3  fyat  bei  ben  fpfiteren 
ctynlidjjen  Sßafjnatjmen  be$  Staate«  als  ©runblage  unb  dufter  gebient. 

SDurdjj  bie  fcagelfdjjläge  —  fagt  ba$  SJefret  —  foroie  burdfc  bie 
$>ürre  unb  „SKiferätigfeü"  beS  SaljreS  1661  feien  Diele  SanbeS* 
Untertanen  in  foldfie  9tot  unb  2lrmut  gefommen,  bafc  fie  ntd&t  nur 
bie  beoorfteljenbe  ©ommerfaat  anzubauen  unterlaffen  müftten,  fonbem 
fogar  an  ©peife  unb  SebenSmitteln  Mangel  litten,  ©d&on  nerlaute, 
bafe  Diele  Untertanen  au«  bem  ßanbe  laufen,  Diele  Untertanen  au« 
JQunger  jur  (Spaltung  be$  Seben«  unnatürliche  ©ad&en  genießen. 
Daraus  fönnten  „aUer^anb  böfe  Sudeten  entfielen,  unb  u>ot)l  enblidj 
gar  eine  Äontagton",  ferner  feien  gröbigung  unb  SBenoüfhmg  ber 
©üter,  ©dfjn>äd(jung  ber  9Wannfdj>aften  unb  Diele  anbere  Ungelegen« 
Reiten  ju  beforgen.  SDer  gürft  tyabt  bereit«  angeorbnet,  ba&  ben 
Äaftenuntertanen  „auf  fünftige  mögliche  Sßteber* 
erftattung  mit  ©peife*  unb  © aat getreibe  na<$  ÜRöglidfjfeit 
unter  bie  2lrme  gegriffen  unb  geholfen  werbe",  unb  toer  beffen  teil* 
fjaftig  werben  motte,  möge  fid&  beim  juftänbtgeu  itaftenamt  melben. 
SDiefe  SBorfe^rung  genüge  aber  nidfjt  jur  S3etyebung  beS  Übels.  SSiel* 
mefjr  müßten  aud[j  bie  anberen  ©runb*  unb  ißofmardfjljerr* 
fd^aften  iljren  3in$5  unb  ©ültleuten  unb  Untertanen  in  gleid&er 
SBeife  mit  ©peife*  unb  ©amengetreibe  beifpringen;  benn  eS  fei 
billig,  bafe  fie,  „gleid&roie  fie  baS  Sfjrige  Dan  i^ren  Unter* 
tanen  empfangen,  alfo  aud&  benfelben  im  gälte  ber 
■Kot  © ilf c  leiften";  audjj  muffe  einem  jeben  ©runb*  unb  &of* 


1  gregberg  II  89r  235,  I  106. 


—    331     — 

rnatd^errn  felbft  am  meiften  boran  gelegen  fein,  bafc  feine  Unter- 
tanen am  Seben  unb  bei  i^ren  ©ätern  erhalten  würben.  3)en  £of* 
mardjs*  unb  ©runbtyerrfdfjaften  wirb  baljer  befohlen,  i^ren  notleibenben 
Untertanen,  fooiel  ibnen  ju  tun  möglidEj,  mit  ©peife-  unb  ©am* 
getreibe  ju  Reifen.  2lber  au<#  an  bie  anberen  Seute,  „bie  fotd^c^ 
tun  fönnten  unb  vermögen",  rietet  ber  Äurfürfi  einen  2lppett,  tyrer 
d£)rtfilidfjen  ©dfjulbigfett  gemäfe  tljre  SRebenmenfcljen  in  biefer  3lot 
ntcfji  ju  oerlajfen,  fonbern  einanber  treutidj  bei juf pringen ,  „baju 
männiglid&  aus  d^riftltd^er  Siebe  um  fo  oiel  me!)r  gehalten,  weil 
gleidjwotjl  no<§  jur  3*ü  am  ©etreibe  im  Sanbe  fein  Mangel,  fonbern 
beu  armen  Seuten,  nad&  ber  fo  lange  Qfafjre  auSgefianbenen  ßrieg^ 
ruin  unb  fnadf)]  anberen  UnglüdföfäDen ,  allein  ba3  ©elb  unb  bie 
SKittel,  felbtgeS  ju  ertjanbeln  unb  an  ftd^  ju  bringen,  abgeben". 
3n)ar  fei  „ba3  Ärebit  §in  unb  wieber  bergefialt  ge* 
fallen,  ba§  feiner  bem  anberen  trauen  ober  auf  33org 
etwa  3  geben  will".  Slber  audfj  biefem  Sebenfen  fönne  ab- 
geholfen werben.  Stamit  nämlid|j  biejenigen,  fo  bie  SKittel  tyaben, 
wenn  fie  ntd&t  ju  vermögen  feien,  au3  Sarm^erjigfeit  iljren  -Heben* 
tnenfdfjen  beijufpringen ,  memgftenS  mit  9ificffid&t  auf  bie  „fünftige 
unfehlbare  SBiebererftattung  baju  bewogen  mürben,  fo  werbe  oer* 
orbnet,  bafc  äße  bie,  fo  ben  armen  bebrangten  unb  notleibenben 
Untertanen  entweber  mit  ©peife-  ober  ©amgetreibe  ober  jur  @r* 
faufung  beSfelben  mit  ©elb  an  bie  Jganb  gelten,  ntd&t  nur  bie  gant* 
orbnungSmäfeige  fiittfd^weigenbe  ißtjpot&ef  nebfl  SBorjugSredjjt  (an 
werter  ©teile)  wegen  be3  ©amgetreibeS  an  ben  grüßten  beSfelben 
3al)re3,  fonbern  audf)  wegen  beS  jur  SebenSnotburft  unb  jum  Unter* 
Ijalt  hergegebenen  ©etreibeS  ober  anberer  -Jto&rungSmittel,  ober  wegen 
be3  ju  biefem  3roe<f e  Ijergelieljenen  ©elbeS  eine  ©eneral^tjpot^ef 
nebfl  SBorjugSredjt  „t>or  allen  anberen,  uerpfanbeten 
unb  unoerpfänbeten  ©Bulben,  wie  bie  immer  priotle* 
giert  fein"  mögen1,  an  ben  ©ütern  be8  ©d&ulbnerS  !)aben 
foHen.  2)a  ^ierburdf)  —  fo  fdjjlie&t  ba3  3)efret  —  ein  jeber  „feiner 
39etyilfe  falber  genugfame  ©idfjertjett"  erlange,  fo  befiele  umfoweniger 
Urfad&e,  in  biefer  „©Etraorbinarinot"  bie  &anb  oon  ben  armen 
Seuten  abjujteljen. 

SMe  näd&fte  (Gelegenheit  für  bie  Regierung,  tyre  Stftigfeit  in  ber 
befd&tiebenen  Stiftung  fortjufefcen,  bot  ba$  3a!)r  1676.    2)a$  oer= 


1  2Ufo  au<$  oor  ben  auöbrüdtlidjen  Sor^pot^elen ,  mit  anberen  ©orten: 
ba$  Sorjugere^t  war  ein  abfolute*  (og(.  ©.  104). 


—    332    — 

gangene  Qa^r  1675  Ijatte  triel  Stegen  unb,  im  3ufamitten&an9 
bamit,  eine  9Rifsernte  gebraut.  @3  würbe  ba&er  ein  SDefret  erlaffen 
(4.  gebruar  1076),  ba£  mit  geringen  Slbweidjjungen  benfelben 
SBortlaut  Ijat  wie  baS  heftet  oom  21.  3Wär}  1662.  2)a8  »egleit* 
^reiben,  mit  bem  btefe«  heftet  vom  $ofrat  bem  ©erid&t  §aag 
$inau3gefdf)loffen  nmrbe,  ebenfalls  oom  4.  gebruar  1676 1,  fd&ärft 
nodf)  befonberS  ein,  flei&ig  Dbadjjt  }u  geben,  ob  bie  ©runbljerrfd&aften 
baS  2>efret  befolgen,  unb  wibrigenfafltö  „oljne  SRefpeft"  bem  Jöofrat 
ju  berieten,  bamit  gegen  berg(eid>en  barte  ©runb^errfd&aften  ex 
officio  oorgegangen  werben  föune.  Sefonber*  intereffant  ift  bie  $e- 
merfung  beSfelben  ©d(jreiben$,  bo  im  Qa^re  1662  „oielen  Untertanen 
oon  bem  ©elboorrat,  fo  bei  Äird&en,  Sruberfd&aften,  ©pitälern  unb 
anberen  milben  Stiftungen  bor^anben  gewefen,  jur  (Srfaufung  von 
©peife=  unb  ©amengetreibe  auf  fünftige  Sßieberbejafjlung  aufr 
geholfen  worben"  fei,  fo  fei  biefeS  Mittel  audfj  betmalen,  weil  bie 
9Jot  nid^t  geringer,  ju  ergreifen,  „jumalen  oon  fidfj  felbft  billig, 
bafe  ben  armen  fieuten,  fo  ba$  3^r ige  bei  guten  3*i*en 
in  bie  Äird&enftödfe  unb  ju  milben  Stiftungen  bc t - 
getragen,  im  galle  ber  91oi  oon  benfelben,  wenn  fie  e3 
Ijabeu,  wieber  oerljolfen  unb  ffierburdj)  erfpriegtid^  unter  bie 
Sirme  gegriffen  werbe". 

3Me  SBerorbnung  oon  1662  fd&eint  bemna$  nid&t  ganj  erfolglos 
gewefen  ju  fein.  2lber  audjj  bie  iQUfSaftion  oon  1676  oerlief  nid)t 
ganj  ofjne  ©rgebmS,  wenigfieng  fonftatiert  ein  weiteres  SDefret  Dorn 
gleiten  3a$re  (24.  3uli),  bajs  ben  furfttrftlidfjen  Äaftenuntertanen 
mit  ©peife*  unb  ©amgetreibe,  fooiel  es  bei  einem  ober  anberem  ber 
Äaftenfimter  Ijabe  gefdfjetyen  fönnen,  geholfen  worben  fei,  „weldfjeS 
fonber  3roetfel  au#  anbere  ©runb*  unb  &ofmar<ijt)errfd(jaften  werben 
getan  unb  i^ren  3^3*  un^  ©ültleuten  nidfjt  weniger  fjilflid&e  £anb 
erwiefen  l)aben",  in  ber  Hoffnung,  bafc  bie  @rnte  1676  baS  übrige 
tun  werbe.  £)a$  fei  nun  atterbingä  nid&t  gan }  eingetroffen ;  otelmeijr 
Ratten  in  oerfdfjtebenen  ©eridjjtsbejirfen  ber  ^Rentämter  2Httnd&en, 
SanbSljut  unb  33urgf>aufen  jwei  ©d&auerwetter  an  ben  SBinter* 
früdfjten  unb  in  etlid&en  Orten  audjj  an  ben  ©ommerfrüdfjten  nid&t 
geringen  ©dEjaben  angerichtet,  woburdjj  oiele  aufs  neue  in  große 
2lrmut  oerfefct  worben.    Um  nun  biefe  im  Sanbe  unb  bei  ben  ©ütern 

1  <Siaats&iMioi$e!  3Rüna>n,  Hlöcfel  54  XXIX.  —  ® (etilem tenbe  «egleit* 
fdjreiben  ftnb  raa^rfc^einUc^  audj  an  bie  anberen  Sanbgeridjjte  be3  Rentamtes 
3Rün$en  unb  meUei$t  au$  an  bie  Sanbgerta)tr  ber  anberen  Rentämter  I)tnau3* 
gegangen. 


—     333     - 

ju  erhalten,  mirb  baS  SDefret  oom  4.  gebruar  1676  erneuert.  3)ann 
folgt  ber  üblidfje  93efef)l,  bie  ©runb*  unb  $}ofmardf$errf haften,  bie 
„i^re  Untertanen  in  miffentltdEjer  unb  befannter  ÜRot  fteefen  laffen 
unb  bodfj  bie  -Kittel  tyaben",  itjnen  igilfe  ju  leiften,  ju  mahnen  unb 
eüentuett  mit  ber  ©jefution  gegen  fic  ju  oerfa^ren.  -Weit  ifl  bie 
2Baroung,  bie  oom  Surften  beabfidfjtigte  ®abt  an  ©etreibe  unb  ©elb 
„gratis  unb  treulidfj  ju  oerretcfyen  unb  feine  ©igennüfeigfeit  ju  ge* 
brausen"  l. 

3)a&  audf)  bie  SSerorbnung  oom  4.  gebruar  1676  gute  grfidjte 
getragen,  bürfte  fi<$  audf)  barauS  ergeben,  baf$  fie  in  einem  S)efrete 
Dom  2  7.  3Rärj  1692,  welkes  ebenfalls  burdE)  eine  SRifeernte  oer* 
anlaßt  mar,  eine  „Ijeüfame  SBerorbnung"  genannt  mirb.  SMefeS 
3>efret  oon  1692  bietet  übrigens  nidfjt  oiel  neues.  SllS  (Snbjmecf 
nrirb  mieber  angegeben,  bajj  bie  Untertanen  bei  &auS  unb  ißof  er* 
galten  merben.  2)er  bei  ben  Äaftenämtern  oorfjanbene  SBorrat  an 
Öafer  unb  ©erfte  foH,  fomeit  er  nid&t  oon  ben  ©aljamtern  benötigt 
mirb,  ben  in  3?ot  unb  3lrmut  ftedfenben  Äaftenuntertanen  jur  33e= 
fatnung  ber  gelber  „in  einem  orbentlid&en  unb  gegen 
jefcige  tjotje  Ääufe  um  Vs  geringeren  greife  ober  tootjl 
gar  auf  fünftige  SBiebererftattung  in  natura  oon 
feuriger  mit  ©ott  ^offenber  gejung,  bodfj  oljne  weitere 
■Jiadfjporg8  anlefjenSroeife"  abgegeben  merben.  ©benfo  miemit 
bem  ©amengetreibe  foD  eS  audj)  mit  bem  ©peifegetreibe  gehalten 
merben.  SWun  folgt  bie  3lufforberung  an  bie  ©runbtjerrfd&aften,  nadf) 
aWafegabe  ber  eigenen  SJttttel  unb  ber  Untertanen  -Jtot  biefen  bie 
gleite  &ilfe  juteil  merben  ju  laffen,  aus  dj)riftlid&er  Siebe  unb  um 
beS  eigenen  QntereffeS  mitten. 

2)er  Slppett  an  bie  ©runb!)errfdfjaften  fdfjemt  mieber  jiemlid^ 
mirfungSloS  oertjattt  $u  fein.  2BeId)e  33emanbtmS  eS  überhaupt  jum 
Seil  mit  ber  Neuerung  gehabt  1)at,  baS  erfahren  mir  aus  einer  @nt* 
fd&Kefcung  beS  igofrateS  an  baS  2anbgerid&t  SBolfratStjaufen  oom 
15.  SKai  16928.  S)er  igofrat  meint,  baS  ©etreibe  merbe  nur 
barum  oon  £ag  ju  £ag  teuerer,  meü  nid^t  nur  bie  ©etreibe- 
^änbler   unb  Äauberer,  ferner  bie  Säuern   felbft, 


1  SJIojje  ©ölbner  unb  Sagtoerfer,  „fo  ganj  feine  SRaljrung  iahen" ,  finb, 
nenn  fte  ed  wollen,  nadj  »raunau  jum  ©d&anggebäu  anjuroeffen,  wo  iljnen  pro 
Sag  5  fr.  oerabreiebt  werben  foUen. 

1  3).  f).  rooljl  ol)ne  Verlängerung  ber  ©tunbung. 

8  ©aptr.  Generalien ,  Sammlung  ber  StaatSbibliot&e!  SRünc&en.  —  $a3 
SReffripi  ift  n>a§rfc$ einlief  aud)  an  bie  auberen  Amter  ergangen. 


—    334    — 

fonbetn  au$  bie  geifllidjjen  unb  toeltUd&en  ©iänbe  mit 
bem  (Setreibe  an  ftdjj  galten,  ba$  ©enerate  t>om  27.  Sftärj 
1692  unbeachtet  lajfen  unb  toeber  tyre  ©etretbefaften  öffnen,  notf) 
bie  Slotburft  auf  bie  ©Granne  führen.  Der  2anbridf>ter  fotte  alle 
in  feinem  SDiflriftc  ©efftaften  mit  ©etreibeoorrat  Serfeljenen  an  ba3 
ßanbgebot  oom  27.  9Rär§  1692  erinnern.  SBenn  einer  ober  ber 
anbere  aus  unoeranttoortltd&em  ©ei}  nidjt  parieren  motte,  fo  foQe  er 
„ol)ne  SRefpeft"  oorge^en,  oon  3lmt$  wegen  bie  @etreibe  = 
faften  öffnen  unb  baS  ©etreibe  um  billigen  SßreiS  ben 
Siotleibenben  abgeben.  SBibrigenfattS  werbe  er  —  ber  ßanb= 
ridfjter  —  bei  93erfpürung  oon  Äonnioenj  ober  SBorfommen  oon 
Älagen  ber  3lrmen  nad)  2Kündfjen  gittert  unb  jur  SBeranttoortung 
gejogen.  SRamentücIj  Ijabe  er  barauf  ju  feljen,  bafj  bie  ©runbljerr* 
f haften  ifjren  jal)lung$unf ätjigen  Untertanen  jur  SBer^fltung  oon 
$unger$not  baS  notmenbtge  ©peifegetreibe  auf  33org  ober  na<§ 
©eftalt  ber  Dinge  gar  umfonfl  abgeben. 

Seiber  erftredte  ftclj  ber  Jlotftanb  be3  SaljreS  1692  au<$  auf  ba§ 
folgenbe  3>afjr.  3n  eincm  ©^reiben  be3  &ofrate3  an  baä  Sanb* 
geriet  SBolfratStjaufen  oom  18.  äpril  16931  ift  toieber  oon  bem 
fjerrfdjenben  ©etreibemanget,  ben  teueren  3e^en^  &er  Äot  &er  armen, 
oon  bem  fcfyrecflidjen  junger  unb  ben  unnatürlichen  ©peifen,  bie  ju 
feiner  Stillung  genoffen  werben ,  oon  ber  ©ntfiefjung  f ontagiöfer 
Jtranftjeiten  bie  SRebe.  JErofcbem  !)abe  e$  ben  2Infc^ein,  bafe  ein  Seil 
ber  &ofmardjl)errfdjaften  ba£  in  biefer  ©adfje  ergangene  ©enerak 
manbat  [Toa^rf^einli^  ift  baS  2»anbat  oom  15.  2Wai  1692  (f.  o.) 
gemeint]  faft  ganjlidfj  au&er  adfjt  unb  bie  armen  Untertanen  ganj 
^ilfloS  laffen.    3)a3  9Wanbat  oon  1692  toirb  toiebertjolt  eingefdfjärft. 

2)ie  SRaferegeln  be$  SatjreS  1692  fdjjeinen  alfo  feine  grofee 
SBirfung  gehabt  $u  tjaben. 

Sludfj  am  Anfang  be$  18.  3a$rt)unbert$  fanben  jtoei  aufeinanber= 
folgenbe  9Wif$ernten  ftatt,  bie  bie  Regierung  nneber  nötigten,  bie 
gleiten  aJiafjregeln  ju  ergreifen.  2lm  26.  3lpril  1712  mürbe 
nämli<#  ein  35efret  erlaffen,  baS  mit  wenigen,  ganj  nebenfad&lid&en 
2lbroeid&ungen  ebenfo  lautete,  wie  ba$  ber  SBerorbnung  oom  21.  9Kärj 
1662  nad&gebilbete  SJefret  oom  4.  gebruar  1676.  Sludf)  ein  im 
foigenben  Qaljre  (16.  gebruar  1713)  erlaffeneS  ©efret  bewegt 
fidfj  in  benfelben  ©eleifen.  ©3  nimmt  auf  bie  „f<$on  fo  lange  3*ü 
an^altenben  ferneren  ÄriegSfonjunfturen"  unb  auf  bie  jwei  3al;re 


©icf,e  9tote  3  ber  oor^erge^enben  Seite. 


—    335     — 

Ijinburdfj  erfolgte  „SRiferätigfeit"  33ejug,  rooburdfj  bie  Untertanen  in 

fö  grofee  9?ot  unb  Sirmut  geraten  feien,  bafe  tbnen  ba3  ©petfe* 

betreibe  mangele  unb  ba$  ©amengetreibe  für  bie  ©ommerfaat,  unb 

bafc  jte  aud&  nid&t  imftanbe  feien,  ba3  nötige  ©etreibe  um  bar  ©elb 

fceijufdjaffen.    SDer  SanbeSfürft   Ijabe  bafjer   bejfiglid[j    ber  Äaften* 

Untertanen  biefelben  Slnorbnungen  getroffen,  roie  in  ben  ^aljren 

1(370  unb  1692.    ©r  fjoffe,  baft  aud)  bie  ü6rigen  geifttid^cn  unb 

n>eltüdjen  ©runb*  unb  &ofmard!Jf)errf<ijaften  ifjren  mitteltofen  ©tift~ 

unb  ©filtleuten  mit  ©peife*  unb  namentlich  aud£)  mit  ©aatgetreibe 

ober  ju  beffen  ©rfaufung  mit  ©elb  nad)  3Röglid(jfeit  beifprängen  ufro. 

SEBibrigenfaltö  Dffxjiafoerfatjren.    2lu<$  ber  SßajfuS  be£  35efrete3  oom 

21.  3ßärj  1662  über  ba$  2)arnieberliegen  be3  ÄrebitS  toirb  mieber* 

J^olt  unb  bie  bort  oerfünbete  3lu3bet)mmg  be$  Privilegium  prae- 

lationis  beftötigt. 

SBenn  mir  bie  in  biefen  SBerorbnungen  ufro.  jutage  tretenbe 
^Jolitif  einer  jufammenfaffenben  33etradf)tung  unterjiefjen, 
fo  ergibt  ftd&,  bafc  ber  ©taat  bemüht  ift,  ben  burdjj  @lementarfd|jäben 
(aßifnoad&a,  ^Regenwetter,  Jeagelfd&auer,  2)ürre  ufm.)  in  Slot  ge- 
fommenen  unb  be3  ©amen*  unb  ©peifegetreibeS  entbefjrenben  Unter* 
tanen  mit  ©etreibe  aushelfen.  3unädf)ft  oerroenbete  er  baju  ben 
in  feinen  eigenen  Saften  oorfjanbenen  ©etreibeoorrat.  @in  großer 
Teil  ber  Bauerngüter  ftanb  unter  ber  ©runb^errfdfjaft  be£  ©taate$ 
(Äajienuntertanen,  UrbarSuntertanen) ;  ba3  oon  tynen  ju  liefernbe 
SHenfigetreibe  mürbe,  fomeit  e$  ntdfjt  unmittelbar  bem  33erbraudf)e 
jugefü^rt  mürbe,  in  ben  fürftlidfjen  ©etreibefaften  auf» 
gefpeidj>ert.  ©omeit  baS  Äajtengetreibe  nidfjt  au$reid&te  unb  bie 
nötigen  -Büttel  jum  Slnfauf  oorljanben  mareu ,  lieg  bie  Regierung 
aus  fremben  Sänbern  ©etreibe  ^erbeif Raffen  unb  unter 
bie  Untertanen  verteilen.  Sei  beiben  9Wa&regeln,  ber  Abgabe  oon 
©etreibe  au$  ben  ffirftlid&en  ©peidEjem  unb  ber  &ilf3aftton  mit 
auSlänbifdjjem  ©etreibe,  berfidffidjjtigte  ber  ©taat  junäd&ft  bie  33c= 
bürfnijfe  ber  eigenen  ©runb Untertanen.  aber  audfj  auf  bie 
übrigen  SanbeSuntertanen  be^nte  ber  ©taat  biefe  feine 
ftürforge  aus1,  benn  e$  lag  ein  allgemeines  SanbeSintereffe  oor, 
„  weil  bie  Teuerungen  ©pibemten,  grofje  ©terblid&feit,  SfaSroanberung, 

1  Sgl.  bagegen  bie  Seföroerbe  ber  Sanbföaft  auf  bem  BuSf^ufttage  von 
1497  (Arenner  XIII  182):  ,@o  @.  ©n.  fcraib  abzugeben  ©erfäaffen  ab  <B.  @n. 
Äaften  im  Dberlanb,  fo  toirb  ©erboten,  baj$  man  be*  Abel*  armen  beuten  in 
bie  $ofmar$  i4td  [=  ctroae]  geben  fott." 


—    336    — 

©d&toäd&ung  ber  SRannfdjjaften,  ßberoerben  ber  ©üter  jur  golgc 
fjaben  tonnten.  Sie  SJebingungen,  unter  benen  ber  Staat  ba« 
©etreibe  abgab,  ftnb  oerf Rieben  unb  im  einzelnen  nidfjt  immer  au& 
unferem  Material  erjtdfjtlidj.  SReifien«  nrirb  fidjj  ber  Staat  bie 
SBiebererftattung  bei  ber  näd&ften  ßrnte  auäbebungen  Ijaben.  21  ber 
audj  bie  fäuflid&e  Überladung  ju  einem  im  3Serl)ältm«  jum  WlaxtU 
prei«  geringeren  greife  fommt  oor1. 

Sie   gttrforge   beS    ©taate«   für   Abgabe    tum   (betreibe    an 
©runbuntertanen  anberer  ©runb^erren  betätigte  ftdj  aber 
audj  barin,  bafe  ber  ©taat  bie  (enteren  jur  ftilfleiftung   ju  be- 
ftimmen  fud&te.    3)ie  ©runb*  unb  &ofmardtöerrfdjaften  fottten  tyren 
burdfj  bie  ©lementarereigntffe  in  9?ot  geratenen  Untertanen  fo  viel 
rote  möglidf)  f)ilfreid&  unter  bie  9lrme  greifen ,  burdfj  Abgabe   von 
@etreibe  ju  billigen  greifen  bi«  jur  näd&ften  @mte  ober,  roenn  bie 
grunbljerrfdjaftlidjen  «Speicher  leer,  burdfj  ©eiboorfdSJüffe  (ober  burd> 
»ürgfd^afWleiftung   [©.  329]),   bamit  fte  ba«  notige  ©etreibe   er- 
fcanbeln  fönnen.    2)ie«  forbert  ß^riftentum  unb  2Koral  (bie  „ötttig* 
feit")/  bieg  forbert  ber  fjerrf dfjaftlidfj * oormunbf d&aftlid&e  (S^arafter 
beS  @runbbarfeit3oerf)älinijJe*  (©.  330),  bie«  forbert  enblidfr  ba« 
eigene   Qntereffe   be«    ©runbtjerrn.     316er   bie   ©rma^nungen    be« 
©taate«  blieben  meiften«  unbead&tet  (©.  329,  334),  benn  bie  ©runb* 
^errfdfjaften   jogen  e«  oor,  bie  i)o\)en  ©etreibepreife  baju  ju  be= 
nfifcen,  um  au«  ifjren  SBorräten  einen  augenblidlicljen  SBorteü  §er= 
auSjufd&lagen  (©.  334).    ©er  ©taat  ging  nun  ftrenger  gegen  bie 
©runbfjerren  oor.    6r  ©erlangte,  bafe  bie  ©runb^erren  ba«  ©etreibe 
itjren  Untertanen  „auf  Sorg  ober  nadjj  ©eftalt  ber  ©adfjen  gar  um- 
fonft"  abgeben  follten,  unb  ermächtigte  feine  Organe  jur  Sfcefution 
gegen  bie  SBiberfpenftigen  (1692,  ©.  334). 

lifo  (jm«tofe)  ©etreibe*  unb  ©elboorf pfiffe,  Überlaffung  be« 
©etreibe«  ju  billigem  greife  ober  gar  umfonfi,  Sef Raffung  tum 
Ärebit  burdfj  33firgfd(jaftaleifiung,  ba«  ftnb  bie  SRaferegeln,  in  benen 
fid&  bie  &ilfeleiftuug  ber  ©runbljerren  unb  be«  ©taate«  bei  3JK&- 
ernten  auSbrficfte. 

©in  brüte«  9Wittel  neben  ber  Unterftfifcung  burd&  bie  ©runb= 


1  (Sin  „SRagaainfnftem1'  im  ©inne  ber  heutigen  ©efd&id&ffd&retbung  fann 
man  in  ber  oben  betriebenen  ^olittF  nodj  ntc§t  erblicfen.  $a3  2Befenift<$e 
biefeS  ©oftemg  befteijt  nämttd)  in  ber  Sluffpeidjerung  oon  (Betreibe  in  3eiten 
beö  ÜberfluffeS  burd)  ben  ©taat  unb  in  ber  Stbgabe  beäfeloen  (ei  Weiterung 
ju  mäßigem  greife.  SMefe«  ff3Äagajin[9ftem"  begegnet  in  SBagern  erft  um  bie 
SBenbe  beS  18.  unb  19.  3af>r$unbert3. 


—    337    — 

Ijetren  unb  bcr  flaatlid^en  £ilf§aftton  beftanb  in  iQerbeifd&affung 
bcr  Sftotburft  im  freien  Ärebitoerfe^r,  alfo  in  einer  fort* 
gefd&rittenen  SBerfjältniffen  entfpredjjenben  SBeife.  ©etreibe  war  t>or* 
fjanben,  aber  e£  fehlte  ben  Säuern  ba3  ©elb,  um  e$  bei  ben  teueren 
greifen  anjufd&affen,  unb  e§  fehlte  ber  Ärebit,  um  ben  ©elbmangel 
unfdjäbÜdj  ju  mad&en.  Sie  ganje  grage  lief  in  eine  RapxtaU 
unb  Ärebitfrage  IjinauS.  3)er  ©taat  appellierte  an  ben 
SlltrutemuS  ber  Staatsangehörigen  („dfjrtftlid&e  ©dfjulbigfeit,  ben 
SKebenmenfdfjen  treulidfj  beijufpringen"  ufro.),  aber  ba£  eraneS  ftd£) 
oljnmädfjtig  gegenüber  bem  ©elbfiintereffe,  ba$  cor  ber  SBerluftgefaljr 
jurficlfd&eute.  ©inen  genriffen  ©rfolg  fjatte  ber  Btaat  nur  ben 
©otte$l)äuferu  gegenüber,  bei  benen  er  feine  Autorität  emfefeen 
fonnte.  2ludf)  liier  wirb  ba$  ßrebitgeben  als  etfjifdfje  SPfItdfjt  betrautet. 

Um  feinen  SSorftellungen  @el)ör  ju  t)erf Raffen,  griff  ber  ©taat 
ju  einem  oerjmeifelten  3Rittel,  baä  ftd&  allerbingS  in  ben  Stammen 
ber  bamaligen  SBtrtfdfjaftöpolittf  gut  einfügte:  er  gab  benjenigen, 
bie  ben  notleibenben  Untertanen  Ärebit  in  (Selb  ober  ©etreibe  geben 
würben,  ein  spriüileg.  @r  pfropfte  alfo  auf  baä  ©pftem  ber 
ißtjpotyefenpriüilegien  noi)  ein  roeitereä  auf. 

2)ie8  ftnb  bie  ©runbjüge  ber  5politif,  bie  ber  <&taat  »erfolgte, 
um  bei  aJM&ernten  ber  bcwerlid&en  SBeoölferung  ba$  nötige  ©etreibe 
im  Ärebitmege  ju  oerf Raffen.  63  ift  eine  pofitioe  $Politif,  benn 
ber  ©taat  tritt  sunt  Seil  felbft  afe  Ärebitgeber  auf,  jum  £eil  trifft 
er  äfaftalten,  ben  Ärebitbebürftigen  bie  ©rlangung  be3  benötigten 
ÄrebitS  ju  fidjjem  ober  ju  erleichtern. 

&eute  blidfen  mir  mit  Sefremben  unb  mit  einem  gemiffen 
©efü^le  be3  ©toljeS  auf  jene  3ett  jurüdf,  in  ber  &agelfd&auer, 
3>firre,  aJttfjroad&S  ufro.  bie  pljpfifd&e  ©siftenj  eine«  großen  Seile« 
ber  SBeoölferung  bebrolien  unb  baä  Sanb  an  ben  9tanb  beä  9htm3 
bringen  fonnten.  £eute  fyabm  mir  ©ifenba^nen  unb  S)ampff$tffe, 
©etreibebörfen  (?)  unb  Sager^aufer,  ^pot^efenbanfen  unb  2)ar* 
M&enSgenojfenf  djjaften ,  ©parfaffen  nnb  jQageloerfid&erung.  Unb  bod& 
$at  bie  gutternot  be$  Sa^reS  1893  gejeigt,  baß  aud&  l)eute  nod& 
bie  SanbroirtfdSJaft  in  folgen  gätten  eine  ftaatlid&e  &ilf$aftion  nidfjt 
entbehren  fann.  ©ibt  ba$  nid&t  ju  benfen?  63  jeigt,  bafe  bie 
fianbnnrtfd&aft  nodfj  feljr  oiel  ju  tun  l)at,  um  in  bie  mobernen 
SBerltfltniffe  urirflidj  (jinernjuroadtfen. 


Co^en,  ätarföulbutiQ.  22 


—    338    — 

§  20. 

I. 

©o  intereffant  bie  in  ben  betben  t>otfjergeljenben  Paragraphen 
gejeigte  fiaatlid&e  Sßolitif  erfd&einen  mag,  fo  mar  fte  bo<$  nidjjt  meljr 
als  eine  blofce  ©elegeu&ettS*  unb  SBerlegenljettSgefefcgebung.  aber 
bie  mannigfaltigen  SWifeftfinbe  auf  betn  ©ebiete  beS  bäuerlichen 
ÄrebttmefenS,  namentlich  ber  bei  ben  STOifeemten  jutage  getretene 
ßrebttmangel,  mußten  ba8  Slugenmerf  ber  Regierung  audfj  in  ge- 
roöljnltdfjen  3^tläuften  unb  anbauemb  auf  ftdj  lenfen  unb  in  iljr 
ben  SBunfdfj  rege  machen,  grfinblidje  Slb^ilfc  ju  f Raffen.  5Den  am 
flog  baju  gab  fretlidfj  nidjt  baS  ÄrebitbebfirfniS  ber  bäuer- 
lidfjen  Seoölferung,  fonbern  baS  SJebfirfniS  ber  Ätrdje, 
tljre  Selber  t>erjtnölic^  anzulegen,  nid^t  bie  ©c^toterig* 
feit  ber  Ärebiterlangung,  fonbern  bie  SSerlufie  berÄtrd&e 
burdj>  ftrebitgemäl)rung,  ntd&t  bie  3Rangell>aftigfeit  beS 
Ä  rebttred&teS,  fonbern  bie  SBerbefferungSbebürftigfeit 
beS  ÄirdfjenoerroaltungSred&teS*  92i<$t  im  Qntereffe  ber 
roidfjtigjien  ©dfjulbnerflaffe-,  ber  Sauern,  erfolgte  bie  JWeformarbeit, 
fonbern  im  Qntereffe  ber  urid&tigfien  ©läubigerKaff  e ,  ber  Ätrd&e. 
SRtdfjt  aus  oäterltd&er  gürforge  für  bie  Untertanen  fjanbelt  ber 
©taat,  fonbern  als  ©d&ufcfjerr  ber  Äirdjje. 

Unb  bodfj  famen  biefe  9leformbeftrebungen  aud&  ben  33auero 
ju  gute.  35enn  abgefetyen  bamm,  bafc  bie  ©tdjjertyeit  ber  ftrebit* 
geber  oor  SBerluften  im  allgmeinen  aud&  im  Qntereffe  ber  ©d&ulbner 
liegt,  roeil  fte  nun  leidster  unb  billiger  Ärebit  befommen  fännen, 
[tiefe  ber  Staat  bei  feinen  ^emüfjungen  für  fixere  unb  nufebrtngenbe 
Anlage  ber  Äird&enfapttalien  aud&  auf  bie  gaftoren,  meldte  an= 
fd&einenb  bie  Urfadjje  beS  fjerrfd&enben  ÄrebitmangelS 
bilbeten.  2Bie  aber  aud)  fonft  Ijäuftg  tf)eoretif$e  ©rfenntntS  ben 
prafttfdfjen  (Sifer  mädfjtig  förbert,  fo  erwärmte  ftdj  ber  ©taat  in 
ber  golge  audfj  bafür,  praftifeij  an  bie  SSefeitigung  ber  Sinberatffe 
ju  ge^en,  bie  ber  Strebttgemäfjrung  an  bie  bäuerliche  SBeoölferung 
im  SBege  ftanben. 

Unb  wenn  audfj  ber  Sieformplan  ftd&  nur  auf  eine  Älaffe  oon 
©laubigem  bejog,  auf  bie  Äird&e,  fo  erftredfte  fidjj  bie  SBebeutung  ber 
Reform  bod)  auf  ben  ganzen  Seteid)  beS  bäuerlid&en  ÄrebittoefenS. 
S)erot  erftenS  roaren  bie  flirren,  rote  mir  ©.  226  gefefjen  $aben,  weit* 


—    339    — 

au3  bic  nndjtigfte  Äategorie  von  Ärebitgebern  ber  Sauern,  seitens 
mufjtett  au$  eben  biefem  ©runbe  bie  ftrebitbebmgungen,  meldte  bte 
©otte£l)äufer  ben  S3auern  auferlegten  unb  einräumten,  audfj  für  bie 
anberen  ©laubiger  mafegebenb  werben,  ©nbltdjj  würbe  ein  £etl  ber 
33eftimmungen,  bie  ber  Reform  ber  SBerwaltung  ber  ftirdjjenfapttalten 
iljre  ©ntfte^ung  oerbanften,  au3brüdfüdf>  mit  ©eltung  nidjjt  nur  für 
bic  ©otteSljäufer,  fonbern  für  alle  ©laubiger  oerfeljen. 

SBie  wir  ©.  229  bargelegt  fjaben,  füllten  bie  baren  ©eiber  ber 

Ätrdjen  unb  ©otteäl)äufer  t>erjin§H(§  angelegt  werben,   gormett  mar 

baju  bie  33enritttgung  ber  Dbrigfeit  unb  ba£  SBorwiffen  be8  Pfarrers 

unb    ber  Äirdjjenpröpfte  notroenbig.    Qn  materieller  Sejie^ung  mar 

„geunffe,  genugfame  SSerftdjjerung ,  Sfafridfjtung  unb  SBerfd&retbung" 

oorgefdjrieben.    2Ba8  aU  genugfame  33erftdjerung  ju  betradfjten  fei, 

roax  bem  ©rmeffen  ber  $irdf)ent>erroaltung  bt%xo.  ber  Äuratelbeljörbe 

überlaffen.    3)afc   bie  ©rridjtung   einer  ©dfjulbobligation 

oor  ber  orbentlidjjen  Obrigfeit  erforberlidf)  mar,  bürfte  fidj  aus  ben 

SBorten  „Sfafrid&tung  unb  SSerfd&retbung"  ergeben,  ebenfo  bafe  au 3* 

brfidlidje   SBerpfänbung    erforberlidi)  mar,   aus   bem  SBorte 

„gettriffe"  [SSerfidjjerung].    2lu3  bem  golgenben  bürfte  fyeroorgeljen, 

bafe  man  nadf)  ber  amtlidfjen  Sprayte  als  3JKnbefterforberm3  33  er* 

fdfjreibung  be3  Bauerngutes  unb  Stellung  von  Sürgen 

aufhellte.    £rofe  biefer  ftrengen  SBeftimmungen  fdfjeint  bie  ©idfjer* 

I)eit  ber  frebitierenben  ©otte3l)äufer  manchmal  mandjjeS 

ju  wfinfdfjen  übrig  gelaffen  ju  fjaben.    35ie3  jetgt *  ein  9Ji  a  n  b  a  t  * 

etitmurf   vom  9.  gebruar  1646:    SDer  Äurfürft   %a\  xoa\)t* 

genommen,  bafe  bie  Beamten  auf  bem  Sanbe  ben  ßirdjjenftiftungen, 

©pitälern  unb  fonftigen  piae  causae  gehörige  ©eiber  öfters  un* 

Dorfid&tig  unb  an  foldjje  ©dfjulbner  auslesen,  bafc  man  Kapital  unb 

Sinfen  oerlieren  ober  mit  foftfpieligen  Sßrojeffen  bie  Bejahung  ju- 

toegebringen  muß;  au<$  bafc  fte  beim  äuSleiljen  meljr  iljr  Sßrtoat* 

intereffe,  afe  ber  ©otteSljäufer  ufm.  Sflufcen  unb  ©id&erljett  beobachten. 

Äünfttg  barf  bafcer  bie  3lu8leif)ung  ber  ©eiber  ber  ftird&en  unb 

milben  Stiftungen  nur  mit  ©enefjmtgung  ber  &offammer  unb  ber 

)u  ben  geifllid^en  ©ad&en  oerorbneten  9täte  erfolgen. 

©er  ©ntrourf  mürbe  junäd&ft  ber  fioffammer  jur  SBegutadfjtung 
mitgeteilt,  unb  biefe  ermiberte  fd&on  am  näd&ften  Sage  (10.  gebruar 

1  2)ie  Duelle  JU  biefem  Paragraphen  Mlbet,  wenn  m($t$  anbere*  bemerft, 

ÜTti&axQiv  SRüncftett  ®en.-9ieß.   fasc.  583  n.  142  ($eru>a(tung  ber  Atrien- 

fapitatien).  —  3$  benufce  biefen  3Wt  nur  foioeit,  atö  bie  von  uni  be$anbelte 

Aettpertobe  reicht 

22* 


—    340     — 

1646):  Sie  beabftd&tigte  Steuerung  ift  fiberflüfftg,  unpraftifd&  unb 
gefälpli<$.    Bitift  flberflüffig,  weil  in  bcr  Spolijetorbmmg  of>tte* 
fjin  gute  Sorfe^ung  getroffen  ifl,  bafj  bie  Ätrd&en*  unb  ber  gleichen 
Selber  nur  mit  bcr  Dbrigfeit,  be*  Pfarrer«  unb  ber  Ätrdfjenpröpfie 
Sonoiffen  gegen  genugfante  Serftdjerung  ausgeliehen  toerben   foHeiu 
(Si  ftnb  alfo  }u  jeber  9lu£lei()ung  fünf  $erfonen  (Pfleger,  ©eri($l£~ 
fdjreiber,  Pfarrer,  bie  beiben  Äird&enpröpfie)  notig,  unb  ba$  tfi 
toatjrlidf)   genug.    Sie  2(u£leU)ung  oon  Ätrdjjengelbern   würbe  ftd> 
femer  fe$r  umftanblid^   gehalten,  wenn  jebeä   StarleljenSgefudf^ 
au<$  um  bie  Ueinfte  ©elbfumme,  einen  förmlichen  Snftanjenjug  burd)- 
machen  mfi&te.    3)aburdfj  fann  ba£  SJianbat  audjj  großen  S d?a bert 
bringen,  weil  e£  bie  Äoften  ber  ©elbaufna&me  er^ö^en  unb  bie  2(u3~ 
leiljung  felbfi  oerjögern  mürbe,  fo  bafs  bie  ©eiber  geraume  3eit  oljne 
9tu$en  unb  ^ntereffe  im  3edjjfcl>rein  liegen  bleiben  müßten.    Sagegen 
md<$te  e8  ft<lj  allenfalls  empfehlen,  anjuorbnen,  ba&  bie  Seamten 
tyalbjä^rliclj  berieten  foffen,  ob  bie  ausgeliehenen  ©eiber  jur  ©enäge 
bur$  39firgfdf)aft  ober  in  anbermeg   affefuriert  ftnb,  unb   ob   ben 
Äirdjjen  ufm.  jebeSmal  neue  33ürgen  geftellt  werben,  menn  bie  alten 
„jum  SBerberben  geraten". 

infolge  biefe*  ableljnenben  ©utad&tenS  ber  fioffammer  fd&eint 
ber  3RanbatSentnmrf  liegen  geblieben  ju  fein;  erft  im  3al)re  1654 
fommt  bie  Regierung  auf  tyren  Sßlan  jurüdf .  @in  unterm  25.  31  o  * 
oember  erlaffeneS  ÜDtanbat  benimmt  nämliclj,  bafe  bei  Starleljengs 
poften  oon  meljr  afe  100  fi.  folgenber  ^nfianjenjug  eingehalten 
werben  foH:  Sanbgertdjjt,  Regierung,  Äurfflrft.  £>abei  fott  JebeSmal 
berietet  werben,  „tooltfn  unb  gegen  toaS  SBerfid&erung  [bie  Summe] 
auf  3w3  anjulegen  fein  mädf>te".  2)erfelbe  2ßtf$ftanb,  ber  ben 
3ßanbat3enttourf  oon  1646  oeranlafei  fyatte,  ift  audf)  im  ÜRanbat  oon 
1654  aU  SRotto  angegeben,  nur  ift  er  l)ier  netyer  bejeid&net:  Sie 
Beamten  unterfte^en  ftdjj  Ijtn  unb  toieber,  bie  p  ben  ©otteSljäufern 
gehörigen  83arfd&aften  o^ne  genugfame  SBerfid&erung  unbebadjjtfamer, 
too^l  audjj   eigennüfctgerroeife  unb  nadjj  ©unfl  auSjuleiljetu 

2Benn  bie  Beamten  bei  ber  9hi3(eit)ung  ben  $md  oerfolgten, 
bipdjj  fte  bem  ©d^ulbner  —  etioa  gegen  §ol)e  SJere^rung,  alfo  aus 
(Sipennufc  —  eine  ©unft  ju  enoetfen,  fo  lonnten  fte  freiließ  bie  ©tdfjer* 
Ijett  be3  ÄrebitgeberS  ni$t  immer  im  2luge  behalten. 

IL 

aber  balb  jagte  ftdfj ,  bafc  mit  fhengen  SBorf dfjriften  aber  bie 
©id^erfteHung  ber  Stird&enfapitalien  ba$  Problem  ber  befimögltdfjen 


4 


—    341    — 

SSertoaltung  bicfer  Äapitalien  femeSroegS  gelöft  roax.  3Me  burdfj  baS 
IDtanbat  oon  1654  gefdjaffene  ßentraltfation  ber  SBerroaltung 
ber  Äird&enfapttalien  tyatte  nämHd&  bie  golge,  bafc  bic  mafc 
gebenben  oberen  Se&örben  bie  auf  biefem  ©ebiete  Ijerrfdjenben  3«s 
flänbe  unb  3Ri£fiänbe  unmittelbar,  unb  jroar  an  prafttfdfjen  gätten 
fennen  lernten. 

am  20.  Stooember  1670  fd&reibt  ber  Sßflegoerroalter 
x>on  Steumarft  an  ben  33if itation^rat1:  Sie  im  Qaljre 
1665  anljer  oerorbneten  33ifitation£fomnupre  fjaben  u.  a.  befohlen, 
bafj  fortan  fein  Ätrdfjengelb  oljne  grunb^errltdfjen  ÄonfenS  unb  bürg- 
fdjaftlidje  Serfidjjerung  mefjr  ausgeliehen  werben  fott.  SMefeS  l>abe 
i<$  bisher  fdjulbigermafcen  eingehalten,  es  l>at  ftdjj  aber  gezeigt,  bafj 
«tlid(je  Älöfter  tfjren  Untertanen  gar  feinen  ÄonfenS,  etliche  nur 
<utf  geroiffe  Safjre  erteilt  unb  bafür  ein  ftarfeS  2BillenS* 
flelb  eingeforbert  Ijaben.  35ie  Untertanen  muffen  alfo  bie  %t- 
langung  oon  Ärebit  entweber  teuer  bejahen  („werben  fol<$er- 
fleftalten  befdfjwert"),  ober  beS  2lnlel>en£  gänjIidE)  entraten  unb  in 
^ ö ($ ft er  91  ot  fortlaufen,  wenn  fie  nidfjt  ju  anberwärtigen  be* 
benflid^en  SKitteln2  greifen  wollen.  S)ie  ©otteSfcäufer  aber  muffen 
t§r  oon  Saljr  ju  3a§r  jufammengebrad&teS  Vermögen  o^ne  9tu|en 
im  3ed&fd§rait  liegen  laffen.  2)ief  e  Umftänbe  §abe  idj  bem  geiftltd&en 
9tat  unter  bem  14.  Stejember  1668  auSfü&rlid)  befdfjrteben  unb  feit= 
bem  oerfd&tebene  SBlale  auf  ©rteilung  eines  SBefdjjeibeS  gebrängt.  @m 
foldjjer  ift  jefet  unumgänglich  nötig,  benn  oerfdfjiebene  Untertanen 
motten  Äirdfjengelber  ju  tyrer  Ijödfjften  SRotburft  gegen  genägenbe 
Särgfd^aft  [oljne  weitere  ©td&erfieflung]  aufnehmen,  was  idfj  aber 
aus  bem  oben  ermähnten  ©runbe  [SBerbpt  ber  SMfitationSfommiffäre] 
tridtjt  julaffen  fann.  3$  bitte  alfo  nod&mals  jur  Seförberung  beS 
9tu$en3  ber  ©otteSljäufer  unb  ber  2lnliegenl)eiten  ber  Untertanen  bie 
auSfte^enbe  9iefolution  ju  erlaffen,  bamit  ben  SRotbürftigen  an  bie 


1  Über  ben  Stfttationörat  (attfttationSfommtffton),  eine  3*ntralftette,  *gl. 
Ärei8ar<$tt>  9Münc$en  §.»9fceg.  440.  <£r  würbe  eingeführt  burc§  2>efret  vom 
2.  SRai  1665:  „$emna$  roür  au 8  erheblichen  Urfac^en  bewogen  roorben,  cm  att 
unb  iebe  unfere  $ffeg :  Sannbigeridjter  Jtaften:  au<§  annbere  Ämbter  unferS  <S$ur- 
fürftent$umb  Qaurn,  ein  Commifsion  gbift  }u  oerorbnen,  bamit  ben  ein  jimb* 
Jicje  3eit§eto  für! kommen  befdjroerbten ,  na$  migti$!$eit  remediert,  au$  in 
«nnberroeeg  ein  beffere  orbnung  in  genrifen  fachen  ju  unnferem  unnb  unnferer 
Sannbten  nuj  gemalt  werbe."    3n  bemfelben  gfaäjifel  bie  3nftru!tion. 

2)er  Sifttationörat  beftanb  auä  brei  9Ritg liebern  r  rourbe  mit  $etret  vom 
16.  «ugufi  1683  auf  gelöft  unb  mit  ftefret  com  10.  3uli  1715  erneuert 

9  ißa^rf^einU^  ift  ber  ®ut«abf*leif  gemeint. 


—    342    — 

$<mb  gegangen  werben  famt  unb  fte  bei  l>äuSltdS>en  Gtyren   erhalten 
bleiben. 

$ier  muffen  wir  baran  erinnern,  bajj,  wenn  ein  gtunbuntertäniger 
Sauer  fein  Vermögen  ofcne  grunbljerrlidjen  Äonfenä  oerpfänbete,  bie 
©runbgered&tigfeit  ni$t  als  mitoerpfänbet  galt,  weil  ja  gut  Skr- 
pfänbung  ber  leiteten  ber  grunb^errU($e  ÄonfenS  erforberUcfc  war. 
SBenn  bie  a3ifitation$!ommijfäre  bie  ÄonfeuSerbringung  afe  33e~ 
bingung  ber  3)arleben$gewctyrung  erflärten,  fo  sollten  fte  alfo  bamtt 
Tagen:  Die  ©id&erbeit  beS  @otte3ljaufe$  ifl  ungenügenb,  wenn  bie 
©runbgered&tigfeit  nid&t  mitoerpfänbet  ift,  weil  ber  ÄonfenS  feljlt. 

ätynlid&e  Senate  rote  au$  SReumarft  waren  fdjjon  Dörfer  an# 
2Betlljeim,  SanbSberg,  2Bolfrat$l>aufen  unb  £rojlberg,  enbltdf)  au£ 
bem  SRentamt  Straubing  eingelangt.  S)er  Äurfürft  Ijatte  in  biefen 
fällen  auf  ©utad&ten  beS  SBifttationSrateS  entfliehen  (Signaturen 
vom  27.  S)ejember  1667  unb  23.  äuguft  1669):  SDen  ©efud&fiellent 
lönnen  unb  follen  bie  erbetenen  Äirdfjenfapitalien  in  unb  trofc 
(Ermangelung  be$  grunbf>errltd(jen  ÄonfenfeS  unb  frei- 
eigener  ©runbftfidte  gegen  genügenbe  33ürgfdfjaft,  ©eneral* 
oerpfänbung  unb  SBerjldjjt  auf  bie  weiblichen  gretyeiten  oorgelie^en 
werben ;  jebodf)  follen  fowoljl  ber  föauptfdjulbnet  als  axii)  bie  Sürgen 
angefeffen  unb  begütert  fein,  bie  Särgen  follen  fidj  ferner  ber  @in* 
reben  ber  Teilung  unb  SSorauSflage  begeben,  unb  e3  fott  feine  Sürgen* 
reiterei  getrieben  werben,  b.  I}.  e$  foll  nidjt  einer  für  ben  anberen 
bürgen  „unb  auf  fold&e  SBeife  bie  ßapitalia  unfidfjer  gemacht  werben", 
enblidjj  foU  bie  änjaljl  ber  Sürgen  mit  ben  Äapitalien  berart  ftetgen, 
bafe  bei  einem  S3etrag  oon  20—40  fl.  jwei  33ürgen,  bei  einem  Se- 
trag oon  40—60  fl.  brei  unb  für  100  fl.  oier  ober  fünf  Sürgen 
für  bie  ©d&ulb  fjaften. 

S)ie  ©otteSljäufer  würben  alfo  oon  ber  SBorfd&rtft  ber  @in* 
forberung  be3  grunbfjerrlidfjen  ÄonfenfeS  in  biefen  gäDen  btöpenftert 
Site  Äompenfation  foffte  bie  SBerftärfung  ber  bürgfdfjaftlidfjen  SBer* 
fldjjerung  bienen.  2lber  bamit  war  bie  ©ad&e  nid^t  abgetan.  S)en 
gäHen,  wo  bie  Untertanen  ben  ÄonfenS  nidfjt  ju  erbringen  vtx* 
mod&ten,  ftanben  nämlidfj  anbere  §äQe,  namentlich  aus  bem  Rentamt 
Sanb^ut,  gegenüber,  wo  fie  bie  notwenbigen  Särgen  nidjt  auf- 
zutreiben in  ber  Sage  waren.  SBäljrenb  ber  SBtfitationSrat, 
wie  wir  gefe^en  Ijaben,  auf  ftarfe  bürgfd&aftltdfje  ©td&erfjeit  ©ewidjjt 
legte,  fdfjeint  ber  geiftlidfje  3t  at  reale  Secfung  burdfj  SBerpfänbung 
oort  ©runbflüdfen  für  wichtiger  gehalten  ju  fyaben.  SBenigftenS  be* 
gutadfjtet  er  in  einem  biefer  gäHe,  „bafj  bie  itirdjjengelber  o^ne 


I 


—    343    — 

Sciftung  einiger  Sürgfdfjaft  auf  ©runbftüdfe  auSjulei&en 
fein  möchten".  3)er  ©efjeimrat  entfdfjieb  in  bem  Spezialfälle  bem 
©utad&ten  gemäfc  (Signatur  vom  17.  2»ärj  1671). 

älber  bie  ©dfjmterigfett  unb  SQBid^ttgfeit  ber  grage  liefe  eine 
firünblid&e  generelle  Regelung  berfelben  mfinfd&enSroert  erfd&einen. 

©djon  Dörfer  Ijatte  ber  ©e^eimrat  vom  SStfitationSrat  unb  getft* 
liefen  9iat  ein  Äolleftiogutad&ten  etngeforbert  barüber,  „ma3 
für  ein  Temperament  ju  gebrauchen,  bamit  bie  armen  Unter- 
tonen an  bergteid&en  Äird&enanle^en  nidfjt  ge^inbert, 
hingegen  bennodj  bie  ßird&en  fidler  geftellt  werben 
mögen"  (Signatur  be8  geiftlidfjen  9late3  an  ben  SSifitationSrat  oom 
23.  Dftober  1669).  Unterm  17.  3Rärj  1671  prämierte  ber  @e* 
Ijeimrat  ba8  ju  löfenbe  Sßroblem  naljer  ba^in,  „ob  unb  roie  bie  bisher 
erlaffenen  2)efrete  roegen  aufnähme  ber  ÄirdSjengelber,  bamit  bie» 
fclben  jum  ©dfjaben  ber  ©otteSljäufer  ntd^t  ofjne  9lu%en 
liegen  bleiben  ober  benjentgen,  bie  foldjjer  bebärftig 

feien,  ju  beren  2luf*  unb  3un,e9e&rtn  9en  9ar  äu 
fernere  Soften  oerurfad&t  werben,  fünftig  ju  milbem,  unb 
was  glei<$rool)l  ber  genugfamen  SBerftdfjerung  falber  für  fiautelen  ju 
beobachten  fein  möd&ten".  SDer  SBifttationSrat  erholte  junädfjft  oon 
ben  Regierungen  tljre  SDleinung.  SDaS  betreffenbe  35efret  (oom 
26.  3luguft  1670)  beginnt  mit  ben  SBorten :  @S  bejeigt  fidfj,  bafc  bie 
roegen  2lu$letl>ung  ber  Äirdfjengelber  ergangenen  forgfältigen  ©efreta 
foroo^l  ben  ©otte$l)äufern  afe  ben  Untertanen  tyinberltdf)  unb  nadf)* 
teilig  ftnb,  inbem  bie  Untertanen  mit  SBürgfdjaften  unb 
mit  ber  ©rrotrfung  be3  grunbf)errlid&en  ÄonfenfeS 
nid&t  auffommen  fönnen,  bagegen  ben  Äirdjjen  bie 
©eiber  im3*dSJfdfjrein  oljne  Ruften  liegen  bleiben.  &ier= 
auf  folgt  ber  Auftrag,  ein  ©utadfjten  ja  liefern  barüber,  „ma$  für 
ein  Temperament  ju  gebrauten"  ufto.  roie  oor. 

33eoor  mir  biefe  ©utadfjten  bringen,  motten  mir  nod&  einmal,  in 
Äürje,  aber  in  fpfiematifdfjer  Orbnung,  barlegen,  um  roaS  e$  fidf)  bei 
in  ber  Steformfrage  Ijanbelte. 

@3  Ijatte  fiel)  IjerauSgeftettt,  bafe  bie  Untertanen,  fei  e3  mit  ben 
Sürgfd&aften,  fei  e$  mit  ber  ©rmirfung  bee  grunbfjerrlid&en  ÄonfenfeS, 
nidjjt  ober  nur  fdfjroer  —  ledere«  namentlich  roegen  ber  fjofjen  Stoften 
ber  ÄonfenSerlangung  —  auffommen  fonnten.  S)ie  ftolge  mar,  bafe 
bie  Untertanen  bie  anlegen,  beren  fie  beburften,  mdfjt  aufbringen 
tonnten,  unb  ben  Jtird&en  i&re  ©eiber  in  ben  3*d&fd&reinen  bradfjliegen 
blieben.   Die  roegen  2lu3leif)ung  ber  Äird&engetber  ergangenen  ftrengen 


—    344    — 

ftefrete  Ratten  fi<&  bemna$  als  für  ba£  gortfommen  fowoljl  ber 
©otteS&äufer  wie  au$  ber  Untertanen  ^inberlidf)  erwiefen.  S>ie  Auf- 
gabe mar,  biefe  Defrete  fo  ju  temperieren,  ju  milbern,  bafc  bie  Unter- 
tanen leine  Rot  leiben  mußten  unb  bod&  genflgenbe  Äautelen  für  bie 
©tdjerljeit  ber  ©otte£$au*tapttalien  befianben. 

2lm  1 1.  Stuguft  1671  übermittelte  ber  SBifttationSrat  bem 
getjUtd&en  Rat  bie  injmifd&en  eingetroffenen  Seridfjte1  ber  Re- 
gierungen nebjt  feinem  eigenen  ©utadfjten.  2)er  SSifitatumSrat 
refapituliert  junädjjft  für;  bie  2torgef<$idjte  ber  ©rljebung,  fobann 
referiert  er  über  bie  93eri$te  ber  Regierungen. 

SDie  Regierung  8anb$i)ut  fd&reibt: 

3)ie  ©rfa^rung  jeigt,  bafc  oon  etlichen  ©runb^erren  unfereS 
RegtmentSbiftrifteS  für  Erteilung  be$  ÄonfenfeS  in  bie  5  unb  6  Reidj$* 
taler  begehrt  werben,  wa$  ein  „großes  unbilliges  Übermaß"  iffc 
SBoffenbS  unmögli<§  fd&eint  eS  ju  fein,  bie  nötigen  S3ürgen  aufju* 
treiben.  SBenn  ein  Untertan  bei  ber  ©runb&errfd&aft  um  ftonfen£ 
anhält,  biefer  aber  oerweigert  (unb  bie  Steigerung  bef djeinigt) 
wirb;  ober  wenn  ber  RonfenS  nur  gegen  3a^un8  e^ner  Ab  er- 
mäßigen %a%t  unb  batjer,  wegen  Unt>ermögenl)eit  beS  Petenten, 
praftifdjj  überhaupt  nidjjt  ju  befommen  ifi,  fo  fott  ber  ÄonfenS 
bennodf)  als  gegeben  angefe^en  unb  ein  2lnlel)en,  etwa  mm  50 
ober  100  fl.,  bewilligt  werben.  SDamit  aber  bie  ©oiteeljäufer  mit  ober- 
ere grunb^errli^en  ÄonfenS  attejeit  tyre  SSerfid&erung  Ijaben  unb 
oljne  ©dfjaben  fein  fönnen,  fo  fott  ftrenge  barauf  gefeljen  werben, 
baß  mit  ber  2lnlel)enSbemittigung  nid^t  fyöfjer  hinaufgegangen  werbe, 
als  eg  ber  SBert  beS  ©uteS,  b.  §.  ber  ©runbgeredfjtigfeit,  juläßt. 
©adfje  ber  Sanbridjjter  wirb  es  fein,  barauf  ju  achten,  baß  bie 
©üter  „nidfjt  ju  oiel,  unb  jwar  mel>r  nidfjt,  als  bie  ©ered&tigfeit  er* 
tragen  möge,  mit  ©Bulben  überlegt"  werben,  ©egen  Beamte,  weld&e 
„mit  ungenugfamen  unb  nidfjt  woljt  funbierten  Sendeten  einlangen 
unb  baburdfj  ifyren  Sßrioatnutjen  me^r  als  ber  ©otteSfjäufer  ©idfjer= 
§eit  unb  2Bol)lfal)rt  uor  fic§  Ijaben",  fott  eingefdfjritten  werben. 
Damit  bie  Seamten  in  ben  ©tanb  gefegt  ftnb,  biefe  iljre  Aufgabe 
ju  erfüllen,  unb  bamit  „bie  Untertanen  tyierinfatts  feinen  33etrug 
gebrauten  unb  über  jugelaffene  [anlegen]  weitere  2lnleljen  aufnehmen, 
folgenbS  tyre  ©eredjjttgfetten  ju  ber  ©runblierrfd^aften  Sßräjubij 
onerieren  fönnen",  fo  wäre  eS  fe£r  vorteilhaft,  „wenn  ein  ©dfjulb^ 


1  ©ie  ftnb  nic§t  bei  ben  Slften,  idj  fenne  fle  nur  auS  bem  Referate  beS 
SttfitationSrateS. 


—    345        — 

b  u  <$  aufgerichtet  unb  bergleidjen  Stnleljen  orbentlid&  barin  oerjetdünet 
würben". 

SDic  Regierung  Straubing  äufjert  fidjj  alfo:  2Bir  fjaben  ben 
ißanbridjter  t>on  Straubing  (Sanb),  welker  gute  SBtffcnfd^aft  ber 
tljm  anvertrauten  ©otteSfjäufer  unb  Untertanen  Ijat,  mit  feinem  33or* 
fdjlag  einoernommen.  2)er  geljt  baljin,  e3  foQe  ben  ©otteSljäufern 
ein  Sßrfoileg  gegeben  werben,  „woburdf)  fie  com  ©antprojefe  2.  Site! 
20.  Slrttfel  [©.  134]  bergejlalt  efimiert  werben,  bafe  bie  ©cfjulb* 
t>erfdfjretbungen  fttnftig  gältig,  o^ne  wie  mit  grunbfjerrlidjem 
«ftonf  en$,  bodj  bafe  foldfjeS  beren  Stiften  unb  ©filten  unprä  jubilier* 
Iid&".  gerner  folle  ber  5tonfen3  fünftig  „um  eine  leibentlid&e  ©ebflljr 
unb  nidjt  nur  auf  oter  ober  fedjS  Qa^re,  fonbern  indefinite" 
[o^ne  }eit(idje  S3efdjränfung]  gemährt  werben.  3)ie  Regierung  fetbft 
teilt  aber  biefe  SReinung  ni<$t,  fonbern  l>ält  bafür,  bafc  bie  ©rteilung 
t>e3  ÄonfenfeS  ben  ©runbljerrfd&aften  nidfjt  aufzutragen,  fonbern  non 
t>en  Seamten  blofe  jujumuten  fei,  aber  nur  bergeftalt,  bog  e$ 
„an  iljren  grunbljerrli<f)en  gorberungen  ganj  nid&t  unpräjubijterlidj  * 
fein  foll". 

2)a3  ©utadjten  ber  Regierung  33urgl)aufen  befdjfiftigt  ftd^ 
im  ©egenfafe  ju  ben  beiben  oorfjergeljenben  ©utadjten  me^r  mit  ber 
SBfirgenfalamität  als  mit  bem  ÄonfenSjwange.  @3  gef)t  batyin: 
€3  fott  jwar  bei  ber  SBorfdjrift,  bafj  bie  Äird&engelber  nid&t  anberS 
üU  gegen  orbentltd&e  SBerfdjretbung  ber  !Qab  unb  ©üter  be$  6nt~ 
nehmet«  unb  gegen  annehmliche  33ürgfdj)aft  ausgeliehen  werben  f öden, 
fein  Verbleiben  $aben.  3)en  entlegnem  foH  alfo  bie  SBfirgfdjaft  no<$ 
weiter  jugemutet  werben.  SBenn  aber  einer  ober  ber  anbere  2)ar= 
Ie§enSbebfirftige  mit  Sürgfd&aft  nid&t  auffommen  fann,  bagegen  ge* 
rid&tsbefanntermafeen  angefeffen  unb  mit  eigenen  ober  (Srbredjtögütem 
fo  wo§l  oerfe&en  ift,  bafe  eine  ©efa&r  beS  SBerlufteS  nid^t  ju  be= 
forgen,  fo  mag  i^m,  bamit  weber  bie  Untertanen  nodj  bie  ®ottt&* 
Käufer  an  iljrem  Vorwärts!  ommen  oer&inbert  werben,  o  f)  n  e  39  ü  r  g  = 
f  <^af*t  mit  einem  ©otteSfjauSanlefien  geholfen  werben,  aber  nur 

1.  gegen  eine  in  optima  forma  bei  ber  orbentlidjjen  Obrigteit 
ober  ©runbljerrfd&aft,  fo  bie  Fertigung  §at,  aufgerid&tete  ©  <$  u  l  b  * 
Obligation  unb  SBerfdjjretbung  aller  S&ab  unb  ©üter, 

2.  gegen  ben  gebräuchlichen  SB  er  jid^t  ber  ß^eweiber, 
benen  gemeiniglid^  bie  fcälfte  be$  ©ute*  gehört,  auf  ifjre  fjeiratlid&en 
3fofprfld)e  unb  weiblichen  greifjeiten. 


doppelte  Verneinung  $iet  oetftärfte  Verneinung. 


—    346    — 

3.  @3  foff  in  ben  ©d&ulbobligationen  bie  causa  debendi, 
ob  nämlidj  baS  (Selb  „jur  Melioration  ober  ©rfaufung  eine«  ®ute$, 
SamengetreibeS  ober  ju  n>a8  @nbe"  oorgefiredft  nrirb,  genau  an- 
gegeben werben1. 

4.  ©8  foll,  wenn  mit  bergleid&en  ©otteS&auSgelbem  ältere 
©Bulben  abgetragen  werben,  ben  ©otteStjdufern  bie  betreff enbe 
gorberung  jebiert  unb  eine  entfpred&enbe  Älaufel  in  ben  ©<$ulb* 
brief  aufgenommen  werben9. 

5.  @3  fotten  „bie  ®üter  aber  bie  $ätfte  [be3  SßerteS] 
mit  bergleid&en  Sfale&en  nid&t  graoiert"  werben. 

6.  SDamit  biefer  Sßunft  gebü^renb  in  Dbadjjt  genommen  wirb, 
wäre  ben  9itamtm  an  jubefe&len ,  „ein  abfonberltd&eS  SRegifter 
ju  galten  [für  bie  ©d&ulben]". 

7.  S)ie  Seamten  fotten  nidjjt  me^r  fo  oiel  Qntereffen  jus 
fammenlommen  laffen.  — 

■Wadjjbem  ber  SBtfitationärat  bergeftalt  über  bie  93orf daläge 
ber  Regierungen  referiert  \)at,  geljt  er  baju  über,  feine  eigene  Mei- 
nung barjutegen,  ßr  erinnert  jtmad&fi  an  bie  ©pejialfäffe,  bie  ben 
erften  2lnftofe  jur  ganzen  ©rfjebung  gegeben  (©.  342)  unb  auf  fein 
bei  biefer  (Gelegenheit  abgegebenes  ©utadjjten.  3n  biefem  ©utad&ten 
Ijabe  er  auf  ftärfere  2tu$btlbung  ber  bürgerfd&aftlid&en  ©arantien 
als  ©egengewid)t  gegen  ben  SKangel  beS  ÄonfenfeS  unb  freieigener 
©runbfiüdfe  Ijingenuefen.  3lun  muffe  man  aber  je  langer  je  me&r  ner* 
f puren,  bafe  bie  Untertanen  audjj  mit  ben  öürgfdfjaften  fd&roerlidjj 
me^r  auffommen  fönnen,  „aus  ttrfad&en,  bafc  ba£  Ärebit  berjeit 
fe^r  mangiert  unb  feiner  bem  anbern  tne^r  traut,  audfj 
bie  Bürgen  gemeiniglid&  ebenfo  fiarf,  wo  nidjt  [tärfer  ate  bie  prinzi- 
pales [b.  f>.  bie  i&auptfd&ulbner]  obäriert  ftnb".  S)aju  fommt, 
bafc  „bergleidfjen  Sürgfd^afWoerfd&reibungen  bei  ©rbred&ten8,  jumal 
wenige  eigentümlid&e  ©utäbefifcer  finb,  aud>  ben  grunb* 
^errlidjen  ÄonfenS,  mit  weitem  e3  bod&  ebenfo  fcart  als  mit  ber 
»firgfäaft  felbft  {»ergebt,  erforbern"4.  Die  golge  ift,  bafc  bie 
Äird&enfapitalien  o^ne  -ftufeen  im  3e($[^reine  biegen  bleiben  unb, 


1  3ur  Sicherung  be3  ber  ©djut&forberung  ctroa  jufteljenben  3Jorjug8ree$ted 
an  vierter  ©teile  (2lnfjang  II). 

2  $riorität§orbnung  (Slnfjang  II),  ©teile  VIII  unb  IX  3iff.  3. 

8  2)ie  bäuerlichen  ©runbgerec^ttgfeiten  überhaupt  fmb  gemeint  (Pars 
pro  toto). 

*  SBegen  ber  mit  ber  8ürgf$aft§öerfc§reibung  geroö&nlidj  oerbunbenen 
Setaftung  ber  (Mter  beS  Bürgen. 


i 


V 


4> 


*7« 


—    347    — 

staufcen,  avß  3Bangel  beS  grunbljerrHdfjen  ÄonfenfeS 
^,        «^  wegen  her  ju  feiner  (Erlangung  auftuwenbenben 

^^.         N  rt  werben  muffen. 

"%  ^  SKfitationSrate*  ftfifeen  ftd&  jum  Seil  auf 

^  ^^        ^^r  '^ufen,  jum  £etl  auf  bie  oon  SanbS^ut 

^   'V^  s«>        "***<  *ben$bebingungeu  betrifft, 

•^  S*    s^r^      *^  -  $orf<$läge  ber  Regierung  von 

...  '^v^V  ^    ^  *>*tet,  unter  faft  wörtlicher  SKnleljnung 

v:  /'^-.^^^  *egierung,  bafc  unter  beftimmten  33orau3* 

*  \~  \  *  'J?%  '  oenen  btx  Regierung  oon  Surg^aufen  be<f en, 

*!  >  "*'  ^  audfj  bie  SSerfd^ulbungggrenje  com  falben  2Bert 

ce  Stellung  oon  Särgen  oerjid&tet  werben  fann. 
,ipftel)lt,  ben  Beamten  ben  Auftrag  ju  erteilen,  „ein  ab« 
j)tö  SRegifier  ober  33udj  ju  galten,  bamit  man  fe^en 
♦ie,  ob  unb  wie  bie  ©üter  burd&  ©Bulben  belegt 
cten,  unb  ob  baS  barleiljenbe  ©otteSljauS  oerfid&ert 
fei".  3leu  ifl  ber  SBunfdjj,  bafc  bie  SBeamten  beauftragt  werben 
follen,  „ifjre  2lmt3obfidfjt  möglidfjft  barauf  ju  galten,  bafj  bie 
aufgenommenen  ©eiber  jur  SBerbefferung  be$  ©uteS  ju  3)orf  unb 
Selb  ober  in  anberweg l  wirfltdfj  angelegt  unb  bafjin  uerwenbet  werben". 
2.  3Ba3  aber  „bie  anbere  SD if f tf ultät  wegen  be$ 
grunb&errlidfjen  ÄonfenfeS"  anlangt,  fo  äufeert  fidjj  ber 
SSijitationSrat  ba^in,  er  fönne  mdfjt  erfef>en,  wie  bie  ©rteilung  beS* 
felben  ben  @runb$errfdf>aften  aufgetragen  werben  folle,  ba  befanntlidjj 
feinem  fein  SRed&t  oljne  fein  3u*un  genommen  werben  fönne.  @r 
fjalte  alfo  baffir,  bafj  bie  Untertanen  au<$  fflnftig  fid&  um  ben 
Äonfen*  bewerben  follen,  bagegen  fönne  ben  ©runb^erren  }u  = 
gefprod^en  werben,  ben  ÄonfenS  ju  erteilen,  unb  jwar  um  ge== 
ringere  Stojren,  unb  ntdjjt  nur  auf  ba3  eine  ober  anbere  3a^r, 
fonbern  auf  immer  (indefinite),  „jumal  bergleid&en  2lnlef)en  com- 
muniter  jur  Melioration  iljrer  [b.  i).  ber  ©djjulbner]  ©üter 
unb  Sefamung  ber  gelber  angewenbet  werben".  SBenn 
bie  ©runbfjerren  aber  trofc  einbringlid&en  Suttbutö  fold&eS  per* 
weigern,  fo  fönne  man  —  unb  Ijter  nähert  ftd^  ber  aSifttattonörat 
ber  ÜRetmmg  ber  Regierung  SanbSljut  —  immer  nod&  baS  ©ilfö* 
mittel  ergreifen,  ben  ÄonfenS  für  gegeben  unb  bie  ©$ulb  für  gültig 
ju  galten,  natürlidjj  nur  mit  bem  SSorbeljalt,  bafe  es  „bem  ©runb* 


1  3«  bem  in  ber  Urfunbe  afö  causa  debendi  angegebenen  Sroetfe. 


—    348     — 

$erra  mit  allen  feinen  Jßerrenforberungen,  foroie  aßen  [feinen]  anberen 
Siebten  unb  ©ered&tigfeiten  unfdjäbltd)  fein  fott\  Sd&lie&ltcfj  er* 
Märt  ber  aSijttationSrat,  bafe  er  e8  bem  geiftlidjjen  9tat  überlaffe,  gemäß 
ber  ©eljetmratsftgnatur  oom  17.  3Kärj  1671  (fte^e  oben)  mit  bem 
&ofrat  über  bie  oorliegenbe  Angelegenheit  ins  Sememen  ju  treten. 
©&  ift  mdfjt  ju  leugnen,  bafe  biefe  ©utadfjten  oiele  neue  ©eftdfjtS* 
punfte  enthalten  unb  einen  für  i&re  ^txt  fefjr  $ol>en  ©rab  oon  polt- 
tifd&er  (Smjid&t  befunben. 

