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Full text of "Die Vorsilbe ver- und ihre Geschichte"

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Die  Vorsilbe  VER 


und  ihre  Geschichte 


von 


Max  Leopold 


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Breslau 

Verlag  von  M.  &  H.  Marcus 
1907 


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Germanistische  Äbliandlnngen 

begründet  Ton 

Karl  Weinhold 

In  zwanglosen  Heften  herausgegeben 
von 


27.  Heft 

Die  Vorsilbe  VER- 

und  ihre  Geschichte 


von 


Max  Leopold 


^ 


Breslau 

Verlag  von  M.  &  H.  Marcus 
1907 


Germanistische  Abhandlungen 

begrrttndet  von 

Karl  Weinhold 

in  swanglosen  Heften  herausgegeben  TÖn 

Friedrich  Vog^t 


„Die  gemianiBtischen  Abhandlungen  sollen  grammatische  und 
literargeschichtliche  Untersuchungen,  sowie  Textpublikationen  aus 
den  älteren  und  neueren  Perioden  der  germanischen  Sprachen 
bringen.  Auch  die  Geschichte  des  Lebens  unseres  Volkes  in  seinen  1 

verschiedenen  Stämmen  und  Zeiten  wollen  sie  berücksichtigen". 

Dies  früher  aufgestellte  Programm  bleibt  in  Geltung,  auch 
nachdem  der  Unterzeichnete  die  Herausgabe  dieser  Sammlung 
übernommen  hat.  Insbesondere  sollen  nach  wie  vor  Ausgaben 
keineswegs  von  ihi*  ausgeschlossen  sein;  vielmehr  wird  bei  ihrer 
Fortführung  auf  die  Herausgabe  wichtiger  Literaturdenkmäler, 
welche  bisher  noch  nicht  oder  do^h  nur  ungenügend  veröifentlicht 
waren,  ein  besonderes  Augenmerk  gerichtet  werden.  Nicht  nur 
Arbeiten,  die  unter  der  Leitung  des  Herausgebers  entstanden  sind, 
soll  die  Sammlung  bringen;  sie  steht  allen  Beiträgen  offen,  welche 
geeignet  sind  die  germanistische  Wissenschaft  zu  fördern. 

Manuskripte  wolle  man  an  untenstehende  Adresse  senden. 

Prof.  Dr.  Friedrich  Vogt 

Marburg  a.  L.,  ßismarckstraRsc  7 


Die  Vorsilbe  VER-  und  ihre  Geschichte 

von 

Max   Leopold 


Germanistische  Abhandlungen 


begrfindet 

TOD 

Karl  Weinhold 

heraasgegeben 
von 

Friedrioli  "V^ogft 


27.  Heft 


Die  Vorsilbe  VER-  und  ihre  Geschichte 


von 


Max  Leopold 


Breslau 

Verlag  von  M.  &  H.  Marcus 
1907 


Vorwort  G-*f4 

Das  vorliegende  Werk  versucht  eine  Geschichte  des  Prä- 
fixes v&r-  zu  geben,  seine  Entwicklung  in  Form  und  Bedeutung 
durch  die  verschiedenen  Sprachperioden  und  Mundarten  zu  ver- 
folgen und  einige  allgemeine  Gesichtspunkte  für  die  Behandlung 
der  Präfixkomposition  zu  gewinnen.  Das  umfangreiche  Material, 
die  zu  fein  und  vielfach  verschlungenen  Gedankengänge  der 
inneren  Sprachentwicklung  und  schliesslich  die  Neuheit  der 
Aufgabe  sind  einer  leicht  tibersichtlichen  Darstellung  nicht 
förderlich  gewesen.  Die  Lektüre  wird  auch  durch  die  zahl- 
reichen Anmerkungen  und  Verweise  erschwert,  die  leider  nicht 
zu  umgehen  waren  und  nun  den  Gang  der  Darstellung  wie  Fuss- 
angeln  hemmend  durchsetzen.  Ausserdem  zog  sich  die  Druck- 
legung unter  widrigen  äusseren  Umständen  tiber  drittehalb  Jahre 
hin  und  machte  so  manche  leichte  Änderung  in  den  früheren 
Teilen  der  Arbeit  unmöglich,  die  der  Verfasser  für  wünschens- 
wert gehalten  hätte,  da  sich  sein  Standpunkt  in  so  langer  Zeit 
doch  nicht  ganz  unverändert  erhielt.  Doch  hofft  er  trotzdem 
einige  Anregung  gegeben  und  gezeigt  zu  haben  (Teil  III  B),  wie 
sich  die  lexikalische  Behandlung  der  Worte  anziehender  und 
folgerichtiger  gestalten  lässt,  als  dies  stellenweise  im  Deutschen 
Wörterbuche  geschehen  ist,  wenn  man  von  der  Grundbedeutung 
ausgehend  stufenweise  die  nach  verschiedenen  Richtungen  sich 
ab-  und  verzweigenden  Bedeutungen  entwickelt. 

Auf  ein  eingehendes  Wortverzeichnis  musste  verzichtet 
werden,  da  es  die  Arbeit  zu  dem  doppelten  Umfange  hätte  an- 
schwellen lassen.  Dafür  ist  das  Inhaltsverzeichnis  um  so  ein- 
gehender geworden. 

Allen,  die  mich  mit  Material  und  Ratschlägen  unterstützt 
haben,  sei  herzlich  gedankt,  insbesondere  Professor  Dr.  Th.  Siebs 
in  Breslau,  der  die  Arbeit  angeregt  und  bis  zum  Schlüsse  mit 
steter  Teilnahme  begleitet  hat,  und  meinem  Vater,  der  mir  be- 
reitwillig die  Herausgabe  der  Arbeit  ermöglicht  hat.  Ihnen 
beiden  sei  das  kleine  Werk  ein  Zoll  des  Dankes! 

B unzlau  in  Schlesien,  am  Sedantage  1907 

Der  Verfasser 


Inhaltsübersicht 


Seite 
Zur  Einführung 1—4 

I  Die  Vorgänger  des  nbd.  ver-  und  Ihre  Etymologie 1—23 

A.  got.  fawr 5 

a)  fawr-  I  =  idg.  *py      .         5 

a)  in  der  Bedeutung  „vor''  und  sein  Verhältnis  zu  faura  5 

ß)  in  der  Bedeutung  „vorbei" 8 

b)  faur-  II  =  idg   *pyr(i)  und  seine  Gebietsabgrenzung  gegen 
faur- 1  und  faura 8 

c)  Berührungspunkte  zwischen  fattr- 1  :  faur-  II :  fra- ...  12 

B.  got.  fair- 13 

C.  got.  fra- 16 

a)  in  sinnlicherer  Anschauung 17 

«)  in  der  Bedeutung  „vorwärts" 17 

ß)  in  gehässigem,  verächtlichem,  tadelndem  Sinne   ...  17 

y)  in  der  Bedeutung  „weg"  bei  geben,  nehmen,  lassen  18 

b)  als  Mittel  der  Perfektivierung 20 

c)  Berührungspunkte  zwischen  fra-  :  fair- 23 

II.  Lautgeecliichte  des  Präfixes  im  Germanisclien 24—48 

A.  Westgermanisch 24 

a)  Deutscher  Zweig 24 

a)  Die  althochdeutsche  Überlieferung 24 

Lautform  in  den  einzelnen  Denkmälern 30 

ß)  Das  Altniederdeutsche       31 

und  die  auf  ihm  fussenden  Mundarten 34 

y)  Die  mittelhochdeutsche  „Dichtersprache" 35 

und  die  neuhochdeutsche  Schriftsprache 38 

b)  Englisch-friesischer  Zweig 42 

«)  Englisch 42 

ß)  Friesisch .  44 

B.  Nordgermanisch 46 

C.  Rückblick  auf  die  Lautgeschichte 48 


VII 


Seite 

in.  Die Bedeutungsentwicklung  Inder  ver-Komposition (im Deutsehen)  48—271 

A.  Allgemeine  Gesichtspunkte.    Die  bisherige  Behandlung  der  ver- 
Komposition       49—58 

B.  Die    Bedeutungsentwicklung    an    einzelnen    charakteristischen 
Bildungen  veranschaulicht  (faur- 1) 58 — 102 

(versehen  58,  verhören  64,  versprechen  65,  verscfireiben  72, 
versetzen  75,  verlegen  82,  verschlagen  86,  verfangen  92, 
ver schiessen  94,  verfahren  96,  vergehen  99). 

C.  Die  einzelnen  Grundtypen  und  ihr  Beitrag  zu  den  Bedeutungs- 
gruppen     102—262 

a)  fawT'  I 102 

a)  in  mehr  sinnlicher  Anschauung  (tlhersicht  102,  „voraus, 
heraus«  104,  „überholen«  109,    „vergehn«  111). 

/s)  Entwicklung  von  positivem  und  negativem  Sinne  {ver- 
bannen, verbieten  113,  „gebieten,  festsetzen«  118,  „ver- 
bieten, verwehren'  120,  „verzaubern«  126). 

y)  in  üblem  Sinne  verwendet  („verfehlen,  verführen«  127, 
„verachten,  schädigen,  preisgeben«  131). 

b)  faur-  I  :  faur-  II  :  fair- 134 

a)  Verbindung  der  drei  Typen  (Allgemeines  134,  verbinden 
137,  Versuch  einer  Scheidung  bei  den  ahd.  und  as.  Bil- 
dungen 139,  die  Gruppe  „verbinden«  148). 

ß)  Besondere  Gruppen  („versorgen,  vertreten«  156,  „tun 
für*  157,  verbüssen,  verdanken,  verdienen,  verlohnen, 
verschulden  158,  „versteuern«  159,  instrumentale  Gruppe 
„versehen  mit«  161). 

c)  fair- 163 

a)  in  mehr  sinnlicher  Anschauung  („umfassen,  einfassen, 
zusammenfassen«  164,  „ansmessen,  richtig  messen«  167, 
„überziehen,  verkleiden  mit«  169,  „durchziehen,  ver- 
mischen, vereinigen«  169,  vertoandt  172,  „verschrän- 
ken« 174,  „verfestigen,  verwirren«  176). 

ß)  in  mehr  perfektiver  Verwendung  (Intensiva  176,  Pre- 
quentativa,  verkehren,  versuchen  178,  „sich  vertreten, 
verschnaufen,  vergnügen«  181,  Durativa  182,  Resulta- 
tiva  183,  vernehmen  187,  verstehen  191). 

Exkurs:     Die  Gruppen    „verwandeln«    197  und 
„Überholen,  verwinden«  202. 

y)  in  üblem  Sinne  verwendet  {verliegen,  versitsen,  ver- 
stehen 202,  „durch  Übermass  schädigen«  207,  „ein- 
büssen,  verfehlen«  208,  effektive  Intransitiva :  „ver- 
kümmern« 209,  Reflexiva:  „sich  vergehn«  216,  Parti- 
zipialadjektiva  218,  mit  Richtungskonstruktion  221). 


VIII 


Seite 
Exkurs:  Denominativbildang  and  Perfektivierang  .  222 

Scheide  zwischen  fair-  und  fra- 226 

d)  /ra- 226 

tt)  in  perfektiver  Verwendung  (resnltative  Intransitiva  226, 
resultative  Transitiva:  , vernichten"  230,  „beschädigen, 
entstellen"  235,  „verarbeiten,  verbrauchen,  verbringen" 
238,  „verwinden"  244,  Intensiv-Durativa  246). 
ß)  in  üblem  Sinne  verwendet  (mit  gehässiger  Bedeutung 
246,  Intransitiva  und  Reflexiva:   „verfehlen,  sich  ver- 
gehn"  252,  Partizipialadjektiva  265). 
y)  in  rein  sinnlicher  Anschauung  („vergeben"  257,  „weg, 
ab,  auseinander"  261). 
D.  Allgemeines  zur  Gruppenbildnng,   Bedeutungsentwicklung  und 
Wortbildung 263—271 

a)  (Trappenbildung 263 

a)  Über  die  Einteilung  in  Gruppen 263 

ß)  Grenzen  und  Umfang  der  Gruppen 263 

y)  Anteil  der  Typen  an  den  Gruppen 264 

b)  Bedeutungsentwicklung   und   Bedeutungsumfang    der  ein- 

zelnen Bildungen 266 

c)  Eigenheiten  der  Wortbildung 267 

a)  Denominativa,  freie,  schnörkelhafte,  schwerfällige  Bil- 
dungen   . 267 

ß)  Unorganische  Bildungen 271 

IV.  Überblick  über  die  ver- Komposition  in  den  germanischen  Dialekten 

271—276 

A.  Deutsche  Mundarten 271 

B.  Niederländisch,  Englisch,  Friesisch 273 

C.  Nordgermanisch 275 

V.  nhd.  ver-  im  Verbältnie  zu  anderen  Präfixen 275—280 

A.  Berührung  und  Abgrenzung  in  der  Bedeutung 276 

B.  Verhältnis  in  der  perfektivierenden  Funktion 278 

C.  Zug  der  Sprachentwicklung 279 


Das  Verzeichnis  der  benutzten  Werke  und  Ausgaben,  der  Abkürzungen  und 
Berichtigungen  befindet  sich  S.  181  ff. 


Die  Präflxkomposition  ist  ein  noch  wenig  angebautes, 
aber  sehr  ergiebiges  Feld  der  grammatischen  Forschung.  Sie 
bietet  tiefe  Einblicke  in  Eigenart  und  Leben  der  Sprache. 

Wie  sich  die  Präfixkomposita  zu  der  ihnen  eigenen  Be- 
deutung entwickelt  haben,  ist  oft  nicht  ohne  weiteres  ersichtlich. 
Häufig  gebrauchen  wir  ein  Wort  wie  verstehen,  doch  sind  sich 
wohl  wenige  ttber  seine  Herkunft  klar.  Dem  Sinne  nach  ist 
verstehen  von  dem  Simplex  stehen  wesentlich  verschieden,  und 
hier  wie  in  den  meisten  Fällen  gelingt  es  uns  nicht,  aus  der 
Bedeutung  der  beiden  Bestandteile,  Präfix  und  Stammwort, 
allein  die  des  Kompositums  zu  erklären.  Vielmehr  haben  wir 
die  eigenartigen  Beziehungen  zu  berücksichtigen,  die  sich 
zwischen  Präfix  und  Stammwort  anspinnen.  Um  diese  zu 
erkennen,  müssen  wir  uns  in  die  Zeit  zurückversetzt  denken, 
wo  die  Verbindung  entstand.  Die  Ursprache  geht  aus  von 
sinnlichen  Verhältnissen,  dem  des  Menschen  zur  örtlichen  Um- 
gebung, zu  anderen  Menschen  und  dem  verschiedener  Punkte 
der  Örtlichkeit  zueinander.  Allmählich  findet  von  hier  aus 
Übertragung  auf  abstraktes  und  geistiges  Gebiet  statt. 

Die  aus  der  Komposition  zwischen  Präfix  und  Stammwort 
sich  entspinnenden  Beziehungen  können  mannigfacher  Art  sein. 
In  verfehlen,  verweigern  wird  der  im  Stammwort  liegende  Sinn 
durch  das  Präfix  noch  stärker  hervorgehoben,  in  verachten, 
verkennen  negiert  und  dann  ins  Gegenteil  verwandelt,  in  verlinden, 
verstehen  wird  durch  die  Zusammensetzung  ein  ganz  neuer 
Sinn  erzeugt.  Indessen  kommt  man  mit  der  auf  Gründen  der 
Anschaulichkeit  fussenden  Erklärung  allein  nicht  aus,  dehn  die 

Leopold,  Die  VonUbe  ver-  1 


2 

meisten  Komposita  sind  SchöpfuDgen  nach  dem  Master  schon 
vorhandener  Typen,  Analogiebildungen,  für  die  nicht  mehr  das 
ursprüngliche  Verhältnis  zwischen  Präfix  und  Stammwort, 
sondern  die  häufig  schon  verschobene  Bedeutung  zur  Einheit 
verschmolzener  Komposita  massgebend  ist.  In  Bedeutungs- 
gruppen vollzieht  sich  die  Vermehrung  des  Sprachschatzes,  und 
manche  „falsche"  Analogie  läuft  mit  unter. 

Die  Zusammensetzung  mit  Präfixen  steht  in  naher  Beziehung 
zu  der  sogenannten  Rektion  und  der  Aktionsart  der  Verba. 
Sie  kann  z.  B.,  wenn  ich  mich  eines  geläufigen  Ausdrucks  der 
Schulgrammatik  bedienen  darf,  Intransitiva  transitiv  machen 
und  deutet  dann  durch  die  Anfügung  des  Akkusativs  die  völlige 
Bewältigung  des  Objekts  durch  die  Verbalhandlung  an.  Schon 
'^jn  urgermanischer  Zeit  sind  „Distanz-  und  Kontaktkomposition" 
nebeneinander  vorhanden  ^).  Die  Kontaktstellung  verallgemeinert 
sich  im  Laufe  der  Entwicklung  und  perfektiviert  die  Verbal- 
handlung. Die  drei  Verbindungen  durch  den  wäld  gehn  :  den 
wald  dürchgehn  :  den  waid  durchgShn  veranschaulichen  drei 
^  Arten  der  Aktion.  Das  bedeutsamere  ^Element  trägt  stets  den 
Hauptton.  Der  erste  Fall  führt  uns  die  blosse  Handlung  vor 
und  fügt  als  weiteres  Element  den  Lokalbegriff  hinzu,  der 
zweite  betont  das  für  die  Anschaulichkeit  und  Dauer  der  Hand- 
lung Charakteristische  (un feste  Partikelkomposition),  der  dritte 
endlich  fasst  das  Ergebnis  ins  Auge  (feste  Partikelkomposition). 
In  diesem  Falle  wird  dtirch  nicht  mehr  als  lokales  Adverb, 
\^  sondern  als  Perfektivpartikel  empfunden.  Das  entsprechende 
Verhältnis  finden  wir  bei  vor  in  unfester  und  ver-  in  fester 
Komposition : 

(einem)  einen  befehl  vorlesen  :  verlesen, 
(einem)  eine  hur  vorschreiben  :  verschreiben. 

Hier  ist  schon  das  Simplex  transitiv;  im  folgenden  Beispiel 
wird  es  erst  durch  die  Zusammensetzung  „  transiti viert " : 
für  seine  kinder  Vorsorgen  :  seine  kinder  versorgen. 

Wenn  bei  den  Verben  des  Deckens  das  t?or- Kompositum 
den  deckenden,  das  t;er-Kompositum  den  gedeckten  Gegenstand 
als  Objekt  bei  sich  hat,  so  entspricht  das  wieder  unserer  Be- 


^)  Brngmann,  Ber.  d.  Sachs.  Akad.  d.  Wiss.  1900  S,  382  f. 


obachtung,  dass  die  betonte  Form  die  Handlung,  die  unbetonte 
das  Ergebnis  hervorhebt: 

ein  tuch  vorbinden  :  das  maul  verbinden, 
eine  mauer  vorbauen  :  den  weg  verbauen, 
ein  brett  vorschlagen  :  den  eingang  verschlagen. 

Diese  Zusammenstellung  zeigt,  dass  das  Präfix  ver-  zu  vor 
in  enger  Beziehung  steht;  auch  für  gehört  zu  ihnen.  Sie  gehen 
alle  drei  auf  verwandte  germanische  Formen  zurück,  auf 
Partikeln,  die  ursprünglich  zugleich  als  Ädverbia,  Präpositionen 
und  Präfixe  gebraucht  werden  können.  Erst  nach  und  nach 
findet  eine  Sonderung  in  der  Verwendung  zwischen  ihnen  statt. 
Gewisse  Partikeln  fügen  sich  mit  Vorliebe  den  Verben  an  und 
verschmelzen  mit  ihnen  zu  fester  Einheit,  sobald  sie  sich  dem 
Tone  des  Verbs  unterordnen.  Zu  diesen  stellt  sich  auch  unser 
ver-.  Wir  verbinden  mit  ihm  keine  Vorstellung  mehr,  sobald^j 
es  aus  der  Komposition  mit  dem*  Stammwort  gelöst  wird,j 
sondern  erst  durch  die  Zusammensetzung  mit  diesem  erhält  es| 
für  uns  einen  Bedeutungsinhalt.  Seine  Verwandten  vor  undj 
für  dagegen  haben  sich  ihre  Selbständigkeit  erhalten  und  werden 
als  Ädverbia  (vorher,  hinfür,  für  und  für)  und  Präpositionen 
verwendet.     Als  Präfixe  gehen  sie  nur  lose  Komposition  ein. 

Die  Stammworte,  mit  denen  sich  die  Partikeln  verbinden, 
sind  zunächst  Verba;  nominale  Ableitungen  treten  in  der 
älteren  Sprache  zurück.  Mit  der  Zeit  werden  sie  häufiger,  und 
schliesslich  wird  es  möglich  Partikelkomposita  ohne  Vermittelung 
eines  einfachen  Verbs  von  Nominibus  unmittelbar  zu  bilden: 
veraffen  (äffe),  versinnlichen  (sinnlich).  Diese  bedeuten  gewöhnlich 
„zu  dem  machen  oder  werden,  was  das  Stammwort  besagt'*. 

Die  Bedeutung  der  Präfixkomposita  kann,  wie  erwähnt, 
sehr  verschieden  sein,  weil  die  Bedeutung  der  Bestandteile 
dehnbar  ist  und  sich  ihre  Verbindung  mannigfach  auffassen 
lässt.  Das  trifft  in  erhöhtem  Masse  bei  der  t;er- Komposition 
zu,  da  in  ver-  vier  urgermanische  Formen  aufgegangen  sind. 
Im  Gotischen  finden  wir  drei  Formen  (fair-  faur-  fra-)  über- 
liefert. Als  Spuren  der  Verschweissung  weist  unser  deutsches 
ver-  häufig  widersprechende  Bedeutungen  auf,  die  im  wesentlichen 
in  der  Herkunft  der  ursprünglich  verschiedenen  Formen  be- 
gründet sind,  versehen  kann  „falsch  sehen,  voraussehen  (sich  alles 

1* 


guten  von  oder  eu  einem  versehen)^  versorgen^,  verseteen  „falsch 
setzen,  anders  setzen,  übersetzen,  durchsetzen'',  versprechen 
„falsch  sprechen"  und  „geloben**  bedeuten,  und  wir  wundern 
uns,  wie  sich  das  reimt. 

ver-  ist  eines  der  wichtigsten  Präfixe  der  deutschen  Sprache, 
und  die  schwierige  Frage  seiner  Entwicklung  verdient  ein- 
gehend untersucht  zu  werden.  Daraus  werden  sich  wichtige 
Gesichtspunkte  für  die  Präflxkomposition  im  allgemeinen  ergeben. 

Die  vorliegende  Abhandlung  veraucht  eine  Geschichte  des 
Präfixes  ver-  zu  geben  in  den  Abschnitten: 

I.  Die  Vorgänger  des  nhd.  ver-  und  ihre  Etymologie, 
n.  Lautgeschichte  des  Präfixes  im  Germanischen. 

III.  Die  Bedeutungsentwickelung  in  der  t;^- Komposition. 

IV.  Stellung  und  Verbreitung  der  ver-Komposition  in  den 
germanischen  Dialekten. 

V.  nhd.  ver-  als  Mittel  der  Perfektivierung  im  Verhältnis 
zu  andern  Präfixen. 


L 

Die  Vorgänger  des  nlid.  ver-  und  ihre 
Etymologie. 

Unser  Präfix  ver-  entspricht  den  drei  göt.  Formen  fau/r- 
fair-  fra-,  und  von  ihnen  als  den  ältesten  überlieferten  Formen 
müssen  wir  ausgehen,  wenn  wir  die  Vorstufen  von  nhd.  ver- 
erkennen  wollen,  fair-  und  fror  kommen  nur  in  fester  Kompo- 
sition vor,  /(mr-  ist  auch  als  Adverb  und  Präposition  ge- 
bräuchlich. Während  fair-  und  fra-  uns  etymologisch  klar 
sind,  macht  fau/r-  der  Erklärung  Schwierigkeiten,  und  seine 
Natur  und  Herkunft  sind  bestritten.  Ihm  entspricht  nämlich 
nicht  nur  nhd.  ver-,  sondern  auch  für,  und  mit  vor  (got.  faura) 
steht  es  im  Wechsel.  Bis  in  unsere  Tage  beobachten  wir,  wie 
die  ver-,  für-  und  t;or- Bildungen  ineinander  übergreifen.  Eine 
entsprechende  Erscheinung  liegt  schon  im  got.  vor,  und  faur 
bietet  uns  bei  der  Untersuchung  dieses  Verhältnisses  einen 
geeigneten  Ausgangspunkt. 


Bei  der  Anfhellang  des  arspriinglichen  Zustandes  ist  von 
sinnlicher  Anschauung  auszugehen,  und  zwar  von  der  räumlichen. 
Die  allgemeinste  Raumanschauung,  die  sich  im  Verhältnis  zweier 
Gegenstände  zueinander  dem  naiven  Betrachter  zuerst  aufdrängt, 
steckt  in  dem  Begriffe  »vor**,  geschieden  nach  Ruhe  und  Be- 
wegung oder,  was  dasselbe  heisst,  nach  Lage  und  Richtung. 
Die^eit  wird  ebenfalls  als  Raum  vorgestellt,  räumliche  Aus- 
drücke werden  auf  sie  übertragen.  Auch  abstrakte,  unsinnliche 
Begriffe  werden  mit  räumlichen  Ausdrücken  bezeichnet;  diese 
Begriffe  entwickeln  sich  zuletzt.  Der  Unterschied  zwischen 
Ruhe  und  Bewegung,  zwischen  Lage  und  Richtung  ist  so  gross, 
dass  der  unbefangene  Betrachter  sie  unmöglich  durch  ein  und 
dasselbe  Wort  wiedergeben  konnte.  Die  Verhältnisse  von  „um, 
bei,  neben,  über**  in  der  Ruhelage  im  Gegensatz  zu  „vorwärts, 
voran,  voraus,  vorbei,  längs"  in  der  Bewegung  erschliessen  sich 
erst  einer  sorgfältigeren  Beobachtung  aus  dem  Begriffe  „vor**. 
Für  die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  spricht  die  Etymologie 
von  got. /air-/at<r-/ra-,  die  auf  eine  gemeinsame  vorgermanische 
Wurzel  in  drei  Stufen  (^*per-  *pr-  *prö)  hinweist^).  Bei  einer 
grösseren  Zahl  solcher  spezielleren  Bildungen  ist  ein  Über- 
greifen und  Ineinandergreifen  der  einzelnen  unvenneidlich,  bis 
zu  dem  Grade,  dass  die  ursprüngliche  und  schärfste  Scheidung, 
die  von  Ruhe  und  Bewegung,  verwischt  wird.  So  gebrauchen 
wir  nhd.  vor  für  beide  Verhältnisse.  Die  Vermengung  tritt 
um  so  leichter  ein,  als  oft  eine  doppelte  Auffassung  möglich 
ist.  Die  Wendung  einem  etwas  vorlegen  kann  von  zwei  Arten 
der  Anschauung  ausgehen,  nämlich  in  der  richtung  auf  eitlen 
hinlegen  und  etwas  so  legen ^  dass  es  vor  einem  liegt  Das  eine 
betrachtet  mehr  momentan  die  Handlung,  das  andere  ihr  Er- 
gebnis oder  den  Zustand  nach  der  Handlung.  So  zeigt  sich 
uns  das  Verhältnis  von  faur  :/aura. 

Mc.  8,  6:  ei  aüagidedeina  faur;  jah  atlagidedun  faurßo  managein: 

fya  naqad'iäaiv .  xa\  nagid'fjxay  T(fi  ox^f^- 
Lc.  9,  47:  fairgreipands  bam  gaaaUda  faura  eis:  imXaß6fi€yog  nai- 

diov  UffjTiaey  nag*  iaur^. 

fawr   vertritt    die   Richtung   und    erscheint    demnach    als 


>)  Brugmann,  k.  vgl.  gr.  S.  472. 


6 

Präposition  mit  dem  Akkusativ  verbunden,  /awra  als  Vertreter 
der  Ruhelage  mit  dem  Dativ  ^).  Die  Scheidung  zwischen  ihnen 
erhellt  deutlich  aus  folgenden  Stellen,  wo  ein  und  derselbe 
Ausdruck  des  griechischen  Originals  verschieden  wiedergegeben 
wird. 

Mc.  1,  16:  hvarbonds  faur  marein:  nagayaty  nagä  t^v  ^aiaaaay. 
Mc.  6,21:  was  faur a  marein:  i^y  naga  r^y  d^aXaaaay, 

In  der  Bedeutung  „längs"  verbindet  sich  fawr  auch  mit 
Verben  der  Ruhe,   da  es  dann  einen  Richtungshinweis  birgt. 

Lc.  6, 17:  pize  faur  marein  Tyre  jah  Seidone:  z^g  nagaliov  Tvqov 

xal  £idc!}yog. 
Lc.  18,35:  blinda  sums  sat  faur  ung:  rvtpXos  ug  ixa&rjfio  naget  r^y 

odoy. 

Sinngemäss  ist  naqa  einmal  (Mc.  5,  21)  durch  faura  marein, 
das  andere  Mal  (Lc.  6, 17)  durch  faur  marein  übersetzt,  obwohl 
es  in  beiden  Fällen  bei  Verben  der  Ruhe  steht.  Denn  dort 
befindet  sich  ein  einzelner  Mensch  an  einem  Punkte  „vor,  an 
dem  Meere"  (Ruhe),  hier  ziehen  sich  Städte  „in  der  Richtung, 
längs  des  Strandes"  hin.  Das  Charakteristische  der  Lage 
gibt  die  gotische  Übertragung  anschaulicher  wieder  als  das 
griechische  Vorbild.  Auch  die  Stelle  Lc.  18,  35  zeugt  dafür. 
Soll  etwa  der  Blinde  faura  wiga  „vor  dem  Wege,  d.  h.  im 
Wege"  sitzen?  Dann  würde  er  ihn  sperren;  er  sitzt  vielmehr 
in  der  Richtung,  wie  der  Weg  verläuft,  d.h.  „am  Rande, 
längs  des  Weges":  faur  wig. 

Entsprechend  ist  das  Verhältnis  der  Präfixe /awr : /awra. 
Je  nachdem  Bewegung  (Verbalhandlung)  oder  Ergebnis  (Zustand 
nach  der  Handlung)  ins  Auge  gefasst  wird,  wechsein  faur :  faura 
miteinander,  und  dass  dadurch  dann  manche  Ausgleichungen 
nach  der  einen  oder  anderen  Seite  bewirkt  werden ,  ist  be- 
greiflich. Oft  hält  das  Verbum  die  Richtung,  das  Nomen  die 
Ruhe  fest.  So  erscheint  ein  faurlageins^  durch  das  Verbum 
faurlagjan^)  beeinflusst. 


*)  Schon  im  ahd.  tritt  Vermengung  ein ;  vgl.  Grimm  d.  gr.  4,  787. 

*)  faurlageina  in  *famdlagein8  za  verbessern  (Grimm  d.  gr.  2,  726)  ist 
mithin  nicht  nötig. 

')  Es  heisst  stets  mhd.  vwrlegen,  vürrennen  entsprechend  dem  got. 
faurlagjan,  faurrinnan. 


Lc.  9, 16:    gaf  sipof^am  du  faurlagjan  pieai  managein:    l6(Sov 

To£;  fiad-ffialg  naoatid-ävai  x^  ^xW' 
Mc.  2,  26:  hlaibans  faurlageinais  matida:  xovg  aQxovg  xrig  nqod'ä' 

Wenn  faurhah  ifaurahah  nebeneinander  belegt  sind,  so  ist 
in  faurhah  eine  Beziehung  zum  Verbum  gefühlt  ^). 

Matth.  27,51:  faurhah\  älhs  dissJoritnoda  in  Uoa:  x6  xaxan^xac/tia 
Mc.  15,38:  faurahah    f       xov  yaov  iff/tff&r)  etg  dvo. 

Auf  Ausgleichung  ist  wohl  auch  fauragaggands ,  faurastan- 
dands,  fauramaßleis^)  gegenüber /aur^a^^eis  zurückzuführen^. 

I.  Tim.  3,4:  seinammagardatoailafauragaggands:  xov  tSCov  oXxov 

xaJiMg  nQoi'axttfieyov. 
Rom.  12,8:  sa  faurastandands  in  usdaudein:  6  nqoXoxafnyog  iv 

anovdlß, 
Matth.  9,34:  in  fauramaflja  tfnhuipono  usdreibiß  unhülßons;  iy 

x^  uQxoyxi  xmy  datfioyioay  fxßaXku  xa  daifioria. 
I.  Thess.  5,12:  faurstassjana  iewarans:  n^Xaxa^ivovg  vfioiy. 

An  fauragaggan  erinnert  lat.  praeire  (prae  weist  auf  eine 
dativische*)  Grundform  hin,  vgl.  gr.  na^al)  und  praetor  (aus 
*prae'üor).  Hier  ist  die  Ruheform  prae  wohl  ursprünglich  dem 
Nomen  eigen  und  von  ihm  aus  aufs  Verbum  fibergegangen. 
praetor  ist  durativ  gefühlt  als  der,  ^der  sich  im  Gehen  ständig 
vor  den  anderen  befindet^,  so  dass  das  Lage  Verhältnis  der 
Gehenden  zueinander  keine  Verschiebung  erleidet. 

Zur  Bezeichnung  von  räumlichen  und  zeitlichen  Ver- 
hältnissen in  der  Bedeutung  „vor"  finden  wir  faur-  und  faurar 
Komposita  nebeneinander  verwandt,  faur  als  „voraus",  faura 
als  „in  der  Reihe  vor  einer  Person  oder  einem  Ereignis". 

a)  BMmlich:  faurrinnan,faursniwan  — fauraqtmanffatn'arcJifyan, 

Sk.  lU b :  Johanne  hatujandans ßamma  faurrinnandin  aiwaggeljon : 

Johannem  aadientes  praecnrsorem  evangelii. 
Mc.  14,8:  fauranau  aalban  mein  leih:  ngoilaßiy  fivQtaai  (lov  x6  ao^fia. 


>)  Vgl.  mhd.  vürhengenf  aber  vorhanc  neben  isü/thanc,  fürhang  erh&lt 
sieb  nocb  bis  ins  nhd.  (DWB.  4  I,  743). 

*)  Vgl.  anord.  far-mdHande.  H^v.  25^:  ßat  fißr  es  at  finge  hmwr,  at 
luinn  d  farmalendr  fd. 

')  mbd.  vür- :  vor-  nebeneinander  in  derselben  Bedeutung ;  vürkempfe  : 
v^kempfe,  vürmunt :  vormunt,  vüraprSche :  vdrepriche,  vüretant :  vorstant. 

*)  Es  könnte  auch  ein  Lokalis  des  Feminins  sein. 


8 

I.  Kor.  11,  21:  fauraniwiß  du  fna^an:  nqolafißavH  inl  t^  (payciy. 
Lc.  1, 17:  jah  silba  fauraqimid  in  andwairßja  ü:  xal  avtog  ngo- 

Bkivairai  iv<o7iiov  avrov. 
Eöm.  12,10:   swerißai  üffjois  misso  faurarahnjandans:   tg  xt^i 

aXXriX^vg  TiQOi^ovfisyoi.  y 

ß)  Zeitlich:  faurdamems,  unfaurweis^)  — faurawenjan, 

L  Tim.  5,  21 :  inu  faurdomein:  x^9^  nQOXQCficaog. 

Sk.  nib:  witoß  ßize  unfaurtoeisane  missadede  ainaieos  hrainein 

raidida:  lex  ab  impradentibas  commissornm  delictoram  nnios  por- 

gationem  constitnit. 
Eph.  1,12:  ßai  faurawenjandans  in  Xristau:  rovg  nQo^XTtixoTetg 

iy  t^  XqiOt^, 

Schliesslich  erscheint  fatM'  in  der  Bedeutung  „hinaas  ttber, 
vorbei*  in  faurgaggan  *)  und  als  Präposition  ^). 

Mc.  15,29:  jah  ßai  faurgaggandana  toajameridedun  ina:  xal  ol 

naQanoQevofAeyoi  ißkuaipr^fiovy  avroy. 
I.  ThesB.  4, 16:  ßatei  weis  . .  m  bianiwam  faur  ßans  anaslqMndans  : 

ort  ^fiiig  ,  ,  ov  /i^  (p^<ro)fi€y  rovg  xoifAtid'äyxag. 

Die  Doppelkomposita /ae^^o^jran  xm^  fawrhisniwan  kommen 
fttr  die  Untersuchung  von  faur  nach  den  Gesichtspunkten  der 
Buhe  und  Richtung  nicht  in  Betracht. 


Neben  diesen  Belegen,  in  denen  faur  einen  Richtungs- 
hinweis enthält,  steht  eine  Anzahl  von  solchen ,  in  denen  fawr 
die  Anschauung  der  Ruhe  vertritt..  Jedenfalls  sind  in  faur 
zwei  urgermanische  Formen  zusammengefallen*).  Beide  aber 
sind  von  fawa  sowohl  lautlich  wie  auch  der  Bedeutung  nach 
zu  scheiden  und  nicht  etwa  durch  Apokope  aus  faura  ent- 
standen. Die  etymologisch  entsprechenden  griechischen  Formen 
Trag-  naq-  und  n&qa  nagä  erklärt  Joh.  Schmidt  (KZ.  38,  16) 
derart,  nämlich  nag-  na^  ohne  Rücksicht  auf  den  folgenden 


^)  fawr  als  Präposition  in  dieser  Bedeutung  ist  belegt  Matth.  26,  75 : 
faur  hanins  hruk:  ngly  aX^xroga  <pa>y^aai, 

»)  Noch  nhd.  fürfahren  bei  H.  Sachs,  Neudr.  39/40  S.  16:  ja,  er  sol 
noch  dl  wann  zvoo  sttmd  bey  vns  fürfaren  dise  straaz, 
')  mhd.  Parz.  87, 16 :  voan  sisi  im  holt  für  elliu  toip; 
arm.  Heinr.  239:  tmd  dar  nach  für  die  selben  frist  hat  er  ze  siner 

genist  ddiein  gedinge  mire  („über  die  Frist  hinaus,  von  da  an''). 
*)  Brugmann,  k.  vgl.  gr.  S*.  474. 


9 

Laut  ans  ndga  naqä  apokopiert.    Mag  diese  Annahme  für  das 

Griechische  zutreffen ,   auf  das  Germanische  ist  sie  jedenfalls 

nicht  zu  übertragen.    Die  Etymologie  der  drei  got.  Formen  ist 

folgende: 

got.  fawr  I  =  lat.  por-  =  osk.  pur-  (dUom)  =  ahd.  as.  /wr-  /or-. 

got.  fawr  II =  ahd.  as.  fwri. 

got.  faura    =  ai.  purä  =  av.  para  =  gr.  Tcaqa^  naqa 

=  ahd.  as.  fara  ^). 

faura  kann  auch  einem  gr.  naqai-ißomtig)^  an  die  Seite 
gestellt  werden.  Für  faw  II  finden  wir  keine  Parallelform 
ausser  ahd.  as.  furi,  Joh.  Schmidt  (KZ.  26,  31)  erkennt  keinen 
etymologischen  Unterschied  zwischen /wr  :/««ri  an,  sondern  be- 
gründet ihre  Verschiedenheit  auf  dem  germanischen  Auslauts- 
gesetz. Doch  zwingt  uns  die  widerspruchsvolle  Vereinigung 
von  Ruhe  und  Richtung  in  got. /awr  zur  Spaltung  dieser  Form 
in  zwei,  vorgerm.  *pr  und  *prn  entsprechend.  Die  lokale  Form 
germ.  *fur%  musste  got.  faur  werden  *). 

got.  faur  I  enthält  wie  lat.  porricioy  porrigo,  partendOy  poOür 
ceor  einen  Richtungshinweis,  faur  II  und  faura  vertreten  die 
Anschauung  der  Ruhe,  aber  verschiedener  Art:  fama  entspricht 
unserem  „vor^  in  mehr  sinnlicher  Anschauung  (auch  etymologisch), 
faur  II  enthält  das  abstraktere  „für"  (vneQ,  pro). 

Mc.  9,40:  unte  saei  nüt  wißra  istois,  faur  iswis  tat:  os  yuQ  ovx 

taxiv  xa^  vfjLoiVf  vnkg  vfioiy  iativ, 
Philipp.  1,  29:  ietois  fragiban  ist  faur  ^Sristu:  vfilv  ßx^^^^^i  *^  ^^^Q 

Xgiffjov. 
Philipp.  4, 10:  du  faur  tnik  fraßjan:  t6  vtiIq  ifiov  (pQoyety, 

faur  II  (*prri)  bedeutet  „vor"  einem  Gegenstande  befindlich, 
zur  Deckung  „für"  den  dahinter  befindlichen  „gegen"  einen 
davor  befindlichen.  Auf  diese  Weise  kann  sich  ein  lokales 
„vor"  zu  den  scheinbar  widersprechenden  Bedeutungen  „für" 
und  „gegen"  entwickeln.  Dieses  faur  II  kann  mit  einem  die 
Richtung  andeutenden  fauri  nichts  zu  tun  haben  ^). 


^ 


')  Bnigmano,  k.  vgl.  gr.  S.  474. 
")  Streitberg,  urg.  gr.  S.  189. 

')  Apokope  des  schliessenden  -«';   vgl.  Hirt,   JF.  1,  216.     S.  auch  die 
gleiehfalls  lokale  Form  got.  fair-, 

*)  In  der  Bedeatnng  , schätzen  yor,  gegen^  wird  auch  faura  verwandt; 


10 
Die  Doppelheit  von  „für"  und  „gegen"  weist  fawgipan  auf: 

Lc.  14,19:  habod  mik  faurqißanana:   ^/c  fie  naQUfiri^ivov, 

Gal.  2,  21 :  m  faurqifa  ansUki  gudis:  ovx  a&exoi  t^v  X'^Q^^  ''^^  ^€ov. 

Wenn  ich  vor  einem  Gegenstande  etwas  anbringe,  so  sperre 
ich  ihn  ab  oder  verschliesse  ihn.  Das  Mittel  oder  Werkzeug, 
mit  dem  dies  geschieht,  wird  in  faurdammjan,  faursigljan,  faur- 
waipjan  durch  das  Stammwort  ausgedruckt: 

n.  Eor.  11, 10:  so  hvofttUi  ni  faurdammjada  in  mie:  ^  xavxn<^i£ 

auTij  ov  fpQay^atrai  eis  ^fti, 
Matth.  27,  66 :  gälukun  ßata  Maito  faursigljandans  ßana  (stain)  : 

TjatpctXtaavTO  roy  xaifov  atpQayCaavxBg  roy  {U^y). 
I.  Tim.  5,18:    auhsin  ßriskandin  munß  ni  faurtoaipjais:    fiovy 

aXomyra  ov  (pifKoneig, 

Ähnlich  kann  fawrwalugan  als  „durch  Wälzen  versperren" 
aufgefasst  werden: 

Mattb.  27,60:  faurtoalwjands  staina  mihilamma  daurons:   ngoff- 
xvUang  Kday  fiiyay  rj  ^i;^^. 

faurmuljan  ist  vielleicht  als  „falsche  Analogie"  nach  faur- 
waipjdn^  faurdammjan  zu  erklären,  faurmuljan  birgt  als  Stamm- 
wort den  Gegenstand,  vor  dem  etwas  angebracht  wird,  nicht 
den,  mit  dem  der  Verschluss  gemacht  wird,  faurmu^an  und 
/aurwaipjan  ergänzen  sich  gewissermassen :  „vor  dem  Häul 
eine  Schlinge  machen"  ^). 

I.  Eor.  9,  9:  m  faurmuljaia  aühsan  ßriakandan:  ov  xrifitoaeig  ßovy 
aXotäyra. 


vgl.  got.  Joh.  17,  15:  ei  bairgais  im  faura  ßamma  tinseljin:    Vya  rtigj^o^g 
avTOvg  ix  toi;  noyriQov. 

Es  ist  aufzufassen  als  „angesichts  des  Bösen",    für  and  vor  wechseln 
in  dieser  Funktion  noch  nhd. 

Schüler  12,  125:  da  sei  Gott  für! 

12,  217 :  was  grau  für  älter  ist,  das  ist  ihm  göUlidh. 
14,  329:  wir  stehn  vor  unsre  weiber,  unsre  hinder. 
In  den  beiden  letzten  Fällen  hat  die  heutige  Sprache  den  umgekehrten 
Gebrauch.    Doch  herrscht  für  unbeschränkt  (abgesehen  von  der  Bedeutung 
vn^o)  im  Sinne  von  „ein  Mittel  gegen'':    vgl.  mhd.  Iw.  5395:  das  was  in 
guot  vür  den  tot. 

^)  Ein  ähnliches  Verhältnis  waltet  vor  etwa  in  nhd.  verfugen :  vermörtdn 
„mit  Mörtel  die  Fuge  verschliessen''. 


11 

Die  Gebiete  von  faw  I  und  faur  II  sind  nicht  scharf 
gegeneinander  abzugrenzen;  bezeichnend  daffir  ist  faurhiuäan 
^verbieten". 

Am  einfachsten  wäre  es  b,ii\  faurqipan  anzuschliessen:  „durch 
Sprechen  einen  Kiegel  vorschieben,  untersagen".  Indessen 
liegen  die  Dinge  hier  etwas  verwickelter.  Unter  den  zahlreichen 
Belegen  ist  ein  einziger,  wo  das  Verbot  nicht  in  einem  folgenden 
Negativsatze  läge,  und  in  dieser  einen  Stelle  braucht  man  kein 
direktes  Verbot  zu  sehen: 

Lc.  8,  26 :  hvas  siai  sa^  ei  jah  mndam  faurbiudiß  jäh  watnam,  jah 
ufhatujand  imtna?  %(g  aga  ourog  iariy,  ort  xal  roig  ayifjLOig  int- 
Totaau  xal  r^  vdoxi,  xal  vnaxovovaiy  avt^; 

Der  griechische  Urtext  enthält  keine  Negation,  Luther 
übersetzt:  „.  .  dasz  er  über  wind  und  meer  gebietet*'.  Doch 
ist  nicht  abzuleugnen,  dass  ein  Verbot  sinngemäss  ist:  das 
Meer  wütet  und  ängstigt  die  Jünger,  Jesus  erwacht  und  ge- 
bietet Wind  und  Meer  Einhalt! 

An  allen  übrigen  Stellen  kann  die  Negation  auch  im 
folgenden  Satze  liegen: 

Lc.  8,  66:  iß  is  faurhaud  im  ei  mann  ni  qeßeina  ßata  waurßano: 
6  dh  noQ^yyeiMy  avtoTg  fijj^ayl  eineXy  t6  yiyoyog. 

Das  gr.  naQayyeXlü)  kann  das  Verbot  enthalten,  das  fol- 
gende htuL^cua  nicht: 

Mc.  8,30:  iah  faurbauß  im  ei  mannhun  ni  qeßeina  bi  ina:  xal 
inerifjLTiaav  avxolg  Xya  fitiSiyl  Xfyaaiy  mgl  avrov. 

Trotz  der  zahlreichen  Belege  können  wir  nicht  feststellen, 
ob  faurbii^an  ein  ausdrückliches  Verbot  bezeichnet  oder  in 
der  Entwicklung  vom  energischen  Heraussagen  zum  Versagen 
begriffen  ist  (vgl.  gr.  Ttqoelnov),  Lc.  8,  25  spricht  für  dieses, 
Lc.  8,  56  für  jenes,  Mc.  8,  30  ist  unparteiisch.  Damit  verknüpft 
ist  die  Frage,  ob  faurbiudan  lautlich  zu  idg.  *prri  oder  *pr 
gehört^). 


^)  Im  ahd.  hat  es  in  den  grösseren  Denkmälern  den  aasgesprochenen 
negativen  Sinn,  wie  ans  einer  Tatian-Stelle  deutlich  hervorgeht: 

T.  86,  2:  giböt  her  in  tho,  ihaz  sU  niheinagamo  ni  aagdtin;  so  her  ur 
mer  forböt,  so  sie  iz  mer  predigötvn:  praec^it  Ulis,  ne  coi  dice- 
rent;  qnanto  antem  eis  praecipiebat  ... 
Dasselbe  Wort  der  Vorlage  ist  verschieden  übersetzt;  da  das  eine  Mal  der 


\ 


Auch  fawrgipan  lässt  eine  doppelte  Auffassang  zu,  nämlich 
als  , sprechen  gegen**  (fawr  II)  und  „mit  Worten  verwerfen** 
(faw  I).  In  letzterer  Bedeutung  berührt  es  sich  mit  fraqißan; 
beide  geben  gr.  d&evea}  wieder.  Die  verschiedene  handschrift- 
liche Überlieferung  erlaubt  vielleicht  den  Schluss  auf  land- 
schaftliche Verschiedenheit  darin: 


negative  Sinn  darch  den  Nebensatz  aasgedrttckt  wird,  hebt  ihn  der  Übersetzer 
das  zweite  Mal  durch  das  Verb  selbst  hervor.  Über  die  Form  erhalten  wir 
im  ahd.  keinen  Auf  schluss,  da  T.,  0.,  N.  ihre  Normalformen  for-,  fir-,  fer-  ge- 
brauchen. Die  älteren  Glossen  aber  zeigen  uns  deutlich  positive  Verwendung 
und  Formen,  die  auf  beide  /aur- Typen  schliessen  lassen.  Also  tun  wir  gut, 
hier  Grenzgebiet  und  Mischung  zwischen  beiden  anzunehmen. 

ahd.  Gl.  I  322  a:  firlnut  :  contestare       1   „  v    «  v^ 

TT  nn        j!  2.  .  -s.  }  Form:  geschwächt. 

11  36a:    firbot  :  censuit  /  ** 

Gl.  I  743  a:  fvriputun,  virptitun  :    \  ^        ^ 

j        ^.  j.  ?  *»r-Form. 

denuntiaverunt  J     •^* 

Gl.  I  53.  gl.  K.:  furipunda   endi    1   *    ,    .  „ 

-    .    /  ,.^    >  *i>rr»- Form. 

funpotan :  recondita  J     '^  ° 

Die  beiden  letzten  Stellen  enthalten  einen  Gegensatz  des  Sinnes,  einmal  ge- 
hässiges Preisgeben,  auf  der  andern  Seite  sorgsames  Abschliessen.  Ein  aus- 
gesprochenes Verbot  liegt  in 

Gl.    I  26-27.  Pa.  furipitUit  gl.  K.  furibiuUt  :  prohibet. 
Gl.  II  263  a:  uirbiete  :  interdicat. 
Die  Form  furi-  kann  fauri  wie  fawr  II  entsprechen,  besagt  also  an  sich 
nichts  fflr  die  eine  oder  andere  Type  (vgl.  Teil  II). 

Die  as.  Überlieferung  gibt  uns  auch  keinen  Aufschluss  über  die  Herkunft 
von  verbieten: 

as.  Wadst.  107,  4 :  uarbudun :  vetuernnt. 
Mehr  hilft  uns  das  mnd.  und  mhd.,  wo  verbieten  in  positivem  wie  in  nega- 
tivem Sinne  belegt  ist: 

mnd.  Chr.  d.  nordelb.  Sachs,  p.  49:  he  vorbadede  dat  sassische  volk  Uh 
samende  („entbieten,  vorladen'^). 
Lüb.  Urk.  5,  nr.  463:  vnd  wi  vorboden  vns  van  stunt  darsulues, 

dat  wi  des  toolden  to  rechte  gan  („erbieten,  anbieten*'). 
R.V  6709:  got  vorbedet!  („verhüten"). 
mhd.  Weist.  4,302,32:    dz  si  (£^)  Züri(h  nieman  verbieten  nodh  mit 
geistlichem  gericht  vftriben  sol  („aufbieten,  vorladen"). 
Kehr.  7569 :  vil  sciere  verbot  er  dae  allen  Bömarenf  das  si  die  Tiver 

verbcBren  („entbieten"  oder  „untersagen"?). 
Mw.  265,  24:  das  got  verbiete!  („verhüten"). 
Danach  werden  wir  geneigt  sein  verbieten  zu  fawr  I  zu  stellen ;  dass  diese 
Auffassung  richtig  ist,  wird  bewiesen  durch  die  Stelle: 

mhd.  S.  Gan.  stb.  4, 116 :  einen  vür  die  etat  verbieten  („zur  Stadt  hinauiF 
befehlen,  aus  der  Stadt  verbannen"). 


18 

Gal.  2,  21:  ni  faurqißa  anskU gtidia:  ovx  a^etm  t^y  x^gir  tov  d'iov, 
Lc.  1,  30:  runa  gudia  fraqeßun  ana  sik:  r^y  ßovXrjy  roi;  &€ov  ri^i' 
riiaety  stg  katnovg, 

fawrqipan  in  der  Bedeutung  „entschuldigen^  könnte  auch 
mit  fawrbaukta  „Loskauf*'  als  „lossprechen^  (fau/r  I)  erklärt 
werden : 

Lc.  14,19:  hcSbai  mik  faurqißanana:  Hx^  (^^  noQj^rifAiyoy. 

Eph.  1,7:  inßammei  habamfaurbauht:  iy  ^  ^x^f^^  ^^  anokvtQioaiy, 

Diesem  faurhaukts  steht  ein  frabugjan^)  zur  Seite;  in  faur- 
bauhts  kann  auch  „FOrkauf,  Erlösung^  (faur  II)  stecken. 

faurtcalivjan   haben   wir  als   „durch  Wälzen  versperren^ 

(faur  II)  aufgefasst;  doch  ist  auch  die  Auffassung  „hin wälzen 

vor*  (fauri)  berechtigt. 

Matth.  27,60:  faurioaliojands  staina  nUkilamma  daurons:  ngaa- 
xvXCaag  U^y  fUytiy  r^  d-uQtf. 

In  diesen  Fällen  berühren  sich  fau/r  I  und  fau/r  II  gegen- 
seitig, zum  Teil  auch  mit  fra-. 

Wir  haben  die  Untersuchung  der  /atir-Belege  beendet  und 
können  folgendes  Ergebnis  feststellen: 

1.  fau/r  ist  von  faura  geschieden. 

2.  In  fau/r  sind   zwei   vorgermanische   Formen    zusammen- 
gefallen: *pr  und  *prr%, 

3.  Zu  faur  I  (*pr)  gehören  die  Ausdrücke  f&r  vorausgehen, 
vorbeigehen^  vorlegen,  vorsehen, 

zu  faur  II  Cpp^)  die  Ausdrücke  für  versperren; 

doch  sind  verschiedene  Belege  nicht  sicher  einer  von  beiden 

Typen  zuzuweisen. 


fair-  schliesst  sich  an  faur  II  an;  beide  führen  nämlich 
ihren  Ursprung  auf  eine  lokale  Grundform  zurück  und  vertreten 
daher  die  Anschauung  der  Ruhe,  jedoch  in  verschiedenen  Ver- 
hältnissen, faur  II  Cprri)  bedeutet,  wie  wir  festgestellt  haben, 
„vor"  einem  Gegenstande  zur  Deckung  oder  Hinderung,  favT- 
(*P^)  »vor"  einem  Gegenstände  auf  allen  Seiten,  d.  h.  „rings 
herum",  einen  Ring  um  ihn  bilden  und  ihn  dadurch  schützen 


')  Lc.  17,28:  bauhtedun  jah  frabauhtedun:  rjyo^oy  intoXovy. 


14 

vor  etwas  oder  absperren  von  allem  übrigen:  z.  B.  „vor  dem 
Wall  der  Festung  ist  ein  Graben,  d.  h»  rings  um  den  Wall 
läuft  ein  Graben";  vgl.  ai.  pdri-bädh  ( „ ausschliessen  von, 
schützen  vor")  und  gr.  TteQcaiQeo^at  („entziehen").  Die  ety- 
mologischen Entsprechungen  von  fair-  sind 
ai.  pari'  =  s.Y.pairi  =  gr.  n€Q(t)  TtaQi  =  IsA.per  =  lit.  per = russ.  jpere-. 

Als  Grundform  ist  *pSr(i)  anzusetzen  mit  der  Grund- 
bedeutung „rings  herum".  Aus  dieser  lassen  sich  die  got. 
/air-Belege  leicht  entwickeln,  fair-  erscheint  nur  als  Präfix  in 
fester  Komposition. 

a)  fairweUjan  I:  umherspähen. 

n.  Kor.  4,18:    m  fairtoeitjandam  ßiee  gasathvanane :    firj   <rxo- 
novvTOJV  tjfio^y  tu  ftXsnofisva, 

fairgreipan:  um  etwas  herumgreifen  >  umgreifen  >  ergreifen. 

Mc.  8,23:  fairgreipanäs  hanäu  ßia  blindins:    Imlaßofi^vog   xrig 

X^iQog  xov  TvtfXov. 
Mc.  5,41:  fairgraip   bi  handau  ßata  bam:   xQari^cfag  Trjg  x^*^Q^ 

tov  nat^{ov. 

„ergreifen"  hat  den  Sinn  „erreichen,  erlangen" : 
fairwaurJgan:  erwirken. 

I.Tim.  3, 13:    grid  gada  fairwaurkjand:    ßa^fioy   iauroTg  xaXov 
nsgtnoiovyrai. 

Bei  TisQmoieiad^at  macht  sich  die  gleiche  Anschauung  und 
Bedeutungsentwicklung  im  Griechischen  geltend. 
tmfairlaistips:  unauf spürbar. 

Eph.  3,8:  ßo  unfairlaistidon  gabein  Xristaus:    t6  ave^ix^Ca(nov 
nXovTog  rov  Xgtarov. 

Schliesslich  wird /air-  zur  blossen  Verstärkung:   „völlig". 
fairaihan:  teilhaben  an. 

I.  Kor.  10,21:    ni  maguß  biudis  fravjins  fairaihan:    ov  ^vyaad-e 

fairhaüan:  bekennen  (nicht  unser  verheiszen  im  Hinblick  auf 
die  Zukunft:  /awrl- Type). 

Lc.  17,9:    iba  ßagJc  ßu  fairhaitis  skalka  jainamma:    firi   x^Q*^ 
?/€*(?)  T^  6ovX(^  ix£^y<fi. 

b)  „umher  >  rings  herum  >  der  Reihe  nach    >  hindurch". 
fairweHJan  II:  hinschauen  {dtevl^eiv  ist  ein  starres  Blicken). 


16 

n.  Eor.  3,7:  f airweit j an  du  wUta  MoaesiB:    iiBvtaai  .  .  ilq  xo 

TiQoffejTtov  Äfwj^tog. 
Lc.  4,20:    augona  f airweit jandona  du  imma:  ol  oipd-aXfiol  au- 

yiCoyreg  avx^. 

fairrinnan:  sich  erstrecken. 

II.  Eor.  10,14:  fairrinnandans  und  igwis:  itptxyov^cyoi  iig  vfiag. 
Eph.  5,4:  ßoei  du  faurftai  ni  fairrinnand:  a  ovx  aytjxey  (Vulg.: 
qaae  ad  necessitatem  non  perünent). 

c)  fairtveüjan  III:  wer  die  Blicke  ziellos  umherschweifen  lässt, 
hat  nichts  zu  tun  und  treibt  überflüssige  Dinge. 

II.  Thess.  3, 11:  ni  watht  waurl^andane  ah  f  airweit jandane:  firid^ 

ioyaCofiivoug  aXXa  n^Qii^u^ofiivovg, 
I.  Tim.  5, 13 :  ak  jäh  unfaurjoe  jäh  fair weitjandeins:  xal  (pXvagoi 

xal  neQUgyoi  (Vulg.:  qai  alienis  rebas  inepte  se  immiscet). 

So  kommt  auch  fairweitl^)  zu  seiner  verächtlichen  Be- 
deutung. 

I.  Eor.  4,  9:  fairweitl  waurfum  ßisai  manasedai:  d'^cngor  fycv^^fiey 
T^  xoafiip.  (Luther:  ,.  .  denn  wir  sind  ein  Schauspiel  geworden 
der  Welt  .  .  wir  sind  Narren  um  Christi  willen  .  .  verachtet*.) 

Die  got.  Beispiele  stimmen  in  der  Bedeutung  gut  zu  den 
verwandten  Sprachen: 


^)  Mit  got.  fairweiü  ist  nhd.  Vorwitz  nahe  verwandt.  In  ahd.  firiwisei 
=  as.  firiwit  tritt  das  Schluss-i  hervor. 

ahd.  Wessobr.  Gebet:  dat  gafregin  ih  mit  firahim  firiuuizzo  meista 

(Wunderzeichen) . 
0.  ni  20,  41 :   thio  ärmilichun  wiesi  was  Ihee  tho  firiwiszi,   was 

eies  ufuntar  ihrato,  jäh  frdgetun  ihero  dato. 
Gl.  I  366  a:  firuuizkerni:  curiositate. 

Gl.  I  100-101:  Pa.  firuuuieUhher.  gl.  E.  firuuizUhher:  varius. 
Gl.  I  138-189:   Pa. /irtwtc».  gl.  E. /»rwiitCT.  Ra. /trttKiiMi:  fastus. 
Gl.  I  253.  gl.  E.  soso  firiuuieUhhi :  quasi  bannum. 
Da  indessen  firi-  so  vereinzelt  dasteht,  ist  es  bald  nicht  verstanden  und  wohl 
als  Verbildung  von  furi-,  der  anderen  Lokalform,  angesehen  worden.    Jeden- 
falls schreibt  N.  stets  füre-: 

N.  I  109, 1  P.:  tarmiU  uuds  in  füreuuizze  dOero  iro  Mo. 
N.  I  814,  2  P. :   dUero  dingo  füreuuizkirniu:  curiose  universa  per- 
scrutans. 
mhd.  und  nhd.  geht  das  Wort  als  fürwite  weiter: 

nhd.  H.  Sachs,  Neudr.  26/27  S.  41:  dich  stiaht  der  fürwitz  spat  vndfirw. 
Dann  geht  es  mit  den  meisten  /är-Eompositis  im  jttngeren  nhd.  in  vorwitz 
aber.    Diese  Form  hat  lautgesetzUch  das  Mitteldeutsche  schon  früher: 

mhd.  Jer.  24395:  daz  ouch  si  mit  vorwitz  in  dö  gewamet  vunden. 


16 

got.  fainoei^an:  ai.  päri-car  („umherwandeln^):  gr.  nsgiTtelofiat. 

fairgreipan:  ai.  päri-bhü  („umfassen,  enthalten^):  gr.  negt- 
qnyvai. 

fairwaurlgan:  lat.  perflcio. 

fairaV^n:  ai.  p&ri-vid:  gr.  rtegloida:  lat.  pervideo. 

fairrinnan:  gr.  TteQiegxof^ai:  lat.  perlego. 

fainoeUl:  gr.  TieQlegyog:  lat.  perfidus^),  periarus. 
Was  rings  herum  liegt,  geht  über  die  nächste  Umgebung  hinaus; 
was  über  das  Mass  geht,  ist  vom  Übel.    So  kommt  *p6r(i)  zu 
dem  tadelnden  Sinne. 

Die  Vertreter  von  got.  fatr-  spielen  in  den  germanischen 
Sprachen  eine  sehr  untergeordnete  Bolle  ^.  Es  ist  keine  Be- 
deutungsgruppe nachzuweisen,  in  der  sie  sich  üppig  entfaltet 
hätten,  fair-  liefert  den  geringsten  Beitrag  zu  den  Funktionen 
und  Bedeutungen,  die  in  unserem  nhd.  Präfix  ver-  aufgegangen 
sind  ■). 


Um  so  stärker  ist  got,  fra-  durch  seine  Entsprechungen 
darin  vertreten.  Wie  sich  fair-  der  Entstehung  nach  nahe  zu 
faur  II  stellt ,  so  /ro-  zu  faur  I.  fror  zeigt  die  Anschauung 
der  Richtung  und  weist  mit  ai.  pra  =  dL^.fra-  =  gr.  TtQÖ  =  lat. 


>)  perfidus  ist  Hypostasenbildnng  ans  perfidem  (ȟber  die  Treue  hinaas 
d.h.  treulos*');  vgl.  Plaut.  Mostell.  500:  per  fidem  deceptus  sum. 

')  In  den  germanischen  Mundarten  ist  die  ihm  entsprechende  Form 
unte^egangen.  ahd.  fir-  entspricht  ihm  zwar  etymologisch,  aber  meist  nicht 
der  Bedeutung  nach.  Denn  fir-  ist  zugleich  eine  Schwächungsstufe  der  ahd. 
Formen,  die  den  got.  faur-  und  fra-  entsprechen 

*)  Die  eigenartige  Bildung  v^rsU^^en  scheint  BerOhrungspunhte  zwischen 
fair-  und  foMir  II  festzuhalten.  Die  Zugehörigkeit  zu  faur  II  ist  durch 
mehrfache  ahd.  /urt- Belege  gesichert,  die  zu  fair-  durch  eine  auffällige 
Tatian-Stelle: 

ahd.  T.  89,  6 :  bi  hiu  m  uirstantei  ir :  quare  non  inteUegitis. 
Es  ist  das  einzige  Mal,  wo  T.  von  den  Normalformen  for-  für-  für  das 
Präfix  ,ver-"  abweicht.  —  Die  beiden  lokalen  Formen  *prrfi)  und  *pSr(i) 
stehen  sich  offenbar  nahe,  und  die  Erklärung  kann  sehr  gut  von  beiden  aus- 
gehen: einem  Dinge  ,Torstehen"  zwecks  Schutz  oder  Abwehr  (faur  II)  oder 
ein  Ding  .umstehen'   (Tgl.  fairgreipan)  und  es  dadurch  in  seiner  Gewalt 


17 

pro-  =  lit.  pra  =  aksl.  pro  auf  ein  idg.  *prö  hin.  Die  Grund- 
bedeutung „vorwärts",  fort**  zeigt  sich  deutlich  in  ai.  prä-i 
(„fort-,  weitergehn**);  gr.  Tcgoeifn;  lat.  pröcedoj  pröficiscor,  pro- 

a)  Die  Bedeutung  »nach  vorne,  vorwärts"  steckt  in  got. 
fraletan. 

Mc.  2,4:    insaiUdedun  ßcUa   hadi  jäh  fralailotun:    i^ogv^ayrsg 
Xaltäa^y  top  XQaßattov, 

Dieses  „Herablassen"  lässt  sich  am  besten  als  „vornüber 
lassen"  erklären*). 

b)  *prö  in  der  Bedeutung  »weg"  (vgl.  lat.  prö/undo^  pröicio) 
drückt  häufig  etwas  Wegwerfendes,  Gehässiges,  Verächt- 
liches aus. 

fratcairpan:  verwerfen. 

Mc.  9,  42:  frawaurpans  wesi  in  tnarein:  ßißXrßai  iig  t^y  d^akaaaay. 
fraqipan:   „zurückweisen,  verwünschen"  steht  ihm  nahe  (vgl. 

auch  S.  12  f.). 

Lc.  7,  30:  runa  gudis  fraqeßun  ana  sik:  r^y  ftovXTjy  tov  d^cov  fid^i- 
rrjaay  ilg  kavtovg. 

In  fralewjany  fraioeUan^  frawrikan^  fraiorohjan  („verraten, 
rächen,  verfolgen,  verleumden")  wird  der  schon  im  Simplex 
liegende  gehässige  Sinn  durch  fra-  verstärkt. 

n.  Tim.  3,4:  fralewjandans:  ngo^orai. 

Lc.  18,  3:  fraweit  mtk  ana  andastaßja  meinamma:  ix^^xrjaoy  fii  anb 

TOV  ityriiCxov  fiov. 
I.  These.  2, 15:  jah  uns  frawrekun:  xal  rjfiag  ix^no^aytwy  .  .  . 
Lc.  16, 1:  sa  frawrohißa  warß  du  imma:  ovtog  ^teßXi^d^jj  aur^. 

In  frahunnaHf  frawaräjan,  frawaurhjan^)  („verachten,  ver- 


^)  In  einem  ahd.  Reste  hält  fra-  die  Bezeichnimg  der  Aasdehnung  fest. 
Gl.  1  412  a.  £b.:  in  frauildim:  in  campestribns  („weiterhin'). 

')  Der  Sinn  «abwärts'  erscheint  ebenfalls  in 
ahd.  Ol.  n  448  b  (Pnid.):  ferneüvn,ferneuuon:  abnepotes; 
Gl.  I  192  Pa.:  in  farprchaneru  stati:  in  abrupto  loco; 
femer  in  anord.  for-berges  (.bergab'  Gering  282)  nnd  for-streyme  (Flusslaaf 
von  einem  beliebigen  Punkte  unterhalb  der  Quelle  bis  zur  Mündung ;  Gegen- 
satz and-streyme  ebd.  284).    Diese  Bedeutung  ist  ganz  vereinzelt. 

*)  Diese  Bedeutung  der  Verachtung  und  Vergehung  haftet  fra-  so  fest 
an,  dass  die  urgermanische  Form  fra-  sich  noch  unverändert  in  einigen  ahd. 

Leopold,  Die  Vonilbe  ver-  2 


18 

spotten,  Verstössen;  entstellen;  schlecht  handeln,  sich  ver- 
gehn")  dagegen  drückt  fra-  das  Verlassen  des  dem  Simplex 
eigenen  Sinnes,  das  Abweichen  vom  rechten  Wege  aus. 

I.  Tim.  4,12:   m  maama  ßeinai  jundai  frakunni:   firfiUg  aov  r^c 

Joh.  12,48:  saei  frakann  mis:  6  ad-etojy  Ifii. 

Matth.  6,  16:   frawardjand  aük  andwairU^a  aeina:    atpavC^ovaiv 

yaQ  ra  TtQOtrtona  avteiv, 
Lc.  15,  18:  frawaurhta  niis  in  fUmin:  tifiaqxov  ilg  tov  ovgavoy. 

frarinnan  kann  auch  als  „abirren^  anfgefasst  werden: 
Lc.  10,30:  in  waidedjans  frarann:  Xuoraig  n^gtinsacy. 

c)  In  der  Mehrzahl  der  got.  Belege  bezeichnet  fra-  »weg-"  bei 
einfachen  Handlungen  von  Person  zu  Person.  Hierunter 
fallen  die  Verba  gehen,  nehmen,  lassen  in  mancherlei  Abstufung 
der  Bedeutung.    Die  verwandten  Sprachen  weisen  weniger 


and  aengl.  Resten  erhalten  hat.  Dies  sind  einige  Nomina,  in  denen  das  Pr&fix 
Träger  des  Worttons  ist  (vgl.  Klage,  KZ.  26,  72—75).  aengl.  fracoß  ge- 
hört za  got.  fräkunßs;  aengl.  farcüß  daneben  ist  vom  Verbam  beeinflosst, 
das  Stammwortbetonnng  zeigt.  Über  aengl.  fra-  als  Nebenform  von  fra- 
8.  KZ.  26,  74;  Aber  die  dialektische  Form  far-,  die  wohl  aach  aaf  fra-  zorttck- 
zaführen  ist,  s.  PBrB.  6,  248 f. 

Ebenso  erhält  sich  fra-  in  ahd.  Nomina  verächtlichen  oder  tadelnden 
Sinnes,  wie  er  sich  in  got.  frÖMOurhts  (afia^cDXog  —  afiagrCa,  ofutgtrifia, 
nctqajtKafitt)  zeigt. 

Gl.  I  227.  Ra. :  frataU  :  pemicies  (oder  perseverans  ?). 
N.  I  42,  24  P.:  föne  Uidarro  frätaten:  de  sceleribas. 
N.  gebraucht  fräsejs  and  fersiz  nebeneinander ;  das  eine  hält  die  alte  nominale 
Präfizbetonung  fest,  das  andere  ist  von  dem  Tone  des  Verbs  beeinflasst. 

N.  n  318,  24  P.:  vnde  ferseeee  t.  frdsegee  gab  er  iro  uuuödiera: 
et  dedit  eragini  i.  rabigini  fractas  eoram. 
Femer  liegt  dieses  fra-  vor  in 

Gl.  I  63  R.:  framano:  contemptor. 
n  301  b :  frapdldUho :  temere. 
I  33  and  63  R.:  frauaU:  improbus,  contamax. 
I  151  R:  frauaU:  temeritas  (nhd.  frevel). 
An  einer  andern  Stelle  findet  sich  das  im  Nomen  berechtigte  fra-  aufs  Verbam 
übertragen:    Gl.  I  135  R.:  fratripU:  expnlit. 

Ein  vereinzeltes  mhd.  fror  erscheint  Germania  7.  319,  368 :  fraeüme 
(„Versäamnis"). 

Die  anord.  Präposition  frd  ist  nicht  got.  fra-,  sondern  fram  an  die 
Seite  zu  steUen ;  dazu  frdUga  („schneU,  hurtig'')  s.  Gering  286  bezw.  288. 


19 


Parallelen  dazu  auf  als  zu  dem  verächtlichen  fror;  vgl.  ai. 
prä-yam  („darreichen);  gr.  TiQoatQiofiai^  TtQokelTtw. 

fragiban:  vergeben,  verschenken,  gewähren,  verzeihen. 

Lc.  7,  21 :  jah  bUndaim  matMgaim  fragaf  siun:  xal  xMpXots  nokXols 

IxagCaato  fiXimiy. 
Lc.  7,4:  ßammei  fragibis  ßata:  ^  nagiSv  rovro. 
Eol.  2,  18:   fragibands  uns  äüos  missadedins :   j^a^fcra/xci^o;   ^fily 

nayta  ra  naganKOfiaia. 

fragifts:   Verleihung,  Hingebung,  Verlobung. 

Lc.  2,  6:  mip  Mariin,  sei  in  fragiftim  fßos  imma  qens:  avy  Magia/u, 
tJ  iftyrjauvu^yjf  avz^  ywaiKC. 

/rabugjan,fradailjan,fragüdan:  verkaufen,  verteilen,  vergelten. 

Lc.  17,28:  bauhtedun  jah  frabauhtedun:  ^yogaCov  imokow, 
Job.  12,5:  fradailiß  wesi  ßarbam:  ido^  Tttaxotg, 
Rom.  11,35:  aißßau  hvaa  imma  fruma  gaf,  jahfragildaidau  imma? 
Tf  rCg  TiQo^daxcy  avrf,  xal  aytanodf^tianni  avr^; 

franiman^):  zu  sich,  an  sich  nehmen. 

Joh.  14,3:  franima  ietois  du  mis  silbin:   naQcdtjxfßOfitu  vfiag  jigog 

l^aviov. 
Lc.  19,12:  franiman  sis  ßiudangardja:  Xaß^ly  iavr^  ßaatXiCav, 

fraJwnpanj  frawüwan:  gefangen  nehmen,  fortreissen. 

n.Tim.  3,6:  frahunßana  tiuhand  qineina:  alxtiaXonlCovxig  yvraixaQia, 
n.  Kor.  12,4:  ßatd  frawulwana  toarß  inioagg:  oVt  ^gnayi^  dgtov 
naQa^HCoy. 

fraletan'):  lassen,  entlassen,  verlassen;  ablassen,  unterlassen; 
erlassen,  vergeben;  zulassen,  erlauben. 
[frcdets:  dTtelev&eQog^  äq>8aig]. 

Lc.  2,  29:  nu  fraletais  skälk  ßeinana:  yvy  &noXvug  roy  ^ovXoy  aov 
(Lather :  „Herr,  nun  lassest  da  deinen  Diener  in  Frieden  fahren *'). 


^)  Das  anord.  belegt  einen  weiteren  Berübrnngspnnkt  zwischen  faur 
und  fra-  zu  den  auf  S.  12  f.  bebandelten.  Es  stellt  nämlich  dem  got.  franiman 
ein  anord.  fymema  an  die  Seite. 

Ls.  57':    ...  ßir  sJcal  minn  ßrüßhamarr  JMJoUner  mdl  fymema 
(„rauben«  Gering  308). 
Dieses  fyr-  würde  got.  faur  I  entsprechen  and  steht  dann  ja  fra-  in  der 
Bedeatang  nahe. 

*)  abd.  flägan  enthält  fra-  in  yerschliffener  Form : 
Gl.  II  328  a:  fkufzane:  praetermissis. 
Die  Übrigen  Belege  mit  yerschliffener  Form  des  Präfixes  führen  ibren  Ur- 

2» 


20 


Eph.  6,9:  fraletandans  im  hvotos:  artirreg  r^y  ämiX^y. 

Lc.  7,  47 :    in  fieei  .  .  afletanda  frawaurhteis  izos  .  .   if  ßammei 

leitU  fraletada  .  .:  ov  x^Q*'^  •  •  «fp^o^ytai  al  afucgtüit  uinrijg  .  . 

^fSk  oXfyoy  aipUtai  .  .  . 

gr.  dq)ifjfii  wird  durch  aßetan  und  fralelan  ohne  unter- 
schied wiedergegeben. 

Mc.  5,37:  jah  m'  fralailot  ainnohun  ize  miß  sis  afairgaggan:  xiä 
ovx  a(^x€y  ovSiya  fiet    avrov  auvaxoXov^üai. 


Ausser  den  behandelten  sinnlicheren  Bedeutungen  hat  frti- 
noch  eine  wichtige  Funktion,  nämlich  die  Fähigkeit,  Verba  zu 
perfektivieren  ^). 

Wir  unterscheiden  perfektive  und  imperfektive  Aktionsart, 
je  nachdem  im  Verb  auf  eine  Begrenzung  seiner  Handlung 
hingedeutet  wird  oder  nicht.  Während  gewisse  Verba  wie 
kommen  und  bringen  schon  in  sich  einen  Hinweis  auf  den  Ab- 
schluss  der  Handlung  enthalten,  wird  er  in  andere  wie  gehen 
und  tragen  durch  Zusammensetzung  mit  Präfixen  hineingelegt, 
z.  B.  vergehen,  hintragen.  Bei  der  perfektiven  Aktionsart  kann 
der  Ausgangs-  oder  Endpunkt  die  Grenze  bilden;  auf  den 
Endpunkt  kann  das  Verb  entweder  nur  hinweisen  oder  ihn  als 
erreicht  darstellen.  Danach  wollen  wir  die  inchoative  (Hinweis 
auf  Ausgangspunkt),  effektive  (Hinweis  auf  Endpunkt)  und 
resultative  (Endpunkt  als  erreicht  dargestellt)  Aktionsart  unter- 
scheiden. Sie  voneinander  scharf  abzugrenzen  ist  nicht  möglich 
und  nicht  nötig,  da  sie  häufig  ineinander  fibergehn  und  von 
der  Zeitstufe  beeinflusst  werden,    üeberhaupt  sind  diese  Schlag- 


sprang ebenfaUs  auf /ra-  zurück.  Es  smd  ahd.  fliosan,  friezan;  mhd.  vreisdhen. 
ahd.  Gl.  I  25  B.:  fleosan:  amittere. 

T.  199,  6:  ikoB  sie  ihen  heiUmi  flurin:  perderent. 
N.  n  2%,  22  P.:   Christum  ezzent  sie.  sih  zSgedumohkmne,  dia- 
bölum  frezeent  sie.   ze  Hnero  dikgungo:  Christum  quo  se 
consument.  diabolum  quem  consumant. 
fressen  hat  hier  schon  wegwerfenden  Sinn  gegenüber  essen. 

mhd.  Nib.  793,4:  daz  muoste  freischen  Günther,  dar  zuo  aUe  sine  man. 
»)  Über  Perfektivierung  vgl.  Streitberg,  PBrB.  15,  70flf.     Wustmann, 
Verba  perfektiva.     Mourek,   afda.  21  (1895),  195 ff.     Herbig,  JF.  6, 157 ff. 
Meltzer,  JF.  12,  319  ff.  und  17, 186  ff. 


21 

wOrter  mit  Vorsicht  zu  gebrauchen  und  sollen,  wo  es  irgend 
geht,  vermieden  werden^). 

Die  Fähigkeit  des  idg.  *prö,  Verba  zu  perfektivieren,  finden 
wir  ausgeprägt  auch  im  Indischen,  Keltischen  und  Slavischen  *). 
So  bedeutet  ai.  prä-vas  „sein  Nachtquartier  vorwärts  verlegen, 
verreisen,  sich  entfernen,  verschwinden,  aufhören,  nicht  mehr  vor- 
handen sein"  *).  Dass  grade  idg.  *prö  mit  der  Grundbedeutung 
„fort"  die  verschiedenen  Aktionsarten  auszudrucken  vermag, 
können  wir  gut  verstehen  und  uns  etwa  an  folgendem  Beispiel 
klar  machen^): 

1)  geh  fort  (—  — )!  Bisher  bist  du  gefahren,  nun  geh  zu 

Fnss  weiter,  d.  h.  fange  an  zu  gehn! 

2)  geh  fort  (~  -^)!  Geh  weiter,  fahre  fort  im  Gehen! 

3)  geh  fort  l  *  -^)!  Geh  bis  zu  Ende,  bis  ich  dich  nicht 

mehr  sehe;  weg  aus  meinen  Augen! 
Der  erste  und  dritte  Fall  stellt  die  perfektive  Aktionsart 
(inchoativ  —  effektiv)  dar,  beim  zweiten  perfektiviert  das  Präfix 
nicht,  sondern  fttgt  der  Handlung  nur  ein  intensives  Moment 
hinzu. 

Solch  ein  intensives  Kompositum  ist  got.  frabairan:  ver- 
tragen, ertragen. 

Job.  16, 12:  akei  m  tnaguß  frabairan  nu:  alX  ov  dvvan^i  /kund- 

Inchoativa  gibt  es  im  got.  nicht;  aus  dem  Westgermanischen 
könnte  man  die  Fülle  der  Denominativa  hierher  rechnen. 
Als  effektive  Komposita  sind  folgende  aufzufassen: 

/rortfinan  (vgl.  S.  18):   sich  verlaufen. 

Lc.  10,90:  m  waidedjans  frarann:  Xfnaralg  mgUneaev, 


')  Alle  die  Definitionen  und  Eanstausdrücke,  die  gerade  bei  dieser 
Frage  in  Umlanf  sind  and  eine  klare  Vorstellang  von  dem  Wesen  der  Aktions- 
art doch  nicht  geben  können,  ttbergehe  ich  hier. 

^  Über  ai.  prd  vgl.  Delbrück  in  Bragm.  gmndr.  HI  718  f. 

air.  ro  perfektiviert  nicht  nur  {saigid  ,er  gdit  einer  Sache  nach,  erstrebt" ; 
ro  saig,  -roig,  -roich  „er  erreicht,  reicht  bis  an''  vgl  Thomeysen,  KZ.  37,  60), 
sondern  bildet  aach  eine  besondere  Präteritalform  {asbert  »dizit,  iJm'^  — 
asrvhairt  „dizerat,  ci^^xot"  vgl.  H.  Zimmer,  EZ.  36,  484  f.). 

*)  Bmgm.,  gmndr.  m  718. 

*)  Streitberg  a.  a.  0.  92  bezweifelt  aUerdings  die  Möglichkeit. 


22 

fragiman^  frawavrpan:   zvl  Ende  kommen,  gehn,  drauf gehn, 
verkommen. 

Neb.  5, 18:  jah  was  fraquman  dagis  hvigüh  sHur:  xal  r^v  yivofi^vov 

n.  Tim.  3,8:   mannans  frawaurßanai  ahin:  ayd^ionoi  xtnifpdnQ' 

fraqiman,  frawisan  c.  Dat.:  zu  Ende  kommen,  sein  mit  etwas, 
d.  h.  etwas  aufwenden,  aufbrauchen. 

Lc.  8,43:  soei  in  le^jana  fraqam  aUamma  cdgina  aeinamma:  ^ri>g 

ImQotg  TtQoaayaltoaaaa  oAov  xoy  ß(oy  avxr^g. 
Lc.  15, 14:  bife  fem,  fratoas  aUamma:  ^anay^aaytog  ^k  avrov  navxa. 

Sonderbarerweise  wird  von /rogtwan  ein  Mediopassivum  gebildet: 
n.  Kor.  12,16:  fraqima  jah  fraqimada  faur  saiwaioa  ietoaroa: 
^anayjjao)  xal  Mcawmi^aofjuu  vnhg  rojy  tffvx^y  vfieiy. 

Die  verschiedene  Rektion  von  fragiman  an  den  drei  angeführten 
Stellen  ist  jedenfalls  auf  mundartliche  Verschiedenheit  zurück- 
zuführen. Sie  sind  in  drei  verschiedenen  Handschriften  über- 
liefert, nämlich  Lc.  8,  43  im  Cod.  arg.;  ü.  Kor.  12,  16  in  den 
Cod.  Ambros.  A  und  B;  Neh.  5,  18  im  Cod.  Ambros.  D.  Das 
Evangelium  Lucae  zeigt  vielfach  vom  Normalen  abweichende 
jüngere  Sprachformen  ^). 

Die  resultativen  Komposita  unterscheiden  sich  von  den 
effektiven  nicht  wesentlich.  In  den  intransitiven  Effektiven 
empfinden  wir  noch  den  Verlauf  neben  dem  Ende,  bei  den  tran- 
sitiven Resultativen  nur  das  Ende,  die  Vernichtung  ^).  Ähnliche 
Bildungen  sind  zahlreich  in  den  idg.  Sprachen,  wie  ai.  prä-ad 
(verzehren),  lit.  prorgerli  und  russ.  propiti  (vertrinken). 

got. /rao^an, /rat^an;    durch  Essen  aufbrauchen;  verätzen, 

aufessen. 

I.  Kor.  13,3:  jäbai  fraatjau  aUos  athHns  meinos:  iar  ximfiCato  nayra 

ra  vnaQXoyra  fiov. 

II.  Kor.  11,  20:  jabai  hvas  izwia  gaßtwadf,  jabai  hvaa  fraitiß:  et  xig 
vfiag  xara^ovXoi,  et  tig  xonead-Ui. 

fraqisljan^  frawardjan:  verderben  (fraqisteins:  aTtuleia). 

Mc.  1,24:  qamt  fraqistjan  uns:  -^Xd-eg  anoXiaai  ijfiag, 
n.  Kor.  4,16:  sa  utana  unsar  manna  frawardjada:   6  t^^to  tifioiy 
avd^tonog  duMpd-eigerai, 


^)  Braane,  got.  gr.  S.  91. 

')  Woher  dies  eigentttmliche  VerhUtnis  kommt,  soH  in  Teil  DI  dar- 
gelegt werden. 


23 

frasUndan:  verschlingen. 

II.  Kor.  5,4:    ei  fraslindaidau  fata  diwano  fratn  Hbainai:   Vya 

Auch  fraUusan  „verlieren,  verderben **  gehört  hierher  (frcHusts: 

Joh.  6,  27:  fjoaurkjoip  nißana  mat  pana  fralusanan:  iQyaC€<r^i  fin 
t^y  fiQükriy  r^y  itnoXXvfiiyriy. 

Über  die  Berührungspunkte  zwischen  fror  und  fau/r-  ist 
auf  8.  12  f.  gehandelt  worden.  Mit  favT-  berührt  sich  fror  im 
tadelnden  Sinne. 

Lc.  16, 18:  frawaurhta  mis  in  himin:  ijfioQToy  dg  toy  ovQayoy. 
I.  Tim.  6, 13:  ak  jäh  unfavrjoajah  fairtaeitjandeins:  xal  (pXvagoi 
xal  tuqU^oi. 

Blicken  wir  auf  die  Untersuchung  der  got.  /ra-Belege  zurück, 
so  finden  wir  fra-  reich  entwickelt  in  den  Gruppen  der  Ver- 
achtung und  Vergehung,  bei  den  Verben  gebeny  nehmen^  lassen 
und  den  resultativen  Eompositis  der  Vernichtung. 

Zum  Schlüsse  dieses  Teils  will  ich  drei  Belege  nebeneinander 
stellen,  die  ein  und  dasselbe  Simplex  in  der  Komposition  mit 
allen  drei  Präfixen  enthalten.  Sie  zeigen  uns  den  Unterschied 
zwischen  den  Präfixen  am  deutlichsten. 

Sk.  III  b:  Johanne  hausjandans  ßamma  faurrinnandin  aitoaggeljon : 

Johannem  aadientes  praecarsorem  evangelii. 
Lc.  10,30:  in  toaidedjans  frarann:  XnmaTg  nigtinnny, 
Eph.  5,4:  ßoei  du  ßaurftai  m  fairrinnand:  a  oux  ayfjxey  (Vulg.: 

quae  ad  necessitatem  non  pertinent). 

fairrinnan  zeichnet  die  Bewegung  ohne  bestimmtes  Ziel  („umher, 

der  Reihe  nach,  hindurch''),  das  erst  durch  die  präpositionale 

Bestimmung  (du)  hineingetragen  wird, 
frarmnan  die   lineare   Bewegung   („bis  zu   Ende  —   abseits: 

sich  verlaufen"), 
faunrinnan    die    Bewegung    im    Verhältnis    zu    einem    andern 

Gegenstände  („früher  als  ein  anderer"),  ohne  Rücksicht  auf 

ein  Ziel. 


24 


IL 

Lautgeschichte  des  Präfixes  im  Germanischen. 

Im  ersten  Teile  dieser  Abhandlung  haben  wir  die  ältesten 
überlieferten  Vorgänger  des  nhd.  Präfixes  ver-,  ihre  Beziehungen 
zu  den  verwandten  Sprachen,  ihre  Funktion  und  Bedeutung 
kennen  gelernt.  Da  uns  ausser  dem  Gotischen  aus  dem  Ost- 
germanischen nichts  weiter  fiberliefert  ist,  wird  sich  unsere 
weitere  Untersuchung  nur  auf  west-  und  nordgermanischem 
Gebiet  bewegen.  Hierbei  wird  das  Deutsche  naturgemäss  den 
grössten  Raum  einnehmen.  Wir  werden  ebensowenig  wie  im 
Gotischen  die  selbständigen  Adverbialformen,  soweit  sie  einen 
Beitrag  zu  den  proklitischen  Präflxformen  liefern,  von  der 
Betrachtung  ausschliessen  können.  Der  Wechsel  von  ver-,  für-, 
i;or- Bildungen  im  nhd.  erfordert  durchaus  eine  gemeinsame 
Behandlung. 

Die  zeitlich  jttngeren  west-  und  nordgermanischen  Denk- 
mäler lassen  die  Klarheit  und  reinliche  Scheidung  der  got. 
Präfixformen  vermissen.  Die  ahd.  Überlieferung  steht  der  got. 
zeitlich  am  nächsten. 

Im  Althochdeutschen  erscheinen  als  Vorgänger  von 
nhd.  ver-  die  Formen  far- f er- fir- for- für- furi.  fori  steht  in 
trennbarer,  die  übrigen  in  fester  Komposition  und  sind  proklitisch. 
Wir  erwarten  folgende  etymologische  Entsprechung: 

got.  faur  I    :  slIiA.  für- for-         got.  fair-  :  ahd.  >ir-  (firir) 
fawf  11  :         furi  fra-    :  far-  /er- 

Im  Bedeutungsbereich  aber  decken  sich  die  einzelnen 
Partikeln  durchaus  nicht  bei  dieser  Zusammenstellung,  sondern 
gehen  scheinbar  willkürlich  durcheinander.  Da  sich  ein  ähnlicher 
Vokalwechsel  wie  he\  far-fer- fir- for-fur-^)  auch  bei  anderen 
einsilbigen  Präfixen  —  ar-  er-  vr-  ur-,  ga-  ge-  gir^  eor  ee-  ei  u.  a.  *) 
—  findet,  so  hat  man  darin  blosse  Ablautsstufen  sehen  wollen  ^). 


')  furi  scheidet  als  nicht  proklitisch  hierbei  aas. 
2)  Braune,  ahd.  gr.  S.  56flf. 
»)  Paul,  PBrB.  6,  247  ff. 


26 

Die  Vorstufen  von  nbd.  ver-  aber  können  wir  einzeln  rttckwärts 
verfolgen  and  brauchen  nieht  solchen  Ausweg  zu  wählen.  Als 
einmal  die  fünf  Formen  vorhanden  waren  und  sich  zu  ver- 
mengen begannen,  mag  die  Vorstellung  eines  Ablautsverhältnisses 
diesen  Vorgang  begünstigt  haben.  UrsprQnglich  aber  sind  sie 
geschieden,  fur-far-  ist  nicht  älteste  Form  (wie  ur-  von  er-) 
und  far-  /er-  fir-  nicht  blosse  Schwächungen  davon  ^). 

Es  ist  allerdings  auffallend,  dass  die  ahd.  Formen  den 
got.  in  der  vorgeführten  Art  nur  der  Lautgestalt,  nicht  der 
Bedeutung  nach  entsprechen.  Indessen  ist  zu  bedenken,  dass 
die  ahd.  Überlieferung  beträchtlich  jünger  ist  als  die  got.; 
folglich  ist  die  Entwicklung  und  mit  ihr  die  Vermengung  der 
Formen,  wie  wir  sie  schon  im  got.  beobachtet  haben,  weiter 
fortgeschritten  und  hat  den  ursprünglichen  Zustand  noch  mehr 
verdeckt.  Doch  können  wir  dank  den  zahlreichen  Quellen 
die  Fäden  in  diesem  anscheinend  regellosen  Geflechte  entwirren. 

Im  got.  sind  wir  von  dem  Verhältnis  zwischen  fau/r  I  : 
faur  II  zfauta  ausgegangen.  Die  entsprechenden  Formen  greifen 
im  Deutschen  fortwährend  ineinander  über.  Es  sind  dies  ahd. 
für-  fcT'  (got.  faur  I)  :  furi  (got.  faur  II)  :  fara  (got.  faura). 
Im  got.  sind  die  vorgermanischen  Formen  *pr  und  *prr(i)  lautlich 
in  faur  zusammengefallen.  Im  ahd.  schliessen  sich  die  Foimen 
für  und  /or,  die  von  Hause  aus  zur  Bezeichnung  der  Richtung 
dienen ,  an  die  volleren  furi  und  fora  häufig  lautlich  an  und 
tragen  in  diese  die  Anschauung  der  Ruhe  vertretendeA  Formen 
die  Richtung  hinein.  Dadurch  wird  die  ursprüngliche,  ohnehin 
nicht  mehr  streng  eingehaltene  Scheidung  zwischen  Ruhe  und 
Richtung  noch  mehr  verwischt.  Anderseits  schwächen  sich 
für-  und  far-  in  der  Proklise  weiter  zu  far-  fer-  fir-  und  geben 
damit  die  Merkmale  ihrer  Herkunft  auf. 

Vielleicht  mag  man  dann  ein  Ablautsverhältnis  in  far- f er- 
fir-  for-  für-  gefühlt  haben,  for-  fwt-  erscheinen  als  Normal- 
formeu  des  proklitischen  Präfixes  im  ostfränkischen  Dialekt 
des  9.  Jh.  Den  alten  Gebrauch  können  wir  nur  noch  spärlich 
nachweisen '). 


*)  Braune  a.  a.  0.  S.  59. 

*)  Die  Hrabanisch-Keronische  Glossensippe   gibt   ans   einige  Anhalts- 


Der  Uebergang  von  /wr  zu/wrt  und  von  fw  zu  fora  musste 
zunächst  bei  den  Präpositionen  als  selbständigen  Worten 
erfolgen^).  So  erhält  fora  von  fw  die  Fähigkeit,  sich  auch 
mit  dem  Akkusativ  zu  verbinden,  und  diese  Konstruktion  ist 
uns  im  nhd.  durchaus  geläufig,  nhd.  vor  bezeichnet  unter- 
schiedslos Ruhe  wie  Richtung,  während  es  von  Hause  aus  die 
Anschauung  der  Ruhe  vertreten  sollte.  Im  ahd.  sehen  wir  die 
Anfänge  dieser  Verschiebung^). 

Aus  den  vorhergehenden  Ausführungen  ergibt  sich  für  die 
Formen  des  Präfixes  folgendes: 

1)  die  ahd.  Formen  fwr-  for-  (got./aur  I)  haben  sich  teils  in 
der  Proklise  geschwächt  und  mit  den  Entsprechungen  von 
got.  fair-  und  fra-  vermengt,  teils  den  nichtproklitischen 
Formen  fwri  und  fora  angeschlossen; 

2)  ahd.  /wn  (got.  faur  II)  hat  zum  Teil  seine  Form  bewahrt, 
zum  Teil  sich  mit  dem  seine  Lautgestalt  annehmenden 


pankte.    In  gl.  Ka.  herrscht  far-,   in  gl.  Kb.  fir-  als  Normalform  des  Prä- 
fixes; daneben  kommt  öfters  fer-,  aber  für-  und  for-  nur  je  zweimal  vor 
and  zwar  in  Formen,  die  zu  got.  faur  I  dem  Sinne  nach  sehr  gut  passen: 
Gl.  I  45  gl.K.:  für  lidit:  antecedit  (Ra.  furilidit.  Ta,  furi  erUdit). 

I  46      „       furihenkhü:  contemnit. 

I  23      „       forsatUan:  amittere. 

I  43      0       foruuorphan:  adiectns. 
Ba.  hat  als  Haaptf orm  far-  neben  fir-  and  for-,  doch  nar  ein  einziges  für- : 

Gl.  I  101  Ra.:  furtanosta:  deterrimam. 
Pa.  hat  neben  der  Normalform  far-  and  einem  (für  ans  hier  anwichtigen) 
fir-  zweimal  for-  in  einem  Sinne,  der  got.  faur  I  entspricht : 
Gl.  I    22  Pa.  forquidit:  abdicat. 

I  130    „    fordampsit:  saffocatio. 
Weitere  etymologisch  berechtigte  /ur- Belege  im  Bairischen  s.  bei  Weinhold, 
bair.  gr.  S.  236-236. 

')  Anders  Joh.  Schmidt,  KZ.  26,  31.  Nach  ihm  ist  furi,  die  alleinige 
Form  des  selbständigen  Präfixes,  von  Nominalkompositis  aas  aaf  Verbal- 
komposita ttbertragen  worden  and  von  hier  aas  darch  trennbare  Komposition 
zam  selbständigen  Wort  —  Adverb  and  Präposition  —  geworden.  Er  geht 
von  argerm.  *for  =  got.  faur  aas  and  sieht  in  der  Doppelheit  von  ahd.  as. 
furi  —  für  nar  eine  Wirkang  des  germanischen  Aaslaatsgesetzes.  Wie  er 
die  anvereinbaren  Gegensätze  von  Rahe  and  Bichtang  in  got.  faur  erklären 
will,  ist  nicht  ersichtlich. 

')  Die  Verwendang  von  fora  and  furi  als  Adverbia  habe  ich  in  der 
Hrabanisch-Keronischen  Glossensippe,  Tatian  and  Otfrid  daraafhin  anter- 


27 


fwr-  vermengt  und  dessen  Schwächung  in  der  Proklise 
mitgemacht; 

3)  ahd.  foro,  (got.  faura)  ist  durch  das  sich  mit  ihm  ver- 
mischende for-  zur  Bezeichnung  der  Richtung  befähigt 
worden; 

4)  daher  finden  wir /tm-Formen  als  Vertreter  von  goLfawrl 
und  famir  II  unterschiedslos  nebeneinander  und  im  Wechsel 
mit  geschwächten  (fm-for-far-fer-fir-)  Formen,  bisweilen 
auch  /ora- Formen  daneben. 


Ich  führe  nun  Belege  vor,  die  in  der  Bedeutung  got. /aur 
entsprechen. 


sucht,    fora  erscheint  nicht  nnr  in  der  ihm  eigenen  Bedeutung  „coram'', 
sondern  auch  in  der  von  fwri  übertragenen  „pro,  propter*^. 

Gl.  I  76-77  Pa.  gl.  K.  Ra.  fora-.  coram. 

Ol.  I  96  Pa.  fora  aduxfU,  gl.  K.  edko  fora  eohafU:  vel  pro  religione. 

Gl.  I  220  gl.K.  Ra.  fora-.  propter.   I  237  gl.K.  fora  thiu:  qua  propter. 

0.  IV  1, 12:    io  giddgo  fora  thiu,   ihaz  sie  irMnÜn  ihoh  hi  thiu 
(„deswegen*). 
Umgekehrt  hat  sich  furi  die  Bedeutung  „prae*^  von  fora  angeeignet. 

Gl.  I  228  Ra.  furi  dwrfti:  prae  inopia. 

T.  231, 1:  umtronten  furi  giuehen:  mirantibus  prae  gaudio. 
furi  steht  sowohl  als  vollere  Form  für  für  wie  als  Vertreter  von  got.  faur  IL 
T.  und  0.  brauchen  es  dem  entsprechend   in  den  Bedeutungen  „vor  —  hin*' 
und  „für",    fora  vertritt  „vor"  in  der  Ruhelage,  nur  zweimal  durchbricht 
es  bei  T.  diese  Schranken  und  greift  in  das  Gebiet  von  für  über. 

T.  2,  7:  Tier  ferit  fora  inan:  ipse  praecedet  ante  illum. 

T.  4, 17:  foraferis  uuarUhho  fora  truhtinea  annuazi:  praeibis  enim 
ante  faciem  domini. 
Für  für  (voUer  fürt)  in  loser  Verbalkomposition  gebraucht  gl.  E.  auch  die 
Form  fori.  Wie  einem  für  ein  for  zur  Seite  steht,  so  ist  hier  neben  das 
vollere  furi  ein  fori  gestellt,  obwohl  lautgesetzlich  auch  fori  >  furi  hätte 
werden  müssen. 

Gl.  I  45  gl.K.   fori  qhuimit    (Pa.  furi  quimit    Ra.  fiuri  chumit): 
antecellit  (R.  fora  hUnet). 

ebd.  gl.  E.  edho  fori  slihit  (Pa.  so  sama  slihit  furi):  sive  eminet. 
In  der  Verwendung  als  Präfize  gehen  furi  und  fora  durcheinander,  vgl.  in 
Ra.  nebeneinander 

Gl.  I  183:  forachuiti:  indicia.    I  226:  furiehuiti:  praevata. 

61.  I  231:  fora  praht:  prolata.    I  231:  furi  Uusan:  emissa. 


28 

got.  faw  I  entsprechende  folgende  Bedeutungsgruppen : 

1)  „vorwärts,  voraus" 

fwrihringan 

0.  IV  2, 10:  Ma/rtha  ihiu  güata  .  .  ihae  muas  füribrahta. 

furisehan 

Gl.  I  76-77  Pa.  gl.  K.  fuH  sih^):  provide. 

Gl.  I  122-123   gl.  E.  tmfimaehandi:    Pa.  Ra.  unfarsehmti^):    ex 
improviso  („unversehens*'). 

2)  „hervor,  heraus** 

fimbringan 

Gl.  I  632  a:  furipringit,  furpringit'):  parturiet. 

sih  furineman 

N.  I  79,27  P.:  erhäfH  sih  fürenimende:  praecellens. 

furisaejan 

Gl.  I  784  a:  vurisezis:  exponis^).    I  233  gl.  E.  ftm  seggiu :  propono. 

Gl.  I  321a:  firsaeta:  exposait.    II  444  a:  firseee,  varsezzanh:  pro- 

stituat. 
funjnohan 

N.  I  64,  20  P.:  tag  tu  sia  füresiheat:  proferas. 

3)  „hinaus  über,  vorbei  an" 

furifaran 

T.  80,  7:  inU  aar  giböt  her  thie  tungiran  .  .furifaran  inan  ubar 

ihm  seo:  iassit  .  .  praecedere  eum. 
T.  205,2:  ihii  furiuarenton:  praetereontes. 
T.  146,3:  m  uorferit  thuf  cunni:  praeteribit. 

furihloufan  *) 

T.  220,2:    (her  ander  iungoro  furiliof  sUumo  Betrusan:   prae- 

currit  Petro. 
0.  V  5,  6:  ihen  ginoz  firliaf  er  frdm. 

furisiezan:  versitzen,  versäumen. 

Masp.  33:  denne  ni  kitar  pamo  nohhein  den  pan  furisieaan. 
furUreffan:  übertreffen. 

Gl.  II  437  a:  fvritraf:  transit. 

Gl.    I  788  b:  furtrefintem:  praecellenti. 


*)  R.  fora  siih :  provide. 

^)  R.  unforautUsun:  ex  improviso,  subito. 

•)  Die  Form  für-  hat  hier  offenbar  etymologische  Berechtigung  (got./our  i). 

*)  Gl.  I  646  a:  vurseestide:  prostitutionis. 

*)  Gl.  I  227  Ra.  fora  hlaufenti:  praecurrens. 


29 


n.  got.  fawr  II  entsprechen  die  Gruppen  : 

1)  „versperren" 
furiUndan 

Gl.  I  52-53  Pa.  fwtipuntan,    gl.  K.  furi/pwidä  endi  furipoian:  re- 

condita. 
N.  n  436, 15  P.:  ni&U  nef erbint  den  munt  dtmo  in  drdsc  canUn 

rinde:  non  obdurabis. 

furinmbafjan 

Gl.  I  222  R.  furigimprit:  obstrnctom. 
Gl.  I  354  a  Rb.  fartfitnbarat:  obstraatis. 

2)  „vertreten" 
furisprechan 

Gl.  n  332a:  furisprechan,  furidennan:  defendere. 

O.m  12,23:  deta  Hner  ihes  tho  rSdina,  fir sprach  ihie  selbun  ihigana. 

in.  Die  Grruppe  „versagen,  sich  enthalten"  nimmt  eine  Mittel- 
stellung zwischen  faur  I  und  faur  II  ein  (vgl.  S.  11  flf.  und 
Anm.).  ftmsagen  wäre  eher  zu  faur  2,  fwnheran  zu  fawr  II 
zu  ziehen. 

fwnsagefa 

Gl.  II  230b:  furisageta:  denegavit. 

N.  I  117, 16  P.:  ^  mine  roHones  fers  Agent:  vetant. 

fwriberan^  fwnhwrti 

Gl.  n  285  a:  fwripirit:  contineat. 

Gl.    1148-149    ^9^.  furiperanti.    gl  K.  firperandi.    Ba.  farperanH: 
fragalitas. 


0.  IV  6,6:  todnta  sie  firbdrun, 
ihaz  guatu  to^k  m  barun. 

N.  n  599,  SF,:  der  sih  ferbiren 
nemuge:  qui  se  non  continet. 


0.  I  18,  39:   dua  ihir  ei  gitoürti 

scono  füribwrti. 
N.  II  177, 10  P.:   so  gibet  er  dir 

des  ewmgeUi  uuafen.  uuarheite. 

füreburte:  continentiae. 

0.  wie  N.  gebrauchen  die  volle  Form  furi-  im  Nomen,  da 
es  den  Wortton  trägt,  die  geschwächte  ßr-  bezw.  /er-  im 
Verbum. 
Damit  haben  wir  die  ahd.  Beziehungen  zu  got.  faur  dargelegt. 

Dem  got.  fair-  entspricht  etymologisch   ahd.  fir-  ^) ,  doch 
meist  nicht  in  der  Bedeutung.    Denn  ßr-  ist  bei  den  übrigen 


^)  Die  Fonn  ßri-  erscbeint  nur  bei  dem  S.  15  anm.  1  behandelten  firi* 
wiari  („Fürwitz,  Vorwitz«). 


30 

Typen  eine  Schwächungsstafe  in  der  Proklise,  und  die  ver- 
schiedenen Typen  darin  zu  scheiden  ist  nur  selten  möglich.  Als 
Normalform  des  proklitischen  Präfixes  ist  fir-  im  Alemannischen 
(gl.  Eb.)  und  Rhein  fränkischen  (Is.  0.)  bevorzugt. 

Dem  got,  fra  sollte  ahd,  far-  fer-  entsprechen;  diese 
stammen  offenbar  aus  einer  Übergangsform  */^-. 

Der  Bedeutung  nach  decken  sich  far-  und  /er-  mit  den 
got. /ra- Typen  ebensowenig  wie  ahd.  yir-  mit  got. /oir-.  Da 
indessen  die  Zahl  der  /ro- Bildungen  die  der  faur-  und  /otr- 
Bildungen  übertrifft,  so  gehört  doch  die  Mehrzahl  der  ahd.  far- 
Belege  zu  /ra-Typen.  far-  kommt  in  der  älteren,  fer-  in  der 
jüngeren  ahd.  Periode  am  häufigsten  als  Normalform  des  Prä- 
fixes vor.  Da  ver-  schliesslich  im  Deutschen  alle  anderen 
Formen  verdrängt,  so  hat  fra-  ebenso  durch  seine  Lautgestalt 
wie  durch  seine  Bedeutung  unserem  nhd.  ver-  seinen  Stempel 
aufgedrückt. 

Als  dialektisch  bevorzugte  Form  herrscht  far-  in  den 
bairischen  Denkmälern,  fer-  im  Alemannischen  (N.)  und  Ost- 
fränkischen (Will.)  des  11.  Jh.  vor. 

In  der  Verwendung  der  Formen  des  proklitischen  Präfixes 
bieten  die  einzelnen  Mundarten  nach  ihren  Hauptdenkmälern 
folgendes  Bild: 

Bairisch.  Alemannisch.  Rhein-      Ostfränk. 


B.    Pa.     M.    Em. 

Ra.  gl.K.   N.       Is.      0.      T.    Will. 

(8.  Jh.)           (9.  Jh.) 

(8.  Jh.)   (um  1000)     (9.  Jh.)     (9.  Jh.)  (11.  Jh.) 

far-  far-          far- 

far-  far-                   [far-] 

fer- 

fer-  fer-           [fer-]           fer- 

[fir-]            fir- 

fir-    fir-    fir-    fir-  fir-    [fir-] 

[for-]/or-»)for- 

for-  [for-]                   [for-]  for- 

[fur-] 

[fnr-]  [far-]                             für- 

Die  jeweils  herrschenden  Formen   sind  kursiv  gedruckt, 

die  vereinzelt  vorkommenden  eingeklammert.  Eine  Normalform 

>)  Branne,  ahd.  gr.  §  76  anm.  2. 


31 

ist  durchgeführt  in  M.,  R.,  Is.,  Will.,  sie  fiberwiegt  entschieden 
in  Pa,,  N.,  0.  Unterschiedslos  zwei  Formen  gebrauchen  gLE. 
und  T.;  far-  überwiegt  in  Ka.,  jW-  in  Kb.,  bei  T.  ist  fw- 
h&ufiger  als  /tir-.  In  der  Behandlung  des  Präfixes  offenbart 
sich  ein  bedeutender  Unterschied  zwischen  dem  Ostfränkischen 
einerseits  und  dem  Rhein-  und  Sttdfränkischen  anderseits. 
Dort  wird  das  -a-  der  Vorsilbe,  das  der  (rheinfrk.)  Weissen- 
burger  Katechismus  noch  durchweg  aufweist,  zu  -o-  und  -u- 
verdunkelt,  hier  dagegen  entwickelt  es  sich  zu  -e-  und  häufiger 
-t-^).  Über  die  Gründe,  die/wr-  oder /or-  bedingen,  wird  sich 
kaum  etwas  feststellen  lassen^.  0.  führt  ^r-  durch,  daneben 
steht  mehrmals  unfarholan.  Durch  Assimilation  ist  fernemet 
(n  9, 7),  fornkonanti  (I  4,  65)  und  unforholan  (I  15,  42)  ent- 
standen. 

Im  übrigen  sehen  wir  die  zeitliche  Entwicklung  von  den 
dunkleren  zu  den  helleren  Formen.  Im  Oberdeutschen  des 
8.  Jh.  überwiegt  far-,  daneben  arbeitet  sich  im  Alemannischen 
fir-  empor.  Im  Bairischen  des  9.  Jh.  halten  sich  noch  die 
dunkleren  Formen  far-  und  for-  neben  den  helleren  Ablauts- 
stufen in  Em.  Von  900  ab  herrschen  im  Althochdeutschen  die 
hellen  Formen  /er-  und  ßr-  vor,  im  11.  Jh.  siegt  /er-  auch  im 
Ostfränkischen,    fir-  tritt  dann  zurück. 

Das  Altniederdeutsche  ergänzt  uns  in  wichtigen  Punkten 
die  ahd.  Ergebnisse,  besonders  für  die  Präpositionen,  fora 
(=  got.  faurä)  und  furi  (=  got.  faur  II)  sind  im  Heliand  er- 
halten, daneben  erscheinen  für  for  far.  Dieses  far  entspricht 
nicht  wie  ahd. /or-  dem  got. /ro-,  sondern  hat  sich  aus /or  ent- 
wickelt'), for  scheint  teils  got.  fawrl  zu  entsprechen,  teils 
aus  /or  entstanden*),  für  selbst  unterscheidet  sich  nicht  von 
fwri  und  ist  offenbar  kürzere  Form  davon,  fwri  und  fwr^ 
fota  und  far  vertreten  mit  wenigen  Ausnahmen  die  Anschauung 


»)  Pietsch,  zfdph.  7, 330  ff. 
•)  ebd.  336. 

^  Holthaasen  §  86  anm.  1 :    Offenes  o  ist,  besonders  vor  r,  in  a  ttber- 
geguigen. 

«)  Ebd.  §  88  anm.  3:  Vor  r  ist  u  >  o  geworden. 


82 


der  Ruhe  in  der  Bedeutung  „vor"  und  verbinden  sich  mit  dem 
Dativ ;  doch  kommen  fwri  und  fw  mit  je  einer  Ausnahme  im 
Heliand  C,  fora  und  /or  fast  nur  in  M  vor.  In  der  Bedeutung 
„für**  haben  fwri  in  C  und  far  in  M  den  Acc.  oder  Instr.  bei 
sich,  fw  ist  in  C  wie  M  weitaus  am  häufigsten  und  bedeutet 
„vor^  in  Ruhe  (Dat.)  und  Richtung  (Acc);  in  der  Bedeutung 
„f&r**  verbindet  es  sich  mit  Dat.,  Acc.  und  Instr.  Wir  finden 
also  im  Heliand  den  Gebrauch  der  Präpositionen  verwildert, 
fw  beginnt  als  Normalform  die  Bedeutungen  „vor,  vorwärts, 
für^  gleicherweise  an  sich  zu  reissen  und  führt  dadurch  das 
Absterben  der  übrigen  Formen  herbei^). 

Die  Genesis  kennt  nur  die  Formen  fwa  fore  mit  der  Be- 
deutung des  örtlichen  und  zeitlichen  „vor"  in  der  Ruhe^. 

Als  Adverb  ist  fora  einmal  in  Heliand  C  —  als  Präposition 
kennt  C  fora  gar  nicht  —  in  der  Anschauung  der  Ruhe,  furi 
in   C   und   M   mit   dem    Richtungshinweis   belegt®).     Ofienbar 


')  Nach  den  bei  Heyne  (Heliand  '  1873)  vermerkten  Belegstellen  habe 
ich  mit  Vergleichung  der  Lesarten  bei  Sievers  folgendes  Verhältnis  erhalten : 


Ruhe  ^vor" 
(Dat.) 

Richtung  „vor*' 
(Acc.) 

,fttr« 

(Acc.) 

«für« 
(Instr ) 

»für« 
(Dat.) 

fUTi 

C  7  (:  M  5  /or) 

C2(:Ml/or,l/un) 
M  1  (:C/an) 
V.3Ö47 

C6(:M5/or) 

C  1  (:  M  fora) 
V.  4355 

für 

C  8  (:  M  4  /or) 
M  1  (V.  3861) 

C  1  (:  M  far) 

fora 

Mll(:011/or) 

M  2  (:  C  2  /or) 

Ml(:C/i«n) 
V,4355 

far 

M10(:C10/or) 
C  1  (:  M  for) 
V.661 

M6(:C6/or, 
l/«r) 

M  1  (:  C  for) 
V.1880 

for 

C  50 
M  32 

7 
7 

6 
5 

2 

1  (V.4376) 

3 

4 

Also  hat  C  im  allgemeinen  for  für  furi,  M  for  far  fora.    So  entspricht  auch 
dem  furisagono  in  C  (928.  1429)  beide  Male  forasagono  in  M. 
')  Gen.  269:  thuo  stuond  hie  fore  thes  buruges  dore. 

Gen.  288:  fora  daga  (vgl.  296:  er  daga). 
')  Hei.  C  5410:   that  folc  .  .  thar  sia  im  fora  stuodwn. 

Hei.  CM  596:  ao  it  {godes  bocan)  furi  uurihi,  uuester  obar  tkesa 
uueroldi  (, vorrückte"). 


33 

ist  fuH  hier  ähnlich   wie  im   ahd.  verstärkte  Form  f&r  fu/r 
(=  gpt.  faur  I). 

In  den  niederfränkischen  Psalmen  werden  für  nnd  furi 
wie  fare  mit  dem  Dativ  verbunden,  fore  (=  ahd.  fora)  ist  nur 
einmal  (Ps.  55,  13)  belegt,  sonst  stets  furi  in  der  Bedeutung 
„coram,  ante".    Als  „pro"  erscheint /tir  auffälligerweise: 

Ps.  55,  8:  für  niewuehU  behäldona  saUu  duan  sia:  pro  nihilo  salvos 
facies  eos. 

Als  Verbalpräfixe  sind  fore-  furi- für-  im  and.  selten. 

Wadst.  51, 17  (Essener  Ev.-Gl.) :  forespräk :  praevenit  (eom  Jesus dicens). 
Ps.  58, 11:  gendiha  sin  furi  cumun  säl  mi:  misericordia  eins  prae- 

veniet  me. 
Hei.  5865:  hie  hdbit  sia  tu  furfarana  („flberholt''). 
Ps.  54,2:  ne  furuuirp^)  bida  mtna:  ne despexeris  deprecationem  meam. 

Die  beiden  für -Belege  stellen  sich  got  faurrinnan  imäfaurqißan 
an  die  Seite  (I.  Teil). 

Die  Formen  far-  und  /er-  gehören  etymologisch  zu  got. /ro-. 
fer-  bezeichnet  durchweg  /ra- Typen  und  ist  im  Hei.  nie,  in  der 
Gen.  einmal,  in  den  Ps.  und  Gloss.  oft  belegt,  far-  vertritt 
in  der  6en.  und  den  kleineren  Denkmälern  ebenfalls  /ra-Typen 
mit  wenigen  Ausnahmen: 

Wadst.  107, 4  (Strassb.) :  uarbudun:  vetaenmt. 

Ps.  18. 1:  uuerk  hando  sinrö  farkundit  festi:  annnntiat.     (faurL 

Ps.  70, 17:  farcundon  aal  ic  uundir  ihin:    pronimciabo     Typen). 

mirabilia  taa. 
Wadst.  104,4    (Prud.  Werd.):    6f  ihv   M  fdrvviatis:    si    sapias 

(/atr-Type). 

far-  kommt  im  and.  weitaus  am  häufigsten  vor.  Im  Hei. 
hat  es  nur  noch  far-  neben  sich  nnd  bezeichnet  mit  diesem 
Typen  aller  Art,  und  zwar  ist  das  Verhältnis  derart, 
dass  in  C  far-^  in  V  aber  und  M  von  V.  1304  an  far-  über- 
wiegt^. In  den  fibrigen  Denkmälern  erscheint  for-  vereinzelt 
ohne  besondere  Färbung,  far-  ist  einzige  Form  in  den  Oxforder 
Vergilglossen  und  den  Merseburger  Glossen,  far-  im  Beicht- 
spiegel, den  Eltener  und  Strassburger  Glossen,  /er-  in  der 
Psalmenauslegung,  Bedas  Homilie  und  Segen  A.    far-  und  fer- 


')  Aach  Luther  gebraucht  mit  Vorliebe  furtoerfen. 
*)  Holthausen  §  123. 
Leopold,  Die  Vonllbe  ver- 


34 

nebeneinander  sind  in  den  Essener,  Werdener,  St.  Petrier  und 
Gregoriusglossen  belegt.  Die  Gen.  weist  neben  faßt-  zwei  for- 
und  ein  /er-  auf,  die  niederfränkischen  Psalmen  neben  far-  und 
/er-  zwei  /or-  und  ein  ganz  vereinzeltes  fir--, 

Ps.  18, 13:  m%»'ädM  wnie  virnimit?  delicta  quis  intelligit? 
Vielleicht  haben  wir  darin  eine  /air- Type  zu  sehen  (vgl.  gr. 
7t€QiaiQ€0fiai  „rings  herum  nehmen^  d.  h.  ,, wegnehmen^),  aber 
die  übrigen  Belegstellen  weisen  far-  und  for-  auf.  Wahr- 
scheinlich ist  das  e  der  Vorsilbe  an  die  beiden  folgenden  i 
angeglichen  worden. 

Eigentümlich  ist  eine /er -Bildung: 

Ps.  67,14:  fe&ieron  Mvon  fersilvederö  {st Att  fersilveride):  pennae 
colmnbae  deargentatae  {fra-  »weg-'':  entsilbem). 

Die  weitere  Entwicklung  geht  im  Niederdeutschen  aus- 
einander. Das  Niederfränkische  und  das  auf  ihm  fussende 
Niederländische  bevorzugen  das  helle  /er-  als  Normalform 
des  proklitischen  Präfixes  und  führen  es  völlig  durch.  Das 
Altsächsische  und  Mittelniederdeutsche  aber  neigt  zu  dem 
dunkleren  vor-.  Dieses  herfscht  indessen  durchaus  nicht  un- 
bestritten. Das  mnd.  weist  ausser  vor-  noch  ver-  und  vereinzelt 
vur-  auf,  ver-  wohl  unter  hochdeutschem  Einfluss.  Im  Koloni- 
sationsgebiet des  nordöstlichen  Deutschland  mag  sich  in  dem 
Nebeneinander  von  ver-  und  vor-  auch  der  fränkische  Einfluss 
neben  dem  sächsischen  abspiegeln.  Oft  finden  sie  sich  in  dem- 
selben Schriftstück  beisammen: 

mnd.  Livl.  Urk.  nr.  1516,  83  (a.  1400):  %8  dat  jemant  voratervet  edder 
verstorven  ia,  he  si  dutsch  edder  undutsdi,  in  toes  hus  ?ie  ver- 
stervet,  we  dat  gud  vorhameschet  und  dem  re(^Ue  nicht  openbaret, 
dat  säl  men  ridUen  vor  dufte. 

Das  spärlich  auftretende  in«r-  (im  Westfälischen)  ist  wohl  dem 
folgenden  u  assimiliert: 

Wigands  Arch.  V  30:  men  saU  ey  vurruchen  und  vurpludcen  vnd 
verschetm  („fortschaffen,  ausweisen'). 

vore-  erscheint  selten  in  fester  Komposition,  häufiger  in  loser. 

Magd.  Seh.  Chr.  1,12:    wo  dusse  stad  geregeret   is  unde  voreatan 

wente  an  unae  tid  („verwaltet). 
Old.  Evangelienb.  f.  21 :  he  ,  ,  ,  wolde  ae  vore  gan  („an  ihnen  vor- 

übergehn"). 


35 

vare  ist  seltener  als  vor,  auch  als  selbständiges  Adverb  (Prä- 
position), vor  hat  die  Funktion  und  Bedeatong  von  got.  faur  I, 
fau/r  II,  faura  an  sich  gerissen  —  diese  Entwicklung  sehen 
wir  schon  im  Heliand  angebahnt  —  und  bedeutet  demgemäss 
„vorwärts,  vorüber,  für,  vor"^). 

Ein  vur  daneben  in  loser  Verbalkomposition,  abermals  in 
einer  westfälischen  Quelle  belegt,  ist  gan^  vereinzelt: 

ViTeist.  3.  64,  5 :    dm  eidt  soll  ime  vuraU^elen  der  frone  des  hovea 
(^Eidesformel  vorsagen"). 

Vermutlich,  dürfen  wir  darin  noch  einen  Nachfolger  des  schon 
and.  seltenen  für  sehen. 

So  gehen  im  Niederdeutschen  die  fünf  germanischen  Formen 
in  der  einen  vor  auf  ^. 

Das  Mittelhochdeutsche  bewahrt  grössere  Mannig- 
faltigkeit. Am  Ende  der  ahd.  Periode  sahen  wir  /er-  als  Form 
des  proklitischen  Präfixes  die  Oberhand  gewinnen.  Das  noch 
im  8.  Jh.  herrschende  far-  ist  im  10.  völlig  verschwunden  und 
durch  /er-  ersetzt,  neben  /er-  leben  ßr-  for-  /wr-  weniger 
zahlreich  fort  und  zwar  als  mitteldeutsche  Formen.  In  der 
mhd.  Periode  weisen  die  oberdeutschen  Quellen  durchgängig 
vor-  auf,  die  mitteldeutschen  schwanken  zwischen  i;er-,  vir-^  vor-. 
Daneben  erscheint  obd.  vür-,  md.  vur-  als  Fortsetzer  von  ahd. 
furi  nur  für  faur -Typen. 

Wie  im  ahd.  schwachtonige  Formen  neben  den  volltonigen 
/wri- Formen  vorkommen,  so  auch  hier^. 

In  einem  der  ältesten  mhd.  Denkmäler,  der  Eaiserchronik, 


^)  R.  V.  36:  se  gingen  dl  vor  den  konink  etan. 
Denscke  Krön.  f.  C  3:  do  de  tßinter  vor  was  (^vorüber  war"). 
R.  V.  145:  were  he  döt,  dat  were  gut  vor  uns  allen  („für''). 
Eomer  44b:  den  koren  se  vor  enen  afgod  (»als,  zum  Abgott"). 
*)  Im  Mittel-  and  Nenniederländischen  ist  vöre  voor  („vor,  für")  die 
selbständige  Form  des  Adverbs,  ver-  die  des  proklitischen  Präfixes. 
.»)  Im  Parz.  692,  30  hat  hs.  D:  unltu  für  sten  den  kOnec  Lot, 

die  jüngeren  dg:  ...  .  ver  sten 

Lachmann  setzt  danach  fürstSn  in  den  Text. 

3* 


36 

sind  ein  paar  Belege  fttr  /tir- Komposita  überliefert,  die  sich 
deutlich  zu  got.  faw  1  stellen  % 

Echr.  17054:  de»  rU^ies  craft  sich  do  vur  nam  (ahd.  mcA /tirtn^man). 
17243:  vil  Uugel  in  dag  half:  daz  riehe  da  vur  traf  („übertraf  sie'). 
15653:  cUao  der  diunidh  Ludewidi  erstarp  unt  äne  erben  vur  wart 
(bss.  V  M;  virwart  H). 

Die  Heidelberger  hs.  hat  das  vollere  vur  durch  vir-  ersetzt, 
desgleichen  in  V.  12938  durch  ver-  (vur  wirdest :  verwirdest). 
Die  Handschriften  unserer  Denkmäler  weichen  in  dem 
Gebrauch  der  Formen  bisweilen  wesentlich  voneinander  ab. 
Das  ist  begreiflich,  da  ihre  Schreiber  verschiedenen  ^Mundarten 
angehören.  Die  Form  des  Präfixes  ver-  ist  mit  ein  Merkmal 
zur  Bestimmung  der  Herkunft,  und  die  Herausgeber  sollten 
daher  mehr  Wert  auf  Vermerk  der  verschiedenen  Formen  legen 
und  nicht  vir-  oder  vor-,  wo  sie  vereinzelt  erscheinen,  als 
Schreibfehler  stillschweigend  in  ver-  als  Form  der  Schriftsprache 
verbessern.  Von  einer  mhd.  Schrift-  oder  besser  Dichtersprache 
dürfen  wir  ja  insofern  reden,  als  gewisse  Formen  und  Formeln 
von  einem  zum  andern  übertragen  und  die  stärksten  mund- 
artlichen Eigentümlichkeiten  vermieden  werden.    Hierbei  muss 


*)  Herbort  von  Fritzlar  verwendet  vwr-  fttr  Typen  aller  Art.  Die  Frage, 
inwieweit  md.  vur  etymologisch  dem  got.  fawr  1  entspricht  oder  nur  nm- 
lautslose  Form  von  ohd.  tmr  ist,  ist  kaum  noch  zu  lösen.  In  den  md.  Denk- 
mälern vertritt  vur  sehr  selten  die  Ruhe;  in  der  Bedeutung  „für"  kann 
anderseits  auch  vor  vorkommen  (unter  niederdeutschem  Einfluss  im  Passional, 
bei  Nikolaus  von  Jeroschim  und  in  der  Livländischen  Reimchronik).  In  den 
obd.  Denkmälern  ist  vur  gewöhnlich  fttr  faur  I  und  faur  II  ohne  Unter- 
schied durchgeftthrt. 

Die  alten  Parzivalhandschriften  D  und  G  habe  ich  auf  das  Verhältnis 
von  fwr :  für  hin  untersucht  (nach  Lachmanns  Anmerkungen)  und  folgendes 
Ergebnis  erhalten :  D  schreibt  8  mal  für  =  got.  faur  I  und  1  mal  ^  got. 
faur  II  (317, 18),  jenes  öfters  in  der  Form  furz  =  fwr  dae  (85,  5.  227,  21. 
466,  26).  G  schreibt  19  mal  für  =  got.  fawr  I  und  8  mal  =  got.  fawr  II, 
sonst  D  wie  G  für.  Lachmann  hat  für  durchgeführt.  Bisweilen  vertreten 
die  hss.  durch  richtigen  Gebrauch  von  fu/r :  für  verschiedene  Auffassung  des 
Sinnes,  so  z.B.  408,9-10: 

D    durch  strit  si  drungen  gein  der  tür: 

Gdwän  stuont  ze  wer  der  für  (Ruhe). 
G    durch  strit  si  gierigen  gein  der  tür: 

Gdwän  ^anch  hin  üb  der  für  (Richtung). 
In  beiden  hss.  steht  fwr  jedenfalls  viel  häufiger  :=  got. /aur  I  als  =  got.  faur  IL 


87 

ver-  Normalform  werden,  denn  Heinrich  von  Veldeke  und 
Hartmann  von  Aue,  die  dieser  Dichtersprache  den  Stempel 
aufdrücken,  bedienen  sich  des  ver-  in  ihrer  niederf(änkischen 
bzw.  schwäbischen  Mundart.  Auch  Wolfram  und  Gottfried  ist 
ver-  von  Hause  aus  geläufig. 

Dass  ver-  auch  in  die  md.  Denkmäler  eindringt,  wird  uns 
daher  nicht  verwundem.  Doch  brechen  daneben  immer  die 
mundartlichen  Formen  durch,  sind  allerdings  meist  in  der 
Minderzahl. 

Das  Mitteldeutsche  spaltet  sich  in  der  Behandlung  des 
Präfixes:  das  Westfränkische  bevorzugt  vir-,  das  Ostfränkische 
ver-,  das  Ostmitteldeutsche  neigt  sich  mit  vor-  zum  Nieder- 
deutschen hin. 

In  den  rheinfränkischen  und  besonders  den  mittelfränkischen 
Denkmälern  ist  vir-  heimisch,  nördlich  und  südlich  davon  herrscht 
ver-.  So  waltet  vir-  in  Athis  und  Prophilias  (her.  W.  Grimm) 
unbeschränkt*),  im  König  Rother  (her.  H.  Rückert)  ist  es  weit- 
aus am  häufigsten^.  In  hochdeutschen  Denkmälern  kann  vir- 
für  die  Lokalisation  der  hss.  wichtige  Dienste  leisten.  Danach 
lässt  sich  die  Herkunft  des  zweiten  Schreibers  der  Münchener 
Parzivalhs.  G  (Lachmann)  für  den  Mittel-  oder  Niederrhein 
ansetzen.  Sonst  ist  ver-  in  allen  hss.  einzige  Form,  nur  in 
G  452,30  —  653,6  zähle  ich  daneben  21  t;ir- Komposita.  — 
In  der  Heidelberger  hs.  der  Kaiserchronik  steht  bisweilen  vir- 
neben  ver-y  in  der  Heidelberger  Iweinhs.  A  ebenfalls").  Nicht 
zufällig  weisen  diese  Anzeichen  nach  dem  Rheine  hin. 

Gehen  wir  weiter  östlich,  so  finden  wir  im  Ostfränkischen 
ver-  zu  Hause  (vgl.  ahd.);  es  überwiegt  im  Thüringischen  (Pas- 


*)  Einmal  ist  sogar  vire-  belegt: 

A  110 :  da  sie  sich  virebindin. 
-e  ist  wohl  von  vure-  übertragen. 

')  Daneben  oft  ver-;  vor-  nur  infolge  von  Assimilation  in  vorloren 
(V.  1180)  and  vorhölne  (V.  1931);  einmal  vur-  etymologisch  berechtigt 
(=  got. /auf  jQ: 

V.  334:  du  vurreditis  umbe  die  bodescaf, 
daneben  auch  die  geschwächte  Form  verreden  (V.  3611). 

*)  Doch  weist  A  auch  vereinzelt  vor -Formen  auf  und  neigt  damit  mehr 
nach  Nordosten. 


38 

sional  her.  Eöpke).  Doch  zeigt  sich  niederdeutscher  Einfluss  in 
den  dunklen  vor-  t;ur- Formen,  die  allerdings  meist  ihre  etymo- 
logische ^Berechtigung  haben. 

Im  Eolonisationsgebiet  des  Nordostens  endlich  ist  vor-  als 
Normalform  heimisch,  durchgeführt  bei  Nikolaus  von  Jeroschim^) 
(her.  Strehlke),  viel  häufiger  als  ver-  in  der  Livländischen  Reim- 
chronik (her.  Leo  Meyer). 

Neben  diesen  geschwächten  Formen  des  proklitischen  Prä- 
fixes finden  wir  noch  für  /awr- Typen  obd.  vwr-,  md.  vwr-Formen 
(bisweilen  auch  vor-^)^  die  proklitisch  sein  können  und  sich 
dann  im  Übergangsstadium  zur  Schwächung  befinden. 

Der  Gebrauch  der  selbständigen  Formen  vor  und  vär  ist 
im  mhd.  nicht  streng  geregelt.  Als  Präpositionen  verbinden 
sich  vor  und  vär  mit  Dat.  und  Acc,  vor  noch  dem  ursprüng- 
lichen Zustande  gemäss  lieber  mit  dem  Dat.,  viir  lieber  mit  dem 
Acc.  Über  die  Bedeutung  lässt  sich  im  allgemeinen  folgendes 
sagen :  vor  (md.  auch  vore)  wird  gern  in  zeitlichem  Sinne  ver- 
wandt, obd.  bezeichnet  vor  in  örtlicher  Verwendung  die  Ruhe, 
vür  die  Richtung  (=  got. /aw  I)  und  „für"  (=  got  faur  II)  \ 
md.  vor  vore  vur  vure  sind  in  allen  drei  Bedeutungen  vertreten. 

Die  mhd.  Dichtersprache,  wenn  wir  sie  so  bezeichnen  wollen, 
mit  ver-  als  Normalform  des  proklitischen  Präfixes  führt  nicht 
in  gerader  Linie  zu  dem  ver-  unserer  nhd.  Schriftsprache. 
Jene  geht  unter,  und  in  der  folgenden  volkstümlichen  Literatur 
treten  mundartliche  Einzelformen  an  die  Stelle  von  ver-.  In 
den  md.  Mundarten  nimmt  vor-  den  ersten  Platz  ein^). 

Als  Vorläufer  der  nhd.  Schriftsprache  verwendet  die  Prager 
Kanzleisprache  der  Luxemburger  vor-  beschränkt  neben  ver-% 
die  österreichische  Friedrichs  III.  und  Maximilians  ver-  allein. 
Die  md.  Drucksprachen  gebrauchen  vor-  in  viel  ausgedehnterer 


^)  Nor  die  Danziger  hs.  schreibt  öfters  ver-, 

')  So  im  Passional  82,  31  vorbergen;  103,  34  vorwesen;  515,  3  vor- 
treten; 6ß7,Si  vorgrifen. 

>)  Die  Breslauer  Kanzleisprache  hat  am  häufigsten  voT',  weniger  ver-, 
am  seltensten  vur-,  dieses  auch  in  Typen,  die  nicht  auf  faur  zurückzufahren 
sind;   vgl.  Arndt  S.  41. 

*)  7.  Bahder  S.  3. 


39 

Verwendung  als  die  md.  Denkmäler  der  mhd.  Periode.  So  hat 
Frankfurt  a.  M.  in  den  ältesten  Drucken  var-^),  die  Mainzer 
Drucksprache  vir-  und  vor-*),  die  Leipziger  häufig  vor-  neben 
1^-^,  die  kursächsische  Eanzlei  schreibt  noch  um  1500  var-^). 

Luther  ist  von  Hause  aus  vor-  geläufig,  daneben  für-  in 
/awr- Typen*).  In  den  hss.  der  Predigten  1519-21  (Weimar. 
Ausgabe  IX  314 ff.)  herrscht  vor-^)^  in  den  deutschen  Briefen 
(her.  De  Wette)  kommt  ver-  schon  von  1519  an  vor.  1523  wird 
vor-  selten  und  kommt  1534  zum  letzten  Male  vor^. 

Die  obd.  Druckorte  von  Luthers  Schriften,  Strassburg, 
Augsburg,  Nürnberg,  haben  naturgemäss  von  vornherein  die 
Form  ver-  durchgeführt^,  die  md.  Halle,  Leipzig,  Erfurt,  Jena 
und  Breslau^  schwanken  zwischen  ver-  und  vor-.  Auf  die 
Wittenberger  Drucksprache  übt  Luther  seinen  Einfluss  aus. 
Daher  taucht  in  ihr  1521  neben  dem  bisher  unangefochtenen 
vor-  hier  und  da  ver-  auf,  1523  hat  ver-  das  Übergewicht,  1525 
verdrängt  es  vor-.  So  bestrebt  sich  Luther  aus  seiner  Schrift- 
wie  Drucksprache  das  niederdeutsche  vor-  auszurotten.  Die 
Bibelsprache  weist  ver-  allein  als  Form  des  proklitischen  Prä- 
fixes auf. 


»)  ebd.  S.  45.  «)  ebd.  S.  39. 

»)  ebd.  S.  52.  *)  ebd.  S.  50. 

*)  für-  schreibt  Luther  mit  VorUebe  in  furwerfen  (vgl.  die  ähnliche 
Anschaaung  in  lat.  prdido),  z.  B.  in  den  Briefen  (her.  De  Wette)  11  57, 2. 4 
(17.  Sept.  1521)  and  n  101, 19  (21.  Nov.  1521).  In  den  Drucken  und  Hand- 
schriften der  Weimarer  Ausgabe  ist  mir  furwerfen  VI  206, 6  (1520)  und  YIU 
213, 19  (1521)  aufgefallen.  Die  Wittenberger  Drucke  (Melchior  Lotther)  von 
1524/25  haben  für  dieses  letzte  verwerfen.  Auch  in  fitrspred^en  IX  657,24 
(1521)  ist  fwr-  etymologisch  berechtigt. 

')  Aus  den  handschriftlichen  Aufzeichnungen  der  Lutherschen  Predigten 
durch  Poliander  auf  Luthers  Gebrauch  der  Präfixe  schliessen  zu  wollen,  bleibt 
wohl  bedenklich.  In  ihnen  taucht  Anfang  1521  (Weim.  IX  548  if.)  platzlich 
ver-  neben  dem  bisherigen  vor-  auf  und  wechselt  stark  mit  ihm,  vgl.  ebd. 
564,  2  verlorerm  :  554,  3  vorliren;  554, 16  vorstehen  :  554,  23  v erstem; 
556,26.28  vorwtmäem:  556,30  verwundert  u.  s.  w.  In  den  Predigtsamm- 
longen  von  Rörer  und  Both  (1523/24  Weim.  XIV  92  ff.)  herrscht  wieder  vor-, 

')  V.  Bahder  S.  59. 

*)  Wenn  Sensenschmidt  in  Nürnberg  im  16.  Jh.  zuweilen  vor-  druckt 
(v.  Bahder  S.  33),  so  wird  sein  Korrektor  jedenfalls  md.  Herkunft  sein. 

*)  8.  vorige  Seite  Anm.  3. 


40 

So  ist  ver-  darch  Lather  der  nhd.  Schriftsprache  einver- 
leibt worden.  Doch  haben  die  Mitteldeutschen  dieses  Zuge- 
ständnis ans  Oberdeutsche  ungern  angenommen  und  suchen  ver- 
in  der  Folgezeit  wieder  durch  vor-  zu  ersetzen.  Dagegen  lehrt 
der  ffir  die  neue  Einheitssprache  wirkende  Fabian  Frangk  in 
seiner  Orthographia  1531  seine  md.  Landsleute,  dass  sich  in 
Zusammensetzungen  vor-  in  i;er-  verwandle^).  Um  1619  be- 
klagt sich  Scheräus  in  seiner  Sprachen-Schule^):  Jetzt  brauchen 
jhr  viel  nur  die  Sylbe  Vor,  als  wenn  kein  Ver  in  der  Deutschen 
Sprache  vnd  auch  kein  vnterscheid  zwischen  dem  Vor  vnd  Ver 
wer,  vnd  sprechen  Vorgeben  Vergessen  Vorlauffen  Vorgangen  . ." 
Er  will  das  proklitische  ver-  von  dem  betonten  vor-  auch  durch 
die  äussere  Form  unterschieden  wissen;  wenn  man  vor-  f&r 
beide  schreibt,  so  führt  das  zu  Missverständnissen  und  geschieht 
^nicht  ohne  gefahr  vnd  Verletzung  des  wörtleins  Vor  vnnd  Ver, 
wie  diese  wort  klar  ausweisen,  das  viel  ein  ander  ding  ist  ein 
Vorstand  vnd  Verstand".  Ebenso  bemerkt  Werner  in  seiner 
Orthographie  ^  1629,  dass  manche  für  ver-  immer  vor-  schreiben. 
Ein  vereinzeltes  vomichten  gerät  noch  Martin  Opitz  in  seinen 
Poßmata  1625  (S.  104)*)  unter  die  Feder.  Doch  er  gerade  be- 
seitigt die  veralteten  dialektischen  t'ormen  zugunsten  der 
Lutherschen  Sprache,  und  fortan  ist  ver-  die  einzige  Form 
des  proklitischen  Präfixes  in  der  nhd.  Schriftsprache.  All- 
mählich setzt  sie  sich  auch  in  der  hochdeutschen  Umgangs- 
sprache durch,  und  vor-  lebt  seitdem  als  betontes  Präfix  nur 
in  trennbarer  Komposition^). 


»)  V.  Bahder  S.  70.         •)  ebd.  S.  64.         »)  ebd.  S.  65. 

*)  Das  mhd.  hält  noch  die  angeschwächte  betonte  Form  des  Präfixes 
bisweilen  im  Nomen  fest,  während  das  Verbum  die  proklitische  und  ge- 
schwächte aufweist  (vgl.  Lexer),  z.B.: 

versten:  vür  stand:       vor  stier, 

/. ,        (vürspredie:     vorspreche, 
versprechen:  {     '        ^  ,  ^        a  , 

"  {vürsprache:    vörspradie. 

ver  triten :        vür  träter :       vor  trit. 

versähen:         vür  sehet:        vorsehet. 
Das  nhd.  gleicht  nun  aus,  indem  es  zu  vettteten  einen  vertriter,  zu  Vorsteher 
ein  vorstehen  u.  s.  w.  schafft. 


