INTEI^NATIONALE
WISSENSCHAFTUCHE BIBLIOTHEK.
XXXVIII. BAND.
INTERMTIONALE WISSENSCHAFTLICHE BIBLIOTHEK.
1. TYNDALL. J. Diu Wasiter in seinen Formen a>8 Wolken und Fiasse, El« und Oletieker.
Mit M Abt.liauiitfen. -J. Aufl, 8. (Jeh. 4 M. Geh. ö M,
8. SCHMIDT, O. DeKc-eudenzlebre und DtirwiuiiiiiiUÄ. Mit 26 AbbilduuKeu. 2, verlje«««rte
AulUge. »eil. 5 M. Oeb. 8 M.
3. BAIN . A. Geist iiiul K(iri>er. Die Tlieorieu Über ihre gegenseitigen Beziehungen. Mit
4 Abbildungen. Ot^li. 4 M. Geb. ü M.
4. BAOEUOT . W. Der Ursprung der Nationen. Betrachtungen Ol>er den Einflnss der
UHtUrllchen Zuchtwahl und der Vererbung auf die Bildung i»olitI»ther Gemeinwesen.
Geh, 4 M. Gfb. r> M.
6. VOGEL, H. Die chemischen Wirkungen des Licht» und die Photographie in ihrer An-
wendung in Kunst, WiiMenschaft und Industrie. Mit )W Abbildungen in UoUschnitt
und 6 Tafeln in Lichtjiausprücesft, Reliefdruck, Lichtdruck, Heliographie und Photolith"-
graphie. Geh. «M. Geb. 7 M.
6. 7. SMITH, K. Die Nahrungsmittel. 2 Theile. I. Feste Nahrungsmittel ans dem Thier-
und Pflanzenreich. II. FlUsslge und gasige Nahruugsmittel. Mit 19 Abbildungen. Jetler
Tlieil geh. 4 M.; geb. !i M.
8. LOMMEL, E. Dat. Wcseu des Limits, (»emeinfassliche Darstellung der physiluülKheu
Optik, Mit 188 Abbildungen und eiuer SpectnUtafel. Geh. 6 M. Geb. 7 M.
9. STEWART, B. Die Erhaltung <ler Energie, du« Grundgesetz der heutigen Naiurlehre,
gemeinfAtullch dargestellt. Mit 14 Abbildungen. «Jeh. 4 M. Geb. 5 M.
10. PETTIOBEW, J. IJ. Die Ort.<)>ewegung der Tliiere. Nel»»t Bemerkungen Ober die Luft-
schlflr/alirt. Mit l;tl Abbildungen. Geh. 4 M. Geb. 5 M.
11. MAUDSLKY. H. Die Zurechnungstähigkeit der Geisteskranken. Geh- 5 M. GeU 6 M.
12. BERNSTEIN. J. Die fünf Sinne de» Menschen. Mit 91 Abbildungen. Geh. .-i M. Geb. « M.
13. DRAPEB. J. W. Geschichte der Conflicte zwischen Religion und Wissenschaft. <;eli.
B M. Geb. 7 M.
14. 15. SPENCER. H. Kinleltuug *" <1"8 Studium der Sociologie. Herausgegeben von Dr. H e 1 n •
rieh Marquardsen. 3 TbeUe. Geh. 8 M. Geb. 1(» M.
18. COOKK. J. Die Chemie der Gegenwart. Mit ;il Abbildungen. Geh. 5 M. Geb, 6 M.
17. FUCHS, K. Vulkane und Erdbeben. Mit 36 Abbildungen und einer lithographirteu
Karte. Geh. 6 M. (Jeb. 7 M.
18. VAN BEN EDEN, P. J. Die Schmarotzer des Thlerreichs. Mit 83 Abbildungen. Geh.
5 M. Geb. 6 .M.
19. PETERS. K. F. Die Donau und ihr Gebiet. Eine geologische Skizze. Mit 71 Abbildun-
gen. Geh. 6 M. Geb. 7 M.
20. WHITNEY. W. D. Lelien und Wachsthuni der Sprache. Uebersetzt von Prof. A. Les-
kien. Geh. 5 M. Geb. H M.
21. JEVON8. W. 8. Otld und Geldverkehr. Geh. 5 M. Geb. « M.
22. DUMONT, L. VergnUgtn und Sdunerz. Zur Lehre von den Gefühlen. Geh. 5 M. Geb. 6 M.
23. SCHLTZENBERGEB, P. Die Oärungserscheiuungen. Mit 28 Abbildungen. Geh. 5 M.
Geb. 6 M.
24. BLASERNA. P. Die Theorie des Schalls in Beziehung zur Musik. Geh. 4M. Geb. SM.
25. BERTHELOT. M. Die chemische Synthese. Geh. 5 M. Geb. 6 M.
26. LUY'S. J. D.-is Gehirn, sein Bttu und seine Verrichtungen. Mit 6 Abbildungen. Geh.
S M. Geb. 6 M.
87. ROSENTHAL. I. Allgemeine Physiologie der Muskeln und Nerven. Mit 75 Abbildun-
gen... Geh. 5 M. Geb. 6 M.
28. BRl'CKE, E. Bruchstücke aus der Theorie der bildenden Künste. Mit 39 Abbildungen.
Geh. 4 M. Geb. .■) M.
29. MEY'EB. H. GruiidzUge de« Htrafrechts nach der deutscheu Gesetzgebung unter Berttck-
«ichtijaing ausländischer RecliU-. (Jeh. R M. Geb. 6 M.
.'«•. 31. DE QUATREFAGE8. A. Das Menschengeschlecht. 2 Theile. Geh. 9 M. Geb. 11 M.
32. -Xl. BÖHMERT. V. Die (JewinnU-thelligung. Untersiichungeu Ul»er Arbeitslohn und
I iitrrn.limergewiun. 2 Theile. «Jeh. 11 M. Geb. 13 M.
34. SECIHI. A. Die Sterne. GruniUU«e der Astronomie der Fixsterne. Mit 78 AbbUdun-
gen lu Holzschnitt und 9 Tafeln in FarU>udruck , Lithographie und StahUtich. Geh.
« M. <leb. 9 M.
SS. LOCKVER, J. N. Studien zur 8|>ectralanaly8e. Mit 51 Abbildungen und 8 Tafeln in
Photograi.hie. Farlnsudruck und Holzschnitt. Geh 6 M. Geb. 7 M.
86. VIGNOLl. T. Ueber »las Fundamentalgesetz der Intelligenz im Thlerrelche. Versuch
einer vergleichenden Psychologie, (teh. 4 M. Geb. 5 M.
37, WUBTZ, A. Die utomlstische Theorie. Mit 1 lithogr. Tafel. Geh. 5 M. Geb. 6 M.
V\3'332.V
DIK
VOLKER AFRIKAS.
VON
ROBERT HARTMANN,
PaOFKSSOB JlV DKK UHIVKRSrrXt sc BBRLIK.
MIT 94 ABBILDUNGEN IN HOLZSCHNITT.
LEIPZIG:
F. A. BROCK HAUS
1879.
0
Das Recht der üebenetzuny Ut vorbehalten.
VORWORT.
In diesem Büchlein biete ich der Leserwelt der „Inter-
nationalen wissenschaftliclien Bibliothek" den Versuch einer
kurzen Schilderung der Völkerschaften Afrikas in ihrem
Sein und Wirken dar. Freilich sind es nur Umrisse,
welche ich hier zu ziehen vermag. Trotzdem hoffe ich,
durch dies Bändchen nicht allein manchem Jünger der
Ethnologie einige Anregung gewähren, sondern auch
ein grösseres Publikum unterhalten zu können. Ge-
rade jetzt sind die Blicke der denkenden und stre-
benden Menschheit auf den geheimnissvollen Erdtheil
gerichtet, auf dessen Karten, dank dem Forschungs-
geiste der Zeit, mehr und mehr jener weissen Flecke
verschwinden, wie sie noch vor wenigen Jahrzehnten so
trostlose Lficken in unserer Kenntniss darstellten. Zur
ganz besondem Genugthuung würde es mir aber ge-
reichen, wenn einer oder der andere Afrikareisende sich
veranlasst fühlen sollte, mein Büchlein seinem Gepäck
einzuverleiben, und wenn er unterwegs daraus einigen
Yi Vorwort.
Die Illustrationen, welche mir für das nähere Ver-
ständniss nothwendig erschienen, sind theils neu, theils
rühren dieselben aus dem reichen ikonographischen Be-
sitze der Verlagshandlung her, welche mir die Cliches
zur Verfügung gestellt hat.
Berlin, im Juli 1879.
HARTMA>'N.
1. Ml ALI
i-UO
V
EINLEITÜN«
\< 1 zu Kiuro. — Arnauteii- und Tschcrkessen-
> ^ lid-Pascha's. — Pilgrime aus Turkistan (vgl.
Aiiin. ij. — Der Dellal (vgl. Aum. 2). — Gebieter des
Landes. — Armenier, Griechen und Franken (vgl.
Anm. 3) 1
Reiter aus dem Magreb oder Nordwestafrika. — Aus-
' ^ • ler Reise von Bamim's und Hartmann's nach
ika. - Bisherige Anschauungen ül)er Völker-
.......< ....i.j;. — Verfasser hatte in dem unverdienten
Rufe gestanden, ein hervorragender Arzt zu sein (vgl.
^^^^- J' 2
All inthropologisches Material (vgl. Anni. 5). —
-\ li»' Gemälde u. s. w. — Neuere Gemälde und
1 •' Aufnahmen von Afrikaneni. Negern
11. '■ (vgl. Aiiin. i\ un<l 7). — Tendt-ii/. d»*s
vorliegenden Buchs
ERSTES BUCH.
Afrikanische Menschenstäinme und deren Wohnsitze.
Die ersten Pharaonen. — Muthmaassliche Entstehung und
Cultivirung Aegyptens (vgl. Anm. 8) 5
Herkunft der Aegypter. - Sind keine Semiten. — Kop-
tische Sprache (vgl. Anm. IM. — Verwandtschaft der
Aegypter mit den Libyer
VIII Inhalt.
Seite
Kubier oder Berabra, Barabra. — Kriegszüge der Plia-
raonen gegen dieselben. — Berabra besiedelten wabr-
scheinlicli den Boden Altägyptens als Vorfahren der
Retu, d. h. Altägypter . 7
Altägyptischer Fetischdienst (vgl. Anm. 10). — Osiris-
sage (vgl. Anm. 11). — Zwangsweise Ansiedelung syro-
arabischer oder semitischer Fischerstämme im Nil-
thale (vgl. Anm. 12). — Amn des Deltalandes. —
Anscheinende Verschiedenheit zwischen Aegyptern und
Nubiern. — Uebergänge zwischen beiden Stämmen
in Oberägypten 8
Alte Sprache von Meroe, deren Beziehungen zum Alt-
ägyptischen (vgl. Anm. 13). — Kreuzimgen, welche
in Aegypten stattgefunden haben. — Kopten und Fel-
lacliin oder neuägyptische Landbebauer 9
Häufiges Vorkommen von altägyptischer Gesichts- und
Körperbildung unter den heutigen Bewohnern des
Kilthales. — Verbreitung der Berabra. — Armuth
ihres Landes. — Bildliche Darstellungen anderer nilo-
tischer Völker durch die Aegypter 10
Bedja und Funje oder Fundj. — Reich Aloa. — Teka-
rine (Sing, tekruri oder Takruri), d. h. centralafri-
kanische Mekkapilger. — Reine Berabra in den nu-
bi^chen Districten Wady oder Wadi-Kenus, Dar-Suk-
kot, Dar-Mahas und Nord-Dongola. — Die Bedja
fälschlich als reine Araber beschrieben. — Auch
K. Hagenbeck's Bedja (Homran u. s. w.) wurden von
manchen als Araber angesehen 11
Passende Gebiete für Bodencultur, Viehzucht und Jagd
in Nordostafrika. — Chala, Steppe und Ghaba, Ur-
wald, Atmur, Wüste (Anm.) 12
Die Bedja sind meist A^iehzüchter. — Kamelzucht der
Abu-Rof. — Jagdbetrieb der Funje. — Agagir oder
Jäger der Abu-Rof 13
Abstammung der Bedja. — Verwandte Völker der
Schoho, Afer oder Danakil, Somal, Masay oder Masai
(Wamas.), Dschagga oder Djagga, Jaga, Gala, Orma,
AVahuma, A-Bantu, Bantu. — Eroberungszüge der
Dschagga und A-Bantu. — Ruinen von Aksum und
deren Völkernamen. — Dergleichen auf den Trümmern
von Adulifi. — Nachrichten der Alten über die Bedja.
— Christcnthum derselben in Aloa. — Candace . . 14
Aloa durch die Funje erobert. — Unterwerfung der
Bedja in Taka durch die Neuägypter um 1820. —
Ackerbauende Bedja. — Einführung des Islam ])ei den
I
1
liilinlt. IX
15
16
(' sU'FJ »HO««'
j:«in Arn bor nonnon.
• - F-'
^ •' '" 1 Ku-
(ier
... „...x... ..... ;i..tl.ern
- .,ni.... V..vvit..1t.. (lor Bedjn. — Aelin-
A ischou boidoii Völkern
„ , ltu. — Wükliche Ein-
. voll Amhem 17
1\ t Araheni. — Die Somal sind von poli-
ii: 'Utmijr für Ostnfrika. — (ialu. Wahunia
o.i ». Orma, vom Kenia und Kilimandjaro
he! i. — Ihre Eroberung«! Hild eines
A'^ ym Salt 19
— Verbreitunjir dieser und dt-r (iala in Ost-
trika. — Reich Kitai-a und dessen Zerfall. —
^ .... ^ ^ -lul.l.ninpen von Mtesa, dem Kabaka oder
K ^ T ^ '. I - .nda 20
^' S. 14) und Wakamha, sowie andere ost-
Stämme. — Wasuaheli mit arabischem
iti lit. — Berbern oder Imoschach, Einheit
All — Libu. Ribu oder Libyer, von den Alten
bl. ' Mt ■ 22
I>i«' 1 1. — Muthmaassliche Verwandt-
ticii.wi Uli. u... .ii..|..n'rn. — Megalithische D*^'' '■•■'"!'
(vgl. Anm. lö) 23
fl-i, ,..*....,. ,ii>.i Lotoumeux über die Kabylen 24
1 1- Mauren 25
].. ^ .. -1fr Araber. — Deren schwarze Vorkämpfer
(»dor Fethawie (vgl. Anm. IG). — Physiognomie der
Mun- n. — Aehnlichkeit mit jüdischer (vgl. Anm. 17) 2G
lie Mulatten (vgl. Anm. 18). — Verbreitung
tiiren. — Bedeutung der Wörter Kabyle, Ka-
byleh. Kabileh, Plar. Kabail. — Die blonden Libu,
Tnmhn der Alten 27
• des Islam, Marabouts. — Scherif. — Ver-
(}f*r Tnarik oder Tuarek , Einheit Targi. —
\ I oder Edle und Imrad oder Imroden
'" I und Imroden 20
schaften in Afrika. — Ber-
•nc no
ic Araberstämme in Marokko. — Verfassung
i.sch-arabischen Nomadenstamme 31
X Inhalt.
Seite
Schekh und Grossscheckh. — Kadi-el-Arab 32
Angebliche arabische Beduinenstämme des Sudan. —
Uled-Soliman , Schua oder Schiwa, von Barth und
Nachtigal für „echte Semiten" erklärt 33
Macht des arabischen Idioms (vgl. Anm. 19). — Angeb-
liche Familien- und Stammesregister der Schekhs und
Marabouts. — Die Funje in Sennar 34
Mischungen. — Die Djaalin, Sing. Djaali 3G
Ismail Pascha's Eroberung von Nubien und Sennar. —
Attentat von Schendi. — Melik El-Nimr und Abu-
Roasch in May-Gogwa 37
Tibu oder Teda 38
Fulan oder Fulbe, Sing. Pullo, Felata gehören zur nu-
bisch -berberischen Familie. — Kanori oder Kanuri,
Bidduma, Bulala, Musgu. — Nigritier. — Anthropo-
logische xVrbeiten von van der Hoeven, Fritsch, Bil-
harz, Falkenstein, Köler und dem Verfasser. — Ar-
beiten verschiedener Reisender 39
Arbeiten verschiedener Anatomen über die afrikanischen
Stämme. — Der „typische blauschwarze Neger" ein
Fabelwesen. — Verbreitung der Nigritier 40
Die Schilluk, Hülfsvolk der erobernden Funje .... 41
Centralafrika. — Nigritier 42
Niam-Niam, Monbuttu, Fan oder Faon, Wanyema, Wa-
guha, Warna, Wanyamesi oder Wanyamezi u. s. w. . 44
Deren Physiognomien. — Vergleichung mit Bedja und
mit Semiten 45
Basena, Denka oder Dinka, Schilluk, Noba; Takla-, Te-
kele-, Tegelibewohner . ,. 4G
Luoh oder Djur, Mittu, Bongo, Gondjara, Solengo oder
Solendj, Tunjur oder Tündjur. — Westliche Nigritier,
Sonray, Hausa . 47
Reich Melle oder Melli. — Mandinka, Bambara ... 48
Marabuts in Timbuktu u. s. w. — Der Kunta-Schekh
Achmed-el-Bekay , H. Barth's Beschützer. — Aber-
malige Verwerfung einer angeblich stattgehabten ara-
bischen Masseneinwanderung 49
Bedeutende Hadj'is und Tekarine. — Hadj Omar, Dan-
fodio, Hadj Mohammed-el-Amin; Erbauung von Kuka,
Bornu's Hauptstadt 50
Maurische Missionare in Oberguiuea 51
Fan, Faon, Fana und Funje. — Der Muata-Yanvo. —
Quissama. — A-Bantu 52
Völker der fJoldküste wie Ga, Aschanti, Fanti .... 53
Inliult. XI
l .11 I 'i« , .'» 11 -mi II UM lllim i t ♦ < •• r\» 1 I
i u. ». w. in den Lippen. — A-Han; 54
/..i.' 55
i 5G
-. r und deren muth-
iiner alter Reiche. —
68
Ka;;i. ;i \ • ü /unlmoc oder /imluibye. — De Barros,
M . ^ ll.'rior. IJaiuea (vjfl. Anm.' 24) 69
' n Bnutu und Bedja. — Diagjo^a oder
. VIII) . . . .^ "..... m
u'. — Zuluhäuptlinpo: Utscliaka oder Tsclmka,
u oder Din^raan. Umselekatsi oder Mosclekatsc.
oder H.' 61
r Bastar«! . u. — Andries Waterboer,
^ ... _• i;.- M;tnt;ili bei Lutaku (Vgl. S. 61). — Ko-
r.i. 1. l.ihli' i: l\.ii*a. Nania<(iia 62
1 ' '• ko, Akka oder Tikki-tikki,
»JS
65
nvölker, wol Reste einer vielleicht ur-
.iii'-ii. uiiu.uMlichen Bevölkerung 6<)
'r. O. Lenz' Urtheil über die Abongo. — Verfasser
drückt den Wunsch aus, dass wirkliche anatomisch
gebildete Anthropologen daselbst ihre Studien machen C}7
ZWEITES BUCH.
Von der korp^rlichr-n Be?chaffeiihoit der Afrikaner.
.\<^{r>T^»-r 68
Miiigtii. — Muhammed-el-Duchi. —
ii Kairo 71
Vcrfaüütr über All- und Neuägypten (vgl. Anm. 32) . 72
Berabra 76
Berbern des Magrel' 77
Bedja 78
' ■ . Afer, Solu;«]. — i.aliaila ihn iiiralum, >i:i-
oder Akil (Richter, Häuptling) der Dauakil . 81
i.i'u. i»'i.ti oder Teda .... 82
Funje, IngasHona ...... 83
^' etliche Nigritier, deren Körp« i^i "->. . iiin-rnvii..jtu,
re, Haut, Geruch, Hals, Brust. — Nigritische
',.,• \T.r.lMt], ,,,,.1 \i,.),tM,,,.,,,f). v^.^
XII Inhalt.
Seite
Creolnigritier und Mischlinge in Amerika 91
Hottentotten 94
Pygmäenstämme 95
Fettsteissbildung (Steatopygie) bei den Afrikanern. —
Einfluss der Lebensweise, namentlich der Ernährung.
— Sprache und physische Eigenthümlichkeiten der
Hottentotten 96
DRITTES BUCH.
Häusliche Einrichtungen, Sitten, Gebräuche, Recht n. s. w.
der Afrikaner.
1. Häusliche Einrichtungen.
Wohnräume. Islamitische Bauten, . , 98
Bauten der alten Aegypter 99
In Sennar 100
Bei den Monbuttu und in Guinea 101
Bei den Bedja, Babongo oder Abongo, Buschmännern.
Runde Hütten der Bogos u. s. w 102
Afrikanische Pfahlbauten 103
Haiisgerüth. Teppiche. — Holz-, Korb-, Leder- und
Thonarbeiten in Haussa u. s. \v 104
Töpferarbeiten. — Hornbecher. Löffel, Kürbisschalen
u. s. w. — Importirte Glaswaaren 105
Ruhebetten, Stühle u. s. w lOü
2. Kleidung und Zierath.
Altägyptisches Leinenzeug. — Orientalische Kleider-
tracht. — Ferdah oder Ferda, Tobe 107
Primitive Umhüllung der Stämme am Weissen Nil. der
Gala, Niam-Niam, Fan u. k. w 109
Rindenzeug. — Geliochtene Zeuge. — Stiefel . . 110
Zierathen der Mohammedaner. — Lippenschmuck . . 111
<^ilasperlen, Samenkörner u. s. w. — Färbung, nament-
li(^h des Leders 112
Haartrachten 114
Einschnitte in die Haut. — Bemalung, Einfettung des
Körpers 115
Itiiuilt. XUl
Seit«
. ... waffuuug.
KruorwÄfTon. — Lunlcngowchro <?cr Abv?»"«ini« ■ 11«
u 117
f-, Keulen. Streitäxte IIH
111)
. nimbRÄoh, Kulhmla, Schanpor-
12t>
foile, Köcher 121
der Pfeil- ii.rusi tur v .. 122
.... . 123
i.tiior- und Drahtiniu/' \:'m8chieni'ii. - >t(i.i».
dcckeu 125'
kcrbau und Vichzacht.
Hrotfrüchte. — Futterkräut- 12t>
I »el|'rt;iiizon. — Gewebestoffe. — ^S uue i uiturgewaciisc 127
iiaiKiiif 128-
' Dattil- und andere Palmen. — Fruchtbäume . , 129
relif. — (ifwurzc 131
" ' •' n/.en 132
Ölbaumes, des Riudenbaumes u. s. w. 133
1 — Ernteweseu 134
— Wilde Thiere. — Termiten-
II 13^
Vo^r,!. _ 13(;
H'/ . - , . 137
_^ — Tsetsediege 138
len. — Das Mähnenschaf, angeb-
iiiii Maianiiiiiti- vuu Hausschafrasscn 13i>
Wil.lli'iTide, Wildkatze, Wildsclnveiii, Perlhuhn; deren
g 140
, Hausschaf 141
K.iidcr 142
Einfuhr fremder Hausthiere. — Geflügel 143
Viehhaltung. — Feinde der Hausthiere . 144
5. Nahrung.
i 14.>
1 147
it dt-r it'üa u. s. w. . 14.S
:i der Bari 14*»
Otrame zum ÄerKieuiern des Getreides. — Gct l')(»
XIV lulialt.
Seite
Gegorene Getränke. — Branntwein, Hydromel, Bier. —
Liqueure 151
Wein. — Limonaden. — Kaffee. — Pfeffer. — Kola-
nuss. — Salz. — Natron, Harn 153
G. Gewerbthätigkeit.
Allgemeines 153
Byssusleinen der Aegypter. — Deren sonstige Industrie-
erzeugnis.se. — Tribut der Südlande an die Pharaonen 154
Industrie von Meroe. — A^erarmung im Sudan. — Ba-
rabra, Bedja, Abyssinier 155
Gerbmittel. — Schmelzöfen der Bongo, Balonda u. s. w. 156
Magreb. — Haussaländer. — Bunte und stumpfe Far-
ben. — Wohlentwickelter Farbensinn der Nigritier 157
Schnitzarbeiten. — Handwerker. — Kasten 158
Eisenarbeiter — Wanderschmiede 159
Webstühle (vgl. Anm. 34). — Vergleichung mit nor-
dischen Alterthümern IGO
7. Handel und Verkehr.
Allgemeines. — Befähigung der Afrikaner für den Handel 161
Handel und Verkehrsmittel der alten Aegypter . . . 162
Märkte, z. B. zu Hellet-Idris am Guleberge. — Wan-
dertrieb 163
Handel auch während der Mekkafahrt. — Märkte zu
Kanuo, Bonny u. s. w 164
Markt zu Kawele in Udjidji 165
Kochmals der Delläl (S. VH). — Hulks oder Palmöl-
schiffe. — Südafrikanischer Wagenverkehr .... 167
Kameltransport. — Ochsenwagen. — Träger. — Be-
waffnete Begleiter 168
Factoreien. — Schändliche Handelsunternehmungen der
Chartumer 169
Sklavenhandel, besonders der Kimbunda (vgl. Anm. 37). 170
Zahlungsmittel. — Zeuggeld u. s. w. — Schiffahrt der
Aegypter 1
Der Karthager. — Korsaren. — Croomen oder Kru
leute. — Afrikanische Flüsse 174
Ambadjtlosse. — Grosse Fahrzeuge und Schlachten auf
den Aoquatorialseen 175
Inhalt. XV
bitten und Ucbrüuciio.
1 17;'.
« hen Kinder. — Böter Blick. —
177
lies Islnin. — Schleohto Soitei» der
t1. r. — Besehueiduiig. — AuMrcissen
ui ii' 178
KuHi iuMgsBchule der Betcliuanft. —
MaunbarkiMt und Alter. — Junjje Männer 170
Khe. — WeilK-rberuf. — Liebe. — Heiratben der Denka 180
Khc der l^ari. der Betebuana (vgl. Anni. 38) .... 181
Lo« der afrikaniseben Weiber. — Vorrechte. Viel-
i 1X2
i lang der MoBÜmen und Heiden ls4
In AÄchauti. — Erbscbaflaverhältnisse im allj^^tiiiciiiLU,
bei den Denka 185
Bei andern Nigritierstämmen, bei den AVaraasay, Wa-
kaniba. Bat>uto 186
Tod ' " . ! .ibniss. — Bei den Mohammedanern. —
K! '-i. — Der Turban ist das ti-agbare Leichen-
r »I laubigen 187
s in Aegypten und in Magreb. — (irabhügel.
i. ' '-väbem durch junge Funje. —
Sr 188
Bei li- II ->u.j.i-^i..i... — Begräbniss der Griots i" "^^
gambien. — Gräberschmuck ISl»
M,>,,.,.lw.„- ,,,,,1 i1,ieropfer bei Todesfällen liiU
- Königs Gezo von Dahome und der
ka's Mutter 1I»1
Die). der Aegypter. — Epos des Pentaur
z\i s' II. — Kriegsgesänge der Tuarik. 1J»2
Mär« iCT. — Gesänge der Nilschiffer. — Preis
d« ~ . — Grablied der Bari auf den Missionar
Vinc4». — Liedchen der Berabra und Bagara. —
KlacT'^lifl fbr Korfbifaner auf Misallim oder Mfsnllim-
el-^ ' • -ntliche Säng( V 11'!
"VVai. . II l'.il
Tanzende Derwische. — Haschasch. — l'ucteu der Kai-
fern. — Thierfabeln in Südafrika. — Musikalisclio
Anlage I'"
Musikalische Instrumente, Harfen, Glocken u.
Homer, Trommeln, Pauken. — Begleitung durch Ge-
sang 197
Husik der alten Aegjpter ..'['''<
XVI Inhalt.
Seite
Marimba, Wissandsclii oder Sansa, Gubo, Flöte . . . 19i>
Tänze, Vergleich mit den unserigen 200
Festlichkeiten. — Fest des Machmal u. a. — Abyssi-
nische Kirchenfeste. — Feste der Nigritier .... 202
Yamsfest in Aschanti. — Spiele: Mangala, Tyela. . . 20'i
{). Keligöse Vorstellungen.
Der Islam 204
Culturmission desselben 205
Sekten. — Snussi. — Christenthum der Kopten (vgl.
Anm. 41). — Der Abyssinier 206
Das moderne Christenthum 207
Fetischglaube. — Halbes Heidenthum der Funje. —
Erntegebräuche der Hammedj oder Hammeg und
Djebelauin. — Hundecultus (vgl. Anm. 42). — Berta 20S
Gala, Wakamba. — Wassermangel. — Regenmacher
oder Regendoctoren 201)
Nilschwellen. — Osirissage. — Waganda. — Schilluk.
Denka 210
Bongo. — Hexenglaube. — Budda; Verwandlungen in
Thiere. — Hexenmeister 211
Waldkobolde. — Augurium der Niam-Niam. — Mon-
buttu 212
Aschanti. — Heilige Steine ihrer Fetischpriester . . . 215
Agriessteine. — Arabische Zaubersprüche 214
Thierdienst in Dahome. — Schlangencultus in Whyda.
— Wodudienst in Amerika 215
Glaube an böse Geister. -^ Gottesurtheile und grausame
Bestrafung der angeblichen Hexenmeister 217
Fetischpriester, Waganga, besonders der Warna . . . 220
Fetischpriester der Kimbunda. — Regenprocession der-
selben 221
Fetische und Fetischhäuser. — Fetische auf Reisen . 221
Fetische bekommen Prügel und werden erneuert. —
Glaubenssachen der A-Bantu 223
Glauben der Hottentotten. — Heitsi-Eibib oder Tsui-
Coab 22G
10. Regierung und Staatsverfassung.
Der Sultan. — Der Khedive oder Khediwe, Chediwe. —
Eroberungen im Süden von Nubien 227
Verfassung der türkischen Vasallenstaaten in Nordafrika 228
Iiihnlt. XVU
Sttt«
1 der uuubhaui;ii;cu lülaiuitisohcQ btaatcu in
ika 229
' ;imla, sein "Walten und vorausieht-
2»)
' "V ... 231
^ : 'sidenzti
M. lu Bornu '''^^
,.,..l..,.i.rs Hol >.,;>
i :i Land 237
i.iic und seine Würdenträger 230
rh-feudale Staaten der Aschanti u. s. w. in
239
Kcich Cougo 240
!>. >^. n Z. ifai; 241
Verfassung der Aniazulu. —
vhwayo oderKetchwayo. —
L'insclekatsi ' '. . . 242
uina. — Die Häuptlinge Sebitoane,
.. Mojichoseh. Sekwati und Sekukuni .... 244
1: .uische Gemeinwesen. — Die Kabvlen. — Die
lu;ink ^ ' 24G
\hvs.siiiien und seine Könige oder Nacrast. — Deren
'■ iinte 246
.. Bari, Ulibari 24«)
' . Afer, Somal 250
!te. — Bonny, Brass, Ibara, Abbeokuta. —
.M:. wutner Angriff des Königs von Dahome auf
Abbeokuta 251
Doko, Akka, Babongo oder Abongo. — Hottentotten 252
llathsversamnilungen: Palaver, Fema, Tschauri . . . 253
11. ii.i.1. ni.3 » VI Hill liiiooC
Die Rechtsanschauungen der Moslemin. — Der Koran
und seine Ergänzungen. — Muftis, Kadis. — Keue
Civil- und Militär8trafgoKot?:^obung, Appellations- und
Cassationsgericht in > — Handhabung der
Gesetze in den afrik; .mitisehen Staaten. —
Der Islam p» .: uvch nicht im Verfall 254
Kabvlen, d, h. 257
k. — Blutraeüc. . 25H
inien 259
i^runiea. — Einfluss des Aberglauben- (lerr ensenpnesier.
Habtmaxx. b
will Inhalt.
Seite
— Luugsamc Eutwickelung des Rechtsbewusstseins
bei den Völkern 261
Traditioneller Straf codex der Aschanti 261
Derjenige der Kimbunda 263
Geheimbünde. — Empacasseiros in Niederguinea . . 264
Sindungo daselbst. — Purra am Rio Nunez 265
Mumbo-Djumbo in Ober-Guinea. — Zweck und Wesen
solcher Geheimbünde 266
12. Krieg, Jagd, Fischfang u. s. w.
Heerwesen der alten Aegypter 267
Kriegerkasten in Afrika 268
Fechtweise der Wamasay, Gala, der Somal, Abyssinier,
Bedja, vieler Nigritier. — Kriegerische Eigenschaften.
Kriegsmusik. — Verfahren beim Angriff. — Flucht.
Rehandluug der Besiegten. — Verstümmelung von
Seiten der Gala, Somal, Abyssinier und alten Aegypter.
Mangelhafte Handhabung des Feuergewehrs .... 26i>
Verhalten der Nigritier europäischen und ägyptischen
Truppen gegenüber. — Verlorene und gewonnene
Schlachten der Nigritier. — Tapferes Benehmen ge-
drillter nigritischer Truppen 271
Benehmen derselben ihren Vorgesetzten gegenüber. —
J. Pallme's Urtheil. — Aufstände der ägyptisch-nigri-
tischen Truppen. — Geschick der Nigritier in der
Vertheidigung 272
Kämpfe der Berta und Noba gegen die Aegypter. —
Sklavenerwerbung als Kriegsziel 27^
Kriegswesen der Aschanti 274
Dasjenige der Kimbunda in Bihe 27G
Kriegerische Weiber. — Candacen, Djaggaweiber. —
Die Amazonentrunpen des Königs von Dahome und
des Kaisers von Uganda 277
Jagdgründe in Afrika 278
Grosso Treibjad zu Ehren des Prinzen Alfred von Eng-
land. — Altügypten 280
Falkenbeize und Jagdfalkenarten in Nordafrika. —
Jagden im Nildelta und im Magreb. — Abyssinische
Jagden 281
Jagdrn in Taka und Sennar 282
Gr(.jij<nrtige Treibjagden der Bedjanomaden in den
Kttd/.m oder Kadjasteppen (vgl. Anm. 45) 28S
Oroimo Antilopenarten. — Schlingen und Schlaghölzer
der Nubicr. — Nubische Jägerkaste 284
Inhalt. XIX
Seite
Flusspferdjagrd im iSilgebiet. — Kigritische Jagdwaffen
und Jagdniethoden. — Gorilla- und Chimpansejagden 285
Fallgruben. — Künstlieh erzeugte Steppenbrände . . 28G
Mundeos. — Fallharpunen. — Hopo's 287
Vogelfang. — Straussjagd 288
Jagd auf Reptilien. — Fischerei. — Benutzung von Be-
täubungsmitteln. — Angeln, Netze, Reusen u. s. w. 289
13. Sklaverei.
Sklaverei. — Kriegsgefangene als Sklaven. — Selbst-
verkauf. — Kinderverkauf. — Alter dieser Institution
in Afrika. — Der Islam gestattet die Sklaverei. —
Verschiedene Sorten von Sklaven in Aegypten . . . 290
Islamitische Sklaven oft sehr fanatisch. — Mamlukken 291
Oute Behandlung der Sklaven in den Ländern des Is-
lam. — Eunuchen. — Sklaven in Centralafrika. —
Träger 292
Behandlung der Sklaven in heidnischen Gebieten . . 293
Menschenopfer. — Sklaven in den Kimbundaländern . 294
Watira- und Tombikaflucht 295
Sklaverei bei den Europäern. — Verwerflichkeit der-
selben 296
Albinos. — Zwerge. — Krüppel 297
VIERTES BUCH.
Krankheiten.
"NVechselfieber, remittirende, anhaltende Fieber . . . 298
Complicationen der Fieber mit andern Krankheiten. —
Typhöse Formen. — Cholera. — Pest. — Skorbut . 299
Aussatz. — Syphilis, deren angebliches Alter und Ent-
stehung. — Elephantiasis. — Rheumatismen .... 300
Lungenschwindsucht. — Hitzige Ausschläge. — Para-
sitische Thiere : • .• ^^^
AnchyJostoma. — Distoma haemotohium. — Filaria
medinensis 302
Ruhr. — Krankheiten der Leber, Milz, Lungen, Kerven 303
Augenleiden 304
Wunden, auch vergiftete. — Wundstarrkrampf . . 305
AVundheilung. - Krankenbehandlung. — Charlatane,
Zauberdoctoren 307
Arzneischätze Afrikas 308
b*
XX Inhalt.
FÜNFTES BUCH.
Sprachen.
Seite
Scheu unserer Sprachforscher vor der afrikanischen
Linguistik SOS
Ethnologische und philologische Vorurtheile 309
Eintheilungsprincipien. — Nordafrikanische Sprachen 310
Ost-, central-, west- und südafrikanische Sprachen . . 311
Geschriebene Sprachen der Afrikaner. — Das Standard-
alphabet von R. Lepsius und dessen Verbreitung . 312
Fortschreiten des Arabischen. — Mittel die eingeborenen
Idiome zu erhalten und weiter zu bilden. — Aus-
sichtslosigkeit derselben 313
SECHSTES BUCH.
Schlussbetrachtungen.
Li iicJuUr (jledankc in dem Buche 315
Bewegungen unter den Afrikanern. — Völkerräthsel . 316
Principien für die Erfoschung der afrikanischen Völker-
kunde 317
Afrikanische Inselbewohner 318^
Madagascar. — Hoffnungen für die Zukunft 319
Anmerkungen 320
Register ' . * 327
Autorenregister 342
YERZEICHMSS DER HOLZSCHNITTE.
Die hier mit einem * versehenen Figuren sind Originale.
Seite
'Fig. 1. Bedja-Nomade, nach eiuer Photographie von
r Hattorff IG
' i> 2. Bedja-Nomaden in ihrem Zeltlager, desgl. , 17
» 3. König Mtsa von Uganda mit seinem Gefolge,
nach H. Stanley 21
» 4. Somali von Geledi \ / ... 22
» 5. Medjerten-Somali . / Nach Daguerrco- i . , , 23
» 6. Wakambaweiber . i typen bei Guilain j . . . 2-1
» 7. Suahelifamilie . . ^ ( ... 25
» 8. Funje, nach R. Hartmann 35
)) 9. Niam-Niam, nach Schweinfurth 41
» 10. Kasongo's Musikbande, nach Cameron .... 42
» 11. Der Monbuttu- König Munsa, nach Schwein-
furth 43
« 12. Kitete, der Häuptling von Mpungu in Manyema,
nach Stanley 45
^ >> 13. Mandinka, nach einer Photographie 48
" » 14. Quissama, nach einer Photographie von Moraes 53
» 15. Manganjaweib, nach Livingstone 54
» 16. Lubaweib, nach Schweinfurth 55
» 17. Ein Mtuta, nach Stanley 5G
'' » 18. Amazulu, nach Photographien von Kisch . . 57
* » 19. Hottentottin, nach einer Photographie. ... 61
^ » 20. Kora-Hottentott, desgl 62
» 21. Bombi, ein Akka, nach Schweinfurth .... 63
•> 22. Junger Buschmann, nach G. Fritsch .... 64
>^ 23. Buschmännin, desgl 65
' >^ 24. Xeuägypterin, nach Photographie von James 71
XXII Verzeichniss der Holzschnitte.
Seite
*Fig.25, 2t). Abyssinier aus Amliara, nach einer Zei-ch-
nung von Zander 80
» 27. Somali von Merka, nach Guilain 81
* » 28. Frisch eingeführter Brasilneger, nach Photo-
graphie . 87
* » 29. Zulumädchen, nach Photographie von Kisch 89
* » 30. Maurische Kinder, nach Photographie ... 91
* » 31. Brasilianische Creolnegerin von zweifelhafter
Reinheit der Abstammung, desgl 92
» 32, 33. Hottentoten, nach Fritsch 93
)> 34, 35. Venus hottentotta (Buschmännin), nach
E. Geoffroy St.-Hilaire und F. Cuvier 95
» 36. Togul in Sennar im Durchschnitt, nach
E. Hartmann 100
» 37. Hütte in Uganda, nach Stanley 101
« 38. Tembe in ügogo 102
)) 39. Pfahlhütte im Mohryasee, nach Cameron . . 103
>' 40. Hof eines Hauses der Berabra, nach R. Hart-
mann 106
X 41. Bedja (Bischari) mit der Ferdah umhüllt, nach
\V. von Harnier 108
>♦ 42. Monbuttukrieger mit dem Rindenschurz, nach
Schweinfurth 110
» 43. Nuer in vollem Putz, nach Harnier .... 113
» 44. Einwohner von Manyema, nach Stanley . . 114
» 45. Jungfrau aus Ost^Manyema, nach Stanley . 114
» 46. Pincette der Bongoweiber, nach Schweinfurth 115
» 47. Speerspitzen der Betchuana, nach Casalis . 117
» 48. Bongolanzeh, nach Schweinfurth 117
y 49. Keulen der Denka, nach Hartmann .... 118
» 50, Streitaxt der Basuto, nach Casalis .... 118
51. Targi, nach Lyon 119
» 52. Schwert aus Kordufan, 120
« 53. Messer der Berabra, 120
•> 54. TrumbuRch der Niam-Niam, nach Hartmann 121
' 55. Bogen und Köcher an der Ostküste .... 122
" 56. Schild der Funje, nach Hartmann 123
»» 67. Arabischer Soldat des Sultans von Zanzibar
mit dem Faustschilde der Somal u. s. w.,
nach Guilain 123
r 68. Musg^u mit Wurfeisen und Brustkoller, nach
H. Barth 124
» 69. Brujitpnnzer, Bornu, 125
p 60. Gepanzerter Bagirmi-Reiter, nach Denham
und Clapperton 125
Verzeichnißs der Holzschnitte. xxm
Seite
iig.bl. Ahyssimsclici- i'tiug 133
» 62. Molot oder Melot, nach Schweinfurth . . . 134
» 63. Basutohütte mit Lehm topf, nach Casalis . . 13«>
» 64. Kornspeicher der Niam-Niam, nach Schwein-
furth 137
» 65. Merhaka, nach Livingstoue 150
» 66. Schmelzofen der Bongo, nach Schweinfurth 156
» 67 — 70. Geschnitzte Schemel und Gefässe der
Niam-Niam, nach Schweinfurth . . 158
» 71. Verzierte Kürbisschale der Batoka, nach
Livingstone 159
» 72. Wanderschmiede und ackernde Schwarze am
Weissen Nil, nach Harnier 160
» 73. Markt in Kawele, nach Cameron 166
» 74. Afrikanische Canots u. s. w., nach Stanley . 173
» 75. Canot von Ambadjholz, nach Schweinfurth 174
0 76. Seeschlacht bei Cap Nakarauga, nach Stanley 176
)) 77. Holzfiguren auf einem Bongograbe, nach
Schweinfurth 190
* » 78. Herumziehender Xegerbarde in Konstanti-
nopel, nach Photographie von Abdoullah-
Freres das 194
» 79,80. Harfen der Niam-Niam, nach Schweinfurth 106
)) 81. Harfe der Waganda, nach Stanley 196
» 82, 83. Eiserne Glocke und Holzglocke der Niam-
Niam, nach Schweinfurth 197
» 84. Nächtlicher Tanz der Bari, nach Harnier . 108
» 85. Sansa, nach Livingstone 199
» 86. Gubospieler, Zulu, nach E. von Weber . . 200
» 87. Tanz der Ali ab, nach Harnier 201
j) 88. Mangalaspielbret der Niam - Niam , nach
Schweinfurth 203
» 89. Waganga der Warna, nach Cameron .... 219
» 90. Fetische von Ruanda, desgl 222
» 91. Fetischhütte in Lowale, desgl 223
» 92. Mtesa's Amazonen, nach Stanley 279
B 93. Der Zwerg Kimenya, nach Speke 296
* » 94. Baobis oder Bubis, nach Photographie von
Joaque 318
Einleitung.
Als ich Aegyptens niedriges Meeresgestade bei
Alexandria betrat, glaubte ich in den mir begegnen-
den Fellah, Nubiern und Schwarzen Typen gänzlich
verschiedener Menschenrassen zu erkennen, welche ein-
ander von Hause aus fremd, nur durch den Zufall des
Tages zusammengewürfelt worden seien. Alte Lehren,
alte Erinnerungen, längstgehegte Gedanken tauchten
in mir auf, als ich die lebenden Völkergalerien durch-
musterte. Beim Betreten des grossen Gewühles in
Massr-el-Qahireh, der begnadeten und gelahrten Stadt
des mohammedanischen Orient, verwirrte sich anfänglich
das sich mir eröffnende Bild. Ich will hier nicht erst
von den grell und phantastisch gekleideten Amanten
sprechen, deren damals acht Regimenter ihre Rosse im
Staube Altkairos tummelten, nicht von den stahlgepan-
zerten Tscherkessengarden des Statthalters Said-Pascha,
nicht von den Pilgrimen ^ aus Turkistan , nicht von
den Händlern und Dellälen ^ aus Smyrna, Beirut, Da-
mascus, aus Basra, Bagdad, Meschhed und Ispahan,
nicht von den ernsten osmanischen Paschas, Beys und
Aghas, den derzeitigen Gebietern des Landes, sie waren
ja, gerade wie die Armenier, Griechen und Franken^,
auffällige, leicht erkennbare Fremdlingsgestalten auf
Afrikas Boden. Ganz anders aber verhielt es sich mit
Hartmaks. 1
2 Einleitung.
allen denen, welche mit dem leicht aussprechbaren und
vielfach so leichtfertig gebrauchten Worte Araber be-
titelt wurden, ferner mit jenen in den Barbareskenstaaten,
im sogenannten Magreb oder afrikanischen Nordwesten
angeworbenen, unfern Bulak in der Zahl von 4000
carapirenden Reitertruppen, ferner mit den zahlreichen
Vertretern aller jener nilotischen, centralen und west-
lichen Stämme, bei deren Anblick sich die mir schul-
gerecht dünkende Frage aufwarf, sind das Semiten,
Hamiten, sind das Kaukasier oder Aethiopier?
Erst als sich die zu Beginn an mir vorüberjagenden,
einander gewissermaassen überstürzenden Eindrücke zu
ordnen begannen, vermochte ich die Einzelheiten des
Völkergemäldes besser aufzufassen und zu sichten.
Später allmählich, nilaufwärts ziehend, Landschaft um
Landschaft durchmessend, bis in den Steppen und
"Wäldern der Funje die trotzigen feindseligen Ingassena,
an den Zinnen des Fazoglobergs das unbarmherzige
Fieber weitern Wanderungen, wenn auch nicht weitern
Forschungen ein Ziel setzten, da änderten sich die ur-
sprünglichen, von alten Vorurtheilen beherrschten An-
sichten über die Völker Afrikas sehr wesentlich. Ich
gelangte bereits auf afrikanischem Boden zu der Ueber-
zeugung, dass hier mit den Begriffen Kaukasier,
Aethiopier, Semiten und Hamiten im ganzen sehr
wenig anzufangen sei, so wenig wie etwa mit den Be-
griffen Arier, Indoeuropäer, Turanier. Ich merkte,
dass die ethnologische Forschung für die Aufhellung
der verwickelten Völkerverhältnisse der nördlichen Hälfte
Afrikas andere Bahnen aufsuchen müsse, als die bisher
meist übliche einer einseitigen Gegenüberstellung scharf
begrenzter liassengegensätze und als verbrauchte Sam-
melbezeichnungen für Völker, die einmal nicht unter
den Hut doctrinärer Anschauungen zusammengezwängt
werden können. Neben der möglichst ausgedehnten
S««lb»tbeobachtung lebendigen Völkermaterials, zu welcher
besonders der gänzlich unverdiente Ruf eines hervor-
ragenden Arztes* die Wege in vorher kaum geahnter
Einleitung. ;;
Weise ebnete, waren mir natürlicli die Erzeugnisse des
Todes, d. h. Leichen, Skelete, Schädel, vorzügliche, in
reicher Fülle gebotene Forschungsobjectc. "' Daneben
erwiesen sich gleich von Anfang an die altägyptischen
Wandgemälde, Relief bilder, Husten und Statuen, die
charakteristischen Schöpfungen einer urwüchsigen, ba-
rocken, aber mi Risse stets das Eigenthümliche. das
Nationale treffenden Kunstlebens als vorzügliche Hülfs-
mittel zur vergleichenden, mitten auf geschichtlichem
Boden sich bewegenden allgemeinern und zur Detail-
forschung. Später wurde — auch daheim — keine
Gelegenheit versäumt, Afrikaner zu sehen und zu unter-
suchen. Sie bot sich, dank unsern regen heutigen
Verkehrsverhältnissen, häufiger dar, als ich in den
ersten Tagen meiner Rückkehr aus Afrika hoffen zu
dürfen geglaubt. Ferner wurden die Gemälde und
Zeichenmappen hervorragender Künstler, begabter Dilet-
tanten, der Yernet, Gerome, Gentz, Richter, Makart,
R. Kretschmer, Alma Tadema, Daniell, der C. Harris,
Baines, Harnier, Schweinfurth, Pechuel-Loesche u. a.,
endlich die unvergleichlichen Erzeugnisse der Photo-
graphie, die Leistungen der Hammerschmidt, James,
•■Sebah, Tremaux, Kisch, Fritsch, J. M. Hildebrandt,
Falkenstein, Elton, Playfair, Joaque, Buchta und zahl-
reicher anderer (mir zum Theil persönlich Unbekannter)
eine stete Quelle weiterer Belehrung.
Mehr und mehr lernte ich . einsehen , dass die Be-
zeichnung Neger für die dunkelhäutigen kraushaarigen
Bewohner eines grossen Theiles von Afrika sehr häufig
in misbräuchliche Anwendung gezogen werde. Ich
schlug daher schon vor Jahren für jene grosse Völker-
gruppe die mehr präcisirende Bezeichnung Nigritier
vor.^ Es entstand mein so betiteltes Buch ^, eine An-
zahl Studien geschichtlicher, ethnographischer, sprach-
licher und physisch-anthropologischer Natur, welche,
zu einer monographischen Arbeit vereinigt, mich noch
gegenwärtig beschäftigen. Nachfolgendes Schriftchen
soll nun nicht etwa einen Auszug aus obigem Buche
1*
4 Einleitung.
bringen, sondern es soll in ganz selbstständiger Be-
handlung einen Einblick in das Leben der gesammten
bis jetzt bekannt gewordenen Menschheit Afrikas ge-
währen. Vielleicht wird gerade diese Art der Dar-
stellung eines selbst noch vielfach unfertigen und
noch lebhaft umstrittenen Themas ihre Freunde ge-
winnen.
ERSTES BUCH.
Afrikanische Meusclienstämme und deren Wohnsitze.
Dunkel sind die Sagen, welche der Mund altägyp-
tischer Weisen über die Vorzeit des merkwürdigen
Landes verkündet hat, in welchem die Pharaonen (die
Söhne der Sonne, wie ihre selbstgefällige Titulatur lau-
tete) das Scepter geführt. Der erste König, der über
Aegypten geherrscht hat, war, wie die Priester nach
Herodot angaben, Menes (Mena), zu dessen Zeiten das
ganze Land, mit Ausnahme des thebaisclien Gaues (Gau
ägyptisch Hesep, griechisch Nomos) ein Sumpf gewesen
und wo nichts zu sehen gewesen sein soll von all dem Ge-
biet, welches jetzt unterhalb des Sees Möris liege u. s. w.^
Vor Mena sollen Götter, Halbgötter und räthselhafte
Könige geherrscht haben, Wesen, deren Anführung den
Alten zur Bemäntelung ihrer Unkenntniss der ägyp-
tischen Urgeschichte gedient hat. Da nun übrigens
Mena als Gauherr von Tini geschildert wird, da man
ihm mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit die Gründung
von Memphis und die Stiftung kolossaler Dammbauten
zuschreiben darf, so lässt sich annehmen, dass schon
zur Zeit seines Auftretens, d. h. etwa 6000 Jahre vor
unserer Zeitrechnung, Aegypten in einem Zustande der
geordneten landschaftlichen Eintheilung und überhaupt
gewisser Gesittung sich befunden haben müsse.
W^er hat nun diese allmählich sicli bildenden Ablage-
rungen fruchtbaren Schlammes besiedelt? Sind es
C Erstes Bucb.
.->^>.iov.ii-ai.iwiac.ic Einwanderer gewesen? Die altägyp-
tische Sprachforschung betrachtet es als eins ihrer
Hauptergebnisse, die Sprache des pharaonischen Volks
habe einen innigen Zusammenhang mit den indogerma-
nischen und semitischen Idiomen besessen, und müsste
daher innige nationale Beziehungen zu den Völkern
dieser Kategorie gehabt haben. Allein kein ernst zu
nehmendes physisches Merkmal spricht für eine an-
güblich semitische Herkunft der Aegypter. Man
ist jetzt daran gewöhnt, von Seiten der wissenschaft-
lichen Anthroi)ologie zwar indoeuropäische Sprachen
anzuerkennen, die indoeuropäische Völkerfamilie als
ethnische Einheit jedoch für eine unberechtigte Auf-
stellung der Philologen zu erklären. Sprachverwandt-
bcliaft bedingt aber keineswegs nothwendig auch die
ethnische, nationale Verwandtschaft. Inwieweit aber
die altägyptische, zum Theil noch jetzt im Koptischen
dürftig fortvegetirende Sprache -^ wirklich eine semi-
tische Sprache, oder inwieweit sie nur stärker oder
geringer mit semitischen Lehnwörtern durchsetzt sei,
darüber liaben uns die Philologen noch keineswegs ge-
nügend aufgeklärt.
Manche haben auf einen nationalen Zusammen-
hang zwischen den Altägyptern und der grossen liby-
schen, Nordwestafrika bewohnenden Völkerfamilie ge-
ratheu. Auch für diese Ansicht wurden vornehmlich
sprachliche Gründe, die Verwandtschaft altägyptischer
Wörter mit Wörtern aus der Sprache libyscher Oasen,
wie Siwah u. s. w., geltend gemacht. Eine physische
Ärmlichkeit zwischen den Ketu oder den auf altägyp-
tlschen Denkmälern bildlich dargestellten Vertretern
dea Pharaoneuvolks und den heutigen Bewohnern
Nordwestafrikas ist freilich unverkennbar. Mehrere
Tage lang widmete ich einer genauen Durchmusterung
der (S. 2) erwähnten sogenannten Magrebin, d. h. der
libyschen Reiter zu Bulak, und überall begegnete ich
unter diesen gefälligen und zuthulichen Wehrmannen
des ägj-ptiachen Statthalters Physiognomien, wie sie
Alnkauäscno iücn>-rmMstaiuiiie umi cicrt'n \\ oiiiisit/c. 7
mir bereits von den Strassen der ägyptischen Städte
und aus den Landschaften um Kairo her vertraut ge-
worden waren. Dasselbe traf sich auf den belebten
und reichlich beschickten tuneser oder magrebiner Ba-
zaren zu Kairo, woselbst ich namentlich eine über-
raschende Aehulichkeit zwischen dem Typus der Jüngern
Magrebin und Jüngern Fellachin auffand. Entsprechende
Beobachtungen machte ich an den Turcos, welche sich
18G7 in Paris und 1870 — 71 als Kriegsgefangene unter
uns befanden. Selbst der Schädelbau der Libyer und
Aegypter bietet Anhaltspunkte für unsere Ansicht dar.
Au die ägyptischen Grenzen hinan reichen die heute
sogenannten Berabra (Singular Berberi), die vor den
Fellachin schon durch dunkle Hautfarbe ausgezeich-
neten Bewohner der felsigen, heut so armen Districte
Nubiens. Im Alterthum hiessen diese Nachbarn Aegyptens
wie alle ihre damals bekannt gewordenen Stämme Na-
hasu — es waren die Schwarzen, Neger, Nigritier.
Sie zeigten sich den Pharaonen öfters unbequem und da
wurden denn Kriegszüge gegen dieselben veranstaltet,
deren (wenigstens nach heutigem Maassstabe) unbe-
deutende Ergebnisse auf den Denkmälern durch prah-
lerische bildliche Darstellungen und Inschriften ver-
herrlicht wurden. Weit fassten die Pharaonen freilich
nicht Fuss in dem coupirten Lande der tapfern Nahasu.
Alte Namen ihrer Stämme, Beraberata, Kens, Argin,
Prim, kehren noch heute wieder in den Stammes- und
Ortsbezeichnungen Berabra, Kenus, Argo, Ibrim u. s. w.
u. s. w. Während sich nun auf Aegyptens Boden der
geologische Process allmählicher alluvialer Schichten-
bildung unter gleichzeitiger Austrocknung des Sahara-
meeres vollzog, rückten nubische Familien in das mehr
und mehr sich regelnde, endlich zwischen Uferbänken
sein periodisch-schwankendes Wasserleben durchlaufende
Bett des Nils stromabwärts hinab. Sie bebaueten Stelle
um Stelle und gingen allmählich den gesellschaftlichen
Umbildungsprocess ein, der sie zur Schöpfung eines
der wenigen Culturcentren der antiken Welt befähigte.
g Erste« Buch.
In ihrer Isoiirtheit, in dem von felsenstarrenden Wüsten
eingeschlossenen sehr fruchtbaren Nilthale bildeten sie
eine gewisse Eigenart, die jedoch immerhin gänzlich
auf echt afrikanischer Sitte fusst, von Geschlecht zu
(leschlecht weiter aus. Sie modelten eine Art des
Fetischdienstes ^^ nach den ihnen so geläufig werdenden
Naturerscheinungen des Steigens und Fallens der Nil-
wasser ^ *, den für ihr ganzes Culturleben so wichtigen
Vorgängen. Im Bewusstsein ihres Könnens dehnten sie
sich endlich weiter über die Nachbargegenden aus und
zwangen syrisch-arabische, also semitische Nomaden-
stärame, wie Araber und Juden, zur Sesshaftigkeit und
zum Frondienst. ^'-
Brugsch führt aus, dass Amu, d. h. Semiten, Leute
syrisch-arabischen Stammes, als sesshafte Einwohner die-
jenigen Gebiete des Deltalandes innehatten, welche sich
in der Umgebung des heute Menzaleh genannten Sees
befanden". Mit solchen ursprünglich der asiatischen
Seite Aegyptens entsprossenen Eindringlingen mochten
sich nun die nubischen Einwanderer reichlich ver-
mischen. Dasselbe geschah sehr wahrscheinlich mit
von Libyens Seite (damals wie noch später) an den
Nil heranstreifenden Bewohnern. So entstanden die
weltbeherrschenden, alles mit ihrer hohen Cultur be-
fruchtenden Retu, welche, heller wie die Berabra, ein
Mischvolk bildeten, in dem jedoch afrikanisches Blut
weit vorherrschte. Unsere Reisenden heben gewöhnlich
den Gegensatz zwischen den hellen Aegyptern und den
dunkeln Nubiern zu schroff hervor. Es kam mir immer
8u vor, als ob diese Herren die Zeit und die Orte
zwischen Kene und Syene so gut wie verschliefen.
Denn gerade auf dieser Strecke sieht man genug Ueber-
«an«e zwischen beiden Völkertypen. Es beruht das
nicht etwa nur auf Einwanderung und Ansiedelung
nuuischer Familien in dem Said, in Oberägypten, son-
dern der Bewohner dieses Said wird, dem Wendekreise
allmählich sich nähernd, dunkler, dunkler durch die
Sonm-, aber auch dunkler infolge von Heirathen mit
Afrikanische Menschenstämme und deren Wohnsitze. 1)
Berabra. So mochte auch der mibisclie Besiedler des
Nilthaies allmählich unter der milden Sonne Mittel-
uuterägyptens heller werden, zum Theil freilich auch
wieder infolge von Heirathen mit ursprünglich hellem
Leuten. Dass aber bei solchen Processen eine gewisse
Anpassung an Grund und Boden, an dessen physi-
kalische, klimatische Verhältnisse stattfinde, erscheint
mir als "in iin:iluv.'is1i(]i.'r naturgescliichtlicher Vor-
gang«
Uebereinsninnieiuie pii\ tische Merkmale zwisclieu
Aegyptern und Berabra wird kein aufmerksamer Beob-
achter hinwegleugnen können. Wer mir hier eine Ver-
schiedenheit der Färbung allein entgegenhalten will, der
lässt sich seinen Blick durch eine bei diesen Untersuchun-
gen keineswegs stichhaltige Einzelnheit trüben. Brugsch
hat ferner intimere Beziehungen zwischen Altägyptischem
und Nubiscliem (letzteres alte Sprache von Meroe) her-
vorgehoben. Die von dem gelehrten Aegyptologen ver-
öfientlichte Wörterliste liesse sich noch erweitern. ^"^
Die ägyptischen Retu, welche nach dem Untergänge
ihres grossen Reichs so viele fremde Einfälle erdulden
gemusst, sind später Vermischungen namentlich mit
Persern, Griechen, sowie, nach der moslimischen Er-
oberung unter Amr Ibn-el-Asi, mit Syroarabern, später
selbst mit Osmanen eingegangen. Noch heute dauern
derartige Kreuzungen fort, denen sich solche mit Ni-
gritiern hinzugesellen. Durch diese Vermischungen ist
der ursprüngliche Bevölkerungstypus vielfach geändert
worden. Trotzdem aber hat sich ein erkleckliches
Maass von Retu-Blut in diesem Volke bis zum heutigen
Datum erhalten. Die sprechenden Vertreter desselben
findet man aber nicht allein unter den reiner geblie-
benen christlichen Kopten, sondern auch unter den
weit gemischtem muselmanischen Fellachin. Man
möchte zuweilen, durch eins der dürftigen, halb zwischen
den Säulenstämmen der Dattelpalmen vergrabenen Nil-
dörfer schlendernd, sich ganz seiner Phantasie hin-
geben und glauben, eine der Ramses-Statuen sei nach
10 Erstes Buch.
Jahrtausenden wieder belebt worden und von ihrem
Postament herniedergestiegen, oder es seien die zier-
lich geschmückten, sich am Gerüche frischer Lotosblu-
men ergötzenden Jungfern aus den thebaischen Wand-
gemälden herausgetreten, um wie ehedem zum Wasser
des heiligen Stromes zu wandeln.
Als Nachbarn und nahe Verwandte der Aegypter treffen
wir also die nubischen Berabra, gegenwärtig in einer
Längenausdehnung von fast sechs Breitengraden bis
zum sechsten Nilkatarakt hin ansässig, mitten zwischen
den wüsten Felsbergen des Nilthaies voll Mühsal das
eine so geringe räumliche Ausdehnung darbietende
Ackerland bebauend, dessen Areal alljährlich noch von
dem jeweiligen Stande der Nilüberschwemmung ab-
hängig wird. Karger Schlammabsatz in Jahren unter-
geordnetem Steigens der Nilwasser macht sich in dem
armen Nubien noch stärker fühlbar als in Aegypten,
dessen ausgedehnteres Ackerland ein paar Zoll Schlamm-
decke einmal noch eher entbehren kann, obgleich der
Factor selbst hier nicht ohne Bedeutung erscheint. In
vielen Districten sind die Nubier ganz rein geblieben, es
sind heute noch die braunen Leute zum Theil mit mächti-
gem llaartoupet, welche auf den pharaonischen Malereien
neben den als Rothhäute dargestellten Retu figuriren,
gegen welche die Usurtasen, Amenhotep, Thutmes, Seti,
Uamses u. s. w. jene bereits (S. 7) skizzirten Kriege
führten, theils um unruhige Nachbarn zu bändigen,
theils um das am OUakiberge und an andern Stätten
vorkommende Gold auszubeuten. Diese Berabra haben
8ich übrigens in frühern Zeiten weiter nach Süden aus-
gedehnt als heutzutage. Sie haben vielleicht durch
Jahrhunderte nicht blos das Nilthal über Khartum
stromaufwärts innegehabt, sondern sie haben sich selbst
nocli über einen grossen Theil der heutigen Land-
»tliaften Kordufan, Taka und Sennar erstreckt. In
d>«sen Ländern führen viele Oertlichkeiten Namen,
welche unverkennbar der Berbersprache angehören.
Später wurden diese Leute durch die erobernden Furer
Afrikanische Menschenstämme und deren Wohnsitze. 1 1
' dja und Fuuje zurückgedrängt. Letztere Nationen
iigen übrigens mit den Herabra vielfache Mischungen
ein. Schon als im spätem Mittelalter im Sennar das
Reich Aloa blühte, dessen Herrscher Bedja waren,
bildete sich in der Gegend des Zusammenflusses (ara-
bisch Mogren) der beiden Nile ein Mischvolk aus,
dessen Hauptelemeut Berabra waren. Später lieferten
die nigritischen Funje noch andere Elemente der
Mischung. Uebrigens nisteten sich zwischen reinern
Berabra schon frühzeitig zerstreute Gemeinden arabi-
sirter Bedja, sich zu staatlichen Gruppen zusammen-
thuende centralafrikanisclis Pilgrime (Tekariue) u. s. w.
ein. Auch unter diesen fremden Familien haben viele
eine unverkennbare Reinheit bewahrt. Ihren reinsten
*""tamm oder Stock bilden die Berabra in den heutigen
istricten Wady-Kenus, Dar-Sukkot, Dar-Mahas und
m Nord-Dongola. In Oberägypten, um Syene"^' her,
in Süd-Dongola und Berber haben theils Mischungen,
theils fremde Einkeilungen stattgefunden.
Die Bedja nehmen eine eigenthümliche Stellung in
der afrikanischen Ethnologie ein. Sie wurden seit
lange als eingewanderte, reine unvermischte Araber
angesehen und beschrieben. Nicht wenige Reisende
glaubten an diesen Stämmen die physiognomischen
Eigenthümlichkeiten der Bewohner der arabischen Halb-
iSel in einem treuen Abbilde wahrzunehmen. Ja es hatten
aige (allerdings nur sehr wenige!) und zum Glück
icht anthropologisch gebildete Leute den Muth, an
jenen in den beiden verwichenen Jahren in Europa
von K. Hagenbeck öffentlich ausgestellten, so cliarak-
ristisch beschaffenen Bedja (zum Theil dem Jäger-
amme der Homran angehörend) den nord-westarabischen
i vpus wiedererkennen zu wollen. Natürlicherweise
* Am Schellal (Katarakt) von Syene oder Assuan zeigen
h die sogenannten Schellalin oder Kataraktbewohner als
rabra mit starker Beimischung von Fellach-(Aegyj)ter-)Blut.
12
Erstes Buch.
begegnete dies tbeils vielfachem energischen Wider-
spruch, theils gänzlicher Nichtbeachtung.
Afrika ist ein Gebiet, in welchem sich schon seit
alters die Völker in Kasten oder wenigstens in kasten-
ühnlicho Gesellschaftsklassen gegliedert haben. In vieler
Hinsicht forderte hierzu gewissermaassen die Boden-
bescliafi'enheit auf. Gute Beispiele bietet uns besonders
der Nordosten des Erdtheils dar; hier gewährte ja
das alljährlichen Niveauveränderungen unterworfene
Schwemmland des Nils, des Atbara u. s. w. dem Acker-
bau seinen Sitz, und dieser vermochte auch an den
fruchtbaren Berggehängen des abyssinischen Alpenlandes
aus der Bodencultur seinen genügenden Unterhalt zu
gewinnen. Die weite mit nur kargem Pflanzenwuchs
besetzte Wüste und die üppig begraste Steppe eröff-
neten dagegen der Viehzucht gewaltige Strecken.
Ks geschah dies um so leichter, als auf Gebieten der
letztgenannten Art wichtige Hausthiere, wie Pferd, Esel,
das einhöckerige Kamel, das Rind, das Schaf und die
Ziege eine grosse und leichte Verbreitung fanden.
Diesen Objecten der Viehzucht gebrach es ja nirgends
an wohlgeeigueter pflanzlicher Nahrung; der Urwald*
aber bot wieder dem Jäger das geeignete Feld für
seine Thätigkeit. Letzterer konnte ja auch der Vieh-
hirt auf der ebenfalls wildreichen Steppe mit Lust
nachgehen. Aehnliches wiederholt sich in ganz Afrika.
Nun klammerte sich übrigens der einzelne Volks-
stamm nicht ausschliesslich an die Beschäftigung des
Ackerbauers, Hirten oder Jägers, der Bedja z. B.
wurde an den Flussniederungen sesshafter Ackerbauer,
in der Wüste und Steppe aber wurde er Nomade und
zugleich Jäger. Er betrieb zwar auch im letztern
lalle mal etwas Ackerbau, aber doch nur nebenher
und nur so lange, als die ihm feindliche Jahreszeit,
' Im ttllgemeincrn Interesse bemerke icli hier, dass der
Arul.rr hierzulande die Wüste Atmur oder Akaba, die Steppe
Clmhi und den Urwald Ghaba nennt. Es finden sieh übrigens
«nhlreicho Ueborgänge zwischen diesen Bildungen des Landes.
Afrikanische Menschenstamme und deren Wolinsitzc. 13
die Regenzeit (oder der Kharif) seinem ruhelosen Wan-
dern mit den Vieliherdcn ein jeweiliges Ziel gebot.
3Ian kann nun wol sagen, dass die Bedja ilirer grössern
Individuenzahl nach mit Vorliebe die Beschäftigung
des nomadisir enden Viehzüchters ergriffen und
dass nur ein geringerer Theil derselben sich zur Hand-
habung des Grabscheites bequemte. In diesen Ländern
des Herkommens schrieb der Volksmund den Bedja
von alters her eine ganz besondere Umsicht und Ge-
schicklichkeit in der Viehhaltung, namentlich in der
Züchtung und Wartung des Kameles zu. Dabei ist es
bis auf den heutigen Tag verblieben. Leute anderer
Nationalität wagten, wol ausschliesslich herkömmlichen
Ideen folgend, mit den sie umgebenden Bedja in jener
Beziehung nur selten zu concurriren. An einem der
Hauptsitze der Funje, am Berge Guli oder Gule in
Sennar, hausen die Bewohner, Ackerbau und auch etwas
Viehzucht treibend, in Dörfern. Selten und fast nur
bei den Häuptlingen dieser Funje sieht man ein Ka-
mel. Desto reicher an letztern Hausthieren, aber auch
an Rindern, Schafen u. s. w., ist der grosse, in der
Nachbarschaft campirende Bedjastamm der Abu-Rof.
Auf meine Frage, warum denn die Funje nicht zahl-
reichere Kamele und noch zahlreichere Rinder züch-
teten, erwiderte man, hierzu seien die Abu-Rof da,
bei denen könne man dergleichen Thiere jederzeit
miethen oder kaufen; der Funje habe mit der Acker-
bestellung und mit der Industrie genug zu thun. Die
Funje verschmähen die Jagd auf das grosse in ihren
Steppen und Wäldern hausende Wild (Büff'el, Pferde-
antilopen, Gnus, Gazellen, Giraff'en, Elefanten u. s. w.)
keineswegs; sie halten das für eine nützliche und
männliche Beschäftigung. Dennoch aber wird man hier
bei Veranstaltung grosser Jagdpartien stets einige be-
sonders geschickte Agagir oder Jagdmatadoren der
Abu-Rof hinzuziehen, welche bei der B^ällung des Büffels
u. 8. w. allen andern vorauf ihre Kunst zu zeigen haben.
Das sind so fest eingewurzelte Landessitten.
]4 Erstes Buch.
Die Abstammung der Bedja ist dunkel; wahrschein-
lich ist dieselbe auf der Osthälfte Afrikas zu suchen,
wo einst ein geraeinsames verwandtschaftliches Band
grosse Stämme, die sogenannten Bedja, Schoho, Afer
oder Danakil, Somal, die Masay, die Dschagga, Gala,
Orraa, Wahuma und die A-Bantu umschlang. Ein Theil
dieser meist kriegerischen Völker zerstreute sich er-
obernd nach verschiedenen Seiten. Während die Gala
und Dschagga besonders dem Herzen Afrikas entgegen-
strömten, ergossen sich die A-Bantu mehr über den
Süden des Erdtheils. Schon frühzeitig, in der Dämmer-
zeit der menschlichen Geschichte, müssen derartige Züge
sich eingeleitet haben, denn auf pharaonischen Denk-
mälern geschieht bereits der Schari Erwähnung, welcher
Name wol nicht mit Unrecht auf die heutigen Bescharin
bezogen worden ist. Auf den aksumitischen Ruinen
werden die Buka, Bugaiten (Bedja) als vom Könige
f^asan (Aizanas) Bekriegte aufgeführt; hier erkennt
man auch unter andern Völkernamen denjenigen der
Ilalenga, eines noch heute blühenden Bedjastammes,
welchen jene in Europa herumgeführten Ilomran nicht
fern stehen. Ausserdem erscheinen die Bega oder Bedja
bereits auf der altberühmten, dem König Ptoleraäus
Euergotes zugeschriebenen Inschrift von Adulis. Eine
treffliche ethnologische Darstellung dieses Volks ver-
danken wir dem arabischen Gelehrten Makrizi. Ver-
schiedene Stellen bei Strabo, Agatharchides, Diodor
und Claudius Ptolemäus lassen sich ohne Zwang auf
die Bedja beziehen. ^^ Das bei den Alten erwähnte
axumitische oder aksumitische Reich vereinigte viele
«lloser Stämme in sich. In dem blühenden Aloa spielten
christliche Bedja eine Hauptrolle. Makrizi und
Ibn-el-Wnrdi erwähnen auch eines Bedjakönigs. Manche
iilte Candace oder Königin Aethiopiens scheint dem
Bed^javolke entsprossen zu sein. Alles deutet darauf
hin, dass dieses im Alterthum und im Mittelalter zu
nicht unmäclitigen staatlichen Gemeinwesen vereinigt
gewesen sei. Der Verfall Aksums erschütterte wol diese
Afrikanische Menschcnstämme und deren Wohnsitze. 15
Herrlichkeit für lange Zeit, und mit der Zertrümme-
rung Aloas durch die Funje ging die Redjamacht gänz-
lich zu Grunde. Die sich zerstreuenden Stämme ge-
riethen in Abhängigkeit von Darlur, Sennar und von
Habesch, seit 1820 auch von den Aegyptern. Im Lande
Taka einigten sich Bedjastämme noch in unserm Jahr-
hundert zu einem lockern politischen Verbände, welcher
die Kraft des Widerstandes gegen die ägyptischen Er-
-i^elüste entwickelte, endlich aber durch die
:ie der Paschas Achmed des Tscherkessen und
Achmed Menekle gewaltsam aufgelöst wurde.
Die grössern Anhäufungen dieser Völker in den frucht-
baren Stromanschwemmungen Ost -Sudans, welche die
Bodencultur, der Anbau von Durra oder Negerkorn,
von !Mais, einigem Weizen, von Gurken, Melonen, Ei-
bisch, von Zwiebeln, rothem Pfeffer, Baumwolle und
Taback zu noch festern Gemeinschaften verband, wurden
christlichen Einflüssen schon früh zugänglich; sie wurden
aber später von Heiden (Funje) besiegt und bekehrten
sich sammt ihren Besiegeru zum Islam. Leicht fand
letzterer bei den herumschweifenden Bedja-Xomaden
Eingang. Diese ernsten, zur Beschaulichkeit und reli-
giösen Zerknirschung geneigten Leute nahmen gern die
Sendboten des Islam, fast durchgängig ausgewanderte
Araber und arabisch redende, aber nigritische Mekka-
pilger, unter sich auf, verliehen ihnen Macht und Ein-
fluss innerhalb des eigenen Stammes, unterwarfen sich
der politischen Gliederung, der Sitte und dem Gesetz
sogar der Hedjaz-Beduinen und wurden so nach ihren
communalen Einrichtungen, ihrer Sprache und Religion
grossentheils zu Arabern. Sie hielten mit fanatischer
Zähigkeit am Islam und an dem ihnen so edel erschei-
nenden, erworbenen Araberthum fest und nannten sich
zum Theil mit Stolz: Araber. Freilich behielt auch
mancher Nomadenstamm, wie die Halenga, Hadenduo,
Schukune, Homran u. s. w. neben dem Arabischen ihr
Bedja-Patois bei und fälschte dies noch durch sprach-
liche Verzerrungen, die den Leuten als Jägerlatein ihrer
it;
Erstes Buch.
Art bequem erschienen. Solche Thatsachen der Con-
servirung eigener Idiome werden gewöhnlich
von allen den Reisenden mit und ohne Absicht
übergangen, welche unsere Nomaden durchaus
zu echten, reinen, eingewanderten Arabern
stempeln wollen. Ich bemerkte, dass die Bedja-
hirten und Jäger dem Islam leichter
zuf^änglich gewesen seien, als Städter
und Ackerbauern ihrer Nation. Trotz-
dem sind selbst diesen glaubens-
, "^^P^ eifrigen Nomaden, unter denen es
, .j'^^^^, Haufen niederer Frommer (Fukra,
W '' fil^^k Einheit Fakir) und selbst höherer
V >' lI..^M1^A Schriftgelehrter AUah's, die Fukaha
(Einheit Fakih) gibt, vielerlei heid-
nische Anschauungen und selbst
heidnische Gebräuche geblieben.
Ja, manche der zwischen Nigritiern
eingekeilten und mit diesen sich
auch häufiger ehelich vermischen-
den Stämme, wie die Bagara, Ha-
mar und Abu-Rof, sollen in nicht
geringer Individuenzahl weit eher
Heiden nach Art der Schilluk und
Denka, denn eigentliche Moslemin
sein. Widersprüche besonderer Art,
an denen aber Afrikas ethnische
Verhältnisse so reich sind! Will
man nun diese nomadisirenden Bedja
des abyssinischen Küstenlandes, des
Taka von Sennar, Kordufan, Dar-
fur, Waday u. s. w. auch anthro-
pologiscli zu Arabern machen, so begeht man ein
Hchr gros-ses Unrecht. Denn selbst wenn diese hier
und da durch Incorporirung von Arabern das Blut der
lolzteni in sich aufgenommen haben, so bewahrten sie
doch einen eigenthümlichen Typus, welcher sich mehr
den Aegyptern, Berabra und den energischer pro-
Fig. t. BedjM-Nomftde.
Afrikanische Menschcnstännne und deren \Vi>hn8it/c. ]
filii-ten Nigritieni, wie Funje, Wahuma und A-Bantu,
näherte.
Uastmahk.
\ ^ Erstes Buch.
Den Bedja sind köri3erlich nahe stehend die abyssini-
sclien Bergbewohner; gewisse Stämme derselben, wie
Agaii, Kömant, Falascha, Schoho, Bogos sind Verwandte
der Bedja und augenscheinlich sehr alte Völker. Andere
haben sich erst im Laufe der Jahrhunderte aus Urbe-
wohnern, in Vermischung mit andern Bedja, mit Gala,
Afer und arabischen Einwanderern hervorgebildet, auch
zum Theil dem semitischen oder syro-arabischen ähnliche
Iditome, wie das Geez und das Tigrinya, herausgebildet.
Gesichter von arabischem und jüdischem Schnitt scheinen
unter den östlichen Abyssiniern häufiger zu sein, als
unter den arabisirten Bedja. Diejenigen Bewohner von
Habesch freilich, welche ich selbst zu Gesicht bekom-
men, und es waren ihrer nicht wenige, ähnelten, abge-
sehen von der (hier so wenig bedeutenden) Hautfarbe,
sehr den Bedja von Taka und Sennar, den Ababde und
selbst Berabra! Die echten Agauphysiognomien der
übie, Kasa (Kaiser Theodor, Tedrus), Kasay (Kaiser
Johanös), Madrakal, mahnen stark an diejenigen von
Horaran und Ababde, von Ramses und Amenemha, von
den Priesterkönigen des Gebel-Barkal. Verwandt mit
den Bedja und den Abyssiniern sind ferner die Afer
oder Danakil und die Somal. Auch diese ursprünglich
mit den Gala sehr wahrscheinlich zu einem Völkerstock
gehörend, haben sich durch öftere Aufnahme arabischer
Elemente in eigenthümlicher Weise umgeändert. J. M.
Hildebrandt, gegenwärtig einer der besten Kenner der
Somal, bemerkte an ihnen selbst das in manchen (na-
mentlich privilegirten) Familien zu gewisser Geltung
gelangte, zu körperlichem Ausdruck sich gestaltende
südarabische Element , dessen Einflüssen übrigens
diese der Küste näher wohnenden Leute in besonderm
Grade ausgesetzt sind. Arabische Einwanderungen finden
von Südurabion aus statt, aus einer Gegend, welche in
irühcrn Zeiten von Ostafrika her mit den nigritischen
nahe stehenden Völkern, mit Agau u. s. w. überflutet
worden war. Diese Bewegungen von Südwest gegen
Nordost haben in Südarabien als Product eine Bevöl-
Afrikanische Menschenstämmc und deren Wolinsitze. 19
keriing zurückgelassen, die nicht rein arabisch, son-
devn arabisch-nigritisch ist. Der Rückfluss dieser Ele-
mente nach OstatVika und ihre materielle IJetlieiligung
bei der Fortbildung der Afer- und Somalgemeinden
konnte den Typus der letztern im Durchschnitt nicht
so ändern, dass jener physiognomische Habitus zum
Durchschlag kam, welchen wir unter den IJewohnern
von Nordarabien, Palästina, Syrien u. s. w. beobachten.
Erkennen wir einmal unter Danakil und Somal Phy-
siognomien letzterer Art, so wird auch an ihrer Er-
zeugung ein aus Nedjed stammender Vater oder Gross-
vater seinen Antheil geboten haben. Vorherrschend
sind bei den Afer physiognomische Eigenthümlichkeiten,
welche dem ostafrikanischen Nigritier angehören. Unter
den Ostafrikanern haben übrigens die Somal die grösste
politische Macht erreicht, diese ist gerade jetzt in neuem
Wachsthum begriffen, nachdem es einigen ihrer wil-
desten und energischsten Stämme gelungen ist, die ihnen
todfeind gesinnten Gala von mehrern wichtigen öst-
lichen Küstengebieten abzudrängen und mehr nach dem
Innern zurückzuwerfen.
Die Gala oder Wahuma, welche sich selbst Ilmorma
(Söhne der Menschen) nennen, haben ihre Wiege in
den um die Schneeberge Kenia und Kilimandjaro her
gelegenen Landschaften. Echte Nigritier, haben sie
sich als ein kräftiges, eroberndes Volk von fast spar-
tanischen Sitten nach verschiedenen Richtungen hin-
gezogen; sie haben z. B. einen grossen Theil von Süd-
abyssinien und von den Landschaften am obern blauen
Nil in Besitz genommen, sich hier zum Theil mit Bedja,
Agau und mit unreinen Abyssiniern vermischt.
Aus dieser Kreuzung ist ein interessanter Mischtypus
mit im ganzen schärferer Profilbildung hervorgegangen,
als die sonst stumpfern Physiognomien der Orma sie
darzubieten pflegen. Die sehr hübsche Profilabbildung
eines „Adjao-Galla" (Adjau) nach Salt, seit Jahren
oftmals für ethnologische Werke copirt, stellt jenen
Gala-Mischtypus vor; namentlich diese Abbilduncr hat
•2*
20
Erstes Buch.
aber viele Ethnologen dazu verführt, dieselbe für eine
das ganze Ormavolk getreulich darstellende und
danacli letztere Nation selbst für eine semitische,
den Kaukasiern nahe stehende zu erklären, ein
ungeheuerer Fehler, an dessen Beseitigung unsere
Generation gegenüber den eingewurzelten Vorurtheilen
unserer Vorgänger (ja selbst leider noch eines Theils
unserer Zeitgenossen) hart arbeiten muss. Die Orma
liaben als Södama die Länder Guragie, Kafa, Inarya
n. s. w. im Süden von Schoa besiedelt, auch haben sie
an den Seegebieten des östlichen und centralen Afrika
grosse Ausbreitung gewonnen. Die Wanyambo und Wa-
tusi um den Ukerua Nyanza (Victoria Nyanza) her ge-
hören ihnen sehr wahrscheinlich an. In Kitara wurden
Eingeborene, entweder Walmma oder Nigritier, von einer
andern Nationalität, durch ihrem Herkommen nach
unanfechtbare Gala unterjocht. Kitara zerfiel später
in die Reiche Unyoro, Uganda, Usoga und Mruri.
Stanley schildert uns den kraft- und geistvollen Mtesa,
den Kabaka oder Kaiser von Uganda als einen hoch-
gewachsenen, schlanken Mann mit intelligenten ange-
nehmen Gesichtszügen, dife unsern ausgezeichneten Rei-
senden an einige unter den Gesichtern der grossen
Steinbilder in Theben und der Statuen im Museum zu
Kairo erinnerten. „Er hat dieselbe Fülle der Lippen,
aber ihre Dicke wird durch den allgemeinen Ausdruck
t'iner mit "Würde gemischten Liebenswürdigkeit gemil-
dert, welcher sich über sein Antlitz breitet, und durch
die grossen, glänzenden, wie zwei Flammen unruhig
lodernden Aug(>n, welche demselben eine wunderbare
Schönlieit verleihen und für die Rasse, von welcher er,
wie ich glaube, abstammt, typisch sind. Seine Farbe
»st ein dunkles Rothbraun und die Oberfläche seiner
Haut von merkwürdiger Glätte." Ich glaube, dass
nichts besser auf die Orma passt, als Stanley's obige
lleschreibung. Wie sehr erinnert mich letzere an jene
von den Wollo und andern Gala herstammenden Indi-
viduen, die ich auf meiner Reise beobachtet habe.
0'>
Erstes Buch.
Den Soiiial verwandt sind auch die Wamasay im
ostafrikanischen Aequatoriallande, wilde kriegerische
Leute, deren Nachbarn, die Wakamba, vieles mit ihnen
Geraeinsame haben. Ihnen und den Gala reihen sich
die Wanyika, Wakuafi, Wanyamesi und andere nigri-
tische Stämme der östlichen Gebiete an, wogegen die
Wasuaheli des zanzibarischen Landes eine sehr starke
Beimischung von arabischem Blute, namentlich von
Hadramautblut, verrathen.
Ul (IClUUl.
Wir wollen uns nun zunächst zu den die afrikanische
Nordküste bewohnenden Nachbarn der Aegypter zu-
rückwenden. Den llaupttheil derselben bilden die
Berbern, für welche die collective eingeborene Be-
zeichnung Iraoschach (Einheit Amoschach) anwendbar
erscheint. Sie sind ein sehr altes Volk, deren öst-
lichste Zweige als Libu oder Ribu (Libyer) öfters die
rtltägyptischen Grenzen beunruhigten. Sie wurden von
den Hamessiden bekriegt und auf den Denkmälern hell-
gefiirbt, blaiiäu^ig, blond- und rothhaarig dargestellt.
Afrikanische Meiischenstämme und deren Wolinsitze. 23
Dies iat ein ausgebreitetes, individuenreiches Volk,
unter welchem es Sesshafte und Nomaden gibt. Die
Libyer, Gaetuler, die Mauretanier und Numidier der
Alten gehörten zu diesen Imoschacli. Sie scheinen sehr
frühzeitig Beziehungen zu Südeuropa besessen zu haben.
Nicht wenige Forscher der Neuzeit halten eine Stara-
mesverwandtschaft zwischen Berbern und denjenigen
Fig. -5. Medjerten-Somali.
Völkern Europas für sehr wahrscheinlich, welchen wir
die Errichtung der über Europa, Westasion und Nord-
afrika zerstreuten, megalithischen Denkmäler, der Dol-
men und Menhir, verdanken. Es bleibt nicht zu ver-
kennen, dass man unter den nördlichen Berbern Indi-
viduen findet, deren Gesichtszüge lebhaft an diejenigen
von Spaniern und Italienern erinnern. Möglicherweise
M
Erstes ßucb.
Imt liiui- eiii Zusammenhang zwischen diesen Nationali-
täten geherrscht, noch ehe die Säulen des Hercules
(d. h. die Strasse von Gibraltar) ihre gegenwärtige
Gestaltung erhielten. ^^ Andererseits hat wieder eine
Heeinflussung der Spanier und Italiener durch die
Mauren des Mittelalters stattgefunden. Unter letztern
haben wir aber hauptsächlich Berbern zu suchen.
Wakiimbaweiber.
Ilunoteau und Letourneux, deren classisclies Werk über
die „Kabylie" eine Fülle der wichtigsten Nachweise
liefert, glauben in den alten Bewohnern der Städte
Kusuzuz, Jomnium, Kusucurru, Bida Municipium u. s. w.
einen europaischen Ursprung erkennen zu müssen.
!n den Küstengebieten, namentlich in den Küsten-
stiUlten zeigt sich die Bevölkerung sehr gemischt. Hier
Afrikanische Meiischenstämme und deren Wohnsitze. 25
haben Phöuizler, (Jriechen, llümer, Araber, Juden,
Türken, alle möglichen Nationalitäten Europas, alle die
als „Franken" zusaramengefassten, zwischen Nordcap,
Cap Finisterre und Malta geborenen und nach Nord-
afrika verschlageiun /iiji^^uu uiLi , lerner diu Vicicn noch
bis in die ersten Jahrzehnte unsers Jahrhunderts durch
die Korsareu zusammengeschleppten Christensklaven
theil an der Zusammensetzung der Einwohnerschaft
genommen. Den Hauptstamm derselben bilden die
2Q Erstes Buch.
Mauren, Moros, Morisken. Diese bestehen wieder
hauptsächlich aus Berbern, sind aber unzweifelhaft ge-
mischter als die berberische Bevölkerung des Acker-,
Berg- und Wüstenlandes. In vorislamitischer Zeit haben
sicherlich schon Karthager, Griechen, Römer, Yandalen
u. 8. w. sich mit den einheimischen Leuten gekreuzt.
Dann haben zunächst die Heersäulen der erobernden
Koranverkünder sich vielfach theils mit den Imoschach
amalgamirt. Es ist hier von Wichtigkeit, sich über
die ethnologische Zusammensetzung der islamitischen
Eroberer eine Vorstellung zu verschaffen. Unzweifel-
haft bildeten das Hauptcontingent derselben Syro-
araber, d. h. Sesshafte und Nomaden aus Syrien,
Palästina, aus Arabien und Mesopotamien. Aber auch
Kleinasiaten, bekehrte Griechen, Kurden, Armenier,
ferner Perser, Aegypter, Berabra, Sudanesen werden
der Fahne des Propheten gefolgt sein. Der Islam
kümmert sich ja nie um die Herkunft und um die
Farbe seiner Anhänger, sein Bekenntniss allein einigt
die heterogensten Elemente zu feinem Gesammtkörper.
Man kann sich nun ungefähr denken, in welchem Maasse
ein solcher buntscheckiger Haufe in Nordafrika die
ohnehin von fremd her beeinflusste Urbevölkerung um-
zaändern gewusst, dass hierbei der arabische Volks-
stanim eine gewisse Rolle gespielt, weil eben der
Haupttheil der Eindringlinge aus Arabern bestand.
Die Hauptkämpfer werden freilich Sklaven, nament-
lich Schwarze, sogenannte Fethawie, gewesen sein.^*"
Nun wird man unter den Mauren gar häufig die
physiognomische Eigenthümlichkeit der arabischen Na-
tionalität ausgeprägt finden. Aber auch bekehrte Juden,
deren körperliciie Bildung derjenigen des Arabers so
nahe steht, haben sich mit den Mauren ehelich ver-
bunden. In Tanger, Tetuan, Algier, Tunis, Tripolis
u. 8. w. 8oU es oft recht schwer werden, Maurinnen
und Jüdinnen voneinander zu unterscheiden.^^ Be-
kehrte Europäer haben sich seit islamitischer Zeit wol
nur in so geringer Zahl den Mauren beigemischt, dass
Afrikanische Menschenstamme und deren Wohnsitze. 27
ihr physischer Einlluss kaum bemerkbar sein dürfte.
Dagegen zeigt sich das Ergebniss von Verbindungen
zwischen Mauren und Schwarzen sehr kenntlich. Da-
durch entwickelt sich ein Mulattenthum von übrigens
cjeringer ethnischer Beständigkeit.^^ Verbinden sich
die ohnehin brünetten, ziemlich hellfarbenen Mauren
mit den bräunlichen Arabern und mit den orientalischen
Juden, so werden die Sprösslinge solcher Ehen nicht
so sehr weit von dem Typus der Aeltern abweichen,
wie dies bei der Kreuzung zwischen Mauren und
Schwarzen der Fall zu sein pflegt.
Trotz dieses unverkennbar gemischten Habitus der
Mauren wird der Ethnolog unter ihnen das berberische
Urelement doch an den meisten Stätten vorherrschen
sehen. Das Wort Maure bezeichnet überdies einen
sehr dehnbaren Begrift' und die liederliche Namen-
gebung unserer bisherigen Völkerkunde hat damit auch
rein berberische Gemeinschaften belegt, welche, wie
die Bewohner der Provinz El-Rif, wie die Sus und
noch andere Stämme Marokkos, wie endlich die sene-
galischen Mauren (Trarza, Brakna, Do wisch u. s. w.),
bisher jede Verbindung mit Renegaten, Juden u. s. w.
voll Eifer zurückgewiesen und welche sich höchstens
mit nigritischen Leibeigenen gekreuzt haben. Ara-
bische Vermischung kann hier den sehr selten sich dar-
bietenden Objecten einer solchen gegenüber schwerlich
in Betracht gezogen werden.
Ein grosser Theil der nordafrikanischen Berbern,
namentlich Algeriens, wird mit dem banalen Namen
Kabylen belegt, obwol doch Kabyleh, Mehrheit Kabail,
im Arabischen nur einen Stamm von bald grösserer,
bald geringerer Familien-, bezüglich Individuenzahl be-
deutet. Trotz dieser Begriffsverwechselung hat sich
<ler Name Kabyle namentlich in Frankreich gewisser-
maassen als Volksbezeichnung eingebürgert. Unter
diesen Kabylen sind blonde Leute nicht ganz selten.
Es erinnert dies Vorkommen an die blonden Libu Tamhu
der alten Aegj'pter (S. 22). Hanoteau und Letourneux
'K^ Erstes Buch.
erwalinuii in ihrer oben beregten Monographie auch
der arabisclien Einwanderungen und bemerken, dass
diu arabische Rasse weit weniger durch gewaltsame
Besitzergreifung des Landes, als vielmehr durch die
islamitische Religion Eingang gefunden habe. Un-
zweifelhaft hätten sich zur Zeit der Bekehrung zum
Islam eine gewisse Anzahl arabischer Familien im
liEnde als Missionare niedergelassen. Allein nicht alle
Marabouts, von denen doch die religiöse Bewegung
ausgehe, seien Araber, es gebe unter jenen auch ber-
berische Eingeborene, die aber, um Ansehen über letz-
tere zu behalten, sich einen fremden Ursprung, aus
dem Geburtslande des Propheten, vindiciren .möchten.
Die Schirfa (Einheit Scherif), d. h. die Nachkommen
Mohammed's, die einen wirklichen religiösen Adel bil-
deten, welche ^^Marahoiits 2^ar cxcellence^^ seien, würden
Araber sein. Nur ist freilich zu bedenken, wie mancher
schwarze, braune oder braungelbe Bummler sich im
muselmanischen Afrika „Scherif" schimpft.
Ein anderer echter Berbernschlag sind die sogenannten
Tuurik oder Tuarek, in der Einheit Targi, die Imo-
scUach im engern Sinne, welche, in viele Stämme ge-
theilt, die Saharawüste, auf enorme Strecken hin ver-
theilt, bewohnen. Unter ihnen nehmen die Ahogar,
Mehrheit Ihogaren, als Edle, Noble eine bevorzugte
Stellung gegenüber den Imrad oder Imroden, Einheit
Amri, den Dienenden, Vasallen, ein. Der Ahogar ist
von einer der ßüdeuroi)äischen ähnlichem Körperbil-
dung: d. h. er zeigt die Züge des gewöhnlichen Ber-
bern, wie wir ihn unter dem Pseudonym Kabyle auf-
geführt hatten. Der Amri ist von einer mehr nigri-
tischen Bildung. Ausserdem existirt unter den Tuarek
noch eine Kategorie von Leuten, die nicht Edle, nicht
Diener sind, als Condottieri den verschiedenen Gemein-
Bchaften der Imoschach sich verdingen, ähnlich den
fahrenden Reisigen des Mittelalters. Wie kann man
sich die Ausbildung eines solchen Verhältnisses vor-
stellen? Einestheils Hesse sich denken, ein hellfarbiger
Afrikanische Menschenstämme und deren Wohnsitze. 20
Herberstamm hiitte einen dunkeln untorjoclit; letzterer
könne etwa von Art der Tibu oder Teda gewesen sein.
