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Full text of "Die Völker Afrikas"

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INTEI^NATIONALE 
WISSENSCHAFTUCHE  BIBLIOTHEK. 


XXXVIII.  BAND. 


INTERMTIONALE  WISSENSCHAFTLICHE  BIBLIOTHEK. 


1.  TYNDALL.  J.    Diu  Wasiter  in  seinen  Formen  a>8  Wolken  und  Fiasse,  El«  und  Oletieker. 

Mit  M  Abt.liauiitfen.    -J.  Aufl,    8.     (Jeh.  4  M.     Geh.  ö  M, 
8.  SCHMIDT,  O.  DeKc-eudenzlebre   und  DtirwiuiiiiiiUÄ.     Mit  26  AbbilduuKeu.    2,  verlje«««rte 

AulUge.     »eil.  5  M.     Oeb.  8  M. 

3.  BAIN .  A.    Geist  iiiul  K(iri>er.    Die  Tlieorieu  Über  ihre  gegenseitigen  Beziehungen.    Mit 

4  Abbildungen.     Ot^li.  4  M.     Geb.  ü  M. 

4.  BAOEUOT .  W.  Der  Ursprung  der  Nationen.  Betrachtungen  Ol>er  den  Einflnss  der 
UHtUrllchen  Zuchtwahl  und  der  Vererbung  auf  die  Bildung  i»olitI»ther  Gemeinwesen. 
Geh,  4  M.     Gfb.  r>  M. 

6.  VOGEL,  H.  Die  chemischen  Wirkungen  des  Licht»  und  die  Photographie  in  ihrer  An- 
wendung in  Kunst,  WiiMenschaft  und  Industrie.  Mit  )W  Abbildungen  in  UoUschnitt 
und  6  Tafeln  in  Lichtjiausprücesft,  Reliefdruck,  Lichtdruck,  Heliographie  und  Photolith"- 
graphie.     Geh.  «M.     Geb.  7  M. 

6.  7.  SMITH,  K.  Die  Nahrungsmittel.  2  Theile.  I.  Feste  Nahrungsmittel  ans  dem  Thier- 
und  Pflanzenreich.  II.  FlUsslge  und  gasige  Nahruugsmittel.  Mit  19  Abbildungen.  Jetler 
Tlieil  geh.  4  M.;  geb.  !i  M. 

8.  LOMMEL,  E.  Dat.  Wcseu  des  Limits,  (»emeinfassliche  Darstellung  der  physiluülKheu 
Optik,    Mit  188  Abbildungen  und  eiuer  SpectnUtafel.    Geh.  6  M.    Geb.  7  M. 

9.  STEWART,  B.  Die  Erhaltung  <ler  Energie,  du«  Grundgesetz  der  heutigen  Naiurlehre, 
gemeinfAtullch  dargestellt.     Mit  14  Abbildungen.     «Jeh.  4  M.     Geb.  5  M. 

10.  PETTIOBEW,  J.  IJ.  Die  Ort.<)>ewegung  der  Tliiere.  Nel»»t  Bemerkungen  Ober  die  Luft- 
schlflr/alirt.     Mit  l;tl  Abbildungen.    Geh.  4  M.     Geb.  5  M. 

11.  MAUDSLKY.  H.    Die  Zurechnungstähigkeit  der  Geisteskranken.     Geh-  5  M.    GeU  6  M. 

12.  BERNSTEIN.  J.    Die  fünf  Sinne  de»  Menschen.    Mit  91  Abbildungen.  Geh.  .-i  M.  Geb.  «  M. 

13.  DRAPEB.  J.  W.  Geschichte  der  Conflicte  zwischen  Religion  und  Wissenschaft.  <;eli. 
B  M.     Geb.  7  M. 

14. 15.  SPENCER.  H.  Kinleltuug  *"  <1"8  Studium  der  Sociologie.  Herausgegeben  von  Dr.  H  e  1  n  • 

rieh  Marquardsen.    3  TbeUe.    Geh.  8  M.    Geb.  1(»  M. 
18.  COOKK.  J.    Die  Chemie  der  Gegenwart.     Mit  ;il  Abbildungen.    Geh.  5  M.    Geb,  6  M. 

17.  FUCHS,  K.  Vulkane  und  Erdbeben.  Mit  36  Abbildungen  und  einer  lithographirteu 
Karte.     Geh.  6  M.     (Jeb.  7  M. 

18.  VAN  BEN  EDEN,    P.  J.    Die  Schmarotzer  des  Thlerreichs.     Mit  83  Abbildungen.    Geh. 

5  M.     Geb.  6  .M. 

19.  PETERS.  K.  F.  Die  Donau  und  ihr  Gebiet.  Eine  geologische  Skizze.  Mit  71  Abbildun- 
gen.    Geh.  6  M.     Geb.  7  M. 

20.  WHITNEY.  W.  D.  Lelien  und  Wachsthuni  der  Sprache.  Uebersetzt  von  Prof.  A.  Les- 
kien.    Geh.  5  M.     Geb.  H  M. 

21.  JEVON8.  W.  8.     Otld  und  Geldverkehr.     Geh.  5  M.     Geb.  «  M. 

22.  DUMONT,  L.  VergnUgtn  und  Sdunerz.  Zur  Lehre  von  den  Gefühlen.   Geh.  5  M.  Geb.  6  M. 

23.  SCHLTZENBERGEB,  P.  Die  Oärungserscheiuungen.  Mit  28  Abbildungen.  Geh.  5  M. 
Geb.  6  M. 

24.  BLASERNA.  P.    Die  Theorie  des  Schalls  in  Beziehung  zur  Musik.     Geh.  4M.    Geb.  SM. 

25.  BERTHELOT.  M.     Die  chemische  Synthese.     Geh.  5  M.     Geb.  6  M. 

26.  LUY'S.  J.  D.-is  Gehirn,  sein  Bttu  und  seine  Verrichtungen.  Mit  6  Abbildungen.  Geh. 
S  M.     Geb.  6  M. 

87.  ROSENTHAL.  I.  Allgemeine  Physiologie  der  Muskeln  und  Nerven.  Mit  75  Abbildun- 
gen... Geh.  5  M.     Geb.  6  M. 

28.  BRl'CKE,  E.  Bruchstücke  aus  der  Theorie  der  bildenden  Künste.  Mit  39  Abbildungen. 
Geh.  4  M.    Geb.  .■)  M. 

29.  MEY'EB.  H.  GruiidzUge  de«  Htrafrechts  nach  der  deutscheu  Gesetzgebung  unter  Berttck- 
«ichtijaing  ausländischer  RecliU-.     (Jeh.  R  M.     Geb.  6  M. 

.'«•.  31.  DE  QUATREFAGE8.  A.    Das  Menschengeschlecht.     2  Theile.    Geh.  9  M.     Geb.  11  M. 
32.  -Xl.  BÖHMERT.    V.      Die  (JewinnU-thelligung.     Untersiichungeu   Ul»er   Arbeitslohn    und 

I  iitrrn.limergewiun.    2  Theile.     «Jeh.  11  M.     Geb.  13  M. 
34.  SECIHI.  A.     Die  Sterne.     GruniUU«e  der  Astronomie  der  Fixsterne.    Mit  78  AbbUdun- 

gen    lu  Holzschnitt   und   9  Tafeln    in  FarU>udruck ,    Lithographie  und  StahUtich.     Geh. 

«  M.     <leb.  9  M. 
SS.  LOCKVER,   J.  N.    Studien  zur  8|>ectralanaly8e.    Mit  51  Abbildungen   und  8  Tafeln  in 

Photograi.hie.  Farlnsudruck  und  Holzschnitt.    Geh    6  M.    Geb.  7  M. 
86.  VIGNOLl.  T.     Ueber  »las  Fundamentalgesetz  der   Intelligenz  im  Thlerrelche.    Versuch 

einer  vergleichenden  Psychologie,    (teh.  4  M.    Geb.  5  M. 
37,  WUBTZ,  A.     Die  utomlstische  Theorie.    Mit  1  lithogr.  Tafel.    Geh.  5  M.     Geb.  6  M. 


V\3'332.V 


DIK 


VOLKER    AFRIKAS. 


VON 


ROBERT  HARTMANN, 

PaOFKSSOB  JlV   DKK  UHIVKRSrrXt   sc  BBRLIK. 


MIT  94  ABBILDUNGEN  IN  HOLZSCHNITT. 


LEIPZIG: 
F.    A.    BROCK  HAUS 


1879. 


0 


Das  Recht  der  üebenetzuny  Ut  vorbehalten. 


VORWORT. 


In  diesem  Büchlein  biete  ich  der  Leserwelt  der  „Inter- 
nationalen wissenschaftliclien  Bibliothek"  den  Versuch  einer 
kurzen  Schilderung  der  Völkerschaften  Afrikas  in  ihrem 
Sein  und  Wirken  dar.  Freilich  sind  es  nur  Umrisse, 
welche  ich  hier  zu  ziehen  vermag.  Trotzdem  hoffe  ich, 
durch  dies  Bändchen  nicht  allein  manchem  Jünger  der 
Ethnologie  einige  Anregung  gewähren,  sondern  auch 
ein  grösseres  Publikum  unterhalten  zu  können.  Ge- 
rade jetzt  sind  die  Blicke  der  denkenden  und  stre- 
benden Menschheit  auf  den  geheimnissvollen  Erdtheil 
gerichtet,  auf  dessen  Karten,  dank  dem  Forschungs- 
geiste der  Zeit,  mehr  und  mehr  jener  weissen  Flecke 
verschwinden,  wie  sie  noch  vor  wenigen  Jahrzehnten  so 
trostlose  Lficken  in  unserer  Kenntniss  darstellten.  Zur 
ganz  besondem  Genugthuung  würde  es  mir  aber  ge- 
reichen, wenn  einer  oder  der  andere  Afrikareisende  sich 
veranlasst  fühlen  sollte,  mein  Büchlein  seinem  Gepäck 
einzuverleiben,    und   wenn  er  unterwegs  daraus  einigen 


Yi  Vorwort. 

Die  Illustrationen,  welche  mir  für  das  nähere  Ver- 
ständniss  nothwendig  erschienen,  sind  theils  neu,  theils 
rühren  dieselben  aus  dem  reichen  ikonographischen  Be- 
sitze der  Verlagshandlung  her,  welche  mir  die  Cliches 
zur  Verfügung  gestellt  hat. 

Berlin,  im  Juli   1879. 

HARTMA>'N. 


1. Ml  ALI 


i-UO 

V 


EINLEITÜN« 

\<  1  zu  Kiuro.  —  Arnauteii-  und  Tschcrkessen- 
>  ^  lid-Pascha's.  —  Pilgrime  aus  Turkistan  (vgl. 
Aiiin.  ij.  —  Der  Dellal  (vgl.  Aum.  2).  —  Gebieter  des 
Landes.  —  Armenier,  Griechen  und  Franken  (vgl. 
Anm.  3) 1 

Reiter  aus   dem  Magreb  oder  Nordwestafrika.   —    Aus- 

'  ^  • ler  Reise  von  Bamim's  und  Hartmann's  nach 

ika.    -  Bisherige  Anschauungen  ül)er  Völker- 
.......<  ....i.j;.   —   Verfasser  hatte    in  dem   unverdienten 

Rufe  gestanden,  ein  hervorragender  Arzt  zu  sein  (vgl. 

^^^^-  J' 2 

All  inthropologisches  Material  (vgl.  Anni.  5).  — 

-\  li»'  Gemälde  u.  s.  w.  —  Neuere  Gemälde  und 

1  •'  Aufnahmen  von  Afrikaneni.    Negern 

11.  '■   (vgl.  Aiiin.  i\    un<l    7).    —    Tendt-ii/.    d»*s 

vorliegenden  Buchs 


ERSTES  BUCH. 
Afrikanische  Menschenstäinme  und  deren  Wohnsitze. 

Die  ersten  Pharaonen.  —  Muthmaassliche  Entstehung  und 
Cultivirung  Aegyptens  (vgl.  Anm.  8) 5 

Herkunft  der  Aegypter.  -  Sind  keine  Semiten.  —  Kop- 
tische Sprache  (vgl.  Anm.  IM.  —  Verwandtschaft  der 
Aegypter  mit  den  Libyer 


VIII  Inhalt. 

Seite 
Kubier  oder  Berabra,  Barabra.  —   Kriegszüge  der  Plia- 
raonen  gegen  dieselben.  —  Berabra  besiedelten  wabr- 
scheinlicli  den  Boden  Altägyptens  als  Vorfahren  der 

Retu,  d.  h.  Altägypter .       7 

Altägyptischer  Fetischdienst  (vgl.  Anm.  10).  —  Osiris- 
sage  (vgl.  Anm.  11).  —  Zwangsweise  Ansiedelung  syro- 
arabischer  oder  semitischer  Fischerstämme  im  Nil- 
thale  (vgl.  Anm.  12).  —  Amn  des  Deltalandes.  — 
Anscheinende  Verschiedenheit  zwischen  Aegyptern  und 
Nubiern.   —   Uebergänge    zwischen    beiden  Stämmen 

in  Oberägypten 8 

Alte  Sprache  von  Meroe,  deren  Beziehungen  zum  Alt- 
ägyptischen (vgl.  Anm.  13).  —  Kreuzimgen,  welche 
in  Aegypten  stattgefunden  haben.  —  Kopten  und  Fel- 

lacliin  oder  neuägyptische  Landbebauer 9 

Häufiges  Vorkommen  von  altägyptischer  Gesichts-  und 
Körperbildung  unter  den  heutigen  Bewohnern  des 
Kilthales.  —  Verbreitung  der  Berabra.  —  Armuth 
ihres  Landes.  —  Bildliche  Darstellungen  anderer  nilo- 

tischer  Völker  durch  die  Aegypter 10 

Bedja  und  Funje  oder  Fundj.  —  Reich  Aloa.  —  Teka- 
rine  (Sing,  tekruri  oder  Takruri),  d.  h.  centralafri- 
kanische  Mekkapilger.  —  Reine  Berabra  in  den  nu- 
bi^chen  Districten  Wady  oder  Wadi-Kenus,  Dar-Suk- 
kot,  Dar-Mahas  und  Nord-Dongola.  —  Die  Bedja 
fälschlich  als  reine  Araber  beschrieben.  —  Auch 
K.  Hagenbeck's  Bedja  (Homran  u.  s.  w.)  wurden  von 

manchen  als  Araber  angesehen 11 

Passende  Gebiete  für  Bodencultur,  Viehzucht  und  Jagd 
in  Nordostafrika.  —  Chala,  Steppe  und  Ghaba,  Ur- 
wald, Atmur,  Wüste  (Anm.) 12 

Die  Bedja  sind  meist  A^iehzüchter.  —  Kamelzucht  der 
Abu-Rof.  —   Jagdbetrieb   der  Funje.   —   Agagir  oder 

Jäger  der  Abu-Rof 13 

Abstammung  der  Bedja.  —  Verwandte  Völker  der 
Schoho,  Afer  oder  Danakil,  Somal,  Masay  oder  Masai 
(Wamas.),  Dschagga  oder  Djagga,  Jaga,  Gala,  Orma, 
AVahuma,  A-Bantu,  Bantu.  —  Eroberungszüge  der 
Dschagga  und  A-Bantu.  —  Ruinen  von  Aksum  und 
deren  Völkernamen.  —  Dergleichen  auf  den  Trümmern 
von  Adulifi.  —  Nachrichten  der  Alten  über  die  Bedja. 
—  Christcnthum  derselben  in  Aloa.  —  Candace  .  .  14 
Aloa  durch  die  Funje  erobert.  —  Unterwerfung  der 
Bedja  in  Taka  durch  die  Neuägypter  um  1820.  — 
Ackerbauende  Bedja.  —  Einführung  des  Islam  ])ei  den 


I 

1 


liilinlt.  IX 

15 


16 


('     sU'FJ    »HO««' 

j:«in  Arn  bor  nonnon. 

•   -  F-' 

^ •'  '" 1  Ku- 

(ier 

...  „...x... .....  ;i..tl.ern 

-    .,ni....     V..vvit..1t..  (lor  Bedjn.  —   Aelin- 

A  ischou  boidoii  Völkern 

„   ,   ltu.  —  Wükliche  Ein- 

.  voll  Amhem 17 

1\  t  Araheni.  —   Die  Somal  sind  von  poli- 

ii:  'Utmijr  für  Ostnfrika.  —    (ialu.   Wahunia 

o.i  ».   Orma,   vom   Kenia   und  Kilimandjaro 

he!  i.    —    Ihre  Eroberung«!  Hild  eines 

A'^  ym  Salt 19 

—    Verbreitunjir   dieser  und   dt-r  (iala   in  Ost- 

trika.  —  Reich  Kitai-a  und  dessen  Zerfall.  — 

^    ....     ^  ^ -lul.l.ninpen  von  Mtesa,  dem  Kabaka  oder 

K    ^   T    ^    '.    I  -  .nda 20 

^'  S.  14)  und  Wakamha,  sowie  andere  ost- 

Stämme.    —    Wasuaheli  mit    arabischem 

iti  lit.  —  Berbern  oder  Imoschach,  Einheit 

All  —  Libu.  Ribu  oder  Libyer,  von  den  Alten 

bl.  '  Mt ■ 22 

I>i«'  1  1.  —  Muthmaassliche  Verwandt- 

ticii.wi    Uli.     u...  .ii..|..n'rn. —  Megalithische  D*^'' '■•■'"!' 

(vgl.  Anm.  lö) 23 

fl-i, ,..*....,.  ,ii>.i  Lotoumeux  über  die  Kabylen 24 

1  1-  Mauren 25 

]..      ^  ..  -1fr  Araber.  —  Deren  schwarze  Vorkämpfer 

(»dor   Fethawie  (vgl.  Anm.  IG).  —   Physiognomie  der 

Mun-  n.  —  Aehnlichkeit  mit  jüdischer  (vgl.  Anm.  17)     2G 

lie  Mulatten   (vgl.  Anm.  18).    —    Verbreitung 

tiiren.   —   Bedeutung  der  Wörter  Kabyle,  Ka- 

byleh.   Kabileh,   Plar.  Kabail.  —  Die  blonden  Libu, 

Tnmhn  der  Alten 27 

•   des   Islam,    Marabouts.  —  Scherif.  —  Ver- 

(}f*r   Tnarik    oder  Tuarek ,   Einheit    Targi.  — 

\  I  oder  Edle  und  Imrad  oder  Imroden 


'"  I  und  Imroden 20 

schaften  in  Afrika.  —  Ber- 

•nc no 

ic   Araberstämme  in  Marokko.  —   Verfassung 
i.sch-arabischen  Nomadenstamme  31 


X  Inhalt. 

Seite 

Schekh  und  Grossscheckh.  —  Kadi-el-Arab 32 

Angebliche  arabische  Beduinenstämme  des  Sudan.  — 
Uled-Soliman ,    Schua  oder   Schiwa,    von  Barth    und 

Nachtigal  für  „echte  Semiten"  erklärt 33 

Macht  des  arabischen  Idioms  (vgl.  Anm.  19).  —  Angeb- 
liche Familien-  und  Stammesregister  der  Schekhs  und 

Marabouts.  —  Die  Funje  in  Sennar 34 

Mischungen.  —  Die  Djaalin,  Sing.  Djaali 3G 

Ismail  Pascha's  Eroberung  von  Nubien  und  Sennar.  — 
Attentat  von   Schendi.   —    Melik   El-Nimr  und  Abu- 

Roasch  in  May-Gogwa 37 

Tibu  oder  Teda 38 

Fulan  oder  Fulbe,  Sing.  Pullo,  Felata  gehören  zur  nu- 
bisch -berberischen  Familie.  —  Kanori  oder  Kanuri, 
Bidduma,  Bulala,  Musgu.  —  Nigritier.  —  Anthropo- 
logische xVrbeiten  von  van  der  Hoeven,  Fritsch,  Bil- 
harz,  Falkenstein,  Köler  und  dem  Verfasser.  —  Ar- 
beiten verschiedener  Reisender 39 

Arbeiten  verschiedener  Anatomen  über  die  afrikanischen 
Stämme.   —   Der  „typische   blauschwarze  Neger"  ein 

Fabelwesen.  —  Verbreitung  der  Nigritier 40 

Die  Schilluk,  Hülfsvolk  der  erobernden  Funje    ....     41 

Centralafrika.  —  Nigritier 42 

Niam-Niam,  Monbuttu,  Fan  oder  Faon,  Wanyema,  Wa- 

guha,  Warna,  Wanyamesi  oder  Wanyamezi  u.  s.  w.  .     44 
Deren  Physiognomien.   —   Vergleichung  mit  Bedja  und 

mit  Semiten 45 

Basena,  Denka  oder  Dinka,  Schilluk,  Noba;  Takla-,  Te- 

kele-,  Tegelibewohner .    ,. 4G 

Luoh  oder  Djur,  Mittu,  Bongo,  Gondjara,  Solengo  oder 
Solendj,  Tunjur  oder  Tündjur.  —  Westliche  Nigritier, 

Sonray,  Hausa    . 47 

Reich  Melle  oder  Melli.  —   Mandinka,  Bambara    ...     48 
Marabuts  in  Timbuktu   u.  s.  w.  —    Der  Kunta-Schekh 
Achmed-el-Bekay ,    H.   Barth's  Beschützer.    —    Aber- 
malige Verwerfung  einer  angeblich  stattgehabten  ara- 
bischen Masseneinwanderung 49 

Bedeutende  Hadj'is  und  Tekarine.  —  Hadj  Omar,  Dan- 
fodio,  Hadj  Mohammed-el-Amin;  Erbauung  von  Kuka, 

Bornu's  Hauptstadt 50 

Maurische  Missionare  in  Oberguiuea 51 

Fan,  Faon,   Fana  und  Funje.   —   Der  Muata-Yanvo.  — 

Quissama.  —  A-Bantu 52 

Völker  der  fJoldküste  wie  Ga,  Aschanti,  Fanti    ....      53 


Inliult.  XI 

l  .11  I  'i«   ,        .'»  11  -mi        II  UM       lllim    i  t  ♦    <  ••  r\»    1        I 

i  u.  ».  w.  in   den   Lippen.  —   A-Han;  54 

/..i.'  55 

i 5G 

-.  r  und  deren  muth- 
iiner  alter  Reiche.    — 

68 

Ka;;i.  ;i    \  •  ü    /unlmoc    oder  /imluibye.    —    De  Barros, 

M    .  ^  ll.'rior.  IJaiuea  (vjfl.  Anm.' 24) 69 

'  n  Bnutu  und  Bedja.  —  Diagjo^a  oder 

.  VIII)  .  .  .  .^ ".....   m 

u'. —  Zuluhäuptlinpo:  Utscliaka  oder  Tsclmka, 
u  oder  Din^raan.  Umselekatsi  oder  Mosclekatsc. 

oder  H.'  61 

r  Bastar«!  .  u.  —  Andries  Waterboer, 

^    ...    _•      i;.-    M;tnt;ili    bei   Lutaku    (Vgl.  S.  61).    —    Ko- 

r.i.  1.   l.ihli'  i:    l\.ii*a.  Nania<(iia 62 

1  '  '•  ko,  Akka  oder  Tikki-tikki, 

»JS 

65 

nvölker,  wol  Reste  einer  vielleicht  ur- 

.iii'-ii.  uiiu.uMlichen  Bevölkerung 6<) 

'r.  O.  Lenz'  Urtheil  über  die  Abongo.  —  Verfasser 
drückt  den  Wunsch  aus,  dass  wirkliche  anatomisch 
gebildete  Anthropologen  daselbst  ihre  Studien  machen     C}7 


ZWEITES  BUCH. 
Von  der  korp^rlichr-n  Be?chaffeiihoit  der  Afrikaner. 

.\<^{r>T^»-r  68 
Miiigtii.    —    Muhammed-el-Duchi.  — 

ii  Kairo 71 

Vcrfaüütr  über  All-  und  Neuägypten  (vgl.  Anm.  32)      .  72 

Berabra 76 

Berbern  des  Magrel'  77 

Bedja 78 

'    ■      .  Afer,  Solu;«].   —    i.aliaila   ihn   iiiralum,   >i:i- 

oder  Akil  (Richter,  Häuptling)  der  Dauakil   .  81 

i.i'u.    i»'i.ti  oder  Teda     ....  82 

Funje,  IngasHona  ......  83 

^' etliche  Nigritier,  deren  Körp«  i^i  "->. .  iiin-rnvii..jtu, 

re,    Haut,    Geruch,    Hals,    Brust.  —    Nigritische 

',.,•         \T.r.lMt],       ,,,,.1       \i,.),tM,,,.,,,f).  v^.^ 


XII  Inhalt. 

Seite 

Creolnigritier  und  Mischlinge  in  Amerika 91 

Hottentotten 94 

Pygmäenstämme 95 

Fettsteissbildung  (Steatopygie)  bei  den  Afrikanern.  — 
Einfluss  der  Lebensweise,  namentlich  der  Ernährung. 
—  Sprache  und  physische  Eigenthümlichkeiten  der 
Hottentotten 96 


DRITTES  BUCH. 

Häusliche  Einrichtungen,  Sitten,  Gebräuche,  Recht  n.  s.  w. 
der  Afrikaner. 

1.    Häusliche  Einrichtungen. 

Wohnräume.    Islamitische  Bauten,    .    , 98 

Bauten  der  alten  Aegypter 99 

In  Sennar 100 

Bei  den  Monbuttu  und  in  Guinea 101 

Bei  den  Bedja,  Babongo  oder  Abongo,  Buschmännern. 

Runde  Hütten  der  Bogos  u.  s.  w 102 

Afrikanische  Pfahlbauten 103 

Haiisgerüth.     Teppiche.   —   Holz-,  Korb-,   Leder-   und 

Thonarbeiten  in  Haussa  u.  s.  \v 104 

Töpferarbeiten.  —  Hornbecher.  Löffel,  Kürbisschalen 

u.  s.  w.  —  Importirte  Glaswaaren 105 

Ruhebetten,  Stühle  u.  s.  w lOü 


2.    Kleidung  und  Zierath. 

Altägyptisches  Leinenzeug.    —    Orientalische   Kleider- 
tracht. —   Ferdah  oder  Ferda,  Tobe 107 

Primitive  Umhüllung  der  Stämme  am  Weissen  Nil.  der 

Gala,  Niam-Niam,  Fan  u.  k.  w 109 

Rindenzeug.  —  Geliochtene  Zeuge.  —  Stiefel    .    .  110 

Zierathen  der  Mohammedaner.  —  Lippenschmuck   .    .     111 
<^ilasperlen,  Samenkörner  u.  s.  w.  —  Färbung,  nament- 

li(^h  des  Leders 112 

Haartrachten 114 

Einschnitte  in  die  Haut.  —  Bemalung,  Einfettung  des 
Körpers 115 


Itiiuilt.  XUl 

Seit« 

.      ...  waffuuug. 

KruorwÄfTon.  —  Lunlcngowchro  <?cr  Abv?»"«ini«  ■  11« 

u 117 

f-,  Keulen.  Streitäxte  IIH 

111) 

.  nimbRÄoh,    Kulhmla,  Schanpor- 

12t> 

foile,  Köcher  121 

der  Pfeil-                 ii.rusi  tur  v ..  122 

.... .  123 

i.tiior-    und   Drahtiniu/'  \:'m8chieni'ii.      -    >t(i.i». 

dcckeu 125' 

kcrbau  und  Vichzacht. 

Hrotfrüchte.  —  Futterkräut-  12t> 

I  »el|'rt;iiizon. —  Gewebestoffe.  —  ^S  uue  i  uiturgewaciisc  127 

iiaiKiiif 128- 

'         Dattil-  und  andere  Palmen.  —  Fruchtbäume  .    ,  129 

relif.   —   (ifwurzc 131 

"       '  •'   n/.en 132 

Ölbaumes,  des  Riudenbaumes  u.  s.  w.  133 

1    —  Ernteweseu 134 

—  Wilde  Thiere.  —  Termiten- 

II  13^ 

Vo^r,!.  _  13(; 

H'/  .  -                                                                            ,    .  137 

_^  —  Tsetsediege 138 

len.  —  Das  Mähnenschaf,  angeb- 

iiiii  Maianiiiiiti-  vuu  Hausschafrasscn 13i> 

Wil.lli'iTide,  Wildkatze,  Wildsclnveiii,  Perlhuhn;  deren 

g 140 

,  Hausschaf  141 

K.iidcr 142 

Einfuhr  fremder  Hausthiere.  —  Geflügel  143 

Viehhaltung.  —  Feinde  der  Hausthiere    .  144 

5.  Nahrung. 

i  14.> 

1  147 

it  dt-r   it'üa  u.  s.  w.  .  14.S 

:i  der  Bari 14*» 

Otrame  zum  ÄerKieuiern  des  Getreides.  —  Gct  l')(» 


XIV  lulialt. 

Seite 

Gegorene  Getränke.  —  Branntwein,  Hydromel,  Bier.  — 
Liqueure 151 

Wein.  —  Limonaden.  —  Kaffee.  —  Pfeffer.  —  Kola- 
nuss.  —  Salz.  —  Natron,  Harn 153 


G.  Gewerbthätigkeit. 

Allgemeines 153 

Byssusleinen  der  Aegypter.  —  Deren  sonstige  Industrie- 

erzeugnis.se.  —  Tribut  der  Südlande  an  die  Pharaonen  154 
Industrie  von  Meroe.  —  A^erarmung  im  Sudan.  —  Ba- 

rabra,  Bedja,  Abyssinier 155 

Gerbmittel.  —  Schmelzöfen  der  Bongo,  Balonda  u.  s.  w.  156 
Magreb.  —  Haussaländer.  —  Bunte  und  stumpfe  Far- 
ben. —   Wohlentwickelter  Farbensinn   der  Nigritier  157 

Schnitzarbeiten.  —  Handwerker.  —  Kasten 158 

Eisenarbeiter  —  Wanderschmiede 159 

Webstühle   (vgl.  Anm.  34).   —  Vergleichung  mit  nor- 
dischen Alterthümern IGO 


7.  Handel  und  Verkehr. 

Allgemeines.  —  Befähigung  der  Afrikaner  für  den  Handel     161 
Handel  und  Verkehrsmittel  der  alten  Aegypter     .    .    .     162 
Märkte,  z.  B.  zu  Hellet-Idris   am  Guleberge.  —  Wan- 
dertrieb   163 

Handel   auch  während  der  Mekkafahrt.  —  Märkte  zu 

Kanuo,  Bonny  u.  s.  w 164 

Markt  zu  Kawele  in  Udjidji 165 

Kochmals  der  Delläl  (S.  VH).  —    Hulks   oder  Palmöl- 
schiffe. —  Südafrikanischer  Wagenverkehr     ....     167 
Kameltransport.   —   Ochsenwagen.   —  Träger.   —   Be- 
waffnete Begleiter 168 

Factoreien.  —  Schändliche  Handelsunternehmungen  der 

Chartumer 169 

Sklavenhandel,  besonders  der  Kimbunda  (vgl.  Anm.  37).     170 
Zahlungsmittel.  —  Zeuggeld  u.  s.  w.  —  Schiffahrt  der 


Aegypter 1 


Der  Karthager.   —  Korsaren.   —    Croomen   oder  Kru 

leute.  —  Afrikanische  Flüsse 174 

Ambadjtlosse.  —  Grosse  Fahrzeuge  und  Schlachten  auf 
den  Aoquatorialseen 175 


Inhalt.  XV 

bitten  und  Ucbrüuciio. 

1  17;'. 

«  hen  Kinder.  —  Böter  Blick.  — 

177 

lies  Islnin.  —    Schleohto  Soitei»  der 
t1.  r.  —  Besehueiduiig. —  AuMrcissen 

ui  ii' 178 

KuHi  iuMgsBchule    der   Betcliuanft.    — 

MaunbarkiMt  und  Alter.  —  Junjje  Männer 170 

Khe.  —  WeilK-rberuf.  —  Liebe.  —  Heiratben  der  Denka  180 
Khc  der  l^ari.  der  Betebuana  (vgl.  Anni.  38)  ....  181 
Lo«    der    afrikaniseben    Weiber.    —    Vorrechte.    Viel- 

i 1X2 

i  lang  der  MoBÜmen  und  Heiden  ls4 

In  AÄchauti.  —  Erbscbaflaverhältnisse  im  allj^^tiiiciiiLU, 

bei  den  Denka 185 

Bei  andern  Nigritierstämmen,  bei  den  AVaraasay,  Wa- 

kaniba.  Bat>uto 186 

Tod  '  "  . !  .ibniss.  —  Bei  den  Mohammedanern.  — 
K!  '-i. —  Der  Turban  ist  das  ti-agbare  Leichen- 

r  »I laubigen 187 

s  in  Aegypten  und  in  Magreb. —  (irabhügel. 
i.  '     '-väbem    durch    junge    Funje.    — 

Sr  188 

Bei  li- II  ->u.j.i-^i..i...  —  Begräbniss  der  Griots  i"  "^^ 

gambien.  —  Gräberschmuck ISl» 

M,>,,.,.lw.„-  ,,,,,1    i1,ieropfer  bei  Todesfällen liiU 

-  Königs  Gezo  von  Dahome  und  der 
ka's  Mutter 1I»1 

Die).  der  Aegypter.  —  Epos  des  Pentaur 

z\i  s'  II.  —  Kriegsgesänge   der  Tuarik.     1J»2 

Mär«  iCT.  —  Gesänge  der  Nilschiffer.   —  Preis 

d«  ~  .  —  Grablied  der  Bari  auf  den  Missionar 

Vinc4».  —  Liedchen  der  Berabra  und  Bagara.  — 
KlacT'^lifl  fbr  Korfbifaner  auf  Misallim  oder  Mfsnllim- 
el-^  '      • -ntliche  Säng(  V  11'! 

"VVai.  .  II l'.il 

Tanzende  Derwische.  —  Haschasch.  —  l'ucteu  der  Kai- 
fern.  —  Thierfabeln  in  Südafrika.  —  Musikalisclio 
Anlage I'" 

Musikalische  Instrumente,  Harfen,  Glocken  u. 

Homer,  Trommeln,  Pauken.  —  Begleitung  durch  Ge- 
sang     197 

Husik  der  alten  Aegjpter  ..'['''< 


XVI  Inhalt. 

Seite 

Marimba,  Wissandsclii  oder  Sansa,  Gubo,  Flöte    .    .    .  19i> 

Tänze,  Vergleich  mit  den  unserigen 200 

Festlichkeiten.  —   Fest  des  Machmal  u.  a.  —  Abyssi- 

nische  Kirchenfeste.  —  Feste  der  Nigritier    ....  202 

Yamsfest  in  Aschanti.  —  Spiele:  Mangala,  Tyela.    .    .  20'i 


{).  Keligöse  Vorstellungen. 

Der  Islam 204 

Culturmission  desselben 205 

Sekten.  —  Snussi.  —   Christenthum   der  Kopten   (vgl. 

Anm.  41).  —  Der  Abyssinier 206 

Das  moderne  Christenthum 207 

Fetischglaube.   —    Halbes  Heidenthum   der  Funje.  — 

Erntegebräuche    der    Hammedj    oder   Hammeg    und 

Djebelauin.  —  Hundecultus  (vgl.  Anm.  42).  —  Berta  20S 
Gala,    Wakamba.   —   Wassermangel.  —    Regenmacher 

oder  Regendoctoren 201) 

Nilschwellen.  —  Osirissage.   —  Waganda.  —  Schilluk. 

Denka 210 

Bongo.  —  Hexenglaube.  —  Budda;  Verwandlungen  in 

Thiere.  —  Hexenmeister 211 

Waldkobolde.  —  Augurium  der  Niam-Niam.  —   Mon- 

buttu 212 

Aschanti.  —  Heilige  Steine  ihrer  Fetischpriester  .    .    .     215 

Agriessteine.  —  Arabische  Zaubersprüche 214 

Thierdienst  in  Dahome.  —  Schlangencultus  in  Whyda. 

—  Wodudienst  in  Amerika 215 

Glaube  an  böse  Geister.  -^  Gottesurtheile  und  grausame 

Bestrafung  der  angeblichen  Hexenmeister 217 

Fetischpriester,  Waganga,  besonders  der  Warna  .  .  .  220 
Fetischpriester  der  Kimbunda.  —  Regenprocession  der- 
selben     221 

Fetische  und  Fetischhäuser.  —  Fetische  auf  Reisen  .  221 
Fetische  bekommen  Prügel  und   werden   erneuert.  — 

Glaubenssachen  der  A-Bantu 223 

Glauben  der  Hottentotten.  —  Heitsi-Eibib  oder  Tsui- 

Coab 22G 

10.   Regierung  und  Staatsverfassung. 

Der  Sultan.  —  Der  Khedive  oder  Khediwe,  Chediwe.  — 

Eroberungen  im  Süden  von  Nubien 227 

Verfassung  der  türkischen  Vasallenstaaten  in  Nordafrika    228 


Iiihnlt.  XVU 

Sttt« 
1  der  uuubhaui;ii;cu   lülaiuitisohcQ  btaatcu  in 

ika 229 

'    ;imla,  sein  "Walten  und  vorausieht- 

2») 

'  "V    ...  231 

^  : 'sidenzti 

M.  lu  Bornu  '''^^ 

,.,..l..,.i.rs     Hol >.,;> 

i  :i  Land 237 

i.iic  und  seine  Würdenträger    230 

rh-feudale  Staaten   der  Aschanti  u.  s.  w.  in 

239 

Kcich  Cougo  240 

!>.  >^.  n   Z.  ifai;  241 

Verfassung  der  Aniazulu.  — 
vhwayo  oderKetchwayo. — 

L'insclekatsi  ' '.    .    .     242 

uina.  —   Die  Häuptlinge  Sebitoane, 
..  Mojichoseh.  Sekwati  und  Sekukuni  ....     244 
1:  .uische  Gemeinwesen.  —  Die  Kabvlen.  —  Die 

lu;ink ^ ' 24G 

\hvs.siiiien  und  seine   Könige   oder  Nacrast.  —  Deren 

'■    iinte 246 

..  Bari,  Ulibari  24«) 

'    .  Afer,  Somal 250 

!te.  —   Bonny,  Brass,  Ibara,  Abbeokuta.  — 
.M:. wutner   Angriff  des   Königs   von  Dahome    auf 

Abbeokuta 251 

Doko,  Akka,  Babongo  oder  Abongo.  —  Hottentotten    252 
llathsversamnilungen:  Palaver,  Fema,  Tschauri    .    .    .     253 


11.     ii.i.1.  ni.3  »  VI   Hill  liiiooC 

Die  Rechtsanschauungen  der  Moslemin.  —  Der  Koran 
und  seine  Ergänzungen.  —  Muftis,  Kadis.  —  Keue 
Civil-  und  Militär8trafgoKot?:^obung,  Appellations-  und 
Cassationsgericht   in    >  —   Handhabung  der 

Gesetze  in  den  afrik;  .mitisehen  Staaten.  — 

Der  Islam  p»  .:  uvch  nicht  im  Verfall  254 

Kabvlen,  d,  h.  257 

k.  —  Blutraeüc.    .  25H 

inien 259 

i^runiea.  —  Einfluss  des  Aberglauben-  (lerr  ensenpnesier. 

Habtmaxx.  b 


will  Inhalt. 

Seite 
—  Luugsamc  Eutwickelung  des  Rechtsbewusstseins 

bei  den  Völkern 261 

Traditioneller  Straf  codex  der  Aschanti 261 

Derjenige  der  Kimbunda 263 

Geheimbünde.  —  Empacasseiros  in  Niederguinea     .    .  264 

Sindungo  daselbst.  —  Purra  am  Rio  Nunez 265 

Mumbo-Djumbo  in  Ober-Guinea.  —  Zweck  und  Wesen 

solcher  Geheimbünde 266 

12.  Krieg,  Jagd,  Fischfang  u.  s.  w. 

Heerwesen  der  alten  Aegypter 267 

Kriegerkasten  in  Afrika 268 

Fechtweise  der  Wamasay,  Gala,  der  Somal,  Abyssinier, 
Bedja,  vieler  Nigritier.  —  Kriegerische  Eigenschaften. 
Kriegsmusik.  —  Verfahren  beim  Angriff.  —  Flucht. 
Rehandluug  der  Besiegten.  —  Verstümmelung  von 
Seiten  der  Gala,  Somal,  Abyssinier  und  alten  Aegypter. 
Mangelhafte  Handhabung  des  Feuergewehrs  ....  26i> 
Verhalten  der  Nigritier  europäischen  und  ägyptischen 
Truppen  gegenüber.  —  Verlorene  und  gewonnene 
Schlachten  der  Nigritier.  —  Tapferes  Benehmen  ge- 
drillter nigritischer  Truppen 271 

Benehmen  derselben  ihren  Vorgesetzten  gegenüber.  — 
J.  Pallme's  Urtheil.  —  Aufstände  der  ägyptisch-nigri- 
tischen   Truppen.  —   Geschick   der  Nigritier  in  der 

Vertheidigung 272 

Kämpfe  der  Berta  und  Noba  gegen  die  Aegypter.  — 

Sklavenerwerbung  als  Kriegsziel 27^ 

Kriegswesen  der  Aschanti 274 

Dasjenige  der  Kimbunda  in  Bihe 27G 

Kriegerische  Weiber.  —  Candacen,  Djaggaweiber.  — 
Die  Amazonentrunpen  des  Königs  von  Dahome  und 

des  Kaisers  von  Uganda 277 

Jagdgründe  in  Afrika 278 

Grosso  Treibjad  zu  Ehren  des  Prinzen  Alfred  von  Eng- 
land. —  Altügypten 280 

Falkenbeize  und  Jagdfalkenarten  in  Nordafrika.  — 
Jagden  im  Nildelta  und  im  Magreb.  —  Abyssinische 

Jagden 281 

Jagdrn  in  Taka  und  Sennar 282 

Gr(.jij<nrtige    Treibjagden    der    Bedjanomaden    in    den 

Kttd/.m  oder  Kadjasteppen  (vgl.  Anm.  45) 28S 

Oroimo  Antilopenarten.  —  Schlingen  und  Schlaghölzer 
der  Nubicr.  —  Nubische  Jägerkaste 284 


Inhalt.  XIX 

Seite 
Flusspferdjagrd  im  iSilgebiet.  —  Kigritische  Jagdwaffen 

und  Jagdniethoden.  —  Gorilla-  und  Chimpansejagden  285 

Fallgruben.  —  Künstlieh  erzeugte  Steppenbrände     .    .  28G 

Mundeos.  —  Fallharpunen.  —  Hopo's 287 

Vogelfang.  —  Straussjagd 288 

Jagd  auf  Reptilien.  —  Fischerei.  —  Benutzung  von  Be- 
täubungsmitteln. —   Angeln,  Netze,  Reusen  u.  s.  w.  289 

13.  Sklaverei. 

Sklaverei.  —  Kriegsgefangene  als  Sklaven.  —  Selbst- 
verkauf. —  Kinderverkauf.  —  Alter  dieser  Institution 
in  Afrika.  —  Der  Islam  gestattet  die  Sklaverei.  — 
Verschiedene  Sorten  von  Sklaven  in  Aegypten  .  .  .  290 
Islamitische  Sklaven  oft  sehr  fanatisch.  —  Mamlukken  291 
Oute  Behandlung  der  Sklaven  in  den  Ländern  des  Is- 
lam. —   Eunuchen.  —   Sklaven  in   Centralafrika.  — 

Träger 292 

Behandlung  der  Sklaven  in  heidnischen  Gebieten    .    .     293 
Menschenopfer.  —  Sklaven  in  den  Kimbundaländern  .     294 

Watira-  und  Tombikaflucht 295 

Sklaverei  bei  den  Europäern.   —   Verwerflichkeit  der- 
selben      296 

Albinos.  —  Zwerge.  —  Krüppel 297 


VIERTES  BUCH. 
Krankheiten. 

"NVechselfieber,  remittirende,  anhaltende  Fieber     .    .    .     298 
Complicationen  der  Fieber  mit  andern  Krankheiten.  — 

Typhöse  Formen.  —  Cholera.  —  Pest.  —  Skorbut  .     299 
Aussatz.  —  Syphilis,  deren  angebliches  Alter  und  Ent- 
stehung. —  Elephantiasis.  —  Rheumatismen  ....     300 
Lungenschwindsucht.  —    Hitzige  Ausschläge.  —  Para- 
sitische Thiere :    •  .•     ^^^ 

AnchyJostoma.  —    Distoma  haemotohium.  —    Filaria 

medinensis 302 

Ruhr.  —  Krankheiten  der  Leber,  Milz,  Lungen,  Kerven    303 

Augenleiden 304 

Wunden,  auch  vergiftete.  —  Wundstarrkrampf  .    .     305 
AVundheilung.    -      Krankenbehandlung.   —   Charlatane, 

Zauberdoctoren 307 

Arzneischätze  Afrikas 308 

b* 


XX  Inhalt. 

FÜNFTES  BUCH. 
Sprachen. 

Seite 
Scheu    unserer   Sprachforscher   vor  der  afrikanischen 

Linguistik SOS 

Ethnologische  und  philologische  Vorurtheile 309 

Eintheilungsprincipien.   —   Nordafrikanische  Sprachen     310 
Ost-,  central-,  west-  und  südafrikanische  Sprachen  .    .     311 
Geschriebene  Sprachen  der  Afrikaner.  —  Das  Standard- 
alphabet von  R.  Lepsius  und  dessen  Verbreitung   .     312 
Fortschreiten  des  Arabischen.  —  Mittel  die  eingeborenen 
Idiome  zu   erhalten   und  weiter  zu  bilden.  —  Aus- 
sichtslosigkeit derselben 313 


SECHSTES  BUCH. 
Schlussbetrachtungen. 

Li  iicJuUr  (jledankc  in  dem  Buche 315 

Bewegungen  unter  den  Afrikanern.  —  Völkerräthsel  .  316 
Principien  für  die  Erfoschung  der  afrikanischen  Völker- 
kunde   317 

Afrikanische  Inselbewohner 318^ 

Madagascar.  —  Hoffnungen  für  die  Zukunft 319 


Anmerkungen 320 

Register '    .    *     327 

Autorenregister 342 


YERZEICHMSS  DER  HOLZSCHNITTE. 


Die  hier  mit  einem  *  versehenen  Figuren  sind  Originale. 

Seite 
'Fig.  1.    Bedja-Nomade,  nach   eiuer  Photographie  von 

r                     Hattorff IG 

'  i>      2.     Bedja-Nomaden  in   ihrem  Zeltlager,  desgl.    ,  17 
»      3.     König  Mtsa  von  Uganda  mit  seinem  Gefolge, 

nach  H.  Stanley 21 

»      4.     Somali  von  Geledi  \                                   /  ...  22 

»      5.     Medjerten-Somali .  /    Nach  Daguerrco-    i  .    ,    ,  23 

»      6.     Wakambaweiber  .  i  typen  bei  Guilain  j  .    .    .  2-1 

»      7.     Suahelifamilie    .    .  ^                                    (  ...  25 

»      8.     Funje,  nach  R.  Hartmann 35 

))      9.     Niam-Niam,  nach  Schweinfurth 41 

»    10.     Kasongo's  Musikbande,  nach  Cameron  ....  42 
»    11.     Der  Monbuttu- König  Munsa,   nach  Schwein- 
furth   43 

«    12.     Kitete,  der  Häuptling  von  Mpungu  in  Manyema, 

nach  Stanley 45 

^  >>    13.     Mandinka,  nach  einer  Photographie 48 

"  »    14.     Quissama,  nach  einer  Photographie  von  Moraes  53 

»    15.     Manganjaweib,  nach  Livingstone 54 

»    16.     Lubaweib,  nach  Schweinfurth 55 

»    17.     Ein  Mtuta,  nach  Stanley 5G 

''  »    18.     Amazulu,  nach  Photographien  von  Kisch     .    .  57 

*  »    19.     Hottentottin,  nach  einer  Photographie.    ...  61 

^  »    20.     Kora-Hottentott,   desgl 62 

»    21.     Bombi,  ein  Akka,  nach  Schweinfurth   ....  63 

•>    22.     Junger  Buschmann,  nach  G.  Fritsch     ....  64 

>^    23.     Buschmännin,  desgl 65 

'  >^    24.     Xeuägypterin,  nach  Photographie   von  James  71 


XXII  Verzeichniss  der  Holzschnitte. 

Seite 
*Fig.25,  2t).    Abyssinier  aus  Amliara,  nach  einer  Zei-ch- 

nung  von  Zander 80 

»    27.    Somali  von  Merka,  nach  Guilain 81 

*  »     28.     Frisch  eingeführter  Brasilneger,  nach  Photo- 

graphie     .  87 

*  »    29.     Zulumädchen,  nach  Photographie  von  Kisch  89 

*  »     30.     Maurische  Kinder,  nach  Photographie   ...  91 

*  »     31.     Brasilianische  Creolnegerin  von  zweifelhafter 

Reinheit  der  Abstammung,  desgl 92 

»    32,  33.    Hottentoten,  nach  Fritsch 93 

)>    34,  35.     Venus  hottentotta   (Buschmännin),    nach 

E.  Geoffroy  St.-Hilaire  und  F.  Cuvier  95 
»     36.     Togul    in     Sennar    im    Durchschnitt,     nach 

E.  Hartmann 100 

»     37.     Hütte  in  Uganda,  nach  Stanley 101 

«    38.    Tembe  in  ügogo 102 

))    39.     Pfahlhütte  im  Mohryasee,  nach  Cameron .    .  103 
>'     40.     Hof  eines  Hauses  der  Berabra,  nach  R.  Hart- 
mann   106 

X    41.    Bedja  (Bischari)  mit  der  Ferdah  umhüllt,  nach 

\V.  von  Harnier 108 

>♦    42.     Monbuttukrieger  mit  dem  Rindenschurz,  nach 

Schweinfurth 110 

»     43.     Nuer  in  vollem  Putz,  nach  Harnier    ....  113 

»    44.     Einwohner  von  Manyema,  nach  Stanley    .    .  114 

»    45.    Jungfrau  aus  Ost^Manyema,  nach  Stanley     .  114 

»     46.     Pincette  der  Bongoweiber,  nach  Schweinfurth  115 

»     47.     Speerspitzen  der  Betchuana,   nach  Casalis   .  117 

»     48.     Bongolanzeh,  nach  Schweinfurth 117 

y     49.     Keulen  der  Denka,  nach  Hartmann    ....  118 

»     50,     Streitaxt  der  Basuto,  nach   Casalis     ....  118 

51.     Targi,  nach  Lyon 119 

»     52.     Schwert  aus  Kordufan, 120 

«     53.     Messer  der  Berabra, 120 

•>     54.    TrumbuRch  der  Niam-Niam,  nach  Hartmann  121 

'     55.     Bogen  und  Köcher  an  der  Ostküste   ....  122 

"     56.     Schild  der  Funje,  nach  Hartmann 123 

»»    67.    Arabischer  Soldat  des  Sultans  von  Zanzibar 
mit  dem  Faustschilde  der  Somal  u.  s.  w., 

nach  Guilain 123 

r    68.    Musg^u  mit  Wurfeisen  und  Brustkoller,  nach 

H.  Barth 124 

»    69.     Brujitpnnzer,  Bornu, 125 

p    60.     Gepanzerter  Bagirmi-Reiter,   nach    Denham 

und  Clapperton 125 


Verzeichnißs  der  Holzschnitte.  xxm 

Seite 

iig.bl.     Ahyssimsclici-  i'tiug 133 

»     62.     Molot  oder  Melot,  nach  Schweinfurth    .    .    .  134 
»     63.     Basutohütte  mit  Lehm  topf,  nach  Casalis   .    .  13«> 
»    64.     Kornspeicher  der  Niam-Niam,  nach  Schwein- 
furth   137 

»     65.     Merhaka,  nach  Livingstoue 150 

»     66.     Schmelzofen  der  Bongo,    nach  Schweinfurth  156 
»     67  —  70.     Geschnitzte  Schemel    und   Gefässe    der 

Niam-Niam,  nach  Schweinfurth    .    .  158 
»     71.     Verzierte    Kürbisschale    der    Batoka,     nach 

Livingstone 159 

»     72.     Wanderschmiede  und  ackernde  Schwarze  am 

Weissen  Nil,  nach  Harnier 160 

»     73.     Markt  in  Kawele,  nach  Cameron 166 

»    74.     Afrikanische  Canots  u.  s.  w.,  nach  Stanley  .  173 

»     75.     Canot  von   Ambadjholz,   nach  Schweinfurth  174 

0     76.     Seeschlacht  bei  Cap  Nakarauga,  nach  Stanley  176 
))     77.     Holzfiguren    auf    einem    Bongograbe,    nach 

Schweinfurth 190 

*  »     78.     Herumziehender    Xegerbarde    in    Konstanti- 

nopel, nach  Photographie  von  Abdoullah- 

Freres  das 194 

»     79,80.     Harfen  der  Niam-Niam,  nach  Schweinfurth  106 

))     81.     Harfe  der  Waganda,  nach  Stanley 196 

»     82,  83.     Eiserne  Glocke  und  Holzglocke  der  Niam- 
Niam,  nach  Schweinfurth 197 

»     84.     Nächtlicher  Tanz  der  Bari,  nach  Harnier   .  108 

»     85.     Sansa,  nach  Livingstone 199 

»     86.     Gubospieler,  Zulu,  nach  E.  von  Weber     .    .  200 

»     87.     Tanz  der  Ali  ab,  nach  Harnier 201 

j)     88.     Mangalaspielbret     der    Niam  -  Niam ,     nach 

Schweinfurth 203 

»     89.     Waganga  der  Warna,  nach  Cameron  ....  219 

»     90.     Fetische  von  Ruanda,  desgl 222 

»     91.     Fetischhütte  in  Lowale,  desgl 223 

»     92.     Mtesa's  Amazonen,  nach  Stanley 279 

B     93.     Der  Zwerg  Kimenya,  nach  Speke 296 

*  »     94.     Baobis   oder  Bubis,   nach  Photographie   von 

Joaque 318 


Einleitung. 


Als  ich  Aegyptens  niedriges  Meeresgestade  bei 
Alexandria  betrat,  glaubte  ich  in  den  mir  begegnen- 
den Fellah,  Nubiern  und  Schwarzen  Typen  gänzlich 
verschiedener  Menschenrassen  zu  erkennen,  welche  ein- 
ander von  Hause  aus  fremd,  nur  durch  den  Zufall  des 
Tages  zusammengewürfelt  worden  seien.  Alte  Lehren, 
alte  Erinnerungen,  längstgehegte  Gedanken  tauchten 
in  mir  auf,  als  ich  die  lebenden  Völkergalerien  durch- 
musterte. Beim  Betreten  des  grossen  Gewühles  in 
Massr-el-Qahireh,  der  begnadeten  und  gelahrten  Stadt 
des  mohammedanischen  Orient,  verwirrte  sich  anfänglich 
das  sich  mir  eröffnende  Bild.  Ich  will  hier  nicht  erst 
von  den  grell  und  phantastisch  gekleideten  Amanten 
sprechen,  deren  damals  acht  Regimenter  ihre  Rosse  im 
Staube  Altkairos  tummelten,  nicht  von  den  stahlgepan- 
zerten Tscherkessengarden  des  Statthalters  Said-Pascha, 
nicht  von  den  Pilgrimen  ^  aus  Turkistan ,  nicht  von 
den  Händlern  und  Dellälen  ^  aus  Smyrna,  Beirut,  Da- 
mascus,  aus  Basra,  Bagdad,  Meschhed  und  Ispahan, 
nicht  von  den  ernsten  osmanischen  Paschas,  Beys  und 
Aghas,  den  derzeitigen  Gebietern  des  Landes,  sie  waren 
ja,  gerade  wie  die  Armenier,  Griechen  und  Franken^, 
auffällige,  leicht  erkennbare  Fremdlingsgestalten  auf 
Afrikas  Boden.     Ganz  anders  aber  verhielt  es  sich  mit 

Hartmaks.  1 


2  Einleitung. 

allen  denen,  welche  mit  dem  leicht  aussprechbaren  und 
vielfach  so  leichtfertig  gebrauchten  Worte  Araber  be- 
titelt wurden,  ferner  mit  jenen  in  den  Barbareskenstaaten, 
im  sogenannten  Magreb  oder  afrikanischen  Nordwesten 
angeworbenen,  unfern  Bulak  in  der  Zahl  von  4000 
carapirenden  Reitertruppen,  ferner  mit  den  zahlreichen 
Vertretern  aller  jener  nilotischen,  centralen  und  west- 
lichen Stämme,  bei  deren  Anblick  sich  die  mir  schul- 
gerecht dünkende  Frage  aufwarf,  sind  das  Semiten, 
Hamiten,  sind  das  Kaukasier  oder  Aethiopier? 

Erst  als  sich  die  zu  Beginn  an  mir  vorüberjagenden, 
einander  gewissermaassen  überstürzenden  Eindrücke  zu 
ordnen  begannen,  vermochte  ich  die  Einzelheiten  des 
Völkergemäldes  besser  aufzufassen  und  zu  sichten. 
Später  allmählich,  nilaufwärts  ziehend,  Landschaft  um 
Landschaft  durchmessend,  bis  in  den  Steppen  und 
"Wäldern  der  Funje  die  trotzigen  feindseligen  Ingassena, 
an  den  Zinnen  des  Fazoglobergs  das  unbarmherzige 
Fieber  weitern  Wanderungen,  wenn  auch  nicht  weitern 
Forschungen  ein  Ziel  setzten,  da  änderten  sich  die  ur- 
sprünglichen, von  alten  Vorurtheilen  beherrschten  An- 
sichten über  die  Völker  Afrikas  sehr  wesentlich.  Ich 
gelangte  bereits  auf  afrikanischem  Boden  zu  der  Ueber- 
zeugung,  dass  hier  mit  den  Begriffen  Kaukasier, 
Aethiopier,  Semiten  und  Hamiten  im  ganzen  sehr 
wenig  anzufangen  sei,  so  wenig  wie  etwa  mit  den  Be- 
griffen Arier,  Indoeuropäer,  Turanier.  Ich  merkte, 
dass  die  ethnologische  Forschung  für  die  Aufhellung 
der  verwickelten  Völkerverhältnisse  der  nördlichen  Hälfte 
Afrikas  andere  Bahnen  aufsuchen  müsse,  als  die  bisher 
meist  übliche  einer  einseitigen  Gegenüberstellung  scharf 
begrenzter  liassengegensätze  und  als  verbrauchte  Sam- 
melbezeichnungen für  Völker,  die  einmal  nicht  unter 
den  Hut  doctrinärer  Anschauungen  zusammengezwängt 
werden  können.  Neben  der  möglichst  ausgedehnten 
S««lb»tbeobachtung  lebendigen  Völkermaterials,  zu  welcher 
besonders  der  gänzlich  unverdiente  Ruf  eines  hervor- 
ragenden Arztes*    die  Wege   in  vorher    kaum  geahnter 


Einleitung.  ;; 

Weise  ebnete,  waren  mir  natürlicli  die  Erzeugnisse  des 
Todes,  d.  h.  Leichen,  Skelete,  Schädel,  vorzügliche,  in 
reicher  Fülle  gebotene  Forschungsobjectc. "'  Daneben 
erwiesen  sich  gleich  von  Anfang  an  die  altägyptischen 
Wandgemälde,  Relief bilder,  Husten  und  Statuen,  die 
charakteristischen  Schöpfungen  einer  urwüchsigen,  ba- 
rocken, aber  mi  Risse  stets  das  Eigenthümliche.  das 
Nationale  treffenden  Kunstlebens  als  vorzügliche  Hülfs- 
mittel  zur  vergleichenden,  mitten  auf  geschichtlichem 
Boden  sich  bewegenden  allgemeinern  und  zur  Detail- 
forschung. Später  wurde  —  auch  daheim  —  keine 
Gelegenheit  versäumt,  Afrikaner  zu  sehen  und  zu  unter- 
suchen. Sie  bot  sich,  dank  unsern  regen  heutigen 
Verkehrsverhältnissen,  häufiger  dar,  als  ich  in  den 
ersten  Tagen  meiner  Rückkehr  aus  Afrika  hoffen  zu 
dürfen  geglaubt.  Ferner  wurden  die  Gemälde  und 
Zeichenmappen  hervorragender  Künstler,  begabter  Dilet- 
tanten, der  Yernet,  Gerome,  Gentz,  Richter,  Makart, 
R.  Kretschmer,  Alma  Tadema,  Daniell,  der  C.  Harris, 
Baines,  Harnier,  Schweinfurth,  Pechuel-Loesche  u.  a., 
endlich  die  unvergleichlichen  Erzeugnisse  der  Photo- 
graphie, die  Leistungen  der  Hammerschmidt,  James, 
•■Sebah,  Tremaux,  Kisch,  Fritsch,  J.  M.  Hildebrandt, 
Falkenstein,  Elton,  Playfair,  Joaque,  Buchta  und  zahl- 
reicher anderer  (mir  zum  Theil  persönlich  Unbekannter) 
eine  stete  Quelle  weiterer  Belehrung. 

Mehr  und  mehr  lernte  ich .  einsehen ,  dass  die  Be- 
zeichnung Neger  für  die  dunkelhäutigen  kraushaarigen 
Bewohner  eines  grossen  Theiles  von  Afrika  sehr  häufig 
in  misbräuchliche  Anwendung  gezogen  werde.  Ich 
schlug  daher  schon  vor  Jahren  für  jene  grosse  Völker- 
gruppe die  mehr  präcisirende  Bezeichnung  Nigritier 
vor.^  Es  entstand  mein  so  betiteltes  Buch  ^,  eine  An- 
zahl Studien  geschichtlicher,  ethnographischer,  sprach- 
licher und  physisch-anthropologischer  Natur,  welche, 
zu  einer  monographischen  Arbeit  vereinigt,  mich  noch 
gegenwärtig  beschäftigen.  Nachfolgendes  Schriftchen 
soll    nun    nicht   etwa   einen  Auszug   aus    obigem  Buche 

1* 


4  Einleitung. 

bringen,  sondern  es  soll  in  ganz  selbstständiger  Be- 
handlung einen  Einblick  in  das  Leben  der  gesammten 
bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Menschheit  Afrikas  ge- 
währen. Vielleicht  wird  gerade  diese  Art  der  Dar- 
stellung eines  selbst  noch  vielfach  unfertigen  und 
noch  lebhaft  umstrittenen  Themas  ihre  Freunde  ge- 
winnen. 


ERSTES  BUCH. 
Afrikanische  Meusclienstämme  und  deren  Wohnsitze. 

Dunkel  sind  die  Sagen,  welche  der  Mund  altägyp- 
tischer Weisen  über  die  Vorzeit  des  merkwürdigen 
Landes  verkündet  hat,  in  welchem  die  Pharaonen  (die 
Söhne  der  Sonne,  wie  ihre  selbstgefällige  Titulatur  lau- 
tete) das  Scepter  geführt.  Der  erste  König,  der  über 
Aegypten  geherrscht  hat,  war,  wie  die  Priester  nach 
Herodot  angaben,  Menes  (Mena),  zu  dessen  Zeiten  das 
ganze  Land,  mit  Ausnahme  des  thebaisclien  Gaues  (Gau 
ägyptisch  Hesep,  griechisch  Nomos)  ein  Sumpf  gewesen 
und  wo  nichts  zu  sehen  gewesen  sein  soll  von  all  dem  Ge- 
biet, welches  jetzt  unterhalb  des  Sees  Möris  liege  u.  s.  w.^ 
Vor  Mena  sollen  Götter,  Halbgötter  und  räthselhafte 
Könige  geherrscht  haben,  Wesen,  deren  Anführung  den 
Alten  zur  Bemäntelung  ihrer  Unkenntniss  der  ägyp- 
tischen Urgeschichte  gedient  hat.  Da  nun  übrigens 
Mena  als  Gauherr  von  Tini  geschildert  wird,  da  man 
ihm  mit  nicht  geringer  Wahrscheinlichkeit  die  Gründung 
von  Memphis  und  die  Stiftung  kolossaler  Dammbauten 
zuschreiben  darf,  so  lässt  sich  annehmen,  dass  schon 
zur  Zeit  seines  Auftretens,  d.  h.  etwa  6000  Jahre  vor 
unserer  Zeitrechnung,  Aegypten  in  einem  Zustande  der 
geordneten  landschaftlichen  Eintheilung  und  überhaupt 
gewisser  Gesittung  sich  befunden  haben  müsse. 

W^er  hat  nun  diese  allmählich  sicli  bildenden  Ablage- 
rungen    fruchtbaren     Schlammes     besiedelt?      Sind    es 


C  Erstes  Bucb. 

.->^>.iov.ii-ai.iwiac.ic  Einwanderer  gewesen?  Die  altägyp- 
tische Sprachforschung  betrachtet  es  als  eins  ihrer 
Hauptergebnisse,  die  Sprache  des  pharaonischen  Volks 
habe  einen  innigen  Zusammenhang  mit  den  indogerma- 
nischen und  semitischen  Idiomen  besessen,  und  müsste 
daher  innige  nationale  Beziehungen  zu  den  Völkern 
dieser  Kategorie  gehabt  haben.  Allein  kein  ernst  zu 
nehmendes  physisches  Merkmal  spricht  für  eine  an- 
güblich semitische  Herkunft  der  Aegypter.  Man 
ist  jetzt  daran  gewöhnt,  von  Seiten  der  wissenschaft- 
lichen Anthroi)ologie  zwar  indoeuropäische  Sprachen 
anzuerkennen,  die  indoeuropäische  Völkerfamilie  als 
ethnische  Einheit  jedoch  für  eine  unberechtigte  Auf- 
stellung der  Philologen  zu  erklären.  Sprachverwandt- 
bcliaft  bedingt  aber  keineswegs  nothwendig  auch  die 
ethnische,  nationale  Verwandtschaft.  Inwieweit  aber 
die  altägyptische,  zum  Theil  noch  jetzt  im  Koptischen 
dürftig  fortvegetirende  Sprache  -^  wirklich  eine  semi- 
tische Sprache,  oder  inwieweit  sie  nur  stärker  oder 
geringer  mit  semitischen  Lehnwörtern  durchsetzt  sei, 
darüber  liaben  uns  die  Philologen  noch  keineswegs  ge- 
nügend aufgeklärt. 

Manche  haben  auf  einen  nationalen  Zusammen- 
hang zwischen  den  Altägyptern  und  der  grossen  liby- 
schen, Nordwestafrika  bewohnenden  Völkerfamilie  ge- 
ratheu. Auch  für  diese  Ansicht  wurden  vornehmlich 
sprachliche  Gründe,  die  Verwandtschaft  altägyptischer 
Wörter  mit  Wörtern  aus  der  Sprache  libyscher  Oasen, 
wie  Siwah  u.  s.  w.,  geltend  gemacht.  Eine  physische 
Ärmlichkeit  zwischen  den  Ketu  oder  den  auf  altägyp- 
tlschen  Denkmälern  bildlich  dargestellten  Vertretern 
dea  Pharaoneuvolks  und  den  heutigen  Bewohnern 
Nordwestafrikas  ist  freilich  unverkennbar.  Mehrere 
Tage  lang  widmete  ich  einer  genauen  Durchmusterung 
der  (S.  2)  erwähnten  sogenannten  Magrebin,  d.  h.  der 
libyschen  Reiter  zu  Bulak,  und  überall  begegnete  ich 
unter  diesen  gefälligen  und  zuthulichen  Wehrmannen 
des    ägj-ptiachen    Statthalters    Physiognomien,    wie    sie 


Alnkauäscno   iücn>-rmMstaiuiiie   umi  cicrt'n    \\  oiiiisit/c.        7 

mir  bereits  von  den  Strassen  der  ägyptischen  Städte 
und  aus  den  Landschaften  um  Kairo  her  vertraut  ge- 
worden waren.  Dasselbe  traf  sich  auf  den  belebten 
und  reichlich  beschickten  tuneser  oder  magrebiner  Ba- 
zaren  zu  Kairo,  woselbst  ich  namentlich  eine  über- 
raschende Aehulichkeit  zwischen  dem  Typus  der  Jüngern 
Magrebin  und  Jüngern  Fellachin  auffand.  Entsprechende 
Beobachtungen  machte  ich  an  den  Turcos,  welche  sich 
18G7  in  Paris  und  1870 — 71  als  Kriegsgefangene  unter 
uns  befanden.  Selbst  der  Schädelbau  der  Libyer  und 
Aegypter  bietet  Anhaltspunkte  für  unsere  Ansicht  dar. 
Au  die  ägyptischen  Grenzen  hinan  reichen  die  heute 
sogenannten  Berabra  (Singular  Berberi),  die  vor  den 
Fellachin  schon  durch  dunkle  Hautfarbe  ausgezeich- 
neten Bewohner  der  felsigen,  heut  so  armen  Districte 
Nubiens.  Im  Alterthum  hiessen  diese  Nachbarn  Aegyptens 
wie  alle  ihre  damals  bekannt  gewordenen  Stämme  Na- 
hasu  —  es  waren  die  Schwarzen,  Neger,  Nigritier. 
Sie  zeigten  sich  den  Pharaonen  öfters  unbequem  und  da 
wurden  denn  Kriegszüge  gegen  dieselben  veranstaltet, 
deren  (wenigstens  nach  heutigem  Maassstabe)  unbe- 
deutende Ergebnisse  auf  den  Denkmälern  durch  prah- 
lerische bildliche  Darstellungen  und  Inschriften  ver- 
herrlicht wurden.  Weit  fassten  die  Pharaonen  freilich 
nicht  Fuss  in  dem  coupirten  Lande  der  tapfern  Nahasu. 
Alte  Namen  ihrer  Stämme,  Beraberata,  Kens,  Argin, 
Prim,  kehren  noch  heute  wieder  in  den  Stammes-  und 
Ortsbezeichnungen  Berabra,  Kenus,  Argo,  Ibrim  u.  s.  w. 
u.  s.  w.  Während  sich  nun  auf  Aegyptens  Boden  der 
geologische  Process  allmählicher  alluvialer  Schichten- 
bildung unter  gleichzeitiger  Austrocknung  des  Sahara- 
meeres vollzog,  rückten  nubische  Familien  in  das  mehr 
und  mehr  sich  regelnde,  endlich  zwischen  Uferbänken 
sein  periodisch-schwankendes  Wasserleben  durchlaufende 
Bett  des  Nils  stromabwärts  hinab.  Sie  bebaueten  Stelle 
um  Stelle  und  gingen  allmählich  den  gesellschaftlichen 
Umbildungsprocess  ein,  der  sie  zur  Schöpfung  eines 
der  wenigen  Culturcentren  der  antiken  Welt  befähigte. 


g  Erste«  Buch. 

In  ihrer  Isoiirtheit,  in  dem  von  felsenstarrenden  Wüsten 
eingeschlossenen  sehr  fruchtbaren  Nilthale  bildeten  sie 
eine  gewisse  Eigenart,  die  jedoch  immerhin  gänzlich 
auf  echt  afrikanischer  Sitte  fusst,  von  Geschlecht  zu 
(leschlecht  weiter  aus.  Sie  modelten  eine  Art  des 
Fetischdienstes  ^^  nach  den  ihnen  so  geläufig  werdenden 
Naturerscheinungen  des  Steigens  und  Fallens  der  Nil- 
wasser ^  *,  den  für  ihr  ganzes  Culturleben  so  wichtigen 
Vorgängen.  Im  Bewusstsein  ihres  Könnens  dehnten  sie 
sich  endlich  weiter  über  die  Nachbargegenden  aus  und 
zwangen  syrisch-arabische,  also  semitische  Nomaden- 
stärame,  wie  Araber  und  Juden,  zur  Sesshaftigkeit  und 
zum  Frondienst.  ^'- 

Brugsch  führt  aus,  dass  Amu,  d.  h.  Semiten,  Leute 
syrisch-arabischen  Stammes,  als  sesshafte  Einwohner  die- 
jenigen Gebiete  des  Deltalandes  innehatten,  welche  sich 
in  der  Umgebung  des  heute  Menzaleh  genannten  Sees 
befanden".  Mit  solchen  ursprünglich  der  asiatischen 
Seite  Aegyptens  entsprossenen  Eindringlingen  mochten 
sich  nun  die  nubischen  Einwanderer  reichlich  ver- 
mischen. Dasselbe  geschah  sehr  wahrscheinlich  mit 
von  Libyens  Seite  (damals  wie  noch  später)  an  den 
Nil  heranstreifenden  Bewohnern.  So  entstanden  die 
weltbeherrschenden,  alles  mit  ihrer  hohen  Cultur  be- 
fruchtenden Retu,  welche,  heller  wie  die  Berabra,  ein 
Mischvolk  bildeten,  in  dem  jedoch  afrikanisches  Blut 
weit  vorherrschte.  Unsere  Reisenden  heben  gewöhnlich 
den  Gegensatz  zwischen  den  hellen  Aegyptern  und  den 
dunkeln  Nubiern  zu  schroff  hervor.  Es  kam  mir  immer 
8u  vor,  als  ob  diese  Herren  die  Zeit  und  die  Orte 
zwischen  Kene  und  Syene  so  gut  wie  verschliefen. 
Denn  gerade  auf  dieser  Strecke  sieht  man  genug  Ueber- 
«an«e  zwischen  beiden  Völkertypen.  Es  beruht  das 
nicht  etwa  nur  auf  Einwanderung  und  Ansiedelung 
nuuischer  Familien  in  dem  Said,  in  Oberägypten,  son- 
dern der  Bewohner  dieses  Said  wird,  dem  Wendekreise 
allmählich  sich  nähernd,  dunkler,  dunkler  durch  die 
Sonm-,    aber   auch   dunkler   infolge   von   Heirathen  mit 


Afrikanische  Menschenstämme  und  deren  Wohnsitze.      1) 

Berabra.  So  mochte  auch  der  mibisclie  Besiedler  des 
Nilthaies  allmählich  unter  der  milden  Sonne  Mittel- 
uuterägyptens  heller  werden,  zum  Theil  freilich  auch 
wieder  infolge  von  Heirathen  mit  ursprünglich  hellem 
Leuten.  Dass  aber  bei  solchen  Processen  eine  gewisse 
Anpassung  an  Grund  und  Boden,  an  dessen  physi- 
kalische, klimatische  Verhältnisse  stattfinde,  erscheint 
mir  als  "in  iin:iluv.'is1i(]i.'r  naturgescliichtlicher  Vor- 
gang« 

Uebereinsninnieiuie  pii\  tische  Merkmale  zwisclieu 
Aegyptern  und  Berabra  wird  kein  aufmerksamer  Beob- 
achter hinwegleugnen  können.  Wer  mir  hier  eine  Ver- 
schiedenheit der  Färbung  allein  entgegenhalten  will,  der 
lässt  sich  seinen  Blick  durch  eine  bei  diesen  Untersuchun- 
gen keineswegs  stichhaltige  Einzelnheit  trüben.  Brugsch 
hat  ferner  intimere  Beziehungen  zwischen  Altägyptischem 
und  Nubiscliem  (letzteres  alte  Sprache  von  Meroe)  her- 
vorgehoben. Die  von  dem  gelehrten  Aegyptologen  ver- 
öfientlichte  Wörterliste  liesse  sich  noch  erweitern. ^"^ 

Die  ägyptischen  Retu,  welche  nach  dem  Untergänge 
ihres  grossen  Reichs  so  viele  fremde  Einfälle  erdulden 
gemusst,  sind  später  Vermischungen  namentlich  mit 
Persern,  Griechen,  sowie,  nach  der  moslimischen  Er- 
oberung unter  Amr  Ibn-el-Asi,  mit  Syroarabern,  später 
selbst  mit  Osmanen  eingegangen.  Noch  heute  dauern 
derartige  Kreuzungen  fort,  denen  sich  solche  mit  Ni- 
gritiern  hinzugesellen.  Durch  diese  Vermischungen  ist 
der  ursprüngliche  Bevölkerungstypus  vielfach  geändert 
worden.  Trotzdem  aber  hat  sich  ein  erkleckliches 
Maass  von  Retu-Blut  in  diesem  Volke  bis  zum  heutigen 
Datum  erhalten.  Die  sprechenden  Vertreter  desselben 
findet  man  aber  nicht  allein  unter  den  reiner  geblie- 
benen christlichen  Kopten,  sondern  auch  unter  den 
weit  gemischtem  muselmanischen  Fellachin.  Man 
möchte  zuweilen,  durch  eins  der  dürftigen,  halb  zwischen 
den  Säulenstämmen  der  Dattelpalmen  vergrabenen  Nil- 
dörfer schlendernd,  sich  ganz  seiner  Phantasie  hin- 
geben und  glauben,   eine  der   Ramses-Statuen  sei  nach 


10  Erstes  Buch. 

Jahrtausenden  wieder  belebt  worden  und  von  ihrem 
Postament  herniedergestiegen,  oder  es  seien  die  zier- 
lich geschmückten,  sich  am  Gerüche  frischer  Lotosblu- 
men ergötzenden  Jungfern  aus  den  thebaischen  Wand- 
gemälden herausgetreten,  um  wie  ehedem  zum  Wasser 
des  heiligen  Stromes  zu  wandeln. 

Als  Nachbarn  und  nahe  Verwandte  der  Aegypter  treffen 
wir  also  die  nubischen  Berabra,  gegenwärtig  in  einer 
Längenausdehnung  von  fast  sechs  Breitengraden  bis 
zum  sechsten  Nilkatarakt  hin  ansässig,  mitten  zwischen 
den  wüsten  Felsbergen  des  Nilthaies  voll  Mühsal  das 
eine  so  geringe  räumliche  Ausdehnung  darbietende 
Ackerland  bebauend,  dessen  Areal  alljährlich  noch  von 
dem  jeweiligen  Stande  der  Nilüberschwemmung  ab- 
hängig wird.  Karger  Schlammabsatz  in  Jahren  unter- 
geordnetem Steigens  der  Nilwasser  macht  sich  in  dem 
armen  Nubien  noch  stärker  fühlbar  als  in  Aegypten, 
dessen  ausgedehnteres  Ackerland  ein  paar  Zoll  Schlamm- 
decke einmal  noch  eher  entbehren  kann,  obgleich  der 
Factor  selbst  hier  nicht  ohne  Bedeutung  erscheint.  In 
vielen  Districten  sind  die  Nubier  ganz  rein  geblieben,  es 
sind  heute  noch  die  braunen  Leute  zum  Theil  mit  mächti- 
gem llaartoupet,  welche  auf  den  pharaonischen  Malereien 
neben  den  als  Rothhäute  dargestellten  Retu  figuriren, 
gegen  welche  die  Usurtasen,  Amenhotep,  Thutmes,  Seti, 
Uamses  u.  s.  w.  jene  bereits  (S.  7)  skizzirten  Kriege 
führten,  theils  um  unruhige  Nachbarn  zu  bändigen, 
theils  um  das  am  OUakiberge  und  an  andern  Stätten 
vorkommende  Gold  auszubeuten.  Diese  Berabra  haben 
8ich  übrigens  in  frühern  Zeiten  weiter  nach  Süden  aus- 
gedehnt als  heutzutage.  Sie  haben  vielleicht  durch 
Jahrhunderte  nicht  blos  das  Nilthal  über  Khartum 
stromaufwärts  innegehabt,  sondern  sie  haben  sich  selbst 
nocli  über  einen  grossen  Theil  der  heutigen  Land- 
»tliaften  Kordufan,  Taka  und  Sennar  erstreckt.  In 
d>«sen  Ländern  führen  viele  Oertlichkeiten  Namen, 
welche  unverkennbar  der  Berbersprache  angehören. 
Später  wurden  diese  Leute  durch  die  erobernden  Furer 


Afrikanische  Menschenstämme  und  deren  Wohnsitze.    1 1 

'  dja  und  Fuuje  zurückgedrängt.  Letztere  Nationen 
iigen  übrigens  mit  den  Herabra  vielfache  Mischungen 
ein.  Schon  als  im  spätem  Mittelalter  im  Sennar  das 
Reich  Aloa  blühte,  dessen  Herrscher  Bedja  waren, 
bildete  sich  in  der  Gegend  des  Zusammenflusses  (ara- 
bisch Mogren)  der  beiden  Nile  ein  Mischvolk  aus, 
dessen  Hauptelemeut  Berabra  waren.  Später  lieferten 
die  nigritischen  Funje  noch  andere  Elemente  der 
Mischung.  Uebrigens  nisteten  sich  zwischen  reinern 
Berabra  schon  frühzeitig  zerstreute  Gemeinden  arabi- 
sirter  Bedja,  sich  zu  staatlichen  Gruppen  zusammen- 
thuende  centralafrikanisclis  Pilgrime  (Tekariue)  u.  s.  w. 
ein.  Auch  unter  diesen  fremden  Familien  haben  viele 
eine  unverkennbare  Reinheit  bewahrt.  Ihren  reinsten 
*""tamm  oder  Stock  bilden  die  Berabra  in  den  heutigen 
istricten  Wady-Kenus,  Dar-Sukkot,  Dar-Mahas  und 
m  Nord-Dongola.  In  Oberägypten,  um  Syene"^'  her, 
in  Süd-Dongola  und  Berber  haben  theils  Mischungen, 
theils  fremde  Einkeilungen  stattgefunden. 

Die  Bedja   nehmen    eine    eigenthümliche    Stellung    in 
der    afrikanischen    Ethnologie    ein.      Sie    wurden    seit 
lange    als    eingewanderte,    reine    unvermischte    Araber 
angesehen    und    beschrieben.      Nicht    wenige    Reisende 
glaubten     an     diesen    Stämmen     die    physiognomischen 
Eigenthümlichkeiten  der  Bewohner  der  arabischen  Halb- 
iSel  in  einem  treuen  Abbilde  wahrzunehmen.  Ja  es  hatten 
aige    (allerdings   nur   sehr  wenige!)    und  zum  Glück 
icht   anthropologisch   gebildete    Leute   den  Muth,    an 
jenen    in   den    beiden   verwichenen    Jahren    in    Europa 
von    K.  Hagenbeck    öffentlich  ausgestellten,    so   cliarak- 
ristisch    beschaffenen    Bedja    (zum    Theil    dem  Jäger- 
amme der  Homran  angehörend)  den  nord-westarabischen 
i  vpus    wiedererkennen     zu    wollen.       Natürlicherweise 


*  Am  Schellal  (Katarakt)  von  Syene  oder  Assuan  zeigen 
h  die  sogenannten  Schellalin  oder  Kataraktbewohner  als 
rabra  mit  starker  Beimischung  von  Fellach-(Aegyj)ter-)Blut. 


12 


Erstes  Buch. 


begegnete  dies  tbeils  vielfachem  energischen  Wider- 
spruch, theils  gänzlicher  Nichtbeachtung. 

Afrika  ist  ein  Gebiet,  in  welchem  sich  schon  seit 
alters  die  Völker  in  Kasten  oder  wenigstens  in  kasten- 
ühnlicho  Gesellschaftsklassen  gegliedert  haben.  In  vieler 
Hinsicht  forderte  hierzu  gewissermaassen  die  Boden- 
bescliafi'enheit  auf.  Gute  Beispiele  bietet  uns  besonders 
der  Nordosten  des  Erdtheils  dar;  hier  gewährte  ja 
das  alljährlichen  Niveauveränderungen  unterworfene 
Schwemmland  des  Nils,  des  Atbara  u.  s.  w.  dem  Acker- 
bau seinen  Sitz,  und  dieser  vermochte  auch  an  den 
fruchtbaren  Berggehängen  des  abyssinischen  Alpenlandes 
aus  der  Bodencultur  seinen  genügenden  Unterhalt  zu 
gewinnen.  Die  weite  mit  nur  kargem  Pflanzenwuchs 
besetzte  Wüste  und  die  üppig  begraste  Steppe  eröff- 
neten dagegen  der  Viehzucht  gewaltige  Strecken. 
Ks  geschah  dies  um  so  leichter,  als  auf  Gebieten  der 
letztgenannten  Art  wichtige  Hausthiere,  wie  Pferd,  Esel, 
das  einhöckerige  Kamel,  das  Rind,  das  Schaf  und  die 
Ziege  eine  grosse  und  leichte  Verbreitung  fanden. 
Diesen  Objecten  der  Viehzucht  gebrach  es  ja  nirgends 
an  wohlgeeigueter  pflanzlicher  Nahrung;  der  Urwald* 
aber  bot  wieder  dem  Jäger  das  geeignete  Feld  für 
seine  Thätigkeit.  Letzterer  konnte  ja  auch  der  Vieh- 
hirt auf  der  ebenfalls  wildreichen  Steppe  mit  Lust 
nachgehen.     Aehnliches  wiederholt  sich  in  ganz  Afrika. 

Nun  klammerte  sich  übrigens  der  einzelne  Volks- 
stamm nicht  ausschliesslich  an  die  Beschäftigung  des 
Ackerbauers,  Hirten  oder  Jägers,  der  Bedja  z.  B. 
wurde  an  den  Flussniederungen  sesshafter  Ackerbauer, 
in  der  Wüste  und  Steppe  aber  wurde  er  Nomade  und 
zugleich  Jäger.  Er  betrieb  zwar  auch  im  letztern 
lalle  mal  etwas  Ackerbau,  aber  doch  nur  nebenher 
und    nur   so   lange,    als   die   ihm   feindliche   Jahreszeit, 

'  Im  ttllgemeincrn  Interesse  bemerke  icli  hier,  dass  der 
Arul.rr  hierzulande  die  Wüste  Atmur  oder  Akaba,  die  Steppe 
Clmhi  und  den  Urwald  Ghaba  nennt.  Es  finden  sieh  übrigens 
«nhlreicho  Ueborgänge  zwischen  diesen  Bildungen  des  Landes. 


Afrikanische  Menschenstamme  und  deren  Wolinsitzc.    13 

die  Regenzeit  (oder  der  Kharif)  seinem  ruhelosen  Wan- 
dern mit  den  Vieliherdcn  ein  jeweiliges  Ziel  gebot. 
3Ian  kann  nun  wol  sagen,  dass  die  Bedja  ilirer  grössern 
Individuenzahl  nach  mit  Vorliebe  die  Beschäftigung 
des  nomadisir enden  Viehzüchters  ergriffen  und 
dass  nur  ein  geringerer  Theil  derselben  sich  zur  Hand- 
habung des  Grabscheites  bequemte.  In  diesen  Ländern 
des  Herkommens  schrieb  der  Volksmund  den  Bedja 
von  alters  her  eine  ganz  besondere  Umsicht  und  Ge- 
schicklichkeit in  der  Viehhaltung,  namentlich  in  der 
Züchtung  und  Wartung  des  Kameles  zu.  Dabei  ist  es 
bis  auf  den  heutigen  Tag  verblieben.  Leute  anderer 
Nationalität  wagten,  wol  ausschliesslich  herkömmlichen 
Ideen  folgend,  mit  den  sie  umgebenden  Bedja  in  jener 
Beziehung  nur  selten  zu  concurriren.  An  einem  der 
Hauptsitze  der  Funje,  am  Berge  Guli  oder  Gule  in 
Sennar,  hausen  die  Bewohner,  Ackerbau  und  auch  etwas 
Viehzucht  treibend,  in  Dörfern.  Selten  und  fast  nur 
bei  den  Häuptlingen  dieser  Funje  sieht  man  ein  Ka- 
mel. Desto  reicher  an  letztern  Hausthieren,  aber  auch 
an  Rindern,  Schafen  u.  s.  w.,  ist  der  grosse,  in  der 
Nachbarschaft  campirende  Bedjastamm  der  Abu-Rof. 
Auf  meine  Frage,  warum  denn  die  Funje  nicht  zahl- 
reichere Kamele  und  noch  zahlreichere  Rinder  züch- 
teten, erwiderte  man,  hierzu  seien  die  Abu-Rof  da, 
bei  denen  könne  man  dergleichen  Thiere  jederzeit 
miethen  oder  kaufen;  der  Funje  habe  mit  der  Acker- 
bestellung und  mit  der  Industrie  genug  zu  thun.  Die 
Funje  verschmähen  die  Jagd  auf  das  grosse  in  ihren 
Steppen  und  Wäldern  hausende  Wild  (Büff'el,  Pferde- 
antilopen, Gnus,  Gazellen,  Giraff'en,  Elefanten  u.  s.  w.) 
keineswegs;  sie  halten  das  für  eine  nützliche  und 
männliche  Beschäftigung.  Dennoch  aber  wird  man  hier 
bei  Veranstaltung  grosser  Jagdpartien  stets  einige  be- 
sonders geschickte  Agagir  oder  Jagdmatadoren  der 
Abu-Rof  hinzuziehen,  welche  bei  der  B^ällung  des  Büffels 
u.  8.  w.  allen  andern  vorauf  ihre  Kunst  zu  zeigen  haben. 
Das  sind  so  fest  eingewurzelte  Landessitten. 


]4  Erstes  Buch. 

Die  Abstammung  der  Bedja  ist  dunkel;  wahrschein- 
lich ist  dieselbe  auf  der  Osthälfte  Afrikas  zu  suchen, 
wo  einst  ein  geraeinsames  verwandtschaftliches  Band 
grosse  Stämme,  die  sogenannten  Bedja,  Schoho,  Afer 
oder  Danakil,  Somal,  die  Masay,  die  Dschagga,  Gala, 
Orraa,  Wahuma  und  die  A-Bantu  umschlang.  Ein  Theil 
dieser  meist  kriegerischen  Völker  zerstreute  sich  er- 
obernd nach  verschiedenen  Seiten.  Während  die  Gala 
und  Dschagga  besonders  dem  Herzen  Afrikas  entgegen- 
strömten, ergossen  sich  die  A-Bantu  mehr  über  den 
Süden  des  Erdtheils.  Schon  frühzeitig,  in  der  Dämmer- 
zeit der  menschlichen  Geschichte,  müssen  derartige  Züge 
sich  eingeleitet  haben,  denn  auf  pharaonischen  Denk- 
mälern geschieht  bereits  der  Schari  Erwähnung,  welcher 
Name  wol  nicht  mit  Unrecht  auf  die  heutigen  Bescharin 
bezogen  worden  ist.  Auf  den  aksumitischen  Ruinen 
werden  die  Buka,  Bugaiten  (Bedja)  als  vom  Könige 
f^asan  (Aizanas)  Bekriegte  aufgeführt;  hier  erkennt 
man  auch  unter  andern  Völkernamen  denjenigen  der 
Ilalenga,  eines  noch  heute  blühenden  Bedjastammes, 
welchen  jene  in  Europa  herumgeführten  Ilomran  nicht 
fern  stehen.  Ausserdem  erscheinen  die  Bega  oder  Bedja 
bereits  auf  der  altberühmten,  dem  König  Ptoleraäus 
Euergotes  zugeschriebenen  Inschrift  von  Adulis.  Eine 
treffliche  ethnologische  Darstellung  dieses  Volks  ver- 
danken wir  dem  arabischen  Gelehrten  Makrizi.  Ver- 
schiedene Stellen  bei  Strabo,  Agatharchides,  Diodor 
und  Claudius  Ptolemäus  lassen  sich  ohne  Zwang  auf 
die  Bedja  beziehen. ^^  Das  bei  den  Alten  erwähnte 
axumitische  oder  aksumitische  Reich  vereinigte  viele 
«lloser  Stämme  in  sich.  In  dem  blühenden  Aloa  spielten 
christliche  Bedja  eine  Hauptrolle.  Makrizi  und 
Ibn-el-Wnrdi  erwähnen  auch  eines  Bedjakönigs.  Manche 
iilte  Candace  oder  Königin  Aethiopiens  scheint  dem 
Bed^javolke  entsprossen  zu  sein.  Alles  deutet  darauf 
hin,  dass  dieses  im  Alterthum  und  im  Mittelalter  zu 
nicht  unmäclitigen  staatlichen  Gemeinwesen  vereinigt 
gewesen  sei.     Der  Verfall  Aksums  erschütterte  wol  diese 


Afrikanische  Menschcnstämme  und  deren  Wohnsitze.    15 

Herrlichkeit  für  lange  Zeit,  und  mit  der  Zertrümme- 
rung Aloas  durch  die  Funje  ging  die  Redjamacht  gänz- 
lich zu  Grunde.  Die  sich  zerstreuenden  Stämme  ge- 
riethen  in  Abhängigkeit  von  Darlur,  Sennar  und  von 
Habesch,  seit  1820  auch  von  den  Aegyptern.  Im  Lande 
Taka  einigten  sich  Bedjastämme  noch  in  unserm  Jahr- 
hundert zu  einem  lockern  politischen  Verbände,  welcher 
die  Kraft  des  Widerstandes  gegen  die  ägyptischen  Er- 
-i^elüste  entwickelte,  endlich  aber  durch  die 
:ie  der  Paschas  Achmed  des  Tscherkessen  und 
Achmed  Menekle  gewaltsam  aufgelöst  wurde. 

Die  grössern  Anhäufungen  dieser  Völker  in  den  frucht- 
baren Stromanschwemmungen  Ost -Sudans,  welche  die 
Bodencultur,  der  Anbau  von  Durra  oder  Negerkorn, 
von  !Mais,  einigem  Weizen,  von  Gurken,  Melonen,  Ei- 
bisch, von  Zwiebeln,  rothem  Pfeffer,  Baumwolle  und 
Taback  zu  noch  festern  Gemeinschaften  verband,  wurden 
christlichen  Einflüssen  schon  früh  zugänglich;  sie  wurden 
aber  später  von  Heiden  (Funje)  besiegt  und  bekehrten 
sich  sammt  ihren  Besiegeru  zum  Islam.  Leicht  fand 
letzterer  bei  den  herumschweifenden  Bedja-Xomaden 
Eingang.  Diese  ernsten,  zur  Beschaulichkeit  und  reli- 
giösen Zerknirschung  geneigten  Leute  nahmen  gern  die 
Sendboten  des  Islam,  fast  durchgängig  ausgewanderte 
Araber  und  arabisch  redende,  aber  nigritische  Mekka- 
pilger, unter  sich  auf,  verliehen  ihnen  Macht  und  Ein- 
fluss  innerhalb  des  eigenen  Stammes,  unterwarfen  sich 
der  politischen  Gliederung,  der  Sitte  und  dem  Gesetz 
sogar  der  Hedjaz-Beduinen  und  wurden  so  nach  ihren 
communalen  Einrichtungen,  ihrer  Sprache  und  Religion 
grossentheils  zu  Arabern.  Sie  hielten  mit  fanatischer 
Zähigkeit  am  Islam  und  an  dem  ihnen  so  edel  erschei- 
nenden, erworbenen  Araberthum  fest  und  nannten  sich 
zum  Theil  mit  Stolz:  Araber.  Freilich  behielt  auch 
mancher  Nomadenstamm,  wie  die  Halenga,  Hadenduo, 
Schukune,  Homran  u.  s.  w.  neben  dem  Arabischen  ihr 
Bedja-Patois  bei  und  fälschte  dies  noch  durch  sprach- 
liche Verzerrungen,  die  den  Leuten  als  Jägerlatein  ihrer 


it; 


Erstes  Buch. 


Art  bequem  erschienen.  Solche  Thatsachen  der  Con- 
servirung  eigener  Idiome  werden  gewöhnlich 
von  allen  den  Reisenden  mit  und  ohne  Absicht 
übergangen,  welche  unsere  Nomaden  durchaus 
zu  echten,  reinen,  eingewanderten  Arabern 
stempeln  wollen.  Ich  bemerkte,  dass  die  Bedja- 
hirten  und  Jäger  dem  Islam  leichter 
zuf^änglich  gewesen  seien,  als  Städter 
und  Ackerbauern  ihrer  Nation.  Trotz- 
dem sind  selbst  diesen  glaubens- 
,       "^^P^  eifrigen  Nomaden,    unter    denen  es 

,        .j'^^^^,  Haufen    niederer   Frommer   (Fukra, 

W  ''  fil^^k  Einheit   Fakir)   und   selbst  höherer 

V  >' lI..^M1^A  Schriftgelehrter  AUah's,  die  Fukaha 

(Einheit  Fakih)  gibt,  vielerlei  heid- 
nische    Anschauungen     und     selbst 
heidnische      Gebräuche     geblieben. 
Ja,  manche  der  zwischen  Nigritiern 
eingekeilten    und    mit    diesen    sich 
auch    häufiger    ehelich   vermischen- 
den Stämme,   wie  die  Bagara,  Ha- 
mar  und  Abu-Rof,   sollen   in   nicht 
geringer    Individuenzahl   weit    eher 
Heiden  nach  Art  der  Schilluk  und 
Denka,    denn   eigentliche  Moslemin 
sein.  Widersprüche  besonderer  Art, 
an    denen    aber    Afrikas    ethnische 
Verhältnisse    so    reich    sind!     Will 
man  nun  diese  nomadisirenden  Bedja 
des  abyssinischen  Küstenlandes,  des 
Taka   von   Sennar,   Kordufan,    Dar- 
fur,    Waday  u.  s.  w.    auch   anthro- 
pologiscli    zu    Arabern    machen,    so    begeht    man    ein 
Hchr   gros-ses    Unrecht.     Denn    selbst    wenn    diese    hier 
und  da  durch  Incorporirung   von  Arabern  das  Blut  der 
lolzteni   in  sich  aufgenommen  haben,    so  bewahrten  sie 
doch    einen  eigenthümlichen  Typus,  welcher    sich  mehr 
den    Aegyptern,     Berabra    und     den     energischer   pro- 


Fig.  t.    BedjM-Nomftde. 


Afrikanische  Menschcnstännne  und  deren  \Vi>hn8it/c.     ] 


filii-ten  Nigritieni,    wie    Funje,    Wahuma   und  A-Bantu, 
näherte. 


Uastmahk. 


\  ^  Erstes  Buch. 

Den  Bedja  sind  köri3erlich  nahe  stehend  die  abyssini- 
sclien  Bergbewohner;  gewisse  Stämme  derselben,  wie 
Agaii,  Kömant,  Falascha,  Schoho,  Bogos  sind  Verwandte 
der  Bedja  und  augenscheinlich  sehr  alte  Völker.  Andere 
haben  sich  erst  im  Laufe  der  Jahrhunderte  aus  Urbe- 
wohnern,  in  Vermischung  mit  andern  Bedja,  mit  Gala, 
Afer  und  arabischen  Einwanderern  hervorgebildet,  auch 
zum  Theil  dem  semitischen  oder  syro-arabischen  ähnliche 
Iditome,  wie  das  Geez  und  das  Tigrinya,  herausgebildet. 
Gesichter  von  arabischem  und  jüdischem  Schnitt  scheinen 
unter  den  östlichen  Abyssiniern  häufiger  zu  sein,  als 
unter  den  arabisirten  Bedja.  Diejenigen  Bewohner  von 
Habesch  freilich,  welche  ich  selbst  zu  Gesicht  bekom- 
men, und  es  waren  ihrer  nicht  wenige,  ähnelten,  abge- 
sehen von  der  (hier  so  wenig  bedeutenden)  Hautfarbe, 
sehr  den  Bedja  von  Taka  und  Sennar,  den  Ababde  und 
selbst  Berabra!  Die  echten  Agauphysiognomien  der 
übie,  Kasa  (Kaiser  Theodor,  Tedrus),  Kasay  (Kaiser 
Johanös),  Madrakal,  mahnen  stark  an  diejenigen  von 
Horaran  und  Ababde,  von  Ramses  und  Amenemha,  von 
den  Priesterkönigen  des  Gebel-Barkal.  Verwandt  mit 
den  Bedja  und  den  Abyssiniern  sind  ferner  die  Afer 
oder  Danakil  und  die  Somal.  Auch  diese  ursprünglich 
mit  den  Gala  sehr  wahrscheinlich  zu  einem  Völkerstock 
gehörend,  haben  sich  durch  öftere  Aufnahme  arabischer 
Elemente  in  eigenthümlicher  Weise  umgeändert.  J.  M. 
Hildebrandt,  gegenwärtig  einer  der  besten  Kenner  der 
Somal,  bemerkte  an  ihnen  selbst  das  in  manchen  (na- 
mentlich privilegirten)  Familien  zu  gewisser  Geltung 
gelangte,  zu  körperlichem  Ausdruck  sich  gestaltende 
südarabische  Element  ,  dessen  Einflüssen  übrigens 
diese  der  Küste  näher  wohnenden  Leute  in  besonderm 
Grade  ausgesetzt  sind.  Arabische  Einwanderungen  finden 
von  Südurabion  aus  statt,  aus  einer  Gegend,  welche  in 
irühcrn  Zeiten  von  Ostafrika  her  mit  den  nigritischen 
nahe  stehenden  Völkern,  mit  Agau  u.  s.  w.  überflutet 
worden  war.  Diese  Bewegungen  von  Südwest  gegen 
Nordost  haben   in  Südarabien    als  Product   eine  Bevöl- 


Afrikanische  Menschenstämmc  und  deren  Wolinsitze.    19 

keriing  zurückgelassen,  die  nicht  rein  arabisch,  son- 
devn  arabisch-nigritisch  ist.  Der  Rückfluss  dieser  Ele- 
mente nach  OstatVika  und  ihre  materielle  IJetlieiligung 
bei  der  Fortbildung  der  Afer-  und  Somalgemeinden 
konnte  den  Typus  der  letztern  im  Durchschnitt  nicht 
so  ändern,  dass  jener  physiognomische  Habitus  zum 
Durchschlag  kam,  welchen  wir  unter  den  IJewohnern 
von  Nordarabien,  Palästina,  Syrien  u.  s.  w.  beobachten. 
Erkennen  wir  einmal  unter  Danakil  und  Somal  Phy- 
siognomien letzterer  Art,  so  wird  auch  an  ihrer  Er- 
zeugung ein  aus  Nedjed  stammender  Vater  oder  Gross- 
vater seinen  Antheil  geboten  haben.  Vorherrschend 
sind  bei  den  Afer  physiognomische  Eigenthümlichkeiten, 
welche  dem  ostafrikanischen  Nigritier  angehören.  Unter 
den  Ostafrikanern  haben  übrigens  die  Somal  die  grösste 
politische  Macht  erreicht,  diese  ist  gerade  jetzt  in  neuem 
Wachsthum  begriffen,  nachdem  es  einigen  ihrer  wil- 
desten und  energischsten  Stämme  gelungen  ist,  die  ihnen 
todfeind  gesinnten  Gala  von  mehrern  wichtigen  öst- 
lichen Küstengebieten  abzudrängen  und  mehr  nach  dem 
Innern  zurückzuwerfen. 

Die  Gala  oder  Wahuma,  welche  sich  selbst  Ilmorma 
(Söhne  der  Menschen)  nennen,  haben  ihre  Wiege  in 
den  um  die  Schneeberge  Kenia  und  Kilimandjaro  her 
gelegenen  Landschaften.  Echte  Nigritier,  haben  sie 
sich  als  ein  kräftiges,  eroberndes  Volk  von  fast  spar- 
tanischen Sitten  nach  verschiedenen  Richtungen  hin- 
gezogen; sie  haben  z.  B.  einen  grossen  Theil  von  Süd- 
abyssinien  und  von  den  Landschaften  am  obern  blauen 
Nil  in  Besitz  genommen,  sich  hier  zum  Theil  mit  Bedja, 
Agau  und  mit   unreinen  Abyssiniern  vermischt. 

Aus  dieser  Kreuzung  ist  ein  interessanter  Mischtypus 
mit  im  ganzen  schärferer  Profilbildung  hervorgegangen, 
als  die  sonst  stumpfern  Physiognomien  der  Orma  sie 
darzubieten  pflegen.  Die  sehr  hübsche  Profilabbildung 
eines  „Adjao-Galla"  (Adjau)  nach  Salt,  seit  Jahren 
oftmals  für  ethnologische  Werke  copirt,  stellt  jenen 
Gala-Mischtypus  vor;    namentlich    diese  Abbilduncr   hat 

•2* 


20 


Erstes  Buch. 


aber  viele  Ethnologen  dazu  verführt,  dieselbe  für  eine 
das  ganze  Ormavolk  getreulich  darstellende  und 
danacli  letztere  Nation  selbst  für  eine  semitische, 
den  Kaukasiern  nahe  stehende  zu  erklären,  ein 
ungeheuerer  Fehler,  an  dessen  Beseitigung  unsere 
Generation  gegenüber  den  eingewurzelten  Vorurtheilen 
unserer  Vorgänger  (ja  selbst  leider  noch  eines  Theils 
unserer  Zeitgenossen)  hart  arbeiten  muss.  Die  Orma 
liaben  als  Södama  die  Länder  Guragie,  Kafa,  Inarya 
n.  s.  w.  im  Süden  von  Schoa  besiedelt,  auch  haben  sie 
an  den  Seegebieten  des  östlichen  und  centralen  Afrika 
grosse  Ausbreitung  gewonnen.  Die  Wanyambo  und  Wa- 
tusi  um  den  Ukerua  Nyanza  (Victoria  Nyanza)  her  ge- 
hören ihnen  sehr  wahrscheinlich  an.  In  Kitara  wurden 
Eingeborene,  entweder  Walmma  oder  Nigritier,  von  einer 
andern  Nationalität,  durch  ihrem  Herkommen  nach 
unanfechtbare  Gala  unterjocht.  Kitara  zerfiel  später 
in  die  Reiche  Unyoro,  Uganda,  Usoga  und  Mruri. 
Stanley  schildert  uns  den  kraft-  und  geistvollen  Mtesa, 
den  Kabaka  oder  Kaiser  von  Uganda  als  einen  hoch- 
gewachsenen, schlanken  Mann  mit  intelligenten  ange- 
nehmen Gesichtszügen,  dife  unsern  ausgezeichneten  Rei- 
senden an  einige  unter  den  Gesichtern  der  grossen 
Steinbilder  in  Theben  und  der  Statuen  im  Museum  zu 
Kairo  erinnerten.  „Er  hat  dieselbe  Fülle  der  Lippen, 
aber  ihre  Dicke  wird  durch  den  allgemeinen  Ausdruck 
t'iner  mit  "Würde  gemischten  Liebenswürdigkeit  gemil- 
dert, welcher  sich  über  sein  Antlitz  breitet,  und  durch 
die  grossen,  glänzenden,  wie  zwei  Flammen  unruhig 
lodernden  Aug(>n,  welche  demselben  eine  wunderbare 
Schönlieit  verleihen  und  für  die  Rasse,  von  welcher  er, 
wie  ich  glaube,  abstammt,  typisch  sind.  Seine  Farbe 
»st  ein  dunkles  Rothbraun  und  die  Oberfläche  seiner 
Haut  von  merkwürdiger  Glätte."  Ich  glaube,  dass 
nichts  besser  auf  die  Orma  passt,  als  Stanley's  obige 
lleschreibung.  Wie  sehr  erinnert  mich  letzere  an  jene 
von  den  Wollo  und  andern  Gala  herstammenden  Indi- 
viduen, die  ich  auf  meiner  Reise  beobachtet  habe. 


0'> 


Erstes  Buch. 


Den  Soiiial  verwandt  sind  auch  die  Wamasay  im 
ostafrikanischen  Aequatoriallande,  wilde  kriegerische 
Leute,  deren  Nachbarn,  die  Wakamba,  vieles  mit  ihnen 
Geraeinsame  haben.  Ihnen  und  den  Gala  reihen  sich 
die  Wanyika,  Wakuafi,  Wanyamesi  und  andere  nigri- 
tische  Stämme  der  östlichen  Gebiete  an,  wogegen  die 
Wasuaheli  des  zanzibarischen  Landes  eine  sehr  starke 
Beimischung  von  arabischem  Blute,  namentlich  von 
Hadramautblut,  verrathen. 


Ul     (IClUUl. 


Wir  wollen  uns  nun  zunächst  zu  den  die  afrikanische 
Nordküste  bewohnenden  Nachbarn  der  Aegypter  zu- 
rückwenden. Den  llaupttheil  derselben  bilden  die 
Berbern,  für  welche  die  collective  eingeborene  Be- 
zeichnung Iraoschach  (Einheit  Amoschach)  anwendbar 
erscheint.  Sie  sind  ein  sehr  altes  Volk,  deren  öst- 
lichste Zweige  als  Libu  oder  Ribu  (Libyer)  öfters  die 
rtltägyptischen  Grenzen  beunruhigten.  Sie  wurden  von 
den  Hamessiden  bekriegt  und  auf  den  Denkmälern  hell- 
gefiirbt,    blaiiäu^ig,   blond-  und  rothhaarig  dargestellt. 


Afrikanische  Meiischenstämme  und  deren  Wolinsitze.    23 

Dies  iat  ein  ausgebreitetes,  individuenreiches  Volk, 
unter  welchem  es  Sesshafte  und  Nomaden  gibt.  Die 
Libyer,  Gaetuler,  die  Mauretanier  und  Numidier  der 
Alten  gehörten  zu  diesen  Imoschacli.  Sie  scheinen  sehr 
frühzeitig  Beziehungen  zu  Südeuropa  besessen  zu  haben. 
Nicht  wenige  Forscher  der  Neuzeit  halten  eine  Stara- 
mesverwandtschaft    zwischen    Berbern     und    denjenigen 


Fig.  -5.    Medjerten-Somali. 


Völkern  Europas  für  sehr  wahrscheinlich,  welchen  wir 
die  Errichtung  der  über  Europa,  Westasion  und  Nord- 
afrika zerstreuten,  megalithischen  Denkmäler,  der  Dol- 
men und  Menhir,  verdanken.  Es  bleibt  nicht  zu  ver- 
kennen, dass  man  unter  den  nördlichen  Berbern  Indi- 
viduen findet,  deren  Gesichtszüge  lebhaft  an  diejenigen 
von  Spaniern  und  Italienern  erinnern.     Möglicherweise 


M 


Erstes  ßucb. 


Imt  liiui-  eiii  Zusammenhang  zwischen  diesen  Nationali- 
täten geherrscht,  noch  ehe  die  Säulen  des  Hercules 
(d.  h.  die  Strasse  von  Gibraltar)  ihre  gegenwärtige 
Gestaltung  erhielten.  ^^  Andererseits  hat  wieder  eine 
Heeinflussung  der  Spanier  und  Italiener  durch  die 
Mauren  des  Mittelalters  stattgefunden.  Unter  letztern 
haben    wir    aber    hauptsächlich    Berbern    zu    suchen. 


Wakiimbaweiber. 


Ilunoteau  und  Letourneux,  deren  classisclies  Werk  über 
die  „Kabylie"  eine  Fülle  der  wichtigsten  Nachweise 
liefert,  glauben  in  den  alten  Bewohnern  der  Städte 
Kusuzuz,  Jomnium,  Kusucurru,  Bida  Municipium  u.  s.  w. 
einen  europaischen  Ursprung  erkennen  zu  müssen. 

!n   den   Küstengebieten,   namentlich    in   den   Küsten- 
stiUlten  zeigt  sich  die  Bevölkerung  sehr  gemischt.     Hier 


Afrikanische  Meiischenstämme  und  deren  Wohnsitze.    25 

haben  Phöuizler,  (Jriechen,  llümer,  Araber,  Juden, 
Türken,  alle  möglichen  Nationalitäten  Europas,  alle  die 
als  „Franken"  zusaramengefassten,  zwischen  Nordcap, 
Cap  Finisterre    und    Malta   geborenen    und   nach  Nord- 


afrika verschlageiun  /iiji^^uu uiLi ,  lerner  diu  Vicicn  noch 
bis  in  die  ersten  Jahrzehnte  unsers  Jahrhunderts  durch 
die  Korsareu  zusammengeschleppten  Christensklaven 
theil  an  der  Zusammensetzung  der  Einwohnerschaft 
genommen.       Den    Hauptstamm     derselben    bilden     die 


2Q  Erstes  Buch. 

Mauren,  Moros,  Morisken.  Diese  bestehen  wieder 
hauptsächlich  aus  Berbern,  sind  aber  unzweifelhaft  ge- 
mischter  als  die  berberische  Bevölkerung  des  Acker-, 
Berg-  und  Wüstenlandes.  In  vorislamitischer  Zeit  haben 
sicherlich  schon  Karthager,  Griechen,  Römer,  Yandalen 
u.  8.  w.  sich  mit  den  einheimischen  Leuten  gekreuzt. 
Dann  haben  zunächst  die  Heersäulen  der  erobernden 
Koranverkünder  sich  vielfach  theils  mit  den  Imoschach 
amalgamirt.  Es  ist  hier  von  Wichtigkeit,  sich  über 
die  ethnologische  Zusammensetzung  der  islamitischen 
Eroberer  eine  Vorstellung  zu  verschaffen.  Unzweifel- 
haft bildeten  das  Hauptcontingent  derselben  Syro- 
araber,  d.  h.  Sesshafte  und  Nomaden  aus  Syrien, 
Palästina,  aus  Arabien  und  Mesopotamien.  Aber  auch 
Kleinasiaten,  bekehrte  Griechen,  Kurden,  Armenier, 
ferner  Perser,  Aegypter,  Berabra,  Sudanesen  werden 
der  Fahne  des  Propheten  gefolgt  sein.  Der  Islam 
kümmert  sich  ja  nie  um  die  Herkunft  und  um  die 
Farbe  seiner  Anhänger,  sein  Bekenntniss  allein  einigt 
die  heterogensten  Elemente  zu  feinem  Gesammtkörper. 
Man  kann  sich  nun  ungefähr  denken,  in  welchem  Maasse 
ein  solcher  buntscheckiger  Haufe  in  Nordafrika  die 
ohnehin  von  fremd  her  beeinflusste  Urbevölkerung  um- 
zaändern  gewusst,  dass  hierbei  der  arabische  Volks- 
stanim  eine  gewisse  Rolle  gespielt,  weil  eben  der 
Haupttheil  der  Eindringlinge  aus  Arabern  bestand. 
Die  Hauptkämpfer  werden  freilich  Sklaven,  nament- 
lich Schwarze,  sogenannte  Fethawie,  gewesen  sein.^*" 

Nun  wird  man  unter  den  Mauren  gar  häufig  die 
physiognomische  Eigenthümlichkeit  der  arabischen  Na- 
tionalität ausgeprägt  finden.  Aber  auch  bekehrte  Juden, 
deren  körperliciie  Bildung  derjenigen  des  Arabers  so 
nahe  steht,  haben  sich  mit  den  Mauren  ehelich  ver- 
bunden. In  Tanger,  Tetuan,  Algier,  Tunis,  Tripolis 
u.  8.  w.  8oU  es  oft  recht  schwer  werden,  Maurinnen 
und  Jüdinnen  voneinander  zu  unterscheiden.^^  Be- 
kehrte Europäer  haben  sich  seit  islamitischer  Zeit  wol 
nur  in  so  geringer  Zahl  den  Mauren  beigemischt,  dass 


Afrikanische  Menschenstamme  und  deren  Wohnsitze.    27 

ihr  physischer  Einlluss  kaum  bemerkbar  sein  dürfte. 
Dagegen  zeigt  sich  das  Ergebniss  von  Verbindungen 
zwischen  Mauren  und  Schwarzen  sehr  kenntlich.  Da- 
durch entwickelt  sich  ein  Mulattenthum  von  übrigens 
cjeringer  ethnischer  Beständigkeit.^^  Verbinden  sich 
die  ohnehin  brünetten,  ziemlich  hellfarbenen  Mauren 
mit  den  bräunlichen  Arabern  und  mit  den  orientalischen 
Juden,  so  werden  die  Sprösslinge  solcher  Ehen  nicht 
so  sehr  weit  von  dem  Typus  der  Aeltern  abweichen, 
wie  dies  bei  der  Kreuzung  zwischen  Mauren  und 
Schwarzen  der  Fall  zu  sein  pflegt. 

Trotz  dieses  unverkennbar  gemischten  Habitus  der 
Mauren  wird  der  Ethnolog  unter  ihnen  das  berberische 
Urelement  doch  an  den  meisten  Stätten  vorherrschen 
sehen.  Das  Wort  Maure  bezeichnet  überdies  einen 
sehr  dehnbaren  Begrift'  und  die  liederliche  Namen- 
gebung  unserer  bisherigen  Völkerkunde  hat  damit  auch 
rein  berberische  Gemeinschaften  belegt,  welche,  wie 
die  Bewohner  der  Provinz  El-Rif,  wie  die  Sus  und 
noch  andere  Stämme  Marokkos,  wie  endlich  die  sene- 
galischen Mauren  (Trarza,  Brakna,  Do  wisch  u.  s.  w.), 
bisher  jede  Verbindung  mit  Renegaten,  Juden  u.  s.  w. 
voll  Eifer  zurückgewiesen  und  welche  sich  höchstens 
mit  nigritischen  Leibeigenen  gekreuzt  haben.  Ara- 
bische Vermischung  kann  hier  den  sehr  selten  sich  dar- 
bietenden Objecten  einer  solchen  gegenüber  schwerlich 
in  Betracht  gezogen  werden. 

Ein  grosser  Theil  der  nordafrikanischen  Berbern, 
namentlich  Algeriens,  wird  mit  dem  banalen  Namen 
Kabylen  belegt,  obwol  doch  Kabyleh,  Mehrheit  Kabail, 
im  Arabischen  nur  einen  Stamm  von  bald  grösserer, 
bald  geringerer  Familien-,  bezüglich  Individuenzahl  be- 
deutet. Trotz  dieser  Begriffsverwechselung  hat  sich 
<ler  Name  Kabyle  namentlich  in  Frankreich  gewisser- 
maassen  als  Volksbezeichnung  eingebürgert.  Unter 
diesen  Kabylen  sind  blonde  Leute  nicht  ganz  selten. 
Es  erinnert  dies  Vorkommen  an  die  blonden  Libu  Tamhu 
der  alten  Aegj'pter  (S.  22).    Hanoteau  und  Letourneux 


'K^  Erstes  Buch. 

erwalinuii  in  ihrer  oben  beregten  Monographie  auch 
der  arabisclien  Einwanderungen  und  bemerken,  dass 
diu  arabische  Rasse  weit  weniger  durch  gewaltsame 
Besitzergreifung  des  Landes,  als  vielmehr  durch  die 
islamitische  Religion  Eingang  gefunden  habe.  Un- 
zweifelhaft hätten  sich  zur  Zeit  der  Bekehrung  zum 
Islam  eine  gewisse  Anzahl  arabischer  Familien  im 
liEnde  als  Missionare  niedergelassen.  Allein  nicht  alle 
Marabouts,  von  denen  doch  die  religiöse  Bewegung 
ausgehe,  seien  Araber,  es  gebe  unter  jenen  auch  ber- 
berische Eingeborene,  die  aber,  um  Ansehen  über  letz- 
tere zu  behalten,  sich  einen  fremden  Ursprung,  aus 
dem  Geburtslande  des  Propheten,  vindiciren  .möchten. 
Die  Schirfa  (Einheit  Scherif),  d.  h.  die  Nachkommen 
Mohammed's,  die  einen  wirklichen  religiösen  Adel  bil- 
deten, welche  ^^Marahoiits  2^ar  cxcellence^^  seien,  würden 
Araber  sein.  Nur  ist  freilich  zu  bedenken,  wie  mancher 
schwarze,  braune  oder  braungelbe  Bummler  sich  im 
muselmanischen  Afrika   „Scherif"   schimpft. 