41 

Wenn  sich  die  Mitteldeutschen  über  den  Eindringling  ver- 
beklagen, so  wehren  sich  die  Oberdeutschen  gegen  die  Über- 
griffe des  md.  vor  als  Präposition.  Die  noch  im  höfischen  mhd. 
beobachtete  Regel,  vor  zur  Bezeichnung  der  Ruhe,  für  (vür  vur) 
znr  Bezeichnung  der  Richtung  und  in  der  Bedeutung  „pro''  zu  ver- 
wenden *),  ist  auch  im  obd.  dieser  Zeit  verwildert.  Wenn  auch 
vcir  und/ür  mit  Dat.  und  Acc.  verbunden  und  bei  Ruhe  wie  Rich- 
tung durcheinander  gebraucht  wird,  so  bleibt  doch  ,,pro^  dem/ür 
allein  vorbehalten.  Nun  aber  dringt  mit  den  md.  Schriften  um 
1600  vor  auch  in  der  Bedeutung  „pro^  ein  und  ruft  Widerspruch 
hervor.  Der  Baseler  Rud.  Sattler  verlangt  1607  *)  für  in  der 
Bedeutung  „pro**,  vor  in  der  Bedeutung  ,,ante*',  und  dieses  Ver- 
hältnis setzt  sich  in  der  späteren  Schriftsprache  als  Regel  durch. 

Luther  hat  noch  eine  Vorliebe  für  für  (für)  als  Präposition 
in  allen  Verwendungen^;  vor  braucht  er  gern  in  zeitlichem 
Sinne,  doch  auch  in  der  Bedeutung  „pro**^).  An  den  Umlaut 
des  für  kann  er  sich  schwerer  gewöhnen  als  an  die  Einführung 
von  ver-.  In  trennbarer  Verbalkomposition  ist  für  bei  ihm 
sehr  häufig. 

In  der  Folgezeit  tritt  in  für  immer  lebendiger  die  Be- 
deutung „pro"  hervor  und  drängt  die  Bezeichnung  der  Richtung 
in  ihm  zurück,  vor  erweitert  seine  Funktion  und  bezeichnet 
nunmehr  Ruhe,  Richtung  und  Zeit.  Im  Laufe  des  17.  Jahrh. 
schwinden  die  /ür- Komposita^)  und  vor-Eomposita  treten  an 
ihre  Stelle.  Wo  wir  einen  deutlicheren  Hinweis  auf  die  Richtung 
verlangen,  helfen  zusammengesetzte  Adverbia  wie  voran^  voraus, 
vorbei^  vorüber  u.  ä.  aus.    für  hat  in  der  heutigen  Sprache  un- 


^)  Die  Behauptung  der  Weimarer  Lutherausgabe  (XII  258),  dass  vor 
und  für  (für)  in  dieser  Weise  im  allgemeinen  noch  in  den  Drucken  der 
Lntherschen  Werke  verteilt  seien,  ist  nur  in  weiten  Grenzen  richtig.  Wenig- 
stens aber  ist  Überhaupt  noch  eine  Verschiedenheit  im  Gebrauche  von  vor 
und  für  bemerkbar. 

«)  V.  Bahder  S.  76.    DWB.  4  I,  649. 

■)  für  c.  Gen.,  Dat.,  Acc,  vgl.  Franke  S.  261. 

*)  Weim.  IX  519,  31:  voracht  und  vor  nichts  angesehen, 
IX  704,  4:  den  gib  tgu  UoU  vor  mu^  und  dich. 

')  vgl.  noch  mhd.  (Lexer)  vürbringen,  vürgdn,  vürileny  vürkomen,  vür- 
laden,  vürrinnen,  vürschiesen,  vüraenden^  vürsirecken,  vuroam,  vürvliegen, 
vürujirden,  vürgiehen.    Über  ihr  Vorkommen  im  Frühnhd.  s.  DWB.  4  1,649  ff. 


42 

zweideutig  die  Vertretung  von  „pro*  ^),  dementsprechend  halten 
sich  Komposita  wie  fürbüte,  fürsarge^  /Ursprache,  fürwahrf  für" 
wort.    Bisweilen  geht  für-  unmittelbar  in  ver-  über  *). 

In  der  Sprache  unserer  Klassiker  und  der  heutigen  Schrift- 
sprache ist  vor-  die  Form  des  betonten  und  trennbaren,  ver- 
die  des  unbetonten  und  untrennbaren  Präfixes. 


Im  englisch-friesischen  Zweige  schmilzt  der  Reichtum  der 
westgermanischen  Präflxformen  zusammen.  Die  Normalform 
for  reisst  nach  und  nach  Funktion '  und  Bedeutung  der  übrigen 
an  sich,  wie  wir  es  ähnlich  im  as.  Heliand  festgestellt  haben. 

Das  Altenglische  kennt  entsprechende  Formen  für  got. 
faur  II  und  fair-  gar  nicht  mehr  *)  und  wenige  Reste  von  got. 
fra-:  Es  hat  nur  fare  (=  got.  faura)^)  und  for  (=  got.  faw  I). 
fare  wird  als  vollere  Form  von  for  gefühlt  und  ist  seltener  als 
dieses,  beide  werden  ohne  Funktions-  und  Bedeutungsunterschied 
nebeneinander  gebraucht.  Als  Präpositionen  verbinden  sie  sich 
mit  dem  Dat.  oder  Acc.  in  den  Bedeutungen  „ante,  coram,  prae, 


^)  Beste  von  für  =  got.  faur  I  halten  sich  nur  hier  und  da  in  ad- 
verbialer Verwendung  and  sind  uns  unverständlich  geworden,  z.  B.  hinfür, 
fürbass,  für  und  für  (Luth.  Ps.  90:  Herr  GoU,  du  bist  unser  guflucht  für  und 
für),  schritt  für  sdiritt,  tag  füriag,  für  sich  gehn  (Goethe  1,  27:  id^  ging  im 
wälde  so  für  mich  hin),  für  und  wieder  scheint  ursprünglich  =  faur  1  zu 
sein,  vgl.  Iw.  1126:  done  mchte  der  gast  vür  noch  wider  (,, weder  vor  noch 
zurück").    Jetzt  fassen  wir  dieses  für  als  faur  II  (»pro*)  auf. 

*)  Statt  fürlid>j  für  gut  u.  ähnl.  kommt  früher  auch  die  Schwächung 
ver-  vor  (schon  mhd.): 

nhd.  H.  Sachs,  Neudr.  26/27  S.  12:  nembt  von  vns  ver  gut! 
J.  Paul  6,  Vin:  mit  seiner  stimme  verlieb  eu  mhmen. 
Wir  schwanken  zwischen  fürlieb  und  vorUeb : 

Goethe  7,  74:  für  diesemal  nimm  fürlicbl 
Schiller  2,  64:  so  mus  er  mit  heu  vor  lieb  n^men. 
')  urgerm.  *furi  hätte  aengl.  *fyre''  ergeben  müssen ;  vgl.  Job.  Schmidt, 
KZ.  26,  31. 

*)  Die  ältere  Form  fora-  ist  noch  erhalten  in  ein  paar  Interlinearglossen 
der  Benediktinerregel:  fora-gledwUce:  provide  (R.  Ben.  interl.  3  neben  fore- 
gledwUce  ebd.),  fora-sceöwod  beön:  considerari  (ß.  Ben.  interl.  64). 


43 

propter,  per,  secundum,  juxta*^);  als  Präfix  vertritt /öt-  sämt- 
liche got.  Typen. 

Eine /air- Type  ist  selten  nachzuweisen: 

Bd.  4,  4;  S.  571, 17:  dtet  mynater  6ß  gyt  to  dage  EngUsce  menn  dar  an 
(ßipeodignysse  hi  forhabbaß:  qnod  yideücet  monasteriom  asqne 
hodie  ab  Anglis  tenetar  incolis. 

Eine  faur  IZ- Type  vertritt  for  z.  B.  in 

Ps.  Spl.  T.  57,  4:  swä  8wä  nadran  deäfe,  and  fordemmende  edran 
heora:  sicut  aspidis  sordae,  et  obtorantis  aures  snas. 

In /attrJ- Typen,  wo/or  am  Platze  wäre,  begegnet  uns  öfters /ore; 

Ps.  Spl.  C.  88,  31:  gyf  rMwimys  min  M  forecostigaf:  si  institias 
meas  profanaverint. 

Auch  auf /ra- Typen  greift /ore  über: 

L.  Ath.  I  10:  d(et  heora  anig  on  fore-gewitnyase  sy:  quod  eoram 
aliqnis  in  falso  testimonio  sit. 

Als  Intensivpartikel  gehen /or-*)  und /orc-  nebeneinander  her: 

Bd.  3, 13;  S.  538,  33:  ic  foraöß  wät:  yeram  novi. 
Ps.  Th.  15,6:  is  min  land  nü  foremdere,  and  me  swpde  unbleö: 
bae^editas  mea  praeclara  est  mihi. 

In  der  mittelenglischen  Periode  wird  ein  anderes  for- 
aus  dem  Französischen  übernommen  (altfranzös.  for-,  fors-  aus 
leit  far%Sy  foräs^.  Es  verschmilzt  im  Sprachbewusstsein  mit 
dem  germanischen  for  und  wird  von  ihm  unverkennbar  beein- 
flusst.  Spätere  Bildungen  wie  forchase,  forfeü,  forfend  ordnen 
sich  ohne  weiteres  den  germanischen  Bedeutungsgruppen  ein. 

nenengl.  Chaloner  Erasm.  moriae  enc.  P.  II  a:  manfMy  forchasyng  of 
hir  enemies  (.verjagen^). 
Ghaucer  Pars.  T.  P.  199:    and  al  this  suffred  Jhesu  crist  ßat 

neuere  forfeted  („ verbrechen"). 
Shaks.  I  Hen.  VI,  V.  IV  65:  naw  heauen forfend,  the  holy Maid 
vfith  Mld?  (, verhüten«). 


^)  for  nimmt  auch  den  Instr.  za  sich,  fore  kann  von  seinem  Kasus 
getrennt  werden. 

*)  Ob  die  Intensivpartikel  for-  got.  fowr  oder  fra-  entspricht,  ist  nicht 
zn  entscheiden.  Für  got.  faur  spricht  der  V^^echsel  mit  fore-,  für  got. 
fra-  die  Sprachvergleicbnng :  gr.  nQoxaxog-,  air.  romär  („sehr  gross"),  vgl. 
Thnmeysen,  KZ.  37,  59. 

•)  Murray  414  a. 


44 

Bisweilen  bemächtigt  sich  das  germanische  Präfix  romanischer 
Stämme: 

W.  Tennant,  Papistry  StonnM  (1827)  129:  Hie  atUor-folk  .  .  Wi  'fldngs 
fortravaiVd  and  forfaim  („exhaasted  with  laboor"). 

Es  ist  eine  Analogie  nach  mengl.  for-stormed^  for-wdked  und 
anderen  (vgl.  nhd.  verregnä). 

In  der  heutigen  englischen  Schriftsprache  sind  die  im  mengl. 
so  tippig  entfalteten  for-  und  /orc- Komposita  bis  auf  wenige 
Beste  verschwunden.  Es  lebt  noch  forbear  (vgl.  ahd. /Mriftäran), 
forhid  (got.  faurbiudan),  foreboä/ß  (mhd.  verboten)  und  forde,  faredo 
nebeneinander  (as.  fardon). 

Die   Überlieferung  der    altfriesischen   Quellen*)   weist 
zwar  eine  Masse  von  Formen  auf,  doch  haben  sie  nur  dialek- 
tische Bedeutung.    Die  etymologische  Entsprechung  wäre*) 
got.  faura      =  afries.  fara  far  fora  fore  fori  for 
faur  II  =  fore  fori  for 

faur  I    =  for  (für) 

fara  verbindet  sich  in  der  Bedeutung  „vor  (coram),  vorher" 
mit  dem  Dat.  und  geht  trennbare  Komposition  ein ;  es  erscheint 
im  RUstringer,  Emsinger,  Hunsingoer  und  Brokmer  Dialekt. 
Die  apokopierte  Form  far  ist  einmal  belegt: 

E.  239,32:  tkisse  far  ahrtwene  seke  (.vorgenamit'). 
Häufiger  ist  in  derselben  Bedeutung  fore  als  Präposition,  for 
und  fore  als  Präfix. 

fora  ist  nur  im  Emsinger  Dialekt  belegt  und  zwar  in  der 
Bedeutung  „ftir"  neben  fore  for,  die  auch  in  den  übrigen  Dia- 
lekten erscheinen.  Der  Rttstringer  hat  seine  eigene  Form  fori 
dafür,  seine  Texte  sind  die  ältesten  auf  uns  gekommenen  Ur- 
kunden der  friesischen  Sprache.  Kurz  vor  ihrer  Überlieferungs- 
zeit sind  im  afries.  die  Endungsvokale  -e  und  -i  in  schwach- 
tonigen  Silben,  wo  sie  unmittelbar  nach  kurzer  Wurzelsilbe 
standen,  in  -i  zusammengefallen^).  Die  spätere  Sprache  gibt 
diese  Neuerung  wieder  auf. 


>)  Ich  lege  Y.  Richthofens  V^^örterbach  zogmnde. 

')  Entsprechangen  von  got.  fair-  und  fra-  fehlen  auch  hier. 

•)  Axel  Kock  in  PBrB.  29, 179  ff. 


46 

Auch  im  Friesischen  sehen  wir  die  vollere,  dem  got.  fa^M'  II 
entsprechende  Form  in  das  Gebiet  der  faur  I  entsprechenden 
fibergreifen.    Das  zeigen  nns  die  Rttstringer  Texte. 

R.  35,  6:  hwefrsa  en  wif  miih  werde  fori  hrangath,  thet  ,  . .  (»vor- 

bringen,  dartan**). 
R.  117,8:  ief  hi  forifelle  and  kinder  Irfde  („verfaUen,  sterben'). 
R.  542, 11:  ac  werth  M  fori  flechtoch  (vgl.  nhd.  suA  verflüchtigen). 

Das  proklitische  Präfix  zeigt  weitaus  am  häufigsten  die 
Form  for-,  die  sehr  dumpf  als  für-  gesprochen  worden  sein 
muss.  Denn  in  unserer  Überlieferung  erscheint  sie  häufig  als 
ttr-  mit  „er-"  und  „über-"  Kompositis  verwechselt.  Die  Mög- 
lichkeit liegt  ja  nahe.  Wahrscheinlich  war  in  den  Vorlagen 
neben  vu'  die  Abkürzung  w'  v'  üblich,  die  sowohl  mit  uur  {tor) 
als  vur  aufgelöst  werden  konnte: 

- .     .     ";    -   '^      ^    -    I   Abkürzungen  der  Vorlage 
*for  für  >  *uur    >  ur  }  ^  ,    ,  ^ 

*uz  >  ur  ) 

Diese  Abkürzung  der  Vorlage  ist  von  den  Schreibern  oft 
missverstanden  worden  ^).  „Über-"  und  „ver-*  Bildungen  einer- 
seits, „^r-"  und  „ver-"  Bildungen  anderseits  berühren  sich  ja 
in  der  Bedeutung  (vgl.  nhd.  übermüden :  verwinäeny  übergeben : 
vergeben;  ersterben  :  versterben,  erdienen :  verdienen)  und  mögen 
dadurch  die  Verwechselung  begünstigt  haben.  So  belegen  die 
friesischen  Quellen  nebeneinander  fordrega  :  ttrdrega  :  ovirdrega 
in  der  Bedeutung  „vertragen,  Vertrag  schliessen,  übereinkommen" 
and  foridda  :  urielda  :  ovirielda  „zahlen,  übergeben,  vergelten"  *). 
Neben  einer  Beihe  von  tir- Belegen  stehen  dieselben  Belege  mit 
oim--,  neben  einer  zweiten  dieselben  mit  for-.  Die  drei  Arten 
Komposita  durchgängig  zu  scheiden  ist  schon  wegen  der  Be- 
deutungsberfihrung  nicht  möglich,  selbst  wo  man  die  verwandten 
Sprachen  vergleichsweise  heranziehen  kann. 

Der  Zusammenfall  ist  wahi^cheinlich  nur  den  Schreibern 
zur  Last  zu  legen.  Denn  in  den  besten  hss.,  wozu  die 
Büstringer  Texte  gehören,  scheiden  sie  die  Formen  am  ge- 
nauesten, in  den  übrigen  werfen  sie  sie  mehr  oder  weniger 


>)  Siebs  in  Pauls  Qrundriss  I '  1268. 
')  Y.  Richthof  en  750  b,  Ulla,  1112  b. 


46 

durcheinander.  Dass  der  Zusammenfall  wohl  in  der  gesprochenen 
Sprache  nie  stattgefunden  hat,  beweist  die  strenge  Scheidung 
von  ür-  und  for-  im  Neufriesischen  *). 

Ganz  deutlich  haben  wir  es  mit  einem  Versehen  zu  tun, 
wenn  sogar  die  Präposition /or-  =  „für"  in  der  Form  ur  belegt  ist. 

B.  170,31.  171,19:   and  holde  thene  mon  f<f  mne  fenazena  („halte 

den  Mann  für  einen  Gefangenen'). 
W.  422,  32:  end  ma  dat  naet  ur  weer  toeet  (»nnd  man  das  nicht  als 

wahr  weiss*). 

Die  im  Westerlauwerschen  Dialekt  belegte  Form  foer- 
(W.  43, 27)  erinnert  an  ein  Neu-Syltisches  /da-  mit  reduziertem 
-r  *).  Auch  die  eigentümliche  Form  fier-  (S.  502,  29)  erscheint 
nur  im  Westerlauwerschen,  sie  ist  wohl  an  ver-  anzuschliessen. 
ver-  ist  ausserdem  in  Emsinger  und  Hunsingoer  Texten  belegt 
und  jedenfalls  aus  niederländischen  Mundarten  eingedrungen. 
Dafür  spricht  schon  die  auffällige  Schreibart  mit  t;-,  während 
die  friesischen  Formen  /-  zeigen. 

So  hat  uns  das  Altfriesische  für  etymologische  Zwecke 
wenig  zu  bieten,  wir  nehmen  nur  viele  dialektische  Einzel- 
heiten wahr. 


Ähnlich  weist  das  Nordgermanische  zwar  eine  Fülle  von 
Formen  auf,  aber  sie  verdanken  ihr  Dasein  meist  nordischer 
Sonderentwicklung.  Ich  berücksichtige  das  Altisländische  als 
Vertreter  des  Westnordischen  und  das  Altschwedische  als  Ver- 
treter des  Ostnordischen. 

Die  dem  got.  fra-  und  fair-  entsprechenden  Formen  sind, 
wie  im  Englisch -Friesischen,  so  auch  im  Nordischen  unter- 
gegangen, got.  faur  II  ist  hier  durch  fyri  (aisl.  fyri,  anorw. 
fyri,  fyre,  fire^,  aschwed.  fyri,  firi^))  vertreten  und  von  for 
=  got.  faur  I  geschieden  *).    Daneben  tritt  die  komparativische 


>)  Siebs  in  Panls  Grandriss  I '  1268. 

>)  Siebs  a.  a.  0.  1409. 

')  y  >  •  durch  regressiven  t-Umlant.    Noreen  II  §  101  anm.  2. 

*)  Allerdings  kann  fyri  auch  aus  fyrir  fyriB  entstanden  sein ,  doch 
kommen  wir  sehr  gut  ohne  diese  Annahme  aus ;  Noreen  II  §  320  anm.  3 ; 
§  321  anm.  2.  Nach  Joh.  Schmidt,  KZ.  26,  32  ist  got.  fawr  =  anord.  fwr 
und  dieses  durch  Mischung  mit  dem  Komparativ  fyrr  in  den  Umlaut  hinein- 


47 

Weiterbildung /yrir()fnr>,  zunächst  als  Adverb,  dann  Präposition, 
im  Isländischen  auch  als  Präfix  gebräuchlich,  fyrvr  zieht  auch 
/or  in  den  Umlaut  hinein  (aisl.  /yr,  aschwed.  /yr,  /er^).  Dem 
got.  fawa  entspricht  aschwed.  /orc,  /on,  f&n\ 

Als  Adverbia  bezeichnen  dieselben  Formen  „vor*^  in  Ruhe 
wie  Richtung  und  „fQr^  ohne  Unterschied,  aisl.  '/yr  brauchen 
die  Skalden  ursprünglich  noch  als  proklitisches  Präfix  und  Prä- 
position, fyrer  als  Adverb  und  Postposition'),  /yr  verbindet 
sich  mit  Dat.  und  Acc.  als  „vor,  bei,  vorher,  vorbei,  durch,  für, 
wegen^,  fyrir  hat  dieselben  Bedeutungen,  fyr  dient  zur  Be- 
zeichnung der  Richtung  in  fyr  austany  fyr  vestan  („ost-,  west- 
wärts")'). Später  dringt  fyrer  auch  in  die  Präflxkomposition 
ein,  und  wir  finden  im  jüngeren  Isländischen  fyrir-  neben  /or- 
Bildungen  ohne  Unterschied^).  Ein  neues  Mittel,  die  Bedeutungen 
zu  scheiden,  aber  schafft  sich  diese  Sprache  selbst,  indem  sie 
in  Vor-  oder  Nachstellung  des  Adverbs  entgegengesetzten  Sinn 
hineinlegt,  so  z.  B.^): 

fyrir-koma  („to  destroy")  :  Jcoma  fyrir  („to  arrange") 

fyrir-maila  („to  curse")  :  meela  fyrir  („to  speak  for"). 

Im  Altschwedischen  verbinden  sichßri^fyriy  fyrir, firi(r), 
f(9riyfori,faryfyr,f0r  in  der  Bedeutung  „um  —  willen**  mit  dem 
Gen.  oder  Acc,  als  „für,  vor"  mit  dem  Acc.  oder  Dat.,  je  nach- 
dem sie  einen  Richtungshinweis  enthalten  oder  nicht  ^). 

Die  meisten  mit  dem  Präfix  for-  =  „ver-**  zusammen- 
gesetzten Bildungen  tragen  den  Ton  auf  dem  Stammworte, 
nicht  die  mit /or-  =  „vor"®). 

Normalform  des  proklitischen  Präfixes  in  den  jüngeren 
nordischen  Sprachen  ist  for-  (fer-). 


gezogen  worden,  wodurch  fyr  entsteht.  Das  trifft  für  got.  faut  I,  nicht 
fflr  faur  II  zu. 

*)  aschwed.  fyr  >  fer  Noreen  II  §  116  u.  473. 

*)  Noreen  n  §  142  anm.  10;  §  471,  3  n.  4.  Über  den  Wandel  von  aus- 
lautendem -«  >  -•  B.  Axel  Eock,  PBrB.  29, 187. 

*)  Gering  302  ff.  Die  spätere  Yerwirrung  beginnt  bei  ihnen  erst  in 
bescheidenem  Masse,  vgl.  Sievers,  PBrB.  6, 486. 

*)  Cleasby-Vigfusson  182  b  ff. 

»)  Noreen  U  §  442--446. 

•)  Noreen  §  57  I  A  1  a. 


48 


Damit  ist  die  Lautgeschichte  des  Präfixes  abgeschlossen, 
and  wir  können  folgendes  Ergebnis  aufstellen: 

1)  Dem  nhd.  Präfix  ver-  liegen  vier  vorgermanische  Formen 
zugrunde :  *pr  *prr(i)  *per(%)  *prö.  Von  den  ersten  beiden 
leitet  auch  nhd.  für  seinen  Ursprung  her.  nhd.  vor  geht 
auf  eine  besondere  Form  (*prrä  oder  prrat)  zurück. 

2)  Im  Ostgermanischen  fallen  *pr  und  *prr(i)  in  eine  Form 
(got.  faur)  zusammen,  im  Nordgermanischen  bleiben  sie 
gesondert  (for  —  fyri)-  Im  Westgermanischen  sind  sie 
ursprünglich  geschieden.  Sie  vermischen  sich  bald  lautlich 
im  Deutschen,  und  in  der  nhd.  Schriftsprache  siegt  die 
*PP'(i)  entsprechende  Form  (für).  Im  englisch -friesischen 
Zweige  ist  *pir(i)  nicht  nachweisbar. 

Normalform  des  proklitischen  Präfixes  wird  *pr  im 
Nordgeimanischen,  Englisch-Friesischen  und  Niederdeut- 
schen (ausser  dem  Holländischen). 

3)  *prö  ist  —  von  spärlichen  Resten  abgesehen  —  ausser 
dem  Ostgermanischen  nur  im  Hochdeutschen  und  Hollän- 
dischen vertreten  und  wird  hier  Normalform  des  pro- 
klitischen Präfixes. 

4)  *per(i)  erscheint  nach  d6m  Ostgermanischen  nur  noch  als 
dialektische  Form  im  älteren  Hochdeutsch. 


III. 

Die  Bedeutungsentwicklung  in  der  ver- 
Komposition. 

Von  der  Lautgeschichte  des  Präfixes  wenden  wir  uns  nun- 
mehr zur  Bedeutungsgeschichte.  Hierbei  lege  ich  das  Deutsche 
zugrunde,  da  sich  die  ver- Komposition  im  Deutschen  weitaus 
am  üppigsten  entwickelt  und  die  Überlieferung  am  reichsten 
ist.  Im  nächsten  Abschnitt  soll  dann  die  Stellung  und  Ver- 
breitung der  ver- Komposition  in  allen  germanischen  Mundarten 
betrachtet  werden. 


49 

Der  vorliegende  Abschnitt  bietet  recht  erhebliche  metho- 
dische Schwierigkeiten.  Wir  wollen  verfolgen,  wie  in  den 
verschiedenen  Zeiten  der  Spracheutwicklnng  die  t;er- Komposition 
von  den  bescheidenen  Anfängen,  die  wir  im  Gotischen  nach- 
gewiesen haben  (Abschnitt  I),  zu  dem  schier  unübersehbaren 
Prachtbau  heranwächst,  wie  er  sich  uns  im  Mittel-  und  Neu- 
hochdeutschen bietet.  Das  Material  fliesst  zwar  reichlich,  aber 
die  Entwicklung  streng  chronologisch  festzustellen  ist  trotzdem 
nicht  möglich.  Die  Überlieferung  hängt  von  vielen  Zufällen 
ab,  das  Material  ist  ungleichmässig  und  muss  benutzt  werden, 
woher  es  auch  kommt.  Von  dem  inneren  Wachstum  der  Sprache, 
von  ihrer  Weiterbildung  im  Übergange  von  Individuum  zu  Indi- 
viduum und  den  dabei  sich  neu  anspinnenden  Beziehungen  und 
Assoziationen,  von  dem  Entwicklungsprinzip  der  Analogie  gibt 
es  uns  nur  ein  dürftiges  Bild,  in  dem  durch  eine  Laune  des 
Zufalls  vielleicht  gerade  die  wichtigsten  Züge  fehlen.  Da  muss 
der  verknüpfende  Geist  und  die  ordnende  Hand  eingreifen; 
freilich  ist  für  das  so  Gewonnene  keine  apodiktische  Gewissheit 
zu  erbringen.  Aber  wir  verlangen  einen  Überblick,  irgend  ein 
Einteilungsprinzip,  mag  es  auch  etwas  Künstliches  haben  und 
den  üppig  quillenden  Strom  der  sprachlichen  Bildungen  in  ein 
zu  enges  Bette  zwängen.  Da  wir  nicht  all  die  mannigfachen 
Beziehungen^  zu  fassen  und  zu  erkennen  vermögen,  müssen  wir 
wenigstens  die  hervorstechendsten  Züge  herauszuheben  suchen. 

Nach  einem  kurzen  Überblick  über  die  wissenschaftliche 
Behandlung  der  t7cr- Komposition  wollen  wir  unsere  Gesichts- 
punkte darlegen  und  die  Grundtypen  besprechen,  ferner 
Gruppen-  und  Wortbildung  sowie  den  Einfluss  der  Rektion 
auf  die  Bedeutungsentwicklung  behandeln.  Die  Entwicklung 
über  das  ahd.,  as.,  mnd.,  mhd.  zum  nhd.  an  der  Hauptmasse 
der  Verbalkomposita  in  Bedeutungsgruppen  zu  verfolgen  und 
den  Wortschatz  der  jetzigen  Umgangsprache,  der  lebenden 
Mundarten,  Berufs-  und  Genossenschaftsprachen  vorzuführen, 
wie  es  meine  Absicht  war,  erlaubt  leider  der  Rahmen  der 
Arbeit  nicht.  Doch  sollen  die  wichtigsten  Bildungen  besprochen 
werden.  Nominalformen  werden  nur  berücksichtigt,  soweit 
sie  Rückschlüsse  auf  die  ihnen  zugrundeliegenden  Verbal- 
bildungen gestatten  oder  an  sich  besonderes  Interesse  erheischen. 

Leopold,  Die  VonUbe  ver-  ^ 


60 

Da  die  «?cr- Komposita  so  vieldeutig  sind,  haben  sie  be- 
sonders die  Aufmerksamkeit  auf  sich  gelenkt  und  sind  ver- 
schiedentlich behandelt  worden.  Wie  sie  zu  den  sich  oft  wider- 
sprechenden Bedeutungen  kommen,  ist  indessen  nie  völlig 
geklärt  worden,  und  man  ist  meist  über  äusserliche,  mehr  oder 
minder  berechtigte  Zusammenstellung  nach  Bedeutungsgruppen 
nicht  hinausgekommen.  Ich  führe  von  früheren  die  immerhin 
bemerkenswerten  Versuche  von  Johannes  Clauberg  1663  und 
Johann  Georg  Wächter  1727  an.  Jener  forscht  in  seiner 
„Ars  Etymologica  Teutonum  e  philosophiae  fontibus  derivata  .  .* 
p.  lOflf.  unter  anderem  nach  der  Herkunft  des  Wortes  vemunft 
und  gibt  im  Anschluss  daran  eine  Übersicht  über  die  ver- 
schiedene Bedeutung  der  ver- Komposita  in  zwölf  Bedeutungs- 
gruppen ^).    Die  Art  der  Einteilung  ist  sehr  ungleich;   es  fällt 


')  Danach  bezeichnet  ver- 

1.  „consumtionem  et  perditionem" :  verspielen,  -doppeln,  -karten,  -banketieren, 
'fressen,  -schlemmen,  -schwelgen,  -sauffen,  -trincken,  -zechen,  -brassen, 
-buhlen,  -scherteen,  -dürsten,  -bakken,  -brennen,  -tuhn,  -legen,  -toünschen, 
-schweren,  -maledeyen. 

2.  „intensionem,  augmentum  et  exceBSom,  saepe  vitiosam" :  veressen  {fressen), 
-messen,  -leugnen,  -jagen,  -treiben,  -bannen,  -folgen,  -eweifelen,  -zagen, 
'tragen,  -sdltzen,  -pfefferen;  sich  verschlafen. 

3.  a  äuget  darationem'' :  verharren,  -bleiben. 

4.  „perfectionem  actionis  et  consummationem" :  verridUen,  -suchen,  -meiden, 
•hühten,  -trauen,  -geben,  -leihen,  -ehren,  -dienen,  -binden,  -nehmen,  -schiessen, 
■hiMen,  -decken,  -tilgen, 

5.  gContrariom'^ :  verachten,  -kiesen,  -werden,  -leumbden,  -sagen  (:  znsagen), 
-bieten  (:  gebieten),  -lernen  (:  erlernen). 

6.  „actionem,  qua  quis  a  se  rem  transfert  ad  aliam^:  verkauffen,  -heuren, 
•mieten,  -pachten,  -jagen,  -heirahten. 

7.  „commutationem  seu  permutationem'^ :  verhausen,  die  hosen  versohlen  (!), 
-dolmetschen,  -weisen  (relegare),  zinn  .  .  vergiessen  lassen,  -bilden,  -setzen, 
-legen,  -pßantzen. 

8.  „translationem  vel  transitum  ab  ano  termino  ad  aliam  diversi  generis'^ : 
verdeutschen,  -lateinen,  -armen,  -alten,  -nichtigen,  -ehlichen,  -dunckelen, 
-finsteren,  -fälschen. 

9.  ,  conversionem  in  id  quod  adjuncta  voce  notatur^:  verstokken,  -steinen, 
-götten,  -geisten,  -moderen,  -kinden,  -unttiben,  -hänsen  (inaagarari  societati, 
zam  bansen  machen),  -kätzeren. 

10.  „onius  corporis  ad  superficiem  alterias  accessam^:   vergulden,  -silberen, 
-Zinnen. 

11.  „errorem  et  pravitatem":  verbrechen,  -machen,  -sehen,  -sprechen,  -reden, 


51 

auf,  dass  er  so  uinfangi^eiche  Gruppen  wie  die  Verba  versperren, 
verbinden  übersehen  hat,  von  einzelnen  Sonderbildungen  ganz 
zu  schweigen.  Er  versucht  gar  nicht  zu  erklären,  wie  diese 
sich  oft  widersprechenden  Bedeutungen  zustande  gekommen  sein 
könnten.  Dagegen  weiss  er  die  Verwandtschaft  von  ver-  mit 
lat.  per-  gr.  Ttegi-  zur  Deutung  der  deutschen  Komposita  gut 
auszunutzen,  weist  auf  den  Wechsel  von  ver-  :  er-  in  den  selben 
Verben  hin  und  erkennt,  dass  in  vernehmen,  vemunft  der  ver- 
stärkende Sinn  von  nehmen  auf  geistige  Beziehungen  übertragen 
ist.  In  den  „verbis  Latinobarbaris "  forjadicare,  forbannire, 
forbannitits  und  französ.  forfaire,  forfait,  forconseiller,  forvoyer 
will  er  eher  die  ältere  Form  for-  des  deutschen  ver-  als  ein 
Ht  foris  erkennen^). 

Ganz  kurz  bespricht  Wächter  das  Präfix  ver-  in  den 
„Prolegomena  de  particulis  Germanorum**  zu  seinem  Glossarium 
(1727)  p.  43f.  Er  führt  es  auf  got. /ra-,  aengl. /or-,  fränk. 
alem.  far-  zurück  und  lässt  noch  mehr  als  Clauberg  den  ver- 
neinenden und  verschlechternden  Sinn  des  ver-  hervortreten. 
Im  übrigen  bedeutet  diese  Bearbeitung  des  18.  Jahrhunderts 
gegen  die  des  17.  eher  einen  Rückschritt  als  Fortschritt. 

Frisch  (wb.  399  a,  b)  will  alle  Bedeutungen  der  ver-Kom- 
posita  aus  der  des  Aufhörens,   Endigens  erklären.     Adelung 


-hallen,  -hut^tabieren ,  -schreiben,  -rechnen,  -gehen;  sich  verreiten,  ver- 
fahren; den  fasz  vertretten,  die  band  verstauchen,  das  glid  verrenken] 
-führen,  -leiten,   -k^ren,   -drohen,  -stellen,  -hangen;    -ziehen,  -zärtelen, 
-wehnen;  -säumen,  -schlaeffen;  sich  verdencken,  -gissen;  -rahten,  -schweren; 
sich  vermessen,  -liauen,  -schneiden,  -stossen. 
12.  „adjicitar  interdam  verbis  .  .  .  distinctionis  causa'':  vermehren,  -wechselen, 
-toandelen;  -fechten,  -Uhdigen,  -antworten,  -weeren  (aliqaid  fit  adversus 
alium);    -treten,    -bitten    (aliquid   fit   pro   alio);    verpfänden    (est   zum 
pfand  setzen,  oppignerare);    verzinsen,    -zollen   (zinse  oder  zoll  davon 
geben). 
Was  Clanberg  nicht  unterbringen  kann,  zwängt  er  in  diese  letzte  Gruppe,  so 
verschieden  es  im  einzelnen  sein  mag. 

*)  Wir  haben  das  französ.  for-  beim  Mittelenglischen  (S.  43  f.)  be- 
sprochen und  festgestellt,  dass  es  sich  ganz  ähnlich  wie  das  germ.  for-  ent- 
wickelt und  von  diesem  beeinflusst  wird.  Wenn  wir  in  der  Gesetzessprache 
des  mittelalterlichen  Latein  dem  forjudicare  ein  lat.  Präfix  foris  oder  foras, 
dem  forbannire  ein  germ. /or-  (faur- 1)  zuweisen,  so  sind  beide  doch  zweifellos 
als  einheitlich  gefühlt  worden  und  haben  sich  verschmolzen. 

4* 


62 

behandelt  in  seinem  „Umständlichen  Lehrgebäude  der  Deutschen 
Sprache^  I  733 f.  ver-  in  der  Bedeutung  „weg",  zur  Bezeich- 
nung des  Verschliessens  und  Verbindens,  als  Intensiv-  und 
Denominativpartikel.  Damit  trifft  er  so  ziemlich  die  vier 
Hauptfunktionen  von  ver-  und  erkennt  auch  seine  Verwandt- 
schaft mit  fort  und  für.  Auffällig  ist,  dass  er  den  tadelnden 
und  vernichtenden  Sinn  nicht  mehr  hervorhebt. 

Jakob  Ürimm  ist  der  erste,  der  die  etymologischen  Grund- 
lagen des  Präfixes  feststellt  und  dadurch  zu  sichereren  Schlfissen 
gelangt  (d.  gr.  II  850—861).  Immerhin  laufen  ihm  einige  Irr- 
tümer unter.  Er  meint,  faur-  fair-  fra-  hielten  sich  unver- 
mischt,  und  man  könnte,  wenn  nicht  die  Überlieferung  zu 
mangelhaft  wäre,  die  nhd.  ver- Komposita  mit  Sicherheit  einer 
oder  der  ajideren  von  den  Typen  zuweisen.  Seine  Einteilung  der 
Bedeutungsgruppen  ^)  ist  etwas  willkürlich,  so  reich  ausgebaute 
Gruppen  wie  die  Verba  verbinden  und  verwanddn  verlangen  be- 
sonders angesetzt  zu  werden.  Bei  der  Denominativbildung  aus 
Substantiven  soll  die  Verwandlung  in  den  Stoff  oder  das  Über- 
ziehen mit  dem  Stoffe  (vergolden  859  f.)  ausgedrückt  werden. 
Dass  die  Partikel  aus  Adjektiven  Intransitiva  mit  dem  Begriff 
des  Werdens  schaffen  könne,  bezweifelt  er,  weil  ver-  gerade 
das  verwerden  (860)  ausdrücke*).  In  beiden  Fällen  zieht  er  zu 
enge  Grenzen.  Transitive  Adjektivkomposita  wie  verbessern^ 
verbittern  u.  a.  (ebd.)  sollen  den  Begriff  der  Verwandlung  be- 
zeichnen. Im  übrigen  weiss  er  sich  das  widerspruchsvolle 
Nebeneinander  von  verehren  und  verachten  auch  nicht  recht  zu 
erklären. 


^)  ver-  bezeichnet  danach 

1.  das  dem  einfachen  Verb  Entgegenstehende,  Verlast,  Verderben. 

2.  zuviel  oder  zulsoige  {über-mässig). 

3.  Ende,  Ausgang,  Vollbring^ng,  volle  Verwendung.  Der  Begriff  liegt  schon 
im  einfachen  Verb  und  wird  von  der  Partikel  nur  hervorgehoben. 

4.  ab,  weg,  fort,  dahin. 
6.  Die  Bedeutung  re- 

6.  Die  Partikel  ist  bedeutungslos,  das  Kompositum  hat  den  Sinn  des  Simplex. 

7.  zutun,  bedecken,  in  den  Weg  stellen. 

8.  Der  Begriff   erleidet   gelinde  Intension.     Hierher   will  er   adjektivische 
Partizipia  wie  verbuhlt,  verJiasst,  verliebt  ziehen. 

*)  Ein  ähnliches  Bedenken  von  Streitberg,   PBrB.  15,  92,  haben  wir 

5.  21  zu  entkräften  gesucht. 


53 

Das  im  DWB.  XII  51—57  über  die  t;er- Komposition 
Gesagte  schliesst  sich  an  Grimm  an  und  bringt  wenig  neue 
Gesichtspunkte.  Dass  ver-  mitunter  eine  Schwächung  der 
Präposition  vor  sei  (ebd.  S.  56),  stimmt  nicht  ganz  ^),  enthält  aber 
den  richtigen  Gedanken,  dass  ver-  und  vor-  zusammenhängen. 
Die  etymologischen  Grundformen  des  Präfixes  sind  falsch  an- 
gesetzt (germ.  far-  fir-  für-  fror  ebd.  S.  51),  die  Gruppenein- 
teilung lässt  die  etymologischen  Gesichtspunkte  ausser  acht. 
Herausheben  möchte  ich  die  Bemerkung  (ebd.  S.  59),  dass  t^- 
sich  zwar  meist  an  Substantiven  und  Adjektiven  findet,  die  aus 
den  schon  zusammengesetzten  Verben  abgeleitet  sind,  dass  aber 
auch  Substantivbildungen  neben  oder  in  engem  Anschluss  an 
das  Verbum  vorkommen  (vgl.  auch  Abschnitt  I  dies.  Abh.  S.  17 
Anm.  1—3). 

Erst  Wilmanns  (gr.  «11 129  ff.,  158  ff.)  hat  mit  seiner  Dar- 
stellung der  Partikelkomposition  Bahn  gebrochen.  Er  sucht 
die  Spuren  der  drei  got.  Grundtypen  faur-  fair-  fra-  an  Bei- 
spielen bis  in  die  nhd.  Zeit  vorsichtig  zu  verfolgen,  ohne  zu 
verkennen,  dass  die  jüngeren  Bildungen  nicht  sicher  der  einen 
oder  anderen  Grundtype  zuzuweisen,  sondern  aus  mannigfach 
sich  kreuzenden  Einflüssen  entstanden  sind.  Die  Grundtypen 
haben  sich  in  den  einzelnen  Bedeutungszweigen,  die  sie  in  der 
Komposition  entwickeln,  einander  genähert,  sich  verschmolzen 
und  nach  den  so  entstehenden  Bedeutungsgruppen  analogische 
Neubildungen  hervorgerufen.  Im  einzelnen  befriedigt  die  Ein- 
teilung^ aber  auch  bei  Wilmanns  nicht,  so  wenn  er  die  Gruppe 

^)  got.  faura  kann  doch  nicht  in  fawr  übergebn !  ver-  steht  vielmehr 
im  Wechsel  mit  für  ifaur),  daher  die  Schwächungen  verbei,  vergtU^  verlianden, 
verlangst,  verheb,  verwahr  statt  fürbei,  fürgut ...  im  älteren  nhd.  Im  jüngeren 
nhd.  ist  fürbei  .  .  .  wiederum  in  vorbei,  vorhanden,  vorlängst,  vorlieb  über- 
gegangen (ebd.  S.  56  f.). 

^  Nach  den  got.  Belegen  scheidet  er 
faur:    a)  in  rein  örtlicher  Bedentang  unserem  nVor''  entsprechend, 

b)  in  der  Bedeutung  „vorbei^, 

c)  weniger  selbständig  in  den  Verben  abwehren,  hindern,  decken. 
fror\     a)  »fort"  in  den  Verben  der  Bewegung, 

b)  bei  loisen,  geben,  nehmen, 

c)  verachten,  verfluchen  und  andere  Verba,  die  eine  feindselige,  üble 
Gesinnung  bekunden, 

d)  versehrenj  verderben,  vernichten  (Trans,  und  Intrans.), 


54 

der  Verba  verbinderiy  -einigen,  -mischen  der  Type  fra-  zuweist  als 
„Tätigkeiten,  durch  die  das  Objekt  oft  seine  Selbständigkeit 
verliert"  ^).  Bildungen  wie  verbünden,  verloben,  verpflichten,  ver- 
sprechen, verschnüren,  verankern  lassen  sich  mit  Sicherheit  auf 
faur-  zurückführen,  ebenso  verbieten  „vor  Gericht  laden",  versetzen 
„ersetzen,  erstatten",  sich  versehen  „erwarten"  u.  a.  Einige 
undurchsichtige  Bildungen  wie  verdienen,  sich  verrechnen  „Rech- 
nung ablegen",  verstehn,  vertrauen,  versuchen  weist  er  richtig  der 
Type  fair-  zu.  Bei  anderen  schwankt  er  und  ordnet  z.  B.  ahd. 
farfaran  „transire"  xmi^v  faur-,  firfaran  „perire"  unter /ro-  ein 
(159,  162). 

Die  vorliegende  Darstellung  schliesst  sich  an  Wilmanns 
an.  Sie  hat  versucht  eine  sichere  etymologische  Grundlage  zu 
gewinnen  und  das  Verhältnis  von  ver-  zm  für  und  vor  klarzu- 
stellen (Abschnitt  I— II),  um  nun  darauf  fussend  den  Beitrag 
der  Grundtypen  zur  Bedeutungsentwicklung  zu  ermitteln.  Diese 
Aufgabe  ist  nicht  ganz  einfach  bei  der  unübersehbaren  Masse 
der  wr- Komposita,  Wilmanns  hat  sie  nicht  einmal  bei  einer 
beschränkten  Anzahl  durchführen  können.  Da  die  einzelnen 
Typen  schon  früh  lautlich  verschmelzen  und  in  der  Komposition 
bald  hier,  bald  dort  diesielbe  Bedeutung  entwickeln,  so  gewährt 
uns  weder  Form  noch  Bedeutung  sichere  Anhaltspunkte,  um  in 
den  einzelnen  Bildungen  die  Grund  typen  zu  erkennen.  Die 
Bedeutungsgruppen  setzen  sich  schon  im  Gotischen  aus  Bil- 
dungen verschiedener  Herkunft  zusammen  {fawrqipan  — fraqipan 
S.  12  f. ;  frawaurlgan  — fairweHjan  S.  23),  auch  in  der  Komposition 


e)  „fort  vom  rechten  Wege",  sinnlich  and  übertragen, 

f)  „fort  (zeitlich),  dauernd". 

fair-  hat  keine  bestimmte  sinnliche  Bedeutung  mehr,  scheint  vielmehr  auf 
Ziel  und  Abschluss  der  Tätigkeit  hinzuweisen  oder  den  Verbal- 
begriff stärker  hervorzuheben. 
Auf  Grund  der  deutschen  Belege  (ahd.,  mhd.,  nhd.)  kommen  zu  faur-  hinzu 
die  Gruppen  verbieten,  versagen  und  schützen,  sorgen;  zu  fra-  die  auf  das 
Übermass  hinweisenden  und  das  Erlöschen  der  Tätigkeit  bezeichnenden  Verba. 
Die  Gruppe  verzehren,  verderben,  vernichten  baut  die  besonderen  Bedeutungs- 
zweige hinbringen,  durchbringen,  sich  bringen  um  etwas  und  verarbeiten^  ver- 
tuenden aus. 

*)  Soll  die  Sprache  —  oder  die  sie  fortbildenden  Individuen   —   diese 
logische  Betrachtung  auch  anstellen? 


mit  derselben  Grundtype  (frakugan,  fraweitcm^  frawrikan^  fra- 
wrohjan  — frakunnan^  frawa/rdjan,  frawaurkjan  S.  17  f.).  Denn 
bei  jedem  Kompositum  kommen  die  Bedeutung  des  einfachen 
Verbs  oder  Stammwortes,  die  des  Präfixes  und  nicht  zum 
wenigsten  die  eigenartigen  Beziehungen  in  Betracht,  die  sich 
zwischen  beiden  anspinnen.  Diese  setzen  meist  die  schon  fest 
gewordene  und  häufig  im  Sinn  verschobene  Bedeutung  einheit- 
lich gefühlter  Komposita  voraus  (vgl.  oben  S.  1  f.).  Indem  solche 
Komposita  wieder  ihrerseits  das  Muster  zu  analogischen  Neu- 
bildungen abgeben,  spinnt  sich  ein  Netz  von  verwickelten  Be- 
ziehungen weiter,  in  deren  letzten  Ausläufern  man  vergeb- 
lich eine  der  Grundtypen  suchen  wollte.  Und  nicht  genug 
damit.  Ein  ähnliches  Verhältnis  wie  zwischen  den  Grund- 
typen von  ver-  findet  auch  zwischen  lautlich  verschiedenen, 
trennbaren  und  untrennbaren,  Präfixen  statt.  Sie  heften  sich 
an  dasselbe  Stammwort,  berühren  sich  in  der  Bedeutung,  wett- 
eifern in  der  Verwendung,  verbinden  sich^)  oder  verdrängen 
einander,  wechselnd  in  den  verschiedenen  Sprachperioden  und 
Mundarten.  „Der  Gebrauch  der  Simplizia  wird  durch  die  Aus- 
bildung der  Komposita,  und  die  eine  Art  von  Kompositis  durch, 
die  andere  bestimmt**  (Wilmanns  II  129).  Wer  daher  ein 
Präfix  behandeln  will,  darf  die  anderen  nicht  ausser  acht  lassen, 
sondern  muss  sie  vergleichend  heranziehen. 

So  ist  es  eigentlich  verlorene  Liebesmüh,  den  reichen 
Schatz  unserer  Sprache  an  ver- Bildungen  auf  die  einzelnen 
Grundtypen  zurückführen  zu  wollen,  und  es  erscheint  als  das 
Nächstliegende,  das  ganze  Material  ohne  Bücksicht  auf  Herkunft 
in  Bedeutungsgruppen  vorzuführen.  Indessen  würden  wir  damit 
den  anziehendsten  Teil  der  Untersuchung,  den  Anteil  der  ein- 
zelnen Grundtypen  an  der  Entwicklung,  übergehn.  Also  wollen 
wir  hier  die  erste  Entfaltung  der  einzelnen  Typen  an  charak- 
teristischen Bildungen  darlegen,  die  Berührungspunkte  an  ver- 
schiedenen Zweigen  aufdecken,  die  Hauptfäden  der  verwickelten 
Beziehungen  entwirren  und  dann  die  Zusammensetzung  der  Be- 
deutungsgruppen untersuchen. 

Vorher  aber  noch  ein  Wort  über  unsere  Hilfsmittel.  Wenn 


*)  Dahin  gehören  got.  faurafaursruwan,  faurbigaggan,  faurbisniwan  (S.  8). 


56 

sich  auch  in  Laatform  und  Bedeutung  die  Orundtypen  ver- 
mischt haben,  so  gewährt  uns  doch  beides  einige  Fingerzeige 
fttr  die  Zuordnung  der  jüngeren  Bildungen  zur  einen  oder 
anderen  Qrundtype.  So  zeugen  für  /aur- Bildungen  die  ahd. 
fu^^  mhd.  tH#r- vwr-,  nhd./ür- (vor-) Komposita,  die  hier  und  da 
neben  den  geschwächten  Formen  belegt  sind  (S.26f.,  28  f.,  35  f., 
41)»  Da  sie  teils  noch  in  loser,  teils  schon  in  fester  Kompo- 
sition vorkommen,  so  haben  wir  bisweilen  die  drei  Entwick- 
lungstufen vor  Augen,  welche  die  Partikel  von  ihrer  selb- 
ständigen Verwendung  bis  zur  völligen  Verschweissung  mit  dem 
Verb  durchmacht.  Freilich  ist  dieses  Merkmal  nicht  unbedingt 
zuverlässig,  da  höchstwahrscheinlich  ahd.  firir  (:  got.  faW-) 
in  den  seltenen  Fällen,  wo  es  ungeschwächt  vorkommt,  sich 
lautlich  an  fwrir  angeschlossen  hat  (vgl.  füncüe  S.  15  Anm.). 
Für  die  /ra- Typen,  wo  wir  fast  jedes  lautlichen  Fingerzeiges 
entbehren,  bieten  uns  dafür  die  got.  Belege  eine  um  so  sicherere 
Grundlage.  Auch  haben  die  /ra-Typen  am  wenigsten  ihre  Bedeu- 
tung verschleiert.  FBr  Denominativbildung  und  Perfektivierung 
kommen  sie  in  erster  Linie  in  Betracht  (S.  20  f.).  Bei  den 
/air-Typen  sind  wir  am  meisten  auf  Vermutungen  angewiesen, 
da  sie  spärlich  vertreten  und  am  wenigsten  durchsichtig 
sind.  Indessen  unterstützt  uns  hier  das  reiche  Material 
der  Sprachvergleichung.  Am  ausgiebigsten  aber  verwenden 
wir  daneben  bei  allen  Typen  andere  Präfixkomposita,  besonders 
ungeschwächte,  deren  sinnliche  Bedeutung  uns  noch  lebendig 
ist,  wo  wir  sie  bei  den  entsprechenden  t7er-Eompositis  nicht 
mehr  durchschauen  (vgl.  S.  2  f.  vorlesen  :  verlesen^  vorschreiben  : 
verschreiben  u.  ähnl). 

Von  anderen  Präfixen  sind  vornehmlich  he-  und  er-  behandelt 
worden^).  Beide  Arbeiten  berücksichtigen  nur  die  mhd.  und 
nhd.  Verbalkomposition.  Hittmair  (Die  Partikel  he-)  will  eine 
chronologische  Übersicht  über  die  einzelnen  Bildungen  geben, 
verfolgt  Entstehung,  Blühen  und  Absterben  der  Bedeutungs- 


')  A.  Hittmair,  Die  Partikel  he-  in  der  mhd.  u.  nhd.  Verbalkomposition, 
Wien  1882.  Th.  Jakob,  Das  Präfix  er-  in  der  transitiven  mhd.  u.  nhd.  Verbal- 
komposition,  Progr.  Döbeln  1900.  Die  Partikel  ge-  scheidet  für  ans  wegen 
ihres  ansinnlichen  Charakters  von  vornherein  aas. 


57 

gruppen  and  untersucht  die  Bildungsprinzipien  in  oft  anregender 
Weise.  Was  er  nebenbei  von  ver-  behauptet,  ist  nicht  immer 
zutreffend*).  Jakob  (Das  Präfix  er-)  bleibt  hinter  Hittmair 
wesentlich  zurück  und  bringt  es  über  eine  äusserliche  Ein- 
ordnung des  Stoffes  nicht  hinaus.  Indessen  wird  uns  das  in 
beiden  Arbeiten  zusammengetragene  Material  bei  der  Ver- 
gleichung  nützlich  sein,  he-  nähert  sich  in  der  Verwendung 
den  Typen  fair-  und  fawr-  II,  er-  den  Typen  fra-  und  fam-  I, 
so  dass  sie  sich  gewissermassen  ergänzen.  Doch  entwickeln 
be-  und  er-,  obwohl  sie  nur  von  einer  Grundform  stammen, 
so  verschiedenartige  Bedeutungszweige,  dass  schon  jedes  einzeln 
mit  ver-  konkurrieren  kann:  eine  Mahnung  für  uns,  die  Viel- 
deutigkeit von  ver-  in  der  Komposition  nicht  allein  aus  der 
vierfachen  Wurzel  herzuleiten.  Wir  werden  sie  bei  den 
einzelnen  Bildungen  zunächst  aus  einer  einzelnen  Wurzel  zu 
begreifen  suchen,  dann  erst  Bildungen  verschiedener  Wurzeln 
nebeneinanderstellen   und   daraus   ihre   Berührungspunkte   und 


^)  Dass  ver-  nicht  instramentalen  Charakter  hat,  ist  ein  Irrtam;  von 
einem  Herabsinken  seiner  Individnalität  bis  zur  vollen  Bedeutungslosigkeit 
kann  ebensowenig  die  Hede  sein  (S.  113)^  Allerdings  behauptet  der  Verfasser, 
auch  be-  komme  die  instrumentale  Bedeutung  nicht  zu  (S.  116).  Von  vorn- 
herein verfehlt  ist,  die  sinnliche  Bedeutung  von  be-  aus  der  später  speziali- 
sierten von  bei  abzuleiten  und  etwa  bekommen  als  „beikommen'',  beathUeasen 
als  „beischliessen*  zu  erklären  (S.  17),  obwohl  mehr  als  ein  Drittel  der  got. 
6e-EompoBita  die  Bedeutung  circum  {afKfC,  thqC)  hat  (S.  12,  21).  Aus  dieser 
Grundbedeutung  lassen  sich  die  übrigen  wie  bei  fair- :  mgi :  per  (S.  14  f.  dies. 
Abb.)  leicht  entwickeln  (dagegen  H.  S.  47).  Der  Verfasser  verwendet  überhaupt 
die  sinnUche  Grundbedeutung  zu  wenig  und  greift  statt  dessen  lieber  zu 
geschraubten  Erklärungen,  z.  B.  bei  der  privativen  und  deteriorierenden 
Funktion.  So  schwankt  er  bei  benehmen  (S.  187)  zwischen  der  Auffassung 
von  Sanders:  , durch  Fortnehmen  verkleinern"  und  der  von  Grimm:  „was 
beigetan  wird,  wird  auch  beiseite,  weggetan,  folglich  entzogen",  während 
die  richtige  Deutung  so  nahe  liegt:  „rings  herum  nehmen,  umfassen,  er- 
greifen" (vgl.  das  entsprechende  got.  fairgreipan  S.  14  dies.  Abb.  und  gr. 
niQtatQito).  Um  die  deteriorierende  Bedeutung  zu  erklären,  beschwört  er  den 
Pessimismus  der  Sprache  herauf  (S.  192);  vgl.  dazu  die  Deutung  von  got. 
fairwei^an  III,  fainoeitl  S.  15  dies.  Abh.  „Wer  viel  hin  und  her  denkt, 
ruft,  spricht,  der  treibt  Zielloses,  Überflüssiges  oder  Schädliches" :  so  entsteht 
bedenken  (bedenklich),  berufen ^  besprechen  neben  verdenken  (verdächtig),  ver- 
rufen, versprechen. 


58 

die  Art  ihrer  Verbindung  herleiten.  Dazu  müssen  wir  alte 
Komposita  sinnlicher  Anschauung  heranziehen,  die  dank  ihrer 
häufigen  Verwendung  vielseitig  ausgebaut  sind. 

Bei  faur-  J,  das  wie  in  den  beiden  vorhergehenden  Ab- 
schnitten der  Abhandlung  die  Reihe  der  Grundtypen  eröffnen  mag, 
sind  wir  in  recht  glücklicher  Lage.  Bildungen  wie  versehen, 
verhören;  versprechen,  verschreiben;  versetzen,  verlegen;  verschlagen, 
verfangen;  verschiessen;  verfahren,  vergehn  lassen  ebensowenig  wie 
die  Bedeutung  des  Präfixes  sinnliche  Anschaulichkeit  vermissen 
(s.  die  Übersicht  S.  28).  Entsprechend  den  got.  Belegen  faur- 
rinnan,  unfaurweis  — fattrlagjan,  fatirqißan  — faurgaggan  (S.  7  f., 
10,  13)  kann /awr- 1  als  „vorwärts,  voraus**  —  „hervor,  heraus" 
—  „vorüber,  hinaus  über"  aufgefasst  werden.  Indem  sich  nun 
etwa  in  faurqipan  „aussprechen"  je  nach  dem  inhaltlichen  Zu- 
sammenhang ein  gebietender  (nhd.  versprechen),  ein  fürsorgender 
(verantworten),  ein  verweisender  (versagen)  oder  gehässiger  (ver- 
rufen) Nebensinn  entwickelt,  setzen  sich  vier  weitere  Zweige 
an.  Ebenso  kann  das  „vorüber,  hinaus  über"  in  famgaggan 
bedeuten:  „über  das  Ziel  hinaus"  in  gutem  Sinne  (nhd.  über- 
holen) oder  „vorüber,  vorbei  an"  (vergehn)  oder  „über  das  Mass 
hinaus"  in  schlechtem  Sinne  (übergehn,  sich  vergehn). 

Innerhalb  der  einen  Type  also  kann  sich  ein  übler  Neben- 
sinn auf  zwei  Arten  entwickeln  (verrufen  —  übergehn);  wie 
viel  schwieriger  wird  es  dadurch,  die  Gebiete  der  Grundtypen 
voneinander  abzugrenzen!  Zunächst  haben  wir  zu  beobachten, 
wie  sich  die  oben  erwähnten  Komposita  in  den  verschiedenen 
Anschauungsmöglichkeiten  der  Type  faur-  I  bewegen.  Die 
Beispiele  sind  der  Bedeutung  nach  paarweise  zusammengestellt ; 
ich  beginne  mit  versehen,  verhören, 

versehen  als  „voraussehen"  entwickelt  den  Sinn  „hervor- 
sehen, ansehen,  erwarten,  ausersehn  —  vorsehen,  Vorsorgen, 
vorsorgend  anweisen  oder  abwenden  —  versorgen,  schützen, 
besorgen,  verwalten,  versehen  mit  (providere)";  versehen  als 
„übersehen,  hinwegsehn  über"  die  Bedeutungen  „verzeihen  — 
verachten  —  versäumen,  verfehlen" ;  als  „misstrauisch  aufsehen 
zu,  starr  hinsehen  auf"  den  Sinn  „argwöhnen  (suspicari),  ver- 
zaubern". 


abd.  Gl.  1 178  Pa.  unfarsehanti.  gl.  K.  unfersehandi :  invisas,  qui  non  videtar. 
N.  I  21,  29  P.:  äfter  rihte  beidiu  u  er  sah:  recte  intuitus  est. 
11425,3:  uuanda  truhten  häranider  fersdh.    föne  himile  fers  ah 
er  in  irda  :  prospexit. 

Gl.  I  432  b :  sihfirsehent  firsehent  sihirchennint :  respiciant. 
0.  IV  30,  31:  ja  fersdh  er  sih  in  göt. 

0.  IV  5,  65:  firsdhun  sih  zi  toäru  si  sineru  ginddu. 

N.  I  81,  20  P. :   übe  du  dih  töh  ze  dien  uriunden  uersist. 
[Gl.  II  243  b  fersiht :  respectum.   II  208  b  zuofirsiht :  respectum.] 

61.  I  122  Pa.  Ra.  unfarsehanti.    gl.  K.  unfurisehandi  :  ex  inproviso, 

siibito. 
Gl.  I  76  Pa.   gl.  K.  furi  sih :  provide. 
N.  I  316,  3  P. :  noh  sie  neuttdnent  nieht  nöte  geskehen  diu  göt  foresihet : 

quae  providentur. 

N.  II  494,  6  P.:  er  ist  min  helfare  he  diu  fersieho  ih  mine  fienda  : 

despiciam  inimicos  meos^). 
[Gl.  II  91  a  forsehani :  suspicio.  II  53  b  zu  firsiht :  suspitio.] 
as.  Hei.  5742:  thia  that  all  forsauun,  thes  gumen  grimman  dod  (ansehn). 
Hei.  5746:  habdun  im  farseuuana  soroga  ginuogia,  mikila  muodkara. 
mnd.  Münst.  Chr.  1,  175:  dat  versach  de  Teuer,  de  up  den  blockhuse  sath 

(ersehen,  bemerken). 
Flos  u.  Bl.  909:  wes  he  sik  mach  to  ju  vorsen. 
Korner  24  b:  dat  WedeUnt  datheer  Karli  wölde  vorseen  (ausspähen). 
Korner  69c:  god,  de  en  uterkaren  hadde  unde  vorseen  to  merkliken 

dingen  (aasersehn  zu). 

Magd.  Seh.  Chr.  16,  32:   dar  umme  rode  ik  di,  dat  gi  ju  vorseen 

edder  vleen  (sich  vorsehn). 
RuBS.-livl.  Urk.  S.  163a:    doet  vruntliken   vnde  vorseyt   vnse  beste 

(,  wahrnehmen"). 
Lehnr.  Art.  06  %  1:   de  herre  sal  .  .  uppe  des  mannes  gut  versien 

(var.  Ben,  warten). 

1.  Sam.  16,  17  (H.):  vorset  (providete)  mi  einen,  de  wol  up  der  harpen 

speien  künde  (besorgen,  beschaffen). 

Lüb.  Urk.  4,  nr.  265  (a.  1375):  beghere  wy,  dat  gy  vns  vorseyn  vm 
eyne  gude  herberge  (versehen  mit)  *). 

Leibn.  3, 196:  se  vorsegen  sik  umme  havelude  unde  htUpe  (sich  um- 
sehen nach,  sich  versehen  mit). 


>)  Dazu  f ersichtig  „verächtlich"  (N.  I  120,  3  P.).  aengl.  forseön  ist 
nur  in  dieser  Bedeutung  belegt  (Bosworth-Toller  317  a). 

')  Dieses  versehen  um,  zunächst  lokal  gefühlt  {afi<p£  „umhersehen  nach"), 
wird  dann  abstrakt  (negi  „inbetreff").  sich  versehen  an,  von  zeigt  ebenfalls 
lokale,  sich  versehen  mit  instrumentale  Anschauung;  vgl.  sich  verstehen  um, 
auf  usw. 


60 


R.  V.  6136:  wert  dease  kanse  nu  vor  sin  (versäumen). 

R.  V.  6432:    mm   mit  juweme  oge,    dat  ü  vorsen    (verfehlt,   ver- 
pfuscht). 

R.  V.  3706:  höret  mine  sundcj  eft  ik  mi  aodder  toes  fiebbe  vorsen 
(sich  etwas  zuschulden  kommen  lassen), 
mhd.   Windb.  ps.  45:  th  gewarte,  versihe  ane  dich  :  speravi. 

Büchl.  2,  12:   da  man  sich  guotes  von  versiht^). 

Parz.  7,  1:  min  brtioder  der  mac  sich  mer  der  «testen  hilfe  an  mich 
versehen  '). 

Jw.  4131:  wand  ich  mich  wol  umb  in  versach^). 

Bari.  31,  31  Pf. :  kümien  die  dm  tac  versehen,  wmne  es  an  in  sol 
geschehm  (voraussehn). 

Erlös.  254,  358:  wm  ich  für  sehen  hob  zer  salikeit  (ansersehen). 

Myst.  2.  557,  30:  über  die  menschm  die  er  Mt  versehen  dag  er  sie 
ge  grocen  dingen  siehm  welle  (praedestinare). 

Myst.  1.  104,  33:  got  vors  ach  dig,  dag  sancte  Oregorius  in  ei^tm 

solde  (voraussehend  fügen). 
Myst.  1.  330,  9 :  daz  uns  diu  innem  ougen  der  verstai^üsse  also  lerm 

unde  vürsehen  (var.  weisen)  wag  daz  beste  st  (vorsorglich  anweisen). 
Wolfd.  D.  VIII,  316:  dag  ml  ich  versehen  M  der  git,  ob  ich  kan 

(vorsorgend  bedenken). 
Weist.  5,  266:  daz  got  versehe!  (vorsorglich  abwenden). 
Urk.  V.  1277  bei  Oberlin  1772:  durch  rechte  lieh  versehen  wir  der 

vorgenantm  fr.  Agnes  dag  fischwcusger  (zum  Eigentum  anweisen, 

vermachen). 

Krone  26183:  si  wurdm  aiso  wol  vürsehen,  daz  in  nihtes  gebrast 

(versorgen). 
Krone  28567:  unrt  er  vor  gouber  niht  vürsehen  und  endeliehe  wol 

bewart  (versorgen,  schützen). 
Chr.  8.  41,  14:  er  woüe  .  .  dag  römische  rieh  versehen  (verwalten). 
Boner  42,  16;  der  wise  sich  versehen  sol  an  spis^). 
Chr.  1,  435,  36 :  land  und  leute  mit  friden  und  gnaden  czu  fürsehen. 
Chr.  1,  457, 14:  dojs  uns  sein  gnad  mit  einem  andern  erbem  täglichen 

Pfarrer  fürsehe. 

Alph.  22,  4:  des  versehet  ir  min  sthulde  (nachsehen,  verzeihen). 

Jer.  9546:  daz  er  die  schult  an  im  vorsehe  mit  geduU. 

Msf.  246,  83:    daz  si  den  weit  und  jenen  versiht   (var.  übersiht, 

verachten). 
Ludw.  92, 12:  daz  jungeste  di  schange  vors  ach  unde  vil  in  dm  bom 

(Übersehen). 


n  Siehe  S.  59  Anm.  2. 


61 

EDgelh.  4688:  so  wart  versehen  .  .  vür  EngeJharten  Dieterich  (fälsch- 
lich ansehen  als). 

Heimb.  handf.  272:  die  dö  man  sich  des  üf  versiht,  dae  si  jenen 

gewundet  haben  (beargwöhnen). 
nhd.  Keisersberg  granatapfel  62:  er  versähe  jn  für  eu  einfältig  gu  einem 

musico  (ansehen  als). 
Luth.  1.  172,  14  W. :  der  berg  moria  heist  dominus  videUt,  amweiffel 

das  ich  allein  es  sehen  sali,  gleich  wie  ich  alsz  da  Abraham  vor- 

sach,  darynne  er  sich  gar  nichts  vorsach  (erblicken  —  erwarten). 
Luc.  12,  46:  an  dem  tage,  da  er  sichs  nicht  versihet^). 
Bibel  1483,  305  a  sprüche  Sal.  58,  25:  wer  sich  aber  versiht  an  dem 

herren,  der  wirt  behalten  (qui  vero  sperat  in  Domino). 
Luth.  1.  250,  4  W. :  einen  got  haben,  das  ist  einen  haben,  von  dem  er 

sich  vorsieht,  in  aUem  guten  gefordert,  in  aUem  boszen  geholfen 

werden. 
Luth.  12.  690,  17  W.:  nos  debemus  trosüich  uff  ihn  uns  vorsehen. 
H.  Sachs  Ndr.  31/32  S.  13:  gw  dir  versieh  idi  mich  als  guez. 
Uhland  Volksl.  1,  99  Cotta:  vil  guts  ich  mich  eu  im  versieh. 
Kant  10,  330:  wessen  wir  uns  gegen  ihn  zu  versehen  haben. 
Hed.  com.  153:  sie  fürsehen  nit,  wie  die  Sachen  würden  auszschlahen 

(vermuten). 
Lessing  2,  379  (1747) :  dieses  unglück  hätte  ich  mir  nicht  versehen  ^) 

(dass.). 
Born.  8,  29:  denn  welche  er  zuvor  versehen^  hat,  die  hat  er  auch 

verordnet  (praedestinare). 
Luth.  14.  23,  13  W.:    wollen  durch  die  vemunfft  ergrunden,  ob  sie 

versehen  sind  (praedestinati),  auff  das  sie  gewis  werden,  woran 

sie  seyn. 
Oanther  495  (1735) :    die  pareen  haben  uns  den  Untergang  versehen. 

H.  Sachs  Ndr.  31/32  S.  64:  darunib  für  sehet  euch  nur  eben!  (sich 
vorsehen.) 


^)  Da  dieser  Genet.  sich  formell  nicht  vom  Akk.  unterscheidet,  wird  er 
fälschlich  als  solcher  aufgefasst  Dann  erscheint  der  Akk.  sich  als  Dat., 
und  so  entsteht  die  Wendung  ich  verseifte  mir  etwas  mit  der  Anlehnung  an 
versehen  „ausersehen*. 

')  Luther  hat  dieses  versehen  so  verblasst  gefühlt,  dass  er  es  durch 
guüor  stützen  zu  müssen  glaubte  (vgl.  got  faura  faursmwan  S.  S)  \  ähn- 
liche Stellen 

1.  Petr.  1,  20:  der  zwar  zuvor  versehen  ist. 

Rom.  11,  2:  sein  vokk  .  .  welchs  er  zuvor  versehen  hat. 

Hebr.  11,  40:  das  gott  etwas  bessers  für  uns  zuvor  versehen  hat. 

Apostelg.  17,  26:   und  hat  ziel  gesetzt  zuvor  versehen  .  .  . 
Für  Vorsehung  gebraucht  Luther  durchaus  noch  versehung  (DWB.  XII 1265  f.). 


62 

Ayrer  1.  639,  25  Keller:  ein  testament,  darinnentoir  haben  versehen, 

was  nach  unserm  todt  sol  geschehe^  (verordnen). 
Bocc.  (1588)  179:  erbefalh,  das  sie  jnen  stand  und  herberg  für  sehen 

(besorgen). 
Garg.  Ndr.  65/71  S.  1 1 1 :  vorsihet  wie  ein  stemverkündiger  die  iJveurung, 

versorget  sich  wie  ein  omeysz  vor  dem  tointer  (voraussehend  bedenken). 
Simpl.  1.  86j  11  Kurz:  ich  antwortete:  „herr!  ist  euer  hertz  wie  euer 

mund?''  er  sagte:  „ich  versehe  nichts*'  (stehe  für  nichts  ein). 
Fierrabras  Fl:  wo  es  gott  nit  versieht,  oder  verkünibt  (vorsorgend 

bedenken,  abwenden). 

Uhland  Volksl.  1,  206  Cotta:  ich  liab  der  hind  sibne,  viere  seind  ver- 
sehen schon  (versorgen). 
Pauli  schimpf  163a:  der  artzt  ermanetjhn  er  solte  sein  seeU  versehen 

—  er  umrde  sterben  (mit  Sterbesakrament  versorgen). 

A.  Gryph.  Ndr.  3  (Korr.)  S.  13:  sie  hat  .  .  die  Schüttboden  versehen. 
Fers,  reisebeschr.  1,  9:  ob  auch  die  herren  gesandten  an  essen  und 

trincken  und  andren  nothwendigen  Sachen  genugsam  versehen  wären. 
Kaiser sberg  postill  4,  36:  er  hat  sein  müter  versehen  von  der  hüt 

und  dem  dienst. 
1.  Mos.  27,  37:  mit  kom  vnd  wein  hob  ich  jn  versehen. 

Luth.  12.  355,  27  W.:  rom  bösen  wenden  und  gutts  thun  heysset,  wenn 
man  böse  wort  verlöret,  bösz  und  unrecht  versehen  kan  (negligere, 
verzeihen). 

Logau  3.  207,  95 :  wie  du  gibst,  gibt  man  dir.  gib  mir  geneigten  bUck, 
vielleicht  versiht  man  dir  audi  ein  versehnes  stück  (verzeihen 

—  verfehlen). 

Logau  2.  12,  37 :   ein  gar  zu  blödes  aug,  als  oftmals  ist  geschehn,  hat 

das,  was  jhm  gesollt,  versäumt,  verschämt,  v ersehn. 
Freytag  handschr.  2,  405 :  der  fü/rst  verstand  gut  zu  machen,  was  sein 

hof  an  Ilse  versah. 
Schiller  2,  34:   eine  so  biszige  bestie,  die  dir  die  mädels  wie  der  bUtz 

am  rockzipfel  hatte,   wenn  sie  sichs  v  er  sahn,  und  zu  nah  dran 

vorbey  strichen  (übersehen,  nicht  aufpassen). 
Vitzenbürger  1,  262:   man  hat  mich  vor  einen  andern  mann  versehen 

(fälschlich  ansehen  als). 

Die  Bedeutung  „starr  ansehen,  mit  dem  bösen  Blick  be- 
hexen" (mhd.  mnd.  entsehen  Lexer  1,  585,  Schiller -Lübben 
1,  691b)  ist  nur  in  den  lebenden  Mundarten  nachzuweisen, 
besonders  ndd.,  so  im  Brem.-Nieders.  (wb.  6,  296),  Ältmärk. 
(Danneil  239b),  ebenso  wie  verschiren  „schädigend  ansehn, 
bezaubern,  verderben"  (brera.  wb.  4,  661,  Richey  232, 
Dähnert   526)    gebildet.     Ausserdem   ist  versehen  gebräuchlich 


63 

im  Schlesisch.  (Weinhold  89  b).  Die  reflexive  Verwendung,  im 
Altmärk.  (Danneil  239)  und  Luxemburg.  (Gangler  469)  bezeugt 
von  schwangeren  Frauen,  die  über  einen  unerwarteten  Anblick 
erschrecken  und  dadurch  die  Leibesfrucht  schädigen,  ist  auch  in 
die  Literatursprache  eingedrungen: 

Schüler  2,  95:  junge  frauen,  die  besorgten  sich  an  den  sMnders- 
siükchen  zu  versehen  und  ihrem  kind  in  muUerleib  den  galgen 
auf  den  huckel  zu  brennen. 

Goethe  5.  1,  99:  todtengräbers  tochter  sah  ich  gehn,  ihre  mutter  hatte 
sich  an  keiner  leiche  versehn! 

Im  Preuss.  (Frischbier  2, 441  b)  bedeutet  sich  versehen  „schwanger 
werden",  in  den  russ.  Ostseeprovinzen  ein  versehen  mensch :  pueila 
stuprata  (Hupel  idiot.  249  im  DWB.  1256). 

Im  ßrem.-Nieders.  ist  utUverseen  als  „ausersehn"  (wb.  6,  296) 
bezeugt^).  Die  Bedeutung  „mit  Sterbesakrament  versehen"  ist 
in  katholischen  Gegenden  gebräuchlich  (Luxemb.  Gangler  469; 
Köln.  Honig  194  b,  mir  im  Schlesischen  bekannt).  Die 
Schiffersprache  kennt  die  taakdasche  versehen  „nachsehen,  unter- 
suchen, ausbessern"  (Bobrik  708a).  Die  Gaunersprache  gibt 
„falsch  sehen,  versehen"  durch  verhreUen  (Belüge  rotw.  458) 
wieder.  Schweiz,  entsehen  bedeutet  „voraussehen"  (Staub- 
Tobler  1,  352). 

Lehrreich  ist  der  Vergleich  von  versehen  mit  besehen  und 
ersehen.  Alle  drei  berühren  sich  in  vornhd.  Zeit  in  der  Be- 
deutung „zu  sehn  bekommen,  ersehen"  (Hittm.  180,  Jakob  XXV, 
XLI),  versehen  und  besehen  als  „sich  umsehen  nach,  sich  vor- 
sehen, sich  versehen  mit  etwas"  (Hittm.  72,  69,  208,  199,  197), 
bis  versehen  in  dieser  instrumentalen  Bedeutung  in  nhd.  Zeit 
als  Alleinherrscher  bleibt,  während  besehen  das  lokale  „umsehen, 
untersuchen"  (ebd.  72)  veranschaulicht.  Dialektisch  lebt  auch 
besehen  noch  in  der  Bedeutung  „warten,  pflegen"  (ebd.  72), 
Der  heutigen  Schriftsprache  ist  versehen  nur  noch  in  der  in- 
strumentalen und  tadelnden  Bedeutung  lebendig,  während  es 
uns  als  „erwarten"  und  „verordnen"  altertümlich  anmutet. 


')  Die  BedentuDg  „fürs  Sehen  ausgeben,  aufwenden*^  (wb.  4,  733)  ist 
nach  der  /ra- Type  verbrauchen  geprägt,  auch  literarisch  bezeugt: 

Simpl.  1,  66,  13  Kurz:  dase  er  mafichen  narren  angetroffen,  der  einen 
ereutzer  an  mir  versehen  Tratte. 


64 

Weniger  vieldeutig  als  versehen  ist  verhören.  Als  „nach 
vorne  hin  hören,  heraushören",  besagt  es  „hören,  vernehmen, 
anhören,  abhören,  aushorchen,  erhören";  als  „hinweghören 
über":  „überhöreji,  nicht  beachten,  verzeihen,  missachten,  un- 
richtig hören".  Das  Wort  ist  in  ahd.  Zeit  noch  nicht  belegt 
und  wohl  analogisch  nach  versehen  gebildet  worden. 

nmd.   1.  Mos.  21,  17  (H.):  de  stimme  des  kindes  vorhoren. 
Korner  120a:  vorhoret  se  emstliken. 
Ben.  712:  an  Jürgen  S.  toiUen  toi  verhoeren  taten,  wat  trost  he  uns 

geven  kan. 
2.  Chron.  6,  21  (H.):  vor  höre  se  van  dem  himmel. 

Haspost,  predige  von  dem  ehestande:  de  eine  schal  mit  dem  andern 
ein  wordt  auersehen  vnd  vorhoren  (verzeihen)^). 

Hans.  Rec.  11',  S.  35  (a.  1437):  so  wetet,  datikju  bot  nycht  vorhoren 
en  wyl  (missachten), 
mhd.  Wölk.  36.  1,  5:  weit  ir  ain  klain  verheeren  micli  (anhören). 

Elis.  8912:  habt  ir  verhört  des  idit  (vernehmen). 

Chr.  1.  209,  31:  geschefftbrief  .  .,  den  die  egenanten  czewgen  gesehen 
und  verhöret  heten. 

Wölk.  26,  277:  ain  paur,  der  nie  geschrifft  verheert  .  .,  der  sol  nü 
bas  verstän  das  recht  dann  ein  gwanderter  guter  knecht  (mit  Ver- 
ständnis anhören,  auffassen). 

Diocl.  4015:  ein  keiser  sol  verhoeren  vil,  e  daz  er  guo  einer  sache  ile. 

Chr.  9.  613,  29:  vil  gezOgnisse  sü  dar  über  verhörtent.    • 

Bing  51c,  25:  er  wolte  sie  niht  verhoeren  (abhören,  Beichte  hören). 

Diocl.  889:  und  ir  klage  verheert  wart  (erhören). 

Mitt.  d.  Schles.  Ges.  f.  Volksk.  XIV,  65  (15.  Jh.) :  o  ewiger  almedtüger 
lebendiger  gotes  sunn  verhör  vnd  gedenk  czu  meiner  begir  .... 

LuM.  52b:  er  was  gar  müde  und  verhörde  als,  das  im  Hema  sagte 
(tlberhören,  nicht  hören), 
nhd.   Zwingli  2,  3 :  uf  das  ist  min  ernstlich  bitt,  min  aniwurt  oueh  giUlieh 
zu  verhören. 

Luth.  6,  371  (DWB.  XII  581) :  diese  gewonheit  wird  bei  uns  gehalten, 
das  sacrament  nicht  zu  reichen  denen,  so  nicht  zuvor  verhört  und 
absöluirt  sind. 

H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  55 :  o  richter,  wir  drey  bitten  dich,  vns  zu- 
uerhören  gunstigJdich. 

Luth.  2,  202b  (DWB.  XII  583):  sie  schützen,  verhören  und  ver- 
teidigen (erhören). 


Schiller-Lübben  5,  371b  fälschlich  als  „  missachten "  angeführt. 


66 

Luth.  12.  355,  27  W.:  wenn  man  böse  wort  verhör  et  y  böse  und  un- 
recht versehen  kan  (negligere,  überhören,  yerzeihen). 

Thttmmel  2,  80:  sie  haben  verhört,  öder  vergessen,  was  ich  ihnen  eben 
in  diesem  augenblieke  erzählte  (überhören,  nicht  hören). 

Spielhagen  Plattland  3,  86:  5te  haben  sich  nicht  verhört,  herr  baron: 
Zempin  und  ich  (anrichtig  hören). 

tferhören  mit  dem  doppelten  Sinn  „Aas wendiggelerntes  her- 
sagen lassen^  nnd  „unrecht  hören ^  ist  im  Brem.-Nieders. 
(wb.  2,  659)  und  Altmärk.  (Danneil  85)  gebräuchlich.  Das 
Pomm.  kennt  „sich  erkundigen  nach^  (Dähnert  521),  das 
Schweiz.  , aufspüren,  erhören"  ( Staub -Tobler  2,  1574); 
ähnlich  verwendet  die  Jägersprache  verhören,  verlusen:  „das 
Wild  aushorchen,  aufspüren*  (Heppe  379,  Kehrein  304).  Im 
Rotwelschen  bedeutet  verhören  „  fangen  **  (Kluge  rotw.  130), 
während  „verhören,  gerichtlich  vernehmen*'  durch  verUmen, 
verschmaien  (ebd.  346,  387),  „Verhör*  durch  verlena,  verUrus^ 
verschmaihe  (ebd.  259,  332,  346)  wiedergegeben  wird.  Heute 
lebt  neben  dem  schriftsprachlichen  verhören  in  einigen  Mund- 
arten behören  als  „abhören,  gerichtlich  vernehmen*  (Hittm.  46, 
177,  225);  erhören  steht  zu  verhören  im  Gegensatz,  als  „etwas 
zu  hören  bekommen*  gegen  „nicht  hören*  und  „einen  wohl- 
wollend anhören*  gegen  „gerichtlich  verhören*^). 

Dem  versehen,  verhören  schliessen  wir  ein  versprechen,  ver- 
schreiben an.  Während  wir  heute  versprechen  fast  nur  in  der 
jungen  Bedeutung  „geloben,  sich  verpflichten*  gebrauchen,  ist 
es  in  den  jüngeren  Sprachperioden  sehr  vieldeutig  und  sinnlicher 
verwandt  (vgl.  damit  got.  faurqipan  S.  10). 

versprechen:  sprechen  —  bestimmen,  beanspruchen,  geloben 
—  verteidigen  —  versagen,  verschmähen,  verleumden,  ver- 
dammen, behexen,  beschwören  —  sich  zum  Schaden  sprechen, 
falsch  sprechen. 


^)  Die  Verwendung  von  verhören  ;,fürs  Hören  verhranchen,  aufwenden" 
ist  ganz  wie  versehen  S.  63  Anm.  gebildet: 

Thumeisser,  von  wassern  45:  dann  es  sind  lieblich,  schone  wort,  ich 
hob  vil  gülden  dran  verhört. 

Leopold,  Die  Vorsilbe  ver-  6 


66 

ahd.  Gl.  I  218  R.  furisprOiho  :  orator  >). 

II  287  b  furispröhhan  :  deliberatum. 

Das  ^ heraussprechen,  besprechen",  an  sich  farblos,  kann 
positiven  oder  negativen,  gehässigen  oder  freundlichen  Nebensinn 
entwickeln. 

N.  I  225,  21  P.:    uuio  boetius  .  .  uitds  incusans  farhrnam  ünde  ata 

philoaophia  disfersprdh  (von  der  Anklage  lossprechen  ~  sprechen 

für,  verteidigen)*). 

I  64,  16:  übe  fortuna  sih  silbün  sus  f  er  sprachen  uublti :  pro  se 

loqneretar. 
0.  IV  24,  20:    ÜUe  hiskofa  zi  nöH  firsprdchun  tho  He  UuH  (das 

Wort  nehmen  für). 
N.  I  S^y  15  P. :  mit  uuelero  uertröstedo  .  .  ih  f  er  spräche  tie  ünscuMe  : 

defenderim  innocentiam. 

Gl.  IV  27  b  firsprach  :  abnuit. 

I  545  a  uiraprahsih  firsprach  widiraprah  :  renantiavit. 
0.  I  15,  44:  tMe  ungHovJbige  thie  dböhont  iz  alle,  firspr^chent  io 

zi  nöH  tMo  lountarlichun  daU  (leugnen). 
Gl.  II  547  b  fersprochina  :  damnata. 
N.  II  24,  22  P.:  inannölichen  leidot  dar  aide  fersprichet  dar  sin 

canscientia  (beschuldigen,  anklagen). 

Vielleicht  können  wir  in  der  folgenden  Verwendung  einen 
Vorläufer  unseres  verspracÄen  „promittere**  erblicken  (oder  be- 
deutet es  nur  „ sprechen,  fortsprechen"?): 

N.  I  238,  6  P. :  so  medicus  infirmo  säget,  mit  uuiu  er  genisen  söl  .  . 
ünde  iöh  füresprichet:  däz  tst  Signum  recuperandae  sanitatis  : 
at  medici  sperare  solent. 

Das  mhd.  bildet  mehr  die  positive  („bestimmen,  verteidigen"), 
das  mnd.  mehr  die  negative  („verschmähen")  Seite  heraus. 

mnd.  Ostfr.  L.  R.  11,  289:  madh  mit  syner  rechten  hand  aüe  syn  gmt  unde 
reckt  vorwedden  und  mit  synem  munde  verspreken :  spondere. 

Lttb.  R.  292,  anm.  11:  nene  vnmundighe  vrouwe  mach  vorspreken  ere 
gudt  sunder  erer  negesten  vulbordt  (bestimmen,  verfügen  über). 

Z.  f.  Nieders.  1878,  S.  140  (a.  1389):   den  en  schal  neyn  kopman  vor- 


*)  Die  ungeschwächte  Form  bleibt  im  Nomen  bis  ins  nhd.   (vgl.  S.  40 
Anm.  4): 

mhd.  vür spräche^  vür-{vor-)sprec}i£,  vürsprecl^en,  vür-{vor-)spr'eclier,  mr- 

sprechunge  (Lexer  3,  610  f.). 
*)  got.  Lc.  14,  19:   habai  mik  faurqißanana :  f/^  jue  naQsrrfin^yoy  (S.  10). 


67 

spreken^)  eder  vardeghedingen  weder  den  meynen  kopman  (ver- 
teidigen). 

Eccles.  f.  174b:  werd  toelk  snoide  word  ghesprohen  . .  .  dat  werd  vor- 
sp rohen  vnde  vorsoinet  vüüen  drade  (entschuldigen  —  widerrufen)  *). 

Qerh.  v.  M.  39,  4 :  deme  umlve  rutoeden  sine  sunde  .  .  unde  up  dat  al 
vor  sprühen  toorde,  wat  he  oveU  ja  beginh  .  .  (dass.). 

Magd.  Seh.  Chr.  14,  7:  dat  Diderih  mtn  vrunt  ei,  voreprehe  ih  nicht 
(leugnen). 

Eomer  56 d:  de  heyserynne  begvnde  den  heyser  honUhen  to  vor- 
sprehende  (schmähen,  verhöhnen)'). 

Hanov.  Mscr.  I  84  S.  468:  vorsprik  eines  andern  wäre  ni(ht  (herab- 
setzen). 

Wolf.  Mscr.  23,  3,  f.  41b:  weTkeme  kynde  men  se  (verbena)  vmtne 
byndetf  men  mach  id  nicht  vorsprehen  (behexen). 

Josef  7  Tods.  777:  wo  he  sih  vorsprah,  .  .  he  mende,  he  were  god 
(sich  überheben). 

Leibn.  3,  185:  de  olde  bysprohe  wart  do  whar:  dat  men  sick  so  drade 
vorsprickt,  cdse  vorwercket  (falsch  sprechen), 
mhd.  Apoll.  6839:  deu  hdchzit  wart  versprochen  über  vier  wochen  (fest- 
setzen). 

Vintl.  4001:  wenn  ainer  ain  ding  nicht  halty  das  er  verspricht. 

Chr.  5.  133,  6:  also  mit  kurtz  versprach  ich  mich  zu  im  und  ward 
sein  diener. 

Chr.  4.  178  anm.  3 :  item  100  gtddin  haben  wir  gd>en  den  heren  von 
Baym  an  800  gtUd.,  der  man  sich  gen  yn  versprochen  haut. 

Hätzl.  1.  7,  68:  in  triuwen  ich  mich  dir  versprich  (sich  verloben). 

Kulm.  r.  3,  120:  daz  gelt  mag  nA,man;t  vorsprechen  vor  dem  tage 
(beanspruchen,  einfordern). 

Mühlh.  rb.  36,  30:  einen  diep  versprechen  mit  gerihte  (seine  Fest- 
nehmung beantragen). 

Griesh.  1,  60:  diu  werc  der  erbermherzikeit  für  sprechent  dem 
menschen  (vorsprechen,  verteidigen). 

Reinfr.  2773:  ich  wil  uns  aile  hie  für  sprechen. 

Parz.  524,  30:  der  künec  Artus  mit  einer  wide  woltz  gerne  hdn  ge- 
rochen, het  ich  dich  niht  versprochen  (eintreten  fttr,  entschuldigen). 

j.  Tit.  1413 :  i€h  weiz  an  im  die  triuwe,  daz  idi  in  (üler  wandet  muoz 
versprechen  (lossprechen  von,  entschuldigen). 


')  Schiller-Lübben  5,  456  b  setzt  hier  sicher  mit  Unrecht  betontes  Präfix 
an  und  schwankt  in  der  Bedeutung  „entschuldigen,  widerrufen"  zwischen 
betontem  und  unbetontem  (457  a  b). 

»)  Dazu  brem.  wb.  4,  971  .lästern*'  (veraltet). 

5* 


Chr.  4.  335,  10:  da  baUma  in,  das  er  die  stat  v  er  Sprech  gen  dem 

hapst,  ob  si  verclagt  wurden. 
Chr.  2.  281,  24 :  der  vorgenant  Schreiber  sol  .  .  schreiben,  wer  für  sie 

verspricht^). 

En.  328, 16:  her  hete  es  gerne  errodien,  wan  daz  ee  was  versprochen 
(var.  ertprod^,  das  es  niht  solde  wesen  so*). 

Nib.  16,  1 :  nu  versprich  es  wht  ee  sere  (verreden). 

Parz.  450,  2:  ungern  ich  das  verspräche,  iöhn  holt  ein  hus  durch 
suone  da  (ableagnen). 

Parz.  816,  27:  ai  die  gote  d*n  muostu  durch  si  versprechen  (ab- 
schwören). 

Chr.  8.  148,  19:  si  versprach  den  heiser  durch  got,  wände  si  kiusche 
wolte  bliben  (zurückweisen). 

übr.  Wh.  198  a:  sich  der  krönen  versprechen  (verzichten  auf). 

Malag.  24a:  ich  Mn  minenbrüder  versprochen  vor  allen  den  herren 
zu  einer  schände  (beschimpfen). 

Berth.  1.  215,  20:  die  unvertigen  Hute  unde  versprochenen  Hute, 
die  schedelichen  sint  der  kristenheit  (verleumderisch). 

Berth.  1.  105,  13:    das  er  sich  überhaben  hate  gein  gote  unde  sich 

aiso  versprochen  hcete  (sich  überheben). 
Parz.  114,  23:    sU  i<h  mich  versprochen  hän  und  an  mir  selben 

missetän  (ungebührlich  sprechen). 
Ssp.  1,  60:  ab  Tier  sich  verspricht,  des  her  si<h  nicht  erholen  mag 

(unrichtig,  falsch  sprechen), 
nhd.  H.  Sachs  Ndr.  26  S.  11 :    ist  euch  die  süss  Heb  worden  bitter,  die  jr 

doch  vor  mit  süssen  worten  versprochen  Tiabt  an  aUen  orten 

(rühmen). 
A.  Gryph.  Ndr.  3  (Herr.)  S.  27:  was  ich  der  Jungfrauen  versprochen. 
ebd.  S.  28:  mit  diesem  handscMag  v  er  Sprech  ich  mich  auff  ewig  die 

segne  su  seyn. 
Lessing  1,  542:  jenem,  mein  frätdein,  versprachen  sie  sich  (zur  Ehe). 
Mörike  6,  247  (Hesse):  den  nächsten  entscheidenden  Vorschub  aber  .  . 

versprach   sich   madame  Moeart   vom   erfolg  der  netten  oper 

(erhoffen). 

H.  Sachs  Ndr.  26  S.  121:  so  Ihut  auch  niemandt  mich  versprechen 
(eintreten  für). 


')  Es  ist  möglich,  wenn  auch  nicht  wahrscheinlich,  dass  sich  verspredten 
„spondere'^  aus  diesem  versprec/ien  für  einen  entwickelt  hat,  indem  das  Ein- 
treten für  einen  als  Gelöbnis  aufgefasst  ward. 

')  An  solchen  Stellen,  wo  ein  negativer  Satz  folgt,  hat  sich  der  negative 
Sinn  auf  das  Verbum  übertragen  (, sagen,  dass  nicht  .  .  >  versagen'). 


69 


Octavian  C  1 :    sag  deiner  frawen  känigin,  ich  wöü  jr  für  echaden 

versprechen. 
Pauli  schimpf  208:  die  fraw  versprach  sich,  sie  woU  ahoegen  tun' 

schuldig  sein  (sich  entschuldigen). 
Logau  S.  226  Eitner  (kl.  ausg.) :    Clauaw  hält,  was  er  verspricht, 

gibt  es  nun  und  nimmer  nicht  (geloben  —  abschwören  :  Doppelsinn). 

Opitz  2,  434:    die  Barbarey  hob  ich,  mich  Barbara,  versprochen 

(abschwören,  entsagen). 
Luth.  Ndr.  28  S.  42  (Adel):  hat  ersz  aber  in  der  kranekheit  gelobet^  das 

man  dieseXben  gelübd  vorpiette,  vorspreche  (untersagen). 
Luth.  9.  538,  1  W.:  das  wir  nicht  vorzagen,  .  .  wan  uns  die  gancs 

wdU  vorspricht  (zurückweisen,  beschimpfen). 
Luth.  6.  14,  29  W. :  mit  fluchen,  mit  klagen,  mit  sehreyen,  mit  richten, 

mit  verdammen,  mit  versprechen  (verleumden). 
A.  Gryph.  Dornrose  90,  23  Palm  (1855):  ich  kon  wachs  gissen,  iche 

kon  de  Uut  massen,  iche  kon  's  feur  versprechen  (beschwören, 

bannen). 
Wencel  Scherff er  bei  Drechsler  Germ.  Abh.  XI  S.  248 :   bald  mit  er- 
hitztem stahl  er  ihm  das  blut  verspricht  (beschwören,  besprechen)  ^). 

A.  Qryph.  Dornrose  101,  19  Pabn:   gestrenger  herr  schcUze  .  .  iche 
versprach  mich,  ich  brenge  keene  füknacht. 

In  einigen  Mundarten  (ausser  dem  Schlesisch.  noch  im 
Henneberg. -Thfiring.  bei  Spiess  269  bezeugt)  lebt  versprechen 
als  „besprechen,  beschwören,  durch  Schwören  bannen',  in  der 
Schriftsprache  ist  es  durch  besprechen  verdrängt.  Es  erklärt 
sich  wie  besprechen  als  „über  einem  Dinge  die  Bannformel 
sprechen,  sprechend  bannen"  ^. 


^)  In  Schlesien  ist  das  „Versprechen*'  ganz  heimisch.  Tgl.  Mitt.  d.  Schles. 
Ges.  f.  Volkskunde  Heft  Xni  S.  108:  versprechen  und  waffensegen  . .  dass 
in  Bosenau  bei  Liegnitz  vor  25  jähren  leute  um  das  feuer  geritten  sind,  um 
es  zu  versprechen.  —  ebd.  XTV  86:  zaubermittel  gegen  krankheiten  umd 
leibliche  schaden,  besonders  das  versprechen  (sympaihie)  .  .  .  ebd.  87:  er 
hohe  fürchterlich  viele  warzen  auf  der  hand  gehabt,  die  habe  er  durch  „ver- 
sprechen" weggeschafft,  ebd.  88:  als  die  aUe  Ootiwalden  noch  magd  war, 
da  hat  ihr  eine  alte  frau  .  .  .  eine  flechte  so  versprochen,  und  es  hat  ge- 
holfen, ebd.  91:  der  alte  Gottwald  verspricht  die  rose  mit  folgendem 
Spruch  usw. 

^  Vgl.  nnten  verbannen.  Nur  so  ist  za  erklären,  dass  es  einmal  „ein 
Übel  anhexen**  and  dann  ,das  Übel  weghexen **  bedeuten  kann,  wenn  es  ur- 
sprfinglich  die  Anschauung  „über  etw.  hin  sprechen**  yertritt.  Die  synonymen 
Bildungen  verspreihen,  verrufen,  verwünschen,  besprechen,  berufen,  bereden 


70 

In  negativem  Sinne  bedeutet  versprechen  „bestreiten,  ver- 
weigern" im  Schweiz.  (Staub-Tobler  1,  907)  und  „verwerfen** 


beschreien  hat  dann  die  sprachliche  Entwicklang  derart  geschieden,  dass  ver- 
sprechen ^  besprechen  die  Heilung,  die  übrigen  das  Verhängen  des  Übels 
bedeuten.  Letzteren  hat  sich  die  analoge  Bildung  versehen  zugesellt. 
Bei  verhexen,  verzaubern,  behexen,  bezaubern  einerseits,  versegnen  ander- 
seits aber  liegt  die  Bedeutung  schon  im  Simplex  ausgedrückt,  vergraben, 
vernageln,  verpflöcken,  verenden  haben  von  Hause  aus  den  Sinn  j,das  Übel 
festbannen^,  der  dann  begreiflicherweise,  wohl  durch  die  /ra-Type  vertreiben 
befördert,  in  die  Auffassung  „das  Übel  wegbannen,  bannend  beseitigen^  um- 
schlägt.   Für  das  hier  Gesagte  einige  auch  stofflich  interessante  Beispiele. 

a)  „ein  Übel  anhexen'': 

Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  1901  S.  321:  sie  sah  die  brote  any  stridi 
mit  ihrer  hand  über  sie  hin,  ntm  loünsche  ich  ewh  glück,  spra(h  sie, 
zu  der  arbeit!  und  die  leute  tneinten,  sie  habe  dadur<h  die  brote 
„versehen"  (der  böse  Blick  in  nordischer  Überlieferung,  vgl.  S.62). 

Mitt.  d.  schles.  Ges.  f.  Volksk.  XIII  56 :  wenn  die  mutter  ihrem  Säugling 
24  stunden  lang  nicht  die  brüst  gibt,  so  kommt  derselbe,  wenn  er 
erwachsen  ist,  dadurch  in  die  unangenehme  läge,  wider  seinen  willen 
menschen  und  vieh  „verrufen"  zu  müsssn. 

Zeitschr.  .  .  .  1901  S.  362:  beese  menschen  hatten  mit  den  topp  unn  die 
injeseefte  wasche  den  stall  verhext  (Berlin). 

Keisersberg  emeis  66:  das  kind,  das  es  also  verzaubert  ist,  also 
kranck,  also  lam. 

Brief  der  Göchhausen  bei  Goethe  11,  281  (Hempel):  bis  in  gewissen 
bergklüften  der  grosze  karfunkel  gefunden  würde,  dem  das  ver- 
zaubert war,  was  ihnen  aUen  fehlte  (anzaubern). 

b)  „das  Übel  bannen": 

Drechsler,  Sitte,  Brauch  und  Volksglaube  in  Schles.  141:  wie  ein 
lebendes  wesen  erscheint  das  feuer  femer  aufgefaszt,  wenn  man  es 
dreimal  umläuft  oder  umreitet  und  dabei  bespricht  oder  ver- 
spricht 

Ältester  Beleg  Anf .  14.  Jahrb.  (schles.)  Bresl.  Egl.  u.  Univ.-Bibl.  cod. 
Ms.  IV  f.  60  Bl.  66  rb:  nö  wiU  du  daz  blut  vorspche  so  spch  dese 
se  (folgt  ein  Longinussegen). 

Drechsler  a.  a.  0.  277:  man  sucht  die  krankheiten  durch  besprechen 
{d,  h,  durch  sprechen  geheimer  formein  und  gebete  über  dem  kranken 
oder  über  dem  kranken  körperteile  zu  bestimmter  zeit)  oder  still- 
schweigend durch  segnen,  versegnen  .  .  oder  durch  verspinden  zu 
vertreiben  .  .  .  Spruch  und  handlung  werden  meist  dreimcd  und  unter 
Verwendung  des  kreuzzeichens  angewendet. 

manche  krankheiten  wird  man  los,  wenn  man  sie  auf  andere 
menschen  oder  auf  tiere  oder  auch  auf  pflanzen  .  .  durdi  ver- 
spinden, verpflöcken,  durdmefien  .  .  überträgt. 


71 

im  Schwab,  (v.  Schmid  503);  hier  sind  sogar  die  seltenen  Be- 
deutungen „Antwort  geben ^  und  „für  einen  andern  Erlaubnis 
nachsuchen"  (ebd.)  bezeugt.  Im  Frankfurter  Dialekt  bezeichnet 
versprtich  „Verlobung"  (Askenasy  68).  Zur  /air-Type  neigt  das 
pomm.  sik  verspräken  „sich  durch  Sprechen  aufmuntern"  (Dähnert 
267).  —  Die  Gaunersprache  gibt  „falsch  sprechen"  durch  ver- 
flicken  (Kluge  rotw.  458)  wieder.  Mit  besprechen  berührt  sich 
versprechen  in  der  Bedeutung: 

„sprechen  über  etw."  (ver-  nur  ahd.,  6c-  noch  nhd.  Hitt- 

mair  62). 
„verabreden,   bedingen,   beanspruchen"    (ver-  fehlt  ahd., 

beide  nhd.  vertreten,  be-  Hittm.  37,  63,  208). 

„beschuldigen,  anklagen"    (ver-  nur  ahd.,  doch  später  in 

der  ähnlichen  Bedeutung  „verleumden",  be-  Hittm.  192). 

„durch  Schwören  bannen"  {ver-  erst  nhd.  mundartlich,  in 

der  ähnlichen  Bedeutung  „verhexen"  mnd.,  be-  Hittm.  64). 

Die  Bedeutungen  „verteidigen,  versagen,  falsch  sprechen"  sind 

ver-  allein  vorbehalten.    Die  nhd.  Umgangssprache  beschränkt 


ebd.  278:  der  Wunderdoktor  ritzt  dem  kranken  mit  einem  federmeaser 
die  haut,  tupft  das  hlut  mit  watte  oder  einem  läppchen  ab  und 
verapindet  es  in  einen  bäum  im  neumond  .  .  .  man  bohrt flir  den 
kranken  ein  loch  in  einen  bäum,  tut  die  krankheit  hinein  und  ver- 
schlieszt  das  loch  mit  einem  pfropfen;  iiberwächst  dieser,  so 
gesundet  der  kranke  (mlid.  spint  junger ,  weicher  Holzstoff  zwischen 
Rinde  und  Kern,  Lexer  2,  1098). 
Die  faur- :  /air-Type  verspinden  ,  einsperren ,  festbannen  '^  geht  dann  zu  der 
Bedeatang  „bannend  beseitigen''  (/ra-Type)  über: 

ebd.  279:  man  kann  die  krankheit  aus  jedem  körperteil  verspinden^ 
wenn  tnan  diesen  durch  eine  gespaltene  junge  eiche  steckt  .  . .  krat^- 
heiten  werden  femer  vergraben. 

Zeitschr.  .  .  .  1900  S.338:  vernageln  der  zahnschmereen.  seine  zahn- 
sdkmerzen  los  zu  werden,  nimmt  das  volk  gern  einen  nagel,  berührt 
den  kranken  zahn  damit  und  schlägt  dann  den  nagel  in  einen 
bäum  ein. 

Mitt.  d.  schles.  Ges.  f.  Volksk.  IX  83:  die  gesichtsrose  wird  häufig 
versegnet  .  .  .  wenn  eine  feuersbrunst  ausbricht,  da  ist  es  auch 
sehr  erwüns<hty  dass  jemand,  dessen  versegnen  das  feuer  zu 
bannen  imstande  ist,  erscheine  und  helfe  .  .  . 

Zeitschr.  . .  .  1894  S.448  (17.  Jahrb.  Schweiz.):  versägneter  zädel  .  ., 
darinn  .  .  gantz  vnbekannte  characteres  vnd  zeichen  .  .  geschriben 
waren. 


72 

den  Umfang  von  versprechen  auf  „geloben^  und  das  refl.  „unrichtig 
sprechen^,  die  jüngsten  Bedeutungen,  während  sie  die  im  ahd. 
vertretenen  fallen  lässt.  Zwischen  den  anfangs  ihrer  Bildung 
nach  synonymen  Kompositis  verreden,  verrufen,  versagen,  ver- 
sprechen findet  im  Laufe  der  Entwicklung  der  Ausgleich  derart 
statt,  dass  verreden  und  versagen  den  abweisenden,  verrufen  den 
gehässigen,  versprechen  den  bestimmenden  Sinn  Übernimmt,  ver- 
teidigen aber  nimmt  dem  nun  ganz  entlasteten  versprechen  die 
Bedeutung  „fOr  einen  eintreten^  ab. 

Ganz  analog  zu  versprechen  ist  verschreiben  gebildet  worden, 
das  dem  ahd.  ^)  und  as.  noch  fehlt.  Von  der  Anschauung  „auf- 
schreiben, verzeichnen  **  bildet  es  in  sich  auf  der  positiven  Seite 
parallel  zu  vorschreiben ,  ausschreiben  den  Sinn  „mitteilen,  er- 
suchen, verordnen,  bestellen,  vermachen,  sich  verpflichten  (:  ver- 
sprechen)^ heraus,  auf  der  negativen  „abschwören,  ächten' 
(:  proscribere).  In  einer  dritten  Richtung  entwickelt  es  sich  zu 
„einkommen,  eintreten  für'.  Dazu  tritt  im  nhd.  sich  verschreiben 
„unrichtig  schreiben'. 

verschreiben:  aufschreiben,  beschreiben,  verzeichnen  — 
mitteilen,  ersuchen,  verordnen,  bestellen  —  vermachen, 
sich  verpflichten  —  einkommen,  sich  schriftlich  ver- 
wenden für  —  abschwören,  verzichten  auf,  ächten, 
berauben  —  unrichtig  schreiben. 

nmd.  S.  H.  L.  Jahrbb.  2.  282,  nr.  2 :  wm  merckliker  zdke  wegen  .  ,  der  wi 
juw  nicht  vorschriven  honen  (mitteilen). 

Westphal.  3,  1763  (a.  1473):  vnser  een  schal  den  anderen  to  rechte 
vorbeden  und  verschrieven  unde  .  .  besenden  unde  helpen  (auf- 
bieten, bestellen,  aasschreiben). 

Nies.  Münst.  Urk.  6,  43:  voraetten  und  vorschriven, 
6,  49:  vorsegelen  und  vorschriven, 
Lüb.  Urk.  V,  S.  615  (a.  1416):    älse  vnsi  rad  sik  vorscreuen  vnde 

vorboden  heft  .  .  .  (sich  verpflichten). 
Lüb.  Chr.  2,  401 :  dit  clagede  se  creme  broder ,  Tieren  van  Sassen  . .  de 

vorscref  de  domvrouwen  (sich  verwenden  fttr). 


*)  Statt  verschreiben  „proscribere"  verwendet  das  ahd.  verbriefen: 
Gl.  II  92  a  forbriewit  td :  proscribatnr.    aengl.  forscrifan  „condemnare, 
proscribere",  Bosworth-ToUer  316  b. 


78 

Renners  Brem.  Chr.  2,  87  b :  wo  dusse  gefangen  vor  apehbare  seerovers 
uihgeropen  und  vorachreven  werden  (proscribere). 
mhd.  Such.  38,  281:    dar  umb  so  verschreib  ich  dir  den  gemainen  nute 
aüer  weit  (aufschreiben). 

Such.  41,  363:  von  dem  chaisir  Augueto  gie  ein  gepot  man  soU  ver- 
schreiben M  die  weit  (verzeichnen). 

Chr.  4.  180,  4 :  aüez  daz  das  oben  an  dem  brief  von  wortt  ze  wortt 
begriffen  und  versehriben  ist  (geschrieben). 

Chr.  3.  345,  17:  als  ir  uns  versehriben  und  gebetten  habt,  ewch 
wissen  ze  lassen^). 

Chr.  2.  1,  359, 16:  der  , .  versehr aib  künigen  undfursten  .  .  umb  hüf. 

Chr.  4.  239,  20:  die  von  Strauszburg  versehriben  von  aU  stött  umb 
puchsenschuteen  (aasschreiben,  bestellen). 

Loh.  3500:  daz  wart  versehriben  mit  eiden  vestediche  (vermachen). 

Chr.  1.  194,  26 :  daz  wir  nymmermer  von  dem  reidie  hingeben,  versetzt 
noch  versehriben  süUen  werden. 

Mz.  4,  107:  die  gtdte  verschicken  und  versehriben  (abtreten). 

Herb.  930:  so  muzet  ir  vurscriben  alle  wtp  (abschwören). 

Ad.  1251  (a.  1405):  verschribener  ahter. 

Elis.  424:    di  ir  ?iat  alsw  verdriben,   ir  gudes  gar  versehriben 

(berauben). 
Elis.  455:  die  frouwe  sich  verschreib  werltUcher  sadie  (verzichten  auf), 
nhd.  Th.  Platter  94  Fechter:  daz  ist  verschrieben  in  den  vier  evangeUsten 

(aufschreiben). 
Mathes.  Sar.  58b:  ^  lesset  es  (Lehen)  im  ins  bergbuch  versehreiben, 

macht  ein  gewerkschaft  auf  128  kux. 
Opitz  Lobges.  III  231  (1690):    Äugustus  grosz  von  madit  hat  under 

die  gewält  Judeen  auch  gebracht,  der  diese  gantze  weit  das  erste 

mal  verschrieben  (aufzeichnen). 
Keisersberg  schiff  d.  p.  2b  (1512):    wir  sind  warlidh  versehriben 

ewige  burger  der  selbigen  statt  (bestimmen). 

Uhland  Volksl.  1 ,  S.  282  Reclam :  dasz  er  (heiser  Maximüian)  dem 
frewUn  ausz  Britannia  heimlich  versehriben  hat  (mitteilen). 

Lohenst.  Agrippina  1,  552 :  so  wolle  nun  mein  fürst  den  mördem  gifft 
verschreiben,  das  sie  auff  uns  gekocht  (verordnen). 

Goethe  an  Prau  v.  Stein  I  110  (27.  8.  1777):  ein  messer  hob*  ich  ver- 
schrieben, bleibt  aber  aus  (bestellen). 

Goethe  43,  217:  dasz  ein  getcisser  Jacob  Sansuino,  bei  dem  er  in  der 
lehre  gestanden,  ihn  verschrieben  habe  (schriftlich  beordern,  hin- 
befehlen). 


*)  Aus  solcher  Verbindung  hat  verschreiben  den  Sinn  ^ ersuchen,  ver- 
ordnen' erhalten.  Die  Bedeutung  „schriftlich  einkommen  für  einen''  ist  aus 
dem  Nomen  Vorschrift  „Empfehlungsschreiben''  (Lexer  3,  608)  zu  erschliessen. 


74 


Uhland  Volksl.  1,  271  Reclam:  wolt  euch  mein  gut  verschreiben. 

H.  Sachs  Ndr.  26  S.  55:  ein  testament,  (ktrinn  er  vns  sein  hob  ver- 
schreibt. 

Keisersberg  schiff  d.  p.  (1512)  2b:  disz  ist  unser  stat,  die  unsz  ver- 
haissen  ist  und  berait,  dar  tzü  verschriben. 

Kirchhof  wend.  1,  497  Ost.:  sie  .  .  verschriben  sich  desz  mit  irem 
eigen  blüt  (sich  zu  etwas  verpflichten). 

Schiller  12,  128:  vir  setzen  einefomiel  auf,  worin  wir  uns  dem  herzog 
insgesammt  verschreiben,  sein  zu  seyn  mit  leib  und  leben. 

Luth.  brief.  3,  247:  Utt  ich  u/nterihäniglich  E.  K.  F.  G.  wollte  noch 
einmcU  den  armen  mafi  verschreiben  (einkommen,  sich  schriftlich 
verwenden  für). 

ebd.  5,  681:  ich  wolte  ihn  an  E.  F.  G.  verschreiben  und  bitten  .  . 

ebd.  5,  1:  bittet  durch  viel  guter  leut€  furbitte,  ich  solle  ihn  gegen 
E.  F.  G.  verschreiben. 

H.  Sachs  8.  414,  18  Keller-Götze :  gar  leichte  ursa<:h  er  offt  fundt,  das 
er  ein  verschrieb  ins  elendt 

Spielhagen  Plattland  (Werke  15,  119):  ihr  herren  untereinander  pflegt 
euch  in  derlei  dingen  nicht  zu  verschreiben  (sich  im  Schreiben 
irren,  falsch  schreiben). 

In  den  niederdeutschen  Mundarten  lebt  verschreiben  haupt- 
sächlich in  der  positiven  Bedeutung:  als  vorschreven  „aufge- 
schrieben, vorerwähnt"  im  Brem.-Nieders.  (wb.  6,  291),  als 
„kommen  lassen,  bestellen"  im  Pomm.  (Dähnert  526),  als  „ver- 
schreiben, vermachen"  im  Götting.  (Schambach  266).  —  Der 
gehässige  Sinn  tritt  ganz  vereinzelt  hervor  im  Brem.-Nieders. 
„schriftlich  anklagen"  (wb.  4,  697),  im  Schles.  „ächten* 
(Weinh.  hs.  S  228)  und  im  Kärntischen  varschriebn  „protestan- 
tisch" (Lexer  226,  DWB.  1156),  dem  ein  tiroMsches  verschrieben 
„verloren"  (Schöpf  647)  zur  Seite  steht.  Indessen  hängt  es 
vielleicht  mit  dem  Toleranzedikt  Josephs  II.  zusammen  und  ist 
als  „fürgeschrieben"  aufzufassen  (Lexer  226). 

Die  in  der  heutigen  Umgangssprache  ganz  untergegangene 
Bedeutung  „  proscribere "  scheint  die  älteste  zu  sein.  Denn 
die  ersten  Belege  entstammen  dem  aengl.  (forscrifan,  faretvrUan 
proscribere,  Bosworth-Toller  316  b,  309  b)  und  sind  von  hier  aus 
vielleicht  nach  Niederdeutschland  eingedrungen.  Analog  einem 
versprechen  „verhexen"   ist  im  aengl.  belegt  bül  forscrifan  „die 


76 

Waffe  durch  eingeritzte  Zeichen  verhexen"  (DWß.  1156).  Die 
Gaunersprache  gibt  „verschreiben,  unrichtig  schreiben **  durch 
verhrctbbelen  (Kluge  rotw.  458)  wieder. 

Auch  verschreiben  wollen  wir  mit  beschreiben  vergleichen. 
Beiden  gemeinsam  ist  in  frflherer  Zeit  die  Bedeutung  „schreiben, 
beschreiben"  (Hittmair  167,  187),  die  verschreiben  aufgibt. 
Dagegen  räumt  beschreiben  den  Platz  als  „kommen  lassen,  be- 
rufen, schriftlich  abmachen,  vermachen,  überweisen"  (ebd.  70, 
42,  63).  Während  beschreiben  in  nhd.  Zeit  die  neue  Bedeutung 
„umschreiben,  beschreiben  (Kreis)"  erhält  (ebd.  50),  verengert 
verschreiben  den  Bedeutungsumfang  und  gibt  wie  versprechen  den 
schützenden,  gehässigen  und  negativen  Sinn  auf.  Die  Bedeutung 
„unrichtig  schreiben"  ist  ein  ganz  junger  Zuwachs,  beschreiben 
(Hittm.  31,  40,  176)  und  erschreiben  (Jakob  XXX)  berühren 
sich  früher  in  der  Bedeutung  „vollschreiben,  völlig  beschreiben", 
die  ich  auch  für  verschreiben  nachweisen  kann  ^). 

Am  reichsten  ausgebaut  von  allen  t?er- Bildungen  und  uns 
heute  am  wenigsten  durchsichtig  ^  ist  verset£ien.  Entwickelten 
die  bisher  besprochenen  vornehmlich  den  gebietenden  und  für- 
sorgenden Nebensinn,  so  veranschaulicht  versetzen  mehr  den 
Übergang  zu  gehässigem  und  verweisendem  und  greift  dabei  in 
das  Gebiet  von  fra-  und /awr-  II  über.  Es  bedeutet:  „vor- 
setzen, vorziehen,  beibringen,  ersetzen  —  als  Pfand  aussetzen, 
hingeben  —  festsetzen,  besetzen,  versperren  —  heraussetzen, 
parieren,  auswischen  —  aussetzen,  preisgeben  (prostituere)"  •). 

ahd.   Gl.  I  233  gl.  K.  furi  »ezziu  :  propooo. 

I  633  b  furisazii  fursazie  forsazzet :  prefecisset. 
N.  II  410,  4  P. :  füresezzent  »piritalia  camalibus  (vorziehen). 
T.  72,  1:    andera  ratüsa  furisazta*)  her  in  vnH  ^rttod :  proposoit 

Ulis  dicens. 
T.  44,  7:  ezente  inti  trinkente  thiu  man  itmih  furisezze  :  qaae  appo- 

nantur  vobis. 

Gl.  IV  237  b  fura^tzo  :  obpignero. 


»)  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  1894  S.  448  (17.  Jahrh.  Schweiz) :  sonder- 
bare, mit  fftcüssen  zeichen  wnd  tc orten  .  .  verschribne  zädel. 
<)  Bas  zeigen  die  verfehlten  Deutungen  im  DWB.  1283  ff. 
*)  Als  „einfügen,  vermischen,  verwandeln*  ist  versetzen  /aiV-Type. 
*)  Dieses  fwri-  in  fester  Rompostion  musste  sich  schwächen. 


76 

IV  206  b  farsezon  :  oppigrnero. 
I  406  a  sihfarsaztun  sihfersaztun  :  se  locaverant. 

Gl.  I  530  a  fir setztos  fursaziust  farsazios  :  defixisti. 

Gl.  I  784  a  vurisezis  :  exponis. 
I  321  a  firsazta  :  exposoit. 
I  645  a  firsaztos  farsaztos  :  exposoisti. 
I  645  a  firsezzidi  vursezzide  ;  prostitationis. 
II  444  a  firseze  varsezzcmh  :  prostitaat. 

Reichere  Belege,  wo  stets  angeschwächte  und  geschwächte 
Form  in  allen  Bedeatnngeu  sich  entsprechen,  sind  uns  bei  keiner 
ähnlichen  Bildung  beschert. 

mnd.  Hanov.  St.  R.  364:  were  oh  der  schedelude  tcelk  dod,  den  mochte  men 
versetten  mit  enem  hederven  manfie  (ersetzen). 

Ssp.  I  20  Gl.:  we  eyghen  is  edder  vor  gerichte  vorsettet  is,  d€  mach 
nicht  eyn  strytliker  lidder  werden  (versetzen,  verpfänden). 

Schlesw.  St.  R.  1:  deme  scolde  men  nene  wcUt  don,  eer  men  ome  vor- 
sette  tiid  vnde  stede  vrig  to  antwordende  (praefigeretor,  festsetzen). 

Falck,  Staatsb.  Mag.  9,  704:  eine  ewige  sone  vnde  vrede  mit  segden 
tho  vorsettende  (festsetzen,  besiegeln). 

Körner  212  d:  swnder  de  loint  vor  sette  ene  myt  der  vlote  (aassetzen, 
verschlagen), 
mhd.  Pass.  K.  407,  53:  des  wü  ich  dir  versetzen  mine  wärheit  (entgegnen). 

Crane  393:  daz  wil  ich  dir  versetzen  wol  mit  gehen  (ersetzen). 

Münch.  r.  296:  der  den  andern  versetzet  ze  purgen  (als  Bürgen  ein- 
setzen, bestellen). 

Parz.  614,  23:   mine  triwe  ich  hom  versetzet  gein  im  üf  kämpf  ze 

riten  (einsetzen,  verpfänden). 
Parz.  365,  6:  daz  herze  ist  rehter  minne  ein  pfant,  also  versetzet 

und  verselt 
Ls.  3.  327,  30:  die  beckelhübe  umhe  win  versetzen^). 

Griesh.  1,  157:  so  hetrahte  und  versetze  gar  wol  waz  du  wert  sigest 
(festsetzen). 

Chr.  5,  283  anm.  2:  mir  sol  auch  furo  hin  . .  gantz  verholten  und  ver- 
setzet sein  (verwehren). 

Kalm.  r.  3,  138:  di  koufkamir  adir  dajs  erhe  werde  denne  vorsazt  von 
des  zhxsherren  weine  vor  sinen  vorsessenen  zvns  (mit  Beschlag  belegen). 


^)  Dazu  vürsaz  „Pfand,  Einsatz"  (Lexer  3, 607) ;  vürsetzer  „Pfandnehmer* 
(ebd.  3,  608)  ist  besser  als  „Vorstrecker  des  Pfandgeldes,  Ausleiher,  Wucherer" 
zu  erklären  (daneben  versetzer  ebd.  3,  227  und  versdz  3,  210). 


77 

Kehr.  11939:  ich  Ute  mit  den  neteen  eine  maget  versetzen  (aufhalten, 

festnehmen). 
Lit.  222,  5:  die  mir  den  wec  verseteent  (verlegen). 

Wölk.  96.  3,  22:  erbrich  des  teuf  eis  sper,  sein  ger  versetz  im  (aus- 
fallend parieren). 

Narr.  112,  22:  su/nder  all  cmlouff  mit  der  hcmdt  versetz  (den  Hieb 
heraussetzen  und  damit  den  des  Gegners  parieren  oder  dem  Qegner 
eine  Wunde  beibringen). 

Jer.  9063:  libvr  menlich  stritin,  wen  daz  wir  uns  vorsetzin  und  Idzvn 

diso  letzin  .  .  (preisgeben). 
Hohenf.  Bened.  Reg.   (13.  Jahrh.)  zfda.  16.  232,  11:    man  sol  .  .  dt 

armen  laben  .  .,  Cristis  minne  nit  fursezze  (preisgeben). 
Such.  21,  115:  den  versatzt  und  Jen  betrogen. 

Die  Wendung:  den  pack  mit  dem  sckutzpret  versetzen^  das 
wazzer  mit  diUen  versetzen  oder  sweUen  (Tuch.  225,  20.  23; 
198,  22  a.  ö.)  bedeutet  zunächst  „durch  Vorsetzen  des  Brettes 
aufstauen^,  gelangt  dann  aber  mit  Beziehung  auf  die  /air-Type 
versetzen  („umsetzen,  ändern")  zu  der  Bedeutung  „durch  Aufstauen 
nach  einer  anderen  Richtung  ableiten".  Ebenso  daa  waeeer 
ver stein  (Heum.  250),  verwern  (Oest.  w.  298,  10):  „durch  ein 
Wehr  aufstauen  und  ableiten". 

Der  Gebrauch  von  versetzen  „entgegnen"  entwickelt  sich 
erst  im  nhd.  Die  Lexikographen  des  17.  Jahrhunderts  ver- 
zeichnen ihn,  ohne  seine  Herkunft  erklären  zu  können,  und 
auch  keinem  der  späteren  ist  dies  gelungen  (die  jüngste 
Zusammenstellung  im  DWB.  1294  f.).  Nach  Frisch  2,  270  c 
„haben  einige  versetzen  fflr  beantworten  oder  wieder  antworten 
aufgebracht".  Adelung  4,  1138  wendet  sich  mit  Recht  gegen 
die  Ansicht,  dass  es  eine  empfindliche,  beissende  Antwort 
bedeute.  Sie  rührt  von  den  vergeblichen  Bemühungen  her,  die 
Bedeutung  „entgegnen"  aus  „parieren,  einen  Hieb  versetzen" 
abzuleiten.  Vermutlich  ist  die  richtige  Erklärung  deshalb  noch 
nicht  verzeichnet  worden,'  weil  sie  zu  einfach  ist.  Bei 
versetzen  muss  „die  Vorstellung  einer  wirklichen  mündlichen 
Rede  und  Gegenrede  schon  im  Satze  gegeben  sein",  es  wird 
„nur  bei  der  Schilderung  eines  Gesprächs  gebraucht"  (DWB. 
1294  f.)  und  zwar  eines  lebhaften.  Es  hat  zwar  denselben 
Ursprung  wie  „parieren,  einen  Hieb  versetzen",  aber  seine 
Entwicklung   läuft  von   vornherein   selbständig    daneben   her, 


78 

nicht  darüber  hin.  Es  bedeutet  „die  Worte  heraussetzen*',  mit 
Bezug  auf  vorherge&usserte  „entgegnen",  aber  ohne  jeden  ge- 
hässigen Sinn^). 

nhd.  P.  Fleming  (1666)  ged.  48:  der  ehren  kind,  der  preisz  versetzt  dir 
einen  krantz,  den  trägt  dir  das  geriichte  auch  UM  entgegen  schon 
(beibringCD,  reichen)  *). 

Schiller  11,  231:  doch  wam^  ich  dich,  dem  gliiclc  zu  trauen,  versetzt 
er  mit  besorgtem  blick,  '' 

Mörike  6,  257  (Hesse):  „geschehn?"  versetzte  der  gemM. 

Sir.  29,  20:  vergisz  nicht  der  wolihat  deines  bürgen,  denn  er  hat  sich 

sdbs  für  dich  versetzt  (sich  verbürgen). 
Gotthelf  werke  (1857)  20,  12:  aber  da  hätte  es  sich  hoch  und  iheuer 

versetzt,  in  einer  kirche  sehe  es  niemand  mehr  (sich  verbürgen,  ver- 
schwören). 
A.  Gryph.  (1698)  1,  442  (Papin.) :   dem  fürsien  ward  das  pf and  der  treu 

hinauf  versetzt  (Sohn  als  Geisel  hingeben). 
Opitz  1,  54  (1690) :  versetzen  ihren  halsz  den  icellen  selbst  zum  pfände 

(aussetzen,  aafs  Spiel  setzen). 
Bocc.  55 :  der  sich  dem  glücke  nicJit  mehr  miderthenig  machet,  noch  also 

mehr  versetzen  wolt  (dass.). 
Nehem.  5,  3:   lasst  uns  misere  ecker,  Weinberge  und  heiser  versetzen. 
A.  Gryph.  Ndr.  6  (Horr.)  S.  14:  wir  haben  nichts  zu  verkauffen,  nichts 

zu  versetzen. 

.  Schade  sat.  u.  pasqn.  3.  2,  27 :  dasz  du  (Adam)  als  ein  künftiger  vater 
viler  Völker  dine  kitid  so.  mit  untrüwe^i  erbteü  übei'laden,  excigen  tod 
versetzet  mid  verpflichtet  (aussetzen,  festsetzen). 

Lohenst.  Armin.  1,  1310  a:  hertzog  Hermann  hatte  .  .  dieses  ihor  mit 
dem  dritten  theile  der  Hermundurer  versetzt  (besetzen). 

Goethe  14,  193:  mir  ist  als  ob  die  orgel  mir  den  athem  versetzte 
(benehmen,  versperren). 


*)  Es  steht  also  dem  obigen  kratiz  versetzen  nahe,  versetzeti  „entgegnen' 
hat  sein  Objekt  stets  bei  sich,  nämlich  die  vorangehende  oder  folgende  Ant- 
wort, deren  enger  Anschluss  im  ersteren  Falle  noch  durch  die  Inversion  ver- 
setzte er  hervorgehoben  wird.  Ungewöhnlich  ist  etwas  versetzen  (vom  leb- 
haften Gespräch  auf  Geschriebenes  übertragen)  bei 

J.  Paul  palingen.  1.  vorr.  XVI:  ich  will  jetzt  auf  einige  stellen  deines 
briefes  etwas  versetzen. 

*)  DWB.  1286  vertritt  eine  zweifellos  falsche  Auffassung.  Die  Berufung 
auf  Adelung  ist  an  dieser  Stelle  nicht  angebracht;  eineti  kränz  versetzen  im 
Sinne  von  , flechten"  ist  doch  etwas  weit  anderes  als  einem  einen  kränz  versetzen. 
Dieses  kann  nur  „reichen '^  bedeuten;  vgl.  ahd.  T.  44, 7  apponere,  proponere  S.  75. 


79 

Schiller  1,  55:  tcewn  ich  .  .  dich  fühlen  sah,  was  dir  die  spräche 
versezte. 

A.  Gryph.  (1698)  2,  384:  wenn  Boralice  mich,  die  hurtige,  ml  jagen, 
versetzt  Urame  mit  strenger  liebligkeit  den  nicht  mehr  freyen  lauff 
(verlegen,  verstellen). 

Mathes.  Sarepta  12  a  (1517):  vnd  der  grosse  strudd,  da  die  vier  Juxupt- 
Wasser  im paradeisz  herausz  quaJlen,  sich  versetzet,  vnd  vnter  der 
erden  sich  weit  von  einander  getheHet  (sich  festsetzen,  verstopfen). 

Immermann  Münchh.  2,  86  (1841):  bei  vielen  dagegen  versetzt  sich 
das  Walser  (im  Magen:  sich  festsetzen). 

ebd.  1, 129 :  es  ist  immer  schlimm,  wenn  die  frauemimmer  nicht  heiraihen, 
oder  keine  Jcinder  bekommen,  denn  auf  Zärtlichkeit  sind  denn  doch 
nun  emindl  die  armen  dinger  durchaus  gestellt,  und  die  versetzt 
sich  ihnen  dann  leicht,  dasz  sie  entweder  langweilige,  empfindsame 
bücher  schreiben,  oder  mit  papageien  und  schooszhunden  quängeln 
(sich  festsetzen  —  sich  verkehrt  setzen). 

Schles.  Ztg.  164.  Jahrg.  Nr.  127  Bog.  2:  eine  schwere  eisversetzung 
hat  sich  .  .  oberhalb  T,  gebildet,  die  in  der  ganzen  strombreite  mehr 
als  5  hn,  aufwärts  geht,  eine  zweite  gnvndv  er  Setzung  lagerte  bei  P. 
in  ebensolcher  breite,  mit  rücksicht  auf  die  grosze  gefahr,  die  hieraus 
den  deichen  droht,  wird  zur  beseitigung  der  Versetzungen  geleistet, 
was  in  menschetihräften  steht,  auf  weite  strecken  sind  die  deiche 
mit  Stämmen  belegt,  um  ein  einbohren  der  eismassen  in  das  erdreich 
zu  verhüten,  die  sprefigarbeiten  werden  von  geschulten  leuten  a/us- 
gefuihrt  .  .  .  bis  heute  nachmittag  sind  dadu/rch  die  grumdv er- 
setz un  gen  dwrchbrochen  worden,  und  damit  ist  die  gröszte  gefahr 
beseitigt. 

Amadis  389  Keller:  denn  der  ander  nichts  mehr  thet,  denn  allein  ver- 
setzen, und  den  schilt  fürwerffen  (dnrch  Heraussetzen,  Vorsetzen 
der  Waflfe  parieren).  ' 

H.Sachs  Ndr.  110/117  S.  453:  wan  sie  waren  paide  hart  wund,  sie 
hetten  mit  dem  kopff  verseczt  (parieren). 

Lohenst.  Armin.  1,  1310  a:  fiach  dem  dieser  seinen  (des  Gegners)  umrff- 
spiesz  behutsam  versetzt. 

Lehmann  florileg.  (1662)  S.  152:  der  versetzt  ein  blosse  hand  wider 
ein  schlachischwerdt  (die  Hand  heraussetzen,  entgegensetzen,  mit 
der  Hand  parieren). 

Die  folgenden  Stellen  zeigen  den  Übergang  von  „parieren"  zu 
„eins  auswischen,  einen  Hieb  beibringen": 

Luth.  5,  524  a  (im  DWB.  1285):  nw  folgen  erst  die  rechten  waffen 
damit  ioir  dem  feind  versetzen,  und  jn  zu  rück  schlahen  müssen, 

Keisersherg  von  den  7  Schwertern  cap.  1 :  aber  Christus  der  herr  wöret 
sich  mit  dem  wort  gottes,  zuckt  das  schwer t,  versatzt  jm  wider. 


80 

Logau  2.  161,  10:  schwerdter  schaden,  schwerdier  nützen;  nützen  zum 
versetzen;  schwerdter  nützen,  schwerdter  schaden;  schaden  zum 
verletzen. 

Daraus  entwickelt  sich  „einem  eins  auswischen,  heraussetzen, 
eine  Wunde  beibringen"  ^) : 

Garg.  213:  er  versatzt  jm  mit  dem  creutzstock  so  ein  unsaübers. 
Goethe  60,  8:  hastig  zog  er  sein  schwert,  ihm  eins  zu  versetzen. 
Goethe  50,  38:    dasz  ich  dem  kater  und  manchen  gar  manche  tücke 

versetzte. 
Schiller  2,  47:  ein  sehwert  .  ,,  dieser  otterbrut  eine  brennende  wunde 

zu  versezen. 

Die  Bedeutung  „aussetzen,  preisgeben"  bedarf  danach  keiner 
weiteren  Erklärung^. 

Logaa  3.  45,  37:  die  zunge  braucht  gesandten-recht,  wil  stets  seyn  un- 
verletzt; wiewol,  was  hertz  jhr  mite  gab,  sie  manchmal  sehr  ver- 
setzt (hlosstellen). 

Logau  1.  löö,  65:  kan  ich  sie  von  dannen  hetzen,  dusz  sie  hut  und 
schuh  versetzen  (preisgehen,  im  Stiche  lassen). 

Logau  3.  49,  60:  Flora  Mt  zwar  wol  die  blüt  jhrer  jungferschafft 
versetzet  (preisgeben,  verlieren). 

H.  Sachs  14.  218,  23  Keller -Götze:  tüie  meiner  tochter  ist  miszlwngen, 
die  nun  ist  ellendt  und  versetzt  von  dem  Jüngling  gar  unergetzt 
(prostituta). 

Bisweilen  berührt  sich  die  Vorstellung  „preisgeben,  verschlagen" 
mit  „sperren,  verwehren": 


*)  DWB.  1284  lehnt  zwar  die  gezwungene  Herleitung  dieser  Wendung 
aus  der  Bergmannssprache  (Veith  537  anm.)  ab,  schwankt  aber  selbst  zwischen 
der  Auffassung  „ parieren '^  mit  Bedeutungsübergang  oder  „fest  einfügen*^ 
(DWB.  1296).  versetzen  „parieren**  hat  nichts  mit  der  VorsteUung  des 
Sperrens  oder  Widerstandes  zu  tun  (ebd.  1285).  Beide  Bedeutungen  sind  aus 
„heraussetzen,  hinsetzen''  leicht  zu  entwickeln;  vgl.  dazu 

Schiller  3,  357:  er  wird  .  .  dem  mädel  eins  hinsetzen  und  führt  sich 
ab,  utid  das  mädel  ist  verschimpfirt  auf  ihr  lebenlang  .  . 
Analog  zu  versetzen  gebildet  ist  verfallen  „beim  Fechten  den  Stoss  mit  der 
Sekunde  parieren '^  (Jacobsson  507).    Deutlicher  sagt  die  Fechtersprache  aus- 
fallen, ausliegen,  ausschlagen  („parieren^). 

■)  Also  ist  sie  weder  von  „beiseitesetzen"  (DWB.  1289)  noch  „ins 
Pfandhaus  tragen"  (ebd.  1292)  herzuleiten;  vgl.  lat.  proicio,  prostituo. 
Ganz  vereinzelt  steht  solch  ein  versetzen  in  dem  Sinne  „nicht  achten,  über- 
sehen, verzeihen": 

Erasm.  laus  stultitiae  übers,  von  Franck  67  b :  ich  bit  dich  her,  dz  du 
versetzest  die  sü/nd  dei^ies  knechtes. 


81 

Fleming  1,  167  Lappenberg:  das  weiter  \md  der  wind  versetzt'  euch 
euren  lauf,  dasz  er  auf  so  viel  striche  nach  norden,  seinen  feind, 
ohn  <icht  des  Schiffers  wiche, 

versehen  „unrichtig  setzen,  fehlgebären''  und  sich  versetzen  „sich 
im  Setzen  der  Lettera  irren"  (DWB.  1296  f.)  kann  nach  ver- 
sehen, verhören,  versprechen,  verschreiben  nur  analogisch  erklärt 
werden,  da  es  als  „hinaussetzen  über  das  ZieP  nicht  gut  auf- 
zufassen ist. 

In  den  lebenden  Mundarten  wie  in  den  Berufssprachen 
spielt  versetzen  eine  vielseitige  Bolle:  am  weitesten  verbreitet 
als  „verpfänden",  so  im  Wiener  Dialekt  (Hügel  181),  im  Götting. 
(Schambach  266),  im  Brem.-Nieders.  (wb.  4,  773),  im  Kölnisch. 
(Honig  194b);  vereinzelt  als  „preisgeben,  sitzen  lassen,  kalt 
stellen"  im  Berliner  Dialekt  (Meyer  128  a),  dem  ein  „verprügeln"  ^) 
im  Altmärk.  (Danneil  239)  nahe  steht.  Eine  andere  Seite  von 
versetzen  ist  ausgebaut  im  Schweiz,  „festsetzen,  beschliessen " 
(Staub-Tobler  1,  906;  Tobler,  Appenzeller  Sprachschatz  188) 
und  Schwab,  „als  Verbot  festsetzen"  (v.  Schmid  493);  dazu 
vgl.  „zu  Protokoll  geben"  (Jablonski  allg.  lex.  814b  (1721)  im 
DWB.  1288).  Für  das  Schlesische  führt  Weinhold  hs.  S  323 
an:   „die  freude  versetzt  einem  das  essen*'  (verwehren). 

Von  den  Berufssprachen  verwendet  die  Studentensprache 
versetzen  „Geld  auf  ein  Pfand  borgen"  (Kluge  stud.  133)  und 
„sitzen  lassen,  im  Stiche  lassen",  die  Gaunersprache  den  freier 
versetzen  „den  Geprellten  loszuwerden  suchen"  und  „im  Stiche 
lassen^  (Kluge  rotw.  377,  429),  während  sie  „versetzen,  ver- 
pfänden^ durch  versencken,  versenckeln,  vermaschkin,  verjaschtvin 
(ebd.  66,  169,  382)  wiedergibt.  Die  Studentensprache  gebraucht 
ausser  versetzen  noch  verkeilen,  verUoppen,  vermauschdn,  Verstössen 
in  demselben  Sinne  (Kluge  stud.  132,  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk. 
1896  S.  351). 

In  der  Jägersprache  versetzt  ein  Tier,  wenn  es  ein  totes 
Junges  wirft  (Hoppe  311b,  Kehrein  309,  was  Dähnert  526  im 
Pomm.  auch  von  den  Haustieren  sagt).  Es  verkläffen,  verUuften, 
verUüften  oder  versetzen  sich  Dachs  und  Fuchs,  wenn  sie  sich  im 


^)  Der  Berliner  sagt  eenen  eens  verwischen:  j,einem  eins  auswischen, 
versetzen''  (Meyer  128  b). 

Leopold,  Die  VoTSÜbe  ver-  6 


82 

Bau  eingraben  (Heppe  383,  Kehrein  30B,  309);  in  der  Bergsprache 
versetM  man  Stollen  oder  Strecken  mit  unhaltigem  Gestein  („aus- 
füllen* Veith  537)  und  erhält  dadurch  versetete  berge^  die  nicht 
zutage  gefördert  werden  (Jacobsson  4,  530).  Es  gilt  als  straf- 
bare Handlung,  durch  solch  Anhäufen  von  Gestein  oder  eine 
Zimmerung  erzhaltige  Strecken  zu  versetzen  („verdecken,  ver- 
bergen^ Veith  537.  Jacobsson  4,  528)  und  damit  andere  zu  hinter- 
gehen ;  doch  hat  die  Bergmannssprache  nicht  das  Verdienst,  damit 
die  Redensart  einem  eins  verseteen  geprägt  zu  haben  (Veith  537 
Anm.,  vgl.  S.  80  Anm.  1).  versaJtz  bezeichnet  das  Auf-,  Hin-  und 
Festsetzen  des  unhaltigen  Gesteins,  versaJtzung  eine  Vorrichtung, 
um  einen  Zusammenbruch  zu  verhüten  (Veith  534).  Unter  ver- 
sota  des  deutschen  Schlosses  versteht  der  Schlosser  ein  auf  dem 
Wirbel  vernietetes  Blech,  um  das  Zurückweichen  der  Fallen 
des  Schlosses  zu  verhindern  (Jacobsson  4,  524). 