In der That sollen die Inirad der östlichen Tuarik den
Tibu in physischer Hinsicht auffallend ähneln. Andern-
theils dürften adelige Tuarik (eben die Ihogaren) ihr
Hlut in Reinheit durch Familien- oder Freundschafts-
iieirathen fortgepflanzt und dürften die Imrad, indem
sie sich mit Teda oder mit sudanischen Nigritiern ge-
kreuzt, eine Mischrasse gebildet haben und in eine
abhängige Stellung von den reiner gebliebenen, wohl-
habendem Familien gerathen sein. Letztere konnten
um so leichter zur Herrschaft gelangen und sich darin
behaupten, als sie dem Kriegshandwerk in traditioneller
Weise allein oblagen. Die Imrad erkauften sich die
Möglichkeit zur Betreibung fi*iedlicher (leschäfte von
den Ihogaren dadurch, dass sie die Herrlichkeit der
letztern anerkannten und ihr schliesslich bedingungslos
zufielen. Da nun die Hiogaren, auf sich angewiesen,
nicht immer zahlreich genug waren, die Stammesfehden
auszufechten , so warben sie solche Imrad, die Lust
und Befähigung zum Kriegführen zeigten, mietheten
aber auch wol fahrende Knechte von allerhand Nationa-
lität, an denen unter den reise- und abenteuerlustigen
Afrikanern selten Mangel ist, endlich richteten sie auch
wol passende Sklaven als Fethawie (S. 2G) zum Kriegs-
dienst ab. Aus solchen Elementen bildeten sich jene
Mittelspersonen hervor, von denen soeben die Kede ge-
wesen (S. 28), Leute, welche nicht die dienende Stellung
der Imrad , aber auch nicht die gebietende der Ihogaren
einhalten können. Es ist übrigens eine bekanntlich
nicht nur in Afrika sehr häufige, sondern auch über
viele andere Länder verbreitete Erscheinung, dass sich
Leute geringer Herkunft, welche in Ruhe ihr Feld be-
stellen, das Vieh weiden, Handel treiben, Handwerke
ausüben wollten u. s. w., mit einem Wort, dass der
Nähr stand sich den bessersituirten, nicht auf Er-
werbung des täglichen Brotes angewiesenen, zur Er-
greifung des kriegerischen Berufes geeigneten Stammes-
;j(j Erstes Buch.
genossen, dass sie dem Wehrstande ihrer Nation Privi-
legien zusprachen. Letztere wurden dann von den krie-
gerischen Trivilegirten später gewöhnlich mit Zähigkeit
behauptet. Nun aber tritt in Afrika, wie auch anderswo,
häufig der Fall ein, dass ein Stamm den andern unter-
wirft und dass das Siegervolk sich als eine den Kriegs-
dienst versehende Klasse Bevorzugter, als die herr-
schende den zur Ernährungsarbeit degradirten Be-
siegten gegenüberstellt. Die Bildung gewisser Kasten
und gewisser Schutzverhältnisse zwischen Lehnsherren
und Vasallen auf Afrikas Boden lässt sich absolut nur
aus solchen Vorgängen herleiten. So ist z. B. unter
dem Bedjastamme der Beni-Amir der adelige Belaui
wahrscheinlich aus einem siegreichen Belautribus her-
vorgegangen, der schon eine frühere Zeit hindurch den
Nawab oder Beherrschern der abyssinischen Seeküste
als Kriegsvolk gedient hatte und dessen ursprüngliches
Idiom das sogenannte Aethiopische oder Gees ist.
Später hatte er sich des Gebietes der Beni-Amir be-
mächtigt und hatte sich diesen friedlichen Beduinen als
herrschende Kaste aufgezwungen.
Die Kabylen und Tuarik sprechen berberisch. Er-
stere haben freilich in ihre Sprache schon viele ara-
bische (und in Algerien selbst französische) Wörter
aufgenommen. Sie bedienen sich auch wol einer Ge-
heimsprache, deren jede Profession ihre eigene besitzt
und welche nur ein verwelschtes Berberisch, Kabylisch
oder Takebailit darstellt (Hanoteau und Letourneux).
Auch die Ababde in der arabischen Wüste Aegyptens
haben sich eine Art Rothwelsch aus verdrehten
arabischen und Bedjawörtern zurechtgemacht (S. 15).
Neben diesen Berbern, über deren alte Sitze jetzt nie-
mand mehr einen Zweifel auszusprechen wagt, sollen
nun noch in Tripolitanien, Tunesien, Algerien und in
Marokko eine ganze Anzahl echter Araberstämme
von reinster Nationalität wohnen. Sie sollen zum Theil
«esHhaft, zum Theil Nomaden sein. Ihren besten neuern
bildlichen Darsteller fanden gerade diese „Graftes" des
Afrikanische Menschenstämme und deren Wohnsitze. :;i
halbgelehrten Haufens in dem grossen Geschichtsroaler
Horace Vernet. Aber sobald dieser ausgezeichnete
Künstler uns die Typen jener ,,Ärahcs^^ vorführt, sehen
wir grösstentheils Physiognomien, welche, nichts weniger
als semitisch, durchaus an die plattesten Nigritier er-
innern. Sie gehören jenen Berbern an, deren nahe
Verwandtschaft mit den Bewohnern Sudans nicht nur
die ganze Bildung des Hirnschiidels, sondern auch die-
jenige des vorgebauten und in seinen einzelnen Par-
tien wieder abgeflachten Gesichts kennzeichnen. P^ine
solche Verwandtschaft wird durch häufige Kreuzungen
zwischen mit arabischem Blute vermischten Berbern
und Nigritiern hervorgerufen worden sein. Jedenfalls
ist auch innerhalb dieser Nomadenstämme von einem
reinen Araberthum ebenso wenig die Rede, wie unter
den magrebinischen Marabouts überhaupt. Hanoteau
und Letourneux wollen den Isser allein einen arabischen
Ursprung zuschreiben, in welchem freilich gegenwärtig
infolge häufiger Kreuzungen das berberische Element
vorherrscht. Diejenigen arabischen Semiten, welche
etwa zur Zeit der Verbreitung des Islam sich hier
niedergelassen, mögen allerdings die Gliederung der
Stämme in die Hand genommen und nach ihren hei-
mischen Gebräuchen geregelt haben. Namentlich werden
alle die Tribus, denen das Hirtenleben alte Gewohn-
heit war, das bei den Beduinen der syrisch-arabischen
Wüste herrschende beduinische Gesetz um so eher zu
befolgen geneigt gewesen sein, als letzteres dem Indi-
viduum die grösstmögliche Freiheit, der Gesammtheit
aber dennoch einen grossen Zusammenhalt sicherte.
Die unter den arabischen Beduinen übliche Stammes-
verfassung repräsentirt ein sehr liberales Gemeinwesen.
Jedes Mitglied desselben ist frei und erkennt niemand
über sich. Zwar wählt jedes Beduinenlager seinen
Schekh oder Emir, jeder Stamm seinen Gross-Schekh
(Schekh el-kebir). einen Mann, welcher Ansehen be-
sitzt, welcher durch seine persönlichen iMgen&chaften
und durch seinen Reichthum grossen Einfluss erreichen
32 Erstes Buch.
kann. Der Schekli ist Anführer im Kriege, er leitet
die für den Stamm nöthigen Unterliandlungen, er be-
stimmt den Lagerplatz, er bewirthet hervorragende
Hesncher. Trotzdem ist er nicht eigentlich Fürst, wie-
wol seine Würde sich in gerader Linie forterbt. Burck-
hardt erwähnt, dass selbst die mächtigsten Anführer
der syrischen Aeneze nicht die geringste Strafe über
den Aermsten ihres Stammes verhängen dürfen, ohne
sich einer tödlichen Rache des betreffenden Indivi-
duums und seiner Verwandten auszusetzen. Bei Rechts-
liändeln innerhalb eines Stammes rufen die Parteien
wol den Ausspruch des Schekh an, oder sie vergleichen
sich miteinander, oder sie unterwerfen sich den Sen-
tenzen des Kadi el-Arab, dessen Würde ebenfalls erb-
lich ist. Selbst eine Art Gottesgericht existirte in der
Syrischen Wüste, dessen Verhängung durch den Ober-
richter, Mebesschae, erfolgte. Körperliche Strafen gibt
es ursprünglich nicht, sondern nur Bussen an Geld und
Naturalien. Derartige freie Einrichtungen entsprachen
nun dem Sinne aller jener Nomadenvölker verschieden-
artiger Nationalität, welche die weiten aussichtsvollen
Wüsten und Steppen Ostasiens und Nordafrikas durch-
wanderten. Hierzu kam der Islam mit seinen mit der
.Anschauungsweise so einfacher Naturmenschen sich sehr
wold vertragenden Satzungen. Wenn unter den Bedja-
nomaden Nubiens und Sennars heutzutage jene freie,
zugleicli mit dem Islam eingeführte Stammesverfassung
vielfach verändert wurde, so waren daran die Einflüsse
der Könige der Funje und später auch der Türken
schuld. Denn diese Mächte verliehen, kraft ihrer über-
legenen Waffengewalt, den Bedja-Scliekhs grössere
Rechte über ihre Stammesangehörigen, um unter diesen
mehr Tribut zusammentreiben lassen zu können. Ihre
Abgesandten übernahmen wol öfters persönlich das Amt
von iVügelprofosen gegen widerspenstige Steuerpflichtige.
Wo im Magreb sich das Türkenthum festgesetzt hat,
da ist es mit der Reduinenfreiheit ebenfalls trübe ge-
worden, und in Algerien soll es seit der französischen
Afrikanische Monschcnstämmo und di n n WohiisjtZ'
Occupation kaum besser aussehen. Nun muss frcilicli
anerkannt werden, dass compactere staatliche Gruppen
solche Zügellosigkeit freien Nomadentliunis innt'ilialb
ihrer eigenen Grenzen nicht dulden durften, ohne da-
mit die Grundfesten ihrer eigenen Macht zu ge-
fährden.
AVir können uns demnach wol vorstellen, dass ein-
geborene Stämme des nordwestlichen Afrika, die Gesetze
tler Araber und deren Sprache annehmend, ihre zunft-
artige Abgeschlossenheit in Stämmen und Lagern durch
Jahrhunderte hartnäckig weiter behaupteten. Hatten
nun wirklich einmal arabische Eindringlinge in diesem
oder jenem der angeführten Nomadenstämme nume-
risches Gewicht erlangt, so mochte dadurch auch das
physische Aussehen der Glieder des betreffenden Tribus
beeinflusst werden , sodass sich innerhalb desselben
wirklich hervortretendere semitische Körpermerkmale
ausbildeten. Aber annehmen zu wollen, dass ganze
Tribus von Einwanderern aus dem ohnehin schwach
bevölkerten Arabien sich in diesen Ländern des
Magreb in völliger typischer Reinheit erhalten haben
könnten, das muss an der Hand der Erfahrung durchaus
zurückgewiesen werden. Dasselbe gilt von jenen an-
geblich reinen Araberstämmen, welche die Sudanstaaten
unter den Namen Uled-Soliman, Schua oder Schiwa
n. s. w. bewohnen. Dazu gehören ferner auch die an-
geblichen Araber von Waday und Darfur, unter denen
sich ja so mancher „Onkel oder Neffe des Propheten"
herumtreiben soll. Die einfache schlichte Versicherung
unserer Reisenden Barth, Nachtigal u. a. , jene Leute
seien reine Semiten, genügt der wissenschaftlichen
Anforderung keineswegs, hier heisst es vielmehr erst
eine gründliche anthropologische Untersuchung führen
und nur diese. Eine solche aber würde sehr voraus-
sichtlich die über jene centralsudanischen Stämme ver-
hängte Semitentheorie ebenso zu Falle bringen, wie es
jetzt selbst angesichts der Hagenbeck'schen Nubier vor
dem Richterstuhle bewährter Anthropologen mit
HARTMASS. 3
34 Erstes Buch.
dem Semitenthume der Bedja geschehen ist. Entweder
sind jene obenerwähnten Beduinen Centralafrikas ver-
sprengte Bedjastämme, oder sie sind Berbern, hier
und da vielleicht mit etwas Araberblut gemischt. Spä-
tere, von tüchtigen Untersuchern vorgenommene For-
schungen werden ja auch hierüber die letzte Entschei-
dung bringen. Dass die arabische Sprache hier
nicht in Betracht kommen darf, welche ja als Glaubens-,
als Schrift- und Verkehrssprache die einheimischen Idiome
theils schon verdrängt hat, theils noch immer verdrängt,
ist bereits anderweitig hervorgehoben worden. ^^
Die vielfach mit Pathos angepriesenen Familien- und
Stammesregister der Schekhs und Marabouts aber haben
als Documente einen ebenso geringen Werth für uns,
wie die Adelsdiplome solcher europäischen Familien,
welche sogar zu altrömischen Ahnen hinaufreichen sollen,
oder wie die gefälschten Zeugnisse der unsere Städte
heimsuchenden Hochstapler und Sporting-Gentlemen.
An die Berabra und Bedja in Nordostafrika stosse»
geographisch an die Funje, welche ihren Hauptsitz im
Süden der vom Blauen und vom Weissen Nil umspülten
Halbinsel Seimar oder Senar haben (vom Berberwort
Senna oder Sena und Arti [Insel] , Senarti). Zu ihnen
gehören zunächst die Berun oder Burun, die Ingassana
oder Bewohner des Tabigebirgs und die Hammedj der
Länder Roseres und Fasogl. Im weitern Sinne schei-
nen aber auch die dunkelhäutigen Bewohner des Abay,
die Basena oder Bewohner von Basen (Westabyssinien),
sowie die VAlen in dem sonst vom Nobavolke be-
wolinten Takla, Tagela oder Tegeli in Südkordufan
echte Funje zu sein. Icli zähle die letztern zu jenen
(iliedern der Nigritier, welche die Uebergänge zu den
Bedja, Berabra und Berbern bilden. Ein anderer Kenner
der Funje, Baron Pruyssenaere de la Wostyne, nennt
die Hanimedj „schöne Neger" und bemerkt, „sie bil-
deten die Uebergangsform zum Neger, wie die Nuba
in Kordofan."-o Eine scharfe Abgrenzung der Berber,
Berabra und Bedja gegen die Schwarzen existirt nir-
Afrikanische Mcnschenstummo und deren Wohnsitz >
gends, es finden sich zalilreiche Uebergangstjli. .l.r
zwisclien allen diesen Typen.
Die Funje erlangten im 16. Jalirlmndert durch ge-
waltsame Unterdrückung des Staates Aloa (S. 14) grosse
Macht. Sie grüudeten das Relcli Sennar und erlangten
die Hegemonie über eine Anzahl auch entfernter woli-
nender Stämme von Nubion, Taka und Kordufan.
Vom Heidenthume zum Islam bekehrt, geriethen die
Funje als Grenznachbarn der Abyssinier mit letztern,
bekanntlich schon alten Christen, in häufige Fehden.
Xoch im vorigen Jahrhundert fand ein abyssinisches
Heer in den Wäldern von Sennar durch die allezeit
kriegsbereiten Funje seinen Untergang. Allmählich
aber doch an Macht und an Einfluss verlierend, von
Innern Zwistigkeiten zerrissen, wurden
die Funje im dritten Jahrzehnt unsers
Jahrhunderts nacli allerdings sehr
tapferer Gegenwehr eine Beute jener
desperaten Kriegsvölker, mit deren
Hülfe Mohammed-Ali-Pascha von Aegyp-
ten seine Herrschaft südlich der nubi-
schen Grenze zu bereichern wusste.
Die Aegypter entthronten den Funje-
Sultan in Sennar, verliehen aber einem '^' ' ^^^^'
Nachkommen der alten Wesirfamilie
Adlan noch ein Scheinkönigthum am Guleberge, woselbst
dies noch heute unter Oberhoheit des Khediwe fort-
vegetirt. Infolge der Berührungen zwischen Funje,
Berabra, Bedja, Noba und nigritischen, sowie abyssini-
schen Sklaven aus verschiedenen Gegenden Central-
afrikas sind in Unter-Sennar, ferner in Kordufan Misch-
völker entstanden, welche im allgemeinen von nigri-
tischem Habitus, der Hauptsache nach die körperlichen
Eigenthümlichkeiten der Berabra darbieten, deren Blut
in diesen Mischlingen vorherrscht. Es gibt unter solchen
Leuten ganze Familien, die dunkler gefärbt und mit
flachem Gesichtszügen versehen sind, als andere, die
sich durch hellere Färbung und durch ein schärfer
l]C) Erstes Buch.
gebildetes Profil auszeichnen. Diese Schwankungen sind
eine Folge der bald stärkern, bald schwächern Ein-
impfung von nigritischem Blut. Die Schwankungen
können sich in einer Familie, je nachdem Heirathen
mit Vertretern dieser oder jener Nationalität unter-
nommen werden, in absteigender Linie wiederholen,
auch können Rückschläge bald nach Berabra, bald nach
Funje, nach Bedja oder dergleichen hin stattfinden.
Daher bildet dieses Mischlingsvolk, dessen geographische
Ausdehnung übrigens von Jahr zu Jahr wächst, wegen
der Unbeständigkeit seines Nationaltypus ein wahres
Kreuz für den Anthropologen. Die an dieser Mischung
theilnehmenden Stämme zeigen eine so grosse nationale
Verwandtschaft miteinander, dass ihre Mischehen sehr
fruchtbar sind. In den Strudel dieser Kreuzung sind
nun seit Jahrzehnten, seit das türkisch-ägyptische Säbel-
regimeut in gleichmachendem centralisirendem Vorgehen
die ehemals vorhanden gewesenen nationalen Schranken
zwischen den nubischen Stämmen beseitigt hat, nament-
lich die den Bedja angehörenden Dj aalin hinein-
gerissen worden. Es war dies ein zahlreiches und
tapferes Volk am obern Nillauf, dessen Melik oder
Fürst, im vorigen Jahrhundert noch ein Vasall der
Funje, dann unabhängig geworden war und zu Schendi
residirte. Die Djaalin verbanden von jeher Energie
und Schlauheit mit Hochmuth und religiösem Dünkel.
Sie waren glaubenseifrig, und in keinem andern Volke
Ostsudans haben sich mehr Fukaha oder Schriftgelehrte
des Islam entwickelt, aus keinem Stamme dieser Gegen-
den sind mehr der niedern Geistlichen, der Frömmler-
gemeinden (Fukra) und mehr Missionare des Islam
hervorgegangen, als aus der Mitte der Djaalin. Schon
mit ihrem Volksnamen (Djaali!) und ihrer Neigung zur
islamitischen Schwärmerei verknüpfte sich bei ihnen
von jeher der hochmüthige Drang, sich für ein beson-
ders gebenedeites Volk und für recht echte arabische
Abkömmlinge auszugeben. Ohne Kritik und ohne Selbst-
Umschau haben verschiedene Bereiser Südnubiens diese
An iKanischo M«Misch('nst;imino un<l d<T' n Wulmsitze. ij7
Angabe der Djaaliu für baaro Münze genommen und
weiter verbreitet.
Im Jahre 1821 gelangte der zur Eroberung von
Sennar ausgesandte ägyptisclio Prinz Ismail- Pascha
nach seinem Siege über die Schaikie oder Schekie bei
Korti nach Schendi, Hier hielt damals Melik El-Nimr,
ein stolzer, unabhängig gesinnter Mann, sein schlichtes
Iloflager ab. Unfähig, sich dem mit Artillerie ver-
sehenen und mit Musketen bewaffneten, durch vorzüg-
licho Reiterei verstärkten Aegypterheere in offenem
Kampfe zu widersetzen, unterwarf sich El-Nimr zähne-
knirschend dem Pascha. Letzterer fügte seinem neuen
Vasallen im osmanischen Uebermuth, trunken von Me-
risi oder Sudanbier, eine schwere Beleidigung zu. El-
Nimr rächte sich dadurch, dass er den Pascha sammt
seinem Stabe bei nächtlicher Weile überfiel und inden
jenen Türken zum Aufenthalte dienenden Strohhütten
verbrannte. Infolge dieses Attentates flüchtete El-Nimr
nach May-Gogwa an der abyssinischen Grenze. Seine
getreuen Djaalin zogen zu ihm und scharten sich um
ihn her. Durch Unzufriedene aus allen Theilen Ost-
sudans und durch abenteuernde Abyssinier verstärkt,
führten El-Nimr und der Djaalin-Schekh Abu-Roasch
einen langjährigen blutigen Guerrillakrieg gegen die
Aegypter. Nach des Melik Tode setzte der namentlicii
durch König Tedrus, den Helden von !Magdala, auf-
gehetzte Sohn Hasan Woad (Wolled) Ninir den Krieg
fort. Dieser hat erst vor kurzem auf gütlichem Wege
sein Ende erreicht.
Nach dem Verrathe wju öcliendi eröffnete Ismail-
Paschas Schwager, der grausame Mohammed Bey-el-
Defterdar, einen Rachekrieg gegen die aufsässigen nubi-
schen Provinzen, Hess etliche tausend Berabra und
andere Eingeborene über die Klinge springen und gab
das ganze nubische Nilthal dem Verfall, der Verarmung
preis. Die Djaalin haben sich seit jener Zeit in alle
Winde verzogen. Sie, welche von unsern Reisenden
noch mit aller Zähigkeit für echte Hedjas-Araber er-
38 Erstes Buch.
klärt M-erden, zeigen jetzt den nigritischen Habitus in
deutlichster Weise. Das den obern Nillauf zwischen
Kliartum und Berber, sowie Untersennar bewohnende,
ebenfalls sehr nigritisch-gebildete Mischvolk zeigt eine
starke nationale Unterlage von Djaalin.^^
Aus dem Vorhergehenden haben wir ersehen, wie die
Berbern und die ihnen verwandten Berabra, Aegypter,
Abyssinier, Somal, Orma und Bedja den Norden wie
den Osten des Continents innehalten. Zu diesen Völ-
kerschaften gesellen sich einige in vielfacher Hinsicht
noch räthselhafte Stämme, die zwar schon von vielen
Reisenden besucht, aber trotzdem von keinem einzigen
derselben in befriedigender Weise beschrieben worden
sind. Ich meine hiermit die Tibu oder Teda, die Ka-
nori oder Kanuri und die Fulan oder Felata. Erstere
hausen in der östlichen Sahara, in Tibesti, Wadjanga,
Borgu, in welchen Gebieten sie frei sind, ferner in
Kauar, wo sie von den Kellui (Tuarik), in Fesan, wo
sie von den Türken tyrannisirt werden, endlich leben
sie zerstreut durch viele Gebiete Centralsudans. So
weit die vorhandenen Beschreibungen und figürlichen
Abbildungen uns zu selbst nur vorläufigen Schluss-
folgerungen berechtigen, dürften sich diese meist schlank
und edel gebildeten Leute den Berbern und den Bedja
eher anreihen lassen als den Negern. Die Teda bilden
einen Theil der Troglodyten und Garamanten der Alten,
zu denen übrigens auch noch die südlich von Algerien
wohnenden Mischlinge zwischen „Kabylen" und Nigri-
tiern gereclmet werden müssen, jene Oasenbewohner,
welche ein so reichliches Contingent zu den Tirailleurs
indigenes oder Turcos der französischen Heere geliefert
haben. Auch sollen die Blemmyer, deren Angriffe auf
die Nilbewohner und deren Besiegung durch den christ-
liclien Nubicrkönig Silco eine Inschrift im Tempel zu
Talmis oder Kalabsche besingt, theils den Teda, tlieils
den Bedja angehört haben.
Die Fulan oder Fulbe, Einheit Pullo, die Felata,
der OstsudaiRson. die Poulils oder Pouls im Gumbo-
Afrikanische Mcnschenstämmc und deren Wohnsitze. 30
Französisch der Senegalcolonie, scheinen aus Futatoro
im westlichen Afrika zu stammen. Zu Ende des vorigen
Jahrhunderts eroberten sie das den Mandinka gehörende
Futadjalon, gründeten 1802 unter ihrem islamitisch be-
geisterten Füi*sten Danfodio das Reich Sokoto und
dehnten sich von da ab weiter, immer weiter nach dem
Innern des Festlandes aus. Manche ihrer Gemeinden
haben sich bis in die Hausaländer und nach Bornu
eingeschmuggelt. Ilagere Leute von schlankem Glieder-
bau, von wenig krausem Haar, etwas Bartwuchs und
von röthlich-brauner, öfters aber auch noch dunklerer
Färbung, eine Sprache redend, welche nicht geringe
Anklänge an die berberinische (S. 7) hat, scheinen die
Fulan mit den Berabra, den Bedja, vielleicht auch
mit den Munbuttu zu einer grossem Familie , einer
nubisch-berberischen, zu gehören.
Die Kanori in Bornu endlich sind Nigritier, zu denen
auch die Bewohner von Bagirmi, W'aday, sowie die
zahlreichen theils in den letztern Sudan-Staaten, theils
in deren Süden wohnenden Bidduma, Bulala, Musgu
und noch andere, von unsern bisherigen Reisenden leider
nur sehr mangelhaft charakterisirte , dunkelhäutige
Stämme gerechnet werden müssen.
Die Nigritier (S. 3) zerfallen in zahlreiche Völker-
gruppen. Von letztern sind freilich bisjetzt erst sehr
wenige nach wissenschaftlich-anthropologischer Methode
untersucht worden. Van der Hoeven, Fritsch, Bilharz,
Falkenstein, Köhler und der Verfasser dieses Büchleins
sind fast die einzigen, welche dem Nigritier in seinen
Heimatländern buchstäblich auf den Zahn ge-
fühlt, ihn als ganzen Menschen, als ein Ob-
ject der Naturbeschreibung, ins Auge gefasst
haben. In vergleichend ethnographischer Darstellung hat
Schweinfurth die Nigritier meisterlich beleuchtet. Bastian,
Güssfeldt und Pechuel-Lösche erwiesen sich als vortreff-
liche Erforscher der nigritischen Sitten und Gebräuche-
In ähnlicher Weise haben Burckhardt, Rueppell, Russ.
egger , Klunzinger , Pallme , Brehm , Pruyssenaere,
40 Erstes Buch.
Heuglin, Kaufmann, Krapf, New, Guilain, Hildebrandt^
Speke, Stanley, Caraeron, Livingstone, Baines, Alberti,
Andersson, Thomas, Bowditch, Lenz, Fleuriot de Langle,
Barth, Vogel, Nachtigal, Denham und Clapperton, Park,
Lander und Beurmann gewirkt. Freilich müssen wir
lebhaft bedauern, dass es den ebengenannten hervor-
ragenden Reisenden nicht vergönnt gewesen war, das
Küstzeug des durchgebildeten Anthropologen, der
zugleich Arzt, am besten Anatom sein muss, in An-
wendung bringen zu können.
Uebrigens wollen wir nicht verfehlen, auch auf etliche in
Europa mit Fleiss und Geschick vorgenommene Unter-
suchungen an von Nigritiern herstammendem anthro-
pologischem Material aufmerksam zu machen und hier-
bei Männer wie Owen, Ecker, Zuckerkandl, Weissbach,
Aeby, Davis, ferner den Verfassern der „Crania ethnica" ^^
unsere gebührende Anerkennung zu zollen.
Angesichts der angedeuteten Verhältnisse fällt es uns
sehr schwer, aus der Unmasse von ethnologischen An-
gaben, welche uns von verschiedener Seite über die
Nigritier vorliegen, ein einigermaassen genügendes
Bild hinsichtlich der Abstammung und Vertheilung der
scliwarxen Völker Inner- und Westafrikas zusammen zu
construiren. Nachfolgendes darf daher nur als ein
vorläufiger schwacher Versuch dazu aufgefasst werden.
Ich habe oben bereits mehrfach angedeutet, dass die
bislier abgehandelten Stämme der Berbern u. s. w. den
eigentlichen Nigritiern keineswegs schroff gegenüber-
stehen, und sehe mich genöthigt, den manchem
Anthropologen neuerdings wieder vorschwe-
benden „typischen blau-schwarzen Neger" für
ein Fabelwesen zu erklären.
Zu den Nigritiern reichen von Norden und Osten
her die Funje, die Teda, Orma, die Mandinka oder
Mandingo, die Wolof als verbindende Glieder herüber.
Diu Nigritier aber bieten unter sich so zahlreich©
Stammesabweichungen dar, dass wir von der uns ge-
läufiircn Vorstellung des Nigger mit Wollhaar, stumpfer
Afrikanische M» ii^di. ii>tiimme uiul iloren Wolui if/e. 41
Nase, wuUtiL,-.. L-i (v.. und pechrabcnsch,,».,.^. ii«v.i
durchaus absehen müssen. Dergleichen Gebilde ge-
hören als Si ' iHMi in die Tabacksläden und nicht
in die „Wi> vom Menschen"!
An die luiije schliessen sich die den Süden der
Halbinsel Sennar bewolinenden Stämme und dlo Völker
Niam-Niam.
des Weissen Xil. Unter letztern behaupten die Schilluk
die nächsten Verwandten der Funje zu sein. Geschiclit-
lich ist nun wenigstens erwiesen, dass die heidnischen
Zerstörer des Aloa-Reichs (S. 35) eine nicht unbeträcht-
liche Anzahl von Schilluk als Hülfstruppen benutzt
haben. Alle Stämme des Weissen Nil gehören bis auf
die Bari einem völlig gemeinsamen physischen und
Sprachstamme an und wenn wir die grosse Gruppe der
42
Erstes Bucli.
l>jengu oder J)enka, Dinka, von den Gruppen der Schir,
Nuer und Bari zu trennen pflegen, so dürfen wir
docli hierüber des sie verbindenden aligemeinen Bandes
nicht vergessen. Auch die im Süden Bornu's hausen-
den Musgu (S. 39), ferner die Djur, Bongo, Mittu, Golo
«nd Momwu gehören ebenfalls diesem liaupttypus an.
Um die grossen Seen Ukerua Nyanza und Mwutan her
«cheinen Ormavölkör das herrschende Bevölkerungs-
olemont inmitten ureingesessener nigritischer Völker-
«tiimmo zu sein. Mit den Sande oder Niam-Niam im
Centi-um beginnt eine sehr ausgedehnte Yölkergruppe,
Fiy. 11. Der Monbuttu-Könie
44 Erstes Buch.
welche sich bis zu den gegen die Gabonterritorien sich
vorwälzenden Fan oder Faon erstreckt, die letztern
allem Anschein nach in sich begreifend. Auch die von
Livingstone, Cameron und von Stanley beschriebenen
Wanyema, Waguha, Warua, sogar die Wanyamesi im
Osten und im südlichen Innern, die Balonda und Ban-
dombe scheinen sich jener Gruppe anzuschliessen.
Wie eine isolirte Völkeroase nehmen sich aber nach
den bisherigen durch Schweinfurth gewonnenen Er-
fahrungen die kannibalischen, im Bereiche des Uelle-
flusses wohnenden Monbuttu aus. Unser Reisender be-
merkt, dass mindestens 5 Procent dieser einen nicht
unbedeutenden Grad von Civilisation darbietenden Na-
tion grau-blondhaarig seien, dass alle eine hellere Haut-
farbe und stärkern Bart wie die Niam-Niam hätten,
sowie dass sie vielfach eine krankhafte Unruhe in den
Augen wahrnehmen Hessen. Die Nase der Monbuttu
soll häufig durch ihre grössere Länge und Krümmung
auffallend von der gewöhnlichen Form der Negerrassen
abweichen und an semitische Profile erinnern. Ver-
fasser dieses Werks kann nun versichern, dass die
von Schweinfurth präparirten und in natura vorliegen-
den Monbuttuschädel einen durchaus dolichocephal-
nigritischen Charakter an sich tragen. Halten wir uns
aber für jetzt an Schweinfurth's Darstellung, so finden
wir diesen Forscher geneigt, die Monbuttu mit den
Fulbe in verwandtschaftliche Beziehung zu setzen. Die
falbe Haarfarbe würde uns bei Afrikanern nicht allzu
absonderlich erscheinen, zumal sie doch allem Vermuthen
nach nur einem gewissen Procentsatze jener Kannibalen-
bevölkerung eigenthümlich ist. Gebogene Nasen zeigen
sich hier und da selbst bei ausgesprochenen Nigritier-
>stämmen. Auch steht entwickelterer Bartwuchs keines-
wegs ohne Beispiel in der Negerbevölkerung da, wie
dies unter vielen andern durch die beigegebene, sehr
charakteristische Abbildung Stanley's, der bekanntlich
mit dem photographischen Apparat arbeitete, bezeugt
wird. Dio Manyema sollen sehr haarreich sein und
Afrikaiiisclic Monsclienstämme und tloi< n Wolmsit,
45
dürtUi. v»..^ihauj)t den Monbuttu thii.-.. ,. ci..^ fern
stehen^ wie die bereits erwähnten ^Vaguha, deren viel-
artig toupirte Haartracht, gebogene Nasen und ge-
Hochtene Kinnbürte Livingstone in so charakteristischer
Weise abbildet.
Diese genannten, im Osten
des Tanganika- Sees wohn-
haften Stämme bilden den
Uebergang zu den Balonda
und theils durch diese, theils
direct zu den A-Bantu. Aber
auch die Bedjastämme müs-
sen in Vergleich mit den Mon-
buttu gezogen werden. Wir
dünken uns nämlich ebenso
iXiit im Recht, diese Leute
den Beduinen von Kordufan,
Sennar und Taka beizuge-
sellen, wie andere sich im
üecht glauben, letztere als
Abkömmlinge der Araber
verzeichnen zu dürfen. Wenn
man nun mir gegenüber bei
dieser Gelegenheit behaupten
will, dass unter den Bedja
sich auch an die arabisch-
jüdischen (syro- arabischen)
erinnernde Physiognomien
vorfänden, so antworte ich
darauf zweierlei: entweder
ist das ein sich überall wie-
derholender Zufall oder, es
können die dem afrikanischen Völkercomplex angehören-
den Bedja durch Heirathen mit syrisch-arabischen Ein-
wanderern Nachkommen hervorgebracht haben , bei
denen gelegentlich der letztere Typus in atavistischer
Weise wieder zum Durchschlag gelangt.
Zu den Nigritiern des afrikanischen Nordostens ge-
Fiff. 12.
Kitete. der Häuptling vou
Mpungu in Manyema.
46 Erstes Buch.
hören aber ausser der grossen auch die Kunama oder
Basena (Bewohner von Basen im Westen der abyssi-
nischen Provinzen Hamasen und Sarae), die Hammedj
und Berun in Sennar umfassenden Familie der Funje
auch die Stämme des Weissen Nil. Unter diesen
lassen sich zwischen dem 12 und 2° nördl. Br. folgende
(zum Theil schon erwähnte) Hauptfamilien unterscheiden:
die Schilluk, die Denka oder Dinka und die Bari.
Alle dieser Familie angehörenden Tribus zeigen unter-
einander eine gewisse Aehnlichkeit in ihrem physischen
Habitus. Es sind hochgestaltete, dunkelgefärbte Leute
mit wollig-gekräuseltem Haar und einer meist ent-
wickelten Nasenbildung. Die Nase tritt bei ihnen noch
aus dem Antlitz heraus, und zwar theils gerade, theils
gebogen. Sie zeigt seltener die starke Einsattelung und
Plattheit wie bei den Niam-Niam und bei vielen west-
lichen Stämmen. Am Schädel der Schilluk wird z. B.
noch eine kräftige Entwickelung der firstenartig vor-
springenden Nasenbeinchen beobachtet, wogegen diese
knöchernen Theile bei den Monbuttu auffallend un-
bedeutend erscheinen. Die Sprachen der Schilluk,
Denka und Bari haben viel Aehnlichkeit miteinander.
In den südlichen Bergdistricten von Kordufan leben
die Nobastämme, Nigritier mit häufig ebenfalls ent-
wickelter Nase und mit nicht selten üppigerm Haar-
wuchs. Unter ihnen haben sich, namentlich in dem Ge-
birgslande Takla oder Tekele, Funje (Schilluk) nieder-
gelassen, welchen letztern die edelsten Familien des
Landes angehören sollen. Die Noba reden eine den
berberinischen Dialekten ähnliche Sprache und es ist
nicht unwahrscheinlich, dass in ihnen die eigentlichen
Stammväter der Berabra zu suchen sind, welche viel-
leicht vor alten Zeiten von Kordufan aus ihre erobernden
Unternehmungen gegen das nubische Nilthal und gegen
Sennar ausgeführt haben.
Den Schilluk verwandt sind die Luoli oder Djur im
(Jebirge des untern Laufes der Flüsse Wau und Djur,
wogDgen die ]h»ng<) oder Dor zwischen 8 — 6° nördl. Br.
Afrikanische Monschenstämmc und deren Wohnsitze. 47
ebenfalls im Gebiete des Gazellenflusses wohnen. Die
Mittuvölker, welche nach Schweinfurth eine Gruppe
t iMen, nähern sich den Schilderungen dieses Reisenden
. 'lue den l5ongi> und bilden „vielleicht einen in der
<.^ ' 'ite ihrer Entwickelung begründeten Uebergang
v.'ii ii.' -tn zu den Niam-Niam". Den üongo und Ver-
wandten scheinen sich ausser den ^lusgu oder Musgo auch
noch andere nigritische Völker im Süden von Waday,
Uau'hirmi und Bornu anzureihen. Den Kern der Furer
Inlden ebenfalls mit entwickelter Nase ausgestattete Ni-
irritier, unter denen gewisse Stämme, wie die Gondjara,
«inen hervorragenden Einfluss, namentlich durch ihre
Militärdienste, gewonnen haben, ähnlich den Angehörigen
der ägyptischen Kriegerkaste und den Berunkriegern
der senuarischen Funje- Sultane. In Für sehen wir
neben mancherlei Solengo oder Solendj, d. h. eingewan-
derten nomadisirenden Bedja, die Tunjur oder Tündjur,
welche von oberflächlichen Darstellern wieder einmal
für „eingewanderte Araber" erklärt, entweder Ver-
wandte der Fulan oder Bedja sein müssen.
In West Sudan nehmen eine bedeutendere Länder-
strecke die Hausastämme ein, Nigritier mit weniger ent-
wickelter, in ihrem Rücken eingesenkter, breitgetlügelter
Nase und mit wulstigen Lippen, eine gut veranlagte,
lebhafte und empfängliche Nation, welche den Einfluss
ihres zwar auf dürftiger Stufe verbliebenen, aber doch
in gewisser Eigenart entwickelten Culturlebens selbst
bis nach Aschanti und in die am Golf von Benin ge-
legenen nigritischen Staaten hineinzutragen verstanden.
Ausser den Hausa haben die nigritischen Sonray
im Nigergebiet eine geschichtliche Entwickelung auf-
zuweisen. Schon im ersten Jahrtausend unserer Zeit-
rechnung tauchen Hauptstädte der Sonray zu Kukia
und Gerho aus dem Nebel der sudanesischen Staaten-
geschichte empor. Aegyptische Missionare scheinen den
Islam zu den Sonray getragen zu haben, wenigstens deu-
ten gewisse Ueberlieferungen auf einen solchen Vorgang
hin. Sonray wurde später durch die (meist berberischen)
48
Erstes Buch.
Marokkaner zerstört, welche sich in den eroberten
Ländereien ansiedelten und hier Anlass zur Bildung
Ton Mischlingen, den Arama oder El-Ruma, gaben, die
noch jetzt mitten unter den (physisch wohlgebildeten)
Sonray erkennbar sein sollen.
Wieder ein anderes grosses Reich in Westsudan, näm-
lich Melle oder Melli, wurde von den Mellinke oder
Fig, 13. Mandinka.
Mandenke, Mandinka, Mandingo gegründet. Auch diese
sind echte Xigritier mit zum Theil geraden, zum Theil
(namentlich beim niedern Volk) eingedrückten Käsen
mit breiten Flügeln und von hoher, schlanker Gestalt.
Melli ist längst zerfallen, allein die Mellinke (oder
Leute von Melli) sind heute noch ein zahlreiches, in
Westafrika weitverbreitetes Volk. Ihm gehören auch
die Hambara an, ein selbst in unsern Tagen vielgenannter,
erobernder Nigri tierstamm, innerhalb dessen die Edeln
Afrikanisch" \f..T,.,.i,. t,c. i ,
xlrr Kurbary gross«' tiercciitsiiim* gt'iiu'sxMi. Ans der
'./.tern Mitte gehen die Edelsten oder Massassi her-
vor, denen der crhliclie König zu entstammen pflegt.
Aus Gefangenen wird die desperate, stets zum Losgehen
bereite Leibgarde der Sofa gebildet.
In den Landschaften, welche gegenwärtig als Trüm-
mer der ehemaligen Reiche Sonray und Melli angesehen
werden, herrschen wunderliche, zum Theil sehr ver-
wickelte politisch-ethnische Verhältnisse. Bambara und
deren Gefangene, Fulan, Ilausaleute, Sonray und Ber-
l)ern streiten sich hier in aufreibenden Fehden um die
Obrcacht. Die grosse Handelsstadt Timbuktu ist schon
seit lange Sitz der raffinirtesten politischen Intriguen
sowie ein vielfach umstrittener Besitz gewesen. Ueberall
in diesen Ländern haben sich Schwärme von Berbern
aniresiedelt, unter denen sich gelehrte ^larabouts be-
fielen, welche durch ihre Lehren zahlreiche ergebene
Tlialibs oder Schüler unter allen möglichen Bevölke-
rungselementen gewinnen und durch diese mit der fast
allen mohammedanischen Missionaren eigenen Schlau-
heit und Energie grossen politischen Einfluss erwerben
k(»nnen. Zu solchen ^Lirabouts ^eliörte der viel-
genannte Kunta-Schekh Achmed-el-Bekay , IL Barth's
edler Beschützer, lange Zeit hindurch das geistliche
und politische Oberhaupt in Timbuktu. Es wieder-
holen sich hier heutzutage Vorgänge, wie sie
bereits vor Jahrhunderten in Afrika unter
dem Einflüsse der islamitischen Sendboten
sich einleiteten und wie sie jahrhunderte-
lang fortdauerten. p]s sei dies eine dringende
Mahnung für alle diejenigen, welche alten Vor-
urtheilen und gefälschten Ueberlieferungen
getreu, den grössten Theil der im islami-
tischen Afrika stattgehabten religiösen Be-
wegungen und politischen Bildungen allein
den Wirkungen einer arabischen Einwande-
rung und der ethnischen Conservirung arabi-
scher Einwandererstämme zuschreiben wollten.
Haktmax!?. J.
50 Erstes Buch.
Und wie zum Hohne sind es seit Generationen auch
viele schwarze unverkennbar nigritische Mekka-
pilger, die Tekarine, Einheit Tekruri, welche Afrika
in der Richtung von Westen nach Osten und umgekehrt
durchstreifen, die den Islam unter ihren heidnischen
und halbheidnischen Rassenangehörigen nicht nur mit
Feuereifer predigen, sondern sogar mit Feuer und
Schwert zu verbreiten suchen.
Unter diesen schwarzen ascetischen Männern fanden
sich einige hervorragende, furibunde Geister, welche
grossen politischen und religiösen Einfluss über mäch-
tige Länderstrecken ausgeübt und ihren Namen in die
Gedenktafeln der Geschichte Afrikas mit flammenden
Zügen eingegraben. Dazu gehören u. a. Hadj Omar,
der ja mit den Franzosen am Senegal einen erbitter-
ten Krieg geführt hatte, dann von General Faidherbe
besiegt, sich nach dem Innern wandte und hier in
heissen Kämpfen der verlotterten PuUoherrschaft zu
Hamdallahi am Niger ein Ende machte, ferner Dan-
fodio, jener (S. 39) erwähnte Neubegründer der poli-
tischen Macht der Fulaii, dann Hadj Mohammed-el-
Amin, Neubegründer von Bagirmi und noch mehrere.
Was war denn seltst Schekh Mohammed-el-Amin anders
denn ein ehemaliger Anführer von Kanembulanzen-
trägem, was war er anders als zugleich ein energischer
Fakih (S. 36), welcher die Herrschaft des morsch gewor-
denen Rornureichs an sich riss und schliesslich die
neue heutige Hauptstadt Kuka erbaute. Er war von
gemischt- nigritischer Abkunft, aus Fesan gebürtig und
gab einem neuen Staatssystem, einer neuen Dynastie
das Leben. Diese im grossen sich vollziehenden Vor-
gänge finden aber ihre Nachahmung in Tausenden von
geringern Ereignissen. Ueberall spielen schwarze Te-
karine die Holle von Marabouts, wie man dergleichen
von anderer Seite aus hauptsächlich nur den Arabern
zuschreiben möchte. Der Islam treibt seine üppig
wuchernden Wurzeln jetzt immer tiefer nach Westafrika
)""''M. Sogenannte maurische, d. h. mit nigritischem
Af..;L. ,,.,., i ,. \' ....u ;., , Wohnsitze. 51
iiiui gtiuisiiitr ocuT ganz, iiigritisclu- .'ii>sn»iiare des
Islam drückten sich schon seit 181') und vielleiclit
schon seit noch hingerer Zeit unter dem Mantel simpler
Handelsmänner an den Höfen zu Kumassi und Agbome
herum, hier oder da die Samen ihrer Lehre unter
Cabocirs (Häuptlinge) sowol wie unter die Infima mul-
titudo ausstreuend. Bekanntlich gestattet der Koran
den Gläubigen selbst auf heiligen Fahrten gelegentlich
kleine Geschäft eben zu machen, warum sollte denn
nicht auch der maurische Gläubige in den Ländern
des schwarzen Magreb, im Sudan, das Angenehme mit
dem Göttlichen verbinden können, hier oder dort Tücher
und Glaskorallen ausschachern und mitunter dabei zu-
gleich den Houris im Paradiese Lieblinge gewinnen?
Gewöhnlich dünkt man sich bei uns vom hohen Throne
der modernen Cultur herab das Leben der faulen
Nigger in öder einförmiger Unfruchtbarkeit des Daseins
einherschleichend , etwa wie ein modriges Torfrinnsal.
Dabei macht man sich aber eben bei uns, wo neben
tiefster Bildung doch auch ein guter Theil von Halb-
wisserei und von gänzlicher Unwissenheit ihre Plätze
behaupten, selten einen auch nur entfernten Begriff
von dem zwar eigenartigen und in seiner Qualität be-
schränkten, trotzdem jedoch ungemein regen politischen,
religiösen und socialen Treiben in den Sudanländern I
Hier sollten erst Völkerpsychologen ihre Studien
machen !
Das ganze westliche Afrika, südlich vom Flusse
Senegal, wird von Nigritiern bewohnt, welche wie-
derum in zahlreiche Stämme zerfallend, immer doch
durch ein gemeinsames Band des physischen Habitus,
der Sprachen, Sitten u. s. w, zusammengehalten werden.
Unter diesen Stämmen findet man den in seiner Ge-
stalt häußg sehr wohlgebildeten, in seinem Antlitz den
banalen Typus des „wollhäuptigen, plattnasigen und
wulstlippigen ^Segers" Tragenden, des „Negers, wie er
im Buche steht*'. In diese bis tief nach Benguella
hinunterreichenden Stämme haben sich aus dem Innern
4*
52 Erstes Buch.
her einige Keile von Völkern eingezwängt. So z. B.
die Fan oder Faon, Fana, am Ogowe , deren nur
schwierig, nasal auszusprechender Name an den eben-
falls dünn-nasal auszusprechenden der Funje (S. 35)
erinnert, ein kräftiges nigritiscbes Volk mit dem ge-
flochtenen Haar und Bartwuchs, sowie mit der Phy-
siognomie der Niam-Niam, ein Volk, welches zur Zeit
immer unwiderstehlicher die echte Heimat des Gorilla
zu oecupiren droht. (S. 44.)
Tief im Innern von Afrika, südlich vom Aequator,
herrscht in seiner beliebig hier und da aufrichtbaren
Mussumba oder Residenz der Muata-Yanvo (Muata-ya-
Nvo), von dessen Macht und Reichthum bereits ältere
Berichte soviel Frappirendes darzustellen wussten.
Unserm Landsmanne Dr. Pogge ist es ja geglückt,
diesen grossen Nigritierfürsten in der Mussumba be-
grüssen zu können. Sein Volk, die Balonda, scheinen
nach dem wenigen Vorliegenden die physiognomischen
Eigenthümlichkeiten der Niam-Niam, Fan und Loango-
Schwarzen mit denjenigen , der A-Bantu oder Kaffern
zu vereinigen. Eine ähnliche ethnologische Stellung
nehmen die Guissama oder Quissama in Angola (süd-
lich vom Coanza) ein. Unter diesen finden sich zum
Theil Leute mit eingedrückten Nasen und flechtbarem
Haar, wie die Niam-Niam und die von Livingstone,
Cameron und Stanley aufgeschlossenen Völker des
Tanganika sowie auch der Ogowegebiete. Ferner
finden sich darunter Leute mit der schärf ern Profilirung
der Bedja, endlich solche mit den mehr breiten, rohen,
bauerischen Gesichtern der Zulu und der Xosa. Ich
will keineswegs behaupten, dass die Quissama alleinige
oder selbst nur vorzügliche Träger solcher variirender
physiognomischer Verhältnisse seien, ich nehme sie be-
sonders deshalb ins Augenmerk, weil sie durch den
Photographen Joaque einen ganz vortrefflichen Dar-
steller fanden. (Siehe Fig. 14.)
Die Loango- und Congobewohner, die Schwar-
zen ui Anarola und in Henguella im allgemeinen
Afrikanische Miii^i'1u>n>läniin' und dcrci» Wohnsitze. 53
liabeu flache». #.i.j^. , ...v ..i c.igedrückte, denen der
Sande oder Niam-Niam, der Camerun- und Gabon-
Nigritier älinliche Nasen, sowie dickere Lippen bei
kleinerer zurückweichender Kinnbildung. Dagegen zeigen
wieder die Ga, die Aschanti und Fanti der Goldküste
Fig. 14. (juissania.
häufiger zwar meist niedrige, dabei aber nach aussen
hervorragende, nicht selten sogar gebogene Nasen mit
massiger Entwjckelung der Flügel; ferner besitzen diese
Stämme eine stark prognatlie Mundbildung mit nicht
«ehr ^icker Lippenwulstung.
Südlich vom Tanganikasee erstrecken sich bis gegen
den mittlem Lauf des Zambezi hin eine Reihe von
54
Erstes Buch.
Völkerstäramen, welche, soweit die geringen bisher
über sie verbreiteten Nachrichten uns zu Schlüssen be-
rechtigen, ebenfalls eine zwischen den centralafrika-
nischen Nigritiern und den A-Bantu vermittelnde Stel-
lung einnehmen, ähnlich wie die Balonda u. s. w. es
thun (S. 52). Gewisse dieser Stämme, wie die Man-
ganja im Schiregebiete, sind durch die schrecklich ent-
stellende Gewohnheit auffällig, in Lippen- und Ohrzipfel
grosse Holzpflöcke zu stecken, eine an die bekannte
rohe Schmückungsmethode der brasilianischen Botocudos
oder Engräckmung erinnernde Verunstaltung. Dieselbe
findet auch bereits bei den
nördlicher wohnenden Mittu-
Luba und bei andern Mittu
statt, sie wird selbst in be-
schränkter Weise von den
Musgu im Süden vom Logon-
gebiete , endlich von den
Kadje im Westen des Tsad-
sees geübt.
Die A-Bantu oder Kaf-
fern nehmen heutzutage die
Südseite Afrikas zwischen dem
Kunene, der Walfischbai und
dem Zambezi bis gegen die
Winterberge und den Keiskamraa hin ein. Sie um-
fassen die Gruppen der Amaxosa, Amazulu , Betchuana,
der Ova-IIerero und Owambo. Während die Amaxosa,
„Kaffraria" oder „Kafirland proper" (des englischen
Colonialstils) zwischen der Capcolonie und Natal be-
wohnen, occupiren die Amazulu, zu denen auch die
mächtigen kriegerischen Amatabele gehören , alles
zwischen Zambezi und Umzimvubu gelegene Land.
Die Betchuana dagegen wohnen zwischen dem Oranje-
fiuss und dem Zambezi. Urnen gehören sehr wahr-
scheinlich noch melirere an den letztern grossen
Strom grenzende Stämme an, wie z. B. Machololo,
Maschona, Banyny und Batoka. Verwandt sind ilinen
^
Fi»;. 75. Manganjaweib.
\frik:i!ii>-ili.> ATrüscliPiist ■iMinit» und tL rcii Woliiisil/t'.
',):)
Uatonga und die Maseli oder Vaulpenz, wälirend die
Vmiswazi, die Mafitte oder Mavitte (ein Zweig der-
- ilien sind die Watuta Stanley 's) wieder aus Betchuana
ind Zulu, namentlich aber Amatabele, zusammenge-
,'. i'irr.'U «M-srlicIiion.
Lubaweib.
Die Amazulu, ein wilder, energischer Eroberer-
stamm, dessen physische Stärke, militärische Dressur
lind Fechtweise in gescldossenen Gliedern ihm eine
grosse Ueberlegenheit über die schwächern Nachbar-
völker verschaft'en musste, hat in Südostafrika beträcht-
liche politische Veränderungen zu Wege gebracht. Ganze
)()
Erstes Buch.
Nationen, allerdings auch von A-Bantu selbst und ein
Theil der Hottentotten, sind durch jene Eroberer aus-
einandergerissen und zerstreut worden. Gewisse Keste
derartig zersprengter Kafferstämme haben sich unter
das sie kräftig schützende englische Protectorat be-
geben. Es sind dies die oftgenannten Amafengu oder
die Fingoes, welche jetzt in den lleihen ihrer Beschützer
Ein Mtuta.
gegen rebellische Xosa- und Zulustämme der britischen
Colonien kämpften.
Die Ova-Herero pder die Damara der Colonisten
des Cap hausen im Norden von „Great Namaqualand"
der englischen Kanzleien, zwischen der Kaliharisteppe
im Osten und dem Ocean im Westen. Diese Herero-
■t&mme sind neuerdings durch häufige Einfälle der
Afrikr
)<
Nama-liünoiuoiieii zerrissen und gescliwücht worden.
Ihnen nahe verwandt sind die bis an den Kunene
reichenden Owambo. Als ein gewissermaassen rasseloses
Volk dagegen sind die Bergdamara zu betrachten,
die aus vielen heterogenen Elementen bestehend, vor
ihren zahlreichen Bedrängern felsige Districte an den
Grenzen der Kalihari in Besitz genommen haben.
58 Erstes Buch.
Woher sind alle die A-Bantu gekommen? Nicht
wenige europäische Reisende machen, wiewol nicht mit
Recht, auf die der europäischen sich angeblich nä-
hernde Körperbildung vieler dieser Stämme aufmerk-
sam, sie sprechen sogar von unter jenen vorkommenden
semitischen Physiognomien und Sprachlauten. Die
Bantuvölker üben die Beschneidung aus und er-
innert bei ihnen manches an die Sitten der Stämme
Nordostafrikas. Ihre eigene, allerdings nur dunkele
Tradition weist auf einen nördlichen Ursprung hin.
G. Fritsch bemerkt, dass nach den Erkundigungen eines
sehr zuverlässigen englischen Colonialbeamten selbst
unter Fingoes die Erinnerung an gewisse schriftliche
Aufzeichnungen, die in den ewigen Kriegen zerstört
worden wären, noch bis heute nicht verloren gegangen
sei.-^ Freilich müsste man annehmen, die A-Bantu
hätten nach dem Verluste der Schrift, nach der Zer-
störung ihrer Documente jahrhundertelang ohne letz-
tere in völliger geistiger Verdummung gelebt. In der
That mahnt das ganze Sein der heutigen Kaffern an
einen intellectuellen Rückgang derselben. Indessen er-
innern hier im Süden Afrikas vorkommende Trümmer
ehemaliger Staaten und die Reste mächtiger Bauwerke
daran , dass selbst die jetzt so versimpelten Kaffern
einmal im Stande gewesen sein könnten, bedeutendere
Schöpfungen auf politischem und materiellem Gebiete
auszuführen. So z. B. das weite Reich Monomo-
tapa, welches um die Zeit der portugiesischen Ent-
deckungen am Liambay und südlich davon in hohem
Ansehen stand. Ihm waren die Goldwäschereien unter-
thnn, deren einer Theil noch jetzt mit so grossem
Krfolge von neuem bearbeitet wird. Stanley bemerkt,
dass Monomotapa ehemals jenen Theil des südöstlichen
Afrika eingenommen habe, den jetzt die Amatabele (S. 54)
innehätten und dass jenes Reich alle, die verschiede-
nen Stämme und Clans umfasst habe, welche gegen-
wärtig als unanfechtbare Zulu bekannt seien. Der
König von Monomotapa hiess Benomotapa oder Kitewe.
Aw ...... ..-V..V .M lienstiimm'^ "imI ,1. r,.n \V,.l,n9itze. r)9
Eine zu seinem Ueiclic gehüninu- litMULn/. iiatte den
hier für Fürstensitze gebräuchlichen Namen Zimbaoe
(Zimba-oa) oder Zimbabye. Sie lag unter 20° 14' südl.
lir. und 31° 4S' östl. L. inmitten von Goldfeldern. Schon
ältere portugiesische Schriftsteller, wie De Barros, be-
richten davon wie von einem Wunderwerk. Sie soll
hohe Steinbauten gebildet und Inschriften enthalten
haben, welche letztere weder Portugiesen noch Araber
zu entziffern verstanden. Neu entdeckt wurden die
Ruinen der Zimbaoe 1871 durch K. IMauch. Sie
scheinen in den letzten Zeiten durch Schwarze, wol
Makoapa, welche hier Zuflucht gesucht, vielfach be-
schädigt, selbst eingerissen worden zu sein, wahrschein-
lich um die vorhandenen Bausteine zu benutzen. Mauch
fand keine Inschrift mehr vor, wohl aber rohe Orna-
mente in Form von Zickzacklinien und ineinanderge-
schobeneu Vierecken.'-'^ In altern Perioden war die Zim-
baoe ein Sitz fürstlicher Personen, vielleicht des Furo
oder Häuptlings gewesen, welcher die Goldfelder zu
beaufsichtigen hatte. Ich habe die von Mauch ge-
gebene Abbildung der Zimbaoe mit bildlichen Dar-
stellungen verglichen, welche A. Hübner von alten Be-
festigungen im Amatabelelande, Werken der Maschona,
gibt. Ich halte nun die Bauart der Zimbaoe für die-
selbe wie jene der Maschona. Aehnlich urtheilt Fritsch.
Baines hörte über andere grosse Baureste 80 engl.
Meilen nordnordwestlich von den Tati-Goldfeldern sowie
über wieder andere östlich von „Nylstroom" gelegene be-
richten. Auch mir sind durch Missionare ähnliche, allein
selbstständige Notizen beigebracht worden. Wir haben
hier also vielleicht üeberbleibsel ehemaliger Kafternherr-
lichkeitvoruns. Weitere Forschungen und Nachgrabungen
an derartigen Ruinenstätten werden uns wol dereinst
mehr Aufschluss über die Geschichte der Bantuvölker
bringen, durch deren bisheriges Dunkel ja leider nur
wenig schwache Lichtblitze emporleuchten.
Auffallend ist die physische Aehnlichkeit vieler Bantu,
besonders Zulu, Swazi und Suto, mit Bedjah. ^-^ Die
ßO Erstes Buch.
oben erwähnten, den Somal verwandten Masay (S. 22),
erinnern durch Bewaffnung und Fechtweise durchaus
an Zulu. -^ Letztern, namentlich ihrem Matabele-
zweige, müssen, wenn den altern (schon so oft für zu-
verlässig befundenen) Berichten der Portugiesen und
Engländer nur einigermaassen zu trauen ist, jene schreck-
lichen Horden geglichen haben, welche, wahrscheinlich
aus dem Lande Kilima hervorgebrochen, im 16.' Jahr-
hundert unter dem Namen „Djagga" einen grossen
Theil Inner- und Westafrikas in Schrecken gesetzt, ihn
mit Strömen Blutes überflutet haben. Zwar könnte
man wol die Möglichkeit in Zweifel ziehen, dass ein
aus dem fernen Winkel Südostafrikas stammendes Volk,
eine nicht allzu bedeutende Zahl streitbarer Männer,
einen grossen Theil des afrikanischen Continents zu
durchmessen und überall hin den Schrecken seines
Namens zu verbreiten im Stande gewesen wäre. Allein
unter den wilden, stets zur Gewaltthätigkeit geneigten
Nigritiern Innerafrikas haben sich immer Leute gefunden,
die einem heranrückenden muthigen Erobererstamme
sich anzuschliessen und mit ihm gemeinsame Sache zu
machen geneigt waren. So konnte denn auch das ur-
ßprünglich an Zahl nicht bedeutende, aber aus despe-
raten Kriegsleuten zusammengesetzte Djaggaheer auf
seinen Wegen nach dem Innern durch fremden Zuzug
lavinenartig anschwellen und dann im Sturm seines
Vorwärtsdringens alles sich Entgegenstellende durch
Schrecken lähmen und schliesslich im Blut ersticken.
Im rastlosen Kriegseifer Landschaft um Landschaft
durchziehend, unter den Zwang einer furchtbaren Disci-
plin gebracht, voll wilder, unbändiger Energie, konnten
die national zwar nicht mehr als Djagga bestehen-
den, wol aber von deren Sitte und Gesetz beherrsch-
ten, bunt zusammengewürfelten Eroberer nach Ver-
lauf von Jahren in Westafrika auftauchen, um endlich,
sobald der Gipfelpunkt der Macht überschritten war,
in der Masse widerstrebender Nigritierstämme allmäh-
lich wieder zu verschwinden. Derartige Beispiele von
raumlich wtii ausi^fuciiiiUn , uic w-i iiaiiiii>5i- ganzer
(lebiete von (Truiul aus umwälzenden Kriegszügeu stehen
in Afrika durchaus nicht vereinzelt da. Noch in neuerer
Zeit haben deren stattgefunden. So der grosse, einer
Völkerwanderung ähnelnde Zug der Mantati (Baman-
tatisi), eines nördlichen Betchuanastammes, gegen die
Capcolonie im Jahre 1823. So die Eroberungszüge der
den Djagga von Kilima verwandten Amazulu, welche
unter einer ganz ähnlichen Ileeresverfassung wie jene
zur Zeit ihrer scheusslichen Tem-Bana-Dumba stehend,
von ihren Häuptlingen ütchaka, Udingaan und Urasele-
katsi bis zu den Ufern des Limpopo
und bis zur Mündung des Tugela
ijeführt wurden. Wer Weiteres
nber diese merkwürdigen Völker-
revolutionen wissen will , möge
darüber in meinen „Nigritiern"
nachlesen. -^ Es erinnern dieselben
an die von Arabern geführten Ber-
ber- und Bedjazüge des Mittel-
alters. (S. 26.)
Bevor nun der alles vor sich
niedertretende Fuss der A-Bantu
die fruchtbaren Ebenen am Oranje- „. „ ^^ , ,,.
, , , , •' Firj. lU. Hottentottm.
Strome durchmaass, wohnten von
diesem aus bis hinab zum Cap der Stürme die Koi-
koin oder Hottentotten. Scheinbar gehören diese
ledergelb gefärbten, kurz- und kraushaarigen, mit birn-
furmig nach unten sich verjüngenden, plattnasigen und
dicklippigen Köpfen versehenen Leute unter die übrigen
Afrikaner nicht hinein. Indessen glaube ich trotz-
dem, dass auch für diese angeblich so abweichenden
Ureinwohner Südafrikas der Tag kommen werde, an wel-
chem ihre Einreihung unter die übrigen Nigritier durch
naturgemässe Anreihung an aufgefundene Uebergangs-
stämme ohne Zwang vorgenommen werden könne. -"^
Die Hottentotten, ein in intellectueller Hinsicht
nicht unbegabtes Volk, aber von weit geringerer Körper-
62
Erstes Buch.
stärke als die A-Bantu, wurden theils von diesen , theils
von den ihnen in jeder Hinsicht überlegenen
Europäern zurückgedrängt, auseinandergesprengt, ja in
ihrem nationalen Zusammenhalt geradezu vernichtet.
Ein Schwärm von mit fremdem, hauptsächlich euro-
päischem Blute gemischten Bastardhottentotten,
die sogenannten Griqua, setzten sich am Oranje-
flusse in der Gegend von dessen Vereinigung mit dem
Vaal fest und nahmen unter ihrem tapfern Clanshäupt-
linge Andries Waterboer bei Lataku an der blutigen
Zurückdrängung der S. 61 erwähnten Mantati theil.
Ein nomadisirender Hot-
tentottenstamm, die Korana
(Einheit Kora), hat im Gebiete
des Oranje- und des Yaalflusses
noch bis heute eine gewisse na-
tionale Selbstständigkeit bewahrt.
Fritsch unterscheidet in diesem
Stamme einen im wesentlichen
den Gesichtsschnitt der Hotten-
totten verrathenden gross und
kräfti«? «bewachsenen, sowie einen
andern, verkümmerten, mehr an
die Buschmänner erinnernden Ty-
pus. Zum letztern scheint der
Mann gehört zu haben, welchen
wir hier nebenstehend nach einer photographischen
Aufnahme Fig. 20 abbilden Hessen.
Endlich leben in Unabhängigkeit die Namaqua-
Hottentotten zwischen Oranjefluss und der Damara-
grenze, westlich von der Kaliharisteppe. Sie sind zwar
vielfach gemischt, zeigen aber doch im ganzen den
Hottentottentypus noch wohl ausgeprägt.
Eine höchst eigenthümlicho Stellung unter den Afri-
kanern nehmen eine Anzahl zerstreut wohnender Stämme
ein, welche sich durch ihre geringe Statur auszeichnen.
Es sind dies die Pygmäen oder Zwerge der alt-
classischen Periode. Nach mancherlei völlig unsichern
Kora -Hottentott.
Afrikanische Mcnsclienstämme und deren Wohnsitze. (53
und märchenhaft aufgeputzten Mjthen der Homer,
Hesiod, Plinius und Aristoteles ist es zunächst der
v^.
Fi ff. 21. Bombi, ein Akka.
geniale, scharfsichtige Herodot gewesen, welcher die
Pygmäenfrage in kritischer Weise behandelt und dar-
Ol
Erstes Buch.
gestellt hat, dass schon damals an einem der Ingeir
oder Wüstenströme der mittlem Sahara Leute unter
Mittelgrösse, vielleicht Teda (?), gelebt hätten. In
iinsern Zeiten sind die Doko im Süden von Schoa und
Kafa durch Krapf, Harris und auch den Schreiber
dieses Werkchens 2^, die Akka oder Tikki-tikki im
Uellegebiet sind durch Schvveinfurth, Marno und Chaillie
Long-Bey, die Abongo oder Obongo in Westafrika sind
y-Vy. -JJ. .Junger Buschmann.
durch Koelle, Du Chaillu, 0. Lenz und die Mitglieder
dor deutschen Loango-Expedition aufgedeckt, und zwar
dies als reelle, lebende Repräsentanten jener von den
Alten mehr nebelhaft geschilderten Wesen. Alle diese
neuern Nachrichten stimmen nun dahin überein, dass
die einen verwandten Namen wie Doko, Akka tragen-
den Leute, und dass die Abongo kleine, im Durchschnitt
1230 — 1340 Millimeter hohe, Menschen bilden. Kommen
unter ihnen grössere Staturen vor, so liegt schon der
Verdacht einer Mischung mit nigritischen Nachbarn
nahe. Die augenscheinlich gute, wol nach einer Photo-
Afrikanische Menschcnstamme und deren Wohnsit/e. 65
graphie angefertigte Abbildung eines Akkaweibes lieferte
Long-Bey. In der Unmöglichkeit, dieselbe hier wieder-
geben zu können, lasse ich vorstehend wenigstens die
aus freier Hand gezeichnete Darstellung eines Akka
nach Schweinfurth abdrucken. !Manio lieferte nur Cari-
caturen jener Leute.**-'
Mit diesen genannten Stämmen concurriren die Busch-
männer oder San Südafrikas, deren Höhe Fritsch
Buschmännin.
durchschnittlich zu 1440 Millimeter berechnet. Nach
Ansicht des letztern Forschers haben jene ehemals
ganz Südafrika vom Cap bis hinauf zum Zambezi
und wahrscheinlich weit darüber hinaus innegehabt.
Häufig wurden dieselben nur für degener irte Hotten-
totten angesehen. Obwol sie mit letztern gewisse
physische Eigenthümlichkeiten gemein haben, so wird
doch die erwähnte Behauptung (sie seien nur entartete
Hottentotten) von Fritsch, Th. Hahn u. a. lebhaft be-
stritten. Abgesehen nun von manchen physischen
Stammesverschiedenheiten, von örtlichen Besonderheiten
Haktjiaxv. ,-:
(5ß Erstes Bucli.
in Sitte und Brauch, haben alle die Doko, Akka,
Abongo und San doch eben wieder vieles Ueberein-
stimmende miteinander in ihrem Aeussern sowol als
auch in ihrer Lebensweise. Sie sind manchen Kennern
Afrikas als Reste einer vielleicht uralten, einer
urthümlichen Bevölkerung des sonderbarsten aller
(Jontinente erschienen, als Stämme, welche durch die
Xigritier nach allen Richtungen hin auseinander ge-
sprengt worden seien. Indessen lässt sich doch aus
vielerlei Vorkommnissen der Schluss ziehen , diese
kleinen Leute ständen den eigentlichen Nigritiern nicht
so fern, als manche anzunehmen geneigt seien. Ich
finde bei ihnen sowie bei den Hottentotten doch sehr
vielfach die Eigenthümlichkeiten der sogenannten Neger-
rasse vertreten, wenn auch mit mancher speciell natio-
nalen Umformung. Lenz spricht in dieser Hinsicht
folgende, unserer Beherzigung werthe Ideen aus: „Was
nun die Verbreitung der sogenannten Zwergvölker in
Afrika betrifft, so scheint es mir sehr wahrscheinlich,
dass die Abongo am Ogowe, die Dongo am Settefluss,
die Bakke-Bakke an der Loangoküste nur Theile eines
ursprünglich grossen Negervolks sind, das sich auch
weiter im Innern, nur unter anderm Namen, wieder
findet: als Kenkob oder Bettan im Lufumland, als
Mala-Gilage im Süden von Bagirmi und noch weiter
im Osten als Akka oder als Doko und Berikimo u. s. w.,
und dass dieses grosse Volk, welches vielleicht die ur-
sprünglichsten Bewohner, die wahren Autochthonen des
äquatorialen Afrika bildete, von zuwandernden Stäm-
men verdrängt und zersprengt worden ist. In ähnlicher
Weise verhalten sich die Buschmänner in Südafrika.
Das, was mau Zwergvölker nannte, existirt also wirk-
lich als eine Reihe zerstreut lebender Negerstämme,
die physisch und geistig degenerirt, ein unstetes Leben
führen; nur sollte man bei diesen Zigeunern unter den
Negern vorsichtiger mit dem Worte Zwerg sein, da
sich daran Vorstellungen knüpfen, die den thatsäch-
lichen Verhältnissen nicht entsprechen u. s. w. Neben
Afrikanische Menschenstämme und deren Wohnsitze. 07
den Abongo und ihren afrikanischen Verwandten cxi-
stiren noch verschiedene Nationen, deren Durchschnitts-
grösse sich als ebenso gross, ja noch kleiner heraus-
stellt; mit demselben Recht müsste man dann nicht
nur die nuschmänner Südafrikas, sondern auch die He-
wohner des hohen Nordens, die Lappen und Eskimos,
als Zwergvölker bezeiclinen. Auffallend hierbei ist ge-
wiss die Thatsache, dass sich diese durch geringere
Körpergrösse charakterisirten Völker in Gegenden vor-
finden, wo die Temperaturverhältnisse die grössten Ex-
treme aufweisen." ^^
Ich möchte nicht jede dieser Aeusserungen des
Dr. Lenz unterschreiben, erkenne jedoch gern, dass
seine anregende Behandlung eines interessanten, leider
noch vielfach dunkeln Gegenstandes die Beachtung
solcher Afrikareisender verdient, die dereinst nicht als
Dilettanten in der Menschenkunde, sondern als
wirkliche anatomisch gebildete Anthropologen
ihre Ziele verfolgen werden. Lenz hat jedenfalls hier
wie überall sonst in den von ihm bereisten Gegenden
Afrikas mit dem Auge eines echt wissenschaftlichen
und scharfsinnigen Beobachtern gesehen.
ZWEITES BUCH.
Von der körperliclieii Beschaffenheit der Afrikaner.
Als Ausgangsgegenstand unserer Betrachtungen müssen
wir auf diesem Gebiete die Retu oder Aegypter,
das uns als das älteste bekannt gewordene afrika-
nische Volk, in genauere Erwägung ziehen, lieber
den physischen Habitus jener unterrichten uns
die Denkmäler, die Mumien und die lebendigen Zeu-
gen, denen wir noch zur Zeit im Nilthale begegnen.
(S. 10.) Die ägyptischen Männer sind im all-
gemeinen von gefälliger Körperbildung. Sie haben
breite Schultern, jene trapezoidische Form des Brust-
kastens, welche wir als das Ilauptattribut eines w^ohl-
gewachsenen Männertorso zu betrachten pflegen, gut
entwickelte, plastisch hervortretende grosse Brustmus-
keln, ein schön gebogenes Rückgrat, eine schlanke
Uüftgegend , ziemlich muskulöse Gliedmaassen , feine
Knöchel, nicht grosse Hände und Füsse. Die Finger
Bind schmal, die Zehen gerade und wohl gesetzt, die
Ferse ist nicht dick und nicht vorstehend. Am Ge-
sicht ist die Stirn ziemlich hoch und zurückgebaut,
nach den Schläfen hin im Querdurchmesser abnehmend.
der Scheitel ist abgeflacht, der Hirnschädeltheil des
Kopfes langgestreckt, das ganze Haupt dolichocephal
oder Iftngköpfig. Die Augen zeigen die bei diesem
Volke 80 häufig geschilderte langgeschlitzte, den Con-
tourcn einer Mandel ähnliche Form. Sie werden von
Von der körperlichen iJtsciianoiiiKir aer Anikaner. i\\)
zierlich geschwungenen Augenbrauen überwölbt. Die
Iris ist dunkelbraun. Die Nase ragt stark hervor,
zeigt einen etwas breiten Rücken und ist seltener
gerade, häufiger vielmehr leiclit gebogen, biegt an der
Spitze ziemlich rechtwinkelig in die öfters nach unten
convexe Scheidewand um und besitzt breite Flügel.
Der Mund ist nicht gross, die Lippen sind aber fleischii?,
manchmal üppig, selbst gewulstet. Die Nasenlippen-
linie ist ausgebildet und die Nasenrinne ist breit, tief.
Die Wangen sind breit, das längliche Kinn ist klein,
zart, zurückgebaut. Die wohlgeformten Ohren sind
hoch und stark nach hinten angesetzt, welches Ver-
hältniss auf den antiken Bildwerken und Malereien
übrigens leider zu übertrieben dargestellt worden ist.
Immerhin macht das Aegypterprofil einen charakte-
ristischen Eindnik, namentlich mit seiner weiten Er-
streckung zwischen Kinn und Ohr. S. Morton hat den
Gesichtswinkel im Mittel zu 78 Grad berechnet. Am
Knochengerüst dieser Leute ist eine gewisse Zierlich-
keit, Schlankheit nicht zu verkennen. Bei den Frauen
wiederholen sich die eben beschriebenen typischen
Eigenthümlichkeiten in der für das weibliche Geschlecht
gemilderten Weise. Die jungen Mädchen sind ungemein
gracil. Eine hübsche Darstellung nackter junger Aegyp-
terinnen bieten die mit ihrem königlichen Vater ein dem
Schach ähnliches Spiel treibenden Töchter Ramses' III.
zu Theben. Uebrigens hat der Reisende noch jetzt
Gelegenheit, Studien über den Körperbau solcher Wesen
zu machen, nicht nur bei Beobachtung der häufigen
Badescenen, sondern auch beim Passiren überschwemmter
Strecken und seichter Nilanne durch Marktleute u. s. w.,
bei welchen Gelegenheiten immer ein grösserer Theil
des Körpers entblösst wird. Dem Arzte zeigt sich die
Aegypterin ohne Prüderie und Ziererei. Sehr schön
sind bei diesen Personen die Schultern und zuweilen
auch der Oberarm geformt. Der Oberschenkel, Unter-
arm und Unterschenkel sind öfters zu mager, obv/ol
es in dieser Beziehung auch nicht an rühmlichen
70 Zweites Buch.
Ausnalimeu fehlt. Die Brüste sind in der Jugend oval,
prall, werden aber mit zunehmender Körperentwicke-
lung und nach wiederholten Geburten welk , sogar
hängend.
Die Körperfarbe dieser Leute ist ein bronzeähnliches
in Röthlichbraun und in Ledergelb spielendes Braun.
In der Thebaide sieht man öfters ein kupferiges Haut-
colorit. Dagegen möchte ich die hierbei von manchen
Reisenden beliebte Bezeichnung des Milchkaffees {Cafe
au lait) verwerfen, nicht blos für Aegypter, sondern
für Afrikaner überhaupt, denn die Farbe dieses Auf-
gusses erscheint viel zu stumpf. Das Haar ist raben-
schwarz und nicht sehr fein. Die Alten schoren das-
selbe sehr häufig kurz ab, manchmal aber Hessen sie
es auch lang wachsen. Viele Altägypter, auch Männer,
benutzten langhaarige Perrüken, und diese bekamen
dann jene complicirten und abenteuerlichen Frisuren,
welche wir noch jetzt bei den Bedja, Funje, Niam-
Kiam u. s. w. beobachten. Die Frauen flochten ehemals
(wie noch gegenwärtig) ihr Haar in viele kleine Zöpf-
chen, denen reicher Schmuck an Perlen, Edelsteinen,
Plättchen von edelm Metall u. s. w, zutheil ward.
So zeigt sich der reinere Retutypus (S. 9). Man
muss nun gestehen, dass er zwar ein eigenthümlicher,
aber anmuthiger sei. Wer möchte nicht den edeln
Kopf Ramses' des Grossen bcM^undern, dessen prächtige
Stirn der hohe phantastisch verzierte Kriegshut über-
ragt, einen Kopf, welchen man an so vielen Kolossen
findet zu Mitrahinna, Theben, Derr und Ipsambul.
Dieser Retutypus findet sich in Afrika auch unter
Berabra, Bedja und Nigrit iern häufig wieder. Er
ist ein in der afrikanischen Menschheit eingewurzelter.
Wer die Verschiedenartigkeit desselben vom semitischen
ffkennen will, möge nur die Völkertafeln des grossen
Rpichstempels zu Karnak betrachten, woselbst der
»pitzbärtige, spitz- und krummnasige Syro- Araber mit so
unbeschreiblicher Naturwahrheit dargestellt ist, oder
ninn wende sich zu den Riesenbildern en relief, welche
,r"i,]i..ii HrsfliMiV.iiliiM il. r AiVikiincr. 71
zur Anschauung bringen.
Nun zeigt übrigens das lieutige Aegy p tervoik
seine vielfachen Beimischungen fremden lUutes unter
eine reichliche männliche und weil)liche Individuen-
zahl, namentlich der Stadtbewohner. Harte, trockene
Physiognomien von wahrhaft böotischem Ausdruck, bald
mit dicken breiten, bald mit gebogenen jüdischen Nasen,
ein breiter, dünnlippiger Mund, knochiger Gliederbau,
grobe Hände und grosse ausgetretene Füsse erscheinen
neben einem Habitus, dem schon der nigri tische
nicht mehr fern steht. Wenn man in Zagazig, Kairo
oder Abu-Girgeh die Sinai-
Beduinen mit ihren Stein-
bocksgehörnen, Gazellenhäuten
und Dattelwürsten über die
Gassen schlendern sieht, so wird
es selbst einem geübten Be-
obachter zuweilen schwer, von
ihnen, den echten Kindern des
peträischen Arabiens, ge-
wisse , den gemischten Theil
der ägyptischen Bevölkerung
angehörende Elemente zu son- ^>.^ .,^ xeuägjpterin.
dem. Dann aber, als ich um
Djidda, Gumfudda und Yambo ausgehobene arabische,
nach Kreta bestimmte Rekruten durch Alexandrien
ziehen oder den ehrwürdigen syrischen Gross-Schech
Mohammed-el-Duchi mit grossem Gefolge in die Musc^ie
zu Kairo einreiten sah , welcher Unterschied doch
zwischen ihnen und den Fellachin I Uebrigens machen
viele Bestandtheile der heutigen ägyptischen Bevölke-
rung den Eindruck körperlicher Herabgekommenheit.
Schwere Auflagen, Noth und gewisse endemische Krank-
heiten, wie Bleichsucht, Blutharn, Syphilis, Fieber u. s. w.
graben ihre Spuren in die Nachkommen des Pharaonen-
volks ein. Die dickbäuchigen , schlottergliederigen
Kinder, welche unsere Touristen an den Tempelpforten
72 Zweites Buch.
von Dendera, Edfu und Luksor anbetteln, erhöhen
noch den traurigen Eindruck solchen physischen Ver-
falles. Es soll übrigens damit nicht etwa gesagt sein,
dass wir die Retu je als volle Ideale von Ebenmaass,
Kraft und Gesundheit zu betrachten geneigt wären.
Ueber die Veränderungen, welche das ägyptische
Nilland im Laufe der Zeiten erlitten , und über die
Gegensätze, welche daselbst zwischen sonst und jetzt
obwalten, entlehne ich meinen Tagebüchern folgende
Stelle : Höchst belebt muss das Bild gewesen sein,
welches Aegypten im Alterthum, etwa unter der Herr-
schaft seiner llamessiden, dargeboten. Wer damals
sich nilaufwärts begeben, hat die Stromufer in üppigen
Saaten prangend erblickt. Selbst zur dürren Zeit,
wenn Gott Seb sein Unwesen getrieben, hat die Land-
wirthschaft des blühenden Reichs dennoch nicht brach
gelegen. Schöpfräder haben in Einschnitten der Ufer-
böschungen geknarrt, Schöpfeimer sind an ihren Hebe-
balken auf- und niedergegangen, um das Wasser des
jetzt niedern Stroms auf die dermalen gänzlich trocken-
gelegten Culturfiächen zu leiten. Im dichten Schatten
der Sykomoren, im zweifelhaften der Nilakazien, der
Stunden weit sich erstreckenden Dattelpalmen, der
Bananenpflanzungen erhob sich Dorf an Dorf, die kleinen,
pylonartigen, aus Luftziegeln erbauten Häuser mit freund-
lichem Anstrich, mit crenelirten Simsen und fenster-
reichen, thurmartigen Anbauen geschmückt. Bunte,
hieroglyplienähnliche Malereien, oft sehr sinnige Dar-
stellungen des i)rofanen Lebens der Inwohner dar-
bietend, zuweilen Miniaturinschriften und Sprüche in
liieratischer Textart, die sich guirlandenartig um die
Thürpfosten hinzogen, erhöhten das Malerische des
Eindinicks.
In den Gassen der Ortschaften, an den Uferabhängen,
auf den Feldern, in den Pflanzungen erblickte man
bräunliche, wohlgestaltete, geschäftige Leute. Hier
wurde der Boden mit dem Grabscheit gelockert, dort
rvv-l -v (Wo Fnichtbäume verschnitten, hier das Fluss-
Von ilor körperlichen Beschaftonheit der Afrikaner. 73
wasser in grossen Thonkrügen geschöpft, dort das
schmucke Vieh über mit Haifagras bestandene Flächen
getrieben.
Volkreiche Städte haben damals von Zeit 7a\ Zeit
das Auge des Reisenden gefesselt, kenntlich an ihren
hohen Mauern mit stattlichen Thoren, an den mächtig
emporragenden Pylonen und Säulenreihen stolzer Tem-
pel, zu deren Adyten menschliche Kolossalstatuen und
lange Alleen ruhender Löwen- oder Widdersphinxe
geführt. Dichtes Gewühl in den engen heissen Strassen,
lebhaftes Marktgetreibe auf den öffentlichen Plätzen
inmitten der Berge von Garten- und Feldfrüchten, der
Scharren voll Fleisch, der grossen bestachelten und
bepauzerten Fische , der mit Indrustrieerzeugnissen
mannichfaltigster Art ausgestatteten Bazare. Aus offenen
Hausthüren erschollen der eintönig-wilde Rhythmus der
Handpaukenschläge, das disharmonische Knarren der
Doppelrohrflöte oder auch das melodischere Saiten-
schwirren der Harfen. Gaffer aus allerlei Volk um-
lagerten die Psyllen, welche ihre gezähmten Paviane
und halbverhungerten, der Giftzähne beraubten Schlan-
gen producirten, auch wol einen verstümmelten Skorpion
über ihren Arm laufen Hessen. Dann ertönte plötz-
lich der schwere, regelmässige Tritt der Kriegsleute
durch winkeliger Strassen lange Flucht und hinterher
zog, von panzerstrahlenden Garden und von phan-
tastisch geputzten Wedelträgern umringt , hoch zu
Wagen, in der vollen Glorie seiner Zeit, „Pharao,
Sohn der Sonne", meist wahre Majestät in dem milden
edelgeschnittenen Antlitz.
Lange Züge kahlgeschorener, mit Pantherfellen be-
hangener Bonzen und reichgeschmückter „heiliger
W^eiber*' bewegten sich singend, Sistra schwingend und
Embleme tragend, um die Tempelhallen her. Nach der
falben Wüste zu trieben stämmiger I^astesel schwer-
bepackte Scharen.
Zu gewissen Zeiten wimmelte es auf den Spiegel-
flächen des Nil von überaus prächtig verzierten Barken,
74 Zweites Buch.
aus denen früh oder spät Spiel, Gesang und Scherz-
reden hinüber- und herüberdrangen. Alsdann strömte
es zu vielen Tausenden nach den Götterfesten und
Messen, auf denen der Eingeborene Tage des Jubels
und der Ausgelassenheit zubrachte, wo aber auch Ränke
geschmiedet, Geschäfte abgewickelt und Streitigkeiten
ausgeglichen wurden.
Noch heute, nach Verlauf so vieler Generationen,
bietet das Land im wesentlichen einen nicht sehr ver-
schiedwien Anblick vom ehemaligen dar. Freilich ist
es nicht mehr so blühend, so volkreich. Druck und
Elend haben ihre Spuren eingegraben in die Scholle
der Osiris und Isis. Aber trotzdem bleibt Aegypten
auch heute noch jenes anmuthige Gebiet am heiligen
Strome, nach dessen gebenedeiten Wassern der so
häufig wieder lechzt, welcher schon einmal davon ge-
trunken.
Auch jetzt knarrt das Schöpfrad , schaukelt der
Schöpfeimer am Hebebaume, noch grünt wie ehedem
die Saat, spreizt sich das .Haifagras. Sykomoren wer-
fen ihren Schatten. Unter den Palmenhainen hackt
und bewässert der Insasse den Boden, weidet sein Rind,
die monumentale Ziege mit den Schlappohren, schöpft
sein Weib Nilgabe mit dem Kruge, wie er schon in
den Gräbern im alten Reiche zu Memphis abgebildet
worden. Freilich wälzt jetzt auch ein zottiger Büffel
fremden Ursprungs seinen Leib im Schlamme und lange
Züge von Kamelen bewegen sich nach den gegen das
Thalufer gähnenden Schlünden der Wadys. Noch er-
scluuit das Auge viele Pylonendörfer mit thurmähnlichen
Anbauen, aber Fresken und Hieroglyphen fehlen. Zwar
erstreckt jetzt der Cactus von Anahuac seine fleischigen
Stachelblätter unter dunkellaubigen Lebachbüumen, zwar
glühen jetzt, ebenso fremden Ursprungs, die Poin-
seitien- und Poincianenblüten aus den Hecken von
Rohr, Parkinsonia und Sesban hervor. Weithin er-
filruckon sich nunmehr die Plantagen des australischen
Kugeleucalyptus.
die Paläste dtT Ramses und Anienhotcp sind gefallen.
Verödete Ruinen der kolossalsten Bauten , dio dn
Mensch je erdacht, je erschaften, ragen, ein düsteres
Memento geschwundenen (ilanzes, an übersandeten, vom
Nilvvasser zerfressenen Stellen des Gestades empor.
Zuckerhutförmige Minarets streben jetzt in den stets
blauen Aether hinauf: von ihren hochgelegenen Galerien
ertönt der feierlich anlieimelnde Gesang der Muezzin
herab. Am Fusse des Mokattambergs, da, wo ehedem
die Gigantenwerke von Memphis geprahlt, baden zaube-
rische Sarazenenschlösser der Kahira, der Ueberwin-
denden, ihre Zinnen in Misraims ewiger Götterluft.
Geschwader säbelrasselnder Reiter lärmen heute durch
die wie ehemals engen winkeligen Strassen. Statt
Pharao's trabt ein modern gekleideter, corpulenter Bey.
dessen Züge an die Steppen Turkistans oder an die
kaukasischen Berge mahnen, von in asiatischem Luxus
prangenden Gefolge umgeben, einher. An Stelle der
leichtgebauten Streitwagen knarrt eine plumpräderige
Arabie, rast, ein rechter Bote der neuen Aera , das
Dampfross über die Schienenstränge in Ackerland und
Wüste dahin. Der Schmarotzerweih rastet auf den
Telegraphenstangen. Noch dröhnt die Handpauke, nocli
die Rohrflöte, der Psylle vollführt wie vor dreitausend
Jahren seine Schaustellungen, statt der lanzen- und
tartschenbewehrten Reisigen Pharao's lungern habichts-
nasige Kinder von Skadar, Maini und Kurdistan an den
Ecken — im Scheine der Gaslaternen I Die Flinte an
der Schalter, Pistolen und Kindschal im Gurt. NocIi
hat das Land seine Messen, seine religiösen Feste.
Kaum haben hierbei die Namen gewechselt. Auf dem
Nil noch alles voller Barken, statt alter Nomarchen
und hoher Priester freilich moderne Masters und Misses,
den Operngucker in ihren mit Glacehandschuhen be-
kleideten Fingern. Vieles ist also geblieben vom Leben
des Alterthums, manches auch hat sich gründlich ge-
ändert in den Strömungen der Zeit. Seltsames Gemisch
7Ö • Zweites Buch.
von Resten eines liocliblühenden, urwüchsig-afrikanischen
Getriebes, von arabisch - türkischem Wesen und müh-
selig aufgepfropften Elementen abendländischer Bil-
dung, wie fesselst du doch den Ethnologen. ^-
Die IJerabra Nubiens zeigen sich im Durchschnitt
mittelgross. Einzelne erreichen freilich die Höhe von
16gO — 1700 Millimeter. Ihre Gestalt ist durchgängig
schlanker als diejenige der Fellachin und eine kräftige
Entwickelung des Brustkastens gelangt bei ihnen selte-
ner zur Beobachtung als im ägyptischen Nilthale. Lang-
köpfig wie die Aegypter, haben die Berabra eine zu-
weilen hohe, unten gewölbte, in ihrem obersten Ab-
schnitte zurückweichende Stirn, langgeschlitzte Augen
mit ein wenig bogenförmig geschweiften Brauen, her-
vorragender, bald gerader, bald gebogener Nase -mit
stumpfer Spitze und breiten Flügeln , einen massig
grossen Mund mit fleischigen, zuweilen aufgeworfenen
Lippen. Ihre Nasenlippenlinie ist ausgeprägt. Das
Kinn ist nicht gross, zurückweichend, die Backenknochen
treten hervor, die Ohren stehen ab und sind wie bei
den Aegyptern hoch angesetzt. Ueberhaupt sind Retu-
gesichter unter den Berabra häufig. Die Gliedmaassen
sind sehr schlank, Hände und Füsse nicht gross, wohl-
gebildet. Die ganze Statur macht den Eindruck äusser-
ster Magerkeit und Gracilität. Bei Kindern fallen häufig
die weit vorgewölbten Stirnen, die vogelartig dünnen
Glieder und die dicken Bäuche unangenehm auf. Die
Frauen sind ebenfalls schlank und hager. Sie ent-
wickeln sich später als die ägyptischen und begegnet
man unter ihnen nicht selten noch busenlosen bereits
vierzehnjährigen Mädchen. Ihre Blütezeit haben sie
etwa zwischen dem 15. bis 19. Jahre. Sie verwelken,
wie die meisten Südländerinnen, schon frühzeitig. Alte
nubische Frauen sind besonders hässlich. Die Haare
d«'r IJerabra sind schwarz, kraus. Ihre Hautfarbe ist
bronzebraun in Chocoladenfarben und Zimmtbraun über-
gehend, zuweilen dunkel-, entschieden schwarzbraun.
Handteller und Fusssohle sind, wie b ei allen dunkel-
\ 11 tler körperlichen Beschaffenheit der Afrikaner. 77
pigmentirten Afrikanern, heller, schmuzi^-Heisch-
farben. Die Nägel sind achatfarbig.
Die Herbern des Magreb (S. 27) zeigen in ihrem
Aeussern vieles an die Aegypter Erinnernde und Kamses-
oder Hatorköpfe sind auch unter ihnen keineswegs
selten. Barth erzählte , dass er ägyptische Profile
namentlich unter den Tuarik-Tadmekke und -Hekikan
beobachtet habe. Mir selbst boten die Magrebin in
Aegypten, die Turcos, die Gemälde H. Vernet's und
zahlreiche Photographien ausgiebiges Vergleichungs-
niaterial dar. Den Retu am nächsten stehen die Be-
wohner vieler libyscher Oasen. Diese sind theils
Reste uralter Bevölkerungen, alter Libu oder Tamhu
(S. 22), theils gelegentlich aus fernem Districten Nord-
westafrikas eingewandert. Erstere sind durchschnitt-
lich reiner, letztere sind gemischter. Zu den Eindring-
lingen gehören die Senusi, Fanatiker des Islam. Auch
die Berbern sind durchschnittlich mittelgross. Manche
der „Kabylen" des Djurdjura, manche Marokkaner der
Provinzen El-Rif und Titwan (Tetuan) sowie viele
Tuarik oder Imoschach im engern Sinne (S. 22), er-
reichen freilich die Höhe von 1690 bis 1700 Millimetern.
Der Bau dieser Leute ist sehr proportionirt. Das
langköpfige Haupt hat eine im obern Theile zurück-
weichende, im untern Theile vorgewölbte Stirn, eine
bald flache, bald tief eingesattelte Nasenwurzel, eine
bald gerade, bald gebogene, an der Spitze stumpfe,
seltener aufgestülpte Nase mit ziemlich breiten Flügeln,
fleischige, zuweilen aufgewulstete Lippen, ein rundliches,
zurückweichendes Kinn, wohlgebildete, öfters ziemlich
hoch angesetzte Ohren. An den Gliedmaassen ist die
Muskulatur meist gut ausgeprägt. Selbst die beim
Afrikaner nicht häufig in prangender Fülle auftreten-
den Waden werden bei manchen in den gebirgigem
Districten wohnenden Kabylen nicht vermisst. Die
Hand- und Fussknöchel sind fein, die Finger und Zehen
wohlgeformt, nicht selten von grosser Schönheit. Die
Weiber, in der Jugend zuweilen von hübscher Ge-
7>^ Zweites Buch.
Sichtsbildung und von anmuthigem Wuchs, altern eben-
falls früh, erhalten dann platte Züge und neigen zur
Corpulenz. Namentlich sieht man unter den alten
Maurinnen viele widrig-fette Weiber.