1.  9lur  wenn  man  fidjj  überlegt,  wie  feft  bie  ©runbljerrlidftfett 
in  ber  polittfdfjen  SBerfaffung,  in  ben  roirtfd&aftlid&en  Sebürfniffen 
unb  in  ben  ftttlidfjen  SSorfteHungen  be3  SanbeS  gerourjelt  mar,  fann 
man  ben  $ortfdjritt  roürbigen,  ber  barin  liegt,  bafj  ein  einfacher 
Sanbridfjter  bie  33efeitigung  be8  grunbtyerrltdfjen  Äon- 
fenfeS  verlangt,  greüidfj  befd&ränft  er  ftdjj  auf  Ätrd&enbarle^en ; 
audjj  bringt  er  feinen  SBorfdfjlag  in  ber  roenig  oerlefcenben  jeitgemäfcen 
Raffung,  bafc  ben  Äirdfjen  ein  entfpredfjenbeS  „Sßrioileg"  erteilt 
werben  fotte. 

S)ie  Regierung  Straubing  tut  in  biefen  lanbrid&terlid&en  Sßein 
Diel  2Baffer.  Sie  miß,  ba&  bie  Äonfenäerteüung  ben  ©runbljerren 
utcljt  „aufgetragen",  fonbern  nur  „jugemutet"  werben  foß,  auf  ben 
^rfien  Slicf  eine  feine  Unterfd&eibung,  in  aBirflid&ieit  ein  ooflenbeter 
3Wtdfjug. 

9U(§t  fo  tapfer  wie  ber  Sanbrtdfjter  oon  Straubing,  aber  audjj 
nidjjt  fo  jagfjaft  wie  bie  Regierung  oon  Straubing,  fonbern  me^r 
biplomattfdj  fafet  bie  Regierung  SanbSljut  bie  Sadfje  an :  3)er  ÄonfenS 
foß  nur  bann  jtoanggtoeife  als  gegeben  angefetjen  werben,  wenn  ber 
©runbfjerr  if)n  (red&tSroibrig)  oermeigert  ober  aus  einem  armen  Teufel 
eine  übermäßige  Xaje  IjerauSpreffen  miß.  gerner  nur  bei  gering* 
fügigen  2)arlef)en,  j.  33.  im  Setrage  oon  50  bis  100  fl. 

©er  93ifitation0rat  oer^ält  fidfj  ju  ben  rabifalen  83orfdf)lägen 
betreffenb  Slbfd^affung  beS  ÄonfenSredjteS  feljr  ffepttfdfj.  @r  feljrt 
ben  Quriften  fyerauS:  2)a3  ÄonfenSredfjt  ift  ein  erworbene*  Sftedjt, 
feinem  fann  ein  foldjjeS  Siedet  o§ne  fein  3uiun  genommen  toerben. 
<£r  pläbiert  für  eine  milbe  Xonart :  2)ie  Seamten  foßen  ben  ©runb= 
Ferren  bloß  eifrig  jureben,  ben  ÄonfenS  unter  bittigen  Sebingungen 
ju  erteilen.  35af$  ber  ÄonfenS  fingiert,  ober,  tote  mir  fagen  mürben, 
ber  feljlenbe  Äonfen*  rtd&terltdfj  ergänjt  werbe",  miß  ber  aSifitatümä* 
rat  nur  als  lefcte  Buflud&t  gelten  laffen. 

2.  S)ie  Sdfjrotertgfeit  ber  Sürgenbefd^af fung  füljrt 
ber  SBifitationSrat  auf  ben  Ijerrfd&enben  Ärebitmangel  unb  auf  bie 


—    349     — 

ttberf d&ulbung  her  Särgen  jurüdf.  Ob  au$  biefen  ©rünben  niemanb 
fid^  jüm  Särgen  ^ergeben  wollte,  ober  ob  bie  3)arlel)en3geber  in  ber 
2tu3rt>aJ)l  ber  Särgen  ftdfj  mifetrauiftij  jetgjen,  ifi  nidjjt  gefagt,  mafyx* 
fc^etnlid^  war  beibe3  ber  gatt:  e$  mar  ferner,  geeignete  Särgen 
ju  futben.  3lu<§  ba3  JtonfenSred&t  trug  baju  bei,  benn  bie  Sarg» 
fdjaftsleiftung  Ijatte  in  ber  SWegel  ben  grunbljerrltd&en  Äonfenä  jur 
notu>enbigen  SorauSfefcung.  2)ie  beiben  ©<$merjen3finber  Äonfenä* 
imb  Sürgfd&aftejToang  toaren  alfo  miteinanber  oertoadfjfen. 

3«t  Sefeitigung  ber  im  SärgfdfjaftSjroange  liegenben  Ärebit* 
fyinbetniffe  [teilt  bie  Regierung  Surgljaufen  unb,  i^r  folgenb,  ber 
93iftiatton3rat  ein  ganjeS  ©pfiem  oon  3Rafcregeln  auf,  toeldjje 
e3  in  tyrer  ©efamt^eit  ben  ©otteSfjäufern  ermöglid&en  f ollen,  bei 
SBaucrn  mit  freien  ©runbfiüdfen  unb  bei  Erbrechten  —  nur  biefe 
fdfjeinen  für  fidler  genug  gehalten  roorben  ju  fein  —  auf  SürgfdfjaftS* 
ftettung  ju  oerjidfjten.  25afj  ber  SDarlefjenSbegeljrer  einen  orbentltd&en 
©d&ulbbrief  errieten  unb  barin  fein  Sermögen  oerfdfjreiben  fott,  ift 
ju>ar  nidfjt  neu,  benn  ba3  oerftanb  fidf)  a\xä)  nadfj  ben  Sorfdfjriften 
oon  felbft.  2lucJj  ba&  bie  (Sljefrau,  roeldfje  bem  9Jianne  ein  ©runb* 
ftüd  angeheiratet  unb  fidfj  als  Sßitioenftfc  bie  £älfte  baoon  aus* 
bebungen  ober  toetd&e  oon  tyrem  SDlanne  bie  Hälfte  feines  ©runb* 
beftfceä  afe  SBiberlage  (&eirat$gutau$jeigung)  jugefdjjrteben  erhalten, 
auf  i§re  „toeiblidjjen  gretljetten"  oerjidfjten  follte,  toiberfpradfj  nid&t 
ben  ^errfd^enben  ©emo^n^eiten ,  unb  bie  ©sjeptton  ber  ©ut3l)älfte 
oon  ber  i&aftung  märe  ber  £enbenj  nad&  ©idfjerftellung  ber  Äird&en* 
fapitalien  ftradfe  jutoiber  getoefen.  SDie  Sorfd&läge  betreffenb  An- 
gabe ber  causa  debendi,  SertoenbungSfontroHe  unb  3effa>n  ätterer 
Sorberungen  erf  lären  fidf)  au3  ber  Semäljung,  bie  3)arlel>en3bebingungen 
fo  ju  geftalten,  bafc  baS  frebitierenbe  ©otteäljauä  aller  iljm  nadfj  ber 
Sßrioritäteorbnung  jujteljenben  Sorteile  teilhaftig  fein  toärbe. 

©anj  neu  aber  ift  an  ben  Sorfdfjlägen  ber  Regierungen  unb  be£ 
SifUationSrateS 

3.  ber  ©ebanfe  ber  SerfdfjutbungSgrenje  unb  ber  @in* 
fü^rung  oon  ©d()ulbbüd&>m. 

a)  SDie  Regierung  SanbStjut  befürwortet  bie  Serfd(julbung8- 
grenje  einfach  ald  Mittel  jur  ©id&erung  ber  ©otteä Käufer  als 
©laubiger  („batmt  fte  mit  ober  o&ne  grunb^errlid^en  itonfenS  allejeit 
i&re  Serftd&erung  Ijaben  mögen")  unb  ber  ©runbljerren  („bamit 
bie  Untertanen  tyre  ©ered&tigfeiten  ju  ber  @runbl)errfdfjaften  Sßräjubij 
nid&t  onerieren  fönnen").  ®ie  Serfdjjulbwngagrenje  foH  barin  be* 
fielen,  bafj  eine  tlberfd&ulbung  be$  ©uteS  oer&ütet  wirb.    Site 


—    350    — 

SRtttel  jur  ©in^altung  bct  33erfdf)ulbung3grenje  tüirb  bie  polizeiliche 
gürforge  ber  Beamten  bejeid&net.  Samtt  bie  Seamten  imjianbe 
ftnb,  bie  ©infcaltung  ber  SerfdfjulbungSgrenje  audf)  gegen  bolofe 
©d&ulbner  ju  überwachen,  foQ  ein  ©djjulbbudfj  aufgerid&tet 
werben,  in  welkem  „bergleidjjen  Stallen"  ju  oerieidjjnen  wären. 

b)  SDie  Regierung  39urgl>aufen  beljanbelt  bie 5Berfd)ulbung3= 
grenje  al*  ÄompenfattonSgegenftanb  gegen  ben  83erjtdfjt 
auf  Sürgenfiellung.  2)ie  SBerfd&ulbungSgrenje  foQ  bei  ber 
SßertS&älfte  liegen.  SfRittel  jur  S)urdSJfüf)rung:  „txn  ab* 
fonberltcfceS  [©$u&*]»u$\ 

c)  ©er  SBifitaiionSrai:  Qtotd  unb  $dl>e  ber  33erf  d&ulbungS* 
grenje  wie  adb.  S)er  3mecf  be$  ©d&ulbbud&eS  („abfonberltdfjeS 
SRegifler  ober  33ud(j  über  bergleid&en  ©Bulben")  ift  aber  liier  ein 
roettergefjenber  unb  allgemeinerer  als  im  ©utadjten  33urgf>aufen, 
nämticij :  „bamit  man  fe^en  fann,  ob  unb  wie  bie  ©fiter  mit  ©dfjulben 
belegt  unb  ob  ba$  barletyenbe  ©otteä^auS  oerftdjjert  ift",  alfo  gan$ 
allgemein  bie  6rmöglidf>ung  einer  Kontrolle  über  ©Bulben? 
ftanb  unb  ©idfjerljeit.  — 

SBeldjje  praftifdjjen  folgen  Ratten  nun  bie  fd&limmen  6r- 
fafjrungen,  bie  ber  Btaat  in  bejug  auf  Verwaltung  ber  Äirdfjen* 
lapitalien  gemalt,  unb  namentlich  bie  an  pojitioen  SBorf dalägen  fo 
reichhaltige  ©r^ebung  bei  ben  33eljörben? 

©dfjon  ein  §albe$  Sa^r  oor  ber  Einleitung  ber  @rl)ebung  ^atte 
bie  SRentmeiflerinflrultion  oom  24.  S)ejember  1669 
(unter  3tff-  5)  auf  &a8  ßommenbe  mit  ben  SBorten  vorbereitet: 

„SBegen  SBerfidfjerung  ber  Äird&enfapitalien  fott  er  [ber  SRent* 
meijier  auf  feinem  Umritt]  bie  SDefrete  wof)l  beadfjten,  welche  wir 
wegen  ber  SBfirgf <$af t  unb  be$  grunbf>errttd(jen  Äonf enf e3  n  ä  dj  ft  e  n  3 
ju  oerorbnen  gebenfen,  mafcen  weber  ber  ÄonfenS  nodfj  bie 
SBürgen  fo  leidet  ju  bewirfen  ftnb,  folglidfj  ben  Äird^en  i§re  Äapitalia 
in  bem  3*df)fd&rein  liegen  bleiben."  SemerfenSwert  ift  audjj  folgenbe 
Seflimmung  ber  Sientmeiflerinftruftion  (3tff.  15):  3)ie  unndtigen 
SBrieferridfjtungen,  weldfje  nur  ben  Beamten  SRufien  bringen,  nämlid& 
burdjj  bie  wieber^otten  ©ebülpen,  bie  ©d&ulbner  aber  eben  beSljalb 
in  Äoften  ftfirjen,  foll  ber  SRentmeifter  abftetten. 

©nblidfr  unterm  5.  3Kärj  1672  würbe  bie  in  »uSfid&t  gepeilte 
SBerorbnung  erlaffen. 

3n  ben  Seftimmungen  fönnen  bie  ©puren  ber  SBorfdfjläge  ber 
Regierungen  (namentlich  ber  93urgl>aufener)  unb  be$  93ifitation$rateS 
bis  auf  ben  SBortlaut  oerfolgt  werben. 


—    351    — 

1.  SDie  Untertanen,  wel<$e  ein  anlegen  oon  ben  ©otteSljäufern 
begehren,  foffen  audlj  ffinfttg  in  atteweg  angewiefen  werben,  Bürgen 
ju  fletten;  matt  fott  fte  ermahnen,  bog  fie  ft<$  angelegentlid&ft  ju  ber 
Ätrd&en  bejferer  SBerftd&erung  um  Särgen  bewerben  unb  tynen  fo 
biefe  Sttrt  oon  Äaution  jumuten.  „SBürbe  aber  etwa  einer  ober  ber 
anbete  mit  ber  SBfirgfdjaft  nidjt  auffommen  fönnen,  ha* 
gegen  mit  @ut  *  unb  Nennwert  alf o  angef effen  fein,  bafc  feine  ©üter 
über  bie  fcälfte  nid&t  obäriert,  folglich  bei  tym  einiger  SBerlujt 
öermutlidj  nid^t  ju  beforgen  märe",  fo  fott  tym  ba8  begehrte  2fa* 
leiten  otyne  3umutung  einer  Sürgenjiettung  gegeben  merben;  jebodfj 
fott  bem  frebitierenben  ©otteSljauS  „®ut,  §ab  unb  gafjrnte"  be3 
©djulbnerS  oer^ppot^ejiert  unb  oerfdfjrieben  merben,  unb 
in  bie  ©djulbobligation  f ollen  ber  93erjtd)t  ber  ©fyefrau  auf 
it)re  2tnfprfl<$e  unb  greifjeiten,  fomie  bie  causa  debendi  aufgenommen 
merben. 

2.  ©3  ifl  „ein  abfonberltdjeS  ©dfjulbbudj  auf  Juristen,  barin 
ber  Untertanen  ©Bulben  unb  Vermögen,  bie  ©eredfjtig* 
feit  ityrer  ©üter,  ob  fte  namltdf)  ©rbredjt,  Seibgebing,  t>er* 
anleitete  greiftift  unb  was  bergleidfjen  fein  mag,  orbentltdj  be- 
fd&rieben  feien,  au§  roeldjem  leid^tlid^  abjunetymen  unb  ju  ermeffen 
fein  mirb,  toa$  unb  wie  oiel  einem  foldjen  Untertan  oorju* 
leiten  fein  mödfjte,  weldjeä  alles  gar  wo^l  auö  ben  im  nädfjft 
jurüdtgelegten  3fal>re  allenthalben  aufgeridjteten  neuen  ©teuere 
befd&reibungen,  Sftegiftern  ober  Sßrotof ollen  ju  wiffen". 

3.  ©in  neuer,  berechtigter  ©efid&tSpunft  tritt  in  ber  Slnforbe* 
rung  an  bie  ©eridjtsbeamten  tyeroor,  bei  ©träfe  ber  Emotion  „Ujre 
fleißige  2lmt$obftdjt  unb  Qnfpeftion  auf  bie  oerfdjwenberifdjen 
ober  ben  ©otte$l)äufern  ju  StadjteÜ  unb  ©djaben  ^aufenben  Unter* 
tanen"  ju  rieten. 

4.  SBirb  ein  Untertan  feinen  ©laubigem  ,,ju  ©djaben  ^aufenb" 
erfunben,  fo  bafc  „bei  iljm  ba$  ©otteSljauS  in  wirflidjer  33erlufiigung 
unb  ©efa^r  ftefjen  würbe",  fo  fott  gegen  tljn,  anberen  jur  2Barnung, 
„gleidj)  alsbalb  mit  ©ant  unb  $fanb  unmittelbar  oer* 
fahren  werben" *. 

5.  3)er  grunbtyerrlid&e  Äonfen*  fott  nadfj  unferer  SJerorbnung 

1  2Ke  SJerorbnung  ge$t  in  biefem  $un!t  mit  i(ren  Äonjcffioncn  weiter  rote 
baS  öurgfraufener  ©utacfcten.  2>iefe*  fjatte  ©erlangt,  ba&  ber  ©efud&fteHer  »mit 
eigenen  ober  (grbrecfttdgütern*  oerfe$en  fei. 

8  SDiefer  Bppett  richtet  ft<$  gegen  bie  hergebrachten  ®$e!ution*t>erf  a}fcppungen 
(6.  169). 


—    352    — 

jwar  ein  „notmenbtge*  SRequifitum"  bleiben,  er  foU  aber  „o&ne  5Dar- 
gebung  einigen  3BUlen$gelbe$  unb  nidjjt  gegen  gewiffe,  audj 
leibentltd&e  Eajre,  gef Zweige  benn  gegen  eine  fo  übermäßige  93er- 
eljrung  oon  6,  7,  8  biä  ju  10  unb  me&r  9teid[)3talern,  weldfjeS  al& 
ol>nebieS  bem  armen  Untertan  fo  befd&werltd)  als  unerjwinglidj 
gänjlidfj  abjuftetten",  erteilt  werben,  wie  fdjon  in  ber  Sßolijetorbnuna 
oorgefe&en. 

6.  Ob  ber  ÄonfenS  jur  aufnähme  oon  Äird&engelbern  in- 
definite ober  ad  certum  tempus  ju  erteilen  fei,  foQ  ber 
„SBtttfür"  be$  ©runbfjerrn  anljeimgefiefft  bleiben,  — 

33eoor  wir  bie  SBerorbnung  Dom  5.  2Jtörj  1672  einer  33eiradjiung 
unb  Beurteilung  unterbieten,  mäjfen  wir  bie  %xa$t  beantworten,  wa£ 
unter  ben  sub  ßiff.  2  ber  SBerorbnung  erwähnten  „neuen  ©teuer- 
befd&reibungen  ober  SRegiftem  ober  Sßrotof ollen"  §u  oerfleljen  ifl. 

3Rit  biefer  grage  fommen  wir  auf  eine  jwetie  SReitje  oon  2tn* 
föfcen  }ur  ©infü&rung  oon  ©d&ulbbüd&ern.  Öffentliche  ©djulbbü<#er 
Knnen,  bie  ©<$ulbbü(§er  unferer  9ieformprojefte  fonnten  zweierlei 
3  werfe  oerfolgen. 

1.  Spolijetlidjer  3roe(f :  SSer^inberung  oon  Überf  djulbung, 
©i<#erung  ber  ©in^altung  ber  SBerf  d&ulbungagrenje ,  ©id&er&eit  ber 
©laubiger  unb  be$  ©runbljerrn. 

2.  gtäfalifd&er  3roedf:  ©rmöglid&ung  ber  fteuerli<$en 
©rfaffung  ber  ©d&ulbforberung.  2)en  SBorfd&lag  ber  SanbfdjaftS* 
oerorbneten,  1658,  ein  &auptbudj  anzulegen,  in  weldjeS  alle 
[5paffiO']Äapitalien  ber  un befreiten  Sßerfonen  einjutragen  wären, 
jjaben  wir  fd>on  ©.  96  erwähnt.  SRur  ber  unbefreiten  Sßerfonen: 
benn  bie  ©tänbe  waren  oon  ber  ©teuerpfiidfjt  epimiert.  Umfaffenber 
war  ber  Sßlan,  mit  bem  bie  Regierung  auf  bem  ßanbtag  non  1669 
Ijeroortrat.  3)er  gürft  erflärt  e3  für  gut  unb  nüfelidj,  bafe  ein  @e* 
bot  ober  ©tatut  gemalt  werbe,  „fünftig  ofjne  einigen  Unter* 
f<$ieb  ber  Sßerfonen  feine  ftapitalia  me&r  für  pfanbmäfetg  ju 
erlennen,  e$  feien  benn  biefelben  oor  ber  orbentlidjen  Dbrigfeit,  unb 
in  specie  oon  ben  abeligen  Sßerfonen  bei  ben  ^Regierungen  unb  bem 
jQofrat1,  infinuiert  unb  in  ein  orbentltdjeS  äRatrüel  ein* 
getragen  worben".  ©o  fönnte  man  leidet  auf  bie  ©teuerster * 
jie&ungen  fommen,  weil  bie  liegenben  ©üter  fidj  oljnebieS  nidjjt  oer* 
bergen  liefen,  unb  e3  fidfj  gemeiniglidfj  nur  um  bie  SBer&e&lung  be£ 
©infommenS  oon  aufliegenben  Kapitalien  tyanble  (Sanbtag  237).  2)ie 


1  9Ufo  2luf§e6ung  ber  ©iegelmä&tgfett  bei  ber  ©gpoiljefen&eftellung ! 


—    353    — 

©tänbe  bejubeln  biefen  SBorfd&lag  fe^r  fd(jlau:  jte  tun  nämlidj  fo, 
als  roemt  er  ftdjj  auf  fie  mdjjt  mitbejöge  unb  bitten  nur  —  um  mdjt 
oor  eine  ooHenbete  £atfad&e  gefieHt  ju  werben  —  oor  Ausfertigung 
beS  Statuts  ü)r  ©utad&ten  einju&oten  (©.  251).  2)er  gfirft  er« 
nribert,  baJ3  er  baS  oorgefdjjlagene  statutum  „nidijt  nur  auf  bie* 
jenigen  Sßerfonen,  metd^e  ben  breien  ©tänben  nid[jt  beigetan  jtnb, 
fonbern  propter  publicam  utilitatem  universaliter  oerftelje  unb 
für  gut  befinbe"  (6.  256).  Qn  ber  SCat  $ätte  ein  ©d&ulbbudjj  mit 
SnjtnuationSäioang  fär  alle  Staatsangehörigen,  mit  6infdf)lu| 
beS  SlbetS  unb  ber  übrigen  ©iegelmäfcigen,  fdjjon  beStyalb 
einen  unfd&afcbaren  2Bert  gehabt,  weil  es  audfj  ju  ben  oben  er* 
mahnten  poltjeilidfjen  3^ecfcn  fjätte  bienen  tonnen.  Qnbeffen  liefe  bie 
Regierung  tyren  Sßlan  fallen  ju  gunflen  einer  fmanjpolittfdfj  toeiter- 
greif enben  SWafmafime :  einer  Reform  ber  ©teueroeranlagung  \  ©düon 
im  barauf  folgenben  3fafjre  (1670)  eröffnet  nämttdd  ber  fturffirft  ben 
SanbfdfjaftSoerorbneten,  eS  fei  befdfjloffene  ©ad&e,  jur  &erfteßung  einer 
größeren  ©tetd^^ett  ber  ©teuerbe(egung  eine  burd&ge&enbe  neue 
©teuerbefdfjreibung  oorjune&men  *.  Unterm  11.  2Wärj  1671 
erging  an  bie  unteren  Se^örben  ber  39efe$l,  mittete  beigefdjjloffener 
Fragebögen  (Qnterrogatorien)  baS  fteuerbare  SBermögen  iljrer  Unter» 
gebenen  (alfo  nid^t  ber  Sanbftänbe,  weil  biefe  fieuerfrei)  ju  fpeji* 
fijieren8.  (Sine  grage  lautete:  „2BaS  er  [ber  Gefragte]  für  oer* 
briefte  ober  unoerbriefte  ©Bulben  herein  ober  Ijin* 
aus  [b.  f).  gorberungen  ober  ©Bulben]  .  .  .  Ijabe  unb  oon  toaS 
3 ei t  biefelben  unb  oon  toem  auf  bie  @üli  fommen  ftnb"  [b.  f). 
33eginn  ber  SBerjinfung  unb  SRame  beS  ©läubtgerS].  S)aS  Unter* 
nehmen  fanb  aber  „an  mandjen  görmlidjjfeiten  Sfaftofc  unb  lata  bann 
balb  toieber  ins  ©todfen"4.  S)ie  ©teuern  mürben  in  ber  golgejeit 
teils  nadfj  ber  älteren  ©teuerbefdfjreibung  oon  1593,  teils  nadjj  ber 
oon  1671,  teils  nadfr  einer  fpäteren,  aber  ebenfalls  unooQenbet  ge- 
bliebenen oon  1721  [©d&metjle  ©.  359]  erhoben  (Äreittmapr,  ©amnu 
lung  ©.  152). 

SRad>  biefer  äbfd&toeifung  jur  ©teuerbefdjreibung  oon  1671  unb 
tyrer  SBorgefdfjid&te  lehren  mir  ju  unferer  SBerorbnung  oom  5.  SRärj 
1672  jurfidf. 

1.  »IS aRittel  jurSWilb er ung  beS  »firgfd&aftSjtoangeS 

1  Über  bie  Steuerveranlagungen  (©teuerbefäretbungen)  f.  o.  ©.  178. 
9  3?re»berg  I  181. 

8  *Rün$ener  6taattMMü>t$ef  2°  Bav.  960  V  31  (fcrutf). 
4  grenberg  I  196. 
Coftcn,  ©erfäulbung.  23 


—    354    — 

wirb,  entfpredfjenb  ben  SBorfdjjlägen  ber  Regierung  33urg!>aufen  unb 
be$  3Stfxtation3rate$,  eine  Slrt  tum  inbirefter  Serfd&ulbungS- 
grenze  eingeführt.  Sie  Säuern  fallen  im  allgemeinen  bie  greiljeit 
Ijaben,  iljre  ©üter  über  bie  fcälfte  be*  SBerteS  mit  ©Bulben  ju 
befd&meren,  aber  ba£  SRafftalten  in  ber  aufnähme  non  ©Bulben  foü 
baburdfj  begünftigt  unb  geförbert  werben,  ba&  man  t>on  ber  Stellung 
von  Särgen  abfielt ,  menn  bie  SBerfdfjulbung  bie  &älfte  be$  ®ut& 
toerteä  ntd&t  überf freitet l. 

2.  3n  ber  »erorbnung  vom  5.  2Rärj  1672  wirb  ben  ©d&ulb  = 
b  ü  $  e  r  n  eine  triel  mistigere  unb  f  elbftänbigere  Stellung  eingeräumt, 
nrie  in  ben  ©utadfjten.  Site  S^edf  ift  nidfjt  meljr,  toie  bei  ben  @ut= 
ad&ten  SanbSljut  unb  Surgfcaufen,  bie  Kontrolle  über  bie  ©inljaltuttg 
ber  SBerfd&ulbungSgrenje  angegeben,  fonbern  nadjj  ber  Qntention 
ber  Serorbnung,  bie  in  biefem  $unft  eine  änregung  be3  93ifttatwnS^ 
rateS  weüerbilbet,  fottte  burdfj  bie  '©dfjulbbüdjjer  ben  ©laubigem 
bie  SKöglid&fett  gegeben  werben,  überhaupt  bie  ^rage  ber 
Ärebitgeioä&rung  nadj  ob  unb  rote  oiel  ben  Umflänben  ent= 
fpredjjenb  ju  entfdjjeiben.  SBäljrenb  ferner  in  ben  ©utad&ten  nur 
an  eine  beftimmte  Älaffe  tum  ©laubigem,  bie  ©ötte3&äufer,  gebaut 
rotrb,  finbet  ftdf)  oon  einer  berartigen  Sefdjjränfung,  toaS  bie  ©djjulbs 
bttd&er  betrifft,  in  ber  SBerorbnung  feine  ©pur.  Unb  obwohl  auf 
bie  anbere  in  ben  ©utad&ten  enthaltene  Sefdjjränfung,  bafe  bie  ©d&ulb- 
büdjjer  nur  für  bie  bei  ben  ©otte£i)äufern  aufgenommenen  ©Bulben 
[„bergleidfjen  ©Bulben"]  obltgatorifdjj  fein  fott,  fein  grofjeä  ©emid&t 
ju  legen  ift,  weil  ©d&ulbbüdfjer  nur  bann  einen  ©inn  §aben,  roenn 
fämtltdfje  ©dfjulben  ober  menigftenS  fämtlid&e  ©arleljenSfdfjutben  barin 
aufgenommen  werben,  fo  mu§  bodf)  Ijeroorgeljoben  werben,  bajj  audfj 
biefe  Sefdfjränfung  in  ber  SBerorbnung  fallen  gelaffen  ift. 

@in  jweiter,  feljr  großer  gortfd&ritt  ber  SSerorbnung  über  bie 
©utad&ten  l)inau3  liegt  in  bem  Umftanb,  bafj  nadfj  ber.  SBerorbnung 
uom  5.  SRärj  1672  nidfjt  nur  bie  ©Bulben  im  ©djulbbudj)  oermerft 


1  ©ine  foldje  SJerfdJuIbungSgrenje  beftanb  bereite  im  benachbarten  @alj* 
bürg  ,  unb  »ielleid&t  §at  biefeS  SSorbtlb  in  Sanern  anregenb  gewirrt.  Xie  falj* 
burgifd&e  33efiimmung  lautet  etwa :  Äein  Untertan,  beffen  jum  ?fanb  anerboteneS 
@ut  mit  (Sinred&nung  ber  auöftänbtgen  3wfen,  $errfd&aft8forberungen  unb  ber 
mit  einer  ftiQfgroeigenben  £öpot$e!  oerfe&enen  Sortierungen  über  ben  falben 
Söert  nidjt  belaben  ift,  fott  n>iber  feinen  SSHUen  )ur  Stellung  von  Särgen  an» 
geftrengt  werben  (fonbern  bie  $»potf>efenbeftettung  fott  genügen)  (3«uner,  ©afo* 
burgtföe  £anbe3gefe$e ,  1785  r  I  34,  Serorbn.  von  1654  unb  1655).  Über  bte 
birefte  SJerfd&uttmngSgrense  be3  ©aljburger  unb  banerifdjen  ftedjteS  f.  ©.  141. 


—     355    — 

■werben  füllten,  fonbern  audfj  baS  Vermögen  ber  Untertanen,  nament* 
Udfj  baS  unberoeglid&e  Vermögen  (bie  ©runbgeredfjtigfetten).  ©a« 
mit  erft  war  eine  notroenbige  VorauSfefcung  gefd&affen  jur  ©rretdjjung 
beS  3^dEeS  ber  ©d&ulbbüd&er.  $enn  bie  ©id&erl)eit  beS  ©laubiger« 
$äugt  nid&t  nur  oon  ber  ©umme  ber  bereits  beftetyenben  ©Bulben 
ab,  fonbern  audEj  von  ber  ©röfee  beS  2WttooermögenS.  33  aS 
©d&ulbbudjj  follte  alfo  ©runbbud)  fein.  Site  ©runblage 
jur  ißerftettung  ber  ©d&ulb*  unb  ©runbbüd&er  foHten  bie  ©teuer« 
befdfjreibungen  oon  1671  bilben,  toeldfje,  wie  wir  gefeljen  tyaben,  ntdfjt 
nur  baS  2tftiooermögen  ber  Untertanen,  fonbern  audlj  bie  Sßaffto= 
fapitalien  nebft  3)atum  unb  Benennung  ber  ©laubiger  enthielten. 

£ro|  biefer  Verbefferungen  gefjt  aus  ber  lafonifdfjen  gaffung  ber 
©dfjulbbüdfjeroorfd&rift  in  ber  Verordnung  oom  5.  3Rärj  1672  bodfj  Ijer* 
vor,  bafc  bie  baperifdfje  Regierung  in  einer  großen  QHufion  über  bie 
©<$roierigfeiten  eine«  folgen  Unternehmens  befangen  war.  3n 
ber  %al,  bie  SGaioität  Ijat  etroaS  Äomifd&eS,  mit  ber  man  bamalS 
glaubte,  nur  eines  geberftridfjeS  ju  bebürfen,  um  im  ganjen  Sanbe 
ißppotljefenbüd&er  erflehen  ju  laffen.  3)af}  es  nötig  mar,  oor&er  ge= 
totffe  organifatorifd(je  Vebingungen  ju  erfüllen  unb  eine  Steige  oon 
©treu*  unb  VolljugSfragen  ju  entf Reiben,  bie  mit  ber  ©infüljrung 
tum  fctjpotljefenbüd&ern  auftauten  mußten,  erfannte  man  md&t,  unb 
es  beburfte  einer  jafjrljunbertlangen  @rfal?rung,  um  ju  biefer  gefefc* 
fleberifdfjen  SReife  ju  gelangen.  SDaju  fam,  bafc  bie  ©fiterbefdjjreibung, 
auf  bie  man  bie  neuen  ©d&ulbbüc&er  ftüfcen  wollte,  nidfjt  jur  Voll* 
enbung  gelangte.  35aS  ©todfen  ber  einen  Reform  fd&eiut  audjj  auf 
bie  anbere  lä&menb  eingerotrlt  ju  Ijaben.  2BenigftenS  &ören  mir  in 
ben  nädfjfien  90  Qaljren  nid&tS  oon  etma  befte&enben  ©d&ulbbüd&ern 
ober  oon  neuen  Verfudfjen,  fold&e  einjufüfjren,  unb  baS  ©Reitern  beS 
VerfudjjeS  von  1672  fjat  jebenfaUS  au<$  bie  Veftimmung  über  25tS* 
penS  oon  ber  Vürgenfteüung  iQuforifd^  gemalt. 

3.  SBä&renb,  'rote  mir  gefeljen  Ijaben,  in  ber  Vürgenfrage  unb 
in  bem,  toaS  bamit  juf ammenljängt ,  bie  Verorbnung  oom  5.  3Jförj 
1672  bie  vorausgegangenen  ©utadfjten  nodjj  übertrumpft,  legt  fte  fti) 
bem  ÄonfenSred&te  gegenüber  eine  grofce  3ieferoe  auf.  Stoiber* 
feitS  mar  bei  ber  ©d&onung  beS  ÄonfenSredjjteS  baS  ganje  SReform* 
unternehmen  jur  Unfrudfjtbarfeit  verurteilt,  unb  barauS  erllört  es 
ftdf),  bafe  bie  Verorbnung  oon  1672,  trofc  ber  tnterejfanten  gutad&t= 
liefen  Vorarbeiten,  im  ganjen  bodjj  einen  bürftigen  ©ütbrudf  madjt. 
9Wan  bef$ränfte  fid^  barauf,  ben  2Wijjbraud&  beS  ÄonfenSred&teS  jum 
founbfooielten  SRale  ju  verbieten,  unb  rüljrenb  wirft  ber  babei  ju= 


—    356    — 

tage  ttctenbe  DptimiSmu«,  inbem  man  trog  ber  jaljlreidjen 
roibrigen  (Erfahrungen  mit  biefem  papternen  aKittel  einen  ©rfolg  er* 
ringen  ju  formen  glaubte.  3)aju  fam,  bafj  ber  Unfug,  ben  ÄonfenS 
nur  für  einige  3al>re  )u  erteilen,  um  ju  roiebertyolten  SBtolen  ba£ 
2BiHen«gelb  erpreffen  ju  fönnen,  nid&t  nur  ni$t  abgejiettt,  fonbera 
fogar  auäbrüdlidj  fanttioniert  mürbe. 

$urd&  alle  biefe  Umftänbe  faf>  ft$  ber  Staat  au«  ber  9b>He 
eine«  ffl&nen  Reformator«,  bie  er  einnehmen  ju  fönnen  gehofft 
Ijatte,  in  bie  eine«  eifernben  Sßrebiger«  gebrängt. 

III. 

3u  ben  fünften,  roeldfje  bei  ber  Siegelung  ber  Sejieljungett 
jwifdjen  ben  ©otte«ljäufern  al«  ©laubigem  unb  ben  bäuerlichen 
©runbbeftfcern  al«  ©d&ulbnern  ju  berfldffidjjtigen  maren,  gehörte  audfj 
ber  S5arleljen«üertrag ,  b.  ^.  feine  tedjnifdje  ©inridfjtung  unb  bie 
3)arleljen«bebingungen.  ©dfjon  bei  ber  ©r^ebung  von  1671 
waren  toertootte  33efferung«üorfdSJläge  in  biefer  Stiftung  gemalt 
roorben,  namentlich  oon  ber  Regierung  33urgljaufen.  S)ie  3lu«* 
geftaltung  unb  gortbilbung  be«  3)arlel)en«t>ertrage$ 
bilbet  t>on  ba  ab  einen  Seil  be«  ftaatltdfjen  SReformprogramme«. 

3m  Saljre  1680  Ijatte  bie  5Bifitation«fommiffton  im  $fleggerid&t 
2öolfrat«ljaufen  ein  ©d&ulbbriefformular  aufgestöbert, 
ba«  ber  Pfleger  ^o&ann  3Widfjael  SÄetdfjmein  abgefaßt  unb  jur  33e* 
fdjjleunigung  ber  2lu«fertigung  ber  ©dfjulbobligationen  in  2)rucf  ge« 
geben  Ijatte.  2)ie  gaffung  be«  gormular«  fd^cint  mufierljaft  gemefen 
ju  fein,  benn  bie  SBifttation«fommtffum  ermunterte  ben  Pfleger,  ein 
©jemplar  bem  geiftlidjen  9iate  einjufenben.  3)ie«  erfahren  mir  au«- 
bem  Seglettfdfjreiben  be«  Pfleger«  »om  28.  3lugufi  1680. 

35a«  in  ben  Slften  beftnbliclje  2Bolfrat«baufener  ©rudfformular 
ift  iuriftifdfj  al«  2)arlefjen,  ntdfit  al«  ©ültfauf  ju  d&arafterifierenA 
menn  audfj  ba«  SBort  ©arleljen  üermteben  ift.  3)a«  gormutar  ent* 
Ijält  bie  SBereinbarung  beiberfeitiger  halbjähriger  ftfinbigung,  bie  33e* 
ftellung  einer  ©eneratyppot^ef,  bie  ßonftatterung  be«  erteilten  Äon* 
fenfe«,  SfirgenfteBung  nebft  ©eneralfjtjpotljef  unb  aSerjtd&t  auf  bie 
3ted&t«n>oljltaten  be«  Särgen,  bie  9tfidfgriff«f  laufei  nebft  ©eneral* 
fjppot^ef,  ben  SSerjid&t  auf  bie  9?edfjt«rooI}ltaten  ber  (Sfjefrau  unb  bie 
Äonftatierung  ber  SRed^t«bele^rung  ber  le|teren. 

©er  geiftlidfje  9tat  übermittelt  unterm  19.  gebruar  1683  ba& 
3Bolfrat«f)aufener  gormular  ber  &offammer  mit  bem  Semerfen: 
SBerot  bie  Ätrd&enbrtefe  gebrudft  merben,  fo  fönnen  Diele  geiler  t>er* 


—    357    — 

tnteben  werben,  inbem  fonft  mondfje  notwenbige  Ätaufeln  oon  ben 
©erid&töfd&retbern  weggetaffen  werben. 

S)ie  ißoffammer  erftärt  unterm  80.  $)ejember  1683  tyr  ©in* 
tjerftanbnte.  ©egen  ba3  SßolfratSljaufener  Formular  beftefje  fein 
Siebenten,  jebodfj  folle,  wenn  e3  ft$  nid&t  um  bar  geliehenes  ©etb, 
fonbern  um  eine  übernommene  ©dfjulb  tyanbele,  „jur  SBerljütung  ^aller 
SSerlufte  bei  ben  ©anten"  bie  „clausula  sine  novatione"1 
fcetgeffigt  werben. 

63  würben  benn  audfj  tatfädfjltd(j  500  ©jemplare  gebrudft  unb 
je  1—2  ©jemplare.  an  fämtlidjje  ttnterbefyörben  be3  Sanbeä  tyinauS* 
gegeben  mit  bem  auftrage,  „alle  Ätirdjen=  unb  ©dfjulbbriefe"  barnadj 
brudfen  ju  lajfcn.  S)ie  ©rudflfoften  feien  au3  ben  ©dfjretbgelbern  ju 
bedfen.  Suf  bie  -ftoimenbigfeit  ber  clausula  sine  novatione  bei 
übernommenen  ©djulben  wirb  in  bem  ©enerale2  nodj  befonberS 
iiufmerffam  gemadfjt. 

35iefe  SBer&anblungen  jetgen,  bafc  bie  Regierung  ntd&t  nur  für 
bie  materielle  ©idfjerljett  ber  frebitierenben  ©otte^äufer  (Sfirgfdfjaft, 
^pot^e!,  ßonfenS,  SBerfdfjulbungSgrenje,  ©d&ulbbud&,  2luffid)t  über 
bie  SBerwenbung  ber  ©eiber,  Slufftd&t  über  bie  IfiberUdjjen  ©djulbner, 
©dfjärfung  be3  3lmtSgewijfen£)  beforgt  war,  fonbern  ba£  fie  au<§  auf 
bie  ©nfjaltung  berjenigen  Formalitäten  burdfj  bie  fttrdjen* 
Verwaltungen  bebaut  war,  o§ne  bie  felbft  bie  ftärffien  materiellen 
itautelen  fiel)  oft  wirfungSloS  erweifen.  @3  genügt  nidfjt,  bafc  formen 
aufgehellt  werben,  weld^e  bem  2)arlet>en3oertrag  jugrunbe  gelegt 
werben  foffen,  fonbern  bie  Regierung  fid&ert  au<$  bie  3)urd&fü&rung 
biefer  formen  bur<$  3lufftettung  unb  Verbreitung  eines  „SRormal* 
vertraget",  ber,  o^ne  ben  ©<$ulbner  ju  bebrüdfen,  bie  pefuniären 
Qntereffen  unb  bie  red^tlid^e  Stellung  beS  ©läubigerS  ju  f <$üfcen  ge- 
eignet ift.    SMefe  SDto&regel  war  bamalS  fd(jon  beSljalb  angebracht, 


1  SBenn  ber  (Srroerber  eines  ©uteö  eine  barauf  laftenbe  #npot§e!enfü)ulb 
mit  übernahm,  fo  pflegte  jtmfajen  bem  neuen  Seftfcer  unb  bem  ©laubiger  eine 
neue  ©a)ulbobltgation  errietet  ju  njerfcen.  $tefem  SJertragSinftrument  mürbe 
aber  bie  Äfoufel  (jinsugefttgt,  bafs  bie  barin  vertriebene  6c$ulb  nic^t  al«  neue 
6a)ulb,  fonbern  at«  bie  alte  ©tt)ulb  gelten  folle  (clausula  de  non  novando 
ober  sine  novatione).  $ie  beim  Starbeftyer  entftanbenen f>npot$efen  fyattm 
nftmlid)  ein  Duafifeparation*rea)t  bei  ber  ©ant  (©.  106).  2>er  ©laubiger  $atte 
alfo  ein  ftarfeö  Sntereffe  baran,  eine  Mnerfennung  barüber  fterbeijuf ü&ren ,  baft 
baö  im  neuen  Vertrag  Betriebene  $fanb  fein  neued  ?fanb  fei,  fonbern  ba* 
alte  unter  bem  SJorbeftfcer  errichtete. 

8  Entwurf  uom  19.  3Rai  1684. 


—    358    — 

roeil  ba*  geltenbe  $9potl>efenre<Ijt  bem  ©laubiger  fo  oiele  gaflftridfe 
legte,  bafc  nur  genaue  SRed&tSfenntmS,  Sßorfid^t  unb  @en>anbtf>eit  im 
2lbf  äffen  ber  Verträge,  ©rfa^rungen  in.  ber  ©erid&tS*  unb  Jtanjlei* 
prapS  ufto.  t>or  ©<$aben  behüteten. 

2)er  2)arle!)enSoertrag  oon  SBolfratSljaufen  ift  aber  aud?  beS^alb 
intereffant,  weil  er  le^rt,  bis  ju  weiter  garblofigfeit  baS  3)ogma 
oon  ber  3fa3fofiftfeit  beS  3)arle&enS  in  ber  graste  oerbtafct  toar. 
3)er  StypuS  eines  reinen  unb  netten  StorlefjenSoertrageS  ift,  wenn 
aud)  md&t  unter  biefem  tarnen,  x>on  einem  Sanbgerid&t  als  ©dfjema 
benufct  unb  oon  ber  B^tralfteQe  als  of fijieHer  ©d&ulbt>ertrag  beftimmt 
unb  empfohlen  roorben. 

IV. 

Durante  causa  durat  effectus:  Qm  3>af)re  1683  geljt  ba§ 
©piel  oon  neuem  loS.  ©in  an  bie  brei  Regierungen  SanbStjut, 
(Straubing  unb  Surgljaufen  gerid&teteS  ©enerale  vom  5.  Quni1 
fagt:  S)ie  Untertanen  unb  befonberS  bie  Särgen  fonnen  mit  bem 
grunbfjerrlidfjen  ÄonfenS  nidjjt  ober  nur  fd&roer  auffommen, 
weil  bie  ©runb^erren  iljn  oftmals  oerroeigem,  ba^er  finb  faft 
feine  Sürgen  mefyr  $u  befommen,  eS  ift  ju  beffird&ten,  bafe 
bte  Äird&engelber  o^ne  3^tt^  *m  3e(^f^re^n  Hegen  bleiben, 
unb  bie  armen  notleibenben  Untertanen  gar  IjtlfloS 
gelaffen  xo erben.  [©S  ift  immer  biefelbe  Sitanei:  -ftid&tauf* 
bringen  ber  ©tdjjerungSmtttel ,  SHangel  an  Ärebit,  SBrac^Kcgen  ber 
Kapitalien.]  ©in  £eil  ber  ©eridjjte  fjilft  fidfj  bamit,  bafc  man  fidjj 
forooljl  bei  ben  ©dfjulbnern  als  audEj  bei  ben  Sürgen  mit  ©eneral* 
Ijppot&et  oljne  grunbfjerrlidfjen  ÄonfenS  begnügt  unb  nur  bei  ben 
menigften  aWitoerfd&reibung  ber  ©runbgeredfjtigfeit  unb  Erbringung 
beS  grunb^errlidfjen  ÄonfenfeS2  verlangt.  3)aS  ift  aber  eine  fdfjled&te 
SBerftdfjerung  unb  Ijat  jur  golge,  bafc  bie  geliehenen  ftapitalien 
bei  ber  ©ant  in  ©efa^r  flehen  ober  gar  gu  SBerluft  gefeit 
muffen.  SlnberfeitS  oernefjmen  wir,  bafc  eS  MeSfaHS  in  praxi  an 
einem  £eil  ber  ©erid&te  gang  anberS  obferoiert  wirb  unb  bergleid&en 
Äirdfjenfdfjulben,  roennfd^on  bie  ©eiber  o^ne  ben  erforberltdfjen  grunb* 


1  ßon&ept.  Überfdjrift:  3Rar,  ©manuel  ©fjurfürft  an  bie  brei  Regierungen 
3U  SanbS&ut,  Straubing  unb  Surgljaufen.  Unter jd^rtft:  §offammerrat  3m  $of. 

2  2BörtIic§:  „weilen  bie  ©djulbner  unb  i$re  Jörgen  ifjre  liegenb  unt> 
fa^renbe  (Sueter  Mojj  in  genere,  bie  wenigeren  aber  tyre  ©ueter  mit  grunb$err* 
tfd&em  ßonfenS  t>erf ^reiben/ 


—    359    — 

Ijerrlidfjen  ÄonfenS  ausgeliehen,  bennodEj  bei  SBergantung  ber 
©üter  als  pfanbmäfeige  ©Bulben  in  bie  ad&te  ©teile 
gefegt  werben. 

©er  Auftrag  ging  baljin: 

1.  @S  foH  ein  ©utad^ten  erftattet  werben,  ob  bei  ißtnauS* 
leifjung  ber  Äirdjengelber  ber  grunbf)errlid(je  $onfenS  nadfj  ©eftalt* 
fame  beS  SlnleljenS  forooljl  oon  bem  ©dEjulbner  felbft  als  feinen 
Sflrgen  ober  oon  bem  ©djulbner  allein  ju  begehren,  ober  ob  bie 
©otteS^äufer  bei  ber  ©eneral^ppot^ef  oljne  grunbljerrltdfjen  ßonfenS 
genugfam  oerftd&ert  unb  bie  @ntleil)er  babei  ju  laffen  fein  möd&ten, 
ober  wie  es  [fonft]  fünfttg  bamit  ju  galten  [fei]". 

2.  @S  ift  ju  beridjjten,  ob  fie  —  bie  Regierung  —  in  praxi 
stricte  am  Sanbredfjt  unb  an  ber  SBerorbnung  oom  5.  SRärj  1672 
feft^alte  unb  —  im  SProjefj  —  auf  bie  -Rottoenbigfeit  beS  SBorliegenS 
beS  ÄonfenfeS  fotooljl  bei  bem  ©dfjulbner  als  aud()  bei  ben  Bürgen 
fpredjje,  ober  ob  fie  „bisher  bergletdfjen  Äird&enf Bulben,  wenn  audj  ber 
grunbljerrlid&e  ÄonfenS  babei  ermangelt,  jebennodfj  bei  ben  ©anten 
in  bie  ad&te  ©teile  gefefet  [l>abe]". 

35iefeS  ©enerale  jeigt,  baft  bie  SBerorbnung  oom  5.  3Jiärj  1672 
nidjjtS  genügt  fjat,  fonbern  bie  SJitfjftänbe,  bie  jur  ©rfjebung  oon 
1670  geführt  Ratten,  in  ooHer  ©dfjärfe  f  ortbejknben : 

SBenn  baS  ©otteSljauS,  baS  um  ein  Sarlefjen  angegangen  tourbe 
oolle  ©idjjerfjeit  oerlangte,  fo  mar  baS  3uftonbefommen  beS  $rebit= 
gefd&äfteS  in  $rage  gefieHt.  SWadfjte  baS  ©otteS^auS  im  Qntereffe 
ber  Untertanen  unb  im  eigenen  ^ntereffe,  jur  3Sermeibung  oon  3inS* 
oerluft,  Äonjeffionen  in  ber  SJedfungSfrage,  fo  mar  bie  ©inbrmglidfjs 
feit  ber  gorberung  gefäfjrbet.  2Benn  bie  Se^örbe,  um  biefeS  SDilemma 
ju  »erfüllten,  baS  ÄonfenSredfjt  beS  ©runb^errn  unbeachtet  liefe,  fo 
fonnte  jt<$  biefer  befdfjtoeren. 

2Bie  ben  richtigen  SBeg  finben  jroifd&en  biefen  fidjj  freu* 
jenben  Qntereffen  ber  ©dfjulbner,  ber  ©laubiger  unb  ber  ©runb* 
Ferren?  Sänge  3eit  oerging,  bis  eines  biefer  Qntereffen  als  ju  leid&t 
befunben  mürbe  unb  aus  bem  Problem  eliminiert  merben  fonnte. 
2)afe  aber  fdjjon  in  ber  jmeiten  §alfte  beS  17.  3aI?rf)unbertS  bie  batje* 
rifdjje  Regierung  ftdfj  bemühte,  einen  geredeten  SKuSgleidfj  fcerjuftellen 
jmifd^en  biefen  oerfdfjtebenartigen  ^ntereffen,  ein  fo  fdfjnnerigeS,  aber 
aud)  für  bie  ©ntmidflung  beS  ÄrebitS  fo  mistiges  Problem  ju  läfen, 
muj3  riiljmenb  anerfannt  werben. 


(Ergebniffe. 


§  21. 

SDen  &ifiorifern  ifi  bie  Xatfaty  geläufig,  rote  rafdj  Ijifiorifdjje  ©in- 
ridljtungen,  menn  fte  einmal  untergegangen  fxnb,  ber  ©rinnerung,  ja 
bem  33orfielIung$t>ermögen  ber  SWenfdjen  entfdjjminben.  1848  war 
mit  ber  grunbljerrlidfjen  SBerfaffung  audjj  ber  lefcte  SÄeft  beS  grunb* 
^errlidfjen  ÄonfenSred&teS  aufgehoben  mürben,  unb  nur  20  Saljre 
baroad)  fonnte  ber  SBerfaffer  einer  bamate  oiel  gelefenen  ©dfjrift2 
behaupten:  „2)ie  SRatur  biefeS  SBerljältniffeS  [ber  ©ebunben&eü  be$ 
bäuerlichen  ©runbbeftfceS]  brad&te  e8  mit  ficf),  bafc  ber  ©fiteroerfeljr 
ein  äufeerft  befd&ränfter  mar .  .  .  @ine  SMSmembratton  ber  größeren 
©üter  mar  beinahe  unmöglich,  unb  nod&  roeniger  tarn  eine  Selaftung 
beä  ©uteS  mit  ©Bulben  oor,  meil  Ijierju  ber  itonfenS  be£  ©runb* 
§erm  erforbert  mürbe  .  .  .  35er  Sauer  ber  bamaligen  Qext  tyatte 
aud(j  feine  SBeranlaffung ,  ©dfjulben  ju  madjjen  .  .  .  -Kur  jur  3luf= 
bringung  biefer  SIbftnbungSfummen  [bie  Slbftnbung  ber  ©efd&mtjier 
ift  gemeint]  mar  SBeranlaffung  jur  Kontrahierung  oon  ©<§ulben  ge- 
geben .  .  .  SDiefe  SBer&ältmffe  brauten  e3  mit  ftdEj,  bafc  eine  Über* 
fd&ulbung  eines  bäuerlid&en  2htmefen3  ju  jener  $ett  ju  ben  größten 
Seltenheiten  gehörte . . ."  2fad&  fonft  begegnet  man  häufig  ber  Stuf* 
faffung,  baft  bie  Serfd&ulbung  be$  bäuerlichen  ©runb- 
beftfeeS  erft  mit  ber  Slufljebung  ber  grunbljerrlidfjen 
SBerfaffung  beginne,  ja  baft  bie  Sauern  oorfjer  gar  nid&t  in 
ber  Sage  gemefen  feien,  iljren  ©runbbeftfe  mit  ©d&ulben  ju  belafien, 
meil  fte  feine  freie  Verfügung  barüber  befeffen.  ©er  ©runb= 
Ijerr  —  fo  mirb  meiter   argumentiert  —  mirb   fidfj   mo^l   gehütet 


1  2)ie  Siffc*n  in  edigen  JUantmern  weifen  anf  bie  ©teile  biefeS  33uc$e3 
$in,  n>o  baS  Skaliere  ju  finben  ift. 

9  SDie  Entwertung  ber  lanbrmrtfdjaftlidjen  ©üter  unb  bie  ßrebitfoftcjfett 
ber  bäuerlichen  S3eoö(!erung  in  ben  alibaperifdjen  Sßrooinjen.  Stnonijm. 
2Mn<$en  1867. 


—    361    — 

$aben,  bic  SBerfd^ulbung  ober  gar  bte  SBergantung  ju  geftatten,  im 
Qfntereffe  be£  $ofc«  unb  au$  obrtgfeitlidfjer  gürforge  für  bie  Untere 
tanen.  2)iefe  SBorftettung  muß  —  unb  ba$  tft  baS  crfte  ©rgebnte  biefcr 
©djrtft  —  afe  irrig  jurüdtgemiefen  werben.  S5ie  ^Bauerngüter 
ftanben  in  SBerfeljr  (in  commercio  sunt  —  ©fjltngenSperg)  [128]. 
SBenn  ber  Sauer  in  bie  SRotlage  tarn,  feinen  ©runbbeftfc  oerpfänben 
ju  muffen,  fo  ftanb  e8  nidf)t  im  freien  Selieben  be8  ©runbljerrn,  bie 
tBerpfänbung  ju  ^inbern  [141].  Sludfj  bie  SBergantung  eines  oer* 
yfänbeten  ©runbftüdfeS  mußte  ftdfj  ber  ©runbfjerr  gefallen  lajfen,  unb 
toer  3u^^g  an  ben  SWeiftbietenben  erfolgte,  oljne  baß  er  gehört 
mürbe  [148].  3)ie  Seräußerung,  Serpfanbung  unb  SBergantung  ber 
bäuerlidjen  ©runbgeredfjtigfeiten  mar  eine  „tägltd&e  ©rfdjjeimmg". 

SBeldfjer  9lrt  maren  nun  bie  ©d&ulben  ber  Sauern? 
*SMe  ftrage  nadjj  ben  llrfadfjen  ber  Serfdjjulbung  be$  bäuerlichen 
©runbbeftfeeS  mirb  in  ben  Duellen  nid&t  generell  beljanbelt,  benn  e3 
beftanb  nodfj  fein  Sntereffe  an  einer  tljeoretifc&en  Erörterung  be3  SBer- 
fd(julbung$problem3,  fonbem  e$  ftnb  immer  nur  etnjelne  33erfd&ulbung8= 
flrünbe,  bie  bie  Slufmerffamfeit  auf  ftd&  jie^en.  3m  allgemeinen  fann 
man  fagen,  baß  ber  ganje  Sebarf  be£  Säuern,  fein  ©elbbebarf  unb 
fein  Sebarf  an  Naturalien,  fein  ©tgenbebarf  unb  fein  Serf eljrSbebarf  \ 
jur  Serfdfjulbung  äfalaß  geben,  bie  ©tufe  be3  ÄrebitbebarfeS  burdjj* 
mad&en  fonnte.  ©d&ted&te  SermögenSlage  mirft  eben  auf  alle  ©ebiete 
beS  nrirtfdfjaftlidfjen  ßebenS  tyre  ©Ratten.  Sluemblad&er  fd&reibt 
(p.  230):  S5ie  Säuern  ftnb  gegenwärtig  größerenteils  (potiori  ex 
parte)  fo  elenb  baran  (tarn  miseri),  baß  fie  oljne  ©d^ulbenmad^en 
ittdfjt  imfianbe  ftnb ,  für  ftdjj  unb  tyre  gamilie  ben  notroenbigen  Se= 
barf  an  SebenSmitteln  (victum  et  amictum  necessarium)  aufju* 
bringen,  bie  ©teuern,  Kontributionen  unb  jä^rltdjjen  abgaben  ju 
jaulen  unb  il)re  ©runbftüde  anjufäen  unb  ju  bebauen.  &ier  tyaben 
wir  fd^on  eine  prinzipiell  mistige  Unterf Reibung :  ben  llnterfdfjieb 
oon  Sßrobuftiofrebit,  Jtonfumtiofrebtt  unb  ber  Ser* 
fdfjulbung  burdj>  abgaben.  @ine  anbere  Unterf dfjeibung  gibt 
un$  S3t.  XXI  4  an  bie  ißanb:  3)er  ©rtoerb  eine«  ©uteS  fann  ba* 
burdfj  jur  Urfad&e  ber  Serfd&ulbung  beS  Übernel)mer3  werben,  baß  er 
auf  bem  ©ute  laftenbe  ©Bulben  übernimmt  ober  au3  Sfolaß  beS  @r- 
»erb«  neue  ©Bulben  fontra^iert,  inbem  er  ben  ÄauffdfjiHing  fd&ulbig 
bleibt  ober  ben  SRiterben  ü>r  ©Itemgut  auSjufolgen  unterläßt.  2tu3 
biefer  ©teile  ge^t  Ijeroor,  baß  man  ben  Unterf djjieb  jroifd^en  ben 


8cr!e§r3bebarf:  taufönrirtfc$afiKt$cr  unb  Äbgabenbebarf. 


—    362    — 

fogenannten  SJeftferegulterungSfd&ulben  unb  ben  übrigen 
©djjulben  fdjjon  berüchtigte,    gaffen  mir  ben  ©utSerwerb   unb 
bie  au$  bem  ©utSermerb  füe&enben  2$erpfltd(jtungen  gegen  ben  ©tutib- 
Ijerrn  als  93erfd&ulbung$urfa<ije  jufammen  (33efi|fdjjulben),   fo 
fitanen  wir  biefer  bie  SSBirtfd^aft^fd^uIben  entgegenf  efcen ,  bie 
bei  bet  33erotrtf<$aftung  be$  ©uteS  entfielen  ober  burdf>  fte  oeranlafci 
werben.    ©in  föauptbetfptel  tyaben  mx  fdjjon  fennen  gelernt.    @£  ftnb 
bie  ©dfjulben,  bie  jur  33efd&affung  oon  ©amengetreibe  gemadfjt  werben. 
1649  bringen  bie  SanbfdjjaftSoerorbneten ,  um  ba3  ttnoermögen  be£ 
SanbeS  jur  Prägung  einer  neuen  ©teuer  ju  begrünben,  u.  a.  vor: 
„3ur  2lnfd(jaffung  oon  ©amengetreibe,  33iel)  unb  galjrmS  §aben  oiele 
[Sanbleute]  ftdfj  in  ©Bulben  geftedft"  (grepberg  I  108).    SDen  @§a* 
rofter  oon  STOeliorationSfrebit  mirb  biefer  33emirtfdfjaftungg- 
frebit  mo&l  feiten  gehabt  Ijaben,  weil  eigentliche  Meliorationen  faum 
oorgefommen    fein   werben.    &wax    lefen   mir   im    ©uiadfjten    be£ 
33ifttation$rate3  oon  1671,  bafc  bie  ©dfjulbner  bie  oon  i^nen  erbetenen 
Äird&enanle&en  communiter  jur  2Mtoration  tyrer  ©äter  (unb  33e* 
famung  iljrer  gelber)  oerroenbeten  [347],  aber  barunter  finb   feine 
■Meliorationen  in  unferem  ©inne,  fonbern  bie  Sßieberbemeiemng  ober 
©äter  nadjj  bem  Kriege,  bie  2Bieberf)erfteHung  abgebrannter  SBirt* 
fdjjaftSgebäube  unb  bergleidfjen  ju  oerfte^en.    ©ine  jQaupturfad&e  ber 
33erfdjjulbung  maren  nämlidj  ©lementarereigntffe  unb  fonftigeS  Un* 
glüdf ,  j.  33.  im  Äriege.    2ludfj  ber  aufjerorbentlidfje,  im  Ärebitmege 
ju  bedfenbe  33ebarf  an  ©aatgetreibe  mar  mol)l  meifienS  auf  SWife- 
madfjS,  alfo  auf  SRaturereigniffe,  jurüdEjufüljren. 

SKber  nid^t  nur  ber  ^robuftiofrebit,  fonbern  audfj  ber  Jtonfumtio* 
frebit  mar  jum  großen  £eil  SRotfrebit.  $mar  ifl  öftere  oon  ben 
oerberbltdjjen  2Birt3ljau3fdfjulben  ber  33auern  bie  Sftebe,  aber 
mäfjrenb  j.  33.  bei  ben  Slbeligen  bie  33erfd(jmenbung  in  ben  Duellen 
ate  eine  ißaupturfad&e  ifjrer  33erfdfjulbung  uns  entgegentritt,  mirb  afe 
&aupturfadfje  ber  33erfd(julbung  ber  33auern  gemeinhin  bie  !ftot  ge- 
nannt.  33ei  33luemblad&er  p.  230  lefen  mir:  $u  meinem  ftxoedt 
pflegen  bie  33auern  in  biefen  unglücf  feiigen  3^ten  (1661)  ©dfjulben 
ju  madfjen,  menn  ntdfjt  fjauptfäd&lidfj  jum  eigenen  Unterhalt  unb  bem 
Ujrer  gamilie?  SDer  Ärebit  mar  alfo  SDefijttfrebit,  jur  3loU 
burft,  mie  e3  in  ben  Urfunben  unb  Sßrotof  ollen  &etfrt,  merben 
©Bulben  aufgenommen,  jur  SebenSnotburft  ober  jur  SRotburft  oon 
&au3  unb'iQof.  @in  fotd&eg  Defijit  fonnte  fidf)  um  fo  leidster  ein* 
fteHen,  je  größer  bie  ©elbauggaben  maren,  je  meljr  ber  33auer  alfo 
in  bie  ©elbmirtfdfjaft  oerflod&ten  mar,  meil  Ijier  jur  Saune  ber 


—    363    — 

■Jtoturgeroalten  bic  £fi<fe  bcr  2)tarltoert)ältmffe  fidtj  ^injugefettte.  1669 
erflärt  ber  qSrälatenftanb  (©.  375) :  Sa  bereit  bic  ©elbmittel  beim 
armen  SauerSmann  roegen  SBoIjlfetHjett  be3  ©etreibeS  feljr  gering 
unb  fdjjledjjt,  fo  Ijat  er  fid(j  mü^famltd^  ju  erarbeiten,  bafc  er  bie 
jäljrlid&en  ©teuern,  ber  (Spalten  Siblöljne  unb  roaS  auf  &anbroerfer, 
fo  er  nidfjt  entraten  fann,  ergebt,  beifdfoaffen  unb  erf Urningen  fann. 
GS  ift  ba^er  begreif  lidfj ,  bafc  ber  Sauer,  menn  er  beim  33ejug  von 
SBaren  auf  ben  fiäbtifd&en  Warft  angerotefen  mar,  leidet  einem  un* 
geregelten  33orgmefen  verfiel.  9luf  bem  Sanbtage  oon  1605  fragen 
bie  ©täbte:  SBeldjjer  ©tabtbürger  mürbe  einem  SauerSmamt  um  1, 
2  ober  3  fl.  feine  SBaren,  6ifen,  %\xü),  Seber  unb  anbereS,  beffen  ber 
33auer3mann  nidfjt  entraten  fann,  borgen,  menn  er  üjn  ntdfjt  inner- 
halb ber  SRauern  arreftieren  laffen  fönnte?  [220]. 

älfo  ©teuem  unb  abgaben,  Sfteftf auf fd&ittinge  unb  (Srbabfinbungen, 
ftrieg,  SRifjernten  unb  ©lementarereigniffe,  ßofjnrfidfjlänbe,  ßerfc  unb 
83orgpojten  —  baä  ftnb  bie  gaftoren,  bie  ber  SBerfdfjulbnng  in  ber 
SRegel  jugrunbe  lagen,  ©in  Ijübfd&eS  33ilb  in  engem  Stammen  oon 
bem  3"fammenmirfen  ber  oerfd&iebenen  SBerfd&ulbungSurfac&en  bietet 
uns  folgenbeä  ©djjulbenoerjetdfjniS  aus  fiart^aufen1.  @3  ift 
jroar  fingiert  unb  aufterbem  aus  bem  @nbe  beS  18.  Qabr^unbertö 
(1797),  aber  mir  fönnten  fein  ttjpifdfjereS  ©dfjulbetfptel  mahlen,  mie 
btefeS  bodj)  IjalbmegS  autfjentifdfje  Sßfjantajteprobuft. 

35ic  Regina  SRumblm  oon  igartljauf  en  f agt  an,  f djjulbig  ju  fein : 

3)en  Sefuiten  Kapital  [SRotftanbäfrebit] 100  fl. 

3in3 30 

23er  SDirn  [Siblo^n] 30 

S)em  SBruber  granj  [©rbabfinbung] 250 

unb  meljr 14 

SDem  ©o&n  [SBatergut] 130 

SDer  £od>ter  [SBatergut] 100 

SDem  ©alluS 25 

3u  ©t.  Urfula 10 

3fafen 5 

S)er  gnfibigen  Jßerrfd&aft  [Slbgabenrüdtftanb] a    ....    100 


1  ÄreiSarflio  9Rün<$en  »riefprototoUe  350/346  fol.  336. 

8  darunter  ber  6tt)reibem>ifc:  9i  SR.  faßt  an,  fajulbtg  jiu  fein,  nämlia)  fo 
Diel,  a(*  fie  nic^t  im  Vermögen  t)at,  ic&  ljabe  hiermit  nur  bie  gfeber  auf  biefed 
t)or  100  Sauren  Diel  feinere  unb  beffere  Rapier  probiert,  unb  wenn  c«  no$ 
100  3a$re  im  1698er  »riefprotofott  liegen  bleibt,  fo  d*$(t  man  jufl  1897. 


—    364    — 

S)er  ©Ijarafter  ber  auf  bem  bäuerlichen  ©nmbbeftfc  iafienben 
©Bulben  entfpra<$  ber  bamaligen  SBirtfdjaftä Keife,  infolge 
Sor$errfdjjenS  ber  ©genprobuf  tion ,  ber9laturalroirtf<$aft  futb 
bie  beiben  ©eitert  be$  roirtfd&aftlidjjen  SebenS,  Sßrobuftion  unb  Jton* 
fumtion,  no<$  nid&t  fdjjarf  oonetnanber  gerieben,  bie  ©reiben  jroifd^en 
Sßrobuftiofrebit  unb  Äonfumtfofrebtt  fdjjmanfenb.  3)te  ©runblage 
ber  bäuerltd&en  Sffiirtfd&aft  ift  JgauS  unb  igof,  nid&t  ber  lanbmirt* 
fd&aftlidjje  Setrieb.  SDer  Sauer  ift  nidjjt  Sanbnrirt  oon  Seruf  ober 
gar  lanbnHrtfd&aftlid&er  Unternehmer,  fonbern  einfadf)  SB  irt.  @r  ift 
Äleingrunbbefifcer,  genauer:  Seftfcer  einer  ©runbgered&ttgfett, 
oon  ber  er  feinen  Unterhalt  jtetjt.  („2)er  Sauer  näfjrt  fid^  oom 
Sßflug".)  63  gibt  ba&er  nod&  leinen  Untertrieb  jmifdSJen  Ianbroirt= 
fdfjaftlidjem  itrebit  unb  perfönlidfjem  Ärebit  be3  @runbbefi|er3, 
jwifd&en  ©runbf Bulben  unb  Sßrtoatf Bulben ;  ber  2Igrarfrebit, 
aU  mirtfd&aftlid&e«  ©onberproblem,  §at  fid&  au£  ber 
©efamterfd&einung  be$  ÄrebitmefenS  nocjj  nidfjt  $er  = 
auägefdjjält.  SBenn  ber  bäuerliche  ©runbbefift  mit  ©Bulben  be= 
laftet  wirb,  fo  ift  e$  „ber  Sauer"  als  fojiale  Äategorie,  ber 
bem  ©laubiger ,  bem  $rotof oübeamten ,  bem  ©sefutionäorgan ,  bem 
über  ba£  ©djjulbredjt  beftimmenben  ©taat  gegenüberfteljt.  3)enn  ba£ 
t>or&errfdj>enbe  ftlaffenmerfmal  ifi  nod&  immer  bie  ©tanbeg- 
juge^örigfeit.  Sßid^t  bie  Sanbroirte,  bie  Äaufleute,  bie  £anb* 
roerfer  als  foldjje  roaren  t>erf  d&ulbet ,  fonbern  ber  Slbel,  ber  Särger- 
flanb,  überhaupt  bie  ©tänbe,  femer  bie  Sauern,  bie  „gemeinen 
Untertanen  auf  bem  Sanbe",  bie  ©efe&e  nid&t  ju  geben,  fonbern  ju 
nehmen  §aben. 

Stadfjbem  mir  f o  ba3  bäuerliche  ©d&ulbenroefen  im  allgemeinen  fürs 
d&arafteriftert  §aben,  motten  mir  bie  roid&tigften  Serfdjjulbung3  = 
urfad&en  einer  näheren  Setradfjtung  unterjieljen. 

I.    2)ie  9!lbQabtn  unb  ©teuern. 

3)ie  abgaben  unb  ©teuern  fonnten  auf  ba$  bäuerlidfje  ©d&ulbem 
mefen  ©influfc  üben  1.  als  Slbgabenrfldfftänbe,  menn  ftc  ber  Sauer 
fd&ulbig  bleiben  mufjte,  2.  mittelbar  als  Serfd&ulbungSurfadJje,  menn 
ber  Sauer  ein  ©arlefjen  aufnehmen  mufjte,  um  fie  ju  bejahen, 
3.  überhaupt  als  roirtfcljaftlidfje  Saft,  bie  bie  ausgaben  beä  Sauern 
erljöfjte,  fein  Sermögen  beeinträchtigte,  feine  SebenSfjaltung  üerringerte. 

Über  bieiQölje  unb  ben  brücfenben  G^arafter  ber  grunb- 
§errlid&en  abgaben  l>errfd£)te  nur  eine  ©timme.  ©d&mib  fagt  (ju 
S5R.  XXI  24  n.  24):   „@3  finb  fd&ier  alle  Sauerngfiter  in  unferem 


—    365    — 

SBaterlanb  mit  IjerrfdfjaftlidEjen  Sßräfiationen  fo  belaben,  bafc,  roemt 
ber  ©runbljerr  fold^e  mit  eigenen  SDienftboten  bauen  mollte,  er  nadjj 
21b jug  ber  Unfoften  fo  oiel  nidjjt  junt  ©eminn  t)aben  fann,  als  bie 
lä^rltd&e  ©alt  auswirft".  ©IjlingenSperg  p.  15  f dfjretbt,  baß  ben 
33auero  „annui  canones  satis  magni  et  fructibus  aequantes 
correspondentesque  imponuntur".  SDaS  ©ültnadjjlafcmanbat  t>om 
23.  gebruar  1635  gibt  ju,  ba&  bie  UrbarSgüter  an  mannen  Orten 
fr>  übergfiltet  finb/  bafc  fte  bie  ifi&rlidfjen  ©ülten  nid&t  erf Zwingen 
fönnen. 

SDte  grunb^errlidfjen  abgaben  maren  na<$  ©egenben  unb  $err* 
fd&aften  oerf Rieben l,  meil  ftdfj  i^re  3lrt  unb  ©röfce  nad&  bem  J^er* 
lommen  ridjtete.  3Kan  unterfd&ieb  ©tifte,  b.  f).  ©elbabgaben,  unb 
SJienfie,  b.  §.  Naturalabgaben.  Unter  ben  SMenften  ftnb  ber  ©etretbe* 
btenft2  unb  ber  „Äud&elbienft"  (©er,  »utter,  ©djmalj,  Ääfe,  £fi!)ner) 
Ijeroorju^eben.  3Me  brüdenbfien  abgaben  waren  bie  &anblöfjne, 
über  beren  ßljarafter  mir  burdfc  ein  ißofrategutad&ten  gut  informiert 
futb  [129].  SDer  feanbloljn  mar  bei  jebem  ©utSübergang,  audjj  auf 
bie  3)ef  jenbenten ,  ferner  audfj  bei  ber  3roang£oeräuf}erung ,  ju  ent* 
rieten.  35er  £anblof>n  verfiel  in  ben  Stnfaff,  ju  5%  beS  @ut8* 
merte$,  unb  in  ba3  Slbjuggelb,  ju  2V2°/o.  33eim  £obe  eine«  leib* 
redeten  Säuern  mar  von  ben  (Srben,  menn  tynen,  roa%  gemötynltdf} 
ber  gatt  mar,  ber  ©runbljerr  baS  Setbredfjt  oerlief),  baS  Seibgebing* 
gelb  ju  erlegen.  ©$  mürbe  ju  ben  Saubemien  geredfjnet,  mar  aber 
feiner  Statur  unb  moljl  aud&  meiftenS  feiner  ißö&e  nadjj  ein  3Wittel* 
bing  jmifdfjen  ftanbloljn  unb  Kaufpreis.  @in  befonberä  groger,  aber 
merfmürbigermetfe  bisher  menig  beamteter  9JZi§ftanb  mar,  bajj  bie 
Seredfjnung  be3  ßaubemium  aus  bem  SBerte  ber  ©runb* 
gered&tigfeit  oljne  Slbjug  ber  auf  bem  ©ute  laftenben 
©Bulben  [271]  erfolgte.  2)a,  mie  mir  fe&en  merben,  ber  ©rab 
ber  SBerfdjjulbung  bei  ben  oerfd&iebenen  Bauerngütern  fetyr  oer* 
fdjjieben  mar,  ba  e$  oiele  überfdjjulbete  Bauerngüter  gab,  fo  madEjte 
ber  Jganbloljn  oft  einen  fe&r  großen  Bruchteil  ber  fd&ulbenfreien 
SBertSquote  aus. 

SDer  Slbgabenbrudf  mürbe  nodj)  gefteigert  burd^  bie  &ärte,  mit 


1  SRanbat  oom28.  gebruar  1685:  »2Btc  triff eit  tft,  $at  oft  mancher  gröfjere 
$of  ober  Rübenbau,  fonberbar  bie  Erbgüter,  eine  Weine,  entgegen  oft  viel  ein 
Weiterer  $of  ober  $ube  in  (Selb  unb  Xraib  weit  eine  größere  ©ült  gu  geben*. 

*  $a*  6teuernac$fofimanbat  oom  27.  SRärj  1737  (©aper.  ©ener.,  ©aminl. 
ber  ©iaaWbibl.  Stünden)  fprigt  oon  ben  ,311m  Zeil  unerfaroinglidjen  betreibe« 
btenftai*  ber  (Sfrunbuntertanen. 