In  diesen  verschiedenen  Arten  der  Verwendung  ist  versetzen 
auf  eine /awr-Type  zurückzuführen;  kaum  weniger  reich  hat  es 
sich  entfaltet  in  den  Zweigen,  wo  es  auf  fair-  zurückgeht^). 
In  der  heutigen  Schriftsprache  ist  versetjsen  von  heseteen  und 
ersetzen,  in  deren  Gebiet  es  im  mnd.,  mhd.  und  frühnhd.  über- 
greift, deutlich  geschieden. 

Einem  versdeen  stellt  sich  verlegen  zur  Seite,  das  als  fau/r- 
Type  nach  drei  Richtungen  entwickelt  ist,  als  „auslegen,  vor- 
schiessen,  ersetzen,  unterhalten  —  vorlegen,  sperren,  belegen 
—  widerlegen,  verdrängen,  verwerfen  —  unrichtig  legen*.  Im 
ahd.  erscheint  es  nur  in  der  Bedeutung  „verdecken* ,  die  freilich 
nicht  mit  DWB.  756  aus  einem  „durch  Legen  beseitigen", 
sondern  im  Gegenteil  aus  „vorlegen"  herzuleiten  ist: 

ahd.  N.  catech.  Mttllenhoff-Scherer  191 :  uuanta  die  antrunga  histnonea  taten 
ora  contorquendo  .  .;  dannan  begondon  sie  iro  anasiune  f  er  legen 
cavatia  Ugnis,  diu  latini  nu  larvcts  heizent. 

verlegen  in  der  ersten  Bedeutung  macht  denselben  Übergang 
wie  versehen  durch  (S.  59  f.) :   etwas  auslegen  —  einen  mit  etwas 


*)  Der  /ra- Type  verbrauchen  schliesst  sich,  wie  versehen,  verhören 
„sehend,  hörend  aufbrauchen"  (S.  63  Anm.,  65  Anm.),  auch  versetzen 
„setzend  aufbrauchen"  an  in  der  Druckersprache  (Campe  im  DWB.  1296). 


83 

versehen,  verlegen.  Für  verlegen  (ein  buch)  hat  DWB.  769 
wieder  eine  yeruDglfickte  Änslegung:  «Aus  dem  Hinlegen  an 
fremden  Ort  entsteht  die  Bedeutung:  (Geld)  hin  weggeben,  be- 
sonders hingeben  fUr  einen  andern,  für  etwas,  was  uns  fremd 
ist.  Daher  auslegen''.  Die  richtige  Deutung  ist  sehr  ein- 
fach :  verlegen  (got.  faurlagjan  S.  7)  besagt  „Geld  auslegen,  vor- 
schiessen;  ein  Buch  herauslegen,  auslegen"  (sei's  im  Schau- 
fenster oder  auf  dem  Büchermarkt)  ^),  dann  mit  der  so  beliebten 
Bektions-  und  Bedeutungsänderung  „Geld  für  einen  auslegen, 
einen  mit  Geld  verlegen,  für  etwas  aufkommen",  ahd.  Vor- 
läufer lassen  sich  nicht  ermitteln,  dafür  ist  diese  Bildung  in 
der  mhd.  und  mnd.  Geschäftsprache  überaus  häufig.  Wohl 
nicht  mit  Unrecht  suchen  wir  ihre  Herkunft  im  hansischen 
Norden,  der  eine  Anzahl  von  Ausdrücken  des  Handels  und 
Verkehrs  geprägt  hat,  die  noch  heute  in  unserer  Umgangs- 
sprache lebendig  sind. 

mnd.  Brschw.  Schichtb.  107:  mank  aussen  was  nein,  de  de  gelt  wolde  utdon 
efte  vorleggen. 

Wism.  Idy.  f.  152:  de  bedde  synt  geschattet  vnd  gewarded  vp  XI  m. 
.  .  .  dar  vp  h^t  de  schipper  vorlecht  IX  m.  (vorläufig  aaslegen, 
Vorschnss  leisten). 

Hans.  Bec.  II',  s.  211  (1438):  den  schaden  wedderkeren  unde  vor- 
leggen (ersetzen). 

Ltlneb.  Urk.  XV,  s.  197  (1486) :  ?i^ben  se  uns  unde  unse  Mostere  denne 
ok  wormede  vorlecht,  dat  scholen  se  afrekenen. 


')  Das  macht  noch  folgende  im  18.  Jahrb.  beliebte  Wendnng  anschanlich : 
J.  L.  Frisch.  TeuUch-lat.  Wörterhudh  .  .  .  Bwlin.  Verlegts  Chr.  G,  Nicolai. 
—  Critik  der  reinen  Vernunft  von  J.  Kant  .  .  .  Riga,  verlegts  J.  F. 
Hariknoch.  Weniger  anschaulich  im  16.  Jahrb.  „Historia  von  D.  Johann 
Fausten  .  .  .  m  Verlegung  J.  Sp.  löSd*"  (bei  Schmeller  1,  1457).  Der  Aus- 
druck Verlag  (.Kosten*)  erscheint  erst  im  16.  Jahrb.  (DWB.  711),  ist  im  mhd. 
gar  nicht,  im  mnd.  in  der  Form  vorlacht  einmal  belegt: 

Brschw.  Schichtb.  97 :  seen  konden  de  vor  lacht  nicht  don  wnde  neimet 
wolde  one  dar  to  wat  geven. 
Im  mhd.  erscheint  statt  dessen  verlegnisse,  verlegunge  (Lexer  3,  157),  im  mnd. 
ausser  verlacht  noch  vorlegginge  ( Schiller -Lübben  5,  391).  Ohne  Qrund 
scheidet  das  mnd.  WB.  ein  vorlegginge  ,, Verlag''  von  , Vorlegung,  Schau- 
steUung*.  brode  der  vorlegginge  :  panes  propositionis  (2.  Mos.  35,  13  H.)  be- 
deutet die  Auslegung  der  Brote  wie  verlag  die  Auslegung  der  Bücher  oder 
der  Kosten  (got.  hlaibans  faurlageinais  S.  7). 

6* 


84 

Lüb.  Dodend.  y.  1149:    dl,  de  mit  gdde  werden  vorlacht,  9mt  hir 

gemenet. 
Serm.  evang.  100a:    de  jungher  deden,  dlse  Jheeus  vorlecht  hadde 

(befehlen) »). 

Körner  85  a:  vorlede  eme  de  wege  (verlegen,  sperren). 

Korner  22h:  se  vorleden  deme  lesten  here  in  holteren  unde  in  dalen 

hy  Bunteeval  (Hinterhalt  legen,  anflanern). 
2.  Sam.  9,  28  (H.):  uns  is  vorlegen! 

Die  Bedeutung  „widerlegen,  verwerfen **  ist  analog  zu  versetzen 
„heraussetzen,  dawidersetzen,  entgegnen^  und  versprechen  „heraus- 
sprechen,  dagegensprechen,  versagen^  (S.  77 f.)  zu  verstehen. 

Lflb.  Reform.  49:  dat  unsere  geisüiken  de  lehre  der  predicanten  mit 
goüiger  hilliger  schrift  verlegget  hadden  (widerlegen). 

Lüb.  Passional  f.  130b:    vnsen  god,  den  wiUe  wy  nickt  vorleggen 
(abschwören). 

Ssp.  1.  63,  3:  de  bet  geboren  is,  den  ne  kan  de  wersgebome  nicht  ver- 
lecgen  mit  der  beteren  bord  (var.  geweigem,  vorwerfen). 

Ssp.  3.  37,  2:  swe  sik  vor  gerichte  to  getuge  but,  er  he^s  van  gerichtes 
haken  gevraget  werde,  hesivan  deme  tuge  verleget  (ansschliessen). 

Chr.  Sei.  308,  10:    he  u)art  gebeden  deme  so  nicht  to  dunde,  dat  he 
vorlede  unde  nidU  en  achtede  (missachten,  verwerfen), 
mhd.  Chr.  9.  980,  23:    miete  noch  enheieen  (versprechen)  noch  vür legen 
(aaslegen,  erlegen). 

Weist.  4,  607:  als  oft  einer  das  ihut  ohne  laübe,  der  verlegt  6  gülden 
(hinlegen,  erlegen). 

Ga.  3.  209,  464:  wdlent  ir  im  verlegen  tos  hengest  unde  pfert  (vor- 
schiessen,  aaslegen). 

Ls.  2.  29,  155:  tV  sit  mt  lenger  minnare  denne  iuwer  guot  mac  ver- 
legen (aaslegen,  eintragen). 

Chr.  1.  160,  4 :  dae  wir  iren  krieg  allein  wollen  treiben  und  verlegen 
(Kosten  aafbringen  für)'). 

Mb.  2,  295:  die  man  mit  puchsen,  pulver  und  zeug  verlegen  (ver- 
sehen, aasstatten  mit). 

Jüngl.  803 :  wan  er  die  lüge  ze  verlegen  hat  (aafkommen,  einstehen  für). 

Alph.  341,  2:  siege  und  sträzen  hän  wir  in  gar  verleit  (sperren). 
Weist.  1,  276:  dasz  sie  (erbgüter)  niemandt  verhaften  noch  verlegen 

soll  (mit  Beschlag  belegen). 
Mb.  3,  359 :  die  sträze  mit  newen  funden  und  anvordrungen  (za  hohen 

Zöllen)  verlegen  und  ced  machen. 


^)  Die  Form  des  Präfixes  wie  die  Bedeatang  spricht  eher  gegen  als  fttr 
betontes  Pr&fix,  wie  es  Schiller-Lübben  5,  391a  ohne  Qrand  ansetzt. 

■)  Daza  Verleger  „Unternehmer'*,  verlegnisse,  verlegunge  „Aoslage  der 
Kosten,  Unternehmang,  Ausrüstang"  (Lexer  3,  lö7). 


86 

DOr.  ehr.  245:  Jier  vorlegete  siner  heezer  spoi  (widerlegen,  zurück- 
weisen). 

Jer.  2097:  das  mi/r  min  lasier  ist  verleit  mit  ander  stner  vrümekeit 
(verdrängen). 

Bcsp.  1,  334  (a.  1419):  er  hette  sinen  zedel  verlacht  und  virdröz  zu 

suchen  (falsch  legen), 
nhd.  Hatten  5,  26  Münch :  icenn  sie  sehen,  dasz  der  stift  nit  geld  hat  .  ,  , 

finden  sie  . .  etwan  einen  reichen,  der  die  sach  (Geld)  zu  verlegen 

hob  (aaslegen,  vorschiessen). 
Jfil.-berg.  Polizei-Ordn.  48  (1696):  bisz  sie  ihre  gebühr  oder  verlachte 

Unkosten  bezahlt  (dass.). 
Leibniz  2,  281:    indem   die    buchhändler   schäMidhe    und   ärgerliche 

Schriften  zu  verlegen,  einzuführen  und  zu  vertreiben  sich  nicht 

entsehen. 
Frank  weltb.  98  b:  ob  wohl  etüich  so  mechtig  seind,  das  sy  ein  heer  in 

ein  füd  riisten  und  verlegen  möihten  (aaslegen  für,  versorgen, 

unterhalten). 
Maaler  423c:    ein  reisigen  häufen  verlegen  und  besolden  :  alere  et 

tolerare  eqaitatam. 
ebd.:  einen  verlegen  oder  erhalten  :  dwe  samptam. 
Ayrer  kön.  Theodos.  165  b :  die  geliebten  eitern  mein  a/rmut  halben  gar 

nicht  vermögen  zu  dem  studim  mich  zu  verlegen. 
Mosäas  3,  29:    er  vmrde  die  ganze  Christenheit  mit  umnderthätigen 

Zahnstochern  verlegt  haben,  wenn  er  abnehmer  gefunden  hätte. 

Ayrer  proc.  1,  9:    der  jme  begerte  den  weg  zu  verlaufen  oder  zu 

verlegen. 
Kirchhof  wendanm.  4,  174  Österley:  bapst  Oregorius  .  .  hat  .  .  mit 

einem  sehr  strengen  und  harten  verbott,  den  priestem  in  Teutscfi- 

landt  die  ehe  vorlegt  und  auff gehaben  (verwehren). 
Schweinichen  1,  210:    der  wirth  .  .  verleget  einen  arrest  auf  rosz 

und  fahmis,  bis  er  die  2354  ihlr.  bezahlt  bekommen. 

firasm.  lob  der  thorheit  42  b :  so  vil  gd>en  sie  der  thorhait,  das  offtmals 
das  mit  kainer  ausred  hat  mögen  verlegt  und  entschuldiget  werden 
(widerlegen). 

Lnth.  briefe  1,  599:  dieweil  ich  dann  keinen  weg  hob  miigen  erlangen, 
meine  Schriften  durch  das  göttliche  wort  zu  verlegen'^). 

LeBSing  1,  517:  sie  werden  seine  handschrift  verlegt  haben  —  so 
etwas  sflege  ich  nicht  zu  verlegen. 


')  Ndr. 83  Überschrift:  wider  das  vnchristenUche  buch  Martini Luters 
Augustiners,  an  den  tewtschen  adel  auszgangen,  Vorlegung  Hieronymi  Emser 
an  gemeyne  JwchiÖbluhe  teutsche  nation  (Widerlegang). 


86 

Von  den  Mundarten  ist  verlegen  im  Schweiz,  am  reichsten 
entwickelt  (Staub-Tobler  3,  1188)  als  „aussetzen,  auseinander- 
setzen —  unterstützen  —  mit  Beschlag  belegen".  Für  das 
Bairische  verzeichnet  Schmeller  1,  1457:  „die  hcmddsleute  ver- 
legen  sich  mit  waaren\  beym  scheibensckieseen  verlegt  man 
sich,  wenn  man  die  Schüsse^  zu  denen  man  berechtigt  ist,  durch 
einen  andern  thun  läset*',  Weinhold  für  das  Schlesische  „aus- 
richten" (hs.  L  37)  und  „unterhalten**  (hs.  L  51):  erhare  hnahen 
auffeueiehen  und  zu  verlegen;  den  verlag  geben  „Geld  auslegen, 
vorschiessen"  (hs.  L  5). 

In  der  Hütten-  und  Bergsprache  bedeutet  verlegen  „die 
Kosten  zum  Bau  auslegen,  vorschiessen **  (Jacobsson  4,  520; 
Veith  525),  sich  verlegen  oder  sich  verbauen  „sich  freibauen,  die 
Betriebskosten  decken"  (Veith  526);  in  der  Webersprache  des 
17.  Jahrh.  einen  sttM  verlegen  „auf  eigne  Kosten  betreiben" 
(Birlinger  158  b).  Ferner  kennt  die  Bergsprache  „mit  Beschlag 
belegen"  (Veith  525),  die  Jägersprache  verlegen  „Treibzeug  um 
Feldhühner  legen"  (Kehrein  306).  Schmeller  belegt  dazu  für 
das  Bair.  noch  „verhaften,  lähmen,  widerlegen"  (1,  1457). 

In  der  heutigen  Schriftsprache  hat  verlegen  die  Bedeutung 
„mit  Beschlag  belegen"  an  belegen,  „Geld  auslegen"  an  erlegen 
abgetreten ;  verlegen  verbindet  sich  mit  dem  Gegenstand,  für  den 
das  Geld  vorgeschossen  wird :  ein  buch  verlegen.  Die  Bedeutung 
„sperren"  eignet  ihm  allein. 

verschlagen,  dem  behandelten  verlegen  und  noch  mehr  ver- 
setzen ähnlich,  zeichnet  sich  durch  die  eigenartige  Bedeutung 
„förderlich  sein,  nützen"  aus.  Sie  gehört  zu /awr-  I  in  dem 
Sinne  „hinausschlagen  über,  übertreffen,  ausschlagen"*)  oder 
„vorwärtsbringen".  Die  übrigen  Bedeutungen  sind  von  versetzen 
aus  (S.  75  ff.)  leicht  zu  verstehen. 

verschlagen:    vorschlagen,    auseinandersetzen,    hinschieben    — 
versperren,  verbergen,    unterschlagen    —    widerlegen, 


^)  ausschlagen  ist  vom  Zünglein  der  Wage  übertragen:  etwas  sMdgt 
gut,  schlecht,  zum  heile,  zum  verderben  aus;  das  gibt  den  ausschlag,  ist  awh 
scMaggd>end  (Paul  wb.  47  a).  Ähnlich  ausgeben ^  ausgiebig,  ergiebig,  DWB. 
1086  erklärt  es  verschlägt  mir  nichts  als  „es  verändert  nichts  b^  mir,  es 
treibt  nichts  weg"! 


87 


ausschlagen,  zuräckschlagen,  lähmen  —  preisgeben,  ver- 
schlagen, berauben  —  ausmachen,  anschlagen,  frommen 
—  verfehlen;  sich  an  unrechter  Stelle  festsetzen. 

ahd.  Gl.  n  771  a  ferslagine  :  interclnsa. 

I  4  Pa.  gl.  K.  Ra.  faralahit :  adnectit. 
0.  II  4,  9:  er  ihar  niheina  stigiüa  m  firliae  ouh  unfirslagana. 
Gl.  II  671  a  ferslaho  :  refellam. 

Gl.  II  98  b  tnnöt  farslagane  :  in  cnstodiam  trnsi. 
II  617  a  forsluog :  damnavit. 

I  34  Ra.  farslahit.   Pa.  gl.  K.  furislahit :  antecipat  [E.  fimfangot]. 
mnd.  Wism.  Urk.  15.  Jahrh. :  da  was  ydt  hy  der  maltydt,  so  dat  vnse  varstynne 
de  deghedinghe  vorsloch  vppe  den  namydddach  (vorwärtsschlagen, 
verschieben  auf). 

Urk.  d.  St.  Hannov.  nr.  461  a.  1368 :  ok  sdial  neyn  knecht  eines  heren 
gut  vorslaan  edder  vorhreken  (in  der  Abschrift  Lüb.  Chr.  1,  480: 
underslan  edder  vorbuten), 

Westphal.  3,  91:  he  was  vorslagen  unde  lisHch. 

Zng  gegen  Jühnde  p.  8:  welk  he  dUet  vorsloch  wnde  nicht  don  en  wolde 
(in  den  Wind  schlagen,  verweigern). 

Korner  60 d:  dat  vorsloech  nidit  jegen  dat  unsttir  (nützen). 
Westph.  3,  69 :  cUse  koninck  Ch.  sach,  dat  de  sake  greven  Gerdt  geluck- 

lieken  vorsloch  (prosperabatnr,  ausschlagen). 
Zeno  80:  se  lepen  unde  brochten  genöch;  gar  Mene  it  se  vorsloch, 

it  wenede  dlse  sere,  alse  ift  it  hungerich  were  (wenig  nützte  es  ihnen). 

Livl.  Urk.  nr.  1616,  37  (Ende  14.  Jahrb.):  we  sik  vorsleit  und  en 
wech  kimpt  (sich  verirren)  ^). 
mhd.  Pass.  K.  297,  86:  aln  rede  er  kwrseUch  verslüc  (vorschlagen,  aus- 
einandersetzen). 

ebd.  229,  3 :  mit  worten  er  do  im  verslüc  wie  er  den  leiden  wurm  sach. 

ebd.  610,  46:  dcu  si  verslügen  disen  val  üf  den  bischof  (hin- 
schieben auf). 

Pass.  E.  16,  88:  das  er  die  vursten  liee  beide  versmiden  und  versldn 

in  den  kerker  (festschlagen,  festschmieden). 
Chr.  8.  481,  6:  den  Bin  mitpfelen  und  ketten  versiahen  (versperren). 
Germ.  7,  376:  er  verslüg  sich  in  einen  berg  (sich  verstecken). 
LoM.  7a:  si  verslüg  sich  hinder  ein  hecke  (dass.). 


^)  Diese  Auslegung  ist  ungezwungener  als  die  von  Schiller -Lübben 
5,  448  a. 


88 


Leseb.  1016,  11:  auch  kan  ich  stein  vund  gar  wol  verslän  (unter- 
schlagen). 

Teichn.  277:  den  gdxche  ich  zeinem  man,  der  versiahen  goukdn  kan 
(verschlagen,  schlau,  betrügerisch). 

Rcsp.  1,  172:  singen  versiahen  oder  interdict/wm  legen  (verbieten). 

Ls.  3,  91 :   die  rede  sie  mir  holde  versluoc  (widerlegen). 

Renn.  1948:  der  rat  ze  jungen  toren  nam  vnd  siner  aiten  rat  verslug 

(in  den  Wind  schlagen). 
Marlg.  204,  254:  siner  sorge  er  sich  versluc  durch  die  schone  gesicht 

(sich  entschlagen). 

Pass.  K.  14,  76:  die  vursten  wurden  dö  verslagen  von  wiierwinden 

üf  dem  mer  (vgl.  versetzen  mnd.  S.  76). 
Basl.  r.  33:  ze  banne  versiahen  (ausstossen,  verbannen). 
Helmbr.  1023:  die  alten  tumei  sint  verslagen  und  sint  die  niuwen 

für  getragen. 
Marlg.  147,  253:  daz  er  so  tMich  wolde  Üben  und  mit  den  swnden 

sich  versliic  (sich  beflecken). 
Erlös,  s.  217:  dm  angrif  wü  mich  versldn  des  tröstes  (berauben). 
Pass.  K.  75,  38:  daz  sich  sin  kraft  nie  verslüc. 
ebd.  280,  26:    daa  sich  im  die  sieht  versluc  und  er  nichtes  nicht 

ensadi. 

Parz.  584,  3:  solten  dise  kumher  sin  äl  an,  Gmodns  kumber  slüege 
für%  wisge  iemen  ungemaches  kär  (Ausschlag  geben). 

Hadam.  64:  die  vart  versiahen  (weidmännisch:  an  der  rechten  F&hrte 

vorbeigehn,  von  ihr  abkommen), 
nhd.  Schärtlin  v.  Burtenbach  (1772)  119 :  ich  liesz  aüe  furth  am  Lech  von 

der  Donau  an  bisz  gen  Landsperg  verschlagen,  mit  rädern  ver- 

sencken  und  .  .  verwahren^ 
Simpl.  1.  114,  11  Kurz:  ich  verschlug  mich  in  den  wald  vnd  ver- 

zweiffelte  schier  .  .  (sich  verbergen)*). 
H.  Sachs  8,  457  Keller-(4ötze :  ein  kindt  .  .  das  sie  zwey  mowU  heimlich 

zug  und  vor  dem  vater  das  verschlug. 
Felsenb.  1,  33:  auch  sonsten  einen  verschlagenen  köpf  hatte, 

Luth.  5,  171  W.  (operat.  in  psalmos  übers.  Roth):  sie  tamen  ut  non 
recuses  dei  voluntatem  .  .  ferre  =  doch  also,  das  du  nicht  ver- 
schiehest 


^)  Einzige  Stelle,  geschwächte  Form  kommt  überhaupt  mhd.  nicht  vor. 

')  DWB.  1086  legt  diese  Stelle  aus  als  „unbrauchbar  machen ',  während 
es  „zuschlagen,  schlagend  sperren''  bedeutet. 

')  sidi  verschlagen  kann  nicht  heissen  „zu  einem  Ort  sich  begeben  (ebd. 
1091),  sondern  hat  die  Nebenbedeutung  „sich  verbergen". 


89 


Schiller  3,  559:  dcLS  fnädel  seUt  sich  cUles  teuf  eis  gezeug  in  den  köpf 
. .  tmd  verschlägt  mir  am  end  einen  toackem  ekrharen  schvnegersohn, 

Goethe  br.  12,  150  nr.  3569  (a.  1797)  an  Christiane:  toir  wollen  daher 
unsere  fahrt  noch  aussetzen  ^  sage  das  SMlling,  damit  er  sich  die 
führe  nach  Lauchstädt  nicht  verschlägt  (sich  nicht  um  die  Mög- 
lichkeit bringt,  die  Fuhre  anderweitig  zu  vermieten). 

Garg.  465:  dasz  jm  die  kugeln  umb  den  kopff  sauszeten  .  .  dasz  er 
kein  himmel  sähe  und  jhm  der  lufft  verschlug,  athem  zu  holen 
(verwehren). 

Pinter  pferdesch.  (Frankfurt  1688)  413:  verschlagen:  wann  es  ins- 
gemein verstanden  wird,  so  sein  desselben  kennzeichen  die  Sperrung 
der  füsze  und  dasz  dieselben  je  länger  je  steiffer  werden. 

Vischer,  auch  einer  472:  kaites  wasser  verschlägt  die  zahne  (stumpf 
machen). 

Otto  Ernst,  Asmus  Sempers  Jugendland  1905  S.  85 :  die  freude  hatte 
ihm  allen  appetit  verschlagen. 

Salzmann,  Conrad  Kiefer  29  (DWB.  1088):  durch  das  schreien  macht 
sich  das  kind  eine  bewegung  und  diese  treibt  die  verschlagenen 
foinde  fort  (im  Leibe,  vgl.  versetzen  S.  79). 

Schambach  wb.  262:  vergripen  „machen,  dass  ein  Muskd  sich 
verschlägt*', 

Frank  chron.  407  b:   une  .  .  untreulich  das  concüi  mit  jm  gehandelt 

hob,  alle  bilUcheit  abgeschlagen,  all  sein  red  in  argem  auffgefangen, 

verkert  und  verschlagen. 
Luth.  9.  200,  16  W.:  das  eynig  land  der  Juden,  das  yhn  vorworffen 

wmd  vorschlagen  hoOt. 
H.  Sachs  8,  145  Keller:  une  ?iat  die  ungestOm  uns  verschlagen  und 

an  die  öden  insel  tragen! 

Zwingli  1,  41 :  darumb  dasz  es  uns  gott  nit  geben  Ttat,  dasz  ouch  uns 
nit  verschlagen  wü/rde  (gut  ausschlagen,  frommen)  ^). 

Wieland  10,  184:  doch  alles  dies,  und  was  noch  mehr  geschah,  ver- 
schlägt uns  nichts:  genug  sie  ist  mm  da  (geht  uns  nichts  an). 

Goethe  br.  mit  Stein  1,  15  Scholl:  es  verschlägt  sie  ja  nichts^ 

Immermann  Münchh.  1,  137:  ihr  .  .  solltet  daher  wissen,  dasz  das 
dringen  und  feilschen  bei  mir  nidit  verschlägt. 

Mörike  6,  292  (Hesse):  als  Mozart  ihnen  diese  arbeit  dedizierte,  hat  er 


^)  Der  einzige  obd.  Beleg  fttr  diese  Verwendung,  wo  wir  noch  keinen 
Einflnss  der  Schriftsprache  annehmen  können.  Sonst  heisst  es  obd.  verfangen. 

*)  mich  versMägt  statt  mir  verschlägt,  besonders  von  Geliert  verwandt 
(DWB.  1090),  braucht  durchaus  nicht  undeutsch  zu  sein  (ebd.),  sondern  er- 
klärt sich  analogisch  nach  mich  verdrieszt,  verlangt  u.  ähnl ;  vgl.  Paul  mhd. 
gr.  §  241,  266. 


90 

geglaubt,  nu/r  sie  zu  ehren,  doch  kann's  ihm  nichts  verschlagen, 
wenn  ich  eugleich  ein  kompliment  ßi/r  mich  darin  erblicke. 

Frisch  2,  191c:  ^nen  ort  im  buch  verschlagen  (verfehlen,  so  dass 

die  Stelle  nicht  mehr  zn  finden  ist)^). 
Hippel  lebensl.  1, 135 :  wer  einmal  den  rechten  weg  verschlägt,  kommt 

immer  weiter  vom  ziele  (vorbeigehn,  verfehlen). 

Die  Bedeutung  „etwas  ausmachen,  anschlagen,  frommen^ 
kommt  nur  in  ndd.  und  md.  Mundarten  vor,  und  zwar  im 
Brem.-Nieders.  (wb.  4,  813;  6,  312),  Hamburg.  (Richey  258), 
Preuss.  (Frischbier  2,  440),  Pomm.  (Dähnert  526),  Götting. 
(Schambach  266),  Mansf eidischen  (Jecht  118:  tvenn's  dich  nich 
varschlett  „wenn's  dir  nichts  ausmacht")  und  Schles.  (Wein- 
hold hs.  S  116:  das  verschlägt  nichts  „macht  nichts  aus^). 
Der  im  Schweiz,  bezeugten  Bedeutung  „verwahren,  unter- 
schlagen" (Staub-Tobler  1,  908)  und  refl.  „sich  verbergen"  im 
Bair.  (Schmeller  2,  516)  steht  das  Partizipialadjektiv  versMagen 
„schlau,  listig"  nahe,  das  auffälligerweise  nur  in  ndd.  Mund- 
arten verzeichnet  ist  (Brem.-Nieders.  4,  814;  Richey  258;  Honig 
194  a). 

Von  technischen  Ausdrücken  ist  „vorschlagend  sperren"  am 
geläufigsten  (Adelung  versuch  4,  1506:  fässer,  hasten  „zunageln, 
zuschlagen";  in  den  salekothen  pfannen  „flicken";  kammer, 
eimmer,  räum  „durch  vorgeschlagene  Bretter  absondern"),  im 
Schweiz.  versiMän  „verwahren"  (Staub-Tobler  1,  908). 

Aus  versMagen  „ausschlagen,  versagen"  (Bair.  Schmeller 
2,  516)  ist  jedenfalls  sich  etwas  verschlagen  „sich  etwas  versagen, 
sich  bringen  um  etwas,  sich  schädigen"  und  daraus  erst  das 
intr.  verschlagen  „Schaden  nehmen"  entwickelt,  wofftr  ich  keine 
fra-Tj^^e  ansetzen  möchte.  Beeinflussung  von  hier  aus  wird 
wohl  allerdings  stattgefunden  haben.  Vielleicht  ist  aber  ein 
md.  verschlagen  „sich  erkälten"  im  Mansf  eider  (Jecht  118:  ä  hott 
varschlon)  und  Leipziger  Dialekt  (Albrecht  230:  verschlagen  hat 
man  auf  einen  Körperteil,  wenn  sich  eine  Erkältung  dahin  ge- 
setzt hat)  mit  der  /air- Type  verschlagen  „umschlagen,  über- 
schlagen, lau  werden"  (vom  Wasser)  zusammenzubringen.    Das 


^)  Dazu  Köln,  verschktdere  „das  rechte  Blatt  im  Bach  verschlagen" 
(Honig  194  a). 


91 

refl.  sich  verschlagen  „sieb  schädigen^  ist  im  Wiener  Dialekt 
(Hügel  181)  gebräuchlich,  in  der  Weidmannsprache  als  „fehl- 
schlagen, unwirksam  sein^  von  Schttssen  und  „sich  verwickeln, 
sich  festrennen,  nicht  weiter  können,  nicht  mehr  zu  finden  oder 
zu  locken  sein"  von  Wild  und  Geflügel  (Weber  2,  615,  Heppe 
382,  Kehrein  308).  Das  intr.  verschlagen  bedeutet  in  der  Jäger- 
sprache „ausser  Atem  kommen"  (Eehrein  303);  ein  versdilagener 
Hund  ist  „scheu,  krank,  steif"  (ebd.  308),  was  Schambach  266 
auch  für  die  götting.  Mundart  bezeugt.  Ebenso  bedeutet  ver- 
schlagen eine  Krankheit  des  Pferdes,  wenn  es  steife  Fttsse  hat, 
die  Beinmuskeln  nicht  bewegen  kann  und  stets  zittert  (Weber 
2,  615).  In  der  Berg-  und  Hüttensprache  versMagen  wirkungs- 
lose Schüsse  („versagen")  und  Wetter,  die  sich  versetzen  und 
in  falscher  Richtung  strömen  (Veith  535).  Wie  mau  das  tr. 
verschlagen  vom  Stumpf  machen  der  Zähne  braucht,  so  in  der 
Bergmannsprache  vom  Abstumpfen  der  Werkzeuge  (ebd.). 
Die  Weidmannsprache  lässt  einen  Hühnerhund  verschlagen,  wenn 
er  auf  zu  viel  Schläge  und  dadurch  nicht  mehr  zum  Jagen 
kommt  (Weber  2,  615). 

Die  Bedeutung  „erschlagen,  zerschlagen",  besonders  im  obd. 
beliebt,  geht  auf  eine /ra-Type  zurück  und  gehört  nicht  hierher. 
Von  den  reichen  Bedeutungen  von  versMagen  ist  heute  schrift- 
sprachlich geläufig  nur  noch  „versperren,  verschlagen  werden 
(vom  Winde,  vom  Geschick),  sich  verschlagen"  und  „aus- 
machen, frommen",  letzteres  besonders  beliebt  in  den  Wen- 
dungen: das  verschlägt  nichts  („tut  nichts  zur  Sache"),  was  ver- 
schlägt das?  kein  mittel  verschlägt  hei  ihm,  in  negativer  Form 
gebräuchlich^).  Mundartlich  ist  auch  es  beschlägt  wenig  in 
derselben  Bedeutung  bezeugt  (Hittmair  234).  Im  mhd.  kommt 
vereinzelt  sich  beschlagen  „sich  festsetzen"  vor  (ebd.  57),  als 
„betrügen"  nähert  es  sich  auch  versMagen  in  der  Bedeutung 
(ebd.  149).  In  lokaler  und  instrumentaler  Verwendung  gilt 
beschlagen  heute  allein  (ebd.  43,  44,  49,  153,  176). 


^)  Vernaleken  2,  90.    Doch  ist  mir  die  positive  Wendung:  die  speise 
verschlägt  etwas  („sättigt  gut^)  aas  dem  Preass.  geläufig. 


92 

verfangen  teilt  mit  versddagen  die  Bedeutung  „förderlich, 
wirksam  sein^.   ahd.  ist  dieses  verfangen  ausser  in  den  Glossen 
nur  —  und  zwar  recht  häufig  —  dei  Notker  belegt. 
verfangen:  überholen,  übervorteilen  —  förderlich,  wirksam  sein 
—  sich  vergreifen. 

ahd.  N.  I  714,  11  P.:  fürefieng  er  sus  mit  imo  r^dondo  :  prior  orsus  est. 
I  238,  2:  tö  fürefdheat  mih  rihto  :  recte  .  .  precurris. 
I  361,  5:  götes  öuga  gefiireuangot  dl  ddz  chwnfiig  ist :  precurrit 
onine  futnram. 

Gl.  I  3ö  R.  furifangot :  anticipat »). 

I  619  a  fimquanwn  furivangoUm  :  anücipaverant. 
IV  34  a  furvähU  :  anticipat. 

I  462  a  furivomgota  uuoritumgota  uiruiench  :  preoccnparet. 
N.  I  114,  30  P.:  wMus  sMen  die  scrifte  ddraeüo  uerfdhen :  quid  ipsa 
scripta  proficiant. 

I  362,  26:  He  ddnne  ferfähent  so  sie  rMe  8(n^:qaae  .  .  .  non 
possunt  esse  inefficaces. 
I  232,  26:  so  neferfähet  ter  umUo  nleA^ :  yoluntas  frustra  sit. 

I  700,  28:  n6h  in  die  zdrta  dlle  ne/er/i6n^en :  blandimenta  fra- 
strantur. 

II  15,  19:  vtter  ist  aber  in  heUo  dir  ühttg  ?  tmen  uerfdhet  da  sin 
iehen?  (wem  hilft  seine  Beichte  dann  noch  etwas?) 

mnd.   Ostfries.  L.  B.  I  121,  7 :   de  deelen  oeres  vaders  guet  aUe  gdick  und 
neen  vuübroeder  moit  den  andern  vervangen  (ttbervorteilen). 
Kantzow  102:  vnd  wolde  Casemer  den  rJunn  des  hriges  vor  fangen 
(im  voraus  für  sich  nehmen). 

Brem.  Stat.  45  (a.  1303):  so  toelic  horghere  sec  vorveit  in  sime 
hnechte,  .  .  Iheme  scal  he  heteren  UJ:e  eneme  gaste  (sich  vergreifen  an). 
mhd.  Gen.  D.  71,  18:  vil  lucel  du  da  mite  vervienge  (ausrichten)'). 

Bon.  42,  62:  wemie  er  vor  alier  nicht  vervdt  (nichts  mehr  vermag). 

Pass.  206,  62:  sin  gewält  da  nicht  vervinc. 

Albr.  13,  61 :  der  schius  nicht  vervie. 

Trist.  18180:  dag  vorhte  nodh  huote  an  ir  vrouwen  niht  vervie  (bei 
ihr  nicht  anschlug). 

Büchl.  1,  1111 :  dag  ailer  wibe  güete  ge  freuden  niht  vervienge  (ver- 
helfen zu). 

Nib.  95,  2:  wag  hundeg  si  vervän  (helfen,  frommen). 


*)  aengl.  forefön  bedeutet  ebenfalls  panticipare"  (Bosworth-Toller  306  a). 

^  Zunächst  wird  verfangen  persönlich  konstruiert,  dann  auf  die  dritte 
Person  beschränkt,  erhält  ein  unpersönliches  Subjekt  und  nimmt  schliesslich 
ein  persönliches  Objekt  zu  sich. 


93 


Msf.  171,  17:  daz  tet  ich  ie:  nu  kan  michz  leider  mht  v  er  van  (nun 

hilft  es  mir  doch  nichts).     ' 
Herb.  12156:  ^t  min  bete  und  min  rät  nikt  vervihet  noch  verstdt 

(nichts  ausrichtet). 
Chr.  8.  248,  18:  ird^nsdi  gewcdt  gegen  goUe  nüi  verfocht 

nhd.  Eeisersberg  seelensp.  23  a:  aber  vil  beichten  und  dick  zu  dem  heiligen 

aaerament  gon  on  soliche  Übung  der  tugend,  das  v  er f  ah  et  nüt. 
Keisersberg  pred.  55  b:  dieses  v  er  fach  et  alles  nichts  an  inen. 
Melanchthon  2,  137  Bretschneider :  wo  aber  die  handlung  bei  unsern 

herm  . .  dergestalt  nicht  verfahen,  noch  ersprieslich  sein  wollt  . . . 
Fischart  bienenk.  47  b:    das  mag  dUes  nichts  verfahen,  miitder  ais 

ein  tropff  Weihwassers  im  fegfeur. 
Simpl.  2.  311,  8  Knrz:  so  dasz  auch  aUe  obermelte  euren  nichts  ver- 
fangen konnten. 
Logaa  5,  55  bei  Weinhold  hs.  F  10:  wo  das  reden  nichts  verfängt, 

hat  das  schweigen  besser  statt. 
Opitz  poet.  70:  welche  meine  geringschätzige  arbeit  bei  stattlichen  auff- 

gerichten  gemüthern,  wo  nicht  mehr,  doch  so  viel  verfangen  wird, 

dasz  .  .  . 
Chr.  Gryph.  poet.  wäld.  1,  272 :  wenn  fast  kein  mittel  mehr  in  solcher 

noth  verfing. 
Lessing  4,  409:    Harlekin  versw^t,  sie  .  .  auseinander  zu  bringen, 

läuft  aber,  als  es  nidits  verfangen  ujill,  davon, 
Wieland  7,  13:    und  wie  er  sah,   dasz  bitten  nichts  verfängt,  so 

sprach  er  .  .  . 
Goethe  29,  54:  diesz  aber  verfieng  nicht,  man  hatte  partei  ergriffen 

und  blieb  auf  dem  sinne. 

verfangen  „wirksam,  förderlich  sein"  ^)  ist  fast  ebenso  aus- 
schliesslich in  obd.  Mundarten  vertreten  wie  verschlagen  in  ndd. 
Im  mhd.  findet  sich  kein  verschlagen  in  dieser  Bedeutung,  im 
mnd.  kein  verfangen.  Im  nhd.  weicht  hiervon  ab  ein  vereinzeltes 
verschlagen  bei  Zwingli  (S.  89  Anm.  1),  das  in  dem  ahd.  gl.  K.fwr%- 
slahü:  „antecipat"  (Gl.  I  34)  einen  ebenso  vereinzelten  Vorgänger 
hat.  Demgegenüber  steht  oft  in  den  ahd.  Qlossen  verfangen,  und 
Notker  braucht  es  ganz  allein  in  diesem  Sinne  (8.  92).  Dialek- 
tisch bezeugt  ist  nhd.  verfahen  im  Schweiz.  (Staub-Tobler  1, 
722).  Im  md.  begegnen  sich  verfangen  und  verschlagen,  beide 
sind  im  Schles.  gebräuchlich  (Weinhold  hs.  P  10,  S  116). 


')  verfänglich  hedeutet  mhd.  „tauglich,  nützUch,  wirksam,  von  Erfolg'^ 
(Lezer  3,  285),  nhd.  geht  es  zu  dem  Sinne  „gefährlich,.  Verlegenheit  bereitend^ 
über  (DWB.  309),  in  Anlehnung  an  verfang  „Vorgriflf,  Übervorteilung,  Nach- 
teil'' (mnd.  SchiUer-Lttbben  5,  484;   mhd.  Lexer  3,  285;    nhd.  DWB.  303). 


94 


verschiesaen  verbindet  die  Anschauung  „voraus^  und 
„vorüber":  „vorschiessen,  abschiessen  —  sich  entäussem,  ver- 
zichten, ausstossen  —  ttberschiessen,  vorüberschiessen,  verrinnen, 
ausschiessen  —  vorbeischiessen,  fehlschiessen,  sich  übereilen 
und  festrennen,  sich  verausgaben''. 

ahd.  Gl.  II  436  b  farscwizan  :  pellere. 

N.  11  410,  3  F.:  hom  mtucJiset  uzzer  demo  fleisce  unde  füreskiüeset 
daz  fleiac.    so  füreskiezeent  ouh  ir  daz  fleisc  mit  muote  (über- 
wachsen —  überwinden), 
mnd.  Brschw.  Schichtb.  51:    der  worde  worden  vele  v  er  schoten  van  den 
hovetluden  der  partie  mank  deme  völke  (Worte  ausstossen). 

Leibn.  3,  430:  dat  me  edle  de  vervolgers  der  kerken  verschot  mit  den 
leckten  wnde  vorludde  se  mit  den  Mocken  (durch  Umstürzen  der 
Lichter  und  Läuten  der  Glocken  exkommunizieren). 

Lüb.  Pass.  f.  lOd:  dö  dat  volk  al  vorschoten  was  vnde  en  weck 
(sich  schnell  entfernen). 

Brem.  GB.  f.  139:    myt  vorschotenen  unde  bespyeden  antlate  (aus-  . 
schiessen,  ausbleichen), 
mhd.  Nib.  426,  1:  so  si  den  ger  verschoz  (abschiessen)  0* 

Mone  z.  16,  86:  den  hof  mit  hcdme  und  7nit  munde  verschiezen  (sich 
entäussern,  verzichten  auf). 

Mb.  24,  558  (a.  1411):  hdn  aufgeben  mein  güetlein  und  verscheuze 
mich  des  mit  hant  und  halm  (dass.). 

Sery.  1205 :  waz  ist  din  ungehabe  so  gröz  umb  die  got  mit  urteile  ver- 
schoz? si  habent  verdienet  wol  den  voZ  (Verstössen,  stürzen). 

Kirchb.  731,  8:  bi  den  andern  fiiezen  die  westert  in  daz  mer  ver- 
schiezen (schnell  vorüberfliessen,  stürzen  in). 

Lcr.  93,  273:  wenn  sie  verschieszen,  so  wollen  wir  denn  in  sie 
rennen  (aufhören  zu  schiessen)  ^). 

Schm.  Fr.  2,  478:  Iiatte  sich  des  weges  verschossen  (verfehlen). 

Jer.  19393:  u)iim  gemle  da  sin  16z  daz  sich  im  ouch  aho  vorschöz 
(fehlschlagen). 

Wölk.  31.  2,  99:  ich  het  mich  einst  verschozzen  mit  einem  knaben 
junc  (sich  verfehlen), 
nhd.  Pers.  reisebeschr.  3,  2:  hat  der  groszfiirst  gelder  darzu  verstreckeL 
als  aber  dem  guten  mann  das  werk  miszlungen  und  seine  guter,  die 
verschossene  groszfü/rsüiche  gelder  wieder  zu  erlegen,  nicht  zu- 
reichen wolten  .  .  (vorstrecken,  vorschiessen). 


^)  Kann    wie    die   Bedeutung    „schiessend   aufbrauchen,    erschiessen, 
sprengen"  auch  zu  fra-  gehören  (Lexer  3,  216;  DWB.  1079). 


96 

Garg.  498  (1590):  die  feind  .  .  fiengen  derhalben  cUl  an  mit  ver- 
schossenen zawm  fersengelt  zu  geben  (Zaum  yornttberhängen)  *). 

Spee.  4.  2,  9  Balke:  lid)  hat  aus  seinen  äuglei/n  rwnd  fast  tausend 
pfeü  verschossen  (abschiessen)  *). 

Jer.  18,  14:  das  regenwasser  verscheuszt  nicht  so  holde,  als  mein 
volck  mein  vergisset  (yerrinnen). 

A.  Gryph.  ged.  181  Palm:  mein  bebend  hertze  kracht,  indem  es  über- 
legt, wie  zeit  und  weit  verschieszen  (vergehn). 

Leasing  3,  210:  seht  da  das  ehrenkleid,  .  .  eh  es  verschossen  ist,  eh 
es  zu  lumpen  geworden  (aasschiessen,  verbleichen). 

Paracelsas  2,  267  G  (1616):  indem  so  fehlen  sie  und  verschieszen 
neben  das  ziel  (vorbeischiessen,  fehlschiessen). 

J.Paul  67,  16:  aber  dieses  mal  verschosz  sich  Peter  (dass.). 

Tb.  Platter  169:  der  hat  sich  in  der  flucht  verschossen  (sich  übereilen). 

Fischart  ehz.  510:  wann  sich  der  jungen  (Walfische)  eyns  am  ufer 
im  sand  verschieszt,  das  es  nicht  von  der  statt  kommen  kan  (sich 
festrennen). 

Simpl.  1.  5,  7  s.  477  (1713):  unerachtet  dieses,  worin  er  sich  also 
verschossen,  nur  ein  schlechtes  bauemmägdlem  war  (sich  unbe- 
sonnen verlieben). 

Felsenb.  4,  62 :  meine  leute  fochten,  nachdem  sie  sich  dann  und  wann 
verschossen  hatten,  mit  ihren  sdbeln  (zuviel  schiessen,  sich  ver- 
ausgaben). 

Schönaich  Ästhetik  358  Köster:  noch  unbill,  noch  verschuss  kann 
vom  allweisen  kommen  (Fehlschuss). 

verschiessen  lebt  in  der  heatigen  Sprache  noch  als  „aus- 
bleichen" und  im  Sinne  der  Verfehlung.  Die  Farbe  verschiesst, 
wenn  sie  ausbleicht  und  nicht  dauerhaft  ist  (Jacobsson  526). 
Der  Hund  verschiesst  sich,  wenn  er  von  der  Fährte  abkommt, 
der  Jäger,  wenn  er  kein  Pulver  mehr  hat  (Kehrein  309),  der 
Bergmann,  wenn  er  schlecht  baut  (Veith  535).  In  der  Bienen- 
sprache verschiessty  verfliegt  oder  verschmärmt  sich  der  Weiser, 


>)  Häufiger  mit  verhängtem  zügel,  in  der  Bedeutung  „willfahren,  ge- 
währen" schon  ahd.  übertragen: 
ahd.  Gl.  n  120  b  firhancte  :  cousensi. 

N.  II  265,  12  P.:    noh  s6  füo  nef erhingest  du  minen  ftenden  an 
mir  :  non  confundantur  super  me. 
Die  Wendung:  das  geschick  verhängt  böses  über  uns  (Verhängnis  in  aktivem 
und  passivem  Sinne)  hält  das  Bild  anschaulich  fest  (hinaushängen  über): 
mhd.  Tit.  128,  4:  unde  er  sorge  über  dich  niht  verhenge. 
>)  Siehe  S.  94  Anm.  1. 


96 

der  seinen  Stock  nicht  wiederfindet  (Overbeck  85).  In  der 
Druckerei  muss  der  Korrektor  nachsehen,  ob  alle  Seiten  auf 
dem  Bogen  in  dem  Format  an  der  rechten  Stelle  stehn  und  der 
Setzer  nicht  etwa  die  Kolumnen  verschossen  hat  (,,falsch  aus- 
schiessen*'  Klenz  107).  Beim  Militär  gilt  es  als  Zeichen  eines 
schlechten  Soldaten,  mit  der  Munition  nicht  hauszuhalten  und 
sich  vorzeitig  zu  verschiessen.  Im  Preuss.  verschiesst  nicht  nur 
ausbleichende  Farbe,  sondern  auch  versiegende  Milch  (Frisch- 
bier 2,  440)*).  Im  Götting.  bezeichnet  verscheUen  „sich  ver- 
laufen", verscheten  „verloren"  (Schambach  266),  im  Wiener 
Dialekt  sich  verschiessen  „sich  festsetzen"  (Hügel  181),  im 
Schwab,  „sich  aus  Hast  verirren"  (v.  Schmid  462).  Am  weitesten 
verbreitet  aber  ist  sich  verschiessen  „sich  verlieben",  verschossen 
injem.  „verliebt"  (Schmeller  2,  477,  Spiess  269,  Meyer  127, 
Studentenspr.  Kluge  133).  Das  holstein.  verschott  „Überschuss" 
(Schütze  4,  306)  hat  einen  Vorgänger  in  mhd.  vürschue  (Lexer 
3,  608).  Das  Botwelsche  gebraucht  schlangen- verschüszer  und 
'Verspaseer  als  „Betrüger"  (Kluge  rotw.  166). 

Die  /ra- Tjrpe  verschiessen  „totschiessen"  hat  die  heutige 
Schriftsprache  ganz  durch  erschiessen  ersetzt,  leschiessen  berührt 
sich  in  der  Bedeutung  „zuschiessen,  beisteuern"  (Hittmair  17, 
172)  früher  mit  verschiessen  „verschiessen" ;  zu  heschiessen  „ver- 
schlagen, nützen",  das  noch  im  Schweiz.,  Bair.,  Schwab,  lebt 
(ebd.  223)  ist  ein  analoges  verschiessen  wie  verschlagen  zu  be- 
schlagen (ebd.  234)  nicht  gebildet  worden. 

verfahren^  vergehn  zeigen  faur- 1  in  der  Anschauung  „hinaus 
über,  vorbei". 

verfahren:  überholen,  umfahren  —  ttbergehn,  versäumen,  ver- 
fehlen, sich  festfahren". 

ahd.  Ol.  n  646  a  furivarent :  trojnQieTmt. 
II  254  b  t7 » rvoro  :  praetereo. 
T.  205,  2:  ihie  für itiarenUm  :  pTfueterenntes. 
N.  I  736,  26  F.:  so  iouia  ünde  iunonis  höf  fürefären  uuörd :  trans- 

cursis  domibas  coniagum  regnm. 
0.  IV  30,  5 :  cUle  ihie  thar  wjiarun  joh  thar  furifarun. 
Gl.  IV  2  b  furi  ferit :  antecellit. 


*)  verschiessen  „zu  Atem  kommen  lassen"  ebd.  wird  wohl /otr-Type  sein. 


97 

N.  I  747,  28:  t^  fürefüor  so  er  hegönda  chömen  ^  rot  sMmo  ptur- 

pwrun  geUcher  :  f ulgor  antevenit. 
T.  80,  7:  inti  sär  giböt  her  ihie  iungiron  .  .  furifaran  inan  uba/r 

ihm  seo :  iussit  .  .  praecedere  eum. 

Gl.  II  260b  furifaran  :  defluxisse.    II  655  a  für if arener  :  elapsus. 

n  273  b /urtfaren^  :  fugiant.    II  487  b  v  er uarenton ;  labentibns. 

II  603  b  firfuor  :  diem  obiit.    in  76  b  firvamer  :  defunctus. 
T.  146,  3 :  ni  uorferit  Ma  cunni :  praeteribit. 
N.  II  187,  22  P.:  so  diu  naht  fergät  unde  iz  hina  tagen  beginnet. 
N.  I  405,  5  P.:  taa  kdgenuuärta  tut  haftet  zu  demo  ferudrenen  ünde 

demo  ohümfttgin  :  ad  praeteritum. 
as.  Hei.  5867:  hie  habit  sia  iu  furfarana  (überholen). 

Ps.  67,  8:   80  farfarin  aundiga  fan  antsceine  godia  :  sie  pereant 

peccatores  a  facie  dei. 
mDd.  Hamb.  Z.  B.  p.  270:  wen  averst  desuivige  dodes  vorfaren  . .  (sterben). 

Brschw.  Urk.  v.  1370:  were  dcU  der  schepe  toelk  grundroringhe  dede, 
dar  mede  en  scolde  dat  gud,  dat  darirme  were,  nicht  vervaren 
edder  verloren  wesen  (einbttssen). 
mhd.  Spec.  29:  er  vurfuor  die  heiligen  boten  mit  der  marter  (zuvorkommen). 

Aneg.  10,  78:  ob  er  die  marter  mochte  vervarn  (umfahren,  aus- 
weichen, vermeiden). 

Diem.  41,  6 :  der  Blähende  engel  vtwr  da  füre  (vorübergehn). 

Pass.  E.  324,  22:  dö  vervür  ouch  das  her. 

Mein.  nat.  4, 16:  diu  für  gevame  gtt,  dag  für  gevamejdr  (vergangen). 

Judith  155,  23:  swenne  vervar  daz  benante  zit. 

Walth.  23,  23:  an  erben  müezen  si  v.ervarn  (sterben). 

Pass.  E.  238,  56:  daz  bilde  virvür  unde  zubrach. 

Wg.  10895:  der  ververt  iibelUchen,  der  mit  unreht  gelebt  hat^), 

Griesh.  2,  79:  er  was  vervarn  und  verlorn^). 

Parz.  464,  19:  ir  magetuom  was  vervarn. 

Gen.  D.  10,  37:  an  den  eren  bistu  vervarn  (nmgehn,  übergehn,  ver- 
säumen). 

Nib.  1526,  3  var.:  wer  sol  uns  durch  daz  lant  die  rehten  wege  wisen, 
daz  vrir  niht  vervarn  (Weg  verfehlen). 

Griesh.  ehr.  38:  wand  si  hetten  sich  vervaren  als  lange  in  der 
wilimsse. 


^)  übel  verfahren,  zunächst  in  passivischem  Sinne  „übel  fahren"  {xaxiog 
Tiaaxiiy),  hat  später  aktivischen  angenommen. 

*)  Eönnte  als  „übergangen,  verloren''  oder  „dahingefahren,  dahin''  auf- 
gefasst  werden. 

Leopold,  Die  Vorsilbe  ver-  7 


98 

nhd.  H.  Sachs  Ndr.  39/40  S.  16 :  ja,  er  seil  noch  eh  wann  zwo  stund  hey  ms 

fürfaten  cUse  strasg  (vorbeikommen). 
Stieler  410:  den  eoü  verfahren  :  Yecügal  committere,  telonia  f allere. 
Frankf.  stadtarch.  (Mainz)  16.  Jahrb.:  straszen  und  abwege,  darauff 

die  furleut  den  gtdden  Zollverfahren  mögen  (amfahren,  vermeiden). 

S.  Dach  398  Österley:  wiewol  erst  nach  drei  vollen  jähren  sein  bassa 

todes  ist  verfahren. 
Aimon  bog.  C:  ich  mein  jr  seint  von  ewem  sinnen  verfaren^), 
Logan  1.  168}  20:  hei  so  wildem,  vmsten  wesen  ,  .,  da  die  wolfakrt 

gar  v  er  fähr  et 

Simpl.  2,  152  Kurz:    und  deszwegen  vermeinte  jeder,   er  verführe 

seinem  stand  nach  gar  recht  und  wol, 
ebd.  2.  186,  14:  gleichwie  du  jetztmder  mit  mir  procedirest,  also  wird 

audi  der  tod  mit  dir  v  erfahren  y  wann  er  dich  nemlich  wieder  zu 

erden  machen  wird  (abfahren,  dahinf ahren) '/ 
Opitz  1,  218:   kein  solches  regiment,  das  mit  gewaU  v er f ehrt,  hat 

loftge  zeit  hestandt. 
Schiller  5  II,  414:  man  hat  zu  rasdh  verfahren*). 

Diese  erst  im  nhd.  gebräuchliche  Verwendung  von  verfahren 
ist  am  besten  durch  Umsetzung  der  passivischen  Bedeutung 
jydahinfahren^  in  eine  aktivische  zu  erklären  (S.  97  Anm.  1), 
wie  sie  sich  aus  den  hier  vorgeführten  Stellen  leicht  entwickeln 
lässt.  verfahren  gegen  einen  lässt  wohl  schwerlich  noch  das  in 
fafjW'  enthaltene  »gegen**  (S.  9)  durchschimmern ;  doch  vgl.  die 
synonyme  Wendung  vorgehen  gegen: 

Regensburg.  Beichstagsabschied  1594:  wie  gegen  den,  so  darwider 
handelt,  verfahren  werden  soll. 

verfahren  zu  schlechtem  Sinne  übergehend: 

Schade  pasqu.  14:  hat  er  vor  aUen  dingen  glaiubwürdig  kuntsehaft  uns 
darfhon  .  .  durch  die  stimme  gottes  vaters  domit  niemant  an  im 
V  er  für  (urre  werden). 

Keisersberg  Spinnerin  0  2a:  hei  diser  gleichnusz  versteestu  aUer  hasest, 
loie  diser  mensch  verfaren  ist  in  der  narrethen  liehe  (festfahren). 


^)  Dazn  das  Partizipialadjektiv  verfahren  „zerfahren,  zerstreut,  ver- 
zückt« (Staub-Tobler  1,  899). 

*)  Ans  solcher  mehr  zufälligen  Verbindnng  wird  das  mit  zu  verfahren 
getreten  sein  and  sich  mit  ihm  dann  fest  verbanden  haben. 

")  verfahren  als  intr.  Verb  der  Bewegung  verlangt  sonst  die  Perfekt- 
umschreibung  mit  ;,sein''  (Erdmann  I  §  152  II). 


Eeisersberg  Mlgerschaf t  (1512)  120  b:  wenn  das  pferd  einen  steinhufen 
oder  ein  crüiz  sichte  denn  fart  er  neben  uz  uf  die  marter  oder  über 
die  acker  .  .  und  verfert  sich  (Weg  verfehlen). 

Gotter  3,  228:  die  kahr  war  verfahren,  als  man  mu^  in  die  zügel 
eingreifen  Uesz  (festfahren). 

Goethe  30,  46:  auch  hätten  wir  nicht  einmal  aus  der  reihe  weichen 
können,  ohne  uns  in  den  graben  zu  verfahren  (sich  festfahren). 

Für  das  Preuss.  verzeichnet  Frischbier  2,  430  sich  verfahren 
„sich  durch  Lügen  festfahren*.  Verbreitet  ist  die  Wendung 
pden  Zoll  umfahren,  vermeiden",  so  im  Bair.  (Schmeller  1,  739; 
verfüeren  749),  im  Henneberg.  (Eeinwald  1,  181;  Spiess  266) 
und  Westerwäld.  (Schmidt  290).  In  der  Bergmannsprache  be- 
deutet verfahren  „den  Gang  mit  Strecken  oder  Schächten  öffnen 
(faur-  I:  hervor,  heraus),  abbauen*'  (Jacobsson  4,  507;  Veith 
521)  und  „verschrämen **  (Veith  521).  Ein  unverfahrenes  fdd  ist 
ein  unbebautes  (Veith  522);  wenn  man,  daneben  hinarbeitend, 
einen  Gang  unberührt  stehen  lässt,  so  wird  er  auch  verfahren 
(„umfahren,  verfehlt"  ebd.)^). 

Mehr  als  verfahren  zeigt  vergehn  Neigung  zu  /ra-Typen. 
Das  „hingehn  über  etwas"  entwickelt  sich  im  as.  zu  den  ganz 
verschiedenen  Bedeutungen:  „überziehen,  verstehen,  begehen". 
In  vergehn  sondern  sich  effektive  und  resultative  Aktionsart 
(S.  20).  Wir  scheiden  die  Bedeutungen:  überholen,  hingehn 
über  —  vonstatten  gehn,  sich  vertragen  —  vorübergehn,  unter- 
gehn,  vergehn  —  übergehn,  versäumen;  sich  verirren,  ver- 
fehlen. 

ahd.  N.  I  211,  31  P.:  diso  der  mäno  dia  sunnün  furegdndo  eclipsin  solis 
machot  (Überholen,  vorausgehn). 
Gl.  II  30  a /«r^an^on  ;  progressa. 

n  543  a  fergangenüb :  concretus  (anditos). 
I  410  a  ana  farkianc  :  invasit. 

N.  I  351,  14  P.:  dia  {mSnÜichun  mdnegfälH  fergdngenes  zites  iöh 

chumftiges  :  f utnri  ac  preteriti. 

as.  Hei.  2364  M.:  farstandan  ni  uueldun,  ihat  sie  häbdun  forgang  an 

frnndun  an  uuHlean,  liudi  mid  iro  gelöbun  (zuvorkommen,  entgehn). 

Hei.  2411  M.:  hdbda  it  (krud)  ihes  uucddes  hlea  forana  forgangan, 

that  it  m  mcthte  te  enigaro  frumu  uuerden  (überziehen). 


*)  Die  übrigen  Bedeutungen  von  verfahren  gehören  zu  fra-. 


100 

Hei.  3839  M.:  fkdh  sie  ni  uuarin  so  salige  te  thiu  iheU  sie  it  so  far- 
gengin  (C,  farf engin),  so  it  iro  fruma  uuari  (verstehen,  auffassen). 

Hei.  5765:  uuard  ihie  hdago  dag  Judeono  far  gang  an  (liingehn  über, 
begehen). 

Hei.  735 :  m  uuard  sid  nog  er  giamarlicara  forgang  iungaro  manno, 

armlicara  dod  (Untergang,  Tod), 
mnd.  Lüb.  Chr.  1,  92:  de  p<itriarche  gink  se  (Kreuzfahrer)  vore  mit  dem 

halte  des  h.  cruees  (yorausgehn). 
Old.  Evangelienb.  f.  21 :  an  der  Verden  nacht  quam  he  (Christas)  to  en 

ghande  vppe  dem  mere  vnde  wolde  sevoregan  (übergehn,  überholen). 

Eberh.  Reimchr.  v.  Gandersheim  v.  850:  unde  de  (hopeninge)  is  nu 
vorgangen,  do  he  vor  sin  gud  heft  eniphangen  hundertvold  Ion 
(in  Erfüllung  gehn). 

Brem.  G.  Q.  110:  vnde  hedden  sik  gerne  vrunüiken  myt  eme  vorgan 
unde  vorsceyden  (sich  vertragen). 

Magd.  Seh.  Chr.  53,  9:  do  dat  fest  vorgan  was  (vorüber). 
Liv.  Urk.  nr.  1104  (a.  1374):  H.  B,  is  mit  sime  schepe  und  mit  dUe 
deme  gude  vorgangen  (untergehn). 

5.  Mos.  22,  1  (H.):  du  en  schalt  nich  vorgan  den  erre  ganden  ossen 
dines  hroders  (übergehn,  vernachlässigen), 
mhd.  Marld.  han.  87,  1:  uxüe  is  gelungen  .  .  dat  du  si  hos  akeuerre  uur- 
gangen  (übertreffen). 

Bon.  7,  20:  wie  solt  daz  reht  da  vüre  gan  (seinen  Fortgang  nehmen, 

ergehen), 
ühk.  2,  267  (a.  1371):  sie  soUen  daz  reht  dar  umb  sich  vergen  lasen 

(über  sich  ergehn). 
Chr.  4.  181,  9:  wie  sich  die  kriege  vergangen  Jhobent  Ins:  üf  disen 

tag  (vor  sich  gehn). 

Msh.  3,  95b:  diu  sunne  diu  vergienc  (untergehn). 
Schb.  203,  19:   Sextus  von  dem  swerte  verginc  (sterben). 
Pass.  K.  26,  30:  daz  volc  vergie  (vorüber-,  auseinandergehn). 
Osw.  3443:  ir  leben  hat  sich  vergangen. 

Parz.  556,  28:    weit  ab  ir  midhz  gar  verdangen,  daz  iwer  nuere  mich 

verget  (übergehn,  nicht  zuteil  werden). 
Wigal.  8612:  diu  ere  die  zagen  gar  verget  (meiden,  übergehn). 

Parz.  2,  15:  der  sich  nikt  versitzet  noch  verget  und  sieh  anders  wol 

verstet. 
Bit.  1410:  si  hetten  sich  vergangen  ein  gazzen  ze  verre  (zu  weit  gehn). 
Trist.  11756:  der  vergangene  mxin  (verirrt). 
Chr.  4.  300,  17:  er  vergieng  sich  gegen  des  kaisers  Schwester. 


101 

Die  Bedeutung  „vorwärts,  vor"    mit  fttrsorgendem  oder  ver- 
wehrendem Nebensinne  weisen  die  Stellen  auf: 

Arn.  101  (a.  1356):  daz  gut  v  er  gen  (eintreten  für,  verwalten). 
Weist.  1,  460  (a.  1527):  aiiuih  soll  der  schüliheisjs  die  gemeinde  ver- 

lyden  und  vergeen,  wo  es  not  thut  (vertreten). 
Neidh.  19,  2:  ver g in  ich  dir  den  stic  (hindernd  vortreten,  verlegen). 

nhd.  Die  Bedeutung  „fiberholen*'  ist  gar  nicht,  „vonstatten  gehn^ 
im  nhd.  kaum  mehr  nachzuweisen  (DWB.  ^1,  3;  402,  5  a): 

Lutb.  6,  351b:  solche  schreckliche  reichen  .  ,,  die  sich  zur  propheten 
und  apostel  Zeiten  wol  vergiengen  und  biüig  sotten  unvergessen 
bleiben  (sich  zutragen). 

1.  Mos.  7,  10:  und  da  die  sieben  tage  vergangen  waren ^  kam  das 

gewesser  der  sindfluih  auff  erden, 
Mattb.  24,  35:  himel  und  erden  werden  vergehen,  aber  meine  wort 

werden  nicht  vergehen. 
A.  Gryph.  2,  382  Palm:    Johann  vergieng  durch  gifft,  das  ihm  das 

Jdoster  mischt  (zugrunde  gehn). 

Luth.  8,  39  b  (DWB.  402):  sihe,  da  hastu  weib  und  kind,  die  mustu 

emeeren  mit  erbeit  und  sorgen,  so  wird  dich  der  hutzel  und  brunst 

vergehen  (übergehen,  verlassen)  *). 
Butschkj  Patmos  271 :  offt  pfleget  die  juxend  sich  in  den  irrgarten 

böser  begirden  zu  vergehen,  wenn  sie  nicht  durch  den  verstand, 

als  der  Äriadne  faden,  den  rechten  weg  tr^en  woUen  (vom  Wege 

abirrend  sich  festrennen). 
Chr.  Qryph.  poet.  wäld.  1,  115:  ich  habe  .  .  mit  der  sunder  leichter 

schaar  mich  von  der  tugendbahn  vergangen, 
Lohenst.  Sophon.  23,  86:   vergib  mir,  dasz  ein  weib  so  ferne  sich 

vergeht  .  .  dasz  sie  dein  knie  anrühret. 

Diese  Stellen  lassen  die  sinnliche  Anschauung  noch  klar 
hervortreten,  die  dann  in  sich  vergehn  an  einem,  gegen  einen  und 
dem  Nomen  das  vergehen  verblasst.  Diese  Wendungen  weisen 
wie  auch  die  Bedeutung  „vonstatten  gehn,  sich  vertragen^ 
deutlich  den  !E2influss  der/ra-Type  auf. 

In  den  Mundarten  hat  vergehn  neben  der  Bedeutung  „vorfiber- 
gehn,  verfliessen*'  die  selteneren  „vor  sich  gehn,  vonstatten  gehn^ 


^)  Doch  hat  auch  Luther  schon  das  häufigere  mir  vergM  etwas,  das 
später  aUein  herrschend  wird  (Erdmann  II  §  263): 

Luth.  2,  56b  (DWB.  401):  das  lachen  mir  darob  vergehet. 


102 

im  Schweiz.  (Staub-Tobler  2,  27)  und  Bair.  (Schmeller  1,  860), 
im  Niederdeutschen  ^angehn"  (hamburg.-holstein.  et  vergeit 
sik  lüchey  69,  Schütze  2,  2).  Auch  sik  vergän  „sich  ver- 
tragen* ist  gebräuchlich  im  Brem.-Nieders.  (wb.  2,  475),  Ham- 
burg. (Richey  69),  Holstein.  (Schütze  2,  2:  twee  vergaat  sick, 
dree  de  slaat  sick),  was  Schmeller  1,  861  ebenfalls  für  das  Bair. 
bezeugt.  Für  das  Schlesische  führt  Weinhold  hs.  6  40  „über- 
gehn,  verlassen*  ^)  an : 

Scbweinich.  III  23  (42):  eu  solchem  glücke  hat  mich  .  .  mein  gehabtes 
fdertägUches  fieber  .  .  vergangen. 

Die  Gaunersprache  gibt  „vergehn,  vorübergehn"  durch  ver- 
troUen,  „verfahren"  durch  verschokden  wieder  (Kluge  rotw.  458). 
Von  hegehn  und  ergehn  ist  die  /awr-Type  vergehn  deutlich  ge- 
schieden. 

Auf  die  vorgeführten  Beispiele  gestützt,  können  wir  nun- 
mehr den  ganzen  Bereich  von  faur-  I  überblicken  und  seine 
Beziehungen  zu  den  übrigen  Typen  darlegen.  Besonders  wird 
uns  der  Bedeutungsübergang  vom  positiven  zum  negativen  Sinn 
beschäftigen,  faur-  I  von  den  andern  Typen  deutlich  abzu- 
grenzen ist  nicht  möglich.  Teils  berührt  es  sich  mit  ihnen  in 
der  Bedeutung,  teils  weisen  die  mit  ihm  zusammengesetzten 
Verba  den  Einfluss  der  übrigen  Typen  auf. 

Fassen  wir  nun  zusammen,  so  lassen  sich  in  der  Entfaltung 
der  Type /awr-  /  folgende  Schichten  erkennen: 
1.  in  anschaulicher  Bedeutung  ohne  Nebensinn  („voraus,  heraus, 
über  —  hin"): 

versehen:  erwarten,  erblicken,  aasersehn,  vorsehen,  verzeihen. 
verhören :  anhören,  aushorchen,  aufspüren,  erhören,  abhören,  überhören 

(Lektion),  verzeihen. 
verzechen:  sprechen. 

verschreiben:  schreiben,  mitteilen,  beschreiben,  aufschreiben,  verzeichnen. 
versetzen :  vorsetzen,  beibringen,  ersetzen,  als  Pfand  einsetzen,  hingeben. 
verlegen:  vorlegen,  vorschiessen,  auslegen,  ersetzen. 
verschlagen:  vorschlagen,  auseinandersetzen,  hinschieben,  ausmachen, 

anschlagen. 
verfangen:  überholen,  wirksam  sein. 


»)  Vgl.  S.  101  Anm. 


108 

verschiessen :  Torscbiessen ,  abschiessen,  ttberschiessen ,  yerrinnen,  aus- 
bleichen. 
verfahren:  eröffnen  (Stollen,  Strecke),  überholen,  vorüberfahren  an, 

.  umfahren  (Zoll),  Tergehn. 
vergehn:  begehen,  überholen,  übertreffen,  Torttbergehn,  vergehn. 

2.  in  dem  Sinne  „gebieten,  festsetzen^: 

versehen:  Torsorgend  anweisen,  vermachen. 

verleihen:  bestimmen,  beanspruchen,  geloben,  sich  verpflichten. 

verschreiben:  vorschreiben,  ersuchen,  verordnen,  bestellen,  vermachen, 

sich  verpflichten. 
versetzen:  verpfänden,  festsetzen. 
verlegen :  befehlen  (nur  mnd.  S.  84). 

3.  in  abweisendem  Sinne  „verbieten,  festlegen,  sperren": 

versehen:  vorsorgend  abwenden. 

verspre<hen:  versagen,  verweigern,  verschmähen,  beschwören,  bannen. 

versi^reiben :  abschwören,  verzichten  auf. 

versetsen :  als  Verbot  festsetzen  (schwäb.  S.  81),  verwehren,  versperren, 
sich  verstopfen,  dawidersetzen,  parieren. 

verlegen:  versperren,  mit  Beschlag  belegen,  widerlegen. 

verschlagen :  versperren,  unterschlagen,  widerlegen,  ausschlagen,  zurück- 
schlagen, lähmen. 

verschiessen:  sich  entäussern,  verzichten,  sich  festrennen. 

verfahren:  festfahren  (nhd.  S.  98 f.). 

vergehn:  versperren,  verlegen  (nur  mhd.  S.  101). 

4.  in  günstigem  Sinne  „versorgen,  schützen,  verdecken": 

versehen:  versorgen  mit,  besorgen,  verwalten,  vertreten. 
versprechen:  verteidigen,  Erlaubnis  nachsuchen  für  jem.  (schwäb.  S.  71). 
verschreiben:  einkommen,  eintreten  für  jem. 
versetzen:  sich  verbürgen  für  jem.,  verdecken^  sich  verbergen  (Fuchs, 

Dachs). 
verlegen :  versehen  mit,  unterhalten,  verdecken,  verstellen  (nur  ahd.  S.82). 
versehlagen:  verbergen. 
vergehn:  verwalten,  eintreten  für  jem.  (nur  mhd.  S.  101),  überziehen 

(nur  as.  8.  99). 

5.  in   gehässigem   Sinne    „verachten,    schädigen,    preisgeben" 
(„heraus,  hinweg  über"): 

versehen:  übersehen,   verachten,  argwöhnen,   verzaubern,   sich   zum 

Schaden  sehn. 
verhören:  überhören,  missachten. 
versprechen:  verleumden,  verdammen,  behexen,  verwerfen,  sich  zum 

Schaden  sprechen,  sich  verraten. 
verschreiben:  ächten,  berauben. 
versetzen:  aussetzen,  preisgeben  (prostituere),  eins  auswischen. 


104 

verlegen:  verdrängen,  verwerfen. 

verschlagen :  preisgeben,  aassetzen,  berauben,  sich  beflecken  (mhd.  8. 881. 

verfangen:  übervorteilen,  sich  vergreifen,  übergreifen. 

verscfUessen:  ansstossen. 

verfahren :  vorgehn  gegen  jem.  (nhd.  S.  98). 

vergehn:  übergehn,  nicht  achten,  nicht  zuteil  werden. 

6.  in   tadelndem   Sinne   „verfehlen^    („hinaus   ttber  das  Ziel, 
vorbei") : 

vers^ien:  übersehen,  versäumen,  fälschlich  ansehen,  sich  sehend  irren, 
sich  vergehn. 

verhören:  unrichtig  hören,  sich  hörend  irren. 

[versprechen:  unrichtig  sprechen,  sich  sprechend  irren]. 

[verschreiben:  unrichtig  schreiben,  sich  schreibend  irren]. 

[versetzen:  unrichtig  setzen,  fehlgebären,  sich  setzend  irren]. 

[verlegen:  etwas  unrichtig  legen,  so  dass  es  nicht  zu  finden  ist]. 

versMagen:  verfehlen. 

verschiessen :  fehlschiessen ,  sich  übereilen,  sich  festrennen,  sich  ver- 
ausgaben. 

verfahren:  übergehn,  verfehlen,  versäumen,  verlieren. 

vergehn:  übergehn,  versäumen,  vernachlässigen,  sich  verfehlen. 

Zur  ersten  Gruppe  ist  wenig  zu  bemerken,  die  Bedeutung 
der  Bildungen  ist  klar  und  deutlich.  Die  wenigen  Belegstellen 
aus  dem  ahd.  für  „voraus,  heraus"  führe  ich  an. 

ahd.  Gl.  IV  142  a  ferdenno,    59  b  firdeno :  extendo. 

I  566  a  fkractiu  :  porrecta.    IV  141  b :  uarractemo  :  exserto. 
N.  n  126,  10  P.:  füre  dine  dina  gnada  .praetende. 

II  432,  25:  die  scrifte  prapheiarum  uuürden  .  .  .  f  er  den  et  unde 
f  erriechet  ze  allen  dietin. 

n  363,  13:   alle  eile  ferrdhta  t%  mine  hende  ze  dir  in  guoten 

uuerchen  (emporstrecken). 
61.  II  639  b /arseracter:  porrecta  (Rhodope). 
N.  n  260,  3  F.:    also  timpanum  uudrt  üzer  irdorretero  hiüte  unde 

ferstrdctero  :  extento. 
Gl.  IV  155  b  fwrdihot :  poUet. 

n  115  b  vvrdingit.  uirdingot :  proclamaverit. 

II  564  a  ih  ferdingo  :  appello.    II  118  a  firdingot :  provocatum. 
IV  295  a  ferdingit  (sperat). 

III  411  b  veriehunge  :  professio. 

I  490  a  uirmarit  torde  :  percrebuisset. 

I  697  a  firmddet :  delatae. 

II  522  b  vememmet  (v^nemet)  :  pervulgata. 

IV  13  a  ferquidu  :  prescribo. 


105 


Langob.  Urk.  v.  746:  in  ferquede  loco  (am  genannten  Orte). 
Lex  Roth.  147:  damnum  conponat  ferquido,  id  est  similem. 
Gl.  I  718  a  forradanuuirdit :  tradetar. 

IIö48a/urt«cneto:prosilit.  II  100a,  IV322b/ar«crtcAt«;prosiliat '). 

I  665  b  farspurtUt :  inpinget. 

n  271  a  fir-  fer-  forstoeames  :  inpingimas. 

I  445  b  fartregit :  asportabit. 

IV  89  b  vurwasMt  firuuasket :  prolnit.  IV  156  b  ferwaskit :  proloit. 

I  42  Pa.  faruuorfan,  gl.  K.  foruuorphan.  Ra.  faruuarfan :  adiectns. 

I  86  Pa.  fofUMnfan  :  arcire.  gl.  K.  firuuerfan :  carcire. 

I  352  a  virwovfemu :  genita. 
0.  in  4,  24 :  nieman  .  .  thds  mir  zi  thiu  gthelfi,  in  thcuf  wazzar  mih 
fir werfe  (hinablassen)  •). 
as.  Ps.  70,  17:  fareundon  scU  ic  uundir  ihin :  prononciabo. 

Hierher  gehören  alle  Verba,  die  einen  Hinweis  nach  vor- 
wärts enthalten,  sei  es  a)  in  örtlichem  oder  ß)  in  zeitlichem 
Sinne,  und  y)  solche  mit  der  Bedeutung  „einen  Laut  von  sich 
geben'.  Aus  dem  mhd.  gehören  zum  ersten  dieser  drei  Zweige 
die  weiteren  Bildungen: 

a)  verbrechen  anbrechen  (bergm.),  beim  Fechten  eine  rasche  Wendung 
machen  (Lezer  3,  82 :  vwrbrSdten  685),  vürhreiten  (585 :  nhd.  verbreiten)^ 
sich  verdenen  an  seinen  Sinn  richten  auf  (92),  verhdhen  aufhängen 
(123:  vOrlMhen  585),  verh^>en  emporheben  (125:  vürheben  586),  ver- 
horchen  anhören  (132),  verhornen  entgegenkommen  (147:  vürkomen  586, 
602),  verkünden  erkonden  (150),  verlüatem  aushorchen  (171),  vememen 
unternehmen  (186:  vümemen  586,  605),  verrecken  (198),  verreichen 
(199),  vergpehen  erspähen  (243),  verspam  aufsparen  (243:  vwrspcim  588, 
610),  sich  verspitzen  spitz  auslaufen  (245 :  viirspitgen  588) '),  verspreiten 
(247:    vürspreiten  588),  verstözen  hinweisen  (253),  verstrecken  vor- 


^)  Das  in  den  lebenden  Mundarten  weit  verbreitete,  von  der  Schrift- 
sprache durch  erschrecken  ersetzte  intr.  verschrecken  bedeutet  ursprünglich 
.aufspringen,  auffahren'. 

*)  Kann  auch  zu  frth  gehören  (vgl.  got.  Mc.  2,  4  frcUetan  S.  17).  Dazu 
mhd.  einen  über  houbet  verwerfen  „präcipitare'  bei  Schmeller  2,  997. 
')  Schon  in  bildlicher  Verwendung  (nhd.  sich  verspiteen  auf): 
Pass.  174,  62:  ist  das  der  mensche  hat  ün  leben  als  sich  v  er  spitz  et 
üwer  wän. 
nhd.  Günther  125  (1724):   auf  was  ver spitzt  sich  wol  der  aip?  nach 
welchem  doktor  steht  die  nase?  (Schles.  Weinhold  hs.  S  385,  Preuss. 
Frischbier  2,  442). 
Danach  ist  wohl  sich  versteifen  auf  etwas  gebildet  (Schles.  Weinhold  hs.  S  432) : 
Beyerlein,  Jena  oder  Sedan  S.  503  (Volksausg.) :  dasz  er  sich  um  so 
hartnäckiger  auf  das  glucks^giel  versteifte. 


106 

strecken,  erstrecken  (254 :  vwrstrecken  588),  vertüdcen  verbeugen  (277), 
vertuenden  üf  hinweisen  (301:  vürwenden  vorbringen  617),  verwisen 
an^)  hinweisen,  zuweisen  (312:  vünoisen  618),  verziehen  herausziehen, 
üf  verschieben,  zögern  (318,  319:  vürziehen  vorführen  589,  vürzoc 
Verzug  619),  verzogen  zögern  (322:  viirzogen  689),  verzücken  (mezzer) 
zücken,  verziehen  (323:  vürzücken  589). 

ft)  vürahtunge  Vorsehung  (ö89),  verbeiten  „exspectare"  (Nachtr.  390),  ver- 
halten n/ auflauern  (123:  vwrhälten  585),  verhcffen  (131),  verhüeten 
auflauem  (134),  vertagen  verschieben  (266),  vürtraMunge  Vorbedacht, 
Vorsehung  (616),  verwtenen  erwarten  (294),  verwa/men  (295 :  vwnoamen 
617),  verwarten  auflauern  (295:  vürwarten  589),  venoickunge  „praenosti- 
catio«  (306). 

y)  verantwürten  antworten  (69),  verboten,  verbotachaften  zu  wissen  tun 
(80) ,  vergihten  bekennen  (Nachtr.  391) ,  verheilen  gestehen  (127) ,  ver- 
jächzen,  verjagen,  verjäzen  bejahen  (136, 137),  vetj&^en  aussagen  (137), 
sich  verklagen  sich  beklagen,  klagen  (145),  verklengen  hinausschmettern 
(146),  verkünden  (150:  vürkündic  hekaxint  603),  verhuntschaften  berichten 
(151),  verlesen  (166),  verliumundet  berühmt  (166),  verliuten  verkünden, 
läuten  (166,  Nachtr.  392) ,  vermanen  ermahnen  (173) ,  vemueren  offen- 
baren (174),  vermBlden  (177),  vemennen  nennen  (Nachtr.  392),  verrüefen 
öffentlich  ausrufen  (206:  vürrttofen  587)  >),  verrüemet  berühmt  (207), 
versagen  aussagen  (209),  verscMnboten  durch  scMnboten  melden  (217), 
verspräclien  anreden  (245),  verurteilen  als  Urteil  verkünden  (282),  ver- 
Worten  sagen  (313),  verzeln  erzählen,  vorzählen  (316). 

Besonderes  Interesse  erheischen  die  Bildungen  versprädien, 
verwarten  und  veijächeen^  verjagen^  verjazen.  Sie  sind  nach  dem 
Muster  von  versprechen  und  verjehen  aus  Nominibus  bzw.  Inter- 
jektionen analogisch  gebildet  worden"). 

Kühner  noch  sind  die  mnd.  Bildungen  vorhrogen  „im  Ernge 
besprechen"  und  vorogen  „ins  Auge  fassen",  in  deren  Bedeutung 
das  Stammwort  eigentlich  eine  lokale  Stellung  einnimmt: 


^)  nhd.  P.  F.  Sperling  Nicod.  (1719)  2,  83:  weü  dich  gott  an  Moses 
vnd  die  propheten  verwiesen  hat,  daher o  höre  dieseXbigen. 
Dieses  verweisen  (mhd.  verwüsen)  ist  nicht  ndt  verweisen  „strafend  oder 
tadelnd  vorhalten^  (mhd.  verwizen  :  got.  fraweitan  S.  17)  zu  verwechseln.  Im 
nhd.  haben  sich  beide  lautlich  gemischt,  nachdem  sie  sich  mhd.  schon  in  der 
Bedeutang  einander  sehr  genähert  haben  (vgl.  Lexer  3,  312). 

')  mhd.  verruof  (208)  bedeutet  „Verkündigung''  ohne  den  üblen  Neben- 
sinn, den  Verruf  jetzt  hat,  besonders  in  der  studentischen  Sprache  (Kluge 
stud.  133). 

*)  Während  verjahen  im  nhd.  von  blähen  verdrängt  wird,  erhält  sich 
verneinen  (schon  ahd.  Gl.  II  542  b  fimeinnen  :  abiurare),  wie  ver-  überhaupt 
den  negativen  Sinn  besser  bewahrt. 


107 

Daniel  y.  Soest,  Apologetikon  S.  9:  dar  se  dan  (an  Sonntagen)  gods 

Wort  alse  nasewyse  iadelgense  verkrogen  vnd  bälgen  (cauponare 

Terbum  Dei). 

Hamb.  Z.  R.  p.  12,  2 :  eyn  ider  geselle  sehall  weten  to  mähende  veer 

gude  plaestere  . .  de  men  na  gelegen  und  vorogeden  (,, eräugten?'') 

gebreken  eynn  ider  iho  syner  tydt  moeth  ghebrukenn. 

Ferner  sind  ans  dem  nind.  hervorzuheben:   vorhalen  herbeiholen,  berichten 

(Schiller-Lübben  5,  359  b),  vorjatoorden  Zustimmung  geben  (374  b),  varkallen 

aussprechen  (375  a),  vorlagen  nachstellen  (384  b),  vorlangen  reichen  (385  a), 

vormorgen,  vormomen  «procrastinare"  (408  a),  vorradu^  „prospiciens*',  vor- 

sorgend  (420  a),  vorrisen  auferstehen  (425  a),  vorschinen  erscheinen  (434  b), 

vorspode  glücklicher  Fortgang  (455  b),  vorstrecken  vorschiessen,  hinausschieben 

(465  a),  vortogen,  vorUmen  zeigen  (475),  vortoven  erwarten  (476  a),  vortrecken 

hinziehen,  erzählen  (477  a),  vortugen  durch  Zeugnis  erweisen  (479  a),  vorwar- 

sdimoen  warnen  (498  a),  vormüekoren,  vorwiüen  zustimmen  (505  b,  506  a). 

Aus  der  nhd.  Schriftsprache  ist  verschreUen  „vorschreiten" 
und  vermtungen  „durch  die  Zeitung  verbreiten"  als  bemerkens- 
wert anzufahren: 

Rud.  Haym  romant.  schule  149:  und  verschreitet  ztdetat  dazu  .  . 
eine  Übersetzung  su  liefern, 

Blumauer  bei  Campe  5,  407  a:  das  elend  wurde  weit  und  breit  ver- 
zeitungt 

Auch  verbeugen  und  verneigen  gehören  hierher. 
verluften  ,der  Luft  aussetzen,  auslüften"  im  Schweiz.  (Staub-Tobler  3,  1161 ; 
Seiler  110),  Wetterauisch-Frankfurt.  (DWB.  825)  und  Brem.-Nieders.  (wb.  3, 
32  verluchten)  gebräuchlich: 

Yischer,  auch  einer  419:  verlufte  mich  nebenher  (erhole  mich  auf 
dem  Lande). 
In  den  meisten  Mundarten  ist  verbringen,  verführen  noch  nicht  durch  vötl- 
bringen,  vollführen  ersetzt,  besonders  in  der  Wendung  lärm  verbringen,  ver- 
führen gebräuchlich  ( Staub -Tobler  5,  722;  1,  982,  Strassb.  Schmidt  111, 
schles.  Weinhold  hs.  B  174,  F  199,  Leipz.  Albrecht  228,  Berl.  Meyer  125  b, 
Mansfeld.  Jecht  117).  Eine  Üble  Nebenbedeutung  hat  verbringen  im  Kärnt. 
(Lexer  42),  verführen  im  Henneberg.  (Spiess  266)  erhalten.  Ferner  ist  aus 
den  Mundarten  zu  erwähnen  preuss.  verbeissen  Imbiss  nehmen  (Frischbier 
2,  427),  pomm.  verbrewen  schriftlich  kundtun  (Dähuert  518),  Schweiz,  vergichte, 
verjeche,  verjächze,  schles.  verjehen  bekennen,  bair.  vergicht  Bekenntnis  (Staub- 
Tobler  2,  109;  3,  6;  3,  9,  Weinhold  hs.  J  32,  Schmeller  1,  869),  pomm. 
sik  verhewen  anheben,  beginnen  (Dähnert  521),  Schweiz,  schwäb.  verkomme 
begegnen  (Staub-Tobler  3,  277,  v.  Schmid  322),  bair.  verloben  völlig  loben  >), 
Schweiz;  verlümdet  unbescholten  (a.  a.  0.  3,  1273),  schwäb.  vermache  auskund- 


>)  H.  Sachs  Ndr.  51/52  S.  137:  die  hat  so  schöne  rote  schenckel  .  .  das 
ich  dir  sie  nit  kan  verloben. 


108 

Schäften  (v.  Schmid  368),  schles.  vermären  bekannt  machen  (Weinhold  hs.  M 
32),  schles.  sich  vermatUen,  vermätUem  sich  maulend  aufhalten,  „Widerparte 
geben"  (ebd.  M  46),  Leipz.  mcA  vermaulieren  (Albrecht  230),  Schweiz,  vemamse 
nennen  (a.  a.  0.  4,  757),  Götting.  verögen,  veraügen  erblicken  (Schambach  264), 
bair.  den  fuchs  verpassen  auflauern  (Schmeller  1,  409),  elsäss.  henneberg. 
verraten  erraten  (Marti n-Lienhart  2,  298),  empfehlen,  vorschlagen  (Spiess  268: 
ich  toiü  dir  einen  arzt  verraten)^  schw&b.  henneberg.  versagen  völlig  sagen, 
beschreiben  (v.  Schmid  445,  Reinwald  1,  183),  verschrecken  erschrecken  in 
obd.  und  ndd.  Mundarten  (Stalder  2,  351,  Seiler  112,  Martin -Lienhart  2, 
517,  Schmidt  Strassb.  112,  Askenasy  227,  Müller -Weitz  255,  Meyer  127  b, 
Jecht  119,  Danneil  239,  Schambach  266,  Woeste  295,  Frischbier  2,  441), 
Schwab,  brem.  verschreien  aus  allen  Kräften  i(chreien  (v.  Schmid  479),  öffent- 
lich ausrufen  (brem.  4,  6%),  westfäl.  versichUn  aufmerken  (Woeste  295), 
Schwab,  verspechen  erspähen  (v.  Schmid  499),  versprechen  Antwort  geben 
(ebd.  503),  pomm.  sich  verstrecken  sich  erstrecken  bis,  vertrösten  zusprechen, 
Hoffnung  machen  (Dähnert  527,  528),  brem.  verwissen  erweisen,  dartun  (wb. 
5,  275),  bair.  den  fuchs  verwittern^)  durch  Riechen  der  Lockspeise  fangen 
(Schmeller  2,  1051),  Schweiz,  vemoorten  darlegen  (a.a.O.  1,  907),  kurhess. 
sich  verwarten  an  einen  sich  in  Unterhandlungen  einlassen  mit  jem.  (Vilmar 
459),  schles.  verwünschen^)  wünschen  (Weinhold  hs.  W  179),  schwäb.  ver- 
zeigen  andeuten,  sich  vereeigen  erscheinen  (v.  Schmid  545),  verzählen ')  in  obd. 
und  ndd.  Mundarten  (Seiler  115,  Schmidt  Strassb.  112,  Schmeller  2,  1112, 
Hügel  182,  Albrecht  132,  Reinwald  1, 183,  Weinhold  hs.  Z  6,  Schmidt  westerw. 
314,  Schambach  267,  Müller -Weitz  256,  Honig  19öb,  Askenasy  227,  Meyer 
128  b,  Frischbier  2,  444). 

Aus  den  Berufsprachen  ist  hervorzuheben: 

Der  Jäger  sucht  das  Wild  zu  verhören  oder  verlusen  („aufspüren^ 
Kehrein  304).  Dieses  verhofft  oder  vermerkt  („wird  stutzig,  steht  plötzlich 
still  und  wittert''  304)  und  verwindet  die  Gefahr  („nimmt  durch  Geruch, 
Wind  wahr''  310).  Der  Hund  venneldet  („schlägt  an"  306)  und  verbeUt  dann 
das  Wild  („anbellen,  durch  Bellen  aufhalten"  301).  Das  Gehörn  des  Hirsches 
verreckt  („reckt  sich  aus,  wächst"  307),  der  Hirsch  verstreckt,  wenn  er  ein 
neues  Geweih  bekommt  („ausstrecken"  309).  In  der  Schiffersprache  wird  ein 
Schiflf  verholt  („mittels  Tau  weiterziehen"  holl.  Bobrik  706b);  versidittqp 
ist  ein  Visier,  eine  Vorrichtung  zum  Zielen  (708b),  vertoning  des  landes  die 


>)  Kunstwart  Jahrg.  19  Heft  7  S.  420  (Volkslied):    ein  engeUin  aber 

verwittert  den  wind  (wittert,  woher  der  Wind  weht). 
*)  A.  Gryph.  Ndr.  3  (Horr.)  S.  22:  er  verwündschte  uns  unsterbUdie 

glückseligkeit 
W.  Scherffer  in  Germ.  Abb.  XI,  274:   hierbey  verwüntsch'  ich  euch, 

was  ihr  euch  selber  wilnts(ht 
')  Luth.  15.  757,  36  W.:  Matiheus  die  Sprüche  nur  verzelet  auff  einen 

hauffen,  aber  nicht  ordent  (aufzählen). 


109 

perspektivische  Abbildung  der  Rüste  (boll.  709  a).  Der  Bergmann  veröffnet, 
wrritgt,  wrs^hürft,  verschrotet  die  Strecke  („in  Bau  nehmen,  auf schliessen '^ 
Veith  532,  533,  536,  537)  und  verörtert  sie  dann  („weiterführen*  532).  Im 
Hüttenwerk  verhlickt  das  Silber,  wenn  es  sich  rein  darstellt  (.Tacobsson  4, 
504);  der  Tuchbereiter  verholt  die  Schraube,  wenn  er  sie  zum  zweitenmal 
anzieht  (ebd.  4,  517). 

Ferner  gehören  zur  ersten  Gruppe  die  Verba  der  Bedeu- 
tung „überholen**  und  „vergehn". 
<J)  „überholen**: 

ahd.  Gl.  U  217  a  furidihant  (transcendens).  270  b  /urtdi^  :  transcenderet. 
I  519  a  furiquamvn  fttrivangotun  :  anticipaverunt. 
N.  I  719,  26  V.:  ddz  er  eruuindendo  sih  aber  läse  fürdlet  uu^rden. 
Mercurium  fürelöufet  tiu  sunna  .  .  .  ünde  sia  eteuucut  füre- 
loufender  retrogradus  u/uirt  ünde  aber  si  für  ef  ah  et  (prevertere 
—  antevenit  —  precedi). 
0.  V  5,  6:   then  ginöz  firliaf  er  frdm. 

N.  I  837,  10  P.:    tisen  iouis  drctUum  fürerücchentiu  :hunc  etiam 
pretergressa  circum. 

I  490,  9:    ünde  d6ro  nehün  neuerrücchet  taz  ander  :  et  nihil 
horum  prius  Tel  posterius  est. 
Gl.  I  533  a  aihfirscrichit  firscricehit :  transilit. 

I  788b  vuritrefantemo  furtrefintem  :  preceUenti. 
N.  I  758,  10  P.:   feruuündene  föne  dero  irünchem  des  storchen 
uutnes :  olacis  i.  odorati  temeti  madoribus  implicati. 
as.  Ps.  58,  11:  gendiha  sin  für i  cuman  sal  mi ;  praeveniet  me. 

Hei.  4669:  er  ihan  ihius  ihiustrie  naht  lituli  farlida  (hereinbrechen 
über), 
mhd.  verbieten  überbieten  (Lexer  3,  74),  verdihen  übertrefifen,  zuvorkommen 
(95),  verdösen  übertäuben  (97),  vürglemen  überglänzen  (599),  verheben  über- 
heben, entheben  (125),  verhahen  übertreffen  (131),  verhornen  zuvorkommen 
(147:  vürkcmen  602),  verUben  überleben  (155),  verlisten  überlisten  (165)^), 
v«rtotf/en  überlaufen  (168:  twiow/en  604),  ücrmAercn  übertreffen  (175),  verriten 
überholen  (205:  vürriten  b81),  i^erÄCÄaÄen  überschaUen  (211),  verschelken  ^Lhei- 
listen  (214),  verschcenen  an  Schönheit  übertrefifen  (217),  vefsibenen  mit  sieben 
Zeugen  überführen  (227),  versigen  besiegen  (228),  versnellen  zuvorkommen, 
übervorteilen  (239),  vürspringen  überspringen  (611),  verstieben  übergehn  (252), 
verstriben  strebend  hinauskommen  über  (254),  mich  verswinget  übergeht  etwas 
(265),  eines  dinges  vertragen  sin  überhoben  sein  (273),. veftr^en  .übertrefifen 
(274:  vur«rc/(gn  588),  i?«r<rump/cn  übertrumpfen  (277),  vervüereh  (zol)  fahrend 
umgehn  (271),  t7«ni;e^^  überwiegen  (297:  vörw^cn  589),  vurtoent  überdauern 
(617),  venoinden,  venoinnen  überwinden  (309),  verwischen  übergehn  (311), 
verwisen  überführen  (312),  versiugeu  überführen,  überzeugen  (322). 


')  Verschiedene  dieser  Bildungen  neigen  schon  zu  dem  Sinne  ;, schädigen" 


110 

Daza  kommen  aus  dem  mnd.: 

varkesen  vorziehen  ( Schiller -Lübben  6,  377  a),  vorUoken  an  Elngkeit  ttber- 
trefiFen,  überlisten  (379  b),  varkneen  überknien,  Vorerbrecht  haben  (fries.  379  b), 
varraschen  überraschen  (421a),  vorstriden  besiegen  (465  b),  varttigen  fiber- 
führen (479  a). 

Nach  venoinnen  ist  verlisten,  verschdlken,  vorJdoken,  vorraschen 
analogisch  gebildet  worden,  in  denen  das  Stammwort  ein  Nomen, 
kühner  noch  versibenen  nach  verjntigen,  in  dem  das  Stammwort 
ein  Zahlwort  ist.  Aus  dem  nhd.  hebe  ich  verschreiten  „über- 
gehen« hervor: 

Schwarzenberg  (1536)  156  d:  damit  ich  aber  nit  verschreyt  der  aUen 

frummen  hayden  zeyt 
Keisersberg  trostsp.  l  i:  des  Schadens  war  ich  vertragen,  ld>te  er 

noch  (überhoben). 

Für  das  Bair.  bezeugt  Schmeller  1,  656  vertragen  „einer 
Sache  fiberheben'';  den  Zoll  verführen  „umfahren,  vermeiden« 
heisst  es  dort  ebenso  wie  ver/aJiren  (1,  769).  verbieten  „öber- 
bieten,  höher  bieten«  ist  noch  elsäss.  gebräuchlich  (Martin- 
Lienhart  2,  117).  Eigeutfimlich  ist  verloben  „mehr  loben,  vor- 
ziehen« in  der  Mansfelder  Mundart:  do  varldto  ich  mich  das 
platzen  (Platzkegelspiel). 

Einen  besonderen  Zweig  bilden  die  Verba  des  Sinnes  „ver- 
schlagen, verfangen«: 

ahd.  Gl.  IV  130  b  furheftit :  anticipat. 

mnd.  Brem.  G.  Q.  101:   vnde  fruchieden  ock,  dat  it  aUo  groot  gut  wolde 
kosten  vnde  veU  mer  dan  it  vorstaan  toolde  (fruchten,  eintragen)  ^). 
mhd.  Herb.  12156:  sit  mtn  bete  und  min  rät  niht  vervehet  noch  verstät 
£n.  280,  15:  läe  din  lougen,  ez  entouch,  ee  ne  verstet  nM  ein  h&r. 
Herb.  16682:  mamige  rede  u/nd  manic  wort  wart  da  von  in  swein  ge- 
hört, die  nuwit  ne  verstieg. 
Wirtemb.  s.  8:  vil  liUzel  in  des  verwac  (das  verschlag  ihm  wenig). 
Parz.  296,  8:   iewederz  was  ein  strengiu  not:  an  im  wae  für  der 
minnen  löf). 

Da  faur- 1  sich  ursprfinglich  nur  mit  Bichtungsverben  ver- 
bindet,  werden   wir  bei  verstän  entweder  analogische  Über- 


')  Schiller -Lübben  5,  459  a  setzt  fälschlich  betontes  Präfix  an  und 
schwankt  in  der  Auslegung.    Dieses  verstehen  ist  auch  aengl.  belegt: 
Past.  54:  ne  for Stent  dost  fweal  nauht. 

')  Auch  bei  verscfUagen  bewahrt  Wolfram   die  Vorstufe,    die   unge- 
schwächte Form  in  unfester  Komposition  (Parz.  584,  3;  vgl.  S.  88). 


111         ' 

tragung  annehmen  oder  darin  eine /atr- Type  sehen,  die  eben- 
falls zu  dem  Sinne  „hinaus  ttber''  gelangt,  verwegen  ist  wie 
verschlagen  vom  Bilde  der  Wage  genommen:  „den  Ausschlag 
geben,  das  Übergewicht  erhalten **.  fawr-  I  „voraus,  heraus" 
gibt  auch  ähnlichen  Sinn: 

La.  2.  29,  155:  ir  sit  mit  lenger  minn€sre  denne  iutoer  guot  mae  ver- 
legen (auslegen,  eintragen). 
Trist.  7267:  waz  truoc  dcus  vür  ode  wae  half  dae? 
Neif.  11,  30:    toaz  treit  dich  für,  ob  ich  nach  der  vü  herzelid>en 
lieben  stirbe  (was  gehts  dich  an?). 
Von  den  heutigen  Mundarten  gebraucht  das  Schweiz,  in  dieser  Bedeutung 
neben  verfangen  noch  verfassen  (Staub-Tobler  1, 1061)  und  vertragen  (Stalder 

1,  294:  das  v er  treit  jetzt  nit  viel,  Seiler  106:  's  mag  si  nitt  ferdräge 
, lohnt  sich  nicht  der  Mühe''),  die  ndd.  neben  versehlagen  noch  verklicken 
„erklecklich  sein'  (Brem.  2,  784,  Hamburg.  Richey  122,  Holstein.  Schatze 

2,  277:  dat  kann  nich  veel  verklieken)  und  verschden  „verschieden  sein, 
etwas  ausmachen''  (Brem.  4,  629:  dat  kan  mi  nig  verschelen  j, nichts 
helfen'',  Hamburg.  Kichey  225,  Pomm.  Dähnert  525,  Preuss.  Hennig  290: 
es  verschält  nicht  viel  „verschlägt  nichts*',  Frischbier  2,  440). 

Die  Gruppe  „fiberholen*'  berfihrt  sich  in  erster  Linie  mit 
/atr- Typen,  doch  kommt  auch  fra-  in  Betracht  bei  den  Aus- 
drücken des  Reichens  (verreichen,  vergeben)  und  „einen  Schmerz 
verwinden":  mhd.  verklagen  (Lexer  3,  145),  versmfzen  (231), 
versrnersen  (238),  nhd.  vertrauern  ^).  Sie  können  analogisch  nach 
verwinden  gebildet  (faur-):  „klagend,  seufzend,  mit  Schmerzen 
hinwegkommen  fiber"  oder  /ra- Typen  sein:  „aufhören  zu 
klagen,  seufzen,  Schmerz  zu  haben".  Das  Bair.  bildet  dazu 
verwehen  (weh)  „verschmerzen"  (Schmeller  2,  824).  Mehr  noch 
nähert  sich  faur-  I  dem  fra-  in  der  Gruppe  „vergehn",  die  in 
ihren  Bildungen  beide  Typen  vereinigt.  Im  grossen  ganzen 
trifft  es  etwa  zu,  dass  die  Verba  der  Bewegung  von  fawr- 
(„vorttbergehn"),  die  Verba  der  Sinneswahrnehmung  von  fra- 
ausgehn  (verglimmen,  verduften  „aufhören  zu  glimmen,  zu  duften"). 

e)  „vergehn": 
ahd.  Gl.  I  496  a  ßrebbita  :  differbnerat. 
n  205  b  fiffluzeit :  deperit. 
210  b  firfiiuzzit :  deperit. 
N.  n  219,  24  P.:  sie  zegdnt  also  gdhez  uudzzer  daz  sä  ferloüffen 
ist :  tanquam  aqua  decorrens. 


*)  Keisersberg  granatapfel  29:  ein  fraw  vertrawrt  jren  man  bdld^ 


112 

N.  I  458,  6:  Ue  so  uerlöufenten  passionea :  phBeiones  hniasmodi '). 
II  247,  20:  diu  aha  ist  mortaUtas.    dn  d6ro  f  er  rinnen  uutr. 

Gl.  n  261  a  uarsuindu :  evaneo,  dispareo. 

N.  I  744,  6  P.:  ünde  so  gdreuuo  fersuäni :  eYAneBcehat. 

II  379,  9:  uuanda  aik  unsere  tdga  . .  sint  fersuinen  :  defecerant. 

Gl.  II  30L  a  farvuard  :  interiit.    IV  10  b  feruuerdan  :  occumbere. 

T.  52,  4:   truhUn,  heili  unsih,  uuanta  uuir  furuuerden^. 

Gl.  II  36  b  forfwichen  dan  :  cedentibus. 
as.  Hei.  3470:  antihat  is  Idndiaki  farcuman  uuirdit  (vergehn). 

Ps.  56,  2 :  untia  farUthe  tmreht :  donec  transeat  iniquitas. 

Ps.  1,6:  geverthe  ungenethero  feruuerthan  sal :  iter  impiorum  peribit. 
mhd.  verdraben  (Lexer  3,  97),  verdringen  (Nachtr.  391),  verhornen  (3,  147: 
vüriomen  586),  verltden  (161),  v&Umfen  (168),  verrinnen  (205),  verriten  (205: 
vürriten  687),  verrücken  (206),  verriUchm  (208),  versUfen  (233),  versnurren 
(241),  versUehen  (262),  verstrichen  (254),  verstotmen  (264),  verstotnen  (265), 
vertriten  (274),  vervliegen  (288),  vervliezen  (288),  verwerden  (302:  vürw&rden 
589),  verwischen  (311),  versagen  (322). 

Die  reflexive  Form  ist  besonders  beliebt: 

sich  verdraben  (97),  vurrümen  (207),  verst&n  (251:  vürsteln  588),  verstrichen 
(254),  vertagen  (266),  verträten  (275),  vervliegen  (288),  vervüeren  (291),  ver- 
ziehen (319).  sich  verflüchtigen  (15.  Jahrb.  DWB.  344)  ist  zn  vervlühHe  ifur- 
fluchtig  ^profagus'  (Lexer  3,  289)  gebildet. 

Aus  den  nhd.  Mundarten  kommen  dazu  die  scherzhaften 
Ausdrücke  f&r  „sich  aus  dem  Staube  machen^: 
verduften,  ans  dem  Rotwelschen  stammend  (Klage  rotw.  493,  Wien.  Hügel 
178,  Leipz.  Albrecht  226,  Berlin.  Meyer  125  b,  preoss.  Frischbier  2,  429)'), 
sich  verfügen  (Berl.  Meyer  125  b,  mir  ans  dem  Prenss.  gel&ofig),  sich  ver- 
fuschen  (Westerwäld.  Schmidt  289),  sich  verkrümeln  (Albrecht  229,  Meyer 
126a,  prenss.  Frischbier  2,  434),  sich  verreiben  (Frischbier  ebd.),  sich  ver- 
ziehen (Albrecht  240,  Meyer  128b),  sich  verzoppen  (Meyer  ebd.).  In  der 
Weidmannsprache  verstreichen  sich  Rebhühner,  die,  häufig  beunruhigt,  ihren 
Aufenthalt  wechseln  (Eehr^  309). 

verwerdefi  „  zugrundegehn '^  lebt  noch  im  Bair.  (Schmeller  2,  990)  und 
Schles.  (Weinh.  hs.  W  106).  Kühn  gebildet  ist  Schweiz,  verhosle  „davon- 
laufen'' ( Staub -Tobler  2,  1*689).  In  der  Bedeutung  „vergangen,  neulich, 
jüngst '^  haben  sich  mundartlich  noch  die  Ausdrücke  ndd.  verleden  (Wester- 
wäld. Schmidt  302,  Köln.  Honig  192  b,  Brem.  3,  35,  Hamburg.  Richey  321, 

^)  Schon  ahd.  im  übertragenen  Sinne  „ablaufen,  geschehen", 
mhd.  Haig.  r.  53,  4:  als  sich  mengerlai  in  ainer  stat  verlauft 

')  für-  bei  Tatian  ist  Normalform,  aber  eine  /aur-Type  anzusetzen  ver- 
langt mhd.  vürwerden  (Lexer  3,  589). 

*)  Gerade  die  Mundart  der  Grossstädte  hat  eine  Anzahl  Ausdrücke  der 
Gaunersprache  entlehnt. 


113 

Holst.  Schätze  4,  304,  Pomm.  Dähnert  623,  Preußs.  Prischbier  2,  436)  und 
Schweiz,  schles.  venoichen^)  erhalten  (Stalder  2,  448,  Weinh.  hs.  W  76). 
Schles.  verscMenen,  Brem.  Pomm.  versehenen  (Weinh.  hs.  S  73,  brem.  4,  656, 
Dähnert  525)  geht  auf  eine  /ra-Type  zurück. 

Wie  fatiT'  I  vereinzelt  die  durative  Funktion  bezeichnet 
und  damit  in  das  Gebiet  von  fra-  fibergreift  (mhd.  vürspam, 
vertagen,  vürwarten^  vereiehen,  vüreogen  S.  105 f.,  mnd.  vormorgen, 
vorstrecken,  vortrecken  S.  107),  so  wird  es  in  wenigen  Fällen  auch 
zur  effektiven  befähigt:  mhd.  verbringen  „vollbringen"  (Lexer 
3,  83:  vürhringen  685),  verenden  „vollenden*  (106:  vurenden 
Herb.  3465  ebd). 

Bevor  wir  die  übrigen  Gruppen  von  faur-  I  näher  be- 
handeln, müssen  wir  erklären,  wie  es  kommt,  dass  ein  und 
dasselbe  Präfix  hier  (Gruppe  2)  ein  Gebot,  dort  (3)  ein  Verbot 
bedeutet,  dass  es  zugleich  gunstigen  (4)  und  gehässigen  (5) 
Sinn  entwickelt.  Der  Grund  dafür  kann  entweder  in  der  dehn- 
baren Bedeutung  des  Präfixes  oder  des  Stammwortes  liegen 
oder  sich  erst  in  der  eigenartigen  Zusammensetzung  entwickeln. 
Ob  faur-  die  Anschauung  „voraus,  heraus"  oder  „hinaus  über" 
vertritt,  verschlägt  natürlich  viel  (vorsehen  —  übersehen).  Das 
„voraus,  heraus"  erhält  einen  ganz  verschiedenen  Charakter,  ob 
es  sich  etwa  mit  sehen  oder  setzen  verbindet:  aussetzen  nimmt 
gegenüber  voraussehen  ein  gehässiges  Gepräge  an,  besonders 
wenn  voraussehen  zum  vorsehen,  Vorsorgen  wird  (lat.  providere 
—  prostüuere).  So  kann  sich  schon  entgegengesetzter  Sinn 
in  der  Komposition  entwickeln,  wenn  beide  Bestandteile  der 
individuellen  Färbung  entbehren.  Ein  versprechen  „frei  heraus 
reden"  kann  im  Gefüge  des  Satzes  je  nach  dem  inhalt- 
lichen Znsammenhang  freundlichen  oder  gehässigen  Sinn  an- 
nehmen, kann  zum  Befürworten  oder  Verleumden  werden. 
Wenn  sich  aber  das  Präfix  mit  Stammworten  verbindet,  denen 


*)  A.  Gryph.  Ndr.  6  (Sqnenz)  S.  14:  es  Ttat  sich  verwichene  tage  ein 

.  .  dofff-schulmeister  .  .  angemeldet. 
■)  nhd.  verwarten,  veraielen: 

Opitz  Argenis  2,  349:  so  lange  allhier  eu  verwarten. 
Keisersberg  postill  3,  102:  du  möchtest  jn  (Schuldner)  wol  verzylen 
und  jtn  beiten. 

Leopold,  Die  Vorsilbe  ver-  8 


114 

schon  ein  individueller  Sinn  eignet,  wie  hassen  oder  stossen,  so 
fiberträgt  es  aus  dieser  Verbindung  den  gehässigen  Sinn^) 
weiter.  So  wird  etwa  aus  einem  Verstössen^  verwerfen  das  ver- 
mit  gehässigem  Nebensinn  auf  verschreiben  übertragen  (lat. 
praicere  —  proscribere),  das  an  sich  gar  nicht  verständlich  wäre. 
Endlich  aber  kann  in  der  Zusammensetzung  sekundär  ein  ganz 
neuer  Sinn  entstehen.  Während  versehen,  verhören  „ftbersehen, 
überhören"  ohne  weiteres  die  Bedeutung  „nicht  beachten,  miss- 
achten** ergeben,  entwickelt  sich  in  versprechen  „über  etwas 
hin  sprechen**  aus  der  Situation  heraus  der  Sinn  „besprechen, 
behexen,  beschwören**.  Da  der  Spruch,  die  Zauberformel, 
bindenden  und  lösenden  Inhalt  haben  kann,  wird  das  versprechen 
bald  zum  Behexen,  Verzaubern,  bald  zum  Erlösen,  Entzaubern 
(S.  69  Änm.  2).  Aus  dem  inhaltlichen  Znsammenhang  des  Satz- 
gefüges ergibt  sich  der  positive  oder  negative  Sinn. 

Von  hier  aus  nur  verstehen  wir  verbannen^  verbieten  (vgl. 
S.  11  u.  Anm.).  verbannen  bedeutet:  „mit  einem  Machtgebot 
(Bann)  belegen**  und  hat  je  nach  dem  Inhalt  der  Drohung 
positiven  oder  negativen  Sinn.  Durch  Bann  kann  man  einer- 
seits gebieten  und  zueignen,  anderseits  verbieten,  entziehen 
und  ausstossen. 

ahd.  Gl.  I  26  Pa.  gl.  K.  farhannan  caholan :  occulta. 
mnd.  Magd.  Seh.  Chr.  33,  5:    des  iares  worden  vor  bannen  unde  vorstori 

keUere  (mit  Bann  belegt), 
mhd.  Swsp.  169,  1:  verbannem  hole  (Holz  aus  dem  Bannforste). 

Weist.  1,  236:  verbannen  gerihte  (bei  Straf e  des  Bannes  geboten)*). 
Hätzl.  2.  55, 135:  das  geriht  was  vast  verbannen  (zusammengesetzt). 
Mart.  121,  105:  in  Sünden  fluoche  verbennet  (festbannen)*). 
Kud.  weltchr.  1 28  a :  der  gotes  enget  dö  beschiel  Jösue  und  hiez  in  so, 
daa  er  die  stat  verbien  aZ  da  gote  in  alsoVien  siten,  swenne  sie 


^)  So  ist  auch  der  Ausdruck  S.  17  zu  verstehen,  dass  pro  in  der  Be- 
deutung „weg"  häufig  etwas  Wegwerfendes,  Gehässiges,  Verächtliches  be- 
zeichne. Von  Hause  aus  haftet  dieser  Sinn  natürlich  dem  Präfix  pro  (got. 
fror)  nicht  an ,  sondern  wird  etwa  von  einem  got.  frawatrpan  auf  ein  an 
sich  nicht  verständliches  fraqißan  analogisch  übertragen  (ebd.). 

•)  vürban  (Lexer  3.  589)  heisst  die  richterliche  Verkündigung,  die  den 
zu  Unrecht  Verklagten  gegen  den  Kläger  schützt. 

*)  Starke  und  schwache  Form  des  Verbs  gehen  nebeneinander  her. 


115 

die  sUU  erstriUn  .  .,  daz  sie  des  rauhes  getoin  gote  solden  opfern 
dar  (durch  Bann  zueignen). 

Weist.  4,  277:  ain  mayger  .  .  sol  die  henn  verbannen  an  3  se.,  weg, 

Steg  (Verbot  ausmfen,  Weg  and  Steg  zn  betreten). 
Diem.  372,  27:    nü  sit  ir  dem  Uuvele  verboten   und  verbannen 

(durch  Bann  entziehen,  feien  gegen). 
Eracl.  2653:    eom  schelten  unde  strit  das  was  do  verbannen  von 

wiben  und  von  mannen. 
Chr.  9.  737,  10:    kaiser  Ludewig  wart  verbannen  von  dem  böbste 

(durch  Bann  verfluchen,  ausstossen). 
nhd.  Kirchhof  mil.  discipl.  939:    dieweü  jr  denn  .  .  diese  gefragten  articul 

.  .  für  recht  und  kräfftig  erkenndt:  so  verbanne  ich  nach  cUtem 

gebrauch  und  wol  hergebrachter  gewonheit  das  löblich  malefiieredit 

(bei  Strafe  des  Bannes  gebieten). 
Ap.  gesch.  23, 12:  eüiche  .  .  verbanneten  sich  weder  zu  essen,  noch 

zu  trinken,  bis  das  sie  Paülum  getödtet  hetten  (sich  bei  Strafe  des 

Bannes  verpflichten,  verschwören). 
Simpl.  4.  132,  29  Kurz:   dasz  er  mir  .  .  das  röhr  zugetan  oder  den 

schusz  verbannet  gehabt  (verhexen,  durch  Bann  verhindern). 
3.  Mos.  18,  14:   der  selb  acker  ,  .  sol  dem  Tierm  heüig  sein,  wie  ein 

verbannet  acker  und  sol  des  priesters  erbgut  sein  (durch  Bann 

zugeeignet,  für  unantastbar  erklärt). 
Jos.  6,  21:  also  gewonnen  sie  die  stad  und  verbanten  alles,  was  in 

der  stad  war,  mit  der  scherjfe  des  schwerts  (Strafe  des  Banns  ver- 
hängen). 
Kirchhof  mil.  discipl.  165:  denen  feuwer  und  wasser  verbannet  und 

verbotten  ist  (aqua  et  igni  interdicere). 
Fischart  bienenk.  10  a:    dasz  sie  auch  allezeit  für  ketzer  seien  ver^ 

bannt  und  verflucht  gewest  (in  Bann  getan). 
Goethe  17,  71:   um  .  .  alle  kleine  unzulängliche  sorge  auf  einmal  zu 

verbannen  (beseitigen). 

verbieten  besagt  zunächst  nur  „kund  und  zu  wissen  tun^, 
und  erst  aus  dem  Sinne  der  Verkttndigung  heraus  ergibt  sich 
auf  der  einen  Seite  Gtebot  und  Aufgebot,  auf  der  andern  Ver- 
bot und  Verbannung  (vgl.  auch  vürhieten  Lexer  3,  584  f., 
DWB.  4  I,  664)^): 

^)  Auch  in  den  lebenden  Mundarten  ist  verbannen,  verbieten  in  positivem 
Sinne  noch  nicht  ganz  erloschen.  Im  Schweiz,  bedeutet  verbannen  „bei  Strafe 
gebieten  oder  verbieten"  ( Staub -Tobler  4,  1279),  verbieten  „bei  Strafe  ge- 
bieten, in  Beschlag  nehmen,  ausweisen"  (4,  1874): 

Aa.  Brugg.  Stadtr.  a.  1498:    ein  schulthes  und  ein  rat  lass  verkütiden 
und  verbieten:  .... 

8* 


116 

ahd.  Gl.  I  322  a  fitbiut :  contestare.    I  300  b  firhdt :  denniitfavit  ^). 

II  38  b  firhot :  censoit.  I  743  a  furiputun  mrputun :  denuntiaTerant. 
II  773  b  ferbietan  :  proponimos.    n  198  a  firbutet :  predicit. 

II  2  b  uerpotana  :  ininssas. 

I  26  Pa.  furipitUU,    gl.  K.  furibiutit  :prohibet. 

II  107  a  firpoth  :  interdixit.    II  123  a  wfpiotemes  :  inhibemas. 
n  263  a  uirbiete  :  interdicat.    II  728  b  ßrpiutit :  interdicit. 

as.  Wadst.  107,  4  uarhudwn  :  yetuerant. 
mnd.  Hamb.  Chr.  556:   min  broder  heft  sik  vorbaden  äüe  sine  worde  to 
beswerende  (sich  erbieten). 
Z.  f.  N.  Sachs.  1848,  S.  342:    vnde  wü  de  gemeine  vorbeden   lan 
(anfbieten). 

Br.  d.  Ens.  32b:  dat  g^ot  godes  vorbudet  (Terbieten). 

mhd.  Aagsb.  r.  M.  135,  13:  ein  dinc  verbieten  (einberufen). 

Nib.  2282,  3:  ich  verbiute  iu,  dous  ir  iht  sprechet  mer  (Terbieten). 

S.  Qall.  stb.  4,  115:  einen  vür  die  stcU  verbieten  (answeisen). 
Folgende  Stelle  stellt  verbieten  auf  eine  Stufe  mit  verbannen 
„mit  Strafe  belegen,  bei  Strafe  gebieten": 


G^  Stdt.  a.  1494:  Michel  Gengenbach  ist  aber  see  und  Byn  us  ver- 
botten. 
Danach  wird  verbreiten  gebildet  in  der  Formel  verbretten  und  verbannen  „ge- 
bieten —  verbieten^  (ebd.  5,  912 ;  zu  verbreiten  vgl.  die  Etymologie  von  laden 
IF.  16,  114 f.).  Im  Schwab,  verbieten  „vorladen«  (v.  Schmid  66),  im  Bair. 
verbietig  » willig,  erbötig',  verbieten  „mit  Beschlag  belegen'  (Schmeller  1,  307). 
verbannt  heisst  noch  heute  ein  Feld  oder  eine  Wiese,  deren  Beweidung  ver- 
boten ist  (Weber  2,  611). 

Auch  untersagen  hat  (wie  lat.  interdicere)  unsprünglich  positiven  Sinn: 
ahd.  untarsegjan :  disserere,  unterreden  (Graff  6,  102). 
mnd.  Leb.  d.  h.  Franz  116:  do  de  cardenad  St.  Franziscus  äüe  desse  dynghe 
vndersecht  vnde  vndermanet  Jutdde,  en  antworde  he  em  nycht  daer 
vp  (sagen,  mitteilen;  mnd.  nur  positiv), 
mhd.  Gregor.  1693:  ir  einer  der  beste  undersagt  im  vil  gar,  als  ich  iu  e, 
waz  in  war  (mitteilen  im  Wechselgespräch). 
Krone  17821 :  duz  minem  vater  würde  leit,  daz  man  dirz  e  niiht  under- 
seit  (untersagen,  verbieten), 
nhd.  Stieler  bei  Heyne  wb.  3,  1157:   ich  undersage  dir,  es  bleiben  zu 

husen  :  interdico,  ne  facias. 
Im  mhd.  hält  der  positive  Sinn  noch  dem  negativen  das  Gleichgewicht,  im 
nhd.  verschwindet  er. 

^)  Dieses  denuntiare  bedeutet  nicht  „  preisgeben '',  wie  ich  S.  12  Anm. 
irrtümlich  angenommen  habe,  sondern  vertritt  verstärktes  ntmtiare. 


117 


Weist.  1,  649:  wer  daran  »umig  tourde  8oU  gehuset  werden,  wie  hoch 
das  von  der  bahk  verhotten. 
nhd.  Adelung  versuch  4, 1318:  der  jimggeseUe  mmz  die  andern  verbiethen 
(aufbieten,  einladen). 

Sonst  heisst  es  „mit  Beschlag  belegen,  verwehren,  untersagen^. 
Dass  verbieten  dann  völlig  den  negativen  Sinn  annimmt, 
erfolgt  ans  seiner  häufigen  Verbindung  mit  negativen  Sätzen. 
Während  der  negative  Inhalt  des  Gebots  ursprfinglich  lediglich 
im  abhängigen  Satze  enthalten  ist,  fiberträgt  ihn  der  Sprechende 
unwillkfirlich  auf  das  vorausgehende  Verb  des  Gebietens  und 
lässt  dann  die  Negation  im  abhängigen  Satze  fallen.  Das 
Übergangsstadium  ist  uns  im  got.,  ahd.,  mhd.  und  nhd.  noch 
deutlich  erhalten: 

got.  Lc.  8,  56.    Mc.  8,  30  s.  S.  11. 

ahd.  0.  ni  6,  3:  tho  er  mo  firböt  thio  ddti,  ihaz  er  ni  wntoU. 

0.  III  13,  16:  joh  ihu  iz  selbo  firbiut,  (haz  thir  ni  düe  so  ther  litU. 
mhd.  Kehr.  7569  s.  S.  12  Anm. 

Neidh.  26,  5:   mirst  verboten  daz  ich  mit  iu  niht  runen  noch  zuo 

iu  niht  sitzen  sol. 
Chr.  10,  774  (DWB.  113):    es  was  ouch  verbotten  bi  30  sol.  daz 

nieman  an  keime  venster  solte  liegen  noch  an  keinre  türe  ston. 
nhd.  Marc.  7,  36:  und  er  verbot  jnen,  sie  solten  es  niemand  sagen. 

Marc.  9,  9:  da  sie  aber  vom  berge  herab  giengen,  verbot  jnen  Jhesus, 

das  sie  niemand  sagen  solten,  was  sie  gesehen  hatten, 
Luth.  Ndr.  28  S.  33  (Hans  Worst):    und  Mose  hart  verboten  hatte, 

sie  solten  nichts  newes  .  .  fümemen. 
Fischart  bienenk.  51a:  (2a  gott  der  herr  jn  seim  wort  verbiet,  dasz 

man  keine  bilder  noch  einige  gleichnusz  machen  soll 
Lessing  11,  281:  eben  derselbe  verbietet,  keine  bildmisse  der  götter 

noch  sonst  etwas  darein  geschnitten  zu  fiihren  .  .  . 
Goethe  9,  296:  doch  was  verbot  er?  das  geheimnisz  nicht  unzeitig 

zu  entdecken. 
SchiUer  (1840)  S.  1097:  dasz  der  konig  .  .  ihm  verbot,  es  nicht  im 

conseü  vorzutragen. 

Anziehender  noch  sind  die  Fälle,  in  denen  ein  Verbot  sinn- 
gemäss ist  und  herausgefühlt  wird,  ohne  in  der  Form  aus- 
gedrückt zu  sein. 

got  Lc.  8,  25  8.  s.  11. 
ahd.  T.  86,  2  s.  S.  11  Anm. 

mhd.  Lieht,  lila:  uns  h&t  min  herre  üz  Oesterrich  verboten  .  .  .  daz  wir 
tumieren  lazen  sin. 


118 

Ulr.  1121:  (mch  virbdt  er  dem  pJuiffen  daz,  das  erz  virstoige  M  stnem 
leben  (Sinn:  verbot  zu  sagen). 

Derselbe  Doppelsinn  wie  in  verbieten  entwickelt  sich  in 
versprechen  und  verschreiben  (S.  103),  nur  mit  dem  Unterschiede, 
dass  hier  schliesslich  der  positive  Sinn  „geloben,  verordnen" 
zur  Herrschaft  gelangt,  während  sich  in  einem  ebenso  gebildeten 
verreden,  versagen  der  negative  „zurückweisen,  verbieten^  durch- 
setzt. In  verloben  und  verschwören  ist  der  negative  Gebrauch 
häulSger. 

Wir  wenden  uns  nun  zur  zweiten  /aur- Gruppe  mit  dem 
Sinne  „gebieten,  festsetzen^  (vgl.  S.  103).  Sie  entwickelt  sich 
erst  in  mhd.  Zeit.  Aus  dem  energischen  Heraussprechen  ergibt 
sich  das  positive  Gebot. 

ahd.  Ql.  IV  131  a  firdingo  :  attraho. 

I  393  a  uirmietton  :  se  locaverant,  se  mercede  condaxeront. 
I  394  a  farmietan  fermieton  :  se  locaverant. 
mhd.  vera/rren  durch  Draufgeld  sichern  (Lexer  3, 70),  verboten,  verbotschaften 
vorladen  (80),  verbrieven  urkundlich  bekräftigen,  verpflichten  (83),  verdingen 
verpflichten,  bestimmen,  versprechen  (96),  vereiden  bekräftigen,  verpflichten 
(102),  vergdubden  in  Eid  nehmen,  verpflichten  (112),  vergewissen  Sicherheit 
leisten  (113),  vergisdn  durch  Versprechen  des  Einlagers  sicher  stellen  (118), 
verhanttriiMoen  geloben  (125),  verhantvesten  urkundlich  bekräftigen,  zusichern 
(125),  verheizen  versprechen  (126),  verhtilden  Treue  geloben  (134),  verjehen 
versprechen,  zugestehn  (138),  verkuntschaften  durch  Kundschaft  beweisen 
(151),  suA  verhüm  üf  sich  freiwillig  entschliessen  zu  (151),  verlantvriden 
als  Landfrieden  gebieten  (153),  verlitkoufen  durch  Gelöbnistrunk  beim  Handels- 
abschluBS  sichern  (165),  verloben  versprechen,  verloben  (166,  etto  der  e  Beliand 
3920  ebd.),  sich  verlüben  geloben  (170),  vermachen  bestimmen,  testamentarisch 
zusichern  (172),  vermannen  als  Vasallen  in  Pflicht  nehmen  (174),  vermehelen 
verloben  (176),  vermieten  gegen  Lohn  verpflichten  (180),  vemotelen  urkundlich 
festsetzen  (189),  verpenen  mit  Geldbusse  belegen  (191),  verphenden  durch 
Pfand  sichern  (192:  vürphant  606),  verphlegen,  verphfthten  zusichern,  ver- 
pflichten, haftbar  machen  (192,  193:  vürpMihten  IdS)^  verrämen^)  Ziel  setzen, 
verabreden  (195:  vürrämeti  606),  verreden  geloben,  verloben  (198),  verrehten 
durch  Eid  beweisen,  erhärten  (199),  verschaffen  zusichern,  vermachen  (211: 


^)  mhd.  verrämen  ist  durch  nhd.  anberaumen  ersetzt.  Paul  wb.  16  b  führt 
die  Vokalveränderung  darauf  zurück,  dass  das  Wort  aus  der  schwäbischen 
Mundart  übernommen  sei.  Ob  aber  nicht  auch  Volksetymologie  im  Spiele 
ist?  Zu  vertagefi,  verzielen  („Tag,  Frist  ansetzen")  wäre  doch  verraumen 
(„Ort  bestimmen'')  ein  schönes  Seitenstück! 


119 


mrschaffen  „  anticipationes ,  venditiones '^  607)^  verschicken  testamentarisch 
vermachen  (216),  versu^^em  versorgen,  versprechen  (227),  versorgen  sicher 
stellen  (242),  versponsieren  verloben  (245),  verstiften  als  Legat  vermachen 
(252),  verswem  eidlich  geloben,  versichern,  znschwören  (262),  vertagedingen 
vor  Gericht  laden,  übereinkommend  festsetzen  (265),  vertagen^)  Termin  be- 
stimmen, auf  einen  Tag  anweisen  (265),  vertragen  Vertrag  schliessen  (273), 
vertriuten  geloben  {21ß),  vertrcesten*)  sicherstellen  (276:  vertrcsstunge  Znsage 
von  Hilfe  ebd.),  veriruwen  versprechen,  Treue  geloben,  verloben,  vermählen 
(277),  sich  vem/rveheden  gegen  einem  Urfehde  schwören  (282),  vervesten  fest- 
setzen, bekräftigen  (287),  vervingerlen  verloben  (281),  verwaren  als  wahr 
dartnn,  beweisen  (295),  verwetten  durch  Pfand  sichern,  verpfänden  (306), 
verwidemen  üf  ein  guot^  jem.  ein  Gut  als  Dotation  anweisen  (306),  sich  ver- 
wilUkum,  verwülen  sich  freiwillig  verpflichten  (308),  sich  vertoüligen  sich 
bereit  erklären,  einwilligen  (308),  venoisen  zuweisen  (312 :  verwis  Anweisung, 
Verschreibung  eines  Gutes  311),  verwissen  durch  Pfand  sichern  (312),  ver- 
eedelunge  schriftliches  Instrument  (316),  verziln  *)  bestellen,  Frist  anweisen  (321). 

mnd.  varbedingen  ausbedingen,  festsetzen  ( Schiller -Lübben  5,  311b), 
varda^varden  auf  Termin  vorladen  (328  a),  vorhansen  „inaugurari  societati* 
(361b),  varwarschoppen  versichern  (498  a),  vorwinkopen  Kauf  mit  Trank  be- 
stätigen (506  b). 

nhd.  verhypoihecieren  als  Pfand  verschreiben  (DWB.  596),  verUausuUeren 
(655),  verUibdingen,  verleibgedingen  auf  ein  Leibgeding  anweisen,  als  L.  ver- 
pfönden  (765,  766),  verrecessen,  verrecessieren  durch  Abkommen  abscbliessen, 
feststellen  (995). 

Aus  den  lebenden  Mundarten: 

pomm.  verbretoen  schriftlich  versichern  (Dähnert  518),  Schweiz,  vergotte  bei  Gott 
schwören  (Staub-Tobler  1,  907),  vergülte  als  Unterpfand  verschreiben  (Stalder 
1,  494),  kurhess.  sich  verhansen  sich  aufnehmen  lassen  (Vilmar  149),  schles. 
verheischen  verheissen  (Weinh.  hs.  H  78),  Schweiz,  verkommniss  schriftlicher 
Vertrag  (Staub-Tobler  2,  121),  elsäss.  verkuntroliere  einregistrieren  (Martin- 
Lienhart  1,  453),  schles.  götting.  verloben  (vergeloben)  geloben  (Weinh.  hs. 
L  113),  vermachen  (Schambach  264),  Schweiz,  vermanne ,  verweibe  Erbe  dem 
Manne  oder  Weibe  zubringen  (Staub-Tobler  4,  291),  elsäss.  verreden  ver- 
heissen (a.  a.  0.  2,  234),  Schweiz,  verschwöre  beschwören  (Seiler  112),  pomm. 
sik  verseggen  sich  verpflichten  (Dähnert  526),  schles.  versendboten  durch  Send- 
boten aufbieten  (Weinh.  hs.  B  141),  Schweiz,  vertage  vorladen  (Staub-Tobler 
1,  907),  preuss.  sich  vertragen  sich  durch  Vertrag  verpflichten  (Frischbier  2, 


^)  nhd.  B.  Waldis  4,  94:  sie  warn  grichtlich  dahin  vertagt 

«)  nhd.  Luth.  24.  338,  23  W.:  Abraham  hat  sich  auch  darauf/  ver- 

tröstetf  das  er  ynn  der  eumersicht  das  gepet  thete. 
*)  nhd.  Kaisersberg  postill  2,  2.  3:    soüu^  arbeit,  dor  gu  sie  ver- 

widmet  seind. 
*)  nhd.  Bocc.  76:  sie  hettjrem  aUer  liebsten  ver  sielet. 


120 


443),  pomm.  verwarschojspen  verbürgen  (Dähnert  529),  schles.  sich  verwetten 
auf  einen  Pfand  setzen  (Germ.  Abh.  XI  271),  pomm.  sik  venoiüen  sich  ver- 
pflichten (Dähnert  529),  Schweiz,  vertblnkaufe  Kauf  mit  Trank  bestätigen 
(Stanb-Tobler  1,  907),  pomm.  verwisachoppen  sichern  (D&hnert  529),  Schweiz. 
verzedle  hypothekarisch  verschreiben  (a.a.O.  1,  907),  schwäb.  vereidet  be- 
stimmt, festgesetzt  (v.  Schmid  555). 

Beim  Schififahrtswesen  verbodmen  die  Eigentümer  ihr  Schiff,  geben  es 
anf  hodmerei  (Vertrag  zwischen  Eigentümer  und  Olänbigern,  die  Geld  vor- 
schiessen,  Bobrik  705a,  124b)  und  verfrachten  oder  verhewren  es  (»zur  Be- 
frachtung vermieten"  706 ab).  Ein  Bergwerk  wird  verreeeast  oder  verre- 
cessiert,  wenn  darüber  ein  Rezess  angefertigt  und  der  Behörde  eingereicht 
wird  (Veith  533).  Der  Zimmermann  verzeichnet  ein  gebrochenes  Dach  („auf- 
zeichnen'^ Jacobsson  4,  536).  Der  Bibliothekar  verzettelt  die  Bücher,  indem 
er  ihre  Titel  auf  Zetteln  verzeichnet  und  dem  Katalog  einverleibt^). 

Diese  Gruppe  ist  reich  an  ÄnalogiebildaDgen,  die  kühnsten 
mhd.  verlUhoufeny  Schweiz,  vermnhmfey  vergotte^  mnd.  vorhansen. 
Das  Präfix  hat  die  in  der  Komposition  mit  anderen  Worten 
erlangte  Bedeutung  in  sie  fertig  hineingetragen,  und  das  Stamm- 
wort nimmt  in  der  Bedeutung  des  Kompositums  nur  die  Stelle 
einer  instrumentalen  Bestimmung  ein.  Die  fremdartigen  Bil- 
dungen auf  -ieren  entstammen  der  Kanzleisprache,  mhd.  ver- 
getoissen,  versichern^  vervesten,  verweeren  stellen  Denominativa  der 
einfachsten  Art  dar:  „zu  dem  machen,  was  das  (adjektivische) 
Stammwort  besagt^.  Nur  ihrer  Bedeutung  nach  gehören  sie  in 
diese  Gruppe. 

Die  negative  Bedeutung  „verbieten,  verwehren"  (Gruppe  3, 
vgl.  S.  103)  schliessen  wir  an;  sie  entwickelt  bisweilen  gehässigen 
Nebensinn  und  berührt  sich  dann  mit  Gruppe  5  (ebd.).  Dass 
die  Grenze  nach  fra-  hin  nicht  zu  bestimmen  ist,  zeigt  got. 
fraqipan  in  derselben  Bedeutung  (S.  12,  17). 

ahd.  Gl.  I  559  b  farchiosan :  reprobare.    II  232  b  forkharan  ist :  reprobatur. 
N.  n  290,  3  P.:    so  hdbo  ih  ferchören  die  gdmrt  dinero  dUndo : 
reprobavi. 

I  301,  13:  ferchiesent  tia  6rda  ddz  Übet  iu  den  hinuH :  superata 
tellus  sidera  donat. 


^)  Mit  diesem  verzetteln  ist  das  gleichlautende  » unachtsam  verstreuen' 
(fra-),  eine  Weiterbildung  zu  verzetten  (mhd.  Leser  3,  318),  nicht  zu  ver- 
wechseln : 

nhd.  Uhland  volksl.  1,  25  Cotta:   und  dasz  ichs  (hrenzdin)  nit  verzette. 
Lessing  2,  312:  diesz  mäddken  ..  ist  ein  verzettelt  dtristenkind. 


121 


Ol.  I  285  a  farlatu/ini  :  negavit.    I  586  a  farmarter  :  inpeditus. 

II  167  a  firmeinsamot  uUerde  :  excommanicetnr. 
0.  III  20,  167:  joh  er  hi  thds  mari  firmeinsamot  wärt. 

I  4,  66:  nu  t^  thag  drtmii  so  hdrto  bist  formönanti. 
[QI.  n  642  b  fimeitmen  :  abiarare]. 

OL  I  22  Pa.  forquidit    gl  E.  farehuidhit    Sa.  farchvit :  abdicat. 
IV  17  a  ferquhat :  renuit. 

II  77  b  firsaehcm  :  renantiare.  IV  222  a  furisahhumih  :  abrenuntio. 
T.  90,  6:  ciba  uuer  t*uoüa  after  mir  quemen,  uorsacha  sih  seibon  : 

abneget  semetipsam. . 
Gl.  II  230  b  furisageta  :  denegavit.    II  457  a  fersagen  :  abjarare. 
N.  I  226,  27  P.:    tdr  si  fersdget  habet  tde  .  .  fünden  neuu&de 

(sagen,  dass  nicht  .  .  .  ). 

I  463,  13:    sie  uersdgent  s6lhun  dia  iustitiam  merhHte  ünde 

minnerh^te  :  institiatn  namqne  a  institia  non  maltam  ainnt  magis 

et  minns  dici. 

I  136,  21:  dag  ih  summum  bonum  ünde  heatittidinem  alles  unge- 
mäches  fersdge  :  dicere  beatitadinem  non  esse  anziam  trisiemqae. 

II  684,  6:   tae  sint  die  sih  seSben  swndon  fersdgent  (sich  frei- 
sprechen von). 

I  117,  16:  täs  mine  rationes  fersdgent ;  vetant. 
T.  51,  4:   ouh  4r  lag  m4h  für  sagen  then  thie  in  hme  stn^;  renan- 
tiare his. 
0.  I  4,  68:  int  öuh  ihaz  bist  firsagenti,  ihag  s&bo  got  ist  gebenU. 
N.  I  123,  9  P.:    fertroste    dih   anderes   k&otes  ferldmes  :  desine 

amissas  opes  querere. 

I  79,  23:    sin  selbes  sih  f ertröstet  habender  :  secarns  suamm 

inioriamm. 
Gl,  I  351  b  virwoffeniu  :  repudiata.    11  130  a  uirvuerfan :  ref utare. 
N.  I  756,  26  P.:  feruuirfende  mit  nöte  guünnenen  rtchtttom  :  dispuens 

divitias  oppressione  qnaesitas. 
GL  I  88  Pa.  faruuarit,    gl.  K.  firuuerit :  prohibet. 

I  528  b  uerwiderot :  renoistis. 

I  470  a  firgihen  :  abnnere. 

II  236a  f ereigen  :  abnegata.    n  282a  sihfirgihent :  abnegant. 
Za  diesem  „verzichten'  kommen  noch  zwei  Verba  des  Sinnes  „ent- 

sagen'  (vgl.  8.29): 
Gl.  II  286  a  furipirit :  contineat.    n  145  a  forberen  :  abstineri. 

II  130  a  verbofin  werden  :  temperari. 