Die den Süden der Sahara bewohnenden Mischlinge
zeigen bereits nigritischen Typus in den flachern, rohem
Zügen, eine noch krausere Haarbildung, und verwandelt
sich das fahle Lederbraun oder Bronzebraun der Mehr-
zahl der Berbern bei ihnen in ein bald gesättigt umber-
braunes oder schwarzbraunes, selbst chocoladenes und
russiges llautcolorit. Diese Leute zeigen häufig eckige,
plumpe Körperformen.
Einen sehr interessanten körperlichen Typus bewähren
die Bedja. Auch sie sind im Durchschnitt mittel-
gross, obwol es einzelne grosse (1720 — 1740 Millimeter
liohe) Leute unter ihnen gibt. Das Haupt ist lang-
köpfig, hat eine ziemlich hohe, selten und auch dann
meist nur in ihrem untern Abschnitte gewölbte, häufiger
gerade oder schräg emporsteigende Stirn, ein ovales
Gesicht. Die Augen wechseln in der Grösse. In der
Antlitzbildung zeigen sich nun sehr variable Stammes-
und individuelle Eigenthümlichkeiten. Während manche
«»in niedriges, gedrücktes, rundlicheres Gesicht mit Zügen
besitzen, wie wir sie an den puppenkopfartigen mancher
Central- und Westsudanesen wahrnehmen, sind die Ge-
sichter anderer Bedja länger, ovaler. Die Nasen sind
bald gebogen, bald gerade, bald eingedrückt, hier
wenig, dort stark hervorragend. Der Mund wechselt
sehr in der Breite, seine Lippen sind fleischig (selten
dünn) zuweilen aufgeworfen. Die Unterkieferbasis er-
streckt sich lang hin, der Unterkieferwinkel wechselt,
ist bald stumpfer, bald der Form des rechten sich
nähernd. Das Ohr ist nicht hoch angesetzt, im ganzen
wohlgebildet, die Nasenlippenlinie ist seltener aus-
geprägt. Aegypterköpfe der typischen antiken Form
sind häufig unter allen Bedja. Namentlich ist mir das
öftere Vorkommen jener eigenthümlichen , aber an-
muthigon Nasen- und Li]>penhil(hincf aufgefallen, wie
Von der körperlichen BcschatTenheit der Afrikan
wir sie in Sculpturen und Malereien aus den gi»>s>tn
Kpochen der 18. bis 20. Dynastie wahrnehmen. Trotz
1er variirenden Gesichtsform herrscht unter den Bedja
in nicht zu verkennender gemeinsamer Typus. Dies
uch allen jenen berliner Anthropologen aufgefallen,
o die von C. Hagenbeck im diesjährigen Herbst
ton Bedja näher ins Auge gefasst haben. Im
.._... ...neu ist die Form des Antlitzes dieser Leute
ngenehm, nicht selten ist sie edel, zuweilen selbst nach
europäischen Begrifl'en schön. Der Ausdruck des Ge-
sichts ist ein intelligenter. Man kann die Leute nach
liesem klugen, dabei aber freien, offenen, häufig männ-
lich-kühnen Gesichtsausdruck lieb gewinnen.
Der Hals ist bei den Bedja lang und dünn, manch-
mal auffallend lang und dünn, dabei mit stark vor-
retendem Adamsapfel versehen. Der Brustkasten ist
111 der Regel von trapezoidischer Gestalt und wunder-
schöner Form in der Rücken- sowie in der Warzen-
gegend. Die Schulter ist zierlich, fällt aber, wie bei
den meisten Afrikanern, etwas schroff und steil zum
< >berarm ab, wogegen sie beim Germanen und in der
Antike eine stärkere Rundung im Bereiche des Delta-
uuskels darbietet. Der Oberarm zeigt muskulöse Fülle,
1er Unterarm ist zierlich, die Knöchelgegend ist an
bern wie untern Gliedmaassen zart. Die Oberschenkel
zeigen noch eine gefällige fleischige Bildung, wogegen
ier Unterschenkel wogen seiner Magerkeit, wegen des
Mangels einer kräftigen Wadenbildung keinen vortheil-
liaften Eindruck macht. In gerader Richtung, nicht
unterbrochen durch eine bei unsern Stämmen wohl-
gerundete Absetzung der wulstigen Wadenmuskulatur
gegen die Wadensehnen, zieht bei den Bedja die be-
trächtliche Achillessehne zum Hacken herab. Der Fuss
dieser Leute ist an sich gut gebaut. Bei altern Per-
sonen wird infolge langjährigen Gebrauchs der Sandalen
die Lücke zwischen grosser und zweiter Zehe etwas
weit und wird der Fuss auch wol ausgetreten, letzteres
namentlich infolge des starken , heftigen Springens,
80
Zweites Buch.
wovon die Bedja bei ihrem heitern Naturell grosse
Liebhaber sind.
Knaben und junge Mädchen sind bei diesem Volke
durchschnittlich gut gebildet. Besonders die letztern
zeigen oftmals wahrhaft ideale Formen ihres Rumpfes.
Uebrigens sind die Züge der Weiber stumpfer und
flacher als diejenigen der Männer. Stirn und Nase sind
wenig gegeneinander abgesetzt, die Nase selbst ist kurz,
stumpf und breitflügelig , der Mund ist breit und mit
fleischigen Lippen besetzt, das Kinn ist klein und ge-
rundet.
l'i'j. 2.5 u. 26. Abyssinier aus Amhara.
Das Haar der Bedja ähnelt demjenigen der Berabra.
Es lässt sich in Zöpfen und Strähnen bis zu dreihun-
dert und etlichen Millimeter Länge flechten. Der Bart
ist schwächer als bei den Syro-Arabern. Manche Bedja
färben ihr Haar mit Hinna oder Henne roth, \vas ihnen
<jin dämonisches Aussehen verleiht. Bei vielen wird
dies Gebilde infolge von Verwendung verschiedenartiger,
zum Theil beizender kosmetischer Mittel werchfarben.
Cendrirtes und blondes Haar schreibt man den Sabala
zu, einem noch wenig bekannten heidnischen ]5edja-
stamme, welcher nomadisirend durch die Urwälder von
Hüsores und Fasoglo schweift.
Den Bedja physisch sehr ähnlich sind die Abyssinier.
Namentlich gilt dies von den Agau sowie von den
ihnen zugehöriiren ZwoiGfstiimmen, wie Mensa, Bogos,
•rj'erlirlicn Beschaß'enlicit der Alrikancr. >1
Falascha, Kömaiit ... .. ... ISIanche abyssiiiische Stämme,
wie die Amliara, die Schoaner, die Bewohner von Lasta,
sind stark mit Gala gemischt und haben jene S. 10
erwähnten Gesichtsforraen. Unter diesen Leuten zeich-
nen sich die Weiher durch niedliclie (Je-siehts- und
Körperbildung aus. Die Einwohner von Semien und von
Tigrie dagegen verrathen eine vielfache Beimischung
von syro-arabischem Blut.
Man beobachtet daher öfters
unter ihnen scharf ge-
zeichnete, an syrische und
an jüdische erinnernde Phy-
siognomien. Die Heerzüge
der Abyssinier nach Arabien
im 5. und 0. Jahrhundert
n. Chr. sowie der Verkehr
der Araber mit der abys-
sinischen Küste werden das
Ihrige zu einer solchen Mi-
schung beigetragen haben.
Die Afer und Somal
ähneln physisch ebenfalls
den Bedja. Unter ihnen
findet man manche riesige,
knochige ^lännergestalten
mit rohen, harten, geier-
artigen Profilen , deren
starkes Vorgebautsein und
fleischig - wulstige Lippen
einen wilden Eindruck hervorrufen. Ganze Tribus der-
selben, wie die Ysa und Mudaito. haben plattere, mehr
nigri tische Züge. In malerischer, meinem Urtheile nach
kaum übertriebener Weise schildert G. Harris das Aus-
sehen des Lahaita Ihn Ibrahim, Makabantu oder Akil
(Richter, Häuptling) der Dubbani-Danakil: ,. Nicht im
mindesten besser gekleidet als die zerlumpten und
schmierigen Kerle in seinem Gefolge, zeichnete er sich
doch durch hervorstechende Waffen aus. Der Schaft
Somali von Merka.
1Iart5IA>-x.
G
-v> Zweites Buch.
seiner einem Weberbaume ähnelnden Lanze war an
seinem breiten spiegelnden Blatte mit messingenen und
kupfernen Ringen beschlagen, während Griff und Scheide
eines gekrinuniten Messers in ähnlicher Weise geschmückt
sich zeigten. Vornehmes Auftreten und wilde Ent-
schlossenheit in den Zügen, stand das Aeussere dieses
^lannes im Einklang mit seinem Rufe als Krieger.
Lange schwarze Locken wallten wie Adlergefieder über
eine knochige und muskulöse Gestalt. Ein paar grosser
sehniger Arme endeten mit Fingern, deren Nägel wie
Raubvogelkrallen hervorstarrten. Aeusserst tapfer und
an der Spitze eines zahlreichen Stammes grimmiger
wilder Kriegsleute ist er an der ganzen Aferküste ge-
fürchtet und geachtet, und er schien sich sehr gut
seiner Bedeutsamkeit auf der Heerstrasse (zwischen dem
Rothen Meere und den Bergen von Schoa) bewusst
zu sein."
Die körperlichen Eigenthümlichkeiten der Gala wer-
den besser bei den eigentlichen Nigritiern abgehandelt,
von denen ich jene nicht mehr zu trennen vermag.
Die Teda oder Tibu in Tibesti sind nach Nachtigal's
Schilderung von mittlerer Grösse, eher jedoch kleiner,
sie sind wohlgebildet, mit kleinen Händen und Füssen,
von massiger Bronzefarbe. Sie haben massig lange,
theils gerade, theils gebogene, bald stumpfere, bald
spitzere Nasen und einen nicht sehr grossen Mund mit
nicht dicken Lippen. Ihr Bartwuchs ist spärlich, aber
docli reichlicher noch als bei den Schwarzen, ihr Haar
wird Uinger und ist weniger wollig und hart als bei
diesen. Ihre äusserste Magerkeit ist das Product einer
elenden Lebensweise in einem keineswegs fruchtbaren
Land«', sowie zugleich auch ihres rastlosen Umher-
ziehens.
Die Funje, deren genauere Bekanntschaft Schreiber
dieses genossen, stehen gewissermaassen an der Grenze
zwischen Berabra, Bedja und Nigritiern, ob-
w«)l sie sich mehr den letztern als den erstem an-
8C hl 1 essen. Sie gehören zu jenen extremen Aesten
V,.'i iu-hfii UoschafTt'iili. i* «I.r Ai'i-il<;iner. X.]
«ciunf Uli -ivosi lügritischc /.>>i;ii^ HCl Meiisclilieit
ausser ihnen noch in den Bantu und vielleiclit selbst
in den Teda treibt. Sie sind mittelgross, zälilen aber
auch 1730 — 1750 Millimeter hohe Gestalten zu den
ihrigen. Kleine verwitterte Figuren sind dagegen selten
unter ihnen. Ihr Köi*perbau ist proportionirt. Ein
trapezoidischer, breiter und gewölber Ihustkasten ge-
hört keineswegs zu den Attributen männlicher Wolil-
hildung, welche man etwa lange unter ihnen suchen
miisste. Das Rückgrat ist gerade. Von den Schultern
gilt das über die Bedja Gesagte. Der Kopf ist lang —
ich habe die Funje an einer andern Stelle mesocephal
genannt — , indessen kommen unter den südlichen
Funje doch auch recht langgestreckte Schädel vor. Die
Stirn ist gewölbt, ziendich breit, sie weicht, wie bei
den meisten der bisher erwähnten Afrikaner, in ihrem
obem Abschnitte schräg nach hinten zurück. Die
Nase ist gerade oder leicht gebogen, stumpfspitzig,
selten aufgestülpt, häufiger ist sie mit der Spitze und
den breiten Flügeln etwas abwärts gekehrt. Die Kiefern
sind augenscheinlich j)rognather, hervorstehender und
schiefzähniger als bei den Berabra und Bedja. Nament-
lich lässt sich dies bei den Ingassena (S. 2) beobachten.
Die Nasenlippenlinie ist tief eingeschnitten und das
gibt selbst Jüngern Funje ein würdiges Aussehen, ver-
leiht auch Jüngern Mädchen etwas Charakteristisch-
Ehrbares. Die Lippen sind fleischig, aber selten, und
dann auch mehr nur bei den Ingassana, aufgewulstet.
Die Augen haben grosse Lider, sie sind gross und
weitgeschlitzt. Die Jochbogen nehmen eine nur ge-
ringe Breite in Anspruch. Die Ohren sind gerundet,
etwas abstehend, das Kinn ist schmal, gerundet, weniger
zuiückweichend als bei Berabra. Unter den Funje
erscheinen ägyptische Profile und auch viele an Bedja
erinnernde Gesichter. In letzterer Hinsicht zeigten sich
zwei junge Homran aus Taka, welche in der vorjährigen
(ersten) Nubierkaravane K. Hagenbeck's zugegen waren,
sowie in der letztjährigen Ausstellung (1878) zwei Halenga
^4 Zweites Buch,
und ein Beni-Aiiiir besonders erwälmenswerth. Man
hätte diese Leute, wären sie dunkler gefärbt gewesen,
recht gut für Berun vom Berge Gule halten können.
Die Ilaare sind gekräuselt und werden in den aller-
sonderbarsten Toupets getragen, wie sie ähnlich nur
bei den Galloa, Okande und Fan des Gabongebietes
und in den Calabargegenden angetroffen werden.
Die Farbe vaiirt vom dunkeln Gelbbraun und Choco-
ladenbraun in ein Schwarz mit graubräunlichem Schiller.
Oberarm und Oberschenkel sind fleischig und wohl-
gebaut, der Unterarm ist dünner, zierlich, der Unter-
j^chenkel wadenschwach. Hand und Fuss sind nicht
gross, von gefälliger Form. Ja ich habe gerade diese
Theile bei gewissen vornehmen Funje von grosser
Schönheit gesehen. Die ganze Haltung ist graziös,
der Ausdruck des Gesichts meist ernst, mild und in-
telligent. Nirgends habe ich in Afrika so anmuthige
und freundliche Kinder als unter den Funje gesehen.
Die eigentlichen Nigritier, welche 0. Peschel
Sudanneger nennt, haben dolichocephale und prognathe
Schädelformen, deren Gesichtswinkel 69 — 75 Grad be-
trägt. Die Hirnschale ist von den Seiten her compri-
niirt, an den Scliläfen schmal, langgestreckt, in der
Scheitelgegend nicht selten hochgewölbt. Die Stirn
weicht stark zurück, die Knochen sind derb und kantig,
mit starken Muskeleindrücken versehen. Die Form der
Nasenbeinchen ist bei verschiedenen Stämmen sehr ver-
schiedenartig. INIanchmal sind dieselben schmal, kurz.
zuweilen sogar auf kleine Knochenschüppchen reducirt.
Die Schilluk haben recht beträchtliche, an ihren untern
Enden zum Theil sogar aufgeworfene Nasenbeine. Die
Zähne sind schief nach vorn gestellt, die obern überragen
häufig die untern. Sie sind gewöhnlich von porzellan-
ortiger "Weisse, durchschnittlich gut eingepflanzt, ge-
sund, aber an ihren Kauflächen öfters abgenutzt, meist
rine Folge der groben, harten, auch wol durch Mahl-
stcinthcilchen verunreinigten Nahrung.
Das Knocht'ngerüst des Rumpfes und der Glied-
i^,^...^..... i>cschn»v. m1 \irikaiier. 85
niaass» u i^t lest, häufig in den fni/Aiiuii i armen gracil,
und fallen die gerade gestellten Röhrenknochen der
Extremitäten auf. Die Skelete nigrltischer Männer
zeigen oft genug starke Muskeleindrücke und sehr
hervorragende Knochenkämme. Die Mittelhand- und
Mittelfussbeinchen sowie die Finger- und Zehenglieder
sind höchst schlank. Man hat am „Negerskelet" noch
. incherlei Eigenthümlichkeiten beschrieben, allein bis-
. t/t spottet das geringe in unsere Hände gelangte
-Material aller Weiterungen.
Die Haare der Nigritier sind bei manchen Stämmen
nur kurz, in kleine Bäuschchen oder Strähnen gesondert,
welche gekräuselt und in sich verfilzt, von den Arabern
in nicht unzutreft'ender Weise Filfil oder Pfefi'erkorn
mnt werden. I5ei andern bilden sie wieder un-
_ iiuässig sich theilende , verschiedenartige Locken
)der beetartige Gruppen, innerhalb derer die einzelnen
Haare umeinander gedreht und gewickelt erscheinen.
Wieder bei andern Stämmen zeigen sie sich länger,
bis zu 300 Millimeter auswachsend, lockerer und haben
Neigung, sich in groben, stapelartigen Partien zu son-
dern. Die so wachsenden Haare sind flechtbar. Sie
finden sich unter andern bei Noba, Manyema, Niam-
Niam, Balonda, Fan, Gala u. s. w. Uebrigens kommen
derartige Variationen selbst unter Individuen eines und
desselben Stammes vor. Auch finden sich solche Eigen-
thümlichkeiten bei Berbern, Bedja, Abyssiniern u. s. w.,
bei letztern selbst z. B. die Beetform, wenn sie ihre
Haare nicht in lange Flechten bringen. (Vgl. z. B.
Fig. 25, S. 80.) Die Nigritierhaare sind steif, hart,
glänzend und schwarz; zuweilen erscheinen sie werch-
farben, in seltenen Fällen gelbblond, eher einmal roth
oder röthlichblond.
Der Bartwuchs und die Augenbrauen sind meist spär-
lich, dünn. Indessen zeigen sich doch auch bei Ni-
gritiern manche Stämme und Individuen mit stärkerm
Barte versehen. (Vgl. S. 45.)
Die Haut ist dunkelpigmentirt, in allen nur denk-
Hf> Zweites Buch.
baren Scliattirungen von Gelb- und Rothbraun in Schwarz
übergehend. Weniger häufig zeigt sich jenes Schwarz-
grau mit rothbräunlichem Lustre, welches man nicht
eben glücklich ein Blauschwarz genannt hat (Berun,
Schilluk, Denka, Bari u. s. w.). Nicht selten aber wird
das natürliche Hautcolorit durch Salben , Farben,
Schmuz u. s. w. verdeckt. Stets ist die Haut der Ki-
gritier scliwellend, geschmeidig, oft wie Sammt an-
zufühlen, kühl, stellenweise reich an Pickeln, Quaddeln
und Knötchen. Sie dünstet stark aus. Das Vorhanden-
sein eines „specifischen Negergeruchs" muss ich
jedoch in Zweifel ziehen. Vielmehr ist es nur ein
durchdringender, oft recht unangenehmer Schweiss-
geruch, welcher bei diesen Leuten hervortritt, sobald
sie sich irgend erhitzen. An den Antlitztheilen stehen
Stirn, Nase, Lippen und Kinn bei Vertretern jener ex-
tremen Typen, denen man ein echtes Negergesicht zu-
schreiben darf., in argem Misverhältniss zueinander.
Niedrige zurückweichende Stirn, kurze breite Nase,
dicke Wulstlippen und kurzes kleines Kinn vereinigen
sich öfters zu einem Ganzen von äusserster Hässlich-
keit. In solchen Nigritierphysiognomien liegen wilder
Stumpfsinn, Kohheit, Gemeinheit, zuweilen Verschlagen-
heit. Aber man beobachtet auch wieder ganze Stämme
und einzelne Individuen, welche von dem beschriebenen
platten, breiten Typus abweichen. Hohe, edelgebaute
Stirnen, wenig eingedrückte oder erhabene, gerade oder
gebogene Nasen mit breiten Flügeln, massig dicke Lip-
pen, wenig hervortretende Backenknochen, kleines Kinn,
werden an vielen Schwarzen wahrgenommen. Zeigen
sich nun in einem solchen Gesicht, mag dasselbe noch so
dunkel gefärbt sein, ein grosses, sprechendes Auge, ein
freundlicher gutmüthiger und intelligenter Ausdruck, so
kann man selbst eine nigri tische Physiognomie solcher
Art recht wohl hübsch finden. Wie vortrefflich kleidet
HO manches der nicht allzu unedel geformten schwarzen
Mädchen jenes gutmüthige, schalkhafte Lächeln, welches
durch eine muntere gewohnheitsgemässe Art des Verziehens
Von der körperlichen BcscliafTenheit der Afrika i
der Mundwinkol nach oben hin und durcli die zugleich
stattfindende Kntblössung der weissin Zalmreihen ge-
hoben wird. Man braucht wahrlich kein Liebhaber
von Schäferromanen und kein fanatischer Abolitionist zu
sein, um auch solchen ]»hysiognomis(hen Gestaltungen
einon gewissen Geschmack abgewinnen zu können.
-eil ciugeftUirter Brasilueyer.
Der Hals ist bei den Nigritiern im allgemeinen kurz
und dick, obwol Ausnahmen mit langen und dünnen
Hälsen durchaus nicht selten vorkommen. Der Brust-
kasten der Männer ist wie bei uns und bei andern
Rassen sehr verschiedenartig entwickelt. Zuweilen zeigt
er sich hoch, breit und kräftig, von jener trapezoidischen
SS Zweites Buch.
Gestalt, wie sie selbst in der Antike als Attribut männlich
entwickelter Bildung betrachtet werden darf. Hier und
da werden gewaltige herculisch geformte Torsi an-
getroffen. Die Brustgegend ist dann von wahrhaft
classischer Schönheit. In der Mehrzahl der Fälle frei-
lich, am ausgesprochensten unter schlecht genährten
Stämmen, beobachtet man eine weniger stattliche Torso-
bildung. Der Rippenkorb zeigt da mehr die Grund-
gestalt eines länglichen Vierecks, und dem entspricht
dann zugleich ein schmalerer Schulterbau. An den
Extremitäten ist zunächst die S. 79 geschilderte ab-
fällige Beschaffenheit der Gegend des Deltamuskels
hervorzuheben. Seltener zeigt sich diese in voller
praller Rundung. Der Oberarm ist meist muskulös,
der Unterarm aber häufiger hager und steht nicht sel-
ten in seiner Länge in einem Misverhältniss zu jenen.
Die Finger sind sehr verschiedenartig und allgemeine
Gestaltungsregeln derselben ausgeschlossen. Bei üppig
und kräftig gebauten, breitschulterigen Nigritiern ist
auch die Beckengegend durch gute Entwickelung der
Gesässmuskeln sowie durch anmuthige Formung des
Bauches und der Leistenregion, endlich durch gute
fleischige Ausbildung des Oberschenkels gekennzeichnet.
Schmächtigere Nigritier lassen an diesen Theilen eine
gewisse dürftige Beschaffenheit erkennen. Die Unter-
sclienkel sind in der grössten Mehrzahl der Fälle
schwachwadig, die Knöchelgegend ist unschön, dick.
Am Fasse ist der Rücken niedrig, die Sohle wenig
ausgehöhlt oder flach. Der Hacken tritt nicht selten
unschön und kegelförmig nach hinten hervor. Die
Fusszehen zeigen sich bald dünn und lang, bald dicker
und kürzer. Hässliche Ballen bildung fehlt. An vielen
Nigritiern wird eine unschöne Auswärtskrümmung der
Unterschenkel beobachtet. Indess ist diese Verbildung
nicht, wie manche anzunehmen geneigt sind, ein At-
tribut der nigritischen Körperbildung überhaupt.
Viele Mädchen haben in der Jugend eine anmuthige,.
weich und gracil geformte Büste. Die Brustdrüsen sind
Von der körperlichen Bcschafl'enheit der Afrikaner. 89
dann halbkugelig hervorstehend, prall, unten gewölbter,
'ben flacher. Der Warzenhof ist, wie bei manchen
unserer jungen Mädchen, ebenfalls gewölbt und von
einer kurzen Warze überragt. Häufiger aber zieht
-ich bei selbst jungen nigritisclien Frauenzimmern die
!'»rust mehr oder minder spitzkegelförmig nach aussen.
Kegelförmig entwickelt sich dann auch der Warzenhof,
veniger die Warze. Das gewährt einen unschönen
Anblick. Noch mehr verliert sich das Aesthetische der
/ ;/. 'JfK Znlamädchen.
weiblichen nigritisclien Torsobildung, wenn solche spitz-
kegelförmige Brüste früh welken und siech herabhängen.
Nach Geburten können daraus schlappe, schmale, spitzige
Hautfalten werden, die mehr den Eindruck entleerter
liörsenköpfe machen, als dass sie würdigen Vertreterinnen
des schönen jungfräulichen Naturzierathes selbst nur
zu ähneln vermöchlen. Bei noch andern Nigritierinnen
zeigt sich ein in der Jugendblüte breiter, hoher, voller,
manchmal übervoller Busen. Aber auch der welkt früh
dahin und erhalten sich an seiner Statt nur breitere,
ebenfalls flache, leeren Tabacksbeuteln gleichende Reste.
90 Zweites BucI).
Dicker schlotteriger Bauch verunziert zum öftern die
Nigritier beiderlei Geschlechts und jeden Alters.
Allen nur denkbaren körperlichen Variationen unter-
worfen, repräsentirt der Nigritier keinen völlig einheit-
lichen Rassentypus. Er stellt durchschnittlich weder ein
absolutes Zerrbild von Hässlichkeit , würdig seiner an-
geblichen directen Verwandtschaft mit Gorilla, Schim-
panse und andern Affen, dar, noch verharrt er in den
idealen Gestaltungen der classischen Sculpturperiode.
Man wird unter den Nigritiern wirkliche Schönheit sel-
ten finden, man wird sie aber auch nicht gänzlich ver-
missen. Wir Europäer haben übrigens alle Ursache,
bei Würdigung von körperlichen Vorzügen der Afri-
kaner nicht zu sehr den Maassstab unserer eigenen
hergebrachten Anschauungen über die Aesthetik der
menschlichen Gestalt anzulegen. Ein sogenanntes Neger-
gesicht könnte mit seiner dunkeln Färbung vielleicht noch
«inen recht guten Eindruck machen, würde aber, mit
weissem Teint und hellem Haar, einen abschreckenden
Anblick gewähren. So manche Gruppe niedlicher ni-
gritischer Mädchen darf in dem rohen Putz ihrer Hei-
mat, in der tropischen Fülle ihrer Umgebung, im
Sonnenglanze des Südens, das Wohlgefallen eines vor-
urtheilsfreien, verständigen Reisenden erregen. Versetzt
nun diese Gruppe in einen europäischen Salon, so
möchte der Anblick ein komischer, ja widerwärtiger
werden. Die Kleidung thut hier sehr viel. Ein Unj^oro-
oder Bertakrieger, ein angolesischer Empacasseiro (Büffel-
j&ger) werden, wenn sonst gut gebaut, in der rohen
Prac'ht ihrer Ausrüstung unter männlichen Gemüthern
sicherlich den Eindruck stolzer, selbstbewusster Kraft,
wilder Energie hervorrufen. Der schönste Nigritier
aber wird, in die Gesellschaftstoilette eines fashionablen
Drawing-Room gesteckt, nichtswürdig carikirt aussehen.
Nur kein Negermädchen in einer pariser Ballrobe! Die
urwüchsige Naivetät der hierneben dargestellten algieri-
schen Kinder hat — in der Originalphotographie näm-
lich — sehr Ott das lebhafte Interesse mir befreundeter
chaffcnli
At.-;u
l'cr^uiKn eiNVi'cKi. KtiiRstalls düiite nian (ik^l- \\ on.
mit Vertrt'tern miPerer Kinderwelt in näliern Ver-
jjrloich bringt: n iirden dadurch ungeheuer ver-
lieren.
Nigritier sowie andere Afrikaner schaden ihrem Aus-
gehen nicht allein durch zahlreiche Verzieningen und
\ erunstaltungen , z. B. durch grelle widersinnige Fär-
einzelner Körpertheile, durch Einschnitte, Kin-
0 in die Haut, durch Ab-
hneiden, Ausreissen und
^pitzfeilen von Ilautlappcn,
Zähnen u. dgl. — sondern
auch durch das gewohn-
heitsmäsäige Schliessen der
Milider vor dem Son-
jlanz, durch das überall
verbreitete greinende Ver-
erren der Gesichtsmuskeln,
ndlich durch träge, schlaffe
Körperhaltung.
Ich will hierorts nicht
n, in Kürze auf
, ; 1 sehen Eigenthüm-
lichkeiten der nach den
(olonien in Amerika u. s.w.
verpflanzten Nigritier auf-
Mierksam zu machen.
Die Creolen, d. h. die
in Amerika u. s. w. gebore-
nen Weissen, bleiben bekanntlich im allgemeinen ihrem
ursprünglichen Nationaltypus getreu. Der Brasilianer
wird im ganzen Portugiese, der Porteno zu Buenos-
Ayres und der Chilene werden S])anier, der Yankee
wird Engländer, Mynheer auf Java oder Banka wird
Holländer geblieben sein. Trotzdem nehmen Kenner
bei solchen Leuten gewisse stattgehabte Veränderungen
wahr. Man spricht z. B. häufig und mit Recht davon,
dass der Yankee in seinem Gesichtsschnitt und in
Fi'j. :i'i. Maurische Kinder.
92 Zweites Buch.
seinem Körperbau einzelne, von den angelsächsischen
abweichende physische Eigenthümlichkeiten entwickelt
habe, dass er selbst den ureingeborenen Indianern
ähnliclier geworden sei. Der Gaucho in den Pampas
soll eine Annäherung an die Tehuelches verrathen.
AVy. :il. brasilianische Creolnegeriu von zweifelhafter Reinheit der
Abstammung.
hin entsprechender, wenn auch nur langsam erlblgen-
«ler Umbildungsprocess scheint mit dem ausserhalb
Afrikas verpflanzten Nigritier vorzugehen. Seine
Hautfärbung wird heller, sein Haar nach Generationen
lockerer, die Züge verlieren durchschnittlich an Stumpf-
heit, die Lippen werden dünner. Jeder Stammeshabitus,
den die Neuangekommenen (die Negros novos) noch an
sich tragen, geht bei den Creolnegern verloren, ün-
Von der körperlichen Beschufi'enheit der AiVikaner. 93
zweifelhaft wirkt hier in erster Linie das |veründerte
Klima ein. Die Lehensweise übt dann ebenfalls ihren
ummodelnden Einfluss aus. Die schwarzen Lastträger
im Hafen von Rio -de -Janeiro, welche spielend die
> ' on Kaffeesäcke auf den Kopf heben und im
1 itt davontragen, entwickeln einen herculischen
Körperbau. Dagegen bleibt der stets berittene Va-
queiro oder Rinderhirt der Campos im Innern ein
schmaler, trockener Gesell, i. Natürlich sind hier auch
Mischungsverhältnisse in Betracht zu ziehen. Mulatten,
d. h. Mischlinge zwischen Europäern und Tsigritiern,
sowie Zambos oder Mamalucos, d. h. Mischlinge zwi-
schen Nigritiern und Indianern, sind schwer zu ver-
kennen. Es gibt aber feinere Nuancen der Kreuzung,
deren deutliches Erkennen ein höchst geübtes Auge
erfordert. Da soll man öfters in die Lage gerat hen.
Creolneger sogar mit Mulatos und Zambos (oder um-
gekehrt) zu vei-wechseln.
Es bleibt uns noch übrig, die physische Beschaffen-
heit jener Völker zu berühren, welche wir im voricjen
Ü4
Zweites Buch.
Buche S. 61 besprochen haben. Die Hottentotten
sind von geringern Körperdimensionen als durchschnitt-
lich die Nigritier, sie haben einen eigenthümlichen,
durch ein stehendes Trapezoid charakterisirten , d. h.
gegen das Kinn hin verjüngten Gesichtsschnitt, im
übrigen einen bei Männern durchschnittlich eckigen
Körperbau mit wohlproportionirten Händen und Füssen.
Bei den Weibern ist die Gestalt zierlich, namentlich in
der Schulter-, Brust- und Oberarmgegend. Daniell, der
vorzüglichste ältere ikonographische Darsteller südafri-
kanischer Natur- und Volksscenen, hat uns die Ab-
bildun*»" einiger recht niedlicher Hottentottenmädchen
hinterlassen. Die Farbe ist ein helles Lederbraun, wie
wir es unter anderm an unsern neuen Cavaleriesättehi
wahrnehmen.
Die sogenannten, unter den Namen Buschmänner,
Abongo, Akka, Doko u. s. w. bekannt gewordenen Pyg-
mäenstämme Afrikas (S. 64) bieten zwar in ihrem
Aeussern mancherlei Stammesverschiedenheiten dar, zei-
gen aber doch wieder einen gewissen gemeinsamen Ha-
bitus. Sie sind in der That von niedriger Statur,
haben grosse lange Köpfe, breite Schultern, aufgetriebene
Bäuche, ein hervorstehendes, scharf abgesetztes Gesäss,
magere Gliedmaassen, proportionirte, aber kurze Hände
und Füsse, eine in vielerlei Nuancen von Schwarzbraun,
Olivenbraun, Gelbbraun bis Röthlichbraun variirende
Hautfarbe. Das Antlitz ist birnförmig oder trapezoi-
disch, nach dem Kinn zu verjüngt, mit steiler senk-
rechter Stirn, kurzer, stumpfer Nase, prognather Kiefer-
bildung, fleischigen, selbst wulstigen Lippen, ziemlich
hervorragendem Jochbogen und zurückweichendem, aber
vielfach eckigem Kinn. Das Auge hat durchschnittlich
einen tückischen, lauernden Ausdruck. Der Bartwuchs
ist gering. Das schwarze Haar zeigt, wie meist auch
bei den Hottentotten, jene Sonderung in vereinzelte, in
sicli ineinandergedrehte und verschlungene kurze Locken,
welche wir bereits oben mit dem arabischen Vulgär-
nanxm Filfil h.>/oi.-l,net «ahon. (S. 85.)
Von der körperlicheu Beschaffenheit ikr Afrikaner. 95
Man hat nun sowol diesen Pygmäen als auch zum
1 den Hottentotten gewisse physische Eigenthüm-
Äoiten zuschreiben wollen, welche sich bei keinem
uidern Volke wiederfinden sollten. Diese , die an
,...;oi...,, S|>rac1ioii und crewisse Besondor-
^ .1,
,l.,lo
t'i'j. 34 u. 3'i. Venus hottentotta (Buschmännin).
heiten in Sitten und Gebräuchen, erhoben namentlich
Hottentotten und Buschmänner zu einer Ausnahme-
stellung, welche anscheinend keine Parallele mit Ni-
gritiern und andern Afrikanern zuliess. Man sprach
bald von einer Verwandtschaft mit Mongolen, bald
von einer solchen mit Australiern, oder man construirte
sich eine besondere Rasse, selbst Species von Menschen,
»k; Zweites Buch.
den Homo hottentottus zusammen. Hierbei, trieb die
Kathederweisheit ihre üppigsten Blüten. Das bei den
Weibern der Hottentotten und Buschmänner häufig
vorkommende übermässige Fettwerden des Gesässes,
die sogenannte Steatopygie, die Entwickelung der
Hottentottenschürze, einer starken Hautverlängerung
an den weiblichen Genitalien, die scheinbar auffallend
starke , frühzeitig eintretende Faltung und Runzelung
der Haut schienen Momente zu sein, welche den ge-
nannten Völkern ihre Ausnahmestellung gewährleisteten.
Allein jene Steatopygie findet sich auch bei Frauen der
A-Bantu, der nilotischen Nigritier, z. B. der Bongo,
selbst der Berbern! Die Hottentottenschürze braucht
man nicht blos in Südafrika zu suchen, man findet sie
durch den ganzen Continent, sogar in Europa noch
häufig genug! Jeder Stubenethnolog würde erstaunen,
wenn ich ihm ein Glas voll sogenannter Hottentotten-
schürzen, aus dem Präparirsaale der Haupt- und Welt-
stadt Berlin stammend, fein säuberlich in Alkohol auf-
bewahrt, vorweisen würde. Facta loquuntur! Bildung
von Hautfalten, und zwar von überaus zahlreichen, tritt
bei schlecht genährten Nigritiern, Berbern und Aegyp-
tern (z. B. bei den hungernden sonst baumlangen Kitch
am Weissen Nil) in ebenso hohem Maasse auf als bei
jenen Südafrikanern. Die herabgekommenen Kitch, in
Kairo unter die Fuchtel der Exercirmeister gestellt und
aus den Fleischtöpfen des Statthalters von Aegypten ge-
nährt, gediehen binnen kurzer Rekrutenzeit zu riesigen,
prallen Gardesoldaten, welche den Laufschritt mit vollem
Gepäck und gefälltem Gewehr mit übermüthiger Keck-
heit auszuführen wussten. Wo waren da die Hautfalten ge-
blieben? Dass letztere nicht durchaus Stammeseigenthüm-
lichkeit der Akka, Buschmänner und Hottentotten sind,
lehrt mich ein lUick auf die dralle Burschen darstellen-
den Photographien solcher gut gemästeter Individuen,
welche am Weissen Nil, an der Loangoküste und in
Südafrika aufgenommen worden sind. Schlecht ge-
nid.ih>. <!..,>, iv^nrlien des narkotischen Dachahanfes
Von der körperlichen Beschaffenheit der Afrikaner. '.«7
übermässig ergebene, an den (trenzen der Capcolonie
herumbummelnde Buschmänner können kein überall zu-
treffendes nild ihrer Landsleute gewähren. Auch
hungernde Kabylen und Hindus zeigten in unserra Jahr-
zehnt leider zu öftern malen eine überreiche Ilaut-
faltenbildung. Die Wirksamkeit der wohlthätigen Ver-
eine zu Konstantine, zu Kalkutta, in Agra und Ilaider-
abad konnten jedoch solche Hautfalten gemeinhin schneller
und gründlicher ausgleichen, als die weisesten unserer
weisen Ethnologen sich vielleicht je zu träumen ver-
messen hatten.
Schnalzende Sprachlaute findet man nicht blos bei
tlen Hottentotten und bei den Buschmännern, sondern
auch bei den A-Bantu und in gemildertem, aber immer-
hin noch bemerkenswerthem Grade bei noch andern
Xigritiern. Sitten und Gebräuche jener Südafrikaner
bieten neben gewissen Specialitäten doch auch viel all-
gemeines urwüchsiges Afrikanische dar. Ich will den
Hottentotten und Pygmäen nicht gänzlich gewisse, bei
ihnen selbstständig ausgebildete Absonderlichkeiten ab-
sprechen, glaube aber nicht, dass sie ihr physisches
und psychisches Wesen gänzlich von den Nigritiern
entfernt. In dieser Hinsicht kann uns freilich erst die
Zukunft die gewünschte Sicherheit bringen. (S. 61.)
DRITTES BUCH.
lläusliclie Eiiirichtimgen, Sitten, Gebräuche,
Recht u. s. Av. der Afrikaner.
1. Häusliche Einrichtungen.
Wohnräume. Der Islam und die mit ihm nach Afrika
eingedrungene arabisch-persische Cultur haben im Nor-
den des Erdtheils grosse und dauernde staatliche wie
auch wirthschaftliche Veränderungen hervorgerufen.
Dies äussert sich für jeden Beobachter von vornherein
sehr deutlich in den Architekturverhältnissen. In
Aegypten und in Magreb herrscht der prächtige, an-
muthige arabische Baustil, welchem es an byzantinischen
und an persisch-indischen Elementen nirgends mangelt.
An der Üstküste reichen arabische Bauten so weit
liinab, als sich hier überhaupt arabischer Einfluss im
Gefolge von Handel und Verkehr geltend macht. Dies
zeigt am besten Zanzibar, bekanntlich eine Art De-
peudenz der Sultane von Oman. Hier aber treten auch
hinlänglich Reste portugiesischer Bauten mit ihren zum
Thoil gothischeu Motiven auf, welche an Batalha u. s. w.
erinnern könnten. In den portugiesischen Colonial-
ötädten finden wir die stärker arabisch-afrikanisch modi-
ficirte Bauart des Mutterlandes wieder. Die (^^'idade
de Mo^umbique soll die hübscheste von allen sein. In
Südafrika begegnet man den altfränkischen langweiligen
Mtillosen holländis<lu>n und englischen Plantagebauten.
llansiu-iM' iMiirK'iumi;;en u. 8. \v. tlor Alrikamr. .''.'
Neuerdings zwar tiiulen im Capgebict und in Natal di r
-moderne, so zierliche, an Fachwerk reiche Cottagehau,
oder wie auf den Diamantteldern das direet von den
Werften in Altenglnnd importirte eiserne Haus (Galva-
nized iron house) und das Segeltuchhau.s (Canvass house)
ihren Eingang.
Die alten Aegypter hatten bekanntlich einen
hen Uaustil. HSuser der Profanen, dann
^ ^ tt« und Tempel, sie besasseu ihre schräg-
geneigten Mauern, ihr flaches Dach- Es fehlte nicht
an hochragenden Pylonen, an Fenstern und Zinnen;
Paläste und Tempel boten zugleich den prächtigsten
Säulenschmuck dar; hübsche bunte Malereien verliehen
diesen eine freundliche Zierde.
Einer ähnliclien Art Bau, die Säulen abgerechnet,
begegnet man noch heute durch das ganze nördlich vom
zehnten Breitengrade gelegene Afrika. Da finden sich
schräg abfallende, selten steile Mauern mit und ohne
thurmähnliche Anbaue, Zinnenkrönungen, flache Dächer,
pylonartige Thüreingänge und Fenster, welche voll-
kommen an diejenigen altägyptischer Tempel erinnern.
Dergleichen triff't man sowol in Dongola als auch in
Berber, in Sennar sowie in Sokoto, in Sego und in
Sansandi. Das Material dazu ist meist überall dasselbe:
plastischer Flussschlamm oder Lehm, zu lufttrockenen
Ziegeln geformt, zuweilen durch eingeknetete Steinchen,
Kies, selbst Haare, Reisig und Samenkörnchen ver-
festigt; hölzerne oder steinerne Gesimse und Architrave,
zur Extraverzierung ein paar halbzerbrochene Krüge
oder dergleichen. Auch verfertigt man ein Cement aus
Kuhdünger und Lehm, mit dem man die Aussenwände
beschmiert. Selten versteigt man sich zu im Feuer ge-
brannten Ziegeln, noch seltener zu Stein. Benutzt man
den letztem, so wählt man meist den unbehauenen,
durch Mörtel zusammengefügten Feldstein. Die Zim-
baoe (S. 59) freilich entbehrte des Mörtels zwischen
den behauenen Granitsteinen, aus denen sie aufgeführt
worden war. Dass aber die altägyptischen Palast- und
100 Drittes Buch.
Tempelbauten aus höchst sorgfältig bearbeiteten Blöcken
zusammengefügt waren, das setze ich natürlicherweise
als bekannt voraus.
Theilweise neben jenen solidem Bauten, theilweise
für sich, existiren die luftigem runden Hütten, welche
ich nach der in Sennar üblichen Bezeichnung Togule
nenne. Diese sind kreisrund mit einem Unterbau aus
Lehm, Feldsteinen oder Stroh und mit einem spitzen
Kegeldach von Stroh versehen. Pfähle und langes
Schilfrohr, auch Bambus, bilden das Grundgerüst. Zu-
weilen findet sich ein offener oder geschlossener veranden-
artiger Vorbau; im Innern existirt wol auch ein be-
sonderer durch Matten u. s. w. abgegrenzter Schlafraum.
Derartige Hütten sind fest, dicht und freundlich. Sie
treten in einem grossen Theile Afrikas auf, in Nubien,
Sennar, Abyssinien, Centralafrika, bei den Betchuana
u. 8. w. In Uganda, bei den Zulu u. s. w. verwandelt
sich der Togul in ein riesiges, bienenkorbartiges, von
einem niedrigen Unterbau getragenes Dach. Manchmal
haben derartige Togule länglich-spitzkegelförmige, mit
geschnitzten Endknäufen verzierte Dächer, stehen auch
wol auf Pfählen. Eine andere Bauart nicht steinerner
oder lehmerner Häuser zeigt den viereckigen Grundplan
und das geneigte Giebeldach, letzteres ein- oder doppel-
•eitig. Das Gerüst wird von Holz, Schilfrohr, Papyrus,
Häusliche Einrichtungen ier Afrikaner. 101
Bambus oder Palrablattstielen gefertigt. Die Decke
besteht aus demselben Material, aus Palmen- und I>a-
nanenblättern. Oefter verräth sich liier eine grosse
Kunstfertigkeit; eine derartige Architektur entspricht
mehr der unserigen. Die kannibalischen Monbuttu er-
richten nach Schweinfurth grossartige luftige, unsern
Eisenbahnhöfen und Industriehallen ähnliche Giebel-
bauten aus den Blattstielen der Weinpalme (Fig. U,
S. 43). Im Gebiete von Ober- und Niederguinea sind
derartige viereckige Baulichkeiten allgemein in Gebrauch ;
die Asciuiiiii geben denselben einen mit Thonsand ge-
mauerten und mit eigenthümlichen Reliefverzierungen
versehenen, rothbunt gestrichenen Unterbau. Kumassi,
Hauptstadt dieses kriegerischen Staats, welche am
0. Februar 1874 von den siegreichen Engländern unter
Sir Garnett Wolseley niedergebrannt wurde, machte
auf ihre Eroberer als Niggerstadt einen imponirenden
Eindruck. Die viereckigen Häuser in Whydah, Agbome
(in Dahome), Benin, Bonny, Lagos und andern Handels-
städten der Westküste sind ebenfalls mit schrägen
102 Drittes Buch.
Dächern versehen. Cameron fand Pfahlhütten mit
Giebeldächern auf dem neuentdeckten Mohryasee in
Urua und zwar unter Bedingungen, wie sie auch wol
für unsere vorgeschichtlichen Pfahlbauer maassgebend
gewesen sind.
Die dürftigste Art der Wohnungen macht sich bei den
nomadischen Bedja, bei den Babongo und bei den Busch-
männern bemerklich. Erstere wohnen zumTheil unter nied-
lichen, aber höchst luftigen Mattenzelten, gegen welche
die guten, Schutz gegen Wind und Wetter gewährenden,
in Ugogo.
llaartuchzelte der Aegypter, der Berbern des Magreb
und der mittlem Nigergegenden durch complicirtern
und ßolidern Bau abstechen. In Meusa, im Bogoslande,
bei gewissen Danakil, bei den Abongo und Buschmän-
nern u. 8. w. begnügt man sich, Hütten aus noch be-
laubten Baumzweigen zu construiren und diese mit
Matten und Fellen zu bedecken. In manchen Gegenden
der bewachsenere Stellen darbietenden nordafrikanischen
Wüsten errichtet man aus Palmblättern, verschieden-
artigem Geäst u. s. w. kleine, ganz primitive Schuppen
oder Ranchos. Es sind dies alles Wohnungen, welche
liöchstens den Anforderungen australischer Papuas und
Häusliche Einriclituimrn u.
der Afrikaner. 103
brasilianischer Waldiuci.ci ..un* Indios bravos entsprecben
würden. Ja manclie in der Hajudasteppe umherschwei-
fende oder dem Rothen Meere benachbart wohnende
Bedjahirten ziehen das laubenartige Astwerk dicht ver-
zweigter und belaubter CapparidecBstriiuche jeder Art
TTnff.» :ils Wdlinstäftc vor. Ancli ITülilni dicnpii ver-
i'iul.Ii.uUo im Moliryascc,
sprengten und von Feindesmacht bedrohten Afrikanern
vei*schiedenartiger Nationalität zum Wohnsitz.
Das Haus ist bald Einzelbesitz, bald vereinigt der
Herr einen grössern oder kleinern Complex zu einer
einzigen Feuerstelle, welche dann wol durch eine Ver-
palissadirung. durch einen Rohrzaun oder durch einen
Dornverhau gegen feindliche Ueberfälle und gegen wilde
Thiere geschützt wird. Die Häusergruppen der Könige
und anderer vornehmer Personen sind oftmals recht
104 Drittes Buch.
ausgedehnt; namentlich nehmen die Behausungen der
legitimen und der Kebsweiber, der Sklavinnen u. s. w.
nicht selten vielen Platz in Anspruch.
Hausgeräth. So weit der Islam reicht, ist der
Stil des Hausgeräthes zum Theil von asiatischen Formen
beeinflusst. In Aegypten und im Magreb bemerkt man
jenen prunkvollen, die herrlichsten Linien darbietenden,
künstlich geschnitzten und zierlich ausgelegten, durch-
stickten und bemalten Apj)arat, welcher die Innenräume
des türkischen, persischen und arabischen Hauses zu
schmücken pflegt — ein redendes Zeugniss für den
hochentwickelten Geschmack und den lebhaften Formen-
sinn seiner Urheber. Da prangen die phantastisch ge-
blümten und geschnörkelten Teppiche von Uschak, Sul-
tanabad und aus der Turkmanensteppe, die schwellenden
kissenreichen Divane mit dem brocatenen Ehrenlatz^
die prächtig ausgelegten Tische und Schemel, die me-
tallenen Tischplatten, Waschschüsseln, Krüge und Kan-
nen, die reichgeschmückten Laternen, die lackirten
Truhen, die mit den verschlungensten Lineamenten ge-
zierten Kühlgefässe in den ausserdem durch ihre reiche
innere Holz- und Steinarchitektur verschönten Wohn-
räumen. Ein geringer Abglanz dieser stil- und kunst-
vollen Zimmerschmückung findet sich auch im moham-
medanischen Sudan wieder; man sieht selbst hier Ge-
räthe wie die obengenannten bei so manchem schwarzen
Sultan, Melik gder Schekh in allen zwischen dem Rothen
Meere und der senegambischen Küste sich erstrecken-
den Gebieten. Eine eigenthümliche , nicht formenarme
Industne für Hausrath wird auch in den centralen wie
we.stlichen Sudanstuaten gepflegt. Da sind es nament-
lich gewisse Holz-, Korb-, Leder- und Thonarbeiten,
welche unser Interesse erregen. Die mit zwar stumpfen,
aber doch recht geschmackvoll zusammengestellten Far-
ben geschmückten Lederkissen der Haussaner, die viel-
mündigen, den Straussenmagen abgewonnenen Gefässe
der Tuarik reihen sich den anmuthigen, aus bunt-
geftrbten Stroh- und Binsenhalraen , Palmblattfiedern,
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 1()5
buntgef&rbten Bindfaden, Wollgarnen und Lederstreifen
zusammengefügten Matten, Körben, Deckeln u. s. w.
der Berabra, Funje, algierischen Oasenbewohner, Marok-
kaner u. s. \v. würdig an.
Die Töpferarbeiten bieten im Sennar einen rohen
Charakter dar: hier wird die bombenförmige landesübliche
Burma geformt, mit Fragmenten von Kies u. s. w. durch-
knetet, ein getreues P^benbild unserer vorhistorischen
Schöpfgefässe. Die Abyssinier und Galla liehen den
aus Rinderhorn geschnitzten Methbecher oder Wontscha,
ganz ähnlich dem altdeutschen von Urgehörn ver-
fertigten. Vortrefflich geschnitzte Löffel sind bei vielen
afrikanischen Stämmen in Gebrauch. Als Typen können
gelten die langen Hornlöffel der Bari, die Holzlöffel
der Somal, der Wasuaheli und Amazulu. Im ganzen
tropischen Afrika ist die Anwendung der Flaschenkür-
bisse zu häuslichen Zwecken ungemein verbreitet; nament-
lich liebt man die zum Auftragen der Speisen und
Getränke dienende, oben offene Kürbisschale; gar häutig
ist sie mit geschmackvoll in Stroh und Leder gefloch-
tenem Untersatz und mit noch geschmackvoller ver-
ziertem Deckel versehen. In zierlich - eingravirter
Schmückung der Schalen selbst wetteifern West- und
Südafrikaner miteinander. Auch den thönernen und
Holzschüsseln wendet man in vielen nigritischen Staaten
grössere Sorgfalt zu. In Ostsudan dagegen verdrängen
böhmische Henkelgläser und Porzellanschüsseln vielfach
das einheimische Geräth. Glas wird bei den Afrikanern
kaum irgendwo geblasen und wiegt man z. B. am
Blauen Nil alte Wein- und Bierflaschen mit Gold auf.
In Abyssinien finden die Beryllen oder Birilen, d. h.
grobe grüne Flaschen mit langem Halse, welche der
levantinische und persisch-indische Handel einführen,
grosse Verbreitung. In Ostsudan, bei den A-Bantu und
Buschmännern bildet das mit Tragschnüren umflochtene
Straussenei ein willkommenes Gefass für Wasser und
andere flüssige Stoffe.
Der Afrikaner bettet sich in vielen Fällen auf die
106 Drittes Buch.
blanke Erde oder er benutzt Reisig, Blätterwerk, Felle
und Matten zur Unterlage ; noch lieber aber bedient er
sich einer meist auf vier Füssen ruhenden flachen Bettlade,
an welcher Stäbe, Stengel von Pflanzen, Riemen u. s. w.
statt der bei uns gebräuchlichen Gurten angebracht sind.
Das Ideal einer solchen, leicht transportabeln Schlaf-
vorrichtung bildet die Alga der Abyssinier, der An-
gareb der Sudanesen, zu deren Vergurtung das zier-
lichste Riemenwerk von Kamel- oder Rinderhaut ver-
wendet wird und deren Füsse oftmals in gefälliger
Weise ausgeschnitzt werden. In Inner-, West- und
Südafrika haben die nigritischen Eingeborenen eine
ganz besondere Vorliebe für Herstellung geschnitzter
W^S^T^^'^l^
*
Hauses der Berabra.
Holzstühle, deren Gestalt unter den verschiedenen Stäm-
men in sehr mannichfaltiger Weise variirt zu werden
pflegt; hervorragend sind durch sehr hübsche Arbeiten
derartiger Natur die kannibalischen Monbuttu. Im alten
Aegypten benutzte man zum Theil hübsch verzierte
stuhlai-tige Untersätze von Holz, Marmor, Alabaster
u. 8. w. zur Unterstützung des Halses beim Schlafen.
Auch die Nubier und verschiedene Stämme der Nigri-
tier verwenden deren noch jetzt zur Conservirung
ihrer öfters sehr künstlichen Haarfrisuren.
2, Kleidung und Zierat/i.
Von der einfachen, aber malerischen Kleidung der
«Iten Aej;rj-pt.>r h-M sich im Nilthal bis heute nur sehr
iUuslk'Iic KiürichtuDirtn u. s. w. der Afrikaner. 107
wenig erhaltti.. \ ui ulloiu ist die so ungemein zarte
Erzeugnisse liefernde Leinenindustrie der hochbegabten
Uetu längst verloren cfegangen. In ganz Afrika sind
heute die schwer mit Baumwolle durchschossene soge-
nannte amerikanische Leinwand, die Dammur malekami
der Funjemärkte, ferner Seidenzeug und alle die un-
geheuer zahlreichen Sortimente des ungefärbten und
gefärbten Cotton-cloth in ihre den Handel beherrschen-
den Rechte getreten.
Soweit der Islam seine Wurzeln geschlagen hat,
zeigt die Kleidung des Afrikaners eine gewisse Gleich-
förmigkeit; einzelne Theile derselben, wie wir ihnen
auf den Bazaren in Konstantinopel oder Smyrna, auf
dem Adjemmarkte zu Kairo, am Bigistan von Chiwa
und dem von Samarkand zu begegnen pflegen, werden
auch bei den mohammedanischen Afrikanern aller Na-
tionalitäten in Kairo wie in Dongola, in Konstantine
und Tuggurt, zu Fez wie zu Timbuktu, an der Küste
von Zanzibar u. s. w. wieder gefunden. Dazu gehören
unter anderm die Turbane und Kopftücher, die Bur-
nusse, die sonstigen Ueberwürfe und langen Hemden,
die Schuhe und die Mamlukentracht in den allerver-
-chiedenartigsten Abstufungen von grosser Pracht und
li der Einfachheit. Es sind dies theils asiatische. z.B.
dainascener, persische und indische oder konstantinopeler,
theils auch ägyptische, tuneser, algierer und marokkaner
Fabrikate, welche ihren Weg durch den Karavaneu-
handel bis tief nach dem Innern des Continents nehmen.
Zu diesen zum Theil auf fremdem Boden entstandenen
Erfordernissen der afrikanischen Kleidertracht kommen
noch einige einheimische vom Norden her bis in die
Aequatorialgegenden des Erdtheils hinein verbreitete
Artikel. Es sind dies z. B. verschiedenartige, aus Filz,
Baumwollzeug, Binsen u. s. w. verfertigte Mützen,
die Ferdah und die Tobe. Die Ferdah ist ein grosses
Stück meist weissen, farbig berandeten Baurawoll-
zeuges, welches in malerischen Lagen und Falten um
den Körper gewunden wird (vgl. Fig. 1 auf S. 16).
108
Drittes Buch.
Sie ist hauptsächlich l)ei den Abyssiniern (von denen
sie Schama genannt wird), bei den Bedja und Funje
im Gebrauch. Die Tobe dagegen ist ein weiter, hemd-
artiger, mit weiten Ilängeärmeln und einem Schlitz für
den Kopf versehener Ueberwurf, gewöhnlich ebenfalls
aus Baumwolle verfertigt, dessen allgemeine Färbung
eine ungemein verschiedenartige
zu sein pflegt. Das schönste der-
artige Erzeugniss bildet die be-
rühmte Perlhuhntobe Mittelsudans-
Die Tobe ist mehr eine Tracht
der Bewohner Mittel- und West-
afrikas, welche, wie in Darfur,
Waday, Bagirmi, Bornu u. s. w.
öfters mehrere derselben überein-
ander ziehen. (Vgl. übrigens die
Fig. 13 abgebildeten, zum Theil mit
Toben bekleideten Mandinka.)
Die heidnischen Nigritier begnü-
gen sich vielfach mit dem gering-
fügigsten Bekleidungsmaterial. Die
Galla, Niam-Niam und die Fan hän-
gen ein paar Leder- oder Pelzstücke
vor die Geschlechtstheile. Die Berta
tragen letztere frei und nur das
Gesäss mit Leder oder Pelz bedeckt.
Die Kafifern thun desgleichen oder
bedienen sich selbst kleiner, zur
Unterbringung der männlichen Theile
bestimmter Suspensorien. Die Schil-
luk, Denka, Bari und noch manche
andere Stämme des Innern ziehen absolute paradiesische
Nacktheit vor. Unter ihnen nehmen höchstens die ver-
lieiratheten Weiber einen Lederschurz um, wie dieser
auch unter Basuto, Hottentotten und Busclimännern in
Gebrauch ist. Uebrigens hängen viele der nacktgehenden
Schwarzen noch ein Fellstück über die Scliultern. Der
Karo.sa oder Mantel der Bantu und Hottentotten, mancli-
Fig.41. Bodja(Bi8chari)
mit derFerdah umhUHt.
lläiisliclic Kinrichtungen u. . w. <\> v Aiiiki: r \{)[)
mal u't'schniackvoU aus den bunten Kellen «ler
Antilopen, der Genettkatzen, Schal)racken?<cluikale, Hyä-
nen und selbst der JPanther u. s. w. zusammengenäht,
bildet den ansehnlichsten derartigen Ueberhang.
In den um die grossen Seen her gelegenen Ländern,
z. H. in Uganda und Unyoro, ferner im Monbuttureiche
werden längere oder kürzere Mäntel und Lendentücher
aus der geklopften Rinde einer Feigenbaumart {Cro-
stiffina) von zum Theil mächtigen Dimensionen verfer-
tigt: diese Stücke pflegen eine decente Verhüllung ab-
zugeben. Es erinnern diese Rindenstoffe an die Tapa
der Südsee-Insvlaner. In Loango und in andern Gegen-
den Westafrikas Hechtet man sehr zarte, biegsame und
elastische Zeugstücke sowie hübsch gemusterte Mützen
aus den Rlattfasern des Pandanus und der Weinpalme,
welche Fabrikate trotz ihrer stumpfen Färbung selbst
unter den geschultesten Vertretern unserer europäischen
Textilindustrie Wohlgefallen erregen. Der Schwarze
Guineas pflegt in gewissem Grade bekleidet zu gehen
und der Cabocir oder Häuptling der Aschanti trägt
mit Wohlgefallen die hohen gestickten Lederstiefel, in
denen sonst noch der wehrhafte Bambara und der
Wolof einherstolziren. Üebrigens bedienen sich sehr
viele Afrikaner von den Berabra und Bedja bis zu den
Hottentotten und Buschmännern der zum Theil mit
grösserm oder geringerm Luxus ausgestatteten, häufig
aber auch kunstlos gearbeiteten Sandalen.
Zierath. Kann man unsere civilisirtesten Nationen
nicht von dem Vorwurf freisprechen, häufig genug bi-
zarren und zum Theil recht geschmacklosen Putz an
ihre allertbeuerste Persönlichkeit zu verschwenden, so
wird man hierzu noch häufiger gegenüber dem afrika-
nischen Wilden und Halbwilden genöthigt sein. In der
Stil- und geschmackvollen Kunst des Orients wird nun
zu unserer freudigen Genugthuung so manches Kleinod
in edelm Metall und in edelm Gestein hervorgebracht,
in Form von Halsschnüren, Arm-, Knöchel- und Finger-
ringen, von Diademen und Regardez-moi, welche bei
110
Drittes Buch.
Monbattukrieger mit dem Bindenschurz.
Häusliche Eiurichiunjren u. s. w. der Afrikaner. 1 1 \
iem Kunstfreunde und Kunstverständigen nur Wolil-
^'ofallen erregen können. Dergleichen köstliche Er-
•:Tni88e, in deren Herstellung übrigens der Hausa-
M, der Funje, der Berberi und Djaali mit dem
ch und Mauren wetteifern, trifit man auf den Ba-
li Aegyptens und des Magreb, in Chartum und in
l nubuktu. So manches hübsche ägyptische und Mauren-
uiädchen erhöht den gleichsam naiven Reiz seiner Person
durch solches Geschmeide. Wer möchte sich daran
nicht erfreuen! Wenn nur der hässliche Nasenring
nicht wäre, mit welchem z. B. die mohammedanischen
Weiber der afrikanischen Nordhälfte sich zu verschö-
nern wähnen; absurder Geschmack, der sich den blau-
tätowirten Lippen und den geschwärzten Augenlied-
rändern würdig anreiht I
Einen scheusslichen Eindruck machen die S. 55 er-
wähnten und zum Theil daselbst abgebildeten Zie-
rathen, welche von den Weibern der Berta, Bongo,
Nuer, Mittu, Mangandja u. s. w. in Form von Gras-
stengeln, Eisen- und Steinkeilen, Holzklötzen u. s. w.
in die Ober- und Unterlippen gesteckt werden. Hierzu
gesellen sich die spitzgeschlagenen (nicht gefeilten)
Schneidezähne. Ein altes Mangandjaweib , mit dem
mächtigen Lippenring, der durch seine Schwere eine
continuirliche Mundsperre erzeugt und zugleich die
raubthierartig gespitzten Vorderzähne entblösst, muss
(nach Livingstone's Darstellung) einen wahrhaft bestia-
lischen Eindruck hervorrufen. Viele nigritische Stämme,
wie die Zulu, schlitzen sich auch die Ohrläppchen auf
und erweitern die Löcher durch hineingesteckte Blatt-
• n, Ledercylinder, Klötze u. s. w. auf unförmliche
^* ■ ;>e.
Kein Zierath findet nun durch Afrika eine solche
Verbreitung wie die Glasperle; sie ist einer der Haupt-
einfuhrartikel und wird auf verschiedenen Plätzen in
Böhmen, Frankreich, Thüringen, zu Aachen, Venedig
11. s. w. für den afrikanischen Handel geblasen. Der
Grösse und Form nach gibt es unendlich zahlreiche,
112 Drittes Buch.
vom walnussdicken kugelförmigen Berred oder Taubenei
bis zu den kleinsten Stickperlen. Auch die Färbung
variirt ins Unendliche. Nirgends zeigt sich übrigens
die Mode tyrannischer als im Vertriebe der Glasperlen.
Ein einzelner Nigritierstamm hängt oft durch Gene-
rationen an einer einzigen Sorte Perlen von bestimmter
Grösse, Form und Farbe beharrlich fest und verwirft
jede andere Sorte. In sonstigen Fällen wechselt die
Vorliebe für diese oder jene Perlensorte mehrmals im
Jahre. Mit grosser Willkür, ja oft mit einer Art kin-
dischem Eigensinn, fixirt man die Preise für genannten
Artikel; der Handel in dieser Branche erfordert daher
sehr viel Umsicht und Routine. Die Verwendung der
Glasperlen ist eine höchst mannichfaltige : sie werden
zu Hals-, Arm-, Knöchel- und selbst Leibschnüren, zur
Verzierung des Rahad, des Kopfputzes und der Vorder-
schürze benutzt. Bei den A-Bantu sind sehr zierliche
und in den Dessins oft recht gewählte Perlensticke-
reien gebräuchlich; namentlich sind hier blau-weisse,
blau-gelbe und schwarz-weisse Muster beliebt.
Statt der Glasperlen dienen häufig echte Korallen,
Bernsteinperlen, Achatstückchen, Kiesel, Thoncylinder,
Harzkugeln, die zu Blättchen geschnitzten Schalenstücke
von Süsswassermuscheln, Kaurischnecken, Pflanzensamen
(namentlich die scharlachenen , schwarzgenabelten des
Ähnis prccatoriiis), selbst Menschen- und Thierzälme
zum Putz. Das Elfenbein wird zu Perlen, Cylindern,
Arm- und Fussringen verarbeitet. Aber auch der Horn-
stoff, das Haar von Elefanten, Giraffen, Büffeln u. s. w.
werden zur Herstellung der mannichfaltigsten Zierathen
verwendet. Das Leder, dem man durch gewisse vege-
tabilische Stoffe, wie z. B. durch Modus (Schoten von
Cassia Ärereh)^ ferner durch die Samenschalen einiger
Varietäten des Kafferkorns oder der Negerhirse {Dur-
rahy Sorghum) hübsche und dauerhafte Färbungen zu
geben versteht, dient nicht allein zur Verfertigung von
Kollern, Schurzfellen, Mänteln, Stiefeln, Schuhen und
Sandalen, sondern auch von Putzschnüren oder es dient
EUr 1 wn aiuitrn .-»cnmiu K;_;c!^cn.sian<u*ii , /.uv
Vert. der Kapseln für Amulete (Hedjab oder
ifrigri) iiiil tlenen sich Funje, BeJja, die Schwarzen in
Bornu, die Mandinka, Wolof, Aschanti u. s. w. zum
Lächerlichwerden behängen.
Hierher gehört übrigens auch eine kurze Erörterung
der bei den Afrikanern beliebten Pflege des Haares,
HABTMA.XN.
114
Drittes Buch.
der Haut, der Nägel und der Zähne. Unter vielen
Abyssiniern, den Berabra und Bedja sind abenteuerliche
und im Belieben des Stammes wie des Individuums
variirende Arten der Haarfrisuren üblich, allerhand
Flechten, Raupen, Wülste, Locken und Strähnen. Der-
gleichen waren auch bei den wirklichen Haaren und
den Perrüken der alten Aegypter zu sehen. Letzteres
geht aus den Bildwerken, Wandgemälden und Gräber-
funden der Iletu-Zeit hervor. In ähnlicher Weise ordnen
die Funje, Niam-Niam, Balonda, Wanyamesi, Fan u. s. w.
Kuiwohner aus Manyema. Fig. 45. Jungfrau au8 Ost-Manyema.
ihre Haare. Monbuttu, Waguha, zum Theil ^uch Fulbe
decken ihre chignonartigen Touren und mädchenhaft
angelegten Flechten mit federgeschmückten Korbhüten.
Ueberaus abenteuerliche Haartrachten in einer kaum
übersichtlich zu beschreibenden Menge von Abänderungen
sind übrigens bei vielen der Nigritier Central- und Süd-
afrikas in Gebrauch. Was soll man wunderlicher finden,
den Strahlenkranz der Balonda und Niam-Niam, das
hohe nn die Damenköpfe der Rouezeit erinnernde Toupet
der Galloa und anderer westafrikanischer Stämme, die
Locken und papillotenähnlichen Anhängsel der Manyema
i.ius
I Miirifuiinigi
AiiiK.ii
ir>
oder die StatVelgellochte der Maschona. Die Scliam-
haare, selbst die Augenbrauen werden öfters sorgfältig
entfernt; man benutzt zum Ausreissen derselben ganz
zierlich gearbeitete Pincetten.
Einschnitte und Einstiche in die Haut sind zahlreich
in Gebrauch und zwar von den groben Backen- und
Schliifenkerbungen der ßerabra und Bedja, sowie den
rohen Kreuzschnitten der Bantetsche oder Scratched
faces i^in Loango) bis zu jenen zierlichem guirlanden-
artigen Configurationen , mit denen z. B. die Niam-
Niam, die Weiber der Hammedj,
Matambue, Makonde, Mangandja
und Machinga sich verzieren. Auch
sind Bemalungen mit einer Art
weissen Pfeifenthons bei den Bari,
mit rothem Ocher bei diesen, den
Berun und Berta, mit Rothholz und
mit schwarzem Gardeniasaft bei den
Monbuttu u. s. w. üblich.
Der Afrikaner liebt sehr die Ein-
fettung des Körpers, wodurch er
die Haare weich und elastisch, die
Haut geschmeidig erhält; Insekten-
stich, kriechendes Ungeziefer, der
Sprödigkeit der Haut erzeugende
Sonnenbrand und die Wirkungen
differenter Temperatur finden durch
diese Unctionen ihre Bemeisterung.
Dazu dienen mancherlei Substanzen
Butter, Ricinusöl, Palmöl, die vegetabilische Butter des
Schiabaumes, endlich als seltener Luxus der Kannibalen
hier und da Menschenfett. Das Fett der Schlangen
und Strausse wird mehr als Medicament (bei Erkäl-
tung, Rheumatismusi gebraucht, dasjenige von Termiten
und von Käferlarven wandert dagegen lieber in den
Kochtopf. Krokodilmoschus, celtischer Baldrian, Weichsel-
kirschen, Sandelholz, Zibeth u. s. w. werden zur Geruchs-
verbesserunsr der Fette benutzt, welche letztere ohne
8*
Fiy. 4n. Pincette der
BoDgoweiber.
wie Hammeltalg,
1 1 (^ Drittes Buch.
jene Zusätze jeden Afrikaner nach geringer Zeit in einen
Stinkjochen verwandeln würden. Immer habe ich ge-
funden, dass Berabra und Nigritier reinlichere, mehr
auf Waschen und Baden bedachte Leute seien, als der
ägyptische Fellach.
3. Bewafnung.
Schiessgewehre findet man jetzt ausser bei den mo-
hammedanischen Berbern noch bei vielen Völkern West-,
Süd- und Ostafrikas. Im Innern sind diese Art Waffen
zur Zeit nur selten. In den ersten Jahren unsers Jahr-
hunderts begnügte man sich in Afrika mit alten aus-
rangirten Feuerschlossmusketen, welche man mit Me-
tallringen, Kauris, Lederschnüren, Menschen- und Thier-
haaren, Grigris u. s. w. herausputzte. Jetzt ist man
hier dagegen kritischer geworden und steigert die Nach-
frage nach bessern Gewehren von moderner Gonstruction.
An der Guinea- und Ostküste, in Kaffernland u. s. w.
gewahrt man in unsern Tagen einei grosse Anzahl von
Feuerwaffen; englische Agenten vertreiben hier aus
purem Krämergelüst Tausende von Musketen für guten
Profit. Die Regierungen der östlichen Boer-Republiken,
von Oranje-Frijstaat und Transvaal, haben es noch neuer-
lich den Briten mit Recht zum Vorwurf gemacht, dass
letztere die stets auf Feindseligkeiten gegen die Weissen
bedachten Eingeborenen mit so gefährlichen Waffen
versähen. Freilich haben die Rothröcke im Aschanti-
und in den Kaffernkriegen selber viel von den durch
sie verhandelten Kugeln zu leiden gehabt; der Zulu-
könig Chotschwayo lässt sie das jetzt gründlich fühlen.
Die Abyssinier verfertigen noch immer ihre alther-
gebrachten plumpen Luntenröhre und laden sie mit
rundlich-geschlagenen Eisenstücken.
Die eigentliche nationale Hauptwaffe des Afrikaners
bildet aber die Lanze; sie dient theils zum Werfen,
theils sum Stossen. Unendlich vielartig ist die Gestalt
der Spitze, von der zackig-pfriemförmigen der Denka
r Arrikiniti
1 17
an i»is zu iier breitblattigen uer südliclien Gala uutl
zu dem schmaleru Riesenblatte der Nuer. Der Haken
ani Spitzenstiel, Damentlich solcher, die sich wie Rechen-
Frj. 41.
SpeeTipilzender
Betcbuaua.
Fi'j. 46. BoDgolanzeD.
eisen gegeneinander biegen, sind vielerlei. Auf jeder
Fläche des Lanzenblattes läuft in longitudinaler Rich-
tung ein Eisenkiel und dieser ist manchmal sogar nacli
' entgegengesetzter Richtung gedreht, wodurch dann tiefe
\ \ ^ Drittes Buch.
Blutrinnen gebildet werden. Eisenspiralen, Kupfer- und
Messingdrähte , Haare und Federn sclimücken den aus
Bambus oder mancherlei zähen Hölzern verfertigten
Schaft. Die in geschlossenen Legionsgliedern fechtenden
Zulu dringen phalanxartig mit gefällter Lanze auf den
Feind ein, diesen durch den Anprall in Verwirrung
bringend. In ähnlicher Weise kämpfen die Masay. Der
Wurfspiess dagegen leistet auf weitern Abstand nur
wenig.
Viele Afrikaner, wie die Berabra, Bedja, Funje,
A-Bantu, bedienen sich auch des Stockes und des
Knittels als Waffe. Diese Geräthe sind von sehr ver-
schiedenartiger Form und Länge, hier gerade, da ge-
krümmt, bald geknöpft, bald ungeknöpft, mit einem
Endhaken versehen oder nicht-, sie dienen zum Schlagen
l-iy. 4'J. K«ulen der Deuka. Fig. r)0. Streitaxt der Basuto,
und zum Werfen, ihre Wirksamkeit ist natürlicherweise
nicht beträchtlich.
Dagegen ist die Keule in der Hand des Nigritiers
eine nicht ungefährliche Waffe, so namentlich die lange,
bald glatte, bald knotige der Denka, oder die kürzere,
aber schwerere Akazien- oder Ebenholzkeule anderer
Stämme des Weissen Nilgebietes. In der südlichen Gegend
der grossen Seen und bei den A-Bantu ist der Kerri
oder Induku im Gebrauch, eine kurze, mit Endkugel
versehene Keule, welche dem Teigreiber unserer Haus-
haltungen ähnelt.
Die Streitaxt bildet ebenfalls eine afrikanische Volks-
waffe; gewöhnlich besteht sie aus einem Holzstiel, durch
dessen dickes Ende eine eiserne Klinge getrieben ist,
das eine Ende der Klinge ist spitzig und gerade oder
gekrümmt, das andere, hauptsächlich zum Schlagen die-
nende, zeigt sich beilartig verbreitert. Manchmal sind
ll.iiislu'lit^ Kiiiriclituni
Afrik;
11!»
sächlich bei den südlich vom Aequator wohnhaften und
bei den Guinenstiinunen angetroffen, und erweisen sich
als sehr wirksame Waffen.
Ausserdem liebt der Afrikaner eine grosse Mannicli-
faltigkeit schneidender Instrumente. Obenan steht das
Schwert: in Nordafrika ist das lange, breite, gerade
Schwert mit Kreuzgriff im Gebrauch, welches, in einer
Lederscheide getragen, eine el)en-
80 malerische wie zuverlässige
Waffe abgibt. (Vgl. Fig. 2, der
Kamelreiter, Fig. 41). Die Tuarik
benutzen zum Theil ein gerades
Schwert ähnlicher Kreuzheftung.
Abyssinier haben den Schotel,
einen langen Säbel, dessen zwei-
schneidige Klinge, im Winkel ge-
bogen, gleichsam geknickt er-
scheint. Von vielen Ostafrika-
nem, z. B. den Masay, wird ein
Schwert getragen, dessen Klinge
sich an dünnem Eisenstiel plötz-
lich sponton - pfeilförmig ver-
breitert. Die meisten Nigritier
haben kurze Schwerter von sehr
verschiedenartiger Form, mit ge-
raden oder gebogenen, bald breit-
oder schmal - lanzettförmigen ,
manchmal breit-l)lattförmigen Kliniken. IJei den Balonda
und andern südlich vom Aequator wohnhaften Stämmen
hat die Klinge einen eingebuchteten oder eingekerbten
Rand. Zwischen den Einbuchtungen oder Kerben ist
die Schneide convex nach aussen gebogen. Die Klingen
der Fan-Schwerter sind oben hakig, unten zungen-
förmig. Selten wird das Schwert blank getragen, meist
"wird es in eine aus Leder, Fell, l'^lfenbein. Hörn oder
Baumrinde verfertigte, mehr oder minder kunstvoll ver-
zierte Scheide gesteckt.
'l'-ir^i.
120 Drittes Buch.
Eine recht mannichfaltige Form zeigen auch die
überall gebräuchlichen Dolche und Messer. Bei den
Berabra sind dieselben breit-lanzettförmig, diejenigen
der Bedja zeigen sich hin- und hergekrümmt; Somal,
Danakil und Gala haben ein breites, krummes, zwei-
schneidiges Messer im Gebrauch; die Messer der Fan
haben kurze, breite, denen riesiger Radirmesser ähn-
liche Klingen; die Niam-Niam und Monbuttu verzieren
den Griff ihrer Messer recht hübsch mit dünnen Eisen-
reifen. Fast alle afrikanischen Waffen dieser Art haben
ihre Lederscheide, die bei den gekrümmten Formen
stellenweise offen bleibt, um das Einstecken und Heraus-
ziehen der Klingen zu erleichtern. Viele Afrikaner
tragen ihr Messer am linken Arm, andere befestigen es
im Leibgurt oder sie schnallen dasselbe (wie z. B. die
Fig^ 52. Schvrert aus Kordofac. Fiff .'j3. Messer der Berabra.
Bedja) mittels eines besondern Bandeliers um die
Hüfte fest.
Einen höchst eigenthümlichen Kampfapparat bilden
jene Waffen der Afrikaner, welche meist aus Eisen,
seltener dagegen aus Kupfer verfertigt, theils zum Schla-
gen, theils zum Werfen dienen; sie sind unter Teda, Tuarik,
Funje, Margi, Kanori, Noba, Niam-Niam, Monbuttu und
Fan im Gebrauch: man belegt sie mit den Namen
Trumbasch, Kulbeda, Schanger-Manger u. s. w. Die
Kulbeda der Funje ist ein langes, schweres Eisengeräth
mit lederumwickeltem Griff und von theils gestreckter,
geflammter, theils gekrümmter Form, auch mit vor-
stehenden Zinken versehen. Bei den Monbuttu zeigt
diese Waffe häufig sichelförmige oder säbelartige Krüm-
mungen, bei den Niam-Niam zeigt sie sich mit oder
ohne sonderbar beilähnlich verbreiterte Stellen. Die
sichelartige (Monbuttu-) Form dieser Waffe erblicken
WM- Ko.-..Uo Mif den altägyptischen Denkmälern in der
Ifäuslirhe Einrichtungen u. s. w. dnr Afrikaner. 121
Hana i'haraonen dargestellt; uitl bei de»
Masgu, Margi u. s. w. ähnlich wie bei den Funje auf^
diejenige der Tunrik hat eine Gestalt, wie man sie auch
unter den Niam-Niam wiederfindet, da sieht man von
dem kurzen mit Bindfaden u. dgl. umwundenen Grifl'e
aus gar seltsame getheilte, stellenweise im Zickzack
gebogene, mit scharfen blatt-, schnabel-, spatel- oder
zuDgenartigen Ansätzen versehene Klingen ausgehen.
Bogen und Pfeil werden bei den Schür, Bari, So-
mal, Berun. Aschanti, Kanembu, vielen andern Nigritier»
Centralsudans, den Warna, Doko, Abongo, Akka, Busch-
männern, Hottentotten u. s. w. benutzt. Der Bogen
der Bari ist lang, mit Eidechsenhaut umwunden, schwach
gekrümmt und mit starker Sehne von
Bindfaden versehen. Die Pfeile sind lang,
seltener mit langen, spindelförmigen Spitzen
von hartem Holz, gewöhnlich dagegen mit
eisernen Spitzen von der denkbar man-
nichfaltigsten Form endigend. Jeder Pfeil
hat einen Rohrschaft und an dessen freiem
eingekerbten Ende auch wol eine Be- ,„ ^''J- ''t-
/» 1 T>' T^r> «1 • r. Trumbasch der
fiederung. Diese Pfeile werden in Bün- Xiam-Niam.
dein oder in einem mit Ziegen- oder
Chimpansefell, auch wol mit Kuhschwänzen verzierte»
Köcher getragen. Die Mandinka, Bambara und die
Bewohner von Sangara haben ähnlich geformte sehr
lange Bögen wie die Bari. Eine in der Mitte einge-
knickte Form zeigen diese Waffen unter den senegam-
bischen Felup, den Somal und andern Afrikanern. Die
Hottentotten und Buschmänner führen kleine, in Form
eines weiten Kreissegmentes gekrümrate Bögen und
kurze, mit dreieckigen oder zackigen Spitzen ge-
krümmte Pfeile, welche letztere theils in Köchern, theils
im Haupthaar (I) getragen wurden. Bei den Hotten-
totten ist freilich der Bogen wol grösstentheils durch
das Feuerrohr ersetzt worden. Die Akka und Abongo
benutzen denen der Südafrikaner ähnliche Bögen, wie
es scheint selbst manche Fulbe- Stämme.
122 Drittes Buch.
In Afrika ist das Vergiften der Pfeile sehr gewöhn-
lich. Die Bari und Berun nehmen dazu den unver-
fälschten rohen Milchsaft einer Baumeuphorbie, dessen
Wirkungen auf die thierischen Gewebe als corrosive,
ätzend-zerstörende sich erweisen. Die Buschmänner
sollen ihr Gift aus Euphorbiensaft, demjenigen der Gift-
araaryllis, aus Schlangengift und auch aus dem Saft
einer Käferlarve, Ngwa, bereiten. Indessen dürfte in
ihrem Pfeilgift Euphorbienmilch ebenfalls der wirk-
samste Bestandtheil sein. Diesem scheint auch jenes
Pfeilgift angehört zu haben, mittels dessen die Fulbe
von Mandara den bornuesischen Streitkräften unter
Baraka-Gana und Sidi Bu-Bakr-Bu-Kallum so arg zu-
setzten. Die Fan bedienen sich zur Vergiftung der
Fig. üj. Bogen und Köcher an der Ostküste.
Samenkörner einer Liane, vielleicht einer rankenden
Asclepiadee.
Eine sehr interessante Waffe bildet die Armbrust der
Fan; sie hat etwa vier Fuss Länge, ist aus zähem Holze
geschnitzt und hat einen eigenthümlichen Apparat zum
Losschnellen der vergifteten Pfeile; zum Spannen der
Sehne sind Hände und Füsse erforderlich. Bastian
nimmt an, dass das Modell zu diesem Wehrstück den
alten Portugiesen entlehnt sei.
Schilde sind vielfach üblich; derjenige der östlichen
Gala und ein Theil der Somal deckt nur die Faust.
Er wird aus der Haut des Rhinoceros u.s. w. verfertigt und
sehr künstlicli gepresst. Einen länglichen Parierschild
benutzen die Denka. Unter Berabra und Bedja sieht
man den runden, stark genabelten Schild (s. Fig. 2)
HüunIIiIu- Elnrlrlituii-rn
r Afrikaner. 123
HU8 nüfTelli i "•■.r ...^..v .;; ;iien länglichen, eben-
iUs genabelton, oben und unten verjüngten, künstlich
iiwärzten SchihI aus der lUickenhaut grosser Anti-
! oder der Girafl'en vor, bei den Kanembu und Mon-
sind hohe Schilde aus leichtem llol/e, bei den
i-Niaui zierlich aus Stuhlrohr, Hat tan, geflochtene
M Gebrauch. Aehnliehe zeigen sich auch unter den
'an, die ausserdem noch grosse
lereckige Klefantenhautschilde an-
wenden. Die Masay decken sich
hinter mächtigen, weiss- und rotli-
gefelderten Ledertartschen, während
die Kaffern an ihren gleichfalls sehr
hoben breiten Schilden von Rinder-
haut aussen die bunten Flecke des
behaarten Felles belassen. Die Bet-
na haben einen kleinern, an
' i\ Seitenwänden tief einge-
uchteten, oder bald oben, bald
nten, bald auf ditsen l><.;.1..ii '^^pifrM»
eflügelten Schild.
Schild der Funjc.
Fifj. r,7. Arabischer Soldat
«les Sultans von Zanziltar
mit dem FaustHchilde der
Snmal u. s. w.
Man benutzt zur Anfertigung dieser Schutzwaffe
zum Theil sorgsam präparirte, zum Theil, wie bei den
Kaffern, ungegerbte Haut. Meist bedient man sich
eines an der hintern Schildfläche angebrachten Trag-
holzes, dessen oberes Ende die A-Bantu in phantasti-
scher Weise mit Federn oder Säugethierschwänzen
verzieren.
Ifäuslicli' F'nrlchturi^rn u. s. w. der Afrikaner. 125
.V . .^..... .,uu;... ; .. urwiilint zu werden, dass
manche Afrikaner gewisse pnnzerartige Bedeckungen
f ' n Körper benutzen. Das einfachste derartige
1 V ist drr Lederkoller der Musgu. In IJornu
.it man schon wirkliche Brustpanzer mit Blechschie-
uen; hier ist auch schon das aus Drahtringen ver-
fertigte Panzerhemd in Gebrauch. Das letztere und
ler mit Panzerringen behangene Eisenhelm, selbst ei-
erne Annschienen, benutzen ferner die B'unje und Bedja.
Fig. ."»!>. Brust-
paoser, Bornu.
^'-
i»..Tartige i^nr/frii» iiidm >ina iii«m-t persiscJie? Fabrikat;
sie gehen aus den Waffenschmieden von Korassan, Schi-
as u. s. w. hervor. In Sennar wie in Bagirmi sucht
man Reiter und Boss auch noch mit baumwollenen,
in regelmässigen Carreaux gesteppten Decken zu schützen.
Gegen Pfeilschüsse, Lanzenstösse und matte Kugeln
sichert freilich ein solches, übrigens recht ungeschlachtes
Rüstzeug ganz wohl. Der Pferdekopf wird bei den
Kanori und Funje überdies mit breiten Eisenschienen
bedeckt.
126 Drittes Buch.
i. Ackerhau imd Viehzucht.
Afrika liefert eine Menge wichtiger und interessanter
Bodenproducte. Manche derselben scheinen dem
Continente eigenthümlich und erst von da aus über
andere Länder verbreitet worden zu sein. Indessen
sind die Ansichten hierüber abweichender Natur. Leider
verbietet es uns hier der Raum, auf diese so anregenden
Streitfragen näher einzugehen; begnügen wir uns hier
damit, die thatsächlichen Yerhältnisse anzugeben.
Hauptbrotfrucht Afrikas ist das Sirch- oder Sorghum-
korn, auch Negerhirse oder Kafferkorn, arabisch Durra
genannt (Sorghum). Man baut diese Frucht auf hin-
länglich feuchtem Boden von Aegj^pten an bis zum Cap
liinunter und zwar in verschiedenen Varietäten, welche
in der arabischen Sprache und in den nigritischen
Idiomen mancherlei Specialnamen führen. Dieser Halm-
frucht gesellt sich der Dochn bei (Penicillaria)y welcher
einen etwas sandigem Boden verträgt; mit letzterm
nimmt auch der Mais (Zca Mays) fürlieb. In Abyssi-
nien und Centralafrika baut man die Dagosa oder Da-
goscha (Eleusine). Weizen ist über Aegypten, das
Magreb, Nubien und Abyssinien verbreitet; in diesem
Lande soll man ca. zwanzig Varietäten desselben bauen.
Gerste wird in Nordafrika und in Abyssinien in
16 — 18 Spielarten cultivirt. Letzterm Gebiete und den
mittlem Galaländern gehört auch Tef (Eragrostis) an.
Der Roggenanbau ist auf Aegypten und Abyssinien be-
schränkt. Reis ist über Aegypten, das Magreb, den
Westen und Osten verbreitet. Diese sämmtlichen Ge-
wächse dienen zur Bereitung von Brot, Mehlspeisen,
von Bier (zu welchem unter anderm Gerste, Sorghum,
Dochn, Dagosa, Tef und Mais die hauptsächlichen In-
gredienzien liefern) und von Schnaps. Das Stroh passt
»Is Futter und zum Hüttenbau (z. B. Sorghum, Dagosa).
.\n Futterkräutern liefert Nordafrika Alexandrinerklee
(Trifolium alexandrinum) ^ Luzerne (Medicago satica),
1 'M'infMi, I.nbien (Dolichos), Hafer (in Südabyssinien),
Hausliche Einrichtungen u. Afrikaner. 127
-chotenweiderich (EpUohium)^ Haifa {Poa cynosuroide8)\
ier Westen liefert Guineagras (Pajiiciim ma.iinmm?)y
las Innere Mais-, Sorghum- und Dochnstroh, unzählige
vilde Gräser, Kräuter, Haumblätter u. s. w. u. s. w.
Reich ist Afrika an Oel pflanzen. Bemerkenswerth
sind in dieser Hinsicht Ricinus, Sesam, Oelbauni (Olea)^
Erdnuss (Arachis), Nuk (Guizotia) in Abyssinien, halb
angebaut sind im Centrum u. s. w. Kindi (Hypiis sinci-
!'ra)y Schia- oder Butterbaum (Butyrospermum), die
üelpalme (Elaeis) im Innern und im Westen. Wild
wächst die Lophira alafa der Monbuttu. Ich schweige
"lier von einer Anzahl untergeordneter, Fette liefernder
lewächso, an denen namentlich das Magreb, Aegypten
und ' n recht reich sind.
Gev;^_>-:_::e liefern der Hanf, Lein, Haifa oder Ged-
dim (Sfipa tenacissima) ^ die Baumwolle, Sencha (Ly-
/?), eine Nesselart (Urtica nivea)^ eine Zellenlinde
horus fextilis), der Rokko-Feigenbaum (Urostigma)^
.\q Weinpalme (liaphia vinifcra^ Westafrika), Panda-
'/5, eine Art Eibisch (Ilibisciis cmmahinns — im Nil-
iial, in Centralafrika). Zum Färben dienen Indigo,
Krapp, Henna, Saflor, Gardcnia, Rothholz (Pterolohium)
und andere Producte.
Von diesen Gewächsen finden sich Sorghum (in Seu-
nar), Reis (z. B. Oryza punctata in Kordofan), Ricinus
•n Sennar, Abyssinien), die Oelpalme (in West- und
entralafrika), die Weinpalme (daselbst), Baumwolle
in Kordofan, Sennar, in manchen Gegenden zwischen
Zambezi und Oranjefluss) wild. Andere Forscher sind
freilich der Ansicht, es handle sich hier nur um ur-
'^'lich cultivirte, später verwilderte Pflanzen. Letz-
kann nicht bewiesen werden. Der Weg der Cul-
irverbreitung dieser Pflanzen ist noch zweifelhaft; bei
ndem kennt man diesen Weg genauer. So ist z. B.
Manihot von Südamerika (Brasilien) aus über Angola
nach dem Innern gelangt. Yamswurzel, Bataten, die
Luftwurzelknollen der Helmia finden sich in verschie-
denen Tropenländem, in Afrika auch zum Theil in
128 Drittes Buch.
wildem Zustande; sie dürften sich hier als einheimisch
erweisen.
Was nun die obenerwähnten Culturgewächse anbe-
trifft, so will ich nur bemerken, dass afrikanische
Baumwolle zum Theil als vorzüglich gilt, dass ägyp-
tischer Flachs und Hanf auf den Märkten mit Ehren
bestehen, dass ebenso ägyptischer Krapp und Saflor
von europäischen Auftraggebern gesucht werden, dass
aber z. B. aller afrikanische Indigo, soviel auch davon
Aegypten, Nubien, Centralsudan und Guinea cultiviren,
soviel auch zum Färben der Toben (S. 108) u. s. w. ver-
braucht wird, nicht viel taugt. Dieser Indigo hält keine
Concurrenz z. B. mit den weit bessern in den höhern
Gegenden Indiens (Himalaja) und in Mittelamerika
{z. B. in Costa-Rica, Tehuantepec) producirten Sor-
ten aus.
Wenden wir uns nun zu den afrikanischen Frucht-
pflanzen, so finden wir unter ihnen z. B. eine An-
zahl, deren Ursprung zweifelhaft, andere, deren Her-
kunft dagegen sichergestellt erscheint. Obenan steht
unter diesen nützlichen Gewächsen die Banane. Die
über einen grossen Theil der afrikanischen Tropen-
länder verbreitete , gebirgige Gegenden hauptsächlich
liebende Wildbanane, die Enset der Abyssinier (Musa
Ensete)^ wird von Schweinfurth , wenn auch mit Re-
serve, für die wahrscheinliche Urform der Culturbanane
gehalten, lleuglin fand ausgedehnte Anpflanzungen der
(zahmen) Enset in Habesch, nämlich im Woinathal, in
Sabra und Schoada am Bellegas; Harris fand deren in
Schoa, Speke in Uganda. Die jungen Schossen bilden
ein Hauptgemüse vieler Abyssinier. Culturbananen
(Musa sapicntum und paradisiaca — vor allem erstere)
erzeugen ungeheuere Plantagen in gewissen für ihre
Pflege besonders geeigneten Gebieten, wie Uganda, Mon-
buttuland, Angola und Benguella u. s. w.
Während die Oelpalme nur in geringem Grade eine
aur Speise geeignete Frucht, nämlich ihre süsse, fettige
Pf1nnn,o -Urbictet, liefern die im wilden und auch halb-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. ]^Ji)
angebauten, sowie durchaus cultivirten Zustande ge-
deihenden l)elel)j>almen (liora^st(s Acthiojinm)^ die Dom-
palmen (Jft/yhnfnc thchaica) und die Argun (H. ArptnO
eine nur dürftige Fruchtnahrung. An den tropischen
Küsten zeigt sich die kosmopolitische Kokospalme, im
Korden die Dattelpalme, beide unvergleichliche Frucht-
bäume. Die Dattelpalme bringt in Dongola, in Wargla,
Tuggurt und im Biled-el-Djerid ihre schönsten Pflaumen
hervor, dagegen hört ihre Cultur im Süden des 14"
nördl. Br. allmählich auf. Einzelne unfruchtbare und
in ihrer sonst so stolzen Wedeltracht herabgekommene
Exemplare verleihen noch kleinen Gärtchen des Innern,
z. B. in der Seriba des Funjekönigs am Guleberge,
einen dürftigen Schmuck. Wilde Dattelpalmen
(Phoenix sjfiiwsa^ Phoenix recUnata) treten in den Wäl-
dern des mittlem wie südlichen Afrika auf; aus einer
derselben möchte wol die Cultur-Dattelpalme des Nor-
dens (und auch Westasiens) hervorgegangen sein.