-    366    — 

ber  fie  oft  eingetrieben  würben,  unb  bie  in  feltfomem  Jtontrafi 
ßeljt  }u  ber  Sangmut,  bie  man  fonft  gegen  bie  „unglüdf  lid&en  ©djjulbner" 
an  ben  £ag  legte.  2)er  9tentmeifier  oon  2anb3£ut  berichtet  unter 
bem  15.  3uni  1651  ber  fioffammer  [304],  bafc  bie  ©runbljerrfdjaften 
§um  Seil  „ftarf  auf  itjre  ©runbuntertanen  loägeljen",  unb  fteljt  fid) 
genötigt,  tljnen  jujuf pred&en ,  bafc  fte  „gute  SDiSfretion  gebrauten" 
unb  bie  @in}ief)ung  iljrer  abgaben  „miber  bie  SRöglidjjfeit  nid&t 
treiben"  fotten.  3)aS  ©elbftpfänbungS*  unb  aäerfd&affung^ 
redfj  t  fieberte  ben  ©runb^erren  eine  rafdfje  Gfcefution  [184] ;  mar  33er= 
badjt  oorljanben,  baft  ber  ©runb&olb  boloferroeife  feine  abgaben^ 
pflid(jt  oerfäumte,  f o  rouftte  man  feinen  £rofe  burdf)  „  ©  t  o  df  e  n  unb 
SBlocfen"  ju  bred&en  [186];  geringe  SSerfe^Iungen  gegen  bie  §er* 
gebraute  Drbnung  jogen  © t r a f  e  nad)  fid(>;  bteßabujität  mürbe, 
menn  überhaupt,  rü(fft($töIod  ausgeübt  [195];  §atte  ber  Sauer  ttn- 
glttdf,  fo  bafc  man  annehmen  fonnte,  bafs  er  au<$  beim  beften  SBtHen 
nid&t  imftanbe  fein  mürbe,  ben  Jßof  orbenttidjj  ju  bemirtfdjjafien  unb 
bie  jätyrHdjen  ©ülten  ju  liefern,  fo  fonnte  er,  audjj  menn  er  bte  baljin 
feine  Sßflidfjten  pünftliclj  erfüllt  tyatte,  von  §au$  unb  $of  vertrieben, 
ba3  ©ut  auf  bie  ©ant  gebradfjt  merben  [191].  S)ie  ©tift  Abriefe 
fpradjjen,  einlief)  mie  Ijeute  tnelfadfj  bie  Arbeitserträge,  nur  tum  ben 
SRedfjten  ber  ©runb^erren  unb  ben  ^ßflid^ten  ber  Sauern,  regelten 
alles  fo,  mie  e$  im  grunbljerrltdfjen  Sntereffe  lag  unb  festen  für  bie 
geringfügigen  SBertragSoerlefcungen  bie  meiteftgefjenben  redfjtlid&en 
folgen  feft  (ansang  III).  ein  9ted&t  auf  SRad&lafe  ber  ©ölten 
bei  ©lementarfdfjäben  mürbe  oon  ben  ©runbljerren  nid^t  an- 
erfannt,  nur  mibermittig  fügten  fte  ftd&  bem  3TOan8e  &er  Umfiänbe 
unb  ber  Autorität  ber  ftaatltd&en  Beamten,  bie  fidj  im  ftefalifdjjen 
Qntereffe  um  3«bittigung  oon  ätögabennad&lafe  an  bie  ©runbuntertanen 
bemühten  [189]. 

Sie  ©runbuntertanen  maren  gegen  bie  Übergriffe  ber  ©runb* 
Ferren  unb  iljrer  ^Beamten  geroöEjnlidjj  me&rloS.  SDie  mangelhafte 
SSolfSbilbung  ftanb  einer  mirffamen  ©elbft^ilfe  entgegen,  bemt 
bie  2Benigften  fonnten  lefen  ober  f dfjreiben.  gerner  mar  bie  fojiale 
©tellung  ju  ungleid&.  Sluf  bem  fianbtage  oon  1612  laffen  ftdfj 
bie  ©tänbe  oerneljmen  (©.  244):  „@3  finb  oft  bie  armen  fieute  fo 
einfältig  ober  fo  erfd&rocfen,  baft  fte  i&re  SRotburft  uorjubringen  nidijt 
JBerfianb  ober  iQerj  genug  l)aben,  audfj  gebenfen,  menn  fte  mit  einem 
fürftlidfjen  Dffijier  [Beamten]  motten  Wegen,  fcaben  fie  einen  ferneren 
©egenteil,  muffen  mojjl  fo  oiel  ttnfoften  baran  erftredfen,  ate  triel  bie 
geflagte  Übermaß  ift,  unb  meil  man  tynen  in  foldfjen  fällen,  menn« 


—    367    — 

$letd&  tyre  Älage  billig,  bie  Unfofien  nidfjt  miebererftattet ,  ift  üjnen 
•  .  .  ni<$t  geholfen,  maljrenb  fte  nid&tsbefiomeniger  um  ba$  ©elb 
fommen  tmb  einen  Ungunft  baju  erlangen".  „3)ie  Sßflegeoermalter" 
—  fo  Reifet  e$  in  einem  „3Wemorial"  an  ben  SanbeSfürften  [bei 
n.  62]  —  „beren  iljre  ißauptpfleger  bei  ipof  ober  Regierung  Ijodfj 
bebient,  oerlaffen  ftdjj  auf  biefelben  unb  bruden  beroroegen  befto  me^r 
auf  bie  ©efätte,  .  .  .  bennoefc  barf  man  e$  nid&t  atynben,  fonft  be* 
broljen  bergleid&en  Sßflegoerroatter  mit  tljren  Dbertyerren" .  35er  einzige 
SSorteil  ber  Säuern  in  bem  ungleichen  Äampfe  mit  ben  grunbljerr- 
lid^en  Sntereffen  befianb  im  Set>ölferung8  =  unb  ©etbmangel, 
foroie  in  i&rer  perfönlidjjen  grei^eit1.  SBenn  man  e3  bem 
Sauer  gar  ju  bunt  mad^te,  fo  paefte  er  feine  ©ad&en  jufammen  unb 
jog  nadjj  aufjirebenben  ©egenben,  roo  üjm  günftigere  Sebtngungen 
^eftellt  mürben  [305].  ftonnte  er  einen  „ehrbaren  Slbfdfjteb"  nidfjt  er« 
langen,  roeil  er  burdfj  2lbgabenrü<fftänbe  ju  tief  an  feinen  iperw  oer= 
fd&ulbet  mar,  fo  rücfte  er  bei  SRadjjt  unb  iftebel,  mit  2Beib  unb  Äinb, 
mit  9fa>fj  unb  galjmtS  a\x$  [197],  unb  ber  ©runbtyerr  fanb  rooljl  nur 
mit  großer  9Wül)e  einen  SWeier,  ber  nidfjt  nur  ben  SBiHen,  fonbern 
au<$  bie  -Kittel  befafc,  ba$  abgemirtf haftete  unb  fiberfdfjulbete  ©ut 
roieber  in  bie  £ö£e  ju  bringen.  3)ie  Bereinigung  oon  Sauemgütem 
mit  bem  &ofbau,  ba$  fogenannte  Säuern  legen,  mar  in  Sapern 
roeber  fiblidf)2,  nodjj  lag  biefe  SßrafiS  im  Qntereffe  be$  ißofmardf)* 
beftfeerS8. 

3n  biefen  3ufammenf)ang  gehören  aud(j  bie  gronben  ober 
©dfjarmerfe.  ©ie  waren  bem  ©erid&tS^erm  ju  leifien  unb 
jerftelen  in  ©pannbienft  unb  iganbbienft.  ©rfterer  oblag  bem  fpann* 
fähigen  Säuern,  lefcterer  bem  nid&t  fpannfäljigen.  2)ie  ©djjarroerfe 
roaren  gemö^nlid^  ungemeffen,  b.  I).  famtlid&e  Sauern  eine*  ©ertdjjtSs 
bejtrfeS  Ratten  gemetnfd&aftlicl)  fämtlid&e  gronbienfle  ju  oerrid&ten, 
beren  ber  ©erid&tsljerr  beburfte.  Dbrooljl  bie  gronben  in  feiner  un= 
mittelbaren  Sejie^ung  jum  Ärebitroefen  flehen,  fo  übten  fte  bodf)  eine 
ungünfiige  SBirfung  auf  bie  rotrtfd&aftlidfje  Sage  unb  auf  bie  Ser* 
mögenSoerijältmffe  ber  Sauern,  inbem  fie  fte  häufig  an  ber  Senrirfc 
fd&aftung  be$  eigenen  SobenS  unb  überhaupt  an  ber  Seforgung  ber 
eigenen  Angelegenheiten  Ijinberten.  SDie  ßlagen  über  Sebräcfung 
bur<$  bie  ©d&armerfe  ftnb  minbefienS  ebenfo  ja^lretdf)  unb  laut  rote 

1  2)ie  £eibeigenf<0aft  war  wenig  oerbreitet  (nur  auf  einzelne  ©egenben  be- 
f$r&nft)  unb  fefcr  mttbe. 

1  fi».  X  5  s.  v.  .©eil  ber  @runb$err  baö  ©ut  ni$t  felbft  baut*. 
*  Brentano  6.  223  ff. 


—    368    — 

bicjenigen  über  bie  grunbljerrlid&en  abgaben.  2Benn  trofcbem  in 
btefer  Arbeit  von  ben  gronben  fo  wenig  bie  JRebc  ift ,  fo  f)at  bie$ 
feinen  ©runb  barin,  bafc  ber  SSerfaffec  fein  otyne^in  fomplijierteS 
%i)tma  nidjt  nodj>  oerwidfelter  geftalten  wollte,  femer  barin,  bafj  bie 
Stellung  ber  gronben  in  ber  baperifdjjen  2Birtfdfjaft$oerfaffung  bereite 
eine  auSreidjjenbe  Erörterung  in  ber  Literatur  gefunben  §at 

(Sine  beliebte  Streitfrage  war,  ob  bie  Untertanen  me^r  unter 
ben  grunb&errlidfjen  abgaben  ober  mc^r  unter  ben  ftaatlidfjen  Steuern 
litten,  Sid&er  ift,  bafe  bie  Steuern  fe^r  mannigfaltig1  unb 
jum  Seil  fetyr  tyodj2  waren.  SBenn  fie  ftetS  ftrenge  angelegt  unb 
eingetrieben  worben  wären,  fo  &ätte  Rd&  btefeS  in  einem  SJtafte  jetgen 
muffen,  ba3  jur  Umfefjr  genötigt  f)ätte.  2lber  was  bie  wtdjttgfie 
Steuer,  bie  ßanbfieuer,  beteifft,  fo  würbe  fie  oon  ben  &ofmard&* 
Untertanen  burd)  bie  §of  mardStöerren  fetbft  erhoben ;  natürlich  gingen 
fie  babei  mögltdfjft  f^onenb  oor,  um  benfelben  ju  tljrem  eigenen 
Stuften  befto  fefter  baS  gett  über  bie  Dljren  jie&en  ju  fönnen.  3)et 
Hauptmangel  ber  Steuern  mar  baljer  weniger  bie  abfolute  &öl)e  ber 
Steuerlaft,  als  bie  Ungleichheit  ber  Steueroerteilung. 
■JHdfjt  nur,  bafc  bie  Steueranlage  mit  ben  tatfadSJlidfjen  SSer^ältniffen 
in  Sßiberfprudf)  geriet,  je  mel)r  fie  oeraltete  [178J,  bie  erwähnte  Sßraj& 
ber  Stänbe  bewirf te  audfj,  bafc  bie  ©runbuntertanen  be$  <5taaU$, 
bie  fogenannten  Raften-  ober  UrbarSuntertanen,  umfomeljr  mit  Steuern 
belaben  waren,  bamit  ber  2lu3fall  feine  S)edfung  fänbe8.  3tud&  bie 
ungeeignete  3 ^* *  b*t  Steuererhebung  fd&etnt  bisweilen 
Slnftofe  erregt  ju  Ijaben4. 


1  S5gr.  Sd&mtb  $u  ©anipr.  II.  6  n.  10:  3n  ben  lefcten  ÄriegSjeiten  ftnb 
oftmals  Steuern  oon  aufcerorbentltdjer  unb  ungeroö$nlid)er  Slrt  auferlegt  roorben. 

2  SefonberS  natürlich  inäriegSseiten.  »tealer  V  666:  „3m  3Ser§ältni3 
aur  ®rö&e  feines  SanbeS  fjat  tool)!  fein  anberer  gürft  nur  annä^ernb  fooiel  für 
ben  ßrteg  aufgetoenbet  tote  URagimÜtan  I.  JBon  ben  54597003  fl.  Soften, 
tr»eltt)e  ba3  ligiftifa)e  unb  ba8  bauerifa)e  $Retü)8()eer  toä§renb  ber  breiig  ÄriegS- 
jaljre  oerurfad&te,  entfielen  nämlia)  auf  dauern  allein  38042  510  ff.  (Sbenba 
©.  665:  „Qattt  Sauern  aua)  bur<$  ben  Jtrieg  nia)t  fo  allgemein  unb  ma)t  fo 
anbauernb  gelitten,  rote  einige  anbere  Seile  be$  SReia}8,  fo  roaren  bafür  n>o$l  in 
feinem  Territorium  bie  gorberungen  ber  Regierung  an  bie  ©teuerfraft  ber  Unter* 
tanen  aud)  roä^renb  unb  irofc  be3  Äriegeö  fo  $oa)  gekannt  rote  §ier.*  Über  bie 
ßriegSfoften  SagernS  unb  ber  übrigen  Stgajtänbe  im  £>rei&tgjä§rigen  Ärtege  ogl. 
aua)  SBalter  ©oft  in  „Sorfäungen  )ur  ®efa)ia)te  Säuernd*,  1904,  8.  109  ff. 

8  ©a)meljle  S.  369—72. 

4  Memoria!  n.  65:  »3)afj  man  bie  Sanbfteuer  fo  früt),  atteaeit  ^wifcr)en 
3Riä)aeli3  unb  ©allt,  anfallt  unb  einbringen  lagt,  ift  be3  Sanbe«  großer  ©c&aben, 


-i 


—    369    — 

f 

IL    2)er  ©utSermerb. 

A.   3m  ungemeinen. 

SBerfd&ulbung  infolge  oon  ©utSerroerb  fann  auf  jmeierlet  2lrt 
eintreten:  1.  mbem  bie  babei  auf  ba3  ©ut  gelegten  Saften  in  einem 
aWifjoerljälinta  jum  6rmerb$prei$  fielen;  2.  burdjj  ttberfd&äfeung  be* 
©utemerteS.  S)enn  wenn  ber  (SrmerbapretS  ju  bem  mirflid&en  ©ute* 
werte  in  einem  9Wißoerl)ältni$  fteljt,  fo  fann  audfj  bann,  menn  ba8 
5Berl)ältni$  be3  auf  bem  ©ute  liegen  gebliebenen  £eife  be3  @rmerb& 
preifeä  ju  biefem  felbft  ein  normales  ift,  bie  Selaftung  be$  neuen 
©utSbefifeerS  mit  ©Bulben  eine  attju  große  fein.  — 

S)a  in  ber  3*it,  mit  ber  mir  uns  befd&äftigen,  trielfadfj  ober  bie 
Überf<$ä$ung  ber  Bauerngüter  burdjj  bie  Sauern  beim  6r* 
toerb  berfelben  geflagt  mirb  [144],  fo  muffen  mir  uns  mit  ben  33  e- 
jiel>ungen  jroifcfien  Überfdfjäfcung  unb  ttberfdjjulbung 
ein  menig  befaffen. 

2lu$  ben  Ausführungen  ©.  127  ergibt  fic£,  baß  bie  Säuern* 
guter ,  unb  jroar  audjj  bie  unfreien,  einen  Sßrete  Ratten.  2)arau3 
fottte  man  ben  ©djjluß  gießen  fönnen,  baß  fie  bem  33ebauer  eine  diente 
gemährten,  baß  fie  nadf)  2lbjug  aller  ausgaben,  einfd(jtießti<$  ber 
grunbljerrlidfjen  %b§dbtn,  einen  Reinertrag  abwarfen,  ^nbeffen  märe 
biefer  ©djjluß  ooreilig.  SBergegenroärtigen  mir  und  bo$  einmal  ben 
Vorgang!  ©in  junger  Sauer,  bisher  Äned&t  beim  älteren  Sruber, 
mitt  fid)  felbjiänbig  madjen.  ©ein  Kapital  befielt  in  feinem  (Eltern* 
gut  unb  im  $etratgut  feiner  SBraut.  $>a$  Angebot  ift  gering,  benn 
bie  jaljlreidjjen  SBeräußerungSbefd&ränfungen  verengern  ben  SWarft 
SBefonberS  mar  biefeS  bei  ben  unfreien  Sauemgütern  ber  gaff.  3)ie 
ber  ©runb&errlidfjfeit  nid&t  unterliegenben  bäuerlid^en  ©runbfifidfe 
maren,  namentlich  menn  fie  ju  ben  maljenben  ©runbftücfen  gehörten, 
nid&t  fo  oerfefjrSfd&merfällig  (unb  baljer  me§r  im  SBerfefcr), 
aber  fie  maren  eben  beSljalb  um  fo  gefugter  unb  baljer  teurer1. 
S)ie  golge  ifi:  3)er  -ftadljfragenbe  ift  nid&t  in  ber  Sage,  beim  ©utS* 


in  öebenfung,  bafs  ber  Sauerämann  no$  in  ber  Arbeit  begriffen,  folge  aber 
oerabf&umen  unb  breföen  mufj,  ba  ba3  Xraib  .  .  .  am  nu>§lfeilften  ift,  bann 
jebermann  §injugeben  unb  in  (Selb  gu  fa)äf en  gebrungen  [n>irb],  bamit  man  bie 
Steuer  erlegen  tonnte  .  .  .* 

1  ÄmortifaiionSgefe*  oom  16.  ©eptbr.  1730  (UnioerfttätSMMiotye!  fRünd&en 
2°  jus  1768  II):   ,2)en  wenigen  etwa  noä  im  Sanbe  übrigen  eigentümlichen 
einfa)iä)tigen  ©ütern  unb  ©tücfen  wirb  oon  allen  ©eiien  na$geftettt". 
6p$ew,  ©erf^utbung.  24 


—    370    — 

erwerb  ftreng  wirtfd&aftltdj)  ^onbeln  §u  fönnen.  @r  beregnet  ben 
Rohertrag,  bie  Betriebsausgaben,  bie  ©utslajten.  Sletbt  fooiel,  bog 
et  mit  gamilie  baoon  leben  tonn,  fo  ift  er  bereit,  ba*  ©ut  ju  er- 
werben  unb  fein  SBermögen  baju  ju  oerwenben,  eS  in  ba8  @ut  „tjüt? 
einjufleden".  ©8  fällt  iljm  gar  nid&t  ein,  ftd&  einen  Arbeitslohn  ober 
gar  einen  ÄapitatjinS  auSredjnen  ju  wollen.  ©r  will  feinen 
Ünterneljmergewinn,  fonbern  SRafjrung.  6r  fafjt  baS  ©ut 
nid^t  aU  SRentenquelle  auf,  fonbern  als  5?a^rung§  = 
quelle,  als  SBtttel,  um  ft<$  unb  bie  Seinen  fo  re$t  unb  fdjledjjt 
burd)S  Seben  ju  f d&lagen.  Sein  Äapital  betrautet  er  ni$t  als 
©par*  unb  Notpfennig,  fonbern  aU  Dpferpfenntg  auf 
bem  Slltar  beS  SobenmonopolS.  @tn  abfolut  unrentables, 
well  nur  bie  SProbuftionSfoften  einbringenbeS  ©ut,  fonnte  auf  biefe 
9Beife  einen  SßreiS  erjielen,  wie  iljn  bei  fheng  gefd&äftltd&er  Äalfu* 
Iation  nur  ein  nadf)  33obenqualttät  ober  Sage  beoorjugteS  ©runbjlficf 
oerbiente. 

92odj  größer  mar  bie  ©efaljr  ber  Überfd&afcung,  menn  baS  93er* 
mögen  beS  SRad&fragenben  jum  ©utSerwerb  ni<$t  ausreiste  ober  erft 
liquib  gemacht  werben  muffte  (in  unferem  gatte  burdf>  Äünbigung 
beS  ©Iterngut&abenS),  unb  ber  ©rmerber  baljer  jum  Srotdt  beS  ©uts* 
erwerbeS  ©djulben  mad&te.  Seim  jtaufe  j.  93.  baburd),  baf$  er 
ftd^  ben  ÄaufpretS  debitieren  liefe,  ober  baburdfr,  bafj  er  ein  3)ar* 
Ie^en  aufnahm,  um  ben  Kaufpreis  erlegen  ju  fönnen.  9Bir  fpredfjen 
nur  oon  erfterem  §aH  [254].  ©S  wirb  eine  für  je  ftrift  (oon 
1  3aljr)  bewitttgt;  na$  Ablauf  berfelben  mufc  ber  Ääufer  ben 
fdjulbtgen  Setrag  lanbeSttblidfj  oerjinfen  unb  ben  SSerfäufer  auf  SSer- 
langen  jeberjelt  oottftanbig  bef riebigen.  @m  anberer,  ebenfalls  ge* 
bräud&ltdljer  SfypuS  befielt  barin,  bafe  eine  SRct^c  oon  jäl)rlit$en, 
gewöljnlidj  unter  fid&  gleiten  SRatenja^lungen  feftgefefet 
mirb.  Derartige  3a^uKgSbebingungen  er^ö^en  ben  SßretS1, 
well  fie  ben  ÄreiS  oon  Bewerbern,  bie  um  ben  Sefifc  beS 
©ute«  fonfurrieren  fönnen,  erweitern2.  Qe  größer  bie  ©djjulben, 
bie  auf  bem  ©ute  liegen  bleiben  ober  auf  baS  ©ut  gelegt  werben, 
befto  geringfügiger  ba«  Storoermögen ,  bejfen  ber  Bewerber  jum  ©r- 


1  $on  ber  burd&  3inS  unb  ffliflfoprämte  bewirften  @r§ö$ung  beS  Häuf« 
preifeS  feljen  mir  babei  natürlich  ab. 

8  $gf.  ©antpr.  IV  2:  ,$11%  bi*$er  t$rer  viele  vom  darlegen  auf  bie  »er* 
ganteten  ©üter  allem  beSfjatb  abgeförecft  toorben,  bafs  einer  gleich  anbeten  £age£ 
bie  bare  DöQttge  Sejabfong  reiften  muffen  .  .  /  $aju  ©$mib  (ju  IV  8  n.  6): 
„Söentge  finb,  roeldje  gleich  Sargelb  bei  ber  §anb  fyabzn*. 


—    371     — 

werbe  bebarf.    Qe  geringfügiger  aber  biefeö  Vermögen,  befio  größer 
iie  jal)lung3fäljige  iftadtfrage1. 

•ftidfjt  nur  Überf  d&äfcung  fflljrt  olfo  jur  S5er- 
fdjjulbung,  fonbern  auch  umgefeljrt  Verfd&ulbung  jur 
Überfd&afcung. 

B.   Sie  ©rbregullermtg. 

SnSapem  beftanb  gleidjeS  (Srbredjt  ber  Äinberaud(j  für 
ben  bäuerlichen  ©runbbeftfc.  68  war  aber  ©Ute,  bafe  ber  alternbe 
Sauer  ba$  ®ut  einem  feiner  Jtinber  (baS  gewöljnlidfj  gletdfoeittg 
heiratete)  übergab  [262].  2)er  Übernetymer  Ijatte  ben  roeidjenben 
<3ef<$wiflern  tyre  ©rfcteile  in  ©elb  IjinauS  ju  enteilten.  5Die  8e* 
tedjjnung  ber  Erbteile  erfolgte  nadj  bem  Sßrtnjip  ber  ©leid^^eit  be3 
<Srbred(jte3.  &er  übeme^mer  erhielt  alfo  fein  „5Borau$'\  S)ie@ltern* 
gäter  ber  roeidjenben  (grben  blieben  geiDö^nlid^  auf  bem  ®ute  liegen, 
bid  fte  tljrer  beburften,  &.  33.  jur  Vereljelid&ung  ober  ©elbfiänbtgs 
mad&ung.  SDer  Übergang  be$  ®ute8  oon  einer  Generation  auf  bie 
anbere  fonnte  alfo  leidjt  jum  Slnlafc  für  bie  &erf$ulbung  be$  ©uteS 
werben,  befonberS  wenn  Diele  Jtinber  oorljanben  waren,  fo  bafc  bie 
freie  (Srbquote  be$  ftbernel)mer$  melleidfjt  nur  einen  geringen  33ru<$* 
teil  beS  ©utömerteS  ausmalte,  Überfdjäfeung  b  e  3  ©ute*  fonnte 
bie  VerfdjulbungSgefaljr  fteigern,  unb  gerabe  bei  ber  Übernahme  lann 
eine  fold&e  Überf Haftung  leidet  eintreten,  weil  ber  Übeme^mer  in 
]ugenbli$em  Optimismus  au$  6ifer,  fid^  felbftänbig  ju  madjen  unb 
eine  Familie  ju  grünben,  bie  fcinberniffe  burdjj  ein  SBerfletnerungä* 
gla$  )u  fe^en  geneigt  ift.  kommen  fd&ledjte  3"*"*/  f°  tonn  burdfj 
bie  notroenbig  toerbenbe  Slbfdjjidjtung  eines  jüngeren  SruberS, 
bur$  bie  SluSjiattung  einer  ©dfjwefier  ißauS  unb  SBirtfd&aft  unter 
ttmftänben  ins  SBanfen  geraten.  Verringert  wirb  biefe  ©efaljr,  wenn 
ber  Übeme^mer  reid)  heiratet,  weil  er  bann  mit  bem  £eiratgui 
feiner  grau  einen  Seil  ber  auf  bem  ©ute  laftenben  ©Iterogflier  bar 
fcinauSbejaljlen  tonn. 

SBenn  wir  nun  unfere  SJriefprotofoffe  [268]  barauf  $in  prüfen, 
ob  unb  in  weldjem  SWafee  bie  (Sntf  <$äbigung  ber 
weid&enben  (Srben  eine  SBerfd&ulbung  ber  Bauerngüter 


1  £u$  betnfetben  ©runbe  verfallen  Keine  @ütet  mtl  leistet  ber  ©efaljr 
ber  überfa)äfcung  nie  grofce  unb  foftöare  Öüter.  ©a)on  ©ajmib  beoba$tet  (au 
gkuttpt.  IV  7  n.  8),  baft  ,ft<$  leistet  um  gemeine  unb  geringe,  alt  um  abelige 
unb  foftfrare  Ottter  ÄÄufer  (eroortun*. 


—    372    — 

jur  golge  gehabt  $at,  fo  fluben  wir  naturgemäß  eine  große 
3Ronnigfaltigfeit  ber  SBer&ältmffe.  3m  allgemeinen  fann  man  fagett, 
baß  bie  <Htemgüter  anffattenb  Hein  fuib.  3Retflen3  ftnbet  ba3  barin 
feine  GrHdrung,  baß  mele  Äinber  nor$anben  ftnb,  unb  ba£  ®ut  fdfron 
bei  ber  Übernahme  ftarf  oerfd&ulbet  mar.  ©8  ftnb  aber  audj  Aber» 
gab£t>ertrfige  in  unferem  Material,  roo  roenig  Äinber  oorljanben  ftnb 
unb  bie  Slbftnbung  ber  roeidjenben  ©rben  (trofcbem)  eine  beträd&tltdjje 
©efamtljöfje  erteilt.  3)ann  genügt  aber  fcäuftg  ba$  eigene  Vermögen 
be*  Überne§mer£  (ba«  §eiratgut  feiner  $rau),  einen  großen  SCeit 
ber  <E*btegulierung$fdjju(ben  ju  tilgen. 

Daß  bie  @ntfd)äbigung$anfprüd)e  ber  meid&enben  ©eben  in  ben 
Übergabdnerträgen  als  $erf<$ulbung*urfa<$e  ntd&t  ftatfer  &en>ortretenr 
Ijat  au<$  barin  feinen  ©runb,  baß  and)  ber  Übergeber  gemö^nlid^ 
eine  ßeiftung  in  @elb  („Se\)tvtenm%")  beanfprud&t.  Um  ben  Setrag. 
btefer  ©elbfumme  oerminbert  ftdjj  bie  bei  ber  Übergabe  unter  bie 
©efd&nrifter  jur  Verteilung  fommenbe  3Sermögen«maffe.  3)er  3e§** 
Pfennig  bleibt  einfhoeilen  auf  bem  ©ute  liegen  unb  fte^t  jur  freien 
SSerffigung  be$  Übergeber*,  ©eine  ®röße  ift  fe&r  oerfd&ieben.  &aufift 
fieHt  er  nur  einen  Notpfennig  bar,  in  anberen  gälten  ift  er  fo  groß», 
baß  er  förmlid&  ate  Kaufpreis  erfd&eint  unb  einen  beträd&tlid&en 
»efianbieil  be«  elterlid&en  SßermögenS  in  fid^  fd&lteßt 

2)te  brfidenbften,  bei  ber  Übergabe  auf  baS  ®ut  fommenbeit 
Saften  waren  bie  austrage  unb  „ausnahmen".  Der  Über« 
geber  bebingt  ftdfj  entmeber  9laturalrei$niffe  au$  (SluStrag)  ober  er 
behält  ftd&  ben  ©rtrag  beftimmter  ©runbftüdte  ufm.  oor  (ausnähme). 
[Ober  eS  gefc^te^t  beibeS.]  Über  bie  Xatfa$e  ber  allju  tjotjen 
Selaftung  ber  Bauerngüter  burdfj  austrage  (ju  benen  man  l>ier 
mofyl  audfj  bie  „ausnahmen"  ju  rennen  1)at)  ftnb  ftdfj  bie  Vertreter 
beS  grunb$errfdfjaftltdSJen  QfntereffeS  unb  bie  ©d&riftfieller  einig  [149]- 
9R«n  fagte  ben  austragen  nadjj,  baß  fte  bem  jungen  Sauer  bie 
orbentlid&e  Semeierung  beS  ©uteS  erfd&roeren  unb  beffen  SßräftationSs 
fclljigfeit  bebroljen,  ja  fogar  jur  ©eterioration  führen.  Salt  man  ft<£ 
an  bie  ÜbergabSt>erträge  felbft,  fo  erf feinen  bie  2luSirägler  atterbütgS 
als  anfprudfjSooHe  Seute,  bie  md&t  leidet  genug  befommen  fönnen 
unb  mdjjt  immer  gebttljrenbe  SRüdftc^t  auf  bie  oft  prefäre  Sage  tyrer 
■Jtod&folger  nehmen.  2)ie  ÜbergabSnerträge  madfjen  häufig  ben  ©in* 
brudf,  als  roenn  bie  Übergeber  iljrem  Ambe  nur  bie  Slrbeit  unb  bie 
®<Ijiulbenlaft  „übergeben",  ftä)  felbfi  aber  für  ben  3left  i&rer  SCage 
aus  bem  ©uteertrag  ein  mögltdfjfi  großes  „arbettSlofeS"  ©infommen 
ju  oerfdfjaffen  fugten.    35ie  &auSrotrtfd(jaft  erfdfjeint  oom  Slugenblidfe 


—    373    — 

ber  Übergabe  in  p>ei  $etle  gef palten:  eine  £onfumtton*gemeinfd(>aft 
unb  eine  SßrobuftionS*  unb  ßonfumttonSgenieinfdSJaft,  meldte  tyre 
Überfd&üffe  an  bie  erftere  abführt, 

3foa  ber  §ö$e  ber  auftrage  ergibt  ftdj  aber  aud>,  bafs  bie 
©eringffigigfeit  ber  gefdjnrifterUd&en  äbfinbungen  ni$t  barin  i&ren 
©runb  $at,  bafc  bie  Angehörigen,  felbft  unter  perfönlid&en  Opfern/ 
«ine  allju  grofje  Selafiung  be$  §ofe£  Ijintanjulialten  fugten.  $ätte 
in  ber  bäuerlichen  33eoölferung  ein  ftarfe«  3nte reffe  an  einer 
künftigen  £age  be$  ÜberneljmerS  ober  ein  tbealeS 
Streben,  ba$  ©ebei^en  be£  $ofeS  ju  förbern,  geljerrfdjjt, 
fo  märe  e3  unmöglich  getoefen,  ba&  bie  Übergeber  bei  ben  Übergabeu 
i&re  Überlegenheit  fo  fe&r  jur  ©ettung  gebradjt  unb  tyren  egotfttfdjjen 
2Bfinfd&en  fo  fefjr  bie  3ügeljl)ätten  fliegen  laffen. 

III.    SRatur-  unb  ÄriegSgemalt. 

SBä^renb  bie  Abgaben  unb  ber  ©utSerroerb,  wenn  fie  jur  93er» 
fdmlbung  führen,  biefe  geroö^nlid)  unmittelbar  }ur  golge  fjaben, 
bilben  Ärieg  unb  Stoturereigniffe,  wo  fte  auftreten,  eine  mittelbare 
Urfadfje  ber  SBerfd&utbung.  ©ie  führen  nämlid&  junädftft  SRotiiänbe 
(erbei.  @3  oerfdjlimmert  ftd&  bie  materielle  Sage  ber  baoon  ©e= 
troffenen,  i$r  Vermögen,  iljre  SBirtfcIjaft,  i$re  ßebenS&altung,  e$ 
«ntjie&t  9tot  unb  Armut,  eine  aufierorbentltd&e  Notlage  jteljt  aber 
leidet  SBerfdfjulbung  nadfj  fidfj,  benn  ber  -ftotletbenbe  toirb  fidjj  mit 
$ilfe  beS  ÄrebitS  burd)  Darlehen  neue  2Rittel  ju  oerf Raffen 
fudfjen;  aufcerbem  oerfdjärft  fidj  ber  ftrucf  ber  bereits  befte^enben 
©Bulben,  fo  baji  aud&  bann,  menn  feine  neuen  ©d&ulben  fontra&tert 
werben,  eine  t>er$ä(tm$mäf)ig  geringfügige  Selaftung  ber  ©fiter,  roeldjje 
unter  normalen  Umflänben  fi$  faum  fühlbar  gemalt  §ätte,  eine 
förmliche  ÄrifiS  na<§  ftd>  jiel)en  lann. 

S)ie  am  Anfang  biefe*  Paragraphen  erörterte  @rf Meinung,  wie 
tafdj  vergangene  Äulturjufiänbe  unb  i$re  Sebingungen  oergeffen  werben, 
ijt  befonber*  auffaHenb,  wenn  mir  bie  roirtfd&aftltcljen  Solgen  ber 
eiementarereigniffe  in  einer  3«*  erm&gen,  bie  eigentlich  bf$ 
auf  }toei  9Reufd)enalter  oor  ber  ©egentoart  ^eranrei^t.  S)ie  ©nt= 
midtclung  ber  3Serfel)r3mtttet,  bie  gortf dritte  ber  33erfid)erung,  nament- 
lich ber  $euer*  unb  §agelt>erft$erung,  fonrie  beS  geuerläfcijroefenS 
Ijaben  ben  mobernen  Europäer  gegen  bie  ©d&redfniffe  oon  geuer  unb 
SBaffer,  oon  abnormer  SBitterung  ufro.  berart  abgeflumpft,  baji  er 
fidf)  im  ©eifie  ferner  in  einen  Äulturjuftanb  oerfefceu  fann,  roo  bie 


—    374    — 

ttrirtfdjaftlidje  ©pftenj  audj  bet  SBorftd&tigflen  rote  an  einem  bünnert 
gaben  ju  Rängen  fd&ien,  unb  baß  mir  unfere  33 liefe  fd&on  nadjj  bem 
fernen  Dflen  menben  muffen,  um  jubegreifen,  mo£  totale  <£tnäf<$erung 
von  Sbavß  unb  §of,  toad  anljaltenbe  5Dürte  ober  üRäffe,  Neuerung 
unb  Hungersnot  für  eine  unterbrfitfte,  rfidftänbige,  abergtöubifdje, 
mutlofe  unb  vom  SBeltoerfeljr  abgefdfjloffene  Seoölferung  bebeuten 
fönnen. 

a)  2)a$  ©djjmanfen  ber  (Ernteerträge  mar  ba$  größte 
Übel  ber  naturalmirtfd&aftlid&en  Äulturperiobe,  ber  Suägletd)  jmifdjjen 
UnoerfäuflidSJfeit  be3  ©etreibe«  unb  Neuerung  il)r  mid^ttgfte^  nrirt* 
fd&aftltclje*  Problem.  2Bar  bie  @rnte  günfitg,  fo  raupte  man  nid&t 
mo^in?  mit  bem  ©egen  ©otteS,  trat  2Rtßernte  ein,  fo  gitterte  ein 
ganjeS  SBolf,  oom  9Rinifter  bis  jum  ftaglöljner.  Sin  3foSg[ei<§ 
oon  £anb  ju  2anb  mar  ntd&t  immer  möglich  ©enn  bie  Dualität 
ber  @rnte  ifi  über  ganje  Sänbergebiete  $tn  gemö§nltd&  bie  gleite. 
Sßenn  in  einem  2anbe  Neuerung  auäbrad),  fo  hütete  man  bie 
Ijeimifdjen  SBorräte  mit  2lrgu$augen.  £>ie  SBerfefcrSmittel  unb  23er* 
feljrSmege  maren  prirnttto,  fo  baß  größere  ©etreibetranäporte,  felbfi 
auf  oer&ältm$mäßig  geringfügige  (Entfernungen,  fxd^  nur  bei  einer 
feljr  großen  Spannung  ber  greife  rentierten. 

35enno<$  mar  in  ben  feftenflen  Raffen  abfoluter  ©eireibemangef 
ber  Äem  ber  ÄriftS.  Slber  ba3  ©etreibe  mar  fo  teuer,  baß  nur 
bie  mo^Hjabenben  33et>ölferung3freife,  unb  audj  biefe  nur  unter  großen 
Opfern,  ftd>  mit  ben  nötigen  SebenSmitteln  rerfeljen  fonnten,  bie 
große 9Waff e  be$ 58oße$  aber entmeber  b a r b e n  ober  jic$in©djuiben 
fte  den  mußte.  3U*  9Serf($ärfung  ber  ÄrifiS  trugen  ber  affgemeine 
©elbmangel,  ber  feljlenbe  Überblicf  über  bie  -Karftlage,  bie  ©pefu* 
lationSmut  ber  Äornmudfjerer,  bie  ftd)  über  bie  SDauer  ber  iljnen 
günftigen  ßonjunftur  oft  oerijängniSooffen  SHufionen  Eingaben,  bie 
©prung^aftigfeit  unb  SBerfe^rtfjeit  ber  oom  QtaaU  ergriffenen 
SRaßregeln  meleS  bei.  9H<$t  nur  bie  eigentlichen  Äonfumenten,  bie 
©tabtleute,  litten  unter  ben  9Wtßernten,  fonbern  audfj  bie  Sauern t 
ja  biefe  in  befonberS  Ijoljem  ©rabe,  meü  fte  bie  Sobenfrüdfjte  ntd&t 
nur  jur  ©tiffung  be3  fcungerS,  fonbern  au<$  jur  5ßrobuftion,  jur 
Fütterung  be$  SBieljS,  befonberS  aber  audj  jum  SInbauen  unb  Sin* 
fäen  beburften  [325].  $el)lte  ba3  ©aat getreibe,  fo  fam  ju  beut 
augenblicfltdfjen  SRotftanb  bie  fürdjterltdje  Sßaljrfd&einltd&feit,  ja  ©emiß* 
!>ett  Ijinju,  baß  e3  audf)  im  nädjften  ftatyi  ntdfjt  beffer  um  fte  fielen 
mürbe.  3)af)er  bie  3lnftrengungen,  bie  bie  Sauern  matten,  menn 
eine  9Kißemte  bro^te  ober  ba  mar,  ©amen*  unb  ©peifegetreibe 


—    375    — 

-auf  Jtrebit  ju  belommen  ober  ©etbbarleljen  ju  erlangen  jur 
Befd&affung  be$  SRottoenbigen. 

b)  ©ine  beftänbige  TDtrtfd^aftlidf>e  ©efaljr  für  £au£  unb  igof 
bilbeten  an$  bie  geuerSbrünfte.  2Bof)nl)au$,  ©tabel  unb  ©tatt> 
SBagen  unb  ©efd&irr,  ba$  Baujeug,  bie  Vorräte  unb  bie  täglichen 

>  ©ebraud&Sgegenfiänbe  —  ba$  betoeglid&e  unb  ein  grofeer  £eil  beS  un* 
beweglichen  BermögenS  war  jeben  äugenblicf  bur<$  Branb  unb  Bltfc* 
fdjjlag  bebro^t.  2>a  Blifcableiter  fehlten,  majfioe  Bauern&äufer  ju 
ben  Seltenheiten  gehörten,  bie  Zäunte  ganj  anberä  als  in  ber  heutigen 
3eit  ber  oielen  ftauf gelegensten  mit  Vorräten  aller  21  rt  oft 
ooffgeftopft  toaren,  ba  ber  9Renf$  bem  oer^eerenben  Elemente  ^ttf= 
unb  mad&tloS  gegenüber  ftonb,  fo  toar  fotooljl  bie  häufig  fett  ali 

>  bie  903  irff  am  feit  ber  geuerSbrfinfte  eine  oiel  größere  toie  §eüt* 
jutage.  Oft  enbigten  fie  für  ben  Betroffenen  mit  bem  Berlufte  beS 
ganjen  BermögenS,  mit  bem  oottftänbigen  toirtfd&aftlidjjen  SRuin,  mit 
ber  Bernid&tung  ber  fokalen  ©fiftenj.  Sin  auägebrodfjener  Branb 
bilbete  leidet  eine  ftatafirop&e,  oon  ber  man  ftdjj  nidjt  meljr  erholen 
tonnte,  unb  bie  audf)  pfpd^ifd^  um  fo  fd&merjtid&er  traf,  ba  fie  ben 
ttnglfidßtd&en  mitunter  in  toentg  äugenblidfen  oom  tooljtyabenben 
3JJanne  jum  auSgeftofjenen  Bettler  madjte. 

geuerSbrünjie  bilbeten  ba^er  häufig  ben  Slnlafe  jur  93er« 
f  djulbung.   ©d(jon  bie  Bernid&tung  eines  ©tabelä  famt  3nl)alt  burdfr 

>  geuerSgetoalt  brängte  too&l  in  ben  meiften  gäHen  jur  3nanfprud&na&me 
üon  Ärebit,  jur  Belüftung  beS  JQofeS  mit  einer  ©dfjulb.  ^n  unferen 
Briefprotofollen  ift  oerljaltuiSmäfjig  fe^r  oft  oon  abgebrannten 
Bauerngütern,  oon  eingeafd&erten  SBirtfdjjaftSgebäuben,  oon  Ber* 
fd&ulbung  be$  ©uteS  aus  biefem  2lnlafj  bie  Siebe.  * 

c)  $ie  gröfcte  ©dfjulbnot  aber  führte  ber  S)reißig]ä^rige  ftrieg 
herbei  mit  feiner  brutalen  Kriegführung2  unb  feinen  Begleitern 
junger  unb  ^eft.  SBenn  aud(j  bie  ÄriegSnot  in  ben  oerfdfjiebenen 
©egenben  BatjemS  oerfdjjieben  toar  —  „an  ben  einen  Orten  f)aben 


1  6.  287:  geuerSbrunfi  unb  Krieg;  ebenba:  gut  SöieberauSbauung  tyret 
unl&ngft  bur<$  eine  unoerfeQend  entftanbene  geuertbtunft  abgebrannten  ©Mben* 
Qaufe*;  ebenba:  jur  SiKeberaufbauung  i$re$  abgebrunnenen  $aufed;  ©.  258:  $au8 
unb  etabei  im  SBerte  oon  150  ff.  abgebrannt;  @.  272:  öranbftatt;  ©.  274: 
burefc  unoerfe$en$  auSgefommeneS  Seucr  $au8  unb  $of  oerbrunnen. 

9  SRanj,  @$ut  unb  6$irm  III  131:  6*  ift  „burdjgefjenbö  ju  feljen  ge* 
roefen,  wie  jefct  in  biefem,  jefct  tu  einem  anberen  Ort  bie  Sanbleute  tfjrer  JJaljrni* 
beraubt,  oon  i$ren  Gütern  oerftofeen,  oon  §au&  unb  §of  oerjagt,  in  bie  SMlber 
getrieben  unb  mit  $unben  wie  baft  ffitCb  barin  gefugt  unb  ge§efet  worben*. 


—    376    — 

bie  Untertanen  triel  me^r  als  an  anbeten  gelitten"  fagt  ba£ 
2)efret  vom  23.  gebruar  1635  —  fo  war  bo<$  in  ben  legten  Sagten 
beS  JtriegeS,  wo  ber  geinb  ungefctubert  baS  oon  Streitkräften  ent* 
blöfcte  Sanb  burd&jteljen  tonnte,  eine  allgemeine  SanbeSoer* 
wflfiung  erfolgt ,  bie  befanntlidfc  am  metflen  ba§u  beitrug ,  ben 
griebenSfdSJlufc  enblid(j  $erbeijuffll>ren.  „SDie  Untertanen  leben  —  fo 
flagt  ber  SRentmeifter  oon  SanbS^ut  nodj  brei  3a^re  barnad(j  (1651) 
—  in  grofjer  Sirmut,  fo  bafc  fte  ftd(j  in  trielen  3a$ren  **#*  we^r 
erfdjjwingen  ttnnen.  3)enn  fte  ftnb  um  Siel)  unbftafjrnis  unb 
um  iljr  ganjeS  Vermögen  gebraut  worben"  [304]. 

3u  ben  9Wttteln,  um  ftdf)  unb  bie  Familie  beim  Seben,  ba$  §au8* 
wefen  in  notbürftigem  3wP^nb  ju  erhalten,  ben  mafelofen  Stafprfid&en 
ber  Gruppenführer  unb  ber  ©olbateSfa  geregt  ju  werben,  nadj)  i^rem 
SBegjuge  unb  befonberS  nadlj  bem  griebenSfd&luffe  wieber  bejfere 
Serljältniffe  Ijerbetjuf filjren ,  gehörte  natflrlidj  audjj  ber  Ärebit. 
Aber  ntdjjt  nur  unmittelbar  gab  ber  Ärieg  jur  Serfdjjulbung  äfalafc, 
fonbern  audjj  mittelbar,  inbem  ber  ©fiterwert  burdfj  SIÄinberung 
tyreS  Ertrages,  burdfc  ben  ®elbmangel  unb  burdfj  bie  ©ntoölferung 
fe^r  fiarf  Ijerabfanf,  mtnbeftenS  auf  Vi  feines  früheren  ©tanbeS  [300]. 
„2Benn  man  gleid&  bie  ©fiter  feil  bietet  —  flagt  SRanj  1640  —  fo 
will  bod&  niemanb  laufen,  weil  man  (aum  Bauersleute  ftnbet,  meldte 
bie  öbe  liegenben  $<fer  umfonft  annehmen,  in  einen  befferen  ©tanb 
unb  in  ein  bäultd&  SBefen  wieberum  ju  bringen,  ober  ba  ft<$  glettfc 
ein  Ääufer  ftnbet,  fo  will  er  bod^  feinen  billigen  2Bert  barauf 
fdfjlagen"  (©d&ufc  unb  ©d&trm  II  123).  3)ie  Serfd&ulbung  burdf> 
ben  Ärieg  mar  alfo  nid&t  nur  abfolut  fe^r  grofe,  fonbern  er  §atte 
audfj  eine  relatioe  Serfdfjulbung  jur  golge,  inbem  bie  ©runb* 
läge  beS  ÄrebitS,  ber  2Bert  beS  ©runbbeftfeeS,  ftd&  jufammenjog,  wie 
wenn  ein  angefpannteS  elafltfdjjeS  Sanb  plofcliclj  loSgelaffen  wirb.  — 

S)ie  Säuern  waren  alfo  mit  abgaben  befdfjwert,  burdjj 
Beftfcfibergang  belaftet,  unb  in  iljrem  ©ebenen  oon  natura 
lid&en  unb  polittfdjjen  UnglficfS*  unb  2ßedf>felfällen 
abhängig. 

jtann  man  alfo  fagen,  bafc  bie  Bauerngüter  in 
Sapern  im  17.  3a{jrl)unbert  oerfd&ulbet  waren?  SDiefe 
grage  läfct  ftdfj  nic^t  fo  einfadf)  beantworten.  2BaS  foH  baS  benn 
Reißen:  „S5er  Saueroftanb  ift  oerfdfjulbet",  „bie  Sanbroirtfd^aft  ift 
oerf  dfjulbet"  unb  berglei<$en  ?  SBttt  man  bamit  fagen :  „2)ie  Bauern* 
guter  ftnb  im  ©urdfjfdfjnttt  oerf dljulbet ?"   Ober:  „@S  gibt  Diele  oer* 


—    377    — 

-fdjulbete  Säuernder?"  2)a3  finb  befanntlid&  jnm  ganj  oerfd&tebene 
5Dtnge.  2tudf)  Ijier  jeigt  ftd&  „bie  trügertfdjj  bunfle  9tatur  ber  $)urd&* 
^nitt^Ien".  «udfj  bie  Segriffe  Serfd&ulbung,  Über* 
f  <$  u  1  b  u  n  g  ufro.  ftnb  burd&auä  nifyt  über  allen  3weif el  ergaben  unb 
toerben  tatfäd&ltdjj  in  oerfd&iebenem  Sinne  gebraust. 
S)ie  Sorfilbe  „Ser"  bebeutet1 

1)  ein  SormärtS  bis  jum  6nbe  (j.  SB.  in  ben  SEBörtern  oer* 
Jlfiljen,  verbluten,  verbleiben,  oerbraud&en).  Serfdjjulbung  in  biefem 
©inne  ifl  fein  3**ftanb,  fonbern  ein  fortgefefeteS  ®efd|jel)en,  eine 
"SBewegung  bis  ju  bem  fünfte,  mo  bie  Sßafftoa  bie  2ßtn>a  erteilt  Ijaben. 

2)  Sud  biefer  Sebeutung  entroicfelt  ftd&  ber  Segriff  „über  ba3 
Sitl  hinaus"  (Setfpiele:  oeralten,  oerlieben,  oerfd&Iafen,  oerfaljen). 

„Ser"  in  biefem  ©inne  bebeutet  alfo,  wie  bie  Sorfilbe  „über",  wenn 
<Md&  nid&t  in  bemfelben  ©rabe,  ein  Übermaß    3lber  roetyrenb  man 

beim  ©ebraudje  be$  2Borte$  fiberfd&ulbung  immer  an  ba£  83er* 
$ältni£  jröifd&en  SHttoa  unb  Sßafftoa  benft,  atfo  an  ein  reinem  3^^s 
t>er$ältni3,  fpridfjt  man  fd&on  bann  oon  Serfd&ulbung,  wenn  bie 
©Bulben  boö  Stfttooermögen  jmar  ntd&t  übersteigen,  aber  fo  fjodj) 
ftnb,  bafc  bie  tmrtfdfjaftild&e  Sage  be$  ©dfjulbnerS  gefä&rbet  erfdfjetnt, 
t>afe  bie  tmrtfd&aftltd&e  ©^iftenj  in  Ujr  ©egenteil,  in  2JHfjroirtfd()aft 
wnfdfjtögt.  3fm  Segriffe  Serfdjjuttmng  Hegt  alfo  ein  fubjeftioeg, 
im  Segriffe  Ü  b  e  r  f dfjulbung  ein  obieftioeS  2Woment. 

Snbeffen  nimmt  man  e£  mit  bem  Segriffe  Überfdfjulbung 
tiidjjt  fe$r  genau,  fpridfjt  man  fdfjon  bann  oon  Überfdjjulbung,  menn 
tnan  nur  einen  §ol)en  ©rab  oon  Serfdjjulbung  meint,  j.  S.  über  75  °/o. 
tlnberfeitö  gebraust  man  ba$  2Bort  Serfdfjulbung  häufig  rein 
abjeftfo  jux  ^eftfteOung  beS  Ser&ättmffe*  jmifd&eu  SKttoa  unb 
tßaffioa,  j.  S.:  „3>a$  @ut  ifl  ju  5°/o  oerfd&ulbet",  „S)te  Serfd&ulbung 
ift  gering". 

Unb  fo  beantworten  mir  benn  obige  grage  baljin,  baJ3  bie 
Bauerngüter  im  S)urd(jfd(jnitt  nidjjt  oerfdjjulbet  waren,  bajü 
<iber  uiele  Sauern  oerfdjjulbet  waren,  unb  bafc  eS  über- 
fd&ulbete   Sauerngüter   gegeben  §at2.     3)er   ©rab   ber 


1  9ta$  Stimm,  $eutf$eg  3B8rierbud&,  s.  v.  »Set*. 

8  $er  ¥oIi$eiau*f<$uS  oon  1606  urteilt  über  bie  Sage  ber  Sauern  m$t 
fe$r  günftig:  ber  2We$rteü  ber  Bauern  fei  foft  ebenfooiet  fa)ulbig  atö  er  oer- 
möglid)  fei.  —  8ea)er  bemerft  in  feiner  „ftebuttton*  oom  80.  Dtober  1664,  bie 
Bauern  feien  arm  unb  nur  na$e  ben  ©täbten  etoad  beffer  baran  förenberg  II 
$63,  887).  —  Sgl.  au*  fa)on  bie  etänbe  1568  (Sanbtag  6.  54):  2)ic  «auern 
toben  fi<$  sunt  Xeil  in  @d^u(ben  gefieeft,  unb  e«  ifl  ni$tt  me^r  benn  Strntut 


—    378    — 

Serfdjjulbung  (ofjjjeftio)  roax  in  ben  etnjeUten  ©egenben  fef>rt>er= 
fdjieben.  6$  gab  ©egenben,  in  benen  bie  meinen  ©üter  fo  m* 
fdjulbet  waten,  bafe  ber  @ut$fibernel)mer  feinen  @efdjn>ifiern  faum 
eine  ßleinigfeit  l)erau$iat)len  fonnte  unb  bod>  felbji  mit  ben  größten 
©d&nnerigfeiten  ju  ffimpfen  §atte  (galfenftcin  unb  Sraraienburg), 
anbete  ©egenben,  n>o  ftd>  mo&l&abenbe  Sauern  auf  frönen,  großen, 
unoerfd&ulbeten  ©ifcen  erhalten  Ratten. 

2)ie  Serf<$ulbung  würbe  baburdj  oerfd&ärft,  baft  bie  meiften 
Sauern  neben  iljren  eigenen  ©djulben  nod>  SürgfdjaftS* 
fd&ulben  ju  tragen  fyatttn.  S)er  SRentmetfier  oon  SanbSljut  fdjreibt 
in  einem  Senate  oom  15.  3uni  1651  [304]:  „»aentfjalben  Hagen 
bie  Untertanen  aber  bie  Dielen  unb  ferneren  Sfirgfd&aftöfd&ulbeiu 
Sie  meiflen  $aben  neben  tyren  eigenen  nodj  Sfirgfd&aftöföulben, 
manche  haften  bt$  ju  mehreren  ^unbert  ©ulben".  2)ie  Siebenbürgen 
feien  geworben  unb  oerborben,  itjre  ©üter  öbe  ober  burdj  bie  ©ant 
bereite  an  anbere  gefommen.  [3Randjer  Sfirge,  ba3  ift  bie  äReinung, 
mufj  alfo  im  ganjen  Setrage  feiner  bürgfdjaftlid&en  Haftung  für  bie 
©djulb  auffommen.]  1671  fonftetiert  ber  SifttatumSrat,  bafj  bie 
Särgen  gemeiniglidj  ebenfo  ftarf,  roo  nidjt  fiärfer,  rote  bie  £aupt* 
fdjulbner  oneriert  finb  [346].  3)ie  ©elbfifdjulben  unb  bie  Sfirgfdjaftä« 
fdjjulben  oerftärften  alfo  gegenfeitig  ben  S)rucf,  ben  fte  auf  ben  oer* 
fdjulbeten  £eil  ber  Seoölferung  ausübten,  ©anjegamiltenunb 
3)örfer  waren  fo  in  i&ren  SermflgenSoerijältmffen  ooneinanber 
abhängig,  ber  ©turj  be$  ©inen  tonnte  ben  9tuin  oon  fo  unb  fo 
vielen  anbeten  naä)  jtd(j  jieljen.1 

(Sin  anberer  gaftor,  ber  bie  Serfd&ulbung  ju  fleigem  geeignet 
mar,  roax  baS  SefolbungSfpftem,  genauer:  ber  Umßanb,  bafc 
bie  Seamten  unter  anberem  au«  ben  bei  ber  ^ppot^efenprotofottierung 
entfaffenben  ©ebneren  tyre  Sejafjlung  erhielten.  Dbmo^l  bie 
Seamten  oerpfUdjtet  waren,  bei  biefer  ©elegenljeit  einer  Serfdjulbung 
ber  ©titer  möglidtfi  entgegenjumirfen  (©.  88),  fo  lag  bie  Serfud&ung 


Dorganben,  bie  fürneSmliä)  erfa)eint,  wenn  man  gut  ßfoge  oor  ©ertdjt  fommt, 
ober  auf  ber  Untertanen  2J6fter5en,  ba  man  in  ben  3"» entarten  fdjier 
nia)t8  alö  ©Bulben  finbet. 

1  $eu3fer  II  240  (1886):  „.  .  .  mir  no$  Ijeutsutage  bie  3Ba$me$mung 
matten,  bafj  in  bäuerlichen  Greifen  bie  Serbürgung  atö  eine  SfaftanbSpflidjt  be* 
trautet  wirb,  roeldje  fein  felbft  in  roeit  entferntem  ©rabe  Serroanbter,  ja  felbft 
fein  ©emeinbegenoffe  bem  anbern  verweigert,  baljer  in  vielen  (Segenben  bie 
öfonomtfa)en  3ntereffen  großer  gamtlfen  [unb  großer  Dörfer  burd>  eine  85er* 
fettung  ber  mannigfaltigften  8ürgfa)aften  untereinanber  gebunben  ftnb/ 


—    379    — 

bodj  feljr  nalje,  bie  Untertanen  beim  ©djjulbenmad&en  gerodeten  ju 
laffen,  \a  fte  jur  aufnähme  oon  "©Bulben  ju  oerantaffen,  ju  verleiten, 
wo  tiM  fold&e  weber  nötig  no<$  ratfam  war  [102].  S)ie  poltjetltd^en 
unb  bie  fisfalif<$en  Qntereffen  beS  BtaattS  lagen  f)ier,  wie  bei  fo 
meiern  anbeten,  in  SBiberfireit. 

2Bemt  aber  ein  ©ut  oerfd&ulbet  war,  fo  toar  e$  für  ben  Sefifeer 
oft  fe&r  fd&wterig,  aus  feiner  Notlage  IjerauSjufommen.  S)enn  ba£ 
näd&filiegenbe  SJlittel,  ©djulben  abjuftofjen,  ber  SBerfauf  eines 
%t\Ü  be$  ©runbbefifce«,  fließ  auf  £inbemiffe.  äbgefe^en  baoon,  ba§ 
ber  grunbtyerrlidje  ÄonfenS  ^terju  erforberlidj  toar  [133]^ 
war  baS  SWittel  au$  wegen  beS  (SinftanbSredfjteS  be£  nädjften 
SBenoanbten  [34]  unb  be3  ©runb&errn  [129]  oon  jweifelljafter 
SBirfung.  3)a3  ©inftanbäred&t  tourbe  oon  ben  S3erwanbten  jur  ©r* 
preffung  ober  im  Qntereffe  grember,  oom  ©runb^errn  ju  bem  3roecfe 
mifebraudjt,  ben  9ta$foiger  „an  ber  ©ült  ju  fleigern".  g$  ift 
Hat,  baß  ba$  @inftanb$re<$i  ben  @üteroerfe$r  erfdjmerte  ober 
wenigjleuS  ben  SßreiS  ber  ©üter  brfldie. 

3)a8  &auptl)inberote,  einen  Xeil  beä  ©runbbeftfceS  ju  oerfaufen 
unb  baburdj  bare  SRittel  ju  erlangen ,  bilbete  aber  ba$  ©üter* 
jertrümmerungSoerbot  [176],  baS  armenpolijeiüdje  unb  ft$* 
falifc^e  ©rünbe  $atte.  SDie  Sauern^öfe  foQten  nidjt  jerriffen  werben 
(obrigfeitlidjer  S)i3pen3  juläffxg) ;  e£  foHten  aber  audj  nidjt  einzelne 
©runbftflde  baoon  abgetrennt  unb  anberen  jugelegt  werben.  Über« 
Ijaupt  foffen  bie  ©üter  „in  bem  ©tanbe,  rote  oon  2llter§  gewefen, 
gelaffen  werben" .  SBegen  beS  ©üterjertrümmerungSoerboteS  war  bie 
äboeräujjerung  oon  Seiten  be3  Bauerngutes  audj  bann  unmöglich, 
wenn  ©runb^err  unb  SBerwanbte  nidjtS  bagegen  einjuwenben  Ratten. 

3n  golge  ber  tatfädjlidjen  unb  rechtlichen  ©djwierigfeit,  bie 
©djulb  ju  oerminbern,  fdjleppten  ftd&  bie  ©Bulben  aufoielen 
©ütenv  in  mannen  ©egenben  „oon  ©efd&ledjt  ju  ©efdjjledjt,  wie 
eine  ewige  Äranfljett  fort".  SBon  ben  i&errenforberungen  wirb  uns 
bejeugt,  baft  bie  SluSftänbe  häufig  auf  bem  ©ute  liegen  blieben,  wenn 
ber  Pflichtige  Sauer  baS  ©ut  weiter  oerfaufte  ober  anberweitig 
oerfiufeerte  *.    2tu$  oon  ben  ßltemgfltern  lafteten  häufig  no<$  SWefte 


1  ©eri*t  be*  Hentmeifter*  oon  Sanb*$ut  oom  25.  Sunt  1678  (flrei3arc$to 
Stünden  @en.'9teft.  583/142):  »on  etlichen  Äaftenämtern  wirb  ber  gefrier  gemalt, 
gusugeben,  bafc  ttrbargfiter,  auf  benen  oon  oielen  Sauren  §er  IRtttfftänbe  oon 
©etreibegülten  laften,  in  ber  SBeife  anbeten  fäufU<$  ober  in  anberioeg  übertragen 
werben,  bafc  ber  (Snoerber  ben  ©etrcibeauöftanb  fibernimmt  unb  nur  ben  Heft 
be«  Äauffc&ittingö  bar  6esa$lt. 


—    380     — 

unabgeldft  auf  ben  (Sütern,  wenn  bicfe  bereit«  auf  bie  neue  ©eneration 
übergingen  unb  neue  (Slterogutabfmbungen  barauf  gelegt  werben 
mußten. 

* 

Sie  bäuerlichen  ©fiter  waren  nidjt  bie  einzigen,  bie  eine  grofee 
©d&ulbenlafi  tragen  mufften.  2)afi  ber  Abel  jiarf  oerfdjjulbet  tdclx, 
$abe  i$  in  einer  anberen  arbeit  gegeigt l.  aber  au$  Ober  bie  33er* 
fdjulbung  be8  jtfibtif  d&en  ©runbbeftfceS  wirb  fd&on  bamafe  ge!lagt. 
SDie  ©tänbe  1605  (Sanbtag  6.  75):  SDic  Käufer  in  ben  ©tSbten 
unb  aJtörften  jxnb  oft  mit  (Swiggelbem  f$ier  fo  fyofy  al*  fte  wert 
ftnb  belaben,  bie  3nge$äufer  $aben  ju  niedrerem  Seil  mdjtS  als 
Jttnber  unb  ©djulben,  fönnen  ft<$  Don  £ag  ju  3Tag  faum  ernähren 
unb  Einbringen.  ©d>mtb  f treibt  (ju  ©antpr.  II  28  n.  2  unb  t>): 
5Die  ganje  ©tabt  3Kfind>en  ift  oott  oon  ablö$lid>en  3infen/  unb  faum 
ift  ein  £auS  )u  finben,  auf  weld&em  nidjt  etliche  taufenb  ©ulben 
unter  bem  Tanten  ber  ßwtggelber  liegen.  3$  Ijabe  oft  gefeiten,  bafc 
Käufer  in  ber  ©tabt  mit  folgen  ßwigjtnfen  fold&ergeftalten  überhäuft 
gewefen,  baf*  alle  barauf  geäfften  (Srotgjmfen  nidjt  ^aben  bejaht 
werben  fönnen.  —  35er  ©efamtbetrag  ber  in  SWündjen  auf  ben  Käufern 
liegenben  @wiggelbfd&ulben  wirb  für  ba8  3a$r  1620  auf  765362  ft. 
angegeben  *. 

©o  lange  bie  ©afcung  ber  gewö&nlidje  9Robud,  ein  ©runbfifidf 
p  oerpf finben,  war  [40],  fonnte  freilid)  eine  Überfdjulbung  oon 
©runbftüdfen  burd)  Selaftung  mit  mehreren  ©Bulben  ntd&t  oor* 
fommen.  ©obalb  aber  bie  ©Uli*  unb  Sßfanboerfdjreibungen  aufkamen, 
unb  bie  SBeiteroerpfänbung  oerfdjriebener  ©runbftüde  erlaubt  würbe 
[46],  mu&te  fidj)  in  furjer  Qtxt  ba  unb  bort  ber  Übelfianb  ber  83er* 
fdjulbung  be$  lobend  jeigen.  S)enn  bie  ©runbbefifcer  Ijaben 
baS  natürliche  Seftreben,  ben  tljrem  ©runbbeftfc  inne  = 
wotynenben    Ärebitwert    aud)    auSjunfifcen.      SRotfiänbe 

1  (Sofien,  2)er  Äampf  um  bie  abeligen  @üter  in  Sägern  nad)  bem  2)reifiig* 
jährigen  Kriege  unb  bie  erften  bageriföen  Ämorttfationägefefce.  £ettf$rift  für 
bie  gefamte  ©taat3n>if[enfc$aft  1903  6.  1  ff. 

8  geller  217.  —  2>ie  Serfc&ulbunglbe*  fiäbtifäen  ©runbbeftfce«  befdjr&nrte 
fxd)  nic^t  auf  Sägern.  Sgl.  $eusler,  2)ie  Silbung  be8  föroeijertfojen  ßonfurä* 
projeffe*  (3eitfdjrtft  für  fäweiaerifd&e«  fte$t  VII  173):  ,$urc$  bß«  ganje 
16.  3a(r$unbert  geljt  in  Serbtnbung  mit  bem  Serbote  ber  @rri$tung  oon  (Stoig* 
flinfen  bie  Älage.  bog  fo  viele  Käufer  baufällig  oerlaffen  mürben  wegen  übermäßiger 
Saft  oon  ©roigginfen.'  —  Über  bie  9fan>efen3oerfo)ulbung  in  ÜRündjen  im 
18.  3a$r§unbert  fte^e  fflenaulb,  Beiträge  jur  ©ntnncfelung  ber  ©runbrente 
unb  SöoljnungSfrage  in  2flünd)en.    1904 


—    381    — 

fommen  {mutet  unb  überaß  tum  3eit  ju  3ett  oor,  unb  lieber  geljt 
ein  ©runbbeftfcet  über  ba$  tutrtfd^aftltd^  juläfftge  unb  ratfame  2Rafc 
ber  SBerfd&ulbung  $inau$,  al*  bafe  er  bie  ©runblage  feiner  toirt* 
fd^afttid^en  ©jijlenj  auf*  unb  biefe  felbfi  ber  SSernidjtung  preisgibt» 
StaS  ift  ganj  begreiflich,  unb  nientanb  wirb  tym  barau«  einen  33or* 
nmrf  mad&en. 

§  22. 

5Die  Sefriebigung  be3  ÄrebitbebürfniffeS  ber  bäuerlichen  33e« 
üölferung  litt  unter  einer  Steige  oon  $tnberniffen. 

Site  Sebmgungen  be£  ÄrebitoerfeljrS  §aben  wir  oben  (©.  214) 
mer.  Momente  bejeid&net:  ©d&afcbilbung,  Ärebttbilbung, 
Äapitalbilbung  unb  ©elbbilbung.  Sei  Slbroefen^ett  einet 
Ärebitbebmgung  fpridjjt  man  in  ber  -Kationalöfonomte  oon  einem 
ftrebitf)inberni£.  3Ran  fann  zweierlei  Slrten  non  Ärebüljmbermffen 
untertreiben,  bie  mittelbaren  unb  bie  unmittelbaren.  Unmittelbar 
ftnb  bietenigen /  meldte  bet  Ärebitbtlbung  im  SBege  fielen,  mittel* 
bar  bie  anberen.  2Bir  motten  fed&S  Jtrebit^inbemiffe  nctyer  be* 
Ijanbeln,  unb  jwar  jroei  unmittelbare  (unten  II  unb  III)  unb  trier 
mittelbare.  Sie  mittelbaren  begießen  ftdj  auf  ba$  erfte  (IV  unb  V), 
auf  ba$  britte  (I)  unb  auf  ba$  nierte  9Romeut  (VI). 

I.    3 in^bogma  unb  ^i^^^^jimum. 

Obwohl  feine  praftifdfje  Sebeutung  faft  auf  9hitt  Ijerabgefunfen 
war,  fo  fianb  ba£  Dogma  wm  ber  UnoerjinSlid&feit  be* 
Darlehens  immer  no<$  aufredjt.  2)ie  auf  ©eite  be$  ©laubiger* 
fünbbaren  3i«3fäufe  (SRentenfäufe)  maren  nur  gebulbet,  unb  audfr 
biefe*  nur  unter  ber  SBebingung,  ba&  ber  3^  auf  *roa§re, 
tedfjte  3tn«gfiterw  gelegt  mürbe  [72],  Qm  allgemeinen  mar  e$  nid&t 
fd^roicrtg,  um  ba&  3^n^°Sma  ^erum juf ommen :  man  muffte  ft$  nur 
pten,  ba*  Sßort  Darlehen  im  Äontraft  ju  gebrauten.  Stber  bie 
©eridfrtSpraji*  fdfjroanfte,  ber  9te<$t$juftanb  mar  ein  unjtd&erer  [78]. 
(£in  Formular  tonnte  in  je^n  gaffen  paffteren,  um  im  elften  gaffe 
bei  einem  ftonfur*  auf  Slnfed&tung  ber  übrigen  ©laubiger  als  un- 
erlaubter SDarle^enSoertrag  erflärt  ju  werben.  SDer  ©laubiger  ge* 
$5rte  nadf)  einer  meit  oerbreiteten  SBorfteffung  ju  ben  §af[enSwerten 
©eftalten,  unb  es  beburfte  immer  mieber  be3  §inweife$  barauf,  ba& 
e3  au$  wenig  lieben*wfirbige  ©d^ulbner,  »etrfiger,  SBerfd&wenber  in 


—    382    — 

©djulbner gefialt ,  gebe,  um  ba$  Aequilibrium  gtüifd^cn  @($ulbner 
unb  ©laubiger  in  ber  ©efellfd&aft,  oor  ©erid&t,  in  ber  @efe|gebung 
)u  bewahren  ober  wieber^erjuflellen  [165]. 

SDie  Äonjeffionen,  bie  man  bem  praftifd&en  93ebfirfniffe  na<$  2ln~ 
erfennung  be$  3infeS  mad&te,  bejogen  jt<$  nur  auf  ba3  ©elbbarle&en. 
auf  bem  ©ebiete  beS  -KaturalfrebitS  ^errfd^te  ba$  3in^°8ma 
no<$  in  feiner  notten  ©d&ärfe.  2)le  UnoerjinSlid&feit  be«@etretbe= 
barlel)enS  wirb  nodj  1616  ootn  ©efefcgeber  au$brfidtlid&  fejtgefefct 
[207].  Seim  „Äauf  oon  ©etreibe  ober  anberen  Sßfenn* 
werten  auf  95 arg"  burfte  ber  SßretS  ntd&t  §öl)er  fein  als  beim 
itauf  gegen  93arjal>lung  (1516 ,  1553),  nid&t  $ö§er  als  ber  genteine 
SBert  (1616)  [212];  audj  beim  SSerfauf  beS  ©etreibe«  auf 
bem  fialm  burfte  baS  ©etreibe  nidfjt  unter  bem  gemeinen  SBert 
hergegeben  werben  [213],  ber  ©elbgeber  burfte  alfa  feinen  3^8  &** 
lammen  bafür,  baß  er  ben  SßretS  fd&on  cor  ber  @rnte  bejahte. 

3Son  roeit  größerer  prafttfdfjer  93ebeutung  als  baS  fanonifdjje 
3inSaerbot  mar  bie  g  e  f  e  fc  1 1  d&  e  3  i n  $  *  <*  £  *•  iftadfj  ber  3tei<$3polt  jei* 
orbnung  t>on  1530  unb  na<$  ber  bagerifdfjen  ßanbeSorbnung  oon 
1553  burften  bei  ablöälid&en  3ta3fäufen  nid^t  me^r  als  5  oon  100 
gegeben  unb  genommen  werben  [205].  3)en  SSerwaltern  ber  Ätird&ens 
gelber  mürbe  bie  93eobadj>tung  beS  Sto&nGStowntö  no^  befonberS 
eingefd&ärft  [227].  (Sine  „namhafte"  fiberfd&reitung  be$  3inS* 
majimum«  mar  firafbar  [206]. 

Stoß  bie  3^taSe  frebiterfdfjwerenb  wirfen  mußte,  ijl  leidet  ein= 
jufefjen.  ©ie  entfpradfj  jwar  ber  jQttye  nad&  bem  abliefen  3ta$fufc/ 
unb  fte  wirb  baljer  neben  bem  „reinen  3^3"  au<$  eine  mäßige 
„Sltftfoprämie"  enthalten  liaben.  Slber  wäl)renb  im  freien  Ärebtt* 
oerfe^r  ber  3"^  *>en  3Karttoer^altnijfen  unb  SBefonber^eiten  an* 
gepaßt  unb  bie  9Ufifoprämie  nad^  ©efa&renflaffen  abgefhtft  werben 
lann,  bilbete  bie  ftitötatt  ber  Sßolijeiorbnungen  eine  fonftante  ©röße, 
mit  ber  ber  ©laubiger  rennen  mußte.  2)aju  fommt,  baß  audjj  bie 
3in^taje,  wie  aHe$,  xoa$  mit  ber  3w3boftrin  jufammenljängt,  form- 
lid&  ju  £obe  geljefct  würbe.  SBerfd^leierte  3™$fttpulationen  würben 
[traf bar  erflärt  [206],  alte^rwürbige  Qnftitutionen ,  wie  j.  93.  ber 
Äauf  oon  ©runbftüdfen  mit  SBieberlofung  (früher  ©afcung  ge^ 
nannt,  jefct  romaniftert:  Sfotid&refe)  unb  baS  3^n^^ul^S^f^äft 
mußten  ftdf)  gefallen  laffen,  in  biefeS  SßrofrufteSbett  gefpannt  ju 
werben  [207/8].  ©efdfjäfte,  bie  ber  ©tgenart  be*  bäuerlichen  Ärebit* 
bebfirfmjfeS  fo  feljr  entf prägen,  wie  ber  93 er! auf  oon  grudfjt* 
gälten,   würben   fogar   oerboten   [209],   weil   beim   beflänbigen 


—    383    — 

©d&monfen  ber  ©etreibepretfe*  bie  ©nljaltung  be3  3taSma£imum$ 
(1553),  beS  Justum  pretium"  (1616)  ju  fd&mierig  fei.  2Witunter 
«mrbe  behauptet,  bafe  bcr  ©Wubiger  beim  ©elbjtnS  unter  ba$ 
3Jta£imum  mm  5°/o  $erabgel)en  muffe,  menn  t&m  bie  ÄfinbtgungS* 
Befugnis  eingeräumt  merbe.  S)enn,  fo  fagte  man,  ba$  3tn*m<t£famtm 
t>on  5°/o  gilt  für  ben  ablöSlid&en,  auf  ©eite  be$  ©läubigerä  un* 
fünbbaren  ©filtfauf.  SBenn  ber  ©dfjulbner  feinem  ©laubiger  bie 
ÄünbigungSbefugniS  jugefietyt,  fo  ift  e3  eine  gorberung  ber  ©ered6tig* 
feit,  bajs  tym  in  ber  ©rmäfeigung  beS  3tof**  ri«  SluSgleidfj  gemährt 
werbe  [72]!  Siadfj  biefer  Sluffafjung  mar  ber  fünfprojentige  @filt* 
fauf  mm  1530  bejm.  1553  ba$  unoerrüdbare  ©ianbarb* 
Irebitgefdfjäft;  mürben  abmeid&enbe  SBertragSbefiimmungen  ge= 
troffen,  fo  muffte  immer  für  bie  SBieberljerfieCung  ber  Salance  ge* 
forgt  merben.  — 

£)a£  größte  ßrebitf>mberni$  mar  ameifelloS 

IL  bie  mangelhafte  ©id&er^eit  be$  ÄrebitgeberS, 
t>erurfad(jt  burdjj 

ba$  fdfjledfjte  $gpotljefenroefen. 