Ein  anderer  echter  Berbernschlag  sind  die  sogenannten 
Tuurik  oder  Tuarek,  in  der  Einheit  Targi,  die  Imo- 
scUach  im  engern  Sinne,  welche,  in  viele  Stämme  ge- 
theilt,  die  Saharawüste,  auf  enorme  Strecken  hin  ver- 
theilt,  bewohnen.  Unter  ihnen  nehmen  die  Ahogar, 
Mehrheit  Ihogaren,  als  Edle,  Noble  eine  bevorzugte 
Stellung  gegenüber  den  Imrad  oder  Imroden,  Einheit 
Amri,  den  Dienenden,  Vasallen,  ein.  Der  Ahogar  ist 
von  einer  der  ßüdeuroi)äischen  ähnlichem  Körperbil- 
dung: d.  h.  er  zeigt  die  Züge  des  gewöhnlichen  Ber- 
bern, wie  wir  ihn  unter  dem  Pseudonym  Kabyle  auf- 
geführt hatten.  Der  Amri  ist  von  einer  mehr  nigri- 
tischen  Bildung.  Ausserdem  existirt  unter  den  Tuarek 
noch  eine  Kategorie  von  Leuten,  die  nicht  Edle,  nicht 
Diener  sind,  als  Condottieri  den  verschiedenen  Gemein- 
Bchaften  der  Imoschach  sich  verdingen,  ähnlich  den 
fahrenden  Reisigen  des  Mittelalters.  Wie  kann  man 
sich  die  Ausbildung  eines  solchen  Verhältnisses  vor- 
stellen?   Einestheils  Hesse  sich  denken,  ein  hellfarbiger 


Afrikanische  Menschenstämme  und  deren  Wohnsitze.    20 

Herberstamm  hiitte  einen  dunkeln  untorjoclit;  letzterer 
könne  etwa  von  Art  der  Tibu  oder  Teda  gewesen  sein. 
In  der  That  sollen  die  Inirad  der  östlichen  Tuarik  den 
Tibu  in  physischer  Hinsicht  auffallend  ähneln.  Andern- 
theils  dürften  adelige  Tuarik  (eben  die  Ihogaren)  ihr 
Hlut  in  Reinheit  durch  Familien-  oder  Freundschafts- 
iieirathen  fortgepflanzt  und  dürften  die  Imrad,  indem 
sie  sich  mit  Teda  oder  mit  sudanischen  Nigritiern  ge- 
kreuzt, eine  Mischrasse  gebildet  haben  und  in  eine 
abhängige  Stellung  von  den  reiner  gebliebenen,  wohl- 
habendem Familien  gerathen  sein.  Letztere  konnten 
um  so  leichter  zur  Herrschaft  gelangen  und  sich  darin 
behaupten,  als  sie  dem  Kriegshandwerk  in  traditioneller 
Weise  allein  oblagen.  Die  Imrad  erkauften  sich  die 
Möglichkeit  zur  Betreibung  fi*iedlicher  (leschäfte  von 
den  Ihogaren  dadurch,  dass  sie  die  Herrlichkeit  der 
letztern  anerkannten  und  ihr  schliesslich  bedingungslos 
zufielen.  Da  nun  die  Hiogaren,  auf  sich  angewiesen, 
nicht  immer  zahlreich  genug  waren,  die  Stammesfehden 
auszufechten ,  so  warben  sie  solche  Imrad,  die  Lust 
und  Befähigung  zum  Kriegführen  zeigten,  mietheten 
aber  auch  wol  fahrende  Knechte  von  allerhand  Nationa- 
lität, an  denen  unter  den  reise-  und  abenteuerlustigen 
Afrikanern  selten  Mangel  ist,  endlich  richteten  sie  auch 
wol  passende  Sklaven  als  Fethawie  (S.  2G)  zum  Kriegs- 
dienst ab.  Aus  solchen  Elementen  bildeten  sich  jene 
Mittelspersonen  hervor,  von  denen  soeben  die  Kede  ge- 
wesen (S.  28),  Leute,  welche  nicht  die  dienende  Stellung 
der  Imrad ,  aber  auch  nicht  die  gebietende  der  Ihogaren 
einhalten  können.  Es  ist  übrigens  eine  bekanntlich 
nicht  nur  in  Afrika  sehr  häufige,  sondern  auch  über 
viele  andere  Länder  verbreitete  Erscheinung,  dass  sich 
Leute  geringer  Herkunft,  welche  in  Ruhe  ihr  Feld  be- 
stellen, das  Vieh  weiden,  Handel  treiben,  Handwerke 
ausüben  wollten  u.  s.  w.,  mit  einem  Wort,  dass  der 
Nähr  stand  sich  den  bessersituirten,  nicht  auf  Er- 
werbung des  täglichen  Brotes  angewiesenen,  zur  Er- 
greifung des  kriegerischen  Berufes  geeigneten  Stammes- 


;j(j  Erstes  Buch. 

genossen,  dass  sie  dem  Wehrstande  ihrer  Nation  Privi- 
legien zusprachen.  Letztere  wurden  dann  von  den  krie- 
gerischen Trivilegirten  später  gewöhnlich  mit  Zähigkeit 
behauptet.  Nun  aber  tritt  in  Afrika,  wie  auch  anderswo, 
häufig  der  Fall  ein,  dass  ein  Stamm  den  andern  unter- 
wirft und  dass  das  Siegervolk  sich  als  eine  den  Kriegs- 
dienst versehende  Klasse  Bevorzugter,  als  die  herr- 
schende den  zur  Ernährungsarbeit  degradirten  Be- 
siegten gegenüberstellt.  Die  Bildung  gewisser  Kasten 
und  gewisser  Schutzverhältnisse  zwischen  Lehnsherren 
und  Vasallen  auf  Afrikas  Boden  lässt  sich  absolut  nur 
aus  solchen  Vorgängen  herleiten.  So  ist  z.  B.  unter 
dem  Bedjastamme  der  Beni-Amir  der  adelige  Belaui 
wahrscheinlich  aus  einem  siegreichen  Belautribus  her- 
vorgegangen, der  schon  eine  frühere  Zeit  hindurch  den 
Nawab  oder  Beherrschern  der  abyssinischen  Seeküste 
als  Kriegsvolk  gedient  hatte  und  dessen  ursprüngliches 
Idiom  das  sogenannte  Aethiopische  oder  Gees  ist. 
Später  hatte  er  sich  des  Gebietes  der  Beni-Amir  be- 
mächtigt und  hatte  sich  diesen  friedlichen  Beduinen  als 
herrschende  Kaste  aufgezwungen. 

Die  Kabylen  und  Tuarik  sprechen  berberisch.  Er- 
stere  haben  freilich  in  ihre  Sprache  schon  viele  ara- 
bische (und  in  Algerien  selbst  französische)  Wörter 
aufgenommen.  Sie  bedienen  sich  auch  wol  einer  Ge- 
heimsprache, deren  jede  Profession  ihre  eigene  besitzt 
und  welche  nur  ein  verwelschtes  Berberisch,  Kabylisch 
oder  Takebailit  darstellt  (Hanoteau  und  Letourneux). 
Auch  die  Ababde  in  der  arabischen  Wüste  Aegyptens 
haben  sich  eine  Art  Rothwelsch  aus  verdrehten 
arabischen  und  Bedjawörtern  zurechtgemacht  (S.  15). 
Neben  diesen  Berbern,  über  deren  alte  Sitze  jetzt  nie- 
mand mehr  einen  Zweifel  auszusprechen  wagt,  sollen 
nun  noch  in  Tripolitanien,  Tunesien,  Algerien  und  in 
Marokko  eine  ganze  Anzahl  echter  Araberstämme 
von  reinster  Nationalität  wohnen.  Sie  sollen  zum  Theil 
«esHhaft,  zum  Theil  Nomaden  sein.  Ihren  besten  neuern 
bildlichen  Darsteller  fanden  gerade  diese  „Graftes"  des 


Afrikanische  Menschenstämme  und  deren  Wohnsitze.    :;i 

halbgelehrten  Haufens  in  dem  grossen  Geschichtsroaler 
Horace  Vernet.  Aber  sobald  dieser  ausgezeichnete 
Künstler  uns  die  Typen  jener  ,,Ärahcs^^  vorführt,  sehen 
wir  grösstentheils  Physiognomien,  welche,  nichts  weniger 
als  semitisch,  durchaus  an  die  plattesten  Nigritier  er- 
innern. Sie  gehören  jenen  Berbern  an,  deren  nahe 
Verwandtschaft  mit  den  Bewohnern  Sudans  nicht  nur 
die  ganze  Bildung  des  Hirnschiidels,  sondern  auch  die- 
jenige des  vorgebauten  und  in  seinen  einzelnen  Par- 
tien wieder  abgeflachten  Gesichts  kennzeichnen.  P^ine 
solche  Verwandtschaft  wird  durch  häufige  Kreuzungen 
zwischen  mit  arabischem  Blute  vermischten  Berbern 
und  Nigritiern  hervorgerufen  worden  sein.  Jedenfalls 
ist  auch  innerhalb  dieser  Nomadenstämme  von  einem 
reinen  Araberthum  ebenso  wenig  die  Rede,  wie  unter 
den  magrebinischen  Marabouts  überhaupt.  Hanoteau 
und  Letourneux  wollen  den  Isser  allein  einen  arabischen 
Ursprung  zuschreiben,  in  welchem  freilich  gegenwärtig 
infolge  häufiger  Kreuzungen  das  berberische  Element 
vorherrscht.  Diejenigen  arabischen  Semiten,  welche 
etwa  zur  Zeit  der  Verbreitung  des  Islam  sich  hier 
niedergelassen,  mögen  allerdings  die  Gliederung  der 
Stämme  in  die  Hand  genommen  und  nach  ihren  hei- 
mischen Gebräuchen  geregelt  haben.  Namentlich  werden 
alle  die  Tribus,  denen  das  Hirtenleben  alte  Gewohn- 
heit war,  das  bei  den  Beduinen  der  syrisch-arabischen 
Wüste  herrschende  beduinische  Gesetz  um  so  eher  zu 
befolgen  geneigt  gewesen  sein,  als  letzteres  dem  Indi- 
viduum die  grösstmögliche  Freiheit,  der  Gesammtheit 
aber  dennoch  einen  grossen  Zusammenhalt  sicherte. 
Die  unter  den  arabischen  Beduinen  übliche  Stammes- 
verfassung repräsentirt  ein  sehr  liberales  Gemeinwesen. 
Jedes  Mitglied  desselben  ist  frei  und  erkennt  niemand 
über  sich.  Zwar  wählt  jedes  Beduinenlager  seinen 
Schekh  oder  Emir,  jeder  Stamm  seinen  Gross-Schekh 
(Schekh  el-kebir).  einen  Mann,  welcher  Ansehen  be- 
sitzt, welcher  durch  seine  persönlichen  iMgen&chaften 
und  durch  seinen  Reichthum  grossen  Einfluss  erreichen 


32  Erstes  Buch. 

kann.  Der  Schekli  ist  Anführer  im  Kriege,  er  leitet 
die  für  den  Stamm  nöthigen  Unterliandlungen,  er  be- 
stimmt den  Lagerplatz,  er  bewirthet  hervorragende 
Hesncher.  Trotzdem  ist  er  nicht  eigentlich  Fürst,  wie- 
wol  seine  Würde  sich  in  gerader  Linie  forterbt.  Burck- 
hardt  erwähnt,  dass  selbst  die  mächtigsten  Anführer 
der  syrischen  Aeneze  nicht  die  geringste  Strafe  über 
den  Aermsten  ihres  Stammes  verhängen  dürfen,  ohne 
sich  einer  tödlichen  Rache  des  betreffenden  Indivi- 
duums und  seiner  Verwandten  auszusetzen.  Bei  Rechts- 
liändeln  innerhalb  eines  Stammes  rufen  die  Parteien 
wol  den  Ausspruch  des  Schekh  an,  oder  sie  vergleichen 
sich  miteinander,  oder  sie  unterwerfen  sich  den  Sen- 
tenzen des  Kadi  el-Arab,  dessen  Würde  ebenfalls  erb- 
lich ist.  Selbst  eine  Art  Gottesgericht  existirte  in  der 
Syrischen  Wüste,  dessen  Verhängung  durch  den  Ober- 
richter, Mebesschae,  erfolgte.  Körperliche  Strafen  gibt 
es  ursprünglich  nicht,  sondern  nur  Bussen  an  Geld  und 
Naturalien.  Derartige  freie  Einrichtungen  entsprachen 
nun  dem  Sinne  aller  jener  Nomadenvölker  verschieden- 
artiger Nationalität,  welche  die  weiten  aussichtsvollen 
Wüsten  und  Steppen  Ostasiens  und  Nordafrikas  durch- 
wanderten. Hierzu  kam  der  Islam  mit  seinen  mit  der 
.Anschauungsweise  so  einfacher  Naturmenschen  sich  sehr 
wold  vertragenden  Satzungen.  Wenn  unter  den  Bedja- 
nomaden  Nubiens  und  Sennars  heutzutage  jene  freie, 
zugleicli  mit  dem  Islam  eingeführte  Stammesverfassung 
vielfach  verändert  wurde,  so  waren  daran  die  Einflüsse 
der  Könige  der  Funje  und  später  auch  der  Türken 
schuld.  Denn  diese  Mächte  verliehen,  kraft  ihrer  über- 
legenen Waffengewalt,  den  Bedja-Scliekhs  grössere 
Rechte  über  ihre  Stammesangehörigen,  um  unter  diesen 
mehr  Tribut  zusammentreiben  lassen  zu  können.  Ihre 
Abgesandten  übernahmen  wol  öfters  persönlich  das  Amt 
von  iVügelprofosen  gegen  widerspenstige  Steuerpflichtige. 
Wo  im  Magreb  sich  das  Türkenthum  festgesetzt  hat, 
da  ist  es  mit  der  Reduinenfreiheit  ebenfalls  trübe  ge- 
worden,   und  in  Algerien  soll  es  seit  der  französischen 


Afrikanische  Monschcnstämmo  und  di  n  n  WohiisjtZ' 

Occupation  kaum  besser  aussehen.  Nun  muss  frcilicli 
anerkannt  werden,  dass  compactere  staatliche  Gruppen 
solche  Zügellosigkeit  freien  Nomadentliunis  innt'ilialb 
ihrer  eigenen  Grenzen  nicht  dulden  durften,  ohne  da- 
mit die  Grundfesten  ihrer  eigenen  Macht  zu  ge- 
fährden. 

AVir  können  uns  demnach  wol  vorstellen,  dass  ein- 
geborene Stämme  des  nordwestlichen  Afrika,  die  Gesetze 
tler  Araber  und  deren  Sprache  annehmend,  ihre  zunft- 
artige Abgeschlossenheit  in  Stämmen  und  Lagern  durch 
Jahrhunderte  hartnäckig  weiter  behaupteten.  Hatten 
nun  wirklich  einmal  arabische  Eindringlinge  in  diesem 
oder  jenem  der  angeführten  Nomadenstämme  nume- 
risches Gewicht  erlangt,  so  mochte  dadurch  auch  das 
physische  Aussehen  der  Glieder  des  betreffenden  Tribus 
beeinflusst  werden ,  sodass  sich  innerhalb  desselben 
wirklich  hervortretendere  semitische  Körpermerkmale 
ausbildeten.  Aber  annehmen  zu  wollen,  dass  ganze 
Tribus  von  Einwanderern  aus  dem  ohnehin  schwach 
bevölkerten  Arabien  sich  in  diesen  Ländern  des 
Magreb  in  völliger  typischer  Reinheit  erhalten  haben 
könnten,  das  muss  an  der  Hand  der  Erfahrung  durchaus 
zurückgewiesen  werden.  Dasselbe  gilt  von  jenen  an- 
geblich reinen  Araberstämmen,  welche  die  Sudanstaaten 
unter  den  Namen  Uled-Soliman,  Schua  oder  Schiwa 
n.  s.  w.  bewohnen.  Dazu  gehören  ferner  auch  die  an- 
geblichen Araber  von  Waday  und  Darfur,  unter  denen 
sich  ja  so  mancher  „Onkel  oder  Neffe  des  Propheten" 
herumtreiben  soll.  Die  einfache  schlichte  Versicherung 
unserer  Reisenden  Barth,  Nachtigal  u.  a. ,  jene  Leute 
seien  reine  Semiten,  genügt  der  wissenschaftlichen 
Anforderung  keineswegs,  hier  heisst  es  vielmehr  erst 
eine  gründliche  anthropologische  Untersuchung  führen 
und  nur  diese.  Eine  solche  aber  würde  sehr  voraus- 
sichtlich die  über  jene  centralsudanischen  Stämme  ver- 
hängte Semitentheorie  ebenso  zu  Falle  bringen,  wie  es 
jetzt  selbst  angesichts  der  Hagenbeck'schen  Nubier  vor 
dem    Richterstuhle     bewährter    Anthropologen    mit 

HARTMASS.  3 


34  Erstes  Buch. 

dem  Semitenthume  der  Bedja  geschehen  ist.  Entweder 
sind  jene  obenerwähnten  Beduinen  Centralafrikas  ver- 
sprengte Bedjastämme,  oder  sie  sind  Berbern,  hier 
und  da  vielleicht  mit  etwas  Araberblut  gemischt.  Spä- 
tere, von  tüchtigen  Untersuchern  vorgenommene  For- 
schungen werden  ja  auch  hierüber  die  letzte  Entschei- 
dung bringen.  Dass  die  arabische  Sprache  hier 
nicht  in  Betracht  kommen  darf,  welche  ja  als  Glaubens-, 
als  Schrift-  und  Verkehrssprache  die  einheimischen  Idiome 
theils  schon  verdrängt  hat,  theils  noch  immer  verdrängt, 
ist  bereits  anderweitig  hervorgehoben  worden.  ^^ 

Die  vielfach  mit  Pathos  angepriesenen  Familien-  und 
Stammesregister  der  Schekhs  und  Marabouts  aber  haben 
als  Documente  einen  ebenso  geringen  Werth  für  uns, 
wie  die  Adelsdiplome  solcher  europäischen  Familien, 
welche  sogar  zu  altrömischen  Ahnen  hinaufreichen  sollen, 
oder  wie  die  gefälschten  Zeugnisse  der  unsere  Städte 
heimsuchenden  Hochstapler  und  Sporting-Gentlemen. 

An  die  Berabra  und  Bedja  in  Nordostafrika  stosse» 
geographisch  an  die  Funje,  welche  ihren  Hauptsitz  im 
Süden  der  vom  Blauen  und  vom  Weissen  Nil  umspülten 
Halbinsel  Seimar  oder  Senar  haben  (vom  Berberwort 
Senna  oder  Sena  und  Arti  [Insel] ,  Senarti).  Zu  ihnen 
gehören  zunächst  die  Berun  oder  Burun,  die  Ingassana 
oder  Bewohner  des  Tabigebirgs  und  die  Hammedj  der 
Länder  Roseres  und  Fasogl.  Im  weitern  Sinne  schei- 
nen aber  auch  die  dunkelhäutigen  Bewohner  des  Abay, 
die  Basena  oder  Bewohner  von  Basen  (Westabyssinien), 
sowie  die  VAlen  in  dem  sonst  vom  Nobavolke  be- 
wolinten  Takla,  Tagela  oder  Tegeli  in  Südkordufan 
echte  Funje  zu  sein.  Icli  zähle  die  letztern  zu  jenen 
(iliedern  der  Nigritier,  welche  die  Uebergänge  zu  den 
Bedja,  Berabra  und  Berbern  bilden.  Ein  anderer  Kenner 
der  Funje,  Baron  Pruyssenaere  de  la  Wostyne,  nennt 
die  Hanimedj  „schöne  Neger"  und  bemerkt,  „sie  bil- 
deten die  Uebergangsform  zum  Neger,  wie  die  Nuba 
in  Kordofan."-o  Eine  scharfe  Abgrenzung  der  Berber, 
Berabra  und  Bedja   gegen   die   Schwarzen    existirt  nir- 


Afrikanische  Mcnschenstummo  und  deren  Wohnsitz  > 

gends,     es     finden    sich    zalilreiche    Uebergangstjli.  .l.r 
zwisclien  allen  diesen  Typen. 

Die  Funje  erlangten  im  16.  Jalirlmndert  durch  ge- 
waltsame Unterdrückung  des  Staates  Aloa  (S.  14)  grosse 
Macht.  Sie  grüudeten  das  Relcli  Sennar  und  erlangten 
die  Hegemonie  über  eine  Anzahl  auch  entfernter  woli- 
nender  Stämme  von  Nubion,  Taka  und  Kordufan. 
Vom  Heidenthume  zum  Islam  bekehrt,  geriethen  die 
Funje  als  Grenznachbarn  der  Abyssinier  mit  letztern, 
bekanntlich  schon  alten  Christen,  in  häufige  Fehden. 
Xoch  im  vorigen  Jahrhundert  fand  ein  abyssinisches 
Heer  in  den  Wäldern  von  Sennar  durch  die  allezeit 
kriegsbereiten  Funje  seinen  Untergang.  Allmählich 
aber  doch  an  Macht  und  an  Einfluss  verlierend,  von 
Innern  Zwistigkeiten  zerrissen,  wurden 
die  Funje  im  dritten  Jahrzehnt  unsers 
Jahrhunderts  nacli  allerdings  sehr 
tapferer  Gegenwehr  eine  Beute  jener 
desperaten  Kriegsvölker,  mit  deren 
Hülfe  Mohammed-Ali-Pascha  von  Aegyp- 
ten  seine  Herrschaft  südlich  der  nubi- 
schen  Grenze  zu  bereichern  wusste. 
Die  Aegypter  entthronten  den  Funje- 
Sultan  in  Sennar,  verliehen  aber  einem  '^'    '      ^^^^' 

Nachkommen  der  alten  Wesirfamilie 
Adlan  noch  ein  Scheinkönigthum  am  Guleberge,  woselbst 
dies  noch  heute  unter  Oberhoheit  des  Khediwe  fort- 
vegetirt.  Infolge  der  Berührungen  zwischen  Funje, 
Berabra,  Bedja,  Noba  und  nigritischen,  sowie  abyssini- 
schen  Sklaven  aus  verschiedenen  Gegenden  Central- 
afrikas  sind  in  Unter-Sennar,  ferner  in  Kordufan  Misch- 
völker entstanden,  welche  im  allgemeinen  von  nigri- 
tischem  Habitus,  der  Hauptsache  nach  die  körperlichen 
Eigenthümlichkeiten  der  Berabra  darbieten,  deren  Blut 
in  diesen  Mischlingen  vorherrscht.  Es  gibt  unter  solchen 
Leuten  ganze  Familien,  die  dunkler  gefärbt  und  mit 
flachem  Gesichtszügen  versehen  sind,  als  andere,  die 
sich    durch    hellere    Färbung    und   durch    ein    schärfer 


l]C)  Erstes  Buch. 

gebildetes  Profil  auszeichnen.  Diese  Schwankungen  sind 
eine  Folge  der  bald  stärkern,  bald  schwächern  Ein- 
impfung von  nigritischem  Blut.  Die  Schwankungen 
können  sich  in  einer  Familie,  je  nachdem  Heirathen 
mit  Vertretern  dieser  oder  jener  Nationalität  unter- 
nommen werden,  in  absteigender  Linie  wiederholen, 
auch  können  Rückschläge  bald  nach  Berabra,  bald  nach 
Funje,  nach  Bedja  oder  dergleichen  hin  stattfinden. 
Daher  bildet  dieses  Mischlingsvolk,  dessen  geographische 
Ausdehnung  übrigens  von  Jahr  zu  Jahr  wächst,  wegen 
der  Unbeständigkeit  seines  Nationaltypus  ein  wahres 
Kreuz  für  den  Anthropologen.  Die  an  dieser  Mischung 
theilnehmenden  Stämme  zeigen  eine  so  grosse  nationale 
Verwandtschaft  miteinander,  dass  ihre  Mischehen  sehr 
fruchtbar  sind.  In  den  Strudel  dieser  Kreuzung  sind 
nun  seit  Jahrzehnten,  seit  das  türkisch-ägyptische  Säbel- 
regimeut  in  gleichmachendem  centralisirendem  Vorgehen 
die  ehemals  vorhanden  gewesenen  nationalen  Schranken 
zwischen  den  nubischen  Stämmen  beseitigt  hat,  nament- 
lich die  den  Bedja  angehörenden  Dj aalin  hinein- 
gerissen worden.  Es  war  dies  ein  zahlreiches  und 
tapferes  Volk  am  obern  Nillauf,  dessen  Melik  oder 
Fürst,  im  vorigen  Jahrhundert  noch  ein  Vasall  der 
Funje,  dann  unabhängig  geworden  war  und  zu  Schendi 
residirte.  Die  Djaalin  verbanden  von  jeher  Energie 
und  Schlauheit  mit  Hochmuth  und  religiösem  Dünkel. 
Sie  waren  glaubenseifrig,  und  in  keinem  andern  Volke 
Ostsudans  haben  sich  mehr  Fukaha  oder  Schriftgelehrte 
des  Islam  entwickelt,  aus  keinem  Stamme  dieser  Gegen- 
den sind  mehr  der  niedern  Geistlichen,  der  Frömmler- 
gemeinden (Fukra)  und  mehr  Missionare  des  Islam 
hervorgegangen,  als  aus  der  Mitte  der  Djaalin.  Schon 
mit  ihrem  Volksnamen  (Djaali!)  und  ihrer  Neigung  zur 
islamitischen  Schwärmerei  verknüpfte  sich  bei  ihnen 
von  jeher  der  hochmüthige  Drang,  sich  für  ein  beson- 
ders gebenedeites  Volk  und  für  recht  echte  arabische 
Abkömmlinge  auszugeben.  Ohne  Kritik  und  ohne  Selbst- 
Umschau  haben  verschiedene  Bereiser  Südnubiens  diese 


An  iKanischo  M«Misch('nst;imino  un<l  d<T'  n   Wulmsitze.     ij7 

Angabe  der  Djaaliu  für  baaro  Münze  genommen  und 
weiter  verbreitet. 

Im  Jahre  1821  gelangte  der  zur  Eroberung  von 
Sennar  ausgesandte  ägyptisclio  Prinz  Ismail- Pascha 
nach  seinem  Siege  über  die  Schaikie  oder  Schekie  bei 
Korti  nach  Schendi,  Hier  hielt  damals  Melik  El-Nimr, 
ein  stolzer,  unabhängig  gesinnter  Mann,  sein  schlichtes 
Iloflager  ab.  Unfähig,  sich  dem  mit  Artillerie  ver- 
sehenen und  mit  Musketen  bewaffneten,  durch  vorzüg- 
licho  Reiterei  verstärkten  Aegypterheere  in  offenem 
Kampfe  zu  widersetzen,  unterwarf  sich  El-Nimr  zähne- 
knirschend dem  Pascha.  Letzterer  fügte  seinem  neuen 
Vasallen  im  osmanischen  Uebermuth,  trunken  von  Me- 
risi  oder  Sudanbier,  eine  schwere  Beleidigung  zu.  El- 
Nimr  rächte  sich  dadurch,  dass  er  den  Pascha  sammt 
seinem  Stabe  bei  nächtlicher  Weile  überfiel  und  inden 
jenen  Türken  zum  Aufenthalte  dienenden  Strohhütten 
verbrannte.  Infolge  dieses  Attentates  flüchtete  El-Nimr 
nach  May-Gogwa  an  der  abyssinischen  Grenze.  Seine 
getreuen  Djaalin  zogen  zu  ihm  und  scharten  sich  um 
ihn  her.  Durch  Unzufriedene  aus  allen  Theilen  Ost- 
sudans und  durch  abenteuernde  Abyssinier  verstärkt, 
führten  El-Nimr  und  der  Djaalin-Schekh  Abu-Roasch 
einen  langjährigen  blutigen  Guerrillakrieg  gegen  die 
Aegypter.  Nach  des  Melik  Tode  setzte  der  namentlicii 
durch  König  Tedrus,  den  Helden  von  !Magdala,  auf- 
gehetzte Sohn  Hasan  Woad  (Wolled)  Ninir  den  Krieg 
fort.  Dieser  hat  erst  vor  kurzem  auf  gütlichem  Wege 
sein  Ende  erreicht. 

Nach  dem  Verrathe  wju  öcliendi  eröffnete  Ismail- 
Paschas  Schwager,  der  grausame  Mohammed  Bey-el- 
Defterdar,  einen  Rachekrieg  gegen  die  aufsässigen  nubi- 
schen  Provinzen,  Hess  etliche  tausend  Berabra  und 
andere  Eingeborene  über  die  Klinge  springen  und  gab 
das  ganze  nubische  Nilthal  dem  Verfall,  der  Verarmung 
preis.  Die  Djaalin  haben  sich  seit  jener  Zeit  in  alle 
Winde  verzogen.  Sie,  welche  von  unsern  Reisenden 
noch   mit   aller   Zähigkeit   für   echte  Hedjas-Araber  er- 


38  Erstes  Buch. 

klärt  M-erden,  zeigen  jetzt  den  nigritischen  Habitus  in 
deutlichster  Weise.  Das  den  obern  Nillauf  zwischen 
Kliartum  und  Berber,  sowie  Untersennar  bewohnende, 
ebenfalls  sehr  nigritisch-gebildete  Mischvolk  zeigt  eine 
starke  nationale  Unterlage  von  Djaalin.^^ 

Aus  dem  Vorhergehenden  haben  wir  ersehen,  wie  die 
Berbern  und  die  ihnen  verwandten  Berabra,  Aegypter, 
Abyssinier,  Somal,  Orma  und  Bedja  den  Norden  wie 
den  Osten  des  Continents  innehalten.  Zu  diesen  Völ- 
kerschaften gesellen  sich  einige  in  vielfacher  Hinsicht 
noch  räthselhafte  Stämme,  die  zwar  schon  von  vielen 
Reisenden  besucht,  aber  trotzdem  von  keinem  einzigen 
derselben  in  befriedigender  Weise  beschrieben  worden 
sind.  Ich  meine  hiermit  die  Tibu  oder  Teda,  die  Ka- 
nori  oder  Kanuri  und  die  Fulan  oder  Felata.  Erstere 
hausen  in  der  östlichen  Sahara,  in  Tibesti,  Wadjanga, 
Borgu,  in  welchen  Gebieten  sie  frei  sind,  ferner  in 
Kauar,  wo  sie  von  den  Kellui  (Tuarik),  in  Fesan,  wo 
sie  von  den  Türken  tyrannisirt  werden,  endlich  leben 
sie  zerstreut  durch  viele  Gebiete  Centralsudans.  So 
weit  die  vorhandenen  Beschreibungen  und  figürlichen 
Abbildungen  uns  zu  selbst  nur  vorläufigen  Schluss- 
folgerungen berechtigen,  dürften  sich  diese  meist  schlank 
und  edel  gebildeten  Leute  den  Berbern  und  den  Bedja 
eher  anreihen  lassen  als  den  Negern.  Die  Teda  bilden 
einen  Theil  der  Troglodyten  und  Garamanten  der  Alten, 
zu  denen  übrigens  auch  noch  die  südlich  von  Algerien 
wohnenden  Mischlinge  zwischen  „Kabylen"  und  Nigri- 
tiern  gereclmet  werden  müssen,  jene  Oasenbewohner, 
welche  ein  so  reichliches  Contingent  zu  den  Tirailleurs 
indigenes  oder  Turcos  der  französischen  Heere  geliefert 
haben.  Auch  sollen  die  Blemmyer,  deren  Angriffe  auf 
die  Nilbewohner  und  deren  Besiegung  durch  den  christ- 
liclien  Nubicrkönig  Silco  eine  Inschrift  im  Tempel  zu 
Talmis  oder  Kalabsche  besingt,  theils  den  Teda,  tlieils 
den  Bedja  angehört  haben. 

Die  Fulan  oder  Fulbe,  Einheit  Pullo,  die  Felata, 
der   OstsudaiRson.    die    Poulils   oder   Pouls   im  Gumbo- 


Afrikanische  Mcnschenstämmc  und  deren  Wohnsitze.  30 

Französisch  der  Senegalcolonie,  scheinen  aus  Futatoro 
im  westlichen  Afrika  zu  stammen.  Zu  Ende  des  vorigen 
Jahrhunderts  eroberten  sie  das  den  Mandinka  gehörende 
Futadjalon,  gründeten  1802  unter  ihrem  islamitisch  be- 
geisterten Füi*sten  Danfodio  das  Reich  Sokoto  und 
dehnten  sich  von  da  ab  weiter,  immer  weiter  nach  dem 
Innern  des  Festlandes  aus.  Manche  ihrer  Gemeinden 
haben  sich  bis  in  die  Hausaländer  und  nach  Bornu 
eingeschmuggelt.  Ilagere  Leute  von  schlankem  Glieder- 
bau, von  wenig  krausem  Haar,  etwas  Bartwuchs  und 
von  röthlich-brauner,  öfters  aber  auch  noch  dunklerer 
Färbung,  eine  Sprache  redend,  welche  nicht  geringe 
Anklänge  an  die  berberinische  (S.  7)  hat,  scheinen  die 
Fulan  mit  den  Berabra,  den  Bedja,  vielleicht  auch 
mit  den  Munbuttu  zu  einer  grossem  Familie ,  einer 
nubisch-berberischen,   zu  gehören. 

Die  Kanori  in  Bornu  endlich  sind  Nigritier,  zu  denen 
auch  die  Bewohner  von  Bagirmi,  W'aday,  sowie  die 
zahlreichen  theils  in  den  letztern  Sudan-Staaten,  theils 
in  deren  Süden  wohnenden  Bidduma,  Bulala,  Musgu 
und  noch  andere,  von  unsern  bisherigen  Reisenden  leider 
nur  sehr  mangelhaft  charakterisirte ,  dunkelhäutige 
Stämme  gerechnet  werden  müssen. 

Die  Nigritier  (S.  3)  zerfallen  in  zahlreiche  Völker- 
gruppen. Von  letztern  sind  freilich  bisjetzt  erst  sehr 
wenige  nach  wissenschaftlich-anthropologischer  Methode 
untersucht  worden.  Van  der  Hoeven,  Fritsch,  Bilharz, 
Falkenstein,  Köhler  und  der  Verfasser  dieses  Büchleins 
sind  fast  die  einzigen,  welche  dem  Nigritier  in  seinen 
Heimatländern  buchstäblich  auf  den  Zahn  ge- 
fühlt, ihn  als  ganzen  Menschen,  als  ein  Ob- 
ject  der  Naturbeschreibung,  ins  Auge  gefasst 
haben.  In  vergleichend  ethnographischer  Darstellung  hat 
Schweinfurth  die  Nigritier  meisterlich  beleuchtet.  Bastian, 
Güssfeldt  und  Pechuel-Lösche  erwiesen  sich  als  vortreff- 
liche Erforscher  der  nigritischen  Sitten  und  Gebräuche- 
In  ähnlicher  Weise  haben  Burckhardt,  Rueppell,  Russ. 
egger ,     Klunzinger ,     Pallme ,     Brehm ,     Pruyssenaere, 


40  Erstes  Buch. 

Heuglin,  Kaufmann,  Krapf,  New,  Guilain,  Hildebrandt^ 
Speke,  Stanley,  Caraeron,  Livingstone,  Baines,  Alberti, 
Andersson,  Thomas,  Bowditch,  Lenz,  Fleuriot  de  Langle, 
Barth,  Vogel,  Nachtigal,  Denham  und  Clapperton,  Park, 
Lander  und  Beurmann  gewirkt.  Freilich  müssen  wir 
lebhaft  bedauern,  dass  es  den  ebengenannten  hervor- 
ragenden Reisenden  nicht  vergönnt  gewesen  war,  das 
Küstzeug  des  durchgebildeten  Anthropologen,  der 
zugleich  Arzt,  am  besten  Anatom  sein  muss,  in  An- 
wendung bringen  zu  können. 

Uebrigens  wollen  wir  nicht  verfehlen,  auch  auf  etliche  in 
Europa  mit  Fleiss  und  Geschick  vorgenommene  Unter- 
suchungen an  von  Nigritiern  herstammendem  anthro- 
pologischem Material  aufmerksam  zu  machen  und  hier- 
bei Männer  wie  Owen,  Ecker,  Zuckerkandl,  Weissbach, 
Aeby,  Davis,  ferner  den  Verfassern  der  „Crania  ethnica"  ^^ 
unsere  gebührende  Anerkennung  zu  zollen. 

Angesichts  der  angedeuteten  Verhältnisse  fällt  es  uns 
sehr  schwer,  aus  der  Unmasse  von  ethnologischen  An- 
gaben, welche  uns  von  verschiedener  Seite  über  die 
Nigritier  vorliegen,  ein  einigermaassen  genügendes 
Bild  hinsichtlich  der  Abstammung  und  Vertheilung  der 
scliwarxen  Völker  Inner-  und  Westafrikas  zusammen  zu 
construiren.  Nachfolgendes  darf  daher  nur  als  ein 
vorläufiger  schwacher  Versuch  dazu  aufgefasst  werden. 

Ich  habe  oben  bereits  mehrfach  angedeutet,  dass  die 
bislier  abgehandelten  Stämme  der  Berbern  u.  s.  w.  den 
eigentlichen  Nigritiern  keineswegs  schroff  gegenüber- 
stehen, und  sehe  mich  genöthigt,  den  manchem 
Anthropologen  neuerdings  wieder  vorschwe- 
benden „typischen  blau-schwarzen  Neger"  für 
ein  Fabelwesen  zu  erklären. 

Zu  den  Nigritiern  reichen  von  Norden  und  Osten 
her  die  Funje,  die  Teda,  Orma,  die  Mandinka  oder 
Mandingo,  die  Wolof  als  verbindende  Glieder  herüber. 
Diu  Nigritier  aber  bieten  unter  sich  so  zahlreich© 
Stammesabweichungen  dar,  dass  wir  von  der  uns  ge- 
läufiircn  Vorstellung  des  Nigger  mit  Wollhaar,  stumpfer 


Afrikanische  M»  ii^di.  ii>tiimme  uiul  iloren  Wolui  if/e.    41 

Nase,  wuUtiL,-..  L-i  (v..  und  pechrabcnsch,,».,.^.  ii«v.i 
durchaus  absehen  müssen.  Dergleichen  Gebilde  ge- 
hören als  Si '  iHMi  in  die  Tabacksläden  und  nicht 
in  die  „Wi>  vom  Menschen"! 

An     die    luiije    schliessen    sich    die    den    Süden    der 
Halbinsel  Sennar  bewolinenden  Stämme  und  dlo  Völker 


Niam-Niam. 


des  Weissen  Xil.  Unter  letztern  behaupten  die  Schilluk 
die  nächsten  Verwandten  der  Funje  zu  sein.  Geschiclit- 
lich  ist  nun  wenigstens  erwiesen,  dass  die  heidnischen 
Zerstörer  des  Aloa-Reichs  (S.  35)  eine  nicht  unbeträcht- 
liche Anzahl  von  Schilluk  als  Hülfstruppen  benutzt 
haben.  Alle  Stämme  des  Weissen  Nil  gehören  bis  auf 
die  Bari  einem  völlig  gemeinsamen  physischen  und 
Sprachstamme  an  und  wenn  wir  die  grosse  Gruppe  der 


42 


Erstes  Bucli. 


l>jengu  oder  J)enka,  Dinka,  von  den  Gruppen  der  Schir, 
Nuer  und  Bari  zu  trennen  pflegen,  so  dürfen  wir 
docli  hierüber  des  sie  verbindenden  aligemeinen  Bandes 
nicht  vergessen.  Auch  die  im  Süden  Bornu's  hausen- 
den Musgu  (S.  39),  ferner  die  Djur,  Bongo,  Mittu,  Golo 


«nd  Momwu  gehören  ebenfalls  diesem  liaupttypus  an. 
Um  die  grossen  Seen  Ukerua  Nyanza  und  Mwutan  her 
«cheinen  Ormavölkör  das  herrschende  Bevölkerungs- 
olemont  inmitten  ureingesessener  nigritischer  Völker- 
«tiimmo  zu  sein.  Mit  den  Sande  oder  Niam-Niam  im 
Centi-um  beginnt  eine   sehr   ausgedehnte  Yölkergruppe, 


Fiy.  11.    Der  Monbuttu-Könie 


44  Erstes  Buch. 

welche  sich  bis  zu  den  gegen  die  Gabonterritorien  sich 
vorwälzenden  Fan  oder  Faon  erstreckt,  die  letztern 
allem  Anschein  nach  in  sich  begreifend.  Auch  die  von 
Livingstone,  Cameron  und  von  Stanley  beschriebenen 
Wanyema,  Waguha,  Warua,  sogar  die  Wanyamesi  im 
Osten  und  im  südlichen  Innern,  die  Balonda  und  Ban- 
dombe  scheinen  sich  jener  Gruppe  anzuschliessen. 

Wie  eine  isolirte  Völkeroase  nehmen  sich  aber  nach 
den  bisherigen  durch  Schweinfurth  gewonnenen  Er- 
fahrungen die  kannibalischen,  im  Bereiche  des  Uelle- 
flusses  wohnenden  Monbuttu  aus.  Unser  Reisender  be- 
merkt, dass  mindestens  5  Procent  dieser  einen  nicht 
unbedeutenden  Grad  von  Civilisation  darbietenden  Na- 
tion grau-blondhaarig  seien,  dass  alle  eine  hellere  Haut- 
farbe und  stärkern  Bart  wie  die  Niam-Niam  hätten, 
sowie  dass  sie  vielfach  eine  krankhafte  Unruhe  in  den 
Augen  wahrnehmen  Hessen.  Die  Nase  der  Monbuttu 
soll  häufig  durch  ihre  grössere  Länge  und  Krümmung 
auffallend  von  der  gewöhnlichen  Form  der  Negerrassen 
abweichen  und  an  semitische  Profile  erinnern.  Ver- 
fasser dieses  Werks  kann  nun  versichern,  dass  die 
von  Schweinfurth  präparirten  und  in  natura  vorliegen- 
den Monbuttuschädel  einen  durchaus  dolichocephal- 
nigritischen  Charakter  an  sich  tragen.  Halten  wir  uns 
aber  für  jetzt  an  Schweinfurth's  Darstellung,  so  finden 
wir  diesen  Forscher  geneigt,  die  Monbuttu  mit  den 
Fulbe  in  verwandtschaftliche  Beziehung  zu  setzen.  Die 
falbe  Haarfarbe  würde  uns  bei  Afrikanern  nicht  allzu 
absonderlich  erscheinen,  zumal  sie  doch  allem  Vermuthen 
nach  nur  einem  gewissen  Procentsatze  jener  Kannibalen- 
bevölkerung eigenthümlich  ist.  Gebogene  Nasen  zeigen 
sich  hier  und  da  selbst  bei  ausgesprochenen  Nigritier- 
>stämmen.  Auch  steht  entwickelterer  Bartwuchs  keines- 
wegs ohne  Beispiel  in  der  Negerbevölkerung  da,  wie 
dies  unter  vielen  andern  durch  die  beigegebene,  sehr 
charakteristische  Abbildung  Stanley's,  der  bekanntlich 
mit  dem  photographischen  Apparat  arbeitete,  bezeugt 
wird.      Dio  Manyema   sollen    sehr    haarreich    sein   und 


Afrikaiiisclic  Monsclienstämme  und  tloi<  n   Wolmsit, 


45 


dürtUi.  v»..^ihauj)t  den  Monbuttu  thii.-..  ,. ci..^  fern 
stehen^  wie  die  bereits  erwähnten  ^Vaguha,  deren  viel- 
artig toupirte  Haartracht,  gebogene  Nasen  und  ge- 
Hochtene  Kinnbürte  Livingstone  in  so  charakteristischer 
Weise  abbildet. 

Diese  genannten,  im  Osten 
des  Tanganika- Sees  wohn- 
haften Stämme  bilden  den 
Uebergang  zu  den  Balonda 
und  theils  durch  diese,  theils 
direct  zu  den  A-Bantu.  Aber 
auch  die  Bedjastämme  müs- 
sen in  Vergleich  mit  den  Mon- 
buttu  gezogen  werden.  Wir 
dünken  uns  nämlich  ebenso 
iXiit  im  Recht,  diese  Leute 
den  Beduinen  von  Kordufan, 
Sennar  und  Taka  beizuge- 
sellen, wie  andere  sich  im 
üecht  glauben,  letztere  als 
Abkömmlinge  der  Araber 
verzeichnen  zu  dürfen.  Wenn 
man  nun  mir  gegenüber  bei 
dieser  Gelegenheit  behaupten 
will,  dass  unter  den  Bedja 
sich  auch  an  die  arabisch- 
jüdischen (syro- arabischen) 
erinnernde  Physiognomien 
vorfänden,  so  antworte  ich 
darauf  zweierlei:  entweder 
ist  das  ein  sich  überall  wie- 
derholender Zufall  oder,  es 
können  die  dem  afrikanischen  Völkercomplex  angehören- 
den Bedja  durch  Heirathen  mit  syrisch-arabischen  Ein- 
wanderern Nachkommen  hervorgebracht  haben ,  bei 
denen  gelegentlich  der  letztere  Typus  in  atavistischer 
Weise  wieder  zum  Durchschlag  gelangt. 

Zu  den  Nigritiern   des   afrikanischen  Nordostens  ge- 


Fiff.  12. 

Kitete.  der  Häuptling  vou 

Mpungu  in  Manyema. 


46  Erstes  Buch. 

hören  aber  ausser  der  grossen  auch  die  Kunama  oder 
Basena  (Bewohner  von  Basen  im  Westen  der  abyssi- 
nischen  Provinzen  Hamasen  und  Sarae),  die  Hammedj 
und  Berun  in  Sennar  umfassenden  Familie  der  Funje 
auch  die  Stämme  des  Weissen  Nil.  Unter  diesen 
lassen  sich  zwischen  dem  12  und  2°  nördl.  Br.  folgende 
(zum  Theil  schon  erwähnte)  Hauptfamilien  unterscheiden: 
die  Schilluk,  die  Denka  oder  Dinka  und  die  Bari. 

Alle  dieser  Familie  angehörenden  Tribus  zeigen  unter- 
einander eine  gewisse  Aehnlichkeit  in  ihrem  physischen 
Habitus.  Es  sind  hochgestaltete,  dunkelgefärbte  Leute 
mit  wollig-gekräuseltem  Haar  und  einer  meist  ent- 
wickelten Nasenbildung.  Die  Nase  tritt  bei  ihnen  noch 
aus  dem  Antlitz  heraus,  und  zwar  theils  gerade,  theils 
gebogen.  Sie  zeigt  seltener  die  starke  Einsattelung  und 
Plattheit  wie  bei  den  Niam-Niam  und  bei  vielen  west- 
lichen Stämmen.  Am  Schädel  der  Schilluk  wird  z.  B. 
noch  eine  kräftige  Entwickelung  der  firstenartig  vor- 
springenden Nasenbeinchen  beobachtet,  wogegen  diese 
knöchernen  Theile  bei  den  Monbuttu  auffallend  un- 
bedeutend erscheinen.  Die  Sprachen  der  Schilluk, 
Denka   und   Bari   haben  viel  Aehnlichkeit  miteinander. 

In  den  südlichen  Bergdistricten  von  Kordufan  leben 
die  Nobastämme,  Nigritier  mit  häufig  ebenfalls  ent- 
wickelter Nase  und  mit  nicht  selten  üppigerm  Haar- 
wuchs. Unter  ihnen  haben  sich,  namentlich  in  dem  Ge- 
birgslande  Takla  oder  Tekele,  Funje  (Schilluk)  nieder- 
gelassen, welchen  letztern  die  edelsten  Familien  des 
Landes  angehören  sollen.  Die  Noba  reden  eine  den 
berberinischen  Dialekten  ähnliche  Sprache  und  es  ist 
nicht  unwahrscheinlich,  dass  in  ihnen  die  eigentlichen 
Stammväter  der  Berabra  zu  suchen  sind,  welche  viel- 
leicht vor  alten  Zeiten  von  Kordufan  aus  ihre  erobernden 
Unternehmungen  gegen  das  nubische  Nilthal  und  gegen 
Sennar  ausgeführt  haben. 

Den  Schilluk  verwandt  sind  die  Luoli  oder  Djur  im 
(Jebirge  des  untern  Laufes  der  Flüsse  Wau  und  Djur, 
wogDgen  die  ]h»ng<)  oder  Dor  zwischen  8 — 6°  nördl.  Br. 


Afrikanische  Monschenstämmc  und  deren  Wohnsitze.    47 

ebenfalls  im  Gebiete  des  Gazellenflusses  wohnen.  Die 
Mittuvölker,  welche  nach  Schweinfurth  eine  Gruppe 
t  iMen,  nähern  sich  den  Schilderungen  dieses  Reisenden 
.  'lue  den  l5ongi>  und  bilden  „vielleicht  einen  in  der 
<.^  '  'ite  ihrer  Entwickelung  begründeten  Uebergang 
v.'ii  ii.'  -tn  zu  den  Niam-Niam".  Den  üongo  und  Ver- 
wandten scheinen  sich  ausser  den  ^lusgu  oder  Musgo  auch 
noch  andere  nigritische  Völker  im  Süden  von  Waday, 
Uau'hirmi  und  Bornu  anzureihen.  Den  Kern  der  Furer 
Inlden  ebenfalls  mit  entwickelter  Nase  ausgestattete  Ni- 
irritier,  unter  denen  gewisse  Stämme,  wie  die  Gondjara, 
«inen  hervorragenden  Einfluss,  namentlich  durch  ihre 
Militärdienste,  gewonnen  haben,  ähnlich  den  Angehörigen 
der  ägyptischen  Kriegerkaste  und  den  Berunkriegern 
der  senuarischen  Funje- Sultane.  In  Für  sehen  wir 
neben  mancherlei  Solengo  oder  Solendj,  d.  h.  eingewan- 
derten nomadisirenden  Bedja,  die  Tunjur  oder  Tündjur, 
welche  von  oberflächlichen  Darstellern  wieder  einmal 
für  „eingewanderte  Araber"  erklärt,  entweder  Ver- 
wandte der  Fulan  oder  Bedja  sein  müssen. 

In  West  Sudan  nehmen  eine  bedeutendere  Länder- 
strecke die  Hausastämme  ein,  Nigritier  mit  weniger  ent- 
wickelter, in  ihrem  Rücken  eingesenkter,  breitgetlügelter 
Nase  und  mit  wulstigen  Lippen,  eine  gut  veranlagte, 
lebhafte  und  empfängliche  Nation,  welche  den  Einfluss 
ihres  zwar  auf  dürftiger  Stufe  verbliebenen,  aber  doch 
in  gewisser  Eigenart  entwickelten  Culturlebens  selbst 
bis  nach  Aschanti  und  in  die  am  Golf  von  Benin  ge- 
legenen nigritischen  Staaten  hineinzutragen  verstanden. 
Ausser  den  Hausa  haben  die  nigritischen  Sonray 
im  Nigergebiet  eine  geschichtliche  Entwickelung  auf- 
zuweisen. Schon  im  ersten  Jahrtausend  unserer  Zeit- 
rechnung tauchen  Hauptstädte  der  Sonray  zu  Kukia 
und  Gerho  aus  dem  Nebel  der  sudanesischen  Staaten- 
geschichte empor.  Aegyptische  Missionare  scheinen  den 
Islam  zu  den  Sonray  getragen  zu  haben,  wenigstens  deu- 
ten gewisse  Ueberlieferungen  auf  einen  solchen  Vorgang 
hin.    Sonray  wurde  später  durch  die  (meist  berberischen) 


48 


Erstes  Buch. 


Marokkaner  zerstört,  welche  sich  in  den  eroberten 
Ländereien  ansiedelten  und  hier  Anlass  zur  Bildung 
Ton  Mischlingen,  den  Arama  oder  El-Ruma,  gaben,  die 
noch  jetzt  mitten  unter  den  (physisch  wohlgebildeten) 
Sonray  erkennbar  sein  sollen. 

Wieder  ein  anderes  grosses  Reich  in  Westsudan,  näm- 
lich Melle  oder   Melli,   wurde   von    den   Mellinke   oder 


Fig,  13.    Mandinka. 

Mandenke,  Mandinka,  Mandingo  gegründet.  Auch  diese 
sind  echte  Xigritier  mit  zum  Theil  geraden,  zum  Theil 
(namentlich  beim  niedern  Volk)  eingedrückten  Käsen 
mit  breiten  Flügeln  und  von  hoher,  schlanker  Gestalt. 
Melli  ist  längst  zerfallen,  allein  die  Mellinke  (oder 
Leute  von  Melli)  sind  heute  noch  ein  zahlreiches,  in 
Westafrika  weitverbreitetes  Volk.  Ihm  gehören  auch 
die  Hambara  an,  ein  selbst  in  unsern  Tagen  vielgenannter, 
erobernder  Nigri tierstamm,  innerhalb  dessen  die  Edeln 


Afrikanisch"  \f..T,.,.i,.  t,c.  i  , 

xlrr  Kurbary  gross«'  tiercciitsiiim*  gt'iiu'sxMi.  Ans  der 
'./.tern  Mitte  gehen  die  Edelsten  oder  Massassi  her- 
vor, denen  der  crhliclie  König  zu  entstammen  pflegt. 
Aus  Gefangenen  wird  die  desperate,  stets  zum  Losgehen 
bereite  Leibgarde  der  Sofa  gebildet. 

In  den  Landschaften,  welche  gegenwärtig  als  Trüm- 
mer der  ehemaligen  Reiche  Sonray  und  Melli  angesehen 
werden,  herrschen  wunderliche,  zum  Theil  sehr  ver- 
wickelte politisch-ethnische  Verhältnisse.  Bambara  und 
deren  Gefangene,  Fulan,  Ilausaleute,  Sonray  und  Ber- 
l)ern  streiten  sich  hier  in  aufreibenden  Fehden  um  die 
Obrcacht.  Die  grosse  Handelsstadt  Timbuktu  ist  schon 
seit  lange  Sitz  der  raffinirtesten  politischen  Intriguen 
sowie  ein  vielfach  umstrittener  Besitz  gewesen.  Ueberall 
in  diesen  Ländern  haben  sich  Schwärme  von  Berbern 
aniresiedelt,  unter  denen  sich  gelehrte  ^larabouts  be- 
fielen, welche  durch  ihre  Lehren  zahlreiche  ergebene 
Tlialibs  oder  Schüler  unter  allen  möglichen  Bevölke- 
rungselementen gewinnen  und  durch  diese  mit  der  fast 
allen  mohammedanischen  Missionaren  eigenen  Schlau- 
heit und  Energie  grossen  politischen  Einfluss  erwerben 
k(»nnen.  Zu  solchen  ^Lirabouts  ^eliörte  der  viel- 
genannte Kunta-Schekh  Achmed-el-Bekay ,  IL  Barth's 
edler  Beschützer,  lange  Zeit  hindurch  das  geistliche 
und  politische  Oberhaupt  in  Timbuktu.  Es  wieder- 
holen sich  hier  heutzutage  Vorgänge,  wie  sie 
bereits  vor  Jahrhunderten  in  Afrika  unter 
dem  Einflüsse  der  islamitischen  Sendboten 
sich  einleiteten  und  wie  sie  jahrhunderte- 
lang fortdauerten.  p]s  sei  dies  eine  dringende 
Mahnung  für  alle  diejenigen,  welche  alten  Vor- 
urtheilen  und  gefälschten  Ueberlieferungen 
getreu,  den  grössten  Theil  der  im  islami- 
tischen Afrika  stattgehabten  religiösen  Be- 
wegungen und  politischen  Bildungen  allein 
den  Wirkungen  einer  arabischen  Einwande- 
rung und  der  ethnischen  Conservirung  arabi- 
scher Einwandererstämme  zuschreiben  wollten. 

Haktmax!?.  J. 


50  Erstes  Buch. 

Und  wie  zum  Hohne  sind  es  seit  Generationen  auch 
viele  schwarze  unverkennbar  nigritische  Mekka- 
pilger, die  Tekarine,  Einheit  Tekruri,  welche  Afrika 
in  der  Richtung  von  Westen  nach  Osten  und  umgekehrt 
durchstreifen,  die  den  Islam  unter  ihren  heidnischen 
und  halbheidnischen  Rassenangehörigen  nicht  nur  mit 
Feuereifer  predigen,  sondern  sogar  mit  Feuer  und 
Schwert  zu  verbreiten  suchen. 

Unter  diesen  schwarzen  ascetischen  Männern  fanden 
sich  einige  hervorragende,  furibunde  Geister,  welche 
grossen  politischen  und  religiösen  Einfluss  über  mäch- 
tige Länderstrecken  ausgeübt  und  ihren  Namen  in  die 
Gedenktafeln  der  Geschichte  Afrikas  mit  flammenden 
Zügen  eingegraben.  Dazu  gehören  u.  a.  Hadj  Omar, 
der  ja  mit  den  Franzosen  am  Senegal  einen  erbitter- 
ten Krieg  geführt  hatte,  dann  von  General  Faidherbe 
besiegt,  sich  nach  dem  Innern  wandte  und  hier  in 
heissen  Kämpfen  der  verlotterten  PuUoherrschaft  zu 
Hamdallahi  am  Niger  ein  Ende  machte,  ferner  Dan- 
fodio,  jener  (S.  39)  erwähnte  Neubegründer  der  poli- 
tischen Macht  der  Fulaii,  dann  Hadj  Mohammed-el- 
Amin,  Neubegründer  von  Bagirmi  und  noch  mehrere. 
Was  war  denn  seltst  Schekh  Mohammed-el-Amin  anders 
denn  ein  ehemaliger  Anführer  von  Kanembulanzen- 
trägem,  was  war  er  anders  als  zugleich  ein  energischer 
Fakih  (S.  36),  welcher  die  Herrschaft  des  morsch  gewor- 
denen Rornureichs  an  sich  riss  und  schliesslich  die 
neue  heutige  Hauptstadt  Kuka  erbaute.  Er  war  von 
gemischt- nigritischer  Abkunft,  aus  Fesan  gebürtig  und 
gab  einem  neuen  Staatssystem,  einer  neuen  Dynastie 
das  Leben.  Diese  im  grossen  sich  vollziehenden  Vor- 
gänge finden  aber  ihre  Nachahmung  in  Tausenden  von 
geringern  Ereignissen.  Ueberall  spielen  schwarze  Te- 
karine die  Holle  von  Marabouts,  wie  man  dergleichen 
von  anderer  Seite  aus  hauptsächlich  nur  den  Arabern 
zuschreiben  möchte.  Der  Islam  treibt  seine  üppig 
wuchernden  Wurzeln  jetzt  immer  tiefer  nach  Westafrika 
)""''M.     Sogenannte  maurische,    d.  h.    mit    nigritischem 


Af..;L. ,,.,.,  i  ,.  \'  ....u  ;.,  ,        Wohnsitze.    51 

iiiui  gtiuisiiitr  ocuT  ganz,  iiigritisclu-  .'ii>sn»iiare  des 
Islam  drückten  sich  schon  seit  181')  und  vielleiclit 
schon  seit  noch  hingerer  Zeit  unter  dem  Mantel  simpler 
Handelsmänner  an  den  Höfen  zu  Kumassi  und  Agbome 
herum,  hier  oder  da  die  Samen  ihrer  Lehre  unter 
Cabocirs  (Häuptlinge)  sowol  wie  unter  die  Infima  mul- 
titudo  ausstreuend.  Bekanntlich  gestattet  der  Koran 
den  Gläubigen  selbst  auf  heiligen  Fahrten  gelegentlich 
kleine  Geschäft  eben  zu  machen,  warum  sollte  denn 
nicht  auch  der  maurische  Gläubige  in  den  Ländern 
des  schwarzen  Magreb,  im  Sudan,  das  Angenehme  mit 
dem  Göttlichen  verbinden  können,  hier  oder  dort  Tücher 
und  Glaskorallen  ausschachern  und  mitunter  dabei  zu- 
gleich den  Houris  im  Paradiese  Lieblinge  gewinnen? 
Gewöhnlich  dünkt  man  sich  bei  uns  vom  hohen  Throne 
der  modernen  Cultur  herab  das  Leben  der  faulen 
Nigger  in  öder  einförmiger  Unfruchtbarkeit  des  Daseins 
einherschleichend ,  etwa  wie  ein  modriges  Torfrinnsal. 
Dabei  macht  man  sich  aber  eben  bei  uns,  wo  neben 
tiefster  Bildung  doch  auch  ein  guter  Theil  von  Halb- 
wisserei  und  von  gänzlicher  Unwissenheit  ihre  Plätze 
behaupten,  selten  einen  auch  nur  entfernten  Begriff 
von  dem  zwar  eigenartigen  und  in  seiner  Qualität  be- 
schränkten, trotzdem  jedoch  ungemein  regen  politischen, 
religiösen  und  socialen  Treiben  in  den  Sudanländern  I 
Hier  sollten  erst  Völkerpsychologen  ihre  Studien 
machen ! 

Das  ganze  westliche  Afrika,  südlich  vom  Flusse 
Senegal,  wird  von  Nigritiern  bewohnt,  welche  wie- 
derum in  zahlreiche  Stämme  zerfallend,  immer  doch 
durch  ein  gemeinsames  Band  des  physischen  Habitus, 
der  Sprachen,  Sitten  u.  s.  w,  zusammengehalten  werden. 
Unter  diesen  Stämmen  findet  man  den  in  seiner  Ge- 
stalt häußg  sehr  wohlgebildeten,  in  seinem  Antlitz  den 
banalen  Typus  des  „wollhäuptigen,  plattnasigen  und 
wulstlippigen  ^Segers"  Tragenden,  des  „Negers,  wie  er 
im  Buche  steht*'.  In  diese  bis  tief  nach  Benguella 
hinunterreichenden  Stämme  haben  sich  aus  dem  Innern 

4* 


52  Erstes  Buch. 

her  einige  Keile  von  Völkern  eingezwängt.  So  z.  B. 
die  Fan  oder  Faon,  Fana,  am  Ogowe ,  deren  nur 
schwierig,  nasal  auszusprechender  Name  an  den  eben- 
falls dünn-nasal  auszusprechenden  der  Funje  (S.  35) 
erinnert,  ein  kräftiges  nigritiscbes  Volk  mit  dem  ge- 
flochtenen Haar  und  Bartwuchs,  sowie  mit  der  Phy- 
siognomie der  Niam-Niam,  ein  Volk,  welches  zur  Zeit 
immer  unwiderstehlicher  die  echte  Heimat  des  Gorilla 
zu  oecupiren  droht.   (S.  44.) 

Tief  im  Innern  von  Afrika,  südlich  vom  Aequator, 
herrscht  in  seiner  beliebig  hier  und  da  aufrichtbaren 
Mussumba  oder  Residenz  der  Muata-Yanvo  (Muata-ya- 
Nvo),  von  dessen  Macht  und  Reichthum  bereits  ältere 
Berichte  soviel  Frappirendes  darzustellen  wussten. 
Unserm  Landsmanne  Dr.  Pogge  ist  es  ja  geglückt, 
diesen  grossen  Nigritierfürsten  in  der  Mussumba  be- 
grüssen  zu  können.  Sein  Volk,  die  Balonda,  scheinen 
nach  dem  wenigen  Vorliegenden  die  physiognomischen 
Eigenthümlichkeiten  der  Niam-Niam,  Fan  und  Loango- 
Schwarzen  mit  denjenigen  ,  der  A-Bantu  oder  Kaffern 
zu  vereinigen.  Eine  ähnliche  ethnologische  Stellung 
nehmen  die  Guissama  oder  Quissama  in  Angola  (süd- 
lich vom  Coanza)  ein.  Unter  diesen  finden  sich  zum 
Theil  Leute  mit  eingedrückten  Nasen  und  flechtbarem 
Haar,  wie  die  Niam-Niam  und  die  von  Livingstone, 
Cameron  und  Stanley  aufgeschlossenen  Völker  des 
Tanganika  sowie  auch  der  Ogowegebiete.  Ferner 
finden  sich  darunter  Leute  mit  der  schärf ern  Profilirung 
der  Bedja,  endlich  solche  mit  den  mehr  breiten,  rohen, 
bauerischen  Gesichtern  der  Zulu  und  der  Xosa.  Ich 
will  keineswegs  behaupten,  dass  die  Quissama  alleinige 
oder  selbst  nur  vorzügliche  Träger  solcher  variirender 
physiognomischer  Verhältnisse  seien,  ich  nehme  sie  be- 
sonders deshalb  ins  Augenmerk,  weil  sie  durch  den 
Photographen  Joaque  einen  ganz  vortrefflichen  Dar- 
steller fanden.     (Siehe  Fig.  14.) 

Die  Loango-  und  Congobewohner,  die  Schwar- 
zen    ui    Anarola   und    in   Henguella    im    allgemeinen 


Afrikanische  Miii^i'1u>n>läniin'    und  dcrci»  Wohnsitze.    53 

liabeu  flache».  #.i.j^.  ,  ...v  ..i  c.igedrückte,  denen  der 
Sande  oder  Niam-Niam,  der  Camerun-  und  Gabon- 
Nigritier  älinliche  Nasen,  sowie  dickere  Lippen  bei 
kleinerer  zurückweichender  Kinnbildung.  Dagegen  zeigen 
wieder  die  Ga,  die  Aschanti  und  Fanti  der  Goldküste 


Fig.  14.     (juissania. 

häufiger  zwar  meist  niedrige,  dabei  aber  nach  aussen 
hervorragende,  nicht  selten  sogar  gebogene  Nasen  mit 
massiger  Entwjckelung  der  Flügel;  ferner  besitzen  diese 
Stämme  eine  stark  prognatlie  Mundbildung  mit  nicht 
«ehr  ^icker  Lippenwulstung. 

Südlich  vom  Tanganikasee  erstrecken  sich  bis  gegen 
den   mittlem   Lauf  des   Zambezi    hin    eine    Reihe    von 


54 


Erstes  Buch. 


Völkerstäramen,  welche,  soweit  die  geringen  bisher 
über  sie  verbreiteten  Nachrichten  uns  zu  Schlüssen  be- 
rechtigen, ebenfalls  eine  zwischen  den  centralafrika- 
nischen  Nigritiern  und  den  A-Bantu  vermittelnde  Stel- 
lung einnehmen,  ähnlich  wie  die  Balonda  u.  s.  w.  es 
thun  (S.  52).  Gewisse  dieser  Stämme,  wie  die  Man- 
ganja im  Schiregebiete,  sind  durch  die  schrecklich  ent- 
stellende Gewohnheit  auffällig,  in  Lippen-  und  Ohrzipfel 
grosse  Holzpflöcke  zu  stecken,  eine  an  die  bekannte 
rohe  Schmückungsmethode  der  brasilianischen  Botocudos 
oder  Engräckmung  erinnernde  Verunstaltung.     Dieselbe 

findet  auch  bereits  bei  den 
nördlicher  wohnenden  Mittu- 
Luba  und  bei  andern  Mittu 
statt,  sie  wird  selbst  in  be- 
schränkter Weise  von  den 
Musgu  im  Süden  vom  Logon- 
gebiete ,  endlich  von  den 
Kadje  im  Westen  des  Tsad- 
sees   geübt. 

Die  A-Bantu  oder  Kaf- 
fern nehmen  heutzutage  die 
Südseite  Afrikas  zwischen  dem 
Kunene,  der  Walfischbai  und 
dem  Zambezi  bis  gegen  die 
Winterberge  und  den  Keiskamraa  hin  ein.  Sie  um- 
fassen die  Gruppen  der  Amaxosa,  Amazulu ,  Betchuana, 
der  Ova-IIerero  und  Owambo.  Während  die  Amaxosa, 
„Kaffraria"  oder  „Kafirland  proper"  (des  englischen 
Colonialstils)  zwischen  der  Capcolonie  und  Natal  be- 
wohnen, occupiren  die  Amazulu,  zu  denen  auch  die 
mächtigen  kriegerischen  Amatabele  gehören ,  alles 
zwischen  Zambezi  und  Umzimvubu  gelegene  Land. 
Die  Betchuana  dagegen  wohnen  zwischen  dem  Oranje- 
fiuss  und  dem  Zambezi.  Urnen  gehören  sehr  wahr- 
scheinlich noch  melirere  an  den  letztern  grossen 
Strom  grenzende  Stämme  an,  wie  z.  B.  Machololo, 
Maschona,   Banyny  und  Batoka.     Verwandt  sind    ilinen 


^ 


Fi»;.  75.    Manganjaweib. 


\frik:i!ii>-ili.>   ATrüscliPiist ■iMinit»  und    tL  rcii  Woliiisil/t'. 


',):) 


Uatonga  und  die  Maseli  oder  Vaulpenz,  wälirend  die 
Vmiswazi,  die  Mafitte  oder  Mavitte  (ein  Zweig  der- 
-  ilien  sind  die  Watuta  Stanley 's)  wieder  aus  Betchuana 
ind   Zulu,    namentlich    aber   Amatabele,    zusammenge- 

,'.  i'irr.'U    «M-srlicIiion. 


Lubaweib. 


Die  Amazulu,  ein  wilder,  energischer  Eroberer- 
stamm, dessen  physische  Stärke,  militärische  Dressur 
lind  Fechtweise  in  gescldossenen  Gliedern  ihm  eine 
grosse  Ueberlegenheit  über  die  schwächern  Nachbar- 
völker verschaft'en  musste,  hat  in  Südostafrika  beträcht- 
liche politische  Veränderungen  zu  Wege  gebracht.  Ganze 


)() 


Erstes  Buch. 


Nationen,  allerdings  auch  von  A-Bantu  selbst  und  ein 
Theil  der  Hottentotten,  sind  durch  jene  Eroberer  aus- 
einandergerissen und  zerstreut  worden.  Gewisse  Keste 
derartig  zersprengter  Kafferstämme  haben  sich  unter 
das  sie  kräftig  schützende  englische  Protectorat  be- 
geben. Es  sind  dies  die  oftgenannten  Amafengu  oder 
die  Fingoes,  welche  jetzt  in  den  lleihen  ihrer  Beschützer 


Ein  Mtuta. 


gegen  rebellische  Xosa-  und  Zulustämme  der  britischen 
Colonien  kämpften. 

Die  Ova-Herero  pder  die  Damara  der  Colonisten 
des  Cap  hausen  im  Norden  von  „Great  Namaqualand" 
der  englischen  Kanzleien,  zwischen  der  Kaliharisteppe 
im  Osten  und  dem  Ocean  im  Westen.  Diese  Herero- 
■t&mme    sind    neuerdings    durch    häufige    Einfälle    der 


Afrikr 


)< 


Nama-liünoiuoiieii  zerrissen  und  gescliwücht  worden. 
Ihnen  nahe  verwandt  sind  die  bis  an  den  Kunene 
reichenden  Owambo.    Als  ein  gewissermaassen  rasseloses 


Volk  dagegen  sind  die  Bergdamara  zu  betrachten, 
die  aus  vielen  heterogenen  Elementen  bestehend,  vor 
ihren  zahlreichen  Bedrängern  felsige  Districte  an  den 
Grenzen  der  Kalihari  in  Besitz  genommen  haben. 


58  Erstes  Buch. 

Woher  sind  alle  die  A-Bantu  gekommen?  Nicht 
wenige  europäische  Reisende  machen,  wiewol  nicht  mit 
Recht,  auf  die  der  europäischen  sich  angeblich  nä- 
hernde Körperbildung  vieler  dieser  Stämme  aufmerk- 
sam, sie  sprechen  sogar  von  unter  jenen  vorkommenden 
semitischen  Physiognomien  und  Sprachlauten.  Die 
Bantuvölker  üben  die  Beschneidung  aus  und  er- 
innert bei  ihnen  manches  an  die  Sitten  der  Stämme 
Nordostafrikas.  Ihre  eigene,  allerdings  nur  dunkele 
Tradition  weist  auf  einen  nördlichen  Ursprung  hin. 
G.  Fritsch  bemerkt,  dass  nach  den  Erkundigungen  eines 
sehr  zuverlässigen  englischen  Colonialbeamten  selbst 
unter  Fingoes  die  Erinnerung  an  gewisse  schriftliche 
Aufzeichnungen,  die  in  den  ewigen  Kriegen  zerstört 
worden  wären,  noch  bis  heute  nicht  verloren  gegangen 
sei.-^  Freilich  müsste  man  annehmen,  die  A-Bantu 
hätten  nach  dem  Verluste  der  Schrift,  nach  der  Zer- 
störung ihrer  Documente  jahrhundertelang  ohne  letz- 
tere in  völliger  geistiger  Verdummung  gelebt.  In  der 
That  mahnt  das  ganze  Sein  der  heutigen  Kaffern  an 
einen  intellectuellen  Rückgang  derselben.  Indessen  er- 
innern hier  im  Süden  Afrikas  vorkommende  Trümmer 
ehemaliger  Staaten  und  die  Reste  mächtiger  Bauwerke 
daran ,  dass  selbst  die  jetzt  so  versimpelten  Kaffern 
einmal  im  Stande  gewesen  sein  könnten,  bedeutendere 
Schöpfungen  auf  politischem  und  materiellem  Gebiete 
auszuführen.  So  z.  B.  das  weite  Reich  Monomo- 
tapa,  welches  um  die  Zeit  der  portugiesischen  Ent- 
deckungen am  Liambay  und  südlich  davon  in  hohem 
Ansehen  stand.  Ihm  waren  die  Goldwäschereien  unter- 
thnn,  deren  einer  Theil  noch  jetzt  mit  so  grossem 
Krfolge  von  neuem  bearbeitet  wird.  Stanley  bemerkt, 
dass  Monomotapa  ehemals  jenen  Theil  des  südöstlichen 
Afrika  eingenommen  habe,  den  jetzt  die  Amatabele  (S.  54) 
innehätten  und  dass  jenes  Reich  alle,  die  verschiede- 
nen Stämme  und  Clans  umfasst  habe,  welche  gegen- 
wärtig als  unanfechtbare  Zulu  bekannt  seien.  Der 
König  von  Monomotapa  hiess  Benomotapa  oder  Kitewe. 


Aw  ...... ..-V..V    .M lienstiimm'^  "imI  ,1.  r,.n  \V,.l,n9itze.    r)9 

Eine  zu  seinem  Ueiclic  gehüninu-  litMULn/.  iiatte  den 
hier  für  Fürstensitze  gebräuchlichen  Namen  Zimbaoe 
(Zimba-oa)  oder  Zimbabye.  Sie  lag  unter  20°  14'  südl. 
lir.  und  31°  4S'  östl.  L.  inmitten  von  Goldfeldern.  Schon 
ältere  portugiesische  Schriftsteller,  wie  De  Barros,  be- 
richten davon  wie  von  einem  Wunderwerk.  Sie  soll 
hohe  Steinbauten  gebildet  und  Inschriften  enthalten 
haben,  welche  letztere  weder  Portugiesen  noch  Araber 
zu  entziffern  verstanden.  Neu  entdeckt  wurden  die 
Ruinen  der  Zimbaoe  1871  durch  K.  IMauch.  Sie 
scheinen  in  den  letzten  Zeiten  durch  Schwarze,  wol 
Makoapa,  welche  hier  Zuflucht  gesucht,  vielfach  be- 
schädigt, selbst  eingerissen  worden  zu  sein,  wahrschein- 
lich um  die  vorhandenen  Bausteine  zu  benutzen.  Mauch 
fand  keine  Inschrift  mehr  vor,  wohl  aber  rohe  Orna- 
mente in  Form  von  Zickzacklinien  und  ineinanderge- 
schobeneu Vierecken.'-'^  In  altern  Perioden  war  die  Zim- 
baoe ein  Sitz  fürstlicher  Personen,  vielleicht  des  Furo 
oder  Häuptlings  gewesen,  welcher  die  Goldfelder  zu 
beaufsichtigen  hatte.  Ich  habe  die  von  Mauch  ge- 
gebene Abbildung  der  Zimbaoe  mit  bildlichen  Dar- 
stellungen verglichen,  welche  A.  Hübner  von  alten  Be- 
festigungen im  Amatabelelande,  Werken  der  Maschona, 
gibt.  Ich  halte  nun  die  Bauart  der  Zimbaoe  für  die- 
selbe wie  jene  der  Maschona.  Aehnlich  urtheilt  Fritsch. 
Baines  hörte  über  andere  grosse  Baureste  80  engl. 
Meilen  nordnordwestlich  von  den  Tati-Goldfeldern  sowie 
über  wieder  andere  östlich  von  „Nylstroom"  gelegene  be- 
richten. Auch  mir  sind  durch  Missionare  ähnliche,  allein 
selbstständige  Notizen  beigebracht  worden.  Wir  haben 
hier  also  vielleicht  üeberbleibsel  ehemaliger  Kafternherr- 
lichkeitvoruns.  Weitere  Forschungen  und  Nachgrabungen 
an  derartigen  Ruinenstätten  werden  uns  wol  dereinst 
mehr  Aufschluss  über  die  Geschichte  der  Bantuvölker 
bringen,  durch  deren  bisheriges  Dunkel  ja  leider  nur 
wenig  schwache  Lichtblitze  emporleuchten. 

Auffallend  ist  die  physische  Aehnlichkeit  vieler  Bantu, 
besonders  Zulu,   Swazi   und   Suto,  mit  Bedjah. ^-^     Die 


ßO  Erstes  Buch. 

oben  erwähnten,  den  Somal  verwandten  Masay  (S.  22), 
erinnern  durch  Bewaffnung  und  Fechtweise  durchaus 
an  Zulu. -^  Letztern,  namentlich  ihrem  Matabele- 
zweige,  müssen,  wenn  den  altern  (schon  so  oft  für  zu- 
verlässig befundenen)  Berichten  der  Portugiesen  und 
Engländer  nur  einigermaassen  zu  trauen  ist,  jene  schreck- 
lichen Horden  geglichen  haben,  welche,  wahrscheinlich 
aus  dem  Lande  Kilima  hervorgebrochen,  im  16.'  Jahr- 
hundert unter  dem  Namen  „Djagga"  einen  grossen 
Theil  Inner-  und  Westafrikas  in  Schrecken  gesetzt,  ihn 
mit  Strömen  Blutes  überflutet  haben.  Zwar  könnte 
man  wol  die  Möglichkeit  in  Zweifel  ziehen,  dass  ein 
aus  dem  fernen  Winkel  Südostafrikas  stammendes  Volk, 
eine  nicht  allzu  bedeutende  Zahl  streitbarer  Männer, 
einen  grossen  Theil  des  afrikanischen  Continents  zu 
durchmessen  und  überall  hin  den  Schrecken  seines 
Namens  zu  verbreiten  im  Stande  gewesen  wäre.  Allein 
unter  den  wilden,  stets  zur  Gewaltthätigkeit  geneigten 
Nigritiern  Innerafrikas  haben  sich  immer  Leute  gefunden, 
die  einem  heranrückenden  muthigen  Erobererstamme 
sich  anzuschliessen  und  mit  ihm  gemeinsame  Sache  zu 
machen  geneigt  waren.  So  konnte  denn  auch  das  ur- 
ßprünglich  an  Zahl  nicht  bedeutende,  aber  aus  despe- 
raten Kriegsleuten  zusammengesetzte  Djaggaheer  auf 
seinen  Wegen  nach  dem  Innern  durch  fremden  Zuzug 
lavinenartig  anschwellen  und  dann  im  Sturm  seines 
Vorwärtsdringens  alles  sich  Entgegenstellende  durch 
Schrecken  lähmen  und  schliesslich  im  Blut  ersticken. 
Im  rastlosen  Kriegseifer  Landschaft  um  Landschaft 
durchziehend,  unter  den  Zwang  einer  furchtbaren  Disci- 
plin  gebracht,  voll  wilder,  unbändiger  Energie,  konnten 
die  national  zwar  nicht  mehr  als  Djagga  bestehen- 
den, wol  aber  von  deren  Sitte  und  Gesetz  beherrsch- 
ten, bunt  zusammengewürfelten  Eroberer  nach  Ver- 
lauf von  Jahren  in  Westafrika  auftauchen,  um  endlich, 
sobald  der  Gipfelpunkt  der  Macht  überschritten  war, 
in  der  Masse  widerstrebender  Nigritierstämme  allmäh- 
lich wieder  zu  verschwinden.     Derartige  Beispiele  von 


raumlich  wtii  ausi^fuciiiiUn ,  uic  w-i  iiaiiiii>5i-  ganzer 
(lebiete  von  (Truiul  aus  umwälzenden  Kriegszügeu  stehen 
in  Afrika  durchaus  nicht  vereinzelt  da.  Noch  in  neuerer 
Zeit  haben  deren  stattgefunden.  So  der  grosse,  einer 
Völkerwanderung  ähnelnde  Zug  der  Mantati  (Baman- 
tatisi),  eines  nördlichen  Betchuanastammes,  gegen  die 
Capcolonie  im  Jahre  1823.  So  die  Eroberungszüge  der 
den  Djagga  von  Kilima  verwandten  Amazulu,  welche 
unter  einer  ganz  ähnlichen  Ileeresverfassung  wie  jene 
zur  Zeit  ihrer  scheusslichen  Tem-Bana-Dumba  stehend, 
von  ihren  Häuptlingen  ütchaka,  Udingaan  und  Urasele- 
katsi  bis  zu  den  Ufern  des  Limpopo 
und  bis  zur  Mündung  des  Tugela 
ijeführt  wurden.  Wer  Weiteres 
nber  diese  merkwürdigen  Völker- 
revolutionen wissen  will ,  möge 
darüber  in  meinen  „Nigritiern" 
nachlesen.  -^  Es  erinnern  dieselben 
an  die  von  Arabern  geführten  Ber- 
ber- und  Bedjazüge  des  Mittel- 
alters.   (S.  26.) 

Bevor    nun    der    alles    vor    sich 
niedertretende    Fuss    der    A-Bantu 

die  fruchtbaren  Ebenen  am  Oranje-       „.  „  ^^    ,  ,,. 

,        ,  ,     ,  •'  Firj.  lU.    Hottentottm. 

Strome    durchmaass,    wohnten    von 

diesem  aus  bis  hinab  zum  Cap  der  Stürme  die  Koi- 
koin  oder  Hottentotten.  Scheinbar  gehören  diese 
ledergelb  gefärbten,  kurz-  und  kraushaarigen,  mit  birn- 
furmig  nach  unten  sich  verjüngenden,  plattnasigen  und 
dicklippigen  Köpfen  versehenen  Leute  unter  die  übrigen 
Afrikaner  nicht  hinein.  Indessen  glaube  ich  trotz- 
dem, dass  auch  für  diese  angeblich  so  abweichenden 
Ureinwohner  Südafrikas  der  Tag  kommen  werde,  an  wel- 
chem ihre  Einreihung  unter  die  übrigen  Nigritier  durch 
naturgemässe  Anreihung  an  aufgefundene  Uebergangs- 
stämme  ohne  Zwang  vorgenommen  werden  könne. -"^ 

Die   Hottentotten,    ein   in    intellectueller  Hinsicht 
nicht  unbegabtes  Volk,  aber  von  weit  geringerer  Körper- 


62 


Erstes  Buch. 


stärke  als  die  A-Bantu,  wurden  theils  von  diesen ,  theils 
von  den  ihnen  in  jeder  Hinsicht  überlegenen 
Europäern  zurückgedrängt,  auseinandergesprengt,  ja  in 
ihrem  nationalen  Zusammenhalt  geradezu  vernichtet. 
Ein  Schwärm  von  mit  fremdem,  hauptsächlich  euro- 
päischem Blute  gemischten  Bastardhottentotten, 
die  sogenannten  Griqua,  setzten  sich  am  Oranje- 
flusse  in  der  Gegend  von  dessen  Vereinigung  mit  dem 
Vaal  fest  und  nahmen  unter  ihrem  tapfern  Clanshäupt- 
linge Andries  Waterboer  bei  Lataku  an  der  blutigen 
Zurückdrängung  der  S.  61  erwähnten  Mantati  theil. 
Ein  nomadisirender  Hot- 
tentottenstamm, die  Korana 
(Einheit  Kora),  hat  im  Gebiete 
des  Oranje-  und  des  Yaalflusses 
noch  bis  heute  eine  gewisse  na- 
tionale Selbstständigkeit  bewahrt. 
Fritsch  unterscheidet  in  diesem 
Stamme  einen  im  wesentlichen 
den  Gesichtsschnitt  der  Hotten- 
totten verrathenden  gross  und 
kräfti«?  «bewachsenen,  sowie  einen 
andern,  verkümmerten,  mehr  an 
die  Buschmänner  erinnernden  Ty- 
pus. Zum  letztern  scheint  der 
Mann  gehört  zu  haben,  welchen 
wir  hier  nebenstehend  nach  einer  photographischen 
Aufnahme  Fig.  20  abbilden  Hessen. 

Endlich  leben  in  Unabhängigkeit  die  Namaqua- 
Hottentotten  zwischen  Oranjefluss  und  der  Damara- 
grenze,  westlich  von  der  Kaliharisteppe.  Sie  sind  zwar 
vielfach  gemischt,  zeigen  aber  doch  im  ganzen  den 
Hottentottentypus  noch  wohl  ausgeprägt. 

Eine  höchst  eigenthümlicho  Stellung  unter  den  Afri- 
kanern nehmen  eine  Anzahl  zerstreut  wohnender  Stämme 
ein,  welche  sich  durch  ihre  geringe  Statur  auszeichnen. 
Es  sind  dies  die  Pygmäen  oder  Zwerge  der  alt- 
classischen  Periode.     Nach  mancherlei  völlig  unsichern 


Kora -Hottentott. 


Afrikanische  Mcnsclienstämme  und  deren  Wohnsitze.    (53 

und     märchenhaft     aufgeputzten    Mjthen     der    Homer, 
Hesiod,    Plinius    und   Aristoteles    ist    es    zunächst   der 


v^. 


Fi  ff.  21.    Bombi,  ein  Akka. 


geniale,    scharfsichtige   Herodot   gewesen,    welcher   die 
Pygmäenfrage  in  kritischer  Weise  behandelt  und   dar- 


Ol 


Erstes  Buch. 


gestellt  hat,  dass  schon  damals  an  einem  der  Ingeir 
oder  Wüstenströme  der  mittlem  Sahara  Leute  unter 
Mittelgrösse,  vielleicht  Teda  (?),  gelebt  hätten.  In 
iinsern  Zeiten  sind  die  Doko  im  Süden  von  Schoa  und 
Kafa  durch  Krapf,  Harris  und  auch  den  Schreiber 
dieses  Werkchens  2^,  die  Akka  oder  Tikki-tikki  im 
Uellegebiet  sind  durch  Schvveinfurth,  Marno  und  Chaillie 
Long-Bey,  die  Abongo  oder  Obongo  in  Westafrika  sind 


y-Vy.  -JJ.    .Junger  Buschmann. 

durch  Koelle,  Du  Chaillu,  0.  Lenz  und  die  Mitglieder 
dor  deutschen  Loango-Expedition  aufgedeckt,  und  zwar 
dies  als  reelle,  lebende  Repräsentanten  jener  von  den 
Alten  mehr  nebelhaft  geschilderten  Wesen.  Alle  diese 
neuern  Nachrichten  stimmen  nun  dahin  überein,  dass 
die  einen  verwandten  Namen  wie  Doko,  Akka  tragen- 
den Leute,  und  dass  die  Abongo  kleine,  im  Durchschnitt 
1230 — 1340  Millimeter  hohe,  Menschen  bilden.  Kommen 
unter  ihnen  grössere  Staturen  vor,  so  liegt  schon  der 
Verdacht  einer  Mischung  mit  nigritischen  Nachbarn 
nahe.     Die  augenscheinlich  gute,  wol  nach  einer  Photo- 


Afrikanische  Menschcnstamme  und  deren  Wohnsit/e.    65 

graphie  angefertigte  Abbildung  eines  Akkaweibes  lieferte 
Long-Bey.  In  der  Unmöglichkeit,  dieselbe  hier  wieder- 
geben zu  können,  lasse  ich  vorstehend  wenigstens  die 
aus  freier  Hand  gezeichnete  Darstellung  eines  Akka 
nach  Schweinfurth  abdrucken.  !Manio  lieferte  nur  Cari- 
caturen  jener  Leute.**-' 

Mit  diesen  genannten  Stämmen  concurriren  die  Busch- 
männer  oder    San    Südafrikas,    deren    Höhe    Fritsch 


Buschmännin. 


durchschnittlich  zu  1440  Millimeter  berechnet.  Nach 
Ansicht  des  letztern  Forschers  haben  jene  ehemals 
ganz  Südafrika  vom  Cap  bis  hinauf  zum  Zambezi 
und  wahrscheinlich  weit  darüber  hinaus  innegehabt. 
Häufig  wurden  dieselben  nur  für  degener irte  Hotten- 
totten angesehen.  Obwol  sie  mit  letztern  gewisse 
physische  Eigenthümlichkeiten  gemein  haben,  so  wird 
doch  die  erwähnte  Behauptung  (sie  seien  nur  entartete 
Hottentotten)  von  Fritsch,  Th.  Hahn  u.  a.  lebhaft  be- 
stritten. Abgesehen  nun  von  manchen  physischen 
Stammesverschiedenheiten,  von  örtlichen  Besonderheiten 

Haktjiaxv.  ,-: 


(5ß  Erstes  Bucli. 

in  Sitte  und  Brauch,  haben  alle  die  Doko,  Akka, 
Abongo  und  San  doch  eben  wieder  vieles  Ueberein- 
stimmende  miteinander  in  ihrem  Aeussern  sowol  als 
auch  in  ihrer  Lebensweise.  Sie  sind  manchen  Kennern 
Afrikas  als  Reste  einer  vielleicht  uralten,  einer 
urthümlichen  Bevölkerung  des  sonderbarsten  aller 
(Jontinente  erschienen,  als  Stämme,  welche  durch  die 
Xigritier  nach  allen  Richtungen  hin  auseinander  ge- 
sprengt worden  seien.  Indessen  lässt  sich  doch  aus 
vielerlei  Vorkommnissen  der  Schluss  ziehen ,  diese 
kleinen  Leute  ständen  den  eigentlichen  Nigritiern  nicht 
so  fern,  als  manche  anzunehmen  geneigt  seien.  Ich 
finde  bei  ihnen  sowie  bei  den  Hottentotten  doch  sehr 
vielfach  die  Eigenthümlichkeiten  der  sogenannten  Neger- 
rasse vertreten,  wenn  auch  mit  mancher  speciell  natio- 
nalen Umformung.  Lenz  spricht  in  dieser  Hinsicht 
folgende,  unserer  Beherzigung  werthe  Ideen  aus:  „Was 
nun  die  Verbreitung  der  sogenannten  Zwergvölker  in 
Afrika  betrifft,  so  scheint  es  mir  sehr  wahrscheinlich, 
dass  die  Abongo  am  Ogowe,  die  Dongo  am  Settefluss, 
die  Bakke-Bakke  an  der  Loangoküste  nur  Theile  eines 
ursprünglich  grossen  Negervolks  sind,  das  sich  auch 
weiter  im  Innern,  nur  unter  anderm  Namen,  wieder 
findet:  als  Kenkob  oder  Bettan  im  Lufumland,  als 
Mala-Gilage  im  Süden  von  Bagirmi  und  noch  weiter 
im  Osten  als  Akka  oder  als  Doko  und  Berikimo  u.  s.  w., 
und  dass  dieses  grosse  Volk,  welches  vielleicht  die  ur- 
sprünglichsten Bewohner,  die  wahren  Autochthonen  des 
äquatorialen  Afrika  bildete,  von  zuwandernden  Stäm- 
men verdrängt  und  zersprengt  worden  ist.  In  ähnlicher 
Weise  verhalten  sich  die  Buschmänner  in  Südafrika. 
Das,  was  mau  Zwergvölker  nannte,  existirt  also  wirk- 
lich als  eine  Reihe  zerstreut  lebender  Negerstämme, 
die  physisch  und  geistig  degenerirt,  ein  unstetes  Leben 
führen;  nur  sollte  man  bei  diesen  Zigeunern  unter  den 
Negern  vorsichtiger  mit  dem  Worte  Zwerg  sein,  da 
sich  daran  Vorstellungen  knüpfen,  die  den  thatsäch- 
lichen  Verhältnissen  nicht  entsprechen  u.  s.  w.     Neben 


Afrikanische  Menschenstämme  und  deren  Wohnsitze.    07 

den  Abongo  und  ihren  afrikanischen  Verwandten  cxi- 
stiren  noch  verschiedene  Nationen,  deren  Durchschnitts- 
grösse  sich  als  ebenso  gross,  ja  noch  kleiner  heraus- 
stellt; mit  demselben  Recht  müsste  man  dann  nicht 
nur  die  nuschmänner  Südafrikas,  sondern  auch  die  He- 
wohner  des  hohen  Nordens,  die  Lappen  und  Eskimos, 
als  Zwergvölker  bezeiclinen.  Auffallend  hierbei  ist  ge- 
wiss die  Thatsache,  dass  sich  diese  durch  geringere 
Körpergrösse  charakterisirten  Völker  in  Gegenden  vor- 
finden, wo  die  Temperaturverhältnisse  die  grössten  Ex- 
treme aufweisen."  ^^ 

Ich  möchte  nicht  jede  dieser  Aeusserungen  des 
Dr.  Lenz  unterschreiben,  erkenne  jedoch  gern,  dass 
seine  anregende  Behandlung  eines  interessanten,  leider 
noch  vielfach  dunkeln  Gegenstandes  die  Beachtung 
solcher  Afrikareisender  verdient,  die  dereinst  nicht  als 
Dilettanten  in  der  Menschenkunde,  sondern  als 
wirkliche  anatomisch  gebildete  Anthropologen 
ihre  Ziele  verfolgen  werden.  Lenz  hat  jedenfalls  hier 
wie  überall  sonst  in  den  von  ihm  bereisten  Gegenden 
Afrikas  mit  dem  Auge  eines  echt  wissenschaftlichen 
und  scharfsinnigen  Beobachtern  gesehen. 


ZWEITES  BUCH. 
Von  der  körperliclieii  Beschaffenheit  der  Afrikaner. 

Als  Ausgangsgegenstand  unserer  Betrachtungen  müssen 
wir  auf  diesem  Gebiete  die  Retu  oder  Aegypter, 
das  uns  als  das  älteste  bekannt  gewordene  afrika- 
nische Volk,  in  genauere  Erwägung  ziehen,  lieber 
den  physischen  Habitus  jener  unterrichten  uns 
die  Denkmäler,  die  Mumien  und  die  lebendigen  Zeu- 
gen, denen  wir  noch  zur  Zeit  im  Nilthale  begegnen. 
(S.  10.)  Die  ägyptischen  Männer  sind  im  all- 
gemeinen von  gefälliger  Körperbildung.  Sie  haben 
breite  Schultern,  jene  trapezoidische  Form  des  Brust- 
kastens, welche  wir  als  das  Ilauptattribut  eines  w^ohl- 
gewachsenen  Männertorso  zu  betrachten  pflegen,  gut 
entwickelte,  plastisch  hervortretende  grosse  Brustmus- 
keln, ein  schön  gebogenes  Rückgrat,  eine  schlanke 
Uüftgegend ,  ziemlich  muskulöse  Gliedmaassen ,  feine 
Knöchel,  nicht  grosse  Hände  und  Füsse.  Die  Finger 
Bind  schmal,  die  Zehen  gerade  und  wohl  gesetzt,  die 
Ferse  ist  nicht  dick  und  nicht  vorstehend.  Am  Ge- 
sicht ist  die  Stirn  ziemlich  hoch  und  zurückgebaut, 
nach  den  Schläfen  hin  im  Querdurchmesser  abnehmend. 
der  Scheitel  ist  abgeflacht,  der  Hirnschädeltheil  des 
Kopfes  langgestreckt,  das  ganze  Haupt  dolichocephal 
oder  Iftngköpfig.  Die  Augen  zeigen  die  bei  diesem 
Volke  80  häufig  geschilderte  langgeschlitzte,  den  Con- 
tourcn  einer  Mandel  ähnliche   Form.     Sie   werden  von 


Von  der  körperlichen  iJtsciianoiiiKir  aer  Anikaner.     i\\) 

zierlich  geschwungenen  Augenbrauen  überwölbt.  Die 
Iris  ist  dunkelbraun.  Die  Nase  ragt  stark  hervor, 
zeigt  einen  etwas  breiten  Rücken  und  ist  seltener 
gerade,  häufiger  vielmehr  leiclit  gebogen,  biegt  an  der 
Spitze  ziemlich  rechtwinkelig  in  die  öfters  nach  unten 
convexe  Scheidewand  um  und  besitzt  breite  Flügel. 
Der  Mund  ist  nicht  gross,  die  Lippen  sind  aber  fleischii?, 
manchmal  üppig,  selbst  gewulstet.  Die  Nasenlippen- 
linie  ist  ausgebildet  und  die  Nasenrinne  ist  breit,  tief. 
Die  Wangen  sind  breit,  das  längliche  Kinn  ist  klein, 
zart,  zurückgebaut.  Die  wohlgeformten  Ohren  sind 
hoch  und  stark  nach  hinten  angesetzt,  welches  Ver- 
hältniss  auf  den  antiken  Bildwerken  und  Malereien 
übrigens  leider  zu  übertrieben  dargestellt  worden  ist. 
Immerhin  macht  das  Aegypterprofil  einen  charakte- 
ristischen Eindnik,  namentlich  mit  seiner  weiten  Er- 
streckung zwischen  Kinn  und  Ohr.  S.  Morton  hat  den 
Gesichtswinkel  im  Mittel  zu  78  Grad  berechnet.  Am 
Knochengerüst  dieser  Leute  ist  eine  gewisse  Zierlich- 
keit, Schlankheit  nicht  zu  verkennen.  Bei  den  Frauen 
wiederholen  sich  die  eben  beschriebenen  typischen 
Eigenthümlichkeiten  in  der  für  das  weibliche  Geschlecht 
gemilderten  Weise.  Die  jungen  Mädchen  sind  ungemein 
gracil.  Eine  hübsche  Darstellung  nackter  junger  Aegyp- 
terinnen  bieten  die  mit  ihrem  königlichen  Vater  ein  dem 
Schach  ähnliches  Spiel  treibenden  Töchter  Ramses'  III. 
zu  Theben.  Uebrigens  hat  der  Reisende  noch  jetzt 
Gelegenheit,  Studien  über  den  Körperbau  solcher  Wesen 
zu  machen,  nicht  nur  bei  Beobachtung  der  häufigen 
Badescenen,  sondern  auch  beim  Passiren  überschwemmter 
Strecken  und  seichter  Nilanne  durch  Marktleute  u.  s.  w., 
bei  welchen  Gelegenheiten  immer  ein  grösserer  Theil 
des  Körpers  entblösst  wird.  Dem  Arzte  zeigt  sich  die 
Aegypterin  ohne  Prüderie  und  Ziererei.  Sehr  schön 
sind  bei  diesen  Personen  die  Schultern  und  zuweilen 
auch  der  Oberarm  geformt.  Der  Oberschenkel,  Unter- 
arm und  Unterschenkel  sind  öfters  zu  mager,  obv/ol 
es    in    dieser    Beziehung    auch     nicht    an    rühmlichen 


70  Zweites  Buch. 

Ausnalimeu  fehlt.  Die  Brüste  sind  in  der  Jugend  oval, 
prall,  werden  aber  mit  zunehmender  Körperentwicke- 
lung und  nach  wiederholten  Geburten  welk ,  sogar 
hängend. 

Die  Körperfarbe  dieser  Leute  ist  ein  bronzeähnliches 
in  Röthlichbraun  und  in  Ledergelb  spielendes  Braun. 
In  der  Thebaide  sieht  man  öfters  ein  kupferiges  Haut- 
colorit.  Dagegen  möchte  ich  die  hierbei  von  manchen 
Reisenden  beliebte  Bezeichnung  des  Milchkaffees  {Cafe 
au  lait)  verwerfen,  nicht  blos  für  Aegypter,  sondern 
für  Afrikaner  überhaupt,  denn  die  Farbe  dieses  Auf- 
gusses erscheint  viel  zu  stumpf.  Das  Haar  ist  raben- 
schwarz und  nicht  sehr  fein.  Die  Alten  schoren  das- 
selbe sehr  häufig  kurz  ab,  manchmal  aber  Hessen  sie 
es  auch  lang  wachsen.  Viele  Altägypter,  auch  Männer, 
benutzten  langhaarige  Perrüken,  und  diese  bekamen 
dann  jene  complicirten  und  abenteuerlichen  Frisuren, 
welche  wir  noch  jetzt  bei  den  Bedja,  Funje,  Niam- 
Kiam  u.  s.  w.  beobachten.  Die  Frauen  flochten  ehemals 
(wie  noch  gegenwärtig)  ihr  Haar  in  viele  kleine  Zöpf- 
chen, denen  reicher  Schmuck  an  Perlen,  Edelsteinen, 
Plättchen  von  edelm  Metall  u.  s.  w,  zutheil  ward. 

So  zeigt  sich  der  reinere  Retutypus  (S.  9).  Man 
muss  nun  gestehen,  dass  er  zwar  ein  eigenthümlicher, 
aber  anmuthiger  sei.  Wer  möchte  nicht  den  edeln 
Kopf  Ramses'  des  Grossen  bcM^undern,  dessen  prächtige 
Stirn  der  hohe  phantastisch  verzierte  Kriegshut  über- 
ragt, einen  Kopf,  welchen  man  an  so  vielen  Kolossen 
findet  zu  Mitrahinna,  Theben,  Derr  und  Ipsambul. 
Dieser  Retutypus  findet  sich  in  Afrika  auch  unter 
Berabra,  Bedja  und  Nigrit iern  häufig  wieder.  Er 
ist  ein  in  der  afrikanischen  Menschheit  eingewurzelter. 
Wer  die  Verschiedenartigkeit  desselben  vom  semitischen 
ffkennen  will,  möge  nur  die  Völkertafeln  des  grossen 
Rpichstempels  zu  Karnak  betrachten,  woselbst  der 
»pitzbärtige,  spitz-  und  krummnasige  Syro- Araber  mit  so 
unbeschreiblicher  Naturwahrheit  dargestellt  ist,  oder 
ninn  wende  sich  zu  den  Riesenbildern  en  relief,  welche 


,r"i,]i..ii   HrsfliMiV.iiliiM    il.  r  AiVikiincr.     71 

zur  Anschauung  bringen. 

Nun  zeigt  übrigens  das  lieutige  Aegy p tervoik 
seine  vielfachen  Beimischungen  fremden  lUutes  unter 
eine  reichliche  männliche  und  weil)liche  Individuen- 
zahl, namentlich  der  Stadtbewohner.  Harte,  trockene 
Physiognomien  von  wahrhaft  böotischem  Ausdruck,  bald 
mit  dicken  breiten,  bald  mit  gebogenen  jüdischen  Nasen, 
ein  breiter,  dünnlippiger  Mund,  knochiger  Gliederbau, 
grobe  Hände  und  grosse  ausgetretene  Füsse  erscheinen 
neben  einem  Habitus,  dem  schon  der  nigri tische 
nicht  mehr  fern  steht.  Wenn  man  in  Zagazig,  Kairo 
oder  Abu-Girgeh  die  Sinai- 
Beduinen  mit  ihren  Stein- 
bocksgehörnen, Gazellenhäuten 
und  Dattelwürsten  über  die 
Gassen  schlendern  sieht,  so  wird 
es  selbst  einem  geübten  Be- 
obachter zuweilen  schwer,  von 
ihnen,  den  echten  Kindern  des 
peträischen  Arabiens,  ge- 
wisse ,  den  gemischten  Theil 
der  ägyptischen  Bevölkerung 
angehörende  Elemente  zu  son-  ^>.^  .,^    xeuägjpterin. 

dem.     Dann  aber,  als   ich  um 

Djidda,  Gumfudda  und  Yambo  ausgehobene  arabische, 
nach  Kreta  bestimmte  Rekruten  durch  Alexandrien 
ziehen  oder  den  ehrwürdigen  syrischen  Gross-Schech 
Mohammed-el-Duchi  mit  grossem  Gefolge  in  die  Musc^ie 
zu  Kairo  einreiten  sah ,  welcher  Unterschied  doch 
zwischen  ihnen  und  den  Fellachin  I  Uebrigens  machen 
viele  Bestandtheile  der  heutigen  ägyptischen  Bevölke- 
rung den  Eindruck  körperlicher  Herabgekommenheit. 
Schwere  Auflagen,  Noth  und  gewisse  endemische  Krank- 
heiten, wie  Bleichsucht,  Blutharn,  Syphilis,  Fieber  u.  s.  w. 
graben  ihre  Spuren  in  die  Nachkommen  des  Pharaonen- 
volks ein.  Die  dickbäuchigen ,  schlottergliederigen 
Kinder,  welche  unsere  Touristen  an  den  Tempelpforten 


72  Zweites  Buch. 

von  Dendera,  Edfu  und  Luksor  anbetteln,  erhöhen 
noch  den  traurigen  Eindruck  solchen  physischen  Ver- 
falles. Es  soll  übrigens  damit  nicht  etwa  gesagt  sein, 
dass  wir  die  Retu  je  als  volle  Ideale  von  Ebenmaass, 
Kraft  und  Gesundheit  zu  betrachten  geneigt  wären. 

Ueber  die  Veränderungen,  welche  das  ägyptische 
Nilland  im  Laufe  der  Zeiten  erlitten ,  und  über  die 
Gegensätze,  welche  daselbst  zwischen  sonst  und  jetzt 
obwalten,  entlehne  ich  meinen  Tagebüchern  folgende 
Stelle :  Höchst  belebt  muss  das  Bild  gewesen  sein, 
welches  Aegypten  im  Alterthum,  etwa  unter  der  Herr- 
schaft seiner  llamessiden,  dargeboten.  Wer  damals 
sich  nilaufwärts  begeben,  hat  die  Stromufer  in  üppigen 
Saaten  prangend  erblickt.  Selbst  zur  dürren  Zeit, 
wenn  Gott  Seb  sein  Unwesen  getrieben,  hat  die  Land- 
wirthschaft  des  blühenden  Reichs  dennoch  nicht  brach 
gelegen.  Schöpfräder  haben  in  Einschnitten  der  Ufer- 
böschungen geknarrt,  Schöpfeimer  sind  an  ihren  Hebe- 
balken auf-  und  niedergegangen,  um  das  Wasser  des 
jetzt  niedern  Stroms  auf  die  dermalen  gänzlich  trocken- 
gelegten Culturfiächen  zu  leiten.  Im  dichten  Schatten 
der  Sykomoren,  im  zweifelhaften  der  Nilakazien,  der 
Stunden  weit  sich  erstreckenden  Dattelpalmen,  der 
Bananenpflanzungen  erhob  sich  Dorf  an  Dorf,  die  kleinen, 
pylonartigen,  aus  Luftziegeln  erbauten  Häuser  mit  freund- 
lichem Anstrich,  mit  crenelirten  Simsen  und  fenster- 
reichen, thurmartigen  Anbauen  geschmückt.  Bunte, 
hieroglyplienähnliche  Malereien,  oft  sehr  sinnige  Dar- 
stellungen des  i)rofanen  Lebens  der  Inwohner  dar- 
bietend, zuweilen  Miniaturinschriften  und  Sprüche  in 
liieratischer  Textart,  die  sich  guirlandenartig  um  die 
Thürpfosten  hinzogen,  erhöhten  das  Malerische  des 
Eindinicks. 

In  den  Gassen  der  Ortschaften,  an  den  Uferabhängen, 
auf  den  Feldern,  in  den  Pflanzungen  erblickte  man 
bräunliche,  wohlgestaltete,  geschäftige  Leute.  Hier 
wurde  der  Boden  mit  dem  Grabscheit  gelockert,  dort 
rvv-l -v  (Wo  Fnichtbäume  verschnitten,  hier  das  Fluss- 


Von  ilor  körperlichen  Beschaftonheit  der  Afrikaner.      73 

wasser  in  grossen  Thonkrügen  geschöpft,  dort  das 
schmucke  Vieh  über  mit  Haifagras  bestandene  Flächen 
getrieben. 

Volkreiche  Städte  haben  damals  von  Zeit  7a\  Zeit 
das  Auge  des  Reisenden  gefesselt,  kenntlich  an  ihren 
hohen  Mauern  mit  stattlichen  Thoren,  an  den  mächtig 
emporragenden  Pylonen  und  Säulenreihen  stolzer  Tem- 
pel, zu  deren  Adyten  menschliche  Kolossalstatuen  und 
lange  Alleen  ruhender  Löwen-  oder  Widdersphinxe 
geführt.  Dichtes  Gewühl  in  den  engen  heissen  Strassen, 
lebhaftes  Marktgetreibe  auf  den  öffentlichen  Plätzen 
inmitten  der  Berge  von  Garten-  und  Feldfrüchten,  der 
Scharren  voll  Fleisch,  der  grossen  bestachelten  und 
bepauzerten  Fische ,  der  mit  Indrustrieerzeugnissen 
mannichfaltigster  Art  ausgestatteten  Bazare.  Aus  offenen 
Hausthüren  erschollen  der  eintönig-wilde  Rhythmus  der 
Handpaukenschläge,  das  disharmonische  Knarren  der 
Doppelrohrflöte  oder  auch  das  melodischere  Saiten- 
schwirren  der  Harfen.  Gaffer  aus  allerlei  Volk  um- 
lagerten die  Psyllen,  welche  ihre  gezähmten  Paviane 
und  halbverhungerten,  der  Giftzähne  beraubten  Schlan- 
gen producirten,  auch  wol  einen  verstümmelten  Skorpion 
über  ihren  Arm  laufen  Hessen.  Dann  ertönte  plötz- 
lich der  schwere,  regelmässige  Tritt  der  Kriegsleute 
durch  winkeliger  Strassen  lange  Flucht  und  hinterher 
zog,  von  panzerstrahlenden  Garden  und  von  phan- 
tastisch geputzten  Wedelträgern  umringt ,  hoch  zu 
Wagen,  in  der  vollen  Glorie  seiner  Zeit,  „Pharao, 
Sohn  der  Sonne",  meist  wahre  Majestät  in  dem  milden 
edelgeschnittenen  Antlitz. 

Lange  Züge  kahlgeschorener,  mit  Pantherfellen  be- 
hangener  Bonzen  und  reichgeschmückter  „heiliger 
W^eiber*'  bewegten  sich  singend,  Sistra  schwingend  und 
Embleme  tragend,  um  die  Tempelhallen  her.  Nach  der 
falben  Wüste  zu  trieben  stämmiger  I^astesel  schwer- 
bepackte Scharen. 

Zu  gewissen  Zeiten  wimmelte  es  auf  den  Spiegel- 
flächen des  Nil  von  überaus  prächtig  verzierten  Barken, 


74  Zweites  Buch. 

aus  denen  früh  oder  spät  Spiel,  Gesang  und  Scherz- 
reden hinüber-  und  herüberdrangen.  Alsdann  strömte 
es  zu  vielen  Tausenden  nach  den  Götterfesten  und 
Messen,  auf  denen  der  Eingeborene  Tage  des  Jubels 
und  der  Ausgelassenheit  zubrachte,  wo  aber  auch  Ränke 
geschmiedet,  Geschäfte  abgewickelt  und  Streitigkeiten 
ausgeglichen   wurden. 

Noch  heute,  nach  Verlauf  so  vieler  Generationen, 
bietet  das  Land  im  wesentlichen  einen  nicht  sehr  ver- 
schiedwien  Anblick  vom  ehemaligen  dar.  Freilich  ist 
es  nicht  mehr  so  blühend,  so  volkreich.  Druck  und 
Elend  haben  ihre  Spuren  eingegraben  in  die  Scholle 
der  Osiris  und  Isis.  Aber  trotzdem  bleibt  Aegypten 
auch  heute  noch  jenes  anmuthige  Gebiet  am  heiligen 
Strome,  nach  dessen  gebenedeiten  Wassern  der  so 
häufig  wieder  lechzt,  welcher  schon  einmal  davon  ge- 
trunken. 

Auch  jetzt  knarrt  das  Schöpfrad ,  schaukelt  der 
Schöpfeimer  am  Hebebaume,  noch  grünt  wie  ehedem 
die  Saat,  spreizt  sich  das  .Haifagras.  Sykomoren  wer- 
fen ihren  Schatten.  Unter  den  Palmenhainen  hackt 
und  bewässert  der  Insasse  den  Boden,  weidet  sein  Rind, 
die  monumentale  Ziege  mit  den  Schlappohren,  schöpft 
sein  Weib  Nilgabe  mit  dem  Kruge,  wie  er  schon  in 
den  Gräbern  im  alten  Reiche  zu  Memphis  abgebildet 
worden.  Freilich  wälzt  jetzt  auch  ein  zottiger  Büffel 
fremden  Ursprungs  seinen  Leib  im  Schlamme  und  lange 
Züge  von  Kamelen  bewegen  sich  nach  den  gegen  das 
Thalufer  gähnenden  Schlünden  der  Wadys.  Noch  er- 
scluuit  das  Auge  viele  Pylonendörfer  mit  thurmähnlichen 
Anbauen,  aber  Fresken  und  Hieroglyphen  fehlen.  Zwar 
erstreckt  jetzt  der  Cactus  von  Anahuac  seine  fleischigen 
Stachelblätter  unter  dunkellaubigen  Lebachbüumen,  zwar 
glühen  jetzt,  ebenso  fremden  Ursprungs,  die  Poin- 
seitien-  und  Poincianenblüten  aus  den  Hecken  von 
Rohr,  Parkinsonia  und  Sesban  hervor.  Weithin  er- 
filruckon  sich  nunmehr  die  Plantagen  des  australischen 
Kugeleucalyptus. 


die  Paläste  dtT  Ramses  und  Anienhotcp  sind  gefallen. 
Verödete  Ruinen  der  kolossalsten  Bauten ,  dio  dn 
Mensch  je  erdacht,  je  erschaften,  ragen,  ein  düsteres 
Memento  geschwundenen  (ilanzes,  an  übersandeten,  vom 
Nilvvasser  zerfressenen  Stellen  des  Gestades  empor. 
Zuckerhutförmige  Minarets  streben  jetzt  in  den  stets 
blauen  Aether  hinauf:  von  ihren  hochgelegenen  Galerien 
ertönt  der  feierlich  anlieimelnde  Gesang  der  Muezzin 
herab.  Am  Fusse  des  Mokattambergs,  da,  wo  ehedem 
die  Gigantenwerke  von  Memphis  geprahlt,  baden  zaube- 
rische Sarazenenschlösser  der  Kahira,  der  Ueberwin- 
denden,  ihre  Zinnen  in  Misraims  ewiger  Götterluft. 

Geschwader  säbelrasselnder  Reiter  lärmen  heute  durch 
die  wie  ehemals  engen  winkeligen  Strassen.  Statt 
Pharao's  trabt  ein  modern  gekleideter,  corpulenter  Bey. 
dessen  Züge  an  die  Steppen  Turkistans  oder  an  die 
kaukasischen  Berge  mahnen,  von  in  asiatischem  Luxus 
prangenden  Gefolge  umgeben,  einher.  An  Stelle  der 
leichtgebauten  Streitwagen  knarrt  eine  plumpräderige 
Arabie,  rast,  ein  rechter  Bote  der  neuen  Aera ,  das 
Dampfross  über  die  Schienenstränge  in  Ackerland  und 
Wüste  dahin.  Der  Schmarotzerweih  rastet  auf  den 
Telegraphenstangen.  Noch  dröhnt  die  Handpauke,  nocli 
die  Rohrflöte,  der  Psylle  vollführt  wie  vor  dreitausend 
Jahren  seine  Schaustellungen,  statt  der  lanzen-  und 
tartschenbewehrten  Reisigen  Pharao's  lungern  habichts- 
nasige Kinder  von  Skadar,  Maini  und  Kurdistan  an  den 
Ecken  —  im  Scheine  der  Gaslaternen  I  Die  Flinte  an 
der  Schalter,  Pistolen  und  Kindschal  im  Gurt.  NocIi 
hat  das  Land  seine  Messen,  seine  religiösen  Feste. 
Kaum  haben  hierbei  die  Namen  gewechselt.  Auf  dem 
Nil  noch  alles  voller  Barken,  statt  alter  Nomarchen 
und  hoher  Priester  freilich  moderne  Masters  und  Misses, 
den  Operngucker  in  ihren  mit  Glacehandschuhen  be- 
kleideten Fingern.  Vieles  ist  also  geblieben  vom  Leben 
des  Alterthums,  manches  auch  hat  sich  gründlich  ge- 
ändert in  den  Strömungen  der  Zeit.    Seltsames  Gemisch 


7Ö  •  Zweites  Buch. 

von  Resten  eines  liocliblühenden,  urwüchsig-afrikanischen 
Getriebes,  von  arabisch  -  türkischem  Wesen  und  müh- 
selig aufgepfropften  Elementen  abendländischer  Bil- 
dung,  wie    fesselst  du  doch  den  Ethnologen.  ^- 

Die  IJerabra  Nubiens  zeigen  sich  im  Durchschnitt 
mittelgross.  Einzelne  erreichen  freilich  die  Höhe  von 
16gO — 1700  Millimeter.  Ihre  Gestalt  ist  durchgängig 
schlanker  als  diejenige  der  Fellachin  und  eine  kräftige 
Entwickelung  des  Brustkastens  gelangt  bei  ihnen  selte- 
ner zur  Beobachtung  als  im  ägyptischen  Nilthale.  Lang- 
köpfig  wie  die  Aegypter,  haben  die  Berabra  eine  zu- 
weilen hohe,  unten  gewölbte,  in  ihrem  obersten  Ab- 
schnitte zurückweichende  Stirn,  langgeschlitzte  Augen 
mit  ein  wenig  bogenförmig  geschweiften  Brauen,  her- 
vorragender, bald  gerader,  bald  gebogener  Nase  -mit 
stumpfer  Spitze  und  breiten  Flügeln ,  einen  massig 
grossen  Mund  mit  fleischigen,  zuweilen  aufgeworfenen 
Lippen.  Ihre  Nasenlippenlinie  ist  ausgeprägt.  Das 
Kinn  ist  nicht  gross,  zurückweichend,  die  Backenknochen 
treten  hervor,  die  Ohren  stehen  ab  und  sind  wie  bei 
den  Aegyptern  hoch  angesetzt.  Ueberhaupt  sind  Retu- 
gesichter  unter  den  Berabra  häufig.  Die  Gliedmaassen 
sind  sehr  schlank,  Hände  und  Füsse  nicht  gross,  wohl- 
gebildet. Die  ganze  Statur  macht  den  Eindruck  äusser- 
ster  Magerkeit  und  Gracilität.  Bei  Kindern  fallen  häufig 
die  weit  vorgewölbten  Stirnen,  die  vogelartig  dünnen 
Glieder  und  die  dicken  Bäuche  unangenehm  auf.  Die 
Frauen  sind  ebenfalls  schlank  und  hager.  Sie  ent- 
wickeln sich  später  als  die  ägyptischen  und  begegnet 
man  unter  ihnen  nicht  selten  noch  busenlosen  bereits 
vierzehnjährigen  Mädchen.  Ihre  Blütezeit  haben  sie 
etwa  zwischen  dem  15.  bis  19.  Jahre.  Sie  verwelken, 
wie  die  meisten  Südländerinnen,  schon  frühzeitig.  Alte 
nubische  Frauen  sind  besonders  hässlich.  Die  Haare 
d«'r  IJerabra  sind  schwarz,  kraus.  Ihre  Hautfarbe  ist 
bronzebraun  in  Chocoladenfarben  und  Zimmtbraun  über- 
gehend, zuweilen  dunkel-,  entschieden  schwarzbraun. 
Handteller  und  Fusssohle  sind,  wie  b  ei  allen  dunkel- 


\    11  tler  körperlichen  Beschaffenheit  der  Afrikaner.      77 

pigmentirten  Afrikanern,  heller,  schmuzi^-Heisch- 
farben.     Die  Nägel  sind  achatfarbig. 

Die  Herbern  des  Magreb  (S.  27)  zeigen  in  ihrem 
Aeussern  vieles  an  die  Aegypter  Erinnernde  und  Kamses- 
oder  Hatorköpfe  sind  auch  unter  ihnen  keineswegs 
selten.  Barth  erzählte ,  dass  er  ägyptische  Profile 
namentlich  unter  den  Tuarik-Tadmekke  und  -Hekikan 
beobachtet  habe.  Mir  selbst  boten  die  Magrebin  in 
Aegypten,  die  Turcos,  die  Gemälde  H.  Vernet's  und 
zahlreiche  Photographien  ausgiebiges  Vergleichungs- 
niaterial  dar.  Den  Retu  am  nächsten  stehen  die  Be- 
wohner vieler  libyscher  Oasen.  Diese  sind  theils 
Reste  uralter  Bevölkerungen,  alter  Libu  oder  Tamhu 
(S.  22),  theils  gelegentlich  aus  fernem  Districten  Nord- 
westafrikas eingewandert.  Erstere  sind  durchschnitt- 
lich reiner,  letztere  sind  gemischter.  Zu  den  Eindring- 
lingen gehören  die  Senusi,  Fanatiker  des  Islam.  Auch 
die  Berbern  sind  durchschnittlich  mittelgross.  Manche 
der  „Kabylen"  des  Djurdjura,  manche  Marokkaner  der 
Provinzen  El-Rif  und  Titwan  (Tetuan)  sowie  viele 
Tuarik  oder  Imoschach  im  engern  Sinne  (S.  22),  er- 
reichen freilich  die  Höhe  von  1690  bis  1700  Millimetern. 
Der  Bau  dieser  Leute  ist  sehr  proportionirt.  Das 
langköpfige  Haupt  hat  eine  im  obern  Theile  zurück- 
weichende, im  untern  Theile  vorgewölbte  Stirn,  eine 
bald  flache,  bald  tief  eingesattelte  Nasenwurzel,  eine 
bald  gerade,  bald  gebogene,  an  der  Spitze  stumpfe, 
seltener  aufgestülpte  Nase  mit  ziemlich  breiten  Flügeln, 
fleischige,  zuweilen  aufgewulstete  Lippen,  ein  rundliches, 
zurückweichendes  Kinn,  wohlgebildete,  öfters  ziemlich 
hoch  angesetzte  Ohren.  An  den  Gliedmaassen  ist  die 
Muskulatur  meist  gut  ausgeprägt.  Selbst  die  beim 
Afrikaner  nicht  häufig  in  prangender  Fülle  auftreten- 
den Waden  werden  bei  manchen  in  den  gebirgigem 
Districten  wohnenden  Kabylen  nicht  vermisst.  Die 
Hand-  und  Fussknöchel  sind  fein,  die  Finger  und  Zehen 
wohlgeformt,  nicht  selten  von  grosser  Schönheit.  Die 
Weiber,    in    der   Jugend    zuweilen    von    hübscher   Ge- 


7>^  Zweites  Buch. 

Sichtsbildung  und  von  anmuthigem  Wuchs,  altern  eben- 
falls früh,  erhalten  dann  platte  Züge  und  neigen  zur 
Corpulenz.  Namentlich  sieht  man  unter  den  alten 
Maurinnen  viele  widrig-fette  Weiber. 