Während die gewöhnliche Feige (Ficus carica) nur
im Norden und im äussersten Süden fortkommt, liefern
die überall nach der Mitte hin verbreiteten Sykomoren
Früchte, welche wegen ihrer Insipidität eher von Affen
als von Menschen verzehrt werden. Häufiger geniessen
die herrlichen, weitästigen Sykomorbäume als schatten-
spendende Patriarchen einer ganz besondern Pflege
seitens der Afrikaner. Unter heidnischen Gala gilt
dieses, in Abyssinien Worka genannte, Naturerzeugniss
sogar ebenso gut für heilig, wie das im Bertalande mit
den verwandten Urostigmenarten der Fall ist. Der Schup-
penapfel (Anona sencgalcnsis) gewährt in Central- und
Westafrika nur einen geringen Abglanz der heiTlichen
Frucht, welche als Gischda die Tische der Grossen in
Aegjpten und zu Chartum, als Cherimoya diejenigen
der reichen Creolen in Peru u. s. w. ziert. Einen
wilden Brotfruchtbaum (Artocarpus) bergen waldige
Gegenden des Innern, während die verwandten, eine
Wohlthat Indiens und Polynesiens bildenden Arten
(Artocarj/us incisa, integrifolia) nur an begünstigten
Haktxabx. {)
130 Drittes Buch.
Küstenplätzen, z. B. des Ostens und Südostens, voll-
kräftig gedeihen. Die köstliche Mangofrucht ist eben-
falls ein Fremdling auf afrikanischen Küstengebieten.
An andern fremden Tropenfrüchten und an Agrumi
oder Südfrüchten fehlt es hier und da nicht. Manche
derselben arten jedoch aus; so erhalten z. B. die
Orangen in Ostsudan einen faden, wässerigen Geschmack.
Cactns ojmntia ist, wie die Agave, von Amerika her
eingeführt und hat sich vom Norden und Süden aus
an manchen trockenen Stellen völlig eingebürgert und
sehr stark vermehrt. In Südafrika soll jetzt der Cactus
beträchtlich wuchern und sich mit seinen dornigen Ge-
hegen in alle möglichen Gebiete eindrängen. Die mit
feinen Stacheln besetzten Früchte finden (auch unter
dem arabischen Namen Dornenfeige — Tin schoki)
hier und da Raum auf den Märkten.
Afrika liefert eine Anzahl von Waldfrüchten, welche
nach dem Urtheile einiger Reisenden nach Pfeiferkuchen
und Chocolade schmecken sollen. Ich finde den erstem
Geschmack wol an den Domfrüchten, den zweiten an
gewissen, wahrscheinlich zu Zizyphus gehörenden Früch-
ten der Landschaften Roseres und Fazoglo ausgeprägt.
Säuerlich-süss sind die Beeren der Lotosbäume (Zi-
zyphus Sx>ina Christi^ Biospyros lofosj, theils kressen-
artig und dabei süsslich diejenigen des Schau oder
Suak (Salvador a persica), sowie diejenigen des Tundub
(Sodada decidna). Einen Mischgeschmack nach Schmier-
seife, Honig und ranzigem Oel verräth der Iledjlidj
(von Balanites aegyptiaca)^ einen Doppelgeschmack von
Mispeln und Kressen der Chum (von StrycJinos innocuo).
An Ananas erinnern die Deleb fruchte. Im Innern
und im Süden mag es noch manche andere besser oder
schlechter schmeckende Waldfrüchte geben, die bisher
wenig oder gar nicht bekannt geworden sind. In Natal
bereitet man unter anderm eine wohlschmeckende Con-
serve aus Amatungula, deren botanische Herkunft
mir zweifelhaft geblieben ist. Die Eingeborenen sam-
meln alles solches Zeug und geniessen es frisch, ge-
Hän^licho Einriobtungen u. s. w. der Afrikaner. 131
trocknet inannichfach zubereitet. Aus Nebbek,
Frucht vom Sidrstrauch (Zizijphus Spina Christi )y
werden Brote und Fladen geknetet, ähnlich wie dies
am Sinai aus Datteln und in Syrien aus Aprikosen
(Mischmisch) geschieht.
Wilde Weinrebe (] Itis aht/ssifiica etc. ) durchrankt
im Osten und im Süden die Wälder mit Ungeheuern
Festons. Die Beeren dieses Gewächses sind ohne Be-
deutung. Der veredelte Weinstock ist von den
Aegj-ptern vielfach angepflanzt und zur Herstellung von
Traubensaft benutzt worden. Bacchische Gelage mit
Spiel und Gesang scheinen bei den geistvollen und
lebenslustigen Retu, welche von oberflächlichen tou-
ristischen Simpeln hier und da als ein verfinstertes,
stockabergläubisches, philiströses Geschlecht dargestellt
worden sind, an der Tagesordnung gewesen zu sein.
Heutzutage liefert der Weinstock in Nordafrika mancher-
lei Traubensorten von nur geringer Güte; dagegen hat
die Weincultur bekanntlich am Cap eine eigenthümliche
Blüte erreicht und erfreut die civilisirte Menschheit
mit den alleredelsten Producten.
An Gewürzpflanzen ist Afrika nicht so reich wie
andere Tropenländer, wie z. B. West- und Ostindien.
An der Ostküste hat man den Gewürznelkenbaum, Zimmt-
baum, Muskatnussbaum u. a. angepflanzt, und diese
gedeihen dort recht gut. Auch die Westküste zeigt
Anpflanzungen solcher exotischen Gewürzpflanzen. Afrika
producirt aber selbst deren einbeimische, so z. B.
im Nordosten und Osten noch manche wenig bekannte
Amomaceen, femer den Malaguettapfeff'er (Amonwm
granum Paradisi), den Aschantipfeff'er {Cubeha Clusü)
u. 8. w. Der rothe Pfeö'er, arabisch Schideda (Cap-
sicum frutescens, coiiicum), der Eppich, Koriander,
Bockshomsamen, Schwarzkümmel. ^' "♦' w^rdon nament-
lich im Osten angebaut.
Einen grossen Formenreichthum zeigi der (xemüse-
bau der Afrikaner. In den gemässigten Gegenden des
Nordens gedeihen viele Kohlsorten, Kresse, Salat, liat-
9*
132 Drittes Buch.
tich, Spinat, Sauerampher, Rettich, Runkelrüben, Por-
tulak, Meluchie (Corchorus) , Endivien u. s. w. Am
Cap findet man alle nur denkbaren europäischen Ge-
müse in bester Qualität. Strauchbohnen, Lablab, Lubien
(Bolichos labial), nüotica), Lupinen, Bohnen, Saubohnen,
Linsen, Erbsen, Platt- und Kichererbsen, Artischoken,
Eierpflaumen, Tomaten, Eibisch (Hibiscus esculentus,
arabisch Bamie) werden selbst noch in manchen äqua-
torialen Gegenden mit bald mehr, bald weniger Glück
cultivirt. Die Gurkenarten zeigen sich reichlich ver-
treten: neben unserer gemeinen Gurke finden sich im
Nordosten die wohlmundende Chate, der Dudaim, die
Karakuse; die süsse, die Wassermelone, der Flaschen-
kürbis sind hier überall verbreitet; letzterer erscheint
in den allermannichfaltigsten Varietäten. Die Wasser-
melone tritt in manchen trockenen Strichen wild auf.
Die südlichen Wüsten, z. B. die Ealihari, sind re'ich
an wilden saftreichen Melonenpflanzen, an deren Fleisch
sich die herumstreifenden grossen Thiere, sogar der
Löwe, ferner auch nomadisirende Menschenstämme er-
quicken. Leider hat man bisjetzt noch keine Versuche
zum Anbau und zur Veredelung so vieler dieser sicher-
lich Grosses versprechenden Cucurbitaceen gemacht.
Endlich sind einige harzliefernde Pflanzen zu erwäh-
nen, welche hier und da, wenn auch nicht einem regel-
rechten Anbau, so doch wenigstens einer gewissen Scho-
nung und durchdachtem Ausbeutung unterliegen. So
z. B. im Nordosten der Papierrindenbaum (Bosivellia
papyrifern), dessen Harz, arabisch Kafal oder Liban,
zum Dichten von Gefässen und zum Räuchern dient,
im nördlichen Somallande der echte Weihrauch (von
BostvclUa Carterii), sowie geringere, ebenfalls die Harze
von Boswellia-Arten bildende Sorten. J. M. Hilde-
l)randt, dem wir letztere Angaben verdanken, glaubt,
auf Lepsins sich stützend, dass „Punt" der altägyp-
tischen Inschriften das Somalland bezeichne; das hat
jedenfalls vieles für sich.
Von einer eigentlichen Waldcultur ist in Afrika
Häusliche Kinriohtungeii ler Afrikaner. KJ.'J
keine Rede. Man begnügt sich vielmehr damit, diese
oder jene, den Ansiedelungen zufallig benachbart wach-
sende Waldbaume u. s. w. in gewisse Affection zu
nehmen, sie regelrechter auszubeuten und ihnen einen
bedingten Schutz gegen äussere Schädigung angedeihen
zu lassen. So überwacht man unter andcrm die Bao-
babs (Adansofu'a diffitnia), deren Rinde man als Bast,
deren frische Blätter man als Suppenkraut, deren
Früchte man als Erfrischungs- und Heilmittel benutzt.
Aehnliches geschieht mit dem Rokko (Urostigma Kot-
schjfanum)^ dem das Rindenzeug liefernden Baume der
Waganda, Wanyoro, Monbuttu u. s. w. (S. 109). Im
Lande des letztgenannten Volks hält Schweinfurth den
Rokkobaum nur für angebaut.
Abyssiniscber Pflug.
Die Schilluk und viele andere Nigritier pflegen in
Nähe ihrer Dörfer wachsende Deleb- und Dompalmen.
Riesige Crataeva- und Ficusbäume sind in Nordost-
afrika Gegenstand eines allgemeinen Schutzes, und sah
ich die prächtigen grau-weissen Stämme des StercuUa
Hartmanniana bei Dörfern durch Negerbuben sorgfältig
von angeklebten Termitenröhren reinigen. Oefters be-
findet man sich im Unklaren darüber, ob derartige
Schutzmaassregeln für sonst wildwachsende pHanzliche
Erzeugnisse nicht als Gegenstände eines geregeltem
Pflanzenanbaues zu betrachten seien. Eine Entscheidung
kann hier unter Umständen recht schwer werden.
Als hauptsächliches Ackergeräth dient in einem Tlieile
Afrikas der Pflug; er zeigt in Abyssinien, Aegypten und
im Magreb eine noch ursprüngliche rohe Form. Hier
freilich finden jetzt der verbesserte amerikanische und der
134 Drittes Buch.
Dampfpflug neben manchen modern-europäischen, durch
Ochsen u. s. w. bewegten Formen seinen Eingang.
Im Süden des 14 ^ nördl. Br. hört der Pflug
meist auf in Gebrauch zu bleiben, da tritt die ein-
fachere Hacke in ihre Rechte, hier an kurzem, da an
langem Stiel befestigt und mit sehr verschiedenartig
gestaltetem Eisen versehen. Bei rohern und bei den
unter dürftigen Verhältnissen lebenden Stämmen, z. B.
bei versprengten Bedja, Nigritiern u. s. w. thut auch
ein zugespitzter, vielleicht noch im Feuer gehärteter
Stock das Seinige. In Ost- und in Centralsudan ist
vielfach der Melot oder Molot üblich, ein kleines Spaten-
eisen, welches zugleich als Han-
delsartikel dient. Die Funje neh-
men eine kurzstielige, die Basuto
u. s. w. dagegen eine langstielige
Hacke zur Hand.
Zum Mähen dient eine Sichel,
oder wenigstens ein sichelartig
gekrümmtes Eisen. Manche Acker-
pflanzen von niedrigerm Wachs-
thum werden mit der Hand aus-
gerauft. Baumwollkapscln und
t'iff.62. Molot oder Melot. verschiedene Früchte werden ab-
gepflückt. In Aegypten benutzt
man den auch in Syrien und in manchen Theilen der
Iberischen Halbinsel gebräuchlichen, von Rindern ge-
zogenen Dreschschlitten; in andern Gegenden lässt man
die Körnerfrucht durch Menschen, Rinder oder Pferde
austreten, man schlägt sie mittels Stöcken aus oder
klopft sie lose mit Steinen. Dochn- und Maiskolben,
sowie Sorghumähren werden öfter ganz, wie sie sind,
abgeschnitten, getrocknet und in Vorrathsräumen , in
Töpfen, Körben oder Gehängen aufbewahrt, sogar nur
auf freistehenden Gerüsten oder Bäumen aufgehängt
und zum gelegentlichen Gebrauche hervorgeholt. In
Nubien und in Sennar bringt man die Baumwollkapseln
in langen Packeten von derbhalmigen Sorghumstroh
Il&usliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 135
unter, wie ähnliche auch von den ostafrikanischen
Pagazi oder (iepäckträgern benutzt werden. Das An-
fertigen von Vorräthen präparirter Feldfrucht liebt der
Afrikaner, welcher mehr nur der Gegenwart lebt, nicht
sehr, er richtet sich jedesmal so viel Mehl, Sesam, Ri-
cinus u. 8. w. zu, als er gerade nöthig hat. Etwas
anderes zeigt sich in Gegenden, wo Producte des Acker-
baues u. 8. w. für den Export vorbereitet werden, so
2. B. in den Siedereien von Palm- und Kokosöl an
der West- oder an der Ostküste; da wird natürlich im
Orossen und auf Vorrath gearbeitet.
Der Ackerbau hat, wie in allen warmen Gegenden,
auch in Afrika zahlreiche Feinde. Eine Unmasse von
Vögeln verschiedener Art, selbst kranichartigen, wie
der numidische Krön- und der Paradieskranich, von
Sperlingsvögeln u. s. w. suchen die Saaten heim. In
Walddistricten werden die Felder von Elefanten, an
Fluss- und Seeufern von Nilpferden greulich verwüstet.
Auch Xashömer, Zebras, Antilopen und ganze Schwärme
von Nagethieren gehen in die Aecker. Die Affen sind
nicht die geringsten Feinde des Landmanns; eine ge-
frässige Pavianheerde kann z. B. in einem Sorghura-
felde binnen kurzem gehörig aufräumen. Dazu kommen
eine grosse Zahl kleiner Feinde. Unter ihnen stehen
-die verschiedenen Arten weisser Ameisen oder Ter-
miten obenan, sie sind von unglaublicher Gier, von
grosser Intelligenz und von unverwüstlicher Zähigkeit.
Ihre Minengänge und ihre aus Erdtheilchen und Speichel
zusammengeklebten Röhren wissen sie an alles heran-
zutreiben und zwar in Zeitläufen, deren verhältniss-
mässige Kürze in Erstaunen setzt. Dazu gesellen sich
Ändere, wirkliche Ameisenarten (z. B. Formica maculata)^
femer Saatschnellkäfer, Rüsselkäfer, sowie zahlreiche
Raupen, aucli Heuschreckenarten. Schwärme derselben,
zu denen namentlich das nördliche grosse, gierige Acri-
dium peregrimim und das südliche robuste Acridiuni
devastator mächtige Contingente liefern, werden oft
genug zu den schrecklichsten Landplagen. Die Vor-
\:]{] Drittes Buch.
räthe an Feldfrüchten werden el3enfalls von Stachel-
mäusen, Mäusen, Ratten, Käfern, Termiten, Ameisen,
Motten, Schaben u. s. w. angegriffen. Der Afrikaner
trifft hiergegen, sowie gegen die Wirkungen der
Feuchtigkeit (zur Regenzeit) u. s. w. mancherlei Vor-
kehrungen. Er sucht die Vögel durch Scheuchen,
durch Schleudern, durch Schreien, die Elefanten, Fluss-
pferde, Nashörner u. s. w. durch Feuerbrände, Rufen,
Hörnerblasen, Trommeln u. s. w. zu verscheuchen.
Gegen die Insektenwelt dienen mächtige Lehmtöpfe,^
z. B. bei Berabra, Bedja, Funje, Betchuana u. s. w.
/•'/V/. o:i. Basutohütte mit Lehmtopf.
Auf Pfählen ruhende Speicher von manchmal recht zier-
licher Bauart gelten in vielen nigritischen Ländern
gegen jene und behufs des Trocknens. Für letztern
Zweck errichtet man hier und da ganz ingeniös con-
struirte Getreidepuppen. Selbst Silos oder bedeckte
Erdgruben mit Steinfutterung, mit verschmierter oder
mit festgestampfter Auswandung, sind bei den Berbern
u. 8. w. in Gebrauch.
Die grimmigsten Feinde des Landbaues bilden in Afrika.
jedoch Hitze und Wassermangel. Diese veranlassen
hier so manche Hungersnotli, sie haben so oft Wände-
Häusliche Einrichtunge: der Afrikaner. 137
runiren von Stämmen, Kriege und Verzweiflung in ihrem
\'e! Algier, Kubien, das Bariland, die Betchuana-
"• n u. 8. w. sind schon häufig von solchen Uebeln in
ler Weise heimgesucht worden; Massentod und
: •! 0 serei waren bereits mehrfach in Begleitung
Fig, *i4. Korntpeicher der Niam-Niam.
derartigen Unheils. In den Nilländem muss sogar ein
geringes Steigen der Gewässer als ein bedenkliches
Ereigniss betrachtet werden.
Es fehlt in Afrika nicht an allerlei Vorrichtungen
zur Bewässerung des Bodens. Das Magreb hat seine
artesischen Brunnen, Aegypten und Nubien haben ihre
138 Drittes Buch.
Schadufs und die Sakien. Der Schaduf ist ein Schöpf-
eimer, der an langem Hebebaume auf- und niederbe-
wegt werden kann. Die Sakie dagegen ist ein Pater-
nosterwerk, ein Wasserrad, an dessen Speichen Reihen
von Schöpfeimern auf- und niedergehen. Beide Vorrichtun-
gen, welche sich zum Theil in China und zum Theil in der
Noria Spaniens wiederholen, sind so alt, als das Nilthal
irgend Bebauer zählt. Im Nordosten Afrikas begnügt man
sich häufig damit, • gefüllte lederne Schöpfeimer oder
Wasserschläuche über das Ackerland auszuschütten. Man
hilft sich auch hier und da im Innern mit Gruben,
Oräben, Abdämmungen und künstlichen Rinnsalen. Zur
Einpferchung dienen an ausgesetztem Stellen Dorn-
verhaue, Palissaden, höhere und niedere Wallhecken
oder lebendige Zäune von baumartigen Euphorbien,
Aloes, Dornbüschen u. s. w.
Viehzucht. Waitz hat die puerile Sentenz von sich
gegeben: „dass sich über die Viehzucht der Neger
nicht viel sagen lasse; fast nirgends sähen wir ihre
Thätigkeit dieser Beschäftigung mit Vorliebe widmen;
eigentliche Hirtenvölker gebe es unter ihnen nicht. Das
Hirtenleben, wo es unter ihnen vorkomme, sei fremden
Ursprungs", und dergleichen Ausflüsse der Bücherweis-
heit mehr. Verschiedene kritiklose Nachtreter haben
diese Sentenz zu copiren für gut befunden.
Die Züchtung der Hausthiere ist in wenigen Gebieten
der Erde so zu Hause wie in den afrikanischen. Wenn
auch in der moderigen Waldluft mancher Gegenden
des Westens und Innern Viehrassen nicht recht ge-
deihen wollen, wiewol auch endemische und epidemische
Seuchen und angeblich der Stich der Tsetsefliege
(Glossina morsitans) die Integrität des Viehstandes
stellenweise schwer bedrohen, Hausthierzüchtung treff'en
wir trotzdem als eine der vornehmsten Beschäftigungen
des Afrikaners; sie geht in vielen Gegenden mit dem
Lundbau Hand in Hand. So z. B. bei den Aegyptern,
Berbern, Abyssiniern, Nubiern, Funje, Bari, Berri, Ba-
londa, Basuto, Angelesen, Benguellanern u. s. w. Wirk-
Häusliche Einrichtungei der Afrikaner. 139
lie Hirtenvölker sind unter andern) die Bedja, Somalf
Gala, Denka, Fulbe, manche Mauren des Senegal, ein
grosser Theil dor A-Hantu. Früher waren auch die
Hottentotten starke Viehzüchter. Die Ungeheuern Ge-
biete von Wüstensteppen, Grassteppen und Buschwal-
dungen Afrikas begünstigen die Viehzucht ungemein.
Wir verdanken dem Züchtungstalent der Afrikaner
nicht allein eine grosse Anzahl von wichtigen Cultur-
pflanzen, sondern auch einzelne Culturthiere, d. h.
Lebensformen, die jene aus dem wilden in den dornest i-
cirten und Hausthierzustand übergeführt haben. Ueber
Culturpflanzen dieses Festlandes w^ar bereits im Vorigen
ausführlicher die Rede. Unter den mit grösserer oder
gering' '^'' ' rscheinlichkeit in Afrika durch Menschen-
hand L nen Hausthieren nennen wir den Esel,
das Mähnenschaf, den Windhund, den Paria-
hund, die Hauskatze, das Sennar-Schwein, das
Frettchen, das Perlhuhn. Der Esel ist aus dem
durch viele Theile Nord- und Ostafrikas verbreiteten
Wildesel entstanden, welcher einen longitudinalen
Rückenstreif, einen Querstreif über die Schultern und
öfters auch Querstreifen an den Beinen hat. Er bildet
nahe Verwandte des über einen grossen Theil Asiens
verbreiteten wilden Kulan oder Gurkur. Man fängt
noch jetzt den afrikanischen Wildesel in der nubischen
Steppe ein und domesticirt denselben, gebraucht ihn
auch zur Auffrischung des durch Geschlechter fortge-
pflanzten zahmen Stammes. Schönere Vertreter dieser
Hausthiere als in Nordafrika und Westasien bekommt
man nirgends zu sehen.
Das Mähnenschaf in Nord- und Mittelafrika, zu
Ichem übrigens auch das langbeinige Schaf Ost-,
inner- und Westafrikas gehört, wird von manchen als
gezähmter Abkömmling des über Nord- und Nordost-
afrika verbreiteten, felsige Districte bewohnenden Wa-
dan, Audad oder Mähnenmouflons (On's tragclaphus)
angesehen, eine Annahme, für welche es bisjetzt an
einer zutreflfenden Begründung fehlt. Der W^iudhund
140 Drittes Buch.
wird nach Manchen vom grossen, hochbeinigen, lang-
und schmalköpfigen Wolfshunde der abyssinischen Hoch-
gebirge, vom Kabberu oder Walgie (Canis simensis)
abgeleitet; diese Idee hat vieles für sich. Der jetzt
herrenlose Strassen- oder Pariahund der ägyptischen
und nubischen Ortschaften scheint ursprünglich auch ein
gezähmter Dib oder Wolfshund (Canis liipaster, Canis
Anfhus) gewesen zu sein, welcher unter dem intole-
ranten Gesetze des Islam zu einem verkommenen Vaga-
bunden herabgesunken ist. Kleinere Rassen sind Schakal-
arten, so vielleicht der fuchsähnliche Bari- und der
Buschmannhund, entsprossen.
Die schon den Aegyptern geheiligte Hauskatze
war ein directer Abkömmling der über Nord- und
Innerafrika verbreiteten niedlichen klein p fötigen
Wildkatze (Felis maniadata). Letztere wird noch
jetzt von Berabra, Bedja und Nigritiern eingefangen
und gezähmt, auch wieder mit aus zahmen Geschlech-
tern stammenden Katzen gepaart.
Die Funje, Bertat, Nöba u. s. w. fangen und zähmen
ein kleineres, die afrikanischen Walddistricte zwischen
Sennar und Senegal bewohnendes Wi 1 d s c h w e i n (Fitzin-
ger's Sus scnnariensis). Dasselbe mag nur eine kleinere
Varietät des über das Magreb und Aegypten, sowie
Westasien verbreiteten gewöhnlichen Wildschweine»
(Sus scrofa fcriis) sein.
Das Frettchen (Mustcla furo) aus Nordwestafrika,
bei uns als geschätzter Gehülfe auf der Kaninchenjagd
bekannt, nach des alten H. 0. Lenz Ansicht eine (con-
stant gewordene) Albinoform des ebenfalls über die
Berberei verbreiteten Iltis (Mtistela foina), ist als
völlig domesticirtes Thier zu betrachten.
Das Perlhuhn, jetzt so häufig auf unsern Hühuer-
höfen, stammt aus dem Innern des nordwestlichen Afrika
und ist ein absolutes Zähmungsproduct.
Der Ursprung unserer Hausziege, des Schafes und des
Rindes ist noch zweifelhaft. Berbern, Bedja und Nigritier
züchten viele Ziegen- und Schafrassen. Unter den erstem
Uausliche Kinrichtun^< . der Afrikaix r. 141
ist die monumentale thehuisriic iiochbeinige Ziege, mit
langen Sclilappohren, convexer Stirn und vorstehendem
l'nterkiefer in gehörnten und hornlosen Rassen, tief nach
: 1 : 'in verbreitet. Neben ihr finden wir
mien, im Herzen und im Süden des
: eine weniger hochbeinige Ziege mit geradem
\ Ken, stärkerer Hornbildung, langem Haar und
langem Hart, sowie mehr nach dem Westen hin die
niedliche' Zwergziege (Cnj)rä reversn) in sflir mannich-
laltigen Rassen verbreitet.
Die Schafe gruppiren sich ihrem Gestaltungshabitus
nach in grosse, ramsnasige, zum Theil schlappohrige
Kassen mit Fettschwanz , in solche mit Fettsteiss und
kurzem Schweineschwanz, in kurz- und platt-, sowie in
langschwänzige Rassen. Südlich vom 18" nördl. Br.
im Nordosten, südlich vom 20*^ nördl. Br. im Westen
verlieren die Schafe von jederlei Sorte gewöhnlich die
t' und werden kurz- oder lang- und zottelhaarig,
ich vom Vaalflusse zeigt das Schaf wieder Tendenz
zur Stapelbildung. Der südafrikanische Wollmarkt tritt
jetzt vereint mit dem argentinischen und dem austra-
lischen als gefahrlicher Concurrent des europäischen
in die Schranken. Man hat ja neuerlich, wol mit einem
starken Anfluge von übereiltem Pessimismus, die Frage
aufgeworfen, ob es sich für Europa, speciell für Deutsch-
land überhaupt noch lohne, in der Wollproduction mit
den fremden Welttheilen den Vergleich zu bestehen.
Ein Nachlassen für uns hiesse jedoch in dieser Hinsicht
He Büchse jedenfalls zu früh ins Korn werfen und
« iiieii Theil unsers Nationalwohlstandes in frivoler Weise
1 iltisgeben.
Während die alten Aegypter über schöne grosse
Rinder mit starkem Nackenbug und mächtigem Ge-
hörn geboten, scheinen im Magreb seit alters nur massig
grosse Karzhomschläge existirt zu haben. Der hübsche
zierliche Rinderschlag des spätem Aegyptens, welchen
ich selbst noch 1860 in Blüte anzutreffen das Ver-
gnügen gehabt habe, ist seitdem durch Viehseuchen
142 Drittes Buch.
so gut wie vernichtet worden. Diesem identisch ist
das manchmal fast antilopenähnlich gestaltete Rind von
Dongola und von Berber. Südlich vom 18. bis 17. Breiten-
grade ersteckt sich der Zebu, dessen Fetthöcker je
nach Schlag und Futterzustand einem grossen Wechsel
in seiner Grössenentwickelung unterliegt. Sehr be-
trächtlich bildet sich dieser bei guter Mast heraus.
Man unterscheidet in Afrika ohne Schwierigkeit eine
Menge von Zeburassen, deren einige hier und da auf-
tauchen, während andere eine gewisse Localfärbung
verrathen. Im allgemeinen könnte man zwei Haupt-
rassen des afrikanischen Zebu unterscheiden : eine mäch-
tiger gebaute mit kurzen Hörnern, welche dem indischen
Braminenzebu ähnelt und eine schlankere Rasse mit
riesigen Hörnern, letztere in erster Linie durch den
Sanka oder Sanga Abyssiniens und der Galaländer ver-
treten. Indessen gibt es auch Formen, in denen die
äussern Eigenschaften beider Rassen zu gewisser Aus-
prägung gelangen. In Südafrika, d. h. südlich vom
Zambezi, ferner auch in Angola und Benguella tritt
eine hoch und stark gebauete Rinderrasse mit empor-
ragendem Bug und mit riesiger, manchmal abenteuer-
lich grosser Hornbildung auf. Diese südliche Rasse
lieferte den alten Hottentotten ihre vielbesprochenen
Bakkeleyen oder Kriegsochsen. Sie und die grosse
altägyptische Rasse (S. 141) scheinen mir nördliche
und südliche Ausläufer des Zebu zu sein, welchen ich
artlich nicht vom Rind zu trennen vermag. Woher
der afrikanische Zebu stammt, ist noch ungewiss, in-
dessen spricht doch manches für seine asiatische Her-
kunft. Frantzius' Idee, Afrika sei die Urheimat des
Hausrindes, halte ich bisjetzt für gänzlich unbeg^ründet.
Der nordafrikanische Kurzhornschlag könnte mit der
europäischen Brachycerosform des Rindes in verwandt-
schaftlicher Beziehung stehen.
Fossile Pferdereste treten bekanntlich in mehrern
Ländern auf, welche recenter einheimischer ent-
behren; so z. B. in Amerika. In Afrika zeigen sich
Häusliche Einrichtungei . der Afrikaner. 143
amidisclie, Gala-, die dongolesische,
mach wie der Komra oder das kleine Pferd von Futa-
loro und andern Gegenden Westsudans, welche den
indruck machen, als seien sie Producte ihrer Scholle.
lelleicht ragt auch ihre Einfuhr in eine sehr alte Zeit
iiauf und haben sie sich unter Anpassung an die
äussern Verhältnisse der von ihnen bewohnten afrika-
nischen "Länder in eigenthümlicher Weise verändert.
'ie alten Aegypter haben Pferde nachweislich aus
sien erhalten; die Kosszucht hat sich dann bei ihnen
> gut und so rasch entwickelt, dass sie alsbald wieder
j^yrien und Palästina mit Exemplaren versorgen ge-
konnt. Später sind zahlreiche Nachschübe von Arabien
und von Syrien aus erfolgt. Aegypten, Nubien, das
Magreb, Abyssinien und die nördlichem Galaländer,
femer Darfur, Bagirmi, Waday und Bornu sind der
Pferdezucht im allgemeinen günstig. Dagegen gedeiht
es Thier in Sennar, in Innersudan und in den Aequa-
torlalrfOL'enden nicht. Selbst in Südafrika fordern die
Form« 1. 1er Horsesickness oder Paardziekte zahlreiche
Opfer.
üeber Aegj-pten, Algier und die Colonien sind übri-
gens in neuerer Zeit viele fremde Hausthiere in Afrika
eingeführt worden, diese gedeihen daselbst theils mehr,
theib minder gut. So z. B. europäische Hunderassen,
die europäische Hauskatze, britische, holländische, nord-
amerikanische, brasilianische und indische Pferde, spa-
nische, italienische, syrische und brasilianische Esel
wie auch Eselbastarde, englische, portugiesische und
dische Schweine, Madeiraziegen, englische Fleisch-
iiiid Wollschafe, ungarische, englische, holländische, bra-
silianische und indische Rinder u. s. w.
Tauben werden überall gehalten. Hühner sind
bei allen Nigritiera zu finden; man beobachtet unter
anderm einzelne schöne Rassen, so z. B. die grosse
von Roseres am Blauen Nil. Enten, Gänse und
ruthühner zeigen sich zerstreut — als Fremdlinge.
144 Drittes Buch.
Zucht von Ziervögeln ist nicht so verbreitet wie bei
uns und in Amerika.
Rationelle Viehzucht in unserm Sinne kennt man
natürlicherweise höchstens in Aegypten, Algier und in
den europäischen Colonien. Eine methodische Ein-
stallung wird bei den Eingeborenen vermisst. Dagegen
sorgen der Bedja, Nigritier und Hottentotten wenigstens
für nächtliche Unterbringung der Hausthiere in eine
Einfriedigung, arabisch Zeriba und Murach, im südafri-
kanischen Welsch Kraal (vom portugiesischen Corral)
genannt. Lieblingsthieren gewährt man auch wol in
der Hütte ein Obdach. Bei Geburten leistet man eine
durch Routine beeinflusste und geregelte manuelle
Hülfe. Die Fütterung erfolgt theils am bestimmten
Platz und ist dann bei Wiederkäuern und Einhufern
grossentheils vegetabilischer Natur, während man Fütte-
rung mit Fischen, Abfällen und Surrogaten wenig kennt ;
oder man lässt auch die Thiere weiden und sorgt durch
gelegentliches Abbrennen des verdorrten Graswuchses
für dessen frühzeitigen Wiederersatz. Hunde und Schweine
überlässt man mehr sich selbst und leben dieselben
häufig in einem fast herrenlosen Zustande. In mo-
hammedanischen Gegenden bilden bekanntlich die schon
genannten Pariahunde eine wahre Landplage.
Viele Afrikaner lieben ihr Vieh; namentlich die
Hirtenvölker der Bedja, Denka, Fulbe und A-Bantu
treiben die Liebhaberei mit ihren Hausthieren bis zum
Kindischen. Fällt z. B. dem Denka seine Kuh, so
trauert darob seine ganze Familie. Liebesnamen wer-
den zur Bezeichnung der besten Stücke erdacht und
des Beschauens, des Streicheins ist gar kein Ende.
Viele nigritische Sprachen sind reich an Bezeichnungen
für verschiedene Alters- und Geschlechtsstufen, für ver-
schiedene Färbung u. s. w.
An Feinden fehlt es der afrikanischen Vieh-
zucht nicht. Seuchen grassiren überall, namentlich
zur feuchten Jahreszeit. Reissende Thiere, wie Löwen,
Leoparden , Geparden , Hyänenhunde und Hyänen
Iläusllilii« KlnriclituuLren u. 8. w. der Afrikaner. 145
b ^..lo ,.„... i.......wv.i in die Heerden bereit. Dem
üftliiijol setzen Genett- und Zibetlikatzen, Ichneu-
n, Marder, Stinkthiere, Servale, Luchse, grosse
chsen, Riesen- und andere Schlangen u. s. w. zu.
xodile liuiorn an den Flussufern; Zecken, Koth-
/en (Reduviaden), Bremsen und Dasselfliegen schaffen
lürchterliche Plagen. Auch schreibt man der soge-
nannten Tsetsefliege (Glossina) Süd-, West- und Inner-
ifrikas gar böse Wirkungen zu. Indessen ist das Ver-
halten dieses Geschöpfes noch nicht vollständig auf-
geklärt. Der Sandfloh oder Richo-do-pe (Pulex j)ene-
frnus) fand neuerdings leider von Brasilien aus Eiu-
ijan«! nach Guiii.n.
/. Sahnmg.
Ite wird in Afrika theils dem Thier-, theils
1 tuzenreiche entnommen. Bei den Hirtenvölkern
schlachtet man nur selten ein Stück Hausvieh. Man
L'eniesst aber das Fleisch des gefallenen und macht
ausgiebigen Gebrauch von der Milch im frischen sowie
im £resäuert«n Zustande. Fleisch von Jagdthieren ist
fast überall beliebt, man geniesst es am Spiesse oder
auf heissen Steinen gebraten, gekocht u. s. w. An
rohem Fleisch mit und ohne Pfefferbrühe ergötzen sich
der Abyssinier und der Gala. Frische rohe Leber vom
Kind, Schaf u. s. w. mit frischer Galle übergössen, mit
Salz, Pfeffer, womöglich mit Kümmel (Cuminum) und
mit Zwiebeln überstreut, bilden unter dem Namen Am-
rara einen Hauptleckerbissen der Bewohner von Ost-
'. 1 tn. Auch die Zunge und die Därme verschmäht
man nicht. Der Fuss des Elefanten ist ebenso gesucht
wie der Höcker des Zebu und wie derjenige des Bullen
der Elenantilope (Oreas canna). Hunde werden im
Magreb, bei den Mittu und Niam-Niam gemästet und
gegessen. Schweinfurth meint, dass Saint-Pierre's Satz,
Hunde essen sei der erste Schritt zum Kannibalismus,
Wahres enthalte. Ich kann nur versichern, dass die
Habtxash. J^Q
146 Drittes Buch.
Hundeesserei auch in den grossen europäischen Städten
in Blüte steht und dass viele unserer Proletarier Hunde-
fett als untrügliches Mittel gegen Lungenschwindsucht
u. dgl. preisen. Löwen- und Leopardenfleisch sind
sehr geschätzt, dagegen vergreift man sich nicht leicht
an der Hyäne. Vögel werden viel gegessen. Fett-
mäuse, Binsenratten und andere Nagethiere gelten strich-
weise sehr hoch. Der Chimpanse soll lecker sein, ebenso
der grosse Ameisenscharrer (Orycteropus) und die Schup-
penthiere (Manis^ Fhatages). Obenan stehen Tauben
und Hühner; letztere fehlen kaum einer Festspeise.
Unter den wilden Hühnervögeln sind die Perlhühner
und Frankoline, unter den Laufvögeln die Trappen be-
liebt. Der Strauss, verschiedene Wad- und Schwimm-
vögel wandern in die Kochtöpfe. Unter den Schwimm-
vögeln sind die Spornflügel-, Hörn- und Nilgänse, die
Wittwen-, Kriek-, Spitz- und Fuchsenten schmackhaft
genug. Man kocht ferner Schildkröten, Krokodile und
grosse Warneidechsen. Durch Fische befriedigt man
natürlich hier wie überall manches Speisebedürfniss ;
man fängt sie mit Angeln, Netzen, Reusen, Harpunen,
in vergiftetem Wasser u. s. w. Aermliche Stämme,
wie Bongo, Doko, Abongo, Buschmänner u. s. w. be-
gnügen sich auch mit Eidechsen, Schlangen, Fröschen,
Spinnen, den flüggen Männchen und Königinnen der
Termiten, mit fetten Käferlarven, Raupen und mit aller-
lei sonstigem Gewürm. Heuschrecken werden aber selbst
von besser situirten afrikanischen Völkern in Masse
vertilgt. Honig bildet eine im ganzen Continent be-
liebte Zuthat zu allerhand Gerichten. Eine wilde Aus-
artung in thierischer Speise ist die Menschenfresserei,
Sie wird häufig gerade von civilisirtern Nigritiern
geübt.
Verbreiteter als thieris che ist Pflanzenkost. Ein
Blick auf dasjenige, was ich über den Ackerbau und
die Einsammlung wilder Früchte gesagt habe, lehrt
uns, welche mannichfaltigen Producte die vegetabilische
Welt dem Afrikaner aller Stämme zu liefern vermag.
TlriiisluOii> Flnriihtungen u. s. \v. der Afrikaner. 147
In Ai-^i'ivu uiivi IUI Magreb enthält der Küchenzettel
des Volks be^eitlicherweise mancherlei complicirtere
< .in denen wir neben mehrerlei Fisch- und
eisen dos Weizenmehl, den Keis, den Mais,
. - ^ r_rhum, die Bohnen, Erbsen, Linsen, Lupinen,
i:c W uka oder Eibischfrüchte, die Koble und Rüben,
die Colocassiawurzeln und Kürbisse, die Datteln, Liebes-
apfel, F^ierprtaumen, sowie allerhand Gewürze, die Haupt-
inuredienzien darstellen sehen. Pilaw und Kuskussu
- 1 <i die weit und breit bekannten, wohlgepriesenen
N tiionalgerichte genannter Länder. Den Kebab, das
mit Reis und mit Pistazien oder Rosinen gefüllte Lamm,
sowie mancherlei Süssigkeiten, als Kunafe, Rachlet-el-
(ium, Dattelwurst und Mischmisch werden selbst ver-
wöhnte Europäermagen nicht leicht verschmähen, wo-
ijegen Lust an Zebibi und Kuschaf einen eigenthüm-
lichen Geschmack voraussetzen. Der Berberi und Bedja
haben ihre Luchme uud Assida als Nationalgerichte,
bestehend aus Durrabrei mit zerlassener Butter, Zwie-
beln, Pfeffer oder mit Mellach, d. h. einer aus Weka,
zerriebenem Dörrfleisch, Butter, Salz und Pfeffer be-
reiteten Sauce angemacht. Zur Luchme gibt es auch
wol Milch, zur Assida gekochtes Hühner- und Schöpsen-
tleiach.
Der Nigritier isst Brei von Dochn, Sorghum, Mais,
sowie vielerlei auf die verschiedenartigste Weise zu-
bereitete Gemüse, Knollen und Früchte. In Inner-
und Westafrika liefern Yams, Bataten, Helmiaknollen,
Colocassiawurzeln, Maniok oder Mandioca, Bananen-
Irüclite, Bananenkohl u. s. w. u. s. w. einen im Osten
r.nliekannten Zuwachs zum Speisevorrath. Zuckerrohr
wird nur gekaut. Die Berta und die Bongo säuern
ihre Speisen mit den Kelchen einer Eibischart, welche
sie neben ihren Sorghumfeldern ziehen; die Berta u. a.
benutzen auch die Frucht des iJeiarium scuvffalense^
viele sonstige Afrikaner von verschiedener Abstammung
verwenden die Samenhülle des Affenbrotbaumes und
das Axdeb oder die Tamarindenfrucht als säuerliches,
10*
148 Drittes Buch.
erfrischendes Genussmittel. Ein kressescharfes Gemüse
liefert eine Kappernpflanze (Polanisia), ein angenehm-
spinatartiges der Corchorus.
Die Bantu sind wahre Vertilger von Sorghum (M'a-
bele), mehr aber noch von Mais (U'mbila). Dazu gibt
es, ähnlich wie. bei den Völkern des Nordostens, Colo-
cassiawurzel (M'usumban), Fleischsauce, Kürbis und
süsse Milch (Ü'bis) oder sauere Milch (M'as).*
Der Afrikaner kann lange hungern und zu Zeiten
der Noth mit dem Geringsten auskommen. Bedja sah
ich auf weiten Märschen oftmals mit einer für den Tag
zwei-, höchstens dreimal wieder gefüllten Hand voll
roher Durrakörner sich sättigen. Uns begleitende
Funje waren trotz der Mühen einer Tagereise in sen-
gender schwüler Luft der Regenzeit überglücklich, wenn
sie etwas trockene Domfrucht, eine fade Orange und
ein halbfaustgrosses Stück trockenen Zwiebacks nebst
einem Schluck Wassers zu sich nehmen konnten. Von
den Teda erzählt man (jedenfalls mit er asser Ueber-
treibung) sie könnten ohne sonderliche (?) Unbequem-
lichkeit fünf bis sechs Tage lang ohne Nahrung und
zwei Tage lang ohne Wasser zubringen. Glaublicher
klingt die Angabe, dass diese Leute sich mit frischem
(künstlich gelassenem)Kamelblute,beigemengtemKnochen-
mehl, mit gebrannten Sandalen und andern Ledersachen
im Nothfalle zu helfen verständen. Methodisches Blut-
abzapfen bei den Rindern und Handel mit Rinderblut
herrschen bei Stämmen des Innern und des Ostens.
Sowie es irgendwo gute Nahrung gibt, überlässt sich
der leichtblütige Afrikaner auch der unsinnigsten Pras-
serei. Ist z. B. in Taka oder in Sennar ein Büffel,
ein Rhinoceros, Flusspferd oder Elefant erlegt worden,
80 strömt alles, Bedja, Berberi und Nigritier, herbei,
um in frischem Fleischgenusse zu schwelgen. Wie Aas-
vögel fallen die Leute über den Cadaver her, sie schnei-
den, schinden und kratzen daran herum, bis kein Fetzen
♦ Diese Wörter stammen eämmtlich aus der Zulu-Sprache.
Häusliche Linnchtungen u. 8. w. der Afrikaner. 149
Muskel mehr davon i; ^t. Dass die Kaidaunen,
Mass selbst der stinkei ; _,^en- und Darminhalt ver-
schont bleiben sollten, wäre unerhört. Auch Hautgout
am F'leische schreckt nicht von dessen gelegentlicher
Verspeisung zurück. „Hat der Bari", so erzählt Mis-
sionar Kaufmann, „sein Getreide erhalten, dass es zur
Roife crelangt, so ist seine freudevollste Zeit da, die
1 •; die ganze Familie hilft, und sie tragen in
i\ 1 die Getreideähren in eigens dazu bereit ge-
haltene Behältnisse, Gugu genannt. Denn es wird nicht
gleich gedroschen, sondern nach ßedürfniss nach und
nach, und das Dreschen ist Arbeit der Weiber. Der
Mann ruht nun einige Wochen und thut sich gütlich,
dann erst denkt er wieder an das zweite Anbauen.
Die Bari sind die einzigen am Weissen Flusse (Nil),
welche zweimal die Felder bestellen; doch das zweite
mal bauen sie nicht mehr so fleissig an als das erste
nal, sie bauen weniger Durra, die doch so ausgiebig
st, sondern mehr Bohnen und etwas wenig Taback —
ind diese zweite Ernte fällt Ende November. Bis
iahin haben sie die erste P>nte schon meistens aufge-
ehrt, und werden mit dieser zweiten, als viel weniger
lusgiebig, noch weit schneller fertig. Man kann sagen,
dass um Neujahr wol wenige Bari noch mehr Getreide
besitzen, als das Samenkorn für das kommende Jahr,
der grösste Theil besitzt nichts mehr. Somit beginnen
lie schlechten Zeiten, wo die Bari auch viel böswilliger
\nd schlechter als sonst sind. Nach der ersten Ernte
ind sie wol noch grossmüthig und verschwenderisch,
allein nach der zweiten Ernte und während derselben
ist die Zeit der Kriege und Kaufereien, welche einige
.Monate dauert. Nach drei Monaten ist dann die letzte
Durra aufgegessen, der sonst so stolze und fesche Bari
▼agirt hungernd, bettelnd und stehlend umher. Wer
sonst so viel, selbst halbreife Halmfrucht ass, dass er
an schweren Blähkoliken kränkelte, magert nunmehr
zum Skelet ab. Viele sterben vor Hunger, sowol Er-
wachsene als auch Kinder, viele werden erschlagen und
150 Drittes Buch.
in den Fluss geworfen. Mütter stürzen ihre eigenen
Kinder hinein, weil sie dieselben nicht erhalten können.
Man hört da nichts als von Raub und Einbrüchen, von
Diebstahl und Todtschlag. Es gilt nun das Faustrecht.
Der Hunger thut weh, sagen sie, und ehe sie Hungers
sterben, wagen sie alles."
In Aegypten und im Magreb werden einfache Hand-
mühlen von Stein benutzt, welche denen unserer Alt-
vordern vielfach ähneln; südlicher bedient man sich
der in Ostsudan Merhaka genannten steinernen Reib-
platte, auf welcher mit einem konischen Reibstein (Ibn-
el-merhaka) das in Wasser geweichte und damit über-
gossene Korn zerquetscht und zerrieben wird. Der-
gleichen Geräthen begegnet man bis nach dem Cap
hinunter. In Abyssinien
und in Westsudan nimmt
man dazu auch Holz- oder
Steinmörser. Der frische
Kornbrei wird schnell auf
der vorher mit Fett ab-
geriebenen Pfanne zu Fla-
Fig. 65. Merhaka. ^en Verbacken. Deren be-
reiten die Abyssinier aus
Tef (S. 126), die Sudanesen aus Weizen, Sorghum und
Dochn. Man findet dickere und dünnere, süsse und
sauere Fladen, welche auch zugleich als Servietten
dienen. Mit einer aus rothem Pfeffer, aus Salz und
Kümmel bestehenden Würze bestreut, oder in fettige
Zwiebel-, auch Pfefferbrühe getunkt, bilden diese öfters
noch halb warmen Fladen ein selbst für Europäer ganz
angenehmes Essen. In Habesch liebt man es, bei Ge-
lagen die cylindrischen Weidenkorbtische mit Bergen
von Tefbroten zu belegen; dazu gibt es scharfe
Pfefferbrühe, rohes Fleisch und Hydromel oder Bier
aus mächtigen Wontschas, d. h. Trinkhörnern.
Die Kaffern bereiten aus Mais grosse Klumpen Po-
lenta, die sie mit dem Speereisen zerlegen und oftmals
ohne weitere Zugabe verzehren.
ITäuftliche Einrichtungen u. 8. w. der Afrikaner. 151
An einheimischen gegorenen Getränken fehlt es den
Afrikanern keineswegs. Der Islam reicht mit seinen
Vorschriften nicht aus, um die Gelüste selbst seiner
Anhänger aus der Welt zu schatlen. Will ein Gläu-
biger sich an Arraki oder Branntwein laben, so gibt
es für ihn allerhand Ausflüchte, die ihm zur Entschul-
digung dienen sollen, und wenn alle Stränge reissen,
so gibt er wenigstens vor, den Schnaps als Medicin —
arabisch Dana — benutzen zu müssen. Ich kann ver-
sichern, unter den Mohammedanern in Nordostafrika
eine Anzahl recht leistungsfähiger Schnaps- und Bier-
säufer gefunden zu haben. Im Nilgebiete destillirt
man ekeln Dattelschnaps und den scheusslichen, brenz-
lich-fuseligen Durrabranntwein. In andern Gegenden
Afrikas hat man wieder andere aus Zucker, Kokosnuss
u. dgl. gebrannt« Aquavitsorten.
Der Abyssinier stellt aus Honig seinen Detscli oder
Hydromel dar. In Ostsudan braut man aus Sorghum
die Merisi, den Bilbil, Kabs-el-Tor und andere Arten
Bier; sie alle schmecken nach abgestandenem Weissbier
oder nach verdorbenem Breihan, in dem öfters noch
sauere Brotkrume herumschwimmt u. s. w. In der Noth
des Durstes nimmt man freilich auch mit solchen Ge-
tränken gern fürlieb. Im Niam-Niamlande bereitet man
aus gemalztem Dagosa (S. 126) ein bitterliches Bier,
dessen Eigenschaften Schweinfurth sehr rühmt. In Ost-
afrika weiss man aus der Bananenfrucht, in Guinea aus
den Stämmen der Wein- und anderer Palmen gärende
Säfte zu ziehen. Der Kaffer nennt alle berauschenden
Getränke U'schwalla; Sorghum dient ihm hauptsächlich
/'!' .\] !• rtigung von Bier (U'schimmian).
\ ii den einheimischen Branntweinen und Bieren
: n auch fremde Branntweine Eingang in den dun-
i:c.n Continent. Die Masse von Kosoglio, Mastiche,
Jamaicarum, Cognac, Cachassa, Agoa ardente de Canna,
(renever, Gin und sonstigen Sorten, welche der alljähr-
liche afrikanische Import aufzuweisen pflegt, soll eine
wahrhaft ungeheuere sein. Der Nigritier kann viel
152 Drittes Buch.
dergleichen vertragen und verlangt auch viel davon.
Bei den Palavern in Guinea trinkt man Rum u. s. w.
aus vollen Flaschen. Eingewanderte richten sich durch
unmässiges Branntweintrinken leicht und leider auch
häufig genug zu Grunde. Wein findet mehr in den
bessern Häusern Eingang. Wenn der allezeit böse Leu-
mund Wahres berichtet, so scheint der Sufret-el-Nebid
oderWeintisch bei manchem hochbeturbantenSchekh, ja —
schrecklich zu sagen — selbst bei manchem schweren
MoUah in Nord- und Ostafrika recht beliebt geworden
zu sein.
Daneben hat man viele unschuldigere Getränke,
welche beim Araber unter den Gesammtnamen Scharab,
Scherbet u. s. w. gelten und deren Anzahl überall
Legion ist. Da hat man Limonaden aus allerlei Frucht-
säften, Zuckerwasser, feinen Rosoglio mit Wasser ver-
dünnt u. s. w. u. s. w. Thee, Tscliay wird weniger und
mehr im Süden, Kaffee dagegen wird häufiger und
überall getrunken. Afrika erzeugt in Kafa, Enarya,
Fasoglo, Bertaland, im Innern und im Westen (Liberia)
ganz vorzügliche Bohnen, die sich dereinst schon ihren
Platz im Welthandel erringen werden, wogegen ihnen
die Gegenwart aus Vorurtheil und aus Mangel an Cou-
rage noch die Wege versperrt.
Der Aschantipfeffer (Cubeha Clusii) wächst in Central-
und Westafrika wild; er kann als Surrogat für den
schwarzen benutzt werden. Eine gleich grosse Ver-
breitung hat der Malaguettapfeffer (Xüopia aethiopica),
von welchem die Pfefferküste in Oberguinea ihren Namen
erhielt und welcher nach Schweinfurth bereits im Mittel-
alter ein kostbares Gewürz bildete. Die ebenfalls in
beregten Gebieten vorkommende Kola- oder Gurunuss
(von Stcrculia acuminata) wird weithin durch den
Handel vertrieben; ihr kastanienähnlich-hartes bitteres
Fleisch gibt ein vorzügliches analeptisches Mittel ab.
Salz wird in verschiedenen Theilen Afrikas gegraben,
aus Wasser abgedampft, oder aus Erden ausgelaugt.
Steinsalz bildet den Artikel eines ausgedehnten Han-
n.iiisliclip riiiiicliiiiiii'fii II. 8. \v. (lor Afrikaner. löS
deU. l>iv>r> N.MiM|.iwv.i.v i erscheint wie überall als
eine der wicht iirsten Heigaben für den Nahningsbedarf
und sein her Mangel scheint unter den Afrika-
nern Iah Krauklieiteu hervorzurufen, welche
ungefähr an die Lecksucht uuserer llausthiere erinnern
könnten. Zur Noth bedient man sich des Natrons,
salzig schmeckender Vegetabilien, des Rinderharns u.s.w.
Um den Besitz von Salzquellen, Salzteichen und Salz-
lagern setzt es nicht selten bittere Kämpfe. Stämme,
welche die Erzeugnissstätten jenes hochwichtigen Natur-
körpers unter ihrer Botmääsigkeit haben, erfreuen sich
meist eines grossen handelspolitischen Einflusses.
6 . ue ice rbth ätiyke it.
Diese 1 mg menschlicher Intelligenz und mensch-
lichen S( langes äusserte sich bekanntlich schon
bei den alten Aegyptern in sehr hervorragender Weise.
Wer vermochte im Alterthum staunenswerthere Bauten
aufzuführen — staunenswerthere durch kolossale Di-
mensionen und durch Kühnheit der Construction —
al« Jone? Wem gelang noch lange vor der geläutertem
hen Kunstaera die werkgerechte Bearbeitung
Steinmaterials besser als den Retu? Ihre
mechanischen Transportvorrichtungen, ihre Damm-,
Kanal- und Wegebauten, ihre Schöpfung so vieler ge-
meinnütziger Einrichtungen im ökologischen Gebiete,
wo möchte man, natürlich von Hellas und Rom abge-
sehen, ihrer so vortrefl'liche gefunden haben in den
andern alten Cultarcentren, wie z. B. Babylon, Ninive,
Indien, Kmers, Altchina, Anahuac und Peru?
Selbst im eigentlichen Gewerbe waren die alten
Aegypter weit vorgeschritten. Ihre Textilindustrie
möchte manchem modernen Concurrenten zum Muster
dienen; was gab es Schöneres als ihre Leinwand? (S. 107.)
Ich selbst habe Lendenschurze und Leichentücher aus
Byssus (Linnen) von unvergleichlicher Feinheit und
154 Drittes Buch.
Elasticität des Gewebes in Händen gehabt. Ihre Matten,
ihre Holzarbeiten, ihre tausenderlei Erzeugnisse der
kleinen Industrie des alltäglichen Lebens, alles, von
den Prunkstühlen, Sarkophagen, den Schemeln und
Tischen bis zu den Töpfen, Sandalen, ja bis zu den
Gliederpuppen der Kinder herab, alles das verrieth
kunstsinnigen Geschmack, praktisches Verständniss.
Wenn unsere heutige Geistesrichtung jene altägyptischen
Erzeugnisse für würdig erachtet, zum Modell für so
manches liebenswürdige Nipptischproduct auch unserer
Gegenwart zu dienen, jetzt, noch nach Jahrtausenden,
so muss es doch um die Gewerbthätigkeit der Retu
sicher recht hoch bestellt gewesen sein.
Bekanntlich war die altnubische Cultur von Na-
pet und Meroe nur eine Copie der äpyptischen. Aber
auch sie trieb, wie bereits der eine Ferlini'sche Fund
bewiesen hat^^, die schönsten Blüten eines in eigen-
thümlich-äthiopischer Weise modificirten Gewerbfleisses.
Wir sehen auf einem thebischen, etwa der achtzehnten
Dynastie angehörenden Gemälde eine äthiopische, aus
dem obernubischen Nilgebiete stammende Fürstin, eine
Kentaki, Candace, regierende Frau, welche etwa einer
Sittina, Merem der heutigen Djaalin oder Funje ent-
sprechen würde, reich und phantastisch geschmückt,
mit einem mächtigen Federkopfputz, mit Ringkragen
von bunten Glasflüssen und feinen durchscheinenden
(Byssus-?) Gewändern angethan, auf reichverziertem
zweiräderigen Wagen und prächtigem Jochgeschirr der
vorgespannten hornlosen Rinder einherziehen. Die
obern Nilländer lieferten damals Gold als Staub und
in rohen (noch jetzt gebräuchlichen) Ringen, Blaustein(?),
Katzen-, Leopardenfelle, Straussfedern, Ebenholz, Ele-
fantenzähne, Rinder mit sonderbar geschmückten Hör-
nern, zahme Löwen, Antilopen, Giraffen, Affen, ferner
Jagdhunde, röthliche Pferde (!) und Sklaven. Letztere
treten mit denselben körperlichen Eigenthümlichkeiten,
mit derselben Haartracht, mit denselben aus geschwänzten
Fellen construirten Lendenschurzen auf, wie diese noch
Häusliche Einrichtungen Afrikaner. 155
heute unter den Völkern der obern Nlllrimler in trenau
denselben Formen vorkommen.
Die Sculpturen und Wandgemälde m»ii s.ij^hi mm
Meroe (Bedjerauie) zeigen uns eine gewisse Pracht in
den Costümen und Geräthen ihrer Inhaber. Wir sehen
da wieder ägyptische Grundtypen, aber auch vieles ost-
und innerafrikanische Beiwerk, wir erkennen Muster,
wie sie noch heute unter den Abyssiniern, Bedja, Funje
und Centralsudanesen sich finden. Man sieht jetzt
leider nicht mehr viel davon — das haben die allge-
meine Verarmung schon seit der Funje-Eroberung und
der Türkenfuss verschuldet, unter welches letztern
Tritt nach dem Sprichworte das Gras verdorrte.
Wenn wir nun hier die heutigen Trachten, Geräthe und
Industrieerzeugnisse Ost- und Innerafrikas in Kürze zu
schildern unternehmen, so bemerken wir nochmals von
vornherein, dass wir an jenen viele altägyptische und
meroitische Muster wiedersehen. Solange sich aber
diese Muster, diese Dessins als solche ausweisen, die
nicht in andern alten Ländern wiedergefunden werden,
so lange muss sich die schon oft aufgeworfene Behaup-
tung, Altägypteus und Altnubiens Cultur sei eine fremde,
nicht auf afrikanischem Boden wurzelnde, als eine müssige
herausstellen.
Die Berabra und Bedja der Jetztzeit entwickeln ent-
schieden mehr ureigenthümliche Industrie in hübschem
Flechtwerk, Gold- und Silber-, sowie in landläufiger
Weberarbeit als der Fellach und Kopte, bei denen,
ausser ihren schönen typischen Töpferwaaren , die mo-
derne Weberei, Wirkerei, das Schönfärben, die Seifen-,
die Zuckersiederei und verschiedenes andere durch fremde
Werkmeister und durch europäische Maschinerie einge-
richtet und unterhalten werden. Der Abyssinier färbt
mit eingeborenen vegetabilischen Mitteln Zeuge und
Leder, er gerbt vortrefflich, schmiedet originelle Waffen,
verfertigt einheimisches Pulver, webt gröbere und fei-
nere, letztere mit farbiger Seide durchzogene, Baum-
wolltücher, er verfertigt hübsche Flechtwaaren. Die
156 Drittes Buch.
Funje und Noba arbeiten gut in Eisen, erstere auch
ganz vorzüglich in edelm Metall. Alle diese Völker
benutzen einheimische Gerbestoffe, wie Garrad, Schoten
der Mimosa nilotica, die Gere von Hymenocardia Hetide-
lotii, Modus (S. 112), den Tertus (Ilydnora ahyssinica)
u. s. w. Ihr Eisen schmelzen die nordöstlichen Völker
in Gruben aus Braun-, Roth- und Magneteisenerz mit
Akazienholzkohlen und zuweilen mit Zuschlägen von
Fig. 66, Schmelzofen der Songo.
Sand. Die Bongo, Balonda u. s. w. benutzen grosse
thönerne Schmelzöfen von zum Theil recht ingeniöser
Construetion. Man gewinnt hier wie im Süden bei den
A-Bantu ein weiches, meist wenig kaltbrüchiges Eisen,
von welchem in vielen Gegenden spanartige Fragmente
zu einer Art Damast zusammengeschweisst werden,
welches Product recht dauerhaft erscheint. Während
das üold aus den Seifen, den Bächen u. s. w. ge-
.. 1 >..-..».. .e Liiirichtungeu a. -. «. v»^i Alrikaner. 157
wascluMi wird, gewinnt man Silber nur aus importirter
gehaltvoller Münze und von Harren. Kupfer dagegen
wird in zwar primitivem, aber immerhin durchdachtem
Abbau in Südfur, in den portugiesischen Besitzungen
von Niederguinea u. s. w. gewonnen. Schweinfurth
macht viel Kühmens von der geschmiedeten Kupfer-
pracht im Monbuttulande. Wo nun die eigene Industrie
nicht ausreicht, hilft natürlich der Import. Messing,
Blei und Zinn werden überall von fremd her einge-
führt.
Im Magreb ragen vorzüglich Tunis und Marokko
durch ihre sehr mannichfaltigen, originellen und zum
Theil recht geschmackvollen Industrieerzeugnisse, na-
mentlich in der Weberei, Lederzurichtung u. s. w.
hervor. Derartige Producte finden, wenn auch viel-
fach nachgeahmt oder verfälscht (und dann bleibt
immer doch die Urwüchsigkeit der Muster anzuerkennen),
gerade zur Jetztzeit, ähnlich wie die vielleicht prak-
tischem, aber weniger gefälligen japanischen und chine-
sischen Waaren, Absatz auf europäischen Märkten.
Die Stämme des Weissen Nil liefern nur wenig be-
merkenswerthe Producte des Kunstfleisses. In Ceutral-
sudan dagegen verfertigt man sehr gut gewobene üeber-
würfe oder Toben (S. 108). In den Hausaländern ar-
beitet man recht hübsch in gefärbtem Leder (S. 104).
Die Zeuge der Westafrikaner aus Baumwolle, Wein-
palnienblatt und andern Pflanzenfasern, ihre Korb- und
M.ittengeflechte, ihre Holz- und Elfenbeinschnitzereien,
die (ToMscliinirdewaaren der Aschanti verdienen alle
iWachtuuL'. Man sieht in diesen Producten selten ganz
bunte Farben, wie bei Bedja, Abyssiniem und Funje,
sondern mehr nur eine höchst bestechende Abwechse-
lung von stumpferm Gelb, Braun in verschiedenen Schat-
tirungen, von Schwarz, Roth und Grün. Wer die Ni-
gritier für farbenblind, oder wer ihren Farbensinn für
noch unentwickelt hält, mag sich an derartigen reizen-
den coloristischen Zusammenstellungen eines Bessern
belehren. Die Industrie der Südafrikaner liefert ausser
158
Drittes Buch.
den bei den Kaifern üblichen wasserdichten Körben,
kunstvoll gearbeiteten Holz- oder Hornlöffeln und auch
den (S. 112) erwähnten Perlenstickereien, nichts Er-
hebliches.
Bei dem Reichthum Afrikas an vorzüglichen Hölzern
steht die Schnitzarbeit obenan, und selten findet man
ein von Nigritiern bewohntes Land, in welchem nicht
vortreffliche Ruhebetten, Bänke, Stühle, Schemel, Pfeifen-
rohre u. s. w. aus Holz gearbeitet würden. Ueber die
gern geübte Verzierung der Kürbisschalen wurde schon
auf S. 105 berichtet
fW
Fig. 67—70.
Oesohnitzte Schemel und Gefässe der Niam-Kiam.
In diesem Erdtheil sind die Handwerke oftmal»
»kastenartig vertheilt. Bei manchen schwarzen erobern-
den Völkern werden gewisse als untergeordnete be-
trachtete Industrien den Unterworfenen überlassen und
werden letztere danach in Klassen und in Kasten
gesondert. In andern afrikanischen Gebieten verliert
sich die kastenartige Eintheilung der Industriellen bis
in das graue Alterthum hinauf und sind deren Ur-
sprünge jetzt nicht mehr oder nur noch sehr unvoll-
kommen nachzuweisen. Eine gewisse Pariastellung
kommt meistens den Eisenarbeitern zu. Man ge-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. löU
braucht sie sehr nothwendig, betrachtet sie aber trotz-
dem als halbe Zauberer, mit einem aus Furcht und
Hass gepaarten Gefühl. Eine interessante Zunft bilden
in vielen afrikanischen Gebieten die Wan de rscli miede.
Deren pilgern namentlich viele länj^s des Weissen Nil
und in Sennar von Dorf zu Dorf. Sie verirren sich
nach Nordsennar, woselbst sie der comraandirende Bei
huldvoll behandelt, wenn nur der Haddad, der Eisen-
schmied, gelegentlich eine Zaumkette, eine Säbelscheide
oder dergleichen des gebietenden Herrn auszubessern
beflissen ist. Sonderbarerweise beschuldigt da und in
Habesch der Volksmund die durchschnittlich sehr harm-
losen Leute, sich nachts in Hyänen und in andere Un-
geheuer verwandeln, in solcher Gestalt aber den scheuss-
lichsten Unfug treiben zu kön-
nen. Die Wanderschmiede sind , '^'^'^SIS^v
eine zu charakteristische Er- /^!\/^^-^^^) "^^
scheinung , als dass wir nicht f '
einen Augenblick bei ihnen ver- '^
weilen möchten. Sie rekrutiren
sich hauptsächlich in eisenreichen ^
Districten, so in Südsennar, bei
den Bari der Belenian- und Ke- •^'>- J^i^Jär Baickr"'"
rekberge u. s. w. ; sie gebrauchen
keinen grossen Apparat; da sind ein plumper Eisen-
klotz als Hammer, ein fester Stein als Amboss und ein
rober Blasebalg, an welch letzterm der Gehülfe aus
zwei Lederschläuchen Luft durch eine gemeinschaft-
liche, in Thon gearbeitete Ausgangsröhre presst. Was
nun die Leute mit solchen simpeln Mitteln leisten,
macht ihrem Geschick, ihrer Routine alle Ehre. Statt
der Bezahlung nehmen die Schmiede meist die Nah-
rungsmittel an, welche zu ihrer täglichen Nothdurft
gehören.
Die Stoflweberei geschieht meist auf liegenden Web-
stühlen von einfachster Construction. Stehende Webstühle
werden bei den Ischoggo Guineas gefunden; dieselben
ähneln den altägyptischen sowie gewissen vorgeschicht-
ino
Drittes Buch.
liehen europäischen Webstühlen, wie z. B. Professor Wor-
saae dergleichen abbildet.^* Ueberhaupt wird man unter
den afrikanischen Schmucksachen, Gerätheformen und
sonstigen Industrieerzeugnissen immer noch mancherlei
wahrnehmen, was in seinem ganzen Stil und Muster an
ähnliche Producte unsers Bronze- und Eisenalters er-
innert. In dieser Hinsicht ist ein Gang durch ein
/<;/.
Wiiuderscliiuieilc und ackernde Schwarze am Weissen Nil.
grösseres archäologisch-ethnologisches Museum sehr be-
lehrend. Immerhin gestattet schon eine Vergleichung
der Werke von Worsaae, Hans Hildebrand, Montelius,
I^orunge und andern bedeutenden Alterthumsforschern
des Nordens mit den in neuern afrikanischen Reise-
werken enthaltenen Abbildungen ein günstiges Er-
gebniss für comparative Forschung.
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. \i]\
7. Handel und Verkehr.
Der Afrikaner verschiedener Nationalität ist zum
Commerz wie geboren. Der Aegypter, iNIagrebiner,
Bedja, Abyssinier, die Nigritier, sie alle vereinigen
PfiÖ'igkeit und Suada mit Zähigkeit, welche Eigen-
schaften nothwendige Erfordernisse für die Erwerbung
kaufmännischer Geschäftsklugheit sind. Ein Fellach
kennt die IJedeutung des Geldes so gut wie irgendein
Djaali, und der marokkanische Pantoffelhändler weiss
8OW0I die Colonnadenthaler und Maria-Theresienthaler
auf ihre Güte zu prüfen, wie der Suaheli in Zanzibar
die Guineen, Rupien und Toman. In vielen Gegenden
Afrikas ist Geld nicht gebräuchlich, vielmehr dienen
Tauschgegenstände und das Geld vertretende, oftmals
ganz indifferente, werthlose Dinge zur Unterhaltung des
Verkehrs. Aber auch mit solchen Geldeswerth symboli-
sirenden 'Gegenständen wissen der Pullo wie der Kanori,
der Fiodt wie der Funje, der Monyamezi M'ie der Zulu
Bescheid. Geiziges Festhalten am Besitz, Ergaunern
von neuem Geld und Lust am Uebervortheilen sind
durch alle Stämme des Continents verbreitet. Der
Afrikaner feilscht gern und lange; er fliesst von Bered-
samkeit über, er vertrödelt Zeit und verschenkt zahl-
lose Worte, wenn es die Einfädelung, Weiterführung
oder Beendigung irgendeines Handelsgeschäfts gilt. Im
allgemeinen nur Detailkrämer, erstehen unter den Afri-
kanern auch manche grossartige, wahrhaft königliche
Kaufleute von weiter Umsicht und von riesiger Ge-
schäftsausbreitung; das entwickelt sich namentlich in
Gegenden, in denen gewisse, dem Grosshandel anheim-
fallende, auf dem Weltmarkte gesuchte Waaren, wie
z. B. Gold, Elfenbein, Palmöl, arabisches oder Copal-
gummi, Straussfedern, Häute u. s. w. erzeugt und ver-
trieben werden. In vielen Gegenden sind die Häupt-
linge die ersten, oft sogar die einzigen Kaufleute des
Stammes, sie monopolisiren auch gewisse Artikel voU-
Haetmanv. 11
|ß2 Drittes Buch.
ständig. Bei andern afrikanischen Völkern bilden da-
gegen die Kaufleute wie bei uns einen gesonderten
Stand. In wieder andern Stämmen handelt alles pele-
mele nach Belieben durcheinander. Feste Normen exi-
stiren im erstem und letztern Falle keineswegs. An
manchen Plätzen herrscht in Handel und Wandel Ord-
nung, an andern nicht.
Schon im ägyptischen Alterthum blühte der
Handel; die Kaufleute bildeten damals eine rührige
Menschenklasse. Das Land führte viele Erzeugnisse
auf die fremden Märkte und nahm viele ausländische
Producta in sich auf. Die Pharaonen erbeuteten man-
cherlei auf ihren Kriegszügen; die Inschriften nennen
darunter kostbare Hölzer, Balsame, Oele, Butter, Grün-
stein, Blaustein (z. B. von Babylon), Erze, z. B. Blei,
Natron, werthvoUe Geräthe, Waffen u. s. w. u. s. w.
Die Kaufleute holten aber auch, zum Theil selbst auf
grossen Handelsexpeditionen, z. B. vom Somallande,
Weihrauch u. s. w. herbei. Napet, Meroe, Myos Hor-
mo«, Adulis u. s. w. scheinen bedeutende Emporien für
den Handel mit den Südlanden gewesen zu sein. Bei
den bekannten streng bureaukratischen Einrichtungen
unter den alten Nilbewohnern, in deren Regierungs-
sitzen das Schreiber- und Kanzleiwesen eine so unge-
mein hervorragende Rolle spielte, fehlte es nicht an
amtlicher Controle. Die öffentlichen Wagen zeigten
die genaueste Einrichtung, die dabei benutzten, öfters
in Form von Thierköpfen und von andern Naturkör-
pern dargestellten Gewichte scheinen höchst sorgfältig
gearbeitet gewesen zu sein. Seefahrt, ausgedehnter
Schiffsverkehr auf Flüssen, Kanälen und Landstrassen,
grosse Transportwagen, Esel und Eselbastarde, mensch-
liche Träger u. s. w. konnten den Verkehr zu Wasser
und zu Lande in ausgedehntester Weise vermitteln.
Da gab es grosse Jahresmessen, wie deren noch heute
sich in genauer Copie der alten Zustände wiederholen.
An grossen ^Märkten und Messen fehlt es heute auch
auf andern afrikanischen Plätzen keineswegs. Da ge-
H&usliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 163
wahrt man reges Leben und alle möglichen Artikel.
So fanden wir auf der im Mai statthabenden Jahres-
messe zu Ilellet-Idris, dem Hauptorte der Funje am
Guleberge: Roheisen, Goldstaub, Goldsachen, Silber-
schmuck, Elfenbeinringe, Elefantenzähne, Stücke von
solchen, Flusspferdzähne, Stücke Elefantenhaut zu Schil-
den, Stücke Flusspferdhaut zur Verfertigung von Kar-
batschen, Rhinoceroshorn, Zibeth, Moschus, Weichsel-
kirschen, celtischen Baldrian, Sandelholz, Futne (stark
duftendes Oel, namentlich Geraniumöl), indischen und
abyssinischen Pfeffer, Steinsalz, Kaflfee, Bockshornsamen,
Kümmel, Gewürznägelein, Muskatnüsse, Macis, Ingwer,
Medicamente (wie Kusso, Isländisches Moos u. s. w.),
Strauss- und Marabufedern, Farbstoffe, wie Indigo,
Krapp, Curcumä, Saflor, Fernambuk; Hölzer, wie Ba-
banus (Ebenholz von Dalbergia melanoxylon) , Kitter
(von Acacia mellifera), Sidr, Hedjlidj, Bambusröhre,
roth gegerbte abyssinische Rindshäute, amerikanisches
Baumwollzeug, Toben, Kattun, Schnupftücher, rothe
türkische Kappen (Tarbusch), weisse Untermützen (Ta-
kien), rohe und gesponnene Baumwolle, Halsschnüre
von allerhand Material (Glasfluss, Ebenholz, Harz),
Matten, Körbe, Döschen zu Augenlidschminke und zu
Schnupftaback , in Pappe und buntes Papier gefasste
Spiegel, Lederarbeiten der verschiedensten Art, Waffen,
Hacken, Zängelchen zum Herausreissen vonHaarenu.s.w.,
Durra, Dochn, Sesam, Wachs, Honig, Rohzucker, Schlacht-
vieh, Reitthiere, selbst lebende Thiere (Affen, Genett-
katzen, Stachelschweine, Igel, Papagaien u. s. w.).
Um die Märkte und Messen dreht sich ein gutes
Stück afrikanischen Volkslebens. Vielen, auch ein-
heimischen Bewohnern dieses Festlandes dienen die
Handelsunternehmungen zur Befriedigung ihrer urwüch-
sigen Reiselust, ihres eigenartigen Wandertriebes. Man
sieht nigritische Geschäftsleute oftmals gewaltige Länder-
strecken durchziehen, um einen geringen Kram zu ver-
treiben. Neues anzuschaffen und irgendwo wieder zu
verschachern. Die mohammedanischen Berbern und
11*
Jß4 Drittes Buch.
Nigritier benutzen auch den Hadj, d. h. die Pilger-
reise (nach Mekka), um unterwegs gelegentliche Han-
delsspeculationen auszuführen. Der Koran lässt dies
geschehen. Obenan stehen hierin die schon vielge-
nannten Djaalin, welche nicht allein kleine Industrie-
waaren, sondern auch Droguen und Arzneien ver-
handeln.
Der geregeltere Marktverkehr in Centralsudan ist
uns durch M. Park, Lyon, Caillie, Denham, Clapperton,
Oudney, Barth, Beurmann, Rohlfs, Nachtigal u. a. in
genügender Weise geschildert worden. Aber auch im
Westen fehlt es nicht an Marktregeln, welche, abge-
sehen von den überall vorkommenden Willkürmaass-
nahmen und Eingriffen despotischer Gewalthaber, im
allgemeinen befolgt zu werden pflegen. Bei den Funje
und in Innersudan existiren Schekhs der Märkte und
der Kaufleute. Zu Kanno, einem der besuchtesten
Marktplätze Innerafrikas, vermiethet nach Clapperton
der Marktschekh die Buden für einen gewissen Preis
den Monat, und das Geld macht einen Theil der Ein-
künfte des Statthalters aus. Einer bestimmt auch den
Preis aller Waaren, wofür er eine Kleinigkeit bekommt,
50 Whyda oder Kaurischnecken von jedem Kauf,
der etwa 8000 Kauris beträgt. Der Verkäufer gibt
jedem Käufer einen bestimmten Theil des Preises als
angeblich segenbringend, als eine Art Heck- oder
Glückspfennig, zurück. Clapperton rühmt die Yortreff-
lichkeit der Kauris als Scheidemünze ; sie können nicht
nachgeahmt werden und bilden bei der Geschicklich-
keit der Leute im Rechnen ein bequemes Mittel, um
schnell auseinander zu kommen. Die verschiedenen
Waaren haben ihre bestimmten gesonderten Plätze u. s.w.
Viele Märkte in Guinea sind reich versorgt, so z. B.
Kumassi, Agbome, Whyda, Benny u. s. w. Auf den
Kimbundamärkten herrscht nach Magyar eine meist ge-
naue Preisregulirung. Die Bonnyer im Nigordelta sind
nach H. Küler, dem wir eine interessante kleine Mono-
graplüe über diese Gögend verdanken, eine durch und
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 165
durch kaufmännische Nation, da nur der Handel es
ihnen möglich macht, ihre nichts producirende Küste
zu bewohnen. Sie schaifen für die Waaren der Weissen,
die sie als Zwischenhändler mit grossem Profit ins
Innere absetzen, von dort sich die nöthigen Lebens-
mittel, Mais und Yams, herbei. Wenn nun zwar die
ursprünglichen Verhältnisse des Landes sie gezwungen
haben, vorzugsweise im Handel ihre Existenz zu suchen,
so muss man doch jetzt sagen, dass sie sich vortreff-
lich in die süsse Gewohnheit dieses physischen Zwanges
bineingelebt haben und recht con amore Kaufleute
sind. Der Handel hat ihren Speculationsgeist geweckt,
und ihm verdanken sie es, dass sie regsamen, streb-
samen Sinnes sind und weniger wilde Sitten haben als
andere benachbarte Stämme. Er hat ihnen aber auch
die Schlauheit und Verschmitztheit gelehrt, die ihnen
im Verkehr mit den Weissen so gut zu statten kommt,
und hat sie mit der Lüge und dem Truge vertraut
gemacht. Unter sich selbst stehen sie in beständigem
Kauf- und Tauschverkehr, und das Messer oder Tuch
u. dgl., was heute dem einen von ihnen gehört, ist
morgen in den Besitz eines andern gekommen, der
wieder damit zu speculiren sucht. Cameron schildert -^^
uns den Markt zu Kawele in Udjidji, auf welchem es
sehr lebhaft zugeht, der von den Völkerschaften Uguhas,
Uwiras, Urundis und vielen andern am Gestade des
Tanganykasees besucht wird. Die Leute bringen Mehl,
süjfse Kartoffeln, Yams, Oelpalmfrüchte, Bananen, Ta-
back, Tomaten, Gurken, Töpfergeschirr, Pombe, Palm-
wein, Fische, Fleisch, Ziegen, Zuckerrohr, Netze, Holz
zu Speeren und Bogen, Basttuch, Korn, Ruder, Netz-
garn, Eisengeräth, Salz, Palmöl. Jeder Verkäufer hat
täglich denselben Platz inne; viele bauen sich auch
kleine Hütten aus Palmzweigen. Unter der Menge der
Käufer und Verkäufer gehen andere Trupps umher, die
von andern entferntem Gegenden nach diesem Mittel-
punkte des Handels kommen, um Sklaven und Elfen-
bein abzusetzen, und da bei dem ganzen Handel so
166
Drittes Buch.
laut als möglich geschrien wird, so ist der Lärm be-
täubend, liier wird alles mit Perlen bezahlt, welche
Hunsliclu- Einrichtungen u. s. \v. drr Afrikaner. 167
Sofi genannt werden und ähnlich wie in kleine Stücke
gebrochene Pfeifenröhre aussehen. Leute mit Quer-
säcken voll solclier Perlen wechseln diese bei Beginn
des Marktes an Marktbesucher, die Einkäufe zu machen
gedenken, tauschen sie nach Beendigung des Marktes
von den Verkäufern wieder ein und machen natürlich,
wie gewöhnlich die Geldwechsler, bei beiden Geschäften
ihren Profit.
In den mohammedanisch-afrikanischen Gebieten spielt
bei allen Werken des Kaufs oder Verkaufs eine grosse
Rolle der Delläl, eine Art Auctionscommissionär oder
Makler, wenn auch nicht gerade häufig ein elirliche •.
Aehnliche Mittelspersonen zeigen sich sogar in den
heidnischen Gebieten. Es scheint dieser Personen-
stand ein nothwendiges Erforderniss jedes auch nur
einigermaassen geregelten Handelsverkehrs zu sein. Der
Makler entwächst gewissermaassen dem Markte selbst;
natürlicherweise darf man ihn ebenso wenig im Rancho
oder Wigwam des Indianers wie in der Hütte des
Buschmann suchen.
Ein ganz eigenthümlicher Handelsverkehr entwickelt
sich in denjenigen westafrikanischen Küsten und Küsten-
flüssen, an denen der Export von Palmöl blüht. Die
europäischen Kaufleute, welche das fettige Product
ankaufen, wohnen auf den dort sogenannten Hulks
oder Oelschiffen, abgetakelten Fahrzeugen von euro-
päischer Construction, welche als Kaufplätze und Maga-
zine zugleich dienen. Diese schwimmenden Factoreien
sind gewöhnlich mit einigem Comfort ausgestattet und
werden den "Wohnungen an sumpfigen ungesunden Land-
plätzen vorgezogen. Dass es in einer solchen Factorei
nicht an tausenderlei Tauschartikeln für die Schwarzen
fehlt, ist selbstverständlich.
In Südafrika benutzen reisende Händler die hier üb-
lichen riesigen, vierräderigen Planwagen, als fahrende
Magazine, von denen aus sie ihren Schacher mit Hotten-
totten, Kafifern und Betchuanen unterhalten können.
In Ostsudan pflegen sich die Berabra als Kaufleute
1(53 Drittes Buch.
und Kaufdiener, als Leibdiener und bewaffnete Begleiter
zu verdingen. Intelligent und desperat, sind sie die
Mittelspersonen geworden, mit deren Hülfe sich eine
thuls friedliche, theils gewaltsame Eroberung eines Un-
geheuern Ländergebietes von Centralafrika für Aegypten
eingeleitet hat.
In Nordafrika herrscht bis etwa zum 10^ nördl. Br.
der Karavanentransport zu Kamel. In Ostsudan lassen
die sogenannten Kamelschekhs, d. h. die Häuptlinge
der hauptsächlich die Kamelzucht betreibenden Stämme,
während der auf unsern Sommer fallenden Regenzeit
jene Lastthiere nur sehr ungern über den 13^ nördl. Br.
nach Süden ziehen; letztere leiden alsdann zu sehr von
Bremsen, Dasselfliegen, Zecken, von der Nässe und von
feuchtem Futter. An der Ostküste reicht die Kamel-
zucht über den Aequator hinaus bis zu den Flüssen
Odzi und Dana hinab.
Der Karavanenverkehr wird in diesen Gegenden
übrigens nach ganz bestimmten Normen geregelt. Füh-
rung, Disciplin unter den Theilnehmern, Abgaben u. s. w.
unterliegen strenger Controle und zwar theils durch
die Kaufleute selbst, theils durch die Behörden der
von den Handelszügen berührten Länder.
In Südafrika werden die S. 167 erwähnten, mit vielen
Paaren rüstiger Ochsen bespannten Wagen zum Waaren-
transport benutzt. Im übrigen Afrika dagegen dienen
menschliche Träger, im Osten des Erdtheils Pagazi ge-
nannt. Sie rekrutiren sich aus allerhand Stämmen und
schleppen ihre Lasten, gewöhnlich etwa 50 Pfund für den
Mann schwer, auf ihren Köpfen. Zum Schutze der
Trägerkaravanen werden in Ostsudan und in Ostafrika
sogenannte Soldaten, Asaker (Sing. Askeri) oder Farucli
(Sing. Farcha oder Basingir) angeworben, zu welchem
Handwerk die Berabra, Denka, Bongo, Niam-Niam und
selbst die indischen Beludschen sich besonders geeignet
erweisen. Cameron traf von den letztern 1000 Mann
allein in ünyanyembe.
Die Händler haben tief im Innern ihre Factoreien,
Häusliche Einrichtungen u. p. w. der Afrikaner. 1(39
welche mit Dornverhauen oder gar mit Verpalissadi-
rungen umgeben sind. In den ehern Nilländern nennt
man eine solche Niederlassung Zeriba. In den Gegen-
den des Weissen Nils und des Gazellenflusses hatte sich
während der Jahre 1S45 — 68 von den Zeribas aus eine
infame Art des Handels etablirt. Dieser nahm seinen
Hauptsitz zu Chartum. Europäische, türkische, ara-
bische, koptische und nubische Händler sandten nämlich
ihre Barken voll Bewafl'neter und ihre Träger aus,
Hessen Elfenbein, Sklaven oder Vieh rauben und letz-
teres wieder gegen Elfenbein und Sklaven theils an
die beraubten Stämme selbst, theils an fremde Stämme
austauschen. Durch diese schandbare Art des Verkehrs,
an welchem sich vielgenannte europäische Häuser, der
Vaudey, De Bono, Poncet, A. de Malzac u. s. w. stark
betheiligten, wurden weite Landstriche mit Brand,
Mord und Plünderung heimgesucht, sie wurden auf
Generationen hin verwüstet. Acte gemeiner Barbarei
wurden von den Banditen begangen und von selten
der Schwarzen durch blutige Repressalien geahndet.
Solche Scheusslichkeiten riefen endlich das Einschreiten
der ägyptischen Behörden wach, und nachdem nun auch
eine gute Anzahl arabisch-nubischer Händler, die Ghat-
tas, Abdes-Sammat, Biselli und andere Würdige sammt
ihrer Räuberbrutr theils am Fieber crepirt, theils zu-
sammengehauen, in den Kochtöpfen nigritischer Kanni-
balen geschmort oder von den Aegyptern in Ketten
gelegt worden sind, scheint der Unfug nachgelassen zu
haben, wenn er auch leider noch nicht gänzlich ausge-
rottet werden konnte. ^^
Es darf hier wol kaum hervorgehoben werden,
dass der Sklavenhandel seit alten Zeiten einen sehr
grossen Theil des afrikanischen Handels überhaupt ge-
bildet hat. Es ist ja über diese fluchwürdige Ein-
richtung schon 80 unendlich viel geschrieben, es ist
das durch sie über den dunkeln Continent gebrachte
Elend in so markerschütternder W^eise dargestellt worden,
dass wir hier davon schweigen können. Wenn nun
170 Drittes Buch.
auch jener scheussliche Trafik, dessen selbst nur schüch-
terne Beschönigung wir gern unsauberm ethnologischen
Pharisäerthura überlassen wollen, noch keineswegs gänz-
lich unterdrückt erscheint, wenn er auch in den ägyp-
tischen Besitzungen, im türkischen Magreb, in Marokko,
an der Ost- und Westküste hier und da weiter wuchert,
so gehört er gottlob dennoch zum grössten Theile
bereits der Geschichte an.
Sehr interessant sind die Mittheilungen, welche uns
L. Magyar über den Karavanenhandel in den Hinter-
ländern von Angola und Benguella gibt. „Unter den
grössern und kleinern Karavanen (Ambakkas)" — so
sagt unser Reisender — „welche aus verschiedenen
Gegenden Innerafrikas und auf verschiedenen Wegen
an die Küsten kommen, zeichnet sich die von Bihe
aus, nicht blos durch ihre Anzahl und Waffenmacht,
sondern auch durch den Werth der mitgebrachten
Waaren, als da sind: Elfenbein, Rhinoceroshörner, Wachs.
Die Karavane von Bihe kommt gewöhnlich jedes Jahr
zweimal nach Benguella, wo sie die mitgebrachten
Waaren für europäische Erzeugnisse umtauscht. Eine
solche Karavane besteht oft aus 3000 Köpfen, von
welchen wenigstens die Hälfte bewaffnet ist; da es
hierzulande keine Saumthiere gibt, so werden alle
Waaren, auch in die entferntesten Gegenden, von Men-
sclien transportirt. Der Vortrab der Karavane kommt
gewöhnlich zwei oder drei Tage früher an, um die
Kaufleute von der Ankunft des Zuges im voraus
zu benachrichtigen. Diese rüsten sich nun zum Em-
pfang der Gäste und schaffen die nöthigen Lebens
mittel und Tauschartikel herbei. Dann kommt die
Karavane in mehrern kleinern und grössern Haufen
an; die einzelnen Abtheilungen begeben sich mit ihren
Waaren sogleich zu ihren Bekannten, um sich daselbst
einzuquartieren. Diejenigen, welche Waaren zum Ver-
kauf gebracht haben, kleiden sich nach Vermögen in
neue Stoffe und bringen die ersten drei Tage nach
ihrer Ankunft mit Essen und Trinken zu. Hierauf
Häusliche Einrichtungrcn u. 8. w. der Afrikaner. 171
begiunt der Tauschhandel, welcher sechs Tage nach-
einander dauert ; endlich werden die eingetauschten
Waaren verpackt und unter die Lastträger vertheilt."
„Bis werden viele und verschiedenartige Waaren ins
Innere Afrikas transportirt; daher erfordert das ge-
hörige Verpacken derselben, damit sie nicht wegen der
langen Reise infolge des Regens oder anderer Um-
stände beschädigt oder ganz verdorben werden, sowie
auch die richtige Vertheilung unter den Lastträgern
eine grosse Geschicklichkeit und Routine. Denn wenn
man den Lastträgern eine zu grosse Last aufbürdet,
so kann es leicht geschehen, dass sie darunter zusam-
menbrechen und dieselbe mitten in der Einöde liegen
lassen. Ein Träger von Bihe wird gewöhnlich mit
einer Last von 64 Pfund beladen und ausserdem muss
er auch seine Nahrungsmittel, Waffen, Kochgeschirr
und die Schlafmatte tragen, sodass die gesammte Last
90 — 95 Pfund beträgt" u. s. w. Magyar bemerkt dann
weiter, dass jede Karavane ihren Chef (Som Ambakka)
habe, und jeder einer solchen sich anschliessende Rei-
sende der Leibdiener bedarf, von denen einer, der
Kissongo, welcher für das Leben und die Sicherheit
seines Herrn wacht, von diesem gewissermaassen adop-
tirt wird. •* "*
Im Schutze der osmanischen Besitzungen und der
europäischen Colouien finden sich in den verschiedenen
Gegenden Afrikas zahlreiche europäische Etablissements
für den Handel; aber es gibt deren auch auf unabhängi-
gen Gebieten. Diese sorgen dann selbst für ihre Sicher-
heit. An der Congo- und Loangoküste hat eine hol-
ländische sehr betriebsame Gesellschaft, die Afrikaansche
Handelsvereniging, schon vielen Boden und grossen Ein-
fluss erworben. •
Gegenwärtig circuliren in Nord- und Südafrika, so-
wie an den Ost- und Westküsten eine grosse Anzahl
europäischer und amerikanischer sowie auch dem indo-
britischen Reiche angehörender Münzen; manche der
mohammedanischen Staaten prägen eigenes Geld. In
172 Drittes Buch.
Abyssinien hat selbst heute noch der Maria-Theresien-
thaler seinen Werth, in Ostsudan geht neben diesem
der altspanische Colonnadenthaler. Als Zahlungs-
objecte von geringerm Geldwerth dienen Durrakörner
(z. 13. in Sennar und in Obernubien), Kauris, Glasperlen,
Samen, Zeugstücke und Spateneisen (S. 134). Der
Glasperleu gibt es so ausserordentlich verschiedene Sorten,
dass man mit ihrer Aufzählung allein die Seiten eines
Schriftchens füllen könnte (S. 112).
Das Zeuggeld umfasst ebenfalls viele Arten von
Palmfaser- oder Gras- auch Rindenstoff, oder von Baum-
wollgeweben. Unter letztern liefern der englische, in-
dische und amerikanische Markt eine wunderbare Aus-
wahl, so die Merikanis oder Malekamis, Kanikis, Fa-
zendas u. s. w. Sie werden in Stücke von verschiedener
Grösse geschnitten oder gerissen und bilden so eine
vielbegehrte Scheidemünze. In ähnlicher Weise dient
Dowla, eine geringere Sorte indischen Seidenstoffs.
Die Kaurischnecken (Cypraca moneta) passen wegen
ihrer zierlich gerundeten Gestalt und ihrer porzellan-
artigen Weisse nebenher häufig als Schmuck. In Nord-
ostafrika bildet endlich ctas abyssinische Steinsalz eine
geringwerthige Münze (S. 152).
Die Schiffahrt der Afrikaner ist zu unserer Zeit
nur unbedeutend. Die alten Aegypter befuhren nicht
allein den Nil, sondern auch das Meer mit grossem
Erfolge; ihre mächtigen Galeren fochten bei Salamis
und bei Actium mit. Zu Nekao's Zeit scheinen ägyp-
tische Seeschiffe weite Fahrten längs den afrikanischen
Küsten unternommen zu haben. Sehr reges Treiben
entwickelte sich auf dem von Fahrzeugen aller Art
starrenden Nil. Diese ungeheuere Wasserstrasse diente
auch mehrern thatkräftigen Pharaonen, wie unter an-
derm einem Tutmes I., dazu, ihre Stromflotten gegen
die dunkeln Völker von To Chont (Dongola) und Kusch
(Sudan) vorzutreiben. Das alles ist gegenwärtig in
Verfall gerathen, wenngleich die Wasserstrasse des
Weissen Nils es den Aegyptern neuerdings ermöglicht
j^Y4 Drittes Buch.
hat, die Gebiete der Bari, Bongo u. s. w. militärisch
zu besetzen. Aber der alte Glanz existirt doch nicht
mehr; die Seemacht der heutigen Aegypter ist gleich
Null.
Die Karthager haben bekanntlich als altes Seevolk
das Ihrige geleistet. Wenn diese nun zwar zum grossen
Theile aus Fremdlingen (Phöniziern) bestanden, so
hatten letztere doch auch einen guten Theil Afrikaner,
Berbern, unter sich, die an dem Ruhme grossartiger
maritimer Bestrebungen theilnahmen. Später bildeten
die kecken Raubzüge der nordafrikanischen Korsaren
nur ein schwaches, trübes Nachspiel jener karthagischen
Grossthaten.
Fig. 75. Canot vou Arabadjholz.
An der Westküste Afrikas haben sich die Crooboys
oder Croomen, die Kru, einen grossen Ruf als kühne
und geschickte Seeleute erworben. An der Ostküste
sind ein Theil der Bewohner der Samhara oder des
abyssinischen Küstenlandes und die Suaheli ebenso gern
als Matrosen benutzt, wie die Leute von Mozambique,
wie die Komoraner und die Madegassen. Eine starke
Abneigung vor dem Meere haben die KafFern.
Der grössere Theil der afrikanischen Flüsse ist wegen
vieler Katarakten, Stromschnellen, Wirbel und Bänke
für die SchittYahrt nur wenig geeignet. Diese entwickelt
sich daher immer nur auf beschränktem Gebiet. Selten
verwenden hier die Nigritier grössere Barken, sie be-
Häusliche Einrichtungen n. s. w. der Afrikaner. 175
gnügen sich vielmehr mit nicht sehr grossen Canots,
nit Flössen u. s. w. Letztere werden am Weissen Nil
aus dem federleichten Holze des Ambadj (Hcnninicra
€laphroxylon)y in Borna aus Kürbisschalen verfertigt;
sie dienen nur dem kleinern Verkehr.