©afc  ber  ißijpotljef  arfrebtt  auf  ben  brei  Sßrinjipien  $ubli}itöt, 
Spezialität  unb  Priorität  aufgebaut  fein  mufc,  (ann  man 
$eute  in  jebem  Se^rbu$  ber  9?ationalöfonomte  unb  beS  SßrioatredfjteS 
Iefen.  2lber  meldte  Erfahrungen  mußten  burd(jgemadfjt,  meldte  2ßiber* 
ftänbe  übermunben,  meldte  &inberniffe  aus  bem  Sßege  geräumt, 
weld&e  Vorarbeiten  geleiftet  merben,  um  ju  biefer  ©inft^t  ju  ge- 
langen, um  ber  ©infidfjt  bie  %<xt  folgen  laffen  ju  fönnen!  SDte 
3Ba^r^eit  ijl,  ba&  man  lange  3^t  fein  SebürfniS  nadfj  einer 
SReinfultur  beä  3tcalfrcbit3  empfunben  fjat  —  baljer  bie  Sin* 
erferomng  ber  ©eneral^ppot^efen  — ,  unb  bafe  man  bie  ©onber* 
ftellung  ber  Immobilien  im  SRed&tSfijjtem,  ber  fcgpotljefen 
im  3mmobiltarred&t  nur  langfam  al$  notmenbig  erlannt,  nur  jögernb 
unb  am  anfange  nur  im  bürfttgjten  SDta&e  oermirflidjjt  tyat.  ©inb 
bo<$  audjj  bie  SluSbrüdfe  9tealfrebit,  SBobenfrebtt,  3mmobiltar*  unb 
SRoWHarfrebtt ,  Sßerfonalfrebit  mobemen  UrfprungS,  roätjrenb  ba$ 
SBort  Ärebit  felbft  fdjjon  bamafe  allgemein  gebräuchlich  mar! 

Snfteengen  Urteilen  über  bie  fcetmltd&en  §t)pot!)elen 
fehlte  e*  nidjjt.    ©ribner1   nennt  fte  „©tüfcen  ber  ttngered&tigfett, 


1  Invitatio  (von  ©ribner)  au  einer  $ifferiatüm  oon  *rtftemu*  „Historia 
legatorum"  (praeses  G.  H.  Mylius)  1781. 


—    384    — 

Statten  bet  8etruge$".  edjweber1  Betlagt,  bafj  bie  (Staubiger  fo 
t^dufig  burdfr  £er$eimli$ung  unb  SBerfötoeigung  ber  Sobenlafien  (per 
onerum  recitentiam  et  suppressionem)  betrogen  unb  gefdjpdbigt 
werben  (defraudentur  ac  eludantur).  ©djmib  erjagt  (ju  £Ä.  IX 
2  n.  12):  3Baljrenb  be*  S5reifcigi4l>rtgen  ÄrtegeS  Itm  eS  öftere  wr, 
bog  mit  ©djjulben  fiberlabene  ßeute  tyre  mit  $ppotl)e&n  belaflcte  ©ftter 
$eimli$  an  anbere  oerfauften,  um  ftd)  oor  ber  ©ant  }u  retten  unb 
bei  ©jren  ju  erhalten  unb  jur  ©dfjommg  tyrer  gamilte.  @r  bewerft 
baju:  Obwohl  fxe  mit  bem  ftaufpreid  bie  §ppoti)eten$infen  bejahten, 
fo  $aben  fte  bodj  gefehlt  unb  gefftabigt,  inbem  fte  ben  gutgläubigen 
JMufer  ber  augenfdjeinli<I>en  ©efalp  unterwarfen,  uon  ben  &9potl)efett* 
gläubigem  um  3^fen  unb  Äapitat  angeforbert  ju  werben. 

9hm  waren  jmar  bie  ^pot^elen  ber  bäuerlichen  Seoölfenmg 
nidjt  Ijetmlidfj,  fonbern  fte  mußten  oor  ber  orbentlt<$en  Dbrigfeit  er» 
rietet  werben  [87].  aber  jwifdjen  biefer  ^ublijität  unb  bem,  wa£ 
mir  !)eute  unter  ber  Sßubltjttät  ber  &t>potl>efen  oerfieljen,  ift  bodf> 
ein  groger  Untertrieb.  SDte  heutigen  iQppotfjefenbttdjer  finb  ein* 
ridfjtungen  }ur  ©tdfjerung  oon  $reu  unb  ©lauben  im  3m» 
mobiliarfrebitoerf et>r :  2)em  (Staubiger  wirb  ba3  Material  oorgelegt, 
mit  fcilfe  beffen  er  bie  Ärebitwürbigfett  be&  ©<$ulbner3  beurteilen 
!ann.  33eim  SßubltjitätSjwang  ber  Äanbredfjte  foff  ba8  Sntereffe  ber 
Parteien  burd&  bie  ftaatli<$eu  Organe  bireft  gewahrt  werben» 
9totflrli<$  tft  lefctere«  2Rtttel,  trofc  be$  Slnfäeme*  oom  ©egeuteU, 
toeit  unserer  wie  erftereä,  e0  oerljält  ftdf)  ju  il>m  ettoa  wie  bef re* 
tierte  ©taatsljilfe  jur  organisierten  ©elbfifrilfe.  @* 
fehlte  bie  richtige  $9pot$etenoerfaffung  [92],  e$  fehlte  <nt<fr 
am  geeigneten  Seamtenmaterial.  2)ie  ©iegelgelber  matten  bie 
Sßrotofollbeamten  blinb  wie  gegen  bie  ©efaljr  ber  Überfd&ulbung 
(©.  378),  fo  audfj  gegen  etwa  bem  ©laubiger  broljenbe  SBerlufte» 
S)te  ©iegelgelber  waren  bei  ben  ©laubigem  wie  bei  ben  ©d&ulbnem 
gleidjmäfeig  oerlja&t.  SDie  ©otte$l)äufer  [als  ©laubiger]  tlagte* 
barflber,  ba§  bie  Beamten  bie  Äird&engelber  „nadj  ®unft  austeilen" 
[340],  bafc  fte  „met)r  tyren  Sßrioatnufcen  als  bie  ©idjer&eit  unb  2Bol)l* 
fa$rt  ber  ©otieäljäufer  im  «uge  fjaben"  [339];  bie  ©d&ulbner  be* 
fdfjulbigten  fte  ber  Überfd&reitung  ber  %a%m  unb  bafc  fie  „33er* 
errungen"  ober  fonftige  ©efdfjenfe  beanfprudjten.  Sefied&ung 
unb  @rp  reffung  liegen  ja  oft  nafje  beieinanber,  fo  baji  fte  faum 
oon  einanber  unterf Rieben  werben  föraten.    3)aS   SßublijtiätS* 


Disquis.  de  autoritate  publ.  ad  hypothecae  constit.  necess.  1716  §  19. 


—    385    — 

ptinjtp  rourbe  burdj)  bie  ©iegelgelber  bisfrebitiert,  fo 
baß  man  bte  Äoftenlofigfeit  ber  gefefeltdfjen  £npotI)efen  als  einen 
SBorjug  oor  ben  öffentlichen  empfanb1. 

2Ba3  nun  bte  ermähnten  gefefclid&en  fcppotyefen  betrifft,  fo  Ijaben 
bte  gefeilteren  §gpotfjefen  be8  @runbl>erro  unb  ber  ß&efrau  roo&l 
bte  größte  praf tif d&e  SBebeutung  gehabt.  SDie  föerrenforberungen 
gingen  au<$  alteren  Äonoenttonalljgpot&efen,  j.  99.  oon  2>arle&en8* 
gläubigem  oor  [200],  Sie  @^efrau  fonnte  burdfj  iljr  Stuf  treten 
als  ©laubigerin  tfjreS  2Ranne8  einen  großen  Xtil  feinet  SSermögenS 
ber  ©jefution  burdj)  bie  übrigen  ©laubiger  entstehen  [108].  Sei  ber 
§äuftgfeit  be3  SBorfommenS  tum  grunbl>errlid(jen  Stögabenrüdffiänben, 
fotoie  oon  eljefraulid&en  3lnfprüd[jen  bitbete  e$  eine  aHtäglidf)e  ©r« 
f Meinung ,  baß  nidSJtpriotlegierte  ©laubiger  au£  ber  Sftangfteffung, 
bie  tynen  fonft  jugefommen  wäre,  burd&  ben  ©runb^errn  ober  bie 
©Ijefrau  oerbrängt  würben  unb  mit  iljren  gorberungen  im  SßriorttatS* 
er? etmtnis  ausfielen. 2  2)aju  f  ommt,  baß  gerabe  biefe  33orjug$re<#te, 
näntlidjj  be3  ©runbljerrn  unb  ber  6l>efrau,  leidet  baju  mißbraucht 
werben  tonnten,  bie  ©laubiger  ju  prellen.  33ei  ber  ©runbunter* 
tänigfeit  ftanb  ber  ©dfjulbner  unter  ber  3lbl>ängigfett  beS  prioi* 
legierten  ©laubiger*,  bei  ber  &)t  ber  privilegierte  ©laubiger  unter 
ber  älb^ängigfeit  be$  ©djjulbnerS.  SiiefeS  58erl)ältm$  bilbete  förmlt<$ 
eine  (Sinlabung,  bort  an  ben  privilegierten  ©laubiger  [201],  l)ier  an 
ben  ©djjulbner  [110],  mit  bem  anberen  £ett  unter  einer  SDcdfe  ju 
fpielen  unb  fo  bie  übrigen  ©laubiger  $u  fd&äbigen,  o§ne  baß  biefe 
etwa*  bagegen  unternehmen  tonnten. 

klimmt  man  bie  oielen  Streitfragen  Ijinju,  bie  ba$  gemeine 
iQ9P0it)efenredf)t  fo  ungenießbar  madfjen,  bie  ©emo^eit  ejtenfioer 
Auslegung  [106],  bie  überhaupt  einen  geiler  ber  bamaligen  SuriS* 
prubenj  bilbete,  unb  bie  bie  Se^re  oon  ben  ftittf  dfjroeigenben  ißppotljefen 
unb  Sßfanbpritrilegten  ju  bem  berüdfjtigtften  Sßanbeftenfapitel  gefialtete, 

1  Lischke  (praeses  Gribner),  Diss.  de  orig.  et  aequitate  Tacit.  Hypoth. 
1732  §8:  „Cum  tacitas  hypothecas  i.j.  sine  imploratione  officii  judicis  et 
sine  Bumtu  expensisque  iudicialibus  quilibet  acquirere  possit,  ipsae 
laudari  merentur". 

8  SRanj,  e#u$  unb  6d)irm  II  10:  @ö  lommt  feiten  x>or,  bafj  bie 
©laubiger  eines  dauern  bei  ber  ©ant  niä)t  auf  ben  Storgang  beä  S&eibed  ober 
anberer  $rit>üegierter  fta&en.  ©benba  II  9:  ,2)ten>eUen  benn  bed  Sdjutbnerä 
äöeib,  wenn  iljr  HRann  anfängt,  au  Derbetben,  üjr  §eiratgut  nrieber  begehren 
fann  unb  gemeinig lid&  fi$  neben  anberen  ßrebitorenfinben  t äftt, . . - 
fo  wirb  fte  i$r  $eiratgut  bauon  sieben  unb  ben  anberen  ©laubigem  faum 
ntcjt  ttroa*  überbleiben". 

6o$ eu,  »erfd&ulbung.  ^5 


—    386    — 

bie  langwierigen  unb  oerwidfelten  $rioritätSpro$effe,  bic  eine 
ftolge  biefer  3uftönbe  waren,  enbltd&  bie  Umftänblid&feit  beS 
©antoerfaljrenS,  bie  bie  3ntfen  bet  oorge^enben  ©laubiger  an« 
fdfjwellen  liefe  unb  bie  nad&folgenben  ©laubiger  um  fo  meljr  jurü<f= 
warf  [171],  fo  begreift  man,  wie  feljr  bie  ©id&ert)eit  ber  ©laubiger 
unb  bamit  ber  ftrebit  ber  ©runbbeftfcer  unter  bem  bamaligen 
fi9pot^efenroefen  litt.  211S  bie  ©tänbe  1612  (©.  385)  fidfj  über  bie 
6infül>rung  beS  ©al$anbelSmonopolS  beilegten,  motivierten  fie  tyre 
Jtlage  unter  anberem  bamit:  S)en  armen  Sßupiffen  §at  man  ifjr 
©elb,  MS  fte  erroad&fen  unb  felbfl  bamit  Ijantieren  fönnten,  mit 
fonberem  i^ren  SRufcen  beim  ©alj^anbel  anlegen  fönnen.  Slnjelo 
wenn  gleid&  etroa  bie  ©Item  tyren  Äinbern  etroaS  weniges  überlaffen, 
fo  ift  bod&  feine  ©elegen^eit  oorfymben,  ben  Sßupitten  tyren 
SRufcen  bamit  ju  f d&affen  unb  iljr  ©elb  f  i  d)  e  r  1  i  <$  anzulegen.  2llf o, 
ba&  es  tynen  oftmals  oerjogen  unb  bisweilen  burdjj  Ijäuftge 
gallimenta  unb  ©biftSprojeffe  gar  oerloren  mürbe, 
©in  SWanbat  t>om  22.  Df  tober  1761  betreffenb  ©üterfonffription l 
(baS  mir  auSnaljmSroeife  benähen,  obmoljl  eS  äeitlid&  ntdjjt  mefjr  in 
unfere  ^Jeriobe  faßt)  fonftatiert,  bafc  oiele  ©otteS^äufer,  milbe  ©tif- 
tungen,  ^ßupiUenoormünber  unb  audft  Sßrtoate  burdfj  ©elbauSleüjen, 
ungeachtet  obrigfreitlidjjer  ^ppot^efenerrid^tung  unb  grunb&errlid&er 
JtonfenSer^olung,  bennodj)  vielfältig  barum  in  SBerluftgefafjr  geraten 
unb  roirfüdfjen  ©d&aben  erlitten,  meil  bie  Slufne^mer  ber  Kapitalien 
nid&t  nur  ben  SBert  iljrer  ©üter  unb  ©runbfiüdEe  immer  t)od(>  an* 
gegeben,  fonbern  aud&  bie  oor^erge^enben  barauf  liegenben  Kapitalien, 
hineingebrachte  &eiratgfiter,  nodfj  rüdffiänbige  oäterlid^e  unb  mütter= 
Hdjje  ©rbteile  unb  aud&  anbere  antraf  tenbe  ©d^ulben  oerfd^miegen 
unb  Der  galten.  3n  meldfj  ^o^em  ©rabe  bie  Ijeimlidjjen  iQt)po= 
tiefen  lä^menb  auf  ben  SBerfe^r  nrirfen  fonnten,  ergibt  ftd(j  mit 
großer  3)eutlidjjfeit  aus  einer  nrie  jufättig  Eingeworfenen  Semerfung 
oon  3»anj.  S)iefer  ©d&riftftetter  fd&tlbert  (Sdf>ufc  unb  ©d&trm  II 107) 
bie  oerfdjjiebenen  9Wöglidf)feiten  ber  Sefrtebtgung  ber  ©laubiger  unb 
entmint  babei  audjj  bie  21bftof3ung  ber  ©Bulben  burc$  SBerfauf  von 
unberoeglid&en  ©ütern.  3)ann  fäljrt  er  fort:  „SBiß  <*6er  niemanb 
laufen,  meil  man  oielleid&t  ffirdjtet,  eS  mähten  bie 
©üter  oerfefct  [=  oerpfänbet]  fein  .  .  .  ". 

SBenn  man  na^  ber  ttrfadjje  beS  [dfjledfjten  Sppot^elen- 
mefenS  ber  bamaligen  &it  fragt,  fo  erhält  man  getoö^nlid^  jur 


1  Äretttmapr,  Sammlung,  ©.  125. 


—    387    — 

3fatroort,  bafc  bic  3?ejeptton  be$  römifd&en  9te<$te3  biefen 
3uftanb  üerfd&ulbet  Ijabe. 

Sie  lanbläufige  Slnfid&t  über  bie  gefdSJid&tlidjje 
©ntroidflungbeS  SßfanbredjjteS  inSeutfdjtanb  ift 
in  Äfirje  bic: 

3m  alten  beutfdfjen  Siedete  fjat  e$  jroet  2Irten  be8  $Pfanbred&te$ 
an  Qmmobtlien  gegeben:  bie  „ältere"  (tanbredjjtlidfje)  ©afcung,  bei 
ber  ba3  Sßfanb  in  ben  33efife  be3  ©läubigerS  übergebt,  unb  bie 
„neuere"  (fiabtredfjtltdje)  ©afeung,  bei  ber  biefcö  ntd&t  ber  gatt  ift. 
Sie  ©afeung  —  {ebenfalls  bie  ältere,  roal)rfd)emlic&  aber  audfj  bie 
jüngere  —  wirb  burdfj  einen  feierlichen,  öffentltd&en  (geroöljnlidjj  wirb 
Ijinjugefügt :  gerid&tlid&en)  Sttft,  bie  fog.  Sluflaffung,  begrünbet.  ©tili* 
f  dfjroeigenbe  Sßfanbredjte ,  ©eneraloerpf änbungen ,  Sßfanbprurilegten 
fennt  ba£  beutfd&e  SRed^t  nid&t.  3m  alten  beutfdfjen  Siedete  l)aben 
alfo  fd&on  bie  Sßriniipien  Sßublijxtät,  ©pejtalität  unb  Priorität,  auf 
benen  bie  ©id&erljeit  be3  Stealfrebiteä  beruht,  gegolten. 

©anj  anbere  ©runbfäfce  finb  mit  ber  SKejeptüm  be3  3191.  in 
JDeutfdfjlanb  eingebrungen.  9ladfj  91%  fann  ba3  Sßfanbred&t  ganj 
formlos,  fogar  tnünblidü,  begrünbet  werben;  e$  fennt  iQtjpotljefen  an 
SRobilien,  ftiHfd^tüeigenbe  Sßfanbred&te,  @eneralt)9pot()efen  unb  Sßfanb* 
Privilegien.  SDurdfj  bie  3öSettofigJcit  be$  römtfdfjen  Sßfanbred&teS  ifl 
ber  Ärebit  in  einem  grofjen  $eile  ber  beutfd&en  ©ebiete  ooUftänbig 
jerftört  roorben.1  ©lüdflidfjerroetfe  ift  man  in  ber  neueften  $eit  ju 
ben  gefunben  ©runbfäfcen  be3  älteren  beutfdfjen  3tedfjte3  jurüdfgelefjrt, 
unb  baburdfj  ift  eS  gelungen,  ben  Ärebit  nriebertKrjuftetten. 

SDiefe  äuffaffung  ift  t>er£)ältni3mä&ig  alt,  fie  fjängt  in  tyren 
anfangen  mit  bem  erroadjjenben  ©tubium  be£  l>eimtfd)en  9ted&te3 .  im 
18.  3al>rl)unbert  jufammen.  3)ie  romantifdfje  ©djjule  mieS  nodjj  fiärfer 
auf  bie  SRed&tSfitten  be$  3»ittelalter3  $in  unb  fiellte  fte  in  ©egenfafe 
ju  bem  „tnbioibualiftifd&en"  Siedfjte  ber  SRömer.  3Bät)renb  ber  bürgere 
lidjje  SiberaliSmuS  be$  19.  3al>rl>unbert$  im  allgemeinen  bie  Sbeale 
ber  SRomantifer  heftig  befömpfte,  ging  beren  2$eorie  von  ber  2Btrfung 
ber  Stejeptüm  be3  römifd&en  Sted&teS,  befonberS  be£  römifd^en  spfanb* 
redete«,  jum  Stogma  geweigert,  unter  bem  ©influjj  ber  Bewegung  jur 
Sieform  beS  3mmobiltarred&te8,  auf  bie  SSulgäröfonomie  unb  SBulgär* 
Jurfc&prubenj  ber  60er  3al>re  über.  &eute  ift  bie  gefennjetd&nete 
SßorfMung  wefentlid&  üerblafct,  aber  (ie  fielet  nodjj  immer  unbeftegt 
ba,  ja  fie  ifl  nodfj  niemals  ernjüidfj  angegriffen  morben. 


1  So  nrirtticft  »oi$  in  ber  Stertelia$r*f<$rift  für  ftecfttäm.,  1879 ,  ©,  18. 

25* 


—    388    — 

äBfire  fte  rid&tig,  fo  xo&tt  bie  (Sntwtdflung  be*  {ßfanbred&teS  in 
2)euifd&lanb  in  ber  %at  eine  ^ ifto r i f  d^ e  Äurtofität.  2Bäijrenb 
bie  menfdfrlid&en  SHnge  in  ber  Kegel  in  einer  bestimmten  SRidjjtung 
fufc  forientwtdfeln  unb  fortfdfjreiten,  würbe  ba$  Sßfanbredjjt  bem  ger* 
mamfd&en  9ied(>t$bewu&tfetn  in  einer  faß  ibealen  ©eftalt  entfliegen 
fein,  in  einer  ©eftalt,  bie  an  bie  oottenbetflen  SRedSJtöeinrid&tungen 
ber  heutigen  frebitwirtfdjjaftlid&en  unb  fapitaliftifd&en  $tit  erinnerte, 
unb  nadjj  500—1000  Qa^ren  würbe  man  nidfjtö  beffereS  fyaben  tun 
f  önnen,  als  ju  biefen  erprobten  ©umd&tungen  be$  3R3L  jurücfjuf e^ten ; 
in  ber  9Ritte  Ifige  bie  trofilofe  Öbe  unb  2)ürre  be$  römifdfjen  Sßfanb* 
red&teS,  baS  ben  ©inbrudf  mad&te,  aU  fcatte  eS  ein  iurijltfdfjer 
©djelm  erfunben,  um  bie  ©laubiger  brei  3a§rl)unberte 
bamit  ju  foppen.  9Som  beutfd&en  jum  römifdfjen  Sßfanbrecljte, 
oon  ber  neueren  Saftung  jur  &ppotljef  mürbe  feine  Srücfe  führen, 
unb  bie  moberne  Drganifatüm  beä  Stealfrebitö  würbe  mdfjt  in  einer 
roirtfdfjaftlidjjen  unb  fojialen  ©ntroidflung,  fonbern  in  ber  @rfenntnt£ 
ber  gfe^Ier  be3  römifd&en  Sßfanbred&teS  üjre  Urfadfje  liaben.  — 

9Bie  in  ber  Einleitung  auSfüfjrltdjj  gejeigt  rourbe,  Ijatte  bie 
Öffentlid&feit  ber  ©tgentumäübertragung  bei  3mmo* 
bilien  im  beutfdfjen  9ted[jt  nidfjt  in  Sebürfnif f en  be£ 
ÄrebitS  unb  3SerfeI>r$,  fonbern  in  ber  genoffenfdfjaft* 
liefen  SBinbung  b  eS  ©runbeigentumS  il>re  Urf  aefj  e 
[4] l.  S)ie  ßffentlidjjfeit  mar  in  Sägern  nidjt  gefefelid^  oorgefdjjrieben, 
fonbern  nur  im  ©ebraudj.  S)enn  e$  lag  im  Qntereffe  beiber  Sßarteien, 
einer  Slnfedjtung  burdjj  anmartberedSJtigte  ©enoffen  möglid&fi  oorju- 
beugen.  2lud^  bie  geridfjtlidjje  2tuflaffung  mar  in  Sapern  nid&t 
obligatorifdfj.  SBenn  fte  im  15.  3aljrf)unbert  immer  me&r  in  Übung 
fam  [32],  fo  liegt  barin  feine  Steigerung  ber  Öffentlid&fett,  fonbern 
eljer  eine  äbfdjjwadSJung,  inbem  bie  Slufftd&t  über  ben  SiegenfdjjaftS* 
oerfe^r  oon  ben  engen  unb  innigen  SBerbänben  ber  $&au%*  unb  SWarfs 
genojfenfd&aft  allmä()li<$  auf  ben  jmar  umfaffenberen  aber  bafür 
um  fo  lodfereren  SSerbanb  ber  bem  gleiten  ©eridfjtöbann  Unterworfenen 
überging,  öffentlich  (gertd&tlid&)  mar  Riebet  nid&t  bie  Vertrags* 
fd&liefeung,  fonbern  bie  Sefräftigung  (firmare)  be3  abgefd&Ioffenen  ©e* 
fd&fifteS  burd&  ©ewäljrfd&aftSleiftung  [26].  3n  ber  Slrt  ber 
©ewctfjrfd&aft  aUerbingS  näherte  fidjj  ba$  alte  Sftedfjt  bem  mobernen 

1  geudler  II  102:  „Sßenn  baS  heutige  9ted)t  bem  öffentlichen  ©tauben  be» 
(SrunbbudjS  juliebe  einen  anbeten  SBeg  eingefdjfogen  fyat  [SBttfung  ber  Fertigung 
gegen  3)ritte],  fo  ift  baS  eben  unter  bem  (Sinfluffe  eines  anberen  SRottoed  ge» 
f$e$en,  baö  wir  bem  alten  beutfa)en  Vltfyte  bcWj  faum  fdjon  auftreiben  bürfen\ 


—    389    — 

©tlftem  bcr  öffentlid&en  33üd&er.  ©ie  erfolgte  juerfi  burdfr  ortS* 
lunbige  3eugen  [12];  bann  burd&  33ürgen  (gemöljnlidfj  mad&te 
man  ben  SBormann  jum  Sürgen)  [27],  bann  burd(j  ©albürgen 
ober  ©almänner  (inbem  man  umgefe&rt  ben  SBfirgen  ffinftlidfj 
$\m  SBormann  madjjte)  [27],  bann  burd(j  bie  Autorität  be$ 
SRtc^tcr^  [30],  SBenn  man  biefe  „©emäfjrSmänner"  als  bie 
„lebenbigen  ©runbbüdfjer"  beS  agrarifdfjen  SRedjjteS  bejeidfjnen 
mill,  fo  mag  es  immerhin  gefd&et>en.  Sei  Seginn  beS  „papiernen 
Zeitalters"  märe  bann  bie  9led)tSbilbung  jur  r/papiernen  ®e* 
mäljrfdüaft"  ber  sprotofoHe  unb  ©runbbüd&er  übergegangen.  ©er 
tBertragSf d&lufj  felbfi  erfolgte burd&  bie  Übergabe  ber  befiegelten 
Urlunbe.  3)ie  Urfunbe  ift  römifdjen  UrfprungS,  aber  in  ber  ttr* 
funben  Begebung  [11]  I>at  fidjj  ein  IjeimifdfjeS  Clement  (Übergabe 
einer  ©d&olle,  eines  3roeigeS)  auf  anbere  &\tm  herübergerettet.  SluS 
bem  — anfangs  freien  —  ©iegelred&t  in  fremben  Angelegenheiten 
cntroidfelt  fidfj  bie  ©iegelmäfeigfeit  unb  baS  jlaatlidjje  ©iegel* 
tegal  [83].  ©tegelfretyeit  unb  ©tegelmä&igfeit  ftnb  alfo  ebenfo 
fernbeutfdjj  mie  bie  SKuflaffung,  unb  f<$on  barauS  ergibt  ftdj  bie 
SBerf  el>rtljeit  ber  ©egenüberftellung:  Sßublijität 
beutfdjj,  gormfrei&eit  römifd&. 

3)ie  ©afcung  (ältere  ©afcung)  ift  fein  Ärebttgefdfjäft,  fonbern 
«ine  2lrt  SBeräufeerung.  2Iud^  bei  tyr  maren  alfo  bie  Slnfprüc&e  ber 
anroartbered&tigten  ©enoffen  ju  berfidfftd&tigen  (Öffentlidfjfeit).  @ine 
SSerbrängung  beS  ©elbgeberS  aus  feiner  in  materieller  Sejieljuttg 
murjelftdjjeren  ©tettung  burdf)  anbere  ©elbgeber  mar  beim  ©Ijarafter 
ber  ©afcung  auSgefd&loffen,  eS  beftanb  alfo  gar  lein  2lnlafe,  Slnjlalten 
ju  treffen  jur  2Bal)rung  ber  Priorität,  ©benfo  ftanb  eine  SSerlefcung 
beS  SßrinjipS  ber  ©pejialität  infolge  ber  Eigenart  ber  ©afcung  oon 
Dornigerem  aufcer  grage.  2lud&  bei  ber  Spfanboerfd&reibung 
(„neuere  ©afcung")  [42]  mar  eine  SBeiteroeräufeerung  unb  SBetter* 
üerpfänbung  urfprünglidj  ©erboten  (Priorität  unb  ©pejialität).  Die 
Ißfanboerfdfjreibung  muffte  nadf)  bem  baperifd&en  SRed&tSbudfj  (1346) 
in  öffentlicher  @erid&tSoer$anblung  mit  bem  ©eridfjtsfiegel  bekräftigt 
werben.1    9la$  ber  Sieformation  (1518)  mar  es  nid&t  meljr  nötig. 

1  9teä)täbuä)  1346  Art.  222:  Söcr  bem  anbent  pfanb  antnmrt,  baj  aign 
ober  W)n  ift,  unb  boö  pfanb  bannoä)  in  feiner  gematt  bleibt,  unb  baj  er  e* 
ienem,  bem  er  cd  gefefet  $at,  se  $ant  ni$t  untertänig  maä)t,  mit  n>e(a)em  ge» 
bing  ba*  gef<$ia)t,  ba  foC  er  im  brief  über  geben  mit  feinem  Snfigel,  ob  er  ein 
«igen  3nflgel  $at,  unb  mit  geriet«  3nfige(  barju.  <S8  foO  au<$  ber  Ritter 
fein  Snfiget  nia)t  anlegen,  fein  beger  bann  jener  oor  offen  geriet;  ift  e«  aber 
ein  fo  getan  man,  ber  Snfigel*  nia)t  $at,  ber  fol  ed  tun  mit  @eria)te*  Snflgel. 


—    390    — 

316er  au$  „wo  ®eridf)t$büd(jer  geführt  würben,  liefe  man  btefelben 
lefen,  um  fefijuftellen,  ob  ba3  ©runbftödf,  meldfjeS  oeräu&ert  werben 
follte,  oerpfänbet  fei;  nidfjt,  um  ben  ©rwerber  oon  oor&anbenen 
SPfanbredjjten  in  Äenntni*  }u  fefeen,  fonbem  um  eine  unfiattljafte  33er* 
äufcerung  ju  oerf)inbem  unb  bem  [älteren]  Sßfanbgläubiger 
©elegenljeit  jur  (Sinfprad&e  ju  geben"  (9Wetbol>m  ©.  429), 
alfo  au«  ganj  anberen  3Rotioen,  wie  biejenigen  ftnb,  bie  beim  mobernen 
©runbbud&fpjiem  mafegebenb  ftnb. 

3m  älteren  beutfdjjen  5Red&t  haftete  ber  Stoben  nur,  wenn  et 
(j.  33.  burdjj  Sßfanboerfdfjretbung  ober  ÄonfHtuierung  einer  Statte) 
auSbrüdtltdfj  haftbar  erflärt  mürbe,  S)ie  SReatyaft  mar  ferner  eine 
auSfdjjliefelid&e  —  nur  ber  Stoben  haftete.  Qe  meljr  bie  ©i<$erl)eit 
burdjj  bie  freiere  (Sntroidlung  beS  ^fanbredEjteS  an  Qntenfität  ein* 
bfifcte,  befto  meljr  ging  fte  in«  Sreite,  unb  fdjliefelidfj  pflegte  man  ba£ 
ganje  SSermögen  unterpfanbwetfe  ju  oerfd&reiben.  S5te  ©eneral* 
oerpfänbung  [51]  ifl,  wie  man  ftet)t,  ein  natfirltddeS  ©lieb  bet 
©ntwidflung  beS  beutfdfjen  $Pfanbredf)te$.  SDie  Übertreibung  be£ 
^rinjipS  ber  SReatyaftung  burdfj  ba3  ©eneralpfanb  bilbet  aber  au<$ 
bie  Negation  biefeS  SßrinjipS  unb  fein  ©rab.  Siunme^r  haftet  bei 
SRealfdfjulben  audf)  ba3  übrige  SSermögen  be$  ©d&ulbnerS,  ferner  haftet 
ber  Stoben  aud(j  für  perföntid&e  ©Bulben  [52].  £>ie  ©enerat 
oerfdfjreibung  bilbet  alfo  bie  33  r  ü  df  e  oom  ©pftem  ber  SR  e  a  1* 
Haftung  jum  ©pflem  ber  ©eneral^aftung.  Slber  aud^ 
beim  ©pftem  ber  ©eneralfjaftung  behält  bie  Sßfanboerfdjjreibung  tyren 
tjo&en  SBert,  inbem  fie  nämlid&  bem  ©laubiger  garantiert,  bafc  er 
au«  bem  Spfanb  oorjugäweife  33efriebigung  erhält  unb  i^n  fo  vor 
ber  Äonfurenj  aller  fpäteren  ©laubiger  fdfjüfet  (&tjpot$ef  beS  gemeinen 
SRed&teS)  [53].  SDie  £gpot$ef  ift  alfo  nid&t  3ufall3probuft  ber 
SRejeption  be$  römifd&en  SRed&teS,  fonbern  baä  natürliche  @r- 
gebniä  ber  t)ifiortf <$en  ©ntwidflung  beS  beutfd&en 
SRedfjteS1.  Ob  an  ber  <SntfieI>ung  ber  &tjpotf)ef  bie  neuere  ©afcung  * 
ben  größeren  Stnteil  gehabt  $at  ober  ba3  SRentengef  d&äft 8,  ift  oon 


1  »rnolb,  ©ef$ic$te  be$  Eigentums  in  ben  etäbten,  6.  128:  »Sötte 
200  S^rc  oor  (5mfü§rung  beS  9t9t.  loar  unfer  tRcc^t  jum  begriff  einer  §gpo« 
t^ef  gelangt,  ntcftt  im  Änfd)lufi  an  bie  rdmifä)e,  fonbern  burdjauö  fe(6ftänbi& 
unb  auf  eigene  §anb." 

2  So&m  in  ber  (Srün&utfäen  3eitfd&rift  8b.  5  ©.22:  ,$ie  moberne  $opo* 
t$e!  ifl  bie  4iflorifa)e  gortentrottflung  nid)t  ber  romifa)en  §upo$ef ,  fonbern  bet 
mittelalterlichen  [neueren]  ©afcung". 

8  $eu*(er,  II  153:  »Unfer  moberne*  (opotyejterte*  2)arle$en  $at  fic§  nic^t 


—    391    — 

untergeorbneter  SBebeutung.  9laü)  unferer  im  jweiten  Paragraphen 
bargelegten  Stuftest  §at  fidfj  baS  I^pofyefarifdje  Sterleten  aus  beiben 
gletd&mäfetg  entwidtelt.  Safe  bei  biefer  SRetamorp^ofe  aus  tynen 
etwas  aubereS  geworben  ift,  foH  ntd&t  beftritten  werben,  aber  eS  ifi 
nid&t  aus  etwas  2)eutf$em  etwas  SftömifdfjeS,  fonbern  aus  etwas 
Sßrtmittoem  etwas  gortgefd&ritteneS,  aus  etwas  2lgra* 
rifd&em  etwas  SWoberneS  geworben,  unb  ber  Sßanbel  war  fein 
ptöfclid&er,  fonbern  ein  langfamer,  aßmctyliger. 

SeidEjt  unb  ungejwungen  —  fagt  SeuSler1  —  läuft 
bie  neuere  „©ttlt  in  baS  tnoberne  fjtjpotljeäierte  S)ar* 
leljen  aus. 

2BaS  bie  fiillf  d^weigenben  iQgpott)efen  unb  bie  Sßf  anb* 
prioilegien  betrifft,  fo  ift  iljr  ©t)ftem  atterbingS  römifd&en  Ur* 
fprungS,  aber  im  Sßrinjtp  finb  fte  bem  beutfdfjen  Siedete  nid^t  fremb 
[106].  Sludf)  in  ber  ©eftalt,  in  ber  fte  in  ber  StejeptionSperiobe  auf* 
treten,  erfdfjeinen  fte  burd&auS  ntdjjt  als  etwas  bem  beutfdjjen  SiedfjtS* 
leben  2luf  oftroierteS ,  fonbern  audjj  in  biefer  tyrer  Übertreibung  finb 
fte  in  35eutfdjjlanb  willig,  mit  Sewufetfein  unb  als  etwas  9?edfjteS 
aufgenommen  worben. 

Sßenn  man  onm  SWSR.  fprid&t,  meint  man  gewö^nlid^  baS  9191., 
wie  eS  uns  in  ber  legten  Sßertobe  feiner  gefdfjidjjtlidfjen  ©ntwtälung, 
bie  mit  bem  Corpus  iuris  abfd&ltefct,  entgegentritt.  SBenn  man  ba- 
gegen  baS  beutfdfje  Siedet  anruft,  fo  §at  man  bie  9tedf)tSbenfmäler  im 
Sluge,  bie  wegen  tyrer  oielen  Äuriofitäten  baS  Qntereffe  beS  gorfdfjerS 
juerft  feffelten,  bie  Lex  Salica  unb  ben  ©ad&fenfpiegel  —  9led^tSs 
benfmäler,  bie  einer  oerfyältniSmäfjig  frühen  Sßcriobc  ber  ©ntwidflung 
beS  beutfdfjen  SRedfjteS  angehören.  9Ran  nennt  baljer  baS  9R9i  ein 
tnbioibualiftif d&eS ,  baS  beutfdfje  ein  agrarifdfjeS  9ledjt,  unb  überfielt 
babei,  bafc  audfj  baS  9t9i  eine  agrarifdfje  Sßeriobe  gehabt 
$at  (fiducia),  unb  bajs  baS  beutfdfje  SRedfjt  jur  3^it  ber 
9tejeption  fd(jon  mit  oollen  (Segeln  bem  3>nbiüibualiS  = 
muS  jugetrieben  ift  OPfanboerfd&reibung).  3Me  (Sinffiljrung  beS 
9191.  fjat  freiließ  biefen  inbioibualiftifdjjen  3U8  geförbert,  inbem  fie 
i!)n  auf  allen  (Gebieten  beS  9fted(jtSlebenS  jur  ©eltung  gebraut  $at, 
unb  fte  f)at  babei  audfj  fdjjäblid!)  gewirft,  inbem  fte  i^n  audfj  ba  jur 
©eltung  gebraut  Ijat,  wo  eS  lofal  unb  fojial  oerfrüfjt  war  [125], 


fölec&troeg  ouö  ber  Safcung ,  fonbern  roefentttd)  auä  bem  9ftentengefc$äfte, 
allerbingS  unter  .  .  .  Beteiligung  ber  ©afcung,  entnricfelt". 
1  3nfl.  I  358. 


—    392    — 

).  93.  in  ben  %erf)ältntffen  ber  ä3auernfd&aft  abfeitS  gelegener  Sanb* 
fdfjaften,  —  aber  nidfjt  als  römtfd&e«  9tedfjt  Ijat  ba$  neue  5tcd^t  biefe 
fd&limmen  folgen  gehabt,  fonbern  al$  inbioibualifltfd&e$  Stecht. 
Überall,  n>o  frembeS  inbioibualiftifd&eS  Sftedfjt  mit 
agrarifd&en  ober  $alb  agrarifdjjen  ßuflänben  ju  = 
fammentrifft,  fommt  e£  ju  einer  agrarifdjjen  5Meoo  = 
lution,  ba$  inbioibualtjltfdfje  9ted&t  mag  flammen,  wo^er  immer. 

2)a  beim  iQppotljefenredfjt  bed  gemeinen  SRedjjteÄ  in* 
folge  mangelhafter  3)urd)füt)rung  be*  SßubltjitätSprinjtpeä  ^ppotljefen- 
forberungen  cbcnfo  leidet  begrflnbet  werben  fonnten,  toie  geioöljnttd&e 
gorberungen,  fo  ift  e$  flar,  bafc  bie  Ijppotljefarifd&e  ©id&erung,  unb 
jtoar  in  ber  ftorm  ber  SBerpfänbung  be$  ganjen  SBetmögenS,  im 
Ärebttoerfeljr  fefjr  getoö^nlid^  mar.  SDiefeö  Softem  läuft  alfo  barauf 
IjinauS,  eine  Stangorbnung  ber  oerfdfjiebenen  forberungen  mit  ftu- 
grunbelegung  ber  (SntfleljungSjeit  ju  begrünben,  fo  bafe  bei  ber 
Siquibation  be$  fdfjulbnerifd&en  93ermögen8,  bei  feinem  3ufa^me^:: 
brudjj,  ber  SBergantung,  nidfjt  ein  RonfurS  ber  ©laubiger  erfolgte, 
nidjjt  ein  SJHt*  unb  SRebeneinanberlaufen,  fonbern  fämtlid&e  ©laubiger 
nadjeinanber  jum  3u8e  fernem  SBon  einem  9tealfrebit  ober 
SJobenfrebit  !ann  man  bei  einem  folgen  ©pftem  faum  me^r 
reben,  toeil  ja  ba3  ganje  SBermögen  in  ber  t)ppotl)eferifdfjen  Sicherung 
eingerieben  ift1.  2)a3  an  ftdjj  nid&t  tabelnStoerte  Sßrinjip  ber 
Haftung  be$  ganjen  SBermögenS  nadjj  2Jto&gabe  ber  (SntfiefjungSjeit 
ber  gorberungen  würbe  aber  burdj)  bie  gefefclid&e  SßriorttätS* 
o  r  b  n  u  n  g  (im  ©egenf  a&  ju  ber  natürlichen  ber  ©ntfteijungSjeit)  mit 
tyren  SBorjugSredfjten  burd&brod&en.  Slufeerbem  nmrbe  e$  baburdfj 
iüuforifd^  gemalt,  bafe  lein  ©laubiger  toufcte,  ob  ba$  fdjjulbnerifd&e 
Vermögen  nidjt  bur<$  bereite  oor^anbene  ©Bulben  ooffflänbig  ab* 
forbiert,  alfo  fiberfd&ulbet  fei  2Ba$  $ilft  aber  bem  ©laubiger  bie 
©i<$etf)eii  oor  ber  Äonfurrenj  ber  92ac^f olger,  toenn  er  oon  ber  3bi= 
jaljl  unb  ©tärfe  feiner  SBormänner  feine  ÄenutniS  Ijat,  unter  bereu 
fitjpotljefen  fidfj  bie  feine  mie  in  einem  3Weere  ju  oerlieren  brot)t? 

SMe  neuere  StedfjtSentiüidflung  ge^t  nun  baljin,  ben 
ißijpotijefengläubiger  nid^t  nur  cor  feinen  fünftigen  3Ritgläubigern, 
fonbern  audjj  cor  ben  vergangenen  nadj  2Wögltd(jfett  ju 
fdfjfifcen.  ©egen  einen  offenen  geinb  roeljrt  man  ftdE)  bekanntlich 
leidster,  nrie  gegen  einen  verborgenen,  ber  au«  bem  &inter!)alt  feine 
Pfeile  abf Riefet.    SSor  jenem  fann  man  fiäj  jurüdfjteljen,  toenn  man 

1  3Ran  untertrieb  me(me$r:  verbrieften  unb  unoerbrieften  Ürebit 
(,o$ne  »rief  unb  »ürgfe^oft*  ufn>.,  3.  8.  @.  254). 


—    393    — 

bte  eigenen  ©treitfräfte  in  ber  SWinorttcit  fieljt,  bei  einem  unoer- 
muteten  Überfall  ifi  man  verloren,  aud&  menn  man  ben  Äampf  oer* 
meiben  möchte.  S)a$er  bie  2lbfc^affung  ber  fiittfdfjmeigenben  &gpo* 
tiefen  unb  ber  5ßf anbprioilegien ,  bie  ©infü&rung  öffentlicher  $gpo* 
t§efenbüd&er,  bie  SSefeitigung  be3  -Kebelfd&leierS  ber  ©eneratytjpotyefen 
(bei  jeber  &9potl)ef  mufc  fomot)l  ba8  ©runbfifidf  beftimmt  fein  afe 
audf)  bie  &9potl)efenfumme) ,  bie  SBieberljerftettung  ber  natürlichen 
3Warfd(jorbmmg  ber  öppot&efen  (fte  marfd&ieren  in  ber  Reihenfolge, 
fn  ber  fie  angetreten  finb). 

Sei  biefer  &gpotf)efenorbnung,  bei  33eobadfjtung  ber  Sßrinjtpien 
Ißublijttät,  ©pejialttät  unb  Priorität  ^aftet  jebeS  ©runbftücf  juoer* 
läfftg  für  bie  &9potf)efenfd(julben,  mit  benen  e£  belaftct  roirb.  3)a3 
übrige  Vermögen  beS  ©dfjulbnerS  haftet  jroar  ebenfalls,  aber  nid&t  fo 
juoerläfftg.  ©leid&eS  gilt  mieberum  vom  ©runbftücf  in  Slnfeljung 
berjenigen  ©d&ulben,  meldte  perfönltdjjer  Statur  finb. 

©o  oerfjält  e$  fu§  mit  ber  SBirfung  ber  9lejeption  be$  römifd&en 
3led(jte3  auf  ba$  &ppotljeJenmefen. 

III.    Sie  grunbJjerrlid&e  33erfaffung. 
(2)a$  Äonfenäredfjt.) 

SMe  SSerpfänbung  ber  bäuerlichen  ©runbgered&tigfeit  mar  nur 
bann  gültig,  menn  ber  ©runbljerr  feinen  AonfenS  tjierju  erteilte 
[134].  3>er  ÄonfenS  mürbe  aber  „oftmals  oermeigert"  (©.  358), 
unb  fogar  oon  ben  fiaatlidjjen  Beworben  mirb  barüber  geflagt,  bafc 
bie  Untertanen  mit  bem  grunbljerrltd&en  AonfenS,  fei  es  jur  2fof* 
nannte  oon  eigenen  ©Bulben,  fei  e£  behufs  SürgfdjjaftSleiftung, 
„nid&t  auffommen  fönnen",  bafe  e3  bamit  „Ijart  f)ergel)e"  ufm. 
(©.  343,  346,  355).  SCrofc  ber  großen  3Rängel  be3  fcppotfjefen* 
toefenä  mar  bie  SefteHung  einer  &i)pott)ef  auf  bem  ©ute  beS 
©dfjulbner3  bod&  immerhin  bie  befte  ©i<$erf)eit  für  ben  Ärebttgeber. 
5Daljer  tonnte  ba3  Äonf enSred&t ,  menn  e3  audj  oielletd&t  einerfeit* 
geeignet  mar,  einer  unmirtfdfjaftlid&en  SBerfd&ulbung  ber  Bauerngüter 
»orjubeugen ,  anberf eitö  leidet  ein  Hemmnis  ber  Arebit» 
trlangung  unb  Kapitalanlage  merben. 

S)ie  frebit^inbernbe  SBirfung  beS  ßonfenSred&te*  mürbe  nod&  ge* 
ftetgert  burdjj  bie  9Rt§bräud(je,  bie  mit  iljm  getrieben  mürben. 
Staju  gehörten  oor  allem  bie  £emporalfonfenfe  unb  baS  SBillenSgelb. 

2)a3  SBillenSgelb  [159]  mar  eine  für  bie  SBiKenSerflärung 
be$  @runb$errn,  ben  Äonfen*  ju  geben,  miberredf>tti$  erhobene  @e* 


—     394    — 

bfi$r.  Die  (Erbitterung  über  bie  2Bitten3geü>er  richtete  {i$  weniger 
gegen  bie  ©rtjebung  oon  SBitlenSgelbem  an  ftd&,  fonbern  me$r  gegen 
bie  &ö$e  ber  2Bttten3gelber.  $n  biefer  Sejieljung  f d&einen  feine 
befiimmten  ©runbfäfce  eingehalten  worben  ju  fein.  3n  einem  gfaHe 
wirb  bie  jQöfce  be$  äBiCenSgelbeS  auf  l1/*  %  angegeben  (©.  162),  in 
einem  anberen  gatte  auf  10—12  fl.  (©.  164,  ©djulbfumme  ntdjjt 
ermähnt).  3n  ber  SBerorbnung  oon  1672  wirb  als  tatfädfjlidfjeS 
&ödj>ftmafc  fogar  ber  Setrag  tum  10  SReidjjStalern  genannt  (©.  352). 
SDie  Regierung  £anb$I>ut  berietet,  e$  geige  ftdjj,  ba§  von  etlichen 
©runbljerren  für  ©rteilung  beS  ÄonfenfeS  in  bie  5  ober  6  Men- 
taler (7Vs — 9  fl.)  begehrt  werben,  „was  ein  großes  unb  unbilliges 
Übermafe  fei"  (6.  344). 

3)urd(j  bie  ftemporalfonfenfe  [160]  mürbe  natürlich  baS 
Übet  ber  fjoljen  ÄonfenSgebüljren  nodf)  oerfdfjärfi  Denn  menn  nad£ 
Slblauf  beS  3*ürauwe$/  ffa  ben  ber  ÄonfenS  erteilt  würbe,  baS 
ÄrebitbebürfniS  fortbauerte,  fo  mußte  baS  SBillenSgelb  wtebert)olt  er* 
legt  werben. 

3)ie  SBefdfjwerung  mit  ben  SßtllenSgelbero  Ijatte  junäd&ft  5Ber- 
teuerung  beS  ÄrebitS  jufolge.  ©erabe  in  bem  Söhtgenblidf,  wo 
ber  ©runbljolb  in  ber  oerjweifeltften  Sage  mar,  wo  er  frember  fitlfe 
am  notwenbigften  beburfte,  fam  ber  ©runb^err  mit  ber  ©elbfdjjraube/ 
unb  jener  mußte  fidfj  fügen,  wenn  er  ftdjj  mdjjt  ben  legten  2luSweg 
oerfperren  wollte  [341]. 

3lber  audfj  bie  ©laubiger  Ratten  unter  bem  ÄonfenSredjjt  untv 
bem  SWißbraudjj  beffelben  ju  leiben,  inbem  ifjre  ©idjjerljeü  baburdfj 
beeinträchtigt  mürbe.  Qn  Ermangelung  beS  grunb^errlid^en 
ÄonfenfeS  mürben  in  mannen  ©erid&tSbejtrfen  bie  Äirdjengelber 
bennodfj  ausgeliehen,  inbem  fi<$  bie  Darlehensgeber  mit  bloßer 
©eneratyppotyef  (o^ne  ©inbejieljung  ber  bäuerlid&en  ©eredfjtigfeit} 
begnügen  mußten  [358].  3)aS  mar  aber  eine  fdfjledfjte  SBerfidfjerung, 
unb  bie  betreffenben  Kapitalien  ftanben  bei  ber  ©ant  in  ©efa^r  ober 
gingen  fogar  ju  SSerluft.  2)iefe  fd&limme  SBirfung  beS  ÄonfenSredfjteS 
mürbe  atterbingS  baburd^  abgefdbraädfjt,  baß  oon  einem  £eil  ber 
©erid^te  berartig  oerfidfjerte  $orberungen  bei  SBergantung  ber  bäuer* 
liefen  ©ered&tigfeit  trofe  beS  ÄonfenSmangelS'wie  &9potljefenfapitalien 
beljanbelt,  alfo  bloßen  &anbfd(>ulben  oorgejogen  mürben.  33ie  9Ked&tS* 
unfidfjert)eit  aber  beftanb  unb  mußte  oiete  Äapttalbefifeer  oon  ber 
Selei^ung  bäuerlicher  ©runbgered&ttgfeiten  oljne  ßonfenS  abfdfjreäen. 

Slber  nidfjt  nur  bie  ©d&wterigfeit  beS  ÄonfenSerlangung  an  ftd& 
bilbete  ein  iQinberniS  ber  ©id&er§eit  beS  ©läubigerS,  fonbern  auäj 


—    395     — 

bie  Übung,  iljn  nur  auf  3*tt  ju  bewilligen.  S)enn  nadfj  Slblauf  bcr 
«Seit  mar  e$  für  ben  öppotbefengläubtger  mit  redjtlidjen  ©djmiertg* 
feiten  oerbunben,  bei  ©rneuerung  be3  ÄonfenfeS  feinen  bteljet 
innegehabten  9tang  ju  behaupten  (©.  161).  — 

3u  ben  mittelbaren  Ärebitljinbermffen  gehört  oor  allem  bie 
5Befd(jränftl)eit  be3  ßapitalmarfteS. 

IV.  SDer  Äapitaloerf  efjr  mar  territorial  begren jt.  5Da3  SKittet 
Itferju  mar 

ba£  greigelb  ober  bte  SRad^fteuer1. 

SMefe  ftaatlidje  Abgabe  mürbe  in  Sägern  oon  allen  benen  erhoben, 
bie  „mit  i^ren  ©fitern  ober  SBermögen  an  (Selb,  galante,  2tu£fieuerung, 
ober  tüte  bie  fonft  ben  !ftameu  fjaben  mag,  aus  bem  Sanbe 
gießen  ober  biefelben  burdj  @rbfaH,  J&eirat  unb  anber  bergleidjjen 
SBeg  bittcmSbrmgen* 2.  2>a3  greigelb  betrug  10  °/o.  Dbmobl  ba£ 
greigelb  ben  3^edf  ^atte,  ba3  inlänbtfdje  Kapital  im  Snlanbe  feft* 
jubalten,  fo  Ijatte  biefe  ©teuer  eber  ba3  ©e g enteil  jur  2B irfung, 
inbem  eSbaSauSlanbtfdje Äapttal  baoon  abhielt,  bie  baperif  djen 
©renjen  ju  überfdjreiten.  SDaS  $reigelb  mürbe  nämltd)  audj  oon  ben 
Sladjbar  ftaaten  erhoben,  teils  jur  SRetorfton,  teifö  aus  eigenem 
Stntrieb,  unb  ba  biefe  (bie  2Mf<$of3-  unb  SWetd^^fläbte  ber  Umgebung) 
meifienS  fapitalretdjer  maren  als  Sapern,  fo  mußte  ba$  greigelb* 
infütut  jum  9tadjteile  33atjern3  auSfdjlagen.  3)a$  greigelb  bilbete 
aber  aud)  bed^alb  ein  feinbernis  ber  5tapitalanfammlung,  meil  e£ 
bie  oorflbergeljenbe  (SKnmanberung  oon  reiben  Seuten  nnb  oon 
^Reichtümern  mit  einer  Abgabe  belegte 8.  SBenn  j.  83.  ein  Sluälänber 
in  SBapern  einmanberte,  feine  £odjter  aber  mit  einem  SanbSmamt 
fidj  oerel)eltdjte,  fo  mar  i^r  fceiratgut  nac^fteuerpfltc^tig.  SMe  golge 
mar,  bafe  foldje  Sinmanberer  ii)i  Vermögen  in  iljrer  Heimat  ließen. 

3Rejjr  als  bie  ftaatltdjen  Sefdjränfungen  ber  greijügigfett  be£ 
Äapitat*  b^ben  mirtfdjaftlid&e  SBerbältniffe,  namentltdj  bie 
geringe  ©ntmidlung  be$  SBerfebrS  unb  ber  SBerfebrSmtttel,  baben 
ferner  bie  9ted)t3oerfdjieben§eit  oon  Sanb  ju  Sanb,  ber3Äangel 
auSretd&enber  interterritorialer  SRecIjtSbilfe  ufm.  ben  ßrebitoerfeljr  in 
territoriale  ©djranfen  geroiefen.  — 

aber  m$t  alles  im  Sanbe  oorljanbene  Äapital  ftanb  bem  sprioat* 
frebit  jur  SBerfügung. 

1  S)ie  beiben  SCuSbrüdfe  werben  in  JBagern  promiscae  gebraust. 

*  Serorbmmg  oom  14.  3uni  1740. 

*  Sanbiag  1605  grav.  19. 


—    896    — 

V.  ©ie  in  ben  fedjjiger  3al)ren  be$  19.  Sa^r^unbcrtö  auf- 
getretene „  Krebitnot"  ber  ßanbmirte  $atte  belanntlidjj  au<$  batin  i§re 
llrfadjje,  bog  ba$  Kapital  ftdjj  bamafe  mit  Vorliebe  anberen  Slnlage? 
gebieten  juwanbte,  bie  leeren  ©eroinn  unb  eine  bequemere  5Ber- 
maltung  ber  Kapitalien  in  Sfaäftdfjt  ftcttten.  Sßir  $aben  bereits  oben 
gefe^en,  ba§  ba$  ©arnieberltegen  oon  ftanbel  unb  ©ewerbe  in  Sapern 
im  17.  galjrljunbert  einen  o&nlidjen  SBettbemerb  jnnfdfjen  ©emerbe 
unb  ßanbroirtfd&aft  um  ba3  Seityfapital  oerljinberte.  2>er  einzige 
Jtonfurrent  auf  bem  Kapitalmarfte,  ben  ber  ©runbbeftfc  ju  ffird>ten 
$atte,  mar  ber  ©taat. 

SDte  2fafprüd&e  beS  ©taateS  an  baS  SanbeSfapiial  waren  fe^r 
grofe,  namentlich  im  ©retfjtgiä&rtgen  Kriege  [301].  S)er  ©taat 
Ijatte  bei  feiner  Bewerbung  um  baS  tnlänbifd&e  Kapital  baburd&  einen 
großen  SSorfprung  oor  ben  übrigen  Krebitfud&enbea,  bafi  er  jener 
burdj  feine  Autorität  9ia$bru<t  perlenen  fonnte.  S)te  <Staat& 
anlegen  roaren  jum  großen  £eil 

3mang3anle$en, 

tiamentlidSJ  eben  im  2)retf$igiäl)rigen  Kriege,  afe  ed  immer  f<fjmieriger 
geworben  mar,  im  2tu3lanb  bie  nötigen  ©eiber  aufjubringen1.  Ob= 
tt>of)l  man  bei  ber  SKuSfdjreibung  von  3wmg3anleljen  ben  SBinf  mit 
bem  3<iunpfaf)t  ber  bireften  ©eroalt  oorjog 2,  unb  obwohl  ben  Kontri- 
buenten orbnungSmäfeige  ftaatlid&e  ©d&ulboerfd&reibungen  ausgestellt 
ttmrben,  fo  mar  e3  bodfj  um  ben  freien  SBettberoerb  jroifd&en  Sßrioat* 
unb  ©taatsfrebit  gefdfjeljen.  9latüxliü)  mar  bie  Kfinbbarfeit  biefer 
jroangSroeife  gegebenen  3)arlet)en  re<$tli<$ 8  ober  tatfädfjlidfj  befdfjrcmft. 
SanbeSnot  entfd&ulbigt  alles,  ©in  großer  £eil  beS  -Jtottonalfapitate 
mar  fo  auf  lange  3eü  f eflgelegt ,  ber  Ijeimtfdfjen  SBolteroirtfdfjaft 
«ntjogen. 

VI.    S)ie  2Wünjmirren. 

2Bie  auf  &anbel  unb  SBerfeljr  im  allgemeinen,   fo  übten  bie 


1  2)er  §erjog  1619:  2luf  ©aljburg  fei  feine  SRedjnung  ju  machen,  Xitot 
(äffe  nidjtä  §erau8  unb  wegen  Sforenj  unterliege  ed  allerlei  Sebenlen  (3?reg« 
terg  I  51). 

2  3Ründ&ener  ©taat3bibUot$ef  2°  Bav.  960X1  n.  1  (gebrutfte«  Sfonquett): 
#2Bir  hoffen  nidjjt,  bajj  biefed  unfereS  8ege§ren8  2)u  3)ic$  ju  negmenber  unferer 
^RiftfaUigfcit  weigern  foaff. 

8  3.  93.  burdj  bie  JUaufel  in  ber  Staatäf djulbüerfd&reibung :  ßünbigung 
fcurd&  ben  ©laubiger  nur  „roemt  bie  SanbeSnot  wieber  aufgehört  f)at"  juläfftg. 


—    397    — 

imfltfldfltdjen  3JWlnjocr^äItttiffe  audfj  auf  ben  ßrebttoerfe$r  einen  un* 
günfiigen  ®tnfluj3  au$. 

3n  redjjtltd&er  Sejieljung  bilbeten  bie  ©runblage  beS  2Rfinjwefen* 
bie  9teid|>Smfinsorbnung  von  1559  unb  ber  SRetdfjSabfdjjieb  oon  1566 
(§  149  unb  150).  SWeid&Smfinjfufi  war  ber  ©ulben*  unb  fcalerfufj, 
bie  fcauptmünjen  waren  ber  SReidfjggulben  unb  ber  SRetd&Staler,  jener 
ju  60  ßreujer,  biefer  ju  68  Ar. 


SWünjgefete 

SBert  nadj 
ßreujer * 

Stuf  bie  ftötniföe  3Rar!  311 
16  ßot  gingen8 

bei  einem  geinge^afte  »on 

tauf) 

fein 

©ulben 

1559  u.  1566 

60 

148/9 

9Va 
8 

IOVb 

%aUv   . 

1566 

68 

142/9 

9 

2Benn  man  oon  ber  ©tüdfelung  ausgebt,  fo  bilbete  alfo  ber 
©ulben  bie  ©tanbarbmünje,  wenn  man  aber  vom  2Wünjfu&  ausgebt, 
ber  SEaler. 

3luf  ber  einen  ©eite  ber  SReid&Smfinjen  foöte  ber  9fei<$3abler 
unb  bie  Äreujerjtffer  (60,  68  ufw.),  auf  ber  anberen  ©eite  ba* 
SBappen  be3  prägenben  SReidjjSflanbeS  unb  bie  Saljreäja&l  fielen. 

Qnfolge  ber  SBerfdfjledfjterung  ber  Heineren  3Wünjen  liefe  ftd^  ba3 
obige  2Bertoerl)ältm3  jwifd&en  ben  igauptmünjen  unb  bem  Äreujer 
ntdfjt  aufregt  erhalten.  $war  matten  bie  l>ol)en  unb  nieberen  Sßfinj* 
fälfdjjer  oor  ben  &auptmün$en  nidjjt  igalt,  aber  bie  Heineren  2Wünjen 
litten  unter  ben  9Rünjgreueln  bodjj  me§r  wie  bie  größeren,  fo  ba£ 
biefe  im  SBergleidfj  mit  bem  (Selbe  be$  gewöhnlichen  33erfe&r3  einen 
!jo$en  @rab  oon  Stabilität  erlangten.  2Bol)l  beftimmte  bie  SReid&a* 
münjorbnung  oon  1559  (§  12),  bafe  oon  ben  Meinem  2Wünjen  nidfjt 
nte^r  gemalt  werben  fotten,  als  man  in  iljrer  3lrt  „neben  ben 
großen  ©tfidfen  jur  Stotburft  ntdjjt  entraten  mag",  aber  baran  fefjrten 
ftdjj  bie  „ftipper  unb  Sftipper"  mdfjt,  unb  3)eutfdjjlanb  würbe  oon 
3eit  ju  3*it  oon  minberwertigen  Keinen  ÜRünjen  gerabeju  über» 
fd&wemmt.  3)ie  gut&alttgen  9Rfinjen  würben  bann  als  S3ru<$fUber 
oerwenbet,  ober  fte  gingen  in$  2tu$lanb.  Vergebens  bie  SUtfinjoerrufe, 


1  $er  Äreujcr  jerftcl  in  4  Pfennige,  ber  Pfennig  in  2  geller. 

*  $ie  Äölniföe  SRar!  wog  bamalS  238  g  na$  unferem  ©etoi^tdfnftem. 
1  Kei^Sgulben  alfo  runb  »"23  g  ©über.  $a  ber  heutige  8erein*taler  c  17  g 
©über  enthält,  fo  mürben  auf  3  oon  ben  bamaligen  9tetc$$gulben  ungefähr  4  ber 
heutigen  Seretndtaler  treffen. 


—    398    — 

aergebenS  2luSful)r*  unb  (Stnfdfjmeljüerbote.  SDie  gemiffentyafteren 
3*cid^5ftänbe  mußten  ben  weniger  Igewiffentyaften ,  bie  größeren  ben 
Heineren  nad&folgen,  ja  fte  ju  fiberbieten  fudjen,  wenn  fie  iljr  ©ebiet 
nid&t  ben  fremben  SWünjflätten  ausliefern  wollten.  @8  fehlte  ben 
beutfd&en  Sanben  bie  poltttfdjje  unb  wirtfdfjaftlid&e  Einheit,  ben  beut; 
fd&en  gürften  ba$  ©olibaritatSgeffi&l.  SDie  ÄretSmünjüeretnigungen 
(j.  33.  ber  brei  oberen  ftretfe:  ftayttn,  granfen,  ©d&waben)  unb 
Äretätage  leiteten  im  einzelnen  mand&eS  ©ute,  waren  aber  ntdjjt 
imftanbe,  burdfjgreifenben  2Banbel  }u  fdjaffen. 

3n  33apern  war  ba$  Unwefen  ber  aRfinjüerfd&led&terung  ieben= 
f alte  nidjt  größer  wie  in  ben  anberen  größeren  beutf djjen  Territorien *. 
3lm  fd&limmften  ftanb  e$  audfj  in  Sapern  in  ben  berüchtigten  „Äipper* 
unb  SBipperja&ren"  1621—23,  als  ber  ©reißigjäljrige  Ärieg  ben 
©elbbebarf  plöfelid^  gewaltig  anfd&wellen  madfjte.  Stile  Sßaren  fliegen 
enorm  im  SßreiS,  auägebrücft  in  ben  fdjj legten  SWfinjf orten,  aud&  bie 
gut^altigen  3Wünjen.  Unterm  28.  3uni  1622  mußte  in  Sägern 
befretiert  werben a,  baß  bei  gemeinen  3a§tungen  ber  [gute]  9teid&3= 
taler  nid&t  über  10  fl.  unb  ber  [gute]  ©ulben  nid&t  über  9  jL  an= 
genommen  werben  fotle.  3n  Sanbä&ut  flieg  ber  SßreiS  be&  Storni 
(in  2Rfind&ener  ©Raffel)  oon  4  fl.  26  fr.  im  3a$re  1621  auf  11  fT. 
4V«  fr.  im  Qa^re  1622  unb  33  fl.  13V2  fr.  im  3ai)re  1623 8. 
auf  bem  äWünjprobationStage  oom  10.  »pril  bejw.  31.  3Kärj  1623 4 
fonnte  aber  bodj  wieber  eine  SRebuftion  beS  3Wünjtarife$  in  ber 
SBeife  oorgenommen  werben,  baß  ber  gute  £aler  auf  90  fr.,  ber 
gute  ©ulben  auf  80  fr.  fefigefefct  würbe.  Sei  berfelben  ©elegen&eit 
würbe  jwifd&en  ben  beteiligten  SteidfjSftänben,  um  eine  weitere  33er* 
fdjjledjterung  ber  ©dfjeibemünjen  ju  oer&üten,  eine  Slrt  oon  ©d&etbe* 
mttnjfuß  (Äreujer,  Pfennige)  oereinbart:  „Äreujer  foDen  auf  bie 
fölmfdfje  3Karf  geljen  300  ©tücf  unb  fein  galten  5  £ot"  [alfo 
60  ßreujer  1  £ot].  3m  ©efolge  biefer  ©afcungen  würbe  oon 
2Wajimilian  I.  im  SJtünjgebote  oom  14.  Quni  1623  für  bie  Dberpfalj5 
ber  Äippergulben  (jwar  oorläuftg  nodjj,  afe  ©d&eibemünje,  gebulbet, 
aber)  auf  1U  feine«  SRominalwerteS,  alfo  auf  15  fr.  beoaloiert.   -Wadf) 


1  »gr.  Äie^er  VI  48  Kote. 

8  grenberg  II  294  «Rote. 

8  Jtofjlbrenner  grana,  Seitr.  3.  Sanbw.  unb  ©tat.  in  Sägern,  1783,  ©.  84. 

4  £ori,  Sa»erifa)e3  SRünareajt  II  348. 

5  Sori  II  850.  —  9la$  Äutt  in  ben  TOtteilungen  ber  Sagertfd&en  numi§* 
tnatifä)en  ®efeflfd&aft  IL  3a$rg.  (1883)  6.  53  „8*>etfeUo3  au*  in  Sütbaijern1'  [?]. 


—    399    — 

SejtS1  Behauptete  ffdj  her  ßur$  son  90  fr.  für  bert  9teidj3taler 
„längere  3eit".  3m  3al>re  1678  (SDtanbate  com  10.  3anuar  unb 
J4.  äpril)8  würbe  ber  2Bert  be$  3*eid(j$taler3  auf  1  ff.  45  fr.,  ber 
be«  9leidj3gulben$  auf  1  ff.  34  fr.  er^öljt.  SDiefeS  2BertüerI)attni$ 
erhielt  ftd^  aber  nidjt  feljr  lange,  fonbern  auf  bem  SRünjprobattonSs 
tage  com  (September  1693  würbe  ber  SBert  be3  9teidj3taler$  aber= 
tnafe  tarifarifdj  er^ö^t,  auf  2  ff.  (Seipjtger  gufc) 8,  eine  2Bertrelatipn, 
bie  befanntlidj  1737  als  9tetdj3münäfu&  anerfannt  würbe. 

SBie  feljr  bie  3Rünjwirren,  namentlich  bte  SWünjoerfdjledjterungen, 
&anbel  unb  SSerfe^r  fdjjäbigten,  ift  befannt.  3Me  aWünjüer^dltniffe 
werben  benn  audj  gewöljnlid)  unter  ben  Urfadjen  beä  StücfgangeS 
von  ißanbel  unb  ©ewerbe  in  jener  3*it  auSbrücl  lidj  ermähnt 4. 

3)ie  l)eroorffed>enbfte  unter  ben  fd&limmen  SBirfungen  einer  Wtüxifr 
t>erfdjledjterung  war  bie  3errüttunß  &cr  Steife,  bie  Untergrabung 
von  %xtu  unb  ©lauben  im  SBerfefjr.  S)ie  juerft  ©efdjabigten  waren 
in  ber  SRegel  bie  5J3robujenten,  weil  fte  für  gute  SBare  fdjledjteä  ©elb 
erhielten.  ©ewifcigt,  gingen  fie  mit  ifjren  greifen  um  fo  meljr  in 
bie  $ö&e,  unb  nun  waren  e3  bie  ßonfumenten,  bie  bie  folgen  ber 
SRünjoerfdjledjterung  ju  fpüren  befamen.  Unter  ben  teueren  greifen 
muffte  aber  natürlich  wieberum  ber  Slbfafc  ber  Sßrobufte  leiben.  3Ber 
ni<$t  nur  Ääufer  fonbern  audj  3Serfäufer  war  unb  fo  bie  §ol)en 
Sßreifc  auf  anbere  ©djultern  abwatjen  fonnte,  war  gut  baran.  Stile 
biejenigen  bagegen,  bereu  (Sinfünfte  anä  feften  ober  wemgfienS  längere 
3eit  um>eränberlidjen  Sejügen  beftanben,  j.  83.  Zentner,  SBitwen 
unb  SBatfen,  Äirdjen,  ©galten  unb  SDienftboten,  ©olbaten,  femer  ber 
©taat5  mit  i^ren  $au3jtnfen,  Sßfenniggülten,  3ntereffen,  ßiblöfjnen, 
.©olbanf prüfen,  2Jiauten5  fafjen  im  Stadtteil,  inbem  fte  „pro  re,  ba$ 
iffc  für  einen  redeten  ©ulben,  Skfeen  ober  Äreujer,  ben  man  tljnen 
föulbig  gewefen,  nidjtS  anbereS  ate  nomen6,  ba«  ift  einen  falfdj 


1  ©anbmörterbua)  ber  Staats».,  Slrt  HRünjmefen  bei  neueren  &\t. 

1  Sori  III  128  unb  130. 

8  2ovi  III  206.  $er  9iet($$guH>en  im  baperifdjen  SWünjgebot  oom  27.  «prU 
1698  (,2Bie  naa)  bem  bermalen  genommenen  gufe  be3  9teia)etalet8  in  feiner 
äußerlichen  (Srfttyung  au  2  ff.  aua)  anbere  im  innerlichen  $a(t  geregte  Sorten 
foroo^l  frei  ben  Ämtern  a(3  fonft  im  $anbel  unb  ©anbei  angenommen  unb  gang* 
bar  fein  foHen')  auf  1  ff.  46  !r.  (ßori  III  204). 

4  3-  »•  Sreljberg  II  372  (1624). 

6  3*  entnehme  bie  3ufammenffettung  einem  ®utaa)ten  beö  State«  Seuler 
an  SRasimitian  L,  aud  ber  3eU  1621—23  (greijberg  II  291). 

•  Knfpietung  auf  bie  p^ilofop^ifa)en  »ia)tungen  fteattften  flJfoto)  unb 
«ominaliffen  (SUifteteUS)? 


—    400    — 

genannten  ©ulben,  Safecn  ober  Jtreujer" l  empfingen.  Samtt  $aben  nur 
f  d&on  eine  fjrage  berührt,  bie  und  bef  onberS  inieref  fiert,  namltd)  bie  gfrage 
naä)  bent  (Sinfluf?  ber  2Wfin}oerf<$led)terungen  auf  bie  ©djulbenjaljlung, 
überhaupt  auf  baS  SBer&ältniS  jmifd&en  ©laubiger  unb  ©d&ulbner- 

S)a«  bamafe  $errf<$enbe  ©elbfpften  bejeidjnet  man  geroöljnli<& 
ate  ba$  ©pftem  be$  ©ortengelbeS  *.  SBenn  im  Vertrag  leine  be* 
fHmmte  ©etbforte  ate  ©egenftanb  ber  3Sertrag8erffiffung  genannt 
wirb,  fo  barf  ber  ©d&ulbner  in  einer  beliebigen  ©elbforte  jaulen- 
Stur  mußten  bie  2Rflnjen  flaatlidfr  anerlannt  fein,  baä  Reifet  fte  burften 
ni$t,  wegen  ungenfigenben  ©e&alts  ober  bergleid&en,  oerrufen  unb 
verboten  fein,  ferner  brauste  man  bei  großen  3<^lungen  feine  gar 
ju  Keinen  9Wünjen  annehmen8. 

SDte  fdjledjten  9Rfinjjufiänbe  brachten,  tote  mir  bereite  ermähnt 
Ijaben,  mit  jtd>,  bafc  bie  Heineren  anfingen  t>erf)ältni£mäfcig  einen  triel 
bebeutenberen  Umtauf  Ratten  ate  bie  größeren,  ja  bafj  an  Unteren 
jeitroeilig  ein  arger  2Rangel  §errfd>te.  3)ie8*  Ijatte  jur  gfolge,  bafc 
bie  Heineren  2Wünjen  häufiger  ju  3<*i)h"igen,  au^  Ju  größeren,  oer* 
menbet  mürben ,  ben  ©elbbebarf  oerfaljen,  ate  t>oltemirtfd&aftUd> 
mfinfd>enSmert  unb  oom  ©efefcgeber  beabftdjtigt  war,  unb  ate  tyre 
Stellung  im  aRfinjfgfiem  entfprad). 

3n  melden  2Rttnjforten  tatfad^Itd^  im  einzelnen  gatte  3<^^ung 
unb  atfidfjaljlung  ftattgefunben  fyat,  föfct  ftdj  natürlich  nic^t  meljr 
ober  fdjmerlidj  f  eftftetten 4.  6$  ift  aber  Aar,  bafj  bie  3^^tungen  fUfr 
um  fo  fd&mieriger  unb  unerquieflidjer  geftalteten,  je  fdjlimmer  bie 
aRfinjjuflänbe  waren.  9lad)  Se^iS  a.  a.  D.  bilbeten  bie  einfachen  unb 
otelfadjen  Äreujerftücfe  „im  gemöl)nKdjjen  Seben  ba£  ioauptumlaufs* 
mittel".  „Sie  mürben  jum  eigentlichen  SBertmafe,  unb  ber  ÄurS  . . . 
ber  groben  ©ilbermfinjen  mürbe  ba^er  in  3fi&Iguü>en  unb  Äreujer 
auSgebrfidt"  [ftefce  audj  oben].  3Ran  mufc  alfo  jmifdjen  ©pejieS* 
gulben,  b.  $.  ben  mirfttdj  geprägten  SRetdjSgulbenfifldfen  (f.  o.),  unb 
bem  3^lgulben  untertreiben.  3)er  3ät)lgulben  „bebeutete  60  Äreujer 
be$  umlaufenben  ÄleingelbeS" 6.    2lud)  in  Sapern  mar  eS  flblidj, 

1  2tu$  bem  SRote  5  ber  t>or§erge$enben  &titt  girierten  Outacfttcn. 