Die  den  Süden  der  Sahara  bewohnenden  Mischlinge 
zeigen  bereits  nigritischen  Typus  in  den  flachern,  rohem 
Zügen,  eine  noch  krausere  Haarbildung,  und  verwandelt 
sich  das  fahle  Lederbraun  oder  Bronzebraun  der  Mehr- 
zahl der  Berbern  bei  ihnen  in  ein  bald  gesättigt  umber- 
braunes  oder  schwarzbraunes,  selbst  chocoladenes  und 
russiges  llautcolorit.  Diese  Leute  zeigen  häufig  eckige, 
plumpe  Körperformen. 

Einen  sehr  interessanten  körperlichen  Typus  bewähren 
die  Bedja.  Auch  sie  sind  im  Durchschnitt  mittel- 
gross, obwol  es  einzelne  grosse  (1720 — 1740  Millimeter 
liohe)  Leute  unter  ihnen  gibt.  Das  Haupt  ist  lang- 
köpfig,  hat  eine  ziemlich  hohe,  selten  und  auch  dann 
meist  nur  in  ihrem  untern  Abschnitte  gewölbte,  häufiger 
gerade  oder  schräg  emporsteigende  Stirn,  ein  ovales 
Gesicht.  Die  Augen  wechseln  in  der  Grösse.  In  der 
Antlitzbildung  zeigen  sich  nun  sehr  variable  Stammes- 
und individuelle  Eigenthümlichkeiten.  Während  manche 
«»in  niedriges,  gedrücktes,  rundlicheres  Gesicht  mit  Zügen 
besitzen,  wie  wir  sie  an  den  puppenkopfartigen  mancher 
Central-  und  Westsudanesen  wahrnehmen,  sind  die  Ge- 
sichter anderer  Bedja  länger,  ovaler.  Die  Nasen  sind 
bald  gebogen,  bald  gerade,  bald  eingedrückt,  hier 
wenig,  dort  stark  hervorragend.  Der  Mund  wechselt 
sehr  in  der  Breite,  seine  Lippen  sind  fleischig  (selten 
dünn)  zuweilen  aufgeworfen.  Die  Unterkieferbasis  er- 
streckt sich  lang  hin,  der  Unterkieferwinkel  wechselt, 
ist  bald  stumpfer,  bald  der  Form  des  rechten  sich 
nähernd.  Das  Ohr  ist  nicht  hoch  angesetzt,  im  ganzen 
wohlgebildet,  die  Nasenlippenlinie  ist  seltener  aus- 
geprägt. Aegypterköpfe  der  typischen  antiken  Form 
sind  häufig  unter  allen  Bedja.  Namentlich  ist  mir  das 
öftere  Vorkommen  jener  eigenthümlichen ,  aber  an- 
muthigon    Nasen-    und    Li]>penhil(hincf    aufgefallen,    wie 


Von  der  körperlichen  BcschatTenheit  der  Afrikan 

wir  sie  in  Sculpturen   und   Malereien    aus  den   gi»>s>tn 

Kpochen  der  18.  bis  20.  Dynastie  wahrnehmen.     Trotz 

1er  variirenden  Gesichtsform  herrscht  unter  den  Bedja 

in    nicht   zu  verkennender   gemeinsamer  Typus.     Dies 

uch  allen  jenen  berliner  Anthropologen  aufgefallen, 

o  die  von  C.   Hagenbeck    im    diesjährigen    Herbst 

ton  Bedja  näher  ins  Auge  gefasst  haben.     Im 

.._... ...neu   ist   die   Form   des   Antlitzes    dieser    Leute 

ngenehm,  nicht  selten  ist  sie  edel,  zuweilen  selbst  nach 
europäischen  Begrifl'en  schön.  Der  Ausdruck  des  Ge- 
sichts ist  ein  intelligenter.  Man  kann  die  Leute  nach 
liesem  klugen,  dabei  aber  freien,  offenen,  häufig  männ- 
lich-kühnen  Gesichtsausdruck  lieb  gewinnen. 

Der  Hals  ist  bei  den  Bedja  lang  und  dünn,  manch- 
mal auffallend  lang  und  dünn,  dabei  mit  stark  vor- 
retendem  Adamsapfel  versehen.  Der  Brustkasten  ist 
111  der  Regel  von  trapezoidischer  Gestalt  und  wunder- 
schöner Form  in  der  Rücken-  sowie  in  der  Warzen- 
gegend. Die  Schulter  ist  zierlich,  fällt  aber,  wie  bei 
den  meisten  Afrikanern,  etwas  schroff  und  steil  zum 
<  >berarm  ab,  wogegen  sie  beim  Germanen  und  in  der 
Antike  eine  stärkere  Rundung  im  Bereiche  des  Delta- 
uuskels  darbietet.  Der  Oberarm  zeigt  muskulöse  Fülle, 
1er  Unterarm  ist  zierlich,  die  Knöchelgegend  ist  an 
bern  wie  untern  Gliedmaassen  zart.  Die  Oberschenkel 
zeigen  noch  eine  gefällige  fleischige  Bildung,  wogegen 
ier  Unterschenkel  wogen  seiner  Magerkeit,  wegen  des 
Mangels  einer  kräftigen  Wadenbildung  keinen  vortheil- 
liaften  Eindruck  macht.  In  gerader  Richtung,  nicht 
unterbrochen  durch  eine  bei  unsern  Stämmen  wohl- 
gerundete Absetzung  der  wulstigen  Wadenmuskulatur 
gegen  die  Wadensehnen,  zieht  bei  den  Bedja  die  be- 
trächtliche Achillessehne  zum  Hacken  herab.  Der  Fuss 
dieser  Leute  ist  an  sich  gut  gebaut.  Bei  altern  Per- 
sonen wird  infolge  langjährigen  Gebrauchs  der  Sandalen 
die  Lücke  zwischen  grosser  und  zweiter  Zehe  etwas 
weit  und  wird  der  Fuss  auch  wol  ausgetreten,  letzteres 
namentlich    infolge    des    starken ,    heftigen    Springens, 


80 


Zweites  Buch. 


wovon    die   Bedja   bei   ihrem    heitern    Naturell    grosse 
Liebhaber  sind. 

Knaben  und  junge  Mädchen  sind  bei  diesem  Volke 
durchschnittlich  gut  gebildet.  Besonders  die  letztern 
zeigen  oftmals  wahrhaft  ideale  Formen  ihres  Rumpfes. 
Uebrigens  sind  die  Züge  der  Weiber  stumpfer  und 
flacher  als  diejenigen  der  Männer.  Stirn  und  Nase  sind 
wenig  gegeneinander  abgesetzt,  die  Nase  selbst  ist  kurz, 
stumpf  und  breitflügelig ,  der  Mund  ist  breit  und  mit 
fleischigen  Lippen  besetzt,  das  Kinn  ist  klein  und  ge- 
rundet. 


l'i'j.  2.5  u.  26.    Abyssinier  aus  Amhara. 


Das  Haar  der  Bedja  ähnelt  demjenigen  der  Berabra. 
Es  lässt  sich  in  Zöpfen  und  Strähnen  bis  zu  dreihun- 
dert und  etlichen  Millimeter  Länge  flechten.  Der  Bart 
ist  schwächer  als  bei  den  Syro-Arabern.  Manche  Bedja 
färben  ihr  Haar  mit  Hinna  oder  Henne  roth,  \vas  ihnen 
<jin  dämonisches  Aussehen  verleiht.  Bei  vielen  wird 
dies  Gebilde  infolge  von  Verwendung  verschiedenartiger, 
zum  Theil  beizender  kosmetischer  Mittel  werchfarben. 
Cendrirtes  und  blondes  Haar  schreibt  man  den  Sabala 
zu,  einem  noch  wenig  bekannten  heidnischen  ]5edja- 
stamme,  welcher  nomadisirend  durch  die  Urwälder  von 
Hüsores  und  Fasoglo  schweift. 

Den  Bedja  physisch  sehr  ähnlich  sind  die  Abyssinier. 
Namentlich  gilt  dies  von  den  Agau  sowie  von  den 
ihnen   zugehöriiren    ZwoiGfstiimmen,    wie  Mensa,   Bogos, 


•rj'erlirlicn  Beschaß'enlicit  der  Alrikancr.     >1 


Falascha,  Kömaiit  ... ..  ...     ISIanche  abyssiiiische  Stämme, 

wie  die  Amliara,  die  Schoaner,  die  Bewohner  von  Lasta, 
sind  stark  mit  Gala  gemischt  und  haben  jene  S.  10 
erwähnten  Gesichtsforraen.  Unter  diesen  Leuten  zeich- 
nen sich  die  Weiher  durch  niedliclie  (Je-siehts-  und 
Körperbildung  aus.  Die  Einwohner  von  Semien  und  von 
Tigrie  dagegen  verrathen  eine  vielfache  Beimischung 
von  syro-arabischem  Blut. 
Man  beobachtet  daher  öfters 
unter  ihnen  scharf  ge- 
zeichnete, an  syrische  und 
an  jüdische  erinnernde  Phy- 
siognomien. Die  Heerzüge 
der  Abyssinier  nach  Arabien 
im  5.  und  0.  Jahrhundert 
n.  Chr.  sowie  der  Verkehr 
der  Araber  mit  der  abys- 
sinischen  Küste  werden  das 
Ihrige  zu  einer  solchen  Mi- 
schung beigetragen  haben. 
Die  Afer  und  Somal 
ähneln  physisch  ebenfalls 
den  Bedja.  Unter  ihnen 
findet  man  manche  riesige, 
knochige  ^lännergestalten 
mit  rohen,  harten,  geier- 
artigen Profilen ,  deren 
starkes  Vorgebautsein  und 
fleischig  -  wulstige  Lippen 
einen  wilden  Eindruck  hervorrufen.  Ganze  Tribus  der- 
selben, wie  die  Ysa  und  Mudaito.  haben  plattere,  mehr 
nigri tische  Züge.  In  malerischer,  meinem  Urtheile  nach 
kaum  übertriebener  Weise  schildert  G.  Harris  das  Aus- 
sehen des  Lahaita  Ihn  Ibrahim,  Makabantu  oder  Akil 
(Richter,  Häuptling)  der  Dubbani-Danakil:  ,.  Nicht  im 
mindesten  besser  gekleidet  als  die  zerlumpten  und 
schmierigen  Kerle  in  seinem  Gefolge,  zeichnete  er  sich 
doch   durch    hervorstechende  Waffen   aus.     Der   Schaft 


Somali  von  Merka. 


1Iart5IA>-x. 


G 


-v>  Zweites  Buch. 

seiner  einem  Weberbaume  ähnelnden  Lanze  war  an 
seinem  breiten  spiegelnden  Blatte  mit  messingenen  und 
kupfernen  Ringen  beschlagen,  während  Griff  und  Scheide 
eines  gekrinuniten  Messers  in  ähnlicher  Weise  geschmückt 
sich  zeigten.  Vornehmes  Auftreten  und  wilde  Ent- 
schlossenheit in  den  Zügen,  stand  das  Aeussere  dieses 
^lannes  im  Einklang  mit  seinem  Rufe  als  Krieger. 
Lange  schwarze  Locken  wallten  wie  Adlergefieder  über 
eine  knochige  und  muskulöse  Gestalt.  Ein  paar  grosser 
sehniger  Arme  endeten  mit  Fingern,  deren  Nägel  wie 
Raubvogelkrallen  hervorstarrten.  Aeusserst  tapfer  und 
an  der  Spitze  eines  zahlreichen  Stammes  grimmiger 
wilder  Kriegsleute  ist  er  an  der  ganzen  Aferküste  ge- 
fürchtet und  geachtet,  und  er  schien  sich  sehr  gut 
seiner  Bedeutsamkeit  auf  der  Heerstrasse  (zwischen  dem 
Rothen  Meere  und  den  Bergen  von  Schoa)  bewusst 
zu  sein." 

Die  körperlichen  Eigenthümlichkeiten  der  Gala  wer- 
den besser  bei  den  eigentlichen  Nigritiern  abgehandelt, 
von  denen  ich  jene  nicht  mehr  zu  trennen  vermag. 

Die  Teda  oder  Tibu  in  Tibesti  sind  nach  Nachtigal's 
Schilderung  von  mittlerer  Grösse,  eher  jedoch  kleiner, 
sie  sind  wohlgebildet,  mit  kleinen  Händen  und  Füssen, 
von  massiger  Bronzefarbe.  Sie  haben  massig  lange, 
theils  gerade,  theils  gebogene,  bald  stumpfere,  bald 
spitzere  Nasen  und  einen  nicht  sehr  grossen  Mund  mit 
nicht  dicken  Lippen.  Ihr  Bartwuchs  ist  spärlich,  aber 
docli  reichlicher  noch  als  bei  den  Schwarzen,  ihr  Haar 
wird  Uinger  und  ist  weniger  wollig  und  hart  als  bei 
diesen.  Ihre  äusserste  Magerkeit  ist  das  Product  einer 
elenden  Lebensweise  in  einem  keineswegs  fruchtbaren 
Land«',  sowie  zugleich  auch  ihres  rastlosen  Umher- 
ziehens. 

Die  Funje,  deren  genauere  Bekanntschaft  Schreiber 
dieses  genossen,  stehen  gewissermaassen  an  der  Grenze 
zwischen  Berabra,  Bedja  und  Nigritiern,  ob- 
w«)l  sie  sich  mehr  den  letztern  als  den  erstem  an- 
8C hl  1  essen.     Sie   gehören    zu  jenen   extremen  Aesten 


V,.'i  iu-hfii  UoschafTt'iili.  i*   «I.r  Ai'i-il<;iner.      X.] 

«ciunf  Uli  -ivosi  lügritischc  /.>>i;ii^  HCl  Meiisclilieit 
ausser  ihnen  noch  in  den  Bantu  und  vielleiclit  selbst 
in  den  Teda  treibt.  Sie  sind  mittelgross,  zälilen  aber 
auch  1730 — 1750  Millimeter  hohe  Gestalten  zu  den 
ihrigen.  Kleine  verwitterte  Figuren  sind  dagegen  selten 
unter  ihnen.  Ihr  Köi*perbau  ist  proportionirt.  Ein 
trapezoidischer,  breiter  und  gewölber  Ihustkasten  ge- 
hört keineswegs  zu  den  Attributen  männlicher  Wolil- 
hildung,  welche  man  etwa  lange  unter  ihnen  suchen 
miisste.  Das  Rückgrat  ist  gerade.  Von  den  Schultern 
gilt  das  über  die  Bedja  Gesagte.  Der  Kopf  ist  lang  — 
ich  habe  die  Funje  an  einer  andern  Stelle  mesocephal 
genannt  — ,  indessen  kommen  unter  den  südlichen 
Funje  doch  auch  recht  langgestreckte  Schädel  vor.  Die 
Stirn  ist  gewölbt,  ziendich  breit,  sie  weicht,  wie  bei 
den  meisten  der  bisher  erwähnten  Afrikaner,  in  ihrem 
obem  Abschnitte  schräg  nach  hinten  zurück.  Die 
Nase  ist  gerade  oder  leicht  gebogen,  stumpfspitzig, 
selten  aufgestülpt,  häufiger  ist  sie  mit  der  Spitze  und 
den  breiten  Flügeln  etwas  abwärts  gekehrt.  Die  Kiefern 
sind  augenscheinlich  j)rognather,  hervorstehender  und 
schiefzähniger  als  bei  den  Berabra  und  Bedja.  Nament- 
lich lässt  sich  dies  bei  den  Ingassena  (S.  2)  beobachten. 
Die  Nasenlippenlinie  ist  tief  eingeschnitten  und  das 
gibt  selbst  Jüngern  Funje  ein  würdiges  Aussehen,  ver- 
leiht auch  Jüngern  Mädchen  etwas  Charakteristisch- 
Ehrbares.  Die  Lippen  sind  fleischig,  aber  selten,  und 
dann  auch  mehr  nur  bei  den  Ingassana,  aufgewulstet. 
Die  Augen  haben  grosse  Lider,  sie  sind  gross  und 
weitgeschlitzt.  Die  Jochbogen  nehmen  eine  nur  ge- 
ringe Breite  in  Anspruch.  Die  Ohren  sind  gerundet, 
etwas  abstehend,  das  Kinn  ist  schmal,  gerundet,  weniger 
zuiückweichend  als  bei  Berabra.  Unter  den  Funje 
erscheinen  ägyptische  Profile  und  auch  viele  an  Bedja 
erinnernde  Gesichter.  In  letzterer  Hinsicht  zeigten  sich 
zwei  junge  Homran  aus  Taka,  welche  in  der  vorjährigen 
(ersten)  Nubierkaravane  K.  Hagenbeck's  zugegen  waren, 
sowie  in  der  letztjährigen  Ausstellung  (1878)  zwei  Halenga 


^4  Zweites  Buch, 

und  ein  Beni-Aiiiir  besonders  erwälmenswerth.  Man 
hätte  diese  Leute,  wären  sie  dunkler  gefärbt  gewesen, 
recht  gut  für  Berun  vom  Berge  Gule  halten  können. 
Die  Ilaare  sind  gekräuselt  und  werden  in  den  aller- 
sonderbarsten  Toupets  getragen,  wie  sie  ähnlich  nur 
bei  den  Galloa,  Okande  und  Fan  des  Gabongebietes 
und   in  den  Calabargegenden  angetroffen  werden. 

Die  Farbe  vaiirt  vom  dunkeln  Gelbbraun  und  Choco- 
ladenbraun  in  ein  Schwarz  mit  graubräunlichem  Schiller. 
Oberarm  und  Oberschenkel  sind  fleischig  und  wohl- 
gebaut, der  Unterarm  ist  dünner,  zierlich,  der  Unter- 
j^chenkel  wadenschwach.  Hand  und  Fuss  sind  nicht 
gross,  von  gefälliger  Form.  Ja  ich  habe  gerade  diese 
Theile  bei  gewissen  vornehmen  Funje  von  grosser 
Schönheit  gesehen.  Die  ganze  Haltung  ist  graziös, 
der  Ausdruck  des  Gesichts  meist  ernst,  mild  und  in- 
telligent. Nirgends  habe  ich  in  Afrika  so  anmuthige 
und   freundliche   Kinder    als    unter  den  Funje  gesehen. 

Die  eigentlichen  Nigritier,  welche  0.  Peschel 
Sudanneger  nennt,  haben  dolichocephale  und  prognathe 
Schädelformen,  deren  Gesichtswinkel  69 — 75  Grad  be- 
trägt. Die  Hirnschale  ist  von  den  Seiten  her  compri- 
niirt,  an  den  Scliläfen  schmal,  langgestreckt,  in  der 
Scheitelgegend  nicht  selten  hochgewölbt.  Die  Stirn 
weicht  stark  zurück,  die  Knochen  sind  derb  und  kantig, 
mit  starken  Muskeleindrücken  versehen.  Die  Form  der 
Nasenbeinchen  ist  bei  verschiedenen  Stämmen  sehr  ver- 
schiedenartig. INIanchmal  sind  dieselben  schmal,  kurz. 
zuweilen  sogar  auf  kleine  Knochenschüppchen  reducirt. 
Die  Schilluk  haben  recht  beträchtliche,  an  ihren  untern 
Enden  zum  Theil  sogar  aufgeworfene  Nasenbeine.  Die 
Zähne  sind  schief  nach  vorn  gestellt,  die  obern  überragen 
häufig  die  untern.  Sie  sind  gewöhnlich  von  porzellan- 
ortiger  "Weisse,  durchschnittlich  gut  eingepflanzt,  ge- 
sund, aber  an  ihren  Kauflächen  öfters  abgenutzt,  meist 
rine  Folge  der  groben,  harten,  auch  wol  durch  Mahl- 
stcinthcilchen  verunreinigten  Nahrung. 

Das    Knocht'ngerüst    des    Rumpfes    und    der    Glied- 


i^,^...^.....  i>cschn»v.  m1  \irikaiier.     85 

niaass»  u  i^t  lest,  häufig  in  den  fni/Aiiuii  i  armen  gracil, 
und  fallen  die  gerade  gestellten  Röhrenknochen  der 
Extremitäten  auf.  Die  Skelete  nigrltischer  Männer 
zeigen  oft  genug  starke  Muskeleindrücke  und  sehr 
hervorragende  Knochenkämme.  Die  Mittelhand-  und 
Mittelfussbeinchen  sowie  die  Finger-  und  Zehenglieder 
sind  höchst  schlank.  Man  hat  am  „Negerskelet"  noch 
.  incherlei  Eigenthümlichkeiten  beschrieben,  allein  bis- 
.  t/t  spottet  das  geringe  in  unsere  Hände  gelangte 
-Material  aller  Weiterungen. 

Die  Haare  der  Nigritier  sind  bei  manchen  Stämmen 

nur  kurz,  in  kleine  Bäuschchen  oder  Strähnen  gesondert, 

welche  gekräuselt  und  in  sich  verfilzt,  von  den  Arabern 

in    nicht    unzutreft'ender   Weise    Filfil    oder   Pfefi'erkorn 

mnt   werden.      I5ei    andern    bilden   sie   wieder    un- 

_  iiuässig  sich  theilende ,  verschiedenartige  Locken 
)der  beetartige  Gruppen,  innerhalb  derer  die  einzelnen 
Haare  umeinander  gedreht  und  gewickelt  erscheinen. 
Wieder  bei  andern  Stämmen  zeigen  sie  sich  länger, 
bis  zu  300  Millimeter  auswachsend,  lockerer  und  haben 
Neigung,  sich  in  groben,  stapelartigen  Partien  zu  son- 
dern. Die  so  wachsenden  Haare  sind  flechtbar.  Sie 
finden  sich  unter  andern  bei  Noba,  Manyema,  Niam- 
Niam,  Balonda,  Fan,  Gala  u.  s.  w.  Uebrigens  kommen 
derartige  Variationen  selbst  unter  Individuen  eines  und 
desselben  Stammes  vor.  Auch  finden  sich  solche  Eigen- 
thümlichkeiten bei  Berbern,  Bedja,  Abyssiniern  u.  s.  w., 
bei  letztern  selbst  z.  B.  die  Beetform,  wenn  sie  ihre 
Haare  nicht  in  lange  Flechten  bringen.  (Vgl.  z.  B. 
Fig.  25,  S.  80.)  Die  Nigritierhaare  sind  steif,  hart, 
glänzend  und  schwarz;  zuweilen  erscheinen  sie  werch- 
farben,  in  seltenen  Fällen  gelbblond,  eher  einmal  roth 
oder  röthlichblond. 

Der  Bartwuchs  und  die  Augenbrauen  sind  meist  spär- 
lich, dünn.  Indessen  zeigen  sich  doch  auch  bei  Ni- 
gritiern  manche  Stämme  und  Individuen  mit  stärkerm 
Barte  versehen.    (Vgl.  S.  45.) 

Die  Haut  ist  dunkelpigmentirt,    in   allen  nur  denk- 


Hf>  Zweites  Buch. 

baren  Scliattirungen  von  Gelb-  und  Rothbraun  in  Schwarz 
übergehend.  Weniger  häufig  zeigt  sich  jenes  Schwarz- 
grau  mit  rothbräunlichem  Lustre,  welches  man  nicht 
eben  glücklich  ein  Blauschwarz  genannt  hat  (Berun, 
Schilluk,  Denka,  Bari  u.  s.  w.).  Nicht  selten  aber  wird 
das  natürliche  Hautcolorit  durch  Salben ,  Farben, 
Schmuz  u.  s.  w.  verdeckt.  Stets  ist  die  Haut  der  Ki- 
gritier  scliwellend,  geschmeidig,  oft  wie  Sammt  an- 
zufühlen, kühl,  stellenweise  reich  an  Pickeln,  Quaddeln 
und  Knötchen.  Sie  dünstet  stark  aus.  Das  Vorhanden- 
sein eines  „specifischen  Negergeruchs"  muss  ich 
jedoch  in  Zweifel  ziehen.  Vielmehr  ist  es  nur  ein 
durchdringender,  oft  recht  unangenehmer  Schweiss- 
geruch,  welcher  bei  diesen  Leuten  hervortritt,  sobald 
sie  sich  irgend  erhitzen.  An  den  Antlitztheilen  stehen 
Stirn,  Nase,  Lippen  und  Kinn  bei  Vertretern  jener  ex- 
tremen Typen,  denen  man  ein  echtes  Negergesicht  zu- 
schreiben darf.,  in  argem  Misverhältniss  zueinander. 
Niedrige  zurückweichende  Stirn,  kurze  breite  Nase, 
dicke  Wulstlippen  und  kurzes  kleines  Kinn  vereinigen 
sich  öfters  zu  einem  Ganzen  von  äusserster  Hässlich- 
keit.  In  solchen  Nigritierphysiognomien  liegen  wilder 
Stumpfsinn,  Kohheit,  Gemeinheit,  zuweilen  Verschlagen- 
heit. Aber  man  beobachtet  auch  wieder  ganze  Stämme 
und  einzelne  Individuen,  welche  von  dem  beschriebenen 
platten,  breiten  Typus  abweichen.  Hohe,  edelgebaute 
Stirnen,  wenig  eingedrückte  oder  erhabene,  gerade  oder 
gebogene  Nasen  mit  breiten  Flügeln,  massig  dicke  Lip- 
pen, wenig  hervortretende  Backenknochen,  kleines  Kinn, 
werden  an  vielen  Schwarzen  wahrgenommen.  Zeigen 
sich  nun  in  einem  solchen  Gesicht,  mag  dasselbe  noch  so 
dunkel  gefärbt  sein,  ein  grosses,  sprechendes  Auge,  ein 
freundlicher  gutmüthiger  und  intelligenter  Ausdruck,  so 
kann  man  selbst  eine  nigri tische  Physiognomie  solcher 
Art  recht  wohl  hübsch  finden.  Wie  vortrefflich  kleidet 
HO  manches  der  nicht  allzu  unedel  geformten  schwarzen 
Mädchen  jenes  gutmüthige,  schalkhafte  Lächeln,  welches 
durch  eine  muntere  gewohnheitsgemässe  Art  des  Verziehens 


Von  der  körperlichen  BcscliafTenheit  der  Afrika  i 

der  Mundwinkol  nach  oben  hin  und  durcli  die  zugleich 
stattfindende  Kntblössung  der  weissin  Zalmreihen  ge- 
hoben wird.  Man  braucht  wahrlich  kein  Liebhaber 
von  Schäferromanen  und  kein  fanatischer  Abolitionist  zu 
sein,  um  auch  solchen  ]»hysiognomis(hen  Gestaltungen 
einon  gewissen  Geschmack  abgewinnen  zu  können. 


-eil  ciugeftUirter  Brasilueyer. 


Der  Hals  ist  bei  den  Nigritiern  im  allgemeinen  kurz 
und  dick,  obwol  Ausnahmen  mit  langen  und  dünnen 
Hälsen  durchaus  nicht  selten  vorkommen.  Der  Brust- 
kasten der  Männer  ist  wie  bei  uns  und  bei  andern 
Rassen  sehr  verschiedenartig  entwickelt.  Zuweilen  zeigt 
er  sich  hoch,  breit  und  kräftig,  von  jener  trapezoidischen 


SS  Zweites  Buch. 

Gestalt,  wie  sie  selbst  in  der  Antike  als  Attribut  männlich 
entwickelter  Bildung  betrachtet  werden  darf.  Hier  und 
da  werden  gewaltige  herculisch  geformte  Torsi  an- 
getroffen. Die  Brustgegend  ist  dann  von  wahrhaft 
classischer  Schönheit.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle  frei- 
lich, am  ausgesprochensten  unter  schlecht  genährten 
Stämmen,  beobachtet  man  eine  weniger  stattliche  Torso- 
bildung. Der  Rippenkorb  zeigt  da  mehr  die  Grund- 
gestalt eines  länglichen  Vierecks,  und  dem  entspricht 
dann  zugleich  ein  schmalerer  Schulterbau.  An  den 
Extremitäten  ist  zunächst  die  S.  79  geschilderte  ab- 
fällige Beschaffenheit  der  Gegend  des  Deltamuskels 
hervorzuheben.  Seltener  zeigt  sich  diese  in  voller 
praller  Rundung.  Der  Oberarm  ist  meist  muskulös, 
der  Unterarm  aber  häufiger  hager  und  steht  nicht  sel- 
ten in  seiner  Länge  in  einem  Misverhältniss  zu  jenen. 
Die  Finger  sind  sehr  verschiedenartig  und  allgemeine 
Gestaltungsregeln  derselben  ausgeschlossen.  Bei  üppig 
und  kräftig  gebauten,  breitschulterigen  Nigritiern  ist 
auch  die  Beckengegend  durch  gute  Entwickelung  der 
Gesässmuskeln  sowie  durch  anmuthige  Formung  des 
Bauches  und  der  Leistenregion,  endlich  durch  gute 
fleischige  Ausbildung  des  Oberschenkels  gekennzeichnet. 
Schmächtigere  Nigritier  lassen  an  diesen  Theilen  eine 
gewisse  dürftige  Beschaffenheit  erkennen.  Die  Unter- 
sclienkel  sind  in  der  grössten  Mehrzahl  der  Fälle 
schwachwadig,  die  Knöchelgegend  ist  unschön,  dick. 
Am  Fasse  ist  der  Rücken  niedrig,  die  Sohle  wenig 
ausgehöhlt  oder  flach.  Der  Hacken  tritt  nicht  selten 
unschön  und  kegelförmig  nach  hinten  hervor.  Die 
Fusszehen  zeigen  sich  bald  dünn  und  lang,  bald  dicker 
und  kürzer.  Hässliche  Ballen bildung  fehlt.  An  vielen 
Nigritiern  wird  eine  unschöne  Auswärtskrümmung  der 
Unterschenkel  beobachtet.  Indess  ist  diese  Verbildung 
nicht,  wie  manche  anzunehmen  geneigt  sind,  ein  At- 
tribut der  nigritischen  Körperbildung  überhaupt. 

Viele  Mädchen  haben  in  der  Jugend  eine  anmuthige,. 
weich  und  gracil  geformte  Büste.    Die  Brustdrüsen  sind 


Von  der  körperlichen  Bcschafl'enheit  der  Afrikaner.     89 

dann  halbkugelig  hervorstehend,  prall,  unten  gewölbter, 
'ben  flacher.  Der  Warzenhof  ist,  wie  bei  manchen 
unserer  jungen  Mädchen,  ebenfalls  gewölbt  und  von 
einer  kurzen  Warze  überragt.  Häufiger  aber  zieht 
-ich  bei  selbst  jungen  nigritisclien  Frauenzimmern  die 
!'»rust  mehr  oder  minder  spitzkegelförmig  nach  aussen. 
Kegelförmig  entwickelt  sich  dann  auch  der  Warzenhof, 
veniger  die  Warze.  Das  gewährt  einen  unschönen 
Anblick.    Noch  mehr  verliert  sich  das  Aesthetische  der 


/  ;/.  'JfK    Znlamädchen. 

weiblichen  nigritisclien  Torsobildung,  wenn  solche  spitz- 
kegelförmige Brüste  früh  welken  und  siech  herabhängen. 
Nach  Geburten  können  daraus  schlappe,  schmale,  spitzige 
Hautfalten  werden,  die  mehr  den  Eindruck  entleerter 
liörsenköpfe  machen,  als  dass  sie  würdigen  Vertreterinnen 
des  schönen  jungfräulichen  Naturzierathes  selbst  nur 
zu  ähneln  vermöchlen.  Bei  noch  andern  Nigritierinnen 
zeigt  sich  ein  in  der  Jugendblüte  breiter,  hoher,  voller, 
manchmal  übervoller  Busen.  Aber  auch  der  welkt  früh 
dahin  und  erhalten  sich  an  seiner  Statt  nur  breitere, 
ebenfalls  flache,  leeren  Tabacksbeuteln  gleichende  Reste. 


90  Zweites  BucI). 

Dicker  schlotteriger  Bauch   verunziert   zum   öftern   die 
Nigritier  beiderlei  Geschlechts  und  jeden  Alters. 

Allen  nur  denkbaren  körperlichen  Variationen  unter- 
worfen, repräsentirt  der  Nigritier  keinen  völlig  einheit- 
lichen Rassentypus.  Er  stellt  durchschnittlich  weder  ein 
absolutes  Zerrbild  von  Hässlichkeit ,  würdig  seiner  an- 
geblichen directen  Verwandtschaft  mit  Gorilla,  Schim- 
panse und  andern  Affen,  dar,  noch  verharrt  er  in  den 
idealen  Gestaltungen  der  classischen  Sculpturperiode. 
Man  wird  unter  den  Nigritiern  wirkliche  Schönheit  sel- 
ten finden,  man  wird  sie  aber  auch  nicht  gänzlich  ver- 
missen. Wir  Europäer  haben  übrigens  alle  Ursache, 
bei  Würdigung  von  körperlichen  Vorzügen  der  Afri- 
kaner nicht  zu  sehr  den  Maassstab  unserer  eigenen 
hergebrachten  Anschauungen  über  die  Aesthetik  der 
menschlichen  Gestalt  anzulegen.  Ein  sogenanntes  Neger- 
gesicht könnte  mit  seiner  dunkeln  Färbung  vielleicht  noch 
«inen  recht  guten  Eindruck  machen,  würde  aber,  mit 
weissem  Teint  und  hellem  Haar,  einen  abschreckenden 
Anblick  gewähren.  So  manche  Gruppe  niedlicher  ni- 
gritischer  Mädchen  darf  in  dem  rohen  Putz  ihrer  Hei- 
mat,  in  der  tropischen  Fülle  ihrer  Umgebung,  im 
Sonnenglanze  des  Südens,  das  Wohlgefallen  eines  vor- 
urtheilsfreien,  verständigen  Reisenden  erregen.  Versetzt 
nun  diese  Gruppe  in  einen  europäischen  Salon,  so 
möchte  der  Anblick  ein  komischer,  ja  widerwärtiger 
werden.  Die  Kleidung  thut  hier  sehr  viel.  Ein  Unj^oro- 
oder  Bertakrieger,  ein  angolesischer  Empacasseiro  (Büffel- 
j&ger)  werden,  wenn  sonst  gut  gebaut,  in  der  rohen 
Prac'ht  ihrer  Ausrüstung  unter  männlichen  Gemüthern 
sicherlich  den  Eindruck  stolzer,  selbstbewusster  Kraft, 
wilder  Energie  hervorrufen.  Der  schönste  Nigritier 
aber  wird,  in  die  Gesellschaftstoilette  eines  fashionablen 
Drawing-Room  gesteckt,  nichtswürdig  carikirt  aussehen. 
Nur  kein  Negermädchen  in  einer  pariser  Ballrobe!  Die 
urwüchsige  Naivetät  der  hierneben  dargestellten  algieri- 
schen Kinder  hat  —  in  der  Originalphotographie  näm- 
lich —  sehr  Ott  das  lebhafte  Interesse  mir  befreundeter 


chaffcnli 


At.-;u 


l'cr^uiKn  eiNVi'cKi.  KtiiRstalls  düiite  nian  (ik^l-  \\  on. 
mit  Vertrt'tern  miPerer  Kinderwelt  in  näliern  Ver- 
jjrloich   bringt:  n  iirden    dadurch   ungeheuer   ver- 

lieren. 

Nigritier  sowie  andere  Afrikaner  schaden  ihrem  Aus- 
gehen  nicht   allein    durch    zahlreiche  Verzieningen   und 
\  erunstaltungen ,  z.  B.  durch   grelle    widersinnige   Fär- 
einzelner   Körpertheile,    durch    Einschnitte,   Kin- 
0  in  die  Haut,  durch  Ab- 
hneiden,    Ausreissen  und 
^pitzfeilen  von  Ilautlappcn, 
Zähnen  u.  dgl.  —  sondern 
auch    durch    das    gewohn- 
heitsmäsäige  Schliessen  der 
Milider   vor   dem    Son- 
jlanz,  durch  das  überall 
verbreitete  greinende  Ver- 
erren  der  Gesichtsmuskeln, 
ndlich  durch  träge,  schlaffe 
Körperhaltung. 

Ich  will  hierorts  nicht 
n,  in  Kürze  auf 
,  ;  1  sehen  Eigenthüm- 
lichkeiten  der  nach  den 
(olonien  in  Amerika  u.  s.w. 
verpflanzten  Nigritier  auf- 
Mierksam  zu  machen. 

Die  Creolen,  d.  h.  die 
in  Amerika  u.  s.  w.  gebore- 
nen Weissen,  bleiben  bekanntlich  im  allgemeinen  ihrem 
ursprünglichen  Nationaltypus  getreu.  Der  Brasilianer 
wird  im  ganzen  Portugiese,  der  Porteno  zu  Buenos- 
Ayres  und  der  Chilene  werden  S])anier,  der  Yankee 
wird  Engländer,  Mynheer  auf  Java  oder  Banka  wird 
Holländer  geblieben  sein.  Trotzdem  nehmen  Kenner 
bei  solchen  Leuten  gewisse  stattgehabte  Veränderungen 
wahr.  Man  spricht  z.  B.  häufig  und  mit  Recht  davon, 
dass    der    Yankee    in    seinem    Gesichtsschnitt    und    in 


Fi'j.  :i'i.    Maurische  Kinder. 


92  Zweites  Buch. 

seinem  Körperbau  einzelne,  von  den  angelsächsischen 
abweichende  physische  Eigenthümlichkeiten  entwickelt 
habe,  dass  er  selbst  den  ureingeborenen  Indianern 
ähnliclier  geworden  sei.  Der  Gaucho  in  den  Pampas 
soll    eine    Annäherung    an    die    Tehuelches    verrathen. 


AVy.  :il.    brasilianische  Creolnegeriu  von  zweifelhafter  Reinheit  der 
Abstammung. 

hin  entsprechender,  wenn  auch  nur  langsam  erlblgen- 
«ler  Umbildungsprocess  scheint  mit  dem  ausserhalb 
Afrikas  verpflanzten  Nigritier  vorzugehen.  Seine 
Hautfärbung  wird  heller,  sein  Haar  nach  Generationen 
lockerer,  die  Züge  verlieren  durchschnittlich  an  Stumpf- 
heit, die  Lippen  werden  dünner.  Jeder  Stammeshabitus, 
den  die  Neuangekommenen  (die  Negros  novos)  noch  an 
sich  tragen,   geht  bei  den  Creolnegern   verloren,     ün- 


Von  der  körperlichen  Beschufi'enheit  der  AiVikaner.      93 


zweifelhaft  wirkt  hier  in  erster  Linie  das  |veründerte 
Klima  ein.  Die  Lehensweise  übt  dann  ebenfalls  ihren 
ummodelnden  Einfluss  aus.  Die  schwarzen  Lastträger 
im  Hafen  von  Rio -de -Janeiro,  welche  spielend  die 
>  '  on   Kaffeesäcke   auf    den    Kopf    heben   und   im 

1  itt  davontragen,  entwickeln  einen  herculischen 

Körperbau.  Dagegen  bleibt  der  stets  berittene  Va- 
queiro  oder  Rinderhirt  der  Campos  im  Innern  ein 
schmaler,    trockener  Gesell,  i.  Natürlich    sind    hier  auch 


Mischungsverhältnisse  in  Betracht  zu  ziehen.  Mulatten, 
d.  h.  Mischlinge  zwischen  Europäern  und  Tsigritiern, 
sowie  Zambos  oder  Mamalucos,  d.  h.  Mischlinge  zwi- 
schen Nigritiern  und  Indianern,  sind  schwer  zu  ver- 
kennen. Es  gibt  aber  feinere  Nuancen  der  Kreuzung, 
deren  deutliches  Erkennen  ein  höchst  geübtes  Auge 
erfordert.  Da  soll  man  öfters  in  die  Lage  gerat hen. 
Creolneger  sogar  mit  Mulatos  und  Zambos  (oder  um- 
gekehrt) zu  vei-wechseln. 

Es  bleibt  uns  noch  übrig,  die  physische  Beschaffen- 
heit jener  Völker  zu  berühren,  welche  wir  im  voricjen 


Ü4 


Zweites  Buch. 


Buche  S.  61  besprochen  haben.  Die  Hottentotten 
sind  von  geringern  Körperdimensionen  als  durchschnitt- 
lich die  Nigritier,  sie  haben  einen  eigenthümlichen, 
durch  ein  stehendes  Trapezoid  charakterisirten ,  d.  h. 
gegen  das  Kinn  hin  verjüngten  Gesichtsschnitt,  im 
übrigen  einen  bei  Männern  durchschnittlich  eckigen 
Körperbau  mit  wohlproportionirten  Händen  und  Füssen. 
Bei  den  Weibern  ist  die  Gestalt  zierlich,  namentlich  in 
der  Schulter-,  Brust-  und  Oberarmgegend.  Daniell,  der 
vorzüglichste  ältere  ikonographische  Darsteller  südafri- 
kanischer Natur-  und  Volksscenen,  hat  uns  die  Ab- 
bildun*»"  einiger  recht  niedlicher  Hottentottenmädchen 
hinterlassen.  Die  Farbe  ist  ein  helles  Lederbraun,  wie 
wir  es  unter  anderm  an  unsern  neuen  Cavaleriesättehi 
wahrnehmen. 

Die  sogenannten,  unter  den  Namen  Buschmänner, 
Abongo,  Akka,  Doko  u.  s.  w.  bekannt  gewordenen  Pyg- 
mäenstämme Afrikas  (S.  64)  bieten  zwar  in  ihrem 
Aeussern  mancherlei  Stammesverschiedenheiten  dar,  zei- 
gen aber  doch  wieder  einen  gewissen  gemeinsamen  Ha- 
bitus. Sie  sind  in  der  That  von  niedriger  Statur, 
haben  grosse  lange  Köpfe,  breite  Schultern,  aufgetriebene 
Bäuche,  ein  hervorstehendes,  scharf  abgesetztes  Gesäss, 
magere  Gliedmaassen,  proportionirte,  aber  kurze  Hände 
und  Füsse,  eine  in  vielerlei  Nuancen  von  Schwarzbraun, 
Olivenbraun,  Gelbbraun  bis  Röthlichbraun  variirende 
Hautfarbe.  Das  Antlitz  ist  birnförmig  oder  trapezoi- 
disch,  nach  dem  Kinn  zu  verjüngt,  mit  steiler  senk- 
rechter Stirn,  kurzer,  stumpfer  Nase,  prognather  Kiefer- 
bildung, fleischigen,  selbst  wulstigen  Lippen,  ziemlich 
hervorragendem  Jochbogen  und  zurückweichendem,  aber 
vielfach  eckigem  Kinn.  Das  Auge  hat  durchschnittlich 
einen  tückischen,  lauernden  Ausdruck.  Der  Bartwuchs 
ist  gering.  Das  schwarze  Haar  zeigt,  wie  meist  auch 
bei  den  Hottentotten,  jene  Sonderung  in  vereinzelte,  in 
sicli  ineinandergedrehte  und  verschlungene  kurze  Locken, 
welche  wir  bereits  oben  mit  dem  arabischen  Vulgär- 
nanxm  Filfil   h.>/oi.-l,net  «ahon.   (S.  85.) 


Von  der  körperlicheu  Beschaffenheit  ikr  Afrikaner.     95 


Man   hat    nun  sowol  diesen  Pygmäen   als   auch    zum 

1    den    Hottentotten    gewisse    physische  Eigenthüm- 

Äoiten  zuschreiben  wollen,   welche  sich    bei  keinem 

uidern    Volke    wiederfinden    sollten.      Diese  ,     die    an 

,...;oi...,,   S|>rac1ioii   und   crewisse  Besondor- 


^  .1, 


,l.,lo 


t'i'j.  34  u.  3'i.    Venus  hottentotta  (Buschmännin). 


heiten  in  Sitten  und  Gebräuchen,  erhoben  namentlich 
Hottentotten  und  Buschmänner  zu  einer  Ausnahme- 
stellung, welche  anscheinend  keine  Parallele  mit  Ni- 
gritiern  und  andern  Afrikanern  zuliess.  Man  sprach 
bald  von  einer  Verwandtschaft  mit  Mongolen,  bald 
von  einer  solchen  mit  Australiern,  oder  man  construirte 
sich  eine  besondere  Rasse,  selbst  Species  von  Menschen, 


»k;  Zweites  Buch. 

den  Homo  hottentottus  zusammen.  Hierbei,  trieb  die 
Kathederweisheit  ihre  üppigsten  Blüten.  Das  bei  den 
Weibern  der  Hottentotten  und  Buschmänner  häufig 
vorkommende  übermässige  Fettwerden  des  Gesässes, 
die  sogenannte  Steatopygie,  die  Entwickelung  der 
Hottentottenschürze,  einer  starken  Hautverlängerung 
an  den  weiblichen  Genitalien,  die  scheinbar  auffallend 
starke ,  frühzeitig  eintretende  Faltung  und  Runzelung 
der  Haut  schienen  Momente  zu  sein,  welche  den  ge- 
nannten Völkern  ihre  Ausnahmestellung  gewährleisteten. 
Allein  jene  Steatopygie  findet  sich  auch  bei  Frauen  der 
A-Bantu,  der  nilotischen  Nigritier,  z.  B.  der  Bongo, 
selbst  der  Berbern!  Die  Hottentottenschürze  braucht 
man  nicht  blos  in  Südafrika  zu  suchen,  man  findet  sie 
durch  den  ganzen  Continent,  sogar  in  Europa  noch 
häufig  genug!  Jeder  Stubenethnolog  würde  erstaunen, 
wenn  ich  ihm  ein  Glas  voll  sogenannter  Hottentotten- 
schürzen, aus  dem  Präparirsaale  der  Haupt-  und  Welt- 
stadt Berlin  stammend,  fein  säuberlich  in  Alkohol  auf- 
bewahrt, vorweisen  würde.  Facta  loquuntur!  Bildung 
von  Hautfalten,  und  zwar  von  überaus  zahlreichen,  tritt 
bei  schlecht  genährten  Nigritiern,  Berbern  und  Aegyp- 
tern  (z.  B.  bei  den  hungernden  sonst  baumlangen  Kitch 
am  Weissen  Nil)  in  ebenso  hohem  Maasse  auf  als  bei 
jenen  Südafrikanern.  Die  herabgekommenen  Kitch,  in 
Kairo  unter  die  Fuchtel  der  Exercirmeister  gestellt  und 
aus  den  Fleischtöpfen  des  Statthalters  von  Aegypten  ge- 
nährt, gediehen  binnen  kurzer  Rekrutenzeit  zu  riesigen, 
prallen  Gardesoldaten,  welche  den  Laufschritt  mit  vollem 
Gepäck  und  gefälltem  Gewehr  mit  übermüthiger  Keck- 
heit auszuführen  wussten.  Wo  waren  da  die  Hautfalten  ge- 
blieben? Dass  letztere  nicht  durchaus  Stammeseigenthüm- 
lichkeit  der  Akka,  Buschmänner  und  Hottentotten  sind, 
lehrt  mich  ein  lUick  auf  die  dralle  Burschen  darstellen- 
den Photographien  solcher  gut  gemästeter  Individuen, 
welche  am  Weissen  Nil,  an  der  Loangoküste  und  in 
Südafrika  aufgenommen  worden  sind.  Schlecht  ge- 
nid.ih>.    <!..,>,    iv^nrlien    des    narkotischen    Dachahanfes 


Von  der  körperlichen  Beschaffenheit  der  Afrikaner.      '.«7 

übermässig  ergebene,  an  den  (trenzen  der  Capcolonie 
herumbummelnde  Buschmänner  können  kein  überall  zu- 
treffendes nild  ihrer  Landsleute  gewähren.  Auch 
hungernde  Kabylen  und  Hindus  zeigten  in  unserra  Jahr- 
zehnt leider  zu  öftern  malen  eine  überreiche  Ilaut- 
faltenbildung.  Die  Wirksamkeit  der  wohlthätigen  Ver- 
eine zu  Konstantine,  zu  Kalkutta,  in  Agra  und  Ilaider- 
abad  konnten  jedoch  solche  Hautfalten  gemeinhin  schneller 
und  gründlicher  ausgleichen,  als  die  weisesten  unserer 
weisen  Ethnologen  sich  vielleicht  je  zu  träumen  ver- 
messen hatten. 

Schnalzende  Sprachlaute  findet  man  nicht  blos  bei 
tlen  Hottentotten  und  bei  den  Buschmännern,  sondern 
auch  bei  den  A-Bantu  und  in  gemildertem,  aber  immer- 
hin noch  bemerkenswerthem  Grade  bei  noch  andern 
Xigritiern.  Sitten  und  Gebräuche  jener  Südafrikaner 
bieten  neben  gewissen  Specialitäten  doch  auch  viel  all- 
gemeines urwüchsiges  Afrikanische  dar.  Ich  will  den 
Hottentotten  und  Pygmäen  nicht  gänzlich  gewisse,  bei 
ihnen  selbstständig  ausgebildete  Absonderlichkeiten  ab- 
sprechen, glaube  aber  nicht,  dass  sie  ihr  physisches 
und  psychisches  Wesen  gänzlich  von  den  Nigritiern 
entfernt.  In  dieser  Hinsicht  kann  uns  freilich  erst  die 
Zukunft  die  gewünschte  Sicherheit  bringen.    (S.  61.) 


DRITTES  BUCH. 

lläusliclie  Eiiirichtimgen,  Sitten,  Gebräuche, 
Recht  u.  s.  Av.  der  Afrikaner. 

1.    Häusliche  Einrichtungen. 

Wohnräume.  Der  Islam  und  die  mit  ihm  nach  Afrika 
eingedrungene  arabisch-persische  Cultur  haben  im  Nor- 
den des  Erdtheils  grosse  und  dauernde  staatliche  wie 
auch  wirthschaftliche  Veränderungen  hervorgerufen. 
Dies  äussert  sich  für  jeden  Beobachter  von  vornherein 
sehr  deutlich  in  den  Architekturverhältnissen.  In 
Aegypten  und  in  Magreb  herrscht  der  prächtige,  an- 
muthige  arabische  Baustil,  welchem  es  an  byzantinischen 
und  an  persisch-indischen  Elementen  nirgends  mangelt. 
An  der  Üstküste  reichen  arabische  Bauten  so  weit 
liinab,  als  sich  hier  überhaupt  arabischer  Einfluss  im 
Gefolge  von  Handel  und  Verkehr  geltend  macht.  Dies 
zeigt  am  besten  Zanzibar,  bekanntlich  eine  Art  De- 
peudenz  der  Sultane  von  Oman.  Hier  aber  treten  auch 
hinlänglich  Reste  portugiesischer  Bauten  mit  ihren  zum 
Thoil  gothischeu  Motiven  auf,  welche  an  Batalha  u.  s.  w. 
erinnern  könnten.  In  den  portugiesischen  Colonial- 
ötädten  finden  wir  die  stärker  arabisch-afrikanisch  modi- 
ficirte  Bauart  des  Mutterlandes  wieder.  Die  (^^'idade 
de  Mo^umbique  soll  die  hübscheste  von  allen  sein.  In 
Südafrika  begegnet  man  den  altfränkischen  langweiligen 
Mtillosen  holländis<lu>n    und    englischen  Plantagebauten. 


llansiu-iM'  iMiirK'iumi;;en  u.  8.  \v.  tlor  Alrikamr.        .''.' 

Neuerdings  zwar  tiiulen  im  Capgebict  und  in  Natal  di  r 
-moderne,  so  zierliche,  an  Fachwerk  reiche  Cottagehau, 
oder  wie  auf  den  Diamantteldern  das  direet  von  den 
Werften  in  Altenglnnd  importirte  eiserne  Haus  (Galva- 
nized  iron  house)  und  das  Segeltuchhau.s  (Canvass  house) 
ihren  Eingang. 

Die  alten  Aegypter  hatten  bekanntlich  einen 
hen  Uaustil.  HSuser  der  Profanen,  dann 
^  ^  tt«  und  Tempel,  sie  besasseu  ihre  schräg- 
geneigten Mauern,  ihr  flaches  Dach-  Es  fehlte  nicht 
an  hochragenden  Pylonen,  an  Fenstern  und  Zinnen; 
Paläste  und  Tempel  boten  zugleich  den  prächtigsten 
Säulenschmuck  dar;  hübsche  bunte  Malereien  verliehen 
diesen  eine  freundliche  Zierde. 

Einer  ähnliclien  Art  Bau,  die  Säulen  abgerechnet, 
begegnet  man  noch  heute  durch  das  ganze  nördlich  vom 
zehnten  Breitengrade  gelegene  Afrika.  Da  finden  sich 
schräg  abfallende,  selten  steile  Mauern  mit  und  ohne 
thurmähnliche  Anbaue,  Zinnenkrönungen,  flache  Dächer, 
pylonartige  Thüreingänge  und  Fenster,  welche  voll- 
kommen an  diejenigen  altägyptischer  Tempel  erinnern. 
Dergleichen  triff't  man  sowol  in  Dongola  als  auch  in 
Berber,  in  Sennar  sowie  in  Sokoto,  in  Sego  und  in 
Sansandi.  Das  Material  dazu  ist  meist  überall  dasselbe: 
plastischer  Flussschlamm  oder  Lehm,  zu  lufttrockenen 
Ziegeln  geformt,  zuweilen  durch  eingeknetete  Steinchen, 
Kies,  selbst  Haare,  Reisig  und  Samenkörnchen  ver- 
festigt; hölzerne  oder  steinerne  Gesimse  und  Architrave, 
zur  Extraverzierung  ein  paar  halbzerbrochene  Krüge 
oder  dergleichen.  Auch  verfertigt  man  ein  Cement  aus 
Kuhdünger  und  Lehm,  mit  dem  man  die  Aussenwände 
beschmiert.  Selten  versteigt  man  sich  zu  im  Feuer  ge- 
brannten Ziegeln,  noch  seltener  zu  Stein.  Benutzt  man 
den  letztem,  so  wählt  man  meist  den  unbehauenen, 
durch  Mörtel  zusammengefügten  Feldstein.  Die  Zim- 
baoe  (S.  59)  freilich  entbehrte  des  Mörtels  zwischen 
den  behauenen  Granitsteinen,  aus  denen  sie  aufgeführt 
worden  war.     Dass  aber  die  altägyptischen  Palast-  und 


100  Drittes  Buch. 

Tempelbauten  aus  höchst  sorgfältig  bearbeiteten  Blöcken 
zusammengefügt  waren,  das  setze  ich  natürlicherweise 
als  bekannt  voraus. 

Theilweise  neben  jenen  solidem  Bauten,  theilweise 
für  sich,  existiren  die  luftigem  runden  Hütten,  welche 
ich  nach  der  in  Sennar  üblichen  Bezeichnung  Togule 
nenne.  Diese  sind  kreisrund  mit  einem  Unterbau  aus 
Lehm,  Feldsteinen  oder  Stroh  und  mit  einem  spitzen 
Kegeldach  von  Stroh  versehen.  Pfähle  und  langes 
Schilfrohr,  auch  Bambus,  bilden  das  Grundgerüst.  Zu- 
weilen findet  sich  ein  offener  oder  geschlossener  veranden- 
artiger Vorbau;  im  Innern  existirt  wol  auch  ein  be- 
sonderer durch  Matten  u.  s.  w.  abgegrenzter  Schlafraum. 


Derartige  Hütten  sind  fest,  dicht  und  freundlich.  Sie 
treten  in  einem  grossen  Theile  Afrikas  auf,  in  Nubien, 
Sennar,  Abyssinien,  Centralafrika,  bei  den  Betchuana 
u.  8.  w.  In  Uganda,  bei  den  Zulu  u.  s.  w.  verwandelt 
sich  der  Togul  in  ein  riesiges,  bienenkorbartiges,  von 
einem  niedrigen  Unterbau  getragenes  Dach.  Manchmal 
haben  derartige  Togule  länglich-spitzkegelförmige,  mit 
geschnitzten  Endknäufen  verzierte  Dächer,  stehen  auch 
wol  auf  Pfählen.  Eine  andere  Bauart  nicht  steinerner 
oder  lehmerner  Häuser  zeigt  den  viereckigen  Grundplan 
und  das  geneigte  Giebeldach,  letzteres  ein-  oder  doppel- 
•eitig.    Das  Gerüst  wird  von  Holz,  Schilfrohr,  Papyrus, 


Häusliche  Einrichtungen  ier  Afrikaner.     101 

Bambus  oder  Palrablattstielen  gefertigt.  Die  Decke 
besteht  aus  demselben  Material,  aus  Palmen-  und  I>a- 
nanenblättern.  Oefter  verräth  sich  liier  eine  grosse 
Kunstfertigkeit;  eine  derartige  Architektur  entspricht 
mehr  der  unserigen.  Die  kannibalischen  Monbuttu  er- 
richten nach  Schweinfurth  grossartige  luftige,  unsern 
Eisenbahnhöfen  und  Industriehallen  ähnliche  Giebel- 
bauten aus  den  Blattstielen  der  Weinpalme  (Fig.  U, 
S.  43).  Im  Gebiete  von  Ober-  und  Niederguinea  sind 
derartige  viereckige  Baulichkeiten  allgemein  in  Gebrauch ; 


die  Asciuiiiii  geben  denselben  einen  mit  Thonsand  ge- 
mauerten und  mit  eigenthümlichen  Reliefverzierungen 
versehenen,  rothbunt  gestrichenen  Unterbau.  Kumassi, 
Hauptstadt  dieses  kriegerischen  Staats,  welche  am 
0.  Februar  1874  von  den  siegreichen  Engländern  unter 
Sir  Garnett  Wolseley  niedergebrannt  wurde,  machte 
auf  ihre  Eroberer  als  Niggerstadt  einen  imponirenden 
Eindruck.  Die  viereckigen  Häuser  in  Whydah,  Agbome 
(in  Dahome),  Benin,  Bonny,  Lagos  und  andern  Handels- 
städten   der    Westküste    sind     ebenfalls    mit    schrägen 


102  Drittes  Buch. 

Dächern  versehen.  Cameron  fand  Pfahlhütten  mit 
Giebeldächern  auf  dem  neuentdeckten  Mohryasee  in 
Urua  und  zwar  unter  Bedingungen,  wie  sie  auch  wol 
für  unsere  vorgeschichtlichen  Pfahlbauer  maassgebend 
gewesen  sind. 

Die  dürftigste  Art  der  Wohnungen  macht  sich  bei  den 
nomadischen  Bedja,  bei  den  Babongo  und  bei  den  Busch- 
männern bemerklich.  Erstere  wohnen  zumTheil  unter  nied- 
lichen, aber  höchst  luftigen  Mattenzelten,  gegen  welche 
die  guten,  Schutz  gegen  Wind  und  Wetter  gewährenden, 


in  Ugogo. 


llaartuchzelte  der  Aegypter,  der  Berbern  des  Magreb 
und  der  mittlem  Nigergegenden  durch  complicirtern 
und  ßolidern  Bau  abstechen.  In  Meusa,  im  Bogoslande, 
bei  gewissen  Danakil,  bei  den  Abongo  und  Buschmän- 
nern u.  8.  w.  begnügt  man  sich,  Hütten  aus  noch  be- 
laubten Baumzweigen  zu  construiren  und  diese  mit 
Matten  und  Fellen  zu  bedecken.  In  manchen  Gegenden 
der  bewachsenere  Stellen  darbietenden  nordafrikanischen 
Wüsten  errichtet  man  aus  Palmblättern,  verschieden- 
artigem Geäst  u.  s.  w.  kleine,  ganz  primitive  Schuppen 
oder  Ranchos.  Es  sind  dies  alles  Wohnungen,  welche 
liöchstens  den  Anforderungen  australischer  Papuas  und 


Häusliche  Einriclituimrn  u. 


der  Afrikaner.      103 


brasilianischer Waldiuci.ci  ..un*  Indios  bravos  entsprecben 
würden.  Ja  manclie  in  der  Hajudasteppe  umherschwei- 
fende oder  dem  Rothen  Meere  benachbart  wohnende 
Bedjahirten  ziehen  das  laubenartige  Astwerk  dicht  ver- 
zweigter und  belaubter  CapparidecBstriiuche  jeder  Art 
TTnff.»     :ils    Wdlinstäftc    vor.       Ancli     ITülilni    dicnpii    ver- 


i'iul.Ii.uUo  im  Moliryascc, 


sprengten  und  von   Feindesmacht  bedrohten  Afrikanern 
vei*schiedenartiger  Nationalität  zum  Wohnsitz. 

Das  Haus  ist  bald  Einzelbesitz,  bald  vereinigt  der 
Herr  einen  grössern  oder  kleinern  Complex  zu  einer 
einzigen  Feuerstelle,  welche  dann  wol  durch  eine  Ver- 
palissadirung.  durch  einen  Rohrzaun  oder  durch  einen 
Dornverhau  gegen  feindliche  Ueberfälle  und  gegen  wilde 
Thiere  geschützt  wird.  Die  Häusergruppen  der  Könige 
und    anderer    vornehmer   Personen    sind    oftmals   recht 


104  Drittes  Buch. 

ausgedehnt;  namentlich  nehmen  die  Behausungen  der 
legitimen  und  der  Kebsweiber,  der  Sklavinnen  u.  s.  w. 
nicht  selten  vielen  Platz  in  Anspruch. 

Hausgeräth.  So  weit  der  Islam  reicht,  ist  der 
Stil  des  Hausgeräthes  zum  Theil  von  asiatischen  Formen 
beeinflusst.  In  Aegypten  und  im  Magreb  bemerkt  man 
jenen  prunkvollen,  die  herrlichsten  Linien  darbietenden, 
künstlich  geschnitzten  und  zierlich  ausgelegten,  durch- 
stickten und  bemalten  Apj)arat,  welcher  die  Innenräume 
des  türkischen,  persischen  und  arabischen  Hauses  zu 
schmücken  pflegt  —  ein  redendes  Zeugniss  für  den 
hochentwickelten  Geschmack  und  den  lebhaften  Formen- 
sinn seiner  Urheber.  Da  prangen  die  phantastisch  ge- 
blümten und  geschnörkelten  Teppiche  von  Uschak,  Sul- 
tanabad  und  aus  der  Turkmanensteppe,  die  schwellenden 
kissenreichen  Divane  mit  dem  brocatenen  Ehrenlatz^ 
die  prächtig  ausgelegten  Tische  und  Schemel,  die  me- 
tallenen Tischplatten,  Waschschüsseln,  Krüge  und  Kan- 
nen, die  reichgeschmückten  Laternen,  die  lackirten 
Truhen,  die  mit  den  verschlungensten  Lineamenten  ge- 
zierten Kühlgefässe  in  den  ausserdem  durch  ihre  reiche 
innere  Holz-  und  Steinarchitektur  verschönten  Wohn- 
räumen. Ein  geringer  Abglanz  dieser  stil-  und  kunst- 
vollen Zimmerschmückung  findet  sich  auch  im  moham- 
medanischen Sudan  wieder;  man  sieht  selbst  hier  Ge- 
räthe  wie  die  obengenannten  bei  so  manchem  schwarzen 
Sultan,  Melik  gder  Schekh  in  allen  zwischen  dem  Rothen 
Meere  und  der  senegambischen  Küste  sich  erstrecken- 
den Gebieten.  Eine  eigenthümliche ,  nicht  formenarme 
Industne  für  Hausrath  wird  auch  in  den  centralen  wie 
we.stlichen  Sudanstuaten  gepflegt.  Da  sind  es  nament- 
lich gewisse  Holz-,  Korb-,  Leder-  und  Thonarbeiten, 
welche  unser  Interesse  erregen.  Die  mit  zwar  stumpfen, 
aber  doch  recht  geschmackvoll  zusammengestellten  Far- 
ben geschmückten  Lederkissen  der  Haussaner,  die  viel- 
mündigen,  den  Straussenmagen  abgewonnenen  Gefässe 
der  Tuarik  reihen  sich  den  anmuthigen,  aus  bunt- 
geftrbten   Stroh-   und   Binsenhalraen ,   Palmblattfiedern, 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     1()5 

buntgef&rbten  Bindfaden,  Wollgarnen  und  Lederstreifen 
zusammengefügten  Matten,  Körben,  Deckeln  u.  s.  w. 
der  Berabra,  Funje,  algierischen  Oasenbewohner,  Marok- 
kaner u.  s.  \v.  würdig  an. 

Die  Töpferarbeiten  bieten  im  Sennar  einen  rohen 
Charakter  dar:  hier  wird  die  bombenförmige  landesübliche 
Burma  geformt,  mit  Fragmenten  von  Kies  u.  s.  w.  durch- 
knetet, ein  getreues  P^benbild  unserer  vorhistorischen 
Schöpfgefässe.  Die  Abyssinier  und  Galla  liehen  den 
aus  Rinderhorn  geschnitzten  Methbecher  oder  Wontscha, 
ganz  ähnlich  dem  altdeutschen  von  Urgehörn  ver- 
fertigten. Vortrefflich  geschnitzte  Löffel  sind  bei  vielen 
afrikanischen  Stämmen  in  Gebrauch.  Als  Typen  können 
gelten  die  langen  Hornlöffel  der  Bari,  die  Holzlöffel 
der  Somal,  der  Wasuaheli  und  Amazulu.  Im  ganzen 
tropischen  Afrika  ist  die  Anwendung  der  Flaschenkür- 
bisse zu  häuslichen  Zwecken  ungemein  verbreitet;  nament- 
lich liebt  man  die  zum  Auftragen  der  Speisen  und 
Getränke  dienende,  oben  offene  Kürbisschale;  gar  häutig 
ist  sie  mit  geschmackvoll  in  Stroh  und  Leder  gefloch- 
tenem Untersatz  und  mit  noch  geschmackvoller  ver- 
ziertem Deckel  versehen.  In  zierlich  -  eingravirter 
Schmückung  der  Schalen  selbst  wetteifern  West-  und 
Südafrikaner  miteinander.  Auch  den  thönernen  und 
Holzschüsseln  wendet  man  in  vielen  nigritischen  Staaten 
grössere  Sorgfalt  zu.  In  Ostsudan  dagegen  verdrängen 
böhmische  Henkelgläser  und  Porzellanschüsseln  vielfach 
das  einheimische  Geräth.  Glas  wird  bei  den  Afrikanern 
kaum  irgendwo  geblasen  und  wiegt  man  z.  B.  am 
Blauen  Nil  alte  Wein-  und  Bierflaschen  mit  Gold  auf. 
In  Abyssinien  finden  die  Beryllen  oder  Birilen,  d.  h. 
grobe  grüne  Flaschen  mit  langem  Halse,  welche  der 
levantinische  und  persisch-indische  Handel  einführen, 
grosse  Verbreitung.  In  Ostsudan,  bei  den  A-Bantu  und 
Buschmännern  bildet  das  mit  Tragschnüren  umflochtene 
Straussenei  ein  willkommenes  Gefass  für  Wasser  und 
andere  flüssige  Stoffe. 

Der  Afrikaner   bettet   sich   in   vielen    Fällen   auf  die 


106  Drittes  Buch. 

blanke  Erde  oder  er  benutzt  Reisig,  Blätterwerk,  Felle 
und  Matten  zur  Unterlage ;  noch  lieber  aber  bedient  er 
sich  einer  meist  auf  vier  Füssen  ruhenden  flachen  Bettlade, 
an  welcher  Stäbe,  Stengel  von  Pflanzen,  Riemen  u.  s.  w. 
statt  der  bei  uns  gebräuchlichen  Gurten  angebracht  sind. 
Das  Ideal  einer  solchen,  leicht  transportabeln  Schlaf- 
vorrichtung bildet  die  Alga  der  Abyssinier,  der  An- 
gareb  der  Sudanesen,  zu  deren  Vergurtung  das  zier- 
lichste Riemenwerk  von  Kamel-  oder  Rinderhaut  ver- 
wendet wird  und  deren  Füsse  oftmals  in  gefälliger 
Weise  ausgeschnitzt  werden.  In  Inner-,  West-  und 
Südafrika  haben  die  nigritischen  Eingeborenen  eine 
ganz    besondere    Vorliebe    für   Herstellung    geschnitzter 


W^S^T^^'^l^ 


* 


Hauses  der  Berabra. 


Holzstühle,  deren  Gestalt  unter  den  verschiedenen  Stäm- 
men in  sehr  mannichfaltiger  Weise  variirt  zu  werden 
pflegt;  hervorragend  sind  durch  sehr  hübsche  Arbeiten 
derartiger  Natur  die  kannibalischen  Monbuttu.  Im  alten 
Aegypten  benutzte  man  zum  Theil  hübsch  verzierte 
stuhlai-tige  Untersätze  von  Holz,  Marmor,  Alabaster 
u.  8.  w.  zur  Unterstützung  des  Halses  beim  Schlafen. 
Auch  die  Nubier  und  verschiedene  Stämme  der  Nigri- 
tier  verwenden  deren  noch  jetzt  zur  Conservirung 
ihrer  öfters  sehr  künstlichen  Haarfrisuren. 

2,    Kleidung  und  Zierat/i. 
Von  der  einfachen,   aber  malerischen  Kleidung  der 
«Iten  Aej;rj-pt.>r  h-M   sich  im  Nilthal  bis  heute  nur  sehr 


iUuslk'Iic  KiürichtuDirtn  u.  s.  w.  der  Afrikaner.      107 

wenig  erhaltti..  \  ui  ulloiu  ist  die  so  ungemein  zarte 
Erzeugnisse  liefernde  Leinenindustrie  der  hochbegabten 
Uetu  längst  verloren  cfegangen.  In  ganz  Afrika  sind 
heute  die  schwer  mit  Baumwolle  durchschossene  soge- 
nannte amerikanische  Leinwand,  die  Dammur  malekami 
der  Funjemärkte,  ferner  Seidenzeug  und  alle  die  un- 
geheuer zahlreichen  Sortimente  des  ungefärbten  und 
gefärbten  Cotton-cloth  in  ihre  den  Handel  beherrschen- 
den Rechte  getreten. 

Soweit  der  Islam  seine  Wurzeln  geschlagen  hat, 
zeigt  die  Kleidung  des  Afrikaners  eine  gewisse  Gleich- 
förmigkeit; einzelne  Theile  derselben,  wie  wir  ihnen 
auf  den  Bazaren  in  Konstantinopel  oder  Smyrna,  auf 
dem  Adjemmarkte  zu  Kairo,  am  Bigistan  von  Chiwa 
und  dem  von  Samarkand  zu  begegnen  pflegen,  werden 
auch  bei  den  mohammedanischen  Afrikanern  aller  Na- 
tionalitäten in  Kairo  wie  in  Dongola,  in  Konstantine 
und  Tuggurt,  zu  Fez  wie  zu  Timbuktu,  an  der  Küste 
von  Zanzibar  u.  s.  w.  wieder  gefunden.  Dazu  gehören 
unter  anderm  die  Turbane  und  Kopftücher,  die  Bur- 
nusse, die  sonstigen  Ueberwürfe  und  langen  Hemden, 
die  Schuhe  und  die  Mamlukentracht  in  den  allerver- 
-chiedenartigsten  Abstufungen    von    grosser  Pracht  und 

li  der  Einfachheit.  Es  sind  dies  theils  asiatische.  z.B. 
dainascener,  persische  und  indische  oder  konstantinopeler, 
theils  auch  ägyptische,  tuneser,  algierer  und  marokkaner 
Fabrikate,  welche  ihren  Weg  durch  den  Karavaneu- 
handel  bis  tief  nach  dem  Innern  des  Continents  nehmen. 
Zu  diesen  zum  Theil  auf  fremdem  Boden  entstandenen 
Erfordernissen  der  afrikanischen  Kleidertracht  kommen 
noch  einige  einheimische  vom  Norden  her  bis  in  die 
Aequatorialgegenden  des  Erdtheils  hinein  verbreitete 
Artikel.  Es  sind  dies  z.  B.  verschiedenartige,  aus  Filz, 
Baumwollzeug,  Binsen  u.  s.  w.  verfertigte  Mützen, 
die  Ferdah  und  die  Tobe.  Die  Ferdah  ist  ein  grosses 
Stück  meist  weissen,  farbig  berandeten  Baurawoll- 
zeuges,  welches  in  malerischen  Lagen  und  Falten  um 
den   Körper    gewunden  wird   (vgl.    Fig.  1    auf  S.  16). 


108 


Drittes  Buch. 


Sie  ist  hauptsächlich  l)ei  den  Abyssiniern  (von  denen 
sie  Schama  genannt  wird),  bei  den  Bedja  und  Funje 
im  Gebrauch.  Die  Tobe  dagegen  ist  ein  weiter,  hemd- 
artiger, mit  weiten  Ilängeärmeln  und  einem  Schlitz  für 
den  Kopf  versehener  Ueberwurf,  gewöhnlich  ebenfalls 
aus  Baumwolle  verfertigt,  dessen  allgemeine  Färbung 
eine  ungemein  verschiedenartige 
zu  sein  pflegt.  Das  schönste  der- 
artige Erzeugniss  bildet  die  be- 
rühmte Perlhuhntobe  Mittelsudans- 
Die  Tobe  ist  mehr  eine  Tracht 
der  Bewohner  Mittel-  und  West- 
afrikas, welche,  wie  in  Darfur, 
Waday,  Bagirmi,  Bornu  u.  s.  w. 
öfters  mehrere  derselben  überein- 
ander ziehen.  (Vgl.  übrigens  die 
Fig.  13  abgebildeten,  zum  Theil  mit 
Toben  bekleideten  Mandinka.) 

Die  heidnischen  Nigritier  begnü- 
gen sich  vielfach  mit  dem  gering- 
fügigsten Bekleidungsmaterial.  Die 
Galla,  Niam-Niam  und  die  Fan  hän- 
gen ein  paar  Leder-  oder  Pelzstücke 
vor  die  Geschlechtstheile.  Die  Berta 
tragen  letztere  frei  und  nur  das 
Gesäss  mit  Leder  oder  Pelz  bedeckt. 
Die  Kafifern  thun  desgleichen  oder 
bedienen  sich  selbst  kleiner,  zur 
Unterbringung  der  männlichen  Theile 
bestimmter  Suspensorien.  Die  Schil- 
luk,  Denka,  Bari  und  noch  manche 
andere  Stämme  des  Innern  ziehen  absolute  paradiesische 
Nacktheit  vor.  Unter  ihnen  nehmen  höchstens  die  ver- 
lieiratheten  Weiber  einen  Lederschurz  um,  wie  dieser 
auch  unter  Basuto,  Hottentotten  und  Busclimännern  in 
Gebrauch  ist.  Uebrigens  hängen  viele  der  nacktgehenden 
Schwarzen  noch  ein  Fellstück  über  die  Scliultern.  Der 
Karo.sa  oder  Mantel  der  Bantu  und  Hottentotten,  mancli- 


Fig.41.  Bodja(Bi8chari) 
mit  derFerdah  umhUHt. 


lläiisliclic  Kinrichtungen  u.     .  w.  <\>  v  Aiiiki:  r       \{)[) 

mal  u't'schniackvoU    aus    den    bunten    Kellen   «ler 

Antilopen,  der  Genettkatzen,  Schal)racken?<cluikale,  Hyä- 
nen und  selbst  der  JPanther  u.  s.  w.  zusammengenäht, 
bildet  den  ansehnlichsten  derartigen  Ueberhang. 

In  den  um  die  grossen  Seen  her  gelegenen  Ländern, 
z.  H.  in  Uganda  und  Unyoro,  ferner  im  Monbuttureiche 
werden  längere  oder  kürzere  Mäntel  und  Lendentücher 
aus  der  geklopften  Rinde  einer  Feigenbaumart  {Cro- 
stiffina)  von  zum  Theil  mächtigen  Dimensionen  verfer- 
tigt: diese  Stücke  pflegen  eine  decente  Verhüllung  ab- 
zugeben. Es  erinnern  diese  Rindenstoffe  an  die  Tapa 
der  Südsee-Insvlaner.  In  Loango  und  in  andern  Gegen- 
den Westafrikas  Hechtet  man  sehr  zarte,  biegsame  und 
elastische  Zeugstücke  sowie  hübsch  gemusterte  Mützen 
aus  den  Rlattfasern  des  Pandanus  und  der  Weinpalme, 
welche  Fabrikate  trotz  ihrer  stumpfen  Färbung  selbst 
unter  den  geschultesten  Vertretern  unserer  europäischen 
Textilindustrie  Wohlgefallen  erregen.  Der  Schwarze 
Guineas  pflegt  in  gewissem  Grade  bekleidet  zu  gehen 
und  der  Cabocir  oder  Häuptling  der  Aschanti  trägt 
mit  Wohlgefallen  die  hohen  gestickten  Lederstiefel,  in 
denen  sonst  noch  der  wehrhafte  Bambara  und  der 
Wolof  einherstolziren.  Üebrigens  bedienen  sich  sehr 
viele  Afrikaner  von  den  Berabra  und  Bedja  bis  zu  den 
Hottentotten  und  Buschmännern  der  zum  Theil  mit 
grösserm  oder  geringerm  Luxus  ausgestatteten,  häufig 
aber  auch  kunstlos  gearbeiteten  Sandalen. 

Zierath.  Kann  man  unsere  civilisirtesten  Nationen 
nicht  von  dem  Vorwurf  freisprechen,  häufig  genug  bi- 
zarren und  zum  Theil  recht  geschmacklosen  Putz  an 
ihre  allertbeuerste  Persönlichkeit  zu  verschwenden,  so 
wird  man  hierzu  noch  häufiger  gegenüber  dem  afrika- 
nischen Wilden  und  Halbwilden  genöthigt  sein.  In  der 
Stil-  und  geschmackvollen  Kunst  des  Orients  wird  nun 
zu  unserer  freudigen  Genugthuung  so  manches  Kleinod 
in  edelm  Metall  und  in  edelm  Gestein  hervorgebracht, 
in  Form  von  Halsschnüren,  Arm-,  Knöchel-  und  Finger- 
ringen,  von  Diademen   und    Regardez-moi,    welche   bei 


110 


Drittes  Buch. 


Monbattukrieger  mit  dem  Bindenschurz. 


Häusliche  Eiurichiunjren  u.  s.  w.  der  Afrikaner.      1  1  \ 

iem   Kunstfreunde    und   Kunstverständigen    nur   Wolil- 
^'ofallen    erregen    können.      Dergleichen    köstliche    Er- 
•:Tni88e,    in    deren    Herstellung   übrigens    der   Hausa- 
M,    der   Funje,    der    Berberi    und    Djaali    mit    dem 
ch  und  Mauren  wetteifern,  trifit  man  auf  den  Ba- 
li Aegyptens  und  des  Magreb,    in  Chartum  und  in 
l  nubuktu.    So  manches  hübsche  ägyptische  und  Mauren- 
uiädchen  erhöht  den  gleichsam  naiven  Reiz  seiner  Person 
durch    solches    Geschmeide.      Wer    möchte    sich    daran 
nicht    erfreuen!     Wenn     nur    der    hässliche    Nasenring 
nicht  wäre,    mit  welchem  z.  B.  die  mohammedanischen 
Weiber  der  afrikanischen    Nordhälfte   sich    zu   verschö- 
nern wähnen;  absurder  Geschmack,  der  sich   den  blau- 
tätowirten    Lippen    und    den    geschwärzten    Augenlied- 
rändern  würdig  anreiht  I 

Einen  scheusslichen  Eindruck  machen  die  S.  55  er- 
wähnten und  zum  Theil  daselbst  abgebildeten  Zie- 
rathen, welche  von  den  Weibern  der  Berta,  Bongo, 
Nuer,  Mittu,  Mangandja  u.  s.  w.  in  Form  von  Gras- 
stengeln, Eisen-  und  Steinkeilen,  Holzklötzen  u.  s.  w. 
in  die  Ober-  und  Unterlippen  gesteckt  werden.  Hierzu 
gesellen  sich  die  spitzgeschlagenen  (nicht  gefeilten) 
Schneidezähne.  Ein  altes  Mangandjaweib ,  mit  dem 
mächtigen  Lippenring,  der  durch  seine  Schwere  eine 
continuirliche  Mundsperre  erzeugt  und  zugleich  die 
raubthierartig  gespitzten  Vorderzähne  entblösst,  muss 
(nach  Livingstone's  Darstellung)  einen  wahrhaft  bestia- 
lischen Eindruck  hervorrufen.  Viele  nigritische  Stämme, 
wie  die  Zulu,  schlitzen  sich  auch  die  Ohrläppchen  auf 
und  erweitern  die  Löcher  durch  hineingesteckte  Blatt- 
•  n,  Ledercylinder,  Klötze  u.  s.  w.  auf  unförmliche 
^*  ■  ;>e. 

Kein  Zierath  findet  nun  durch  Afrika  eine  solche 
Verbreitung  wie  die  Glasperle;  sie  ist  einer  der  Haupt- 
einfuhrartikel und  wird  auf  verschiedenen  Plätzen  in 
Böhmen,  Frankreich,  Thüringen,  zu  Aachen,  Venedig 
11.  s.  w.  für  den  afrikanischen  Handel  geblasen.  Der 
Grösse    und   Form  nach   gibt    es    unendlich    zahlreiche, 


112  Drittes  Buch. 

vom  walnussdicken  kugelförmigen  Berred  oder  Taubenei 
bis  zu  den  kleinsten  Stickperlen.  Auch  die  Färbung 
variirt  ins  Unendliche.  Nirgends  zeigt  sich  übrigens 
die  Mode  tyrannischer  als  im  Vertriebe  der  Glasperlen. 
Ein  einzelner  Nigritierstamm  hängt  oft  durch  Gene- 
rationen an  einer  einzigen  Sorte  Perlen  von  bestimmter 
Grösse,  Form  und  Farbe  beharrlich  fest  und  verwirft 
jede  andere  Sorte.  In  sonstigen  Fällen  wechselt  die 
Vorliebe  für  diese  oder  jene  Perlensorte  mehrmals  im 
Jahre.  Mit  grosser  Willkür,  ja  oft  mit  einer  Art  kin- 
dischem Eigensinn,  fixirt  man  die  Preise  für  genannten 
Artikel;  der  Handel  in  dieser  Branche  erfordert  daher 
sehr  viel  Umsicht  und  Routine.  Die  Verwendung  der 
Glasperlen  ist  eine  höchst  mannichfaltige :  sie  werden 
zu  Hals-,  Arm-,  Knöchel-  und  selbst  Leibschnüren,  zur 
Verzierung  des  Rahad,  des  Kopfputzes  und  der  Vorder- 
schürze benutzt.  Bei  den  A-Bantu  sind  sehr  zierliche 
und  in  den  Dessins  oft  recht  gewählte  Perlensticke- 
reien gebräuchlich;  namentlich  sind  hier  blau-weisse, 
blau-gelbe  und  schwarz-weisse  Muster  beliebt. 

Statt  der  Glasperlen  dienen  häufig  echte  Korallen, 
Bernsteinperlen,  Achatstückchen,  Kiesel,  Thoncylinder, 
Harzkugeln,  die  zu  Blättchen  geschnitzten  Schalenstücke 
von  Süsswassermuscheln,  Kaurischnecken,  Pflanzensamen 
(namentlich  die  scharlachenen ,  schwarzgenabelten  des 
Ähnis  prccatoriiis),  selbst  Menschen-  und  Thierzälme 
zum  Putz.  Das  Elfenbein  wird  zu  Perlen,  Cylindern, 
Arm-  und  Fussringen  verarbeitet.  Aber  auch  der  Horn- 
stoff,  das  Haar  von  Elefanten,  Giraffen,  Büffeln  u.  s.  w. 
werden  zur  Herstellung  der  mannichfaltigsten  Zierathen 
verwendet.  Das  Leder,  dem  man  durch  gewisse  vege- 
tabilische Stoffe,  wie  z.  B.  durch  Modus  (Schoten  von 
Cassia  Ärereh)^  ferner  durch  die  Samenschalen  einiger 
Varietäten  des  Kafferkorns  oder  der  Negerhirse  {Dur- 
rahy  Sorghum)  hübsche  und  dauerhafte  Färbungen  zu 
geben  versteht,  dient  nicht  allein  zur  Verfertigung  von 
Kollern,  Schurzfellen,  Mänteln,  Stiefeln,  Schuhen  und 
Sandalen,  sondern  auch  von  Putzschnüren  oder  es  dient 


EUr    1  wn    aiuitrn    .-»cnmiu  K;_;c!^cn.sian<u*ii ,     /.uv 

Vert.  der    Kapseln    für    Amulete    (Hedjab    oder 

ifrigri)  iiiil  tlenen  sich  Funje,   BeJja,  die  Schwarzen  in 


Bornu,    die  Mandinka,   Wolof,    Aschanti  u.  s.  w.    zum 
Lächerlichwerden  behängen. 

Hierher  gehört  übrigens  auch  eine  kurze  Erörterung 
der   bei   den    Afrikanern    beliebten    Pflege   des   Haares, 


HABTMA.XN. 


114 


Drittes  Buch. 


der  Haut,  der  Nägel  und  der  Zähne.  Unter  vielen 
Abyssiniern,  den  Berabra  und  Bedja  sind  abenteuerliche 
und  im  Belieben  des  Stammes  wie  des  Individuums 
variirende  Arten  der  Haarfrisuren  üblich,  allerhand 
Flechten,  Raupen,  Wülste,  Locken  und  Strähnen.  Der- 
gleichen waren  auch  bei  den  wirklichen  Haaren  und 
den  Perrüken  der  alten  Aegypter  zu  sehen.  Letzteres 
geht  aus  den  Bildwerken,  Wandgemälden  und  Gräber- 
funden der  Iletu-Zeit  hervor.  In  ähnlicher  Weise  ordnen 
die  Funje,  Niam-Niam,  Balonda,  Wanyamesi,  Fan  u.  s.  w. 


Kuiwohner  aus  Manyema.     Fig.  45.    Jungfrau  au8  Ost-Manyema. 

ihre  Haare.  Monbuttu,  Waguha,  zum  Theil  ^uch  Fulbe 
decken  ihre  chignonartigen  Touren  und  mädchenhaft 
angelegten  Flechten  mit  federgeschmückten  Korbhüten. 
Ueberaus  abenteuerliche  Haartrachten  in  einer  kaum 
übersichtlich  zu  beschreibenden  Menge  von  Abänderungen 
sind  übrigens  bei  vielen  der  Nigritier  Central-  und  Süd- 
afrikas in  Gebrauch.  Was  soll  man  wunderlicher  finden, 
den  Strahlenkranz  der  Balonda  und  Niam-Niam,  das 
hohe  nn  die  Damenköpfe  der  Rouezeit  erinnernde  Toupet 
der  Galloa  und  anderer  westafrikanischer  Stämme,  die 
Locken  und  papillotenähnlichen  Anhängsel  der  Manyema 


i.ius 


I  Miirifuiinigi 


AiiiK.ii 


ir> 


oder  die  StatVelgellochte  der  Maschona.  Die  Scliam- 
haare,  selbst  die  Augenbrauen  werden  öfters  sorgfältig 
entfernt;  man  benutzt  zum  Ausreissen  derselben  ganz 
zierlich  gearbeitete  Pincetten. 

Einschnitte  und  Einstiche  in  die  Haut  sind  zahlreich 
in  Gebrauch  und  zwar  von  den  groben  Backen-  und 
Schliifenkerbungen  der  ßerabra  und  Bedja,  sowie  den 
rohen  Kreuzschnitten  der  Bantetsche  oder  Scratched 
faces  i^in  Loango)  bis  zu  jenen  zierlichem  guirlanden- 
artigen  Configurationen ,  mit  denen  z.  B.  die  Niam- 
Niam,  die  Weiber  der  Hammedj, 
Matambue,  Makonde,  Mangandja 
und  Machinga  sich  verzieren.  Auch 
sind  Bemalungen  mit  einer  Art 
weissen  Pfeifenthons  bei  den  Bari, 
mit  rothem  Ocher  bei  diesen,  den 
Berun  und  Berta,  mit  Rothholz  und 
mit  schwarzem  Gardeniasaft  bei  den 
Monbuttu  u.  s.  w.  üblich. 

Der  Afrikaner  liebt  sehr  die  Ein- 
fettung des  Körpers,  wodurch  er 
die  Haare  weich  und  elastisch,  die 
Haut  geschmeidig  erhält;  Insekten- 
stich, kriechendes  Ungeziefer,  der 
Sprödigkeit  der  Haut  erzeugende 
Sonnenbrand  und  die  Wirkungen 
differenter  Temperatur  finden  durch 
diese  Unctionen  ihre  Bemeisterung. 
Dazu  dienen  mancherlei  Substanzen 
Butter,  Ricinusöl,  Palmöl,  die  vegetabilische  Butter  des 
Schiabaumes,  endlich  als  seltener  Luxus  der  Kannibalen 
hier  und  da  Menschenfett.  Das  Fett  der  Schlangen 
und  Strausse  wird  mehr  als  Medicament  (bei  Erkäl- 
tung, Rheumatismusi  gebraucht,  dasjenige  von  Termiten 
und  von  Käferlarven  wandert  dagegen  lieber  in  den 
Kochtopf.  Krokodilmoschus,  celtischer Baldrian,  Weichsel- 
kirschen, Sandelholz,  Zibeth  u.  s.  w.  werden  zur  Geruchs- 
verbesserunsr  der  Fette  benutzt,    welche  letztere  ohne 

8* 


Fiy.  4n.    Pincette  der 
BoDgoweiber. 


wie  Hammeltalg, 


1  1  (^  Drittes  Buch. 

jene  Zusätze  jeden  Afrikaner  nach  geringer  Zeit  in  einen 
Stinkjochen  verwandeln  würden.  Immer  habe  ich  ge- 
funden, dass  Berabra  und  Nigritier  reinlichere,  mehr 
auf  Waschen  und  Baden  bedachte  Leute  seien,  als  der 
ägyptische  Fellach. 

3.     Bewafnung. 

Schiessgewehre  findet  man  jetzt  ausser  bei  den  mo- 
hammedanischen Berbern  noch  bei  vielen  Völkern  West-, 
Süd-  und  Ostafrikas.  Im  Innern  sind  diese  Art  Waffen 
zur  Zeit  nur  selten.  In  den  ersten  Jahren  unsers  Jahr- 
hunderts begnügte  man  sich  in  Afrika  mit  alten  aus- 
rangirten  Feuerschlossmusketen,  welche  man  mit  Me- 
tallringen, Kauris,  Lederschnüren,  Menschen-  und  Thier- 
haaren,  Grigris  u.  s.  w.  herausputzte.  Jetzt  ist  man 
hier  dagegen  kritischer  geworden  und  steigert  die  Nach- 
frage nach  bessern  Gewehren  von  moderner  Gonstruction. 
An  der  Guinea-  und  Ostküste,  in  Kaffernland  u.  s.  w. 
gewahrt  man  in  unsern  Tagen  einei  grosse  Anzahl  von 
Feuerwaffen;  englische  Agenten  vertreiben  hier  aus 
purem  Krämergelüst  Tausende  von  Musketen  für  guten 
Profit.  Die  Regierungen  der  östlichen  Boer-Republiken, 
von  Oranje-Frijstaat  und  Transvaal,  haben  es  noch  neuer- 
lich den  Briten  mit  Recht  zum  Vorwurf  gemacht,  dass 
letztere  die  stets  auf  Feindseligkeiten  gegen  die  Weissen 
bedachten  Eingeborenen  mit  so  gefährlichen  Waffen 
versähen.  Freilich  haben  die  Rothröcke  im  Aschanti- 
und  in  den  Kaffernkriegen  selber  viel  von  den  durch 
sie  verhandelten  Kugeln  zu  leiden  gehabt;  der  Zulu- 
könig Chotschwayo  lässt  sie  das  jetzt  gründlich  fühlen. 

Die  Abyssinier  verfertigen  noch  immer  ihre  alther- 
gebrachten plumpen  Luntenröhre  und  laden  sie  mit 
rundlich-geschlagenen  Eisenstücken. 

Die  eigentliche  nationale  Hauptwaffe  des  Afrikaners 
bildet  aber  die  Lanze;  sie  dient  theils  zum  Werfen, 
theils  sum  Stossen.  Unendlich  vielartig  ist  die  Gestalt 
der  Spitze,   von  der   zackig-pfriemförmigen    der  Denka 


r  Arrikiniti 


1  17 


an  i»is  zu  iier  breitblattigen  uer  südliclien  Gala  uutl 
zu  dem  schmaleru  Riesenblatte  der  Nuer.  Der  Haken 
ani  Spitzenstiel,  Damentlich  solcher,  die  sich  wie  Rechen- 


Frj.  41. 

SpeeTipilzender 

Betcbuaua. 


Fi'j.  46.    BoDgolanzeD. 


eisen  gegeneinander   biegen,   sind  vielerlei.     Auf  jeder 
Fläche  des  Lanzenblattes   läuft  in   longitudinaler  Rich- 
tung ein  Eisenkiel  und  dieser  ist  manchmal  sogar  nacli 
'  entgegengesetzter  Richtung  gedreht,  wodurch  dann  tiefe 


\  \  ^  Drittes  Buch. 

Blutrinnen  gebildet  werden.  Eisenspiralen,  Kupfer-  und 
Messingdrähte ,  Haare  und  Federn  sclimücken  den  aus 
Bambus  oder  mancherlei  zähen  Hölzern  verfertigten 
Schaft.  Die  in  geschlossenen  Legionsgliedern  fechtenden 
Zulu  dringen  phalanxartig  mit  gefällter  Lanze  auf  den 
Feind  ein,  diesen  durch  den  Anprall  in  Verwirrung 
bringend.  In  ähnlicher  Weise  kämpfen  die  Masay.  Der 
Wurfspiess  dagegen  leistet  auf  weitern  Abstand  nur 
wenig. 

Viele  Afrikaner,  wie  die  Berabra,  Bedja,  Funje, 
A-Bantu,  bedienen  sich  auch  des  Stockes  und  des 
Knittels  als  Waffe.  Diese  Geräthe  sind  von  sehr  ver- 
schiedenartiger Form  und  Länge,  hier  gerade,  da  ge- 
krümmt, bald  geknöpft,  bald  ungeknöpft,  mit  einem 
Endhaken  versehen  oder  nicht-,  sie  dienen  zum  Schlagen 


l-iy.  4'J.    K«ulen  der  Deuka.  Fig.  r)0.    Streitaxt  der  Basuto, 

und  zum  Werfen,  ihre  Wirksamkeit  ist  natürlicherweise 
nicht  beträchtlich. 

Dagegen  ist  die  Keule  in  der  Hand  des  Nigritiers 
eine  nicht  ungefährliche  Waffe,  so  namentlich  die  lange, 
bald  glatte,  bald  knotige  der  Denka,  oder  die  kürzere, 
aber  schwerere  Akazien-  oder  Ebenholzkeule  anderer 
Stämme  des  Weissen  Nilgebietes.  In  der  südlichen  Gegend 
der  grossen  Seen  und  bei  den  A-Bantu  ist  der  Kerri 
oder  Induku  im  Gebrauch,  eine  kurze,  mit  Endkugel 
versehene  Keule,  welche  dem  Teigreiber  unserer  Haus- 
haltungen ähnelt. 

Die  Streitaxt  bildet  ebenfalls  eine  afrikanische  Volks- 
waffe; gewöhnlich  besteht  sie  aus  einem  Holzstiel,  durch 
dessen  dickes  Ende  eine  eiserne  Klinge  getrieben  ist, 
das  eine  Ende  der  Klinge  ist  spitzig  und  gerade  oder 
gekrümmt,  das  andere,  hauptsächlich  zum  Schlagen  die- 
nende, zeigt  sich  beilartig  verbreitert.    Manchmal  sind 


ll.iiislu'lit^    Kiiiriclituni 


Afrik; 


11!» 


sächlich  bei  den  südlich  vom  Aequator  wohnhaften  und 
bei  den  Guinenstiinunen  angetroffen,  und  erweisen  sich 
als  sehr  wirksame  Waffen. 

Ausserdem  liebt  der  Afrikaner  eine  grosse  Mannicli- 
faltigkeit  schneidender  Instrumente.  Obenan  steht  das 
Schwert:  in  Nordafrika  ist  das  lange,  breite,  gerade 
Schwert  mit  Kreuzgriff  im  Gebrauch,  welches,  in  einer 
Lederscheide  getragen,  eine  el)en- 
80  malerische  wie  zuverlässige 
Waffe  abgibt.  (Vgl.  Fig.  2,  der 
Kamelreiter,  Fig. 41).  Die  Tuarik 
benutzen  zum  Theil  ein  gerades 
Schwert  ähnlicher  Kreuzheftung. 
Abyssinier  haben  den  Schotel, 
einen  langen  Säbel,  dessen  zwei- 
schneidige Klinge,  im  Winkel  ge- 
bogen, gleichsam  geknickt  er- 
scheint. Von  vielen  Ostafrika- 
nem,  z.  B.  den  Masay,  wird  ein 
Schwert  getragen,  dessen  Klinge 
sich  an  dünnem  Eisenstiel  plötz- 
lich sponton  -  pfeilförmig  ver- 
breitert. Die  meisten  Nigritier 
haben  kurze  Schwerter  von  sehr 
verschiedenartiger  Form,  mit  ge- 
raden oder  gebogenen,  bald  breit- 
oder       schmal  -  lanzettförmigen , 

manchmal  breit-l)lattförmigen  Kliniken.  IJei  den  Balonda 
und  andern  südlich  vom  Aequator  wohnhaften  Stämmen 
hat  die  Klinge  einen  eingebuchteten  oder  eingekerbten 
Rand.  Zwischen  den  Einbuchtungen  oder  Kerben  ist 
die  Schneide  convex  nach  aussen  gebogen.  Die  Klingen 
der  Fan-Schwerter  sind  oben  hakig,  unten  zungen- 
förmig.  Selten  wird  das  Schwert  blank  getragen,  meist 
"wird  es  in  eine  aus  Leder,  Fell,  l'^lfenbein.  Hörn  oder 
Baumrinde  verfertigte,  mehr  oder  minder  kunstvoll  ver- 
zierte Scheide  gesteckt. 


'l'-ir^i. 


120  Drittes  Buch. 

Eine  recht  mannichfaltige  Form  zeigen  auch  die 
überall  gebräuchlichen  Dolche  und  Messer.  Bei  den 
Berabra  sind  dieselben  breit-lanzettförmig,  diejenigen 
der  Bedja  zeigen  sich  hin-  und  hergekrümmt;  Somal, 
Danakil  und  Gala  haben  ein  breites,  krummes,  zwei- 
schneidiges Messer  im  Gebrauch;  die  Messer  der  Fan 
haben  kurze,  breite,  denen  riesiger  Radirmesser  ähn- 
liche Klingen;  die  Niam-Niam  und  Monbuttu  verzieren 
den  Griff  ihrer  Messer  recht  hübsch  mit  dünnen  Eisen- 
reifen.  Fast  alle  afrikanischen  Waffen  dieser  Art  haben 
ihre  Lederscheide,  die  bei  den  gekrümmten  Formen 
stellenweise  offen  bleibt,  um  das  Einstecken  und  Heraus- 
ziehen der  Klingen  zu  erleichtern.  Viele  Afrikaner 
tragen  ihr  Messer  am  linken  Arm,  andere  befestigen  es 
im  Leibgurt  oder  sie  schnallen  dasselbe  (wie  z.  B.  die 

Fig^  52.    Schvrert  aus  Kordofac.  Fiff   .'j3.    Messer  der  Berabra. 

Bedja)    mittels    eines     besondern    Bandeliers    um     die 
Hüfte  fest. 

Einen  höchst  eigenthümlichen  Kampfapparat  bilden 
jene  Waffen  der  Afrikaner,  welche  meist  aus  Eisen, 
seltener  dagegen  aus  Kupfer  verfertigt,  theils  zum  Schla- 
gen, theils  zum  Werfen  dienen;  sie  sind  unter  Teda,  Tuarik, 
Funje,  Margi,  Kanori,  Noba,  Niam-Niam,  Monbuttu  und 
Fan  im  Gebrauch:  man  belegt  sie  mit  den  Namen 
Trumbasch,  Kulbeda,  Schanger-Manger  u.  s.  w.  Die 
Kulbeda  der  Funje  ist  ein  langes,  schweres  Eisengeräth 
mit  lederumwickeltem  Griff  und  von  theils  gestreckter, 
geflammter,  theils  gekrümmter  Form,  auch  mit  vor- 
stehenden Zinken  versehen.  Bei  den  Monbuttu  zeigt 
diese  Waffe  häufig  sichelförmige  oder  säbelartige  Krüm- 
mungen, bei  den  Niam-Niam  zeigt  sie  sich  mit  oder 
ohne  sonderbar  beilähnlich  verbreiterte  Stellen.  Die 
sichelartige  (Monbuttu-) Form  dieser  Waffe  erblicken 
WM-  Ko.-..Uo    Mif  den    altägyptischen    Denkmälern  in  der 


Ifäuslirhe  Einrichtungen  u.  s.  w.  dnr  Afrikaner.      121 

Hana  i'haraonen    dargestellt;  uitl     bei    de» 

Masgu,  Margi  u.  s.  w.  ähnlich  wie  bei  den  Funje  auf^ 
diejenige  der  Tunrik  hat  eine  Gestalt,  wie  man  sie  auch 
unter  den  Niam-Niam  wiederfindet,  da  sieht  man  von 
dem  kurzen  mit  Bindfaden  u.  dgl.  umwundenen  Grifl'e 
aus  gar  seltsame  getheilte,  stellenweise  im  Zickzack 
gebogene,  mit  scharfen  blatt-,  schnabel-,  spatel-  oder 
zuDgenartigen  Ansätzen  versehene  Klingen  ausgehen. 

Bogen  und  Pfeil  werden  bei  den  Schür,  Bari,  So- 
mal,  Berun.  Aschanti,  Kanembu,  vielen  andern  Nigritier» 
Centralsudans,  den  Warna,  Doko,  Abongo,  Akka,  Busch- 
männern, Hottentotten  u.  s.  w.  benutzt.  Der  Bogen 
der  Bari  ist  lang,  mit  Eidechsenhaut  umwunden,  schwach 
gekrümmt  und  mit  starker  Sehne  von 
Bindfaden  versehen.  Die  Pfeile  sind  lang, 
seltener  mit  langen, spindelförmigen  Spitzen 
von  hartem  Holz,  gewöhnlich  dagegen  mit 
eisernen  Spitzen  von  der  denkbar  man- 
nichfaltigsten  Form  endigend.  Jeder  Pfeil 
hat  einen  Rohrschaft  und  an  dessen  freiem 
eingekerbten    Ende    auch    wol    eine    Be-     ,„    ^''J-  ''t- 

/»     1  T>'  T^r>  «1  •        r.  Trumbasch  der 

fiederung.  Diese  Pfeile  werden  in  Bün-  Xiam-Niam. 
dein  oder  in  einem  mit  Ziegen-  oder 
Chimpansefell,  auch  wol  mit  Kuhschwänzen  verzierte» 
Köcher  getragen.  Die  Mandinka,  Bambara  und  die 
Bewohner  von  Sangara  haben  ähnlich  geformte  sehr 
lange  Bögen  wie  die  Bari.  Eine  in  der  Mitte  einge- 
knickte Form  zeigen  diese  Waffen  unter  den  senegam- 
bischen  Felup,  den  Somal  und  andern  Afrikanern.  Die 
Hottentotten  und  Buschmänner  führen  kleine,  in  Form 
eines  weiten  Kreissegmentes  gekrümrate  Bögen  und 
kurze,  mit  dreieckigen  oder  zackigen  Spitzen  ge- 
krümmte Pfeile,  welche  letztere  theils  in  Köchern,  theils 
im  Haupthaar  (I)  getragen  wurden.  Bei  den  Hotten- 
totten ist  freilich  der  Bogen  wol  grösstentheils  durch 
das  Feuerrohr  ersetzt  worden.  Die  Akka  und  Abongo 
benutzen  denen  der  Südafrikaner  ähnliche  Bögen,  wie 
es  scheint  selbst  manche  Fulbe- Stämme. 


122  Drittes  Buch. 

In  Afrika  ist  das  Vergiften  der  Pfeile  sehr  gewöhn- 
lich. Die  Bari  und  Berun  nehmen  dazu  den  unver- 
fälschten rohen  Milchsaft  einer  Baumeuphorbie,  dessen 
Wirkungen  auf  die  thierischen  Gewebe  als  corrosive, 
ätzend-zerstörende  sich  erweisen.  Die  Buschmänner 
sollen  ihr  Gift  aus  Euphorbiensaft,  demjenigen  der  Gift- 
araaryllis,  aus  Schlangengift  und  auch  aus  dem  Saft 
einer  Käferlarve,  Ngwa,  bereiten.  Indessen  dürfte  in 
ihrem  Pfeilgift  Euphorbienmilch  ebenfalls  der  wirk- 
samste Bestandtheil  sein.  Diesem  scheint  auch  jenes 
Pfeilgift  angehört  zu  haben,  mittels  dessen  die  Fulbe 
von  Mandara  den  bornuesischen  Streitkräften  unter 
Baraka-Gana  und  Sidi  Bu-Bakr-Bu-Kallum  so  arg  zu- 
setzten.    Die   Fan    bedienen    sich    zur   Vergiftung    der 


Fig.  üj.    Bogen  und  Köcher  an  der  Ostküste. 

Samenkörner  einer  Liane,  vielleicht  einer  rankenden 
Asclepiadee. 

Eine  sehr  interessante  Waffe  bildet  die  Armbrust  der 
Fan;  sie  hat  etwa  vier  Fuss  Länge,  ist  aus  zähem  Holze 
geschnitzt  und  hat  einen  eigenthümlichen  Apparat  zum 
Losschnellen  der  vergifteten  Pfeile;  zum  Spannen  der 
Sehne  sind  Hände  und  Füsse  erforderlich.  Bastian 
nimmt  an,  dass  das  Modell  zu  diesem  Wehrstück  den 
alten  Portugiesen  entlehnt  sei. 

Schilde  sind  vielfach  üblich;  derjenige  der  östlichen 
Gala  und  ein  Theil  der  Somal  deckt  nur  die  Faust. 
Er  wird  aus  der  Haut  des  Rhinoceros  u.s.  w.  verfertigt  und 
sehr  künstlicli  gepresst.  Einen  länglichen  Parierschild 
benutzen  die  Denka.  Unter  Berabra  und  Bedja  sieht 
man   den   runden,    stark   genabelten    Schild  (s.  Fig.  2) 


HüunIIiIu-  Elnrlrlituii-rn 


r  Afrikaner.     123 


HU8  nüfTelli i  "•■.r    ...^..v .;;  ;iien  länglichen,  eben- 

iUs  genabelton,    oben  und  unten  verjüngten,   künstlich 
iiwärzten  SchihI   aus  der  lUickenhaut  grosser  Anti- 
!  oder  der  Girafl'en  vor,  bei  den  Kanembu  und  Mon- 
sind    hohe    Schilde    aus   leichtem   llol/e,    bei   den 
i-Niaui  zierlich  aus  Stuhlrohr,   Hat  tan,    geflochtene 
M  Gebrauch.     Aehnliehe    zeigen    sich    auch    unter   den 
'an,    die    ausserdem    noch    grosse 
lereckige  Klefantenhautschilde  an- 
wenden.    Die    Masay    decken    sich 
hinter  mächtigen,  weiss-  und  rotli- 
gefelderten  Ledertartschen,  während 
die  Kaffern  an  ihren  gleichfalls  sehr 
hoben  breiten  Schilden  von  Rinder- 
haut aussen   die  bunten  Flecke  des 
behaarten  Felles  belassen.    Die  Bet- 
na    haben    einen    kleinern,    an 
'  i\     Seitenwänden     tief     einge- 
uchteten,    oder   bald    oben,     bald 
nten,  bald  auf  ditsen  l><.;.1..ii  '^^pifrM» 
eflügelten  Schild. 


Schild  der  Funjc. 


Fifj.  r,7.    Arabischer  Soldat 

«les   Sultans    von    Zanziltar 

mit    dem   FaustHchilde  der 

Snmal  u.  s.  w. 


Man  benutzt  zur  Anfertigung  dieser  Schutzwaffe 
zum  Theil  sorgsam  präparirte,  zum  Theil,  wie  bei  den 
Kaffern,  ungegerbte  Haut.  Meist  bedient  man  sich 
eines  an  der  hintern  Schildfläche  angebrachten  Trag- 
holzes, dessen  oberes  Ende  die  A-Bantu  in  phantasti- 
scher Weise  mit  Federn  oder  Säugethierschwänzen 
verzieren. 


Ifäuslicli'    F'nrlchturi^rn  u.  s.  w.  der  Afrikaner.      125 

.V .  .^.....   .,uu;...    ; ..  urwiilint   zu  werden,  dass 

manche  Afrikaner  gewisse  pnnzerartige  Bedeckungen 
f  '  n  Körper  benutzen.  Das  einfachste  derartige 
1  V    ist    drr    Lederkoller   der    Musgu.      In    IJornu 

.it  man  schon  wirkliche  Brustpanzer  mit  Blechschie- 
uen;  hier  ist  auch  schon  das  aus  Drahtringen  ver- 
fertigte Panzerhemd  in  Gebrauch.  Das  letztere  und 
ler  mit  Panzerringen  behangene  Eisenhelm,   selbst  ei- 

erne  Annschienen,  benutzen  ferner  die  B'unje  und  Bedja. 


Fig.  ."»!>.     Brust- 
paoser,  Bornu. 


^'- 


i»..Tartige  i^nr/frii»  iiidm  >ina  iii«m-t  persiscJie?  Fabrikat; 
sie  gehen  aus  den  Waffenschmieden  von  Korassan,  Schi- 
as  u.  s.  w.  hervor.  In  Sennar  wie  in  Bagirmi  sucht 
man  Reiter  und  Boss  auch  noch  mit  baumwollenen, 
in  regelmässigen  Carreaux  gesteppten  Decken  zu  schützen. 
Gegen  Pfeilschüsse,  Lanzenstösse  und  matte  Kugeln 
sichert  freilich  ein  solches,  übrigens  recht  ungeschlachtes 
Rüstzeug  ganz  wohl.  Der  Pferdekopf  wird  bei  den 
Kanori  und  Funje  überdies  mit  breiten  Eisenschienen 
bedeckt. 


126  Drittes  Buch. 

i.     Ackerhau  imd  Viehzucht. 

Afrika  liefert  eine  Menge  wichtiger  und  interessanter 
Bodenproducte.  Manche  derselben  scheinen  dem 
Continente  eigenthümlich  und  erst  von  da  aus  über 
andere  Länder  verbreitet  worden  zu  sein.  Indessen 
sind  die  Ansichten  hierüber  abweichender  Natur.  Leider 
verbietet  es  uns  hier  der  Raum,  auf  diese  so  anregenden 
Streitfragen  näher  einzugehen;  begnügen  wir  uns  hier 
damit,  die  thatsächlichen  Yerhältnisse  anzugeben. 

Hauptbrotfrucht  Afrikas  ist  das  Sirch-  oder  Sorghum- 
korn, auch  Negerhirse  oder  Kafferkorn,  arabisch  Durra 
genannt  (Sorghum).  Man  baut  diese  Frucht  auf  hin- 
länglich feuchtem  Boden  von  Aegj^pten  an  bis  zum  Cap 
liinunter  und  zwar  in  verschiedenen  Varietäten,  welche 
in  der  arabischen  Sprache  und  in  den  nigritischen 
Idiomen  mancherlei  Specialnamen  führen.  Dieser  Halm- 
frucht gesellt  sich  der  Dochn  bei  (Penicillaria)y  welcher 
einen  etwas  sandigem  Boden  verträgt;  mit  letzterm 
nimmt  auch  der  Mais  (Zca  Mays)  fürlieb.  In  Abyssi- 
nien  und  Centralafrika  baut  man  die  Dagosa  oder  Da- 
goscha  (Eleusine).  Weizen  ist  über  Aegypten,  das 
Magreb,  Nubien  und  Abyssinien  verbreitet;  in  diesem 
Lande  soll  man  ca.  zwanzig  Varietäten  desselben  bauen. 
Gerste  wird  in  Nordafrika  und  in  Abyssinien  in 
16 — 18  Spielarten  cultivirt.  Letzterm  Gebiete  und  den 
mittlem  Galaländern  gehört  auch  Tef  (Eragrostis)  an. 
Der  Roggenanbau  ist  auf  Aegypten  und  Abyssinien  be- 
schränkt. Reis  ist  über  Aegypten,  das  Magreb,  den 
Westen  und  Osten  verbreitet.  Diese  sämmtlichen  Ge- 
wächse dienen  zur  Bereitung  von  Brot,  Mehlspeisen, 
von  Bier  (zu  welchem  unter  anderm  Gerste,  Sorghum, 
Dochn,  Dagosa,  Tef  und  Mais  die  hauptsächlichen  In- 
gredienzien liefern)  und  von  Schnaps.  Das  Stroh  passt 
»Is  Futter  und  zum  Hüttenbau  (z.  B.  Sorghum,  Dagosa). 
.\n  Futterkräutern  liefert  Nordafrika  Alexandrinerklee 
(Trifolium  alexandrinum) ^  Luzerne  (Medicago  satica), 
1  'M'infMi,    I.nbien  (Dolichos),    Hafer  (in  Südabyssinien), 


Hausliche  Einrichtungen  u.  Afrikaner.     127 

-chotenweiderich  (EpUohium)^  Haifa  {Poa  cynosuroide8)\ 
ier  Westen  liefert  Guineagras  (Pajiiciim  ma.iinmm?)y 
las  Innere  Mais-,  Sorghum-  und  Dochnstroh,  unzählige 
vilde  Gräser,  Kräuter,  Haumblätter  u.  s.  w.  u.  s.  w. 

Reich  ist  Afrika  an  Oel pflanzen.  Bemerkenswerth 
sind  in  dieser  Hinsicht  Ricinus,  Sesam,  Oelbauni  (Olea)^ 
Erdnuss  (Arachis),  Nuk  (Guizotia)  in  Abyssinien,  halb 
angebaut  sind  im  Centrum  u.  s.  w.  Kindi  (Hypiis  sinci- 
!'ra)y  Schia-  oder  Butterbaum  (Butyrospermum),  die 
üelpalme  (Elaeis)  im  Innern  und  im  Westen.  Wild 
wächst  die  Lophira  alafa  der  Monbuttu.  Ich  schweige 
"lier  von  einer  Anzahl  untergeordneter,  Fette  liefernder 
lewächso,  an  denen  namentlich  das  Magreb,  Aegypten 
und    '  n  recht  reich  sind. 

Gev;^_>-:_::e  liefern  der  Hanf,  Lein,  Haifa  oder  Ged- 

dim   (Sfipa  tenacissima) ^    die  Baumwolle,   Sencha  (Ly- 

/?),   eine  Nesselart  (Urtica  nivea)^   eine   Zellenlinde 

horus  fextilis),  der  Rokko-Feigenbaum  (Urostigma)^ 

.\q  Weinpalme  (liaphia   vinifcra^  Westafrika),  Panda- 

'/5,  eine  Art  Eibisch  (Ilibisciis  cmmahinns  —  im  Nil- 

iial,    in    Centralafrika).      Zum    Färben    dienen   Indigo, 

Krapp,  Henna,  Saflor,  Gardcnia,  Rothholz  (Pterolohium) 

und  andere  Producte. 

Von  diesen  Gewächsen  finden  sich  Sorghum  (in  Seu- 
nar),  Reis  (z.  B.  Oryza  punctata  in  Kordofan),  Ricinus 
•n  Sennar,   Abyssinien),   die    Oelpalme    (in  West-   und 
entralafrika),    die    Weinpalme    (daselbst),    Baumwolle 
in  Kordofan,  Sennar,    in  manchen  Gegenden  zwischen 
Zambezi   und   Oranjefluss)  wild.    Andere  Forscher  sind 
freilich    der   Ansicht,    es   handle   sich  hier  nur  um  ur- 
'^'lich  cultivirte,  später  verwilderte  Pflanzen.     Letz- 
kann nicht  bewiesen  werden.     Der  Weg  der  Cul- 
irverbreitung  dieser  Pflanzen  ist  noch  zweifelhaft;  bei 
ndem    kennt   man  diesen  Weg  genauer.     So  ist  z.  B. 
Manihot   von  Südamerika  (Brasilien)    aus   über   Angola 
nach  dem  Innern   gelangt.     Yamswurzel,    Bataten,   die 
Luftwurzelknollen    der  Helmia   finden  sich  in  verschie- 
denen   Tropenländem,    in   Afrika    auch    zum    Theil    in 


128  Drittes  Buch. 

wildem  Zustande;  sie  dürften  sich  hier  als  einheimisch 
erweisen. 

Was  nun  die  obenerwähnten  Culturgewächse  anbe- 
trifft, so  will  ich  nur  bemerken,  dass  afrikanische 
Baumwolle  zum  Theil  als  vorzüglich  gilt,  dass  ägyp- 
tischer Flachs  und  Hanf  auf  den  Märkten  mit  Ehren 
bestehen,  dass  ebenso  ägyptischer  Krapp  und  Saflor 
von  europäischen  Auftraggebern  gesucht  werden,  dass 
aber  z.  B.  aller  afrikanische  Indigo,  soviel  auch  davon 
Aegypten,  Nubien,  Centralsudan  und  Guinea  cultiviren, 
soviel  auch  zum  Färben  der  Toben  (S.  108)  u.  s.  w.  ver- 
braucht wird,  nicht  viel  taugt.  Dieser  Indigo  hält  keine 
Concurrenz  z.  B.  mit  den  weit  bessern  in  den  höhern 
Gegenden  Indiens  (Himalaja)  und  in  Mittelamerika 
{z.  B.  in  Costa-Rica,  Tehuantepec)  producirten  Sor- 
ten aus. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  den  afrikanischen  Frucht- 
pflanzen, so  finden  wir  unter  ihnen  z.  B.  eine  An- 
zahl, deren  Ursprung  zweifelhaft,  andere,  deren  Her- 
kunft dagegen  sichergestellt  erscheint.  Obenan  steht 
unter  diesen  nützlichen  Gewächsen  die  Banane.  Die 
über  einen  grossen  Theil  der  afrikanischen  Tropen- 
länder verbreitete ,  gebirgige  Gegenden  hauptsächlich 
liebende  Wildbanane,  die  Enset  der  Abyssinier  (Musa 
Ensete)^  wird  von  Schweinfurth ,  wenn  auch  mit  Re- 
serve, für  die  wahrscheinliche  Urform  der  Culturbanane 
gehalten,  lleuglin  fand  ausgedehnte  Anpflanzungen  der 
(zahmen)  Enset  in  Habesch,  nämlich  im  Woinathal,  in 
Sabra  und  Schoada  am  Bellegas;  Harris  fand  deren  in 
Schoa,  Speke  in  Uganda.  Die  jungen  Schossen  bilden 
ein  Hauptgemüse  vieler  Abyssinier.  Culturbananen 
(Musa  sapicntum  und  paradisiaca  —  vor  allem  erstere) 
erzeugen  ungeheuere  Plantagen  in  gewissen  für  ihre 
Pflege  besonders  geeigneten  Gebieten,  wie  Uganda,  Mon- 
buttuland,  Angola  und  Benguella  u.  s.  w. 

Während  die  Oelpalme  nur  in  geringem  Grade  eine 
aur  Speise  geeignete  Frucht,  nämlich  ihre  süsse,  fettige 
Pf1nnn,o  -Urbictet,  liefern  die  im  wilden  und  auch  halb- 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     ]^Ji) 

angebauten,  sowie  durchaus  cultivirten  Zustande  ge- 
deihenden l)elel)j>almen  (liora^st(s  Acthiojinm)^  die  Dom- 
palmen (Jft/yhnfnc  thchaica)  und  die  Argun  (H.  ArptnO 
eine  nur  dürftige  Fruchtnahrung.  An  den  tropischen 
Küsten  zeigt  sich  die  kosmopolitische  Kokospalme,  im 
Korden  die  Dattelpalme,  beide  unvergleichliche  Frucht- 
bäume. Die  Dattelpalme  bringt  in  Dongola,  in  Wargla, 
Tuggurt  und  im  Biled-el-Djerid  ihre  schönsten  Pflaumen 
hervor,  dagegen  hört  ihre  Cultur  im  Süden  des  14" 
nördl.  Br.  allmählich  auf.  Einzelne  unfruchtbare  und 
in  ihrer  sonst  so  stolzen  Wedeltracht  herabgekommene 
Exemplare  verleihen  noch  kleinen  Gärtchen  des  Innern, 
z.  B.  in  der  Seriba  des  Funjekönigs  am  Guleberge, 
einen  dürftigen  Schmuck.  Wilde  Dattelpalmen 
(Phoenix  sjfiiwsa^  Phoenix  recUnata)  treten  in  den  Wäl- 
dern des  mittlem  wie  südlichen  Afrika  auf;  aus  einer 
derselben  möchte  wol  die  Cultur-Dattelpalme  des  Nor- 
dens (und  auch  Westasiens)  hervorgegangen  sein. 