Dagegen bilden die weiten Aequatorialseen ein für
regen Schiffsverkehr wohl geeignetes Gebiet. Die
hier angesiedelten Nigritier unterhalten recht stattliche
und öfters phantastisch geschmückte Fahrzeuge. Vom
Hord derselben uua liefern sie erbitterte und blutige
Seeschlachten. Dergleichen Ereignisse schildert uns
unter anderm Stanley mit grosser Lebhaftigkeit. Kann
es wilder erregte Scenen geben, als die von ihm be-
schriebene grosse Seeschlacht zwischen den Waganda
und den Wawuma bei Cap Nakaranga? Es fehlt den
Xigritiern nicht an Talent zur Ausnutzung der Wasser-
wege, allein die Natur stellt ihnen zum Theil schwer
besiegliche Hindernisse entgegen.
8, Sitten und Gebräuche.
Kindheit. Die Kinder der Afrikaner verschieden-
artigster Nationalität sind durchschnittlich weit an-
iimthiger, verhältnissmässig geistig geweckter und
viel liebenswürdiger als die Erwachsenen. Man findet
unter den Sprossen der Bedja, der Funje, vieler echten
Nigritier überaus anziehende Persönlichkeiten. Es gilt
dies weniger vom frühesten Alter, in welchem gewisse
Misverhältnisse der Physiognomie und der sonstigen
körperlichen Gestaltung die Harmonie häufiger stören,
als an den gleichalterigen Kindern der Europäer. Viel-
mehr erscheint die Mehrzahl der afrikanischen Kinder
zwischen dem 5. bis 7. und dem 12. bis 13. Jahre am
holdesten. Namentlich bringt hier das Knabenalter
reizende Erscheinungen hervor. Da vereinigen sich öfters
schlanke Gestaltung, offener Blick, schnelle Auffassungs-
gabe, frühreife Urtheilskraft, freundliches Anschmiegen
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 177
und gutmüthiges Wesen zu einer trefflichen Oesnmnit-
erscheinung. Auch unter den sehr jungen Mädclien
trifft mau liebliche Geschöpfe: sie sind jedoch im all-
gemeinen stiller, demüthiger und zurückhaltender als
die Knaben. Heiterkeit ist den meisten Afrikanern
angeboren, und die Spielplätze ihrer Kinder sind die
Stätten fröhlicher Lust. Da geht es im Lärmen und
Schreien gar toll her. Ich glaube nach meinen eigenen
Erfahrungen und nach denen befreundeter Personen
nicht, dass unter den Kindern auf dem dunkeln Con-
tinent ein sehr viel anderes Gebaren herrsche als bei
unserer lieben Jugend daheim. Die Kinder der Indianer,
der Mongolen, der AVassermalaien und Creolen sollen
im allgemeinen ernster, ja düsterer sein als diejenigen
der Europäer, Polynesier und Afrikaner, namentlich
aber der Nigritier. Unter letztern gibt es auch hübsche
Kurzweil mit Früchten, Samen, Steinchen, befiederten
Stäben, mit geflochtenen Häuserchen, Nachbildungen
von Thieren aus Holz, Thon u. dgl., mit dem IJau von
Kraalen aus Sand u. s. w., endlich die Beschäftigung
mit zahmen, lebenden Thieren.
Freilich fehlt diesem sonnigen Bilde auch nicht die
schattige Kehrseite. In mohammedanischen Ländern
wird die Unbefangenheit des Kindes sehr häufig durch
wahnwitzige Furcht vor dem bösen Blick getrübt; da-
durch werden die abergläubischen Aeltern dahin ge-
bracht, ihre Sprösslinge zum Schutz gegen den Neid
der Nachbarn einzupferchen, in Schmuz und Unkennt-
niss aufwachsen zu lassen. Wo, wie bei islamitischen
Bambara, Fulbe, bei vielen Berbern, Djaalin u. s. w.
religiöser Fanatismus herrscht, da verlangt der als
Lehrer fungirende Marabout schon frühzeitig die ganze
Hingebung und die zerknirschte Frömmigkeit seiner
Talibe oder Schüler. Wiewol sich hier manchmal
ein ganz hübsches Verhältniss zwischen Lehrenden und
Lernenden entwickeln kann, so wird doch in den
meisten der letztern die Jugendfrische bei Zeiten durch
frenetische Ascese zerstört. Aus solchen Kindern er-
HABTMA55. 12
178 Drittes Buch.
wuchsen jene heiligen Streiter, mit deren Hülfe toll-
fanatische oder ehrgeizige Lügenpropheten, die Dan-
fodio, Hadj Omar, Mohammed-el-Amin u. a. ihre zer-
störenden Kriege gegen das Bestehende unternahmen.
Unter den heidnischen Völkern wird die Kindheit nicht
selten durch blödsinnige Furcht vor den Fetischen ver-
giftet. In noch andern Fällen knicken schnöder Sklaven-
raub und Sklavenhandel, scheusslicher Opferdienst und
wilder Kannibalismus gerade die zierlichsten Jugend-
blüten.
Auch entwickehi sich bei vielen Afrikanerkindern
schon im jugendlichsten Alter die schlechtem Seiten
des afrikanischen Charakters: Hang zur Faulheit, zur
Ausschweifung, zur Lüge und zur Grausamkeit. Schreck-
liche Tyrannen erwachsen manchmal aus noch im kind-
lichen Alter stehenden Nigritierfürsten. Junge Mädchen
können schon früh zu entsetzlichen Megären werden,
namentlich unter kriegerischen Nigritierstämmen.
Bei vielen Afrikanern wird der Uebergang aus dem
Knaben- zum Jünglings- und aus dem Mädchen- zum
Jungfrauenalter unter Beobachtung gewisser feierlicher
Gebräuche oftenkundig vollzogen; derartige Gebräuche
gibt es ungemein vielartige. Unter einem grossen
Theile der Nigritier ist die Beschneidung verbreitet.
Wahrscheinlicherweise ist sie von da auf die Juden
und Mohammedaner unter Vermittelung der alten Aegyp-
ter übertragen worden. Schwerlich hat dieser bis
zum Herzen Afrikas und bis zu den A-Bantu reichende
altübliche Gebrauch den entgegengesetzten Weg
genommen. Unter den islamitischen Stämmen wird der
Gebrauch nach dem bekannten Koranritus vollzogen.
Statt der Beschneidung, welche mit gewissen Einschrän-
kungen hier und da auch beim weiblichen Geschleclite
ausgeführt wird, dient unter Denka, Herero und andern
nigritischen Nationen das Ausreissen der mittlem untern
Schneidezähne als auszeichnender Act während des
Austrittes aus dem Knabenalter. Die kriegerischen
Amazulu hielten ganz besonders auf die Ausbildung
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 179
ihrer männlichen Sprösslinge im Waifcndienst, welche
beschnitten, dann später in den festen Lagern oder
Engandas untergebracht und hier ganz militärisch
dressirt wurden.
Aehnliehe Gebräuche herrschen unter den Betchuana.
Die Knaben kommen daselbst in die Koma oder Be-
schneidungsschule, hier werden sie durch allerlei Leibes-
qnal abgehärtet und in die Geheimnisse der Männlich-
keit eingeweiht ; natürlich erfolgt dabei die allen
Bantu gemeinsame Beschneidung. Die ganze Procedur
wird bei den Basuto das Polio genannt. Alle, welche
zusammen das Polio durchgemacht haben, bilden eine
Choera oder Kameradschaft. Auch die Mädchen unter-
liegen einem Polio. Sie müssen das Tauchen erlernen,
sich mit dem Feldbau beschäftigen; sie schulen sich
alsdann im Singen und Tanzen. Während der ganzen
Zeit verüben sie allerlei Muth willen und Unart. Die
dem Polio unterworfenen Knaben und Mädchen ver-
harren übrigens in strenger geschlechtlicher Absonde-
rung. (Endemann.)
Mannbarkeit und Alter. Die jungen Männer
der Bedja und Nigritier werden zum Viehhüten, zur
Jagd und zum Kriegsdienst angelernt. Bei manchen
Stämmen beider Guineas erhalten sie noch nicht Zu-
tritt zum Palaver, der öffentlichen Berathung, der nur
reifen Männern und gedienten Kriegern gebührt. Die
Mädchen unterstützen um die Zeit vor ihrer Verheira-
thung das weibliche Ilauspersonal.
Die mohammedanischen und christlichen Heirat hs-
ceremonien unter den Afrikanern sind, wenn sie auch
hier und da etwas landesübliche Beimischung erhalten,
von 80 bekanntem Zuschnitt, dass sie hier keine beson-
dere Erwähnung verdienen. Die in Aegypten und zum
Theil auch im Magreb herrschende schändliche Unsitte,
noch völlig unreife Kinder in das Ehebett zu geben,
und dadurch den ganzen Stamm der Entartung in die
Arme zu treiben, herrscht bei den Berabra, Bedja und
Nigritiern weit weniger. Magyar beschuldigt die Kim-
12-
180 Drittes Buch.
bunda dieser Unsitte. Sonst wird bei obigen Stämmen,
unter denen die Entwickelung des Körpers durchaus
nicht durchgängig in so rapider Weise vor sich geht,
wie es manche Reisende als allgemeine Regel aufge-
stellt haben, denn doch eine gewisse physische Reife
abgewartet, bevor man den Ehepact schliesst.
Das Weib ist grösstentheils eine Waare, die man
von den Aeltern um diesen oder jenen Preis ersteht.
Daneben soll aber der zuweilen eintretende Fall einer
einseitigen oder beiderseitigen Neigung gerechte Beur-
theilung finden. Ein Afrikaner kann sein Mädchen
lieben und muss doch, dem allgemeinen Brauche hul-
digend, sich dasselbe erst zum Anweiben für einen ihm
zugemutheten Preis erkaufen. Bekanntlich ist es aber auch
in unserm überfeinerten hypokritischen Europa vielfach
Mode geworden, sich sein mit so und so viel Mille
beschwertes Weiblein gegen Erlegung schnöder Kuppel-
gebühr zu erschachern. — Das jedoch nur beiläufig.
Auch beim afrikanischen Weibe ist die Liebe nicht
ausgeschlossen. Unter Gala und Bantu kam es vor,
dass erkaufte Weiber, welche den aufgenöthigten Ehe-
gatten nicht gut waren, sich lieber das Leben nahmen,
als dass sie den für sie entehrenden Pact schlössen.
Der Afrikaner wird seltener in die Lage kommen,
für seine Erkorene deren Aeltern klingende Münze
hinzuzählen; vielmehr wird die Gesponsgebühr aller-
meist in sehr realistischen Materialien, wie Zeug, Ge-
treide, Kühen und andern Hausthieren, in Goldstaub,
Elfenbein, Straussfedern, Gummi, Palmöl, Sklaven und
andern Handelsartikeln, in Waffen, Geräthen u. dgl.
erlegt.
Wenn ein Denka (Weisser Nil) heirathen will, so
pflegt er sich schon im Beginn der zwanziger Jahre
zu befinden. Er macht sich selten an ein Mädchen,
welches unter 16 — 18 Jahren steht. Der Kaufpreis
richtet sich hier nach dem Vermögen der Aeltern.
Für ein begütertes Mädchen bietet man 20—30 Ochsen
und Kühe, auch Kupfer- oder Messingdraht und Glas-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 181
peil*.... Zur Hochzeit veranstaltet man ein Pickenick
von Milch; man schlachtet eine Kuh oder einige Zick-
lein, schmausst auch wol halbgrüne Durraähren dazu.
Aehnlich geht es bei andern Völkern des Weissen Nils
und CentralatVikas her.
Der Bari ist nach Kaufmann noch mehr auf Viel-
weiberei erpicht als der Denka. Unser geistvoller
apostolischer Missionar erzählt, dass solche Bari, welche
recht gross thun wollen, sich alle Jahre ein neues
Weib nehmen. So besass der vielgenannte Häuptling
Nigilla zu Gondokoro über zwanzig Frauen. Manche
haben in der Hungerzeit (S. 149) wenige, nehmen aber
nach der Ernte die frühern Weiber und gar noch ein
neues zu sich. Diese Beispiele mögen darthun, in
welcher Art beim allergrössten Theile jener heidnischen
Nigritier die Ehen geschlossen werden.
Unter den Betchuana geht man etwas umständlicher
zu Werke. Hier muss ein Freund des Brautwerbers
die Erkorene ansprechen; der Werber befragt dann
die Aeltern des Mädchens, und sind diese gewillt, so
consultirt man endlich den eigenen Vater. Dann schickt
jener Weiber in den Kraal der Ersehnten, um letztere
in Augenschein nehmen zu lassen. Abermals werden
Weiber hingeschickt, die eine Art Scheinantrag stellen.
Darauf sendet der Vater des Mädchens Leute in den
Kraal des Werbers, um diesen aufzufordern, nunmehr
seinen Antrag zu formuliren. Die Mutter der Braut
sendet zugleich eine wohlgefüllte perlengestickte Schnupf-
tabacksdose in das Heimatdorf; dann ruft der zukünf-
tige Schwiegervater die Vetterschaft zusammen und
sucht ihr beim Palaver das für den Bräutigam als
Kaufpreis nöthige Vieh abzudrücken. Letzteres wird
in den bräutlichen Kraal getrieben. Nun wird dieser
vom Bräutigam und seinen Genossen aufgesucht, dabei
kommt es zu mächtigen Ess- und Zechgelagen. Zurück-
gekehrt, wartet der Bräutigam Wochen und Monde,
muss aber nun, bei Erneuerung seines Antrags, eben-
falls wieder Vieh abgeben. Endlich kommt man gegen-
132 Drittes Buch.
seitig überein. Nachdem noch die Anverwandten der
Braut Brandschatzung geübt, wird das Frauenzimmer
vom Bräutigam unter mancherlei Gasterei und Cere-
monien heimgeführt; unterwegs suchen die Braut und
ihre Begleiterinnen wieder Geschenke zu erpressen.
Die junge Frau kehrt nochmals zum heimischen Kraale
zurück, holt Sorghumbier, Mehl, Korn, Bohnen, Taback,
ihre Decken, Felle u. s. w. herbei. In der Folge gibt
es im neuen Hause grosses Geschmause und Gezeche.
Endlich, endlich hat die sehr weitschweifige Komödie
ihren Schluss erreicht! Missionsdirector Wangemann,
welchem wir diese ganze originelle Schilderung einer
Basuto-Hochzeit verdanken, begleitet seine Auseinander-
setzung mit den für seine Berufsthätigkeit charakte-
ristischen Worten: „Was das ungebührliche Maass von
Essen, Trinken und manches andere bei diesen Ge-
bräuchen betrifft, so finden wir ja leider auch bei uns
Christenleuten viel ähnliches. Aber dort unter den
Heiden ist das Fressen und Saufen nur noch der ge-
ringere Theil der Feier, denn in allen seinen Gebräuchen
zielt das Heidenthum auf Fleischessünden, Lügen, Zau-
bern, Geld- und Bluterpressen, und bedeckt all diesen
Moder und Todtengebein nur mit einem ganz dünnen
Tuche, das wie Freude, Höflichkeit und Freundlichkeit
aussieht." 3^
Da nun die Weiber in Afrika Geld kosten oder wenigstens
Geldeswerth haben, so kommt es ihretwegen unter den
nigritischen Stämmen des Innern auch wol zur Fehde.
Letzteres geschieht namentlich dann, wenn die Familie
oder der Tribu einer geschiedenen Frau die Zurück-
stellung des Kaufpreises verweigern. Das Los der
Frau ist in Afrika im allgemeinen kein glückliches.
Erhandelt, bildet sie den meist ausschliesslich arbei-
tenden Theil der Bevölkerung, wogegen der Manu
auf Ratlisversammlungen geht, beim Biertopfe sitzt, in
den Krieg zieht, Jagd und Fischfang betreibt, im übri-
gen aber faulenzt und sich von seinem weiblichen Per-
sonal bedienen lässt. Nur bei manchen Stämmen, z. B.
Häusliche Einrichtungen u. s. \v. der Afrikaner. 183
den Funje, Schilluk, Nuer und Bari hilft auch der
Mann beim Feldhau und auf der Viehweide.
Hier und da haben die Frauen gewisse Vorrechte.
So z. B. ist in Centralafrika das Vorkommen von Po-
lyandrie constatirt worden. Bei den Hasanie, einem
Bedjastamm der südwestlichen nubischen Steppe, darf
die Gattin für sich den dritten Tag jeder Woche in
Anspruch nehmen und alsdann ihre Gunst einem andern,
z. B. einem durchreisenden Fremden, gewähren. Unter
manchen nigritischen Völkern sichert das Amazonen-
thum wenigstens gewissen Weiberklassen besondere Privi-
legien. Im Gebiete des Weissen Nils werden die Frauen
zur Kriegszeit geschont.
Da Vielweiberei über das ganze islamitische und
heidnische Afrika verbreitet ist, so muss die Ehegattin
ihre Stellung mit Nebenbuhlerinnen theilen. Im Gefolge
dieser Verhältnisse entwickeln sich alle die schon so
häufig und so beredt geschilderten Schattenseiten der
Polygamie. Unter manchen Nationen, namentlich den
Aschanti, Dahome , Balonda und Bantu besitzen die
Fürsten eine grosse Zahl von Weibern. Unter diesen
wird es stets einige Favoritinnen geben, aber trotzdem
trägt die ganze schreckliche Unsitte ihre bösen Früchte.
Auch fehlt es nicht an Kebsweibern und an gelegent-
lich den Gelüsten des Hausherrn dienenden Sklavinnen.
Einigermaassen werden die schlimmen Seiten der Viel-
weiberei dadurch gemildert, dass die einzelnen Weiber
ihre eigene, getrennte Oekonomie führen; das lässt
sich z. B. in Sennar überall beobachten. Unter den
Kaffem hat nach Merensky jede Frau ihr eigenes Haus,
ihren eigenen Hof, ihren Garten und ihr eigen Geräth.
Die Ehescheidung ist überall üblich und wird bald
einmal wegen ganz geringfügiger Ursachen ins Werk
gesetzt. Die 65. Sure des Korans schreibt vor, dass,
wenn Sühneversuche vergeblich gewesen, die Scheidung
eintreten dürfe. Es heisst da: „Die Frauen, von wel-
chen ihr euch scheidet, lasset wohnen wo ihr wohnet,
nach Bequemlichkeit der Wohnung, die ihr besitzet und
184 Drittes Buch.
thut ihnen keine Gewalt an, dass ihr sie in Angst ver-
setzet. Sind sie schwanger, so verwendet für sie, was
sie nöthig liaben, bis sie sich ihrer Schwangerschaft
entledigt haben. Säugen sie ihre Kinder für euch, so
gebet ihnen ihren Lohn und findet euch nach Billig-
keit miteinander ab." — In Aegypten darf sich ein
Mann zweimal von seiner Frau scheiden und kann sie
(mit geringen gesetzlichen Ausnahmen) auch ohne weitere
Förmlichkeit wieder nehmen. Beim dritten male der
Scheidung dagegen wird die Wiedervereinigung sehr
erschwert. Jeder Mann kann seine Frau ohne viel
Wesen Verstössen, wobei er ihr dies einfach mitzu-
theilen hat, er muss aber der Verstossenen einen Theil
des Brautschatzes und den von ihr mitgebrachten Haus-
rath zurückgeben. Die Frau dagegen ist weit schlim-
mer daran; sie muss, will sie die Scheidung veran-
lassen, ihren Mann schlechter, roher Behandlung und
grober Vernachlässigung überführen können, ist dabei
auch meist genöthigt, die Sentenz des Richters anzu-
rufen. In dieser Weise verfährt die Gesetzgebung des-
Islam in den der (sunnitischen) Religion des Imam
Schafey huldigenden, ferner in allen den sogenannten
Hanafiten und Malikiten folgenden afrikanischen
Gauen. Freilich gibt es hier und da auch örtliche
Sondervorschriften, wie z. B. in Dongola und Sennar,
sie bleiben jedoch ohne Bedeutung für das Ganze.
Unter den Heiden ist die Scheidung ebenfalls sehr
leicht. Am Weissen Nil bei den Denka behält die
Verstossene ihr Haus, bleibt daselbst mit ihren Kin-
dern und wird von dem geschiedenen Manne mit Nah-
rung, namentlich aber mit Milch, versehen. Bei den
Bari sind die ehelichen Verhältnisse höchst lax. Nach
Kaufmann laufen ihnen die Weiber in der Zeit der
Noth leicht davon (S. 181), vorzüglich wenn erst der
Hunger an die Thür des Aermern klopft. Bei den
Loango-Bewohnern schildert Pechuel-Loesche eine bis-
jetzt unerklärte Art unzertrennlicher, sogenannter
Leembe-Ehen. Unter den Kimbunda kann die Frau
Häusliche Einrichtungen u. 8. w. der Afrikaner. 185
nach Magyar nur Jann eine Scheidung fordern, wenn
sie binnen zwei Jahren kinderlos bleibt und wenn das
Unvermögen des Mannes erwiesen wird. Die Kinder
folgen alsdann der geschiedenen Mutter, welche sich
baldig wieder verehelichen darf. Unter den Betchuana
kann der Mann die Scheidung leicht aussprechen und
ebenso leicht ausführen; er muss aber für den Unter-
halt der Geschiedenen sorgen, falls diese nicht schuldig
befunden w^ird oder sich neu verheirathet; auch muss
der Mann das Kaufgeld preisgeben. Entläuft die Frau,
so kann der Mann das Kaufgeld reclamiren. Kommt
es zur Scheidung, so bleiben die Kinder bei der nicht-
schuldigen Partei. (Endemann.)
In Aschanti darf nur der Cabocir oder Häuptling
seine Frau verkaufen. Berichtet ein Weib, dass ihr
Mann ihr nicht gefalle oder dass er sie mishandele, so
kann sie sich gegen Rückgabe des Brautschatzes von
ihm scheiden, darf aber alsdann nicht wieder heirathen.
Hört eine Frau während dreier Jahre nichts von ihrem
Mann, so kann sie von neuem heirathen; der zweite
Gatte hat dann mehr Recht wie der erste. Sonder-
barerweise werden die Kinder der zweiten Ehe dem
ersten Manne als Eigenthum zugesprochen und können
von letzterm verpfändet werden.
In den mohammedanischen Gebieten Afrikas sind die
Erbschaft s Verhältnisse geregelter Natur, in den
heidnischen Ländern dagegen herrschen betreffs jener
vielfältige Gebräuche, die meist nach dem Herkommen
normirt erscheinen. Um unsern Lesern einen Begriff
von denselben zu gewähren, schildere ich hier, wie es
in solchen Lagen bei einigen hervorragenden Ileiden-
völkern zugeht.
Unter den Denka, bei welchen das Weib thatsächlich
die Sklavin des Mannes ist, erbt letzteres nicht, son-
dern dasselbe wird vererbt. Der Vater bestimmt schon
vor seinem Tode den Nachlass für seine Söhne, um
später einen Streit über die Theilung abzuwenden.
Weiber und Töchter des Verstorbenen bleiben beim
jgß Drittes Buch.
ältesten Sohne, welcher nunmehr in die Rechte und
Pflichten eines Familienhauptes eintritt. Derselbe er-
hält Kühe, sobald die bei ihm lebenden Schwestern
sich verheirathen; dagegen hat er seine Mutter und
die Stiefmütter zu unterhalten, falls letztere keine
Söhne haben, bei denen sie gewöhnlich bleiben. Sind
die von dem Verstorbenen hinterlassenen Kinder noch
klein, so werden dieselben dem nächsten Anverwandten
übergeben, bei welchem sie bis zum Erwachsensein
bleiben. Ist letzteres Stadium eingetreten, so ergreifen
die Söhne die väterliche Erbschaft und legen am Grabe
des Verstorbenen einen Murach oder Viehkraal an.
Bestehen die Hinterbliebenen nur aus Töchtern, so
erben diese nichts, sondern sie gehen als Eigenthum
nebst der gesammten sonstigen Hinterlassenschaft auf
den nächsten Anverwandten über. (Kaufmann.)
In andern nigritischen Ländern des Innern geht es
viel unordentlicher zu und werden junge Kinder nach
dem Tode des Vaters gar zu häufig sammt ihren Müt-
tern von den Häuptlingen oder von Anverwandten in
die Sklaverei gebracht. In Aschanti erbt der König
alles Gold seiner Unterthanen. In Loango erben
sonderbarerweise die Weiber, und ein Liebhaber hat
sich nicht an den Vater, sondern an die Mutter oder
das Haupt der mütterlichen Familie seiner Liebsten
zu wenden.
Unter den Wamasay bekommen nach Hildebrandt
die Söhne mehr Erbe als die Töchter. Der älteste
Sohn erhält die Waffen des Vaters. Beim Tode einer
Frau erben deren Kinder und, sind keine da, so erben
deren Geschwister. Unter den Wakamba und Wanika
erben die männlichen, nicht aber die weiblichen Nach-
kommen. Nach Endemann ist bei den Basuto das
älteste Kind Universalerbe, ausgenommen wenn es eine
nach auswärts verheirathete Tochter ist; da aber die
meisten Töchter sich verheirathen, so wird gewöhnlich
der älteste Sohn Universalerbe; derselbe wird Vormund
seiner Jüngern Geschwister.
Häusliche Einrichtungen u - w. cl«»r Afrikaner. 187
Tod und Begräbniss. Der Afrikaner ist grossen-
theils fatalistisch und dem Tode gegenüber sehr gleich-
gültig. In denjenigen Ländern, in denen man noch
Menschenopfer bringt, die Gefangenen gewohnheits-
gemäss abthut oder wo man Kannibalismus betreibt,
gehen die Opfer mit stumpfer Resignation ihrem Ver-
hängniss entgegen.
In den mohammedanischen Ländern ist die Sitte
des Wulwal, der Erhebung des Klagegeheules allgemein
verbreitet, wiewol sich der Koran eigentlich dagegen
erklärt. Es geschieht diese laute Schmerzbezeigung
theils durch die Verwandten des Verstorbenen, theils
durch gedungene Klageweiber. In Nubien und Sennar
führt man das Klagen gemeinschaftlich unter Verwandten,
Freunden und mit Miethsweibern, aber mit zwischen-
liegenden Ruhepausen aus. Dergleichen Scenen pflegen
auf den europäischen Reisenden den abscheulichsten
Eindruck zu machen. Der mohammedanische Afrikaner
wird nach seinem Tode gewaschen und in sein Leichen-
tuch, Lalach oder Kefn, gehüllt; letzteres besteht aus
reinem Baumwollzeuge. Fromme Moslemin führen ein
solches selbst auf Reisen mit sich, es wird gewisser-
maassen im Turban repräsentirt , denn die Kopfbe-
deckung stellt den zusammengerollten Kefn dar. Wäh-
rend aber der Koran ein solches Tuch von nur sieben
Ellen Länge vorschreibt, bergen manche Fanatiker
4 — 6 Kefn in ihren Turbanen. Letztere Kopfbeklei-
dung ist oftmals von wahrhaft erstaunlichen Dimen-
sionen bei den Ischans oder frommen Schekhs, bei den
MoUahs und Pilgrimen in Centralasien, sowie bei den
bigoten Kurden selbst kriegerischen Standes. Man
begreift nicht, wie ein Menschenkoj^f eine solche Last
in Hitze und Staub zu balanciren vermag, namentlich
wenn man, wie die martialischen Kurden, noch ein
schweres Waffenarsenal an sich herumschleppt. In
Afrika pflegt der Turban kleiner zu sein; indessen thut
der Fanatismus in dieser Hinsicht zuweilen auch das
Seinige.
133 Drittes Buch.
In Aegypten und im Magreb wird die Leiche vom
Kefn fest umhüllt, auf eine Bahre gelegt, diese wird
mit Tüchern, Shawls oder Teppichen bedeckt und erst
zur Einsegnung in die Moschee, dann aber hinaus zur
Gruft getragen. Unterwegs wird gesungen, gebetet,
geheult und gebrüllt, dabei geht es im schnellen Hunde-
trab vorwärts. In Sudan trägt man die Leiche auf
einer Bettstelle oder Angareb. Hier wird das Grab
weniger sorgfältig behandelt als in Aegypten, wo man
es gewölbeartig ausbaut; dort vielmehr legt man die
Leiche in eine manchmal nicht sehr tiefe Grube und
gibt sich nur selten die Mühe, einige Luftziegel hinzu-
zufügen. An solchen Gräbern können Hyänen und
Honigdachse ihre List üben. Die Füsse der Leiche
werden stets in die Richtung nach Mekka gebettet.
Dann wird ein flacher, länglicher Hügel darüber er-
richtet, mit weisslichen Kieseln, Schnecken oder Muschel-
schalen, am Meere mit Korallenstückchen u. s. \v. um-
legt. Vorübergehende bessern dies im Sturmwind leicht
verwehbare Grab mit den Händen aus, fügen einen
oder mehrere Steinchen hinzu, murmeln eine Fatcha
(den Anfang des ersten Itorangesanges) u. s. w.
Unvergesslich bleibt mir der Eindruck zweier junger,
schlanker Funje, welche stundenweit herbeigekommen
waren, um auf dem malerisch gelegenen Begräbniss-
platze am Berge Djerebin (oder Gerebin) in sanftem,
melodischem Redeflüsse die Geister ihrer verstorbenen
Verwandten zu begrüssen. Unter diesem Volke herr-
schen noch halb heidnische Todtengebräuche.
Während man den vornehmen Moslemin Mausoleen
errichtet, an deren Aufbau und Ornamentirung sich
oftmals der schönste Geist orientalischer Tektonik er-
schöpft, hat man in verschiedenen, dem Islam hul-
digenden armem Gegenden Afrikas besonders gebene-
deieten Schekhs oder Heiligen einfachere Grabdenk-
mäler errichtet, welche wie gewisse, gleichem Zwecke
dienende Topes oder Tepes West- und Centralasiens
zuweilen zu Stätten der Wallfahrten, der Waschungen
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 189
und Gebete der Gläubigen werden können. Selbst an
düstern Stellen der übrigens urwaldstrotzenden Ufer
des Blauen Nils erblickt man solche, dort meist zucker-
hut- oder kegelförmige Kubbat, d. h. Kuppeln genannte
Schekhgräber.
In den heidnischen Gebieten Afrikas bettet man die
Leichen bald in ausgestreckter, bald gekrümmter Stel-
lung, bald nackt, bald bekleidet, theils mit, theils ohne
Todtengaben an Speise, Trank, Früchten, Waften, Ge-
räth u. s. \v. unter die Erde. Ueberirdische Pfahl-
graber, wie sie uns aus Nordamerika, Australien u. s. w.
bekannt geworden sind, benutzt man meines Wissens
unter den Nigritiern nicht. Wol aber wendet man
hier und da Einpackung der Leiche in Felle, Schnüre,
Baumrinde oder, wie bei den Niam-Niam, in hohlen
Baumstämmen an. Letzteres Volk verschalt sogar die
Gräber mit Holzscheiten, wodurch eine Art Abkamme-
rung erzeugt wird; das erinnert, wie Schweinfurth ganz
richtig angibt, an die Vorschriften des Islam. Uebri-
gens opfern die Niam-Niam in Todesfällen ihren sorg-
sam gepflegten Haarschmuck (S. 85). In Guinea be-
müht man sich hier und da, die Cadaver von Königen
bei langsamem Feuer einzutrocknen und birgt sie später
in sargartigen Truhen von Holz, Stein oder von Erd-
mauerung. In Senegambien werden die Leichen der
Barden, der öffentlichen Sänger (Griots) in den hohlen
Stämmen des Affenbrotbaumes (Adansonia) beigesetzt.
Die hohe Temperatur dörrt auch hier bald den fettesten
Cadaver aus. Die Gräber der Vornehmen schmückt
man im nigritischen Afrika mit Schädeln, Steinhaufen,
Votivpfahlen, Fetischen, mit roh geschnitzten Thier-
und Menschenfiguren, Thonkrügen, Muscheln, Thier-
gehörnen; mit Fahnen, Lappen u. s. w. aus.
Im nigritischen Afrika gibt es viele Gegenden und
Stämme, bei denen kurz nach eingetretenem Tode
die Klage erhoben wird und wo, sobald es sich um
eine Person von irgendwelcher Bedeutung handelt, das
Blut der Sklaven und selbst gewisser Freien vergossen
190
Drittes Buch.
wird. Theils will man durch Besprengen des Grabes
mit frischem Menschenblut den Todten ehren und seine
überirdische Existenz sichern, theils will man ihm die
für seinen neuen Wandel im Jenseits nöthige Bedienung
mitgeben. Hier und da werden neben den Menschen
auch allerhand Thiere oder es werden diese allein ge-
-■'■'e — j —
Fig. 77. Holzfiguren auf einem Bongo-Grabe.
schlachtet. Zu andern malen will man durch blutige Opfer
die Götter versöhnen, die Schatten des Todten be-
schwichtigen oder dem wirklichen Schmerze Ausdruck
geben. Es kommt sogar vor, dass beim Tode eines ge-
liebten Mannes und Herrn Weiber, Kinder, Sklaven und
Diener sich selbst umbringen oder von andern willig
umbringen lassen. Baliodu, König von Dahome, Hess
beim Leichenbegängniss und noch lange nach dem Tode
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 191
seines Vaters Gezo unzählige Menschen niedermetzeln.
»Die- " ' ilii aber war zugleich ein gewaltiger zeit-
gen- Kaufmann und unsern Sklavenhändlern,
Elfenbein- und Oelkrümeru an der Westküste eine
durchaus erwünschte, sympathische Erscheinung. Das
Klingen haaren Geldes übertönt in diesen wilden Di-
stricten so leicht das Blutgurgeln und das Todesröcheln
der zur Ehre der grossen Sitte Geschlachteten. Ver-
lieh doch der starke Bah od u für Zeuge, Glasperlen,
Gewehre, Pulver, Kupferwaare u. s. w. so manches
Handelsprivilegium. Kaum anders verfuhren die Kö-
nige von Aschanti, Benin und von andern Punkten
des Westens in der Zeit selbst noch unserer lebenden
Generation. Als des Zulukönigs Tchaka Mutter ü'm-
nanda an der Ruhr gestorben war, folgte nach dem Zeug-
nisse Fynn's eine ungeheuere Menge, darunter die kriegs-
geübten Legionen des Despoten. Unbeschreibliches
Klagegeheul und wilde Kriegsgesänge ertönten, dann
fielen Opfer und endlich zerfleischten sich die exaltirten
Legionäre gegenseitig mit einer Art bestialischer Zer-
knirschung, bis ihrer etwa 7000 den Boden deckten.
Dann wurde die Leiche der alten Frau in eine offene
Grube gebracht und zehn der hübschesten Mädchen
mit ihr zugleich lebend in dasselbe Grab geschleppt.
12,000 Legionäre bewachten letzteres ein ganzes Jahr
lang. Alle, welche bei dem Begräbniss U'mnanda's
nicht zugegen gewesen waren, wurden noch nachträg-
lich aufgesucht und umgebracht, dasselbe geschah mit
den während des nachfolgenden Trauerjahres geborenen
Kindern, ja sogar zum Theil mit deren Aeltern. Nur
schwer stand der wilde Despot davon ab, das eigene
Volk der todten Mutter wegen in seinem Cäsarenwahn
noch weiterhin zu ruiniren.
Poesie, Musik, Festlichkeiten. Den Natur-
völkern Afrikas fehlt keineswegs der Sinn für einfache
dichterische Gestaltungen. Das heitere, mittheilungs-
süchtige Naturell des Nigritiers äussert sich gern und
häufig in einer Redeweise, welche man durchaus nicht
1^2 Drittes Buch.
durchgängig eine poetische zu nennen vermag, der es aber
selten auch wieder an charakteristischem Ausdruck und
an gewisser phantastischer Wortformung fehlt. Uebri-
gens improvisirt der Schwarze und zwar nicht ohne
Geschick; er wählt darin eine blumenreichere Sprache,
als er sie sonst im alltäglichen Leben anzuwenden
pflegt.
Aegypter und westliche Berbern haben schon früh-
zeitig eine dichterische Begabung bewährt. Das was
uns im alten Nilthal die Monumente erzählen, klingt
hochtönend, aber packend, eindringlich. Wer diese un-
vergleichlichen Documente näher zu studiren wünscht,
möge über sie in Brugsch's Geschichtswerk über Aegyp-
ten nachlesen. Dieser ausgezeichnete Gelehrte versteht
es meisterlich, dem Stile seiner Uebersetzungen alter
Retu-Inschriften ihre lapidare Ausdrucksweise auch in
der deutschen Uebersetzung zu belassen. Letztere ist
aber die blumig angehauchte echt afrikanische, sie
ertönt von den Zinnen der abyssinischen Alpenfelsen
80 gut wie in den Palavern der Loango-Neger, in den
Pits'os oder Rathskreisen der Betchuana. Diese Aus-
drucksweise vermisse ich ungern in den sonst so inter-
essanten Romanen von G. Ebers, dessen Diction , ein
Zugeständniss an die materialistische Richtung unserer
Zeit, mir stets zu nüchtern deutsch klingt.
Erinnert man sich nun der poetischen Leistungen
der Retu, so gönnt man dem Heldengedichte Pentaur's,
welcher die Grossthaten seines götterhaften Ramses IL,
einer der edelsten Erscheinungen in der gesammten
Geschichte der Menschheit, verherrlicht, gern den ersten
Ilutz. Unter den westlichen Berbern soll so manches
einfache, onmuthige Hirtenliedchen erklingen. Die
Tuarik haben ihre Kriegsgesänge. Duveyrier theilt
als Muster einen Ausüuss der wilden und treffenden
Ausdrucksweise jener kriegerischen Wüstensöhne mit,
es ist dies ein Spottgedicht auf die schlemmerischen,
befeindeten Schambaa.
Die arabische Dichtkunst hat auch in Afrika schöne
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 193
Blüten getrieben. Wo hier die Klänge der semitischen
Mundart des BeiT-el-Arab ertönen, vernimmt man auch
die von Alt und Jung gern gehörten phantastischen
Berichte der Märchenerzähler. Die Nilschiffer voll-
bringen ihre schwere Arbeit des Barkenschleppens unter
Hersagung oft ganz witziger Improvisationen; abends
am P'euer geht es lustig damit weiter. INIanche Kassida
steigt von den Lippen des beduinischen Reiters in den
leichten Aether der Wüste hinauf. Wie schön ist unter
anderm ein Theil der Verse zur Verherrlichung des Bosses,
wie sie uns Abd-el-Kader von den Nomaden Algeriens
überliefert hat.
Feierlich und ergreifend hört sich das einfache Grab-
liedchen an, unter dessen Hersingung die wilden Bari
den von ihnen sehr geliebten apostolischen Missionar
Don Angelo Vinco bei Gondokoro zur Erde bestattet
haben. Feierlich klingt es auch, wenn die Berberiner
ihre kurzen, melodischen, im Texte so simpeln Lied-
chen durch die tiefe Stille der Wadys von Dongola
erschallen lassen. Schwermüthiger ertönten der Abend-
gesang von den Lippen der Bagara-Reiter zu Roseres
oder ein Lied der Kordofaner, in welchem diese den
Tod des tapfern furischen Eunuchen Msallim-el-Mak-
dum in der blutigen Entscheidungsschlacht von Bara,
sowie die dadurch herbeigeführte Unterjochung ihres
Vaterlandes durch die Aegypter besangen.'*^
In Central- und in Westafrika existiren öffent-
liche Barden. Schweinfurth gibt uns die sehr cha-
rakteristische Figur eines solchen „Nsanga" der Niam-
Niam mit seinem tollen Federputz, seinem Behang von
wunderbar wirkenden Wurzeln und Hölzern, von allem
möglichen Plunder, von Producten des Thierleibes, wie
er nur den indianischen Uechaschawakonn (im Dakota),
d. h. Medicinmann, oder den sibirischen Schamanen
zu schmücken vermag. Auch am Monbuttuhofe fehlten
solche Leute nicht. Clapperton übermittelt uns das
wilde Lied , welches vor ihm zwei Sänger zum Lobe
des Statthalters von Katagum vortrugen. In Sene-
Habtmask. 13
194 Drittes Buch.
gambien sind die Griots oder Barden (S. 189) längst
bekannte Erscheinungen; man achtet sie weder hier
noch im Innern besonders hoch, hält sie vielmehr für
untergeordnete Menschen. Den Griots verweigert man
sogar das gewöhnliche ehrliche Begräbniss.
Zuweilen verirren sich solche innerafrikanische Barden
oder Skalden nach Algier, Tunis, Aegypten, Djidda
Fi<j. 78. Herumziehender Negerbardo
in Konstantinopel.
oder auch mal nach Konstantinopel, woselbst man sie in
zerlumptem und zusammengesuchtem Costüm herum-
betteln sieht. Aber auch in Aegypten und im Magreb
seibat erstehen einheimische Barden derartigen Schlages,
die der Araber Haschasch oder Hanswürste nennt. Wir
begegneten mehrern dieser tollen Kerle zu Siut und
Esneh in Oberägypten.
Häusliche Einrichtungen der Afrikaner. 195
Die drehenden und tanzenden Derwische, sowie noch
manche andere Orden dieser „Mönche des Islam" (wie
H. Vambery sie nennt) geriren sich mit ihren sonder-
baren Komüdiengebräuchen als wahre Haschasch. Am
ekelliaftesten benehmen sich die rohe Schlangen fressen-
den Rifaa-Derwische.
Auch die Kaffern haben ihre poetischen Ergüsse.
Jeder ihrer Stämme gebietet nach Holden über seinen
eigenen Poeten, jeder Chef über seinen eigenen Hof-
dichter. Den Productionen dieser Leute soll es, wie
mir natalenser Freunde versichern, nicht an derbem
Witz und an schlagender Charakteristik fehlen. Ende-
mann macht uns mit niedlichen Räthsel- und Tanz-
liedern der Basuto bekannt. Eine interessante Er-
scheinung sind die durch ganz Afrika, von Kordofan
bis zum Cap, verbreiteten Fabeln, in denen auch Thiere
eine Rolle spielen; sie können unmöglich von Europa
aus eingeführt, sie müssen einheimisch sein.
In der alltäglichen Lebensbeschäftigung aber vergnügt
sich der Nigritier mit Improvisationen, deren naive
Inhaltslosigkeit häufig an die Plaudereien unserer Kinder
erinnert.
Bei dem geringfügigen Zustande der Künste in Afrika
ist hier auch die Musik im ganzen nicht weit gediehen,
obwol naturwüchsige musikalische Anlage dem Ni-
gritier keineswegs mangelt. Unter den alten Aegyptern
mochte diese Kunst nur wenig über den Stand der
heutigen inner- und westafrikanischen Negermusik er-
haben gewesen sein. Ich schliesse das aus der Be-
schaffenheit der bei den Retu gebräuchlich gewesenen
Instrumente. Diese waren Flöte, Doppelflöte, Cymbal,
Handpauke, Harfe, Laute, eine Art Hackebret, das
Hörn, die Klapper und das Sistrum. Bei den neuern
Aegyptern zeigen sich ein zitherartiges Instrument, der
Kanun, ferner die Kemange oder Violine, der Ud oder
die Guitarre, der Naj oder die Flöte, alles das aber
nur in der bessern Musik. Das Volk benutzt die
Tar oder Rikka, Tamburin, die Darabukka oder die
13*
1%
Drittes Buch.
Handpauke, den Tabel oder die Trommel und die Zum-
mara oder Rohrflöte. Unter den Berberinern, Bedja
und Funje findet man die Rebaba oder Laute, die
Handpauke, den Tamburin, verschiedene Flötenarten
und das Kuhhorn. Letzteres gibt klagende Töne von
sich, welche an den nunmehr verschollenen Hornfeuerruf
unserer Nachtwächter erinnern. Grosse Schekhs der
Bedja und Funje verfügen über eine kupferne Kessel-
pauke — als Zeugin ihrer Macht. Unter den Niam-
Kiam ist eine Harfe gebräuchlich, wie sie sich ähnlich
Fig. 10 u
Harfen der Niam-Niam. Fig. 81. Harfe der Waganda.
bei den alten Aegyptern, den Abyssiniern und den Wa-
ganda vorfindet. Unter den Niam-Niam, Monbuttu
und den westlichen Stämmen bis zum Atlantischen Meere
kommen ferner eiserne und hölzerne Glocken, diese bei
den Gabun-Stämmen fast von derselben Form wie bei
den Niam-Niam, sowie die Elfenbeinhörner in Anwen-
dung. Letztere zeigen manchmal die volle Länge eines
ausgewachsenen Zahnes, nämlich 5 — 7 Fuss, sind dann
künstlich verdünnt und geben, an den mitten daran
befindlichen Mundlöchern angeblasen, furchtbare heu-
lende und brüllende Töne von sich. Oder die Zähne
Häusliche Einrichtungen . . der Afrikaner. 197
stuü kürzer, 1 — 3 Fuss lang, und mit sorgfältigen Fi-
gurensclinitzeleien voll treffender Züge und zuweilen
derben, aber köstlichen Humors verziert. Die besten
Leistungen dieser Art schafft die Industrie der Fiodh
an der Loangoküste. Die Elfenbeinhörner dienen meist
als Ruf- und Signalinstrumente. In Aschanti, wo man
diese Geräthe mit Gold, den Kinnladen erschla-
gener Feinde, mit Seidenquasten u. s. w. verziert, haben
nach Bowdich alle obern Cabocirs oder Häuptlinge be-
sondere Melodien für ihre Hörner, welche kurzen
Sprüchen angepasst sind, die jedermann kennt und die,
wenn man in den Strassen promenirt, jeder Aschanti
wiederholt, selbst wenn die Hörner so weit entfernt sind.
ttj. ^1'. i^iserne oiocke nj. ^j. iioizglocko
der Niam-Xiam.
dass man sie kaum hört. In Bornu und in andern
centralsudanesischen Staaten entlockt man langen Holz-
trompeten gedehnte, klagende Laute. Am obem
V/eissen Nil und in ganz West- wie Innerafrika hat
man ausser den Hand- auch grosse Standpauken, welche
mit Klöpfeln geschlagen werden.
Es lässt sich erwarten, dass mit so unvollkommenen
Instrumenten wie die oben erwähnten im allgemeinen
nur eine wilde, chromatische, nicht selten an Dishar-
monien reiche Musik erzielt werden kann. Diese wird
häufig mit leiserm tremulirenden, näselndem oder mit
lautem quäkenden und brüllenden Gesänge, sowie mit
dem durch ganz Afrika üblichen, lauten und takt-
198
Drittes Buch.
massigen Händeklatschen begleitet. Ich glaube nicht
fehlzugreifen, wenn ich der Vermuthung Raum gebe,
die im Alterthum berühmte Tempelmusik der Aegypter
sei in den heiligen Hallen von Dendera, Theben und
wiiint 1 'HiiiiiiiWi#m
Edfu nicht viel melodischer gewesen als ein heutiges
Concert beim Monbuttu- oder Aschantikönig u. s. w.
In Inner-, West- und Ostafrika ist die Marimba in
Gebrauch. Sehr gewandt soll sie bei den Balonda ge-
n.iiiNli.'li.^ Kiiirichhinrren u. s. w. (Icr Afrikaner. 109
^|.Hl^ \>Liu«.ii. vw?uiu:>i tlus InstruiTient auch am besten
construirt zu werden scheint. Dasselbe besteht aus
zwei nebeneinander befestigten, leicht gebogenen IIolz-
stangen, über denen 15 — 20 hölzerne Täfelchen liegen,
unter deren jedem eine oben offene Kürbisschale als
Resonanzboden angebracht ist. Die Dicke der Holz-
tafeln richtet sich nach der Tiefe der darauf zu er-
zielenden Töne. Dies Instrument wird mit Schlägeln
gespielt und soll durchaus nicht übel klingen.
Ein anderes, ebenso wol in Loango wie auch in
Bihe und bei den Batoka gebräuchliches Instrument,
welches bei den Kimbunda AVissandschi, bei den Bet-
chnana Sansa heisst, besteht aus einer Reihe von Eisen-
oder Rohrstäbchen, die auf einem Bret oder auf dem
Boden einer Kürbisschale befestigt sind und an deren
frei hervori'agenden Enden der Finger
herumklimpert. Sie gibt bald klingende,
bald surrende Töne von sich.
Nationales Instrument der Südafrikaner
ist ferner der Gubo der Zulu, die Bu-
cumbumba der Kimbunda, ein mit einer
Saite versehener Holzbogen. Die Saite Fig. 85. sansa.
hat an ihrem einen Ende eine kleine
Kürbisschale als Resonanzboden. Der Gubo wird in
eine Hand genommen und mit dieser nach Bedürfniss
gespannt, die andere Saite wird dagegen mit einem
Stäbchen berührt; das gibt nun schwirrende und sum-
mende Laute.
Die Rohrflöte zeigt von Aegj'pten bis zum Cap die
mannichfaltigsten, sonderbarsten Formen und Modifi-
cationen. Sie ist einfach, doppelt, vervielfältigt, letz-
teres als Papagenoflöte , wie sie Livingstone bei den
Batoka wiederfand.
Gesang, Musik und Tanz sind so recht das Element
des im allgemeinen sehr heitern, vergnügungssüchtigen
Afrikaners. \N'ie bei den meisten Südländern dient die
kühlere Nacht zur Ausübung solchen Plaisirs; Feuer
werden angeschürt, die Rumflasche, der Biertopf, die
200
Drittes Buch.
Kalebasse, das Methhorn werden zurecht gerückt und
credenzt. Pauken, Pfeifen, Guitarren, Hörner und wa&
sonst noch an Musikinstrumenten vorhanden ist, er-
tönen. Die festlich geschmückten, manchmal bemalten
und häufig überaus phantastisch geputzten Tänzer treten
auf; Jagd- und Kriegstänze werden nur von Männern
ausgeführt; sonst pflegen beide Ge-
schlechter an der Vorstellung theil-
zunehmen. Die Tänze finden im
Solo, in gesonderten Paaren, in
Gruppen, Schwärmen oder Reihen
statt. Man darf in Afrika nicht
die choreographisch so wirksamen
Tanzfiguren erwarten wie bei uns^
wo der Walzer, Contre, Cotillon,
die Cracovienne, Mazurka, der Czar-
das, Fandango, die Tarantella u. s. w.
u. s. w. durch graziöse Elemente das
Auge des Zuschauenden erfreuen,
vielmehr leiden die afrikanischen
Tänze sehr an Einförmigkeit. Ero-
tische Mimik, etwa von der Be-
schafi'enheit des Cancan, der creo-
lischen Zamba-cueca u. s. w., aber
selten mit der hierbei üblichen Glut
und Zierlichkeit ausgeführt, vielmehr
oft recht roh-indecent und bäuerisch-
plump dargestellt, steht obenan.
Manchmal ahmt man die Bewegun-
gen wilder Thiere nach, oft auch
begnügt man sich nur mit unschönen
Rundgängen und mit unregelmässigem
Springen. Die Zuschauer klatschen, den Gesang und
die Musik begleitend, in die Hände, die Tänzer aber
springen und stampfen dabei den Boden, dass dieser
erdröhnt. Am besten klingt es noch, wenn Gesang,
Musik, Händeklatschen und Fussstampfen nach einem
gewissen Rhythmus ausgeführt werden; man sagt ja,
Fig. 80. GuboBpieler
(Zulu).
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 201
der Name Hottentott sei von dem rhythmischen Stampfen
auf die Erde (während des Tanzens) hergeleitet
worden.
Der Afrikaner, möge er nun Fellach, Bedja, Londa,
Bantu oder Hottentott heissen, kann bei solchen Ver-
gnügungen viele Nächte hintereinander zubringen, ohne
zu ermüden. Je mehr er singt, tanzt und trinkt, desto
202 Drittes Buch.
stärker erregt er sich. Leider begeht er in der Hitze
des HerumtoUens öfters Streiche wilden Uebermuthes,
die er und sei er noch solch rüder, kecker und muthi-
ger Bursche, später öfters sehr bitter zu bereuen hat.
Neben der Musik und dem Tanz lieben die Afrikaner
pomphafte Aufzüge und Gastereien. Für die moham-
medanischen Bewohner gelten die hier vorgeschriebenen
Festtage, unter denen der grosse Bairam namentlich
feierlich begangen zu werden pflegt. In Aegypten sind
das altpharaonische Fest des Steigens des Nils und des
Dammdurchstiches noch heute üblich, wenn es jetzt
auch wol kaum noch mit dem Glänze wie selbst zur
Zeit Mehemed-Ali's begangen wird. In Kairo sind
die Tage des Abgangs und der Ankunft der Mekka-
karavane, sowie die Präsentirung des geheiligten Ka-
mels, auf dessen Rücken der Machmal oder der Prunk-
baldachin nach Mekka getragen wird (einem alten
Brauche zufolge das Symbol der Oberherrlichkeit des
ägyptischen Vicekönigs) von ganz* besonders festlicher
Bedeutung. Hierzu kommen Messen, Jahrmärkte u. s. w.
Im christlichen Abyssinien fehlt es nicht an hohen
und an niedern Festtagen. Viele sind kirchlicher Natur,
so z. B. Tömketa-Kröstus, die Taufe Jesu, Bala-arba,
das Fest der Reinigung Maria, Bala Bekab, Fest
zwischen Ostern und Pfingsten u. s. w., auch feiert man
in jenem Lande Krönungs- und Siegesfeste. Die Pfaffen
haben hier verschiedenartige Tänze, welche manchmal
an den Zikr, die Andachtsübung der tanzenden Der-
wische, erinnern.
Im nigritischen Afrika drehen sich die Zeiten der
Feste zum Theil um religiöse Vorstellungen, wie man
denn die Erscheinung des Neumondes, gewisse Fetisch-
angelegenheiten u. s. w. celebrirt. Auch begeht man
liier Neujahrs-, Geburts-, Todten-, Sieges-, namentlich
aber Erntefeste. In einem grossen Theile des dun-
keln Continents bietet das Reifen der nationalen Brot-
frucht, des Sorghum, Gelegenheit zur Bethätigung aus-
gelassenster Freude dar. In Aschanti feiert man die
U&usliche Einrichtungen u. s. \v. der Afrikaner. 203
ur Verherrlichung des Reifens der Yamswurzel (Dios-
coraeOy S. 147) dienenden Feste, bei denen es überaus
toll hergeht. Leider fliesst in Westafrika bei solchen
Gelegenheiten das Blut geopferter Sklaven u. s. w. sehr
reichlich. Die stetigen Begleiter solcher Feste sind
hier Singen, Musiciren, Declamiren, Tanzen, Essen,
Trinken u. s. w. Auch pflegt man un derartigen Tagen
allerlei Liebesabenteuer ganz besonders mild zu beur-
theilen.
Der Afrikaner hat auch im erwachsenen Alter
seine Spiele. Die Altägj'pter hatten ihre Mora-,
Würfel-, Schach-, Ball-, Reifen-, Ring- und Fechtspiele,
ihr Schifferstechen u. s. w. Bei den Neuägj'ptern hat
man Schach, Dame, Puff, Mangala, Tab, ein ziemlich
complicirtes Wurfspiel mit Einsätzen von Marken auf
nem Spielbret, das Fechten mit dem Stock, das Ringen
Fiff. 68. Mangalaspielbret der Niam-Niam.
und das Werfen mit dem Djerid, dem Palmblattstiele,
vom Pferde herunter. Das Mangala ist nach Schwein-
furth aus Centralafrika nach Nubien und Aegypten
gelangt. Es ist bei den Völkern des Gazellenfluss-
gebietes, bei den Monbuttu, Wolof, Mandinka, den
Kadje, den Fulbe bekannt. Letztere nennen es Uri.
Das Spiel findet mit einem länglichen dicken Spielbret
statt, in welchem bei den Nubiem 12, bei den Niam-
Niam 16 Löcher eingeschnitten sind. Jeder Spieler
hat etwa 24 Steinchen oder Kaurischnecken, welche
aus einer Grube in die andere hin und her verlegt
werden. Statt des Spielbretes dienen auch wol in den
Erdboden gekratzte Gruben. Aehnlich ist das von
Magyar geschilderte Tyela- oder Tscheiaspiel der Kim-
bunda. Die Anzahl der in zwei gleichen Reihen von-
einander abstehenden Löcher beträgt im Spielbret 40.
204 Drittes Buch.
Man benutzt dazu rundliche Dinge, meistens die Kerne
von Waldfrüchten, deren jeder Mitspielende drei Stück
zur Hand hält. Diese drei Kerne werden von ihm wie
Würfel auf eine in der Mitte des Bretes befindliche
Wulstung geworfen; die Kerne rollen mit grösserer oder
geringerer Schnelligkeifl in die Gruben der einen oder
der andern Reihe. Davon hängt Gewinn oder Verlust
ab. Wenn der von einem der Spieler geworfene Kern
in irgendein Loch des andern Spielers rollt, so legt
dieser den darin gefundenen Kern in sein Loch.
9. Religiöse Vorstellungen,
Es ist hier nicht der Ort, über die Grundlehren des
einen grossen Theil der Nordhälfte Afrikas einnehmen-
den Islam mich zu äussern. Nur so viel mag noch
gesagt werden, dass die islamitischen Missionare seit
der ersten Khalifenzeit ihr Bekehrungswerk mit ausser-
ordentlichem Eifer, mit kühner Verwegenheit und mit
zäher Energie zu verfolgen gewusst haben. Sie haben
sich in dieser Hinsicht den christlichen Glaubensboten
durchweg überlegen gezeigt; der Erfolg ist stets auf
ihrer Seite gewesen. Die lockern Principien des Islam
passen sich auch den schlichten, rohen Sitten der afri-
kanischen Heidenwelt weit leichter an als die strengern
Satzungen des Christenthums. So z. B. lässt der Koran
bekanntlich die unter den nigritischen Heiden allge-
mein verbreitete Vielweiberei zu Recht bestehen, es
einigt der mohammedanische Glaube Leute jeder Na^
tionalität und jeden Standes, er gestattet eine gewisse
Ungebundenheit im Verkehr zwischen hoch und niedrig,
wie sie dem afrikanischen Naturmenschen so wohl be-
hagt. Letzterer aber legt nicht den Maassstab ratio-
neller Kritik an gewisse Vorschriften des Koran, welche
vor unserm Verstände nicht Stich halten, dazu ist die
Logik der Mehrzahl der Nigritier denn doch zu wenig
entwickelt. Viele abergläubische Vorstellungen, welche
, Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 205
tler Islam nährt, finden in dem Aberwitz des Fetisch-
inus ihren Wiederhall und die Aussicht auf die mate-
riellen Freuden des Paradieses erweckt die Sehnsucht
und Lüsternheit des sinnlichen, zum Koran sich bekeh-
renden Afrikaners. Man darf dem Islam eine hohe,
tulturgeschichtliche Bedeutung auch für Afrika keines-
wegs absprechen. Diese Religion war es, welche aus
den zerstreuten und zerfahrenen Gemeinden der Nord-
hälfte des Welttheils grosse in sich abgeschlossene
Staaten schuf, in deren Machtsphäre sich ein eigen-
thümliches, blütenreiches Culturleben und die Grund-
lagen einer nicht geringen Gesittung entwickelten. Wo,
wie in Aegypten, in Numidien und Mauretanien noch
gewaltige Reste antiker Menschengrösse sich vorfanden,
da gab der Islam mit seinem Gefolge von semitischer
Geistesschärfe, von arabischem Phantasiereichthum und
von iranischem Dichterglanz eine erhöhte Anregung.
Wir dürfen hierbei freilich auch den hohen Einfluss
des Byzantinerthums in Kunst und Wissenschaft nicht
verkennen. Diese belebenden Culturelemente, welche
die Verbreiter des Islam nach Afrika hinüberpflanzten,
fanden hier in der, wie schon bemerkt, altcultivirten,
creistig hochbefahigten Berberrasse den geeignetsten
Uoden; da erblühte denn die Glanzzeit der sogenannten
arabischen Cultur, welche erst im spätesten Mittel-
alter von der neuerwachten abendländischen Bildung
überflügelt und erdrückt wurde.
Selbst in den sudanesich-nigritischen Staaten, wie
namentlich Darfur, Waday, Bomu, Sonray, Melle u. s. w.,
über deren Bestehen und Verfall wir schon früher
(S. 48) in Kürze berichtet haben, vermittelte der Islam
eine zwar beschränktere, aber immerhin doch unserer
Beachtung nicht ganz unwürdige Culturbewegung. Die-
selbe ging hier von den mohammedanischen Priestern
und deren Schülern, Talibe (S. 178), aus.
Der Aegypter, Magrebiner, Ost- und Centralsudanese
sind im allgemeinen nicht fanatische Moslimen; der-
gleichen finden sich jedoch unter manchen vereinzelten
206 Drittes Buch. ,
Gemeinden und Sekten Westsudans, unter den Tekarine
und Tukuler, den Nationen der Bambara, den Fulbe
oder Fellata. In den innern und selbst östlichen
Wüstengebieten macht neuerlich eine bigote, gewisser-
maassen puritanische Sekte, die Snussi, viel von sich
reden.
Bei manchem Guten bringt aber der Islam schon seit
Generationen eine grosse Stagnation in die Masse seiner
Anhänger. Moderner Fortschritt und Aufklärung
vertragen sich nicht mehr mit den Satzungen einer
durch ihre Exclusivität gepanzerten Religion.
Altchristliche Afrikaner sind die Kopten und die
Abyssinier. Erstere, seit vielen Jahrhunderten unter
dem Druck der ägyptischen Mohammedaner leidend,
nicht mehr im Besitz ihres selbst als Schriftsprache
der liturgischen Bücher mehr und mehr verloren gehen-
den Idioms*^, sind politisch, bürgerlich und moralisch
sehr herabgekommen; selbst gegenwärtig, unter tole-
ranterm Regiment, vermögen sie sich kaum mehr aus
ihrer Versumpfung emporzuheben. Immerhin bleibt je-
doch der Zähigkeit, mit welcher sie, die Kopten, ihrem
alten Glauben in Sturm \xnd Drang treu geblieben sind,
unsere volle Anerkennung.
Abyssiniens politische und wirthschaftliche Zu-
stände sind im allgemeinen bereits seit Generationen
recht trostlose geworden. Die öffentliche Moral findet
kein rechtes Heim mehr in den Alpenthälern des so
schönen, von der Natur so reich bedachten „äthiopischen
Hochlandes". Das abyssinische Christenthum hat keine
Blüte entfaltet und hat den in sich zerfahrenen Be-
wohnern bisjetzt nicht zum Segen gereicht. Priester
und Laien bewegen sich hier in der gleichen rohen
Unwissenheit, in dem gleichen Schmuz der Gesinnung
und des Wandels. Der christliche Ritus hat sich hier
niemals über einen ganz öden Formelkram erhoben;
höchstens dürfte in Schoa, wo unter der intelli-
genten, aus Amhara und Gala gemischten Bevölke-
rung ein Menilek nach den liberalern Principien seiner
Uäuslicbo Einrichtungen u. 8. w. ilcr Afrikaner. 207
Vorgänger, der Asfa Wusen, Wusen Segged und Sachela
Selasie regiert, gemachsam Besseres zu erwarten stehen.
Von den durch römisch-katholische und protestan-
tische Missionare bekehrten neuern afrikanischen
Christen lässt sich bisher nicht viel Aufmunterndes
und Erfreuliches berichten. Alle Achtung vor der Ilin-
' ung und dem guten Sinne jener Glaubensboten, von
n viele ein wahres Martyrium erdulden gemusst.
Wir wollen auch gern Act davon nehmen, dass aus-
nahmsweise nigritische, hottentottische und selbst ber-
berische Neophyten schon jetzt sich als brave, brauch-
bare Mitglieder einer gesitteten Gemeinschaft bewähren.
Indessen sind doch die Missionserfolge auf dem dunkeln
Tontinent im ganzen bisher noch zu geringe gewesen,
ich möchte dem heidnischen und selbst dem mohamme-
danischen Nigritier noch nicht die rechte, ich könnte
wol sagen ethische Reife für das Christenthum und
die mit letzterm verbundenen Anforderungen der mo-
dernen Cultur zutrauen. So ungern ich es hier aus-
spreche, so muss ich dennoch bekennen, dass ich den
Islam für eine Religion halte, die, trotz ihrer groben
logischen Irrthümer, als Durchgangsglauben für den
afrikanischen Fetischanbeter vorläufig noch besser
passt als das Christenthum. Eine besondere christ-
liche, die ethnischen Eigenheiten tolerirende Confession
für den Nigritier zu erklügeln, widerspricht nicht allein
unserm Gefühl, sondern auch unserer gesunden Ver-
nunft. Das Christenthum darf selbst dem afrikanischen
Heiden nur in reiner, unverfälschter Form von über-
zeugungstreuen, sittlich tüchtigen und hingebenden Ver-
kündigern, denen zugleich die volkswirthschaftlicheWohl-
lahrt ihrer Neophyten am Herzen liegt, überliefert
werden. Die Confession, von der hierbei die Bewegung
ausgeht, scheint mir Nebensache zu sein. Leider dürfen
wir aber erst für die fernere Zukunft Ergebnisse er-
warten, die so mancher wahre Menschenfreund für die
Gegenwart herbeiführen zu können erträumt. — Wenn
ich nun in diesen Dingen als nüchterner Selbstbeobachter
208 Drittes Buch.
vor unzeitigen und vielleicht schädlichen Illusionen
warne, vor Illusionen, denen crasse Enttäuschung überall
auf dem Fusse folgen könnte, so sei es doch fem
von mir, die Bestrebungen philantroi^ischer und begei-
sterter Apostel irgendwie bemängeln zu wollen, denn hier
müssen Werke, nicht Ansichten entscheiden.
"Werfen wir nunmehr einen Blick auf das afrika-
nische Heidenthum. Dasselbe äussert sich unter sehr
mannichfaltiger Form. In Nordostafrika ist der eigent-
liche Fetisch glaube nicht recht ausgebildet; hier
berühren sich Islam und gewisse Formen des Fetisch-
oder Gestirndienstes an mehrern Punkten. So z. B.
erlebte der belgische Reisende E. de Pruyssenaere am
Guleberge in Sennar Festlichkeiten, bei denen trotz
des Islam der hier herrschenden Funje von anwesenden
lauen Moslimen oder vielmehr Heiden phallische Holz-
gebilde und ein thönerner Altar benutzt wurden. Diese
Leute stellen beim Erntefest ein geschnitztes hölzernes,
eine Menschenfigur bildendes Götzenbild aus. Auch
benutzen sie das bei den Berta beliebte Amulet des
heiligen Rüsselkäfers (soll wol heissen Pillenkäfers —
ÄtencJms Aegyptiorum^ eines schön grünen in Südsennar
gemeinen Scarahaens).
Die Hammedj in Roseres und die Djebelauin in Fa-
zoglo haben sonderbare Erntegebräuche. Zur Zeit der
Durrahreife wird nämlich der Fürst des Landes von
vier Ministern oder Räthen auf einem Angareb (Ruhe-
bett) vor das Dorf getragen, es wird an einem Bein
des Angareb ein Hund angebunden und dieser erhält
von jedem Bewohner einen Ruthenstreich. Buchere
glaubt, diese Sitte verrathe noch dunkle Anklänge an
einen etwa im grauen Alterthum stattgehabten Cultus
einer im Hunde incarnirten Gottheit.^"^
Die Berta umtanzen zur Zeit des Neumondes die
von ihnen für heilig gehaltenen grossen Bäume, feiern
dabei wüste Gelage und vermischen sich untereinander
wie die Thiere. Das ist leider alles, was man bisjetzt
über ihre Religion kennt.
Von den Gala wini tin unaKiiiDaro »tsen verelirt,
welches AVoka oder Waka heisst und zu dem sie,
wie ich mich selbst überzeugt habe, die Arme fast
in derselben Stellung emporheben wie der berühmte
betende Knabe des berliner Sculpturmuseums. Die
Imomatta Heben zu Waka, den sie auch wol mit Bana,
Herr, anreden, um Re<?en. Dieses Volk hat Priester,
nach Krapf Luba und Kalidscha genannt, deren erstere
Augurieu abhalten, während die andern böse Geister
aus den Kranken austreiben und auch sonst noch docto-
riren. New erwähnt namentlich eines Ekera genannten
bösen Geistes der Gala, an dessen Existenz sich übri-
gens nur vage Vorstellungen zu knüpfen scheinen.
Die Wakamba glauben nach Hildebrandt an einen
Gott Mlungu, den Stifter des Guten, und an einen
Teufel, den Veranstalter des liösen. In der Noth opfern
sie dem Gotte, spenden ihm auch aus Dank kleine
Speise- und Trankgaben, sobald sie etwas geniessen.
Dem Teufel treten sie mit Anmieten entgegen.
In den heisseu, dürren Gegenden Afrikas, in denen
jeder Tropfen Wasser eine Wohlthat ist, bildet der
Regen eine Gnadengabe der Natur, und manche Völker,
wie die Gala, die Masay, Wakuafi, verehren in ihrer
Gottheit zugleich die Regenspenderin. Die den Kenia
und Kilimandjaro umhüllenden Wolken sind gewisser-
maassen sichtbare Zeugen der Anwesenheit Ennyay's,
der Gottheit selbst. Ueberall im dunkeln Continente
sieht und hört man um Regen beten. Der Regen-
doctor oder Regenmacher, Kodjur der Denka, Bunit
(Mehrheit Bunek) der Bari, welche Würde auch Wei-
bern zugängig ist, spieli bei diesen Nationen, bei den
Wakamba u. s. w. eine hervorragende Rolle. Trifft,
wenn der Zauberer „Regen zu machen" versucht, der
Niederschlag (wobei jenem manchmal eine gewisse Rou-
tine in der Wetterbeobachtung zugute kommt) wirklich
ein, so herrscht grosse Freude und der Kodjur wird
allerwegen geehrt, heimst auch wol Vieh, Getreide und
andere Gaben ein. Bleibt aber die ersehnte Berieselung
Habtxavk. 1 1
210 Drittes Buch.
aus, so schlagt man den Regendoctor ohne Federlesen
todt. Man reisst ihm, sogar noch lebend, den Bauch
auf, um darin nach dem angeblich versteckt gehaltenen
Regen zu suchen. Man kann sich auch nicht wundern,
wenn in dürren Gegenden sich an einen diese durch-
strömenden Fluss, welcher hier allein das pflanzliche
und thierische Leben ermöglicht, religiöse Vorstellungen
knüpfen. Die Osiris-Mythe der Aegypter symbolisirt
ja unter anderm nur das Anwachsen, die jährliche
Ueberschwemmung und die befruchtende Wirkung des
Nils, während Osiris' feindlicher Bruder Typhon wieder
die Dürre, die vertrocknenden Wirkungen des Chamsin,
überhaupt die elementare Macht des heissen Wüsten-
klimas symbolisirt. Daher bilden der Niger, Gaben,
Ogowe, Congo u. s. w. auch Hauptfetische für gewisse
Nigritierstämme.
Bei den Waganda werden einem in besonderer klei-
ner, viereckiger Hütte verehrten Muzimu oder Haus-
geiste Schneckenhäuser, aus Lehm geformte Kugeln,
Kräutermischungen, kleine Stückchen Wachholder (?)
und ein mit eiserner Spitze versehenes, in den Boden
gestecktes Stück Antilopenhorn als Opfergaben dar-
gebracht. Um derartige Geister, um diejenigen der
Verstorbenen, sowie um Zaubermittel scheinen sich die
religiösen Anschauungen dieses Volks wesentlich zu
drehen.
Die Schilluk am Weissen Nil verehren Nyekomm
als Stammvater ihres Volks. Er soll manchmal in Ge-
stalt eines beliebigen kleinern Thieres auf einem Baume
sichtbar werden. Man bittet Nyekomm um Regen und
um gesegnete Ernte. Der Nil ist dem Volke heilig. Die
"* Geister der Verstorbenen werden als in Nähe der
Lebenden weilend gedacht.
Die Denka dagegen huldigen dem Deng-det, welcher
für sie Erschaffer der Welt und Vertreter des Guten
ist. Ihre Zauberer, die Tut, machen nicht blos
Regen (Deng), sondern sie beschwören auch die
Dijok oder bösen Geister, die namentlich von Verstor-
Häusliche Einrichtungen ier Afrikaner. 21 1
benen herrüliren sollen. Die Tiifc treiben Hokuspokus
und Bauchrednerei.
Von den Bongo berichtet Schweinfurth, sie betrieben
ebenso wenig wie die andern Schwarzen des von ihm
betretenen Gebietes einen eigentliclien religiösen Cultus.
Hirer Sprache fehlt der selbstständige Begriff der (Jott-
heit. Loma bedeutet ebenso das Geschick, Glück oder
Unglück, wie auch das von den mit ihnen verkehrenden
Moslimen angerufene höchste Wesen. Sie fürchten sehr
die Geister, Bitobo, welche ihnen nur als böse er-
scheinen, namentlich die Waldgeister, Ronga. Letztere
treten in Gestalt zwar wunderlich gebildeter, übrigens
jedoch harmloser Thiere auf, wie z. B. gewisser Fleder-
mäuse, eines Halbaffen (Otolicnus)^ der Eulen u. s. w.
Sie suchen sich gegen sie durch zauberkräftige Wur-
zeln zu schützen. Zauberdoctoren heissen bei diesem
Volke Beloma. Zur Besprechung von Krankheiten u. s. w.
lassen sie gewiegte Kodjuren der Denka kommen. In
den Verdacht der Hexerei treten hier leider bald einmal
alte Leute, deren Existenz durch den scheusslichen Aber-
glauben, ganz in der Weise unserer Ilexengerichte, ge-
f^ihrdet wird.
Hexenglaube in Afrika ist überhaupt weit verbreitet.
Selbst in dem mohammedanischen Nordosten, besonders
in Sennar sowie im christlichen Abyssinien, glaubt man
an Sachar oder Budda, d. h. Wichte, welche sich nachts
in Hyänen umzuwandeln vermögen. In dem ägyptischen
Grenzfort Famaka wurden mir selbst vicekönigliche
schwarze Soldaten gezeigt, von denen das Gerede ging,
sie könnten sich nachts in Flusspferde verwandeln und
in dieser Ungestalt den Blauen Nil durchschwimmend,
am andern Ufer Unzucht mit den dortigen halbheid-
nischen Frauenzimmern treiben. Dieser Buddaglaube
reicht tief nach Central- und Südafrika hinein. Die
Aba-Takati oder Ama-Tagati (Hexenmeister) der Ama-
zulu sind ebenso wie die ähnliches bezeichnenden west-
nigritischen Wundermänner gefürchtet und gehasst. Ge-
rade der Glaube an Zauberer und Hexen ist es, welcher in
212 Drittes Buch.
Afrika so viele schreckliche Ordalien, Confiscationen
und Metzeleien hervorruft. Dass hierbei übrigens häufig
persönliche Feindschaft und Gehässigkeit, sowie Hab-
gier sehr wirksame Factoren bilden helfen, das leuchtet
wohl jedermann ein.
Waldkobolde herrschen ja in allen mit dichtem,
düstern Baumwuchs bestandenen Forstgebieten. Die
Sagen vom Mandel gewisser südostdeutscher Gebirgs-
forste und vom harzer Hackelberg, sowie vom Jurupira
und Caypora der brasilianischen Indianer, finden ihren
entfernten Widerhall in dem Gerede von centralafrika-
nischen Waldunholden, wie sie z. B. angeblich im Ge-
biete der Wau auftreten sollen.
Die Niam-Niara benutzen bei Vornahme wichtiger
Handlungen ein Augurium, welches sie „borru" nennen.
Sie fahren nämlich mit einem in Wasser angefeuchteten
Holzpflock wie mit einem Hobel über die glatte Fläche
eines Holzschemels hin. Gleitet der Pflock leicht hin
und her, so bedeutet dies etwas Gutes, adhäriren da-
gegen die feuchten Holzflächen aneinander, so gibt dies
eine schlimme Vorbedeutung. Ausserdem haben sie
noch andere Augurien. Sie geben z. B. einem Huhne
Fetischgetränk, stirbt es daran, so ist das Unglück vor
der Thür; oder man taucht den Kopf eines lebenden
Hahnes eine Zeit lang unter Wasser, kommt das be-
täubte Thier danach wieder zu sich, so ist alles gut.
Uando, König der Niam-Niam, unternahm nur deshalb
keinen Angriff" auf Schweinfurth und seine Karavane,
weil der Trank ein dem Augurium gewidmetes Huhn
getödtet hatte.
Die Monbuttu, welche die Beschneidung üben, konn-
ten von Schweinfurth hinsichtlich ihrer religiösen Be-
grifife nicht genauer erforscht werden. Merkwürdiger-
weise übersetzte man das Wort Allah, Gott, mit Noro.
Nor bedeutet aber im berberinschen Mahasdialekt
ebenfalls Gott.
Vom Uellegebiet ab nach Westen, nach dem Senegal,
dem Atlantischen Ocean und dem Coanza hin herrscht
Häusliche Einrichtungen Afrikaner. iM»
crasser Fe tisch glaube. Das Wort Fetisch ist aus
dem portugiesischen Feitisso, Zauberei, Hexerei, ver-
dreht worden.
In Aschanti hat man die dunkle Ahnung von einem
höchsten Gotte, dem Scliöpfer, Jan Kompune. Unter
diesem stehen als untergeordnete Gottheiten Fetische,
die in besondern Flüssen, Wäldern oder Bergen wohnen.
So waren zu Bowdich's Zeit die Flüsse Tando, Kobbi
und Odirri Lieblingsfetische der Nation. Der König
und die höhern Klassen verbringen nach dem Tode ein
Leben voller Prasserei bei der höchsten Gottheit.
Stirbt ein Vornehmer, so tödten sich bei der Leichen-
feier desselben Leute beiderlei Geschlechts, um wenig-
stens als Dienstleute des Verstorbenen der Freuden
des Paradieses mit theilhaftig werden zu können,
(ileichem Bestreben sind die Menschenopfer bei Gelegen-
heit der Todtenfeier hochgestellter Personen beizurechnen.
Diese Schwarzen haben ihre Fetischtempel, Himma.
Ihre Fetischpriester bilden eine besondere erbliche Kaste,
welche nicht geringen Einfluss erwirbt. Jeder Priester
verfügt über einen kleinen Tempel und seinen heiligen
Stein, das Hauptsymbol der Gottheit. Solche Steine
sind Meteore oder in Ermangelung derer auch Stücke
Magneteisenstein, die sich hier und da auf dem Boden
ßnden und von den schlauen Bonzen auch gelegentlich,
zufällig, unter Donner und Blitz der Gewitter, einge-
sammelt werden; man schmückt damit die Altäre. Jeder
Priestersohn, der wieder Priester werden soll, muss in
den Besitz eines solchen Steines gelangen. Die Tracht
dieser Kaste ist die weisse; sie lassen sich das Haupt-
haar so lang wachsen, als dies bei ihrer Rasse möglich
wird, nur scheren sie sich den Bart. Eine Art Ober-
priester wohnt zu Kumassi, ist aber ohne grosse ober-
hirtliche Gewalt.* Ausserdem gibt es bei ihnen wan-
dernde Fetischmänner oder Wunderdoctoren, die aber
keinen heiligen Stein mit sich führen dürfen. Sie
haben vielmehr nur einen Lederriemen, an welchem
Amulete und Zaubersteinchen befestigt sind. Aus diesen
214 Drittes Buch.
Talismanen sagen die Fetiscbmänner wahr. Auch gibt
es unter ihnen Fetischweiber, welche in grossem An-
sehen stehen. Dcas Opfern an den Himma ist allgemein.
Es gibt einige Sekten, die hinsichtlich des Essens ge-
wisser Fleischspeisen und des Opferns verschiedenartig
gefärbter Thiere sich ganz different verhalten, auch
voneinander abweichende Festtage feiern.
Eine grosse Rolle 'spielen in Aschanti wie auch in
andern Staaten Guineas die sogenannten Ag riessteine;
sie sollen ursprünglich aus Benin stammen, werden dem
Golde gleichgeschätzt und nach dem Gewichte verkauft.
Sie sind entweder einfarbig blau, gelb, grün und roth
oder auch vielfarbig, in letzterm Falle manchmal sehr
hübsch gemustert; einige machen den Eindruck zier-
licher Mosaik. Diejenigen, welche ich selbst vor Augen
gehabt, erinnerten mich lebhaft an das unter anderm
von Kubary so genau beschriebene Geld der Palau-
inseln im Pacific, ferner an gewisse ähnliche ägyptische,
indrsche und selbst alteuropäische, Schmuckperlen dar-
stellende Gräberfunde. Es sind das theils gebrannte
Thone, theils langsam verwitternde Glasflüsse, aber
auch wirkliche Steine, so z. B. Quarzvarietäten, Kar-
neole, Achate, Jaspise u. s. w.; diese Steine bedeuten
Glück. Kinder, die reich erben, werden mit den zu
Pulver geriebenen Steinen bestrichen, um ihr Wachs-
thum zu befördern u. s. w. u. s. w. Endlich geben die
Aschanti sowie andere heidnische Nigritier beider Gui-
neas viel auf arabische Zaubersprüche, Koranverse
u. 8. w., die ihnen von den in ihrer Mitte verweilenden
Moslemin für schweren Geldeswerth aufgeschrieben
werden. Die Verfertiger solchen Krams sind Berbern,
die weit wandern und von ihrer im Arabischen aus-
geübten Schreibekunst grossen materiellen Vortheil
ziehen. Denn überall in Afrika treibt 'man mit solchem
islamitischem Schwindel eine ausgedehnte und sehr er-
folgreiche Schacherei.
In Dahome ist der Thierdienst hauptsächlich ent-
wickelt. Ilauptfetisch ist der Leopard. Auch in Loango
Häusliche Einrichtungen . lor Afrikaner. 215
bildet letztenr einen grossen Fetisch, der nach Bastian
fürstlicher Natur ist, weil selbst der plebejische BiiftVl,
meiner Meinung nach der kleinere, weniger wehr-
hafte ^05 hrachtfccros , sich von ihm besiegen lassen
soll.
In vielen Gegenden sind mehrere Arten von Schlan-
gen die Landesfetische. Zu Wliyda oder Juida an
der Küste von Dahome, dem Sitze eines schwunghaften,
zum Theil auch durch Europäer betriebenen Handels,
existirt ein Sclilangentempel, in welchem der franzö-
sische Marinechirurg Dr. Repin eine grosse Zalil von
nicht giftigen, zu den Familien PfffJion und Lcptophis
gehörenden Ophidiern züchten sah. Das Volk erweist
diesen Bestien abgöttische Ehren. Die selbst unab-
sichtliche, rein zufällige Tödtung eines solchen Gottes
zieht hier schwere Folgen nach sich. Mehrere in Guinea
weilende Europäer, denen beiläufig ein derartiges
Malheur passirt war, vermochten sich nur mit grosser
Mühe und unter Opferung beträchtlicher Beschwichti-
gungssummen der Volksrache zu entziehen. Durch das
ganze tropische Afrika kommt eine Riesenschlange
(Pifthot) Sehae, Pi/thon natalensis) in mannichfaltigen
örtlichen Varietäten vor. Dieselbe ist hauptsächlicher
Schlangenfetisch. Wir finden ziemlich naturgetreue
farbige Darstellungen dieses Thieres in den thebai-
schen Königsgräbern u. s. w. Sie hat nämlich im
Religionsdienst der Aegj'pter ihre Rolle gespielt, wie
denn auch die sehr giftige, durch ihren Biss zuweilen
schnell tödtende üraeus- oder Haje-, d. h. Brillen-
schlange (Xaia hajc), Symbol der schnell treffenden
pharaonischen fvönigsmacht war. Nach Krapf zollen
die Gala der Schlange (Pf/iJion) eine hohe Verehrung,
indem das Reptil nach ihrer Vorstellung die Mutter
des Menschengeschlechts war. Da nun auch die Abys-
sinier vor ihrer Bekehrung zum Christenthum eine
grosse Schlamme angebetet haben sollen, so ver-
muthet der wackere Missionar hieraus und aus andern
Verhältnissen mit Recht einen Zusammenhang zwischen
216 Drittes Buch.
dem altägyptischen und dem altäthiopischen Götter-
dienst. Vom Schlangencultus findet sich auch etwas
unter den Kaffern. Bei letztern wohnen nämlich die
Amachlosi oder Isiduta, d. h. die Geister der Verstor-
benen, in Schlangen. In einer Art derselben hausen
die Geister von Häuptlingen, in andern die des ge-
meinen Volks, in noch andern die von Weibern. Kriecht
eine Schlange in eine Hütte und bleibt daselbst, so
ist sie ein Itongo oder Pänat, entfernt sie sich dagegen
wieder aus der Behausung, so ist sie eine dem Hause
fremde Erscheinung. Wird eine Schlange getödtet, weil
sie wirklich giftig ist oder für giftig gehalten wird, so
erscheint der in ihr wohnende Geist den Leuten im
Traum. Tödtet man eine dem Geiste eines Häuptlings
zur Behausung dienende Schlange, so wird dieselbe
begraben, ihr Gerippe am Thor der Niederlassung auf-
gehängt und ihr Tod wird durch ein Opfer gesühnt.
Merensky, welchem wir diese Nachrichten verdanken,
fügt hinzu, dass unter den Basuto dieser Glaube an
Incarnation der Geister in den Schlangen nicht zu be-
merken sei. Bedenkt man aber, dass die Schlangen
auch unter manchen Derwischgemeinden des islamitisch-
berberischen Afrika eine Rolle spielen, erinnert man
sich ferner an den Schlangen-Hokuspokus der antiken
Psyllen, so wird man doch versucht, in dem Schlan-
gendienst verstreute Reste eines uralten, über einen
grossen Theil Afrikas verbreitet gewesenen Fetischcultus
zu erblicken.
Von Afrika ist der Schlangendienst durch die Trans-
porte nigritischer Sklaven auch nach Amerika ver-
pflanzt worden; er hat als Wo du dien st auf Haiti
und selbst in manchen Gegenden von Louisiana und
Florida seine recht hässliche, betrübende Auferstehung
unter Niggergemeinden gefeiert, denen man schon
längst die Pflege aufgeklärterer, christlich-humanitärer
Ideen zuzuschreiben geneigt gewesen war.
In Aschanti wie auch weiter südlich über Benguella
hniaus fürchtet sich der ungebildete, abergläubische
Häusliche Einrichtungen i Nr Afrikaner. 217
Mensch vor bösen Geistern. Der Jan Kompune der
Aschanti kann Gutes und auch Böses über die Men-
schen verhangen. Unter ihm treiben aber noch dä-
monische Unholde ihr Wesen. Auch in andern
guinensischen Ländern sind böse Dämonen die Quäl-
geister der dortigen schwarzen Herren der Schöpfung,
Alles was hier dem Individuum oder der Gemeinde
Schlechtes passiren kann, gilt als Werk eines bösen
Geistes, dieser hat häufig seine lebenden Vertreter in
einzelnen Menschen, Hexenmeistern, auch weiblichen
Hexen, welche in Loango Endoxes heissen. Um diese
angeblichen gemeinschädlichen Wesen zu entdecken und
zu entlarven, dient das Institut der Ogangas oder Fe-
tischpriester. Solche von Hause aus abgefeimten käuf-
lichen Betrüger bezeichnen nach Gutdünken, sei es aus
Rache, aus Aerger über nicht dargebrachte Spenden,
aus habgierigen Zukunftsideen oder um nur überhaupt
ein Opfer stellen, um Einfluss behaupten zu können,
beliebige Personen als Endoxes; wenn diese nun nicht
einem über sie verhängten Gottes^irtheil verfallen,
so unterliegen sie doch der Volkswuth, wobei sie dann
mit raffinirter Grausamkeit zu Tode gequält werden.
Sobald, nach Falkenstein's Mittheilung, in Loango ein
Mann von Rang plötzlich stirbt, so wird seine Leiche
mit einem Perlenhalsbande geschmückt und vom Oganga
gefragt, ob sie den Verursacher des Todes selbst
suchen wolle: wird dies vom Todten durch den Mund
des Priesters bejaht, so schleppt man die Leiche in
einer Machilla oder Hängematte in den benachbarten
Oertem umher, lässt sie bei einer längst vorher be-
zeichneten Hütte halten, zerstört diese und opfert deren
Inhaber. Als einer der besten und kräftigsten Lingsters
oder Dolmetscher und Commissionäre der Dr. Güss-
feldt'schen Loango-Expedition gestorben war, wurden
verschiedene Personen dem Gottesurtheil anheimgestellt
und zum Theil auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Die Gottesurtheile bestehen im zwangsweisen Trinken
von wässerigen Auszügen oder im Einnehmen von
218 Drittes Buch.
Pulvern der Calabarbohne (l^hysostigma venenositm) und
der Nkassa, letztere Rinde des Eryihroplilaeum ffKi-
ticcnsc. Ilaben die Leute eine solche sehr häufig
durch Herzlähmung tödtende Probe glücklich über-
standen, d. h. die Giftgabe ausgebrochen, so erhalten
sie von der anklagenden Partei (nach Lenz) eine Ent-
schädigung. Diejenigen, welche den Trank oder das
Pulver länger bei sich behalten und nicht daran sterben,
werden getödtet. Zuweilen müssen Ankläger und An-
geklagte sich dem Gottesgericht zugleich unterwerfen,
manchmal trifft dies den Oganga selbst. In einzelnen
Fällen wird letzterer, falls man eine seinerseits began-
gene Fälschung erkennt, der Volkswuth geojDfert. Der
Oganga vermag nämlich das Ordal so einzurichten, dass
es in einem Falle schadet, im andern nicht; er kann
auch zugleich Brechmittel beibringen. Persönliche
Willkür, Habsucht, Rachgier sind auch hier wieder die
Triebfedern seines Handelns; gewöhnlich entscheidet er
zu Gunsten derjenigen Partei, die ihm am meisten
bietet.
Cameron spricht ebenfalls vom M'ganga oder Medi-
cinmann der Warna (westlich vom Tanganyka). Ein
solclier steckte in einem weiten Zeugrocke, hatte um
den Hals eine Schnur von Kürbisstücken, Yogelschädeln
und roh aus Holz geschnitzten Figuren; das Haar
wurde von einem breiten, mit verscliiedenfarbigen Perlen
besetzten Bande zusammengehalten, über dem ein hoher
Federbusch wehte; Gesicht, Arme, Hände waren mit
Pfeifenthon angeweisst; von seinem Rücken hing ein
Bündel kegelförmiger eiserner Schellen herab, die be-
ständig klingelten, während er mit gespreizten affectir-
ten Schritten durch das Dorf stolzirte. Das Gefolge
bestand aus einer Frau, die in einem ausgehöhlten Kürbis
seinen Götzen trug, einer zweiten mit seiner Matte zum
Niedersitzen und aus zwei kleinen Jungen mit seinen
übrigen Habseligkeiten. Sowie er sich sehen Hess,
stürzten alle Weiber aus ihren Wohnungen und liefen
zu der Teufelshütte des Dorfes, vor welcher sie, wie
Lusliche Einrichtungen
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220 Drittes Buch.
es schien, Gebete verrichteten, indem sie den Kopf tief
zur Erde neigten, in die Hände klatschten und selt-
same nnartikulirte Klagelaute ausstiessen. Bald kamen
aber noch ähnliche Waganga, ganz ähnlich ausstaffirt
und mit ähnlichem Gefolge, dazu, bis ihrer fünf bei-
sammen waren; nun veranstalteten sie einen gemein-
samen Umzug und hielten dann auf einem freien Platze
im Dorfe still. Hier breiteten sie ihre Matten aus,
setzten sich in einer Reihe darauf nieder und holten
ihre Götzenbilder und Zaubergeräthe hervor. Die Be-
fragung der Waganga wurde durch die Häuptlingsfrau
eröffnet, welche ihnen als Opfergabe ein halbes Dutzend
Hühner verehrte; als sie sich wieder entfernte, sah sie
sehr beglückt aus, denn der oberste Waganga hatte
ihr die Ehre erwiesen, ihr ins Gesicht zu speien und
ihr einen Thiergötzen in Form einer Kugel als Talis-
man geschenkt; diesen trug sie eiligst in ihre Hütte,
um den Schatz in Sicherheit zu bringen. Nun erklärten
sich auch die Waganga für Anhörung und Beantwor-
tung von Fragen aus dem Volk zugänglich; auf einige
gaben sie sofort Bescheid, andere dagegen machten
ihnen scheinbar grosse Schwierigkeiten, deren Lösung
unter vielerlei Reden und Gesticuliren gesucht wurde.
Bekannten sie aber zuletzt, selbst keine Antwort finden
zu können, so mussten die Götter befragt werden und
nun ertheilte einer der Fetischpriester, der sich aufs
Bauchreden verstand, den gewünschten Bescheid, wäh-
rend die armen Betrogenen des Glaubens waren, der
Götze habe gesprochen. Je reicher die Spende des
Fragenden war, desto günstiger lautete die Antwort,
die das Orakel gab. Auf diese Weise erzielten die
Waganga im ganzen einen ausserordentlich befriedigen-
den Ertrag ihres Wahrsagens, ja zwei von ihnen hatten
solches Gefallen daran gefunden, dass sie folgenden
Tags wieder kamen, aber da ging das Geschäft flau,,
wahrscheinlich mochte sich das Volk nicht alle Tage den
Luxus der Orakelbefragung gestatten können.
Die Kimbunda sind nach Magyar Fetischdiener, welche
Häusliche Einrichtungen i ior Afrikaner. *^2l
uaiueutlich Thiere als Sinnbilder der (iöttlichkeit ver-
ehren; sie kennen aber auch ein höchstes Wesen, Suku-
Wanange (der Name erinnert an den Waka der (iala,
S. 2U'J), welches jedoch an dem Schicksal der Menschen
sehr wenig Antheil nimmt. Ausser ihm existiren Kilulii-
Sande oder gute und Kilulu-yangolo-apessere oder böse
Geister. Die Seele ist unsterblich und kommt nach
dem Tode in eine unterirdische Welt, Kalunga, wo es
Tag ist, wenn es oben Nacht ist und wo es lauter
Sinnengenüsse gibt. Je nachdem ein Lebender gehan-
delt hat, wird er unter die guten oder die bösen
Geister versetzt; letztere sind zahlreicher als erstere
und quälen die Menschheit entsetzlich. Indessen er-
schreckt Suku-Wanange von Zeit zu Zeit die bösen
Geister mit dem Donner und schlägt die bösesten zu-
gleich mit dem Donnerkeile. Man bringt den bösen
Geistern häufige Opfer dar; die Vermittelung mit ihnen
übernehmen Hausgötzen, deren hölzerne oder thönerne
Abbilder in der Hauskapelle aufgestellt und mit Anti-
lopenhörnern umpflanzt werden : diese Hörner sind voll
Kohle und Fett. Man entzündet nun dieses Gemisch
und beräuchert damit sich und die Götzenbilder; letz-
tern dürfen sich nur der Hausherr und der Opferpriester
oder Kimbanda nähern.
Zu Beginn der trockenen und der Regenzeit setzt
man öffentliche Processionen zu Ehren der guten Geister
in, Gang. Man verfertigt eine Zeugpuppe in Lebens -
grosse und trägt sie unter einem Baldachin mit Musik
und mit Gesang von Ort zu Ort; festlich gekleidete
Männer umtanzen das Idol und preisen es in ihren Gesängen.
Die den Zug begleitenden Kimbanda oder Priester aber
betteln Geld von den Hausherren zusammen. Letztere
hoffen durch solche Gaben die Gunst der guten Geister
zu gewinnen, namentlich in ihren Handelsunterneh-
mungen. Gewöhnlich opfert man Thiere, Menschen
nur bei der Einsetzung der Fürsten oder bei Regen-
mangel. Gottesgerichte existiren auch hier.