2  SejiS  in  3a§rb.  für  «Rattonalölonomie  III.  fr  9.  8b.  ©.  829  ff. 

8  Äei$8münjorbnung  1559  §  38:  ($3  foU  au$  niemanb  in  einiger  großer 
33eja$lung  wenig  ober  oiel  Pfennige  »iber  feinen  SBtUen  ju  nehmen  fäulbtg  fein. 

4  ©inen  2ln§altSpunft  für  bie  §äuftgfeit  ber  gunttion  ber  t>erf$iebenen 
SRünjf  orten  al§äBertaufbetoa$rung$mitteI  liefern  manchmal  bie  3n»entare, 
»gl.  oben  @.  289  unb  291. 

K  $e(fferic&,  ©elb  unb  ©anfen  I  48.  Sgl.  ben  unten  gitterten  gäbet  p.  404: 
Florenorum  species  nulla  est. 


—    401    — 

bcn  SReidfjSgulben  ju  60  fr.  in  biefcr  gunftüm  Ju  oerwenben.  $)te 
Verträge  lauteten  gewöl)nlid&  auf  „ .  .  .  fL  r^einifd^  ju  60  fr.  ge* 
rennet".  SWetjlenS  würbe  Jjtnjugefügt,  bafc  bie  3«^U«Ö  *fa  8uta, 
geregter,  gangbarer,  unoerrufener"  2Rflnje  ober  2BäI)rung  ju  erfolgen 
Jjabe1.  Sei  ©elbauf nahmen  finbet  ftd&  fcauftg  audj  ba3  äfaerf  enntnte, 
bafe  bie  ©elbfumme  auä)  in  biefer  SOBcife  Eingegeben  worben  fei1. 
2Bie  Derzeit  e£  jid&  aber  mit  ber  Sa^ungSpfltd^t,  wenn  jwifdjjen 
bem  SBertragSabfdjjlufj  unb  ber  3a^un9/  alfo  bei  3)arlef>en  jwif  tjjen 
ber  Eingabe  ber  ©elbfumme  unb  iljrer  Sftüdfgabe,  bie  umlaufenden 
aßüngen  i^ren  SBert  geänbert  Ratten?  Sffiir  meinen  natürlich  nid&t 
eine  änberung  be3  SIRfinjfufjeS,  benn  eine  foldje  §at  in  bem  3*itraum, 
mit  bem  mir  un$  bef djäftigen,  nidfjt  flattgef unben ,  fonbem  eine 
SBerminberung  i^red  ©ewidfjteä  ober  Feingehaltes  bei  gleidjjbleibenbem 
©epräge.  3Rit  anberen  SBorten :  wenn  ber  Realwert  ber  SRünjen  ge* 
funfen,  iljr  Nominalwert  aber  jid&  gleichgeblieben  mar.  ftam  e3  auf 
ben  ^Realwert  (valor  intrinsecus)  an  ober  auf  ben  Nominalwert 
(valor  extrinsecus)  ?  StnberS  auSgebrficft:  war  baä  tempus  con- 
tractus  mafegebenb  ober  ba$  tempus  solutionis?  ©ine  umftdjjttge 
unb  fdfjarfjmmge  ©d&rift  be$  faoopifdjjen  StateS  unb  SRedfjtegeleljrten 
Antonius  gaber2  aus  ber  „ftipper*  unb  Sßipper&eit"  fommt  ju 
bem  SrgebniS:  Semper  bonitatis  intrinsecae  ratio  habenda  est. 
3)ie  ©d&rift  übte  nadfc  ©otljein8  einen  „beftimmenben  (Sinflug"  auf 
bie  SRecijteanfd&auungen  iljrer  Stit  2lber  e§e  biefe  2lnjid(jt  burdjj* 
gebrungen  war,  Ratten  bie  ©dfjulbner  bie  Ujnen  gfinfttgen  ßettums 
ftänbe  bap  benfifct,  um  mit  ben  entwerteten  3ai)lung8mitteln  ft<#  to 
großem  9JtoBfiabe  tljrer  ©Bulben  $u  entUbigen4.  3lo$  Seufzer  in 
feinem  oben  erwähnten  ©utadjjten  lägt  bie  Rechtsfrage  offen5  unb 


1  3.  8.  3tnl>ang  I. 

8  Tract.  de  variis  nummariorum  debitorum  solutionibus  1622  p.  408. 

•  Pag.  XIX. 

4  (Sbenba. 

5  »gr.  au$  bie  ^ünafc^rift  ber  Grneftiner  um  1530  (£ofc,  2>ie  brei  glug- 
fünften  ufro.,  Sammlung  ftaatöroiflcnfd&aftfid^cr  <Sa)riften  »on  Brentano  unb 
Sefer)  p.  20/21:  @*  ifl  an  fta)  MUig . . .,  bajj  ein  jeber  bie  3Rün§e  na$  i$rem 
redeten  natürlichen  Sßerte,  ben  fte  an  fla)  felbft  ober  wegen  be«  ©über* 
beft|t  [oben  Äealroeri  genannt],  nueberjaljle,  fomie  er  ober  feine  35 or- 
fafjren  biefelbige  empfangen  $aben;  nia)t  aber,  wie  man  ed  tajiert, 
wenn  g(eia)  aua)  im  ßanbe  eine  Stünaoerringerung  burd&gefüljrt  roorben 
wäre*,  forote  bie  Qemerfung  oon  £o(  6.  36  ebenba.  2)ogmengefa)io5tlia)e*  bei 
Gnbemann  II  197  ff. 

60  l  e  n ,  ©erf gulbung.  26 


—    402    — 

roetft  nur  de  lege  ferenda  auf  baS  „mehrmals  ergangene  Sßräjubtj" 
be3  5Retd)S{ammergerid&te8  $in,  „ba&  in  allen  Sejaljlungen  ntdjt 
tempus  solutionis,  fonbern  tempus  contrarius  gelte". 

SBegen  ber  befifinbigen  ober  periobifd&en  SBerfdjled&terung  ber 
{leinen  3Wfinjen,  bie,  mie  mir  gefeljen  Reiben,  bie  eigentliche  SBäljrung 
bilbeten,  ifl  e3  befanntlid^  trreffi^renb,  wenn  man  Preisangaben  au3 
©erfdjiebenen  3eitye*toben  mit  einanber  oergleidjt,  oljne  baS  9Rafe 
biefer  SBerfdjledjterung,  ben  roedjifelnben  geingeljalt  ber  {leinen  3Rünjen 
in  Serüdfftc^tigung  ju  jte^en.  9Jlit  einer  blofeen  Umre<$nung  nadj 
bem  SRttnjfufj  ber  groben  SDWlnjen  (j.  39.  bem  ©ulben*  ober  £aler* 
fug  oon  1559  bejro.  1566)  ifi  nidjt  gebient.  2)eSroegen  unb  weil 
eine  Unterfudjung  aber  ben  Realwert  ber  gebräuchlich  geroefenen 
{leinen  9Rünjen,  bejro.  Aber  bie  Bewegung  biefeS  9tealroerte3 
Don  3ei*  iu  3eit  ü&er  *>en  9?a^men  biefer  ©d&rift  weit  l)tnau3 
ginge,  §aben  wir  e8  unterlaffen,  bie  oerfdjiebenen  SBert*  unb  ©elb= 
angaben  in  unferetn  Duettenmaterial,  namentlich  in  ben  Srtefproto* 
foflen  unb  Qnoentaren,  auf  ben  tynen  innemo^nenben  SRealroert  ju 
prüfen,  ober  gar  unter  3ugrunbelegung  fei  e$  beS  ©tlbergenridjteS, 
fei  e$  ber  heutigen  Sßäfjrung  mit  einanber  ju  oerglei<$en  *.  Sßir 
{onnten  uns  beffen  um  fo  eljer  entfdjlagen,  roetl  e3  jidj  Ja  in  unferer 
ganjen  ©djrift  nidjt  um  geftftettung  abfoluter  ©röfcen  Ijanbelt,  fonbern 
um  bie  Setradjtung  uon  $Berl)ältm8jal}len,  j.  33.  um  baS  Servitute 
jnrifd&en  SSermögen  unb  ©Bulben,  pnfd&en  ftapiial  unb  3infen, 
jtt>if<$en  ber  Eingegebenen  unb  ber  jurfidbejaljlten  ©elbfumme.  3)afe 
aber  bie  ©dSJroanftmgen  be3  2Wfinjroerte3  auf  ba$  leitete  &erf)ältni$, 
jtoifd(jen  aufgenommenem  Kapital  unb  gurfidtgejaljltem  Äapital,  im 
attgemeinen  {einen  ©influfj  ausübten,  tyaben  mir  foeben  gejeigt. 

§  23. 

3M*  &r?btfb?Mngim02tt.    ßtEMftwt 

I.    35er  f.ojiale  ftrebit. 

©r  bilbet  im  17.  Qa^r^unbert  nur  meljr  eine  ausnähme,  !>at 
ftdj  aber  oerfeinert.  @r  l)at  im  Saufe  ber  3*it  feine  {ommunijttfd&e 
i&fltte  abgeftreift  unb  {aritatioe  3üge  angenommen.  SluS  bem  „33ruber  * 
{rebtt"2  ift  ein  greunbfdjaft${rebit  geworben.     Studj  bie 

1  2lbflcfe§en  baoon,  bafs  audj  rnodj  ber  SBec&fel  ber  Jfauftraft  be$  @ilberö 
gu  &erüdtfttf)tt8en  gewefen  träte. 

*  Snama.StetneQg,  ©taatStmffenfd&aftnd&e  Sb^anblungcn  6.  113:    „2)ec 


—    403    — 

©idfjer  &  et  t  bei  biefem  „fojtctlen"  Ärebtt,  rote  man  tljn  nennen  fann, 
fyat  ftdfj  oergeifttgt.  Urfprünglidjj  jog  bie  ©ippe  einfadjj  SQanS  unb 
4}of  be3  ©ippegenoffen,  ben  fie  aus  ber  ©d&ulbfnedjjtfdjjaft  löfte,  an 
ft<§  unb  madfjte  ftdfj  bamit  bejaht  [14].  Sei  ben  ber  ©ippe  nadfj* 
gebilbeten  „SBruberfd&aften"  garantiert  ber  @ib  mit  feinen  gludfj* 
formein  bie  ©rfttllung  ber  Sßfftdjjten,  bie  ber  ©enoffe  gegenüber  bem 
(äanitn  auf  ftd^  genommen  §atte  (Verruf).  3>n  reiferen  Äultur* 
juftanben  bilbet  bie  Stellung  be3  ©djjulbners  in  ber  ©efettfd&aft  ben 
toirffamfien  Sdjufe  be3  ©läubigerS  gegen  Jiid^tja^lung  ber  „(S^rens 
fdfjulben".  3)ie  ß^renf djulben  ftnb  namltdf)  gegenwärtig  bie  fojialen 
©Bulben  berjenigen  Äreife,  bie  ftd&  eine  befonbere  Gfyxt  jufdfjreiben. 
S)er  ©dfjulbner  würbe  ba$  fojtale  änfeljen,  ba3  er  geniefjt,  einbüßen, 
er  mürbe  ftdj  in  feinem  fojialen  Äreife,  in  ber  ©emeüne,  bei  feinen 
33eruf3genoffen  unmöglidfj  mad&en,  menn  er  eS  mit  ber  Stfidfjafjlung 
oon  ©efälltgfeitSbarleljen  ebenfo  wenig  genau  nehmen  mürbe, 
als  etma  —  mit  ber  SSejafjlung  fetner  Sieferanten. 

SDie  genoffenfd&aftlid&e  ^wfammenge^örigfeit  ift 
alfo  bie  SBurjel  beä  „fojialen  ÄrebitS".  ©ine  anbere  Sßurjel  ift  ba$ 
jQerrfdjjaftSoer^ältntS.  3)er  &err  ift  jum  Unterhalt  unb  jur 
ttnterftüfcung  feines  ©$üg(ing3  oerpftid^tet.  ©tatt  iljm  etwas  ju 
fdjjenfen,  fann  er  tym  audjj  in  ber  Slrt  feine  &üfe  angebetljen  taffen, 
bafc  er  tym  ein  ©arteten  gemährt,  oljne  3*nfen  in  verlangen.  ©er 
©d&ufcbefol)tene  erftattet  baS  ©arteten  jurüdf,  menn  er  e$  oermag; 
(o  lange  er  mit  beS  SebenS  3lot  ju  fämpfen  tyat,  fann  er  nidjjt  baju  ge* 
jwungen  werben,  weil  tym  ber  &err  baS  @|:ifienjminimum  verbürgen 
tnufc.  2Bie  ber  SJruberfrebit  jum  greunbfd&aftäfrebit  ausreift,  fo 
entroidfelt  ftd&  ber  &errfd&aft3frebit  jum  reinen  gttrforge* 
Jrebit.  SWan  braucht  bem  ©dfjfifcer  nidfjt  mefcr  bie  §abt  oerfdjjreiben, 
wie  bem  Teufel  bie  ©eefe,  fonbern  ein  patriard&alifd&eS  SBerfjältniS 
genügt,  um  eine  ^ürforgepflidjt  ^jeroorjurufen. 

1.  S)em  gürforgefrebtt  begegnen  mir  in  unferer  ^ßeriobe 
im  Servitute  ber  Äirdfje  ju  ben  $aro<$ianen,  be3  ©runb* 
Ijerrn  ju  ben  ©runbuntertanen,  beS  ©taateS  ju  ben 
JßanbeSuntertanen. 

a)  3)et  SRejefc  jwifdfjen  bem  Äurffirfien  unb  bem  33ifdf>of  oon 
Sreiftng  oon  1718  befttmmt,  ba&  jut  SJeförberung  gemeinf amen 
SBoljlftanbeS   oon  ben  Siird&engelbern  almofentoeife  armen 


©ruber  borgt  bem  ©ruber,  ber  2)orfgenoffe  bem  2)orfgenoffen,  bem  ©aflfreunb 
ber  ©aflfreunb.    $aä  innige  fojiale  Sertylttm*  ifi  bie  Duelle  biefe*  ftrebitö". 

26* 


—    404    — 

unb  fonfit  oerfoffenen  franfen  Sßfarrfinbern,  jeboc^  aHein  gu  bereu 
^öd^fter  SRotburft,  audjj  auf  juoor  eingeholte  ftdjjere  Snformation,  in 
leibentltd&em  9Rafje,  je  nadfj  ber  Äird&e  ©rtrfigniS,  unb  nur  wenn 
benfelben  anberweitig  nid&t  beigefprungen  wirb,  an  bie  $anb  ge* 
gangen  werben  fott.  3Rit  ©d&auer,  SJrunji  ober  bergleid&en  UnglüdfS* 
fällen  in  ärmut  gefegten  Sßfarrfinbern  foH,  fo  Diel  ber  ßirdfjen  @in~ 
fünfte  e8  leiben,  oljne  Sriefunfofien  auf  4 — 5  Saljre  mit  einem 
Starken  beigefprungen  werben,  unb  jwar,  wenn  bie  betreff enben 
spfarrfinber  jugleid^  ©runbuntertanen  ber  Äird&e  ftnb,  o^ne 
Qntereffe,  wenn  nidjt,  gegen  SReid&ung  eines  geringeren 
3infe3  [als  beS  übltd&en  oon  5%].  ©dfjon  bei  ber  2JKfcernte  oon 
1662  war  oielen  Sebrängten  oon  bem  Saroorrat  ber  Äirdfje  „jur 
©rfaufung  oon  ©peife»  unb  ©amengetreibe  auf  fünftige  SDBieber- 
erflattung  ausgeholfen  worben"  (©.  332). 

b.  Die  SBerpflidfjtung  beS  ©runb^errn  jur  ©ewäfjrung 
oon  gürforgefrebit  beftanb  mefcr  in  ber  S^eorte,  als  bafc  fie  ftd& 
tatfadjjltdfj  ©eltung  oerfd&afft  fyattt.  Smmerljm  Ijaben  bie  Ijierljer 
gehörigen  Seiftungen  ber  ©runbfjerren  an  bie  ©runbuntertanen  eine 
gewiffe  praftifd&e  Sebeutung.  Der  ©taat  naljm  bei  SRifeernten  feine 
fojiale  Aufgabe  gegenüber  feinen  ©runbuntertanen  wirflidjj  ernji  [335]. 
Äl  e  r  u  S  unb  S3eamtenfdf>aftin  itjrer  ©igenf d^aft  als  ©runb^erren 
fdjjeinen  ein  richtigeres  2tuge  für  ben  3ufammen^ang  jwifd^en  ©ewalt* 
oerfjältmS  unb  gürforgeoerl)filtnis  gehabt  ju  ijaben,  wie  ber  2lbeL 
3m  breifjigififirigen  Äriege  aber  mußte  audfj  bem  engljerjigften  abgaben* 
einforberer  einleudjjten,  bafc  er  feinen  ©runbuntertanen  erft  aufhelfen 
muffe,  wenn  er  bie  2luSfidf>t  auf  feine  gewöljntidfjen  (Sinfünfte  nidfjt 
oerlieren  wolle.  -Kur  war  bieS  nidjjt  immer  mögti<$,  benn  wer  anberen 
Reifen  will,  barf  nid&t  feibft  IjtlfSbebürfttg  fein. 

c)  Die  SBereitwiHigfeit  beS  ©taateS  (als  folgen)  jur  ©e- 
Währung  fojialen  ÄrebitS  erflärt  ftdfj  aus  feinem  3fntereffe  an  einer 
„naljrljaften  ooßreid&en  ©emeinbe"  (Sedier).  Die  oon  3*ü  ju  3*ü 
immer  wieberfe^renbe  Slot  fonnte  bie  „3Jtannf<$aft"  fdjjwäd&en,  bie 
©üter  beoaftieren.  SBoljer  bie  ©olbaten  nehmen,  wo^er  baS  ©elb, 
um  bie  beftänbigen  Ärtege  ju  führen?  Die  grage  fieHen,  Ijeifjt,  fie 
beantworten.  Der  Slufwanb  rentiert  ftd&,  audjj  wenn  baS  ©rgebniS 
ber  £ranSaftion  rom  prioatwtrtfd&aftlidfjen  ©tanbpunft  wenig  be* 
friebigt. 

2.  2BaS  nun  ben  greunbf d&aftsfrebit  anbelangt,  fo  ift 
berjenige  2lnwenbungSfaH,  ber  uns  in  unferem  3Raterial  am  meiften 
begegnet,  ber  SRadfjbarfrebit  [245].    ^n  ben  Sriefprotofollen  unb  3n* 


—    405       — 

t>entaren  ftnben  wir  eine  3Benge  oon  f leinen  ©djulben  (im  Settage 
von  wenigen  ©ulben,  einem  ©ulben,  oon  Srudfjteilen  eines  ©ulbenS), 
von  benen  mir  unmöglich  annehmen  fönnen,  bafc  fie  oerjtnSltcl)  ftnb. 
3)er  -Wacljbar  §ilfi  Ijier  bem  SRacIjbar  in  einer  momentanen  ©elboer* 
legen^ett  aus  unb  erwartet  in  gleicher  Sage  bie  gleite  ©efättigfett. 
SDaS  3)arletyen  mirb  jinSloS  unb  formlos  gegeben,  benn  eS  mürbe 
1xdj  nidfjt  lohnen,  3*nfen  Su  beregnen,  unb  nodfj  weniger,  ben  beljörb* 
ticken  Apparat  in  Bewegung  ju  fefcen,  baS  »erjagte  ©iegelgelb  ju 
entrichten. 

3.  2)er  übliche  SDlobuS,  fojialen  Ärebit  ju  gewähren, 
umr,  wie  wir  fe^en,  baS  unoerjinSlidfje  ©elbbarle^en.  aber 
§äuftg  ifl  eS  weniger  baS  ©elb,  beffen  ber  Sauer  in  brängenber 
IJtot  bebarf,  fonbem  Naturalien,  namentlidfj  ©et reibe.  S)ann 
ift  bem  ßrebitfudjer  mit  einem  ©etreibebarle^en  unter  Umfiänben 
beffer  gebient  als  mit  einem  ©elbbarle^en.  3)er  fojiale  iftaturalfrebit 
§atte  ftd^  feine  befonbere,  ben  eigenen  Sebürfniffen  gut  angepaßte 
33ertragSgattung  gef Raffen  —  „©amljaberoerltbung"  [239]: 
3)aS  ©etreibe  wirb  in  ©elb  angef dj  tagen,  ber  ©djjulbner  oerfpri<$t 
„&etmjal)lung"  im  &erbft.  2Ba&rfdfjeinlt<#  §atte  er  bie  SBa^l,  baS 
bargeltefjene  ©etreibe  in  gleicher  SKenge  unb  ©orte  jurüdjuerftatten 
ober  ben  Kaufpreis  ju  erlegen.  3^  wäljle  abficfctlidj  biefe  SluSbtücfe, 
um  bie  fdjjwanfenbe  Terminologie  ber  Duellen  ju  marfieren.  S)ie 
itrebitgeber  finb  bei  ber  ©amljaberoerlet&ung  —  wie  wir,  mobemer, 
fagen  motten  —  in  ber  Siegel  Sßerfonen,  bie  oermöge  tyreS  SerufS 
ober  SeftfceS  über  größere  ©etreibeoorräte  oerfügen:  anbere  Sauern, 
<m<$  SBirte,  Sräuer,  ferner  bie  ©runb^erren.  Sei  ber  ©ewä^rung 
Don  fojialem  Ärebit  bur<J)  ben  ©taat  ober  burdj  bie  ©runb^erren 
wegen  2HangelS  an  ©aatgetreibe  (f.  o.)  würbe  ma§rfdfjeinltd(j  biefe 
tJorm  gewählt.  Slber  nid&t  nur  ©aatgetreibe,.  fonbern  audj  Sie§, 
Sau^olj,  Saujeug,  tonnten  bie  Sauern  bisweilen  oon  ben  ©runb* 
Ijerren  auf  bem  2Bege  beS  fojialen  ÄrebttS  erlangen. 

4.  2)aS  fojiale  SWoment  fann  ferner  beim  fojialen  Ärebit  fiatt 
in  ber  3taSlofigfeit  Ober  im  geringeren  3inS)  barin  befielen,  ba§ 
ber  ©laubiger,  um  bem  ©djulbner  bie  Ärebiterlangung  ju  erteiltem, 
fidf)  in  Sejie&ung  auf  feine  S)e<fung,  auf  bie  ©tdjjerljeit  ber 
Ärebitierung  bef djeibet.  ®r  forbert  feine  Serbrief ung,  feine  ?ßroto* 
Mierung,  feine  fcppotfjefbeftellung,  feine  Sürgfd&aftSleifhmg,  fonbern 
er  frebitiert  „o&ne  Sriefunfofien",  „oljne  Srief  unb  Sürg- 
fdjaft",  wie  bie  flereotppen  gormen  lauten. 

5.  Slber  nid&t  nur  bur$  eigene  ßrebttgewS&rung  unter  festeren, 


-    406    — 

billigen  33ebingungen  fcmn  man  ben  fojialen  3njHnft  betätigen, 
fonbem  audjj  baburdfj,  bafj  man  ftdS)  bem  Sruber  ober  greunbe,  ber 
fonfl  leinen  Ärebit  finben  würbe,  jum  Sfirgen  ^ergibt.  SMe 
33ürgfd(jaft  ift  eine  Sttrt  oon  inbireftem  Ärebit,  eine  primitioe 
gorm  ber  $eute  fo  au3gebilbetengenoffenfd|jaftli(ljen Haftung* 
3)ic  SürgfdfjaftSletftung  gefd&ieljt  gewöl)nli<ij  unentgeltlich,  wenigftenS 
gibt  unfer  3KoteriaI  feinen  än^altöpunft  bafür,  bafe  e3  ablief  ge= 
wefen  wäre,  bem  Sürgen  eine  SSergütung  ober  eine  Remuneration 
für  feine  ©ienfie  ju  oerfpredjjen  ober  ju  geworren.  SDie  ©egen* 
Ieiflung  lag,  wie  bei  ber  unentgeltlidfjen  Ärebitgewäfjrung  überhaupt, 
in  ber  ertoarteten  ©egenfeittgfeit.  S)afc  bie  gegenfeitige  SBerbürgung 
feine  Seltenheit  bilbete,  wirb  man  au$  bem  SBorge^en  ber  Regierung 
gegen  Sürgenreiterei  (©.  342)  fdfj  liegen  bürfen.  ©ewöljnlidfj  waren 
e$  ©tanbeägenoffen,  bie  um  bie  Übernahme  ber  Sürgfd&aft  erfudfjt 
tourben,  auf  bem  ©ebiete  be£  bäuerlid&en  ÄrebitS  alfo  Säuern,  SBer* 
toanbte,  greunbe,  Radjjbarn.  gafit  ffimtltdjje  Sürgennamen  in  ben 
Sriefprotofoffen  Hingen  bäurifdjj. 

Sei  jeber  SKrt  oon  fojialem  Ärebit  bilbet  bie  grunblegenbe 
Sebingung,  bafe  man  ben  ©d^ulbner  im  2luge  behalten,  fein  SBer= 
mögen  überfein,  feine  SebenStoeife  prüfen  fann.  2)er  fojtale  Ärebit 
wirb  ba^er  immer  nur  innerhalb  enger  fojialer  Äreife  (3)orf* 
gemeinbe,  ißofmardfj,  Sßfarrbejirf  ufw.)  feine  ©tätte  finben,  feine 
SBirffamfeit  entfalten  fönnen.  SDarin  liegt  feine  ©dfjwädfje.  SDenn 
je  enger  ber  fojiale  Ärete,  in  bem  fidf)  ber  ©d&ulbner  bewegt,  beflo 
leidster  wirb  fein  fojialer  Ärebit  fid|j  erfdfjöpfen,  befto  me^r  wirb  er 
auf  ©efdf)äft3frebit  angewtefen  fein. 

II.   ©er  ©efd&äftSfrebtt. 

3)ie  normale  unb  Ijäufigfte  gorm  ber  Ärebitgemäljrung  mar  bie 
gegen  öprojentige  Äapital*  unb  5ßfanboerfd^reibung 
(günfprojentoertrag) ,  fei  e3  in  ber  gaffung  eines  ©ültfaufS  mit 
ÄfinbigungSbefugntö  be$  ©läubigerS  [64],  fei  e$  in  ber  gaffung 
eines  oerjinSlidfjen  £)arle§en£  [78],  fei  e$  in  einer  bajrotfd^en  liegenben 

SDie  Seftimmung  be3  3^n^f uBe^  <*uf  5°/o  mar  (abgefeljen  oom 
fojialen  Ärebit,  f.  o.)  fo  allgemein  [245],  ba$  man  biefen  SwSfafr 
ju  ben  ttjpifd&en  Ärebitbebingungen  bei  ©ewäfjrung  oon  ©efdfjäftS* 
frebit  jaulen  fann. 

2Ba3  ben  RüdfjaljlungamobuS  [247]  betrifft,  fo  würben 
mand&mal  jäljrlid&e  Raten ja^ Jungen  oereinbart  ober  eine  furje  Rücf* 


—    407    — 

ja§lung$frift,  j.  93.  oon  einem  i$af)re,  im  Vertrage  feftgefefet*  @e* 
roö^nli^  aber  würbe  ba«  Starteten  auf  unbeftimmte  3eit  gemährt, 
b.  I).  in  ber  SBetfe,  bafe  ber  ©d^ulbner  bie  25arlet)en«fumme  jeberjeit 
prficfjalilen,  ber  ©laubiger  fie  ju  jeber  3«t  jurüdfoerlangen  fonnte; 
jebodfj  mufjte  fomoljl  vom  ©djjulbner  aU  audfj  oom  ©laubiger  eine 
^albjaljrige  ÄünbigungSfrift  beobad&tet  werben. 

35ie  ©idfjerfjeit  be«  ©laubiger«  beftanb  f)auptfäd&ltd&  in  ber 
Sßfanbnerfdfjreibung  [250] .  ÜWeiften«  mürbe  ba«  gan je  Vermögen 
»erpfänbet.  3fn  ber  ©eneralfjppotfyef  mar  aud&  ber  unbemeglid&e 
S5efi|  begriffen,  feljr  oft  mürben  aber  bie  im  Sefifce  be«  ©dfjulbner« 
beftnbltd&en  ©runbfiüde,  namentlidfj,  menn  fie  fein  Eigentum  maren, 
no<$  befonber«  mitoerpfänbet  (©pejialljppotljef).  Seltener  ifi  bie 
SBerpfänbung  beftimmter  ©runbftäcfe  allein,  o^ne  ©enerall^potljef. 
6in  fe^r  gebräud&lid&e«  ©id&erungSmtttel  toar  ferner  ber  SSerjid&t  ber 
©fjefrau  auf  iljre  „l)eiratlid)en  2lnfprüd&e  unb  metblidfjen  greiljeiten" 
[109,  252].  ©in  fold&er  SBerjidjjt  mar  notmenbig  roegen  ber  ben 
©laubigem  au«  ber  günftigen  ©tellung  ber  ßljefrau  im  Äonfurfe 
brotjenben  ©efa^r. 

Slber  ber  ©laubiger  begnügt  fidfj  in  ber  Siegel  nidfjt  mit  ber 
iQtjpotfjefbeftettung  al«  ©idf)erung«mittel,  fonbem  er  oerlangt  audjj 
SBürgen  [252],  meiften«  jroei,  häufig  me^r.  2ludjj  bie  Bürgen  oer= 
pfänben  gemöljnlidf)  i&r  ganje«  SSermögen,  jur  befferen  ©idjjerljett  be« 
©laubiger«. 

SDa«  gefdfjtlberte  ©efd&äft  mürbe  ftet«  gertdfjtlidfj  verbrieft 
unb  turnt  ©eridjjt  in  ba«  Sriefprotofoll  eingetragen  [92].  3)a« 
mar  fd&on  megen  ber  ^PfanboerfdEjretbung  unb  Sürgfdjjaft  notmenbig, 
benn  biefe  Sßartetljanblungen  mußten  (bei  93auer«leuten)  t>or  ©eridfjt 
Dorgenommen  merben  [88,  90]. 

S)ie  5  projentige  ©dfjulb*  unb  5ßf anboerfdfjretbung  mar  bef  onber« 
bei  ben  aSermaltern  ber  Äird&en*,  Stiftung«;  unb  Sßupillen* 
gelber  beliebt  [228,  231].  SDa  biefe  ßrebttqueHen  in  erfter  Sinie 
in  Setradfjt  famen,  menn  ein  Sauer  eine  größere  ©elbfumme  gegen 
gute  ©id&erl)eit  jum  üblichen  ,8ut«fuf$  (alfo  mie  mir  fagen  mürben: 
auf  erfte  £gpotl)ef)  aufnehmen  mottte,  fo  fönnen  mir  bie  öprojenttge 
©d&ulb  =  unb  Sßfanboerfd&reibung  al«  ben  31  o  r  m  a  l  uertrag  be« 
(foliben)  ©efd&fift«frebite«  bejeid&nen. 

SBett  feltener  al«  ber  ©elbjtn«  mar  ber  ©etreibe*  ober  ftrudfjt* 
jinS,  ber  SSerfauf  eine«  jä()rlidSJen  9teid&niffe«  uon  grüd&ten  um  eine 
beftimmte  ©elbfumme  [209],  3m  16.  gafjr^unbert  mar  ber  grudfjt* 
jtn«  jiemltdfj  „gemein"  gemefen,  er  mürbe  verboten,  meil  er  megen 


—    408    — 

ber  ©d&nwnfungen  beS  ©etretbepreifeS  für  ben  Sanbmann  gefäfjrlidtj 
erfd&ten;  im  17.  Qaljrljunbert  tarn  er  nad&  betn  3eu8n^  von  2R<ro} 
(3tn$fd&armüfcel  ©.  11)  nur  „bisweilen"  t>or. 

3)er  ©rlangung  eines  anbeten  SebarfSguteS  ber  Sauern,  be£ 
SBieljeS,  auf  bem  Ärebttwege,  biente  eine  anbete  ©efd&äftsform,  ba£ 
Snfiitut  ber  „3inSfül)e"  [208],  eine  2frt  tum  ©ifernoie^fontraft.  3n* 
beffen  Fann  btefeS  ©efdjjäft  oieHeidfjt  mit  größerem  Sterte  bem  2Sud&er* 
frebit  jugejffl&lt  werben  als  bem  ©efdjjäftsfrebtt  (f.  u.). 

Sludfj  ber  ©efdjjäftSfrebit  ber  bamaltgen  3*ü  enthält  nod&  ein 
fosialeS  Moment,  baS  wm  bem  älteren  „fojialen  Ärebtt"  §errfiljrt 
unb  an  iljn  erinnert.  2Bir  meinen  baS  gefefcltdje  3inSmajimum  [205], 
baS  bem  ©enrinnjtreben  beS  ©WubtgerS  ©dfjranfen  fefct.  Sie  bamafe 
nod(j  roett  oerbreitete  fojiale  SKuffaffung  vom  2Befen  beS  ÄrebitS 
fommt  audfj  barin  jum  SÄuSbrudf,  baft  man  ftd&  melfadj)  nod&  immer 
nid&t  baran  geronnen  !onnte,  bie  entgeltliche  Ärebitgeroäljrung  als 
auf  nrirtfd&aftlid&en  £riebfebern  berufjenb  anjuerfennen,  fonbem,  roenn 
nur  bie  fojialen  ©djjranfen  beS  ©efdfjäftSfrebiteS  (3inSma£imum  ufro.) 
gewahrt  blieben,  barin  f)äuftg  ein  oerbienfilid&eS  SBerf,  gottgefällige 
&ilfeleiflung  in  ber  Slot  ufw.  erbliden  ju  muffen  glaubte. 

III.    ©er  SBudjerfrebit. 

3ft  eS  fdfjon  Ijeutjutage  fd^mierig,  roud&etifdfjen  Manipulationen 
auf  bie  ©pur  ju  fommen,  um  fo  t)iel  me$r  bei  einer  {jiftorifdjjen 
Slrbeit,  ba  2Bu<$ergefdfjäfte  webet  bem  2luge  beS  SßrotofoHbeamten 
unterbreitet  nodlj  in  ben  SlrdSJtoen  mumiftjiert  ju  werben  pflegen. 
2Bie  bie  fofftlen  f$unbe  auf  bie  ©feletteile  untergegangener  £ier* 
gattungen  fidfj  bef  dfjränfen ,  ba  bie  SBeid^teile  nur  feiten  ber  SSer= 
fteinerung  fäljig  ftnb,  fo  oer^allen  bie  glfidfje  ber  in  baS  gangnefc 
oon  2Budf)erem  geratenen  Unglüdflidfjen  in  ber  SRegel  nrirfungSloS  unb 
oljne  an  baS  Dljr  beS  &ijloriferS  ju  gelangen.  Qn  ber  Siteratur 
ftnben  ftdjj  feiten  &inroeife  auf  beftimmte  gäHe  oon  Sewudfjerung, 
fonbern  bie  klagen  über  2Bud(jer  finb  me^r  allgemeiner  Statur,  unb 
man  weift  babei  nidjjt,  ob  eS  fid^  um  mirflid^en  3w3wudfjer  Ijanbelt 
ober  einfadjj  um  eine  unoorfid^tige  (barleljenSäljnlid&e)  Raffung  ber 
ftontrafte  ober  enblidfj  um  an  fi<$  unbebenflidjje,  aber  bamalS  aus 
wirtfd&aftSpoltttfdjjen  ©rfinben  geljafcte  unb  als  oerwerflidfj  betrachtete 
gefd&äftlid&e  3Wanipulationen,  j.  35.  um  fold^e,  bie  jum  großen  33c* 
reiche  beS  „gürfaufS"  gehören1. 

1  aMcmorial  ÜRr.  57:  „2)ie  usurae  unb  contrabanda  [finb]  311  faft  ein* 
geriffen  unb  fo  gemein,  fonberlidj  in  ben  ©tobten,  ju  gro&em  SRad&teü  beS  Sc* 


—    409    — 

Snbeffen  genfigt  fd&onber  ©ebraudjj  geroiffer  ©efd&aftS* 
formen  jur  berechtigten  Sfanafcme,  bafc  totrHid^  SBudfjergefdjäfte 
Dorgetommen  finb. 

SefonberS  auf  bem  ©ebiete  beS  SRaturatfrebitS  [207]  fd&eint 
jene  3lnard&ie  ber  Ärebitbebingungen  nodjj  nid&t  ganj  übers 
tounben  gemefen  ju  fein,  bie  ben  SBudjerfrebtt  fennjeid&net.  3n  biefer 
2lnnaf>me  bfirfen  mir  und  aud&  nidfjt  baburd)  irre  machen  (äffen,  bafc 
flerabe  ber  iKaturalfrebtt  reid&  mit  Sitövtxbottn  /  3^taEcn  ufa. 
fcebadfjt  erfdjeint.  2)enn  biefeS  ift  nur  eine  golge  t)on  jenem,  wie 
ftdfj  aus  ben  betreffenben  gefefelid&en  Seftimmungen  beuttidjj  ergibt. 
SBon  ber  SBteljleilje,  bem  SBerfauf  be$  ©etreibeS  auf  bem 
.$alm,  ber  ©etreibegfilt  bejeugt  bie  Sßolijetorbnung  au$brudfli<l>, 
bafj  burdj  fte  ber  Sauer  „IjodSJ  befdjroert  werbe".  S)ie  ©etreibegfilt 
-mürbe  ben  gelbbebörftigen  Sanbleuten  häufig  gerabeju  aufgebrängt, 
tnbem  i^nen  bei  Slbroeifung  biefer  2lrt  oon  itrebitgeroäfjrung  mit 
5Berfagung  be3  Ärebitö  gebro^t  mürbe.  35ie  ©etreibegfilt  unb  ba$ 
Snftitut  ber  $xtiltlß)t  gehören  alfo  mdfjt  nur  bem  ©efdjjäftSfrebtt 
an,  fonbern  audfj  bem  SBudfjerfrebit.  2lber  audf)  biejenigen  -Hatural* 
frebttgefdjjäfte,  bie  mir  auf  ©runb  tyrer  allgemeinen  Sebeutung  jum 
f ojialen  Ärcbit  geregnet  tyaben ,  baS  ©etreibebarlefjen  unb 
ber  ©etreibefrebitfauf,  tonnten  leidet  ju  „merfUdfjem  3laä)töl" 
ber  Ärebitbebflrftigen  unb  Sßotleibenben  mifcbraud&t  werben. 

©benfo  ferner  rote  bie  grage  nadf)  ber  Verbreitung  beS  SßudjjerS 
ifl  bie  grage  ju  beantmorten,  meldten  SeoölferungSlreifen 
bie  SBudEjerer  angehörten.  Quben  maren  in  Sapern  nid&t  oorljanben 
[216],  baoon,  baß  ©tabtbürger  in  auffaüenbem  9Rafce  jum  ©djjaben 
ber  bäuerlid&en  Seoölferung  Ärebttnmdfjer  getrieben,  verlautet  in  un* 
ferem  ÜRatertal  nid&tä.  dagegen  ift  naljeliegenb,  bafj  bie  trabitioneKe 
9Ibt)ängigfett,  in  ber  ftdjj  ber  Heine  gelbbebfirftige  Sauer  jur  Ifinb- 
liefen  ^lutofratie,  namentlich  tum  Ärämer,  2Birt,  2RfilIer  [224] 
bamal«  befanb  (unb  nodfj  befinbet),  auf  biefe  Kategorien  einen  [tarfett 
Slnteij  üben  mufcte,  iljre  gläubigerifd&en  SBejieljungen  jur  ©rjielung 
unerlaubten  ©erotnnS  ju  mt&braud&en. 

Obwohl  bemnad^  audfj  im  17.  3aljrl)unbert  bie  bäuerlid&e  35e* 
Datierung  unter  Ärebitroudjjer  }u  leiben  fyat,  fo  tonn  man  jtdlj  bodfr 
ie8  ©inbrudte  nid&t  erme&ren,  bajs  bie  Älagen  über  2Bu<$er  abgenommen 
Jjjaben  unb  nid&t  me&r  mit  ber  fiebenbigfeit  erfd&aHen,  nrie  im  16.  Qa&r* 


tofirftigen  unb  9lot(eibenben ,   babur$  manchem  bat  ©einige  um  fyalbtl   ab- 
gebrungen  wirb,  geföroeige  ber  nmcgeriföen  Äon  träft*. 


—    410    — 

fjunbert.  2Benn  e«  erlaubt  ifl,  oon  ber  ßeftigfeit  ber  ©dfjmerj* 
bejeugung  auf  bie  3ntenfttät  be*  Übel«  ju  fliegen,  fo  fann  man  bafjer 
fagen,  baß  ber  2Bud&er  vom  16.  jutn  17.  Qa^r^unbert  ab* 
genommen  Ijat.  gragt  man  nadfj  ben  Urfadjen  bief er  6rf djetnung, 
fo  ift  am  nädjjftltegenben  bie  Slnnaljme,  baß  bie  Umwanblung  be« 
9tentengefdf)äfte«  in  ba«  oerjutflidfje  $tjpott>efarifdf)e  Sterleten  unb  bie 
bamitäufammen$ängenbeeinfü$rungbe«5tfinb^ung«re<$te« 
be$  ©laubiger«,  überhaupt  bie  SRobilifierung  be«Ärebit«  im 
16.  Qa^unbert  biefen  erfreulichen  2Banbel  herbeigeführt  l)at  (©.  60). 
2)ie  genannten  SWomente  Ijaben  bie  Ärebitgeroctyrung  erleichtert,  bie 
©renjen  be«  foliben  ßrebit«  erweitert.  Solange  Äapitalbejtfcer,  bie 
bi«§er  bem  Äapitalmarft  fern  geblieben  waren,  weil  fte  bie  $eji* 
legung  tljre«  Äapital«  in  unfünbbaren  SRentenbriefen  freuten 
(©.  70),  fieflten  btefeö  nunmehr  frebitbebfirftigen  ©runbbeftfeern 
ju  ben  gebräud&Hd&en  Ärebitbebingungen  jur  SBerfügung.  3n  bem* 
felben  3Jiaße,  wie  biefer  Umfdfjwung  eintrat,  mußte  ber  2Bud>er,  ber 
flet«  au$  ber  Ärebitbebürftigfeit  berjenigen,  bie  ju 
normalen  Sebingungen  feinen  Ärebit  meljr  erlangen 
fönnen,  feine  iftaljrung  jieljt,  äurfidfmetdfjen,  an  33ebeutung  oerlieren. 

aber  wie  ba«  fojiale  ©effi&l,  außer  in  ber  3to$foftgfett  ber 
ßrebitgewäljrung,  fidfj  aud&  in  ber  ©enügfamfeit  be«  ©laubiger«  in 
33ejug  auf  feine  2)edfung  äußern  fonnte  (©.  405),  fo  fann  fidjj  ber 
Ärebttwucfjer  audj  barin  jeigen,  baß,  bei  normalem  3™$/  bem 
©dfjulbner  §arte  33ebingungen  in  Sejie^ung  auf  bie 
©idfjerfjeit  be«  ©laubiger«  auferlegt  werben. 

3)ie  SHängel  be«  &tjpotl)efenwefen«  Ratten  ntdjt  jur  f^olge,  baß  ba« 
©id&erung«  mittel  ber  £ijpot(jef  oon  ben  ©laubigem  weniger  begehrt 
würbe,  baß  bie  ©laubiger  auf  £ppot§efbeftelIung  SSerji^t  leifteten, 
f onbern  im  ©egenteil :  wa«  bie  Dualität  ber  &9potl)efen  ju  wttnfd&en 
übrig  ließ,  ba«  fudfjte  man  an  ber  Quantität  ^ereinjubringen.  SDie 
Mängel  be«  igtjpotljefenwefen«  führten  ju  einet 
Häufung  ber  ljgpotl)efarifcf)en  ©id&erljeiten.  ©d&mib 
fagt  (ßSR.  XV  6  n.  10),  baß  „bie  ©eneratyppotljefen  feiten  be* 
fonber«  bebungen  werben,  'fonbern  meiften«  erftlid^  eine  ©pejial* 
§gpotl>ef  bebungen  unb  nadfjgefjenb«  erft  eine  ©eneralljppotljef  bei* 
gefegt  wirb:  jum  ©jempel,  bem  Titio  oerfdjjreibe  id&  um  biefe  ober 
jene  ©umme  ©elbe«  biefe«  ober  jene«  ©ut,  unb  in  Ermangelung, 
ba  er  baburdjj  ju  feiner  ©ati«faftion  nid&t  gelangen  fann,  alle  meine 
übrigen  beweglid&en  unb  unbemeglid&en  ©üter  ufw.,  wie  gemeiniglich 
alle  £ppotl)eJenformulare  biefe«  Qn^alt«  finb". 


—    411    — 

2lber  bie  &tjpott)efenfumulierung  genügt  natürlidfj  nid&t  jur 
Sparalpfterung  ber  ©d&äben  beS  &tjpot§efenmefen3.  2)enn  eine  no<$ 
f  0  große  2fajal)l  oon  mangelhaften  I)t)potl)efarifdjjen  SDedfungen  erzeugt 
noä)  feine  gute  ©edhmg,  unb  triele  Utullen  geben  immer  nur  SRuH. 

2)te  tDtd^ttgfte  SBirftmg  ber  SRangeltyaftigfeit  beS  &tjpotl)efens 
roefenS  mar  bie  große  praftifdfje  Sebeutung  beä  Sürg  = 
fd&aft$frebit$.  2Wan  fud&te  e3  an  ber  Sürgen^aftung  Ijereinju* 
bringen,  menn  bie  SPfanbljaftung  oerfagte. 

SDie  Sürgfdfjaft  Ijat  ebenfo  mit  ba$  Sßfanbredfjt  einen  fefjr  intern 
effanten  attmctylid&en  (SntmiälungSgang  t>on  ber  äußerften  &ärte  unb 
(Starrheit  bis  ju  ben  milben  formen  ber  Äonfiitutionen  im  Corpus 
juris  burd(jgemadfjt.  aber  bie  graste  mar  nid^t  fo  rafdEj  oorgefdfjritten, 
wie  ba$  formale  Siedfjt,  unb  ber  SürgfdfjaftSfrebit  mar  im  17.  Qaljr* 
Ijunbert  oerfjaltniSmäßig  fireng  unb  fd&merfällig.  S)er  ©laubiger 
begnügte  ftd)  gemö§nli<$  nidfjt  mit  1  Särgen,  fonbern  er  forberte 
beren  2,  mandjjmal  nodf)  me^r,  bis  ju  8,  ja  e3  ift  uns  ein  gatt  über* 
liefert,  baß  bei  einem  Äapital  oon  1000  fl.  40  Särgen  verlangt 
tourben l.  SBemt  einer  ber  Särgen  ftarb  ober  jaljlungSunfäljig  mürbe, 
fo  mußte  ein  neuer  Särge  geftellt  merben  [340].  S)ie  Särgen  mußten 
angefeffen  unb  begütert  fein,  ©eneralljppotljef  befiteDen,  fie  mußten 
femer  .,unoeifdfjeibenlidfj"  unb  als  „©elbftgelter  unb  ©elbftjaljler" 
für  bie  ©cfjulb  eintreten,  b.  Ij.  auf  bie  ©inreben  ber  Teilung  unb 
ber  SorauSflage  oerjid^ten. 

3e  fd&mfid(jer  bie  Ijtjpotljef arif dfje  ©id^er^eit  er- 
f djjten,  befito  firenger  mar  ber  ©laubiger  in  Slnfefjung 
ber  Sürgfd&aftSleiftung.  2)al)er  fommt  bie  ©edfung  burd^ 
Sürgfd^aft  häufiger  oor  unb  ift  bie  2lnjal)l  ber  Sürgen  größer,  menn 
ber  ©d&ulbner  nur  ©eneralljtjpotlje!  beftettt,  als  menn  er  ©pejiaU 
fcppot&ef  befteüt  (©.  253).  ©in  S)efret  oom  23.  Sluguft  1669  (©.  342) 
forbert  auf  100  fl.  Äapital  4  ober  5  Särgen,  menn  ber  ©d&ulbner 
ben  grunb&errlid&en  ÄonfenS  nid&t  erlangen  fann,  ber  ©laubiger  alfo  ber 
Ijtjpot&efarifd&en  2)edtung  burdf)  bie  ©runbgeredjjtigfett  beS  ©dfjuIbnerS 
entraten  muß8. 

1  3n  einem  2)efret  oom  24.  SRärj  1756  (SWapr,  Sammlung,  II  1058)  wirb 
»mit  Senounberung"  fonftaiiert,  bajj  ein  ^flegefommiffär  bei  Sluöletyung  eineS 
Äir<$en!apital3  von  je  100  fl.  4,  folglich  oom  Kapital  jii  1000  fl.  40  »ürger* 
»§ergefteüt  toiffen  wollte*.  2)ic  „©riefle  ber  allau  übermäßigen  3? er» 
bürgung*  f  ollen  abgerafft  ro erben. 

8  3Ba§rf<$etnli($  §at  biefeS  Geltet  bie  SJeranlaffung  au  bem  in  ber  oortgen 
SJote  erwähnten  SRifrbrau<$  gegeben,  inbem  ber  Beamte  beffen  Sefrimmungen  gar 
*u  wörtlich  genommen  $at. 


—    412    — 

316er  ber  Sflrgfd&aftSfrebit  $at,  weil  baS  SBerljältniS  gn>if($en 
bcm  fiauptfdjjulbner  unb  bcm  Sfirgen  int  fojialen  Ärebit  nmrjelt, 
feine  engen  ©renjen1.  ©aju  fommt,  bo§  ber  33ürgf<$aft3frebit, 
toie  ber  bäuerliche  Ärebit  überhaupt,  ftarf  unter  ber  grunbljerrlidjen 
33erfaffung  mit  t&rem  ÄonfenSredjte  litt,  63  fehlte  an  Seilten,  bie 
ftd)  ju  33firgen  ^ergaben  ober  fixere  Sfirgfdjaft  ieiften  fonnten 
(Sürgennot)  [342,  344,  345,  349]. 

3Me  ungenügenbe  ©idjer!)eit  ber  Sppotljefenglfiubtger  Ijatte  bafcer 
nid^t  nur  bie  ©rgänjung  be8  fcppotljefarfrebiW  burd)  ben  33flrgfdjaft3= 
frebit  unb  baS  geftyalten  an  ben  alteren  flrengereu  formen  beSfelben 
jur  golge,  fonbem  audj  ein  3urücfgretfen  auf  ältere,  fdfjon 
fiberrounbene  gormen  beS  5ßf anbredjieS.  SBenn  ber 
©djulbner  feinen  Sppotljefenfrebtt  me^r  befam,  ober  wenn  ber 
©laubiger  überhaupt  fein  SBertrauen  jur  l)ijpotIjefarifdS)en  SBerftd&erung 
$atte,  fo  muffte  ber  ©d^ulbner  fidj  auf  eine  bem  ©laubiger  tne^r 
©idjerljett  geroctyrenbe  Slrt  ber  SSerpfänbung  einlaffen.  6r  übergab 
ein  ©runbftücf,  einen  2l<fer,  eine  äßtefe,  einen  ©artenteil  in  be£ 
©laubiger«  33eft|,  Pflege  unb  -Jhifegenuf*  mit  bem  9tedjt  ber  „SSHeber* 
lofung"  [55],  b.  $.  beS  SBiebereinjugg  bei  3Wldfja^lung  be3  Äapitate; 
bie  grüßte  certraten  bie  ©teile  ber  3uif*ft-  ©d&mib,  bem  mir  biefe 
<Srflärung  entnehmen,  fagt,  bafc  biefe  SBertragSgattung  „bei  ge= 
meinen  Seuten  Ijäuftg  oorfomme",  unb  bafc  er  felbft  iljre  SBermenbung 
burdj  „arme  Seute,  fo  ©dfjulben  l)aben",  oft  wahrgenommen  Ijabe. 
Sfodfj  in  unferen  SriefprotofoHen  (©.  249)  unb  3noentaren  (©.  287, 
290,  296)  finb  mir  ba  unb  bort  auf  bie  Sßieberlofung,  mie  bie  JBaien, 
ober  äfotidjrefe,  roie  bie  Quriften  in  Slnleljnung  an  ben  Sßanbeften* 
<mSbrurf  baS  ©efdjäft  nannten,  geftofcen.  3m  ©runbe  genommen  ift 
bie  SBieberloftmg  fein  bloße«  StdjerungSgefdjäft,  fonbem  jugleidj  ein 
SBeraufcerungSgefdjaft,  ebenf o roie tyre 3ugenbf orm,  bie  ©afeung 
beS  aWittelalter«.    2Beü  ber  ©d&ulbner  feinen  wtrflW&en  „Ärebit",  im 

1  GJoettje  unterm  19.  September  1816  an  feinen  ©o$n  (Äonaept):  ¥2öenn 
tm  bared  ©elb  Ijaft,  fo  magft  bu  e3  einem  greunbe  aud)  o§ne  grojje  ©ic$er$eit 
leiten.  SBiHft  bu  eS  oerfd&enfen,  fo  ift  aud)  nid&tS  bagegen  au  fagen,  borgft  bu, 
fo  wirft  bu  btc$  einrid&ten,  3ntereffen  ju  besagen  unb  ba3  Kapital  abzutragen; 
t>erbtirgft  bu  bta)  aber,  fo  oerfefceft  bu  bia)  in  einen  unruhigen  3uftonbf  *>er 
fcefto  peinlicher  ift,  alö  bu  bia)  untätig,  ja  letbenb  vergalten  mugt.  ftiemanb 
verbürgt  fta)  leidjt,  aufcer  wenn  er  glaubt,  er  laufe  feine  ©efa&r;  ift  aber  bie 
SBerbürgung  gefdjeljen,  fo  füljlt  er  fta)  gar  balb,  befonberä  in  forglidjen  Slugen* 
bliefen,  oon  einem  in  ber  gerne  fta)  aetgenben  Übel  bebro^t,  roeldjeä  um  fo  fürd&ter* 
lieber  erfc^eint,  alä  er  fü^lt,  ba6  er  ilmx  nic^t  geroaebfen  fei,  wenn  eä  nä^er* 
treten  foHtew.    (®oetbe8  ©riefe,  27.  8b.,  Söeimar  1903,  ©.  165.) 


—    413    — 

etgentlid&en  ©inne  be«  SB  orte«,  metjr  Ijat,  fo  oerfauft  er  (md&t 
iuriftif<$,  aber  tmrtfd&aftttdj)  [einen  SCeil  feine«  ©runbbeftfee«  unter 
ber  »ebingung  be«  JRedjte«  auf  SRfidfgängtgmadfjung  be«  SBerfauf«, 
wenn  er  in  beffere  SBerljältniffe  gefommen  fein  würbe. 

©o  füljrt  Jebe  ©d&wädfjung  ber  ©td&erljeit  be« 
Ärebttoerfefjr«  ju  einer  Häufung  oon  2)e<fung«mitteln, 
SU  einer  immer  größeren  unb  lafiigeren  SBinbung  be& 
©d&ulbner«,  ju  immer  umfiänblidfjeren  formen  be« 
itrebit«. 

Seim  ßrebitfauf  Hefe  fidfj  ber  Swedf,  ben,  wie  wir  gefe^en  Ijaben, 
bie  Sßteberlofung  t)atte,  bem  ©laubiger  größere  ©id^er^eit  ju  oer* 
f djaffen,  afe  i&m  bloße  iQ^potljefenbeftellung  bieten  fonnte,  audfj  auf 
anbere  SBeife  erreichen,  nämlidfj  burdf)  ben  fogenannten  Eigentum«* 
oorbefjalt. 

2Benn  ber  Ääufer  einer  ©adfje  bem  SBerfäufer  jur  ©idjjerljeit  für 
ben  SReftfauffdjjiDing  eine  Jgtjpotljef  einräumte,  fo  fam  biefe  an  oierter 
©teile  jum  3u8e  (9ta$ang  II),  ba  man  annahm,  baß  bie  Ärebit* 
Bewilligung  ben  Äauf  ermöglicht  unb  biefer  bie  9Waffc  bereichert  fyabt* 
(Sine  beinahe  abfolute  ©tdjjerljeti  aber  bot  bem  Säufer,  ber  ftdfj  auf 
Jtrebitierung  be«  Äaufpreife«  eingeladen  tjatte,  ber  ©igentum«* 
vorbehält l.  S)er  eigentum«oorbel)alt,  b.  t).  bie  3?ertrag«ttaufel,  baß. 
ba«  Eigentum  an  ber  Äauffad&e  bi«  jur  ooQft&nbigen  SJejaljlung  be« 
Jtaufpreife«  beim  SBerfaufer  bleiben  foHe,  Ijat  namlidjj  bie  SBirfung, 
baß  fiel)  ber  SBerfäufer  bei  etwaiger  SBergantung  be«  ßäufer«  am 
©antoerfa^ren  gar  nid&t  ju  beteiligen  brauet,  f onbern  einfad),  inbem  er 
fein  6igentum«red&t  geltenb  mad&t,  ba«  ©ut  wieber  an  fidf)  sieben  faniu 

S)er  @igentum«t>orbeI)alt  l>at  eine  gewiffe  Säljnltd&teit  mit  ber 
SBieberlofung,  inbem  ber  ©laubiger  bei  beiben  9?edfjt«inflituten  größere 
juriftifdfje  SKad^tbefugniffe  über  bie  a(«  ©idfjerljeü  bienenbe  ©ad&e 
Ijat,  al«  bei  ber  $gpotl)ef.  ©r  unterfd&eibet  fid)  aber  oon  ber  9Bieber= 
lofung  baburcij,  baß  bei  biefer  ber  ©laubiger  bie  SRufcung  ber  ©ad&e 
Ijat,  wä&renb  beim  @igentum«oorbe^alt  ber  ©d&ulbner  (Säufer). 

S)er  @tgentum«t>orbel>alt  ift  in  ber  batjerifdjjen  ©efefcgebung  von 
1616  nidfjt  erwähnt,  idj  finbe  iljn  erft  bei  ©d&mtb,  ber  lebiglidjj 
fonfiatiert  (}u  ©antpr.  II  24  n.  16),  baß  ber  ©laubiger,  ber  beim 
Serfauf  feiner  ©adjje  ftdfj  ba«  Gigentum  oorbe^alte,  weit  beffer  für* 

1  Sgl.  über  tyn  meine  2l&fjanMung  ,$ie  gefäic&tlidje  ©ntroidlung  be* 
GigentumSoorbefalieS*  in  ©rün^utS  „  ;}eitf  $rif  t  für  ba«  $rh>at«  unb  öffentliche 
Äe<$t  ber  ©egenroart*  XXI.  33b.  (1894),  foroie  meine  Sc&rtft  ,$ie  DoKSroirt* 
fc^aftU^e  »ebeutung  be*  Ä&aa^ungagefääfiea*  1891  6.  8,  46  ff. 


—    414    — 

forge,  als  jener,  ber  ftdj  an  ber  oerfauften  ©a<$e  nur  eine  fippot^ef 
auäbebinge.  SMe  Sa^orbnung  oon  1735  f<$reibt  (©.  9)  au£brü(Jlid& 
cor,  bafc  jum  ©tgentumSoorbe^alt  (reservatio  dominii)  rote  jum 
iQtjpot^efenoorbeljalt  (constitutio  hypothecae)  bie  Bewilligung  be§ 
©runbtyerrn  nötig  unb  }u  erholen  fei.  ©inen  anberen  SInwenbungSs 
faS  be3  GigentumSoorbe^alteS  (an  beweglichen  ©ad&en)  Ijaben  wir 
©.  309  fennen  gelernt. 

2Bir  tyaben  gefeiten,  baß  bie  iNangelljafttgfett  be$  iQppotl)efen= 
wefenS  nid&t  eine  ©rljöljuttg  be3  3™!*$/  fonbern  bie  Slnwenbung  bejw. 
(Spaltung  brüdenber,  jum  £eil  fiberwunbenen  ©ntwidlungSflufeu 
ungehöriger  Ärebitformen  jur  golge  gehabt  l>at.  2)a3  Streben  beS 
©läubigerS,  entweber  ©tdjertyeü  gegen  SBerlufte  ju  erlangen  ober  einen 
größeren  ©ewinn  jum  2lu8glei<$  gegen  etwaige  SSerlufte ,  madfjte  ftd) 
aber  auclj  nodfj  in  einer  anberen  Weitung  geltenb,  nämlidj  im  SB  er? 
fefjr  mit  ©d&ulbtitetn. 

SDic  im  ©efolge  be3  2>reif$tgjäl?rigen  JtriegeS  eingetretene  &af)* 
lungSfrifiS  rief  eine  allgemeine  Entwertung  ber  ©djulbtitel 
§eroor.  $Ramentlid&  gilt  biefeS  oon  ben  ftaatlidfjen  ©dfjulboerfdfjrei- 
bungen,  beren  SBert  von  ben  SBed^felfätten  be$  ÄriegeS  befonberS 
beeinflußt  erfd&ten.  £rofe  ber  2)eroute  ber  ©d&ulbforberungen  waren 
oiele  33efifcer  oon  ©d&ulbtiteln  genötigt,  i^re  SBertpapiere  ju  oeräufcern, 
um  if)xt  eigenen  ©Bulben  bejahen  ju  fönnen.  3)a£  auf  ben  SJlarft 
geworfene  ÜRaterial  würbe  oon  fapttalfräfttgeren  &änben  ju  gängigen 
Sebingungen  aufgefauft  [303].  3)enn  je  bringenber  ber  SSerfäufer 
be£  ©elbeS  bebarf,  befto  meljr  fann  ber  Käufer  auf  ben  SßreiS 
brfiefen.  35er  Ijerrfd&enbe  ©elbmangel  forgte  bafür,  bafc  bie  9luf* 
läufer  oon  ©dfjulbtiteln  ftdfj  gegenfeitig  mdfjt  aHju  fe^r  Äonfurrenj 
matten. 

2)er  2tuffauf  oon  ©d^ulbtiteln  unter  Sßari  bot  ©e- 
legendi!,  au$  beweglid&em  Kapital  einen  ©emtnn  ju  gießen,  ber  bem 
SRififo  entfpradfj  —  o^ne  9Wl(ffid(jt  auf  ba8  3^™^™*™-  SM&nten 
mir  an,  ein  gfinfprojentfdfjulbbrief  im  Nominalbeträge  oon  100  fL 
gelange  um  90  fl.  in  bie  jweite  &anb.  3a&ft  &cr  ©d&ulbner  pünft= 
lidjj  bie  3*nfenf  fo  genießt  ber  ©laubiger  tatfäd(jti<lj  einen  leeren 
3in3  als  5°/o.  2llle  £age  werben  3i™8f>rtefe  unter  bem  9tominal= 
betrag  feilgeboten,  fo  baß  au<$  ber  S)ümmfte  6%  oerbienen  fann, 
fagt  ©<$mib  in  feinem  Kommentar,  gerner  fann  ber  (Erwerber  be3 
©dfjulbbriefeS  oiel  el)er  afe  fein  gelbbebürftiger  Vorgänger  bejfere, 
werterljöljenbe  3eü*n  abwarten  unb  ben  ©<$ulbbrief  mit  ©ewinn 
weiter  nerfaufen. 


—    415    — 

2)a3  mar  freiließ  alles  ©pefulation,  aber  bie  ©etmnndjancen 
nmren  bafür  um  fo  grö&er. 

@3  ift  fd&roer,  bic  2Btrf  ung  bief er  @f  feftenagiotage  auf 
ben  Ärebtt  juoerläffig  ju  beurteilen,  ©ie  mufe  einerf eitS  g ü n ft i g 
genannt  werben,  benn  mandjer  mare  mo^l  in  bie  aUerüerjweifeltfte 
Sage  gefommen,  wenn  er  nidjt  fein  le^ted  flüfftgeS  Kapital,  bie 
©d&ulbbrtefe,  Ijätte  oerwerten  fönnen,  wenn  er  ni$t  Ijätte  hoffen 
bürfen,  bei  entfpredjjenbem  SßreiSabfdjlag  einen  Ääufer  ju  finben. 
2lnberfeü$  war  bie  SBtrfung  eine  ungünfttge,  benn  e3  war  nun 
nodj  weniger  oerlocfenb,  bei  fo  unfid)eren  3uftänben  ju  Irebitieren: 
iebermann  jog  ben  aufeerorbentltd(jen  ©ewinn,  ben 
man  burdj  2luffauf  oon  3 ^nö 6r ief cn  machen  fonnte, 
bem  befdjjeibenen  SBorteil  ber  anläge  in  fünfprojentigen 
©filtfäufen  oor.  S)er  (Sffeftenmarft  mad&ie  bem  „fotiben"  £eü)= 
gefd&äft  beS  5projentigen  3in$faufe£  unlautere  Äonfurrenj.  2)er 
Jßorfprung  be3  2luffaufgefdj>afte3  im  Äonlurrenjfampf  ber  beiben 
©efd&äfteformen  beftanb  barin,  bafc  e$  burd&  feine  gefefeltd&e  ©ewinn* 
grenje  befd&ränft  mar.  3n  ber  %at  fann  man  ftdjj  feinen  größeren 
©egenfafc  benfen,  als  bie  ©ebunbenfjeit  be3  Seüjgefd&äfteS  burdjj  bie 
3tn£ta£e  unb  bie  3üfieHoftgfett  ber  bamaligen  Spekulation  in  ©d&ulb* 
titeln,  Srofcbem  fteljen  bie  3inStaj;e  unb  bie  ©pefulation  in  ©djjulb* 
titeln,  wie  man  fteljt,  in  einem  genriffen  Äaufaljufammenljang :  inbem 
bie  3inötaje  ben  Sei^oerfe^r  an  ber  freien  Sewegung 
Ijinberte,  förberte  fie  inbireft  bie  ©pefulation  in 
©dfjulbtiteln. 

3Me  3ütöta£e  mar  aber  nidjjt  allein  fdjulb  an  ber  3urüdfbrängung 
be8  3)arlel)enSgefdf)äfte3  burdfc  artbere  formen  ber  Äapitalanlage, 
fonbern  bie  Älage  über  Ärebitmangel  ift  in  bem  3«itraum, 
mit  bem  mir  un$  befd&äftigen,  allgemein,  fafi  fo  allgemein,  wie  bie  Älage 
über  ttberfdjjulbung,  ju  ber  fie  in  einem  mit  feltfamen  Äontrajle 
fielet.  ®te  $ungen>erorbnung  vom  21.  SWärj  1662  fonftattert,  ber 
Jtrebit  fei  §in  unb  wteber  bergeftatt  gefallen,  bafc  feiner  bem  anberen 
trauen  ober  auf  83org  etwas  geben  woüe  [331].  SUfo  gerabe  in 
3eiten  ber  allgemeinen  Slot,  ber  Sßrobejeit  für  ben  gefunben  National« 
hebit,  oerfagte  biefer.  ©er  SBifitattonSrat  fü^rt  in  feinem  ©utadfjten 
©on  1671  bie  £atfad[je,  bafe  „bie  Untertanen  mit  ben  Sorgfdfjaften 
fd&werlid[j  mel>r  auffommen  fönnen",  barauf  jurüd,  bafc  ber  Ärebit 
berjeit  fe§r  mangele  unb  feiner  bem  anberen  me^r  traue  [346].  S)ie 
ttrfad&e  be3  Ärebitmangefe  ifl  an  biefen  beiben  ©teilen  nid&t  angegeben, 
©td&er  ift,  ba§  bie  Ärebit^ inberniffe,  bie  mir  oben  gef Gilbert 


—    416     - 

Reiben,  wie  ja  fdjon  im  93egriffe  „Ärebitljinberotf}"  liegt,  jur  @nt* 
ftc^ung  ober  SBerflärfung  be$  Ärebitmangete  bebeutenb  beigetragen 
§aben.  2tuf  bem  Sanbtage  oon  1583  erklären  bie  ©tänbe  ba8  Ver- 
bot ber  (Einräumung  be3  Äfinbigung3red[jte3  an  ben  ©laubiger  be3* 
§alb  für  fdjäbltdj,  weil  infolge  baoon,  wer  ©elbed  ju  feiner  äufcerfieu 
•Jlot  bebürfe,  e$  ntdjt  tne^r  aufbringen  fönne,  ja  bie  bereite  angelegten 
©eiber  jum  työdjfien  39efd)wer  berer,  bei  benen  eS  angelegt,  abgeforbert 
würben  [70].  SDen  ju  ben  ßanbfaljnen  ausgewählten  würbe  ber 
Ärebit  oerfagt,  weil  ba$  Äapttal  in  bie  5ßromptl)eit  ber  3ufKj  fein 
red&teS  Vertrauen  Ijatte  [175].  3a  fogar  bie  auf  ben  ©ruubfiüden 
biefer  Seute  ^pot^efarifc^  angelegten  ©eiber  würben  gelünbigt,  wa£ 
auf  bie  Dualität  beS  &9potl)efettwefen$  unb  auf  bie  2Bertf<$äfeung 
ber  ^ppot^efarifd^en  ©idjerljett  burdj  ba3  Kapital  ein  IjeEeS  Sidjt 
wirft.  SDie  gefeilteren  fippot^elen  Ratten  nadjj  ©ribner  jur  golge, 
bafc  biejemgen,  auf  beren  JBermögen  foldje  lafieten,  im  SRotfatte  fdjwer 
Ärebit  fanben,  audfj  wenn  fie  tatfädjlid)  jaljlung3fäl)ig  unb  frebit- 
würbig  waren1.  SefonberS  aber  ba$  grunbljerrlidje  ÄonfenSredjt 
erwies  ftdj  als  oerberbenbringenb  für  ben  Ärebit.  35ie  ©djwierigfeit 
ber  Beibringung  beS  ÄoufenfeS  unb  bie  in  ber  ÄonfenSprajiS  ein? 
geriffenen  9Kifcbräud£je  bewirften,  bafc  bie  Untertanen  entweber  bie 
Ärebiterlangung  teuer  bejahen  ober  beS  2lnle£en3  gänjlic^  entraten 
unb  in  Ijöd&fter  9tot  fortlaufen  mußten  [341],  ja  bafc  bereit«  bewilligte 
Äapitalien  gefttnbigt  würben  [347].  S)ie  £entporal!onfenfe  Ratten 
jur  golge,  bafc  niemanb  ßuft  Ijatte,  auf  bäuerlidje  ©runbgered&tig* 
feiten  fein  Kapital  Jjerjuleifjen  [161]. 

3)er  Strebitnot  auf  ©eite  beS  ©runbbeftfceS  entfpradj  eine 
Slnlagenot  auf  ©eite  beS  beweglichen  Kapitals.  2)af*  bie 
Sarfdjaften  ber  Kirnen  unb  milben  Stiftungen  bradj  liegen  muffen, 
baoon  ift  in  unferem  Material  häufig  bie  9tebe  (§  20) 2.  SDie  Ur* 
fa<$en  finb  biefelben,  wie  bie  ber  ßrebitlofigfeit  ber  Untertanen: 
ungenügenbe  ©i^er^eit,  nidjt  entfpredjenber  3i^8^inn,  bie  SBeja? 
tionen  ber  ©runbljerren  ufw.  Unter  ben  oon  uns  benüfeten  Qnoentaren 
ftnben  fid)  einige,  in  benen  baS  SBorljanbenfem  größerer  ©elbbejianbe 

1  Gribner  Mich.  Henr.,  Invitatio  ad  aud.  orat.,  qua  V  iur.  cand.  etc. 
1731  (3Ründ&ener6taat8DiMi(>t$ef40  $iff.  5249  b):  „Extra  commercium  veluti 
constitutos  videas  .  .  .  ut  difficile  eis  Bit,  aut  creditorem  aut  emptorem 
invenire". 

2  93gt.  au$  Äreuter,  ^Beiträge  aut  ©efc^id^te  beS  3BoHgen>erbe£  in  Magern 
(Dberbauertfa)eg  Slrd&io  für  ©efc&idjte  39b.  50  6.  270):  „3ur  feiben  Seit  [b.  §. 
1612,  1622]  taudjte  aud)  ber  tylan  auf,  bie  ©tiftungSgelber,  bie  bod)  nur  braa) 
lögen,  als  Jßeriagöfapital  jum  Slnfauf  von  Rohmaterialien  §eranjujie(jen*. 


—    417    — 

oon  oerfd&iebenen  SKünjforten  auf  33auernl)öfen  fonfiatiert  ifl 
(©.  289,  291).  3)ie  ©itte  ber  Xtyefaurierung  war  in  bcr  bäuerlidfjen 
Seoößerung  nodfj  fe&r  perbreitet.  2)er  &errfd()enbe  ©clb-  unb  ßrebit* 
mangel  machte  e$  fraglidj),  ob  man  bei  eigenem  ßapitalbebarf  leicht 
frembe  iQtlfe  pnben  mürbe.  Die  2Wülje,  bie  man  fid&  oft  mit  ber 
©intreibung  ber  ©dfjulbforberung  geben  mußte  (©.  1 68),  naljm  mand&em 
bie  Suft,  btSponible  ©eiber  auf  3infen  anzulegen,  ©nbltdjj  lag  e$ 
im  3ntereffe  ber  grunbuntertänigen  Säuern,  tyre  33arf<$aft  möglidfjfi 
geheim  ju  galten,  in  ©trumpfen,  ©tro^fädfen  ufm.  ju  oerbergen 
(alfo  ntdfjt  auSjuleiljen,  ttxoa  gar  unter  obrigfeitlid&er  SSerbriefung), 
bamit  bie  ©runb^erren  unb  grunbljerrlicljen  Beamten  btefelben  nid&t 
jurn  ©egenftanbe  ityrer  Habgier  machen  fonnten  (ogl.  ©.  222). 