II  277  a  unsihfirperames  :  ^TCSLoms, 
0.  IV  6,  42:  thdg  sie  ihag  firbdrin  ioh  suli(^  ni  wdrin. 

I  744  a  firhepitvn  firhapetun :  continueront. 
as.  Hei.  5000:  (hat  he  an  iheru  suartan  naht  er  hanocrädi  is  herron  scddi 

ihriuuo  farlognien. 


122 

Hei.  3465:    Tiabda  thuo  farmerrid  Hhia  moraganstunda,  thes  dag- 
uuerkes  fordiioUm, 

Hei.  3237:  efhe  than  ok  uttendien  ne  uuüi,  ac  farmodat  sidica  menigi. 

Hei.  2658:  so  farmunste  ina  that  manno  folc  .  .  farhogdun  ina 
80  Tidagna, 

Wadst.  70,  3  (Merseb.) :  forsekemm  :  renantiatis. 

Gen.  81 :  hdbda  ina  god  ,  .  farsakanan. 

Hei .  3Ö03 :  he  ni uuüi  enigumu inmnmanne  f,aruuernien  uuillean sines. 

Ps.  61,  5:  uuerd  min  thahton  te  faruuerpene:^tetiam  meum  cogi- 
taverunt  repellere. 
mhd.  verhorn  anterlassen,  entbehren  (Lezer  3,  72),  verdingen  zurückhalten 
(96),  verhoben  zurückhalten  (122),  verhalten  (123:  vürhcUten  vorenthalten 
586),  verheren  aus  Stolz  vorenthalten  (129),  verkiesen  nicht  achten,  ver- 
schmähen, verzichten,  verzeihen  (142),  verkündigen  aufkündigen  (150),  ver- 
lanivriden  vom  Landfrieden  ausnehmen  (153),  verloben  abschwören,  aufgeben 
(167),  verlougenen  verleugnen  (169),  vennannen  Lehen  entmannen,  einziehen 
(174),  vermeinen,  vermeinsamen  aus  der  Gemeinschaft  ausschliessen  (176,  177), 
verphUjfen  aufgeben,  verzichten  (192),  verqueden  versagen  (194),  verreden  ab- 
lehnen (198),  verriiefen  ausser  Kurs  setzen  (mtmee  207),  versacken  verleugnen, 
entsagen  (209:  vürsachen  607),  versagen^)  verweigern,  entsagen  (209),  ver- 
schaffen durch  letztwillige  Verfügung  entziehen  (211),  verschätzen  für  ver- 
loren halten  (213),  verswem^)  abschwören,  verzichten  (262),  verteilen  durch 
Urteil  absprechen  (267),  sich  vertroesten  verzichten  (276),  vervriden  ausser 
Frieden  setzen  (290),  verwarn  gegen*)  Verwahrung  einlegen  gegen  (295), 
verwem  verwehren  (303),  verwerfen  verweigern,  zurückweisen  (302),  ver- 
wideren*)  zurückweisen,  widersprechen  (306),  t?0rec^26X:um  freiwillig  aufgeben 
(308),  verwisen  verweigern  (312),  verwizzen^)  lossprechen  von  (313),  verzihen 
versagen,  verzeihen,  verzichten  (319:  verziht,  vürziht  321). 

mnd.  vorbeholden  vorenthalten  (Schiller-Lübben  5,  312  b),  vorheven  unter- 
lassen (366),  vorhalsstarken  halsstarrig  verweigern  (6,  303b),  vortien  ver- 
zichten, verzeihen  (5,  474). 

Noch  im  Frlihnhd.  bedeutet  verzeihen  „Nachsicht  üben*'  und 
„abschlagen",  skh  verzeihen  eines  dinges  „aufgeben,  verzichten 
auf«:     ^ 


1)  Chr.  11.  642,  22:  die  püchs  versagt  (geht  nicht  los). 

')  nhd.  Hütten  5,  247  Münch:  zu  gott  und  den  heiligen  zu  vorschwören, 

dasz  sie  nimmer  daran  seyn  wollen, 
•)  nhd.  Garg.  Ndr.  65/71  S.  11:   sie  verwahret  das  kein  regen  nodi 

Schnee  jr  hausz  schädige  (Vorkehrungen  treffen  gegen). 
*)  nhd.  Logau  1.  8,  64:    kein  begehrtes  nie   verwiedern,    kein   ver- 

wiederts  nie  begefiren. 
^)  Schon  mhd.  hat  man  vervnsen,  venoizen,  verwizzen  nicht  mehr  aus- 
einander halten  können  (Lexer  3,  312,  313). 


123 

Eaisersberg  trostsp.  m  1:  gott  wölt  jr  verziehen  äUe  missetat. 
Uhland  volksl.  1,  225  Cotta:  dem  fröwlin  ward  du  ir  bitt  ver eigen. 
Lnth.  1.  698,  40  W.:  das  volck  Christi  m&sz  .  .  sich  disz  gemachs  mit 

fröwden  verzeyhen. 
Rebhahn  Sns.  5.  Akt  v.  629  Tittmann :  ich  hott  mich  em  schon  gar 

veraigen. 

In  der  Bedeutung  „  verzichten **  ändert  es  dann  die  Rektion 
in  vereeihen  auf  etwas  und  bildet  schliesslich  aus  dem  Nomen  ver- 
zieht  ein  neues  Verb  verzichten  auf  etwaSy  indem  es  verzeihen  auf 
die  Bedeutung  „Nachsicht  fiben^  beschränkt: 

Pfeffel  poet.  vers.  (1816)  6,  615:  wir  verziehn  auf  euem  kindertraum. 

Goethe  43,  273:  auf  alles  irdische  gut  völlig  verzichtend. 

A.  Gryph.  Ndr.  6  (Sqnenz)  S.  28:  verzeiht  mir  auch  hertzliebe  magd. 

sich  verzeSken  eines  dinges  hat  noch  Wieland,  verzeihen  auf  etwas 
in  der  Bedeutung  „verzichten*  noch  Goethe  (Paul  wb.  516a). 
Die  Aachener  Mundart  gebraucht  verzechnis  für  „Verzeihung^ 
(Möller- Weitz  256).    Aus  den  lebenden  Mundarten: 

pomm.  stk  bi  enen  verbidden  etwas  abbitten  (Dähnert  518),  brera. 
verdüvdn  fluchend  and  schwörend  abstreiten  (wb.  1,  279,  Parallelbildung 
zu  Schweiz,  vergotte  S.  119),  schles.  verhaiten  verhindern  (Weinh.  hs. 
H  21),  henneberg.  verheben  gerichtlich  verbieten  (Reinwald  2,  134), 
prenss.  verkneif m  zurückhalten  (Frischbier  2,  433),  schles.  verlekeln  ab- 
leugnen (Weinh.  hs.  L  38),  preuss.  verpirren  hindern  (a.  a.  0.  2,  437),  elsäss. 
verruefen  öffentlich  widerrufen  (Martin-Lienhart  2,  240),  schwäb.  verschaum 
Unvorschriftmässiges  zurückweisen  (v.  Schmid  453),  götting.  versehen  ab- 
leugnen (Schambach  266),  mansfeld.  verstreiten  abstreiten  (Jecht  119), 
bair.  verwenken  abwinken  (Schmeller  2,  960),  verwissen  verzeihen  (ebd.  2, 
1034),  Schweiz,  verztoinke  durch  Augenz winken  abmahnen  ( Staub -Tobler  1, 
909).  Das  Kotwelsche  liefert  den  Beitrag  verassert  „polizeilich  untersagt '^ 
(Kluge  rotw.  373),  die  Weidmannsprache  verwittern  „Wild  vom  Besuch  von 
Schlägen  fernhalten''  (Kehrein  BIO). 

Diese  Gruppe  hat  eine  besondere  Vorliebe  für  die  reflexive 
Rektion  mit  dem  Genetiv  in  der  Bedeutung  „entsagen",  schon 
im  ahd.  viermal  vertreten  (S.  121).  Im  mhd.  weiter  um  sich 
greifend,  erstreckt  sie  sich  auch  auf  fair-  und  /ra-Typen  ähn- 
licher Bedeutung: 

mhd.  8i(h  verUesen  (Lezer  3,  144),  verhmnen  (150),  verloben  (167),  ver- 
louben  (168),  vemiMen  (180),  verphligen  (193),  verruochen  (208),  versachm 
(209),  verschoben  (210),  verschiezen  (216),  verschriben  (219),  versiahen  (233), 


124 

verzechen  (247),  verswem  (263),  vertrcesten  (276),  vervam  (286),  verwegen^) 
(298),  verwenden  (301),  vereihen  (320)  tfities  din^es. 

Im  älteren  nhd.  haben  sich  einzelne  dieser  Verbindungen  noch 
erhalten,  im  jüngeren  werden  sie  durch  en^-Komposita  (sich  enir 
schlagen)  abgelöst  oder  wandeln  die  Rektion  (einem  etwas  ver- 
^eihenj  versichten  auf  etwas).  Dagegen  greift  diese  Rektion  in 
positiver  Verwendung  um  sich  (sich  verwegen  eines  dinges)^). 

Das  Präfix  gewinnt  in  dieser  Gruppe  geradezu  die  Bedeu- 
tung „zurück,  wider"  und  gibt  den  mit  ihm  zusammengesetzten 
Eompositis  die  entgegengesetzte  Bedeutung  von  der  des  Stamm- 
worts. Doch  sind  hierzu  auch  fror  und  fair-  befähigt  (vgl. 
got.  fraqipan,  frahunnan,  frawardjan  S.  17,  lat.  perfiduSj  periurus 
S.  16).  Überhaupt  ist  keine  Sicherheit  dafür  zu  erbringen, 
dass  die  hier  angeführten  Bildungen  alle  auf  faur-  zurückzu- 
führen sind.  Bei  einzelnen  trifft  es  wahrscheinlich  nicht  zu, 
wie  bei  verleugnen  (schon  ahd.),  wo  das  Präfix  den  Sinn  des 
Stammworts  verstärkt  (fra-?  S.  17),  oder  verneinen ,  verwidem 
(schon  ahd.),  die  einfache  Denomiuativa  zu  einer  Partikel  bzw. 
Adverb  darstellen,  verhindern  (ahd.  farhintarjan)^,  ebenfalls 
Denominativ,  bedeutet  ursprünglich  „hinter  sich  bringen",  mhd. 
spärlich  „verwehren,  sperren"  (Lexer  3,  130)  und  wird  erst 
nhd.  häufiger  in  dieser  Bedeutung  (DWB.  569).  In  andern 
Fällen  wie  bei  verweigern  erübrigt  sich  die  Frage,  welchem 
Präfix  es  zuzuweisen  sei,  überhaupt,  da  es  erst  nhd.  auftaucht^) 
und  mithin  gebildet  ist  mit  einem  einheitlich  gefühlten  ver-  des 
Sinnes  „zurück-,  abweisen",  abstrahiert  aus  den  vielen  Bildungen 
dieser  Bedeutung. 


^)  nhd.   Bocc.  33:   das  sich  die  schifletU  des  lebens  verwegen  heUen 

(que  per  perduti  si  tenero). 
')  Lath.  16.  399,  34  W.:  (2a  er  ein  med  so  kranck  lag,  das  er  sich 

hette  Sterbens  verwegen  (aich  gefasst  machen  auf). 
•)  ahd.  Gl.  I  565  a  virhintres  pitrugest :  defrandes. 

I  786  b  virhdntreter  :  f randatus. 
*)  Diefenbach-Wülcker  570  (a.  1607):  dessen  sich  aber  die  van  Wite- 

leben  vorwegert 
Stieler  bei  Heyne  8,  1270:  verwegem :  recnsATe. 
Leasing  dram.  67:  sie  verweigert  sieh  der  Gnaden  .  .  gäneUch, 
ebd.  176:  sie  verweigerte  sich  aUen  arzeneien. 


125 

Von  besonderem  Interesse  wird  die  Frage  der  Zuweisung 
bei  einigen  Verben,  in  denen  das  Abweichen  von  der  Bedeutung 
des  Stammworts  zugleich  üblen  Nebensinn  bezeichnet  (s.  Gruppe  5 
S.  103).  Von  ihnen  möchte  ich  verkiesen  (ahä.,  mhd.  S.  120,  122), 
verloben  (mhd.  S.  122),  vermannen  (ein  Lehen  zurückziehen,  für 
verwirkt  erklären  mhd.  ebd.)*),  vermeinen^),  vermeinsamen  (ex- 
communicare  ahd.  mhd.  9. 121  f.,  131  f.),  vermeinbeten  (mhd.  S.  132), 
vervriden,  verhmtvriden  (mhd.  S.  122)  zu  faur-  I  ziehen,  wenn 
nicht  hier  schon  in  den  mhd.  Bildungen  das  ver-  aus  faur-  I- 
und/ro-Typen  verschmolzen  und  einheitlich  gefühlt  worden  ist. 
So  auch  mhd.  verminnen  „aufhören  zu  minnen,  gehässig  werden^ 
(Lexer  3,  180),  ein  äna^  dqrifievov,  von  dem  Dichter  zu  seinem 
Zwecke  analogisch  geprägt: 

Athifl  F:  die  wäpin  uns  virrostin  .  .  .  die  rittir  virterbin  ,  .  .  die 
müdin  virharginf  die  guotin  virargin,  die  minnindin  virminnin 
,  ,  ,  die  sorger  sich  virtrachHn  .  .  . 

verpUegen  (mhd.  S.  122)  könnte  auch  auf  das  resnltative  fra- 
(S.  20)  zurückgehn  wie  verhoffen  „Hoffnung  aufgeben,  ver- 
zweifeln* (mhd.  Lexer  3,  131),  verhügen  „vergessen"  (ahd.  mhd. 
3,  134) '),  verruochen  „sich  nicht  kümmern,  verachten*  (mhd.  208) 
und  verschamen  „schamlos  werden"  (ahd.  mhd.  213)*).  Danach 
scheint  mhd.  sich  vereüenden  „aus  der  Fremde  kommen"  (106) 
geprägt.  In  verachten^  verdunken,  verhunnen,  vermanen  (Gedanken 
aufgeben,  verachten  mhd.  68,  101,  150,  173,  verachten  und  ver- 
manen auch  ahd.^))  liegt /ra-  vor  (got  frakunnan  S.  17).  Nach 
ihrem  Muster  ist  mhd.   verbunnen^),  vergunnen   „missgönnen" 


*)  Schweiz.  Staub-ToWer  4,^91. 

*)  ahd.   Ol.   I   24   Pa.  farmeiniset,     gl.   K.  farmainsot  :  abominabilis 
gehört  zu  mein  ^nefas*'. 

*)  ahd.  Gl.  I  112  Pa.  farkugis,    gl.  K.  firhugis  :  contemnis. 

*)  ahd.  N.  II  163,  18  P.:  ^teuMenne  fersedment  sih  andere  m^mUscen, 

unsere  scdma  uu&eton. 
')  ahd.  Ql.  I  2ö3  Ra.  farmanet :  sprevit.     I  517  b  uirmanet :  despezit. 
II  79  a  firmanetemo  :  praetermisso. 
0.  I  4,  65 :  nu  du  ihaz  drunti  so  härto  bist  formönanti, 
N.  I  244,  22  P.:  sie  ähtent  tero  güoton  .  .  sie  neuer ähtent 
iro  io  d6h  fUeht. 
')  Daneben  mhd.  erhunnen  in  derselben  Bedentang  (Lexer  1,  619). 


126 

(85,  121),  mhd.  veredden^  mnd.  vararden^)  ^entarten"  (Lexer  3, 
102;  Schiller-Lfibben  5,  309b)  geschaffen  worden,  vergessen^ 
ist  wohl  mit  fra-  zasammengesetzt.  Das  Präfix  bezeichnet  das 
Gegenteil  von  der  Bedeutung  des  Stammworts  (Wurzel  get- 
, erlangen*,  got.  bigUany  engl,  to  get).  Synonym  mit  vergezeen 
ist  ergezeen^  (Graff  4,  276,  278;  Lexer  1,  630),  das  Faktitiv 
ergetzm  (ebd.)  hat  sich  in  unserm  ergötzen  bis  heute  erhalten. 
Wie  weit  vielleicht  fair-  an  diesen  Bildungen  beteiligt  ist,  lässt 
sich  nicht  mehr  feststellen. 

Auch  die  Ausdrücke  des  Bannens  und  Verzauberns  gehören 
zu  dieser  Gruppe  (vgl.  versprechen  S.  69  Anm.  1  und  2): 

ahd.  Gl.  II  217  a  uergaiada  :  fascinavit. 

II  212  a  firzoubirota  :  fascinavit,  U  678  b  fascinat. 
mhd.  vergalsiem  (Lexer  3,  108),  verschiren  (217),  vencicken  (306),  ver- 

eoubem  (323). 
mnd.  vorkauen  (Schiller-Lttbben  5,  375  a). 

Im  nhd.  ziehen  besonders  die  von  Fischart  gebildeten  Aus- 
drücke ^durch  Beschwörung  feien^  an: 

Oarg.  (1690)  6:  warumh  die  durchUechtheUigsten  .  .  ihnen  nü  auch 
die  zähen  tvie  die  finger  beschweren,  versegnen,  weihen,  schaben, 
beschneiden,  verchrisatnen,  verelementen  und  versacramen- 
ten  Inssen  (durch  Segen,  geweihtes  Öl,  Beschwörung  der  Elemente, 
durch  Sakrament  feien). 

ebd.  281 :  verkreutziget  euch  Ober  den  schafen  in  Eiobella  Plata 
.  .  versegnet  euch  ob  den  castronen  zu  Bianne, 

ebd.  147:  (das  schiff)  sey  dann  allerdings  .  .  vergurbet,  begordet,  ver- 
dennet  .  .  gehelmkörbelet,  benunstet,  verpaternostert*),  betrauet, 

„verzaubern"  wird  auch  durch  vergaukeln,  verJcadem,  versagen 
ausgedrückt : 


»)  nhd.  im  Schles.  (Weinhold  hs.  A  53).    A.  Gryph.  Papin.  v.  435:  last 

mich  wie  Nioben  in  einen  fels  v  er  arten. 
«)  ahd.  N.  II  25,  16  P.:    er  nefergizet  d&o  armön  geUies  :  non  est 
oblitus. 

II  29,  23 :  got  habet  ergizen  dero  guoton  :  oblitus  est. 
as.   Hei.  3604:  fargatun  godes  rikies. 

Ps.  68,  12:  that  nah  uuanne  ne  fargetin  folk  min  :  nequando 
obliriscantur. 
*)  DWB.  958  sieht  in  verpatemostem  einen  nautischen  Kunstausdrack ; 
eine  nähere  Erklärung  fehlt. 


127 

Simpl.  3.  391,  26  Knrz:  der  wirih  tousste  nicht,  ob  er  vergauckelt  war. 
Lnth.  postilla  3,  39  a:   teufelshuren,  welche  die  leut  verkadern  und 

bezaubern. 
Stieler  1667:  eine  hüchse  versagen  est  cum  laminibas  magicis  sclo- 

pam  ligare. 

In  den  Mundarten  ist  eine  Reihe  weiterer  Ausdrflcke  fDr 
, verzaubern"  gebräuchlich: 

Schweiz,  bair.  verhannisieren  (Stanb-Tobler  4,  1282,  Schmeller  1,  248), 
laxemb.  vergächden  (Gangler  465),  Schweiz,  vergalstere  (a.  a.  0.  1,  225), 
schles.  vergöU  (Weinhold  hs.  G  8),  bair.  verluegen  mit  dem  bösen  Blick 
(Schmeller  1,  1463),  schles.  verpflocken  (vgl.  S.  70  Anm.),  prenss.  verrufen 
(Frischbier  2,  438),  brem.  hamborg.  versMren  mit  dem  bösen  Blick  (brem. 
wb.  4,  661  y  Hichey  232),  bair.  Österreich,  verschraien  (Schmeller  2,  592, 
Castelli  125),  schles.  verspinden  (vgl.  S.  70  f.  Anm.),  bair.  verwunschen  (Schmeller 
2,  961),  auch  mansf eidisch  (Jecht  119).  vermeinen  (mhd.  Lexer  3,  176), 
bair.  vermainen  (Schmeller  1,  1612),  kärntisch  vermänt  (Lexer  189)  ist  keine 
/aur- Bildung,  sondern  ein  Denominativ  zu  mein  „nefas". 

Die  Beziehungen  von  ver-  zu  he-  in  dieser  Bedeutung  sind 
nnter  versprechen  (S.  71)  behandelt  worden.  Die  t;6r-Eomposita 
sind  bedeutungsvoller,  indem  sich  mit  dem /aur-  ,,fiber  etwas 
hin  sprechen"  leicht  die/air-Type  verwandeln  und  die/ra-Type 
vertreiben  verbindet,  so  dass  vereaubem  in  sich  „durch  Zauber 
bannen,  verwandeln,  vertreiben"  vereinigen  kann.  Der  gehässige 
Nebensinn  liegt  ja  von  vornherein  schon  darin. 

Die  Gruppen  „versperren*  (3,  vgl.  S.  103)  und  „verdecken, 
schützen"  (4)  sollen  erst  im  Anschluss  an  faur-  Ilxmdfair'  S.  134  ff. 
besprochen  werden.  Die  Gruppe  „verfehlen"  (6)  berührt  sich  enge 
mit  fair-  und /ro-.  Schon  von  den  S.  104  angeführten  Bildungen 
lassen  sich  versprecher^f  verschreiben,  versetzen,  verlegen  nicht  mehr 
als  reine /awr-Typen  („hinaus  über  das  Ziel,  vorbei  an")  aus- 
legen, sondern  sind  analogisch  zu  erklären.  Tatsächlich  sind 
es  junge  Bildungen,  da  versprechen,  verlegen  nicht  vor  dem 
13.  Jahrb.,  verschreiben,  versetzen  gar  erst  im  nhd.  nachzuweisen 
sind,  sich  versetzen,  verschlagen,  verschiessen,  verfahren,  vergehn 
vereinigen  oft  zweierlei  Bedeutungen  in  sich:  „fehl-  und  sich 
festrennen,  sich  an  unrechter  Stelle  festsetzen,  voreilig  sich 
festfahren,  so  dass  man  nicht  weiter  kann".  Auch  hier  spielt 
eine  andere  Type  (fair-)  hinein.  Selbst  die  Bedeutung  „über- 
mässig" kommt  faur-  I  nicht  ausschliesslich  zu,  sondern  nur 


128 

bei  den  Verben  der  Bewegung.  Die  übrigen  Bildungen  dieses 
Sinnes  —  and  das  ist  weitaus  die  Mehrzahl  —  gehören  zu 
favr-.    Wir  werden  daher  etwa 

ahd.   Gl.  II  222  a  furidihit :  excesserit 

N.  I  148,  12  P.:  feruudllöt  Ur  ödeuuanne  ßrro  :  forte  devenerit 

ohne  weiteres  faur-  zuweisen,  vielleicht  auch 

Gl.  I  454  b  firpräMiun  vb  er  gingen  :  prätergressi  snDt. 

Bedenklicher  ist 

ahd.  Muspilli  33:    dewne  ni   kitar  pamo  nchhein   den  pan  furisieean 
(sitzend  versäumen). 

Hier  liegt  entweder  analogische.  Übertragung  vor  oder  —  und 
das  ist  wahrscheinlicher  —  fiMi-  ist  statt  firi-  eingetreten 
(8.  15  Anm.),  und  dann  haben  wir  es  mit  einer  /atr-Type  zu 
tun.    Ähnlich  gebildet  ist 

ahd.  N.  II  304,  26  P.:   iro  sldf  »liefen  du  riehen  .  .  dU  fersläfent  iro 
Uh  (bringen  sich  durch  Schlafen  um  ihr  Leben). 

Auf  eine  /awr-Type  scheinen  auch  mhd.  vürbredwn  Verbrechen 
(Lexer  3,  592:  verbrechen  81),  vürhäbenisse  Selbstöberhebung 
(599:  verheben  126),  vüreunse  vom  Wege  abgeführt,  verirrt 
(597:  verwisen  irreleiten  312),  vürschel  betäubend  (607:  ver- 
schellen  214),  vürsnaUe  vorlauter  Schwätzer,  vürsnel  „vorschnell** 
(609:  versneUen  239),  vürWeter  einer,  der  sich  Übertreibungen 
gestattet  (616:  vertreten  übertreten  275)  hinzuweisen.  Aber 
das  Beispiel  von  fürwüsf  (S.  15  Anm.)  zeigt,  dass  dies  Kenn- 
zeichen nicht  unbedingt  sicher  ist. 

Immerhin  können  einzelne  Verba  des  Sinnes  „verbrechen*' 
und  „verführen**  auf  faur-  1  zurückgehn.  Die  Hauptmasse 
jener  gehört  zur  /air-Type,  wenige  zu  fra-  (verschulden ^  ver- 
wirken^) vgl.  got.  frawaurkjan  S.  17  f.),  die  Gruppe  „verführen* 
verteilt  sich  auf  faur-  I  und  fair-.  Genaueres  lässt  sich  nicht 
bestimmen. 


^)  ahd.  Gl.  lY  303a  farsculda :  tradidit,  perdidit. 

N.  n  379,  13  P.:  die  fore  tms  übelo  täten  mit  dero  zuofirsihte 

Ungerin  libis  die  ferscülton  sta  (einbüssen). 
0.  III  20,  5:  öha  ihiu  selha  blinti  fon  sunton  sinen  würti,  odo 

iz  firtcorahtin  ouh  kr  föJter  inti  m(Mter. 
0.  III  17,  13:  Üiiz  utnb  firuuoraht  habet  ira  IIb  (verwirken). 


129 

ahd.  N.  II  470,  13  P.:   aintu  chint  uuerden  in  ungeuuiBHette  ferfuoret: 
transferantnr. 

I  169,  11:  ferfuoret  %z  dba  demo  uuären  .  .  ge  demo  lükken  : 
tradncit  a  vero  .  .  ad  falsum. 
Gl.  I  761  b  uerleidid  uiterdan  /  sednci. 
N.  I  129,  26  P.:    aber  diu  miaseruknetU  des  uuSgea  ferUitet  sie  ze 

demo  lükken  :  abdncit  ad  falsa. 
Ül.  IV  167a^rtolWn*:alliciunt. 

N.  n  218,   28  P.:    der    in    üser    sinemo    loche    uuile   ferlücchin 
(hervorlocken). 

I  727,  9:  fdne  ueneris  spifnsten  aber  ferlühter :  cypridis  lactatus 
illecebris. 
Gl.  II  406  a  uarscunta  :  illectam.    IV  129  b  firscuntent :  alliciunt. 

I  4  Pa.  gl.  K.  Ra.  farspamt :  asciscit.  I  369  a  ferspanani :  inliceant. 
N.  I  109,  30  P.:  tdß  tiu  bürlichen  müot  ferspdnen  mag. 
as.  Hei.  1506:  farledid  Uudi  an  ledan  tmeg. 

Hei.  5311:    käbdun  sia  gramono  &arit,   ÜUa  scola  farscundid,   that 

sia  ne  bescribun  icmiiht  grimmera  dadio. 
Hei.  3454:  m  mag  ina  is  Itkhamo  an  unspiuid  forspanan. 
Hei.  4176:  that  sie  the  eno  man  so  alla  uueldi  wuerod  faruuinnen. 
mhd.  verleiten  (Lexer  3,  158),  verlücken  (170),  verreizen  (199),  verscham 
(213),  versckünden  (221),  verspanen  (243),  vertragen  (272),  vervüeren  (291), 
verwenden  (301),  verwisen  (312),  verziehen  (319). 
mnd.  vortocken  (Schiller-Lübben  6,  475  a). 

nhd.  Schweiz,  verhelke  (Staab-Tobler  2,  1173),  verköderle  (Stalder  2, 119), 
verUekere  (Staab-Tobler  3,  1247),  verlöckle  (3,  1253  =  elsäss.  Martin-Lienhart 
1,  582),  vermenne  (Staab-Tobler  4,  298),  schles.  verpiehen,  verpichten  (Weinh. 
hs.  P  73),  götting.  verreizen  (Schambach  265),  brem.  verschtmden  (wb.  4,  714), 
westfäl.  verschüngen,  verschünken  (Woeste  295),  götting.  altmärk.  verschünnm 
(Schambach  266,  Danneil  239),  götting.  versdhuppen  (ebd.),  prenss.  vertoppen 
(FriBchbier  2,  443),  kurhess.  verver geln  (Pfister  312),  schwäb.  verweisen 
(▼.  Schmid  523),  Schweiz,  verzänne  (Stalder  2,  464). 

Wenn  wir  versuchen,  aus  der  jüngeren  Sprache  einen  Teil 
der  Eomposita  des  Sinnes  „verfehlen^  fat4ir'  I  zuzuweisen,  so  ist 
dieses  Bemtthen  praktisch  wenig  wertvoll.  Denn  sicherlich  hat 
man  schon  in  mhd.  Zeit  mit  einem  einheitlich  gefühlten  ver- 
den  Sinn  „verfehlen**  verknüpf t , und  danach  unbewusst  Neu- 
bildungen geprägt.  Es  kommen  für  uns  Verba  der  Bewegung 
(„über  das  Ziel  hinaus,  vorbei,  übermässig**)  und  des  Sprechens 
(„sich  versprechen**)  in  Betracht.  Jene  berühren  sich  mit  fatr-, 
diese  mit  /ro-Typen. 

mhd.  verjähen  durch  Eile  einbüssen,  übereilen  (108),  verglarren  ttber- 
sehen  (118),  vergleifen  dnrch  schiefe  Richtung  das  Ziel  verfehlen  (119),  ver- 

Leopold,  Die  Vorsilbe  ver-  9 


130 

liebm  zu  hoch  hehen  nnd  dadurch  verfehlen,  übermütig  machen  (126),  ver- 
horchen  überhören  (132),  verkdOen  ausschwätzen  und  dadurch  verwirken  (139), 
verrennm  überjagen  (201),  venneUm  übereilen,  verfehlen  (239),  versmarm 
an  der  Wildspnr  vorbeischiessen  und  sie  dadurch  verfehlen  (vom  Spürhunde 
241),  verspringen  springend  einbüssen  (247),  verWagm  zu  weit  oder  falsch 
führen  (272),  verWetm  (dag  eü)  übertreten  (275),  versfün  aus  den  Augen 
verlieren,  versäumen  (321). 

Die  reflexive  Form  ist  besonders  beliebt: 

sich  vergähen  sich  übereilen  (108),  verh^en  sich  überheben  (125),  vertlen  sich 
übereilen  (135),  verjagen  sich  jagend  überanstrengen,  verirren  (137),  verjehen 
sich  überheben  (138),  verrevinen  zu  weit  rennen,  sich  reitend  verirren  (201), 
verrinnen  sich  verlaufen  (205),  verriten  sich  reitend  überanstrengen  oder  ver- 
irren (205),  versigelen  sich  segelnd  verirren  (227),  versndlen  sich  übereilen 
(239),  vermurren  fehlschiessen  (241),  verswingen  sich  verfliegen  (265),  ver- 
triten  fehltreten  (275),  vervliegen  sich  fliegend  verirren  (288),  vencaUen  sich 
verirren  (292). 

Aus  den  lebenden  Mundarten  gehören  ausser  vereinzelten 
Bildungen  wie 

Schweiz,  verkomme  „das  Mass  überschreiten '^  ( Staub -Tobler  3,  277), 
Schwab,  sich  vernehmen  „sich  übernehmen,  fast  von  Sinnen  kommen '^  (von 
Schmid  405),  preuss.  verreden  „zu  besprechen  vergessen,  übersehen'',  versäen 
„Beet  beim  Säen  übergehen"  (Frischbier  2,  439),  bair.  verschauen  „übersehen, 
verachten"  (Schmeller  1,  351) 

vor  allem  die  Ausdrücke  für  „sich  versprechen*  und  „sich 
versehen*  hierher,  oft  mit  dem  Nebensinne  „sich  verraten,  sich 
voreilig  verloben  und  verlieben*. 

„sich  versprechen"  gibt  das  Schweiz,  mit  sich  vememmen  (Staub-Tobler 
4,  749),  das  Bair.  und  Kämt,  mit  sich  vemennen  (SchmeUer  1, 1746,  Lexer  197), 
das  Elsäss.  und  Frankfurt,  durch  sich  verreden  (Martin-Lienhart  2, 134,  Askenasy 
227),  das  letztere  ausserdem  durch  sich  verheissen,  verschwätzen  (Askenasy  218, 
227)  wieder.  Der  Baier  und  Wiener  nennt  „sich  vergaffen"  sich  verschauen 
(Schmeller  1,  351,  Hügel  181),  der  Schweizer  sich  vergugge,  verluege  (Staub- 
Tobler  2,  381;  3,  1227),  der  Berliner  und  Preusse  sich  verkieken,  verkueken 
(Meyer  126 ab,  Frischbier  2,  433).  Das  mhd.  kennt  unser  sich  vergaffen  auch 
schon  (Lexer  3,  139,  DWB.  369 f.),  daneben  sidi  verginen  (Lexer  3,  118). 
Der  weitest  verbreitete  Ausdruck  für  „sich  unbedacht  verlieben  und  ver- 
loben" :  si(h  verplempern  (plempel  „schlechtes  Bier''  SchmeUer  1,  457,  eigent- 
lich wohl  verplempern  „verschütten'')  entstammt  der  burschikosen  Sprache 
(Kluge  stud.  132,  DWB.  973,  Schweiz.  Stalder  1,  179,  Österreich.  Castelli 
124,  Hügel  180,  Berlin.  Meyer  126  b,  schles.  Weinh.  hs.  P  86,  kurhess.  Pfister 
207,  Mansfeld.  Jecht  118,  holst.  Schütze  4,  306,  pomm.  Dähnert  525,  preuss. 
Frischbier  2,  437).  Anziehend  ist  elsäss.  sich  verhoppassen,  bair.  sich  ver- 
patschen  „sich  übereilen"  (Martin-Lienhart  1,  361,  Schmeller  1,  415),  Strass- 


131 


borg.  ncA  verddhre  „Torschlnss  versänmen"  (Schmidt  110),  burschikoses 
tich  verhauen,  versdwc^spen,  versteigen  (Klage  stad.  132,  133,  DWB.  541, 
1128),  8idi  verhauen  „vorbeihanen*  ebenfalls  in  der  Bergmannsprache  (Veith 
523)  und  Drackersprache  (Elenz  107),  in  letzterer  papier  verheben:  die  Lagen 
falsch  abheben  (ebd.).  In  der  Weidmannsprache  verfliegen  sich  Vögel,  die 
wegfliegen,  ohne  znrttckznkehren  (Kehrein  304),  in  der  Imkersprache  verfliegen, 
versduessen  oder  verschwärmen  sich  die  Weiser,  wenn  sie  ihren  Stock  nicht 
wiederfinden  (Overbeck  85).  Die  Seeleute  nennen  ein  Schiff  versegdt^  das  vom 
Lande  nicht  mehr  zu  sehen  ist  (Bobrik  708  a). 

Während  die  angeffihrteu  Bildungen  auch  von  fayr-  oder 
frorTy^en  beeinflusst  sein  können,  erscheint  Verstössen  „anstossen, 
Anstoss  erregen,  einen  Fehltritt  begehn^  deutlich  als/aur-Type: 

ahd.  N.  I  50,  10  F.:    uerstöset  iiccho  dn  dien  skörrenten  sUuerron  dero 
uerbröchenßn  stäino :  resistit  saepe  obice  rupe  soluti  sazi. 
II  477,  30:  uuanda  sie  sih  an  imo  so  moriiw  so  htmiUter  iacente 
ferspurnent  unde  ferstözeent 
mhd.  Trist  17092:  verstöze  wir  an  eime  irite. 

Flore  5033:  ich  sihe  rechte  daz  ich  louc  und  daz  ich  sere  verstieg, 

wand  ich  in  einen  speher  hieg. 
Krone  11354:    daz  ich  minen  man  lieze  und  mich  aisö  verstieze, 
daz  ich  .  ,  ,  (sich  soweit  vergehen), 
nhd.   Opitz  Ndr.  1  (Poet.)  S.  37:    niemandt  .  ,,  der  in  diesem  nichi  Ver- 
stössen. 
Das  Schweiz,  gebraucht  rer^toM«  in  der  Bedeutung  „stottern"  (Staub-Tobler  1,911). 

Die  Gruppe  „verachten,  schädigen,  preisgeben^  (5),  bisher 
schon  mehrfach  gestreift  (S.  120 ff.,  128ff.)i  ist  hier  noch  kurz  zu 
behandeln.  Sie  berührt  sich  hauptsächlich  mit  /ra-Typen.  Wie 
värwerden  (S.  112)  „umkommen"  in  das  Gebiet  von /ra-  übergreift, 
so  auch  vürhringen  „umbringen**  (Lexer  3,  586;  vgl.  S.  113).  Die 
meisten  der  folgenden  Bildungen  können  auch  auf /ra-  zurückgehn. 

ahd.  Gl.  I  582  b  furiprdkta  fwrprahti :  dejecit. 
II  92  a  forhrieuit  si  :  proscribatur. 

I  691  b  fizflMKia  virfl/ochot :  anathematizavit. 

N.  1 19,  24  F.:  mit  tiro  uerulüchenun  mdnegi  :  profanae  multitudinis. 

Gl.  I  231  R.  farhaitaniu  :  prostituta. 

0.  III  20,  167:  joh  er  hi  ihdz  mari  firmSinsamot  wdri  (aus  der 

Gemeinschaft  ausschliessen). 
Gl.  II  479  b  f ermeldet :  proditum. 

n  691  a  flrradiniu  :  prodita. 
N.  II  216,  20  P.:   souu^r  d^  änderen  /erraten  uuile.    der  ist  sdho 

/erraten. 
Gl.  I  76  Pa.  /arrogit.    gl.  K.  firrokit :  accusat. 

II  130  b  firsanta  :  relegati. 

9* 


132 

Gl.  n  611  b  fersdmfende :  despiciens. 

I  238  gl.  E.  firspitmt    Ra.  farspiumt :  respnit. 
n  720a  vvrsHU :  proripit. 
IV  156  a  ferteüiter  :  privatuß. 

I  86  Pa.  faruuerfanti.    gl.  K.  firuuerfa/ndi  :  proicientes. 
I  744  a  viruüorfanemo  :  exposito. 
T.  193,  3:  inti  uoruuorpfanen  sUdbarUngon  in  thaz  tempal  ihana 
fuor :  proiectis  argenteis. 
152,  6:  ir  foruuergiton  :  maledicti. 
Gl.  II  139  b  ftrwiffet  werden  :  proscribantur. 
as.  Hei.  4420:  faran  so  forfloeane  an  IMt  fiur  euuig. 

Hei.  5561:  tuena  fartalda  man  an  tua  haJba  Cristes  an  cruci  (ver- 
urteilen). 
Ps.  54,  2:  ne  furuuirp  bida  mtna  :  ne  despexeris  *). 
Ps.  61,  5:  mundi  iro  quedidon  inde  an  hertin  vro  faruutetonioTt 

suo  benedicebant  et  corde  suo  maledicebant. 
Hei.  4493:  ihat  he  ina  mahti  faruuisien  uuredaro  thiodo,  fiundo 
fölke  (verraten), 
mhd.  verdhten  ächten  (Lexer  3,  68),  verbeinen  verwünschen  (72),  vwrbringer 
Angeber  (592),  vürdringen  =  verdringen  (597:98),  verdienden  verbannen 
(105),  vergiseln  als  Geisel  fremder  Willkür  preisgeben  (118),  verkaUen  ver- 
schwätzen, aufhetzen  (139),  verkehesen  Kebse  schelten  (139),  verklaffen  ver- 
raten, verleumden  (144),  verklagen  anklagen  (145),  verlantvriden  vom  Land- 
frieden ausnehmen  (153),  verUegen  verleumden  (161),  verUumunden  verleumden 
(166),  verliiUen  verleumden,  in  die  Verbannung  ausläuten  (166),  vemuUedien 
verwünschen  (173),  vermeifibeten  aus  der  Gemeinschaft  hinausbeten;  beten, 
dass  einer  gemeinschaftslos  wird  (Nachtr.  392),  vermeinen,  vermeinaamen  aus 
der  Gemeinschaf  t  ausstossen  (3, 176, 177),  verm^eren  verraten,  verleumden  (174), 
vermelden  verraten  (177),  vemiinnen  entzweien  (180),  verjphißhen,  verpfUen, 
verphuchzen  vor  einem  Pfui !  sagen,  verabscheuen,  verhöhnen  (191,  192,  194), 
verraten  irreführen,  verraten  (196),  verriiefen  öfiFentlich  ausweisen  (207),  ver- 
riiegen  anklagen,  angeben  (207),  versagen  verleumden  (209),  verschaffen  zum 
Nachteil  bestimmen  (211),  verschallen  verschreien  (211),  verschellen  dass.  (214), 
verschilten  schelten  (214),  verscMmpfen  verspotten  (217),  verschoutoen  hinweg- 
sehn über,  verachten  (218),  verschreien  (218),  versdirten  (219),  verspirsen,  ver- 
spiwen  anspeien  (245),  verspotten  (245),  vervemen  verurteilen  (287),  vervesten 
ächten  (288),  vervluochen  (289),  vervriden  ausser  Frieden  setzen,  bekriegen 
(?90),  verwerfen  verwünschen,  Verstössen  (302),  verwisen  ausweisen,  verbannen, 
verführen  (312),  verzeln  tadelnd  vorhalten,  verurteilen  (316). 

mnd.  vorklachten  verklagen  ( Schiller -Lübben  5,  378  a),  vorklicken  ver- 
leumden (379b),  vorkundigen  ächten  (384a),  vorlagen  nachstellen  (384b), 
vorlestem  Bcheiten  (393  a),  vortrumpen  vertrompeten,  einschüchtern  (6,  309  b). 

Aus  dem  nhd.  ist  als  Eigenart  der  Sprache  Luthers  ft4r- 


*)  für-  ist  etymologisch  berechtigt  (faur-  I  vgl.  S.  33). 


133 

werfen  (vgl.  lat.  pröicio)  zu  erwähnen  (S.  39  Anm.  6).  Die  im 
Frflhnhd.  belegten  verpftichen,  verpftmi,  verpfuim  (DWB.  970) 
sind  wie  mhd.  verphcßhen^  verphten,  verphiuihsien  Denominativa 
mit  Interjektion  als  Stammwort.  Aus  den  Mundarten  gehören 
hierher  die  zahllosen,  auf  den  verschiedensten  Wegen  ent- 
standenen Bildungen  des  Sinnes  „verraten,  verleumden^.  Ich 
ffihre  sie  hier  nur  an,  soweit  sie  einigermassen  deutliche /at^r- 
Typen  sind: 

Schweiz,  verglogge,  verlüU  durch  Läuten  in  Bann  tun  (Staub-Tobler  2, 
619;  3,  1610),  schles.  verheben  tadelnd  vorhalten  (Weinhold  hs.  H  62),  ver- 
heissen  schelten  (in  Breslau  gebräuchlich),  elsäss.  westerwäld.  verkreischen 
verschreien  (Martin -Lienhart  1,  525,  Schmidt  299),  Schweiz,  verchünde  ver- 
leumden, verchundschafte  verraten  ( Staub -Tobler  3,  359,  354),  verUege  ver- 
leumden (ebd.  3,  1217),  schwäb.  westerwäld.  vermachen  verraten  (v.  Schmid 
366),  ausschelten  (Schmidt  304),  Schweiz,  vermelde  verraten  (a.  a.  0.  4,  212), 
luxemburg.  vemennen  schimpfen  (Gangler  468),  kurhess.  verpßen  anspeien 
(Vilmar  479),  Schweiz,  verpfuije  verabscheuen  (a.  a.  ü.  5,  1048),  schwäb.  ver- 
sagen verklagen  (r.  Schmid  445),  elsäss.  verschelte  schelten  (Martin-Lienhart 
2,  412),  verschwatze  verraten  (2,  532),  versnawetn,  versnäbbelnf  vermubbeln,  ver- 
sthnäbbeln,  verechnübbeln  ausplaudern,  verraten  (eis.  Martin-Lienhart  2,  493, 
Brem.  wb.  4,  886,  Schambach  266,  Danneil  239,  Dähnert  527,  Frischbier  2, 
441),  schles.  verspeien  verspotten  (Weinh.  hs.  S  370),  bair.  köln.  vertragen 
▼errufen,  verschwatzen  (Schmeller  1,  656,  Honig  191  a),  Schweiz,  verzeige  an- 
zeigen*). Ein  weit  verbreitetes  Wort  für  »heuchlerisch  verleumden"  ist  ver- 
fuch8S€hwänzen  (DWB.  355),  im  Schles.  (Weinh.  hs.  S  264),  Westerwäld. 
(Schmidt  291),  Kurhess.  (Pfister  324),  Preuss.  (Frischbier  2,  430)  bezeugt. 

Besonders  ausgedehnt  ist  die  Liste  der  Ausdrücke  für 
„verflucht*',  die  teils  euphemistischen  Bestrebungen  ihr  Dasein 
verdanken  ^. 


>)  Amtsblatt  des  Kant.  Graubttnden  19.  7. 1895:  der  unterzeichnete  .  . 
wird  jedes  unerlaubte  heerensammeln  .  .  als  entioendwng  bei  zuständigem  ge- 
richte  verzeigen, 

*)  Die  Beispiele  fliessen  besonders  reichlich  im  Schweiz,  und  Schles.: 
Schweiz.  verUendt  (Staub-Tobler  5,  109),  verbUtzt  (5,  294),  verbrennt  (5,  632), 
verbumset  (4,  1267),  verdräkt  (Seiler  106),  verflankt  (Staub-Tobler  1,  1203), 
verflidct  (1,  1193),  verflixt  (1,  1238),  verfluckt  (1,  1195),  verfluemet  (1,  1198), 
verflwmet  (5,  64),  verflumelet,  verflumeret  (Stalder  1,  387),  verfluxt  (Staub- 
Tobler  1, 1239),  vergunnt  (2,  333),  vergurt  (2,  445),  verheUet  (2, 1138  ^Hölle«), 
verhext  (2,  1828),  verhit  (2,  1102),  verhudeU  (2,  1004),  vert^tzet  (3,  600), 
verchratzt  (3,  930),  vermalet  (4,  167),  vermalefizt  (4,  168),  vermessen  (4,  458), 
vermorzt  (4,  433),  vertaxt  (1,  1238),  verzwangt  (Stalder  2,  484),  verzwickt 


134 

Die  Weidmannsprache  nennt  Wild  verrufen,  das  durch  Nach- 
ahmung  des  Bufes  verschüchtert  ist  (Eehrein  308),  die  Seemanns- 
sprache bezeichnet  die  Sitte,  beim  Passieren  des  Äquators  die 
jungen  Matrosen  zu  taufen,  als  verhensen  „in  die  Gilde  auf- 
nehmen, hänseln"  (Bobrik  706  b).  An  Ausdrücken  für  „verraten, 
ausschelten **  ist  die  Gaunersprache  reich: 

verJcappen  (Kluge  rotw.  168))  verkohlen  (422),  vermamsen,  vermomsen  (337, 
429,  415),  vermasseln,  vennasseren  (389,  200,  205,  246),  vermosem  (383),  ver- 
ndbesen  (435),  verpfeifen  (383,  429),  verretschen  (15),  verrettem  (316),  ver- 
schlehenen,  versMichnen ,  verschlichem  (316,  387,  413),  verschmttsen  (337), 
vereegemen  (337),  versanden  (418,  418).  Mit  ihr  berührt  sich  die  Soldaten- 
sprache: vergipsen,  verknacken,  t^erA^AZen  „bestrafen''  (Hörn  119),  versäckeln 
„anpfeifen,  rügen"  (137)  und  die  Studentensprache:  verruf,  verschiss  (Kluge 
stud.  132,  133).  Das  Preuss.  kennt  dazu  verschiss  machen  „Fiasko  erklären'^ 
(Prischbier  2,  440). 

Diese  jungen  Bildungen  haben  freilich  mit  faur-  I  alle 
Berührung  verloren  und  sind  mit  dem  einheitlich  gefahlten, 
üblen  Nebensinn  verleihenden  ver-  geprägt  Worden,  so  aus 
der  nhd.  Schriftsprache  verlachen,  das  erst  seit  dem  lö.  Jahrb. 
erscheint  (DWB.  707). 

In  den  Gruppen  „festlegen,  versperren*  (Gruppe  3,  vgl. 
S.  103)  und  „versorgen,  schützen,  verdecken**  (4)  sind/awr-I: 
faur-  n:fair'TYfen  eng  vereinigt,  daher  müssen  wir  uns  erst 
über  das  Verhältnis  dieser  drei  Typen  zueinander  klar  werden  ^). 
Um  die  Forderung  zu  befriedigen,  dass  eine  urwüchsige  An- 
schauung Buhe  und  Bichtung  im  sprachlichen  Ausdruck  sondert, 
haben  wir  in  got.  faur-  zwei  lautlich  zusammengefallene  Formen 
nachzuweisen  versucht,  wofür  uns  das  Deutsche  und  das  Nord- 
germanische Anhaltspunkte  bot  (S.  8—13,  26  f.,  46  f.,  48).    So 


(2,  486)  —  schles.  verbannt  (Weinhold  hs.  B  16),  verfUmmt  (P  94),  ver- 
jfUmmst,  verflucht,  verflixt,  verflummt,  verfummt  (P  126),  verhagelt  (H  9), 
verjucht,  verkauft,  verknwM  (P  126),  vermuckst  (M  128),  vermwrsdiJt  (Hoff- 
mann 19),  verpwM  (Weinh.  hs.  P  154),  verswiehelt  (Z  98).  Der  Schlesier 
wendet  gar  einen  ganzen  euphemistischen  Satz  an:  verfing  a  sich  ei  de 
sträucher!  ver f lug  a  sich  die  lust  och!  (hs.  P  126).  Das  verflucht  un 
zujeneht  des  Berliners  (Meyer  125 b)  ist  ja  bekannt  und  weit  verbreitet. 
Der  Leipziger  sagt  gottverdanzig,  gottverdex,  gottoerdimian,  goUvertannewald 
euphemistisch  statt  ,6ott  verdammmich ! "  (Albrecht  125). 

*)  Die  Behauptung,  dass  die  Ausdrücke  für  »versperren*  und  „vertreten* 
alle  fawr-  11  zukommen  (S.  13,  28),  trifft  also  nicht  ganz  zu. 


135 

sollte  You  Hause  aus  faut-  I  die  Anschauung  der  Richtung, 
faur-  II  die  der  Buhe  vertreten.  Letztere  hat  faur-  II  mit 
fair-  gemeinsam,  beide  sind  ihrer  Herkunft  nach  lokale  Formen 
(idg.  *prr%  und  *per%  S.  13).  In  der  Anschauung  aber  weichen 
sie  etwas  voneinander  ab:  faur-  II  bezeichnet  ,,vor^  einem 
Gegenstande  zur  Deckung  ,,f&r^  ihn  ,» gegen  ^  einen  davor  be- 
findlichen, fair-  nVor*'  einem  Gegenstande  auf  allen  Seiten,  d.  h. 
„ringsherum*',  ihn  umschliessend  und  dadurch  überdeckend, 
schätzend,  abschliessend  (S.  9,  13).  Im  Gegensatz  dazu  ent- 
wickelt/aur-  I  den  Sinn  „schtltzen^  oder  „sperren^  aus  der 
Anschauung  „vor  —  hin,  voraus *'.  So  steckt  in  versehen  „voraus- 
sehen*' schon  „ versorgen **  und  „abwenden**,  in  versetzen  „vor- 
setzen** schon  „verdecken**  und  „versperren**,  in  verlegen  „vor- 
legen** ein  „versorgen**  oder  „verdecken**  oder  „versperren" 
(S.  102 f.).  Eine  Bildung  aber  wie  etwa  verschlagen  erlaubt 
dreierlei  Auffassung:  „nach  vornehin**  schlagen  (faur- 1),  „vor** 
dem  Dinge  schlagend  anbringen  (faur-  II),  „rings  um**  das  Ding 
schlagen  (fair-).  Das  Ergebnis  ist  in  allen  drei  Fällen  das- 
selbe: das  Ding  „verschlagen,  verdecken,  versperren**.  Zu- 
gleich vertritt  verschlagen  auch  die  Bedeutung  „schlagend  ein- 
schliessen  in**  einem  Dinge,  und  diese  ist  nicht  von  /aur-, 
sondern  nur  von  favT-  aus  zu  verstehen.  Denn  was  rings  um- 
schlossen ist  von  einem  Dinge,  das  ist  zugleich  darin  einge- 
schlossen. Femer  wenn  zwei  Dinge  von  einem  dritten  rings 
umschlossen  oder  eingeschlossen  sind,  so  werden  sie  dadurch 
zusammengeschlossen  und  an  das  dritte  festgeschlossen: 
dadurch  ergeben  sich  die  Bedeutungen  „zusammenschlagen** 
und  „festschlagen**  ^). 

Diese  verschiedenen  Bedeutungen  finden  wir  seit  mhd.  Zeit 
in  sehr  vielen  Bildungen  vereinigt,  ohne  sie  völlig  scheiden  und 


^)  mhd.  versiahen  ist  in  diesen  verschiedenen  Bedentangen  (aneser  ,za- 
gammenschlagen")  bezeogt  (Lexer  S,  232): 

Chr.  6.  264,  6:  die  schüUen  versiahen  und  in  ain  huet  legen  (ver- 
bergen :  /atr-). 
Chr.  2.  67,  1.  254,  20:  die  pOhsen,  dag  süntioch  v.  (faur-). 
Chr.  270  Anm.  2:  die  weld  v.  (durchschl^en,  verhauen  :fair-). 
Chr.  6.  80,  9:  den  Lech  v.  (durchschl&gen,  sperren  :/atr-). 
Ga.  2.  699,  159:  er  hiee  ^  v.  (in  ein  Fase  :/atr-). 


136 

einzelnen  Typen  zuweisen  zu  können.  Ist  es  aber  anzunehmen, 
dass  sich  drei  Präfixe  so  enge  zusamengeschlossen  haben?  Die 
Scheide  zwischen  faMf-  1  und  faw-  II  fiel,  sobald  sich  der 
unterschied  zwischen  Buhe  und  Richtung  verwischte  und  Neu- 
bildungen ohne  Bücksicht  auf  diese  Anschauung  vorgenommen 
wurden,  fam-  II  und  fair-  standen  sich  als  lokale  Formen 
von  Hause  aus  nahe,  auch  in  der  Bedeutung,  ahd.  firi-  mhd. 
vire-  hat  sich  in  den  spärlichen  Fällen,  wo  es  nicht  der 
Schwächung  zu  fir-  vir-  verfiel^),  an  das  weitaus  häufigere 
furi'  vür(e)'  lautlich  angeschlossen.  Da  es  nur  vereinzelt  vor- 
kommt, ist  es  bald  nicht  mehr  verstanden  und  wohl  als  Ver- 
bildung  von  furi-  angesehen  worden.  Freilich  sicher  nachweisen 
können  wir  diesen  Übergang  nur  in  einem  einzigen  Falle  ^.  In 
einer  Beihe  weiterer  Fälle  ist  er  aber  sehr  wahrscheinlich^. 
Zumal  wo  wir  untrügliche  Anzeichen  haben,  die  auf  fair-  und 
faur-  zugleich  hinweisen,  finden  wir  hierin  das  Mittel,  den 
Knoten  zu  lösen,    faur-  II  vermittelt  zwischen  faur-  I  und 


^)  Sicher  lassen  sich  zwei  Fälle  nachweisen: 
ahd.  firimssi  >  fwr%wig»i  (S.  15  Anm.) 
mhd.  virtoitze,  virwiz  >  vürwitzef  vürmz, 

Ath.  A  110:  dö  sie  ttich  vireUndin  (S.  37  Anm.  1)  neben  ahd.  furi- 

puntan  (Gl.  I  52  Pa.). 
*)  ahd.  firi-  firu-  fwri-  fure-wieei  S.  15  Anm. 
mhd.  Trist.  16811:  genuoge  nimet  hier  under  virtcitze  unde  wunder  .  .  des 
foil  ich  si  herihten,  ir  virtoitze  beslihten. 
Troj.  11235:  ir  vertaner  vürwiz  (ihre  veriauchte  Neugier). 
Gen.  D.  14,  12:  si  genöte  daz  furwitz  daz  si  dar  in  tet  einen  biz. 
md.  Vorwitze  S.  15  Anm.    nhd.  fwrwitz  >  vorwitz  (ebd.). 

')  Zweifelhaft  ist  die  Grnppe  „  Yerbrechen  ** :  ahd.  furisizzan  S.  128, 
Gl.  I  535  b  sühuurwanit  sihvirvuanit  :  contempnit,  mhd.  vürbrichen,  vOr- 
habenisse,  vürewise,  vürsnciUe,  vürsnd,  vwrtrHer  S.  128,  so  gut  wie  sicher 
mhd.  vwrwalken  =  verwalken  ,, znsammenwalken ,  verfilzen*  (Lexer  3,  617, 
292),  vürgrif  =  vergrif  „Übereinkunft",  vwrslac  „Überschlag,  Eostenberech- 
nung*^  zu  versiahen  „veranschlagen"  (Lexer  3,  599,  120;  609,  232)  und  end- 
lich ahd.  furistenUda  (Gl.  II  220b)  neben  virstantan  (T.  89,  6),  vgl.  8. 16 
Anm.  3.  Das  Verhältnis  von  ahd.  furi  :  gr.  negi  in  der  Bedeutung  ,,  für, 
pro"  gibt  zu  erwägen,  ob  vielleicht  auch  unser  für  einer  Verschmelzung  von 
faur-  Ilifair-  entstammt,  got.  fawr-  (S.  9)  schliesst  das  wohl  nicht  aus. 
Wer  gar  behaupten  wollte,  ahd.  furi  sei  aus  Kontamination  von/ur.-^rt 
(fawr-  I :  fair-)  entstanden  und  ebenso  anord.  fyri  (firi),  der  brauchte  got. 
faur-  nicht  in  zwei  Formen  zu  spalten  (vgl,  S.  9,  46). 


137 

/atr-,  and  alle  drei  vereinigen  sich  zu  dem  oben  geschilderten 
Ringe  von  Bedeutnngsgliedern.  Welches  von  den  drei  Präfixen 
vorliegt,  ist  nicht  immer  zu  entscheiden. 

Ein  charakteristisches  Beispiel  dafür,  wie  die  verschiedenen 
Bedeutungen  ineinander  fibergreifen,  bietet. uns  verbinden.  Die 
Anschauung  „ein  Band  anbringen  vor,  in,  um^  einen  Gegen- 
stand ergibt  die  verschiedenen  Auffassungen  „zubinden  —  fest- 
binden —  einbinden  —  zusammenbinden  —  ttberbinden  (ver- 
decken)^. Die  Auffassung  wechselt  mit  dem  von  der  Verbal- 
handlung betroffenen  Objekt^).  Stellen  wir  uns  eine  Hand  mit 
einer  Wunde  vor,  darauf  ein  Pflaster  und  einen  Verband,  so 
wird  die  Wunde  durch  den  Verband  zugebunden,  das  Pflaster 
in  den  Verband  eingebunden  und  an  die  Hand  festgebunden 
oder  mit  der  Hand  verbunden  (zusammengebunden),  die 
Hand  aber  von  dem  Verbände  ttberbunden  und  verdeckt.  In- 
dem Objekt  und  lokale  Bestimmung  sich  ändern,  lassen  sich 
diese  verschiedenen  Verhältnisse  durch  verbinden  ausdrucken. 

ahd.  N.  ü  436,  15  P.:   ni&ht  neferhint  den  munt  demo  in  ärdac  canUn 

rinde :  non  obdorabis. 

II  598,  4:    der  iro  ferchnisteda  bindet  .  .  .  demo  f erbindet  er 

hier  die  ünganti  mit  sacramentis  eccleaiae.  ober  in  anderro  uuerlte 

nimet  er  imo  aba  den  bendel  .  .  (alligat  contritiones  eonun). 
Gl.  I  52  Pa.  furipuntan.  gl.  K.  furipundä  endi  fwripotan  :  recondita. 
mnd.   R.  V.  6713:  se  vorbunden  aine  wunden  und  geven  eme  drank. 

Urk.  d.  St.  HanoY.  nr.  339  (a.  1355):  unde  we  vorbindet  unde  vor- 

pUdUed  use  erven  äUe  desse  stucke  to  holdende. 
Komer  30b:   de  sich  mit  eme  vorbunden  hadden  jegen  .  .   (sich 

verbünden), 
mhd.  Tuch  68,  21 :   „mit  Mörtel  ausfüHen,  verstopfen"  (Lexer  3,  75). 

Parz.  607,  21:    Odwän  die  wunden  verband  mit  der  frouwen  Jtoubt' 

gewant. 
Er.  940:  üf  den  heim  er  verbant  (aufwärts  festbinden). 
Hätzl.  2.  57,  244:  hat  din  gejeid  iht  gewis  riht  oder  verbindest  du 

niht  (bestimmte  Richtung  festhalten :  weidmännischer  Kunstausdruck). 
Chr.  3.  334,  40:  sie  verbunden  die  stat  mit  suldien  gelubden. 
Pass.  12,  61:   sich  in  daz  wort  \  verbinden 

Elis.  1741:  sich  zuo  etwas  \  (sich  verpflichten  auf  etwas, 

Mb.  39,  120  (a.  1319):  sich  gegen  einem  j  zu  etwas,  einem  gegenüber). 


*)  Über  das  Verhältnis  der  vor-  und  rer- Komposita  dabei  vgl.  S.  3. 


138 


Pass.  E.  85j  23:  die  in  der  helle  valden  verbunden  wären  (fesseln 
in,  einschliessen). 

Leseb.  1036,  14:  in  ^nem  heim  verbunden  saz  er  (einbinden,  ver- 
bergen). 

Wg.  6745:  die  tceraeheit  verbinden  zuo  der  iippikeit  (festbinden  an, 

verbinden  mit). 
Wg.  6747:  wae  möht  gdust  und  tcßracheit  verbinden  bae  dan  adel 

tuot  (zusammenbinden,  vereinigen). 
Chr.  2.  125,  7:  audk  reit  er  mer  su  andern  fürsten,  die  im  mit  ver- 

punten  waren  (verbündet,  verflichtet). 
Chr.  1.  53,  17:    nu  hei  di  stai  zu  Adk  sich  verbunden  zu  dem 

herczog  van  Geiern, 
Er.  872:  mit  grimme  si  verbunden  (übertragen  vom  Brettspiel:  Steine 

zu  Bünden  zusammenfügen). 

Qriesh.  1,  115:  dö  liez  er  aimu  otogen  im  verbinden  (verhüllen). 
Trist.  16283:    er  verband  ez  dem  G&lotten  toisliche  in  einer  rotten 

(var.  verUmde  verstecken). 
Chr.  10.  204,  19:  ei  het  sich  ser  verpunden,  das  ir  sein  geseUen  nit 

kenten  (sich  vermummen), 
nhd.  5.  Mos.  25,  4:   du  solt  dem  ochsen^  der  da  drisschet,  nickt  das  maut 

verbinden^). 
Luc.  10,  34:   gieng  zujm,  verband  jtn  seine  wunden  und  gos  drein 

ole  und  wein, 

Logau  S.  247  Eitner  kl.  ausg.:  fürsten,  die  euch  die  geschenke,  nicht 

die  treu  pflegt  zu  verbinden  (verpflichten). 
Fischart  bienenk.  32:    der  maszen,  dasz  gott  in  diesem  fall  unserer 

lieben  muter  hoch  verphUckt  und  verbunden  ist. 
Goethe  in  den  Hören  2.  Jahrg.  4.  Stück  S.  25 :  dieser  mann  ist  meinem 

hause  sehr  verbunden  (zu  Danke  verpflichtet). 
Rom.  7,  2:  denn  ein  weib,  das  unter  dem,  dieweü  der  man  lebet,  ist 

sie  verbunden  an  das  gesetz  (festbinden,  verpflichten)*). 
4.  Mos.  30,  10:  das  geiüM  einer  widwen  und  verstoszenen,  alles  wes 

sie  sich  verbindet  über  jre  sede,  das  gilt  auf  jr, 

Rist  Parn.  462:  Arabien  hat  erst  die  rechehkunst  erfunden,  Pylhagoras, 
der  hat  in  regeln  sie  verbunden  (einbinden,  zusammenbinden). 

Goethe  29,  342:  dasz  der  erste  zum  bedurfnisz  empfindsame  mensch 
vier  Stämme  einrammelte,  vier  Stangen  drüber  verband  (zusammen- 
fügen). 


^)  Dasselbe  Beispiel  schon  im  got.  {faurwaipjan,  faurmüüan  S.  10), 
ahd.  (N.  II  436,  15  P.  auf  S.  137)  und  aengl.  (Bosworth-Toller  302  b). 

*)  Analogisch  nach  verbannen  und  verbieten  (S.  114 ff.)  ist:  ein  Gericht 
verbinden  „mit  Verpflichtung  gebieten"  (Weist.  2,  339)  gebildet. 


139 


2.  Chron.  7,  18:  80  ml  u^  den  stud  dein»  kömgreicha  bestätigen,  wie 

ich  mich  deinem  vater  David  verbunden  habe. 
Lnth.  1.  199,  17  W.:    sie  haben  sich  gegen  mir  verbunden  und 

voreyniget. 
Lath.  8,  59  (DWB.  121):  solch  edel  volek,  mit  welchem  goU  sefbs  redet 

.  .  und  sich  wie  mit  einer  braut  verbindet 
Keiaersberg  Spinnerin  P  2  b:   de  seind  die  hafenlwnpen,  damit  ver- 
bunden Wirt  dg  angesicht  der  seien,  dz  sy  unerhmt  werden  got 
(verhüllen,  yermnmmen). 
Dazu  verbinden  »verwehren"  im  Schweiz.:  Jer.  Gotthelf  (Staub-Tobler  4, 1362): 
böse  leute  hätten  es  ihnen  verbunden. 

In  den  Beruf  sprachen  ist  verbinden  als  „zusammenfügen,  festmachen, 
verstopfen  **  gebräuchlich.  In  der  Seemannsprache  unterscheidet  man  Uef 
und  hoch  verbundene^)  Schifife  (Bobrik  705),  der  Gärtner  spricht  von  ver- 
bundenen  Ästen,  wenn  zwei  überkreuz  gewachsen  sind  (Weber  2,  612).  Das 
Bremische  Wtb.  verzeichnet  die  Bedeutung  „Reife  um  ein  Fass  schlagen" 
für  verbinden  (1,  88).  In  der  Chemie  verbinden  sich  zwei  fremdartige  Stoffe, 
wenn  sie  sich  durcheinander  mischen:  sie  gehen  eine  feste  Verbindung  ein 
(Adelung  versuch  4,  1319).  verband  , Einband  eines  Buches"  verzeichnet 
Schütze  4,  301  für  das  Holstein,  sich  verbinden  für  einen  bedeutet  „bürgen" 
(Maaler  414 d  im  DWB.  121),  ähnlicher  Art  ist  .mit  Beschlag  belegen"  im 
Brem.-Nieders.  (wb.  5,  334).  Scherzhaft  wird  verbinden  als  „verprügeln" 
gebraucht  (ebd.  1,  88)  wie  versetzen  im  Altmärk.  (Danneil  239,  vgl.  S.  81). 
Dem  verbinden  steht  nahe  bair.  verbanden  „mit  Mörtel  ausfüllen  und 
verstreichen"  (Schmeller  1,  248),  Schweiz,  verbändle  „einfassen,  sitzen  bleiben, 
verwinden,  hintergehn"  (Staub-Tobler  4, 1338),  im  Wiener  Dialekt  verbandeln 
„verstecken"  (Hügel  177),  sich  verbandeln  „sich  befreunden  mit  einem",  aber 
auch  „Streit  anzetteln"  (ebd.),  dazu  in  der  Gaunersprache  verbandelt  „ver- 
lobt" (Kluge  rotw.  488). 

Die  Wendung  einem  verbunden,  verpflichtet  sein  gibt  dem  Berliner  An- 
lass  zu  der  scherzhaften  Verballhomung :  ick  bin  dir  sehr  uerknippert 
(Meyer  126  b),  wofür  ich  aus  eigener  Bekanntschaft  aus  dem  Schles.  (Breslau) 
die  Varianten  ich  bin  dir  s^r  verknüppelt  und  verschlingelt,  aus  dem 
Preuss.  (Danzig)  ik  bin  dir  sehr  verknüppelt  und  verkniewelt  beibringen 
kann,    ßchon  mnd.  wird  vorhng^  in  diesem  Sinne  gebraucht: 

Lüb.  Brief  v.  1531 :  burger,  wdekeren  ich  . .  denstes  häluen  vorwan^  vnde 
oorknuppet.  Ähnlich  bair.  sich  einen  verhäfteln  „verbindlich  machen" 
(Schmeller  1,  1065). 

Wenn  wir  die  in  die  erwähnten  Gruppen  fallenden  Bil- 
dungen den  einzelnen  Präfixen  zuweisen  wollen,  so  haben  wir 


*)  verbinden  „anders  einbinden"  ist /atr-Type  (Bobrik  705  a:  die  want- 
taue  verbinden  oder  umbinden). 


140 

allenfalls  noch  im  ahd.  und  as.  Aussiebt,  dies  durcliftthren  zu 
können.  Die  späteren  Komposita  sind  sicherlich  mit  einem 
einheitlich  gefühlten  Präfix  i?er-  gebildet  worden,  das  zugleich 
den  Sinn  ,,zn-,  fest-,  ein-,  zusammen-,  über-'  zu  verleihen  fähig 
ist.  Denn  tatsächlich  finden  sich  immer  mehrere  dieser  Be- 
deutungen in  derselben  Bildung  vereinigt.  Die  betreffenden 
ahd.  und  as.  Verba  wollen  wir  den  einzelnen  Typen  einzu- 
reihen suchen. 

1.  faur-  I  möchte  ich  zuweisen: 

ahd.  Ol.  II  95  b  furidunsun  imirt :  obtenditar. 

Notker    catech.   Müllenhofif- Scherer    191:     danndn    begandön   sie   iro 

anasiune  f erlegen  cavatia   lignis,   diu  latini  nü   larvas  hevseni 

(Yerdecken). 
N.  n  219,  1  P.:    das  tuot  er  ein  ora  dringende  an  dia  erda.    dag 

ander  fersciübende  mit  d6mo  edgele :  obdarantis  aares  suas. 
Gl.  II  768  b  fwresteüe  :  latet. 

II  435  a  furstoszent  fwri  stoggantar  :  obdens. 

I  286  a  furistappot  furittuorfan  :  obturatas. 

2.  faur-  II: 

ahd.  N.  II  600,  U  P.:  manda  er  fasto  fergrindelot  habet  dine  parta : 
confortavit  *). 

II  219,  7:  die  iro  hören  ferhdbeton  so  sie  nomen  ChrisH  gehartan 
(zuhalten). 

0.  II  6,  54:  ihae  süUh  ürlosi  fora  göte  unsih  firtodsi  (vertreten). 
Gl.  I  285  b  furiuuarahton  :  obstruxemnt. 

I  222  R.  fwrigimprit :  obstrnctam. 

I  317  a  furicybarUm  pucga  :  obstroxeront  pnteum. 

I  354  a  fargimbarat :  obstruatis. 

verstehen  in  der  Bedeutung  „stehen  vor*'  etwas,  um  es  zu 
„schützen^  oder  „hindern^,  stellen  wir  auch  am  besten 
hierher  *). 

.ahd.  N.  II  45,  12  P.:   din  mimui  unde  dtn  irhdrmeda  /erständen  mih 
dien  übeien  (schützen  gegen). 

I  715,  16:    t&o  nehüniu  slöe  ferst  an  nemügen  die  hHleUchen 
tougeinna  :  occaltare. 

II  53,  7:    dia   mwra   dero   sundon  diu  uns  den  himel  fers  tat, 
also  suert  uuerbendag  ioh  paradisum  sündigen  fers  tat  (versperren). 


*)  Wie  got.  fawrdammjan  (S.  10)  gebUdet. 

*)  aengl.  Exon.  118b.:  forstond  du  mec  (schützen). 

Nom.  22,  22:    Godes  engel  forstöd  done  weg  :  stetit  in  via. 


141 

as.   HeL  4476:    huand  inä  thit  heriseepi  vmli  far standen  mid  strtdu 
(verteidigen). 
Hei.  4741:    ihcLt  he  im  ^^ero   costandero   craft  farstodi,    uuredaro 
uuillean  (hindern,  fernhalten  von). 

3.  Die  folgenden  Bildongen  mögen  /aur- Typen  sein;  der  Be- 
deutung nach  lassen  sie  sich  so  auffassen.  Da  bei  ihnen 
aber  das  Präfix  den  im  Stammworte  liegenden  Sinn  verstärkt, 
können  sie  auch  zu  fair-  oder  fra-  gehören : 

ahd.  N.  I  39,  27  P.:    liget  f  erborgen  in  dero  uinstri  :  condita  obscnris 

tenebris  latet. 
Gl.  I  198  Pa.  ga  fardakenne.    gl.  E.  zi  firthakmni.    Ba.  ei  firdagen  : 

infandnm. 

II  434  b  farheletiu  :  obdncta. 

I  210  gl.  K.  edho  firholan  :  vel  absconditom. 
N.  I  61,  23  P.:  %8t  Wh  f  erholen  :  num  te  praeterit  ?  *). 
61.  II  179  b  firs^e  :  snpprimat.    II  567  a  fersuige  :  taceam. 
N.  I  144,  10  P.:  ih  uMe  d^  fersuigSn  :  taceo. 
Gl.  II 184  a  virterMnit :  dissimnlantur.  II  470  b  firterchinet :  praetezitis. 
N.  I   172,  27  P.:    in   smdhi  feruuörfenen   tüot   ünde  ünmäri  fer- 

töchenen  düot :  quem  recondit  obscuritas. 

I  10,   18:    dlHu  sümhSit  häbeta  uertünchelet  iro  uudhi  (ver- 
dankein). 
Gl.  II  104  b:  fartuchlan  :  obraere. 
as.  Hei.  1411:    ihan  hält  ni  sculun  gi  iuua  hdag  uuord  .  .  heUdcuntUe 

farhelan, 

4.  Von  faur-  oder  fair-  ist  ausgegangen : 

ahd.  N.  I  732,  9  P.:  mit  iro  röten  haubettüoche  diu  &ugen  ferfähende  : 
ocalosqne  peplo  .  .  obnnbens. 

I  786,  12:  HngtMlmot  tiema  gefürehüllotiu  :  obtectaqne  vultu. 
Gl.  II  508  a  fermmda  :  saepserat. 

5.  faif'  liegt  vor  in : 

N.  I  355,  8  F.:  80  tüot  köte^  (mga,    dl  obenan  dnas^hende  neuer- 
miakelöt  is  tMii  Ha  uuiolichi  dero  dingo  :  pertnrbat  (vermengen). 

Gl.  IV  147  a  uematwerden  :  insni. 

I  4  Pa.  gl.  K.  Ra.  farsUMt :  adnectit  (festknüpfen). 
n  771  a  ferslagine  :  interclusa  (abschlagen). 

0.  IV  16,  17:  ingegin  imo  fuar  in  wdr  iSmfirslagan  h4ri  ihar  (un- 
beschlagen, unbegrenzt). 


>)  In  der  älteren  Sprache  ist  Akk.  der  Person  h&nfiger  als  Dat.  bei  den 
Verben  .celare",  die  Sache  steht  im  Gen.  oder  Akk.  ( Erdmann -Mensing 
§  190  b,  218«). 


142 


N.  I  104,  11  P.:    ioh  tdß  iteuude  in  sie  uersUufet  :  vel  introitns 

reptantinm  in  secreta  qnaeque  (hineinschlüpfen). 
Gl.  II  436 b  versniegun  perga  :  ningnidos  (Pyrenas  :  überschneien, 


N.  I  714,  27  P.:    soimio  dero  fersnüortön  man  nedurfe  muoton  : 

defixis  pectore  (nmschnttren,  Yerscbnüren). 
Gl.  II  570  b  feruuaJchenemo  :  concreto  (zasammengewalkt)  ^). 

I  192  Pa.  fa/ruuerfanU.    gl.  K.  firuuerfandi  :  coniector  (zusammen- 
werfen). 
N.  I  217,  25  P.:    ad  feruuündenen  ktborinthum  uubrchendo  :  in- 

extricabilem  (dnrcheinandergewnnden). 

I  44,  23:    ndh  &  ndazet  feruuörren  uu&den  dn  in  dia  hirta  : 

misceri  vices  (darchein anderwirren). 

I  269,  14:  übe  man  ddz  uuänet  sin  ünrihHg  ünde  fervuörren  : 

temerarinm  confusomque. 
Gl.  I  489  a  fareanoten  firzanoten  :  laciniosis  (gezackt,  gezahnt), 
as.  Hei.  5626  C. :  ak  sia  (Sonne)  scado  farfeng  ihimm  endi  ihiustri  (am- 

fangen). 
Hei.  2504:  than  he  imu  farfahid  anfehogiri  (sich  verstricken  in)'). 
Hei.  1365:  ihat  sie  an  betara  thing,  folc,  farfahan  (verfangen  an, 

eingehen  auf)'). 

Eine/air-Type  liegt  auch  in  as.  fersüveran  ^mit  Silber  über- 
ziehen^ vor,  einem  auffallend  früh  belegten  Denominatiyum 
(vgl.  S.  34)*): 

and.  Ps.  67,  14:  feiheron  düvon  fersilvederö  (stAtt  fersilveride)  :  pennae 
colnmbae  deargentatae. 

Im  mhd.  kennzeichnen  sich  durch  ihre  Lautform  als /aur  /- 
Typen  noch  deutlich:  vürrUen  „reiten  gegen,  den  Weg  sperren" 
(Lexer  3,  607:  verriten  205),  verschieben  „versperren"  (216: 
vürschup  Riegel  608),  vürtreten  „treten  vor  einen,  eintreten  für" 
(616:  vertreten  274),  vüreiehen  „sperren"  (619).  Zu /aur-  // 
stelle  ich:  vürstän  „verteidigen"  (611:  ver^^dn  247 f.),  vürvehten 
(617:  vervehten  286)  und  verwesen  „verwalten"  (305:  vürweser 
618).    vürschranc  und  vürslac  „Befestigung"  (607,  608)  zu  ver- 


^)  Vgl.  dazn  mhd.  vürwaiken  S.  136  Anm.  3. 

')  Im  as.  kommt  der  reflexive  Dativ  h&ofiger  vor  als  in  allen  anderen 
deutschen  Dialekten  (Erdmann-Mensing  §  292). 

*)  Ähnliche  Verbindungen:  got.  fairrinnan  du,  und;  fairweiijan  du  S.  15. 

*)  Es  ist  dort  falsch  ausgelegt.  Das  Missverständnis  ist  durch  dear- 
gentatae  veranlasst  worden,  eine  Hypostasenbildung  zu  de  argento  „von 
Silber«  (vgl.  8  16  Anm.  1). 


143 

schrenJcen,  versiahen  „sperren"  (218,  232)  weisen  auf /awr-  I 
hin;  jedoch  vürslac  „einschliessende  Belagerang"  (608)  werden 
wir  zu  fair-  (vir-  >  vür-,  vgl.  S.  1S6,  besonders  Anm.  3)  ziehen, 
wie  auch  verschränken  and  versiahen  in  den  meisten  Fällen  als 
/air-Typen  aaszalegen  sind. 

Es  folgt  nan  eine  alphabetische  Anfzählung  der  Übrigen 
anter  die  Type  verbinden  fallenden  mhd.  Bildungen  in  ihren 
verschiedenen  Bedeutungszweigen  ^): 

verarhen  einsargen,  -bachen  festbacken  (Lexer  3,  70),  -banden  mit 
QuerbaUien  verbinden,  -bamen,  -barren  yersperren,  einschliessen  (71), 
-borgen  (72),  -besten  verbinden,  -liehen  mit  Pech  überziehen,  -bicken  ein- 
stecken (74),  -hiuschen  vertaschen,  -Ueen  zusammen-,  festbeissen,  -bufgen 
verkeilen  (77),  -bliuwen  unterschlagen  (78),  -blüemen  hinter  Blumen  verbergen, 
,dnrch  die  Blume'  sagen,  -bom  durchbohrend  befestigen  (79),  -brtemen  mit 
Domen  umstecken  (81),  -brfynen  Verbrämung  (82:  brlhn  Einfassung),  -bücken 
vermachen  (Nachtr.  990),  -bunden  verbünden,  -bünen  einsperren  (86),  sich 
verburcrSiien,  -burgersehaften  sich  verbünden,  -büUen  vermummen,  -böwen 
zubauen,  abwehren,  umbauen,  verschanzen  (86),  -dachen  überdecken, 
-dagen  verschweigen  (89),  -decken  überdecken  (91),  -despen  verbergen  (94), 
-doumen  zustopfen  (97),  -dringen  zusammendrängen,  eindringen  (98), 
-drücken  zudrücken,  zusammendrücken,  unterschlagen  (100),  -dümen  mit 
Domen  umstecken,  einzäunen,  absperren  (102),  sich  vergemehden')  sich 
verheiraten  (112),  -gamen  mit  Gam  zumachen  (109),  -gatem  versammeln, 
umgittem  (110),  -gemen  umgarnen  (113),  -giesen  überschütten,  festgiessen 
(115),  -gitem  umgittern,  -glasen  in  Glas  fassen,  mit  Glasur  überziehen 
(118),  -graben  eingraben,  umgraben  (119),  absperren  (Nachtr.  391) ,  -griezen 
überschütten,  -gruoben  mit  Gruben  durchziehen,  -gtMen  übergolden  (120), 
-haben  zuhalten,  zurückhalten,  umschliessen  (121),  -hagen  einfriedigen,  um- 
zäunen (122),  -hohen  verhängen  (123),  -Tuelen  verhehlen,  -Jiälten  zurück-,  vor- 
enthalten, verbergen  (123),  -Jumiten  durch  Verhau  sperren  (124),  -heben  zu- 
halten, zurückhalten  (125),  -heften  einheften,  umstricken,  festlegen,  -hdmen 
umfriedigen  (126),  -hJün  verbergen  (127),  -ÄlteicÄen,  -Mräten,  -hmren^  ver- 
mählen (130, 181),  -hauwen  durch  Verhau  sperren  (133),  -hUeten  auflauern,  -hüfen 
in  Haufen  sammeln,  überdecken,  -hüilen  umhüUen,  einschliessen  (134),  -hürnen 


^)  Die  Verba  des  Sinnes  „versorgen,  vertreten",  die  ein  persönliches 
Verhältnis  ausdrücken,  betrachte  ich  im  Anschluss  daran  gesondert. 

*)  vermdiekn,  -gem^hden,  -hiuren  bedeutet  ,  durch  Vertrag  binden '', 
verMleichen,  -hiräten  „unter  Hochzeitsmusik  bzw.  den  Zurttstungen  zur 
Hochzeit  verbinden".  Das  Stammwort  bildet  also  eine  instrumentale  Be- 
stimmung.   Dagegen  ist  vereUchen  Denominativ  zu  eUch  „gesetzmässig". 


144 

mit  Hörn  umlegen,  -ingmgelen  darch  Siegel  schliessen  (135)  ^),  -Jcastdny  -kosten  ' 
einschliessen,  -helken  mit  Kalk  einschliessen ,  befestigen  (139),  -Ulm  mit 
Keilen  befestigen  (144),  -kUmben  einklemmen,  amklammern,  -kleiben  zukleben, 
verlöten  (145),  -klenen  zukleben,  -kUmtnen  einklammem,  umklammem,  -klüegen 
bemänteln,  -klüsm  ein-,  umschliessen,  -Idütem  zusammenwirren  (146),  -kmi^fen 
fest-,  ein-,  zusammenknüpfen,  -kamen  sorgend  zuvorkommen,  verhüten  (147: 
vürkamen  602),  Übereinkommen  (147),  -krempfen,  -krimmen  krampfhaft  zu- 
sammenziehen, -drücken  (148,  149),  -kriechen  hineinkriechen,  -krcmen  über- 
krönen (149),  -kunibem  mit  Beschlag  belegen  (150),  -kuppeln  zusammen- 
koppeln *),  -lachen  durch  Zeichen  umgrenzen,  -lacken  festkleben  (151),  -Unen 
verstopfen,  überziehen  (169),  -leteen  mit  Wehr  umgeben,  versperren  (160), 
-Üben  einverleiben  (161),  -Ugen  versperren  (164),  -Urnen  festleimen  (165), 
-liUfen  zusanunenheften  (166),  -Icntben  mit  Laub  bedecken  (168),  -laufen  hin- 
dernd laufen  vor  (168),  -lüchen  verschliessen  (170),  -lüeen  verbergen,  -machen 
zumachen,  verstopfen,  einschliessen,  verbergen,  verbinden,  vermummen  (172), 
-malen,  -mdlsteinen  mit  Malsteinen  abgrenzen  (173,  Nachtr.  392),  sich  ver- 
mannen sich  verheiraten  (174),  -marken  mit  Marksteinen  abgrenzen  (175), 
-mehden  vermählen  (176),  sich  vermeinschaften  Gemeinschaft  haben  mit, 
-mengelen,  -mengen  zusammenmischen  (177),  -minnen  in  Minne  zusammen- 
bringen, versöhnen,  -mischen  (180),  -miuchdn,  -müchen  verstecken  (181), 
-müren  zumauern,  versperren,  ummauern,  einmauern  (183),  -muschieren  ver- 
tuschen, -nadeln  zunähen,  flicken,  -nagelen  mit  Nägeln  beschlagen,  durch- 
nageln (184),  -mßgen  ein-,  zuschnüren  (186),  -netten  umstricken,  -nieten  fest-, 
einnieten  (187),  -petschaten,  -pitschieren  versiegeln  (191,  194),  -ph4Blen  ein- 
pfählen, -pheden  den  Pfad  versperren  (192),  -pUen  oppilare,  -pkmken  ein- 
deichen, absperren,  -quanten  verhehlen  (194),  -qudn  einzwängen,  fest  ein- 
schliessen (196),  -raten  Anschlag  machen  gegen')  (196),  -rechen  zusammen- 
scharren (198),  -reinen  die  Mark  abgrenzen,  -reitdn  einhegen  (199),  -remmunge 
obsidio  (200),  -rennen  übergiessen,  bestreichen,  zusperren,  -remen  (diefenster 
201),  -ridceln  befestigen  (Nachtr.  393),  -ricken  einschliessen,  umstricken, 
-rigelen  zuriegeln,  einschliessen,  zusammenschliessen  (202),  -rinnen  reitend 
umlagern,  absperren,  -riten  reitend  hindern  (206),  -runen  verrammeln,  über- 
schütten (207),  -samenen  versammeln,  -sdeen  festhalten,  verwehren,  den  Weg 
verlegen  (210),  -schäm  ausschliessen,  umstellen  (213),  -sdidn  mit  Brettern 
vermachen  (214),  -scherren  einscharren  (216),  -schieben  den  Weg  versperren, 
umschliessen,  einschliessen,  vollstopfen  (216),  -schöpfen  verstopfen,  -sehom 
zuschaufeln,  einscharren  (217),  -schrägen  einpfählen,  absperren,  -sdirannen 
absperren,  -schrenken  um-,  ein-,  zusammenschränken  (218),  -sdvapfen  ver- 
stopfen (221),  -Schuten  eindämmen,  zuschütten  (222),  -seücen  hineintröpfeln, 
einschliessen,    -seilen  vereinigen   (223),    -serken  einsargen   (226),    -sigden, 


*)  Vgl.  got.  faursigjjan  8.  10. 

')  Grundbedeutung,  die  schon  mhd.  zu  üblem  Sinne  übergeht. 
•)  Livl.  M.  8624:   die  Senegdllen  quämen  über  ein,  daz  sie  verrieten 
Tenceieiii. 


146 

'SigiRieren  zusiegeln,  einsiegeln,  besiegeln,  festsiegeln  (228,  229),  -siuwen  zu- 
nähen, einn&hen  (231),  -sUefm  hineinschlttpfen,  sich  verbergen,  -sUeMen  ein-, 
znschliessen,  verstopfen  (233),  -slüseen  absperren  (285),  -»midm  fest-,  zu- 
sammen-, einschmieden,  -smiegen  einziehen,  zusammenziehen,  verbergen, 
•smirwen  zu-,  beschmieren  (238),  -amücket  zusammengeschmiegt  (239),  -srnwen 
ein-,  über-,  zuschneien  (240),  -müeren  zu-,  ein-,  fest-,  zusammenschnüren 
(241),  'Spofmm  ein-,  festspannen,  -spengm  mit  Spangen  verschliessen ,  ver- 
binden, -flsperren  zu-,  ein-,  abschliessen  (243),  -sptdiem  in  den  Speicher  ein- 
schliessen,  -spidden  verzwicken,  verkeilen  (244),  -spinten,  -springen  in  fest 
ineinander  fügen  (245,  247),  -spunden  zuspunden,  einspünden,  -stdn^)  ver- 
wehren (247),  -stechen  zunähen,  -stehden  mit  Stahl  überziehen,  stählen,  -steinen 
mit  Marksteinen  abgrenzen  (249),  -stellen  mit  dem  Stellbrett  ableiten,  ver- 
mummen*) (250),  -stiln  verheimlichen,  -stempfen  zustampf en  (251),  -sticken 
hineinstecken  (252),  -stopfen  zustopfen,  -stöeen  verstecken,  zustossen,  ver- 
stopfen (253),  -stricken  begaben'),  -stiruhen  überstreichen,  zustreichen,  -stricken 
fest-,  zusammenstricken,  einsperren,  verbergen,  verpflichten,  festsetzen  (255), 
-sweUen  aufstauen,  verdammen  (261),  -stcickeln  zusammenfalten,  -stoigen  (263), 
•tanten  tändelnd  verdecken,  -tarnen  verbergen  (266),  -tilben  eingraben,  -temmen 
vor-,  eindämmen  *),  -terken  verhüllen,  -tifraeen  verbarrikadieren  (268),  -trecken 
verbergen  (274),  -tüllen  verzäunen  (278),  -tazzen,  -ttLschen  verbergen  (279), 
-twengen  einzwängen  (280),  -ungenosen,  -ungendssamen  unter  dem  Stande 
verheiraten  (281),  -vähen*)  in  Beschlag  nehmen,  einfriedigen,  zusammenfassen, 
verstricken  (282),  -vollen  fallend  sperren,  zufallen  (284),  -valten  zusammen- 
falten, -veUen  fallend  zuschütten  (286),  -veleen  ineinander  befestigen  (287), 
-viUen  ineinander  wirren,  -vingerlen^)  desponsare,  -viteen  zusammenheften 
(288),  -vriden  einzäunen,  schützen,  -vriwnden  durch  Freundschaft  verbinden 
(290),  -wäfenen  vermachen  (292),  -wahsen  zu-,  zusammen-,  überwachsen, 
-weidet  überwaldet  (Erde),  bewaldet,  -walken  zusammenwalken,  verfilzen 
(292,  vgl.  S.  136  Anm.  3),  -wiben  fest  einweben,  zusammenweben  (297), 
•weHben  zusammen-,  überwölben^),  -welchen  vermummen,  -wollen  ringsherum 


^)  Iw.  1290:  si  verstuonden  im  die  tür  (versperren). 

Mw.  217,  47  (a.  1300):    daz  lehen  sol  im  der  herre  niht  versten 
(verweigern,  vorenthalten). 
*)  In  beiden  Bedeutungen  vereinigt  verstellen  die  Typen  faur-  I  und 
fair-:  »vor-  und  anders  stellen";  vgl.  versetzen  S.  77. 

*)  Wölk.  34.  2,  16:    dae  JMstü  wol  verschiedet  umh  midi  mit  deines 
Sorten  Idbes  sal,  der  eren  vol  verstrecket  (wörtlich:   „in  allen 
Tugenden  (lok.  Gen.)  ausgestreckt'  (fawr-  I),  d.h.  , versehen, 
begabt  mit"). 
*)  Vgl.  got.  fawrdammjan  S.  10. 

*)  vürvanc:  Beschlagnahme  des  gestohlenen  Gutes  (Lexer  3,  617). 
*)  Vgl.  S.  119;  besser  hierher  zu  ziehen,  weil  das  Bild  „den  Ring  um 
den  Finger  stecken"  (fair-)  zugrundeliegt. 

T  Wölk.  89.  n,  2:  der  sitz  rund  v  er  weiht. 

Leopold,  Die  Vorsilbe  ver-  10 


146 

gerundet  (299),  -wSrfen  bewerfen,  überdecken,  zuschütten,  -werken  vermachen, 
eindämmen,  hineinwirken,  -wem  abwehren,  durch  Wehr  ableiten^)  (303), 
-werten  ineinander  wirren,  verwickeln  (304),  -wereeln  verwirren  (305),  -weten 
verplanken,  -weezem  mit  Wasser  mischen  (306),  sich  verwiben  sich  verheiraten 
(Nachtr.  394),  -wicMn,  -wicken  einwickeln,  verstricken  (306),  -mmmem  ver- 
wachsen, -winden  einwickeln,  umwinden,  verwickeln,  -winkeln^)  im  Winkel 
verbergen  (309),  -winteln  einwickeln,  -toirken  vermachen,  einschliessen ,  um- 
hegen (310),  -wirren  verwickeln  (311),  -eem  unterhalten,  beköstigen  (317), 
-jsimbem  zubauen,  einzimmem,  -einen  Überzinnen,  -zingeJn  umzingeln,  ver- 
schanzen (321),  -eiunen  umzäunen,  absperren  (322),  -zwicken  mit  Zwecken 
ausbessern,  fest  einfügen,  zusammenfügen  (323). 

mnd.  vorhorden  einfassen  (Schiller -Lübben  5,  320  b),  -diken  eindeichen 
(338  a),  -doveken  mit  Dauben  umschnüren  (341b),  -gaden  vermählen  (351  b), 
-gadderen  versammeln  (361b),  -knicken  verschanzen  (380  a),  -kaverturen  über- 
decken (382b),  -krupen  verkriechen  (383b),  -remmen,  -scheren  Schiff  mit 
innerer  und  äusserer  Beplankung  auslegen,  umlegen  (423b,  434a),  sek  vor- 
saten  sich  verheiraten  (430b),  -schadewen  überschatten,  beschatten  (431b), 
-sduümen  mit  geschälten  Grenzbäumen  versehen  (432  a),  -schoigen  Über- 
schuhen, beschuhen  (435  b),  -schraden')  den  über  den  Boden  ragenden  Band 
einer  Kufe  erneuern  (438  a),  -somen  umsäumen,  besäumen  (452  b),  -stdn  ver- 
hindern (459  b),  -toien  mit  Ankertauen  festlegen  (475  a),  -vrentsdiappen  in 
Freundschaft  vereinigen  (494  a),  -wölken  durch  Wolken  verdecken  (509  b), 
-warteten  fest  einwurzeln  (511b). 

Die  Zahl  der  uhd.  Bildungen,  die  dem  Muster  verbinden 
folgen,  ist  sehr  gross  ^).  Aus  den  lebenden  Mundarten  ist 
folgendes  anzuführen: 


>)  Vgl.  S.  145  Anm.  2  zu  verateOen. 

')  In    dieser    freien  Analogiebildung    dient    das  Stammwort    als  lokale 
Bestimmung : 

Frl.  269, 1\  ezist  niht  wol  verwinkelt  swaz  in  den  me  hesi^Mrren  wirt. 
')  Lüb.  Z.  R.  175:  heft  een  hederve  man  een  alt  kuven,  dat  magh  men 

etne  vorscroden. 
*)  Für  eine  Zahl  besonders  anziehender  Bildungen  führe  ich  Belege  an: 
Aimon  bog.  e:  und  da  er  sein  red  volendt,  liess  er  mit  drometen  sein 

volck  verhauffen  (versammeln). 
J.  Ayrer  Val.  u.  Ursus  4,  316b:  da  wollen  toir  verlagern  die  thar 

(um-,  belagern). 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  82:  das  (geld)  wil  ich  im  gesehnt  verleihen 

(einverleiben). 
Garg.  157  (1590):  darum  auch  alsbald  der  arwen  Hndbetterin  darvon 
gleich  alle  däu<^l^  füren,  runsen,  Uafegen  dolen  und  Holen  ver- 
stopffet,  opilirt,  vernagelt  und  vermalschlosset  gestunden  (ver- 
schliessen). 


147 

a)  obd.:  Schweiz.  vera/rresHere  festnehmen  (Stanb-Tobler  1,  386),  sieh 
verassessiere  sich  assoziieren  (1,  506),  verbahame,  -baisafniere  einbalsamieren 
(4,  1219),  bair.  verbanden  mit  Mörtel  verstreichen  (Schmeller  1,  248),  Schweiz. 


D.  V.  Liliencron  in  der  Woche  1904  Heft  10:    wann  hat  sich  ver- 

mascht,  wo  hat  sich  verwebt? 
Yischer  auch  einer  2,  288:  dieszmdl  noch  verpflastert  das  männlein 

wollte  auf  realinjurien  klagen,    steht  wieder  ab. 
H.  Sachs  Ndr.  31/32  S.  35:  das  sint  jung  mender  vnd  jung  gseln,  die 

sieh  verpueen  (verkleiden)  vnd  ver  stein. 
Weim.  arch.  (Fulda)  1619:   nacher  Beyer  zu  ist  anfang  nichts  ver- 

seulet  oder  versteinet  (mit  Säulen  oder  Steinen  abgrenzen). 
Logan  S.  628  Eitner  gr.  ausg.:  gut  gewissen  .  .  ist  ver  schildwacht 

allezeit  mit  der  freyen  freudigheit. 
Mus&us  3,  79:  diesen  blieb  das  herz  der  schönen  Meta  verriegelt  und 

versehlössert. 
Tieck  4,  237 :  dein  kindlidier  sinn  ist  von  trotz,  Wildheit  und  Obermuth 

verschüttet  (zuschütten). 
Offenb.  7,  3:    bis  das  wir  versiegeln  die  knechte  vnsers  gottes  cm 

jren  siimen  (durch  Siegel  feien  vor  Gefahr). 
Platen  tageb.  (1900)  2,  158:    ich  habe  mich  tief  und  einsam  ver- 
sponnen in  die  puppe  meiner  melancholie. 
A.  Gryph.  Ndr.  3  (Horr.)  S.  68:  idi  will  auff  den  abend  mich  in  den 

garten  verstecken. 
Weckherlin  32:  nun  must  du  dich  durch  schnelle  flucht  und  flug  in 

das  gebirg  ver  stehlen  und  verholen. 
Kirchhof  wendnnm.  96:  die  fischer  hatten  den  bach  und  alle  auszgeng 

desz  sees  verstellt  (umstellen). 
Lnth.  23.  596,  35  W.:  zum  andern  verstocken  sie  die  oren,  das  sie 

es  nicht  hören  woUen. 
Luth.  20.  508,  25  W.:   Christus  aber  ver  stopf ft  yhnen  das  maul. 
Plnt.  115:   eine  schnöde  sach  mit  Worten  zieren  und  verstreichen 

(verdecken). 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  8:  sie  mainen,  habn  jr  hertz  erquicket,  so  ist 

es  nur  noch  basz  verstricket 
Luth.  15.  614,  22  W.:  sondern  ywn  yhrer  saxh  versturtzt  sind  und 

stdien  ym  moe^ffd. 
Luth.  15.  49,  25  W. :  Mose  .  .  kies  das  buch  des  gesetzes  ynn  die  lade 

Gottis  ver  waren. 
Klopst.  Mess.  10,  908:  die  sich  in  Sinnlichkeiten  verweben. 
Opitz  Arg.  2,  327:  der  fels  ist  gantz  mit  schnee  verwehet  (zuwehen, 

ttberdecken). 
Maaler  437 d:  verwichsen,  mit  wachsz  verbichen:  imbuere  cera. 
Luth.  24.  480,  2Y  W. :  das  ist  der  rechte  Christus,  der  ywn  der  schrifft 

verwickelt  ist 

10* 


148 

verbändle,  -bändere  einfassen  (Staub  4,  1338  f.)  ^  6st/en.  fapankadiam  ver- 
stecken (Castelli  124),  Schweiz,  österr.  verpappe  (Staub  4,  1415,  Httgel  180), 
elsäss.  verhäppe,  -happe  (Martin-Lienbart  2,  61)  verkleistern,  Schweiz,  verharre, 
'parregiere  verwahren,  verbarrikadieren  (Staub  4,  1436,  1439),  Schweiz.  t?er- 
passe  versperren  (Staub  4,  1659),  österr.  f abasten  verhehlen  (Castelli  121), 
Schweiz,  verbäume  einsargen  (Staub  4, 1251),  bair.  österr.  verpeilen  Spundloch 
(Schmeller  1,  385,  Hflgel  180),  Schweiz,  verbeine  eingelegte  Arbeit  machen 
(Staub  4, 1306),  bair.  verbainen  mit  Hom  belegen  (Schmeller  1,  244),  Schweiz. 
verbige,  -bögge  verdecken  (Staub  4,  1059,  1086),  Schweiz,  elsäss.  verbisse  ver- 
keilen (Staub  4,  1699,  Martin  2,  100),  Schweiz,  verbitschiere,  -bitsche  (Staub 
4,  1932 f.),  elsäss.  verpitschiere  (Martin  2,  124)  versiegeln,  Schweiz,  elsäss. 
verbUtee  flicken,  ausbessern  (Staub  5,  288,  Martin  2, 175),  Schweiz,  verblüemle 
(Staub  5,  93),  bair.  verblüemeln  (Schmeller  1,  327),  österr.  fableamln  (Castelli 
121,  Hügel  177)  verbergen,  beschönigen,  e\G!&ßB;  verblüetnt  blumenreich  (Martin 
2,  159),  Schweiz,  verblumbe  verzinnen  (Staub  n,  95),  verbodme  Fässer  mit 
Boden  versehen  (4,  1032),  verbögle  durch  Bogen  festhalten  (4,  1070),  verbore 
festbohren  (4, 1507),  verportiere  mit  Borten  besetzen  (4,  1631),  verbrämle  ein- 


Eeisersberg  postill  3,  95:  als  göttlich  natwr  und  mensMich  natur  also 
zusammen  verwidemet  und  gemehdet  seind  worden  in  ein  person. 

Luth.  14.  308,  8  W.:  Äries  heret  in  vepribus  , .  er  hat  sie  (sich)  ver- 
wir  cht,  kan  nit  herausz  hhumen. 

Goethe  8,  311  Hempel:  die  schwarze  höhle  des  Tartarus  ver  wölbt  die 
lieben  gegenden  des  himmels  (wölbend  verdecken). 

Brentano  ges.  sehr.  1,  79:  Tiäb'  aües  luM  gezogen  mit  gottesdursfgem 
mund,  ver  wölbt  den  himmdsbogen  in  meines  herzens  grund  (wöl- 
bend befestigen). 

R.  Dehmel  ausgew.  ged.  S.  22:  und  dich  in  vergangne  schmerzen 
schmerzlicher  ais  je  verwühlst, 

Meyfart  himml.  Jer.  1,  285:  je  Ueffer  verwurtzeln  sich  die  begierden 
(sich  mit  den  Wurzeln  befestigen  und  vereinigen). 

Yischer  auch  einer  2,  92:  aber  da  sie  (Zwischenbemerkungen)  nidU 
mit  so  viel  trockenem  itihalt  verzahnt  sind  (zahnartig  fest  inein- 
andergreifend verbunden). 

Eeisersberg  postill  3,  105:  er  hat  die  zwei  löchlin  verzepfft  mit 
zweien  zepfflin, 

Uhland  volksl.  1,  78  Cotta:  daz  wurzgerüein  ist  wol  verzeunt  (um- 
zäunen). 

Platen  1,  165  Hempel:  uh  weisz,  dasz  nie  mir  dies  gefüihl  veraltet, 
denn  mit  Venedig  wird  sich's  eng  verzweigen  (zweigartig  ver- 
binden). 

Rollenhagen  ind.  reisen  180:  die  himschäle  ist  fleiszig  in  einander 
verknüpfft  und  verzwickt. 

Voss  bei  Campe  5,  410a:  vögel  mit  schlangen  zugleich,  sieh  ver- 
Zwillingen  tiger  mit  lämmem. 


149 


fassen  (5,  600),  verbrtsle  mit  Nesteln  versehen  (5,  794),  verbuchse  Röhren  mit 
Bachsbolz  füttern  (4,  1008),  verbuege  verbinden  (4,  1072),  verbüeze  zunähen, 
einnähen  (4,  2033),  verhündige  verbünden  (4,  1367),  Schweiz,  elsäss.  verpimie 
verspunden  (Staub  4,  1400,  Martin  2,  60),  Schweiz.  Schwab,  bair.  V€Thutze(n) 
verkleiden  (Staub  4,  20O9,  v.  Schmid  111,  Schmeller  1,  316),  Schweiz,  verdäfle, 
bair.  vertäfdn  mit  Tafelwerk  versehen  (Seiler  106,  Schmeller  1,  584),  bair. 
vertarrassm  verbarrikadieren  (Schmeller  1,  616),  verdaumhe  verstopfen 
(1,  508),  elsäss.  verdeitoe  vergraben  (Strassb.  Schmidt  25),  bair.  vertegdn 
mit  Lehm  verstreichen  (Schmeller  1,  596),  vertuen  mit  Dielen  versehen 
(1,  501),  Schweiz,  verdinge  verwehren  (Staub  1,  909),  Schweiz.^)  schwäb. 
vertrethe  bedecken,  verbergen  (v.  Schmid  137),  elsäss.  verdnUle  (Strassb. 
Schmidt  28),  Schweiz,  verirülle  (Staub  1,  911)  zusammendrehen,  schwäb. 
verduekeln  verheimlichen  (v.  Schmid  147),  bair.  veriüUen  verzäunen  (Schmeller 
1,  602),  Schweiz,  verdütsche  Gerede  unterdrücken  (Stalder  1,  332),  elsäss. 
verdütsdie  verheimlichen  (Strassb.  Schmidt  110),  Schweiz.  verSgrümple  ver 
heiraten  (Staub  2,  1098),  vereitere  verzäunen  (1,  599),  schwäb.  verfreund- 
sdMften  aussöhnen  (v.  Schmid  204),  bair.  verfriden  einzäunen  (Schmeller  1, 
510),  Schweiz,  vergotte  vereinigen  (Staub  2,  495),  vergattere  y  -gättere,  -gerU 
umzäunen  (2,  504,  499,  442),  vergawne  Übel  abwenden,  behüten  (Stalder  1, 
231),  bair.  sich  vergSn  sich  vertragen  (Schmeller  1,  861),  Schweiz,  vergere 
zusauunenfügen  (Staub  2,  402),  verglase  zurückhalten  (2,  646),  vergläsert 
glasiert,  verglaste,  -glasüre  mit  Glasur  überziehen  (2,  647,  651),  verglasiJi/re 
verstellen  (2,  647),  verglichene  verbergen  (2,  604),  verglimpfe  beschönigen  (2, 
627),  verglufe,  -glufeM,  -gitfele  befestigen  (2,  609),  vergrabe  beerdigen,  ein- 
friedigen (2,  684),  elsäss.  vergrämse  mit  Eisenstangen  vergittern  (Martin  1, 
274),  Schweiz,  vergrendle  verriegeln  (Staub  2,  759),  vergrippdet  verästet  (2, 
788),  vergruebe  durch  Anlegen  von  Gruben  die  Weinstöcke  erneuern  (2,  696), 
verhäfüe,  -hage  sperren  (2,  1060,  1074),  verbundhäggle  verheiraten  (2,  1098), 
schwäb.  verb'hammele,  -pfammU  festhalten  (v.  Schmid  259),  Schweiz,  verharre 
verstricken  (2,  1519),  verharze,  -häree  mit  Harz  bestreichen,  verkleben  (2, 
1656 f.),  verhenke  verbinden  (2,  1462),  verhtre,  -hüre  verheiraten  (2,  1568, 
1589),  verhurde  vermachen  (2,  1605),  sich  verhütte  sich  verstecken  (2,  1783), 
verjipse  übertünchen  (3,  56),  elsäss.  sich  verkassle  sich  verheiraten  (Martin 
1,  475),  Schweiz,  verchette  verkleiden  (Staub  3,  563),  verchittle  Löcher  zunähen 
(3,  569),  steir.  verklänen  verschmieren,  verkldndem  verrammeln,  verklenstem, 
'klestem  verkleben  (Lexer  159 f.),  Schweiz,  elsäss.  verchleibe,  -kleibt  ver- 
schmieren, bemänteln  (Staub  3,  615,  Martin  1,  489),  Schweiz,  verdduse  ver- 
rammeln (Staub  3,  699),  verchniible  unlöslich  verknüpfen  (3,  719),  verthorbe 
mit  Maulkorb  versehen  (3,  455),  verchralle  mit  Korallen  zieren  (3,  809),  ver- 
chränze  bekränzen  (3,  840),  sich  verchrimge  sich  bekreuzen  (3,  946),  verkurfe 
in  Fässer  fassen  (3,  178),  verchuppele  verbinden  (3,  406),  verchnssU  mit 


^)  Keisersberg  emeis  13  d:  (das  straussenei)  ist  undem  sand  verbargen 
und  vertrochen,  so  kumpt  die  sann  und  die  hiUse  .  .  und 
brütet»  ams. 


150 


Küssen  bedecken  (B,  528),  schwäb.  verlaiiche  Grenzen  im  Walde  bezeichnen 
(v.  Schmid  337),  elsäss.  verlende  verstopfen,  verschütten  (Martin  1,  594), 
Schweiz,  schwäb.  verleUe  sperren,  befestigen  (Staub  3,  1558,  v.  Schmid  355), 
Schweiz.  verUbe  einverleiben,  vereinigen  (Stanb  3,  981),  verlitsdie  leicht  ver- 
knüpfen (3,  1536),  Schweiz,  elsäss.  verloche  eingraben,  verscharren  (Staub  3, 
1042,  Martin  1,  583),  Schweiz,  vermäge  durch  Heirat  der  Verwandtschaft 
einverleiben,  vermäget  verschwägert  (Staub  4,  98),  vermangele,  -mänUle, 
'tningmäntele  j  -deckmäntele  verbergen  (4,  330,  343,  344),  sieh  vermanne  sich 
verheiraten  (4,  291),  vermarche  versperren  (4,  393),  sich  vermärwe  sich  zu- 
sammenrotten (4,  429),  sich  vermaschgere  sich  verkleiden  (4,  508),  Schweiz,  ver- 
mau^e,  -mätike,  -müche,  -muggeUf  -mummeley  -mirnggle,  -marge,  -musle,  -miwcAe, 
'toggimüse,  -toggimüsle,  elsäss.  vermäuehle,  -muchle,  -muckle,  schwäb.  vermockeln, 
österr.  vermankeln  verbergen  (Stalder  2,  200,  Staub  4,  139,  62,  134,  229, 
333,  405,  484,  506,  480,  Martin  1,  646,  648,  v.  Schmid  377,  Hügel  180), 
Schweiz,  vermere  versperren  (Staub  4,  375),  sich  vermische,  -mischele  gemein- 
same Sache  machen  (4,  504),  vermorsche  zusammendrängen  (4,  425),  vermüre 
verstopfen  (4,  384),  elsäss.  vermuttige  luftdicht  verstopfen  (Martin  1,  739), 
Schweiz,  vemegele  unzugänglich  macheu  (4,  69a),  verniete  festsetzen,  verhin- 
dern (4,  852),  verquante,  -quäntele,  -quentle  beschönigen  (Stalder  2,  251,  Staub 
5,  303),  verribe  verriegeln  (Staub  6,  61),  schwäb.  verrienkle,  rätikle  verstellen, 
bemänteln  (v.  Schmid  434),  elsäss.  verringle  Schweinen  einen  Ring  durch  die 
Nase  ziehen  und  sie  dadurch  am  Wühlen  verhindern  (Martin  2,  269),  ver- 
ristert  geflickt  (2,  296),  österr.  verschallna  mit  Schalen  versehen  (Hügel  180), 
Schweiz,  verschamaiu^  verbergen  (Staub  4,  58),  österr.  sidi  verschliarfen, 
Schweiz,  elsäss.  verschliefe  sich  verbergen  (Hügel  181,  Seiler  112,  Martin  2, 
455),  elsäss.  sich  verscMupfe  (Martin  2,  470),  schwäb.  verschappen  verbergen 
(v.  Schmid  475),  österr.  verschummlen  heimlich  verstecken  (Hügel  181),  elsäss. 
verspcOtere,  -spättere  ausflicken,  mit  Lappen  besetzen  (Martin  2,  551),  Schweiz, 
elsäss.  versieche  zunähen  (Staub  1,  908,  Martin  2,  572),  elsäss.  verstecJUe  ver- 
stecken (Martin  2,  582),  Schweiz,  verstelle  Schaden  abwenden  (Staub  1,  908), 
verstuefe  uneben  machen,  mit  Stufen  versehen  (1,  907),  bair.  sich  versuUen 
sich  mit  gallertartigem  Fleische  überziehen  (Schmeller  2,  274) ,  Schweiz,  ver- 
sOrpfe  Loch  flicken  (Stalder  2,  420),  elsäss.  verstippere  Baum  mit  Stützen 
versehen  (Martin  2,  607),  verstriemt  gestreift  (2,  632),  verstuche  verheimlichen 
(2,  574),  Schweiz,  sidi  verungenössamen  Missheirat  eingehen  (Staub  4,  823), 
vergwangge  (2,  844),  verwasge  verbergen  (Stalder  2,  436),  schwäb.  verweUhe  ver- 
mummen (v.  Schmid  525),  Schweiz,  schwäb.  verwifie  zusammenflicken,  zunähen 
(Staub  1,  911,  V.  Schmid  530),  schwäb.  verwölke  verdunkeln  (v.  Schmid  537). 
b)  md.  ndd.:  luxemb.  verbannen  verbinden  (Gangler  464),  schles.  ver- 
bdnen  verkleiden,  verzieren,  besetzen  (Weinh.  Beitr.  9,  Weinh.  hs.  B  51), 
verbeugen  verlegen,  verhindern  (Weinh.  hs.  B  75),  brem.  holstein.  verbidden 
verhüten  (brem.  wb.  1,  67,  Schütze  1,  102),  Aachen,  verborden  einfassen 
(Müller -Weitz  18),  brem.  verboorden  Schiff  mit  Bord  versehen  (wb.  1,  119), 
berlin.  verbuddeln  vergraben  (Meyer  125a),  pomm.  verbuschen  verstecken 
(Dähnert  518),   altmärk.  verdägen  verhehlen  (Danneil  236),   schles.  verdräng 


151 

Gedränge,  Zudrang*),  frankf.  cerdtickele,  -dutsehele  verbergen  (Askenas}' 
225),  köln.  westfäl.  verdümpelen  bemänteln,  vertuschen  (Honig  191b,  Woeste 
290),  schles.  sich  verfreien  sich  verheiraten  (Weinh.  hs.  F  162),  brem.  ver- 
gaddem  einschliessen  (wb.  2,  473),  pomm.  eich  vergaddem  gemeinsam  handeln 
(Dähnert  ö20),  brem.  schles.  vergadem  versammeln  (wb.  2,  474,  Weinh.  hs. 
G  4),  holst,  vergeeren  mit  Keil  versehen  (Schütze  2, 16),  brem.  verhägen  einhegen 
(wb.  2,  562),  brem.  hamb.  holst.  verThakstiicken  Schabe  mit  neuem  Hackenleder 
versehen  (wb.  2,  566,  Richey  85,  Schütze  2,  92),  preuss.  verhaspeln  ver- 
schliessen  (Frischbier  2,  432),  brem.  verMüiken  verheiraten  (wb.  2,  633), 
brem.  westfäl.  ver?M(d)en  verstecken  (wb.  2,  665,  Woeste  291),  brem.  ver- 
huUen  sorgftltig  verbergen  (wb.  2,  679).  holst.  verlMen  vernageln,  Mund 
stopfen  (Schütze  2,  252),  verkHattert  zusammengebacken  (2,  268),  brem. 
sek  verklauen  mit  den  Klauen  hängen  bleiben  (wb.  2,  797),  luxemb.  ver- 
klaust  verstopft,  gehemmt  (Gangler  466),  brem.  verklqtpung  Verstärkung 
eines  Deiches  (wb.  2,  803),  verklistem  zukleben  (wb.  2,  806),  berl.  sich  etwas 
verkneifen  versagen,  unterdrücken  (Meyer  126  b),  preuss.  verknippän  verknoten 
(Frischbier  2,  433),  schles.  verkoppeln  verbinden  (Weinh.  hs.  K  196),  ver- 
koppiUen  (poln.  kopiec  Erdhaufen  zur  Grenzbezeichnung)  mit  Grenzmalen 
versehen  (E  194),  luxemb.  verkrauden  Weg  verlegen  (Gangler  467),  preuss. 
sich  verkraufen,  preuss.  pomm.  -krupen  sich  verkriechen  (Dähnert  522, 
Friscfabier  2,  433),  brem.  verkukeln  verbergen,  sich  verstellen  (wb.  2,  891), 
westfäl.  sich  vercumpeteren  sich  vertragen  (Woeste  292),  brem.  holst,  verleden 
Haus  mit  neuen  Lagebalken  versehen  (wb.  6,  169,  Schütze  3,  18),  schles. 
verleiben  einverleiben,  pomm.  vermalen  mit  Malzeichen  versehen  (Dähnert  524), 
köln.  vermampele,  ^mimpde,  -mümpele,  frankf.  vermampeUnj  -mmpeln,  luxemb. 
vermöfnpelen,  westfäl.  vermän^ln  verschleiern,  bemänteln  (Honig  193a, 
Askenasy  226,  Gangler  468,  Woeste  293),  köln.  vermengeleere  vermengen, 
frankf.  vermengeliert  (Honig  193a,  Askenasy  226),  köln.  vermölsche  ver- 
mischen (Honig  193a),  berl.  preuss.  sidi  vermummeln  sich  einhüllen,  ver- 
kleiden (Meyer  127  a,  Frisohbier  2,  436),  berl.  vermwcheln  vertuschen  (Meyer 
127  a),  luxemb.  vemailen  vernageln  (Kanone,  Gangler  468),  brem.  holst,  ver- 
paaUn  verschanzen  (wb.  3,  286,  Schütze  3,  185),  preuss.  verpaschen  Karten 
mischen  (Frischbier  2,  437),  brem.  köln.  verpennen  mit  Holzstiften  zusammen- 
heften (wb.  3,  304,  Honig  193  b),  frankf.  verpetschiren  versiegeln  (Askenasy 
65),  preuss.  verpummeln,  -pumpeln,  -püngeln  vermummen  (Frischbier  2,  438), 
schles.  sich  verpwneeln  sich  verbergen  (Weinh.  hs.  P  163)*),  brem.  pomm. 
altmärk.  verpurren,  preuss.  verpirren  verhindern  (wb.  3,  380,  Dähnert  525, 
Danneil  238,  Hennig  289),  holst,  verrammen  hemmen  (Schütze  3,  272),  pomm. 
verringen  mit  Ring  verschliessen  (Dähnert  525),  preuss.  verrummen  verrammen 
(Frischbier  2,  439),  böhm.  verrimen  dasselbe  (Knothe  531),  preuss.  verrusen 
in  Rasen  (Gruben)  einschliessen,  aufbewahren  (Frischbier  2,  439),  sich  ver- 


^)  Breslauer  Ausdruck:  im  könsum  ist  grosser  verdräng. 
')  Wencel  Scherffer  ged.  409:   sich  in  den  winkeln  und  wimpem  ver- 
puntseln. 


152 

sacken  si(5h  verstopfen  (ebd.),  brem.  versalen  besohlen  (wb.  4,  582),  köln. 
prenss.  versdialen  mit  Brettern  verkleiden  (Honig  19Bb,  Frischbier  2,  439), 
schles.  verscherren  verscharren  (Weinh.  hs.  S  91),  brem.  ver8(^oUen  versperren 
(wb.  4,  682),  verst^fäken  verstecken  (4,  709),  schles.  vergesdlschafim  gesellen 
(Weinh.  hs.  S  313),  altmärk.  pomm.  ver$lüten  verschliessen  (Danneil  239, 
Dähnert  526),  verenden  zusammenfügen  (Drechsler  247),  preass.  verstechen 
verstecken  (Frischbier  2,  442),  frankf.  versieckelen  verbergen  (Askenasy  227), 
berl.  verstedcm  begraben  (Meyer  128  a),  ponmi.  verstenen  mit  Steinen  kenn- 
zeichnen (Dähnert  527),  brem.  versUUkm  verschweigen  (wb.  3,  1035),  brem. 
pomm.  Inxemb.  versteppen  verbergen  (wb.  4,  1049,  Dähnert  527,  Gangler  470), 
prenss.  sich  vertestamenUeren  sich  gegenseitig  Testament  machen  (Frischbier 
2,  443),  brem.  vertinnen  verzinnen  (wb.  5,  71),  vertrauen  verheiraten  mit  (6, 
377),  köln.  vertümpele  verschweigen  (Honig  195  a),  brem.  vertttssen,  pomm. 
köln.  schles.  vertuschen  verheimlichen  (wb.  5,  134,  Dähnert  528,  Honig  195  a, 
Weinh.  hs.  T  149),  brem.  sich  verweren  sich  erwehren  (wb.  5,  237),  preass. 
verwerfen  Dach  bewerfen,  aasbessern  (Frischbier  2,  444),  verzwicken  Fagen 
verstopfen  (ebd.)  und  das  eigentümlidie  verzaget  mit  enen  „gut  bekannt,  ver- 
traut'' im  Brem.  (wb.  5,  309)  und  Holst.  (Schutze  4,  306). 

Es  folgen  die  Beruf  sprachen  : 

a)  Gewerbe:  verbürstung  Einlassung  eines  Stückes  Holz  in  ein  anderes, 
verdielen  mit  Dielen  belegen  (Jacobsson  4,  505),  vererzet  gediegenes  Metall 
mit  anderem  verschmolzen  (507),  verfirsten  Dachspitze  verwahren,  mit  First 
versehen  (Allg.  Haush.  Lex.  3,  568),  vergerhen  Floss  befestigen,  zur  Abfahrt 
herrichten,  vergiessen  Löcher  voll-,  Klammem  festgiessen  (Jac.  508),  verglasen, 
-glaswren  mit  Fensterscheiben,  mit  Glasur  versehen  (509,  510),  verhalten 
Vögel  vom  Licht  absperren  (Allg.  H.  L.  569),  verhaspen  Türe  mit  Haspen 
verschliessen,  verheften  Fäden  zusammenheften  :  Stickerei  (Jac.  516),  verkeilen 
Bälge  mit  Keilen  festmachen ,  verkeilspitzen  mit  Keilspitzen  versehen  :  Mess- 
kunst, verketteln  Türe  mit  Ketteln  verwahren  (518),  verkiekt  flügges  Geflügel, 
mit  neuen  Federn  versehen  (Allg.  H.  L.  569),  verkitten  Fenster  mit  Kitt  fest- 
machen, verkleppen  Deich  verstärken,  andeichen  (Jac.  518) ,  verkömt  Getreide 
mit  Kömern  (Allg.  H.  L.  3,  568),  verkröpf en  Simswerk  nach  verschiedenen 
Winkeln  zusammensetzen  :  Tischler  (Jac.  4,  519),  mit  Gesimsen  versehen^), 
verlandung  der  buhnen  Ansatz  des  Landes  :  Wasserbau,  verlatten  Dach  mit 
Latten  verkleiden,  verledem  Pumpenventile  mit  Ledern  beziehen  (520),  ver- 
lutieren  Glasgefässe  mit  Leim  bestreichen  :  Hütte  (52^),  vermalen  Bäume, 
Steine  mit  Malzeichen  versehen  (Allg.  H.  L.  570),  vermohren  Zapfen  einstecken 
und  vereinigen  :  Stuhlmacher,  vemasen  Schlacken  auf  die  Form  im  Schmelz- 
ofen aufsetzen,  so  dass  eine  Nase  entsteht :  Hütte,  vemäterung  Befestigung 
abbrüchiger  Ufer  durch  Faschinen  :  Strombau,  verpeitzen  Spund  an  der  Kolben- 
röhre verstopfen  :  Hütte,  verpfäMen  Vieh  auf  der  Weide  einzäunen  (Jac.  523), 


*)  Muther,  die  Kunst  Bd.  22  S.  77:  die  iq>pige  verkröpfung  %ind  starke 
versäulung,  in  denen  sich  sonst  wände  dieser  ^ache  gefaüen. 


153 

am  unrechten  Orte  weidendes  Vieh  pfänden  (Weber  615),  verpfählung  Pfahl- 
befestigung im  Wasser  (Allg.  H.  L.  567),  verpflocken  mit  Pflöcken  verbinden, 
befestigen  :  Böttcher  (Jac.  523) ,  verquiehen  zerstreutes  Gold  mit  Quecksilber 
Teramalgamieren  (524),  versatz^)  Band  in  Einschnitt  der  Stahlsäule  ver- 
setzt :  Zimmermann,  versalz  des  deutschen  scMasses  auf  Wirbel  vernietetes 
Blech,  um  das  Zurückweichen  der  Fallen  zu  verhindern  :  Schlosser  (524),  ver- 
Satzung  Einsetzung,  Befestigung  und  Verbindung  von  Hölzern  :  Zimmermann, 
versäülen  mit  Säulen  versehen  *),  verschaltmg  Verkleidung  des  Holzes  :  Tischler 
(Jac.  525),  wrsdUessen  Arme  der  Welle  des  Rennbaums  am  Haspel  befestigen, 
so  dass  sie  sich  nicht  verschieben  können  :  Hütte,  Bohlen  am  Schiffe  fest 
zusammenfügen,  verscMiekung  mit  Schlick  überzogener  Boden  :  Wasserbau 
(026),  verschnaüen  festschnallen  :  Drucker  (Klenz  107),  verschwellt  Dachstuhl, 
bei  dem  die  Sparren  nicht  in  die  Hauptbalken,  sondern  in  die  Schwellen  ein- 
gelassen sind  (Allg.  H.  L.  577),  versenken  Schraube  oder  Nagel  so  ins  Metall 
einlassen,  dass  sie  nicht  zu  sehen  sind  :  Eisenarbeiter,  versetzen  Stücke  einer 
Säule  zusammensetzen  :  Bau  (Jac.  528),  die  Figuren  eines  stählernen  Degen- 
gefässes  mit  dem  Qold-  oder  Silberblatt  so  überziehen,  dass  sich  das  Blatt 
mit  dem  Stahl  oder  Eisen  vereinigt :  Schwertfeger,  die  Hochkämme  mit  dem 
Gewebe  vereinigen  :  Bortenwirker  (529),  versohlen  Schuhe  besohlen,  verspanen 
den  Himmel  des  Kutschkastens  mit  Spänen  befestigen :  Sattler  (531),  ver- 
speäem  Wurst  mit  Speilern  verschliessen  (Campe  5,  374  b),  verstabu/ng  Bau- 
verzierung mit  Stäben  (Jac.  531),  verstohlen  mit  Stahl  oder  Stahllösung  über- 
ziehen :  Grobschmied,  Eisenarbeiter,  Stahlstich  (532),  verträgem  Bähmchen  am 
Träger  anbringen  :  Drucker  (Klenz  107).  vertränken  die  Soole  mit  Salzsteinen 
tränken  :  Salzwerk  (Jac.  535),  verzahnen  beim  Schmieden  die  Enden  zusammen- 
schweissen  :  Eisenarbeiter,  Holzstücke  durch  Zacken  zusammenhalten :  Zimmer- 
mann, Tischler,  verzapfen  Stücke  durch  Zapfen  verbinden  :  ders.,  verzaunen 
umzäunen,  einzäunen  :  Landwirt  (536),  verzieren  :  Bildhauer,  verzinken  Bretter 
vereinigen  :  Tischler  (537) ,  verzinnen  mit  Zinn  überziehen  (Allg.  H.  L.  584). 
b)  Bergbau:  verblenden,  verbolzen  durch  Blenden,  Bolzen  verwahren, 
verbrOdcen  Wasserseigen  gegen  Hineinfallen  von  Fördermassen  sichern,  ver- 
büknen  Schacht  mit  Bretterboden  bedecken,  verdöheln,  -dübeln  verbinden,  ver- 
drücken zusammendrücken  (Veith  519),  vereinstrichen  Schacht  mit  Abteilungen 
(Einstrichen)  versehen,  vererbstufen  Stufen  in  Zechen  einhauen,  verfahren  ver- 
schrämen (521),  verflutem  in  Sohle  Gerinne  anlegen,  verfüllen  ein-,  zufüllen, 
vergewerken,  -gewerkschaften  Kuxe  bei  Gewerk  oder  Bergwerk  unterbringen 
(522),  verkärtet  fM  Grube,  in  die  Kästen  geschlagen  sind  (Hübner  1312), 
verkosten  Bau  in  denselben  Kasten  schlagen  und  mit  unhaltigem  Gestein  be- 


^)  Feldbefestigungsvorschrift  (1893)  S.  39:  holzversätze  schützen  .  . 
nur  gegen  einsteigen.  24:  die  auszgänge  der  eindeckungen  .  . 
können  .  .  fest  versetzt  werden,  27:  gute  verbindtmg  und  Ver- 
strebung der  holzwände,  39:  verwurzelter  boden  (wurzel- 
durchwachsen). 

').  Siehe  S.  152  Anm.  1  versäulung. 


154 


decken  (V.*)  524),  verkästeti  flüchtiges  Gestein  durch  Kästen  vor  Brüchen 
wahren  (Jac.  4,  518),  verladen  mit  Pulver  laden,  verkleiden  (V.  524),  verUngem 
Pumpen  auf  Lager  aufstellen,  verlaufen  ausfüllen,  verlegen  ineinanderfügen, 
mit  Beschlag  belegen  (525),  verleiten  Bohrlöcher  mit  Letten  auskleiden  (629), 
verlochsteinen  Grenzen  der  Grubenfelder  mit  durchlöcherten  Steinen  bezeichnen 
(V.  530,  Jac.  521),  verpfdhlen  einpfählen,  zupfählen,  durch  Pfähle  bezeichnen 
(V.  532),  verpfänden  bei  Verzimmerung  der  Schächte  Lücken  ausfüllen 
(V.  532,  Jac.  523),  verpflöcken  dass.  (V.  532),  verrammeln  Bohrlöcher  ausfüllen 
(V.  533,  Jac.  524),  verreifen,  verrüsten  Schacht  verzimmern  (V.  533,  534),  Ver- 
satz Festsetzen  des  unhaltigen  Gesteins,  versateung  Vorrichtung,  um  Zu- 
sammenbruch zu  verhüten  (534),  verschalen  verzimmern  (535),  verschiessen 
ausfüllen,  verbergen,  Schwarten  einlegen,  um  rollendes  Gestein  aufzuhalten 
(V.  535,  Jac.  526),  verschmanden,  verschmieren  verkleiden,  verdecken  (V.  536), 
verschnüren  Feld  durch  Messschnur  abgrenzen,  verschrämen  Gang  mit  Schräm 
versehen  (V.  536,  Jac.  528) ,  verschroten  beim  Hauen  aufstauen  (V.  536) ,  ver- 
schützen,  verschwarten  verkleiden  (537),  versetzen  ausfüllen,  verdecken  (V.  537, 
Jac.  528),  versetzte  berge  :  auf  alte  Strecken  gebrachtes  und  nicht  zutage  ge- 
fördertes Gestein  (Jac.  530),  ver^egeln,  -Spriegeln,  -^prügeln  Fugen  ver- 
schliessen,  Holzwerk  verfestigen  (V.  538,  Jac.  531),  verspreitzen  Strecke  durch 
Spreitzen  gegen  Bergsturz  verwahren  (Jac.  531),  verspunden  Schacht  ver- 
dammen, versteinen  =  verlochsteinen  (V.  538),  verstempein,  verstreben  durch 
Stempel  und  Stützen  verwahren  (V.  539),  verstellen,  verstuf en  mit  Stollen  und 
Stufen  versehen  (V.  539,  Jac.  533),  i7ers/mcÄcn  verdecken ,  verstrossen  mit 
Strossen  versehen  (V.  539),  verstürzen  Schacht  ausfüllen,  verbergen,  sperren 
(V.  540,  Jac.  533),  vertäfeln  verwahren,  vertonen  auskleiden  (V.  540),  vertonnen 
mit  Tonnen  versehen,  verumbruchen  Umbruch  um  einen  Bau  treiben  (541), 
verwandruten  durch  Wandruten  stützen,  verwahren  (V.  541,  Jac.  536),  ver- 
wehren dass.  (V.  541),  verziehen  ausfüllen  (542),  verzimmern  Schacht  aus- 
zimmern, verdecken,  stützen,  verwahren  (V.543,  Jac.  537). 

c)  Schiffahrt:  ^verbolzen  Hölzer  des  Schiffes  durch  Bolzen  unterein- 
ander befestigen  (Bobrik  705a),  verfangen  Tau  stoppen,  festhalten,  stützen 
(706  a) ,  verhauten  Schiff  mit  äusserer  Beplankung  versehen ,  verkaMen  die 
Anker  untereinander  befestigen  (706  b),  verhlinken  Bolzen  oder  Spicker  be- 
festigen, indem  man  sie  auf  der  anderen  Seite  des  Holzes  umschlägt,  schijf 
vernageln  hölzerne  Nägel  einschlagen,  hanone  vernageln  unbrauchbar  machen 
(707a),  naten  verpechen  gegen  Fäulnis  mit  Pech  bestreichen,  schiff  ver- 
sdwnzen  gegen  feindliches  Musketenfeuer,  verscherben  Hölzer  durch  Scherben 
verbinden  (707  b),  verschiessen  Bohlen  fest  zusammenfügen  (Jac.  4,  526),  die 
kabelaring  verseisen  Ankertan  daran  befestigen,  einwinden  (B.  708a),  schiff 
verstpickem  Teile  mit  Spickern  untereinander  befestigen,  verteien,  -teuen  Schiff 
mit  Ankern  vorn  und  hinten  festlegen,  verteunen  Hölzer  und  Planken  zur 
Verzeunung  des  Schiffes  anlegen,  befestigen  (708b),  verwulfsel  Verwölbung, 
der  nach  innen  gewölbte  Teil  des  Achterschiffes,  Verzahnung  Ausschnitte  oder 


»)  V.  Abkürzung  für  Veith:  Bergwörterbuch. 


155 


Zähne  an  der  Anssenscite  der  Baachstttcke  eines  Kahnes  (709  a),  schiff  ver- 
gimimem  schadhafte  Stellen  aasbessern  (B.  709  b,  Jac.  537),  verzwieken  Spitzen 
der  Spicker  beim  Kahn  umbiegen,  um  Bodenplanken  zusammenzuhalten 
(B.  709  b). 

d)  J^gd:  sieh  verheissen  sich  festbeissen  (Heppe  375,  Kehrein  301), 
verblenden,  verbrechen,  vfrr^em  Jagdzeug  mit  Blenden,  gebrochenen  Zweigen, 
Reisern  verdecken  (H.  376,  377,  381,  K.  301,  302),  vereckt  Hirsch  mit  neuem 
Gehörn  (H.  378,  K.  302),  sich  verfangen  ausser  Atem  kommen,  sich  festbeissen, 
sich  mit  dem  Gehörn  verwickeln,  verfedem  nach  der  Mauser  wieder  Federn 
haben  (K.  303),  verfeuern  Jagen  mit  Feuern  umgeben  (H.  378,  K.  303),  ver- 
haken, 'häkeln  Leinen  mit  Haken  am  Boden  befestigen  (K.  304),  verhaupt- 
maschen  Garne  mit  starken  Maschen  verstricken  (H.  379,  K.  304),  Verkappen 
dem  Beizvogel  die  Kappe  aufsetzen  (K.  305,  Weber  616),  sich  verkläffen, 
-kluften,  'klüften  sich  im  Bau  vergraben  :  Dachs,  Fuchs  (H.  379,  K.  305), 
sich  verknüpfen  sich  begatten  :  Wolf ,  Fuchs,  Luchs  (K.  305,  Weber  614), 
verlappen  Jagdbezirk  mit  Lappen  umstellen  (H.  379,  K.  305) ,  verlegen  Treib- 
zeug um  Feldhühner  legen,  vermalen,  -meHen,  -marken,  -rainen,  -steinen  mit 
Merkzeichen  versehen  (K.  306),  verreisern  Röhren  beim  Dachs-  und  Fuchsbau 
verstopfen,  Schnepf engeschneide  mit  Stecken  und  Reisern  umlegen  (K.  307), 
verrifhten  Garnstellen  wohl  vermachen  (K.  308),  sich  verseteen  =  sich  ver- 
kläffen (H.  383,  K.  309),  verstellen  Jagen  mit  Schützen  umstellen  (K.  309), 
verwittern  Falle  mit  Witterung  bestreichen  «(H.  383,  K.  310),  verwummert  zu- 
sammengewachsene Baumstümpfe  (Weber  616),  verzug  ^)  machen  =  verlappen 
(K.  310). 

c)  Gaunersprache:  verbaJh^en  an  Ausführung  des  Diebstahls  ver- 
hindert werden  (Kluge  rotw.  413),  verbandelt  verlobt  (488),  verbarseln  an  die 
Kette  scbliessen  (374),  verbasilt,  -bosselt  vergittert  (332),  verdiüben  vergraben 
(202),  verdusi,  vertusch  Gedränge,  das  der  Mithelfer  des  Diebes  macht,  um 
die  Aufmerksamkeit  abzulenken  (168,  315,  413,  376,  389),  vergrünt  verheiratet 
(487),  verJiammet  verborgen  (204),  verheschpet  verheiratet  (435),  verkabhem, 
•kabbom,  -kabohren  verbergen,  verstecken  (180,  219,  336,  353,  379,  389), 
vercapem  verscharren  (232),  verkattgen  begraben  (307),  verchawem  sich  ver- 
binden, Kameradschaft  machen  (413),  cerkawwem  vergraben  (332),  verkrennt 
verheiratet  (289),  vermalbischen  verkleiden  (219),  versargen  vergraben,  ver- 
bergen, aussichtslos  verhaften  (389),  versenken  vergraben  (415),  verschaberen 
vergraben,  verstecken  (202,  256,  273,  332),  verschmieren  verwahren,  bewachen 
(307),  verschatten,  verschüU  gehen  verhaftet  werden  (307,  319,  324,  336,  294, 
319,  324,  372). 

Die  Studentensprache  bietet  kein  Beispiel,  die  Soldatensprache  nur 
knöpfe,  tressen  verschwelten  „begiessen.  einweihen,  mit  Trinken  feiern'' 
(Hom  89). 


^)  Substantiv  zu  verziehen  „rings  herumziehen".    Vgl.  verzug  „Anzug" 
im  Bair.  (Schmeller  2,  1098). 


156 

Die  Verba  des  Sinnes  „versorgen,  vertreten"  erfordern 
eine  besondere  Behandlung  (vgl.  S.  143  Anm.  1).  Sie  gehen 
ebenfalls  teils  auf /awr-,  teils  auf /air- Typen  zurück  (S.  135). 

mnd.  Vormunden  bevormunden  (SchiUer-Lübben  5,  409  a),  vomötsakeHj 
-nötsinnen,  -notschuwen  mit  der  notf  einem  legitimen  Hindernis,  entschul- 
digen (415a),  'riden  umreiten,  reitend  besorgen  (425 a),  -scikewolden  ver- 
teidigen (428  b),  -stän^)  vertreten  (459  b),  -vortoorcten  befürworten,  vereinbaren 
(410  a). 

mhd.  verantwürten  verteidigen  (Lexer  3,  70),  -bürgen  bflrgen  für  (86), 
-gän  einstehen  für  (t09),  -hüeten  behüten  (134),  -munden  bevormunden,  leiten 
(183),  'phlegen  vertreten,  verbürgen,  versorgen  (193),  -raten ')  besorgen  (196), 
-schirmen  beschützen  (217),  -schützen  beschützen  (222),  -sargen  Vorsorgen, 
besorgen,  ausrüsten,  sicherstellen  (faur- 1242),  -stän^)  vertreten,  verteidigen, 
verbürgen,  verwalten  (247:  vürstän  611),  -tagedingen  vor  Gericht  vertreten 
(265),  -treten  eintreten  für,  verbürgen  (274),  -trcßsten  bürgen  für  (276),  -v&Uen 
fechten  für  (286),  -wachefi  bewachen  (291),  -walten  sorgen  für  (293),  -warn, 
-warten  behüten  (295,  296),  -wem  Gewähr  leisten  für  (303),  -wBsen  vertreten, 
versorgen,  verwalten  (305:  vürweser  618),  vürunirhte  Vertreter  im  gericht- 
lichen Zweikampfe  (618),  verzem*)  beköstigen  (317). 

nhd.  hebe  ich  verstehen  und  verwesen  hervor,  die  in  dieser 
Bedeutung  nicht  mehr  gebräuchlich  sind: 


*)  Scheidt  v.  Adel  p.  119:  de  dat  sulue  .  .  lant  .  .  üorriden,  regeren 
vnde  vors  tan  scal  (reitend  und  stehend  besorgen,  verwalten). 
Gott.  Urk.  I,  nr.  334:  ok  schal  W.  dat  gud  corschoten  unde  vor  st  an 
glik  anderen  unsen  medthorgeren   (einstehen  für,  Abgabe  ent- 
richten). 
Gosl.  Stat.  73,  21:  ok  mot  he  dat  mit  sineme  rechte  vor  st  an,  dat 

dat  also  were  (einstehen  für,  verbürgen). 
Gerh.  v.  M.  23,  53;    de  konnink  vragede,  wur  af  de  saiUheit  ome 

were,  dat  one  der  lowe  vorstunt  so  sere  (schützen). 
Magd.  Seh.  Chr.  1,  12:    wo  dusse  stat  geregeret  is  unde  vorestan 
wente  an  unse  tid, 
*)  Pass.  K.  103,  47:  wand  wir  niemannes  haben,  der  ez  (unser  rtchez 

gut)  hmne  verraten. 
')  Pass.  K.  592,  58 :  daz  die  jungen  rittet  solden  werden  und  mit  voUen 
werden  irre  vetere  stat  v  er  st  an  (vertreten). 
Mjst.  1.  179,  40:  si  hate  sich  gote  geldzen,  dar  umme  verstunt  st 
got :  der  sich  aber  selber  v  er  stet,  den  lezit  her  (beschützen). 
*)  Chr.  4.  310,  26.  29:  da  müszt  im  der  F fetner  geben  100  gülden,  die 
er  verzert  solt  hon;  das  was  mt  war,  wan  der  von  Helffenstein 
hett  in  verzert. 