Ein Theil der Fetische der West- und Inneraü'ikaner
222
Drittes Buch.
sind Holzfiguren in stehender oder hockender Stellung-
mit grotesk ausgeschnitzten Zügen und mancherlei
phallischen Attributen. Sie sind schwarz, weiss, roth
oder bunt bemalt, mit Haaren, Federn, Thierhörnern,
Zähnen, Schnecken, Muscheln, Spiegelstücken, Perlen,,
Zeuglappen und allem nur erdenklichen andern Kram
phantastisch aufgeputzt. Es fehlt nicht an Rasseln,.
Pauken, Trommeln, Schalmeien und sonstigen Instru-
menten zur Erzeugung der etwa wünschenswerthen
Fetischmusik. Man baut den Fetischen grössere Tempel
Fig. 90. Fetische von Ruanda.
oder kleinere Kapellen, selbst nur offene Schuppen;
die Ausschmückungsweise dieser heiligen, manchmal an
den malerischsten Stellen des Waldes angebrachten
Behausungen ist überaus mannichf altig, grösstentheils
sind ihrer viele wunderlich ausstaffirt. Manche Fetische
begeben sich auf Reisen, um gelegentlich bei Krank-
heiten oder dergleichen consultirt zu werden. So z. B.
vollführt der bekannte und gefürchtete Götze Mangaka
in Kabinda nach Bastian seine derartigen Kunstreisen
in einer Tipoia oder Tragmatte. Es lässt sich keine
Art dos unsinnigsten Aberglaubens und des Hokuspokus
H.nsli.-Ii.' KinrlcliinnLM'n u. -. \v. clor Afrikaner. 223
lii
.. i . i.aolKlienste nicht platz-
greifen sollte. Sind manche der Götzen auch harm-
loserer Art, so gibt es leider auch solche, die an Blut-
durst dem Hnitzilipochtli der Azteken kaum etwas
nachgeben. Leistet der Fetisch übrigens nicht das Er-
wünschte, so prügelt man ihn wol, beschimpft ihn sonst
noch, schmeisst ihn beiseite und macht sich einen
andern Götzen. Das Chrlstenthum hat gegen diesen
, . -Jt -.^%.-
■^ifimS..,
Fig. Ol. Fetiscbhatte in Lowale.
finstern und fest eingewurzelten Aberglauben erst sehr
weniges zu erringen vermocht.
Bei den A-Bantu herrscht nach den Angaben ver-
schiedener Reisender gar keine Religion. Merensky
fühlt nun das Bedürfniss, diesen Angaben entgegen-
zutreten, wie mir scheint nicht mit Unrecht. Die Bet-
chuana glauben an Modimo, Morimo oder Morinno,
ein höchstes Wesen, welches die Welt erschaffen, Leben
und Tod gibt, Glück und Wohl spendet. Man wendet
sich nur in gewissen Fällen im Anrufen direct an Mo-
dimo. Dieser Name findet sich bereits bei dem alten
224 Drittes Buch.
portugiesischen Schriftsteller De Barros, wird aber auch
von den heutigen Zauberdoctoren gebraucht, d. h. von
Leuten, auf welche weisse Ansiedler und Missionare
erst am spätesten Einfluss erhielten. Deshalb hält Me-
rensky nichts von einer Uebertragung des Begriffs
Modimo durch die Weissen und Missionare, Auch die
Amazulu, Amaswazi und andere Küstenstämme sprechen
von einem Itongo oder höchsten Wesen; die Badimo
und Amatongo wirken auf sie als Gö'tter mit über-
menschlicher Kraft, die besonders durch Träume Ein-
fluss auf die Menschen gewinnen. Bei den Zulu werden
die Geister verstorbener Häuptlinge zu Amatongo oder
Göttern; sie unterscheiden vom Itongo noch einen
allerhöchsten U'kulunkulu, welcher die Menschen aus
dem Moraste, U'mchlanga, erzeugte, aus dem er selber
herstammt. Chuboane (der Mosuto) erschuf die Menschen
aus U'mchlaka, Sumpfwasser. Es existiren nun mancher-
lei kosmogenetische Sagen der A-Bantu, welche aufzu-
zählen hier der karge Raum verbietet. Bei den Zulu
spielen die Geister der Verstorbenen, Amachlosi oder
Isiduta mit. Das angebliche Verhältniss derselben zu
den Schlangen haben wir oben (S. 216) näher er-
örtert. Die Badimo oder Elohim, Geister, Götter der
Basuto, wohnen auf Bergen, in Höhlen, an abgelegenen
Orten. Die Seelen der verstorbenen Häuptlinge werden
als Schutzgeister der Familie und selbst des Stammes
betrachtet; man schlachtet ihnen Thiere und hält es
für gut, wenn diese bei ihrer Tödtung recht laut
schreien. Bei den Kaffern thut man in Krankheits-
fällen Fleisch und Blut eines Opferthieres , z. B. eines
Rindes, in eine gut gereinigte Hütte, verschliesst diese
nachts und gibt so, wie man wähnt, den Amachlosi
Gelegenheit, sich durch Beriechen und Belecken des
Fleisches zu laben; dann wird das letztere vertheilt
und gegessen. Die Knochen des Opferthieres werden
bei manchen Stämmen verbrannt. Bei den Basuto
oi)fert man nur beim Tode von Häuptlingen dessen
Vieh. Bei Unglücksfällen, welche das Volk oder die
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 225
königliche Familie treffen, wird ein schwarzer Ochse
an den Gräbern der Häuptlinge geschlachtet. Die Baga-
nanoa erzählten von solchen alten Ruhestätten, an denen
man durch eine (oben gewöhnlich verdeckte) Oeflfnung
Bier als Trankopfer zum Schädel des Todten herab-
laufen Hess. Auch die Basuto glauben an das Ilerum-
spuken von Seriti, d. h. abgeschiedenen Seelen. Spuren
von Menschenopfern zeigen sich nach Merensky in der
Geschichte des Zulukönigs Tchaka und des Bapedi-
fürsten Sekwati. Ein kleiner Matabelestamm betreibt
die Menschenopfer noch ganz offenkundig und jagt
die dem Polio unterworfenen Knaben (S. 179) durch
den Rauch verbrannter Geopferter hindurch. Der
Häuptling dieser Barbaren salbt sich den Leib mit
Menschenfett u. s. w. Im Basutolande hat man heilige
Berge, Steine, Quellen und Bäume. Diesem Volke sind
ferner das Krokodil und der Ibis (Harpiprion Hage-
dash) heilig. Wird jemand von ersterm gebissen, so
wird er ferner für unwürdig erklärt, in der Gemein-
schaft des Stammes zu verbleiben. Der Ibis darf deshalb
nicht getödtet werden, weil sein Tod den Regen ver-
treiben oder verhindern könnte. Die Kaffern ver-
schmähen in ihrer Kost Fische, Eier, Hühner, Raub-
thiere, Raubvögel sowie zahme Schweine. Der Grund
dafür ist nicht bekannt. Die Gala, Somal, Djagga,
Wakikuju, Wakamba undWataita essen weder Vögel noch
deren Eier, auch nicht Hühner, ferner keine Fische.
Letztere werden nur von Küstenbewohnern, von Somal,
Makua und Swazi verspeist. Unter den nördlichen
Stämmen sind Talismane jene Wurzeln, Knochen, Zähne
u. s. w., die durch das Würfeln des Fetischmannes für
heilbringend erklärt werden. Die Bachalaka verehren
ein Knollengewächs, das sich auch in grosser Dürre
hält.
Die den Waganga der nördlichem Völker ähnelnden
Bantupriester oder Zauberdoctoren bilden eine Klasse
für sich. Bei den Kaffern üben sie einen grossen Ein-
fluss auf das Volk aus. Es gibt auch weibliche
HABTMANir. 15
226 Drittes Buch.
Zauberdoctoren; sie heilen Krankheiten von Menschen
und Vieh, machen Diebe und Hexenmeister ausfindig,
treiben Wahrsagerei, Augurien und schaffen Regen.
Sie putzen sich mit Federn, Haaren, Knochen, Zähnen,
Hörnern, Perlen, lebenden Schlangen u. s. w. nach
echter Ganga-Manier sehr abenteuerlich heraus. Die
als Hexenmeister (Aba-Takati oder Ama-Tagati der Zulu)
Erkannten, häufig völlig harmlose, unschuldige Per-
sonen, werden auf grausame Weise hingeschlachtet.
Allerdings gibt es auch Leute, die ihren Nebenmenschen
durch sympathische Verrichtungen und durch Gift zu
schaden wähnen oder thatsächlich zu schaden suchen,
diese werden dann auch einmal von dem über sie ver-
hängten Spruche in gerechter Weise betroffen.
Die Doctoren der Basuto oder Njaka, welche nach Ur-
theil der Missionare nicht so wild und agressiv zu verfah-
ren scheinen wie diejenigen der Kaffern, wahrsagen mit
Hülfe von Dickagare oder mit aus Fusswurzelknochen
des Rindes bereiteten Würfeln. Die Baloi oder Hexen-
meister, welche nachts im nackten Zustande umher-
laufen und angeblich vielerlei Bosheit treiben, wozu
sie sich gezähmter Paviane bedienen sollen, sind aucli
unter den Betchuana sehr gefürchtet.
Sehr merkwürdig zeigen sich die übrigens doch so
gering entwickelten religiösen Vorstellungen der alten
Hottentotten. Ein berühmter Mann, Heitsi-Eibib oder
Tsui-Coab, d. h. Wundknie, scheint sich bei ihnen in
ähnlicher Weise Vergöttlichung erworben zu haben wie
ein grosser Pharao, ein Sohn der Sonne, bei den
Aegyptern oder wie ein Heroe, ein Halbgott, bei den
Griechen. Indessen hatten sie auch eine dunkle Vor-
stellung vom guten Gunnia-Tiquoa oder Tuquua, dem
Gott der Götter, dem Schöpfer aller Dinge. Daneben
war Tutuqua der Vertreter des Bösen. Dem Monde
ward von ihnen , wie auch von andern afrikanischen
Stämmen, eine gewisse Verehrung gezollt. Ein gerad-
flügeliges Insekt, das Weinhähnel oder die Mantis,
dt'ssen derjenigen einer Betenden ähnliche Stellung
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 227
einer in Südeuropa gemeinen Art den Beinamen relU
giosa einbraclite, war den Hottentotten heilig. Uebri-
gens hörte dieses Volk auch auf seine Medicinmänner
oder Zauberdoctoren ganz so wie andere afrikanische
Heiden. Zur Zeit hat das Christenthum den grössten
Theil der alten abergläubischen Ideen bei den Hotten-
totten verdrängt. Hir neueres Wort für Gottheit,
U'tixo, ist durch sie und die Missionare auch bei den
Kaffern eingeführt worden.
'•'f/iei'uny und IStaatsverfasmng.
Nominelle Oberhäupter der afrikanischen Moslimen
sind der türkische Sultan und der Kaiser von Marokko.
Das wirkliche Oberhaupt von Aegypten, Tripolis und
Tunis ist der Sultan in Konstantinopel. Algier ist
französische Colonie, Marokko ist unabhängig. In
Aegypten regiert der Khedive, in Tripolis der Pascha
(arabisch Bascha), in Tunis der Bei. Aegypten hat
gegenwärtig grosse Erw^erbungen im Süden gemacht
und das Generalgouvernement Beled- Sudan um das
Land Dar-Fur, um die Schilluk-, Denka- und Bari-
Territorien bis zum Belenian, und um die Berta-Länder
bis Fadassi, erweitert. Dieser Staat ist ferner auf
bestem Wege, auch die bedeutendsten der paradiesi-
schen äquatorialen Seegebiete, Unyoro und Uganda,
zwar allmählich, aber sicher zu annectiren. Ausserdem
gebietet der Khedive jetzt über die Küstenstädte am
Rothen Meere: seine Anschläge auf Abyssinien sind
vorläufig mislungen, diejenigen auf Wadai sind nur
vertagt. Mit den Niam-Niam- und Monbuttu-Ländern
wird man ebenfalls fertig zu werden suchen. In
Aegypten, woselbst die Thronfolge durch Decret des
türkischen Sultans vom Jahre 1866 eine gründliche
Aenderung erfahren hat, ist das türkische Staatsgesetz
obligatorisch. Das Land hat einen jährlichen Tribut
an die Pforte zu entrichten; die Steuern werden in
L5*
228 ■ Drittes Buch.
des Padischah Namen eingetrieben und das Geld muss
die Tugra, den Namenszug des letztern tragen. Die
sogenannte Tanzimati-Cherieh von Gülkhaneh, in welcher
die alten Grundgesetze des türkischen Reichs im Sinne
der modernen Weltanschauung umgeändert und worin
namentlich das Verhältniss der Moslimen und der Nicht-
moslimen zueinander geregelt werden sollte, gilt für
Aegypten sowol als auch für die andern Besitzungen
der Pforte in Afrika. In allen diesen Ländern gelten
der Koran und die Sunnehgesetze, d. h. Commentare
und Interpretationen desselben, die türkischen Staats-
grundgesetze, die herkömmlichen Staatseinrichtungen,
sowie die von den Statthaltern des Sultans erlassenen
speciellen Verfügungen als bindend. Die erwähnten
herkömmlichen Einrichtungen tragen in den Ländern
Aegypten, Tripolis und Tunis einen verschiedenartigen,
in Uebereinstimmung mit den localen Verhältnissen be-
findlichen Charakter. Sind wir nun auch im ganzen
daran gewöhnt, diese Staaten gewissermassen als Pro-
vinzen des türkischen Reichs zu betrachten, so geniessen
dieselben dennoch eine grosse factische Selbständigkeit
und es geschehen hier Diuge, die nur wenig Einklang
mit den Wünschen und Bestimmungen der Süzeränen
Regierung verrathen. Wo aber in den türkisch- afrika-
nischen Gebieten den von den Statthaltern derselben
abhängigen Beamten und Vasallenfürsten das Recht
über Leben und Tod nicht unmittelbar zusteht, wird
dies dennoch von ihnen häufig ohne weiteres factisch
in Anspruch genommen oder mit Zuhülfenahme von
heimlicher Gewaltthätigkeit und von ränkevoller Be-
schönigung oder Verclausulirung ausgeübt. So sollte
z. B. in den Jahren 1859 und 1860 im ägyptischen
Sudan kein Todesurtheil ohne ausdrückliche Genehmi-
gung des ägyptischen Statthalters zu Kairo ausgesprochen
und vollzogen werden. Wer aber kehrte sich daran?
Der Bei in Chartum liess ebenso gut köpfen wie die
Beiß in Taka und in Kordufan; der Grossschekh der
Schukriü tödtete so gut wie derjenige der Abu-Rof
Häusliche Einrichtungen u. . w. der Afrikaner. 229
oder der Melik (König) der Funje. Ein jeder im Süden
commandirende ägyptische Major oder Hauptmann ver-
fuhr in gleicher Weise. Von einer Berufung an höhere
Instanzen war hier in solchen Fällen keine Rede; es
scheint ' ' auch jetzt noch nicht besser geworden
zu seil .
Die unal ,.:_'! L'en inoslimischen Fürsten verfahren
als unumschränkte Herrscher; sie haben ein jeder ihren
Wekil oder Wesir, auch wol deren mehrere, sie hören
den Rath weltliclier oder geistlicher Honoratioren; trotz-
dem aber findet eine Beschränkung ihres Despotismus
durch jene Berather, die ja nur Werkzeuge und officielle
Bestätiger der fürstlichen Willkür sind und nur selten
hemmend einzugreifen wagen, so gut wie niemals statt.
Auch der Medjlis oder Rath, der hier und da für po-
litische, für Handelszwecke u. s. w. aus Beamten allein
oder aus diesen und aus andern Notabein zusammen-
benifen wird, bleibt meist ohne Einfluss, hat vielmehr
in den allerhäufigsten Fällen nur eine Prüfung vorge-
legter Fragen zu vollziehen. Nur sehr wenige erleuch-
tetere unter den Despoten hören einmal auf guten Rath.
Die den Aegyptern tributpflichtigen Grossschekhs der
Bedja, Furaua und Funje, welche nicht, wie die nubi-
schen Berabra, direct unter ihren Nassiren, Mamuren,
Mudiren u. s. w. stehen, üben zwar eine ziemlich weit-
gehende Herrschaft über ihre Unterthanen aus, sind
aber doch am Ende ihrer Obliegenheiten, unter anderm
für Anstiftung von Krieg und Frieden, den nächsten
Statthaltereibehörden verantwortlich. Hire Wekile sind
nicht nur Stellvertreter, sondern auch hauptsächliche
Commissionäre, denen noch eine Anzahl anderer Offi-
cianten, als Marktschekhs, Befehlshaber der Kriegsmacht,
Sklavenaufseher, Eunuchen, als Obmänner der bei ihnen
lebenden Fremden, als untergeordnete Districtschefs
u. s. w. unterstehen. Recht wüst sieht es noch in den
neu unterworfenen Gebieten der Schilluk, Denka und
Bari aus, in denen die Reste einer überkommenen
volksthümlichen Häuptlingschaft unter der temporären
230 Drittes Buch.
Aufsicht ägyptischer Oberbehörden eine nur schwäch-
liche Wirksamkeit ausüben.
In Uganda bildet nach Stanley den grössten Theil
des Volks der Bauer, Kopi, von dessen einfältig-idylli-
schem Leben unser grosser Reisender ein so überaus
anziehendes Bild entwirft. Ueber dem Kopi stehen
die Vornehmen, das sind zunächst die Wakungu, dann
die Watongoleh oder Häuptlinge zweiten Ranges. Die
höchste Stellung nimmt der Katekiro oder oberste
Minister ein. Stanley sah Mtesa circa 250,000 Soldaten
unter Ki Wakungu oder Generalen und 154 Waton-
goleh oder Obersten gegen die Wawuma ins Feld füh-
ren. Mtesa, der Kabaka, d. h. Kaiser, der Oberherr
über verschiedene, weite Gebiete regierende Könige ist,
hat ausser seinen Weibern noch Haushofmeister, Pagen,
Boten, Musikanten und — Scharfrichter um sich. Long-
Bei entwirft von der Thätigkeit der letztern, der lang-
bärtigen, wildblickenden Marsala, ein gar düsteres Bild.
Sie vollführten, phantastisch gekleidet, vor den Augen
und zur Ehre jenes dem Khedive dienenden Amerika-
ners blutige Menschenopfer. Letztere scheinen zur
Zeit Stanley's (1875) bereits abgekommen zu sein.
Mtesa und sein Hof waren nämlich Moslimen geworden
und hatten ihre Sitten denn doch in etwas gemildert.
Trotz dieser Religionsänderung blieben die Wanganda-
häuptlinge halbe Heiden, sie gingen bunt bemalt zur
Schlacht und folgten ihren Zauberern. Amin-Bei (Dr.
Schnitzler aus Neisse ?) äussert sich im vorigen Jahre
wieder tadelnd über die Sittenrohheit des despotischen
Mtesa, den Stanley zum Christen gemacht zu haben
glaubte. Wie nun der Kabaka hart und gewaltthätig
verfährt, wenn er Land und Würde seiner in Ungnade
gefallenen Wakungu von den in seiner Gunst gestie-
genen Höflingen aufzehren, d. h. in Besitz nehmen, und
wie er selbst den Namen der alsdann seiner Rache
Geopferten von den designirten Nachfolgern adoptiren
läset, schildert Stanley in höchst drastischer Weise.
Wie lange dürfte es aber noch dauern und der gross-
H&osliche Einrichtungen u. s. w. tler Afrikaner. 231
mächtige, überniüthige Kabaka bettelt als geduldeter
Grossschckli der Waganda vor dem Di van zu Kas-el-
Tin um die Gunst seiner Meister und blickt scheu ver-
MTUidert auf die Parade der schwarzen Garden an den
Kasernen Kassr-el-Nil oder Kassr-el-Ali, die ihn und
seine Hunderttausende mit ihren Hinterladern, mit ihren
Ki'upj)s niedergeworfen hatten. Wenn erst einmal
bessere Wirthschaft in Kairo eingeführt sein sollte, so
dürften wir uns aus menschlichen Rücksicliten wol dar-
über freuen, eine derartige Vision in ^in Bild der Wirk-
lichkeit umgewandelt zu sehen.
Bei den Schilluk herrschte bis zu dem Zeitpunkte,
in welchem nach den einleitenden Grosstliaten des nicht
officiellen Banditen Mohammed-Cher, der officielle Kurde
Ali-Bei das Land jener Schwarzen der kairoiner Re-
gierung definitiv unterwarf, ein König über die ganze
sehr individuenreiche Nation. Derselbe residirte zu
Denab am Weissen Nil, nach Pruyssenaere in einem
besondern Weiler, welcher aus den Togule seiner Weiber,
Kinder und Sklaven bestand; er verliess denselben nie-
mals, um sich seinem Volke zu zeigen. Er bemalte
sich nicht, trug an Armen und Beinen silberne und
goldene Ringe, auf der Brust aber Perlenschmuck und
hielt stets eine oder zwei Lanzen in der Hand. Er
hatte in seinem Weiler ungefähr 150 seiner Söhne und
ebenso viel Sklaven, alle bewaffnet, die für seine Sicher-
heit zu wachen hatten. Die Söhne, die noch zu jung
waren, um die Waffen tragen zu können, wurden ausser-
halb des königlichen Dorfes erzogen. Der Fürst hatte
auswärts noch eine bedeutende Anzahl Sklaven als
Hüter seiner Heerden. Alle Tage zeigte er sich von
fern den bedeutendsten Häuptlingen, die ihn, in re-
spectvoUer Stellung niedergekauert, betrachteten. Er
empfing gern den Besuch der fremden Bedja und Be-
rabra, einerlei, ob ansässig oder nur vorbeireisend,
weil sie ihm ein Geschenk gaben, das dann erwidert
wurde. Weisse zu empfangen verweigerte er früher
(J859) noch hartnäckig. Seine Einkünfte waren die
232 Drittes Buch.
Sendungen gewisser Mengen von Durra, die ihm die
ackerbauenden Dörfer lieferten, ferner zwei Drittel alles
Elfenbeins, welches seine Unterthanen auf der Jagd
erbeuteten. Wer einen Elefanten tödtete, musste dem
König die beiden Zähne bringen, der dem Jäger ein
Drittel des Elfenbeins oder dessen Werth gab. Der
König erhielt ferner sämmtlichen Moschus der erlegten
Krokodile, sowie den Schwanz von allen getödten
Giraffen; letzterer Gegenstand hatte nämlich als Schmuck
bei den Schwarzen einen grossen Handelswerth. Wer
unerlaubten Umgang mit einem jungen Mädchen pflegte,
musste Strafe an ihn zahlen. Endlich erhielt er noch
Geschenke von denjenigen Händlern, die freie Erlaub-
niss für ihre Geschäfte haben wollten. Der König
hatte drei Minister um sich, wovon der eine die, übri-
gens seltenen, Kriegszüge befehligte, an denen jedoch
das Oberhaupt niemals persönlich sich betheiligte.
Derselbe ernannte ausserdem in jedem Dorfe einen oder
zwei höhere Häuptlinge, die unter sich wieder andere
von geringem! Rang hatten. Im allgemeinen wurde
die Regelmässigkeit und Gerechtigkeit der Verwaltung
sehr gelobt. Die Aegypter haben nun, wie schon
angedeutet worden, den letzten alten Schillukkönig
Katkor beseitigt, ihn, wie schon so manchen Nigritier-
fürsten des Sudan, mediatisirt und ein Regiment ein-
geführt, welchem die oben geschilderte Regelmässigkeit
und Gerechtigkeit der altnationalen Verwaltung nach-
zurühmen, auch dem servilsten Partisan des jetzigen
Divan mislingen dürfte.
In Darfur hatte die alte, aus dem kriegerischen
Stamme der Gondjara hervorgegangene Dynastie durch
Generationen mit einer Art patriarchalischer Strenge,
mit einem gemilderten Despotismus regiert. Die Ver-
waltung des Landes war einfach. Der Sultan hielt im
Fascher zu Tendelty Hof, in einem umzäunten Hütten-
complex, welcher in seiner ganzen Anordnung etwa den
U'nkundjlowes der. Zulukönige entsprach. Ausserdem
war das volkreichere Kobbe die Hauptverkehrsstadt,
IlHosliche Einrichtunjren u. s. w. der Afrikaner. 233 t
in welcher der Handel getrieben >viirdc und wohin sich
die fremden Karavanen bewegten.
Im Nachbarstaate Wadai, der neben zahlreichen ein-
gewanderten, nomadisirenden Bedjastämmen auch viele
nicrritische" Tribus und ausserdem noch wenig dunkel
gefärbte Leute enthält, deren anthropologische Eigen-
thümlichkeiten bisjetzt so gut wie unbekannt sind,
herrscht der Sultan ebenfalls in einer umzäunten Resi-
denz zu Wara. Hier wie in Darfur und in den West-
staaten wird zwar despotisch, übrigens aber ganz nach
den Gesetzen des Islam regiert. Der jedesmalige Sul-
tan in diesen Gebieten hat eine Anzahl Würdenträger
unter sich, deren Aemter sich theils aus den in alt-
islamitischen Staaten eingeführten herleiten lassen, theils
aber auf urthümlichem afrikanischem Boden entstanden
sind. Uebrigens gehen im Westen Sudans noch immer
grosse politische Gärungen vor sich, wie das z. B. die
Vorgänge zu Timbuktu, Hamdallahi und Sansandi be-
weisen, wo selbst in unsern Tagen mehrere Völker-
stämme, wie die berberischen Kunta, die Fulbe, Bam-
bara u. s. w. um die Oberherrlichkeit rangen. Um nun
einen Begriff von dem Hofleben in einem der central-
sudanischen (dem Islam huldigenden) Staaten zu geben,
wählen wir das gerade von deutschen Reisenden mehr-
fach besuchte Bornu. Hier herrscht jetzt die Dynastie
der Kanemin, welche aus den Haushofmeistern der
vorigen oder Saefua-Dynastie hervorgegangen ist. Der
Sultan oder Mai, gegenwärtig der vielgenannte und
vielgefeierte Omar-el-Kanemi, ist unumschränkter Ge-
bieter. Seine Hauptbeamten sind der Digma oder erste
Minister, der die innern Angelegenheiten besorgt, ferner
der Mala oder Schatzmeister, der Jurama oder Oberste
der Eunuchen, der Mistrema oder Aufseher über die
Weiber, der Sintalma oder Obermundschenk, der Mainta
oder Hofküchenmeister, der Marma-Kullobe oder Auf-
seher über die Sklaven (des Mai). Unter dem Digma
stehen der Siggibada oder Ministerialdirector und der
Ardjinoma oder Geheimsecretär. Der Fugoma oder
234 Drittes Buch.
oberste Scharfrichter ist Stadtcommandant von Ngornu,
der Kasahna oder Kadjelma ist Stadtcommandant von
Jo. Der Mai hält alle Morgen Rathsversammlung
(Xokna) ab, zu welcher seine Brüder, die hohen Be-
amten und die Kognaua oder Hofräthe berufen werden.
Der Thronfolger (seinerzeit des Mai ältester Sohn)
wird gewöhnlich Tschiroma oder Yerima genannt. Der
Sohn der ältesten Schwester des Sultans heisst Kabis -
kema. Wie an den alten Höfen von Für und Bagirmi
stehen auch hier die Eunuchen (Adim) in hohem An-
sehen; sie avanciren sogar zuweilen zu Staatsmännern
und Truppenführern.
Die Sande oder Niam-Niam stehen nach Schweinfurth
unter verschiedenen unabhängigen Fürsten, die Bjen
heissen und eine vollkommene Autorität ausüben; sie
versammeln die Heereskräfte ihres Landes um sich,
erklären Krieg, schliessen Frieden, erheben von der
gemeinschaftlichen Jagdbeute die Hälfte des Fleisches
als Abgabe und monopolisiren, wie so viele nigritische
Fürsten, das Elfenbein. In einigen westlichen Gebieten
bestehen die Abgaben auch zum Theil in Sklaven.
Den persönlichen Bedarf an Feldfrüchten gewinnt der
Bjen selbst aus seinen Ländereien, die er durch Sklaven
und sogar durch seine Weiber bebauen lässt. Jeder
dieser Fürsten gebietet über eine Art Leibgarde. Unser
Reisender rühmt die stolze, selbstbewusste Haltung
und die vornehme Tournure dieser übrigens alles könig-
lichen Prunkes entbehrenden Fürsten. Sie sind die
eigenhändigen Vollstrecker der von ihnen gefällten
Todesurtheile. Manche sollen an Wuthanfällen leiden,
dergleichen auch absichtlich erkünsteln, aus derVolksmasse
beliebige Opfer auswählen und dieselben abschlachten,
um dadurch der Menge Schrecken einzuflössen, Respect
vor ihrer Macht über Leben und Tod beizubringen.
Es erinnert dies schon stark an die brutalen Herrscher-
gelüste der guinecnsischen Könige von Dahome, Aschanti,
Benin u. s. w.
In vorzüglicher Weise schildert uns derselbe hervor-
Hiueliche Einrichtungen u. s. \v. clor Afrikaner. 235
ragende Forscher die rohe Pracht am Hoflager des
Monbuttukönigs. Der damalige, Munsa, welcher Schwein-
furth und stine Hegleiter freundlich aufnahm und der
1870 in ehrenvollem Kampfe gegen den ägyptischen
Räuber (lattas gefallen ist, monopolisirte nicht allein
das Elfenbein, sondern erhob auch Steuern an Feld-
früchten. Er hatte ausser seiner Leibgarde auch sonst
noch Trabanten um sich; unter ihm fungirten eine
grosse Zahl Beamter und Ortsvorsteher. Unter den
vielen leiblichen Hrüdern wurden die Unterhäuptlinge
gewählt und fünf vornehme Reichsbeamte bildeten eine
ganz besondere hochstehende Behörde; da waren: 1)
der Intendant über die Waffen, 2) derjenige über die
Ceremonien und Feste, 3) der Speisemeister des könig-
lichen Hofhalts und erste Magazinier, 4) der Haus-
meister über alle königlichen Frauen, 5) der Dolmetsch
im Verkehre mit den Fremden und benachbarten Herr-
schern. Gross war die Zahl der Frauen Munsa's; nach
Landessitte erbte letzterer nämlich die von seinem
Vorgänger hinterlassenen Weiber und nahm selber noch
sehr viele dazu. So oft er nachts seine Privatwohnung
verliess, um den Frauen Besuche abzustatten, erscholl
der laute Jubel seiner Trabanten mit Pauken und Hör-
nern. Er verfügte ül)er eine ganze Anzahl von Horn-
bläsern und Trompetern, Eunuchen, Festordnern und
Spassmachern, Bänkelsängern und Tänzern, die bei
festlichen Versammlungen zur allgemeinen Kurzweil
dienten und den Glanz seines Hofes vermehrten. Mun-
sa's Privatbehausung bestand aus einer Gruppe ver-
schieden grosser Hütten (S. 101), deren jede einer seiner
täglichen Verrichtungen gewidmet war. Das Ganze war
gleich einer Zeriba mit Palissaden umzogen und mit
schattigen Bäumen bepflanzt. Stets musste eine der
Frauen, zu bestimmten Zeiten mit den andern abwech-
selnd, die Küche des Königs besorgen. Letzterer
pflegte für sich allein zu speisen; niemand durfte den
Inhalt seiner Schüssel in Augenschein nehmen; alles
was er übrig Hess, wurde vergraben. Was er berührt
236 Drittes Buch.
hatte, wurde als Heiligthum angesehen; von dem vor
seinem Sitze brennenden Feuer durfte nicht eine Kohle
genommen werden, um eine Pfeife daran anzuzünden;
Vergehen wider solchen Usus galten durchaus als todes-
würdig. Schweinfurth nahm die Einrichtung der könig-
lichen Gemächer in Augenschein; die Garderobe Munsa's
beanspruchte allein mehrere derselben; in dem einen
befanden sich die Federmützen, in einem andern Bündel
von Schwänzen der Zibeth- und Genetkatzen, der Pin-
selohrschwein- und Giraffenschwänze, Schnüre von Zäh-
nen erbeuteter Löwen und anderer Thiere. Auch zeigte
sich hier der königliche, wie bei den besser situirten
Orientalen spaltförmig eingerichtete Abort, ein Institut,
welches gegenüber der Unanständigkeit der gemeinen
Aegypter, Nubier und heidnischen Nigritier einen An-
strich hoher Civilisation darbot. In den Rüstkammern
Munsa's starrte es von Waffenvorräthen; Bündel von
je 2 — 300 Lanzen dienten in Kriegsfällen zur Ver-
theilung an die Mannschaften des Heerbannes ; es lagen
da Haufen von den sonderbar geformten, bei diesem
Volke üblichen Säbeln; ferner sah man Luxuswaffen,
die zur Ausstellung in den königlichen Hallen bei Festen
dienten: mächtige in Blatt und Schaft aus reinem
Kupfer geschmiedete, blank polirte Lanzen. Die Vor-
rathskammern und Kornmagazine befanden sich unter
wohlgezimmerten und regendichten Dächern. In den
verschiedenen Abtheilungen derselben verbrachte Munsa
einen Theil seiner, den öffentlichen Geschäften gewid-
meten Tageszeit, wobei er die Eintheilung und Anord-
nung der Vorräthe selbst überwachte.
Wie es jetzt am Monbuttuhofe aussieht, ist mir
unbekannt. Jedenfalls ersieht man aus Schweinfurth's
auf Munsa bezüglichen Mittheilungen, dass sich in die-
sem merkwürdigen Lande hinlängliche Anklänge an die
Zustände in Innersudan und den grossen Nigritier-
Btaaten vorfinden. Schweinfurth selbst bemerkt, dass
das Reich des bis vor kurzem halbmythischen Muata
Yamvo, dessen Einfluss sich bis auf die Monbuttu-
Häusliche Eiurichtungen u. s. w. der Afrikaner. 237
läoder erstreckt zu haben scheint, für die Einrichtungen
in den letztern in gewisser Hinsicht vorhildlich gewesen
sein dürfte. Ueber den Muata Yamvo begebe ich
mich hier des Urtheils, indem Dr. Pogge's eigene Auf-
zeichnungen über das Treiben jenes grössten Balonda-
fürsten noch nicht veröffentlicht worden sind. Dagegen
liegen über den Hofhalt eines Unterkimigs, des soge-
nannten Muata Kazembe, die interessanten Schilde-
rungen der Portugiesen Majore Monteiro und Gamitto
vor. Der damalige Muata Kazembe Kireka, welcher
1^31 als der Mambo oder sechste seiner Dynastie in
seiner Mussumba (Hauptstadt) Lunda residirte und
dessen Abbildung mich lebhaft an diejenige von Munsa
(Fig. 11) erinnert, entfaltete ganz jenen rohen Pomp,
den wir bei grossen innerafrikanischen Häuptlingen
überhaupt zu beobachten gewohnt sind. Er hatte um
sich Weiber, deren Dienerinnen, Kilolos oder höhere,
Vambires oder niederere Würdenträger, Spielleute, Hof-
narren, Krieger u. s. w. Den obersten Kilolos gehören
der Thronfolger und die andern Verwandten des Mambo,
der Käzembe-Ampata oder Obercommandant des Heeres
und der Fumo-Ansewa oder Oberwegemeister an. Nied-
riger als diese stehen diejenigen Fumos oder Beamten,
welche den Schmuck des Mambo bewahren, ferner die
Musikanten, der Hof- und Landbaumeister. Der Ka-
kata ist Generalpolizeidirector; seine Untergebenen,
die Katas oder Polizeileute, tragen das Pokue oder
kurze Schwert und einen Strick als amtliche Abzeichen.
Unter dem Kakata steht ferner der Katamata oder
Scharfrichter. Jede Strasse hat ihren Muhine oder
Bagatellrichter, welcher als Abzeichen eine kurze, lang-
gestielte Hacke führt. Das Volk bilden die Muizas
(M'wizas). Kilolos und Muizas sind Hörige des Mambo.
Livingstone fand die Nachfolger Kireka's (im Jahre
1868) recht heruntergekommen
Magyar führt uns nach Kombala-n'Bihe zur ver-
palissadirten Residenz des Soba oder Kimbunda-Herr-
schers Kajaja-Kajangola, des „wüthenden Löwen" von
238 Drittes Buch.
Bihe. Die Schilderung auch dieses Hoflagers erinnert
uns sehr lebhaft an die über die sudanischen und cen-
tralafrikanischen Fürstensitze gegebenen Daten. Die
Kimbundastämme gehören zu den ßalonda, welche die-
selbe Sprache — das Bunda — [(Ki-m'ßunda) reden.
Bei der Einsetzung der Fürsten finden hier Menschen-
opfer und kannibalische Gastmähler statt. Man wählt
die Opfer aus der Zahl der Kriegsgefangenen Es exi-
stiren zwei verschiedene Adelsklassen, die erste der
Erombe ya Soma aus fürstlichen Personen und die
zweite der Erombe ya Sekula aus den Volksältesten
bestehend; die erste Klasse bildet einen Erb- die zweite
einen Wahladel. Aus ersterer gehen die Anführer des
Heeres, Soma-n'-Ukan-Djamba, sowie die ersten Rath-
geber und sonstigen Beamten des Fürsten (Soba) her-
vor. Der zu Magyar's Zeit regierende Soba hatte das
Wahlrecht des Volks an sich gerissen und erhebt nach
Willkür seine Günstlinge zu Sekulas. Uebrigens ragt
letztere Klasse durch Reichthum, Besitz an Land und
Vieh hervor; sie vertheidig das Volk gegen den
Fürsten und dessen Herrscherwillkür, auch gegen dessen
kriegerischen Anhang; selbige findet daher im Lande
Liebe und Achtung. Obgleich nicht gegen die Gewalt-
thätigkeit des Soba und der ersten Adelsklasse ge-
schützt, besitzt sie doch ein gewisses Unabhängig-
keitsgefühl und ahndet zuweilen Misbräuche der Sobas,
die meist eines gewaltsamen Todes sterben. Jeder er-
wachsene, waffenfähige, freie Mann ist Herr über seine
Person, seine Familie und seinen Besitz. Die zu einem
Dorfe oder Kreise gehörenden Familienhäupter schliessen
sich zu wechselseitigem Schutz und Trutz eng aneinander.
Beschützung des persönlichen Eigenthums, sowie Ab-
wehr und Bestrafung von persönlichen Beleidigungen
sind eine Privatangelegenheit der betreifenden Familien-
häupter und deren Angehörigen. Vor die Gemeinde
kommen nur Dinge, welche die Gesammtheit derselben
betreffen. Die Soldaten gehen aus der allgemeinen
Wehrpflicht hervor. Die Kimbanda sind Priester, Wahr-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. iler Afrikaner. 239
sager, Aerzte und Richter. Sie stehen in gutem An-
sehen und verfahren ganz nach Art der andern afrika-
nischen Zauher- und Fetischpriester.
Guinea ist nur zum Theil das Gebiet grosser Fürsten-
höfe. Die Regierungen haben hier meist einen mon-
archisch-feudalen Charakter; es ist letzterer häufig
ein Ergebniss ihrer Entstehung durch siegreiche Kriege.
Erobernde Oberfeldherreu machten sich zu Königen; aus
ihren ünterfeldherren gingen die Adeligen, aus den Sol-
daten und aus den Unterworfenen ging das Volk hervor.
Einen soliden Glanz sehen wir in Aschanti, dessen unter-
nehmende Dynastie sich von den ihr durch die Eng-
länder beigebrachten Schlägen allmählich zu erholen
scheint. Hier wurde der Staat von Say Tutu, einem
siegreichen Krieger, gegründet. Der König und vier
Nachkommen derjenigen Cabocirs (vom portugiesischen
Cabeceira, der Vornehmste, Familienhaupt u. s. w.),
welche das Aschantireich mit aufrichten halfen, sowie
die Notabeinversammlung bilden die Stützen der Re-
gierung. Der Titel Cabocir wird nicht nur hohen Be-
amten, sondern auch angesehenen und reichen Privaten
ertheilt. Das Cabocirthum ist erblich; indessen kann
der König auch neue derartige Stellen creiren, nament-
lich zur Belohnung bewiesener Tapferkeit. Fehlt es
dem neugebackenen Häuptling an Vermögen, so verleiht
ihm das Staatsoberhaupt die für seinen Stand erforder-
liche Dotation. Der König wählt unter den Cabocirs
seine Minister; diese, die Kriegshauptleute, die Unter-
könige und Gouverneure, ferner die Schwester, der
Schwager und auch wol die Mutter des Königs setzen
den Staatsrath zusammen, an welchem man ferner einige
wohlhabende Mauren theilnehmen lässt. König und
Staatsrath haben die Verwaltung und die richterliche
Function in Händen; zuweilen beruft der König die
Reichsstände um sich, d. h. eine aus den Cabocirs be-
stehende Notabeinversammlung; es geschieht dies bei
grossen Landesangelegenheiten. So waren z. B. bei
den Abmachungen mit den englischen Abgesandten die
240 Drittes Buch.
Notabein zugegen, sie betheiligten sich sogar durch
Reden, Bezeigung von Beifall und Abscheu an den
Unterhandlungen. Wenn der König und die Cabocirs
sich öffentlich blicken lassen, so wird ein unsäglicher
Pomp entfaltet, wie er an wild-phantastischer Origi-
nalität wol seinesgleichen suchen dürfte; da strotzt es
von Goldschmuck und Goldgeräth, -von Elfenbein, Seiden-
stoffen, kostbarem Holzwerk, von Fell- und Federputz.
An dem grossen Strome Congo oder Zaire wurden
nach Bastian in altern Zeiten die kleinen unabhängigen
Tschenustaaten durch Nimia Luqueni unter ein Scepter
geeinigt. Dieser nahm dann den Titel eines Kaisers
von Congo an; er legte durch seine Eroberungen den
Orund zu dem Feudalsystem, welches noch zur Zeit
der portugiesischen Entdeckungen in Blüte stand und
erst in spätem Kriegen gestürzt wurde, indem die
mächtigen Vasallen ihre Lehngüter allmählich in erb-
liche Besitzungen umwandelten. Der erste Kaiser
baute die Hauptstadt, Banza n-Kongo (Ambassi oder
Säo-Salvador) in das von ihm trocken gelegte Bette
eines Sees, der früher das Plateau eines Bergs be-
■deckte. Der Wald, aus dem die Herrscherfamilie in
Batta herstammte, war dem Volke später ein Gegen-
stand der Verehrung. Einer der Nachkommen Lu-
queni's Hess sich von den Portugiesen als Dom Joäo I.
taufen. Unter seinem Nachfolger Dom Affonso I. wurde
die Banza mit Kirchen und mit Klöstern angefüllt.
Bastian nimmt an, dass die portugiesischen Missionare
hier eine regelmässige Erbfolge vom Vater auf den
Sohn eingeführt hätten, dass aber später das Volk in
seine alten Gebräuche zurückgefallen sei, nach welchen
beim Tode eines Königs die Reichsversammlungen aus
seinen Neffen schwesterlicher Seite einen Nachfolger
erwählten. Nach der Rangordnung folgten auf den
König und seine Familie die Prinzen von Geblüt, hier-
auf die Gatten der Prinzessinnen, dann die Vasallen,
die Hofleute, die Kaufleute und Sklaven. Die Prin-
zessinnen besassen früher grosse Vorrechte; sie konnten
Häusliche Einrichtunpfen u. s. w. der Afrikaner. 241
sich ihren Eliemann beliebig aus den Grossen des
Reichs wählen und ein solcher, der sich durch mehr-
inonatliche Einsamkeit auf seine Erhöhung vorbereiten
musste, wurde ihr willenloser Sklave. Eine andere
Frau zu sehen, würde der Tod für diese und für ihn
gewesen sein; wenn er das Haus verliess, wurde ihm
stets ein Tamtam vorgetragen, damit, durch dessen
Schall benachrichtigt, die Frauen Zeit zum Fliehen
liatten. Nur durch den Tod seiner Herrin konnte er
erlöst werden, trat aber dann auch in alle Rechte
eines königlichen Prinzen ein.
Nach dem Verfalle des grossen Congoreichs spaltete
letzteres sich in eine Anzahl Kleinstaaten ; so war die
Landschaft Sonho an der Zairemündung bereits 1570
von Congo abgefallen. Cacongo wurde von Congo
als Vasallenstaat angesprochen und dennoch verlangte
sein Fürst, Mani, für sich den Titel und Rang eines
Königs von Congo selbst. Die Häuptlinge dieser Klein-
staaten, von denen manche den portugiesischen Titel
Marquez führten und an denen wie an ihren Völkern
die christlichen Missionen vergeblich ihr Bekehrungs-
werk versucht, pflegen mit peinlicher Eifersucht ihre
Gerechtsame zu bewachen. Sie und viele wiederum
sich unabhängig geberdende ünterhäuptlinge sind es,
welche an der gesammten Küste zwischen Cap Lopez
und den portugiesischen Besitzungen in Angola durch
ihre kleinliche Habgier, durch ihre egoistische Willkür
den Fuss des europäischen Forschungsreisenden Schritt
für Schritt zu hemmen suchen.
Die Organisation der A-Bantu-Staaten ist grossentheils
eine recht feste. Diejenige der Zulu beruht auf rein
militärischer Grundlage. Der Häuptling Dingis-
wayo bildete zuerst ein in grössere Abtheilungen ge-
gliedertes Heer; derselbe Chef erwählte letztwillig einen
seiner Kriegsleute, Tchaka (S. 191), zum Nachfolger.
Tchaka setzte die Heeresorganisation Dingiswayo's
weiter fort; seine Legionen oder Regimenter wurden
von den Amapagati oder alten gedienten Soldaten, den
Habtmank. 16
942 Drittes Buch.
Isimportlo und Izlnsizwa oder Jüngern Soldaten und
den Amabutu oder Kimbutu, den Train- und Tross-
kuechten, zusammengesetzt. Die Zulu zersprengten auf
ihren Kriegszügen eine Menge anderer schwächerer
Bantustämme und fügten deren Mannschaften als Ama-
butu in ihr Heer ein. In der Schlacht bildete man
aus den Amapagati die Hauptlinie der unmittelbar
Angreifenden, nämlich die U'mbalabala oder „Unüber-
windlichen"; hinter diesen her rückten die aus den
Jüngern Isimportlo u. s. w. gebildeten ü'mbulalio oder
„Schlächter", als Art von erster Reserve. Im Hinter-
treffen standen die aus Isimportlo und Amabutu zu-
sammengesetzten U'mtugusu, die „Verborgenen"; letztere
dienten als Kundschafter, Plänkler, zur Seitendeckung,
als zweite Reserve. An der Spitze der einzelnen Le-
gion stand je ein erfahrener Krieger, der Induna. Die
Soldaten wurden, je eine Legion zu 600—1000 Mann
für sich, in Engandas oder umzäunten Hüttenlagern
vereinigt; hier geschah alles für ihre körperliche Ab-
härtung und für ihre Ausbildung im Waffendienst. Sie
durften sich nicht verheirathen, dagegen sich beliebige
Beischläferinnen halten. Die mit letztern gezeugten
Kinder wurden aber grossentheils umgebracht. Erst
nach langer, ehrenvoller Dienstzeit konnten sich die
Soldaten verheirathen und ihr festes Heim gründen.
Tchaka überflutete mit seinen ihm fanatisch ergebenen
Legionen die, später Natal, das Basutoland, die Trans-
vaal- und Oranje- Republiken zusammensetzenden Ge-
biete; was sich ihm nicht gutwillig ergab, wurde ohne
Erbarmen niedergemacht. Die Opfer, welche unter den
Streichen dieses wilden, blutdürstigen und energischen
Eroberers gefallen sind, der alle Schrecken der alten
Djagga-Wirthschaft wiederherstellte, müssen ganz un-
geheuere gewesen sein. Tchaka hatte zwar alle von
ihm schwangern Weiber umbringen lassen, indessen
waren seine beiden Brüder U'dingaan und U'mpanda
am Leben geblieben; nachdem ersterer den Tchaka
in dessen U'nkundjlowe oder Hauptstadt (Mussumba)
Ilduslicho Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 24.'>
...,:>- ermorden lassen, folgte er, U'dingaun, als Zulu-
könig, ein ebenso wilder und blutgieriger Tyrann wie
Tchaka. Er hatte schwere und für ihn verderbliche
Kämpfe mit den aus Capland ausgewanderten Boers
oder holländischen Colonisten zu bestehen. Letztere
nahmen Natalland für sich in Besitz. Auch U'dingaan
wurde ermordet; sein Bruder U'mpanda trat die Nach-
folge an, führte eine im ganzen friedfertige Regierung
und Hess seinen Kindern das Leben. Noch während
seines Gouvernements brachen unter seinen Söhnen
U'mbalazi und Ketchwayo Streitigkeiten um die prä-
sumtive Nachfolge aus. U'mbalazi und sein Anhang
erlagen 1856 nach sehr mörderischen Kämpfen. Ketch-
wayo, unter Vermittelung der 1842 in den Besitz Na-
tals gelangten Engländer zum Thronfolger bestimmt,
wurde nach dem 1872 erfolgten Tode U'mpanda's unter
Assistenz einer britischen Gesandtschaft feierlich als
Zulukönig gekrönt. Er ist es bekanntlich, welcher
gegenwärtig die Zulunation in ihrem ernsten Kampfe
gegen die englische Macht führt.
Ein den Zulu verwandter Stamm, die Amatabele,
haben im Süden vom Liambye ein weites Reich ge-
gründet. Ihren ursprünglichen Kern bildeten die aus
Natal hei-stammenden Abazansi; diese unterwarfen sich
eine Anzahl Basutostämme, aus deren zersprengten
Resten die Abanchla hervorgingen. Andere, ihrer Na-
tionalität nach ebenfalls zu den Betchuana gehörende
Stämme, welche die Gesammtheit der sogenannten Ama-
holi bilden, wurden von dem vielgenannten, über grosses
Feldherrntalent und bedeutende Energie verfügenden
König U'mselekatsi (oder Moselekatsi) nebst den Aba-
zansi und Abanchla zu der eigentlichen Matabelenation
verschmolzen. Dieser König war ähnlich wie die vor-
hin genannten Zulufürsten, der Schrecken für die
zwischen Zambezi, Limpopo und Njamisee wohnenden
schwächern Bantuvölker. Die von ihm geschaffene,
rein militärische Staatsorganisation ist der von den
Zulu getroffenen durchaus ähnlich. U'mselekatsi wurde
l(j*
244 Drittes Buch.
neuerlich durch den weniger kriegerischen U'lopengula
oder U'lobengola ersetzt.
Die im Gebiete des U'mzimwubu hausenden Küsten-
kaffern sind wie die Amafengu oder FingOj d. h. Reste
der von den Zulu zerstreuten Stämme in Natal, grossen-
theils den Engländern unterworfen.
Die Betchuana stehen nach Merensky unter erblichen
Häuptlingen, welche aus den angesehensten Familien
hervorgehen. Jedes Oberhaupt sucht für seine Regie-
rungshandlungen sich die Zustimmung hervorragender
Personen zu gewinnen; übrigens gebietet er über Leben
und Tod; seine Rechtssprüche sind unanfechtbar; er
erhält seine Einnahmen aus geringfügigen Abgaben der
Bodenbebauer, aus Antheilen an der Jagd- und Kriegs-
beute, aus confiscirtem Besitz, aus Geschenken bei Ge-
legenheit von Rechtshändeln, aus Durchgangsgeschenken
der Reisenden u. s. w. In den Augen des Volks, das
seinem Häuptling viel Ehre und Rücksicht erweist, gilt
derselbe als Herr über die Zauberer, als Erzeuger von
Regen, von guten Ernten u. s. w. Zu den berühm-
testen Betchuana-Häuptlingen gehörten in unserm Jahr-
hundert Sebitoane, Sekeletu, Moschesch, Sekwati und
Sekukuni. Alle diese Männer traten als Staatengründer
oder wenigstens als Reorganisatoren auf und entwickelten
viel natürliches Talent.
Neben den monarchischen Staaten existiren in
Afrika eine grosse Anzahl von Gemeinwesen eines ge-
wissermaassen republikanischen Charakters. Die
berberischen Kabylen leben unter einer vollständig
demokratischen Verfassung; jedes Dorf bildet hier eine
autonome Gemeinschaft, dasselbe ernennt seine Häupt-
linge, macht und ändert seine Gesetze, verwaltet sich
selbst. Eine Vereinigung von mehrern Dörfern bildet
den Stamm, Arsch, eine Vereinigung von mehrern Stäm-
men gibt den Takebilt, die Genossenschaft, Conföde-
ration. Selten vereinigen sich mehrere Takebilt zum
Zweck gemeinschaftlichen Angriffs oder gemeinschaft-
licher Abwehr. Die Verbindung lösst sich auf, sobald
aor /weck rrroiont ist. Nur wenn das Auigenut zum
heiligen Kriege erschallt, einigen sich alle Stämine,
alsdann aber verliert die Verbindung den specifisch
berberischen Charakter,- um allgemeiner muselmanisch
zu werden. (Ilanoteau und Letourneux.)
Bei den Tuarik, den Mazyes (jetzt Mazigh, Ama-
zigh, Imoschach) des Herodot, theilen sich zwei grosse
Zweige, die östlichen Azdjer und die westlichen Ihogaren.
Sie zerfallen in die schon oben (S. 28) erwähnten
Edleu oder Gebieter und die Unterthanen oder Imrad.
Auch gibt es ganze Stämme von Marabouts, wie die
Ifogas, Ihehanen, deren Mitgliedern, Inslimen, in diesen
Ländern ohne eigentliche regelmässige Regierung die
nicht unwichtige Aufgabe der Vermittler und Lehrer
zufallt. Vor etwa zweihundert Jahren beherrschte ein
Amanokal oder Sultan aus der Ihogarenfamilie der
Imanan die Feudalmonarchie aller Tuarikstämme; allein
die Imanan ^vurden durch eine Revolution gestürzt und
sind infolge dessen zu einfachen Adeligen herabgesunken.
Der bei ihnen noch üblich gebliebene Titel Amanokal
hat jetzt keine Bedeutung mehr. Die aristokratischen
Conföderationen der Azdjer und Ihogaren erkennen nun-
mehr die Autorität erblicher Schekhs, der Amgar, an.
Die Adeligen oder Edlen sind allein im Besitze der
politischen Macht; sie behandeln die Stammesinteressen
in den Miad oder Versammlungen. Ein einziges Stam-
mesmitglied hat durch eine Art AltersvoiTecht die Re-
gierung und Verwaltung mit oder ohne Beihülfe seiner
übrigen Familiengenossen in Händen. Für gewöhnlich
üben die Edlen die Polizei innerhalb des Stammes-
gebietes aus, sie sorgen für die Sicherheit auf den
Strassen, beschützen die Karavanen ihrer Clienten, be-
obachten den Feind und übernehmen im Kriegsfalle
die Führung der Imrad; sie haben Beschäftigungen
vollauf. Duveryiei-, dessen vortrefflichen Arbeiten wir
grösstentheils diese Darstellung entnehmen, sagt sehr
bezeichnend: „L'immensite du desert devore la vie des
nobles." Die Marabouts sind Edle, die aller politischen
240 Drittes Buch.
Wirksamkeit entsagt haben, um dafür eine desto grössere
geibtliche Macht auszuüben; sie sind die Frieder, die
Richter und die Lehrer ihres Volks; das Richteramt
verwalten sie nur unter dem Einfluss des individuellen
Ansehens ihrer Person. Ungleich den arabischen Leh-
rern, welche ihre Schüler zu Hause erwarten, suchen
sie die letztern auf; sie unternehmen deshalb zuweilen
weite und lange währende Ausflüge. Die Dienenden,
Unterthanen oder Imrad ernähren die Edlen, ohne von
letztern gar zu sehr ausgenutzt zu werden. Es gibt
Imrad, welche nahezu oder ebenso vermögend sind wie
ihre Edlen. Duveryier gibt uns eine Aufzählung der
von den Imrad im allgemeinen zu leistenden Abgaben.
Sie bestehen alljährlich für den Mann in einem Kamme,
einem Topf voll Butter, in der Milch von zehn Schafen
oder Ziegen. Ueberdies hüten die Imrad das Vieh der
Edeln; diese Klasse rekrutirt sich aus den Resten be-
siegter Tuarikstämme, aus verschuldeten oder sonstwie
herabgekommenen Tuarikfamilien , aus vaterlandslosen,
versprengten Schwarzen, aus frei gewordenen Nigritier-
sklaven. Die ganze Einrichtung wiederholt sich übri-
gens unter verschiedenen Abstufungen und Abweichungen
fast durch den ganzen afrikanischen Continent. Die
Imrad können vererbt oder verschenkt, sie dürfen aber
nicht verkauft werden. Letzteres Vorrecht zeichnet
sie vor den Sklaven aus.
Eigenthümliche staatliche Einrichtungen finden sich
in Abyssinien, Hier gebot seit alters der Kaiser,
Negus, oder, wie es im dortigen Hofstil heisst: Kegus
Nagast za Aethiopia (der König der Könige Aethio-
piens) in dem von portugiesischen Werkmeistern er-
richteten Gimp (Königsburg) zu Gondar in Amhara.
Die abyssinischen Kaiser lassen ihren Stammbaum bis
zur Königin Makada von Saba und zum weisen Salo-
mon hinaufreichen. Die nähere Lebende von diesem
angeblichen Stammbaum können wir uns hier sparen.
Sicher ist nur so viel, dass Ilabesch schon frühzeitig
nach Ueberwindung des daselbst vor alters herrschenden
Häusliche Einrichtungen <ler Afrikaner. 247
Schlangendienates (S. 215) ein reichlich mit heidnischen
und mit jüdischen Gebräuchen verquicktes Christenthum
angenommen hat, dessen dem rohesten Aberghiuben
Thor und Thür öffnende Satzungen vom abyssinischen
Volke noch heute mit Zähigkeit und mit Energie fest-
gehalten werden. Irgendein schlauer und thatkräftiger
Häuptling wird hier die Dynastie mitten unter den seit
vielen Jahrhunderten permanenten Stürmen bürger-
licher Unruhen aufgerichtet haben. Pfäffische Unduld-
samkeit und Neid haben dann alle Reste der vom
griechisch-äthiopischen Reiche Aksum übriggebliebenen
Herrlichkeit an Rauten und Verzierungen ebenso schnell
zu Falle gebracht, wie die Gärten Montezumas und die
Sonnenpylone von Cuzco. Die Salomonische, im Nebel
des Mythus sich verlierende Dynastie wurde von einer
andern ersetzt, welche von den zu den Agau, nächsten
Verwandten der Bedja, gehörenden Falascha abstammte.
Letztere wollen wir hier nicht, wie sonst allgemein
üblich, abyssinische Juden nennen, indem uns dies ein
ethnologischer Unsinn zu sein dünkt. ^^
Wieder eine andere Dynastie der Sagie trat an Stelle
der Falascha-Regenten. Unter jenen ragt Lalibala her-
vor, der als Stifter und Erbauer von Kirchen sich den
Geruch ganz besonderer Heiligkeit erwarb. Später kam
dann wieder eine Art von Compromiss zwischen den
Sagie und den angeblichen Nachkommen der salomoni-
schen Dynastie zu Stande; letztere sass eigentlich bis
in unsere Zeit auf dem Throne zu Gondar. Freilich
hatte sie ihr Blut durch die redenden Zeugen so man-
cher Haremsintrigue verunreinigt. Eine beträchtliche
Zeit lang in Rlüte, sank das Kaiserthum später zu einer
Schattenwürde herab, ganz ähnlich dem ehemals so
mächtigen Funje-Sultanat zu Sennar und der Saefua-
Dynastie in Bornu. Merkwürdige Episoden in der Ge-
schichte des abyssinischen Kaiserthums bilden das An-
drängen der Mohammedaner unter dem Danakil-Häupt-
ling Mohammed Guerandj (Linkhand), ferner die hülf-
reiche Einmischung der Portugiesen, die Wirksamkeit
248 Drittes Buch.
katholischer Missionare und selbst der Jesuiten. Trotz
aller Anstrengungen dieser mohammedanischen und euro-
päisch-christlichen Bedränger behielten die eine bedeu-
tende ethnische Selbstständigkeit und Zähigkeit ent-
wickelnde abyssinische Nationalität und das monophysi-
tische, für die Natur des Volks besonders passende
Christenthum die Oberhand.
Unter den Kaisern herrschten die Detschas oder
Dajasmatsch, eigentlich Herzoge, als Provinzialgouyer-
neure; einige derselben hatten ganz besonders aus-
zeichnende Stellungen. So war der Wag-Schum von
Lasta zwar ein Mann von untergeordnetem Titel, trotz-
dem aber periodenweise von grossem politischen Ein-
fluss. Der Bacharnegasch gebot über das Küstenland
von Habesch ; letzteres fiel später an die Türken.
Mancher Detschas besass Ehrgeiz, Talent und Kühn-
heit, verschaffte sich gegenüber dem Kaisersitze zu
Gondar Unabhängigkeit und regierte die ihm botmässige
Landschaft nach seinem Sinne. Einzelne derselben
eigneten sich den Titel Bas, Oberhaupt, Fürst an.
Unter letztern gab es selbst für unsere Tage bedeu-
tende Männer, wie Bas Ali, Bas Ubie, Bas Sabagadis,
Bas Maria, Bas Mikail, Bas Berru-Goschu u. s. w. Die
Statthalter von Schoa hatten sich gänzlich von Gondar
losgerissen und führten als wirkliche Landesherren, als
Nagast, Könige, ein völlig unabhängiges Dasein. Der
jetzige König, Sefa-Selasie, mit dem üblichen Beinamen
Menilek, ist, so viel dem Schreiber dieses bekannt ge-
worden, der neunte der Selbstherrscher Schoas, die
sich ebenfalls noch immer der Abkunft aus dem Hause
Salomonis rühmen. Unter den Detschas standen die
Schum oder Vorsteher kleinerer Provinzen oder selbst
nur von Ortschaften. Die Lika bildeten den Staatsrath
des Kaisers, als diese letztere Würde noch etwas galt.
In Schoa findet man Würden, die im übrigen Abyssiiiien
nicht oder nur selten vertreten sind. Da ist z. B. der
Wölasma oder Vicekönig. Der Mösläna oder Unter-
statthalter steht niedriger als der Wölnsma. Der Abogas
Häusliche Einrichtungen u. 8. w. der Afrikaner. 241)
ist Grenzgouverneur, Grenzhüter, Markgraf. Aito be-
deutet überall einen Mann von Rang und Würden; dieser
Titel wird dem Eigennamen vorgesetzt.
Das Oberhaupt der abyssinischen Kirche, der Abuna,
wird in Alexandrien vom dortigen koptischen Patriarchen
als eine Art Erzbischof gewählt und ordinirt. Der
Abuna salbt den Kaiser und ordinirt die Landespriester.
Der Alaka entspricht etwa unserm Superintendenten;
neben ihm hat der Itschege, zugleich Grossprior des
Klosters Debra-Löbänos, die Oberaufsicht über das
Mönchswesen. Die Debteras sind die Schriftgelehrten,
welche schreiben können, mit Büchern umzugehen wissen,
die Schullehrer abgeben u. s. w. Sie stehen nicht unter
den Priestern, halten aber meist zu diesen. Auch exi-
stiren mancherlei militärische Titel und Aeniter. Der
Lika-Mönkwas z. B. ist hoher Vertrauter des Königs,
er trägt in der Schlacht dessen Kleidung und Waffen,
um die Blicke des Feindes von der geheiligten Person
des Herrschers ab- und auf sich zu lenken. Mancher
Lika-Mönkwas ist so im Dienste seines Negus oder
Ras gefallen, Itege ist der Titel der Königin, auch
der Königin -Mutter. Die männlichen Anverwandten
eines Kaisers oder Detchas wurden, um die Thronfolge
nicht zu beunruhigen, zeitlebens eingekerkert.
Die Denka leben in einer Art von freistaatlicher
Verfassung. Ihre Gemeindehäuptlinge haben nur ge-
ringes Ansehen und nur geringe Befugnisse; man hört
aber ihren Rath und lässt sich im Kriege von ihnen
befehligen. Eine ähnliche Stellung behauptet der Beng-
did der Nuwer oder Nuer.
Die nördlichen Bari sollen einmal eine monarchische
Verfassung gehabt haben; später zerfielen sie in eine
Art Commune. Jeder wohlhabende Grundbesitzer wurde
Matat (Plur. Kimek), d. h. Kapitän; ein solcher hatte
freilich nur die achtbare Stellung ^nes angesehenen
Mannes. Der Matat konnte auch zugleich Regen-
macher sein. Im Kriegsfall vereinigten mehrere Kimak
ihre wehrfähigen Mannschaften zu einem Bund, Ulibari,
j^50 Drittes Buch.
verbündete Bari, genannt. Die durch Baker bekannt
gewordenen Kimak, Lege oder Loge in Elliria und
Komro in Latuka besassen mehr Macht und Einfluss
als die Kimak zu Gondokoro und Libo. Seitdem nun
das Bari-Land von den Aegyptern in Besitz genommen
worden, hängen die Kimak von dem zu Lado (an Stelle
von Gondokoro oder Ismailia erbauten, jetzigen Haupt-
ort der Aegypter) commandirenden Bei ab.
Die Bedja haben, wie bereits weiter oben ange-
deutet worden, ihre Schekhs, welche den kleinern und
die Grossschekhs, welche den beträchtlichem Stamm es-
iibtheilungen vorstehen. Diese aus arabischem National-
brauch hergeleitete Behörde ist von uns früher (S. 31)
in ihren Befugnissen und in ihrer Wirksamkeit ausführ-
lich geschildert worden. Es darf wol kaum ausgeführt
werden, dass diese Schekhs zum grössten Theile der
ägyptischen Regierung tributpflichtig sind. Unter den
Verwandten der Bedja, den Afer- oder Danakil- und
den Somal-Stämraen herrscht ebenfalls die Eintheilung
in Clans, an deren Spitze je ein Akil (Wekil) oder
Makabantu, ähnlich einem Schekh, steht. Ein solcher
hat nicht mehr zu sagen, als jeder beliebige Bedja-
Schekh. Die nördlichen Afer gehorchen in gewissem
Grade dem den Aegyptern tributpflichtigen Naib von
Arkiko, die südlichen dagegen dem jetzt ebenfalls zum
ägyptischen Vasallen gemachten Sultan von Tadjura
oder Tedjuri. Die Somal erkennen zum Theil die
Würde verschiedener Sultane, Djerad, an, die aber nur
wenig Macht besitzen. Der Djerid der Somal-Medjerten
(S. 23) bezieht ein Zwanzigstel der Ernte und der
Kamele, ein Zehntel der Ziegen, eine Kopfsteuer und
«inen Ausfuhrzoll. Die Zanzibar gegenüberwohnenden
Stämme huldigen der Autorität des Sultans dieses Staats
— soweit die Musketen seiner arabischen, schwarzen
oder Beludschen-Garden reichen. Die Somal haben
eine Art Kasteneintheilung; die eigentlichen Somal
leiten sich väterlicherseits von rein arabischen Aeltern
ab. Die Sabb dagegen werden von einem arabischen
Iläiisliclu' Kiinirhtungen u. s. w. lU-r Afrikaner. '2iy\
\..iv» I...V» ,.i.vi ocliwarzen Mutter hergeleitet. Die
Tunne sind angeblich Nachkommen eines abyssinischen
Sklaven. Die Kuddam sind Nachkommen freigelassener
uijrritischer Sklaven. Unter den Wersingelli bilden die
Midgan oder Eisenarbeiter, die Tomal oder Hirten und
Diener, sowie die Jibbir oder herumziehenden Gaukler
und Doctoren niedere Kasten. Die Eisenarbeiter stehen
in vielen nigritischen Ländern in einem untergeordneten
Verhältniss (S. 159). Die Toraal erinnern an die Im-
rad der Tuarik (S. 28) n. s. w. , die Jibbir an die
Gadjaren oder sogenannten Zigeuner des Magreb, welche
als Zauberer, Wahrsager, Erzähler, Sänger, Tänzer,
Schlangenbeschwörer und Aöenbändiger umherbummeln.
Es sind dies ja die Psyllen der Alten.
Die Ilandelsinteressen haben in Westafrika Anlass
zur Entstehung einiger Städte gegeben, in denen eine
fast republikanische Verfassung gehandhabt wird. Der
aus der Mitte der Bewohner gewählte, hier und da
erbliche Häuptling hat eine nur beschränkte Macht.
Wo wir in derartigen Gemeinwesen von einer grau-
samen Handhabung der Gesetze hören, da ist nicht
despotische Willkür der Oberherren, sondern der herr-
kömmliche Landesgebrauch das leitende Prinzip. Der
Häuptling ist dort nur Executivbeamter des öffentlichen
Rechts. Eine derartige Stadt, Hori. reich und bevöl-
kert, ist zwar den Fulbe in die Hände gefallen, erfreut
sich jedoch trotzdem mancher Freiheiten. Das gross-
artigen Aufschwung nehmende H)adan übt schon einen
gewissen civilisatorischen Einfluss auf die Nachbar-
länder (Yoruba's) aus. Andere blühende Ortschaften
der Art sind Bonny, Brass und Ibara. Eine neuerdings
vielfach genannte, freie Stadt verdient unser besonderes
Interesse; es ist dies Abbeokuta, ebenfalls in dem ge-
werbereichen Yoruba, 15 Meilen von der Küste ent-
fernt, am Ogunflusse und am Fusse des Porphyrbergs
Olumo gelegen. Der Ort wurde um 1825 von geflüch-
teten Sklaven gegründet. Zu diesen strömten freie
Leute, namentlich dem Egba- oder Wegba- Stamme an-
252 Drittes Buch.
gehörend. Man liess sich anfänglich in gesonderten
Dörfern am Olumo nieder, vereinigte diese aber ge-
machsam zu einem gemeinschaftlichen Stadtwesen, rich-
tete daselbst eine Regierung ein und gestattete christ-
lichen (darunter deutschen) Missionaren sowie auch
europäischen Reisenden Zutritt. Man umgab die Stadt
mit Wällen. Der durch Handel und Industrie mächtig
aufblühende Ort wurde in verschiedene Kriege mit
neidischen Nachbarn verwickelt; die schwerste Fehde
hatte Abbeokuta gegen den König von Dahome zu be-
stehen. Dieser wilde Despot liess die Stadt am 3. März
1851 von einer 16,000 Mann starken Armee, darunter
viele der tapfersten Weibertruppen, angreifen. Indessen
wurde der Sturm von den durch die Missionare ange-
feuerten Bewohnern Abbeokuta's nach vielstündigem^
heissen Kampfe siegreich zurückgeschlagen. Seitdem
erfreut sich die Stadt eines steten zunehmenden Auf-
schwungs.
Unter den erwähnten pygmäenartigen Völkern sind
die Doko und Abongo ohne Regierung und ohne eigent-
liches gesellschaftliches Leben; dagegen scheinen die
Akka ihre Häuptlinge zu haben. Adimoku, ein von
Munsa in Gefangenschaft gehaltener Akka, berichtete
Schweinfurth, dass seine freien Landsleute unter neun
Oberhäuptern ständen; es wurden sogar die Namen
von vieren derselben genannt. Die Buschmänner thun
sich zwar hier und da zu grössern Haufen zusammen,
folgen auch wol dem Rathe eines ihrer altern erfahre-
nem Stammesgenossen, indessen fehlt ihnen doch die
eigentliche staatliche Organisation.
Dagegen haben die Hottentotten, ein altes Hirten-
volk, ihre Häuptlinge; diesen kommt eine nur be-
schränkte Macht zu. Sie sind nämlich durch die aus
den Familienältesten bestehenden Rathsversammlungen
gebunden, in denen sich die Meinung des Einzelnen
in zuweilen recht energischer Weise kundthun soll.
Uebrigens hängt, wie überall, der Grad des Einflusses,
welchen das Oberhaupt gewinnen kann, von seiner Per-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 253
sönlichkLiL ... . Sehen wir die letztere doch auch in
unsern Republiken und in unsern constituionellen Mon-
archien, seien diese selbst noch so liberal regiert, sich
geltend machen. Auch die um die Einmündung des
Vaal in den Oranjestrom etwa unter 2l>*^ südl. Br. wohn-
haften Griqua oder Bastardhottentotten haben ihre
Häuptlinge, unter denen sich Adam Kok und Andries
\N'aterboer als umsichtige und tapfere Männer in der
Geschichte Afrikas einen Namen gemacht haben.
In vielen afriknnischen Ländern ist die Rathsversamm-
lung, deren wir schon öfter Erwähnung gethan und deren
Stellung zur Willkürherrschaft der Könige und Häupt-
linge wir, wie wir hoft'en, bereits genugsam gekenn-
zeichnet haben, eine zu charakteristische Erscheinung
des öftentlichen Lebens, sodass wir noch einen Augen-
blick dabei verweilen möchten. In Westafrika heisst
jede solche Versammlung Palaver (vom portugiesischen
Palavra, Wort, Sprache). Hier entwickelt der Nigritier
eine bedeutende Umständlichkeit im mündlichen Ver-
kehr, aber auch zugleich eine grosse Redefertigkeit.
Palaver — im Fiod Mkanu, im Portugiesischen Funda-
mento — sind, so sagt Güssfeldt, der hervorragendste
Zug des öfifentlichen Lebens der Loangoküste. Diese
ersetzen durch das Wort, was bei wildern Stämmen
das Schwert entscheidet, und suchen sich ein bestritte-
nes Recht vor den versammelten Grossen der Land-
schaft in tagelangen Redeschlachten zu erkämpfen.
Bastian möchte den Palaver mit dem altgermanisclien
Thing vergleichen, dessen Einrichtung aus denselben
Verhältnissen emporgewachsen sei. Dieser Reisende
bemerkt sehr richtig, dass, solange ein Volk noch nicht
durch schriftliche Gesetze in feste Formen gepresst
sei, jede Angelegenheit, ob gross oder klein, durch das
lebendige Wort der Versammlung verhandelt werden
müsse. In Afrika kann freilich nur da eine freiere
Meinungsäusserung stattfinden, wo der Oberherr weniger
absolute Gewalt hat und wo er den Berathenden nicht
von vornherein den Stempel seiner entscheidenden und
254 Drittes Buch.
nicht zu erörternden Willensäusserung aufzudrücken
vermag. So muss in Ostafrika der Makabantu (S. 181)
in der Fema oder in dem Tschauri, welche Begriffe dem
im Westen gebräuchlichen Palaver entsprechen , bei
einer weniger straffen Regierungsweise schon eher dem
Volkswillen nachgeben, als dies durchschnittlich an den
grossen ganz despotisch geordneten Nigritierhöfen der
Fall sein kann.
11. Rechtsverhältnisse.
Manches auf die Rechtsverhältnisse der afrika-
nischen Stämme Bezügliche ist bereits gelegentlich in
den vorhergehenden Abschnitten behandelt worden. Es
soll sich hier um eine übersichtlichere Darstellung
mancher dieser in das menschliche Leben so tief ein-
schneidenden Zustände handeln.
In den islamitischen Ländern Afrikas bildet zunächst
der Koran die oberste gesetzliche Richtschnur. Dazu
kommen die schon oben berührten Erläuterungen und
Ergänzungen. Hier üben die Mufti's oder Rechts-
ge lehrten, die Ausleger der Gesetze und die
Kadi's oder Richter ihre Wirksamkeit aus. Neuer-
dings sind in Aegypten, Tripolitanien und Tunesien
manche dem modernen Zeitgeiste Rechnung tragende
Bestimmungen eingeführt worden, welche speciell die
Rechtspflege berühren und gewissermaassen als alier-
neueste Ergänzungen des Koran betrachtet werden
dürfen. Diese Ergänzungen laufen freilich dem inner-
lichen Wesen des Islam zum Theil schon deshalb stracks
entgegen, weil sie Neuerungen gegenüber den verstei-
nerten Satzungen einer vielfach obsolet gewordenen
angeblichen Offenbarungsschrift Geltung verschaffen
sollen. Wurden doch durch diese Neuerungen alle die
alten starren Beziehungen zwischen Moslimen und Nicht-
moslimen wesentlich umgeändert, es wurde den letztern
die Berechtigung ihrer öffentlichen und privaten Exi-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 2o5
stenz inmitten der Gläubigen gewährleistet. Viele alte
strenge Vorschriften wurden theils gänzlich umgestossen,
theils herabgesetzt oder doch wenigstens anderweitig niodi-
ficirt. Man milderte z. B. im alten Gesetz vorgesehene
Strafen und verschärfte andere daselbst nach altem
Ritus mild geahndete. In Aegypten schuf man sogar
eine neue Civil- und Militärstrafgesetzgebung, man er-
richtete ein Appellations- und ein Cassationsgericht.
Dem Staat wurde hier ein mehr directer Eiugriii' in
die Rechtspflege zugewiesen als früher, zur Zeit wo
Mufti's und Kadi's durchaus die Hauptsache vollführten
und wo der ganze Schwärm der nach altem Brauch ge-
bildeten Ulenia oder Wissenden den alleinigen Chor in
der Rechtssprechungskomödie darstellte. Jetzt figu-
riren in den Gerichtshöfen zum Theil braune Herren
in Lackstiefeln, nachdem sie in Europa ihre Rechts-
studien betrieben haben. Schon seit Mohammed- Ali
hatte sich übrigens in den Provinzen Sudans der Brauch
eingenistet, dass der Gouverneur oder der Grossschekh
die gerichtlichen Sentenzen mehr im Sinne der poli-
tischen Convenienz, als der juridischen üeberzeugung
fällte, dabei aber die Aussprüche der ^Mufti's und Kadi's
in nur beschränktem Maasse zu berücksichtigen pflegte.
Es kam hier vor, dass mancher Provinzialstatthalter
einen Ausspruch der letzterwähnten Behörden in der
Idee, damit dem Divan, der Regierung des Vicekönigs
zu nutzen, recht und schlecht nach eigenem Dafür-
halten, aus eigener Machtvollkommenheit, umstiess und
seinen eigenen Urtheilsspruch zur Geltung brachte.
Auf sein krummes Schwert gestützt, von seinen Bewaff-
neten umgeben, spottete dann wol der Lokaltyrann, ein
echter biderber Vertreter osmanischen Säbelregiments,
der Gesetzesausleger und der Richter. Es geschah dies
z. B. gar nicht selten, wenn es galt, die Handlungen
unruhiger, ehrgeiziger und willkürlich gesinnter, aber
dem Divan des Vicekönigs genehmer Vasallenhäupt-
linge zu beschönigen oder umgekehrt diejenigen mis-
liebiger, auch gefürchteter Anführer zu bestrafen.
256 Drittes Buch.
In denjenigen islamitischen Staaten Afrikas, in wel-
chen der Geist moderner Anschauung bisher noch kei-
nen Eingang gefunden, dauert die altpatriarchalische
Rechtssprechung aus dem Koran und seinen Erläute-
rungen in ungeschwächter Weise fort. Wir wollen
diesen Verhältnissen keinesfalls das Wort reden, auch
nicht in den Fehler der Reisenden verfallen, welche
die unbedingte Einfalt und Einfachheit des dabei
üblichen Verfahrens lobpreisen. Es geht nämlich auch
hier zuweilen recht langwierig und langweilig her.
Trotzdem finden wir die beregte Art des Rechtsver-
fahrens, bei der ja hier und da selbst einmal Gutes
vollbracht werden kann, schon deshalb dem Kigritier
gegenüber für passend, weil sie sich den einfachen,
socialen Verhältnissen des letztern am leichtesten acom-
modirt. Gerade darin liegt zum Theil die nähere Zu-
kunft des Islam für Afrika. Man spricht jetzt so häufig
und so leichtfertig vom Verfall der Religion Moham-
med's; in der innerlichen Verfassung des Islam fehlt
es ja zur Zeit allerdings nicht an Gärungen, zu welchen
die Berührungen mit der abendländischen Bildung das
Ferment liefern. Indessen halten sich dergleichen Gä-
rungen doch nur mehr unter den „Wissenden" und
dringen vorerst nur noch wenig in die ungebildeten
Volksschichten der mohammedanischen Welt hinein.
Obgleich letzterer in unsern Tagen der geistige Glanz
früherer Jahrhunderte fehlt, so bildet der Islam
trotzdem noch immer einen sehr, sehr festen religiös-
nationalen Kitt für die Völker von Rumelien bis nach
der Wüste Gobi, von Utica's Ruinen bis gegen die
äquatorialen Seen Afrikas hin. Sind nun heuer Lücken
in das Staatswesen des islamitischen Innerasien ge-
brochen worden, so sind daran mehr die Geschütze
und die Lanzen des Generaladjutanten Kaufmann I.
und seiner Kosacken oder die Henry -Martini's, die
Bajonnete und Gatlings der scindischen oder der Gorka-
regimenter Ihrer Majestät der Kaiserin von Indien, als
die von H. Stephan und von andern geträumte tiefe
il.iMMnnr i.iiiricbtungen .... Afrikaner. •_'.") <
Zersetzung des Islam schuhi. In Afrika aber wehen
zur Zeit die Fälinlein des Propheten und seiner an-
geblichen Naclifolger noch unentweiht im azurnen hei-
tern Aether subtropischer wie tropischer Gefilde. Man
spricht wol vom grossen heutigen Nothstande des Is-
lam unter dem materiellen und geistigen Verfall seiner
alten Geburtsländer in Arabien, Mesopotamien u. s. w.,
allein dergleichen Noth^<tände weisen auch andere Reli-
gionen auf. Leidet doch das Christenthum jetzt recht
erheblich unter dem Drucke pfäffischer Orthodoxie und
fiocialpolitischer Tollheit. Sind nicht das Judenthum
«nd der Buddhismus ihrerseits ebenfalls in schwerem
Nothstande? Trotz alledem fahren diese Religionen fort,
unter den Völkern der Erde ihre dominirende Stellung
zu behaupten.
Ilanoteau und Letourneux, diese ausgezeichneten
Kenner der Berbern, versichern, dass in jedem kaby-
lischen Dorfe ein Kanun (Regel, Gesetz) existire, d. h.
ein Tarif fär die Sportein, die Abgaben derjenigen,
welche sich gegen die Ada, das Strafrecht, oder gegen
den Arf, das Civilrecht, vergangen haben. Der Kanun
enthält ausserdem Vorschriften des Civilrechts, die nicht
durch Verhängung von Sportein sanctionirt worden und
die meist nur eine locale Abänderung des allgemein gül-
tigen Gesetzes enthalten. Alle Kabylen unterliegen dem-
selben bürgerlichen Recht. Ein Fremder kann in einem
Dorfe mit Zustimmung der Tadjemait oder Djemaa (Bürger-
versammlung) das Niederlassungs- und zugleich das Bür-
gerrecht gegen Zahlung eines Einzugsgeldes erlangen;
auch kann derselbe ohne grosse Mühe Mitglied der
Djemaa werden. Die BVauen geniessen hier nur ge-
ringe Rechte; in manchen Gemeinden können sie nicht
vor Gericht zeugen. Üebrigens tritt das männliche
Individuum mit der vollendeten Pubertät in den Genuss
des gemeinen Rechts ein. Die Sklaverei wurde hier
von jeher mild gehandhabt, wiewol der Sklave, als
Eigenthum des Herrn, unter dessen absoluter Macht
stand. Ein Neger blieb trotz seiner Bekehrung zum
Haktxakk. X7
258 Drittes Buch.
Islam Sklave; der weisse Renegat dagegen wurde
frei.
Bei den Tuarik hat man nach Duveyrier das ge-
schriebene Recht (nach dem Tractat des grossen Rechts-
lehrers Sidi Chalil) gegenüber dem altberberischen Ge-
wohnheitsrecht (Ada — s, oben). Die Leute dieser
Nation entbehren der Richter und rufen, freilich nur
selten und in schweren Fällen, die Sentenzen der Ka-
dis von Rat, Radamis und Insala an. Wo es an-
geht, treten die Marabouts dazwischen. Die Stammes-
und die Familienhäupter üben in Ermangelung eines
Kadi das Richteramt aus. Die innere Polizei ruht in
den Händen der Stammeshäuptlinge; dieselben ver-
hängen Geldstrafen, die Bastonnade und die Ankettung.
Gefängniss und Todesstrafe werden niemals decretirt,
Todtschlag und Mord verfallen der Blutrache.
Letztere ist in Afrika allgemein verbreitet. In den
Ländern des Islam folgt sie blindlings dem Koran,
welcher da sagt: „Wir haben ihnen vorgeschrieben, dass
man geben solle Leben für Leben, und Auge um Auge,
Nase um Nase, Ohr um Ohr, Zahn um Zahn und Wunde
mit Wiedervergeltung zu bestrafen. Sollte aber einer
dasselbe als Almosen zurückgeben, so mag es zu seiner
Versöhnung angenommen werden." Die Zahlung des
Blutgeldes ist überall gestattet; dasselbe wird auch
für vorsätzliche Verstümmelungen gefordert. Handelt
es sich um ein nur einmal vorhandenes Glied, wie die
Nase, so ist das Blutgeld sehr hoch, wie für einen
Mord. Letzteres gilt auch für Zerstörung einer der
Sinnestliätigkeiten, für lebensgefährliche Verwundung,
für dauernde Verunstaltung des Körpers. Ist ein Glied
doppelt vorhanden, wie z. B. die Extremitäten, so wird
für Verletzung des einen derselben nur das halbe Blut-
geld gezahlt. Ist die Verstümmelung an einem zehn-
fach vorhandenen Tlieil, wie Finger oder Zehen ausge-
übt worden, so darf nur der zehnte Theil des ganzen
Blutgeldes beansprucht werden. Verstümmelung einer
Frau kostet nur halb soviel wie die entsprechende
n.iüslichc Kiurichtungcn •>• ■ lei At'iikiuiw. 2i)\^
ciiu's Mannes. Vergreift sicii em Freier an einem
Sklaven, so zahlt er für dessen Verwundung dem Herrn
nur dos, was je nacli dem individuellen Kaufwerthe des
letztern vereinbart wird. Kommt es nicht zur Zahlung
des Blutgeldes, wird letzteres in der Erregung der
Leidenschaft zurückgewiesen oder wird dasselbe aus
Hass oder aus Stolz verschmäht, so wird die Wieder-
vergeltung gelegentlich in dramatischer Weise ins Werk
gesetzt. Die Blutfehde kann dadurch auf Geschlechter
fortgepilanzt werden, kann ganze Stämme in Mit-
leidenschaft ziehen und blutige Opfer veranlassen.
Da gibt es oft recht trübe und böse Blutaffairen, deren
Schilderung düstere Streiflichter auf die meist noch
ungezähmte Wildheit der Bewohner des dunkeln Con-
tinents wirft. Bei den Tuarik wird der Mörder, dem
die Zahlung des Blutgeldes verweigert worden, in Gegen-
wart von Zeugen, seiner eigenen Verwandten und derer
seines Opfers, auf höchst grausame Weise gericlitet.
In Abyssinien ruht die Rechtspflege in den Händen
der Machthaber und ihrer Unterbeamten. Die Fürsten
hören, Sonnabend und Sonntag ausgenommen, sonst
täglich in eigener Person die Klagen ihrer Unterthanen
an und fallen nach eigenem Ermessen, kaum den Katli
irgendeines gerade anwesenden Hofmannes fordernd
oder annehmend, ihr Ürtheil. Die meist sehr strengen
und grausamen Strafen folgen dem letztern gewöhnlich
auf dem Fusse. Man vollzieht hier Gefängnissstrafe,
Frongefangenschaft, Prügel, Verstümmelungen und die
sich in raffinirten Quälereien erschöpfenden Hinrich-
tungen. Beliebt ist unter anderm die Verurtheilung
zum langsamen Hungertode. Beleidigung der Djanhai
oder Majestät des Fürsten, wozu unter anderm das
Beisseu des Daumens in Gegenwart der Djanhai ge-
hört, wird mit Todtprügeln u. dgl. geahndet. Auch die
Kirche, der eine grosse Macht im Staate zukommt, ver-
hängt ihre Strafen; der Kirchenbann z. B. lastet sehr
schwer auf denjenigen, welche sich nicht durch ein
manchmal recht hochbemessenes Reugeld loskaufen können.
17*
260 Drittes Buch.
Bei kleinern Rechtshändeln ruft man das Schiedsamt
eines Dritten an. Man wendet sich hierzu mit Vor-
liebe an hochgestellte Personen, selbst an den Landes-
fürsten, welcher letztere selten einmal das Mittleramt
ausschlägt. Für Verbrecher sind übrigens Klöster und
Kirchen unbedingte, stets offene Freistätten. Auch hat
mancher von der Ungunst und Willkür mächtiger Feinde
Verfolgte unter den lauschigen, beschattenden Det-
oder Wachholderbäumen einen unantastbaren Zufluchts-
ort gefunden.
In Nordabyssinien, unter den fast republikanischen
Agaugemeinden der Mensa, Bogos u. s. w. herrscht das
Verhältniss zwischen den Adeligen oder Schumaglie
und den durch Geburt oder Vertrag Botmässigen, den
Tigrie, Gulfare. Hier wird eine Art Naturrecht befolgt,
welches nicht geschrieben ist, aber trotzdem als Fatcha,
wenn auch nur als traditionelles Gesetz, gilt. Dies
wurzelt zunächst in der Familie. Das Richteramt ruht
vorerst in der Hand des Familienältesten, dann, wenn
hier keine Einigung erzielt wird, im Volksrath oder
Mohabber (des Ortes). Zur Noth ruft man den Schieds-
spruch des ganzen Tribus, sogar eines fremden Häupt-
lings oder Fürsten an. Die Blutrache herrscht auch
hier allgemein.
In vielen Gegenden des äquatorialen Afrika und in
Guinea, auch bei den A-Bantu, wird die Rechtspflege
vom Despotismus der Könige und Häuptlinge, vom Un-
fuge der Gangas (S. 219) und vom Glauben an die
Unfehlbarkeit der Gottesgerichte sehr stark beeinflusst.
Hier bildet die entsetzliche Willkür schamloser Schwin-
delzauberer, deren Machinationen (wie wir bereits in
frühern Abschnitten kennen gelernt haben) jedermann
ausgesetzt erscheint, eine der trübsten Seiten im öft'ent-
lichen Leben des Nigritiers. Lange , lange wird es
dauern, ehe geordnete Rechtsverhältnisse dies scheuss-
liche Gewebe von Lug, Trug, Gemeinheit^ Grausamkeit
und finsterm Aberglauben zerstört und ersetzt haben
werden. Wir wissen recht gut von uns selbst, wie
i:..v.^...be Eiurichtungen u. s. w .1. f Afrikai.... ^ill
vieljfihrigos Kämpfen und Ringen v> uüd gekostet hat,
den Uebergang aus den Banden der Ketzer- und Hexen-
gerichte, denen doch der Flitterkram eines gewissen
Gelehrtenthums angehangen, zur freien, logischen Uechts-
anschauung unserer Tage zu finden. Wie können wir
uns da wundern, dass der westliche Nigritier, der bis
vor kurzem höchstens mit der verbrecherischen Rotte
der Sklavenhändler und mit meist ungebildeten Ilulk-
inhabern (S. 167) verkehrt, dem sich erst neuerdings
der Umgang mit ehrenhaften und tüchtigen Kauf leuten
sowie mit einzelnen unterrichteten Reisenden eröffnet
hat, im grossen und ganzen noch in der Barbarei ihrer
unentwickelten Begriffe von Staats- und Rechtsleben
befangen sind. Die geistige Befreiung, die uns haupt-
sächlich durch die Wiederauferstehung altclassischer
Cultur, durch stetige Weiterentwickelung unsers alt-
germanischen Gemeinwesens, unsers Rechtsbewusstseins
und unserer Rechtsbegriffe, zum Theil allerdings auf
dem Boden römischer juridischer Institutionen erwachsen
ist, konnte die erwärmenden und erweckenden Strahlen
ihres Lichts bislang in keiner auch nur ähnlichen
W'eise über die Kinder Nigritiens leuchten lassen.
In Aschanti herrscht übrigens neben so manchen
andern, eine vorgeschrittene llalbcultur beweisenden
Einrichtungen ein gewisser Civilrechts-Codex; derselbe
ist so interessant und charakteristisch, dass wir es uns
nicht versagen mögen, hier (nach Bowdich) einige der
Haupttheile desselben vorzuführen.
Königssöhne und sonstige Mitglieder der königlichen
Familie werden nicht auf blutigem Wege gerichtet^
sondern für Kapitalverbrechen durch einen besondern
Cabocir im Flusse Dah ertränkt. — Erwiesene Feigheit
wird mit dem Tode bestraft. — Jeder kann sich im
Walde anbauen, ohne dem König, als Grundherrn alles
Bodens, Steuern zu entrichten; wohl aber muss er dem
Besitzer der nächstbesten Krum oder Pflanzung, durch
welche etwa sein W^eg führt, eine Steuer entrichten. —
Den Kaufleuten ist der Handel mit einer feindlichen
262 Drittes Buch.
Macht untersagt. Im Inlande können sie auf jedem
beliebigen Markte kaufen oder verkaufen. Gold, wel-
ches auf dem Markte hinfällt, darf, bei Vermeidung
der Todesstrafe , nur auf besondern Befehl der Regie-
rung emporgelesen werden. — Auf Diebstahl am Be-
sitzthum des Königs und auf Liebeshändeln mit könig-
lichen Sklavinnen steht die Entmannung. Wird Ehe-
bruch mit der Frau eines hiernach bestraften Mannes
getrieben, so wird der Verbrecher getödtet. — Die
Geldzinsen betragen für 40 Tage 33 Vg Procent; ist
die Verfallzeit nicht eingehalten worden, so darf der
Gläubiger den Schuldner oder ein Glied seiner Familie
so lange als Sklaven behalten, bis die ganze Summe be-
zahlt worden ist. — Wird jemand des Verraths ange-
klagt, aber freigesprochen, so gilt das Leben des Klä-
gers für verwirkt. Damit will man den Anklagen
wehren, die rein aus Neid oder Bosheit angestiftet
werden könnten. Der Verklagte erfährt erst dann den
Namen des Klägers oder wird diesem erst dann gegen-
übergestellt, wenn der Verklagte die Fragen beant-
wortet hat, die des Königs Dolmetscher (hier eine Art
von Staatsanwälten) ihm vorlegen. — Streitsachen bleiben
oft Jahre lang ruhen, um den nachgesuchten Schaden-
ersatz in die Höhe treiben zu können. Auch Hoch-
verrathsprocesse werden oft durch Jahre lang ver-
schleppt, um den Verklagten glauben zu machen, die
llauptzeugen seien verstorben. — Tödtung eines Sklaven
ist straflos; Weiber- oder Kindermord dagegen ist
straffällig. Tödtet jemand den Sklaven eines andern,
so hat er letztern den vollen Werth jenes zu ersetzen.
Tödtet ein Grosser einen Mann seines Standes, so darf
er sich meist selbst umbringen. Für den Tod eines
Niedrigen wird von dessen Familie gewöhnlich eine Geld-
summe in Höhe des Preises von sieben Sklaven ent-
richtet. Die Zerbrechung eines Agriessteines (S. 214)
kostet den Preis von ebenfalls sieben Sklaven. — Für
kleinere Diebstähle wird der Delinquent an verschie-
denen Oertlichkeiten öftentlich ausgestellt. Bei bedeu-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 203
tenden Diebstählen muss die Familie des Delinquenten
für das Gestohlene aufkommen; sie kann den Dieb in
hochgradigen Fällen oder bei Unverbesserlichkeit tödten.
— Wird ein Mann beim geschlechtlichen Verkehr mit
«iner Frau ausser dem Hause, im Walde von andern
•entdeckt , so werden erstere die Sklaven der letztern,
können aber durch ihre Familien losgekauft werden.
[Niemand darf die Schönheit der Frau eines andern
Mannes rühmen. — Wenn eine Frau processirt, so hat
ihre Familie, nicht ihr Mann, dafür aufzukommen. —
Der Zauberei Verdächtige werden zu Tode gemartert. —
Ein Sklave darf sich infolge schlechter Behandlung
jedem beliebigen freien Manne als Eigenthum über-
geben.