©e$r  oft  blieb  e$  aber  nidfjt  babei,  baß  ber  ©runbbefifcer  feinen 
ßrebit,  ber  Äapitalift  feinen  äforeij  jur  Anlage  feine«  ÄapttalS  auf 
3inf en  f anb,  f onbem  bie  Ärebitnot  jog  nod&  weitere  oerberblidjje 
folgen  nad)  ftdjj.  Qm  Qa^re  1583  flogen  bie  ©tänbe:  2Randfjer 
Untertan  ifi  [infolge  SBefdfjränfung  be3  ÄfinbtgungSred&teS  be3  ©lau- 
biger^] gejnmngen,  feine  oäterlidfjen  ©rbgüter  oon  fidjj  ju  laffen  unb 
anberen  einzuräumen,  au«  Mangel  an  ©elb,  ba3  er  fonft  auf  bem 
SBege  be$  ftrebitö  Ijätte  erlangen  fönnen  [70].  3n  feinem  @ut« 
adjjten  oon  1612  bemerft  ber  fiofrat,  bie  graste  ber  temporal* 
fonfenfe  fü^re  baju,  baß  bie  ©runb^olben  feinen  ©laubiger  finben 
unb  i^re  ©fiter  „notyalber  tüofjl  oerfaufen  muffen"  [161].  2)a$ 
'öebfirfniS  nadf)  Sarmitteln  ift  ju  mäd&tig,  e$  Ijanbelt  ftdjj  um  bie 
©Haltung  ber  nrirtfdjjaftlid&en  (S^iftenj,  unb  ba  erfdjjeint  fein  Opfer 
ju  groß,  um  in  ben  33efifc  oon  ©elb  gu  gelangen.  2>er  überfd&ulbete 
©runbbefifcer,  ber  feinen  fippot^efenfrebit  me^r  befommt,  oerfud&t  e$ 
ba^er  mit  ber  Sfotidfjrefe :  er  überläßt  bem  ©elbgeber  einjelne  ©runb- 
flücfe  jum  Siufcgenuß  auf  SBieberlofung ;  gelingt  ber  SBerfudfr  mdjjt, 
fo  muß  er  fidfj  auf  bebingungälofe  Veräußerung  feiner  ©üter 
einlaffen.  SD i e  Ärebitnot  jtoxngt  alfo  beh  ©runbbefifcer, 
ju  ben  primitiven  (Sinud&tungen  einer  überrounbenen 
Äulturftufe  ju  greifen,  fie  fü^rt  ju  einem  SRfidffall  in 
bie3uftänbe  ber  frebitlofen,  ber  fdjredf  liefen  3eit.  SEBie 
ber  mitteralterlidf)e  ©runbbefifcer  fein  oäterlidfjeS  (Srbe  „au$  2lrmut 
ober  ©elbfd&ulb"  oerfaufen  muß  [13,  30],  weil  iljm  fein  anbereS 
9Jtittel  }u  ©ebote  fteljt,  feine  Notlage  ju  befeitigen,  fo  bro^t  audfj 
in  Stittn  entmtcfelter  ßrebitinfiitutionen  biefe  9tottoenbtgfeit  bem 
©runbbeftfeer  um  fo  me$r,  je  me^r  ber  Ärebit  an  ber  freien  @nt* 
faltung  ge^inbert  wirb. 

fto&en,  Serföulbuna.  27 


—    418    — 

SBie  bcr  Krebitmangel  im  SJradfjliegen  ber  Kapitalien,  fo  Ijat 
aud&  bcr  SSerfauf  au«  3?ot  auf  feiten  be«  ©laubiger«  fein  ©egenjlücf. 
3lud&  ber  ©laubiger  war  bur<$  bie  mannigfad&en  Sefdjjränfungen  be« 
Krebitoerfel)r«  genötigt,  um  fein  Kapital  nid^t  oöttig  mfifftg  liegen 
ju  laffen,  ju  älteren  unooltfommeneren  Mitteln  ber 
Kapitalanlage  jurüdfjugretfen.  3)ie  ältefie  S3Crt  ber  rentierltcljen 
Anlage  beioeglidfjen  Kapital«  war  ber  (Srroerb  oon  ©runbbeftg  ober 
oon  einfiinften  au«  ©runbbeftfe.  9loä)  1583  muß  ftd)  ber  baperifd&e 
Stttterfianb  gegen  ba«  Argument  ber  3^8*0™*  menben,  toer  fein 
©elb  frudfjtbringenb  anlegen  motte,  möge  btefe«  „mittel«  ©rfaufung 
Iiegenber  ©tüdfe"  tun.  £)er  SRitterftanb  toeift  mit  Sftedjjt  barauf  t>in, 
baß  biefer  Sfolagemobu«  bei  oorfibergeljenbem  2tnlagebebfirfni«  nidfjt 
jroedmafeig  fei  [70].  dagegen  §at  bie  tote  &anb  mit  ttjrent 
©enerationen  überbauemben  Stnlagebebflrfni«  ben  Auflauf  oon 
©runbbefifc  al«  SDKttel  ber  5Bermögen«anlage  in  unferer  Sßeriobe 
ebenfo  ftarf  betätigt  unb  gepflegt,  rote  ben  Krebitoerfeljr  mit  ben 
©runbbeftfeern.  3)ie«  ging  fo  weit,  ba§  ber  Stitterftanb  ju  ben  leb= 
^afteflen  Klagen  fid&  oeranlafct  faj)  barttber,  bafe  bie  Kird&e  „bie 
abeligen  ©üter  an  fidfj  jielje".  3n  meiner  ©d)rift  „35er  Kampf  um 
bie  abeligen  ©üter"  ufro.1  Ijabe  idj  gezeigt,  roie  biefe  ®rf Meinung 
mit  ben  ©dfjroierigfeiten,  benen  ber  Krebitoerfeljr  be* 
gegnete  (3in«ta£e,  mangelhafte«  §t)pot^efenroef en) ,  jufammen* 
§ängt.  S)er  Stbel  fefete  burdjj,  bafe  ber  ©rroerb  oon  ©runbbeftl 
burd&  bie  Kird)e  Sef^ränfungen  unterworfen  rourbe  (3lmorti  = 
fation«gefe|e  oon  1672,  1701,  1764 2).  2Birftid&  fonflatiert 
bie  geifilid&e  9?at«orbnung  oom  16.  2tuguft  1779 8,  bafe  „bie  Kirdjjen, 
roeld&e  i§r  ©elb  stante  legis  amortizationis  auf  eine  anbere  Slrt 
ntd&t  fruhiftjieren  fönnen,  in  täglichen  Kapital*  unb  $\xßotthift  ge* 
fe|t  werben".  S)ie  Anlage  oon  beroeglidfjem  Kapital  burdfj 
2lu«lei^ung  gegen3in«  unb  bie3lnlage  be«felben  burdfj 
@rtoerb  oon  ©runbbefifc  furrogieren  fidfj  alfo  in  ber 
Söetfe,  bafc  bei  ©rfdjjtoerung  be«  einen  2lnlagemobu« 
ber  anbere  fid&  Ijeroortut. 

Slber  audjj  fold&e  ©runbbeftfcer ,  bie  an  ber  Krebitmifere  nidfjt 
unmittelbar  beteiligt  toaren,  roeil  fie  be«  Krebit«  nidfjt  beburften, 
mürben  burdf)  bie  Krebittyinberniffe  häufig  in  9Hitleibenfd{jaft  gejogen, 

1  3eitf«rift  für  bie  gefamte  ©taatgn>tffenf<$aft,  1903,  ©.  48  f. 

2  Sgl.  auä)  SDöbexl,  ttrfprung  ber  2Imortifation8gefefcgebung  in  Sägern 
(gorfc&ungen  jur  ®efdjic$te  SarjernS,  1902). 

8  SÄapr  ü  1140. 


—    419    — 

weil  biefe  bic  £enbenj  tjaben,  ben  2Bert  be$  ©runbbeftfceS 
£erabjuminbern.  2)te  £emporalfonfenfe  benahmen  mdfjt  nur, 
wie  totr  oben  gefeiten  Ijaben,  ben  ©laubigem  bie  Suft,  auf  bäuerliche 
Orunbgered&tigfeiten  ©elb  t)erjuleil)en ,  fonbern  fte  brädten  baburd) 
audjj  auf  ben  Sßert  unb  ben  SßretS  ber  bäuerlid&en  ©üter  [162],  weil 
tuemanb  gerne  ein  ©ut  f aufte,  an  bem  er  nidfjt  einmal  einen  finanziellen 
SRüdfljalt  in  3«ten  bitterer  -Kot  fyattt.  S)ie  Sßfanbprioilegien  fd^äbigten 
nidfjt  nur  ben  Erebtt  berer,  auf  beren  ©üter  fte  lafteten,  fonbern 
matten  audfj  biefe  felbft  unoerfäuf lt<$ ,  weil  ber  Ääufer  fürd&ten 
mußte,  fpäter  für  bie  ©Bulben  feinet  SBorgängerS  haftbar  "gemalt 
%u  werben1. 

2)ie  Ärebit^inbemiffe  Ratten,  um  ju  refümieren,  jur  golge: 
iQtjpottyefenljäufungen ,  brüdfenbe  33firgf d^af t3oerpflid(jtun$en ,  ben  ®e* 
braudj)  ber  Sfaiidjjrefe,  bie  SKmoenbung  be3  (SigentumSoorbeljalteS, 
^Beliebtheit  be£  2luffauf3  oon  ©d&ulbtiteln,  Ärebitmangel  unb  Ärebit* 
not,  SSerminberung  ber  ©elegenljeiten  jur  3lnlage  beä  Kapitals,  33er* 
luft  oon  &au3  unb  &of  burdjj  bie  notleibenben  ©runbbefifcer,  @nt* 
n>ertung  be$  ©runbbeftfeeS  unb  Äonjentration  beäfelben  in  ber  Jganb 
ber  bamaligen  Vertreter  be3  ÄapttalS:  in  toto  Ärebitfrifen  unb 
5Bcfiftfrifen. 

§  24. 

I.    2)er  Sauer  als  ©egenftanb  ber  spolttif. 

3m  17.  Qa^unbert  lagen  jtoei  SBeltanfcijauungen  im 
Äampfe  miteinanber,  bie  ftänbifd^^tranf jenbentale  unb  bie 
ftaa  tSro  ir  t  f  dfjaf  t  li  dfj*m  er  t  an  tiliftif  6)  e. 

1.  9tod&  ber  2Beltanfd&auung  be3  3Wtttelalter3  ifi  bie  ©efeU* 
fd&aftS*  unb  SBtrtfd&aftäorbnung  ntd&t  oom  SBitten  ber  3Wenfd&en  ab« 
fj&Wfl/  fonbern  oon  .©Ott  gewollt  unb  feftgefe$t,  fte  ift  im  toefent* 
lidfjen  eine  gegebene  ©röfce.  Aufgabe  ber  D  b  r  i  g  I  e  i  t  ift,  bie  be= 
fie&enbe  Drbnung  ju  erhalten  unb  ju  fdfjfifcen.  Sroax  oer^e^lte  man 
fid&  nid&t  bie  SWängel  unb  Sd&toäc&en  beS  oorfjanbenen  3uftan^/ 
aber  baS  irbifd&e  Jammertal  ifi  eine  ©tätte  ber  Sufee  unb  ber 
Prüfung.  ©rjt  im  3enfeit8  erfolgt  bie  beftnitioe  Slbred&nung,  bie 
©rniebrigung  ber  fio^en,  bie  ©r^ö^ung  ber  Stauen  unb  ©efned&teten. 
SDen  Untertanen  bie  ewige  ©eliglett  }u  fidfjern,  ba3  „33öfe"  in  allen 

1  6.  416  ftote  1. 

27* 


—    420    — 

feinen  ©rftijetnungen  ju  befämpfen,  ben  testen  ©lauben  $u  ©er* 
tetbigen,  bie  Äefcer  auSjurotten,  barin  erfdfjöpfte  ftd(>  ein  großer  Seil 
ber  politifd&en  ©pannfraft.  SWtrgenbS  ftnbet  man  in  ben  SDefreten 
SKajimilian  I.  oon  SBapern  einen  fo  ^eiligen  ©ruft  wie  ba,  too  er 
ben  ßanbeSfinbern  perbietet,  in  fefcerifd&en  Säubern  Sirbett  ju  fuc$en. 

Slber  ber  Äörper  ifi  ba«  ©efäfc  ber  ©eele,  unb  fo  Ijat  aud> 
ber  SRiebrigjie  ein  unentjie^jbareS  Slnred&t  auf  bie  iljtn  oon  ©ott 
verliehene  irbifdje  Gjiftenj.  2fa<$  fityrt  ber  Mangel  be3 
■Jtötigftep  leidet  jur  SBerjioeiflung ,  ju  9taub  unb  Sßlfinberung,  ju 
Slufru^r  unb  ©etoalttaten  jeber  2trt,  bie  bie  befie^enbe  Drb- 
nung  gefäfjrben:  eS  wäre  unflug,  e$  fo  weit  fommen  ju  lafferu 
(Srmaljnungen  nadfj  unten,  junt  ©eljorfam  gegen  bie 
Dbrigfeit,*nad&  oben,  jur  aWäfctgung  unb  ©otteafurdjjt, 
wed&feln  mit  einanber  ab  unb  ergangen  fidjj  gegenfeitig.  91  i  df)  t 
ber  SgoiSmuS  unb  beffen  wirtfdfjaftltc&e  ©eiie,  ber 
©rwerbMrieb,  ift  ber  igebel  be3  gortfd&ritts,  fonbern 
djrifilidje  ©efinnung1. 

3)ie  befieljenbe  Drbnung,  bie  nadfj  bem  SBiffen  ©otteS  oon  ber 
weltti<$en  SWadjjt  gefd^ü^t  werben  f off,  ift  bie  ftänbifdfje.  S)er 
©taat  gerfäfft  in  bie  brei  ©tfinbe  unb  in  bie  „gemeinen  Untertanen" . 
3)ie  teueren  Ratten  feine  polttifd&en  SRed^tc a.  2)ie  „Sßräpotenj 
ber  JBanbftänbe"  ergeugte  ben  „favor  dominorum",  oon 
bem  bie  ©efefce  erfüllt  finb,  bie  bie  Regierungen  gwifdfjen  ©runb- 
Ferren  unb  ©runbuntertanen  regeln8.  35ie  gebrfldfte  fogiale  ©teflung 
ber  Sauern  äußerte  ftdjj  audfj  in  ber  unoer^o^lenen  3JHfcad(jtung, 
mit  ber  iljnen  bie  ©runbljerren  unb  otele  ©d&riftfteller  begegneten. 
3)ie  SBauern  werben  un3  oon  itynen  als  einfältig,  tölpel&aftig,  J>al£* 
ftarrig,  ftrettfüdfjtig,  argliftig  ufw.  gefd&tlbert. 

@in  ©egengewtdfjt  gegen  bie  ungleiche  Se^anblung  be8  grunb- 
^errfd^oftlid^en  unb  be$  bäuerlidjjen  SntereffeS  burdf)  bie  ©efefegebung 
bilben  bie  häufigen  ©rma^nungen  an  bie  ©runbljerren,  ben  Sogen 
beS  (SigennufceS  unb  ber  Jgerrfdjjfud&t  nidfjt  affju  ftraff  gu  fpannen, 
ba«  ©benbilb  ©otteS  au<$  im  Änedfjte  gu  eljren.  S)enn  „bie  SWeier 
foffen  weber  ftolgieren,  nodjj  oon  ben  Ferren  gar  unterbrfidft  werben" 


1  Sgl.  oben  ©.  331 :  ,t$rer  d&riftlid&en  ©cfculbigfeit  gemäfc",  „au8  d&rift* 
lieber  2\ebe". 

2  ©c$mib  8U  SSR.  XXI  19  n.  8:   ©ie  Ijaben  ©efefce  au  ne&men  unb  nid&t 
au  geben. 

8  ©d&mtb  au  £H.  XXI  9  n.  2 :   $eg  §errn  Slnliegen^eit  ift  aüaeit  me&r 
alö  bie  beä  2Reierä  au  berücffid^tigen. 


—    421    — 

<<Sd&mtb  jit  SSR.  XXI  17  am  ©d&lufc).  aber  roäljrenb  ber  ©runb* 
§err,  wo  er  formell  im  9?e<$te  mar,  bie  ootte  ©d&ärfe  be8  ©efefteS 
hinter  ftd&  fjatte/ mufete  ftdfj  ber  ©runbljolb  bamit  tröften,  baft  „(Sott 
im  £immel  ben  Reinigern  feinerjett  bie  SRedfjnung  matten  werbe". 
S5er  mafegebenbe  gaftor  ifl  alfo  ba3  grunbljerrfdfjaftltdfje 
Qntereffe,  äufcerlidfj  mobtfijiert  oon  ben  Spofiulaten 
bcr  djjrtftlidfjen  ©tljif.  35te  Serorbnungen  beginnen  gett>öl)nltd(j 
mit  einem  ißinroete  auf  bie  gorberungen  ber  Stlligfeit  unb 
SBarmljeraigleit ,  um  ata  ©d&luffe  —  weniger  patljetif  df) ,  afeer  auf* 
richtiger  —  baljin  auSjuflingen,  baß  bei  3"^iber^anblung  gegen  bie 
SBorfdfjrift  bie  pünftlid(je  @ntridfjtung  ber  grunbtyerrtidjjen  21  b* 
gaben  gefäljrbet  erfdfjeine.  SSoIföroirif^aftlid^e ©efid^töpunfte  fehlen 
audjj  ba,  wo  man  einen  folgen  am  elften  oermuten  mödjjte.  3)er 
©runb^err  fann  ben  föerrengunft  nidfjt  einjie^en,  menn  er  bem  Ferren* 
flünftler  nid&t  bie  ^Meliorationen  vergütet  (©.  126).  3)er  ©runb  ijl 
nid&t  oolfSmirtfdbaftlid&er  SRatur  —  bie  Sauern  foHen  nidjjt  von 
UKeliorattonen  abgefdfjredft  werben  —  fonbern  ein  et^ifd^er:  bie 
©runb^erren  foHen  ftd)  nid^t  auf  Äoften  iljrer  Untertanen  bereitem. 

2.  3)er  moberne  ©taat  braudjjt  3Kannfd&aft  unb  ©elb.  @r 
intereffiert  ftdj  baljer  nidfjt  nur  für  ba$  ©eelenfjetl  feiner  Untertanen, 
fonbern  audfj  für  tberen  irbifd&eS  2Bol)  ler  gelten.  2ludfj  ber 
Sauer  wirb  ©egenftanb  ber  ftaatlidfjen  gürforge,  benn  ba$  Säuern? 
volt  liefert  bie  £auptmaffe  ber  Steuern  unb  ber  SRefruten.  @ine 
gerechtere  Beurteilung  ber  fojialen  Sebeutung  be$  Säuern,  ein 
kräftigerer  ©d&ufc  gegen  bie  Übergriffe  ber  ©runb^erren  ift  bamit 
freiließ  faum  oerbunben.  Qroax  mad&t  ba3  abfolute  gürftentum,  felbft 
<m3  ber  ©tänbeorbnung  ^eroorgegangen ,  gront  gegen  ba8  WliU 
iefiimmungSred&t  ber  ©tänbe.  3)enn  „ber  gemeine  Stuften  ge^t 
bem  Stuften  ber  ^Privatleute  oor" l,  unb  ju  ben  res  privatae  gehören 
audfj  bie  ftänbifd^en  Sprioilegien.  216er  nodfj  ift  ber  Sauer  nidjjt 
©elbftjwedf,  fonbern  aud&  bem  Sßolijeiftaate  ift  er  nur  SWittel  jum 
3wedf.  S)a3  3iel  ift  bie  (Spaltung  be«  Sauernftanbe«  als 
foldfjen,  ba8  inbbibueQe  2Boljtergef)en  ber  Sauern  bagegen2  l)at  nod[j 
immer  bem  Derbrieften  9tedjjte  ber  ©tänbe  ju  meinen. 

Sludfj  fanb  bie  gfirforge  für  bie  Sauern  in  ber  nodjj  mistigeren 
ürforge  für  ba&  ©emerbe  i&re  ©dfjranfen.    3)cnn  vox  allem  gilt  e$, 


1  ©o  3.  $.  ©cfcmib  gu  ©antpr.  II  31  n.  11  unb  an  anbeten  ©teilen. 
1  ,$em  [?olijei*]Staate  n>ar  ein  SBauer  fo  gut  wie  ber   anbere.    2)ie 
Stauern  waren  i$tn  fungible  ©rölen"  (Srunner,  Sei^toang  6.  17). 


—    422    — 

bie  ©infutyr  üon  SujuSmaren ,  für  bie  fo  toaljnfinmg  oiel  Selb  ins 
9lu8lanb  ge^t,  entbeljrlidfj  )u  machen.  SDieö  ift  aber  nur  bann 
möglidjj,  wenn  bie  inlanbifdfjen  ©emerbetreibenben  fid)  niebriger 
SßrobuftionSfoften  erfreuen,  ©o  gelangt  man  jur  Sßolitif  ber 
niebrigen  ©etreibepreife.  2)a3  gemerblidjje  Sntereffe  fiel  audj> 
beS^alb  f<$toer  in  bie  2Bagfd&ale,  weil  e$  ein  ftänbifdfjeS  war,  im 
©egenfafc  jum  Sßrobujentenmtereffe  ber  Sauern.  2Bo§l  erflingt  fdfjon 
bamals  ba$  2ob  be3  2l<ferbaue3,  beginnt  fdjjon  bie  bufoltfdfje 
Qbealifierung  be3  Sauern,  ber  „fein  (Sinfommen  gleid&fam 
auS  ©otteS  £anb  empfängt"  *.  3tber  prafttfdfje  Folgerungen  mürben 
barauä  nidjt  gejogen,  bie  Skngorbnung  an  ber  £afel  ber  realen 
SS  ort  eile  ju  änbern,  fal)  man  ftdjj  nidjt  oeranlafet.  2Bätyrenb  ber 
Stbelige  auf  „Sßeifcbrot,  &filjner,  ©efotteneS  unb  ©ebrateneS  unb 
anbere  bergleidjjen  gute  ©peifen"  Slnfprudjj  Ijat,  mufe  ber  Sauer  „ftdj 
mit  ©d&roarjbroi,  5tafe,  3miebel  unb  Sonnen2  befd&lagen  laffen". 
25enn  „Sonnen  unb  3wiebel  W  bie  ©peife  ber  Sauern"  (Stfanj, 
©d&ufc  unb  ©d&irm  III  p.  44,  64,  76). 

IL    35ie  ftaatlidfje  Ärebitpolitif  im  einjelnen. 

1.   »crftütutiö  ftcr  ftfterfdralbisttg,  fttarforae  für  die  §fd>erf)ett  drö  ftrebttö» 

2luf  bem  Sanbtage  oon  1669  bittet  ber  ^rälatenftanb  ben  ßur* 
fürjlen,  er  möge  nid&t  jugeben,  bafe  bie  ©tift-  unb  ßlofteruntertanen 
fo  trielfältige  unb  fo  unerfdEjnringlidje  ©Bulben  aufnehmen  [156]» 
3)er  gürft  erunbert  (©.  394) :  3>ie  ©c^ulbaufna^me  fei  „ben  Unter* 
tanen  bei  jefcigen  ferneren  Qütm  fo  gar  nidfjt  ju  oerroeljren".  $n 
biefer  9tntmort  fommt  ein  richtiges  Urteil  über  bie  Sebeutung  be£ 
JtrebitS  bei  SRotftcmben  unb  über  bie  ©efafjren  eines  ftaattidjen  ©in* 
griffet  in  bie  grei^eit  ber  Serfdjulbung  jum  2lu3bru<f.  S)arauS  er* 
Hart  ftd&  audEj  bie  ^uxüd Gattung ,  bie  bie  baperifdfje  Regierung  bd 
i^ren  Senkungen  jeigte,  bie'  Serfd&ulbung  ber  Sauerngüter  ju  t>er= 
Ijinbem.  ©er  Äampf  gegen  bie  Serfdfjulbung  ber 
Sauerngüter  mürbe  in  erfter  Sinie  afe  ©ad&e  be3  ©runb^errn 
betrautet.  35er  ©runbljerr  füljrt  aber  biefen  Äampf  nid^t  au& 
pl)ilantl)ropifdfjen  Erwägungen,  im  ^fntereffe  be8  Sauern  felbft,  au<$ 
nidfjt  im  oolf$roirtfdfjaftUd)en  ^ntereffe,  fonbern  im  eigenen 
Sntereffe  [150],  roeil  Serfdfjulbung  bie  ptinftlidfje  Entrichtung  ber 


1  2Ranj,  ©d&ufc  unb  ©c$trm  IV  43. 

9  68  finb  natürlich  bie  roeifjen  93o§nen  gemeint. 


—    423     — 

grunbljerrlidfjen  Slbgaben  gefä&rbete  unb  jur  S)eterioration  beS  ©uteS 
ober  ju  beffen  SBergautung  führte,  unb  toeit  eS  fd^toer  xoax,  für  ein 
abgekauftem  ©ut  einen  geeigneten,  b.  l>.  tüchtigen  unb  mit  ben  nötigen 
SKitteln  oerfeljenen  neuen  9Jleier  ju  finben. 

2llS  wid&tigfteS  -Kittel  jur  JgintanJ&altung  ber  Über* 
fdfjulbung  ftanb  ben  ©runbfjerren  baS  Äonf  enSr  ed&  t  jur 
SBerfügung.  £)er  ©runbfjerr  fonnte  einen  ©utSnad&folger  jurüdf* 
weifen  [136],  ber  beS  funblidfjen  UnoermögenS  war,  bie  Bejahung 
[beS  ©utSpreifeS]  ju  tun  unb  ju  erfd&wtngen.  @r  fonnte  oerlangen, 
bafc  ber  Kaufpreis  (bie  ÜbergabSfumme)  bar  ober  auf  jiemlidEje 
grifien  erlegt  werbe.  2lber  ntd&t  nur  auf  bie  Sffialjl  beS  9tadjfolgerS 
unb  bie  geftfefeung  ber  3<*&fongSfriften  Ijatte  ber  ©runbljerr  (Sinflufj, 
fonbem  aud&  auf  bie  SßreiSbeftimmung  [139],  ©r  brauste  nidfjt 
jujulaffen,  baS  ber  ©runbljolb  feine  ©runbgered&tigfeit  nadf)  ©eftalt* 
fame  beS  ©utSnufcenS  §od(j  überfdfjlage,  fonbern  er  fonnte  biefe  SßreiS* 
forberung  auf  ben  (arbiträr  feftjufefcenben)  „billigen  2Bert"  oerringern ; 
nur  unter  ben  eigenen  ©rmerbSpretS  beS  SBeräufjererS  burfte  babei 
nidfjt  Ijerabgegangen  werben.  3)anf  biefer  gefefeltdfjen  Seftimmungen 
fyattt  ber  ©runbljerr  bie  3Röglid&feit,  ber  Überfettung  unb  Über« 
fdfjulbung  ber  ©runbgeredfjtigfeiten  im  Staufwege  ober  ©rbgange  ent* 
gegenjuwirfen.  SRodfj  weitgefjenber  waren  bie  Sefugmffe  beS  ©runb* 
fjerrn  bei  ber  bloßen  SSerpfcinbung  beS  ©uteS,  alfo  Ijauptfäd&lidfj  bei 
ber  Darlehensaufnahme  [141].  ißier  fonnte  ber  ©runbljerr  ben 
ÄonfenS  oermeigern,  wenn  baS  ©ut  bereits  jur  iQälfte  feinet  SßerteS 
oerfdfjutbet  mar  (ober  burdEj  bie  Darlehensaufnahme  biefer  58er- 
f dfjulbungSgrab  überf dritten  toorben  wäre).  SMefe  SSerfdjjulbungS* 
g  r  e  n  j  e  tarn  erfi  im  Saufe  ber  oon  uns  beljanbetten  3*üperiobe  burdfj 
bie  grunbljerrlidfje  $ßra£iS  $ur  @infüfyrung. 

@S  feljlt  nidfjt  an  2lnjeidfjen,  bafc  bie  ©runbljerren  oon  biefem 
2Rittel,  bie  SBerfdfjulbung  ber  Saueingüter  ju  oer^inbern,  fleifng 
©ebraudjj  matten.  Sd&mtb  fagt,  er  fjabe  niemals  gefe^en,  bafj  ein 
erbred&ter  Sauer  oon  feinem  ©runb^errn  oerljinbert  worben  märe, 
fein  (Srbredfjt  ju  oerfaufen,  bei  &errengünfitern  bagegen  fei  baS  „eine 
täglid&e  Sad&e"  (©.  157).  2luf  bem  Sanbtag  oon  1605  geben  bie 
Prälaten  felbjt  ju,  bafc  einem  föerrengünftler  ber  SBerfauf  gewöljnlidjj 
nur  unter  ben  SSebingungen  geftattet  werbe,  unter  benen  er  felbft 
ben  ißerrengunfi  übernommen  Ijatte  (©.  155).  Unterm  25.  Sunt  1678 
fd&lägt  ber  SRentmeijier  oon  SanbSfjut  oor:  eS  foü  nidjjt  mef)r  jus 
gelaffen  werben,  bafj  beim  SSerfauf  ber  Bauerngüter  bie  grunbtyerr* 
liefen  2lbgabenrüdfftänbe  als  ©utSfdfjulben  auf  bem  ©ute  liegen  bleiben, 


—    424    - 

fonbern  e$  fofl  in  folgen  gfitten  ber  neue  3Weier  mittete  be$  StonfenS* 
red&teS  gejmungen  merben,  jene  SRfidftdnbe  oor&er  abjulöfen1.  Qm 
ansang  IV  brudfen  wir  einen  ÄonfenSbefdjjeib  ab,  roo  (bei  einem 
©utämert  tum  450  fL  unb  einem  StarleljenSfapital  oon  250  fl.)  jur 
Sebingung  ber  ßonfenäerteilung  gemalt  wirb,  baß  ba£  @ut  oon 
93fanblaften  oöflig  frei  fei.    SBon  ben  Xemporalfonfenfen  fielje  unten. 

SßetöjeS  waren  nun  bie  SBirfungen  biefer  3Kaßregeln  jur 
SSer^inberung  ber  Überf  djjulbung  ?  ©elang  e3  mtrfli<#,  bie 
SBerfdfjulbung  einjubämmen,  leidjjtfinnigeS  ©djjulben* 
machen  ju  verdaten?  SBenn  biefed  ber  galt  mar,  fo  brauchen 
mir  leinen  Slnfioß  baran  ju  nehmen,  baß  ba$  2ftotio  fein  ibealeS  war, 
fonbern  jene  Sßaßregeln  einer  Qntereffenpolitif  i^re  ©infityrung  unb 
©urdjjfß^rung  oerbanfen.  $>enn  bie  ©efd&idfjte  bebient  fid^  fcäuftg 
unreiner  2Rittel,  um  einen  gortfdfjritt  ^erbeijufü^ren.  Qa,  bie  Äuttur 
entmidfelt  ftc^  fogar  regelmäßig  im  3^5«^  egoifftfdjjer  Slftionen  unb 
SReaftionen. 

9latüxl\ä)  mar  e$  oft  fe^r  fdfjmierig,  im  einjelnen  gaUe  ju  ent* 
f  Reiben,  ob  eine  totttfd^aftlic^  berechtigte  ©dfjulbaufna^me 
ober  eine  bebenflidje  Überfpannung  be3  ÄrebttS  vorlag. 
3a  fogar  bie  anfdjeinenb  einfache,  meil  beinahe  jiffermäßig  ju  löfenbe 
grage,  ob  überhaupt  eine  Überfd&äfcung  btivo.  Überfdfjulbung  ein= 
getreten  fei  bejm.  eintreten  mürbe,  mar  nidjt  fo  leidfjt  ju  beantmorten. 
©d&on  in  einem  ©utadjjten  au$  bem  Seginn  be3  17.  3atjrtyunbert3 
Reifet  e$  [144]:  „2Ber  mitt  orbentlidfj  ein  jebeS  ©ut  fdfjä|en?  fie  ftnb 
ungleich,  bie  ©fiter,  an  ben  Saufelbem,  fioljfejen  unb  2$Me8mal)bem" . 
©ine  nötige  ©d&äfcung  mar  aber  nidjjt  nur  beS^atb  nötig,  um  bei 
Ääufen  unb  Übergaben  ben  Sßrete  unb  bie  3<rf)tunggfriften  entfpredfjenb 
beftimmen  ju  fönnen,  fonbern  audfj  bie  SBfirbigung  eines  ©efudfjeS 
um  bloßen  33erfd(julbung$fonfen3  erforberte  bei  ber  befte^enben  35er= 
fdfjulbungSgrenje  eine  foldfje  ©d&äfeung,  benn  bie  SBerfdjJulbungSgrenje 
brüdft  bod)  ba3  normale  Verhältnis  jmifdfjen  ©utSmert  unb 
©utsfdfjulben  a\i$.  Daju  fommt,  baß  ber  ©utSroert  natürlich  nidfjt 
immer  ber  gleite  blieb,  fonbern  nadj  ber  ÄonfenSerteilung  fidfj  änbern 
fonnte  unb  audjj  tatfäd&ltdjj  häufig  genug  fid&  änberte,  fei  e£  burdE) 
Verringerung  ber  Sraudjjbarfeit  (feinblidfjer  ©infatt,  2lbfdfjleif),  fei  eS 
aus  anberen  ©rfinben  (©infen  ber  33eoölferung$jtffer,  eintretenber 
©elbmangel).  Studfj  bei  ber  ftrengften  ©in^altung  ber  SBerfdfjulbungSs 
grenje  fonnte  alfo  mit  ber  3*ü  e^nc  Überfdjjulbung  be£  ©uteS  ein* 


ßreigar$ü>  9Ründ&en,  ®en.*9fteg.  533  3iff.  142. 


—    425    — 

treten.  ©Stätte einer  periobif  d)en  SReotf ton  ber  ©djäfeungen 
fceburft,  um  bie  33efd)ränfung  ber  SBerfdjulbung  auf  ben  33etrag  bet 
SBerfdjulbungSgrenje  jur  Xatfad&e  werben  ju  laffen.  216er  wo&in  mit 
ben  ©Bulben,  weldje  bann  jenfeitS  ber  SBerfdjulbungSgrenie  ju  liegen 
f  amen  ? 

@ine  foldje  pertobtfdje  SKeoifion  war  burdj  bie  fogenannten 
'Semporalfonfenfe  [160]  ermöglidjt.  3m  anfange  be$  17.  ^a^r* 
J&unbertS  oerorbnet  bie  Jgoffammer,  bafj  „auf  feinem  fürfttidjen 
Urbargut  einige  ©djulb  über  4  3a§re  fott  oerfdjrteben  werben". 
Slnbere  Äonfenfe  eniftreeften  fidj  auf  6  ftaljre  (©.  163,  femer  9ln- 
§ang  IV)  ober  8  3a^re  (©.  162).  3n  ber  SBerorbnung  vom 
5.  SDWErj  1672  werben  bie  £emporalfonfenfe  überhaupt  auäbrüdlidj 
ate  juläffig  erflärt  [352]. 

2über  abgefetyen  baoon,  bafc  eine  oon  oornljerein  auf  eine  furje 
Slnja^l  oon  3at>ren  befdjränfte  ÄrebitbewtHigung  ben  mobernen  an 
ben  lanbwirifdjaftttdSJen  ßrebit  ju  fteffenben  ftorberungen  (Sangfrifltg* 
feit)  nidjt  entfpridjt,  würben  bie  £emporalfonfenfe  von  ben  ©runb* 
Ferren  praftifdj  weniger  jur  SBer^ütung  ber  SBerfdjulbung  afe  jur 
©rtyötyung  ber  grunbljerrlidjen  einnahmen  benfifet.  2)ie3 
«rgiebt  fidj  au$  bem  ißofratögutadjten  jur  ©efefcgebung  von  1616, 
in  welkem  oon  erfterem  3Wotio  gar  ni<#t  bie  Siebe  ift,  fonbern  afe 
3we<f  ber  £emporalfonfenfe  lebiglid)  ber  angegeben  ift,  einen  (Srfafc 
ju  erlangen  bafür,  bafc  bie  SSergantung  feinen  Saubemialfall  bilbete. 
3)er  ©runb^olb  foHte  burdj  bie  jeitlidje  Sefdjränfung  beS  ÄonfenfeS 
oeranlafet  werben,  bie  ©runbgeredjtigfeit  lieber  gletd)  ganj  ju  oer* 
laufen,  f o  bafe  ber  ©runbljerr  Saubemien  befäme.  ferner  brauten 
bie  ^emporattonfenfe  aud&  be$(>alb  bem  ©runbtjerrn  pefumäre  8Sor* 
teile,  weil  er  bei  jjeber  (Erneuerung  |be3  ÄonfenfeS  2Billen$gelb 
verlangen  fonnte  über  rid&tiger  oerlangte.  S5ie  Älöfter  —  fdjreibt 
ber  Pfleger  oon  SReumarft  1670  an  bie  Regierung  [341]  —  erteilen 
tyren  ©runbuntertanen  entweber  gar  feinen  ÄonfenS  ober  nur  auf 
gemiffe  Qa^re  unb  gegen  ftarfeä  SBtttenSgelb.  3)aS  ÄonfenSredjt 
würbe  überhaupt  häufig  baju  faifcbraudjt,  oon  ben  in  Slot  befinbltdjen 
©runbuntertannen  möglidjft  oiel  ©etb  IjerauSjupreffen.  S)a3  ßonfenS* 
redjt  würbe  fo  au3  einem  berechtigten  SKittel  jur  33e* 
fdjranfung  ber  Überfdjulbung  ein  ftörenbeS  £tnberni8 
für  bie  ©runbuntertanen,  ben  benötigten  ßrebit  ju 
erlangen,  benn  ntdjt  jeber  ©runb^olb  fonnte  bei;  pefuniären  3ln* 
forberungen  ber  ©runbljerren  entfpred&en  (©.  394).  $a  bei  ber 
SSeräufierung  ber  ©runbgered^tigfeit  fonnte  ba£  ÄonfenSredjt  fogar 


—     426    — 

jur  (gr^öljung  ber  Berfdfjulbung  fe§r  oiel  bettragen,  beim  ber 
mit  bem  Äauf*  ober  Übernaljm«preife  fteigenbe  £anblo$n  bilbete  eine 
ftarfe  Berfudfjung  für  bie  ©runb&erren,  bie  Überfd&äfcung  ber  ©runb* 
geredjjtigfeit  nid&t  nur  ju  oertjüten,  fonbern  fte  fogar  ju  förbern  unb 
&erbeijufü$ren  (©.  157). 

Slufeer  bem  ßonfen«redfjt  Ijatte  ber  ©runW&err  nodfj  ein  anbere« 
Mittel  gegen  bie  Überfd&ulbung  feiner  Bauerngüter:  ©r  fonnte 
ruinierte  Sauern  jtoingen,  ba«  @ut  ju  ©erlaufen  [191]. 
Slber  ba  ftdjj  für  ein  ruinierte«  Bauerngut  fdjroer  Ääufer  fanben,  fo 
gab  fidj  ber  ©runb^err  lieber  ber  Hoffnung  §in,  bafc  e«  audjj  fo  gefjen 
werbe,  unb  oerfäumte  babei  leidet  ben  nötigen  3*ityunft  jur  33er= 
treibung  be«  Sauern. 

2lu«  allen  biefen  ©rünben  erfd&eint  e«  begreiflich ,  ba§  bie 
grunbfjerrlidjje  SBerfaffung  mit  tyrem  £onfen«red(jte  uftö.  bie  Über- 
fd^ulbung  ber  Bauerngüter  nidfjt  Ijtnberte  unb  ntd&t  ^tnbern 
fonnte. 

SBctyrenb  ber  ©runbtjerr  oon  ber  fiberfdfjulbung  feiner 
Bauerngüter  in  lefcter  Sinie  beren  Entwertung  (burdfj  Stbfd&Ietf) 
fürchtet,  ift  e«  bie  ©orge  um  ba«  Vermögen  be«  Bauern  überhaupt, 
um  feine  gamilie,  ift  e«  ber  bro^enbe  $Paupert«mu«,  ber  ben 
Sßolijetftaat  baju  oeranla&t,  gegen  bie  Überfd&ulbung  ber  Säuern- 
guter  SDtoferegeln  ju  ergreifen.  2tber  ntdjjt  nur  Verarmung  ber  ©dfjulb- 
ner  entfielt  au«  einer  Überfpannung  be«  Ärebit«,  fonbern  auclj  ber 
©laubiger  erleibet  burd&  fie  Serlufie ,  toa^renb  er  mit  feinem 
Äapital  bei  norfid^tiger  2tnlage  beffelben  oieHetdjjt  anbermeitig  roirfc 
lid&en  SRufcen  ^atte  ftiften  fönnen.  35er  ^Staat  fyatte  ein  um  fo  größere« 
Qntereffe  an  ber  Beratung  oon  Äapitaloerluften,  an  ber  £erftettung 
ber  ©idjjerljeit  be«  Ärebtt«,  weil  bie  Sermaltung  eine«  großen 
£eile«  be«  Seifyfapital«,  nämlidf)  ber  Äirdfjeufapitalien,  unter 
feiner  Dberaufftdjt  geführt  mürbe.  5Bte  ber  ©runbt>err,  fo  benüfet 
au<$  ber  (Staat  bie  Drganifation  be«  ©runbjtüdfoerfeljr« 
jur  Seauffidjjtigung  be«  ©dijulbenroefen«  ber  Untertanen.  3)ie  $er= 
pfänbung  ber  Bauerngüter  mufc,  um  roirffam  ju  fein,  oor  ber  orbent* 
lidljen  Dbrigfeit  erfolgen  [87].  35iefe  ©inrid&tung  ift  junädfjft  im  Qnter* 
effe  be«  ©dfjulbner«  getroffen:  3)ie  Sßrotofollbefjörbe  fott  Dbad^t 
geben,  ob  bie  aufnähme  ber  ©d)ulb  bem  ©dfjulbner  jum  5Ru|en  ober 
jum  ©djaben  gereift,  ober  „ob  ber  entlegner  fd&on  mit  ©Bulben 
garjufeljrüberlaben  [ift]  unb  bem  Serberben  junafjet"  (©djmib). 
316er  au<$  bem  ©laubiger  wirb  bie  ftaatlidfje  gürforge  juteil : 
2>er  Beamte  fott  unterfudjjen,  ob  ber  SDarleiljer  genfigenb  oer  = 


-     427     — _ 

f  i  d&er  t  iß,  unb,  wenn  feine  gorberung  gefäljrbet  erfd&etnt,  tyn  barauf 
aufmerffam  mad&en.  63  foH  oerljinbert  werben,  bafe  ber  ©d&ulbner 
über  bie  £öl>e  feiner  SBerfdjulbung  bem  ©laubiger  unnötige  angaben 
mafy,  Sppotljefen  Dcrfc^tücigt  unb  tyn  mit  fidj  in  ben  Strubel  be£ 
S3erberben8  jietjt1. 

SBie  jur  (Sutfcljeibung  über  bie  ©rteilung  ober  SBermetgerung  be* 
grunbfjerrlid&en  ÄonfenfeS,  fo  ift  audfj  jur  obrtgfeitlidfjen  Cognition 
über  bie  Slufnatyme  einer  iQppotl^efenfdfjutb  bie  ÄenntniS  be8  ©utS* 
wertes  nötig  unb  bafjer  eine  ©dfjafeung  bejfelben  unerläfeltdfj.  2Bie 
biefe  ©cpfcung  vorgenommen  werben  fott,  baoon  fagt  ba$  ©efefe  fein 
2Bort.  ©ie  ©dfjäfcung  burdj  ben  5ßrotofoHbeamten  begegnet  benfelben, 
oben  ermähnten  ©dfowierigfeiten,  wie  bie  ©djjäfcung  burdjj  ben  ©runb- 
$errn  unb  ift  ebenfo  unjuoerläffig  unb  trügerifdfj  wie  biefe  [424].  SBon 
ben  übrigen  SRängeln  ber  obrigfettltd&en  &tjpot^efem>erbriefung  tyaben 
nur  fdjjon  ©.  384  ausführlich  getyanbelt.  ©rwäbnen  muffen  mir  nodf), 
bafj  bie  Regierung  einem  ißauptmifeftanb  in  ber  Drganifation  be3 
iQtjpotyefenwefenS ,  nämlidD  ber  bie  ©djulbner  unb  bie  ©laubiger 
ebenmäßig  fdfjabigenben  (ebenba)  ©leidfjgültigfeit  unb  ©elbftfudfjt 
ber  SßrotofottierungSbeamten  baburdfj  entgegenarbeiten  fudjjte,  bafr 
burd&  3)efret  uom  25.  SRoo.  1654  bie  StuSlei^ung  oon  Sirdfoengelbern 
im  Setrage  oon  me^r  aU  100  fl.  ber  (Sntfd&eibung  ber  Rtriixal* 
ftelle  oorbe^alten  mürbe  [340]. 

Slber  nidjt  nur  bur<$  ba3  SDttttel  ber  poltjetlid&en  gürforge 
fudfjte  ber  ©taat  bie  SBerfdfjulbung  ju  tyinbern,  fonbem  aud^  auf  einem 
fjeute  bei  benffaulen  ?ßolitifern  beliebten  SBege:  nämltdfj  burdfj  33  e« 
ftrafung  bei  bolofer  Überfdfjulbung.  ©träfe  trifft  benjenigen,  ber  ein 
bereite  oerpfänbeteä  ©ut  metteroerpfänbet,  o§ne  bafe  es  biefe«  Über* 
mafc  ©ertragen  fann  [97].  Db  biefe  ©trafbeftimmung  wirfltd&  pratttf<§ 
geworben  ift,  fönnen  wir  nid&t  angeben,  einen  Seleg  bafür  fyabtn  wir 
in  unferem  9ttatertal  nid£)t  gefunben. 

2.   »cfeittgutig  5er  ftTeMtybtfterttiffe. 

SBctyrenb  biefer  erfte  Seil  von  ftaatlidfjen  aßafcregeln  baju  bienen 
foHte,  ungefunbe  Ärebitgefdfjäfte  ju  oer^inbem  uub  ben  Ärebit  inner» 
l>alb  ber  für  ben  ©d&ulbner,  ben  ©laubiger,  ben  ©runb^errn  unb 

1  Sgl.  au$  @<$mtb  }u  ©antpr.  II  28  n.  7:  „@3  liegt  bem  bürgerlichen 
SRagiffrat  [in  Wunden]  §u  toad&en  ob,  bafe  er  nidjt  leid^tlic^  in  . . .  neue  @roig- 
8in3i>etfe$reibungen  cinrotUiße,  roeil  biefe«  ein  gerabet  Söeg  ift,  rooburd)  bie  mit 
©Bulben  überhäuften  ©(Julbner  bie  öfteren  ©laubiger  betrügüd)  hintergehen  uub 
fte  um  i&re  gorberungen  bringen  fönnen". 


—  -428     — 

ben  ©taat  notmenbigen  ©d&ranfen  ju  galten,  ©erfolgten  bie  nun  ju 
befpred&enben  ftaatlid&en  SRafcregeln  ufro.  umgelegt  ben  3roc(f/  ben 
Jtrebitoerfefjr  oon  unnötigen  nnb  fd(jäblidfjen  geffeln.  ju 
befreien  unb  fo  bie  ©renjen  be3  ÄrebitS  ju  erweitern. 
3)enn  bie  SBertyinberung  ber  Überfdbulbung  barf  nit$t  burdij  2Rittel 
gefd&eljen,   bie   bem  TDirtfd^aftlid^  beteiligten  Ärebit  bie   SebenS- 
bebingungen  untergraben.    SBemt  bie  pljgjiofratifdHiberale  21jeorie 
um  bie  SBenbe  beS  18.  unb  19.  SatjrljunbertS  auf  eine  Sprengung 
ber  ©d&ranfen  be$  StrebitS  übertriebene  Hoffnungen  fefete  unb  bie 
©efa&ren  ber  unbebingten  greifjeit  ber  SBerfdfjulbung  Überfall,  fo  badete 
umgefefjrt  bie  barauf  folgenbe  romantifd&e  SReaftüm1  ju  peffimiftifd^ 
oon  ben  folgen  ber  Gntfeffelung  be3  SlgrarfaebitS 2.    ©d&Keßlidfj 
muß  man  fidfj  bod&  immer  bie  §rage  vorlegen,  ob  bie  SBtrfungen 
einer  reprefftoen  ftrebitpolitif  nidfjt  fdjjltmmer  jtnb,  nrie  ba$  Übel, 
ba$  man  befämpfen  will.    2Ran  glaubt  oielfadb,  burdjj  33efd&ränfung 
ber  grei^eit    ber  SBerfdfjulbung    be$    ©runbetgentumS   fonferoatioe 
^ßolitif  ju  treiben,  bem  Sauer  feinen  33eft$  ju  erhalten  ober  bergleidjen. 
3n  2Birflid&feit  fiebert  häufig,  roie  bie  Ausführungen  auf  ©.  417 
jeigen,  bie  SSer^inberung  ber  Ärebiterlangung  bem  ßrebit= 
bebfirftigen  feinen  SBeftfc  nid&t,  fonben  treibt  iljn  nur  um  fo  not- 
roenbiger  oon  ber  ©d&olle. 

3)e3l)alb  mar  bie  ©efefcgebung  ju  aßen  3eiten  gerabe  im  3n= 
tereffe  ber  notleibenben  ©runbbeftfcer  bemüht, bie  au£  ber@ebunben  = 
Ijeit  beä  3mmobiliaretgentum3  unb^mmobiliaroerfe^rä 
tyeroorgegangenen  ©d&ranfen  be$  ÄrebitS  ju  befeitigen  unb  baburdj 
bem  Ärebit  größeren  ©ptelraum  ju  oerfd&affen.  35er  SBerfauf  be3 
©runbbefifee3  aus  SRot  nrirb  erleichtert,  um  bem  ©runbbeft$er  bie 
SDWglidfjfeit  ju  geben,  ber  ©d&ulbfnedfjtfdfjaft  ju  entgegen  (©.  30).  2)a3 
SBerbot  ber  SBerpfänbung  etneS  bereite  unterpfanbroeife  oerfd^riebenen 
©runbftüäea  an  einen  jtoeiten  ©laubiger  wirb  aufgehoben  (©.46), 
unb  baburdfj  roirb  ba3  ©ebiet  be3  33obenfrebit3  mefentlidfj  erweitert, 
©dfjließlici)  wirb  auf  Setreiben  ber  ©tänbe  unter  genriffen  SRobalttäten 
bie  ©inräumung  beä  ÄünbigungSredjteS  an  ben  ©laubiger  in  ber 
SPrajiS  jugelaffen  unb  bamit  ba$  oerjtnSltd&e  tytjpottyefarifdSJe  S)ar* 
leiten  tatfädfjlic(j  anerlannt.    SDenn  es  tyatte  fidfj  §erau3gefieHt,  baß 


1  SBgl.  Seron,  3ur  ©eneftS  ber  agrarifdjen  Sbeen  in  ^reufjen  (3Rün$ener 
$ottön>irtfd&aftlic$e  ©tubien,  27.  ©tütf),  passim. 

9  ÜRod)  Deute  gibt  e§,  felbft  unter  ben  ©e&ilbeten,  mefe  ßeute,  benen  eä 
äufcerft  ferner  fällt,  bie  Segriffe  Krebitieren  ((Selb  aufnehmen)  unb  Sorgen 
(letd&tjtnmgeg  ©d&ulDenmad)en)  in  ber  Sorftettung  ju  fonbern. 


^mi 


—     429    — 

bte  Untertanen  fonft  t§re  ©fiter  oerfaufen  müßten,  weil  fte  o^ne  jene 
©mräumung  nidjt  genfigenbe  ©arletyenSljilfe  finben  fonnten. 

Qm  17.  Qa^unbert  waren  e3  befonberä  jwet  Ärebitfjinber* 
ntf  fe,  ju  beren  SBegrfiumung  ber  Staat  ftc§  anfd&idfte:  ber  (redfjtltcije) 
ÄonfenSjwang  unb  ber  (tatfädfjlidfje)  $wang  jwr  Bürgen* 
ft c II u n g.  ©rfiereS  Ärebitljinbernte  l)atte  in  ber  grunb^errlid&eu 
SBerfaffung  feine  Urfadje,  IefctereS  in  ber  3Rangell>aftigfeit 
b  e  3  &ppotl)efenwefen3.  2)aß  ber  Staat  ben  frebtterf  djj  werenben 
©Ijarafter  be3  JtonfenSredjteS  unb  ber  Sfirgennot  erfannte,  baß  er 
einen  Untertrieb  mad&te  jwifd&en  berechtigten  Maßregeln 
jur  Sefämpfung  ber  Überf dfjulbung  unb  f c^äbltd^en  in 
ben  befte^enben  SBertyältniffen  begrünbeten  geffeln 
be$  ÄrebitS,  oerbient  rü^menb  anerfannt  ju  werbrn.  SDie  SSer^ 
fudEjung,  in  ber  ffrupeDofen  Sefd&ränfung  be$  ÄrebitS  aüeS  igeil 
SU  fudfjen,  ber  Xenbenj  nadf)  SBerltfnberung  beS  Ieid&tfinnigen  ©d&ulbens 
madfjenS  unb  Ärebitierenä  au<$  ben  foltben  Ärebit  ju  opfern,  lag 
natye.  SBenbeten  jtdf)  bo$  bie  ©tänbe  1(305  gegen  bie  ßuläfftgfeit 
be3  SBerjidjjteS  auf  ba$  Sßrunleg  ber  Authentica  si  qua  mulier,  bur<$ 
weisen  äJerjid&t  einer  ber  größten  -Kcmgel  be$  öppot^efenwefenS 
unb  jugleidjj  eines  ber  folgenfd&werften  Ärebitfjinbermffe,  ber  äfaS* 
f  dfjluß  be3  grauengutea  oon  ber  ©jefution  wegen  ©dfjulben  be8  3Äanne3, 
in  ber  SßrayiS  eliminiert  werben  fonnte,  mit  ber  3Kotioierung,  baß 
„btefe  SBerfdjretbungen  ber  2Beiber  oiel  un^auSlidfje  Seut  madfjen,  in* 
bem  fornol)!  bie  ungeratenen  SWänner,  afö  bie  i^nen  jum  33erberben 
Reifen  [b.  f).  bie  ©laubiger],  fidfj  auf  bie  äßeibergfiter  oerlaffen"  [115]. 
S)er  illiberale  frebttfeinblid&e  ©inn  biefer  Äußerung  erbeut  o$ne 
weiteres.  S)amtt  oergletdfje  man  bie  oerftänbige  Semerfung  be3  gürften 
1669  (auf  bie  Witt*  be3  SßrälatenftanbeS,  nidfjt  jujugeben,  baß  bie 
Untertanen  fo  mete  unb  fernere  ©d&ulben  aufnehmen,  f.  o.):  3Wan 
bürfe  bei  fo  ferneren  3^^en  ben  Untertanen  bie 
©dSJuIbenaufnajjme  nidjjt  ju  fefjr  erfdEjweren! 

SSBctyrenb  bei  ber  Sefdjränfung  ber  SBerfd&ulbung  bafc 
grunb§errfdfjaftlid&e  ^ntereffe  ben  treibenben  gaftor  bilbete, 
waren  e8  bei  ben  ftaatlidjjen  SSerfudfjen,  bie  oorljanbenen  R  r  e  b  i  t  * 
$inberniffe  ju  befeitigen,  bie  ftaatlid&en  Beamten, 
weldjje  als  3)ra^tjie§er  hinter  ber  Reform  flanben.  S)ie  Seamten 
waren  burdjj  bie  ©i  egelgelb  er  an  einem  regen  Ärebitoerfe^r 
intereffiert.  gerner  beftanb  eine  gemiffe  ©tferfüdfjtelei  jwifdfjen  bem 
ÖrunbOerm  unb  bem  ffirftlid&en  Beamten  (f.  j.  89.  ©.  185  unb  187). 
3)te  Vergrößerung  ber  ftaatlidfjen  3Ha<ijt  mußte  aud&  ben  Wienern 


-    430    — 

be$  ©taateä  ju  nufceu  fommen,  unb  beSljalb  mareu  bie  Seamten 
©egner  ber  ßänbtf<$en  SBorred&te,  befonberä  beS  grunb^ert- 
Udjen  Äonfen$red(jU3-  3ftre  Zahlt  babei  mar  aber  eine  boppelte : 
SBor  allem  fugten  bie  Beamten  baS  ÄonfenSrecfct  möglid^ft  ju 
ignorieren  unb  baburdfj  prafttfdf)  bebeutungSloS  ju  madjen  [154]. 
gerner  unternahm  bie  Sureauhatie  einen  jiemlid^  fräf  tigen  33  o  r  fi  o  B 
gegen  bie  ganje  ©mrid&tung  [341  ff.],  tonnte  aber  menig  auSrid&te«, 
meil  baS  ÄonfenSredjjt  }u  feft  mit  ber  grunb^errlid&en  SSerfaffung 
jufammen^ing.  SDamtt  toar  aber  audj)  bie  Grfolgloftgfeit  ber  ftaat- 
Kd(jen  öemfiljungen,  bie  mit  bem  ÄonfenSredjjte  getriebenen  9ßif$bräud&e 
abjufdfjaffen,  befiegelt. 

•Weben  ber  SRotmenbigfeit  ber  Erbringung  be8  ÄonfenfeS  erfdjien 
bie  !Jlotmenbigfett  ber  Aufbringung  oon  Särgen  als  ein 
$auptfrebit()inberni$.  35er  Staat  bemühte  jtdjj  lange  [343],  ein 
aKittel  ju  finben,  um  bie  oielen  Sürgfdjjaften  entbehrlich  ju  madjjen. 
$)ie3  ift  fe£r  djarafteriftifd),  benn  bie  ftrengen  änfprüdfje  ber  ©lau- 
biger in  Sejietyung  auf  Sfirgenftettung  toaren  ein  ©pmptom  be$ 
fdfjled(jten  fcijpot&efemoefenS.  Statt  ju  fagen:  mir  motten  ba£ 
iQppotljefenmefen  oerbeffern,  fagte  man:  bie  Untertanen  fotten  be3 
3toange$  jur  Sfirgenftettung  enthoben  merben.  9Ran  ging  alfo  gegen 
ein  ©pmptom  oor  ftatt  gegen  baS  Übel  felbfi. 

S)ie  Äompenfation  nun,  bie  bem  ©laubiger  an  ©teile  ber  33ürg* 
fd&aft  gegeben  mürbe  bejm.  gegeben  merben  fottte,  mar  bie  SBer  = 
fdjulbungSgrenje  [346].  2Benn  ein  ©ut  nid&t  über  bie  fcälfte  feine* 
äBerted  oerfdfjulbet  mar,  fo  fottte  oon  ber  betreffenben  Äird&eitDer* 
maltung  auf  SBfirgenftettung  nidjjt  beftanben  merben l.  3Me  ©djjmierigs 
feiten  ber  35urdf)fül)rung  ber  SBerfdfjulbungSgrenje  $aben  mir  fdfjon 
oben  ermähnt.  211$  2ßittel  ber  3)urd^fü^rung  mürbe  oon  ber  Regierung 
bie  ©inrid&tung  oon  ©d&ulbbfid&ern  ins  2luge  gefaxt,  unb  bie 
fierftettung  oon  ©d&ulbbüd£jern  mürbe  tatfädfjltdfj  angeorbnet.  2lu» 
benfelben  fottten  bie  ©Bulben  unb  bie  ©äter  eines  jeben  Unter- 
tanen, alfo  ber  ©rab  ber  SSerfdfjulbung,  ju  erfe^en  fein.  Offenbar 
mar  bie  Anlage  ber  ©d&ulbbüdfjern  fo  gebadet,  bafc  jeber  Untertan 
ober  jebeS  ©ut  fein  golium  gehabt  l)aben  mürbe.   2lu3  ben  ©d(julb= 


1  93on  ber  Regierung  2anbs$ut  würbe  eine  SSerföulbungSgrenje  a(3  2luc* 
gleich  gegen  bie  r-on  Ujr  erftrebte  @infd>ränfung  beSÄonfenSrecftteS  genmnfdjt 
[344] :  Sie  ©äter  fottten  ni$t  über  iijren  Söert  mit  ©Bulben  belaftet  werben, 
„bamtt  bie  ©otte3§äufer  mit  ober  oljne  grunbfyerrltgen  ftonfenä  allezeit  ü)re 
$erft$erung  fjaben  unb  o$nc  ©d&aben  fein  fönnen"  (unb  bamit  bie  <3runbJ)erren 
lein  $räjubid  erUiben). 


—    431    — 

bfidjem  fotfte  nämlidj  überhaupt  ju  entnehmen  fein,  „toaS  unb  tote 
mel  bem  Untertan  oorjuletyen  fein  tnödjte"  [351].  hieraus  ergibt 
ft<$,  baß  bie  ©djjulbbüd&er  mdfjt  nur  jur  $)urd&füt)rung  ber  3Ser= 
fd&ulbungSgrenje  bienen  foHten,  fonbem  baß  man  oon  i!)nen  aU 
9tebentoirfung  eine  Steigerung  ber  Sßublijttät  ber  ieppo* 
tljefen,  eine  (Sr^öljung  ber  ©tci)ert)eit  ber  fünftigen  ©laubiger, 
eine  SBerbefferung  be3  &9potyefemoefen$  überhaupt  erwartete.  SBenn 
eä  toirfliclj  jur  (Sntfte^ung  oon  ©djulbbfidjem  gefommen  toäre,  fo 
toäre  baS  gegen  bie  Sürgfcijaft  ergriffene  SPaDiatiomittel  oietteidfjt 
jum  3lu3gang3punfte  einer  auf  richtigen  ©runbfäfcen  beruljenben 
SReform  be3  iQtjpottyefentoefenS  geworben.  2)aß  nid)t$  barauS 
geworben  ijt,  lag  junäd&ft  an  ben  mangelnben  SSottjugSbeftimmungen. 
HKan  muß  aber  au<$  fagen,  baß  bie  3eü  no<§  nW&t  reif  baju  toar. 
SBor  aßent  waren  bie  Seamten  unfähig  ju  3)urdf)fül)rung  einer 
folgen  auf  neuen  Sßrinjipien  ftdjj  aufbauenben  auSgebeljnten  Drgani* 
fation.  Sin  UrteilSfäljigfeit,  an  ber  nötigen  Äemttnte  be$  praftifdjjen 
SebenS  unb  ber  Sebürfniffe  unb  ©igentämlid^feiten  be$  SBolfeS  fehlte 
es  jtoar  nid&t,  audfj  toar  bei  einem  £eil  ber  Beamten  ber  gute  SBBitte 
unb  ber  ßifer  oortjanben,  befle^enbe  2Rißftänbe  abjufdjjaffen.  Säber  e3 
fehlte  an  2)iSjiplin,  an  ber  ©leidfjartigfeit  unb  Senfbarfeit  be3  S3eamten* 
perfonalä,  an  einer  gefiederten  SebenStage  beffelben  unb  beSljalb  and) 
an  3u^erläffig!eit  ber  Spfiidfjterffittung  unb  an  Eingabe  an  bie  ibealen 
3iele  ber  amtlidfjen  SerufStätigfeit.  SDer  oon  oben  fommenben  5ß  o  l  i  t  i  t 
aber  mangelte  e3  an  ©leicijmäßigf  eit  unb  geftigfeit.  2)a3©treben 
nadfjbem®emeinwol)l  unb  bie  21  u  fr  ed(jt  er  Haltung  ber  be* 
ftetyenben  ©efellfd^aft^orbnung  toaren  jwei  %\tlt,  bie 
fid&  auf  bie3)auer  unmöglidfj  oereinigen  liefen.  3unfi$ft 
aber  beburfte  ber  ©taat  nodEj  ber  Stäube,  oor  allem  beS  2Xbctö,  benn 
ein  abfoluter  iQerrfdfjer  otyne  ^offameritta  erfdfjien  unbenfbar.  2Ber 
tnödfjte  jtoeifeln,  fagt  ©dfjmtb1,  baß  ber  ©lanj  be3  dürften  außer= 
orbentlid)  leiben  müßte,  toenn  ber  2lbel  jugrunbe  ginge?  @S  mußte 
erft  bie  ftaatöbürgerlidfje  (Sinfad&ljeit  unb  ber  l)ol)e  ftttlidfje  ©ruft  ber 
pljilofopljtfdSj  aufgeklärten  dürften  fommen,  e^e  e$  gelang,  bie  fallenbe 
©tänbeorbnung  audfj  nodf)  ju  ftoßen. 

2)ie  Surd&füljrung  be$  SßublijitätSprinjtpeS  im  ioppotljefenwefen 
!)at  au$  oiele  in  ber  SRatur  ber  ©adjje  liegenbe  ©d&wiertg* 
leiten  ju  übertoinben.  S)ie  Öffentlidfjfett  ber  ^ppot^efbeftellung 
$at  ben  3wedf,  ben  Ärebit  ju  fiärfen,  itjre  ©infü^rung  toirb  aber 


1  3n  ber  Disc.  leg.  Amort,  Anfang  jum  jfommentar  tom  I. 


—    432    — 

junäd&jl  e^er  baS  ©egenteil  jur  ftolge  £aben,  inbem  nämlicfc  btöfcer 
unbefannt  gebliebene  ©Bulben  in  SRenge  an  baS  SJageStidfjt  treten. 
SDa  fann  e£  nun  fein,  bafe  ©laubiger  jid(j  plöfelid^  beunruhigt 
füllen  unb  iljr  Äapttal  fünbigen,  bafc  oiele  ©fiter  auf  bie  ©ant 
fommen,  bafj  eine  3)eroute  ber  ©tttertoerte  erfolgt,  unb  ba&  mandje 
gamtlie,  bereu  imrtfdfjaftlidfje  Stellung  fefl  begrünbet  erfdfjien,  auf 
ber  ©fala  be3  fojtalen  2lnfe§en$  bebeutenb  Ijerabrücfen  mufc.  3)ie 
©infü&rung  ber  ßffentlidtfett  be3  &t)pot$efenn>efen3  btlbet  eine  3lrt 
oon  allgemeiner  Siqutbation  ber  33obenfdjjulben ;  babei  tritt  aSerbtng^ 
eine  ©efunbung  beS  ©d&ulbemoefenS  ein,  aber  nrie  fo  tyäufig  ber 
gaff,  ift  au<$  biefe  ©efunbung  mit  einer  ftrifU  oerbunben,  toeld&e 
furdjtfame  SBenfdjen  me^r  ju  fd&redten  geeignet  ift,  afe  ein  d(jronifd(je£ 
Seiben.  SBie  fo  oielfadjj  in  ber  Slgrargefdjidjte,  fo  befielt  audfj  l>ier 
ein  3ntereffengegenfag  stutfd^en  ber  befte^enben  unb  ben  fttnftigen 
©enerationen,  jtmfdjen  ©runbbejtfc  unb  ©runbbeftfcer.  2>enu  „  ni<$t$ 
liegt  ben  9Jlenfd£)en  meljr  am  ißerjen,  aU  bafe  fte  Ärebit 
Ijaben"1,  unb  toenn  fie  ftarf  oerfdfjulbet  fmb,  fo  färbten  fte  ba3 
Sefanntwerben  iljrer  ©djulben  me^r  als  bie  SSerfdfjulbung  felbft,  bie 
@nt}ie^ung  be$  unoerbienten  Ärebit«  me§r  afe  bie  SBerfagung  be£ 
oerbienten  —  benn  bann  oerbienen  fie  feinen.  Seftnben  fxd&  nun 
bie  oerfdjjulbeten  ©runbbeftfcer  in  ber  aRajorität  gegenüber  ben  un* 
t>erf  dfjulbeten  unb  geringoerf dfjulbeten,  fo  werben  fte  föijpot&efenbüd&er 
ate  ß&ifane,  als  eine  iljren  Ärebit  bebro^enbe,  oielleic&t  im  Qfntereffe 
ber  ©laubiger  gelegene,  aber  bie  ©jiftenj  ber  ©djjulbner  gefä^rbenbe 
(Stnrid&tung  anfeinben2,  fold&e  Seiten  werben  jt<$  nimmermehr  ju  bem 
fd&nrierigen  Stefomtroerfe  eignen. 

&   Regelung  Deä  $retfeä  Der  Setyfojiitalnuftirafl. 

SBir  tyaben  feijon  oben  gelegentlich  ermähnt,  bafj  ber  ©taat  in 
ber  Sßeriobe,  mit  ber  mir  uns  befdjäftigen,  nid&t  ba3  im  3Renfdfjen 
ruljenbe  ©treben  nadf)  33efferung  feiner  tmrtfdjjaftltdfjen  Sage,  fonbern 
abfirafte   3Wafeftä&e   }ur   ©runblage   feiner   SBoIjlfaljrtSpoHttf 

1  Lischke  (praeses  Gribner),  Diss.  de  origine  et  aequitate  tacitarum 
hypothecarum  1732  §  8:  „Nihil  .  .  .  magis  hominibus  curae  cordique  est, 
quam  quod  alii  ipsis  habeant  fidem".    (Wotto  biefer  ©d&rift.) 

8  Über  ben  9Biberftanb  be8  Slbelä  gegen  bie  @tnfül)rung  oon  §9pot$efen* 
Büdnern  in  gran!reid&  fteije  Clement,  Lettres  etc.  de  Colbert  II  1  p.  89/90; 
in  öfterretdj  Qbvabmayv,  35erf  adjbudj  ober  publica  fides,  1893,  ©.  146;  in 
Sagern  Soften,  Äampf  um  bie  abeliam  ©üter  ©.39  ff.;  in  ©aeftfen  ©iegmann 
(in  ©ammelroerfe  oon  SWeiboftm  „3)eutfc$e8  ©gpotljefenredjt*). 


—    433    — 

tnad&te.  3Wan  Ijtelt  e$  bei  bcr  ©ünbljafttgfeit  be$  3Kenf<$en  für  ge* 
fäljrltdfj,  Ujn  feinem  ©enrinnftreben  ju  überlaffen,  man  befürchtete 
baoon  ftttlid^eö  Serberben  unb  eine  allgemeine  2)e3organifation  ber 
©ef ettfd&aft  \  3ro<*r  M  jeber  ©taub  feine  tym  oon  ©Ott  gefegte 
Aufgabe,  unb  um  biefe  erfüllen  ju  lonntn,  mnb  man  leben.  2)er 
Sebenämafefiab  unb  bie  (SrroerbSart  ift  bei  ben  oerfdjiebenen  ©täuben 
»erfdjieben,  fie  rieten  fid[j  nadfj  ber  ©igenart  jener  Aufgabe.  SDer 
©injelne  foff  nid&t  ©eroinn,  fonbern  Unterhalt  fudfjen,  er  barf  fidjj 
nid&t  „aufleben",  fonbern  nur  ftanbeägemäfc  leben.  Um  ben 
roenfd&ltdfjen  SgotömuS  in  ©djjranfen  ju  galten,  innerhalb  ber  ©dfjranfen 
ber  jiänbtfdfjen  Drbnung,  ber  S3illigfeit  unb  be3  ©emein* 
rootyleS,  erfolgte  eine  einge^enbe  Regelung  ber  tmrtf<$afttt($en 
33ejie^ungen  ber  Untertanen  unter  einanber2.  35a$  Sßrtnjip  ber  freien 
Äonfurrenj  mar  md&t  anerfannt,  naturredfjtlid&e  ©rmägungen  jtnb 
feiten8  unb  Ijaben  nur  bie  Sebeutung  beforatioen  Seimerfeä. 

25er  ©taat  jog  oielfadj  audij  bie  Sß  r  e  i  3  b  e  ft  i  m  m  u  n  g  in  ben 
Ärete  feiner  Aufgaben.  3m  bäuerlichen  SSerfe^r  fottte  fidfj  ber 
©üterpreiä  nadfj  bem  &erfommen  (bem  eigenen  äufroanb  be3 
SBeräufcererS)  ober  nadjj  ber  Sittigfeit  ridjjten  [139].  ©ebraudfjSroert 
unb  @rtrag$roert  („©utequalität  unb  ©utänufeungen")  famen  nur 
nebenbei  in  33etrad&t,  inbem  fie  bei  geftfiettung  be3  „bittigen  2Berte3" 
berfidEjidjjtigt  werben  füllten.  3)er  „gemeine  Sßert",  ba3  „justum 
pretiuma  fottte  audfj  auf  bem  ©ebiete  beS  -KaturalfrebitS  [207] 
eingehalten  werben,  derartige  abfirafte  SKafcftäbe  mürben  bamate 
überhaupt  Ijäufig  ber  $rei£beftimmung  jugrunbe  gelegt.  SRa<$  mannen 
SBeiätfimern  unb  ©tiftöbriefen  fottte  ber  ©runbuntertan,  ber  feine 
©ered&tigfeit  oerfaufeu  wollte,  biefe  bem  ©runbljerrn  jur  Übernahme 
„um  einen  jiemlid&en  Pfennig"  anbieten. 

äfodj)  bie  Regelung  be$  SßreifeS  ber  ßetylapttalnufcung  burdjj 
gefifefcung  einer  3*n  *  t a  E  *  ftettt  ein  £  o  m  p  r  o  m  i  fc  bar  }urifd&en 
©ebunbenljeit  unb  greiljett  beS  ÄrebitoerfeljrS,  jnrifdfjen  ber  errungenen 
Unentgeltlid&feit  unb  ber  3ügeltoftgfett  beSfelben.    3)a3  bewegliche 


1  Sluö  ber  Äommerjtenenquete  äRagimittan  I.:  „Indiscrete  ba$  $antieren 
gonj  freistellen,  wäre  ein  fc^äbltcr)  2)tng  unb  roürbe  ben  SWüffiggang  beförbern* 
(grenberg  II  364). 

9  3u3  ber  ÄommeraienenqueteaRaxjmiKanL:  ,3Wan  laffe  faft  feinem  me§r 
freie  §anb  in  feiner  Hantierung,  unb  wolle  in  allen  fingen  3Rafi  unb  Drbnung 
geben,  unb  fei  beS  9te$era)ierend  unb  (Sgaminierenä  unb  Strafend  fein  @nbe" 
föreoberg  II  363). 

1  @ie$e  oben  ©.  181. 
Cotyen,  »erfc$ulbung.  2S 


—    434    — 

Kapital  toirb  als  ßnoerbSquefle  anerfannt,  aber  junt  Streben  nadj 
bem  größtmöglid&en  ©enrinn,  jur  ©pelulation  fott  e$  md&t  mißbraucht 
werben,  benn  bamtt  ift  getpö&nlicl)  undfjriftlid&er  2Budjjer  oerbunben. 

3)a$  f^e^ler^afte  bief er  Sßolittf  lag  junt  SJeil  in  ber  3  n  t  o  n  = 
fequenj  tfyrer  2>urdf>füf>rung,  jum  Xeil  in  ber  Starrheit 
ber  angeioenbeten  SJHttel.  2)ie  SßreiStasett  waren  meift  bloß 
3Ra£ima,  fie  befdjjränften  bie  SSertragöfrei^ett  nur  ju  Ungunften  be3 
SBerläuferS,  aber  nid&t  ju  feinen  ©unften.  3)ie  Säuern  fonnten  von 
bem  ©runbfjerrn  gejroungen  werben,  ifjre  ©üter,  wenn  überhaupt, 
nidfjt  teurer  als  um  fo  unb  fo  otel  ju  oerfaufen;  e8  würbe  xljnen 
aber  leineSwegS  garantiert,  baß  fie  eine  beftimmte  ©elbfumme  au$ 
ifyrer  ©runbgered&tigfeit  fd&lagen  fönnten.  Sei  ber  ©etreibeteuerung 
oon  1692  ©erlangte  man  oon  ben  Seftfcern  oon  ©etretbeoorräten, 
baß  fie  biefe  „um  einen  bittigen  SßreiS"  abgeben  foUten  [334].  SDaß 
man  bem  Sanbwirt  bie  fetten  3a()re  nid&t  mißgönnen  barf,  wenn  man 
if>m  jumutet,  bie  Saft  ber  mageren  3>aljre  -gu  tragen,  bebaute  man 
ntd&t.  2)ie  3in3ta£e  war  iu  niebrig  angefeftt,  um  baS  verfügbare 
Setyfapital  aus  feinen  ©d6lupfwinfeln  ju  lodfen:  SHan  befaß  aber 
nid&t  einmal  bie  Äraft  unb  ^5rinjipienfeftigfeit,  ben  gormaliSmuS, 
ber  fi<$  in  ber  Sajrenpolijei  befunbet,  audfo  ju  ©unften  ber  ©laubiger, 
in  totifd&en  3eü*n/  burcf)  entfd&tebenen  ©d&ufc  ber  ©dfjulbbriefe  ju 
betätigen  (f.  u.). 

Sapern  würbe  bamalS  geiftig  oon  einer  Korporation  befjerrfdjjt, 
beren  3we*  e*  roar/  £&eofratie  unb  mittelalterlidfje  Qbeen  mit 
mobernen  Mitteln  ju  oerteibigen.  SBirtfdfjaftlidfje  35ogmen  firdjjlidfjen 
UrfprungS  ^aben  ftdf)  ba^er  in  Sägern  meift  länger  erhalten  wie  in 
ben  übrigen  beutfdfjen  Sänbern.  3Die£  gilt  aud^  oon  ber  Seljre  oon 
ber  Unfrudfjtbarfeit  be3  ©elbeS  unb  oom  justum  pretium.  Son  ben 
batjerifd&en  ^uriften  ber  bamaligen  3*ü  Ijat  niemanb  auf  Siteratur 
unb  ©efefcgebung  größeren  Einfluß  geübt,  wie  ©dEjmib  unb  9Kan&. 
SDieje  waren  aber  beibe  Qefuitenjöglinge,  fie  toaren  unter  ftdj 
oerwanbt  unb  ftanben  3^it  i^rcö  SebenS  in  ben  engften  oerwanbt= 
fdljaftlidfjen  unb  freunbfdEjaftlid&en  Sejieljungen  jum  ÄleruS. 

4«    attUÖcrung  Dcd  erf)Ult)rcrf)tcö.    §cifad)tyir. 

3ugleid& : 
III.   3)er  ©egenfafe  jwtfdfjen  ©laubiger  unb  ©dEjulbner. 