Während  die  gewöhnliche  Feige  (Ficus  carica)  nur 
im  Norden  und  im  äussersten  Süden  fortkommt,  liefern 
die  überall  nach  der  Mitte  hin  verbreiteten  Sykomoren 
Früchte,  welche  wegen  ihrer  Insipidität  eher  von  Affen 
als  von  Menschen  verzehrt  werden.  Häufiger  geniessen 
die  herrlichen,  weitästigen  Sykomorbäume  als  schatten- 
spendende Patriarchen  einer  ganz  besondern  Pflege 
seitens  der  Afrikaner.  Unter  heidnischen  Gala  gilt 
dieses,  in  Abyssinien  Worka  genannte,  Naturerzeugniss 
sogar  ebenso  gut  für  heilig,  wie  das  im  Bertalande  mit 
den  verwandten  Urostigmenarten  der  Fall  ist.  Der  Schup- 
penapfel (Anona  sencgalcnsis)  gewährt  in  Central-  und 
Westafrika  nur  einen  geringen  Abglanz  der  heiTlichen 
Frucht,  welche  als  Gischda  die  Tische  der  Grossen  in 
Aegjpten  und  zu  Chartum,  als  Cherimoya  diejenigen 
der  reichen  Creolen  in  Peru  u.  s.  w.  ziert.  Einen 
wilden  Brotfruchtbaum  (Artocarpus)  bergen  waldige 
Gegenden  des  Innern,  während  die  verwandten,  eine 
Wohlthat  Indiens  und  Polynesiens  bildenden  Arten 
(Artocarj/us  incisa,    integrifolia)    nur    an    begünstigten 

Haktxabx.  {) 


130  Drittes  Buch. 

Küstenplätzen,  z.  B.  des  Ostens  und  Südostens,  voll- 
kräftig  gedeihen.  Die  köstliche  Mangofrucht  ist  eben- 
falls ein  Fremdling  auf  afrikanischen  Küstengebieten. 

An  andern  fremden  Tropenfrüchten  und  an  Agrumi 
oder  Südfrüchten  fehlt  es  hier  und  da  nicht.  Manche 
derselben  arten  jedoch  aus;  so  erhalten  z.  B.  die 
Orangen  in  Ostsudan  einen  faden,  wässerigen  Geschmack. 

Cactns  ojmntia  ist,  wie  die  Agave,  von  Amerika  her 
eingeführt  und  hat  sich  vom  Norden  und  Süden  aus 
an  manchen  trockenen  Stellen  völlig  eingebürgert  und 
sehr  stark  vermehrt.  In  Südafrika  soll  jetzt  der  Cactus 
beträchtlich  wuchern  und  sich  mit  seinen  dornigen  Ge- 
hegen in  alle  möglichen  Gebiete  eindrängen.  Die  mit 
feinen  Stacheln  besetzten  Früchte  finden  (auch  unter 
dem  arabischen  Namen  Dornenfeige  —  Tin  schoki) 
hier  und  da  Raum  auf  den  Märkten. 

Afrika  liefert  eine  Anzahl  von  Waldfrüchten,  welche 
nach  dem  Urtheile  einiger  Reisenden  nach  Pfeiferkuchen 
und  Chocolade  schmecken  sollen.  Ich  finde  den  erstem 
Geschmack  wol  an  den  Domfrüchten,  den  zweiten  an 
gewissen,  wahrscheinlich  zu  Zizyphus  gehörenden  Früch- 
ten der  Landschaften  Roseres  und  Fazoglo  ausgeprägt. 
Säuerlich-süss  sind  die  Beeren  der  Lotosbäume  (Zi- 
zyphus  Sx>ina  Christi^  Biospyros  lofosj,  theils  kressen- 
artig und  dabei  süsslich  diejenigen  des  Schau  oder 
Suak  (Salvador a  persica),  sowie  diejenigen  des  Tundub 
(Sodada  decidna).  Einen  Mischgeschmack  nach  Schmier- 
seife, Honig  und  ranzigem  Oel  verräth  der  Iledjlidj 
(von  Balanites  aegyptiaca)^  einen  Doppelgeschmack  von 
Mispeln  und  Kressen  der  Chum  (von  StrycJinos  innocuo). 
An  Ananas  erinnern  die  Deleb fruchte.  Im  Innern 
und  im  Süden  mag  es  noch  manche  andere  besser  oder 
schlechter  schmeckende  Waldfrüchte  geben,  die  bisher 
wenig  oder  gar  nicht  bekannt  geworden  sind.  In  Natal 
bereitet  man  unter  anderm  eine  wohlschmeckende  Con- 
serve  aus  Amatungula,  deren  botanische  Herkunft 
mir  zweifelhaft  geblieben  ist.  Die  Eingeborenen  sam- 
meln  alles  solches  Zeug   und   geniessen    es   frisch,    ge- 


Hän^licho  Einriobtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.      131 

trocknet  inannichfach    zubereitet.     Aus   Nebbek, 

Frucht  vom  Sidrstrauch  (Zizijphus  Spina  Christi )y 
werden  Brote  und  Fladen  geknetet,  ähnlich  wie  dies 
am  Sinai  aus  Datteln  und  in  Syrien  aus  Aprikosen 
(Mischmisch)  geschieht. 

Wilde  Weinrebe  (] Itis  aht/ssifiica  etc. )  durchrankt 
im  Osten  und  im  Süden  die  Wälder  mit  Ungeheuern 
Festons.  Die  Beeren  dieses  Gewächses  sind  ohne  Be- 
deutung. Der  veredelte  Weinstock  ist  von  den 
Aegj-ptern  vielfach  angepflanzt  und  zur  Herstellung  von 
Traubensaft  benutzt  worden.  Bacchische  Gelage  mit 
Spiel  und  Gesang  scheinen  bei  den  geistvollen  und 
lebenslustigen  Retu,  welche  von  oberflächlichen  tou- 
ristischen Simpeln  hier  und  da  als  ein  verfinstertes, 
stockabergläubisches,  philiströses  Geschlecht  dargestellt 
worden  sind,  an  der  Tagesordnung  gewesen  zu  sein. 
Heutzutage  liefert  der  Weinstock  in  Nordafrika  mancher- 
lei Traubensorten  von  nur  geringer  Güte;  dagegen  hat 
die  Weincultur  bekanntlich  am  Cap  eine  eigenthümliche 
Blüte  erreicht  und  erfreut  die  civilisirte  Menschheit 
mit  den  alleredelsten  Producten. 

An  Gewürzpflanzen  ist  Afrika  nicht  so  reich  wie 
andere  Tropenländer,  wie  z.  B.  West-  und  Ostindien. 
An  der  Ostküste  hat  man  den  Gewürznelkenbaum,  Zimmt- 
baum,  Muskatnussbaum  u.  a.  angepflanzt,  und  diese 
gedeihen  dort  recht  gut.  Auch  die  Westküste  zeigt 
Anpflanzungen  solcher  exotischen  Gewürzpflanzen.  Afrika 
producirt  aber  selbst  deren  einbeimische,  so  z.  B. 
im  Nordosten  und  Osten  noch  manche  wenig  bekannte 
Amomaceen,  femer  den  Malaguettapfeff'er  (Amonwm 
granum  Paradisi),  den  Aschantipfeff'er  {Cubeha  Clusü) 
u.  8.  w.  Der  rothe  Pfeö'er,  arabisch  Schideda  (Cap- 
sicum  frutescens,  coiiicum),  der  Eppich,  Koriander, 
Bockshomsamen,  Schwarzkümmel.  ^'  "♦'  w^rdon  nament- 
lich im  Osten  angebaut. 

Einen  grossen  Formenreichthum  zeigi  der  (xemüse- 
bau  der  Afrikaner.  In  den  gemässigten  Gegenden  des 
Nordens  gedeihen  viele  Kohlsorten,  Kresse,  Salat,  liat- 

9* 


132  Drittes  Buch. 

tich,  Spinat,  Sauerampher,  Rettich,  Runkelrüben,  Por- 
tulak, Meluchie  (Corchorus) ,  Endivien  u.  s.  w.  Am 
Cap  findet  man  alle  nur  denkbaren  europäischen  Ge- 
müse in  bester  Qualität.  Strauchbohnen,  Lablab,  Lubien 
(Bolichos  labial),  nüotica),  Lupinen,  Bohnen,  Saubohnen, 
Linsen,  Erbsen,  Platt-  und  Kichererbsen,  Artischoken, 
Eierpflaumen,  Tomaten,  Eibisch  (Hibiscus  esculentus, 
arabisch  Bamie)  werden  selbst  noch  in  manchen  äqua- 
torialen Gegenden  mit  bald  mehr,  bald  weniger  Glück 
cultivirt.  Die  Gurkenarten  zeigen  sich  reichlich  ver- 
treten: neben  unserer  gemeinen  Gurke  finden  sich  im 
Nordosten  die  wohlmundende  Chate,  der  Dudaim,  die 
Karakuse;  die  süsse,  die  Wassermelone,  der  Flaschen- 
kürbis sind  hier  überall  verbreitet;  letzterer  erscheint 
in  den  allermannichfaltigsten  Varietäten.  Die  Wasser- 
melone tritt  in  manchen  trockenen  Strichen  wild  auf. 
Die  südlichen  Wüsten,  z.  B.  die  Ealihari,  sind  re'ich 
an  wilden  saftreichen  Melonenpflanzen,  an  deren  Fleisch 
sich  die  herumstreifenden  grossen  Thiere,  sogar  der 
Löwe,  ferner  auch  nomadisirende  Menschenstämme  er- 
quicken. Leider  hat  man  bisjetzt  noch  keine  Versuche 
zum  Anbau  und  zur  Veredelung  so  vieler  dieser  sicher- 
lich Grosses  versprechenden  Cucurbitaceen  gemacht. 

Endlich  sind  einige  harzliefernde  Pflanzen  zu  erwäh- 
nen, welche  hier  und  da,  wenn  auch  nicht  einem  regel- 
rechten Anbau,  so  doch  wenigstens  einer  gewissen  Scho- 
nung und  durchdachtem  Ausbeutung  unterliegen.  So 
z.  B.  im  Nordosten  der  Papierrindenbaum  (Bosivellia 
papyrifern),  dessen  Harz,  arabisch  Kafal  oder  Liban, 
zum  Dichten  von  Gefässen  und  zum  Räuchern  dient, 
im  nördlichen  Somallande  der  echte  Weihrauch  (von 
BostvclUa  Carterii),  sowie  geringere,  ebenfalls  die  Harze 
von  Boswellia-Arten  bildende  Sorten.  J.  M.  Hilde- 
l)randt,  dem  wir  letztere  Angaben  verdanken,  glaubt, 
auf  Lepsins  sich  stützend,  dass  „Punt"  der  altägyp- 
tischen Inschriften  das  Somalland  bezeichne;  das  hat 
jedenfalls  vieles  für  sich. 

Von   einer    eigentlichen  Waldcultur    ist   in   Afrika 


Häusliche  Kinriohtungeii  ler  Afrikaner.     KJ.'J 

keine  Rede.  Man  begnügt  sich  vielmehr  damit,  diese 
oder  jene,  den  Ansiedelungen  zufallig  benachbart  wach- 
sende Waldbaume  u.  s.  w.  in  gewisse  Affection  zu 
nehmen,  sie  regelrechter  auszubeuten  und  ihnen  einen 
bedingten  Schutz  gegen  äussere  Schädigung  angedeihen 
zu  lassen.  So  überwacht  man  unter  andcrm  die  Bao- 
babs (Adansofu'a  diffitnia),  deren  Rinde  man  als  Bast, 
deren  frische  Blätter  man  als  Suppenkraut,  deren 
Früchte  man  als  Erfrischungs-  und  Heilmittel  benutzt. 
Aehnliches  geschieht  mit  dem  Rokko  (Urostigma  Kot- 
schjfanum)^  dem  das  Rindenzeug  liefernden  Baume  der 
Waganda,  Wanyoro,  Monbuttu  u.  s.  w.  (S.  109).  Im 
Lande  des  letztgenannten  Volks  hält  Schweinfurth  den 
Rokkobaum  nur  für  angebaut. 


Abyssiniscber  Pflug. 

Die  Schilluk  und  viele  andere  Nigritier  pflegen  in 
Nähe  ihrer  Dörfer  wachsende  Deleb-  und  Dompalmen. 
Riesige  Crataeva-  und  Ficusbäume  sind  in  Nordost- 
afrika Gegenstand  eines  allgemeinen  Schutzes,  und  sah 
ich  die  prächtigen  grau-weissen  Stämme  des  StercuUa 
Hartmanniana  bei  Dörfern  durch  Negerbuben  sorgfältig 
von  angeklebten  Termitenröhren  reinigen.  Oefters  be- 
findet man  sich  im  Unklaren  darüber,  ob  derartige 
Schutzmaassregeln  für  sonst  wildwachsende  pHanzliche 
Erzeugnisse  nicht  als  Gegenstände  eines  geregeltem 
Pflanzenanbaues  zu  betrachten  seien.  Eine  Entscheidung 
kann  hier  unter  Umständen  recht  schwer  werden. 

Als  hauptsächliches  Ackergeräth  dient  in  einem  Tlieile 
Afrikas  der  Pflug;  er  zeigt  in  Abyssinien,  Aegypten  und 
im  Magreb  eine  noch  ursprüngliche  rohe  Form.  Hier 
freilich  finden  jetzt  der  verbesserte  amerikanische  und  der 


134  Drittes  Buch. 

Dampfpflug  neben  manchen  modern-europäischen,  durch 
Ochsen  u.  s.  w.  bewegten  Formen  seinen  Eingang. 
Im  Süden  des  14  ^  nördl.  Br.  hört  der  Pflug 
meist  auf  in  Gebrauch  zu  bleiben,  da  tritt  die  ein- 
fachere Hacke  in  ihre  Rechte,  hier  an  kurzem,  da  an 
langem  Stiel  befestigt  und  mit  sehr  verschiedenartig 
gestaltetem  Eisen  versehen.  Bei  rohern  und  bei  den 
unter  dürftigen  Verhältnissen  lebenden  Stämmen,  z.  B. 
bei  versprengten  Bedja,  Nigritiern  u.  s.  w.  thut  auch 
ein  zugespitzter,  vielleicht  noch  im  Feuer  gehärteter 
Stock  das  Seinige.  In  Ost-  und  in  Centralsudan  ist 
vielfach  der  Melot  oder  Molot  üblich,  ein  kleines  Spaten- 
eisen, welches  zugleich  als  Han- 
delsartikel dient.  Die  Funje  neh- 
men eine  kurzstielige,  die  Basuto 
u.  s.  w.  dagegen  eine  langstielige 
Hacke  zur  Hand. 

Zum  Mähen  dient  eine  Sichel, 
oder  wenigstens  ein  sichelartig 
gekrümmtes  Eisen.  Manche  Acker- 
pflanzen von  niedrigerm  Wachs- 
thum  werden  mit  der  Hand  aus- 
gerauft. Baumwollkapscln  und 
t'iff.62.  Molot  oder  Melot.  verschiedene  Früchte  werden  ab- 
gepflückt. In  Aegypten  benutzt 
man  den  auch  in  Syrien  und  in  manchen  Theilen  der 
Iberischen  Halbinsel  gebräuchlichen,  von  Rindern  ge- 
zogenen Dreschschlitten;  in  andern  Gegenden  lässt  man 
die  Körnerfrucht  durch  Menschen,  Rinder  oder  Pferde 
austreten,  man  schlägt  sie  mittels  Stöcken  aus  oder 
klopft  sie  lose  mit  Steinen.  Dochn-  und  Maiskolben, 
sowie  Sorghumähren  werden  öfter  ganz,  wie  sie  sind, 
abgeschnitten,  getrocknet  und  in  Vorrathsräumen ,  in 
Töpfen,  Körben  oder  Gehängen  aufbewahrt,  sogar  nur 
auf  freistehenden  Gerüsten  oder  Bäumen  aufgehängt 
und  zum  gelegentlichen  Gebrauche  hervorgeholt.  In 
Nubien  und  in  Sennar  bringt  man  die  Baumwollkapseln 
in    langen    Packeten    von    derbhalmigen    Sorghumstroh 


Il&usliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     135 

unter,  wie  ähnliche  auch  von  den  ostafrikanischen 
Pagazi  oder  (iepäckträgern  benutzt  werden.  Das  An- 
fertigen von  Vorräthen  präparirter  Feldfrucht  liebt  der 
Afrikaner,  welcher  mehr  nur  der  Gegenwart  lebt,  nicht 
sehr,  er  richtet  sich  jedesmal  so  viel  Mehl,  Sesam,  Ri- 
cinus u.  8.  w.  zu,  als  er  gerade  nöthig  hat.  Etwas 
anderes  zeigt  sich  in  Gegenden,  wo  Producte  des  Acker- 
baues u.  8.  w.  für  den  Export  vorbereitet  werden,  so 
2.  B.  in  den  Siedereien  von  Palm-  und  Kokosöl  an 
der  West-  oder  an  der  Ostküste;  da  wird  natürlich  im 
Orossen  und  auf  Vorrath  gearbeitet. 

Der  Ackerbau  hat,  wie  in  allen  warmen  Gegenden, 
auch  in  Afrika  zahlreiche  Feinde.  Eine  Unmasse  von 
Vögeln  verschiedener  Art,  selbst  kranichartigen,  wie 
der  numidische  Krön-  und  der  Paradieskranich,  von 
Sperlingsvögeln  u.  s.  w.  suchen  die  Saaten  heim.  In 
Walddistricten  werden  die  Felder  von  Elefanten,  an 
Fluss-  und  Seeufern  von  Nilpferden  greulich  verwüstet. 
Auch  Xashömer,  Zebras,  Antilopen  und  ganze  Schwärme 
von  Nagethieren  gehen  in  die  Aecker.  Die  Affen  sind 
nicht  die  geringsten  Feinde  des  Landmanns;  eine  ge- 
frässige  Pavianheerde  kann  z.  B.  in  einem  Sorghura- 
felde  binnen  kurzem  gehörig  aufräumen.  Dazu  kommen 
eine  grosse  Zahl  kleiner  Feinde.  Unter  ihnen  stehen 
-die  verschiedenen  Arten  weisser  Ameisen  oder  Ter- 
miten obenan,  sie  sind  von  unglaublicher  Gier,  von 
grosser  Intelligenz  und  von  unverwüstlicher  Zähigkeit. 
Ihre  Minengänge  und  ihre  aus  Erdtheilchen  und  Speichel 
zusammengeklebten  Röhren  wissen  sie  an  alles  heran- 
zutreiben und  zwar  in  Zeitläufen,  deren  verhältniss- 
mässige  Kürze  in  Erstaunen  setzt.  Dazu  gesellen  sich 
Ändere,  wirkliche  Ameisenarten  (z.  B.  Formica  maculata)^ 
femer  Saatschnellkäfer,  Rüsselkäfer,  sowie  zahlreiche 
Raupen,  aucli  Heuschreckenarten.  Schwärme  derselben, 
zu  denen  namentlich  das  nördliche  grosse,  gierige  Acri- 
dium  peregrimim  und  das  südliche  robuste  Acridiuni 
devastator  mächtige  Contingente  liefern,  werden  oft 
genug   zu   den    schrecklichsten  Landplagen.     Die   Vor- 


\:]{]  Drittes  Buch. 

räthe  an  Feldfrüchten  werden  el3enfalls  von  Stachel- 
mäusen, Mäusen,  Ratten,  Käfern,  Termiten,  Ameisen, 
Motten,  Schaben  u.  s.  w.  angegriffen.  Der  Afrikaner 
trifft  hiergegen,  sowie  gegen  die  Wirkungen  der 
Feuchtigkeit  (zur  Regenzeit)  u.  s.  w.  mancherlei  Vor- 
kehrungen. Er  sucht  die  Vögel  durch  Scheuchen, 
durch  Schleudern,  durch  Schreien,  die  Elefanten,  Fluss- 
pferde, Nashörner  u.  s.  w.  durch  Feuerbrände,  Rufen, 
Hörnerblasen,  Trommeln  u.  s.  w.  zu  verscheuchen. 
Gegen  die  Insektenwelt  dienen  mächtige  Lehmtöpfe,^ 
z.  B.    bei  Berabra,    Bedja,    Funje,    Betchuana  u.  s.  w. 


/•'/V/.  o:i.    Basutohütte  mit  Lehmtopf. 

Auf  Pfählen  ruhende  Speicher  von  manchmal  recht  zier- 
licher Bauart  gelten  in  vielen  nigritischen  Ländern 
gegen  jene  und  behufs  des  Trocknens.  Für  letztern 
Zweck  errichtet  man  hier  und  da  ganz  ingeniös  con- 
struirte  Getreidepuppen.  Selbst  Silos  oder  bedeckte 
Erdgruben  mit  Steinfutterung,  mit  verschmierter  oder 
mit  festgestampfter  Auswandung,  sind  bei  den  Berbern 
u.  8.  w.  in  Gebrauch. 

Die  grimmigsten  Feinde  des  Landbaues  bilden  in  Afrika. 
jedoch  Hitze  und  Wassermangel.  Diese  veranlassen 
hier  so  manche  Hungersnotli,  sie  haben  so  oft  Wände- 


Häusliche  Einrichtunge:  der  Afrikaner.     137 

runiren  von  Stämmen,  Kriege  und  Verzweiflung  in  ihrem 

\'e!    Algier,  Kubien,  das  Bariland,  die  Betchuana- 

"•  n  u.  8.  w.  sind  schon  häufig  von  solchen Uebeln  in 

ler  Weise  heimgesucht  worden;  Massentod  und 

:  •!  0  serei  waren  bereits  mehrfach  in  Begleitung 


Fig,  *i4.    Korntpeicher  der  Niam-Niam. 

derartigen  Unheils.  In  den  Nilländem  muss  sogar  ein 
geringes  Steigen  der  Gewässer  als  ein  bedenkliches 
Ereigniss  betrachtet  werden. 

Es  fehlt  in  Afrika  nicht  an  allerlei  Vorrichtungen 
zur  Bewässerung  des  Bodens.  Das  Magreb  hat  seine 
artesischen  Brunnen,  Aegypten  und  Nubien  haben  ihre 


138  Drittes  Buch. 

Schadufs  und  die  Sakien.  Der  Schaduf  ist  ein  Schöpf- 
eimer, der  an  langem  Hebebaume  auf-  und  niederbe- 
wegt werden  kann.  Die  Sakie  dagegen  ist  ein  Pater- 
nosterwerk, ein  Wasserrad,  an  dessen  Speichen  Reihen 
von  Schöpfeimern  auf-  und  niedergehen.  Beide  Vorrichtun- 
gen, welche  sich  zum  Theil  in  China  und  zum  Theil  in  der 
Noria  Spaniens  wiederholen,  sind  so  alt,  als  das  Nilthal 
irgend  Bebauer  zählt.  Im  Nordosten  Afrikas  begnügt  man 
sich  häufig  damit,  •  gefüllte  lederne  Schöpfeimer  oder 
Wasserschläuche  über  das  Ackerland  auszuschütten.  Man 
hilft  sich  auch  hier  und  da  im  Innern  mit  Gruben, 
Oräben,  Abdämmungen  und  künstlichen  Rinnsalen.  Zur 
Einpferchung  dienen  an  ausgesetztem  Stellen  Dorn- 
verhaue, Palissaden,  höhere  und  niedere  Wallhecken 
oder  lebendige  Zäune  von  baumartigen  Euphorbien, 
Aloes,  Dornbüschen  u.  s.  w. 

Viehzucht.  Waitz  hat  die  puerile  Sentenz  von  sich 
gegeben:  „dass  sich  über  die  Viehzucht  der  Neger 
nicht  viel  sagen  lasse;  fast  nirgends  sähen  wir  ihre 
Thätigkeit  dieser  Beschäftigung  mit  Vorliebe  widmen; 
eigentliche  Hirtenvölker  gebe  es  unter  ihnen  nicht.  Das 
Hirtenleben,  wo  es  unter  ihnen  vorkomme,  sei  fremden 
Ursprungs",  und  dergleichen  Ausflüsse  der  Bücherweis- 
heit mehr.  Verschiedene  kritiklose  Nachtreter  haben 
diese  Sentenz  zu  copiren  für  gut  befunden. 

Die  Züchtung  der  Hausthiere  ist  in  wenigen  Gebieten 
der  Erde  so  zu  Hause  wie  in  den  afrikanischen.  Wenn 
auch  in  der  moderigen  Waldluft  mancher  Gegenden 
des  Westens  und  Innern  Viehrassen  nicht  recht  ge- 
deihen wollen,  wiewol  auch  endemische  und  epidemische 
Seuchen  und  angeblich  der  Stich  der  Tsetsefliege 
(Glossina  morsitans)  die  Integrität  des  Viehstandes 
stellenweise  schwer  bedrohen,  Hausthierzüchtung  treff'en 
wir  trotzdem  als  eine  der  vornehmsten  Beschäftigungen 
des  Afrikaners;  sie  geht  in  vielen  Gegenden  mit  dem 
Lundbau  Hand  in  Hand.  So  z.  B.  bei  den  Aegyptern, 
Berbern,  Abyssiniern,  Nubiern,  Funje,  Bari,  Berri,  Ba- 
londa,  Basuto,  Angelesen,  Benguellanern  u.  s.  w.    Wirk- 


Häusliche  Einrichtungei  der  Afrikaner.     139 

lie  Hirtenvölker  sind  unter  andern)  die  Bedja,  Somalf 
Gala,  Denka,  Fulbe,  manche  Mauren  des  Senegal,  ein 
grosser  Theil  dor  A-Hantu.  Früher  waren  auch  die 
Hottentotten  starke  Viehzüchter.  Die  Ungeheuern  Ge- 
biete von  Wüstensteppen,  Grassteppen  und  Buschwal- 
dungen  Afrikas  begünstigen  die  Viehzucht  ungemein. 
Wir  verdanken  dem  Züchtungstalent  der  Afrikaner 
nicht  allein  eine  grosse  Anzahl  von  wichtigen  Cultur- 
pflanzen,  sondern  auch  einzelne  Culturthiere,  d.  h. 
Lebensformen,  die  jene  aus  dem  wilden  in  den  dornest i- 
cirten  und  Hausthierzustand  übergeführt  haben.  Ueber 
Culturpflanzen  dieses  Festlandes  w^ar  bereits  im  Vorigen 
ausführlicher  die  Rede.  Unter  den  mit  grösserer  oder 
gering'  '^''  '  rscheinlichkeit  in  Afrika  durch  Menschen- 
hand L  nen  Hausthieren  nennen  wir  den  Esel, 
das  Mähnenschaf,  den  Windhund,  den  Paria- 
hund, die  Hauskatze,  das  Sennar-Schwein,  das 
Frettchen,  das  Perlhuhn.  Der  Esel  ist  aus  dem 
durch  viele  Theile  Nord-  und  Ostafrikas  verbreiteten 
Wildesel  entstanden,  welcher  einen  longitudinalen 
Rückenstreif,  einen  Querstreif  über  die  Schultern  und 
öfters  auch  Querstreifen  an  den  Beinen  hat.  Er  bildet 
nahe  Verwandte  des  über  einen  grossen  Theil  Asiens 
verbreiteten  wilden  Kulan  oder  Gurkur.  Man  fängt 
noch  jetzt  den  afrikanischen  Wildesel  in  der  nubischen 
Steppe  ein  und  domesticirt  denselben,  gebraucht  ihn 
auch  zur  Auffrischung  des  durch  Geschlechter  fortge- 
pflanzten zahmen  Stammes.  Schönere  Vertreter  dieser 
Hausthiere  als  in  Nordafrika  und  Westasien  bekommt 
man  nirgends  zu  sehen. 

Das  Mähnenschaf  in  Nord-  und  Mittelafrika,  zu 
Ichem  übrigens  auch  das  langbeinige  Schaf  Ost-, 
inner-  und  Westafrikas  gehört,  wird  von  manchen  als 
gezähmter  Abkömmling  des  über  Nord-  und  Nordost- 
afrika verbreiteten,  felsige  Districte  bewohnenden  Wa- 
dan,  Audad  oder  Mähnenmouflons  (On's  tragclaphus) 
angesehen,  eine  Annahme,  für  welche  es  bisjetzt  an 
einer   zutreflfenden    Begründung    fehlt.     Der   W^iudhund 


140  Drittes  Buch. 

wird  nach  Manchen  vom  grossen,  hochbeinigen,  lang- 
und  schmalköpfigen  Wolfshunde  der  abyssinischen  Hoch- 
gebirge, vom  Kabberu  oder  Walgie  (Canis  simensis) 
abgeleitet;  diese  Idee  hat  vieles  für  sich.  Der  jetzt 
herrenlose  Strassen-  oder  Pariahund  der  ägyptischen 
und  nubischen  Ortschaften  scheint  ursprünglich  auch  ein 
gezähmter  Dib  oder  Wolfshund  (Canis  liipaster,  Canis 
Anfhus)  gewesen  zu  sein,  welcher  unter  dem  intole- 
ranten Gesetze  des  Islam  zu  einem  verkommenen  Vaga- 
bunden herabgesunken  ist.  Kleinere  Rassen  sind  Schakal- 
arten, so  vielleicht  der  fuchsähnliche  Bari-  und  der 
Buschmannhund,  entsprossen. 

Die  schon  den  Aegyptern  geheiligte  Hauskatze 
war  ein  directer  Abkömmling  der  über  Nord-  und 
Innerafrika  verbreiteten  niedlichen  klein  p  fötigen 
Wildkatze  (Felis  maniadata).  Letztere  wird  noch 
jetzt  von  Berabra,  Bedja  und  Nigritiern  eingefangen 
und  gezähmt,  auch  wieder  mit  aus  zahmen  Geschlech- 
tern stammenden  Katzen  gepaart. 

Die  Funje,  Bertat,  Nöba  u.  s.  w.  fangen  und  zähmen 
ein  kleineres,  die  afrikanischen  Walddistricte  zwischen 
Sennar  und  Senegal  bewohnendes  Wi  1  d  s  c  h  w  e  i  n  (Fitzin- 
ger's  Sus  scnnariensis).  Dasselbe  mag  nur  eine  kleinere 
Varietät  des  über  das  Magreb  und  Aegypten,  sowie 
Westasien  verbreiteten  gewöhnlichen  Wildschweine» 
(Sus  scrofa  fcriis)  sein. 

Das  Frettchen  (Mustcla  furo)  aus  Nordwestafrika, 
bei  uns  als  geschätzter  Gehülfe  auf  der  Kaninchenjagd 
bekannt,  nach  des  alten  H.  0.  Lenz  Ansicht  eine  (con- 
stant  gewordene)  Albinoform  des  ebenfalls  über  die 
Berberei  verbreiteten  Iltis  (Mtistela  foina),  ist  als 
völlig  domesticirtes  Thier  zu  betrachten. 

Das  Perlhuhn,  jetzt  so  häufig  auf  unsern  Hühuer- 
höfen,  stammt  aus  dem  Innern  des  nordwestlichen  Afrika 
und  ist  ein  absolutes  Zähmungsproduct. 

Der  Ursprung  unserer  Hausziege,  des  Schafes  und  des 
Rindes  ist  noch  zweifelhaft.  Berbern,  Bedja  und  Nigritier 
züchten  viele  Ziegen-  und  Schafrassen.  Unter  den  erstem 


Uausliche  Kinrichtun^<  .  der  Afrikaix  r.      141 

ist  die  monumentale  thehuisriic   iiochbeinige  Ziege,  mit 
langen  Sclilappohren,  convexer  Stirn   und  vorstehendem 
l'nterkiefer  in  gehörnten  und  hornlosen  Rassen,  tief  nach 
:         1    :  'in   verbreitet.     Neben    ihr   finden  wir 

mien,    im    Herzen    und  im  Süden   des 
:  eine  weniger  hochbeinige  Ziege  mit  geradem 

\  Ken,  stärkerer  Hornbildung,  langem   Haar  und 

langem  Hart,  sowie  mehr  nach  dem  Westen  hin  die 
niedliche'  Zwergziege  (Cnj)rä  reversn)  in  sflir  mannich- 
laltigen  Rassen  verbreitet. 

Die  Schafe  gruppiren  sich  ihrem  Gestaltungshabitus 
nach  in  grosse,  ramsnasige,  zum  Theil  schlappohrige 
Kassen  mit  Fettschwanz ,  in  solche  mit  Fettsteiss  und 
kurzem  Schweineschwanz,  in  kurz-  und  platt-,  sowie  in 
langschwänzige  Rassen.  Südlich  vom  18"  nördl.  Br. 
im  Nordosten,  südlich  vom  20*^  nördl.  Br.  im  Westen 
verlieren  die  Schafe  von  jederlei  Sorte  gewöhnlich  die 
t'  und  werden  kurz-  oder  lang-  und  zottelhaarig, 
ich  vom  Vaalflusse  zeigt  das  Schaf  wieder  Tendenz 
zur  Stapelbildung.  Der  südafrikanische  Wollmarkt  tritt 
jetzt  vereint  mit  dem  argentinischen  und  dem  austra- 
lischen als  gefahrlicher  Concurrent  des  europäischen 
in  die  Schranken.  Man  hat  ja  neuerlich,  wol  mit  einem 
starken  Anfluge  von  übereiltem  Pessimismus,  die  Frage 
aufgeworfen,  ob  es  sich  für  Europa,  speciell  für  Deutsch- 
land überhaupt  noch  lohne,  in  der  Wollproduction  mit 
den  fremden  Welttheilen  den  Vergleich  zu  bestehen. 
Ein  Nachlassen  für  uns  hiesse  jedoch  in  dieser  Hinsicht 
He  Büchse  jedenfalls  zu  früh  ins  Korn  werfen  und 
«  iiieii  Theil  unsers  Nationalwohlstandes  in  frivoler  Weise 
1  iltisgeben. 

Während  die  alten  Aegypter  über  schöne  grosse 
Rinder  mit  starkem  Nackenbug  und  mächtigem  Ge- 
hörn geboten,  scheinen  im  Magreb  seit  alters  nur  massig 
grosse  Karzhomschläge  existirt  zu  haben.  Der  hübsche 
zierliche  Rinderschlag  des  spätem  Aegyptens,  welchen 
ich  selbst  noch  1860  in  Blüte  anzutreffen  das  Ver- 
gnügen   gehabt    habe,    ist   seitdem    durch  Viehseuchen 


142  Drittes  Buch. 

so  gut  wie  vernichtet  worden.  Diesem  identisch  ist 
das  manchmal  fast  antilopenähnlich  gestaltete  Rind  von 
Dongola  und  von  Berber.  Südlich  vom  18.  bis  17.  Breiten- 
grade ersteckt  sich  der  Zebu,  dessen  Fetthöcker  je 
nach  Schlag  und  Futterzustand  einem  grossen  Wechsel 
in  seiner  Grössenentwickelung  unterliegt.  Sehr  be- 
trächtlich bildet  sich  dieser  bei  guter  Mast  heraus. 
Man  unterscheidet  in  Afrika  ohne  Schwierigkeit  eine 
Menge  von  Zeburassen,  deren  einige  hier  und  da  auf- 
tauchen, während  andere  eine  gewisse  Localfärbung 
verrathen.  Im  allgemeinen  könnte  man  zwei  Haupt- 
rassen des  afrikanischen  Zebu  unterscheiden :  eine  mäch- 
tiger gebaute  mit  kurzen  Hörnern,  welche  dem  indischen 
Braminenzebu  ähnelt  und  eine  schlankere  Rasse  mit 
riesigen  Hörnern,  letztere  in  erster  Linie  durch  den 
Sanka  oder  Sanga  Abyssiniens  und  der  Galaländer  ver- 
treten. Indessen  gibt  es  auch  Formen,  in  denen  die 
äussern  Eigenschaften  beider  Rassen  zu  gewisser  Aus- 
prägung gelangen.  In  Südafrika,  d.  h.  südlich  vom 
Zambezi,  ferner  auch  in  Angola  und  Benguella  tritt 
eine  hoch  und  stark  gebauete  Rinderrasse  mit  empor- 
ragendem Bug  und  mit  riesiger,  manchmal  abenteuer- 
lich grosser  Hornbildung  auf.  Diese  südliche  Rasse 
lieferte  den  alten  Hottentotten  ihre  vielbesprochenen 
Bakkeleyen  oder  Kriegsochsen.  Sie  und  die  grosse 
altägyptische  Rasse  (S.  141)  scheinen  mir  nördliche 
und  südliche  Ausläufer  des  Zebu  zu  sein,  welchen  ich 
artlich  nicht  vom  Rind  zu  trennen  vermag.  Woher 
der  afrikanische  Zebu  stammt,  ist  noch  ungewiss,  in- 
dessen spricht  doch  manches  für  seine  asiatische  Her- 
kunft. Frantzius'  Idee,  Afrika  sei  die  Urheimat  des 
Hausrindes,  halte  ich  bisjetzt  für  gänzlich  unbeg^ründet. 
Der  nordafrikanische  Kurzhornschlag  könnte  mit  der 
europäischen  Brachycerosform  des  Rindes  in  verwandt- 
schaftlicher Beziehung  stehen. 

Fossile  Pferdereste  treten  bekanntlich  in  mehrern 
Ländern  auf,  welche  recenter  einheimischer  ent- 
behren;   so    z.  B.    in  Amerika.     In  Afrika    zeigen  sich 


Häusliche  Einrichtungei  .  der  Afrikaner.     143 

amidisclie,  Gala-,  die  dongolesische, 
mach  wie  der  Komra  oder  das  kleine  Pferd  von  Futa- 
loro    und    andern    Gegenden   Westsudans,    welche    den 

indruck  machen,  als  seien  sie  Producte  ihrer  Scholle. 

lelleicht  ragt  auch  ihre  Einfuhr  in  eine  sehr  alte  Zeit 

iiauf  und  haben  sie  sich  unter  Anpassung  an  die 
äussern  Verhältnisse  der  von  ihnen  bewohnten  afrika- 
nischen "Länder    in    eigenthümlicher    Weise    verändert. 

'ie    alten    Aegypter    haben    Pferde    nachweislich    aus 

sien  erhalten;  die  Kosszucht  hat  sich  dann  bei  ihnen 

>  gut  und  so  rasch  entwickelt,  dass  sie  alsbald  wieder 
j^yrien  und  Palästina  mit  Exemplaren  versorgen  ge- 
konnt. Später  sind  zahlreiche  Nachschübe  von  Arabien 
und  von  Syrien  aus  erfolgt.  Aegypten,  Nubien,  das 
Magreb,  Abyssinien  und  die  nördlichem  Galaländer, 
femer  Darfur,  Bagirmi,  Waday  und  Bornu  sind  der 
Pferdezucht  im  allgemeinen  günstig.     Dagegen  gedeiht 

es  Thier  in  Sennar,  in  Innersudan  und  in  den  Aequa- 
torlalrfOL'enden  nicht.  Selbst  in  Südafrika  fordern  die 
Form«  1.  1er  Horsesickness  oder  Paardziekte  zahlreiche 
Opfer. 

üeber  Aegj-pten,  Algier  und  die  Colonien  sind  übri- 
gens in  neuerer  Zeit  viele  fremde  Hausthiere  in  Afrika 
eingeführt  worden,  diese  gedeihen  daselbst  theils  mehr, 
theib  minder  gut.  So  z.  B.  europäische  Hunderassen, 
die  europäische  Hauskatze,  britische,  holländische,  nord- 
amerikanische, brasilianische  und  indische  Pferde,  spa- 
nische, italienische,  syrische  und  brasilianische  Esel 
wie    auch   Eselbastarde,    englische,    portugiesische  und 

dische  Schweine,  Madeiraziegen,  englische  Fleisch- 
iiiid  Wollschafe,  ungarische,  englische,  holländische,  bra- 
silianische und  indische  Rinder  u.  s.  w. 

Tauben  werden  überall  gehalten.  Hühner  sind 
bei  allen  Nigritiera  zu  finden;  man  beobachtet  unter 
anderm  einzelne  schöne  Rassen,  so  z.  B.  die  grosse 
von    Roseres    am    Blauen    Nil.      Enten,    Gänse    und 

ruthühner  zeigen  sich  zerstreut  —  als  Fremdlinge. 


144  Drittes  Buch. 

Zucht  von  Ziervögeln  ist  nicht  so  verbreitet  wie  bei 
uns  und  in  Amerika. 

Rationelle  Viehzucht  in  unserm  Sinne  kennt  man 
natürlicherweise  höchstens  in  Aegypten,  Algier  und  in 
den  europäischen  Colonien.  Eine  methodische  Ein- 
stallung wird  bei  den  Eingeborenen  vermisst.  Dagegen 
sorgen  der  Bedja,  Nigritier  und  Hottentotten  wenigstens 
für  nächtliche  Unterbringung  der  Hausthiere  in  eine 
Einfriedigung,  arabisch  Zeriba  und  Murach,  im  südafri- 
kanischen Welsch  Kraal  (vom  portugiesischen  Corral) 
genannt.  Lieblingsthieren  gewährt  man  auch  wol  in 
der  Hütte  ein  Obdach.  Bei  Geburten  leistet  man  eine 
durch  Routine  beeinflusste  und  geregelte  manuelle 
Hülfe.  Die  Fütterung  erfolgt  theils  am  bestimmten 
Platz  und  ist  dann  bei  Wiederkäuern  und  Einhufern 
grossentheils  vegetabilischer  Natur,  während  man  Fütte- 
rung mit  Fischen,  Abfällen  und  Surrogaten  wenig  kennt ; 
oder  man  lässt  auch  die  Thiere  weiden  und  sorgt  durch 
gelegentliches  Abbrennen  des  verdorrten  Graswuchses 
für  dessen  frühzeitigen  Wiederersatz.  Hunde  und  Schweine 
überlässt  man  mehr  sich  selbst  und  leben  dieselben 
häufig  in  einem  fast  herrenlosen  Zustande.  In  mo- 
hammedanischen Gegenden  bilden  bekanntlich  die  schon 
genannten  Pariahunde  eine  wahre  Landplage. 

Viele  Afrikaner  lieben  ihr  Vieh;  namentlich  die 
Hirtenvölker  der  Bedja,  Denka,  Fulbe  und  A-Bantu 
treiben  die  Liebhaberei  mit  ihren  Hausthieren  bis  zum 
Kindischen.  Fällt  z.  B.  dem  Denka  seine  Kuh,  so 
trauert  darob  seine  ganze  Familie.  Liebesnamen  wer- 
den zur  Bezeichnung  der  besten  Stücke  erdacht  und 
des  Beschauens,  des  Streicheins  ist  gar  kein  Ende. 
Viele  nigritische  Sprachen  sind  reich  an  Bezeichnungen 
für  verschiedene  Alters-  und  Geschlechtsstufen,  für  ver- 
schiedene Färbung  u.  s.  w. 

An  Feinden  fehlt  es  der  afrikanischen  Vieh- 
zucht nicht.  Seuchen  grassiren  überall,  namentlich 
zur  feuchten  Jahreszeit.  Reissende  Thiere,  wie  Löwen, 
Leoparden ,     Geparden ,     Hyänenhunde      und     Hyänen 


Iläusllilii«  KlnriclituuLren  u.  8.  w.  der  Afrikaner.      145 

b ^..lo   ,.„...    i.......wv.i    in  die  Heerden  bereit.      Dem 

üftliiijol     setzen     Genett-    und    Zibetlikatzen,    Ichneu- 
n,    Marder,   Stinkthiere,    Servale,    Luchse,    grosse 
chsen,  Riesen-  und    andere  Schlangen  u.  s.  w.    zu. 
xodile    liuiorn    an    den   Flussufern;    Zecken,    Koth- 
/en  (Reduviaden),  Bremsen  und  Dasselfliegen  schaffen 
lürchterliche    Plagen.     Auch    schreibt    man    der    soge- 
nannten Tsetsefliege  (Glossina)  Süd-,  West-  und  Inner- 
ifrikas  gar  böse  Wirkungen  zu.     Indessen  ist  das  Ver- 
halten   dieses    Geschöpfes    noch    nicht  vollständig    auf- 
geklärt.    Der   Sandfloh   oder   Richo-do-pe  (Pulex  j)ene- 
frnus)   fand    neuerdings   leider   von    Brasilien    aus  Eiu- 
ijan«!  nach   Guiii.n. 

/.      Sahnmg. 

Ite  wird  in  Afrika  theils  dem  Thier-,  theils 
1  tuzenreiche  entnommen.  Bei  den  Hirtenvölkern 
schlachtet  man  nur  selten  ein  Stück  Hausvieh.  Man 
L'eniesst  aber  das  Fleisch  des  gefallenen  und  macht 
ausgiebigen  Gebrauch  von  der  Milch  im  frischen  sowie 
im  £resäuert«n  Zustande.  Fleisch  von  Jagdthieren  ist 
fast  überall  beliebt,  man  geniesst  es  am  Spiesse  oder 
auf  heissen  Steinen  gebraten,  gekocht  u.  s.  w.  An 
rohem  Fleisch  mit  und  ohne  Pfefferbrühe  ergötzen  sich 
der  Abyssinier  und  der  Gala.  Frische  rohe  Leber  vom 
Kind,  Schaf  u.  s.  w.  mit  frischer  Galle  übergössen,  mit 
Salz,  Pfeffer,  womöglich  mit  Kümmel  (Cuminum)  und 
mit  Zwiebeln  überstreut,  bilden  unter  dem  Namen  Am- 
rara  einen  Hauptleckerbissen  der  Bewohner  von  Ost- 
'.  1  tn.  Auch  die  Zunge  und  die  Därme  verschmäht 
man  nicht.  Der  Fuss  des  Elefanten  ist  ebenso  gesucht 
wie  der  Höcker  des  Zebu  und  wie  derjenige  des  Bullen 
der  Elenantilope  (Oreas  canna).  Hunde  werden  im 
Magreb,  bei  den  Mittu  und  Niam-Niam  gemästet  und 
gegessen.  Schweinfurth  meint,  dass  Saint-Pierre's  Satz, 
Hunde  essen  sei  der  erste  Schritt  zum  Kannibalismus, 
Wahres    enthalte.     Ich   kann   nur   versichern,   dass   die 

Habtxash.  J^Q 


146  Drittes  Buch. 

Hundeesserei  auch  in  den  grossen  europäischen  Städten 
in  Blüte  steht  und  dass  viele  unserer  Proletarier  Hunde- 
fett als  untrügliches  Mittel  gegen  Lungenschwindsucht 
u.  dgl.  preisen.  Löwen-  und  Leopardenfleisch  sind 
sehr  geschätzt,  dagegen  vergreift  man  sich  nicht  leicht 
an  der  Hyäne.  Vögel  werden  viel  gegessen.  Fett- 
mäuse,  Binsenratten  und  andere  Nagethiere  gelten  strich- 
weise sehr  hoch.  Der  Chimpanse  soll  lecker  sein,  ebenso 
der  grosse  Ameisenscharrer  (Orycteropus)  und  die  Schup- 
penthiere  (Manis^  Fhatages).  Obenan  stehen  Tauben 
und  Hühner;  letztere  fehlen  kaum  einer  Festspeise. 
Unter  den  wilden  Hühnervögeln  sind  die  Perlhühner 
und  Frankoline,  unter  den  Laufvögeln  die  Trappen  be- 
liebt. Der  Strauss,  verschiedene  Wad-  und  Schwimm- 
vögel wandern  in  die  Kochtöpfe.  Unter  den  Schwimm- 
vögeln sind  die  Spornflügel-,  Hörn-  und  Nilgänse,  die 
Wittwen-,  Kriek-,  Spitz-  und  Fuchsenten  schmackhaft 
genug.  Man  kocht  ferner  Schildkröten,  Krokodile  und 
grosse  Warneidechsen.  Durch  Fische  befriedigt  man 
natürlich  hier  wie  überall  manches  Speisebedürfniss ; 
man  fängt  sie  mit  Angeln,  Netzen,  Reusen,  Harpunen, 
in  vergiftetem  Wasser  u.  s.  w.  Aermliche  Stämme, 
wie  Bongo,  Doko,  Abongo,  Buschmänner  u.  s.  w.  be- 
gnügen sich  auch  mit  Eidechsen,  Schlangen,  Fröschen, 
Spinnen,  den  flüggen  Männchen  und  Königinnen  der 
Termiten,  mit  fetten  Käferlarven,  Raupen  und  mit  aller- 
lei sonstigem  Gewürm.  Heuschrecken  werden  aber  selbst 
von  besser  situirten  afrikanischen  Völkern  in  Masse 
vertilgt.  Honig  bildet  eine  im  ganzen  Continent  be- 
liebte Zuthat  zu  allerhand  Gerichten.  Eine  wilde  Aus- 
artung in  thierischer  Speise  ist  die  Menschenfresserei, 
Sie  wird  häufig  gerade  von  civilisirtern  Nigritiern 
geübt. 

Verbreiteter  als  thieris che  ist  Pflanzenkost.  Ein 
Blick  auf  dasjenige,  was  ich  über  den  Ackerbau  und 
die  Einsammlung  wilder  Früchte  gesagt  habe,  lehrt 
uns,  welche  mannichfaltigen  Producte  die  vegetabilische 
Welt  dem  Afrikaner    aller  Stämme    zu   liefern   vermag. 


TlriiisluOii>  Flnriihtungen  u.  s.  \v.  der  Afrikaner.      147 

In  Ai-^i'ivu  uiivi  IUI  Magreb  enthält  der  Küchenzettel 
des  Volks  be^eitlicherweise  mancherlei  complicirtere 
<  .in    denen   wir    neben    mehrerlei    Fisch-    und 

eisen  dos  Weizenmehl,  den  Keis,  den  Mais, 
.  -  ^  r_rhum,  die  Bohnen,  Erbsen,  Linsen,  Lupinen, 
i:c  W  uka  oder  Eibischfrüchte,  die  Koble  und  Rüben, 
die  Colocassiawurzeln  und  Kürbisse,  die  Datteln,  Liebes- 
apfel, F^ierprtaumen,  sowie  allerhand  Gewürze,  die  Haupt- 
inuredienzien  darstellen  sehen.  Pilaw  und  Kuskussu 
-  1  <i  die  weit  und  breit  bekannten,  wohlgepriesenen 
N  tiionalgerichte  genannter  Länder.  Den  Kebab,  das 
mit  Reis  und  mit  Pistazien  oder  Rosinen  gefüllte  Lamm, 
sowie  mancherlei  Süssigkeiten,  als  Kunafe,  Rachlet-el- 
(ium,  Dattelwurst  und  Mischmisch  werden  selbst  ver- 
wöhnte Europäermagen  nicht  leicht  verschmähen,  wo- 
ijegen  Lust  an  Zebibi  und  Kuschaf  einen  eigenthüm- 
lichen  Geschmack  voraussetzen.  Der  Berberi  und  Bedja 
haben  ihre  Luchme  uud  Assida  als  Nationalgerichte, 
bestehend  aus  Durrabrei  mit  zerlassener  Butter,  Zwie- 
beln, Pfeffer  oder  mit  Mellach,  d.  h.  einer  aus  Weka, 
zerriebenem  Dörrfleisch,  Butter,  Salz  und  Pfeffer  be- 
reiteten Sauce  angemacht.  Zur  Luchme  gibt  es  auch 
wol  Milch,  zur  Assida  gekochtes  Hühner-  und  Schöpsen- 
tleiach. 

Der  Nigritier  isst  Brei  von  Dochn,  Sorghum,  Mais, 
sowie  vielerlei  auf  die  verschiedenartigste  Weise  zu- 
bereitete Gemüse,  Knollen  und  Früchte.  In  Inner- 
und  Westafrika  liefern  Yams,  Bataten,  Helmiaknollen, 
Colocassiawurzeln,  Maniok  oder  Mandioca,  Bananen- 
Irüclite,  Bananenkohl  u.  s.  w.  u.  s.  w.  einen  im  Osten 
r.nliekannten  Zuwachs  zum  Speisevorrath.  Zuckerrohr 
wird  nur  gekaut.  Die  Berta  und  die  Bongo  säuern 
ihre  Speisen  mit  den  Kelchen  einer  Eibischart,  welche 
sie  neben  ihren  Sorghumfeldern  ziehen;  die  Berta  u.  a. 
benutzen  auch  die  Frucht  des  iJeiarium  scuvffalense^ 
viele  sonstige  Afrikaner  von  verschiedener  Abstammung 
verwenden  die  Samenhülle  des  Affenbrotbaumes  und 
das  Axdeb   oder   die   Tamarindenfrucht  als   säuerliches, 

10* 


148  Drittes  Buch. 

erfrischendes  Genussmittel.  Ein  kressescharfes  Gemüse 
liefert  eine  Kappernpflanze  (Polanisia),  ein  angenehm- 
spinatartiges  der  Corchorus. 

Die  Bantu  sind  wahre  Vertilger  von  Sorghum  (M'a- 
bele),  mehr  aber  noch  von  Mais  (U'mbila).  Dazu  gibt 
es,  ähnlich  wie.  bei  den  Völkern  des  Nordostens,  Colo- 
cassiawurzel  (M'usumban),  Fleischsauce,  Kürbis  und 
süsse  Milch  (Ü'bis)  oder  sauere  Milch  (M'as).* 

Der  Afrikaner  kann  lange  hungern  und  zu  Zeiten 
der  Noth  mit  dem  Geringsten  auskommen.  Bedja  sah 
ich  auf  weiten  Märschen  oftmals  mit  einer  für  den  Tag 
zwei-,  höchstens  dreimal  wieder  gefüllten  Hand  voll 
roher  Durrakörner  sich  sättigen.  Uns  begleitende 
Funje  waren  trotz  der  Mühen  einer  Tagereise  in  sen- 
gender schwüler  Luft  der  Regenzeit  überglücklich,  wenn 
sie  etwas  trockene  Domfrucht,  eine  fade  Orange  und 
ein  halbfaustgrosses  Stück  trockenen  Zwiebacks  nebst 
einem  Schluck  Wassers  zu  sich  nehmen  konnten.  Von 
den  Teda  erzählt  man  (jedenfalls  mit  er  asser  Ueber- 
treibung)  sie  könnten  ohne  sonderliche  (?)  Unbequem- 
lichkeit fünf  bis  sechs  Tage  lang  ohne  Nahrung  und 
zwei  Tage  lang  ohne  Wasser  zubringen.  Glaublicher 
klingt  die  Angabe,  dass  diese  Leute  sich  mit  frischem 
(künstlich  gelassenem)Kamelblute,beigemengtemKnochen- 
mehl,  mit  gebrannten  Sandalen  und  andern  Ledersachen 
im  Nothfalle  zu  helfen  verständen.  Methodisches  Blut- 
abzapfen bei  den  Rindern  und  Handel  mit  Rinderblut 
herrschen  bei  Stämmen  des  Innern  und  des  Ostens. 

Sowie  es  irgendwo  gute  Nahrung  gibt,  überlässt  sich 
der  leichtblütige  Afrikaner  auch  der  unsinnigsten  Pras- 
serei. Ist  z.  B.  in  Taka  oder  in  Sennar  ein  Büffel, 
ein  Rhinoceros,  Flusspferd  oder  Elefant  erlegt  worden, 
80  strömt  alles,  Bedja,  Berberi  und  Nigritier,  herbei, 
um  in  frischem  Fleischgenusse  zu  schwelgen.  Wie  Aas- 
vögel fallen  die  Leute  über  den  Cadaver  her,  sie  schnei- 
den, schinden  und  kratzen  daran  herum,  bis  kein  Fetzen 

♦  Diese  Wörter  stammen  eämmtlich  aus  der  Zulu-Sprache. 


Häusliche  Linnchtungen  u.  8.  w.  der  Afrikaner.      149 

Muskel  mehr  davon  i;  ^t.    Dass   die   Kaidaunen, 

Mass  selbst  der  stinkei  ;    _,^en-  und   Darminhalt  ver- 

schont bleiben  sollten,  wäre  unerhört.  Auch  Hautgout 
am  F'leische  schreckt  nicht  von  dessen  gelegentlicher 
Verspeisung  zurück.  „Hat  der  Bari",  so  erzählt  Mis- 
sionar Kaufmann,  „sein  Getreide  erhalten,  dass  es  zur 
Roife  crelangt,  so  ist  seine  freudevollste  Zeit  da,  die 
1  •;    die   ganze  Familie    hilft,  und  sie  tragen  in 

i\  1   die  Getreideähren   in  eigens  dazu  bereit  ge- 

haltene Behältnisse,  Gugu  genannt.     Denn  es  wird  nicht 
gleich  gedroschen,    sondern   nach    ßedürfniss  nach  und 
nach,   und   das    Dreschen   ist  Arbeit   der  Weiber.     Der 
Mann    ruht   nun  einige  Wochen   und   thut  sich  gütlich, 
dann    erst    denkt    er   wieder    an    das   zweite  Anbauen. 
Die   Bari   sind    die   einzigen    am   Weissen  Flusse   (Nil), 
welche  zweimal  die  Felder   bestellen;    doch  das  zweite 
mal  bauen  sie  nicht   mehr   so  fleissig  an    als  das  erste 
nal,    sie  bauen  weniger   Durra,  die  doch  so  ausgiebig 
st,  sondern  mehr  Bohnen  und  etwas  wenig  Taback  — 
ind    diese    zweite    Ernte    fällt    Ende    November.      Bis 
iahin  haben  sie  die  erste  P>nte  schon  meistens  aufge- 
ehrt, und  werden  mit  dieser  zweiten,  als  viel  weniger 
lusgiebig,  noch  weit  schneller  fertig.     Man  kann  sagen, 
dass  um  Neujahr  wol  wenige  Bari  noch  mehr  Getreide 
besitzen,    als    das  Samenkorn   für  das  kommende  Jahr, 
der  grösste  Theil  besitzt  nichts  mehr.     Somit  beginnen 
lie  schlechten  Zeiten,  wo  die  Bari  auch  viel  böswilliger 
\nd  schlechter  als  sonst  sind.      Nach  der  ersten  Ernte 
ind   sie    wol    noch   grossmüthig   und  verschwenderisch, 
allein  nach  der  zweiten  Ernte  und    während  derselben 
ist  die  Zeit  der  Kriege  und  Kaufereien,    welche  einige 
.Monate  dauert.    Nach  drei  Monaten  ist  dann  die  letzte 
Durra  aufgegessen,  der  sonst  so  stolze  und  fesche  Bari 
▼agirt   hungernd,    bettelnd   und  stehlend  umher.     Wer 
sonst  so  viel,    selbst   halbreife  Halmfrucht  ass,  dass  er 
an    schweren    Blähkoliken    kränkelte,    magert  nunmehr 
zum  Skelet  ab.      Viele   sterben  vor  Hunger,  sowol  Er- 
wachsene als  auch  Kinder,  viele  werden  erschlagen  und 


150  Drittes  Buch. 

in  den  Fluss  geworfen.  Mütter  stürzen  ihre  eigenen 
Kinder  hinein,  weil  sie  dieselben  nicht  erhalten  können. 
Man  hört  da  nichts  als  von  Raub  und  Einbrüchen,  von 
Diebstahl  und  Todtschlag.  Es  gilt  nun  das  Faustrecht. 
Der  Hunger  thut  weh,  sagen  sie,  und  ehe  sie  Hungers 
sterben,  wagen  sie  alles." 

In  Aegypten  und  im  Magreb  werden  einfache  Hand- 
mühlen von  Stein  benutzt,  welche  denen  unserer  Alt- 
vordern vielfach  ähneln;  südlicher  bedient  man  sich 
der  in  Ostsudan  Merhaka  genannten  steinernen  Reib- 
platte, auf  welcher  mit  einem  konischen  Reibstein  (Ibn- 
el-merhaka)  das  in  Wasser  geweichte  und  damit  über- 
gossene  Korn  zerquetscht  und  zerrieben  wird.  Der- 
gleichen  Geräthen    begegnet    man    bis    nach   dem   Cap 

hinunter.  In  Abyssinien 
und  in  Westsudan  nimmt 
man  dazu  auch  Holz-  oder 
Steinmörser.  Der  frische 
Kornbrei  wird  schnell  auf 
der  vorher  mit  Fett  ab- 
geriebenen Pfanne  zu  Fla- 
Fig.  65.   Merhaka.  ^en  Verbacken.    Deren  be- 

reiten die  Abyssinier  aus 
Tef  (S.  126),  die  Sudanesen  aus  Weizen,  Sorghum  und 
Dochn.  Man  findet  dickere  und  dünnere,  süsse  und 
sauere  Fladen,  welche  auch  zugleich  als  Servietten 
dienen.  Mit  einer  aus  rothem  Pfeffer,  aus  Salz  und 
Kümmel  bestehenden  Würze  bestreut,  oder  in  fettige 
Zwiebel-,  auch  Pfefferbrühe  getunkt,  bilden  diese  öfters 
noch  halb  warmen  Fladen  ein  selbst  für  Europäer  ganz 
angenehmes  Essen.  In  Habesch  liebt  man  es,  bei  Ge- 
lagen die  cylindrischen  Weidenkorbtische  mit  Bergen 
von  Tefbroten  zu  belegen;  dazu  gibt  es  scharfe 
Pfefferbrühe,  rohes  Fleisch  und  Hydromel  oder  Bier 
aus  mächtigen  Wontschas,  d.  h.  Trinkhörnern. 

Die  Kaffern  bereiten  aus  Mais  grosse  Klumpen  Po- 
lenta,  die  sie  mit  dem  Speereisen  zerlegen  und  oftmals 
ohne  weitere  Zugabe  verzehren. 


ITäuftliche  Einrichtungen  u.  8.  w.  der  Afrikaner.     151 

An  einheimischen  gegorenen  Getränken  fehlt  es  den 
Afrikanern  keineswegs.  Der  Islam  reicht  mit  seinen 
Vorschriften  nicht  aus,  um  die  Gelüste  selbst  seiner 
Anhänger  aus  der  Welt  zu  schatlen.  Will  ein  Gläu- 
biger sich  an  Arraki  oder  Branntwein  laben,  so  gibt 
es  für  ihn  allerhand  Ausflüchte,  die  ihm  zur  Entschul- 
digung dienen  sollen,  und  wenn  alle  Stränge  reissen, 
so  gibt  er  wenigstens  vor,  den  Schnaps  als  Medicin  — 
arabisch  Dana  —  benutzen  zu  müssen.  Ich  kann  ver- 
sichern, unter  den  Mohammedanern  in  Nordostafrika 
eine  Anzahl  recht  leistungsfähiger  Schnaps-  und  Bier- 
säufer gefunden  zu  haben.  Im  Nilgebiete  destillirt 
man  ekeln  Dattelschnaps  und  den  scheusslichen,  brenz- 
lich-fuseligen  Durrabranntwein.  In  andern  Gegenden 
Afrikas  hat  man  wieder  andere  aus  Zucker,  Kokosnuss 
u.  dgl.  gebrannt«  Aquavitsorten. 

Der  Abyssinier  stellt  aus  Honig  seinen  Detscli  oder 
Hydromel  dar.  In  Ostsudan  braut  man  aus  Sorghum 
die  Merisi,  den  Bilbil,  Kabs-el-Tor  und  andere  Arten 
Bier;  sie  alle  schmecken  nach  abgestandenem  Weissbier 
oder  nach  verdorbenem  Breihan,  in  dem  öfters  noch 
sauere  Brotkrume  herumschwimmt  u.  s.  w.  In  der  Noth 
des  Durstes  nimmt  man  freilich  auch  mit  solchen  Ge- 
tränken gern  fürlieb.  Im  Niam-Niamlande  bereitet  man 
aus  gemalztem  Dagosa  (S.  126)  ein  bitterliches  Bier, 
dessen  Eigenschaften  Schweinfurth  sehr  rühmt.  In  Ost- 
afrika weiss  man  aus  der  Bananenfrucht,  in  Guinea  aus 
den  Stämmen  der  Wein-  und  anderer  Palmen  gärende 
Säfte  zu  ziehen.  Der  Kaffer  nennt  alle  berauschenden 
Getränke  U'schwalla;  Sorghum  dient  ihm  hauptsächlich 
/'!'    .\]  !•  rtigung  von  Bier  (U'schimmian). 

\        ii    den    einheimischen  Branntweinen   und  Bieren 

:  n  auch  fremde  Branntweine  Eingang  in  den  dun- 
i:c.n  Continent.  Die  Masse  von  Kosoglio,  Mastiche, 
Jamaicarum,  Cognac,  Cachassa,  Agoa  ardente  de  Canna, 
(renever,  Gin  und  sonstigen  Sorten,  welche  der  alljähr- 
liche afrikanische  Import  aufzuweisen  pflegt,  soll  eine 
wahrhaft    ungeheuere    sein.     Der    Nigritier    kann    viel 


152  Drittes  Buch. 

dergleichen  vertragen  und  verlangt  auch  viel  davon. 
Bei  den  Palavern  in  Guinea  trinkt  man  Rum  u.  s.  w. 
aus  vollen  Flaschen.  Eingewanderte  richten  sich  durch 
unmässiges  Branntweintrinken  leicht  und  leider  auch 
häufig  genug  zu  Grunde.  Wein  findet  mehr  in  den 
bessern  Häusern  Eingang.  Wenn  der  allezeit  böse  Leu- 
mund Wahres  berichtet,  so  scheint  der  Sufret-el-Nebid 
oderWeintisch  bei  manchem  hochbeturbantenSchekh,  ja  — 
schrecklich  zu  sagen  —  selbst  bei  manchem  schweren 
MoUah  in  Nord-  und  Ostafrika  recht  beliebt  geworden 
zu  sein. 

Daneben  hat  man  viele  unschuldigere  Getränke, 
welche  beim  Araber  unter  den  Gesammtnamen  Scharab, 
Scherbet  u.  s.  w.  gelten  und  deren  Anzahl  überall 
Legion  ist.  Da  hat  man  Limonaden  aus  allerlei  Frucht- 
säften, Zuckerwasser,  feinen  Rosoglio  mit  Wasser  ver- 
dünnt u.  s.  w.  u.  s.  w.  Thee,  Tscliay  wird  weniger  und 
mehr  im  Süden,  Kaffee  dagegen  wird  häufiger  und 
überall  getrunken.  Afrika  erzeugt  in  Kafa,  Enarya, 
Fasoglo,  Bertaland,  im  Innern  und  im  Westen  (Liberia) 
ganz  vorzügliche  Bohnen,  die  sich  dereinst  schon  ihren 
Platz  im  Welthandel  erringen  werden,  wogegen  ihnen 
die  Gegenwart  aus  Vorurtheil  und  aus  Mangel  an  Cou- 
rage noch  die  Wege  versperrt. 

Der  Aschantipfeffer  (Cubeha  Clusii)  wächst  in  Central- 
und  Westafrika  wild;  er  kann  als  Surrogat  für  den 
schwarzen  benutzt  werden.  Eine  gleich  grosse  Ver- 
breitung hat  der  Malaguettapfeffer  (Xüopia  aethiopica), 
von  welchem  die  Pfefferküste  in  Oberguinea  ihren  Namen 
erhielt  und  welcher  nach  Schweinfurth  bereits  im  Mittel- 
alter ein  kostbares  Gewürz  bildete.  Die  ebenfalls  in 
beregten  Gebieten  vorkommende  Kola-  oder  Gurunuss 
(von  Stcrculia  acuminata)  wird  weithin  durch  den 
Handel  vertrieben;  ihr  kastanienähnlich-hartes  bitteres 
Fleisch  gibt  ein  vorzügliches  analeptisches  Mittel  ab. 

Salz  wird  in  verschiedenen  Theilen  Afrikas  gegraben, 
aus  Wasser  abgedampft,  oder  aus  Erden  ausgelaugt. 
Steinsalz    bildet   den   Artikel    eines  ausgedehnten  Han- 


n.iiisliclip  riiiiicliiiiiii'fii  II.  8.  \v.  (lor  Afrikaner.      löS 

deU.  l>iv>r>  N.MiM|.iwv.i.v  i  erscheint  wie  überall  als 
eine  der  wicht iirsten  Heigaben  für  den  Nahningsbedarf 
und  sein  her   Mangel   scheint   unter  den  Afrika- 

nern   Iah  Krauklieiteu    hervorzurufen,    welche 

ungefähr  an  die  Lecksucht  uuserer  llausthiere  erinnern 
könnten.  Zur  Noth  bedient  man  sich  des  Natrons, 
salzig  schmeckender  Vegetabilien,  des  Rinderharns  u.s.w. 
Um  den  Besitz  von  Salzquellen,  Salzteichen  und  Salz- 
lagern setzt  es  nicht  selten  bittere  Kämpfe.  Stämme, 
welche  die  Erzeugnissstätten  jenes  hochwichtigen  Natur- 
körpers unter  ihrer  Botmääsigkeit  haben,  erfreuen  sich 
meist  eines  grossen  handelspolitischen  Einflusses. 


6 .     ue  ice  rbth  ätiyke  it. 

Diese  1  mg  menschlicher  Intelligenz  und  mensch- 

lichen S(  langes  äusserte  sich  bekanntlich  schon 

bei  den  alten  Aegyptern  in  sehr  hervorragender  Weise. 
Wer  vermochte  im  Alterthum  staunenswerthere  Bauten 
aufzuführen  —  staunenswerthere  durch  kolossale  Di- 
mensionen und  durch  Kühnheit  der  Construction  — 
al«  Jone?  Wem  gelang  noch  lange  vor  der  geläutertem 
hen  Kunstaera  die  werkgerechte  Bearbeitung 
Steinmaterials  besser  als  den  Retu?  Ihre 
mechanischen  Transportvorrichtungen,  ihre  Damm-, 
Kanal-  und  Wegebauten,  ihre  Schöpfung  so  vieler  ge- 
meinnütziger Einrichtungen  im  ökologischen  Gebiete, 
wo  möchte  man,  natürlich  von  Hellas  und  Rom  abge- 
sehen, ihrer  so  vortrefl'liche  gefunden  haben  in  den 
andern  alten  Cultarcentren,  wie  z.  B.  Babylon,  Ninive, 
Indien,  Kmers,  Altchina,  Anahuac  und  Peru? 

Selbst  im  eigentlichen  Gewerbe  waren  die  alten 
Aegypter  weit  vorgeschritten.  Ihre  Textilindustrie 
möchte  manchem  modernen  Concurrenten  zum  Muster 
dienen;  was  gab  es  Schöneres  als  ihre  Leinwand?  (S.  107.) 
Ich  selbst  habe  Lendenschurze  und  Leichentücher  aus 
Byssus    (Linnen)    von    unvergleichlicher    Feinheit    und 


154  Drittes  Buch. 

Elasticität  des  Gewebes  in  Händen  gehabt.  Ihre  Matten, 
ihre  Holzarbeiten,  ihre  tausenderlei  Erzeugnisse  der 
kleinen  Industrie  des  alltäglichen  Lebens,  alles,  von 
den  Prunkstühlen,  Sarkophagen,  den  Schemeln  und 
Tischen  bis  zu  den  Töpfen,  Sandalen,  ja  bis  zu  den 
Gliederpuppen  der  Kinder  herab,  alles  das  verrieth 
kunstsinnigen  Geschmack,  praktisches  Verständniss. 
Wenn  unsere  heutige  Geistesrichtung  jene  altägyptischen 
Erzeugnisse  für  würdig  erachtet,  zum  Modell  für  so 
manches  liebenswürdige  Nipptischproduct  auch  unserer 
Gegenwart  zu  dienen,  jetzt,  noch  nach  Jahrtausenden, 
so  muss  es  doch  um  die  Gewerbthätigkeit  der  Retu 
sicher  recht  hoch  bestellt  gewesen  sein. 

Bekanntlich  war  die  altnubische  Cultur  von  Na- 
pet  und  Meroe  nur  eine  Copie  der  äpyptischen.  Aber 
auch  sie  trieb,  wie  bereits  der  eine  Ferlini'sche  Fund 
bewiesen  hat^^,  die  schönsten  Blüten  eines  in  eigen- 
thümlich-äthiopischer  Weise  modificirten  Gewerbfleisses. 
Wir  sehen  auf  einem  thebischen,  etwa  der  achtzehnten 
Dynastie  angehörenden  Gemälde  eine  äthiopische,  aus 
dem  obernubischen  Nilgebiete  stammende  Fürstin,  eine 
Kentaki,  Candace,  regierende  Frau,  welche  etwa  einer 
Sittina,  Merem  der  heutigen  Djaalin  oder  Funje  ent- 
sprechen würde,  reich  und  phantastisch  geschmückt, 
mit  einem  mächtigen  Federkopfputz,  mit  Ringkragen 
von  bunten  Glasflüssen  und  feinen  durchscheinenden 
(Byssus-?)  Gewändern  angethan,  auf  reichverziertem 
zweiräderigen  Wagen  und  prächtigem  Jochgeschirr  der 
vorgespannten  hornlosen  Rinder  einherziehen.  Die 
obern  Nilländer  lieferten  damals  Gold  als  Staub  und 
in  rohen  (noch  jetzt  gebräuchlichen)  Ringen,  Blaustein(?), 
Katzen-,  Leopardenfelle,  Straussfedern,  Ebenholz,  Ele- 
fantenzähne, Rinder  mit  sonderbar  geschmückten  Hör- 
nern, zahme  Löwen,  Antilopen,  Giraffen,  Affen,  ferner 
Jagdhunde,  röthliche  Pferde  (!)  und  Sklaven.  Letztere 
treten  mit  denselben  körperlichen  Eigenthümlichkeiten, 
mit  derselben  Haartracht,  mit  denselben  aus  geschwänzten 
Fellen  construirten  Lendenschurzen  auf,  wie  diese  noch 


Häusliche  Einrichtungen  Afrikaner.     155 

heute  unter  den  Völkern  der  obern  Nlllrimler  in  trenau 
denselben  Formen  vorkommen. 

Die  Sculpturen  und  Wandgemälde  m»ii  s.ij^hi  mm 
Meroe  (Bedjerauie)  zeigen  uns  eine  gewisse  Pracht  in 
den  Costümen  und  Geräthen  ihrer  Inhaber.  Wir  sehen 
da  wieder  ägyptische  Grundtypen,  aber  auch  vieles  ost- 
und  innerafrikanische  Beiwerk,  wir  erkennen  Muster, 
wie  sie  noch  heute  unter  den  Abyssiniern,  Bedja,  Funje 
und  Centralsudanesen  sich  finden.  Man  sieht  jetzt 
leider  nicht  mehr  viel  davon  —  das  haben  die  allge- 
meine Verarmung  schon  seit  der  Funje-Eroberung  und 
der  Türkenfuss  verschuldet,  unter  welches  letztern 
Tritt  nach  dem  Sprichworte  das  Gras  verdorrte. 
Wenn  wir  nun  hier  die  heutigen  Trachten,  Geräthe  und 
Industrieerzeugnisse  Ost-  und  Innerafrikas  in  Kürze  zu 
schildern  unternehmen,  so  bemerken  wir  nochmals  von 
vornherein,  dass  wir  an  jenen  viele  altägyptische  und 
meroitische  Muster  wiedersehen.  Solange  sich  aber 
diese  Muster,  diese  Dessins  als  solche  ausweisen,  die 
nicht  in  andern  alten  Ländern  wiedergefunden  werden, 
so  lange  muss  sich  die  schon  oft  aufgeworfene  Behaup- 
tung, Altägypteus  und  Altnubiens  Cultur  sei  eine  fremde, 
nicht  auf  afrikanischem  Boden  wurzelnde,  als  eine  müssige 
herausstellen. 

Die  Berabra  und  Bedja  der  Jetztzeit  entwickeln  ent- 
schieden mehr  ureigenthümliche  Industrie  in  hübschem 
Flechtwerk,  Gold-  und  Silber-,  sowie  in  landläufiger 
Weberarbeit  als  der  Fellach  und  Kopte,  bei  denen, 
ausser  ihren  schönen  typischen  Töpferwaaren ,  die  mo- 
derne Weberei,  Wirkerei,  das  Schönfärben,  die  Seifen-, 
die  Zuckersiederei  und  verschiedenes  andere  durch  fremde 
Werkmeister  und  durch  europäische  Maschinerie  einge- 
richtet und  unterhalten  werden.  Der  Abyssinier  färbt 
mit  eingeborenen  vegetabilischen  Mitteln  Zeuge  und 
Leder,  er  gerbt  vortrefflich,  schmiedet  originelle  Waffen, 
verfertigt  einheimisches  Pulver,  webt  gröbere  und  fei- 
nere, letztere  mit  farbiger  Seide  durchzogene,  Baum- 
wolltücher,   er   verfertigt   hübsche   Flechtwaaren.      Die 


156  Drittes  Buch. 

Funje  und  Noba  arbeiten  gut  in  Eisen,  erstere  auch 
ganz  vorzüglich  in  edelm  Metall.  Alle  diese  Völker 
benutzen  einheimische  Gerbestoffe,  wie  Garrad,  Schoten 
der  Mimosa  nilotica,  die  Gere  von  Hymenocardia  Hetide- 
lotii,  Modus  (S.  112),  den  Tertus  (Ilydnora  ahyssinica) 
u.  s.  w.  Ihr  Eisen  schmelzen  die  nordöstlichen  Völker 
in  Gruben  aus  Braun-,  Roth-  und  Magneteisenerz  mit 
Akazienholzkohlen    und    zuweilen    mit   Zuschlägen   von 


Fig.  66,    Schmelzofen  der  Songo. 

Sand.  Die  Bongo,  Balonda  u.  s.  w.  benutzen  grosse 
thönerne  Schmelzöfen  von  zum  Theil  recht  ingeniöser 
Construetion.  Man  gewinnt  hier  wie  im  Süden  bei  den 
A-Bantu  ein  weiches,  meist  wenig  kaltbrüchiges  Eisen, 
von  welchem  in  vielen  Gegenden  spanartige  Fragmente 
zu  einer  Art  Damast  zusammengeschweisst  werden, 
welches  Product  recht  dauerhaft  erscheint.  Während 
das    üold    aus    den    Seifen,    den    Bächen   u.  s.  w.    ge- 


..  1  >..-..».. .e  Liiirichtungeu  a.  -.   «.  v»^i   Alrikaner.     157 

wascluMi  wird,  gewinnt  man  Silber  nur  aus  importirter 
gehaltvoller  Münze  und  von  Harren.  Kupfer  dagegen 
wird  in  zwar  primitivem,  aber  immerhin  durchdachtem 
Abbau  in  Südfur,  in  den  portugiesischen  Besitzungen 
von  Niederguinea  u.  s.  w.  gewonnen.  Schweinfurth 
macht  viel  Kühmens  von  der  geschmiedeten  Kupfer- 
pracht im  Monbuttulande.  Wo  nun  die  eigene  Industrie 
nicht  ausreicht,  hilft  natürlich  der  Import.  Messing, 
Blei  und  Zinn  werden  überall  von  fremd  her  einge- 
führt. 

Im  Magreb  ragen  vorzüglich  Tunis  und  Marokko 
durch  ihre  sehr  mannichfaltigen,  originellen  und  zum 
Theil  recht  geschmackvollen  Industrieerzeugnisse,  na- 
mentlich in  der  Weberei,  Lederzurichtung  u.  s.  w. 
hervor.  Derartige  Producte  finden,  wenn  auch  viel- 
fach nachgeahmt  oder  verfälscht  (und  dann  bleibt 
immer  doch  die  Urwüchsigkeit  der  Muster  anzuerkennen), 
gerade  zur  Jetztzeit,  ähnlich  wie  die  vielleicht  prak- 
tischem, aber  weniger  gefälligen  japanischen  und  chine- 
sischen Waaren,  Absatz  auf  europäischen  Märkten. 

Die  Stämme  des  Weissen  Nil  liefern  nur  wenig  be- 
merkenswerthe  Producte  des  Kunstfleisses.  In  Ceutral- 
sudan  dagegen  verfertigt  man  sehr  gut  gewobene  üeber- 
würfe  oder  Toben  (S.  108).  In  den  Hausaländern  ar- 
beitet man  recht  hübsch  in  gefärbtem  Leder  (S.  104). 
Die  Zeuge  der  Westafrikaner  aus  Baumwolle,  Wein- 
palnienblatt  und  andern  Pflanzenfasern,  ihre  Korb-  und 
M.ittengeflechte,  ihre  Holz-  und  Elfenbeinschnitzereien, 
die  (ToMscliinirdewaaren  der  Aschanti  verdienen  alle 
iWachtuuL'.  Man  sieht  in  diesen  Producten  selten  ganz 
bunte  Farben,  wie  bei  Bedja,  Abyssiniem  und  Funje, 
sondern  mehr  nur  eine  höchst  bestechende  Abwechse- 
lung von  stumpferm  Gelb,  Braun  in  verschiedenen  Schat- 
tirungen,  von  Schwarz,  Roth  und  Grün.  Wer  die  Ni- 
gritier  für  farbenblind,  oder  wer  ihren  Farbensinn  für 
noch  unentwickelt  hält,  mag  sich  an  derartigen  reizen- 
den coloristischen  Zusammenstellungen  eines  Bessern 
belehren.    Die  Industrie  der  Südafrikaner  liefert  ausser 


158 


Drittes  Buch. 


den  bei  den  Kaifern  üblichen  wasserdichten  Körben, 
kunstvoll  gearbeiteten  Holz-  oder  Hornlöffeln  und  auch 
den  (S.  112)  erwähnten  Perlenstickereien,  nichts  Er- 
hebliches. 

Bei  dem  Reichthum  Afrikas  an  vorzüglichen  Hölzern 
steht  die  Schnitzarbeit  obenan,  und  selten  findet  man 
ein  von  Nigritiern  bewohntes  Land,  in  welchem  nicht 
vortreffliche  Ruhebetten,  Bänke,  Stühle,  Schemel,  Pfeifen- 
rohre u.  s.  w.  aus  Holz  gearbeitet  würden.  Ueber  die 
gern  geübte  Verzierung  der  Kürbisschalen  wurde  schon 
auf  S.  105  berichtet 


fW 


Fig.  67—70. 
Oesohnitzte  Schemel  und  Gefässe  der  Niam-Kiam. 


In  diesem  Erdtheil  sind  die  Handwerke  oftmal» 
»kastenartig  vertheilt.  Bei  manchen  schwarzen  erobern- 
den Völkern  werden  gewisse  als  untergeordnete  be- 
trachtete Industrien  den  Unterworfenen  überlassen  und 
werden  letztere  danach  in  Klassen  und  in  Kasten 
gesondert.  In  andern  afrikanischen  Gebieten  verliert 
sich  die  kastenartige  Eintheilung  der  Industriellen  bis 
in  das  graue  Alterthum  hinauf  und  sind  deren  Ur- 
sprünge jetzt  nicht  mehr  oder  nur  noch  sehr  unvoll- 
kommen nachzuweisen.  Eine  gewisse  Pariastellung 
kommt  meistens   den   Eisenarbeitern    zu.     Man    ge- 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     löU 

braucht  sie  sehr  nothwendig,  betrachtet  sie  aber  trotz- 
dem   als    halbe   Zauberer,    mit   einem   aus  Furcht  und 
Hass  gepaarten  Gefühl.     Eine  interessante  Zunft  bilden 
in  vielen  afrikanischen  Gebieten  die  Wan de rscli miede. 
Deren  pilgern  namentlich  viele  länj^s   des   Weissen    Nil 
und    in  Sennar   von  Dorf  zu   Dorf.     Sie   verirren   sich 
nach  Nordsennar,  woselbst  sie  der  comraandirende  Bei 
huldvoll  behandelt,  wenn  nur  der  Haddad,  der  Eisen- 
schmied, gelegentlich  eine  Zaumkette,  eine  Säbelscheide 
oder   dergleichen   des    gebietenden   Herrn   auszubessern 
beflissen  ist.     Sonderbarerweise    beschuldigt  da   und  in 
Habesch  der  Volksmund  die  durchschnittlich  sehr  harm- 
losen Leute,  sich  nachts  in  Hyänen  und  in  andere  Un- 
geheuer verwandeln,  in  solcher  Gestalt  aber  den  scheuss- 
lichsten   Unfug   treiben  zu   kön- 
nen.    Die  Wanderschmiede  sind  ,  '^'^'^SIS^v 
eine    zu     charakteristische     Er-        /^!\/^^-^^^)  "^^ 
scheinung ,    als    dass    wir    nicht        f  ' 
einen  Augenblick  bei  ihnen  ver-        '^ 
weilen  möchten.     Sie  rekrutiren 
sich  hauptsächlich  in  eisenreichen          ^ 
Districten,  so  in  Südsennar,  bei 

den  Bari  der  Belenian-  und  Ke-  •^'>-  J^i^Jär  Baickr"'" 
rekberge  u.  s.  w. ;  sie  gebrauchen 

keinen  grossen  Apparat;  da  sind  ein  plumper  Eisen- 
klotz als  Hammer,  ein  fester  Stein  als  Amboss  und  ein 
rober  Blasebalg,  an  welch  letzterm  der  Gehülfe  aus 
zwei  Lederschläuchen  Luft  durch  eine  gemeinschaft- 
liche, in  Thon  gearbeitete  Ausgangsröhre  presst.  Was 
nun  die  Leute  mit  solchen  simpeln  Mitteln  leisten, 
macht  ihrem  Geschick,  ihrer  Routine  alle  Ehre.  Statt 
der  Bezahlung  nehmen  die  Schmiede  meist  die  Nah- 
rungsmittel an,  welche  zu  ihrer  täglichen  Nothdurft 
gehören. 

Die  Stoflweberei  geschieht  meist  auf  liegenden  Web- 
stühlen von  einfachster  Construction.  Stehende  Webstühle 
werden  bei  den  Ischoggo  Guineas  gefunden;  dieselben 
ähneln  den  altägyptischen  sowie  gewissen  vorgeschicht- 


ino 


Drittes  Buch. 


liehen  europäischen  Webstühlen,  wie  z.  B.  Professor  Wor- 
saae  dergleichen  abbildet.^*  Ueberhaupt  wird  man  unter 
den  afrikanischen  Schmucksachen,  Gerätheformen  und 
sonstigen  Industrieerzeugnissen  immer  noch  mancherlei 
wahrnehmen,  was  in  seinem  ganzen  Stil  und  Muster  an 
ähnliche  Producte  unsers  Bronze-  und  Eisenalters  er- 
innert.     In    dieser    Hinsicht    ist    ein    Gang    durch    ein 


/<;/. 


Wiiuderscliiuieilc  und  ackernde  Schwarze  am  Weissen  Nil. 


grösseres  archäologisch-ethnologisches  Museum  sehr  be- 
lehrend. Immerhin  gestattet  schon  eine  Vergleichung 
der  Werke  von  Worsaae,  Hans  Hildebrand,  Montelius, 
I^orunge  und  andern  bedeutenden  Alterthumsforschern 
des  Nordens  mit  den  in  neuern  afrikanischen  Reise- 
werken  enthaltenen  Abbildungen  ein  günstiges  Er- 
gebniss  für  comparative  Forschung. 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     \i]\ 


7.     Handel  und  Verkehr. 

Der  Afrikaner  verschiedener  Nationalität  ist  zum 
Commerz  wie  geboren.  Der  Aegypter,  iNIagrebiner, 
Bedja,  Abyssinier,  die  Nigritier,  sie  alle  vereinigen 
PfiÖ'igkeit  und  Suada  mit  Zähigkeit,  welche  Eigen- 
schaften nothwendige  Erfordernisse  für  die  Erwerbung 
kaufmännischer  Geschäftsklugheit  sind.  Ein  Fellach 
kennt  die  IJedeutung  des  Geldes  so  gut  wie  irgendein 
Djaali,  und  der  marokkanische  Pantoffelhändler  weiss 
8OW0I  die  Colonnadenthaler  und  Maria-Theresienthaler 
auf  ihre  Güte  zu  prüfen,  wie  der  Suaheli  in  Zanzibar 
die  Guineen,  Rupien  und  Toman.  In  vielen  Gegenden 
Afrikas  ist  Geld  nicht  gebräuchlich,  vielmehr  dienen 
Tauschgegenstände  und  das  Geld  vertretende,  oftmals 
ganz  indifferente,  werthlose  Dinge  zur  Unterhaltung  des 
Verkehrs.  Aber  auch  mit  solchen  Geldeswerth  symboli- 
sirenden  'Gegenständen  wissen  der  Pullo  wie  der  Kanori, 
der  Fiodt  wie  der  Funje,  der  Monyamezi  M'ie  der  Zulu 
Bescheid.  Geiziges  Festhalten  am  Besitz,  Ergaunern 
von  neuem  Geld  und  Lust  am  Uebervortheilen  sind 
durch  alle  Stämme  des  Continents  verbreitet.  Der 
Afrikaner  feilscht  gern  und  lange;  er  fliesst  von  Bered- 
samkeit über,  er  vertrödelt  Zeit  und  verschenkt  zahl- 
lose Worte,  wenn  es  die  Einfädelung,  Weiterführung 
oder  Beendigung  irgendeines  Handelsgeschäfts  gilt.  Im 
allgemeinen  nur  Detailkrämer,  erstehen  unter  den  Afri- 
kanern auch  manche  grossartige,  wahrhaft  königliche 
Kaufleute  von  weiter  Umsicht  und  von  riesiger  Ge- 
schäftsausbreitung; das  entwickelt  sich  namentlich  in 
Gegenden,  in  denen  gewisse,  dem  Grosshandel  anheim- 
fallende, auf  dem  Weltmarkte  gesuchte  Waaren,  wie 
z.  B.  Gold,  Elfenbein,  Palmöl,  arabisches  oder  Copal- 
gummi,  Straussfedern,  Häute  u.  s.  w.  erzeugt  und  ver- 
trieben werden.  In  vielen  Gegenden  sind  die  Häupt- 
linge die  ersten,  oft  sogar  die  einzigen  Kaufleute  des 
Stammes,   sie  monopolisiren  auch  gewisse  Artikel  voU- 

Haetmanv.  11 


|ß2  Drittes  Buch. 

ständig.  Bei  andern  afrikanischen  Völkern  bilden  da- 
gegen die  Kaufleute  wie  bei  uns  einen  gesonderten 
Stand.  In  wieder  andern  Stämmen  handelt  alles  pele- 
mele  nach  Belieben  durcheinander.  Feste  Normen  exi- 
stiren  im  erstem  und  letztern  Falle  keineswegs.  An 
manchen  Plätzen  herrscht  in  Handel  und  Wandel  Ord- 
nung, an  andern  nicht. 

Schon  im  ägyptischen  Alterthum  blühte  der 
Handel;  die  Kaufleute  bildeten  damals  eine  rührige 
Menschenklasse.  Das  Land  führte  viele  Erzeugnisse 
auf  die  fremden  Märkte  und  nahm  viele  ausländische 
Producta  in  sich  auf.  Die  Pharaonen  erbeuteten  man- 
cherlei auf  ihren  Kriegszügen;  die  Inschriften  nennen 
darunter  kostbare  Hölzer,  Balsame,  Oele,  Butter,  Grün- 
stein, Blaustein  (z.  B.  von  Babylon),  Erze,  z.  B.  Blei, 
Natron,  werthvoUe  Geräthe,  Waffen  u.  s.  w.  u.  s.  w. 
Die  Kaufleute  holten  aber  auch,  zum  Theil  selbst  auf 
grossen  Handelsexpeditionen,  z.  B.  vom  Somallande, 
Weihrauch  u.  s.  w.  herbei.  Napet,  Meroe,  Myos  Hor- 
mo«,  Adulis  u.  s.  w.  scheinen  bedeutende  Emporien  für 
den  Handel  mit  den  Südlanden  gewesen  zu  sein.  Bei 
den  bekannten  streng  bureaukratischen  Einrichtungen 
unter  den  alten  Nilbewohnern,  in  deren  Regierungs- 
sitzen das  Schreiber-  und  Kanzleiwesen  eine  so  unge- 
mein hervorragende  Rolle  spielte,  fehlte  es  nicht  an 
amtlicher  Controle.  Die  öffentlichen  Wagen  zeigten 
die  genaueste  Einrichtung,  die  dabei  benutzten,  öfters 
in  Form  von  Thierköpfen  und  von  andern  Naturkör- 
pern dargestellten  Gewichte  scheinen  höchst  sorgfältig 
gearbeitet  gewesen  zu  sein.  Seefahrt,  ausgedehnter 
Schiffsverkehr  auf  Flüssen,  Kanälen  und  Landstrassen, 
grosse  Transportwagen,  Esel  und  Eselbastarde,  mensch- 
liche Träger  u.  s.  w.  konnten  den  Verkehr  zu  Wasser 
und  zu  Lande  in  ausgedehntester  Weise  vermitteln. 
Da  gab  es  grosse  Jahresmessen,  wie  deren  noch  heute 
sich  in  genauer  Copie  der  alten  Zustände  wiederholen. 

An  grossen  ^Märkten  und  Messen  fehlt  es  heute  auch 
auf  andern   afrikanischen  Plätzen   keineswegs.     Da  ge- 


H&usliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     163 

wahrt  man  reges  Leben  und  alle  möglichen  Artikel. 
So  fanden  wir  auf  der  im  Mai  statthabenden  Jahres- 
messe zu  Ilellet-Idris,  dem  Hauptorte  der  Funje  am 
Guleberge:  Roheisen,  Goldstaub,  Goldsachen,  Silber- 
schmuck, Elfenbeinringe,  Elefantenzähne,  Stücke  von 
solchen,  Flusspferdzähne,  Stücke  Elefantenhaut  zu  Schil- 
den, Stücke  Flusspferdhaut  zur  Verfertigung  von  Kar- 
batschen,  Rhinoceroshorn,  Zibeth,  Moschus,  Weichsel- 
kirschen, celtischen  Baldrian,  Sandelholz,  Futne  (stark 
duftendes  Oel,  namentlich  Geraniumöl),  indischen  und 
abyssinischen  Pfeffer,  Steinsalz,  Kaflfee,  Bockshornsamen, 
Kümmel,  Gewürznägelein,  Muskatnüsse,  Macis,  Ingwer, 
Medicamente  (wie  Kusso,  Isländisches  Moos  u.  s.  w.), 
Strauss-  und  Marabufedern,  Farbstoffe,  wie  Indigo, 
Krapp,  Curcumä,  Saflor,  Fernambuk;  Hölzer,  wie  Ba- 
banus  (Ebenholz  von  Dalbergia  melanoxylon) ,  Kitter 
(von  Acacia  mellifera),  Sidr,  Hedjlidj,  Bambusröhre, 
roth  gegerbte  abyssinische  Rindshäute,  amerikanisches 
Baumwollzeug,  Toben,  Kattun,  Schnupftücher,  rothe 
türkische  Kappen  (Tarbusch),  weisse  Untermützen  (Ta- 
kien),  rohe  und  gesponnene  Baumwolle,  Halsschnüre 
von  allerhand  Material  (Glasfluss,  Ebenholz,  Harz), 
Matten,  Körbe,  Döschen  zu  Augenlidschminke  und  zu 
Schnupftaback ,  in  Pappe  und  buntes  Papier  gefasste 
Spiegel,  Lederarbeiten  der  verschiedensten  Art,  Waffen, 
Hacken,  Zängelchen  zum  Herausreissen  vonHaarenu.s.w., 
Durra,  Dochn,  Sesam,  Wachs,  Honig,  Rohzucker,  Schlacht- 
vieh, Reitthiere,  selbst  lebende  Thiere  (Affen,  Genett- 
katzen,  Stachelschweine,  Igel,  Papagaien  u.  s.  w.). 

Um  die  Märkte  und  Messen  dreht  sich  ein  gutes 
Stück  afrikanischen  Volkslebens.  Vielen,  auch  ein- 
heimischen Bewohnern  dieses  Festlandes  dienen  die 
Handelsunternehmungen  zur  Befriedigung  ihrer  urwüch- 
sigen Reiselust,  ihres  eigenartigen  Wandertriebes.  Man 
sieht  nigritische  Geschäftsleute  oftmals  gewaltige  Länder- 
strecken durchziehen,  um  einen  geringen  Kram  zu  ver- 
treiben. Neues  anzuschaffen  und  irgendwo  wieder  zu 
verschachern.      Die    mohammedanischen    Berbern    und 

11* 


Jß4  Drittes  Buch. 

Nigritier  benutzen  auch  den  Hadj,  d.  h.  die  Pilger- 
reise (nach  Mekka),  um  unterwegs  gelegentliche  Han- 
delsspeculationen  auszuführen.  Der  Koran  lässt  dies 
geschehen.  Obenan  stehen  hierin  die  schon  vielge- 
nannten Djaalin,  welche  nicht  allein  kleine  Industrie- 
waaren, sondern  auch  Droguen  und  Arzneien  ver- 
handeln. 

Der  geregeltere  Marktverkehr  in  Centralsudan  ist 
uns  durch  M.  Park,  Lyon,  Caillie,  Denham,  Clapperton, 
Oudney,  Barth,  Beurmann,  Rohlfs,  Nachtigal  u.  a.  in 
genügender  Weise  geschildert  worden.  Aber  auch  im 
Westen  fehlt  es  nicht  an  Marktregeln,  welche,  abge- 
sehen von  den  überall  vorkommenden  Willkürmaass- 
nahmen  und  Eingriffen  despotischer  Gewalthaber,  im 
allgemeinen  befolgt  zu  werden  pflegen.  Bei  den  Funje 
und  in  Innersudan  existiren  Schekhs  der  Märkte  und 
der  Kaufleute.  Zu  Kanno,  einem  der  besuchtesten 
Marktplätze  Innerafrikas,  vermiethet  nach  Clapperton 
der  Marktschekh  die  Buden  für  einen  gewissen  Preis 
den  Monat,  und  das  Geld  macht  einen  Theil  der  Ein- 
künfte des  Statthalters  aus.  Einer  bestimmt  auch  den 
Preis  aller  Waaren,  wofür  er  eine  Kleinigkeit  bekommt, 
50  Whyda  oder  Kaurischnecken  von  jedem  Kauf, 
der  etwa  8000  Kauris  beträgt.  Der  Verkäufer  gibt 
jedem  Käufer  einen  bestimmten  Theil  des  Preises  als 
angeblich  segenbringend,  als  eine  Art  Heck-  oder 
Glückspfennig,  zurück.  Clapperton  rühmt  die  Yortreff- 
lichkeit  der  Kauris  als  Scheidemünze ;  sie  können  nicht 
nachgeahmt  werden  und  bilden  bei  der  Geschicklich- 
keit der  Leute  im  Rechnen  ein  bequemes  Mittel,  um 
schnell  auseinander  zu  kommen.  Die  verschiedenen 
Waaren  haben  ihre  bestimmten  gesonderten  Plätze  u.  s.w. 
Viele  Märkte  in  Guinea  sind  reich  versorgt,  so  z.  B. 
Kumassi,  Agbome,  Whyda,  Benny  u.  s.  w.  Auf  den 
Kimbundamärkten  herrscht  nach  Magyar  eine  meist  ge- 
naue Preisregulirung.  Die  Bonnyer  im  Nigordelta  sind 
nach  H.  Küler,  dem  wir  eine  interessante  kleine  Mono- 
graplüe  über  diese  Gögend  verdanken,  eine  durch  und 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.      165 

durch  kaufmännische  Nation,  da  nur  der  Handel  es 
ihnen  möglich  macht,  ihre  nichts  producirende  Küste 
zu  bewohnen.  Sie  schaifen  für  die  Waaren  der  Weissen, 
die  sie  als  Zwischenhändler  mit  grossem  Profit  ins 
Innere  absetzen,  von  dort  sich  die  nöthigen  Lebens- 
mittel, Mais  und  Yams,  herbei.  Wenn  nun  zwar  die 
ursprünglichen  Verhältnisse  des  Landes  sie  gezwungen 
haben,  vorzugsweise  im  Handel  ihre  Existenz  zu  suchen, 
so  muss  man  doch  jetzt  sagen,  dass  sie  sich  vortreff- 
lich in  die  süsse  Gewohnheit  dieses  physischen  Zwanges 
bineingelebt  haben  und  recht  con  amore  Kaufleute 
sind.  Der  Handel  hat  ihren  Speculationsgeist  geweckt, 
und  ihm  verdanken  sie  es,  dass  sie  regsamen,  streb- 
samen Sinnes  sind  und  weniger  wilde  Sitten  haben  als 
andere  benachbarte  Stämme.  Er  hat  ihnen  aber  auch 
die  Schlauheit  und  Verschmitztheit  gelehrt,  die  ihnen 
im  Verkehr  mit  den  Weissen  so  gut  zu  statten  kommt, 
und  hat  sie  mit  der  Lüge  und  dem  Truge  vertraut 
gemacht.  Unter  sich  selbst  stehen  sie  in  beständigem 
Kauf-  und  Tauschverkehr,  und  das  Messer  oder  Tuch 
u.  dgl.,  was  heute  dem  einen  von  ihnen  gehört,  ist 
morgen  in  den  Besitz  eines  andern  gekommen,  der 
wieder  damit  zu  speculiren  sucht.  Cameron  schildert -^^ 
uns  den  Markt  zu  Kawele  in  Udjidji,  auf  welchem  es 
sehr  lebhaft  zugeht,  der  von  den  Völkerschaften  Uguhas, 
Uwiras,  Urundis  und  vielen  andern  am  Gestade  des 
Tanganykasees  besucht  wird.  Die  Leute  bringen  Mehl, 
süjfse  Kartoffeln,  Yams,  Oelpalmfrüchte,  Bananen,  Ta- 
back,  Tomaten,  Gurken,  Töpfergeschirr,  Pombe,  Palm- 
wein, Fische,  Fleisch,  Ziegen,  Zuckerrohr,  Netze,  Holz 
zu  Speeren  und  Bogen,  Basttuch,  Korn,  Ruder,  Netz- 
garn, Eisengeräth,  Salz,  Palmöl.  Jeder  Verkäufer  hat 
täglich  denselben  Platz  inne;  viele  bauen  sich  auch 
kleine  Hütten  aus  Palmzweigen.  Unter  der  Menge  der 
Käufer  und  Verkäufer  gehen  andere  Trupps  umher,  die 
von  andern  entferntem  Gegenden  nach  diesem  Mittel- 
punkte des  Handels  kommen,  um  Sklaven  und  Elfen- 
bein  abzusetzen,    und   da    bei    dem   ganzen   Handel  so 


166 


Drittes  Buch. 


laut  als  möglich  geschrien  wird,    so   ist   der  Lärm  be- 
täubend,    liier  wird  alles   mit  Perlen   bezahlt,    welche 


Hunsliclu-  Einrichtungen  u.  s.  \v.  drr  Afrikaner.      167 

Sofi  genannt  werden  und  ähnlich  wie  in  kleine  Stücke 
gebrochene  Pfeifenröhre  aussehen.  Leute  mit  Quer- 
säcken voll  solclier  Perlen  wechseln  diese  bei  Beginn 
des  Marktes  an  Marktbesucher,  die  Einkäufe  zu  machen 
gedenken,  tauschen  sie  nach  Beendigung  des  Marktes 
von  den  Verkäufern  wieder  ein  und  machen  natürlich, 
wie  gewöhnlich  die  Geldwechsler,  bei  beiden  Geschäften 
ihren  Profit. 

In  den  mohammedanisch-afrikanischen  Gebieten  spielt 
bei  allen  Werken  des  Kaufs  oder  Verkaufs  eine  grosse 
Rolle  der  Delläl,  eine  Art  Auctionscommissionär  oder 
Makler,  wenn  auch  nicht  gerade  häufig  ein  elirliche  •. 
Aehnliche  Mittelspersonen  zeigen  sich  sogar  in  den 
heidnischen  Gebieten.  Es  scheint  dieser  Personen- 
stand ein  nothwendiges  Erforderniss  jedes  auch  nur 
einigermaassen  geregelten  Handelsverkehrs  zu  sein.  Der 
Makler  entwächst  gewissermaassen  dem  Markte  selbst; 
natürlicherweise  darf  man  ihn  ebenso  wenig  im  Rancho 
oder  Wigwam  des  Indianers  wie  in  der  Hütte  des 
Buschmann  suchen. 

Ein  ganz  eigenthümlicher  Handelsverkehr  entwickelt 
sich  in  denjenigen  westafrikanischen  Küsten  und  Küsten- 
flüssen, an  denen  der  Export  von  Palmöl  blüht.  Die 
europäischen  Kaufleute,  welche  das  fettige  Product 
ankaufen,  wohnen  auf  den  dort  sogenannten  Hulks 
oder  Oelschiffen,  abgetakelten  Fahrzeugen  von  euro- 
päischer Construction,  welche  als  Kaufplätze  und  Maga- 
zine zugleich  dienen.  Diese  schwimmenden  Factoreien 
sind  gewöhnlich  mit  einigem  Comfort  ausgestattet  und 
werden  den  "Wohnungen  an  sumpfigen  ungesunden  Land- 
plätzen vorgezogen.  Dass  es  in  einer  solchen  Factorei 
nicht  an  tausenderlei  Tauschartikeln  für  die  Schwarzen 
fehlt,  ist  selbstverständlich. 

In  Südafrika  benutzen  reisende  Händler  die  hier  üb- 
lichen riesigen,  vierräderigen  Planwagen,  als  fahrende 
Magazine,  von  denen  aus  sie  ihren  Schacher  mit  Hotten- 
totten, Kafifern  und  Betchuanen  unterhalten  können. 

In  Ostsudan  pflegen   sich   die  Berabra  als  Kaufleute 


1(53  Drittes  Buch. 

und  Kaufdiener,  als  Leibdiener  und  bewaffnete  Begleiter 
zu  verdingen.  Intelligent  und  desperat,  sind  sie  die 
Mittelspersonen  geworden,  mit  deren  Hülfe  sich  eine 
thuls  friedliche,  theils  gewaltsame  Eroberung  eines  Un- 
geheuern Ländergebietes  von  Centralafrika  für  Aegypten 
eingeleitet  hat. 

In  Nordafrika  herrscht  bis  etwa  zum  10^  nördl.  Br. 
der  Karavanentransport  zu  Kamel.  In  Ostsudan  lassen 
die  sogenannten  Kamelschekhs,  d.  h.  die  Häuptlinge 
der  hauptsächlich  die  Kamelzucht  betreibenden  Stämme, 
während  der  auf  unsern  Sommer  fallenden  Regenzeit 
jene  Lastthiere  nur  sehr  ungern  über  den  13^  nördl.  Br. 
nach  Süden  ziehen;  letztere  leiden  alsdann  zu  sehr  von 
Bremsen,  Dasselfliegen,  Zecken,  von  der  Nässe  und  von 
feuchtem  Futter.  An  der  Ostküste  reicht  die  Kamel- 
zucht über  den  Aequator  hinaus  bis  zu  den  Flüssen 
Odzi  und  Dana  hinab. 

Der  Karavanenverkehr  wird  in  diesen  Gegenden 
übrigens  nach  ganz  bestimmten  Normen  geregelt.  Füh- 
rung, Disciplin  unter  den  Theilnehmern,  Abgaben  u.  s.  w. 
unterliegen  strenger  Controle  und  zwar  theils  durch 
die  Kaufleute  selbst,  theils  durch  die  Behörden  der 
von  den  Handelszügen  berührten  Länder. 

In  Südafrika  werden  die  S.  167  erwähnten,  mit  vielen 
Paaren  rüstiger  Ochsen  bespannten  Wagen  zum  Waaren- 
transport  benutzt.  Im  übrigen  Afrika  dagegen  dienen 
menschliche  Träger,  im  Osten  des  Erdtheils  Pagazi  ge- 
nannt. Sie  rekrutiren  sich  aus  allerhand  Stämmen  und 
schleppen  ihre  Lasten,  gewöhnlich  etwa  50  Pfund  für  den 
Mann  schwer,  auf  ihren  Köpfen.  Zum  Schutze  der 
Trägerkaravanen  werden  in  Ostsudan  und  in  Ostafrika 
sogenannte  Soldaten,  Asaker  (Sing.  Askeri)  oder  Farucli 
(Sing.  Farcha  oder  Basingir)  angeworben,  zu  welchem 
Handwerk  die  Berabra,  Denka,  Bongo,  Niam-Niam  und 
selbst  die  indischen  Beludschen  sich  besonders  geeignet 
erweisen.  Cameron  traf  von  den  letztern  1000  Mann 
allein  in  ünyanyembe. 

Die  Händler  haben   tief  im  Innern  ihre  Factoreien, 


Häusliche  Einrichtungen  u.  p.  w.  der  Afrikaner.     1(39 

welche  mit  Dornverhauen  oder  gar  mit  Verpalissadi- 
rungen  umgeben  sind.  In  den  ehern  Nilländern  nennt 
man  eine  solche  Niederlassung  Zeriba.  In  den  Gegen- 
den des  Weissen  Nils  und  des  Gazellenflusses  hatte  sich 
während  der  Jahre  1S45 — 68  von  den  Zeribas  aus  eine 
infame  Art  des  Handels  etablirt.  Dieser  nahm  seinen 
Hauptsitz  zu  Chartum.  Europäische,  türkische,  ara- 
bische, koptische  und  nubische  Händler  sandten  nämlich 
ihre  Barken  voll  Bewafl'neter  und  ihre  Träger  aus, 
Hessen  Elfenbein,  Sklaven  oder  Vieh  rauben  und  letz- 
teres wieder  gegen  Elfenbein  und  Sklaven  theils  an 
die  beraubten  Stämme  selbst,  theils  an  fremde  Stämme 
austauschen.  Durch  diese  schandbare  Art  des  Verkehrs, 
an  welchem  sich  vielgenannte  europäische  Häuser,  der 
Vaudey,  De  Bono,  Poncet,  A.  de  Malzac  u.  s.  w.  stark 
betheiligten,  wurden  weite  Landstriche  mit  Brand, 
Mord  und  Plünderung  heimgesucht,  sie  wurden  auf 
Generationen  hin  verwüstet.  Acte  gemeiner  Barbarei 
wurden  von  den  Banditen  begangen  und  von  selten 
der  Schwarzen  durch  blutige  Repressalien  geahndet. 
Solche  Scheusslichkeiten  riefen  endlich  das  Einschreiten 
der  ägyptischen  Behörden  wach,  und  nachdem  nun  auch 
eine  gute  Anzahl  arabisch-nubischer  Händler,  die  Ghat- 
tas,  Abdes-Sammat,  Biselli  und  andere  Würdige  sammt 
ihrer  Räuberbrutr  theils  am  Fieber  crepirt,  theils  zu- 
sammengehauen, in  den  Kochtöpfen  nigritischer  Kanni- 
balen geschmort  oder  von  den  Aegyptern  in  Ketten 
gelegt  worden  sind,  scheint  der  Unfug  nachgelassen  zu 
haben,  wenn  er  auch  leider  noch  nicht  gänzlich  ausge- 
rottet werden  konnte.  ^^ 

Es  darf  hier  wol  kaum  hervorgehoben  werden, 
dass  der  Sklavenhandel  seit  alten  Zeiten  einen  sehr 
grossen  Theil  des  afrikanischen  Handels  überhaupt  ge- 
bildet hat.  Es  ist  ja  über  diese  fluchwürdige  Ein- 
richtung schon  80  unendlich  viel  geschrieben,  es  ist 
das  durch  sie  über  den  dunkeln  Continent  gebrachte 
Elend  in  so  markerschütternder  W^eise  dargestellt  worden, 
dass   wir    hier   davon    schweigen    können.      Wenn    nun 


170  Drittes  Buch. 

auch  jener  scheussliche  Trafik,  dessen  selbst  nur  schüch- 
terne Beschönigung  wir  gern  unsauberm  ethnologischen 
Pharisäerthura  überlassen  wollen,  noch  keineswegs  gänz- 
lich unterdrückt  erscheint,  wenn  er  auch  in  den  ägyp- 
tischen Besitzungen,  im  türkischen  Magreb,  in  Marokko, 
an  der  Ost-  und  Westküste  hier  und  da  weiter  wuchert, 
so  gehört  er  gottlob  dennoch  zum  grössten  Theile 
bereits  der  Geschichte  an. 

Sehr  interessant  sind  die  Mittheilungen,  welche  uns 
L.  Magyar  über  den  Karavanenhandel  in  den  Hinter- 
ländern von  Angola  und  Benguella  gibt.  „Unter  den 
grössern  und  kleinern  Karavanen  (Ambakkas)"  —  so 
sagt  unser  Reisender  —  „welche  aus  verschiedenen 
Gegenden  Innerafrikas  und  auf  verschiedenen  Wegen 
an  die  Küsten  kommen,  zeichnet  sich  die  von  Bihe 
aus,  nicht  blos  durch  ihre  Anzahl  und  Waffenmacht, 
sondern  auch  durch  den  Werth  der  mitgebrachten 
Waaren,  als  da  sind:  Elfenbein,  Rhinoceroshörner,  Wachs. 
Die  Karavane  von  Bihe  kommt  gewöhnlich  jedes  Jahr 
zweimal  nach  Benguella,  wo  sie  die  mitgebrachten 
Waaren  für  europäische  Erzeugnisse  umtauscht.  Eine 
solche  Karavane  besteht  oft  aus  3000  Köpfen,  von 
welchen  wenigstens  die  Hälfte  bewaffnet  ist;  da  es 
hierzulande  keine  Saumthiere  gibt,  so  werden  alle 
Waaren,  auch  in  die  entferntesten  Gegenden,  von  Men- 
sclien  transportirt.  Der  Vortrab  der  Karavane  kommt 
gewöhnlich  zwei  oder  drei  Tage  früher  an,  um  die 
Kaufleute  von  der  Ankunft  des  Zuges  im  voraus 
zu  benachrichtigen.  Diese  rüsten  sich  nun  zum  Em- 
pfang der  Gäste  und  schaffen  die  nöthigen  Lebens 
mittel  und  Tauschartikel  herbei.  Dann  kommt  die 
Karavane  in  mehrern  kleinern  und  grössern  Haufen 
an;  die  einzelnen  Abtheilungen  begeben  sich  mit  ihren 
Waaren  sogleich  zu  ihren  Bekannten,  um  sich  daselbst 
einzuquartieren.  Diejenigen,  welche  Waaren  zum  Ver- 
kauf gebracht  haben,  kleiden  sich  nach  Vermögen  in 
neue  Stoffe  und  bringen  die  ersten  drei  Tage  nach 
ihrer    Ankunft    mit   Essen    und    Trinken  zu.      Hierauf 


Häusliche  Einrichtungrcn  u.  8.  w.  der  Afrikaner.     171 

begiunt  der  Tauschhandel,  welcher  sechs  Tage  nach- 
einander dauert ;  endlich  werden  die  eingetauschten 
Waaren  verpackt  und  unter  die  Lastträger  vertheilt." 

„Bis  werden  viele  und  verschiedenartige  Waaren  ins 
Innere  Afrikas  transportirt;  daher  erfordert  das  ge- 
hörige Verpacken  derselben,  damit  sie  nicht  wegen  der 
langen  Reise  infolge  des  Regens  oder  anderer  Um- 
stände beschädigt  oder  ganz  verdorben  werden,  sowie 
auch  die  richtige  Vertheilung  unter  den  Lastträgern 
eine  grosse  Geschicklichkeit  und  Routine.  Denn  wenn 
man  den  Lastträgern  eine  zu  grosse  Last  aufbürdet, 
so  kann  es  leicht  geschehen,  dass  sie  darunter  zusam- 
menbrechen und  dieselbe  mitten  in  der  Einöde  liegen 
lassen.  Ein  Träger  von  Bihe  wird  gewöhnlich  mit 
einer  Last  von  64  Pfund  beladen  und  ausserdem  muss 
er  auch  seine  Nahrungsmittel,  Waffen,  Kochgeschirr 
und  die  Schlafmatte  tragen,  sodass  die  gesammte  Last 
90 — 95  Pfund  beträgt"  u.  s.  w.  Magyar  bemerkt  dann 
weiter,  dass  jede  Karavane  ihren  Chef  (Som  Ambakka) 
habe,  und  jeder  einer  solchen  sich  anschliessende  Rei- 
sende der  Leibdiener  bedarf,  von  denen  einer,  der 
Kissongo,  welcher  für  das  Leben  und  die  Sicherheit 
seines  Herrn  wacht,  von  diesem  gewissermaassen  adop- 
tirt  wird.  •*  "* 

Im  Schutze  der  osmanischen  Besitzungen  und  der 
europäischen  Colouien  finden  sich  in  den  verschiedenen 
Gegenden  Afrikas  zahlreiche  europäische  Etablissements 
für  den  Handel;  aber  es  gibt  deren  auch  auf  unabhängi- 
gen Gebieten.  Diese  sorgen  dann  selbst  für  ihre  Sicher- 
heit. An  der  Congo-  und  Loangoküste  hat  eine  hol- 
ländische sehr  betriebsame  Gesellschaft,  die  Afrikaansche 
Handelsvereniging,  schon  vielen  Boden  und  grossen  Ein- 
fluss  erworben.  • 

Gegenwärtig  circuliren  in  Nord-  und  Südafrika,  so- 
wie  an  den  Ost-  und  Westküsten  eine  grosse  Anzahl 
europäischer  und  amerikanischer  sowie  auch  dem  indo- 
britischen Reiche  angehörender  Münzen;  manche  der 
mohammedanischen    Staaten    prägen   eigenes    Geld.     In 


172  Drittes  Buch. 

Abyssinien  hat  selbst  heute  noch  der  Maria-Theresien- 
thaler  seinen  Werth,  in  Ostsudan  geht  neben  diesem 
der  altspanische  Colonnadenthaler.  Als  Zahlungs- 
objecte  von  geringerm  Geldwerth  dienen  Durrakörner 
(z.  13.  in  Sennar  und  in  Obernubien),  Kauris,  Glasperlen, 
Samen,  Zeugstücke  und  Spateneisen  (S.  134).  Der 
Glasperleu  gibt  es  so  ausserordentlich  verschiedene  Sorten, 
dass  man  mit  ihrer  Aufzählung  allein  die  Seiten  eines 
Schriftchens  füllen  könnte  (S.   112). 

Das  Zeuggeld  umfasst  ebenfalls  viele  Arten  von 
Palmfaser-  oder  Gras-  auch  Rindenstoff,  oder  von  Baum- 
wollgeweben. Unter  letztern  liefern  der  englische,  in- 
dische und  amerikanische  Markt  eine  wunderbare  Aus- 
wahl, so  die  Merikanis  oder  Malekamis,  Kanikis,  Fa- 
zendas  u.  s.  w.  Sie  werden  in  Stücke  von  verschiedener 
Grösse  geschnitten  oder  gerissen  und  bilden  so  eine 
vielbegehrte  Scheidemünze.  In  ähnlicher  Weise  dient 
Dowla,  eine  geringere  Sorte  indischen  Seidenstoffs. 
Die  Kaurischnecken  (Cypraca  moneta)  passen  wegen 
ihrer  zierlich  gerundeten  Gestalt  und  ihrer  porzellan- 
artigen Weisse  nebenher  häufig  als  Schmuck.  In  Nord- 
ostafrika bildet  endlich  ctas  abyssinische  Steinsalz  eine 
geringwerthige  Münze  (S.   152). 

Die  Schiffahrt  der  Afrikaner  ist  zu  unserer  Zeit 
nur  unbedeutend.  Die  alten  Aegypter  befuhren  nicht 
allein  den  Nil,  sondern  auch  das  Meer  mit  grossem 
Erfolge;  ihre  mächtigen  Galeren  fochten  bei  Salamis 
und  bei  Actium  mit.  Zu  Nekao's  Zeit  scheinen  ägyp- 
tische Seeschiffe  weite  Fahrten  längs  den  afrikanischen 
Küsten  unternommen  zu  haben.  Sehr  reges  Treiben 
entwickelte  sich  auf  dem  von  Fahrzeugen  aller  Art 
starrenden  Nil.  Diese  ungeheuere  Wasserstrasse  diente 
auch  mehrern  thatkräftigen  Pharaonen,  wie  unter  an- 
derm  einem  Tutmes  I.,  dazu,  ihre  Stromflotten  gegen 
die  dunkeln  Völker  von  To  Chont  (Dongola)  und  Kusch 
(Sudan)  vorzutreiben.  Das  alles  ist  gegenwärtig  in 
Verfall  gerathen,  wenngleich  die  Wasserstrasse  des 
Weissen  Nils   es   den  Aegyptern  neuerdings   ermöglicht 


j^Y4  Drittes  Buch. 

hat,  die  Gebiete  der  Bari,  Bongo  u.  s.  w.  militärisch 
zu  besetzen.  Aber  der  alte  Glanz  existirt  doch  nicht 
mehr;   die    Seemacht    der   heutigen  Aegypter  ist  gleich 

Null. 

Die  Karthager  haben  bekanntlich  als  altes  Seevolk 
das  Ihrige  geleistet.  Wenn  diese  nun  zwar  zum  grossen 
Theile  aus  Fremdlingen  (Phöniziern)  bestanden,  so 
hatten  letztere  doch  auch  einen  guten  Theil  Afrikaner, 
Berbern,  unter  sich,  die  an  dem  Ruhme  grossartiger 
maritimer  Bestrebungen  theilnahmen.  Später  bildeten 
die  kecken  Raubzüge  der  nordafrikanischen  Korsaren 
nur  ein  schwaches,  trübes  Nachspiel  jener  karthagischen 
Grossthaten. 


Fig.  75.     Canot  vou  Arabadjholz. 