167 

Lntb.  Ndr.  4  (Adel)  S.  14:  drum  geburt  einem  y glichen  Christen  das  er 
sieh  des  glauhens  annehm,  zuvorstehen  umd  vorfechten. 

Eeisersberg  postill  3,  84 :  sie  hatt  keinen  man,  der  sie  möcht  in  geruhten 
und  rechten  verston  oder  vertretten, 

H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  116:  darmit  sol  ich  mein  pfarr  verwesen  mit 
singen,  predigen  und  lesen. 

Pauli  schimpf  474:  er  hat  den  andern,  das  er  jn  wolt  verwesen. 

Ans  den  lebenden  Mundarten  kommt  hinzu: 

westföl.  veralimenteren  besorgen  (Woeste  289),  Schweiz,  verbannwarte 
Wald  überwachen  (Staub  1,  907),  hol  stein,  verhidden  verteidigen,  vertreten 
(Schütze  4,  301),  schwäb.  Verbargschafte  bürgen  für  (v.  Schmid  108),  sich  ver- 
deffendieren,  -diffendieren-,  -deffentieren  in  md.  und  ndd.  Mundarten  (Askenasy 
62,  Honig  191a,  Meyer  125  a,  Danneil  237,  Jecht  117,  Schütze  1,  214,  Frisch- 
bier 2,  429),  köln.  verexküseere  entschuldigen  (Honig  191b),  Schweiz,  verheisse 
bürgen  für  (Staub  2,  1685),  preuss.  sich  vermantenieren  sich  verteidigen  (Frisch- 
bier 2,  436),  Schweiz,  verpfrüende  versorgen  (Staub  5,  1290),  elsäss.  verran- 
sdUere  versorgen  (Martin  2,  273),  schle«.  verschätzen  beschützen  (Weinh.  hs. 
S  257),  Schweiz,  vertröste  bürgen  für  (Stalder  1,  309),  schles.  verwachen  be- 
wachen (Weinh.  hs.  W  22),  westfäl.  verwarborgen  verbürgen  (Woeste  297). 

Die  Vorstellung  „etwas  tun  für  jemanden  oder  etwas",  die 
diesen  Verben  zugrunde  liegt,  wird  in  veränderter  Bedeutung 
weiter  übertragen.  Wie  das  mhd.  verzern  „mit  Zehrung  ver- 
sehen, beköstigen"  (S.  156)  wird  ein  verhaden  „mit  Bad  ver- 
sehen, im  Bade  freihalten"  (Lexer  3,  70)  gebildet.  Jenes  ist 
noch  im  Schwab.,  Bair.,  Schles.,  Pomm.  und  Berl.  Dialekt  be- 
zeugt (v.  Schmid  546,  Schmeller  2,  1147,  Weinh.  hs.  Z  40, 
Dahnert  528,  Meyer  128  b)^),  dieses  im  Bair.  (Schmeller  1,  207). 
Das  Schweiz,  bildet  vertrinken  „mit  Trinken  feiern"*)  (Staub 
1,  909),  das  Bair.  einen  verstorbenen  vertrinken^  „auf  dessen 
Kosten  trinken"  (Schmeller  2,  668),  das  Preuss.  vertrinken  „beim 
Trinken  heiraten"   (Frischbier  2,  443).    Der  Schlesier  kennt 


^)  Die  Berliner  Redensart:  *n  mann,  derfrau  und  hinder  zu  verzehren 
hat  wird  jetzt  nicht  mehr  verstanden  und  als  scherzhafte  Verdrehung  anf- 
gefasst. 

*)  Ehenso  die  Soldatensprache:  die  Gewehrnnmmer  wird  vertrunken 
(,mit  Trinken  gefeiert'),  wenn  sie  mit  der  Begimentsnammer  übereinstimmt 
(Hörn  98). 

■)  Vgl.  einen  toteti  bevespern  (Hittmair  86). 


158 

verorgdn  »Orgel  spielen  für  jem."  (Weinh.-Palm  67).  Das 
Bair.  und  Eurhess.  gebraucht  den  hirten  verschütten  „für  ihn 
zum  Lohne  Getreide  hinschtitten "  (Schmeller  2,  489,  Vilmar 
375).  Darin  erkenne  ich  eine  offenbare  /air-Type,  da  noch 
die  Anschauung  ,,den  Hirten  mit  Getreide  umschütten'  hin- 
durchblickt. 

Die  Verba  verbüssen^  verdanken^  verdienen j  verlohnen,  ver- 
schulden, ursprünglich /air- Typen  (fair-  „rings  umher,  völlig*^, 
Ygl.  got  ßagk/atrhaüan  8.  li),  nähern  sich  dann  der  Auffassung 
„bässen,  danken,  dienen,  lohnen,  schulden  für  etwas'  und 
nehmen  die  Bedeutung  „vergelten"  an.    ahd.  Beispiele  fehlen. 

mnd.  Scheidt,  v.  Adel  p.  518  (a.  1503):  dat  gued  to  vor  mannen  vnde  to  vor- 

den  ende,   als  eyn  man  sinen  heren  pliMich  is  (Mannes-  oder 

Lehendienst  leisten  für  das  Gut). 
Cod.  Brdb.  I  2,  226:  ock  wil  wi  .  .  dit  gud  vordensten,  eft  se  dar 

denst  off  eschende  weren  (dass.). 
Hans.  Reo.  2,  306:   dat  men  en  dat  vorkoste  tmde  den  schadefi  vor- 

gudede  (Kosten  ersetzen  für). 
Eccles.  f.  5b:  God  wil  de  almese  wol  vor  Ionen  (lohnen  für,  belohnen). 
Cassel,  Urk.  S.  297  u.  Brem.  1,  486:   toy  en  highen  .  .  cd  vorvuUet 

tmde  vororzatet  mit  reden  penningen  (Ersatz  leisten  für). 
C'od.  Brdb.  I  1,  263:  ick  effte  myne  eruen  willen  sodan  gud  ok  hescer- 

men  vnnd  vorrossdinsten   (Dienste   zu  Rosse   leisten  für  das 

Lehen). 
Bar.  Urk.  32:  (pennincge)  de  wy  jarlic  vorschaden  mit  twdff  mark 

geldes  (Schadenersatz  geben  für,  verzinsen), 
mhd.  Böhm.  356,  3  (a.  1303):  der  sal  iz  ferhüeen  mit  der  baze  (büssen 

für,  vergelten). 
Iw.  282:  ich  verdienet  iemer  ofo  ich  sol  (vergelten). 
Weist.  5,91:  und  ouch  der  keller  damite  sin  lih  und  guot  dem  vogte 

verstüret  und  verdienstet  han  (Dienste  leisten  für).^ 
Wp.  s.  93:  die  koln  verlognen  (Lohn  geben  für,  bezahlen). 
Ernst  1269:  nu  gebt  mir  helfe  unde  rat,  daz  verschulde  ich  wie  idh 

sol  (vergelten). 
Nib.  156,  4:    Übe  ich  deheine  wile,  ez  toirt  wol  umb  iuch  versolt 

(dass.). 
nhd.  Wencel  Scherffer  ged.  9  (Drechsler  90):  bey  Gott  uns  zuverbüssen, 
Goethe  40,  62:  damit  er  seine  schweren  verbrechen  mit  schmdhlidiem 

tode  verbüsze  (büssen  für). 
H.  Sachs  1.  26,  37  Keller:    den  toil  ich  .  .  mein  leben  lang  preissen 

und  loben  .  .,  wo  ich  aus  schwacitheit  ihm  nit  genugsam  verdancken 

kan  (dafür  danken). 


159 

Logaa  S.  105-  Eitner  kl.  ansg. :  wer  dies  bei  hofe  hat  geihan,  was  man 
ihm  nicht  verdanken  kann  (danken  für). 

Goethe  9,  215:  das  dank  ich  dir  tmd  will  es  gern  verdanken, 

Simpl.  1.  76,  18  Kurz:  dasz  ich  solches  um  ihn  nicht  meritiret,  noch 
hinwiderum  au  verdienen  wisse  (vergelten). 

H.  Sachs  8.  25,  22  Keller:  solch  sein  grosz  wolthat  zu  verlohnen, 
so  ihut  man  biüich  sein  verschonen. 

Lessing  7,  147:  das  verlohnte  sieh  der  müJie  (das  lohnte  sich  für 
die  Mühe). 

Lnth.  br.  1,  518:    wiewohl  ich  zu  gering  bin  solches  fleisses  zu  ver- 
schulden. 
Der  Bergmann  sagt:    die  zeche  verbauet  sich   „bringt   die  nötigen 
Kosten  selbst  auf,  baut  sich  frei**  (Jacobsson  4,  503,  Veith  518). 

Nach  diesem  Master  bildet  sich  seit  mhd.  Zeit  die  ziemlich 
frachtbare  Grappe  versteuern  „Geld,  Steuer  entrichten  für 
etwas*  aas^). 

mnd.   Nies.  Beitr.  2,  216:  so  sal  myn  ervent  dat  suken  vnd  vorherweden 
(Heergewette  zahlen  für). 

Livl.  Urk.  nr.  1713:  dat  .  .  dat  gut  .  .  nicht  vwrandert  en  wert,  nicht 
en  dorve  vorpunden  {puntgelt  entrichten  für). 

Cod.  Brdb.  I  24,  418:  die  (hufen)  schollen  sy  glike  vorpuntschoten 
(Pfondschoss  geben  für). 

Gott.  Urk.  I  nr.  334:  ok  schal  W.  dat  gut  vor  schoten  unde  vorstan 
(Schoss  zahlen  für). 

Brem.  Denkb.  180:  dat  .  .  weszen,  .  .  kom,  mel  offte  mold  rechte  vor- 
tziset  werde  (Akzise  entrichten  für). 

Wiechm.  altn.  mekl.  lit.  2,  55 :  wes  auerst  ein  jeder  vorhen  an  renten 
edder  eygendom  vnbeweMyker  guder  vorungeldet  .  .,  darf  he 
nicht  noch  eins  betauen  {ungdd  entrichten  für). 

Old.  Urk.  V.  1566:  dk  heft  he  dat  (stuck  landes)  nycht  vorwinkopet 
(Weinkanf  entrichten  für). 
mhd.  Mone  z.  17,  441  (a.  1385):  die  güeter  vermhtigen  {ähte  entrichten  für). 

Weist.  1,  438:  die  sollent  och  betfri  ßin.  Was  er  uberiges  hat,  das 
seil  er  verbeten  als  ein  amder  unsers  herren  arm  man  {bete  ent- 
richten für). 

Weist.  5,310:  und  soUe  die  schwein  verdehenden  (den  Zehnten  ent- 
richten für). 

Weist  1,  141:  die  gut  von  ainem  heren  .  .  emphahen,  verzinsen  und 
vererschatzen  {erschaz  entrichten  für). 

Mb.  17,  218:  ein  guot  vergalten  {jgiüte  entrichten  für). 


')  Ich  gebe  die  Belege,  weil  die  Gruppe  besonders  eigenartige  Bildungen 
aufweist,  versteuern  in  dem  Sinne  „etwas  als  Steuer  entrichten''  gehört  zu 
den  /ra- Gruppen  (vergeben). 


160 

Weist.  4,  1:  item  vnd  sol  ouch  yegklicher  sin  gvtei  verhüben  jn  einer 

jors  frisi  {huobreht  entrichten  für). 
Weist.  5,  424:  so  manig  mal  sol  das  (guoi)  verhuoprecht  werden 

von  ieglichem  erben  (dass.). 
Erf.  fzo.  319, 14  :  verlehenrehten,  verlehenwarn  {lehenreht,  lehen- 

wäre  entrichten  für). 
Mone  8,  36:    waz  verleichauft  toirt  dcus  sol  chrafi  haben  {Utkouf 

entrichten  für). 
Prag.  r.  12,  19.   Np.  16:  Verlosungen  {lösunge  entrichten  für). 
Kaltb.  72,  11:  vermuten  (Maut  bezahlen  für). 
Gengl.  379  (a.  1380):  die  güeter  verrehten  und  verschozeen  (anter 

eidlicher  Versichemng  versteuern). 
Weist.  1,  32:  damit  hat  er  sin  erbe  .  .  einem  rechten  erbe  verschätzet 

(schajs  entrichten  für). 
Urb.  B.  529:  ez  suln  auch  di  münzer  allez  daz  silber  verslahschatzen, 

daz  si  chauffent  (slegeschaz  entrichten  für). 
Urb.  78,  21:    der  selbe  hof  vervogtstiuret  sich  selber  (Vogtsteuer 

entrichten  für). 
Alem.  6.  238,  44:  verwachen  (wahtgelt  entrichten  für). 
Weist.  1,  313:  reban,  dbölle,  knobloch  .  .  daz  sol  er  vercehendon 

(den  Zehnten  entrichten  für). 
Pass.  K.  487,  77:  so  solden  si  in  der  geschieht  sie  v er z enden  alle 

—  ie  den  zenden  in  der  schar  ertöten  (den  zehnten  Mann  als  Ab- 
gabe für  die  Schar  dahinraffen). 
Trist.  8729:  ich  Mn  daz  wip  verzinset  mit  dem  libe  (Leben  als  Zins 

gezahlt  für  das  Weib). 
Part.  B.  687:  sin  leben  vil  Hure  wart  verzollet 
nhd.  Adelung  vers.  4,  1369:  sein  vermögen  verabschossen  (Abgabe  ent- 
richten für). 
Birlinger  alem.  wb.  157  b :  item  so  sollen  zugleich  pauren  und  söldtner 

jeder  2  schwein  verhürtlonen  (Hirtenlohn  geben  für). 
Qotthelf  leid.  u.  freud.  eines  schulm.  136:   wir  andere  waren  hie  und 

dort  verkostgeldet  (für  uns  war  Kostgeld  gegeben). 
Eisen.  Archiv  (Thal)  1765:    die  halbe  wiese  vor  35  fl,  meisn,  w.  zu 

verlehnr echten  und  zu  verabzugen   (Lehengabe  und   Abzug 

entrichten  für). 
Scherz  -  Oberlin   1771:    aber  alle  andere  geistlichen  .   .  sollen  jeder 

hundert  marck  mit  dreiszig  Schilling  verschossen  (Schoss,  Abgabe 

entrichten  für). 
Maaler  432  c:  acker,  den  man  versteüret  hat :  s^er  census. 
Luth.  24.  501,  18  W.:  gibt  er  (Acker)  yhm  m'cftto,  so  darf  er  mdiis 

verzehenden  (Zehnten  entrichten  für). 
Bechius  Agricola  (1557)  62 :   der  könig  oder  fürst,  diewdl  man  jhm  alle 

metallen  mfisz  verzollen,  Ictsset  er  sich  gwonlichen  vom  zotenden 

vemügen  (Zoll  entrichten  für). 


161 

Die  lebenden  Mundarten  fQgen  manches  binzu: 

Schweiz,  verdbgabe  (Staub  2,  56),  verammlöne  =  verkostgelde  Kostgeld 
geben  für  (3,  1293),  veranlage  (3,  1164),  Salzburg,  veranleiten  (Weber  611), 
bair.  veraufsMagen  Aufschlagsteuer  für  das  Yieh  bezahlen  (Schmeller  2,  517), 
Schweiz.  verer9chatze  (Staub  1,  907),  verfalle  Steuer  entrichten  für  (1,  758), 
bair.  gut  verfreien  Freigeld  zahlen  für  (Schmeller  1,  814),  Schweiz,  verhalbe 
Halben  zahlen  für  mietweise  Einstellung  des  Viehs  (Staub  2,  1170),  sächs. 
verhufte  rittergüter,  von  denen  Grundsteuer  und  Ritterpferdgelder  gezahlt 
werden  (Weber  613),  Schweiz,  verimme  versteuern  (Staub  1,  224),  verin- 
teressiere  verzinsen  (1,  357),  vergeleite  Geleitsgeld  entrichten  für  (3,  1492), 
verlobe  das  Gelobte  zahlen  für  (3,  995),  verlöne  Taxe  entrichten  für  (3, 1294), 
holst,  vermatten  Mahlmetze  entrichten  (Weber  614),  Leipz.  venwurken  Bier- 
marken geben  für  (Albrecht  229, 234),  preuss.  vermeteen  Hetze  vom  Schefifel  dem 
Müller  als  Mahlgeld  bezahlen  (Frischbier  2,  436),  schwäb.  vermiltem  Müller- 
lohn geben  für  (v.  Schmid  385),  Schweiz,  verpfände  Pfand  geben  für  (Staub 
ö,  1146),  pomm.  versaJcen  Stück  Vieh  für  den  von  ihm  angerichteten  Schaden 
hingeben  (Weber  615),  brem.  verschatten,  -schotten  prozentweise  Schoss 
geben  für  (wb.  4,  682),  Schweiz,  gut  verschnitze  (Staub  1,  907),  pomm.  ver- 
tinsen,  vertoUen  (Dähnert  528),  elsäss  verungelte  verzollen  (Martin  1,  216), 
Schweiz,  verseise  verzinsen  (Seiler  115),  brem.  verzisen  Akzise  entrichten  für 
(wb.  5,  315). 

Die  Bergmannsprache  gebraucht  vemeunten,  verquatembem,  versamkosten, 
verzubussen  den  Neunten,  Quatembergelder ,  Samkosten,  Zubusse  entrichten 
für  (Veith  532,  533,  534,  543). 


Im  Anscbluss  an  die  Type  verbinden  entwickelt  sich  in 
jüngerer  Zeit  eine  allgemein  instrumentale  Gruppe  der  Bedeu- 
tung ,  versehen  mit  etwas  ^,  aus  der  wir  nicht  mehr  gut  eine 
lokale  Anschauung  ^vor^  (fawr-)  oder  , umgeben,  einfassen, 
überziehen,  durchsetzen^  (f<^^')  herauslesen  können,  unter 
diesen  Bildungen  sind  einige  nicht  ganz  klar.  Die  meisten 
aber  lassen  sich  durch  &e-Eomposita  wiedergeben^).  In  der 
heutigen  Sprache  fiberwiegen  die  &e-Eomposita  in  instrumentaler 
Verwendung. 

mnd.  vorbenken'^  Verkaufsbänke  einrichten,  mit  V.  versehen  (Schiller- 
Lfibben  5,  313b),  vorgesten  als  Gast  aufnehmen  (354a),  vorhanttekenen  mit 


*)  be-  geht  wie  got.  fair-  auf  eine  lokale  Grundform  zurück  (vgl.  gr. 
ifiift :  niQ(  und  S.  57  Anm.). 

^  Lüb.  Z.  R.  277:  nemandt  schal  mit  vnbillichem  vihpflegen  edder  vor- 
benckent  dem  andern  schaden. 

Leopold,  Die  Vorsilbe  ver-  11 


162 

Handzeichen  versehen  (361  b),  vorheren,  'herst^ien,  -hersehojppen  beherrschen 
(366),  varolien^)  mit  der  heiligen  Ölung  versehen  (416  a). 
mhd.  Frankf.  a.  1412:  der  capellä/n  stet  mir  zu  veratnpien  (mir  steht  das 
Becht  za,  den  Kaplan  in  sein  Amt  einzusetzen /mit  Amt  zu  be- 
gaben ?) «). 
Np.  270  (15.  Jahrb.):  das  hier  vereimert  Mn  geben  („in  Eimer  ge- 

fasst*',  eimerweise). 
Tuch.  72,  13:  mit  hoU  versehen  und  verhanden  sein  (=  vorhanden 

vorhanden)  *). 
verantwiirten  beantworten  (Lexer  3,  69),  -Imrcr&Uen  ein  guot  mit  bwrcrM 
begaben,  in  rechtliches  Verhältnis  zum  hwrcrM  bringen  (86),  -iren  mit  be- 
ehren, beschenken  (107),  -geleiten  mit  Geleite  versehen,  begleiten  (111),  -ger- 
haben  bevormunden  (113),  -güeteirt  mit  Qfltem  belehnt,  begütert  (120),  -herren 
mit  Herrn  begaben  (129),  -lainkenieren  Flanken  des  Bosses  mit  Decken  be- 
hängen (152)  ^),  'Uhenen  belehnen  (157),  ^munden  bevormunden  (183),  -phrOenden 
mit  Pfrttnde  begaben  (194),  -solden  besolden  (241) "),  -vorsprechen  mit  Anwalt 
versehen  (291),  -wäfenen  bewaffnen,  ausrüsten  (291),  -toenden  ausstatten, 
schmücken  (301),  -zimieren  mit  rittermässigem  Schmucke  versehen  (321). 
nhd.  H.  Sachs  Ndr.  193/199  S.  123:  also  hah  ich  verantwort  dir  zv  danek 
dein  frag  (beantworten). 
H.  Sachs  Ndr.  31/32  S.  67 :  nimb  hin  die  schuch,  ich  dich  verehr!^ 
Wickram  pilger  2,  38:  eA  dann  ich  komm  zur  kirchen  hin,  in  wddhe 
idh  verhir speit  bin  (ins  Kirchspiel  einbeziehen)'). 


^)  Ben.  127:  de  hrancken  vorolien. 

')  Lexer  3,  68  übersetzt:  , gehört  meinem  Amtsbezirke  an**.  Diese  Aus- 
legung verstehe  ich  nicht. 

*)  Die  Verbindung  mit  versehen  führt  offenbar  zur  Übertragung  der 
instrumentalen  Bektion  auf  verhanden  (vgl.  Lexer  3,  124). 

^)  Während  das  Stammwort  sonst  die  Tätigkeit  bezeichnet  oder  den 
instrumental-assoziativen  Begriff  enthält,  gibt  es  hier  die  Objektsbestimmung 
an  (tanke). 

')  Anders  Chr.  4.  64,  17:  sie  sotten  den  pund  mit  12  spiez  versölden 
(durch  Sold  versehen  mit). 
Hier  bezeichnet  das  Stammwort  das  Mittel  oder  Werkzeug  für  die  asso- 
ziative Bestimmung. 

*)  Von  den  Verben  des  Gebens  (fra-)  beeinflusst,  nimmt  dann  verehren 
in  der  Bedeutung  „schenken"  deren  Bektion  an: 

Logau  S.  636  gr.  ausg.  Eitner:  Lyeus  kann  die  sacken  ridhten,  ioann 
er  gleich  kein  theil  gehört;  dieser  hat  gerechte  sache,  der  am  meisten 
ihm  verehrt 

'')  Holstein,  verkaspetn  „im  Kirchspiel  umher  werfen^  (Schütze  4,  303) 
zeigt  deutlich  das  Gepräge  der  fair -Type.  Dann  nimmt  es  die  Bedeutung 
„  vergeuden  **  an. 


163 

Pestalozzi  2,  268:    ihm  seine  schulden  und  güt&r  eu  übergdfen,  und 

sich  hei  ihm  zu  verleihdingen  (mit  Leibgeding,  einer  Bente  auf 

Lebenszeit,  versehen). 
S.  Münster  cosm.  1321:  die  pf äffen  werden  versoldet  von  dem  kmig 

(besolden). 
Agricola  sprichw.  738:  wol  verwapnet  (gewaffnet). 
Lnth.  24.  314,  34  W.:  das  sind  die,  so  nadi  dem  heiligen  Euangdio 

mit  dem  geist  verzeichnet  werden  (bezeichnen). 

'  Aus  den  lebenden  Mundarten: 

Schweiz,  bair.  verhurgeret  eingebürgert  (Staub  4, 1585,  Schmeller  1,  277), 
brem.  veriren  zu  Ehren  bringen  (wb.  1,  312),  prenss.  eine  Ohrfeige  geben 
(scherzhaft,  Frischbier  2,  430),  bair.  verfilrsprecht  (reden)  mit  Anwalt  ver- 
sehen (Schmeller  2,  698),  Schweiz,  verfrit  berechtigt,  privilegiert  (Staub  1, 
1266)«  Schweiz,  bair.  vergeleite,  -glaiten  begleiten  (Staub  3,  1492,  Schmeller 
1,  1530),  schles.  verhaft  mit  behaftet  mit  (Weinh.  hs.  H  8),  Schweiz,  verliebt 
beliebt  (Staub  3,  990),  vemachpv/rt  benachbart  (4, 1522),  elsäss.  verpfarrt  ein- 
gepfarrt  (Martin  2,  138),  Schweiz.  verpfrOendet  mit  Pfründe  begabt  (Staub 
5, 1290),  vervogte  mit  Yogtei  begaben  (1,  710),  verwiMed  mit  vielen  Winkeln 
(SeUer  114). 


Der  weitaas  grösste  Anteil  an  den  nach  dem  Master  rer- 
binden  (S.  137  ff.)  geprägten  Bildungen  gebührt /a»r-,  and  nach- 
dem wir  S.  58—134  in  erster  Linie  /atir-,  daraaf /awr-  in  Ver- 
bindung mit  fair"  betrachtet  haben,  wenden  wir  uns  nun  zur 
Besprechung  der  einzelnen /atr-Gruppen.  Ich  beginne  mit  einer 
Zusammenfassung  der  in  der  Aufzählung  S.  143 — 155  vor- 
kommenden Gruppen  und  schliesse  einige  nahe  stehende  an,  sie 
an  charakteristischen  Beispielen  erläuternd. 

fair'  mit  der  Grundanschauung  ,,rings  umher"  (vgl.  S.  13  ff.) 
ergibt  die  Bedeutungen  a)  ,,umfassen,  einfassen,  zusammenfassen 
—  b)  ausmessen,  richtig  messen  —  c)  überziehen*  (vgl.  S.  135  ff.). 
Auf  der  Anschauung  „der  Reihe  nach,  durch  und  durch"  (S.  14) 
beruhen  die  Gruppen  d)  „durchziehen,  vermischen,  vereinigen  — 
e)  verschränken,  durchqueren  —  f)  verfestigen,  verwirren".  Hierzu 
bieten  uns  mhd.  unter-  und  durch-  ^)  Komposita  Parallelbildungen. 


^)  Das  mhd.  hat  die  Freiheit  zu  sagen:  ein  Kleid  mit  Zieraten  ver- 
setzen, durchsetzen,  und  er  setzen,  -slahen,  -sniden,  -weben,  -würken  (s.  Lexer). 
mhd.  «ruier-Komposita  stehen  neben  ver-Bildungen  der  gleichen  Bedeutung  in 
folgenden  Gruppen:  a) ,, versperren,  verhindern'' :  uifiderbinden  trennen  (Lezer  2, 

11* 


164 

unter-  (lat.  iwfer-)*)  bedeutet  „zwischen,  mitten  in,  durch  und 
durch«  (ahd.  utOar  Graff  1,  380  f.,  mhd.  under  Lexer  2,  1777  f.). 
Dass  die  Bedeutung  „durch"  zu  idg.  *per(i)  gehört,  zeigt  das 
weit  verbreitete  lat.  per  (vgl.  auch  S.  14—16).  Einzelne  eigen- 
artige t;er-Eomposita  werden  uns  erst  durch  solche  vergleichende 
Betrachtung  verständlich*). 

d^favr-  in  den  Bedeutungen  „umfassen,  einfassen,  zusammen- 
fassen*' veranschaulichen  am  besten  die  Bildungen  verfangen, 

1780),  wnderbrechm  (1781),  -dringen  (1783),  -gän  (1784),  -graben,  -gHfen 
(1786),  -houwen,  -hamen  (1787),  -legen  (1789),  -laufen  (1790),  -nBmen  (1792), 
-reden,  -riten  (1794),  -sagen,  -schaffen  (1795),  -scheiden  (17%),  -schicken  (1798), 
-schranc,  -sd^röten  (1799),  -schüten  (1800),  -slahen  (1801),  -«licÄan,  -sliesen, 
-sUfen,  -sniden  (1802),  -spr^cÄen,  -^ngen  (1803),  -s*dn  (1804),  -s«o^€n  (1805), 
-swingen  (1806),  -treten,  -trtben,  -trinnen,  -tuen,  -vc^ien  (1808),  -vam  (1809), 
-toürken,  -eiehen  (1813),  -mtmen,  -zwischen  (1814) ;  ß)  „unterschlagen,  hintergehn^ : 
undergän  (1784),  -graben  (1786),  -sZo^en  (1801),  -slirfen  (1S02),  -stözen  {18(tö); 
y)  .festsetzen,  verbinden":  ttnderbindm  (1780),  -dingen  (1783),  -scheiden  (1796), 
-s^'cX:en  (1805),  mnd.  undersetten  (Schiller -Lübben  5,  35  a),  -truwen  (38  a). 

Auch  die  Bedeutung  „rings  herum''  teilt  es  mit  fair-:  mhd.  underlouchen 
(1790),  -reifen  (1794),  -vazzen  (1810).  Dass  es  sich  stellenweise  mit  faur-  I 
berührt,  wird  uns  nicht  Wunder  nehmen:  undersagen  mitteilen,  verbieten 
(1795),  -sehen  ansehen,  Vorkehrungen  treffen  gegen  (1800).  Deswegen  bleibt 
für  versagen,  versehen  doch  faur-  I  die  nächstliegende  Erklärung  (vgl.  S.  58). 

^)  Abweichend  von  Paul  wb.  489  ff.  führe  ich  die  meisten  untrennbaren 
un^- Komposita  auf  die  Bedeutung  „unter,  zwischen"  (lat.  inier),  nicht 
„unterhalb"  (lat.  infra)  zurück. 

')  So  vermitteln,  verschieden,  versiahen  „unterschlagen",  vermitteln  hat 
mhd.  (Lexer  3,  181)  einerseits  die  Bedeutung  des  Simplex  mittdn  (1,  2188): 
„in  die  Mitte  stellen,  in  der  Mitte  sein"  und  die  entgegengesetzte:  „hindernd 
dazwischentreten"  (3,  181).  Durch  die  ParaUele /atr- ;  under-  (mhd.  under- 
mittel  „intennedium",  undermitteler  „intermedius"  2,  1792)  in  der  Bedeutung 
„zwischendurch"  wird  uns  der  Doppelsinn  verständlich,  verschieden,  erst 
nhd.  bezeugt  (DWB.  1074),  werden  wir  als  Part,  zu  verscheiden  „sterben" 
schwerlich  begreifen  (ebd.);  als  Nebenform  zu  mhd.  underschiden  „dazwischen, 
unter  sich  geschieden"  (Lexer  2,  1798)  bietet  es  dem  Verständnis  keine 
Schwierigkeit,  unterschlagen  bedeutet  „ zwischenschlagen ,  zwischenstecken" 
(mhd.  Kell.  erz.  105,  28:  die  vlaschen  under  denmantel  versiahen).  Hierher 
auch  Schweiz,  verschiän  „eine  Zwischenwand  schlagen"  (Staub-Tobler  1,  911). 
mnd.  vorbarmen  „erbarmen"  (Schiller-Lübben  5,  310b)  neben  mhd.  under- 
harmunge  (Lexer  2,  1780)  bedeutet  vielleicht  „in  den  Schoss  nehmen"  (vgl. 
barm  Lexer  1,  129  f.).  Doch  bleibt  diese  BUdung  nicht  ganz  klar.  Das 
Schweiz,  und  Schwab,  gebraucht  noch  verbarme  ( Staub -Tobler  4,  1595, 
V.  Schmid  44). 


165 

verfassen,  vergreifen,  verseteen.  Auch  mit  dieser  Gruppe  kon- 
kumeren  fre-Eomposita.  Heute  sind  beide  durch  anschaulichere 
Präfixe  in  unfester  Komposition  ersetzt. 

ahd.  0.  V  23, 122:  w%Ho  ie  alfirfdhit,  ther  sich  Mar  iru  nähit  (umfangen). 

N.  I  273,  26  F.:  uuir  Hgen  ddnne  driv  uuört  ferudngen  mit  zwm 

(dass.). 

mnd.  Hans.  Bec.  ü',  S.  417  (a.  1441):    de  siede  acholden  den  heren  van 

Halsten  mede  in  dat  bestant  vorvangen  (umfangen,  einbegreifen, 


Mflnst.  Chr.  2,  218:  mit  mer  andern  arUculen  .  .  ,  in  de  veder  to 
verfaten  (umf&ssen,  abfassen). 

Westphal.  3,  33:  de  kercken  in  fredsamheit  tho  vorbidden  wnd  vor- 
Seiten  mit  eirheiden,  lUeinodien  und  boekeren  (ausstatten,  ver- 
sehen mit)')- 

Lüb.  Pass.  f.  30  c:    let  se  gan  to  den  goUsmeden,  dat  se  se  (stene) 
schulden  vorslan  laten  (einfassen). 
mhd.  Ernst  2667:  der  sterbe  si  $6  gar  vervienc,  daz  ir  keiner  genas  (um- 
fangen). 

Chr.  5,  216  Anm.  1 :  mügen  sy  avff  demselben  gnmt  der  mewr  daz  ir 
wol  wyder  verfahen  mit  tüUen  oder  mewren  (einfriedigen). 

Ls.  2.  231,  776:  der  paias  was  vervangen  in  ein  dach  (einfassen). 

Halt.  1845:  einer  antwori  die  m  Schriften  verfangen  wtere  (zu- 
sammenfassen, verfassen). 

Mh.  1,  42:  die  rate  haben  sich  mit  im  ains  anlas  wellen  vervaezen 
(sich  zusammenfassen,  vergleichen). 

Mone  z.  26,  23  (a.  1439):  ich  bin  in  der  gOeUichen  taiding  vergriffen 
worden  (einbegreifen). 

Msh.  3,  468  aa:  rubin  wart  nie  in  goldes  sein  versetzet  noch  in 
helfenbein  (einsetzen). 

Apoll.  4058:  vongolde  und  edel  gesteine  dar  inne  vil  versetzet  lägen 
(einfassen). 

Msh.  3,  249a:   wol  verslagen  waren  in  ir  gürtel  beiden  samt  (be- 
schlagen), 
nhd.  Fronsperger  kriegsb.  1, 167  a:  das  das  hriegsvoUk  nahe  beisamen  ver- 
fangen,  ais  nur  an  eim  oder  zweien  havffen  halten  theten  oder 
solten  (zusammenfassen). 

Thumeisser  archidoxa  61:  ir  älcoran  vil  gsatz  v  er  facht,  die  hier  on 
nott  zu  melden  sind  (umfassen,  einbegreifen). 


>)  Bei  Schiller -Lübben  5,  444a  fälschlich  als  v&rsetUn  , fördern"  auf- 
gefasst.    Vgl.  hierzu  S.  166  Anm. 


166 


Luth.  br.  2,  360:  im  pöbbel,  welches  gar  ein  wanhelmtUMg  Ihier  ist, 

ißo  es  nUht  verfasset  ist,  und  gewisz  wird,  wo  es  stehen  soU  (zu- 

sammenhalten,  einschränken). 
Luth.  4,  49  (DWB.  311):   üt  der  predigt  van  der  tauff  im  evangelio 

sind  verfasset  mancherlei  menschen  (umfassen,  einbegreifen). 
Opitz  1,  24:  weil  ...  er  alle  andere  der  weUcörper  in  sich  hegrieffen 

und  verfasset  hat  (einbegreifen). 
Logau  1120  (Weinh.  hs.  F  25) :  eiwre  Ummelsgaben  .  .  sind  verfasat 

und  spielen  weit  durch  das  gold  der  frömmdgkeit  (einfassen). 
Simpl.  1.  264,  27:  die  rechte  .  .  christliche  rdigion  der  heiligen  schr^t 

.  .  gemäs»  schriffHUch  verfassen  (zusammenfassen,  abfassen). 

Fronsperger  kriegsb.  1,  57  a:  item  der  hriegsherr  soll  sich  insonderheit 
verfaszt  machen  mit  frommen,  getreuen  Unten  (eingefasst,  aus- 
gerflstet,  versehen  mit)^). 

Opitz  ps.  49:  schau  auf  meine  feinde  hin,  die  sich  mit  gewait  ver- 
fassen (sich  rüsten  mit). 

Maaler  420  a:  vergriffen  werden  in  der  saal  der  säUgen :  in  nnmero 
beatorum  accipi  (einbegreifen). 

Benchlin  augensp.  10,  1 :  damit  idi  desselben  Pylhagoras  mainung  mit 
kurtse  worten  vergreiff  (zusammenfassen). 

Fronsperger  kiegsb.  2  vorr. :  über  welche  alle  hat  erst  bei  unserer  votier 
zeit  Bobertus  Valturius  eehen  bücher  lateinisch  vergriffen  (=  ver- 
faszt). 

Fischart  gl.  schiff  122:   gleich  wie  ein  gstein  im  ring  ser setzt  (ein- 


Uhland  volksl.  1,  53  (Cotta):    du  edler  ameHst,  der  du  in  meinem 

herzen  so  tief  versetzet  bist. 
Kramer  deutsch -italien.  dict.  2,  768  b  (1702)  im  DWB.  1786:  blumen 

versetzen  in  einen  kränz  (einflechten,  einordnen). 
A.  Gryph.  Ndr.  3  (Horr.)  S.  51:  sehet  welch  eine  treffluhe  ketU  mit 

diamanten  versetzet  (ringsum  besetzt)^). 
Lohenst.  Soph.  (1689)  S.  71 :  mit  schmaragd  versätzt  die  deiche. 


^)  £s  wechselt  hier  die  lokale  Anschauung  mit  der  instrumentalen 
Funktion.  Beide  berühren  sich  in  der  Bedeutung,  sind  aber  in  der  Sektion 
voneinander  verschieden:  einen  edelstein  in  den  ring  setzen  —  den  ring  mit 
dem  edelstein  besetzen.  Der  eine  Fall  führt  die  Handlung  anschaulich  vor, 
der  andere  fasst  das  Ergebnis  ins  Auge,  indem  die  lokale  Bestimmung  ins 
Objekt  und  das  frühere  Objekt  in  die  instrumentale  Bestimmung  verwandelt 
wird.    Diese  Rektion  zeigt  ver-  schon  im  got.  (S.  10) : 

Matth.  27,  60:  faurwalwjands  staina  mikUamma  daurons  :  ngwxxvXiaaq 
Udav  (liyav  rj  d'VQa. 


167 

In  der  heutigen  Schriftsprache  ist  diese  vielseitige  Ver- 
wendoDg  eingeschränkt.  Sie  kennt  verfassen  (Verfasser  ^  Ver- 
fassung) nnr  noch  als  „schriftlich  abfassen^.  Die  Grundbe- 
dentung  ^amfassen,  enthalten,  einbegreif en^  hat  verfassen  noch 
im  Schweiz.  (Staub  1,  1061),  vergreifen  im  Schweiz,  (ebd.  2, 
716),  und  Bair.  (Schmeller  1,  990),  „schriftlich  abfassen"*  eben- 
falls im  Schweiz,  (a.  a.  0.);  dazu  vergriff  „fibersichtliche  Dar- 
stellung, Inhalt,  Inbegriff,  Umfangt  (Staub  2,  711,  Schmeller 
1,  991:  dieweä  jedwedes  amt  seinen  geeWk  und  vergriff  hat), 
vergriff  lieh  „bfindig^,  unvergrifflich  „unbegreiflich^  (Staub  2, 
716,  721).  Können  wir  hieraus  ein  vergreifen  =»  begreifen  er- 
schliessen,  so  lässt  sich  fiberhaupt  die  parallele  Entwickelung 
mit  be-  verfolgen:  befangen,  befassen,  begreifen  „umfangen,  um- 
fassen, enthalten^  (Hittmair  50,  49,  211),  „erfassen,  ergreifen^ 
(180,  71,  72,  vgl.  got.  fairgreipan  S.  14).  Der  instrumentale 
Gebrauch  sich  verfassen  mit  (s.  oben)  erinnert  an  sich  befassen, 
befangen,  begreifen  mit  (H.  203,  204,  207),  dazu  verfasst  „vor- 
bereitet, versehen^  im  Schweiz.  (Staub  1,  1061).  Das  preuss. 
sich  verfassen  „sich  zusammennehmen^  (Frischbier  2,  430)  er- 
klärt sich  aus  der  Grundbedeutung.  Über  versetgen  vgl.  S.  170  f. 

b)  Die  Gruppe  vermessen  „rings  umher  messen,  ausmessen, 
richtig  messen^,  in  mhd.  Zeit  recht  ausgedehnt,  bewahrt  heute 
nur  noch  einige  nicht  mehr  durchsichtige  Ausdrficke  in  den 
Berufsprachen.  Ihre  Bildungen  sind  meistens  1^- Kompositen 
gewichen. 

mhd.  Pass.  K.  267,  39:   dö  er  nach  wülen  den  boum  verhieb  (zuhauen, 

behauen). 
Msh.  2,  390b:    min  kunet  vermiseet  mht,  wie  liuhtet  hmet  (aas- 

messen,  ermessen). 
Gen.  D.  160,  32:  hei,  wie  si  sich  vermaegen,  do  ei  (mf  dei  roa  ge- 

saegenH). 
Ealtb.  153,  5  (a.  1404):  dm  vbüUskr  eu  dem  rechten  vermiesen. 
j.  Tit.  1910:  diu  kröne  ist  so  vest,  sie  wart  noah  nie  verrüeret  (be- 

rflhren). 
Prag.  r.  39,  58:  gewant  In  der  eilen  versniden  (aasschneiden). 
Swsp.  26,  19:  versniteniu  lachen  ze  kleidem  (zuschneiden). 


^)  Etwa  ,sich  getrauen,  entschlossen  sein*',  noch  ohne  den  üblen  Neben- 
sinn,  zu  dem  su^  vermessen  sonst  übergeht;  vgl.  auch  nhd.  S.  168. 


168 


Havör  10,  13:  nu  h&t  er  sie  vertagt  mit  füeaen  und  mü  henden 
(nmt&sten,  betasten). 

Tnch.  260,  55.  261,  1:  verzollen  (mit  dem  Masstabe  abmessen,  Lezer 
3,  322). 
nhd.  Schiller  9,  212:  seinen  gdntrtsort  nadi  Mosul  oder  Assyrien  eu  ver- 
legen (hinlegen,  ansetzen). 

Goethe  12,  214:  verleg'  sie  sich  auf  neuigkeiten. 

Logan  1.  76,  1:  so  ohne  mass  den  wein  vermessen. 

H.  Sachs  Ndr.  39/40  S.  95:  Gredt,  ich  kirn  änderst  nicht  vermessen, 
denn  das  dein  man  sey  gar  besessen  (ermessen,  erachten). 

H.  Sachs  Ndr.  39/40  S.  20:  (2^  ertsney  iüü  ich  mich  vermessen,  eud^ 
bey  mir  bhaltn  die  aderlasz  (sich  getrauen). 

Adelang  versuch  4, 1503:  die  haare  verscheeren,  den  köpf  verscheeren. 

Hesek.  44,  20:  sie  .  .  soUen  die  har  umbher  verschneiten. 

Gttnther  1088:  gleich  den  v er schnittnen  jaden  (beschnitten). 

Goethe  33,  281:  nach  Sitten  und  theaterconveationen  und  nach  aufge- 
flickten Statuen  natwr  und  Wahrheit  zu  verschneiden  und  eimu- 
gleichen  (zustutzen). 

Schupp  schrfft.  S.  207  (Gedenks):  lerne  Gottes  weissheit    siehe  wie  er 
"      äUes  so  hünsüich  und  ordentUch  versetzt  habe  (richtig  hinsetzen) 

Weckherlin  ged.  81  (1648):  dessen  muth  .  .  sein  stoltzes  hertz  . .  auff 
seine  macht  .  .  versetzet  und  verlasset. 

Goethe  15.  1,  67:  du  freust  dich  so,  dasz  dich's  in  schweisz  versetzt. 

Aas  den  lebenden  Mundarten  und  Berufsprachen: 

pomm.  vermeten  ausmessen  (Dähnert  524),  bair.  verschneiden  nach  der 
Elle  verkaufen  (Schmeller  2,  568),  berl.  verwiegen  wiegen  (Meyer  128  b). 

Von  den  Berufsprachen  liefert  die  Berg-  und  Httttensprache  den  reich- 
sten Beitrag:  vermessen  gibt  sie  durch  vermarkstatten  (Yeith  531),  versdiinen 
(535),  verschnüren  (536),  verziehen  (542)  wieder;  verhauen  durch  Atshauen 
herstellen  (523).  Der  Winzer  verfMut  den  Weinbeerkuchen  (^zuhauen*  Allg. 
Haush.-Lez.  569).  verlegen  „zurechtlegen"  ist  technischer  Ausdruck  bei  ver- 
schiedenen Gewerben :  der  Seidenwirker  verlegt  die  Kette  (Jacobsson  4,  520), 
der  Bergmann  Hölzer^)  (Yeith  526),  der  Weidmann  Tüchernetze  (Kehrein 
(306).  land  vermessen  ist  Ausdruck  der  Feldmesskunst  (DWB.  864),  soihen 
verpassen  geläufig  in  der  Militär  spräche ').  Der  Wasserbauer  nennt  verpeilen 
das  Messen  der  Grundtiefe  mit  dem  Senkblei  (Jac.  4,  523).  Die  Stücke  einer 
Säule  und  Steine  werden  in  der  gehörigen  Ordnung  versetzt  (Jac.  4,  528,  529) ; 
der  Glaser  versetzt  die  Scheiben,  der  Gärtner  die  Beete  im  Garten  (DWB.  1286). 


>)  Feldbefest.-Yorschr.  (1893)  S.  21:  sind  deckhölzer  .  .  vorhanden,  so 
können  sie  .  .  verlegt  und  nachträgUeh  unterhöhlt  werden, 

')  Dieses  verpassen  erhält  dann  durch  Übertragung  in  der  Gaunersprache 
die  Bedeutung  „verkaufen"  (Kluge  rotw.  487);  in  der  Soldatensprache  wird 
sich  etwas  verpassen  euphemistisch  für  „stehlen"  gebraucht  (Hörn  81),  einen 
sat/^tund  verpassen  scherzhaft  für  „gerügt  werden"  (ebd.  137). 


169 


c)  Die  Gruppe  „überziehen,  verkleiden  mit^  ist  in  die  Auf- 
zählung S.  143  ff.  völlig  einbezogen.  Sie  umfasst  hauptsächlich 
die  Ausdrücke  aus  den  Berufsprachen,  die  bedeuten  „einen 
Stoff  mit  einer  Schicht  überziehen".  Die  Bezeichnung  dieser 
Schicht  gibt  gewöhnlich  das  Stammwort.  Das  früheste  Bei- 
spiel dieser  Gruppe  ist  as.  fersüveran  (S.  142). 


d)  Die  Gruppe  „durchziehen,  vermischen,  vereinigen"  zeigt 
fair-  im  mhd.  besonders  häufig  im  Wechsel  mit  durch-  und 
Mit^^-Eompositis  ^). 

ahd.  Gl.  IV  147  a  uernatweräen  :  mam, 

mnd.  Somma  Joh.  93 b:  hrentze,  spangen,  vorhowen  scho  vnde  cUder,  de 
kostUk  sint  (zur  Zierde  aufgeschlitzt). 
Lüb.  Z.  R.  487:  idt  achdü  nein  schwort  lackenn  vor  med  et,  nein  ffroen 
vortootoet  werden,  idt  si  denne  ihovome  gesiedet  (mit  mede  and 
wow,  roter  und  gelber  Farbe,  bearbeiten,  versetzen). 


')  Vgl.  Lexer  1,  478  flf.  2,  1779  ff.  3,  67  ff. 
mhd.  durchgimmen 
durdihouwen 


durMegen 

durchmischen . 

durchnt^en 

dwrchseteen 

durchslaJien    : 

durdisniden    : 

durchstemen  : 

durchvcLchen  : 

durchwahsen  . 
durchwehen 

durdiwieren   : 
durckwünnen : 


underhouwen  : 

underlegen 

undermischen 

underseUsen 

(Pass.230,10) 

underslahen 

(Gerb.  2928) 
undersniden 


undervachen 
underwahsen 
underwiben 

underwieren 


durckwürken  :  imderwwrken 

dwrchsuhen    : 
durcheieren 


vergimmen   mit  Edelsteinen  besetzen. 

verhouwen   verzierend    auslegen,    auf- 
schlitzen, 
verzierend  auslegen,  durch- 
legen. 

vermischen  vermischen. 

vernähen      durchnähen,  durchsticken. 

verseteen      durchsetzen,    auslegen  mit, 
einsetzen. 

versiahen     durchsetzen,    besetzen,    be- 

(Msh.3,249a)    schlagen. 

versniden     zur  Zierde  aufschlitzen,  aus 

(Apoll.  3740)    versch.  Stoffen  schneiden. 

verstemen    mit  Sternen  schmücken. 

vervachen     abteilen,  geordnet  einfügen. 

verwahsen    durchwachsen,  verwachsen. 

verweben      durchweben,  einweben,  ver- 
weben. 

verwieren     durchlegen,  durchwirken. 

verwwia       mit  Wonne  durchdringen  — 
wonnevoll. 

verwiäTken    durchwirken^     durchweben, 

einfassen. 
verziehen    durchmischen,  vermischen. 
verzieren    verzieren. 


170 

mhd.  Mone  quell.  1,  410:  d&r  roc  wm  gesHcket  und  verhouwen,  das  man 
den  fhamasck  wol  dar  durch  sach  (zur  Zierde  aufgeschlitzt). 

Np.  258  (15.  Jahrh.):  gefärliche  gemechte,  verlepperung  und  Ver- 
mischung der  wein. 

Engelh.  2ö«S4:  .  .  (Hsö  riUerlidie  wät  .  .  H  wären  beide  wol  vernät 
(benäht,  durchstickt). 

Tucher  haushaltbuch  76.  106  (Schmeller  2,  612):  verschrotten  werk  : 
Holzschnitzerei. 

Apoll.  3740:  dig  (gezdt)  was  versniten,  daz  was  val  (aus  verschie- 
denen Stoffen  geschnitten,  bunt). 

Frankf.  brgmstb.  a.  1449  (Lexer  3,  240):  einer  hat  rot  versnitselt 
kogel  (mit  Rot  untermischt,  verschnitten). 

Wölk.  13.  3, 10:  wan  sich  die  nacht  versternet  (mit  Sternen  durch- 
setzen,  schmücken)^). 

Frl.  Ml.  24,  3:  wer  kan  des  zomes  haazec  dwnst  versünnen  (durch- 
sonnen, sonnig  machen). 

Np.  244:  unverwassert  (nicht  mit  Wasser  vermischt). 

Wölk.  27.  2,  19:  ach  hertzenlieh,  nü  ist  sein  nit  ain  halbe  stund,  das 
wir  verwunt  uns  teten  zesammen  preysen  (wonnevoll). 

Ug.  438  (a.  1441):  ein^wise,  die  sire  verwochsen  gewesen  ist  (durch- 
wachsen). 

Ot.  442  a:  von  gestein  und  von  golde  sin  wäpenkleit  was  verwiert. 

Parz.  3,  17:  swer  in  den  h'anken  messinc  verwurket  edeln  ruJbin 
(hineinwirken). 

Np.  138,  259,  61,  66:  hier,  safran,  wein  verziehen  mit  (durcfaein- 
andermischen). 

In  der  nhd.  Schriftsprache  ist  von  diesen  Bildungen  fast 
nur  noch  versetaen  gebräuchlich.  Aber  auch  dieses  ist  dem 
Untergänge  nahe,  da  es  nicht  mehr  verstanden  wird. 

Maaler430a:  verschrottne  oder  versetzte  arbeit  machen,  eingelegte 

arbeit :  vermiculari. 
Scheffel  Juniperus  16  (1883):  weil  ich  .  .  speise  und  trank  mit  den 

schwarzen  beeren  versetzte  (durchsetzen,  vermischen). 
Freytag  ges.  w.  6,  82:   über  dem  boden  schwd^te  noch  der  dämmer, 

welcher  das  licht  der  deutschen  sonne  . .  mit  feinem  grau  versetzt 


^)  Das  Bild  ist  vom  Kleide  übertragen,  ähnlich  frei  dann  vermtnnen, 
vetwunnen  gebildet;  vgl.  mhd.  beswmen,  bestemen  (Hittmair  89,  102),  nhd. 
sich  beseelen  (213).  Diesen  Weg  verfolgt  im  nhd.  Tieck  weiter  mit  der  gar 
nicht  zu  umschreibenden  BUdung  verseelen: 

nov.  kr.  4,  260:  wie  die  zartesten  geister  fwr  bluvMm  oft,  wemn  sie 
erbliM  sind,  sich  ablösen,  und  durch  die  liebe  der  m>ens<hen,  wenn 
diese  ihnen  entgegentritt,  sich  höher  verseelen. 


171 

Hörike  3f  233  (Hesse):  man  kann  ein  kühn  braten,  .  .  auUen,  ver- 
achiedenHieh  versaucen,  spicken  (mit  Sauce  durchsetzen). 

Pfeffel  poet.  vers.  1,  167:  schade,  dasz  ick  meinen  gasten  sein  feit 
nicfU  audi  ver  spicken  kann  (durchspicken,  mit  Speck  durchsetzen). 

versetzen  hält  sich  noch  mit  einigen  synonymen  Worten  in 
der  Efichensprache: 

Davidis-HoIIe  prakt.  Kochbuch  (1904)  S.  134:  .  .  verkocht  diese  meM- 
schmtse  mit  kräftiger  fleischextrdkIbouiUon. 

ebd.  S.  77:  .  .  verrührt  sie  (suppe)  dann  mit  zwei  in  ein  glas  wein 
verquirlten  eidottem^). 

ebd.  S.  70:  die  suppe  .  .  mit  säk  versetzt 

Die  Suppe  mit  Grün  verschneiden  kann  ich  aus  dem  Schles.  (Breslau) 
bezeugen.  In  den  verschiedenen  Berufsprachen  bedeutet  versetzen  (verschnei- 
den, verstechen)  , Stoffe  chemisch  verbinden,  untermischen,  durchsetzen'. 
Farben  versetzen  oder  verreiben  heisst  sie  , mischen,  ineinander  übergehen 
lassen*  (Jacobsson  4,  529).  Der  Küfer  verschneidet  oder  verstieht  einen  Wein 
mit  einer  anderen  Sorte,  um  ihm  Farbe  oder  Blume  zu  geben,  „ein  nicht  zu 
den  Fälschungen  zählendes  Hilfsmittel  ^ ').  Dagegen  hat  versetzen  üblen 
Nebensinn:  , geringeren  Weinen  Sprit  beimischen,  um  ihnen  den  fehlenden 
Gehalt  zu  geben'  *).  Anders  das  bremische  Wb.  4,  890  und  das  holsteinische 
von  Schütze  4,  142,  bei  denen  auch  verschneiden  ein  Entwerten  des  Weines 
bedeutet*).  Diese  beiden  Mundarten  gebrauchen  auch  verpulsken,  -pSUschen 
vom  Pantschen  und  Fälschen  des  Weines  (brem.  wb.  3,  374,  Schütze  3,  241). 
Das  Westerwäldische  (Schmidt  309)  versteht  unter  versehneiden  allgemein 
.unerlaubten  Gewinn  machen*.  In  der  Militärsprache  versetzt  man  Raketen 
und  andere  Feuerwerkskörper  mit  der  Ladung  (Eggers  kriegslex.  2,  1212  im 
DWB.  1286).  Adelung  (DWB.  1287)  führt  an:  das  Kupfer  zu  den  Glocken 
mit  Zinn  versetzen,  das  Haar  ist  mit  Grau  versetzt.  Nach  Jacobsson  4,  529 
nennt  der  Lohgerber  versetzgrube  die  „Kuffe,  worin  man  die  Schmalleder  mit 
frischer  Lohe  treibet  oder  zu  Kräften  kommen  lässt*,  versatz  des  leders  die 
zweimalige  Durchsetzung  der  Häute  in  der  Lohgrube;  versatz  des  zinnes 
nennt  der  Zinngiesser  den  Zusatz  zum  Zinn  (524).  Das  Steirische  und  Bair. 
verwendet  ein  aus  dem  Slovenischen  stammendes  Wort  verweissen,  -weisseden 
für  .Speisen  mit  Fett  würzen*  (Lexer  254,  Schmeller  2,  1030).  Der  Nieder- 
sachse nennt  mit  Kraut  gewürzte  Speisen  verkrOderd,  -krüed  (brem.  wb.  2, 


^)  Der  Frankfurter  liebt  kUeserehen  mit  roAm  eiern  fein  verkleppert 
(Askenaay  128). 

')  P.  M.  Blüher:  Meisterwerk  der  Speisen  und  Getränke,  Leipzig  1901, 
n  2010  b. 

*)  Ders.:  Rechtschreibung  der  Speisen  und  Getränke.  Alphabetisches 
Fachlezikon,  Leipzig  1899,  S.  294  b. 

*)  Vgl.  auch  Kladderadatsch  vom  14. 1. 1906:  versehnitterlied  (pfälzisch), 
^s  ist  ein  ver  Schnitter  Sartonus,  er  weisz,  wein  blume  haben  musz . . . 


172 

883),  der  Preusse  mit  Masern  durchsetztes  Holz  vemiasert  (Frischbier  2,  436). 
Das  Köln,  kennt  verafndljameere  „vermischen"  (Honig  190  a). 

Zu  der  Bedeutung  „vereinigen^  gehören  insbesondere  die 
Ausdrücke  für  verwandtschaftliche  Beziehungen,  verwandt  selbst 
allerdings  ist  anderer  Herkunft  ^).  Die  Ausdrücke  für  versöhnen 


<)  Paal  wb.  516  b  sieht  „  zugewandt  **  als  Gmndbedeatung  an.  Tat- 
sächlich stammt  verwandt  wie  verkehren  mit  „ Umgang  haben''  ans  der  Ge- 
schäfts- und  Handelssprache.  Beiden  liegt  fair-  in  der  Bedeutung  «rings 
umher,  hin  und  her''  (vgl.  S.  14  f.)  zugrunde.  Mit  wem  man  sich  hin  und  her 
kehrt  oder  wendet,  mit  dem  ist  man  verwandt,  d.  h.  in  (zunächst  geschäft- 
lichen) Beziehungen.  Seit  nhd.  Zeit  werden  dann  diese  Beziehungen  auf 
Blutsangehörigkeit  und  Yerschwägerung  im  besonderen  angewandt,  doch 
kommt  noch  im  jüngeren  nhd.  und  in  den  lebenden  Mundarten  die  alte  Ver- 
wendung vor. 
mnd.  Westphal.  3,  137:  ee  worden  syne  vorwanten  (subditi). 

ebd.  3,  175:  dem  koninge  van  Dennemarcken  vor  wandt  (regis  Dano- 

rum  fautores). 
Wiechm.  I  S.  81:  de  van  Lubecke  mit  eren  vorwanten  (Verbündeten). 
Jev.  Urk.  v.  1572:  mit  einem  ede  vorplichtet  und  vorwant  eyn. 
mhd.   Cp.  48  (Lexer  3,  301):  die  in  den  aachen  verdächt  und  verwent  sein 
(beteiligt). 
Np.  57  (ebd.):  gesipte  und  verwante  freunde. 
nhd.  Chron.  23.  232, 16 :  allen  derselben  sundem  personen  und  sunst  menigk- 
lich  diser  sacken  verwandt. 
ebd.  381,  20:  der  gaistlichait  verpflicht  und  verwandt. 
ebd.  203  Anm.  2:    irer  pflicht,  damit  sie  ainem  erbem  rat  verwant 

gewesen  sein,  ledig  gezelt. 
ebd.  181,  6:  das  den  thomherm  der  merer  tau  eugeherig,  underwirflidk 

und  mit  lehenschafft  verwandt  ist  gewesen. 
ebd.  391,  8:  jeden  bürgern,  inwonem,  seshafftigen  und  iren  verwanten 

(Bedeutungsübergang !). 
Innsbrucker  Urk.  v.  1574  bei  Kluge  rotw.  108:  dann  aUe  so  in  irer 

gesettschaft  verwont,  die  hunen  die  sprach  Botwelsch. 
H.  Sachs  16.  41,  17  Keller:    wer  war  verwant  in  diser  socAP   und 

was  war  der  frawen  geschehen?  (beteiligt), 
ebd.  15. 181,  35:  dergleichen  auch  Israel  das  hause  triebe  nU  gar  und 
gentzlich  aus  in  dem  lande  die  Cananiter  .  .  sonder  Hessen  ihr  vü 
verwand  hin  und  wider  bleiben  im  land. 
Goethe  bei  Paul  wb.  515  b:    was  .  .  einigermassen  mit  der  Uteratur 
verwandt  ist. 
Jetzt  freiUch  fassen  wir  solche  Stelle  fälschlich  so  auf,  als  ob  ein  FamiUen- 
verhältnis   darauf  übertragen  wäre.     Brem.-niedersächs.  verwandt  „in  Ge- 
schäftsverbindung stehend,  angehörig "  (wb.  5,  228),  henneberg.  westerwäld. 


173 

werden  wir  wohl  als  „in  Eintracht  zusammenbringen"  aus- 
legen und  hierher  stellen  können,  soweit  nicht  das  Präfix  (faift- 
oAer  fra-)  nur  den  schon  im  Stammworte  liegenden  Sinn  ver- 
stärkt wie  bei  mhd.  versüenen  (Lexer  3,  257)  und  vertragen 
(273)  oder  eine  einfache  Denominativbildung  vorliegt  wie  bei 
verebenenj  -einbtsren,  -einen,  -einigen,  -geliehen,  -rihten,  -slihten 
(102,  103,  104,  111,  203,  234). 

Dagegen  möchte  ich  hierher  ziehen  mnd.  vorvrentschappen,  -wunden 
freandschaftlich  schlichten  ( Schiller -Lübben  6,  494);  mhd.  sich  vergünsten 
mit  sich  aassöhnen  (121),  -kotnen  übereinkommen  (147),  -minnen^)  gütlich 
aasgleichen,  versöhnen  (180),  sich  vervazzen  mit  sich  vergleichen  (286), 
-vriunden  freandschaftlich  verbinden  (290),  sich  venoilleküm  mit  freiwillig 
ein  Abkommen  treffen  (308).  Aas  den  nhd.  Mandarten  ist  henneberg. 
westerw&Id.  sich  verhombardHren  sich  vertragen  (Spiesu  265,  Schmidt  289), 
Schweiz,  verf runden  befreanden  (Staab  1,  1306),  bair.  verfreundet  verwandt 
(Schmeller  1,  822)  and  Schweiz,  verminnig  gütlich  (Staab  4,  315)  anzaführen. 

Diese  Gruppe  wird  besonders  anziehend  dadurch,  dass/ro- 
Typen  in  sie  eingegangen  und  dadurch  doppelsinnig  geworden 
sind.  Sie  bedeuten  zugleich  „auseinanderziehen*^  und  „inein- 
anderfügen" (trs.),  „auseinanderfliessen**  und  „ineinander  fiber- 
gehn^  (intr.).  So  bezeichnet  der  Maler  das  richtige  Ausein- 
anderziehen und  Ineinanderfiberführen  der  Farben,  das  richtige 
Abstufen  nach  Licht  und  Schatten  als  Verblasen,  verschiessen, 
verschnehen,  vertreiben,  verwischen  (Jacobsson  4,  504,  526,  527, 
535,  536)*).  Dann  verlieren  sich  (ebd.  521),  verschtneUen  oder 
t?er5CÄ«wmtw^  die  Farben  ineinander^.  Ähnlich  wird  verstreichen 
gebraucht. 


„darch  Geldschuld  gefesselt  an  einen''  (Reinwald  2, 135:  er  ist  mir  noch  mit 
100  totem  verwandt,  Spiess  270,  Schmidt  313).  Bair.  Schmeller  2,  944  „in 
Berührang  stehend^  beteiligt^. 

^)  Mz.  1,  226  (a.  1286):  man  sei  kiesen  zwene  man,  die  si  verminnen. 
verminnen  mit  der  entgegengesetzten  Bedeutung  jjentzweien**  s.  S.  125. 

')  Lessing  8,  36:  ist  aber  dieses  verschieseen  .  .,  diese  sctwoächung 
oder  stufenweise  Verringerung  des  lidUs  tmd  der  färbe  nicht  eine 
folge  einer  wöhJbeachteten  perspective? 
A.  Springer,  Kunstgesch.  34,  485:  er  .  .  vertreibt  die  töne  mit  der 
gröszten  sorgfaU,  so  dass  die  hiidfiäche  wie  aus  einem  gusse  er- 
scheint. 
*)  Die  Kunst  her.  R.  Mather  Bd.  34  S.  7:  ich  sehe  färben,  die  ineinander 
verschmelzen,  oder  flachen,  die  ineinander  überg^ien. 


/ 


174 

verschiffen^)  ist  Kunstausdruck  in  der  Sprachwissenschaft 
und  Metrik  {verschleifte  silben,  vokalverschleifung  oder  -verschmd- 
eung:  „Erasis^),  verschlangen^)  in  der  Stenographie:  „Laute, 
Silben,  Buchstaben  ineinanderschleifen,  -schlingen".  Der 
Schneider  verschlingt  das  Knopfloch,  indem  er  die  Nadel  durch 
die  Schlinge  des  Fadens  steckt  („durch-,  um-,  zusammen- 
schlingen" Jac.  4,  527).  Diese  und  ähnliche  Bildungen  sind  in 
kunstmässiger  Erzählung  sehr  anschaulich^. 

e)  fair-  in  der  Anschauung  „durch  und  durch"  (S.  163)  er- 
gibt die  Bedeutung  „fiberkreuz,  fiberquer",  ffir  die  verschränken 
das  Muster  bildet.  In  dieser  Verwendung  tritt  der  Parallelis- 
mus von /a»r-  und  unter-  („zwischen")  Kompositis  besonders 
deutlich  hervor  (vgl.  S.  163  Anm.  1).  verschränken^  meist  als 
„mit  Schranken  umgeben,  einschränken"  aufgefasst,  kann  auch 


ebd.  S.  9:  die  konturen  m  ein  sfumato,  ein  raudUges,  duftiges  ver- 
schwimmen aufguHösen. 

C.  H.  Stratz,  Schönh.  d.  weibl.  Körp.®  S.  147:  hei  schmalem  Unterkiefer 

geht  das  fettpolster  gleichmässig  in  das  des  halses  über,  so  dass 

wir  das  verstreichen  der  unterkiefertovnkd  als  voreug  hetracMen 

müssen. 

*)  Starke  and  schwache  Form  gehen  bei  schleifen  schon  mhd.  dorchein- 

ander.  Dieses  verschlingen  ist  nicht  mit  der/ra-Type  verschlingen  ^hinanter- 

schlingen"  zu  verwechseln. 

>)  Thümmel  6,  732:  freilich  hatten  seine  beiden  ersten  berichtiger  gern 
verschiedene  der  maiereien  .  .  .  reUmdhirt,  einige  verschliffen, 
andere  wM  gar  vernichtet  (abschleifen  —  zusammenschleifen). 

Goethe  23,  44:  ich  war  versunken,  verschlungen  in  das  wunder- 
lichste verlangen. 

Goethe  2b,  23:  sie  . .  hatte  etu}€is  natürlidnoOrdiges  in  ihrem  beiragen, 
das  in  eine  angenehme  Weichheit  verschmolz, 

Bürger  ged.  119  Sauer:  o  götterwerkl  mit  weicher  harmonie hier  geist 
in  leib  und  leib  in  geist  verschwebet 

J.  Paul  flegelj.  3,  145:  er  könnte  den  eisenfang  seines  windofens  eu 
seinem  brennenden  namenrgug  v  er  schweifen  und  ringdn  lassen. 

Goethe  33,  210:  wie  uA  ganz  in  melodie  verschwamm. 

Fichte  grundz.  d.  g.  Zeitalters  530:  eine  .  .  eur  eihheit  des  denkens 
verflossene  gemeine  (über-,  ineinanderfliessen). 

D.  y.  Liliencron  Poggfred  2,  19:  bis  die  wiükommengrusee  vertonen 

in  ein  mächtiges  gedieht  (zu  tönen  aufhören  —  tönend  übergehn 
—  zusammentönen). 


176 

„mit  Schranken  darcbziehen,  dnrchqaeren^  bedeuten.  Nur  diese 
Bedeutung  hat  sich  erhalten. 

mhd.  Nib.  1916,  3:  ja  ist  aU6  verschrenket  diu  Etzden  tür. 

Pass.  K.  683,  7:  so  noü  diu  gir  die  hüscheit  mir  verschrenken  (ein- 
schränken). 
Msh.  3,  196a:  wie  si  .  .  verseht enkent  ianees  trit  (überschränken, 

ineinanderschränken). 
Wölk.  12.  2, 10:  jpil  Ulmen  vand  ich  amen  tarn,  köstlich  verschranckt, 
von  freuMn  klug  *). 
nhd.  Fronsperger  kriegsb.  1,  47  a:   wo  .  .  die  läger  mit  einer  wagenbwrg 
oder  sonst  mit  eim  OMffgewo/rffnm  wdll,  tarn,  oder  graben,  umbgeben, 
und  verschrenckt  werden  (amschränken). 
Opitz  1,  129:  mit  hecken  gante  verschrenckt, 
Lohenstein  Sophonisbe  89  (5,  365):  die  götter  haben  noch  m<ht  aUen 

trost  verschrencket*). 
Goethe  9,  314:  verschränkt  in  trUbsinn,  krankheit,  menseherihasa. 
ebd.  23,  öO:    ländliche  Wohnungen  .  .  zusammengezimmert  aus  ver- 
schränkten halken, 
ebd.  26,  169 :  die  lebhafUgkeit,  womit  ich  die  hüder  grfaszt  hatte,  die 
gewalt,  womit  ich  sie  aussprach,  hoben  alle  hindemisse  einer  ver- 
schränkten wortsteüung  (Chiasmns). 
Goethe  an  Schiller  279:   nachmittags  verschränken  wir  unsere  be- 
suche (machen  sie  ttberkreuz). 
Schäfer,  Baukunst  des  Abendlandes  (Göschen  Nr.  74)  S.  145:  die  einst 
so  klar  .   .  geführten  sireben  und  fiUdlen  werden  vielfach  ver- 
schränkt und  verschnörgelt,  überschneiden  sich. 
Der  Weidmann  gebraucht  verschränken,  wenn  der  Hirsch  eine  Fährte 
mit  verschränkten  Beinen  macht  und  wenn  dem  gefangenen  Wilde  die  Beine 
kreuzweise  gebunden  werden  (Kehrein  309).    Der  Bergmann  verkreuzf)  und 
verquert*)  den  Schacht  (kreuz  und  quer  durchfahren,  Yeith  524,  533).    In 
Tielen  Mundarten  ist  verquer  gebräuchlich  mit  dem  Sinne  ,quer",  dann  zu 
schlechtem  übergehend  ,  verkehrt'  (Schambach  265,  Jecht  117,  Frischbier  2, 
430,  Meyer  127  b),  dazu  die  ndd.  Nebenformen  verdwer,  verdwär  (Danneil  237, 


')  Nach  diesem  Muster  prägt  derselbe  Dichter  die  anschauliche  Bildung 
ncft  verhenddn  „sich  mit  verschränkten  Händen  fassen'': 

Wölk.  48.  1,  6:  w6  ewai  an  ainem  schconen  rei  sich  muetüsUch  ver- 
hendelt  hän, 
')  In  der  Gaunersprache  bedeutet  verschrencken   „verweisen''   (Kluge 
rotw.  169,  190). 

*)  Auch  in  der  nhd.  Schriftsprache  nachzuweisen: 
Auerbach  leben  2,  248:  wie  man  die  verkreuzte  diplomatische  intrige 

selbst  dem  einfachen  sinn  des  Volkes  eingeimpft  hat. 
*)  Vgl.  mhd.  vertwerhen  quer,  verkehrt  gehn  (Lexer  3, 


176 

Frischbier  2,  430),  verdwas,  vor&was  (ebd.,  Brem.  wb.  1,  282)  und  verdwaiseh 
(Friscbbier  2,  430).  Ähnlich  gebraucht  das  Brem.-Nieder8ächs.  verwend  ,yer- 
kehrt,  linkisch"  (wb.  5,  229).  Das  Kölnische  fügt  dazu  scherzhaft  verplex 
atAtt  perplex  (Honig  193 b);  ebenso  die  Aachener  Mundart  verplex,  verpleUft 
(MüUer-Weitz  255). 

f)  Die  Gruppe  „verfestigen,  verwirren"  berührt  sich  am 
engsten  mit  /our- Typen  und  ist  in  der  Aufzählung  S.  143  ff. 
sehr  zahlreich  vertreten.  Die  ahd.  Belege  für  verschnüren,  ver- 
walken y  verwinden,  verwirren  finden  sich  auf  S.  142.  Bezeich- 
nend für  die  /air-Type  ist  mhd.  sich  vervähen  „sich  verwickeln 
in",  in  übertragenem  Sinne  „unternehmen,  übernehmen",  im 
Wechsel  mit  sich  undervähen^): 

mhd.  Such.  46,  52:  jeumo  fratoen  sich  der  reis  verviengen, 

Gudr.  1061,  3:  wiltu  daz  din  vrouwe  der  dienste  mht  eine  entuo,  so 

solt  du  dich  vervähen  der  dienste  ze  dller  stunde. 
Lob.  3460:  er  undervie  sich  mit  im  vrdgens  dräte. 

Unter  dem  Einflüsse  von  Verben,  deren  Stammwort  schon 
zu  üblem  Nebensinn  neigt,  wie  verwirren,  erhält  diese  ganze 
Gruppe  leicht  einen  Stich  ins  Schlechte,  den  die  lebenden 
Mundarten  wesentlich  verstärken.  Von  dem  deteriorierenden 
ver-  soll  weiter  unten  zusammenfassend  gehandelt  werden. 

In  den  folgenden  Gruppen  verleiht /atr-  intensive,  frequen- 
tative,  durative  und  resultative  Bedeutung  („rings  herum, 
völlig").  Am  anschaulichsten  ist  das  Intensive  bei  den  Verben 
„ein-,  auf-,  volladen"  und  „einen  Platz  besitzen,  sitzend  ein- 
nehmen", letztere  nur  aus  den  nhd.  lebenden  Mundarten  zu 
erschliessen. 

g)  mhd.  verbacken  aufpacken  (Lexer  3,  70),  -laden  belasten  (151),  -tränken 
volltränken  (274),  -vliezen  yollfliessen  (288),  -vüllen  vollfttllen  (291). 

Ans  den  nhd.  Mundarten :  götting.  verfüOen  ausfüllen  (Schambach  261), 
eis.  sieh  verkröpf e  sich  satt  essen  (Martin  1,  523),  brem.  verladen  ein-,  auf- 
laden (wb.  6,  161),  Bchles.  verlosten  belasten  (Weinh.  hs.  L  25),  preuss.  ver- 
stickstacken  Fächer  beim  Fachwerkbau  ausfüllen  (Frischbier  2,  442);    die 


^)  ahd.  untarfähan  in  derselben  Bedeutung  bei 

0.  III  14,  9:    tme  druhtin  selbo  thdra  giang,  ein  vrib  er  ie  untar- 
fiang,  si  ganz  sih  ihdna  fuorta,  so  sliumo  siu  nan  rüarta 
legt  Kelle  Gloss.  647f.  fälschlich  als  „hindern"  oder  „entreissen*'  aus. 


177 

Hflttensprache  gebraucht  verladen  mit  Palver  laden  (Veith  524),  Schweiz. 
cerhockty  veistän  Platz  sitzend,  stehend  einnehmen  (Staub  2,  1124;  1,  908), 
sich  vertun  breit  sitzen  (Stalder  1,  280),  bair.  versitzen^)  besitzen  (Schmeller 
2, 348:  ist  der  platz  schon  versessen?  war  alles  schon  versessen  heym  wirth). 

Diese  Ausdrücke  neigen  zu  üblem  Nebensinne: 

Schweiz,  verbaste  überladen  (Staub  4,  1779),  brem.  verladen  Überladen 
(wb.  6,  161),  schles.  verlosten  überlasten  (Weinh.  hs.  L  25),  Schweiz,  sich 
verlege  sich  unanständig  hinlegen  (Staub  3,  1188),  brem.  sidi  verteen  sich 
unanständig  aufführen  (wb.  5,  41),  hamb.  holst,  sik  verdoon  sich  breit  machen, 
grosstun  (Richey  36,  Schütze  232).  Hierher  gehört  auch  Schweiz,  vergrigge, 
vergraue  auseinanderspreizen  (Staub  2,  727,  823),  schwäb.  sich  vergrattlen 
sich  durch  Ausspreizen  die  Beine  verrenken  (v.  Schmid  421),  eis.  ver^rattele, 
-spreitle  auseinanderrecken,  versprattelt  breitbeinig  (Martin  2,  562),  strassb. 
ncA  verspraddle  Arme  und  Beine  nachlässig  ausstrecken  (Schmidt  112), 
Schweiz,  sich  verstelle  sich  gespreizt  hinstellen  (Staub  1,  906). 

Abgeblassto  Intensiva  sind  einige  besonders  der  nhd. 
Schriftsprache  geläufige  Bildungen : 

mnd.  Eichtst.  Lehnr.  Prooem.  §  1:  dat  de  man  edder  de  here  sik  vormudet 
dat,  des  nicht  sin  scal  (trachten), 
mhd.  vergunnen^  -günsten,  -günstigen  vergönnen  (Lexer  3,  121),  -handeln 
handeln,  tun,  reü.  sich  zutragen  (124),  -meinen  meinen,  denken,  wollen, 
hoffen*)  (176),  -merken  bemerken  (178),  -mtden  meiden,  unterlassen  (179), 
-missen  missen,  nicht  erreichen  (181),  -schonen  parcere  (217),  -sieden  völlig 
sieden  (227),  -spam  sparen,  schonen  (243),  -stän^)  stocken  (247),  -stellen, 
-stillen  zum  Stehen  bringen,  stillen  (250,  252),  -strceten  Einhalt  tun,  stillen  (254). 

Im  nhd.  geht  vermtUen  „den  Sinn  richten  auf,  trachten 
nach*  zu  der  Bedeutung  „meinen,  annehmen*  über*),  dem 
schon  mhd.  belegten  vermerken  tritt  verspüren  an  die  Seite  ^). 
verfügen  verordnen  „völlig  fügen,  ordnen"  nimmt  den  Sinn  „ge- 
bieten"   an  und  nähert  sich  damit  den  /aur-Typen  S.  118  flf. 


')  Hierher  ahd.  Gl.  II  88  verlegena :  siti. 

mnd.  Lüb.  Urk.  5,  S.  463  (a.  1414):  des  Tieren  man  .  .  .,  dar  he  under 

vorsetten  is  (ansässig). 
*)  Bei.  1660:    ich  wetz  7iiht,  toaz  ir  vermeint.    Nicht  mit  vermeinen 

„verbannen,  verderben"  zu  verwechseln  (Lexer  3,  176)! 
»)  W.  V.  Rh.  138,  11:  dö  verstuont  daz  hluot  vil  gar. 
*)  nhd.  Luth.   1,  147b   (DWß.  899  a):   ein  hippenhub,  der  allein  die 

leute  vermutet  zu  schmähen  (trachten). 
Lessing  1,  623:    sie  konnten  nicht  vermuthen,  tote  sehr  micli  ihr 

Unglück  über  das  meinige  hinaus  setzen  würde  (annehmen). 
*)  Simpl.  2,  4  Kurz:   Simplex  ins  mare  del  Zur  wird  geführet,  da  er 

sehr  selzame  saehen  verspühret, 

Leopold,  Die  YorsUbe  ver-  12 


178 


Im   Schweiz,   ist  vermtiäe   noch   als    „vorhaben*'    gebräuchlich 
(Staub-Tobler  4,  586). 

Zu  diesen  Intensiven  sind  ausser  den  nhd.  Impersonalien  vervrumen 
frommen,  -vüegen  passen  (Lezer  3,  290),  -zimen  geziemen  (321)  die  Bildungen 
verlangenj  verdriessen  u.  ähnl.  zu  rechnen.  Sie  werden  ursprünglich  ebenfalls 
unpersönlich  gebraucht  und  neigen  zu  üblem  Nebensinne  (vgl.  S.  177).  ver- 
langen geht  erst  nhd.  zu  persönlicher  Konstruktion  über, 
mnd.  Josef  7  Tods.  3244:  de  vp  grotetne  gude  vorhwngem,  vnde  vp  dat  gud 

also  vorlungeren  (lüstern  verlangen  nach), 
mhd.  Wölk.  XV.  1,  9:  der  seit  mich  nit  verdrös^). 

Trist.  6226:  und  v  er  duckte  in  sere  das  Tristan  so  vaste  nach  dem 

kämpfe  sprah  (übel  dünken). 
Engelh.  16:  wen  sol  nach  ir  verlangen?^), 
Berth.  480,  33:    toan  in  verlocket  das  herze  nacli  der  unkiusthe 

(lüstern  verlangen  nach). 
Chr.  5.  379,  26:  als  offt  si  das  verlustet^)  (gelüstet). 
Msf.  244,  62:  der  alten  rat  v  er  s  mäh  et  nü  den  kinden  (verächtlich 

erscheinen). 
Diemer  208, 10:  er  lie  sich  es  niht  vertüren,  er  scöz  in  (den  herzogen) 

mit  tem  gere  durch  (zu  teuer  dünken,  verdriessen). 
Fasn.  929,  1:  du  solt  dichs  nicht  Idzen  verviln^)  (zu  viel  dünken). 
Myst.  2.  303,  21:    diz  zil  verwunderte  den  höhen  adelar  Joliannes 
in  dem  huoche  der  tougeni. 

nhd.   Aus  den  lebenden  Mundarten: 

brem.  götting.  verdunken,  -dünken  verdriessen,  zu  lange  dünken  (wb. 
1,  273),  auffallend,  verdächtig  erscheinen  (Schambach  261),  hess.  es  verhont 
mir  bin  tief  gekränkt  (Vilmar  174),  verlangen  schles.  in  Erwartung  sein 
(Weinh.  hs.  L  17),  pomm.  zu  lang  werden,  verdriessen  (Dähnert  523),  bair. 
v€rschma(hen ,  pomm.  versmaden  schimpflich,  schmählich  scheinen,  hess.  es 
verschmät  mir  bin  tief  gekränkt,  verschmüst,  -schmdst,  -schmähet  mich  ver- 
driesst  mich  (SchmeUer,  2,  547,  Dähnert  526,  Vilmar  174,  358),  westerwäld. 
verschnuppen  verdriessen  (Schmidt  310),  schles.  vervielen,  brem.  vervelen  zu 
viel  dünken,  überdrüssig  werden,  verdriessen  (Weinh.  hs.  F  75,  brem.  wb. 
1,  368). 

h)  Die  Frequentativa  beruhen  auf  der  Anschauung  „umher, 
hin  und  her"  (vgl.  got.  fairweüjan  S.  14 f.).  Sie  sind  heute 
meist  er-Eompositis  gewichen. 


*)  Neben  mich  verdriuzet,  verlanget,  verltistet,  vertüret,  vervilt  ist  mich 
hedriuzet,  belanget,  inir  helusiet,  mich  hetüret,  hevilt  mhd.  belegt  (Hittmair 
186,  233  f.,  Lexer  3,  279),  ebenso  mich  erdriuzet,  erlanget  (langweilen),  errilt 
(Lexer  1,  623,  647,  690). 


179 

ahd.   Gl.  I  566a  urmoh  irsuoh  litVsuocA :  probationem. 

N.  I  14,  11  P.:  feruuälloHu  in  änderro  planeiarum  u4rte  :  flexa  per 

▼arios  orbes  (umherwallen), 
mnd.  Körner  207c:    dorste  neen  (horger)  wanken  ofte  vorher en  in  den 

hensesteden  (hin  nnd  her  kehren,  Umgang  haben,  umgehen). 
Korner  187  c:  eristene  hoplude,  de  myt  en  vorkerden. 
Ben.  187:  um  de  zeeroveren  to  versoeken  (rings  umher,  hin  und  her 

suchen,  aufsuchen). 
Ravenst.  f.  69c:    do  toolde  sik  Susanna  vorwanderen^)  an  deme 

boemgarden  (hin  und  her  wandern,  sich  ergehen). 
Br.  d.  Euseb.  48b:  o  verwunderende  spise  (Christus:  sehr  wunder- 
bar) »). 
Lieht.  145,  4:    ewaz  si  gein  mir  gesprechen  kan,  da  sol  ich  nimmer 

niht  an  verdenken  noch  versinnen  wan  gn&den  unde  minnen 

(hin  und  her  denken,  sinnen). 
Neidh.  85,  22:  si  hat  mit  verauochen  elliu  Hutschiu  lant  durchwallen 

(hin  und  her  suchen,  besuchen) '). 
Nib.  1049,  4:  st  versuochtenz  friuntlichen  an  froun  Kriemhilde  (hin 

nnd  her  suchen,  versuchen). 
Mgb.  ö,  2:  diu  versuochende  kraft  :  gustns. 
Silv.  3132:    dcus  got  der  süeze  üf  erden  versuochet  wolle  werden 

(erproben). 
Mor.  2,  821:  wae  hilfet  dich,  daz  du  hast  vervlizzen  dich  (sich  be- 

fleissigeu). 
Fromm.  3,  54b  Jan.  40:  sich  vervröuwen  (sich  erfreuen). 
Troj.  2977:  das  kleit  was  also  wit,  daz  er  sih  mohte  .  .  dar  inne  wol 

verwalten  (sich  frei  bewegen). 
Wwh.  69,  26:  nü  heten  ouch  uz  v  er  wallen  (var.  erwaUen)  sin  ougen 

(hin  und  her  wallen)*). 
Msh.  1,  203b:    swanne  in  sorgen  sich  verwindet  gar  nach  ir  daz 

herze  min  (sich  hin  und  her  winden). 
Msh.  2,  325a:    an  menschen  hat  diu  gotes  kraft  vür  elliu  dinc  ver- 
wundert (sich  wundervoll  zeigen)*). 
Mgb.  15,  13:    diu  zung,  diu  ze  dünn  ist,  macht  stamelnd  und  ver- 

zuckend  sprach  (reddit  titubantes  et  sincopizantes). 
nhd.  Lohenst.  Armin.  2,  1121 :  weil  sie  es  für  schände  hielten  aus  Bom  .  . 


*)  Der  reflexive  Akkusativ  bei  sonst,  intransitiven  Verben  bezeichnet, 
dass  das  Subjekt  darch  die  Tätigkeit  sein  eigenes  Wesen  hervortreten  lässt 
nnd  sich  in  einen  Znstand  versetzt  (Erdmann  II  §  157,  160).  Andere  Verba 
wiederum  werden  abweichend  von  unserem  Sprachgebrauch  intransitiv  ver- 
wandt. 

*)  Zu  mhd.  versuochen  vgl.  die  Parallelen  durch suochen  (Lexer  1,  490) 
und  under suochen  (2,  1806). 

«)  Gegen  Lexer  3,  292. 

12* 


180 

einen  mit  fremden  sitten  verkehrten  Tierrscher  zu  holen  (be- 
wandert) *). 

Goethe  21,  69:  im  freien  zu  verkehren  und  zu  lustwandeln  (hin  und 
her  gehn). 

Goethe 41, 74:  muszt  ich  nicht  mit  der  weit  verkehren?  (umgehen  mit). 

H.  Sachs  Ndr.  193/199  S.  324:  die  fraw  .  .  ihet  pald  mit  ir  maid  ver- 
schaffen: „Ge  lauf  dw  eülent  hinden  naiis!"  (hin  und  her 
schaffen). 

Dasyp.  447a:  v er sücheti :  f&cere  periculum,  tentare,  experiri. 

Schiller  12,  314:  willst  du  den  gang  mit  mir  versuchen?  (unternehmen). 

Luth.  24.  346,  31  W.:  sie  ,  .  Ihoben  weil  versucht,  wie  fremhden 
,    leuten  zu  mut  ist  (erproben). 

H.  Sachs  Ndr.  39/40  S.  13:  fladen  vnd  feiste  speckuchen,  wolt  ichs 
credentzen  vnd  versuchen  (schmecken). 

kunk.  evang.  (1557)  A  3:  als  idi  einmal  des  abends  nach  dem  essen 
mich  V er t retten  wolt  und  die  zeit  vertreiben  (sich  ergehen). 

Mörike  6,  209  (Hesse):  wie  .  .  ihnen  jegUcfie  Verrichtung,  als  tanzen, 
schweben,  sich  verwenden,  niederfallen,  knien,  so  gar  unschwer 
voti  statten  ging  (sich  hin  und  her  wenden). 

Luth.  9.  537,  16  W.:   des  vorwundert  sich  alles. 

ebd.  537,  24:  über  disen  dingen  hatt  sie  sich  warhafftig  verwundert. 

ebd.  537,  11:  sein  vatter  wnd  mutter  haben  sich  verwundert  von 
den  dingen. 

W.  ScherfFer  Grob.  103  (Drechsler  274):  viel  werden  heimlich  selbst 
verwundern  deinen  witz  (bewundern). 

Aus  den  lebenden  Mundarten: 

Schweiz,  verhottere  stark  schütteln  (Staub  2,  1773),  brem.  götting.  ver- 
keren  Waren  umsetzen,  in  Verkehr  bringen,  umgehen  mit  (wb.  2,  762,  Scham- 
bach 262),  pomm.  verkeer  Geldumsatz,  Handlung  (Dähnert  522),  schles.  sidi 
verkehren  umgehen  mit  (Weinh.  hs.  K  65),  Schweiz,  verehrte  stich  gedrehte 
Masche  beim  Stricken  (Seiler  105),  elsäss.  verkore  versuchen,  kosten  (Martin 

1,  464),  Schweiz,  verchüwe  wiederkäuen  (Staub  3,  582),  brem.  versaien  hin 
und  wieder  säen,  umherstreuen  (wb.  4,  570),  elsäss.  verschafft  emsig  (Martin 

2,  396),  brem.  holst,  pomm.  verscheten  hin  und  her  bewegen  *),  versöken  brem. 
suchen,  ersuchen,  besuchen  (6,  912)'),  hamb.  holst,  suchen,  ersuchen  (Richey 
323,  Schütze  4,  307),  preuss.  versuchen  besuchen  (Frischbier  2,  442),  bair. 
sich  verstaunen  über  (Schmeller  2,  764),  Schweiz,  bair.  verwerfe  hin  und  her 


*)  verkehren  ist  in   den  nhd.  Wörterbüchern  vor  Adelung  nicht  ver- 
zeichnet.  Es  stammt  aus  dem  ndd.  und  ist  auch  im  Niederländischen  zuhause. 
*)  Brem.  wb.  6,  280:   de  ogen  verscheten  (schielen). 

Schütze  2,  39:   böse  äugen,  die  sich  verdrehen,  verschiessen. 
Dähnert  526:  de  ogen  verscheten  (hin  und  her  bewegen). 
•)  ik  versöke  darum  :  bitte! 


181 

werfen  (Seiler  114,  Schmeller  2,  996),  Schwab,  verwarbe  Gras  aufschütteliij 
umwenden  (v.  Schmid  517),  Schweiz,  verzaagge  in  den  Händen  herumziehen 
(Stalder  2,  461).  Dazu  kommt  aus  den  Beruf  sprachen  das  verziehen  der 
Latten  beim  Dachdecker:  „verschieden  abgestuft  aufnageln '^  (Jacobsson 
4,  536). 

Besonders  verbreitet  sind  die  Ausdrücke,  die  eine  körper- 
liche Bewegung  und  Erholung  bezeichnen,  meist  in  reflexiver 
Form  gebräuchlich: 

Strassb.  sich  verbabble  hin  und  her  plaudern,  Zeit  verplaudern  (Schmidt 
It),  Schweiz,  brem.  preuss.  sidi  vergän,  -gehn  sich  ergehen  Gesundheit  halber 
(Staub  2,  27,  brem.  wb.  2,  481,  Frischbier  2,  431),  Schweiz,  sich  verlaufe 
dass.  (Staub  3,  1136),  sich  verlufte  sich  durchlüften,  in  der  frischen  Luft 
ergehn  (3,  1161),  sich  vermüefere  sich  regen  (4,  96),  sich  vermuesse  sich 
verweilen  (4,  498),  Schweiz,  elsäss.  sich  verrüere  sich  rühren  (Seiler  116, 
Martin  2,  283),  eis.  sich  verspräche,  götting.  pomm.  sik  verspräken  sich  eifrig 
unterhalten,  durch  Sprechen  aufmuntern  (Martin  2,  557,  Schambach  267, 
Dähnert  527),  köln.  veriredde,  pomm.  de  föte  vertreden,  altraärk.  sek  verträden, 
brem.  sik  vertreden,  preuss.  sich  vertreten  sich  ergehen,  spazieren  gehn  (Honig 
195  a,  Dähnert  528,  Danneil  240,  brem.  wb.  5,  101,  Frischbier  2,  443). 

Eine  Reihe  von  Verben,  die  „sich  vorblasen,  verschnaufen" 
bedeuten,  gehen  wahrscheinlich  auf  effektive /ra- Typen  („auf- 
hören zu  blasen,  zu  schnaufen")  zurück: 

Schweiz,  bair.  preuss.  (sich)  verblase(n)^)  (Staub  5,  147,  Schmeller  2, 
1087,  Frischbier  2,  428),  preuss.  vergisciicn,  -jöschen  (Frischbier  2,  431),  bair. 
verkeichen  *),  Schweiz,  verpfnüse  (Staub  5,  1274J,  götting.  brem.  holst,  altmärk. 
bcrl.  leipz.  sich  verpusten  (Schambach  265,  brem.  wb.  3,  382,  Schütze  3,  251, 
Danneil  238,  Meyer  127  a,  Albrecht  230),  Schweiz,  verschnufe  zu  Atem  kommen, 
bair.  verschnauf en^  brem.  sik  versnucen  (Seiler  112,  Schmeller  2,  1087,  brem. 
wb.  6,  906). 

Diesen  beiden  Gruppen  folgt  dann  eine  ganze  Reihe  von 
Verben  des  Sinnes  „sich  erholen,  vergnügen"'): 


*)  H.  Sachs  (1612)  1,  584:  als  ich  ein  weng  verzaufft,  verblies  und 
auch  verschnauft, 

')  H.  Sachs  12.  152,  27  Kefler:  ich  toill  da  gleich  ein  wenig  verkeichen, 

.  .  .  auszruhen,  mich  ein  klein  ergetzen,  , 

')  vergnügen  selbst  hat  einen  Bedeutungswandel  im  nhd.  durchgemacht. 
Ursprünglich  als  Denominativbildung  zu  genug  hcisst  es  „befriedigen,  genug- 
tun" (mhd.  vergenüegen  =  vemHegen  Lexer  3,  113,  190). 

Logau  3.  59,  10:  gott  gibt  alles  was  wir  dürffen;  dasz  sichs  uns  nu 
nimmer  füget,  macht  die  woUust  und  begierde,  derer  stand  sich  nie 
vergnüget  (sich  begnügen). 


182 

elsäss.  sich  veramüsiere  (Martin  1,  37),  altmärk.  sek  verdaam  (Danneil 
236),  brem.  sek  verdoon  sich  vergnügen  (wb.  1,  227),  sek  verfrauen  sich  freuen 
auf,  ergötzen  an  (1,  446),  altmärk.  sek  verhaoln,  brem.  holst,  pomm.  sik  ver- 
Juilen,  prenss.  sich  verholen  (Danneil  238,  brem.  wb.  2,  569,  Schütze  2,  80, 
Dähnert  621,  Frischbier  2,  432),  westfäl.  sich  verküem  Zeit  vertreiben  (Woeste 
292),  Schweiz,  elsäss.  sich  verlustiere,  Aachen,  sik  verlöstire,  götting.  brem. 
sek  verlustercfi,  prenss.  und  stnd.  sich  verlustiren  (Staub  3,  1477,  Martin  1, 
621,  Müller- Weitz  254,  Schambach  264,  brem.  wb.  3,  105,  Frischbier  2,  435, 
Elnge  stud.  132),  Aachen,  sich  vermaache  sich  ergetzen,  köln.  vermaache 
freudig  geniessen,  vermaht  han  sich  gütlich  getan  haben,  brem.  vermaken 
unterhalten,  refl.  sich  erlustigen,  brem.  holst,  vermake  Unterhaltung,  Ver- 
gnügen (Müller -Weitz  264,  Honig  193  a,  brem.  wb.  3,  118,  Schütze  3,  73), 
Schwab,  sich  vermaien*)  sich  erfreuen  (v.  Schmid  370),  brem.  sich  vemijen, 
pomm.  vemijereren  sich  durch  Abwechslung  Vergnügen  bereiten,  etwas  Neues 
vornehmen,  (wb.  3,  240,  Dähnert  624),  Schweiz,  sich  vemuefere  sich  erholen 
(Staub  4,  682),  brem.  sich  venointem^)  Wintervergnttgungen  geniessen 
(wb.  6,  269). 

i)  Von  den  Durativen  gehören  von  Hause  aus  die  mit 
Verben  der  Ruhe  gebildeten  zu  fair-;  die  Grenze  nach  faur- 
(vgl.  S.  113)  und /ra-  hin  ist  nicht  mehr  sicher  einzuhalten. 

ahd.  Gl.  n  307  b  fardolet  uuesan  :  perpeti.    farduita  :  pertulit. 

mhd.  verbiten^)  (zu)  lange,  vergeblich  warten  (Lexer  3,  76),  -Üben, 
'bUben  bleiben,  ausbleiben,  unterbleiben')  (161,  78),  -doln,  -diUden,  -dulten 
leiden,  ausharren  (96,  101),  -drozen  anhalten  (99),  -hohen  hangen  bleiben 
(Nachtr.  391),  -harren  (3, 125),  -liden  aushalten  (161),  -lüren  heimlich  bleiben 
(170),  -nahten^),  -jdren,  -tagen*)  Nacht,  Jahr,  Tag  über  bleiben  (184,  137, 
ein  jär  verschinen  (217). 


Logau  2.  220,  58:   beseres  glücke  künt  ich  leiden;  kamt  es  nicht,  ich 

bin  vergnügt  (zufrieden  >  froh). 
Wieland  38,  242:  sie  wollte  nichts  als  gefallen  und  sich  vergnügen 
(sich  belastigen). 
In  den  heutigen  Mundarten  lebt  noch  die  alte  Bedeutung :  Schweiz,  vemüege, 
-genüege  befriedigen  (Staub  4,  701),  kurhess.  schles.  vergnü(e)gt  befriedigt, 
satt  (Pfister  81,  Weinh.  hs.  N  66),  westerw.  ich  hab  mein  vergnügen  ihm 
satt  (Schmidt  293). 

')  sich  vermaien,  venointem  ist  ganz  frei  gebildet:    „sich  am  Mai,  am 
Winter  vergnügen". 

')  Auch  die  Durativa  gehen  bisweilen  zu  dem  Sinn  „übermässig'  über. 

')  mnd.  Leben  d.  h.  Franz.  21b :  i^  vernachtede  dar  myt  den  hischope 

(übernachten:   nhd.  gött.  vemachten  dass.  Schambach  264). 

*)  mhd.  Gaupp  1, 140  (a.  1297) :  swer  in  der  stat  verjdr et  und  vertaget. 

nhd.  Schiller  7,  216:  die  ma4:ht .  ,,  die  in  verjährt  geheiligtem  besitz 

in  der  gewohnheit  festgegründet  ruht  (durch  Jahre  geheiligt). 


183 

Das  nbd.  sich  verhalten  (vgl.  sich  vernehmen  S.  191)  ist  mlid. 

schon  nachzuweisen: 

Loh.  2826:  tV  manheit  wcis  dem  verhalten  ungelid^  des  vordem  tages. 

nbd.  verblasst  es  in  der  Bedeutung: 

Simpl.  2.  126,  7  Karz:   zu  erzählen ^  wie  ich  mich  in  solchem  stand 
verhalten. 

Das  Schles.  hält  noch  verleiben  „bleiben*'  fest  (Weinh.  bs.  L  57). 

k)  Die  Resultativa  gehen  auf /air-  in  der  Bedeutung  „rings 
umher,  völlig"  (vgl.  got.  fairaihan,  fairgreipan,  fairwaurTcjan 
S.  14)  zurück^).  In  der  Mehrzahl  bezeichnen  sie  eine  Geistes- 
tätigkeit, erscheinen  in  reflexiver  Fonn  und  verbinden  sich  mit 
dem  Objektsgenetiv  in  instrumental -lokaler  Funktion.  In  der 
heutigen  Sprache  ist  diese  ver-Gruppe  meistens  den  he-  und  er- 
Bildungen gewichen  (legreifen,  erwerben). 

ahd.  N.  I  766,  6  P.:   uuola  das  ferdienonten  mit  lÖbesamen  arbeiten: 

exposcentem  meritis  laboribus. 
öl.  I  520b  furiuangot  fureviegen  viruahint^  :  captabunt. 
0.  II  21)  26:  firfdhent  iogilicho  thiu  iz  allaz  gdralicho  (empfangen, 

vernehmen). 
Gl.  I  213  Ra.  m  firkan :  nimirum,  vere  (?). 

IV  208  a  farcouoron  :  recupero. 
N.  I  171,  13  P.:    tdz  sih  fermdg  sinero  chrefte  :  quod  suis  cancta 

viribus  possit. 

360,  4:    man  nöte  sih  fermügen  sin  silbes :  necessQ  est  et  soi 

compos  esse. 


^)  Auch  mit  dieser  /atV- Gruppe   gehen  durch-  und  tm^ier- Komposita 
parallel  (mhd.  Lexer  1,  478  if.;  2,  1779  flf.): 

mhd.  durdhdenken  :  (as.  mnd.)  underdenken  :  verdenken  bedenken,  erdenken. 
underdingen  :  verdingen  verdienen,    sich    zu- 

ziehen. 
durchgrifen   :  undergrifen  :  vergrtfen    begreifen,  erfassen. 

durchsinnen  :  versinnen    merken,     begreifen, 

ersinnen. 
durchvam     :  undervam  :  mnd.  vorvam  untersuchen,  er- 

fahren, 
ahd.  untarujizzan  :  as.  undaruuitan  :  ahd.  mhd.  fanoiazan,  vervnzzen 

(0.1114,92)  (Hei.  1668)  wissen,  verstehen,  refl.  bei 

Yerstandeskräften  sein. 
")  fr-  stimmt  etymologisch  zu  fair-y  furi-  können  wir  als  Yerbildung 
von  firi'  ansehen  (s.  S.  136). 


184 

N.  I  239, 14  F.:  diso  du  den  füozJcengel  chädUt  sih  umla  fermügen 

eines  känges  :  eum  potentissimum  esse  ambalandi. 

248,  16:  fermdhta  er  sih  fMennes  .  .  so  hiez  er  pugil  (sich  ver- 
stehen auf). 

296,  29:  tdnnän  ist  tiu  chrdft  Tcendmmet  tdg  si  sih  ze  iro  seUbun 

f  er  mag  :  suis  viribus  nitens  .  .  . 

I  341,  7:    sih  tdnne  sin  silbes  ferrechenönde  :  tum  referens 

sese  sibi  (redarguit  vera  falsis:   »sich  verrechnen")*). 
Gl.  I  385  b  oirsculdote  :  commerui.  —  361b  uirsculdotist :  commeruisti. 

IV  20S  a,  farsinnethich  :Tecige  te  (sich  besinnen). 

I  719  b,  rV  293  b /cr»Zt*oc;  notavit  (überschlagen,  veranschlagen). 
N.  II 185, 18  P.:  die  sih  fertrüent  iro  selbero  chr6fte  :qui  confidunt 

in  virtute  sua. 

I  33,  22:  feruuändes  harzen  urehU  :  meritum  se  probantis  .  . 

conscientiae. 
0.  I  1,  10:  joh  tüöl  er  sih  firwästi,  then  Usan  iz  güüsU  (Bescheid 

wissen,  sich  verstehen  auf), 
as.  Hei.  3856:  mieldun  ine  thea  uuider-sakon  utiordun  farfahen  (fangen). 
Hei.  4224:  an  abuh  farfengun  Kristes  lere  (empfangen,  vernehmen). 
Hei.  3839:    that  sie  it  (Evangelium)  so  farf  engin  so  it  iro  fruma 

utmri  (vernehmen,  verstehen,  var.  fargengin  vgl.  S.  100). 
Wadst.  104,  4  (Prud.  Werd):  6f  ihv  thi  fdrvvistis  :  si  sapias. 
mnd.  Hans.  Kec.  3, 17:  do  sprah  her  Joh.,  dat  wi  ons  des  verdenken  Uten 

(sich  erinnern). 
Speg.  d.  Sonden  f.  9b:  suuerheit  (Sauberkeit)  is  een  goet  genomen,  des 

nummer  mer  men  mach  verkommen  (bekommen). 
Freckenh.  Leg.  54:  dat  eioige  leuen  verkrigen  (erhalten). 
Seel.  Tr.  7b:  he  vragede  hem,  hoe  hi  hem  vermochte  (holl.  sich  be- 
finden). 
Leibn.  3,  200:  dar  konden  se  averst  mcht  vor  seh  äffen  (ausrichten). 
Ssp.  II  39,  1:  sice  nacktes  com  stelet,  de  verschuldet  den  galgen 

(verdienen). 
4.  Mos.  31,  49  (H.):  wi  Jiebben  vorslagen  de  tal  der  toepetiere  (re- 

censuimus). 
Korner  132c:  dat  heer  vorsloch  men  uppe  twe  hundert  dusent  wepenere 

(veranschlagen). 
Leibn.  3,  198:  do  de  hertoge  dat  vorvohr  (erfahren). 
Ltib.  Chr.  2,  261:  en  erlik  klok  man  und  wol  vervaren^)  (hin  und 

her  gefahren  >  erfahren). 
E.  V.  Repg.  566:  des  wunderde  de  Colmere  sere  und  woi'den  to  rade, 


*)  In  gutem  Sinne:  „veranschlagen,  berechnen".  Dann  geht  auch  dieses 
zu  schlechtem  über:   „sich  verrechnen  =  falsch  rechnen". 

*)  Dem  Part.  Prät.  kommt  von  Hause  aus  kein  Genus  zu,  es  kann  also 
ebensowohl  in  aktivischer  wie  passivischer  Bedeutung  verwandt  werden. 


185 

dai  men  H  aolde  vorvinden  an  der  h.  maget  Eisehen  (ausfindig 
machen). 

Chr.  d.  nordelb.  Sachs,  p.  61 :   he  vorwarf  dat  koninkrike  der  Wende 
(erwerben). 

Magd.  Seh.  Chr.  226,  1:    de  witzigesten  der  stad  de  sik  rechtes  vor- 
tousten  (sich  verstehen  auf). 
mhd.   Chr.  10,  233  Anm.  4  (a.  1457):   lenger  da7i  iemantz  verdenken  mag 
(sich  erinnern). 

Iw.  5000:   tiimhe  gedanke  verdenken  mit  wislicher  tat  (völlig  denken, 
ihnen  durch  vernünftiges  Handeln  ein  Ende  machen). 

Msf.  190,  15:  sol  mam  also  Uden,  so  hin  ich  verddht  (entschlossen). 

Nib.  48,  3:   er  mohte  wol  verdienen  schöner  frowen  lip. 

Loh.  836:  so  het  er  sich  verdienet  in  detn  lande,  daz  er  het  ir  aller 
gunst  (sich  verdient  machen). 

Msh.  3,  453b:  süezer  gnwz,  der  mich  ie  meit,  unt  kmide  ich  deti  ver- 
dingen, so  wolde  ich  hohes  gemüetes  sin, 

Chr.  2.  127,  30:    auch  daz  m  sein  huntgnoszen  nicht  des  unrechten 
wider  got  als  gröhlich  zu  würden  legen  und  verhelfen  (verhelfen  zu). 

Er.  5444:   od  me  hat  erz  umh  iuch  verholt? 

Wölk.  26,  277:  ain  paur,  der  nie  geschrift  verhosrt  (verstehen). 

Dfg.  12  c:   verkrigen  :  üLdi^isci. 

Pass.  K.  505,  27:  des  lerte  er  me  zungen,  üf  daz  er  an  dütungen  sich 
deste  haz  vermochte  und  zu  lesene  tohte. {sich  verstehen  auf)*). 

S.  Gall.  stb.  4,  136:  den  gesten  den  win  verrechenen  (Rechnung  ab- 
legen über,  verrechnen). 

Malag.  57  a:  got,  der  alle  ding  v  er  sacht  (versachen  :  zustandebringen). 

Msh.  1,  119b:  scelic  müeze  ein  riter  sin,  der  wol  verschulden  kan 
den  nit  (verdienen,  sich  zuziehen). 

Bit.  2175:  do  er  die  güete  dar  an  versan  (merken). 

Heinr.  4368:  sintich  von  kinde  mich  versan  (zu  Verstände  kommen). 

L.  Alex.  4799:   du  hist  ein  harte  wis  man,  der  sich  wol  ver sinnen 
kan  (bei  Verstände  sein,  seine  Geisteskräfte  zusammennehmen). 

Msf.  127, 28 :  mac  sisich  doch  miner  rede  ver  sinne  n  (einsehen ,  verstehen). 

j.  Tit.  5445:    da  sprach  die  wol  versunnen:  des  wil  ich  dich  be- 
scheiden (bedacht,  überlegt). 

Pass.  K.  685,  75:  er  verslüc  die  sacke  Mrte  rechte  (veranschlagen). 

Pass.  176,  79:  die  ungelouhigen  rote  verslüc  ez  daz  ir  abgotewolden 
bezzere  hüte  (dünken) '). 


*)  Ring  42 d,  2:    daz  sag  ich  euch  nach  meißner  vermacht   (Können, 

Vermögen). 
*)  Unpersönlich  gebraucht  wie  es  verschlägt,   verfängt  (S.  87  ff.,  92  f.). 
rersldn  in  dieser  Bedeutung  ist  nur  in  md.  Quellen   belegt,   obd.  vürslahen 
(Xp.  323  bei  Lexer  3,  587)  ungeschwächt  in  loser  Komposition  (vgl.  S.  136 
Anm.  3).    Dazu  gehört 

Chr.  1.  115,  5:   ein  rechnung  ode^'  einen  f urslag  tuon  (Überschlag). 


186 

Jer.  27Ö97:  want  daz  vor  schadin  man  vorslüc,  ml  grözen  vronien 

daz  intruc. 
Er.  5443:  wie  Mt  er  unib  itich  versolt  8Ö  svocere  zuht  (verschnlden, 

verdienen). 
Berth.  36,  35:  er  hat  sin  persön  ganz  in  mich  vertrütot  und  glouben 

in  mich  gesetzt  (sich  anvertrauen). 
Christ.  S.  1019:  dö  der  einsidel  den  wec  vervie  (antreflFen,  erreichen). 
Chr.  11.  528,  32:  herberg,  so  maist  man  mag,  zu  verfahen  (gewinnen). 
Ernst.  2557:  dö  si  den  dön  verviengen  (vernehmen). 
Msf.  90,  15:  duz  verväch  ze  guote  (gut  aufnehmen). 
Er.  4844:  daz  man  gar  für  einen  achimpf  sine  schände  vervie  (als 

Scherz  auffassen). 
Mh.  3,  188:  das  wöll  üwer  gnäd  im  pesten  vervazzen^)  (aufnehmen). 
Elis.  3028:  st  künde  sich  verwalteren  gebedes  unde  andechte  (sich 

verstehen  auf). 
Trist.  5861:  entriuwen  daz  vertoeiz  ich  wol. 
nhd.   Geliert  3,  211:  leider  ist  das  geld  schwer  verdient  und  leicht  verthan. 
Schiller  12,  122:    was  verdient  der  offizier,  der  eidvergessen  seine 

ordre  bricht?  —  den  tod. 
Schiller  12,  65:  macht  einmal  ein  alter  verdienter  kriegsmann  seinen 

weg  (der  viel  gedient  hat  oder  etwas  verdient  hat). 
Schiller  5  II,  301:  ihr  machtet  um  meine  kröne  euch  verdient 
J.  Paul  21,  62:  indem  .  .  ich  die  freiheiten  .  .  im  jetzigen  (werke)  zu 

einem  rechte,  zu  einer  Servitut  verjähre  und  verstärke  (durch  lang- 
jährigen Gebrauch  erwerben). 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  116:    an  parem  geld  vermag  wir  kaum  d/rey 

haller  dU  (imstande  sein  zu  zahlen,  im  „Vermögen"  haben), 
ebd.  Ndr.  31/32  S.  36:    me  den  das  alt  Sprichwort  vermack  :  wen 

man  .  .  .  (Geltung  haben). 
Mörike  2,  28  (Hesse):  sie  tischt'  ihm  auf  —  kein  edelhof  vermöchte 

so  stattlichen  schmaus,     . 
Pers.  ros.  7,  6:    weil  ich  mich  mit  ihm  wol  vermochte  (sich  gut 

stehen). 
Logau  1.  56,  27:  der  hencker  und  die  gicht  verschaffen  gleiche  pein, 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  127:  du  hast  vor  zweintzic  jam  verschuldt, 

das  man  dich  lebendig  het  graben. 
Gryph.  (1698)  I  243:  das,  eh'  ich  mich  versann,  die  Meidung  von 

sich  riesz  (sich  besinnen). 
Bocc.  37:  das  du  dir  eines  soUichen  nit  vertrawest  zu  thiin  (sich 

getrauen). 
M.  Weisse  306  Wackern.  (Weinh.  hs.  T  93):  das  wir  jmmerdar  inn 

dich  allein  verti'awen  (vertrauen  auf). 


^)  Dazu  Böhm.  608  (a.  1346) :  dise  artikel  und  virfazzunge  (Abfassung). 


187 


Gryph.  Ndr.  3  (Horr.)  S.  33:  wollen  wir  .  .  deni  Horfibilicrihifax  aber 

eine  corporaUchafi  tragoner  .  .  vertrauen  (anvertrauen)  *). 
Lath.  9.  653,  24  W. :    ?Mstu  dich  doch  im  Iiertzcen  darzcw  vorwilligt 

und  eben  aulche  straff  vorwircket. 
H.  Sachs  22.  313,   12  Keller:    (Piramus)  vermaint,  ein  leb  het  sie 

(Thisbe)  zerissen,  und  kunt  sich  änderst  nicht  v  er  wissen  (nicht 

hin  and  her  wissen,  keinen  Ausweg  wissen). 

Aus  den  lebenden  Mundarten: 

prenss.  veraffentalen  einholen,  erreichen  (Frischbier  2,  427),  schles.  ver- 
danken völlig  danken  (Weinh.  hs.  D  9),  bair.  schwäb.  verdacht  überlegt 
(Schmeller  1,  485,  v.  Schmid  115),  bair.  sich  verdenken  sich  erinnern  (Schmeller 
1,  523),  Inxemb.  verholen  im  Gedächtnis  behalten,  verhalt  Gedächtnis  (Gangler 
466),  schwäb.  verhausen  erwerben  (v.  Schmid  266),  verkönnen  können  (323), 
Schweiz,  verlebe  erleben  (Staub  3,  971),  bair.  sich  vermügen  iXber  imstande 
sein  (Schmeller  1,  1577),  schles.  vermögen  auf,  an  Vermögen  haben  von 
(Weinh.  hs.  M.  96),  brem.  holst,  vermögen^)  wohlhabend,  stolz  (wb.  3,  179, 
Schütze  4,  304),  schles.  vermilssen  müssen  (Weinh.- Palm  102),  Schweiz. 
verrechne  Rechnung  ablegen,  anrechnen,  berechnen  (Staub  6,  125),  schles. 
verreichen*)  erreichen  (Drechsler  208),  brem.  versinnen  aussinnen,  refl.  sich 
besinnen  (wb.  6,  791),  pomm.  versunnen  bedacht  (Dähnert  528),  bair.  brem. 
verschaffen  helfen,  vollbringen  (Schmeller  2,  382 f.,  brem.  wb.  4,  595),  brem. 
hamb.  prenss.  verslaan  überschlagen,  veranschlagen  (wb.  4,  813;  6,  312, 
Richey  258,  Frischbier  2,  440),  brem.  pomm.  götting.  verwarwen  erwerben, 
bekommen  (wb.  5,  200,  Dähnert  529,  Schambach  268),  hess.  vervndem 
Strafe  verschulden  (Vilmar  454),  bair.  sich  verwissen  bei  Verstände,  seiner 
Sache  sicher  sein,  unvei-wiset ■  oYkne  Bewusstsein  (Schmeller  2,  1034),  öst. 
sich  net  faidssn  keinen  Ausweg  wissen  (Castelli  125),  preuss.  sich  nicht  ver- 
wissen sich  nicht  Rats  wissen,  nicht  bei  Verstände  sein  (Frischbier  2,  444), 
mir  auch  aus  dem  Schles.  (Breslau)  bekannt. 

Beim  Salzwerk  nennt  man  verschlagen  „den  Kostenanschlag  machen" 
(Frisch  2,  190c),  verschlag  die  Untersuchung  des  Salzes  auf  den  Koten,  ob 
man  auf  seine  Kosten  kommt  (Jac.  4,  526)  *).  Das  Rotwelsche  gebraucht  ver- 
dienen scherzhaft  für  „stehlen"  (Kluge  389,  413). 

Zur  resultativen  Gruppe  gehören  auch  die  Verba  vernehmen 
und  versteheny  die  wir  vorzugsweise  zur  Bezeichnung  der  Geistes- 
tätigkeit verwenden,     vernehmen  schliesst  sich  an  das  soeben 


*)  Das  trans.  vertrauen  ist  von  der  /ra-Type  vergeben  beeinflusst. 
')  holst,  vermögen  gähn  einherstolzieren,  vermögen  spreken  ausgesucht, 
stolz  reden. 

*)  W.  Scherffer  ged.  475:  dase  ihm  gelingen  möge  dergleichen  sich  zu- 

verreichen. 
*)  Mit  verschlagen  in  dieser  Bedeutung  wetteifert  beschlagen  (Hittmair  46). 


188 

behandelte  verfangen  (S.  183 ff.)  an.  Ausser  der  lat.  Parallel- 
bildung percipio  und  der  got.  fairgreipan  (S.  14)  spricht  ein  and. 
ganz  vereinzeltes  fir-  (S.  34)  dafür,  dass  vernehmen  zur  fair- 
Type  gehört: 

and.  Ps.  18,  13:  mis-doM  uuie  virnimit?  delicta  quis  intelligit? 
Obwohl  das  -i-  aus  -e-  assimiliert  sein  kann,  bleibt  dieses  ein- 
zige ßr-  doch  bemerkenswert,  vernehmen  wird  ebenso  wie  ver- 
stehen in  folgendem  Sinne  verwendet:  „wahrnehmen,  merken, 
hören  —  geistig  erfassen,  mit  Verständnis  auffassen,  einsehen 
—  in  besonderer  Art  auffassen,  meinen  —  refl.  verständig,  be- 
wandert sein  in  etwas". 

ahd.   Gl.  I  606  a  fimemet :  attendite.     11  669  b  firnvn  :  hauri. 
I  398  a  famam  firnam  uernam  :  animadvertit. 

I  742a  fimemet :  percipite.    II  461b  ferneme  :  concipio. 

II  272  b  fimoman  :  sentiatur.     I  38  Pa.  gl.  K.  farnimu  :  Intel lego 
0.  I  27,  43:  ni  firndmun  sie  thia  lera^), 

N.  II  21,  13  P. :  üi  fernimo  die  scripturas  die  du  tneistrotost. 

II  88,  13:    kelöbot  si  Got.    das  er  mih  fernömen  Itdbet  minero 

digi :  exaudivit  vocem  deprecationis  meae  ^). 
as.   Wadst.  49,  27  (Essen,  ev.) :  Ac  famemat :  audiet. 
47,  6  (Elten.) :  'famomana  :  intellegenda. 
Ps.  63,  10:   deda  «iiia /arnamon  ;  intellexerunt. 
mnd.  Korner  23b:    also  de  Sassen  des  konynghes  keer  vornemen  (wahr- 

nebmen). 
Korner  56c:    unde  vmsten  dts  nicht,  dat  he  grekesdi  vornam  (ver- 
sieben). 
Lüb.  Dodend.  393:   bi  s.  Peter  wert  ufis  oornomen  alle,  de  to  jennigem 

State  sin  gekomen  (verstehen  unter). 
Lilneb.  Chr.  f.  172  c :  des  sachte  de  ratfi  lere  vnde  anwisinge  van  wisen 

luden,  heren  .  .  de  sik  rechtes  vornemen  (sieb  verstehen  auf). 
Eccles.  f.  104 b:    we  %s  de  mynsche,  de  sik  vornemet  der  wegghe 

godes?  (dass.). 
mhd.  Waltb.  112,  35:  verneint  dur  got  von  mir  diz  mcere. 

Warnung  675:  nu  vernemet  dem  sclhepfosre  Mwci  Jusret  siniu  meßre 

(Gehör  schenken)*). 
Parz.  86,  9:  din  munt  ist  lohn  ze  vil  vernomen  (man  bat  zu  viel  Lob 

aus  deinem  Munde  gehört). 


*)  Bei  Tatian  fehlt  vemehynen  ganz. 

*)  Der  Gen.  der  Sache  neben  dem  Akk.  der  Person  ist  lokal  zu  fassen 
als  das  Gebiet,  auf  dem  die  Tätigkeit  vor  sich  gebt. 

')  Die  Kektion  mit  dem  Dat.  ist  jedenfalls  von  den  Verben  „gehorchen, 
helfen"  übernommen,  sie  erscheint  nur  im  12.  Jahrb.  (Erdmann  II  §  276). 


189 

Er.  2388:  er  ist  an  manheit  vernomen  (berühmt  durch). 
Livl.  M.  90Ö7:  daz  er  die  kraft  an  im  vernam  (wahrnehmen,  ver- 
spüren). 
Parz.  736,  29 :  er  hete  fünf  tind  zweimec  her,  der  neheinez  des  andern 

rede  vernam  (verstehen). 
Myst.  1.  31,  11:  daz  dise  wort  swer  sint  ze  vernemene  (begreifen), 
ebd.  109,  30:  daz  efisal  man  niht  vornemen,  daz  der  engel  ein  mittel 

gewunne  zwischen  got  und  ime  (nicht  so  auffassen,  als  ob  .  .  .). 
nhd.   1.  Mos.  8, 11:  da  vernahm  Noah,  da^  das  gewesser  gefallen  were  auff 

erden  (wahrnehmen). 
Hiob  23,  5:  und  erfaren  die  rede,  die  er  mir  antworten  und  vernemen, 

was  er  uns  sagen  wurde, 
S.  Franck  weltb.  57  a:  wie  auch  ein  Schwab  ein  Sachsen  oder  Nider- 

lender  hart  vernimpt  (schwer  versteht). 
Goethe  br.  9,  39  nr.  2686  (1788):  dasz  sich  die  beyden  herren  .  .  über 

diese  angelegenheit  vernehmen  (ins  Einvernehmen  setzen). 
Schiller  8,  65:  vonjeUt  an  war  das  gute  vernehmen  zwischen  heyden 

häusem  dahin  *). 

Im  Pomm.  good  vememen  „gut  Einvernehmen"  (Dähnert  2, 
524);  im  ndd.  wird  der  Imper.  t;ernim  ^  adjektivisch  gebraucht : 


*)  Wie  ein  nicht  unzweideutiges  verredeUf  verreichen,  verschlagen  im 
jüngeren  nhd.  zu  verabreden,  verabreichen,  veramchlagen  erweitert  wird,  so 
vernehmen  zu  einvernehmen,  Verständnis  in  demselben  Sinne  zu  einverständnis. 
')  Kann  auch  analogische  Bildung  nach  verstand  sein.  Ähnlich  wie  ver- 
stand (S.  196  Anm.  3)  wird  vetmunft  gebraucht.  Bis  ins  mhd.  stehen  sich  die 
Formen  vernumft  und  vernunst  gegenüber,  gebildet  wie  chumft,  zumft  zu 
qtieman,  zeman  und  kunst,  runst  zu  kunnan,  rinnan.  Obwohl  hiernach  einem 
ntinan  eigentlich  numft  zukommen  sollte,  ist  nunst  im  ahd.  doch  weitaus 
häufiger;  nhd.  fehlt  es  ganz, 
ahd.  N.  II  302,  25  P. :   keistlicha  f  er nümist :  spiviidAem  intellectum. 

II  381,  6:  so  habet  iz  die  selbun  fernümest  (Bedeutung), 
mnd.   vornuft  (vornunft),  vomumst  (Schiller-Lübben  6,  415  b). 
mhd.   remunft,  vemuft,  verfiunst,  vemust  (Lexer  3,  190). 
nhd.  Luth.   1.   153  W.:    die  von  heller  vornunfft  und  sinnereych  vor- 
standts  seyn, 
Kant  10,  419:  verstand  ist  die  erkenntnisz  des  allgemeinen;  urtJieils- 
kraft  ist  die  anwendung  des  allgemeinen  auf  das  besondere;  Ver- 
nunft ist  das  vermögen,  die  Verknüpfung  des  allgemeinen  mit  dem 
besonderen  einzusehen. 
Zu  Vernunft  ist  im  nhd.  vernünfteln  geprägt  worden,  wodurch  Wieland  und 
Kant  raisonnieren  ersetzen  wollten  (l)WB.  936).     Doch  wird  es  in  gering- 
schätzigem Sinne  verwandt.   Das  von  ('ampe  eingeführte  vemunften  hat  sich 
nicht   durchgesetzt   (vgl.  DWB.  939),   ebensowenig   ein  mhd.  vemwnfHgen 
rationari  (Lexer  3,  190). 


190 

„klug,  verständig,  helle **  (brem.  wb.  3,  228,  Danneil  238); 
preuss.  er  hat  einen  guten  vernimm  „Verstand"  (Hennig  289). 
In  der  Weidmannsprache  bedeutet  vernehmen  „unvermutet  wahr- 
nehmen und  still  hinhorchen"  (Kehrein  306).  Der  Schlesier 
versteht  unter  sich  vernehmen  „sich  verheiraten"  (Drechsler 
197)^);  das  Schweiz,  vememe  „übervorteilen"^)  (Staub  4,  745) 
ist/awr-Type,  wohl  auch  mhd.  vememen  in  der  Bedeutung  „sich 
vornehmen,  unternehmen"  *).  vernehmen  „aushorchen,  gerichtlich 
verhören",  das  im  18.  Jahrh.  auftaucht,  ist  wohl  nach  verhören 
(S.  64 f.)  gebildet  worden  und  dann  als /awr- Type  auszulegen: 

Adelung  versuch  4,  1486:    der  verhaftete  ist  noch  niM  vernommen 

worden. 
Lessing  1,  571:   Frandsca,  ich  glatte,  wir  werden  vernommen. 

vernehmen  in  nicht  geistiger  Bedeutung  kann  fair-  (gr.  tisqi- 
aiQ€o/aat.^  got.  fairgreipan)  oder  /ra-Type  (got.  franiman  S.  19) 
sein  („wegnehmen")*).  Es  ist  nhd.  nicht  mehr  gebräuchlich. 
Häufiger  als  sich  vernehmen  „im  Einvernehmen  sein,  handeln" 
ist  sich  benehmen  mit  einem  „sich  ins  Einvernehmen  setzen" 
(Hittmair  208),  aber  auch  heute  veraltet.  Dieses  fusst  auf  der 


>)  Coler  1649  bei  Drechsler  Germ.  Abh.  XI,  S.  187 :  die  aber  vngesiheut 
sich  mehrenmals  vernam,  nicht  einen  schlechten  Jdeck  der  geilen 
lust  bekam  .  .  .  dasz  man  manches  mensdi  kan  keiner  geilheit  zeihen, 
die  änderst  sich  vernimmt  (sich  zum  zweiten  Male  verheiratet). 
Dieselbe  Bedeutung  hat  schles.  sich  verttm  (mir  aus  Breslau  bekannt),  das  im 
Leipziger  Dialekt  „sich  an  einen  Mann  wegwerfen"  bedeutet  (Albrecht  231). 
')  B.  Mand.  1628:  der  wirt  soll  die  gest  .  .  nit  vememen. 
")  Vgl.  mhd.  vümimen  (Lexer  3,  586). 
ahd.   0.  V  16,  6:   tJwz  wöla  sie  ie  firnämin^  ingegin  imo  gudmin. 
mhd.   Livl.  M.  8018:  d6  er  vor  Tenceten  quam  mit  dem  here,   er  vernam 
und  trat  selbe  an  daz  wal. 
*)  Doch  belegt  anord.  fymema  (S.  19  Anm.  1)  hierfür  auch  eine  Type 
faW'  I,  so  dass  drei  vertreten  sind.     Dass  diese  Bedeutung  älter  und  erst 
nhd.  aufs  geistige  Gebiet  übertragen  sei  (DWB.  910),  ist  nicht  zu  erweisen, 
ahd.   Gl.  I  46  Pa.  Ra.  famimit    gl.  K.  fimimit :  abstulit. 

I  90  Pa.  famoman,    gl.  K.  fimoman.    Ba.  farnoman  :  consumpta. 
I  484  a  vimim  :  sume.     I  485  a  fimami  :  caperet. 
I  747  b  vimemen  :  adtractent. 
as.   Hei.  762:   antthat  uurd  fornam  Erodes  thana  cuning  (dahinraffen), 
mhd.   Albr.  32,  57:  zwo  liefen  ir  brüder  na,  unze  man  sie  da  vernam  (ge- 
fangen nehmen). 


191 

Anschauung  „umfassen,  zusammenfassen"  (ebd.  48,  176),  die 
dann  leicht  das  refl.  „sich  verhalten,  führen,  benehmen"  ergibt 
(200,  208)0. 

Etwas  verwickelter  als  bei  vernehmen  liegen  die  Dinge  bei 
verstehen,  zu  dessen  Auslegung  bisher  kaum  etwas  Befrie- 
digendes vorliegt.  Der  oft  angestellte  Vergleich  mit  gr.  enl- 
arafiai  ergibt  kaum  Förderndes^,  dagegen  bieten  sich  uns  ge- 
eignete Parallelen  in  lat.  intelligere,  engl,  understandj  mnd. 
understen^).  Auch  auf  vernehmen  ist  hinzuweisen.  Der  Hinweis 
auf  das  enge  Verhältnis  von  unter-  zu /air- Typen,  besonders 
bei  Verben  geistiger  Bedeutung  (S.  183  Anm.  1,  doch  auch  sonst 
S.  169  Anm.)  mag  genügen,  um  auch  in  verstehen  eine  fair- 
Type  zuerkennen.  Es  bedeutet  „rings  um*),  durch  und  durch, 
mitten  in  etwas  stehen  und  es  dadurch  (geistig)  beherrschen". 
Welche  Type  sollte  auch  sonst  in  Betracht  kommen?  faur-  I 
und  fra-  sind  als  Richtungspartikeln  bei  diesem  Verbum  der 
Ruhe  ausgeschlossen;  denn  weder  ist  mit  analogischer  Über- 
tragung bei  solcher  alten  Bildung  zu  rechnen  noch  liegt  ein 
Vorbild  vor,  das  Aulass  zur  Analogie  geboten  hätte,  f aura- 
kommt nicht  in  Betracht,  da  ein  aM.  forastandan  sich  nicht  zu 
far-  far-standan  hätte  schwächen  können;  ausserdem  ist  nicht 
einzusehen,  wie  man  durch  blosses  Stehen  „vor"  einem  Gegen- 
stande zu  seiner  Beherrschung  gelangen  sollte  0.   Gegen /awr-  II 


>)  Vgl.  sich  verhalten  S.  183. 

*)  Schon  Adelung  4,  1150  zieht  dieses  heran  und  erklärt  verstehen  als 
„vor  etwas  stehen,  einer  Sache  gegenwärtig  sein".  Doch  ist  inCtnafiai  selbst 
durchaus  noch  nicht  aufgeklärt. 

')  lat.  intelligere  ist  aus  inter-legere  entstanden,  engl,  forstandan,  dem 
aengl.  noch  geläufig,  wird  von  understandan  verdrängt,  so  dass  es  nengl. 
nur  noch  in  den  Mundarten  sein  Dasein  fristet. 

mnd.   Denscke  Kroneke  f.  D  s :  do  vraghede  he  na  deme  State  synes  vrundes 
T.  vnde  vnderstunt  wol,  dat  he  ghedodet  was  van  A.  (merken, 
verstehen). 
Rythm.  vorr.  zum  Ssp.  v.  126:  sver  sich  rechtes  understeit  (var, 

versteif  :  sich  verstehen  auf). 
23  hss.  schreiben  understeit  (Menne,  Progr.  Coesfeld  1903  S.  7). 
*)  bestehen  (got.  ahd.  histandan  „umstehen'^   vgl.  umbi :  afi<pt)  ist  ein- 
mal auch  in  der  Bedeutung  „verstehen"  belegt  (DWB.  I  1672): 

Liscov  518  (1739):   obgleich  er  weder  latein  noch  deutsch  bestehet. 
^)  Daher  ist  es  auch  unwahrscheinlich,  dass  mhd.  entstän  „verstehen" 


(furx-)  lässt   sich   wenigstens   dieser   letzte  Einwand   erheben. 
favT'  allein  lOst  alle  Schwierigkeiten. 

Allerdings  sprechen  für  faur-  II  einige  ahd.  /wn-Formen 
im  Nomen  (Graff  VI  593,  602  ff.),  denen /ar-Pormen  zur  Seite 
stehn : 

ahd.   Gl.  II  22f)\i  für i Stentida,  /is<  :  ingenium. 

Bened.  c.  63  Hatt.  I  119:  zefuristantUhJuus  cUtar :  ad  intellegibilem 

aetatem. 
ebd.  I  39:  humaUhhii  edo  farstantidaf  qvLBMtatem  vel  intelligentiam. 
ebd.:  farstantantlihhe  muatu  ;  Intel ligibiles  animos. 

Jedoch  können  wir  nach  dem  Beispiel  von  firiwizei  >furir 
wiezi  (S.  15  Anm.,  136  Anm.  2)  auch  hier  einen  Übergang  von 
firistantida  >  furistantida  annehmen.  Wenigstens  steht  dem 
kein  Bedenken  entgegen,  wenn  die  für  die  Zugehörigkeit  zu 
fair-  sprechenden  Gründe  schwerer  wiegen.  Hier  kommt  in 
erster  Linie  eine  auffallige  Tatianstelle  in  Betracht: 
T.  89,  6 :  hi  hiu  ni  uir stautet  ir :  quare  non  intellegitis. 
Unter  mehr  als  250  Fällen,  in  denen  der  Tatiantext  seine 
Normalformeu  for-  für-  anwendet,  ist  dies  der  einzige  von  der 
Regel  abweichende,  der  einzige,  wo  dem  Bearbeiter  bei  seiner 
wohl  bewusst  normierenden  Tätigkeit  noch  eine  etymologisch 
berechtigte  Form  unterläuft.  In  54  anderen  Fällen,  wo  er  sich 
des  Wortes  bedient,  führt  er  for- fur-stantan  durch.  Die  Glossen, 
in  denen  nicht  ßr-j  /er-  oder  for-  Normalform  des  Präfixes  ist, 


(Lexer  3,  590)  auf  ahd.  int-  (ant-)  zurückgehn  und  die  Auffassung  ,sich  ent- 
gegenstellen" (Müller-Zarncke  2  If,  581a)  vertreten  sollte.  Dadurch  kommt 
man  nicht  zum  ^verstehen".  Höchst  wahrscheinlich  ist  vielmehr  dieses  ent- 
auf  in-  zurückzuführen :  enstän  „  in  etwas  stehen " ;  dann  passt  es  zu  fair- 
und  engl,  understand  („mitten  in  etwas  stehen").  Für  in-  spricht  ahd.  in- 
stantan  bei  0.,  wo  unter  7  Stellen  (I  1,  119;  II  2,  10;  III  5,  1;  17,  47; 
IV  15,  23  u.  30;  V  12,  45)  nur  eine  einzige  ist  (I  1,  119),  an  der  zwei  hss. 
(PV)  int-  schreiben,  alle  übrigen  sonst  stets  instantan.  Die  Stelle  Cgm.  17  f. 
23a  (Graff  6,  591;  Schmeller  2,  713):  entstenter,  vemetnenter :  jinteUigens* 
kann  als  jünger  dagegen  nicht  aufkommen.  Im  mhd.  schreibt  Wolfram  en- 
(einzige  Stelle  Tit.  19,  3),  Gottfried  nur  en-  (Trist.  1078,  10327,  13937, 
14152,  14862,  17682,  17966  neben  ver-  in  einzelnen  hss.).  Hartmann  hat 
im  Er.  (1232,  6453,  8110)  ebenfalls  enstän,  im  Greg.  (23,  235  Lachmann), 
den  Liedern  (Msf.  214,  21)  und  Büchl.  (2,  122  vgl.  Msf.  319)  entstan. 
Schmeller  2,  713  bezeugt  sidi  etitsten  „wahrnehmen,  merken '^  für  das  Bäurische. 


193 

weisen  6  /r-,  6  /er-,  6  far-,  nur  3  /or-  und  kein  einziges  /t*r- 
oder  fwri-  im  Verbum  auf^).  Auch  das  ist  eine  auffällige 
Statistik.  Das  bei  T.  vertretene  /wr-  for-  hat  ebensowenig 
etymologische  Berechtigung  wie  /gr-  bei  N.  und  fir-  bei  0.  und 
Is.*),  sondern  sie  stellen  die  Normalformen  der  betreffenden 
Schriftsteller  dar  (vgl.  S.  30). 

Spricht  die  Lautforra  nicht  gegen  die  Annahme  einer /air- 
Type,  so  die  Bedeutung  entschieden  dafür.  Zu  dieser  vgl. 
vemäwnen  (S.  188). 

ahd.  Gl.  I  805  b  firstenta  :  sentientes.    II  202  a,  firstat :  deprehendit. 
II  266  a  firstantames  :  colligimns  (fimemames). 
N.  I  335,  7  P.:  mit  Um  üzeren  sensibus  ferstdndin  uuir  dero  üzeron 

äingo '). 
T.  2, 10:  forstuontun  Üiaz  her  gisiht  gisdh  in  templo :  cognoverunt. 

Gl.  I  737  b  m  farsttiantun  :  non  intellexernnt. 

IV  17  b  fersiunt :  resipiscit. 
0.  IV  12,  45:  ni  was  ihar,  ther  firstüanti,  waz  er  mit  ikiu  mmiH. 
Is.  6,  5:   c^MZS  dhu  firstandes  heilac  chiruni  :  ut  scias. 

Gl.  II  768  b  uersient  eutÄ  :  resipiscite. 

N.  II  395,  22  P.:  ir  goticha  feratqnt  iüh  iteuuenne  :  stulti  aliqnando 

sapite. 
O.  IV  31,  5:  gab  dnttourti  ther  dnder  ther  ferstüant  sih  ßu  mir. 
N.  I  356,  6  P.:  dSro  (wmrMite)  sih  ioman  chümo  /erstände  äne  dSr 

götdiches  tinges  dnauuürte  ist :  sed  cui  vix  aliqnis  accesserit  nisi 

specnlator  divini. 
I  2.8,  5:  uerstdst  tu  dih  tisses  «6^^ :  sentisne  .  .  haec? 


^)  Eine  unbedingt  sichere  Bestimmung  ist  nicht  möglich,  solange  ein 
Index  za  den  Glossen  von  Steinmeyer-Sievers  fehlt. 

*)  Bei  Is.  ist  einmal  die  auffällige  Schreibung  fyr-  belegt,  die  aber 
weiter  keinen  Rückschluss  erlaubt: 

Is.  26,  21  Hench:  fyrstant  dhiz  c^mtmi :  intellige  visionem. 
Für  Is.  5,  5  verzeichnet  Graff  VI  604  irrtümlich  farstant  statt  firstant 
(Hench). 

")  Der  Gen.  bezeichnet  die  Berührung  des  Objekts  oder  —  lokal  gefasst 
—  das  Gebiet,  auf  dem  sich  die  Tätigkeit  abspielt  (Erdmann  II  §  214).  Be- 
sonders häufig  ist  er  in  der  reflexiven  Verbindung  und  erhält  sich  in  dieser 
bis  in  die  heutige  Umgangsprache,  während  er  sonst  meist  dem  Akk. 
weicht,  sich  verstehen  eines  dinges  wird  allerdings  durch  auf  etwas  ersetzt, 
aber  sich  versehen,  vertrösten,  vei'messen,  verwutidern  eines  difiges  sind  uns 
noch  geläufig  (Erdmann  II  §§  220  ff.). 

Leopold,  Die  Vonilbe  ver-  13 


194 


as.  Hei. 4655 :  ihat . .  alle  farstanden,  Ihat  gi sind gegnungo iungaron mine. 

Hei.  5228:  ihe  mugun  min  wwrd  farstanden,  güobien  mimm  lerun, 

mnd.  B.  Y.  2998:   Beilin  stund  hüten  ,  .  he  rep  .  .  do  dit  Reinke  hadde 

vorstdn,  he  ginJc  üt  unde  spraJc  .  .  . 
H.  V.  1393:  ik  vorsta  des  nicht,  spreket  up  dudesch  jutoe  hicht. 
Chr.  d.  nordelb.  S.  38:  de  sik  vorstunt  der  wendeschen  sprake. 
Eccles.  fol.  220b  (Sir.  38,  38):  se  vorstan  sek  nu^t  in  dem  testamente 

des  richtes  (non  intelligunt). 
Teoph.  529:  an  papheit  krnidik  my  wol  verstan. 
Korner  248a:  unde  sik  wol  vorstunt  uppe  des  paweses  breve. 
R.  V.  4144:  ja,  ganz  wol  vorsta  ik  mi  up  dat  werk% 
mhd.  Msf.  172,  30:  »wer  dienet  da  mans  niht  verstdt,  der  verliuset  al  Hn 

arbeit  (wahrnehmen). 
Msf.  37,  30:  sidi  hat  verwandelöt  diu  ssit.    dojs  v ersten  ich  an  den 

dingen  (merken). 
Griesh.  2,  139:  das  er  u/ns  da  mit  gmbe  ze  verstände  daz  .  .  . 
Parz.  440,  20:  Pa/rgival  verstuont  do  sich  daz  ez  Sigüne  wasre, 
Livl.  M.  5074:  als  ich  mich  an  dem  pfade  versten. 


^)  Eigenartig  ist  das  uns  heute  geläufige  sich  verstehen  auf  etwas  in 
dem  Sinne  „bewandert  sein  in,  Kenntnis  haben  von  etwas''.  Ehe  die  Wendung 
in  dieser  Form  fest  geworden  ist  und  die  übrigen  verdrängt  hat,  schwankt 
sie  im  mhd.  und  Frühnhd.  zwischen  mehreren  Präpositionen,  die  teils  die 
sinnliche  Anschauung  vertreten:  sidi  verstehen  an,  in,  um,  über  etwas  (mhd. 
mnd.  s.  oben)  „stehen,  sich  befinden,  fussen  in  .  .  .  .'',  teils  abstrakte  Auf- 
fassung verraten:  sich  verstehen  um,  auf  etwas  (nhd.  um :  negi]  auf  schon 
mnd.  s.  oben).  Die  älteste  und  früher  häufigste  Verbindung  ist  die  mit  dem 
instrumentalen  Genetiv:  sich  verstehen  eines  dinges  (vgl.  S.  193  Anm.  3). 