Die Kimbunda sind (nach Magyar), wie so manche
andere Nigritierstämme, sehr zum Processiren geneigt.
Sie theilen diese Neigung auch mit vielen unserer
Ungebildeten, denen mangelndes Rechtsbewusstsein und
krakeelsüchtiger Hang, genährt durch die aufdringliche,
übrigens aber im Finstern schleichende Thätigkeit der
Winkeladvocatur, so leicht zum Stachel für ihre oft-
mals schwer geahndeten Gerichtsspectakel wird. Bei
den Kimbunda ,, zehren die zahlreichen Olombango (oder
R« * ilte) und die gleisnerischen Kimbanda (oder
B.i 11 1 wie hungerige Wölfe am Fleische des un-
sinnigen, streitsüchtigen Volks'*. Man behandelt hier
Diebstahl, Verbal- und Personalinjurien, Ehebruch, ge-
heimen Umgang mit Geistern und Zauberei. Das Ver-
fahren ist nach Magyar's Darstellung recht umständlich,
erfolgt aber doch (durchaus im Gegensatz zu den meisten
andern afrikanischen Stämmen und Gegenden) nach
gewissen, zum Theil auch bei uns gebräuchlichen juri-
dischen Principien. Die dabei aufzuwendenden Sportein,
theils durch den Brauch festgestellte freiwillige, theils
gezwungene, sind beträchtlich und von mannichfaltiger
<5uantität.
Sehr merkwürdig sind in manchen Theilen Inner-
und Westafrikas gewisse Geheimbünde, häufig Ein-
264 Drittes Buch.
richtungen der Volksjustiz, des Lynchens, wie es Squatter-
Regulatoren wol kaum logischer betreiben konnten.
Der Leser mag uns zur kurzen Betrachtung einiger
dieser Institutionen folgen. So entstand im 16. Jahr-
hundert unter den Kimbundavölkern ein Geheimbund,,
welcher der von blutdürstigen Priestern und ihren bar-
barischen Quixilles (Gesetzen) genährten, von den er-
obernden Djagga (S. 60) inaugurirten Sittenverwilde-
rung, namentlich der Menschenfresserei des Volks, Ein-
halt thun sollte. Dieser Geheimbund hiess derjenige
der Empacasseiros; er legte seinen Mitgliedern un-
verbrüchliches Schweigen auf. Jedes Mitglied suchte
sich durch Tödtung eines Büffels (Empacasso oder Pa-
casso — Bos caffer und Bos hracliyceros) äusserlicb
hervorzuthun. Die Mitglieder des Ordens wurden aus
den tapfersten Kriegern ausgewählt; sie wurden nur
nach und nach in die Geheimnisse des Bundes einge-
weiht und durften erst nach Ablegung dreier schwerer
Proben aufgenommen werden. Dem Kannibalismus wurde
entsagt und die wilden Jäger- und Hirtensitten wurden
mit den mildern sesshafter Landbauer vertauscht. Der
Empacasseirobund wuchs durch Zulauf mächtig an, ver-
wickelte sich aber in heisse Kämpfe mit den Djagga
und deren Anhängern. Die dem Bunde ergebenen Mit-
glieder wanderten endlich unter Führung eines Soba
nach Südwesten aus, gingen über den Coanza, unter-
warfen sich eine Menge Völkerschaften und besetzten
auch unter einem gewissen Bihe das jetzt so genannte
Land. Der Empacasseirobund, welcher vordem also
eine patriotische und civilisatorische Mission zu erfüllen
gehabt, scheint auch jetzt noch in Angola, Benguella
und in manchen Gegenden des Innern fortzubestehen —
zu welchem Zweck ist mir freilich nicht bekannt. Nach
Bastian gelten die Empacasseiros in Mekono als Sol-
daten des Königs. Tams traf dergleichen Leute als
irreguläre Truppen der Portugiesen zu Sao- Paulo de
Loanda u. s. w. an.
MKuc Lijjrichtungen u. - Airikaner. 265
Lilien andern Bund bildet dor von llastian l)e8chrie-
Itene der Sindungo; derselbe ist über verschiedene Ort-
schaften in Angoy, ]Mataniba, Mekono (Tumbe) und
Chinsasa verbreitet. Die Mitgliedschaft erbt vom Vater
luf den Sohn fort. Ein Novize wird nur unter sehr
umständlichen Ceremonien wirklich aufgenommen. Ober-
liaupt des Bundes ist der Kuwukuta-Kanga-Asabi, ein
r, der die Mitglieder in den Wald zur
, einberuft und an sie die zur Yermummung
liifMondeu bemalten Ilolzmasken und Blättergewänder
austheilt. Ist letzteres geschehen, so wird das Ordens-
haupt mit Schlägen in den Ort zurückgetrieben, als
symbolisches Zeichen dafür, dass nunmehr das gemeine
'tesetz für eine Zeit lang aufgehoben sei, damit der
r.und in sein geheimes Wirken eintrete. Bis zur Un-
kenntlichkeit maskirt und verhüllt, laufen die Sindungo
durch das Dorf, nehmen alles ihnen Passende fort und
suchen nachts auf einem freien Platze unter Mitwir-
kung eines Fetisches Regen zu machen. Die Bewohner
pflegen bei solchen Gelegenheiten das Dorf zu ver-
lassen; denn sollte einer von ihnen durch Husten oder
rgendeinen andern Laut die nächtliche Stille stören,
>o würde er von den das Haus stürmenden Sindungo
zu Tode getreten werden. Wünscht jemand Schulden
»•inzuziehen, so wendet er sich an den Kuwukuta-Kanga-
Asabi, welcher seine vermummten Sindungo auf Exe-
cution aussendet; diese nehmen, wenn die Schuld nicht
bezahlt wird, Hausvieh, reife Bananen oder sonstiges
ithum des lässigen Zahlers hinweg. Treffen die
ango, in ihrer Verkleidung unbekannt geblieben,
nach gethaner Arbeit zufällig mit Bekannten zusammen,
-o wissen sie ihre Abwesenheit oder ihre bevorstehende
Thätigkeit auf die harmloseste Art zu erklären.
Am Rio Nunez, zwischen Sierra Leone und Cap
klonte haben die Susu den Geheimbund der Purra; die
Mitglieder desselben vereinigen sich zu kleinern oder
Kreis- und zu Haupt- Purras, die ihre Sitzungen im
266 Drittes Buch.
Dunkel der Wälder halten, ihre Befehle von einem
Oberhaupt, Simo, empfangen, der den nicht in die
Ordensgeheimnisse Eingeweihten unbekannt bleibt. Der
Purra verhängt unter anderm Plünderungen, um seinen
Gesetzen Achtung zu verschaffen.
In den Gebieten des obern Senegal, des Gambia und
noch weiter nach Süden hin entfaltet der Mumbo-
Djumbo seine Thätigkeit zur Bestrafung böser oder
unzüchtiger Weiber. Der Mann selbst oder einer seiner
Freunde kommen vermummt dahin, wo alle Weiber
des Ortes versammelt werden, lässt die zur Bestrafung
Auserkorene an einen Baum binden, bläut sie unter
dem Gespött der übrigen Anwesenden weidlich durch
und kehrt behufs Abwerfung seiner Vermummung in
den Wald zurück.
Dergleichen Geheimbünde existiren in Inner- und in
Westafrika noch eine Menge anderer, zum Theil erst
sehr wenig bekannter. Im Gabungebiet gibt es sogar
Frauenorden. Alle diese geheimen Gesellschaften finden
ihre Entstehung inmitten unsicherer, barbarischer Zu-
stände in dem Bedürfnisse, eine gewisse Möglichkeit
zur Handhabung von Gesetz und Ordnung herbeizuführen.
Die Thätigkeit solcher Geheimbünde streift oftmals an
die germanisch-mittelalterlichen Einrichtungen der Feme,
des Haberfeldtreibens, der gesteiften Hotzenwirthschaft
und anderer zum Theil ungeordneter Coalitionen der Ritter-
und Raubperiode oder ihrer Folgezeiten. Gewisse nigri-
tische Geheimbünde haben freilich einen durchaus politi-
schen Charakter, der ja wol manchmal, wie jener alte
Empacasseiro-Orden der Kimbunda, humanistische und
speciell patriotische, zuweilen aber auch egoistische,
herrschsüchtige, selbst socialpolitische Zwecke verfolgen
kann, wie sie z. B. im Klu-Klux-Klan verworfener Yankee-
auswürflinge ihr getreues Abbild verrathen. Ja, ein-
zelne der Geheimbünde, welche ihre Entstehung einer
fanatisch-religiösen Zerknirschung verdanken, erinnern
durch die von ihren Mitgliedern erstrebten Erfolge in
geheim betriebener Vernichtung von Menschenleben an
Häusliche Einrichtungen n. s. w. der Afrikaner. 267
die schreckliche Wirksamkeit der indischen Thugs oder
Plansigars, dieser frenetischen Verehrer der blutdürsti-
12, KrUp^ J(fg<Ji Fischfang u. s. n\
Das Heer- und Kriegswesen der Aegypter zeigte
bereits einen beträchtlichen Grad von Organisation.
Die Kriegerkaste bildete damals einen für sich abge-
schlossenen Stand, welcher in die Hauptabtlieilungen
der Hermotybier und Kalasyrier zerfiel. Alle Krieger
waren erbliche Berufssoldaten. Jede der beiden er-
wähnten Abtheilungen umfasste die aus einer Anzahl
bestimmter Gaue oder Districte herstammenden Mann-
schaften; die Krieger galten für durchaus edel und
hatten ihre Vorrechte; jeder Einzelne erhielt ein etwa
11 — 12 Morgen grosses Ackerland zur ausschliesslichen
Bebauung. Tausend Hermotybier und ebenso viele
Kalasyrier setzten immer die Leibwache des Königs zu-
sammen. Die Leibgarden erhielten ausser den Feldern
noch täglich zur Beköstigung eine bestimmte Menge
Brot, Rindfleisch und Wein. Die jungen Krieger wur-
den von Exercirmeistern eingeübt; an der Spitze der
Armee stand ein Feldherr; streitbare Könige zogen
persönlich mit in den Krieg hinaus. Es gab Wagen-
kämpfer und Fusssoldaten; letztere gingen, wie die
alten Bildwerke und Malereien bezeugen, im Tritt
und kämpften in wohlgeordneten Abtheilungen. Es
fehlte dabei nicht an Feldmusik. Der Belagerungskrieg
hatte so gut seine Taktik aufzuweisen wie der Feld-
krieg; man bediente sich beim Angriff auf eine Festung
der im Alterthume so beliebt gewesenen Testudo-Kan-
girung, der Sturmleitern u. s. w. In der Schlacht
wurden die Angriffsbewegungen streng in Reih und
Glied und streng auf Commando ausgeführt. Selbst
die Bogenschützen operirten in dieser Art und Weise.
Im Lagerdienst verfuhr man durchaus nach den Er-
268 Drittes Buch.
fordernissen der Mannszucht. Eine Art Brand- und
Lagerwache sorgte für die Sicherheit der Raststätten;,
trafen an diesen Patrouillen aufeinander, so verstän-
digten sich deren Führer mittels verabredeter Erken-
nungszeichen. An Spitze eines derartig eingerichteten
Heerwesens konnten thatkräftige Pharaonen wol die
halbe damals bekannte Welt erobern. Jedenfalls war
unter den altägyptischen Verhältnissen die Colonisirung-
der Kriegsleute von gutem Erfolge für das Gemeinwohl;
denn während des Einfalles der Hyksos, d. h. der
syrisch -arabischen Hirtenvölker und auch während
desjenigen der Aethiopen ( Nubier ) in Aegypten
wurde der Kriegerkaste ihr Lehnsacker genommen; die
Soldaten wurden damit andern für niedriger gehaltenen
Beschäftigungsweisen in die Arme getrieben und wurde
damit die Widerstandskraft des Landes allmählich unter-
graben. Im Besitz der Vorrechte fühlte sich im Lande
und im Zeitalter strengen Kastengeistes der Kriegs-
mann stolz und patriotisch genug, sein Land, an dessen
Cultivirung er persönlichen Antheil hatte, tapfer und
energisch zu vertheidigen. Eine Colonisirung ihrer
Truppen befolgten später die Aloaner- und die Funje-
Sultane von Sennar. Etwas Aehnliches richteten die
alten Djagga, die Waraasay, Kimbupda von Bihe, die
Amatebele und Amazulu ein. Unter allen diesen Völ-
kern handelte es sich um eine Colonisirung und syste-
matische Erziehung der Kriegsvölker in Mannszucht
und Waffenhandhabung. Stämme, deren Kriegsleute
eine derartig in sich geschlossene, aristokratisch-krie-
gerische Organisirung und Drillung die ihrige nannten,
vermochten gegenüber den locker gefügten, schlecht
ausgebildeten und zuchtlosen Haufen ihrer Gegner als
erfolgreiche Eroberer aufzutreten. Wir haben übrigens
bereits oben bemerkt, wie die Fechtweise der Amazulu
in geschlossenen Gliedern und mit mächtigen zum festen
Einlegen brauchbaren Stosslanzen diesem wilden Volke
so oftmals zum Siege verholfen hat. Wenn sie jetzt
den Engländern einen unvorbereitet kräftigen Wider-
I .1 11 I Uli l Ulli
r Afrikaner. 200
stand entgOLjciisetzen, so liegt aas /um Tlieil wol nocli
in ihrer i\\\oi\ Krieu^führung als mehr geordnete Masse,
wobei ihnen zur Zeit das .wirksamere Feuergewehr (an
Stelle oder neben der Lanze) ganz besonders zu statten
kommt.
Von den Wamasay erzählte mir C. von der Decken,
dass sie, mit grossen Schildern und Stosslanzen bewehrt,
in L' ' ' 'nen Scharen vorrückten, dann in schnellem,
woh. >ten Niederducken den Pfeilschüssen, den
meist ungeschickt gezielten Gewehrsalven und Speer-
würfen ihrer Gegner zu entgehen suchten und endlich,
oahe genug avancirt, in gewaltigem Choc und mit wil-
dem Geschrei den Feind zu werfen suchten. Es er-
innert dies durchaus an die Kampfweise der Amazulu.
Auch sollen gewisse südliche Galastiimme in ähnlicher
"Weise kämpfen; nur führen letztere keine grossen
Schilde mit sich.
In ungeordneten Haufen gehen dagegen viele Gala,
die Somal, Abyssinier, Bedja, die Berta, die Nigritier
des weissen Nilgebietes, diejenigen der weiten Gebiete
des Innern und des Westens von Afrika ins Gefecht.
Es fehlt diesen Leuten durchaus nicht an persönlichem
Mutb; sie unternehmen ihre Angriffe mit Feuer, Leiden-
schaft, mit Verwegenheit und Todesverachtung. Dabei
handhaben sie die Lanze, das Schwert, den Trumbasch
(S. 121), das Messer, das Streitbeil und die Keule mit
unleugbarer Meisterschaft. Der Nigritier vermag bei
seiner kräftigen, zum Theil sogar mächtigen Körper-
beschaffenheit mit seinen Stoss-, Hieb- und Schlagwaffen
schwere Verletzungen auszutheilen; allein er handelt
selten nach durchdachtem Plan, selten mit System.
Seine Angriffscolonnen sind (ohne die erwähnten Aus-
nahmen) vielfach zu ungleich gesäet; hier zeigen sich
dichte Schwärme, dort lichte Haufen; alles marschirt,
läuft und springt alsdann wild durcheinander. Die
Pauke, Trommel, Schalmei und das Hörn (S. 196) machen
dabei einen fürchterlichen Lärm, welcher womöglich
noch übertönt wird durch das Gebrüll, Geheul und
270 Drittes Buch.
Gejohl der Kämpfenden. Bei den Ostafrikanern, na-
mentlich den Bedja und Abyssiniern, ist der Anprall,
auch der Reiter zu Droraedai" und Ross ein meist hef-
tiger. Es gehört für den Gegner ein nicht unbeträcht-
licher Grad von Kaltblütigkeit und Unerschrockenheit
dazu, einen solchen Choc auszuhalten; wird aber der
letztere zurückgewiesen, so reisst leicht Muthlosigkeit
in den Reihen des Feindes ein. Die Nigritier laufen
in ihren gegenseitigen Kriegen meist wild aufeinander
los, sie stossen, schlagen und balgen sich alsdann nach
Art von BuUenbeissern miteinander herum. Gewöhnlich
dauert es nicht sehr lange und die eine oder andere
Partei, welche eine beträchtlichere Anzahl Leute ver-
loren hat, läuft davon. Seltener kommt es zu wirklich
grossen, lange dauernden und blutigen Schlachten, die
dann aber auch mit schrecklicher Verbissenheit ausge-
kämpft werden. Abyssinier, Somal und Gala haben
die abscheuliche Sitte, ihre todten oder verwundeten
Feinde zu entmannen und eine ähnliche Procedur auch
an den Überfallenen Weibern, ja selbst an kleinen Kin-
dern auszuüben. Die scheussliche Trophäe wird im
Triumph nach Hause gebracht. Ebenso geschah es, wie
die Bildwerke und Inschriften beweisen, schon bei den
alten Aegyptern, unter welchen aber auch abgehauene
Hände und Ohren als Siegesbeute mit Sorgfalt verzeichnet
wurden. Manche Gala-Stämme streifen die abgeschnit-
tene Vorhaut des erlegten Feindes über ihr linkes
Handgelenk, lassen sie hier auftrocknen, schneiden aber
die übrigen Theile der Trophäe in Stücke und graben
letztere unter gellenden Verwünschungen in den Bo-
den ein.
Die Afrikaner schiessen mit dem Feuergewehr
meistens nicht gut. Einige Abtheilungen der Berabra,
Faruch (S. 168), Zulu und Aschanti mögen hierin
grösseres Geschick erzielt haben.; im Durchschnitt lässt
sich das aber doch nicht behaupten. Besser wissen alle
die Leute mit den S. 269 erwähnten Handwaffen um-
zugehen.
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 271
Die ungeordneten Haufen der Berbern, Bedja, Abys-
sinier und vieler Nigritier haben mit seltenen Aus-
nahmen wohldisciplinirten europiiisclien oder selbst
landsnmnnischen, aber nach unserni Muster gedrillten
r fnüber den kürzern gezogen. Einem mit
iv t und mit Priicision durchgeführten Feuer-
gelecht, sowie einem mörderischen Geschützangriff wird
auch der unerschrockenste Anprall der undisciplinirten
afrikanischen Haufen unterliegen. Beispiele sind die
siegreichen Gefechte der Aegypter bei Bara und Mana-
watschi gegen die Furer, bei Belenian und Masindi
gegen Bari und AVanyoro, der Engländer bei Arogi
gegen die Abyssinier und am Prah gegen die Aschanti,
ferner die zahllosen einzelnen Aflairen während der
Katlernkriege. Dagegen beweisen die Niederlagen der
Engländer unter Sir Charles Maccarthy bei Adaraprah
durch die Aschanti, bei Sandschlwan (fälschlich Isan-
ilula) durch die Zulu, diejenigen der Aegypter bei
'• let und Gura gegen die Abyssinier, dass auch um-
L-hrt einmal die disciplinirte Truppe trotz besserer
Bewaffnung dem ungeordneten, an Zahl überlegenen
und fanatisirten Haufen wilder oder halbwilder Feinde
gegenüber den kürzern ziehen könne.
In die Uniform gesteckt, sorgfältig einexercirt, gut
Ijewaffnet und geführt, geben der ägyptische Fellach,
ler algierische Berber und der Nigritier einen gehor-
samen, genügsamen und tapfern Soldaten ab, der sich
luch recht wohl zum Angriffskriege verwenden lässt.
Selbst im Auslande hat sich dies bew^ährt. Die Turcos
haben sich im Deutsch-Französischen Kriege, die Fellach-
soldaten in Syrien und Kleinasien (1829 — 41), sowie
im ersten Donaufeldzug (1854— 55), die Negersoldaten
der Holländer haben sich in Ostindien, die Sudan-
bataillone Ludwig Napoleon's haben sich in Mexico als
treue und muthige Krieger geführt. Uebrigens ver-
langen, dem ürtheile aller competenten Beobachter zu-
folge die nigritischen regelmässigen Truppen eine sehr
taktvolle Behandlung. Man muss sie zwar freundlich
272 Drittes Buch.
und zutraulich, aber trotzdem sehr strenge verwalten.
Die Führer dieser Leute müssen Männer von Eisen
sein und dürfen das Pulver nicht scheuen. Auch soll
man sie nicht ungerecht und gehässig tractiren, denn
diese heissblütigen Söhne Aethiopiens sind leicht zur
Aufsässigkeit geneigt. J. Pallme, ein alter Kenner und
sehr gewiegter Beurtheiler nordostafrikanischer Zustände,
bemerkt mit Recht, „dass der in der Freiheit erwach-
sene Neger seinem Vorgesetzten unter die Augen tritt
und die Befehle erwartet; werden ihm nun diese so
ertheilt, dass sein Ehrgefühl oder sein freier Sinn da-
bei nicht angetastet wird, so kann auch der Vorgesetzte
versichert sein, dass sie pünktlich ausgeführt werden.
Doch wehe, wenn der Vorgesetzte es wagen wollte,
mit harten Worten oder durch Mishandlungen einen
Soldaten zur Verrichtung seines Dienstes zu zwingen,
sein Leben wäre augenblicklich gefährdet und ein Auf-
ruhr der ganzen Truppe könnte weitere üble Folgen
haben, was auch schon geschehen ist". Ich selbst, der
ich viel mit schwarzen Soldaten persönlich zu thun
gehabt, kann obige Angaben Pallme's nur bestätigen.
Widerholte schreckliche Aufstände der nigritischen Sol-
daten, durch entsprechend häufige Treubrüche der
ägyptischen Regierung hervorgerufen, so z. B. derjenige
zu Tamanjat (1844) und der von Taka (1862), haben
gezeigt, wie gefährlich solche Menschen werden kön-
nen, wenn man sie immer wieder von neuem auf rück-
sichtslose Weise reizt und maltraitirt.
Vorzügliches leisten afrikanische, namentlich nigri-
tische Kriegsleute in der Vertheidigung. Wie helden-
müthig wehrten sich doch selbst kleine Mengen sehr
schlecht bewaffneter Berta und Noba gegen die an
Zahl überlegenen, gut armirten und disciplinirten
Aegypter, sobald letztere die Berge jener Wilden be-
hufs Erwerbung von Sklaven zu stürmen versuchten.
Die Angegriffenen hatten die Ihrigen und ihr Vieh
vorher auf den von ihnen bewohnten Berg gebracht.
Ein solcher meist &us Granit oder anderm Urgestein
lluusluUc Kmnclitunpren u. b. w. der Afrikaner. 273
gebildet, mit losen, grossem und kleinem HKicken über-
8&et, war durch verhauartijre Ausfüllung der zwischen
den Blöcken befindlichen Lücken in eine natürliche
Festung umgewandelt worden. Wenn nun die von den
Aegyptem in Position gebrachten Geschütze gegen einen
solchen Berg losdonnerten, wenn die beutegierige In-
fanterie in Tirailleurketten und geschlossenen Sturm-
colonnen die Abhänge zu erklimmen suchte, so war
jeder Vertheidiger an seinem Platze. Dann schleuderte
man vergiftete Lanzen gegen den Feind, man suchte
ihn mit Handwaften, Steinen, Holzscheiten und mit
Krügen voll heissen Wassers zurückzutreiben. Oftmals
gab es einen schweren, langewährenden Kampf und von
der Zinne manches Bergs der freien Schwarzen musste
die stümiende Truppe zerschlagen und blutend sich
unverrichteter Sache zurückziehen.
In den Kriegen der Afrikaner gegeneinander wird
nach altbarbarischer Sitte das eroberte Land verwüstet,
es werden die Städte geplündert und häufig verbrannt,
die Gefangenen werden abgeführt; letztere schlachtet
und verspeist man oder man opfert sie der „grossen
Sitte", weit häufiger aber bringt man sie in die Skla-
verei.
Die Afrika seit Menschengedenken verwüstenden
Kriege gingen grossentheils aus der Begierde hervor,
Sklaven zu erwerben. Erst die vollständige Unter-
drückung des Sklavenhandels wird die kriegerischen
Gelüste der afrikanischen Häuptlinge und Völker massi-
gen, bei ihnen der Entwickelung friedlicher Gewerbe
Vorschub leisten und damit einem für diese reichen
Länder dereinst vielleicht erreichbaren Grad der Civili-
sirung die Wege ebenen.
Es dürfte wol noch interessant sein, die nähern Ver-
hältnisse in einigen der grössern Nigritierstaaten bei
eintretendem Kriegsfall kennen zu lernen. Wenn z. B.
in Aschanti ein solcher hereinbricht, so wird der das
Heer befehligende Cabocir dadurch bestätigt, dass ihm
der König eins der kurzen Schwerter mit goldenem
Habtmavk. ] S
274 Drittes Buch.
Heft übergibt und ihm damit dreimal leicht das Haupt
schlägt. Der Cabocir schwört dann, das Schwert von
Feindesblut geröthet zurückzubringen. Zugleich wird
ein das Heer begleitender Sprecher des Königs ernannt,
um nach siegreichem Kampf die Unterhandlungen, die
Friedensbedingungen zu führen und festzustellen. Kommt
es zur Schlacht, so hält sich der Oberbefehlshaber im
Rücken des Heeres. Von Schirmträgern, Musketieren
und Musikanten umgeben, unternimmt der Feldherr
während des Getümmels mit vornehmen Cabocirs ein
Spiel, indem er damit seinen Kriegern durch erheuchelte
Gleichgültigkeit und Zuversicht zu imponiren sucht;
man bringt ihm währenddessen die Köpfe der getödteten
Feinde und er setzt seinen Fuss darauf. Die dem Ober-
befehlshaber zunächst unterstellten Cabocirs und deren
Gefolge treiben die Weichenden mit Schwerthieben in
den Kampf zurück und stossen ohne Gnade jeden nieder,
der nicht sofort gehorcht. Die Unterhäuptlinge führen
das Kriegsvolk in den unmittelbaren Kampf; es wird
dabei Salve um Salve abgegeben und nach jeder der-
selben wird stetig vorgerückt. Endlich sucht man den
Feind im Handgemenge zu überwältigen. Da jeder
Cabocir seine besondere Hörnermelodie hat (S. 197),
die zugleich als Signal im Kriege dient, so wissen alle
Soldaten des Heeres mitten in der Schlacht, wo gerade
ihre Anführer sich befinden, mögen letztere nun avan-
ciren oder retiriren. Dadurch wird eine gewisse Ein-
heit in die Bewegungen des zur Zeit engagirten Heer-
körpers gebracht. Jeder Armee folgen eine Anzahl
Fetischpriester; sie sind die Feldgeistlichen dieses Volks
von Halbbarbaren; dieselben reissen einigen Feinden
das Herz aus und bereiten unter vielerlei Zauberkram
namentlich mit geweihten Kräutern für diejenigen,
welche noch niemals einen Feind getödtet hatten, eine
Speise aus der scheusslichen Trophäe. Damit sucht
man die Geister der getödteten Gegner zu versöhnen.
Der König und seine Grossen sollen das Herz eines
berühmten Feindes unter sich theilen; sie tragen aber
lUusIiche Einrichtungen u. t. w. der Afrikaner. 275
die kleinern Knochen und Zähne erlegter Fürsten mit
sich. Wie in Dahome, werden die Kriegstrommeln mit
den Oberschädeln und den Unterkiefern der besiegten
Feinde verziert. Kehrt ein B^eldherr siegreich aus dem
Kriege zurück, so wartet er zwei Tage lang vor der
Hauptstadt, um den Gruss des Königs und damit die
Krlaubniss zu erhalten, seinen festlichen Einzug be-
werkstelligen zu dürfen. Berühmten Feldherren gab
man früher Beinamen je nach der (stets bestialischen)
Art und Weise, in welcher sie die von ihnen gemachten
Kriegsgefangenen abzuschlachten pflegten. Es erinnert
das an die in den alten verhültnissmässig so hoch civili-
sirten assyrischen Staaten beliebt gewesenen Proceduren.
In unsern Tagen scheint übrigens die Sitte der Aschantis
nach der Richtung hin eine nicht ganz unwesentliche
Milderung erfahren zu haben. Wie man mir sagte, ist
solcher Umschwung einigen in Europa erzogenen Aschanti-
prinzen und dem Einfluss der maurisch- islamitischen
Missionare (S. 207) zuzuschreiben.
Ein Aschantiheer führt übrigens auf dem Marsche
nur den jedem Einzelnen zugetheilten Vorrath an Sor-
ghum- und Maismehl mit sich, welches Product mit dem
ersten besten Wasser vermischt, gegessen wird; neben-
bei kaut man die sehr analeptische Kola- oder
Gurunuss. Ein ähnliches Beispiel von Enthaltsam-
keit findet sich bei nicht wenigen nigritischen Stämmen,
denen der Krieg noch eine Lust ist. Kochfeuer dürfen
im Felde principiell nicht angezündet werden, um da-
durch nicht etwa den Feind anzuziehen. Jedes Heer
wird auch von einer Anzahl noch junger Krieger be-
gleitet, denen die Tödtung und Plünderung der nur
verwundeten Feinde obliegt. Es erinnert das sehr an
ähnliche Einrichtungen im Heerwesen der Djagga, A-
Bantu und anderer nigritischer Stämme.
Wenn die Kimbunda ins Feld rücken, so werden
dazu nicht nur das stehende Heer, die sogenannten
Elefantensöhne oder Mukan Djamba, welche sonst
(ähnlich den Zulu) um ihren Soba her in dessen Palis-
18*
276 Drittes Buch.
sade leben, sondern auch die Milizen aufgeboten.
Die Elefantensöhne rekrutiren sich aus unruhigen, des-
peraten Elementen des eigenen Landes und aus aus-
ländischen Flüchtlingen. Die Soldaten hier dienen ohne
Sold und ohne Kleider, erhalten aber die Hälfte der
Kriegsbeute; sie befinden sich daher fortwährend auf
Raubzügen. Ihre Waffen bestehen in langen Flinten,
Assagaien, Dolchen und kurzen Holzkeulen; letztere,
die Hunyas, haben grosse Aehnlichkeit mit den Keulen
der A-Bantu. Ein solches Corps sucht seinesgleichen
an wildem, wüstem Daraufgehen, Plündern, Sengen und
Brennen. Die Kimbundasoldaten zerfallen in Hoka zu
je 2 — 400 Mann; jede Hoka untersteht dem Commando
eines Soma-Katito oder Hauptmanns; über diesen steht
wieder der Soma-n'-ükan-Djamba oder Oberfeldherr,
der stets aus der Zahl der nächsten Verwandten des
Soba gewählt wird. Ihre Kriegszüge gegen die Nach-
barvölker, die sie nach Magyar nur in der trockenen
Jahreszeit unternehmen, bezwecken blos Raub und werden
unter irgendeinem beliebigen , meist schlechtgewählten
Vorwande eingeleitet. So z. B. wird ein Nachbarland
bezichtigt, durch Zauberei den Regen vertrieben, eine
Hungersnoth oder Epidemie veranlasst zu haben u. dgl.
Der Soba verkündet dann dem Adel seinen Entschluss
zum Kriege und fordert ihn auf, sich mit seinen Hoka
am Orte des Rendezvous bereitzuhalten. Freilich
leistet der Adel nicht immer Folge, besonders wo keine
beträchtliche Beute in Aussicht steht. In solchen Fällen
pflegt der Fürst gute Miene zum bösen Spiel zu machen
und die widerspenstigen Edelleute nicht zur Verant-
wortung zu ziehen. Haben sich die bewaffneten Scharen
an einem bestimmten Orte versammelt, so werden sie
in die Hoka eingetheilt; jede der letztern hat ihre
eigene Fahne (von gestreiftem Zeuge) und ihren Soma-
Katito. Mit grosser Schnelligkeit operirend, überfallen
sie den Feind unvermuthet und liefern, wo dieser
Widerstand leistet, ohne weiteres eine blutige Schlacht.
Nach erfochtenem Siege metzeln sie die Kinder und
Häusliche Einrichtungen \i. 9. w. der Afrikaner. 277
....... Leute nieder, die arbeitsluhigen Gelungenen kop-
peln sie zusammen und schleppen sie in die Sklave-
rei. Was irgend transportabel ist, wird geraubt, das
Uebrige verwüstet und verbrannt. Dann kehren sie
möglichst schnell in die Heimat zurück, weisen die
gemachte Beute dem Oberbefehlshaber vor und wenden
sich mit ihrem Antheil zu ihren Familien; hier wer-
den sie mit Lobpreisungen empfangen, dann gibt es
Schmausereien und andere Vergnügungen zu Ehren
der siegreichen Krieger und ist die gewonnene Beute
bald verprasst. Oftmals verheimlichen die einzelnen
Soldaten einen Theil der von ihnen gemachten Beute,
wiewol für ein solches Vergehen nicht nur der Schul-
dige, sondern selbst seine ganze Familie in die Sklaverei
geschleppt werden.
Das afrikanische Weib tritt, namentlich unter
Xigritierstämmen, häufig aus dem ihm von der Natur
angewiesenen Kreise seiner Wirksamkeit heraus und
nimmt an den Handlungen des öffentlichen Lebens einen
recht warmen Antheil. Abgesehen von Königinnen
und weiblichen Clans-Häuptlingen, die seit den Zeiten
des ägyptischen und äthiopischen Alterthums von sich
reden gemacht (ich erinnere nur an die grossen Pha-
raonenweiber und Pharaonentöchter, an die Candacen,
die Tem-Bana-Dumba, Anna Xinga u. s. w.), gibt es
auch viele sonst unbemerkt bleibende kri'egerische
Weiber, welche ihr Leben im Felde verbringen und
dem wilden afrikanischen Schlachtendienst mit Feuer-
eifer und Cynismus obliegen. Wer möchte nicht an
die Amazonentruppen der Könige von Dahome erinnert
werden, die, in Regimenter und Bataillone eingetheilt,
zu den gefahrlichsten Affairen eines selten rastenden
Eroberungskriegs benutzt werden. Meist aus Skla-
vinnen rekrutirt, zum Theil ältlich und verblüht, zum
Theil noch jung und anmuthig, mit Antilopenhörnern
und bunten Kappen, mit gestreiften Tunicas u. s. w.
herausgeputzt, mit langen Schiessprügeln von zum Theil
recht veralteter Form und mit Dolchen ausgerüstet.
278 Drittes Buch.
geben solche Amazonen an martialischer Aufgeregtheit
und an Blutdurst keiner männlichen Truppe jenes bar-
barischen Staats etwas nach. „Wir haben dir Atta-
pam vernichtet, gib uns auch Abbeokuta!" so kreisch-
ten 4ie Amazonen ihrem Gebieter Gezo zu, als sie von
dessen Anschlägen gegen die letztere aufblühende Han-
delsstadt vernommen hatten. Jedermann hat bereits ge-
sehen, wie diese Weibertruppen sich damals vor Abbeo-
kutas Wällen aufgeführt (S. 252).
Stanley fand auch den Kaiser Mtesa von Uganda
im Besitz seiner Amazonengarde. „Sie sind alle an-
muthig und braun, mit schönen jungfräulichen Busen.
Am auffälligsten erscheint uns aber die Wirkung der
Disciplin. Jene schüchternen und wachsamen Augen,
welche sie auf den Monarchen richten, um seinen leise-
sten Wunsch zu errathen, beweisen, dass sie, wie er-
geben sie ihm auch sein mögen, doch offenbar auch
noch bei andern Scenen, als bei denen der Liebe zu-
gegen gewesen sind."
Wenige Länder der Erde bieten so reiche Jagd-
gründe dar wie Afrika, die Heimat jener riesigen
Vertreter der Affen-, Katzen-, Wiederkäuer- und Dick-
häuterfamilien, der grossen Raub- und Laufvögel, Rep-
tilien u. 8. w. Auf den ausgedehnten Steppengebieten
und in den lichten Buschwäldern dieses Continentes
sammeln sich gewisse gesellige Säugethiere und Vögel
zu unermesslichen Scharen, welche je nach den Er-
fordernissen der Jahreszeit und des Nahrungsbedürf-
nisses weite gemeinschaftliche Wanderungen unterneh-
men. Noch bis in unsere Tage hinein waren es nament-
lich die prairieartigen Flächen des Capgebietes, auf de-
nen die Unsummen von beisammenlebenden Antilopen
der verschiedensten Arten, der gestreiften Einhufer,
der Strausse u. s. w. das Erstaunen unserer Reisenden
280 Drittes Buch.
und die Bewunderung der Leser ihrer Beschreibungen
erregt haben.
Als Prinz Alfred von England im Jahre 1860 das
Capland bereiste, veranstalteten die dortigen Boers ihm
zu Ehren am 24. August desselben Jahres ein Kesseltreiben^
bei welchem ein ganzer Kafferstamm die Treiber und
Schützen abgab und wol gegen 20 — 30,000 Antilopen
zusammengetrieben wurden. Jetzt dürfte" es dort mit
den schönen Jagdzeiten vorüber sein und es muss
jemand schon weit in die Kalihari und darüber hinaus
nördlich nach den zwischen 24 nnd 17^ südl. Br. befind-
lichen Ländern hineinreisen, um grössere Antilopenrudel
beieinander zu sehen. Indessen bieten verschiedene
Gegenden Afrikas noch so manche unentweihte, reiche
Jagdgründe dar.
Unter den Pharaonen wurde die Jagd bereits als
noble Passion betrieben. Die Bildwerke der Retu
sind voller anziehender und recht deutlich erkennbarer
Jagdscenen; so sieht man z. B, zu Theben eine Jagd-
darstellung, wo Mohorrantilopen (Antilope dama)^ Ga-
zellen (Ant. dorcas), Sömmerringsantilopen (Ant. Soem-
meringü)^ Difasas (Ant. defassa), Säbelantilopen (Ant.
leucoryx)^ Steinböcke (Ihex sinaiticiis) , Hasen (Lepus
acgyptiacus)^ Igel (Erlnaceus aetlüopiciis) u. s. w., Scha-
kale, gestreifte Hyänen (darunter Weibchen mit Jungen)
und Strausse abgebildet sind. Auch Wasserjagden,
wobei der noch jetzt in Nubien übliche Wurfstock gegen
harmloses Wad- und Schwimmgevögel lebhaft in Ge-
brauch gesetzt wurde, waren sehr beliebt. Selbst Fluss-
pferde jagte man damals noch im ägyptischen Nil, wo
sie schon seit Jahrhunderten nicht mehr anzutreffen
sind.
In Aegypten und im Magreb der Khalifenzeit
hatte sich von Persien und Kleinasien her eine andere
Art Sport eingebürgert, nämlioh die Falkenbeize,
der noch jetzt einige Grosse, namentlich der intelli-
gente und liebenswürdige Prinz Halim-Pascha, mit Er-
folg obliegen. Man richtete hier wol seit alters den
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 2f<\
hauptsächlich aus Westasien herübergebrachten (in
Aegypten seltenen) Sakr-el-hor (Falco tanf/ptcrus)^ den
'^' ' ^;ihini (K sacer) und den Wanderfalken (F.
($) ab. Man beizt hier mit den Falken Ga-
zellen, Hasen und Gevögel; selten und nur in Erman-
trehinir eines Bessern, etwa nach Art resignirter Sonn-
r, lässt man die Falken auf Ichneumonen oder
:r|.. ...»;.. äsen stossen.
Im ägyptischen Delta und im Magreb jagt man noch
das Wildschwein, in verschiedenen Districten der Ber-
berei, in Cyrenaica, Konstantine u. s. w. jagt man noch
den Löwen, den Panther, die Hyäne und den Wolfs-
bund (Cauis lupaster^ Antims). Hier erblüht noch die
heroisch-poetische Seite des Jagdvergnügens. Männer
wie J. Gerard, K. Zill, E. Tissot u. s. w. sind keineswegs
ausgestorben.
Einen grossen Wildreichthum birgt Abyssinien sowol
in seinen tiefer gelegenen buschreichen Savannen (Kolla),
als in dem Mittelgebirge (Woena-Dega) und im Hoch-
gebirge (Dega). Während hier Heerden mächtig grosser
Tscheiada- und Hamadryas-Paviane an den abschüssigen
Felswänden der Hochpics umherklettern, wühlt das
Hasama- oder Larvenschwein in den abgefallenen Laub-
schichten der wilden Banane (S. 128), wogegen grosse
Antilopen, wie der Agazien (Antilope cuflu), die Difasa
(S. 280) und das Besä (Ant. Bcisa), der Gösch oder
Büflfel (Bos caffcr), das Auraris oder Nashorn und der
Elefant in der Kolla weiden. Leider ist der Abyssinier
im allgemeinen kein Jäger und auch selten finden sich
in dem weiten Lande einzelne kühne, namentlich dem
Agauvolke entsprossene Leute, welche mit ihrem schwe-
ren Luntengewehr den Königen der Wälder mit Erfolg
auflauem.
Grossartige Jagdgründe eröffnen sich noch immer
im Gebiete des obern Atbara und seiner Zuflüsse, in
den um die Berge der Fundj hergelegenen und in den
sich zwischen Kordofan und Dar-Fur erstreckenden
(Kadzia-)Steppen. Hier sind es neben Tekarine und'
282 Drittes Buch.
Fundje besonders Bedja, welche der Jagd obliegen.
Unter den Homran und Bagara gibt es immer eine
Anzahl Agagir, d. h. die „Schwertjäger" S. W. Baker's
repräsentirender Leute. Diese desperaten Kerle sind
beflissen, den Elefanten, das Rhinoceros und den Büffel
mit ihrem langen Sudanschwert (S. 119) anzugreifen.
Sie gebrauchen letztere wuchtige Hiebwaffe entweder
einhändig vom Rücken des Pferdes oder Dromedars
herunter oder zweihändig und dann zu Fuss. Im letz-
tern Falle bewickeln sie den unterhalb der Parir-
stange befindlichen Theil der Klinge mit Zeug oder
mit Leder, nehmen das Heft in die linke, den um-
wickelten Theil der Klinge in die rechte Hand und
vollführen so ihre Streiche mit dem freien scharfge-
schliffenen und wohlgefetteten Klingentheil. Gewöhn-
lich gehen mehrere Agagir zugleich auf die Jagd; sie
setzen sich entweder nackt oder nur in den Hüften
mit der immerhin etwas unbequemen Ferdah (S. 107)
umgürtet, auf das blanke oder gesattelte Pferd. Han-
delt es sich um die Jagd eines Elefanten, so wird dieser
von einem der Reiter durch Zuruf und Geberden zur
Wuth gereizt und begibt sich auf die Verfolgung des
Feindes; die übrigen Reiter halten dem Koloss dicht
nach; mitten im tollen Laufe springt einer der Agagir
vom Pferde und schlägt dem Elefanten mit seinem
Schwerte die Achillessehne durch. Nicht häufig bedarf
es widerholter Hiebe auf die erwähnte sehr empfind-
liche Stelle. Das also verwundete Thier kann bald
nicht weiter vom Fleck und wird alsdann ohne Schwie-
rigkeit getödtet. Die Agagir der Bagara bedienen sich
selten des Schwertes, sondern öfter einer Lanze mit langer
breiter Spitze, die einer der abgesessenen Reiter dem
in erwähnter Weise attakirten Elefanten in den zwischen
Geschlechtstheil und Afteröffnung befindlichen, ziemlich
hohen und von weicherer Haut bedeckten Raum ein-
stösst. Dass es bei so tollkühnen Jagden öfters nicht
ohne Unglücksfälle für die Agagir abgeht, lässt sich
wol begreifen.
H&08liche Einrichtungen u. 8. w. der Afrikaner. 283
Der vorzügliche Botaniker und Reisende Th. Kotscliy,
hat in seinen hinterlassenen Tagebüchern mit lebhafter
Farbe die grossen Jagden geschildert, welche alljährlicli
in den S. 280 erwähnten Kadzinsteppen stattfinden.
Koch vor, sowie gleich nach der Regenzeit machen die
dort wohnenden Nomadenstämme je eine grosse Treib-
jagd und zwar auf einem zwei bis drei Tagereisen weit
sich erstreckenden Terrain. Alle Kamele, Pferde und
Ochsen werden bestiegen und mit Wasserschläuchen be-
laden. Die ganze MenscUenmasse beginnt nun das
Wild zusammenzutreiben, welches nach dem Orte des
Verderbens weichen muss; in einem Thale werden über
zehn Stunden weit Schlingen gelegt und die Zwischen-
räume mit Holz verkleidet, dass die Thiere nur durch
einzelne leere Gassen entwischen können. Auf der
Seite, hinter dem Thale, reiten Beduinen zu Pferde und
tödten die gefangenen Thiere, bevor diese Zeit bekom-
men, die Schlingen zu durchreissen. Am letzten Tage
wird der Jubel am tollsten; dann wird oft die Hälfte
der Schlingen von den grössern Thieren fortgeschleppt,
manchmal selbst entkommen dieselben noch; häufig
springen aber auch die Reiter hinterher, stossen den
Opfern ihre Speere in die Seiten oder zerechlagen ihnen
mit dem Schwerte die Hinterfüsse (s. oben). Die Re-
gierung ist davon unterrichtet, dass da oft an einem
einzigen Tage über 300 Stück zusammengeschlachtet
werden. Die Nomaden bezahlen dann auch ihre Steuern
an die Aegypter mit grossen Schläuchen aus Antilopen-
haut. In Kairo und Alexandria sind alle jene riesigen
Ledersäcke, deren ein Kamel nur zwei zu tragen ver-
mag, aus jener Gegend; sie sind theils durch Kaufleute,
theils durch die Regierung von dorther gebracht wor-
den. Die in der Kadzia getödteten Thiere sind haupt-
sächlich Säbel-, Kudu-, Besä-, Addax-, Mohorr- und
Kuhantilopen, Buschböcke, Rothböcke, Gazellen und
Büffel. Schekh Ismail und der Bei in El-Obed
(Kordofan) bestätigten die Angaben Kotschy's unter
Vorzeigung ungeheuerer, durch die Nomaden der
284 Drittes Buch.
dortigen Gegend eingelieferter Vorräthe von Schläu-
chen.'*^
In ähnlicher Weise wird die Jagd bei den Abu-Rof,
Fundj u. s. w. betrieben. Manche grössern Arten, wie
Öreas, Oryx^ Damalis ^ Kohus und Acgoceros wehren
sich übrigens, verwundet und in die Enge getrieben,
ganz verzweifelt.
Die Bedjanomaden benutzen zur Jagd auf kleinere
Antilopen auch Schlingen, welche nach Rueppell auf
folgende Avi bereitet werden: ein acht Zoll grosses
kreisförmiges Geflecht mit durchlöcherter Mitte und
halbsteifen convergirenden Rippen verbirgt man in
nambarer Anzahl über spanntiefe Sandgruben, da
wo die Gazellen ihren gewöhnlichen Pfad haben; eine
Strickschlinge mit daran befestigtem dicken Knüppel
liegt darüber; tritt das sorglos einhergehende Thier
auf eins der Geflechte, so befestigen selbige die halb-
steifen Rippen an dem einsinkenden Fuss, und beim
Aufheben zieht sich die darüberliegende Schleife der
Schlinge zu; das davoneilende erschrockene Thier zer-
schlägt sich mit dem Knüppel selbst die Beine und
wird nun von den Hunden ereilt. Letztere, welche
auch zur Jagd auf Hasen, Mouflons (Ovis tragelaphns)^
Stachelschweine, Aö'en und Antilopen benutzt, gehören
der schon bei den alten Aegyptern beliebt gewesenen,
grossen (oft sehr schönen) Windspielrasse an, welche
häuflg steif emporgerichtete Ohren und einen nach oben
eingerollten Schwanz zeigt. Auch die Berbern Nord-
afrikas benutzen den Windhund — Slughi — unter
welchen es prachtvoll gestaltete Exemplare und aus-
gezeichnete Solofänger gibt.
In Nubien existirt eine Art Jägerkaste, im Ber-
berinischen Hauauit genannt, die wie die abyssinischen
Woeto, hauptsächlich der Flusspferd- und Krokodiljagd
obliegen. Früher, als im nubischen Nil die Flusspferde
(llippopotamns amplnhins) noch häufiger waren, hatte
die Kaste noch mehr Bedeutung als jetzt; indessen
wird die von jener ausgeübte Fangmethode noch zur
'' asiuin' iMiincutuiigrii u. ^. \n. iut Ali main-r, 2^^i)
Zeit 111 Seniiar und in Tnka befolgt. Man bedient sicli
einer Harpune, deren Spitze, spatelförniig und haar-
scharf, auch mit Widerhaken verschen ist; diese Spitze
ist iu einen llolzschaft eingefügt und durch einen Leder-
strick mit dem langen Leitseile verbunden. An Jetzterui
hängt ein Klotz von leichtschwiramendem Ambatchholze
(Jlcimhiiera daphroxylon). Man wirft die Harpune
von Kähnen oder von Uferklippen und Uferbiinken aus
auf das Thier; der Schaft fällt von der Spitze ab, wenn
diese in das erschreckt in die Weite eilende Ungeheuer
eingedi'ungen ist. Der Schwimmklotz deutet die Stelle
an, wo sich das Flusspferd in den Fluten verborgen
hält; das Seil wird angezogen, neue Harpunen werden
geschleudert. Oft kostet es dem wüthend gewordenen
Geschöpfe gegenüber einen heissen Kampf, ehe es end-
lich gelingt, diesem mit einer Lanze das Rückenmark
zu durchstechen. Ist ein Elefant, ein Nashorn oder
Flusspferd erlegt worden, so verlässt den sonst so
massigen Bedja seine Natur; alt und jung eilen herbei,
um den Cadaver zu zertheilen und dessen Fleisch, oft
nur ganz oder halb roh, zu verzehren. Wie hungerige
Wölfe schneiden und schinden die Leute an dem Körper
herum und lassen nach kürzester Zeit kaum eine Spur
von seiner Muskulatur übrig.
Die Nigritier benutzen als Jagdwaffen ausser dem
Feuergewehr den Bogen und die Lanze, seltener, so
z. B. die Banyay, die langgeschäftete Streitaxt; letztere
wird dann in ähnlicher Weise benutzt, wie das Schwert
von den Agagir. In gewissen Districten Guineas, bei
den Niam-Niam und Manyema blüht die Gorilla- und
Chimpansejagd. Da wo in Guinea, am Ogowe und in
Mayombe der Gorilla und manche Varietäten des Chim-
panse vorkommen, wird ihnen von nigritischen Jägern,
namentlich Schekiani, arg zugesetzt, schon um die vielen
Nachfragen der europäischen Naturalienhiindler und
Thiergartendirectoren zu befriedigen; man schiesst die
Thiere mit Musketen. So stark diese Bestien auch sind
und so verzweifelt sie sich, in die Eng^ getrieben,
286 Drittes Buch.
auch wehren können, so halten sie doch meist einem be-
herzten Angriffe gegenüber nicht stand. Die Wildheit und
Kraft des Gorilla sind beträchtlich und dennoch von
dem bekannten Abenteurer Du Chaillu sehr übertrieben
worden. Die Niam-Niam fangen den Mandjaruma
(Schweinfurth's Varietät des Chimpanse) in den Bäumen
mit Netzen und Lanzen; sie tödten ihn aus Jagdlust
und seines Fleisches wegen. Aehnlich verfährt man
in Manyema dem Soko gegenüber, wol auch nur eine
Abart des Chimpanse.
Antilopen, Giraffen, Büffel, Elefanten und Nashörner
fängt der Nigritier in bedeckten Gruben, an deren
Boden auch wol spitze Pfähle angebracht sind, auf
denen sich die herunterfallenden Thiere spiessen. Zu-
weilen gehen auch Löwen, Hyänen und andere Raub-
thiere in diese Gruben hinein; sie werden dann, wenn
jung und weiter nicht verletzt, lebend herausgezerrt
oder von oben her mit Lanzen u. s. w. getödtet.
In den Kimbundaländern finden wie bei den Niam-
Niam und andern Völkern des Herzens von Afrika,
in den trockenen Monaten, wenn das Gras verdorrt ist,
und leicht verbrannt werden kann, grosse Jagden statt.
Die Bewohner mehrerer Ortschaften versammeln sich
zum bestimmten Jagdtage mit Gewehren und Bogen;
dann wird im Walde das dürre Gras angezündet und
es gibt nunmehr einen heftigen Brand. Der ganze heim-
gesuchte Raum wird von Jägern umstellt, die nun das
erschreckte und vor dem Feuer flüchtende Wild zu
Hunderten niederschiessen; dabei kommt es aber vor,
dass die in dem Feuerkreise eingeschlossenen grössern
Raubthiere, wie Löwen und Leoparden, beim Durch-
brechen in ihrem Schreck und in ihrer Wuth die Jäger
zerfleischen.
Zu andern malen errichten die Jagdmeister oder
Wakongo einen klafterhohen Zaun, ein Mundeo; in
diesem sind in engen Abständen Oeffnungen und an
diesen sind wieder Fallen angebracht. Letztere sind
in folgender Weise eingerichtet: An einem gerade
UHH l\,l
1. s. Nv. der Afrikaner. 287
1 Baume wird in geneigter Richtung ein grosses,
Holzstück angelehnt und mittels eines höl-
zeiuea Zapfens befestigt, an welchem eine dünne Leine
angebracht ist, die in der Quere über die Oeffnung
des Zauns gezogen wird. Geht nun ein Thier durch
diese Oeffnung hindurch, so stösst es an die Leine,
zieht diese straff, der Zapfen geht heraus und der
herabfallende Klotz erschlägt das Thier. Es erinnert
diese Fangmethode an die nach Prinz Max von Neu-
wied bei den ostbrasilianischen Flüssen (z. B. am Jequi-
tinhonha, Paranahyba u. s. w.) üblichen Mundeos. Viel-
leicht sind letztere durch die Portugiesen und deren
schwarze Sklaven nach Brasilien verpflanzt worden.
Die Flusspferde werden in der ganzen Südhälfte
Afrikas in Fallgruben gefangen oder durch Wurf- und
durch Fallharpunen getödtet. Letztere beruhen etwa
auf dem Princip der Mundeos, nur dass bei ihnen das
Fallholz nicht stumpf, sondern mit einer womöglich
noch vergifteten Lanzenspitze versehen ist.
Eine grossartige Fanganlage für Säugethiere be-
schreibt Livingstone bei den zu den Betchuana ge-
hörenden Bakuena; es ist das des Hopo. Derselbe
besteht aus zwei Verhauen oder Hecken in Gestalt des
Buchstabens V, welche in der Nähe des Winkels sehr
hoch und dicht sind; anstatt dass aber beide Hecken
im Winkel zusammenstossen, sind sie so angelegt, dass
sie eine schmale Gasse von etwa fünfzig Armlängen
bilden, an deren Ende eine Grube von 6 — 8 Fuss Tiefe
und 12 — 15 Fuss Breite und Länge angebracht ist.
Ueber die Ränder der Grube sind Baumstämme gelegt,
besonders über den Rand zunächst der Stelle, wo die
gehetzten Thiere in das Loch hinunterspringen sollen
und auf der gegenüberliegenden Seite, über welche sie,
wie man voraussetzt, versuchen werden zu entkommen,
wenn sie hinuntergefallen sind; die Stämme hängen so
lose über den Rand, dass sie das Entkommen beinahe
unmöglich machen. Das Ganze ist sorgfältig mit kurzen,
grünen Binsen bedeckt, wodurch die Vertiefung einer
288 Drittes Buch.
versteckten Fallgrube ähnlich wird. Da die Hecken
gewöhnlich ungefähr eine (englische) Meile lang sind
und an ihren Enden etwa ebenso weit voneinander ab-
stehen, so kann ein Stamm, der um die Grube herum
einen Kreis von 3 — 4 Meilen bildet und nach und
nach näher zusammenrückt, daraufrechnen, eine grosse
Menge Wild (Büffel, Zebras, Giraffen, Halbmond-, Har-
tebeest-, Schwarzfussantilopen, Gnus, Nashörner u. s. w.)
einzuschliessen. Dies wird dann unter Geschrei nach
dem engen Theile des Hopo getrieben, die dort ver-
steckten Männer schleudern ihre Wurfspeere unter die
bestürzten Rudel hinein, die erschreckten Thiere rennen
immer weiter bis zu der Oeffnung, die sich am Ende
der zusammenlaufenden Hecken befindet, und stürzen
in die Grube, die sich bis zum Rande füllt und einem
lebenden Knäuel ähnlich zu sein scheint. Manche ent-
kommen, indem sie über die andern hinwegspringen.
Es ist ein grässlicher Anblick: die Männer, vor Auf-
regung wild, stossen mit wahnwitzigem Vergnügen die
lieblichen Thiere nieder, andere von diesen armen Ge-
schöpfen, vom Gewicht ihrer todten und sterbenden
Leidensgefährten zu Boden gedrückt, müssen ersticken,
und oft gewahrt man, wie bei ihren letzten Versuchen,
sich aufzuraffen, die ganze Masse auf und nieder-
wogt.
Auch die Vogelwelt, welche in Afrika durch so
zahlreiche, in Gestaltung, Befiederung und Lebensweise
80 merkwürdige Arten vertreten ist, liefert den Ein-
geborenen des Welttheils eine ausgesuchte Jagdbeute.
Namentlich sind es die vielen Arten der Wildtauben,
der Stein-, Francolin- und Perlhühner, der TrajDpen,
Gänse und Enten, welche Gegenstand eines emsigen
Jagdbetriebes werden. Dem Strauss wird natürlich
überall nachgestellt; denn die stets einen edeln, male-
rischen Schmuck bildenden Federn dieses Riesenvogels
sind für alle Culturepochen, seit den Pharaonenzeiten
durch die Periode des mittelalterlichen Ritterthums und
der Renaissance hindurch noch bis auf den heutigen
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 289
Tag beliebt geblieben. In Nord- und Ostafrika wird
der Straiiss zu Pferde oder zu Dromedar gehetzt und,
wenn ermüdet, mit dem Stock erschlagen. Die Danakil
suchen das Thier zu Fuss auf, locken dasselbe durch
Schalmeienmusik und erschiessen es mit vergifteten
Pfeilen. Die Wanderobo und andere Ostafrikaner
stecken an den Legeplätzen dieser Vögel vergiftete
Pfeile mit den Spitzen nach oben zwischen die Eier
und bedecken sie lose mit Sand. Die Strausse (es
brüten abwechselnd Männeben und Weibchen) verletzen
sich und sterben nach wenigen Zuckungen. Die Busch-
männer, überaus geschickte und muthige Jäger wie
auch Fallensteller, werfen eine mit den Federn prä-
parirte Haut des Vogels über den Kopf, ahmen dessen
Bewegungen nach, machen die neugierigen Strausse
sicher und schiessen sie ebenfalls mit vergifteten
Pfeilen nieder. Krokodile werden harpunirt, grosse
Warneidechsen werden zum Theil mit Hunden gespürt,
Riesenschlangen werden todtgeschlagen. Man verzehrt
das Fleisch der Krokodile und Warner, benutzt den
Moschus der erstem als Parfüm, von den Schlangen
das Fett, die Haut u. s. w.
Die Fischerei ist in vielen Gegenden Afrikas zu
Hause. In einzelnen Ländern, z. B. in Abyssinien, sucht
man die Fische durch ins Wasser gebrachte (vegetabi-
lische) Gifte zu betäuben, um sie alsdann mit Bequem-
lichkeit einheimsen zu können. Das Fleisch der Thiere
wird durch einen solchen Betäubungsprocess nicht giftig
oder anderswie ungeniessbar gemacht. Bekanntlich ist
diese Fangmethode auch in den Guyanas, in Brasilien,
in Peru sowie in noch andern Erdgegenden üblich.
Uebrigens werden die Fische, unter denen namentlich
die verschiedenen Welsarten grosse, zum Theil selbst
mächtige Exemplare liefern, mit Angeln, Netzen, Reusen
gefangen, sie werden, so z. B. am Weissen Nil, vom
Floss oder Boot aus harpunirt u. s. w. Viele sehr rohe,
Habtxaitv. 19
2<J0 Drittes Buch.
auch in grosser Dürftigkeit lebende Afrikaner, wie die
Doko, Abongo, Buschmänner u. s. w., stellen selbst
Thieren nach, die schon auf S. 146 aufgeführt worden
und nicht mehr als Objecto eines Jagdbetriebs auf-
ijefasst werden können.
13. Sklaverei.
Die Sklaverei, bekanntlich eine uralte Einrichtung,
wurde ursprünglich auf Kriegsgefangene ausgedehnt.
Hierzu kam der Selbstverkauf aus Verschuldung oder
auch augenblicklicher Lebensnoth. Der Verkauf von
Kindern oder von sonstigen Angehörigen durch die
Aeltern oder durch Verwandte andern Grades, sowie
durch die Regierenden oder durch mächtige, auch an-
dern Lebensstellungen angehörende Personen bildet nur
eine weitere Entwickelungsform dieser den Menschen zu
einem willen- und rechtlosen Gegenstande herabwür-
digenden Einrichtung. Afrika war, soweit die ältesten
Documente der Pharaonenzeit reichen, vor andern von
jeher das Land der Sklaverei. Wie ich bereits früher
andeutete, halte ich dies Buch nicht für den Ort, um
darin über die so viel besprochene Angelegenheit des
Sklavenhandels von neuem eine Discussion zu er-
öfifnen. Ich beabsichtige hier nur, die auf die Skla-
verei bezüglichen öffentlichen und Privatverhältnisse
in einigen Gebieten des schwarzen Continents einer
kurzen Betrachtung zu unterwerfen.
Der Islam gestattet die Sklaverei. Im moham-
medanischen Aegypten starrt alles von weissen, abyssi-
nischen und schwarzen Sklaven. Es gab noch bis vor
kurzem eine Zeit, in welcher die Märkte voll waren
von weissen Mädchen (Garieh-Beda), abyssinischen Mäd-
chen (Garieh-IIabeschieh) und schwarzen Mädchen (Ga-
neh-Sudeh). Erstere kamen aus den Kaukasusländern,
die abyssinischen aus den amharischen, Gala- und Sö-
dama-Gebieten, die schwarzen aus ganz Mittel- und
näusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 21)1
Ostsudan. i'..- .. v .m solcher Waare auch jetzt noch
nicht gänzlich fehlt, haben wir schon früher (S. 170J
A iesen. E. W. Lane erzählt, dass oft junge
.^che Mädchen als aus fernen Ländern her-
stamuiendo Sklavinnen verkauft würden, entweder von
ihren Aeltern oder von andern Anverwandten. Solche
Mädchen würden mit ihrer eigenen Zustimmung ver-
handelt, indem man ihnen vorspiegele, dass reiche Klei-
der und grosse Pracht ihrer warteten. Man gibt ihnen
auf, zu sagen, dass sie im frühen Lebensalter von drei
bis vier Jahren aus ihrer Heimat fortgeführt seien uud
dass sie ihre Landessprache vergessen hätten, daher
nur noch arabisch reden könnten. Bei der im
allgemeinen sehr ausgeprägten physischen Aelmlichkeit
zwischen den Fellachmädchen und den Bewohnerinnen der
abyssinischen wie der Galaprovinzen ist ein solcher
Betrug wohl ausführbar. Ich glaube getrost versichern
zu können, dass es selbst einem tüchtigen Kenner
der afrikanischen Menschenwelt schwer werden dürfte,
nach reiner Autopsie des Aeusserlichen ein dunkles
Feilächmädchen von einer jungem Gala oder Södama
zu unterscheiden. Der Sklave des Mohammedaners muss
den Islam annehmen. Aus solchen Leuten sind oftmals
recht fanatische und erfolgreiche Vorkämpfer der Reli-
gion des Propheten hervorgegangen. Mit Hülfe bi-
goter und kriegerischer Sklaven haben die Khalifen
sicherlich mehr ausgerichtet, als mit ihrer kampfes-
scheuen, stammverwandten Gesellschaft aus Syrien, Ned-
sched u. dgl. Die Guss oder Mamlukken, welche so
lange die Zügel der Regierung des Nilthals in Händen
gehabt, waren bekanntlich ehemalige weisse Sklaven
und dabei recht fanatische Gläubige. Selbst die be-
rüchtigte osmanische Kriegerkaste der Yasaki oder
Janitscharen bestand ja ursprünglich aus Christensklaven
und gewaltsam rekrutirten Kindern der Raja oder christ-
lichen Unterthanen der Pforte. Was diese wüsten, aber
tapfern Truppen in islamitischem Fanatismus geleistet
haben, erzählt uns die Weltgeschichte.
19*
292 Drittes Buch.
In mohammedanischen Ländern wird der Sklave im
allgemeinen gut gehalten. Er fühlt sich häufig voll-
kommen als Kind im Hause, erlaubt sich mancherlei
Freiheiten und sieht mit Geringschätzung auf die gemie-
theten Diener herab. Selbst der dürftige Bedja hält seine
Sklaven, denen er Feldbestellung und Hirtendienst zu-
muthet, während er selbst lieber den Krieg und die
Jagd pflegt, im allgemeinen gut.
Bekanntlich haben unter den Mohammedanern die
Unsitte der Vielweiberei, die ganze Haremswirthschaft
und der Cynismus der geschlechtlichen Leidenschaft
Veranlassung zur Anfertigung und zum Verkaufe der
Eunuchen gegeben. Diese bedauernswerthen Unwesen
stehen in manchen mohammedanisch-afrikanischen Staa-
ten in gutem Ansehen, erlangen Aemter und Würden
— sie werden zuweilen die absoluten Stützen der Re-
gierenden. So verabscheuungswürdig die ganze Ein-
richtung nun auch erscheint, so wenig wir gesonnen
sind, von selten jener misgestalteten , oftmals sehr lau-
nischen und unliebsamen Halbmänner hervorragend
Gutes zu erwarten, so müssen wir dennoch anerkennen,
dass aus den Reihen der in mittelafrikanischen Län-
dern thätig gewesenen Eunuchen auch einige wirklich
tüchtige, selbst im Kriegsdienste erprobte Männer, wie
z. B. der Besiegte von Bara, der tapfere Misallim-el-
Machdura, hervorgegangen sind.
Bei den Nigritiern Ost- und Centralafrikas ist der
Sklave theils Handelsgut, theils wird er hier zu häus-
lichen Zwecken benutzt. Keineswegs selten verfällt er
dem Menschenopfer oder gar dem rohen Gelüste der
Menschenfresserei. Im allgemeinen ist auch hier die
Behandlung der einmal in einer Familie heimisch ge-
wordenen Sklaven keine böse. Selbst bei rohen Heiden
nehmen letztere häufig die Stellung von wohl gelittenen
Familiengliedern ein; ihr Stolz bläht sich auch hier
ebenso wol auf wie unter den Mohammedanern. Eine
Ausnahme machen, wie bei den Bekennern der letztge-
nannten Religion, die Pagazi oder Träger, welche in
ii lusijclic Liunchtungen u. s. w. der Afrikaner. 293
Krmani?eliing von Lastthieren den Waarentransport in
Innerat'rika besorgen. Diese Leute müssen, unter der
Fuchtel hab- und beutegieriger Herren stehend, häufig
genug die furchtbarsten Strapazen aushalten und er-
Hegen dabei nicht selten, namentlich in Fällen des
Marodewerdens, der allergrausamsten Behandlung.
Aehnlich ist das Verhältniss der Sklaven in den heid-
nischen Staaten der Guinealänder. Man begegnet hier
wie überall in Afrika vielen Zügen von gutmüthiger
Rücksichtnahme des Herrn auf seine Sklaven. Die
Wolof oder Jolof überweisen einem ihrer Sklaven (oder
einem armen Freien) allabendlich denjenigen Antheil
des Spätmahls, welcher symbolisch für einen vor kur-
zem Verstorbenen bestimmt worden ist. Nicht ganz
selten verheirathet man einen würdigen Sklaven mit
der leiblichen Tochter oder mit einem andern weib-
lichen Familiengliede. Das Emporkommen von Sklaven
zur Häuptlings- oder Fürstenwürde bildet keinen unge-
wöhnlichen Fall. Bei grausamer und willkürlicher Be-
handlung ist es in mehrern guineensischen Ländern den
Sklaven gestattet, sich einem andern Herrn zu über-
antworten. Sie können eine gewisse Zeit für ihre eigene
Tasche arbeiten, und die ihnen für Vernachlässigungen
u. s. w. zudictirten Strafen sind meist nur milde. Bei
schwerem Vergehungen werden sie öfter verkauft als
getödtet. Ermordung von Sklaven zieht zuweilen ähn-
liche Folgen nach sich, wie diejenige von Freien.
Manche Freigewordene hängen noch dergestalt an ihrer
frühern Herrschaft, dass sie mit letzterer ein freund-
schaftliches Verhältniss unterhalten, die Frauen und
sogar Kinder aus ihrem Erwerbe beschenken und mit
letzterm zur Hand gehen, wenn einmal in der alten
Herrschaft die Noth einreisst. Auch kommt es vor, dass
Sklaven sich für ihre Herren freiwillig opfern.
Andererseits fordern hier die bei jeder Gelegenheit
(namentlich aber in Aschanti und Dahome) stattfinden-
den mit dem Aberglauben verbundenen Menschenschläch-
tereien den blutigen Tod vieler Sklaven. Da erfinden
294 Drittes Buch.
dann die natürliche Blutgier und Rohheit des Halbbar-
baren raffinirte Qualen.
In den so interessanten, von Magyar besuchten und
von diesem Reisenden in so meisterhafter Weise ge-
schilderten Kimbundaländern sind die Dongo oder Skla-
ven das unbeschränkte Eigenthura ihrer Herren. Sie
leben im Unterschiede von den Fuka oder Hafuka,
welche als Pfänder das Eigenthum ihrer Gläubiger nur
bis zu ihrer Auslösung bilden. Als Dongo, die sehr
zahlreich vorkommen, finden sich nicht allein kriegs-
gefangene und gekaufte Aus-, sondern auch viele In-
länder. „Denn bei diesen habgierigen, neidischen und
in ewigen Streitigkeiten miteinander lebenden Völkern
gilt das geringste Vergehen, selbst nur ein unbedacht-
sam ausgesprochenes Wort, welches ihren dummen Ge-
bräuchen zuwiderläuft, als Kesila- Verbrechen, und weil
es kein geschriebenes Gesetz gibt, das Gewohnheits-
recht aber von den Mächtigern nach Willkür und in
den meisten Fällen zum Nachtheil der Schwächern ge-
deutet und angewendet wird, und endlich weil zwischen
der Grösse des Vergehens und der Strafe kein gehöriges
Verhältniss stattfindet, die Strafe aber immer in einer
drückenden Geldsühne besteht. Deshalb dürfen wir
uns nicht wundern, dass beinahe die Hälfte der Nation
als Sklave der andern Hälfte verkauft wird. Zum Glück
ist der Zustand der Sklaven durchaus nicht schrecklich.
Die Herren üben eher eine väterliche als herrische Ge-
walt über ihre Sklaven aus, behandeln sie freundlich
und lassen ihnen genug Zeit, um auch ihre eigenen
häuslichen Geschäfte verrichten zu können. Ausserdem
heirathen die Sklaven stets freie Weiber, führen dem-
nach ein ziemlich bequemes Leben, und ihre Kinder
sind, als Eigenthum der Mutter, freie Leute. Die Skla-
vinnen aber sind meistens die Beischläferinnen ihrer
Herren und gehören als solche zu den Familienglie-
dorn."
Magyar beschreibt weiter, dass sich die Sklaven in
diesen Ländern entweder durch die sogenannte Watira
.i..u.^,.v..v Einrichtungen u. b. w. der Afrikaner. 20;")
oder durch die Schimbika, auch Tonibika, der Gewalt
ihrer Herren entziehen können. liei der Watira Uiuft
der Sklave zu geeigneter Zeit einfacl» davon und flüchtet
sich weit weg, womöglich ins Ausland. I5ei der Schim-
kika aber begibt sich der mit seiner Herrschaft unzu-
friedene Sklave in ein anderes, vorher auserkorenes,
womöglich wohlhabendes und einflussreiches Haus, rich-
tet hier willkürlich irgendeinen Schaden an oder tödtet
in der Heerde des neuen Herrn ein Rind, brät sich
ein Stück von dessen Fleische und erklärt sich als
„Sklave" haftbar für die durch ihn hervorgerufene Un-
bill. Die Tombikaflucht wird gewöhnlich von solchen
Sklaven ins Werk gesetzt, welche eine Familie besitzen.
Weib und Kinder folgen dem Geflüchteten nach und
gehen in den Besitz des neuen Herrn über. Selbst
Freie, welche sich irgendeines Vergehens schuldig ge-
macht oder welche eine pecuniäre Schuld contrahirt
haben, melden sich bei irgendeinem Mächtigen als
Sklaven. Der gewesene Eigenthümer ist dann oft noch
gezwungen, den ihm durch Schimbika Entfremdeten
sowie dessen Kleider und sonstige Habe herauszugeben,
namentlich wenn der neue Herr einige Macht besitzt.
Die Auslieferung der Geflüchteten ist schwierig und
erfolgt wol nur aus ganz besonderer Freundschaft für
den frühern Besitzer. Meist fürchtet der Herr den ihm
zugelaufenen Sklaven abzuliefern, um sich nicht etwa
für die Zukunft die Kundschaft ähnlichgesiuuter Leib-
eigener zu verscherzen, indem nämlich die zur Schim-
bika (' sich doch lieber einem weniger aus-
lieferuii^^ gen Herrn zuwenden könnten.
Die Sklaverei in den europäischen Colonien ist
theils gänzlich abgeschafift, theils wesentlich beschränkt
worden. Es ist bekannt, dass die Gesetze in den
Sklaven haltenden Ländern diesen Leibeigenen gewisse
Gerechtsame Hessen, wodurch die gehässigen Seiten des
ganzen Verhältnisses gemildert wurden. Aehnliches
geschah selbst bei den holländischen Boers in Südafrika
gegenüber ihren Hottentottensklaven. Die phlegmatische
296
Drittes Buch.
Natur dieser Boers milderte das Verhältniss zu ihren
lederfarbenen Leibeigenen, welche wol nur einen Theil
jener Grausamkeiten zu erdulden gehabt haben, die
allzu abolitionistischeReverends und andere Tadelsüchtige
den Epigonen der Scheidebewohner zuzuschreiben sich
gemüssigt fanden. Gegenwärtig hat übrigens unter
britischem Scepter auch sogar diese Wirthschaft auf-
gehört.
Fig, 03. Der Zwerg Kimenya.
Aber selbst im Angesicht jener berührten Milderungs-
verhältnisse verdammen wir die Sklaverei namentlich
bei den Europäern als eine schändliche Manifestation
des menschlichen Eigennutzes, welche keine Sophistik
zu beschönigen vermag. In der modernen Culturwelt
greift diese Ueberzeugung zum Glück tagtäglich mehr
Platz und findet sich jetzt nur selten noch ein ver-
schrobener oder böswilliger Kopf, welcher in die Po-
Häusliche Einrichtungen u. s. w. der Afrikaner. 297
saune eines Karl Postel (Charles Sealsfield), des frech-
sten und zugleich schwülstigsten Verfechters jener
Menschenerniedrigung, zu stossen wagt.
Im Anschluss hieran will ich bemerken, dass in vielen
afrikanischen Ländern sowol Freie als auch Sklaven,
welche durch körperliche Eigentliümlichkeiten, durch
(t 1 u. s. w. auffallen, von den Grossen als Merk-
w it gehalten werden. So hat man an manchen
nigritischen Höfen Negeralbinos oder Kakerlaken ge-
sehen; Zwerge und Verkrüppelte haben bereits im Dienste
altägyptischer Häuptlinge gestanden. In den Gräbern
von Beni-Hassan z. B. werden ein Zwerg und ein mit
Klumpfussen behafteter Erw^ichsener als Hofmerkwürdig-
keiten abgebildet. Speke und Grant entdeckten am
Hofe des Königs Kamrasi von Unyoro den Zwerg Ki-
menya. Der geistreiche und für Naturseltenheiten ein-
genommene Kannibalenkönig Munsa hielt sich der
Curiosität wegen seine Akka u. s. w.
VIERTES BUCH.
Krankheiten.
Afrika, unter dessen weiten Landstrichen viele mit
Recht zu den sprichwörtlich ungesundesten der Erde
gezählt werden, entwickelt eine grosse Anzahl von zum
Theil lebensgefährlichen Krankheiten. Ich will hier
nur die wichtigsten derselben anführen und nur von
ungefähr die Art und Weise schildern, in welcher der
Eingeborene diesen Uebeln zu begegnen j)flegt.
Obenan stehen in der Ungeheuern Zone etwa zwischen
dem 17^ nördl. Br. und dem 26" südl. Br. , zwischen
dem Atlantischen und dem Indischen Meere, die Wech-
selfieber, welche ein Product der Ausdünstung eines
meist feuchten, mit vegetabilischen Zersetzungsproducten
stehender Sümpfe oder langsam fliessender Ströme ge-
schwängerten Bodens, theils schwer, theils leichter als
ein-, zwei-, drei- und viertägige die Befallenen ausser-
ordentlich quälen und schwächen. Diese Fieber richten
die daran Leidenden leicht einmal durch lange Dauer
zu Grunde; aus ihnen hervor gehen oder es entstehen
für sich die remittirenden oder sogenannten hitzigen,
von Anfall zu Anfall sich verschlimmernden und die
absolut continuirlichen oder anhaltenden Fieber. Beide
letztern Formen zeichnen sich durch Lebensgefährlich-
keit aus. Auch existiren, namentlich in Ostsudan, Fälle,
in denen ein Kranker schon nach einer nur wenig-
Krankheiten. 2^V.)
stündigon Fioberdauer erliegt. Unzälilig sind die pa-
thognomischen Sondergestaltungen, unter denen diese
klimatischen Fieber auftreten, unzählig sind deren Ver-
bindungen, Complicationen mit andern Leiden, unzählig
erscheinen ihre örtlichen (secundären) Folgeleiden oder
Localisationen in entferntem Organen. Darm, Milz, Leber,
Lungen und Gehirn sind die Theile, welche bei diesen
Erkrankungen am häufigsten in Mitleidenschaft gezogen
werden. Complicationen mit Lungenentzündung und
Ruhr oder Dysenterie sind nicht gar selten. Auch
existiren hier die typhösen, in Europa so wohl be-
kannten Fieber. Eine in der Leber sich festsetzende
Form, das sogenannte biliöse Typhoid, ein naher Ver-
wandter des amerikanischen Gelbfiebers, zeigt sich na-
mentlich häufig in Aegj'pten. Der sogenannte Hunger-
typhus suchte schon zu wiederholten malen ännere Pro-
vinzen von Aegypten, Nubien, der Berberei, von Süd-
afrika u. s. w. heim, meist freilich in unmittelbarem
Gefolge von Kriegsnoth und Miswachs.
Auch die Cholera hat sich bis tief nach Innerafrika
eingeschlichen und hier alle diejenigen Schrecknisse
entfaltet, welche in vielen andern Ländern ihre unzer-
trennlichen Begleiter waren.
Die Pest (Bubonen- oder Beulenpest), früher eine
Heimsuchung der afrikanischen Mittelmeerländer und
vor allem Aegyptens, scheint seit vielen Jahren einge-
schlafen zu sein.
Alle jene Krankheiten treten theils als wuchernde
Epidemien, theils endemisch, nur einzeln oder viele
Individuen befallend, auf. Sie gehen häufig so sehr
ineinander über, ihre Grenzen schwimmen hier und da
so gänzlich ineinander, dass es selbst dem wissenschaft-
lich tüchtigsten europäischen Arzte schwer fällt, eine
sichere Entscheidung für die zu wählende Rubrik zu
treflfen.
Der Skorbut fordert im heissen Afrika so gut seine
Opfer wie im kalten Norden; sein Auftreten ist sehr
häufig an Noth und Elend, an Ueberanstrengung auf
300 Viertes Buch.
Reisen und Märschen (z. B. im Kriege), an Nahrungs-
verderbniss u. s. w. geknüpft.
Dann existiren ferner noch eine Anzahl Krankheiten,
welche, wie Aussatz und Lustseuche, sowie einige an-
dere, sich in bösen Geschwürbildungen localisirende und
noch kaum näher erkundete Leiden, als Constitutionen
betrachtet werden müssen. Diese fordern gar viele
Opfer. Die Frage, ob die Syphilis eine in Afrika alte
heimische Krankheit oder ob sie erst in spätem Zeiten
durch Europäer daselbst eingeführt worden sei, ist eine
noch unentschiedene, übrigens auch nur sehr schwierig
zu entscheidende. Die Spuren der Verheerungen durch
diese Krankheit will man bereits an ägyptischen Mu-
mien aufgedeckt haben. Ich selbst, der ich bis auf
den heutigen Tag viele Mumienreste untersucht habe,
bin zwar nicht im Stande gewesen. Sicheres darüber
zu constatiren, will aber doch vor den Forschungen
Anderer etwa Erfahrenerer in dieser Hinsicht die Segel
streichen. Nach vielem möchte ich annehmen, dass im
Herzen von Afrika die Syphilis durch das zuchtlose
Gesindel der Sklaven- und Elfenbeinhändler, sowie
durch lockere ägyptische Soldaten erst neuerdings ein-
geführt worden sei. In West- und Südafrika, d. h. in
Ländern, welche der innigen Berührung mit Europäern
— unter diesen aber fanden sich allzeitig gar böse
Buben — ausgesetzt gewesen sind, scheint die ab-
scheuliche Krankheit bereits seit vielen Generationen
eingebürgert zu sein.
Dagegen ist der Aussatz in Afrika schon sehr alt,
und alle möglichen Formen dieses schrecklichen Lei-
dens, die nur irgend bekannt sind, treten hier in Nord
und Süd, in Ost und West zur Beobachtung, ohne dass
es bisjetzt gelungen wäre, ihre eigentliche Natur zu
ergründen.
Elephantiasis, pachydermatlsche Hautverdickung, fin-
det sich hier und da, namentlich in Aegypten.
Rheumatismen, und zwar sowol diejenigen der Mus-
keln, wie aucli die mit schweren Herzerkrankungen
Krankheiten. 301
verbundenen der Gelenke, treten liäufig auf, besonders
sind sie aber in Ostsudan beobachtet worden.
Die Lungenschwindsucht ist den afrikanischen
Gebieten durchaus niclit fremd. Schwarze, welclie aus
dem Innern nach der nördlichen Küste, z. B. nach Kairo
oder Alexandrien gebracht werden, erliegen daselbst
dieser Krankheit ziemlich leicht. Es wird hierdurch
die Thatsache nicht beeinträchtigt, dass in solchen
Gegenden, wie femer auch am Cap, lungenkranke Euro-
päer zuweilen Genesung, häufiger aber wenigstens Mil-
derung ihrer Leiden und eine Verlängerung ihrer Exi-
stenz zu finden vermögen.
Unter den sogenannten akuten Exanthemen, den
hitzigen Ausschlägen, richten die Pocken die schreck-
lichsten Verheerungen an. Ich will hier nicht auf die
Fragestellung seitens einiger Forscher eingehen, ob Afrika
als die Heimat dieser Krankheit angesehen werden müsse
oder nicht, ich vermag nur soviel sicherzustellen, dass die
Afrikaner der verschiedensten Stämme von den Pocken
leicht ergriflfen werden und dass sie, wo letztere Krank-
heit sich einmal eingenistet hat, auch gewöhnlich massen-
haft an ihr zu Grunde gehen.
Parasitische Thiere belästigen den Afrikaner in
Menge. Abgesehen von widrigen Epizoen ragen die
Eingeweidewürmer durch ihre Artenzahl und ihre weite
Verbreitung hervor. Kaum ein Land der Erde ist so
reich an Bandwürmern als Abyssinien. Der häufige
Genuss von rohem Fleisch und von rohen, mit Pfeffer,
Salz, Galle und Zwiebeln überstreuten Eingeweiden der
Rinder, Schafe u. s. w. stehen in causalem Zusammen-
hange mit jenem seltsam häufigen Vorkommen. Kein
Land der Erde bietet aber auch merkwürdigerweise
60 viel Gegenmittel gegen den Bandwurm dar als das
abyssinische Alpenland. Ich erinnere nur an die Brayera
oder den Kusso, an die Myrsine oder Saoria, die Moesa
und ein mir botanisch noch unbekanntes, von König
Theodor und seinem Gefolge vor dem Falle Magdalas
vielfach angewendetes "NVurzelpräparat.
302 Viertes Buch.
In Aegypten veranlasst ein Rundwurm, das Anchy-
lostoma^ bei beiden Geschlechtern durch seine Blutun-
gen nach sich ziehenden Bisse in die Darmwand ein
schweres, der Bleichsucht ähnliches Leiden. „Wir
halten es", sagt Griesinger (der beste Kenner der ägyp-
tischen Krankheitsformen), „für eine sehr massige
Schätzung, wenn wir annehmen, dass der vierte Theil
der ägyptischen Bevölkerung in höherm und geringem!
Grade an dieser Krankheit leidet; wie enorm der Ver-
lust des Landes an Arbeitskraft, Lebensfreude und an
früh hingeraffter Bevölkerung durch dieses Siechthum
ist, mag sich jeder selbst berechnen." Allem Anschein
nach reicht dieses Leiden bis nach dem Innern von
Afrika hinein.
Ein Saugwurm (Distoma haemotoUum) und dessen
Verwandte zeigen sich häufig im Venenblute verschie-
dener Abschnitte der Baucheingeweide. Blutverluste
und sonstige schwere Allgemein- wie auch Localleiden
treten im Gefolge eines solchen Vorkommens auf. Diese
Thiere sind über einen grossen Theil von Afrika ver-
breitet. An Rundw^ürmern ist ebenfalls kein Mangel.
Am gefährlichsten ist mit Recht der Medinawurm (Fl-
laria medinensis) ^ welcher durch ganz Afrika in sum-
pfigen Gegenden acquirirt wird und der seine Einwan-
derung in den menschlichen Körper entweder noch in
Embryonenform, etwa im Innern von niedern Krebs-
thieren (Cycloiridcn) durch das Trinkwasser, oder auch,
ebenfalls in Larvenforra, durch die Haut (entschieden
ist noch gar nichts) nimmt. Dieses stark wuchernde
Thier muss durch langwierige Processe aus der Haut,
unter welcher es seinen Sitz hat, herausgebracht werden;
man wickelt dasselbe gewöhnlich heraus. In Brasilien
bedient sich die schwarze Gesellschaft dazu kleiner,
ganz zierlich gearbeiteter Haspeln.
Dass in Ländern, in welchen die durch starke Hitze
hervorgerufene Transspiration, wo Schmuz, Staub und
andere äussere Reize die menschliche Haut fortwährend
Krankheiten. 303
ritiren, auch luancherlei und sogar recht langwierige
ilaiitleiden entstehen, lässt sich sclion ermessen.
Mehr aber leiden hier die Verdaiiungswerkzeuge und
var infolge des Klimas, der im allgemeinen dürftigen
ebeusweise und wiederum auch gelegentlicher Schwel-
rei. Ausser andern, das Darmsystem befallenden
L'ebelD beherrscht die Ruhr, neben den Fiebern, den
pathologischen Zustand dieser gesammten Gebiete. Eine
Fülle der mannich faltigsten Leberkrankheiten befällt
hier jeden Stand und jedes Alter. Gefährlich sind
namentlich die in heissen Ländern überhaupt verbrei-
teten Leber 6 utzün düngen, welche weitgreifende Ge-
schwürbildungen in diesem edeln Organe nach sich
iehen.
Die Milz krankt sehr häufig an von Fiebern be-
dingten Anschwellungen, welche selbst spontane Zer-
reissungen und Berstungen dieses Theils im Gefolge
haben können.
Nierenkrankheiten sind ebenfalls häufig, so z. B.
stellt sich die Bright'sche nach Fiebern u. s. w. ein.
Au Lungenentzündung fehlt es selbst in den
Wüsten- und Steppengebieten nicht; namentlich be-
schuldigt man anhaltendjes Wehen des Chamsinwindes
als ein den Ausbruch dieses Leidens begünstigendes
Moment. Zuweilen treten diese Entzündungen epi-
demisch auf und entwickeln übrigens eine beträcht-
liche Lebensgefährlichkeit.
Nervenleiden befallen seltener den in dieser Hin-
sicht gestähltem Eingeborenen, als den Fremden. Wahn-
sinn fordert hier überall seine Opfer, namentlich unter
den religiösen Schwärmern. In einen Zustand ner-
ser Erregung, durch Hellsehen, Phantasiren, wilde
raumerei, Schlafwachen u. s. w. sich äussernd, in die
igle der Araber, versetzen grosse körperliche Anstren-
gungen unter der sengenden Hitze der Wüsten und
Steppen. Die in Loango und Cougo so gefürchtete
Schlafsucht (Docnssa do somno der Portugiesen) be-
ruht vit^llf'ir'lif nur auf puipp TTi rTilian^f iif /iiTi(lniifr, Der
304 Viertes Buch.
Säuferwahnsinn rafft sowol Europäer als auch Einge-
borene dahin.
Ungemein verbreitet sind Augenkrankheiten, zu
welchen Sonnenglanz, Hitze, Staub, Unsauberkeit, un-
vorsichtige gegenseitige Berührungen u. s. w. der In-
dividuen begünstigende Momente abgeben. Mit Recht
sehr gefürchtet ist die ansteckende sogenannte ägyp-
tische Augenkrankheit. Während die langwierigen
Fälle derselben eine ausserordentliche Hartnäckigkeit
entwickeln und die traurigsten Folgen bald für das
ganze Auge, bald nur für einzelne Theile desselben
nach sich ziehen, wüthen dagegen die acuten in rascher
Symptomenentfaltung mit schrecklicher Heftigkeit und
zerstören das Auge öfters schon nach sechs- bis sieben-
tägigem Verlaufe. Wie viele Individuen haben doch
durch dieses Leiden die Sehkraft eines oder beider
Augen eingebüsst. Die ägyptische Augenkrankheit for-
dert ihre Opfer von der mittelländischen Küste an bis
tief nach Nubien hinein. Ganz ähnliche Formen treten
auch im Magreb auf und soll man unter den Berbern
des Djurdjura gar häufig die traurigen Wirkungen jener
Leiden beobachten. Zu den endemischen derartigen
Ophthalmien kommen zuweilen verheerende Epidemien,
namentlich auf Messen, grossen Märkten, bei Truppen-
märschen, Sklavensendungen u. s. w. Im Sudan sind
die Augenkrankheiten seltener. Uebrigens herrschen
erstere in vielen Theilen Afrikas dergestalt vor, dass
ihnen gegenüber die Krankheiten der übrigen Sinnes-
werkzeuge, wie des Ohrs, der Nase u. s. w. fast in
den Hintergrund treten.
Die Geburten gehen bei den afrikanischen
Weibern, welche ihre körperliche Entwickelung voll-
endet haben, namentlich unter den nigritischen Stäm-
men, meist leicht und glücklich von statten. Es kommt
hier vor, dass schwarze Frauen in dieser Stunde auf
Krankheiten. 305
freiem Felde gebären und in der nächsten wieder ruhi«r
die ihnen zugewiesene Plantage zu bearbeiten fort-
fahren. Dagegen erschwert sich dieser natürliche Act
gar nicht selten bei den in allzu jugendlicliem Alter
verheiratheten Aegypterinnen.
Wunden kommen selbstverständlicherweise bei den
mancherlei Schädlichkeit ausgesetzten, so häufig sich
balgenden und bekriegenden Afrikanern nicht selten
zur Beobachtung. Da sehen wir Verletzungen durch
die zahlreichen, in Afrika die Vegetation mehrentheils
beherrschenden Dorngewächse, durch die Zähne, Hörner
und Krallen wilder Thiere, beim ungestümen Ritt in
coupirtem Terrain, durch den Biss der Schlangen, der
Tausendfüsse, durch den Stich der Skorpione und durch
Menschenhand. Vergiftete Wunden, welche auch hier
ein Individuum dem andern mittels vergifteter Waffen
beibringt, treten natürlich durch ihren besonders ra-
piden und gefährlichen Verlauf hervor. Wenn es nun,
soweit es mir bisjetzt wenigstens bekannt geworden
ist, Afrika auch an jenen sehr gefährlichen Giften man-
gelt, welche, wie z. B. das Wurali oder Curare Süd-
amerikas und wie das Bohon Upas Wasserindiens, die
bekannten erschreckend plötzlichen Wirkungen üben,
80 sehen wir im Milchsafte der Euphorbien, in dem
complicirten Gifte der Buschmänner u. s. w. u. s. w.
immer doch sehr schwere Folgen hervorrufende Stofife.
Zu vielen Verwundungen, sogar unbedeutender
Art, gesellt sich in den afrikanischen Tropengegenden,
wie auch unter gleichen Breiten in andern Ländern der
Wundstarrkrampf oder traumatische Tetanus, neben
welchem dagegen der spontan aus innerer Ursache ent-
stehende (idiopathische) seltener aufzutreten pflegt. Der
Wundstarrkrampf ist ein schweres, meist tödlich enden-
des Leiden , dessen tückischen Ueberfall niemand vor-
auszusehen vermag.
HARTMASS. 20
306 Viertes Buch.
Verletzungen infolge von gewöhnlichen Unglücks-
fällen, wie Knochenbrüche, Verrenkungen u. s. w. wer-
den in gehöriger Zahl wahrgenommen. Interessant ist
übrigens bei der grossen Mehrzahl der afrikanischen
Stämme deren Unempfindlichkeit gegen körperliche
Leiden aller Art, auch bei stattfindenden Verwundungen.
Wo nicht Syphilis und andere den Organismus unter-
grabende Krankheiten vorausgegangen sind oder wo
diese nicht als Begleiterinnen auftreten, heilen die
Wunden der eingeborenen Afrikaner meistens gut und
verhältnissmässig schnell. Weniger gilt dies von Euro-
päern, bei denen sich die Wundenverheilung oft auf
langwierige und qualvolle Weise unter Erscheinungen
hinausschleppt, wie sie von französischen Aerzten nicht
übel als „Phagedänismus der Tropen" bezeichnet wor-
den sind.
Die Krankenbehandlung liegt nur in den Colo-
nien und in den halbcivilisirten Ländern in den Händen
europäischer oder doch wenigstens europäisch gebil-
deter eingeborener Aerzte. Neben diesen treiben
sich an manchen Stellen Pfuscher jeglicher Art, der
Auswurf unserer Apotheken und Barbierstuben, sowie
Gesindel unbezeichenbarer Abkunft als Heilkünstler
umher. Uebrigens üben in Afrika, wie schon erwähnt
worden, Zauberer, Medicinmänner, alte und junge Wei-
ber die Künste Aesculap's aus. Auch hilft man sich
vielfach selbst oder man nimmt nachbarliche Unter-
stützung in Anspruch. Selbst hierbei geht es selten
ohne Aberglauben und Hexenspuk ab. Wir haben schon
oben gesehen, was all dieser Teufelskram und Aberwitz
80 Dummes und Entsetzliches zu Tage fördert. Ge-
rade in der Behandlung und beim tödlichen Ausgange
von Krankheiten entfaltet der Afrikaner seine aller-
hässlichsten, durch finstern Aberglauben beherrschten
Chnvnktoroigenschaften. Der Continent liefert viele
Krankheiten. .^07
vor: il»ilische Heilraittt;!. Kin Blick in
irgi . ine Handbuch der Arzneimittellehre
klärt uns ji4 über diesen Gegenstand auf. Noch manche
Schätze harren übrigens vorläufig wegen der zu schwie-
rigen und kostspieligen Ausbeutung ihrer Hebung. So
z. B. die Fieberrindenbäume Centralafrikas (Crossop-
teryx), welche trotz ihres anscheinend nicht allzu grossen
Chi' 't>! dennoch ein Zufluchtsmittel für die lei-
deii chheit abgeben dürften. Noch manches heil-
kräftige baraenkorn, Würzelchen oder Kräutlein mag
in den Wäldern des dunkeln Erdtheils verborgen vege-
tiren. Auch soll bemerkt werden, dass mancher ein-
geborene Arzt, selbst Zauberer, trotz seines Hokus-
pokus, über gute Medicamente und selbst über gewisse
rationelle Curmethoden verfügt, an denen unsere mo-
derne Heilkunde immer noch manches lernen könnte.