An  der  Westküste  Afrikas  haben  sich  die  Crooboys 
oder  Croomen,  die  Kru,  einen  grossen  Ruf  als  kühne 
und  geschickte  Seeleute  erworben.  An  der  Ostküste 
sind  ein  Theil  der  Bewohner  der  Samhara  oder  des 
abyssinischen  Küstenlandes  und  die  Suaheli  ebenso  gern 
als  Matrosen  benutzt,  wie  die  Leute  von  Mozambique, 
wie  die  Komoraner  und  die  Madegassen.  Eine  starke 
Abneigung  vor  dem  Meere  haben  die  KafFern. 

Der  grössere  Theil  der  afrikanischen  Flüsse  ist  wegen 
vieler  Katarakten,  Stromschnellen,  Wirbel  und  Bänke 
für  die  SchittYahrt  nur  wenig  geeignet.  Diese  entwickelt 
sich  daher  immer  nur  auf  beschränktem  Gebiet.  Selten 
verwenden  hier  die  Nigritier  grössere  Barken,   sie  be- 


Häusliche  Einrichtungen  n.  s.  w.  der  Afrikaner.      175 

gnügen  sich  vielmehr  mit  nicht  sehr  grossen  Canots, 
nit  Flössen  u.  s.  w.  Letztere  werden  am  Weissen  Nil 
aus  dem  federleichten  Holze  des  Ambadj  (Hcnninicra 
€laphroxylon)y  in  Borna  aus  Kürbisschalen  verfertigt; 
sie  dienen  nur  dem  kleinern  Verkehr. 

Dagegen  bilden  die  weiten  Aequatorialseen  ein  für 
regen  Schiffsverkehr  wohl  geeignetes  Gebiet.  Die 
hier  angesiedelten  Nigritier  unterhalten  recht  stattliche 
und  öfters  phantastisch  geschmückte  Fahrzeuge.  Vom 
Hord  derselben  uua  liefern  sie  erbitterte  und  blutige 
Seeschlachten.  Dergleichen  Ereignisse  schildert  uns 
unter  anderm  Stanley  mit  grosser  Lebhaftigkeit.  Kann 
es  wilder  erregte  Scenen  geben,  als  die  von  ihm  be- 
schriebene grosse  Seeschlacht  zwischen  den  Waganda 
und  den  Wawuma  bei  Cap  Nakaranga?  Es  fehlt  den 
Xigritiern  nicht  an  Talent  zur  Ausnutzung  der  Wasser- 
wege, allein  die  Natur  stellt  ihnen  zum  Theil  schwer 
besiegliche  Hindernisse  entgegen. 


8,     Sitten  und  Gebräuche. 

Kindheit.  Die  Kinder  der  Afrikaner  verschieden- 
artigster Nationalität  sind  durchschnittlich  weit  an- 
iimthiger,  verhältnissmässig  geistig  geweckter  und 
viel  liebenswürdiger  als  die  Erwachsenen.  Man  findet 
unter  den  Sprossen  der  Bedja,  der  Funje,  vieler  echten 
Nigritier  überaus  anziehende  Persönlichkeiten.  Es  gilt 
dies  weniger  vom  frühesten  Alter,  in  welchem  gewisse 
Misverhältnisse  der  Physiognomie  und  der  sonstigen 
körperlichen  Gestaltung  die  Harmonie  häufiger  stören, 
als  an  den  gleichalterigen  Kindern  der  Europäer.  Viel- 
mehr erscheint  die  Mehrzahl  der  afrikanischen  Kinder 
zwischen  dem  5.  bis  7.  und  dem  12.  bis  13.  Jahre  am 
holdesten.  Namentlich  bringt  hier  das  Knabenalter 
reizende  Erscheinungen  hervor.  Da  vereinigen  sich  öfters 
schlanke  Gestaltung,  offener  Blick,  schnelle  Auffassungs- 
gabe, frühreife  Urtheilskraft,   freundliches  Anschmiegen 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.      177 

und  gutmüthiges  Wesen  zu  einer  trefflichen  Oesnmnit- 
erscheinung.  Auch  unter  den  sehr  jungen  Mädclien 
trifft  mau  liebliche  Geschöpfe:  sie  sind  jedoch  im  all- 
gemeinen stiller,  demüthiger  und  zurückhaltender  als 
die  Knaben.  Heiterkeit  ist  den  meisten  Afrikanern 
angeboren,  und  die  Spielplätze  ihrer  Kinder  sind  die 
Stätten  fröhlicher  Lust.  Da  geht  es  im  Lärmen  und 
Schreien  gar  toll  her.  Ich  glaube  nach  meinen  eigenen 
Erfahrungen  und  nach  denen  befreundeter  Personen 
nicht,  dass  unter  den  Kindern  auf  dem  dunkeln  Con- 
tinent  ein  sehr  viel  anderes  Gebaren  herrsche  als  bei 
unserer  lieben  Jugend  daheim.  Die  Kinder  der  Indianer, 
der  Mongolen,  der  AVassermalaien  und  Creolen  sollen 
im  allgemeinen  ernster,  ja  düsterer  sein  als  diejenigen 
der  Europäer,  Polynesier  und  Afrikaner,  namentlich 
aber  der  Nigritier.  Unter  letztern  gibt  es  auch  hübsche 
Kurzweil  mit  Früchten,  Samen,  Steinchen,  befiederten 
Stäben,  mit  geflochtenen  Häuserchen,  Nachbildungen 
von  Thieren  aus  Holz,  Thon  u.  dgl.,  mit  dem  IJau  von 
Kraalen  aus  Sand  u.  s.  w.,  endlich  die  Beschäftigung 
mit  zahmen,  lebenden  Thieren. 

Freilich  fehlt  diesem  sonnigen  Bilde  auch  nicht  die 
schattige  Kehrseite.  In  mohammedanischen  Ländern 
wird  die  Unbefangenheit  des  Kindes  sehr  häufig  durch 
wahnwitzige  Furcht  vor  dem  bösen  Blick  getrübt;  da- 
durch werden  die  abergläubischen  Aeltern  dahin  ge- 
bracht, ihre  Sprösslinge  zum  Schutz  gegen  den  Neid 
der  Nachbarn  einzupferchen,  in  Schmuz  und  Unkennt- 
niss  aufwachsen  zu  lassen.  Wo,  wie  bei  islamitischen 
Bambara,  Fulbe,  bei  vielen  Berbern,  Djaalin  u.  s.  w. 
religiöser  Fanatismus  herrscht,  da  verlangt  der  als 
Lehrer  fungirende  Marabout  schon  frühzeitig  die  ganze 
Hingebung  und  die  zerknirschte  Frömmigkeit  seiner 
Talibe  oder  Schüler.  Wiewol  sich  hier  manchmal 
ein  ganz  hübsches  Verhältniss  zwischen  Lehrenden  und 
Lernenden  entwickeln  kann,  so  wird  doch  in  den 
meisten  der  letztern  die  Jugendfrische  bei  Zeiten  durch 
frenetische   Ascese    zerstört.     Aus    solchen    Kindern   er- 

HABTMA55.  12 


178  Drittes  Buch. 

wuchsen  jene  heiligen  Streiter,  mit  deren  Hülfe  toll- 
fanatische oder  ehrgeizige  Lügenpropheten,  die  Dan- 
fodio,  Hadj  Omar,  Mohammed-el-Amin  u.  a.  ihre  zer- 
störenden Kriege  gegen  das  Bestehende  unternahmen. 
Unter  den  heidnischen  Völkern  wird  die  Kindheit  nicht 
selten  durch  blödsinnige  Furcht  vor  den  Fetischen  ver- 
giftet. In  noch  andern  Fällen  knicken  schnöder  Sklaven- 
raub und  Sklavenhandel,  scheusslicher  Opferdienst  und 
wilder  Kannibalismus  gerade  die  zierlichsten  Jugend- 
blüten. 

Auch  entwickehi  sich  bei  vielen  Afrikanerkindern 
schon  im  jugendlichsten  Alter  die  schlechtem  Seiten 
des  afrikanischen  Charakters:  Hang  zur  Faulheit,  zur 
Ausschweifung,  zur  Lüge  und  zur  Grausamkeit.  Schreck- 
liche Tyrannen  erwachsen  manchmal  aus  noch  im  kind- 
lichen Alter  stehenden  Nigritierfürsten.  Junge  Mädchen 
können  schon  früh  zu  entsetzlichen  Megären  werden, 
namentlich  unter  kriegerischen  Nigritierstämmen. 

Bei  vielen  Afrikanern  wird  der  Uebergang  aus  dem 
Knaben-  zum  Jünglings-  und  aus  dem  Mädchen-  zum 
Jungfrauenalter  unter  Beobachtung  gewisser  feierlicher 
Gebräuche  oftenkundig  vollzogen;  derartige  Gebräuche 
gibt  es  ungemein  vielartige.  Unter  einem  grossen 
Theile  der  Nigritier  ist  die  Beschneidung  verbreitet. 
Wahrscheinlicherweise  ist  sie  von  da  auf  die  Juden 
und  Mohammedaner  unter  Vermittelung  der  alten  Aegyp- 
ter  übertragen  worden.  Schwerlich  hat  dieser  bis 
zum  Herzen  Afrikas  und  bis  zu  den  A-Bantu  reichende 
altübliche  Gebrauch  den  entgegengesetzten  Weg 
genommen.  Unter  den  islamitischen  Stämmen  wird  der 
Gebrauch  nach  dem  bekannten  Koranritus  vollzogen. 
Statt  der  Beschneidung,  welche  mit  gewissen  Einschrän- 
kungen hier  und  da  auch  beim  weiblichen  Geschleclite 
ausgeführt  wird,  dient  unter  Denka,  Herero  und  andern 
nigritischen  Nationen  das  Ausreissen  der  mittlem  untern 
Schneidezähne  als  auszeichnender  Act  während  des 
Austrittes  aus  dem  Knabenalter.  Die  kriegerischen 
Amazulu    hielten    ganz    besonders  auf  die   Ausbildung 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     179 

ihrer  männlichen  Sprösslinge  im  Waifcndienst,  welche 
beschnitten,  dann  später  in  den  festen  Lagern  oder 
Engandas  untergebracht  und  hier  ganz  militärisch 
dressirt  wurden. 

Aehnliehe  Gebräuche  herrschen  unter  den  Betchuana. 
Die  Knaben  kommen  daselbst  in  die  Koma  oder  Be- 
schneidungsschule,  hier  werden  sie  durch  allerlei  Leibes- 
qnal  abgehärtet  und  in  die  Geheimnisse  der  Männlich- 
keit eingeweiht ;  natürlich  erfolgt  dabei  die  allen 
Bantu  gemeinsame  Beschneidung.  Die  ganze  Procedur 
wird  bei  den  Basuto  das  Polio  genannt.  Alle,  welche 
zusammen  das  Polio  durchgemacht  haben,  bilden  eine 
Choera  oder  Kameradschaft.  Auch  die  Mädchen  unter- 
liegen einem  Polio.  Sie  müssen  das  Tauchen  erlernen, 
sich  mit  dem  Feldbau  beschäftigen;  sie  schulen  sich 
alsdann  im  Singen  und  Tanzen.  Während  der  ganzen 
Zeit  verüben  sie  allerlei  Muth willen  und  Unart.  Die 
dem  Polio  unterworfenen  Knaben  und  Mädchen  ver- 
harren übrigens  in  strenger  geschlechtlicher  Absonde- 
rung.    (Endemann.) 

Mannbarkeit  und  Alter.  Die  jungen  Männer 
der  Bedja  und  Nigritier  werden  zum  Viehhüten,  zur 
Jagd  und  zum  Kriegsdienst  angelernt.  Bei  manchen 
Stämmen  beider  Guineas  erhalten  sie  noch  nicht  Zu- 
tritt zum  Palaver,  der  öffentlichen  Berathung,  der  nur 
reifen  Männern  und  gedienten  Kriegern  gebührt.  Die 
Mädchen  unterstützen  um  die  Zeit  vor  ihrer  Verheira- 
thung  das  weibliche  Ilauspersonal. 

Die  mohammedanischen  und  christlichen  Heirat hs- 
ceremonien  unter  den  Afrikanern  sind,  wenn  sie  auch 
hier  und  da  etwas  landesübliche  Beimischung  erhalten, 
von  80  bekanntem  Zuschnitt,  dass  sie  hier  keine  beson- 
dere Erwähnung  verdienen.  Die  in  Aegypten  und  zum 
Theil  auch  im  Magreb  herrschende  schändliche  Unsitte, 
noch  völlig  unreife  Kinder  in  das  Ehebett  zu  geben, 
und  dadurch  den  ganzen  Stamm  der  Entartung  in  die 
Arme  zu  treiben,  herrscht  bei  den  Berabra,  Bedja  und 
Nigritiern   weit  weniger.     Magyar  beschuldigt  die  Kim- 

12- 


180  Drittes  Buch. 

bunda  dieser  Unsitte.  Sonst  wird  bei  obigen  Stämmen, 
unter  denen  die  Entwickelung  des  Körpers  durchaus 
nicht  durchgängig  in  so  rapider  Weise  vor  sich  geht, 
wie  es  manche  Reisende  als  allgemeine  Regel  aufge- 
stellt haben,  denn  doch  eine  gewisse  physische  Reife 
abgewartet,  bevor  man  den  Ehepact  schliesst. 

Das  Weib  ist  grösstentheils  eine  Waare,  die  man 
von  den  Aeltern  um  diesen  oder  jenen  Preis  ersteht. 
Daneben  soll  aber  der  zuweilen  eintretende  Fall  einer 
einseitigen  oder  beiderseitigen  Neigung  gerechte  Beur- 
theilung  finden.  Ein  Afrikaner  kann  sein  Mädchen 
lieben  und  muss  doch,  dem  allgemeinen  Brauche  hul- 
digend, sich  dasselbe  erst  zum  Anweiben  für  einen  ihm 
zugemutheten Preis  erkaufen.  Bekanntlich  ist  es  aber  auch 
in  unserm  überfeinerten  hypokritischen  Europa  vielfach 
Mode  geworden,  sich  sein  mit  so  und  so  viel  Mille 
beschwertes  Weiblein  gegen  Erlegung  schnöder  Kuppel- 
gebühr zu  erschachern.  —  Das  jedoch  nur  beiläufig. 
Auch  beim  afrikanischen  Weibe  ist  die  Liebe  nicht 
ausgeschlossen.  Unter  Gala  und  Bantu  kam  es  vor, 
dass  erkaufte  Weiber,  welche  den  aufgenöthigten  Ehe- 
gatten nicht  gut  waren,  sich  lieber  das  Leben  nahmen, 
als  dass  sie  den  für  sie  entehrenden  Pact  schlössen. 

Der  Afrikaner  wird  seltener  in  die  Lage  kommen, 
für  seine  Erkorene  deren  Aeltern  klingende  Münze 
hinzuzählen;  vielmehr  wird  die  Gesponsgebühr  aller- 
meist in  sehr  realistischen  Materialien,  wie  Zeug,  Ge- 
treide, Kühen  und  andern  Hausthieren,  in  Goldstaub, 
Elfenbein,  Straussfedern,  Gummi,  Palmöl,  Sklaven  und 
andern  Handelsartikeln,  in  Waffen,  Geräthen  u.  dgl. 
erlegt. 

Wenn  ein  Denka  (Weisser  Nil)  heirathen  will,  so 
pflegt  er  sich  schon  im  Beginn  der  zwanziger  Jahre 
zu  befinden.  Er  macht  sich  selten  an  ein  Mädchen, 
welches  unter  16 — 18  Jahren  steht.  Der  Kaufpreis 
richtet  sich  hier  nach  dem  Vermögen  der  Aeltern. 
Für  ein  begütertes  Mädchen  bietet  man  20—30  Ochsen 
und  Kühe,  auch  Kupfer-    oder  Messingdraht  und  Glas- 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     181 

peil*....  Zur  Hochzeit  veranstaltet  man  ein  Pickenick 
von  Milch;  man  schlachtet  eine  Kuh  oder  einige  Zick- 
lein, schmausst  auch  wol  halbgrüne  Durraähren  dazu. 
Aehnlich  geht  es  bei  andern  Völkern  des  Weissen  Nils 
und  CentralatVikas  her. 

Der  Bari  ist  nach  Kaufmann  noch  mehr  auf  Viel- 
weiberei erpicht  als  der  Denka.  Unser  geistvoller 
apostolischer  Missionar  erzählt,  dass  solche  Bari,  welche 
recht  gross  thun  wollen,  sich  alle  Jahre  ein  neues 
Weib  nehmen.  So  besass  der  vielgenannte  Häuptling 
Nigilla  zu  Gondokoro  über  zwanzig  Frauen.  Manche 
haben  in  der  Hungerzeit  (S.  149)  wenige,  nehmen  aber 
nach  der  Ernte  die  frühern  Weiber  und  gar  noch  ein 
neues  zu  sich.  Diese  Beispiele  mögen  darthun,  in 
welcher  Art  beim  allergrössten  Theile  jener  heidnischen 
Nigritier  die  Ehen  geschlossen  werden. 

Unter  den  Betchuana  geht  man  etwas  umständlicher 
zu  Werke.  Hier  muss  ein  Freund  des  Brautwerbers 
die  Erkorene  ansprechen;  der  Werber  befragt  dann 
die  Aeltern  des  Mädchens,  und  sind  diese  gewillt,  so 
consultirt  man  endlich  den  eigenen  Vater.  Dann  schickt 
jener  Weiber  in  den  Kraal  der  Ersehnten,  um  letztere 
in  Augenschein  nehmen  zu  lassen.  Abermals  werden 
Weiber  hingeschickt,  die  eine  Art  Scheinantrag  stellen. 
Darauf  sendet  der  Vater  des  Mädchens  Leute  in  den 
Kraal  des  Werbers,  um  diesen  aufzufordern,  nunmehr 
seinen  Antrag  zu  formuliren.  Die  Mutter  der  Braut 
sendet  zugleich  eine  wohlgefüllte  perlengestickte  Schnupf- 
tabacksdose  in  das  Heimatdorf;  dann  ruft  der  zukünf- 
tige Schwiegervater  die  Vetterschaft  zusammen  und 
sucht  ihr  beim  Palaver  das  für  den  Bräutigam  als 
Kaufpreis  nöthige  Vieh  abzudrücken.  Letzteres  wird 
in  den  bräutlichen  Kraal  getrieben.  Nun  wird  dieser 
vom  Bräutigam  und  seinen  Genossen  aufgesucht,  dabei 
kommt  es  zu  mächtigen  Ess-  und  Zechgelagen.  Zurück- 
gekehrt, wartet  der  Bräutigam  Wochen  und  Monde, 
muss  aber  nun,  bei  Erneuerung  seines  Antrags,  eben- 
falls wieder  Vieh  abgeben.    Endlich  kommt  man  gegen- 


132  Drittes  Buch. 

seitig  überein.  Nachdem  noch  die  Anverwandten  der 
Braut  Brandschatzung  geübt,  wird  das  Frauenzimmer 
vom  Bräutigam  unter  mancherlei  Gasterei  und  Cere- 
monien  heimgeführt;  unterwegs  suchen  die  Braut  und 
ihre  Begleiterinnen  wieder  Geschenke  zu  erpressen. 
Die  junge  Frau  kehrt  nochmals  zum  heimischen  Kraale 
zurück,  holt  Sorghumbier,  Mehl,  Korn,  Bohnen,  Taback, 
ihre  Decken,  Felle  u.  s.  w.  herbei.  In  der  Folge  gibt 
es  im  neuen  Hause  grosses  Geschmause  und  Gezeche. 
Endlich,  endlich  hat  die  sehr  weitschweifige  Komödie 
ihren  Schluss  erreicht!  Missionsdirector  Wangemann, 
welchem  wir  diese  ganze  originelle  Schilderung  einer 
Basuto-Hochzeit  verdanken,  begleitet  seine  Auseinander- 
setzung mit  den  für  seine  Berufsthätigkeit  charakte- 
ristischen Worten:  „Was  das  ungebührliche  Maass  von 
Essen,  Trinken  und  manches  andere  bei  diesen  Ge- 
bräuchen betrifft,  so  finden  wir  ja  leider  auch  bei  uns 
Christenleuten  viel  ähnliches.  Aber  dort  unter  den 
Heiden  ist  das  Fressen  und  Saufen  nur  noch  der  ge- 
ringere Theil  der  Feier,  denn  in  allen  seinen  Gebräuchen 
zielt  das  Heidenthum  auf  Fleischessünden,  Lügen,  Zau- 
bern, Geld-  und  Bluterpressen,  und  bedeckt  all  diesen 
Moder  und  Todtengebein  nur  mit  einem  ganz  dünnen 
Tuche,  das  wie  Freude,  Höflichkeit  und  Freundlichkeit 
aussieht."  3^ 

Da  nun  die  Weiber  in  Afrika  Geld  kosten  oder  wenigstens 
Geldeswerth  haben,  so  kommt  es  ihretwegen  unter  den 
nigritischen  Stämmen  des  Innern  auch  wol  zur  Fehde. 
Letzteres  geschieht  namentlich  dann,  wenn  die  Familie 
oder  der  Tribu  einer  geschiedenen  Frau  die  Zurück- 
stellung des  Kaufpreises  verweigern.  Das  Los  der 
Frau  ist  in  Afrika  im  allgemeinen  kein  glückliches. 
Erhandelt,  bildet  sie  den  meist  ausschliesslich  arbei- 
tenden Theil  der  Bevölkerung,  wogegen  der  Manu 
auf  Ratlisversammlungen  geht,  beim  Biertopfe  sitzt,  in 
den  Krieg  zieht,  Jagd  und  Fischfang  betreibt,  im  übri- 
gen aber  faulenzt  und  sich  von  seinem  weiblichen  Per- 
sonal bedienen  lässt.    Nur  bei  manchen  Stämmen,  z.  B. 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  \v.  der  Afrikaner.     183 

den  Funje,  Schilluk,  Nuer  und  Bari  hilft  auch  der 
Mann  beim  Feldhau  und  auf  der  Viehweide. 

Hier  und  da  haben  die  Frauen  gewisse  Vorrechte. 
So  z.  B.  ist  in  Centralafrika  das  Vorkommen  von  Po- 
lyandrie constatirt  worden.  Bei  den  Hasanie,  einem 
Bedjastamm  der  südwestlichen  nubischen  Steppe,  darf 
die  Gattin  für  sich  den  dritten  Tag  jeder  Woche  in 
Anspruch  nehmen  und  alsdann  ihre  Gunst  einem  andern, 
z.  B.  einem  durchreisenden  Fremden,  gewähren.  Unter 
manchen  nigritischen  Völkern  sichert  das  Amazonen- 
thum  wenigstens  gewissen  Weiberklassen  besondere  Privi- 
legien. Im  Gebiete  des  Weissen  Nils  werden  die  Frauen 
zur  Kriegszeit  geschont. 

Da  Vielweiberei  über  das  ganze  islamitische  und 
heidnische  Afrika  verbreitet  ist,  so  muss  die  Ehegattin 
ihre  Stellung  mit  Nebenbuhlerinnen  theilen.  Im  Gefolge 
dieser  Verhältnisse  entwickeln  sich  alle  die  schon  so 
häufig  und  so  beredt  geschilderten  Schattenseiten  der 
Polygamie.  Unter  manchen  Nationen,  namentlich  den 
Aschanti,  Dahome ,  Balonda  und  Bantu  besitzen  die 
Fürsten  eine  grosse  Zahl  von  Weibern.  Unter  diesen 
wird  es  stets  einige  Favoritinnen  geben,  aber  trotzdem 
trägt  die  ganze  schreckliche  Unsitte  ihre  bösen  Früchte. 
Auch  fehlt  es  nicht  an  Kebsweibern  und  an  gelegent- 
lich den  Gelüsten  des  Hausherrn  dienenden  Sklavinnen. 
Einigermaassen  werden  die  schlimmen  Seiten  der  Viel- 
weiberei dadurch  gemildert,  dass  die  einzelnen  Weiber 
ihre  eigene,  getrennte  Oekonomie  führen;  das  lässt 
sich  z.  B.  in  Sennar  überall  beobachten.  Unter  den 
Kaffem  hat  nach  Merensky  jede  Frau  ihr  eigenes  Haus, 
ihren  eigenen  Hof,  ihren  Garten  und  ihr  eigen  Geräth. 

Die  Ehescheidung  ist  überall  üblich  und  wird  bald 
einmal  wegen  ganz  geringfügiger  Ursachen  ins  Werk 
gesetzt.  Die  65.  Sure  des  Korans  schreibt  vor,  dass, 
wenn  Sühneversuche  vergeblich  gewesen,  die  Scheidung 
eintreten  dürfe.  Es  heisst  da:  „Die  Frauen,  von  wel- 
chen ihr  euch  scheidet,  lasset  wohnen  wo  ihr  wohnet, 
nach  Bequemlichkeit  der  Wohnung,  die  ihr  besitzet  und 


184  Drittes  Buch. 

thut  ihnen  keine  Gewalt  an,  dass  ihr  sie  in  Angst  ver- 
setzet. Sind  sie  schwanger,  so  verwendet  für  sie,  was 
sie  nöthig  liaben,  bis  sie  sich  ihrer  Schwangerschaft 
entledigt  haben.  Säugen  sie  ihre  Kinder  für  euch,  so 
gebet  ihnen  ihren  Lohn  und  findet  euch  nach  Billig- 
keit miteinander  ab."  —  In  Aegypten  darf  sich  ein 
Mann  zweimal  von  seiner  Frau  scheiden  und  kann  sie 
(mit  geringen  gesetzlichen  Ausnahmen)  auch  ohne  weitere 
Förmlichkeit  wieder  nehmen.  Beim  dritten  male  der 
Scheidung  dagegen  wird  die  Wiedervereinigung  sehr 
erschwert.  Jeder  Mann  kann  seine  Frau  ohne  viel 
Wesen  Verstössen,  wobei  er  ihr  dies  einfach  mitzu- 
theilen  hat,  er  muss  aber  der  Verstossenen  einen  Theil 
des  Brautschatzes  und  den  von  ihr  mitgebrachten  Haus- 
rath  zurückgeben.  Die  Frau  dagegen  ist  weit  schlim- 
mer daran;  sie  muss,  will  sie  die  Scheidung  veran- 
lassen, ihren  Mann  schlechter,  roher  Behandlung  und 
grober  Vernachlässigung  überführen  können,  ist  dabei 
auch  meist  genöthigt,  die  Sentenz  des  Richters  anzu- 
rufen. In  dieser  Weise  verfährt  die  Gesetzgebung  des- 
Islam in  den  der  (sunnitischen)  Religion  des  Imam 
Schafey  huldigenden,  ferner  in  allen  den  sogenannten 
Hanafiten  und  Malikiten  folgenden  afrikanischen 
Gauen.  Freilich  gibt  es  hier  und  da  auch  örtliche 
Sondervorschriften,  wie  z.  B.  in  Dongola  und  Sennar, 
sie  bleiben  jedoch  ohne  Bedeutung  für  das  Ganze. 

Unter  den  Heiden  ist  die  Scheidung  ebenfalls  sehr 
leicht.  Am  Weissen  Nil  bei  den  Denka  behält  die 
Verstossene  ihr  Haus,  bleibt  daselbst  mit  ihren  Kin- 
dern und  wird  von  dem  geschiedenen  Manne  mit  Nah- 
rung, namentlich  aber  mit  Milch,  versehen.  Bei  den 
Bari  sind  die  ehelichen  Verhältnisse  höchst  lax.  Nach 
Kaufmann  laufen  ihnen  die  Weiber  in  der  Zeit  der 
Noth  leicht  davon  (S.  181),  vorzüglich  wenn  erst  der 
Hunger  an  die  Thür  des  Aermern  klopft.  Bei  den 
Loango-Bewohnern  schildert  Pechuel-Loesche  eine  bis- 
jetzt  unerklärte  Art  unzertrennlicher,  sogenannter 
Leembe-Ehen.     Unter    den    Kimbunda    kann    die   Frau 


Häusliche  Einrichtungen  u.  8.  w.  der  Afrikaner.     185 

nach  Magyar  nur  Jann  eine  Scheidung  fordern,  wenn 
sie  binnen  zwei  Jahren  kinderlos  bleibt  und  wenn  das 
Unvermögen  des  Mannes  erwiesen  wird.  Die  Kinder 
folgen  alsdann  der  geschiedenen  Mutter,  welche  sich 
baldig  wieder  verehelichen  darf.  Unter  den  Betchuana 
kann  der  Mann  die  Scheidung  leicht  aussprechen  und 
ebenso  leicht  ausführen;  er  muss  aber  für  den  Unter- 
halt der  Geschiedenen  sorgen,  falls  diese  nicht  schuldig 
befunden  w^ird  oder  sich  neu  verheirathet;  auch  muss 
der  Mann  das  Kaufgeld  preisgeben.  Entläuft  die  Frau, 
so  kann  der  Mann  das  Kaufgeld  reclamiren.  Kommt 
es  zur  Scheidung,  so  bleiben  die  Kinder  bei  der  nicht- 
schuldigen Partei.     (Endemann.) 

In  Aschanti  darf  nur  der  Cabocir  oder  Häuptling 
seine  Frau  verkaufen.  Berichtet  ein  Weib,  dass  ihr 
Mann  ihr  nicht  gefalle  oder  dass  er  sie  mishandele,  so 
kann  sie  sich  gegen  Rückgabe  des  Brautschatzes  von 
ihm  scheiden,  darf  aber  alsdann  nicht  wieder  heirathen. 
Hört  eine  Frau  während  dreier  Jahre  nichts  von  ihrem 
Mann,  so  kann  sie  von  neuem  heirathen;  der  zweite 
Gatte  hat  dann  mehr  Recht  wie  der  erste.  Sonder- 
barerweise werden  die  Kinder  der  zweiten  Ehe  dem 
ersten  Manne  als  Eigenthum  zugesprochen  und  können 
von  letzterm  verpfändet  werden. 

In  den  mohammedanischen  Gebieten  Afrikas  sind  die 
Erbschaft s Verhältnisse  geregelter  Natur,  in  den 
heidnischen  Ländern  dagegen  herrschen  betreffs  jener 
vielfältige  Gebräuche,  die  meist  nach  dem  Herkommen 
normirt  erscheinen.  Um  unsern  Lesern  einen  Begriff 
von  denselben  zu  gewähren,  schildere  ich  hier,  wie  es 
in  solchen  Lagen  bei  einigen  hervorragenden  Ileiden- 
völkern  zugeht. 

Unter  den  Denka,  bei  welchen  das  Weib  thatsächlich 
die  Sklavin  des  Mannes  ist,  erbt  letzteres  nicht,  son- 
dern dasselbe  wird  vererbt.  Der  Vater  bestimmt  schon 
vor  seinem  Tode  den  Nachlass  für  seine  Söhne,  um 
später  einen  Streit  über  die  Theilung  abzuwenden. 
Weiber    und   Töchter    des    Verstorbenen    bleiben    beim 


jgß  Drittes  Buch. 

ältesten  Sohne,  welcher  nunmehr  in  die  Rechte  und 
Pflichten  eines  Familienhauptes  eintritt.  Derselbe  er- 
hält Kühe,  sobald  die  bei  ihm  lebenden  Schwestern 
sich  verheirathen;  dagegen  hat  er  seine  Mutter  und 
die  Stiefmütter  zu  unterhalten,  falls  letztere  keine 
Söhne  haben,  bei  denen  sie  gewöhnlich  bleiben.  Sind 
die  von  dem  Verstorbenen  hinterlassenen  Kinder  noch 
klein,  so  werden  dieselben  dem  nächsten  Anverwandten 
übergeben,  bei  welchem  sie  bis  zum  Erwachsensein 
bleiben.  Ist  letzteres  Stadium  eingetreten,  so  ergreifen 
die  Söhne  die  väterliche  Erbschaft  und  legen  am  Grabe 
des  Verstorbenen  einen  Murach  oder  Viehkraal  an. 
Bestehen  die  Hinterbliebenen  nur  aus  Töchtern,  so 
erben  diese  nichts,  sondern  sie  gehen  als  Eigenthum 
nebst  der  gesammten  sonstigen  Hinterlassenschaft  auf 
den  nächsten  Anverwandten  über.    (Kaufmann.) 

In  andern  nigritischen  Ländern  des  Innern  geht  es 
viel  unordentlicher  zu  und  werden  junge  Kinder  nach 
dem  Tode  des  Vaters  gar  zu  häufig  sammt  ihren  Müt- 
tern von  den  Häuptlingen  oder  von  Anverwandten  in 
die  Sklaverei  gebracht.  In  Aschanti  erbt  der  König 
alles  Gold  seiner  Unterthanen.  In  Loango  erben 
sonderbarerweise  die  Weiber,  und  ein  Liebhaber  hat 
sich  nicht  an  den  Vater,  sondern  an  die  Mutter  oder 
das  Haupt  der  mütterlichen  Familie  seiner  Liebsten 
zu  wenden. 

Unter  den  Wamasay  bekommen  nach  Hildebrandt 
die  Söhne  mehr  Erbe  als  die  Töchter.  Der  älteste 
Sohn  erhält  die  Waffen  des  Vaters.  Beim  Tode  einer 
Frau  erben  deren  Kinder  und,  sind  keine  da,  so  erben 
deren  Geschwister.  Unter  den  Wakamba  und  Wanika 
erben  die  männlichen,  nicht  aber  die  weiblichen  Nach- 
kommen. Nach  Endemann  ist  bei  den  Basuto  das 
älteste  Kind  Universalerbe,  ausgenommen  wenn  es  eine 
nach  auswärts  verheirathete  Tochter  ist;  da  aber  die 
meisten  Töchter  sich  verheirathen,  so  wird  gewöhnlich 
der  älteste  Sohn  Universalerbe;  derselbe  wird  Vormund 
seiner  Jüngern  Geschwister. 


Häusliche  Einrichtungen  u    -    w.  cl«»r  Afrikaner.     187 

Tod  und  Begräbniss.  Der  Afrikaner  ist  grossen- 
theils  fatalistisch  und  dem  Tode  gegenüber  sehr  gleich- 
gültig. In  denjenigen  Ländern,  in  denen  man  noch 
Menschenopfer  bringt,  die  Gefangenen  gewohnheits- 
gemäss  abthut  oder  wo  man  Kannibalismus  betreibt, 
gehen  die  Opfer  mit  stumpfer  Resignation  ihrem  Ver- 
hängniss  entgegen. 

In  den  mohammedanischen  Ländern  ist  die  Sitte 
des  Wulwal,  der  Erhebung  des  Klagegeheules  allgemein 
verbreitet,  wiewol  sich  der  Koran  eigentlich  dagegen 
erklärt.  Es  geschieht  diese  laute  Schmerzbezeigung 
theils  durch  die  Verwandten  des  Verstorbenen,  theils 
durch  gedungene  Klageweiber.  In  Nubien  und  Sennar 
führt  man  das  Klagen  gemeinschaftlich  unter  Verwandten, 
Freunden  und  mit  Miethsweibern,  aber  mit  zwischen- 
liegenden Ruhepausen  aus.  Dergleichen  Scenen  pflegen 
auf  den  europäischen  Reisenden  den  abscheulichsten 
Eindruck  zu  machen.  Der  mohammedanische  Afrikaner 
wird  nach  seinem  Tode  gewaschen  und  in  sein  Leichen- 
tuch, Lalach  oder  Kefn,  gehüllt;  letzteres  besteht  aus 
reinem  Baumwollzeuge.  Fromme  Moslemin  führen  ein 
solches  selbst  auf  Reisen  mit  sich,  es  wird  gewisser- 
maassen  im  Turban  repräsentirt ,  denn  die  Kopfbe- 
deckung stellt  den  zusammengerollten  Kefn  dar.  Wäh- 
rend aber  der  Koran  ein  solches  Tuch  von  nur  sieben 
Ellen  Länge  vorschreibt,  bergen  manche  Fanatiker 
4 — 6  Kefn  in  ihren  Turbanen.  Letztere  Kopfbeklei- 
dung ist  oftmals  von  wahrhaft  erstaunlichen  Dimen- 
sionen bei  den  Ischans  oder  frommen  Schekhs,  bei  den 
MoUahs  und  Pilgrimen  in  Centralasien,  sowie  bei  den 
bigoten  Kurden  selbst  kriegerischen  Standes.  Man 
begreift  nicht,  wie  ein  Menschenkoj^f  eine  solche  Last 
in  Hitze  und  Staub  zu  balanciren  vermag,  namentlich 
wenn  man,  wie  die  martialischen  Kurden,  noch  ein 
schweres  Waffenarsenal  an  sich  herumschleppt.  In 
Afrika  pflegt  der  Turban  kleiner  zu  sein;  indessen  thut 
der  Fanatismus  in  dieser  Hinsicht  zuweilen  auch  das 
Seinige. 


133  Drittes  Buch. 

In  Aegypten  und  im  Magreb  wird  die  Leiche  vom 
Kefn  fest  umhüllt,  auf  eine  Bahre  gelegt,  diese  wird 
mit  Tüchern,  Shawls  oder  Teppichen  bedeckt  und  erst 
zur  Einsegnung  in  die  Moschee,  dann  aber  hinaus  zur 
Gruft  getragen.  Unterwegs  wird  gesungen,  gebetet, 
geheult  und  gebrüllt,  dabei  geht  es  im  schnellen  Hunde- 
trab vorwärts.  In  Sudan  trägt  man  die  Leiche  auf 
einer  Bettstelle  oder  Angareb.  Hier  wird  das  Grab 
weniger  sorgfältig  behandelt  als  in  Aegypten,  wo  man 
es  gewölbeartig  ausbaut;  dort  vielmehr  legt  man  die 
Leiche  in  eine  manchmal  nicht  sehr  tiefe  Grube  und 
gibt  sich  nur  selten  die  Mühe,  einige  Luftziegel  hinzu- 
zufügen. An  solchen  Gräbern  können  Hyänen  und 
Honigdachse  ihre  List  üben.  Die  Füsse  der  Leiche 
werden  stets  in  die  Richtung  nach  Mekka  gebettet. 
Dann  wird  ein  flacher,  länglicher  Hügel  darüber  er- 
richtet, mit  weisslichen  Kieseln,  Schnecken  oder  Muschel- 
schalen, am  Meere  mit  Korallenstückchen  u.  s.  \v.  um- 
legt. Vorübergehende  bessern  dies  im  Sturmwind  leicht 
verwehbare  Grab  mit  den  Händen  aus,  fügen  einen 
oder  mehrere  Steinchen  hinzu,  murmeln  eine  Fatcha 
(den  Anfang  des  ersten  Itorangesanges)  u.  s.  w. 

Unvergesslich  bleibt  mir  der  Eindruck  zweier  junger, 
schlanker  Funje,  welche  stundenweit  herbeigekommen 
waren,  um  auf  dem  malerisch  gelegenen  Begräbniss- 
platze am  Berge  Djerebin  (oder  Gerebin)  in  sanftem, 
melodischem  Redeflüsse  die  Geister  ihrer  verstorbenen 
Verwandten  zu  begrüssen.  Unter  diesem  Volke  herr- 
schen noch  halb  heidnische  Todtengebräuche. 

Während  man  den  vornehmen  Moslemin  Mausoleen 
errichtet,  an  deren  Aufbau  und  Ornamentirung  sich 
oftmals  der  schönste  Geist  orientalischer  Tektonik  er- 
schöpft, hat  man  in  verschiedenen,  dem  Islam  hul- 
digenden armem  Gegenden  Afrikas  besonders  gebene- 
deieten  Schekhs  oder  Heiligen  einfachere  Grabdenk- 
mäler errichtet,  welche  wie  gewisse,  gleichem  Zwecke 
dienende  Topes  oder  Tepes  West-  und  Centralasiens 
zuweilen  zu  Stätten  der  Wallfahrten,  der  Waschungen 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     189 

und  Gebete  der  Gläubigen  werden  können.  Selbst  an 
düstern  Stellen  der  übrigens  urwaldstrotzenden  Ufer 
des  Blauen  Nils  erblickt  man  solche,  dort  meist  zucker- 
hut-  oder  kegelförmige  Kubbat,  d.  h.  Kuppeln  genannte 
Schekhgräber. 

In  den  heidnischen  Gebieten  Afrikas  bettet  man  die 
Leichen  bald  in  ausgestreckter,  bald  gekrümmter  Stel- 
lung, bald  nackt,  bald  bekleidet,  theils  mit,  theils  ohne 
Todtengaben  an  Speise,  Trank,  Früchten,  Waften,  Ge- 
räth  u.  s.  \v.  unter  die  Erde.  Ueberirdische  Pfahl- 
graber,  wie  sie  uns  aus  Nordamerika,  Australien  u.  s.  w. 
bekannt  geworden  sind,  benutzt  man  meines  Wissens 
unter  den  Nigritiern  nicht.  Wol  aber  wendet  man 
hier  und  da  Einpackung  der  Leiche  in  Felle,  Schnüre, 
Baumrinde  oder,  wie  bei  den  Niam-Niam,  in  hohlen 
Baumstämmen  an.  Letzteres  Volk  verschalt  sogar  die 
Gräber  mit  Holzscheiten,  wodurch  eine  Art  Abkamme- 
rung  erzeugt  wird;  das  erinnert,  wie  Schweinfurth  ganz 
richtig  angibt,  an  die  Vorschriften  des  Islam.  Uebri- 
gens  opfern  die  Niam-Niam  in  Todesfällen  ihren  sorg- 
sam gepflegten  Haarschmuck  (S.  85).  In  Guinea  be- 
müht man  sich  hier  und  da,  die  Cadaver  von  Königen 
bei  langsamem  Feuer  einzutrocknen  und  birgt  sie  später 
in  sargartigen  Truhen  von  Holz,  Stein  oder  von  Erd- 
mauerung. In  Senegambien  werden  die  Leichen  der 
Barden,  der  öffentlichen  Sänger  (Griots)  in  den  hohlen 
Stämmen  des  Affenbrotbaumes  (Adansonia)  beigesetzt. 
Die  hohe  Temperatur  dörrt  auch  hier  bald  den  fettesten 
Cadaver  aus.  Die  Gräber  der  Vornehmen  schmückt 
man  im  nigritischen  Afrika  mit  Schädeln,  Steinhaufen, 
Votivpfahlen,  Fetischen,  mit  roh  geschnitzten  Thier- 
und  Menschenfiguren,  Thonkrügen,  Muscheln,  Thier- 
gehörnen;  mit  Fahnen,  Lappen  u.  s.  w.  aus. 

Im  nigritischen  Afrika  gibt  es  viele  Gegenden  und 
Stämme,  bei  denen  kurz  nach  eingetretenem  Tode 
die  Klage  erhoben  wird  und  wo,  sobald  es  sich  um 
eine  Person  von  irgendwelcher  Bedeutung  handelt,  das 
Blut  der  Sklaven  und  selbst  gewisser  Freien  vergossen 


190 


Drittes  Buch. 


wird.  Theils  will  man  durch  Besprengen  des  Grabes 
mit  frischem  Menschenblut  den  Todten  ehren  und  seine 
überirdische  Existenz  sichern,  theils  will  man  ihm  die 
für  seinen  neuen  Wandel  im  Jenseits  nöthige  Bedienung 
mitgeben.  Hier  und  da  werden  neben  den  Menschen 
auch  allerhand  Thiere  oder  es  werden  diese  allein  ge- 


-■'■'e — j — 

Fig.  77.    Holzfiguren  auf  einem  Bongo-Grabe. 


schlachtet.  Zu  andern  malen  will  man  durch  blutige  Opfer 
die  Götter  versöhnen,  die  Schatten  des  Todten  be- 
schwichtigen oder  dem  wirklichen  Schmerze  Ausdruck 
geben.  Es  kommt  sogar  vor,  dass  beim  Tode  eines  ge- 
liebten Mannes  und  Herrn  Weiber,  Kinder,  Sklaven  und 
Diener  sich  selbst  umbringen  oder  von  andern  willig 
umbringen  lassen.  Baliodu,  König  von  Dahome,  Hess 
beim  Leichenbegängniss  und  noch  lange  nach  dem  Tode 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     191 

seines  Vaters  Gezo  unzählige  Menschen  niedermetzeln. 
»Die-  "  '  ilii  aber  war  zugleich  ein  gewaltiger  zeit- 
gen-  Kaufmann     und    unsern    Sklavenhändlern, 

Elfenbein-  und  Oelkrümeru  an  der  Westküste  eine 
durchaus  erwünschte,  sympathische  Erscheinung.  Das 
Klingen  haaren  Geldes  übertönt  in  diesen  wilden  Di- 
stricten  so  leicht  das  Blutgurgeln  und  das  Todesröcheln 
der  zur  Ehre  der  grossen  Sitte  Geschlachteten.  Ver- 
lieh doch  der  starke  Bah  od  u  für  Zeuge,  Glasperlen, 
Gewehre,  Pulver,  Kupferwaare  u.  s.  w.  so  manches 
Handelsprivilegium.  Kaum  anders  verfuhren  die  Kö- 
nige von  Aschanti,  Benin  und  von  andern  Punkten 
des  Westens  in  der  Zeit  selbst  noch  unserer  lebenden 
Generation.  Als  des  Zulukönigs  Tchaka  Mutter  ü'm- 
nanda  an  der  Ruhr  gestorben  war,  folgte  nach  dem  Zeug- 
nisse Fynn's  eine  ungeheuere  Menge,  darunter  die  kriegs- 
geübten Legionen  des  Despoten.  Unbeschreibliches 
Klagegeheul  und  wilde  Kriegsgesänge  ertönten,  dann 
fielen  Opfer  und  endlich  zerfleischten  sich  die  exaltirten 
Legionäre  gegenseitig  mit  einer  Art  bestialischer  Zer- 
knirschung, bis  ihrer  etwa  7000  den  Boden  deckten. 
Dann  wurde  die  Leiche  der  alten  Frau  in  eine  offene 
Grube  gebracht  und  zehn  der  hübschesten  Mädchen 
mit  ihr  zugleich  lebend  in  dasselbe  Grab  geschleppt. 
12,000  Legionäre  bewachten  letzteres  ein  ganzes  Jahr 
lang.  Alle,  welche  bei  dem  Begräbniss  U'mnanda's 
nicht  zugegen  gewesen  waren,  wurden  noch  nachträg- 
lich aufgesucht  und  umgebracht,  dasselbe  geschah  mit 
den  während  des  nachfolgenden  Trauerjahres  geborenen 
Kindern,  ja  sogar  zum  Theil  mit  deren  Aeltern.  Nur 
schwer  stand  der  wilde  Despot  davon  ab,  das  eigene 
Volk  der  todten  Mutter  wegen  in  seinem  Cäsarenwahn 
noch  weiterhin  zu  ruiniren. 

Poesie,  Musik,  Festlichkeiten.  Den  Natur- 
völkern Afrikas  fehlt  keineswegs  der  Sinn  für  einfache 
dichterische  Gestaltungen.  Das  heitere,  mittheilungs- 
süchtige  Naturell  des  Nigritiers  äussert  sich  gern  und 
häufig  in  einer  Redeweise,  welche  man  durchaus  nicht 


1^2  Drittes  Buch. 

durchgängig  eine  poetische  zu  nennen  vermag,  der  es  aber 
selten  auch  wieder  an  charakteristischem  Ausdruck  und 
an  gewisser  phantastischer  Wortformung  fehlt.  Uebri- 
gens  improvisirt  der  Schwarze  und  zwar  nicht  ohne 
Geschick;  er  wählt  darin  eine  blumenreichere  Sprache, 
als  er  sie  sonst  im  alltäglichen  Leben  anzuwenden 
pflegt. 

Aegypter  und  westliche  Berbern  haben  schon  früh- 
zeitig eine  dichterische  Begabung  bewährt.  Das  was 
uns  im  alten  Nilthal  die  Monumente  erzählen,  klingt 
hochtönend,  aber  packend,  eindringlich.  Wer  diese  un- 
vergleichlichen Documente  näher  zu  studiren  wünscht, 
möge  über  sie  in  Brugsch's  Geschichtswerk  über  Aegyp- 
ten  nachlesen.  Dieser  ausgezeichnete  Gelehrte  versteht 
es  meisterlich,  dem  Stile  seiner  Uebersetzungen  alter 
Retu-Inschriften  ihre  lapidare  Ausdrucksweise  auch  in 
der  deutschen  Uebersetzung  zu  belassen.  Letztere  ist 
aber  die  blumig  angehauchte  echt  afrikanische,  sie 
ertönt  von  den  Zinnen  der  abyssinischen  Alpenfelsen 
80  gut  wie  in  den  Palavern  der  Loango-Neger,  in  den 
Pits'os  oder  Rathskreisen  der  Betchuana.  Diese  Aus- 
drucksweise vermisse  ich  ungern  in  den  sonst  so  inter- 
essanten Romanen  von  G.  Ebers,  dessen  Diction ,  ein 
Zugeständniss  an  die  materialistische  Richtung  unserer 
Zeit,  mir  stets  zu  nüchtern  deutsch  klingt. 

Erinnert  man  sich  nun  der  poetischen  Leistungen 
der  Retu,  so  gönnt  man  dem  Heldengedichte  Pentaur's, 
welcher  die  Grossthaten  seines  götterhaften  Ramses  IL, 
einer  der  edelsten  Erscheinungen  in  der  gesammten 
Geschichte  der  Menschheit,  verherrlicht,  gern  den  ersten 
Ilutz.  Unter  den  westlichen  Berbern  soll  so  manches 
einfache,  onmuthige  Hirtenliedchen  erklingen.  Die 
Tuarik  haben  ihre  Kriegsgesänge.  Duveyrier  theilt 
als  Muster  einen  Ausüuss  der  wilden  und  treffenden 
Ausdrucksweise  jener  kriegerischen  Wüstensöhne  mit, 
es  ist  dies  ein  Spottgedicht  auf  die  schlemmerischen, 
befeindeten  Schambaa. 

Die  arabische  Dichtkunst  hat  auch  in  Afrika  schöne 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     193 

Blüten  getrieben.  Wo  hier  die  Klänge  der  semitischen 
Mundart  des  BeiT-el-Arab  ertönen,  vernimmt  man  auch 
die  von  Alt  und  Jung  gern  gehörten  phantastischen 
Berichte  der  Märchenerzähler.  Die  Nilschiffer  voll- 
bringen ihre  schwere  Arbeit  des  Barkenschleppens  unter 
Hersagung  oft  ganz  witziger  Improvisationen;  abends 
am  P'euer  geht  es  lustig  damit  weiter.  INIanche  Kassida 
steigt  von  den  Lippen  des  beduinischen  Reiters  in  den 
leichten  Aether  der  Wüste  hinauf.  Wie  schön  ist  unter 
anderm  ein  Theil  der  Verse  zur  Verherrlichung  des  Bosses, 
wie  sie  uns  Abd-el-Kader  von  den  Nomaden  Algeriens 
überliefert  hat. 

Feierlich  und  ergreifend  hört  sich  das  einfache  Grab- 
liedchen  an,  unter  dessen  Hersingung  die  wilden  Bari 
den  von  ihnen  sehr  geliebten  apostolischen  Missionar 
Don  Angelo  Vinco  bei  Gondokoro  zur  Erde  bestattet 
haben.  Feierlich  klingt  es  auch,  wenn  die  Berberiner 
ihre  kurzen,  melodischen,  im  Texte  so  simpeln  Lied- 
chen durch  die  tiefe  Stille  der  Wadys  von  Dongola 
erschallen  lassen.  Schwermüthiger  ertönten  der  Abend- 
gesang von  den  Lippen  der  Bagara-Reiter  zu  Roseres 
oder  ein  Lied  der  Kordofaner,  in  welchem  diese  den 
Tod  des  tapfern  furischen  Eunuchen  Msallim-el-Mak- 
dum  in  der  blutigen  Entscheidungsschlacht  von  Bara, 
sowie  die  dadurch  herbeigeführte  Unterjochung  ihres 
Vaterlandes  durch  die  Aegypter  besangen.'*^ 

In  Central-  und  in  Westafrika  existiren  öffent- 
liche Barden.  Schweinfurth  gibt  uns  die  sehr  cha- 
rakteristische Figur  eines  solchen  „Nsanga"  der  Niam- 
Niam  mit  seinem  tollen  Federputz,  seinem  Behang  von 
wunderbar  wirkenden  Wurzeln  und  Hölzern,  von  allem 
möglichen  Plunder,  von  Producten  des  Thierleibes,  wie 
er  nur  den  indianischen  Uechaschawakonn  (im  Dakota), 
d.  h.  Medicinmann,  oder  den  sibirischen  Schamanen 
zu  schmücken  vermag.  Auch  am  Monbuttuhofe  fehlten 
solche  Leute  nicht.  Clapperton  übermittelt  uns  das 
wilde  Lied ,  welches  vor  ihm  zwei  Sänger  zum  Lobe 
des    Statthalters    von    Katagum    vortrugen.      In    Sene- 

Habtmask.  13 


194  Drittes  Buch. 

gambien  sind  die  Griots  oder  Barden  (S.  189)  längst 
bekannte  Erscheinungen;  man  achtet  sie  weder  hier 
noch  im  Innern  besonders  hoch,  hält  sie  vielmehr  für 
untergeordnete  Menschen.  Den  Griots  verweigert  man 
sogar  das  gewöhnliche  ehrliche  Begräbniss. 

Zuweilen  verirren  sich  solche  innerafrikanische  Barden 
oder    Skalden    nach   Algier,    Tunis,   Aegypten,   Djidda 


Fi<j.  78.    Herumziehender  Negerbardo 
in  Konstantinopel. 

oder  auch  mal  nach  Konstantinopel,  woselbst  man  sie  in 
zerlumptem  und  zusammengesuchtem  Costüm  herum- 
betteln sieht.  Aber  auch  in  Aegypten  und  im  Magreb 
seibat  erstehen  einheimische  Barden  derartigen  Schlages, 
die  der  Araber  Haschasch  oder  Hanswürste  nennt.  Wir 
begegneten  mehrern  dieser  tollen  Kerle  zu  Siut  und 
Esneh  in  Oberägypten. 


Häusliche  Einrichtungen  der  Afrikaner.     195 

Die  drehenden  und  tanzenden  Derwische,  sowie  noch 
manche  andere  Orden  dieser  „Mönche  des  Islam"  (wie 
H.  Vambery  sie  nennt)  geriren  sich  mit  ihren  sonder- 
baren Komüdiengebräuchen  als  wahre  Haschasch.  Am 
ekelliaftesten  benehmen  sich  die  rohe  Schlangen  fressen- 
den Rifaa-Derwische. 

Auch  die  Kaffern  haben  ihre  poetischen  Ergüsse. 
Jeder  ihrer  Stämme  gebietet  nach  Holden  über  seinen 
eigenen  Poeten,  jeder  Chef  über  seinen  eigenen  Hof- 
dichter. Den  Productionen  dieser  Leute  soll  es,  wie 
mir  natalenser  Freunde  versichern,  nicht  an  derbem 
Witz  und  an  schlagender  Charakteristik  fehlen.  Ende- 
mann macht  uns  mit  niedlichen  Räthsel-  und  Tanz- 
liedern der  Basuto  bekannt.  Eine  interessante  Er- 
scheinung sind  die  durch  ganz  Afrika,  von  Kordofan 
bis  zum  Cap,  verbreiteten  Fabeln,  in  denen  auch  Thiere 
eine  Rolle  spielen;  sie  können  unmöglich  von  Europa 
aus  eingeführt,  sie  müssen  einheimisch  sein. 

In  der  alltäglichen  Lebensbeschäftigung  aber  vergnügt 
sich  der  Nigritier  mit  Improvisationen,  deren  naive 
Inhaltslosigkeit  häufig  an  die  Plaudereien  unserer  Kinder 
erinnert. 

Bei  dem  geringfügigen  Zustande  der  Künste  in  Afrika 
ist  hier  auch  die  Musik  im  ganzen  nicht  weit  gediehen, 
obwol  naturwüchsige  musikalische  Anlage  dem  Ni- 
gritier  keineswegs  mangelt.  Unter  den  alten  Aegyptern 
mochte  diese  Kunst  nur  wenig  über  den  Stand  der 
heutigen  inner-  und  westafrikanischen  Negermusik  er- 
haben gewesen  sein.  Ich  schliesse  das  aus  der  Be- 
schaffenheit der  bei  den  Retu  gebräuchlich  gewesenen 
Instrumente.  Diese  waren  Flöte,  Doppelflöte,  Cymbal, 
Handpauke,  Harfe,  Laute,  eine  Art  Hackebret,  das 
Hörn,  die  Klapper  und  das  Sistrum.  Bei  den  neuern 
Aegyptern  zeigen  sich  ein  zitherartiges  Instrument,  der 
Kanun,  ferner  die  Kemange  oder  Violine,  der  Ud  oder 
die  Guitarre,  der  Naj  oder  die  Flöte,  alles  das  aber 
nur  in  der  bessern  Musik.  Das  Volk  benutzt  die 
Tar  oder   Rikka,   Tamburin,    die   Darabukka   oder  die 

13* 


1% 


Drittes  Buch. 


Handpauke,  den  Tabel  oder  die  Trommel  und  die  Zum- 
mara  oder  Rohrflöte.  Unter  den  Berberinern,  Bedja 
und  Funje  findet  man  die  Rebaba  oder  Laute,  die 
Handpauke,  den  Tamburin,  verschiedene  Flötenarten 
und  das  Kuhhorn.  Letzteres  gibt  klagende  Töne  von 
sich,  welche  an  den  nunmehr  verschollenen  Hornfeuerruf 
unserer  Nachtwächter  erinnern.  Grosse  Schekhs  der 
Bedja  und  Funje  verfügen  über  eine  kupferne  Kessel- 
pauke —  als  Zeugin  ihrer  Macht.  Unter  den  Niam- 
Kiam  ist  eine  Harfe  gebräuchlich,  wie  sie  sich  ähnlich 


Fig.  10  u 


Harfen  der  Niam-Niam.       Fig.  81.    Harfe  der  Waganda. 


bei  den  alten  Aegyptern,  den  Abyssiniern  und  den  Wa- 
ganda vorfindet.  Unter  den  Niam-Niam,  Monbuttu 
und  den  westlichen  Stämmen  bis  zum  Atlantischen  Meere 
kommen  ferner  eiserne  und  hölzerne  Glocken,  diese  bei 
den  Gabun-Stämmen  fast  von  derselben  Form  wie  bei 
den  Niam-Niam,  sowie  die  Elfenbeinhörner  in  Anwen- 
dung. Letztere  zeigen  manchmal  die  volle  Länge  eines 
ausgewachsenen  Zahnes,  nämlich  5 — 7  Fuss,  sind  dann 
künstlich  verdünnt  und  geben,  an  den  mitten  daran 
befindlichen  Mundlöchern  angeblasen,  furchtbare  heu- 
lende und   brüllende  Töne  von  sich.     Oder  die  Zähne 


Häusliche  Einrichtungen     .  .  der  Afrikaner.      197 

stuü  kürzer,  1 — 3  Fuss  lang,  und  mit  sorgfältigen  Fi- 
gurensclinitzeleien  voll  treffender  Züge  und  zuweilen 
derben,  aber  köstlichen  Humors  verziert.  Die  besten 
Leistungen  dieser  Art  schafft  die  Industrie  der  Fiodh 
an  der  Loangoküste.  Die  Elfenbeinhörner  dienen  meist 
als  Ruf-  und  Signalinstrumente.  In  Aschanti,  wo  man 
diese  Geräthe  mit  Gold,  den  Kinnladen  erschla- 
gener Feinde,  mit  Seidenquasten  u.  s.  w.  verziert,  haben 
nach  Bowdich  alle  obern  Cabocirs  oder  Häuptlinge  be- 
sondere Melodien  für  ihre  Hörner,  welche  kurzen 
Sprüchen  angepasst  sind,  die  jedermann  kennt  und  die, 
wenn  man  in  den  Strassen  promenirt,  jeder  Aschanti 
wiederholt,  selbst  wenn  die  Hörner  so  weit  entfernt  sind. 


ttj.  ^1'.    i^iserne  oiocke  nj.  ^j.     iioizglocko 

der  Niam-Xiam. 

dass  man  sie  kaum  hört.  In  Bornu  und  in  andern 
centralsudanesischen  Staaten  entlockt  man  langen  Holz- 
trompeten gedehnte,  klagende  Laute.  Am  obem 
V/eissen  Nil  und  in  ganz  West-  wie  Innerafrika  hat 
man  ausser  den  Hand-  auch  grosse  Standpauken,  welche 
mit  Klöpfeln  geschlagen  werden. 

Es  lässt  sich  erwarten,  dass  mit  so  unvollkommenen 
Instrumenten  wie  die  oben  erwähnten  im  allgemeinen 
nur  eine  wilde,  chromatische,  nicht  selten  an  Dishar- 
monien reiche  Musik  erzielt  werden  kann.  Diese  wird 
häufig  mit  leiserm  tremulirenden,  näselndem  oder  mit 
lautem  quäkenden  und  brüllenden  Gesänge,  sowie  mit 
dem    durch    ganz    Afrika    üblichen,    lauten    und   takt- 


198 


Drittes  Buch. 


massigen  Händeklatschen  begleitet.  Ich  glaube  nicht 
fehlzugreifen,  wenn  ich  der  Vermuthung  Raum  gebe, 
die  im  Alterthum  berühmte  Tempelmusik  der  Aegypter 
sei  in  den    heiligen  Hallen  von  Dendera,    Theben  und 


wiiint   1  'HiiiiiiiWi#m 


Edfu  nicht  viel  melodischer  gewesen  als  ein  heutiges 
Concert  beim  Monbuttu-  oder  Aschantikönig  u.  s.  w. 
In  Inner-,  West-  und  Ostafrika  ist  die  Marimba  in 
Gebrauch.     Sehr  gewandt  soll  sie  bei  den  Balonda  ge- 


n.iiiNli.'li.^  Kiiirichhinrren  u.  s.  w.  (Icr  Afrikaner.      109 

^|.Hl^  \>Liu«.ii.  vw?uiu:>i  tlus  InstruiTient  auch  am  besten 
construirt  zu  werden  scheint.  Dasselbe  besteht  aus 
zwei  nebeneinander  befestigten,  leicht  gebogenen  IIolz- 
stangen,  über  denen  15 — 20  hölzerne  Täfelchen  liegen, 
unter  deren  jedem  eine  oben  offene  Kürbisschale  als 
Resonanzboden  angebracht  ist.  Die  Dicke  der  Holz- 
tafeln richtet  sich  nach  der  Tiefe  der  darauf  zu  er- 
zielenden Töne.  Dies  Instrument  wird  mit  Schlägeln 
gespielt  und  soll  durchaus  nicht  übel  klingen. 

Ein  anderes,  ebenso  wol  in  Loango  wie  auch  in 
Bihe  und  bei  den  Batoka  gebräuchliches  Instrument, 
welches  bei  den  Kimbunda  AVissandschi,  bei  den  Bet- 
chnana  Sansa  heisst,  besteht  aus  einer  Reihe  von  Eisen- 
oder Rohrstäbchen,  die  auf  einem  Bret  oder  auf  dem 
Boden  einer  Kürbisschale  befestigt  sind  und  an  deren 
frei  hervori'agenden  Enden  der  Finger 
herumklimpert.  Sie  gibt  bald  klingende, 
bald  surrende  Töne  von  sich. 

Nationales  Instrument  der  Südafrikaner 
ist  ferner  der  Gubo  der  Zulu,  die  Bu- 
cumbumba  der  Kimbunda,  ein  mit  einer 
Saite  versehener  Holzbogen.  Die  Saite  Fig.  85.  sansa. 
hat  an  ihrem  einen  Ende  eine  kleine 
Kürbisschale  als  Resonanzboden.  Der  Gubo  wird  in 
eine  Hand  genommen  und  mit  dieser  nach  Bedürfniss 
gespannt,  die  andere  Saite  wird  dagegen  mit  einem 
Stäbchen  berührt;  das  gibt  nun  schwirrende  und  sum- 
mende Laute. 

Die  Rohrflöte  zeigt  von  Aegj'pten  bis  zum  Cap  die 
mannichfaltigsten,  sonderbarsten  Formen  und  Modifi- 
cationen.  Sie  ist  einfach,  doppelt,  vervielfältigt,  letz- 
teres als  Papagenoflöte ,  wie  sie  Livingstone  bei  den 
Batoka  wiederfand. 

Gesang,  Musik  und  Tanz  sind  so  recht  das  Element 
des  im  allgemeinen  sehr  heitern,  vergnügungssüchtigen 
Afrikaners.  \N'ie  bei  den  meisten  Südländern  dient  die 
kühlere  Nacht  zur  Ausübung  solchen  Plaisirs;  Feuer 
werden  angeschürt,   die  Rumflasche,    der  Biertopf,  die 


200 


Drittes  Buch. 


Kalebasse,  das  Methhorn  werden  zurecht  gerückt  und 
credenzt.  Pauken,  Pfeifen,  Guitarren,  Hörner  und  wa& 
sonst  noch  an  Musikinstrumenten  vorhanden  ist,  er- 
tönen. Die  festlich  geschmückten,  manchmal  bemalten 
und  häufig  überaus  phantastisch  geputzten  Tänzer  treten 
auf;  Jagd-  und  Kriegstänze  werden  nur  von  Männern 
ausgeführt;  sonst  pflegen  beide  Ge- 
schlechter an  der  Vorstellung  theil- 
zunehmen.  Die  Tänze  finden  im 
Solo,  in  gesonderten  Paaren,  in 
Gruppen,  Schwärmen  oder  Reihen 
statt.  Man  darf  in  Afrika  nicht 
die  choreographisch  so  wirksamen 
Tanzfiguren  erwarten  wie  bei  uns^ 
wo  der  Walzer,  Contre,  Cotillon, 
die  Cracovienne,  Mazurka,  der  Czar- 
das,  Fandango,  die  Tarantella  u.  s.  w. 
u.  s.  w.  durch  graziöse  Elemente  das 
Auge  des  Zuschauenden  erfreuen, 
vielmehr  leiden  die  afrikanischen 
Tänze  sehr  an  Einförmigkeit.  Ero- 
tische Mimik,  etwa  von  der  Be- 
schafi'enheit  des  Cancan,  der  creo- 
lischen  Zamba-cueca  u.  s.  w.,  aber 
selten  mit  der  hierbei  üblichen  Glut 
und  Zierlichkeit  ausgeführt,  vielmehr 
oft  recht  roh-indecent  und  bäuerisch- 
plump dargestellt,  steht  obenan. 
Manchmal  ahmt  man  die  Bewegun- 
gen wilder  Thiere  nach,  oft  auch 
begnügt  man  sich  nur  mit  unschönen 
Rundgängen  und  mit  unregelmässigem 
Springen.  Die  Zuschauer  klatschen,  den  Gesang  und 
die  Musik  begleitend,  in  die  Hände,  die  Tänzer  aber 
springen  und  stampfen  dabei  den  Boden,  dass  dieser 
erdröhnt.  Am  besten  klingt  es  noch,  wenn  Gesang, 
Musik,  Händeklatschen  und  Fussstampfen  nach  einem 
gewissen    Rhythmus   ausgeführt   werden;    man   sagt  ja, 


Fig.  80.    GuboBpieler 
(Zulu). 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     201 

der  Name  Hottentott  sei  von  dem  rhythmischen  Stampfen 
auf  die  Erde  (während  des  Tanzens)  hergeleitet 
worden. 


Der  Afrikaner,  möge  er  nun  Fellach,  Bedja,  Londa, 
Bantu  oder  Hottentott  heissen,  kann  bei  solchen  Ver- 
gnügungen viele  Nächte  hintereinander  zubringen,  ohne 
zu  ermüden.    Je  mehr  er  singt,  tanzt  und  trinkt,  desto 


202  Drittes  Buch. 

stärker  erregt  er  sich.  Leider  begeht  er  in  der  Hitze 
des  HerumtoUens  öfters  Streiche  wilden  Uebermuthes, 
die  er  und  sei  er  noch  solch  rüder,  kecker  und  muthi- 
ger  Bursche,   später  öfters  sehr  bitter  zu  bereuen  hat. 

Neben  der  Musik  und  dem  Tanz  lieben  die  Afrikaner 
pomphafte  Aufzüge  und  Gastereien.  Für  die  moham- 
medanischen Bewohner  gelten  die  hier  vorgeschriebenen 
Festtage,  unter  denen  der  grosse  Bairam  namentlich 
feierlich  begangen  zu  werden  pflegt.  In  Aegypten  sind 
das  altpharaonische  Fest  des  Steigens  des  Nils  und  des 
Dammdurchstiches  noch  heute  üblich,  wenn  es  jetzt 
auch  wol  kaum  noch  mit  dem  Glänze  wie  selbst  zur 
Zeit  Mehemed-Ali's  begangen  wird.  In  Kairo  sind 
die  Tage  des  Abgangs  und  der  Ankunft  der  Mekka- 
karavane,  sowie  die  Präsentirung  des  geheiligten  Ka- 
mels, auf  dessen  Rücken  der  Machmal  oder  der  Prunk- 
baldachin nach  Mekka  getragen  wird  (einem  alten 
Brauche  zufolge  das  Symbol  der  Oberherrlichkeit  des 
ägyptischen  Vicekönigs)  von  ganz*  besonders  festlicher 
Bedeutung.    Hierzu  kommen  Messen,  Jahrmärkte  u.  s.  w. 

Im  christlichen  Abyssinien  fehlt  es  nicht  an  hohen 
und  an  niedern  Festtagen.  Viele  sind  kirchlicher  Natur, 
so  z.  B.  Tömketa-Kröstus,  die  Taufe  Jesu,  Bala-arba, 
das  Fest  der  Reinigung  Maria,  Bala  Bekab,  Fest 
zwischen  Ostern  und  Pfingsten  u.  s.  w.,  auch  feiert  man 
in  jenem  Lande  Krönungs-  und  Siegesfeste.  Die  Pfaffen 
haben  hier  verschiedenartige  Tänze,  welche  manchmal 
an  den  Zikr,  die  Andachtsübung  der  tanzenden  Der- 
wische, erinnern. 

Im  nigritischen  Afrika  drehen  sich  die  Zeiten  der 
Feste  zum  Theil  um  religiöse  Vorstellungen,  wie  man 
denn  die  Erscheinung  des  Neumondes,  gewisse  Fetisch- 
angelegenheiten u.  s.  w.  celebrirt.  Auch  begeht  man 
liier  Neujahrs-,  Geburts-,  Todten-,  Sieges-,  namentlich 
aber  Erntefeste.  In  einem  grossen  Theile  des  dun- 
keln Continents  bietet  das  Reifen  der  nationalen  Brot- 
frucht, des  Sorghum,  Gelegenheit  zur  Bethätigung  aus- 
gelassenster Freude   dar.     In  Aschanti   feiert   man  die 


U&usliche  Einrichtungen  u.  s.  \v.  der  Afrikaner.      203 

ur  Verherrlichung  des  Reifens  der  Yamswurzel  (Dios- 
coraeOy  S.  147)  dienenden  Feste,  bei  denen  es  überaus 
toll  hergeht.  Leider  fliesst  in  Westafrika  bei  solchen 
Gelegenheiten  das  Blut  geopferter  Sklaven  u.  s.  w.  sehr 
reichlich.  Die  stetigen  Begleiter  solcher  Feste  sind 
hier  Singen,  Musiciren,  Declamiren,  Tanzen,  Essen, 
Trinken  u.  s.  w.  Auch  pflegt  man  un  derartigen  Tagen 
allerlei  Liebesabenteuer  ganz  besonders  mild  zu  beur- 
theilen. 

Der  Afrikaner  hat  auch  im  erwachsenen  Alter 
seine  Spiele.  Die  Altägj'pter  hatten  ihre  Mora-, 
Würfel-,  Schach-,  Ball-,  Reifen-,  Ring-  und  Fechtspiele, 
ihr  Schifferstechen  u.  s.  w.  Bei  den  Neuägj'ptern  hat 
man  Schach,  Dame,  Puff,  Mangala,  Tab,  ein  ziemlich 
complicirtes  Wurfspiel  mit  Einsätzen  von  Marken  auf 
nem  Spielbret,  das  Fechten  mit  dem  Stock,  das  Ringen 


Fiff.  68.    Mangalaspielbret  der  Niam-Niam. 

und  das  Werfen  mit  dem  Djerid,  dem  Palmblattstiele, 
vom  Pferde  herunter.  Das  Mangala  ist  nach  Schwein- 
furth  aus  Centralafrika  nach  Nubien  und  Aegypten 
gelangt.  Es  ist  bei  den  Völkern  des  Gazellenfluss- 
gebietes,  bei  den  Monbuttu,  Wolof,  Mandinka,  den 
Kadje,  den  Fulbe  bekannt.  Letztere  nennen  es  Uri. 
Das  Spiel  findet  mit  einem  länglichen  dicken  Spielbret 
statt,  in  welchem  bei  den  Nubiem  12,  bei  den  Niam- 
Niam  16  Löcher  eingeschnitten  sind.  Jeder  Spieler 
hat  etwa  24  Steinchen  oder  Kaurischnecken,  welche 
aus  einer  Grube  in  die  andere  hin  und  her  verlegt 
werden.  Statt  des  Spielbretes  dienen  auch  wol  in  den 
Erdboden  gekratzte  Gruben.  Aehnlich  ist  das  von 
Magyar  geschilderte  Tyela-  oder  Tscheiaspiel  der  Kim- 
bunda.  Die  Anzahl  der  in  zwei  gleichen  Reihen  von- 
einander abstehenden  Löcher   beträgt  im  Spielbret  40. 


204  Drittes  Buch. 

Man  benutzt  dazu  rundliche  Dinge,  meistens  die  Kerne 
von  Waldfrüchten,  deren  jeder  Mitspielende  drei  Stück 
zur  Hand  hält.  Diese  drei  Kerne  werden  von  ihm  wie 
Würfel  auf  eine  in  der  Mitte  des  Bretes  befindliche 
Wulstung  geworfen;  die  Kerne  rollen  mit  grösserer  oder 
geringerer  Schnelligkeifl  in  die  Gruben  der  einen  oder 
der  andern  Reihe.  Davon  hängt  Gewinn  oder  Verlust 
ab.  Wenn  der  von  einem  der  Spieler  geworfene  Kern 
in  irgendein  Loch  des  andern  Spielers  rollt,  so  legt 
dieser  den  darin  gefundenen  Kern  in  sein  Loch. 


9.    Religiöse  Vorstellungen, 

Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  über  die  Grundlehren  des 
einen  grossen  Theil  der  Nordhälfte  Afrikas  einnehmen- 
den Islam  mich  zu  äussern.  Nur  so  viel  mag  noch 
gesagt  werden,  dass  die  islamitischen  Missionare  seit 
der  ersten  Khalifenzeit  ihr  Bekehrungswerk  mit  ausser- 
ordentlichem Eifer,  mit  kühner  Verwegenheit  und  mit 
zäher  Energie  zu  verfolgen  gewusst  haben.  Sie  haben 
sich  in  dieser  Hinsicht  den  christlichen  Glaubensboten 
durchweg  überlegen  gezeigt;  der  Erfolg  ist  stets  auf 
ihrer  Seite  gewesen.  Die  lockern  Principien  des  Islam 
passen  sich  auch  den  schlichten,  rohen  Sitten  der  afri- 
kanischen Heidenwelt  weit  leichter  an  als  die  strengern 
Satzungen  des  Christenthums.  So  z.  B.  lässt  der  Koran 
bekanntlich  die  unter  den  nigritischen  Heiden  allge- 
mein verbreitete  Vielweiberei  zu  Recht  bestehen,  es 
einigt  der  mohammedanische  Glaube  Leute  jeder  Na^ 
tionalität  und  jeden  Standes,  er  gestattet  eine  gewisse 
Ungebundenheit  im  Verkehr  zwischen  hoch  und  niedrig, 
wie  sie  dem  afrikanischen  Naturmenschen  so  wohl  be- 
hagt.  Letzterer  aber  legt  nicht  den  Maassstab  ratio- 
neller Kritik  an  gewisse  Vorschriften  des  Koran,  welche 
vor  unserm  Verstände  nicht  Stich  halten,  dazu  ist  die 
Logik  der  Mehrzahl  der  Nigritier  denn  doch  zu  wenig 
entwickelt.    Viele  abergläubische  Vorstellungen,  welche 


,  Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     205 

tler  Islam  nährt,  finden  in  dem  Aberwitz  des  Fetisch- 
inus  ihren  Wiederhall  und  die  Aussicht  auf  die  mate- 
riellen Freuden  des  Paradieses  erweckt  die  Sehnsucht 
und  Lüsternheit  des  sinnlichen,  zum  Koran  sich  bekeh- 
renden Afrikaners.  Man  darf  dem  Islam  eine  hohe, 
tulturgeschichtliche  Bedeutung  auch  für  Afrika  keines- 
wegs absprechen.  Diese  Religion  war  es,  welche  aus 
den  zerstreuten  und  zerfahrenen  Gemeinden  der  Nord- 
hälfte des  Welttheils  grosse  in  sich  abgeschlossene 
Staaten  schuf,  in  deren  Machtsphäre  sich  ein  eigen- 
thümliches,  blütenreiches  Culturleben  und  die  Grund- 
lagen einer  nicht  geringen  Gesittung  entwickelten.  Wo, 
wie  in  Aegypten,  in  Numidien  und  Mauretanien  noch 
gewaltige  Reste  antiker  Menschengrösse  sich  vorfanden, 
da  gab  der  Islam  mit  seinem  Gefolge  von  semitischer 
Geistesschärfe,  von  arabischem  Phantasiereichthum  und 
von  iranischem  Dichterglanz  eine  erhöhte  Anregung. 
Wir  dürfen  hierbei  freilich  auch  den  hohen  Einfluss 
des  Byzantinerthums  in  Kunst  und  Wissenschaft  nicht 
verkennen.  Diese  belebenden  Culturelemente,  welche 
die  Verbreiter  des  Islam  nach  Afrika  hinüberpflanzten, 
fanden  hier  in  der,  wie  schon  bemerkt,  altcultivirten, 
creistig  hochbefahigten  Berberrasse  den  geeignetsten 
Uoden;  da  erblühte  denn  die  Glanzzeit  der  sogenannten 
arabischen  Cultur,  welche  erst  im  spätesten  Mittel- 
alter von  der  neuerwachten  abendländischen  Bildung 
überflügelt  und  erdrückt  wurde. 

Selbst  in  den  sudanesich-nigritischen  Staaten,  wie 
namentlich  Darfur,  Waday,  Bomu,  Sonray,  Melle  u.  s.  w., 
über  deren  Bestehen  und  Verfall  wir  schon  früher 
(S.  48)  in  Kürze  berichtet  haben,  vermittelte  der  Islam 
eine  zwar  beschränktere,  aber  immerhin  doch  unserer 
Beachtung  nicht  ganz  unwürdige  Culturbewegung.  Die- 
selbe ging  hier  von  den  mohammedanischen  Priestern 
und  deren  Schülern,  Talibe  (S.  178),  aus. 

Der  Aegypter,  Magrebiner,  Ost-  und  Centralsudanese 
sind  im  allgemeinen  nicht  fanatische  Moslimen;  der- 
gleichen finden  sich  jedoch  unter  manchen  vereinzelten 


206  Drittes  Buch.  , 

Gemeinden  und  Sekten  Westsudans,  unter  den  Tekarine 
und  Tukuler,  den  Nationen  der  Bambara,  den  Fulbe 
oder  Fellata.  In  den  innern  und  selbst  östlichen 
Wüstengebieten  macht  neuerlich  eine  bigote,  gewisser- 
maassen  puritanische  Sekte,  die  Snussi,  viel  von  sich 
reden. 

Bei  manchem  Guten  bringt  aber  der  Islam  schon  seit 
Generationen  eine  grosse  Stagnation  in  die  Masse  seiner 
Anhänger.  Moderner  Fortschritt  und  Aufklärung 
vertragen  sich  nicht  mehr  mit  den  Satzungen  einer 
durch  ihre  Exclusivität  gepanzerten  Religion. 

Altchristliche  Afrikaner  sind  die  Kopten  und  die 
Abyssinier.  Erstere,  seit  vielen  Jahrhunderten  unter 
dem  Druck  der  ägyptischen  Mohammedaner  leidend, 
nicht  mehr  im  Besitz  ihres  selbst  als  Schriftsprache 
der  liturgischen  Bücher  mehr  und  mehr  verloren  gehen- 
den Idioms*^,  sind  politisch,  bürgerlich  und  moralisch 
sehr  herabgekommen;  selbst  gegenwärtig,  unter  tole- 
ranterm  Regiment,  vermögen  sie  sich  kaum  mehr  aus 
ihrer  Versumpfung  emporzuheben.  Immerhin  bleibt  je- 
doch der  Zähigkeit,  mit  welcher  sie,  die  Kopten,  ihrem 
alten  Glauben  in  Sturm  \xnd  Drang  treu  geblieben  sind, 
unsere  volle  Anerkennung. 

Abyssiniens  politische  und  wirthschaftliche  Zu- 
stände sind  im  allgemeinen  bereits  seit  Generationen 
recht  trostlose  geworden.  Die  öffentliche  Moral  findet 
kein  rechtes  Heim  mehr  in  den  Alpenthälern  des  so 
schönen,  von  der  Natur  so  reich  bedachten  „äthiopischen 
Hochlandes".  Das  abyssinische  Christenthum  hat  keine 
Blüte  entfaltet  und  hat  den  in  sich  zerfahrenen  Be- 
wohnern bisjetzt  nicht  zum  Segen  gereicht.  Priester 
und  Laien  bewegen  sich  hier  in  der  gleichen  rohen 
Unwissenheit,  in  dem  gleichen  Schmuz  der  Gesinnung 
und  des  Wandels.  Der  christliche  Ritus  hat  sich  hier 
niemals  über  einen  ganz  öden  Formelkram  erhoben; 
höchstens  dürfte  in  Schoa,  wo  unter  der  intelli- 
genten, aus  Amhara  und  Gala  gemischten  Bevölke- 
rung ein  Menilek  nach  den  liberalern  Principien  seiner 


Uäuslicbo  Einrichtungen  u.  8.  w.  ilcr  Afrikaner.    207 

Vorgänger,  der  Asfa  Wusen,  Wusen  Segged  und  Sachela 
Selasie  regiert,  gemachsam  Besseres  zu  erwarten  stehen. 

Von  den  durch  römisch-katholische  und  protestan- 
tische Missionare  bekehrten  neuern  afrikanischen 
Christen  lässt  sich  bisher  nicht  viel  Aufmunterndes 
und  Erfreuliches  berichten.    Alle  Achtung  vor  der  Ilin- 

'  ung  und  dem  guten  Sinne  jener  Glaubensboten,  von 
n  viele  ein  wahres  Martyrium  erdulden  gemusst. 
Wir  wollen  auch  gern  Act  davon  nehmen,  dass  aus- 
nahmsweise nigritische,  hottentottische  und  selbst  ber- 
berische Neophyten  schon  jetzt  sich  als  brave,  brauch- 
bare Mitglieder  einer  gesitteten  Gemeinschaft  bewähren. 
Indessen  sind  doch  die  Missionserfolge  auf  dem  dunkeln 
Tontinent  im  ganzen  bisher  noch  zu  geringe  gewesen, 
ich  möchte  dem  heidnischen  und  selbst  dem  mohamme- 
danischen Nigritier  noch  nicht  die  rechte,  ich  könnte 
wol  sagen  ethische  Reife  für  das  Christenthum  und 
die  mit  letzterm  verbundenen  Anforderungen  der  mo- 
dernen Cultur  zutrauen.  So  ungern  ich  es  hier  aus- 
spreche, so  muss  ich  dennoch  bekennen,  dass  ich  den 
Islam  für  eine  Religion  halte,  die,  trotz  ihrer  groben 
logischen  Irrthümer,  als  Durchgangsglauben  für  den 
afrikanischen  Fetischanbeter  vorläufig  noch  besser 
passt  als  das  Christenthum.  Eine  besondere  christ- 
liche, die  ethnischen  Eigenheiten  tolerirende  Confession 
für  den  Nigritier  zu  erklügeln,  widerspricht  nicht  allein 
unserm  Gefühl,  sondern  auch  unserer  gesunden  Ver- 
nunft. Das  Christenthum  darf  selbst  dem  afrikanischen 
Heiden  nur  in  reiner,  unverfälschter  Form  von  über- 
zeugungstreuen,  sittlich  tüchtigen  und  hingebenden  Ver- 
kündigern, denen  zugleich  die  volkswirthschaftlicheWohl- 
lahrt  ihrer  Neophyten  am  Herzen  liegt,  überliefert 
werden.  Die  Confession,  von  der  hierbei  die  Bewegung 
ausgeht,  scheint  mir  Nebensache  zu  sein.  Leider  dürfen 
wir  aber  erst  für  die  fernere  Zukunft  Ergebnisse  er- 
warten, die  so  mancher  wahre  Menschenfreund  für  die 
Gegenwart  herbeiführen  zu  können  erträumt.  —  Wenn 
ich  nun  in  diesen  Dingen  als  nüchterner  Selbstbeobachter 


208  Drittes  Buch. 

vor  unzeitigen  und  vielleicht  schädlichen  Illusionen 
warne,  vor  Illusionen,  denen  crasse  Enttäuschung  überall 
auf  dem  Fusse  folgen  könnte,  so  sei  es  doch  fem 
von  mir,  die  Bestrebungen  philantroi^ischer  und  begei- 
sterter Apostel  irgendwie  bemängeln  zu  wollen,  denn  hier 
müssen  Werke,  nicht  Ansichten  entscheiden. 

"Werfen  wir  nunmehr  einen  Blick  auf  das  afrika- 
nische Heidenthum.  Dasselbe  äussert  sich  unter  sehr 
mannichfaltiger  Form.  In  Nordostafrika  ist  der  eigent- 
liche Fetisch  glaube  nicht  recht  ausgebildet;  hier 
berühren  sich  Islam  und  gewisse  Formen  des  Fetisch- 
oder Gestirndienstes  an  mehrern  Punkten.  So  z.  B. 
erlebte  der  belgische  Reisende  E.  de  Pruyssenaere  am 
Guleberge  in  Sennar  Festlichkeiten,  bei  denen  trotz 
des  Islam  der  hier  herrschenden  Funje  von  anwesenden 
lauen  Moslimen  oder  vielmehr  Heiden  phallische  Holz- 
gebilde und  ein  thönerner  Altar  benutzt  wurden.  Diese 
Leute  stellen  beim  Erntefest  ein  geschnitztes  hölzernes, 
eine  Menschenfigur  bildendes  Götzenbild  aus.  Auch 
benutzen  sie  das  bei  den  Berta  beliebte  Amulet  des 
heiligen  Rüsselkäfers  (soll  wol  heissen  Pillenkäfers  — 
ÄtencJms  Aegyptiorum^  eines  schön  grünen  in  Südsennar 
gemeinen  Scarahaens). 

Die  Hammedj  in  Roseres  und  die  Djebelauin  in  Fa- 
zoglo  haben  sonderbare  Erntegebräuche.  Zur  Zeit  der 
Durrahreife  wird  nämlich  der  Fürst  des  Landes  von 
vier  Ministern  oder  Räthen  auf  einem  Angareb  (Ruhe- 
bett) vor  das  Dorf  getragen,  es  wird  an  einem  Bein 
des  Angareb  ein  Hund  angebunden  und  dieser  erhält 
von  jedem  Bewohner  einen  Ruthenstreich.  Buchere 
glaubt,  diese  Sitte  verrathe  noch  dunkle  Anklänge  an 
einen  etwa  im  grauen  Alterthum  stattgehabten  Cultus 
einer  im  Hunde  incarnirten  Gottheit.^"^ 

Die  Berta  umtanzen  zur  Zeit  des  Neumondes  die 
von  ihnen  für  heilig  gehaltenen  grossen  Bäume,  feiern 
dabei  wüste  Gelage  und  vermischen  sich  untereinander 
wie  die  Thiere.  Das  ist  leider  alles,  was  man  bisjetzt 
über  ihre  Religion  kennt. 


Von  den  Gala  wini  tin  unaKiiiDaro  »tsen  verelirt, 
welches  AVoka  oder  Waka  heisst  und  zu  dem  sie, 
wie  ich  mich  selbst  überzeugt  habe,  die  Arme  fast 
in  derselben  Stellung  emporheben  wie  der  berühmte 
betende  Knabe  des  berliner  Sculpturmuseums.  Die 
Imomatta  Heben  zu  Waka,  den  sie  auch  wol  mit  Bana, 
Herr,  anreden,  um  Re<?en.  Dieses  Volk  hat  Priester, 
nach  Krapf  Luba  und  Kalidscha  genannt,  deren  erstere 
Augurieu  abhalten,  während  die  andern  böse  Geister 
aus  den  Kranken  austreiben  und  auch  sonst  noch  docto- 
riren.  New  erwähnt  namentlich  eines  Ekera  genannten 
bösen  Geistes  der  Gala,  an  dessen  Existenz  sich  übri- 
gens nur  vage  Vorstellungen  zu  knüpfen  scheinen. 

Die  Wakamba  glauben  nach  Hildebrandt  an  einen 
Gott  Mlungu,  den  Stifter  des  Guten,  und  an  einen 
Teufel,  den  Veranstalter  des  liösen.  In  der  Noth  opfern 
sie  dem  Gotte,  spenden  ihm  auch  aus  Dank  kleine 
Speise-  und  Trankgaben,  sobald  sie  etwas  geniessen. 
Dem  Teufel  treten  sie  mit  Anmieten  entgegen. 

In  den  heisseu,  dürren  Gegenden  Afrikas,  in  denen 
jeder  Tropfen  Wasser  eine  Wohlthat  ist,  bildet  der 
Regen  eine  Gnadengabe  der  Natur,  und  manche  Völker, 
wie  die  Gala,  die  Masay,  Wakuafi,  verehren  in  ihrer 
Gottheit  zugleich  die  Regenspenderin.  Die  den  Kenia 
und  Kilimandjaro  umhüllenden  Wolken  sind  gewisser- 
maassen  sichtbare  Zeugen  der  Anwesenheit  Ennyay's, 
der  Gottheit  selbst.  Ueberall  im  dunkeln  Continente 
sieht  und  hört  man  um  Regen  beten.  Der  Regen- 
doctor  oder  Regenmacher,  Kodjur  der  Denka,  Bunit 
(Mehrheit  Bunek)  der  Bari,  welche  Würde  auch  Wei- 
bern zugängig  ist,  spieli  bei  diesen  Nationen,  bei  den 
Wakamba  u.  s.  w.  eine  hervorragende  Rolle.  Trifft, 
wenn  der  Zauberer  „Regen  zu  machen"  versucht,  der 
Niederschlag  (wobei  jenem  manchmal  eine  gewisse  Rou- 
tine in  der  Wetterbeobachtung  zugute  kommt)  wirklich 
ein,  so  herrscht  grosse  Freude  und  der  Kodjur  wird 
allerwegen  geehrt,  heimst  auch  wol  Vieh,  Getreide  und 
andere  Gaben  ein.    Bleibt  aber  die  ersehnte  Berieselung 

Habtxavk.  1 1 


210  Drittes  Buch. 

aus,  so  schlagt  man  den  Regendoctor  ohne  Federlesen 
todt.  Man  reisst  ihm,  sogar  noch  lebend,  den  Bauch 
auf,  um  darin  nach  dem  angeblich  versteckt  gehaltenen 
Regen  zu  suchen.  Man  kann  sich  auch  nicht  wundern, 
wenn  in  dürren  Gegenden  sich  an  einen  diese  durch- 
strömenden Fluss,  welcher  hier  allein  das  pflanzliche 
und  thierische  Leben  ermöglicht,  religiöse  Vorstellungen 
knüpfen.  Die  Osiris-Mythe  der  Aegypter  symbolisirt 
ja  unter  anderm  nur  das  Anwachsen,  die  jährliche 
Ueberschwemmung  und  die  befruchtende  Wirkung  des 
Nils,  während  Osiris'  feindlicher  Bruder  Typhon  wieder 
die  Dürre,  die  vertrocknenden  Wirkungen  des  Chamsin, 
überhaupt  die  elementare  Macht  des  heissen  Wüsten- 
klimas symbolisirt.  Daher  bilden  der  Niger,  Gaben, 
Ogowe,  Congo  u.  s.  w.  auch  Hauptfetische  für  gewisse 
Nigritierstämme. 

Bei  den  Waganda  werden  einem  in  besonderer  klei- 
ner, viereckiger  Hütte  verehrten  Muzimu  oder  Haus- 
geiste Schneckenhäuser,  aus  Lehm  geformte  Kugeln, 
Kräutermischungen,  kleine  Stückchen  Wachholder  (?) 
und  ein  mit  eiserner  Spitze  versehenes,  in  den  Boden 
gestecktes  Stück  Antilopenhorn  als  Opfergaben  dar- 
gebracht. Um  derartige  Geister,  um  diejenigen  der 
Verstorbenen,  sowie  um  Zaubermittel  scheinen  sich  die 
religiösen  Anschauungen  dieses  Volks  wesentlich  zu 
drehen. 

Die  Schilluk  am  Weissen  Nil  verehren  Nyekomm 
als  Stammvater  ihres  Volks.  Er  soll  manchmal  in  Ge- 
stalt eines  beliebigen  kleinern  Thieres  auf  einem  Baume 
sichtbar  werden.  Man  bittet  Nyekomm  um  Regen  und 
um  gesegnete  Ernte.  Der  Nil  ist  dem  Volke  heilig.  Die 
"*  Geister  der  Verstorbenen  werden  als  in  Nähe  der 
Lebenden  weilend  gedacht. 

Die  Denka  dagegen  huldigen  dem  Deng-det,  welcher 
für  sie  Erschaffer  der  Welt  und  Vertreter  des  Guten 
ist.  Ihre  Zauberer,  die  Tut,  machen  nicht  blos 
Regen  (Deng),  sondern  sie  beschwören  auch  die 
Dijok  oder  bösen  Geister,  die  namentlich  von  Verstor- 


Häusliche  Einrichtungen  ier  Afrikaner.     21  1 

benen  herrüliren  sollen.  Die  Tiifc  treiben  Hokuspokus 
und  Bauchrednerei. 

Von  den  Bongo  berichtet  Schweinfurth,  sie  betrieben 
ebenso  wenig  wie  die  andern  Schwarzen  des  von  ihm 
betretenen  Gebietes  einen  eigentliclien  religiösen  Cultus. 
Hirer  Sprache  fehlt  der  selbstständige  Begriff  der  (Jott- 
heit.  Loma  bedeutet  ebenso  das  Geschick,  Glück  oder 
Unglück,  wie  auch  das  von  den  mit  ihnen  verkehrenden 
Moslimen  angerufene  höchste  Wesen.  Sie  fürchten  sehr 
die  Geister,  Bitobo,  welche  ihnen  nur  als  böse  er- 
scheinen, namentlich  die  Waldgeister,  Ronga.  Letztere 
treten  in  Gestalt  zwar  wunderlich  gebildeter,  übrigens 
jedoch  harmloser  Thiere  auf,  wie  z.  B.  gewisser  Fleder- 
mäuse, eines  Halbaffen  (Otolicnus)^  der  Eulen  u.  s.  w. 
Sie  suchen  sich  gegen  sie  durch  zauberkräftige  Wur- 
zeln zu  schützen.  Zauberdoctoren  heissen  bei  diesem 
Volke  Beloma.  Zur  Besprechung  von  Krankheiten  u.  s.  w. 
lassen  sie  gewiegte  Kodjuren  der  Denka  kommen.  In 
den  Verdacht  der  Hexerei  treten  hier  leider  bald  einmal 
alte  Leute,  deren  Existenz  durch  den  scheusslichen  Aber- 
glauben, ganz  in  der  Weise  unserer  Ilexengerichte,  ge- 
f^ihrdet  wird. 

Hexenglaube  in  Afrika  ist  überhaupt  weit  verbreitet. 
Selbst  in  dem  mohammedanischen  Nordosten,  besonders 
in  Sennar  sowie  im  christlichen  Abyssinien,  glaubt  man 
an  Sachar  oder  Budda,  d.  h.  Wichte,  welche  sich  nachts 
in  Hyänen  umzuwandeln  vermögen.  In  dem  ägyptischen 
Grenzfort  Famaka  wurden  mir  selbst  vicekönigliche 
schwarze  Soldaten  gezeigt,  von  denen  das  Gerede  ging, 
sie  könnten  sich  nachts  in  Flusspferde  verwandeln  und 
in  dieser  Ungestalt  den  Blauen  Nil  durchschwimmend, 
am  andern  Ufer  Unzucht  mit  den  dortigen  halbheid- 
nischen Frauenzimmern  treiben.  Dieser  Buddaglaube 
reicht  tief  nach  Central-  und  Südafrika  hinein.  Die 
Aba-Takati  oder  Ama-Tagati  (Hexenmeister)  der  Ama- 
zulu  sind  ebenso  wie  die  ähnliches  bezeichnenden  west- 
nigritischen  Wundermänner  gefürchtet  und  gehasst.  Ge- 
rade der  Glaube  an  Zauberer  und  Hexen  ist  es,  welcher  in 


212  Drittes  Buch. 

Afrika  so  viele  schreckliche  Ordalien,  Confiscationen 
und  Metzeleien  hervorruft.  Dass  hierbei  übrigens  häufig 
persönliche  Feindschaft  und  Gehässigkeit,  sowie  Hab- 
gier sehr  wirksame  Factoren  bilden  helfen,  das  leuchtet 
wohl  jedermann  ein. 

Waldkobolde  herrschen  ja  in  allen  mit  dichtem, 
düstern  Baumwuchs  bestandenen  Forstgebieten.  Die 
Sagen  vom  Mandel  gewisser  südostdeutscher  Gebirgs- 
forste  und  vom  harzer  Hackelberg,  sowie  vom  Jurupira 
und  Caypora  der  brasilianischen  Indianer,  finden  ihren 
entfernten  Widerhall  in  dem  Gerede  von  centralafrika- 
nischen  Waldunholden,  wie  sie  z.  B.  angeblich  im  Ge- 
biete der  Wau  auftreten  sollen. 

Die  Niam-Niara  benutzen  bei  Vornahme  wichtiger 
Handlungen  ein  Augurium,  welches  sie  „borru"  nennen. 
Sie  fahren  nämlich  mit  einem  in  Wasser  angefeuchteten 
Holzpflock  wie  mit  einem  Hobel  über  die  glatte  Fläche 
eines  Holzschemels  hin.  Gleitet  der  Pflock  leicht  hin 
und  her,  so  bedeutet  dies  etwas  Gutes,  adhäriren  da- 
gegen die  feuchten  Holzflächen  aneinander,  so  gibt  dies 
eine  schlimme  Vorbedeutung.  Ausserdem  haben  sie 
noch  andere  Augurien.  Sie  geben  z.  B.  einem  Huhne 
Fetischgetränk,  stirbt  es  daran,  so  ist  das  Unglück  vor 
der  Thür;  oder  man  taucht  den  Kopf  eines  lebenden 
Hahnes  eine  Zeit  lang  unter  Wasser,  kommt  das  be- 
täubte Thier  danach  wieder  zu  sich,  so  ist  alles  gut. 
Uando,  König  der  Niam-Niam,  unternahm  nur  deshalb 
keinen  Angriff"  auf  Schweinfurth  und  seine  Karavane, 
weil  der  Trank  ein  dem  Augurium  gewidmetes  Huhn 
getödtet  hatte. 

Die  Monbuttu,  welche  die  Beschneidung  üben,  konn- 
ten von  Schweinfurth  hinsichtlich  ihrer  religiösen  Be- 
grifife  nicht  genauer  erforscht  werden.  Merkwürdiger- 
weise übersetzte  man  das  Wort  Allah,  Gott,  mit  Noro. 
Nor  bedeutet  aber  im  berberinschen  Mahasdialekt 
ebenfalls  Gott. 

Vom  Uellegebiet  ab  nach  Westen,  nach  dem  Senegal, 
dem  Atlantischen  Ocean  und  dem  Coanza  hin  herrscht 


Häusliche  Einrichtungen  Afrikaner.     iM» 

crasser  Fe  tisch  glaube.  Das  Wort  Fetisch  ist  aus 
dem  portugiesischen  Feitisso,  Zauberei,  Hexerei,  ver- 
dreht worden. 

In  Aschanti  hat  man  die  dunkle  Ahnung  von  einem 
höchsten  Gotte,  dem  Scliöpfer,  Jan  Kompune.  Unter 
diesem  stehen  als  untergeordnete  Gottheiten  Fetische, 
die  in  besondern  Flüssen,  Wäldern  oder  Bergen  wohnen. 
So  waren  zu  Bowdich's  Zeit  die  Flüsse  Tando,  Kobbi 
und  Odirri  Lieblingsfetische  der  Nation.  Der  König 
und  die  höhern  Klassen  verbringen  nach  dem  Tode  ein 
Leben  voller  Prasserei  bei  der  höchsten  Gottheit. 
Stirbt  ein  Vornehmer,  so  tödten  sich  bei  der  Leichen- 
feier desselben  Leute  beiderlei  Geschlechts,  um  wenig- 
stens als  Dienstleute  des  Verstorbenen  der  Freuden 
des  Paradieses  mit  theilhaftig  werden  zu  können, 
(ileichem  Bestreben  sind  die  Menschenopfer  bei  Gelegen- 
heit der  Todtenfeier  hochgestellter  Personen  beizurechnen. 
Diese  Schwarzen  haben  ihre  Fetischtempel,  Himma. 
Ihre  Fetischpriester  bilden  eine  besondere  erbliche  Kaste, 
welche  nicht  geringen  Einfluss  erwirbt.  Jeder  Priester 
verfügt  über  einen  kleinen  Tempel  und  seinen  heiligen 
Stein,  das  Hauptsymbol  der  Gottheit.  Solche  Steine 
sind  Meteore  oder  in  Ermangelung  derer  auch  Stücke 
Magneteisenstein,  die  sich  hier  und  da  auf  dem  Boden 
ßnden  und  von  den  schlauen  Bonzen  auch  gelegentlich, 
zufällig,  unter  Donner  und  Blitz  der  Gewitter,  einge- 
sammelt werden;  man  schmückt  damit  die  Altäre.  Jeder 
Priestersohn,  der  wieder  Priester  werden  soll,  muss  in 
den  Besitz  eines  solchen  Steines  gelangen.  Die  Tracht 
dieser  Kaste  ist  die  weisse;  sie  lassen  sich  das  Haupt- 
haar so  lang  wachsen,  als  dies  bei  ihrer  Rasse  möglich 
wird,  nur  scheren  sie  sich  den  Bart.  Eine  Art  Ober- 
priester wohnt  zu  Kumassi,  ist  aber  ohne  grosse  ober- 
hirtliche  Gewalt.*  Ausserdem  gibt  es  bei  ihnen  wan- 
dernde Fetischmänner  oder  Wunderdoctoren,  die  aber 
keinen  heiligen  Stein  mit  sich  führen  dürfen.  Sie 
haben  vielmehr  nur  einen  Lederriemen,  an  welchem 
Amulete  und  Zaubersteinchen  befestigt  sind.     Aus  diesen 


214  Drittes  Buch. 

Talismanen  sagen  die  Fetiscbmänner  wahr.  Auch  gibt 
es  unter  ihnen  Fetischweiber,  welche  in  grossem  An- 
sehen stehen.  Dcas  Opfern  an  den  Himma  ist  allgemein. 
Es  gibt  einige  Sekten,  die  hinsichtlich  des  Essens  ge- 
wisser Fleischspeisen  und  des  Opferns  verschiedenartig 
gefärbter  Thiere  sich  ganz  different  verhalten,  auch 
voneinander  abweichende  Festtage  feiern. 

Eine  grosse  Rolle  'spielen  in  Aschanti  wie  auch  in 
andern  Staaten  Guineas  die  sogenannten  Ag riessteine; 
sie  sollen  ursprünglich  aus  Benin  stammen,  werden  dem 
Golde  gleichgeschätzt  und  nach  dem  Gewichte  verkauft. 
Sie  sind  entweder  einfarbig  blau,  gelb,  grün  und  roth 
oder  auch  vielfarbig,  in  letzterm  Falle  manchmal  sehr 
hübsch  gemustert;  einige  machen  den  Eindruck  zier- 
licher Mosaik.  Diejenigen,  welche  ich  selbst  vor  Augen 
gehabt,  erinnerten  mich  lebhaft  an  das  unter  anderm 
von  Kubary  so  genau  beschriebene  Geld  der  Palau- 
inseln  im  Pacific,  ferner  an  gewisse  ähnliche  ägyptische, 
indrsche  und  selbst  alteuropäische,  Schmuckperlen  dar- 
stellende Gräberfunde.  Es  sind  das  theils  gebrannte 
Thone,  theils  langsam  verwitternde  Glasflüsse,  aber 
auch  wirkliche  Steine,  so  z.  B.  Quarzvarietäten,  Kar- 
neole, Achate,  Jaspise  u.  s.  w.;  diese  Steine  bedeuten 
Glück.  Kinder,  die  reich  erben,  werden  mit  den  zu 
Pulver  geriebenen  Steinen  bestrichen,  um  ihr  Wachs- 
thum  zu  befördern  u.  s.  w.  u.  s.  w.  Endlich  geben  die 
Aschanti  sowie  andere  heidnische  Nigritier  beider  Gui- 
neas viel  auf  arabische  Zaubersprüche,  Koranverse 
u.  8.  w.,  die  ihnen  von  den  in  ihrer  Mitte  verweilenden 
Moslemin  für  schweren  Geldeswerth  aufgeschrieben 
werden.  Die  Verfertiger  solchen  Krams  sind  Berbern, 
die  weit  wandern  und  von  ihrer  im  Arabischen  aus- 
geübten Schreibekunst  grossen  materiellen  Vortheil 
ziehen.  Denn  überall  in  Afrika  treibt  'man  mit  solchem 
islamitischem  Schwindel  eine  ausgedehnte  und  sehr  er- 
folgreiche Schacherei. 

In  Dahome  ist  der  Thierdienst  hauptsächlich  ent- 
wickelt.   Ilauptfetisch  ist  der  Leopard.    Auch  in  Loango 


Häusliche  Einrichtungen  .  lor  Afrikaner.     215 

bildet  letztenr  einen  grossen  Fetisch,  der  nach  Bastian 
fürstlicher  Natur  ist,  weil  selbst  der  plebejische  BiiftVl, 
meiner  Meinung  nach  der  kleinere,  weniger  wehr- 
hafte ^05  hrachtfccros ,  sich  von  ihm  besiegen  lassen 
soll. 

In  vielen  Gegenden  sind  mehrere  Arten  von  Schlan- 
gen die  Landesfetische.  Zu  Wliyda  oder  Juida  an 
der  Küste  von  Dahome,  dem  Sitze  eines  schwunghaften, 
zum  Theil  auch  durch  Europäer  betriebenen  Handels, 
existirt  ein  Sclilangentempel,  in  welchem  der  franzö- 
sische Marinechirurg  Dr.  Repin  eine  grosse  Zalil  von 
nicht  giftigen,  zu  den  Familien  PfffJion  und  Lcptophis 
gehörenden  Ophidiern  züchten  sah.  Das  Volk  erweist 
diesen  Bestien  abgöttische  Ehren.  Die  selbst  unab- 
sichtliche, rein  zufällige  Tödtung  eines  solchen  Gottes 
zieht  hier  schwere  Folgen  nach  sich.  Mehrere  in  Guinea 
weilende  Europäer,  denen  beiläufig  ein  derartiges 
Malheur  passirt  war,  vermochten  sich  nur  mit  grosser 
Mühe  und  unter  Opferung  beträchtlicher  Beschwichti- 
gungssummen der  Volksrache  zu  entziehen.  Durch  das 
ganze  tropische  Afrika  kommt  eine  Riesenschlange 
(Pifthot)  Sehae,  Pi/thon  natalensis)  in  mannichfaltigen 
örtlichen  Varietäten  vor.  Dieselbe  ist  hauptsächlicher 
Schlangenfetisch.  Wir  finden  ziemlich  naturgetreue 
farbige  Darstellungen  dieses  Thieres  in  den  thebai- 
schen  Königsgräbern  u.  s.  w.  Sie  hat  nämlich  im 
Religionsdienst  der  Aegj'pter  ihre  Rolle  gespielt,  wie 
denn  auch  die  sehr  giftige,  durch  ihren  Biss  zuweilen 
schnell  tödtende  üraeus-  oder  Haje-,  d.  h.  Brillen- 
schlange (Xaia  hajc),  Symbol  der  schnell  treffenden 
pharaonischen  fvönigsmacht  war.  Nach  Krapf  zollen 
die  Gala  der  Schlange  (Pf/iJion)  eine  hohe  Verehrung, 
indem  das  Reptil  nach  ihrer  Vorstellung  die  Mutter 
des  Menschengeschlechts  war.  Da  nun  auch  die  Abys- 
sinier  vor  ihrer  Bekehrung  zum  Christenthum  eine 
grosse  Schlamme  angebetet  haben  sollen,  so  ver- 
muthet  der  wackere  Missionar  hieraus  und  aus  andern 
Verhältnissen  mit  Recht  einen  Zusammenhang  zwischen 


216  Drittes  Buch. 

dem  altägyptischen  und  dem  altäthiopischen  Götter- 
dienst. Vom  Schlangencultus  findet  sich  auch  etwas 
unter  den  Kaffern.  Bei  letztern  wohnen  nämlich  die 
Amachlosi  oder  Isiduta,  d.  h.  die  Geister  der  Verstor- 
benen, in  Schlangen.  In  einer  Art  derselben  hausen 
die  Geister  von  Häuptlingen,  in  andern  die  des  ge- 
meinen Volks,  in  noch  andern  die  von  Weibern.  Kriecht 
eine  Schlange  in  eine  Hütte  und  bleibt  daselbst,  so 
ist  sie  ein  Itongo  oder  Pänat,  entfernt  sie  sich  dagegen 
wieder  aus  der  Behausung,  so  ist  sie  eine  dem  Hause 
fremde  Erscheinung.  Wird  eine  Schlange  getödtet,  weil 
sie  wirklich  giftig  ist  oder  für  giftig  gehalten  wird,  so 
erscheint  der  in  ihr  wohnende  Geist  den  Leuten  im 
Traum.  Tödtet  man  eine  dem  Geiste  eines  Häuptlings 
zur  Behausung  dienende  Schlange,  so  wird  dieselbe 
begraben,  ihr  Gerippe  am  Thor  der  Niederlassung  auf- 
gehängt und  ihr  Tod  wird  durch  ein  Opfer  gesühnt. 
Merensky,  welchem  wir  diese  Nachrichten  verdanken, 
fügt  hinzu,  dass  unter  den  Basuto  dieser  Glaube  an 
Incarnation  der  Geister  in  den  Schlangen  nicht  zu  be- 
merken sei.  Bedenkt  man  aber,  dass  die  Schlangen 
auch  unter  manchen  Derwischgemeinden  des  islamitisch- 
berberischen  Afrika  eine  Rolle  spielen,  erinnert  man 
sich  ferner  an  den  Schlangen-Hokuspokus  der  antiken 
Psyllen,  so  wird  man  doch  versucht,  in  dem  Schlan- 
gendienst verstreute  Reste  eines  uralten,  über  einen 
grossen  Theil  Afrikas  verbreitet  gewesenen  Fetischcultus 
zu  erblicken. 

Von  Afrika  ist  der  Schlangendienst  durch  die  Trans- 
porte nigritischer  Sklaven  auch  nach  Amerika  ver- 
pflanzt worden;  er  hat  als  Wo  du  dien  st  auf  Haiti 
und  selbst  in  manchen  Gegenden  von  Louisiana  und 
Florida  seine  recht  hässliche,  betrübende  Auferstehung 
unter  Niggergemeinden  gefeiert,  denen  man  schon 
längst  die  Pflege  aufgeklärterer,  christlich-humanitärer 
Ideen  zuzuschreiben  geneigt  gewesen  war. 

In  Aschanti  wie  auch  weiter  südlich  über  Benguella 
hniaus    fürchtet    sich    der    ungebildete,    abergläubische 


Häusliche  Einrichtungen  i  Nr  Afrikaner.     217 

Mensch  vor  bösen  Geistern.  Der  Jan  Kompune  der 
Aschanti  kann  Gutes  und  auch  Böses  über  die  Men- 
schen verhangen.  Unter  ihm  treiben  aber  noch  dä- 
monische Unholde  ihr  Wesen.  Auch  in  andern 
guinensischen  Ländern  sind  böse  Dämonen  die  Quäl- 
geister der  dortigen  schwarzen  Herren  der  Schöpfung, 
Alles  was  hier  dem  Individuum  oder  der  Gemeinde 
Schlechtes  passiren  kann,  gilt  als  Werk  eines  bösen 
Geistes,  dieser  hat  häufig  seine  lebenden  Vertreter  in 
einzelnen  Menschen,  Hexenmeistern,  auch  weiblichen 
Hexen,  welche  in  Loango  Endoxes  heissen.  Um  diese 
angeblichen  gemeinschädlichen  Wesen  zu  entdecken  und 
zu  entlarven,  dient  das  Institut  der  Ogangas  oder  Fe- 
tischpriester. Solche  von  Hause  aus  abgefeimten  käuf- 
lichen Betrüger  bezeichnen  nach  Gutdünken,  sei  es  aus 
Rache,  aus  Aerger  über  nicht  dargebrachte  Spenden, 
aus  habgierigen  Zukunftsideen  oder  um  nur  überhaupt 
ein  Opfer  stellen,  um  Einfluss  behaupten  zu  können, 
beliebige  Personen  als  Endoxes;  wenn  diese  nun  nicht 
einem  über  sie  verhängten  Gottes^irtheil  verfallen, 
so  unterliegen  sie  doch  der  Volkswuth,  wobei  sie  dann 
mit  raffinirter  Grausamkeit  zu  Tode  gequält  werden. 
Sobald,  nach  Falkenstein's  Mittheilung,  in  Loango  ein 
Mann  von  Rang  plötzlich  stirbt,  so  wird  seine  Leiche 
mit  einem  Perlenhalsbande  geschmückt  und  vom  Oganga 
gefragt,  ob  sie  den  Verursacher  des  Todes  selbst 
suchen  wolle:  wird  dies  vom  Todten  durch  den  Mund 
des  Priesters  bejaht,  so  schleppt  man  die  Leiche  in 
einer  Machilla  oder  Hängematte  in  den  benachbarten 
Oertem  umher,  lässt  sie  bei  einer  längst  vorher  be- 
zeichneten Hütte  halten,  zerstört  diese  und  opfert  deren 
Inhaber.  Als  einer  der  besten  und  kräftigsten  Lingsters 
oder  Dolmetscher  und  Commissionäre  der  Dr.  Güss- 
feldt'schen  Loango-Expedition  gestorben  war,  wurden 
verschiedene  Personen  dem  Gottesurtheil  anheimgestellt 
und  zum  Theil  auf  dem  Scheiterhaufen  verbrannt. 

Die  Gottesurtheile  bestehen  im  zwangsweisen  Trinken 
von    wässerigen    Auszügen     oder    im     Einnehmen    von 


218  Drittes  Buch. 

Pulvern  der  Calabarbohne  (l^hysostigma  venenositm)  und 
der  Nkassa,  letztere  Rinde  des  Eryihroplilaeum  ffKi- 
ticcnsc.  Ilaben  die  Leute  eine  solche  sehr  häufig 
durch  Herzlähmung  tödtende  Probe  glücklich  über- 
standen, d.  h.  die  Giftgabe  ausgebrochen,  so  erhalten 
sie  von  der  anklagenden  Partei  (nach  Lenz)  eine  Ent- 
schädigung. Diejenigen,  welche  den  Trank  oder  das 
Pulver  länger  bei  sich  behalten  und  nicht  daran  sterben, 
werden  getödtet.  Zuweilen  müssen  Ankläger  und  An- 
geklagte sich  dem  Gottesgericht  zugleich  unterwerfen, 
manchmal  trifft  dies  den  Oganga  selbst.  In  einzelnen 
Fällen  wird  letzterer,  falls  man  eine  seinerseits  began- 
gene Fälschung  erkennt,  der  Volkswuth  geojDfert.  Der 
Oganga  vermag  nämlich  das  Ordal  so  einzurichten,  dass 
es  in  einem  Falle  schadet,  im  andern  nicht;  er  kann 
auch  zugleich  Brechmittel  beibringen.  Persönliche 
Willkür,  Habsucht,  Rachgier  sind  auch  hier  wieder  die 
Triebfedern  seines  Handelns;  gewöhnlich  entscheidet  er 
zu  Gunsten  derjenigen  Partei,  die  ihm  am  meisten 
bietet. 

Cameron  spricht  ebenfalls  vom  M'ganga  oder  Medi- 
cinmann  der  Warna  (westlich  vom  Tanganyka).  Ein 
solclier  steckte  in  einem  weiten  Zeugrocke,  hatte  um 
den  Hals  eine  Schnur  von  Kürbisstücken,  Yogelschädeln 
und  roh  aus  Holz  geschnitzten  Figuren;  das  Haar 
wurde  von  einem  breiten,  mit  verscliiedenfarbigen  Perlen 
besetzten  Bande  zusammengehalten,  über  dem  ein  hoher 
Federbusch  wehte;  Gesicht,  Arme,  Hände  waren  mit 
Pfeifenthon  angeweisst;  von  seinem  Rücken  hing  ein 
Bündel  kegelförmiger  eiserner  Schellen  herab,  die  be- 
ständig klingelten,  während  er  mit  gespreizten  affectir- 
ten  Schritten  durch  das  Dorf  stolzirte.  Das  Gefolge 
bestand  aus  einer  Frau,  die  in  einem  ausgehöhlten  Kürbis 
seinen  Götzen  trug,  einer  zweiten  mit  seiner  Matte  zum 
Niedersitzen  und  aus  zwei  kleinen  Jungen  mit  seinen 
übrigen  Habseligkeiten.  Sowie  er  sich  sehen  Hess, 
stürzten  alle  Weiber  aus  ihren  Wohnungen  und  liefen 
zu  der  Teufelshütte   des   Dorfes,    vor  welcher  sie,  wie 


Lusliche  Einrichtungen 


tVikaner.     219 


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220  Drittes  Buch. 

es  schien,  Gebete  verrichteten,  indem  sie  den  Kopf  tief 
zur  Erde  neigten,  in  die  Hände  klatschten  und  selt- 
same nnartikulirte  Klagelaute  ausstiessen.  Bald  kamen 
aber  noch  ähnliche  Waganga,  ganz  ähnlich  ausstaffirt 
und  mit  ähnlichem  Gefolge,  dazu,  bis  ihrer  fünf  bei- 
sammen waren;  nun  veranstalteten  sie  einen  gemein- 
samen Umzug  und  hielten  dann  auf  einem  freien  Platze 
im  Dorfe  still.  Hier  breiteten  sie  ihre  Matten  aus, 
setzten  sich  in  einer  Reihe  darauf  nieder  und  holten 
ihre  Götzenbilder  und  Zaubergeräthe  hervor.  Die  Be- 
fragung der  Waganga  wurde  durch  die  Häuptlingsfrau 
eröffnet,  welche  ihnen  als  Opfergabe  ein  halbes  Dutzend 
Hühner  verehrte;  als  sie  sich  wieder  entfernte,  sah  sie 
sehr  beglückt  aus,  denn  der  oberste  Waganga  hatte 
ihr  die  Ehre  erwiesen,  ihr  ins  Gesicht  zu  speien  und 
ihr  einen  Thiergötzen  in  Form  einer  Kugel  als  Talis- 
man geschenkt;  diesen  trug  sie  eiligst  in  ihre  Hütte, 
um  den  Schatz  in  Sicherheit  zu  bringen.  Nun  erklärten 
sich  auch  die  Waganga  für  Anhörung  und  Beantwor- 
tung von  Fragen  aus  dem  Volk  zugänglich;  auf  einige 
gaben  sie  sofort  Bescheid,  andere  dagegen  machten 
ihnen  scheinbar  grosse  Schwierigkeiten,  deren  Lösung 
unter  vielerlei  Reden  und  Gesticuliren  gesucht  wurde. 
Bekannten  sie  aber  zuletzt,  selbst  keine  Antwort  finden 
zu  können,  so  mussten  die  Götter  befragt  werden  und 
nun  ertheilte  einer  der  Fetischpriester,  der  sich  aufs 
Bauchreden  verstand,  den  gewünschten  Bescheid,  wäh- 
rend die  armen  Betrogenen  des  Glaubens  waren,  der 
Götze  habe  gesprochen.  Je  reicher  die  Spende  des 
Fragenden  war,  desto  günstiger  lautete  die  Antwort, 
die  das  Orakel  gab.  Auf  diese  Weise  erzielten  die 
Waganga  im  ganzen  einen  ausserordentlich  befriedigen- 
den Ertrag  ihres  Wahrsagens,  ja  zwei  von  ihnen  hatten 
solches  Gefallen  daran  gefunden,  dass  sie  folgenden 
Tags  wieder  kamen,  aber  da  ging  das  Geschäft  flau,, 
wahrscheinlich  mochte  sich  das  Volk  nicht  alle  Tage  den 
Luxus  der  Orakelbefragung  gestatten  können. 