Vielleicht  ist  die  Bedeutung  „sich  verstehen  auf^  auch  mit  Wandlung 
des  Sinnes  ausgegangen  oder  wenigstens  beeinflusst  von  mhd.  sich  verstan 
an,  bif  mite,  von  „wahrnehmen,  erkennen  an,  bei,  durch,  infolge  von  etwas' : 

Livl.  M.  5074:  als  ich  mich  an  dem  pfade  versten. 

Walth.  117,  15:  ich  verstan  michs  wol  an  einem  site, 

Otte  244:  er  verstummt  bi  deme  eide  sich  dojs  er  .  .  daz  Uhen  muoste 
hdn  verlorn. 

Greg.  208:  hie  verstuont  er  sich  mite  daz  ez  ein  emest  solde  s%n. 

Bari.  3,  35:  daz  ich  von  einnen  mich  verstan,  waz  ich  gnaden  von 
dir  hän. 
Hierher  gehören  die  nichtreflexiven  Verbindungen  mhd.  verstan  an,  bi,  umbe 
(s.  oben)  und  nhd.  verstehen  bei,  durch,  unter  etwas  (S.  195).  Bei  allen  diesen 
Wendungen  wird  erst  ein  umfangreiches  Material,  besonders  für  das  16.  und 
17.  Jahrb.,  entscheiden  können,  wieweit  der  Einfluss  fremder  Sprachen  geht 
(franz.  entendre  par).  Die  Wendung  sich  verstehen  auf  stammt  aus  dem 
mnd.  und  ist  nach  ähnlichen  wie  sicJi  stützen,  sich  verlassen,  vertrauefi  auf 
etwas  gebildet  worden  (S.  186). 


195 

Bari.  391,  22:  an  dem  du  reinekeit  verst&st  (merken). 
Myst.  2.  175,  12:  also  verstät  umbe  den  vater, 

Bari.  402,  29:   die  hrieMsch  kunnen  v er 8 tan, 

Bari.  15,  38:  mr  war  verstuont  er  sich  der  rede  do. 

Nib.  984,  4:  da  mac  man  die  wdrheit  harte  schiere  U  verstän. 

Teichn.  55 :  diu  heilic  schrift  st  ein  vdlung  und  ein  gift,  so  mans  nach 

dem  text  verstät 
Trist.  4633:  swer  guote  rede  ze  guote  und  ouh  ze  rehte  hon  verstän, 

Parz.  2,  16:  der  sich  niht  versitzet  noch  vergH  und  sich  anders  wol 

verstet 
Er.  3078:  der  sich  des  mohte  verstän,  une  sin  gemüeie  uhis  getan. 
Bari.  326,  8:  die  edeln  unt  die  riclien  hänt  vil  tüitze,  in  den  sie  sich 

verstänt^). 
Trist.  7502:  der  verstät  sich  wol  umbe  Kurvenäles  sware  („weiss, 

welche  Bewandtnis  es  damit  hat")  ^). 
Chr.  3.  146, 17:  schendeten  den  alten  rat  und  sprachent,  sie  hetten  gsatz 

aber  die  hantwerk  gemacht,  darüber  sie  sich  nit  versttmden^). 
nhd.   H.  Sachs  Ndr.  198/199  S.  73:    von  den  hob  ich  drey  schöne  schwenck 

erfaren.  den  ersten  thOet  verston!  ■ 
Uhland  Volksl.  1,  336  Cotta:  wilt  ?»u  ein  wort  vor  st  an. 
Rebhuhn  Sus.  akt.  5  t.  727  Tittmann:  eur  bitt  ivir  habn  verstanden 

(Ternehmen). 
Rollenhagen  ind.  reisen  57:  wie  toir  von  etlichen,  die  zu  uns  kamen, 

verstanden  haben. 
A.  öryph.  Ndr.  3  (Horr.)  S.  43 :  und  ihm  meine  grosse  gewogenheit  zu 

verstehen  zu  geben. 

Keisersberg  Spinnerin  0  2  a:    bei  diser  gleichnusz  v  erste  es  tu  aller 

basest,  wie  .... 
Ji.  Sachs  Ndr.  193/199  S.  314:  der  wirt  den  groben  Payren  nit  verstund. 
A.  Gryph.  Ndr.  6  (Squenz)  S.  18:   ihre  majestät  verstehen  den  titul 

nicht  wol. 
Goethe  an  Bürger  18.  10.  75  (Goethekalender  1906  S.  63):  ich  .  .  werde 

dir  nichts  sagen  und  du  wirst  mich  alles  verstehen! 

Keisersberg  hass  im  pfeflfer  (1511)  A  2:  bey  disem  häszlin  wOrt  ver- 
standen .  .  .  die  cristenlich  Mrch. 

H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  13:  ir  wölt  es  in  gut  hie  verstahn  (auffassen). 

Luth.  1.  273,  23  W.:  durch  diese  drey  todten  werden  verstanden 
nach  der  lere  sancti  Augustini  dreyerley  geschlecfU  der  sünder. 

Opitz  Ndr.  1  (Poet.)  S.  5:  worunter  ich  herren  Sänfftleben  versiehe. 

1)  Siehe  S.  194  Anm. 

13* 


196 

ebd.  S.  30:  ein  schtoartJses  kind,  das  nicht  war  toeisz;  weil  es  sich 
wol  ohne  disz  verstehet  (selbstverständlich  ist). 

Keisersberg  anh.  mensch.  A  8:  versteest  du  dich  an  trübsal^), 
Apostgesch.  26,  20:  da  ich  mich  der  frage  nicht  verstand, 
H.Sachs  Ndr.31/32  S.145:  du  verstehst  dich  der  kue  mehr  denn  ich. 
Flut.  29:  als  leilt,  die  sich  des  wenig  verstünden, 
Bocc.  23  (1588):  edles  gestein,  gefaszt  und  ongefasgt,  der  er  sich  wol 

verstund. 
Gretter  erkl.  d.  br.  Pauli  a.  d.  Römer  886:   aber  vmb  das  Uecht  der 

gottesfwrdit  vnd  frombkeitj  verstehen  wir  vns  weniger  dann  ein 

hindt, 
A.  Qryph.  Ndr.  6  (Squenz)  S.  10:  verstehet  ihr  euch  auffs  calender 

machen. 
ebd.  S.  16:  weil  ich  mich  aber  .  .  auff  die  music  .  .  verstanden. 

Mörike  1,  168  (Hesse,  Biogr.):  mit  Kemer  selbst  verstand  sich 
Mörike  aufs  beste. 

ebd.  6, 166:  das  mädchen  hatte  selber  schon  an  so  etwas  gedacht^  fedoch 
verstand  sie  sich  nicht  leicht  daeu,  sie  (schuhe)  gänzlich  abzu- 
schaffen *). 

Eigenartig  ist  die   Verwendung  des  Part.  Prät.   (S.  184 
Anm.  2)«): 

mhd.  Narr.  73,  74:  vefstanden  Hüten  ist  predigen  guot  (verständig). 

Chr.  9.  871,  16:  wer  üt  gelernt  ist  und  verstanden  (kenntnisreich). 


^)  „sich  stehen,  sich  befinden**.  Abgeschwächt  ist  anch  die  Wendang 
sich  verstehen  mit  einem;  vgl.  sich  vernehmen  mit  S.  190.  Im  Bair.  heisst 
guten  verstand  haben  „in  gutem  Vernehmen  miteinander  stehn*^  (Schmeller 
2,  767). 

*)  sich  verstehen  zu  etwas  „sich  bereit  erklären,  zugestehn''  ist  wohl 
mit  der  ahd.  Glosse  IV  197  a  farstando  :  „addico''  in  Verbindung  zu  bringen 
(vgl.  mhd.  bestan  „zugestehn"  Lexer  1,  224). 

')  verstand  ist  als  „Einsicht,  Verständnis,  Auffassung''  belegt: 
ahd.  Js.  40,  5  Hench:  fir stand  endi  chidhanc  :  ( Spiritus)  sapientiae  et 

intellectus. 
nhd.  Luth.  1. 153  W. :  die  von  heller  vomunfft  und  sinnereych  vorstandts  seyn. 
B.  Waldis  3,  49:  einpfeiffer  wolt  fischen  gähn,  vtul  heit  gar  kein  ver- 

st  an  dt  dauon. 
A.  Gryph.  Ndr.  3  (Horr.)  S.  47:  dasz  ich  .  .  in  artem  aratoriam  ver- 
stand habe. 
Luth.  1.  709,  12  W.:    das  legen  etlich  ausz  also  .  .  .  aber  der  recht 

verstanndt  ist,  den  sant  Peter  gibt. 
ebd.  706,  22:  diser  verstand  gefeit  mir  wol  (Auffassung). 


197 

nhd.  S.   Frank    weltb.  66:    wer   ein  wenig    verstandner,    geUrter  oder 
reidier  ist. 
U.Sachs  Ndr.  193/199  S.  282:    der  knecht,  das  vnuerstanden  kalb 

(anvernünftig). 
Auch  Schmeller  2,  715  führt  verstanden  „vernünftrg*  für  das  Bair.  an. 

verstehen  ist  in  allen  Mundarten  vertreten.  Bisweilen  dient 
es  zu  scherzhaften  Redensarten,  wie  in  Berlin:  sie  haben  wol 
'tw  schwere  verstehste?  und  verstandez-vous  (Meyer  128a), 
Frankfurt:  en  verstehmerig  (verstehdermich)  von  der  sach 
Mwe  (Askenasy  39  „Verständnis,  Begriff").  Für  das  Bair.  be- 
zeugt Schmeller  2,  715  verstehmich  „Verstand",  für  das  Kölnische 
Honig  194b  versteiszdomich  „Kenntnis,  Begriff,  Verstand".  Das 
brem.  wb.  4,  908  verzeichnet  versnuff  (:  verschnaufen)  als  „Ge- 
ruch, Witterung,  Kenntnis":  he  het  daar  kien  versnuff  af. 
Der  Begriff  des  Verstehens,  Begreifens,  Einsehens  hat  sich  mit 
ver-  so  fest  verbunden,  dass  auch  die  Gaunersprache  in  den 
vielen  Bildungen,  mit  denen  sie  ihn  wiedergibt,  stets  var-Kom- 
posita  anwendet.  Dem  verstdien  lautlich  am  nächsten  steht 
versteunen  (Kluge  rotw.  476),  am  weitesten  verbreitet  ist  ver- 
lunschen  (ebd.  19,  55,  78,  94),  daneben  verUinzen  (ebd.  4  vgl. 
verlinjsren  „verhören"  S.  65  dies.  Abh.)  und  verlunscht  „ver- 
schmitzt" (137);  ferner  die  Bildungen  verämen  und  veraumen 
(437,  442),  verhneisen  und  verJcneisten  (339,  413,  157),  vemuppen 
(442),  versnüwen  (446,  vgl.  versnuff  oben). 

bestehen  (S.  191  Anm.  4)  und  erstehen^)  sind  in  der  Bedeu- 
tung „verstehen"  je  einmal  belegt.  Sie  können  von  dem  Sinne 
„erwerben"  aus  (Hittmair  179)  dazu  gekommen  oder  nur  analog 
zu  verstehen  gebraucht  sein.  Über  entstehen  s.  S.  191  Anm.  5. 
Das  ebenfalls  vereinzelt  belegte  vergehn  (as.  S.  100)  und  ver- 
hören (mhd.  S.  64)  ist  schon  behandelt  worden  *). 

1)  Während  die  bisher  behandelten  /air-Gruppen  (vgl.  die 
Übersicht  S.  163)  enge  zusammenhängen  und  ineinander  fiber- 
gehn,  steht  die  Gruppe  verwandeln  vereinzelt  da.  Sie  fusst  auf 


')  Leys.  5,  14:    der  möchte  sich  da  b%  ersten  daz  ir  herre  haz  ge- 

sieret  were. 
')  Auch  diese  können  sehr  wohl  /air-Typen  sein. 


198 


der  Anschauung  „herum,  um,  anders''  (umwandeln),    got.  Be- 
lege fehlen^), 
ahd.  Gl.  I  812  b  firpilidoter  :  transfiguratus. 
II  660  a  firpüidota  :  transf ormat. 
N.  II  263,  12  F.:  äne  ünsih  in  se  ferhildondo  uuir  den  tödfürhien  : 

transf  ormando. 
Gl.  III  144  a  virkerar  :  tergiversator. 

I  208  gl.  K.  firuuantalom.    Äa.  foruuantolom  :  mutuor. 
IV  167  b  uerwandelot :  reciprocat. 
N.  I  336,  5  P. :  tdejmvatio  nernüge  feruuändelöt  uuirden  in  habitum. 
I  262,  20  F.:  »6  dd  diu  zöuuerlicha  hont  sie  ueruuihselota^  in 
misseliche  wdsd :  in  yarios  modos  vertit. 

I  494,  9:  uudnda  iz  dnderlichöt  ^h  ^nero  qualitate  feruuehselötero 

in  dndera  uuideruudrUga  :  alteratnr  enim  in  contraria  qualitatis 

notatione  facta. 

Gl.  I  264  gl.  E.  firutdhslit :  permutat.    I  208  £.  faruuihsUt  pim  :  mutuor. 

mnd.  Livl.  Urk.  nr.  1602,  4:  welk  koepman  to  Novgarden  mlver  vorgeten 

lett  (umgiessen). 

Speg.  d.  Bonden  f.  37  b:  die  .  .  ere  lote  verhuaen  (Haus  wechseln, 

umziehen). 
Dial.  Greg.  234 :  den  marmesteyn,  de  vp  syne  graue  lach,  verwandelen 

(umwenden). 
Z.  d.  Berg.  Gesch.  V.  XI,  194:    van  247  mudde  toe  verscheten  .  , 
ghegeven  2  pont,  ende  van  den  roggen  to  v  er  wannen  ghegeven 
4^«  W8t.  (mit  der  Wanne  umschütten). 
Westphal.  3,  107:  mit  vorwender  Aan* :  reversa  manu, 
mhd.  verändern ')  Ort,  Stand,  Besitz,  Kleidung  umändern  (Lexer  3,  69), 
verbilden  zum  Bilde  gestalten,  umbilden  (75),  sich  verburgem  von  einem  Yon 
ihm  weg  zu  einer  andern  Herrschaft  ziehen  (86),  vergoten  in  Gott  verwandeln 
(119),  verkeren  umkehren,  umwenden,  verwandeln,  an  andern  Ort  und  in 
andern  Besitz  bringen,   verkleiden,    bekehren  (140),  sich  verlegen  in  sich 
anders  legen,  sich  begeben  in  (157),  vermenschen  zum  Menschen  machen  (178), 
verrtden  abwenden,  verkehren  (202),  verrücken  anders  rücken,  verschieben 
(206),  ver8<^affen*)  verwandeln,  verzaubern  (211),  (den  poch)  versezBen,  ver- 
stellen^ verwem^)  durch  Wehr  aufstauend  ableiten  (227,  250,  304),  versilbern 


*)  Doch  vgl.  ai.  pdri-sic  (umgiessen),  gr.  n^quaxrifjn ^  \Kt,  permiUo,  lit. 
per-daryti  (umarbeiten). 

*)  verwechselHy  verkehren  hat  von  Hause  aus  nicht  den  üblen  Nebensinn, 
den  wir  jetzt  hineinlegen;  umgekehrt  kann  verwandeln  ihn  haben  (Lexer 
3,  294).  Im  nhd.  findet  wieder  die  Bedentungssonderung  zwischen  den 
Synonymen  statt  (vgl.  die  Verba  des  Sprechens  S.  72). 

')  verändern  ist  eigentlich  Denominativ:   „anders  machen*'. 

*)  Zu  den  Verben  der  Bedeutung  „verzaubern"  vgl.  S.  70  Anm. 

»)  Vgl.  S.  77. 


199 

(den  fctin)  in  Silber,  Geld  umsetzen  (229),  versiahen  (awert,  münze)  um- 
schmieden, umprägen  (232),  verstellen  verwandeln,  unkenntlich  machen  (250), 
unverstalt  nicht  in  andere  Gestalt  gebracht  (2,  1966),  vertolken  verdolmetschen 
(271),  veroerwen^)  anders  färben,  entfärben  (287),  vervleischunge  incarnatio 
(288),  verwandeln  umdrehen,  umwenden,  vertauschen  (293),  verwandem  ver- 
wandeln (294),  verwehsein  umwechseln  (298),  verwursten  zu  Wurst  um- 
arbeiten (315). 

nhd.  Lichtenberg  1,  144:  das  wort  gottesdienst  sollte  verlegt  und  nicht 
mehr  vom  kirchengehen ,  sondern  bloss  von  gtäen  handlungen  ge- 
hraucht werden  (, umlegen",  anders  anwenden). 

1.  Cor.  13,  2:  und  hette  allen  glauben,  also,  das  ich  berge  versetzte 

(anders  setzen,  umsetzen). 
S.  Franck  weltb.  (1542)  154  a:  setzeti  sich  nider,  bald  wider  auff,  vnd 

versetzen  sich  dreimal  (sich  anders  setzen). 
Kollenhagen  ind.  reisen  141:  man  versetzet  den  alten  hdhn  mit  einem 

newen  (umtauschen). 
Opitz  (1690)  1,  205:  habe  ich  mich  unterwunden  hiesige  Irojanerinnen 

in  unsere  spräche  zu  versetzen  (übersetzen). 
Schuppius  Schriften  540:  die  Daphne  ist  in  ein  lorbHerbaum,  der  Jcn(Ae 

Celmus  in  demant,  die  Venus  in  fisdi  ver&ndert  und  versetzet 

worden  (verwandeln). 
Col.  1,  13:  und  hat  uns  versetzt  in  das  reich  seines  lieben  sohnes^. 
Luc.  17,  6:  saget  zu  diesem  maulbeerbaiom,  reis  dich  aus,  und  ver- 
setze dich  ins  meer. 
Mörike  6,  304  (Hesse) :  wenn  gute,  vortreffliche  menschen  .  .  durch  ihren 

frischen  geistesodem  auch  unser  wesen  in  neuen  raschen  schwung 

versetzten, 
Sperling  Nicod.  (1719)  2,  90:  d^isz  sie  .  .  zu  den  engein  versetzet 

worden  seyn. 
Goethe  24,  210:  ihre  anreden,  ihr  betragen  versetzten  ihn  bald  aus 

jeder  ungewiszheit 

Garg.  (1590)  S.  6:   Ovids  v  er  staltungen  (Metamorphosen). 

Luth.  15. 133,  35  W.:  wie  sich  der  teuffei  ynn  die  gestalt  aynes  guten 

engeis  verstellen  soll, 
H.  Sachs  Ndr.  193/199  S.  447:   gehe  hin,  dich  zu  in  gsell  vnd  dich 

verstell,  ob  du  mir  in  den  tagen  machst  etlich  pringen  in  die  Jkell. 


')  Loh.  1287:  iuwer  stalt  sich  von  ir  nie  wolt  siden  breit  ververben 
(sich  durch  Farbe  unterscheiden). 

')  versetzen  in  „hinsetzen  in*  berührt  sich  mit  der /atr- Gruppe  ver- 
messen; sich  verlegen,  versetzen  auf  ist  dort  (S.  168)  behandelt  worden,  ver- 
setzen unter  (die  zahl  der  heiligen:  Adelung  im  DWB.  1290)  möchte  ich  eben- 
falls in  jene  Gruppe  verweisen. 


200 

Lohenstein  Soph.  (1689)  65:  ein  zaubernd  weib  Jean  auch  den  klügsten 

kapff  verstellen^)  (entstellen). 
Maaler  434  a  verteütschen  :  transf erre  in  linguam  Germanicam. 
Brentano  ges.  sehr.  4,  468:  dasz  sie  ihr  geld  verwechseln  und  den 

wirih  befriedigen  sollten  (umwechseln). 

Opitz  Arg.  1,  579:    dies  verwandte  seine  gedanhen  in  einen  zom 

(umwenden), 
ebd.  2,  472:  ich  will  ihre  andacht  anderswohin  verwenden. 
Lessing  Em.  Gal.  248:  das  gemälde  verwandt  gegen  einen  stuhl  lehnen 

(umgewandt). 
A.  Gryph.  Son.  II  8, 1  (Weinh.  hs.  W  98) :  der  so  des  menschen  herte, 

eh  als  man  meint,  verwendt  (umstimmen). 
Mörike  6,  291  (Hesse):    oJme  ein  äuge  von  meiner  arbeit  zu  ver- 
wenden^) (abwenden). 
Uhland  volksl.  (Cotta)  1,  72:  hoff,  glUck  werd  kummen  drein,  sich  in 

als  guts  verwenden  (sich  wandeln). 
Rebhuhn  Sus.  (Tittmann)  akt  5  v.  261:  das  glück  das  thut  sich  bald 

verwenden  (dass.). 
ebd.  y.  382:  da»  yhr  in  euren  henden  das  schwert  nicht  vnrecht  ihut 

verwenden  (anwenden). 

Die  Wendung  verwenden  zu  stammt  auch  von  hier^): 

Spee  trutzn.  309:    er  thät  das  brod  zum  waren  fleisch  verwenden 

(verwandeln). 
Gretter  erkl.  d.  ep.  Pauli  a.  d.  Römer  (1566)  S.  287:    dasz  alsdann 

sein   strebe  geheiliget,   vnd  jm  zu  seinem,  heil  verwendet  wird 

(umwenden,  umwerten  zu). 

Aus  den  Mundarten  und  Berufsprachen: 

brem.  holst,  verbedden  (kranke)  umbetten  (wb.  1,  65,  Schütze  1,  77), 
Schweiz,  verbilde  bildlich  darstellen  (Staub  4,  1200),  verbröte  Teig  zu  Broten 
formen  (5,  991),  verbucke  umbiegen  (4,  1142),  sich  vergliche  sich  verwandeln 


^)  Die  Gruppe  verbindet  damit  oft  üblen  Nebensinn. 

^  Kann  auch  /ra-Type  sein,  vgl.  ahd.  Gl.  I  693  a  firuuantun  :  avertebant. 

')  Ähnlich  mnd.  „Mühe  aufwenden'^: 

Wism.  Zeugeb.  f.  179:  bedancketh  erhes  fliUgen  arbeydes  mid  vor- 
Wendens, 
Pauls  Erklärung  (wb.  515b)  „nach  einer  bestimmten  Richtung  hinwenden' 
scheint  gezwungen  und  zu  gelehrt.  Wir  werden  besser  von  der  Erklärung 
„umwerten''  ausgehn;  danach  scheint  in  jüngster  Zeit  verwerten  gebildet 
zu  sein:    Mörike  4,  169  (Hesse):  jetzt  werden  wir  diese  gnädigen  Zeilen  bei 

seiner  erlaucht  sogleich  aufs  beste  verwerten, 
sich  verwenden  für  einen  zeigt  den  Einfluss  der  faur- fair -Type  vertreten 
(S.  156  f.):   Schiller  12,  259:  er  .  .  verwendete  sich  selbst  für  mich. 


201 

(2,  600),  westfäl.  vergrosken  in  Groschen  umsetzen,  ausgeben  (Woeste  291), 
Schweiz,  elsäss.  verhüse  umziehen,  sterben  (Staub  2,  1742,  Martin  1,  385), 
brew.  verhüsen  umziehen  (wb.  2,  677),  preuss.  verJcantem  Ämter  tauschen 
(Frischbier  2,  432),  Schwab.  verJäesen  umändern  (v.  Schmid  314),  verkoMen 
(des  torfes)  in  Kohle  verwandeln  (Jac.  4,  519),  verlandung  (der  buhneti)  An- 
satz des  Sandes  (520),  Schweiz,  vermöchten  Schuldner  durch  andern  ersetzen 
(Staub  4,  69),  elsäss.  vermünze  Geld  wechseln  (Martin  1,  696),  schles.  ver- 
pelzen  nropfropfen  (Drechsler  194)  •) ,  bair.  verschaffen  verzaubern  (Schmeller 
2,  382  f.),  Schweiz,  sich  verschaffe  sich  in  andre  Lage  bringen  (Staub  1,  906), 
elsäss.  verschiebe  die  ersten  Zähne  wechseln  (Vieh:  Martin  2,  388),  wien. 
berl.  versilbern  in  Geld  umsetzen,  verkaufen  (Hügel  181,  Meyer  128  a),  elsäss. 
verstecke  verpflanzen  (Martin  2,  582),  köln.  verstalt  Jujtn  sich  den  Anschein 
geben  (Honig  194  b),  Schweiz,  verstelle  Kinder  oder  Vieh  bei  andern  einstellen, 
Verstösse  Schulden  übertragen  (Staub  1,  906),  aachen.  vertrecken  umziehen 
(Müller -Weitz  248),  preuss.  verwessein  aus  der  Art  schlagen  (Hennig  291); 
Weidmann:  sich  verfärben  neue  Haare  bekommen,  verfedem  nach  Mauser 
wieder  Federn  ansetzen  (Kehrein  303),  verhaaren  Haare  wechseln  (304); 
Seemann*):  verhalsen  Schiff  vor  dem  Winde  wenden,  verkehrte  auflanger, 
kniee,  siteer  umgekehrte  (Bobrik  706b);  Bergmann:  verlegen  (arbeiter)  auf 
einen  andern  Bau  legen  (Veith  525),  verwerfen  verschieben,  sich  verziehen  aus 
der  Lage  kommen  (541). 

verschlagend  hat  die  Bedeutung  „umschlagen,  überschlagen,  lauwarm 
werden"  (vom  Wasser):  Schmeller  2,  515,  v.  Schmid  464,  Jecht  118,  Scham- 
bach 263  (auch  verknicken),  brem.  wb.  4,  813 f.,  Richey  258,  Dähnert  526, 
Frischbier  2,  440).  versetzen  bedeutet  brem.  „umsetzen"  (wb.  4,  773),  lux. 
versät  um-,  abgesetzt,  entsetzt  (Gangler  469),  ök.  versetzen  (der  Scheiben) 
umkehren  (0 verbeck  85);  Gärtner:  umsetzen  (Jac.  4,  528);  Weidmann: 
Haare  wechseln  (Weber  616);  Bergmann:  verschieben  (Gesteinsmassen),  refl. 
aus  der  Lage  kommen  (Veith  537);  Seemann:  verlegen  (Anker),  um  ihm 
bessere  Stelle  zu  geben  (Bobrik  40b).  verwenden  bedeutet  noch  „umkehren" 
im  Schles.  (Weinh.  hs.  W  98),  „anwenden,  anlegen"  im  Brem.  (wb.  5,  228); 
verwendte  nennt  der  Berliner  eine  Ohrfeige  mit  der  Rückseite  der  Hand 
(Meyer  128  b),  verwentsknöchelche  der  Kölner  den  Musikantenknochen  (Honig 
195  a). 


*)  W.  Scherffer  ebd.:    so  müssen  mägdlein  drauf  verpeltzt  in  knöb- 

lein  sein, 
*)  Die  Bildung  vergasten  (:  gasten  Seeleute,  zu  bestimmtem  Dienst  an- 
gestellt) ist  mir  unklar;    vgl.  Bobrik  706a:  die  zeit  vergastet j  wenn  Ebbe 
und  Flut  gerade  im  Ausgleich  und  Wasser  im  Stillstand  ist  u^id  weder  steigt 
noch  fällt. 

•)  Heyse  buch  d.  freundsch.  223:   manchmal  zünde  ich  auch  noch  auf 
dem  herd  ein  f euer  an,  da  ist  es  hier  recht  hübsch  verschlagen. 
Vgl.  auch  S.  89  ff.  über  die  Berührung  mit  der  /awr- Type. 


202 

m)  Zu  der  Bedeutungsgruppe  „fiberholen,  verwinden"  liefert 
fair-  in  der  Anschauung  „hinaus  über"  (in  gutem  Sinne)  auch 
seinen  Beitrag.  Zu  den  Ausführungen  S.  109  ff.  ist  hier  wenig 
nachzutragen  (s.  mehr  unter  fra-), 

mnd.  Ostfr.  L.  R.  1,  123:  bo  sali  de  erfnisse  hoeren,  de  se  mach  vorkneen^) 
(„überknien'',  durch  Nachweisen  eines  näheren  Verwandtschafts- 
grades erwerben). 

Gerh.  v.  M.  88,  5:  der  breden  wortelen  se  (Eiche)  genöt,  dat  se  vor- 
stunt  vü  mannigen  stöt,  de  or  de  wind  vil  dicke  bot  (überstehen, 
aushalten). 

Sp.  d.  kerst.  gel.  f.  104  a:  mit  desen  seuenghauen  v  erste  et  een  mensche 
die  soeuen  Jioeftsonden  (dass). 

Fahne,  Dortm.  3,  39,  42:  nemant  en  mach  mit  bloten  Worten  gut  v er- 
st ain  in  eins  anderen  erve  (überätehen,  zum  Nachteil  des  anderen 
übernehmen), 
mhd.   Uschb.  3:  den  überma^i  sol  die  party  vermugen  sich  der  sach  gu  be- 
laden (überreden,  bewegen  zu). 

Pass.  K.  233,  19:  er  versaz  den  smerzen  (durch  Sitzen  „überstehen"), 
nhd.  Hagedorn  2,  223:  und  denkt  vielleicht,  dose  ein  verdrüszlich  weib  in 
monatsfrist  viel  eigensinn  versitze. 

Garg.  140:  dasz  die  natur  plötzliche  enderungen  nit  wol  verstehet 
und  auszharret  (überstehen). 

verstehen  ist  noch  in  ndd.  Mundarten  gebräuchlich :  he  hxn 
eiten  goden  drunk  verstaan  (brem.  wb.  4,  998),  de  osse  ver- 
steit  veer  släge  (hamb.  Richey  285);  Schweiz,  verwallen  (fleisch) 
überwachsen  (Stalder  2,  432),  gött.  pomm.  verwassen  wachsend 
überstehen  (Schambach  268,  Dähnert  529:  daJt  verwasset  de 
göre  nog  wedder). 


Wir  gehen  nun  zu  dem  ausgedehntesten,  dem  einen  üblen 
Sinn  verleihenden /air-  übei*.  Dieser  entwickelt  sich  besonders 
aus  der  eben  behandelten  Bedeutung  „hinaus  über  (das  Mass)*'. 
Doch  haben  wir  den  Übergang  zu  üblem  Nebensinne  bei  den 
meisten  /air- Gruppen  beobachtet.  Über  die  Berührung  von 
fair-  mit  faur-  I  (bei  Verben  der  Bewegung)  s.  S.  58,  109 ff., 
127  f.    Die  hierher  gehörenden  Bildungen  erscheinen  bald  in 

^)  Die  Bildung  stammt  ans  dem  Friesischen: 
afries.  B.  168,  15:   thet  thi  tha  lawa  nime,  therse  ur  kniaia  muge. 


203 

transitiver,  bald  intransitiver,  bald  reflexiver^)  Form  und  mit 
besonderer  Vorliebe  als  Partizipialadjektiva.  Dieses  Ineinander- 
greifen mögen  uns  die  Verba  verliegen,  versitzen^  verstehen  ver- 
anschaulichen. Wer  zu  lange  oder  zu  viel  liegt,  sitzt,  steht, 
der  verliegt^  versitzt^  versteht  eine  Frist  durch  Nachlässigkeit; 
er  selbst  verliegt^  versitzt^  versieht  (sich)  und  „vergeht  sich**  da- 
durch, so  dass  er  dann  verlegen^  versessen,  verstanden  und  zu 
anderem  untauglich  ist. 

ahd.  Gl.  in  3a  farlegana^) :  contaminata.    IV  112a  verlegen  :  adolteratam. 
II  433  a  itiden  vnsuparvn  v  ar  leg  an  in  :  spuren  (stapra). 
T.  28,  1:  ?iabet  sia  /o r Z «^an a  ;  moechatus  est  eam. 
ebd.:  ni  furligi  thih  :  non  moechaberis. 
T.  44,  21 :  in  ihesemo  furleganen  cu/nne  :  in  generatione  ista  adaltera. 

Musp.  33:  denne  ni  küar  pamo  nohhein  de  pan  furisizzan^). 
as.  Uel.  3843:  ihiu  idis  u%ms  bifangen  an  farlegarnessi,  uuas  iro  libes 
scolo  (unerlaabtes  Beilager,  Ehebruch,  Hurerei), 
mnd.  Serm.  eyang.  f.  66a:  vnse  lychatn  vormodede  vnde  vorleghe,  wan  he 
nene  vorhalinghe  en  hadde. 
V.  Bunge,  Gesch.  d.  Ger.  W.  p.  70:  item  delbreve,  kopbreüe  ufid  scheding- 

breve  kennen  nummermer  vorliggen  edder  vorolden, 
Lüb.  Chr.  2,  248:  de  wile  se  dal  vorlegen  tmde  wolde  dat  slot  ut- 
smachten,  reeth  greve  Gerd  .  .  .  (durch  Liegen  versäumen). 

Wigands  Arch.  2,  421  (a.  1451):  toe  dat  vorsete  unde  versumede,  dat 
he  syn  was  (Wachs)  bot4en  twe  jar  schuldich  bleue  .  .  . 

Magd.  Seh.  Chr.  326,  16:  vorsetene  tinse  (fällig). 

Münst.  Chr.  1,  141:  he  ey Schede  vele  anderes  geldes  van  versettenen 
tyden  (versäumten  Zahlungsfristen). 

Agricola,  Spr.  278  (Latend.  S.  37):  wente  de  reckadem  entslapen  vnde 
maken  lam,  alseme  wol  by  den  perden  süth,  de  ere  knaken  vor 8 tan 
(überstehen,  durch  zu  langes  Stehen  steif  machen). 

Mekl.  Urk.  nr.  4183  (a.  1320):  deden  se  des  nicht,  so  scolde  vns  dat 
hw  vor  st  an  sin  vnd  vse  rechte  gut  wesen  (durch  zu  langes  Stehen 
verfallen). 

Bothos  Ohron.  f.  209 :   bischop  D.  koffte  wedder  Safferde  van  dene  van 


*)  Der  refl.  Akkus,  tritt  mit  Vorliebe  bei  den  Verben  mit  tadelndem 
Sinne  auf,  daneben  auch  bei  solchen,  die  eine  Geistestätigkeit  bezeichnen 
(vgl.  S.  193  Anm.  3). 

*)  (sich)  verliegen  hat  bis  in  mhd.  Zeit  die  besondere  Bedeutung :  „  ein 
unerlaubtes  Beilager  halten",  ebenso  mengl.  forliggan  (Stratmann  240a). 

»)  Über  furisizzan  (firi-?)  S.  128. 


204 

Haldensleve,  dat  47  iare  vor  st  an  hadde  cor  4000  m.  (verpfändet 

sein  um  .  .  .)• 
mhd.  Nib.  945,  4:  mettine,  der  diu  frouwe  Kriemhilt  vil  selten  eine  verlac 

(versäumen). 
Gudr.  1349,  2:    swer  an  dem  morgen  vrüeje  gerne  welle  gesigen,  der 

sol  sih  niM  verligen  (zu  lange  liegen). 
Wg.  3936:  er  verlit  sich  bi  wiben. 

Iw.  2794:  (Erec)  der  sich  .  .  durch  vrowen  Ernten  verlac, 
Pass.  K.  442,  39:  ob  ich  in  sunden  verlegen. 
Iw.  7174:  ein  verlegen  man  (in  Trägheit  versunken). 
Msf.  243, 46:  vinde  ich  loch  an  verlegener  tvcßte  (abgelegen,  verdorben). 

Iw.  3198:  das  er  verdulte  und  versae  das  sie  (vingerlin)  im  ah  der 

hant  gewan. 
Berth.  494,  16:    welich  kristenmensche  die  gröze  scelikeit  versitzen 

sulle  oder  tr (Beliehen  versläfen  oder  verligen. 
Nib.  706,  7:    war  umbe  uns  also  lange  den  zins  versezzen  hat  ir 

man  derst  unser  eigen  (schuldig  bleiben). 
Ukn.  138  (a.  1311):    der  versezzen  dienst  (durch  Sitzen  versäumt, 

rtlckständig,  schuldig). 
Chr.  15.  29,  11:    das  schlos  Haideck,  das  ein  versessen  lehen  toas 

(verfallen). 
Walth.  13,  19:    wie  sin  wir  versezzen  zwischen  fröiden  nider  an 

die  jdmerlichen  stat  *). 
j.  Tit.  886:  ist  ianan  solich  getiht  also  ungemezzen,  .  .  der  ist  an  guter 

merke  versezzen, 
Parz.  2,  15:    der  sich  niht  versitzet  nocfk  verget  und  sich  anders 

tool  verstet. 
Bari.  240,  17:  boum  gras  unde  smte:  so  daz  verstät  in  siner  zitj  dls 

der  ze  lange  in  sldfe  lit,  so  sol  er  (Wind)  ez  wecJcen  unde  wegen 

(nicht  vorwärtskommen,  ausbleiben). 
Renn.  16928:  sin  bestez  phant  verstet 
Gudr.  1149,  4:    diu  ros,  diu  sich  verstanden  heten  (hs.  erstanden; 

durch  zu  langes  Stehen  steif  werden). 
Mart.  68:  iemer  in  der  helle  bruot  müezen  si  verstanden  dem  tieveH 

sin  ze  pfänden  (verfallen). 


*)  Dieses  versezzen  sin  braucht  nicht  von  Hause  aus  „übel  niedersitzen, 
an  verkehrter  Stelle  sitzen"  (Lexer  3,  231)  zu  bedeuten^  sondern  kann  ein- 
fach verstanden  werden  als  „zwischen  den  Freuden  an  kläglicher  Stätte 
sitzen",  so  dass  sich  erst  daraus  das  „Übel  sitzen"  ergibt,  versessen  an  etwas 
mit  Richtungspartikel  fällt  uns  auf;  wir  können  an  engl,  to  sit  down  „sich 
niedersetzen"  oder  an  die  Vorstellung  sich  stützeti,  verlassen  auf  etwas 
denken,  versessen  auf  in  der  Bedeutung  „erpicht  auf"  ist  sicher  von  solchen 
Wendungen  übernommen  (vgl.  sich  verstehen  auf  S.  194  Anm.). 


205 

ükn.  465  (a.  1357):  mir  ist  der  selb  Weingarten  verstanden. 
nhd.  Garg.  519  (1590):  zum  ersten  ahlauff  seind  sie  (Franzosen)  teuffelischer 

dann  teuffei:  aber  toann  man  sie  erhalten  %md  verligen  lasst  .  . 

da  seint  sie  weibischer  dann  weibisch. 
Fronsperger  kriegsb.  3,  287  b:    ein  hauff  bessert  sich  von  der  arbeit, 

aber  von  der  müszigkeit  verligt  er. 
Lohenst.  Armin.  1,  565  a:    weil  uns  der  athem  wegen  dünnigkeit  der 

lufft  überaus  verlag  (nicht  weiter  können,  untätig  werden). 
Philander  1,  3:  dasz  manch  ^rlich  gelehrter  gesell  .  .  sich  so  elendig 

muse  herummer  schleppet^  und  verligen. 
H.  Sachs  Ndr.  25/26  S.  134:  du  hast  forthin  her  in  viel  tagen  gesamelt 

ein  inn  deinen  magen.     das  ist  dir  als  darinn  verlegen  (fest- 
gelegen, verstopft), 
ebd.  Ndr.  31/32  S.  70:  aiuh  hob  ich  vil  verlegner  war. 
Wieland  19,  7 :  wehe  dem,  der  verlegen  oder  bescMmt  oder  ungehalten 

wird  (ratlos,  geniert). 

Lohenst.  Armin.  2,  1281:    dasz  bey  so  nahem  kriege  ihre  kinder  auf 

detn  miste  versitzen  und  zu  bauem  werden  müszten. 
ebd.  2,  80:    eine  versizende  oder  gar  erstickende  tugend  (aus  der 

Landwirtschaft  übertragen:  sitzen  bleiben,  nicht  aufgehn). 
H.  Sachs  1,  94  (1558):  ich  het  mich  schier  bei  jn  versessen,  meins 

toiderkommens  gar  vergessen, 
Wencel  Scherffer  Ged.  556  (Germ.  Abb.  XI  244):    keine,  die  sich  gar 

versessen,  darf  man  mir  zum  weihe  pressen  (alte  Jungfer). 
Goethe  12,  172:  was  Jiast  du  da  in  höhlen,  felsenritzen  dich  une  ein 

schuhu  zu  versitzen. 
Goethe  13,  90:  habt  eures  Ursprungs  vergessen,  euch  zu  sMaven  ver- 
sessen, euch  in  häuser  gemauert,  euch  in  Sitten  vertrauert^), 
Tieck  3,  17:    solch  gekrümmtes,  versessenes,  verstudirtes  wesen 

(vom  vielen  Sitzen  und  Studieren  verdorben). 
Paracelsus  op.  1,  1120  C  (1616):    auch  allem  gestandenen  unr^  ver- 

sesznen  hlut  von  fallen,  stossen  oder  schlegen. 
Chr.  Gryph.  poet.  wäld.  2,  414:    so  zahlet  Portugal  die  längst  ver- 

sessne  schulden  (überständig,  rückständig,  fällig). 
P.  Flemmig  95  (1651):    ich  weisz,  wie  hoch  ich  dir  für  dieses  bin 

versessen  (verbunden,  verpflichtet)'). 


^)  Eine  präpositionale  Bestimmung,  in  welcher  Richtung  die  Handlung 
verläuft,  nimmt  gerade  fair-  gerne  zu  sich  (vgl.  got.  fairweitjan,  fairrinnan 
du,  und  S.  15,  ferner  vor.  S.  Anm.).  Auch  können  wir  die  Entwicklung  wohl 
begreifen,  wenn  wir  die  obige  Stelle  bei  Lohenstein  vergleichen:  versitzen 
und  zu  bauem  werden  >  sich  zu  bauem  versitzen, 

•)  eifiem  versessen,  verstanden  wie  einem  verbunden,  verpflichtet,  verfallen 
gebildet  (S.  139). 


206 

Tieck  11,  246:  aber  warum  warst  du  denn  grade  auf  das  ungeheuer 

versessen? ^)  (erpicht  auf). 
Frisch  327  c:    sich  verstehen  sagt  man  von  pferden,  wann  sie  eu 

lange  stehen  und  schaden  davon  hohen,  stando  et  otio  cormmpL 
ebd.:  sich  verstehen,  als  ein  versetztes  pfand,  foenore  consumi. 
Schottel  647b:    verstehen,  durch  stehen  lassen  verseumen  oder  ver- 
lieren,   also  heiszet  es  Nov.  Aug.  p.  2  cap.  27:  dem  gerichtsherm 
von  jeder  nacht,  so  lange  das  pfand  ungelöset  stehen  bleiben,  drei 
Schilling  Pfennige  geben,  bis  sich  das  pfand  gantz  verstehet^), 
A.  Gryph  Ndr.  3  (Horr.)  S.  15:  auff  dieses  pfand  pflegt  niemand  nühts 

zu  leihen,  es  verstehet  sieh  zu  geschwinde. 
S.  Frank  weltb.  155:  das  pfand  ist  verstanden  und  verfallen. 
Opitz  Arg.  1,  601:  denen  er  wegen  einer  wMthat  verstanden  war^) 

(verpflichtet). 
Die  Bedeutung*)  , durch  Liegen,  Sitzen  versäumen'  ist  noch  in  Mund- 
arten und  Beruf  sprachen  vertreten :  den  guten  wind  verliegen  in  der  Schiffer- 
sprache (Bobrik  707  a);  in  der  Weidmann  spräche  verliegt  der  Hund  seinen 
Vorteil,  wenn  er  sich  gehen  lässt  (Kehrein  306);  versitzen  im  Bair.  „eine 
Frist  verstreichen  lassen"  (Schmeller  2,  348),  im  Wiener  Dialekt  „seine  Lauf- 
bahn verfehlen"  (Hügel  181),  im  ndd.  „versäumen«  (Götting.  Schambach  266 ; 
Brem.-Nieders.  4,  779  den  gerichtsdag  versitten,  dat  spill  versitten  „nicht  mit- 
spielen";   Pomm.  Dähnert  2,  526:  de  tiid  is  verseten  „es  ist  zu  spät"). 


»)  Vgl.  8.  204  Anm. 

')  Analog  zu  einem  solchen  sich  verstehen  (verliegen,  versitzen)  ist  der 
niederdeutsche  Rechtsausdruck  sich  verbrüdem,  verscfiunstem  gebildet: 
mnd.   Ssp.  I  17,  1 :  sven  aver  en  erve  versusteret  unde  verbruderet,  alle 
de  sik  like  na  to  der  sibbe  gestuppen  mögen,  de  nemtt  geliket  dele 
dar  an. 
mhd.  Kulm.  r.  4,  65:  ob  sich  ein  erbe  vorschwistirt  oder  verbrüdirt. 
Lexer3,  84  erklärt  fälschlich  „sich  unter  Schwestern  oder  Brüder  verteilen". 
Vielmehr  mnd.  Richtst.  Landrecht,  c.  23,  §  6:  na  deme  dat  erve  versusteret 
unde  verbrüderet  si,  dat  is,  dat  dar  nen  suster  noch  broder 
en  si  .  .  . 
Dazu  Schottel  646a:    es  Jteiszet  im  sachsenrechte,  wann  sich  ein  erb  ver- 
brüdert oder  verschwestert,  alle  die  sich  gleich  nahe  zu  dem 
sipp  ziehen  mögen,  die  nehmen  gleichen  theil.  eine  verschwesterte 
oder  verbruderte  erbschaft  wird  alhier  genant,  welclie  zu  erben 
weder  Schwester  nocli  bruder  verhanden  sind. 
»)  Siehe  S.  205  Anm.  2. 
*)  In  der  Verwendung 

Goethe  21,  51:  wollt  ihr  an  warmer  statte  die  nadU  versitzen  oder 
verliegen 
ist  versitzen,  verliegen  entweder /aiV-  („durchsitzen,  -liegen")  oder /ra- Type 
(„sitzend  oder  liegend  verbringen"). 


207 

Das  intr.  verliegen  gebraucht  man  im  Bair.  von  der  Stimme,  die  Tersagt 
(Schmeller  1, 1460),  in  der  Weidmann  spräche  von  der  Hündin,  die  man  nicht 
zum  Hunde  lÄsst  (Kehrein  306),  in  der  Hüttenspracbe  von  einem  Betriebe, 
der  nicht  ordnungsgemäss  erhalten  wird  (Yeith  530);  das  refl.  bedeutet  da- 
selbst „nicht  vorwärtskommen,  das  Unternehmen  aufgeben  müssen"  (ebd., 
Jacobsson  4,  521).  versiteen  bedeutet  im  Bair.  „im  Ausstand  bleiben,  alt  werden" 
(Schmeller  2,  348),  im  Preuss.  „steif  werden,  nicht  vorwärts  kommen"  (Hennig 
291;  Frischbier  2,  441:  die  Brauer  haben  zwei-,  dreimal  veraessen,  wenn  sie 
das  Jahr  über  ihre  volle  Zahl  nicht  ausbrauen  können);  das  refl.  sich  ver- 
sitzen sagt  man  von  alten  Jungfern  im  Bair.  (Schmeller  ebd.)  und  Wiener 
Dialekt  (Hügel  181).  Das  intr.  verstehen  hat  im  Schweiz,  den  Sinn  „zurück- 
bleiben" (Staub  1,  906),  das  refl.  im  Schles.  „alt  und  faul  werden,  abstehen" 
(Weinh.  hs.  S  430).  Die  Berg-  und  Hüttensprache  gebraucht  verstehen  im 
retardat  „verfallen"  (Veith  539).  Das  Part,  verlegen  bedeutet  im  Schweiz, 
„abgestanden,  verjährt,  müde"  (Staub-Tobler  3,  212),  im  Pomm.  „bekümmert" 
(Dähnert  2,  523).  Eine  scherzhafte  Übertragung  liegt  vor,  wenn  die  Studenten- 
sprache und  die  Frankfurter  Mundart  „Verlegenheit"  mit  verlag  wiedergibt 
(Kluge  stud.  132,  Askenasy  50:  toas  e  verlag I).  versessen  „verschuldet,  ver- 
jährt, verfallen"  bezeugt  Weinh.  hs.  S  342  für  das  Schles.  verstanden  „ver- 
pflichtet" hat  ein  älteres  bestanden  neben  sich  (Hittmair  246).  verstanden 
„überständig,  verfallen"  ist  im  Schweiz.  (Stalder  2,  391)  und  Bair.  (Schmeller 
2,  715)  belegt.  Zu  sich  verliegen  „sich  dem  Liebesgenuss  hingeben"  gibt  es 
ein  trans.  Seiten  stück  in  beliegen  „begatten". 

Im  Zusammenhang  behandle  ich  zunächst  die  Transitiva 
mit  der  Bedeutung  „durch  Übermass  schädigen*'  und  „einbttssen, 
verfehlen"*).  Die  Verba  des  Sinnes  „verbrechen"  und  „ver- 
führen" sind  schon  S.  128  f.  behandelt  worden,  ahd.  und  as. 
Belege  sind  nicht  mit  Wahrscheinlichkeit  nachzuweisen. 

mhd.   a)  „durch  Übermass  schädigen" : 

verbuwen  durch  Bau  schädigen  (Lexer  3,  87),  -dürkeln  durchlöchern 
(102),  'hacken  (walt)  ausholzen  (122),  -houwen  aushauen,  verletzen  (132), 
•jagen  durch  übermässiges  Treiben  schädigen  (137),  -loben  übermässig  loben 
(166),  -niesten  übermässig  mästen  (178),  -nagelen  durchnageln,  beschädigen 
(184),  -namen  durch  zu  häufiges  Nennen  missbrauchen  (185),  -rennen  (ros) 
überhetzen  (201),  -riten  zuschanden  reiten  (205),  -rünen  (mit  steinen)  bewerfen 
(208),  -salzen  durch  zu  starkes  Salzen  verderben  (210),  -schainen  beschämen 
(213),  -schellen  übertäuben,  betäuben  (214),  -schrien  durch  zu  lautes  Schreien 


*)  verlieren,  versäumen  selbst  sind /ra-Typen.  überhaupt  ist  es  bei  den 
meisten  der  angeführten  Bildungen  nicht  ausgeschlossen,  dass  sie  auch  auf 
fra-  zurückgehen  können  (vgl.  dieses  weiter  unten).  Über  die  Berührung  mit 
faur-  vgl.  S.  202  unten. 


208 

verderben  (219),  -schüren  durch  Hagel  verdorben  (221),  -senen  abhärmen  (226), 
'Sniden  falsch  zuschneiden  (239),  -spitzen  zu  spitz  machen  (245),  -stumpfen 
zu  stumpf  machen  (256),  -suiiem  im  Kochen  tiberwallen  lassen  (260),  -svceUen 
aufstauen,  verderben  (261),  -touben  betäuben  (272),  -iriben  (ors)  überhetzen 
(275),  -trinken  {die  sinne)  durch  übermässig  Trinken  stören  (276),  -vluoten 
überschwemmen  (289),  -weinen  (ougen)^)  durch  übermässig  Weinen  verderben 
(298),  -welzen  (lop)  durch  zu  viel  Wälzen  verderben  (299),  -wmen  verwöhnen 
(301),  -werfen  (mit  steinen)  bewerfen  (303),  -werzeln  verwirren  (305),  -wezzem 
durch  Mischung  herabsetzen,  -wibefi  efFeminare,  verweichlichen  (306),  -zerten 
verzärteln  (318). 

b)  „einbüsseii,  verfehlen"  (vgl.  die /aur-Bildungen  S.  129f.): 

verbrechen  als  Strafe  verwirken  (Lexer  3,  82),  -burn,  -beeren  verwirken 
(3,  86;  Nachtr.  390),  -grifen  fehlgreifen  (3,  120),  -jceren*)  Jahr  versäumen 
(137),  -keren  verdrehen  (140),  -legen^)  an  unrechten  Ort  legen  (156),  -lüzen 
versäumen  (172),  vermachunge  Verwirkung  (173),  -mezzen  falsch  messen,  ver- 
fehlen (178),  -nücken  durch  Einschlafen  versäumen  (189),  -rüemefi  durch 
Prahlen  verscherzen  (207),  -scBJen  umsonst  säen  (206),  -satzen  versitzen 
(Nachtr.  393),  -scherzen  verscherzen  (215),  -schulden,  -soln,  -schein  verwirken 
(220,  241),  -scfiuldern  durch  Spiel  verlieren  (221),  -släfeti*)  schlafend  ver- 
säumen (231),  -spcsien,  -späten  versäumen  (243),  -spün  verspielen  (244), 
-swem  falsch  schwören  (262),  -vailen  verfehlen  (283),  -vellen  trans.  zu  ver- 
vallen verlieren  (286),  -vrevelen  einbüssen  (290),  -waJn  beim  Kegeln  ver- 
lieren (293),  -wandeln^)  zum  Schlechten  wandeln  (294),  -wehsein  verwechseln 
(298),  -wenden  auf  verkehrte  Art  betreiben  (301),  -wetten  durch  Wette  ver- 
lieren (306). 

Die  nhd.  Bildungen  der  trans.  Gruppe  %  und  besonders  die 


*)  nhd.  Qoethe  2,  61:  v  er  weine  mir  deine  schönen  äugen  nicht. 

*)  Swsp.  L  2,  76:    ob  der  herre  den  man  schuldegöt,  daz  er  sin  guot 

verjeret  habe. 
«)  Vgl.  S.  85,  127.  *)  Vgl.  S.  128. 

*)  den  lip,  daz  leben  verwandeln  (sterben),  den  sin  (den  Verstand  ver- 
lieren); verwandelwige  der  sprädien  (babylonische  Sprachverwirrung  ebd.). 
•)  Von  interessanten  Belegen  sei  angeführt: 
Schönaich  ästhetik  55  (Köster):  ihn  im  elend  zu  wissen,  v  er  säurte 

nur  Jacobs  betrybnisz, 
Felsenb.  4,  241 :  dasz  wir  .  .  dieses  gespräch,  wie  man  zu  sagen  pflegt, 
bald  wieder  verschwatzten    und  fast  gar  nicht  weiter  daran 
gedachten. 
Musäus  physiogn.  reisen  2,  125  (1788):   er,  der  schweber,  idealisierer, 

verschwebt,  veridealisiert  Jeden  zug  (durch  Übermass). 
Irrgarten  559:    so  geschaJh  es,  da^'iz  icli  viel  voti  demjenigen,  was  ich 

schon  gelernet  hatte,  verschwitzte, 
üarg.  (1590)  189:  wer  sich  zu  viel  waget,  wagen  und  ross  ver waget. 


209 

freieren  mundartlichen  Schöpfungen^)  sind  so  zahlreich,  dass 
sie  im  Rahmen  dieser  Arbeit  nicht  vorgebracht  werden  können. 
Nur  von  Bildungen  Goethes  sei  hervorgehoben: 

13,  127:  mchts  verlindert  und  nidits  verwitzelt^  nidits  verzier- 
licht  und  nichts  verhritzelt. 

Elsäss.  verschäUe  gött.  verschatten  durch  Schatten  schädigen, 
aus  Mangel  an  Licht  umkommen  lassen  (Martin  2,  443,  Scham- 
bach 261)  bietet  ein  trans.  Seitenst&ck  zu  den  mannigfachen 
Intrans.  nach  dem  Muster  verkümmern. 

An  intrans.  Bildungen  dieser  Art  sind  die  jüngere  Sprache 
und  besonders  die  lebenden  Mundarten  reich  und  von  anschau- 
licher Eigenart.  Wir  fühlen  zugleich  ein  inchoatives  und  effek- 
tives Moment  aus  ihnen  heraus;  zu  dieser  Funktion  ist  vor- 
züglich fair-  (neQi-  per-)  befähigt  ^). 

ahd.  Gl.  I  86  Pa.  faraUet.    gl.  K.  firaltet :  cariosos. 

N.  I  152,  23  P.:  übe  sie  (herskefte)  f&re  dlti  ferbltchent :  desinunt 

splendere. 
Gl.  III  233  b  ihferboson,  ich  /erbose  :  depravor. 

I  76  Pa.  Ra.  fardorret.    gl.  K.  firthorret :  contabescit. 

T.  71,  3:   bithiu  sie  ni  habetun  wurzaliln  fürthörre tun  :  aruernnt. 

Gl.  n  291h  furihartit') :  obdurescit. 

N.  II  363,  19:  mit  ferhartemo  herzin :  obstintito  corde. 

II  136,  13:   ferheiletiü  tmumda  füUta.    unde  tnuird  drgera  .  . 

danne  si  fore  utiäre. 
Gl.  n  436  b  versniegun  perga  :  ninguidos  (Pyrenas  :  überschneit). 
Gl.  III  249b  ich  ferstabun,  ich  v er stab e  :  ohstipeo. 

II  198  b  firwesenet :  ^nescit.  —  IV  165  a  ferwiteweter  :  YidnsiXvLS. 
N.  n  98,  22  P.:  ich  sah  feruuuöte  unde  suant :  insensatos. 

as.  Hei.  5679:  uuas  imo  iro  sUdi  hugi  .  .  farhardod  an  iro  herten. 
mnd.  Eccles.  f.  98  a:  also  dat  he  dat  (Uni)  in  der  boisheit  let  vorbomen 
vndt  vorolden  („verbaumen,  verholzen",  hart  werden). 


^)  Bei  der  Wortbildung  in  den  Mundarten  sind  onomatopoetische 
Strömungen  za  erkennen;  vgl.  die  Ausdrucke  für  ,, verzärteln '^  im  Schweiz.: 
verbäbele  (Staub  4,  919),  -bibdbele  (920),  -bänsele,  -bänzle  (1393),  -bibdrpele 
(1598),  'bdrtsele  (1617),  -bäscheU  (1760),  -bittele  (1909),  -bäuwle  (1945), 
-poppde  (1428),  -gögeU  (2, 154),  -göggele  (178),  -gäggele  (169),  -häggele  (1098), 
-häscheU  (1753),  -hötscheU  (1799). 

*)  Über  die  Ausdrücke  vgl.  S.  20. 

')  furi-  wohl  für  firi-  (vgl.  S.  1.%). 

Leopold,  Die  VorsUbe  ver-  14 


210 

Sudend.  9,  S.  297,  2  (a.  1403):    an  eynen  olden  hreff,  de  voriarei 

unde  vordaghet  is  (über  Jahr  und  Tag  aogestanden,  ungültig). 
Chr.  d.  nordelb.  Sachs,  p.  109:    dar  se   (Leichname)   vormadeden, 

vorvuleden   vnde  vorrateden   (von   Maden   zerfressen  werden, 

verfaulen,  verrotten). 
Gryse,  Speg.  f.  Oo :  gelyckwol  toülen  se  hy  vtUlem  voder  Hunger  steruen, 

vormucklen  vnd  vormiszquemen^)  (in  Ungemach  kommen  und 

nicht  fort  können). 
Bothos  Chr.  f.  264:   ok  so  toas  eyn  nat  somer  vnde  vornatede  kome, 

gras  vnde  wische  (vor  Nässe  verkommen). 
N.  Gryse,  L.  B.  fr.  27:    dat  se  vorquinen,  htmgerich  vormageren 

vnde  smachtich  vorkagen  vnde  vordSrren  (hinsiechen). 
Ndd.  Rechtsb.  f.  71b:   dar  inne  he  vorstenken  mochte  (vor  Qestank 

umkommen). 
Weist.  3,  317 :  wanner  einer  land  hedde,  daruan  wes  tho  nickte  queme, 

alsse  dat  idt  v  er  flöte  edder  sonst  mit  Steingrande  befloten  worde 

(von  der  Flut  überspült  werden). 
Besühriv.  v.  d.  kunst  d.  seef.  p.  19:  alz  gy  willen  eine  schueffrose  ge- 

brucketi,  dar  de  natel  offt  drat  vorwestert  (zu  weit  nach  Westen 

ausschlagen  :  Deklination). 

mhd.  veraffen,  -effen  töricht  werden  (Lexer  3,  67),  -cdten  (68),  -argen, 
-armen,  -baldeti  verwegen  werden  (70),  -bleichen,  blichen  (11,  78),  -bUtiden 
(78),  -bluoten*),  -bösen,  -bcesen  (79),  -dorren  (97),  gecken  uf*)  närrisch  sich 
versteifen  auf  (111),  -gelwen,  -güwen  vergilben  (112,  118),  -genzen  ganz  werden 
(113),  -gramen  gram  werden,  -grasen*)  von  Gras  überwuchert  werden,  -gräwen 
alt  werden,  -grüenen  grün  werden  (120),  -gurren  (gurre:  Stute,  schlechtes 
Weibsbild,  121),  unverhagelt^)  (2,  1955),  -härmen*)  vor  Harm  umkommen 
(3,  125),  -horsten,  -Herten  hart  werden  (125,  129),  -heilen  (126),  -hülzen^ 
mit  Holz  durchsetzt  werden  (Nachtr.  392) ,  -hungern^)  (3,  134),  -irren  irre 
werden,  -itelen  wirkungslos  werden  (136),  -jären^)  verjähren  (137),  -kaUen. 
-kargen  karg  werden  (139),  -kindischen  kindisch  werden  (144),   -krumben, 

^)  vormissquetnen  ist  aus  franz.  mesquin  gebildet  worden. 

*)  Pass.  76,  43:  der  von  toufiden  swcere  verbluotet  wtere. 

')  Hans  1129:  daz  wir  üf  disse  erdsche  plonder  sus  rechte  gar  v er- 
gecken.   Zu  der  Konstruktion  vgl.  S.  221. 

*)  Mart.  54,  220:  dei*  stßlden  wec  was  in  v er w äset,  der  rehte  geloube 
was  in  vergraset. 

^)  j.  Tit.  3756:  swer  nach  siner  girde  im  selber  donret,  der  mac  wol 
behalden  allen  sinen  bow  unv erhagelt. 

•)  Frl.  357,  4:   si  liez  mich  gar  v  er  härmen. 

')  j.  Tit.  284:  dirre  walt  was  über  al  verhülzet  ufid  versteinet. 

*)  Martyr.  Ib,  80:  in  dem  kerkere  vorhungern. 

•)  S.  Gall.  stb.  4,  802:  swenn  der  zins  verjdret,  daz  man  dann  dar 
über  riht  als  umb  sieht  geltschult  (überständig  werden,  verfallen). 


211 


-krvmmm,  -lamm  erlahmen  (149,  152),  kumen  gebrechlich  werden  (150), 
'lecken  vertrocknen  (156),  -miesen^  -woscw')  verwachsen  (180,  181), 
-moderen,  -müeden  (181),  -nahten^)  übernächtig  werden  (184),  -narren 
närrisch  werden  (185),  -queln  vor  Qual  vergehn  (194),  -guinen  dahinschwinden 
(195),  -rasten  zu  lange  rasten  (196),  -rosten  (205),  -roten  putrescere  (206), 
-Schalken  zum  schale  herabsinken,  verkommen,  -sclMln  schal  werden  (211), 
-sdiamen,  -scheinen  in  Scham  versinken  (212),  -schämen  verschimmeln  (215), 
-schiuhen,  -schiuwen  scheu  werden  (217),  -schrinden*)  von  Rissen  durch- 
zogen werden,  bersten  (219),  -siechen  (227),  -släfen,  slcsfern  (231),  -slemmen*) 
verschlämmt  werden  (233),  -snitoen,  -snien^)  einschneien  (240),  -soren  ver- 
dorren (242),  -starren,  -steinen  starr,  zu  Stein  werden,  -steinen^)  von  Steinen 
durchzogen  werden  (249),  -stocken  (252),  -storren  steif  werden  (253),  -stüden'^) 
von  Stauden  überwuchert  werden,  -stwnmen,  -siumbett  (255),  -suren,  -siuren 
versauern,  -swachen  schwach  werden  (260),  -swellen  übel  anschwellen  (261), 
-swem  zusch wären  (263),  -swiln^)  schwielig  werden  (264),  -tiuvelen  ver- 
teufeln, -toben  übermässig  ins  Toben  geraten  (270),  -tören  üf^  närrisch  er- 
picht sein  auf  (271),  -töten  absterben,  -touben  taub  werden  (272),  -truckenen 
(276),  -tuniben,  tumtnen  verdummen,  verstummen  (278),  -tiuszen,  -dusdien, 
-tüsdien  betäubt  werden  (279),  -iwälen  zurückbleiben  (280),  -vulen  verfaulen 
(291),  -wasen^^)  vergrasen  (296),  -weisen  verwaist  werden  (298),  -wilden 
(307),  wintern  ")  vom  Wiuter  überfallen  und  zugrundegerichtet  werden  (310), 
-witewen  zur  Witwe  werden  (312),  -tciieten  ndch^^j  rasend  werden  vor  Ver- 
langen nach  (314),  -zagen^^)  (315). 

Währeud  die  meisten  denominativen  Bildungen  besagen: 
„in  den  durch  das  Stammwort  ausgedrückten  Zustand  eintreten 
(inch.)  und  darin  bis  zum  Übermass  (und  Ende)  fortschreiten 


*)  Mart.  57,  67:  ir  wege  und  sHge  sint  vermieset. 

Wartb.  30,  7:   din  herze  ist  dir  vermoset. 
*)  Kulm.  r.  3.  2,  10:    ab  ein  man  gewundet  wirt  und  dt  klage  vor- 

nachtet  (übernächtig  werden,  die  Geltung  verlieren). 
•)  W.  V.  Rh.  147,  13:  «Ine  vüese  wären  v  er  sehr  und  en. 
*)  Bu.  147  (a.  1334):  der  grabe  vorslemmet  was. 
*)  Just.  361:  wan  bces  weter  und  sne  in  fiel,  entsaz  man,  das  man  im 

lande  möhte  versntgen. 
•)  Vgl.  S.  210  Anm.  7. 

')  Weist.  5,  205:  der  die  acker  last  verstüden. 
*)  Pass.  261,  76 :  unz  im  daz  vleisch  verswilte  harte  groz  vor  sinen  knien. 
»)  Flore  3767:  swer  vertöret  üf  diu  wlp. 
>«)  Vgl.  S.  210  Anm.  4. 

")  Teichn.  A  207a:  ez  wirt  noch  verwintert  gar. 
**^  Msh.  1,  30a:   icti  verwüete  nach  ir  güete. 
")  nhd.  Uhland  Volksl.  1,  272  (Cotta):    uolt  keiner  an  herzog  Christof 

verzagen. 

14* 


J12^ 

(effekt.)",  schimmert  in  anderen  fair-  in  seinen  verschiedenen 
Bedeutungen  hindurch  und  erzeugt  dadui^^h  einen  eigentfimlich 
schillernden  Sinn,  der  diesen  Prägungen  besonderen  Reiz 
verleiht. 

mhd.  (nhd.)  ver/aren,  t?eniacÄfen,  vertagen  zeigt  fair-  in  der 
Anschauung  „hindurch"-  und  „darüber  hinaus"-bleiben  und  da- 
durch Schaden  leiden.  Hierher  gehört  mnd.  vortoestem  „durch 
die  Westrichtung  hindurch  und  darUber  hinaus  ausschlagen', 
von  der  Kompassnadel  gesagt  (vgl.  S.  210).  Besonders  reich 
ist  der  Zweig  mit  dem  Sinne  „von  dem,  was  das  Stammwort 
sagt,  durchsetzt,  überzogen,  verwirrt  und  beschädigt  werden" 
(vgl.  S.  210  f.  u.  Anm.)  wie  mhd.  verschrinden,  verswün  —  ver- 
grasen, verhüben,  vermiesen,  vermosen,  verslemnien,  versteinen,  ver» 
stüden,  verwaseti  —  verhagdn,  versniwen,  mnd.  vamaten.  vorvlaien; 
endlich  frei  in  übertragenem  Sinne  „von  etwas  überrascht, 
heimgesucht  und  zugrundegerichtet  werden"  wie  mhd.  verbluoten, 
verharmen,  verhungern,  vertvintem,  mnd.  vormaden,  vorstenken. 

Von  den  Denominativen  der  einfachsten  Art  (vgl.  oben) 
weist  das  nhd.  eine  Unzahl  von  Bildungen  auf,  die  hier  nicht 
vorgeführt  werden  können  ^).  Zu  der  letzten  Art  gehören  ausser 
den  schon  mhd.  belegten  Bildungen  noch  nhd.  verdursten^  ver- 


^)  Frenssen   HiUigenlei  527:    die  achUmme  wunde,   welche  Hie  heimai 

schuf,  will  vernarben, 
Augsb.  allg.  Zeitg.  1866  S.  50.54  a :   auch  der  proiestanHamus  itoftn, 

wie  alle  weU  weiss,  versimpeln  und  verknöcherfi. 
Rod.  Benedix  Shakespearomanie  426:   ohne  ihre  eigenen  diditungen 

.  .  toürde  ja  das  volk  geradezu  versumpft  sein, 
Liliencron  Poggfred  1,  174:    und  miüeid  hatt  ich  mit  dem  armen 

ding,  das  hier  vertrauern  muszte  und  versauern. 
Frenssen  HiUigenlei  507 :  dessen  seele  da  oben  in  der  stillen  heide  in 

gefahr  gewesen  war,  in  dämmerung  zu  verträumen  oder  in  Un- 
ruhe zu  veriiren. 
Cioethe  19,  63:  die  verunglückte  geseüschaft 
Brentano  ges.  sehr.  3,  74:    nur  dass  man  die  steme  heller  sdie  auf 

der  berge  gipfel,  lasset  ihr  euch  selbst  verwettemd  euren  trüben 

Schwall  verwittern. 
Pauli  schimpf  154:  ich  teil  dein  nit  verzagt  sein. 
Bielschowsky  Goethe  I  *,  154 :  der  oberste  deutsche  gerichtshof  steüte 

einen  verstaubten  und  verzopften  mechamsmus  dar. 


213 

eitern,  verknöchern,  verkümmern,  verlausen^  vernarben,  verregnen, 
versanden,  verschüfefi,  verschimmeln,  verschleimen,  verschneien,  ver- 
schwären,  verstauben,  versumpfen,  vertrauern,  verträumen,  verun- 
glücken^  verwässern,  verwittern,  verzapfen  u.  ähnl. 

Za  dieser  fruchtbaren  Gruppe  sind  viele  eigenartige,  oft 
sehr  freie  Neubildungen  analogisch  geprägt  worden^): 

Brockes  3,  641:  die  unsrigen  .  .  .  wird  man  dort  nad^  einem  langen 

schaiden  verhim^nelt  wieder  sehn^ 
H.  Heine  Ratcliff  46:  erde^  v  er  nachte  und  verschlinge  mich  (etwa: 

,mit  Nacht  bedecken,  in  Nacht  versenken *'). 

Aus  den  lebenden  Mundarten  und  Berufsprachen: 

weidm.  verangem  (wald)  zum  Anger  verwildem  (Heppe  374),  schles. 
verhangen  vergehn  vor  Bangen  (Weinh.  hs.  B  14),  Schweiz,  verhaumef  gött. 
verböämen,  holst,  verboomen  (kom)  banmig  werden,  verwildem,  vermodern 
(Staab  4,  12ö6,  Schambach  260,  Schütze  4,  301),  brem.  verblecken  von  der 
Sonne  ansdörren  (wb.  1,  99),  elsäss.  verbluete,  österr.  fabluatn,  westerw.  ver- 
bhUen*)   das  Seinige  einbttssen,   finanziell   erschöpft  sein   (Martin  2,   172, 


')  Die  Presse  pr&gt  Aagenblicksbildangen  mit  Vorliebe: 

Bresl.  Morg.-Ztg.  8.  3.  05:   toteaeelen,  in  welchen  die  liebe  verfilzt^ 

die  hoffnung  versäuert,  der  humor  vergrünspant 
Deutsche  Monatschrift  Jahrg.  6  S.  406 :  die  zeit  klagt,  dass  die  weit 

vergreise, 
Arno  Holz  Daphnis  (1904)  105:  dein  Bwrdeau  (Bordeaux)  wach  uns 

froh!  soll  er  dir  verkellern?  (im  Keller  verderben). 
D.  V.  Liliencron  kämpf  n.  spiele  89 :  vor  .  .  jähren  ist  hier  . .  an  gift 

verleibweht  ein  süszes  Klärchen  (an  Leibweh  zugrundegehn). 
Jugend  Nr.  23  (1904)  S.  464:    Würzburg  ist  verjudet,  verprote- 

stantet,  vernorddeutscht. 
Zeitschr.  d. allg. dtsch.  Sprachvereins  1906  S.321 :  das  verpreusselnde 

Frankfurt.    S.  328:  die  verwelschung  Südtirols. 
Bresl.  Morg.-Ztg.  1.  7.  1905:    die  verweiblichung  der  Volksschule 

—  die  verkirchlichung  der  volkssdiuie. 
Lehmann-Hohenberg  naturwiss.  u.  bibel  S.  87:  wdtvertrustung, 
*)  Meist  trans.  gebraucht  „in  den  Himmel  erheben*  (bildlich): 

Wieland  32,  440 :  da  sah  ich  .  .  diese  olympische  queüe  den  irdischen 

boden  verhimmeln, 
Schönaich  ästhetik  (Köster)  118:  wenn  er  die  niedrigsten  ha$idlungen 

auf  diese  art  verhimmeln  si^t 
Ähnlich  Lohenstein  Armin.  2,  866:  dasz  beide  dar  v er s lernt  sollen 

sein  („zu  den  Sternen  erheben"). 
')  Schmidt  289  (westerwäld.)  leitet  verbluten  von  ndd.  blut  als  „bloss 
werden"  ab;  doch  kann  es  auch  vom  schriftdeutschen  verbluten  (S.  212)  ttber- 


214 


Castelli  121,  Schmidt  289),  leipz.  verdreckerfi  schmutzig  werden  (Albrecht 
228),  Schweiz,  verdrijäre  nach  drei  Jahren  verfallen  (Staub  3,  66),  brem.  ver- 
dummem dumm  werden  (wb.  1,  270),  gött.  verdumpen  (pflame)  zurückbleiben, 
verelennen  im  Elend  untergehn  (Schambach  261),  schles.  verfahren  überfahren 
werden  (Weinh.  hs.  F  18),  verf eigen  zaghaft  werden  (44),  brem.  verjiauen  im 
Eifer  nachlassen,  schal,  ohnmächtig  werden  (wb.  1,  407),  Schweiz,  vergande 
von  Felsenschntt  überdeckt  werden  (Staub  2,  337),  lux.  vergeeschteren  Geist 
werden,  sterben  (Gangler  466),  ökon.  vergrasen  sich  mit  Gras  überziehen 
(Weber  612),  Schweiz,  vergräwe  grau  werden,  verschimmeln  (Staub  2,  833), 
Schweiz,  österr.  vergrinde  schorfig,  hartnäckig  werden  (Staub  2,  769,  Hügel 
179),  ök.  verhageln  durch  Hagel  beschädigt  werden  (Weber  613),  holst,  ver- 
haidet  verdurstet  (von  der  wasserarmen  Heide  übertragen,  Schütze  4,  303), 
Schweiz,  verfiarze  sich  mit  Harz  überziehen  (Staub  2,  1656),  gött.  mansfeld. 
altmärk.  berl.  verhimmeln  vor  Schmerz  vergehn ;  sich  geberden ,  als  ob  man 
sterben  müsste;  in  den  Himmel  kommen,  sterben  (Schambach  262,  Jecht  117, 
Danneil  238,  Meyer  126  a),  Schweiz,  verhindere  zurückbleiben,  dahinterbleiben 
(Staub  2,  1419),  verhine  (hin)  hinschwinden,  verloren  sein  (1,  910),  verhocke 
Schweiz.  elsä|s.  schwäb.*)  österr.  liegen  bleiben,  verkümmern,  durch  Sitzen 
verderben  (Staub  2,  1124,  Martin  1,  318,  Hügel  179),  ökon.  verhometi  (ge- 
treideJcömer)  nicht  aufgehn  (Allg.  Haush.-Lex.  569),  Schweiz,  verhumme  (hum) 
erschrecken,  verstummen  (Staub  2, 1296),  gött.  verhussen  in  Gärung  übergehn, 
sauer  werden  (Schambach  262),  Schweiz,  verjdmere  ins  Elend  geraten  (Staub 
3,  42),  westfäl.  verkäwen  (hawer)  verhülsen  (Woeste  292),  schwäb.  verkeckt 
keck  werden,  Mut  fassen  (v.  Schmid  308),  hess.  verhUlen  vor  Kälte  erstarren 
(Pfister  128),  Schweiz,  verchime,  verchime'^)  sich  verschlucken  (wenn  ein 
Keim  oder  Kern  in  der  Kehle  stecken  bleibt,  Staub  3,  262,  469),  verchinde, 
köln.  verkindschen  im  Alter  kindisch  werden  (Staub  3,  3ö0,  Honig  192b), 
preuss.  verkrauten  (teich)  von  Kraut  überwuchert  werden  (Frischbier  2,  434), 
schles.  preuss.  verkrummen,  verlahmen  (Weinh.  hs.  K  260,  Frischbier  2,  434), 
pomm.  verlamen  erlahmen  (Dähnert  Ö23),  Schweiz,  verchugele  sich  überkugeln 
und  beschädigen  (Staub  3,  187),  elsäss.  verlagere  durch  Liegen  verderben 
(Martin  1,  571),  hrem.  verlostem  entarten,  verwildern  (wb.  1,  60),  westerw. 
frankf.  verlechen  austrocknen,  verdursten  (Schmidt  302,  Askenasy  134),  leipz. 
verliedem,  -ludern,  mansfeld.  verUdem,  -lüdeni,  gött.  verludern  verkommen 
(Albrecht  229,  Jecht  118,  Schambach  264),  hess.  verlockeln  leichtfertig  werden 
(Pfister  168),  Schweiz,  verlumpe  bankerott  werden  (Staub  3,  1281),  preuss. 
verluntrussen  herunterkommen  (Frischbier  2,  435),  schwäb.  ver magern  ab- 
magern (v.  Schmid  370),  bair.  vermalzen  (kam)  in  Feuchtigkeit  verquellen, 


tragen  sein.  Gött.  verblaueti  (Schambach  259)  ist  wohl  die  ndd.  Form  dafür, 
und  Schütze  1,  112  leitet  dann  holst,  verblauen  fälschlich  von  blau  (gblau 
werden")  her. 

^)  Mörike  (Hesse)  3, 186 :  mein  mühibacfi  trocken,  das  werk  im  stocken, 
blieb  aües  verhocken. 

*)  bair.  sich  verkimen  dass.  (Sohmeller  1,  1294). 


215 

malzig  werden,  nicht  anfgehn  (Schmeller  1,  1596),  Schweiz.  Schwab,  vermübe^) 
von  Milben  zerfressen  werden  (Staub  4,  223,  v.  Schmid  385),  Schweiz,  ver- 
miese von  Moos  überwuchert  werden  (Staub  4,  469),  pomm.  preuss.  vermis- 
quemen,  -quimen  *)  (preuss.  verquinen)  vor  Dürftigkeit  nicht  fortkommen,  sich 
aufzehren  (Dähnert  524,  Frischbier  2,  436,  Hennig  290),  preuss.  vermuibaren 
Mut  verlieren  (Frischbier  2,  437),  schles.  vemarren  starr  werden  vor  Staunen 
(Drechsler  184),  Schweiz,  veimackte  von  der  Nacht  überrascht  werden  (Staub 
4.  662),  vemusse  {nuss)  vergeblich  sein  (4,  830),  altmärk.  veroUem  veralten 
(Danneil  239),  preuss.  verprachem  verarmen  (Frischbier  2,  438),  brem.  preuss. 
cergud:en  (acker)  von  Quecken  durchsetzt  werden  (wb.  6,  242,  Frischbier  2, 
438,  AUg.  Haush.-Lex.  576),  westfäl.  verripen  durch  Reif  zugrundegehn 
(Woeste  294),  schles.  verrustem  verrosten  (Weinh.  hs.  R  121),  versauern  bair. 
(getreide)  durch  Nässe  leiden  (Schmeller  2,321),  preuss.  {mann  ohne  weih, 
weib  ohne  mann)  verkümmern  (Hennig  290),  aachen.  verschale  schal  werden 
( Müller -Weitz  255),  preuss.  verschalken  sich  zu  mutwilligen  Streichen  her- 
geben (Frischbier  2,  439),  ökon.  verschlemmte  wiesen  schlammüberzogen  (Allg. 
Haush.-Lex.  577),  preuss.  verschlicken  sich  mit  Schlick  überziehen  (Frischbier 
2,  440),  bair.  verschliert  schlammüberzogen  (Schmeller  2,  533),  elsass.  ver- 
schlösse von  Schlössen  beschädigt  werden  (Martin  2,  475),  hess.  verschrumpeln 
einschrumpfen  (Vilmar  370),  schles.  verschwarzen  ^)  dunkel  werden  (Weinh. 
hs.  S  269),  weidm.  verschweissen  (wild)  durch  Schweissverlust  enden  (Kehrein 
309),  berl.  verschwüeen*)  schweissig  werden  (Meyer  128a),  gött.  versommem 
durch  Sommerhitze  zugrundegehn,  verstarren  erstarren  (Schambach  267), 
preuss.  verstimt  von  Schneemassen  bedeckt  und  versperrt  (Frischbier  2,  442), 
schles.  verstraw^en  (getreiddä/nder)  von  Strauchwerk  überwuchert  werden 
(Weinh.  95,  hs.  S  469),  mansfeld.  versekein  (Jecht  119),  aachen.  versOchele 
(Müller -Weitz  240),  gött.  versüken  hinsiechen  (Schambach  267),  preuss.  ver- 
toten (bein)  absterben,  einschlafen  (Frischbier  2,  429),  brem.  vertragen  träge, 
müde  werden  (wb.  5,  95),  schles.  verwachen  durch  Wachen  ermatten  (Weinh. 
hs.  W  22),  bair.  verwasen  (äcker)  von  Gras  überwuchert  werden  (Schmeller 
2,  1018),  Schweiz,  verwindet  durch  giftige  Luft  angesteckt  (Stalder  2,  452), 
vertointem  Schweiz,  bei  Überwinterung  des  Viehs  durch  zu  grossen  Futter- 
verbrauch Schaden  leiden  (2,  454),  gött.  westfäl.  durch  Frost  zugrundegehn 
(Schambach  269,  Woeste  297),  bergm.  verwittern  (berge,  erze)  sich  an  der 
Luft  auflösen  (Jac.  4,  536),  schles.  verwitwem  zur  Witwe  werden  (Weinh. 
hs.  W  168),  Schweiz,  verwuchn^  (kuh)  die  Woche  nach  der  Begattung  trächtig 
werden  (Staub  1,  906),  venoueste  in  Unrat  verkommen  (1,  908),  verzable, 
schles.  verzappeln  ausser  sich  geraten  vor  Ungeduld  (Staub  1,  906,  Weinh. 
hs.  Z  12),  bair.  verzähen  zäh,  abgehärtet  werden  (Schmeller  2,  1100). 


')  Vgl.  mnd.  vormaden  S.  210. 
«)  Vgl.  mnd.  S.  210  u.  Anm.  1. 

")  A.  Gryph.  Son.  (1639)  27,  13:  wefin  sonn  und  luft  verschwarzt 
*)  Arno  Holz  Daphnis  (1904)  132:  ich  verschmachte,  ich  verschwizze 
wie  ein  gräsgen  in  der  hitze  (vor  Schwitzen  umkommen). 


216 

Auffällig  sind  die  Bildungen  Schweiz,  verhine,  verhumme^ 
vemusse^  gött.  verhussen  (zu  den  Partikeln  hin,  hutn,  nuss^  huss), 
Falls  man  sie  nicht  als  freie  Analogiebildungen  betrachtet, 
dürften  sie  schwer  zu  erklären  sein  ^). 

Neben  den  Intrans.  stehen  die  Refleziva  meist  mit  dem 
Sinne  „verfehlen,  sich  vergehen"  (Übermass,  zielloses  Umher- 
irren). Sie  bilden  gewissermassen  das  Mittelglied  zwischen 
Trans,  und  Intrans.  Die  Grenze  nach  /at4r'  I*)  und  /ro-  hin 
ist  bei  ihnen  kaum  einzuhalten. 

ahd.   N.  II  187,  3  P.:   so  gesciehet  uns  danne  uuir  uttellen  betando  an  Got 

tünchen  dcts  uuir  an  ander  ünsik  ferdinchen^). 

I  248,  13:  d6r  8ih  teheines  tüanüiches  tinges  fermdze  mit  tiu  er 

gloriam  geuuünnen  wualH, 
Gl.  I  535  b  sihvirvuanit  sichuurwanit :  contempnit  (sich  überheben). 
N.  I  757,  12  P.:  föne  diu  neüomson  die  göia  eih  niM  f  er  surren  he 

sUge  (falsch  schwören)*), 
mhd.  sich  veraffen  sich  äf fisch  benehmen  (Lexer  Nachtr.  390),  -afiem 
8.  verspäten  (3,  67),  -cUten  (68),  -andern  (69),  -arheitefi  s.  überarbeiten,  -balden 
s.  erkühnen  (70),  -hluoten  (79),  -bösen  (80),  -brüeten  vor  Hitze  vergehn  (84), 
'denen  an  seinen  ganzen  Sinn  richten  auf  (92),  -denken  an,  ncu^  sich  in  Ge- 
danken verlieren  (93),  -drtejen  (97),  -einen  s.  absondern  (103),  -eilenden  s.  ent- 
fremden (lOö),  -engesten  vor  Angst  vergehn  (106),  -geilen  übermütig  werden 
(111),  -gesten  s.  entfremden  (113),  'ginen  s.  vergaffen,  'giseln  im  Einlager  zn- 
grundegehn  (118),  -grifen  Missgriff  tun  (120),  -halten  zn  spät  kommen  (123), 
-harmden  sich  abhärmen  (125),  -herwen  herbe  werden  (130),  -hüt^ein  znsammen- 
scbmmpfen  (135),  -irren  s.  verfehlen,  -iueem  s.  nach  aussen  kehren  (136), 
•jämem  nach  s.  abhärmen,  schmerzlich  verlangen  nach,  -jaren  (137),  -köpfen, 
-hoffen,  -gaffen  s.  in  starres  Anschauen  verlieren  (139),  -kcren  s.  verstellen 
(142),  -klagen  s.  abhärmen  (145),  -kUmpfen  einschmmpfen  (146),  -Hütern 
8.  verwirren  (147),  -hrenken  krank  werden  (149),  -leisten  im  Einlager  zn- 
gmndegehn  (158),  -liedem  liederlich  werden  (161),  -laufen  s.  laufend  verlieren 
(169),  -mizzen  s.  anmassen  (178),  -müeden  ermüden,  -müeijen  s.  abmühen  (182), 
•mundem  s.  ermuntern  (183),  -prisen  übermässig  preisen  (194),  -quein  s.  ab- 
quälen, -rinnen  umherirren,  -riuhen  rauh  werden,  -riuwen  s.  abhärmen  (205), 

*)  Vgl.  die  noch  freiere  Bildung  verhutdere  ,von  hinten  sein  Bedürfnis 
verrichten"  (Staub  2,  1419). 

*)  Die  unter  fau/r-  I  auf  S.  130  f.  verzeichneten  Reflex,  dieses  Sinnes 
können  auch  /air-Typen  sein. 

•)  Vgl.  got.  fairweitl  S.  15. 

*)  Vgl.  lat.  perjiduSy  periurus  S.  16. 


217 

-rüemen  s.  rühmen  (207).  -sdiamen  s.  sehr  schämen*)  (212),  -seineti  s.  ver- 
säumen (223),  -seltcen  schmutzig  werden  (224),  -senen  s.  abhärmen  (225), 
-siechen  dahinsiechen  (227),  -sinnen  s.  irren  (230),  -släfen  (231),  -spteten  (243), 
-spitzen-)  (246),  -suochen  s.  suchend  verirren  (259),  -stoem  falsch  schwören 
(263),  -toben  (270),  -teeren  (271),  -tauben  taub  werden,  enden  (272),  -trdhten 
8.  vergrflbeln  (273),  -iriuwen  allzu  zuversichtlich  sein  (Nachtr.  393),  -tumben 
einfältig  werden,  -funkeln  b.  verfinstern  (3,  278),  -twälen,  -twehi  s.  aufhalten, 
•twdsen  töricht  sein  (280),  -vaien  feblgehn  (284),  -varen  s.  fürchten  (285), 
-v&Uen  8.  mttde  fechten  (286),  -vürhten  erschrecken  (291),  -weifien  s.  abhärmen 
(298),  -wellen  s.  wälzend  verirren  (299),  -werren,  -wirren  dass.  (304,  311), 
-wilden  verwildem  (307),  -wilen  s.  versäumen  (308),  -wüeten  nach  wütend 
verlangen  nach  (314). 

Lassen  sich  schon  im  ahd.  und  mhd.  fair-y  faur-  und  fror 
Typen  dieser  Art  kaum  scheiden,  so  ganz  und  gar  nicht  im 
nhd.'),  zumal  in  den  lebenden  Mundarten.  Daher  sind  hier  nur 
wenige  reflez.  Bildungen  anzuführen : 

brem.  sik  verachtem,  verletten  sich  verspäten  (wb.  1,  5;  3,  19),  köln. 
s.  verdun  s.  verirren  (Honig  191  b),  altmärk.  sik  verfräten,  berl.  sich  verfressen 
8.  fiberessen  (Danneil  237,  Meyer  125  b),  brem.  s.  vergecken  in  s.  vemarren 
(wb.  2,  494),  henneb.  s.  vergrätschen  s.  durch  Ausspreizen  der  Beine  schaden 
(Reinwald  134),  aachen.  s.  verhetze,  verkaide,  gött.  sek  verhitten^  verküllen, 
schles.  8.  verkäiden,  verkühlen,  leipz.  s.  verkeilten,  preuss.  s,  verkeilten,  -killen, 
-ktUlen  8.  erhitzen,  erkälten  (Müller- Weitz  254,  Schambach  262  f.,  Weinh.  hs. 
F  58,  Weinh.-Heinzel  102,  Albrecht  229,  Frischbier  2,  432),  preuss.  «.  ver- 
hucken  steif  werden  (Frischbier  2,  432),  lux.  s.  vermachen  s.  verstellen 
(Gangler  468),  gött.  s.  vemüchtem  nüchtern  werden,  den  trunkenen  Mut  aus- 
lassen (Schambach  264),  lux.  s,  verrauen,  bess.  -reuen  s.  abhärmen,  verzweifeln 
(Gangler  469,  Pfister  232),  schles.  s.  verrücken  s.  vergehn  gegen,  s,  versd^alken 
arg,  böse  werden  (Weinh.  hs.  R  131,  S50),  westfäl.  s.  verspringen  s.  durch 
Springen  schaden  (Woeste  295),  preuss.  s.  versteigen  s.  betrinken  (Frischbier 
2,  442),  weidm.  s»  versuchen  Hund  auf  falscher  Fährte  (Kehrein  310),  brem. 
8.  vertagten,  -treden  fehltasten,  -treten  (wb.  5,  30,  101),  bergm.  s.  vertauben 
(gestein)  taub  werden  (Veith  540),  schles.  s.  verweiben*)  weibisch  werden 
(Weinh.  hs.  W  75). 


')  Die/ra-Type  sich  verschamen  bedeutet  im  Gegensatz  dazu  „schamlos 
werden '^j  verschämt  und  unverschämt  sowohl  .verschämt^  wie  „unverschämt^ 
(3,  213;  2,  1961). 

^  Pass.  174,  62  H.:  ist  dag  der  mensche  Mt  sin  leben  als  sich  ver- 
spitzet tUoer  wän  (vgl.  sich  auf  etwcis  verspitzen,  versteifen). 
')  Fischart  Garg.  172:  der  sich  fast  verstudieret  (zuschanden  studiert). 
Maler  Müller,  Fausts  leben  163:  schlaf  und  träume  dich  voll  —  ver- 
träume dich  und  schenke  .  .  deine  seele  mir. 
*)  Log.  2661  (ebd.) :  wiewol  sidi  mann  und  weih  in  einen  leib  verleiben, 


218 


Eine  besondere  Betrachtung  niässen  wir  noch  den  Parti- 
zipialbildungen  widmen.  In  ihnen  tritt  der  von  fair-  erzeugte 
Sinn  „übermässig"  ganz  besonders  hervor^). 

ahd.   Gl.  III  188b  firezziter  :  expastus  („verfressen"). 

N.  I  761,  13  P. :  do  chäm  öuh  dllero  dieman  ferchrondosta  :  garnila 

(geschwätzig,  „verschwatzt,  verwaschen"). 

I  2dl,  20:  /erlogener  ünde  Ideer  :  segnis  ac  stupidus  („verlegen"). 
Gl.  II  293  b  firloganer  :  levis  (verbis  :  , verlogen"). 

I  511  ab:  arroganter  süperbe  .  .  .  quem  franci  iwcant  uermezzen 

(u^mezzen), 
N.  I  84,   1   P. :    ndh  fermürnden  ünde  dngistinden  lüstsdm  neist  : 

anxios  („vergrämt"). 

I  116,  14:  dir  diso  ferrüomet  ünde  also  Uehte  uuds  (in  levitate 

huiusmodi  arro^antiae  :  „verprahlt"). 

I  694,  26:  ddz  si  näh  imo  feruuüoftiu  sih  niamer  negetröste  in 
fütiden  haben :  obsita  perpetao  luctu  („verweint"). 

II  98,   22:    ich  sah  feruuuöte  unde  stMfU  :  insensatos  („ver- 
,  wütet",  ausser  sich  vor  Wut). 

Gl.  II  325b  lAarzdrtotar.  I  414a  ^r^arier :  delicatus  („verzärtelt"). 
N.  I  81,  23  P. :  ddz  tu  so  uerzSrtet  pist  (delitias  tuas). 
mhd.  verhuebt  heruntergekommen,  verlumpt  (Lexer  8,  86),  -däht  nach- 
denklich, argwöhnisch  (89),  -drozzen  verdriesslich  (99),  -glafert  vergafft  (118), 
-kunstet*)  verktinstelt  (151),  -logefi  lügenhaft  (161),  -mezzen^)  verwegen 
(178),  -schämt  verschämt  (213),  -seint  languescens  (223),  -semt  abgehärmt 
(225),  -sinnet  in  Gedanken  verloren,  verwirrt  (230),  -slafen  übermässig  zum 
Schlafe  geneigt  (231),  -tobet  rasend  (271),  -traht  grüblerisch  (274),  -trunken 
betrunken  (276),  -tümelt  betäubt  (278),  -wtenet  anmasslich  (294),  -wegen  (297), 
•zcurtj  -zertet  verzärtelt  (318). 


so  darf  sich  docfi  der  mann  deszwegen  nicht  verweiben  (Wort- 
spiel: sich  cerweiben  =  sich  beweiben  ist  hier  durch  den  Sinn 
ausgeschlossen). 
»)  Über  das  Part.  vgl.  S.  184  Anm.  2. 
')  Msh.  3,  56b:   nu  ist  din  kunst  verkunstet. 
Ähnlich  ist  wohl  verhovet  gebildet  bei  Walth.  148,  16;   149,  31;  150,  79,  85: 
gehovet,  verhovet  wndungehovet  —  verhoft'tr  schale  —  bi  dem  verhaften 
wesen  —  verhofter  lecker,    Lexer  (3,  134)  erklärt  fälschlich  ^g^g^^^  die 
höfische  Weise  gebildet"   statt  „überbildet".    Dann  fehlte  ja  der  Gegensatz 
zu  ungehovetl 

')  Vgl.  Kant  krit.  d.  urt.  (Erdmann)  S.  231  anm.:  das  deutsche  wort 
vermessen  ist  ein  gutes,  bedeutungsvolles  wort,  ein  urtheil,  bei 
welchem  man  das  längenmass  seiner  kräfte  (des  Verstandes)  zu 
überschlagen  vergisst,  kann  bisweilen  sehr  demiUhig  kUngen,  und 
macht  doch  grosse  anspräche,  und  ist  doch  sehr  vermessen. 


219 

Einige  interessaute  Belege  aus  der  nkd.  Schriftsprache 
gebe  ich  in  der  Anm.^).  Aus  den  Mundarten  ist  folgendes  zu 
erwähnen : 


»^ 


Garg.  Ndr.  65/71  S.  77 :  gutefi  vorrhat  von  starcken  quallen  .  .  inn 

essich  versaurt,  vnd  saurveressigt. 
Knnstwart  Jahrg.  19  S.  378:  im  Zusammenhang  einer  .  .  nicht  reiühen 

und  gleichmässig  verpfefferten  musik, 
Chr.  üryph.  poet.  wäld.  1,  772:  manch  verplappertes  mavi. 
Pers.  rosenth.  5,  13:  ein  verplauderter  vogel. 
Knnstwart  Jahrg.  19  S.  421:    mitten  im  verquälten,  überreizten 

Umgewirre  der  gegenwart. 
ebd.  S.  308:   das  in  seiner  ganzen  mannschaft  verschnapste  sdUff. 
Stieler   1709:    verschafet   tuhn  :  simulationem   stultitiae   indicere, 

cerschafet  sein  :  hominem   minime   malum,   simplicem ,   hebe- 

tiorem  esse, 
zfdw.  3,  331:    er  schilderte  E.  Mörike  als  .  .  sehr  verzärtelt  und 

verschrullt. 
Dehmel  ausg.  ged.  S.  110:  oder  eins  (gedieht)  von  einer  v  er  schul- 
ten Musa. 
Ayrer  proc.  1,  1:    ein  sehr  verschwatzter  geist  (beredt). 
Schopenhauer  parerga  2,  329:  deutsch  verschwebelt  und  vernebelt, 

d.  h,  statt  eines  klaren,  hestimtnten  Sinnes  blosze,  aber  recht  breite 

Worte  liefernd. 
Goethe  an  Merck   (Goethekalender  1906  S.  35):    und  denke  mein, 

wenns  um  dich  schwebt,  wie  es  in  sympaiien  hie  um  mein  ver- 

schwirbelt  himgen  lebt  (taumelig). 
Kirchhof  wend.  115:  ein  gar  versoffener  und  verspielter  mensch, 
Deutsche  Monatschrift   Jahrg.  6   S.  289:    versorgte,   verkümmerte 

mütter  nickten  sich  zu.  ^ 
Garg.  Ndr.  65/71  S.  82:  der  musz  oersotten,  verspanischpfeffert 

.  .  versüsselet,  verröstet,  verräset. 
Chr.  Gryph.  poet.  wäld.  1,  801:  verstaunt,  gantz  cMSzei'  mir  .  .  lag 

ich  im  tiefen  schlaf  der  Sünden  eingewiegt. 
EichendorfT  2,  12  (Leipzig  1883):  und  liebst  die  schatten  wieder  von 

dem  verträumten  kind. 
ebd.  2,  391:    in  der  nacht  dann  Uebchen  laiMChte  an  detn  fenster^ 

süssverwacht. 
ebd.  2,  355:  bald  darauffand  sie  Rosas  Augen  so  süss  verschlafen. 
Goethekalender  1906  S.  74:  mit  .  .  vertrotteltem  kreuz. 
W.  Scherifer  grob.  188  (Drechsler  269):    d^m  verwaschnen  weib 

(schwatzhaft). 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  56:    mein  brüder  aber  sind  verwegen,  der 

inn  spiel,  der  in  trunckenheit. 


220 


elsäss.  verbahhelt  schwatzbaft  (Martin  2,  68),  Schweiz,  verbissen  bissig 
(Staub  4,  1691),  Verblasen  aufgedunsen  (5,  1471),  oerblüeint  angetrunken 
(5,  95),  cerblüetet  blutbefleckt  (5,  226),  verbugglet  bucklig  (4,  1089),  köln. 
verbos  böse,  heimtückisch  (Honig  191  a),  Schweiz,  schles.  böhm.  verbost  boshaft, 
zornig  (Staub  4,  1722,  Weinh.  bs.  B  136,  Enothe  629).  berl  verbummelt 
(Student)  der  kein  Examen  macht  (Meyer  125a),  verdaut  bair.  beargwöhnt, 
Schwab,  lüstern  (Schmeller  1,  485,  v.  Schmid  105),  holst.  verduUt  toll,  drollig 
(Schütze  4,  302),  frankf.  verechauffirt  ausser  Atem  (Askenasy  57),  bergm. 
verfeiert  (schichten)  in  denen  nicht  gearbeitet  wird  (Veith  522),  elsäss.  ver- 
förcht  furchtsam  (Martin  1,  440),  Schweiz,  vergaucht  närrisch  (Staub  2,  107). 
vergeilt  (pflanzen)  Schweiz,  elsäss.  zu  üppig,  ök.  durch  Lichtmangel  ver- 
kümmert an  Festigkeit  und  Farbe  (Staub  2,  211,  Martin  1,  211,  Weber  612), 
Schweiz,  vergottet  in  Gott  vertieft,  heilig  (Staub  2,  523),  brem.  prenss.  ver- 
hagelt  vertrackt,  verzweifelt  (wb.  2,  560,  Frischbier  2,  431),  elsäss.  verhandelt 
zänkisch  (Martin  1,  348),  preuss.  verhauen  (maul)  zügellos  (Hennig  288),  ök. 
verhetzt  (hund),  verhitzt  (pferde)  überhetzt,  überhitzt,  krank  (Weber  613), 
Schweiz,  verholdet  verliebt,  umfreit  (Staub  2, 1183),  ök.  verhütet  {schafe)  faul- 
gefressen (Jac.  4,  517),  elsäss.  verifert  übereifrig  (Martin  1,  18),  Schweiz. 
verirret  irrsinnig  (Staub  1,  410),  verchrapfet  verkrüppelt,  verärgert  (3,  849). 
milit.  verkantet  (gewehr)  über  die  Kante  gelegt,  verdreht*),  weidm.  ver- 
Jdrrt,  verködert  Raubtiere,  die  sich  nicht  mehr  ködern  lassen  (Kehrein 
305),  hess.  verhallen  erstarrt  vor  Kälte  (Vilmar  217),  elsäss.  verkujeniert 
zum  Placken  geneigt  (Martin  1,  429),  hess.  verlaust  mit  Läusen  behaftet 
(Pfister  157),  frankf.  verlecht  (schiff,  eitner)  undicht  (Askenasy  230),  ver- 
loffen  Schweiz,  irreführend,  elsäss.  auf  den  Abendmarkt  erpicht  (Staub  3, 1136, 
Martin  1 ,  566),  brem.  verlopen  geil,  Männern  nachlaufend  (wb.  3,  86),  Schweiz. 
vermeint  zugetan  (Staub  4,  312),  wien.  holst,  preuss.  vemagdt,  köln.  vemäit 
dumm  (Hügel  180,  Schütze  3,  132,  Frischbier  2,  437,  Honig  193  b),  elsäss. 
vernebelt  verrückt  (Martin  1 ,  750),  holst,  verpeepert  •)  gepfeffert,  sehr  (Schütze 


Dehmel  ansg.  ged.  S.  42:    wnd  Wasser  tönten  durch  die  wände  die 

tastenden  verweinten  hände. 
Fierrabras  H  5:    du  hast  gn&g  verwenter  wort  gebraudit    (stolz, 

übermütig). 
Mörike  1,  234  (Hesse):  gegenüber  dem  verwürzten  wesen  der  mode- 

Uteratur  (fiberwüizt). 
Luth.  23.  544,  24  W.:  une  gar  verzagt  und  blöde  ein  fnensch  wird. 
ebd.  24. 552, 18 :  sind  sie  doch  ynwendig  ym  hertzen  verzweivelte  buben, 
*)  Schiessvorschr.  f.  d.  Inf.  1905  S.  34:  gew^rverdrehen  .  .  ßndet  statt, 
wenn  der  visierkamm  nidit  wagerecht,  sondern  nach  der  einen 
oder  anderen  seite  geneigt,  d.h.  verkantet  wird. 
'^)  Holst,  verpeepert  hängt  vielleicht  mit  verpqpe^,  verpetert  (Schütze 
4,  306)  zusammen  und  dieses  mit  brem.  verpöterd  „verlegen,  alt"  (wb.  2,  354), 
hamb.   verpetert    „verschlossen,  entfärbt*    (Bichey  323).     Die  beiden  letzt- 
genannten Wörterbücher  leiten  es  von  salpeter  her. 


221 


3,  203),  elsäss.  verplagt  immer  klagend  (Martin  2.  155).  verprist  (:  prise)  aufs 
Tabakschnupfen  versessen  (2,  197),  Schweiz,  verriben  gerieben,  listig  (Staub 
6,  61),  schw&b.  verrochen  räucherig  (v.  Schmid  435),  brem.  versapen  besoffen, 
trunkergeben  (wb.  4,  1102),  elsäss.  verschiedet  wählerisch  (Martin  2,  468), 
versdirocken  scheu,  furchtsam  (2,  517),  schles.  verst^atzt  redselig  (Weinh. 
hs.  S  270),  versent  naschhaft,  verleckert  (S  316),  brem.  verslaken  vielschluckend, 
gef rassig  (wb.  4,  845),  elsäss.  versagen  dem  Saugen  ergeben  (Martin  2,  336), 
verspielt  aufs  Spiel  versessen  (539),  verstohlen  diebisch  (591),  verstunt  ge- 
dankenlos, nachdenklich  (602),  Schweiz,  vertrunken  dem  Trunk  ergeben  (Staub 
1,  908),  schles.  vencaschen  schwatzhaft  (Drechsler  269),  gött.  verwent  ver- 
wegen, frech  (Schambach  269),  berl.  verwimmelt  fantastisch  (Meyer  128b), 
brem.  verwood  wütig  (wb.  5,  283),  verwogen  österr.  leipz.  gött.  preuss.  keck, 
verwegen,  tollktthn,  altmärk.  sehr,  brem.  pomm.  vertcagen  waghalsig  (Hügel 
182,  Albrecht  231,  Schambaoh  269,  Frischbier  2,  444,  Danneil  240,  brem.  wb. 
5,  164,  Dähnert  529),  böhm.  verwonst  gierig  (Knothe  532),  lux.  vertoöt  wag- 
halsig (Gangler  471). 

Wie  die  Refleziva  sich  gern  mit  Präpositionen  verbinden, 
um  die  Richtung  der  Handlung  auszudrücken  (vgl.  sich  verstehen 
an,  »n,  wm,  «6er,  auf  etwas  S.  194  Anm.),  so  besonders  die 
Partizipia  des  Sinnes  versessen  auf  etwas  (vgl.  S.  204  Anm. 
u.  206).  Die  Anschauung  ist  wohl  von  sich  stüteen^  sich  ver- 
lassen^ vertrauen  auf  etwas  übertragen.  Sie  tauchen  zahlreicher 
in  mhd.  Zeit  auf  und  greifen  nhd.  um  sich. 

ahd.  N.  II  521,  16  P.:  min  sela  ist  ferchölen  an  cUnen  haltdre  :  defecit 
in  salntari  tno. 
mhd.  verbUnt  an  verblendet,  versessen  auf  (Lexer  3,  78) ,  -qudt  üf  be- 
sorgt, -quoln,  'koln  an,  nach,  üf,  umbe  sehnsüchtig  verlangend  nach  (195), 
-ruochet  üf  versessen  auf  (208),  -senet  an,  nach,  üf  sehnsüchtig,  verlangend 
nach  (225),  -morfen  üf  erpicht  auf  (239),  -tobet  üf  dass.,  -t&ret  üf  vernarrt 
in  (271),  'Willet  üf  geneigt  zu  (Nachtr.  394). 

Aus  den  nhd.  Mundarten : 

Osterr.  verbissen,  verblendet,  verschamerirt  in  (Hügel  177,  178,  180), 
preuss.  verbrennt,  verifert,  verjdclU  auf  (Frischbier  2,  428,  432,  437),  köln. 
hess.  vemattert  auf,  für,  in  (Honig  193  b,  Pfister  188),  elsäss.  verhoft,  ver- 
ruckt auf  (Martin  1,  310;  2,  249),  hess.  verstürzt  auf  fälschlich  erpicht 
(Pfister  356),  schles.  vertifft  uf^),  gött.  vertwivelt  «p  (Schambach  268). 

Wie  einem  versessen,  verstanden  nach  dem  Muster  einem  ver- 
bunden, verpflichtd,  verfallen  gebildet  wird  (vgl.  S.  205  Anm.  2), 


*)  Qryph.  Dornrose  (Palm  1855)  S.  51:  idi  bin  su  vertifft  uff  Lise 
Dumrusen: 


222 

so  auch  mhd.  einem  verpent  „zur  Strafe  verfallen'  (Lexer  3, 
191)0. 

nhd.  H.  Sachs  Ndr.  31/32  S.  143:  ja,  ich  hob  schnMt  ein  grossen  teil  in  der 
Stadt  drin,  auch  auff  dem  Iwidt,  die  7nir  verfallen  sindt  allsandt, 
die  wolt  idi  morgen  bringen  ein. 
Ubland  Ernst  v.  Schwaben  116 :  Ma^igold,  wenn  du  nicht  den  feinden 
Emsts  mit  leib  und  seele  schon  verfangen  bist  (gefangen  — 
verfallen). 


Da  unter  den  /air- Bildungen  im  allgemeinen,  ganz  be* 
sonders  aber  unter  den  Intrans.,  Reflex,  und  Partizipialbildungeu 
eine  grosse  Zahl  vom  Nomen  abgeleitet  ist,  sollen  hier  ein 
paar^Worte  über  Denominativbilduug  folgen.  Damit  wird  auch 
die  Frage  der  perfektivierenden  Funktion  von  ver-  aufgenommen. 


^)  Eigentümlich  ist 
mhd.  Haig.  r.  2,  14  anm.  4:   auf  das  haus  50  fl.  verfallen  sein  (zur 
Strafe  zahlen  müssen). 
Weist.  6, 129:  wer  aus  belib,  war  umb  1  phunt pfenning  verfallen 

(strafbar). 
Weist.  3,  695:  der  ist  verwandelt  meinem  herrn  10  phunt  Pfenning 
(znr  Strafe  schuldig). 
Die  Bildung  verwillet  sin  üf  einen  „zum  Schiedsrichter  wählen  wollen"  (Lexer 
3,  308,  Nachtr.  394)  fügt  sich  in  eine  der  Gruppen  überhaupt  nicht.    Nach 
einem  verfallen  bildet 

Luther  24.  283,  33  W.:    die  pi'iester  .  .  sind  auch  durch  yhn  ver- 
'zehendet  dem  priester  Melchizedeck. 
verfaUen  in  etwas  kennzeichnet  sich  deutlich  als  /atr- Type  (vgl.  got.  faif- 
rinnan  S.  15) : 

ahd.  Gl.  II  97b:    niodo  in  unrehto  suohnunga  nif  aru allen  :  in  causas 

incidant. 
mhd.   Trist.  14149:  hie  von  was  er  aber  me  versunken  und  v er v allen  in 

die  zomgallen. 
nhd.   Tieck  Sternbald  1,  223:  indem  ich  als  mensch  auf  den  allertollsten 
gedanken  verfalle. 
Dazu  holst.  Jie  keem  up  d^n  verfall  (Einfall  Schütze  4,  302). 
Nach  diesem  Muster  gebildet  ist: 
nhd.   Luth.  23.  474,  23  W.:  das  yhr  doch  eucfi  nicht  ynn  unschuldig  lAut 
so  jemerlich  verteuffet. 

7.  375,  15:   szo  soll  dich  got  stortzenn,  und  ynn  eynen  toUen 
synn  vorwerffen. 
S.  Franck  weltb.  91 :   die  in  arckwon  eines  diebstdls  v  er  zuckt  sind. 


223 

Im  Abschnitt  I  ^)  habe  ich  mich  bemüht  (gegen  Streitberg) 
nachzuweisen,  dass  /ra-  imstande  sei  die  verschiedenen  Aktions- 
arten auszudrücken,  die  inchoative  und  intensive  wie  die  effek- 
tive und  resultative.  Bei  dem  Nachweise  für  die  inchoative 
ist  der  bedeutende  Einfluss  der  /air-Type  übersehen  worden. 

Als  denominativbildende  Präfixe  kommen  fair-  und  fra-  in 
Betracht;  denn  beide  haben  die  Fähigkeit,  die  Handlung  des 
Verbs  zu  begrenzen.  Als  Stammwort  kann  ein  Substantiv, 
Adjektiv,  Adverb  und  sogar  eine  Konjunktion^  auftreten. 

Die  Denominativbildung  durch  Präfixe  scheint  von  der  den 
Übergang  zwischen  Verb  und  Nomen  darstellenden  Mittelform 
des  Partizips  ausgegangen  zu  sein.  Denn  vielfach  ist  nur 
dieses  erhalten ').  In  den  ahd.  Belegen  finden  wir  am  häufigsten 
die  Form  des  Partizips  vertreten.  Es  kommen  Partizipia  vor, 
die  mit  dem  Verb  in  keiner  Beziehung  stehen,  sondern  rein 
nominal  gebildet  und  verwandt  werden: 

ahd.  Gl.  I  720  a:  firgihta  uirgthtegote*)  :  paralyticos. 

III  146  a  uirgihtiger  vergihteg€t(er)  :  paralyticus. 

IV  165  a  fertoiteweter  :  viduatus. 

Noch  im  heutigen  Sprachgebrauch  haben  wir  Präfix- 
komposita, die  nur  in  der  Form  des  Part,  üblich  sind.  Be- 
sonders ungeschwächte  Präfixe   können   uns   dies  veranschau- 


*)  Die  Aasfühningen  S.  21  sind  hier  zu  berichtigen  und  ergänzen. 

*)  0.  Ludwig  (Hesse)  2,  153 :  da  weise  man,  was  recht  und  tmrecht  ist 
ohne  Wenn  und  Aber.  Mit  ihrem  heimlichen  karten  haben  sie's 
verabert  tmd  verwennt. 

')  vfr- Komposita  mit  vorgesetztem  un-  gibt  es  nhd.  nur  in  der  Form 
des  Partizips,  mhd.  sind  sie  die  Hegel,  doch  werden  analogisch  auch  andere 
Verbalformen  danach  gebildet.  Von  den  mhd.  Partizipien  hebe  ich  hervor: 
unverheüet  unheilbar  (Lexer  2, 19öö),  -lioU  ohne  Erholung  gefunden  zu  haben 
1^1955),  (mit  warten)  unverklüeget  nicht  beschönigt  (1957),  -mittelt  unmittelbar 
(1959),  -rechent  der  nicht  Rechnung  abgelegt  hat  (1960),  -siafiden,  -sunnen 
bewusstlos,  unbegreiflich,  unerfahren,  verrückt  (1966.  1967),  -tragen  unver- 
träglich, nicht  geduldet  (1969),  -vangen  wirkungslos,  -vorht  furchtlos  (1970). 
'Want  unbeteiligt,  unabwendbar,  unveränderlich  (1971),  -wl^t  ohne  Wissen, 
-wiset  ohne  Absicht  (1972),  -zehent  ohne  Zehnten  entrichtet  zu  haben  (1973), 
-eigen  ohne  zu  verzichten  auf,  -zittert  ohne  zu  zittern,  -zoU  ohne  Zoll  ent- 
richtet zu  haben  (1974). 

*)  mhd.  vergihtet,  vergiht  gichtbrtlchig  (Lexer  3,  117). 


224 

liehen.  Wir  sagen  abgeblasst,  ausgehluhij  aber  noch  nicht:  die 
färbe  blasst  ab,  die  blume  blüht  aus,  obwohl  die  sprachliche  Ent- 
wicklang auch  dahin  kommen  mag.  So  sind  die  Partizipia  ver- 
blasst,  verblüht  älter  als  die  übrigen  Verbalformen.  Vornehm- 
lich das  Part.  Prät.  verband  sich  mit  Präfixen,  weil  es  schon 
an  sich  geeignet  war,  die  vollendete  Handlang  za  bezeichnen. 
Dazu  befähigte  Präfixe  nahm  es  zur  Verstärkung  zu  sich,  und 
zwar  nicht  allein  ge-,  dem  heute  diese  Funktion  vorzugsweise 
zugefallen  ist,  sondern  unter  anderen  auch  ver-^).  Zunächst 
prägte  man  verbale  Denominativa,  indem  man  die  Endungen 
des  schwachen  Verbs  dem  Nomen  anfügte.  Indem  aber  das 
Präfix  aus  der  Form  des  Part,  auf  andere  Verbalformen  über- 
tragen ward,  drängte  das  vollere  Kompositum  das  Simplex  meist 
in  den  Hintergrund  und  erweckte  den  Anschein,  als  ob  erst  seine 
Verbindung  mit  dem  Nomen  diesem  verbale  Kraft  verliehen  hätte, 
und  nun  schuf  man  danach  neue  Denominativa  ohne  Vermitte- 
lung  eines  einfachen  Verbs.  Das  mag  etwa  um  die  Übergangs- 
zeit vom  ahd.  zum  mhd.  geschehen  sein.  Ein  genauerer  Zeit- 
punkt lässt  sich  nicht  angeben,  da  wir  häufig  nicht  feststellen 
können,  ob  es  ein  Simplex  neben  dem  Kompositum  gegeben  hat. 
In  der  mhd.  Periode  wachsen  diese  unmittelbar  mit  ver-  und 
anderen  Präfixen  gebildeten  Verba  an,  und  in  nhd.  Zeit  prägt 
der  jeweilige  Bedarf  mittels  bestimmter  Präfixe  neue  Verba. 

Die   Denomination   bietet   das   Mittel,    die    verschiedenen 
Bedeutangsgruppen  zu  bereichern,  oft  auf  an  alogischem  Wege 


*)  Noch  nfad.  ist  dieser  Gebrauch  nachzuweisen: 

Th.  Plater  37  Fechter:  hastu  geheiUeb?  ich  ihat  das  ofenikü/rlin  zu 

tmd  sagte:  ja  muter  ich  hob  schon  verhexte  et 
Gotthelf  werke  13,  240:  aU  Anne  Mareile  in  die  kvrche  kam,  hatte 

es  verläutet. 
Köstlin  Luther  1,  117:  schmecke  und  ersiehe  hier,  me  freuncUidi  der 

herr  ist,  wenn  du  erst  v  er  schmeckt  hast,  wie  bitter  äUes  ist 

was  wir  sind. 
Spee  tmtzn.  106:    vögel,   die  frü  anfahen  zu  nngen,   haben  bald 

versungen. 
Agricola  spr.  351:    wenn  ein  kind  niM  vertragen  wird,  das  es 

neun  monat  hat,  so  ist  es  ein  uneeitige  geburt  (zu  Ende  tragen). 
Lessing  10,  122:   ein  dichter  kann  viel  geihan,  und  doch  noch  nichts 

damit  verihan  haben  (ausgerichtet). 


225 

durch  sehr  kühne  Bildungen.  Der  aus  der  Partizipialform 
erschlossene  Infinitiv  bedeutet  gewöhnlich,  je  nachdem  er 
Irans,  oder  intrans.  gebraucht  wird:  in  den  vom  Nomen  be- 
zeichneten Zustand  überführen  oder  übertreten,  „zu  etwas 
machen  oder  werden''.  Zu  der  Mittelform  des  Part,  lässt 
sich  ein  trans.  wie  intrans.  Infinitiv  bilden,  häufig  sind 
beide  vorhanden.  Mit  dem  intrans.  Verb  steht  das  reflexive  in 
enger  Beziehung,  da  in  beiden  die  Tätigkeit  nicht  aus  dem  Be- 
reich des  Subjekts  hinaustritt  (vgl.  die  /air- Bildungen  S.  216). 
Anderseits  ist  für  das  Sprachgefühl  das  reflexive  Verb  ein  trans. 
mit  beigefügtem  Objekt.  Während  das  Präfix  im  trans;  ver- 
Kompositum einfach  der  im  Stammwort  angedeuteten  Handlung 
ein  Ziel  setzt  (perfektiv- resultativ),  kann  das  intrans.  ver- 
schiedene Aktionsarten  bezeichnen.  Diese  hängen  mit  der 
Verbalform  zusammen,  in  der  das  Verb  erscheint:  ich  verbleiche 
kann  inchoativ  oder  effektiv  sein,  verblichen  ist  resultativ^). 
Hier  also  kann  der  Ausgangspunkt,  der  Verlauf  der  Handlung 
oder  der  Endpunkt  ausgedrückt  werden.  Diese  Fähigkeit 
können  wir  wohl  auf  fair-  zurückführen.  Der  Übergang  und 
Eintritt  in  die  neue  Handlung  ist  von  der  Gruppe  verwandeln 
(8.  197  ff.)  gut  zu  begreifen.  Den  Fortschritt  der  Handlung  mit 
dem  Hinweis  auf  das  Ende  hat  uns  die  Gruppe  verkümmern 


*)  in  eh.         nhd.   Schiller   12,   395:    sie  zitterti,    gräfin    —    sie  ver- 
bleichen —  gott!  (erbleichen), 
effekt.    ahd.  N.  1  152,  23  P.:    übe  hersUfU  .  .  f&re  dlH  fer- 
blichent :  desinunt  splendere . 
mhd.  .Ter.  21841:   ir  craft  vor  bleich  recht  als  ein  stotib. 
result.     nhd.  Qoethe  48,    16:    verblichne  bänder,   äbgMtmgner 
liebe  trauerpfäfider  (ausgeblichen). 

in  eh.  mnd.  Brem.  k.  g.  115:  uppe  dat  ick  möge  seen  de  vor- 
schinende  ere  desser  hillighen  nacht  (erscheinen), 

dar.  .  mhd.  Weist.  5,  121:  wer  in  den  vorgeschribnen  gerechten 
.  .  sitzt  und  darin  verschint  tmansprechig  mit 
dem  rechten  ain  jaur  (verharren). 

effekt.   mhd.  Rul.  107,  23:  der  stmne  ce  äbent  virsehein. 

nhd.   Mathesins  Syrach  (1586)  3,  48  b :  derwegen  v  er  schien 
und  verblich  im  all  sein  getreide  und  war  taub, 

result.    mnd.   Lttb.  H.  261:  wen  de  tit  vorschenen  is. 

nhd.   Luther  br.  3,  354:   in  der  verschienenen  Visitation. 

Leopold,  Die  Vorsilbe  ver-  15 


226 

veranschaulicht  (S.  209  ff.).  Dass  diesen  effektiven  Bildungen 
faw-  zugrundeliegt,  erhellt  aus  einer. Reibe  von  besonders  an- 
schaulichen (S.  212  f.)  mit  ziemlicher  Gewissheit.  So  ist /air- das 
vorzüglich  zur  Bezeichnung  der  inchoativ-effektiven  Aktionsart 
befähigte  Präfix,  fra-  dagegen  bildet,  wie  die  ziemlich  reich 
belegten  got.  Beispiele  (frairmnanj  fraqimanj  frawairpan^  fror 
uA^an  S.  21  f.)  zeigen,  Effektiv-Resultativa,  indem  es  den  Hin- 
weis und  die  Angabe  des  Endes  in  die  Handlung  des  Verbs 
hineinträgt.  Ein  inchoatives  Element  fehlt  also  in  diesen 
Verben,  und  das  unterscheidet  sie  von  den  intrans.  fair- 
Bildungen.  Der  Wortschatz  besteht  bei  diesen  überwiegend, 
bei  den /ra- Bildungen  dagegen  in  weit  geringerer  Anzahl  aus 
Denominativen. 


Dem  mit  diesen  Bildungen  zusammengesetzten  fra-  liegt 
die  Anschauung  „bis  zu  Ende"  zugrunde.  Ursprünglich  ver- 
bindet sich  trans.  Bedeutung  mit  schwacher  Flexion,  intrans. 
mit  starker.  Doch  ist  schon  in  den  ahd.  Belegen  diese  ursprüng- 
liche Scheidung  verwischt. 

Wir  betrachten  zunächst  die  Intransitiva. 

ahd.  N.  II  430,  26  P.:  a}AO  der  hluömo  dar  inin  fdde  also  ferhluot  er: 

tamqaam  flos  agri  sie  efflorebit. 
Gl.  I  354  a  farbrurmener  firhrunniner  :  exustuß. 

II  193  b  virprinnan  :  uri. 
N.  II  165,  20  P.:  fersHo  ih  minen  lidiamiii  so  ferro  das  ih  ioh  fer- 

brinno :  ardeam.  . 

Gl.  IV  152  b  fer  enden  ferschaiden  :  obire. 

II  230b  forsunchan  :  absorbitur. 
IHR.  farsliffan  sint :  conlabuntur. 

III  385 b  verslezzen  :  inveteratus.     II  259  a  foralizan :  discerpi. 

I  797  b  uirspumenta  firspuwenta  :  despamantes. 

II  358a:  firstünchinaint :  exolneTVint. 
1  680  a  uirswelchota  :  elangnit. 

N.  II  379,  9  P. :  utiatida  alle  unsere  tdga  . .  sint  fer  8u%nen :  defecerant. 
II  98,  18:  utumda  min  Hb  ist  fersuünden^)  in  leide :  defecit  in 
dolore. 


*)  verschivinden,  verwerden  u.  ähnl.  könnten  auch  als  Verba  der  Be- 
wegung aufgefasst  und  faur-  I  zugewiesen  werden  (vgl.  S.  112;  doch 
steht  daneben  got.  frawairpan  S.  22). 


227 

as.  Wadst.  19,  10  (Segens formel) :  uerbrustun  sina  uetherun  (zerbrechen). 

Ps.  72,  19:  /ardurv 0«  :  perierunt. 

Hei.  3495:  is  uuerold  endi  is  uunnea  farslitid  (verschleissen). 

Wadst.  82,  2,  3  ( Petr.  Bibel  -  Gloss. ) :  uarsuindu  :  dispareo,  evaneo. 
90,  5  (Prudent.- Gloss.  in  Werden,  hs.):    wtfrsutn*  ;  liquesce ,  id 
est  evanesce. 

Hei.  2453:  that  kom  faruuard'). 

Ps.  1,  6:  geverihe  ungenethero  feruuertkan  sal :  iter  impiorum  peribit. 

Ps.  2,  12:  inde  veruuerthet  fan  uuege  rehta^)  :  pereatis  de  via  jnsta 

(abkommend  zagrundegehn). 
mhd.  verbibm  zu  Ende  beben  (Lexer  3,  74),  -bliehen  erlöschen  (78), 
'blühen  verblühen  (79),  -brangen  verprangen,  -brechen  aufhören,  scheitern 
(81),  'brinnen  verbrennen  (83),  -dempfen  ersticken  (92),  -derben  umkommen 
(93),  'diesen  verhallen,  -dihen  abnehmen  (95),  -dimpfen  verdampfen  (95), 
'tfiden  Ende  nehmen  (106),  -garten*)  verschwinden  (HO),  -gern  ausgftren  (113), 
-glUen  zu  glänzen  aufhören,  -glucken  zerbrechen  (119),  -binden^)  aufhören 
Kind  zu  sein  (144),  -leben*)  abieben,  verwelken  (155),  -lerzen  aufhören  ttber- 
mtltig  zu  sein,  -Uachen  erlöschen  (160).  -nittgimen,  -niugern  Lust  verlieren 
(188),  -phUgen  aufhören  zu  pflegen,  aufgeben  (192),  -recken  die  Glieder  aus- 
streckend sterben  (198),  -riren  (bliwt)  verrinnen,  -riechen  verdampfen 
(202);  -reisen,  risen  entfallen,  abfallen  (199,  205),  -riuwen  aufhören  Schmerz 
zu  bereiten  (205),  -rücken^)  enden  (206),  -schallen^)  aufhören  zu  schallen 
(Nachtr.  393),  -schihen  aufhören  zu  rennen,  -scheiden  vergehn  (3,  214), 
-schiezen*)  aufhören  zu  schiessen  (216),  -scMnen'^)  vergehn,  -schizen,  -schocken 
aufhören  zu  scheissen,  zu  schaukeln  (217),  -stgen'),  -sihen  versiegen, 
-sinkmi   (228,  229),   -sligen  sich  abnutzen  (235),   -smahten  verschmachten. 


»)  s.  S.  226  Anm.  1.    . 

*)  ^ffl'  got.  frarinnan  in  derselben  Bedeutung  (S.  18,  21,  23). 

')  ge-arten  gute  Art  einschlagen  (1,  746). 

*)  In  der  Form  des  Part,  belegt:  verkindet  kint  (Frl.  268,  17),  ver- 
leb tiu  varwe  üf  Vrileben  wengelin  (Msh.  3,  8  b). 

*)  Zu  dem  mhd.  in  schwacher  Form  belegten  verschallen  gehört  das  nhd. 
starke  Part,  verschollen:  ein  Mensch,  von  dem  nichts  mehr  verlautet. 

•)  Lcr.93, 273:  tcenn  sie  verschieszen,  so  wollen  wir  denn  in  sie  rennen. 

»)  Vgl.  nhd.  S.  113. 

')  Neben  nhd.  verseigen  und  verseihen  tritt  verseugen  und  das  nach  dem 
Part,  gebildete  versiegen,  neben  das  starke  Part,  versiegen  das  schwache 
versiegt  und  vereinzelt  versagen,  letzteres  wohl  von  saugen  übertragen.  Mit 
dem  in  der  jüngsten  Sprache  allein  üblichen  Part,  versiegt  und  dem  Inf.  ver- 
siegen wird  versieeht  oft  verwechselt,  das  zu  versiechen  „siech  werden,  hin- 
siechen' gehört.  Platen  vermengt  versiegen  und  versiechen  besonders  oft 
(8.  Sanders  wb.  II'  1068  b). 

S.  Franck  weltb.  (1567)  134b:  dann  wo  es  allzeit  tropfet,  ja  regnet, 
da  verseihet  es  nimmer. 

15* 


228 


-smeUen  zerschmelzen  (237),  -smorren  vertrocknen  (238),  -snüdm  verschnaufen 
(241),  -sargen  aufhören  zu  sorgen  (242),  -sp^'angen^)  zu  Ende  springen  (245), 
'^ülgen  Gewohnheit  ablegen  (247;,  -suchen  zu  Ende  stechen  (249),  -sterbetty 
-sticken  ersticken  (262),  -süfe^i  versinken,  -sugen  aufhören  zu  saugen  (257), 
-swUhen  versiegen  (261),  -sioem  zu  seh  wären  aufhören,  vernarben  (263), 
-sujtnden,  -steinen  vergehn  (264,  265),  -s^oingen  Schwungkraft  verlieren  (265), 
-toben  austoben  (270),  -trinken  ertrinken  (276),  -tw&len,  tweln  zurückbleiben, 
verschmachten  (280),  -vallen  einfallen,  verfallen  (284),  -vliezen  zerfliessen, 
-vlindem  verflimmern  (288),  -vlücken  verflackern  (289),  -vriesen  erfrieren 
(290),  -vürwitzen  Lust  verlieren  (291),  -wdzen  zugrundegehn  (296),  -werden 
verderben  (302),  -werten  gebrechlich  werden,  -wisen  zunichtwerden  (305), 
-ßäbelen,  -zittern  aufhören  zu  zappeln,  zu  zittern  (315,  322),  -gümen  aufhören 
zu  zürnen  (323),  -zwiveln  verzweifeln  (324). 

Daneben  stehen  einige  Reflexiva  derselben  Bedeutung:  sich  verschamen 
schamlos  werden  (213),  sieh  verwundem  sich  nicht  mehr  wundern  (314)  und 
die  unpersönliche  Form  mich  verwundert  eines  dinges:  es  wundert  mich  nicht 
mehr  (314). 

Aus  der  nhd.  Schriftsprache^)  wird  die  Mehrzahl  der  in- 


A.  Gryph.  (1689)  1,  438  (Papin.  1659):  wie  würde  dieser  ström  jn  einem 

augenblick  sich  theilen  und  verseigen. 
Jes.  44,  27:  der  ich  spreche  zu  der  tieffe  verseige. 
Lohenst.  Armin.  1,  554:  die  nimmer  versengenden  flüsse. 
Hiob  14,  11 :  vnd  wie  ein  ström  i^ ersieget  vnd  vertrocknet. 
Hos.  9,  14:  gib  jnen  unfruchtbare  leibe  vnd  versiegene  brüste. 
Lohenst.  Armin.  2,  793:  der  brunn  ist  versiegen. 
Fleming  441  (öden  buch  4  nr.  23):  Hippohrene  ist  ver sogen, 
H.  V.  Rute  fassnachtsp.  fl  4:  ich  bin  allenthalb  ver  sie  cht. 
Goethe  1,  249:  schöner  Jüngling!  kannst  nivlit  Uhtgei'  leben:  du  r er- 
sieche st  hier  an  diesem  ort. 
^)  Berth.  416,  37:  verspranget  haben  (nicht  mehr  biegsam  sein). 
')  Einige  interessante  Belege: 

Keisersberg  eschengrüdel  68:  bisz  das  das  kaJhfleisch  versüdet  (zu 

Ende  kochen). 
Arno  Holz  Dapbnis  (1904)  241:  errette  mich  in  deine  schoosz,  dar- 

mitt  ich  nicht  verstäube! 
Haller  ged.  10:  ja  selbst  des  vaters  wahn  kan  nicht  mit  ihm  versterben, 
Hilty  glück  (1895)  S.  265:    die  Jugend  muss  ver  tobt  habefi,  aber 

nicht  bös  (austoben). 
Schönaich  ästhetik  (Köster)  275 :  wachs  ufid  mann  verträufeln. 
A.  Gryph.  Ndr.  6  (Squenz)  S.  24 :  gleich  wie  die  kuh  blum  auff  dem 

acker  verwelckt. 
Haller  ged.  96:   er  sucht  im  staub  von  halb  verwesnen  hauten  des 
staat^fi  lebenslauf  (später  schwach:   venoest). 


229 


traD8.  Bildungen  hierher  zu  ziehen  sein.     Aus  den  Mundarten 
ist  wenig  Bemerkenswertes  hervorzuheben: 

bair.  verahern  Ährentreiben  vollenden  (Schmeller  1,  54),  Schweiz,  ver- 
bluete  zu  hinten  aufhören  (Staub  5,  226),  gött.  verbreken  zusammenbrechen 
(Schambach  260),  Schweiz,  verbuwe  fertig  bauen  (Staub  4,  1960),  brem.  ver- 
fallen^) sterben  (wb.  1,  339),  bergm.  (wasser)  sich  verlieren,  {gntben)  zu- 
sammenbrechen (Veith  522),  seemänn.  durch  Wind  von  der  Kielrichtung  ab- 
fallen (Bobrik  706  a),  gött.  verfreiseuj  schles.  verfrieren  erfrieren  (Schambach 
261,  Weinh.  hs.  F  58),  Schwab.  vergeOen  Wut  austoben  (v.  Schmid  225), 
Schweiz,  vergeiste  Geist  aufgeben,  verduften,  Verstand  verlieren  (Staub  2,  491), 
eerhabere  mit  Hafersäen  fertig  werden  (2,  935),  verheize  Heizen  beenden  (2, 
1832),  verheuwe  Heuernte  beenden  (2,  1821),  verhiUige  Hitze  verlieren  (2, 
1835),  f)erhochmütele  nicht  mehr  hochmütig  sein  (Stalder  2,  523),  verhöldde 
des  Liebens  satt  sein  (Staub  2,  1183),  verhoUe  fertig  holzen  (2,  1265),  ver- 
höre, verlüte  mit  Läuten  aufhören  (2,  1574;  3,  1510),  verchalbe  (kalb)  ver- 
ständig werden  (3,  223),  verchirse  Kirschenernte  beenden  (3,  483),  frankf. 
hess.  verknalle  bersten  (Askenasy  226,  Pfister  136),  Schweiz,  verlande  mit 
Landarbeit  fertig  werden  (Staub  3,  1036),  verlaube  Laubsammeln  beenden 
(Staub  3,  957),  elsäss.  verlaufe  {kuh)  befruchtet  werden  (Martin  1,  566), 
Schweiz,  verleiche  fertig  laichen  (Staub  3,  1012),  verlüchte  zu  leuchten  auf- 
hören (3, 1056),  vermelche  Melken  beenden,  aufhören  Milch  zu  geben  (4,  196), 
elsäss.  vemajt  fertig  nähen  (Martin  1,  764),  Schweiz.  vemugerMy  elsäss.  ver- 
neugem,  schwäb.  verneugernen  aufhören  neugierig  zu  sein,  überdrüssig  werden 
(Staub  2,  428,  Martin  1,  748,  v.  Schmid  405),  Schweiz,  verobset  haben  mit 
Obstlese  fertig  sein  (Staub  1,  63),  österr.  verpflegen  zum  Teufel  gehn  (Hügel 
180),  elsäss.  verrecken  zugrundegehn  (Martin  2,  248),  bair.  verrichten  sterben 
(Schmeller  2,  89),  Schweiz,  elsäss.  verrieehe,  brem.  verrüken,  gött.  verruken 
{geu;ürß)j  altmärk.  verroken  Qeruch  verlieren  (Seiler  111,  Martin  2,  226,  brem. 
wb.  3,  546,  Schambach  265,  Danneil  239),  preuss.  verruhen  ausruhen  (Frisch- 
bier 2,  439),  elsäss.  versäje,  henneberg.  versäen  fertig  säen  (Martin  2,  341, 
Spiess  268),  Schweiz,  verachäme  Schamgefühl  verlieren  (Staub  1,  906),  ökon. 
^erscheinen  {kom)  in  dürren  Jahren  auf  schlechtem  Boden  nicht  auf  gehn 
(Allg.  Haush.-Lex.  577),  schwäb.  verschmecken  keinen  Geschmack  mehr  finden 
(v.  Schmid  471),  elsäss.  versihe  (kühe)  keine  Milch  mehr  geben  (Martin  2,  399), 
schles.  verseigen  versiegen  (Weinh.  hs.  S  302),  frankf.  verspringe,  verplaUse 
bersten  (Askenasy  227,  225),  gött.  verdnnken  ertrinken  (Schambach  261), 
Schweiz,  vertropfe  tropfenweise  abfallen  (Staub  1,  910),  gött.  vert/wälen  vergehn, 
verzweifeln  (Schambach  268),  frankf.  vertvetje  {for  heb)  ersticken  (Askenasy 


Maaler  438  d:  verwüten,  von  dem  wüten  a5«fcm  :  exsaevire. 
Apricola  spr.  448:  las  jn  v  er  z  ab  ein  (auszappeln). 
Yischer  auch  einer  1,  256:  nouMem  die  letzten  töne  der  harfe  fernhin 
verzittert  waren. 
^)  Schles.  sid^  verfallen  zu  Fall  kommen,  .Tungferschaft  verlieren  (Weinh. 
hs.  F  9),  bair.  verfallen  (obst)  beschädigt  (Schmeller  1,  704). 


230 


226),  Schweiz,  vervniete  auswüten  (Seiler  115),  elsass.  verzticke  sterben 
(Schmidt  strassb.  112),  Schweiz,  verzügle  aufhören  zu  ziehen,  sterben  (Stalder 
2,  481).  Dazu  aus  der  Jägersprache:  verhnmften^)  aus  der  Brunstzeit 
herauskommen,  verenden,  verrecken  sterben  (Kehrein  302),  vermaussen  Mauser 
beenden  (306),  verschweissen  aufhören  Seh  weiss  zu  lassen,  verenden  (309). 
Die  Gaunersprache  prägt  neu:  verbibem  erfrieren  (Kluge  rotw.  339),  t?er- 
f unken  verbrennen  (345)  und  verschütten,  verschütt  gehen  verhaftet  werden 
(294,  319,  324,  372,  413). 


Das  resultative  fra-  in  transitiven  Bildungen,  schon  im 
got.  mehrfach  belegt  (S.  22f.),  breitet  sich  in  den  deutschen 
Mundarten  so  aus,  dass  es  dem  späteren  Präfix  ver-  vorzugs- 
weise sein  Gepräge  aufdrückt.  Es  verleiht  den  Sinn  „(gewalt- 
sam) ein  Ende  bereiten"^.  Für  das  mhd.  und  nhd.  zerlege  ich 
das  Material  in  die  Gruppen  „vernichten  —  beschädigen,  ent- 
stellen —  verarbeiten,  verbrauchen  —  verbringen  —  verwinden". 

a)  vernichten. 
ahd.   Gl.  I  499  b  firperita  :  detriti.    I  222  R.  farpliuuan  :  obtundere. 

III  415  a  verhosen :  subnervare.    I  816  b  firprihhit :  solvent. 
I  100  Pa.  Ra.  farprohane.    gl.  K.  firprt^ne  :  defessi. 

I  503  a  firprennit :  devorabit.   III  413  a  verbruchte :  supererogaverit. 

I  713  a  ferdamftan  :  suffocaverunt. 

I  197  R.  unfardauuit :  indigestns  (verdauen). 

I  484  a  uirpidirbit :  expendet. 

N.  I  746,  19  P.:    uu^ih  länt  er  uuölH  f^r dosen  aide  gesdUgan  : 

disperdere. 
Gl.  I  32  B.B,.  fardrosken.  gl.  K.  farthroscan.  Fs,.  farthrosgan  :  aXtritüs. 

IV  234  a  ih  verdmche  :  comprimo.    I  426  b  farduhta  :  obpressit. 

0.  lY  1,  4 :  jah  ihaz  io  ihenkit  iro  müat,  wio  sie  firthu^sben  thaz 

guat  (durchbringen). 
Gl.  I  517  a  frisdt  friezit*)  :  depascet.    I  Sil  h  faruehotem  :  consumptis. 

II  701  a  uergos  :  prolnit.    I  47  R.  fargnitan  :  delere. 

N.  II  464,  17  P.:    sie  utiaren  ferhäiet  (gentes),  pe  diu  uudren  sie 

steriles. 
Gl.  I  371  b  virhert  firsluntun  :  in  devoratione. 

I  107  R.  farheriot :  depraedatum. 
T.  13,  15:  iogiuueiVh  boum  .  .  uuirdit  für  ho  uuan  :  excidetui. 
N.  II  478,  4  P. :  den  ferchenistet  er  ,  den  fermület  ^ ;  conteret. 


*)  Über  das  Verhältnis  von   brunft  :  brunst  vgl.  nunft :  nunst  S.  189 
Anm.  2. 

*)  Über  die  Zusammenziehung  vgl.  S.  19  Anm.  2. 


231 


Gl.  I  222  gl.  K.  firklenkit :  obtruncat. 