Sßätjrenb  bei  ber  grage:  „Serfd&ulbungäbef djjränf ungen  ober 
görberung  be$  Ärebitoerf eljrS  ?"  ber  ©egenfafc  jtoif^en  ©runb^erren 
unb  Staatsbeamten,  bei  bergrage  „3in3ta£e  öber  3Karf tprete ?"  ber 


—    435    — 

©egenfafc  ättrifd§en  etfjifd&en  Sßoftulaten  unb  bem  freien  ©piel  ber 
Gräfte  ber  ©efefcgebung  bie  Sttcijtung  mieS,  werben  bie  einjelnen 
tp^afen  ber  ©eflaltung  be3  ©  d(j  u  1  b  r  e  dfj  t  e  8  (im  engeren  Sinne) 
Dom  ©egenfafc  jmifdfjen  ©laubiger  unb  ©d&ulbner  be* 
«tnflufet.  3n)ar  fommt  biefer  ©egenfafc  audfj  auf  anberen  ©ebieten 
ber  Ärebitpolitif,  ).  33.  bei  ber  gefefclidfjen  Siegelung  be$  SßreifeS  ber 
Äapttalnufcung  mitunter  jum  SluSbruä,  aber  ben  eigentlichen  Äampf- 
plafc  ber  beiben  JJntereffen  ©djjulbnerintereffe  unb  ©läubigerinterejfe 
fcilbet  ber  SBeg  von  ber  ©d&retbftube  be8  5Rotar3  jum  ©d&ulbturm. 

3)ie  urfprüngltdfje  ©trenge  be3  ©dfjulbredfjteS  [39] 
S)at  in  ber  geringen  ©ntroidlung  be3  ÄrebttS  i^re  Urfadfje. 
SDer  9lei<$e  mürbe  nidfjt  borgen,  menn  er  nidjt  ba3  Vermögen  feine« 
©dfjulbnerS  an  fidf)  jie^en,  bie  ^alftcr  um  ben  Seib  be3  ©djjulbnerS 
legen  tonnte.  S)er  Sinne  mufc  ftd&  ben  garten  ©d&ulbgefefcen  beugen, 
benn  ber  ©ang  jum  9Kanidf)äer  ift  bei  brot)enbem  rotrtfdjjaftlidSJen 
Untergang  oft  ba8  le$te  Hilfsmittel.  2lber  menn  bie  Verjmeiflung 
fidf)  ber  ibreS  leiten  VefifeeS  beraubten  9Wenge  bemäd&iigt,  unb  biefe 
fidfj  be$  SBerteS  ber  „fompaften  2Wajorität"  bemüht  wirb,  bann  ent* 
lebigt  fid&  ber  lange  mit  3)tfl$e  jurfidfgeljaltene  Unwille  be£  VolfeS 
gegen  feine  Ausbeuter  mit  elementarer  ©emalt  in  agrarifd^en 
Steooluttonen  ber  ©dfjulbner  gegen  bie  ©täubiger,  ber  33auem 
gegen  bie  SBudjjerer,  ber  ©ingefeffenen  gegen  bie  $remben,  ber  an  bie 
©<$ofle  gebunbenen  gegen  iljre  Ferren  (kämpfe  ber  Plebejer  gegen  bie 
tßatrijier,  Vertreibung  ber  Sombarben  burdfj  bie  <£nglänber,  Rubens 
Verfolgungen).  5E)ie  ©d&ulbbriefe  werben  »erni<f)tet,  bie  ©dfjulbs 
ßefängniffe  niebergeriffen ,  „novae  tabulaea  (oeioax&ia) 
Reifet  baS  ©djjlagroort,  unter  bejfen  3e^en  Wefe  kämpfe  au£gefo<J)ten 
ju  merben  pflegen.  216er  balb  lenft  bie  ©ntmidtlung  in  ben  ge= 
toöljnlidSJen  ßauf  ber  3)inge  ein,  ber  ©egenfafc  ift  nidjjt  befeitigt  unb 
ruft  bie  alten  SBirfungen  ^eroor.  35er  ausgepreßte  ©d&mamm  fann 
ftdfj  roieber  ooHfaugen,  unb  nadfj  einiger  3C^  miebertjolt  fid^  bie 
Äataftroplje. 

3Wit  ber  ©ntmidflung  ber  Stultur,  mit  ber  2lu3bilbung  beS 
ftaatlid&en  SSollftredtungSroefenS  unb  mit  ber  baburdfj  bebingten 
Steigerung  beS  ÄrebitS  wirb  baS  ©d&ulbredfjt  milber, 
bie  ©djulbneraufftänbe  merben  feltener  unb  oerlieren  an  £eftigfeit. 
3nlefct  fann  fidfj  ber  ©dfjulbner  oon  ber  ©dfjulbfjaft  baburdj  befreien, 
bafc  er  eiblidf)  oor  ©eridfot  fein  Vermögen  anjeigt  (bonorum  cessio 
[173],  aßanifeftationSeib).  9lur  menn  ein  nationales  UnglüdE 
über  ba$  93olf  hereinbricht,  ertönt  roieber  ber  alte  Stuf  na<$  novae 

28* 


—    436    - 

tabulae  —  ba*  geigt  bie  ©efdftfd&te  be$  Sreifjigiäljrtgeti 
Ä  r  i  e  g  e  3. 

SMe  ©aaten  ftnb  oon  ben  J&ufen  ber  Stoffe  gerfiampft,  bie  ®e* 
bäube  niebergebrannt  unb  leer,  bie  ®ütet  ftnb  entmertet.  Soll  ber 
©runbbeftfcer  gelungen  merben,  feinen  ©laubiger  oott  unb  gang  gu 
befriebigen?  [312]  SBenn  man  gulaffeu  mürbe,  bafe  ber  ©laubiger, 
auf  feinem  ©djein  befte&enb,  baS  83eft$tum  beS  ©<$ulbner8  gu  einem 
©pottpreife  an  ft$  bringt,  fo  mürbe  bie  gange  Saft  be£  nationalen 
Unglüdfe  bie  ©d&ulbnerflaffe  treffen,  ja  bie  ©laubiger  mürben 
au$  biefem  Unglfidf  SBorteil  gießen  fönnen,  meil  fte  in  belferen  $titm 
iljre  SJeute  mit  ©eminn  mürben  loSfd&lagen  fönnen.  Stemmen  mir  an, 
ein  ©runbfiüdf  tfl  oor  bem  5trtege  200  roert,  bie  barauf  lafienbett 
©Bulben  betragen  100.  Qnfolge  beS  ÄriegeS  ftnft  ber  2Bert  be£ 
©runbflüdfeS  auf  100.  gagit:  3)er  ©d&ulbner  ifl  arm  gemorben,  ber 
©laubiger  l)at  feinen  SSerlufl  erlitten.  SBarum  foHen  bie  ©dfjulb* 
forberungen  bie  eingige  gorm  be$  SßrioatfapttalS  fein,  bie  vom 
©<$i<ffal  beSSRattonalfapttal«  unberührt  bleibt?  S)a3  formale 
9t  e  d)  t  fommt  in  Äonfltf  t  mit  ber  f  o  g  i  a  1  e  n  3  b  e  e.  SMe  ©laubiger 
berufen  ftdfj  barauf,  baft  bie  ©d&ulbner  in  guten  Qa^ren  audjj  nidjji 
mefjr  SLn\tn  begabt  tyaben.  3)ie  ©efaljr  trifft  ben  ©igentümer ; 
natümalöfonomtfdj  auSgebrüdft:  ber  2Bed|jfel  ber  ßoniunfturen  ift 
greube  unb  ßeib  beS  Unternehmer 3.  216er  bie  Unternehmer 
f onnten  bie  günftigen  Umfiänbe  eben  n  i  df>  t  auSnüfcen,  überall  fliegen 
fte  gegen  bie  ©cfjranfen  einer  peffimifitf^en  2Beltanf<Jjauung,  einer 
engljergtgen  ©efeUfdjaftöorbnung.  Äonnte  man  e$  tynen  ba  oerargen, 
menn  fte  ft($  bagegen  fträubten,  bie  Sßrfigelfnaben  beS  ©c$icffa(£  gu 
fein,  bie  oerberblid^en  golgen  be^  ÄriegeS  allein  auf  tyre  ©d&ultern 
gu  nehmen? 

2)er  ©a|:  „Verträge  muffen  gehalten  merben",  „©djulben 
finb  unter  allen  Umftänben  gu  gafjlen",  fo  fategortfd^  er  tyutt  Hingt, 
tyatte  nid&t  gu  allen  3^ten  ©eltung.  ©o  lange  bie  ©d&ulben  31  e  a  1  * 
f  djjulben  maren,  nur  auf  ©runbbeftfc  lagen  (SRentfauf),  mar  ber 
©cljulbner  in  3Kt&jal)ren  oon  ber  ßinSgatylung,  bti  totalem  Unter» 
gang  (abfoluter  UnfrudEjtbarfeit)  be3  ©uteS  oon  ber  ©d&ulb  über* 
Ijaupt  befreit1  [63].    35er  Äapttaltft  nimmt  tyier   an  greube  unb 

1  (Sefefce  §ammurabi3  (2)er  alte  Orient  IV  4)  üßr.  48:  SBenn  jemanb  eine 
verging  bare  ©djulb  Ijat,  unb  ein  Unwetter  fein  gelb  oerroüftet  ober  bie  @rnte 
oernidjtet,  ober  wegen  äöaffermangelg  Oetreibe  auf  bem  gelbe  nidjt  n>a($jt,  fo  foH 
er  in  biefem  3al)re  bem  ©laubiger  fein  (Setreibe  geben,  feine  ©djulbtafel  auf» 
weisen  unb  3infen  ^r  biefeö  %af)x  ntdfjt  jaulen. 


—    437    — 

Seib  be$  Unternehmer«  teil.  Stidfjt  ber  Unternehmer  Jauft 
bie  Setljfapttalnufcung,  fonbern  ber  ßapitalift  ben 
3in3,  b.  f).  einen  ^etl  beä  (SrtrageS  (emptio  census)  — 
ttatürUdj  nur  menn  ein  fold&er  oorfjanben  ift.^  SBä^renb  mir  l)eute 
ba£  Sterleten  als  Äauf  ber  Setyfapitalnufeung  bejeidjjnen,  mtrb  e3  in 
ber  lanoniftifd&en  2Btrtfd&aftS*  unb  SRedjtäleljre  gerne  unter  bem 
<3eftd&t3minfel  ber  „®ef ellfd&aft"  [62]  betrautet.  3)iefe  auf* 
faffung  mtrfte  lange  na<$,  unb  barauä  erflärt  jtclj  junt  Seil  ba$  un* 
geftüme  Verlangen  ber  ©djulbner  nadfj  &erabfefcung  ber  ÄapitaU 
forberungen  bei  ÄriegSnot. 

2)aju  fommt,baft  burdj  bie  Agiotage  in  ©d&ulbtiteln  [303, 
414]  ein  groger  Seil  ber  gläubigertfdjjen  gorberungen  in  anbere  &änbe 
übergegangen  mar.  SDabet  fyatttn  bie  urfprüngltd&en  ©laubiger  ebenfo 
une  bie  ©d&ulbner  einen  Seil  tyreS  SBermögenS  eingebüßt,  lefctere 
burd&  SBertminberung  be$  33oben3,  erftere  burdfj  SBertminberung  ber 
©d&ulbobligatümen.  3)ie  ßiquibation,  nadf)  ber  alles  brängte,  {)atte 
<ilfo  fdfjon  jiattgefunben,  mit  bem  (Srgebmffe,  ba&  ber  ©dfjulbner  unb 
ber  ©laubiger  gemeinfam  unter  bem  nationalen  Ungtücf  litten.  %xo\) 
fa$  ber  3ufanft  nut  ^cr  dritte"  entgegen,  ber  bie  ©djjulbbriefe 
mit  SßreiSabfd&lag  an  ft$  gebraut  $atte  in  ber  Hoffnung,  bei  SBieber* 
Ijerfieffung  georbneter  3uftänbe  burd&  bie  blinb  maltenbe  ^uftitia 
feinen  ©emtnn  realijtert  ju  fe^en.  ©ottten  nun  biefer  nid&t  bie 
kugen  geöffnet  werben,  bamit  fte  erfenne,  ba§  fte  im  Segriffe  ftelje, 
ben  ©d&ulbnern  au<$  no<$  ben  SHcft  tljreS  SBermögenS 
ju  nehmen,  nur  um  einer  unmürbigen  unb  oerroerf* 
Ud^en  ©pefulatton  geredet  werben  ju  fönnen? 

35er  Äampf  jmifd&en  oerbrieftem  Stedfjt  unb  ben  gorberungen 
ber  SiHigfeit,  jmifdfjen  ©d&eüt  unb  $bee,  jroifd^en  ©Ijplocf  unb 
Antonio  mürbe  übrigen«  nid&t  oom  jurifHfd&en  ©tanbpunft  geführt, 
fonbern  com  polittfdjjen  unb  fojialen  ©tanbpunft.  35ic 
$rage  mürbe  nidjjt  fo  gefteUt:  „©ollen  bie  ©d&ulbner  gelungen 
werben,  iljre  ©Bulben  ju  jaulen,  audfj  menn  bie  befte^enbe  Orbnung 
babei  in  Srfimmer  geljt?"1,  fonbern:  SBeldfje  SeoölferungSHaffe  oer* 
bient  eine  größere  Serfldtfid&tigung  ityrer  Qntereffen, 
bie©dfjuibner?laffe  ober  bie  ©läubigerfiaffe  [314]?  SBenn 
«in  ©djulbner  ofjne  SRfidfftd&t  auf  bie  fonfreten  Umftänbe  jur  3a^un8 
ber  ©djulb  oerurtetlt,  auf  Setreiben  feiner  ©laubiger  oon  §au$  unb 
ißof  getrieben  mürbe,  fo  etblictte  man  barin  ntd(jt  eine  bebauerlid&e, 

1  Fiat  justitia,  pereat  mundus ! 


—    438    — 

aber  imoertneiblidje  golgeerfdjjeinung  einer  flaatlid&en  2!ättgfeit,  beten 
unparteüfc&e  SDurdftffi^rung  eine  ©runblage  beS  mobetnen  (Staate* 
roefenä  bilbet,  fonbern  —  eine  SSegfinfttgung  beS  gläubigerifdjen 
antereffe«1.  S)a&  bie  Sßid&tigfeit  biefeS  3niereffe3  in  ber  ^eriobe 
ber  geubalnrirtfdfjaft  nid&t  genügenb  geroflrbtgt  roorben  ift,  ift  be- 
fannt  33ie  Stadjjroirfungen  fönncn  wir  audfj  ^eute  nodEj  ab  unb  ju 
beöbadfjten.  Die  SBemerhtng  oon  9Ranj,  ©dfjufc  unb  ©d&irm  IV  89: 
„SWan  finbet  rounberlidfje  2eute,  roelcbe  lieber  Slnberen  ®ut&  tun, 
als  if)xz  ©laubiger  beliebigen"  trifft  audjj  tyeute  no<$  ju.  Shtdj  Ijeute 
uod&  bübet  ber  gamilienoater,  ber  fidfj  fetner  ©laubiger  faum  ju  er* 
wehren  Derntag,  aber  feiner  £odfjter  eine  „ftanbeSgemäfce"  9ftitgift  unb 
SKuSfieuer  in  bie  ©be  gibt2,  eine  wenig  erfreulidEje  $tgur  be$  gefeilt 
fd^aftltd^en  SebenS.  Sludfj  bie  SBiffenfdfeaft  f)ielt  fid&  nidfjt  frei  von 
ber  einfettigen  Seoorjugung  be$  ©dSJulbnerintereffe$.  Miserabilium 
debitorum  causa  semper  plures  invenit  autores  quam  causa 
creditorum,  fagt  ©djjmib8,  ber  in  biefer  grage  eine  oermittelnbe 
©tellung  einnahm. 

Die  3R afcrege In,  bie  ber  ©taat  ergriff,  um  bie  burd)  ben 
Ärieg  Ijeroorgerufene  ©d^ulbnot  ju  linbern  unb  ba3  „aequilibrium" 
jtoifd&en  ©täubiger  unb  ©djulbner  ^erjuftetten,  beftanben  (in  Sapern) 
in  folgenbem: 

1.  3Bilberung  be8  ©d&ulbredf)te$  behufs  äJertyütung 
einer  33efi$frifi3: 

a)  SBerljtnberung  rigorofer  ©jefutionen:  „@£  foff 
nid&t  gleidf)  mit  ben  gebräucijlid&en  @£efution3mitteln  ber  ©trenge 
na<$  uerfa&ren  roerben"  (1633)  [310] ;  „@$  fott  nid&t  ftradfc  auf  jebe 
Jtlage  33ejaf)lung  oerfd&afft  unb  exequiert  werben"  (1637);  man  fott 
„an  bie  ©jelution  nidjt  gleid;  fommen",  fonbern  ben  ©djulbner 
fooiel  al$  möglidf)  „bei  ben  ©ütern  laffen"  (1650)  [317] ;  bei  ©anten 
ift  „betyutfam  unb  nidfjt  oljne  fonberbare  ertyeifdfjenbe  -Jtotburft  ju 
oerfatiren"  (1654)  [321]. 


1  ©djmib  im  Äommentar  jur  SBerorbnung  »om  20.  Sunt  1650  p.  2,  4: 
„In  pari  causa  et  conditione  magis  favendum  est  creditori  quam  debitori" ; 
„. , .  ue,  dum  volumus  debitorem  conservare,  faciamus  miserum  creditorem 
favore  magis  dignum  penitus  crepare  et  interire". 

2  SHanj,  Sa)ufc  unb  edjirm  IV  92:  Unlängft  ift  gef d)el)en,  wba{j  Giner, 
roeldjer  einem  anbeten  100  fl.  fdjutbtg  mar,  feinem  $od&termann  1000  unb  me§t 
©ulben  gum  §eiratgut  oetf  proben*. 

8  @benba  p.  16. 


—    439    — 

b)  Ermächtigung  an  bie  ©eridfjte,  erforbertidjjenfaBS  (audj 
gegen  ben  SBiberfprudjj  be3  ©laubiger^)  bem  ©dfjulbner  3a(jlung3= 
ftiften  ju  bewilligen  (1635,  1650,  1654)  [311,  317],  „bamit  er 
beim  IjauSttdjen  Slnwefeu  verbleiben  fann"  (1635). 

c)  ©djaffung  engerer  ®£efution3grenjen:  2)en 
©dfjulbnern  follen  „bie  3Rtttel  ju  tyrer  SBteberertyolung  unb  =3luf- 
fommung  in  &anben  gelaffen  werben"  (1637)  [310]. 

2.  ©uäpenfion  beä  Stünbigung3red£)te3  be8©läubiger$ 
(1654)  [321] :  Obwohl  e3  „fd&wer  unb  rotberredjtlidj"  erfdjeinen  will, 
bie  Sfaffünbigung  ber  Kapitalien  wtber  ©rief  unb  ©tegel  eütjus 
fdfjräufen,  fo  ift  e£  bodlj  notwenbig,  bafj  bie  ©dfjulbner  mit  2luf* 
fünbung  ber  Kapitalien  nidjt  übereilt  werben,  fonbern  bie  Kapi* 
talien  innerhalb  ber  nädfjften  brei  Qafjre,  nämlidf)  1654—56,  un* 
aufgefünbet  bleiben. 

3.  ©igentlidjje  @ntfc$ulbung3aftion: 

a)  3)ie  ©eridOte  werben  ermäd&tigt,  an  ben  rficfftänbigen 
3infen  etwa3  abjufpredjjen  —  novae  tabulae !  (1650  [317],  1654 
[321]). 

b)  S)er  <&taat  als  ©runb^err  unb  afe  ©laubiger  von  grunb* 
Ijerrfdfjaftltd&en  abgaben  unb  Sftücfftänben  gewahrt  ben  im  Kriege 
verarmten  UrbarSuntertanen  ©tunbung,  fowie  9?adfjläffe  an 
ben  verfallenen  unb  ben  fünftigen  ©ülten  (1635)  [306]. 

3)ie  Seftimmungen  waren  -Jlotredfjt,  fie  bejogen  ftdjj  nur  auf 
bie  burdfj  ben  Krieg  ruinierten  ©dfjulbner,  b.  Ij.  auf  bie  ©d&ulbner, 
bie  infolge  be3  burdf)  ben  Krieg  erlittenen  ©djjabenS  ifyre  ©laubiger 
nidfjt  bejahten  fonnten  (ausnahmen  ftelje  ©.  317  unb  321).  2)em 
freien  richterlichen  ©rmeffen  mar  großer  ©pielraum  gelajfen.  2)er 
Stifter  follte  nur  causae  cognitione,  „nadfj  ©rwägung  aller  Um= 
ftänbe"  unb  „nadj  ©eftalt  ber  ©adfjen"  entfd^eiben ;  namentlich  follte 
unterfudfjt  werben,  ob  ber  ©laubiger  vielleicht  burdj)  ben  Krieg  in 
eine  ebenfo  fdfjled&te  ober  nodjj  fdjjledjjtere  SBermögenSlage  geraten  mar 
wie  fein  ©d&ulbner.  ©laubiger,  weldfje  burdfj  ben  Krieg  um  ba$ 
3fötige  gefommen,  f outen  nidfjt  ungünftiger  befjanbelt  werben,  wie 
ü)re  notleibenben  ©dfjulbner. 

SBenn  bie  exorbitanten  aluSnaljmegefefce  ad  la  unb  b,  2,  3  a 
wirflidfj  Sftotredfjt  geblieben  wären,  fo  fönnte  man  fie  mit  ber  @r* 
wägung  rechtfertigen,  bafe  aufcerorbentlid&e  Greigmffe  aud)  aufeer* 
orbentltdfje  9ftaf$naijmen  erljeifdfjen.  2lber  bie  paragrapljenfrolje  $uria» 
prubenj  jener  £age,  unfähig,  bie  ©efefce  au$  bem  ©eifle  ljerau$  ju 


—    440    — 

fcnr  ber  fte  geboren,  redjnete  nun  bcn  S<$ulbncrf($ii(  |u  einem 
ifjrer  fejteften  Sefatfimtr1  trab  —  ba$  Ärebitredjt  mar  auf 
3ai>r}el?ente  Iptnatt*  begeneriert 

§25, 

i. 

L  Senn  man  ba3  Srgebni*  unferer  Unterfud)imgen  fiberbßcft, 
fo  fällt  not  allem  bie  eigentümlich  Äompleferfdjeinung  oon 
Serfdjulbung  unb  flrebitmangel  tti£  Äuge.  9Ran  fteSt  ftd> 
nämlidE)  häufig  oor,  baft  bicö  @£treme  ftnb,  bie  fidj>  gegenteilig  au£~ 
föliefsetu  2>enn  ba$  Sortjanbenfein  oon  SJerfdjulbung  iß  bodjj  ein 
3ei$en  baoon,  bafc  Ärebit  gegeben  toorben  ift,  bog  er  fogar  ;u  reid>= 
lid)  gegeben  toorben  ift!?  3n  unferer  Arbeit  aber  Ratten  mir  ®e- 
legenf>eit,  ba*  9lebeneinanberbefte^en,  ja  ba£  §anb=in*§anb:gel)en  oon 
Crf Meinungen  ju  beobachten,  bie  auf  eine  tjodjgrabige  Serfdfjulbung, 
unb  anberer  6rf Meinungen ,  bie  anberfeitS  auf  ^od^grabigen  Arebit- 
mangel,  ja  auf  Ärebitnot  fdjjliefeen  laffen. 

£o&e  SBerfdfjulbung  fyat  feineSroeg*  bebeutenben 
Ärebit  jur  $orau3fefcung.  63  fyat  eine  3*ü  gegeben,  wa  ber 
Ärebit  ein  minimaler  mar  unb  bennod)  oielfad^  Überfd&ulbung  Ijerrfdjjte. 
Sie  trabitionelle  ©etoalttätigfeit  unb  ©ptelrout  ber  alten  35eutf$en 
brachte  mannen  berfelben  in  äJerfdjjulbung,  lange  oor  ber  ©ntfteljung 
be3  beweglichen  Äapitate. 

Xai  Äapital  al£  Sei^fapital,  unb  jtoar  als  blofce3  ©rroerbS- 
fapital,  ift  älter  toie  baS  Kapital  als  ^robuftiofapital  [58]. 
©djon  beoor  ba*  betoeglidje  Kapitel  in  £anbel,  ©eioerbe  unb  Slder- 
bau  Slntoenbung  fanb  unb  bie  ^robuftüntät  biefer  ©noerbSjtoeige 
fteigerte,  braute  e3  burdfc  2lu$leiljung  3^nfen-  ®a%  Setljfapital  trug 
aberebenfo  feljr  bei,  -Kot  unb  23erf<ijulbung  ju  linbem,  ate 
es  Gelegenheit  bot,  mit  &üfe  be3  ÄrebitS  bie  SBerfd&ulbung  ju 
fteigern.  SBorfjer  Ijatte  ber  oerfdfjulbete  ©runbbeftfcer  fein  S3eft|tum 
oeräufcern  muffen,  um  fidf)  oon  ber  Sdjulbfnedjjtfcijaft  loSjufaufen. 
2)er  StotleJjenSjinS  mar  ber  ©egemoert  bafür,  bafe  ber  ©runbbefifcer 
fidj  bei  feinen  ©fitern  erhalten  fonnte. 

1  Meiern,  ©ebanfen  oon  ber  ftec^mä&igfeit  be8  fed&ften  3in3taler8,  1772, 
©.  28:  „$ie  meiften  JDoftoren  fyaben  ben  SRei<$8f$fafj  oon  1654  für  tin  ttnioerfal» 
gefefc  gegolten*.  JWadjj  1747  war  baä  ba^erifd&e  SReotforium  im  3meifelf  06  bie 
9ta($to6üerorbnung  oon  1654  no$  oer6inblic§  fei,  f.  ÜWanbat  oom  17.  $oo.  1747. 


—    441    — 

2fter  aud&  nodfj  in  bcr  ,3ett,  mit  bcr  wir  un3  bcfd^äftigen, 
bilben  bic  ©Bulben,  bei  bereit  @ntfte^ung  ber  Ärebit  im  hinter* 
grunb  bleibt,  bie  Slbgabenrüdfftanbe,  Äauf  f  d&illing3  = 
refle,  (SrbregulierungSgelber  —  beim  fie  treten  cm 
ben  ©runbbefifcer  §eran,  ofjne  bafc  er  ein  Kapital  aufnimmt,  \a 
in  ben  meiften  gälten,  o§ne  baß  feine  Ärebitwürbigfeit  ernftli<$  ge* 
prüft  mürbe  —  einen  großen  Seil  fämtlid^er  ©djulben.  3JKt  ber 
SBerme^rung  be$  ÄapitatS,  mit  ber  ©ntwiälung  ber  Kultur,  mit  ber 
Steigerung  be3  ÄrebttS  nehmen  biejenigen  ©Bulben,  beren  @nt* 
ftetjung  uon  bem  Ärebit  abhängig  ifl,  ben  ba$  Äapital  bem 
©runbbeftfc  gemährt,  an  >$af)l  unb  £ö*>e  P,  unb  in  bemfelben  9ßafee 
üerfdfjiebt  ftdfj  baS  ©röfeenoerljältmS  jwifdfjen  ben  beiben  Äategorien 
üou  ©Bulben  ju  ©unfien  ber  lefeteren  Kategorie. 

S)ie  SSerfdfjulbung  be3  ©runbbeftfeeS  tft  bemnad^  eine  alte 
©rfdfjeinung,  mir  ftnben  fte  auf  ben  nerfdjiebenfien  ©tufen  ber  wirt* 
fdjaftlid&en  ©ntwidttung,  im  Qtltalttt  ber  Sftaturalwirtfdfjaft  ebenfo 
wie  im  3*italter  ber  ©elbroirtfdjaft,  unter  ber  ^eubatyerrfd&aft  ebenfo 
n)ie  unter  ber  §errfd(jaft  be$  ÄapitalS.  35er  Ärebit  bagegen  ift 
«in  moberneS  ©lement.  6r  gebeizt  nur  bei  bifferenjierter  ©efett* 
fd&aft,  bti  fapitaliftifdEj  betriebener  Sßrobuftüm  (b.  I).  wo  (Srfparungen 
flemadfjt,  Überfdjjfiffe  erjielt  werben),  bei  33ertrag3freil)eit. 

SSerfdjjulbung  unb  Ärebitmangel  ftnb  alfo  ©rfdEjetnungen, 
bie  ftdfj  nidfji  gegenfettig  auSf daließen,  fonbern  bei  unentwidEelter 
Ärebitwirtfdfjaft  fogar  gewötynlidfj  miteinanber  auftreten. 
Slber  audfj  wenn  bie  ©elegentyeiten ,  Ärebit  ju  erlangen,  ebenfo  aus* 
gebtlbet  finb,  wie  bie  Urfadfjen  ber  SBerfcijuIbung,  fte^en  SBerfdjjulbung 
unb  SRangel  an  Ärebit  in  gewiffen  JBe^fclbesic^ungen  ju= 
einanber : 

a)  SBerfdfjulbete  werben  fd&wer  Ärebit  finben,  weil  eine  not* 
wenbige  Sebingung  ber  Ärebitgewctyrung,  bie  ©id&erfjeit  be3  Ärebitö, 
fe^lt.  älfo:  3e  fjöljer  bie  SBerfdjjulbung,  befto  geringer 
ber  Ärebit. 

b)  Ärebitnot  ifl  geeignet,  Überfd^ulbung  ju  befd&leuntgen  unb 
bie  eingetretene  33erfdjulbung  ju  fletgero.  SBie  wir  oben  ©.  377 
bargelegt  Ijaben,  ifl  Überfdjjulbung  ttxocß  9telatioe3,  fte  fteHt  ein 
33erl)altn{S  bar.  ©inerfeitä,  wie  wir  gefe^en  ^aben,  ein  Servituts 
jwifdjjen  Äftioa  unb  Sßafftoa,  jwifd&en  ©üterwert  unb  ©d&ulbenftanb. 
Slnberfeite  aber  audfj,  wie  wir  nun  nadfjtragen  muffen,  ba3  83er- 
$ältntS  jwtfdfjen  ©dfjulbenflanb  unb  Ärebit.  @in  ©runb* 
beftfcer,  ber  feinen  ©runbbeftfc  bis  jur  fcälfte  feine«  2Berte$  per* 


—    442    — 

fd&ulbet  l>at,  tft,  wenn  er  (einen  Ärebit  fjat,  nte^r  oerfd&ulbet,  als  ein 
©runbbeftfcer ,  ber  bis  ju  3)rettrierte!  fernes  ©üterroerteS  mit 
©Bulben  belaftet  ift,  ober  nodfj  Ärebit  finbet1.  Qe  geringer  ber 
ßrebit,  befto  l)öf)er  bie  SJerfd&ulbung. 

•  ©emölntltdf)  wirb  baß  ©egenteil  behauptet,  nantlidj, 
bafe  bie  ©rroetterung  ber  aRöglid&feit  ber  Ärebiterfangung,  j.  35.  bie 
Aufhebung  oon  SBerfcijulbungSbefd&ränfungen,  bie  SBerfdfjulbung  fteigere 
unb  fleigem  muffe,  SSir  tyaben  aber  gefeiten,  bafc  aSerfdjulbungS- 
befdfjränfungen  bie  SBerfdfjulbung  feineSmegS  fyinbern,  weil  biefe  fjäuftg 
(f.  o.)  in  gaftoren  tyre  ttrfad&e  §at,  bie  ber  freien  ©elbfibefttmmung 
fpotten.  dagegen  fönnen  bie  $erf$ulbungSbef<$ränfungett  bie 
SDWglidfjfett  entjieljen,  Äapttal  aufzunehmen  jur  SRettung  ber  xoixU 
fdfjaftlidfjen  ©jriftenj.  ©ie  roirfen  alfo  frebiterfd^toerenb,  unb  förbern 
baburd)  bie  $Berfd(julbung,  b.  f).  jene  33erfc§ulbung$erfdjeinung,  bie 
baburdf)  entfielt,  baft  ben  ©Bulben  nidfjt  ber  enifpredfjenbe  Ärebit 
jur  ©eite  ftefyt.  9Wit  einem  Sffiort:  ©ie  madfjen  bie  SBerfdfjulbung 
bräefenber  unb  gefä&rltd&er,  als  fte  fein  mürbe,  xotnn  aolle  gretyeit 
beS  ÄrebitoerfetyrS  beftünbe. 

2.  SRod)  auf  ein  anbereS  eigentümliches  @rgebniS  unferer  Unter* 
fud&ungen  muffen  mir  befonberS  aufmerffam  madjjen.  5Radfj  ber  Seljre 
ber  Utotionalöfonomie  befielt  ber  $\n$  (ro^e  Q\nS)  aus  bem  3\x& 
(reiner  3\n&)  un&  &er  SRiftfoprämie.  3Me  SRififoprämie  bilbet  eine 
Vergütung  für  bie  SBerluftgefaljr.  ©ie  ift  abgeftuft  nadjj  ©efaljren- 
Haffen.  3e  geringer  bie  ©idfjer&eit,  bie  ber  ©d&uttmer  bietet,  je 
geringer  alfo  ber  Ärebtt,  ben  er  oerbtent  unb  finbet,  befto  Ijöljer  bie 
SRiftfoprämte.  3Me  p^fiofratifd^ liberale  Öfonomie  gebrauste  befannt* 
lid&  üjre  2^eorte  oon  ber  S^Sbilbung,  moju  audjj  bie  fieljre  tum  ber 
SRififoprcimie  gehört,  als  £auptmaffe  in  i^rem  Äampfe  gegen  3w3* 
tajen  unb  Sffiud&ergefefce.  3)ie  jeweilige  3in3f)öf)e  mürbe  als  StuSflufc 
eines  SRaturgefefeeS  erflärt,  bem  gegenüber  bie  gefefclidfje  3inSta£e 
ofjnmäd&tig  fei.  ©ie  3^ta£en  mürben  übertreten  ober  umgangen, 
benn  baS  ßrebit*  unb  2lnlagebebürfniS  bringe  ftdf)  rüdEfidfjtSloS 
jur  ©eltung. 

SBenn  biefe  Argumentation  rid&tig  tft,  fo  muß  fie  gerabe  in  ber 
oon  uns  beljanbelten  $t\t  W  beroäfjren.  Denn  bamalS  mar  bie 
©idfjerljeit,  bie  ber  ©d&ulbner  bieten  fonnte,  infolge  beS  mangelhaften 


1  2Ran  muB  alfo  jroeierlei  2lrten  oou  Überfd&ulbung  unter f Reiben:  Über* 
fc&ulbung  im  Ser^äftniS  jum  ©üterraert  unb  Überfc&ulbung  im  Serljältniö  jut 
ßrebitf>ö&e. 


—    443    — 

iQt>pot(>efenmefen3  ufro.  Ijäufig  eine  feljr  geringe,  unb  e$  beftanben 
3in3tajen.  3Ran  fottte  benfen,  bog  bie  ungenfigenbe  ©id&erljeit  in 
einem  um  fo  jjöljeren  3«^*  alfo  in  ber  Überfdjjreitung  ober 
Umgebung  Der  3tn3ta£e,  jum  2lu$bru<f  tarn,  bafc  alfo  ber 
3üi3  troft  ber  3ta3*a£e  »erft^ieben  mar,  je  nadjj  ber  ©idfjer&eit  be* 
©läubigerS.  £atfäd&lid&  beträgt  ber  3in3  in  allen  gällen  entgeltlicher 
Ärebitgemäljruttg,  oon  benen  unfer  SWaterial  beruhtet,  5°/o,  er  ent* 
fprid&t  alfo  ber  3to3ta£e.  SWun  fragt  e3  fid&,  ob  bie  Sin&tagt  nidfjt 
umgangen  morben  tfi,  etroa  burd)  IjeimÜdfje  ÜberjinSforberung.  2)er 
SBud&ereifatalog  oon  1(J16  (o.  ©.  206)  erflärt  u.  a.  ate  SBud&erer; 
wer  fidfj  me&r  oerfd&reiben  läftt  als  er  Eingibt.  Daraus  läfet  ft<$ 
ber  ©d&lufe  jie^en,  bafc  bie  gorberung  oon  2lgio  oorgefommen  ift 
3Me  Folgerung  mirb  unterftüfct  burdfj  bie  £atfa<$e  ber  Agiotage  beim 
SBerfe^r  mit  ©djjulboerfd&retbungen,  bie  in  ber  3*it  großen 
©elbmangete  übertjanb  genommen  unb  in  ber  Literatur  fo  lauten 
SBieberljaH  gefunben  §at  2lnberfeit3  läjjt  fiel)  gerabe  lefcterer 
Umftanb  gegen  bie  SKunatjme  auäfpielen,  baß  bie  2lu3bebingung 
üon  21gio  bei  ber  3lu^leit)ung  oon  Kapitalien  f)  auf  ig 
Dorgefommen  ift.  2)enn  menn  bieö  ber  %aH  geroefen  märe,  fo  tyätte 
e3  fid^erlid^  ebenfo  großes  auffegen  erregt,  wie  ber  3[uf!auf  oon 
furfierenben  ©<$ulbtiteln  unter  bem  Sftominalroert.  Qn  äBirflidftfett 
bejieljen  fidjj  aber  bie  Sßamptylete  gegen  bie  Agiotage  nur  auf  ben 
2tuffauf  oon  ©dfjulboerfdjjreibungen. 

2)aju  fommt  folgenbeä :  3)ie  roidfjtigfie  Sei^fapitalifienflaffe  mar, 
toie  mir  fd&on  me&rmala  auSjufttyren  ©elegentjeit  Ratten,  in  Sapern 
bamate  ber  5Ueru3.  Gr  betjerrfd&te,  mie  man  Ijeutc  fagen  mürbe, 
ben  ©elbmarft.  Der  ÄleruS  oerbanfte  feine  polttifd&e  unb  mtrt* 
fd&aftlid&e  9ftad&t  ber  Stellung  Sapern«  jur  Deformation 
unb  ©egenreformation.  6r  mußte  2lHe8  oermeiben,  roaS  ber 
©ad&e  ber  ©egenreformation  tyätte  ©intrag  tun  fönnen.  S)iefe  SBirfung 
Ijätte  aber  eine  Dppofttion  ober  Dbftruftion  gegen  bie  ftaatltd)en  3i"35 
gefefce,  überhaupt  eine  freiere  Seljanblung  be3  ©elboerfeljrS  Ijaben 
tonnen.  äufeerbem  ftanb  bie  Sermaltung  be3  ÄirdfjenoermflgenS, 
befonberS  bie  2lu3leU)ung  oon  Äird&engelbern ,  unter  ber  fpejiellen 
21  u f  f  i d; t  beS  ©taatea,  unb  eine  Überfd&reitung  ober  aJlifea^tung 
ber  3mSta£e  bur$  bie  Äirdfje  märe  fdjjon  au*  biefem  ©runbe  un» 
möglich  gemefen. 

2)ie  golge  mar :  SBenn  ein  Sauer  bei  ber  'ittrd&e  (ober  bei  einem 
anberen  „foliben"  ©elbgeber)  ein  Äapital  aufnehmen  mollte,  fo  mürbe 
junäd&fl  bie  ©id&er&eit  geprüft.    @rfdjien  baS  ©efdjjäft  unbebenfltdfj, 


—    444    — 

fo  würbe  boS  Kapital  unter  normalen  SJebingungen,  alfo  ju  5°/o, 
gegeben  (f.  o.  ©.  40(5).  3Benn^ftd&  bagegen  jeigte,  bafe  ber  ©elb= 
fud&er  (eine  genttgenbe  ©id&etfjeit  bieten  tonnte,  fo  würbe  nidjt  etwa 
ju  einem  leeren  3™3fafe  gegriffen,  fonbem  bann  mürbe  ba£  @efu<$ 
überhaupt  abgefd&lagen.  3)er  fcilflofe  mufcte  bann  bie  ©djjolle  oer- 
laffen,  bie  iljn  ernährte,  ber  Äapitalbeftfcer  aber  mufcte  fein  (Selb 
bradj  liegen  laffen  ober  e3  bur<$  ben  ©rmerb  oon  ©runbfittefen 
rentierlidj)  anlegen. 

2)ie  9teafton  gegen  flaatltd&e  3\n&btfäx&nbin%m  brauet  alfo 
ntd&t  immer,  mie  bie  pl^fiofrattfdHiberale  3$eorie  annimmt,  in  einer 
überfd&reitung  ober  Umgebung  biefer  ©d&ranfen  ju  befielen,  fonbern 
bie  gehemmte  Äraft  fann  fi<$  audfj  in  anberer  SBeife 
jur  ©eltung  bringen,  fte  fann  fogar  }u  nod&  [flimmeren  <&> 
Meinungen  führen,  nämlidjj  häufig  jur  oollfianbigen  SSerfagung 
be$  ÄrebitS. 

IL 

Sßenn  gleidj  ber  Stammen  unferer  Slrbeit  jeittid)  unb  räumlich 
«in  ju  begrenzter  ift,  als  baß  fid^  barauä  beftimmte  Beeren  für  bie 
©efialtung  ber  gegenwärtigen  unb  fünftigen  Sßolitif  in 
33ejie§ung  auf  bie  SSerfdjulbung  beS  ©runbbeftfceS  jie^en  Itefeen,  fo 
glauben  mir  bo<$,  bafe  einige  ©rgebniffe  berfelben  aud&  in  biefer 
Stiftung  frud&tbringenb  oermertet  merben  fönnen,  roenn  aud(j  nur 
itegatio,  baburdj  bafc  fte  bie  UnauSftttjrbarfeit  unb  ©e- 
fä^rlidfjfeit  mandfjer  Sorfd&lfige  jur  SBerljfitung  ober 
SSefeitigung  ber  SBerf  dEjulbung  beS  ©runbbefifceS 
jeigen. 

1.  35ie  Urfadfje  ber  befte^enben  ober  bro&enben  SBerfdjjulbung 
be$  ©runbbeftfceS  mirb  oon  fielen  Slgrartljeorettfern  unb  Slgrar* 
^olitif  ern  barin  gef  eljen,  bafe  ber  ©runb  unb  S3oben  freioerfd^ulbbar 
ift.  ©runb  unb  33oben  fei  nadlj  ber  gegenwärtigen  Slgraroerfaffung 
ttidjjt  nur  SßrobuftümSmittel,  fonbern  audfj  ^anbelSobjeft,  2Bare.  2lu3 
ber  33erffigung3freiljeit  be$  ©runbbejtfcerS  folge  aber  mit  9iotwenbtg= 
feit  au<$  feine  SBerfdjjulbungSfreifjeit.  2Me  immer  fleigenbe  33er* 
fdjjulbung  be3  ©runbbeftfceS  fönne  nur  baburdfc  oerljinbert  werben, 
bafe  man  bie  ganje  SKgraroerfaffung  reformiere,  ben 
Iffiarendjjarafter  oon  ©runb  unb  ©oben  aufgebe,  bie  SBerfd&ulbungS* 
freiljett  befdfjränfe.  3U  kfcterem  3wecfe  wirb  bie  ßinfüljrung  einer 
33erfdjulbung8grenäe  empfohlen.  33ei  einer  gewiffen  SBertgren je 
f oK  ba$  ©runbbudj)  (^ppot^efenbud^)  für  bie  Eintragung  oon  9teal* 


—    445    — 

f djulben  gefperrt  werben,  unb  ber  ©runbbefifcer  oon  ba  an  auf  feinen 
SPerfonalfrebit  angewtefen  bleiben1. 

3ur  Segrünbung  biefeS  3$orfd&lage3  greift  man  gerne  auf  bie 
aScrgangen^eit  jurüdf.  2Kan  argumentiert  bamit,  bafc  bie  SBerfdjulbung 
be3  ©runbbefifceS  eine  moberne  @rfdfjeinung  fei,  unb  bafc  ©runb  unb 
SBoben  früher  unoeräufeerlidj,  unteilbar,  unoerfd&ulbbar  gewefen  fei. 
9Äan  bringt  biefe  beiben  (angeblichen  ober  wirfÜ<$en)  SEatfadjjen  in 
ba£  5Bert)ältni3  oon  Urfadje  unb  SBirfung,  inbem  man  fagt:  J)te 
ttnuerfdjjulbbarfeit  von  ©runb  unb  33obenl)at  beffen 
SBerfdjulbung  üer^inbert. 

SQBir  Ijaben  aber  gefeljen,  ba&  erfiere  Seljauptung  unjutreffenb, 
lefctere  beweteunerljeblidj  ift.  ßange  oor  ber  2)ur<$füljrung  ber  gretljeit 
ber  SBerfd^ulbung  be3  ©runbbefifeeS  Ijat  e3  eine  SBerfdjulbung  be£ 
©runbbeftfceS  gegeben  [13,  360],  unb  bie  33eräufjerung3befc$rcmftmgen 
Ratten  iljre  Urfad&e  nidfjt  in  rationaliftifdjen  ©rwägungen,  fonbern  in 
ber  ©ebunben^eit  beä  ©runbbefifeeS  überhaupt,  fie  würben  oon  ben 
©injelnen  nid&t  atö  SBoljltat,  oon  ber  ©efamtljeit  nidjt  als  ©egen 
empfunben,  fonbern  man  erfannte  barin  oertyältntemäfjig  früljjeittg 
finnlofe  Überbleibfei  au$  einer  längft  nidjt  metyr  oerftanbenen  SBer* 
gangenljeit,  &inbemtffe  be3  33erfeljr3  unb  ÄrebitS.  S)ie 
©efdfjtcljte  be3  SobenfrebitS  befte^t  au$  einer  faft  ununterbrochenen 
Steige  oon  2Rafmal)men,  beren  3wecf  e8  ifi,  ben  Ärebitoerie^r  ju 
erteiltem,  bie  SMSpoftttonäfreiljeit  be3  ©runbbefifcerS  ju  erweitern. 
SBenn  einmal  eine  SReaftion  in  biefer  ©ntwtdflung  eintritt  [67],  fo 
fommen  fofort  wieber  jene  9Rtf$ftanbe  jum  SBorfdfjein,  bie  ben  Sßunfdj 
naclj  einer  größeren  grei^eit  be3  StrebitoerfeljrS  gejeitigt  Ratten.  2Benn 
bie  SBerfdjulbung  be$  ©runbbefifeeä  oer^inbert  wirb,  fo  mufc  ber  ©runb* 
beftfcer  fein  ©runbftflcf  oerfaufen,  wirb  itym  audfj  biefeS  oerwe^rt,  fo 
rnufe  er  felbft  in  ©dfjulbfnedfjtfdjjaft  ju  ©runbe  ge^en,  in  SRot  unb 
Slrmut  oerberben. 

SBir  Ijaben  alfo  aud)  f)ter  eine  6rf<$emung  jenes  ©efefceS,  ba£ 
ttid^t  nur  in  ber  Statur,  fonbern,  wie  uns  bünft,  audjj  in  ber 
3Kenfd)l)eit3gefd()i<$te  jum  3lu3bru<f  fommt:  SBenn  bie  fortfdjjrettenbe 


1  2)te  ärebittommifflcm  ber  preufjifdjen  Sanbroirtfc§aft$fammern  f^tägt  bie 
3erf4ulbung*greit)e  cor  a(3  Sebtngung  für  bie  Kblöfung  ber  SR  a  dj  * 
$gpot$efen  (6i3  $u  5/e  refp.  auöna^mörocife  •/•  ber  lanbfc$aftlic$en  Eaje)  burefc 
bie  £anbf$aften,  promnjiaten  unb  tommunalftänbifäen  öffentlichen  Ärebitinftttute 
mit  6taat3unterftüfcung  unb  eoent.  unter  ©olibar^aft  beS  gefamten 
©runbbeftfre*  ber  ^rooinj.  (ftofäer-  3)abe ,  ftationatöfonomif  be$  SWerbau«, 
1903,  6.  591/92.) 


—    446    — 

(fritnudf lung  gefiört  wirb,  fo  tritt  ^duftg  eine  SRüdEbilbung  ein, 
inbem  nid(jt  nur  bereite  aufeer  gunftton  gefegte  Organe  roieber  ju 
funftionieren  beginnen,  fonbem  in  2fapaffung  an  biefelben  audj  ber 
fiebenäprojef)  felbft  eine  bereit*  übenounbene  gnttotcttungSftufe 
refapituliert. 

6$  tft  ju  befürchten,  bafc  eine  33ef<$ränfung  ber  33erfdfjulbungs= 
freiljeit  be$  ©runbbefifceS,  etwa  bittet)  (Stnffifjrung  ber  33erfdfjutbungS; 
grenje,  a^rttid^e  folgen  tyaben  würbe,  inbem  mandjjer  ©runb&efifcer, 
ber  unter  allen  Umftänben  ©elb  brauet,  genötigt  fein  würbe, 
feinen  ©runbbefifc  ju  oerfaufen  (alfo  etwa  feinen  ©läubigern 
ju  überlaffen),  benn  bie  freie  SBerfdjulbung  beS  ©runbbeftfceS  lafet  fidj 
bei  ben  heutigen  SSer^ältniffen  als  SWittel  im  Äonfurrenjfampf,  als 
©prungbrett,  ftc&  aufjufdjjmingen,  als  ©tfifce,  ftdfj  bie  wtrtfdfjaftlid&e 
®fipenj  ju  erhalten,  nidf)t  entbehren. 

5Run  fann  man  einmenben :  3ft  es  benn  Dom  oolfSwirtfd&af tlidjen 
©tanbpunfte  (unb  biefer  allein  barf  Ijier  mafcgebenb  fein)  fo  be= 
bäuerlich,  wenn  bie  Steigerung  ber  SBerfd&ulbung  beS  ©runbbefifceS 
baburdfj  oerljinbert  wirb,  bafe  ber  ©runbbefifc  in  anbere,  oieHeid&t 
luftigere,  jebenfaffs  fapitalfräftigere  igänbe  übergebt?  ©ibt  es  nid)t 
oiele  lanbmirtfdfjaftlid&e  Slnwefen,  benen  lefetereS  tedfjnifdfj  unb  wirt-- 
fd>aftlid&  nur  jum  ©egen  gereichen  mürbe?  3)aS  mag  jutreffen,  unb 
audlj  mir  Ijaben  ja  wieberljolt  in  biefer  ©d&rift  biefen  ©tanbpunft 
pertreten.  Slber  fetneSwegS  fann  btefeS  Argument  oon  benen 
gebraust  werben,  bie  oon  ber  33erfd(julbung  bei  ©runbbeftfceä  eine 
€fpropriation  ber  Sobenbebauer  burdfj  baS  Äapital,  beS  SanbeS  burdfj 
bie  ©tabt  befürd&ten,  unb  fie  oor  allem  beSljalb  oerbammen.  — 

3n  unferer  ©d&rtft  tritt  bie  SSerfdfjulbungSgrenje  in 
zweierlei  ©eftalt  auf: 

A.  alSgrunb^errfdjjaftltd&e  ©inrid^tung,  inbem  ber  ©runb- 
$err  feinen  JtonfenS  jur  SBerfd&ulbung  oerweigern  fann,  wenn  baS 
©runbfiüdf  beS  ©runbuntertanen  bereits  bis  jur  ^atfte  feines  SßerteS 
mit  ©Bulben  betaftet  ift  (ober  burdfj  bie  neue  ©d&ulbaufnatjme 
belaftet  werben  mürbe).    2Sir  tyaben  gefeljen  (©.  424  ff.) 

a)  bafe  es  fd&wierig  mar,  bie  33erfd&ulbungSgrenje  im  eingeben 
gaffe  ju  erfennen, 

b)  bafj  fie  nidjjt  im  ^ntereffe  ber  33auern  ober  im  affgemeinen 
Sntereffe,  fonbem  im  ^ntereffe  ber  @rtmbt)erren  eingeführt  mürbe, 

c)  bafe  fie  bie  $8erfdf)ulbung  tatfädftfidf)  nid&t  tyinberte, 

d)  bafc  baS  ÄonfenSred^t,  oon  bem   bie  SBerfd&ulbungSgrenje 
einen  Seftanbteil  bilbet,  oon  ben  ©runbfyerren  miftbraudjjt  roorben  ift. 


—    447     — 

B.  3)ie  93erf($ulbung^sren3e  tritt  ferner  auf  in  her  SB  e  r  o  r  b  n  u  n  g 
Dom  5.  3Rärj  1672  unb  in  ben  SSorarbeiten  baju.  2)ie  33er* 
fc&ulbungSgrenje  fott  auf  ber  jQötje  beS  ©utäwerteS,  bejw.  bei  ber 
ißälfte  be$  ©utSwerteS  liegen  unb  bienen  (©.  430  ff.) 

a)  jur  ©idjerljett  be£  @runb^errn  unb  ber  ©laubiger, 

b)  (wegen   ber  •  ©idjerljeit,    bie   fte   gewährt)  faf ultatio  als 
ÄotnpenfationSobieft  für  bie  Sürgenftettung, 

c)  (wegen  i^rer  ©igenfdjaft    al£   ÄompenfattonSobjeft)    afe 
erstrebenswerte  ©elbfibefdjränfung  be$  ©djulbnerä.  — 

Sludj  biefe  2lxt  t)on  SBerfd&ulbungSgrenje  blieb,  obwohl  fte,  wie 
toir  feigen,  in  fel)r  befd&etbenem  3Raf$ftabe  geplant  war,  praftifdj 
bebeutungäloä. 

2.  S5enfelben  ©inwanb,  wie  sub  1,   bafe  eine  SBerwirfUdjung 

ber  t>orgefdjlagenen  3Waferegel  bie  ©ntwicflung  beS  Ärebitö  um  einen 

großen  3*itraum  jurfidEfdjrauben  würbe,  fann  man  audj  bem  33or= 

f daläge  oon  Stobbert u^  entgegenfefcen.   9tobbertu3  lieg  bie  greiljeit 

ber  SBerfd&ulbung  be£  ©runbbefifceS  unangetaftet,  obwohl  er  tljeorettfd& 

fein  greunb  berfelben  war;  er  fal)  bie  &aupturfad)e  ber  SBerfd&ulbung 

beS  ©runbbefifeeä  in  ber  Äapitalifatum  ber  SRente  bei  ber  Sßert* 

Beregnung  be$  ©runbbefifceä ,  oerbunben  mit  ber  gluftuation  be$ 

StnSfufeeS1.      SDaS  SDttitel  jur  abrufe  erbliche  er  in  ber  ©in* 

fü^rung  ber  Sftentenfdjulb  an©telle  ber  Äapitalfd&ulb, 

in  ber  ©rfefcung  biefer  burdfj  jene.    S)ie  SRentenfd&ulb  ift  auf  ©eite 

be$  ©läubigerS  (unb  auf  ©eite  be3  ©djutbnerS)2  unfünbbar.    S)ie 

Stljnlidtfeit  mit  ber  burdj  ben  mütelalterlidjen  „Sftentfauf"  be* 

grünbeten  3tentenfdjulb  liegt  t>or  2lugen.    9?obbertu3  felbft  fyat  barauf 

aufmerffam  gemacht8.  @S  wirb  baljer  erlaubt  fein,  auf  bie  folgen  Ijins 

1  3«r  ©rttärung  unb  Slb&Ufe  ber  Ijeutigen  Jtrebitnot  be§  (Srunbbeftfce*, 
1868,  2.  SCufl.  (oon  Rub.  SWener)  1893,  ©.  195:  3Ran  verlangt  einen  ft$  nie« 
molö  umfefcenben,  niemals  in  feinem  ooQen  SBert  reprobuaierenben,  fonbern 
tmmeroäfjrenb  nur  Rente  abroerfenben  unb  au3  biefer  Rente  erft  feinen  fBert 
etljaltenben  immobilen  gonbS  als  einen  ftc^  ju  jeber  Qtxt  umfefcenben,  ju  vollem 
fBert  reprobujierenben  unb  beSljalb  audj  ju  jeber  3^it  )u  pollem  Söert  roieber 
flüfftg  werbenben,  ftatt  Rente  3inf*n,  üerfdjretben  ju  bürfen. 

9  ©tefje  aber  Robbertue  6. 136:  2Cblöfung  bura)  Snfauf  von  „£anbrenten* 
briefen"  unb  beren  Übergabe  an  ben  Rentengläubiger.  —  SRit  ber  Rentenfdjulb 
nia)t  ju  uerroedjfeln  ift  natürlich  bie  2lnnuitätenfd)ulb ,  bie  von  Robbertud 
irouifa)  betyanbelt  wirb. 

8  ©.  199  unb  a.  a.  D.  —  9tua)  auf  feinen  Vorgänger  SuftuS  SRöfer.  »uef) 
3Höfer  moUte  ($atriotifa)e  $Qantafien  II  18),  bafe  vber  3tndfontra!t  auf  bem 
Sanbe  abgefa^afft  unb  bafür  ber  Rentelauf  roieber  eingeführt"  toerbe,  jum  SteiC 
unter  berfelben  $egrüubung  mie  Robbertud.    ,2) er  Eigentümer  eineö  ©utetJ 


—    448     — 

juwelfen,  bie  bie  Unffinbborfeit  beS  SRentfaufS  gehabt  fyat.    SDa  fmt> 
nun  fiu&erft  letprreid)  bie  Ser&anbluugen  auf  bem  bax)t 
rifdjen  ßanbtag  oon  1583,  bie  mir  ©-  69  ff.  gefd&ilbert  Ijaben. 

2Bir  befinben  un$,  fummarifd)  auSgebrfidft,  in  ber  SmbrtjonüU 
pertobe  ber  „flapitalfd&ulb",  be*  oerjinSlid&en  ©arleljenS.  3)ie  Gin= 
rdumung  be$  Äünbigung$red&te8  an  ben  ©laubiger  Ijatte  fi<$  affmä^lig 
eingebürgert1.  SBityelm  Y.  mollte,  beeinflußt  non  bem  fanatifdpen 
glfigel  ber  3efuiten,  bie  SRentenfd&ulb  aufredet  erhalten  unb  uerbot 
baf>er  1581  bie  Einräumung  beS  ÄfinbigungSredjteS  an  ben  ©taubiger, 
roeil  er  in  ber  aRöglid&fett  ber  Äfinbigung  eine  ©efaljr  für  ben 
©d&ulbner  erblitfte.  2Cuf  bem  Sanbtage  t>on  1583  mürben  fofort  bie 
bitterften  Älagen  barfiber  erhoben.  $on  mem  gingen  bie 
Ä  lagen  au$?  2Ber  bie  agrarpolittfdje  Literatur  ber  legten  3al>r= 
je^nte  perfolgt  fyat,  fann  nidjt  im  3roetfel  barüber  fein :  S)ie  ©  t  ä  b  t  e 
besagten  ftdj,  al$  bie  Vertreter  be$  bemeglidjen  Äapitate,  ba3  ein 
Qntereffe  an  gröfctmöglid&er  SemegungSfretyeit  fyabt.  Ober  oielleidjt 
ber  Jtleruä,  wegen  ber  oielen  Äirdjenfapitalien,  bie  auf  rentierlid&e 
Anlage  angeroiefen  maren?  3)ie  SRitterfdjaft  .bagegen,  afö  bie  SSer* 
treter  be$  ©runbbefifceS,  waren  bem  dürften  natürlich  banfbar  für 
feine  gürf  orge,  benn  fie  litten  bodj  unter  ber  gurie  beS  ÄapitaltemuS !  ? 
2Beit  gefehlt!  ©3  mar  bie  SRüterfdjaft,  bie  ftdj  über  ba$  SÄanbat 
SBilljelmS  V.  betlagte,  unb  fie  mürbe  oom  Stanb  ber  ©tobte  unb 
SDtörfte  barin  nur  unterftfifct.  Unb  mos  braute  ber  äbel  gegen  ba£ 
SRanbat  oor?  „2)te  auf  bem  ©runbbeftfc  liegenben  Kapitalien  finb 
infolge  beS  9Wanbate3  maffen^aft  aufgefünbigt  morben.  SBer  ©etb 
ju  feiner  äufeerfien  -Jtotburft  aufbringen  toiO,  fann  feinet  me§r  be= 
fommen.  2Rand)er  ift  baburd)  gebrungen  morben,  feine  väterlichen 
©rbgfiter  oon  ftdj  ju  laffen  unb  anberen  etnjuräumen"  *. 

Jtein  Sßort  baoon,  baß  ber  ©runbbeftfc  unfünbbaren  ober  lang« 
triftigen  Ärebttö  bebfirfe,  ba&  ber  S3obenfrebit  befonberen  Regeln 
unterliege  ober  bergleidjen.   35a3  Streben  ber  SBertreter  beS  „  a  g  r  a  * 

fann  au  ber  @rbe  nic$t  fagen:  ®ib  mir  nadj  einem  falben  3a§re  fo  tjiet  ®elb 
wieber,  als  itt)  für  mein  ©ut  ausgelegt  $abe."  $ie  Söfe  [b.  §.  baS  ftünbtgungä« 
red^t  bed  ©läubigerä]  ift  »eine  etenbe  unb  fa)ftblta)e  (grfinbung*.  D^ne  Söfe 
»mürbe  ein  gang  neuer  Ärebtt  entfielen  ...  bie  9tenteoerfa)reibung.en  mürben 
bie  ©teile  beö  baren  (Selbes  vertreten*. 

1  (Sine  SCnbeutung  oom  naa)fo(genben  ©eban!engang  §af>e  itt)  bereits  in 
bem  (anonymen)  3Crti!el  „$a3  3in8oerbot"  in  ben  „aMna)ener  Steueren  9tad&* 
riü)ien"  1897  Mv.  492  gegeben. 

2  3Röfer  (a.  a.  D.)  urteilt  ju  optimifrifa) ,  wenn  er  meint:  B%e\>et  toirb 
gerne  Rente  laufen,  wenn  er  nitt)t  me§r  auf  3infen  leiten  fann/ 


—    449    — 

rtfd&en"  SntereffeS  ging  oielme&r  ba&in,  bic  ©onberregeln  be* 
SHentenfrebitS  ju  Befettigen,  an  feine  ©teile  ben  Äapitalfrebtt  ju  fefcen, 
ben  ftrebit  überhaupt  mobil  unb  baburdfc  leidster  jugängltcij  gu  machen. 
33or  allem  galt  e£,  bem  @runbbeft|er,  ber  in  eine  Notlage  geraten 
war,  bie  SRöglid&feit  ju  erweitern,  mit  fcilfe  be3  Ärebit«  ftd&  bei 
&au3  unb  &of  ju  erhalten.  Der  3iuf  ber  ©runbbeftfcer  lautete 
baljer  ntd&t:  (Spaltung  ber  Unfflnbbarfett  be$  ÄrebitS,  fonbern  ba^in : 
SRe$r  Ärebit! 

III. 

L  SBenn  man  ba3  33erfdjjulbung$problem  rein  metfjanifdj 
betrautet,  fo  erfdjjemt  e$  gleichgültig,  ob  jemanb  92uQ  SQftioa  unb 
Stall  fßafftoa  $at  ober  100  Slftioa  unb  100  ^affioa.  3n  beiben 
fallen  $at  er  -Kutt  Vermögen,  ift  er  ein  armer  -Kann.  3)a$  ©djjulben* 
gaben  äuftert  fid^  alfo  junädfjfi  nur  in  einem  roirtfd&aftlid&en  2)ru<f, 
ber  ftdj  allerbingS  häufig  jur  Notlage  fteigert.  3)iefe  SBirfung  ber 
©Bulben  ift  auf  ben  erften  Sltdf  toeber  effentieQ  nodjj  grabuell  oer« 
fdjteben  oon  ben  folgen  einer  ungfinfltgen  äiermögenSlage  überhaupt 
be$  9Ri&oerl)ältmjfe$  jnrifd&en  einnahmen  unb  ausgaben,  $totf$en 
©fiteroorrat  unb  *39ebarf.  Unb  bodf>  befielen  Unterf^iebe  $urif<$en 
einer  einfachen  Notlage  unb  einer  folgen  burdfj  35erf d&ulbung : 

2.  SDie  SSerf d&ulbung  f  ann  fid&  jur  Überfd&ulbung  fieigern. 
SBer  m<$tö  fyat,  bem  !ann  man  nid&tS  nehmen.  2lber  roer  nid&t  nur  nidfjt* 
Ijat,  fonbern  aud&  nod&  ©Bulben,  ben  oerfolgt  ba$  3JH6gefdf>id  fo* 
jufagen  über  ba3  SBermögenSgrab  $inau$;  er  fann  nid&t  oon  fidfr 
behaupten:  „tdf>  fyob  mein  ©ad(j  auf  nichts  gefiellt",  noefc  ejriftieren 
ja  bie  ©cfjulbfdfjetne  ber  ©laubiger.  9lud)  toenn  er  ft<$  nrieber  auf- 
rafft, mit  §lei&  unb  (Sifer  baS  Verlorene  nrieber  einjubrmgen  fud&t, 
er  wirb  junäd&fi  nur  „für  feine  ©laubiger  arbeiten".  3Jtan  fpridf)t 
bann  von  einer  „mobernen  ©djjulbfned&tfd&aft",  melier  3lu$brudf 
nidfjt  übel  gemault  ift,  obwohl  bie  perföntid^e  gretyett  babei  gewahrt 
bleibt. 

3.  £)ie  SBerfd&ulbung  fann  burdjj  3^^ungd{io({ungen 
geweigert  werben.  SDie  Slftioa  be3  ©df>ulbner$  ftnb,  toie  man  ftd^ 
auSbrüdft,  nidjt  fftlftfg.  2)ie$  ift  in  bäuerlichen  SBer&ältniffen  (ein  f eltener 
ftaH.  S>er  ©djulbner  tyat  eine  reiche  ernte  gehabt,  aber  ba*  ^robuft 
ifi  unoerfäufHdfj  ober  ftnbet  nur  ju  einem  ©pottpreis  abnehmet. 
9tamentli$  beim  SBorljerrfd&en  ber  SRaturalmirtfdSjaft  (ommt 
bie«  häufig  oor.  Sei  tigerten  fe&lt  baS  ©etreibe,  in  fruchtbaren 
^a^ren  fe&lt  ber  äbfafc  bafür,  ber  3Rarft.    Die  ©Bulben  finb  jum 

Co ^ (ii,  »etfc^ulbanfl.  29 


-     450    — 

großen  Seil  bereit*  ©e(bfdf)ulben,  aber  e$  befielt  ©elbmangel,  bie 
gemerbetretbenbe  8eoölferung  ift  gering  unb  arm  unb  baljer  fein 
guter  Äunbe,  unb  fo  l>at  ber  Sauer  feine  liebe  Slot,  nur  fo  mel 
SBobenprobufte  ju  pertaufen,  baß  er  bie  3™fen  jagten  fann. 

4.  SDic  SJerf d&ulbung  tann  bur$  eine  St  r  i  f  i  3  oerf djärft  werben. 
SDie  Urfad&e  ber  Ärift*  fann  t>erf<$ieben  fein:  Ärieg,  SBeränberungen 
auf  bem  3Beltmarfte,'©teigen  be3  3w3fuße3  (wegen  ber  Äapitalifatton). 
©er  ©dfjrecfen  einer  ÄriftS  für  ben  oerfd&ulbeten  ©runbbejifcer  befielt 
barin,  baß  fie  bie  SBerte  entwertet,  roätjrenb  bie  ©Bulben  biefelben 
bleiben  tote  juoor.  ©in  ©runbbeftfcer,  ber  leine  ©Bulben  Ijat  unb 
feinen  ©runbbeftfc  nur  afe  SprobufttonSmttiel,  nid(jt  als  ©pefulationS* 
objeft  betrautet,  ein  ©runbbeftfcer  alfo,  ber  baoon  leben,  banon  fparen, 
aber  nid&t  tyn  mit  ©ewum  nerlaufen  will,  lann  bie  ÄrtftS  oer&ältm$= 
mäßig  leidet  überfielen,  inbem  er  beffere  3*tten  abwartet.  „©d&tnadSJe 
&änbe"  bagegen  vermögen  iljren  33eftfe  nidfjt  ju  galten,  fie  fe&en  ftc£ 
genötigt  um  U>re  ©laubiger  ju  beliebigen,  einen  Seil  ü>re$  ©runb= 
beftfce*  ober  i^ren  ganjen  ©runbbeftfc  mit  Sngrimm  im  igerjen  um 
einen  ©pottpreis  Ijerjugeben.  SRefultat:  2)er  ©<$ulbner  ift  nadj 
Seenbigung  ber  StrtftS  ärmer,  als  er  oor  tyrer  @ntfte^ung  geiüefen 
mar,  fein  33efi|nad&folger  bagegen  fyat  ba$  „fytt  abgefd&öpft".  2)a3 
©d&limmjie  an  einer  ÄrebitfrtFtS  ift  alfo  bie  »eftfcfrifi*. 

5.  SBä^renb  ben  bie  SSerfdfjulbung  förbemben  Umflänben  ad  1 — 4 
im  allgemeinen  entgegengearbeitet  werben  fann,  bur<$  ßinberung 
materieller  Slot  (Maßregeln  gegen  ben  SßauperiSmuS),  burdjj  SRtlberung 
be3  ©d&ulbred^te^  (ßjiftenjminimum),  burdfj  görberung  ber  ©elb* 
wirtfdfjaft  (2lu$geftaltung  ber  33erfel>r$mittel,  Steigerung  ber  Äauffraft 
ber  Arbeiter),  burdfj  Serljütung  non  Ärifen  ober  ÜKilberung  berfelben, 
fommen  mir  nun  ju  einem  SBerfdfjulbungSptyänomen,  baS  ganj  befonbere 
3üge  auf  weift,  unb  tum  bem  man  mit  SRedjjt  fagt,  baß  e£  ein 
gefefcmäßtgeS  fei,  mag  man  nun  ein  pofttioeS  ©efefe  (©leid&ljeit 
be8  ©rbredfjteS  ber  Äinber)  ober  ein  SRaturgefefe  (gamilienftnn,  benn 
bief  er  betätigt  ftdfj  natürlich  in  g  1  e  i  djj  e  r  33et)anblung  fämtlt<$er 
Äinber)  barunter  nerftetyen.  ©omeit  bie  SBerfcljulbung  be3  ©runb* 
befifceS  im  (Srbgange  einf adjj  auf  großer  JUnberjal)!  beruht,  ift  ba£ 
Problem  ein  Seil  be£  33enöfferung8problem$  überhaupt  unb  auf 
biefeibe  SBeife  ju  löfen  wie  biefeS  (Steigerung  ber  ^ntenfttät  ber 
^Bebauung,  @rf<$ließung  neuer  (Erwerbsquellen,  innere  unb  äußere 
Äolonif  ation ,  überhaupt  größere  Sßrobuftinität  ber  Arbeit)-  SDaS 
3lnerbenred()t  an  fidjj  ift  nur  bann  mirffam,  wenn  bie  Segünfttgung 
be£   Slnerben    eine    bebeutenbe  ift,   oerftößt  bann  aber   gegen  ben 


—    451    — 

bemofrattfd&en  3«8  unfercr  3*tt.  S)a3  Sfoerbenred&t  tfl  ein  burd&aü« 
ariftofratifdjeS  Qnflitut,  e*  will  ibeale  Säuernde  fdfjaffen,  förbert 
aber  auf  ber  anbeten  ©eite  ben  Sßauperi3mu3.  ©iner  Sfajaljl  toofyU 
§abenber,  fdfjulberifreter  Säuern  würbe  —  bei  Jonfequenter  2)urdj? 
fü^rung  be3  2tnerbred&te8  —  eine  grofee  SRaffe  enterbter  Proletarier 
gegenüberliegen. 

■Kun  fte^t  man  bie  ttrfad&e  ber  3$erfdjjulbung  im  ©rbgange  §auftg 
ttid&t  im  gleiten  ©rbredjjt  an  ftdfj,  fonbern  in  ber  Überfdjäfcung 
b  e  3  ®ut$werte3  burdf)  bie  (Srben.  3>icf er  SfWifeftanb  liegt  tat* 
fädjlid)  oor,  er  ift  aber  jum  £eü  burdf)  bie  9Konopotflettung  ooh 
<Srunb  unb  Soben  uerfdjulbet  (o.  ©.  369),  unb  würbe  jebenfatts 
burdfj  weitere  SBefdfjränfung  ber  SBeräufeerungSfretyeit  oon  ©runb  unb 
SBoben  (SBerwetyrung  ber  gibeifommiffe,  2tnerbenre(J)t)  nodf)  oerftärft 
werben. 

Itynlidfj  wie  bie  SBerfdfjulbung  burdfj  (Srbgang  ifi  bie  SBerfdjjulbung 
burdfj  ätafauf  ju  beurteilen.  Sludjj  §ier  Ijanbelt  e3  jtdjj  für  ben  ©runb* 
befxfe  ntd&t  um  Äapttaljufu^r,  fonbern  um  3lbfinbung  auf  bem  SBege 
be$  Ärebttö,  um  „fapitaltfterte  ©rtragSteile",  meldte  an  ben  SBorbefifcer 
ober  an  biejenigen  oeräufjert  finb,  meldte  bie  2falauf£fumme  nor* 
gefd&offen  Ifaben  (©ertng)1. 

6.  35te  SBerfdjjulbung  be8  ©runbbejtfeeS  wirb  befonberä  audjj 
be^alb  t)er urteilt,  weil  fte  eine  SBerfdjjiebung  be3  ©leid^getoid^ted 
jwifdfjen  ©tabt  unb  £anb  herbeiführe,  ©ie  bewirle  eine  Stuf* 
faugung  oon  Smmobiliarwert  burdfj  ba8  bewegüdfje  ftapttal,  bie  ibeeOe 
Aneignung,  ja  bie  ©uteigmmg  oon  fapitalifiertem  Sobenertrag  bur<# 
ftäbtifdfje  Elemente,  ©eroö^nlid^  wirb  bann  weiter  auf  bie  nationale 
©efa^r  ^htgewiefen,  bie  au$  einer  folgen  SBeränberung  bro^e,  burd& 
Surüdfbrängung  ber  fonferoattoen  gaftoren,  &erabfefcung  ber  2Bel>r= 
fraft  ufw.  SDtefcr  ©ebanfengang  fteljt  in  einem  merfwürbigen 
SBiberfprudjj  ju  ber  immer  wieber^olten  Seljauptung ,  bajs  bie 
SBerfdfjulbung  burdj  Seftfcübergang  ben  größten  £eil  ber  SSerfdljuIbung 
überhaupt  auSmadjje2  unb  prafttfdfj  faft  allein  in  Setradfjt  fomme. 


1  24.  $lenan>erfammlung  be3  beutfd&en  Sanbnrirtf  $aft$rate$ ,  Brd&fo  be$- 
felben,  1896,  6.  220.  $gr.  Stobbertuä  6.  25:  „au  Kapital  begenerierter  3Kit- 
befty  an  ber  ©utSrente/ 

*  9to<$  ber  @$äfcung  oon  ©ering  (a.  a.  O.)  fmb  2)reiüiertel  ber  $9po* 
tyefenföulben  auä  Stnfauf  unb  ©rbgang  hervorgegangen.  Sgl.  aber  Stabe,  3ur 
ftrage  ber  9obenentf$ulbung ,  Serfjanblungen  be$  27.  beutföen  3urijtentage3, 
3.  8b.  (©uta^ten)  6.  45  ff.  6.  67:  ,.  .  .  ber  »eftyn>e($fel  bur$  ©rbgang  unb 
flauf,  befonberS  bur4  ©rbgang,  in  ber  breiten  SKaffe  bed  bäuerlichen  Seftye*  in 

29* 


—    452    — 

3)ewn  e*  gehört  btdü  eine  ftorfe  $(>antafte  baju,  alte,  arfeettömäbe 
Sauern,  bie  fty  J«r  9ht^e  fefcen  wollen,  ober  abgemietete  Stauern* 
tinber,  bie  bod>  gum  grölten  Zeile  ber  Srbettertlaffe  ( häufig  ber 
länblidjen)  angehören,  al«  Vertreter  be*  „beu>egli$en  Äapitate",  be* 
„flfibtifd&en  ^ntereffeS"  nfto.  ju  betrauten.  2)afe  eine  ftarte  S3er= 
fd&ulbung  be«  ©runbbeftfce*  befielen  fann,  o^ne  bafi  ftäbttfdje  ©le* 
mente  baoon  Sarteil  jtelpn,  gefjt  an*  biefer  ©d&rift  Jjeruor.  SDie 
©tobte  ijaben  im  17.  3al)rl)unbert  bttrd&au*  nidjt  ge  = 
ttonnen,  wo  ber  ©runbbefifc  nerloren  l;at.  aud&  bie  SBer* 
fdjjulbung  burd)  ©rbgang  ift  mdfrt  ben  ©täbten  jugute  gefoimnen, 
benn  tardlj  bie  91teberlaffung*bef(i>rfinfungen  ufw.  war  e*  ben  über= 
gebeifben  Säuern,  ben  toetd&enben  ©efd^nriftern  ferner,  meint  nid^t 
imroögltdj  gemadjt,  ftdfj  in  ber  Stabt  anjuftebetn. 