Die  Kimbunda  sind  nach  Magyar  Fetischdiener,  welche 


Häusliche  Einrichtungen  i  ior  Afrikaner.     *^2l 

uaiueutlich  Thiere  als  Sinnbilder  der  (iöttlichkeit  ver- 
ehren; sie  kennen  aber  auch  ein  höchstes  Wesen,  Suku- 
Wanange  (der  Name  erinnert  an  den  Waka  der  (iala, 
S.  2U'J),  welches  jedoch  an  dem  Schicksal  der  Menschen 
sehr  wenig  Antheil  nimmt.  Ausser  ihm  existiren  Kilulii- 
Sande  oder  gute  und  Kilulu-yangolo-apessere  oder  böse 
Geister.  Die  Seele  ist  unsterblich  und  kommt  nach 
dem  Tode  in  eine  unterirdische  Welt,  Kalunga,  wo  es 
Tag  ist,  wenn  es  oben  Nacht  ist  und  wo  es  lauter 
Sinnengenüsse  gibt.  Je  nachdem  ein  Lebender  gehan- 
delt hat,  wird  er  unter  die  guten  oder  die  bösen 
Geister  versetzt;  letztere  sind  zahlreicher  als  erstere 
und  quälen  die  Menschheit  entsetzlich.  Indessen  er- 
schreckt Suku-Wanange  von  Zeit  zu  Zeit  die  bösen 
Geister  mit  dem  Donner  und  schlägt  die  bösesten  zu- 
gleich mit  dem  Donnerkeile.  Man  bringt  den  bösen 
Geistern  häufige  Opfer  dar;  die  Vermittelung  mit  ihnen 
übernehmen  Hausgötzen,  deren  hölzerne  oder  thönerne 
Abbilder  in  der  Hauskapelle  aufgestellt  und  mit  Anti- 
lopenhörnern umpflanzt  werden :  diese  Hörner  sind  voll 
Kohle  und  Fett.  Man  entzündet  nun  dieses  Gemisch 
und  beräuchert  damit  sich  und  die  Götzenbilder;  letz- 
tern dürfen  sich  nur  der  Hausherr  und  der  Opferpriester 
oder  Kimbanda  nähern. 

Zu  Beginn  der  trockenen  und  der  Regenzeit  setzt 
man  öffentliche  Processionen  zu  Ehren  der  guten  Geister 
in,  Gang.  Man  verfertigt  eine  Zeugpuppe  in  Lebens - 
grosse  und  trägt  sie  unter  einem  Baldachin  mit  Musik 
und  mit  Gesang  von  Ort  zu  Ort;  festlich  gekleidete 
Männer  umtanzen  das  Idol  und  preisen  es  in  ihren  Gesängen. 
Die  den  Zug  begleitenden  Kimbanda  oder  Priester  aber 
betteln  Geld  von  den  Hausherren  zusammen.  Letztere 
hoffen  durch  solche  Gaben  die  Gunst  der  guten  Geister 
zu  gewinnen,  namentlich  in  ihren  Handelsunterneh- 
mungen. Gewöhnlich  opfert  man  Thiere,  Menschen 
nur  bei  der  Einsetzung  der  Fürsten  oder  bei  Regen- 
mangel.    Gottesgerichte  existiren  auch  hier. 

Ein  Theil  der  Fetische  der  West-  und  Inneraü'ikaner 


222 


Drittes  Buch. 


sind  Holzfiguren  in  stehender  oder  hockender  Stellung- 
mit  grotesk  ausgeschnitzten  Zügen  und  mancherlei 
phallischen  Attributen.  Sie  sind  schwarz,  weiss,  roth 
oder  bunt  bemalt,  mit  Haaren,  Federn,  Thierhörnern, 
Zähnen,  Schnecken,  Muscheln,  Spiegelstücken,  Perlen,, 
Zeuglappen  und  allem  nur  erdenklichen  andern  Kram 
phantastisch  aufgeputzt.  Es  fehlt  nicht  an  Rasseln,. 
Pauken,  Trommeln,  Schalmeien  und  sonstigen  Instru- 
menten zur  Erzeugung  der  etwa  wünschenswerthen 
Fetischmusik.    Man  baut  den  Fetischen  grössere  Tempel 


Fig.  90.    Fetische  von  Ruanda. 


oder  kleinere  Kapellen,  selbst  nur  offene  Schuppen; 
die  Ausschmückungsweise  dieser  heiligen,  manchmal  an 
den  malerischsten  Stellen  des  Waldes  angebrachten 
Behausungen  ist  überaus  mannichf altig,  grösstentheils 
sind  ihrer  viele  wunderlich  ausstaffirt.  Manche  Fetische 
begeben  sich  auf  Reisen,  um  gelegentlich  bei  Krank- 
heiten oder  dergleichen  consultirt  zu  werden.  So  z.  B. 
vollführt  der  bekannte  und  gefürchtete  Götze  Mangaka 
in  Kabinda  nach  Bastian  seine  derartigen  Kunstreisen 
in  einer  Tipoia  oder  Tragmatte.  Es  lässt  sich  keine 
Art  dos  unsinnigsten  Aberglaubens  und  des  Hokuspokus 


H.nsli.-Ii.'  KinrlcliinnLM'n  u.  -.  \v.  clor  Afrikaner.     223 


lii 


..  i  .  i.aolKlienste  nicht  platz- 
greifen sollte.  Sind  manche  der  Götzen  auch  harm- 
loserer Art,  so  gibt  es  leider  auch  solche,  die  an  Blut- 
durst dem  Hnitzilipochtli  der  Azteken  kaum  etwas 
nachgeben.  Leistet  der  Fetisch  übrigens  nicht  das  Er- 
wünschte, so  prügelt  man  ihn  wol,  beschimpft  ihn  sonst 
noch,  schmeisst  ihn  beiseite  und  macht  sich  einen 
andern    Götzen.     Das   Chrlstenthum    hat    gegen    diesen 


, .  -Jt  -.^%.- 


■^ifimS.., 


Fig.  Ol.    Fetiscbhatte  in  Lowale. 

finstern  und  fest  eingewurzelten  Aberglauben  erst  sehr 
weniges  zu  erringen  vermocht. 

Bei  den  A-Bantu  herrscht  nach  den  Angaben  ver- 
schiedener Reisender  gar  keine  Religion.  Merensky 
fühlt  nun  das  Bedürfniss,  diesen  Angaben  entgegen- 
zutreten, wie  mir  scheint  nicht  mit  Unrecht.  Die  Bet- 
chuana  glauben  an  Modimo,  Morimo  oder  Morinno, 
ein  höchstes  Wesen,  welches  die  Welt  erschaffen,  Leben 
und  Tod  gibt,  Glück  und  Wohl  spendet.  Man  wendet 
sich  nur  in  gewissen  Fällen  im  Anrufen  direct  an  Mo- 
dimo.    Dieser  Name   findet   sich  bereits  bei  dem  alten 


224  Drittes  Buch. 

portugiesischen  Schriftsteller  De  Barros,  wird  aber  auch 
von  den  heutigen  Zauberdoctoren  gebraucht,  d.  h.  von 
Leuten,  auf  welche  weisse  Ansiedler  und  Missionare 
erst  am  spätesten  Einfluss  erhielten.  Deshalb  hält  Me- 
rensky  nichts  von  einer  Uebertragung  des  Begriffs 
Modimo  durch  die  Weissen  und  Missionare,  Auch  die 
Amazulu,  Amaswazi  und  andere  Küstenstämme  sprechen 
von  einem  Itongo  oder  höchsten  Wesen;  die  Badimo 
und  Amatongo  wirken  auf  sie  als  Gö'tter  mit  über- 
menschlicher Kraft,  die  besonders  durch  Träume  Ein- 
fluss auf  die  Menschen  gewinnen.  Bei  den  Zulu  werden 
die  Geister  verstorbener  Häuptlinge  zu  Amatongo  oder 
Göttern;  sie  unterscheiden  vom  Itongo  noch  einen 
allerhöchsten  U'kulunkulu,  welcher  die  Menschen  aus 
dem  Moraste,  U'mchlanga,  erzeugte,  aus  dem  er  selber 
herstammt.  Chuboane  (der  Mosuto)  erschuf  die  Menschen 
aus  U'mchlaka,  Sumpfwasser.  Es  existiren  nun  mancher- 
lei kosmogenetische  Sagen  der  A-Bantu,  welche  aufzu- 
zählen hier  der  karge  Raum  verbietet.  Bei  den  Zulu 
spielen  die  Geister  der  Verstorbenen,  Amachlosi  oder 
Isiduta  mit.  Das  angebliche  Verhältniss  derselben  zu 
den  Schlangen  haben  wir  oben  (S.  216)  näher  er- 
örtert. Die  Badimo  oder  Elohim,  Geister,  Götter  der 
Basuto,  wohnen  auf  Bergen,  in  Höhlen,  an  abgelegenen 
Orten.  Die  Seelen  der  verstorbenen  Häuptlinge  werden 
als  Schutzgeister  der  Familie  und  selbst  des  Stammes 
betrachtet;  man  schlachtet  ihnen  Thiere  und  hält  es 
für  gut,  wenn  diese  bei  ihrer  Tödtung  recht  laut 
schreien.  Bei  den  Kaffern  thut  man  in  Krankheits- 
fällen Fleisch  und  Blut  eines  Opferthieres ,  z.  B.  eines 
Rindes,  in  eine  gut  gereinigte  Hütte,  verschliesst  diese 
nachts  und  gibt  so,  wie  man  wähnt,  den  Amachlosi 
Gelegenheit,  sich  durch  Beriechen  und  Belecken  des 
Fleisches  zu  laben;  dann  wird  das  letztere  vertheilt 
und  gegessen.  Die  Knochen  des  Opferthieres  werden 
bei  manchen  Stämmen  verbrannt.  Bei  den  Basuto 
oi)fert  man  nur  beim  Tode  von  Häuptlingen  dessen 
Vieh.     Bei  Unglücksfällen,    welche    das  Volk   oder  die 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     225 

königliche  Familie  treffen,  wird  ein  schwarzer  Ochse 
an  den  Gräbern  der  Häuptlinge  geschlachtet.  Die  Baga- 
nanoa  erzählten  von  solchen  alten  Ruhestätten,  an  denen 
man  durch  eine  (oben  gewöhnlich  verdeckte)  Oeflfnung 
Bier  als  Trankopfer  zum  Schädel  des  Todten  herab- 
laufen Hess.  Auch  die  Basuto  glauben  an  das  Ilerum- 
spuken  von  Seriti,  d.  h.  abgeschiedenen  Seelen.  Spuren 
von  Menschenopfern  zeigen  sich  nach  Merensky  in  der 
Geschichte  des  Zulukönigs  Tchaka  und  des  Bapedi- 
fürsten  Sekwati.  Ein  kleiner  Matabelestamm  betreibt 
die  Menschenopfer  noch  ganz  offenkundig  und  jagt 
die  dem  Polio  unterworfenen  Knaben  (S.  179)  durch 
den  Rauch  verbrannter  Geopferter  hindurch.  Der 
Häuptling  dieser  Barbaren  salbt  sich  den  Leib  mit 
Menschenfett  u.  s.  w.  Im  Basutolande  hat  man  heilige 
Berge,  Steine,  Quellen  und  Bäume.  Diesem  Volke  sind 
ferner  das  Krokodil  und  der  Ibis  (Harpiprion  Hage- 
dash)  heilig.  Wird  jemand  von  ersterm  gebissen,  so 
wird  er  ferner  für  unwürdig  erklärt,  in  der  Gemein- 
schaft des  Stammes  zu  verbleiben.  Der  Ibis  darf  deshalb 
nicht  getödtet  werden,  weil  sein  Tod  den  Regen  ver- 
treiben oder  verhindern  könnte.  Die  Kaffern  ver- 
schmähen in  ihrer  Kost  Fische,  Eier,  Hühner,  Raub- 
thiere,  Raubvögel  sowie  zahme  Schweine.  Der  Grund 
dafür  ist  nicht  bekannt.  Die  Gala,  Somal,  Djagga, 
Wakikuju,  Wakamba  undWataita  essen  weder  Vögel  noch 
deren  Eier,  auch  nicht  Hühner,  ferner  keine  Fische. 
Letztere  werden  nur  von  Küstenbewohnern,  von  Somal, 
Makua  und  Swazi  verspeist.  Unter  den  nördlichen 
Stämmen  sind  Talismane  jene  Wurzeln,  Knochen,  Zähne 
u.  s.  w.,  die  durch  das  Würfeln  des  Fetischmannes  für 
heilbringend  erklärt  werden.  Die  Bachalaka  verehren 
ein  Knollengewächs,  das  sich  auch  in  grosser  Dürre 
hält. 

Die  den  Waganga  der  nördlichem  Völker  ähnelnden 
Bantupriester  oder  Zauberdoctoren  bilden  eine  Klasse 
für  sich.  Bei  den  Kaffern  üben  sie  einen  grossen  Ein- 
fluss    auf    das   Volk    aus.      Es    gibt    auch    weibliche 

HABTMANir.  15 


226  Drittes  Buch. 

Zauberdoctoren;  sie  heilen  Krankheiten  von  Menschen 
und  Vieh,  machen  Diebe  und  Hexenmeister  ausfindig, 
treiben  Wahrsagerei,  Augurien  und  schaffen  Regen. 
Sie  putzen  sich  mit  Federn,  Haaren,  Knochen,  Zähnen, 
Hörnern,  Perlen,  lebenden  Schlangen  u.  s.  w.  nach 
echter  Ganga-Manier  sehr  abenteuerlich  heraus.  Die 
als  Hexenmeister  (Aba-Takati  oder  Ama-Tagati  der  Zulu) 
Erkannten,  häufig  völlig  harmlose,  unschuldige  Per- 
sonen, werden  auf  grausame  Weise  hingeschlachtet. 
Allerdings  gibt  es  auch  Leute,  die  ihren  Nebenmenschen 
durch  sympathische  Verrichtungen  und  durch  Gift  zu 
schaden  wähnen  oder  thatsächlich  zu  schaden  suchen, 
diese  werden  dann  auch  einmal  von  dem  über  sie  ver- 
hängten Spruche  in  gerechter  Weise  betroffen. 

Die  Doctoren  der  Basuto  oder  Njaka,  welche  nach  Ur- 
theil  der  Missionare  nicht  so  wild  und  agressiv  zu  verfah- 
ren scheinen  wie  diejenigen  der  Kaffern,  wahrsagen  mit 
Hülfe  von  Dickagare  oder  mit  aus  Fusswurzelknochen 
des  Rindes  bereiteten  Würfeln.  Die  Baloi  oder  Hexen- 
meister, welche  nachts  im  nackten  Zustande  umher- 
laufen und  angeblich  vielerlei  Bosheit  treiben,  wozu 
sie  sich  gezähmter  Paviane  bedienen  sollen,  sind  aucli 
unter  den  Betchuana  sehr  gefürchtet. 

Sehr  merkwürdig  zeigen  sich  die  übrigens  doch  so 
gering  entwickelten  religiösen  Vorstellungen  der  alten 
Hottentotten.  Ein  berühmter  Mann,  Heitsi-Eibib  oder 
Tsui-Coab,  d.  h.  Wundknie,  scheint  sich  bei  ihnen  in 
ähnlicher  Weise  Vergöttlichung  erworben  zu  haben  wie 
ein  grosser  Pharao,  ein  Sohn  der  Sonne,  bei  den 
Aegyptern  oder  wie  ein  Heroe,  ein  Halbgott,  bei  den 
Griechen.  Indessen  hatten  sie  auch  eine  dunkle  Vor- 
stellung vom  guten  Gunnia-Tiquoa  oder  Tuquua,  dem 
Gott  der  Götter,  dem  Schöpfer  aller  Dinge.  Daneben 
war  Tutuqua  der  Vertreter  des  Bösen.  Dem  Monde 
ward  von  ihnen ,  wie  auch  von  andern  afrikanischen 
Stämmen,  eine  gewisse  Verehrung  gezollt.  Ein  gerad- 
flügeliges  Insekt,  das  Weinhähnel  oder  die  Mantis, 
dt'ssen    derjenigen    einer    Betenden    ähnliche    Stellung 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     227 

einer  in  Südeuropa  gemeinen  Art  den  Beinamen  relU 
giosa  einbraclite,  war  den  Hottentotten  heilig.  Uebri- 
gens  hörte  dieses  Volk  auch  auf  seine  Medicinmänner 
oder  Zauberdoctoren  ganz  so  wie  andere  afrikanische 
Heiden.  Zur  Zeit  hat  das  Christenthum  den  grössten 
Theil  der  alten  abergläubischen  Ideen  bei  den  Hotten- 
totten verdrängt.  Hir  neueres  Wort  für  Gottheit, 
U'tixo,  ist  durch  sie  und  die  Missionare  auch  bei  den 
Kaffern  eingeführt  worden. 


'•'f/iei'uny  und  IStaatsverfasmng. 

Nominelle  Oberhäupter  der  afrikanischen  Moslimen 
sind  der  türkische  Sultan  und  der  Kaiser  von  Marokko. 
Das  wirkliche  Oberhaupt  von  Aegypten,  Tripolis  und 
Tunis  ist  der  Sultan  in  Konstantinopel.  Algier  ist 
französische  Colonie,  Marokko  ist  unabhängig.  In 
Aegypten  regiert  der  Khedive,  in  Tripolis  der  Pascha 
(arabisch  Bascha),  in  Tunis  der  Bei.  Aegypten  hat 
gegenwärtig  grosse  Erw^erbungen  im  Süden  gemacht 
und  das  Generalgouvernement  Beled- Sudan  um  das 
Land  Dar-Fur,  um  die  Schilluk-,  Denka-  und  Bari- 
Territorien  bis  zum  Belenian,  und  um  die  Berta-Länder 
bis  Fadassi,  erweitert.  Dieser  Staat  ist  ferner  auf 
bestem  Wege,  auch  die  bedeutendsten  der  paradiesi- 
schen äquatorialen  Seegebiete,  Unyoro  und  Uganda, 
zwar  allmählich,  aber  sicher  zu  annectiren.  Ausserdem 
gebietet  der  Khedive  jetzt  über  die  Küstenstädte  am 
Rothen  Meere:  seine  Anschläge  auf  Abyssinien  sind 
vorläufig  mislungen,  diejenigen  auf  Wadai  sind  nur 
vertagt.  Mit  den  Niam-Niam-  und  Monbuttu-Ländern 
wird  man  ebenfalls  fertig  zu  werden  suchen.  In 
Aegypten,  woselbst  die  Thronfolge  durch  Decret  des 
türkischen  Sultans  vom  Jahre  1866  eine  gründliche 
Aenderung  erfahren  hat,  ist  das  türkische  Staatsgesetz 
obligatorisch.  Das  Land  hat  einen  jährlichen  Tribut 
an    die   Pforte    zu    entrichten;    die     Steuern    werden    in 

L5* 


228  ■  Drittes  Buch. 

des  Padischah  Namen  eingetrieben  und  das  Geld  muss 
die  Tugra,  den  Namenszug  des  letztern  tragen.  Die 
sogenannte  Tanzimati-Cherieh  von  Gülkhaneh,  in  welcher 
die  alten  Grundgesetze  des  türkischen  Reichs  im  Sinne 
der  modernen  Weltanschauung  umgeändert  und  worin 
namentlich  das  Verhältniss  der  Moslimen  und  der  Nicht- 
moslimen  zueinander  geregelt  werden  sollte,  gilt  für 
Aegypten  sowol  als  auch  für  die  andern  Besitzungen 
der  Pforte  in  Afrika.  In  allen  diesen  Ländern  gelten 
der  Koran  und  die  Sunnehgesetze,  d.  h.  Commentare 
und  Interpretationen  desselben,  die  türkischen  Staats- 
grundgesetze, die  herkömmlichen  Staatseinrichtungen, 
sowie  die  von  den  Statthaltern  des  Sultans  erlassenen 
speciellen  Verfügungen  als  bindend.  Die  erwähnten 
herkömmlichen  Einrichtungen  tragen  in  den  Ländern 
Aegypten,  Tripolis  und  Tunis  einen  verschiedenartigen, 
in  Uebereinstimmung  mit  den  localen  Verhältnissen  be- 
findlichen Charakter.  Sind  wir  nun  auch  im  ganzen 
daran  gewöhnt,  diese  Staaten  gewissermassen  als  Pro- 
vinzen des  türkischen  Reichs  zu  betrachten,  so  geniessen 
dieselben  dennoch  eine  grosse  factische  Selbständigkeit 
und  es  geschehen  hier  Diuge,  die  nur  wenig  Einklang 
mit  den  Wünschen  und  Bestimmungen  der  Süzeränen 
Regierung  verrathen.  Wo  aber  in  den  türkisch- afrika- 
nischen Gebieten  den  von  den  Statthaltern  derselben 
abhängigen  Beamten  und  Vasallenfürsten  das  Recht 
über  Leben  und  Tod  nicht  unmittelbar  zusteht,  wird 
dies  dennoch  von  ihnen  häufig  ohne  weiteres  factisch 
in  Anspruch  genommen  oder  mit  Zuhülfenahme  von 
heimlicher  Gewaltthätigkeit  und  von  ränkevoller  Be- 
schönigung oder  Verclausulirung  ausgeübt.  So  sollte 
z.  B.  in  den  Jahren  1859  und  1860  im  ägyptischen 
Sudan  kein  Todesurtheil  ohne  ausdrückliche  Genehmi- 
gung des  ägyptischen  Statthalters  zu  Kairo  ausgesprochen 
und  vollzogen  werden.  Wer  aber  kehrte  sich  daran? 
Der  Bei  in  Chartum  liess  ebenso  gut  köpfen  wie  die 
Beiß  in  Taka  und  in  Kordufan;  der  Grossschekh  der 
Schukriü   tödtete    so    gut   wie    derjenige   der    Abu-Rof 


Häusliche  Einrichtungen  u.    .  w.  der  Afrikaner.    229 

oder  der  Melik  (König)  der  Funje.  Ein  jeder  im  Süden 
commandirende  ägyptische  Major  oder  Hauptmann  ver- 
fuhr in  gleicher  Weise.  Von  einer  Berufung  an  höhere 
Instanzen  war  hier  in  solchen  Fällen  keine  Rede;  es 
scheint  '  '  auch  jetzt  noch  nicht  besser  geworden 
zu  seil  . 

Die  unal  ,.:_'! L'en  inoslimischen  Fürsten  verfahren 
als  unumschränkte  Herrscher;  sie  haben  ein  jeder  ihren 
Wekil  oder  Wesir,  auch  wol  deren  mehrere,  sie  hören 
den  Rath  weltliclier  oder  geistlicher  Honoratioren;  trotz- 
dem aber  findet  eine  Beschränkung  ihres  Despotismus 
durch  jene  Berather,  die  ja  nur  Werkzeuge  und  officielle 
Bestätiger  der  fürstlichen  Willkür  sind  und  nur  selten 
hemmend  einzugreifen  wagen,  so  gut  wie  niemals  statt. 
Auch  der  Medjlis  oder  Rath,  der  hier  und  da  für  po- 
litische, für  Handelszwecke  u.  s.  w.  aus  Beamten  allein 
oder  aus  diesen  und  aus  andern  Notabein  zusammen- 
benifen  wird,  bleibt  meist  ohne  Einfluss,  hat  vielmehr 
in  den  allerhäufigsten  Fällen  nur  eine  Prüfung  vorge- 
legter Fragen  zu  vollziehen.  Nur  sehr  wenige  erleuch- 
tetere unter  den  Despoten  hören  einmal  auf  guten  Rath. 
Die  den  Aegyptern  tributpflichtigen  Grossschekhs  der 
Bedja,  Furaua  und  Funje,  welche  nicht,  wie  die  nubi- 
schen  Berabra,  direct  unter  ihren  Nassiren,  Mamuren, 
Mudiren  u.  s.  w.  stehen,  üben  zwar  eine  ziemlich  weit- 
gehende Herrschaft  über  ihre  Unterthanen  aus,  sind 
aber  doch  am  Ende  ihrer  Obliegenheiten,  unter  anderm 
für  Anstiftung  von  Krieg  und  Frieden,  den  nächsten 
Statthaltereibehörden  verantwortlich.  Hire  Wekile  sind 
nicht  nur  Stellvertreter,  sondern  auch  hauptsächliche 
Commissionäre,  denen  noch  eine  Anzahl  anderer  Offi- 
cianten,  als  Marktschekhs,  Befehlshaber  der  Kriegsmacht, 
Sklavenaufseher,  Eunuchen,  als  Obmänner  der  bei  ihnen 
lebenden  Fremden,  als  untergeordnete  Districtschefs 
u.  s.  w.  unterstehen.  Recht  wüst  sieht  es  noch  in  den 
neu  unterworfenen  Gebieten  der  Schilluk,  Denka  und 
Bari  aus,  in  denen  die  Reste  einer  überkommenen 
volksthümlichen  Häuptlingschaft  unter   der  temporären 


230  Drittes  Buch. 

Aufsicht  ägyptischer  Oberbehörden    eine    nur   schwäch- 
liche Wirksamkeit  ausüben. 

In  Uganda  bildet  nach  Stanley  den  grössten  Theil 
des  Volks  der  Bauer,  Kopi,  von  dessen  einfältig-idylli- 
schem Leben  unser  grosser  Reisender  ein  so  überaus 
anziehendes  Bild  entwirft.  Ueber  dem  Kopi  stehen 
die  Vornehmen,  das  sind  zunächst  die  Wakungu,  dann 
die  Watongoleh  oder  Häuptlinge  zweiten  Ranges.  Die 
höchste  Stellung  nimmt  der  Katekiro  oder  oberste 
Minister  ein.  Stanley  sah  Mtesa  circa  250,000  Soldaten 
unter  Ki  Wakungu  oder  Generalen  und  154  Waton- 
goleh oder  Obersten  gegen  die  Wawuma  ins  Feld  füh- 
ren. Mtesa,  der  Kabaka,  d.  h.  Kaiser,  der  Oberherr 
über  verschiedene,  weite  Gebiete  regierende  Könige  ist, 
hat  ausser  seinen  Weibern  noch  Haushofmeister,  Pagen, 
Boten,  Musikanten  und  —  Scharfrichter  um  sich.  Long- 
Bei  entwirft  von  der  Thätigkeit  der  letztern,  der  lang- 
bärtigen, wildblickenden  Marsala,  ein  gar  düsteres  Bild. 
Sie  vollführten,  phantastisch  gekleidet,  vor  den  Augen 
und  zur  Ehre  jenes  dem  Khedive  dienenden  Amerika- 
ners blutige  Menschenopfer.  Letztere  scheinen  zur 
Zeit  Stanley's  (1875)  bereits  abgekommen  zu  sein. 
Mtesa  und  sein  Hof  waren  nämlich  Moslimen  geworden 
und  hatten  ihre  Sitten  denn  doch  in  etwas  gemildert. 
Trotz  dieser  Religionsänderung  blieben  die  Wanganda- 
häuptlinge  halbe  Heiden,  sie  gingen  bunt  bemalt  zur 
Schlacht  und  folgten  ihren  Zauberern.  Amin-Bei  (Dr. 
Schnitzler  aus  Neisse  ?)  äussert  sich  im  vorigen  Jahre 
wieder  tadelnd  über  die  Sittenrohheit  des  despotischen 
Mtesa,  den  Stanley  zum  Christen  gemacht  zu  haben 
glaubte.  Wie  nun  der  Kabaka  hart  und  gewaltthätig 
verfährt,  wenn  er  Land  und  Würde  seiner  in  Ungnade 
gefallenen  Wakungu  von  den  in  seiner  Gunst  gestie- 
genen Höflingen  aufzehren,  d.  h.  in  Besitz  nehmen,  und 
wie  er  selbst  den  Namen  der  alsdann  seiner  Rache 
Geopferten  von  den  designirten  Nachfolgern  adoptiren 
läset,  schildert  Stanley  in  höchst  drastischer  Weise. 
Wie   lange  dürfte  es  aber  noch  dauern  und  der  gross- 


H&osliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  tler  Afrikaner.     231 

mächtige,  überniüthige  Kabaka  bettelt  als  geduldeter 
Grossschckli  der  Waganda  vor  dem  Di  van  zu  Kas-el- 
Tin  um  die  Gunst  seiner  Meister  und  blickt  scheu  ver- 
MTUidert  auf  die  Parade  der  schwarzen  Garden  an  den 
Kasernen  Kassr-el-Nil  oder  Kassr-el-Ali,  die  ihn  und 
seine  Hunderttausende  mit  ihren  Hinterladern,  mit  ihren 
Ki'upj)s  niedergeworfen  hatten.  Wenn  erst  einmal 
bessere  Wirthschaft  in  Kairo  eingeführt  sein  sollte,  so 
dürften  wir  uns  aus  menschlichen  Rücksicliten  wol  dar- 
über freuen,  eine  derartige  Vision  in  ^in  Bild  der  Wirk- 
lichkeit umgewandelt  zu  sehen. 

Bei  den  Schilluk  herrschte  bis  zu  dem  Zeitpunkte, 
in  welchem  nach  den  einleitenden  Grosstliaten  des  nicht 
officiellen  Banditen  Mohammed-Cher,  der  officielle  Kurde 
Ali-Bei  das  Land  jener  Schwarzen  der  kairoiner  Re- 
gierung definitiv  unterwarf,  ein  König  über  die  ganze 
sehr  individuenreiche  Nation.  Derselbe  residirte  zu 
Denab  am  Weissen  Nil,  nach  Pruyssenaere  in  einem 
besondern  Weiler,  welcher  aus  den  Togule  seiner  Weiber, 
Kinder  und  Sklaven  bestand;  er  verliess  denselben  nie- 
mals, um  sich  seinem  Volke  zu  zeigen.  Er  bemalte 
sich  nicht,  trug  an  Armen  und  Beinen  silberne  und 
goldene  Ringe,  auf  der  Brust  aber  Perlenschmuck  und 
hielt  stets  eine  oder  zwei  Lanzen  in  der  Hand.  Er 
hatte  in  seinem  Weiler  ungefähr  150  seiner  Söhne  und 
ebenso  viel  Sklaven,  alle  bewaffnet,  die  für  seine  Sicher- 
heit zu  wachen  hatten.  Die  Söhne,  die  noch  zu  jung 
waren,  um  die  Waffen  tragen  zu  können,  wurden  ausser- 
halb des  königlichen  Dorfes  erzogen.  Der  Fürst  hatte 
auswärts  noch  eine  bedeutende  Anzahl  Sklaven  als 
Hüter  seiner  Heerden.  Alle  Tage  zeigte  er  sich  von 
fern  den  bedeutendsten  Häuptlingen,  die  ihn,  in  re- 
spectvoUer  Stellung  niedergekauert,  betrachteten.  Er 
empfing  gern  den  Besuch  der  fremden  Bedja  und  Be- 
rabra,  einerlei,  ob  ansässig  oder  nur  vorbeireisend, 
weil  sie  ihm  ein  Geschenk  gaben,  das  dann  erwidert 
wurde.  Weisse  zu  empfangen  verweigerte  er  früher 
(J859)  noch   hartnäckig.      Seine  Einkünfte    waren    die 


232  Drittes  Buch. 

Sendungen  gewisser  Mengen  von  Durra,  die  ihm  die 
ackerbauenden  Dörfer  lieferten,  ferner  zwei  Drittel  alles 
Elfenbeins,  welches  seine  Unterthanen  auf  der  Jagd 
erbeuteten.  Wer  einen  Elefanten  tödtete,  musste  dem 
König  die  beiden  Zähne  bringen,  der  dem  Jäger  ein 
Drittel  des  Elfenbeins  oder  dessen  Werth  gab.  Der 
König  erhielt  ferner  sämmtlichen  Moschus  der  erlegten 
Krokodile,  sowie  den  Schwanz  von  allen  getödten 
Giraffen;  letzterer  Gegenstand  hatte  nämlich  als  Schmuck 
bei  den  Schwarzen  einen  grossen  Handelswerth.  Wer 
unerlaubten  Umgang  mit  einem  jungen  Mädchen  pflegte, 
musste  Strafe  an  ihn  zahlen.  Endlich  erhielt  er  noch 
Geschenke  von  denjenigen  Händlern,  die  freie  Erlaub- 
niss  für  ihre  Geschäfte  haben  wollten.  Der  König 
hatte  drei  Minister  um  sich,  wovon  der  eine  die,  übri- 
gens seltenen,  Kriegszüge  befehligte,  an  denen  jedoch 
das  Oberhaupt  niemals  persönlich  sich  betheiligte. 
Derselbe  ernannte  ausserdem  in  jedem  Dorfe  einen  oder 
zwei  höhere  Häuptlinge,  die  unter  sich  wieder  andere 
von  geringem!  Rang  hatten.  Im  allgemeinen  wurde 
die  Regelmässigkeit  und  Gerechtigkeit  der  Verwaltung 
sehr  gelobt.  Die  Aegypter  haben  nun,  wie  schon 
angedeutet  worden,  den  letzten  alten  Schillukkönig 
Katkor  beseitigt,  ihn,  wie  schon  so  manchen  Nigritier- 
fürsten  des  Sudan,  mediatisirt  und  ein  Regiment  ein- 
geführt, welchem  die  oben  geschilderte  Regelmässigkeit 
und  Gerechtigkeit  der  altnationalen  Verwaltung  nach- 
zurühmen, auch  dem  servilsten  Partisan  des  jetzigen 
Divan  mislingen  dürfte. 

In  Darfur  hatte  die  alte,  aus  dem  kriegerischen 
Stamme  der  Gondjara  hervorgegangene  Dynastie  durch 
Generationen  mit  einer  Art  patriarchalischer  Strenge, 
mit  einem  gemilderten  Despotismus  regiert.  Die  Ver- 
waltung des  Landes  war  einfach.  Der  Sultan  hielt  im 
Fascher  zu  Tendelty  Hof,  in  einem  umzäunten  Hütten- 
complex,  welcher  in  seiner  ganzen  Anordnung  etwa  den 
U'nkundjlowes  der.  Zulukönige  entsprach.  Ausserdem 
war    das   volkreichere    Kobbe   die   Hauptverkehrsstadt, 


IlHosliche  Einrichtunjren  u.  s.  w.  der  Afrikaner.    233  t 

in  welcher  der  Handel  getrieben  >viirdc  und  wohin  sich 
die  fremden  Karavanen  bewegten. 

Im  Nachbarstaate  Wadai,  der  neben  zahlreichen  ein- 
gewanderten, nomadisirenden  Bedjastämmen  auch  viele 
nicrritische"  Tribus  und  ausserdem  noch  wenig  dunkel 
gefärbte  Leute  enthält,  deren  anthropologische  Eigen- 
thümlichkeiten  bisjetzt  so  gut  wie  unbekannt  sind, 
herrscht  der  Sultan  ebenfalls  in  einer  umzäunten  Resi- 
denz zu  Wara.  Hier  wie  in  Darfur  und  in  den  West- 
staaten wird  zwar  despotisch,  übrigens  aber  ganz  nach 
den  Gesetzen  des  Islam  regiert.  Der  jedesmalige  Sul- 
tan in  diesen  Gebieten  hat  eine  Anzahl  Würdenträger 
unter  sich,  deren  Aemter  sich  theils  aus  den  in  alt- 
islamitischen Staaten  eingeführten  herleiten  lassen,  theils 
aber  auf  urthümlichem  afrikanischem  Boden  entstanden 
sind.  Uebrigens  gehen  im  Westen  Sudans  noch  immer 
grosse  politische  Gärungen  vor  sich,  wie  das  z.  B.  die 
Vorgänge  zu  Timbuktu,  Hamdallahi  und  Sansandi  be- 
weisen, wo  selbst  in  unsern  Tagen  mehrere  Völker- 
stämme, wie  die  berberischen  Kunta,  die  Fulbe,  Bam- 
bara  u.  s.  w.  um  die  Oberherrlichkeit  rangen.  Um  nun 
einen  Begriff  von  dem  Hofleben  in  einem  der  central- 
sudanischen  (dem  Islam  huldigenden)  Staaten  zu  geben, 
wählen  wir  das  gerade  von  deutschen  Reisenden  mehr- 
fach besuchte  Bornu.  Hier  herrscht  jetzt  die  Dynastie 
der  Kanemin,  welche  aus  den  Haushofmeistern  der 
vorigen  oder  Saefua-Dynastie  hervorgegangen  ist.  Der 
Sultan  oder  Mai,  gegenwärtig  der  vielgenannte  und 
vielgefeierte  Omar-el-Kanemi,  ist  unumschränkter  Ge- 
bieter. Seine  Hauptbeamten  sind  der  Digma  oder  erste 
Minister,  der  die  innern  Angelegenheiten  besorgt,  ferner 
der  Mala  oder  Schatzmeister,  der  Jurama  oder  Oberste 
der  Eunuchen,  der  Mistrema  oder  Aufseher  über  die 
Weiber,  der  Sintalma  oder  Obermundschenk,  der  Mainta 
oder  Hofküchenmeister,  der  Marma-Kullobe  oder  Auf- 
seher über  die  Sklaven  (des  Mai).  Unter  dem  Digma 
stehen  der  Siggibada  oder  Ministerialdirector  und  der 
Ardjinoma    oder    Geheimsecretär.      Der    Fugoma    oder 


234  Drittes  Buch. 

oberste  Scharfrichter  ist  Stadtcommandant  von  Ngornu, 
der  Kasahna  oder  Kadjelma  ist  Stadtcommandant  von 
Jo.  Der  Mai  hält  alle  Morgen  Rathsversammlung 
(Xokna)  ab,  zu  welcher  seine  Brüder,  die  hohen  Be- 
amten und  die  Kognaua  oder  Hofräthe  berufen  werden. 
Der  Thronfolger  (seinerzeit  des  Mai  ältester  Sohn) 
wird  gewöhnlich  Tschiroma  oder  Yerima  genannt.  Der 
Sohn  der  ältesten  Schwester  des  Sultans  heisst  Kabis - 
kema.  Wie  an  den  alten  Höfen  von  Für  und  Bagirmi 
stehen  auch  hier  die  Eunuchen  (Adim)  in  hohem  An- 
sehen; sie  avanciren  sogar  zuweilen  zu  Staatsmännern 
und  Truppenführern. 

Die  Sande  oder  Niam-Niam  stehen  nach  Schweinfurth 
unter  verschiedenen  unabhängigen  Fürsten,  die  Bjen 
heissen  und  eine  vollkommene  Autorität  ausüben;  sie 
versammeln  die  Heereskräfte  ihres  Landes  um  sich, 
erklären  Krieg,  schliessen  Frieden,  erheben  von  der 
gemeinschaftlichen  Jagdbeute  die  Hälfte  des  Fleisches 
als  Abgabe  und  monopolisiren,  wie  so  viele  nigritische 
Fürsten,  das  Elfenbein.  In  einigen  westlichen  Gebieten 
bestehen  die  Abgaben  auch  zum  Theil  in  Sklaven. 
Den  persönlichen  Bedarf  an  Feldfrüchten  gewinnt  der 
Bjen  selbst  aus  seinen  Ländereien,  die  er  durch  Sklaven 
und  sogar  durch  seine  Weiber  bebauen  lässt.  Jeder 
dieser  Fürsten  gebietet  über  eine  Art  Leibgarde.  Unser 
Reisender  rühmt  die  stolze,  selbstbewusste  Haltung 
und  die  vornehme  Tournure  dieser  übrigens  alles  könig- 
lichen Prunkes  entbehrenden  Fürsten.  Sie  sind  die 
eigenhändigen  Vollstrecker  der  von  ihnen  gefällten 
Todesurtheile.  Manche  sollen  an  Wuthanfällen  leiden, 
dergleichen  auch  absichtlich  erkünsteln,  aus  derVolksmasse 
beliebige  Opfer  auswählen  und  dieselben  abschlachten, 
um  dadurch  der  Menge  Schrecken  einzuflössen,  Respect 
vor  ihrer  Macht  über  Leben  und  Tod  beizubringen. 
Es  erinnert  dies  schon  stark  an  die  brutalen  Herrscher- 
gelüste der  guinecnsischen  Könige  von  Dahome,  Aschanti, 
Benin  u.  s.  w. 

In  vorzüglicher  Weise  schildert  uns  derselbe  hervor- 


Hiueliche  Einrichtungen  u.  s.  \v.  clor  Afrikaner.     235 

ragende  Forscher  die  rohe  Pracht  am  Hoflager  des 
Monbuttukönigs.  Der  damalige,  Munsa,  welcher  Schwein- 
furth  und  stine  Hegleiter  freundlich  aufnahm  und  der 
1870  in  ehrenvollem  Kampfe  gegen  den  ägyptischen 
Räuber  (lattas  gefallen  ist,  monopolisirte  nicht  allein 
das  Elfenbein,  sondern  erhob  auch  Steuern  an  Feld- 
früchten. Er  hatte  ausser  seiner  Leibgarde  auch  sonst 
noch  Trabanten  um  sich;  unter  ihm  fungirten  eine 
grosse  Zahl  Beamter  und  Ortsvorsteher.  Unter  den 
vielen  leiblichen  Hrüdern  wurden  die  Unterhäuptlinge 
gewählt  und  fünf  vornehme  Reichsbeamte  bildeten  eine 
ganz  besondere  hochstehende  Behörde;  da  waren:  1) 
der  Intendant  über  die  Waffen,  2)  derjenige  über  die 
Ceremonien  und  Feste,  3)  der  Speisemeister  des  könig- 
lichen Hofhalts  und  erste  Magazinier,  4)  der  Haus- 
meister über  alle  königlichen  Frauen,  5)  der  Dolmetsch 
im  Verkehre  mit  den  Fremden  und  benachbarten  Herr- 
schern. Gross  war  die  Zahl  der  Frauen  Munsa's;  nach 
Landessitte  erbte  letzterer  nämlich  die  von  seinem 
Vorgänger  hinterlassenen  Weiber  und  nahm  selber  noch 
sehr  viele  dazu.  So  oft  er  nachts  seine  Privatwohnung 
verliess,  um  den  Frauen  Besuche  abzustatten,  erscholl 
der  laute  Jubel  seiner  Trabanten  mit  Pauken  und  Hör- 
nern. Er  verfügte  ül)er  eine  ganze  Anzahl  von  Horn- 
bläsern und  Trompetern,  Eunuchen,  Festordnern  und 
Spassmachern,  Bänkelsängern  und  Tänzern,  die  bei 
festlichen  Versammlungen  zur  allgemeinen  Kurzweil 
dienten  und  den  Glanz  seines  Hofes  vermehrten.  Mun- 
sa's Privatbehausung  bestand  aus  einer  Gruppe  ver- 
schieden grosser  Hütten  (S.  101),  deren  jede  einer  seiner 
täglichen  Verrichtungen  gewidmet  war.  Das  Ganze  war 
gleich  einer  Zeriba  mit  Palissaden  umzogen  und  mit 
schattigen  Bäumen  bepflanzt.  Stets  musste  eine  der 
Frauen,  zu  bestimmten  Zeiten  mit  den  andern  abwech- 
selnd, die  Küche  des  Königs  besorgen.  Letzterer 
pflegte  für  sich  allein  zu  speisen;  niemand  durfte  den 
Inhalt  seiner  Schüssel  in  Augenschein  nehmen;  alles 
was  er  übrig  Hess,  wurde  vergraben.     Was  er  berührt 


236  Drittes  Buch. 

hatte,  wurde  als  Heiligthum  angesehen;  von  dem  vor 
seinem  Sitze  brennenden  Feuer  durfte  nicht  eine  Kohle 
genommen  werden,  um  eine  Pfeife  daran  anzuzünden; 
Vergehen  wider  solchen  Usus  galten  durchaus  als  todes- 
würdig. Schweinfurth  nahm  die  Einrichtung  der  könig- 
lichen Gemächer  in  Augenschein;  die  Garderobe  Munsa's 
beanspruchte  allein  mehrere  derselben;  in  dem  einen 
befanden  sich  die  Federmützen,  in  einem  andern  Bündel 
von  Schwänzen  der  Zibeth-  und  Genetkatzen,  der  Pin- 
selohrschwein- und  Giraffenschwänze,  Schnüre  von  Zäh- 
nen erbeuteter  Löwen  und  anderer  Thiere.  Auch  zeigte 
sich  hier  der  königliche,  wie  bei  den  besser  situirten 
Orientalen  spaltförmig  eingerichtete  Abort,  ein  Institut, 
welches  gegenüber  der  Unanständigkeit  der  gemeinen 
Aegypter,  Nubier  und  heidnischen  Nigritier  einen  An- 
strich hoher  Civilisation  darbot.  In  den  Rüstkammern 
Munsa's  starrte  es  von  Waffenvorräthen;  Bündel  von 
je  2 — 300  Lanzen  dienten  in  Kriegsfällen  zur  Ver- 
theilung  an  die  Mannschaften  des  Heerbannes ;  es  lagen 
da  Haufen  von  den  sonderbar  geformten,  bei  diesem 
Volke  üblichen  Säbeln;  ferner  sah  man  Luxuswaffen, 
die  zur  Ausstellung  in  den  königlichen  Hallen  bei  Festen 
dienten:  mächtige  in  Blatt  und  Schaft  aus  reinem 
Kupfer  geschmiedete,  blank  polirte  Lanzen.  Die  Vor- 
rathskammern  und  Kornmagazine  befanden  sich  unter 
wohlgezimmerten  und  regendichten  Dächern.  In  den 
verschiedenen  Abtheilungen  derselben  verbrachte  Munsa 
einen  Theil  seiner,  den  öffentlichen  Geschäften  gewid- 
meten Tageszeit,  wobei  er  die  Eintheilung  und  Anord- 
nung der  Vorräthe  selbst  überwachte. 

Wie  es  jetzt  am  Monbuttuhofe  aussieht,  ist  mir 
unbekannt.  Jedenfalls  ersieht  man  aus  Schweinfurth's 
auf  Munsa  bezüglichen  Mittheilungen,  dass  sich  in  die- 
sem merkwürdigen  Lande  hinlängliche  Anklänge  an  die 
Zustände  in  Innersudan  und  den  grossen  Nigritier- 
Btaaten  vorfinden.  Schweinfurth  selbst  bemerkt,  dass 
das  Reich  des  bis  vor  kurzem  halbmythischen  Muata 
Yamvo,    dessen   Einfluss    sich    bis    auf  die   Monbuttu- 


Häusliche  Eiurichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     237 

läoder  erstreckt  zu  haben  scheint,  für  die  Einrichtungen 
in  den  letztern  in  gewisser  Hinsicht  vorhildlich  gewesen 
sein  dürfte.  Ueber  den  Muata  Yamvo  begebe  ich 
mich  hier  des  Urtheils,  indem  Dr.  Pogge's  eigene  Auf- 
zeichnungen über  das  Treiben  jenes  grössten  Balonda- 
fürsten  noch  nicht  veröffentlicht  worden  sind.  Dagegen 
liegen  über  den  Hofhalt  eines  Unterkimigs,  des  soge- 
nannten Muata  Kazembe,  die  interessanten  Schilde- 
rungen der  Portugiesen  Majore  Monteiro  und  Gamitto 
vor.  Der  damalige  Muata  Kazembe  Kireka,  welcher 
1^31  als  der  Mambo  oder  sechste  seiner  Dynastie  in 
seiner  Mussumba  (Hauptstadt)  Lunda  residirte  und 
dessen  Abbildung  mich  lebhaft  an  diejenige  von  Munsa 
(Fig.  11)  erinnert,  entfaltete  ganz  jenen  rohen  Pomp, 
den  wir  bei  grossen  innerafrikanischen  Häuptlingen 
überhaupt  zu  beobachten  gewohnt  sind.  Er  hatte  um 
sich  Weiber,  deren  Dienerinnen,  Kilolos  oder  höhere, 
Vambires  oder  niederere  Würdenträger,  Spielleute,  Hof- 
narren, Krieger  u.  s.  w.  Den  obersten  Kilolos  gehören 
der  Thronfolger  und  die  andern  Verwandten  des  Mambo, 
der  Käzembe-Ampata  oder  Obercommandant  des  Heeres 
und  der  Fumo-Ansewa  oder  Oberwegemeister  an.  Nied- 
riger als  diese  stehen  diejenigen  Fumos  oder  Beamten, 
welche  den  Schmuck  des  Mambo  bewahren,  ferner  die 
Musikanten,  der  Hof-  und  Landbaumeister.  Der  Ka- 
kata  ist  Generalpolizeidirector;  seine  Untergebenen, 
die  Katas  oder  Polizeileute,  tragen  das  Pokue  oder 
kurze  Schwert  und  einen  Strick  als  amtliche  Abzeichen. 
Unter  dem  Kakata  steht  ferner  der  Katamata  oder 
Scharfrichter.  Jede  Strasse  hat  ihren  Muhine  oder 
Bagatellrichter,  welcher  als  Abzeichen  eine  kurze,  lang- 
gestielte Hacke  führt.  Das  Volk  bilden  die  Muizas 
(M'wizas).  Kilolos  und  Muizas  sind  Hörige  des  Mambo. 
Livingstone  fand  die  Nachfolger  Kireka's  (im  Jahre 
1868)  recht  heruntergekommen 

Magyar  führt  uns  nach  Kombala-n'Bihe  zur  ver- 
palissadirten  Residenz  des  Soba  oder  Kimbunda-Herr- 
schers   Kajaja-Kajangola,   des   „wüthenden  Löwen"  von 


238  Drittes  Buch. 

Bihe.  Die  Schilderung  auch  dieses  Hoflagers  erinnert 
uns  sehr  lebhaft  an  die  über  die  sudanischen  und  cen- 
tralafrikanischen  Fürstensitze  gegebenen  Daten.  Die 
Kimbundastämme  gehören  zu  den  ßalonda,  welche  die- 
selbe Sprache  —  das  Bunda  —  [(Ki-m'ßunda)  reden. 
Bei  der  Einsetzung  der  Fürsten  finden  hier  Menschen- 
opfer und  kannibalische  Gastmähler  statt.  Man  wählt 
die  Opfer  aus  der  Zahl  der  Kriegsgefangenen  Es  exi- 
stiren  zwei  verschiedene  Adelsklassen,  die  erste  der 
Erombe  ya  Soma  aus  fürstlichen  Personen  und  die 
zweite  der  Erombe  ya  Sekula  aus  den  Volksältesten 
bestehend;  die  erste  Klasse  bildet  einen  Erb-  die  zweite 
einen  Wahladel.  Aus  ersterer  gehen  die  Anführer  des 
Heeres,  Soma-n'-Ukan-Djamba,  sowie  die  ersten  Rath- 
geber  und  sonstigen  Beamten  des  Fürsten  (Soba)  her- 
vor. Der  zu  Magyar's  Zeit  regierende  Soba  hatte  das 
Wahlrecht  des  Volks  an  sich  gerissen  und  erhebt  nach 
Willkür  seine  Günstlinge  zu  Sekulas.  Uebrigens  ragt 
letztere  Klasse  durch  Reichthum,  Besitz  an  Land  und 
Vieh  hervor;  sie  vertheidig  das  Volk  gegen  den 
Fürsten  und  dessen  Herrscherwillkür,  auch  gegen  dessen 
kriegerischen  Anhang;  selbige  findet  daher  im  Lande 
Liebe  und  Achtung.  Obgleich  nicht  gegen  die  Gewalt- 
thätigkeit  des  Soba  und  der  ersten  Adelsklasse  ge- 
schützt, besitzt  sie  doch  ein  gewisses  Unabhängig- 
keitsgefühl  und  ahndet  zuweilen  Misbräuche  der  Sobas, 
die  meist  eines  gewaltsamen  Todes  sterben.  Jeder  er- 
wachsene, waffenfähige,  freie  Mann  ist  Herr  über  seine 
Person,  seine  Familie  und  seinen  Besitz.  Die  zu  einem 
Dorfe  oder  Kreise  gehörenden  Familienhäupter  schliessen 
sich  zu  wechselseitigem  Schutz  und  Trutz  eng  aneinander. 
Beschützung  des  persönlichen  Eigenthums,  sowie  Ab- 
wehr und  Bestrafung  von  persönlichen  Beleidigungen 
sind  eine  Privatangelegenheit  der  betreifenden  Familien- 
häupter  und  deren  Angehörigen.  Vor  die  Gemeinde 
kommen  nur  Dinge,  welche  die  Gesammtheit  derselben 
betreffen.  Die  Soldaten  gehen  aus  der  allgemeinen 
Wehrpflicht  hervor.    Die  Kimbanda  sind  Priester,  Wahr- 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  iler  Afrikaner.     239 

sager,  Aerzte  und  Richter.  Sie  stehen  in  gutem  An- 
sehen und  verfahren  ganz  nach  Art  der  andern  afrika- 
nischen Zauher-  und  Fetischpriester. 

Guinea  ist  nur  zum  Theil  das  Gebiet  grosser  Fürsten- 
höfe. Die  Regierungen  haben  hier  meist  einen  mon- 
archisch-feudalen Charakter;  es  ist  letzterer  häufig 
ein  Ergebniss  ihrer  Entstehung  durch  siegreiche  Kriege. 
Erobernde  Oberfeldherreu  machten  sich  zu  Königen;  aus 
ihren  ünterfeldherren  gingen  die  Adeligen,  aus  den  Sol- 
daten und  aus  den  Unterworfenen  ging  das  Volk  hervor. 
Einen  soliden  Glanz  sehen  wir  in  Aschanti,  dessen  unter- 
nehmende Dynastie  sich  von  den  ihr  durch  die  Eng- 
länder beigebrachten  Schlägen  allmählich  zu  erholen 
scheint.  Hier  wurde  der  Staat  von  Say  Tutu,  einem 
siegreichen  Krieger,  gegründet.  Der  König  und  vier 
Nachkommen  derjenigen  Cabocirs  (vom  portugiesischen 
Cabeceira,  der  Vornehmste,  Familienhaupt  u.  s.  w.), 
welche  das  Aschantireich  mit  aufrichten  halfen,  sowie 
die  Notabeinversammlung  bilden  die  Stützen  der  Re- 
gierung. Der  Titel  Cabocir  wird  nicht  nur  hohen  Be- 
amten, sondern  auch  angesehenen  und  reichen  Privaten 
ertheilt.  Das  Cabocirthum  ist  erblich;  indessen  kann 
der  König  auch  neue  derartige  Stellen  creiren,  nament- 
lich zur  Belohnung  bewiesener  Tapferkeit.  Fehlt  es 
dem  neugebackenen  Häuptling  an  Vermögen,  so  verleiht 
ihm  das  Staatsoberhaupt  die  für  seinen  Stand  erforder- 
liche Dotation.  Der  König  wählt  unter  den  Cabocirs 
seine  Minister;  diese,  die  Kriegshauptleute,  die  Unter- 
könige und  Gouverneure,  ferner  die  Schwester,  der 
Schwager  und  auch  wol  die  Mutter  des  Königs  setzen 
den  Staatsrath  zusammen,  an  welchem  man  ferner  einige 
wohlhabende  Mauren  theilnehmen  lässt.  König  und 
Staatsrath  haben  die  Verwaltung  und  die  richterliche 
Function  in  Händen;  zuweilen  beruft  der  König  die 
Reichsstände  um  sich,  d.  h.  eine  aus  den  Cabocirs  be- 
stehende Notabeinversammlung;  es  geschieht  dies  bei 
grossen  Landesangelegenheiten.  So  waren  z.  B.  bei 
den  Abmachungen  mit  den  englischen  Abgesandten  die 


240  Drittes  Buch. 

Notabein  zugegen,  sie  betheiligten  sich  sogar  durch 
Reden,  Bezeigung  von  Beifall  und  Abscheu  an  den 
Unterhandlungen.  Wenn  der  König  und  die  Cabocirs 
sich  öffentlich  blicken  lassen,  so  wird  ein  unsäglicher 
Pomp  entfaltet,  wie  er  an  wild-phantastischer  Origi- 
nalität wol  seinesgleichen  suchen  dürfte;  da  strotzt  es 
von  Goldschmuck  und  Goldgeräth,  -von  Elfenbein,  Seiden- 
stoffen, kostbarem  Holzwerk,  von  Fell-  und  Federputz. 
An  dem  grossen  Strome  Congo  oder  Zaire  wurden 
nach  Bastian  in  altern  Zeiten  die  kleinen  unabhängigen 
Tschenustaaten  durch  Nimia  Luqueni  unter  ein  Scepter 
geeinigt.  Dieser  nahm  dann  den  Titel  eines  Kaisers 
von  Congo  an;  er  legte  durch  seine  Eroberungen  den 
Orund  zu  dem  Feudalsystem,  welches  noch  zur  Zeit 
der  portugiesischen  Entdeckungen  in  Blüte  stand  und 
erst  in  spätem  Kriegen  gestürzt  wurde,  indem  die 
mächtigen  Vasallen  ihre  Lehngüter  allmählich  in  erb- 
liche Besitzungen  umwandelten.  Der  erste  Kaiser 
baute  die  Hauptstadt,  Banza  n-Kongo  (Ambassi  oder 
Säo-Salvador)  in  das  von  ihm  trocken  gelegte  Bette 
eines  Sees,  der  früher  das  Plateau  eines  Bergs  be- 
■deckte.  Der  Wald,  aus  dem  die  Herrscherfamilie  in 
Batta  herstammte,  war  dem  Volke  später  ein  Gegen- 
stand der  Verehrung.  Einer  der  Nachkommen  Lu- 
queni's  Hess  sich  von  den  Portugiesen  als  Dom  Joäo  I. 
taufen.  Unter  seinem  Nachfolger  Dom  Affonso  I.  wurde 
die  Banza  mit  Kirchen  und  mit  Klöstern  angefüllt. 
Bastian  nimmt  an,  dass  die  portugiesischen  Missionare 
hier  eine  regelmässige  Erbfolge  vom  Vater  auf  den 
Sohn  eingeführt  hätten,  dass  aber  später  das  Volk  in 
seine  alten  Gebräuche  zurückgefallen  sei,  nach  welchen 
beim  Tode  eines  Königs  die  Reichsversammlungen  aus 
seinen  Neffen  schwesterlicher  Seite  einen  Nachfolger 
erwählten.  Nach  der  Rangordnung  folgten  auf  den 
König  und  seine  Familie  die  Prinzen  von  Geblüt,  hier- 
auf die  Gatten  der  Prinzessinnen,  dann  die  Vasallen, 
die  Hofleute,  die  Kaufleute  und  Sklaven.  Die  Prin- 
zessinnen besassen  früher  grosse  Vorrechte;  sie  konnten 


Häusliche  Einrichtunpfen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     241 

sich  ihren  Eliemann  beliebig  aus  den  Grossen  des 
Reichs  wählen  und  ein  solcher,  der  sich  durch  mehr- 
inonatliche  Einsamkeit  auf  seine  Erhöhung  vorbereiten 
musste,  wurde  ihr  willenloser  Sklave.  Eine  andere 
Frau  zu  sehen,  würde  der  Tod  für  diese  und  für  ihn 
gewesen  sein;  wenn  er  das  Haus  verliess,  wurde  ihm 
stets  ein  Tamtam  vorgetragen,  damit,  durch  dessen 
Schall  benachrichtigt,  die  Frauen  Zeit  zum  Fliehen 
liatten.  Nur  durch  den  Tod  seiner  Herrin  konnte  er 
erlöst  werden,  trat  aber  dann  auch  in  alle  Rechte 
eines  königlichen  Prinzen  ein. 

Nach  dem  Verfalle  des  grossen  Congoreichs  spaltete 
letzteres  sich  in  eine  Anzahl  Kleinstaaten ;  so  war  die 
Landschaft  Sonho  an  der  Zairemündung  bereits  1570 
von  Congo  abgefallen.  Cacongo  wurde  von  Congo 
als  Vasallenstaat  angesprochen  und  dennoch  verlangte 
sein  Fürst,  Mani,  für  sich  den  Titel  und  Rang  eines 
Königs  von  Congo  selbst.  Die  Häuptlinge  dieser  Klein- 
staaten, von  denen  manche  den  portugiesischen  Titel 
Marquez  führten  und  an  denen  wie  an  ihren  Völkern 
die  christlichen  Missionen  vergeblich  ihr  Bekehrungs- 
werk versucht,  pflegen  mit  peinlicher  Eifersucht  ihre 
Gerechtsame  zu  bewachen.  Sie  und  viele  wiederum 
sich  unabhängig  geberdende  ünterhäuptlinge  sind  es, 
welche  an  der  gesammten  Küste  zwischen  Cap  Lopez 
und  den  portugiesischen  Besitzungen  in  Angola  durch 
ihre  kleinliche  Habgier,  durch  ihre  egoistische  Willkür 
den  Fuss  des  europäischen  Forschungsreisenden  Schritt 
für  Schritt  zu  hemmen  suchen. 

Die  Organisation  der  A-Bantu-Staaten  ist  grossentheils 
eine  recht  feste.  Diejenige  der  Zulu  beruht  auf  rein 
militärischer  Grundlage.  Der  Häuptling  Dingis- 
wayo  bildete  zuerst  ein  in  grössere  Abtheilungen  ge- 
gliedertes Heer;  derselbe  Chef  erwählte  letztwillig  einen 
seiner  Kriegsleute,  Tchaka  (S.  191),  zum  Nachfolger. 
Tchaka  setzte  die  Heeresorganisation  Dingiswayo's 
weiter  fort;  seine  Legionen  oder  Regimenter  wurden 
von  den  Amapagati  oder  alten  gedienten  Soldaten,  den 

Habtmank.  16 


942  Drittes  Buch. 

Isimportlo  und  Izlnsizwa  oder  Jüngern  Soldaten  und 
den  Amabutu  oder  Kimbutu,  den  Train-  und  Tross- 
kuechten,  zusammengesetzt.  Die  Zulu  zersprengten  auf 
ihren  Kriegszügen  eine  Menge  anderer  schwächerer 
Bantustämme  und  fügten  deren  Mannschaften  als  Ama- 
butu in  ihr  Heer  ein.  In  der  Schlacht  bildete  man 
aus  den  Amapagati  die  Hauptlinie  der  unmittelbar 
Angreifenden,  nämlich  die  U'mbalabala  oder  „Unüber- 
windlichen"; hinter  diesen  her  rückten  die  aus  den 
Jüngern  Isimportlo  u.  s.  w.  gebildeten  ü'mbulalio  oder 
„Schlächter",  als  Art  von  erster  Reserve.  Im  Hinter- 
treffen standen  die  aus  Isimportlo  und  Amabutu  zu- 
sammengesetzten U'mtugusu,  die  „Verborgenen";  letztere 
dienten  als  Kundschafter,  Plänkler,  zur  Seitendeckung, 
als  zweite  Reserve.  An  der  Spitze  der  einzelnen  Le- 
gion stand  je  ein  erfahrener  Krieger,  der  Induna.  Die 
Soldaten  wurden,  je  eine  Legion  zu  600—1000  Mann 
für  sich,  in  Engandas  oder  umzäunten  Hüttenlagern 
vereinigt;  hier  geschah  alles  für  ihre  körperliche  Ab- 
härtung und  für  ihre  Ausbildung  im  Waffendienst.  Sie 
durften  sich  nicht  verheirathen,  dagegen  sich  beliebige 
Beischläferinnen  halten.  Die  mit  letztern  gezeugten 
Kinder  wurden  aber  grossentheils  umgebracht.  Erst 
nach  langer,  ehrenvoller  Dienstzeit  konnten  sich  die 
Soldaten  verheirathen  und  ihr  festes  Heim  gründen. 

Tchaka  überflutete  mit  seinen  ihm  fanatisch  ergebenen 
Legionen  die,  später  Natal,  das  Basutoland,  die  Trans- 
vaal- und  Oranje- Republiken  zusammensetzenden  Ge- 
biete; was  sich  ihm  nicht  gutwillig  ergab,  wurde  ohne 
Erbarmen  niedergemacht.  Die  Opfer,  welche  unter  den 
Streichen  dieses  wilden,  blutdürstigen  und  energischen 
Eroberers  gefallen  sind,  der  alle  Schrecken  der  alten 
Djagga-Wirthschaft  wiederherstellte,  müssen  ganz  un- 
geheuere gewesen  sein.  Tchaka  hatte  zwar  alle  von 
ihm  schwangern  Weiber  umbringen  lassen,  indessen 
waren  seine  beiden  Brüder  U'dingaan  und  U'mpanda 
am  Leben  geblieben;  nachdem  ersterer  den  Tchaka 
in   dessen   U'nkundjlowe    oder    Hauptstadt    (Mussumba) 


Ilduslicho  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     24.'> 

...,:>-  ermorden  lassen,  folgte  er,  U'dingaun,  als  Zulu- 
könig, ein  ebenso  wilder  und  blutgieriger  Tyrann  wie 
Tchaka.  Er  hatte  schwere  und  für  ihn  verderbliche 
Kämpfe  mit  den  aus  Capland  ausgewanderten  Boers 
oder  holländischen  Colonisten  zu  bestehen.  Letztere 
nahmen  Natalland  für  sich  in  Besitz.  Auch  U'dingaan 
wurde  ermordet;  sein  Bruder  U'mpanda  trat  die  Nach- 
folge an,  führte  eine  im  ganzen  friedfertige  Regierung 
und  Hess  seinen  Kindern  das  Leben.  Noch  während 
seines  Gouvernements  brachen  unter  seinen  Söhnen 
U'mbalazi  und  Ketchwayo  Streitigkeiten  um  die  prä- 
sumtive Nachfolge  aus.  U'mbalazi  und  sein  Anhang 
erlagen  1856  nach  sehr  mörderischen  Kämpfen.  Ketch- 
wayo, unter  Vermittelung  der  1842  in  den  Besitz  Na- 
tals  gelangten  Engländer  zum  Thronfolger  bestimmt, 
wurde  nach  dem  1872  erfolgten  Tode  U'mpanda's  unter 
Assistenz  einer  britischen  Gesandtschaft  feierlich  als 
Zulukönig  gekrönt.  Er  ist  es  bekanntlich,  welcher 
gegenwärtig  die  Zulunation  in  ihrem  ernsten  Kampfe 
gegen  die  englische  Macht  führt. 

Ein  den  Zulu  verwandter  Stamm,  die  Amatabele, 
haben  im  Süden  vom  Liambye  ein  weites  Reich  ge- 
gründet. Ihren  ursprünglichen  Kern  bildeten  die  aus 
Natal  hei-stammenden  Abazansi;  diese  unterwarfen  sich 
eine  Anzahl  Basutostämme,  aus  deren  zersprengten 
Resten  die  Abanchla  hervorgingen.  Andere,  ihrer  Na- 
tionalität nach  ebenfalls  zu  den  Betchuana  gehörende 
Stämme,  welche  die  Gesammtheit  der  sogenannten  Ama- 
holi  bilden,  wurden  von  dem  vielgenannten,  über  grosses 
Feldherrntalent  und  bedeutende  Energie  verfügenden 
König  U'mselekatsi  (oder  Moselekatsi)  nebst  den  Aba- 
zansi und  Abanchla  zu  der  eigentlichen  Matabelenation 
verschmolzen.  Dieser  König  war  ähnlich  wie  die  vor- 
hin genannten  Zulufürsten,  der  Schrecken  für  die 
zwischen  Zambezi,  Limpopo  und  Njamisee  wohnenden 
schwächern  Bantuvölker.  Die  von  ihm  geschaffene, 
rein  militärische  Staatsorganisation  ist  der  von  den 
Zulu  getroffenen  durchaus  ähnlich.    U'mselekatsi  wurde 

l(j* 


244  Drittes  Buch. 

neuerlich  durch  den  weniger  kriegerischen  U'lopengula 
oder  U'lobengola  ersetzt. 

Die  im  Gebiete  des  U'mzimwubu  hausenden  Küsten- 
kaffern  sind  wie  die  Amafengu  oder  FingOj  d.  h.  Reste 
der  von  den  Zulu  zerstreuten  Stämme  in  Natal,  grossen- 
theils  den  Engländern  unterworfen. 

Die  Betchuana  stehen  nach  Merensky  unter  erblichen 
Häuptlingen,  welche  aus  den  angesehensten  Familien 
hervorgehen.  Jedes  Oberhaupt  sucht  für  seine  Regie- 
rungshandlungen sich  die  Zustimmung  hervorragender 
Personen  zu  gewinnen;  übrigens  gebietet  er  über  Leben 
und  Tod;  seine  Rechtssprüche  sind  unanfechtbar;  er 
erhält  seine  Einnahmen  aus  geringfügigen  Abgaben  der 
Bodenbebauer,  aus  Antheilen  an  der  Jagd-  und  Kriegs- 
beute, aus  confiscirtem  Besitz,  aus  Geschenken  bei  Ge- 
legenheit von  Rechtshändeln,  aus  Durchgangsgeschenken 
der  Reisenden  u.  s.  w.  In  den  Augen  des  Volks,  das 
seinem  Häuptling  viel  Ehre  und  Rücksicht  erweist,  gilt 
derselbe  als  Herr  über  die  Zauberer,  als  Erzeuger  von 
Regen,  von  guten  Ernten  u.  s.  w.  Zu  den  berühm- 
testen Betchuana-Häuptlingen  gehörten  in  unserm  Jahr- 
hundert Sebitoane,  Sekeletu,  Moschesch,  Sekwati  und 
Sekukuni.  Alle  diese  Männer  traten  als  Staatengründer 
oder  wenigstens  als  Reorganisatoren  auf  und  entwickelten 
viel  natürliches  Talent. 

Neben  den  monarchischen  Staaten  existiren  in 
Afrika  eine  grosse  Anzahl  von  Gemeinwesen  eines  ge- 
wissermaassen  republikanischen  Charakters.  Die 
berberischen  Kabylen  leben  unter  einer  vollständig 
demokratischen  Verfassung;  jedes  Dorf  bildet  hier  eine 
autonome  Gemeinschaft,  dasselbe  ernennt  seine  Häupt- 
linge, macht  und  ändert  seine  Gesetze,  verwaltet  sich 
selbst.  Eine  Vereinigung  von  mehrern  Dörfern  bildet 
den  Stamm,  Arsch,  eine  Vereinigung  von  mehrern  Stäm- 
men gibt  den  Takebilt,  die  Genossenschaft,  Conföde- 
ration.  Selten  vereinigen  sich  mehrere  Takebilt  zum 
Zweck  gemeinschaftlichen  Angriffs  oder  gemeinschaft- 
licher Abwehr.     Die  Verbindung  lösst  sich  auf,  sobald 


aor  /weck  rrroiont  ist.  Nur  wenn  das  Auigenut  zum 
heiligen  Kriege  erschallt,  einigen  sich  alle  Stämine, 
alsdann  aber  verliert  die  Verbindung  den  specifisch 
berberischen  Charakter,-  um  allgemeiner  muselmanisch 
zu  werden.    (Ilanoteau  und  Letourneux.) 

Bei  den  Tuarik,  den  Mazyes  (jetzt  Mazigh,  Ama- 
zigh,  Imoschach)  des  Herodot,  theilen  sich  zwei  grosse 
Zweige,  die  östlichen  Azdjer  und  die  westlichen  Ihogaren. 
Sie  zerfallen  in  die  schon  oben  (S.  28)  erwähnten 
Edleu  oder  Gebieter  und  die  Unterthanen  oder  Imrad. 
Auch  gibt  es  ganze  Stämme  von  Marabouts,  wie  die 
Ifogas,  Ihehanen,  deren  Mitgliedern,  Inslimen,  in  diesen 
Ländern  ohne  eigentliche  regelmässige  Regierung  die 
nicht  unwichtige  Aufgabe  der  Vermittler  und  Lehrer 
zufallt.  Vor  etwa  zweihundert  Jahren  beherrschte  ein 
Amanokal  oder  Sultan  aus  der  Ihogarenfamilie  der 
Imanan  die  Feudalmonarchie  aller  Tuarikstämme;  allein 
die  Imanan  ^vurden  durch  eine  Revolution  gestürzt  und 
sind  infolge  dessen  zu  einfachen  Adeligen  herabgesunken. 
Der  bei  ihnen  noch  üblich  gebliebene  Titel  Amanokal 
hat  jetzt  keine  Bedeutung  mehr.  Die  aristokratischen 
Conföderationen  der  Azdjer  und  Ihogaren  erkennen  nun- 
mehr die  Autorität  erblicher  Schekhs,  der  Amgar,  an. 
Die  Adeligen  oder  Edlen  sind  allein  im  Besitze  der 
politischen  Macht;  sie  behandeln  die  Stammesinteressen 
in  den  Miad  oder  Versammlungen.  Ein  einziges  Stam- 
mesmitglied hat  durch  eine  Art  AltersvoiTecht  die  Re- 
gierung und  Verwaltung  mit  oder  ohne  Beihülfe  seiner 
übrigen  Familiengenossen  in  Händen.  Für  gewöhnlich 
üben  die  Edlen  die  Polizei  innerhalb  des  Stammes- 
gebietes aus,  sie  sorgen  für  die  Sicherheit  auf  den 
Strassen,  beschützen  die  Karavanen  ihrer  Clienten,  be- 
obachten den  Feind  und  übernehmen  im  Kriegsfalle 
die  Führung  der  Imrad;  sie  haben  Beschäftigungen 
vollauf.  Duveryiei-,  dessen  vortrefflichen  Arbeiten  wir 
grösstentheils  diese  Darstellung  entnehmen,  sagt  sehr 
bezeichnend:  „L'immensite  du  desert  devore  la  vie  des 
nobles."    Die  Marabouts  sind  Edle,  die  aller  politischen 


240  Drittes  Buch. 

Wirksamkeit  entsagt  haben,  um  dafür  eine  desto  grössere 
geibtliche  Macht  auszuüben;  sie  sind  die  Frieder,  die 
Richter  und  die  Lehrer  ihres  Volks;  das  Richteramt 
verwalten  sie  nur  unter  dem  Einfluss  des  individuellen 
Ansehens  ihrer  Person.  Ungleich  den  arabischen  Leh- 
rern, welche  ihre  Schüler  zu  Hause  erwarten,  suchen 
sie  die  letztern  auf;  sie  unternehmen  deshalb  zuweilen 
weite  und  lange  währende  Ausflüge.  Die  Dienenden, 
Unterthanen  oder  Imrad  ernähren  die  Edlen,  ohne  von 
letztern  gar  zu  sehr  ausgenutzt  zu  werden.  Es  gibt 
Imrad,  welche  nahezu  oder  ebenso  vermögend  sind  wie 
ihre  Edlen.  Duveryier  gibt  uns  eine  Aufzählung  der 
von  den  Imrad  im  allgemeinen  zu  leistenden  Abgaben. 
Sie  bestehen  alljährlich  für  den  Mann  in  einem  Kamme, 
einem  Topf  voll  Butter,  in  der  Milch  von  zehn  Schafen 
oder  Ziegen.  Ueberdies  hüten  die  Imrad  das  Vieh  der 
Edeln;  diese  Klasse  rekrutirt  sich  aus  den  Resten  be- 
siegter Tuarikstämme,  aus  verschuldeten  oder  sonstwie 
herabgekommenen  Tuarikfamilien ,  aus  vaterlandslosen, 
versprengten  Schwarzen,  aus  frei  gewordenen  Nigritier- 
sklaven.  Die  ganze  Einrichtung  wiederholt  sich  übri- 
gens unter  verschiedenen  Abstufungen  und  Abweichungen 
fast  durch  den  ganzen  afrikanischen  Continent.  Die 
Imrad  können  vererbt  oder  verschenkt,  sie  dürfen  aber 
nicht  verkauft  werden.  Letzteres  Vorrecht  zeichnet 
sie  vor  den  Sklaven  aus. 

Eigenthümliche  staatliche  Einrichtungen  finden  sich 
in  Abyssinien,  Hier  gebot  seit  alters  der  Kaiser, 
Negus,  oder,  wie  es  im  dortigen  Hofstil  heisst:  Kegus 
Nagast  za  Aethiopia  (der  König  der  Könige  Aethio- 
piens)  in  dem  von  portugiesischen  Werkmeistern  er- 
richteten Gimp  (Königsburg)  zu  Gondar  in  Amhara. 
Die  abyssinischen  Kaiser  lassen  ihren  Stammbaum  bis 
zur  Königin  Makada  von  Saba  und  zum  weisen  Salo- 
mon  hinaufreichen.  Die  nähere  Lebende  von  diesem 
angeblichen  Stammbaum  können  wir  uns  hier  sparen. 
Sicher  ist  nur  so  viel,  dass  Ilabesch  schon  frühzeitig 
nach  Ueberwindung  des  daselbst  vor  alters  herrschenden 


Häusliche  Einrichtungen  <ler  Afrikaner.     247 

Schlangendienates  (S.  215)  ein  reichlich  mit  heidnischen 
und  mit  jüdischen  Gebräuchen  verquicktes  Christenthum 
angenommen  hat,  dessen  dem  rohesten  Aberghiuben 
Thor  und  Thür  öffnende  Satzungen  vom  abyssinischen 
Volke  noch  heute  mit  Zähigkeit  und  mit  Energie  fest- 
gehalten werden.  Irgendein  schlauer  und  thatkräftiger 
Häuptling  wird  hier  die  Dynastie  mitten  unter  den  seit 
vielen  Jahrhunderten  permanenten  Stürmen  bürger- 
licher Unruhen  aufgerichtet  haben.  Pfäffische  Unduld- 
samkeit und  Neid  haben  dann  alle  Reste  der  vom 
griechisch-äthiopischen  Reiche  Aksum  übriggebliebenen 
Herrlichkeit  an  Rauten  und  Verzierungen  ebenso  schnell 
zu  Falle  gebracht,  wie  die  Gärten  Montezumas  und  die 
Sonnenpylone  von  Cuzco.  Die  Salomonische,  im  Nebel 
des  Mythus  sich  verlierende  Dynastie  wurde  von  einer 
andern  ersetzt,  welche  von  den  zu  den  Agau,  nächsten 
Verwandten  der  Bedja,  gehörenden  Falascha  abstammte. 
Letztere  wollen  wir  hier  nicht,  wie  sonst  allgemein 
üblich,  abyssinische  Juden  nennen,  indem  uns  dies  ein 
ethnologischer  Unsinn  zu  sein  dünkt. ^^ 

Wieder  eine  andere  Dynastie  der  Sagie  trat  an  Stelle 
der  Falascha-Regenten.  Unter  jenen  ragt  Lalibala  her- 
vor, der  als  Stifter  und  Erbauer  von  Kirchen  sich  den 
Geruch  ganz  besonderer  Heiligkeit  erwarb.  Später  kam 
dann  wieder  eine  Art  von  Compromiss  zwischen  den 
Sagie  und  den  angeblichen  Nachkommen  der  salomoni- 
schen Dynastie  zu  Stande;  letztere  sass  eigentlich  bis 
in  unsere  Zeit  auf  dem  Throne  zu  Gondar.  Freilich 
hatte  sie  ihr  Blut  durch  die  redenden  Zeugen  so  man- 
cher Haremsintrigue  verunreinigt.  Eine  beträchtliche 
Zeit  lang  in  Rlüte,  sank  das  Kaiserthum  später  zu  einer 
Schattenwürde  herab,  ganz  ähnlich  dem  ehemals  so 
mächtigen  Funje-Sultanat  zu  Sennar  und  der  Saefua- 
Dynastie  in  Bornu.  Merkwürdige  Episoden  in  der  Ge- 
schichte des  abyssinischen  Kaiserthums  bilden  das  An- 
drängen der  Mohammedaner  unter  dem  Danakil-Häupt- 
ling  Mohammed  Guerandj  (Linkhand),  ferner  die  hülf- 
reiche Einmischung   der   Portugiesen,   die  Wirksamkeit 


248  Drittes  Buch. 

katholischer  Missionare  und  selbst  der  Jesuiten.  Trotz 
aller  Anstrengungen  dieser  mohammedanischen  und  euro- 
päisch-christlichen Bedränger  behielten  die  eine  bedeu- 
tende ethnische  Selbstständigkeit  und  Zähigkeit  ent- 
wickelnde abyssinische  Nationalität  und  das  monophysi- 
tische,  für  die  Natur  des  Volks  besonders  passende 
Christenthum  die  Oberhand. 

Unter  den  Kaisern  herrschten  die  Detschas  oder 
Dajasmatsch,  eigentlich  Herzoge,  als  Provinzialgouyer- 
neure;  einige  derselben  hatten  ganz  besonders  aus- 
zeichnende Stellungen.  So  war  der  Wag-Schum  von 
Lasta  zwar  ein  Mann  von  untergeordnetem  Titel,  trotz- 
dem aber  periodenweise  von  grossem  politischen  Ein- 
fluss.  Der  Bacharnegasch  gebot  über  das  Küstenland 
von  Habesch ;  letzteres  fiel  später  an  die  Türken. 
Mancher  Detschas  besass  Ehrgeiz,  Talent  und  Kühn- 
heit, verschaffte  sich  gegenüber  dem  Kaisersitze  zu 
Gondar  Unabhängigkeit  und  regierte  die  ihm  botmässige 
Landschaft  nach  seinem  Sinne.  Einzelne  derselben 
eigneten  sich  den  Titel  Bas,  Oberhaupt,  Fürst  an. 
Unter  letztern  gab  es  selbst  für  unsere  Tage  bedeu- 
tende Männer,  wie  Bas  Ali,  Bas  Ubie,  Bas  Sabagadis, 
Bas  Maria,  Bas  Mikail,  Bas  Berru-Goschu  u.  s.  w.  Die 
Statthalter  von  Schoa  hatten  sich  gänzlich  von  Gondar 
losgerissen  und  führten  als  wirkliche  Landesherren,  als 
Nagast,  Könige,  ein  völlig  unabhängiges  Dasein.  Der 
jetzige  König,  Sefa-Selasie,  mit  dem  üblichen  Beinamen 
Menilek,  ist,  so  viel  dem  Schreiber  dieses  bekannt  ge- 
worden, der  neunte  der  Selbstherrscher  Schoas,  die 
sich  ebenfalls  noch  immer  der  Abkunft  aus  dem  Hause 
Salomonis  rühmen.  Unter  den  Detschas  standen  die 
Schum  oder  Vorsteher  kleinerer  Provinzen  oder  selbst 
nur  von  Ortschaften.  Die  Lika  bildeten  den  Staatsrath 
des  Kaisers,  als  diese  letztere  Würde  noch  etwas  galt. 
In  Schoa  findet  man  Würden,  die  im  übrigen  Abyssiiiien 
nicht  oder  nur  selten  vertreten  sind.  Da  ist  z.  B.  der 
Wölasma  oder  Vicekönig.  Der  Mösläna  oder  Unter- 
statthalter steht  niedriger  als  der  Wölnsma.    Der  Abogas 


Häusliche  Einrichtungen  u.  8.  w.  der  Afrikaner.     241) 

ist  Grenzgouverneur,  Grenzhüter,  Markgraf.  Aito  be- 
deutet überall  einen  Mann  von  Rang  und  Würden;  dieser 
Titel  wird  dem  Eigennamen  vorgesetzt. 

Das  Oberhaupt  der  abyssinischen  Kirche,  der  Abuna, 
wird  in  Alexandrien  vom  dortigen  koptischen  Patriarchen 
als  eine  Art  Erzbischof  gewählt  und  ordinirt.  Der 
Abuna  salbt  den  Kaiser  und  ordinirt  die  Landespriester. 
Der  Alaka  entspricht  etwa  unserm  Superintendenten; 
neben  ihm  hat  der  Itschege,  zugleich  Grossprior  des 
Klosters  Debra-Löbänos,  die  Oberaufsicht  über  das 
Mönchswesen.  Die  Debteras  sind  die  Schriftgelehrten, 
welche  schreiben  können,  mit  Büchern  umzugehen  wissen, 
die  Schullehrer  abgeben  u.  s.  w.  Sie  stehen  nicht  unter 
den  Priestern,  halten  aber  meist  zu  diesen.  Auch  exi- 
stiren  mancherlei  militärische  Titel  und  Aeniter.  Der 
Lika-Mönkwas  z.  B.  ist  hoher  Vertrauter  des  Königs, 
er  trägt  in  der  Schlacht  dessen  Kleidung  und  Waffen, 
um  die  Blicke  des  Feindes  von  der  geheiligten  Person 
des  Herrschers  ab-  und  auf  sich  zu  lenken.  Mancher 
Lika-Mönkwas  ist  so  im  Dienste  seines  Negus  oder 
Ras  gefallen,  Itege  ist  der  Titel  der  Königin,  auch 
der  Königin -Mutter.  Die  männlichen  Anverwandten 
eines  Kaisers  oder  Detchas  wurden,  um  die  Thronfolge 
nicht  zu  beunruhigen,  zeitlebens  eingekerkert. 

Die  Denka  leben  in  einer  Art  von  freistaatlicher 
Verfassung.  Ihre  Gemeindehäuptlinge  haben  nur  ge- 
ringes Ansehen  und  nur  geringe  Befugnisse;  man  hört 
aber  ihren  Rath  und  lässt  sich  im  Kriege  von  ihnen 
befehligen.  Eine  ähnliche  Stellung  behauptet  der  Beng- 
did  der  Nuwer  oder  Nuer. 

Die  nördlichen  Bari  sollen  einmal  eine  monarchische 
Verfassung  gehabt  haben;  später  zerfielen  sie  in  eine 
Art  Commune.  Jeder  wohlhabende  Grundbesitzer  wurde 
Matat  (Plur.  Kimek),  d.  h.  Kapitän;  ein  solcher  hatte 
freilich  nur  die  achtbare  Stellung  ^nes  angesehenen 
Mannes.  Der  Matat  konnte  auch  zugleich  Regen- 
macher sein.  Im  Kriegsfall  vereinigten  mehrere  Kimak 
ihre  wehrfähigen  Mannschaften  zu  einem  Bund,  Ulibari, 


j^50  Drittes  Buch. 

verbündete  Bari,  genannt.  Die  durch  Baker  bekannt 
gewordenen  Kimak,  Lege  oder  Loge  in  Elliria  und 
Komro  in  Latuka  besassen  mehr  Macht  und  Einfluss 
als  die  Kimak  zu  Gondokoro  und  Libo.  Seitdem  nun 
das  Bari-Land  von  den  Aegyptern  in  Besitz  genommen 
worden,  hängen  die  Kimak  von  dem  zu  Lado  (an  Stelle 
von  Gondokoro  oder  Ismailia  erbauten,  jetzigen  Haupt- 
ort der  Aegypter)  commandirenden  Bei  ab. 

Die  Bedja  haben,  wie  bereits  weiter  oben  ange- 
deutet worden,  ihre  Schekhs,  welche  den  kleinern  und 
die  Grossschekhs,  welche  den  beträchtlichem  Stamm es- 
iibtheilungen  vorstehen.  Diese  aus  arabischem  National- 
brauch hergeleitete  Behörde  ist  von  uns  früher  (S.  31) 
in  ihren  Befugnissen  und  in  ihrer  Wirksamkeit  ausführ- 
lich geschildert  worden.  Es  darf  wol  kaum  ausgeführt 
werden,  dass  diese  Schekhs  zum  grössten  Theile  der 
ägyptischen  Regierung  tributpflichtig  sind.  Unter  den 
Verwandten  der  Bedja,  den  Afer-  oder  Danakil-  und 
den  Somal-Stämraen  herrscht  ebenfalls  die  Eintheilung 
in  Clans,  an  deren  Spitze  je  ein  Akil  (Wekil)  oder 
Makabantu,  ähnlich  einem  Schekh,  steht.  Ein  solcher 
hat  nicht  mehr  zu  sagen,  als  jeder  beliebige  Bedja- 
Schekh.  Die  nördlichen  Afer  gehorchen  in  gewissem 
Grade  dem  den  Aegyptern  tributpflichtigen  Naib  von 
Arkiko,  die  südlichen  dagegen  dem  jetzt  ebenfalls  zum 
ägyptischen  Vasallen  gemachten  Sultan  von  Tadjura 
oder  Tedjuri.  Die  Somal  erkennen  zum  Theil  die 
Würde  verschiedener  Sultane,  Djerad,  an,  die  aber  nur 
wenig  Macht  besitzen.  Der  Djerid  der  Somal-Medjerten 
(S.  23)  bezieht  ein  Zwanzigstel  der  Ernte  und  der 
Kamele,  ein  Zehntel  der  Ziegen,  eine  Kopfsteuer  und 
«inen  Ausfuhrzoll.  Die  Zanzibar  gegenüberwohnenden 
Stämme  huldigen  der  Autorität  des  Sultans  dieses  Staats 
—  soweit  die  Musketen  seiner  arabischen,  schwarzen 
oder  Beludschen-Garden  reichen.  Die  Somal  haben 
eine  Art  Kasteneintheilung;  die  eigentlichen  Somal 
leiten  sich  väterlicherseits  von  rein  arabischen  Aeltern 
ab.    Die  Sabb  dagegen  werden    von    einem    arabischen 


Iläiisliclu'   Kiinirhtungen  u.  s.  w.  lU-r  Afrikaner.     '2iy\ 

\..iv»  I...V»  ,.i.vi  ocliwarzen  Mutter  hergeleitet.  Die 
Tunne  sind  angeblich  Nachkommen  eines  abyssinischen 
Sklaven.  Die  Kuddam  sind  Nachkommen  freigelassener 
uijrritischer  Sklaven.  Unter  den  Wersingelli  bilden  die 
Midgan  oder  Eisenarbeiter,  die  Tomal  oder  Hirten  und 
Diener,  sowie  die  Jibbir  oder  herumziehenden  Gaukler 
und  Doctoren  niedere  Kasten.  Die  Eisenarbeiter  stehen 
in  vielen  nigritischen  Ländern  in  einem  untergeordneten 
Verhältniss  (S.  159).  Die  Toraal  erinnern  an  die  Im- 
rad  der  Tuarik  (S.  28)  n.  s.  w. ,  die  Jibbir  an  die 
Gadjaren  oder  sogenannten  Zigeuner  des  Magreb,  welche 
als  Zauberer,  Wahrsager,  Erzähler,  Sänger,  Tänzer, 
Schlangenbeschwörer  und  Aöenbändiger  umherbummeln. 
Es  sind  dies  ja  die  Psyllen  der  Alten. 

Die  Ilandelsinteressen  haben  in  Westafrika  Anlass 
zur  Entstehung  einiger  Städte  gegeben,  in  denen  eine 
fast  republikanische  Verfassung  gehandhabt  wird.  Der 
aus  der  Mitte  der  Bewohner  gewählte,  hier  und  da 
erbliche  Häuptling  hat  eine  nur  beschränkte  Macht. 
Wo  wir  in  derartigen  Gemeinwesen  von  einer  grau- 
samen Handhabung  der  Gesetze  hören,  da  ist  nicht 
despotische  Willkür  der  Oberherren,  sondern  der  herr- 
kömmliche  Landesgebrauch  das  leitende  Prinzip.  Der 
Häuptling  ist  dort  nur  Executivbeamter  des  öffentlichen 
Rechts.  Eine  derartige  Stadt,  Hori.  reich  und  bevöl- 
kert, ist  zwar  den  Fulbe  in  die  Hände  gefallen,  erfreut 
sich  jedoch  trotzdem  mancher  Freiheiten.  Das  gross- 
artigen Aufschwung  nehmende  H)adan  übt  schon  einen 
gewissen  civilisatorischen  Einfluss  auf  die  Nachbar- 
länder (Yoruba's)  aus.  Andere  blühende  Ortschaften 
der  Art  sind  Bonny,  Brass  und  Ibara.  Eine  neuerdings 
vielfach  genannte,  freie  Stadt  verdient  unser  besonderes 
Interesse;  es  ist  dies  Abbeokuta,  ebenfalls  in  dem  ge- 
werbereichen Yoruba,  15  Meilen  von  der  Küste  ent- 
fernt, am  Ogunflusse  und  am  Fusse  des  Porphyrbergs 
Olumo  gelegen.  Der  Ort  wurde  um  1825  von  geflüch- 
teten Sklaven  gegründet.  Zu  diesen  strömten  freie 
Leute,  namentlich  dem  Egba-  oder  Wegba- Stamme  an- 


252  Drittes  Buch. 

gehörend.  Man  liess  sich  anfänglich  in  gesonderten 
Dörfern  am  Olumo  nieder,  vereinigte  diese  aber  ge- 
machsam zu  einem  gemeinschaftlichen  Stadtwesen,  rich- 
tete daselbst  eine  Regierung  ein  und  gestattete  christ- 
lichen (darunter  deutschen)  Missionaren  sowie  auch 
europäischen  Reisenden  Zutritt.  Man  umgab  die  Stadt 
mit  Wällen.  Der  durch  Handel  und  Industrie  mächtig 
aufblühende  Ort  wurde  in  verschiedene  Kriege  mit 
neidischen  Nachbarn  verwickelt;  die  schwerste  Fehde 
hatte  Abbeokuta  gegen  den  König  von  Dahome  zu  be- 
stehen. Dieser  wilde  Despot  liess  die  Stadt  am  3.  März 
1851  von  einer  16,000  Mann  starken  Armee,  darunter 
viele  der  tapfersten  Weibertruppen,  angreifen.  Indessen 
wurde  der  Sturm  von  den  durch  die  Missionare  ange- 
feuerten Bewohnern  Abbeokuta's  nach  vielstündigem^ 
heissen  Kampfe  siegreich  zurückgeschlagen.  Seitdem 
erfreut  sich  die  Stadt  eines  steten  zunehmenden  Auf- 
schwungs. 

Unter  den  erwähnten  pygmäenartigen  Völkern  sind 
die  Doko  und  Abongo  ohne  Regierung  und  ohne  eigent- 
liches gesellschaftliches  Leben;  dagegen  scheinen  die 
Akka  ihre  Häuptlinge  zu  haben.  Adimoku,  ein  von 
Munsa  in  Gefangenschaft  gehaltener  Akka,  berichtete 
Schweinfurth,  dass  seine  freien  Landsleute  unter  neun 
Oberhäuptern  ständen;  es  wurden  sogar  die  Namen 
von  vieren  derselben  genannt.  Die  Buschmänner  thun 
sich  zwar  hier  und  da  zu  grössern  Haufen  zusammen, 
folgen  auch  wol  dem  Rathe  eines  ihrer  altern  erfahre- 
nem Stammesgenossen,  indessen  fehlt  ihnen  doch  die 
eigentliche  staatliche  Organisation. 

Dagegen  haben  die  Hottentotten,  ein  altes  Hirten- 
volk, ihre  Häuptlinge;  diesen  kommt  eine  nur  be- 
schränkte Macht  zu.  Sie  sind  nämlich  durch  die  aus 
den  Familienältesten  bestehenden  Rathsversammlungen 
gebunden,  in  denen  sich  die  Meinung  des  Einzelnen 
in  zuweilen  recht  energischer  Weise  kundthun  soll. 
Uebrigens  hängt,  wie  überall,  der  Grad  des  Einflusses, 
welchen  das  Oberhaupt  gewinnen  kann,  von  seiner  Per- 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     253 

sönlichkLiL  ...  .  Sehen  wir  die  letztere  doch  auch  in 
unsern  Republiken  und  in  unsern  constituionellen  Mon- 
archien, seien  diese  selbst  noch  so  liberal  regiert,  sich 
geltend  machen.  Auch  die  um  die  Einmündung  des 
Vaal  in  den  Oranjestrom  etwa  unter  2l>*^  südl.  Br.  wohn- 
haften Griqua  oder  Bastardhottentotten  haben  ihre 
Häuptlinge,  unter  denen  sich  Adam  Kok  und  Andries 
\N'aterboer  als  umsichtige  und  tapfere  Männer  in  der 
Geschichte    Afrikas    einen    Namen    gemacht   haben. 

In  vielen  afriknnischen  Ländern  ist  die  Rathsversamm- 
lung,  deren  wir  schon  öfter  Erwähnung  gethan  und  deren 
Stellung  zur  Willkürherrschaft  der  Könige  und  Häupt- 
linge wir,  wie  wir  hoft'en,  bereits  genugsam  gekenn- 
zeichnet haben,  eine  zu  charakteristische  Erscheinung 
des  öftentlichen  Lebens,  sodass  wir  noch  einen  Augen- 
blick dabei  verweilen  möchten.  In  Westafrika  heisst 
jede  solche  Versammlung  Palaver  (vom  portugiesischen 
Palavra,  Wort,  Sprache).  Hier  entwickelt  der  Nigritier 
eine  bedeutende  Umständlichkeit  im  mündlichen  Ver- 
kehr, aber  auch  zugleich  eine  grosse  Redefertigkeit. 
Palaver  —  im  Fiod  Mkanu,  im  Portugiesischen  Funda- 
mento  —  sind,  so  sagt  Güssfeldt,  der  hervorragendste 
Zug  des  öfifentlichen  Lebens  der  Loangoküste.  Diese 
ersetzen  durch  das  Wort,  was  bei  wildern  Stämmen 
das  Schwert  entscheidet,  und  suchen  sich  ein  bestritte- 
nes Recht  vor  den  versammelten  Grossen  der  Land- 
schaft in  tagelangen  Redeschlachten  zu  erkämpfen. 
Bastian  möchte  den  Palaver  mit  dem  altgermanisclien 
Thing  vergleichen,  dessen  Einrichtung  aus  denselben 
Verhältnissen  emporgewachsen  sei.  Dieser  Reisende 
bemerkt  sehr  richtig,  dass,  solange  ein  Volk  noch  nicht 
durch  schriftliche  Gesetze  in  feste  Formen  gepresst 
sei,  jede  Angelegenheit,  ob  gross  oder  klein,  durch  das 
lebendige  Wort  der  Versammlung  verhandelt  werden 
müsse.  In  Afrika  kann  freilich  nur  da  eine  freiere 
Meinungsäusserung  stattfinden,  wo  der  Oberherr  weniger 
absolute  Gewalt  hat  und  wo  er  den  Berathenden  nicht 
von  vornherein  den  Stempel  seiner  entscheidenden  und 


254  Drittes  Buch. 

nicht  zu  erörternden  Willensäusserung  aufzudrücken 
vermag.  So  muss  in  Ostafrika  der  Makabantu  (S.  181) 
in  der  Fema  oder  in  dem  Tschauri,  welche  Begriffe  dem 
im  Westen  gebräuchlichen  Palaver  entsprechen ,  bei 
einer  weniger  straffen  Regierungsweise  schon  eher  dem 
Volkswillen  nachgeben,  als  dies  durchschnittlich  an  den 
grossen  ganz  despotisch  geordneten  Nigritierhöfen  der 
Fall  sein  kann. 


11.     Rechtsverhältnisse. 

Manches  auf  die  Rechtsverhältnisse  der  afrika- 
nischen Stämme  Bezügliche  ist  bereits  gelegentlich  in 
den  vorhergehenden  Abschnitten  behandelt  worden.  Es 
soll  sich  hier  um  eine  übersichtlichere  Darstellung 
mancher  dieser  in  das  menschliche  Leben  so  tief  ein- 
schneidenden Zustände  handeln. 

In  den  islamitischen  Ländern  Afrikas  bildet  zunächst 
der  Koran  die  oberste  gesetzliche  Richtschnur.  Dazu 
kommen  die  schon  oben  berührten  Erläuterungen  und 
Ergänzungen.  Hier  üben  die  Mufti's  oder  Rechts- 
ge lehrten,  die  Ausleger  der  Gesetze  und  die 
Kadi's  oder  Richter  ihre  Wirksamkeit  aus.  Neuer- 
dings sind  in  Aegypten,  Tripolitanien  und  Tunesien 
manche  dem  modernen  Zeitgeiste  Rechnung  tragende 
Bestimmungen  eingeführt  worden,  welche  speciell  die 
Rechtspflege  berühren  und  gewissermaassen  als  alier- 
neueste  Ergänzungen  des  Koran  betrachtet  werden 
dürfen.  Diese  Ergänzungen  laufen  freilich  dem  inner- 
lichen Wesen  des  Islam  zum  Theil  schon  deshalb  stracks 
entgegen,  weil  sie  Neuerungen  gegenüber  den  verstei- 
nerten Satzungen  einer  vielfach  obsolet  gewordenen 
angeblichen  Offenbarungsschrift  Geltung  verschaffen 
sollen.  Wurden  doch  durch  diese  Neuerungen  alle  die 
alten  starren  Beziehungen  zwischen  Moslimen  und  Nicht- 
moslimen  wesentlich  umgeändert,  es  wurde  den  letztern 
die  Berechtigung   ihrer   öffentlichen  und   privaten  Exi- 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.    2o5 

stenz  inmitten  der  Gläubigen  gewährleistet.  Viele  alte 
strenge  Vorschriften  wurden  theils  gänzlich  umgestossen, 
theils  herabgesetzt  oder  doch  wenigstens  anderweitig  niodi- 
ficirt.  Man  milderte  z.  B.  im  alten  Gesetz  vorgesehene 
Strafen  und  verschärfte  andere  daselbst  nach  altem 
Ritus  mild  geahndete.  In  Aegypten  schuf  man  sogar 
eine  neue  Civil-  und  Militärstrafgesetzgebung,  man  er- 
richtete ein  Appellations-  und  ein  Cassationsgericht. 
Dem  Staat  wurde  hier  ein  mehr  directer  Eiugriii'  in 
die  Rechtspflege  zugewiesen  als  früher,  zur  Zeit  wo 
Mufti's  und  Kadi's  durchaus  die  Hauptsache  vollführten 
und  wo  der  ganze  Schwärm  der  nach  altem  Brauch  ge- 
bildeten Ulenia  oder  Wissenden  den  alleinigen  Chor  in 
der  Rechtssprechungskomödie  darstellte.  Jetzt  figu- 
riren  in  den  Gerichtshöfen  zum  Theil  braune  Herren 
in  Lackstiefeln,  nachdem  sie  in  Europa  ihre  Rechts- 
studien betrieben  haben.  Schon  seit  Mohammed- Ali 
hatte  sich  übrigens  in  den  Provinzen  Sudans  der  Brauch 
eingenistet,  dass  der  Gouverneur  oder  der  Grossschekh 
die  gerichtlichen  Sentenzen  mehr  im  Sinne  der  poli- 
tischen Convenienz,  als  der  juridischen  üeberzeugung 
fällte,  dabei  aber  die  Aussprüche  der  ^Mufti's  und  Kadi's 
in  nur  beschränktem  Maasse  zu  berücksichtigen  pflegte. 
Es  kam  hier  vor,  dass  mancher  Provinzialstatthalter 
einen  Ausspruch  der  letzterwähnten  Behörden  in  der 
Idee,  damit  dem  Divan,  der  Regierung  des  Vicekönigs 
zu  nutzen,  recht  und  schlecht  nach  eigenem  Dafür- 
halten, aus  eigener  Machtvollkommenheit,  umstiess  und 
seinen  eigenen  Urtheilsspruch  zur  Geltung  brachte. 
Auf  sein  krummes  Schwert  gestützt,  von  seinen  Bewaff- 
neten umgeben,  spottete  dann  wol  der  Lokaltyrann,  ein 
echter  biderber  Vertreter  osmanischen  Säbelregiments, 
der  Gesetzesausleger  und  der  Richter.  Es  geschah  dies 
z.  B.  gar  nicht  selten,  wenn  es  galt,  die  Handlungen 
unruhiger,  ehrgeiziger  und  willkürlich  gesinnter,  aber 
dem  Divan  des  Vicekönigs  genehmer  Vasallenhäupt- 
linge zu  beschönigen  oder  umgekehrt  diejenigen  mis- 
liebiger,  auch  gefürchteter  Anführer  zu  bestrafen. 


256  Drittes  Buch. 

In  denjenigen  islamitischen  Staaten  Afrikas,  in  wel- 
chen der  Geist  moderner  Anschauung  bisher  noch  kei- 
nen Eingang  gefunden,  dauert  die  altpatriarchalische 
Rechtssprechung  aus  dem  Koran  und  seinen  Erläute- 
rungen in  ungeschwächter  Weise  fort.  Wir  wollen 
diesen  Verhältnissen  keinesfalls  das  Wort  reden,  auch 
nicht  in  den  Fehler  der  Reisenden  verfallen,  welche 
die  unbedingte  Einfalt  und  Einfachheit  des  dabei 
üblichen  Verfahrens  lobpreisen.  Es  geht  nämlich  auch 
hier  zuweilen  recht  langwierig  und  langweilig  her. 
Trotzdem  finden  wir  die  beregte  Art  des  Rechtsver- 
fahrens, bei  der  ja  hier  und  da  selbst  einmal  Gutes 
vollbracht  werden  kann,  schon  deshalb  dem  Kigritier 
gegenüber  für  passend,  weil  sie  sich  den  einfachen, 
socialen  Verhältnissen  des  letztern  am  leichtesten  acom- 
modirt.  Gerade  darin  liegt  zum  Theil  die  nähere  Zu- 
kunft des  Islam  für  Afrika.  Man  spricht  jetzt  so  häufig 
und  so  leichtfertig  vom  Verfall  der  Religion  Moham- 
med's;  in  der  innerlichen  Verfassung  des  Islam  fehlt 
es  ja  zur  Zeit  allerdings  nicht  an  Gärungen,  zu  welchen 
die  Berührungen  mit  der  abendländischen  Bildung  das 
Ferment  liefern.  Indessen  halten  sich  dergleichen  Gä- 
rungen doch  nur  mehr  unter  den  „Wissenden"  und 
dringen  vorerst  nur  noch  wenig  in  die  ungebildeten 
Volksschichten  der  mohammedanischen  Welt  hinein. 
Obgleich  letzterer  in  unsern  Tagen  der  geistige  Glanz 
früherer  Jahrhunderte  fehlt,  so  bildet  der  Islam 
trotzdem  noch  immer  einen  sehr,  sehr  festen  religiös- 
nationalen Kitt  für  die  Völker  von  Rumelien  bis  nach 
der  Wüste  Gobi,  von  Utica's  Ruinen  bis  gegen  die 
äquatorialen  Seen  Afrikas  hin.  Sind  nun  heuer  Lücken 
in  das  Staatswesen  des  islamitischen  Innerasien  ge- 
brochen worden,  so  sind  daran  mehr  die  Geschütze 
und  die  Lanzen  des  Generaladjutanten  Kaufmann  I. 
und  seiner  Kosacken  oder  die  Henry -Martini's,  die 
Bajonnete  und  Gatlings  der  scindischen  oder  der  Gorka- 
regimenter  Ihrer  Majestät  der  Kaiserin  von  Indien,  als 
die   von    H.  Stephan    und   von   andern   geträumte    tiefe 


il.iMMnnr  i.iiiricbtungen  ....   Afrikaner.      •_'.")  < 

Zersetzung  des  Islam  schuhi.  In  Afrika  aber  wehen 
zur  Zeit  die  Fälinlein  des  Propheten  und  seiner  an- 
geblichen Naclifolger  noch  unentweiht  im  azurnen  hei- 
tern Aether  subtropischer  wie  tropischer  Gefilde.  Man 
spricht  wol  vom  grossen  heutigen  Nothstande  des  Is- 
lam unter  dem  materiellen  und  geistigen  Verfall  seiner 
alten  Geburtsländer  in  Arabien,  Mesopotamien  u.  s.  w., 
allein  dergleichen  Noth^<tände  weisen  auch  andere  Reli- 
gionen auf.  Leidet  doch  das  Christenthum  jetzt  recht 
erheblich  unter  dem  Drucke  pfäffischer  Orthodoxie  und 
fiocialpolitischer  Tollheit.  Sind  nicht  das  Judenthum 
«nd  der  Buddhismus  ihrerseits  ebenfalls  in  schwerem 
Nothstande?  Trotz  alledem  fahren  diese  Religionen  fort, 
unter  den  Völkern  der  Erde  ihre  dominirende  Stellung 
zu  behaupten. 

Ilanoteau  und  Letourneux,  diese  ausgezeichneten 
Kenner  der  Berbern,  versichern,  dass  in  jedem  kaby- 
lischen  Dorfe  ein  Kanun  (Regel,  Gesetz)  existire,  d.  h. 
ein  Tarif  fär  die  Sportein,  die  Abgaben  derjenigen, 
welche  sich  gegen  die  Ada,  das  Strafrecht,  oder  gegen 
den  Arf,  das  Civilrecht,  vergangen  haben.  Der  Kanun 
enthält  ausserdem  Vorschriften  des  Civilrechts,  die  nicht 
durch  Verhängung  von  Sportein  sanctionirt  worden  und 
die  meist  nur  eine  locale  Abänderung  des  allgemein  gül- 
tigen Gesetzes  enthalten.  Alle  Kabylen  unterliegen  dem- 
selben bürgerlichen  Recht.  Ein  Fremder  kann  in  einem 
Dorfe  mit  Zustimmung  der  Tadjemait  oder  Djemaa  (Bürger- 
versammlung) das  Niederlassungs-  und  zugleich  das  Bür- 
gerrecht gegen  Zahlung  eines  Einzugsgeldes  erlangen; 
auch  kann  derselbe  ohne  grosse  Mühe  Mitglied  der 
Djemaa  werden.  Die  BVauen  geniessen  hier  nur  ge- 
ringe Rechte;  in  manchen  Gemeinden  können  sie  nicht 
vor  Gericht  zeugen.  Üebrigens  tritt  das  männliche 
Individuum  mit  der  vollendeten  Pubertät  in  den  Genuss 
des  gemeinen  Rechts  ein.  Die  Sklaverei  wurde  hier 
von  jeher  mild  gehandhabt,  wiewol  der  Sklave,  als 
Eigenthum  des  Herrn,  unter  dessen  absoluter  Macht 
stand.     Ein    Neger   blieb    trotz    seiner  Bekehrung  zum 

Haktxakk.  X7 


258  Drittes  Buch. 

Islam    Sklave;     der    weisse    Renegat    dagegen    wurde 
frei. 

Bei  den  Tuarik  hat  man  nach  Duveyrier  das  ge- 
schriebene Recht  (nach  dem  Tractat  des  grossen  Rechts- 
lehrers Sidi  Chalil)  gegenüber  dem  altberberischen  Ge- 
wohnheitsrecht (Ada  —  s,  oben).  Die  Leute  dieser 
Nation  entbehren  der  Richter  und  rufen,  freilich  nur 
selten  und  in  schweren  Fällen,  die  Sentenzen  der  Ka- 
dis von  Rat,  Radamis  und  Insala  an.  Wo  es  an- 
geht, treten  die  Marabouts  dazwischen.  Die  Stammes- 
und die  Familienhäupter  üben  in  Ermangelung  eines 
Kadi  das  Richteramt  aus.  Die  innere  Polizei  ruht  in 
den  Händen  der  Stammeshäuptlinge;  dieselben  ver- 
hängen Geldstrafen,  die  Bastonnade  und  die  Ankettung. 
Gefängniss  und  Todesstrafe  werden  niemals  decretirt, 
Todtschlag  und  Mord  verfallen  der  Blutrache. 

Letztere  ist  in  Afrika  allgemein  verbreitet.  In  den 
Ländern  des  Islam  folgt  sie  blindlings  dem  Koran, 
welcher  da  sagt:  „Wir  haben  ihnen  vorgeschrieben,  dass 
man  geben  solle  Leben  für  Leben,  und  Auge  um  Auge, 
Nase  um  Nase,  Ohr  um  Ohr,  Zahn  um  Zahn  und  Wunde 
mit  Wiedervergeltung  zu  bestrafen.  Sollte  aber  einer 
dasselbe  als  Almosen  zurückgeben,  so  mag  es  zu  seiner 
Versöhnung  angenommen  werden."  Die  Zahlung  des 
Blutgeldes  ist  überall  gestattet;  dasselbe  wird  auch 
für  vorsätzliche  Verstümmelungen  gefordert.  Handelt 
es  sich  um  ein  nur  einmal  vorhandenes  Glied,  wie  die 
Nase,  so  ist  das  Blutgeld  sehr  hoch,  wie  für  einen 
Mord.  Letzteres  gilt  auch  für  Zerstörung  einer  der 
Sinnestliätigkeiten,  für  lebensgefährliche  Verwundung, 
für  dauernde  Verunstaltung  des  Körpers.  Ist  ein  Glied 
doppelt  vorhanden,  wie  z.  B.  die  Extremitäten,  so  wird 
für  Verletzung  des  einen  derselben  nur  das  halbe  Blut- 
geld gezahlt.  Ist  die  Verstümmelung  an  einem  zehn- 
fach vorhandenen  Tlieil,  wie  Finger  oder  Zehen  ausge- 
übt worden,  so  darf  nur  der  zehnte  Theil  des  ganzen 
Blutgeldes  beansprucht  werden.  Verstümmelung  einer 
Frau    kostet    nur    halb    soviel    wie    die    entsprechende 


n.iüslichc  Kiurichtungcn  •>•  ■      lei  At'iikiuiw.     2i)\^ 

ciiu's  Mannes.  Vergreift  sicii  em  Freier  an  einem 
Sklaven,  so  zahlt  er  für  dessen  Verwundung  dem  Herrn 
nur  dos,  was  je  nacli  dem  individuellen  Kaufwerthe  des 
letztern  vereinbart  wird.  Kommt  es  nicht  zur  Zahlung 
des  Blutgeldes,  wird  letzteres  in  der  Erregung  der 
Leidenschaft  zurückgewiesen  oder  wird  dasselbe  aus 
Hass  oder  aus  Stolz  verschmäht,  so  wird  die  Wieder- 
vergeltung gelegentlich  in  dramatischer  Weise  ins  Werk 
gesetzt.  Die  Blutfehde  kann  dadurch  auf  Geschlechter 
fortgepilanzt  werden,  kann  ganze  Stämme  in  Mit- 
leidenschaft ziehen  und  blutige  Opfer  veranlassen. 
Da  gibt  es  oft  recht  trübe  und  böse  Blutaffairen,  deren 
Schilderung  düstere  Streiflichter  auf  die  meist  noch 
ungezähmte  Wildheit  der  Bewohner  des  dunkeln  Con- 
tinents  wirft.  Bei  den  Tuarik  wird  der  Mörder,  dem 
die  Zahlung  des  Blutgeldes  verweigert  worden,  in  Gegen- 
wart von  Zeugen,  seiner  eigenen  Verwandten  und  derer 
seines  Opfers,  auf  höchst  grausame  Weise  gericlitet. 

In  Abyssinien  ruht  die  Rechtspflege  in  den  Händen 
der  Machthaber  und  ihrer  Unterbeamten.  Die  Fürsten 
hören,  Sonnabend  und  Sonntag  ausgenommen,  sonst 
täglich  in  eigener  Person  die  Klagen  ihrer  Unterthanen 
an  und  fallen  nach  eigenem  Ermessen,  kaum  den  Katli 
irgendeines  gerade  anwesenden  Hofmannes  fordernd 
oder  annehmend,  ihr  Ürtheil.  Die  meist  sehr  strengen 
und  grausamen  Strafen  folgen  dem  letztern  gewöhnlich 
auf  dem  Fusse.  Man  vollzieht  hier  Gefängnissstrafe, 
Frongefangenschaft,  Prügel,  Verstümmelungen  und  die 
sich  in  raffinirten  Quälereien  erschöpfenden  Hinrich- 
tungen. Beliebt  ist  unter  anderm  die  Verurtheilung 
zum  langsamen  Hungertode.  Beleidigung  der  Djanhai 
oder  Majestät  des  Fürsten,  wozu  unter  anderm  das 
Beisseu  des  Daumens  in  Gegenwart  der  Djanhai  ge- 
hört, wird  mit  Todtprügeln  u.  dgl.  geahndet.  Auch  die 
Kirche,  der  eine  grosse  Macht  im  Staate  zukommt,  ver- 
hängt ihre  Strafen;  der  Kirchenbann  z.  B.  lastet  sehr 
schwer  auf  denjenigen,  welche  sich  nicht  durch  ein 
manchmal  recht  hochbemessenes  Reugeld  loskaufen  können. 

17* 


260  Drittes  Buch. 

Bei  kleinern  Rechtshändeln  ruft  man  das  Schiedsamt 
eines  Dritten  an.  Man  wendet  sich  hierzu  mit  Vor- 
liebe an  hochgestellte  Personen,  selbst  an  den  Landes- 
fürsten, welcher  letztere  selten  einmal  das  Mittleramt 
ausschlägt.  Für  Verbrecher  sind  übrigens  Klöster  und 
Kirchen  unbedingte,  stets  offene  Freistätten.  Auch  hat 
mancher  von  der  Ungunst  und  Willkür  mächtiger  Feinde 
Verfolgte  unter  den  lauschigen,  beschattenden  Det- 
oder  Wachholderbäumen  einen  unantastbaren  Zufluchts- 
ort gefunden. 

In  Nordabyssinien,  unter  den  fast  republikanischen 
Agaugemeinden  der  Mensa,  Bogos  u.  s.  w.  herrscht  das 
Verhältniss  zwischen  den  Adeligen  oder  Schumaglie 
und  den  durch  Geburt  oder  Vertrag  Botmässigen,  den 
Tigrie,  Gulfare.  Hier  wird  eine  Art  Naturrecht  befolgt, 
welches  nicht  geschrieben  ist,  aber  trotzdem  als  Fatcha, 
wenn  auch  nur  als  traditionelles  Gesetz,  gilt.  Dies 
wurzelt  zunächst  in  der  Familie.  Das  Richteramt  ruht 
vorerst  in  der  Hand  des  Familienältesten,  dann,  wenn 
hier  keine  Einigung  erzielt  wird,  im  Volksrath  oder 
Mohabber  (des  Ortes).  Zur  Noth  ruft  man  den  Schieds- 
spruch des  ganzen  Tribus,  sogar  eines  fremden  Häupt- 
lings oder  Fürsten  an.  Die  Blutrache  herrscht  auch 
hier  allgemein. 

In  vielen  Gegenden  des  äquatorialen  Afrika  und  in 
Guinea,  auch  bei  den  A-Bantu,  wird  die  Rechtspflege 
vom  Despotismus  der  Könige  und  Häuptlinge,  vom  Un- 
fuge  der  Gangas  (S.  219)  und  vom  Glauben  an  die 
Unfehlbarkeit  der  Gottesgerichte  sehr  stark  beeinflusst. 
Hier  bildet  die  entsetzliche  Willkür  schamloser  Schwin- 
delzauberer, deren  Machinationen  (wie  wir  bereits  in 
frühern  Abschnitten  kennen  gelernt  haben)  jedermann 
ausgesetzt  erscheint,  eine  der  trübsten  Seiten  im  öft'ent- 
lichen  Leben  des  Nigritiers.  Lange ,  lange  wird  es 
dauern,  ehe  geordnete  Rechtsverhältnisse  dies  scheuss- 
liche  Gewebe  von  Lug,  Trug,  Gemeinheit^  Grausamkeit 
und  finsterm  Aberglauben  zerstört  und  ersetzt  haben 
werden.      Wir   wissen    recht    gut   von   uns    selbst,    wie 


i:..v.^...be  Eiurichtungen  u.  s.  w    .1.  f  Afrikai....      ^ill 

vieljfihrigos  Kämpfen  und  Ringen  v>  uüd  gekostet  hat, 
den  Uebergang  aus  den  Banden  der  Ketzer-  und  Hexen- 
gerichte, denen  doch  der  Flitterkram  eines  gewissen 
Gelehrtenthums  angehangen,  zur  freien,  logischen  Uechts- 
anschauung  unserer  Tage  zu  finden.  Wie  können  wir 
uns  da  wundern,  dass  der  westliche  Nigritier,  der  bis 
vor  kurzem  höchstens  mit  der  verbrecherischen  Rotte 
der  Sklavenhändler  und  mit  meist  ungebildeten  Ilulk- 
inhabern  (S.  167)  verkehrt,  dem  sich  erst  neuerdings 
der  Umgang  mit  ehrenhaften  und  tüchtigen  Kauf  leuten 
sowie  mit  einzelnen  unterrichteten  Reisenden  eröffnet 
hat,  im  grossen  und  ganzen  noch  in  der  Barbarei  ihrer 
unentwickelten  Begriffe  von  Staats-  und  Rechtsleben 
befangen  sind.  Die  geistige  Befreiung,  die  uns  haupt- 
sächlich durch  die  Wiederauferstehung  altclassischer 
Cultur,  durch  stetige  Weiterentwickelung  unsers  alt- 
germanischen Gemeinwesens,  unsers  Rechtsbewusstseins 
und  unserer  Rechtsbegriffe,  zum  Theil  allerdings  auf 
dem  Boden  römischer  juridischer  Institutionen  erwachsen 
ist,  konnte  die  erwärmenden  und  erweckenden  Strahlen 
ihres  Lichts  bislang  in  keiner  auch  nur  ähnlichen 
W'eise  über  die  Kinder  Nigritiens  leuchten  lassen. 

In  Aschanti  herrscht  übrigens  neben  so  manchen 
andern,  eine  vorgeschrittene  llalbcultur  beweisenden 
Einrichtungen  ein  gewisser  Civilrechts-Codex;  derselbe 
ist  so  interessant  und  charakteristisch,  dass  wir  es  uns 
nicht  versagen  mögen,  hier  (nach  Bowdich)  einige  der 
Haupttheile  desselben  vorzuführen. 