I  601  b  firchnusent :  allident. 
0.  V  7,  33:   thae  friunt  nihein  ni  wSstiy  wio  tnan  nan  firquisti  : 

perderet. 
N.  I  297,  10  P.:    nöh  tiu  lüstsamo  neuerchüste  iuueres  müotes  : 

corrampat. 
Gl.  I  24  Ra.  Pa.  gl.  K.  farleosan  :  perdere »).   I  26  R.  fleosan «)  :  amittere. 
N.  II  318,  27  P.:  iro  uuinegarien  f  erlös  er  mit  hagele  :  occidit. 
T.  36,  1:  thär  nöh  rost  noh  miliuua  U  ni  furmelit :  demolitur. 
N.  II  32,  1  P.:  sie  hdbent  dine  scrifte  mit  lukken  <mtfristwngon  fer- 

m(fr e^ :  destrnxerant 

1 703,  10:  fdre  dltifermülite  dstericha  :  crepidasqae  situ  morcidas. 
Gl.  II  130  b  farmurdran  :  enecare.  I  369  b  ftrmtiscet  firmusHt :  attritis. 

I  756  b  femihta  :  evacuit,  exinanivit,  destruxit,  adnallayit. 

II  234  b  femozzenen :  pertusam.    I  396  b  fitwuosoten  :  attritis. 
I  287  a  stamfe  famuuanaz  :  pilo  retansnm. 

Is.  28, 14  Hench:  dhea  bwrc  ioh  ghelstar  fyrödhant  Uudi  mit  cOiemu 

zuohaldin  herizokin  :  dissipabit. 
N.  1  26,  24  P.:  ih  sah  tero  IdnÜiuto  guot  feröset  uuerden  :  pessnmdari. 

I  10,  17:    iro    bilde   uuären  fore  dlti   uersdleuuet  :  fumosas 

imagines. 
Gl.  I  22  Pa.  Ra.  farsantan.    gl.  K.  forsantan  :  amittere. 

I  160  Pa.  gl.  E.  firscrouanet.    Ba.  farscramiahnet :  gramina. 

II  447  b  zavorscurifanne  :  evisceranda. 

I  108  Pa.  farscmMt.    gl.  K.  firsenkit.    Ra.  farsenkit :  demersit. 
I  647  a  firsotaniu  :  discocta.    IHR.  farsliffan  sint :  conlabnntur. 

I  708  a  ferslant :  imbibit.    I  743  b  virsUzan  vuird  :  dissolvitor. 

II  460  a  farsmalzit :  eliqnat,  purgat.  I  369  b  uersmuchün  :  attritis. 
I  109  R.  farsaufta  :  demersit.  I  38  Pa.  gl.  K.  farsoffano  : 
absorta. 

I  186  Pa.  farspentot    gl.  K.  firspentod.    Ra.  forspentot :  impendit. 

I  278  b  farspildUa  :  ezpendi. 

I  260  gl.  K.  firstrihhit    Ra.  farstrihit :  delet. 
T.  117,  2:  Me  stuold  farcoufenterö  M6  tübim  f  or stürz ta  :  eyertit. 
Gl.  I  273  a  farsuuolgan  uuerde  :  absorbeatur. 
N.  I  300,  8  P.:  dia  eitergun  ydram  fersuänta  er  mit  prände  :  Ydra 

combnsto  periit  veneno. 
Gl.  620  a  sint  farswuorahan  :  teruntur. 

IV  178  a  uerderkenen  :  exterminare. 

I  103  gl.  K.  firdüigo.    Ra.  fartüigot :  deierat. 


')  verlieren  {got.  fraliusan  S.  23)  bedeutet  zunächst  „verderben",  dann 
in  der  Anwendung  auf  das  Eigentum  „verlieren".  Die  Bedeutungsgruppe 
8.  S.  208. 

^  8.  S.  230  Anm.  2. 


232 


0.  II  16,  10:  wanta  in  firtilot  thaz  ser  drost  filu  mdnager. 

N.  I  173,  5  P.:  i^  fertribet  ain  guot :  profligat  opes. 

Gl.  II  468  a  firtritit :  proterat.    II  628  a  feruverfan  :  evertere. 

II 101  b  farauartan  :  laedere.  IV  128  a  fenoesen  *)  :  abnti,  laxuriari. 
0.  III  6,  46:  gibdt  tho  druhtin  sinen,  thae  wöla  sie  thes  giilenj  thie 
liuti  thes  firtoäsin,  thie  brosmun  thar  giläsin,  thaz  sie  gihdltan 
towrtin. 
Gl.  IV  2  b  ferzoran  ferthroscan  :  attritus. 
N.  I  TOI,  28  P.:  mit  t&ro  der  stHt  fereörn  uuirt. 
Gl.  l'  134  Pa.  fardspit    gl.  K.  ßrcispit :  extru8it. 
as.  Wadst.  60,  16  (Essen,  ev.-gl.) :   uuerthid  feriheuuid  :  in  ventrem  vadit. 
Ps.  68,  29:  fardiligöt  uuerthin  fan  buoke  Itbbendero  :  deleantar. 
Wadst.  49,  9  (Essen,  ev.-gl.) :  ne  farfarad  :  non  consamabitis. 
Hei.  3610:  ihius  uuerold  wtas  tho  so  farhuerbid,  bithiMungen  an 

thiuatrie. 
Wadst.  51,  11  (Essen,  ev.-gl.) :  farliesan  :  expendam. 
Hei.  1733:  thatgi  thea  spraca  godes  endi  »pel  managu  ne  farleosan 

an  iheni  liudiun  (vergebens  brauchen). 
Wadst.  46,  4  (Elten.  gl.) :  faraland  :  imbibit. 
Hei.  3377 :  hiMt,  thu  thar  alle  thine  uunnea  farsliti,  godes  an  gardun 

(abnntzen,  aufbrauchen). 
Gen.  321:  al  uuard  farspildit  Sodomariki  (zerstören). 
Ps.  57,  10:  farsuelgit  sia  :  absorbeat  eos. 

Hei.  4373 :  ihat  odar  al  brinnanäifiur  ia  land  ia  Uudi  logna  farteride, 

Ps.  73,  3:  so  miküa  faruuart  hevit  fiunt  an  heiligin  :  malignatus  est. 

mnd.  B.  d.  Byen  f.  269c:    al  der  duuele  kracht  waert  verneelt   (nihil: 

vernichten). 

Hamb.  Z.  R.  p.  4:  van  egener  versumenisse  wegen  vorder vet  ofte  vor- 

wanhodet  (durch  toanhode  einbüssen). 
ABCD  des  Ssp.:  Jie  mach  syn  recht  wol  vorwilmoden,  echt  he  dar 

midde  nicht  mit  rechte  vare  (mutwillig  verderben). 

Livl.  Urk.  nr.  1919:    ok  vorwurden  se  uns  de  wurt  und  bowet  up 

unsere  planken  (die  wurt  —  Hof  statte  —  verderben). 

mhd.  verbekurdieren  beim  buhurt  mit  Hufen  zertreten  (Lexer  3,  72), 

'bem  atterere  (73),  -Ueen  zerbeissen,  -bleuen  durch  Gebläse  zerschmelzen 

(77),  -bleteren,  -pletteren  verderben  (78),  -brechen  (81),  -brennen  (82),  -brunken 

des  Glanzes  berauben,  auslöschen  (84),  -bümen,  -bumen  verbrennen  (86), 

-dempfen  ersticken  (92),   -derben  (94),  -dessen  vernichten,  -döuwen  verdauen 

(97),  -drucken  (99),  -drumen  zerbrechen  (100),  -eiten  verbrennen,  verwüsten 

(105),  -ergem  zugrunderichten,  veretzen,  vretzen  aufessen,  zerfleischen,  ver- 

ezzen,  vrezzen  (107),  -gengen  zum  Vergehen  bringen  (113),  -giezen  verschütten 

(115),  -hacken  zerhacken  (122),  -houwen  zerhauen  (132),  -hungern  aushungern 

(135),  -knOsen  conterere  (147),  -krenken  vernichten  (149),  -krimmenj  -grimmen 


»)  Vgl.  got.  frawisan  S.  22. 


233 


zerdrücken  (149),  -leisten  im  Einlager  zugrunderichten  (158),  -leschen  aus- 
löschen (160),  Verliesen,  vUesen  zugrunderichten,  verlieren  (162),  -lüppen  ver- 
giften (170),  -niacken  zertrümmern  (172),  -metzigefi  schlachten  (178),  -meseem 
zerschneiden  (179),  -miUn  zerreiben,  -mürden,  -morden,  -murden  ermorden 
(183),  -müschen  atterere  (184),  -niden  aus  Neid  zugrunderichten  (187), 
-nihten,  -nthügen,  -niuten,  -niutigen  vernichten  (188),  -cesen  verwüsten 
(191),  -quetschen,  -questen  (win)  verschütten,  -rasen  vernichten  (195), 
-recken  vernichten  (198),  -reren  verstreuen  (201),  -rthen  aufreiben  (202), 
-rUen  zerreissen  (205),  -schellen,  -scheUen  zerschellen  (214),  -sehenden 
schänden  (218),  -siMeaen  totschiessen ,  {%s)  sprengen  (216),  -schrenzen  zer- 
reissen (218),  -schroten  zerhauen  (219),  -schroven  zerreissen  (220),  -schüten 
verschütten  (222),  -seigen  ausseihen,  ausiliessen  lassen,  -selken  tröpfelnd 
niederfallen  lassen  (223),  -senken  zu  Falle  bringen  (225),  -sieden  (227), 
-slahen  zerschlagen,  erschlagen  (231),  -slicken,  -slinden,  -slingen,  -slinken, 
-slucken,  -slüchen  verschlucken,  verschlingen  (233—35),  -slitzen,  -sitzen  zer- 
reissen (235),  -smehten  verschmachten  lassen  (237),  -smelzen  zerschmelzen 
(238),  -smücken,  -smiicken  verzehren,  -sniden  zerschneiden  (239),  -soufen  er- 
tränken, -spalten  zerspalten  (243),  -spr€Eu'en  zerstreuen  (245),  -sprütze^i  ver- 
spritzen (247),  -stedien  zerstechen,  zerbrechen,  -steckefi  ersticken  (249),  -steinen 
'Steinigen  steinigen  (249,  250),  -sterben  töten  (252),  -stceren  zerstören,  zer- 
teilen, vertreiben  (253),  -striten  durch  Kampf  verderben,  -ströuwen  zerstreuen 
(255),  'Stilm  zerstören,  -stürzen  verderben  (256),  -stoeinen  vernichten,  ver- 
giessen,  -sweizen  verbrennen,  -stcenden  vernichten,  verzehren  (261),  -teben 
verderben  (266),  -teilen  (267),  -temmen  ersticken  (268),  -tiligen  vertilgen  (270), 
-touhen  vernichten  (272),  -trenken  ertränken,  durch  Trank  vergiften,  -treten 
zertreten  (274,  275),  -tribeti  auseinandertreiben  (275),  -iiMn  vertilgen,  ver- 
derben Jg79),  -vellen  stürzen,  verderben  (286),  -vliezen  zerfliessen  machen  (288), 
'Vüeren  zerstören,  durch  Fahren  verderben  (291),  -wasten  verwüsten,  -toäzen 
verderben  (296),  -wenden  zerstören  (301),  -werfen  stürzen  (302),  -wisen  ver- 
derben, aufbrauchen  (305),  -loirken,  -toürken  verderben  (310),  -toischen  aus- 
tilgen (311),  -worgen  erwürgen  (313),  -zem  vernichten,  verzehren  (317),  -zerren 
zerreissen,  -zettem,  -ziehen  zerstreuen  (318),  -ziln  (schilt)  zerhauen  (321). 

Im  nhd.  gehört  zu  dieser  Grappe  eine  ganz  besonders  grosse 
Zahl  von  ver-Bildungen  ^).   Die  in  den  lebenden  Mundarten  ver- 


')  Einige  Belege  aus  der  Schriftsprache: 

Keisersberg  emeis  54  c:    die  hexen  kunnent  die  hu  v  er  seihen  und 

inen  die  milch  ne/inen  (versiegen  machen). 
H.  Sachs  3.  3,  43  Keller -Götze:    so  ist's  (kraut)  an  der  ein  Seiten 

verhrendt  und  gar  zu  einem  dreck  v  er  sotten. 
Lessing  Äntig.  10:    das  kostet  geld  und  zeit,  und  ich  habe  deren 

keines  viel  zu  versplittern. 
Verh.  d.  schles.  fürst,  u.  stände  v.  J.  1618  S.  8 :  die  stücke  (Geschütze) 

liegen  blosz,  die  räder  von  regenwetter  gar  verspüret. 
ebd.  S.  9:  die  räder  und  andres  gar  v  er  spornt. 


234 

breiteten  sind  mannigfaltig  und  anschaulich.  Aus  ihrer  Auf- 
zählung aber  würde  ein  Wörterbuch  für  sich  erwachsen.  Ich 
hebe  daher  nur  das  Allgemeinste  heraus^). 

bair.  verächten  verderben  (Schmeller  1,  29),  Schweiz,  verändere  dass. 
(Staub  1,  310),  bluetne,  blüemde  zerpflücken  (ö,  92,  96),  gött.  verbiten,  weidm. 
verbeis8en  totbeissen,  erwürgen  (Schamb.  259,  Kehrein  301),  bair.  verdempfe 
ersticken  (Schmeller  1,  511),  Schweiz,  vergeisle  zerpeitsch en  (Stanb  2,  466), 
elsäss  verhäcJde  kleinhacken  (Martin  1,  316),  ver?Hire  Haare  zerzausen  (1.  366), 
Schweiz,  verholze  zerspalten  (Staub  2,  1265),  verchctrre  überfahren  (3,  426), 
Schwab,  verkarret  werden  (v.  Schmid  305),  frankf.  verkoche  aaskochen 
(Askenasy  226),  Schweiz,  verchutzle  zu  Tode  kitzeln  (Staub  3,  606),  verlauwene 
(lawine)  verschütten  (3,  1543),  vermadie  zunichtmachen  (4,  47),  vermörde  er- 
morden (4,  398),  brem.  vemilen,  holst,  vemee^en  vernichten  (wb.  3,  241, 
Schütze  4,  305),  Schweiz,  verpäckle  in  kleine  Pakete  verteilen  (Staub  4,  1015), 
pomm.  verpedden  zertreten  (Däbnert  524),  Schweiz,  verreche  mit  dem  Rechen 
zerteilen  (Staub  6,  119),  schles.  verreiten  zuschanden  reiten  (Weinh.  hs.  R  80), 
elsäss.  versage  klein  sägen  (Martin  2,  336),  versaufe  ersäufen  (2,  330),  Schweiz, 
elsäss.  verschiesse  erschiessen  (Seiler  111,  Martin  2.  440),  Schweiz,  verschite 
in  Scheite  zerspalten  (Staub  1,  910),  schwäb.  verschlafen  sanft  töten  (v.  Schmid 
463),  elsäss.  verschlage  erschlagen  (Martin  2,  459),  frankf.  verschmeisze  er- 
schlagen (Askenasy  153),  Schweiz,  elsäss.  verspränge,  verstäche,  verstehe  (ver- 
sticke)  zersprengen,  erstechen,  ersticken  (Seiler  113,  Martin  2,  559,  572,  580), 
Schweiz,  verstücke,  brem.  verstucken  in  Stücken  zerlegen,  zerstückeln  (Staub 
1,  910,  brem.  wb.  4,  1077),  frankf.  vertrenne  {rock)  zertrennen  (Askenasy  227), 


Rebhuhn  Susanna  argument.  v.  22:    das  sie  versteynt  w§rd  auff 

dem  plan  (steinigen). 
Luth.  15.  29,  13  W. :  das  yhm  seine  nester,  die  klöster  und  geistliche 

rotten,  verstöret  werden  durchs  Euangelion. 
Octavian  L  4:  den  christlichen  glauben  gantz  und  gar  verstrewen. 
Luth.  14.  15,  1  W.:  welche  (lerer)  durch  menschen  lere  den  glawben 

gante  verdylgen  wurden. 
Bocc.  36:  alles  sein  volck  vertrent. 

Schönaich  ästhetik  (Röster)  353:   Gottes  unsterblich  werk  verthun. 
Brentano  ges.  sehr.  3,  286:  in  dem  glühen  sande  alle  spuren  von  dem 

ödem  heiszen  Sturmes  stets  verwaschen. 
ebd.  4,  214:    (Ölbilder)  ohne  grosse  gefahr  des  verwischens  eu- 

sammenroüen. 
ebd.  8,  238 :  als  ich  verwüstet,  geängstigt,  im  innem  unheilbar  krank. 
*)  Dieses  abgekürzte  Verfahren  ist  bei  fra-  berechtigt,  da  die  mit  ihm 
gebildeten  Bedeutungsgruppen  völlig  durchsichtig  und  schon  im  got.  aus- 
gebaut sind.  Bei  faur-  und  fair-  dagegen  lag  die  Aufgabe  vor,  ihre  später 
eingetretenen  verschiedenen  Verbindungen  und  weniger  reich  angebauten 
Gruppen  darzulegen. 


235 

Schwab,  vencettern  heftig  zerbrechen  (v.  Schmid  521),  Schweiz,  verwargge^ 
-würgge,  pomm.  verwörgen  ersticken  (Seiler  114,  115,  Dähnert  629),  elsäss. 
verumeteheere  tobend  verderben  (Martin  1,  367).  Die  Qaunersprache  bildet 
verdupfen,  verlupfm  ^erstechen*  (Kluge  rotw.  271,  332,  339). 

b)  Die  Üble  Nebenbedeutung  bei  den  meisten  Verben  dieser 
Gruppe  tritt  bei  den  folgenden  Bildungen  in  den  Vordergrund, 
ohne  bis  zur  Vernichtung  zu  führen.  Bei  einigen  tritt  fra- 
auch  in  der  Anschauung  „weg  vom  rechten  Wege"  hervor 
(S.  18)^).     Sie  haben  den  Sinn  „beschädigen,  entstellen". 

mhd.  verhallen  verkrüppeln  (Lexer  3,  70),  -hellen  durch  Geschwulst 
schädigen  (72),  -bilden  entstellen  (75).  -bösen  verletzen,  verführen  (80), 
-brennen  durch  Brand  schädigen  (83),  -brüten  verbrühen,  -buegen  buglahm 
machen  (84),  -buwen  durch  Bau  schädigen  (87),  -dingen  brandschatzen  (96), 
-dörperti  vertölpeln  (97),  -gagelen  vereiteln  (108),  -gehen  kastrieren  (112), 
-gleifen  verkrümmen  (118),  -goufnen,  -goumlösen  verpassen,  verwahrlosen  (119), 
-graten  verwüsten  (120),  -gülen  verderben  (121),  -heien  durch  Hitze  verderben 
(Nachtr.  391),  -heiüösgen  vernachlässigen  (3, 126),  -haUen  lähmen  (128),  -hem, 
-Jierigen,  -hergem  mit  Herresmacht  überziehen,  besiegen,  berauben  (129),  -hien 
schänden  (130),  -hcenen  verheeren,  schänden,  -houwen  durch  Hauen  verderben 
(132),  -Jmrten  beim  huhu/ri  beschädigen,  -irren  irre  machen,  stören  (135), 
-hlutem  verwirren  (146),  -hretzen  zerkratzen,  -hrimmen  krampfhaft  angreifen 
(149),  -lassen  vernachlässigen  (155),  -legen  entwerten,  beseitigen  (156),  -leidigen 
verletzen  (158),  -lernen  lähmen,  -Unken  verbiegen  (159),  -Urken  verkehren, 
-leisen f  -letsigen  verwunden,  -liehen  Haar  ausraufen,  -JtedtfriicÄ««.  verwahr- 
losen (160,  161),  -lüppen  verzaubern  (170),  -mäligen,  -meiligen,  -meilen, 
•mäsegen  beflecken  (173, 175,  176),  -mdsen  coUinere,  -mechen  schwächen,  auf- 
halten (175),  -meinen  durch  Missetat  {mein)  beflecken  (176),  -meistern  durch 
Abrichten  verderben  (177),  -modelen  verunstalten  (181),  -müejen  entkräften 
(182),  -netsen  durch  Nässe  verderben  (187),  -nullen  zerwühlen  (190),  -ardenen 
in  Unordnung  bringen  (191),  -reinigen  beflecken  (199),  -renken,  -riden  ver- 
drehen (201,  202),  -rimphen  verzerren  (204),  -ritsen  verwunden,  -riieren  ver- 
rücken (207),  -ruochelen  negligere  (208),  -schaffen  verunstalten  (211), 
-«cftamen*)  schamlos  machen  (213),  -sehenden,  -scherten  verletzen  (215), 
-schimpßeren  (217),  -schraken  bespritzen  (218),  -schroten  schneidend  verletzen, 
verderben  (219),  -sdvüm  Augen  beim  Schüren  entzünden  (222),  -selwen  be- 
schmutzen (224),  -sengen  (225),  -seren  verletzen  (226),  -sldhen  beschmutzen 
(231),  -slisen  verschleissen  (235),  -smirwen  beschmieren  (238),  -solgen  be- 
schmutzen (241),  -stellen  entstellen  (250),  -stigen  (hende)  blutig  kratzen  (252), 
•stceren  verwirren  (253),  -siümbeln  verstümmeln  (255),  -stürzen  verkehren, 

')  Diese  Gruppe  hat  meistens  auch  gehässigen  Sinn. 
*)  Germ.  H.  293,  26:  die  ir  seU  mit  tinrehten  werken  hont  verschämt; 
vgl.  dagegen  verschamen  beschämen  S.  207. 


236 

umstürzen  (256),  -aiimen  versäumen  (257),  -swingen  darcbpeitschen  (265), 
'trecken  verzerren  (274),  -triben  verwüsten  (275),  -ttceln  verkümmern  lassen, 
aufhalten  (280),  -unreinen,  -unreimgen  (281),  -urliugen  mit  Krieg  überziehen, 
verwüsten  <282),  -vegen  durch  Fegen  abnutzen  (286),  -/wttercn  verwahrlosen  (287). 
-vlecJcen  beflecken  (288),  -woehen  verunstalten  (292),  -warlösen,  -warten  unacht- 
sam behandeln  (295, 296),  -werren  in  Unordnung  bringen,  verletzen  (304),  -werten 
verderben  (305),  -worten  mit  Worten  missbrauchen,  -wüesten,  -wüesienen  ver- 
letzen, verderben  (313),  -tounden  (314),  -zücken  verdrehen,  entstellen  (323); 
dazu  die  Partiz.  unverschalt  der  Schale  nicht  beraubt,  unbeschädigt,  unver- 
schranket  unbeschädigt  (2,  1962),  unvenvirset  unverdorben  (2,  1972).  In  un- 
verkust  (2,  1957)  „ungeküsst"  braucht  kein  übler  Nebensinn  zu  liegen,  ver- 
ist  hier  als  Perfektivpartikel  wie  ge-  aufzufassen  ^). 

Aus  den  nhd.  Mundarten  *)  ist  erwähnenswert : 

preuss.  veralhnachten  (hett)  in  Unordnung  bringen  (Frischbier  2,  427), 
schles.  verärscheln  verkehrt  auffassen,  versäumen  (Weinh.  hs.  A  52),  gött. 
verhallen  Ballen  quetschen  (Schambach  259),  weidm.  verheizen  junge  Holzungen 
durch  Beissen  beschädigen  (Kehrein  301),  hess.  schles.  verhellen  durch  Schwellen 
beschädigen,  verstauchen  (Pfister  17,  Weinh.  hs.  B  56),  elsäss.  verhetie  im 
Betespiel  verlieren  (Martin  2,  112),  preuss.  verheuteln  einbüssen  (Frischbier 
2,  427),  Schweiz,  elstkss.  verhihäbele^)  (Staub  4,  920,  Martin  2,  3),  elsäss.  ver- 
bocke (Martin  2,  29),  Schweiz,  verborge,  verbredige  durch  Borgen,  Predigen 
schädigen  (Staub  4,  1576;  5,  406),  verbrumherle  (4,  1471),  verbürge  durch 
Bürgen  einbüssen  (4,  1589),  leipz.  preuss.  verbuttern  (Albrecht  228,  Frischbier 
2,  429),  Schwab,  verdirlemitzeln  (v.  Schmid  128),  frankf,  verdreppeln  ver- 
schütten (Askenasy  225),  brem.  verdnnken  durch  Trinken  schädigen  (wb.  1, 
247),  elsäss.  verflecke  besudeln  (Martin  1,  167),  Schweiz,  oerfretze  durch  Ab- 
weiden schädigen  (Staub  1,  1344),  pomm.  verfuschem  (Dähnert  520),  köln. 
vergörge  (wie  Georg?)  verhunzen  (Honig  192a),  preuss.  vergreifen  (hand) 
greifend  verletzen  (Frischbier  2,  431),  gött.  verhackeln  Absätze  schief  treten 
(Schambach  262),  Schwab,  verlhanslearte*)  (wie  Hans  Leonhard)  verderben, 
verlieren  (v.  Schmid  261),  hess.  westerw.  verhoppa8(8)en  einbüssen  (Pfister 
107,  Schmid^t  294),  elsäss.  verhapse,  verhupfe,  schles.  verhopsen,  verkuppeln 
(bein)  springend  verletzen  (Martin  1,  363,  Weinh.  hs.  H  141),  holst,  verkateni 
(Schütze  4,  303),  Schweiz,  verchalbe,  -chalbermatte,  -chegele,  -ckessle,  -chünstle 
(Staub  3,  223;  4,  551 ;  3,  183,  522,  369),  milit.  (sich  den  achwanz)  verklcpfen 


*)  Ebenso  nhd.  Schweiz,  verchussle,  verachnatschge  j,mit  Küssen  bedecken" 
(Staub  3,  528;  5,  1279),  elsäss.  verschmutze,  -achmutzge  (Martin  2,  491). 

^)  Ich  führe  wie  S.  234  nur  solche  Bildungen  an,  die  uns  von  der 
Schriftsprache  aus  unmittelbar  verständlich  oder  durch  ihre  Bildung  auf- 
fallend sind.  Mit  der  Bedeutung  „schädigen''  vereinige  ich  „sich  schädigen, 
verlieren«  (vgl.  S.  207  Anm.,  208). 

^)  Worte,  die  nicht  weiter  erklärt  sind,  vereinigen  die  Bedeutungen 
„durch  Nachlässigkeit  oder  Ungeschick  verderben"  und  „einbüssen*'. 

*)  Mörike  6,  203  (Hesse):  hat  d€Ls  auch  müssen  verhansleartet  sein. 


237 


oder  verbrennen  sich  anstecken  (Hörn  127),  berl.  verkorksen j  -kolksen  (Meyer 
126b),  schles.  verldischen  (Weinh.  öl),  mansf.  verlästemf  verlidem,  -ludern 
(Jecht  118),  westfäl.  verlüem  versäumen  (Woeste  293),  köln.  vemmcbche  Ver- 
trauen verlieren  (Honig  193  a),  Schweiz!  schw&b.  vermanne  durch  Heirat  ein- 
büssen  (Staub  4,  291,  v.  Schmid  373),  Schweiz,  vermarkte  schlecht  verkaufen 
(Staub  4,  417),  vermeistere,  -schissmeistei'e  (4,  536,  537),  vermesse  durch  Messen 
schädigen  (4,  458),  preuss.  vermardspipeln  (Frischbier  2,  436),  elsäss.  vernetze 
durchnässen  (Martin  1,  798),  Schweiz,  verpfuye  verpfuschen  (Staub  5,  1048), 
westerw.  verböckeln,  -pöckeln  versalzen  (Schmidt  289),  schles.  verpolschen 
(polnisch)  ungeschickt  und  unverständlich  ausdrücken  (Weinh.  hs.  P  119), 
gött.  verrammeln,  schles.  verrampeln  {bett)  verwühlen  (Schambach  265,  Weinh. 
hs.  R  31),  elsäss.  versabele  {saheV)  Brot  verschneiden  (Martin  2,  317),  schles. 
versäabotteln,  -beuteln  (Weinh.  79),  henneb.  leipz.  köln.  berl.  versauen  (Spiess 
268,  Albrecht  230,  Honig  193  b,  Meyer  127  b),  leipz.  versauigeln,  verschwein- 
igeln  (Albrecht  230),  österr.  verschanden  (Castelli  124),  henneb.  verscMnden, 
versdieissen  (Spiess  268),  gött.  verscheppen  entstellen  (Schambach  26ö), 
westerw.  versehlamben,  -schlampeti,  -schlappen  (kleider),  hess.  verschHanipen, 
-scMumpen,  -scMuneeti,  henneb.  verschlappen,  -schlumpen,  leipz.  verschlumpen 
(Schmidt  308,  Vilmar  353,  357,  Albrecht  230),  elsäss.  verschnupfe  mit  Tabak 
besudeln  (Martin  2,  504),  verschnütze  durch  Schneuzen  verderben  (2,  513), 
frankf.  versitze  *)  {divan)  abnutzen  (Askenasy  227),  westerw.  verstauchen  ver- 
derben (Schmidt  311),  elsäss.  verstolpere  durch  Stolpern  schädigen  (Martin  2, 
503),  bair.  vertonten  {tand)  verhunzen  (Schmeller  1,  611),  vertappen  (1,  612), 
berl.  vertapem  (Meyer  128  a),  frankf.  vertrage  (rock)  abnutzen  (Askenasy  227), 
altmärk.  vertrecken  verschleppen,  vertrödeln  (Danneil  240),  brem.  verwanholden 
(wb.  1,  641),  pomm.  verwanschapen  verunzieren,  verwaschen  verwahrlosen 
(Dähnert  529),  weidm.  vervjunden  festen  Boden  beim  Laufen  mit  den  Hufen 
leicht  aufritzen  (Hirsch :  Kehrein  310),  milit.  ver zwirnen  durch  Übereifer  ver- 
derben (Hörn  76). 

Besonders  gern  werden  Fremdwörter  oder  Bildungen  mit  fremder  En- 
dung durch  ver-  dieser  Gruppe  einverleibt :  holst,  verkramereeren  =  verkramen 
(Schütze  2,  342),  wien.  vemeglischieren,  lux.  ven^iegligeren  (Hügel  180,  Gangler 
468),  leipz.  berl.  verrungenieren,  -rujenieren^  altm.  gött.  köln.  ver(r)ung(eyner(e)n 
(Albrecht  194,  Meyer  127  b,  Danneil  239,  Scbambach  265,  Honig  195  a),  preuss. 
verschampfieren,  -schampieren,  -schumpfieren,  leipz.  berl.  oerschimpfieren,  köln. 
verschimpeere,  lux.  verschampleren,  leipz.  verschändieren,  köln.  verschängeleere, 
verschokeere,  versckubeere  (Frischb.  2,439,  Albrecht  198,  Meyer  127  b,  Honig 
194  a,  Gangler  469,  Honig  193  b,  194  a),  aachen.  köln.  vertesteioire,  -testeweere, 
-testueere  (desHtuer:  Müller- Weitz  256,  Honig  195  a). 

Wie  verbroche  gehn  „zerbrechen",  verrisse  gehn  „zerreissen" 
(Askenasy  225,  227)  hat  der  Frankfurter  Dialekt  die  eigen- 
artige Bildung  verschiUt  gehn  „vergossen  werden"   (227);    im 

^)  Vischer  auch  einer  2,  83:  sie  sucht  die  mitgenommene  orangentorte; 
der  liebe  Onkel  hat  sie  versessen  (sitzend  verderben,  zerdrücken). 


288 

Schles.  (verschüttet  gehn)  and  Rotwelschen  bedeutet  dieses  „von 
der  Polizei  gefasst,  verhaftet  werden  **  (Weinh.  hs.  S  256,  Klage 
rotw.  372).  Daneben  bat  die  Gaunersprache  verschütten  ,  ver- 
haftet werden"  (ebd.  294,  319,  324)  und  verschütten  (die  wäre) 
„sein  Kollektenbuch  einbttssen"  (274). 

Der  Begriff  „verloren"  hat  sich  mit  dem  Präfix  ver-  so 
fest  verbunden,  dass  man  im  Preuss.  (Frischb.  2,  426)  kurzweg 
sagt:  das  ganze  spiel  ist  ver,  und  im  Schles.  (mir  bekannt  und 
bezeugt)  beim  Billardspiel:  8  punkte  ver.  Ebenso  fest  hat  sich 
die  Vorstellung  „  verderben ,  beschädigen "  ^)  damit  verknüpft, 
dass  z.  B.  die  wachsende  Sprechdenktätigkeit  des  Kindes  mit 
wohlbegründeter  Analogie  u.  a.  die  Wörter  verschmutzen,  die 
beine  verJcnien  erfindet  (0.  Schneider  in  Z.  f.  philos.  u.  phil, 
kritik  121,  171). 

c)  Auf  die  Anschauung  „zu  Ende  bringen"  (vgl.  S.  230)  geht 
auch  die  Gruppe  „verarbeiten,  verbrauchen,  verbringen*  zurück, 
oft  mit  schlechtem  Nebensinn  (die  ahd.  Belege  s.  ebd.): 

mnd.  Sudend.  8,  S.  245,  \:  1  kr.  dede  de  voghet .  .  .  . ,  dat  se  vorbadeden 
(für  Baden  aasgeben). 
Sudend.  Urkb.  II  nr.  24 :  äl  dat  we  vorgrauen  vnde  vorbütoet  hadden 

(für  Qraben  und  Bauen  verbrauchen). 
Brem.  Stat.  84:  dat  de  hindere  mer  rente  hedden  wen  men  vorkostede 
unde  vorkledede  an  en  unde  an  erem  ghude  (an  Kost  und  Klei- 
dung aufwenden). 
Magd.  Seh.  Chr.  226,  12:  dat  nie  lichte  vele  penninge  vorkrigen  mochte 

(durch  Kriegführung  verbrauchen). 
Brem.  G.  Q.  98:  sie  wolden  Heuer  alle  ere  gitd  vororlogen  (dass.). 
mhd.  verarbeiten  (getraid),  verbacken  (kam)  zu  Brot  (Lexer  3,  70), 
-biderben  aufbrauchen  (74),  -Uzen  verzehren  (77),  -bletzen  Stücke  Holz  oder 
Stein  als  Ausbesserungsmaterial  verwenden  (78),  -botenldnen  als  Botenlohn 
ausgeben  (80),  -bringen  durchbringen  (83),  -buoben  mit  bübischem  Leben  (85), 
-büwen  ^)  (hole,  geld)  bauend  verbrauchen  (86),  -dceaen  verzehren  (97),  -ersemen 
an  Arznei  (107),  -güften  mit  lustigem  Leben  (120),  -höchverten  mit  Hoffart, 
-hofieren  mit  Festen  (131),   -höveln,  -hoietlen  mit  Gastereien  vertun,  -have- 


^)  W.  Scherffer  bei  Drechsler  a.  a.  0.  4:  dass  man  .  .  hingegen  seine 
eigene  muttersprache  gantz  vernachlässigt  oder  sie  gar  im  reden  so  ver- 
lateinet,  verwälscht,  verfrantzöset,  und  gemischt  ausgesprochen  und 
geschrieben, 

*)  d<iz  verbuwen  :  die  beim  Bau  aufgewendeten  Kosten  (Lexer  3,  87). 


239 

toercen  für  hovewere  ausgeben  (134),  -hunrefi  durch  Hurerei  (135),  -jänen  (wie 
Johann)  verspielen  (137),  -kosten  aufwenden  (147),  -kramen  für  unnützen  Kram 
ausgeben  (148),  -kriegen  durch  Kriegführung  (149),  -leisten  im  Einlager  ver- 
brauchen (158),  -liehtem  (unschUtt)  zu  Lichtern  verarbeiten  (162),  -luodem 
mit  lockerem  Leben  (170),  -minnen  durch  Minne  vertun  (180),  -mOmen  (silber) 
zu  Geld  schlagen  (183),  -muren  (kalk,  steine)  zum  Mauerbau  verbrauchen 
(184),  -meeen  verbrauchen  (187),  -nützen  dass.  (191),  -poppeln  als  Fresser 
(boppe),  -prahtieren  verjubeln,  -quaken  (quaz  :  Schlemmerei)  verprassen  (194), 
-reiten  vergeuden  (199),  -schallen  verjubeln  (211),  -schieeen  schiessend  ver- 
brauchen (216),  -siechen  in  Krankheit  verzehren,  -sieden  kochend  verbrauchen 
(227),  -slecken  vernaschen  (233),  -smiden  schmiedend  verarbeiten  (238),  -solden 
an  Sold  ausgeben  (241),  -spenden  durch  Almosengeben  (243),  -spilten  unnütz 
vertun  (245),  -stechen  stechend  aufbrauchen  (249),  -stözen  vergeuden  (254), 
-süfen  mit  Saufen  (257),  -swenden  (261),  -toben  mit  tollem  Leben  (270), 
'tokeen  mit  tökzen  durchbringen,  -top(p)eln  mit  Würfelspiel,  -Uxren  in  törichter 
Weise  (271),  -iirihen  durchbringen  (275),  -trinken  mit  Trinken  (276),  -twm 
dnrchbringen  (278),  -wüesten  unnütz  (314),  -eem  ausgeben  (317). 

Aus  den  Mundarten  ^)  stelle  ich  zunächst  die  Verba  der 
Bedeutung  „verbrauchen*^  zusammen: 


^)  Einige  Belege  aus  der  Literatur: 

Schiller  1,  269:  verlüderlicht  in  einem  hui  des  himmels  beste  gaben, 
Pers.  baumgarten  4,  12:    könt  aber  .  .  durch  wollust  eure  weiber 

verschwenden, 
H.Sachs  21.  94,31  Keller-Götze:   verseidelst  offt  daheimen  mehr 

mit  dein  geapilen  vberause, 
ebd.  14.  192,9:    und  seist  darnach  aussetzig  wom  und  hobst  ver- 
siehst als  dein  guet  (im  Siechtum  verbrauchen). 
S.  Münster  cosm.  726:  sie  versoldeten  24000  gülden. 
Hoffmann  v.  Fallersieben  mein  leben  6,  345 :  so  auch  mein  Geist  sich 

selbst  verspeist,  fehlt  ihm  als  speis'  ein  andrer  geist, 
Mejrfart  himml.  Jerus.  2,  218:  verspendirest  alle  dein  vermögen, 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  68:  ewr  gut  verspilen  vnd  versauffen, 
Lohenstein  Cleop.  51:  die  Seeschlacht  ward  verspielt. 
Bocc.  125:  wie  vil  kolen  er  verstriche  oder  vermalt. 
Lustige  blätter  1906  Nr.  44  S.  8:    da  hab^  ich  den  ganzen  mammon 

V  er  süffelt,  das  hat  den  professor  gewaltig  verschnüffelt, 
Uhland  volksl.  (Cotta)  1,  321:  das  geld  wöl  wir  vertemmen. 
Luth.  23.  543,8  W.:  alte  odder  beschäbene,  vertragene  odder  von 

gemeinem  tuche,  wie  ander  tegliche  kleider  waren  (abgetragen). 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.84:  weil  er  sein  erb  doch  wird  verthon. 
Logau  1.  7, 11:  als  etwa  neun  Soldaten  dem  bauten  einen  hahn  ver- 

thaten  (wegschnappen  und  verzehren). 
Kladderadatsch  26.11.1905:    damit  dasselbe  (güd)  nicht  vernascht 

und  verunnützt  wird. 


240 

gött.  verarzeHy  bair.  verarznen  für  den  Arzt  ausgeben  (Schamb.  259, 
Schmeller  1,  lö4),  Schweiz,  verbade  für  Baden  (Staub  4,  1015),  bair,  ver- 
heizen abweiden  (Schmeller  1,  287),  verbiderben  verbrauchen  (l,  535),  Schweiz. 
verberge  als  Senne  auf  den  Bergen  (Staub  4,  1563),  Schweiz,  verbuwe  für 
Bauten  (4,  1960),  verbrüche  (5,  361),  Schweiz,  verdoktere,  -dökterle,  henneberg. 
westerw.  gött.  brem.  aachen.  verdoktern  für  den  Arzt,  unnütz  ausgeben 
(Stalder  1,  287,  Spiess  266,  Schmidt  290,  Schamb.  259,  brem.  wb.  1,  218, 
Müller-Weitz  34),  pomm.  verdoon  verzehren  (Dähnert  619),  schles.  verdrüdcen 
verzehren  (Weinh.  hs.  D  102),  Schweiz,  veretze  abweiden  (Staub  l,  629), 
brem.  vervoren,  Schweiz,  verfuetere  als  Futter  verbrauchen  (wb.  1,  433, 
Staub  1, 1138),  Schweiz,  vergan  durch  Gehen  abnutzen  (Staub  2, 27),  verhirie  als 
Hirte  verfüttern  (2, 1651),  gött.  verholen  beim  Hüten  verbrauchen  (Schamb.  262). 
Schweiz,  verkäse,  -utihuse,  eis.  verhüse,  schwäb.  verhattse,  -hatialidele  in  der 
Wirtschaft  verbrauchen  (Staub  2,  1742,  Martin  1,  385,  v.  Schmid  266),  hess. 
gött.  schles.  verknusen  *)  verdauen,  holst,  aufzehren  (Vilmar  213,  Schamb.  263, 
Weinh.  hs.  K  182,  Schütze  2,  809),  brem.  verkosten  verausgaben  (wb.  2,  858j. 
Schweiz,  verchüejere  (kuh)  als  Senne,  verchüechle  (kttchen)  zum  Backen  ver- 
brauchen (Staub  3,  98,  144),  henneb.  verkonsumieren,  mansfeld.  verkunsetniren 
verbrauchen  (Spiess  267,  JechtllS),  Schweiz,  verkürle  für  Arznei  (Kur)  aus- 
geben (Staub  3,  448),  verchorbe  zu  Körben  verarbeiten  (3,  435),  valebe  für 
den  Unterhalt  verbrauchen  (3,  971),  vemiisU  als  Dünger  verwenden  (4,  540), 
vermoste  zu  Most  (4,544),  vermtistere  bei  militärischen  Übungen  ausgeben 
(4,  546),  gött.  vennülmen  völlig  aufessen  (Schamb.  264),  leipz.  vertiesen  ver- 
zehren (Alb recht  230),  westf.  vemutzen  benutzen  (Woeste  293),  eis.  verproze- 
diere,  -prozesse  durch  Prozessieren  (Martin  2,  208),  schles.  verreiben  verzehren 
(Drechsler  208),  preuss.  versäbeln  verspeisen  (Frischbier  2,  439),  Schweiz,  ver- 
sattle,  verschmide  für  den  Sattler,  den  Schmied  ausgeben  (Staub  1,  909), 
verschaffe  verarbeiten  (Seiler  111),  Schweiz,  leipz.  verschnäbeUere{n) ,  wien. 
verschnabulieren  verzehren  (Staub  1,  911,  Albrecht  204,  Hügel  181),  frankf. 
versitzen  (divan)  sitzend  abnutzen  (Askenasy  227),  pomm.  versluken  ver- 
schlingen (Dähnert  526),  Schweiz,  verwintem  den  Winter  über  an  Futter  ver- 
brauchen (Stalder  2,  454). 


Spee  trutzn.  122:  die  bienen  verwircken  ihren  saft  (verarbeiten). 
Prutz  pr,  gesch.  3,  266:  diesen  (Staatsschatz)  hat  Wöllner  in  einigen 

wenigen  Jahren  verwirtschaftet 
Iffland  bei  Campe  5,  403  b:   haben  sie  nicht  ungefähr  so  viel  ver- 

wohlthätelt  (zu  wohltätigen  Zwecken  ausgeben). 
Leuthold  ged.  ^74:  des  goldbauem  Hieseil  haJt  alles  verzecht. 
Wieland  2,  249:  der  seine  kräfte  bei  nächtlichen  sdmiäusen  verzettelt. 
')  In  hauptsächlich  mitteldeutschen  Mundarten  wird  verknusen  in  über- 
tragenem Sinne  als  „ausstehen,  leiden,  ertragen''   gebraucht  (Vilmar  213, 
Woeste  292,  Danneil  238,  Jecht  118,  Albrecht  229,  Honig  192b,  Meyer  126b, 
Frischb.  2,  433). 


241 


Die  mundartlichen  Ausdrücke  für  „durchbringen,  vergeuden" 
führe  ich  gesondert  und  eingehender  vor,  da  sie  zum  Teil  recht 
eigenartig  gebildet  und  weit  verbreitet  sind^): 

Berl.  veraasen  (Meyer  125  a).  Schweiz,  verbanketley  -bankeitiere  (Staub  4, 
1H91),  (ist.  fai^lasn  vertrinken  (Castelli  121),  preuss.  verbammeln,  -bummeln, 
'bubanzen,  -bumfiedeln  (Frischb.  2,  427  ff.),  leipz.  verbambefi,  'bummeln  (Albrecht 
229,  95),  altmärk.  verbubansen  (Üanneil  236),  berl.  verbubanzen  ^  -bumfideln 
(Meyer  125 a),  köln.  verbumfiddeh  (Honig  191a),  schwäb.  verbraunbeerle  ver- 
leckern  (v.  Schmid  92),  brem.  pomm.  verbringen,  hamb.  verbrtngern  (wb.  1,  140, 
Dähnert  518,  Richey  328),  Schweiz,  verbuebe,  -buele  (Staub  4,  946,  1188), 
rerbummeränzle  (4,  1256),  preuss.  verdähbeln,  -debbeln  (Frischb.  2,  429),  west- 
fäl.  verdauen  (Woeste  290),  pomm.  verdoanem  (Dähnert  519),  schles.  ver- 
drescheti  (Weinh.  hs.  D  93),  bair.  brem.  verdoppeln  mit  Würfelspiel  (Schmeller 

1,  528.  brem.  wb.  1,  217),  berl.  verdrücken,  -dudeln  (Meyer  125b),  mansf. 
leipz.  verdummeniren  (Jecht  117,  Albrecht  229),  Schweiz,  verfamachte  in  der 
Fastnacht  (Staub  4,  654),  brem.  vervechten  (wb.  1,  361),  brem.  holst,  altmärk. 
^ütt.  köln.  leipz.  berl.  verfumfeien  wollüstig  (wb.  1,  467,  Schütze  1,  339, 
Danneil  236,  Schamb.  261,  Honig  191b,  Albrecht  228,  Meyer  125b),  hess. 
verfumfeiten,  -bumfeien  (Pfister  326),  preuss.  verfumfeien,  -bumfeien  (Frischb. 

2,  429),  hamb.  verfumfeien,  -fumfumfeien  (Richey  67),  wester w.  verfomfeien 
(Schmidt  306),  schles.  verguften  (Weinh.  hs.  G  169),  Schweiz,  -aach.  verhaseHire 
köln.  verJuiseleere  ( Müller -Weitz  254,  Honig  192a),  öst.  fahaun,  leipz.  ver- 
hauen (Staub  2,  1675,  Castelli  122,  Albrecht  229),  Schweiz,  verherr gölten^ 
(Staub  2,  523),  pomm.  verhören  (Dähnert  522),  eis.  verjubiliere,  -juchze  (Martin 
1,  402),  Schweiz,  vetjuheie  (Staub  2,  854),  steir.  verjuxen  (Lexer  152),  wien. 
vefjuken,  -juksen  (Hügel  179),  schles.  verjuchtem  (Weinh.  hs.  T  45),  henneb. 
verjucken  (Spiess  267),  hess.  verjucken,  -juckem  (Pfister  121),  westf.  verjuckeln 
(Woeste  292),  köln.  verjöcke,  -juckele,  -juckse  (Honig  192  a),  mansf.  verjudi- 
heien,  -juweht  (Jecht  117),  leipz.  verjuMieien,  -juxen  (Albrecht  229),  berl. 
vefjuchhein,  -jucken  (Meyer  126  a),  preuss.  verjucken,  -jucheln,  -jucken,  -juppen, 
-juckem  (Frischb.  2,  432),  leipz.  verkarten  im  Kartenspiel  (Albrecht  143), 
Schweiz,  verkleide,  Schweiz,  eis.  verklempere,  -klappere,  -klopfe  (Staub  3,  624, 
648,  665,  681,  Martin  1,  492,  494,  496),  pomm.  verklakkem,  altmärk.  ver- 
kleckern, -klickem  (Dähnert  522,  Danneil  238),  hess.  verkUmpem,  -klimpern, 
-klittem  (Pfister  133),  wien.  verklopf en  (Hügel  179),  köln.  verklüngele,  -küm- 
mele (Honig  192b),  berl.  verknacken,  -kreescheti  (Meyer  126b),  leipz.  ver- 
krümeln (Albrecht  229),  henneb.  westerw.  leipz.  preuss.  üerkümmeln  vertrinken 
(Spiess  267,  Schmidt  301,  Albrecht  156,  Frischb.  2,  434; ,  Schweiz,  verlands- 
knechte,  -laboriere,  -läppe,  -läppele,  -läppere,  -liedere,  -lüdele,  -lottere,  -lumpe 
(Staub  3,  726,  953,  1348  f.,  1090,  1103,  1504,  1281,   Martin  1,  602,626,589), 


^)  Die  alemannischen  Sonderbildungen  übergehe  ich. 
*)  Vgl.  damit  die  Redensart:  ein  leben  führen  wie  der  herrgott  in  Frank- 
reich;  vgl.  verallmachten  S.  236. 

Leopold,  Die  Vorsilbe  ver-  16 


242 

Wien,  verldbariren,  frankf.  verlaweriren  (Hügel  179,  Askenasy  226),  schles.  ver- 
lappem  (Weinh.  hs.  L  20),  henneb.  verläppern,  -leppern,  -liedem  (Spiess  267, 
Reinwald  182),  wien.  verleppem  (Hügel  180),  berl.  verleppem,  -liedem,  -loddem, 
'ludern  (Meyer  127  a),  preuss.  verlähberti,  -lebberny  -ludern  (Frischb.  2,  434, 
430),  leipz.  verläppern,  -liedern,  -ludern,  -luleien,  -lunUeien  (Albrecht  229), 
Schweiz,  elsäss.  holst.  verlottere(n)  (Staub  3, 1504,  Martin  1, 626,  Schütze  3,  öl), 
köln.  verlöddere  (Honig  193  a),  schwäb.  vermenschem  mit  liederlichen  Weihern 
(v.  Schmid  382),  mansf.  vermiwelHy  frankf.  leipz.  preuss.  vermöbeln  (Jecht  117, 
Askenasy  226,  Albrecht  229,  Frischb.  2,  436),  berl.  vermöbeln,  'tnurksm 
(Meyer  127  a),  steir.  faneaten  (Lexer  199),  leipz.  vemesen  (Albrecht  229), 
holst,  verpant^oonen  am  Fest  Pantaleon  (Schütze  3,  191),  köln.  verplaeke, 
-plempere,  -posementeere  (Honig  193),  Schweiz.  verpHämpele,  -plämpere,  -piäm- 
perU,  -plämplämperle  (Staub  5,  100 (F.),  altm.  verplämpem  (Danneil  239), 
berl.  verplen^em,  -posementieren,  -prezeln,  -puHtoem,  -puteen,  -puschdn  (Meyer 
127),  preuss.  verplämpetii ,  -plempern,  -plimpem,  -plömpem,  -poaamentieren, 
-putzen  (Frischb.  2, 437, 438),  frankf.  verbossemandieren  (Askenasy  56),  mansf. 
verpossementiren  (Jecht  117),  leipz.  verposementiren,  -putzen  (Albrecht  229), 
Wien,  verputzen  (Hügel  180),  bair.  verpäppeln  als  Schlemmer  {b(y»pe:  Schmeller 
1,  400),  schles.  verprachem,  -prachten,  Schweiz,  verprachte,  -prä/Atele  (Weinh. 
hs.  P  126, 127,  Staub  5,  392,  397),  elsäss.  verquackele,  -quatsche  (Martin  2, 
211,  213),  berl.  verquackdn,  -quaddem,  -quasett  (Meyer  127b),  preuss.  ver- 
quackeln, -qudsen,  -quisten  (Frischb.  2, 438,  439),  altm.  verqtuisen  (Dauneil  239), 
schles.  verquetschen,  -quisten  (Weinh.  hs.  Q  10),  köln.  verquängele  (Honig 
193  b),  Schweiz,  verrössle  mit  Spazierenfahren  (Seiler  111),  versMampampe, 
-schlämpämperle  (Stalder  2,  324,  527),  elsäss.  verschlämbämple  (Martin  2,  464), 
westerw.  verschlambambefi  (Schmidt  308 «,  brem.  verslampampen  (wb.  4,  800), 
preuss.  verschlampampen,  -schludern,  -scMuddern,  -schmoren,  -schwimeln, 
-schwiren  (Frischb.  2,  440,  441),  berl.  verschludern  (Meyer  127  b),  wien.  rer- 
schledem,  -schuastem  (Hügel  181  j,  öst.  faschnMzn  (Castelli  122),  hess.  ver- 
schenkein, -schlickern,  -schlözen,  -schlunzen,  -schnuckeln  (Pfister  253—255, 
265),  brem.  verslickem  (wb.  4,  830),  elsäss.  verschnäpsle,  -schöpple,  westfäl. 
versnappsen  {schnaps:  Martin  2,  504,  423,  Woeste  295),  mansf.  versimsen 
(Jecht  117),  leipz.  versemsen,  -sumsen  (Albrecht  229),  berl.  versimsen,  -susengen 
(Meyer  128  a),  preuss.  versusengen,  -spillem,  -spiltem  (Frischb.  2,  443,441), 
schles.  verspachteln,  -spenden  (Weinh.  hs.  S  361,  373),  Schweiz,  verspendiere, 
-suwlebe  mit  schlechtem  Leben  (Staub  1,  911;  3,  972),  leipz.  verstaaten  in 
Putz  (Albrecht  231),  schwäb.  vertänderle  (v.  Schmid  119),  wien.  vertederen, 
-trantschen  (Hügel  181,  182),  preuss.  vertritzen  (Frischb.  2,  443),  leipz.  ver- 
trödein (Albrecht  229),  bair.  vertuenitzen  (Schmeller  1,  577),  Schweiz,  ver- 
tudelbutschiere  (Staub  4,  1941),  brem.  vertagen  mit  Kleidung  (wb.  5,  123), 
westf.  vertürlüren  (Woeste  297),  wien.  mansf.  verwixen,  leipz.  berl.  preuss. 
verwidisen  (Hügel  182,  Albrecht  229,  Meyer  128b,  Frischb.  2,  444),  henneb. 
verwüsten  mit  wüstem  Leben  (Spiess  270). 

Diese  Bedeutungsgruppe  ist  in   der  Gauner-,  Studenten- 
und  Soldatensprache  besonders  beliebt:    ,, verzehren*  nennt  die 


243 

Oannersprache  vergurgeln,  verplaren  (Kluge  rotw.  141,  458),  die 
Soldatensprache  verdrücken,  vermählen  (Hörn  87);  „versaufen" 
heisst  verschöchem  (Hörn  88),  verhneipen  (Kluge  stud.  132);  „ver- 
spielen" heisst  verfläbben  (rotw.  458),  vergaunen  (190),  verhülen 
(458),  verjunen  (15),  verjonen  (Hörn  107),  verkUzeln  (stud.  132), 
vemobesen  (rotw.  435),  verarocken  (389);  verschüffpt  ist  „ver- 
spielt, verloren"  (rotw.  89).  „Geld  durchbringen"  nennt  der 
Student  verbürsteHf  -dominieren,  -jubeln,  -ludern,  -paskalen,  -schlem- 
mieren,  -schwimeln,  -schwüisieren,  -schwofen  „im  Tanze",  -u^ichsen 
(Kluge  stud.  132  f.);  verludern,  -schwimeln,  -schwofen  lässt  sich 
nicht  nur  das  Geld,  sondern  auch  die  Zeit  (ebd.). 

Besondere  Ausdrücke  für  „die  Zeit  hinbringen"  sind  seit 
mhd.  Zeit  nachzuweisen : 

reraffen  auf  törichte  Weise  (Lexer  3,  67),  -ballen  mit  BaUspiel  (71), 
'Ilagen  mit  Klagen  (144),  -kramen  vertändeln  (148),  -hrumen  vertrödeln  (149), 
-kuppeln  mit  Kuppeln  (151),  -leben  „verleben"  (155),  -marsagen  mit  Schwatzen 
(175),  -senen  mit  Sehnen  (225),  -sldfen  schlafend  (231),  -sitzen  {leben,  zxt  235), 
-spiln  spielend  (244),  -^^tten  spottend  (245),  -swenden  {leben,  tage  262),  -swem 
schwörend  (263),  -tamen  mit  Tanzen  (266),  -trtben  {leben,  zit,  tage  275), 
-tumben  in  Tnverstand  (278),  -tuwi  {zit,  tac,  jär  279),  -wilen  {leben  308), 
-zem  {zit,  leben,  jär  317). 

Die  nhd.  Literatursprache  weist  viele  derartige  Neubildun- 
gen auf^),  weniger  die  Mundarten: 

aachen.  verbäbbele,  eis.  verbapple,  Schweiz,  verblaudere  plaudernd  ver- 
bringen ( Müller -Weitz  8,  Martin  2,  68,  Staub  5,  20),    Schweiz,  verblägere, 


*)  Schönaich  ästhetik  (Köjster)  214:  bis  ihr  drey  langsame  tage  darinn 

verheult  habt. 
Urfaust  vorr.  (E.  Schmidt)  XXIII:    da  er  ein  paar  stunden  ver- 

gängelte,  ein  paar  verliebelte,  ein  paar  verspielte. 
Lenau  Faust  30:  dein  haJbes  Üben  ist  verflossen,  es  ward  vergrämelt 

und  vergrübelt,  einsam  in  studiis  verstübelt 
Goethe  13,  50:  mit  siegsgesang  und  harfenschlag  verklimpern  sie 

den  lieben  tag. 
.1.  Paul  herbstbl.  3,  195:    verlebte,   verschrieb  und  verlas  er 

gange  tage. 
J.Paul  7,  104:  ihr  (weiber)  .  .  in  eurem  vernähten,  verkochten, 

verwaschenen  leben. 
Goethe  (Hempel)  14,  72:    wir  verphantasieren  mamche  stunde  in 

ländlichen  seenen, 
Arno  Holz  Daphnis  (1904)  45:    willstu  bei  detn  alten  pauren  deine 

schönste  zeit  versauren? 

16* 


244 

berl.  verbummeln,  schles.  verfaulen  (teit),  Schweiz,  verfulen  faallenzend 
(Staub  5,  39,  Meyer  125  a,  Weinh.  hs.  ¥  32,  Stanb  1,  790),  gött.  verlesen 
lesend  (Schambach  264),  schles.  vermären,  verschludern  nutzlos  (Weinh.  hs. 
M  3,  8  160),  Schwab,  vermauern  {leben)  eingesperrt  hinbringen  (v.  Schmid  379), 
Schweiz,  vemarre,  vertörle  törichter  Weise  (Staub  4,  784;  1,  907);  brem. 
altmärk.  vermaeken  plaudernd  (wb.  4,  877,  Danneil  239),  berl.  vertrödein 
langsam,  nutzlos  (Meyer  128b),  schles.  vertrendeln  dass.  (Weinh.  hs.  T  101), 
Schweiz,  vertwelle  mit  kindischer  Unterhaltung  sich  die  Zeit  verkürzen 
(Stalder  1,  334). 

An  die  vorigen  Gruppen  scbliessen  sich  einige  Verba  an, 
die  ebenfalls  als  „za  Ende  bringen^  zu  erklären  sind  und  den 
Sinn  , verwinden«  haben  (vgl.  S.  109,  111,  202).  Sie  treten 
erst  mild,  hervor. 

mhd.   Msf.  128,  4:    mine  gar  verlornen  jär  verklage  ich  niemer  me  (auf- 
hören zu  beklagen,  verschmerzen). 
Alph.  9,  3:  wie  mahtu  ez  ver schämen? 
scr.  rer.  pruss.  5,  255  (a.  1465):  den  schaden  vorsüfzen  (verseufzen). 


Goethe -Kalender  1906  S.  60  (zum  Shäckespears  tag):  ihr  sdtaUen 
leben  zwischen  myrten  und  lorbeergebüschen  verschlendern  und 
vergdhnen. 

Thümmel  reise  4,  167:  haben  sie  nicht  ihre  nachte  mit  nachdenken 
verwachtf  ihr  schönes  leben  verschrieben? 

Bürger  34,  6:  so  muszt  du  dein  leben,  verriegelt  allein,  Hef  unter 
dem  ihurm  im  gewölbe  verschrein. 

Seume  bei  Campe  5,  364b:  ich  .  .  verschulmeistere  mein  am- 
phibienleben,  so  gut  es  geht, 

Goethe  9,  41:  ein  taugenichts,  der  .  .  die  ganze  nacht  verschwärmt. 

Thtlmmel  reise  4,  5:  gemHiher,  die  ruhig  ihre  zeit  verschweigen, 
verjagen  und  in  Schauspielen  vertändeln  können. 

ebd.  5,  272:  so  verschwitzte  und  verhorchte  ich  eine  lange  pein- 
liche stunde. 

Jugenderinn.  e.  alt.  Mannes  (Kügelgen)  38:  es  waren  schöne  stunden, 
die  wir  im  geföhl  unsrer  muskelkraft  versprangen  und  ver- 
schwangen. 

Schiller  2, 126:  meine . .  ÄmaUa  verseufzt  und  vertrauert  ihr  Ubefi. 

Tieck  10,  8:  im  kleinen  nest  versitze  ich  zwei  jähre. 

Goethe  1,  51:  so  v  er  taumelt  sich  der  schönste  iheil  des  lebens. 

H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  78:  bisz  er  sein  junge  tag  hat  vertribn. 

Urfaust  V.  284:  die  mägdlein  ach  sie  geüen  vidi  vertrippli- 
streichelt  eure  zeit! 

Goethe-Kalender  1906  S.  73:  der  abend  gestern  ward  mit  würfeln  und 
karten  vervagabundet. 

Keisersberg  anh.  mensch.  A  3:  une  du  die  zeit  verzert  hast. 


246 

Roth.  R.  3873:  daz  her  in  siffin  nachten  virsmerzen  nine  machte. 
nhd.  S.  Dach  405  Österley:  da  ihr  winterleid  ,  ,  zu  vergehn^)  in  fröligkeU 
(gehend  beseitigen). 

Schiller  1,  107:  schmerzen  v  er  hüpft'  er  im  wirbelnden  tanz. 

Geliert  ö,  lb7:    an  seiner  seite  die  last  meiner  hypochandrie  einige 
tage  zu  verreden. 

Spielhagen  18,  41:    versuchen,   ob  ich  mir  meine  kqpfschmerzen  ver- 
schlafen kann. 

Schiller  12,  375:  verschmerzen  werd  ich  diesen  schlag  .  .  denn  was 
verschmerzte  nicht  der  mensch! 

Arno  Holz  Daphnie  (1904)  194:  jetzt  cerschnareht  er  seinen  neid  in 
bedrogner  Wachsamkeit 

3,  Paul  tit.  3,   180:    weil  seine  Wallungen  Jialb  vertropft  und  ver- 
schrieben waren. 

Schiller  2,  93:  armer  schlucker!  nun  ists  ja  verschwitzt. 

Herder  phil.  d.  gesch.  2,  1 :  es  ist  als  ob  sie  einen  iheil  seines  Schmerzes 
verseufze. 

Hagedorn  (1775)  2,  121:    ein  zeisig  .   .  v  er  sang  an  einem  heitern 
morgen  den  schlaf  die  bau-  und  nahrungssorgen. 

Campe  5,  374  b:  die  üble  laune  verspaszen. 

ebenda  375a:  die  langeweüe  verspielen,  sich  die  grillen  verspielen. 

G.  Fuchs  ebd.  372b:  der  sein  leid  vertanzen  und  versingen  kann. 

Keisersberg  granatapfel  29:  ein  fraw  vertrawrt  jren  fnan  bald. 

Herder  12,  176:  der  bürger  seinen  gram  verträumet. 

Klopstock  öden  1,  33:    vielleicht,  dasz  die  lindernde  thräne  meinen 
gram  mir  verweint. 

e)  Ausser  der  resultativ-effektiven  bezeichnet /ro-  auch  die 
intensiv-darative  Aktionsart,  und  zwar  bei  Verben  der  Be- 
wegung. Die  gleichbedeutenden  Zusammensetzungen  mit  faiMr- 
und /air-  (8.  105  ff.,  113,  176  ff.,  182  f.)  sind  von  den  mit /ra- 
nicht  mehr  zu  scheiden. 

ahd.   Gl.  I  613  a  firtrago  :  feram. 

I  748  a  virtruogi  :  snstinerem. 
N.  I  56,  6  P.:   sd  müost  tu  Sbenmuoto  uertrdgen  :  oportet  toleres 

aequo  animo. 
0.  m  19,  5:   m'  wollen   otih  übar  thäz  firdragan  zom  vUhfmaz 

(vertragen). 
O.  III 5, 21 :  ihaz  uns  ni  wise  thaz  zi  swdr,  wir  ünsih  io  firdrdgen  hiar. 
as.   Wadst.  51,  9  (Essen,  ev.-gl.):  fardragan  scal :  patiar. 


')  Schweiz  vergan,  pomm.  vergahn,  preuss.  vergehen  ,  durch  Gehen  be- 
seitigen" (Staub  2,  27,  D&hnert  520,  Frischbier  2,  431). 


246 

Hei.  1493:   that  enig  liudeo  ni  acal  farfolgan  is  friunde,  ef  he  ina 

an  firina  apanit  (folgsam  sein). 
Hei.  3465:  Juibda  th^io  farmerrid  tfUa  marciganstunda,  thes  daguuerkes 
forduolon  (versäumen), 
mnd.  vormorgen,  -momen,  -strecken,  -trecken  s.  S.  107;  dazu  vorversten 
^verfristen,  aufschieben"  (Schiller-Lttbben  VI  310  a). 

mhd.  sich  verspam  aufschieben  (Lexer  3,  243),  vertragen  ertragen,  ver- 
zeihen, gestatten,  aussöhnen,  Vertrag  schliessen  (272),  -ziehen  aufschieben, 
verzögern  (und  refl.)  (319),  -zücken  anhalten  (323). 

nhd.  ^)    Aus  den  Mundarten : 

schles.  sich  vererben  sich  fortpflanzen  (Weinh.  hs.  E  42),  Schweiz,  cer- 
lenge,  verlenze  verzögern,  verschleppen  (Staub  3,  1336,  1346),  preuss.  ver- 
spüren Spur  verfolgen  (Frischb.  2,  442),  schles.  sich  verweilen  —  verweilt 
langsam,  zögernd  (Weinh.  hs.  W  83),  verziehen  warten  (Z  51).  Über  ver- 
knusen „  ertragen  '^  s.  S.  240  Anm. ;  dazu  köln.  nit  verknöche  künne  „  nicht 
ausstehen  mögen^  (Honig  192  b). 


Von  dem  zur  Bezeichnung  der  Aktionsart  dienenden  fra- 
wenden  wir  uns  zu  fra-  in  der  Bedeutung  „weg^  in  gehässigem^ 
verächtlichem  und  entstellendem  Sinne  (got.  S.  17  f.).  Es  be- 
rührt sich  mit  ähnlichen /awr-  (S.  125  ff.,  127  ff.,  131  ff.)  und 
fair-  (S.  207  ff.,  216  ff.)  Bildungen.  Auch  das  resultative /ra- 
(S.  230 ff.,  235  ff.,  238  ff.)  gelangt  meist  zu  verschlechterndem 
Sinne  und  trägt  dazu  bei,  weitaus  der  Mehrzahl  der  /ra-Kom- 
posita  diesen  Stempel  aufzudrücken. 

Wir  besprechen  zunächst  fra-  in  gehässigem  Sinne  bei 
„verachten,  verfluchen,  verraten,  vertreiben,  verurteilen*'  und 
ähnlichen  Bildungen. 


*)  nhd.  Brentano  ges.  sehr.  8,  317:    sie  hat  seit  mehreren  tagen  kaum  einen 

tropfen  wasser  mehr  vertragen, 
Pauli  schimpf  297:  das  er  mir  in  der  jugent  vertragen  hat  und  mich 

nit  gestraft  (nachsehen,  durchgehen  lassen). 
Pontus  37:  der  krieg  ward  vertragen  (gütlich  beilegen). 
Luth.  23.  402,  10  W.:    wie  wol  ich  noch  nidit  reM  eraus  bin,  kan 

ichs  doch  nicht  lenger  verzihen  (hinausschieben), 
ebd.  503,  29:    so  lange  wurden  die  Juden  verzogen  wid  gehindert 

(aufhalten). 
4.  Mos.  9,  19:    wetin  die  wolcke  viel  tage  verzoch  auff  der  unmung 

(anhalten). 
1.  Sam.  7,  2:  von  dem  tage  .  .  verzoch  sich  die  zeit  so  lange. 


247 

Die  Orenze   nach  faur-  I  in   derselben  Bedeutung    (vgl. 
S.  125,  131  ff.)  ist  nicht  einzuhalten  ^). 

ahd.')  N.  I  244,  22  P.:    sie  dhtent  tero  güotön  .  .  sie  neuer ähtent  iro  io 

dok  nieht. 
Gl.  I  684  b  verplies  :  ezsafflavi.      I  245  gl  K.  firplasino  :  Satan. 
N.  II  133,  16  P.:  nah  er  ferhrdset  in  so  imo  irteiiet  uuirdet  föne 

dien  tibelen  .  föne  Gote  ist  er  unferscdlien  :  nee  damnabit  eain. 
Gl.  I  811  b  firdamnont :  condemnabnnt. 

0.  III  13,  34:  iah  sih  silbon  thtmuh  not  mit  stmton  firddmnot 
Gl.  I  216  gl.  K.  ni  firthenkhi  :  ne  contemnas. 
T.  39,  1:  ni  curet  tuomen,  ihazir  ni  sit  fortuomte  :  non  judicemini. 
Gl.  I  442b  tiuude  fergiftit :  venundatos. 
0.  IV  5,  17:  toäran  toir  firhüarot  mit  dbgoton  thuruh  not 
N.  I  469,  17  P.:  nieht  neist  ze  uerchünninne, 
ebd.  147,  13 :  übe  mdnnolth  so  uertMÖrfenero  ist  so  er  io  föne  mdni- 

goren  ferchören  uuirt :  contemnitar. 
0.  IV  8,  19:    mit  in  was   sin  girdti,   thaz  selho  er   (Judas)   inan 

(Christum)  firldti. 
Gl.  I  727  a  firleidot :  diffamatus. 
N.  I  27,  20  P.:  tde  er  neuersJ^lte  ddz  er  uerlHdöt  uuds  :  comperet 

poena  praeiudicatae  accusationis. 
T.  193,  1:  ihae  her  fornidirii  uuas  :  quod  damnatus  esset. 
Gl.  I  104  Pa.  farsalit    gl.  E.  firselit :  traditus. 
0.  IV  11,  4:  ihes  nähtes  er  gisitoti,  er  driihtinan  firsiliti. 
N.  II  322,  1  P.:  wnde  f  er  Santa  er  in  ülende  unde  in  fiendo  hant : 

tradidit  in  captivitate. 
ebd.  I  34,  19:  pin  ih  ze  töde  uerscdlten :  morti  .  .  damnatur. 
ebd.  I  361,  26:  disses  chleinen  ünde  uerscüpfenten  stüpfes  :  huius 

exigui  volucrisque  momenti. 
Gl.  II  646a  farspildit  uverden  :  prodimur. 

n  667  a  f  er  stopf  0  :  damna. 

II  74  b  uirstozit :  praecipitat.    II  600  b  virstaeanpin  :  propellor. 
N.  I  290, 10  P. :  diu  er  geskuofferstdzet  er  üeer  sinemo  riche :  eliminet. 
Gl.  II  621a  ferstredita  :  damnavit. 

I  135  R.  fratripit^)  :  expulit.     I  122  gl.  K.  firtrip.    Ra.  fartrip  : 

repelle. 


^)  Überhaupt  ist  die  Gruppeneinteilnng  bei  den  Gruppen  mit  üblem 
Nebensinne  besonders  misslich,  da  die  einzelnen  Bildungen  auf  den  ver- 
schiedensten Wegen  zu  dieser  Bedeutung  gelangen  und  viele  auf  mehrere 
Arten  zwanglos  ausgelegt  werden  können.  Leider  ist  das  Material  dadurch 
verzettelt  und  erschwert  die  Übersicht.  Vgl.  auch  die  Gruppe  ,  schädigen, 
entotellen'  S.  236  ff. 

')  Weitere  Belege  S.  126  Anm.6  und  S.  131  f. 

*)  Zu  der  Form  vgl.  S.  17  Anm.  3. 


248 

0.  II  24,  33:  firdrih  fon  uns  in  thrdti  allo  missodati. 

Gl.  II  417  a  faruahit :  agit. 

0.  V  19,  28:   thiu  zuei  firwdzent  thanne  thie  süntigon  alle. 

Gl.  I  238  gl.  K.  firuuirfit :  abicit.    I  744  a  vinworfanemo  :  exposito. 

T.  162,  6:  eruuiezetfon  mir,  irforuvergiton,  in  euutnfiur  :  maledicti. 

Gl.  II  106b  uirvuazit :  anathematizat. 

I  761b  fervuazzot  :  maranatba.     I  121  R.  faruuiizzit :  ezprobrat. 
N.  II  376,  16  P. :  die  feruuizzen  mir  dinen  ndmen. 
Gl.  I  134  Pa.  faruuolit.    gl.  K.  firuuolit    Ra.  foruuolit :  expulit. 
as.   Wadst.  59,  41  (Essen,  ev.-gl.):  farduomia  :  iadicat. 

Hei.  1107:    ac  he  ina  fon  is  huldi  fordref,    Satanasan  forsuuep 

(vertreiben). 
Wadst.  99,  23  (Werden.  Prud.-gl):  /ardr^f :  exegit. 
Hei.  2660:   so  farmunste  ina  that  manno  folc  .  .  farhogdun  i«a 

80  hdagna  (veracbten). 
Gen.  77:  forhuatan  sculun  thi  hluttra  Hudi  (verfluchen). 
Hei.  5561:   tuena  fartalda  man  an  tua  haWa  Cristes  an  cruci  (die 

verurteilten  Sch&cher). 
Ps.  56,  6:  üuart  mine  faruuieton  :  exsecrabantur. 
mnd.   Brsch.  Scbicbtb.  f.  35:  unde  dar  worden  der  horgere  hindere  geslagen, 

vorhomodet  unde  vomichtet  (hochmütig  behandeln,  misshandeln). 
Barmer  Urk.  p.  32:    dat  sin  undersaisse   nicht   vurhoischaffet  efi 

werde  (dass.). 
Ravenst.  f.  199 d:   ock  schaltu  bewaren  dynen  munt,  dat  du  nymande 

beschimpest  rnde  vorhouardest  (holf artig  sprechen  von). 
Dial.  Greg.  182:  he  wart  von  siner  vpgeblaseden  houerdie  verotmodigei 

(demütigen). 
Lüb.  Chr.  1,  496:  de  Denen  .  .  vormeneden  de  schepe  tho  vorovern 

(erobern). 
Renner,  Livl.  Hist.  26:  vnd  ohne  derwegen  by  dem  hertogen  dennaten 

vorspitzhodeden  und  angeven,  dat  .  .  .  (als  Ä/wteÄö*  —  Betrüger 

—  handeln  gegen). 
Sudend.  8,  nr.  15:  vorunrechtet  *),  vorsulfwoldighet  tmd  mit  vfirechte 

beschedighet  (sich  selbst  Recht  verschaffen  gegen,  Gewalt  verüben  an). 
Lerbeck  §  190:   desse  koning  dwelt  van  synen  vederliken  voetstappen 

vnde  vorunedelt  dee  .  .  .  (entehren). 
Sudend.  8,  S.  207,  35:  voru/nrechten  edder  vorungnaden  willen  {Un- 
gnade verüben  an). 
Buch  üb.  Raub  a.  1393:  groffliken  beschedighet  unde  vorunmechtiget 

an  oren  gude  (ohnmächtig  machen,  schwächen). 
Wism.  Brief  v.  c.  1500:   alze  jwe  leue  wol  gJuhoret  heft  can  der  vrowen^ 

dede  wart  vorunradet  (durch  Nachlässigkeit  zu  Schaden  kommen). 


^)  Eigenartig  ist  die  Fügung  uncorrechten  statt  vorunrechten: 
Westphal.  3,  377 :   wy  vorbedcn  allen  .  .  de  erbenomede  priorissen 
to  hindermle  edder  in  jeniger  maihe  un  vor  rechten. 


249 

Gott.  Urk.  I,  nr.  303;  de  orm  rat  vorvenge  eder  vorunvoghede  eder 

vordervede  (Unfug  verüben  an). 
Pa88.  Chr.  51:    de  toreden  joden   voruntoerden   eni   (sich)   «er  up 

Pylatum  (unwillig  werden). 
Wism.  St.  B.  p.  77:  ift  iemant  den  anderen  myt  worden  efte  werken 

vorunwyllede  (beleidigen). 
Wigand,  Wetzl.  Beitr.  3,  297:    enid  wye  dat  vervrevelde  end  ded^ 

dair  en  baven  (frevelhaft  nicht  achten), 
mhd.  *)  cerahten  Nichtachtung  (Lexer  3,  68),  -arcwcmen  argwöhnisch 
betrachten  (Nachtr.  390),  -balmunden  verleumden  (3,  71),  -blceden  einschüch- 
tern (79),  'dahten  verdächtigen,  -damnen,  -dämmen  verurteilen  (90),  -denken 
verdächtigen,  verübeln  (92),  -dornen  verklatschen  (97),  -dünken  übel  dünken 
(102),  -ermen  in  Armut  bringen  (107),  -gansen  dumm  wie  eine  Gans  machen 
(109),  -gihen,  -giften  vergiften  (HO,  116),  -gellen  vergällen  (112),  -gewaltigen, 
-wältigen  gewalttätig  behandeln  (113,  293),  -grellen  zur  Wut  aufreizen  (120), 
-handeln  schlecht  behandeln  (Nachtr.  391),  -hazzen  hassen  (125),  -hetzen  (130), 
-höchmüetigen,  -höchvertigen  hochmütig,  hoffärtig  behandeln  (131,  Nachtr.  392), 
-hcsnen  entehren  (3,  131),  -huoren  durch  Ehebruch  entehren  (135),  -%fem 
eifersüchtig  behandeln  (Nachtr.  392),  -jagen,  -jöuchen  vertreiben  (3, 136, 139), 
-kergen  betrügen,  -kiesen  verachten  (142),  -krenken  schwächen,  beschimpfen 
(149),  -kun7ien  zur  Verzweiflung  bringen  (150),  -kuppeln  (151),  -lästeren 
exprobrare  (153),  -leiden  verleumden  (158),  -lösen  erheucheln  (168),  -manen 
verachten  (173),  -martern  (175),  -meinen  verwünschen  (176),  -missehellen*) 
Fehde  führen  (181),  -muotwilligen  protervare  (183),  -queln  abmartern  (195), 
-rechen  rächen  (198),  -rehtigen  gerichtlich  verurteilen,  hinrichten  (199),  -schalten 
Verstössen  (212),  -schämen  beschämen  (213),  -schelken  betrügen  (214),  -schicken 
relegare  (215),  -schräzen  Verstössen  (218),  -schupfen  dass.  (221),  -serten 
stuprare  (226),  -smaheden,  -smahten,  -smahen  schmählich  behandeln  (236), 
-sniden  schwächen,  betrügen,  verwunden  (239),  -snceden  depravare  (241), 
-stozen  (253),  -sümen  im  Stiche  lassen  (257),  -süfiden,  -sündigen  in  Sünden 
stürzen  (258),  -swachen  herabsetzen  (260),  [vertadlung  (der  wäre)  Herab- 
setzung 265],  -teilen  benachteilen ,  verurteilen  (267),  -teeren  betören  (271), 
-tragen  verleumden  (272),  -treten  verschmähen  (274),  -triben  Verstössen  (275), 
-triegen  betrügen  (276),  -tüemen  verurteilen  (277),  -twäsen  töricht  machen, 
-twingen  bezwingen  (280),  -übelen^)  übel  behandeln,  -tUtem  plagen,  -unge- 
limphen  übel  auslegen  (280),  -ungenadigen  ungnädig  behandeln,  -unliumunden 

»)  Weitere  hierher  gehörige  Bildungen  s.  S.  60  f.,  68,  69  Anm.,  73,  77, 
88.  114 ff.,  122,  126ff.,  128f.,  131  ff.,  178,  230ff.,  235 ff.,  241  ff. 

')  Ea.  54:  als  die  wider  einander  gekrieget  und  vermissehellet  hant 
(gegen  Lexer:   „im  Streite  sein"). 

')  verübeln  ist  aus  /ür  iibel  haben  verkürzt  worden : 
nhd.   voc.  ine.  teut.  116a:  verubelhaben  :  imputare,  improperare. 

Bocc.  369,  16  (QP.  86) :  das  sein  weybe  der  andern  sere  verübel  hetie. 
Lessing  2,  219:  wills  auch  dem  herrn  nicht  eben  sehr  verübeln. 


250 

=  verliumunden,  -unnamen  mit  Spottnamen  belegen,  -unrehten,  -unruochen 
verachten,  'Un8€elen  verwünschen,  -untriuwen  veruntreuen,  'Unwahefi  hässlich 
machen  (281),  -unwerden  verachten,  -urteilen  =  verteilen  (282),  -vähen  tadeln 
(283),  -Vieren  beunruhigen  (285),  -veigen  verwünschen  (286),  -volgen  persequi, 
-vraten  plagen  (290),  -wd^en,  -uxBzen  verfluchen  (296,  297),  -weisen  zur  Waise 
machen,  berauben  (298),  -werfen  Verstössen  (302),  -werren,  -wirren,  -würren 
entzweien  (304,  311),  -wideren  in  Bückgang  bringen,  -wilden  entfremden  (307), 
-witewen  zur  Witwe  machen,  berauben,  -wizen  vorwerfen  (312),  -eadelen  vor 
Mangel  umkommen  lassen  (315),  -zeln  ausscheiden,  für  verfallen  erklären 
(316),  -ziehen  bezichtigen,  gefährden  (318). 

nhd.  ^)    Aus  den  Mundarten  ist  anzuführen: 


^)  Einiges  aus  der  nhd.  Schriftsprache : 

Hed.  com.  18:   etüich  warden  ihrer  empter  Verstössen  und  der  statt 

verwisen. 
Meyfart  himml.  Jer.  2,  251 :  da  sind  solche  köttige  undpriester,  welche 

.  .  kein  hasz  veruneinigen  kan. 
Luth.  19.  404,  low.:  da  er  den  tempel  zu  Jerusalem  verunehrete. 
Luth.  ausl.  d.  vater  uns.  18:  sich  selbs  und  ander  verunfrieden. 
Luth.  7.  842,  16  W.:  es  sey  von  seinen  misgunstigen  geschehen,  ine 

gegen  Kay,  Ma  .  .  ,  zu  furunglumpffen, 
Agricola  spr.  171:  er  ward  unverdient  verungelimpffet. 
B.  Waldis  4,  68:  wer  sich  selb  verungeleumbt. 
Keisersberg  anh.  mensch.  C  3:  in  offen  Sünden  verunlaymdet 
Luth.  7.  221,  19  W.:  deyn  heyliger  namen  wirt  .  .  szo  manichfeUig 

vorunheyliget,  belestert  und  geschmecht, 
B.  Waldis  2,  64:  damit  den  teuffei  zu  besi^ulden,  oder  das  glück  zu 

verunhulden  (unhold  achten). 
Maaler  436c:  verunraaten  :  foedare,  maculare. 
Schottel  648  b:  einen  verunrechten  :  injuste  ad  versus  aliquem  agere. 
Luth.  15.  256,  20  W.:  das  keyn  befleckung  der  ketzerey  .  .  unsem 

heyligen  glauben  verunreyne. 
ebd.  725,  15:  durch  welliche  die  gewissen  beflegket,  betrS^tundver- 

unrüget  unrt  (and.  ausg.  verunrüwet :  verunruhiget). 
voc.  1482  EK  Ib:  verunseubern,  verunreinen  :  coinquinare. 
Schottel  648b:    die  sireiffende  rotten  haben  das  gantee  land  ver- 
unsichert. 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  101:  das  niemandt  veruntrewet  wer. 
Goethe  (Hempel)  8,  384:  denn  wer  die  gefahr  nicht  scheut,  fürchtet 

doch  verunziert  zu  werden. 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  7:  verurteilt  beide  zu  dem  todt. 
ebd.  S.  92:  du  wirst  verfortheilt  vnd  betrogen. 
Luth.  23.  364,  15  W.:  so  seinen  leib  cUso  verwarloset. 
zfdw.  1,  234:  verwispeln  :  &KSihila,Ti  (auszischen). 
H.  Sachs  Ndr.  26/27  S.  15:  wie  ist  es  jetzt  verwundt  mit  schmertzefi. 


251 


pomm.  Derachten  ächten  (Dähnert  517),  berl.  veräppeln  verprügeln,  ver- 
höhnen (Meyer  125  a),  preass.  verarbeiten,  wien.  verarwerten,  köln.  verarheide 
derb  bearbeiten  (Frischb.  2,  427,  Hügel  177,  Honig  190b),  schwäb.  verargen 
erzürnen  (v.  Schmid  27),  Schweiz,  verärgere  entzweien  (Staub  1,  446),  ver- 
b<Ulem  berl.  verhauen,  preuss.  schwängern  (Meyer  125a,  Frischb.  2,  427), 
berl.  verbimsen,  köln.  cerbimache  verhauen  (Meyer  125  a,  Honig  190a),  elsäss. 
verblende  hintergehn  (Martin  2,  161),  preuss.  verbolzen  verprügeln  (Frischb. 
2,  428),  Schweiz,  verbösere  ärgern  (Staub  4,  1724),  verbösge  verunglimpfen 
(4,  1725),  preuss.  verbubamen,  -burnftdeln,  -fumfideln,  -fornfideln,  -fomf adeln 
schwängern  (Frischb.  2,  428,  429),  preuss.  stud.  verdonnern  verurteilen,  aus- 
schimpfen (ebd.  429,  Kluge  stud.  132),  pomm.  verdrägen  vorenthalten  (Dähnert 
519),  berl.  verdreschen  verhauen  (Meyer  125b),  altm.  verduchten  verdächtig 
vorkommen  (Danneil  237),  holst,  verdumdüveln  übertäuben,  stutzig  machen 
(Schütze  1,  269),  bair.  verdumen,  brem.  verdomen,  schles.  vertümen  verurteilen 
(Schmeller  1,  509,  brem.  wb.  1,  224,  Weinh.  hs.  T  138),  Schweiz,  verfalle  ver- 
urteilen (Staub  1,  760),  brem.  verflikflojen  anschwärzen  (wb.  1,  426),  schles. 
verfremden  befremden  (Weinh.  hs.  F  165),  Schweiz,  vergeltstage  zum  Bankrott 
bringen  (Staub  1,  907),  verhasse  hassen  (2,  1671),  gött.  verhandhaben 
mit  Händen  bearbeiten  (Schambach  262),  Schweiz,  schwäb.  verhellige  be- 
helligen (Staub  2,  1143,  v.  Schmid  272),  Schweiz,  verhitee  erbittern  (Staub 
2,  1834),  preuss.  verholzen  verprügeln  (Frischb.  2,  432),  brem.  verhomodigen 
stolz  verachten  (wb.  2,  642),  berl.  verkacheln,  -keilen  verhauen  (Meyer  126b), 
elsäss.  verkalche  betrügen,  verklappere  verleumden  (Martin  1,  434,  494), 
elsäss.  verkamisole  verprügeln  (Martin  1,  437),  verkatbatsche  ohrfeigen  (465), 
berl.  verknacken  verurteilen,  verkohlen  verspotten,  anführen  (Meyer  126b), 
brem.  verkräftigen  schwächen  (wb.  2,  861),  Schweiz,  verchumbere  belästigen 
(Staub  3,  302),  preuss.  verkuppeln,  -kupscheUen,  -kupschellem  an  den  Mann 
bringen  (Frischb.  2,  426),  Schweiz,  verleide  verstimmen,  anzeigen  (Staub  3, 
1085, 1087),  pomm.  verleden  leid  machen  (Dähnert  523),  Schweiz,  vermalestiere 
belästigen  (Staub  4,  174),  frankf.  berl.  vermöbeln  verhauen  (Askenasy  226, 
Meyer  127a),  bair.  vemdchtailen,  brem.  vemadelen  benachteiligen  (Schmeller 

1,  599,  wb,  1,  194),.  preuss.  verpetzen  anschwärzen  (Frischbier  2,  437), 
Schweiz,  verpfeffere  erbittern  (Staub  5,  1068),  berl.  verpletten  verhauen 
(Meyer  127a),  schwäb.  verrechten  streiten  (v.  Schmid  427),  verrücken  zur 
Rede  stellen  (Frischbier  2,  439),  berl.  verschalen  verprügeln  (Meyer  127b), 
westerw.  verschandlappen  beschimpfen  (Schmidt  308),  Schweiz,  verschätze 
gering  schätzen  (Staub  1,  909),  schwäb.  verschmachen  empfindlich  machen, 
wehtun   (v.  Schmid   469),     preuss.   verst^marutzen   verleumden   (Frischbier 

2.  440),  henneb.  mansf.  verschnuppen,  leipz.  berl.  verschnupfen  verdriessen 
(Reinwald  183,  Jecht  118,  Albrecht  230,  Meyer  127  b),  berl.  versimsen,  berl. 
leipz.  schles.  westerw.  verso(h)len  verprügeln  (Meyer  128a,  Albrecht  231, 
Weinh.  hs.  S  349,  Schmidt  304),  bair.  vertailen,  schwäb.  verteilen  verurteilen 
(Schmeller  1,  601,  v.  Schmid  120),  schles.  vertäübem  betäuben,  erschrecken 
(Weinh.  hs.  T  30),  verteufen  herunterbringen  (T  53),  berl.  verte]^em,  -tobaken, 
'tuschen,  mAüsf.  vertowwacken  YeTprügeln  (Meyer  128 ab,  Jecht  119),  Schweiz. 


262 

verunbille  Unbill  zufügen  (Staub  4,  1167),  oerutigüte  übelnehmen,  anschwärzen 
(2,  565),  brem.  veruntrauen  veruntreuen  (wb.  5,  116),  bair.  vervartaüm  über- 
vorteilen (Schmeller  1,  599),  berl.  verwalken,  -wichsen  verprügeln  (Meyer 
128b),  brem.  venoeldigen  schwächen  (wb.  5,  170),  brem.  pomm.  verwiten, 
hamb.  verwyten  ^)  verweisen,  vorhalten  (wb.  5,  279,  Dähnert  529,  Richey  342). 

Die  Redensart:  gott  unverwissen^),  jedem  einen  bissen! 
(Schmeller  1,  961,  Weinh.  hs.  W  154)  bedeutet  offenbar:  ^ohne 
Gott  einen  Vorwurf  machen  zu  wollen  (wie  er  die  Geschicke 
verteilt  hat),  jedem  etwas!"  ^) 

Die  Gaunersprache  bezeichnet  „verprügeln**  mit  verdeffeln, 
verheizen  (Kluge  rotw.  488,  429);  verbleffen  besagt  „einschüch- 
tern und  nötigen"  (375),  vermonen  „betrügen"  (55).  Die  Stu- 
dentensprache gebraucht  verdonnern  „verurteilen"  und  verJdeistem 
„angeben"  (Kluge  stud.  132).  Staub  4,  1338  führt  aus  einem 
Schweiz.  Schriftsteller  (Herzog  1863)  an:  toie  der  den  pfarrer 
versackuhre,  versohle,  verbendle  (hintergehn). 

Die  Verba  der  Bedeutung  „verfehlen,  sich  vergehen"  ge- 
hören zum  grössten  Teile  zu/ro-  („weg  vom  rechten  Wege", 
vgl.  S.  18);  auch  bei  den /awr-  (S.  104,  125,  127  ff.)  und  fair- 
(S.  208,  216  f.,  218  ff.)  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  zuge- 
wiesenen Bildungen  ist  dies  nicht  ausgeschlossen.  Gehen  doch 
hier  die  Grenzen  zu  enge  ineinander  über!  Die  Trans,  sind 
mit  wenigen  Ausnahmen  in  den  vorigen  Gruppen  (230  ff.)  be- 
handelt worden. 

ahd.   Gl.  I  539  a  firmeinne  firmane  :  perjurem. 
I  504  a  virwaref :  abortit. 
III  419  a  verworfenen  :  abortivis. 
mhd.'^)  verbü  unerlaubter  Bau  (Lexer  3,  84),  -haltunge  üble  Haltung, 
Aufführung,  -handeln  fehlgreifen,  schlecht  handeln,  fälschen  (124),  -merken 
übles  Merkzeichen  (178),  -schalten  an  fehlstossen  (212),  -emackwnge  übler 
Geschmack  (235). 


^)  Das   Plattdeutsche  hält  noch   die  Formen  verwiten  (ahd.  farwusan 
S.  248,   mhd.  verwiten  S.  250)   und  verwisen  (mhd.  verwisen  S.  106)  aus- 
einander, die  in  nhd.  verweisen  „vorwerfen  —  hinweisen''  und  den  meisten 
Mundarten  zusammengefallen  sind;  vgl.  darüber  S.  106  Anm.  1. 
nhd.  Keisersberg  arb.  hum.  (1521)  62b:  ein  nud  verweiss  ein  wolf  einem 
hosen,  er  wer  verzagt  und  furchtsam. 
2)  So  auch  Schles.  Prov,  Bl.  1874  S.  34. 
^)  Über  verhauet  und  verkiinstet  s.  S.  218  Anm.  2. 


253 


nbd.^)    Aus  den  Mundarten: 

Schweiz,  verhöre  falsch  bohren  (Staub  4,  1507),  verbuesse  Schlechtes  be- 
gehen (4,  1764),  bair.  verdalfem  fehlerhaft  sprechen  (Schmeller  1,  504), 
pomra.  verdoan  fehltnn  (Dähnert  519),  gött.  verdrägen  an  falschen  Ort  tragen 
(Schamb.  260) ,  preuss.  vergeben  falsch  geben  (Frischb.  2,  431) ,  Schweiz,  ver- 
gerate,  Schwab.  oergWate  fehlschlagen,  misslingen  (Stalder  1,  474,  v.  Schmid 
420),  elsäss.  verhenke  falsch  hängen  (Martin  1,  355),  Schweiz,  verheuwe 
schlechte  Ernte  machen  (Staub  2,  1821),  verchäse  fehlerhaft  käsen  (3,  513), 
henneb.  verkaufen  zu  teuer  kaufen  (Spiess  267),  köln.  vertnacht  ?ian  etwas 
verbrochen  haben  (Honig  193  a),  elsäss.  verrede  falsch  reden  (Martin  2,  134), 
brem.  verscheren  schlecht  scheren  (wb.  4,  644),  hess.  verschoren  gegen  den 
Strich,  verkehrt  (Pfister  266),  köln.  vertaaste  fehlgreifen  (Honig  194b), 
Schwab.  Verwendungen  verdrehte  Körperstellungen  (v.  Schmid  527),  ökon. 
verwerfen  fehlgebären,  gött.  verwarpen  (Weber  616,  Kehrein  310,  Spiess  270, 
Seiler  114,  Schamb.  264).  Für  letzteres  gebraucht  das  Alem.  auch  verhole 
(v.  Schmid  85),  verhöse,  -höse  (Staub  4,  1722,  Martin  2,  102),  verbuesse  (Staub 
•4,  1754,  Martin  2,  105),  vermache  (Martin  1,  644),  verschlenke  (2,  466),  ver- 
schütte (2,  445).  Für  die  einzelnen  Tiere,  die  als  Fehlgeburt  geworfen 
werden,  gibt  es  daneben  besondere  Ausdrücke:  verbocke  Bock  (Staub  4,  1136), 
verfohlen,  -futtele  Fohlen,  Füllen  (Weber  612,  Staub  1,  796),  cerfrischen 
Frischling  (Kehrein  304,  Weber  612),  vergitzene,  -gitele,  -gitzere  Zicklein 
(SUub  2,  579),  verchalhe  Kalb  (3,  223),  -lammere  Lamm  (3,  1272);  verjüngle 
\ß,  49)  bedeutet  allgemein  „ein  Junges  werfen  (als  Fehlgeburt)*'.  Wenn  ein 
Winkeldoktor  eine  Frucht  abtreibt,  nennt  der  Schlesier  es  verkötschen,  ver- 
pantschen  (Weinhold-Palm  46,  hs.  P  8). 

In  der  Soldatensprache  wird  ein  Gewehr  verladen  (falsch  geladen, 
Weber  614) ;  ein  Leutnant  als  stellvertretender  Kompagniechef  verführt  stets 
die  Kompagnie  (falsch  führen.  Hörn  58). 


Die  meisten  Reflexivbildungen  der  Bedeutung  „sich  ver- 
gehen (fehl-  oder  zuendegehn)"  ^  (vgl.  fair-  S.  216  ff.)  gehören 
zu  fra-,    Sie  sind  erst  seit  mhd.  Zeit  zahlreicher. 

ahd.   N.  I  32,  6  P.:  däe  sich  ilent  übele  uertüon  an  dien  chüstigen  :  impios 
moliri  scelerata  contra  virtutem. 
as.   Gen.  90:  iac  that  im  mid  is  handun  fordieda  Kain  an  sulicum  qualma. 


>)  Hierher  gehört 

Goethe  10, 161 :  Mit  freuden  kann  ich  diesem  schütz  (des  ortes)  entsagen. 
Vergib  dir  nur,  dem  ort  vergibst  du  nu^ts.  — 
Verseihe  mir  der  ort,  dass  ich  es  litt.  (Wortspiel:  „verzeihen"  — 
„falsch  geben,  Abbrach  tun''.) 

')  Vgl.  auch  die  faur-  zugewiesenen  Refl.  S.  112. 


264 

Hei.  5012:   that  ik  hebbiu  mi  so  foruuerkot 
Wadst.  56,  4,8  (Essen,  ev.-gl.):  ik  faruuarta  «i»  :  peccavi. 
Hei.  3394:  ik  an  forhtun  bium,  ihat  sie  im  thar  faruuirkien. 
mnd.   Korner  206  a:  hadde  eyn  mechtich  stark  slot  gehuwet  .  .  unde  hadde 
sik  dar  ane  sere  vorhutoet,  dat  he  grot  schuldich  was  (sich  durch 
Bauen  verausgaben). 

mhd.  sieh  verbrechen  hinschwinden  (Lexer  3,  81),  -brennen  übel  an- 
kommen (83),  'derben  s.  zugrunderichten  (94),  -drumen  in  Trümmer  gehen 
(101),  'Vreseen  sich  abhärmen,  verzehren  (108),  -gelten  s.  bezahlt  machen, 
rächen  (112),  -gezzen  s.  verfehlen  (114),  -giezen  s.  ausbreiten  (115),  -Jiocken 
s.  hackend  verwunden  (122),  -handeln  s.  vergehn,  ins  Gegenteil  verkehren 
(124),  'houwen  s.  hauend  verwunden  (134),  -huoren  Unzucht  treiben  (135), 
-kosten  s.  in  Unkosten  stürzen  (147),  -kriegen  durch  Kriegführung  Vermögen 
verlieren  (149),  -Idzen,  -län  verenden  (154),  s.  Verliesen,  vliesen  verloren  gehn, 
zu  Schaden  kommen  (163) ,  -loufen  s.  laufend  abnutzen  (169) ,  -meinen  s.  be- 
flecken (176),  -noijieren,  -nögieren  Renegat  werden,  s.  empören  (189),  -rankefi, 
-renken  (195,  201),  -reden  falsch,  unrecht  reden  (198),  -ribepi  s.  aufreiben, 
reibend  verwunden,  -riden  s.  verrenken  (202),  -iiicken  schwinden,  starben 
(206),  -schaben  s.  aus  dem  Staube  machen  (210),  -schalten  an  s.  zugrunde- 
richten  (211),  -schämen  schamlos  werden  *),  -schäm  s.  verlieren  (213),  -schuhen 
zuendegehn  (216),  -schroten  fehlhauen,  s.  verletzen  (220),  -schxüden  s. 
Schuld  zuziehen  (221),  -senden  s.  verlieren,  vertiefen  (225),  -senken  zu  Falle 
kommen  (226) ,  -slahen  schwinden  (233) ,  -sUfen  s.  schleifend  abnutzen  (234), 
-slizen  s.  abnutzen,  vergehn  (235) ,  -smelzen  zerschmelzen  (238) ,  -sniden  auf- 
hören, s.  versehen,  verletzen  (240),  -sochen  s.  abquälen  (241) ,  -soln,  -scholn  in 
Schuld  geraten  (242),  -starben  (guot  an  eineti)  durch  Tod  des  Besitzers  er- 
ledigt werden  (252),  -stozen  s.  verlaufen,  verfehlen  (254),  -sümen,  -sOnden, 
-sündigen  (258),  -sweJhen  versiegen  (261),  -sioigen  (an  dem  erbe)  durch 
Schweigen  zu  Schaden  kommen  an,  einbüssen  (264),  -switzen  verbluten  (265). 
-tiefen  s.  in  Schulden  stürzen  (269),  -tragen  zuendekommen,  irregehn  (273). 
-tuon  s.  verfehlen,  verschwenderisch  leben  (279),  -untriutoen  gegen  s.  treulos 
benehmen,  -unvUetigen  s.  verunreinigen  (281),  -vallen  s.  verfehlen,  zugrunde-, 
verloren  gehn  (284),  -vellen  versinken,  s.  verlieren,  zugrundegehn ,  -verren 
s.  entfernen,  -verwen  s.  übel  färben,  entfärben  (287),  -vrevelen  s.  vergehn  (290), 
-warlosen  (295),  -weinen  s.  ausweinen,  entkräften  (298),  -wellen  s.  besudeln 
(299),  -werfen  s.  verlaufen,  verlieren,  überwerfen  mit,  -werken  s.  versündigen 
(303),  -werten  s.  trüben,  verdorben  werden  (305),  -wirken,  -wirken  s.  ins  Un- 
glück stürzen,  s.  verfehlen,  verlustig  gehn  (311),  -zabeUn  auszappeln,  ruhig 
werden,  -zadelen,  zädelen  verschmachten  (315),  -zem  nichts  mehr  zu  leben 
haben,  s.  abzehren,  zugrundegehn  (318),  -ziehen  s.  entziehen,  entrinnen  (319), 
-zücken  s.  verrücken,  -zürnen  in  Zorn  geraten  (323). 

nhd.  leipz.  sich  veraddiren  falsch  addieren  (Albrecht  228),  elsäss.  s.  ver- 
alteriere  s.  aufregen  (Martin  1,  35),  schles.  s.  verärscheln  s.  verkehren  (Weinh. 


*)  Vgl.  S.  217  Anm.  1. 


256 

hs.  A  51),  weidm.  8,  verhleffen,  -pleffen  gegen  Weidmannsprache  und  -brauch 
fehlen  —  (von  den  zuckenden  Bewegungen  der  Hinterläufe  beim  Verenden 
des  Rehes,  Kehrein  301),  Schweiz  s.  verböse,  -böse  s.  vergehn  (Staub  4,  1722), 
8.  verbüwe  s.  durch  Bauen  schädigen  (1960),  preuss.  s.  verbrechen  s.  einen 
Bruch  zuziehen  (Frischb.  2,  428),  Schweiz.  8.  verfalle  s.  vergehn  (Staub  1, 
755j,  8.  verfeme  s.  entzweien  (825),  s.  verfreole^  bair.  s.  verf rätein  s.  vergehn 
(1,  1289,  Schmeller  1,  8tl),  seemänn.  8.  vergissen  Fehler  in  Oissung  machen 
(Bobrik  706b),  leipz.  8.  vergoldpapieren  s.  versehen  (Albrecht  228),  Schweiz. 
8.  verJwndeln  s.  vergehn  (Staub  2,  1403),  s.  verhönelen  s.  blosstellen  (1365), 
pomm.  8.  verhüten  Feindseligkeiten  verüben  (Dähnert  521),  8,  verjttahen  s.  un- 
anständig vergnügen  (522) ,  Schweiz,  s.  ver jucken  s.  versteigen  (Staub  3,  39), 
8.  verdiaufen  s.  verausgaben  (172),  s.  verchimen  s.  erzürnen  (469),  schwäb. 
8,  verJämen,  -kernen  s.  verschlucken  (kern,  v.  Schmid  313),  berl.  s.  verknaxen, 
'knixen,  -knuxen  s.  Fuss  oder  Finger  verstauchen,  8.  verknurren  s.  erzürnen 
(Mejer  126b),  brem.  8.  verkoop8lagen  teuer  u^d  schlecht  kaufen  (wb.  2,  845), 
8.  verkosten  s.  verausgaben  (858),  Schweiz,  s.  verchrämen  s.  Schaden  tun  (Staub 
3,  813),  8.  verchriegen  s.  durch  Krieg  ruinieren  (798),  s.  verlenkle  auf  Abwege 
geraten  (1343),  8.  ver  mächtige  s.  Befugnis  anmassen  (4,  68),  8,  vemase  (nase) 
s.  verrechnen  (802),  s.  vemiese  heftig  niesen  (818),  elsäss.  s.  verpasee  s.  ver- 
fehlen (Martin  2,  96),  altmärk.  8.  verquackeln  s.  unbedacht  verloben  ^)  (Danneil 
239),  gött.  8.  verrmseln  s.  versehen,  versprechen  (Schamb.  265),  schwäb.  s.  ver- 
sMenken  s.  verrenken  (v.  Schmid  467),  milit.  8.  verschuf ten  s.  allgemeine 
Achtung  verscherzen  (Hörn  84),  brem.  8.  versnaveln,  -snmdeeren  s.  ver- 
sprechen, verraten')  (wb.  4,  886),  schles.  s.  vertapem  fehlgreifen  (Weinh. 
Handexemplar  97),  Schweiz.  8.  vertiefe  s.  in  Gefährliches  einlassen  (Staub  1, 
907),  brem.  8.  vertoj^fien  s.  im  Kaufe  versehen  (wb.  5,  84),  bair.  s.verüeben 
s.  verrenken  (Schmeller  1,  18),  schwäb.  s.  verunmäcMigen,  -ohnmächtigen 
schwach  werden  (v.  Schmid  369),  preuss.  s.  veru/nunlligen  s.  entzweien  (Frisch- 
bier 2.  443),  berl.  8.  verzümen  s.  erzürnen  (Meyer  128  b). 

Auch  die  Partizipialbildungen  vorwiegend  übler  Bedeutuiig 
stelle  ich  zusammen^). 

ahd.  Gl.  rV  223b  fortane  eint  edo  fursculdit :  rei  sunt. 

1 100  Pa.  fartanosta,  gl.  K.  firtanosta.  Ra.  furtanosta  :  deterrimum. 
N.  I  239,  22  P.:  dde  tie  fertänen  dllero  chrefte  sint  äno  :  deserti 

omnibuB  viribus. 
Gl.  I  140  Vsk.  faruMoraht.  gl  K.firuuoraht.  Ra. /arMMoroÄ* :  flagitiosus. 

III  143  a  vereunuelt(er)  :  exspes. 
as.   Hei.  4388:  than  skedid  he  thea  farduanan  man,  thea  faruuarhton 

uueros  an  thea  uuini8tron  hand. 
Hei.  4445:  farad  thea  f  arg riponon  man  an  thea  hetanhelhriuuigmode, 

thea  faruuarhton  uueros. 


*)  Vgl.  die  Ausdrücke  dieser  Bedeutung  S.  1301    Auf  eine  bestimmte 
Omndform  des  Präfixes  werden  sie  sich  schwerlich  zurückführen  lassen. 
*)  Vgl.  S.  184  Anm.  2  und  S.  218  flf. 


266 

Gen.  152:  SodomoUudi,  uueros  so  faruuerkot. 
mnd.  Hirsch,  Danzigs  Handelsgesch.  p.  77  n.  15:  dat  he  .  .  vorseret  vnd 
vorsmertet  is  (von  Schmerzen  heimgesucht), 
mhd.  verheizt  (trappe)  durch  Beizen  (Jagen)  verdorben,  -holgen  erzürnt 
(Lexer  3,  72),  -geben  unnütz,  vergebens  (111),  -geszen  vergesslich  (114). 
:glabet  sinnlos' (118),  -hazzet  verhasst,  verfeindet  (125),  -hitzigot  erhitzt  (131), 
'läzen  ausgelassen,  frech,  unanständig  (154),  -liumdei^)^  unverliumundet  in 
schlechtem  Rufe  stehend  (3,  166;  2,  1958),  -loufen  entlaufen  (3,  169),  ''m4BreV) 
berüchtigt  (175),  -nozzen  zerknirscht,  reumütig  (187),  -quoln,  -koln  leidvoll, 
gequält  (194),  -riben  gerieben,  durchtrieben  (202),  -rtwchet  arg-,  sorg-,  ruch- 
los (208),  -scfiamt,  -schenit,  unverschämt  schamlos,  unverschämt  (3,  213; 
2,  1961),  -schuldet,  -schult,  -schalt  schuldvoll  (3,  221,  242;  2,  1963),  -seilt 
irregeleitet  (3,  223),  -sümet  träge,  -sündet  sündig  (258),  -stvigen*)  schweig- 
sam, verschwiegen  (264),  -tan  verbrecherisch,  schuldig  (279),  -vallen  schuldig 
(284),  -warfen  Verstössen,  unglücklich  (303),  -wildert  (308),  'U>orht  verbreche- 
risch, verflucht  (311),  -zaget  mutlos,  scheu  (315),  -zert  abgezehrt,  entkräftet 
(318),  {verzichte  wort:  Schmähworte  318),  -zogen,  -zucket  verzückt,  im  Geiste 
entrückt  (319,  323),  -zwtvelt  exspes  (324). 

nhd.    Aus  den  Mundarten^): 

weidm.  verblattet  (rehbock)  der  nicht  mehr  aufs  Blatten  (Locken)  achtet 
(Kehrein  301),  Schweiz,  elsäss.  verblettert  entblättert,  verblüht  (Staub  5,  188, 
Martin  2,  169),  preuss.  (im  arsch)  verbogen,  verbohrt  verrückt  (Frischb.  2,  428), 
Schwab,  verbolgen  erzürnt  (v.  Schmid  38),  Schweiz,  verböseret  sittlich  ver- 
dorben (Staub  4,  1724),  bair.  verdrächselt  verdreht  (Schmeller  1,  565),  Schweiz. 
verfahren  geistesgestört  (Staub  1,  899),  vergiß  boshaft,  verschlagen  (2,  136), 
vergriffen  verfallen,  verdächtig  (2,  716),  holst,  verhäsbäst  verdutzt  (Schütze 
4,  308),  schles.  verhauset  umsonst,  verloren  (Weinh.  hs.  H  59),  preuss.  ver- 
koddert  und  verloddert  (Frischb.  2,  434),  Schweiz,  verlassen  ausgelassen,  frech 
(Staub  3,  1409),  verlümdet  ehrenrührig  (3,  1273),  seemänn.  verlaufen  (blocke, 
Scheiben)  durch  Laufen  beschädigt  (Bobrik  707  a),  henneb.  verlasst  versäumt, 
verpasst  (Spiess  267),  Schweiz,  vemätet  durch  Nähte  entstellt  (Staub  4,  849), 
vemoss&i\  ungesund  (4,  817),  vernuszbiklet  verzagt  (Seiler  110),  bair.  vemusz- 
pünkelt  schlecht  gewachsen  (Schmeller  1,  395),  Schweiz,  verpensioniert  be- 
stochen, erkauft  (Staub  4,  1394),  elsäss.  verpfändet  verschuldet  (Martin  2, 
137),  weidm.  verpönt,  verprellt  scheu  gemacht  (Kehrein  307),  gött  verquelt 
verkehrt  (Schamb.  265),  henneb.  verschisseti  verdorben,  verloren  (Spiess  268), 
elsäss.  verschlaft  schlecht  angezogen  (Martin  2,  468),  verschwefelt  (icein) 
durch  Schwefeln  verdorben  (521),  verspritzt  betrunken  (563),  seem.  verweht 
durch  Sturm  vom  Kurs  verschlagen  (Bobrik  709a),  leipz.  vertoohnt  durch 
Wohnen  abgenutzt  (Albrecht  231). 


>)  Vgl.  S.  106,  132; 

«)  Vgl.  S.  141. 

«)  Über  die  Ausdrücke  für  „verflucht"  vgl.  S.  133  Anm.  2. 


267 

fra-  ohne  schlechte  Nebenbedeutung  ist  weniger  reich 
ausgebaut.  Es  zeigt  die  Anschauung  „weg"  bei  einfachen 
Handlungen  von  Person  zu  Person  und  findet  sich  schon  got. 
mehrfach  vertreten  (S.  18  ff.). 

aba.   GL  II  576  b  uerthimt :  subtrahat. 
I  276  b  farhAan  :  donare. 

I  104  Pa.  farkepan.    gl.  K.  firkepan.    Ra.  farkepan  :  deditns. 

II  380  b  fargibit :  ignoscit. 

0.  III  14,  70:  firgäb  in  ihiu  sin  guati  thio  iro  missodati. 
Gl.  I  22  Pa.  fargipit  caheiszit :  promittit. 

I  422  b  firkebin.    uirgebene  :  gratnita. 

II  648b  firgeltani :  piabnnt.  —  II  230a  niforgeltant :  non  rependant. 
T.  99,  2:  gibot  inan  ther  herro  zi  uorkaufanne  .  .  .  inti  uorgeltan  : 

jnssit  reddi  („bezahlen*'). 
Gl.  II  469  a  uargilto  :  refellam. 

I  776  a  fergifta  :  tradidit. 
\Vm.  6,  12:  uerhundeta  :  sunamitis  (captiva). 
Gl.  II  479  a  fircoufe  :  vendat.  —  I  101  R.  farchaufta  :  distraxit. 
T.  138,  2:  bihiu  ni  uuirdit  ihiu  sdiba  forcoufii  :  non  venit. 
Gl.  II  653  b  firlazaniu  :  deserta. 
T.  164,  4:  ni  forlazzu  iuumh  uueison  :  relinqaam. 
Gl.  I  283a  frian  farlazzis  :  libertate  donaveris. 

I  92  Pa.  farlcufzii.    gl.  E.  farlazit :  desinnit. 

I  220  gl.  K.  firlazzu.    Ra.  farlazu  :  omitto. 
O.  II  22,  28:    ni  mugut   ouh  firldzan,   ni  ir  Mih  scuUt  ni(izan 

(unterlassen). 
T.  127,  2:  nifurliezun  samon  :  non  reliqnerunt  semen  (hinterlassen). 
Gl.  I  543  a  farlazcmiu  :  manns  remissa  (nachgelassen,  losgelassen). 

I  337b  min  farlazzaniu  waarin  :  ne  laxe  fierent. 

lY  329  b  ferlazzan  :  indaltam  (erlassen). 
T.  34,  7:   ihanne  forlazit  tu  iuuarfater  thde  himiliaco  iuuara  mnta  : 

dimittet  delicta. 
Gl.  I  216  gl.  K.  nifirlaz  :  ne  permittas  (überlassen). 
0.  II  11,  61:  ni  firliaz  sih  trist  in  wara  in  ihero  liuto  fara;  sie 

warun  imo  künde  (sich  verlassen  anf,  sich  anvertrauen). 
0.  II  24,  32:  thaz  wir  thareua  hüggen,  in  hdrzen  um  iz  Uggen,  mht 

es  ni  firliiben,  ni  ivir  iz  thdr  gikleiben. 
Gl.  I  97  R.  farlaeh  :  defeneravit. 
O.  II  24,  28:   tharaziM  firlih  uns  muates. 
GL  I  290  b  farleipter  :  reliqnas. 
N.  II  165,  19  P.:  f  er  Silo  ih  minen  Uchamin  :  tradidero. 

I  300,  26:  dSr  hercuU  siniu  ritider  ferstdl 

Gl.  I  106  Pa.  unfarstolano.    gl.  K.  unfirstokmo  :  de  furto. 

II  268  a  fartrage  :  ferat. 

Leopold,  Die  Vorsilbe  ver-  17 


258 

T.  173,  1;  tuB  ir  ni  mugut  iz  fortrag  an  :  portare. 
Ql.  I  19  Ra.  fariragan  :  apostata. 

r  50db  firzascot :  rapnit. 

I  46  Pa.  farciuhit.    gl.  K.  firziuhit.    Ra.  fareiükit  :  ademit. 

I  33  Pa.  Ra.  farzogan.    gl.  E.  farzocan  :  abstractam. 
as.  Wadst.  91,  29  (Werd.  Prud.-gl.):  uerihinse  :  subtrahat. 
Hei.  3698:  farfehod  thin  folcskqn  (hin wegraffen). 
Hei.  2783:  endi  it  (hobid)  ihar  iheru  ihiamunfargaf  (geben,  reichen). 
Hei.  3072:  ik  fargihu  thi  JUmilrieeas  slutila  (verleihen,  schenken). 
Hei.  2328:  sundea  te  fargibanne  (verzeihen). 
Hei.  908:  ohar  that  forgehana  land  gumono  gikumUcum  (Land  der 

Verheissnng). 
Wadst.  51,  32  (Essen,  ev.-gl.):    ihat  he  sdn  fargildan  scöldi  that 

selua  thd(r)  M  bisuor  :  et  mox  in  quo  ioraverat  cogebatnr  exsolvere. 
Hei.  3425:  ihtU  man  thero  manne  gihuem  is  meodaforguldi  (bezahlen). 
Hei.  3460:   ihar  uuirihit  im  is  arabedi  all  güanot,  fargoldan  mid 

guodu  an  godea  rikie  (vergelten). 
Hei.  3286:  scalt  thinan  oduuelon  aUan  forcopan. 
Hei.  6377:  hethiu  ni  scalt  thu  ihesan  farlatan  (freilassen). 
Hei.  4156:  ihat  he  .  .  ferah  farlate  (sterben). 
Hei.  5918:  ihat  uuib  m'  mahta  uuop  forlatan  (unterlassen). 
Hei.  3776:  so  siu  iru  uuiht  ni  farlet  godes  an  iro  gardun  (hinter- 
lassen). 
Wadst.  16,12  (Beichtspiegel):  ikiuhu  .  .  minero gitidio  farlatanero 

(versäumt). 
Hei.  2013:  is  ni  uuas  farlehid  uuiht  huergin  an  ihemu  huse  (übrig 

lassen). 
Wadst.  70,  2  (Merseb.  gl):   farsaldun  ende  forsekenun  :  distractis 

atque  renuntiatis  patrimoniis  (veräussern). 
Wadst.  17,  6  (Beichtspiegel):  ik  farstolan  fehoda  (stehlen). 
Hei.  1644:  huuand  it  rotat  hir  an  roste,  endi  reginiheobos  farstelad. 
mnd.  Klempin,  Dipl.  Beitr.  478:  de  slotele  to  vnsenn  henden  vorandtwerden 

(überantworten). 
Lüb.  R.  283:  van  deme  vordhuueden  perde  (stehlen). 
Cod.  Brdb.  I  9,  49:  ok  schöle  wy  sie  nicht  vergesten,  sunder  .  .  dat 

her  Scale  wy  legen  bei  der  stad  (als  Gast  aufnehmen,  beherbergen). 
Arch.  f.  S.  H.  L.  4,  439:  alsdenne  schau  de  kerckhere  eynem  iewelken 

vicarien  sos  pennynge  .  .  verhantreken  (mit  der  Hand  reichen, 

übergeben). 
Cod.  trad.  Westfal.  1,  193:  dat  se  (die  Erben)  wes  hemeUke  vorhelt, 

vorh endet  ofte  vorswegen  hebben  (abhanden  bringen). 
LQb.  Urk.  3,  nr.  189:    de  güd  vormekelde  (als  Hakler  Käufe  ver- 
mitteln). 
Korner  231  d:  sunder  stelent  was  eme  vororlovet  (erlauben). 
Lüb.  Chr.  2,  423:  dede  unrechtverdighen  syk  vor  schatten  rykedage 

(Schatz  nehmen,  erpressen). 


259 

Chr.  Sei.  272,  23:  vor  welkere  5000  Mark  H.  JB.  hadde  vorwedde- 
schattet  den  Kiel  to  sik  (als  toeddeschat  nehmen), 
mhd.  verandela(n)gen  Terabreichen  (Lexer  3,  68),  -Uten  auf  Borg  geben 
(76),  'hingen  verkaufen,  versteigern,  -hinten  als  Beute  verteilen  (77),  -diehen 
stehlen  (94),  -erhen,  -erhschaften  als  Erbe  übertragen  (106),  -ganten  ver- 
steigern (109),  -gehen  (110),  -gelten  (112),  -giften,  -giftigen  verschenken  (116), 
-grempen  verschachern  (120),  -gülten  vergelten,  bezahlen  (121),  -hantieren  ver- 
kaufen (125),  -hucken  dass.,  -hunden  fangen  (134),  -huren  verheuern,  ver- 
kaufen (135),  -iuzem  veräussern  (136),  -kiuten  vertauschen  (144),  -kaufen, 
-kramen  verkaufen,  hingeben  (148),  -kumhem  vertauschen,  verkaufen  (150), 
-lantsidelen  (guot)  an  einen  lantsidel  (Hintersassen)  verpachten,  -Wien,  -län 
(153),  -lecken  abligurire  (156),  -lehenen  als  Lehen  hingeben,  verleihen  (157), 
-leihen  ttbrig  lassen,  -leisten  die  Leistung  gewähren,  Einlager  halten  (158), 
-lernen  ablenien  (160),  -lihen  geben,  verleihen  (164),  -Updingen  als  Leib- 
geding  geben,  -Utgehen  Wein  ausschenken  (165),  -loesen  erlösen,  -louhen  er- 
lauben (168),  -marketen  verkaufen  (175),  -meiern  einem  Meier  übergeben  (176), 
-menkeln  heimlich  verhandeln  (178),  -mieten  verdingen,  -milten  als  Almosen 
verteilen  (180),  -miucheln  heimlich  auf  die  Seite  schaffen,  -morgengähen  als 
Morgengabe  geben  (181),  -opfern  als  Opfer  geben  (191),  -pJhehten  verpachten, 
-phenden  als  Pfand  geben  oder  nehmen  (192),  -quanten  vertauschen  (194), 
-quiten  befreien  (195),  -recken  darreichen  (198),  -mcAett  gerichtlich  über- 
geben, abtreten  (199),  -rihten  entrichten,  zahlen  (203),  -scJienken  (loin)  aus- 
schenken, schenken  (215),  -seilen  übergeben,  verkaufen  (223),  -slahen  los- 
schlagen, verkaufen  (231),  -sleichen  heimlich  wegbringen  (233),  -Stichen  ver- 
kaufen (249),  -stein,  -tragen  stehlen  (250,  272),  -trihen  verkaufen  (275),  -tuon 
wegschaffen,  hingeben,  -tuschen  vertauschen  (279),  -untriuwen  stehlen  (281), 
-urlouben  verabschieden  (282),  -vehten  stehlen,  -vdlen,  -veilsen  verkaufen, 
preisgeben  (286),  -vendem  verkaufen  (287),  -vrien  freigeben  (290),  -warn 
Waren  absetzen  (295),  -werhen  verhandeln  (301),  -wetten  als  Busse  zahlen, 
-widemen  zum  Nutzniess  stiften  (306),  -willigen  bewilligen  (308),  -sfiehen, 
-zogen  entziehen  (318,322),  -Zinsen,  -sollen^)  als  Zins,  Zoll  zahlen,  (Up)  das 
Leben  hingeben  (322),  -zucken  entführen,  entrücken  (323). 

Aus  den  lebenden  Mandarten^): 

Schweiz,  veraberhande,  -  aberhandele,   schwäb.  verahwandeln  veräussem 
(Staub  2,  1400,  1403,  v.  Schmid  516),   Schweiz,  veraherwandeln  durch  List 


*)  Zu  unterscheiden  davon  ist  die  Oruppe  versteuern  :  „Zins,  Zoll  für 
etw.  zahlen"  S.  159  ff. 

^  Einige  Belege  aus  der  Schriftsprache: 

ürfaust  V.  528 :  Mtt  Lucifer  so  ein  duzeend  prinzen,  die  sollten  ihm 

schon  was  vermünzen^  am  ende  kriegt*  er  eine  comission. 
Simpl.  1.  316,  2:  ich  solte  es  versilhern  und  zu  meinem  unterhalt 

gehrauchen  (losschlagen). 
Keisersberg  schiff  d.  p.  58:   der  kaufman  v  er  sticht,  giht  war  umh 
^(^^}  pfennwert  umh  pfennwert^  wein  umh  tuch,  und  dergleichen. 

17* 


260 

entziehen  (Stalder  2, 489),  verbrüggle  auf  der  Brücke  verkanfen  (Staub  5,  549), 
verhüte  als  Beute  verteilen  (4,  1919),  brem.  pomm.  verhüten  vertaroschen 
(brem.  wb.  1,  174,  Dähnert  518),  bair,  schwäb.  verdreinsgen  heimlich  drein- 
geben,  verkaufen  (Schmeller  1,  567,  v.  Schmid  138),  pomm.  vereheschaffen, 
verfrijen  verheiraten  (Dähnert  520),  bair.  veraigen,  -aignen,  hess.  vereigen, 
pomm.  veregenen  zueignen  (Schmeller  1,  49,  Vilmar  84,  Dähnert  520),  schles. 
verfrimarkten,  -freimarkten  im  Handel  vertauschen  (Weinh.  hs.  M  36),  Schweiz. 
vergäbe  verschenken  (Staub  2,  56),  vergehe  ausgeben,  Ertrag  liefern  (2,  87), 
vergelte  eintragen,  betragen  (2,  280),  brem.  verhäkem  verhökern  (wb.  2,  565), 
Schweiz,  verhantiere  verkaufen  (Staub  2,  1476),  preuss.  verheuern  vermieten 
(Frischbier  2,  432),  eis.  verjüdle  verhandeln  (Martin  1,  404),  preuss.  verkeiien, 
'kloppen,  berl.  verkeilen,  -Metern,  -kloppen,  frankf.  verkimmeln,  -kitecheny  öst. 
fäkimmln,  eis.  hess.  westf.  verkimmeln,  hess.  verkuppeln  leichtfertig  ver- 
kaufen (Frischbier  2,  433,  Meyer  126b,  Askenasy  226,  Castelli  123,  Martin 
1,  443,  Pfister  150, 151,  Woeste  292),  Schweiz,  verchrämere  im  kleinen  ver- 
kaufen (Staub  3, 816),  schwäb.  verkümhere  mit  Gewalt  wegnehmen  (v.  Schmid 
333),  Wien,  verlassen  vermieten  (Hügel  179),  brem.  verlaten  Besitz  eines  Gutes 
bekräftigen  (wb.  3,  22),  pomm.  erlassen,  abmachen,  festsetzen  (Üähnert  523), 
bair.  schles.  verlaüben,  brem.  verlöven  beurlauben  (Schmeller  1, 1406,  Drechsler 
165,  brem.  wb.  1,  379),  Schweiz,  verlechne,  -lene  Arbeit  verpachten  (Staub 
3, 1240),  preuss.  verlehneti  verleihen  (Frischbier  2,  435),  schwäb.  verleihdingen 
als  Leibgeding  geben  (v.  Schmid  349),  bair.  verleitgeben  Wein,  Bier  aus- 
schenken (Schmeller  1,  1535),  Schweiz,  verlifere  abliefern  (Staub  3,  1151), 
verlöne  verdingen  (3,  1294),  lux.  verlohnen  vermieten  (Gangler  467),  holst, 
pomm.  verlösen  entbinden  (Schütze  4,  304,  Dähnert  523),   Schweiz,  verlosle 


ebd.  bilg.  34:  das  er  jm  den  stah  mit  neme  wid  ver Stele. 
Weckherlin  32:  nun  must  du  dich  durch  schnelle  flucht  und  fiug  in 

das  gebirg  ver  stehlen  und  verholen. 
B.  Waldis  Es.  4,  80:   die  (pfennwert)  will  ich  Jiauseen  hei  den  hüt^en 

(Häuslingen)  an  eyer,  käsz  und  gelt  ver  stützen  (verhandeln). 
Keisersberg  emeis  7d:  loan  ein  katz  merckt,  das  man  weisz,  wa  ay 

die  jungen  hat,  so  vertragt  sy  sie  (wegtragen). 
Meyfart  himml.  Jerus.  1,  140:  die  thewren  wahren,  welche  .  .  in  der 

.  .  handelsstadt  Tyro  vertrieben  worden, 
Mörike  3,  232  (Hesse):    das  wollen  wir  auch  nidit  %imsonst  rer- 

unköstet  haben  (ausgeben). 
Plut.  18:  das  heer  ver  Urlauben. 
anm.  weish.  lustg.  630:    es  war  keines  hütens  von  nöhten:  dann  es 

verwendete  keiner  dem  andern  icht  etwas  (entwenden). 
W.  Scherffer  ged.  641  (Weinh.  hs.  W  105) :  und  gleich  kam  am  stab 

gekrümmet  ein  gantz  übertragen  weih,  zu  verwerben  ihren  leib 

(zur  Ehe  anwerben  lassen). 
Mörike  6,  210  (Hesse):    es  ward  ihm   mit   spöttischer  miene  ver- 

willigt  (bewilligen) . 


261 

durchs  Los  verteilen  (Staub  3, 1427),  verltifte  wegtragen  (3,  1161).  vennärkte 
veräassem  (4,  417),  aach.  vermarkten  {verma'de)  in  kleinen  Einkäufen  Geld 
verschwenden  (Müller- Weitz  254),  Schweiz,  vermarschante  verschachern  (Staub 
4,  424),  eis.  cennarschande  heimlich  losschlagen  (Martin  1,  713),  bair.  gött. 
cermeiem  verpachten  (Schmeller  1,  1554,  Schamb.  264),  Schweiz,  vermiete 
bestechen,  erkaufen  (Staub  4,  568),  preuss.  vermauscheln  verschachern  (Frisch- 
bier 2,  436),  schles.  vennorgengaben  als  Morgengabe  geben  (Weinh.  hs.  G  1), 
hess.  verpartieren  verhandeln  (Vilmar  294),  henneb.  heimlich  verschleppen 
(Keinwald  182),  westf.  verpechnen  verpachten  (Woeste  294),  Schweiz,  ver- 
pfände als  Pfand  geben  (Staub  5,  1146),  verpf ändere  ver&ussern  (5,  1161), 
verpfündele  pfundweise  auswägen  (5,  1159),  verpf ündere  pfundweise  ver- 
kaufen (5,  1160),  schles.  verreichen  übergeben  (Weinh.  hs.  R.  64),  westerw. 
versdiochem  verhandeln  (Schmidt  307),  eis.  verschiesse  wohlfeil  verkaufen 
(Martin  2,  440),  brem.  pomm.  gött.  preuss.  verseilen  im  kleinen  verkaufen 
(wb.  4,  760,  Dähnert  626,  Schamb.  266,  Frischb.  2,  441),  schwäb.  verstechen 
Tauschhandel  treiben  (v.  Schmid  508),  eis.  versteige  versteigern  (Martin 
2,  579),  henneb.  verstreichen  meistbietend  verkaufen  (Spiess  269),  brem.  ver- 
tappen  (getränk)  verzapfen,  berl.  verzappen  (wb.  5,  25,  Meyer  128b),  bair. 
vertäumein  entwenden  (Schmeller  1,  604),  preuss.  vertrinken  beim  Trinken 
verheiraten  (Frischb.  2,  443),  schles.  vertun  ausleihen  (Weinh.  hs.  T  142), 
hess.  verwaldrechten  Waldrecht  verleihen  über  (Vilmar  439),  pomm.  verwedden 
zur  Wette  aussetzen  (Dähnert  529).  Die  Studentensprache  weist  verkeilen, 
verkloppen,  verkröschen,  verkimmeln,  vermöbeln,  verquälen,  verquetschen,  ver- 
sdtnallen  in  der  Bedeutung  „verkaufen"  (Kluge  stud.  132,  133)  auf,  die 
Gaunersprache  vergrimmen  (487);  verkimmem  (Kluge  rotw.  55,  337),  -küm- 
mern (137),  -kümmeln  (422);  verkangen,  kingen  (379),  -kinnigen  (233),  -künr 
digen  (236,  415,  422,  429),  -konigen  (256,  379),  -konen  (438);  vergitschen, 
•kitschen  (487),  -kitzen,  -klitschen  (429);  vemagelen  (435,  487);  verbaschen 
(337),  -paschen  (233,  487),  -passen  (168,  190,  476,  487):  verrohten  (468); 
iw«cÄor/w  (353,  387,  415,  429) ;  f ersf76er«n  (436) ;  versömen  ij^f^).  Für  „ver- 
borgen'' sagt  die  Studentensprache  verpumpen  (stud.  133),  die  Gaunersprache 
verhocken  (rotw.  458). 

Die   letzte   Gruppe   endlich    zeigt   uns  fra-  in   der   An- 
schauung „weg,  ab,  auseinander"  ^) : 

ahd.  N.  n  512,  9  P.:  vnde  uuort  uudrJieite  nefirfirrest :  ne  auferas. 
T.  79,  9:  forhöubitöta  Johannein  in  themo  carcare :  decollavit. 
Gl.  II  300b  farmeissit :  absciditur. 

I  24  Pa.  gl.  K.  farsnaid  :  amputavi. 
N.  I  750,  30  P. :   zu  dien  fier  stemon  die  uns  öugent  in  zilun  stände 
sdmoso  dbafersnitenen  tawrum  ze  dien  Idnchon, 


')  Der  einzige  Vorläufer  dieser  Gruppe,  den  wir  aus  dem  Got.  heran- 
ziehen könnten,  wäre  fräUtan  „herablassen"  S.  17. 


262 

mhd.  verbirsen  versprengen  (Lexer  3,  75),  -hldsen  verwehen  (77),  -boln 
verschlendern  (79),  -leisen  ^)  spurlos  machen  (168),  -lenken  ablenken,  abwenden 
(159),  -meizen  abscidere  (177),  -riden  abwenden  (202),  -riten  auseinander- 
reiten  (205),  -sagen  abs&gen  (209),  -schaffen  abschaffen  (211),  -schäm  fortr 
schaffen  (213),  -scheiden  abtrennen  (Nachtr.  393),  -sdieimen  abschäumen  (3, 
214),  -schicken  abfertigen  (215),  -schieben  fortschieben  (216),  -schiften  fort- 
schaffen (217),  -schroten  abschneiden  (219),  -senden  wegsenden  (225),  -slahen 
abhauen  (231),  -smiegefi  wegdrücken  (238),  -snellen  fortschnellen  (239),  -^enen 
fortschleppen  (243),  -spreiten  ausbreiten,  zerstreuen  (247),  -stauben  ver- 
scheuchen (253),  -sweifen  fortschwingen,  -stcemmen  wegschwemmen  (261), 
-swenken  fortschwingen  (262),  -swingen  im  Schwünge  fortwerfen  (265),  -triben 
auseinandertreiben  (275),  -vallen  (von)*)  herab-,  hinab-,  abfallen  (284),  -vdlen 
(von)  herabstürzen  von,  (üjs)  herausreissen  aus  (286),  -verren  entfernen  (287), 
-vüeren  entführen  (291),  -wajen  verwehen  (292),  -wanken  wanken,  weichen 
(295),  -waschen  wegwaschen  (296),  -werfen  ab-,  hin,  niederwerfen  (302). 

Aus  den  nhd.  Mundarten  ist  bervorzuheben  : 

Schwab,  vemussen  „Nüsse  abschlagen '^  (v.  Schmid  410),  das  sich  dem 
ahd.  farhoübitön  (S.  261)  an  die  Seite  stellt,  aus  der  Gaunersprache  verposten 
„den  Posten  verlassen,  entfliehen"  (Kluge  rotw.  339).  Der  Weidmann  spricht 
von  verfedem,  wenn  er  dem  Geflügel  die  Federn  ausschiesst,  von  verbirschen, 
-pürschen,  vergrämen,  wenn  er  das  Wild  bei  schlechtem  Winde  zur  Flucht 
treibt  (Kehrein  303,  301).  Der  Hirsch  verfährt  den  Ameisenhaufen  mit  dem 
Geweih  (, auseinanderstreuen,  aufwühlen"),  er  verbastet,  -passt,  -pastet,  ver- 
schlägt, verfegt  sich  den  Bast  vom  (Geweih  (303,  301).  Die  Seeleute  verfahren 
das  takel,  wenn  sie  es  auseinanderbringen,  und  verstecken  das  ankertau,  in- 
dem sie  es  auseinanderschieben  (Bobrik  705  b,  708  b).  Der  Bergmann  ver- 
räumt die  Gesteinsmassen  (Veith  533).  Der  Winzer  verblattet  den  Wein- 
berg, indem  er  Unnützes  abschneidet,  und  verknotet  den  Weinstock,  beschneidet 
seine  Triebe  (AUg.  Haush.-Lex.  565,  569).  Der  Chemiker  verpufft  das  Un- 
reine, sondert  es  aus,  besonders  in  der  Hütte  die  Schlacken  durch  Feuer; 
dies  nennt  er  auch  verschlacken  (Jacobsson  4,  524,  526).  Bei  der  Münz- 
prägung wird  das  Metall  vergründet,  vom  trüben  Grunde  befreit  (4,  516)*). 


*)  j.  Tit.  487:  nimmer  gar  verl eiset  wirt  ein  strojse,  dar  üf  die  künden 
werbent 

*)  Chr.  10.  243,  9:  und  verfielen  fünf  metischen  von  einer  gibelmaur 
(vgl.  auch  got.  fraletan  „hinablassen"  S.  17). 

')  vergrünen,  das  der  Färber  gebraucht  (Jac.  4,  516),  ist  wohl  intrans. 
/ro-Type  („aufhören  grün  zu  sein"):  wenn  die  blaue  färbe  aus  der  blauküpe 
gefärbet  gut  sein  soll,  so  musz  der  zeiig,  wenn  er  aus  der  küpe  gezogen  wird, 
grün  sein  und  an  der  freien  luft  erst  blau  werden,  derwegeti  .  .  .  musz  er 
alsbald  breit  auseinander  gelegt  werden,  damit  er  gut  und  gleich  schneU  rcr- 
grüne  und  in  das  blaue  übergehe. 


263 

Damit  ist  die  BehandloDg  der  einzelnen  Grundtypen  mit 
ihren  Beden tnngsgruppen  abgeschlossen.  Es  folgt  ein  zusammen- 
fassender Rfickblick  und  einige  allgemeine  Bemerkungen  zur 
Omppenbildnng,  Bedeutungsentwicklung  und  Wortbildung. 

Hat  die  Einteilung  in  Bedentungsgruppen  auch  etwas  Efinst- 
liches  an  sich  und  wird  sie  den  einzelnen  Bildungen  oft  nicht 
gerecht,  so  ist  sie  doch  nötig,  um  einen  Überblick  zu  gewinnen 
(vgl.  S.  54  f.).  Da  sich  indessen  die  Grundtypen  mehrfach  zu 
derselben  Bedeutung  entwickeln  und  sich  in  die  verschiedenen 
Bedeutungsgruppen  teilen,  so  hätte  eine  Vorftthrung  ohne  Rftck- 
sieht  auf  die  Herkunft  der  einzelnen  Bildungen  grade  den  an- 
ziehendsten Teil  der  Untersuchung,  den  Anteil  der  Grundtypen 
an  den  einzelnen  Gruppen,  unberficksichtigt  gelassen.  Daher 
sind  wir  in  unserer  Darstellung  den  Bildungsprinzipien  gefolgt, 
ohne  indessen  diese  Methode  ausnahmslos  durchführen  zu  kön- 
nen. Die  zahlreichen  Denominativbildungen  einfachster  Art 
(„machen  zu**)  zwingen  zur  Durchbrechung  des  Systems.  So 
erklären  sich  etwa  verhindern  und  verwüsten  einfach  als  solche, 
und  doch  haben  wir  aus  praktischen  Gründen  jenes  zur  faur* 
Gruppe  „verbieten,  verwehren"  (S.  124),  dieses  zur /ro-Gruppe 
„veiiiichten^  (S.  234  Anm.)  gezogen.  Andere  Denominativbildun- 
gen dagegen  wären  gradezu  unverständlich,  wenn  man  nicht  in 
den  festen  Gruppen  die  Muster  hätte,  nach  denen  sie  analogisch 
gebildet  sind.  Auf  diesem  Wege  vermehrt  sich  der  Wortschatz 
in  der  jüngeren  Sprachperiode  vorzugsweise,  auf  diesem  Wege 
kommen  die  eigenartigsten  Bildungen  zustande^). 

Die  von  uns  aufgestellten  Gruppen,  an  umfang  recht  ver- 


^)  Es  sei  nur  hingewiesen  auf  mnd.  vorkrogen,  vorogen  S.  106,  nhd. 
verlufien,  Vergeltungen  107,  mhd.  verphcehen,  verphien,  verphtuhzen  133,  nhd. 
sich  verswillingen  148  Anm.,  mnd.  vorroasdensten j  vormnkapen  158,  159, 
mhd.  verslahschaUen,  vercogtsUuren  160,  mhd.  vereimert,  nhd.  verJdrchepielen 
162,  mhd.  verstemenj  versünnen,  vertoünnen  170,  nhd.  versavtcen  171,  sidk 
vermaien,  verwiniem  182  Anm.  1,  vermumm,  vergroscken  201,  mnd.  vormadenf 
versunken,  verfloien,  varwestem  210,  mhd.  verhüUsen,  verstüden,  vermniem 
210  f.,  nhd.  vergrünepaneHy  verleihwehen  213  Anm.  1,  verschnapst,  verschruüt 
219  Anm.,  mnd.  vorwurden  232,  preuss.  verallmachten,  schwäb.  verJumslearte 
236,  Schweiz,  verberge,  verchüßjere,  verwiniem  240,  mnndartl.  verfwnfeien, 
vefjwMeien  241,  nhd.  verstübeln  243  Anm.  1,  vervagäbwnden  244  Anm., 
Schweiz.  versackUhre,  versohle  252,  verchäse,  verbocke  253,  verlufie  261. 