Das klingt zwar paradox, ist aber dennoch richtig.
20*
FÜNFTES BUCH.
Sprachen.
Der geringe Raum dieser Blätter gestattet natür-
licherweise nicht, ein selbst nur einigermaassen er-
schöpfendes linguistisches Essay über Afrika zu geben
oder sogar nur eine genauere Uebersicht über die auf-
zunehmenden sprachlichen Familien dieses Festlandes
zu liefern. Ein System der afrikanischen Sprachen
lässt sich zur Zeit noch nicht aufstellen; dazu ist
denn doch noch zu vieles dunkel auf dem Gebiet.
Unsere bedeutendsten Sprachforscher scheint ein ge-
wisses Grauen zu befallen, wenn sie einmal das noch
so wenig geebnete Feld der afrikanischen Linguistik
zu betreten wagen. Nur schüchtern glaubt man sich hier
und da einen flüchtigen Blick in das Wirrsal der ber-
berischen, nigritischen u. dgl. Idiome gestatten zu dür-
fen. Und ist einmal ein kleiner Fund auf diesem Felde
gemacht und mühsam geborgen worden, so ruft es
immer den Eindruck hervor, als ob der Schatzgräber
vor seinem eigenen Werke zurückschrecke und unmittel-
bar danach beflissen wäre, seine wissenschaftliche Zunft
ob dieser Vermessenheit um Verzeihung zu bitten, die
begangene sprachliche Versündigung aber durch selbst-
geübte Gegenkritik abzuschwächen oder gar zu ver-
nichten. Nach meiner Idee liegt der Grund zu diesem
sonderbaren und für den wissenschaftlichen Fortschritt
Sprachen. 300
sehr verhängnissvollen Gebaren nicht allzu fern. Wie
die afrikanische Ethnologie nahe bis auf dqn heutigen
Tag unter dem schweren Banne jener festgewurzelten
Vorurtheile vom Arier- und Semitenthume seufzt,
dem man mit oft falsch verstandenen und falsch ange-
wendeten Begriffen, wie Hamitcn-, Atlantikerthum u. s. w.
zu Hülfe zu kommen sucht, so lastet auch auf der afri-
kanischen Sprachforschung jener selbe lähmende Bann.
Wie ja alle Somal, Gala, Abyssinier, Aegypter und Ber-
bern „Kaukasier*' und „Semiten" oder „Hamiten"
sein müssen, wie man selbst um das Semiten- oder
Hamitenthum der so schlecht begrenzten Fulahrasse,
sogar der Fulbe, zu schachern trachtet, so muss in
das Procrustesbett jener herrschenden Anschauungen
denn auch die afrikanische Linguistik eingezwängt wer-
den. Man will ja überall nur ethnische und sprach-
liche Gegensätze zwischen den afrikanischen Schwarzen
und den afrikanischen Kaukasiern constatiren, versagt
sich aber bald aus Unwissenheit, bald aus Bequemlich-
keit, bald aus Rabulisterei die Mühe, nach den Binde-
gliedern für das eine und das andere Gebiet zu suchen.
Es fehlt zwar nicht an hervorragenden Sprachforschern,
welche, wie z. B. Steinthal, einen sprachlichen Zusam-
menhang zwischen semitischen und afrikanischen Idiomen
leugnen; man überschätzt zwar sehr häufig den Werth
von Lehnwörtern, es tauchen endlich wieder solche Män-
ner auf, welche das Semitische umgekehrt aus dem Afri-
kanischen abzuleiten beflissen sind; immer aber segelt
die Mehrzahl unserer Philologen und Ethnologen unter
jener altbekannten Flagge lustig weiter.
Ich selbst habe nach reiflichen Studien die Ueber-
zeugung gewonnen, dass ein innerer Zusammenhang
zwischen den Sprachen von der afrikanischen Nord-
küste bis zum Cap der Stürme, von den Mündungen
des Niger und Zaire bis zu denen des Djuba, Zambozi
und Limpopo herrsche. Schon andere haben dies er-
kannt und hier oder dort davon gesprochen, aber bis-
lang noch kaum den Muth gehabt, die These so scharf
310 Fünftes Buch.
zu setzen, wie der Schreiber dieses Buchs es zu
unternehmen wagt. Freilich reicht dieses Werkchen
nimmermehr dazu aus, auch nur diese These zu er-
örtern, zu vertheidigen; dazu bedürfte es einer an-
dern spätem Gelegenheit. Immerhin aber will ich hier
wenigstens eine vorläufige Skizze derjenigen Districte
zu geben versuchen, innerhalb deren ich mir die afri-
kanischen Sprachen vertheilt denke. Ich suche dabei,
ohne auf eigene Ideen zu verzichten, einen gewissen
Anschluss an die Arbeiten der Lepsius, Koelle, Bleek
und anderer. Um aber jegliche allzu gelehrte Diftelei
zu vermeiden, will ich an dieser Stelle nur mehr all-
gemeinern geographischen Eintheilungsprincipien zu fol-
gen versuchen.
Nordafrikanische Sprachen: Altägyptisch, Kop-
tisch, Temaschirt oder Tamaschek und andere Berber-
idiome (Sprache von Siwa und sonstigen Oasen, Scha-
uia in Algerien, Schelluch in Marokko u. s. w.), Midab
to Bedjauie oder Bedauie, die Bedja-Sprache, Berberie,
Berberinisch, d. h. Sprache der Berabra am Nil. Die
abyssinischen Sprachen (das Gees oder Altäthiopische,
das Amharinja, Tigrenja oder Tigrinja, das Nere-bena,
das Hamtönga sowie andere dem Agau verwandte
Idiome). Es ist nun bei aller unserer Abneigung gegen
zu grosse Berücksichtigung angeblich semitischer Ver-
wandtschaften nicht zu leugnen, dass mehrere der abys-
sinischen Idiome, namentlich das Gees, sich den semi-
tischen oder syro-arabischen Sprachen näher anschliessen.
Das Gees ist daher von vielen dem Semitischen gerade-
hin zugewiesen worden, ob mit Recht oder Unrecht,
bleibt abzuwarten. Die Bildung und Entwickelung des
Gees bleibt vorläufig noch ein Räthsel.
Unter den ostafrikanischen Sprachen unterscheiden
wir zunächst die einander sehr verwandten der Dana-
kil, Somal und Gala. Das Kisuaheli schliesst sich nebst
^em Kinyamesi, dem Kinika, Kiyao, Kikamba, Kikuyu,
Kidjagga, dem Irlaikob (Idiom der Masai und Wakuafi)
den Sprachen Innerafrikas an; letztere wollen wir in
Sprachen. 311
diejenigen von Nord-, Mittel- und Südcentralafrika ein-
theilen. Xordcentralafrikaniscli sind das dem Berbe-
rinischen so nahe verwandte Nebaui, Nobaui, die Kuba-
oder Nobasprache in Kordufan mit ihren Dialekten,
femer das Kondjari oder Gondjari und andere Idiome
in Darfur, das Maba in W'adai, das Bagrimma in Ba-
girmi, das Kanori oder Kanuri in Bornu, das Hausa.
Im mittlem Centralafrika treten auf das Funji, Berta,
die Denka- oder Dinkasprache, das Schilluk, Nuer,
Bari, Niambari, welche einander sämmtlicli nahe stehen.
Das dem Kafferischen (Bantusprache) nahe verwandte
Kinyoro und Kiganda (in Unyoro und Uganda), das
Bongo, welches nahe Verwandtschaft mit dem Bagrimma
hat, die Idiome der zahlreichen Niam-Niamstämme und
der Monbuttu, letzteres anscheinend dem Berberinischen
und dem Nobaui sich nähernd. Ueber die zwischen
Nyassa- und Tanganikasee einerseits, dem Congo an-
dererseits geredeten Sprachen fehlt uns vorläufig noch
jeder nur einigermaassen genügende Ueberblick. Die-
selben leiten die südafrikanische Gruppe ein: zunächst
das in Angola, Benguella, Londa gesprochene Kim-
bunda, an welches sich unmittelbar das Otyi-Herero,
die Sprache der Ovaherero oder Damara und das
Owambo anschliessen sollen. Die südafrikanische Gruppe
zerfällt in das mit den ost-, südcentral- und westafri-
kanischen Idiomen nahe Fühlung nehmende Kafferisclie,
das Tekeza nordöstlich vom Zululande bis gegen den
Zambezi hin, ferner in die in Makua, Senna, Tette und
andere Dialekte sich spaltenden Idiome von Mossam-
bique, in das Sechuana(Sesuto, Serolong, Sechlapi u.s. w.),
das Matabele, Batsoetla oder Baramapulana , das Zulu,
Maosu, Matonga u. s. w., ferner in die hottentottischen
Dialekte des Nama, Kora, Capisch-Hottentottische, end-
lich das Buschmannische. Die Verwandtschaft des
letztern mit dem Hottentottischen wird neuerdings in
Abrede gestellt. Indessen sind die Acten hierüber noch
keineswegs geschlossen. In Westafrika haben wir die
den Bantu-Sprachen sehr nahe tretenden Idiome von
312 Fünftes Buch.
Congo, das Fjod (Cacongo, Loango), das Mpongwe,
Okande und andere Idiome des Gabongebietes. Dann
weiter nördlich das Isubu, Dualla, Benga, Dikele, Effik,
Ibo, Yoruba, Nupe, Ewe oder Ife, Machi, Dahome, Ueta,
Onfue, Onglo, Fanti, Aschanti, Ga oder Akkra, das
Otji von Akwapim, das Krebo, Kru, Basa, Bullom,
Scherbro und Timne, das Mande (Mandinka, Vey, Susu),
Fulfulde (Fulbe- oder Fulan-Sprache) und Wolof. Sehr
wenig bekannt sind die Sprachen der Abongo, Akka
und anderer sogenannter Pygmäenvölker.
Es geht bei vielen Reisenden die Sage, dass man in
Afrika nach einigen Meilen Weges bald einmal auf
grundverschiedene Sprachen, als Ueberbleibsel grösserer
linguistischer Gebiete treffen könne, welche letztern in-
folge von politischen Zerstückelungen auseinandergerissen
worden. Indessen hält die angebliche gründliche Ver-
schiedenheit näherer Prüfung nicht stand.
Geschrieben werden in Afrika nur das Koptische,
das Arabische in den Dialekten von Aegypten, Ost-
sudan und Magreb, das Temascliek, das Abyssinische,
das Vey in eigenen Buchstaben. Diese Sprachen werden
auch in ihren Charakteren gedeutet. Für die Schrei-
bung der übrigen afrikanischen Sprachen trifft am
besten das von R. Lepsius, von Lee und Norris haupt-
sächlich ins Leben gerufene, übrigens schon mannich-
fach modificirte Standardalphabet zu, welches bestimmte
Laute durch bestimmte Schriftzeichen wiedergibt und
das einzige Mittel zu einer genügenden Verständigung
darbietet. Wissenschaftliche linguistische und ethno-
logische Arbeiten können heutzutage das Standard-
alphabet nicht mehr entbehren. Zuerst wurde dasselbe
von der Church Missionary Society mit Eifer und Be-
harrlichkeit in Anwendung gezogen ; es folgten unmittel-
bar die Wesleyan Missionary Society, die Societe des
Missions evangcliques, die London Missionary Society,
die Mährischen Brüder, die Rheinische und die Baseler
Missionsgesellschaft u. s. w. Unter den Privatreisenden
war Verfasser dieses Büchleins in Deutschland einer
Sprachen. 313
der ersten, welcher das Standardalphabet mit iinbeug-
.:Mor Beharrlichkoit benutzte, nicht ohne dabei dem
^^)ütt und der Gehässigkeit selbst solcher Gelehrten-
kreise zu begegnen, denen das Ganze eine unbequeme,
jiur mühselig zu bewältigende Neuerung erschien. Ohne
<ich durch solches Gebaren im mindesten stören zu
-on, hat der Verfasser die Genugthnung erlebt, eine
: nier grössere Zahl tüchtiger, auch deutscher Reisender
<ich das Standardalphabet aneignen zu sehen. Im vor-
liegenden, für ein grosses Publikum bestimmten Werk-
chen wurde die Anwendung der Standardlettern ver-
■ len, weil letztere wegen ihrer schwierigen Beschaf-
:.. _ und umständlichen Lesung für populäre Schriften
nicht passend erscheinen. Natürlich geht aber auch
durch die Nichtanwendung jenes Lettersystems der
Xamengebung ein guter Theil der sonst so wünschens-
werthen Genauigkeit und Consequenz verloren.
Das Arabische, die Sprache des Koran und seiner
Ausleger, dringt, wie schon angedeutet worden, zur
Zeit in Wort und Schrift in Afrika immer mehr nach
dem Innern hin vor, wird hier überall Hauptverkelirs-
idiom und verdrängt eine eingeborene Sprache nach
der andern. Manche der letztern, wie verschiedene
Berber- und Bedja-Dialekte, das nubische Berberi und
(las Funji sind bereits auf bestem Wege, aus den Ver-
'-en der afrikanischen Philologie zu verschwinden.
, *' il>igen schämen sich hier und da schon, ihr oft
recht wohlklingendes einheimisches Idiom neben dem
biegsamen und einen grossen Wortschatz darbietenden
Arabischen hören zu lassen. Ferner tritt in Afrika
infolge der Völkerzüge, Kriege und friedlichen Umwäl-
zungen sehr häufig eine Sprache, z. B. einer erobernden
Kasse, an Stelle der andern und ist es oft nicht mög-
lich, aus dem augenblicklich bei einem Stamme herr-
schenden Idiome die Herkunft desselben abzuleiten.
Die mit Standardlettern in verschiedenen Sprachen
gednickte Bibel und die Einführung von Schulen wären
die besten Mittel, um der allmählich platzgreifenden
314 Fünftes Buch. Sprachen.
Arabisirung Afrikas in Wort und Schrift Halt zu ge-
bieten, sowie einer Conservirung der eingeborenen Idiome
Vorschub zu leisten. Allein wir haben schon oben ge-
sehen, welche Schwierigkeiten die Einführung des
Christenthums hier findet; wir werden es daher noch
eine Zeit lang erleben müssen, wie der Koran und die
Sprache, in welcher derselbe geschrieben, durch die
afrikanischen Gaue ihre (freilich nur dürftige Resultate
aufweisende) Culturmission erfüllen werden.
SECHSTES BUCH.
Sclilussl>etrachtun<ren.
Ö
Leitender Gedanke im Vorliegenden war, wie der
Leser auch schon bemerkt haben wird, eine wenn auch
nur flüchtige Skizze vom Aeussern, von den Sitten und
Gebräuchen der afrikanischen Völker geben zu
wollen. Dem Ganzen lag die Idee zu Grunde, diese
Nationen in ihrem innern Zusammenhange zu betrachten.
Nun ist es freilich bei dem heutigen Zustande der afri-
kanischen Ethnologie kaum ausführbar, eine solche Idee
ohne genauere Beweisführung zu verbreiten; für eine
solche Beweisführung muss aber bei anderer Gelegen-
lieit ein ausgedehnterer Raum abgepasst werden. Jeder
übrigens, welcher obigen Blättern einige Aufmerksam-
keit geschenkt hat, wird auf eine gute Anzahl von mir
mit schlichten Worten hervorgehobener Vergleichungs-
punkte gestossen sein. Für mich bilden die Afrikaner
ein ethnisches Ganzes, dessen einzelne Glieder durch
unendlich zahlreiche Uebergänge miteinander in Zusam-
menhang .stehen. Selbst unsere bisjetzt noch so lücken-
hafte Kenntniss von den afrikanischen Völkern be-
rechtigt uns meiner Ueberzeugung nach immerhin zu
dem Schlüsse, dass wir hier die Glieder einer in sich
geschlossenen Kette anzuerkennen haben. Die physi-
schen Charaktere, die Sitten und Gebräuche, die Sprache
u. s. w. gewähren uns die Anhaltspunkte dafür, dass
316 Sechstes Buch.
hier nicht völlig heterogene Bevölkerungselemente sich
zufällig nebeneinander gruppirt haben können, sondern
dass der afrikanische Continent mit seiner grossartig-
einförmigen physischen Beschaffenheit, mit seinem über
ungeheuere Gebiete gleichmässig sich erstreckenden
Pflanzen- und Thierformen (innerhalb deren freilich
auch wieder die Variation sich unendlich thätig zeigt)
nur einen einzigen grossen Stock der Menschheit in
sich berge. Dieser zeigt sich natürlich mannichfach
gegliedert theils durch die unter allen Nationalitäten
vorkommende, von mancherlei äussern und innern Be-
dingungen abhängige Variationsneigung, theils durch
Vermischung untereinander, theils durch Krieg, Wan-
derung und deren Folgen. In dem unruhigen Treiben
der lebhaften, zu Veränderungen geneigten afrikanischen
Völker sehen wir seit vielen Jahrhunderten Reiche und
Stämme entstehen und wiederum vergehen. Staatliche
Consolidirung, auf den Schultern kräftiger und kiiege-
rischer Tribus ruhend, findet zwar hier und da statt,
ist aber selten von längerer Dauer. Die politische
Veränderung ist es, welche, genauer verfolgt, uns hier
den Weg zeigt, auf welchem wir scheinbare selbst
typische Gegensätze unter den afrikanischen Stämmen
sich ausgleichen sehen. Eine solche Ausgleichung voll-
zieht sich aber auch vor unsern leiblichen Augen, wenn
wir die scheinbar auffälligsten Gegensätze einer ge-
nauen vergleichend - ethnologischen Musterung
unterziehen. Solcher Weg ist zwar höchst mühselig
und zeitraubend, er ist jedoch der einzige, welcher
zum Ziele führen kann. Ich bin fest überzeugt, dass
wir so für gewisse vorläufige Völkerräthsel, wie die Mon-
buttu nach den Schilderungen Schweinfurth's, wie die
Hottentotten, Berbern, Aegypter, die sogenannten Pyg-
mäenvölker, den Modus finden, sie in das System der
afrikanischen Nationen ohne Zwang einreihen zu kön-
nen. Dann, aber erst dann werden wir die Mittel
finden, für gewisse extreme Zweige der afrikanischen
Völkerfamilie nähere Beziehuns^en auch zu denen be-
S, lilns<heti*achtungcu. ;n7
nacliu.iiui it>iuiiiaii, zunächst Europas und Asiens,
zu constatiren. Freilich müssen wir uns, um der über
der afrikanischen Ethnologie bis auf den heutigen Tag
lastenden Versumpfung zu steuern, gewisser alther-
gebrachter Vorurtheile entkleiden und müssen manclier
vielen von uns liebgewordenen Tradition auf unfreund-
liche Weise entsagen. Wir müssen z. B. den semi-
tischen Einwanderungstheorien Halt gebieten, das Ha-
mitenthum als unbrauchbaren Kram beiseite werfen,
das Kaukasierthum auf Europa und die Europäer be-
schränken, die Arier theils zu den Keilinschriften und
theils zu den Indern verweisen. Vor allem aber müs-
sen wir einen wissenschaftlichen Fetisch, ich meine den
blauschwarzen, dicknackigen, schafwoU - behaupteten
Phantasienigger ins Feuer werfen. Wir müssen die
Afrikaner bei sich selbst aufsuchen und genau er-
kunden; dazu ist aber nöthig, vorerst besser unter-
richtete, wissenschaftlich besser geschulte Reisende nach
Afrika zu senden, als dies neuerdings mehrfach ins Werk
gesetzt ist, und zwar von nationaler wie auch von inter-
nationaler Seite aus. Ich erkläre dies frei und offen
selbst auf die Gefahr hin, seitens halbwissender und
unklarer Fachgenossen von neuem des Mangels an
schuldiger Pietät gegen Vorgänger wie Mitstrebende
auf dem Gebiete der Afrikaforschung bezichtigt zu
werden !
Eine eigenthümliche Schwierigkeit bieten der ethno-
logischen Erforschung die Bewohner der afrikanischen
Inselwelt dar. Die Guanchen, die alten Bewohner der
Canarien, sind zwar hinlänglich auf ihre Berbernatur,
auf ihre Verwandtschaft mit den Imoschach im weitern
Sinne, geprüft worden. Die nigritischen Baobi's oder
Bubis, die Bewohner der Insel Fernäo do Po (Fer-
nando Po), machen auf uns vollständig den Eindruck
von schwarzen, auf jenes fruchtbare Eiland übergetre-
tenen Bewohnern der das Gebiet der Gabonmündung
bewohnenden Völkerschaften. In physischer Hinsicht
scheinen die Bubis freilich ausgeartet zu sein und unter
318
Sechstes Buch.
aiiULiiii stark von einer Art des sogenannten Yemen-
geschwüra geplagt zu werden. Auf der Ilha do Prin-
cipe, auf Säo Thome und Annobom leben heutzutage
Schlussbetrachtuugen. 319
neben Europäern und Mischlingen nur AuKoinmlinge
von Sklaven. Auf den Anjoaneninseln treffen wir als
'hner eine gemischt nigritische, den Wasuaheli
-isch ähnliche Rasse, welche arabisches und selbst
indisches oder eranisches Blut in sich enthält. Sehr
äthselhaft bleibt dagegen vorderhand Madagascar mit
-einen höchst sonderbaren, bald an das gegenüber-
liegende Afrika, bald an Indien, ja selbst an Amerika
erinnernden Naturerzeugnissen. Von der Bevölkerung
■rzählt man, dass sie theils malaiisch, theils hindo-
-tauisch, theils afrikanisch sei. Haben wir es hier in
der That mit eingewanderten und an veränderte Lebens-
t-edingungen angepassten Fremdlingen, haben wir es
mit Ueberresten einer vorgeschichtlichen, später zum
Theil zertrümmerten oder allmählich veränderten con-
tinentalen oder auch Inselwelt zu thun? Vorläufig
gibt die Wissenschaft noch keine befriedigende Ant-
wort auf diese Fragen. Es bleibt hier noch gar vieles
zu thun übrig, wie ja im gesammten Festlande. Die
alte bewährte Redensart „Semper aliquid novi ex Africa"
Nvird noch lange ihren Reiz und ihre Gültigkeit be-
liaupten. Ueber das vielfach Ungenügende der Gegen-
wart wollen wir die Hoffnung auf eine schönere Zu-
kunft nicht verlieren.
Anmerkungen.
1) zu S. 1. Pilgrime aus Turkistän, mit welchem letztem
Namen im Orient häufig die innerasiatischen Gebiete von
Chiwa, Bochara, Taschkend u. s. w. bezeichnet werden,
machen nicht selten einen Abstecher von den heiligen
Stätten aus nach Aegypten, wo man sie denn in ihren bunt-
gestickten, mit Wollfranzen besetzten Kegelmützen oder in
ihren hohen Turbanen, mit theils scharf gezeichneten, theils
stumpfen kirgisisch-gebildeten Zügen umherbummeln sieht.
Manche sind Bettlerderwische und Haschasch. (S. 194.)
2) zu S. 1. Die Delläle oder Mäkler machen sich im ganzen
Orient unentbehrlich. Sie sind z. B. sehr brauchbar bei
Einkäufen auf den Bazaren, sobald man nur vor augenfälligen
Prellereien seitens derselben auf der Hut ist. Klunzinger
erzählt, dass die in Kosser landenden Pilgrime ihre unter-
wegs aufgekauften oder erbettelten Waaren aus Geldnoth
durch den Mäkler losschlagen lassen. Waffen, Bücher,
Räuchergefässe, Stücken der schwarzen Koralle, Rosenkränze
aus diesen oder aus Aloeholz, lederne und metallene Ge-
fässe mit heiligem Semsemwasser gefüllt, Bilderbogen mit
den Ansichten der heiligen Stätten, eingewickelte Klösschen
mit heiliger Mekka- und Medinaerde, Datteln vom Grabe des
Propheten, Zahnstocher und andere Reliquien. (Vgl. Klun-
zinger, Bilder aus Oberägypten, der Wüste und dem Rothen
Meere, Stuttgart 1877— 79; 2. Aufl., S. 320.) Wir selbst fan-
den den Delläl bis nach dem Innern von Afrika hinein
verbreitet und erhandelten mit seiner Hülfe von den Funje
und Abu Rof am Guleberg jene S. 163 geschilderten Markt-
producte. Eine höchst lesenswerthe, an launigen und cul-
turgeschichtlichen Bemerkungen reiche Darstellung der Wirk-
Ramkeit persischer Delläle gewährt uns H. Brugsch in seiner
„Reise der königlich preussischen Gesandtschaft nach Persien
18G0 und 1861" (Leipzig 1863), II, 74 fg. In Nordafrika gibt
€8 aber auch Dellälehs, d. h. weibliche Mäkler. Diese haben
Anmcrkuugeu. 321
n Harems Zutritt, verschachern die oft sehr zierlichen
' reien und andern Handarbeiten der Damen und ver-
btliLii mboiiboi das Geschäft der Katbehs oder professionirten
Khokui'i>K rinnen.
3) zu S. 1. Franken, Effrendj, Singnl. Frendji, Frengi,
werden in Aegypten im allgemeinen die Inglis oder Eng-
länder, die Fransa oder Franzosen, die Sbaniulin oder Spa-
nier, die Bertukan oder Portugiesen, die Nemsa oder Süd-
deutschen und Oesterreicher, die Burusianin oder Preusscn,
Korddeutschen, die Talianin oder Italiener und die Moskob
oder Küssen genannt. Der Grieche, Rumi, zählt im all-
gemeinen nicht zu den Franken. Die Osmanen nennt man
Turuk (Sing. Turki), die Amerikaner Malekamin. Armenier
heisst Armeni.
4) zu S. 2. Der unverdiente Ruf, als Begleiter eines
preussischen Prinzensohnes ein hervorragender Arzt zu sein,
welche letztere Eigenschaft schon durch mein damaliges
jugendliches Alter ausgeschlossen wurde, verschaffte mir Zu-
tritt auch in die Frauengemächer namentlich der Suda-
nesen. Ich genoss noch mehr Zutrauen als mancher andere
reisende Arzt und gewann dadurch in ethnologischer Hin-
sicht sehr bedeutende Vortheile.
5) zu S. 3. Infolge der Bemühungen eines Sachs, Schwein-
furth, Lenz, Falkenstein, Pogge, Hildebrandt und durch
eigenen Sammeleifer habe ich ein vorzügliches osteologisches
Material über verschiedene afrikanische Stämme zusammen-
gebracht, darunter Specimina von grösster Seltenheit, über
welche ich im zweiten Bande meiner „Nigritier" berichten
werde. Einige Leichenöffnungen an Schwarzen vollzog ich
in Gemeinschaft mit Dr. Th. Bilharz im Spitale Kasr el-Ain
(October 18G1) zu Kairo und mit Dr. Alfred Peney (April
1861) im Spitale zu Chartum.
6) zu S. 3. Die Gründe, weshalb ich die Bezeichnung
Nigritier in die Wissenschaft eingeführt sehen möchte,
habe ich ausführlicher in meinem Aufsatze: „Die Stellung
der Funje in der afrikanischen Ethnologie vom geschicht-
lichen Standpunkte aus betrachtet" (in: Zeitschrift für Ethno-
logie, 1869, S. 28() fg.), dargelegt.
7) zu S. 3. Die Kigritier. Eine anthropologisch-ethno-
logische Monographie von R.Hartmann. l.Theil. Mit 52 litho-
grai>hischen Tafeln und drei in den Text gedruckten Holz-
schnitten (Berlin 1876).
8) zu S. 5. Die Musen des Herodotus von Ilalicarnassus,
übersetzt von J. Chr. F. Bahr (Stuttgart 1866), Buch II
(Euterpe), Kap. 4.
9) zu S. 6. Die koptische Sprache wird seit etwa tausend
Habtmaitn. 21
322 AnmerkuDgen.
Jahren vom Volke Niederägyptens niclit mehr gesprochen'
und verstanden, während dies in Oberägypten nach zeit-
genössischen Schriftstellern noch bis ins 16. oder 17. Jahr-
hundert hinein der Fall gewesen zu sein scheint. Selbst-
heute beten die in den Schulen unterrichteten Kopten in
ihrer Sprache. Die Bibel wird in den Kirchen auf koptisch
gelesen, jedoch in arabischer Sprache erklärt. Die litur-
gischen Bücher werden zur Zeit mit arabischen Lettern, wenn
auch im koptischen Idiom, geschrieben und gedruckt.
10 zu S. 8. lieber den „Fetischdienst der alten Aegypter"-
hat Dr. E. Pietschmann eine sehr interessante Arbeit in
der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, 1878, ver-
öffentlicht.
11) zu S. 8. Die von mir vorgebrachte Auslegung der
Osiris-Sage ist keineswegs neu oder originell, sie ist aber
jedenfalls der Denkweise und Naturauffassung der Retu am
meisten entsprechend. Osiris versinnlicht das Steigen und
die befruchtende Wirkung des alljährlich von den Begen-
güssen Central- und Ostafrikas geschwellten Nils, wogegen
Typhon, des Osiris feindlicher Bruder, die sengenden Wir-
kungen des Wüstenwindes und die dürren Monate reprä-
sentirt, während welcher letztern der Schöpfeimer und das
Schöpfrad arbeiten müssen u. s. w.
12) zu S, 8. Die Betu zwangen nomadisirende, dem eigenen
Volke und dem stammverwandten der Bedja angehörende,
sowie syro-arabische Stämme, auch Israeliten, zur Sesshaftig-
keit und zur Ableistung härtesten Frondienstes.
13) zu S. 9. Vgl. H'. Brugsch in der Zeitschrift für all-
gemeine Erdkunde, Neue Folge, XVII, 1 fg. Ferner: Ge-
schichte Aegyptens unter den Pharaonen (Leipzig 1877),
S. 730.
14) zu S. 14. Vgl. Nigritier, Bd. I, Abschn. I, Kap. IV.
15) zu S. 24. lieber die Verbreitung der Dolmen u. s. w.
vgl. Sir John Lubbock, Die vorgeschichtliche Zeit, erläutert
durch die Ueberreste des Alterthums und die jetzigen Wil-
den. Autorisirte deutsche Ausgabe von A. Passow (Jena
1874), S. 102 fg.
16) zu S. 26. Hinsichtlich der Fethawic, Redemptores,
bemerkt Wetzstein, der gründlichste und gelehrteste Kenner
echt arabischen Wesens, dass in den schwersten Fehden der
Araber, wo diese sich zu einer förmlichen Schlacht ent-
schliessen müssen, die Hauptaufgaben nicht ihnen selbst,
sondern den schwarzen Panzerreitern, athletischen Neger-
sklaven, zufallen. Diese, fast immer im Stamme geboren und,
■wie die römischen Gladiatoren, nur für den Kampf erzogen,
sind die wahren Helden der Zeltlager; sie sind jederzeit
ungon.
323
i., I. II , lui V,. 1. .\ui/i .. ..wv. »..* Klirc ihrer Herren das Leben
einzusitzen. Der Araber ist zu klug, als dass er toiles-
muthig sein sollte, wie das aueli eine Menge von Sprich-
wörtern bezeugt u. s. w\ (Zeitschrift für Ethnologie. Ver-
handlungen der berliner Anthropologischen Gesellschaft,
1878, S. 388.)
17) zu S. 26. Unter den Mauren und Maurinnen findet
man nicht selten an arabische und jüdische erinnernde
Physiognomien. Das rührt her: 1) von der Beimischung
einigen wirklich syro- arabischen Blutes; 2) davon, dass
viele der in Magreb lebenden Juden zum Islam übergetreten
sind und jetzt noch übertreten, dass sie aber in diesem
Renegatenzustande sich theils familienweise als „Mauren"
fuhren oder mit letztern Vermischungen eingehen, die auf
Kind und Kindeskind die Spuren der Provenienz hinterlassen ;
3) spielen hier zufällige Aehnlichkeiten mit, wie sie überall,
selbst gelegentlich innerhalb rein germanischer Familien
sich vorfinden.
18) zu S. 27. Die aus einer Vermischung von Berbern,
Bedja, A' ' vi\ u. s. w. mit Nigritiern hervorgehen-
den Ab; _•' erben bei der grossen physischen Ver-
wandtst'iiiUL im« i dieser afrikanischen Nationen untereinander
auch die äusserlichen Merkmale viel dauernder und con-
stanter fort, als wenn Osmanen, reine Araber, Franken u. s. w.
mit Nigritiern Vermischungen eingehen , wo es dann oft
schon nach wenigen Generationen Rückschläge zum einen
oder andern Typus der Aeltern zu geben pflegt.
19) zu S. 34. Vgl. darüber Nigritier an verschiedenen
Stellen. Die arabische Sprache verdrängt mit dem
Koran und mit den allgemeinen in diesem Idiome schrift-
lich normirten Ritual- und Moralgesetzen des Islam all-
mählich die eingeborenen Sprachen. Wo ferner die Os-
manen, deren Abkömmlinge und Anhänger sich festgesetzt
haben, wird das Arabische als officielle Sprache und als
diejenige des öffentlichen Verkehrs auch von oben herab
ganz besonders gepflegt und begünstigt. Daneben ist ja das
Arabische Hauptidiom vieler Marabouts oder Missionare und
der Derwische oder Mönche des Islams.
20) zu S. 34. Barf»n Pruyssenaere de la Wostyne im
Ergänzungsheft zu Petermaun's Mittheilungen, Nr. 51,
Theil n, S. 7.
21) zu S. 38. Obwol die im Sennar nomadisirenden Djaa-
lin noch ihrem ursprünglichen physischen Bedjacharakter
treu geblieben sind, so haben doch die am untern Blauen
Nil und am oberu Nil wohnenden Angehörigen dieser Na-
tion durch häufige Vermischungen mit Berabra, mit Schilluk,
21*
324 Anmerkungen.
Funje und andern Nigritiern den erstem eingebüsst. Vgl.
Hartmann in: Zeitschrift für Ethnologie, 1879, Heft IL
22) zu S. 40. Crania ethnica; les cranes des races hu-
maines par Quatrefages et Hamy. Mit zahlreichen Holz-
schnitten und Steindrucken (Paris).
23) zu S. 58. G. Fritsch, Drei Jahre in Südafrika. Reise-
skizzen nach Notizen des Tagebuchs zusammengestellt (Bres-
lau 1868), S. 95.
24) zu S. 59. Abbildungen der Zimbaoe oder Zimbabye
von K. Manch in der Zeitschrift für Ethnologie, 1876,
Taf. XXII, S. 185 fg., und von Th. Baines, The Gold Regions
of South Eastern Africa (London 1877), in letzterm zwei
höchst interessante photographische Platten.
25) zu S. 59. Zwei meiner hier in Berlin Medicin studi-
renden, in Südafrika geborenen Zuhörer, die Herren A. Schultz
und A. Krause, versicherten mir wiederholt, grosse indi-
viduelle Aehnlichkeiten zwischen gewissen Hagenbeck'schen
Nubiern sowie Swazi, Zulu und Suto erkannt zu haben.
Vgl. auch Virchow in der Zeitschrift für Ethnologie; Ver-
handlungen der berliner AnthrojDologischen Gesellschaft, 1878,
S. 402.
26) zu S. 60. Die Fechtweise der Masay wurde auf S. 269
dieses Büchleins erörtert, lieber diejenige der Zulu vgl.
G. Fritsch, Die Eingeborenen Südafrikas, ethnographisch
und anatomisch beschrieben (Breslau 1882), S. 130.
27) zu S. 61. Nigritier, Bd. 1, Abschnitt I, Kapitel IX.
28) zu S. 61. Die Hottentotten in ihren nähern Bezie-
hungen und in ihren Gegensätzen zu andern afrikanischen
Stämmen sind in meinen Nigritiern, I, 489, ausführlicher be-
handelt worden.
29) zu S. 64. lieber die Doko habe ich neuere, von mir
selbst in Afrika eingesammelte Nachrichten in den Nigritiern,
I, 496, veröffentlicht.
30) zu S. 65. E. Marno hat in den Sitzungsberichten der
wiener Anthropologischen Gesellschaft, 1875, zu S. 157 zwei
in anthropologischer Hinsicht völlig unbrauchbare Cari-
caturen von Akka abbilden lassen. Recht gut sind dagegen
die beiden Figuren in Oberst Chaille Long-Bey, Central-
Africa: Naked truths of naked people (London 1876), S. 264,
31) zu S. 67. 0. Lenz, Skizzen aus Westafrika (Berlin
1878), S. 117.
32) zu S. 76. Vgl. Hartmann in der Zeitschrift für Ethno-
logie, 1869, S. 135 fg.
33) zu S. 154. Ferlini's Fund in den Ruinen von Meroe
betruf Kostbarkeiten, die einer der mächtigsten auch auf
Anmerkungen. 325
den Alterthümern von Bcn-Naga dargestellten Candacen an-
gehört haben. Diese zum Theil nach Dessins verfertip^ten
Schmucksjii'lion , wie ihrer noch heut in Sennar und Abys-
sinien üblich sind, befinden sieh zur Zeit im Aegyptischen
Museum zu Berlin.
34) zu S. 160. Prof. Worsaa hat einen primitiven, stehen-
den Webstuhl von den Faröer in seinen: Nordiske Oldsager
i det kongelige museum i Kjöbenhaven, S. 159, abbilden
lassen.
35) zu S. 164. Köler's Notizen über Bonny (Jena 1843).
36) zu S. 169. Hinsichtlich des von Chartum aus ge-
leiteten durch mich mehrfach gebrandmarkten Sklaven-
raubes schrieb im Jahre 1862 G. Lejean: „Cette note etait
imprimee (juand l'auteur a eu communication d'un tres im-
portant travail, paru dans le Zeitschrift für Erdkunde de
Berlin etc. par le Dr. Robert Hartmaun. J'applaudis de
tout mon cieur a cette expression d'une indignation loyale
contre un crime permanent, qui brave, a la fois les lois de
TEurope et celles de l'Egypte elle-meme et je regrette
seulement que l'auteur ait rcstrei^t ä 15 pages un sujet qui
eüt merite un volume. La chronique du Bahr-el Gazal eüt
pu lui foumir bieu des episodes qu'il n'a pas connus etc."
(Annales des voyages, 1862, I, 268.)
37) zu S. 171. L. Magyar über den Handel von Bihe in
seinem oft citirten Werke: Reisen in Südafrika in den
Jahren 1849—57. Aus dem Ungarischen von Joh. Hunfalvy
(Pest und Leipzig 1850), I, 265 fg.
38) zu S. 182. Vgl. Dr. Wangemann, Lebensbilder aus
Südafrika (Berlin 1871), S. 12 fg.
39) zu S. 192. Duveyrier, Les Touareg du Nord (Paris
1864), S. 450, 451.
40 zu S. 193. Das Liedchen würde auf Deutsch etwa
heissen: Vermaledeit sei Kordufan, wo (in welchem Lande)
ein Soldat (des ägyptischen Vicekönigs) den Misallim (den
furischen Eunuchen und Feldherrn) erschoss (in der Schlacht
von Bara).
41) zu S. 206. Die Religion der Kopten ist die monophy-
sitische oder monothelitische, jakobitische. Oberstes Kircheu-
haupt ist der Patriarch (von Alexandrien); unter ihm stehen
Bischöfe, Erzpriester, Priester, Diakonen und Mönche. Die
Regeln sind sehr streng; häufiges Beten ist Vorschrift und
Hypokrisie an der Tagesordnung. Vgl. E. W. Lane, An
account of the manners and customs of the modern Egyptians.
Verschiedene Ausgaben. 8. Deutsch von J. Th. Zenker
(Leipzig).
326 Anmerkungen.
42) zu S. 208. Ausführlicheres über den merkwürdigen,
in Afrika sich hier und da findenden Hundecultus bei
Hartmann in der Zeitschrift für Ethnologie, 1870, S. 136—140.
43) zu S. 247. lieber die Dynastie Salomo's vgl. Nigritier,
I, 383.
44) zu S. 247. Ueber die sogenannten abyssinischen Juden
oder Falaschas vgl. Nigritier, S. 374.
45) zu S. 284. Vgl. Hartmann, Geographische Verbreitung
der im nordöstlichen Afrika wild lebenden Säugethiere.
(Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, HI, 267.)
46) zu S. 313. C. R. Lepsius, Standard Alphabet for re-
ducing unwritten languages and foreign graphic Systems to
a uniform orthography in European letters. Edit. II. (Lon-
don und Berlin 1863.)
Register.
Abibde IS.
AbanchU 24.1.
A-Bantu (KafTern). Ackorb.in und
Viehzucht i:\9. 144; BewjiflfnunR
114. 12.3; GewerbtluititfkeJt l.Ml.
Handel IIA-.
H-" ■'•■•
'■ ' Kinrich-
tung 10.1; Jak'
iunff 102;
Körperliche 1
t «X. »3;
Krie« 275; M
und
Wohnsitze 14
"ff
U<«; Rechtsv. 1
-rie-
rnng24l; RelitriM.«o \
■ rriteiuinuen
223: Sitten 17
H. ISO; Sprache 311.
Aba-Tr»knti t?11.
Aha.
AM
Ab ;
Ab
1'".4.
Ab
1(12. 121
146.
Abr.
t$ 112.
Abu-<jir«.jh 71.
Abuna 247.
Abu-Roasch .17.
Abu-Rof 1.1. 16.
2«^. 320.
Abyssinier, Ackerbau
und Vieh-
zucht 1 •.".'. 1^
11
V 14!:
]?.'w;ifTiiunK
• ig.
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K
M... . .
14. H; Nai
Kechts-
rerhiltnisae .
lutf 2-i7:
R-'-'"
•_""■
Ac)
Ac).
Acr
Acr,
Ada .'
'ator 1.1.».
: inum M.'i
Adamprah 271.
Addax 2'<3.
Adinioku 252.
Adjao-Gala 19.
Adjem 107.
Adulis 14.
Afer (s. Danakil) 8. 14. 1-
Affen 13.'). 1.54. l«;l. 27H.
Affenbrotbaum 147. 1H3.
Afrika (s. auch Innerafrika), 1. 3;
Ackerbau und Viehzucht 126. 13«;
Bewaffnunff llß; Fischfang 2^*4;
Gewerbthätiffkeit 1.5«; Handel 151.
187 ; Häusliche Einrichtungen 98.
105; .Tagd 2><0: Kleidung 107. 111.
Körperliche Beschaflfenhoit 70. 77;
91; Krankheiten 2'.«9. 30*'.; Krieg
270; Menschenstäninie 20; Nah-
rung 145; Rechtsverhältnisse 254;
Religiöse Vorstellungen 205; Sit-
ten 75; Sklaverei 250; Sprachen
308; Schlussbetrachtungen 319;
Anmerkungen 320.
Afrikanische Völker 319.
Atfagir 13. 2«l.
Agau, Jagd 281; Körperliche Be-
schaffenheit 80; Meuschenstämme
18. 19; Rechtsverhältnisse 2«^0;
llPL'ifriim/ 'Jl7- Si)r:icli('M IllO.
Aghas 1.
Aegoceroi 2'*4.
Agra 97.
Agriessteine 214. 262
Agrumi 1. ."lO.
Aecy " -inch Ahi^m'^'i" 1;
A Viehzucht 126. 144;
G. koit 1.53; Handel
iie Einrichtung 9'<;
328
Register.
Jagd 280; Kleidung 106, 111; Kör-
perliche Beschaffenheit 68, 76. 96 ;
Krankheiten 299; Krieg 267; Men-
Bchenstämme 5; Nahrung 147;
Ilechtsverhältni8se254; Kegierung
227; Religiöse Vorstellungen 205;
Sitten 188; Sprachen 309; Schluss-
betrachtungen 316.
Ahogar 28.
Aito 249.
Akazien 118.
Akazienholzkohlen 156,
Akil (s. Makabantu) 81, 250,
Akka, Bewaffnung 121 ; Körperliche
Beschaffenheit 94. 96; Menschen-
Btämme 64; Regierung 252.
Akkra 312,
Aksum 14, 247.
Akwapim 312.
Alaka 212
Alexandri'a 1, 71, 126. 249, 283.
Alga (Bettstelle) 106.
Algier , Algerien , Algferie, Acker-
bau und Viehzucht 137; Men-
schenstämme 26, 27; Regierung
227; Sitten 193; Sprachen 310.
Ali-Bey 231,
Allah 16, 212.
Aloa 11. 41, 49. 268,
Aloe 138,
Altägypten 155, 203, 310.
Altchina 153,
Altkairo 1,
Altnubien 155,
Amabutu 242,
Amachlosi 224,
Amafengu 56. 244,
Amaholi 243.
Amanokal 245.
Amapagati 241,
Amaswazi 55. 224.
Amatabele 54. 253, 26«,
Amatonga 55.
Amatongo 224.
Amatungula 130.
Amaxosa 54.
Amazigh 245.
Amazonen 277.
Amazulu (s. Zulu), Handel und Ver-
kehr 178; Häusliche Beschaffen-
heit 105; Krieg 268; Menschen-
Stämme 54; Religiöse Vorstel-
lungen 224; Sitten 178.
Ambadj 175.
Ambakka 170.
Ambatch 285.
Ameisen 135,
Amenemha 18,
Amenhotep 10. 75.
Amerika 91. l.io. 319.
Amhara 81, 206.
Amharinja 310.
Amon-IU 75.
A-mrara 145.
Amr-Ibn-el-Asi 9.
Amulet 113,
Anahuac 74, 153,
Anchylostoma 302,
Andries Waterboer 62,
Angareb 188, 208.
Angola, Ackerbau und Viehzucht
127. 138 ; Handel und Verkehr 170 ;
Menschenstämme und "Wohnsitze
52; Regierung, Staatsverfassung
241; Sprache 311.
Anjoaneninseln 319,
Anna Xinga 277.
Annobom 318.
Anona senegalensis 129.
Antilopen 109. 135. 159. 210. 280.
Araber 2; Körperliche Beschaffen-
heit 71; Menschenstämme, Wohn-
sitze 8. 25; Nahrung 152; Rechts-
verhältnisse 257; Sitten 194; Spra-
chen 313.
Arabie (Wagen) 75.
Arama 48.
Ardjinoma 233.
Argin 7.
Argo 7.
Arier 2. 309,
Arkiko 250,
Armenier 1. 26.
Amanten 1. 185.
Arsch 244.
Artischoken 132.
Artocarpus 129.
Asaker 168.
Aschanti, Bewaffnung 116; Häus-
liche Einrichtungen 101 ; Kleidung
109. 113; Krieg 271; Menschen-
stämme 47. 53; Rechtsverhältnisse
261 ; Regierung 234 ; Religäöse Vor-
stellungen 213; Sitten 191. 198 j
Sprachen 312.
Aschantipfeffer 131. 152.
Asfa Wusen 207.
Asien 134.
Assagaien 276.
Assida 147.
Atbara 12. 281.
Ateuchus Ägyyptiorum 208.
Aethiopier 2. 14. 268.
Augenkrankheiten 304.
Augurien 209.
Auraris 281.
Azdjer 245.
Azteken 223,
Babongo 102. 290.
Babylon 1.58.
Bacharnegasch 248.
Badimo 224.
Baganauoa 225.
Register.
829
i Ajrur« 1<». 193. SfiS.
kerbau und Viehsucht
'!innirl2A; KIoidunglOH.
. , Wohnaitze 34.
k' 2S4.
S'* ; Kcgiemng
Banihus US. ir>;i.
Bana 209.
Bananen 72. Ti«. l».i.
Bandorabe 4i*.
Banka i»l.
Bantetsche 11.'..
Banyay S4. 2<k
Banra-n'-Konyo IMO.
Baobab I.W.
Baobi?. Buhig :n7.
Bara IM. l'.«3. 271.
Baraka 132.
Barbareskenstaaten 2.
B.ir.l. !i \':<?..
KiUT
115
41 ; ^
it^ruug ■^•^':f\
511.
r.ark. ■. ; ,.
r.i-a ■;!-.
!;.-»<-.ii (Ba»i...., .,,. , ..
■:.i'r.i 1.
i a>tardhottentotten 62. 2S^.
i;a*ttuch lft.^.
Ba«!itn, Acktrbau und Viehzucht
1H>; Kleiduntf 10?*; Regierung 242;
Sitten I7y. 1«2. l^h; Religiöee
Vorstellungen 216.
Rata 240.
Batalha 98.
Bataten 127. 147.
Batoka 54. 199.
Batonga 55.
Bn
t«A<«tlS "^ll
n.
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1 \ iciiziuiit l.U;
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. .iidel V'\: H-tM^.
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t 70; K
. 11. IS. :,■,.; Nah-
ling 231; Sitten
••■i r.»2.
•-•02.
II 15.
45. 283.
Beiaui 30.
Beled-Sudan 227.
PoIf>ma 211.
i; : : i-clien-Garden 2.50.
i;. ::-.i :{12.
H.iiK.iid 249.
Benguella, Ackerbau und Viehzucht
12«. 142; Handel 170; Menschen-
'1; Rechtsverhältnisse
se Vorstellungen 266;
11.
Bfiii-Aiinr "_';•.
Beui-Hassan 297.
Benin 101. 191. 214. 234.
Benomotapa 5h.
Berabra (Berberiuer), Ackerbau und
Viehzucht 140; Bewaffnung 11«
GewerbthätiKkeitl55; Handel 168
Häusliche P^iurichtungen 105
Kleidung UK». 114; Krankheiten
299; Krieg 270; Menschenstämmo
7. 18; Nahrung 147; Regierung
229; Sitten 179. 19«; Sprachen
310.
Berbern, Ackerbau und Viehzucht
138, 142: Bewaffnung 116; Häus-
liche Kinrichtungeu 102; Jagd
Körperliche Beschaffenheit 77 ;
M. .,>., h. ,,«tamme 11. 61; Rechts-
257; Sitten 177. 192:
Berikimo «>6.
Bernsteiuperlen 112.
Berred 112.
Berr-el-Arab 193.
Berta, Ackerbau und Viehzucht 129;
Kleidung lOH. 111; Körperliche
Beschaffenheit '.H): Krieg2«;9; Nah-
rung 147; Regierung 227; Reli-
giöse Vorstellungen 208; Spra-
chen 311.
Berun (Burun) 34. 115. 121.
Beryllen 105.
330
Register.
Besä (Antilope Beisa) 231.
Bescharin 14.
Betchuana (Betchuanastamm),
Ackerbau und Viehzucht 137 ;
Häusliche Einrichtungen 100;
Jagd 287; Menschenstämme 54.
61; Regierung 243; Religiöse Vor-
stellungen 226; Sitten 179. 192.
Bettan 66.
Bey (Bei) 1. 228. 283.
Bicho-de-pfe 145.
Bida 24.
Bidduma 34.
Bihe 171. 268.
Bilbil 151.
Biled-el-Djerid 129.
Binsenratten 146,
Biseli 169.
Bitobo 211.
Blauer Nil 34. 46. 143. 189. 211.
Blemmyer 38.
Blutrache 258.
Boer-Republiken 116. 280. 295,
Bogos 18. 80. 102. 264,
Bohon-Upas 305,
Bongo, Gewerbthätigkeit 156; Han-
del 168; Kleidung 111; Körper-
licheBe8chaffenheit96; Menschen-
stämme 41; Nahrung 146; Reli-
giöse Vorstellungen 211 ; Sprachen
311.
Bonny 101. 164. 251.
Bonzen 73.
Borassus Aetfnopum 129.
Borgu 34.
Bornu, Bewaffnung 125; Handel
175; Kleidung 108. 113; Menschen-
stämme 39; Regierung 233; Reli-
giöse Vorstellungen 208; Sitten
197; Sprachen 311.
Bos brachyceroa 264.
Boswellia papyrifera 132.
Bowani 269.
Brakna 27.
Braminenzebu 142.
Brasilien 91. 289.
Braas 127. 251.
Brayera antheUninthica 301.
Brouzefarbe 82.
Bubonen 299.
Budda 211,
Buddhismus 257.
Buenos-Ayres 91.
Büffel (Boa cafer) 13. 148. 264. 281.
Bugalten (Bedja) 14.
Buka 14.
Bulak 2. 6.
Bulal» 39.
Bullom 312.
Bunit (Bunek) 209.
Burma 105.
BuBchböcke 283.
Buschmänner, Bewaffnung 121;
Häusliche Einrichtungen 102 ;
Jagd 287; Kleidung 108; Nahrung
146; Regierung 252; Sprachen 305;
Wunden 305.
Butyrospermuni 127,
Byssus 154.
Cabocirs (Häuptlinge) 51. 239, 261.
273.
Cachassa u. s. w. 151.
Cacongo 241.
Cactus opuntia 130.
Cafe au lait 70.
Calabar 84.
Calabarbohne 218.
Camerun 53.
Campas 93.
Canarien 317.
Candace 14. 159.
Canots 175.
Cap 56.
Capcolonie 54. 61. 97.
Cap Finisterre 25.
Capisch-Hottentottisch 311.
Capland, Jagd 278; Krankheit 301;
Regierung 243; Sprachen 309.
Cap Lopez 241.
Caypora 212.
Centralafrika, Ackerbau und Vieh-
zucht 126; Handel 168; Krank-
heiten 307; Nahrung 152; Reli-
giöse Vorstellungen 211 ; Sitten
183. 193. 203; Sklaverei 292.
Centralasien 187.
Centralsudan, Ackerbau und Vieh-
zucht 128. 134; Gewerbthätigkeit
155; Verkehr 164; Religiöse Vor-
stellungen 205.
Chartum 129. 169. 228.
Chato 132.
Chetschwayo 116.
Chetiter 71.
Chilene 41.
Chimpanse 90. 141. 285.
Chimpaiksefell 121.
China (s. auch Altchina) 138.
Chinsasa 265.
Chiwa 107.
Choera 179.
Cholera 299.
Chont (To)
Christensklaven 25.
Chum (Strychnos innocua) 130.
Church Missionary Society 312.
^idade de Mogambique 98,
Civilrechts-Codex 261.
Clans 51. 62. 250.
Claudius 14.
Coanza .52. 212. 264.
Colocassiawurzeln 147.
Colonnadenthaler 172.
Register.
331
neo . H»n<IH
171:
Krankhtitrn
net«cb«s HA.
'luDff<>n
210;
Diamantfolder 99.
«•n an
Dickagare 'iJK.
Dif»«» CAnt. d^fatta) 2S0.
Diffma 23.1.
161.
Dijok 210.
J<,
Dikale .112.
DinRi«wayo 241.
■■i.
Diodor 14.
177.
Pjaalin. n.worl.tl.ntigkeit 154 ; Han-
1 ^'111; Menscben-
J07.
i 177.
reuatcifc 281.
Darhahanf 9«.
; Kegierung 2.14.
>r9tellungen 214;
-tich des Nils 202.
.lokami 107.
1 (8. Afer) 14. IS. 19. 102.
^lamraed Guerandj) 247.
.■>o.
Fi:t). Ackor1.au un.l
n.
228.
^pum)
ninka. Ack«»rh»u nnd
Ha:
per!
1 'erwische l.'i.
■ mrae
Kie-
. ;iigen
2:^:..
Djanhai 259.
Djebelauin 20<).
Djema« 257.
Djenge 42.
Dj«rad (Einh. i)i..ri,i. r-r
Djerebin ins
Djidda 71. 1.':
Djuba 309.
Djur 42.
Djurdjura 77. .104.
Dochu 12ß. 163. 147.
Doko, Bewaffnung 121; Jagd 24C;
Körpecliche Beschaffenheit 94;
Menschenstämme 63; Nahrung
146; Regierung 252.
Dolmen 23.
Dompalme (Hyphaene thebaka) 129.
Dongo , .Sklaverei 294.
Dnnsjola, Ackerbau und Viehzucht
'J: Häusliche Einrichtungen
..'idung 107; Sitten 1S4. 193.
rohrrtote 73.
It.mbüsche 1.1H.
Dornenfeige (Tin schoki) 150.
Dowisch 27.
Dowla 172.
Drawing-Room 90.
Dromedar 2Hi». 270.
Dschagga 14.
DuaUa 312.
Dubaim M2.
Dubbani-Danakil <<1.
Durra, Ackerbau und Viehzucht
l->.. u .n.i.-i 163; Menschenstämme
t? 147; Regierung 232;
Vorstellungen 20H.
Dv=...... .. .JJ.
\z 1.54.
Eibisch (Bibiicus etculentutj 132. 147.
Eidechsen 145. 146.
Eierpflmumea 147.
332
Register.
Einhufer 144. 278.
Elefant 13. 112, 123. 136. 145. 154.
Elefantensöhne 276.
Elephantiasis 300.
Elenantilope (Oreas canna) 145.
Elfenbein 119. 180. 196. 232.
Elliria 250.
El-Nimr (Melik) 37.
El-Obed 283.
Elohim 229.
El-Kif 27. 77.
Empacasseiro 70. 264.
Empacasseirobund 264.
Enarya 152.
Endivien 132. 217.
Engandas 179.
Ennyay 209.
Enset 128.
Epilobium 127. 138.
Epizoen 301.
Eppich 131.
Erdnuss (Arachis) 127.
Erombe ya loma 238.
Erze 162.
Esel (brasilianische) 134. 162.
Esneh 194.
Eunuchen 229. 272.
Euphorbienmilch 122.
Ewe 312.
Fadassi 227.
Fakih 16. 50.
Falascha 18. 81. 247.
Falken 281.
Falkenbeize 280.
Famaka 211.
Fan oder Faon 44. 52. 108. 119. 122.
Fanti 312.
Faruch 168. 270.
Fascher 232.
Fasoglo 24. 80. 130. 152. 208.
Fatcha 260.
Fazogloberg 2.
Feige (Ficus carica) 129.
Fellach (Mehrh. Fellachin) 1 ; Ge-
■werbthätigkeit 155; Handel 161;
Kleidung 111. 116; Körperliche
Beschaffenheit 71; Krieg 271; Men-
schenstämme 7; Sitten 201; Skla-
verei 290.
Felup 121.
Fema 2.54.
Ferdah 107. 282.
Ferlini's Fund 154.
Fernambuk 163.
Fernäo de Po, Fernando Po 317.
Fesan 38. 50.
Fethawie 26.
Fetisch (Feitisso) 207. 213. 222. 265.
294.
Fingoes 56.
Fiodh (Fiod) 197. 253. 312.
Florida 216.
Flusspferd 11. 148. 284.
Francolin (Hühner) 288.
Franken 1. 25.
Frettchen (Mustela furo) 140.
Fugoma 233.
Fuka (Hafuka) 294.
Fukaha 16.
Fukra 16.
Fulbe, Fellata, Fulan, Ackerbau
und Viehzucht 139. 149; Bewaff-
nung 121; Kleidung 114; Men-
schenstämme 38. 44; Regierung
233. 251; Religiöse Vorstellungen
206; Sitten 177. 203; Sprachen 309.
Fulfulde 312.
Fumo-Ansewa 237.
Funje 2; Ackerbau und Viehzucht
134; Bewaffnung 118. 123; Gewerb-
thätigkeit 159; Handel 164; Häus-
liche Einrichtungea 105; Jagd
281; Kleidung 108. 111; Körper-
liche Beschaffenheit 70. 83; Men-
schenstämme 11. 17; Nahrung 148;
Religiöse Vorstellungen 208; Sit-
ten 175. 183. 196; Sprachen 311.
Funje-Sultanat 35. 52. 247, 268.
Furaua 271.
Eurer 10. 234. 271.
Futadjalon 34.
Futatoro 39. 143.
Futne 163.
Gabon 196. 210. 266.
Gabonmündung 317.
Gabon-Nigritier 53.
Gabonterritorien oder Gebiet 44. 84.
312.
Gadjaren 251.
Gaetuler 23.
Gala, Ackerbau und Viehzucht 129.
142; Bewaffnung 117. 122; Häus-
liche Einrichtungen 105; Kleidung
108; Körperliche Beschaffenheit
81 ; Krieg 269 ; Menschenstämme
14. 19; Nahrung 145; Religiöse
Vorstellungen 206. 215; Sitten 180;
Sklaverei 290; Sprachen 309.
Galloa 84. 114.
Galvanized iron house 99.
Gambia 266.
Ganga 226.
Garamanten 38.
Garieh-Beda 290.
Garieh-Sudeh 290.
Garieh-Habeschieh 290.
Garrad 156.
Gattas 235.
Gau (ägyptisch Hesep) 5.
Gaucho 92.
Gazellen 13. 280.
Kopist er.
333
ClnitHlpnftus« 47.
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Hamaücii 4t',.
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Hftiriiton 1>. :«01».
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Ha*.4ji-Wuaa iWulkU Nimr) 37.
Haschascli VJ4.
llaseu (Lepua aegyptiacus) 2H0.
Hator 7.'>.
Haupt-rurras 26.'».
< r :, , .,;,.
HausaHtämme (Hausa), Gewerb-
(.ri.ilieu i. 1«. *^."). IIb.
thätiKkeit i:>7; Häualiche Eiurich-
(iri.ts 1S9. \'H.
tuiiKen 104; Kleidung 111; Meu-
<'- ' •- L'.vr
sclifUBtämme 41»; Sprachen 311.
( ; , -,2.
Hauskatze 134.
< 17*.
HauBziege 140.
tmi'v i.-.-.
H' .--Araber 37.
Guerri Ilakrieg .17.
Hfduincii 1.').
Gngn 149.
Ij I.W. 1«3.
Guinea ' ' '
Ilibib 226.
li-i.
M 77.
wer
Idris 163.
Hai
124. 147.
\h\:
H (Säulen des) 24.
giö^ _ .
-täninie 56. 178.
189.
Hir.-dot .'i. 245.
Guissama .'.'.'.
Himraa 213.
Gulfrir.' -.'i".!).
Hindu 97.
< H. 3.i. S4. 129. 163.
Hf.ka 21^.
< zöaiach 38.
Holländer 271.
< :i.
Homer (53.
Guudct 1'71.
Homo hottentottuB 96. 287.
Gunnia-Tiquoa 22<^.
Homran 11. 18. 282.
Gura 271.
Honig 14«.
(Jurasrie 20.
Houigdachse 188.
Gu88 odtr Mamlukken 291.
Horscsickuesa 143.
Guy.iiia-* '.'•«7.
Hormos 162.
Hottentotten, Ackerbau und Vieh-
zucht 13H ; Bewaffnung 121 ; Hau-
,1, 1 i.,T Ki.idungl80; Körperliche
11 keit LW;
u^it 95; Menachen-
1 ^ ; Nahrung
61; Regierung 252;
i ^.... Voratellungen 226; bit-
1
ten wl.
1
Houria 51.
1
Huitzilipochtli 223.
i imcd-cl-Amin 50. 17^.
Hulk 167.
i o. 17s.
Hunva 27ß.
i
Hy • 159. 188. 211. 280.
1
11 144.
i
H.
ii
Hvk-..- ■■■.-.
11
H
1' jnoturouifsj l'Ji.
Jan Kompune 213.
1 ;.
Ibis (Uarpiprion Uagedath) 22.>.
1 la (Prinz) 280.
Ibrim 7.
lluiuaaryaä-PaTiane 281.
Ichneumou 281.
334
Register.
Ihogaren 24. 245.
Jibbir 251.
Ilha do Principe 318.
Ilmorma 19.
Iltis (Mustela foina) 140.
Imam Schafey 184.
Imoschach (Einh. Ämoschach) 22.
Imrad 29. 245.
Inarya 20.
Indianer 167. 177.
Indien 153.
Indiens (Himalaja) 128.
Indigo 127. 163.
Indoeuropäer 2.
Induku 118.
Induna 242.
lufima multitudo 51.
Ingassana 34. 83.
Ingeir 63.
Innerafrika , Ackerbau und Vieh-
zucht 145; Handel 170; Krank-
heiten 249; Menschenstämme 60;
Nahrung 147.
Innersudan 164.
Inslimen 245.
Jomnium 24.
Ipsambul 70.
Ischan 178.
Ischoggo 159.
Isiduta 216.
Isimportlo 242.
Islam, Häusliche Einrichtungen 98.
109; Kleidung 107; Körperliche
Beschaffenheit 77; Menschen-
stämme 15. 50; Nahrung 151;
Rechtsverhältnisse 258; Religiöse
Vorstellungen 209; Sitten 184;
Sklaverei 290.
Ismail-Pascha (Prinz) 37.
Ispahan 1.
Itongo 224.
Jurama 233.
Izinsizwa 242.
Kabaka 20. 230.
Kabberu oder "Walgie (Canis si-
mensis) 20.
Kabinda 222.
Kabiskema (Schwerter des Sultans)
2K4.
Kabs-el-Tor 151.
Kabyleh (Mehrh. Kabail) 27.
Kabylie (Kabylen), Körperliche Be-
schaffenheit 77. 97; Menschen-
Stämme 24 ; Rechtsverhältnisse
257; Regierung 244.
Kadi 2.54.
Kadi-el-Arab 32.
Kadje 54. 203.
Kadzia 281.
Kafa 20. 60.
Kafal 132.
Kaffern, Bewaffnung 123; Gewerb-
thätigkeit 158; Handel 167; Jagd
280; Kleidung 108; Menschen-
stämme 52. 58; Nahrung 150; Re-
ligiöse Vorstellungen 216. 224;
Sitten 183; Sprachen 311.
Kafferkorn 112. 126.
Kaffraria oder Kafirland 116.
Kahira 75.
Kairo (s. auch Altkairo) 7. 71. 107.
202. 228. 231. 283.
Kajaja-Kajangola 237.
Kakerlaken 297.
Kalasyrier 267.
Kalebasse 200.
Kalidscha 209.
Kalihari 57. 280.
Kaliharisteppe 56. 132.
Kalkutta 97.
Kamele 252. 283.
Kamelzucht 168.
Kamrasi 297.
Kanembu-Lanzenträger 50. 121.
Kanemin 233.
Kauikis 172.
Kannibalen 44.
Kanori (Kanuri) 38. 120. 161. 811.
Kanun 195. 257.
Kappernpflanze (Polanisia) 148.
Karakuse 132.
Kaross 108.
Karthager 26. 172.
Kasa (Kaiser Theodor, Tedrus) 18,
Kasalma oder Kadjelma 234.
Kassr-el-Nil 231.
Kasay (Kaiser Johanös) 18.
Katagum 193.
Katamatu 237.
Katarakt 174.
Katekiro 230.
Kauar 38.
Kaukasier 2. 20. 309.
Kauris (Kaurischnecken) 112. 116,
164. 203.
Kawele 165.
Kebab 147.
Kedesch 71.
Kefn 187.
Keiskamma 54.
Kellui (Tuarik) 38.
Kemage 195.
Kene 8.
Kenia 19. 204.
Kenkob 66.
Kens (Kenus) 7.
Keutake (s. Candace) 154.
Kerekberg 159.
Kerri 118.
Kesila 294.
Ketchwayo 243.
Khalifen 280. 204.
Khartum (s. auch Chartum) 10,
Kharif (Regenzeit) 13.
Ixopistor.
335
uh ChedU,
iy. iry. im), lyy. 280.
.'(* $picigtra) 127.
26.
au 266.
213.
uininata) 152.
:iUS8 275.
it 18.
ila-n' Bihe 237.
i 14:<.
iri .^U.
Mtii..- 1U7. 2^1.
!»el 1U7. 194. 227.
Koran ^6. »1. 164. 183. 187. 228.
Korana 62.
K.-,..an 12.'i.
ifan 10. 16. 45. 127. 195. 228.
K , ;iiu.
K thiere (CjfchpidenJ 302.
K: • . Tl.
K- ■ .
K -,
Kr-,
K' -..kr;!!!!!-!! l.i'j.
K 17>>. 312.
Kr. im 211.
Kabbah 189.
Kudclam 251.
Kudu 2S2.
Kithautilope 282.
Kuka 50.
KiikiA 47.
Kulan oder Gurkur L'ty.
Kulbcda 120.
Kuniassi 51. 101. 169. 21.«.
Kunama 46.
Kuuafe 147.
Kiinene 54.
Kiinta 2:{3.
Kanta-Schek 49.
Kurbary 49.
Kurde Ali-Bei 2.11.
Kurden 2r,. 1k7.
Kurdistan 75.
Kusch (.*^udan) 172.
Kuskussu 147.
Kusso Hol.
Kuvrukuta-Kanga-Asabi 265.
Lablab (Dolichos lablab) 132.
Lade 250.
Lahaita Ibn Ibrahim 81.
Lappen 67.
Lasan (Aizanas) 14.
Lasta 81.
Lataku 62. 250.
Leembe-Eheu 1S4.
Lege oder Loge 2.jO,
Liambay 58.
Liambye 243.
Liberia 152.
Libyer (Libu, Tamhu) 7. 23. 27. 77.
Lika 243.
Limpopo 61.
Loanda 264.
Loango 52.
Loangogebiet 52.
Loangoküste 197.
Loda 201.
Lotosbäume (Zixyphus Spina Chriiti,
Diospyros Mos) 130.
Louisiana 216.
Löwen 154.
Luba 209.
Luchme 147.
Lunda 237.
La oh 46.
Lnpinen 126.
Liueme (Medicayo tadco} ^■J^^
Laqueui 240.
Maccarthy 271.
Marin 312
M :
M
2dade;raxicb''
336
Regfister.
Madrakal 18.
Mafitte 55.
Magdala 37. 301.
Magreb (Magrebin) 2; Ackerbau und
Viehzucht 126. 140; Gewerbthätig-
keit 157; Handel 161; Häusliche
Einrichtungen 98 ; Jagd 280; Klei-
dung 111; Krankheit 304; Kör-
perliche Beschaffenheit 77; Men-
schenstämme 632; Nahrung 145.
150; Keligiöse Vorstellungen 205;
Sitten 179. 194.
Mähnenschaf 139.
Mähnenmouflons (Ovis tragelaphus)
139.
Mai 147. 232.
Maini 75.
Mainta 233.
Makabantu (Akil) 81. 250.
Makada 246.
Makoapa 59.
Makonde 115.
Makua 225. 311.
Mala 233. 212.
Malaguettapfeffer (Xilopia aethio-
pica) 131. 152.
Malekamis 172.
Malikiten 184.
Malta 25.
Mambo 237.
Mamluken 107. 291.
Mamur 219.
Manawatschi 271.
Mandinka (Mandingo, Mande), Be-
waffnung 121; Kleidung 108, 103;
Menschenstämme 39. 41 ; Sitten
203; Sprachen 312.
Mandjaruma 286.
Mangaka 222.
Mangala 203.
Mangandja 111.
Mani 241.
Manihot 127.
Mantati (Bamantatisi) 61.
ilantis 226.
Manyema 85. 114. 285.
Maosu 311.
Marabout 28. 245.
Marabufedern 163.
Marder 145.
Margi 120.
Marimba 198.
Marma-Kullobe 233.
Marokko (Marokkaner) , Gewerb-
thätigkeit 157; Handel 170; Häus-
liche Einriclitungen 105; Korper-
licheBeschaft'enheit 77 ; Menschen-
Btämrae 27. 48; Kegierung 227;
Sprachen 310.
Marquez 241.
Marsala 230.
Masay 118.
Masohona 54. 115.
Massassi 49,
Maseli 55.
Masindi 271.
Massr-el-Qahireh 1.
Mauretanier (Mauren) , Ackerbau
und Viehzucht 134; Kleidung 111 ;
Körperliche Beschaffenheit 78 ;
Menschenstämme 24. 24; Kegie-
rung 239.
Matabele 311.
Matabelezweig 60. 225.
Matamba 265.
Matambue 115.
Matat (Pias Kimek) 249.
Matongo 311.
May-Gogwa 37.
Mazyes (Mazigh, Amazigh, Imo-
schach) 245.
Medinawurm (Filaria Medinensis)
302.
Medjlis 229.
Mehemed-Ali 202.
Mekka 15. 50. 188. 202.
Mekono 264,
Melik (Fürst) 36. 104. 229.
Mellach 147.
Melle oder Melli 48. 205.
Mellinke 48.
Melot oder Molot 134.
Meluchie (Corchorus) 132.
Memphis 75.
Menes (Mena) 5.
Menhir 23.
Menilek 206.
Mensa 80. 102. 260.
Menzuleh 8.
Merem 154.
Merhaka 150.
Merikanis 172.
Merisi 57. 151.
Meroe (Bedjerauie) 155. 159. 162.
Meschhed 1.
Mesopotamien 26. 257.
Midab to Bedjauie 311.
Midgan 251.
Milizen 276.
Minareh 75.
Misallim-el Machdum 292.
Mischmisch 147.
Misraim 75.
Missionare 28.
Mistrema 243.
Mittelamerika 128.
Mittu (Luba) 42. 47. 54. 111. 145.
Mkanu 253.
Mlunga 209.
Modimo, Morimo, Morimmo, 223.
Modus (Cassia Arereh) 112. 156.
Mohabber 260.
Mohammed-Ali-Pascha 35. 255.
Mohammed-Bey-el-Defterdar 37.
Mohammedaner, Nahrung 151; Ke-
gierung 247; Sklaverei 291.
Register.
337
MohnrraTitnriro (Antilope Dama)
Eil
114
\(korbHuuud Viehzucht
^ tffuung 120; Go-
IM ; Häusliche
i'..; Kleidung U>i* ;
1.' :{y; Reprie-
\ orstellungou
iskeii) 2«5.
iillilc Iti ; Ut-
>8«» Vorstel-
■u 1S7.
inbe 237.
NO .-.-J. 236.
vizas) 237.
lN»i.
bäum 131.
Naget hiere 13.V
Nebbek 131.
Nedjd li».
NegeralbinoB '.".•".
Negerhirse (Ihtrrah, Soryhum) 112.
12r,.
Nogros 110V08 ;»2.
Nogus Nagast 246.
Nfkao 172.
Nooj.hyten 207.
Nosfielart (Urtica nieea) 127.
N o Uli gyp teil 203.
Xgornu 234.
Ngwa 122.
N'iam-Niam, l{«*waflfnung 120; Han-
del 168; Jagd 28.'.; Kleidung lUS.
114; Körperliche Beschaffenheit
8.1; Men8chen8tänime42. .'>2; Nah-
rung 145; Regierung 227; Reli-
giöse Vorstellungen 212; Sitten
IS»»— 1%; Sprachen 311.
Niarabari 311.
Niederguinea 101.
Xigilla 181.
Xigritier (Neger) 3; Ackerbau und
Viehzucht 133. 143; Rewaffuung
118; Handel 161. 174; Häu.^liche
Einrichtungen 106 ; Jagd 2S.'i ; Klei-
dung 112. 116; Körperliche Be-
schaffenheit 70. M. 86. %; Krieg
269; Menschenstäuiiue 7. 19. 3i».
.'.1. 61; Nahrung 148; Rechtsver-
hältnisse 2.17 ; Regierung 236; Re-
ligiöse Vorstellungen 2l>4 ; Sitten
181; Sklaverei 292.
Nigritierfürsten h'l.
Nil (8. auch Blauer und Weisser
Nil), Handel 172; Körperliche Be-
schaffenheit 73: Menscheustämme
N; Religio«- Vnrst..lluin.'.ii -.Md;
Sitten 2ti-J.
Nilanne 61*.
^'i'Vizien 7..
»rakt 10.
1, Gewerbthätigkeit l.'>4 ; Han-
ur. 169; Körperliche Beschaffen-
heit 72; Nahrung 131.
Nilpferd (8. Flusspferd) 13.i.
Nilthal, Ackerbau und Viehzucht
127. 138; Kleidung 106; Menschen-
Btämme 8; Sitten 192; Sklaverei
291.
Nimia Luqueni 240.
NiTiivr \h'A.
<C*p) 17.%.
fMttPntotten 62.
Naui-,
8C)>.
Nawab 'M.
Habtjsa:
.n 260.
Ackerbau und Vieh-
131. 134; Handel 16s ;
22
338
Register.
Jagd 289; Menscheustämme 23;
Nahrung 152.
Nordarabieu 19.
Nordcap 2ö.
Nord-Dongola 11,
Nordostafrika 141 208.
Nordwestafrika, Ackerbau undVieh-
zucht 140; Mouschenstämme 6;
Sprachen 310.
Noria 148.
Noro, Nor 212.
Nsanga 193.
Nuba, Noba, Ackerbau und Vieh-
zucht 140; Bewaffnung 120; Ge-
werbthätigkeit 15(3; Körperliche
Beschaffenheit 85; Menschen-
stämme 34. 46; Sprachen 311.
Nubier 1 ; Ackerbau und Viehzucht
126. 134; Häusliche Einrichtung
100; Jagd 280; Körperliche Be-
schaffenheit 7(;; Krankheit 299;
Krieg 2tj8; Menschenstämme 10;
Regierung 23G; Sitten 187. 203.
Nuer, Bewaffnung 117; Kleidung
111; Menscheustämme 42; Regie-
rung 249; Sitten 183; Sprachen
311.
Nuk CGuitotia) 127.
Numidien 23. 205.
Nupe 312.
Nyassa 311.
Nyekomm 210.
Nylstroom 59.
Oasen 310.
Oasenbewohner 105.
Oberägypten 11.
Oberguinea 101.
Obernubier 172.
Odzi 1«8.
Oganga 218.
Ogowe 52. 210. 285.
Ogun 251.
Okande 84.
Ollakiberg 10.
Oelpalnie (Elaeis) 127. 105.
Olumo 251.
Omar-el-Kancmi 233.
Ordalien 213.
Orma 14. 19.
Orangen 130. 148.
Oranjefluss 54. 62. 127.
Oranje-FrJjstaat 116. 242.
Osiria 74. 210.
Ostafrika, Bewaffnung 116; Gewerb-
thätigkcit 155; Jagd 289; Men-
Bcheustämme 18. 20; Nahrung 152;
Regierung 2.54; Sitten 198.
Ost-Sudan, Ackerbau und Viehzucht
130; Handel 168; Häusliche Ein-
richtungen 105; Krankheit 298;
Monachenstiimmo :{7; Nahrung
150; Religiöse Vorstellungen 216;
Sklaverei 291; Sprachen 312.
Otyi-Herero 311.
Ova-Herero 54.
Owambo 54. 911.
Padischah 228.
Pagazi 135.
Palästina 19. 26.
Palaver 152. 179. 253.
Palmöl 115. 180.
Pampas 92.
Pänat 216.
Pandanus 109. 109.
Panther 109.
Panzerhemd 125.
Papagaien 163.
Papagenoflöte 199.
Papierrindenbaum (BosweUia) 132.
Paranahyba 267.
Pariahund 139.
Parkinsonia 74.
Pascha 15.
Paviane 135.
Perlhuhn 288.
Perser 9. 26.
Persien 280.
Peru 153. 293.
Peuhls oder Pouls 38.
Pferdeantilope 13.
Phagadänismus 306.
Pharao, Bewaffnung 121; Handel
162. 172; Jagd 280; Körperliche
Beschaffenheit 72; Krieg 277;
Menschenstämme 5 ; Religiöse
Vorstellungen 226.
Phönizier 4. 17. 25.
Pilaw 147.
Pilgrim (Tekarine) 1. 11. 187.
Pistazien 147.
Pits'os 192.
Plansigar 267.
Plinius 63.
Poinsettienblüten 74.
Polenta 1.50.
Polio 179.
Polygamie 183.
Polynesien 129. 177.
Porteüo 91.
Portugiesen 59. 91. 261. 3u3.
Portulak 132.
Priesterkönige 18.
Prim 7.
Propheten 26.
Psyllen 73.
Pubertät 257.
Pullo 161.
Pulloherrschaft 50.
Purra 265.
Pygmäen 62. 98. 312.
Pyloneudörfer 74. 99.
(Juissama 52.
Register.
330
idami« 2SS.
ruiig 229; Hclisiöso Vorstellungen
210; Sitten 1^'
Schimbika 2'
Schir 42.
Schirfji (Kinli- II -. ... i.;i _ .
Schliifsucht, .SehlutWMchen WA.
Sch«->r», Aokorban und Viehzucht
liGHBtümme 2t», H.'J; Re-
>; Kt'liffiöse Vorstel-
■fni,inum)2T,
« A4. ^0. 130. 14;*. iy3. 208.
lio l.Sl.
' ' f^rrolobium) 127.
i\u-
135.
Saba 246.
Sabl) 250.
Sahra 12S.
Sr-h'^l;» Selasie 207
- "'.9.
•_'47.
s;igu> -ja:.
Sahara 38. 63. 78.
Schoho 14.
Schua oder Schiwa 33.
Schukurie 1»!.
Schuni, 24«. 313.
Scbiijtyx-iithiorfl/ania. P/iatages) 14»').
S intilope 2X8.
S' 1.
S. M^ (Canvass house) 99.
Sego '.'■.'.
S.kula 238.
Sokelotn 244.
Siknkurii l'H.
Sikw.-Mi JU.
Sfiniteii 2. >.
Scncha (Li/f/eum) 127.
St'neRalcoionie 39. 50. 139. 212.
^....M*r. Sennarti, Ackerbau und
\ ./acht 127. 139; Handel 172;
M . '.-liehe ?]inrichtungen99; Men-
r^ lit-iiutämme 13. 34; Regierung
247; Religiöse Vorstellungen 211;
Sitten 183.
Seriba 129.
Serval 145.
Sesam 135.
Sesban 74.
Seti 10.
Setteflusa Cü.
Sidi-Bu-Bakr-Hn-Kaiiiun Ijj.
Sidrstrauch (Zizyphus Spina Chriiti)
- r. i Leone 26«.
t ;ula 233.
Süoria .X)l.
Sarae 4»*..
S.iiiL'iv'irm .'{<>.'<.
•.51.
(hiinon 71.
r Emir 31.
Kebir 31.
d<e% luissions ^vang^liquet
Scherbro 310. 312.
Schilink. Ackerbau und Viehzut
340
Register.
Somalland 132. 139. 162.
Soraal-Medjerten 250.
Som-n'-Ukan-Djamba 238. 27G.
Sonho 241.
Sonray 205.
Hpanier 23.
Standard aiphabet 312.
Suak (Salvadora persica) 130.
Sudan 104.
Suku-Wanange 221.
Suitanabad 104.
Sus 27.
Susu 312.
Südafrika 55. 1.30. KiT.
Südarabien 18.
Süd-Dongola 11.
Südnubien 36.
Suto 59.
Swazi 59. 225.
Syene 8. 11.
Syroaraber 9. 26. 70.
Syrien 19. 26. 131. 139.
Tabigebirge 34.
Tadjura oder Tedjuri 250.
Taka 10. 18. 83. 228 285.
Takebailit 30.
Takebilt 244.
Takla 34.
Talibe 178. 208.
Talmut 38.
Tamanjat 273.
Tanganikasee 45.
Tanger 26.
Tanzimati-Cherieh 228.
Tati 54.
Tausendfüsse 305.
Tchaka 291.
Teda 63.
Tehuantepec 128.
Tekarine 50. 206.
Temaschek 312.
Tem-Bana-Dumba 61. 277.
Tendelty 232.
Tetwan oder Titwan 26.
Thalib8 49.
Thebaide 70.
Theben 20.
Thuga 276.
Thutmes 10.
Tibeati 82.
Tibu oder Tebu 28. 29. 82.
Tigre 87.
Tigrinja 18. 310.
Tut 210.
Tikki-Tikki 64.
Timbuktu 49. 103. 111. 233.
Tirailleurs indigfenes 38.
To Chont 172.
Tomal 251.
Toman 161.
Tombika 295.
Torsobildung 88.
Transvaal 116.
Trarza 27.
Tripolis 26. 30.
Troglodyten 38.
Trumbasch 120.
Tsadsee 54.
Tschauri 254.
Tscherkessen 1. 15.
Tschiroma 234.
Tsetsefliege 138. 145.
Tsui-Coab 226.
Tuarik oder Tuarek, Bewaffnung
119 ; Häusliche Einrichtungen 104 ;
Körperliche Beschaffenheit 77 ;
Menschenstämme 28; Kechtsver-
hältnisse 259; Regierung 259; Sit-
ten 245.
Tuggurt 107. 129.
Tugra 228.
Tukuler 206.
Tumbe 265.
Tunesien 30.
Tunis 26.
Tunjur 47.
Tureos 7. 77.
Türken 25.
Turkestan 1.
Tbie 18.
XJdingaan 38. 50. 61. 242.
Uechaschawakonn 193.
XJellefluss 49.
Ueta 312.
Uganda, Ackerbau und Viehzucht
128; Kleidung 109; Häusliche Eiu-
richtungen 100; Menachenstämme
20; Regierung 227; Sprachen 311.
Ukerua-Nyanza 20.
Uled-Soliman 33.
Ulema 255.
Ulibari 249.
U'mbalazi 243.
U'mnanda 191.
U'mselekatsi 61. 243.
U'mpanda 242.
U'mtugusu 242.
U'mzimwubu 59. 244.
U'nkundjlowe 232. 242.
Unter-Sennar 35.
Unyanyembe 168.
Unyoro, Kleidung 109 ; Körperliche
Beschaffenheit 90; Menacheu-
atämme 20; Regierung 227; Skla-
verei 297; Sprachen 311.
Urua 102.
Uachak 104.
Uaoga 20.
Uaurtasen 10.
Utchaka 61.
Utica 156.
U'tixo 227.
Register.
341
V«alflu«s C/i. 141.
Vey Sia.
W»d»i In. UH. •::\:\.
Waiij-Kfiiu« 11.
'Wa<lj«ntfM H"*.
Waffanda, Ackorhau »ind Viehxucht
1S;1; Handel 175; Reffieruug 2.11;
Religiöse Vonteilungen 210. äVt);
Sitten liW.
Waguha 44. 114.
AiVahuma 14. 17.
Waka T2\.
Wakaiiil-.i 1?»'. '>'>.\ 2->."..
Wi
W;.
Wa
Wa
Wa-
Wauika l^<;.
Wanyambo 2ii.
Wanyaniesi 2-'. 11.'.
Wanyika 22.
Wanjoro lH:t. 271.
Wan venia 114.
Wara 2.i.<.
Wargla 12'.«.
Warua 44. 121. 21^
Wasuaheli 22. li».'»
Wataita 22:i.
Watira 2i».>.
"Watongoleh 2:!0.
Watusi 20.
Wau 46.
"Wawuma 175.
Weihrauch i:J2.
Weinrebe 131.
Weisser Nil, Handel 172; Kürper-
licho Besohaffenheit %; >i»»n-
sehonstämnic :u v.»).r.i,.,r ij»
Sitten IHl.
Wekil 22».
Wersingelli 2.M.
Wi'stafrika «0. 12». l.'»7.
Wfstasien 2H.
Wostsudan 47. l.')><.
Whvda 101. 1»;4.
Woinathal 12«<.
Wi.lasma 245«.
Wollo 20.
Wolof 40. 109. li:». 203. 312.
Woutscha 10.'».
Wurali .HO.'..
Wusen Segged 207.
Xosa .^2.
Yambo 71.
Yankee 91.
Yerima 2.i4.
Yoruba 312.
Zagazig 71.
Zambezi 53.
Zanzibar 107.
Zauberdoctoren 226.
Zigeuner 66.
Zikr 202.
Zimbaoe .i9.
Zulu, Handel 161; Häusliche Ein-
richtungen 110; Kleidung HO;
Menschenstämme 52. .'»9; Reli-
giöse Vorstellungen 224.
Zwergvölker tili.
Berichtigung.
Seite 131, Zeile 9 v. u., statt: Malaguettapfeffer (Amomum
granum Paradisi), lies: Malaguettapfeffer
(Xilop ia aeth iopica)
Antoreiire<?ister.
Abdel-Kader 193.
Aeby 40.
Asatharchides 14.
Alberti 40.
Alma Tadema .3.
Andersson 40.
Aristoteles 63.
Baines 3. 40. 324.
Barros, de 59.
Barth 33. 40. 164.
Bastian 240.
Beurmann 40. 164.
Bilharz 39.
Bleek 310.
Bowdich 40. 197. 261.
Brehm 39.
Brugsch 9. 192. 320. 322.
Buchta 3.
Burckhardt 39.
Cailli^ 164.
Cameron 40. 44. 102. 16.5.
168. 218.
Clapperton 40. 164. 192.
Danlell 3.
Davis 40.
Decken, van der 269.
Denham 40. 164.
Diodor 14.
Duveyrier 192. 24.5. 246.
2.58. 32.5.
Ebers, G. 192.
Ecker 40.
Elton 3.
Endemann 179. 18.5. 19.5.
Falkenstein 3. 39.
Fleuriot de Langle 40.
Frantzius, von 142.
Fritsch, G. 3. 39. 58. 59.
65. 324.
Fynn 191.
Gentz 3.
Görome 3.
Griesinger 302.
Guilain 40.
Hakenbeck, K. 11. 83.
Hahn, Th. 65.
Hammerschmidt 3.
Hamy 40. 324.
Hanoteau 24. 28. 30. 31.
244.
Harnier 3.
Harris, C. 40. 64. 81. 128.
Herodot ö. 321.
Hesiod 63.
Heuglin 40. 128.
Hildebrandt, J. M. 3. 18.
41. 182. 186.
Hoeven, van der 39.
Holden 195.
Homer 63.
Hübner, A. 52.
Ibn-el-Wardi 14.
James 3.
Joaque 3. 52.
Kaufmann 40. 148. 181.
186.
Kisch 3.
Klunzinger 39. 320.
Köler 39. 325.
Koelle 310.
Kotschy, Th. 283.
Krapf 40. 64.
Kretschmer, R. 3.
Lander 40.
Dane, E. W. 291. 325.
Lee 312.
Lejean 325.
Lenz, H. O. 140.
Lenz, O. 40. 66. 67. 218.
224.
Lepsius 132. 310. 312. 326.
Letourneux 24. 28. 30.
31. 244.
Livingstone 41. 44. 237.
287.
Long-Bey, Chailli6 64.
65. 230.
Lubbock, Sir John 322.
Lyon 164.
Magyar, L. 170. 221. 237.
263. 276. 295.
Makart 3.
Makrizi 14.
Marno 64. 65. 324.
Manch, K. 59.
Merensky 216. 223. 244.
Monteiro 237.
Morton, S. 69.
Nachtigal 33. 40. 82. 164.
New 40.
Norris 312.
Oudney 164.
Owen 40.
Pallme 39. 272.
Park, M. 40. 164.
Pechnel-Loesche 3. 39,
Pentaur 192.
Pietschmann 322.
Playfair 3.
Plinius 63.
Pogge ,52. 237.
Postel,K.(Sealsfield,Ch.>
297.
Priiyssenaere de la Wo-
styne, E. de 34. 39.
208. 231. 323.
Ptolemaeus, Cl. 14.
Quatrefages 40. 324.
Repin 215.
Richter 3.
Rohlfs 164.
Rueppell 39. 284.
Russegger 39.
Salt 19.
Schweiufurth 3. 44. 64.
65. 128. 157. 211. 212.
234. 258. 286.
Sebah 3.
Speke 40. 128.
Stanley 20. 41. 44. 55.
175. 230. 278.
Steinthal 309.
Strabo 14.
Thomas 40.
Tr^maux 3.
Vämböry, H. 195.
Vernet, Horace 3. 31. 77.
Virchow 324.
Wangemann 325.
Weissbach 40.
Wetzstein 322.
Zuckerkandl 40.
Druck von F. A. Brockhaue in Leipzig.
Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.
Reisewerke über Afrika.
Cameron, Veriiey Lovelt. Quer durch Afrika. Autorisirte
deutsehe Ausgabe. 2 Theile. Mit 156 Holzschnitten, 4 Fac-
similetafeln und 1 lithographirten Karte. 8. 1877. Geh.
20 M. Geb. 23 M.
Kremer, Alfred yoii. Aegypten. Forschungen über Land
und Volk während eines zehniährigen Aufenthalts. Mit
1 Karte von Aegypten. 2 Theile. 8. 18G3. Geh. 10 M.
Lüttke^ Moritz. Aegyptens neue Zeit. Ein Beitrag zur
Culturgeschichte des gegenwärtigen Jahrhunderts sowie
zur Charakteristik des Orients und Islams. 2 Bände. 8.
1873. Geh. 12 M. Geb. 13 M. 20 Pf.
I. A'olk, Volksleben und Dynastie.
II. Staatswesen und Landesverwaltung. Die Kuropäer in Aegypten,
Islam und Christeuthum.
Pietsch, Lndwi^. Marokko. Briefe von der Deutschen Ge-
sandtschaftsreise nach Fez im Frühjahr 1877. 8. Geh. 7 M.
Geb. 8 M. 50 Pf.
Prokesch-Osten , Anton Graf, Sohn. Nilfahrt bis zu den
zweiten Katarakten. Ein Führer durch Aegypten und
Nubien. Mit Karten, Plänen und Abbildungen. 8. Geh. 12 M.
Geb. 13 M. 50 Pf.
Rohlfs, Gerhard. Quer durch Afrika. Reise vom Mittel-
meer nach dem Tschad-See und zum Golf von Guinea.
Mit 2 lithographirten Karten. 2 Theile. 8. 1874—75.
Geh. 14 M. Geb. IG M.
Schweinfnrth, Georg. Im Herzen von Afrika. Reisen und
Entdeckungen im Centralen Aequatorial-Afrika während
der Jahre 1868 bis 1871. Neue umgearbeitete Ori-
ginalausga4)e. Mit zahlreichen Abbildungen in Holz-
schnitt und 2 lithographirten Karten. 8. 1878. Geh. 12 M.
Geb. 14 M.
Schweinfnrth, Georg". Artes Africanae. Abbildungen und
Beschreibungen von Erzeugnissen des Kunstfleisses central-
afrikanischer Völker. — Illustrations and Descriptions of
Productions of the Industrial Arts of Central African Tribes.
Mit 21 lithographirten Tafeln. Fol. 1875. Cart. 24 M.
Soyanx, Hermauu. Aus West-Afrika. 1873—76. Erlebnisse
und Beobachtungen. 2 Theile. Mit 1 lithographirten
Karte. 8. 1879. Geh. 12 M. Geb. in 1 Bande 13 M. 50 Pf.
Speke, John Hanuin^. Die Entdeckung der Nilquellen.
Reisetagebuch. Aus dem Englischen übersetzt. Autorisirte
deutsche Ausgabe. Mit 2 Karten, 2 Stahlstichen und zahl-
reichen Holzschnitten. 2 Theile. 8. 1864. Geh. 18 M.
Geb. 20 M. 40.
Stanley, Henry M. Durch den dunkeln Welttheil oder die
Quellen des Nils, Reisen um die grossen Seen des Aequa-
torialen Afrika und den Livingstone-Fluss abwärts nach
dem Atlantischen Ocean. Autorisirte deutsche Ausgabe.
Aus dem Englischen von C. Böttger. 2 Bände. Mit
Karten und Abbildungen. 8. 1878. Geh. 32 M. 50 Pf.
Geb. 37 M.
Stanley, Henry M. Wie ich Livingstone fand. Reisen,
Abenteuer und Entdeckungen in Central-Afrika. Auto-
risirte deutsche Ausgabe. Mit Abbildungen in Holzschnitt
und einer Karte. 2 Bände. 8. 1879. Geh. 20 M. Geb.
in 1 Bande 22 M. 50 Pf.
Weber, Ernst Yon. Vier Jahre in Afrika. 1871—75. Mit
Abbildungen in Holzschnitt, einem Plane und einer Karte.
2 Theile. 8. 1878. Geh. 20 M. Geb. 23 M.
Bnchholz', Beinhold, Reisen in West-Afrika nach seinen
hinterlassenen Tagebüchern und Briefen. Nebst einem
Lebensabriss des Verstorbenen. Von Carl Heinersdorff.
Mit Abbildungen in Holzschnitt und einer Karte. 8. [Unter
der Presse.]
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