Königssöhne  und  sonstige  Mitglieder  der  königlichen 
Familie  werden  nicht  auf  blutigem  Wege  gerichtet^ 
sondern  für  Kapitalverbrechen  durch  einen  besondern 
Cabocir  im  Flusse  Dah  ertränkt.  —  Erwiesene  Feigheit 
wird  mit  dem  Tode  bestraft.  —  Jeder  kann  sich  im 
Walde  anbauen,  ohne  dem  König,  als  Grundherrn  alles 
Bodens,  Steuern  zu  entrichten;  wohl  aber  muss  er  dem 
Besitzer  der  nächstbesten  Krum  oder  Pflanzung,  durch 
welche  etwa  sein  W^eg  führt,  eine  Steuer  entrichten.  — 
Den  Kaufleuten   ist   der  Handel    mit   einer   feindlichen 


262  Drittes  Buch. 

Macht  untersagt.  Im  Inlande  können  sie  auf  jedem 
beliebigen  Markte  kaufen  oder  verkaufen.  Gold,  wel- 
ches auf  dem  Markte  hinfällt,  darf,  bei  Vermeidung 
der  Todesstrafe ,  nur  auf  besondern  Befehl  der  Regie- 
rung emporgelesen  werden.  —  Auf  Diebstahl  am  Be- 
sitzthum  des  Königs  und  auf  Liebeshändeln  mit  könig- 
lichen Sklavinnen  steht  die  Entmannung.  Wird  Ehe- 
bruch mit  der  Frau  eines  hiernach  bestraften  Mannes 
getrieben,  so  wird  der  Verbrecher  getödtet.  —  Die 
Geldzinsen  betragen  für  40  Tage  33 Vg  Procent;  ist 
die  Verfallzeit  nicht  eingehalten  worden,  so  darf  der 
Gläubiger  den  Schuldner  oder  ein  Glied  seiner  Familie 
so  lange  als  Sklaven  behalten,  bis  die  ganze  Summe  be- 
zahlt worden  ist.  —  Wird  jemand  des  Verraths  ange- 
klagt, aber  freigesprochen,  so  gilt  das  Leben  des  Klä- 
gers für  verwirkt.  Damit  will  man  den  Anklagen 
wehren,  die  rein  aus  Neid  oder  Bosheit  angestiftet 
werden  könnten.  Der  Verklagte  erfährt  erst  dann  den 
Namen  des  Klägers  oder  wird  diesem  erst  dann  gegen- 
übergestellt, wenn  der  Verklagte  die  Fragen  beant- 
wortet hat,  die  des  Königs  Dolmetscher  (hier  eine  Art 
von  Staatsanwälten)  ihm  vorlegen.  —  Streitsachen  bleiben 
oft  Jahre  lang  ruhen,  um  den  nachgesuchten  Schaden- 
ersatz in  die  Höhe  treiben  zu  können.  Auch  Hoch- 
verrathsprocesse  werden  oft  durch  Jahre  lang  ver- 
schleppt, um  den  Verklagten  glauben  zu  machen,  die 
llauptzeugen  seien  verstorben.  —  Tödtung  eines  Sklaven 
ist  straflos;  Weiber-  oder  Kindermord  dagegen  ist 
straffällig.  Tödtet  jemand  den  Sklaven  eines  andern, 
so  hat  er  letztern  den  vollen  Werth  jenes  zu  ersetzen. 
Tödtet  ein  Grosser  einen  Mann  seines  Standes,  so  darf 
er  sich  meist  selbst  umbringen.  Für  den  Tod  eines 
Niedrigen  wird  von  dessen  Familie  gewöhnlich  eine  Geld- 
summe in  Höhe  des  Preises  von  sieben  Sklaven  ent- 
richtet. Die  Zerbrechung  eines  Agriessteines  (S.  214) 
kostet  den  Preis  von  ebenfalls  sieben  Sklaven.  —  Für 
kleinere  Diebstähle  wird  der  Delinquent  an  verschie- 
denen Oertlichkeiten  öftentlich  ausgestellt.     Bei  bedeu- 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     203 

tenden  Diebstählen  muss  die  Familie  des  Delinquenten 
für  das  Gestohlene  aufkommen;  sie  kann  den  Dieb  in 
hochgradigen  Fällen  oder  bei  Unverbesserlichkeit  tödten. 
—  Wird  ein  Mann  beim  geschlechtlichen  Verkehr  mit 
«iner  Frau  ausser  dem  Hause,  im  Walde  von  andern 
•entdeckt ,  so  werden  erstere  die  Sklaven  der  letztern, 
können  aber  durch  ihre  Familien  losgekauft  werden. 
[Niemand  darf  die  Schönheit  der  Frau  eines  andern 
Mannes  rühmen.  —  Wenn  eine  Frau  processirt,  so  hat 
ihre  Familie,  nicht  ihr  Mann,  dafür  aufzukommen.  — 
Der  Zauberei  Verdächtige  werden  zu  Tode  gemartert.  — 
Ein  Sklave  darf  sich  infolge  schlechter  Behandlung 
jedem  beliebigen  freien  Manne  als  Eigenthum  über- 
geben. 

Die  Kimbunda  sind  (nach  Magyar),  wie  so  manche 
andere  Nigritierstämme,  sehr  zum  Processiren  geneigt. 
Sie  theilen  diese  Neigung  auch  mit  vielen  unserer 
Ungebildeten,  denen  mangelndes  Rechtsbewusstsein  und 
krakeelsüchtiger  Hang,  genährt  durch  die  aufdringliche, 
übrigens  aber  im  Finstern  schleichende  Thätigkeit  der 
Winkeladvocatur,  so  leicht  zum  Stachel  für  ihre  oft- 
mals schwer  geahndeten  Gerichtsspectakel  wird.  Bei 
den  Kimbunda  ,, zehren  die  zahlreichen  Olombango  (oder 
R«    *  ilte)  und  die    gleisnerischen  Kimbanda  (oder 

B.i  11 1  wie  hungerige  Wölfe  am  Fleische  des  un- 

sinnigen, streitsüchtigen  Volks'*.  Man  behandelt  hier 
Diebstahl,  Verbal-  und  Personalinjurien,  Ehebruch,  ge- 
heimen Umgang  mit  Geistern  und  Zauberei.  Das  Ver- 
fahren ist  nach  Magyar's  Darstellung  recht  umständlich, 
erfolgt  aber  doch  (durchaus  im  Gegensatz  zu  den  meisten 
andern  afrikanischen  Stämmen  und  Gegenden)  nach 
gewissen,  zum  Theil  auch  bei  uns  gebräuchlichen  juri- 
dischen Principien.  Die  dabei  aufzuwendenden  Sportein, 
theils  durch  den  Brauch  festgestellte  freiwillige,  theils 
gezwungene,  sind  beträchtlich  und  von  mannichfaltiger 
<5uantität. 

Sehr  merkwürdig  sind  in  manchen  Theilen  Inner- 
und  Westafrikas   gewisse  Geheimbünde,   häufig  Ein- 


264  Drittes  Buch. 

richtungen  der  Volksjustiz,  des  Lynchens,  wie  es  Squatter- 
Regulatoren  wol  kaum  logischer  betreiben  konnten. 
Der  Leser  mag  uns  zur  kurzen  Betrachtung  einiger 
dieser  Institutionen  folgen.  So  entstand  im  16.  Jahr- 
hundert unter  den  Kimbundavölkern  ein  Geheimbund,, 
welcher  der  von  blutdürstigen  Priestern  und  ihren  bar- 
barischen Quixilles  (Gesetzen)  genährten,  von  den  er- 
obernden Djagga  (S.  60)  inaugurirten  Sittenverwilde- 
rung, namentlich  der  Menschenfresserei  des  Volks,  Ein- 
halt thun  sollte.  Dieser  Geheimbund  hiess  derjenige 
der  Empacasseiros;  er  legte  seinen  Mitgliedern  un- 
verbrüchliches Schweigen  auf.  Jedes  Mitglied  suchte 
sich  durch  Tödtung  eines  Büffels  (Empacasso  oder  Pa- 
casso  —  Bos  caffer  und  Bos  hracliyceros)  äusserlicb 
hervorzuthun.  Die  Mitglieder  des  Ordens  wurden  aus 
den  tapfersten  Kriegern  ausgewählt;  sie  wurden  nur 
nach  und  nach  in  die  Geheimnisse  des  Bundes  einge- 
weiht und  durften  erst  nach  Ablegung  dreier  schwerer 
Proben  aufgenommen  werden.  Dem  Kannibalismus  wurde 
entsagt  und  die  wilden  Jäger-  und  Hirtensitten  wurden 
mit  den  mildern  sesshafter  Landbauer  vertauscht.  Der 
Empacasseirobund  wuchs  durch  Zulauf  mächtig  an,  ver- 
wickelte sich  aber  in  heisse  Kämpfe  mit  den  Djagga 
und  deren  Anhängern.  Die  dem  Bunde  ergebenen  Mit- 
glieder wanderten  endlich  unter  Führung  eines  Soba 
nach  Südwesten  aus,  gingen  über  den  Coanza,  unter- 
warfen sich  eine  Menge  Völkerschaften  und  besetzten 
auch  unter  einem  gewissen  Bihe  das  jetzt  so  genannte 
Land.  Der  Empacasseirobund,  welcher  vordem  also 
eine  patriotische  und  civilisatorische  Mission  zu  erfüllen 
gehabt,  scheint  auch  jetzt  noch  in  Angola,  Benguella 
und  in  manchen  Gegenden  des  Innern  fortzubestehen  — 
zu  welchem  Zweck  ist  mir  freilich  nicht  bekannt.  Nach 
Bastian  gelten  die  Empacasseiros  in  Mekono  als  Sol- 
daten des  Königs.  Tams  traf  dergleichen  Leute  als 
irreguläre  Truppen  der  Portugiesen  zu  Sao- Paulo  de 
Loanda  u.  s.  w.  an. 


MKuc  Lijjrichtungen  u.  -  Airikaner.     265 

Lilien  andern  Bund  bildet  dor  von  llastian  l)e8chrie- 
Itene  der  Sindungo;  derselbe  ist  über  verschiedene  Ort- 
schaften in  Angoy,  ]Mataniba,  Mekono  (Tumbe)  und 
Chinsasa  verbreitet.  Die  Mitgliedschaft  erbt  vom  Vater 
luf  den  Sohn  fort.  Ein  Novize  wird  nur  unter  sehr 
umständlichen  Ceremonien  wirklich  aufgenommen.  Ober- 
liaupt  des  Bundes  ist  der  Kuwukuta-Kanga-Asabi,  ein 
r,  der  die  Mitglieder  in  den  Wald  zur 
,  einberuft  und  an  sie  die  zur  Yermummung 
liifMondeu  bemalten  Ilolzmasken  und  Blättergewänder 
austheilt.  Ist  letzteres  geschehen,  so  wird  das  Ordens- 
haupt mit  Schlägen  in  den  Ort  zurückgetrieben,  als 
symbolisches  Zeichen  dafür,  dass  nunmehr  das  gemeine 
'tesetz  für  eine  Zeit  lang  aufgehoben  sei,  damit  der 
r.und  in  sein  geheimes  Wirken  eintrete.  Bis  zur  Un- 
kenntlichkeit maskirt  und  verhüllt,  laufen  die  Sindungo 
durch  das  Dorf,  nehmen  alles  ihnen  Passende  fort  und 
suchen  nachts  auf  einem  freien  Platze  unter  Mitwir- 
kung eines  Fetisches  Regen  zu  machen.  Die  Bewohner 
pflegen  bei  solchen  Gelegenheiten  das  Dorf  zu  ver- 
lassen; denn  sollte  einer  von  ihnen  durch  Husten  oder 
rgendeinen  andern  Laut  die  nächtliche  Stille  stören, 
>o  würde  er  von  den  das  Haus  stürmenden  Sindungo 
zu  Tode  getreten  werden.  Wünscht  jemand  Schulden 
»•inzuziehen,  so  wendet  er  sich  an  den  Kuwukuta-Kanga- 
Asabi,  welcher  seine  vermummten  Sindungo  auf  Exe- 
cution  aussendet;  diese  nehmen,  wenn  die  Schuld  nicht 
bezahlt  wird,  Hausvieh,  reife  Bananen  oder  sonstiges 
ithum  des  lässigen  Zahlers  hinweg.  Treffen  die 
ango,  in  ihrer  Verkleidung  unbekannt  geblieben, 
nach  gethaner  Arbeit  zufällig  mit  Bekannten  zusammen, 
-o  wissen  sie  ihre  Abwesenheit  oder  ihre  bevorstehende 
Thätigkeit  auf  die  harmloseste  Art  zu  erklären. 

Am  Rio  Nunez,  zwischen  Sierra  Leone  und  Cap 
klonte  haben  die  Susu  den  Geheimbund  der  Purra;  die 
Mitglieder  desselben  vereinigen  sich  zu  kleinern  oder 
Kreis-    und   zu    Haupt- Purras,    die   ihre    Sitzungen   im 


266  Drittes  Buch. 

Dunkel  der  Wälder  halten,  ihre  Befehle  von  einem 
Oberhaupt,  Simo,  empfangen,  der  den  nicht  in  die 
Ordensgeheimnisse  Eingeweihten  unbekannt  bleibt.  Der 
Purra  verhängt  unter  anderm  Plünderungen,  um  seinen 
Gesetzen  Achtung  zu  verschaffen. 

In  den  Gebieten  des  obern  Senegal,  des  Gambia  und 
noch  weiter  nach  Süden  hin  entfaltet  der  Mumbo- 
Djumbo  seine  Thätigkeit  zur  Bestrafung  böser  oder 
unzüchtiger  Weiber.  Der  Mann  selbst  oder  einer  seiner 
Freunde  kommen  vermummt  dahin,  wo  alle  Weiber 
des  Ortes  versammelt  werden,  lässt  die  zur  Bestrafung 
Auserkorene  an  einen  Baum  binden,  bläut  sie  unter 
dem  Gespött  der  übrigen  Anwesenden  weidlich  durch 
und  kehrt  behufs  Abwerfung  seiner  Vermummung  in 
den  Wald  zurück. 

Dergleichen  Geheimbünde  existiren  in  Inner-  und  in 
Westafrika  noch  eine  Menge  anderer,  zum  Theil  erst 
sehr  wenig  bekannter.  Im  Gabungebiet  gibt  es  sogar 
Frauenorden.  Alle  diese  geheimen  Gesellschaften  finden 
ihre  Entstehung  inmitten  unsicherer,  barbarischer  Zu- 
stände in  dem  Bedürfnisse,  eine  gewisse  Möglichkeit 
zur  Handhabung  von  Gesetz  und  Ordnung  herbeizuführen. 
Die  Thätigkeit  solcher  Geheimbünde  streift  oftmals  an 
die  germanisch-mittelalterlichen  Einrichtungen  der  Feme, 
des  Haberfeldtreibens,  der  gesteiften  Hotzenwirthschaft 
und  anderer  zum  Theil  ungeordneter  Coalitionen  der  Ritter- 
und Raubperiode  oder  ihrer  Folgezeiten.  Gewisse  nigri- 
tische  Geheimbünde  haben  freilich  einen  durchaus  politi- 
schen Charakter,  der  ja  wol  manchmal,  wie  jener  alte 
Empacasseiro-Orden  der  Kimbunda,  humanistische  und 
speciell  patriotische,  zuweilen  aber  auch  egoistische, 
herrschsüchtige,  selbst  socialpolitische  Zwecke  verfolgen 
kann,  wie  sie  z.  B.  im  Klu-Klux-Klan  verworfener  Yankee- 
auswürflinge ihr  getreues  Abbild  verrathen.  Ja,  ein- 
zelne der  Geheimbünde,  welche  ihre  Entstehung  einer 
fanatisch-religiösen  Zerknirschung  verdanken,  erinnern 
durch  die  von  ihren  Mitgliedern  erstrebten  Erfolge  in 
geheim  betriebener  Vernichtung  von  Menschenleben  an 


Häusliche  Einrichtungen  n.  s.  w.  der  Afrikaner.     267 

die  schreckliche  Wirksamkeit  der  indischen  Thugs  oder 
Plansigars,  dieser  frenetischen  Verehrer  der  blutdürsti- 


12,     KrUp^  J(fg<Ji  Fischfang  u.  s.  n\ 

Das  Heer-  und  Kriegswesen  der  Aegypter  zeigte 
bereits  einen  beträchtlichen  Grad  von  Organisation. 
Die  Kriegerkaste  bildete  damals  einen  für  sich  abge- 
schlossenen Stand,  welcher  in  die  Hauptabtlieilungen 
der  Hermotybier  und  Kalasyrier  zerfiel.  Alle  Krieger 
waren  erbliche  Berufssoldaten.  Jede  der  beiden  er- 
wähnten Abtheilungen  umfasste  die  aus  einer  Anzahl 
bestimmter  Gaue  oder  Districte  herstammenden  Mann- 
schaften; die  Krieger  galten  für  durchaus  edel  und 
hatten  ihre  Vorrechte;  jeder  Einzelne  erhielt  ein  etwa 
11 — 12  Morgen  grosses  Ackerland  zur  ausschliesslichen 
Bebauung.  Tausend  Hermotybier  und  ebenso  viele 
Kalasyrier  setzten  immer  die  Leibwache  des  Königs  zu- 
sammen. Die  Leibgarden  erhielten  ausser  den  Feldern 
noch  täglich  zur  Beköstigung  eine  bestimmte  Menge 
Brot,  Rindfleisch  und  Wein.  Die  jungen  Krieger  wur- 
den von  Exercirmeistern  eingeübt;  an  der  Spitze  der 
Armee  stand  ein  Feldherr;  streitbare  Könige  zogen 
persönlich  mit  in  den  Krieg  hinaus.  Es  gab  Wagen- 
kämpfer und  Fusssoldaten;  letztere  gingen,  wie  die 
alten  Bildwerke  und  Malereien  bezeugen,  im  Tritt 
und  kämpften  in  wohlgeordneten  Abtheilungen.  Es 
fehlte  dabei  nicht  an  Feldmusik.  Der  Belagerungskrieg 
hatte  so  gut  seine  Taktik  aufzuweisen  wie  der  Feld- 
krieg; man  bediente  sich  beim  Angriff  auf  eine  Festung 
der  im  Alterthume  so  beliebt  gewesenen  Testudo-Kan- 
girung,  der  Sturmleitern  u.  s.  w.  In  der  Schlacht 
wurden  die  Angriffsbewegungen  streng  in  Reih  und 
Glied  und  streng  auf  Commando  ausgeführt.  Selbst 
die  Bogenschützen  operirten  in  dieser  Art  und  Weise. 
Im    Lagerdienst   verfuhr    man   durchaus   nach    den    Er- 


268  Drittes  Buch. 

fordernissen  der  Mannszucht.  Eine  Art  Brand-  und 
Lagerwache  sorgte  für  die  Sicherheit  der  Raststätten;, 
trafen  an  diesen  Patrouillen  aufeinander,  so  verstän- 
digten sich  deren  Führer  mittels  verabredeter  Erken- 
nungszeichen. An  Spitze  eines  derartig  eingerichteten 
Heerwesens  konnten  thatkräftige  Pharaonen  wol  die 
halbe  damals  bekannte  Welt  erobern.  Jedenfalls  war 
unter  den  altägyptischen  Verhältnissen  die  Colonisirung- 
der  Kriegsleute  von  gutem  Erfolge  für  das  Gemeinwohl; 
denn  während  des  Einfalles  der  Hyksos,  d.  h.  der 
syrisch -arabischen  Hirtenvölker  und  auch  während 
desjenigen  der  Aethiopen  ( Nubier )  in  Aegypten 
wurde  der  Kriegerkaste  ihr  Lehnsacker  genommen;  die 
Soldaten  wurden  damit  andern  für  niedriger  gehaltenen 
Beschäftigungsweisen  in  die  Arme  getrieben  und  wurde 
damit  die  Widerstandskraft  des  Landes  allmählich  unter- 
graben. Im  Besitz  der  Vorrechte  fühlte  sich  im  Lande 
und  im  Zeitalter  strengen  Kastengeistes  der  Kriegs- 
mann stolz  und  patriotisch  genug,  sein  Land,  an  dessen 
Cultivirung  er  persönlichen  Antheil  hatte,  tapfer  und 
energisch  zu  vertheidigen.  Eine  Colonisirung  ihrer 
Truppen  befolgten  später  die  Aloaner-  und  die  Funje- 
Sultane  von  Sennar.  Etwas  Aehnliches  richteten  die 
alten  Djagga,  die  Waraasay,  Kimbupda  von  Bihe,  die 
Amatebele  und  Amazulu  ein.  Unter  allen  diesen  Völ- 
kern handelte  es  sich  um  eine  Colonisirung  und  syste- 
matische Erziehung  der  Kriegsvölker  in  Mannszucht 
und  Waffenhandhabung.  Stämme,  deren  Kriegsleute 
eine  derartig  in  sich  geschlossene,  aristokratisch-krie- 
gerische Organisirung  und  Drillung  die  ihrige  nannten, 
vermochten  gegenüber  den  locker  gefügten,  schlecht 
ausgebildeten  und  zuchtlosen  Haufen  ihrer  Gegner  als 
erfolgreiche  Eroberer  aufzutreten.  Wir  haben  übrigens 
bereits  oben  bemerkt,  wie  die  Fechtweise  der  Amazulu 
in  geschlossenen  Gliedern  und  mit  mächtigen  zum  festen 
Einlegen  brauchbaren  Stosslanzen  diesem  wilden  Volke 
so  oftmals  zum  Siege  verholfen  hat.  Wenn  sie  jetzt 
den    Engländern   einen   unvorbereitet   kräftigen  Wider- 


I  .1  11  I  Uli  l  Ulli 


r  Afrikaner.     200 


stand  entgOLjciisetzen,  so  liegt  aas  /um  Tlieil  wol  nocli 
in  ihrer  i\\\oi\  Krieu^führung  als  mehr  geordnete  Masse, 
wobei  ihnen  zur  Zeit  das  .wirksamere  Feuergewehr  (an 
Stelle  oder  neben  der  Lanze)  ganz  besonders  zu  statten 
kommt. 

Von  den  Wamasay  erzählte  mir  C.  von  der  Decken, 
dass  sie,  mit  grossen  Schildern  und  Stosslanzen  bewehrt, 
in  L'  '  '  'nen  Scharen  vorrückten,  dann  in  schnellem, 
woh.  >ten   Niederducken    den  Pfeilschüssen,    den 

meist  ungeschickt  gezielten  Gewehrsalven  und  Speer- 
würfen ihrer  Gegner  zu  entgehen  suchten  und  endlich, 
oahe  genug  avancirt,  in  gewaltigem  Choc  und  mit  wil- 
dem Geschrei  den  Feind  zu  werfen  suchten.  Es  er- 
innert dies  durchaus  an  die  Kampfweise  der  Amazulu. 
Auch  sollen  gewisse  südliche  Galastiimme  in  ähnlicher 
"Weise  kämpfen;  nur  führen  letztere  keine  grossen 
Schilde  mit  sich. 

In  ungeordneten  Haufen  gehen  dagegen  viele  Gala, 
die  Somal,  Abyssinier,  Bedja,  die  Berta,  die  Nigritier 
des  weissen  Nilgebietes,  diejenigen  der  weiten  Gebiete 
des  Innern  und  des  Westens  von  Afrika  ins  Gefecht. 
Es  fehlt  diesen  Leuten  durchaus  nicht  an  persönlichem 
Mutb;  sie  unternehmen  ihre  Angriffe  mit  Feuer,  Leiden- 
schaft, mit  Verwegenheit  und  Todesverachtung.  Dabei 
handhaben  sie  die  Lanze,  das  Schwert,  den  Trumbasch 
(S.  121),  das  Messer,  das  Streitbeil  und  die  Keule  mit 
unleugbarer  Meisterschaft.  Der  Nigritier  vermag  bei 
seiner  kräftigen,  zum  Theil  sogar  mächtigen  Körper- 
beschaffenheit mit  seinen  Stoss-,  Hieb-  und  Schlagwaffen 
schwere  Verletzungen  auszutheilen;  allein  er  handelt 
selten  nach  durchdachtem  Plan,  selten  mit  System. 
Seine  Angriffscolonnen  sind  (ohne  die  erwähnten  Aus- 
nahmen) vielfach  zu  ungleich  gesäet;  hier  zeigen  sich 
dichte  Schwärme,  dort  lichte  Haufen;  alles  marschirt, 
läuft  und  springt  alsdann  wild  durcheinander.  Die 
Pauke,  Trommel,  Schalmei  und  das  Hörn  (S.  196)  machen 
dabei  einen  fürchterlichen  Lärm,  welcher  womöglich 
noch   übertönt    wird    durch    das   Gebrüll,    Geheul    und 


270  Drittes  Buch. 

Gejohl  der  Kämpfenden.  Bei  den  Ostafrikanern,  na- 
mentlich den  Bedja  und  Abyssiniern,  ist  der  Anprall, 
auch  der  Reiter  zu  Droraedai"  und  Ross  ein  meist  hef- 
tiger. Es  gehört  für  den  Gegner  ein  nicht  unbeträcht- 
licher Grad  von  Kaltblütigkeit  und  Unerschrockenheit 
dazu,  einen  solchen  Choc  auszuhalten;  wird  aber  der 
letztere  zurückgewiesen,  so  reisst  leicht  Muthlosigkeit 
in  den  Reihen  des  Feindes  ein.  Die  Nigritier  laufen 
in  ihren  gegenseitigen  Kriegen  meist  wild  aufeinander 
los,  sie  stossen,  schlagen  und  balgen  sich  alsdann  nach 
Art  von  BuUenbeissern  miteinander  herum.  Gewöhnlich 
dauert  es  nicht  sehr  lange  und  die  eine  oder  andere 
Partei,  welche  eine  beträchtlichere  Anzahl  Leute  ver- 
loren hat,  läuft  davon.  Seltener  kommt  es  zu  wirklich 
grossen,  lange  dauernden  und  blutigen  Schlachten,  die 
dann  aber  auch  mit  schrecklicher  Verbissenheit  ausge- 
kämpft werden.  Abyssinier,  Somal  und  Gala  haben 
die  abscheuliche  Sitte,  ihre  todten  oder  verwundeten 
Feinde  zu  entmannen  und  eine  ähnliche  Procedur  auch 
an  den  Überfallenen  Weibern,  ja  selbst  an  kleinen  Kin- 
dern auszuüben.  Die  scheussliche  Trophäe  wird  im 
Triumph  nach  Hause  gebracht.  Ebenso  geschah  es,  wie 
die  Bildwerke  und  Inschriften  beweisen,  schon  bei  den 
alten  Aegyptern,  unter  welchen  aber  auch  abgehauene 
Hände  und  Ohren  als  Siegesbeute  mit  Sorgfalt  verzeichnet 
wurden.  Manche  Gala-Stämme  streifen  die  abgeschnit- 
tene Vorhaut  des  erlegten  Feindes  über  ihr  linkes 
Handgelenk,  lassen  sie  hier  auftrocknen,  schneiden  aber 
die  übrigen  Theile  der  Trophäe  in  Stücke  und  graben 
letztere  unter  gellenden  Verwünschungen  in  den  Bo- 
den ein. 

Die  Afrikaner  schiessen  mit  dem  Feuergewehr 
meistens  nicht  gut.  Einige  Abtheilungen  der  Berabra, 
Faruch  (S.  168),  Zulu  und  Aschanti  mögen  hierin 
grösseres  Geschick  erzielt  haben.;  im  Durchschnitt  lässt 
sich  das  aber  doch  nicht  behaupten.  Besser  wissen  alle 
die  Leute  mit  den  S.  269  erwähnten  Handwaffen  um- 
zugehen. 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     271 

Die  ungeordneten  Haufen  der  Berbern,  Bedja,  Abys- 
sinier  und  vieler  Nigritier  haben  mit  seltenen  Aus- 
nahmen wohldisciplinirten  europiiisclien  oder  selbst 
landsnmnnischen,  aber  nach  unserni  Muster  gedrillten 
r  fnüber  den   kürzern    gezogen.      Einem  mit 

iv  t   und  mit  Priicision   durchgeführten  Feuer- 

gelecht,  sowie  einem  mörderischen  Geschützangriff  wird 
auch  der  unerschrockenste  Anprall  der  undisciplinirten 
afrikanischen  Haufen  unterliegen.  Beispiele  sind  die 
siegreichen  Gefechte  der  Aegypter  bei  Bara  und  Mana- 
watschi  gegen  die  Furer,  bei  Belenian  und  Masindi 
gegen  Bari  und  AVanyoro,  der  Engländer  bei  Arogi 
gegen  die  Abyssinier  und  am  Prah  gegen  die  Aschanti, 
ferner  die  zahllosen  einzelnen  Aflairen  während  der 
Katlernkriege.  Dagegen  beweisen  die  Niederlagen  der 
Engländer  unter  Sir  Charles  Maccarthy  bei  Adaraprah 
durch  die  Aschanti,  bei  Sandschlwan  (fälschlich  Isan- 
ilula)  durch  die  Zulu,  diejenigen  der  Aegypter  bei 
'•  let  und  Gura  gegen  die  Abyssinier,  dass  auch  um- 
L-hrt  einmal  die  disciplinirte  Truppe  trotz  besserer 
Bewaffnung  dem  ungeordneten,  an  Zahl  überlegenen 
und  fanatisirten  Haufen  wilder  oder  halbwilder  Feinde 
gegenüber  den  kürzern  ziehen  könne. 

In  die  Uniform  gesteckt,  sorgfältig  einexercirt,  gut 
Ijewaffnet  und  geführt,  geben  der  ägyptische  Fellach, 
ler  algierische  Berber  und  der  Nigritier  einen  gehor- 
samen, genügsamen  und  tapfern  Soldaten  ab,  der  sich 
luch  recht  wohl  zum  Angriffskriege  verwenden  lässt. 
Selbst  im  Auslande  hat  sich  dies  bew^ährt.  Die  Turcos 
haben  sich  im  Deutsch-Französischen  Kriege,  die  Fellach- 
soldaten in  Syrien  und  Kleinasien  (1829 — 41),  sowie 
im  ersten  Donaufeldzug  (1854— 55),  die  Negersoldaten 
der  Holländer  haben  sich  in  Ostindien,  die  Sudan- 
bataillone Ludwig  Napoleon's  haben  sich  in  Mexico  als 
treue  und  muthige  Krieger  geführt.  Uebrigens  ver- 
langen, dem  ürtheile  aller  competenten  Beobachter  zu- 
folge die  nigritischen  regelmässigen  Truppen  eine  sehr 
taktvolle  Behandlung.     Man    muss   sie    zwar  freundlich 


272  Drittes  Buch. 

und  zutraulich,  aber  trotzdem  sehr  strenge  verwalten. 
Die  Führer  dieser  Leute  müssen  Männer  von  Eisen 
sein  und  dürfen  das  Pulver  nicht  scheuen.  Auch  soll 
man  sie  nicht  ungerecht  und  gehässig  tractiren,  denn 
diese  heissblütigen  Söhne  Aethiopiens  sind  leicht  zur 
Aufsässigkeit  geneigt.  J.  Pallme,  ein  alter  Kenner  und 
sehr  gewiegter  Beurtheiler  nordostafrikanischer  Zustände, 
bemerkt  mit  Recht,  „dass  der  in  der  Freiheit  erwach- 
sene Neger  seinem  Vorgesetzten  unter  die  Augen  tritt 
und  die  Befehle  erwartet;  werden  ihm  nun  diese  so 
ertheilt,  dass  sein  Ehrgefühl  oder  sein  freier  Sinn  da- 
bei nicht  angetastet  wird,  so  kann  auch  der  Vorgesetzte 
versichert  sein,  dass  sie  pünktlich  ausgeführt  werden. 
Doch  wehe,  wenn  der  Vorgesetzte  es  wagen  wollte, 
mit  harten  Worten  oder  durch  Mishandlungen  einen 
Soldaten  zur  Verrichtung  seines  Dienstes  zu  zwingen, 
sein  Leben  wäre  augenblicklich  gefährdet  und  ein  Auf- 
ruhr der  ganzen  Truppe  könnte  weitere  üble  Folgen 
haben,  was  auch  schon  geschehen  ist".  Ich  selbst,  der 
ich  viel  mit  schwarzen  Soldaten  persönlich  zu  thun 
gehabt,  kann  obige  Angaben  Pallme's  nur  bestätigen. 
Widerholte  schreckliche  Aufstände  der  nigritischen  Sol- 
daten, durch  entsprechend  häufige  Treubrüche  der 
ägyptischen  Regierung  hervorgerufen,  so  z.  B.  derjenige 
zu  Tamanjat  (1844)  und  der  von  Taka  (1862),  haben 
gezeigt,  wie  gefährlich  solche  Menschen  werden  kön- 
nen, wenn  man  sie  immer  wieder  von  neuem  auf  rück- 
sichtslose Weise  reizt  und  maltraitirt. 

Vorzügliches  leisten  afrikanische,  namentlich  nigri- 
tische  Kriegsleute  in  der  Vertheidigung.  Wie  helden- 
müthig  wehrten  sich  doch  selbst  kleine  Mengen  sehr 
schlecht  bewaffneter  Berta  und  Noba  gegen  die  an 
Zahl  überlegenen,  gut  armirten  und  disciplinirten 
Aegypter,  sobald  letztere  die  Berge  jener  Wilden  be- 
hufs Erwerbung  von  Sklaven  zu  stürmen  versuchten. 
Die  Angegriffenen  hatten  die  Ihrigen  und  ihr  Vieh 
vorher  auf  den  von  ihnen  bewohnten  Berg  gebracht. 
Ein   solcher   meist    &us   Granit   oder   anderm  Urgestein 


lluusluUc  Kmnclitunpren  u.  b.  w.  der  Afrikaner.     273 

gebildet,  mit  losen,  grossem  und  kleinem  HKicken  über- 
8&et,  war  durch  verhauartijre  Ausfüllung  der  zwischen 
den  Blöcken  befindlichen  Lücken  in  eine  natürliche 
Festung  umgewandelt  worden.  Wenn  nun  die  von  den 
Aegyptem  in  Position  gebrachten  Geschütze  gegen  einen 
solchen  Berg  losdonnerten,  wenn  die  beutegierige  In- 
fanterie in  Tirailleurketten  und  geschlossenen  Sturm- 
colonnen  die  Abhänge  zu  erklimmen  suchte,  so  war 
jeder  Vertheidiger  an  seinem  Platze.  Dann  schleuderte 
man  vergiftete  Lanzen  gegen  den  Feind,  man  suchte 
ihn  mit  Handwaften,  Steinen,  Holzscheiten  und  mit 
Krügen  voll  heissen  Wassers  zurückzutreiben.  Oftmals 
gab  es  einen  schweren,  langewährenden  Kampf  und  von 
der  Zinne  manches  Bergs  der  freien  Schwarzen  musste 
die  stümiende  Truppe  zerschlagen  und  blutend  sich 
unverrichteter  Sache  zurückziehen. 

In  den  Kriegen  der  Afrikaner  gegeneinander  wird 
nach  altbarbarischer  Sitte  das  eroberte  Land  verwüstet, 
es  werden  die  Städte  geplündert  und  häufig  verbrannt, 
die  Gefangenen  werden  abgeführt;  letztere  schlachtet 
und  verspeist  man  oder  man  opfert  sie  der  „grossen 
Sitte",  weit  häufiger  aber  bringt  man  sie  in  die  Skla- 
verei. 

Die  Afrika  seit  Menschengedenken  verwüstenden 
Kriege  gingen  grossentheils  aus  der  Begierde  hervor, 
Sklaven  zu  erwerben.  Erst  die  vollständige  Unter- 
drückung des  Sklavenhandels  wird  die  kriegerischen 
Gelüste  der  afrikanischen  Häuptlinge  und  Völker  massi- 
gen, bei  ihnen  der  Entwickelung  friedlicher  Gewerbe 
Vorschub  leisten  und  damit  einem  für  diese  reichen 
Länder  dereinst  vielleicht  erreichbaren  Grad  der  Civili- 
sirung  die  Wege  ebenen. 

Es  dürfte  wol  noch  interessant  sein,  die  nähern  Ver- 
hältnisse in  einigen  der  grössern  Nigritierstaaten  bei 
eintretendem  Kriegsfall  kennen  zu  lernen.  Wenn  z.  B. 
in  Aschanti  ein  solcher  hereinbricht,  so  wird  der  das 
Heer  befehligende  Cabocir  dadurch  bestätigt,  dass  ihm 
der    König   eins   der    kurzen  Schwerter   mit    goldenem 

Habtmavk.  ]  S 


274  Drittes  Buch. 

Heft  übergibt  und  ihm  damit  dreimal  leicht  das  Haupt 
schlägt.  Der  Cabocir  schwört  dann,  das  Schwert  von 
Feindesblut  geröthet  zurückzubringen.  Zugleich  wird 
ein  das  Heer  begleitender  Sprecher  des  Königs  ernannt, 
um  nach  siegreichem  Kampf  die  Unterhandlungen,  die 
Friedensbedingungen  zu  führen  und  festzustellen.  Kommt 
es  zur  Schlacht,  so  hält  sich  der  Oberbefehlshaber  im 
Rücken  des  Heeres.  Von  Schirmträgern,  Musketieren 
und  Musikanten  umgeben,  unternimmt  der  Feldherr 
während  des  Getümmels  mit  vornehmen  Cabocirs  ein 
Spiel,  indem  er  damit  seinen  Kriegern  durch  erheuchelte 
Gleichgültigkeit  und  Zuversicht  zu  imponiren  sucht; 
man  bringt  ihm  währenddessen  die  Köpfe  der  getödteten 
Feinde  und  er  setzt  seinen  Fuss  darauf.  Die  dem  Ober- 
befehlshaber zunächst  unterstellten  Cabocirs  und  deren 
Gefolge  treiben  die  Weichenden  mit  Schwerthieben  in 
den  Kampf  zurück  und  stossen  ohne  Gnade  jeden  nieder, 
der  nicht  sofort  gehorcht.  Die  Unterhäuptlinge  führen 
das  Kriegsvolk  in  den  unmittelbaren  Kampf;  es  wird 
dabei  Salve  um  Salve  abgegeben  und  nach  jeder  der- 
selben wird  stetig  vorgerückt.  Endlich  sucht  man  den 
Feind  im  Handgemenge  zu  überwältigen.  Da  jeder 
Cabocir  seine  besondere  Hörnermelodie  hat  (S.  197), 
die  zugleich  als  Signal  im  Kriege  dient,  so  wissen  alle 
Soldaten  des  Heeres  mitten  in  der  Schlacht,  wo  gerade 
ihre  Anführer  sich  befinden,  mögen  letztere  nun  avan- 
ciren  oder  retiriren.  Dadurch  wird  eine  gewisse  Ein- 
heit in  die  Bewegungen  des  zur  Zeit  engagirten  Heer- 
körpers gebracht.  Jeder  Armee  folgen  eine  Anzahl 
Fetischpriester;  sie  sind  die  Feldgeistlichen  dieses  Volks 
von  Halbbarbaren;  dieselben  reissen  einigen  Feinden 
das  Herz  aus  und  bereiten  unter  vielerlei  Zauberkram 
namentlich  mit  geweihten  Kräutern  für  diejenigen, 
welche  noch  niemals  einen  Feind  getödtet  hatten,  eine 
Speise  aus  der  scheusslichen  Trophäe.  Damit  sucht 
man  die  Geister  der  getödteten  Gegner  zu  versöhnen. 
Der  König  und  seine  Grossen  sollen  das  Herz  eines 
berühmten  Feindes  unter  sich  theilen;    sie  tragen  aber 


lUusIiche  Einrichtungen  u.  t.  w.  der  Afrikaner.     275 

die  kleinern  Knochen  und  Zähne  erlegter  Fürsten  mit 
sich.  Wie  in  Dahome,  werden  die  Kriegstrommeln  mit 
den  Oberschädeln  und  den  Unterkiefern  der  besiegten 
Feinde  verziert.  Kehrt  ein  B^eldherr  siegreich  aus  dem 
Kriege  zurück,  so  wartet  er  zwei  Tage  lang  vor  der 
Hauptstadt,  um  den  Gruss  des  Königs  und  damit  die 
Krlaubniss  zu  erhalten,  seinen  festlichen  Einzug  be- 
werkstelligen zu  dürfen.  Berühmten  Feldherren  gab 
man  früher  Beinamen  je  nach  der  (stets  bestialischen) 
Art  und  Weise,  in  welcher  sie  die  von  ihnen  gemachten 
Kriegsgefangenen  abzuschlachten  pflegten.  Es  erinnert 
das  an  die  in  den  alten  verhültnissmässig  so  hoch  civili- 
sirten  assyrischen  Staaten  beliebt  gewesenen  Proceduren. 
In  unsern  Tagen  scheint  übrigens  die  Sitte  der  Aschantis 
nach  der  Richtung  hin  eine  nicht  ganz  unwesentliche 
Milderung  erfahren  zu  haben.  Wie  man  mir  sagte,  ist 
solcher  Umschwung  einigen  in  Europa  erzogenen  Aschanti- 
prinzen und  dem  Einfluss  der  maurisch- islamitischen 
Missionare  (S.  207)  zuzuschreiben. 

Ein  Aschantiheer  führt  übrigens  auf  dem  Marsche 
nur  den  jedem  Einzelnen  zugetheilten  Vorrath  an  Sor- 
ghum- und  Maismehl  mit  sich,  welches  Product  mit  dem 
ersten  besten  Wasser  vermischt,  gegessen  wird;  neben- 
bei kaut  man  die  sehr  analeptische  Kola-  oder 
Gurunuss.  Ein  ähnliches  Beispiel  von  Enthaltsam- 
keit findet  sich  bei  nicht  wenigen  nigritischen  Stämmen, 
denen  der  Krieg  noch  eine  Lust  ist.  Kochfeuer  dürfen 
im  Felde  principiell  nicht  angezündet  werden,  um  da- 
durch nicht  etwa  den  Feind  anzuziehen.  Jedes  Heer 
wird  auch  von  einer  Anzahl  noch  junger  Krieger  be- 
gleitet, denen  die  Tödtung  und  Plünderung  der  nur 
verwundeten  Feinde  obliegt.  Es  erinnert  das  sehr  an 
ähnliche  Einrichtungen  im  Heerwesen  der  Djagga,  A- 
Bantu  und  anderer  nigritischer  Stämme. 

Wenn  die  Kimbunda  ins  Feld  rücken,  so  werden 
dazu  nicht  nur  das  stehende  Heer,  die  sogenannten 
Elefantensöhne  oder  Mukan  Djamba,  welche  sonst 
(ähnlich  den  Zulu)  um  ihren  Soba  her  in  dessen  Palis- 

18* 


276  Drittes  Buch. 

sade  leben,  sondern  auch  die  Milizen  aufgeboten. 
Die  Elefantensöhne  rekrutiren  sich  aus  unruhigen,  des- 
peraten Elementen  des  eigenen  Landes  und  aus  aus- 
ländischen Flüchtlingen.  Die  Soldaten  hier  dienen  ohne 
Sold  und  ohne  Kleider,  erhalten  aber  die  Hälfte  der 
Kriegsbeute;  sie  befinden  sich  daher  fortwährend  auf 
Raubzügen.  Ihre  Waffen  bestehen  in  langen  Flinten, 
Assagaien,  Dolchen  und  kurzen  Holzkeulen;  letztere, 
die  Hunyas,  haben  grosse  Aehnlichkeit  mit  den  Keulen 
der  A-Bantu.  Ein  solches  Corps  sucht  seinesgleichen 
an  wildem,  wüstem  Daraufgehen,  Plündern,  Sengen  und 
Brennen.  Die  Kimbundasoldaten  zerfallen  in  Hoka  zu 
je  2 — 400  Mann;  jede  Hoka  untersteht  dem  Commando 
eines  Soma-Katito  oder  Hauptmanns;  über  diesen  steht 
wieder  der  Soma-n'-ükan-Djamba  oder  Oberfeldherr, 
der  stets  aus  der  Zahl  der  nächsten  Verwandten  des 
Soba  gewählt  wird.  Ihre  Kriegszüge  gegen  die  Nach- 
barvölker, die  sie  nach  Magyar  nur  in  der  trockenen 
Jahreszeit  unternehmen,  bezwecken  blos  Raub  und  werden 
unter  irgendeinem  beliebigen ,  meist  schlechtgewählten 
Vorwande  eingeleitet.  So  z.  B.  wird  ein  Nachbarland 
bezichtigt,  durch  Zauberei  den  Regen  vertrieben,  eine 
Hungersnoth  oder  Epidemie  veranlasst  zu  haben  u.  dgl. 
Der  Soba  verkündet  dann  dem  Adel  seinen  Entschluss 
zum  Kriege  und  fordert  ihn  auf,  sich  mit  seinen  Hoka 
am  Orte  des  Rendezvous  bereitzuhalten.  Freilich 
leistet  der  Adel  nicht  immer  Folge,  besonders  wo  keine 
beträchtliche  Beute  in  Aussicht  steht.  In  solchen  Fällen 
pflegt  der  Fürst  gute  Miene  zum  bösen  Spiel  zu  machen 
und  die  widerspenstigen  Edelleute  nicht  zur  Verant- 
wortung zu  ziehen.  Haben  sich  die  bewaffneten  Scharen 
an  einem  bestimmten  Orte  versammelt,  so  werden  sie 
in  die  Hoka  eingetheilt;  jede  der  letztern  hat  ihre 
eigene  Fahne  (von  gestreiftem  Zeuge)  und  ihren  Soma- 
Katito.  Mit  grosser  Schnelligkeit  operirend,  überfallen 
sie  den  Feind  unvermuthet  und  liefern,  wo  dieser 
Widerstand  leistet,  ohne  weiteres  eine  blutige  Schlacht. 
Nach   erfochtenem   Siege    metzeln    sie    die   Kinder   und 


Häusliche  Einrichtungen  \i.  9.  w.  der  Afrikaner.    277 

.......  Leute  nieder,  die  arbeitsluhigen  Gelungenen  kop- 
peln sie  zusammen  und  schleppen  sie  in  die  Sklave- 
rei. Was  irgend  transportabel  ist,  wird  geraubt,  das 
Uebrige  verwüstet  und  verbrannt.  Dann  kehren  sie 
möglichst  schnell  in  die  Heimat  zurück,  weisen  die 
gemachte  Beute  dem  Oberbefehlshaber  vor  und  wenden 
sich  mit  ihrem  Antheil  zu  ihren  Familien;  hier  wer- 
den sie  mit  Lobpreisungen  empfangen,  dann  gibt  es 
Schmausereien  und  andere  Vergnügungen  zu  Ehren 
der  siegreichen  Krieger  und  ist  die  gewonnene  Beute 
bald  verprasst.  Oftmals  verheimlichen  die  einzelnen 
Soldaten  einen  Theil  der  von  ihnen  gemachten  Beute, 
wiewol  für  ein  solches  Vergehen  nicht  nur  der  Schul- 
dige, sondern  selbst  seine  ganze  Familie  in  die  Sklaverei 
geschleppt  werden. 

Das  afrikanische  Weib  tritt,  namentlich  unter 
Xigritierstämmen,  häufig  aus  dem  ihm  von  der  Natur 
angewiesenen  Kreise  seiner  Wirksamkeit  heraus  und 
nimmt  an  den  Handlungen  des  öffentlichen  Lebens  einen 
recht  warmen  Antheil.  Abgesehen  von  Königinnen 
und  weiblichen  Clans-Häuptlingen,  die  seit  den  Zeiten 
des  ägyptischen  und  äthiopischen  Alterthums  von  sich 
reden  gemacht  (ich  erinnere  nur  an  die  grossen  Pha- 
raonenweiber und  Pharaonentöchter,  an  die  Candacen, 
die  Tem-Bana-Dumba,  Anna  Xinga  u.  s.  w.),  gibt  es 
auch  viele  sonst  unbemerkt  bleibende  kri'egerische 
Weiber,  welche  ihr  Leben  im  Felde  verbringen  und 
dem  wilden  afrikanischen  Schlachtendienst  mit  Feuer- 
eifer und  Cynismus  obliegen.  Wer  möchte  nicht  an 
die  Amazonentruppen  der  Könige  von  Dahome  erinnert 
werden,  die,  in  Regimenter  und  Bataillone  eingetheilt, 
zu  den  gefahrlichsten  Affairen  eines  selten  rastenden 
Eroberungskriegs  benutzt  werden.  Meist  aus  Skla- 
vinnen rekrutirt,  zum  Theil  ältlich  und  verblüht,  zum 
Theil  noch  jung  und  anmuthig,  mit  Antilopenhörnern 
und  bunten  Kappen,  mit  gestreiften  Tunicas  u.  s.  w. 
herausgeputzt,  mit  langen  Schiessprügeln  von  zum  Theil 
recht    veralteter    Form    und   mit   Dolchen    ausgerüstet. 


278  Drittes  Buch. 

geben  solche  Amazonen  an  martialischer  Aufgeregtheit 
und  an  Blutdurst  keiner  männlichen  Truppe  jenes  bar- 
barischen Staats  etwas  nach.  „Wir  haben  dir  Atta- 
pam  vernichtet,  gib  uns  auch  Abbeokuta!"  so  kreisch- 
ten 4ie  Amazonen  ihrem  Gebieter  Gezo  zu,  als  sie  von 
dessen  Anschlägen  gegen  die  letztere  aufblühende  Han- 
delsstadt vernommen  hatten.  Jedermann  hat  bereits  ge- 
sehen, wie  diese  Weibertruppen  sich  damals  vor  Abbeo- 
kutas  Wällen  aufgeführt  (S.   252). 

Stanley  fand  auch  den  Kaiser  Mtesa  von  Uganda 
im  Besitz  seiner  Amazonengarde.  „Sie  sind  alle  an- 
muthig  und  braun,  mit  schönen  jungfräulichen  Busen. 
Am  auffälligsten  erscheint  uns  aber  die  Wirkung  der 
Disciplin.  Jene  schüchternen  und  wachsamen  Augen, 
welche  sie  auf  den  Monarchen  richten,  um  seinen  leise- 
sten Wunsch  zu  errathen,  beweisen,  dass  sie,  wie  er- 
geben sie  ihm  auch  sein  mögen,  doch  offenbar  auch 
noch  bei  andern  Scenen,  als  bei  denen  der  Liebe  zu- 
gegen gewesen  sind." 


Wenige  Länder  der  Erde  bieten  so  reiche  Jagd- 
gründe dar  wie  Afrika,  die  Heimat  jener  riesigen 
Vertreter  der  Affen-,  Katzen-,  Wiederkäuer-  und  Dick- 
häuterfamilien, der  grossen  Raub-  und  Laufvögel,  Rep- 
tilien u.  8.  w.  Auf  den  ausgedehnten  Steppengebieten 
und  in  den  lichten  Buschwäldern  dieses  Continentes 
sammeln  sich  gewisse  gesellige  Säugethiere  und  Vögel 
zu  unermesslichen  Scharen,  welche  je  nach  den  Er- 
fordernissen der  Jahreszeit  und  des  Nahrungsbedürf- 
nisses weite  gemeinschaftliche  Wanderungen  unterneh- 
men. Noch  bis  in  unsere  Tage  hinein  waren  es  nament- 
lich die  prairieartigen  Flächen  des  Capgebietes,  auf  de- 
nen die  Unsummen  von  beisammenlebenden  Antilopen 
der  verschiedensten  Arten,  der  gestreiften  Einhufer, 
der  Strausse  u.  s.  w.  das  Erstaunen  unserer  Reisenden 


280  Drittes  Buch. 

und  die  Bewunderung  der  Leser  ihrer  Beschreibungen 
erregt  haben. 

Als  Prinz  Alfred  von  England  im  Jahre  1860  das 
Capland  bereiste,  veranstalteten  die  dortigen  Boers  ihm 
zu  Ehren  am  24.  August  desselben  Jahres  ein  Kesseltreiben^ 
bei  welchem  ein  ganzer  Kafferstamm  die  Treiber  und 
Schützen  abgab  und  wol  gegen  20 — 30,000  Antilopen 
zusammengetrieben  wurden.  Jetzt  dürfte"  es  dort  mit 
den  schönen  Jagdzeiten  vorüber  sein  und  es  muss 
jemand  schon  weit  in  die  Kalihari  und  darüber  hinaus 
nördlich  nach  den  zwischen  24  nnd  17^  südl.  Br.  befind- 
lichen Ländern  hineinreisen,  um  grössere  Antilopenrudel 
beieinander  zu  sehen.  Indessen  bieten  verschiedene 
Gegenden  Afrikas  noch  so  manche  unentweihte,  reiche 
Jagdgründe  dar. 

Unter  den  Pharaonen  wurde  die  Jagd  bereits  als 
noble  Passion  betrieben.  Die  Bildwerke  der  Retu 
sind  voller  anziehender  und  recht  deutlich  erkennbarer 
Jagdscenen;  so  sieht  man  z.  B,  zu  Theben  eine  Jagd- 
darstellung, wo  Mohorrantilopen  (Antilope  dama)^  Ga- 
zellen (Ant.  dorcas),  Sömmerringsantilopen  (Ant.  Soem- 
meringü)^  Difasas  (Ant.  defassa),  Säbelantilopen  (Ant. 
leucoryx)^  Steinböcke  (Ihex  sinaiticiis) ,  Hasen  (Lepus 
acgyptiacus)^  Igel  (Erlnaceus  aetlüopiciis)  u.  s.  w.,  Scha- 
kale, gestreifte  Hyänen  (darunter  Weibchen  mit  Jungen) 
und  Strausse  abgebildet  sind.  Auch  Wasserjagden, 
wobei  der  noch  jetzt  in  Nubien  übliche  Wurfstock  gegen 
harmloses  Wad-  und  Schwimmgevögel  lebhaft  in  Ge- 
brauch gesetzt  wurde,  waren  sehr  beliebt.  Selbst  Fluss- 
pferde jagte  man  damals  noch  im  ägyptischen  Nil,  wo 
sie  schon  seit  Jahrhunderten  nicht  mehr  anzutreffen 
sind. 

In  Aegypten  und  im  Magreb  der  Khalifenzeit 
hatte  sich  von  Persien  und  Kleinasien  her  eine  andere 
Art  Sport  eingebürgert,  nämlioh  die  Falkenbeize, 
der  noch  jetzt  einige  Grosse,  namentlich  der  intelli- 
gente und  liebenswürdige  Prinz  Halim-Pascha,  mit  Er- 
folg  obliegen.     Man   richtete   hier   wol    seit   alters  den 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     2f<\ 

hauptsächlich  aus  Westasien  herübergebrachten  (in 
Aegypten  seltenen)  Sakr-el-hor  (Falco  tanf/ptcrus)^  den 
'^'  '  ^;ihini  (K  sacer)  und  den  Wanderfalken  (F. 
($)  ab.  Man  beizt  hier  mit  den  Falken  Ga- 
zellen, Hasen  und  Gevögel;  selten  und  nur  in  Erman- 
trehinir  eines  Bessern,  etwa  nach  Art  resignirter  Sonn- 
r,  lässt  man  die  Falken  auf  Ichneumonen  oder 
:r|.. ...»;.. äsen  stossen. 

Im  ägyptischen  Delta  und  im  Magreb  jagt  man  noch 
das  Wildschwein,  in  verschiedenen  Districten  der  Ber- 
berei,  in  Cyrenaica,  Konstantine  u.  s.  w.  jagt  man  noch 
den  Löwen,  den  Panther,  die  Hyäne  und  den  Wolfs- 
bund (Cauis  lupaster^  Antims).  Hier  erblüht  noch  die 
heroisch-poetische  Seite  des  Jagdvergnügens.  Männer 
wie  J.  Gerard,  K.  Zill,  E.  Tissot  u.  s.  w.  sind  keineswegs 
ausgestorben. 

Einen  grossen  Wildreichthum  birgt  Abyssinien  sowol 
in  seinen  tiefer  gelegenen  buschreichen  Savannen  (Kolla), 
als  in  dem  Mittelgebirge  (Woena-Dega)  und  im  Hoch- 
gebirge (Dega).  Während  hier  Heerden  mächtig  grosser 
Tscheiada-  und  Hamadryas-Paviane  an  den  abschüssigen 
Felswänden  der  Hochpics  umherklettern,  wühlt  das 
Hasama-  oder  Larvenschwein  in  den  abgefallenen  Laub- 
schichten der  wilden  Banane  (S.  128),  wogegen  grosse 
Antilopen,  wie  der  Agazien  (Antilope  cuflu),  die  Difasa 
(S.  280)  und  das  Besä  (Ant.  Bcisa),  der  Gösch  oder 
Büflfel  (Bos  caffcr),  das  Auraris  oder  Nashorn  und  der 
Elefant  in  der  Kolla  weiden.  Leider  ist  der  Abyssinier 
im  allgemeinen  kein  Jäger  und  auch  selten  finden  sich 
in  dem  weiten  Lande  einzelne  kühne,  namentlich  dem 
Agauvolke  entsprossene  Leute,  welche  mit  ihrem  schwe- 
ren Luntengewehr  den  Königen  der  Wälder  mit  Erfolg 
auflauem. 

Grossartige  Jagdgründe  eröffnen  sich  noch  immer 
im  Gebiete  des  obern  Atbara  und  seiner  Zuflüsse,  in 
den  um  die  Berge  der  Fundj  hergelegenen  und  in  den 
sich  zwischen  Kordofan  und  Dar-Fur  erstreckenden 
(Kadzia-)Steppen.     Hier   sind   es   neben  Tekarine    und' 


282  Drittes  Buch. 

Fundje  besonders  Bedja,  welche  der  Jagd  obliegen. 
Unter  den  Homran  und  Bagara  gibt  es  immer  eine 
Anzahl  Agagir,  d.  h.  die  „Schwertjäger"  S.  W.  Baker's 
repräsentirender  Leute.  Diese  desperaten  Kerle  sind 
beflissen,  den  Elefanten,  das  Rhinoceros  und  den  Büffel 
mit  ihrem  langen  Sudanschwert  (S.  119)  anzugreifen. 
Sie  gebrauchen  letztere  wuchtige  Hiebwaffe  entweder 
einhändig  vom  Rücken  des  Pferdes  oder  Dromedars 
herunter  oder  zweihändig  und  dann  zu  Fuss.  Im  letz- 
tern Falle  bewickeln  sie  den  unterhalb  der  Parir- 
stange  befindlichen  Theil  der  Klinge  mit  Zeug  oder 
mit  Leder,  nehmen  das  Heft  in  die  linke,  den  um- 
wickelten Theil  der  Klinge  in  die  rechte  Hand  und 
vollführen  so  ihre  Streiche  mit  dem  freien  scharfge- 
schliffenen und  wohlgefetteten  Klingentheil.  Gewöhn- 
lich gehen  mehrere  Agagir  zugleich  auf  die  Jagd;  sie 
setzen  sich  entweder  nackt  oder  nur  in  den  Hüften 
mit  der  immerhin  etwas  unbequemen  Ferdah  (S.  107) 
umgürtet,  auf  das  blanke  oder  gesattelte  Pferd.  Han- 
delt es  sich  um  die  Jagd  eines  Elefanten,  so  wird  dieser 
von  einem  der  Reiter  durch  Zuruf  und  Geberden  zur 
Wuth  gereizt  und  begibt  sich  auf  die  Verfolgung  des 
Feindes;  die  übrigen  Reiter  halten  dem  Koloss  dicht 
nach;  mitten  im  tollen  Laufe  springt  einer  der  Agagir 
vom  Pferde  und  schlägt  dem  Elefanten  mit  seinem 
Schwerte  die  Achillessehne  durch.  Nicht  häufig  bedarf 
es  widerholter  Hiebe  auf  die  erwähnte  sehr  empfind- 
liche Stelle.  Das  also  verwundete  Thier  kann  bald 
nicht  weiter  vom  Fleck  und  wird  alsdann  ohne  Schwie- 
rigkeit getödtet.  Die  Agagir  der  Bagara  bedienen  sich 
selten  des  Schwertes,  sondern  öfter  einer  Lanze  mit  langer 
breiter  Spitze,  die  einer  der  abgesessenen  Reiter  dem 
in  erwähnter  Weise  attakirten  Elefanten  in  den  zwischen 
Geschlechtstheil  und  Afteröffnung  befindlichen,  ziemlich 
hohen  und  von  weicherer  Haut  bedeckten  Raum  ein- 
stösst.  Dass  es  bei  so  tollkühnen  Jagden  öfters  nicht 
ohne  Unglücksfälle  für  die  Agagir  abgeht,  lässt  sich 
wol  begreifen. 


H&08liche  Einrichtungen  u.  8.  w.  der  Afrikaner.     283 

Der  vorzügliche  Botaniker  und  Reisende  Th.  Kotscliy, 
hat  in  seinen  hinterlassenen  Tagebüchern  mit  lebhafter 
Farbe  die  grossen  Jagden  geschildert,  welche  alljährlicli 
in  den  S.  280  erwähnten  Kadzinsteppen  stattfinden. 
Koch  vor,  sowie  gleich  nach  der  Regenzeit  machen  die 
dort  wohnenden  Nomadenstämme  je  eine  grosse  Treib- 
jagd und  zwar  auf  einem  zwei  bis  drei  Tagereisen  weit 
sich  erstreckenden  Terrain.  Alle  Kamele,  Pferde  und 
Ochsen  werden  bestiegen  und  mit  Wasserschläuchen  be- 
laden. Die  ganze  MenscUenmasse  beginnt  nun  das 
Wild  zusammenzutreiben,  welches  nach  dem  Orte  des 
Verderbens  weichen  muss;  in  einem  Thale  werden  über 
zehn  Stunden  weit  Schlingen  gelegt  und  die  Zwischen- 
räume mit  Holz  verkleidet,  dass  die  Thiere  nur  durch 
einzelne  leere  Gassen  entwischen  können.  Auf  der 
Seite,  hinter  dem  Thale,  reiten  Beduinen  zu  Pferde  und 
tödten  die  gefangenen  Thiere,  bevor  diese  Zeit  bekom- 
men, die  Schlingen  zu  durchreissen.  Am  letzten  Tage 
wird  der  Jubel  am  tollsten;  dann  wird  oft  die  Hälfte 
der  Schlingen  von  den  grössern  Thieren  fortgeschleppt, 
manchmal  selbst  entkommen  dieselben  noch;  häufig 
springen  aber  auch  die  Reiter  hinterher,  stossen  den 
Opfern  ihre  Speere  in  die  Seiten  oder  zerechlagen  ihnen 
mit  dem  Schwerte  die  Hinterfüsse  (s.  oben).  Die  Re- 
gierung ist  davon  unterrichtet,  dass  da  oft  an  einem 
einzigen  Tage  über  300  Stück  zusammengeschlachtet 
werden.  Die  Nomaden  bezahlen  dann  auch  ihre  Steuern 
an  die  Aegypter  mit  grossen  Schläuchen  aus  Antilopen- 
haut. In  Kairo  und  Alexandria  sind  alle  jene  riesigen 
Ledersäcke,  deren  ein  Kamel  nur  zwei  zu  tragen  ver- 
mag, aus  jener  Gegend;  sie  sind  theils  durch  Kaufleute, 
theils  durch  die  Regierung  von  dorther  gebracht  wor- 
den. Die  in  der  Kadzia  getödteten  Thiere  sind  haupt- 
sächlich Säbel-,  Kudu-,  Besä-,  Addax-,  Mohorr-  und 
Kuhantilopen,  Buschböcke,  Rothböcke,  Gazellen  und 
Büffel.  Schekh  Ismail  und  der  Bei  in  El-Obed 
(Kordofan)  bestätigten  die  Angaben  Kotschy's  unter 
Vorzeigung     ungeheuerer,     durch     die     Nomaden     der 


284  Drittes  Buch. 

dortigen  Gegend  eingelieferter  Vorräthe  von  Schläu- 
chen.'*^ 

In  ähnlicher  Weise  wird  die  Jagd  bei  den  Abu-Rof, 
Fundj  u.  s.  w.  betrieben.  Manche  grössern  Arten,  wie 
Öreas,  Oryx^  Damalis ^  Kohus  und  Acgoceros  wehren 
sich  übrigens,  verwundet  und  in  die  Enge  getrieben, 
ganz  verzweifelt. 

Die  Bedjanomaden  benutzen  zur  Jagd  auf  kleinere 
Antilopen  auch  Schlingen,  welche  nach  Rueppell  auf 
folgende  Avi  bereitet  werden:  ein  acht  Zoll  grosses 
kreisförmiges  Geflecht  mit  durchlöcherter  Mitte  und 
halbsteifen  convergirenden  Rippen  verbirgt  man  in 
nambarer  Anzahl  über  spanntiefe  Sandgruben,  da 
wo  die  Gazellen  ihren  gewöhnlichen  Pfad  haben;  eine 
Strickschlinge  mit  daran  befestigtem  dicken  Knüppel 
liegt  darüber;  tritt  das  sorglos  einhergehende  Thier 
auf  eins  der  Geflechte,  so  befestigen  selbige  die  halb- 
steifen Rippen  an  dem  einsinkenden  Fuss,  und  beim 
Aufheben  zieht  sich  die  darüberliegende  Schleife  der 
Schlinge  zu;  das  davoneilende  erschrockene  Thier  zer- 
schlägt sich  mit  dem  Knüppel  selbst  die  Beine  und 
wird  nun  von  den  Hunden  ereilt.  Letztere,  welche 
auch  zur  Jagd  auf  Hasen,  Mouflons  (Ovis  tragelaphns)^ 
Stachelschweine,  Aö'en  und  Antilopen  benutzt,  gehören 
der  schon  bei  den  alten  Aegyptern  beliebt  gewesenen, 
grossen  (oft  sehr  schönen)  Windspielrasse  an,  welche 
häuflg  steif  emporgerichtete  Ohren  und  einen  nach  oben 
eingerollten  Schwanz  zeigt.  Auch  die  Berbern  Nord- 
afrikas benutzen  den  Windhund  —  Slughi  —  unter 
welchen  es  prachtvoll  gestaltete  Exemplare  und  aus- 
gezeichnete Solofänger  gibt. 

In  Nubien  existirt  eine  Art  Jägerkaste,  im  Ber- 
berinischen  Hauauit  genannt,  die  wie  die  abyssinischen 
Woeto,  hauptsächlich  der  Flusspferd-  und  Krokodiljagd 
obliegen.  Früher,  als  im  nubischen  Nil  die  Flusspferde 
(llippopotamns  amplnhins)  noch  häufiger  waren,  hatte 
die  Kaste  noch  mehr  Bedeutung  als  jetzt;  indessen 
wird  die   von  jener   ausgeübte   Fangmethode   noch    zur 


''    asiuin'   iMiincutuiigrii   u.   ^.   \n.   iut  Ali  main-r,     2^^i) 

Zeit  111  Seniiar  und  in  Tnka  befolgt.  Man  bedient  sicli 
einer  Harpune,  deren  Spitze,  spatelförniig  und  haar- 
scharf, auch  mit  Widerhaken  verschen  ist;  diese  Spitze 
ist  iu  einen  llolzschaft  eingefügt  und  durch  einen  Leder- 
strick mit  dem  langen  Leitseile  verbunden.  An  Jetzterui 
hängt  ein  Klotz  von  leichtschwiramendem  Ambatchholze 
(Jlcimhiiera  daphroxylon).  Man  wirft  die  Harpune 
von  Kähnen  oder  von  Uferklippen  und  Uferbiinken  aus 
auf  das  Thier;  der  Schaft  fällt  von  der  Spitze  ab,  wenn 
diese  in  das  erschreckt  in  die  Weite  eilende  Ungeheuer 
eingedi'ungen  ist.  Der  Schwimmklotz  deutet  die  Stelle 
an,  wo  sich  das  Flusspferd  in  den  Fluten  verborgen 
hält;  das  Seil  wird  angezogen,  neue  Harpunen  werden 
geschleudert.  Oft  kostet  es  dem  wüthend  gewordenen 
Geschöpfe  gegenüber  einen  heissen  Kampf,  ehe  es  end- 
lich gelingt,  diesem  mit  einer  Lanze  das  Rückenmark 
zu  durchstechen.  Ist  ein  Elefant,  ein  Nashorn  oder 
Flusspferd  erlegt  worden,  so  verlässt  den  sonst  so 
massigen  Bedja  seine  Natur;  alt  und  jung  eilen  herbei, 
um  den  Cadaver  zu  zertheilen  und  dessen  Fleisch,  oft 
nur  ganz  oder  halb  roh,  zu  verzehren.  Wie  hungerige 
Wölfe  schneiden  und  schinden  die  Leute  an  dem  Körper 
herum  und  lassen  nach  kürzester  Zeit  kaum  eine  Spur 
von  seiner  Muskulatur  übrig. 

Die  Nigritier  benutzen  als  Jagdwaffen  ausser  dem 
Feuergewehr  den  Bogen  und  die  Lanze,  seltener,  so 
z.  B.  die  Banyay,  die  langgeschäftete  Streitaxt;  letztere 
wird  dann  in  ähnlicher  Weise  benutzt,  wie  das  Schwert 
von  den  Agagir.  In  gewissen  Districten  Guineas,  bei 
den  Niam-Niam  und  Manyema  blüht  die  Gorilla-  und 
Chimpansejagd.  Da  wo  in  Guinea,  am  Ogowe  und  in 
Mayombe  der  Gorilla  und  manche  Varietäten  des  Chim- 
panse  vorkommen,  wird  ihnen  von  nigritischen  Jägern, 
namentlich  Schekiani,  arg  zugesetzt,  schon  um  die  vielen 
Nachfragen  der  europäischen  Naturalienhiindler  und 
Thiergartendirectoren  zu  befriedigen;  man  schiesst  die 
Thiere  mit  Musketen.  So  stark  diese  Bestien  auch  sind 
und    so   verzweifelt    sie    sich,    in   die   Eng^   getrieben, 


286  Drittes  Buch. 

auch  wehren  können,  so  halten  sie  doch  meist  einem  be- 
herzten Angriffe  gegenüber  nicht  stand.  Die  Wildheit  und 
Kraft  des  Gorilla  sind  beträchtlich  und  dennoch  von 
dem  bekannten  Abenteurer  Du  Chaillu  sehr  übertrieben 
worden.  Die  Niam-Niam  fangen  den  Mandjaruma 
(Schweinfurth's  Varietät  des  Chimpanse)  in  den  Bäumen 
mit  Netzen  und  Lanzen;  sie  tödten  ihn  aus  Jagdlust 
und  seines  Fleisches  wegen.  Aehnlich  verfährt  man 
in  Manyema  dem  Soko  gegenüber,  wol  auch  nur  eine 
Abart  des  Chimpanse. 

Antilopen,  Giraffen,  Büffel,  Elefanten  und  Nashörner 
fängt  der  Nigritier  in  bedeckten  Gruben,  an  deren 
Boden  auch  wol  spitze  Pfähle  angebracht  sind,  auf 
denen  sich  die  herunterfallenden  Thiere  spiessen.  Zu- 
weilen gehen  auch  Löwen,  Hyänen  und  andere  Raub- 
thiere  in  diese  Gruben  hinein;  sie  werden  dann,  wenn 
jung  und  weiter  nicht  verletzt,  lebend  herausgezerrt 
oder  von  oben  her  mit  Lanzen  u.  s.  w.  getödtet. 

In  den  Kimbundaländern  finden  wie  bei  den  Niam- 
Niam  und  andern  Völkern  des  Herzens  von  Afrika, 
in  den  trockenen  Monaten,  wenn  das  Gras  verdorrt  ist, 
und  leicht  verbrannt  werden  kann,  grosse  Jagden  statt. 
Die  Bewohner  mehrerer  Ortschaften  versammeln  sich 
zum  bestimmten  Jagdtage  mit  Gewehren  und  Bogen; 
dann  wird  im  Walde  das  dürre  Gras  angezündet  und 
es  gibt  nunmehr  einen  heftigen  Brand.  Der  ganze  heim- 
gesuchte Raum  wird  von  Jägern  umstellt,  die  nun  das 
erschreckte  und  vor  dem  Feuer  flüchtende  Wild  zu 
Hunderten  niederschiessen;  dabei  kommt  es  aber  vor, 
dass  die  in  dem  Feuerkreise  eingeschlossenen  grössern 
Raubthiere,  wie  Löwen  und  Leoparden,  beim  Durch- 
brechen in  ihrem  Schreck  und  in  ihrer  Wuth  die  Jäger 
zerfleischen. 

Zu  andern  malen  errichten  die  Jagdmeister  oder 
Wakongo  einen  klafterhohen  Zaun,  ein  Mundeo;  in 
diesem  sind  in  engen  Abständen  Oeffnungen  und  an 
diesen  sind  wieder  Fallen  angebracht.  Letztere  sind 
in    folgender    Weise    eingerichtet:     An     einem     gerade 


UHH  l\,l 


1.  s.  Nv.  der  Afrikaner.      287 


1  Baume  wird  in  geneigter  Richtung  ein  grosses, 
Holzstück  angelehnt  und  mittels  eines  höl- 
zeiuea  Zapfens  befestigt,  an  welchem  eine  dünne  Leine 
angebracht  ist,  die  in  der  Quere  über  die  Oeffnung 
des  Zauns  gezogen  wird.  Geht  nun  ein  Thier  durch 
diese  Oeffnung  hindurch,  so  stösst  es  an  die  Leine, 
zieht  diese  straff,  der  Zapfen  geht  heraus  und  der 
herabfallende  Klotz  erschlägt  das  Thier.  Es  erinnert 
diese  Fangmethode  an  die  nach  Prinz  Max  von  Neu- 
wied bei  den  ostbrasilianischen  Flüssen  (z.  B.  am  Jequi- 
tinhonha,  Paranahyba  u.  s.  w.)  üblichen  Mundeos.  Viel- 
leicht sind  letztere  durch  die  Portugiesen  und  deren 
schwarze  Sklaven  nach  Brasilien  verpflanzt  worden. 

Die  Flusspferde  werden  in  der  ganzen  Südhälfte 
Afrikas  in  Fallgruben  gefangen  oder  durch  Wurf-  und 
durch  Fallharpunen  getödtet.  Letztere  beruhen  etwa 
auf  dem  Princip  der  Mundeos,  nur  dass  bei  ihnen  das 
Fallholz  nicht  stumpf,  sondern  mit  einer  womöglich 
noch  vergifteten  Lanzenspitze  versehen  ist. 

Eine  grossartige  Fanganlage  für  Säugethiere  be- 
schreibt Livingstone  bei  den  zu  den  Betchuana  ge- 
hörenden Bakuena;  es  ist  das  des  Hopo.  Derselbe 
besteht  aus  zwei  Verhauen  oder  Hecken  in  Gestalt  des 
Buchstabens  V,  welche  in  der  Nähe  des  Winkels  sehr 
hoch  und  dicht  sind;  anstatt  dass  aber  beide  Hecken 
im  Winkel  zusammenstossen,  sind  sie  so  angelegt,  dass 
sie  eine  schmale  Gasse  von  etwa  fünfzig  Armlängen 
bilden,  an  deren  Ende  eine  Grube  von  6  —  8  Fuss  Tiefe 
und  12 — 15  Fuss  Breite  und  Länge  angebracht  ist. 
Ueber  die  Ränder  der  Grube  sind  Baumstämme  gelegt, 
besonders  über  den  Rand  zunächst  der  Stelle,  wo  die 
gehetzten  Thiere  in  das  Loch  hinunterspringen  sollen 
und  auf  der  gegenüberliegenden  Seite,  über  welche  sie, 
wie  man  voraussetzt,  versuchen  werden  zu  entkommen, 
wenn  sie  hinuntergefallen  sind;  die  Stämme  hängen  so 
lose  über  den  Rand,  dass  sie  das  Entkommen  beinahe 
unmöglich  machen.  Das  Ganze  ist  sorgfältig  mit  kurzen, 
grünen  Binsen  bedeckt,   wodurch   die  Vertiefung   einer 


288  Drittes  Buch. 

versteckten  Fallgrube  ähnlich  wird.  Da  die  Hecken 
gewöhnlich  ungefähr  eine  (englische)  Meile  lang  sind 
und  an  ihren  Enden  etwa  ebenso  weit  voneinander  ab- 
stehen, so  kann  ein  Stamm,  der  um  die  Grube  herum 
einen  Kreis  von  3 — 4  Meilen  bildet  und  nach  und 
nach  näher  zusammenrückt,  daraufrechnen,  eine  grosse 
Menge  Wild  (Büffel,  Zebras,  Giraffen,  Halbmond-,  Har- 
tebeest-,  Schwarzfussantilopen,  Gnus,  Nashörner  u.  s.  w.) 
einzuschliessen.  Dies  wird  dann  unter  Geschrei  nach 
dem  engen  Theile  des  Hopo  getrieben,  die  dort  ver- 
steckten Männer  schleudern  ihre  Wurfspeere  unter  die 
bestürzten  Rudel  hinein,  die  erschreckten  Thiere  rennen 
immer  weiter  bis  zu  der  Oeffnung,  die  sich  am  Ende 
der  zusammenlaufenden  Hecken  befindet,  und  stürzen 
in  die  Grube,  die  sich  bis  zum  Rande  füllt  und  einem 
lebenden  Knäuel  ähnlich  zu  sein  scheint.  Manche  ent- 
kommen, indem  sie  über  die  andern  hinwegspringen. 
Es  ist  ein  grässlicher  Anblick:  die  Männer,  vor  Auf- 
regung wild,  stossen  mit  wahnwitzigem  Vergnügen  die 
lieblichen  Thiere  nieder,  andere  von  diesen  armen  Ge- 
schöpfen, vom  Gewicht  ihrer  todten  und  sterbenden 
Leidensgefährten  zu  Boden  gedrückt,  müssen  ersticken, 
und  oft  gewahrt  man,  wie  bei  ihren  letzten  Versuchen, 
sich  aufzuraffen,  die  ganze  Masse  auf  und  nieder- 
wogt. 

Auch  die  Vogelwelt,  welche  in  Afrika  durch  so 
zahlreiche,  in  Gestaltung,  Befiederung  und  Lebensweise 
80  merkwürdige  Arten  vertreten  ist,  liefert  den  Ein- 
geborenen des  Welttheils  eine  ausgesuchte  Jagdbeute. 
Namentlich  sind  es  die  vielen  Arten  der  Wildtauben, 
der  Stein-,  Francolin-  und  Perlhühner,  der  TrajDpen, 
Gänse  und  Enten,  welche  Gegenstand  eines  emsigen 
Jagdbetriebes  werden.  Dem  Strauss  wird  natürlich 
überall  nachgestellt;  denn  die  stets  einen  edeln,  male- 
rischen Schmuck  bildenden  Federn  dieses  Riesenvogels 
sind  für  alle  Culturepochen,  seit  den  Pharaonenzeiten 
durch  die  Periode  des  mittelalterlichen  Ritterthums  und 
der   Renaissance    hindurch   noch   bis   auf    den  heutigen 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     289 

Tag  beliebt  geblieben.  In  Nord-  und  Ostafrika  wird 
der  Straiiss  zu  Pferde  oder  zu  Dromedar  gehetzt  und, 
wenn  ermüdet,  mit  dem  Stock  erschlagen.  Die  Danakil 
suchen  das  Thier  zu  Fuss  auf,  locken  dasselbe  durch 
Schalmeienmusik  und  erschiessen  es  mit  vergifteten 
Pfeilen.  Die  Wanderobo  und  andere  Ostafrikaner 
stecken  an  den  Legeplätzen  dieser  Vögel  vergiftete 
Pfeile  mit  den  Spitzen  nach  oben  zwischen  die  Eier 
und  bedecken  sie  lose  mit  Sand.  Die  Strausse  (es 
brüten  abwechselnd  Männeben  und  Weibchen)  verletzen 
sich  und  sterben  nach  wenigen  Zuckungen.  Die  Busch- 
männer, überaus  geschickte  und  muthige  Jäger  wie 
auch  Fallensteller,  werfen  eine  mit  den  Federn  prä- 
parirte  Haut  des  Vogels  über  den  Kopf,  ahmen  dessen 
Bewegungen  nach,  machen  die  neugierigen  Strausse 
sicher  und  schiessen  sie  ebenfalls  mit  vergifteten 
Pfeilen  nieder.  Krokodile  werden  harpunirt,  grosse 
Warneidechsen  werden  zum  Theil  mit  Hunden  gespürt, 
Riesenschlangen  werden  todtgeschlagen.  Man  verzehrt 
das  Fleisch  der  Krokodile  und  Warner,  benutzt  den 
Moschus  der  erstem  als  Parfüm,  von  den  Schlangen 
das  Fett,  die  Haut  u.  s.  w. 


Die  Fischerei  ist  in  vielen  Gegenden  Afrikas  zu 
Hause.  In  einzelnen  Ländern,  z.  B.  in  Abyssinien,  sucht 
man  die  Fische  durch  ins  Wasser  gebrachte  (vegetabi- 
lische) Gifte  zu  betäuben,  um  sie  alsdann  mit  Bequem- 
lichkeit einheimsen  zu  können.  Das  Fleisch  der  Thiere 
wird  durch  einen  solchen  Betäubungsprocess  nicht  giftig 
oder  anderswie  ungeniessbar  gemacht.  Bekanntlich  ist 
diese  Fangmethode  auch  in  den  Guyanas,  in  Brasilien, 
in  Peru  sowie  in  noch  andern  Erdgegenden  üblich. 
Uebrigens  werden  die  Fische,  unter  denen  namentlich 
die  verschiedenen  Welsarten  grosse,  zum  Theil  selbst 
mächtige  Exemplare  liefern,  mit  Angeln,  Netzen,  Reusen 
gefangen,  sie  werden,  so  z.  B.  am  Weissen  Nil,  vom 
Floss  oder  Boot  aus  harpunirt  u.  s.  w.    Viele  sehr  rohe, 

Habtxaitv.  19 


2<J0  Drittes  Buch. 

auch  in  grosser  Dürftigkeit  lebende  Afrikaner,  wie  die 
Doko,  Abongo,  Buschmänner  u.  s.  w.,  stellen  selbst 
Thieren  nach,  die  schon  auf  S.  146  aufgeführt  worden 
und  nicht  mehr  als  Objecto  eines  Jagdbetriebs  auf- 
ijefasst  werden  können. 


13.    Sklaverei. 

Die  Sklaverei,  bekanntlich  eine  uralte  Einrichtung, 
wurde  ursprünglich  auf  Kriegsgefangene  ausgedehnt. 
Hierzu  kam  der  Selbstverkauf  aus  Verschuldung  oder 
auch  augenblicklicher  Lebensnoth.  Der  Verkauf  von 
Kindern  oder  von  sonstigen  Angehörigen  durch  die 
Aeltern  oder  durch  Verwandte  andern  Grades,  sowie 
durch  die  Regierenden  oder  durch  mächtige,  auch  an- 
dern Lebensstellungen  angehörende  Personen  bildet  nur 
eine  weitere  Entwickelungsform  dieser  den  Menschen  zu 
einem  willen-  und  rechtlosen  Gegenstande  herabwür- 
digenden Einrichtung.  Afrika  war,  soweit  die  ältesten 
Documente  der  Pharaonenzeit  reichen,  vor  andern  von 
jeher  das  Land  der  Sklaverei.  Wie  ich  bereits  früher 
andeutete,  halte  ich  dies  Buch  nicht  für  den  Ort,  um 
darin  über  die  so  viel  besprochene  Angelegenheit  des 
Sklavenhandels  von  neuem  eine  Discussion  zu  er- 
öfifnen.  Ich  beabsichtige  hier  nur,  die  auf  die  Skla- 
verei bezüglichen  öffentlichen  und  Privatverhältnisse 
in  einigen  Gebieten  des  schwarzen  Continents  einer 
kurzen  Betrachtung  zu  unterwerfen. 

Der  Islam  gestattet  die  Sklaverei.  Im  moham- 
medanischen Aegypten  starrt  alles  von  weissen,  abyssi- 
nischen  und  schwarzen  Sklaven.  Es  gab  noch  bis  vor 
kurzem  eine  Zeit,  in  welcher  die  Märkte  voll  waren 
von  weissen  Mädchen  (Garieh-Beda),  abyssinischen  Mäd- 
chen (Garieh-IIabeschieh)  und  schwarzen  Mädchen  (Ga- 
neh-Sudeh).  Erstere  kamen  aus  den  Kaukasusländern, 
die  abyssinischen  aus  den  amharischen,  Gala-  und  Sö- 
dama-Gebieten,    die    schwarzen    aus    ganz    Mittel-    und 


näusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     21)1 

Ostsudan.  i'..- ..  v  .m  solcher  Waare  auch  jetzt  noch 
nicht  gänzlich  fehlt,  haben  wir  schon  früher  (S.  170J 
A  iesen.  E.  W.  Lane  erzählt,  dass  oft  junge 
.^che  Mädchen  als  aus  fernen  Ländern  her- 
stamuiendo  Sklavinnen  verkauft  würden,  entweder  von 
ihren  Aeltern  oder  von  andern  Anverwandten.  Solche 
Mädchen  würden  mit  ihrer  eigenen  Zustimmung  ver- 
handelt, indem  man  ihnen  vorspiegele,  dass  reiche  Klei- 
der und  grosse  Pracht  ihrer  warteten.  Man  gibt  ihnen 
auf,  zu  sagen,  dass  sie  im  frühen  Lebensalter  von  drei 
bis  vier  Jahren  aus  ihrer  Heimat  fortgeführt  seien  uud 
dass  sie  ihre  Landessprache  vergessen  hätten,  daher 
nur  noch  arabisch  reden  könnten.  Bei  der  im 
allgemeinen  sehr  ausgeprägten  physischen  Aelmlichkeit 
zwischen  den  Fellachmädchen  und  den  Bewohnerinnen  der 
abyssinischen  wie  der  Galaprovinzen  ist  ein  solcher 
Betrug  wohl  ausführbar.  Ich  glaube  getrost  versichern 
zu  können,  dass  es  selbst  einem  tüchtigen  Kenner 
der  afrikanischen  Menschenwelt  schwer  werden  dürfte, 
nach  reiner  Autopsie  des  Aeusserlichen  ein  dunkles 
Feilächmädchen  von  einer  jungem  Gala  oder  Södama 
zu  unterscheiden.  Der  Sklave  des  Mohammedaners  muss 
den  Islam  annehmen.  Aus  solchen  Leuten  sind  oftmals 
recht  fanatische  und  erfolgreiche  Vorkämpfer  der  Reli- 
gion des  Propheten  hervorgegangen.  Mit  Hülfe  bi- 
goter  und  kriegerischer  Sklaven  haben  die  Khalifen 
sicherlich  mehr  ausgerichtet,  als  mit  ihrer  kampfes- 
scheuen, stammverwandten  Gesellschaft  aus  Syrien,  Ned- 
sched  u.  dgl.  Die  Guss  oder  Mamlukken,  welche  so 
lange  die  Zügel  der  Regierung  des  Nilthals  in  Händen 
gehabt,  waren  bekanntlich  ehemalige  weisse  Sklaven 
und  dabei  recht  fanatische  Gläubige.  Selbst  die  be- 
rüchtigte osmanische  Kriegerkaste  der  Yasaki  oder 
Janitscharen  bestand  ja  ursprünglich  aus  Christensklaven 
und  gewaltsam  rekrutirten  Kindern  der  Raja  oder  christ- 
lichen Unterthanen  der  Pforte.  Was  diese  wüsten,  aber 
tapfern  Truppen  in  islamitischem  Fanatismus  geleistet 
haben,  erzählt  uns  die  Weltgeschichte. 

19* 


292  Drittes  Buch. 

In  mohammedanischen  Ländern  wird  der  Sklave  im 
allgemeinen  gut  gehalten.  Er  fühlt  sich  häufig  voll- 
kommen als  Kind  im  Hause,  erlaubt  sich  mancherlei 
Freiheiten  und  sieht  mit  Geringschätzung  auf  die  gemie- 
theten  Diener  herab.  Selbst  der  dürftige  Bedja  hält  seine 
Sklaven,  denen  er  Feldbestellung  und  Hirtendienst  zu- 
muthet,  während  er  selbst  lieber  den  Krieg  und  die 
Jagd  pflegt,  im  allgemeinen  gut. 

Bekanntlich  haben  unter  den  Mohammedanern  die 
Unsitte  der  Vielweiberei,  die  ganze  Haremswirthschaft 
und  der  Cynismus  der  geschlechtlichen  Leidenschaft 
Veranlassung  zur  Anfertigung  und  zum  Verkaufe  der 
Eunuchen  gegeben.  Diese  bedauernswerthen  Unwesen 
stehen  in  manchen  mohammedanisch-afrikanischen  Staa- 
ten in  gutem  Ansehen,  erlangen  Aemter  und  Würden 
—  sie  werden  zuweilen  die  absoluten  Stützen  der  Re- 
gierenden. So  verabscheuungswürdig  die  ganze  Ein- 
richtung nun  auch  erscheint,  so  wenig  wir  gesonnen 
sind,  von  selten  jener  misgestalteten ,  oftmals  sehr  lau- 
nischen und  unliebsamen  Halbmänner  hervorragend 
Gutes  zu  erwarten,  so  müssen  wir  dennoch  anerkennen, 
dass  aus  den  Reihen  der  in  mittelafrikanischen  Län- 
dern thätig  gewesenen  Eunuchen  auch  einige  wirklich 
tüchtige,  selbst  im  Kriegsdienste  erprobte  Männer,  wie 
z.  B.  der  Besiegte  von  Bara,  der  tapfere  Misallim-el- 
Machdura,  hervorgegangen  sind. 

Bei  den  Nigritiern  Ost-  und  Centralafrikas  ist  der 
Sklave  theils  Handelsgut,  theils  wird  er  hier  zu  häus- 
lichen Zwecken  benutzt.  Keineswegs  selten  verfällt  er 
dem  Menschenopfer  oder  gar  dem  rohen  Gelüste  der 
Menschenfresserei.  Im  allgemeinen  ist  auch  hier  die 
Behandlung  der  einmal  in  einer  Familie  heimisch  ge- 
wordenen Sklaven  keine  böse.  Selbst  bei  rohen  Heiden 
nehmen  letztere  häufig  die  Stellung  von  wohl  gelittenen 
Familiengliedern  ein;  ihr  Stolz  bläht  sich  auch  hier 
ebenso  wol  auf  wie  unter  den  Mohammedanern.  Eine 
Ausnahme  machen,  wie  bei  den  Bekennern  der  letztge- 
nannten Religion,    die   Pagazi  oder   Träger,    welche  in 


ii  lusijclic  Liunchtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     293 

Krmani?eliing  von  Lastthieren  den  Waarentransport  in 
Innerat'rika  besorgen.  Diese  Leute  müssen,  unter  der 
Fuchtel  hab-  und  beutegieriger  Herren  stehend,  häufig 
genug  die  furchtbarsten  Strapazen  aushalten  und  er- 
Hegen dabei  nicht  selten,  namentlich  in  Fällen  des 
Marodewerdens,  der  allergrausamsten  Behandlung. 

Aehnlich  ist  das  Verhältniss  der  Sklaven  in  den  heid- 
nischen Staaten  der  Guinealänder.  Man  begegnet  hier 
wie  überall  in  Afrika  vielen  Zügen  von  gutmüthiger 
Rücksichtnahme  des  Herrn  auf  seine  Sklaven.  Die 
Wolof  oder  Jolof  überweisen  einem  ihrer  Sklaven  (oder 
einem  armen  Freien)  allabendlich  denjenigen  Antheil 
des  Spätmahls,  welcher  symbolisch  für  einen  vor  kur- 
zem Verstorbenen  bestimmt  worden  ist.  Nicht  ganz 
selten  verheirathet  man  einen  würdigen  Sklaven  mit 
der  leiblichen  Tochter  oder  mit  einem  andern  weib- 
lichen Familiengliede.  Das  Emporkommen  von  Sklaven 
zur  Häuptlings-  oder  Fürstenwürde  bildet  keinen  unge- 
wöhnlichen Fall.  Bei  grausamer  und  willkürlicher  Be- 
handlung ist  es  in  mehrern  guineensischen  Ländern  den 
Sklaven  gestattet,  sich  einem  andern  Herrn  zu  über- 
antworten. Sie  können  eine  gewisse  Zeit  für  ihre  eigene 
Tasche  arbeiten,  und  die  ihnen  für  Vernachlässigungen 
u.  s.  w.  zudictirten  Strafen  sind  meist  nur  milde.  Bei 
schwerem  Vergehungen  werden  sie  öfter  verkauft  als 
getödtet.  Ermordung  von  Sklaven  zieht  zuweilen  ähn- 
liche Folgen  nach  sich,  wie  diejenige  von  Freien. 
Manche  Freigewordene  hängen  noch  dergestalt  an  ihrer 
frühern  Herrschaft,  dass  sie  mit  letzterer  ein  freund- 
schaftliches Verhältniss  unterhalten,  die  Frauen  und 
sogar  Kinder  aus  ihrem  Erwerbe  beschenken  und  mit 
letzterm  zur  Hand  gehen,  wenn  einmal  in  der  alten 
Herrschaft  die  Noth  einreisst.  Auch  kommt  es  vor,  dass 
Sklaven  sich  für  ihre  Herren  freiwillig  opfern. 

Andererseits  fordern  hier  die  bei  jeder  Gelegenheit 
(namentlich  aber  in  Aschanti  und  Dahome)  stattfinden- 
den mit  dem  Aberglauben  verbundenen  Menschenschläch- 
tereien den  blutigen  Tod  vieler  Sklaven.     Da  erfinden 


294  Drittes  Buch. 

dann  die  natürliche  Blutgier  und  Rohheit  des  Halbbar- 
baren raffinirte  Qualen. 

In  den  so  interessanten,  von  Magyar  besuchten  und 
von  diesem  Reisenden  in  so  meisterhafter  Weise  ge- 
schilderten Kimbundaländern  sind  die  Dongo  oder  Skla- 
ven das  unbeschränkte  Eigenthura  ihrer  Herren.  Sie 
leben  im  Unterschiede  von  den  Fuka  oder  Hafuka, 
welche  als  Pfänder  das  Eigenthum  ihrer  Gläubiger  nur 
bis  zu  ihrer  Auslösung  bilden.  Als  Dongo,  die  sehr 
zahlreich  vorkommen,  finden  sich  nicht  allein  kriegs- 
gefangene  und  gekaufte  Aus-,  sondern  auch  viele  In- 
länder. „Denn  bei  diesen  habgierigen,  neidischen  und 
in  ewigen  Streitigkeiten  miteinander  lebenden  Völkern 
gilt  das  geringste  Vergehen,  selbst  nur  ein  unbedacht- 
sam ausgesprochenes  Wort,  welches  ihren  dummen  Ge- 
bräuchen zuwiderläuft,  als  Kesila- Verbrechen,  und  weil 
es  kein  geschriebenes  Gesetz  gibt,  das  Gewohnheits- 
recht aber  von  den  Mächtigern  nach  Willkür  und  in 
den  meisten  Fällen  zum  Nachtheil  der  Schwächern  ge- 
deutet und  angewendet  wird,  und  endlich  weil  zwischen 
der  Grösse  des  Vergehens  und  der  Strafe  kein  gehöriges 
Verhältniss  stattfindet,  die  Strafe  aber  immer  in  einer 
drückenden  Geldsühne  besteht.  Deshalb  dürfen  wir 
uns  nicht  wundern,  dass  beinahe  die  Hälfte  der  Nation 
als  Sklave  der  andern  Hälfte  verkauft  wird.  Zum  Glück 
ist  der  Zustand  der  Sklaven  durchaus  nicht  schrecklich. 
Die  Herren  üben  eher  eine  väterliche  als  herrische  Ge- 
walt über  ihre  Sklaven  aus,  behandeln  sie  freundlich 
und  lassen  ihnen  genug  Zeit,  um  auch  ihre  eigenen 
häuslichen  Geschäfte  verrichten  zu  können.  Ausserdem 
heirathen  die  Sklaven  stets  freie  Weiber,  führen  dem- 
nach ein  ziemlich  bequemes  Leben,  und  ihre  Kinder 
sind,  als  Eigenthum  der  Mutter,  freie  Leute.  Die  Skla- 
vinnen aber  sind  meistens  die  Beischläferinnen  ihrer 
Herren  und  gehören  als  solche  zu  den  Familienglie- 
dorn." 

Magyar  beschreibt  weiter,  dass  sich  die  Sklaven  in 
diesen  Ländern  entweder  durch  die  sogenannte  Watira 


.i..u.^,.v..v  Einrichtungen  u.  b.  w.  der  Afrikaner.     20;") 

oder  durch  die  Schimbika,  auch  Tonibika,  der  Gewalt 
ihrer  Herren  entziehen  können.  liei  der  Watira  Uiuft 
der  Sklave  zu  geeigneter  Zeit  einfacl»  davon  und  flüchtet 
sich  weit  weg,  womöglich  ins  Ausland.  I5ei  der  Schim- 
kika  aber  begibt  sich  der  mit  seiner  Herrschaft  unzu- 
friedene Sklave  in  ein  anderes,  vorher  auserkorenes, 
womöglich  wohlhabendes  und  einflussreiches  Haus,  rich- 
tet hier  willkürlich  irgendeinen  Schaden  an  oder  tödtet 
in  der  Heerde  des  neuen  Herrn  ein  Rind,  brät  sich 
ein  Stück  von  dessen  Fleische  und  erklärt  sich  als 
„Sklave"  haftbar  für  die  durch  ihn  hervorgerufene  Un- 
bill. Die  Tombikaflucht  wird  gewöhnlich  von  solchen 
Sklaven  ins  Werk  gesetzt,  welche  eine  Familie  besitzen. 
Weib  und  Kinder  folgen  dem  Geflüchteten  nach  und 
gehen  in  den  Besitz  des  neuen  Herrn  über.  Selbst 
Freie,  welche  sich  irgendeines  Vergehens  schuldig  ge- 
macht oder  welche  eine  pecuniäre  Schuld  contrahirt 
haben,  melden  sich  bei  irgendeinem  Mächtigen  als 
Sklaven.  Der  gewesene  Eigenthümer  ist  dann  oft  noch 
gezwungen,  den  ihm  durch  Schimbika  Entfremdeten 
sowie  dessen  Kleider  und  sonstige  Habe  herauszugeben, 
namentlich  wenn  der  neue  Herr  einige  Macht  besitzt. 
Die  Auslieferung  der  Geflüchteten  ist  schwierig  und 
erfolgt  wol  nur  aus  ganz  besonderer  Freundschaft  für 
den  frühern  Besitzer.  Meist  fürchtet  der  Herr  den  ihm 
zugelaufenen  Sklaven  abzuliefern,  um  sich  nicht  etwa 
für  die  Zukunft  die  Kundschaft  ähnlichgesiuuter  Leib- 
eigener zu  verscherzen,  indem  nämlich  die  zur  Schim- 
bika ('  sich  doch  lieber  einem  weniger  aus- 
lieferuii^^             gen  Herrn  zuwenden  könnten. 

Die  Sklaverei  in  den  europäischen  Colonien  ist 
theils  gänzlich  abgeschafift,  theils  wesentlich  beschränkt 
worden.  Es  ist  bekannt,  dass  die  Gesetze  in  den 
Sklaven  haltenden  Ländern  diesen  Leibeigenen  gewisse 
Gerechtsame  Hessen,  wodurch  die  gehässigen  Seiten  des 
ganzen  Verhältnisses  gemildert  wurden.  Aehnliches 
geschah  selbst  bei  den  holländischen  Boers  in  Südafrika 
gegenüber  ihren  Hottentottensklaven.   Die  phlegmatische 


296 


Drittes  Buch. 


Natur  dieser  Boers  milderte  das  Verhältniss  zu  ihren 
lederfarbenen  Leibeigenen,  welche  wol  nur  einen  Theil 
jener  Grausamkeiten  zu  erdulden  gehabt  haben,  die 
allzu  abolitionistischeReverends  und  andere  Tadelsüchtige 
den  Epigonen  der  Scheidebewohner  zuzuschreiben  sich 
gemüssigt  fanden.  Gegenwärtig  hat  übrigens  unter 
britischem  Scepter  auch  sogar  diese  Wirthschaft  auf- 
gehört. 


Fig,  03.    Der  Zwerg  Kimenya. 


Aber  selbst  im  Angesicht  jener  berührten  Milderungs- 
verhältnisse verdammen  wir  die  Sklaverei  namentlich 
bei  den  Europäern  als  eine  schändliche  Manifestation 
des  menschlichen  Eigennutzes,  welche  keine  Sophistik 
zu  beschönigen  vermag.  In  der  modernen  Culturwelt 
greift  diese  Ueberzeugung  zum  Glück  tagtäglich  mehr 
Platz  und  findet  sich  jetzt  nur  selten  noch  ein  ver- 
schrobener oder   böswilliger   Kopf,    welcher  in  die  Po- 


Häusliche  Einrichtungen  u.  s.  w.  der  Afrikaner.     297 

saune  eines  Karl  Postel  (Charles  Sealsfield),  des  frech- 
sten und  zugleich  schwülstigsten  Verfechters  jener 
Menschenerniedrigung,  zu  stossen  wagt. 


Im  Anschluss  hieran  will  ich  bemerken,  dass  in  vielen 
afrikanischen  Ländern  sowol  Freie  als  auch  Sklaven, 
welche  durch  körperliche  Eigentliümlichkeiten,  durch 
(t  1  u.  s.  w.  auffallen,  von  den  Grossen  als  Merk- 

w  it  gehalten  werden.     So  hat  man  an  manchen 

nigritischen  Höfen  Negeralbinos  oder  Kakerlaken  ge- 
sehen; Zwerge  und  Verkrüppelte  haben  bereits  im  Dienste 
altägyptischer  Häuptlinge  gestanden.  In  den  Gräbern 
von  Beni-Hassan  z.  B.  werden  ein  Zwerg  und  ein  mit 
Klumpfussen  behafteter  Erw^ichsener  als  Hofmerkwürdig- 
keiten abgebildet.  Speke  und  Grant  entdeckten  am 
Hofe  des  Königs  Kamrasi  von  Unyoro  den  Zwerg  Ki- 
menya.  Der  geistreiche  und  für  Naturseltenheiten  ein- 
genommene Kannibalenkönig  Munsa  hielt  sich  der 
Curiosität  wegen  seine  Akka  u.  s.  w. 


VIERTES  BUCH. 
Krankheiten. 

Afrika,  unter  dessen  weiten  Landstrichen  viele  mit 
Recht  zu  den  sprichwörtlich  ungesundesten  der  Erde 
gezählt  werden,  entwickelt  eine  grosse  Anzahl  von  zum 
Theil  lebensgefährlichen  Krankheiten.  Ich  will  hier 
nur  die  wichtigsten  derselben  anführen  und  nur  von 
ungefähr  die  Art  und  Weise  schildern,  in  welcher  der 
Eingeborene  diesen  Uebeln  zu  begegnen  j)flegt. 

Obenan  stehen  in  der  Ungeheuern  Zone  etwa  zwischen 
dem  17^  nördl.  Br.  und  dem  26"  südl.  Br. ,  zwischen 
dem  Atlantischen  und  dem  Indischen  Meere,  die  Wech- 
selfieber,  welche  ein  Product  der  Ausdünstung  eines 
meist  feuchten,  mit  vegetabilischen  Zersetzungsproducten 
stehender  Sümpfe  oder  langsam  fliessender  Ströme  ge- 
schwängerten Bodens,  theils  schwer,  theils  leichter  als 
ein-,  zwei-,  drei-  und  viertägige  die  Befallenen  ausser- 
ordentlich quälen  und  schwächen.  Diese  Fieber  richten 
die  daran  Leidenden  leicht  einmal  durch  lange  Dauer 
zu  Grunde;  aus  ihnen  hervor  gehen  oder  es  entstehen 
für  sich  die  remittirenden  oder  sogenannten  hitzigen, 
von  Anfall  zu  Anfall  sich  verschlimmernden  und  die 
absolut  continuirlichen  oder  anhaltenden  Fieber.  Beide 
letztern  Formen  zeichnen  sich  durch  Lebensgefährlich- 
keit aus.  Auch  existiren,  namentlich  in  Ostsudan,  Fälle, 
in    denen    ein   Kranker    schon    nach    einer   nur   wenig- 


Krankheiten.  2^V.) 

stündigon  Fioberdauer  erliegt.  Unzälilig  sind  die  pa- 
thognomischen  Sondergestaltungen,  unter  denen  diese 
klimatischen  Fieber  auftreten,  unzählig  sind  deren  Ver- 
bindungen, Complicationen  mit  andern  Leiden,  unzählig 
erscheinen  ihre  örtlichen  (secundären)  Folgeleiden  oder 
Localisationen  in  entferntem  Organen.  Darm,  Milz,  Leber, 
Lungen  und  Gehirn  sind  die  Theile,  welche  bei  diesen 
Erkrankungen  am  häufigsten  in  Mitleidenschaft  gezogen 
werden.  Complicationen  mit  Lungenentzündung  und 
Ruhr  oder  Dysenterie  sind  nicht  gar  selten.  Auch 
existiren  hier  die  typhösen,  in  Europa  so  wohl  be- 
kannten Fieber.  Eine  in  der  Leber  sich  festsetzende 
Form,  das  sogenannte  biliöse  Typhoid,  ein  naher  Ver- 
wandter des  amerikanischen  Gelbfiebers,  zeigt  sich  na- 
mentlich häufig  in  Aegj'pten.  Der  sogenannte  Hunger- 
typhus suchte  schon  zu  wiederholten  malen  ännere  Pro- 
vinzen von  Aegypten,  Nubien,  der  Berberei,  von  Süd- 
afrika u.  s.  w.  heim,  meist  freilich  in  unmittelbarem 
Gefolge  von  Kriegsnoth  und  Miswachs. 

Auch  die  Cholera  hat  sich  bis  tief  nach  Innerafrika 
eingeschlichen  und  hier  alle  diejenigen  Schrecknisse 
entfaltet,  welche  in  vielen  andern  Ländern  ihre  unzer- 
trennlichen Begleiter  waren. 

Die  Pest  (Bubonen-  oder  Beulenpest),  früher  eine 
Heimsuchung  der  afrikanischen  Mittelmeerländer  und 
vor  allem  Aegyptens,  scheint  seit  vielen  Jahren  einge- 
schlafen zu  sein. 

Alle  jene  Krankheiten  treten  theils  als  wuchernde 
Epidemien,  theils  endemisch,  nur  einzeln  oder  viele 
Individuen  befallend,  auf.  Sie  gehen  häufig  so  sehr 
ineinander  über,  ihre  Grenzen  schwimmen  hier  und  da 
so  gänzlich  ineinander,  dass  es  selbst  dem  wissenschaft- 
lich tüchtigsten  europäischen  Arzte  schwer  fällt,  eine 
sichere  Entscheidung  für  die  zu  wählende  Rubrik  zu 
treflfen. 

Der  Skorbut  fordert  im  heissen  Afrika  so  gut  seine 
Opfer  wie  im  kalten  Norden;  sein  Auftreten  ist  sehr 
häufig  an  Noth    und  Elend,    an    Ueberanstrengung  auf 


300  Viertes  Buch. 

Reisen  und  Märschen  (z.  B.  im  Kriege),  an  Nahrungs- 
verderbniss  u.  s.  w.  geknüpft. 

Dann  existiren  ferner  noch  eine  Anzahl  Krankheiten, 
welche,  wie  Aussatz  und  Lustseuche,  sowie  einige  an- 
dere, sich  in  bösen  Geschwürbildungen  localisirende  und 
noch  kaum  näher  erkundete  Leiden,  als  Constitutionen 
betrachtet  werden  müssen.  Diese  fordern  gar  viele 
Opfer.  Die  Frage,  ob  die  Syphilis  eine  in  Afrika  alte 
heimische  Krankheit  oder  ob  sie  erst  in  spätem  Zeiten 
durch  Europäer  daselbst  eingeführt  worden  sei,  ist  eine 
noch  unentschiedene,  übrigens  auch  nur  sehr  schwierig 
zu  entscheidende.  Die  Spuren  der  Verheerungen  durch 
diese  Krankheit  will  man  bereits  an  ägyptischen  Mu- 
mien aufgedeckt  haben.  Ich  selbst,  der  ich  bis  auf 
den  heutigen  Tag  viele  Mumienreste  untersucht  habe, 
bin  zwar  nicht  im  Stande  gewesen.  Sicheres  darüber 
zu  constatiren,  will  aber  doch  vor  den  Forschungen 
Anderer  etwa  Erfahrenerer  in  dieser  Hinsicht  die  Segel 
streichen.  Nach  vielem  möchte  ich  annehmen,  dass  im 
Herzen  von  Afrika  die  Syphilis  durch  das  zuchtlose 
Gesindel  der  Sklaven-  und  Elfenbeinhändler,  sowie 
durch  lockere  ägyptische  Soldaten  erst  neuerdings  ein- 
geführt worden  sei.  In  West-  und  Südafrika,  d.  h.  in 
Ländern,  welche  der  innigen  Berührung  mit  Europäern 
—  unter  diesen  aber  fanden  sich  allzeitig  gar  böse 
Buben  —  ausgesetzt  gewesen  sind,  scheint  die  ab- 
scheuliche Krankheit  bereits  seit  vielen  Generationen 
eingebürgert  zu  sein. 

Dagegen  ist  der  Aussatz  in  Afrika  schon  sehr  alt, 
und  alle  möglichen  Formen  dieses  schrecklichen  Lei- 
dens, die  nur  irgend  bekannt  sind,  treten  hier  in  Nord 
und  Süd,  in  Ost  und  West  zur  Beobachtung,  ohne  dass 
es  bisjetzt  gelungen  wäre,  ihre  eigentliche  Natur  zu 
ergründen. 

Elephantiasis,  pachydermatlsche  Hautverdickung,  fin- 
det sich  hier  und  da,  namentlich  in  Aegypten. 

Rheumatismen,  und  zwar  sowol  diejenigen  der  Mus- 
keln,   wie    aucli    die    mit    schweren    Herzerkrankungen 


Krankheiten.  301 

verbundenen  der  Gelenke,  treten  liäufig  auf,  besonders 
sind  sie  aber  in  Ostsudan   beobachtet  worden. 

Die  Lungenschwindsucht  ist  den  afrikanischen 
Gebieten  durchaus  niclit  fremd.  Schwarze,  welclie  aus 
dem  Innern  nach  der  nördlichen  Küste,  z.  B.  nach  Kairo 
oder  Alexandrien  gebracht  werden,  erliegen  daselbst 
dieser  Krankheit  ziemlich  leicht.  Es  wird  hierdurch 
die  Thatsache  nicht  beeinträchtigt,  dass  in  solchen 
Gegenden,  wie  femer  auch  am  Cap,  lungenkranke  Euro- 
päer zuweilen  Genesung,  häufiger  aber  wenigstens  Mil- 
derung ihrer  Leiden  und  eine  Verlängerung  ihrer  Exi- 
stenz zu  finden  vermögen. 

Unter  den  sogenannten  akuten  Exanthemen,  den 
hitzigen  Ausschlägen,  richten  die  Pocken  die  schreck- 
lichsten Verheerungen  an.  Ich  will  hier  nicht  auf  die 
Fragestellung  seitens  einiger  Forscher  eingehen,  ob  Afrika 
als  die  Heimat  dieser  Krankheit  angesehen  werden  müsse 
oder  nicht,  ich  vermag  nur  soviel  sicherzustellen,  dass  die 
Afrikaner  der  verschiedensten  Stämme  von  den  Pocken 
leicht  ergriflfen  werden  und  dass  sie,  wo  letztere  Krank- 
heit sich  einmal  eingenistet  hat,  auch  gewöhnlich  massen- 
haft an  ihr  zu  Grunde  gehen. 

Parasitische  Thiere  belästigen  den  Afrikaner  in 
Menge.  Abgesehen  von  widrigen  Epizoen  ragen  die 
Eingeweidewürmer  durch  ihre  Artenzahl  und  ihre  weite 
Verbreitung  hervor.  Kaum  ein  Land  der  Erde  ist  so 
reich  an  Bandwürmern  als  Abyssinien.  Der  häufige 
Genuss  von  rohem  Fleisch  und  von  rohen,  mit  Pfeffer, 
Salz,  Galle  und  Zwiebeln  überstreuten  Eingeweiden  der 
Rinder,  Schafe  u.  s.  w.  stehen  in  causalem  Zusammen- 
hange mit  jenem  seltsam  häufigen  Vorkommen.  Kein 
Land  der  Erde  bietet  aber  auch  merkwürdigerweise 
60  viel  Gegenmittel  gegen  den  Bandwurm  dar  als  das 
abyssinische  Alpenland.  Ich  erinnere  nur  an  die  Brayera 
oder  den  Kusso,  an  die  Myrsine  oder  Saoria,  die  Moesa 
und  ein  mir  botanisch  noch  unbekanntes,  von  König 
Theodor  und  seinem  Gefolge  vor  dem  Falle  Magdalas 
vielfach  angewendetes  "NVurzelpräparat. 


302  Viertes  Buch. 

In  Aegypten  veranlasst  ein  Rundwurm,  das  Anchy- 
lostoma^  bei  beiden  Geschlechtern  durch  seine  Blutun- 
gen nach  sich  ziehenden  Bisse  in  die  Darmwand  ein 
schweres,  der  Bleichsucht  ähnliches  Leiden.  „Wir 
halten  es",  sagt  Griesinger  (der  beste  Kenner  der  ägyp- 
tischen Krankheitsformen),  „für  eine  sehr  massige 
Schätzung,  wenn  wir  annehmen,  dass  der  vierte  Theil 
der  ägyptischen  Bevölkerung  in  höherm  und  geringem! 
Grade  an  dieser  Krankheit  leidet;  wie  enorm  der  Ver- 
lust des  Landes  an  Arbeitskraft,  Lebensfreude  und  an 
früh  hingeraffter  Bevölkerung  durch  dieses  Siechthum 
ist,  mag  sich  jeder  selbst  berechnen."  Allem  Anschein 
nach  reicht  dieses  Leiden  bis  nach  dem  Innern  von 
Afrika  hinein. 

Ein  Saugwurm  (Distoma  haemotoUum)  und  dessen 
Verwandte  zeigen  sich  häufig  im  Venenblute  verschie- 
dener Abschnitte  der  Baucheingeweide.  Blutverluste 
und  sonstige  schwere  Allgemein-  wie  auch  Localleiden 
treten  im  Gefolge  eines  solchen  Vorkommens  auf.  Diese 
Thiere  sind  über  einen  grossen  Theil  von  Afrika  ver- 
breitet. An  Rundw^ürmern  ist  ebenfalls  kein  Mangel. 
Am  gefährlichsten  ist  mit  Recht  der  Medinawurm  (Fl- 
laria  medinensis)  ^  welcher  durch  ganz  Afrika  in  sum- 
pfigen Gegenden  acquirirt  wird  und  der  seine  Einwan- 
derung in  den  menschlichen  Körper  entweder  noch  in 
Embryonenform,  etwa  im  Innern  von  niedern  Krebs- 
thieren  (Cycloiridcn)  durch  das  Trinkwasser,  oder  auch, 
ebenfalls  in  Larvenforra,  durch  die  Haut  (entschieden 
ist  noch  gar  nichts)  nimmt.  Dieses  stark  wuchernde 
Thier  muss  durch  langwierige  Processe  aus  der  Haut, 
unter  welcher  es  seinen  Sitz  hat,  herausgebracht  werden; 
man  wickelt  dasselbe  gewöhnlich  heraus.  In  Brasilien 
bedient  sich  die  schwarze  Gesellschaft  dazu  kleiner, 
ganz  zierlich  gearbeiteter  Haspeln. 

Dass  in  Ländern,  in  welchen  die  durch  starke  Hitze 
hervorgerufene  Transspiration,  wo  Schmuz,  Staub  und 
andere  äussere  Reize  die  menschliche  Haut  fortwährend 


Krankheiten.  303 

ritiren,  auch  luancherlei  und  sogar  recht  langwierige 
ilaiitleiden   entstehen,  lässt  sich  sclion  ermessen. 

Mehr  aber  leiden  hier  die  Verdaiiungswerkzeuge  und 
var  infolge  des  Klimas,  der  im  allgemeinen  dürftigen 
ebeusweise  und  wiederum  auch  gelegentlicher  Schwel- 
rei.      Ausser    andern,    das    Darmsystem    befallenden 
L'ebelD  beherrscht  die  Ruhr,   neben  den  Fiebern,  den 
pathologischen  Zustand  dieser  gesammten  Gebiete.    Eine 
Fülle    der    mannich faltigsten    Leberkrankheiten    befällt 
hier   jeden    Stand    und    jedes    Alter.      Gefährlich    sind 
namentlich  die   in    heissen  Ländern    überhaupt  verbrei- 
teten Leber 6 utzün düngen,  welche  weitgreifende  Ge- 
schwürbildungen   in    diesem    edeln    Organe    nach    sich 
iehen. 
Die   Milz    krankt    sehr    häufig    an    von   Fiebern    be- 
dingten Anschwellungen,    welche    selbst    spontane   Zer- 
reissungen    und    Berstungen    dieses    Theils    im    Gefolge 
haben  können. 

Nierenkrankheiten  sind  ebenfalls  häufig,  so  z.  B. 
stellt  sich  die  Bright'sche  nach  Fiebern  u.  s.  w.  ein. 

Au  Lungenentzündung  fehlt  es  selbst  in  den 
Wüsten-  und  Steppengebieten  nicht;  namentlich  be- 
schuldigt man  anhaltendjes  Wehen  des  Chamsinwindes 
als  ein  den  Ausbruch  dieses  Leidens  begünstigendes 
Moment.  Zuweilen  treten  diese  Entzündungen  epi- 
demisch auf  und  entwickeln  übrigens  eine  beträcht- 
liche Lebensgefährlichkeit. 

Nervenleiden  befallen  seltener  den  in  dieser  Hin- 
sicht gestähltem  Eingeborenen,  als  den  Fremden.  Wahn- 
sinn fordert  hier  überall  seine  Opfer,  namentlich  unter 
den    religiösen    Schwärmern.      In    einen    Zustand    ner- 
ser  Erregung,    durch    Hellsehen,   Phantasiren,    wilde 
raumerei,  Schlafwachen  u.  s.  w.  sich  äussernd,  in  die 
igle  der  Araber,  versetzen  grosse  körperliche  Anstren- 
gungen   unter    der    sengenden    Hitze    der  Wüsten    und 
Steppen.      Die    in   Loango    und   Cougo   so    gefürchtete 
Schlafsucht  (Docnssa  do  somno  der  Portugiesen)  be- 
ruht   vit^llf'ir'lif    nur    auf  puipp  TTi  rTilian^f  iif /iiTi(lniifr,      Der 


304  Viertes  Buch. 

Säuferwahnsinn   rafft   sowol  Europäer    als    auch  Einge- 
borene dahin. 

Ungemein  verbreitet  sind  Augenkrankheiten,  zu 
welchen  Sonnenglanz,  Hitze,  Staub,  Unsauberkeit,  un- 
vorsichtige gegenseitige  Berührungen  u.  s.  w.  der  In- 
dividuen begünstigende  Momente  abgeben.  Mit  Recht 
sehr  gefürchtet  ist  die  ansteckende  sogenannte  ägyp- 
tische Augenkrankheit.  Während  die  langwierigen 
Fälle  derselben  eine  ausserordentliche  Hartnäckigkeit 
entwickeln  und  die  traurigsten  Folgen  bald  für  das 
ganze  Auge,  bald  nur  für  einzelne  Theile  desselben 
nach  sich  ziehen,  wüthen  dagegen  die  acuten  in  rascher 
Symptomenentfaltung  mit  schrecklicher  Heftigkeit  und 
zerstören  das  Auge  öfters  schon  nach  sechs-  bis  sieben- 
tägigem Verlaufe.  Wie  viele  Individuen  haben  doch 
durch  dieses  Leiden  die  Sehkraft  eines  oder  beider 
Augen  eingebüsst.  Die  ägyptische  Augenkrankheit  for- 
dert ihre  Opfer  von  der  mittelländischen  Küste  an  bis 
tief  nach  Nubien  hinein.  Ganz  ähnliche  Formen  treten 
auch  im  Magreb  auf  und  soll  man  unter  den  Berbern 
des  Djurdjura  gar  häufig  die  traurigen  Wirkungen  jener 
Leiden  beobachten.  Zu  den  endemischen  derartigen 
Ophthalmien  kommen  zuweilen  verheerende  Epidemien, 
namentlich  auf  Messen,  grossen  Märkten,  bei  Truppen- 
märschen, Sklavensendungen  u.  s.  w.  Im  Sudan  sind 
die  Augenkrankheiten  seltener.  Uebrigens  herrschen 
erstere  in  vielen  Theilen  Afrikas  dergestalt  vor,  dass 
ihnen  gegenüber  die  Krankheiten  der  übrigen  Sinnes- 
werkzeuge, wie  des  Ohrs,  der  Nase  u.  s.  w.  fast  in 
den  Hintergrund  treten. 