7.  Sei  argumentationen  n>ie  ad  5  unb  6  fte&t  ber  alte  ®e* 
baute  im  fcintergrunbe ,  bafc  ber  Arbeiter  ben  Ertrag  feiner  Srbeit 
allein  genie&en  fott1.  aber  ber  ßonbroirt  ifl  nid&t  nur  ©runbbeftfeer 
unb  arbeitet,  fonbern,  memgflen*  in  ©eutfdfrlanb  nadfj  ber  im  all* 
gemeinen  ^errf$enben  Übung,  audjj  Unternehmer.  81*  foldjer 
brauet  er  betoeglid^e*  Äapital,  brauet  er  Ärebit.  SBenn  ftd^  nun 
fein  ©runbbeftfc  burdf)  bie  betannten  ©igenfd&aften  oon  ©runb  unb 
Stoben,  natürliche  @rtrag*fät}igfeit  unb  fefter  ©tanbort,  fo  oorjfiglidfj 
§ur  Unterlage  für  ben  Ärebit  eignet,  fo  wirb  er  frol>  fein,  barm 
einen  Sorfprung  cor  feinen  Äonfurrenten  im  SBettbetoerb  um  ba* 
beroeglidjje  Kapital,  ©eroerbe  unb  £anbel,  ju  beftfcen,  befonber*  ba 
er  in  triefen  anberen  Sejieljungen  hinter  iljnen  jurfidtfie^en  mufc.  6* 
erfd&eint  ba^er  „al*  eine  offene  gftage,  ob  bie  jroeifello«  nor^anbene 
fteigenbe  3una^me  ber  Umblicken  SBerfdjjulbung  allein  and)  ein  an« 
jeid^en  be«  Stiebergange«  ber  Sanbnrirtfd&aft  ift,  ob  ntd&t  oielmefjr 
unter  heutigen  SBerljältniffen  bie  3unal)me  &er  SSerfd^ulbung  eine 
anpaffung  be«  lanbroirtfcljaftltcben  Unternehmen«  an  bie  moberne 
Ärebitnrirtfdfjaft  bebeutet  in  bemfelben  ©inne,  in  bem  ber  Ärebit  audf> 
auf  bem  ©ebiete  be«  ipanbel«  unb  ber  Qnbuftrie  ftdj  ein  immer 
weitere«  ©ebiet  erobert  tyat2."    SBie  reiben  fid^  tyier  Kapital  unb 

$eutf$lanb  nia)t  in  fo  oerbängnisooller  Söeife  jur  Serfc^ulbung  geführt  f)at, 
rote  bie«  fett  SRoDbertu«  melfad)  angenommen  roirö.* 

1  93gl.  ©ering  auf  ber  preufjifc^en  Slgrarfonferenj  von  1894  (Spiels  Safjr* 
früher  XXIII  ©rgänjunflSbanb  2  ©.  7):  ,,©o  geijt  ein  immer  größerer  %e\l  be« 
©obenertrageS  in  bie  §anb  berjenigen  über,  roela)e  33obenrente  bejtefjen,  oljne 
ben  ©oben  $u  bearbeiten". 

9  o.  <£etto,  Sßlenaroerfammlung  be«  beutfc&en  SanbnurtfdjaftSrate«  1902, 
8rc$u>  ufro.,  XXVI  255. 


—    453    — 

Arbeit  bie  ißänbe!  SBäre  e$  nidjjt  aud&  für  bic  Sanbroirifdjaft  an 
ber  3eü/  b<**  betoeglid&e  Kapital  neben  betn  ©runbbefifc  unb  ber 
Sttrbeit  als  gleidjberedfjtigten  gaftor  —  nid&t  nur  in  ber  Styeorie, 
fonbern  audj  in  ber  graste  unb  in  ber  Sßolitif  —  anjuerf  ennen  ? 
SDie  %zü$tt  einjutyeimfen,  bie  bie  Konjentration  be$  Kapitals  in  ®e* 
ftalt  ber  gefteigerten  Sßrobuftiottät  ber  Arbeit  bringt?  2)a3 
Äapital  —  fdfjon  oor  bem  Sßorte  jittern  manche  —  ift  wie  ein 
Tiüfclicijer  ©toff,  ber  erft  geformt  werben  mufc.  3fe  nadj 
ben  &änben,  bie  ba3  ©ifen  formen,  nrirb  e$  eine  Sßflugfd&ar  ober  ein 
©äbel.  SBirb  e3  ben  Sanbtoirten  gelingen,  iljre  SBerf orgung  mit 
Äapital  fo  ju  orgamfteren,  bafe  e3  nur  feine  nü^lid^en  @igenf<$aften 
$u  entfalten  oermag,  bafe  e$  tynen  ©egen  bringt  ftatt  glu<$? 

8.  SDer  SBeg,  ben  mir  jurücf  gelegt  Reiben,  meift  aud)  auf  ba3 
3iel  Ijin:  äöir  gingen  aus  oon  einer  3^t,  mo  Kapitalmangel 
|errfdjte  unb  bie  ©ebunben^ett  oon  ©runb  unb  95oben  bie  33enufcung 
beSfelben  jur  ©rlangung  oon  Krebit  erfdjtoerte.  2Bir  enbeten  an  ber 
©djtoeHe  einer  3^,  bie  bie  geffeln  ber  Verfügung  über  ©runb  unb 
SBoben  abftreifte,  aber  ba8  Kapital  in  einer  burdjauS  mangelhaften 
SBerfajfung,  ja  ofcne  33erfaffung,  oerftreut,  ifoliert,  in  ©<#lupfroinfeln 
©erborgen,  antraf.  3)ie  aufgäbe  beftanb  nun  barin,  ba$  Kapital  ju 
fammeln,  ju  f on jentrieren ,  itjm  SBertrauen  emjuftöfjen,  e3  in  bie 
paffenben  Kanäle  ju  leiten.  2Bünf<$en  bie  Sanbnrirte,  bafc  bieä  in 
einer  Sßetfe  gefdjietyt,  mie  e3  tljren  magren  Qntereffen  am  meifien 
entfprid^t,  fo  muffen  fie  bie  Drganifation  beä  Kapitals  felbft  in 
bie  ißanb  nehmen.  Sie  genoffenfdfjaftlid&e  Betätigung  §at  auf  bem 
©ebiete  beS  lanbtoirtfd&aftlid&en  KrebittoefenS  nod)  ein  toetteS  $elb. 
Slud)  auf  biefem  ©ebiete  oerfolgt  alfo  bie  ©ntmieflung  eine  beftimmte 
33aljn:  5ßon  ber  ©ebunben^eit  —  jur  gretljeit  —  jur 
Drganifation. 

9.  @ine$  getyt  aus  biefen  SBlättern  mit  Sefttmmtyett  §eroor. 
©egen  bie  aSerfd&ulbung  oon  ©runb  unb  Soben  gibt  e$  fein  „fpejtfifdjeS 
Heilmittel".  SDie  93erfd(julbung  ift  nur  baS  ©pmptorn  eines 
Übels,  unb  fogar  eurlrügerifdjeS  ©pmptom.  ©ie  fann  ber  2tuSs 
brud  einer  fteigenben  SBerftridEung  ber  Sanbtoirtfdjaft  in  bie  mobeme, 
fapitalifHfd&  organifierte  ©elb=  unb  Krebittotrtfdjaft  fein,  ©ie  fann 
aber  audf)  ber  2luSbrucf  fein  oon  tedjnifdjer  unb  nrirtf<i>aftlid)er  9tttcfs 
jiänbtgfeit,  bei  ber  ber  Sanbroirt  überrafdjjt,  überrumpelt  wirb  oon 
ben  mädjtig  anbringenben  SBogen  ber  SBeltioirtfd&aft.  ©ie  fann  audjj 
mit  unberedjjenbaren  gaftoren  (SSJitterung ,  Kinberjaf)!)  jufammen* 
Rängen.    9Ran  mufe  alfo  ber  SBerfdjulbung  immer  auf  ben  ©runb 


—    454    — 

gelten,  na<$  tiper  Urfadje  fragen.    9la$  ber  Urf  adje  mufc  ftcfc  Ijter 
audj  bie  SRaferegel  rieten.    Qm  etnjetnen  unb  im  allgemeinen. 

2Bir  ftnb  enblidj  foroeit,  ba&  wir  bie  „fiöfung  ber  fojialen  grage" 
ntd>t  t>on  einem  ©pejiftfum,  j.  33.  naturgemäßer  Arbeitslohn,  5probuftit>* 
genoffenfdjaft,  ©ewinnbeteiligung,  SRedjt  auf  Sirbett,  erwarten,  fonbern 
von  ber  ©ntmicflung  ber  2)inge,  oon  ber  SSerbefferung  ber  mirtfdjaft- 
Kd&en  Sage  beS  Arbeiters  im  allgemeinen  ufto.  Sludj  baS  33er* 
fdjulbungSproblem,  bie  fojiale  grage  ber  ©runbbejtfcer  fann  nidjt  mit 
medjantfd)  mirfenben  Mitteln,  j.  93.  SBerfdjulbungSgrense, 
fonbern  nur  mit  ben  altbewährten  Hausmitteln  ber  SBolfSwirtfdjaft, 
nrie  mir  fte  j.  93.  oben  unter  5.  gef Gilbert  Ijaben,  gelöft  werben. 
S)er  Äampf  gegen  bie  93erfd>ulbungSgefal)r  ift  eben  im  ©runbe  bodj 
nid&tS  anbereS  als  ber  ßampf  gegen  bie  Ungunfl  ber  wirtf  djafi* 
lid&en  SBer^ältniffe.  ftreilidj  wirfen  Hausmittel  nidjt  fo  rafdj, 
aber  fte  ftnb  aud)  weniger  gefäljrltdj,  wie  jene  Auren  k  la  a5oftor 
©ifenbart. 


2lnfyang. 

(Orthographie  beibehalten,  Xautotologien  oermteben.) 


3a)  N.  N.  benenne  für  midj,  alle  meine  ©rben  unb'naa)fl)ommen  mit  bifett 
offenen  brief,  ba$  ia)  t>on  fonberS  meines  nuea  unb  notturfft  wegen  oerf$aufft 
bem  N.  N.,  allen  feinen  erben  unb  naa)fljomen  300  fl.  SRJjetnifdJ,  gute  gangbare 
unoerbotljene,  ben  SReiljmf  d&en  gulben .  ju  fedfoig  freier  geregnet,  3erUa)en  unb 
ewigen  gewiffen  Sin§  von,  ab  unb  auf;  meinen  beiben  ljofmara)en,  äffen  ber* 
felben  redeten,  ein«  unb  sugeprungen  umb  6000  gulben  ffleüufa),  au  ©ec§ai(J 
freiaer  gerechnet,  bte  mir  gebauter  N.  N.  in  guter  gangbarer  unterbotener 
SReidJSmüna  an  fjeut  dato  behalt  Ijat.  Serfpred)e  hierauf  oboermelten  N.  N., 
feinen  @rben  unb  naa)fl)omen  gebadete  300  gulben  Serltdjen  3in6gelt8  Sarlict) 
auf  ©.  Sacobö  tagr  aa)t  tag  oor  ober  naa),  gegen  gebürliä)e  quittung  auf  meinen 
Sofien  unb  fdjaben  3me,  bem  fljauffer,  in  fein  woljnung  unb  in  feine  gemalt  au 
bejahen,  aud)  mit  erfter  SBerainfung  auf  Sacobi,  fo  man  3elen  wirt  ©ed)aed)en* 
$unbert  unb  fünf  %af)v,  anjufang.  Unb  bamit  offt  ernenter  N.  N.,  feine  (Srben 
unb  naa)fl)omen  wegen  be3  (jaubtgutS  unb  ber  3erlid)en  3wß  befto  meljr  oer- 
fidjert  unb  oergewift  fein ,  So  fyab  ia)  3me ,  feinen  @rben  unb  naa)l(jomen  au 
redeten  unberpfanbt  eingefefct,  ^afft*  unb  Sßfanbtbar  gemacht  obbeftimbte  3roo 
$ofmara)en  N.  N.  mit  allen  regten,  gerea)tigf§eiten ,  ein«  unb  3uge§orungen, 
barumben  id)  3§me,  feinen  (Srben  unb  naa)f(jomen  ein  rechter  magrer  fertiger 
fein  wtl  gegen  meniglicj,  alfo  unb  bergeftalt:  roo  3^me  bem  Hjeuffer,  feinen 
@rben  unb  naa)fljomen  fola)e  3*n&  auf  obbeftimbte  maafs  unb  wetfc  nit  gereicht 
ober  fonft  biefem  ©rief  juroiber  geljanbelt  mürbe,  ba$  aldban  ber  tyeuffer  maa)t 
unb  gemalt  Ijat,  wegen  fola)er  auäftenbigen  gilt,  (Sofien  unb  fa)aben  unb,  im 
faljl  ber  wiberlofung,  aud)  megen  ber  fjaubtfuma  fambt  berfelben  Soften  unb 
fd)aben,  gleid)  als  in  eine  befl)enbtlia)e  gemunnene  unb  in  rea)t  erhaltene  faa)en, 
▼ia  executiva  mta),  meine  @rben  unb  naa)f§omen  Sor  allen  gerieten,  getftlta)en 
unb  weltlichen,  oorjunemen,  augleid)  aud)  obbefagte  unberpfanbt  unb,  ba  einia)e 
abgang  baran  mar,  alle  anbere  Unfere  güt&er,  fo  3nte  aua)  auf  fola)en  faljl  $ie* 
mit  oerpfenbt  fein  follen,  mit  ober  oljne  red)t  eignet  gewaltS  anaugreiffen,  einju* 
nehmen,  fta)  felbft  beja&lt  au  machen,  au  nuejen,  au  nieffen,  barmit  au  t§un  unb 
imlaffen,  a(3  mit  anbern  feinen  eignen  gütljern,  ©o  lang  unb  eil,  H3  3nte  bem 
Äfymffer,  feinen  Srben  unb  naa)f$omen  oon  mir  ober  ben  meinigen  entria)t,  aHe£ 


1  J*rei3ara)io  3Rüna)en  ©eneralregifter  289/8.  Äonaept  o.  3).  2Ba$rfa)etn- 
lia)  tum  1604,  rote  au$  bem  erften  3inStermin  $eroorget)en  bürfte.  Signatur: 
Gopy  ®elh>erfa)reibung.  —  $a3  @a)riftftfld  fann  als  $upud  ber  um  1600  unb 
fpäter  üblia)  gemefenen  3)arfe§en3oertrftge  in  gorm  be$  beiberfettä  ablädlia)en 
Äentfaufd  betrachtet  werben. 


—    456    — 

abgeleget,  au$  biefem  bricf  alle*  feine*  3n(a(t*  gelebt  roirt.   SBie  ia)  ben  au$ 
$ieneben  auf  obbemetten  fa$(  bet  nit$a(tung  $$nt  tyauffer  ju  einen  magren 
re$tmeftigen  beftenbtgen  beftyer  erfi  angeregter  3ro*9n  ttnberpfanbt  macb,   au$ 
ta)  biefelb  alöban  nur  in  fein  be*  Jtyauffer*  namen  tnfjaben  fol  unb  mit.     8ht 
meinem  unb  allem  anbern  in  bifein  bricf  unb  $ernaä)  befd)rieben  mi$,  meine 
(Erben  unb  naettyomen  nit  fa)ueaen  fdjirmen  ober  bewerfen   fot  ffctn  ©etftlidj 
noä)  roeltltü)  geriet,  red)t,  Statut,  geroonljett,  genabtr  fren$eit,  Serbotl),  geboüj, 
Hein  erlanget  re$t,  fü)aur,  bagl  ober  anbere  utraerfe(ene  3uefa$(,  fyein  exception 
wie  bie  immer  genennt,  ban  id)  mta)  beren  allen  in  genere  et  in  specie  frenroittig 
genjlia)  unb  ewig  begeben  unb  oerjigen.    SBer  auä)  bifen  ©rief  mit  fein    be3 
tyeiffer*,  feiner  erben  unb  na$tyommen  gufyen  roitten  Qnen  f)at  unb  fürbringet, 
ber  ober  biefelben  $aben  alle  biefe  hierin  griffen  red)t.  3ebo$  &abe  id)  mir  einen 
enrigen   3erlia)en  nribertyauf  vorbehalten  mit  bifer  mafi:   SBel($e*  3ar*  ober 
f^ünfftiget  Seit  mein  ober  metner  (Srben  unnb  nad)!omen  gelegen^eit  nit  me$r 
fein  wolt,  ermelte  fea)*taufenb  gulben  $aubtfuma  auf  obgefefcten  meinen  benben 
(ofmarä)en  obbefa)rtbener  geftalt  (igen  unb  ©erainfen,  fonbern  ablofen  ju  (offen, 
©o  n>i(  unb  fo(  ia),  meine  (Srben  unb  naa)?$omen  ben  nribertyauf  unb  ablofung 
neber  3*«  ein  $alb*  3ar  oor  ber  Qini  3*it  gu  nriffen  mad&en,  unb  barauf 
oolgent*  su  ned)ftem  ©.  Sacob*  Sag,  ungefer(id)  14  Xage  oor  ober  naa),  bie 
ablofung  unb  roiberfauf  mit  beraiter  bejaljlung  ber  6  taufenb  gulben  Ijaubtfuma  m. 
guter  unoerbottjener  gangbarerfcSRetd)*münj  fambt  allen  oerfa^lenen  unb  anftenbigen 
gilten  Soften  unb  fajaben,  gegen  $erau&gebung  bifer  meiner  Serfd&riebung  unb 
gebirlitt)er  Quittung,  oljne  allen  feinen  fd)aben  tfjuen.    ©Itedjer  geftalt  $a&  icr> 
3&ne  N.  N.,  feinen  (Srben  unb  naä)H)omen,  aud)  getreuen  Sn^aber  be*  brief* 
frenroilUg  jugelaffen,  ba*  er  mir  bie  Ijaubtfuma  obbefc&ribner  gepalt  auffagen 
unb  auftreiben  mag,  unb   iä)  barauf  fd)u(big  fein  fol  unb  bin,   foldje  auf* 
Iljünbung  mit  erlegung  ber  ^aubtfuma  in  me^rangejogenem  wert  unb  gelt  mit 
Soften  unb  fä)aben,  aller  maßen,  rote  (jieroben  angeregt,  ©tat  &u  geben.    Su 
roela)em  allen  iä)  mta),  meine  erben  unb  naä)f$omen  auf  ba*  crefftgft  unb  in  be* 
ftenbigefter  form  rea)ten*  oerbinbe.    ade*  ben  meinen  3lbelta)en  e§ren,  roaren 
nrirben,  brauen  unb  glauben.    Sreulid)  unb  o$ne  geoerbe.    3)e*  ju  Urfljunbt 
$ab  ia)  bifen  93rief  mit  eigener  $anb  unberfä)riben,  mit  meinen  angebornen  tyett* 
fd)aft  verfertiget.    33eftt)eljen. 


II.   ^rforttäf *ovl*mxn&  toim  1616  K 

I.  Sitte  ©eria)t*!often  (Hrt.  2). 
II.   SBeerbigungöfoften,  £)oftor*  unb  Slpotbeferfoften  (2lrt.  3  unb  4). 

III.  $er  «gearnbte  £tblo$n",  b.  f).  ber  oerbiente  £o$n  ber  @§e^alten,  länb* 
liefen  unb  geroerbltdjen  ^aglö^ner  unb  ber  ©törer,  aber  ^od^ftenS  im 
Sa^reSbetrag  (3lrt  5  unb  ©a)mib  n.  4). 

IV.  1.  gorberungen  au*  Slufmenbungen  (innrem  versio,  2(rt.  6): 

a)  , diejenigen,  fo  $ut  notroenbigen  SBiebererbauung  unb  ©Haltung 
eine*  ©eböu  ober  anberer  ©aa)en,  bamit  biefelbige  ntdjt  gar  ju 
©runbe  ge^en,   ©elb   ober   ^Baumaterialien   ^erlei^en  .  .  .  $oa) 


1  ®antoro3e6  Xitel  II.    ©ielje  oben  ©.  105. 


—    457    — 

anberä  nidjt,  e3  »erbe  benn  bettriefen,  ba|  foldj  (Selb  ju  feiner 
anberen  Urfadpe  al$  allem  jur  notroenbtgen  2Biebererbef[erung  unb 
ntdjt  etwa  allein  311  einem  unnufclid&en  ßuftbau  ober  in  anberroeg 
Ijergelieljen,  aua)  foldj  (Mb  roirflidö  an  bie  SJerbefferung  »erroenbet 
roorben*. 

b)  2)te  Steuern  unb  2luffd)läge,  „fo  Derjenige,  beffen  ©üter  auf  bie 
©ant  fommen,  von  feinen  ©utero  ober  ©etränfe  felbft  fdjulbig  ift*. 

c)  »diejenigen,  fo  (Setreibe  gur  Sefäung  ber  gelber  Ijerleüjen*,  xoznn 
„bie  gelber  bamit  befaet  werben*,  an  ben  grüßten  be3  betreffenben 
3a§re$. 

2.  gorberungen,  äljnlia)  ienen  auS  8lufn>enbungen  (quasi  in  rem  versio, 
Slrt.  7  unb  8): 

a)  „2)ie,  fo  ;ur  (Srfaufung  ober  Sieuerbauung  eines'  §aufeö  ober  anberer 
Sao)en  ifjr  @elb  bargeftrecft*,  vboa)  allein  in  bem  gaffe,  toenn  iljnen 
baS  er!aufte  ober  von  neuem  erbaute  ©ut  ju  einem  au8brüc!lia)en 
Unterpfanb  nerfefct  ober  »erfd&rteben  toorben*.  Oft  ber  3)arlei$er 
eine  Sormunbfdjaft,  Ätra)e,  milbe  Stiftung  ober  ©emeinbe,  fo  ent- 
fällt biefe  SorauSfefcung,  2lrt.  8). 

b)  „(Sine  gleta)e  Meinung  Ijat  eS  mit  benjenigen,  bie  in  ©rfaufung 
tljrer  ©üter  bei  folgen  ©ütem  üjnen  [fta)]  um  ben  unbezahlten 
ftauffa)iffing  ein  Unterpfanb  auSbrücflid)  vorbehalten*. 

3.  a)  25er  ©runbljerr  mit  feiner  ©runb*  ober  $errengült  unb  ben  anberen 

§errenforberungen  (3^r  ®ült,  ©ut86erta)t,  Simmetxetyt,  Unfall 
unb  «bfabrt,  2lbfa)leif  —  fianbreajt  XXI ,  11)  an  ber  ©runb- 
gerea)tigfeit  unb  ben  oor^anbenen  grüßten  auf  brei  Sa^re  (%rt.  9). 
(2ln  ber  ga^rniä  Ijat  ber  ©runb$err  nur  ein  ftifffa)n>etgenbe8 
$fanb  o^ne  SorjugSrecftt). 
b)  $ie  »ogteigülten  (2lrt.  9). 

2)er  Vorrang  ber   vierten  Stelle  besiegt   ftd)    nur  auf  ba$  be* 
treffenbe  ©ut  (»rt.  10). 
Y.  2)a8  #eiratgut  ber  @^efrau  (dos).    (3Ba8  il)r  fonfiigeä  Einbringen  [bie 
$arap§ernalien]  betrifft,   fo  l>ai   bie  @§efrau  nur  ein  ftillfa)weigenbe3 
©eneralpfanb,  aber  fein  $or*uggrea)t;  gletdjeä  gilt  von  ber  SRorgengabe 
unb  SBiberlage,  00m  $oa)geit3tage  an)  (2lrt.  11,  »gl.  au*  Slrt  12—14). 
VI.  2He  Pupillen,  3Rtnberjft$rigen,  Atrien,  Spitäler  unb  anberen  milben  Stif- 
tungen, aua)  bie  Stäbte,  SRärfte  unb  anberen  ©emeinben,  bie  eigentliche, 
©on  ber  Dbrigfeit  gugelaffene,  approbierte  Kommunen  finb,  ferner  bie  geift- 
lia)en  Sruberf ajaften;  an  ifcrer  SBormünber  unb  Serroalter  $ab  unb  ©ütem 
(Krt.  15).  $a*  »orjugsred&t  beginnt  beim  antritt  ber  Sernmltung  (Brt  18). 
YII.    2)er  giefuS  wegen  feiner  gorberungen  au8  einem  Gontraft  ober  auä  einer 
anvertrauten  Serroaltung,  fonrie  bie  gorberungen  ber  Sanbfdjaft  aui 
tyrem  8er$ältm§  au  ben  mit^inbringung  ber  Sanbfteuern  unb  Äuffd&töge 
Betrauten  $erfonen  («rt.  16  unb  17).    2)a3  SSorjugSredJt  beginnt  beim 
©ingegen  be3  SontrafteS  begm.  beim  antritt  ber  Serroaltung  («rt.  18). 
©rroirbt  ber  Sa)u(bner  bar  na a)  ein  $eiratgut,  fo  ge^t  ber  gi«fufl  ber 
(Sbtfrau  oor  (Art.  16). 
VIII.  2)ie  primlegierten   auÄbrtirf lia)en   ^upot^efen,    nämlia)    bie   ©trtraa*- 
^upot^efen  ber  flegelmäfcigen  $erfonen  unb  bie  oor  ber  Dbrigfeit  er« 


—    458    — 

richteten  $9pot$efat.    ferner  bie  füttfgtveigenben  $9potye!en  o$ne  Sor* 
Sug*re<$t  (Krt  19,  20,  22—24). 
IX.  $ie  anbeten  au3brütflia)en  $npoi$e!en  (Hrt  19  unb  21). 
ad  VIII  unb  IX: 

1.  Söenn  nigtprivilegierte  auftbrü<Ki$e  $9pot$e!en  unb  füttfdjroeigenbe 
gypotyefen  o$ne  8oraugftreü)t,  femer  wenn  alle  brei  91rten  von 
$npotbe!en  (privilegierte  audbrü<flia)e,  nidjt  privilegierte  au3brücfti<$e 
unb  ftiBfa)tvetgenbe  o$ne  SJoraug*rea)0  am  AonfurS  beteiligt  ftnb,  fo 
entfa)eibet  über  ben  JRang  ber  genannten  §npot$e!en  unter  ftc$  nur 
bie  3eit  ber  <8nif*e$ung  (*rt.  21  unb  ©t&mib  au  «rt.  22  n.  4)1. 

2.  £udbrü<flio)e  $vpotbefen  fljfanboerfd&retbungen),  iveldje  älter  flnb  al$ 
bie  3(nfprüa}e  ad  V,  VI,  VII,  geben  biefen  vor,  ben  Slnfprüo$en  ad  VII 
aber  nur,  wenn  fte  [bie  audbrücfliajen  £tjpot(je!en]  ©peaiaQypoigefen 
ftnb  (Slrt  11,  16,  19  unb  21). 

8.   ,2Benn  jemanb  fein  (Selb  einem  anbeten,  ber  ein  fola)  audbrücftkbeS 
Unterpfanb  §at,  ju  entrichten  (erteilt  unb  benebenö  bebingt,  bajs  er 
in  beftfelben  ©tatt  {leben  unb  aua)  fein  Unterpfanb  $aben  fott*,  fo  iß 
er  an  bie  ©teile  biefeS  ©laubiger*  ju  fefcen  (3lrt.  19). 
X.   $ie  befreiten  [privilegierten]  gemeinen  ©laubiger  ($erfonalfrei§eiien): 

a)  (Surrentforberungen  ber  ©tftbte. 

b)  ,2)a  @iner  aur  (Srfaufung  eine*  ©uteS  o$ne  $fanb  fein  ®efl>  ber* 
gelieben  f)at". 

c)  „2>a  eine  JBraut  vor  ber  §oa)seit  intern  fünftigen  Gljetvirt  ba*  §etrat* 
gut  f)&ttt  augebraajt,  aber  vor  ber  §ott)aeit  feine  ©üter  angegriffen  unb 
ber  ©antproaefc  angefangen  tvirb*. 

d)  ,2)er,  mit  tveldjeS  ©elb  ein  anberer  befreiter  ©laubiger  beaaljlt,  aber 
nid&t  bebingt  ivorben,  bafe  er  in  beffelben  ©laubiger«  ©tatt  treten  unb 
beffen  Unterpfanb  audj  Ijaben  fotl*- 

e)  „Slua)  bat  ber,  mela)er  vor  oem  ©antprogefs  von  beö  ©a)ulbner& 
Dbrigfeit  ein  @efä)8ft,  bafe  ber  ©ajulbner  bie  Seja^lung  tan  fo&,  er* 
langt  $at,  ben  Sorrang  vor  ben  gemeinen  ©läubigern*.  — 

[ÜRaaj  biefen  tön  ©teilen  fommen  bie  unbefreiten  gemeinen  ©laubiger 
8um  3uge.] 


III.    £ttff*brtef2. 

(Safparn  ©arauö,  getveften  £agroertt)er  au  <Slet$aimb  betr. 

3  a),  ©aSpar  ©arauS,  getvefter  £agiver$  au  ©letbatmb,  benenne  Ijiemit  für 
miä),  unb  all  meine  @rben:  SRadjbem  ia)  von  ben  $errn  (Samerer  unb  9%at§  ber 
©tatt  ©rbing,  als  obriften  Sertvefer  unb  ©ajuejljerrn  ^ber  beö  Qt.  ©etftö  Spital 
alba,  auf  be$  btnanten  ©pitalS  frev.  aigent§omblid)en  ©ölben  au  (Sletyaimb 
£eibrett)t  an  mia)  gebracht,  vermög 


1  3WU  anberen  SBorten:    @8  finbet  bann  lein  9tongunterfa)teb  au)ifa>n 
fllaffe  VIII  unb  IX  ftatt 

8  Ärei3ara)iv  3Rüna)en  »riefprotofolle  196/1  (8anbgeria)t  @rbing). 


—    459    — 
SetbredjtSbrtefS, 

toeldjer  von  mortlj  au  mortl)  alfo  lauttet: 

SBür  öurgermaifter  unb  3flat^  ber  ©fcurfrtt.  Statt  @rbing,  al*  oberfte  Set* 
wefer  unnb  6t$uea$errn  pber  beä  $eil.  ©etftä  Spital  alba,  Sefl&ennen  oon  be& 
Benannten  ©pitalS  wegen  Sentit  fament  unb  fonberö  für  unn§,  aU  unnfere  9tac$* 
Jörnen,  3)a3  mür  von  be$  meljrbebeitten  ©pitalS  beffern  nua  unnb  molfarty 
wegen  bem  (Srbaren  (SaSpar  ©arauS,  geroeften  £ag»erd&er  au  ©letljaimb  unnb 
<Slifabet$en  feiner  Jauäfrauen,  3*  bccber  SeibSlebenlang  aber  nit  lennger,  in 
unnb  auf  bemeltem  ©pitalS  atgent§omblidJ  gehörigen  ©ölben  ju  (Sletfjaimb,  mit 
aU  beffen  von  altera  $er  rechtlichen  ein*  unb  guegegörungen,  ©runbt  unnb  poben, 
ju  §auf*  unnb  $of,  nichts  bauon  ausgenommen  ,  Setbggered&ttgfl&eit  geben  unb 
verlafen  Ijaben.  2)arum6en  unnb  ftr  folc$e  ßeibred&t  gebaute  aroap  @§eleit$ 
patS  bejalt  am  ©uma  gelig.  Xemnafy  foßen  unb  mögen  fp  ermelte  GtfjeUitfy 
fold&e  ©Ölben  3*  baiber  Seibölebenlang  infjaben,  nueaen,  nieffen  unb  gebrauchen, 
bo<$  9ebe$ma§l3  au  bejj  ernannten  ©pitalS  gemoljnltd&enn  ©tiftjett  umb  (Baut, 
roo&in  3§nnen  folcje  antyinbt  roirbet,  in  ber  ©tifft  er  [feinen  unnb  baoon  lautlj 
©aal*  unnb  ©tiftSbued&ä  au  ©ilt  raid&  gebeä  3a^r  bren  Bulben  brep  fd&itting* 
Pfennig  unnb  »ier  Pfennig  ©tiftgelt,  2>aran  bem  ©püal  weber  fd&aur,  £agl, 
©teur,  Sinnlag,  Ijtlfgelt,  ßrüeg,  Sranb,  waffergiefjen,  noa)  anbere  bergletd&en  be* 
f erwerben  fd&aben  ober  abbru$  bringen  fotten,  S&errerS  bie  angeaogne  ©ölben 
fjoinem  anbren  JBerlafen,  fonbern  _felbft  beftfcen,  au  §au3  unnb  $of  wefent  unnb 
peilidj  galten,  nid&tö  baoon  Der  Römern,  oertyauffen  ober  oerlaf,  au$  auf  aue* 
tragenbe  Serenberung ,  wie  gebreid&ig,  umb  anlait$,  abfartl)  unnb  anberä  ab* 
frommen,  bann,  ba  eS  fta)  begibt  unnb  bie  notturft  erforbert,  mit  barraidfjen 
unnb  aue&elffen  au  bejj  ©pitalä  gepeuen  miliig  eraaigen ,  Stern  roooer  fta)  bifer 
©ölben  Ijalb  frritt  unnb  Srrung  eraaigen  würbe,  fid&  beffen  ofjnne  unnS  ober  ber 
©pitlpfleger  oorwiffen  mit  nieten  unberfanngen,  fonbern  alSbalben  gebierenb 
anmelben,  unnb  als  offt  wttr  ober  9lad(j!$ommen  bifen  brief  begehren  gefe^en, 
andren  ober  jelefen,  fp  unnä  beffen  Jeberaeit  ungemaigert  mit1  fein.  SBann 
unnb  im  fafjl  f»  aber  3re  2eibrec§t  loertyauffen  wolten  ober  mieften,  fo  folten 
f9  foldje«  unn«  von  bejj  ©pitalS  wegen  oor  memgelic$  anbieten  unnb  um  einen 
aimb(t$en  Pfenning  eroolgen  laffen,  SBooer  roür  nun  nit  I^auffen  motten,  als* 
bann  ma$t  ^aben,  bie  mit  unnferem  oormiffen  ainen  anberen  teigli$en,  fo  unnö 
gefettig,  unnb  alle«  bS  oerri^t,  maS  in  bifem  »rief  begriffen,  auoerf&auffen. 
Unnb  almeilen  fp  nun  bfe  alle«  galten,  fotten  fp  von  folc^er  £eib3gere$tigf$ett 
nit  entfett,  fonbern  babei  3r  lebennlang,  aber  nit  SSetrer,  gelaffen  werben.  SBann 
fp  aber  ainen  ober  me$r  Urtiel  pberfa^ren  tf)&tten,  bie  offt  angeregte  Sölben 
nid)t  mefent  unb  peulid^  gelten ,  fo  fotten  fp  ober  Sre  5^acf) frommen  bie  2eibß 
redjt  gennali*  oerworc^t  §aben,  aud^  bie  erftberierte  ©ölben  al«ban,  unnb  fonber- 
Ud)  auf  beeber  leibgebingg  $erfo^nnen  ableiben,  mit  aller  nueaung,  roie  fta) 
folget  fa^l  begibt  unnb  ed  na4  3rem  %obt  erfunben  mirbet,  bem  obgebac^ten 
©pital  miberumben  $aungefa$len  fein.  Ohne  geverde.  2)eö  au  magrem  Ur- 
!(unbt  tjaben  roür  oon  bed  oittberierten  ©pitalä  wegen  ftnen,  ben  met)rbemelten 
e^eleit^en,  bifen  £eibre$tdbrief  mit  unnferem  unnb  gemainer  @tatt  t)ieran- 
(angenben  Snnflgl   becrefftigt  ert^aitten   laffen.    ©ef^e^en  ben  ©iben  unnb 


1  Statt  ,ntt*? 


—    460    — 

Snxmiftigifien  SRonatä  Sag  Start?,  £(*  man  naa)  ©$rifti  fcifligifter  geburt$  a*** 
atntouffent  6ea)d$unbert  Sea)d  unb  brrifftgiften  3a§r. 

ttnnb  hierauf  gelob  unnb  t>erfpria)e  3$  ©arauS,  ftroljin  bie  £et!>te$t3« 
gerea)tigtyeit  felbften  jubeftejen,  roefent  unb  peu(ta)  statten,  nidjtä  baoon  au* 
»erfyommern,  guoertyauffen,  verferjen,  oertyaiKen ,  oerenbern  ober  3ufa)meHem, 
Mit  weniger  allen  in^att  beÄ  £eibrea)t$briefS  tyreutiä)  ju  Doljie^en  unnb  barin 
fyain  auflrebt  au  fjabtn,  Kann  unb  im  fa$l  ia)  aud)  inätyonftig  bife  £etb$* 
gereojtigtyeit  vertyauffen  roolt  ober  mieffen,  60  fott  unb  toiH  ia)d  obbemelienn 
$errn  ©erwefern  ©or  mentgelia)  anbieten  unb  umb  einen  $imbtta)en  Pfennig  er« 
»olgen  foffen,  unnb  mia)  Rainer  meiern  gereä)tigtyeit,  a(3  »ad  obaBegterier 
£etbreä)tbrief  auämeift,  anjemafcen.  8e»  oerpfenbtung  meiner  $aab  unnb  ©ietter. 
Ohne  Geverde.  2)cö  ju  magrem  ttrtyunt  l)ab  34  mit  fonberm  niete  erbettelt 
ben  (SM  @§rnneften  Dfroalben  geiblmanr,  G^urfrtf.  SM.  in  Sanern  $ffeg£« 
»erroalttern  gu  ©rbing  jc.  ic.  3«*gen  fein  bie  @rbarn  Simon  SHbiner  am 
%aha  [?]  unnb  Stanbre  Sajmit  )u  £§ann.    Actum  ben  22.  SKar.  1639. 


IV.   (Erteilung  fre*  grunbljmrlidiBn  Ktfnfenf**  |ur 
Bsrftftuttmng  ?in?0  Bauerngut**  \ 

grerbinanb  SRaria  <£$urfürft  ic.  Siebet  get$.  SBür  $aben  deinen  unber* 
fyenigften  öeridjt,  £anffen  $uber«  ju  @a)altf$amb  ©eridjtS  ©Ung  gebettenen 
Consens  ju  SJorleüjung  200  ft.  Ä&ira)engelt  geg.  $erfa)reibung  feiner  Urbarfj* 
gerea)tigf§eit  betr.,  empfangen  unb  vernommen.  SBan  e$  nun  9eri$termaffen 
alfo  befa)affen,  bafi  auf  fein  $ueberd  beftfcenbeä  unb  auf  unferen  (Saften  £roft* 
perg  gehörige«  Urbarfjguet,  fo  ao.  663  auffer  ber  SSaljrnuJi  pr.  450  fl.  aestimiert 
worben,  berma§(en  nod)  bereits  niajtä  nerftfrieben,  fo  motten  u>ür  u)me  ben  ge* 
bettenen  Consens  auf  bie  200  fi.,  boa)  nur  auf  6  3<")rfong,  bergeftalt  fykmit 
gbft  nernnHigen  ,  bafs  @r  nit  allein  bie  200  fl.  Ä^ira)en-33orIea)en  cor  autgang 
fold&er  n>ib  Ijaimbjatten,  fonbern  aua),  n>ann  fta)  unber  fold&er  Seit  eine  $aimb* 
fäHtgfljeit  eraignen,  alfeban  bifce  ertr)ailte  Consens  unfc  an  unfer  ©runbt^errliä) 
gered)tfambe  atterbtngS  unpraeiudicierlia)  fein  fotte.  @o  n>ür  2)ir  umb  ber 
weiteren  Serftegung  nullen  gbift  bebeitten  wollen.  9Rüna)en,  ben  15.  September 
1637.    3Rair.  

V.   3ti\vitobxitfpxKdQkoü. 

ßanb*  unb  Sßfleggertdjt  Äling,   Sltnt  a3aben3§eitn2.    ©djulbt*  unb 

SPorgfdjafftSbrieff. 

S^riftop^  ©eemanr  von  5llt  93aben$!)aimb  unb  Barbara  beffen  ^auöfr. 
neben  <£>annfe  ©eörgen  $aager  ®^tö  procuratorn  al%  SInmeifern  benennen  auf 
erlanngten  Consens  3$r  ©runbt§errfa)afft  beS  (SfofterS  ©eon  unb  §errn  ^farrerö 

1  &rei8ara)h>  3Küna)en  @en.«^eg.  289/8.  ßongept,  ma^rfa)einlia)  aud  ben 
©eftänben  ber  $offammer.  ©ignatur:  ©a)reiber  Concept,  nber  .  .  .  ert^etttung 
eined  Consens  auf  ein  Sorle^en  auf  ein  Urbarguet. 

9  ßreiäarc&h)  SKünajen  Sriefprotofott  846/16.  —  Über  baS  ©eriebt  Üling 
ngl.  6.  236  Kote  2. 


—    461    — 

SU  ©ab«n«$aimb  battert  ben  3.  unb  8.  SRa?  ao.  bift  unb  t>erf ^reiben  ben 
wfrbigen  6t.  Starttafs  ®ott*f)atti$  unnb  $fart!l)ir$eit  *u  8abend§aimb,  au 
fceffen  ftatt  aber  ben  geotbneten  Ä$ir$enbröbfkn  JKolfen  2Ra«r  §u  $erf(jaimb 
wb  Zfpman  3e$§ueber  *u  8abendl>aimb,  80  fL  auf  aU  3§ren  &aab  unb  ©tettertt, 
CSffttoei&l  iebeSmafcl  aur  ©tflfftaeit  unb  ®rfte  ao.  bifc  anfacfrent,  ftabenä  au$ 
tiodb  barjuc  neben  Ijalbieriger  auftytnbtung  mit  ©§riftop^en  Dfwalbt  non 
35aben*tyumb,  ©tep&an  ©$imbt,  Dfroatben  fcueber,  <S$riftopl)en  SBtbmer,  aKe  3 
3«  ermeftem  ©dbenSfjaimb ,  ©eorgen  SBaagner  von  ©itterling,  ©eörgen  3Beeg- 
nriftler  ju  SBeegmtyt  unb  #annfen  SRaner  oon  9Cb(a^aintb  unoerf$aibenitdj  ©er« 
t>orgt.  geugen  So^amt  Styrauft  unb  ©eörg  Dbermanr  au  $aarfc$aaen.  Actum 
fccnn  1.  3«"9  &o.  1635. 

VI.   KaufbrtefprutoftoIL 

Sanbgeridjt  (Srbtng1.  —  SUjauffS  Contract. 

3«oernemmen,  roeldjermaffen  ber  @rbar  ©eorg  $ranbt  gu  9teufa$rn  unb 
Stoma  fein  $audfrau  mit  gannfen  Ofmalb  alba  ein  ħaufscontract  gemacht 
unb  beföloffen.  Fernblicken  oerfftauffen  ermette  (S^elcit^  befagtem  DSmalb  3re 
£etbgebing*gerec$tigtett  ben  ber  $ranbten  ©öiben  au  Feufafcrn,  baft  aigent&ombücj 
gum  Softer  Sfortt  gehörig  (Dabei  aber  $ranbt  nit  aHein  feinem  meib  bie  3*** 
br|  @r  nriber  ju  Sanbt  tyombt,  fonoer  aud>  fn  beebe  bie  $inberftuben  unb 
Sammer  gur  IBofjnung  beuber  behalten,  nad^er  O&roalb  3r  ber  ^ranbten  bie 
necbfien  5  3a$r  nadjeinanb  iebeä  1  fueter  Ijolg  raidjen  unb  gut  Ijermerg  fielen 
fotte)  mit  aller  3uegeijör.  3U  gebirlic^er  SJergletdjung  mueS  ffjauffer  ben  95er* 
f^auffer  sunt  tyaufffgiQmg  ein  ©uma  gelte  benenttfcften  330  fL  unb  20  fl.  Setb- 
tfauf:  hieran  er  folgen  lentfjauf  unb  am  äfjauffo>ilIing  aläpalben  30  fl.,  bann 
tyonnfftige  SJUcfjaelt  100  fL,  Siecbtmeffen  A.  1639  100  fL  unb  bie  übrig  100  fL 
(Steorgi  bifi  Sabrd  atoegen  oljne  gilt  behauen  [fofl].  2)en  briefduncoften  be* 
langent,  richten  bie  $art§eien  aug(eid)  miteinanb  ab.  Xamit  nun  folcfter  Äljauff8* 
contract  burdj  bie  $ingeber  oorab  ben  fbauffer  mit  Xreuftcber  erlegung  be« 
fttmmten  friften,  bei  Serpfentung  bifer  unb  anbern  feinen  fyaab  unb  güetter,  ge- 
halten werbe,  fo  feunb  aroo  gleidjlauttenbe  Serfdjreibungen  unb  jtyaufdabreben 
auf  geriebt  unb  auoerfertigung  bern  mit  fonberem  3MeiS  erbetten  morden  5)er 
@bl  (S^rnnefft  Dfimalb  3etblmaor  ^urftl.  %d)l  in  Sanrn  k.  sc.  3eug  5öoIf 
(aina  au  ©nglpolbing  unb  Salt^afar  Setbl  oon  Feufa§rn.  Actum  ben  4.  Scbr. 
A.  1638. 


VII.    flbcraabebricfprütoftoa. 

Sanbgertdjt  SBolfrat^^aufcn,  Slmt  SBamgau8. 
Übcrgab^brief  p.  550  fL 

(5eörg  ©tuettlec^ner  Son  iUabl  überuibt  mit  oorbero  erlangten  Conssens 
feiner  (ernacQ  •  benamften  g  Glrunbtberrf gafft  oon  me^r   unb  beeffer  femee  oer- 

1  Ärctöardjio  Wunden  ©riefprotofoü  196/1.  -  SaL  ohfn  S.  257  sub  i. 
1  (Sbenba  911/1.  —  $g(.  Den  ÜDeigai>*Dricf  Fr.  9  ©.  273. 


—    462    — 

(offenteil  nuejen  unb  roolfa&rt  »eegen  mein  [sie!]  Sngeftebted  bem  gotourb. 
Glofier  Zegernfee  atgentftomblicft  geftttrige*  Soften  fambt  2  SRutierpferbt,  3  rev^o 
Iftüe,  4  Sungrünber,  4  f<ftaff  unb  all  anbete  barbet  mefente  £obt*  unb  lebenbige 
Äaufe*  unb  $auman*  8aftrnu|,  alt  SBaagen,  fttten,  $flieg,  ©<ftif  unb  gjcftir, 
niefttd  /:  aujer  »oft  er  3me  ben  rootgemelter  grunbfterrfcftafft  an  audtrag  »or= 
behalten  :/  banon  aufgenommen,  bem  ©rbaro  feinem  frtl.  lieben  anben  unb 
Xocftterm.  ©iyten  $öger,  8um  grauen  im  $a<ft  capttliftfter  §errfcftaft  au  SKieS* 
paeft,  Barbara  feiner  (Sftenulrtftin  unb  aK  3ren  (Srben.  $arumben  unb  ftiefür 
ftaben  fie  iftme  ain  6umma  gelt*,  al*  550  fl.,  fteraufaegeben  oerfproeften,  toaran 
7  fl.  80  fr.  beraitft  beaaftlt  morben,  unb  am  nberreft  bic  ubemember  anftott  be§ 
ubergeber*  feiner  no<ft  an  $aimbt  ftabenten  2ocftter  SRaria,  ©o  beraitft  21  3aftr 
alt,  ju  iftrer  Serfteiratftung  ober  in  anber  <£rli(ftn  »eeg  290  fl.,  neben  ainer  <£r* 
lieft  lanbtdgebreicftigen  förtfgung,  <£§renbef(ftneibung  unb  rej*£  ß$ue,  bann  fein 
nbernemer* *  ffietb  (SlSbetfta  50  f.,  $annfen  fcrofffcn  »on  SBaftl  20  fL,  §annfen 
©trob  am  Stygftof  ftinterm  $erg  20  fl.,  $ernerä  beS  nbergeber*  notft  lebigen 
©tftmefier  ©atftarina  20,  SBolfen  äBBfirmfeer  auf  ber  mifi  20,  ©eörgen  Äftnopf 
©(ftmibt  oon  fclainftarbpening  50  fl.  unb  Georgen  Xäjrner  8on  SBaftt  10  fl.,  wie 
(Er*  ben  oinem  unb  anberm  ftatt  unb  blas  fünben  fftan,  besagen  unb  riefttig 
maeften  fotten;  unb  ben  noeft  nbrig  oerbleibenben  reft  fte  bem  »bergeber  ju  beffen 
aftlmaligen  notturfft  naeft  unb  naeft  ju  erlegen  f  cftulbig  fein  fotten.  geboeft  fofifen 
bie  «bernemer  ben  benr  grunbtfterrf<ftaft  aufgelegten  anfaftt  an  felbigem  ah* 
gureeftnen  &aben.  ©enebenS  muefj  aueft  nbergeber  ben  ernant  ber  Eocftter  fort« 
tigung  bafs  §olan>er(ft  audfolgen.  hierauf  $eraei<ftt  fiift  nbergeber  fottem  allen 
unnb  mill  fofrfte*  ftiemit  ben  obernementen  (gfteleutften  alle*  ein*  unb  pberant* 
toortt  ftaben. 

3eugen: 

©ebaftian  Slrnolt  unb  SCuauftm  (Sraf,  beebe  Gfturfrtl.  Sanbtgericftt*  procuratores 
ju  SBolfera&aufen,  ban  Seonfcarb  SRänftarbt  oon  SBaftl. 

[Dftne  Saturn,  aber,  wie  ft<ft  au*  ben  JBoreinträgen  ergibt,  am  11.  3uni 
1660  aufgenommen.] 


VIII.   Jnirsnfar8* 

Inventarium,  röelcr>eS  auf  Äbfterben  Jacoben  ©tainbergerS  auf  ben  SBiben 
§ueb  ®uet  au  ©ro&en  fcolaftaufen  ©eeltg  ober  beffen  ftinberblibhe  aSerlaffenfdJaft 
»eegen  ber  noeft  münberjftftrtgen  oor^anbenen  Äünber  bureft  bie  ©rannenburgifefte 
^errfeftaftö  ©ericfttS  Dbrigfeit  in  »euf ein  @arl  £eutftner  3Bürt^  bortften,  ©eitlen 
Söagner  Sandten*  S5on  Slicft  unb  Martin  ffluefamber  gimmer  SaEierä  au 
IBrannenburg  als  ftieraue  oerorbnete  6c^&ealeutften  vorgenommen  roorben,  ben 
18.  3)eaember  a.  1739. 


1  9ii<ftiig  moftl:  Übergeber*. 

8  ftigtig:  e*. 

8  3noenturbu$  ber  §ofmarcft  Srannenburg,  ©rofi*  unb  ßleinftolaftaufen 
de  annis  1739  bi*  1759.  3m  ftiftorifeben  herein  für  Oberbapern  in  3Rün^en.  — 
fßql  oben  S.  294  au  ftr.  25.  -  Über  bie  §ofmarcft  33  rannen  bürg  6.  236 
9{ote  4. 


—    463    — 


©d&äejung 


—    30 


1  30  - 

_  20  — 

—  6  — 

—  8  - 

—  30  - 

—  20  — 

—  24  — 

—  20  — 

—  8  — 

—  15  — 

—  4  — 

—  2  — 

—  6  — 

—  20  — 

2  —  — 
2  —  — 

—  45  — 
1 

—  10  — 
_  4  — 

—  4  — 


—  4 
2  - 

—  35 

—  4 

—  4 

—  4 
1  — 


l 
l 

{ 


{ 


{ 


3n  ber  Sßofjnftuben 

1  fernes  ©rucifir. 

1  £tfd)  fambt  ber  6d)u&foben,  barinnen 

5  painene 

1  ©ifener  unb 

1  ferner  Söfff 

2  8orpftnt$ 

3  6pünnräbl 

1  ©aljrn  #afpel 

4  (grbene  unb 

6  ^ilsene  ©d&üfffn 
1  $aI6  HReaen  SRafj 
1  Sd&liffftain 

1  maifdj  (jadföe  unb 

2  (gijrljacf&en  [e$ren  •=»  pflügen] 
2  tajen  frätt  [Heiftgmeffer] 

2  Gifen  !äU 

1  ©engl  Ijambet  fambt  bem  rofcen  @ifen 

1  alteS  ©trolj  möffer 

1  nrinbftng  [8o$rn>inbe] 

1  fd&nij  tnöffer 

1  fpörr  totl 

1  (Stfener  förj  letzter 

2  öe$t  S)egl  [Xiegel] 

1  «eichener  ©föbt  [gtd&tene  ^äcffelbanl] 
1  SBaffer  guber  unb 

3  6d&äffl 

1  hipferner  $ött§afen  ßött  von  ^o^Q 
1  (Stferner  betto 

1  fupferne  pfann 

9  Rennen  unb  1  Ijann* 

2  pfunbt  rupf  er*  ©aljrn 
1  rupferd  fjanbtue<§ 

1  nubl  tnolter  [9RuCbe] 

3m  §aufc  flöej  [Sorplafc] 

1  Sponfag  [fpon  —  von  ber  8?ö$re;  ©ag  —  Säge] 

2  at$ene  Jrautt  prent$en  [öottid)] 
1  ©ebl  mannen  [Stfctoanne] 

1  Süberl 

2  roaffer  Schafft 
1  fätoing  fetbl 

1  tunget  fräH  [Jünger,  ÄraHe] 
1  @ifen  Ijauen 

3  ©eid 


1  @u(ben,  Jtreuaer,  geller. 

*  $aS  ©eflügel  ift  no$  ber  unmittelbare  SBo$mmg3genoffe  bed  SWenföctt 


—    464    — 


©c(äejung 

f.    x.     ty. 

3n  ber  jtu$l 
(     1  trpfuefj 
1      1  fepr  Quttbt  ßtoß] 

—    15    — 

c      1  offen  gabl 
1      1  (Btfen  föaufl 
l      1  muefter 

2    —    - 

4  fupferne  pfannen 

-    90    — 

1  n>af<$  »fcl 
t      1  roaffer  6c$äffl 

—    10   — 

{      1  traut*  ©dfräffl 
1      1  nubl  »tbl 

—     4    — 

1  nubl  mottet 

—     4    — 

8  erbene  Söffen 

3n  ber  @taingaben  [©tetngabe] 

—    17    — 

1  Wi  fag 

—    15    — 

1  pacQtrog 

—    15    — 

2  (aar  6ttte$( 

—      2    — 

1  pflanzen  (auen 

3n  Äeller 

—     4    — 

1  9*üe$r  übt 

—     8    — 

1  SReltff)  ©föür 

—      4      4 

9  weiglin  [3RÜ<$f$üffel] 

—      8    — 

4  erbene  ©(fcttfflen 

—      4    — 

2  fc&malj  3)egl 

—      9    — 

3  3RUd&  (äffen 

—      4    — 

1  finbtäpiänbl 

—    80    — 

1  @ifen  ftecffjen 

—    21    — 

4  fümpfl  unb  bre»  roöjftein 

—    12    — 

6  ftilgene  täUer  ä  2  x 

—      6    — 

2  procff)  Qainhl 

3n  ber  obern  f)auä  flöej 

1    30    — 

1  ©tro^pantty  fambt  aller  3uege(ör 

- 

—    12    — 

2  fürföjl 

1    80    - 

1  epon  pMftatt  fambt  1  unberpöttl  unb  fcöbidfr 

—     8    - 

1  fdjroung  fd^aufC 

$n  ber  Stuben  (Sammer 

4    —    — 

f      1  (tmmel  pöttftatt  fambt  1  ober  unb  unberpött 
1      1  paar  rupf  er  ne  leg  (ad) 

—    80    — 

1  ©efpörtte  fuefj  trugen 

— 

2    -    — 

1  ©pon  pöttftöbl  mit  ain  ober  unb  unberpött,  ban  am  p 
rupferne  leglad) 

aar 

—    15    — 

1  fjalbeS  pfunbt  pect) 

—    10    —     . 

1  UngefpörtteS  3JWc$  fäftl,  barine 

—      6    — 

3  <$rbene  frieg 

465    — 


©ttjäegung 
f.    x.     gl. 

—  40    — 

—  42    — 

—  45    4 


8    —    — 


1 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

45 

— 



15 

— 

— 

6 

— 

— 

20 

— 

— 

6 

— 

— 

45 

— 

— 

56 

— 

1 

— 

— 



84 

— 

— 

30 

— 



8 

— 

— 

4 

— 

— 

12 

— 



12 

— 

— 

10 

8 

— "~ 

1 

3 

«_^_ 

. — 

56 

— 



5 

— 

— 

4 

— 

— 

15 

— 

— 

48 

— 

— 

10 

— 

15 

— 

— 

13 

20 

— 

14 
1 

— 

— 

50 

— 

— 

35 

— • 

1 

40 

— 

1 

80 

— 

{ 


1  2Kt  ungefpörte  trudjen,  in  roeldjer 

4  rupferne  paar  letjfaajer 

7  @Hen  rupferg  tued&  k  6  x 
6V2  @Hen  fdjtoarg  rupferg  gu  7  x 

3n  ber  ftäd&[9touö)]<£ammer 

1  ©ponpöttftott  fambt  ain  ober-  unb  unberpött,  ain  polfter, 

ain  ftff,  ain  rupferä  paar  (enfaa) 
1  »erfpörtte  trugen 

1  ©rau  $ted&ener  rotf§  unb  ain  rotte  leib  pfaibt  [$emb] 
1  fd&roarg  (ibne  $o§  [Seberlpfe] 
1  bgleiä)en  Ijofen  trager 
1  ©ürtf 

1  fd&warger  §uet 
1  ©ürtl 

1  fajnöH  wag 

8  pfunbt  Ijftd&l  $aar  ad  7  x 
6  pfunbt  tüofjl  ä  10  x 

2  fojlaipf  Pgge 

1  wagen  fötter 

2  ©xfen  Hampper 

1  n>o&I  bätfa)en  [ftt)fagen] 

2  paar  $ä$( 

1  paar  frautt  möffer 

5  ©ia)[  ad  2  x 

1  ©puefjl  rat!) 

2  befcfcfogene  SRefcen  maff 

1  ©ä)roünge 

2  gwilajene  Md  ä  8  [28?]  x 

1  3uber 

2  @a)äfl 

3  päng  [Sangen] 

8  pfunb  ungehobelte  $aar  ä  6  x 

1  6ib  unb  1  reutter  [®robfieb] 

9  SRefeen  Steig  ä  1  fL  40  x 
10  aHegen  Äorn  a  1  fl.  20  x 
30  biegen  §aaber  gu  28  x 

2  Siegen  9Rif$Ung 

Vi  Wegen  $ann  [Sonnen] 
Vi  Siegen  $aar  lünfet 

Unbern  %a$ 

10  pfunbt  roera)  a  4  x 

10  pfunbt  ^oar  von  ber  fa)n>üng  gu  6  x 

2  paar  lauter  [gu&rmann]  ©föür 

8  fänffen 


«o$en,  »erf$uttunfl. 


30 


—    466    — 


©#äcjung 

f. 

X. 

V- 

— 

45 

— 

— 

18 
6 

12 
3 

— 

6 

— 

8 
8 

8 

20 

— 

16 

^^^^ 

— 

16 

— 

2 

15 

— 

— 

15 

— 

— 

16 

— 

45 

^^ 

15 

8 
3 

— 

— 

— 

— 

16 

^^mm 

1 
1 
1 
1 

80 

^^mm 

10 

— 

^^^* 

10 

" 

500 

50 

2  30  - 

90 


Huf  beit  £$ennen 

1  ȟnbtmW 
3  $e?  gaM 

3  fte<$ett  ad  2  x 

4  Xxi\<t>U  [2)rcfc^Pegc(]  ju8x 

1  $ei>  räffl 

2  fueber  be? 

160  6«ftb  [©«aub,  ®arbe]  ©ttofr  ad  8  x 

3  füebl  £aaber  ©tro$  a  1  fl. 
10  füebl  fcälmb  pr  50  x 

3m  Ho&fUfjf 

2  3ugrofe 

2  barmb  [Ärippe]  löttett 

3  lammet  [Äummet]  mit  atter  3tte0e$frt  ad  45  x 

1  fueftr  ©abl 

2  hinget  ®abl 

3m  Ätje  fta$l 

5  SReldty  flge  au  9  fl. 

3  jroap  jährig  unb 
2  Jährige  halben 

6  ©cjaff  ad  30  x 

3n  ber  ©Rupfen 

2  befd&lagene  SBägen 

2  Gffen  ätten  [@gge] 

1  pflueg  mit  beffen  3uege$ör 

3  ^o!§  flutten 
1  !rautb  poben 

1  befd&lagener  roaffer  Grmpper  [ßtmer] 
1  fänüal  panctlj 

2)a§  jum  §uebertfd)en  Beneficio  nadj  ftofenfjamb  gehörige 
SQöiben^ueber  ©uet  ju  Öroffen  ^olaOaufen,  fo  bem 
pau  na$  31009  lecken  tmporttrt,  tottrbt  äftimtert  auf 

©Bulben  herein 

$aac  gelt 

Summa  beö  oölligen  Vermögend  738  fl.  11  x. 

©djulben  Zittau« 

3um  (obtoürbigen  ©t.  Georgen  <Sotte8$au8  alliier  §u  (Srojj 

Jpotjfjaufen  Capital 
3u  ermeltem  ©t.  (Georgen  ©ottöljauS  bie8jä§rige«  Interesse 
3um   lobt.  ©t.  Joannis  Baptisto   ©ottSfcauö  nadjjer  (Steinen 

^otyljaufen 


—    467    — 


©d&äejung 

f. 

X. 

*r. 

4 

30 

— 

20 

_ 

__ 

1 

— 

— 

15 

58 

1 

5 

30 

— 

— 

40 

— 

8 

— 

— 

40    —    — 


3ün8 

£>em  Sebaftian  #ueber  Senrje  [?]  ab  ber  ©tainpruggen ,  95cr* 

äünSlidJeS  Capital 
3ün  Sa^rS  3ün8 

3)er  ©IjrtS  Dbrigfl&eit  Inventars  Deputat  toutl)  Expens 
Jperrn  Pfarrer  für  bie  gehaltene  ©ottöbienft  unb  anbereä 
2)em  SRöffner 
Umb  ©penbt  8robt 

$aufältig!etten 

£)iefe  feint  bem  benleiffigen  Sfafölag  nadj  angefd&fogen  roorbcn 
auf 

Summa  ber  Sdjulben  $inau8 

233  f.  8  x. 

äöenn  nun  bie  @<$ulben  JjtnauS  gegen  bem  Vermögen  defalciert  roerben, 
verbleibt  nodj 

505  fl.  3  x. 

83rieffereg 

1  Kaufbrief  umb  btfeS  ©uet  pr.  350  f.  auf  Dfroalbten  (Sranbtauer  unb 
Barbara  fein  ©$en>eib  fouttet  de  dato  27.  9bt>ember  anno  1675. 

1  (eibgebing  brief,  bem  ©rbfoffer  @eet.  unb  fein  @$eroürt$in  ©atyartna 
betr.,  de  dato  19.  3>ejember  anno  1715. 

1  SertragSbrief,  bie  DSroalbt  ©ranbauertföe  5  Ätnber  betr.,  dat.  14.  3unn 
a.  1717. 

1  Quittung  pr.  97  fl.,  bem  ©rbfaffer  toeegen  §inau8  beaalt  Satter  unb 
SRüetterl.  ©uet  betr.,  dat.  4.  2lprü  1724. 

©rben 

2)ie  $inberblibene  Söittib  ©atljarina 
9$t  Äünber  benantfiäjen 


Urfufo 22 

SWaria 20 

$auHu8      .    .        .  18 

€ebafhan  ....  17 


ift$rig 


<Sat§arina  ....  16 

«nbre 13 

»nna 10 

©eorg 8 


ia*rig 


JQafmar^geridjt  Sttimentyal  unb  &artl>aufen  *. 
©IjtKdje  befd&reibung 

Über  SRtd&ael  ©effler,  geioefter  9Utomünfterif$er  ®runbt  unbert$an,  mit  ber 
Jurisdiction  3$ro  fren^errl.  genaben  @§urfrtL  $errn  $of  (Sammer  praesident 

1  5?rei*arc$u>  SRfinc$en.   öriefprotofoa  350/346  fol.  21  unb  21  *.  (aber  ba* 
$ofmar<$geric$t  »tnnent$al  unb  §art&aufen  »gl.  8.  236  Stote  3.) 

30* 


15  ff. 


30  Ar. 


—    468    — 

in  Stünden  gehörig,  JBartlme  Wagt  alba  ©ertyaufft  »orben  \  unb  fein  ©effferS 
©laubiger  von  ben  bef$e<$en  Kauff$iumg  na$  £au$  btjer  beföreibung  behalt 
werben  fotte. 

GrffHfften1  Prioritet  ttneoffen  ungefertö$  12  ober  .... 
Söetllanbt  Georgen  ffntyenfteBer*  unb  Anna  fein  (au£frau 

nunmehr  beeber  feeL  (inberlaffenen  3  Kinbern  Hamen* 

.  .  .  .*  Grommer,  fo  von  feinem  Satter  ©eorg  frommer 

feeC  ferneren 

3nglei$en  ben  anbern  2  feinen  ©tieffQinbern  3fett$  gingen« 

aedert  im  12.  unb  SRaria  im  9.  3a§r,  jeber  20  ff.  .  . 
3um  ©ottdftaufs  ftinentyaS  no$  wn  glitten4  gelt  .... 
San  @ma  $iratin  fee(.,  ©o  fne  3rer  ©d&roeffer  SRarta  «er* 

fd&afft,  glichen  gelt      

Kbam  ©uettmamt  oon  fein  ©äffler*  ©^»effer  fei.  Slnna  auf 

falben  t§ail  an  14  ff.  oorgeltd&en  unb  3me  oerföaffteS  gelt 

<£$riftop$  »auföer 

Slbam  ©uetman  an  gliedern  (Seit 

Gliben  gelt6 

SWai&iefc  $örl  ju  »tnentfcal,  ald  ©r  SRitter  au  ®riefcpa<$  ge* 

toefen,  2  ©<$äffel  ©pet£  £raibt  iebe  baaema§[  pr.  4  ff 

80  Ar \ 

$em  SBirtt)  §u  Äinentyatt  5  SReaen  tyorn  1  ff.f  ban  1  3Re* 

SBeisen  pr.  30  Ar 

SBolffen  ©eblmanr  au  ©iglSljarbt  glichen  getraibt  jur  ©peift 

1  ©eftaff  Korn  sc 

3Jli<$l  $tfftnger  Vs  Weaen  K$orn  angeflogen  per    ...    . 

$an  Hin  Sag  9Raber(ol)n 

8ün  feinem  2)ienft  3Rabl  Stnna  ©to$artin  von  2)afing  aus- 

ftenbtiger  Sibfoljn 

fambt  10  @Un  §drble*  £ue<$  jebe  per  18  Kr 

SBiber  3ofepl)en  ©djenberger  Stbtloljn 

2)em  SRofi  9to<$troad)ter  be^lt 

©einer  gn.  £errfdjafft  laut$  IRegifferd 

[Sluf  ber  vierten  ©eite  beS  Mögend  rechts  unten:] 

©ericbüi$e  bef$retbung 

über  Uttd&ael  ©effler  getieften  Slltominfferifc&er  ©runbtunbt$onn  au  9ttnent$af, 

beffen  §mberfaffene  ©libtger  de  dato  1.  gebr.  1652. 


20  ff. 

40  ff. 
Iff. 

6  ff. 

7  ff. 
Iff. 

Iff. 
Iff. 


9  ff. 
Iff. 
2  ff. 


15  Kr. 
20  Kr. 


30  Kr. 


__ 

20  Kr. 

-ff. 

15  Kr. 

10  ff. 

3  ff. 

3  ff. 

~ff. 

18  Kr. 

-ff. 

—  Kr. 

1  »gl.  ©.  257  sub  o. 

3  2ßaö  bie  Drbnung  ber  ©d&ulbpoften  im  6d)ulbem>eT$etd&m8  betrifft,  fo 
iff  fein  befttntmteg  $rinaip  erlennbar.  34  fa&e  bie  ©d&uibpoffen  jur  befferen 
uberftdjt  na$  ©djulbgattungen  georbnet. 

8  Sorname  unleferltc$. 

4  =  ©eiteren. 

5  £>em  Konaept  fmb  bie  ©orte  ijinaugeffigt:  ,in  ber  $3$ffen  Bot". 


(Sloffartum. 

9htr  folcfce  Sluöbrüdfe  werben  erwähnt,  bie  in  biefet  ®$rift  häufiger  vox* 
fotnmen,  o§ne  babei  erflärt  gu  werben.  3)ie  mit  *  »erfeljenen  ©rflärungen  finb  au$ 
<5d>meUer,  33agerifd&eg  3Bötterbuc$,  2  Sänbe,  2.  2lufl.  (1872  ff.)  entnommen. 


Slnfall  =  £a»blofjn. 

Slnleit  =  ^anbloljn. 

33aufölbe  =  ©ölbe  (Vie  £of)  mit  ©runbftücfen  im  ®egenfa$  jut 
„gemeinen  fdfjledjjien  ©."  (©ölbenfyauä). 

*33eunb  (Sßeunt)  =  ©runbftüdE,  worauf  (obwohl  e3  fein  ©arte«  t(t) 
baS  9te^t  liegt  ^  e«  einjuf  riebigen  unb  otyne  9*üdfid^t  awf  bie 
3elpeiKtim)e$fetimg  (f.  b.)  beliebig  gu  benu^en.  -Samentlidj  wirb 
ber  im  33rac|felb  ium  2lnbau  oon  ^lac^S,  Stuben  ufw.  eiwjejäunte 
2lier  33.  gewannt. 

* 95 i fang  =  Saßen,  2W erbauen,  b.  i.  bie,  beim  wieberfjolten  £tn= 
unb  $erfa^ren  mit  bem  Sßflug,  mittete  beä  Sßflugmefferä  unb  ber 
Sßflugfdjar  ioSgefdjjnittenen  ©treifen  @rbe,  weldje,  burdfj  baä  ©treid(j= 
brett  gegen=  unb  übereinanbergeworfen,  eine  ©rfyabenljett  (meljr 
ober  weniger  fdfjmale  Seete)  gwifdjen  jwei  Vertiefungen  (gurren) 
bilben.  3)er  SSifang  beftefjt  gewöJjnlidfj  aus  t>ier  bis  fünf  foldfjer 
©treifen.    S)er  Sifangbau  eignet  fidjj  für  naffe  unb  feilte  33öben. 

SHenft  f.  ©.  365. 

2)rittelle!jen:  „wenn  ber  ©runbfyolb  feinen  canon  nidjjt  äffe  Safjre, 
fonbern  nur  von  brei  gu  brei  ga^ren  gu  geben  fyat"  (ßreittmanr). 

*3:enb  (gänb)  =  Sobenertrag  im  ©egenfafc  gu  Stent  (©elbertrag). 

gfretfdjjler  =  Äauberer  (f.  b.). 

©  \xt% beriet  =  2Ba8  gum  grunbuntertänigen  ©ute  gehört  unb  nadjj 
£eimfaff  beS  ©uted  babei  unb  barauf  bleiben  mu|  (SSR.  XXI  1 
unb  ©d(jmib  n.  2).  9tacij  bem  ^ofratSgutadjjten  befonberg  „bie 
SRotburft  an  $eu,  ©treu,  3)ünger,  ©amengetreibe  unb  bergl." 

©utSredfjt  =  ©utäberidjjt  (f.  b.). 

£aarlinfet  =  §aarleinfamen.    $aar=3fladfjö. 

Äauberer  =  3wtfc$en{jänbler ;  Untertyänbler,  Vorläufer. 

Seitf  auf  =  SffiaS  bei  einem  Äauf  aufier  bem  bebungenen  ÄaufpreiS, 
gleic^fam  gur  Sefeftigung  beö  abgefd&loffenen  ^anbete,  com  Ääufer 
nodjj  befonberS  gegeben  unb  fefyr  oft  gemeinfdfjaftticlj  oertrunfen 
ober  oerfdjjmauft  wirb.  j 

Stblo^n,   gearnbter  —  „2Ba3   ber  SKann   oerbient   mit   feinem 

Sßftug,  mit  feinem  SBielj,  ba  ber  SKann  felbä  ober  fein  gebingter  , 

(S^eijalt  bei  ift,  audjj  wa$  ein  gebingter  gebröbter  Diener  ober  ] 

Sljeljalt  bei  feiner  £errfdjjaft  ober  ein  SEaglöljner  bei  bem,  ber  tf)h 
um  baS  SEaglo&n  beftefft,  oerbient  $at"  (29t.  XXI  5). 


—    470    — 

3Re$en  f.  Staffel. 

$eunt  f.  Seunt 

$fennn>ert  =  $fennign>ert,  Heiner  2Bert,  bef.  Siftuaüen. 

Stupfen.    Sbjettio  oon  3Berd>  (f.  b.).    ®egenfa(:    färben,   SCbjeftü 

tum  £aar  (f.  b.). 
♦Staffel,  9Rfiiu$ener  ©c$.  (©etreibemafc)  =  6  SMefcen  =  12  Sterte! 

=  96  SJtafrlein   (ber   Staffel   £aber   aber   enthielt    7   3Re|en). 

45  9Rünc$ener  ©d&.  =  100  hl.    3Jiandjmal  würbe  audjj  ber  feter 

ate  £oljlmafi  für  ©etreibe  gebraust.    1  ©ter  =  Vi  SJtünd&ener  ©<$. 
Seelgerät  (legatum  ad  pias  causas) :    2Ba3  oon  ber  $interlajfenf djaf t 

bed  SJerftorbenen  jum  $eil  feiner  ©eele  einer  Äirdje,   Pfarrei 

ober  einem  Älofter  für  Seelenmeffen,  Saljrtage  unb  bergL  jufäHt 

ober  oermac^t  ift.    ©iel>e  au$  ©.  226. 
©ter  f.  ©<$affeL 
©tift  f.  ©.  365. 
993 er ^  (oon  nrirfen)  =  SBerg,  SbfaS  beim  gemein  oon  gfladjd.    SB. 

würbe  gefponnen  unb  gab  rupfened  (f.  b.)  «Beug. 
*2Beren  jemanb  (einer  gorberung),  ifjn  befriebigen/  bejaljtt  madjen, 

(ogl.  „2B%ung"). 
*3clge  tot  britte  leil  ber  gflur  nad&  ber  ©reifelbernrirtföaft. 


$iererf$e  fcofäud&bnicfeTet  (Stefan  öeibel  &  60.  in  SUtenftutg. 


8766   067 


J 


Dcrlag  oon  Dundter  &  fjumblot  in  £eip3tg. 


Die 

innere  Koloni|ation  im  öftlidjen  Deutjdjlanö. 

Don 

Profejjor  Dr.  tttaj  Sering. 

Schriften  bcs  Dcreins  für  Socialpolitifc,  Bano  «%. 
1893.    Preis  7  lUarft. 

Die  (Brunbt)errfd)aft  in  ttorbioe[tbeut[d)Ianb. 

Don 

Dr.  tDcrncr  tDitttd). 

18%.    Preis  13  Htarn. 

Die  Bauernbefreiung 

unö  6er 

Urfprung  öer  £anöarbcitcr  in  öen  alteren  Cetlen 

Preußens. 

Don 

ffieorg  $rie6rid)  Knapp. 

1887.    3roei  ([eile,    3ujammen  16  Ittarh. 

(5runbf)err[d)aft  unb  Rittergut. 

üorträge  nebft  biograpf|tfd)en  Beilagen. 

Don 

(Beorg  £rte6nd}  Knapp. 

1897.   preis  3  IHarh  20  Pf. 

Die  £anbarbeiter  in  Kned|t[d)aft  unb  Jreifyeit. 

Dier  Porträge 

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©eorg  $neöridi  Knapp. 

1891.    Preis  2  Warn. 


Piercrfdic  i)ofbuc  t  (Beibcl  &  (Eo.  in  flltenburg. 


goro/Piv^'f,  CO..  INR' 
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100  CA VibKlÜGE  STREET 

CHARLESTQWN,  MASS. 


— ---n 


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