Die  Geburten  gehen  bei  den  afrikanischen 
Weibern,  welche  ihre  körperliche  Entwickelung  voll- 
endet haben,  namentlich  unter  den  nigritischen  Stäm- 
men, meist  leicht  und  glücklich  von  statten.  Es  kommt 
hier   vor,    dass   schwarze  Frauen  in  dieser  Stunde  auf 


Krankheiten.  305 

freiem  Felde  gebären  und  in  der  nächsten  wieder  ruhi«r 
die  ihnen  zugewiesene  Plantage  zu  bearbeiten  fort- 
fahren. Dagegen  erschwert  sich  dieser  natürliche  Act 
gar  nicht  selten  bei  den  in  allzu  jugendlicliem  Alter 
verheiratheten  Aegypterinnen. 


Wunden  kommen  selbstverständlicherweise  bei  den 
mancherlei  Schädlichkeit  ausgesetzten,  so  häufig  sich 
balgenden  und  bekriegenden  Afrikanern  nicht  selten 
zur  Beobachtung.  Da  sehen  wir  Verletzungen  durch 
die  zahlreichen,  in  Afrika  die  Vegetation  mehrentheils 
beherrschenden  Dorngewächse,  durch  die  Zähne,  Hörner 
und  Krallen  wilder  Thiere,  beim  ungestümen  Ritt  in 
coupirtem  Terrain,  durch  den  Biss  der  Schlangen,  der 
Tausendfüsse,  durch  den  Stich  der  Skorpione  und  durch 
Menschenhand.  Vergiftete  Wunden,  welche  auch  hier 
ein  Individuum  dem  andern  mittels  vergifteter  Waffen 
beibringt,  treten  natürlich  durch  ihren  besonders  ra- 
piden und  gefährlichen  Verlauf  hervor.  Wenn  es  nun, 
soweit  es  mir  bisjetzt  wenigstens  bekannt  geworden 
ist,  Afrika  auch  an  jenen  sehr  gefährlichen  Giften  man- 
gelt, welche,  wie  z.  B.  das  Wurali  oder  Curare  Süd- 
amerikas und  wie  das  Bohon  Upas  Wasserindiens,  die 
bekannten  erschreckend  plötzlichen  Wirkungen  üben, 
80  sehen  wir  im  Milchsafte  der  Euphorbien,  in  dem 
complicirten  Gifte  der  Buschmänner  u.  s.  w.  u.  s.  w. 
immer  doch  sehr  schwere  Folgen   hervorrufende  Stofife. 

Zu  vielen  Verwundungen,  sogar  unbedeutender 
Art,  gesellt  sich  in  den  afrikanischen  Tropengegenden, 
wie  auch  unter  gleichen  Breiten  in  andern  Ländern  der 
Wundstarrkrampf  oder  traumatische  Tetanus,  neben 
welchem  dagegen  der  spontan  aus  innerer  Ursache  ent- 
stehende (idiopathische)  seltener  aufzutreten  pflegt.  Der 
Wundstarrkrampf  ist  ein  schweres,  meist  tödlich  enden- 
des Leiden ,  dessen  tückischen  Ueberfall  niemand  vor- 
auszusehen vermag. 

HARTMASS.  20 


306  Viertes  Buch. 

Verletzungen  infolge  von  gewöhnlichen  Unglücks- 
fällen, wie  Knochenbrüche,  Verrenkungen  u.  s.  w.  wer- 
den in  gehöriger  Zahl  wahrgenommen.  Interessant  ist 
übrigens  bei  der  grossen  Mehrzahl  der  afrikanischen 
Stämme  deren  Unempfindlichkeit  gegen  körperliche 
Leiden  aller  Art,  auch  bei  stattfindenden  Verwundungen. 
Wo  nicht  Syphilis  und  andere  den  Organismus  unter- 
grabende Krankheiten  vorausgegangen  sind  oder  wo 
diese  nicht  als  Begleiterinnen  auftreten,  heilen  die 
Wunden  der  eingeborenen  Afrikaner  meistens  gut  und 
verhältnissmässig  schnell.  Weniger  gilt  dies  von  Euro- 
päern, bei  denen  sich  die  Wundenverheilung  oft  auf 
langwierige  und  qualvolle  Weise  unter  Erscheinungen 
hinausschleppt,  wie  sie  von  französischen  Aerzten  nicht 
übel  als  „Phagedänismus  der  Tropen"  bezeichnet  wor- 
den sind. 


Die  Krankenbehandlung  liegt  nur  in  den  Colo- 
nien  und  in  den  halbcivilisirten  Ländern  in  den  Händen 
europäischer  oder  doch  wenigstens  europäisch  gebil- 
deter eingeborener  Aerzte.  Neben  diesen  treiben 
sich  an  manchen  Stellen  Pfuscher  jeglicher  Art,  der 
Auswurf  unserer  Apotheken  und  Barbierstuben,  sowie 
Gesindel  unbezeichenbarer  Abkunft  als  Heilkünstler 
umher.  Uebrigens  üben  in  Afrika,  wie  schon  erwähnt 
worden,  Zauberer,  Medicinmänner,  alte  und  junge  Wei- 
ber die  Künste  Aesculap's  aus.  Auch  hilft  man  sich 
vielfach  selbst  oder  man  nimmt  nachbarliche  Unter- 
stützung in  Anspruch.  Selbst  hierbei  geht  es  selten 
ohne  Aberglauben  und  Hexenspuk  ab.  Wir  haben  schon 
oben  gesehen,  was  all  dieser  Teufelskram  und  Aberwitz 
80  Dummes  und  Entsetzliches  zu  Tage  fördert.  Ge- 
rade in  der  Behandlung  und  beim  tödlichen  Ausgange 
von  Krankheiten  entfaltet  der  Afrikaner  seine  aller- 
hässlichsten,  durch  finstern  Aberglauben  beherrschten 
Chnvnktoroigenschaften.       Der    Continent     liefert    viele 


Krankheiten.  .^07 

vor:  il»ilische    Heilraittt;!.      Kin    Blick    in 

irgi  .  ine  Handbuch  der  Arzneimittellehre 

klärt  uns  ji4  über  diesen  Gegenstand  auf.  Noch  manche 
Schätze  harren  übrigens  vorläufig  wegen  der  zu  schwie- 
rigen und  kostspieligen  Ausbeutung  ihrer  Hebung.  So 
z.  B.  die  Fieberrindenbäume  Centralafrikas  (Crossop- 
teryx),  welche  trotz  ihres  anscheinend  nicht  allzu  grossen 
Chi'  't>!    dennoch    ein   Zufluchtsmittel    für  die  lei- 

deii  chheit  abgeben  dürften.    Noch  manches  heil- 

kräftige baraenkorn,  Würzelchen  oder  Kräutlein  mag 
in  den  Wäldern  des  dunkeln  Erdtheils  verborgen  vege- 
tiren.  Auch  soll  bemerkt  werden,  dass  mancher  ein- 
geborene Arzt,  selbst  Zauberer,  trotz  seines  Hokus- 
pokus, über  gute  Medicamente  und  selbst  über  gewisse 
rationelle  Curmethoden  verfügt,  an  denen  unsere  mo- 
derne Heilkunde  immer  noch  manches  lernen  könnte. 
Das  klingt  zwar  paradox,  ist  aber  dennoch  richtig. 


20* 


FÜNFTES  BUCH. 

Sprachen. 

Der  geringe  Raum  dieser  Blätter  gestattet  natür- 
licherweise nicht,  ein  selbst  nur  einigermaassen  er- 
schöpfendes linguistisches  Essay  über  Afrika  zu  geben 
oder  sogar  nur  eine  genauere  Uebersicht  über  die  auf- 
zunehmenden sprachlichen  Familien  dieses  Festlandes 
zu  liefern.  Ein  System  der  afrikanischen  Sprachen 
lässt  sich  zur  Zeit  noch  nicht  aufstellen;  dazu  ist 
denn  doch  noch  zu  vieles  dunkel  auf  dem  Gebiet. 

Unsere  bedeutendsten  Sprachforscher  scheint  ein  ge- 
wisses Grauen  zu  befallen,  wenn  sie  einmal  das  noch 
so  wenig  geebnete  Feld  der  afrikanischen  Linguistik 
zu  betreten  wagen.  Nur  schüchtern  glaubt  man  sich  hier 
und  da  einen  flüchtigen  Blick  in  das  Wirrsal  der  ber- 
berischen, nigritischen  u.  dgl.  Idiome  gestatten  zu  dür- 
fen. Und  ist  einmal  ein  kleiner  Fund  auf  diesem  Felde 
gemacht  und  mühsam  geborgen  worden,  so  ruft  es 
immer  den  Eindruck  hervor,  als  ob  der  Schatzgräber 
vor  seinem  eigenen  Werke  zurückschrecke  und  unmittel- 
bar danach  beflissen  wäre,  seine  wissenschaftliche  Zunft 
ob  dieser  Vermessenheit  um  Verzeihung  zu  bitten,  die 
begangene  sprachliche  Versündigung  aber  durch  selbst- 
geübte Gegenkritik  abzuschwächen  oder  gar  zu  ver- 
nichten. Nach  meiner  Idee  liegt  der  Grund  zu  diesem 
sonderbaren  und  für  den  wissenschaftlichen  Fortschritt 


Sprachen.  300 

sehr  verhängnissvollen  Gebaren  nicht  allzu  fern.  Wie 
die  afrikanische  Ethnologie  nahe  bis  auf  dqn  heutigen 
Tag  unter  dem  schweren  Banne  jener  festgewurzelten 
Vorurtheile  vom  Arier-  und  Semitenthume  seufzt, 
dem  man  mit  oft  falsch  verstandenen  und  falsch  ange- 
wendeten Begriffen,  wie  Hamitcn-,  Atlantikerthum  u.  s.  w. 
zu  Hülfe  zu  kommen  sucht,  so  lastet  auch  auf  der  afri- 
kanischen Sprachforschung  jener  selbe  lähmende  Bann. 
Wie  ja  alle  Somal,  Gala,  Abyssinier,  Aegypter  und  Ber- 
bern „Kaukasier*'  und  „Semiten"  oder  „Hamiten" 
sein  müssen,  wie  man  selbst  um  das  Semiten-  oder 
Hamitenthum  der  so  schlecht  begrenzten  Fulahrasse, 
sogar  der  Fulbe,  zu  schachern  trachtet,  so  muss  in 
das  Procrustesbett  jener  herrschenden  Anschauungen 
denn  auch  die  afrikanische  Linguistik  eingezwängt  wer- 
den. Man  will  ja  überall  nur  ethnische  und  sprach- 
liche Gegensätze  zwischen  den  afrikanischen  Schwarzen 
und  den  afrikanischen  Kaukasiern  constatiren,  versagt 
sich  aber  bald  aus  Unwissenheit,  bald  aus  Bequemlich- 
keit, bald  aus  Rabulisterei  die  Mühe,  nach  den  Binde- 
gliedern für  das  eine  und  das  andere  Gebiet  zu  suchen. 
Es  fehlt  zwar  nicht  an  hervorragenden  Sprachforschern, 
welche,  wie  z.  B.  Steinthal,  einen  sprachlichen  Zusam- 
menhang zwischen  semitischen  und  afrikanischen  Idiomen 
leugnen;  man  überschätzt  zwar  sehr  häufig  den  Werth 
von  Lehnwörtern,  es  tauchen  endlich  wieder  solche  Män- 
ner auf,  welche  das  Semitische  umgekehrt  aus  dem  Afri- 
kanischen abzuleiten  beflissen  sind;  immer  aber  segelt 
die  Mehrzahl  unserer  Philologen  und  Ethnologen  unter 
jener  altbekannten  Flagge  lustig  weiter. 

Ich  selbst  habe  nach  reiflichen  Studien  die  Ueber- 
zeugung  gewonnen,  dass  ein  innerer  Zusammenhang 
zwischen  den  Sprachen  von  der  afrikanischen  Nord- 
küste bis  zum  Cap  der  Stürme,  von  den  Mündungen 
des  Niger  und  Zaire  bis  zu  denen  des  Djuba,  Zambozi 
und  Limpopo  herrsche.  Schon  andere  haben  dies  er- 
kannt und  hier  oder  dort  davon  gesprochen,  aber  bis- 
lang noch  kaum  den  Muth  gehabt,  die  These  so  scharf 


310  Fünftes  Buch. 

zu  setzen,  wie  der  Schreiber  dieses  Buchs  es  zu 
unternehmen  wagt.  Freilich  reicht  dieses  Werkchen 
nimmermehr  dazu  aus,  auch  nur  diese  These  zu  er- 
örtern, zu  vertheidigen;  dazu  bedürfte  es  einer  an- 
dern spätem  Gelegenheit.  Immerhin  aber  will  ich  hier 
wenigstens  eine  vorläufige  Skizze  derjenigen  Districte 
zu  geben  versuchen,  innerhalb  deren  ich  mir  die  afri- 
kanischen Sprachen  vertheilt  denke.  Ich  suche  dabei, 
ohne  auf  eigene  Ideen  zu  verzichten,  einen  gewissen 
Anschluss  an  die  Arbeiten  der  Lepsius,  Koelle,  Bleek 
und  anderer.  Um  aber  jegliche  allzu  gelehrte  Diftelei 
zu  vermeiden,  will  ich  an  dieser  Stelle  nur  mehr  all- 
gemeinern geographischen  Eintheilungsprincipien  zu  fol- 
gen versuchen. 

Nordafrikanische  Sprachen:  Altägyptisch,  Kop- 
tisch, Temaschirt  oder  Tamaschek  und  andere  Berber- 
idiome (Sprache  von  Siwa  und  sonstigen  Oasen,  Scha- 
uia  in  Algerien,  Schelluch  in  Marokko  u.  s.  w.),  Midab 
to  Bedjauie  oder  Bedauie,  die  Bedja-Sprache,  Berberie, 
Berberinisch,  d.  h.  Sprache  der  Berabra  am  Nil.  Die 
abyssinischen  Sprachen  (das  Gees  oder  Altäthiopische, 
das  Amharinja,  Tigrenja  oder  Tigrinja,  das  Nere-bena, 
das  Hamtönga  sowie  andere  dem  Agau  verwandte 
Idiome).  Es  ist  nun  bei  aller  unserer  Abneigung  gegen 
zu  grosse  Berücksichtigung  angeblich  semitischer  Ver- 
wandtschaften nicht  zu  leugnen,  dass  mehrere  der  abys- 
sinischen Idiome,  namentlich  das  Gees,  sich  den  semi- 
tischen oder  syro-arabischen  Sprachen  näher  anschliessen. 
Das  Gees  ist  daher  von  vielen  dem  Semitischen  gerade- 
hin zugewiesen  worden,  ob  mit  Recht  oder  Unrecht, 
bleibt  abzuwarten.  Die  Bildung  und  Entwickelung  des 
Gees  bleibt  vorläufig  noch  ein  Räthsel. 

Unter  den  ostafrikanischen  Sprachen  unterscheiden 
wir  zunächst  die  einander  sehr  verwandten  der  Dana- 
kil,  Somal  und  Gala.  Das  Kisuaheli  schliesst  sich  nebst 
^em  Kinyamesi,  dem  Kinika,  Kiyao,  Kikamba,  Kikuyu, 
Kidjagga,  dem  Irlaikob  (Idiom  der  Masai  und  Wakuafi) 
den  Sprachen  Innerafrikas   an;    letztere   wollen   wir  in 


Sprachen.  311 

diejenigen  von  Nord-,  Mittel-  und  Südcentralafrika  ein- 
theilen.  Xordcentralafrikaniscli  sind  das  dem  Berbe- 
rinischen  so  nahe  verwandte  Nebaui,  Nobaui,  die  Kuba- 
oder Nobasprache  in  Kordufan  mit  ihren  Dialekten, 
femer  das  Kondjari  oder  Gondjari  und  andere  Idiome 
in  Darfur,  das  Maba  in  W'adai,  das  Bagrimma  in  Ba- 
girmi,  das  Kanori  oder  Kanuri  in  Bornu,  das  Hausa. 
Im  mittlem  Centralafrika  treten  auf  das  Funji,  Berta, 
die  Denka-  oder  Dinkasprache,  das  Schilluk,  Nuer, 
Bari,  Niambari,  welche  einander  sämmtlicli  nahe  stehen. 
Das  dem  Kafferischen  (Bantusprache)  nahe  verwandte 
Kinyoro  und  Kiganda  (in  Unyoro  und  Uganda),  das 
Bongo,  welches  nahe  Verwandtschaft  mit  dem  Bagrimma 
hat,  die  Idiome  der  zahlreichen  Niam-Niamstämme  und 
der  Monbuttu,  letzteres  anscheinend  dem  Berberinischen 
und  dem  Nobaui  sich  nähernd.  Ueber  die  zwischen 
Nyassa-  und  Tanganikasee  einerseits,  dem  Congo  an- 
dererseits geredeten  Sprachen  fehlt  uns  vorläufig  noch 
jeder  nur  einigermaassen  genügende  Ueberblick.  Die- 
selben leiten  die  südafrikanische  Gruppe  ein:  zunächst 
das  in  Angola,  Benguella,  Londa  gesprochene  Kim- 
bunda,  an  welches  sich  unmittelbar  das  Otyi-Herero, 
die  Sprache  der  Ovaherero  oder  Damara  und  das 
Owambo  anschliessen  sollen.  Die  südafrikanische  Gruppe 
zerfällt  in  das  mit  den  ost-,  südcentral-  und  westafri- 
kanischen Idiomen  nahe  Fühlung  nehmende  Kafferisclie, 
das  Tekeza  nordöstlich  vom  Zululande  bis  gegen  den 
Zambezi  hin,  ferner  in  die  in  Makua,  Senna,  Tette  und 
andere  Dialekte  sich  spaltenden  Idiome  von  Mossam- 
bique,  in  das  Sechuana(Sesuto,  Serolong,  Sechlapi  u.s.  w.), 
das  Matabele,  Batsoetla  oder  Baramapulana ,  das  Zulu, 
Maosu,  Matonga  u.  s.  w.,  ferner  in  die  hottentottischen 
Dialekte  des  Nama,  Kora,  Capisch-Hottentottische,  end- 
lich das  Buschmannische.  Die  Verwandtschaft  des 
letztern  mit  dem  Hottentottischen  wird  neuerdings  in 
Abrede  gestellt.  Indessen  sind  die  Acten  hierüber  noch 
keineswegs  geschlossen.  In  Westafrika  haben  wir  die 
den   Bantu-Sprachen    sehr   nahe   tretenden   Idiome   von 


312  Fünftes  Buch. 

Congo,  das  Fjod  (Cacongo,  Loango),  das  Mpongwe, 
Okande  und  andere  Idiome  des  Gabongebietes.  Dann 
weiter  nördlich  das  Isubu,  Dualla,  Benga,  Dikele,  Effik, 
Ibo,  Yoruba,  Nupe,  Ewe  oder  Ife,  Machi,  Dahome,  Ueta, 
Onfue,  Onglo,  Fanti,  Aschanti,  Ga  oder  Akkra,  das 
Otji  von  Akwapim,  das  Krebo,  Kru,  Basa,  Bullom, 
Scherbro  und  Timne,  das  Mande  (Mandinka,  Vey,  Susu), 
Fulfulde  (Fulbe-  oder  Fulan-Sprache)  und  Wolof.  Sehr 
wenig  bekannt  sind  die  Sprachen  der  Abongo,  Akka 
und  anderer  sogenannter  Pygmäenvölker. 

Es  geht  bei  vielen  Reisenden  die  Sage,  dass  man  in 
Afrika  nach  einigen  Meilen  Weges  bald  einmal  auf 
grundverschiedene  Sprachen,  als  Ueberbleibsel  grösserer 
linguistischer  Gebiete  treffen  könne,  welche  letztern  in- 
folge von  politischen  Zerstückelungen  auseinandergerissen 
worden.  Indessen  hält  die  angebliche  gründliche  Ver- 
schiedenheit näherer  Prüfung  nicht  stand. 

Geschrieben  werden  in  Afrika  nur  das  Koptische, 
das  Arabische  in  den  Dialekten  von  Aegypten,  Ost- 
sudan und  Magreb,  das  Temascliek,  das  Abyssinische, 
das  Vey  in  eigenen  Buchstaben.  Diese  Sprachen  werden 
auch  in  ihren  Charakteren  gedeutet.  Für  die  Schrei- 
bung der  übrigen  afrikanischen  Sprachen  trifft  am 
besten  das  von  R.  Lepsius,  von  Lee  und  Norris  haupt- 
sächlich ins  Leben  gerufene,  übrigens  schon  mannich- 
fach  modificirte  Standardalphabet  zu,  welches  bestimmte 
Laute  durch  bestimmte  Schriftzeichen  wiedergibt  und 
das  einzige  Mittel  zu  einer  genügenden  Verständigung 
darbietet.  Wissenschaftliche  linguistische  und  ethno- 
logische Arbeiten  können  heutzutage  das  Standard- 
alphabet nicht  mehr  entbehren.  Zuerst  wurde  dasselbe 
von  der  Church  Missionary  Society  mit  Eifer  und  Be- 
harrlichkeit in  Anwendung  gezogen ;  es  folgten  unmittel- 
bar die  Wesleyan  Missionary  Society,  die  Societe  des 
Missions  evangcliques,  die  London  Missionary  Society, 
die  Mährischen  Brüder,  die  Rheinische  und  die  Baseler 
Missionsgesellschaft  u.  s.  w.  Unter  den  Privatreisenden 
war  Verfasser    dieses    Büchleins    in   Deutschland    einer 


Sprachen.  313 

der  ersten,   welcher  das  Standardalphabet  mit  iinbeug- 
.:Mor  Beharrlichkoit   benutzte,    nicht   ohne  dabei    dem 
^^)ütt    und   der   Gehässigkeit  selbst   solcher  Gelehrten- 
kreise zu  begegnen,  denen  das  Ganze  eine  unbequeme, 
jiur  mühselig  zu  bewältigende  Neuerung  erschien.    Ohne 
<ich    durch    solches   Gebaren    im   mindesten    stören    zu 
-on,  hat  der  Verfasser  die  Genugthnung  erlebt,  eine 
:  nier  grössere  Zahl  tüchtiger,  auch  deutscher  Reisender 
<ich  das  Standardalphabet  aneignen  zu  sehen.     Im  vor- 
liegenden, für  ein  grosses  Publikum  bestimmten  Werk- 
chen  wurde    die   Anwendung   der  Standardlettern  ver- 
■    len,  weil  letztere  wegen  ihrer  schwierigen  Beschaf- 
:..   _   und  umständlichen  Lesung  für  populäre  Schriften 
nicht    passend  erscheinen.     Natürlich    geht    aber    auch 
durch    die    Nichtanwendung    jenes     Lettersystems     der 
Xamengebung  ein  guter  Theil  der  sonst  so  wünschens- 
werthen  Genauigkeit  und  Consequenz  verloren. 

Das  Arabische,  die  Sprache  des  Koran  und  seiner 
Ausleger,  dringt,  wie  schon  angedeutet  worden,  zur 
Zeit  in  Wort  und  Schrift  in  Afrika  immer  mehr  nach 
dem  Innern  hin  vor,  wird  hier  überall  Hauptverkelirs- 
idiom  und  verdrängt  eine  eingeborene  Sprache  nach 
der  andern.  Manche  der  letztern,  wie  verschiedene 
Berber-  und  Bedja-Dialekte,  das  nubische  Berberi  und 
(las  Funji  sind  bereits  auf  bestem  Wege,  aus  den  Ver- 
'-en  der  afrikanischen  Philologie  zu  verschwinden. 
,  *'  il>igen  schämen  sich  hier  und  da  schon,  ihr  oft 
recht  wohlklingendes  einheimisches  Idiom  neben  dem 
biegsamen  und  einen  grossen  Wortschatz  darbietenden 
Arabischen  hören  zu  lassen.  Ferner  tritt  in  Afrika 
infolge  der  Völkerzüge,  Kriege  und  friedlichen  Umwäl- 
zungen sehr  häufig  eine  Sprache,  z.  B.  einer  erobernden 
Kasse,  an  Stelle  der  andern  und  ist  es  oft  nicht  mög- 
lich, aus  dem  augenblicklich  bei  einem  Stamme  herr- 
schenden Idiome  die  Herkunft  desselben  abzuleiten. 

Die  mit  Standardlettern  in  verschiedenen  Sprachen 
gednickte  Bibel  und  die  Einführung  von  Schulen  wären 
die  besten    Mittel,    um    der   allmählich  platzgreifenden 


314  Fünftes  Buch.     Sprachen. 

Arabisirung  Afrikas  in  Wort  und  Schrift  Halt  zu  ge- 
bieten, sowie  einer  Conservirung  der  eingeborenen  Idiome 
Vorschub  zu  leisten.  Allein  wir  haben  schon  oben  ge- 
sehen, welche  Schwierigkeiten  die  Einführung  des 
Christenthums  hier  findet;  wir  werden  es  daher  noch 
eine  Zeit  lang  erleben  müssen,  wie  der  Koran  und  die 
Sprache,  in  welcher  derselbe  geschrieben,  durch  die 
afrikanischen  Gaue  ihre  (freilich  nur  dürftige  Resultate 
aufweisende)  Culturmission  erfüllen  werden. 


SECHSTES  BUCH. 
Sclilussl>etrachtun<ren. 


Ö 


Leitender  Gedanke  im  Vorliegenden  war,  wie  der 
Leser  auch  schon  bemerkt  haben  wird,  eine  wenn  auch 
nur  flüchtige  Skizze  vom  Aeussern,  von  den  Sitten  und 
Gebräuchen  der  afrikanischen  Völker  geben  zu 
wollen.  Dem  Ganzen  lag  die  Idee  zu  Grunde,  diese 
Nationen  in  ihrem  innern  Zusammenhange  zu  betrachten. 
Nun  ist  es  freilich  bei  dem  heutigen  Zustande  der  afri- 
kanischen Ethnologie  kaum  ausführbar,  eine  solche  Idee 
ohne  genauere  Beweisführung  zu  verbreiten;  für  eine 
solche  Beweisführung  muss  aber  bei  anderer  Gelegen- 
lieit  ein  ausgedehnterer  Raum  abgepasst  werden.  Jeder 
übrigens,  welcher  obigen  Blättern  einige  Aufmerksam- 
keit geschenkt  hat,  wird  auf  eine  gute  Anzahl  von  mir 
mit  schlichten  Worten  hervorgehobener  Vergleichungs- 
punkte gestossen  sein.  Für  mich  bilden  die  Afrikaner 
ein  ethnisches  Ganzes,  dessen  einzelne  Glieder  durch 
unendlich  zahlreiche  Uebergänge  miteinander  in  Zusam- 
menhang .stehen.  Selbst  unsere  bisjetzt  noch  so  lücken- 
hafte Kenntniss  von  den  afrikanischen  Völkern  be- 
rechtigt uns  meiner  Ueberzeugung  nach  immerhin  zu 
dem  Schlüsse,  dass  wir  hier  die  Glieder  einer  in  sich 
geschlossenen  Kette  anzuerkennen  haben.  Die  physi- 
schen Charaktere,  die  Sitten  und  Gebräuche,  die  Sprache 
u.  s.  w.   gewähren   uns   die   Anhaltspunkte   dafür,    dass 


316  Sechstes  Buch. 

hier  nicht  völlig  heterogene  Bevölkerungselemente  sich 
zufällig  nebeneinander  gruppirt  haben  können,  sondern 
dass  der  afrikanische  Continent  mit  seiner  grossartig- 
einförmigen  physischen  Beschaffenheit,  mit  seinem  über 
ungeheuere  Gebiete  gleichmässig  sich  erstreckenden 
Pflanzen-  und  Thierformen  (innerhalb  deren  freilich 
auch  wieder  die  Variation  sich  unendlich  thätig  zeigt) 
nur  einen  einzigen  grossen  Stock  der  Menschheit  in 
sich  berge.  Dieser  zeigt  sich  natürlich  mannichfach 
gegliedert  theils  durch  die  unter  allen  Nationalitäten 
vorkommende,  von  mancherlei  äussern  und  innern  Be- 
dingungen abhängige  Variationsneigung,  theils  durch 
Vermischung  untereinander,  theils  durch  Krieg,  Wan- 
derung und  deren  Folgen.  In  dem  unruhigen  Treiben 
der  lebhaften,  zu  Veränderungen  geneigten  afrikanischen 
Völker  sehen  wir  seit  vielen  Jahrhunderten  Reiche  und 
Stämme  entstehen  und  wiederum  vergehen.  Staatliche 
Consolidirung,  auf  den  Schultern  kräftiger  und  kiiege- 
rischer  Tribus  ruhend,  findet  zwar  hier  und  da  statt, 
ist  aber  selten  von  längerer  Dauer.  Die  politische 
Veränderung  ist  es,  welche,  genauer  verfolgt,  uns  hier 
den  Weg  zeigt,  auf  welchem  wir  scheinbare  selbst 
typische  Gegensätze  unter  den  afrikanischen  Stämmen 
sich  ausgleichen  sehen.  Eine  solche  Ausgleichung  voll- 
zieht sich  aber  auch  vor  unsern  leiblichen  Augen,  wenn 
wir  die  scheinbar  auffälligsten  Gegensätze  einer  ge- 
nauen vergleichend  -  ethnologischen  Musterung 
unterziehen.  Solcher  Weg  ist  zwar  höchst  mühselig 
und  zeitraubend,  er  ist  jedoch  der  einzige,  welcher 
zum  Ziele  führen  kann.  Ich  bin  fest  überzeugt,  dass 
wir  so  für  gewisse  vorläufige  Völkerräthsel,  wie  die  Mon- 
buttu  nach  den  Schilderungen  Schweinfurth's,  wie  die 
Hottentotten,  Berbern,  Aegypter,  die  sogenannten  Pyg- 
mäenvölker, den  Modus  finden,  sie  in  das  System  der 
afrikanischen  Nationen  ohne  Zwang  einreihen  zu  kön- 
nen. Dann,  aber  erst  dann  werden  wir  die  Mittel 
finden,  für  gewisse  extreme  Zweige  der  afrikanischen 
Völkerfamilie    nähere   Beziehuns^en   auch    zu  denen   be- 


S,  lilns<heti*achtungcu.  ;n7 

nacliu.iiui  it>iuiiiaii,  zunächst  Europas  und  Asiens, 
zu  constatiren.  Freilich  müssen  wir  uns,  um  der  über 
der  afrikanischen  Ethnologie  bis  auf  den  heutigen  Tag 
lastenden  Versumpfung  zu  steuern,  gewisser  alther- 
gebrachter Vorurtheile  entkleiden  und  müssen  manclier 
vielen  von  uns  liebgewordenen  Tradition  auf  unfreund- 
liche Weise  entsagen.  Wir  müssen  z.  B.  den  semi- 
tischen Einwanderungstheorien  Halt  gebieten,  das  Ha- 
mitenthum  als  unbrauchbaren  Kram  beiseite  werfen, 
das  Kaukasierthum  auf  Europa  und  die  Europäer  be- 
schränken, die  Arier  theils  zu  den  Keilinschriften  und 
theils  zu  den  Indern  verweisen.  Vor  allem  aber  müs- 
sen wir  einen  wissenschaftlichen  Fetisch,  ich  meine  den 
blauschwarzen,  dicknackigen,  schafwoU  -  behaupteten 
Phantasienigger  ins  Feuer  werfen.  Wir  müssen  die 
Afrikaner  bei  sich  selbst  aufsuchen  und  genau  er- 
kunden; dazu  ist  aber  nöthig,  vorerst  besser  unter- 
richtete, wissenschaftlich  besser  geschulte  Reisende  nach 
Afrika  zu  senden,  als  dies  neuerdings  mehrfach  ins  Werk 
gesetzt  ist,  und  zwar  von  nationaler  wie  auch  von  inter- 
nationaler Seite  aus.  Ich  erkläre  dies  frei  und  offen 
selbst  auf  die  Gefahr  hin,  seitens  halbwissender  und 
unklarer  Fachgenossen  von  neuem  des  Mangels  an 
schuldiger  Pietät  gegen  Vorgänger  wie  Mitstrebende 
auf  dem  Gebiete  der  Afrikaforschung  bezichtigt  zu 
werden ! 

Eine  eigenthümliche  Schwierigkeit  bieten  der  ethno- 
logischen Erforschung  die  Bewohner  der  afrikanischen 
Inselwelt  dar.  Die  Guanchen,  die  alten  Bewohner  der 
Canarien,  sind  zwar  hinlänglich  auf  ihre  Berbernatur, 
auf  ihre  Verwandtschaft  mit  den  Imoschach  im  weitern 
Sinne,  geprüft  worden.  Die  nigritischen  Baobi's  oder 
Bubis,  die  Bewohner  der  Insel  Fernäo  do  Po  (Fer- 
nando Po),  machen  auf  uns  vollständig  den  Eindruck 
von  schwarzen,  auf  jenes  fruchtbare  Eiland  übergetre- 
tenen Bewohnern  der  das  Gebiet  der  Gabonmündung 
bewohnenden  Völkerschaften.  In  physischer  Hinsicht 
scheinen  die  Bubis  freilich  ausgeartet  zu  sein  und  unter 


318 


Sechstes  Buch. 


aiiULiiii  stark  von  einer  Art  des  sogenannten  Yemen- 
geschwüra  geplagt  zu  werden.  Auf  der  Ilha  do  Prin- 
cipe,   auf  Säo  Thome   und  Annobom   leben  heutzutage 


Schlussbetrachtuugen.  319 

neben  Europäern  und  Mischlingen  nur  AuKoinmlinge 
von  Sklaven.  Auf  den  Anjoaneninseln  treffen  wir  als 
'hner  eine  gemischt  nigritische,  den  Wasuaheli 
-isch  ähnliche  Rasse,  welche  arabisches  und  selbst 
indisches  oder  eranisches  Blut  in  sich  enthält.  Sehr 
äthselhaft  bleibt  dagegen  vorderhand  Madagascar  mit 
-einen  höchst  sonderbaren,  bald  an  das  gegenüber- 
liegende Afrika,  bald  an  Indien,  ja  selbst  an  Amerika 
erinnernden  Naturerzeugnissen.  Von  der  Bevölkerung 
■rzählt  man,  dass  sie  theils  malaiisch,  theils  hindo- 
-tauisch,  theils  afrikanisch  sei.  Haben  wir  es  hier  in 
der  That  mit  eingewanderten  und  an  veränderte  Lebens- 
t-edingungen  angepassten  Fremdlingen,  haben  wir  es 
mit  Ueberresten  einer  vorgeschichtlichen,  später  zum 
Theil  zertrümmerten  oder  allmählich  veränderten  con- 
tinentalen  oder  auch  Inselwelt  zu  thun?  Vorläufig 
gibt  die  Wissenschaft  noch  keine  befriedigende  Ant- 
wort auf  diese  Fragen.  Es  bleibt  hier  noch  gar  vieles 
zu  thun  übrig,  wie  ja  im  gesammten  Festlande.  Die 
alte  bewährte  Redensart  „Semper  aliquid  novi  ex  Africa" 
Nvird  noch  lange  ihren  Reiz  und  ihre  Gültigkeit  be- 
liaupten.  Ueber  das  vielfach  Ungenügende  der  Gegen- 
wart wollen  wir  die  Hoffnung  auf  eine  schönere  Zu- 
kunft nicht  verlieren. 


Anmerkungen. 


1)  zu  S.  1.  Pilgrime  aus  Turkistän,  mit  welchem  letztem 
Namen  im  Orient  häufig  die  innerasiatischen  Gebiete  von 
Chiwa,  Bochara,  Taschkend  u.  s.  w.  bezeichnet  werden, 
machen  nicht  selten  einen  Abstecher  von  den  heiligen 
Stätten  aus  nach  Aegypten,  wo  man  sie  denn  in  ihren  bunt- 
gestickten, mit  Wollfranzen  besetzten  Kegelmützen  oder  in 
ihren  hohen  Turbanen,  mit  theils  scharf  gezeichneten,  theils 
stumpfen  kirgisisch-gebildeten  Zügen  umherbummeln  sieht. 
Manche  sind  Bettlerderwische  und  Haschasch.     (S.  194.) 

2)  zu  S.  1.  Die  Delläle  oder  Mäkler  machen  sich  im  ganzen 
Orient  unentbehrlich.  Sie  sind  z.  B.  sehr  brauchbar  bei 
Einkäufen  auf  den  Bazaren,  sobald  man  nur  vor  augenfälligen 
Prellereien  seitens  derselben  auf  der  Hut  ist.  Klunzinger 
erzählt,  dass  die  in  Kosser  landenden  Pilgrime  ihre  unter- 
wegs aufgekauften  oder  erbettelten  Waaren  aus  Geldnoth 
durch  den  Mäkler  losschlagen  lassen.  Waffen,  Bücher, 
Räuchergefässe,  Stücken  der  schwarzen  Koralle,  Rosenkränze 
aus  diesen  oder  aus  Aloeholz,  lederne  und  metallene  Ge- 
fässe  mit  heiligem  Semsemwasser  gefüllt,  Bilderbogen  mit 
den  Ansichten  der  heiligen  Stätten,  eingewickelte  Klösschen 
mit  heiliger  Mekka-  und  Medinaerde,  Datteln  vom  Grabe  des 
Propheten,  Zahnstocher  und  andere  Reliquien.  (Vgl.  Klun- 
zinger, Bilder  aus  Oberägypten,  der  Wüste  und  dem  Rothen 
Meere,  Stuttgart  1877— 79;  2.  Aufl.,  S.  320.)  Wir  selbst  fan- 
den den  Delläl  bis  nach  dem  Innern  von  Afrika  hinein 
verbreitet  und  erhandelten  mit  seiner  Hülfe  von  den  Funje 
und  Abu  Rof  am  Guleberg  jene  S.  163  geschilderten  Markt- 
producte.  Eine  höchst  lesenswerthe,  an  launigen  und  cul- 
turgeschichtlichen  Bemerkungen  reiche  Darstellung  der  Wirk- 
Ramkeit  persischer  Delläle  gewährt  uns  H.  Brugsch  in  seiner 
„Reise  der  königlich  preussischen  Gesandtschaft  nach  Persien 
18G0  und  1861"  (Leipzig  1863),  II,  74  fg.  In  Nordafrika  gibt 
€8  aber  auch  Dellälehs,  d.  h.  weibliche  Mäkler.     Diese  haben 


Anmcrkuugeu.  321 

n  Harems  Zutritt,  verschachern  die  oft  sehr  zierlichen 
'  reien  und  andern  Handarbeiten   der  Damen    und  ver- 

btliLii  mboiiboi  das  Geschäft  der  Katbehs  oder  professionirten 

Khokui'i>K  rinnen. 

3)  zu  S.  1.  Franken,  Effrendj,  Singnl.  Frendji,  Frengi, 
werden  in  Aegypten  im  allgemeinen  die  Inglis  oder  Eng- 
länder, die  Fransa  oder  Franzosen,  die  Sbaniulin  oder  Spa- 
nier, die  Bertukan  oder  Portugiesen,  die  Nemsa  oder  Süd- 
deutschen und  Oesterreicher,  die  Burusianin  oder  Preusscn, 
Korddeutschen,  die  Talianin  oder  Italiener  und  die  Moskob 
oder  Küssen  genannt.  Der  Grieche,  Rumi,  zählt  im  all- 
gemeinen nicht  zu  den  Franken.  Die  Osmanen  nennt  man 
Turuk  (Sing.  Turki),  die  Amerikaner  Malekamin.  Armenier 
heisst  Armeni. 

4)  zu  S.  2.  Der  unverdiente  Ruf,  als  Begleiter  eines 
preussischen  Prinzensohnes  ein  hervorragender  Arzt  zu  sein, 
welche  letztere  Eigenschaft  schon  durch  mein  damaliges 
jugendliches  Alter  ausgeschlossen  wurde,  verschaffte  mir  Zu- 
tritt auch  in  die  Frauengemächer  namentlich  der  Suda- 
nesen. Ich  genoss  noch  mehr  Zutrauen  als  mancher  andere 
reisende  Arzt  und  gewann  dadurch  in  ethnologischer  Hin- 
sicht sehr  bedeutende  Vortheile. 

5)  zu  S.  3.  Infolge  der  Bemühungen  eines  Sachs,  Schwein- 
furth,  Lenz,  Falkenstein,  Pogge,  Hildebrandt  und  durch 
eigenen  Sammeleifer  habe  ich  ein  vorzügliches  osteologisches 
Material  über  verschiedene  afrikanische  Stämme  zusammen- 
gebracht, darunter  Specimina  von  grösster  Seltenheit,  über 
welche  ich  im  zweiten  Bande  meiner  „Nigritier"  berichten 
werde.  Einige  Leichenöffnungen  an  Schwarzen  vollzog  ich 
in  Gemeinschaft  mit  Dr.  Th.  Bilharz  im  Spitale  Kasr  el-Ain 
(October  18G1)  zu  Kairo  und  mit  Dr.  Alfred  Peney  (April 
1861)  im  Spitale  zu  Chartum. 

6)  zu  S.  3.  Die  Gründe,  weshalb  ich  die  Bezeichnung 
Nigritier  in  die  Wissenschaft  eingeführt  sehen  möchte, 
habe  ich  ausführlicher  in  meinem  Aufsatze:  „Die  Stellung 
der  Funje  in  der  afrikanischen  Ethnologie  vom  geschicht- 
lichen Standpunkte  aus  betrachtet"  (in:  Zeitschrift  für  Ethno- 
logie, 1869,  S.  28()  fg.),  dargelegt. 

7)  zu  S.  3.  Die  Kigritier.  Eine  anthropologisch-ethno- 
logische Monographie  von  R.Hartmann.  l.Theil.  Mit  52  litho- 
grai>hischen  Tafeln  und  drei  in  den  Text  gedruckten  Holz- 
schnitten (Berlin  1876). 

8)  zu  S.  5.  Die  Musen  des  Herodotus  von  Ilalicarnassus, 
übersetzt  von  J.  Chr.  F.  Bahr  (Stuttgart  1866),  Buch  II 
(Euterpe),  Kap.  4. 

9)  zu  S.  6.    Die  koptische  Sprache  wird  seit  etwa  tausend 
Habtmaitn.  21 


322  AnmerkuDgen. 

Jahren  vom  Volke  Niederägyptens  niclit  mehr  gesprochen' 
und  verstanden,  während  dies  in  Oberägypten  nach  zeit- 
genössischen Schriftstellern  noch  bis  ins  16.  oder  17.  Jahr- 
hundert hinein  der  Fall  gewesen  zu  sein  scheint.  Selbst- 
heute beten  die  in  den  Schulen  unterrichteten  Kopten  in 
ihrer  Sprache.  Die  Bibel  wird  in  den  Kirchen  auf  koptisch 
gelesen,  jedoch  in  arabischer  Sprache  erklärt.  Die  litur- 
gischen Bücher  werden  zur  Zeit  mit  arabischen  Lettern,  wenn 
auch  im  koptischen  Idiom,  geschrieben  und  gedruckt. 

10  zu  S.  8.  lieber  den  „Fetischdienst  der  alten  Aegypter"- 
hat  Dr.  E.  Pietschmann  eine  sehr  interessante  Arbeit  in 
der  Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde,  1878,  ver- 
öffentlicht. 

11)  zu  S.  8.  Die  von  mir  vorgebrachte  Auslegung  der 
Osiris-Sage  ist  keineswegs  neu  oder  originell,  sie  ist  aber 
jedenfalls  der  Denkweise  und  Naturauffassung  der  Retu  am 
meisten  entsprechend.  Osiris  versinnlicht  das  Steigen  und 
die  befruchtende  Wirkung  des  alljährlich  von  den  Begen- 
güssen  Central-  und  Ostafrikas  geschwellten  Nils,  wogegen 
Typhon,  des  Osiris  feindlicher  Bruder,  die  sengenden  Wir- 
kungen des  Wüstenwindes  und  die  dürren  Monate  reprä- 
sentirt,  während  welcher  letztern  der  Schöpfeimer  und  das 
Schöpfrad  arbeiten  müssen  u.  s.  w. 

12)  zu  S,  8.  Die  Betu  zwangen  nomadisirende,  dem  eigenen 
Volke  und  dem  stammverwandten  der  Bedja  angehörende, 
sowie  syro-arabische  Stämme,  auch  Israeliten,  zur  Sesshaftig- 
keit  und  zur  Ableistung  härtesten  Frondienstes. 

13)  zu  S.  9.  Vgl.  H'.  Brugsch  in  der  Zeitschrift  für  all- 
gemeine Erdkunde,  Neue  Folge,  XVII,  1  fg.  Ferner:  Ge- 
schichte Aegyptens  unter  den  Pharaonen  (Leipzig  1877), 
S.  730. 

14)  zu  S.  14.     Vgl.  Nigritier,  Bd.  I,  Abschn.  I,  Kap.  IV. 

15)  zu  S.  24.  lieber  die  Verbreitung  der  Dolmen  u.  s.  w. 
vgl.  Sir  John  Lubbock,  Die  vorgeschichtliche  Zeit,  erläutert 
durch  die  Ueberreste  des  Alterthums  und  die  jetzigen  Wil- 
den. Autorisirte  deutsche  Ausgabe  von  A.  Passow  (Jena 
1874),  S.  102  fg. 

16)  zu  S.  26.  Hinsichtlich  der  Fethawic,  Redemptores, 
bemerkt  Wetzstein,  der  gründlichste  und  gelehrteste  Kenner 
echt  arabischen  Wesens,  dass  in  den  schwersten  Fehden  der 
Araber,  wo  diese  sich  zu  einer  förmlichen  Schlacht  ent- 
schliessen  müssen,  die  Hauptaufgaben  nicht  ihnen  selbst, 
sondern  den  schwarzen  Panzerreitern,  athletischen  Neger- 
sklaven, zufallen.  Diese,  fast  immer  im  Stamme  geboren  und, 
■wie  die  römischen  Gladiatoren,  nur  für  den  Kampf  erzogen, 
sind  die  wahren  Helden  der   Zeltlager;    sie    sind  jederzeit 


ungon. 


323 


i.,  I.  II ,  lui  V,.  1.  .\ui/i  ..  ..wv.  »..*  Klirc  ihrer  Herren  das  Leben 
einzusitzen.  Der  Araber  ist  zu  klug,  als  dass  er  toiles- 
muthig  sein  sollte,  wie  das  aueli  eine  Menge  von  Sprich- 
wörtern bezeugt  u.  s.  w\  (Zeitschrift  für  Ethnologie.  Ver- 
handlungen der  berliner  Anthropologischen  Gesellschaft, 
1878,  S.  388.) 

17)  zu  S.  26.  Unter  den  Mauren  und  Maurinnen  findet 
man  nicht  selten  an  arabische  und  jüdische  erinnernde 
Physiognomien.  Das  rührt  her:  1)  von  der  Beimischung 
einigen  wirklich  syro- arabischen  Blutes;  2)  davon,  dass 
viele  der  in  Magreb  lebenden  Juden  zum  Islam  übergetreten 
sind  und  jetzt  noch  übertreten,  dass  sie  aber  in  diesem 
Renegatenzustande  sich  theils  familienweise  als  „Mauren" 
fuhren  oder  mit  letztern  Vermischungen  eingehen,  die  auf 
Kind  und  Kindeskind  die  Spuren  der  Provenienz  hinterlassen ; 
3)  spielen  hier  zufällige  Aehnlichkeiten  mit,  wie  sie  überall, 
selbst  gelegentlich  innerhalb  rein  germanischer  Familien 
sich  vorfinden. 

18)  zu  S.  27.  Die  aus  einer  Vermischung  von  Berbern, 
Bedja,  A'  '  vi\  u.  s.  w.  mit  Nigritiern  hervorgehen- 
den Ab;  _•'  erben  bei  der  grossen  physischen  Ver- 
wandtst'iiiUL  im«  i  dieser  afrikanischen  Nationen  untereinander 
auch  die  äusserlichen  Merkmale  viel  dauernder  und  con- 
stanter  fort,  als  wenn  Osmanen,  reine  Araber,  Franken  u.  s.  w. 
mit  Nigritiern  Vermischungen  eingehen ,  wo  es  dann  oft 
schon  nach  wenigen  Generationen  Rückschläge  zum  einen 
oder  andern  Typus  der  Aeltern  zu  geben  pflegt. 

19)  zu  S.  34.  Vgl.  darüber  Nigritier  an  verschiedenen 
Stellen.  Die  arabische  Sprache  verdrängt  mit  dem 
Koran  und  mit  den  allgemeinen  in  diesem  Idiome  schrift- 
lich normirten  Ritual-  und  Moralgesetzen  des  Islam  all- 
mählich die  eingeborenen  Sprachen.  Wo  ferner  die  Os- 
manen, deren  Abkömmlinge  und  Anhänger  sich  festgesetzt 
haben,  wird  das  Arabische  als  officielle  Sprache  und  als 
diejenige  des  öffentlichen  Verkehrs  auch  von  oben  herab 
ganz  besonders  gepflegt  und  begünstigt.  Daneben  ist  ja  das 
Arabische  Hauptidiom  vieler  Marabouts  oder  Missionare  und 
der  Derwische  oder  Mönche  des  Islams. 

20)  zu  S.  34.  Barf»n  Pruyssenaere  de  la  Wostyne  im 
Ergänzungsheft  zu  Petermaun's  Mittheilungen,  Nr.  51, 
Theil  n,  S.  7. 

21)  zu  S.  38.  Obwol  die  im  Sennar  nomadisirenden  Djaa- 
lin  noch  ihrem  ursprünglichen  physischen  Bedjacharakter 
treu  geblieben  sind,  so  haben  doch  die  am  untern  Blauen 
Nil  und  am  oberu  Nil  wohnenden  Angehörigen  dieser  Na- 
tion durch  häufige  Vermischungen  mit  Berabra,  mit  Schilluk, 

21* 


324  Anmerkungen. 

Funje  und  andern  Nigritiern   den  erstem  eingebüsst.     Vgl. 
Hartmann  in:  Zeitschrift  für  Ethnologie,  1879,  Heft  IL 

22)  zu  S.  40.  Crania  ethnica;  les  cranes  des  races  hu- 
maines  par  Quatrefages  et  Hamy.  Mit  zahlreichen  Holz- 
schnitten und  Steindrucken  (Paris). 

23)  zu  S.  58.  G.  Fritsch,  Drei  Jahre  in  Südafrika.  Reise- 
skizzen nach  Notizen  des  Tagebuchs  zusammengestellt  (Bres- 
lau 1868),  S.  95. 

24)  zu  S.  59.  Abbildungen  der  Zimbaoe  oder  Zimbabye 
von  K.  Manch  in  der  Zeitschrift  für  Ethnologie,  1876, 
Taf.  XXII,  S.  185  fg.,  und  von  Th.  Baines,  The  Gold  Regions 
of  South  Eastern  Africa  (London  1877),  in  letzterm  zwei 
höchst  interessante  photographische  Platten. 

25)  zu  S.  59.  Zwei  meiner  hier  in  Berlin  Medicin  studi- 
renden,  in  Südafrika  geborenen  Zuhörer,  die  Herren  A.  Schultz 
und  A.  Krause,  versicherten  mir  wiederholt,  grosse  indi- 
viduelle Aehnlichkeiten  zwischen  gewissen  Hagenbeck'schen 
Nubiern  sowie  Swazi,  Zulu  und  Suto  erkannt  zu  haben. 
Vgl.  auch  Virchow  in  der  Zeitschrift  für  Ethnologie;  Ver- 
handlungen der  berliner  AnthrojDologischen  Gesellschaft,  1878, 
S.  402. 

26)  zu  S.  60.  Die  Fechtweise  der  Masay  wurde  auf  S.  269 
dieses  Büchleins  erörtert,  lieber  diejenige  der  Zulu  vgl. 
G.  Fritsch,  Die  Eingeborenen  Südafrikas,  ethnographisch 
und  anatomisch  beschrieben  (Breslau  1882),  S.  130. 

27)  zu  S.  61.     Nigritier,  Bd.  1,  Abschnitt  I,  Kapitel  IX. 

28)  zu  S.  61.  Die  Hottentotten  in  ihren  nähern  Bezie- 
hungen und  in  ihren  Gegensätzen  zu  andern  afrikanischen 
Stämmen  sind  in  meinen  Nigritiern,  I,  489,  ausführlicher  be- 
handelt worden. 

29)  zu  S.  64.  lieber  die  Doko  habe  ich  neuere,  von  mir 
selbst  in  Afrika  eingesammelte  Nachrichten  in  den  Nigritiern, 
I,  496,  veröffentlicht. 

30)  zu  S.  65.  E.  Marno  hat  in  den  Sitzungsberichten  der 
wiener  Anthropologischen  Gesellschaft,  1875,  zu  S.  157  zwei 
in  anthropologischer  Hinsicht  völlig  unbrauchbare  Cari- 
caturen  von  Akka  abbilden  lassen.  Recht  gut  sind  dagegen 
die  beiden  Figuren  in  Oberst  Chaille  Long-Bey,  Central- 
Africa:  Naked  truths  of  naked  people  (London  1876),  S.  264, 

31)  zu  S.  67.  0.  Lenz,  Skizzen  aus  Westafrika  (Berlin 
1878),  S.  117. 

32)  zu  S.  76.  Vgl.  Hartmann  in  der  Zeitschrift  für  Ethno- 
logie, 1869,  S.  135  fg. 

33)  zu  S.  154.  Ferlini's  Fund  in  den  Ruinen  von  Meroe 
betruf  Kostbarkeiten,  die   einer  der  mächtigsten  auch  auf 


Anmerkungen.  325 

den  Alterthümern  von  Bcn-Naga  dargestellten  Candacen  an- 
gehört haben.  Diese  zum  Theil  nach  Dessins  verfertip^ten 
Schmucksjii'lion ,  wie  ihrer  noch  heut  in  Sennar  und  Abys- 
sinien  üblich  sind,  befinden  sieh  zur  Zeit  im  Aegyptischen 
Museum  zu  Berlin. 

34)  zu  S.  160.  Prof.  Worsaa  hat  einen  primitiven,  stehen- 
den Webstuhl  von  den  Faröer  in  seinen:  Nordiske  Oldsager 
i  det  kongelige  museum  i  Kjöbenhaven,  S.  159,  abbilden 
lassen. 

35)  zu  S.  164.     Köler's  Notizen  über  Bonny  (Jena  1843). 

36)  zu  S.  169.  Hinsichtlich  des  von  Chartum  aus  ge- 
leiteten durch  mich  mehrfach  gebrandmarkten  Sklaven- 
raubes schrieb  im  Jahre  1862  G.  Lejean:  „Cette  note  etait 
imprimee  (juand  l'auteur  a  eu  communication  d'un  tres  im- 
portant  travail,  paru  dans  le  Zeitschrift  für  Erdkunde  de 
Berlin  etc.  par  le  Dr.  Robert  Hartmaun.  J'applaudis  de 
tout  mon  cieur  a  cette  expression  d'une  indignation  loyale 
contre  un  crime  permanent,  qui  brave,  a  la  fois  les  lois  de 
TEurope  et  celles  de  l'Egypte  elle-meme  et  je  regrette 
seulement  que  l'auteur  ait  rcstrei^t  ä  15  pages  un  sujet  qui 
eüt  merite  un  volume.  La  chronique  du  Bahr-el  Gazal  eüt 
pu  lui  foumir  bieu  des  episodes  qu'il  n'a  pas  connus  etc." 
(Annales  des  voyages,  1862,  I,  268.) 

37)  zu  S.  171.  L.  Magyar  über  den  Handel  von  Bihe  in 
seinem  oft  citirten  Werke:  Reisen  in  Südafrika  in  den 
Jahren  1849—57.  Aus  dem  Ungarischen  von  Joh.  Hunfalvy 
(Pest  und  Leipzig  1850),  I,  265  fg. 

38)  zu  S.  182.  Vgl.  Dr.  Wangemann,  Lebensbilder  aus 
Südafrika  (Berlin  1871),  S.  12  fg. 

39)  zu  S.  192.  Duveyrier,  Les  Touareg  du  Nord  (Paris 
1864),  S.  450,  451. 

40  zu  S.  193.  Das  Liedchen  würde  auf  Deutsch  etwa 
heissen:  Vermaledeit  sei  Kordufan,  wo  (in  welchem  Lande) 
ein  Soldat  (des  ägyptischen  Vicekönigs)  den  Misallim  (den 
furischen  Eunuchen  und  Feldherrn)  erschoss  (in  der  Schlacht 
von  Bara). 

41)  zu  S.  206.  Die  Religion  der  Kopten  ist  die  monophy- 
sitische  oder  monothelitische,  jakobitische.  Oberstes  Kircheu- 
haupt  ist  der  Patriarch  (von  Alexandrien);  unter  ihm  stehen 
Bischöfe,  Erzpriester,  Priester,  Diakonen  und  Mönche.  Die 
Regeln  sind  sehr  streng;  häufiges  Beten  ist  Vorschrift  und 
Hypokrisie  an  der  Tagesordnung.  Vgl.  E.  W.  Lane,  An 
account  of  the  manners  and  customs  of  the  modern  Egyptians. 
Verschiedene  Ausgaben.  8.  Deutsch  von  J.  Th.  Zenker 
(Leipzig). 


326  Anmerkungen. 

42)  zu  S.  208.  Ausführlicheres  über  den  merkwürdigen, 
in  Afrika  sich  hier  und  da  findenden  Hundecultus  bei 
Hartmann  in  der  Zeitschrift  für  Ethnologie,  1870,  S.  136—140. 

43)  zu  S.  247.  lieber  die  Dynastie  Salomo's  vgl.  Nigritier, 
I,  383. 

44)  zu  S.  247.  Ueber  die  sogenannten  abyssinischen  Juden 
oder  Falaschas  vgl.  Nigritier,  S.  374. 

45)  zu  S.  284.  Vgl.  Hartmann,  Geographische  Verbreitung 
der  im  nordöstlichen  Afrika  wild  lebenden  Säugethiere. 
(Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde,  HI,  267.) 

46)  zu  S.  313.  C.  R.  Lepsius,  Standard  Alphabet  for  re- 
ducing  unwritten  languages  and  foreign  graphic  Systems  to 
a  uniform  orthography  in  European  letters.  Edit.  II.  (Lon- 
don und  Berlin  1863.) 


Register. 


Abibde  IS. 

AbanchU  24.1. 

A-Bantu  (KafTern).  Ackorb.in  und 
Viehzucht  i:\9.  144;  BewjiflfnunR 
114.    12.3;     GewerbtluititfkeJt     l.Ml. 


Handel   IIA-. 

H-"  ■'•■• 

'■  '    Kinrich- 

tung  10.1;  Jak' 

iunff  102; 

Körperliche  1 

t  «X.  »3; 

Krie«  275;   M 

und 

Wohnsitze  14 

"ff 

U<«;  Rechtsv.  1 

-rie- 

rnng24l;  RelitriM.«o  \ 

■  rriteiuinuen 

223:  Sitten  17 

H.  ISO;  Sprache  311. 

Aba-Tr»knti  t?11. 

Aha. 

AM 

Ab ; 

Ab 

1'".4. 

Ab 

1(12.   121 

146. 

Abr. 

t$  112. 

Abu-<jir«.jh   71. 

Abuna  247. 

Abu-Roasch  .17. 

Abu-Rof  1.1.  16. 

2«^.  320. 

Abyssinier,    Ackerbau 

und    Vieh- 

zucht    1  •.".'.    1^ 

11 

V     14!: 

]?.'w;ifTiiunK 
•  ig. 

k. 

he 

K 

11  • 

K 

M...  .  . 

14.     H;     Nai 

Kechts- 

rerhiltnisae   . 

lutf    2-i7: 

R-'-'" 

•_""■ 

Ac) 

Ac). 
Acr 
Acr, 
Ada  .' 


'ator  1.1.». 
:  inum  M.'i 


Adamprah  271. 

Addax  2'<3. 

Adinioku  252. 

Adjao-Gala  19. 

Adjem  107. 

Adulis  14. 

Afer  (s.  Danakil)   8.   14.   1- 

Affen  13.').  1.54.  l«;l.  27H. 

Affenbrotbaum  147.  1H3. 

Afrika  (s.  auch  Innerafrika),  1.  3; 
Ackerbau  und  Viehzucht  126.  13«; 
Bewaffnunff  llß;  Fischfang  2^*4; 
Gewerbthätiffkeit  1.5«;  Handel  151. 
187 ;  Häusliche  Einrichtungen  98. 
105;  .Tagd  2><0:  Kleidung  107.  111. 
Körperliche  Beschaflfenhoit  70.  77; 
91;  Krankheiten  2'.«9.  30*'.;  Krieg 
270;  Menschenstäninie  20;  Nah- 
rung 145;  Rechtsverhältnisse  254; 
Religiöse  Vorstellungen  205;  Sit- 
ten 75;  Sklaverei  250;  Sprachen 
308;  Schlussbetrachtungen  319; 
Anmerkungen  320. 

Afrikanische  Völker  319. 

Atfagir  13.  2«l. 

Agau,  Jagd  281;  Körperliche  Be- 
schaffenheit 80;  Meuschenstämme 
18.    19;     Rechtsverhältnisse     2«^0; 

llPL'ifriim/    'Jl7-     Si)r:icli('M    IllO. 


Aghas  1. 

Aegoceroi  2'*4. 

Agra  97. 

Agriessteine  214.  262 

Agrumi   1.  ."lO. 

Aecy  " -inch  Ahi^m'^'i"  1; 

A  Viehzucht  126.  144; 

G.  koit      1.53;     Handel 

iie  Einrichtung   9'<; 


328 


Register. 


Jagd  280;  Kleidung  106,  111;  Kör- 
perliche Beschaffenheit  68,  76.  96 ; 
Krankheiten  299;  Krieg  267;  Men- 
Bchenstämme  5;  Nahrung  147; 
Ilechtsverhältni8se254;  Kegierung 
227;  Religiöse  Vorstellungen  205; 
Sitten  188;  Sprachen  309;  Schluss- 
betrachtungen 316. 

Ahogar  28. 

Aito  249. 

Akazien  118. 

Akazienholzkohlen  156, 

Akil  (s.  Makabantu)  81,  250, 

Akka,  Bewaffnung  121 ;  Körperliche 
Beschaffenheit  94.  96;  Menschen- 
Btämme  64;  Regierung  252. 

Akkra  312, 

Aksum  14,  247. 

Akwapim  312. 

Alaka  212 

Alexandri'a  1,  71,  126.  249,  283. 

Alga  (Bettstelle)  106. 

Algier  ,  Algerien ,  Algferie,  Acker- 
bau und  Viehzucht  137;  Men- 
schenstämme 26,  27;  Regierung 
227;  Sitten  193;  Sprachen  310. 

Ali-Bey  231, 

Allah  16,  212. 

Aloa  11.  41,  49.  268, 

Aloe  138, 

Altägypten  155,  203,  310. 

Altchina  153, 

Altkairo  1, 

Altnubien  155, 

Amabutu  242, 

Amachlosi  224, 

Amafengu  56.  244, 

Amaholi  243. 

Amanokal  245. 

Amapagati  241, 

Amaswazi  55.  224. 

Amatabele  54.  253,  26«, 

Amatonga  55. 

Amatongo  224. 

Amatungula  130. 

Amaxosa  54. 

Amazigh  245. 

Amazonen  277. 

Amazulu  (s.  Zulu),  Handel  und  Ver- 
kehr 178;  Häusliche  Beschaffen- 
heit 105;  Krieg  268;  Menschen- 
Stämme  54;  Religiöse  Vorstel- 
lungen 224;  Sitten  178. 

Ambadj  175. 

Ambakka  170. 

Ambatch  285. 

Ameisen  135, 

Amenemha  18, 

Amenhotep  10.  75. 

Amerika  91.  l.io.  319. 

Amhara  81,  206. 

Amharinja  310. 

Amon-IU  75. 


A-mrara  145. 

Amr-Ibn-el-Asi  9. 

Amulet  113, 

Anahuac  74,  153, 

Anchylostoma  302, 

Andries  Waterboer  62, 

Angareb  188,  208. 

Angola,  Ackerbau  und  Viehzucht 
127. 138 ;  Handel  und  Verkehr  170 ; 
Menschenstämme  und  "Wohnsitze 
52;  Regierung,  Staatsverfassung 
241;  Sprache  311. 

Anjoaneninseln  319, 

Anna  Xinga  277. 

Annobom  318. 

Anona  senegalensis  129. 

Antilopen  109.  135.  159.  210.  280. 

Araber  2;  Körperliche  Beschaffen- 
heit 71;  Menschenstämme,  Wohn- 
sitze 8.  25;  Nahrung  152;  Rechts- 
verhältnisse 257;  Sitten  194;  Spra- 
chen 313. 

Arabie  (Wagen)  75. 

Arama  48. 

Ardjinoma  233. 

Argin  7. 

Argo  7. 

Arier  2.  309, 

Arkiko  250, 

Armenier  1.  26. 

Amanten  1.  185. 

Arsch  244. 

Artischoken  132. 

Artocarpus  129. 

Asaker  168. 

Aschanti,  Bewaffnung  116;  Häus- 
liche Einrichtungen  101 ;  Kleidung 
109.  113;  Krieg  271;  Menschen- 
stämme 47.  53;  Rechtsverhältnisse 
261 ;  Regierung  234 ;  Religäöse  Vor- 
stellungen 213;  Sitten  191.  198  j 
Sprachen  312. 

Aschantipfeffer  131.  152. 

Asfa  Wusen  207. 

Asien  134. 

Assagaien  276. 

Assida  147. 

Atbara  12.  281. 

Ateuchus  Ägyyptiorum  208. 

Aethiopier  2.  14.  268. 

Augenkrankheiten  304. 

Augurien  209. 

Auraris  281. 

Azdjer  245. 

Azteken  223, 


Babongo  102.  290. 
Babylon  1.58. 
Bacharnegasch  248. 
Badimo  224. 
Baganauoa  225. 


Register. 


829 


i  Ajrur«   1<».  193.  SfiS. 


kerbau  und  Viehsucht 

'!innirl2A;  KIoidunglOH. 
.  ,  Wohnaitze  34. 
k'  2S4. 


S'* ;    Kcgiemng 


Banihus  US.  ir>;i. 
Bana  209. 

Bananen  72.  Ti«.  l».i. 
Bandorabe  4i*. 
Banka  i»l. 
Bantetsche  11.'.. 
Banyay  S4.  2<k 
Banra-n'-Konyo  IMO. 
Baobab  I.W. 
Baobi?.  Buhig  :n7. 
Bara  IM.  l'.«3.  271. 
Baraka  132. 
Barbareskenstaaten  2. 
B.ir.l.  !i    \':<?.. 


KiUT 
115 

41  ;    ^ 


it^ruug  ■^•^':f\ 
511. 


r.ark.  ■.    ;  ,. 

r.i-a  ■;!-. 

!;.-»<-.ii  (Ba»i....,  .,,.  ,  .. 

■:.i'r.i  1. 

i  a>tardhottentotten  62.  2S^. 

i;a*ttuch  lft.^. 

Ba«!itn,    Acktrbau   und   Viehzucht 

1H>;  Kleiduntf  10?*;  Regierung  242; 

Sitten     I7y.     1«2.    l^h;     Religiöee 

Vorstellungen  216. 
Rata  240. 
Batalha  98. 
Bataten  127.  147. 
Batoka  54.  199. 
Batonga  55. 


Bn 

t«A<«tlS    "^ll 

n. 

■  i 

1  \  iciiziuiit  l.U; 

US;     (icwerb- 

.  .iidel  V'\:  H-tM^. 

unuonlO'.'     ■        ■          , 

».     114;     K 

t      70;       K 

.    11.  IS.  :,■,.;   Nah- 
ling 231;    Sitten 

••■i  r.»2. 

•-•02. 


II   15. 


45.  283. 


Beiaui  30. 

Beled-Sudan  227. 

PoIf>ma  211. 

i;   :  :  i-clien-Garden  2.50. 

i;.  ::-.i  :{12. 

H.iiK.iid  249. 

Benguella,  Ackerbau  und  Viehzucht 

12«.  142;    Handel  170;  Menschen- 

'1;      Rechtsverhältnisse 

se  Vorstellungen  266; 

11. 

Bfiii-Aiinr  "_';•. 

Beui-Hassan  297. 

Benin  101.  191.  214.  234. 

Benomotapa  5h. 

Berabra  (Berberiuer),  Ackerbau  und 
Viehzucht   140;    Bewaffnung  11« 
GewerbthätiKkeitl55;  Handel  168 
Häusliche      P^iurichtungen      105 
Kleidung    UK».  114;     Krankheiten 
299;  Krieg  270;  Menschenstämmo 
7.   18;    Nahrung    147;    Regierung 
229;    Sitten    179.    19«;    Sprachen 
310. 

Berbern,  Ackerbau  und  Viehzucht 
138,  142:  Bewaffnung  116;  Häus- 
liche Kinrichtungeu  102;  Jagd 
Körperliche  Beschaffenheit  77 ; 
M.  .,>.,  h.  ,,«tamme  11.  61;  Rechts- 
257;   Sitten  177.  192: 


Berikimo  «>6. 

Bernsteiuperlen  112. 

Berred  112. 

Berr-el-Arab  193. 

Berta,  Ackerbau  und  Viehzucht  129; 
Kleidung  lOH.  111;  Körperliche 
Beschaffenheit '.H):  Krieg2«;9;  Nah- 
rung 147;  Regierung  227;  Reli- 
giöse Vorstellungen  208;  Spra- 
chen 311. 

Berun  (Burun)  34.  115.  121. 

Beryllen  105. 


330 


Register. 


Besä  (Antilope  Beisa)  231. 

Bescharin  14. 

Betchuana  (Betchuanastamm), 
Ackerbau  und  Viehzucht  137 ; 
Häusliche  Einrichtungen  100; 
Jagd  287;  Menschenstämme  54. 
61;  Regierung  243;  Religiöse  Vor- 
stellungen 226;  Sitten  179.  192. 

Bettan  66. 

Bey  (Bei)  1.  228.  283. 

Bicho-de-pfe  145. 

Bida  24. 

Bidduma  34. 

Bihe  171.  268. 

Bilbil  151. 

Biled-el-Djerid  129. 

Binsenratten  146, 

Biseli  169. 

Bitobo  211. 

Blauer  Nil  34.  46.  143.  189.  211. 

Blemmyer  38. 

Blutrache  258. 

Boer-Republiken  116.  280.  295, 

Bogos  18.  80.  102.  264, 

Bohon-Upas  305, 

Bongo,  Gewerbthätigkeit  156;  Han- 
del 168;  Kleidung  111;  Körper- 
licheBe8chaffenheit96;  Menschen- 
stämme 41;  Nahrung  146;  Reli- 
giöse Vorstellungen  211 ;  Sprachen 
311. 

Bonny  101.  164.  251. 

Bonzen  73. 

Borassus  Aetfnopum  129. 

Borgu  34. 

Bornu,  Bewaffnung  125;  Handel 
175;  Kleidung  108.  113;  Menschen- 
stämme 39;  Regierung  233;  Reli- 
giöse Vorstellungen  208;  Sitten 
197;  Sprachen  311. 

Bos  brachyceroa  264. 

Boswellia  papyrifera  132. 

Bowani  269. 

Brakna  27. 

Braminenzebu  142. 

Brasilien  91.  289. 

Braas  127.  251. 

Brayera  antheUninthica  301. 

Brouzefarbe  82. 

Bubonen  299. 

Budda  211, 

Buddhismus  257. 

Buenos-Ayres  91. 

Büffel  (Boa  cafer)  13.  148.  264.  281. 

Bugalten  (Bedja)  14. 

Buka  14. 

Bulak  2.  6. 

Bulal»  39. 

Bullom  312. 

Bunit  (Bunek)  209. 

Burma  105. 

BuBchböcke  283. 

Buschmänner,      Bewaffnung     121; 


Häusliche      Einrichtungen      102 ; 

Jagd  287;  Kleidung  108;  Nahrung 

146;  Regierung  252;  Sprachen  305; 

Wunden  305. 
Butyrospermuni  127, 
Byssus  154. 


Cabocirs  (Häuptlinge)  51.  239,  261. 
273. 

Cachassa  u.  s.  w.  151. 

Cacongo  241. 

Cactus  opuntia  130. 

Cafe  au  lait  70. 

Calabar  84. 

Calabarbohne  218. 

Camerun  53. 

Campas  93. 

Canarien  317. 

Candace  14.  159. 

Canots  175. 

Cap  56. 

Capcolonie  54.  61.  97. 

Cap  Finisterre  25. 

Capisch-Hottentottisch  311. 

Capland,  Jagd  278;  Krankheit  301; 
Regierung  243;  Sprachen  309. 

Cap  Lopez  241. 

Caypora  212. 

Centralafrika,  Ackerbau  und  Vieh- 
zucht 126;  Handel  168;  Krank- 
heiten 307;  Nahrung  152;  Reli- 
giöse Vorstellungen  211 ;  Sitten 
183.  193.  203;  Sklaverei  292. 

Centralasien  187. 

Centralsudan,  Ackerbau  und  Vieh- 
zucht 128.  134;  Gewerbthätigkeit 
155;  Verkehr  164;  Religiöse  Vor- 
stellungen 205. 

Chartum  129.  169.  228. 

Chato  132. 

Chetschwayo  116. 

Chetiter  71. 

Chilene  41. 

Chimpanse  90.  141.  285. 

Chimpaiksefell  121. 

China  (s.  auch  Altchina)  138. 

Chinsasa  265. 

Chiwa  107. 

Choera  179. 

Cholera  299. 

Chont  (To) 

Christensklaven  25. 

Chum  (Strychnos  innocua)  130. 

Church  Missionary  Society  312. 

^idade  de  Mogambique  98, 

Civilrechts-Codex  261. 

Clans  51.  62.  250. 

Claudius  14. 

Coanza  .52.  212.  264. 

Colocassiawurzeln  147. 

Colonnadenthaler  172. 


Register. 


331 


neo .    H»n<IH 

171: 

Krankhtitrn 

net«cb«s  HA. 

'luDff<>n 

210; 

Diamantfolder  99. 

«•n  an 

Dickagare  'iJK. 

Dif»«»  CAnt.  d^fatta)  2S0. 

Diffma  23.1. 

161. 

Dijok  210. 

J<, 

Dikale  .112. 
DinRi«wayo  241. 

■■i. 

Diodor  14. 

177. 

Pjaalin.  n.worl.tl.ntigkeit  154 ;  Han- 
1                              ^'111;  Menscben- 

J07. 

i  177. 

reuatcifc  281. 


Darhahanf  9«. 


;  Kegierung  2.14. 
>r9tellungen  214; 


-tich  des  Nils  202. 
.lokami  107. 

1   (8.    Afer)     14.    IS.    19.    102. 

^lamraed  Guerandj)  247. 

.■>o. 

Fi:t).    Ackor1.au     un.l 


n. 

228. 


^pum) 


ninka.    Ack«»rh»u  nnd 


Ha: 

per! 


1 'erwische  l.'i. 


■  mrae 

Kie- 

.  ;iigen 

2:^:.. 
Djanhai  259. 
Djebelauin  20<). 
Djema«  257. 
Djenge  42. 

Dj«rad  (Einh.   i)i..ri,i.  r-r 
Djerebin  ins 
Djidda  71.  1.': 
Djuba  309. 
Djur  42. 

Djurdjura  77.  .104. 
Dochu  12ß.  163.  147. 
Doko,    Bewaffnung  121;    Jagd  24C; 

Körpecliche     Beschaffenheit     94; 

Menschenstämme     63;      Nahrung 

146;  Regierung  252. 
Dolmen  23. 

Dompalme  (Hyphaene  thebaka)  129. 
Dongo  ,  .Sklaverei  294. 
Dnnsjola,  Ackerbau  und  Viehzucht 
'J:  Häusliche  Einrichtungen 
..'idung  107;  Sitten  1S4.  193. 
rohrrtote  73. 
It.mbüsche  1.1H. 
Dornenfeige  (Tin  schoki)  150. 
Dowisch  27. 
Dowla  172. 
Drawing-Room  90. 
Dromedar  2Hi».  270. 
Dschagga  14. 
DuaUa  312. 
Dubaim  M2. 
Dubbani-Danakil  <<1. 
Durra,    Ackerbau    und    Viehzucht 

l->..    u  .n.i.-i  163;  Menschenstämme 
t?  147;  Regierung  232; 
Vorstellungen  20H. 
Dv=...... ..    .JJ. 


\z  1.54. 


Eibisch  (Bibiicus  etculentutj  132. 147. 
Eidechsen  145.  146. 
Eierpflmumea  147. 


332 


Register. 


Einhufer  144.  278. 

Elefant  13.  112,  123.  136.  145.  154. 

Elefantensöhne  276. 

Elephantiasis  300. 

Elenantilope  (Oreas  canna)  145. 

Elfenbein  119.  180.  196.  232. 

Elliria  250. 

El-Nimr  (Melik)  37. 

El-Obed  283. 

Elohim  229. 

El-Kif  27.  77. 

Empacasseiro  70.  264. 

Empacasseirobund  264. 

Enarya  152. 

Endivien  132.  217. 

Engandas  179. 

Ennyay  209. 

Enset  128. 

Epilobium  127.  138. 

Epizoen  301. 

Eppich  131. 

Erdnuss  (Arachis)  127. 

Erombe  ya  loma  238. 

Erze  162. 

Esel  (brasilianische)  134.  162. 

Esneh  194. 

Eunuchen  229.  272. 

Euphorbienmilch  122. 

Ewe  312. 


Fadassi  227. 

Fakih  16.  50. 

Falascha  18.  81.  247. 

Falken  281. 

Falkenbeize  280. 

Famaka  211. 

Fan  oder  Faon  44.  52.  108.  119.  122. 

Fanti  312. 

Faruch  168.  270. 

Fascher  232. 

Fasoglo  24.  80.  130.  152.  208. 

Fatcha  260. 

Fazogloberg  2. 

Feige  (Ficus  carica)  129. 

Fellach  (Mehrh.  Fellachin)  1 ;  Ge- 
■werbthätigkeit  155;  Handel  161; 
Kleidung  111.  116;  Körperliche 
Beschaffenheit  71;  Krieg  271;  Men- 
schenstämme 7;  Sitten  201;  Skla- 
verei 290. 

Felup  121. 

Fema  2.54. 

Ferdah  107.  282. 

Ferlini's  Fund  154. 

Fernambuk  163. 

Fernäo  de  Po,  Fernando  Po  317. 

Fesan  38.  50. 

Fethawie  26. 

Fetisch  (Feitisso)  207.  213.  222.  265. 
294. 

Fingoes  56. 


Fiodh  (Fiod)  197.  253.  312. 

Florida  216. 

Flusspferd  11.  148.  284. 

Francolin  (Hühner)  288. 

Franken  1.  25. 

Frettchen  (Mustela  furo)  140. 

Fugoma  233. 

Fuka  (Hafuka)  294. 

Fukaha  16. 

Fukra  16. 

Fulbe,  Fellata,  Fulan,  Ackerbau 
und  Viehzucht  139.  149;  Bewaff- 
nung 121;  Kleidung  114;  Men- 
schenstämme 38.  44;  Regierung 
233.  251;  Religiöse  Vorstellungen 
206;  Sitten  177.  203;  Sprachen  309. 

Fulfulde  312. 

Fumo-Ansewa  237. 

Funje  2;  Ackerbau  und  Viehzucht 
134;  Bewaffnung  118. 123;  Gewerb- 
thätigkeit  159;  Handel  164;  Häus- 
liche Einrichtungea  105;  Jagd 
281;  Kleidung  108.  111;  Körper- 
liche Beschaffenheit  70.  83;  Men- 
schenstämme 11.  17;  Nahrung  148; 
Religiöse  Vorstellungen  208;  Sit- 
ten 175.  183.  196;  Sprachen  311. 

Funje-Sultanat  35.  52.  247,  268. 

Furaua  271. 

Eurer  10.  234.  271. 

Futadjalon  34. 

Futatoro  39.  143. 

Futne  163. 


Gabon  196.  210.  266. 

Gabonmündung  317. 

Gabon-Nigritier  53. 

Gabonterritorien  oder  Gebiet  44.  84. 
312. 

Gadjaren  251. 

Gaetuler  23. 

Gala,  Ackerbau  und  Viehzucht  129. 
142;  Bewaffnung  117.  122;  Häus- 
liche Einrichtungen  105;  Kleidung 
108;  Körperliche  Beschaffenheit 
81 ;  Krieg  269  ;  Menschenstämme 
14.  19;  Nahrung  145;  Religiöse 
Vorstellungen  206.  215;  Sitten  180; 
Sklaverei  290;  Sprachen  309. 

Galloa  84.  114. 

Galvanized  iron  house  99. 

Gambia  266. 

Ganga  226. 

Garamanten  38. 

Garieh-Beda  290. 

Garieh-Sudeh  290. 

Garieh-Habeschieh  290. 

Garrad  156. 

Gattas  235. 

Gau  (ägyptisch  Hesep)  5. 

Gaucho  92. 

Gazellen  13.  280. 


Kopist  er. 


333 


ClnitHlpnftus«  47. 

Ilaiiiiir    1... 

(;   ■       -      •,  .1  IS. 

Hamaücii  4t',. 

«                       11  l»a.  236. 

lUnidAllalii  :>0.  233. 

Hftiriiton  1>.  :«01». 

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II 
1 1 

1 1 

Ha*.4ji-Wuaa  iWulkU  Nimr)  37. 

Haschascli  VJ4. 

llaseu  (Lepua  aegyptiacus)  2H0. 

Hator  7.'>. 

Haupt-rurras  26.'». 

<  r :, , .,;,. 

HausaHtämme     (Hausa),      Gewerb- 

(.ri.ilieu    i.   1«.   *^.").    IIb. 

thätiKkeit  i:>7;  Häualiche  Eiurich- 

(iri.ts   1S9.  \'H. 

tuiiKen  104;    Kleidung  111;    Meu- 

<'-     '  •-  L'.vr 

sclifUBtämme  41»;  Sprachen  311. 

(                              ;  ,  -,2. 

Hauskatze  134. 

<                        17*. 

HauBziege  140. 

tmi'v     i.-.-. 

H'    .--Araber  37. 

Guerri Ilakrieg  .17. 

Hfduincii   1.'). 

Gngn  149. 

Ij   I.W.   1«3. 

Guinea       '    '      ' 

Ilibib  226. 

li-i. 

M  77. 

wer 

Idris  163. 

Hai 

124.  147. 

\h\: 

H  (Säulen  des)  24. 

giö^                                       _    . 

-täninie  56.  178. 

189. 

Hir.-dot  .'i.  245. 

Guissama  .'.'.'. 

Himraa  213. 

Gulfrir.'  -.'i".!). 

Hindu  97. 

<                       H.  3.i.  S4.  129.  163. 

Hf.ka  21^. 

<                        zöaiach  38. 

Holländer  271. 

<                   :i. 

Homer  (53. 

Guudct  1'71. 

Homo  hottentottuB  96.  287. 

Gunnia-Tiquoa  22<^. 

Homran  11.  18.  282. 

Gura  271. 

Honig  14«. 

(Jurasrie  20. 

Houigdachse  188. 

Gu88  odtr  Mamlukken  291. 

Horscsickuesa  143. 

Guy.iiia-*  '.'•«7. 

Hormos  162. 

Hottentotten,  Ackerbau  und  Vieh- 

zucht 13H ;  Bewaffnung  121 ;  Hau- 

,1,  1  i.,T    Ki.idungl80;  Körperliche 

11                                             keit  LW; 

u^it      95;      Menachen- 

1  ^ ; Nahrung 

61;     Regierung   252; 

i ^....    Voratellungen  226;  bit- 

1 

ten  wl. 

1 

Houria  51. 

1 

Huitzilipochtli  223. 

i                       imcd-cl-Amin  50.  17^. 

Hulk  167. 

i                         o.  17s. 

Hunva  27ß. 

i 

Hy            •         159.  188.  211.  280. 

1 

11                           144. 

i 

H. 

ii 

Hvk-..-   ■■■.-. 

11 

H 

1'                        jnoturouifsj  l'Ji. 

Jan  Kompune  213. 

1                       ;. 

Ibis  (Uarpiprion  Uagedath)  22.>. 

1                       la  (Prinz)  280. 

Ibrim  7. 

lluiuaaryaä-PaTiane  281. 

Ichneumou  281. 

334 


Register. 


Ihogaren  24.  245. 

Jibbir  251. 

Ilha  do  Principe  318. 

Ilmorma  19. 

Iltis  (Mustela  foina)  140. 

Imam  Schafey  184. 

Imoschach  (Einh.  Ämoschach)  22. 

Imrad  29.  245. 

Inarya  20. 

Indianer  167.  177. 

Indien  153. 

Indiens  (Himalaja)  128. 

Indigo  127.  163. 

Indoeuropäer  2. 

Induku  118. 

Induna  242. 

lufima  multitudo  51. 

Ingassana  34.  83. 

Ingeir  63. 

Innerafrika ,  Ackerbau  und  Vieh- 
zucht 145;  Handel  170;  Krank- 
heiten 249;  Menschenstämme  60; 
Nahrung  147. 

Innersudan  164. 

Inslimen  245. 

Jomnium  24. 

Ipsambul  70. 

Ischan  178. 

Ischoggo  159. 

Isiduta  216. 

Isimportlo  242. 

Islam,  Häusliche  Einrichtungen  98. 
109;  Kleidung  107;  Körperliche 
Beschaffenheit  77;  Menschen- 
stämme 15.  50;  Nahrung  151; 
Rechtsverhältnisse  258;  Religiöse 
Vorstellungen  209;  Sitten  184; 
Sklaverei  290. 

Ismail-Pascha  (Prinz)   37. 

Ispahan  1. 

Itongo  224. 

Jurama  233. 

Izinsizwa  242. 


Kabaka  20.  230. 

Kabberu  oder  "Walgie  (Canis  si- 
mensis)  20. 

Kabinda  222. 

Kabiskema  (Schwerter  des  Sultans) 
2K4. 

Kabs-el-Tor  151. 

Kabyleh  (Mehrh.  Kabail)  27. 

Kabylie  (Kabylen),  Körperliche  Be- 
schaffenheit 77.  97;  Menschen- 
Stämme  24 ;  Rechtsverhältnisse 
257;  Regierung  244. 

Kadi  2.54. 

Kadi-el-Arab  32. 

Kadje  54.  203. 

Kadzia  281. 

Kafa  20.  60. 

Kafal  132. 


Kaffern,  Bewaffnung  123;  Gewerb- 
thätigkeit  158;  Handel  167;  Jagd 
280;  Kleidung  108;  Menschen- 
stämme 52.  58;  Nahrung  150;  Re- 
ligiöse Vorstellungen  216.  224; 
Sitten  183;   Sprachen  311. 

Kafferkorn  112.  126. 

Kaffraria  oder  Kafirland  116. 

Kahira  75. 

Kairo  (s.  auch  Altkairo)  7.  71.  107. 
202.  228.  231.  283. 

Kajaja-Kajangola  237. 

Kakerlaken  297. 

Kalasyrier  267. 

Kalebasse  200. 

Kalidscha  209. 

Kalihari  57.  280. 

Kaliharisteppe  56.  132. 

Kalkutta  97. 

Kamele  252.  283. 

Kamelzucht  168. 

Kamrasi  297. 

Kanembu-Lanzenträger  50.  121. 

Kanemin  233. 

Kauikis  172. 

Kannibalen  44. 

Kanori  (Kanuri)  38.  120.  161.  811. 

Kanun  195.  257. 

Kappernpflanze  (Polanisia)    148. 

Karakuse  132. 

Kaross  108. 

Karthager  26.  172. 

Kasa  (Kaiser  Theodor,  Tedrus)   18, 

Kasalma  oder  Kadjelma  234. 

Kassr-el-Nil  231. 

Kasay  (Kaiser  Johanös)  18. 

Katagum  193. 

Katamatu  237. 

Katarakt  174. 

Katekiro  230. 

Kauar  38. 

Kaukasier  2.  20.  309. 

Kauris  (Kaurischnecken)  112.  116, 
164.  203. 

Kawele  165. 

Kebab  147. 

Kedesch  71. 

Kefn  187. 

Keiskamma  54. 

Kellui  (Tuarik)  38. 

Kemage  195. 

Kene  8. 

Kenia  19.  204. 

Kenkob  66. 

Kens  (Kenus)  7. 

Keutake  (s.  Candace)  154. 

Kerekberg  159. 

Kerri  118. 

Kesila  294. 

Ketchwayo  243. 

Khalifen  280.  204. 

Khartum  (s.  auch  Chartum)  10, 

Kharif  (Regenzeit)  13. 


Ixopistor. 


335 


uh  ChedU, 


iy.  iry.  im),  lyy.  280. 


.'(*  $picigtra)  127. 


26. 
au  266. 


213. 


uininata)  152. 
:iUS8  275. 

it   18. 

ila-n'  Bihe  237. 
i  14:<. 
iri  .^U. 
Mtii..-  1U7.  2^1. 

!»el  1U7.  194.  227. 


Koran  ^6.  »1.   164.  183.  187.  228. 
Korana  62. 
K.-,..an   12.'i. 

ifan    10.  16.   45.   127.   195.  228. 


K ,         ;iiu. 

K         thiere  (CjfchpidenJ  302. 

K:    •  .    Tl. 

K-  ■    . 

K       -, 

Kr-, 

K'    -..kr;!!!!!-!!   l.i'j. 

K        17>>.  312. 

Kr. im  211. 

Kabbah  189. 


Kudclam  251. 

Kudu  2S2. 

Kithautilope  282. 

Kuka  50. 

KiikiA  47. 

Kulan  oder  Gurkur  L'ty. 

Kulbcda  120. 

Kuniassi  51.   101.    169.  21.«. 

Kunama  46. 

Kuuafe  147. 

Kiinene  54. 

Kiinta  2:{3. 

Kanta-Schek  49. 

Kurbary  49. 

Kurde  Ali-Bei  2.11. 

Kurden  2r,.  1k7. 

Kurdistan  75. 

Kusch  (.*^udan)  172. 

Kuskussu  147. 

Kusso  Hol. 

Kuvrukuta-Kanga-Asabi  265. 


Lablab  (Dolichos  lablab)  132. 

Lade  250. 

Lahaita  Ibn  Ibrahim  81. 

Lappen  67. 

Lasan  (Aizanas)  14. 

Lasta  81. 

Lataku  62.  250. 

Leembe-Eheu  1S4. 

Lege  oder  Loge  2.jO, 

Liambay  58. 

Liambye  243. 

Liberia  152. 

Libyer  (Libu,  Tamhu)  7.  23.  27.  77. 

Lika  243. 

Limpopo  61. 

Loanda  264. 

Loango  52. 

Loangogebiet  52. 

Loangoküste  197. 

Loda  201. 

Lotosbäume  (Zixyphus  Spina  Chriiti, 

Diospyros  Mos)  130. 
Louisiana  216. 
Löwen  154. 
Luba  209. 
Luchme  147. 
Lunda  237. 
La  oh  46. 
Lnpinen  126. 

Liueme  (Medicayo  tadco}  ^■J^^ 
Laqueui  240. 


Maccarthy  271. 

Marin  312 
M  : 

M 

2dade;raxicb'' 


336 


Regfister. 


Madrakal  18. 

Mafitte  55. 

Magdala  37.  301. 

Magreb  (Magrebin)  2;  Ackerbau  und 
Viehzucht  126. 140;  Gewerbthätig- 
keit  157;  Handel  161;  Häusliche 
Einrichtungen  98  ;  Jagd  280;  Klei- 
dung 111;  Krankheit  304;  Kör- 
perliche Beschaffenheit  77;  Men- 
schenstämme 632;  Nahrung  145. 
150;  Keligiöse  Vorstellungen  205; 
Sitten  179.  194. 

Mähnenschaf  139. 

Mähnenmouflons  (Ovis  tragelaphus) 
139. 

Mai  147.  232. 

Maini  75. 

Mainta  233. 

Makabantu  (Akil)  81.  250. 

Makada  246. 

Makoapa  59. 

Makonde  115. 

Makua  225.  311. 

Mala  233.  212. 

Malaguettapfeffer  (Xilopia  aethio- 
pica)  131.  152. 

Malekamis  172. 

Malikiten  184. 

Malta  25. 

Mambo  237. 

Mamluken  107.  291. 

Mamur  219. 

Manawatschi  271. 

Mandinka  (Mandingo,  Mande),  Be- 
waffnung 121;  Kleidung  108,  103; 
Menschenstämme  39.  41 ;  Sitten 
203;  Sprachen  312. 

Mandjaruma  286. 

Mangaka  222. 

Mangala  203. 

Mangandja  111. 

Mani  241. 

Manihot  127. 

Mantati  (Bamantatisi)  61. 

ilantis  226. 

Manyema  85.  114.  285. 

Maosu  311. 

Marabout  28.  245. 

Marabufedern  163. 

Marder  145. 

Margi  120. 

Marimba  198. 
Marma-Kullobe  233. 
Marokko    (Marokkaner) ,    Gewerb- 
thätigkeit  157;  Handel  170;  Häus- 
liche Einriclitungen  105;  Korper- 
licheBeschaft'enheit  77 ;  Menschen- 
Btämrae   27.   48;    Kegierung    227; 
Sprachen  310. 
Marquez  241. 
Marsala  230. 
Masay  118. 
Masohona  54.  115. 


Massassi  49, 

Maseli  55. 

Masindi  271. 

Massr-el-Qahireh  1. 

Mauretanier  (Mauren) ,  Ackerbau 
und  Viehzucht  134;  Kleidung  111 ; 
Körperliche  Beschaffenheit  78  ; 
Menschenstämme  24.  24;  Kegie- 
rung 239. 

Matabele  311. 

Matabelezweig  60.  225. 

Matamba  265. 

Matambue  115. 

Matat  (Pias  Kimek)  249. 

Matongo  311. 

May-Gogwa  37. 

Mazyes  (Mazigh,  Amazigh,  Imo- 
schach)  245. 

Medinawurm  (Filaria  Medinensis) 
302. 

Medjlis  229. 

Mehemed-Ali  202. 

Mekka  15.  50.  188.  202. 

Mekono  264, 

Melik  (Fürst)  36.  104.  229. 

Mellach  147. 

Melle  oder  Melli  48.  205. 

Mellinke  48. 

Melot  oder  Molot  134. 

Meluchie  (Corchorus)  132. 

Memphis  75. 

Menes  (Mena)  5. 

Menhir  23. 

Menilek  206. 

Mensa  80.  102.  260. 

Menzuleh  8. 

Merem  154. 

Merhaka  150. 

Merikanis  172. 

Merisi  57.  151. 

Meroe  (Bedjerauie)  155.  159.  162. 

Meschhed  1. 

Mesopotamien  26.  257. 

Midab  to  Bedjauie  311. 

Midgan  251. 

Milizen  276. 

Minareh  75. 

Misallim-el  Machdum  292. 

Mischmisch  147. 

Misraim  75. 

Missionare  28. 

Mistrema  243. 

Mittelamerika  128. 

Mittu  (Luba)  42.  47.  54.  111.  145. 

Mkanu  253. 

Mlunga  209. 

Modimo,  Morimo,  Morimmo,  223. 

Modus  (Cassia  Arereh)  112.  156. 

Mohabber  260. 

Mohammed-Ali-Pascha  35.  255. 

Mohammed-Bey-el-Defterdar  37. 

Mohammedaner,  Nahrung  151;  Ke- 
gierung 247;  Sklaverei  291. 


Register. 


337 


MohnrraTitnriro      (Antilope    Dama) 


Eil 

114 


\(korbHuuud  Viehzucht 

^  tffuung    120;     Go- 

IM  ;       Häusliche 

i'..;  Kleidung  U>i* ; 

1.'  :{y;   Reprie- 

\  orstellungou 


iskeii)  2«5. 


iillilc  Iti  ;  Ut- 
>8«»  Vorstel- 
■u  1S7. 


inbe  237. 
NO  .-.-J.  236. 


vizas)  237. 


lN»i. 

bäum  131. 


Naget  hiere  13.V 


Nebbek  131. 

Nedjd  li». 

NegeralbinoB  '.".•". 

Negerhirse  (Ihtrrah,  Soryhum)  112. 
12r,. 

Nogros  110V08  ;»2. 

Nogus  Nagast  246. 

Nfkao  172. 

Nooj.hyten  207. 

Nosfielart  (Urtica  nieea)  127. 

N o Uli gyp teil  203. 

Xgornu  234. 

Ngwa  122. 

N'iam-Niam,  l{«*waflfnung  120;  Han- 
del 168;  Jagd  28.'.;  Kleidung  lUS. 
114;  Körperliche  Beschaffenheit 
8.1;  Men8chen8tänime42.  .'>2;  Nah- 
rung 145;  Regierung  227;  Reli- 
giöse Vorstellungen  212;  Sitten 
IS»»— 1%;   Sprachen  311. 

Niarabari  311. 

Niederguinea  101. 

Xigilla  181. 

Xigritier  (Neger)  3;  Ackerbau  und 
Viehzucht  133.  143;  Rewaffuung 
118;  Handel  161.  174;  Häu.^liche 
Einrichtungen  106 ;  Jagd  2S.'i ;  Klei- 
dung 112.  116;  Körperliche  Be- 
schaffenheit 70.  M.  86.  %;  Krieg 
269;  Menschenstäuiiue  7.  19.  3i». 
.'.1.  61;  Nahrung  148;  Rechtsver- 
hältnisse 2.17 ;  Regierung  236;  Re- 
ligiöse Vorstellungen  2l>4 ;  Sitten 
181;  Sklaverei  292. 

Nigritierfürsten  h'l. 

Nil  (8.  auch  Blauer  und  Weisser 
Nil),  Handel  172;  Körperliche  Be- 
schaffenheit 73:  Menscheustämme 
N;  Religio«-  Vnrst..lluin.'.ii  -.Md; 
Sitten  2ti-J. 

Nilanne  61*. 

^'i'Vizien   7.. 
»rakt  10. 

1,  Gewerbthätigkeit  l.'>4  ;  Han- 
ur.  169;  Körperliche  Beschaffen- 
heit 72;  Nahrung  131. 

Nilpferd  (8.  Flusspferd)  13.i. 

Nilthal,  Ackerbau  und  Viehzucht 
127.  138;  Kleidung  106;  Menschen- 
Btämme  8;  Sitten  192;  Sklaverei 
291. 

Nimia  Luqueni  240. 

NiTiivr   \h'A. 


<C*p)  17.%. 

fMttPntotten  62. 


Naui-, 

8C)>. 

Nawab  'M. 
Habtjsa: 


.n  260. 

Ackerbau    und  Vieh- 
131.    134;  Handel  16s ; 

22 


338 


Register. 


Jagd  289;  Menscheustämme  23; 
Nahrung  152. 

Nordarabieu  19. 

Nordcap  2ö. 

Nord-Dongola  11, 

Nordostafrika  141  208. 

Nordwestafrika,  Ackerbau  undVieh- 
zucht  140;  Mouschenstämme  6; 
Sprachen  310. 

Noria  148. 

Noro,  Nor  212. 

Nsanga  193. 

Nuba,  Noba,  Ackerbau  und  Vieh- 
zucht 140;  Bewaffnung  120;  Ge- 
werbthätigkeit  15(3;  Körperliche 
Beschaffenheit  85;  Menschen- 
stämme 34.  46;  Sprachen  311. 

Nubier  1 ;  Ackerbau  und  Viehzucht 
126.  134;  Häusliche  Einrichtung 
100;  Jagd  280;  Körperliche  Be- 
schaffenheit 7(;;  Krankheit  299; 
Krieg  2tj8;  Menschenstämme  10; 
Regierung  23G;    Sitten  187.  203. 

Nuer,  Bewaffnung  117;  Kleidung 
111;  Menscheustämme  42;  Regie- 
rung 249;  Sitten  183;  Sprachen 
311. 

Nuk  CGuitotia)  127. 

Numidien  23.  205. 

Nupe  312. 

Nyassa  311. 

Nyekomm  210. 

Nylstroom  59. 


Oasen  310. 

Oasenbewohner  105. 

Oberägypten  11. 

Oberguinea  101. 

Obernubier  172. 

Odzi  1«8. 

Oganga  218. 

Ogowe  52.  210.  285. 

Ogun  251. 

Okande  84. 

Ollakiberg  10. 

Oelpalnie  (Elaeis)  127.   105. 

Olumo  251. 

Omar-el-Kancmi  233. 

Ordalien  213. 

Orma  14.  19. 

Orangen  130.  148. 

Oranjefluss  54.  62.  127. 

Oranje-FrJjstaat  116.  242. 

Osiria  74.  210. 

Ostafrika,  Bewaffnung  116;  Gewerb- 
thätigkcit  155;  Jagd  289;  Men- 
Bcheustämme  18.  20;  Nahrung  152; 
Regierung  2.54;  Sitten  198. 

Ost-Sudan,  Ackerbau  und  Viehzucht 
130;  Handel  168;  Häusliche  Ein- 
richtungen 105;  Krankheit  298; 
Monachenstiimmo     :{7;      Nahrung 


150;  Religiöse  Vorstellungen  216; 

Sklaverei  291;  Sprachen  312. 
Otyi-Herero  311. 
Ova-Herero  54. 
Owambo  54.  911. 

Padischah  228. 
Pagazi  135. 
Palästina  19.  26. 
Palaver  152.  179.  253. 
Palmöl  115.  180. 
Pampas  92. 
Pänat  216. 
Pandanus  109.  109. 
Panther  109. 
Panzerhemd  125. 
Papagaien  163. 
Papagenoflöte  199. 
Papierrindenbaum  (BosweUia)  132. 
Paranahyba  267. 
Pariahund  139. 
Parkinsonia  74. 
Pascha  15. 
Paviane  135. 
Perlhuhn  288. 
Perser  9.  26. 
Persien  280. 
Peru  153.  293. 
Peuhls  oder  Pouls  38. 
Pferdeantilope  13. 
Phagadänismus  306. 
Pharao,    Bewaffnung   121;     Handel 
162.    172;    Jagd   280;    Körperliche 
Beschaffenheit    72;       Krieg     277; 
Menschenstämme     5 ;       Religiöse 
Vorstellungen  226. 

Phönizier  4.  17.  25. 

Pilaw  147. 

Pilgrim  (Tekarine)   1.  11.  187. 

Pistazien  147. 

Pits'os  192. 

Plansigar  267. 

Plinius  63. 

Poinsettienblüten  74. 

Polenta  1.50. 

Polio  179. 

Polygamie  183. 

Polynesien  129.  177. 

Porteüo  91. 

Portugiesen  59.  91.  261.  3u3. 

Portulak  132. 

Priesterkönige  18. 

Prim  7. 

Propheten  26. 

Psyllen  73. 

Pubertät  257. 

Pullo  161. 

Pulloherrschaft  50. 

Purra  265. 

Pygmäen  62.  98.  312. 

Pyloneudörfer  74.  99. 

(Juissama  52. 


Register. 


330 


idami«  2SS. 


ruiig  229;  Hclisiöso  Vorstellungen 
210;   Sitten    1^' 
Schimbika  2' 
Schir  42. 

Schirfji  (Kinli- II    -.  ...  i.;i  _  . 
Schliifsucht,  .SehlutWMchen  WA. 
Sch«->r»,     Aokorban    und    Viehzucht 
liGHBtümme  2t»,  H.'J;  Re- 
>;    Kt'liffiöse    Vorstel- 


■fni,inum)2T, 


«  A4.  ^0.   130.  14;*.   iy3.  208. 
lio  l.Sl. 
'  '     f^rrolobium)  127. 


i\u- 


135. 


Saba  246. 
Sabl)  250. 
Sahra  12S. 
Sr-h'^l;»  Selasie  207 
-  "'.9. 

•_'47. 

s;igu>  -ja:. 

Sahara  38.  63.  78. 


Schoho  14. 

Schua  oder  Schiwa  33. 

Schukurie  1»!. 

Schuni,  24«.  313. 

Scbiijtyx-iithiorfl/ania.  P/iatages)  14»'). 

S  intilope  2X8. 

S'  1. 

S.  M^   (Canvass  house)   99. 

Sego  '.'■.'. 

S.kula  238. 

Sokelotn  244. 

Siknkurii   l'H. 

Sikw.-Mi    JU. 

Sfiniteii  2.   >. 

Scncha  (Li/f/eum)  127. 

St'neRalcoionie  39.  50.  139.  212. 

^....M*r.  Sennarti,  Ackerbau  und 
\  ./acht  127.  139;  Handel  172; 
M  .  '.-liehe ?]inrichtungen99;  Men- 
r^  lit-iiutämme  13.  34;  Regierung 
247;  Religiöse  Vorstellungen  211; 
Sitten  183. 

Seriba  129. 

Serval  145. 

Sesam  135. 

Sesban  74. 

Seti   10. 

Setteflusa  Cü. 

Sidi-Bu-Bakr-Hn-Kaiiiun   Ijj. 

Sidrstrauch  (Zizyphus  Spina  Chriiti) 

-     r.  i  Leone  26«. 
t  ;ula  233. 


Süoria  .X)l. 
Sarae  4»*.. 

S.iiiL'iv'irm   .'{<>.'<. 


•.51. 


(hiinon  71. 


r  Emir  31. 
Kebir  31. 


d<e%  luissions  ^vang^liquet 


Scherbro  310.  312. 

Schilink.  Ackerbau  und  Viehzut 


340 


Register. 


Somalland  132.  139.  162. 

Soraal-Medjerten  250. 

Som-n'-Ukan-Djamba   238.  27G. 

Sonho  241. 

Sonray  205. 

Hpanier  23. 

Standard  aiphabet  312. 

Suak  (Salvadora  persica)  130. 

Sudan  104. 

Suku-Wanange  221. 

Suitanabad  104. 

Sus  27. 

Susu  312. 

Südafrika  55.  1.30.  KiT. 

Südarabien  18. 

Süd-Dongola  11. 

Südnubien  36. 

Suto  59. 

Swazi  59.  225. 

Syene  8.  11. 

Syroaraber  9.  26.  70. 

Syrien  19.  26.  131.  139. 


Tabigebirge  34. 

Tadjura  oder  Tedjuri  250. 

Taka  10.  18.  83.  228  285. 

Takebailit  30. 

Takebilt  244. 

Takla  34. 

Talibe  178.  208. 

Talmut  38. 

Tamanjat  273. 

Tanganikasee  45. 

Tanger  26. 

Tanzimati-Cherieh  228. 

Tati  54. 

Tausendfüsse  305. 

Tchaka  291. 

Teda  63. 

Tehuantepec  128. 

Tekarine  50.  206. 

Temaschek  312. 

Tem-Bana-Dumba  61.  277. 

Tendelty  232. 

Tetwan  oder  Titwan  26. 

Thalib8  49. 

Thebaide  70. 

Theben  20. 

Thuga  276. 

Thutmes  10. 

Tibeati  82. 

Tibu  oder  Tebu  28.  29.  82. 

Tigre  87. 

Tigrinja  18.  310. 

Tut  210. 

Tikki-Tikki  64. 

Timbuktu  49.  103.  111.  233. 

Tirailleurs  indigfenes  38. 

To  Chont  172. 

Tomal  251. 

Toman  161. 

Tombika  295. 


Torsobildung  88. 

Transvaal  116. 

Trarza  27. 

Tripolis  26.  30. 

Troglodyten  38. 

Trumbasch  120. 

Tsadsee  54. 

Tschauri  254. 

Tscherkessen  1.  15. 

Tschiroma  234. 

Tsetsefliege  138.  145. 

Tsui-Coab  226. 

Tuarik  oder  Tuarek,  Bewaffnung 
119 ;  Häusliche  Einrichtungen  104  ; 
Körperliche  Beschaffenheit  77 ; 
Menschenstämme  28;  Kechtsver- 
hältnisse  259;  Regierung  259;  Sit- 
ten 245. 

Tuggurt  107.  129. 

Tugra  228. 

Tukuler  206. 

Tumbe  265. 

Tunesien  30. 

Tunis  26. 

Tunjur  47. 

Tureos  7.  77. 

Türken  25. 

Turkestan  1. 


Tbie  18. 

XJdingaan  38.  50.  61.  242. 

Uechaschawakonn  193. 

XJellefluss  49. 

Ueta  312. 

Uganda,  Ackerbau  und  Viehzucht 
128;  Kleidung  109;  Häusliche  Eiu- 
richtungen  100;  Menachenstämme 
20;  Regierung  227;  Sprachen  311. 

Ukerua-Nyanza  20. 

Uled-Soliman  33. 

Ulema  255. 

Ulibari  249. 

U'mbalazi  243. 

U'mnanda  191. 

U'mselekatsi  61.  243. 

U'mpanda  242. 

U'mtugusu  242. 

U'mzimwubu  59.  244. 

U'nkundjlowe  232.  242. 

Unter-Sennar  35. 

Unyanyembe  168. 

Unyoro,  Kleidung  109 ;  Körperliche 
Beschaffenheit  90;  Menacheu- 
atämme  20;  Regierung  227;  Skla- 
verei 297;  Sprachen  311. 

Urua  102. 

Uachak  104. 

Uaoga  20. 

Uaurtasen  10. 

Utchaka  61. 

Utica  156. 

U'tixo  227. 


Register. 


341 


V«alflu«s  C/i.  141. 
Vey  Sia. 

W»d»i   In.   UH.  •::\:\. 

Waiij-Kfiiu«  11. 

'Wa<lj«ntfM  H"*. 

Waffanda,  Ackorhau  »ind  Viehxucht 

1S;1;   Handel  175;    Reffieruug  2.11; 

Religiöse  Vonteilungen  210.  äVt); 

Sitten  liW. 
Waguha  44.  114. 
AiVahuma  14.  17. 
Waka  T2\. 
Wakaiiil-.i  1?»'.  '>'>.\  2->.".. 

Wi 
W;. 
Wa 
Wa 

Wa- 

Wauika   l^<;. 
Wanyambo  2ii. 
Wanyaniesi  2-'.   11.'. 
Wanyika  22. 
Wanjoro  lH:t.  271. 
Wan  venia  114. 
Wara  2.i.<. 
Wargla   12'.«. 
Warua  44.   121.  21^ 
Wasuaheli  22.    li».'» 
Wataita  22:i. 
Watira  2i».>. 
"Watongoleh  2:!0. 
Watusi  20. 
Wau  46. 
"Wawuma  175. 
Weihrauch    i:J2. 
Weinrebe  131. 


Weisser  Nil,   Handel  172;    Kürper- 
licho     Besohaffenheit     %;      >i»»n- 
sehonstämnic    :u       v.»).r.i,.,r    ij» 
Sitten  IHl. 

Wekil  22». 

Wersingelli  2.M. 

Wi'stafrika  «0.   12».  l.'»7. 

Wfstasien  2H. 

Wostsudan  47.  l.')><. 

Whvda  101.  1»;4. 

Woinathal  12«<. 

Wi.lasma  245«. 

Wollo  20. 

Wolof  40.  109.  li:».  203.  312. 

Woutscha  10.'». 

Wurali  .HO.'.. 

Wusen  Segged  207. 

Xosa  .^2. 

Yambo  71. 
Yankee  91. 
Yerima  2.i4. 
Yoruba  312. 

Zagazig  71. 

Zambezi  53. 

Zanzibar  107. 

Zauberdoctoren  226. 

Zigeuner  66. 

Zikr  202. 

Zimbaoe  .i9. 

Zulu,  Handel  161;  Häusliche  Ein- 
richtungen 110;  Kleidung  HO; 
Menschenstämme  52.  .'»9;  Reli- 
giöse Vorstellungen  224. 

Zwergvölker  tili. 


Berichtigung. 

Seite  131,  Zeile  9  v.  u.,  statt:  Malaguettapfeffer  (Amomum 
granum  Paradisi),  lies:  Malaguettapfeffer 
(Xilop ia  aeth iopica) 


Antoreiire<?ister. 


Abdel-Kader  193. 
Aeby  40. 

Asatharchides  14. 
Alberti  40. 
Alma  Tadema  .3. 
Andersson  40. 
Aristoteles  63. 

Baines  3.  40.  324. 

Barros,  de  59. 

Barth  33.  40.  164. 

Bastian  240. 

Beurmann  40.  164. 

Bilharz  39. 

Bleek  310. 

Bowdich  40.  197.  261. 

Brehm  39. 

Brugsch  9.  192.  320.  322. 

Buchta  3. 

Burckhardt  39. 

Cailli^  164. 

Cameron  40.  44.  102.  16.5. 

168.  218. 
Clapperton  40.  164.  192. 

Danlell  3. 
Davis  40. 

Decken,  van  der  269. 
Denham  40.  164. 
Diodor  14. 

Duveyrier   192.  24.5.  246. 
2.58.  32.5. 

Ebers,  G.  192. 

Ecker  40. 

Elton  3. 

Endemann  179.  18.5.  19.5. 

Falkenstein  3.  39. 
Fleuriot  de  Langle  40. 
Frantzius,  von  142. 
Fritsch,  G.  3.  39.  58.  59. 

65.  324. 
Fynn  191. 

Gentz  3. 
Görome  3. 
Griesinger  302. 
Guilain  40. 

Hakenbeck,  K.  11.  83. 
Hahn,  Th.  65. 
Hammerschmidt  3. 


Hamy  40.  324. 
Hanoteau  24.  28.  30.  31. 

244. 
Harnier  3. 

Harris,  C.  40.  64.  81.  128. 
Herodot  ö.  321. 
Hesiod  63. 
Heuglin  40.  128. 
Hildebrandt,  J.  M.  3.  18. 

41.  182.  186. 
Hoeven,  van  der  39. 
Holden   195. 
Homer  63. 
Hübner,  A.  52. 

Ibn-el-Wardi  14. 

James  3. 
Joaque  3.  52. 

Kaufmann   40.    148.    181. 

186. 
Kisch  3. 

Klunzinger  39.  320. 
Köler  39.  325. 
Koelle  310. 
Kotschy,  Th.  283. 
Krapf  40.  64. 
Kretschmer,  R.  3. 

Lander  40. 

Dane,  E.  W.  291.  325. 

Lee  312. 

Lejean  325. 

Lenz,  H.  O.  140. 

Lenz,  O.  40.  66.  67.  218. 

224. 
Lepsius  132.  310.  312.  326. 
Letourneux    24.    28.   30. 

31.  244. 
Livingstone  41.  44.  237. 

287. 
Long-Bey,    Chailli6  64. 

65.  230. 
Lubbock,  Sir  John  322. 
Lyon  164. 

Magyar,  L.  170.  221.  237. 

263.  276.  295. 
Makart  3. 
Makrizi  14. 
Marno  64.  65.  324. 
Manch,  K.  59. 
Merensky    216.  223.  244. 


Monteiro  237. 
Morton,  S.  69. 

Nachtigal  33.  40.  82.  164. 
New  40. 
Norris  312. 

Oudney  164. 
Owen  40. 

Pallme  39.  272. 
Park,  M.  40.  164. 
Pechnel-Loesche  3.  39, 
Pentaur  192. 
Pietschmann  322. 
Playfair  3. 
Plinius  63. 
Pogge  ,52.  237. 
Postel,K.(Sealsfield,Ch.> 

297. 
Priiyssenaere  de  la  Wo- 

styne,    E.    de   34.    39. 

208.  231.  323. 
Ptolemaeus,  Cl.  14. 

Quatrefages  40.  324. 

Repin  215. 
Richter  3. 
Rohlfs  164. 
Rueppell  39.  284. 
Russegger  39. 

Salt  19. 

Schweiufurth   3.   44.  64. 

65.   128.    157.    211.  212. 

234.  258.  286. 
Sebah  3. 
Speke  40.  128. 
Stanley    20.    41.   44.    55. 

175.  230.  278. 
Steinthal  309. 
Strabo  14. 

Thomas  40. 
Tr^maux  3. 

Vämböry,  H.  195. 
Vernet,  Horace  3.  31.  77. 
Virchow  324. 

Wangemann  325. 
Weissbach  40. 
Wetzstein  322. 
Zuckerkandl  40. 


Druck  von  F.  A.  Brockhaue  in  Leipzig. 


Verlag  von  F.  A.  Brockhaus  in  Leipzig. 


Reisewerke  über  Afrika. 


Cameron,  Veriiey  Lovelt.  Quer  durch  Afrika.  Autorisirte 
deutsehe  Ausgabe.  2  Theile.  Mit  156  Holzschnitten,  4  Fac- 
similetafeln  und  1  lithographirten  Karte.  8.  1877.  Geh. 
20  M.     Geb.  23  M. 

Kremer,  Alfred  yoii.  Aegypten.  Forschungen  über  Land 
und  Volk  während  eines  zehniährigen  Aufenthalts.  Mit 
1  Karte  von  Aegypten.   2  Theile.   8.    18G3.    Geh.  10  M. 

Lüttke^  Moritz.  Aegyptens  neue  Zeit.  Ein  Beitrag  zur 
Culturgeschichte  des  gegenwärtigen  Jahrhunderts  sowie 
zur  Charakteristik  des  Orients  und  Islams.  2  Bände.  8. 
1873.     Geh.  12  M.     Geb.  13  M.  20  Pf. 

I.  A'olk,  Volksleben  und  Dynastie. 
II.  Staatswesen   und  Landesverwaltung.     Die  Kuropäer   in  Aegypten, 
Islam  und  Christeuthum. 

Pietsch,  Lndwi^.  Marokko.  Briefe  von  der  Deutschen  Ge- 
sandtschaftsreise nach  Fez  im  Frühjahr  1877.  8.  Geh.  7  M. 
Geb.  8  M.  50  Pf. 

Prokesch-Osten ,  Anton  Graf,  Sohn.  Nilfahrt  bis  zu  den 
zweiten  Katarakten.  Ein  Führer  durch  Aegypten  und 
Nubien.  Mit  Karten,  Plänen  und  Abbildungen.  8.  Geh.  12  M. 
Geb.  13  M.  50  Pf. 

Rohlfs,  Gerhard.  Quer  durch  Afrika.  Reise  vom  Mittel- 
meer nach  dem  Tschad-See  und  zum  Golf  von  Guinea. 
Mit  2  lithographirten  Karten.  2  Theile.  8.  1874—75. 
Geh.  14  M.    Geb.  IG  M. 

Schweinfnrth,  Georg.  Im  Herzen  von  Afrika.  Reisen  und 
Entdeckungen  im  Centralen  Aequatorial-Afrika  während 
der  Jahre  1868  bis  1871.  Neue  umgearbeitete  Ori- 
ginalausga4)e.  Mit  zahlreichen  Abbildungen  in  Holz- 
schnitt und  2  lithographirten  Karten.  8.  1878.  Geh.  12  M. 
Geb.  14  M. 

Schweinfnrth,  Georg".  Artes  Africanae.  Abbildungen  und 
Beschreibungen  von  Erzeugnissen  des  Kunstfleisses  central- 
afrikanischer  Völker.  —  Illustrations  and  Descriptions  of 
Productions  of  the  Industrial  Arts  of  Central  African  Tribes. 
Mit  21  lithographirten  Tafeln.     Fol.     1875.     Cart.  24  M. 


Soyanx,  Hermauu.  Aus  West-Afrika.  1873—76.  Erlebnisse 
und  Beobachtungen.  2  Theile.  Mit  1  lithographirten 
Karte.    8.    1879.    Geh.  12  M.   Geb.  in  1  Bande  13  M.  50  Pf. 

Speke,  John  Hanuin^.  Die  Entdeckung  der  Nilquellen. 
Reisetagebuch.  Aus  dem  Englischen  übersetzt.  Autorisirte 
deutsche  Ausgabe.  Mit  2  Karten,  2  Stahlstichen  und  zahl- 
reichen Holzschnitten.  2  Theile.  8.  1864.  Geh.  18  M. 
Geb.  20  M.  40. 

Stanley,  Henry  M.  Durch  den  dunkeln  Welttheil  oder  die 
Quellen  des  Nils,  Reisen  um  die  grossen  Seen  des  Aequa- 
torialen  Afrika  und  den  Livingstone-Fluss  abwärts  nach 
dem  Atlantischen  Ocean.  Autorisirte  deutsche  Ausgabe. 
Aus  dem  Englischen  von  C.  Böttger.  2  Bände.  Mit 
Karten  und  Abbildungen.  8.  1878.  Geh.  32  M.  50  Pf. 
Geb.  37  M. 

Stanley,  Henry  M.  Wie  ich  Livingstone  fand.  Reisen, 
Abenteuer  und  Entdeckungen  in  Central-Afrika.  Auto- 
risirte deutsche  Ausgabe.  Mit  Abbildungen  in  Holzschnitt 
und  einer  Karte.  2  Bände.  8.  1879.  Geh.  20  M.  Geb. 
in  1  Bande  22  M.  50  Pf. 

Weber,  Ernst  Yon.  Vier  Jahre  in  Afrika.  1871—75.  Mit 
Abbildungen  in  Holzschnitt,  einem  Plane  und  einer  Karte. 
2  Theile.     8.     1878.     Geh.  20  M.     Geb.  23  M. 

Bnchholz',  Beinhold,  Reisen  in  West-Afrika  nach  seinen 
hinterlassenen  Tagebüchern  und  Briefen.  Nebst  einem 
Lebensabriss  des  Verstorbenen.  Von  Carl  Heinersdorff. 
Mit  Abbildungen  in  Holzschnitt  und  einer  Karte.  8.  [Unter 
der  Presse.] 


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