264 

schieden,  sind  durchaus  nicht  scharf  begrenzt,  sondern  gehen 
vielfach  ineinander  Über.  Daher  sind  auch  manche  Bildungen 
doppelt  angeführt  worden.  Die  Gruppe  „beschädigen,  ent- 
stellen" (S.  131  ff.,  207f.,  235  ff.)  birgt  meistens  auch  gehässigen 
Sinn  (131  ff.,  246  ff.)  und  steht  „verfehlen,  sich  vergehen"  (208  f., 
216  ff.,  252  ff.)  nahe.  Gehässigen  Sinn  haben  auch  die  Gruppen 
„verbieten,  verwehren**  (120ff.)  und  „verführen"  (128  f.).  Eine 
ganze  Reihe  von  Gruppen  kann  auf  dieselbe  Wurzel  zurück- 
gehen (vgl.  fair-  S.  163,  fra-  S.  230),  wo  wir  die  weitere  Tei- 
lung nur  aus  Gründen  der  Übersicht  vornehmen.  Bisweilen 
aber  sind  so  viele  Bedeutungen  in  einer  Gruppe  vereinigt,  dass 
wir  darauf  verzichtet  haben,  die  einzelnen  eingehender  zu  scheiden 
(vgl.  verbmAen  S.  134  ff.,  143  ff.).  Am  umfangreichsten  sind  die 
Gruppen  mit  üblem  Nebensinn.  Sie  überwiegen  so  sehr,  dass 
ver-  vorzugsweise  diesen  Charakter  angenommen  hat  und  in 
der  lebenden  Sprache  bewahrt.  Die  heutigen  mit  ver-  vorge- 
nommenen Neubildungen  haben  fast  ausschliesslich  diese  Be- 
deutung. Reich  vertreten  und  lebenskräftig  sind  auch  die  Bil- 
dungen des  Musters  veirhindi^fa.  Die  so  fein  abgestuften  übrigen 
/air- Gruppen  aber  sind  ebenso  wie  die  /awr- Gruppen  im  Ab- 
sterben begriffen  und  nicht  weiterbildungsfähig.  Ihre  uns  immer 
unverständlicher  werdenden  Bildungen  sehen  wir  durch  andere 
Präfixkomposita  verdrängt. 

Da  die  Grundtypen  sich  mehrfach  zu  ähnlicher  Bedeutung 
entwickeln  und  die  von  ihnen  ausgehenden  Gruppen  sich  be- 
rühren, wie  es  schon  im  got.  zu  erkennen  ist^),  verschmelzen 
sie  im  Laufe  der  Entwicklung  immer  inniger,  so  dass  ihre  Aus- 
läufer stellenweise  gar  nicht  mehr  auseinanderzuhalten  sind. 
Wo  wir  aus  Gründen  der  Wahrscheinlichkeit  und  Übersichtlich- 
keit  doch  von  einer  Type  ausgegangen  sind,  haben  wir  daher 
stets  auf  Berührungspunkte  mit  den  anderen  hingewiesen  und 
die  Zugehörigkeit  nicht  als  sicher  bezeichnet^.  Überhaupt  ist 
zu  berücksichtigen,  dass  seit  der  mhd.  Periode,  wo  die  ver- 
schiedenen Formen  des  Präfixes  lautlich  zusammengefallen  sind 
(vgl.  Teil  II),  und  wohl  noch  früher  im  Sprachbewusstsein  das 

*)  faurgipan  ifragißan  S.  12  f.,  frawaurkjan  :  fairtoeitjan  S.  23. 
2)  S.  124f.,  127  ff.,  131  flf.,  140fr.,   161  ff.,   176,  181,  182,  191  ff.,  202, 
207  Amn.,  208,  216  f.,  223,  226,  244,  245,  246  ff.,  252  ff. 


265 

Gefühl  für  den  Unterschied  der  Typen  verloren  gegangen  ist. 
Eis  lebt  nur  ein  Präfix  ver-,  das  sonderbarerweise  bald  posi- 
tive, bald  negative,  bald  diese,  bald  die  entgegengesetzte  Be- 
deutung in  der  Komposition  mit  Verben  verleihen  kann.  Daher 
hat  unsere  Behandlungsweise  etwas  Gezwungenes  und  vermag 
nicht  dem  freien,  vielfach  verschlungenen  Gange  der  Entwick- 
lung zu  folgen,  wie  sie  tatsächlich  stattgefunden  hat,  sondern 
versucht  nachzuweisen,  wie  sie  am  einfachsten  und  wahrschein- 
lichsten wohl  hat  erfolgen  können.  Danach  verhalten  sich  die 
einzelnen  Typen  etwa  so  zueinander: 

faur-  II  ist  aus  der  Vereinigung  mit  faur^  I  und  /air- 
gar nicht  zu  lösen,  die  drei  übrigen  treffen  bisweilen  in 
derselben  Bedeutung  zusammen,  so  in  der  umfangreichsten 
ver-Gruppe  „verfehlen,  sich  vergehen"  (S.  104,  127 ff.; 
202ff.,  208;  216ff.,  252 ff.),  bei  den  Bildungen  gehässigen 
Sinnes  (103 f.,  120ff.,  126 f.,  128 f.,  131  ff.;  207 f.;  235 ff., 
246 ff.)  und  in  dem  Zweige  „überholen,  verwinden"  (109 ff., 
202,  244  f.).  In  der  Bedeutung  „verderben"  konkurrieren 
fror  und /air-  (230  ff.,  235  ff.,  176),  in  den  Gruppen  „ver- 
binden, versperren"  und  „versorgen" /awr-  und  fair-  (134  ff., 
156 f.),  ebenso  in  den  weniger  angebauten  „verdanken", 
„versteuern"  und  der  instrumentalen  „versehen  mit"  (158 f., 
159 f..  161  ff.),  faur- 1  und /ro-  in  „vergebn"  (111  ff.,  226 ff.). 
faur-  I  herrscht  unumschränkt  in  der  Anschauung  „voraus, 
heraus"  (104 ff.)  und  „gebieten"  (118 ff.),  fair-  in  den 
Gruppen  „verwandeln"  (197  ff.)  und  „umgeben,  einfassen, 
ausmessen,  überziehen,  durchsetzen,  durchqueren"  (163  ff.), 
fra-  in  „vergeben"  (257 ff.),  „auseinanderbringen"  (261  f.) 
und  der  resultativen  Gruppe  „zu  Ende  bringen",  die 
sich  in  „verarbeiten  —  verbrauchen  —  verbringen"  ver- 
zweigt (230). 

Ebenso  berühren  sich  die  Präfixe  in  der  Fähigkeit,  zu 
perfektivieren.  Intensiv-Durativa  können  von /awr-  /,  fair-, 
fra-  gebildet  werden  (S.  113;  176 ff.,  182 f.;  245 f.),  ebenso 
Effektiva  (Ulf.;  209 ff.;  226 ff.),  Resultativa  von  fair- 
und  /ro-  (183 ff;  230  ff.),  Frequentativa  nur  von  fair- 
(178  ff.).  Doch  haben  die  mit/awr-  /  und  fra-  gebildeten 
Effektiva  anderen  Sinn  als  die  mit  fair-  gebildeten. 


266 

Beide  sind  intransitiv;  aber  diese  enthalten  neben  dem 
effektiven  noch  ein  inchoatives  und  intensives  Moment,  und 
die  Handlang  schreitet  bei  ihnen  nicht  wie  bei  jenen  bis 
zum  Aufhören  fort  ^).  Die  Resultativa  von  fair-  haben 
den  Sinn  „erwerben",  die  von  fra-  im  Gegensatz  dazu 
„vernichten". 

Um  ein  und  derselben  Bildung  mehrfache  Bedeutung  zu 
verleihen,  bedarf  es  nicht  einmal  der  verschiedenen  Anschau- 
ungsweise eines  Präfixes,  sondern  auch  Denominativa  der  ein- 
fachsten Art  können  durch  verschiedene  Auffassung  des  Stamm- 
worts dazu  gelangen.  So  bedeutet  mbd.  vereineif\  {fiin  Lexer  3, 
103)  zugleich:  „allein  lassen,  bleiben  —  mit  sich  einig  machen, 
aufklären;  (refl.)  mit  sich  einig  werden,  sich  entschliessen  — 
zusammenfassen  auf  ein  Ziel  hin,  richten  auf  —  vereinigen, 
verbinden,  versöhnen  —  (refl.)  sich  zu  eigen  machen";  mhd.  ver- 
richten  (reht  Lexer  3,  203):  „ausrichten  —  fertig  machen,  aus- 
rüsten —  begleichen,  berichtigen  —  unterrichten  —  hinrichten 
—  (refl.)  sich  richten  nach,  eine  Richtung  einschlagen".  Im 
allgemeinen  gelingt  es,  die  verschiedenen  Bedeutungen  eines 
Verbs  aus  der  Komposition  mit  ein  und  derselben  Type  herzu- 
leiten^. Bisweilen  ist  diese  fertige  Bildung  später  und  ver- 
einzelt von  ganz  andersartigen  Gruppen  in  der  Verwendung 
beeinflusst  worden^).  Öfters  aber  sind  von  vornherein  mehr- 
fache Ansätze  anzunehmen,  so  bei  verseteen*),  verlegen^),  ver- 
schlagen^), verfangen'^,  verschiessen^).     Bisweilen  aber  weisen 


*)  Vgl.  sich  verschamen  S.  217  Anm.  1. 

*)  Vgl.  versehen,  veriwren  S.58if.;  versprechen,  verschreiben  65 ff.,  123 f.; 
verkehren  172  Anm.,  179 f.,  198;  vermessen  167 f.,  216,  218;  versdmeiden 
167 f.,  170 f.,  208;  verstehen  110,  140 ff.,  156 f.,  191  ff.,  202,  203 ff.;  verwenden, 
verwandt  172  ADm.,  180,  198 ff.;  vergehen  253,  257 ff. 

*)  Vgl.  S. 63  Anm.,  65  Anm.,  82  Anm.,  94  Anm.,  versprechen,  ver- 
schreiben S.  104,   verschneiden  S.  261. 

*)  S.  75ff.,  82;    127,  153 ff.;    165 f.,  168,  169  Anm.,  170 f.,  199 ff. 

«)  S.  82ff.,  140;   168,  199. 

•)  S.  86ff.,  91,  111,  123;  127;  135  Anm.;  141  ff.,  164  Anm.  3,  165, 
169  Anm.,  184  ff.,  201,  262. 

'')  S.  92ff.,  109,  141  f.;  164 ff.,  176,  183,  222. 

8)  S.  94ff.,  123,  127;  153  f.,  173,  198. 


267 

einzelne  Bildungen  deutlich  den  Einfluss  zweier  Typen  in  der- 
selben Bedeutung  auf  ^). 

Während  in  der  mhd.  Periode  die  einzelnen  Bildungen  sich 
in  möglichst  vielen  Bedeutungen  entfalten,  strebt  das  nhd.  nach 
grösserer  Deutlichkeit  und  schränkt  den  Bedeutungsumfang  ein. 
Ganze  Bedeutungszweige  sterben  ab  und  sind  uns  heute  unver- 
ständlich geworden.  Was  ist  von  der  Vielseitigkeit  von  ver- 
schlagen  und  versetzen  oder  versprecheil  (S.  65  ff.)  und  ver- 
stehen übrig  und  uns  lebendig  geblieben?  Die  nhd.  Umgang- 
sprache scheidet  unter  einer  Reihe  von  anfangs  synonymen 
Eompositis  die  einzelnen  in  der  Bedeutung  (vgl.  die  Verba  des 
Sprechens  S.  71  f.),  besonders  wenn  es  sich  um  Gegensätze  des 
Sinnes  handelt  (vgl.  gebieten  :  verbieten  S.  113 f.).  Steht  sich 
aber  eine  Reihe  von  Bedeutungen  nahe  (wie  bei  faur-  I : 
faur-  II  :  fair  S.  134  f.  und  verbinden  S.  137  ff.),  so  können 
diese  recht  wohl  weiter  nebeneinander  bestehen.  Nicht  ohne 
weiteres  verständliche  ältere  Formen  wie  verhalten  (S.  122), 
verreden  (11 8  f.),  verreichen  (259,  261),  verschlagen  (184  ff.),  verteilen 
(249)  werden  durch  die  jüngeren  vorenthalten^  verabreden,  ver- 
abreichen, veranschlagen,  verurteilen  ersetzt  und  verdrängt  (vgl. 
S.  189  Anm.  1). 

Der  Wortschatz  vermehrt  sich  durch  Denomination^;  die 
Art  der  Wortbildung  dabei  ist  höchst  mannigfach.  Während 
die  Denominativa  einfachster  Art  die  Bedeutung  „zu  dem,  was 
das  Stammwort  besagt,  machen  oder  werden^  aufweist  (vgl. 
S.  225),  werden  andere  in  die  fertigen  Bedeutungsgruppen 
hinein  analogisch  geprägt  und  sind  oft  ohne  ihre  Muster  gar 
nicht  verständlich  (vgl.  S.  263  Anm.).  Welche  Stellung  in  der 
Bedeutung  des  Kompositums  die  des  Stammworts^}  einnimmt, 
mit  dem  es  gebildqt  ist,  das  schwankt  in  jedem  einzelnen  Falle 
und  zeugt  davon,  dass  es  seine  Entstehung  keiner  verstandes- 
mässigen  Schöpfung,  sondern  unbewusst  waltender  Analogie 
verdankt.    Doch  gibt  in   den  meisten  Fällen  das  Stammwort 

*)  mhd.  veraetsen,  versteln,  verwem  S.  77,  verzaubern  127,  verschmelzen, 
verschwimmen,  verschleif en,  verschlingen  173  f. 

»)  Über  ihre  Entstehung  s.  S.  223. 

')  Das  Stammwort  kann  ein  Substantiv,  Adjektiv,  Adverb,  Pronomen, 
Konjunktion  sein  (vgl.  S.  223). 


268 

das  Mittel  oder  Werkzeug  an,  mit  dem  die  Handlung  geschieht^). 
Auch  eine  örtliche  oder  zeitliche^  Angabe  kann  es  enthalten. 
Noch  andere  Bildungen  lassen  sich  gar  nicht  in  die  bestehenden 
Gruppen  fügen,  besonders  adverbiale  Denominativa : 

mhd.  verahhanden  aas  den  Händen  geben  (:  abfMnden),  -  aberwandeln 
rückgängig  machen  (:  aberwandel  Lexer  3,  67),  -  anderweiden  wiederholen 
(:  anderweide  wiederum  69),  -innen  in  Kenntnis  setzen,  erinnern  (1H5),  -jagen, 
-j ächzen,  -jäzen  bejahen  (137),  -neinen  verneinen  (185),  -phcßhen,  -pfUen, 
-phuchjsen  verabscheuen  (191,  192,  194). 

So  sind  auch  veranlassen  und  verursachen  schwer  zu  er- 
klären %  In  die  fremdsprachlichen  Bildungen  auf  -ieren  drängt 
sich  ver-  schnörkelhaft  ein: 

mhd.  verantivinciereti  (69),  -hardieren  (71),  -hehurdierefi  (72),  -grama- 
zieren  (119),  -musckieren  (184),  -noijieren  (189),  -schackieren  (214),  -schimpfieren 
(217),  -sigillierm  (229),  -sponsieren  (245),  -eimieren  (321). 

Durch  besonders  unschöne  und  schwerfällige  Bildungen  ist 
die  Kanzleisprache  gekennzeichnet.  Statt  der  einfachen  Verben 
werden  pomphafter  klingende  von  Nomina  neu  gebildet.  So 
entsteht  z.  B. 

verabsugen  (DWB.  12,  62),  veranlagen,  veranschlagen,  veranstalten  (76, 
78),  verausgaben  (88),  vereifinahmen*),  vererbfällen  (284),  verlauibaren  (750), 
verlehenfolgen,  verlehenrechten,  verleib(ge)dingen  (765,  766). 


*)  So  schon  in  got.  faurdammjan,  fawsigJjan^  faurwaipjan  S.  10. 
*)  Örtliche  Angabe  liegt  schon  im  got.  faurmuljan  S.  10  vor.   Zeitlich  ist 
mhd.  nhd.  vertagen  (S.  119),    nhd.  sich  vermaien,  verwintem  (S.  182)  auszu- 
legen.  In  mhd.  verhileichen,  verhiräten  (S.  143  Anm.  2)  bezeichnet  das  Stamm- 
wort die  Umstände,  unter  denen  die  Handlung  geschieht. 

')  mhd.  Oberl.  1719:  eine  sache  üf  einen  veraneldzen  :  compromitto 
in  aliquem  de  lite  aliqua  (aneläz  Schiedsurteil,  Kompromiss). 
mnd.  Benner  2,  142:  derJialven  wurden  de  stendevoror sähet  undsannden 
etlike  na  Bremen. 
Schweiz,  veranlasse  bedeutet  noch  heute  „an  ein  Schiedsgericht  weisen, 
zum  Schiedsrichter  wählen '^   (Staub  3,  1391).     In   der  Schriftsprache  aber 
erlangt  es  wie  verursachen  die  Bedeutung  „den  Anlass  geben  zu,  der  Anlass 
zu,  die  Ursache  von  etwas  sein": 

nhd.   Simpl.  3.  351,  30  Kurz:    als  der  die  dasige  jmsammenkuf\ft  ver- 
anlast  Ihatte. 
Luth.  16.  4,  18  W.:  dadurch  wir  sollen  verursachet  werden,  gottes 
verheissungen  zu  glauben. 
^)  Fehlt  im  DWB.     J.  Reinke  weit  als  tat  S.  66:    eine  masüdne  kann 
die  inteUigenz  ihres  erfinders  vereinnahmen  und  in  ihren  leistungen  wieder 
verausgaben. 


269 

Oder  zwischen  ver-  und  Stammwerb  wird  ein  volleres  Präfix 
eingeschoben,  wobei  besonders  «6-  sehr  beliebt  ist^): 

verabfolgen  (57),  verabhandeln,  verabladen,  verableiten,  verabreden  (58), 
verabreichen  (59),  verabsäumen  (60),  verabschossen  (62),  dazu  Schweiz,  ver- 
abfassen  (Staub  1,  1060). 

Fremdworte  mit  -ieren  liebt  die  Kanzleisprache  und  ver- 
sieht sie  zu  weiterem  Schmucke  mit  ver-,  so: 

verarrestieren  (86),  -hypoiheeieren  (596),  'interessieren  (697),  -klaiisülieren 
(655),  -obligieren  (950),  -pariieren  (957),  -pensionieren  (959),  -petschieren  (960), 
'practicieren  (975),  -proviantieren  (977),  -secretieren  (1235),  -sigillieren  (1324). 

Bisweilen  werden  andere  Komposita  durch  Verbindung  mit 
rcr-  in  unschöner  Weise  erweitert,  so : 

verachtreden,  verafterreden,  verhinterreden  (66,  68,  571),  verafterleihen 
(68),  t?cr/wAnZcK?Ä«n  ^577),  verkleinfügen  (664). 

Wenig  handlich  sind  auch  die  Doppelkomposita  auf  ge-,  wie : 

vergeleiten  (406),  vergeloben  (407),  vergemeinschaften,  vergeringem,  ver- 
geschtoindem,  vergeseUen,  vergesellschaften  (412),  vergestalten  (425),  vergewal- 
tigen (428),  vergetüissem  (430),  vergewissigen  (431), 

ebenso  die  Denominativa  auf  -tgren  und  -liehen.  Sie  sind  mhd. 
in  beschränkter  Zahl  belegt^)  und  im  allgemeinen  von  Adjek- 
tiven auf  -ic  und  -lieh  richtig  gebildet.  Dann  aber  hängen  sich 
die  verlängerten  Endungen^)  auch  an  Verba,  denen  sie  nicht 
zukommen,  so: 

nhd.  vergewissigen  (DWB.  431),  vergiftigen  (442),  verpflichtigen  (969), 
versehrigen  (1263),  verseichtigen  (1267),  verselbigen  (1269),  vernadiriditigen, 
rerwerksteüigen  (Hittmair  143). 

Aber  selbst  wo  sie  am  Platze  sind,  wirken  sie  häufig  sehr 
schleppend  in  Bildungen,  wie: 

verunseligen,  verunfläUgen,  vervielseitigen  (Hittmair  143),  verälltägUchen, 


')  Vereinzelt  wurzelt  dies  Verfahren  im  Streben  nach  Deatlichkeit,  so 
bei  verabfolgen  and  verabreden,  da  verfolgen  und  verreden  .zunächst  mehr- 
deutig sind  und  dann  sich  zu  ganz  anderer  Bedeutung  entwickeln  (vgl.  S.  267). 

■)  mhd.  vereidigen  neben  vereiden  (Lexer  3,  102  f.),  -einigen  neben  -einen 
(104),  -ewigen  (107),  -günstigen  neben  -günsten  (122),  -heiligen  (126),  -kurzigen 
neben  -kürzen  (151),  -manicvdltigen  neben  -manicvalten  (173),  -micheUidien  ver- 
grössern  (179),  -rehtvertigen  (199),  reitigen  neben  -reiten  (199),  -stastigen  (249), 
-süMäigen  neben  -Sünden  (258),  -tegelichen  täglich  vorbringen  (267),  -vertigen 
(287),  -willigen  (308). 

*)  Bödiker  und  Adelung  bezeichnen  -igen  als  Verschönerungssilbe  (Hitt- 
mair 146). 


270 

veralteriümli(hen  y  verannehmlichen,  vergegenständlichen,  vergenieinsehaftUchen, 
vergesellschaftlichen  (123),  verjugendlichen,  verjungfräulichen  (124),  verstaat- 
lichen, verstofflichen,  verunmöglichen,  verunsterhlichen  (124),  verhinlassigen 
(DWB.  571),  veroberflächlichen  (950),  verordentlichen  (952),  verreMfertigen 
(997),  verselbständigen  (1270)  a.  ähnl. 

Hierauf  verfällt  besonders  der  Eifer  der  Sprachreiniger 
und  Sprachbesserer,  die  etwa  „identifizieren"  durch  versdbigen, 
verselbsten  (1269),  „personifizieren"  durch  verpersönlichen  (959), 
„realisieren"  durch  verwirklichen,  „publizieren"  durch  veröffent- 
lichen (951)  ersetzen.  Andere  künstlich  eingeführte  Ausdrücke 
wie  verschlimmbessern  (1106)  und  verballhornen^)  (90),  die  beide 
dem  18.  Jahrhundert  entstammen  und  dasselbe  besagen  („wie 
der  berüchtigte  Ball  hörn  etwas  in  der  Absicht,  zu  bessern,  noch 
schlimmer  machen"),  haben  auch  nicht  den  Vorzug,  gefällig  zu 
sein.  Trotzdem  hat  sich  eine  Anzahl  solcher  Bildungen  in  der 
Schriftsprache  eingebürgert. 

In  grösserem  Masse  als  -igen  hat  die  Endung  -em  um  sich 
gegriffen,  die  mhd.  nur  den  Denominativen  zukommt,  die  von 
Adverbien,  Adjektiven  und  Komparativen^)  auf  -er  abgeleitet 
sind.  Formen  wie  vergewissem  (Lexer  3,  113)  neben  vergewissen, 
die  zugleich  auf  den  Positiv  und  Komparativ  bezogen  werden 
können,  mögen  den  Übergang  bezeichnen.  An  Stelle  eines  mhd. 
verinnen  (135),  verUeinen  (146),  verlihten  (165),  vemiuwen  (188), 
verringen  (204),  verschoenen  (217)  tritt  nhd.  (erinnern),  verkleinem, 
(erleichtem,  erneuern),  verringern,  verschönern^).  Das  DWB.  be- 
legt neben  verkinden,  -kindlichen  ein  verkindem  (645),  neben  ver- 
ledeinen,  -lateinischen  ein  verlateinem  (737),  neben  verrosten  ein 
verrostem  (1017),  neben  versinnbüdefi,  -sinnbildlichen  ein  versinn^ 
bildem  (1332),  wo  die  Endung  -em  wohl  von  der  Pluralbildung 
beeinflusst  ist. 


»)  Vgl.  Dähnert  517 :  „Bor  Jöhan  BaXhom  verbetert", 
')  mhd.  verändern,  -endem  (Lexer  3,  68),  -nideren  (187),  -wideren  (306) 
—  verdu(n)stem  (102),  -mundem  (183),  -sichern  (227),  -vinstem  (288)  —  ver- 
bezzem  (74),   -bittem  (77),  -bcBsem  (80),   -ergem  (107),   -hcäiem  (131),  -tntti- 
nem  (180). 

')  Einem  mhd.  vergeisten  (Lexer  3,  111)  tritt  ein  nhd.  verschöngeistem 
an  die  Seite: 

Lavater  physiognom.  fragm.  3,  158:  hier  im  oberen  bilde  —  entkräftet, 
verschöngeistert,  bis  aufs  haar. 


271 

Aus  der  Reihe  der  üblichen  DenominativbilduDgen  fällt  nhd. 
verdächtigen,  verflüchttgen,  verltistigen  „verlustig  machen"  (DWB. 
830),  verständigen  ganz  heraus,  da  sie  als  einfache  Verba  zu 
den  Adjektiven  mhd.  vervlüktic  „profugus"  (Lexer  3,  289)  und 
nhd.  verdächtig,  verlustig,  verständig  gebildet  sind  (vgl.  auch 
Wilmanns  2,  165). 

In  den  Mundarten  ist  ver-  so  eingebürgert,  dass  es  sich 
anorganisch  in  ganz  andersartige  Bildungen  eindrängt.  Aus 
vieUeichl  wird  durch  rein  phonetische  Entwicklung  schles.  leipz. 
verleicht,  henneb.  verlechts  (Weinh.  hs.  L  60,  Albrecht  229,  Spiess 
267),  ans  famos  schles.  vermoost  (Weinh.  hs.  F  13),  köln.  aach. 
verplex,  vcrpletzt  aus  perplex  (S.  176).  In  schles.  vermeindawägen 
(Weinh.  hs.  M  55),  böhm.  versnst  ^umsonst"  (Knothe  531),  preuss. 
verfimtsch  „sofort*'  (Frischb.  2,  426),  mundartl.  verquer,  verdwer, 
verdwas,  verdwatsch  (S.  175f.)  ist  ver-  ans  für  entstanden,  in 
gött.  verkops  {wind)  „im  Gesicht,  entgegen"  schimmert  noch 
faur- 1  „gegen"  (vgl.  S.  9)  hindurch. 


IV. 

Überblick  über  die  i;er- Komposition  in  den 
germanischen  Dialekten. 

Im  vorigen  Teile  ist  die  Bedeutungsgeschichte  der  ver- 
Komposition  im  Deutschen  behandelt  worden,  da  sie  hier  am 
Üppigsten  entwickelt  und  die  Überlieferung  am  reichsten  ist. 
Nach  einem  kurzen  R&ckblick  auf  die  Stellung  und  Verbreitung 
in  den  deutseben  Mundarten  soll  eine  knappe  Skizze  ihrer 
Stellung  in  den  germanischen  Dialekten  folgen. 

In  der  ah d.  Periode  bieten  das  zahlreiche  Glossenmaterial 
wie  auch  die  grösseren  Denkmäler  ein  Zeugnis  fttr  das  um- 
fangreiche Gebiet  der  ver -Komposition,  ein  breit  und  wuchtig 
angelegtes  Bild,  in  dem  wir  häufig  schon  feinere  Zttge  entdecken 
und  über  manche,  uns  in  der  heutigen  Umgangsprache  geläufige, 
aber  dunkele  Bildungen  Aufklärung  finden.   In  der  mhd.  Periode 


272 

sehen  wir  das  ganze  Bild  vertieft:  in  ein  und  demselben  Worte 
die  verschiedensten,  oft  gradezu  entgegengesetzten  Bedeutangen 
entfaltet.  Aus  den  mannigfachen  Grundanschauungen  entwickelt 
sich  verschiedener  Sinn  in  bisweilen  überraschender  Weise,  ans 
einer  einzigen  kann  sich  ein  ganzes  Netz  von  Verzweigungen 
entspinnen.  Der  Bestand  an  i;ar-Kompositis  wird  ein  handliches 
Werkzeug  für  die  Sprache  der  Poesie  und  kommt  der  Vorliebe 
des  Mittelalters  für  doppelsinnige  Ausdrucksweise  entgegen. 
Später  erst  wird  der  Wortschatz  durch  die  Prosa  bereichert. 
Nach  Luthers  Zeit  ändert  sich  das  Bild  wesentlich.  Das  nüch- 
terne Zeitalter  findet  keinen  Geschmack  mehr  an  dieser  Viel- 
seitigkeit und  begehrt  nach  Deutlichkeit  und  Anschaulichkeit. 
Während  der  Bedeutungsumfang  der  einzelnen  Bildungien  zu- 
sammenschrumpft, werden  die  einzelnen  Gruppen  durch  ein- 
deutigere Worte  ausgebaut:  quantitative  Entfaltung  tritt  im 
allgemeinen  an  Stelle  der  qualitativen.  Diese  Entwicklung  ist 
durchaus  noch  nicht  abgeschlossen,  wie  versetzen j  verscJUagenf 
verschiessen  u.  ähnl.  (vgl.  S.  266)  mit  ihrem  absterbenden  Be- 
deutungsreichtum zeigen.  Selbst  die  so  fest  geschlossene  Gruppe 
nach  dem  Muster  verbinden  (S.  137 ff.)  wird  mehr  und  mehr 
durch  andere,  ungeschwächte  Präfixkomposita  ersetzt.  Zahl- 
reiche Neubildungen  werden  von  der  Bibelsprache,  der  Kanzlei- 
sprache des  16.  und  der  folgenden  Jahrhunderte  und  der 
Literatursprache  des  17.  und  18.  Jahrhunderts  geschaffen. 
Luther,  Klopstock,  Wieland  und  Goethe  vor  allen  haben  wert- 
volle Wendungen  geprägt  und  auch  die  gebildete  Umgang- 
sprache dadurch  bereichert,  während  der  geniale  Sprachbildner 
Fischart  es  über  charakteristische  Augenblicksbildungen  nicht 
hinausgebracht  hat.  Auch  aus  puristischen  Bestrebungen  ist 
manches  Brauchbare  hervorgegangen.  In  jüngster  Zeit  sind 
Behörden  und  Berufsgenossenschaften  —  es  sei  nur  die  Juristen- 
sprache erwähnt  —  mit  allerdings  meist  nicht  sehr  glücklichen 
Neuprägungen  und  Verdeutschungen  hervorgetreten. 

Die  and.  Literatursprache  ergänzt  in  manchen  Zügen 
das  Bild  der  ahd.  Die  as.  Bibeldichtung  entfaltet  eine  Reihe 
von  synonymen  Bildungen,  besonders  für  die  Ausdrücke  der 
Vernichtung,  Verachtung  und  Verfehlung,  in  denen  noch  heute 
das  Präfix  am  lebendigsten  ist.  Das  mnd.  weist  in  der  Sprache 


273 

seiner  Urkunden  recht  charakteristische  und  wertvolle  Bildungen 
auf  und  baut  voraehmlich  die  Verkehrsprache  ans,  der  die 
nhd.  ümgangsprache  eine  Reihe  von  Wendungen  verdankt. 

Von  den  lebenden  Mundarten  hätte  das  Schweizerische 
wie  das  Niederländische  behandelt  und  nicht  zu  den  deutsehen 
Dialekten  in  engerem  Sinne  gezogen  werden  können,  weil  es  ein 
ganz  selbständiges  Gepräge  erhalten  hat.  Da  es  indessen  vom 
verwandten  Elsässischen  und  Schwäbischen  nicht  zn  trennen 
ist  und  einen  äusserst  reichen  Wortschatz  entwickelt  hat,  so  ist 
es  in  Teil  III  mit  behandelt  worden.  Besonders  auffällig  sind 
die  zahlreichen  lautmalenden,  synonymen  Bildungen.  Hier  wie 
in  allen  Mundarten  und  der  Schriftsprache  fiberwiegen  die  wr- 
Gruppen  tadelnden  und  gehässigen  Sinnes.  Das  Schwäbische 
und  Bairische  hält  eine  Reihe  von  alten,  charakteristischen,  in 
der  Schrift-  und  Umgangsprache  untergegangenen  Wendungen 
fest.  Die  Aufzeichnungen  der  östreichisch  -  tirolischen  Mund- 
arten liegen  leider  zu  spärlich  vor,  als  dass  sich  danach  die 
Stellung  der  ver-Eomposition  in  ihnen  beurteilen  liesse.  Um  so 
wertvoller  wird  uns  dafttr  das  Schlesische  mit  seinem  reichen 
Wortschatz.  Die  ndd.  Mundarten,  reich  an  t;er -Eompositis, 
sind  uns  wichtiger  durch  Bewahren  alter  Bildungen  als  Ver- 
mehrung einzelner  Gruppen.  Das  Ost-  und  Westpreussische  hat 
wie  die  Dialekte  der  Grossstädte  (Wien,  Leipzig,  Berlin,  Frank- 
furt, Köln)  viel  aus  der  Gaunersprache  aufgenommen  und  nach 
ihrer  Art  Neubildungen  geschaffen.  Die  Aachener  und  luxem- 
burgische Mundart  stellen  die  Verbindung  mit  den  nieder- 
ländischen Mundarten  her. 

Ohne  die  letzteren  einzeln  zu  behandeln,  wende  ich  mich 
der  neuniederländischen  Schriftsprache  zu^).  Sie  verfügt 
Aber  einzelne  Bildungen  mit  reichem  Bedeutungsumfang,  baut 
aber  besonders  einige  Gruppen  aus,  so  verwandeln^)  (vgl. S.  197 ff.), 


')  Das  grosse  mittelniederländische  Wörterbach  von  Verwijs  and  Verdam 
ist  leider  noch  nicht  bis  ver-  vorgeschritten. 

*)  z.  B.  verbinden  anders  binden,  -boeken  umbuchen  ( Sicherer -Akveld 
1160  a),  -grasen  {vee)  Vieh  von  einer  Weide  auf  die  andere  bringen  (1169  c), 
"landen  aaswandem  (1177  b),  -Straten  Strasse  umpflastem  (1192  a),  -vloeren 
Flvr  ampflastem  (1196c),   -winden  durch  Winden  bewegen  und  versetzen 

Leopold,  Die  VonUbe  ver-  18 


274 

verkümmern^)  (S.  209 ff.),  und  schafft,  Über  das  Deutsche  hinaus- 
gehend, interessante  Denominativbildungen ').  Überhaupt  sind 
die  fair-  Gruppen  in  ihr  noch  vertreten ').  Eine  eigene  Gruppe 
des  Sinnes  „ausspielen,  um  die  Wette  um  etwas  spielen"  *)  tritt 
herror.  Von  Einfluss  ist  das  Niederländische  auf  die  deutsche 
Handels-  und  Schiffersprache  geworden^). 

Beich  entfaltet  sind  die  verschiedenen  Bedeutungsgruppen 
im  Altenglischen  (vgl.  S.  43  f.).  Die  Gruppen  mit  üblem 
Nebensinn  Überwiegen,  daneben  die  Bildungen  nach  dem  Muster 
verbinden  (vgl.  S.  137)  und  der  Gebrauch  des  Präfixes  als  In- 
tensivpartikel (S.  43  Anm.  2).  Im  Englischen  aber  weicht,  an- 
ders als  im  Deutschen,  die  t;er-Eomposition  vor  romanischen 
Bildungen  zurück.  Noch  in  der  mengl.  Periode  blühen  ausser 
souistigen  Gruppen  die  Bildungen  nach  dem  Muster  verkümmern^) 
(vgl.  S.  209 ff.),   besonders  in  der  Form  des  Partizips')  (vgl. 


(1200  a),  -eiUen  Platz  wechseln   (1202  c);   hierher  wohl  auch  venjaren  (jem.) 
seinen  Geburtstag  feiern  (1172  c). 

')  So  verkankeren  vom  Krebs  (1173a),  -mijten,  -motten,  -muffen  von 
Milben,  Motten,  Mnff  (1181b,  1182b),  -vuren  von  Brand  (Fänle)  (1197c), 
-wormen  von  Würmern  (1200  c)  zerfressen  werden. 

*)  veraangenamen  angenehm  machen  (1157  b),  -duiirzamen  konservieren 
(1160  c),  -gemdMelijken  erleichtern  (1168b),  'lichamelijken  verkörpern  (1178c), 
'vroolijken  belastigen  (1197  c),  -wezenHjken  verwirklichen  (1199  b). 

')  in  nood  verheeren  sich  in  Not  befinden  (1173  b),  eich  vermaken,  -meien 
s.  belustigen  (1180c,  1181a),  zieh  verpoosen  pausieren  (1184c),  verstaan  ein- 
sehen (1190a),  gidi  vertreden  s.  Bewegung  machen  (1194b),  vertoant  anver- 
wandt (1198b),  verwerven  erwerben  (1199b). 

*)  verdraven  in  die  Wette  traben  um  etw.,  als  Preis  im  Traben  aus- 
setzen (1164c),  'harddraven  um  die  Wette  harttraben,  -hardseüen  um  die 
Wette  segeln  (1170c),  -kaatsen  im  Spiel  aussetzen  (1173  a),  -kavelen  um  etw. 
kabeln,  aufs  Spiel  setzen  (b),  -kegelen  loten  auskegeln  (c),  -kolven  im  Kolben- 
spiel ausspielen  (1175c),  -smakken  auswürfeln  (1189b),  -wedden  wetten  um, 
aussetzen  (1198  c),  -eeüen  um  die  Wette  segeln  (1201c).  Die  Gruppe  ist  wohl 
gemischt  aus  fawr-  I  (S.  104  ff.),  fra-  (S.  257  ff.)  und  fair-  (S.  178  ff.)  Typen. 

*)  In  Teil  m  ist  öfters  darauf  hingewiesen  worden. 

*)  Eigenartig  ist  die  aengl.  Bildung  forMian  :  iter  fatale  inire. 

Beo.  Th.  3104,  note:  }ußfde  da  foretdod  sunu  Ecgßeöwes :  Ecgtiieow's 
sun  had  then  perished. 

^)  mengl.  farfohte(n)  :  exhausted  with  fighting  (Stratmann-Bradley  37  a), 
forlaped  :  satiated  with  drinking  (39  a),  forlived :  dectepit  (40  a),  forraked: 
overdone  with  Walking  (41b),  foreongen  :  tired  with  singing,  forsUpt :  over- 


275 

S.  218  ff.  und  44).  Im  Nenenglischen  fristen  ausser  vereinzelten 
Besten  in  der  Schriftsprache  (S.  44)  die  2;er-Eomposita  ihr  Da- 
sein nur  noch  hier  und  da  in  den  Mundarten. 

Die  afries.  c;er-Eoniposita  sind  aus  den  S.  45  f.  dargelegten 
Gründen  schwer  von  anderen  (er-^  über-)  zu  scheiden,  nieder- 
ländische und  mnd.  sind  unter  die  friesischen  gemischt.  Die 
t;6r-Komposita  sind  nicht  zahlreich  vertreten.  Es  fiberwiegen 
auch  hier  die  Bildungen  mit  üblem  Nebensinne,  daneben  die 
Gruppe  überwinden  (vgl.  S.  109  f.).  Aus  den  neufriesischen 
Mundarten  lassen  sich  neue  Gesichtspunkte  für  die  t;er- Kom- 
position nicht  gewinnen. 

Im  Nordgermanischen  spielt  die  t;^- Komposition  keine 
wichtige  Bolle;  neben  Bildungen  nblen  Nebensinnes  sind /aur-^) 
und  /atr-^  Typen  zu  erkennen.  Der  Umfang  des  nordischen 
Wortschatzes  an  ver-Kompositis  geht  fiber  den  des  Gotischen 
nicht  wesentlich  hinaus. 

Zu  wirklicher  Blüte  bringt  es  die  t;er-Komposition  überhaupt 
im  Westgermanischen,  seit  der  mittleren  Periode  nur  im  Deutschen 
(einschliesslich  des  Schweizerischen  und  Niederländischen). 


V. 

nhd.  ver-  im  Verhältnis  zu  anderen  Präfixen. 

Neben  ^er-  weist  die  deutsche  Sprache  nur  die  geschwäch- 
ten und  tonlosen  Präfixe  he-,  erU-j  er-,  ge-y  zer-  auf,  während 
die  Zahl  der  ungeschwächten  grösser  und  bildungsfähiger  ist. 


come  with  sleep  (42  a),  forstomied  :  tossed  aboat  with  stonnes  (42  b)) 
for8wunke(n) :  exhansted  with  labour,  fortravailled :  tired  out  (43  a),  farwake(d) : 
exhaoBted  with  watching,  forwdlked :  exhansted  with  Walking,  farwandred : 
exhaasted  with  wandering,  forwoxen  :  grown  to  excess ,  forweped :  exhansted 
with  weeping  (46  a). 

^)  farlag  Lebensnnterhalt  (Fritzner  1,  466a),   forfod  Vorsicht,  Um- 
sicht (461b). 

*)  farmuga,  fyrirmoga  yermögen  (467b,  621a),  forstanda,  fyrintanda 
{undirstanda)  verstehen  (462b),  farvitna  verlangen,  begehrlich  sein  (464b). 

18* 


276 

Auf  die  Berährungspunkte  von  ver-  mit  andern  Präfixen  beider 
Arten  ist  mehrfach  hingewiesen  worden.  Es  steht  mit  ihnen, 
besonders  in  der  jüngeren  Sprachperiode,  im  Wechsel.  Hänfig 
kommen  sie  in  denselben  Bildungen  mit  derselben  Bedeutung 
friedlich  nebeneinander  vor,  häufiger  aber  stehen  sie  im  Wett- 
bewerb, und  eins  gewinnt  dem  andern  den  Boden  ab.  Zwischen 
geschwächten  wie  ungeschwächten  Formen  tritt  nun  mit  der 
Zeit  ein  Ausgleich  und  eine  gegenseitige  Abgrenzung  der  Ge- 
biete ein,  im  allgemeinen  nach  dem  Gesichtspunkte,  dass  die 
anschaulicheren  Formen  die  mehr  verblassten  zurückdrängen. 
Die  Stellung  von  ver-  gegenüber  den  verschiedenen  Neben- 
buhlern ist  nun  sehr  verschieden. 

ge-  dient  fast  ausschliesslich  als  Perfektivpartikel;  es  ist 
schwächer  als  ver-,  weil  ihm  jeder  sinnliche  Bedeutungsinhalt 
fehlt,  und  berührt  sich  nur  vereinzelt  mit  ihm  (geblendet :  ver- 
blendet,  gesichert :  versichert),  ent-  übertrifft  vcr-  sowohl  in  der 
sinnlichen  Bedeutung  „weg"  (f^O'")  aJs  in  der  perfektiven 
Funktion  (effektiv)  an  Deutlichkeit  und  ist  dadurch  im  Vorteil: 
eniartm  (S.  126)  i),  mtkauptm  {2^11),  entweichen  (112  f.)  —  entr 
kommen  (112),  entschwinden  (226  ff.).  Aus  demselben  Grunde  ist 
ver-  von  sfer-  in  der  Gruppe  vernichten^)  überflügelt  worden: 
zerbrechen  (230  ff.),  eerscKlagen^  zerstören^  zerstreuen  (233  f.). 

Vielfacher  berührt  sich  ver-  mit  6c-  und  er-  (vgl.  S.  57). 
6e-  geht  wie  favr-  (und  fav/r-  II)  auf  eine  lokale  Grundform 
zurück  (ebd.  Anm.)  und  ist  ihm  auch  in  der  Bedeutung  verwandt, 
er-  dagegen  zeichnet  wie  fra-  und  faur-  I  mehr  den  Verlauf 
des  Weges.  So  greifen  die  drei  Präfixe  vielfach  ineinander  über 
und  stehen  in  enger  Wechselbeziehung,  be-  teilt  sich  mit  ver-  in 
die  Gruppen  überholen  (Hittmair  S.60  —  faur-1 109ff.,  202, 244f.), 
verbergen,  verschliessen  (H.  56  f.  —  ver-  S.  143  ff.),  besargen 
(H.  69,  75  —  faur-  I  119),  bedanken,  belohnen  (H.  78  -^/air- 
158 f.),    besteuern^)  (H.  146  —  ver-  159 ff.),    die  instrumentale 


>)  Die  Zahl  gibt  die  Seite  an,  auf  der  das  entsprechende  oer- Kompo- 
situm zu  suchen  ist. 

*)  Doch  hat  sich  eemiuhten  (Paul  wb.  ö65a)  und  emidUen  (Jakob  XXIV) 
gegen  vernichten  nicht  durchsetzen  können. 

')  Aber  das  öe- Kompositum  hat  die  zahlende  Person,  das  ver- Kom- 
positum die  versteuerte  Ware  als  Objekt. 


277 

Gruppe  (H.  83 ff.  —  ver-  161  ff.),  befassen,  hegreif m  (H.  28,  49, 
50  —fair-  165 ff.),  bemessen  (H.  185  —fair-  167 f.),  beziehen 
(H.  45,  50  —fair- 169),  beschränken  (H.  54  —  fair-  174 f.),  be- 
laden  (H.  40  —  fair-  176),  Impersonalia  (H.  233  f.  —  fair- 
178),  Frequentativa  (bewandert,  besuchen  H.  154,  72  —  fair- 
179ff.),  Durativa  (beharren,  bleiben  225,  219  —  favr-  182f.), 
Irans.  Kesultativa  (&efe>mmen,  beschaffen,  besinnen  H.  179,  172, 
181  —fair-  184  f.),  intrans.  Effektiva  (byahren,  beschUmmen, 
bewiniem  (H.  221f.  — fair-  210  f.).  ver-  und  fte- Kompositum 
können  nebeneinander  fortbestehen  —  dann  sind  sie  im  Ver- 
lauf der  Entwicklung  in  der  Bedeutung  etwas  auseinander- 
gegangen —  oder  eins  von  beiden  veraltet,  und  zwar  bald  das 
eine,  bald  das  andere. 

Positive  und  negative  Bedeutung  nebeneinander  findet  sich 
früher  auch  bei  6c-  (H.  189  —  faur-  I  113  ff.). 

Auf  dem  Gebiete  der  Denominativbildung  hat  ver-  in  den 
meisten  Fällen  be-  überflügelt  (H.  111).  Nur  in  der  instru- 
mentalen Gruppe^)  behauptet  be-  den  Vorrang  (H.  112 ff.).  Bei 
adjektivischen  Denominativen  der  Bedeutung  „machen  zu,  in 
einen  Zustand  versetzen"  ist  be-  von  ver-  (und  er-)  in  den  Ab- 
leitungen auf  -em^  verdrängt  worden,  in  denen  auf  -^gen  ist 
es  häufiger  als  ver-^)]  die  BXit  -liehen  sind  ver-  ausschliesslich^) 
vorbehalten  (Wilmanns  2,  165;  H.  116).  Die  Komposita  auf 
be—en  neigen  dazu,  in  ver—em  fiberzugehn  ^).  Die  Bildungen 
auf  -ieren  gehen  mehr  und  mehr  zu  ver-  über®)  (H.  195).  Fakti- 
tiva  werden  von  be-  wie  mit  ver-  (und  er-)  gebildet  (H.  146  ff.). 
Die  jüngeren  Faktitiva  auf  -em  kommen  am  häufigsten  mit  ver- 
vor  (Wilmanns  2,  165). 

er-  geht  von  der  Anschauung  „aus,  heraus,  auf"  aus 
(Jakob  XL VII),  vgl.  ersehen  (J.  XLI  —  faur- 1 8.69«.),  erhören 
(J.  XXV  —fatsr-I  64 f.),  ersetzen,  erlegen  (J.  XXVII  —faur-I 
75 ff.,  82 ff.),    erheben,  ermeiden,  erzählen,  erluften  (J.  VIII,  IV, 


i)  Vgl.  S.  67  Amn.  dies.  Abh. 

')  Ausnahme  bereutem  (H.  121). 

*)  Statistische  Zusammenstelinng  bei  H.  126  and  144. 

')  Ausnahme  ermöglichen  (H.  123). 

•)  Vgl.  S.  270. 

•)  Vgl.  die  Statistik  bei  H.  250. 


278 

XXIII  —  faur-  I  105 ff.),    ermnden,  erleben  (J.  XXXIU,  XLV 

—  fawr-  I  109),  sich  erwegen  eines  dinges  (J.  XU  —  ver-  124), 
ergebcHy  erlassen  (J.  XI  — fra-  257  ff.),  erwerf en  ^fehlgebftren* 
(J.  XII  —  fra-  252  f.).  Doch  berührt  sich  er-  auch  mit  fair- 
Typen  wie  envandeien,  erwenden  (J.  XII  — fair-  198 ff.),  er- 
messen (J.  XXIX  —  fair-  167 f.),  erseUsen  „durchsetzen" 
(J.  XXVII  —  fair-  169 ff.),  den  Frequentativen  si(^  ergehen^ 
erholen,  emiaien  (J.  VII,  VI,  XXII  —fair-  181  f.).  Ferner 
bezeichnet  er-  wie  ver-  Durativa  (erdulden y  erharren,  erleiden, 
ertragen  J.  XXXVI  —  ver-  182 f.,  245 f.),  Inchoativa  und 
Effektiva  {erbleichen,  erfrieren  J.  XVIII,  XXXII  —  ver- 
210,  225,  228  f.),  ßesultativa  {erfahren,  erwerben  J.  XXXVIII, 
XXVin  — fair-  184 f.;  erschlagen,  ersteinen,  ertränken  J.  XXXIII 

—  fra-  233).  Vereinzelt  sind  die  instrumentale  Gruppe  (er- 
weiben%  erisweigen  J.  XXIII  —  ver-  146,  148)  und  „verfehlen" 
{sich  ereärtdn  J.  XIX  —  fair-  209  Anm.  1)  vertreten.  Als  de- 
nominativbildendes Präfix  steht  er-  hinter  ver-  ebenfalls  zurück 
(s.  Jakob  XIX).  V7o  beide  fortbestehen,  gehen  sie  in  der  Be- 
deutung auseinander  (ebd.  XXI). 

Am  anziehendsten  ist  die  Frage,  wie  die  drei  wichtigsten 
uugeschwächten  Präfixe  der  nhd.  ümgangsprache  sich  zu  der 
Perfektivieruug  stellen.  Zur  intensiv-durativen  wie  resultativen 
Aktionsart  sind  alle  drei  gleich  befähigt,  da  jedes  Präfix  ge- 
eignet ist,  durch  Anfügung  an  das  Simplex  dessen  Handlung 
ein  verstärkendes  oder  das  Ziel  als  erreicht  darstellendes 
Moment  hinzuzufügen.  Die  frequentative  ist  entweder  von  ver- 
und  be-  auf  das  lineare  er-  oder  aus  der  perfektivierenden 
Fähigkeit  von  er-  in  Verbindung  mit  einfachen  Verben  fre- 
quentativer  Bedeutung  übertragen  worden.  Die  inchoative 
Funktion,  die  mit  der  effektiven  in  intrans.  Bildungen  vereinigt 
ist  (vgl.  S.  209 ff.),  kann  bei  allen  drei  Präfixen  aus  der  per- 
fektiven des  Partizips  (S.  223  ff.)  rückwärts  erschlossen  worden 
sein.  VtTahrscheinlich  aber  hat  ver-  hierin  die  beiden  anderen 
beeinflusst,  indem  die  Gruppe  verwandeln  (S.  197  ff.)  den  Über- 


*)  Fischart  (bei  Jakob  XXIII):  der  eine  reiche  nimmt ,  nimmt  sie  rdchi, 
sondern  er  ergibt  sich  iren,  das  heiszt  alsdann  verweilen  und  nicht 
erweiben. 


279 

gang  zur  inchoativen  Aktionsart  begünstigte  (vgl.  S.  225)^). 
Während  er-  und  ver-  diese  Funktion  lebendig  bewahren,  ist  he- 
darin  veraltet.  Aber  auch  zwischen  er-  und  ver-  sind  Bedeutungs- 
nnterschiede  festzustellen.  Die  er-Eoroposita  lassen  das  inchoativ- 
resultative,  die  ver-Komposita  das  effektive  Moment  mehr  hervor- 
treten (vgl.  verblassen,  verbleichen^  verstummen  gegenüber  erblassen, 
erbleichen^  erstummen) ;  ergehen,  ersterben  malen  mehr  den  Verlauf, 
vergehen,  versterben  mehr  den  Abschluss  der  Handlung.  Doch 
kann  das  Verhältnis  auch  umgekehrt  sein  (erfroren  :  verfroren). 
Bisweilen  verbinden  wir  mit  den  er-  und  ver-Kompositis  gegen- 
sätzlichen Sinn,  so  bei  den  Verben  der  sinnlichen  Wahrnehmung 
wie  erbeben  :  verbeben ^  erblühen  :  verblühen,  erglühen  :  verglühen, 
erhallen :  verhallen  u.  ähnl.  Während  die  resultativen  er-  und 
t?e»'-Komposita  (trans.)  sowohl  den  Sinn  erreichen,  verdienen  (fair-) 
wie  auch  verlieren,  vernichten  (fra-)  vertreten  können,  ist  der 
Ausgleich  derart  eingetreten,  dass  er-  fast  ausschliesslich  (neben 
wenigen  ver-  und  &e- Bildungen)  die  erste  Gruppe  für  sich  in 
Anspruch  nimmt,  während  ver-  und  er-  sich  in  die  zweite 
Gruppe  teilen.  Die  unbestrittene  Domäne  von  ver-  dagegen 
stellen  die  Verba  nach  dem  Muster  verbinden  (S.  143 ff.)  und 
vor  allem  die  Bildungen  mit  üblem  Nebensinne  in  der  Be- 
deutung verfehlen,  sich  vergehen,  versessen,  verachten,  ver- 
urteilen dar. 

Vor  seinen  Nebenbuhlern  hat  ver-  den  Reichtum  an  den 
yei*8chiedensten  Bedeutungsgruppen  voraus.  Es  erhält  da- 
durch etwas  Schillerndes,  wodurch  es  vorzüglich  für  die 
dichterische  Verwendung  geeignet  wird,  aber  viel  an  An- 
schaulichkeit und  Deutlichkeit  einbüsst.  Und  dies  wird  ihm 
mehr  als  den  übrigen,  weniger  vieldeutigen  Präfixen  zum  Ver- 
hängnis. Ein  unverkennbarer  Zug  unserer  heutigen  Sprach- 
entwicklung ist  es  nämlich,  über  schillernde  und  verblassende 
Bildungen  hinweg  zu  anschaulicheren  und  weniger  missver- 
ständlichen zu  schreiten.  So  geben  wir  ein  älteres  Kom- 
positum durch  eine  Reihe  verschiedener  anderer  wieder  (vgl. 
got.  fraletan  S.19f.:  ablassen,  entlassen,  erlassen,  herablassen,  über- 


')  Hittmair  216  nimmt  dagegen  an,  er-  habe  anf  de-  diesen  Einfluss 
ausgeübt. 


280 

lassen,  unterlassen,  verlassen y  istilassen).  Vor  allem  aber  treten 
ungeschwächte  Präfixe  an  Stelle  der  geschwächten  and  drängen 
diese  immer  mehr  zurück,  verseifen  (vgl.  S.  266  Anm.  4)  müssen 
wir  heute  durch  absetzen,  aussetzen,  besetzen,  durchsetzen,  einsetzen, 
entgegensetzen,  ersetzen,  fehlsetzen,  festsetzen,  hineinsetzen,  hin- 
setzen, übersetzen,  umsetzen y  vorsetzen,  wegsetzen,  zu  ende  setzen, 
zusammensetzen  wiedergeben,  verbinden  (S.  137 ff.)  durch  einbinden, 
festbinden,  überbinden,  zubinden,  zusammenbinden  usw.  Die  ver- 
Bildungen  gehören  oft  der  gehobenen,  altertümelnden  Sprache 
an,  auch  ein  Zeichen  ihres  Absterben s.  So  veruArft  Luther 
noch  den  Stein,  der  zum  Eckstein  geworden  ist;  wir  werfen 
ihn  weg  oder  fort. 

Dieser  Vorgang  erstreckt  sich  auch  auf  die  Aktionsarten: 
abfaulen,  ausbleichen,  hinschwinden  geben  das  Bild  des  Effek- 
tiven anschaulicher  wieder  als  verfaulen,  verbleichen,  versehwin' 
den.  ausgehen,  abreisen  bezeichnen  deutlich  das  inchoative 
Moment,  ausharren,  fortdauern  das  durative,  wo  das  vcr-Kom- 
positum  etwas  mehr  oder  minder  Schwankendes  behält.  Auch 
in  dieser  Funktion  treten  allmählich  die  geschwächten  Formen 
vor  den  ungeschwächten  zurück. 

Aus  dieser  ganzen  Entwicklung  aber  lässt  sich  folgendes 
erkennen:  Die  Präfixe  beeinflussen  zunächst  die  Richtung  der 
Verbalhandlung,  tragen  dann  aber  zugleich  und  meistenteils 
ein  perfektives  Moment  in  sie  hinein.  Je  mehr  mit  Schwächung 
der  Form  der  anschauliche  Inhalt  zurücktritt,  um  so  mehr  tritt 
das  perfektive  Moment  hervor.  Die  in  der  Form  geschwächten 
und  in  der  Bedeutung  verblassten  Präfixe  werden  durch  ange- 
schwächte und  anschaulichere  ersetzt,  sobald  der  Richtungs- 
hinweis  hervorgehoben  werden  soll.  Aber  auch  diese  Präfixe 
lassen  je  länger,  je  mehr  das  perfektive  Moment  hervortreten 
und  werden  ihrerseits  durch  andere  ersetzt,  so  dass  ein  un- 
ausgesetzter Wechsel  stattfindet. 


Verzeichnis 

der  benutzten  Werke  und  Ausgaben^) 


Adelung,  J.  Chr. :  Umständliches  Lehrgebäude  der  deutschen  Sprache.   Leipzig 
1782. 
,  :  Grammatisch-kritisches  Wörterbuch  der  hochdeutschen  Mund- 

art.    »Leipzig  1793—1801. 

Albrecht,  K.:  Die  Leipziger  Mundart.     Leipzig  1881. 

Arndt,  B. :  Der  Übergang  vom  Mittelhochdeutschen  zum  Neuhochdeutschen  in 
der  Sprache  der  ßreslauer  Kanzlei.  Germanist.  Abhandl.  XV.  Breslau  1898. 

Askenasy,  A. :  Die  Frankfurter  Mundart  und  ihre  Literatur.    Frankfurt  a.  M. 
1904. 

Bahder,  K.  v. :   Grundlage  des  neuhochdeutschen  Lautsystems.  Strassburg  1890. 

Bernhardt,  E. :   Vulfila  oder  die  gotische  Bibel.    Halle  1876. 

Birlinger,  A.:  Schwäbisch- Augsburgisches  Wörterbuch.    München  1864. 

Bobrik.  E. :  Allgemeines  nautisches  Wörterbuch.     Leipzig  1847. 

Bosworth,  E.,  und  Toller,  T.  N.:   An  Anglo-Saxon  Dictionary.   Oxford  1882. 

Braune,  W. :   Gotische  Grammatik.     *  Halle  1895. 

3  :    Althochdeutsche  Grammatik.     «  Halle  1891. 

Versuch  eines  bremisch-niedersächsischen  Wörterbuchs.    Bremen  1767 — 71. 
Nachtrag  Bremen  1869. 

Brugmann,  K.,  und  Delbrück,  B.:  Grundriss  der  vergleichenden  Grammatik 
der  indogermanischen  Sprachen.    Strassburg  1886  fF. 
^      :  Kurze    vergleichende   Grammatik    der    indogermanischen   Sprachen. 
Strassburg  1904. 

Campe,  J.  H.:  Wörterbuch  der  deutschen  Sprache.    Braunschweig  1807 — 11. 

Castelli,  J.  F.:   Wörterbuch   der   Mundart   in   ()sterreich    unter    der   Enns. 
Wien  1847. 

Claubergins,  J.:  Ars  Etymologica  Teutonum  e  fontibus  derivata  .  .  .  Duis- 
burg 1663. 

Dähnert,  J.  (J.:  Platt- Deutsches  Wörterbuch.    Stralsund  1781. 

Danneil,  J.  F.:   Wörterbuch  der  altmärkisch-plattdeutschen  Mundart.    Salz- 
wedel 1859. 

*)  Die  Art  der  Abkürzung  und  Anführung  ist,  wo  erforderlich,  in 
Klammem  beigefügt.  Die  den  Wörterbüchern  entnommenen  Belege  sind  in 
der  dort  benutzten  Abkürzung  gegeben. 


282 


Drechsler  P.:   Wencel  Scherffer  und  die  Sprache  der  Schlesier.    Germaiiist. 
Abhandl.  XI.    Breslau  1895. 
^  :  Sitte,  Brauch  und  Volksglaube  in  Schlesien.    Schlesiens  volks- 

tümliche Überlieferungen  II.     ^Leipzig  1906. 

Erdmann,  0. :  Otfrids  Evangelienbuch.    Halle  1882  (0.  Buch,  Abschnitt,  Vers). 
„  :  Grundzüge  der  deutschen  Syntax  I.    Stuttgart  1886.    II  be- 

arbeitet von  Mensing,  ().    Stuttgart  1898. 

Franke,  C:  Grundzüge  der  Schriftsprache  Luthers.    Görlitz  1888. 

Frisch,  J.  L.:  Teutsch-Lateinisches  Wörterbuch.    Berlin  1741. 

Frischbier,  H.:  Preussisches  Wörterbuch.     Berlin  1882—83. 

Fritzner,  J.:   Ordbog  over  det  gamle  norske  Sprog.    Kristiania  1886  fF. 

Gangler,  J.  F. :  Lexicon  der  Luxemburger  Umgangsprache.    Luxemburg  1847. 

Gering,  H.:   Wörterbuch  zu  den  Liedern  der  Edda.    Halle  1903. 

Graff,  E.H.:  Althochdeutscher  Sprachschatz.    Berlin  1834  ff. 

Grimm,  J.:   Deutsche  Grammatik.    Göttingen  1822  if. 

«  und  W.:  Deutsches  Wörterbuch.  12.  Band,  1.— 6.  Heft,  bearbeitet 
von  E.  Wülcker.  Leipzig  1886—95.  7.  Heft,  bearbeitet  von  R.  Meissner. 
Leipzig  1905  (DWB.)  >). 

Heliand  s.  Sievers. 

Hennig,  G.  E.  S.:  Preussisches  Wörterbuch.    Königsberg  1785. 

Heppe,  Chr.  W.:   Wohlredender  Jäger.    Regensburg  1763.    »1779. 

Heyne,  M. :  Kleinere  altniederdeutsche  Denkmäler.    *  Paderborn  1877. 

Hittmair,  A.:  Die  Partikel  be-  in  der  mittel-  und  neuhochdeutschen  Verbal- 
komposition.   Wien  1882. 

Hoff  mann,  H.  von  Fallersleben :    Beiträge  zu  einem  schlesischen  Wörterbuch. 
Nürnberg  1857. 

Holthausen,  F.:  Ältsächsiscbes  Elementarbuch.    Heidelberg  1900. 

Honig,  F.:  Wörterbuch  der  Kölner  Mundart.    Köln  1877. 

Hom,  P.:  Die  deutsche  Soldatensprache.    Giessen  1899. 

Hügel,  F.  S.:   Der  Wiener  Dialekt.    Wien,  Pest,  Leipzig  1873. 

Jakob,  Th.:  Das  Präfix  er-  in  der  transitiven  mittel-  und  neuhochdeutschen 
Verbalkomposition.    Programm  Döbeln  1900. 

Jacobsson,  J.  K.  G.:  Technologisches  Wörterbuch.    Berlin  1781 — 95. 

Jecht,  R.:  Wörterbuch  der  Mansf eider  Mundart.    Görlitz  1888. 

Kehrein,  J.  und  Fr.:  Wörterbuch  der  Weidmannsprache.    Wiesbaden  1871. 

Klenz,  H.:  Die  deutsche  Druckersprache.    Strassburg  1900. 

Kluge,  F.:  Deutsche  Studentensprache.    Strassburg  1895. 
„  :  Rotwelsch.  Quellen  und  Wortschatz  der  Gaunersprache.  I.  Strass- 

burg 1901. 

Knothe,  F.:  Wörterbuch  der  schlesischen  Mundart  in  Nordböhmen.    Hohen- 
elbe  1888. 

Leo,  H.:  Angelsächsisches  Glossar.    Halle  1877. 


*)  Der  Güte  von  Professor  Dr.  Th.  Siebs  habe  ich  die  Benutzung  der 
weiteren,  noch  nicht  veröffentlichten  Materialsammlung  zum  Artikel  rer-  zu 
verdanken. 


283 


Lexer,  M.:  Kärntisches  Wörterbuch.    Leipzig  1862. 

,  :  Mittelhochdeutsches  Handwörterbuch.    Leipzig  1872  ff. 

Martin.  E.,  und  Lienhart,  H. :  Wörterbuch  der  elsässischen  Mundarten.  Strass- 

burg  1899  ft'. 
Menne,  K.:  Perfektive  Verba  im  Sachsenspiegel.    Programm  Coesfeld  1903. 
Meyer,  H. :  Der  richtige  Berliner  in  Wörtern  und  Redensarten.  ^  Berlin  1904. 
Möbius,  Th.:  Altnordisches  Glossar.     Leipzig  1866. 

Müller,  J.,  und  Weitz,  W. :   Die  Aachener  Mundart.  Aachen  und  Leipzig  1836. 
Müller,  W.,  und  Zarncke,  F.:  Mittelhochdeutsches  Wörterbuch.  Leipzig  1863  ff. 
Murray,  J.:  A  New  English  Dictionary  on  historical  principles.  Oxford  1888  ff. 
Naber,  F.:   Gotische  Präpositionen.  I.  Programm  Detmold  1879. 
Noreen,  A.:  Altnordische  Grammatik.  I.   Altisländische  und  altnorwegische 
Grammatik.  '  Halle  1903.  IL  Altschwedische  Grammatik.  Halle  1904. 
Notker  s.  Piper. 
Otfrid  s.  Erdmann. 
Overbeck,  J.  A.:   Glossarium  melitturgicum  oder  Bienen- Wörterbuch.  Bremen 

1765. 
Panl,  H.:  Mittelhochdeutsche  Grammatik.     Halle  1894. 

,.        :  Deutsches  Wörterbuch.    Halle  1897. 
Pfister,  H.  V. :   Nachträge  zu  Vilmars  Idiotikon  von  Hessen.     Marburg  1886. 
Piper,  P.:    Die  Schriften   Notkers  und  seiner  Schule.      Freiburg  i.  B.   und 

Tübingen  1882  (N.  Band,  Seite,  Zeile). 
Purtscher,  F.:  Die    untrennbaren    Partikeln    im    althochdeutschen    Tatian. 

Leipziger  Dissertation.     (Ihur  1901. 
Recha,  C:  Zur  Frage  über  den  Ursprung  der  perfektivierenden  Funktion  der 

Verbalpräfixe  .  .  .       Diss.   Dorpat  1892. 
Reinwald,  W.  F.:   Hennebergisches  Idiotikon.    Berlin  und  Stettin  1793,  1801. 
Richey,  M  :  Idioticon  Hamburgense.    Hamburg  1755. 
Richthof en,  K.  v. :  Altfriesisches  Wörterbuch.    Göttingen  1840. 
Scbambach,  G.:   Wörterbuch  der  niederdeutschen  Mundart  der  Fürstentümer 

Göttingen  und  Grubenhagen.     Hannover  1858. 
Schiller,  K.,  und  Lübben,  A.:   Mittelniederdeutsches    Wörterbuch.      Bremen 

1875  ff. 
Schmeller,  A.:   Bayerisches   Wörterbuch,    bearbeitet  von  K.  G.    Frommann. 

München  lh72,  1877. 
Schmid,  J.  Ch.  v. :  Schwäbisches  Wörterbuch.     Stuttgart  1831*). 
Schmidt,  K.  Ch.  L. :  Westerwäldisches  Idiotikon.  Hadamar  und  Herborn  1800. 
Schmidt,  Ch.:  Wörterbuch  der  Strassburger  Mundart.    Strassburg  1896. 
Schuller,  I.  K. :  Beiträge  zu  einem  Wörterbuch  der  siebenbürgisch-sächsiscben 

Mundart.    Prag  1865 
Schulze,  E.:  Gotisches  Glossar.    Magdeburg  1847. 

Schütze,  J.  F.:  Holsteinisches  Idiotikon.   Hamburg  1800-1802.  Altena  1806. 
Seiler,  G.  A.:   Die  Basler  Mundart.    Basel  1879. 

')  Das  grosse  Schwäbische  Wörterbuch  von  Fischer  ist  leider  noch  nicht 
so  weit  vorgeschritten,  dass  es  hätte  benutzt  werden  können. 


284 

Sicherer,   C.  A.  X.  G.  F.  en  Akveld,   A.  C:  Nederlandsch  -  Hoogdüitsch  en 

Hoogduitsch-Nederlandsch  Woordenboek.    Amsterdam  (o.  J.) 
Siebs,  Th.:    (jeschichte  der  friesischen  Sprache  (in  Pauls  Grnndriss  der  ger- 
manischen Philologie   '  I  1152  if.). 
Sievers,  E. :  Angelsächsische  Grammatik.    '  Halle  1898. 
;    Tatian.     Paderborn  1872  (T.  Kapitel,  Vers). 
:  Heliand.    Halle  1878  (Hei.  Vers). 
Stalder,  I.:  Versach  eines  schweizerischen  Idiotikon  .  .  .    Aarau  1812. 
Staub,  F.,  undTobler,  L. :  Schweizerisches  Idiotikon,  Wörterbuch  der  schweizer- 
deutschen Sprache.    Frauenfeld  1881  &. 
Steinmeyer,  E.,  und  Sievers,  E. :  Die  althochdeutschen  Glossen.  Berlin  1879  ff. 

(Gl.  Band,  Seite,  Spalte.) 
Stratmann,  F.  H.,  and  Bradley,  fl.:  A  Middle-English  Dictionary.  Oxford  1891. 
Streitberg,  W.:   Urgermanische  Grammatik.    Heidelberg  1896. 

,  :   Perfektiven,  imperfektive  Aktionsart  im  Germanischen.  PBrB. 

15,  70  ff. 
Tatian  s.  Sievers. 

Veith,  H. :   Deutsches  Bergwörterbuch.     Breslau  1870. 
Vilmar,  A.  F.  C. :   Idiotikon  von  Kurhessen.    Marburg  und  Leipzig  1868. 
Wächter,  I.  G. :   Glossarium  Germanicum.     Leipzig  1727. 
Wadstein,  E.:  Kleinere  altsächsische  Sprachdenkmäler  mit  Anmerkungen  und 

Glossar.  Norden  und  Leipzig  1899  (Wadst.  Seite,  Zeile). 
Weber,    F.   Bd.:    Allgemeines    terminologisches   «konomisches   Lexicon    und 

Idiotikon.    Neue  Ausgabe.     Leipzig  1838. 
Weinhold,  K.:  Beiträge  zu  einem  schlesischen  Wörterbuch.    Wien  1855. 
y,  :   Handschriftliche  Einträge  dazu  in  den  Handexemplaren  von 

Weinhold,   K.  Palm,   M.  Heinzel.    Breslauer  Stadtbibliothek 
Nr.  3035.     1.  2.  3. 
„  :  Handschriftliche  Sammlungen   zum  schlesischen   Wörterbuch, 

von  anderen  vermehrt  und  erweitert.    Breslauer  Stadtbiblio- 
thek Nr.  3036  '). 
„  :    Alemannische  Grammatik.     Berlin  1863. 

„  :    Bairische  Grammatik.    Berlin  1867. 

„  :  Mittelhochdeutsche  Grammatik.    ^  Paderborn  1883. 

Wilmanns,  W. :  Deutsche  Grammatik.  2.  Abt. :  Wortbildung.  '  Strassburg  1899. 
Woeste,  F. :  Wörterbuch  der  westfälischen  Mundart.  Norden  und  Leipzig  1882. 
Wustmann,  R. :  Verba  perfektiva,  namentlich  im  Heliand.  Leipzig  1893.  (Kritik 

von  Mourek,  V.  E.,  afda.  21  (1895)  S.  195  ff.) 
Zangemeister,  K.,  und  Braune,  W.:    Bruchstücke    der  altsächsischen  Bibel- 
dichtung aus  der  Bibliotheca  Palatina.    Heidelberg  1894  (Gen.  Vers). 

*)  Die  Breslauer  Stadtbibliothek  hat  mir  die  Sammlungen  bereitwillig 
und  dankenswert  zur  Verfügung  gestellt. 


,     v> 


•  VJ- 


Germanistische  Äbhandlnngen 

begründet  von 

Karl  Weinhold 

In  zwanglosen  Heften  herausgegeben 
Ton 


28.  Heft 

Der 

Münchener  Oswald 

Text  und  Abhandlung 


von 


Georg  Baesecke 


Breslau 

Verlag  von  M.  &  H.  Marcus 
1907 


Germanistische  Abhandlungen 

begsiUiiAet  von 

Karl  Weinhold 

in  zwangloien  Heften  herausgegeben  von 

Friedrioh  Vogt 


^Die  germanistischen  Abhandlungen  sollen  grammatische  und 
literargeschichtliche  Untersuchungen,  sowie  Textpublikationen  aus 
den  älteren  und  neueren  Perioden  der  germanischen  Sprachen 
bri;igen.  Auch  die  Geschichte  des  Lebens  unseres  Volkes  in  seinen 
verschiedenen  Stammen  und  Zeiten  wollen  sie  berücksichtigen^. 

Dies  früher  aufgestellte  Programm  bleibt  in  Geltung,  auch 
nachdem  der  Unterzeichnete  die  Herausgabe  dieser  Sammlung 
übernommen  hat.  Insbesondere  sollen  nach  wie  vor  Ausgaben 
keineswegs  von  ihr  ausgeschlossen  sein;  vielmehr  wird  bei  ihrer 
Fortführung  auf  di6  Herausgabe  wichtiger  Literaturdenkmäler, 
welche  bisher  noch  nicht  oder  doch  nur  ungenügend  veröffentlicht 
waren,  ein  besonderes  Augenmerk  gerichtet  werden.  Nicht  nur 
Arbeiten,  die  unter  der  Leitung  des  Herausgebers  entstanden  sind, 
soll  die  Sammlung  bringen;  sie  steht  allen  Beiträgen  offen,  welche 
geeignet  sind  die  germanistische  Wissenschaft  zu  fördern. 

Manuskripte  wolle  man  an  untenstehende  Adresse  senden. 

Prof.  Dr.  Friedrich  Vogt 

M  »  r  b  Q  r  g  a.  L.,  Bftmarckstrasse  7 


Der  MUnchener  Oswald 


Georg  Baesecke 


Gennanistische  Abhandlniigeii 


begründet 
von 

Karl  Weinhold 

herausgegeben 
Yon 

Friedrich  Vogt 


28.  Heft 
Der 

Münchener  Oswald 

Text  und  Abhandlung 

von 

Georg  Baesecke 


Breskii 

Verlag  von  M.  &,  H.  Marcus 


1907 


[)er 

Münchener  Oswald 

Text  und  Abhandlung 

von 

Georg  Baesecke 


Breslau 

Verlag  von  M.  &  H.  Marcus 

1907 


Vorwort. 


Die  Überlieferung  des  OswaldstofFes  ist  so  eigenartig,  daß  es 
last  unbegreiflich  scheint,  wie  sie  so  lange  unbeachtet  und  die 
allerphilologischste  Aufgabe  ungelöst,  beinah  unangegriffen  bleiben 
konnte.  Denn  sie  fUirt  uns  fast  widerwillig  stufenweis,  ununter- 
brochen aus  dem  15.  Jahrhundert  hinauf  in  die  Zeiten  Chlodwigs 
und  in  das  graue  Heidentum,  das  eine  romantische  Generation  so 
gern  mit  einem  einzigen  kühnen  Schwünge  erflog,  und  sie  er- 
weitert zugleich,  ihren  Inhalt  nach  Entstehen,  Wachstum  und 
Vermischung  fast  eindeutig  durch  die  immer  zahlreicher  außer- 
halb sichtbar  werdenden  Punkte  bestinmiend,  den  Blick  vom 
engsten  Gesichtskreise  des  Buchstäblichen  auf  die  nächsten  und 
die  immer  ferneren  Verwandtschaften  in  Dichtung  und  Sage  nicht 
nur  der  germanischen  Völker.  Fand  man  das  letzte  Gewand 
König  Oswalds  gar  zu  unkünstlerisch?  Oder  Altes  und  Neues 
gar  zu  eng  in  einander  verschlungen?  Aber  doch  nicht  so,  daß 
nicht  wenigstens  die  Enden  der  Fäden  sichtbar  wären  und  die 
Art  ihrer  Verknüpfung  das  Entwirren  lockte  und  lohnte!  Wie 
dem  auch  sei,  die  Augen  der  Besten  sind  nicht  darauf  gefallen, 
und  so  ist  nur  wenige  oberflächliche  Arbeit  daran  gewandt;  König 
Oswald  aber,  über  dessen  Gestalt  sich  greifbar  deutlich  wie  nirgend 
sonst  in  der  Heimat  Geschichte,  Legende,  Sage  und  Dichtung 
die  Hände  reichen,  ist  ein  Stiefkind  der  Forschung  geblieben,  und 
statt  daß  jetzt  die  Kenner  alle  Feinheiten  der  Sprache  und  Technik 
gegen  einander  abwägen  und  die  klar  aufgeteilten  Motive  hin- 
und  herwenden  könnten,  um  jedes  an  seinen  Platz  zu  stellen, 
statt  dessen  muß  erst  die  gröbste  Sonderung  vorgenommen  und 
die  Grundlage  fftr  eine  Rekonstruktion  hergerichtet  werden. 


VI 

Im  Jahre  1835  erschien  die  Ausgabe  Ettmüllers,  die  erste 
und  letzte  bisher.  Sie  enthält  die  Umschrift  des  Schaffhäoser 
cod.  S  in  ein  Mittelhochdeutsch.  Abweichende  Lesarten  von  M  und 
I  gaben  erst  Bartsch  1860  (Germania  V.  142  ff.)  und  Zingerle 
1875  (ZfdPh.  VI.  377ff.,  vgl.  Anz.  f.  Kunde  d.  d.  Vorzeit  1856, 
271  ff.)  Von  den  Prosaauflösungen  erschien  b,  1867  (von  Haupt 
abgedruckt  ZfdA.  Xm.  466fif.),  s  1875/76  (von  Edzardi  Germ,  XX, 
190ff.,  XXI.  171  ff.  Vgl.  Zingerle  AfKddVorz.  1857,  38ff.).  Mkb^u 
sind  noch  unveröffentlicht. 

Vom  Erscheinen  der  EttmQllerschen  Ausgabe  datiert  auch  die 
Unsicherheit  über  das  Alter  des  Gedichts.  Mone,  in  einer 
würdigen  Rezension  (Anz.  f.  Kunde  d.  d.  Vorzeit  IV.  414ff.), 
billigte  die  Verlegung  ins  12.  Jahrhundert,  indem  er  besonders  - 
die  Beime  (herren  :  geren,  vrouwen  :  trauwerty  vr6  :  Idd  u.  a.)  richtig 
beurteilte :  sie  „sind  nicht  hochteutsch,  sondern  niederländisch  und 
niederrheinisch^^  Über  den  Niederrhein  ist  man  sich  denn  auch 
einig  geblieben,  bis  Zwierzina,  übers  Ziel  hinausschießend,  diese 
Ansicht  modifizierte  (ZfdA.  XLIV.  252  ff.).  Für  das  12.  Jahrhundert 
stimmten  auch  Wackernagel  (Gesch.  d.  d.  Litt.  S.  163), 
E.  H.  Meyer  (ZfdA.  XH.  387ff.),  Goedeke  (Grundriß  l.  67). 
Schmellers  Bezension  der  Ettmüllerschen  Ausgabe  (Münchener 
gel.  Anz.  1836  S.  995ff.)  setzt  das  Gedicht  ins  14/15.  Jahr- 
hundert;  sie  läßt  eine  Prosa  vorausliegen,  die  „etwas  älter'^  ist. 
Zingerle  (Die  Oswaldlegende  und  ihre  Beziehungen  zur  deut- 
schen Mythologie,  Stuttgart  und  München  1855,  S.  8):  „Die 
ganze  Bearbeitung  von  der  Legende  von  St.  Oswalds  Leben,  wie 
sie  uns  Ettmüller  mitteilt,  stammt  nach  meiner  Ansicht  nicht  aus 
dem  12.  Jahrhundert.  Jedoch  finden  sich  einzelne  Stellen,  in 
denen  der  epische  Ton  so  gut  angeschlagen  ist,  als  in  den  besten 
Volksepopöen,  und  diese  weisen  auf  ein  hohes  Alter  zurück.^^ 
und  Zingerle  meint,  man  müßte  Altes  und  Neues  wohl  sondern 
können:  „Ich  glaube,  daß  die  uns  vorliegende  Legende  nur  eine 
Überarbeitung  und  Erweiterung  einer  alteren  Legende  ist,  die  zu 
Grunde  gelegt  wurde  und  aus  der  oft  ganze  Stellen  ungetrübt 
mit  herübergenommen  wurden^S  Mir  scheint  dies  richtiger  als 
das,  was  alle  Nachfolger  über  die  Art  der  Überlieferung  gesagt 
haben.  Bartsch  nimmt  drei  Stufen  an  (Germ.  V.  134ff.):  Das 
vorliegende  Gedicht  gehört  ins  14/15.  Jahrhundert,  seine  Vorlage 


vn 

soll  zu  Anfang  des  14.  entstanden  sein  (S.  135  und  142).  „Ich 
möehte  gleichwohl  die  Möglichkeit,  daß  es  ein  deutsches  Gedicht 
von  S.  Oswald  im  12.  Jahrhundert  gegeben,  nicht  bestreiten, 
nur  daß  wir  in  dem  uns  erhaltenen  eine  jüngere  Aibschrifl  des- 
selben haben,  ist  entschieden  abzuweisen"  (S.  142).  Und  weiter: 
„Eine  Vorstellung  von  dem  alten  Gedichte  uns  zu  machen,  wäre 
jedoch  unmöglich:  kaum  können  wir  die  Gestalt  des  zu  Anfang 
des  14.  Jahrhunderts  verfaßten  Gedichtes  erkennen."  Edzardi 
(Untersuchungen  über  das  Gedicht  von  St.  Oswald,  Leipzig  1876, 
S.  21)  läßt  das  EttmüUersche  Gedicht  aus  dem  13.  Jahrhundert 
stammen,  aber  ein  älteres  aus  dem  12.  vorausliegen.  Ebenso 
Berger  (PBB  XL  388/89  und  408).  Berger  wünscht  außerdem 
(S.  459)  eine  englische  Sagenfassung  des  9.  Jahrhundert«, 
S.  Schnitze  (Die  Entwicklung  der  deutschen  Oswaldlegende, 
Halle  1888,  S.  47/48)  eine  womöglich  noch  ältere  deutsche. 
Vogt  (Grundriß  *II.  231)  sagt  nur,  daß  der  Oswald  jünger  als 
der  Morolf  sei. 

Noch  schlimmer  fast  ist  die  Unsicherheit  über  das  Ver- 
hältnis der  drei  erhaltenen  Fassungen  zu  einander,  ganz 
zu  schweigen  von  den  hübschen  ästhetischen  Würdigungen.  Daß 
•MS  und  *zn  zusanmiengehören,  hatten  schon  Zingerle  (S.  69)  und 
Bartsch  (S.  174)  wahrgenommen,  aber  Berger  (S.  408)  postuliert 
wieder  drei  selbständige  Originalgedichte.  Dazu  wurden  für  ver- 
schiedene Stufen  der  Bearbeitung  alle  verfügbaren  Jahrhunderte 
in  Anspruch  genonmien,  und  oft  ist  eine  bestimmte  Meinung 
überhaupt  nicht  zu  erkennen. 

Deutlicher  kann  sich  wohl  nicht  zeigen,  daß  nicht  genug 
Fleiß  auf  diese  Dichtung  verwandt  ist. 

Um  den  Text  haben  sich,  abgesehen  von  der  Publikation 
der  Lesarten,  nur  Bartsch  und  Edzardi  (a.a.O.)  ernsthaft  bemüht. 
Bartsch  hat  Seime  und  Wortwahl  untersucht  und  zuerst  sein  Datum 
nicht  ausschliesslich  auf  bloße  Erwägungen  gestellt.  Edzardi  hat 
(Genn.  XX.  200)  das  Stemma  von  MIS  richtig  gegeben,  aber  durch 
die  falsche  Anordnung  von  b,  wie  mir  scheint,  sich  und  Berger  die 
Möglichkeit  entzogen,  den  versprochenen  Text  zu  liefern.  Bergers 
Aufsatz  ist,  was  das  Philologische  betrifft,  eine  gleichgiltige  Zu- 
sammenstellung des  Vorhandenen  ohne  etwas  nennenswertes 
Neues:  die  neuen  Folgerungen  stehen  in  der  Luft.    Ober  „Wort- 


Wiederholung,  ein  Stilmittel  im  .  .  .  Oswald  handelt  W.  Vogt 
(Germ.  Abhandlungen  XX,  Breslau  1902).  Für  den  Oswald 
fehlt  ihm  die  nötige  textliche  Grundlage.  Zu  den  Anmerkungen 
über  die  Wortwahl  standen  mir  außer  Bartsch  (s.  o.)  J.  J. 
Ammann,  Das  Verhältnis  von  Strickers  Karl  etc.,  Wien  1902, 
und  P.  Abel,  Veraltende  Bestandteile  des  mhd.  Wortschatzes, 
Erlangen  1902,  zur  Verfügung.  Kotzenberg,  „man^  frouwe, 
juncfrouwe^  Berlin  1906,  konnte  ich  nur  noch  zu  ein  paar  Nach- 
trägen benutzen.  Weit  mehr  als  diesen  Vorarbeiten  verdanke  ich 
Fr.  Vogts  Salman  und  Morolf  und  z.  B.  Zwierzinas  mhd.  Studien 
(ZfdA.  XLIVf.). 

Insbesondere  hätte  ich  mir  nach  Vogts  Charakteristik  des 
spielmännischen  Stils  sparen  sollen,  aus  allen  Dichtungen  rings- 
um die  formelhaften  Elemente  zu  buchen,  von  einem  Zettel  auf 
den  andern  zu  wälzen,  auf  meine  Verszahlen  zu  beziehen  und 
zu  sehen,  daß  im  DHB,  bei  Vogt,  in  Bergers  Orendel  und  an 
vielen  andern  Stellen  dasselbe  und  weit  mehr  verzeichnet  steht  — 
bei  Berger  auch  älteres  Höfische,  das  sonst  sehr  fehlt  — ,  sodaß 
man  dann  das  übrige  Seine  kaum  noch  anbieten  mag.  Aus 
Vogts  und  Bergers  Editionen  kann  man  nahezu  das  Stilistische 
des  Oswald  zusammenstellen,  und  in  einer  solchen  systematischen 
Vorführung  wäre  es  besser  aufgehoben  als  in  Anmerkungen,  die 
nichts  erklären.  Was  fehlt,  ist  vielmehr  eine  Zusammenstellung 
des  Formelhaften,  das  den  Spielmannsepen  nicht  gemeinsam  ist, 
und  eine  Anknüpfung  an  den  älteren  Stil,  wie  ich  sie  besonders 
durch  Hinweise  auf  die  Sammlungen  von  Kraus  versucht  habe. 

Die  strophische  Form  hat  Simrock  erkannt  (Orendel, 
Stuttgart  und  Tübingen  1845,  S.  XXVI— XXVHI).  Er  hat  sie 
aber  wieder  aufgegeben  (Die  Nibelungenstrophe  und  ihr  Ursprung, 
Bonn  1858,  S.  74f.).  E.  H.  Meyer  (ZfdA.  XE.  392)  brachte 
sie  von  neuem  zu  Ehren.  St robl  (Wiener  Sitzungsberichte  LXIV. 
462  ff.)  zeigte  eine  Art  der  Waisenbearbeitung.  Er  stellte  aber 
fälschlich  neben  die  Morolfstrophe  noch  die  Hildebrandstrophe:  darin 
seien  Teile  des  Gedichts  ursprünglich  abgefaßt.  Edzardis  Be- 
obachtung von  der  strophischen  Teilbarkeit  des  Gedichtes  nach 
der  Interpunktion  ist  richtig,  aber  seine  phantastischen  Konstruk- 
tionen sind  von  Rödiger  (AfDA.  E.  245 ff.)  so  scharf  wie  mög- 
lich, und  mit  Recht,  zurückgewiesen. 


IX 

Was  die  Sage  betrifft,  so  hat  schon  Mone  (a.a.O.)  auf  die 
Verwandtschaft  unsrer  „Heldenlegende"  mit  dem  Ortnit,  des 
Raben  mit  Alberich  anftnerksam  gemacht.  Er  denkt  an  einen 
Unterhändler  mit  Rabennamen.  (Scherer  QF  XÜ.  115  verglich 
den  Spervogel.)  Das  Oanze  sei  Normannische  Sage  des  9.  Jahr- 
hmiderts  und  im  11.  mit  nach  Unteritalien  gewandert:  denn  die 
Seereise  würde  beim  historischen  Oswald  nicht  passen.  Erweiterung 
und  Verlegung  nach  dem  Orient  durch  den  ersten  Kreuzzug. 
„Die  letzte  Gestaltung  der  Sage  gehört  wohl  der  Zeit  und  Heimat 
des  rheinischen  Dichters  an,  und  ihr  Merkmal  ist  der  Kreuzzug 
des  Königs,  wovon  die  Geschichte  vor  Konrad  HL  kein  Beispiel 
kennt."  Die  Dichtung  ist  nicht  angelsächsisch,  weil  Vorgeschichte, 
Schlachtentod  und  Nachkommen  fehlen.  „Die  Kinderlosigkeit 
des  Helden  ist  fQr  die  Sage  der  Brautfahrt  charakteristisch,  sie 
kommt  beim  Ortnit  und  Siegfried  vor."  Uhlands  Anmerkungen 
zu  seiner  Nacherzählung  des  Gedichtes  (Alte  hoch-  und  nieder- 
deutsche Volkslieder  Bd.  ÜI  und  IV)  sind  in  alle  folgenden 
Arbeiten  eingegangen,  soweit  sie  Sage  und  Legende  behandeln, 
auch  in  meine.  Zingerle  fand  Beziehungen  zur  Mythologie,  wie 
schon  der  Titel  seines  Büchleins  besagt.  Aber  ist  jemand  ein 
Oswald -Asenwalter- Wodan,  weil  er  Oswald  heißt?  Die  Ver- 
knüpfung alter  Gebräuche,  besonders  Emtegebräuche  mit  dem 
Kult  des  Heiligen  ist  jung.  Zingerle  hat  ja  auch  selbst  schon 
gesehen  (S.  87),  daß  sich  ein  auifallender  Unterschied  zeigt 
zwischen  der  kirchlichen  Vita  und  der  Dichtung,  zwischen  der 
kirchlichen  Vita  und  dem  Volksglauben.  Diesen  für  die  richtige 
Betrachtung  des  Überlieferten  höchst  wichtigen  Unterschied  deut- 
lich dargelegt  zu  haben,  ist  etwa  das  Verdienst  von  Bergers 
Arbeit  (Zweiter  Abschnitt).  Sie  behandelt  auch  eingehend  die 
Verbreitung  des  Oswaldkultus  und  die  bildlichen  Darstellungen 
(s.  u.  S.  265  Anm.)  und  gibt  noch  einige  Nachweise  aus  der 
älteren  poetischen  Literatur.  Das  fällt  nicht  in  den  Rahmen 
meiner  Arbeit.  Die  Dichtung  setzt  sich  nach  Berger  aus  vier 
selbständigen  Teilen  zusammen:  (S.  459)  „An  die  Vermählung 
Oswalds  mit  einer  heidnischen  Königin  knüpfte  im  Laufe  des 
9.  Jahrhunderts  die  Hildesage  an,  mit  den  geringen  Modifika- 
tionen, die  der  Charakter  der  Legende  nötig  machte.  Mit  dem 
Hinzutreten  der   ursprünglich  wohl  selbständigen  Babensage  und 


Wiederholung,  ein  Stilmittel  im  .  .  .  Oswald  handelt  W.  Vogt 
(Germ.  Abhandlungen  XX,  Breslau  1902).  Für  den  Oswald 
fehlt  ihm  die  nötige  teictliche  Grandlage.  Zu  den  Anmerkungen 
über  die  Wortwahl  standen  mir  außer  Bartsch  (s.  o.)  J.  J. 
Ammann,  Das  Verhältnis  von  Strickers  Karl  etc.,  Wien  1902, 
und  P.  Abel,  Veraltende  Bestandteile  des  mhd.  Wortschatzes. 
Erlangen  1902,  zur  Verfügung.  Kotzenberg,  ^mtm^  fromoe^ 
juncfrouwe''  Berlin  1906,  konnte  ich  nur  noch  zu  ein  paar  Nach- 
trägen benutzen.  Weit  mehr  als  diesen  Vorarbeiten  verdanke  ich 
Fr.  Vogts  Salman  und  Morolf  und  z.  B.  Zwierzinas  mhd.  Studien 
(ZfdA.  XLIVf.). 

Insbesondere  hätte  ich  mir  nach  Vogts  Charakteristik  des 
spielmännischen  Stils  sparen  sollen,  aus  allen  Dichtungen  rings- 
um die  formelhaften  Elemente  zu  buchen,  von  einem  Zettel  auf 
den  andern  zu  wälzen,  auf  meine  Verszahlen  zu  beziehen  und 
zu  sehen,  daß  im  DHB,  bei  Vogt,  in  Bergers  Orendel  und  an 
vielen  andern  Stellen  dasselbe  und  weit  mehr  verzeichnet  steht  — 
bei  Berger  auch  älteres  Höfische,  das  sonst  sehr  fehlt  — ,  sodaß 
man  dann  das  übrige  Seine  kaum  noch  anbieten  mag.  Aus 
Vogts  und  Bergers  Editionen  kann  man  nahezu  das  Stilistische 
des  Oswald  zusammenstellen,  und  in  einer  solchen  systematischen 
Vorführung  wäre  es  besser  aufgehoben  als  in  Anmerkungen,  die 
nichts  erklären.  Was  fehlt,  ist  vielmehr  eine  Zusammenstellung 
des  Formelhaften,  das  den  Spielmannsepen  nicht  gemeinsam  ist, 
und  eine  Anknüpfung  an  den  älteren  Stil,  wie  ich  sie  besonders 
durch  Hinweise  auf  die  Sanmilungen  von  Kraus  versucht  habe. 

Die  strophische  Form  hat  Simrock  erkannt  (Orendel, 
Stuttgart  und  Tübingen  1845,  S.  XXVI— XXVHI).  Er  hat  sie 
aber  wieder  aufgegeben  (Die  Nibelungenstrophe  und  ihr  Ursprung, 
Bonn  1858,  S.  74f.).  E.  H.  Meyer  (ZfdA.  XE.  392)  brachte 
sie  von  neuem  zu  Ehren.  St  roh  1  (Wiener  Sitzungsberichte  LXIV. 
462  ff.)  zeigte  eine  Art  der  Waisenbearbeitung.  Er  stellte  aber 
fälschlich  neben  die  Morolfstrophe  noch  die  Hildebrandstrophe:  darin 
seien  Teile  des  Gedichts  ursprünglich  abgefaßt.  Edzardis  Be- 
obachtung von  der  strophischen  Teilbarkeit  des  Gedichtes  nach 
der  Interpunktion  ist  richtig,  aber  seine  phantastischen  Konstruk- 
tionen sind  von  Rüdiger  (AfDA.  11.  245 ff.)  so  scharf  wie  mög- 
lich, und  mit  Recht,  zurückgewiesen. 


IX 

Was  die  Sage  betrifft,  so  hat  schon  Mone  (a.a.O.)  auf  die 
Verwandtschaft  unsrer  „Heldenlegende"  mit  dem  Ortnit,  des 
Raben  mit  Alberich  aufmerksam  gemacht.  Er  denkt  an  einen 
Unterhändler  mit  Rabennamen.  (Scherer  QF  Xu.  115  verglich 
den  Spervogel.)  Das  Ganze  sei  Normannische  Sage  des  9.  Jahr- 
hunderts und  im  11.  mit  nach  Unteritalien  gewandert:  denn  die 
Seereise  würde  beim  historischen  Oswald  nicht  passen.  Erweiterung 
und  Verlegung  nach  dem  Orient  durch  den  ersten  Kreuzzug. 
,,Die  letzte  Gestaltung  der  Sage  gehört  wohl  der  Zeit  und  Heimat 
des  rheinischen  Dichters  an,  und  ihr  Merkmal  ist  der  Kreuzzug 
des  Königs,  wovon  die  Geschichte  vor  Konrad  HI.  kein  Beispiel 
kennt."  Die  Dichtung  ist  nicht  angelsächsisch,  weil  Vorgeschichte, 
Schlachtentod  und  Nachkommen  fehlen.  „Die  Kinderlosigkeit 
des  Helden  ist  für  die  Sage  der  Brautfahrt  charakteristisch,  sie 
kommt  beim  Ortnit  und  Siegfried  vor."  Uhlands  Anmerkungen 
zu  seiner  Nacherzählung  des  Gedichtes  (Alte  hoch-  und  nieder- 
deutsche Volkslieder  Bd.  HI  und  IV)  sind  in  alle  folgenden 
Arbeiten  eingegangen,  soweit  sie  Sage  und  Legende  behandeln, 
auch  in  meine.  Zingerle  fand  Beziehungen  zur  Mythologie,  wie 
schon  der  Titel  seines  Büchleins  besagt.  Aber  ist  jemand  ein 
Oswald -Asenwalter- Wodan,  weil  er  Oswald  heißt?  Die  Ver- 
knüpfung alter  Gebräuche,  besonders  Emtegebräuche  mit  dem 
Kult  des  Heiligen  ist  jung.  Zingerle  hat  ja  auch  selbst  schon 
gesehen  (S.  87),  daß  sich  ein  auffallender  Unterschied  zeigt 
zwischen  der  kirchlichen  Vita  und  der  Dichtung,  zwischen  der 
kirchlichen  Vita  und  dem  Volksglauben.  Diesen  für  die  richtige 
Betrachtung  des  Überlieferten  höchst  wichtigen  Unterschied  deut- 
lich dargelegt  zu  haben,  ist  etwa  das  Verdienst  von  Bergers 
Arbeit  (Zweiter  Abschnitt).  Sie  behandelt  auch  eingehend  die 
Verbreitung  des  Oswaldkultus  und  die  bildlichen  Darstellungen 
(s.  u.  S.  265  Anm.)  und  gibt  noch  einige  Nachweise  aus  der 
älteren  poetischen  Literatur.  Das  fällt  nicht  in  den  Rahmen 
meiner  Arbeit.  Die  Dichtung  setzt  sich  nach  Berger  aus  vier 
selbständigen  Teilen  zusammen:  (S.  459)  „An  die  Vermählung 
Oswalds  mit  einer  heidnischen  Königin  knüpfte  im  Laufe  des 
9.  Jahrhunderts  die  Hildesage  an,  mit  den  geringen  Modifika- 
tionen, die  der  Charakter  der  Legende  nötig  machte.  Mit  dem 
Hinzutreten  der   ursprünglich  wohl  selbständigen  Babensage  und 


vnr 

Wiederholung,  ein  Stilmittel  im  .  .  .  Oswald  handelt  W.  Vogt 
(Genn.  Abhandlungen  XX,  Breslau  1902).  Für  den  Oswald 
fehlt  ihm  die  nötige  textliche  Grundlage.  Zu  den  Anmerkungen 
über  die  Wortwahl  standen  mir  außer  Bartsch  (s.  o.)  J.  J. 
Ammann,  Das  Verhältnis  von  Strickers  Karl  etc.,  Wien  1902, 
und  P.  Abel,  Veraltende  Bestandteile  des  mhd.  Wortschatzes, 
Erlangen  1902,  zur  Verfügung.  Kotzenberg,  »tTtan,  frouwe^ 
juncfrouwe'^  Berlin  1906,  konnte  ich  nur  noch  zu  ein  paar  Nach- 
trägen benutzen.  Weit  mehr  als  diesen  Vorarbeiten  verdanke  ich 
Fr.  Vogts  Salman  und  Morolf  und  z.  B.  Zwierzinas  mhd.  Stadien 
(ZfdA.  XLIVf.). 

Insbesondere  hätte  ich  mir  nach  Vogts  Charakteristik  des 
spielmännischen  Stils  sparen  sollen,  aus  allen  Dichtungen  rings- 
um die  formelhaften  Elemente  zu  buchen,  von  einem  Zettel  auf 
den  andern  zu  wälzen,  auf  meine  Verszahlen  zu  beziehen  und 
zu  sehen,  daß  im  DHB,  bei  Vogt,  in  Bergers  Orendel  und  an 
vielen  andern  Stellen  dasselbe  und  weit  mehr  verzeichnet  steht  — 
bei  Berger  auch  älteres  Höfische,  das  sonst  sehr  fehlt  — ,  sodaß 
man  dann  das  übrige  Seine  kaum  noch  anbieten  mag.  Aus 
Vogts  und  Bergers  Editionen  kann  man  nahezu  das  Stilistische 
des  Oswald  zusammenstellen,  und  in  einer  solchen  systematischen 
Vorführung  wäre  es  besser  aufgehoben  als  in  Anmerkungen,  die 
nichts  erklären.  Was  fehlt,  ist  vielmehr  eine  Zusammenstellung 
des  Formelhaften,  das  den  Spielmannsepen  nicht  gemeinsam  ist, 
und  eine  Anknüpfung  an  den  älteren  Stil,  wie  ich  sie  besonders 
durch  Hinweise  auf  die  Sanoimlungen  von  Kraus  versucht  habe. 

Die  strophische  Form  hat  Simrock  erkannt  (Orendel, 
Stuttgart  und  Tübingen  1845,  S.  XXVI— XXVHI).  Er  hat  sie 
aber  wieder  aufgegeben  (Die  Nibelungenstrophe  und  ihr  Ursprung, 
Bonn  1858,  S.  74f.).  E.  H.  Meyer  (ZfdA.  XE.  392)  bracht« 
sie  von  neuem  zu  Ehren.  Strobl  (Wiener  Sitzungsberichte  LXTV. 
462  flf.)  zeigte  eine  Art  der  Waisenbearbeitung.  Er  stellte  aber 
fälschlich  neben  die  Morolfstrophe  noch  die  Hildebrandstrophe:  darin 
seien  Teile  des  Gedichts  ursprünglich  abgefaßt.  Edzardis  Be- 
obachtung von  der  strophischen  Teilbarkeit  des  Gedichtes  nach 
der  Interpunktion  ist  richtig,  aber  seine  phantastischen  Konstruk- 
tionen sind  von  Rödiger  (AfDA.  H.  245 flf.)  so  scharf  wie  mög- 
lich, und  mit  Recht,  zurückgewiesen. 


IX 

Was  die  Sage  betrifffc,  so  hat  schon  Mone  (a.a.O.)  anf  die 
Verwandtschaft  unsrer  „Heldenlegende^'  mit  dem  Ortnit,  des 
Kaben  mit  Alberich  aufmerksam  gemacht.  Er  denkt  an  einen 
Unterhändler  mit  Babennamen.  (Scherer  QF  XII.  115  verglich 
den  SpervogeL)  Das  Ganze  sei  Normannische  Sage  des  9.  Jahr- 
hnnderts  und  im  11.  mit  nach  Unteritalien  gewandert:  denn  die 
Seereise  würde  beim  historischen  Oswald  nicht  passen.  Erweiterung 
nnd  Verlegung  nach  dem  Orient  durch  den  ersten  Ereuzzug. 
„Die  letzte  Gestaltung  der  Sage  gehöri:  wohl  der  Zeit  und  Heimat 
des  rheinischen  Dichters  an,  und  ihr  Merkmal  ist  der  Ereuzzug 
des  Eönigs,  wovon  die  Geschichte  vor  Eonrad  Xu.  kein  Beispiel 
kennf  Die  Dichtung  ist  nicht  angelsächsisch,  weil  Vorgeschichte, 
Schlachtentod  und  Nachkonmien  fehlen.  „Die  Einderlosigkeit 
des  Helden  ist  ffir  die  Sage  der  Brautfahrt  charakteristisch,  sie 
kommt  beim  Ortnit  und  Siegfried  vor."  Uhlands  Anmerkungen 
zu  seiner  Nacherzählung  des  Gedichtes  (Alte  hoch-  und  nieder- 
deutsche Volkslieder  Bd.  HI  und  IV)  sind  in  alle  folgenden 
Arbeiten  eingegangen,  soweit  sie  Sage  und  Legende  behandeln, 
auch  in  meine.  Zingerle  fand  Beziehungen  zur  Mythologie,  wie 
schon  der  Titel  seines  Büchleins  besagt.  Aber  ist  jemand  ein 
Oswald -Asenwalter- Wodan,  weil  er  Oswald  heißt?  Die  Ver- 
knüpfung alter  Gebräuche,  besonders  Emtegebräuche  mit  dem 
Kult  des  Heiligen  ist  jung.  Zingerle  hat  ja  auch  selbst  schon 
gesehen  (S.  87),  daß  sich  ein  auffallender  Unterschied  zeigt 
zwischen  der  kirchlichen  Vita  und  der  Dichtung,  zwischen  der 
kirchlichen  Vita  und  dem  Volksglauben.  Diesen  für  die  richtige 
Betrachtung  des  Überlieferten  höchst  wichtigen  Unterschied  deut- 
lich dargelegt  zu  haben,  ist  etwa  das  Verdienst  von  Bergers 
Arbeit  (Zweiter  Abschnitt).  Sie  behandelt  auch  eingehend  die 
Verbreitung  des  Oswaldkultus  und  die  bildlichen  Darstellungen 
(s.  u.  S.  266  Anm.)  und  gibt  noch  einige  Nachweise  aus  der 
älteren  poetischen  Literatur.  Das  fällt  nicht  in  den  Bahmen 
meiner  Arbeit.  Die  Dichtung  setzt  sich  nach  Berger  aus  vier 
selbständigen  Teilen  zusammen:  (S.  459)  „An  die  Vermählung 
Oswalds  mit  einer  heidnischen  Eönigin  knüpfte  im  Laufe  des 
9.  Jahrhunderts  die  Hildesage  an,  mit  den  geringen  Modifika- 
tionen, die  der  Charakter  der  Legende  nötig  machte.  Mit  dem 
Hinzutreten  der   ursprünglich  wohl  selbständigen  Babensage  und 


in 

des  Überlieferten  zu  ersetzen.  Damit  geschähe  aber  nichts  Ver- 
dienstliches, nur  Selbstverständliches. 

So  weiche  ich  in  der  Auffassung  der  Hildesage  weit  von 
Panzer  ab,  auch  von  den  übrigen  Erklärern,  und  wenn  mich 
etwas  dabei  ängstlich  macht,  so  ist  es  das  Beispiel  der  Panzer- 
schen  Deduktionen:  zu  welcher  Dialektik  einen  guter  Glaube  yer- 
führen  kann.  Auch  bei  den  übrigen  Sagen  fühle  ich  mich 
einigermaßen  verlassen,  kann  z.  B.  bei  Saxo  nicht  Olrik  folgen. 
Ich  will  da  nicht  weiter  aufzählen;  nur  noch,  daß  ich  in  der 
Beurteilung  der  Herbortsage  meist  mit  Dorsch  übereinstimme 
(Zur  Herbortsage,  Halle  1902,  besonders  S.  50ff.). 

Die  letzte  Krönung  aber  solcher  Vergleiche  verdanke  ich, 
unumwunden,  Voretz seh ens*  „Epischen  Studien"  (I,  Halle  1900). 
Zwar  daß  Chlodwig  ==  Hugdietrich  wäre,  kann  ich  nicht  ohne 
weiteres  glauben;  aber  daß  schon  Chlodwig  ein  Held  der  Sagen 
vom  Brautfahrttypus  geworden  ist,  das  scheint  mir  sicher,  und 
ich  finde  eine  beweisende  Ähnlichkeit  in  dem  Verhältnis  der 
Überlieferungen  von  Albero,  dem  Trierschen  Erzbischof,  zu  der 
Morolfsage.  (Vgl.  Fr.  Panzer,  German.  Abh.  H.  Paul  dargebracht, 
Straßburg  1902,  S.  303ff.). 

Das  sind  die  benutzten  Vorarbeiten;  minder  Wichtiges  oder 
Vereinzeltes  ist  im  Texte  angegeben.  Was  ich  übernommen 
habe,  ist  durchgängig  verzeichnet,  entweder  hier  oder  im  Zu- 
sammenhang und  womöglich  nach  den  ältesten  Gewährsmännern. 
Dagegen  habe  ich,  soviel  es  nur  anging,  alle  Polemik  unterdrückt. 
Denn  es  ist  meine  Ansicht,  daß  sie  unausweichlich  die  Reinheit 
der  Gründe  trübt.  Und  überdies  hätte  sie  schlecht  in  die  An- 
ordnung gepaßt,  die  ich  wollte  und  die  sich  dann  aus  eigener 
Kraft  durchsetzte:  denn  es  war  mein  Ehrgeiz,  daß  auch  andere, 
betrachtend  und  genießend,  die  lückenlosen  Kettenglieder  einer 
solchen  Überlieferung  an  sich  vorüberziehen  lassen  könnten, 
ohne  je  plötzlich,  auf  Treu  und  Glauben,  das  Unsichere  statt  an 
das  Zugestandene  an  ein  Unbekanntes  knüpfen  zu  müssen. 

So  steige  ich  von  den  Handschriften  zu  ihrem  Archetypus 
empor.  Es  zeigt  sich,  daß  er  Bearbeitung  ist  einer  älteren,  mit 
in  ihm  erhaltenen,  schon  zusammengesetzten  Dichtung.  Dasselbe 
Spiel  wiederholt  sich  unter  den  drei  erhaltenen  Fassungen:  auch 
ihr  Archetypus  wird  rekonstruiert  und  zeigt  sich  zusammengesetzt, 


TTTT 

ans  L^iende  und  Brantwerbongssage.  Die  Legende  wird  —  wie 
das  SpielmäiinisclLe,  das  also  echter  ,yMimus'^  ist  —  als  äufier- 
Uche  Zntat  erkannt,  und  ein  dritter  Vorstoß  fUhrt,  indem  immer 
das  Nene  die  yorangehenden  Annahmen  bestätigen  mnß,  zu  dem 
Ursprung  der  germanischen  Werbnngssagen  Oberhaupt.  Danach 
gilt  es  dann,  das  Oedicht  in  sich  abzugrenzen  und  herzustellen 
mit  allen  Mitteln  philologischer  Kritik  und  schließlich  allen 
Teüen  Zeit,  Ort  und  Bubrik  anzuweisen.  Damit  ist  erst  be- 
gonnen. Zwar  sind  Strophe  und  Beim  ausgeputzt,  soweit  es  zu- 
nächst m^^lich  ist,  aber  die  Einteilung  in  Strophen  beruht,  ab- 
gesehen Yon  den  Langversen,  noch  auf  der  Voraussetzung,  daß 
der  Strophenschluß  eine  Interpunktion  mache,  stärker,  als  irgend 
eine  in  den  vier  Versen  vorher  und  vier  nachher;  die  Stärke 
aber  einer  Interpunktion  bestimme  ich  im  letzten  Grunde  doch 
nach  meinem  Gefühl,  trotz  aller  stilistischer  Untersuchungen 
(s.  z.  B.  S.  319).  Desgleichen  bedarf  die  Betrachtimg  des  Vers- 
baus viel  tieferer  Fundamente.  Ihm  ist  um  so  schwerer  beizu- 
kommen, als  Langverse  unter  den  normalen  stecken  mfissen,  als 
wir  Ober  die  Möglichkeiten  der  TaktfGLUung,  Betonung  und  Miß- 
betonung, ev.  auch  Silbenzählung  in  den  einzelnen  Teilen  nichts 
wissen  und  nach  der  Zerlegung  des  Ganzen,  hier  wie  sonst,  nicht 
vom  100.  Fall  auf  den  101.  schließen  dfirfen.  Stil  und  Wort- 
schatz sind  nur  erst  im  Hintergrunde  ausgenutzt.  Das  Formel- 
hafte bringt  allerdings  so  gut  wie  garkeine  Ausbeute,  weil 
gerade  da  die  Beimbearbeitung  —  die  eben  statt  Gedanken 
Fonneln  braucht  —  vieles  Neue  unlöslich  in  das  Alte  hinein- 
g^eilt  hat.  Auch  die  lexikalischen  Anmerkungen  versuchen  nur 
erst,  Schreibereigentfimlichkeiten  des  15.  Jahrhunderts  zu  subtra- 
hiere, nicht  das  Echte  eines  Archetypus  festzulegen,  der  ein 
Konglomerat  ist  ohne  Einheitlichkeit.  Bei  solcher  allgemeinen 
Unsicherheit  mfissen  dann  die  Einzelergebnisse  ihre  Wahrschein- 
lichkeit gegenseitig  zu  immer  größerer  Gewißheit  steigern. 
Denn  daß  ich  die  einzig  mögliche  Aufteilung  der  Verse  gefunden 
hätte,  glaube  ich  nicht  mehr,  wie  noch  vor  zwei  Jahren,  und  daß 
die  Tabelle  S.  349  fiT.  zu  viel  sagt,  möge  man  mir  nicht  erst  vor- 
halten. Dafär  sagt  die  Textgestaltung  um  so  weniger,  und  in 
diesen  Grenzen  liegt  gewiß  das  Bichtige.  Sie  bemfiht  sich  dana- 
idiach,    durch  Sprachgewand  und  Interpunktion    das  Ge* 


XIV 

dicht  nach  seiner  letzten  Bearbeitung  als  zusammen- 
hängendes, einheitliches  Ganze  darzustellen,  so  sehr  es 
auch  überall  klaffen  mag.  So  kann  jeder  ohne  aufgedr&ngtes 
Vorurteil  an  den  Text  herantreten  und  die  alte,  oft  stsA  ab- 
weichende Sprache  und  Interpunktion  hineinlesen.  Ich  wußte 
keine  bessere  Auskunft.  Denn  ich  finde  nicht  den  Mut  —  sanft 
gesagt  —  der  MüUenhoffschen  Einleitung  zur  Eudrun,  der  die 
philologische  Aufgabe  verkehrend,  fast  auch  das  d6c  }iot  icoo  9t& 
des  Archimedes  verschmähend,  den  Leser  aufforderte,  an  den  aus- 
geschiedene  „echten^^  Strophen  den  Ton  der  echten  Strophen 
kennen  zu  lernen  und  dann  zur  Ausscheidung  der  unechten  an 
die  von  Vorausnahmen  aller  Art  strotzende  Abhandlung  zu  gehen. 
Mein  Ziel  ist  näher  gesteckt,  und  wenn  überhaupt,  ist  es  dem 
epigonischen  Pilger,  der  auch  noch  die  Last  der  letzten  60  Jahre 
tragen  soll,  nicht  in  einem  Sturmmarsche  zu  erreichen.  Es  rückt 
femer  im  Wandern,  und  auch  ich  entschließe  mich  nach  noch 
und  noch  einem  Stückchen  Weges,  für  diesmal  ein  Ende  zu 
machen.  Wo  und  wie  es  weitergehen  müßte,  habe  ich  angedeutet 
Die  Anregung  zu  dieser  Arbeit,  und  damit  etwas  Großes, 
verdanke  ich  Edward  Schröder.  In  den  ersten  Monaten  des 
Jahres  1902,  in  Marburg,'  habe  ich  begonnen,  habe  dort  noch 
MMkW  abgeschrieben  und  IS,  später  in  Berlin  sbib^u  v&- 
glichen.  Die  Bibliotheken  von  München,  Wien,  Innsbruck,  Schaff- 
hausen, Berlin,  Budapest  und  Trier  stellten  mir  ihre  Hand- 
schriften bereitwillig  zur  Verfügung.  Nur  die  öffentliche  Biblio- 
thek in  Bergen  (Dept.  du  Nord)  und  die  Metropolitanbibliothek 
in  Olmütz  ließen  mich  in  sticht-  Die  KOnigl.  Bibliothek  in 
Brüssel  schickte  mir  Nachricht  über  eine  Handschrift  und  habe 
auch  dafCbr  meinen  Dank;  W.  Braune  unterrichtete  seinen  alten 
Schüler  auf  das  freundlichste  von  einem  Palatinus.  So  hoffe  ich, 
daß  meine  Ausrüstung  ft&r  die  Verstezte  einigermaßai  vollständig 
ist;  die  Berliner  Sammlung  von  Handschriftenkatalogen  habe  ich, 
wenigstens  was  die  Lande  deutscher  Zunge  betrifft,  ganz  durchsucht 
Bei  der  Prosa  der  Heiligenleben  dagegen  habe  ich  mich  mit  Be» 


*)  Inzwischen  hat  mir  die  fretmdliehe  Vermittlung  der  Herren  Bnr- 
daeh,  Seemüller  und  Hobich  von  P  Eobliha  in  Olmfits  die  Bilaubnis 
erwirkt,  den  cod.  0  an  Ort  und  Stelle  zu  benutien. 


XV 

wnßtsein  auf  das  VerOfFentlichte  beschränkt.  Das  ist  eine  schlimme 
Schwäche  meiner  Arbeit,  aber  ich  mußte  eine  Orenze  finden. 

Mit  Zeitschriften  hat  mich  in  nie  gekannter  Liberalität  das 
Joachimsthalsche  Gymnasium  auf  Jahr  und  Tag  beliehen.  Die 
Berliner  Egl.  Bibliothek  gestattete  mir  Einsicht  in  den  Sprachatlas. 

Meinem  lieben  Freunde  Bögel  in  Kreuzburg,  der  treulich  die 
Korrekturen  mitgelesen  hat,  danke  ich  besonders  manchen  Wink, 
der  der  Lesbarkeit  meines  Buches  zugute  gekommen  ist; 
mein  Bruder  Herman  durchsuchte  f&r  mich  ganze  Reihen  von 
ürkundenbänden  und  meine  Frau  ergab  sich  mit  mir  dem 
Indexmachen. 

Schließlich  aber  fBge  ich  fftr  dieses  Vorwort  wie  fftr  mein 
ganzes  Buch  das  große  Vielleicht  an,  das  so  manche  ungern  ent- 
behren, das  aber  in  einer  Untersuchung,  die  sich  nur  durch 
tausendftltiges  Probieren  und  Immerwiederprobieren  dem  ewigen 
circulus  vitiosus  entwindet,  gänzlich  selbstverständlich  ist  oder 
Yor  jeder  Zeile  stehen  müßte.  Am  Ende  werden  doch  nur  die 
großen  Orundlinien  richtig  sein.  Aber  die,  hoffe  ich,  werden 
richtig  sein.  Und  wenn  nicht,  wenn  gar  einmal  der  alte  Codex 
*Mz  oder  sonst  einer  auftauchte  und  mich  Lügen  strafte,  dann 
möge  man  mir  zugute  halten,  daß  die  Wirklichkeit  sich  tag- 
täglich unendlich  viel  mehr  Unwahrscheinliches  erlaubt,  als  einer 
Hypothese  jemals  geglaubt  werden  könnte. 

Das  erste  Manuskript  wanderte  in  die  Druckerei  am  24.  Ok- 
tober 1905,  die  letzte  Bevision  am  1.  ^November  1907. 

Du  hast  mich  durch  sechs  schicksalschwere  Jahre  geleitet! 
—  Addio! 

Charlottenburg. 

Georg  Baesecke. 


Inhaltsverzeichiiis. 


Vorwort: I— XV. 

Voraibeiten:  Ausgaben:  VI,  —  Datierang:  VI,  —  Ver- 
h&ltnifl  des  Münchener  Oswald  zu  den  übrigen:  VII,  — 
Sprache  und  Kritik:  VII,  ^  Strophische  Form :  VIII,  — 
Sage:  IX.  —  Meine  Arbeit  and  was  ftbrig  bleibt:  Xn. 

InhaltsTcrzeichnis: XVII— XVIIL 

Text: 1—165 

Vorbemerkungen  zum  Text: 2 

167—889 

1.  Die  haiidsehrinilelie  überUefenug: 169^200 

1.   Die  Handschriften:  169—88. 

M:  169,  —  I:  169,  -  S:  170,  —  Mk:  171,  —  s:  171,  — 
b:  175,  —  u:  180,  —  b,:  182. 
,  2.   Gruppierung  der  Handschriften:  188 — 89. 

ß:  183,  --  sß:  185,  —  Mksß:  186,  —  MISsß:  186. 

3.  Die  Zwischenaberlieferung:  189—99. 
♦M:  189,  —  •!:  190,  —  •s:  191,  —  «ß:  191,  —  mk:  198, 
—  *S**S:  198,  —  Stemma  der  Handschriften:  199. 

4.  Folgerungen:  199—200. 
IL  Spraehe  und  Heimat: 201—218 

1.  Bairische  Reime  von  *MS:  201. 

2.  Sprache  des  alten  Gedichtes  aus  der  Pallographie: 
201—6.    (Lokalisierung:  208.) 

3.  Sprache  des  alten  Gedichts  aus  den  Heimen:  206-^12. 
Erhaltene  Reime:  206,  —  Vierreime:  207,  —  Parallil- 
yerse:  209. 

.4.  Der  bairische  Bearbeiter  B:  212—13. 
UL  Inluüt:      214—309 

1.  »MS:  214—21. 

2.  *MS  und  die  Prosa  *zn:  221—28. 

3.  *MS  und  das  Wiener  Gedicht  ^0:  229—87. 

4.  »MS,  ♦zn  und  »WO:  238-61. 
(Tabelle  der  Motive:  238-45.)  ^ 


xvm 

5.  Geschichte  und  Legende:  261—65. 

Beda:  261,  —  Reginald:  263,  —  Drogo:  264. 

6.  Die  Brautwerbnngsgeschichte:  266 — 309. 

Tabelle  der  Motive  in  den  yerwandten  Sagen:'  266;  — 
Dietrichs  Flucht:  273,  —  Hugdietrich:  273,  —  Kud- 
run  II:  274,  —  (Hjadhninga  vfg:  276,  — )  Kudrun  UI : 
285,  -  (Snio:  286,  ~)  Herbort:  288,  —  AttUa:  290, 

—  Rother  I:  290,  —  Ortnit:  291,  —  The  Scottish 
Sqnire:  293,—  Hjönrardhr:  294,  —  Apollonius:  295, 

—  Nibelungen:  296,  —  Chlodwig:  298,  —  Berch- 
tuDg:  301,  —  Mythologie:  303,  —  Folgerungen  ffir 
den  Oswald:  304. 

IV.  Pom: 310—362 

1.  Strophen:  310—30. 

Strophen  in  0:  310,  —  in  »MW:  322,  —  in  ♦Mz:  328, 

—  in  »MS  rMSi):  325,  —  im  Schlüsse  (♦MS,):  327,- 
Unstrophische  Interpolationen  in  *MS  («  ^MS,) :  329. 

2.  Verse:  330—39. 

Zu  lange  Verse:  330,—  (Apokope:  330>— )  in  kurze:  338. 

3.  Reime:  339—48. 

Doppeldeutige  Reime:  339  (äomun,  mannen,  em^tfiatgen, 
gegangen:  339,  —  hinnen,  küniginne:  340,  —  geren,  Herren 
341),  —  Unreine  Reime  in  0:  342,  —  •MW:  348,— 
•Mz:  344,  -  ♦MSj:  344,  -  »MS,:  344,  -  »MS, :  344 
•MS4:  345,  —  Übersicht:  346. 

4.  Übersicht  über  Aufteilung  und  strophische  Gliederung 
des  Gedichtes:  349—62. 

V.  Chronologie  und  Sehloss: 368—389 

•MS4«=B:  363,  —  »MS,:  365,  —  •MS„:  370,  — 
♦Mz:  375,  —  ♦MW:  876,  —  (Filiation  der  drei  Oswald- 
fassungen :  377,  — )  0 :  377,  —  Zusammenfassung  und 
Chai-akteristik:  381. 

AnmerkaBgen  nnd  VenoiehHiaset 391—445 

I.  Anmerkungen  und  Verzeichnis  der  in  der  Abhandlung 

besprochenen  Verse:    391—435. 
IL  Alphabetisches   Verzeichnis     der    behandelten    und 
der  nach  den  Lesarten  ungel&ufigen  Worte:  485—39. 
IIL  Alphabetisches  Verzeichnis  zur  Abhandlung:  489 — 45. 


TEXT 


Ich  habe  den  Text  des  Münchener  Oswald  in  eine  Unifonn  gesteckt,  die 
ihm  zu  keiner  2^it  ganz  gepaßt  hätte,  die  aber  doch  die  gröbsten  Unebenheiten 
ausgleicht.  Dazu  sind  die  pedantisch  vollständigsten  Wortbildcr  gewählt,  das 
Apokopieren,  Elidieren  u.  dergl.  ganz  dem  Leser  Überlassen,  das  rein  Dialektische 
der  Laute  ist  unsichtbar  gemacht,  dem  Reime  nur  im  Nötigsten  nachgegeben. 
Nirgends  habe  ich  einer  Theorie  der  Strophe,  des  Lang-  oder  Kurzverses,  der 
Metrik,  des  Reims,  des  Inhalts  und  seiner  Teilung  zuliebe  ein  Wort  ge&ndeit, 
zugefügt  oder  gestrichen,  ohne  daß  ich  durch  Klammern  darauf  hingewiesen  hätte : 
Kodex  M  liegt  dem  Texte  zugrunde,  aber  aufgenommen  ist  nur,  was  d.is  Stemma 
und  die  Eigenheit  der  Überlieferungen  forderten  oder  parallele  Verse  an  die  Hand 
gaben;  Konjekturen'  sind  besonders  besprochen.  Es  fehlt  also  auch  alles  Alte, 
das  die  Handschriften  nicht  mehr  hatten,  z.  B.  die  Doppelnegation  in  den  aller- 
meisten Fällen,  das  swer,  swie  u.  s.  w.;  es  ist  aber  Überall  da  eingesetzt,  wo  es 
auch  nur  eine  Handschrift  darbot.  Die  wirkliche  Herstellung  des  alten  Gedichts 
und  der  Zutaten  ist  erst  noch  zu  leisten. 

Im  kritischen  Apparat  sind  verarbeitet  die  Vershandschriften: 

M  und  Mk  (Kainrisches  Bruchstück)  derKgLHof-  und  Staatsbibliothek  zu  München, 

I  des  Ferdinandeums  zu  Innsbruck, 

S  der  Bibliothek  zu  Schafifhausen, 
die  Prosaauflösungen: 

S  der  KgL  Öffentlichen  Bibliothek  zu  Stuttgart» 

b  der  Kgl.  Bibliothek  zu  Berlin, 

U  des  Ungarischen  Nationalmuseums  zu  Budapest,  b-f~U  ist  durch  ß  bezeichnet. 
Es  sind  immer  alle  nicht  lautlich-orthographischen  oder  gegen  das  Zu- 
sammenstimmen aller  Vershandschriften  einzig  durch  die  Prosen  vertretenen  Les- 
arten aller  Handschriften  kenntlich  gemacht,  die  etwas  Entsprechendes  haben, 
nicht  bloß  die  der  abweichenden;  man  übersieht  also  bei  einer  jeden  gegebenen 
Lesart  die  gesamte  Überlieferung.  Dieses  Umständliche  ist  nötig,  weil  infolge 
der  Selbständigkeit  der  Prosen  oft  der  Handschriftenbestand,  also  auch  die  Gewähr 
von  Zeile  zu  Zeile  wechselt.  Nicht  berücksichtigt  sind  bei  diesem  System  1)  Mk, 
das  nur  eine  bestimmte  kurze  Reihe  von  Versen  enthält  und  2)  die  Prosen,  soweit 
es  sich  um  Wortstellung  handelt.  Trotzdem  ist  zur  Hervorhebung  besonders  an- 
gegeben, wenn  ein  Vers  in  M 1 S  fehlt,  und  in  dem  Falle  ist  auch  über  s  b  U  aus- 
gesagt, ob  sie  ein  entsprechendes  Wort  bieten.  Verlassen  ist  das  System  nur  bei 
besonders  —  dialektisch,  paläographisch  —  interessierenden  Lesarten  einzelner  Hand- 
schriften ;  dann  erinnert  ein  *,  daß  hier  nicht  die  ganze  Überlieferung  aufgeführt  ist. 
Die  Lesarten  sind  in  der  Orthographie  der  Handschriften  gegeben,  nur 
drucke  ich  im  Silbenanlaut  z  für  cz^  das  oft  nicht  davon  zu  unterscheiden  ist, 
betrachte  do  —  dä^  weil  sie  nach  Bedeutung  und  Laut  verwechselt  werden,  als 
gleichwertig  und  verzeichne  dez  wez  ^  daz  tuaz  nicht.  Werden  mehrere  Hand- 
schriften zusammengefaßt,  so  normiere  ich  die  Schreibung  nach  meinem  Texte, 
desgl.  bei  Angaben  über  Wortstellung,  bei  ß  =»  b  -4-  It  nach  b  mit  Streichung 
des  Überflüi^sigen. 

(  )  bedeutet  bei  den  Prosen,  daß  eine  entsprechende  Lesart  fehlt,  daß 
aber  der  Zusammenhang  zweifellos  für  e i n e  Möglichkeit  entscheidet.  Die  Les- 
arten sind  durch  Punkte  geschieden.  Majuskel  bezeichnet  das  erste,  Kolon  das 
letzte  Wort  eines  Verses,    f  =  fehlt,     sp  =  Späterer  Zusatz. 


EtimUller  V.  i  -  6 


W^^l^^  ^^  h£rren  stille  gedagen» 

s6  wil  ich  iu  künden  unde  sagen 

von  deme  mildsten  man, 

s6  £r  daz  leben  ie  gewan : 

daz  was  sant  Oswalt  üz  Engellant, 

also  tuot  uns  daz  buoch  bekant. 


1  MSf  Isß.  harren]  hören  S  hertchaft 

Es  wts  ain  kunig  rieh 
Nynert  vant  man  sin  glich 
Yon  herschscbaffk  Tod  gewalt 
Sein  naoi  was-  oswalt  genant 
5     Der  hat  an  sinem  haff 

Beid  fürsten  h'czogft  rh  groffen 
Ritter  vnd  knecht 
Die  do  im  warn  gerecht 
AufT  seinem  hoff  erczogen 

10     Die  do  manhait  wol  pflagen 
Vnd  im  zu  dienst  wom  berait 
So  si  fürstliche  gnade  begert 
OSwalt  der  gutte 
Er  bet  in  sim  mute 

15     Gotes  dienst  vfi  sin  gäbe 
Dez  er  mit  innikait  pflage 
Ei  diente  im  sunder  spott 
Got  dem  hailign  trinitat 
Vnd  wes  er  von  im  begert 

20     Des   wart    er    fellicleich  gewt 
Ains  morgens  früw 

2  MSflsß.  wil  S  wolt  M. 

3  MSflsß.  miltisten  M  muten  S. 

4  MSflsß.  s6]  M  Do  S. 

5  MSsflß.  üz]  M  jn  S. 
0  MSflsß. 


M.  gedagen  S  tagn  M.   Sla/t  I     339  in  I : 

Sant  Oswalt  lag  an  siner  rttw 
Vnd  gedocht  in  sinem  sinne 
Wie  daz  er  weip  neme 

25     Ains  riehen  kaissers  kint 
Die  im  wol  zimpt 
Der  ka  isser  an  alle  wan 
Der  was  ein  hadnisch'  man 
Der  hett  sin  tochter  so  innen 

30     Daz  kainer  mit  syne  sinnen 
Komen  mocht  zu  ir 
Daz  waz  kunig  oswalt  la'de  mer 
DEr  rttfit  sim  fe  hoff  gesinde 
Nu  merket  waz  er  begunde 

35     Mit  siner  dinem  zu  reden 
Vnd  begunde  sie  zu  bietten 
Ab  chainer  vnder  in  war 
Der  da  west  vmb  die  mer 
Wie  man  zu  des  kaissers  toeht'  sult 
chomen 

40     Der  solt  er  ymer  habn  fromen 
Do  sprach  ein  alter  grisser  man 
Ich  wil  des  gedechntis  han. 


I  E.V.  7—28  I 

deme  dienten  krefticliche 

zwelf  künicrtche, 

zwelf  künige  die  dienten  ime  sch6ne, 
10    iegelicher  under  siner  guldiner  kröne, 

vier  unde  zweinzic  herzogen  höre 

die  dienten  ime  durh  stn  grOze  öre, 

sehs  unde  drtzic  grTfen  lobesam 

die  dienten  ime  mit  manigem  werden  man, 
15     niun  edele  bischofe 

die  dienten  ime  üf  stneme  hofe, 

ritter  unde  knehte 

die  dienten  ime  gar  rehte. 

nü  verweisete  sant  Oswalt  vruo, 
20    daz  ime  gie  gr6ziu  sorge  zuo, 

er  lebete  mit  gr6zen  sorgen 

den  äbent  unde  den  morgen: 

des  twanc  in  gr6ziu  not, 

wände  ime  was  vater  unde  muoter  t6t. 
25    er  was  junc  ze  der  stunde, 

daz  er  sich  niht  versinnnen  künde: 

der  milte  künic  Oswalt 

was  niwan  vier  unde  zweinzic  jär  alt. 


7  MSsflß.  dienten]  S  dienet  M.    krefticltche]  M  frintlichen  S. 

8  MSsflß.  in  S  zutn  vorigen   Verse, 

9  MSsflß.  dienten]  S  dienet  M. 
10  MSf  Isß. 

U  MSsflß.  here]  herr  M  das  zwcUe  r  sp  her'en  S. 

12  MSf  Isß.  die]  MfS.    dienten]  S  dienet  M.     ere]  M  eren  S. 

13  MSsflß. 

14  MSf  Isß.  die]  MfS.    dienten]  S  dienet  M.    werden  m.    M  biderman  S. 

15  MSsflß. 

16  MSf  Isß.  die]  MfS.    dienten]  S  dienet  M  üf  sfneme]  M  ze  S. 

17  MSf  Isß.  knehte]  M  och  k.  S. 

18  MSf  Isß.  die]  MfS  dienten]  S  dienet  M.    gar  M  vil  S. 

19  MSsflß. 

20  MSf  Isß.  sorge  M  not  S. 

21  MSsflß.  gröien  SsfM. 

22  MSf  Isß.  Den  Sf  M. 

28  MSflsß.  des]  M  Sorg  S.     in  M  yn  in  S. 
24/6  MSsflß. 

27  MSflsß.  künic]  M  k.  sant  S. 

28  MSsflß.  niwan]  nUmen  s  nUr  M  nä  S. 


E.  V.  29—49 

doch  wie  er  gar  ein  kint  was, 
30    des  rtchen  gotes  er  nie  vergaz, 

er  was  ze  allen  ziten  in  deme  geträhte, 

wie  er  gote  wol  gedienen  mähte, 

er  sprach:   ,hinilischer  degen 

ich  wil  dir  dienen,      die  wlle  ich  hän  oiin  leben'. 
35     er  sprach:   ,solte  ich  mich  stn  niht  Schemen, 

s6  wolle  ich  gerne  ein  vrouwen  nemen, 

nü  bin  ich  ein  kindischer  man, 

h6rre  wie  sol  ich  ez  grlfen  an? 

ich  naeme  gerne  ein  magedin, 
40     möhte  ez  nur  äne  sunde  gesln: 

ei  himlischer  vurste  h^re 

nfl  gip  mir  rät  unde  l^rel' 

daz  geschach  eines  nahtes,      d6  lac  er  unde  slief, 

sin  herze  ime  ze  den  sinnen  rief: 
45     ,Oswalt  sulen  diniu  lant  äne  ein  vrouwen  stän? 

triuwen  daz  ist  niht  wol  getan! 

zwiu  sulen  dir  witiu  künicrlche, 

du  betest  danne  ein  vrouwen  tugentlkhe? 

wände  stürbest  du,  s6  wurde  ez  erbelös: 


29/30  MSsflß. 

31  MSsf  Iß.  in  d.  getrabte]  S  im  gerecht  M  (er  trachtete  s). 

32  MSsflß.  wol  MsfS. 

33  MSflsß.  himlischer  M  himelschlicher'  S. 

34  MSflsß.  min]  M  dasz  S. 

35  MSflsß.  solte]  M  vn  sölt  S. 

36  MSflsß.  gerne]  MfS. 

37  MSflsß.  kindischer]  M  kintlicher  S. 

38  MSflsß.  h^rre]  M  Her'got  S. 

39  MSflsß.  magedin]  M  megedlin  S. 

40  MSflsß.  nur]  M  n5  S. 

41  MSflsß.  ei]  M  Er  sprach  S.     himlischer  vurste  h.]  M  himelschlicher  Cso 

US  S  itttmer)  got  vn  her'  S. 

42  MSflsß. 

43  MSsf  Iß.  daz  geschach  eines]  M  Eines  s  Desz  S.     d6  I.  er]  M  lag  er  s  da 

er  lag  S.     In  M  zwei  •  Verse, 

44  5  MSsf  Iß. 

46  MSsf  Iß.  wol  S  guot  M. 

47  MSflsß.  zwiu  sulen]  M  Zwai  sint  S. 

48  MSflsß.  du]  M  Dar  vmb  S. 

49  MSsf  Iß.  wände]  s  Den  STM. 


iE.  V.  50-7I 
50     nim  dir  eine,  diu  si  din  genözT 

er  gap  ime  selber  rät  unde  ISr 

unde  gedihte  ouch  hin  unde  her 

an  der  selben  stunde, 

wä  er  sin  genözen  vunde. 
55     er  hete  in  stneme  getrabte, 

daz  er  niendert  vinden  mähte 

in  zwelf  künicrlchen 

daz  ime  möhte  geliehen. 

nü  gap  ime  sin  engel  in  den  muot: 
60    ,ich  wil  dir  raten  edeler  vurste  guot: 

nim  dir  dehein  vrouwen  in  den  landen  din, 

ich  wil  dir  ez  raten      üf  die  triuwe  min, 

du  muost  varen  über  mere 

mit  eineme  kreftigen  here 
65    nach  einer  heidnischer  küniginne, 

die  solt  du  über  mere  her  bringen, 

du  muost  in  die  heidenschaft  kSren 

unde  kristenlichen  gelouben  mSren: 

nim  dir  ein  heidnische  künigin, 
70    daz  ist  gotes  wille      unde  der  lieben  muoter  sin.' 

dö  er  den  rät  vol  vemam, 


50  MSflsß.  *aineiu,  das  m  sp  M. 

51  MSPTIs. 

52  MSsflß.  uDde]  M  Er  S.    hin  Ms  fast  h.  S. 
53'MSrisß. 

54  MSsflß. 

55  MSsflß. 

56  MSflsß.  niendert]  M  nienen  S. 

57  MSsfIß. 

58  MSsflß.  dar]  M  Die  S. 

59  MSsßf  I.  den  M  sinen  S. 

60  MSsflß.  dir  Ss  euch  M.     cdcler  Ssf M. 

61  MSsßf  I.  den  —  din]  M  dinen  landen  S. 

62  MSflsß.  triuwe]  S  trcwcn  M. 

63  MSsflß. 
64,66  MSsßf I. 

67  Ssßf  MI.  heidenschaft  sß   haidenischen  S. 

68  MSsßf  I. 

69  MSflsß.  »dir]  die  M. 

70  MSsßf  I.  daz  ist  Ms  daz  (es  u)  waere  ß  Durch  S.    wille  Msß  willen  S  unde 

Ssß  vnd  auch  M. 

71  MSsflß.  vol]   wol  MSf sß. 


E.V.  72-95I 

des  vröiwete  sich  der  werde  man, 

er  sprach:    ,hiinlischer  vurste  guot 

nü  hilf  mir  über  des  meres  vluoth 
75     sant  Oswalt  dannoch  in  sorgen  lac 

die  langen  naht  unze  an  den  tac, 

wie  er  ime  eines  sinnes  erdaehte, 

daz  er  die  stne  zesamene  braehte. 

nü  lie  er  niht  beliben, 
80    er  hiez  ime  briefe  schriben, 

boten  er  gesant 

in  alliu  stniu  lant. 

er  enb6t  d6  mit  ^ren 

allen  slnen  landes  harren, 
85    von  den  wolte  er  rät  nemen, 

des  dorfte  er  sich  niendert  Schemen. 

d6  die  harren  s!n  boteschafe  vernämen, 

wie  balde  si  gen  hofe  quämen! 

ritter  unde  knehte, 
90    die  ime  wären  gerehte, 

zwelf  künige  quämen  ime  schöne, 

iegellcher  under  stner  guldlner  kröne, 

vier  unde  zweinzic  herzogen  here 

die  quämen  ime  durch  stn  gröze  Sre, 
95     sehs  unde  drizic  gräfen  lobesam 


72/76  MSsTIß. 

77  MSsflß.  erdaehte  Ms  bedächt  S. 

78  MSsflß. 

79  MSflsß. 

80  MSsflß.  er  S  Vn  M.    hiez  Ss  lie  M. 

81  MSsßf I.  Ain«  MfSsß.     gesant  M  sant  sß  do  sant  S. 

82  MSsßf  I.  in  S  9um  vorigen   Verse. 

83  MSsflß.  cnbÄt  Ms  gebott  S.    d6  m.     eren]  SfMs. 

84  MSsßf  I.  in  M  »uni  vorigen  Verse,     allen  Ssß  vbcr  all  M. 

85  MSsflß. 

86  MSf  Isß  dorfte]  bedorft  S  mocht  M.     niendert]  M  nit  S. 

87  SsfMIß. 

88  MSßf  Is  gen  h.     Mß  zu  ain  ander  S. 

89  MSsflß. 

90  MSflsß. 
91/93  MSsflß. 

94  MSflsß. 

95  MSsflß. 


8 

E.  V.  96—119 

die  qudmen  mit  manegem  werden  man, 

niun  edele  bischof 

quimen  ime  üf  sfnen  hof, 

die  besten  harren  alle 
100    quämen  dar  mit  schalle. 

d6  si  nfi  gen  hofe  wiren  komen 

unde  daz  sant  Oswalt  hete  vernomen, 

hoeret,  wie  er  under  in  umbegie 

unde  si  gar  wirdiclichen  empfie, 
105     vrien,  gräfen  sunderbär, 

daz  sage  ich  iu  vürwär, 

ritter  unde  knehte, 

ieden  man  nach  sineme  rehte, 

er  empfie  sine  landes  harren 
110    wirdiclichen  nach  gr&zen  ^ren. 

dö  sprächen  die  helde  h6chgemuot: 

,nü  danke  iu  got  der  guotl' 

er  begunde  si  ze  hfise  laden, 

alse  wir  noch  hoeren  sagen. 
115    dö  sprächen  die  dienesth^rren: 

VhÄrre  wir  tuon  ez  rehte  geren*, 

also  begunden  si  alle  jehen: 


96  MSsf Iß.  die]  MfSs.     mit  Ms  ym  m.  S.     werden  Ms  bider  S. 

97  MSsflß. 

98  MSsf Ip-  in  S  ZUM  vorifen   Verse,  ime]  S  deo  kung  Mfs. 

99  MSTIsß. 

100  MSf  Is3.  in  S  9utn  vorigen  Verse»     dar  M  ym  S. 

101  MSsflß.  nü  Ss  im  M. 

102  MSsflp. 

103  MSsflß.  Nü  SfM. 

104  MSsßri. 

105  SspTMI. 

106  MSTIsß. 

107  MSsflß.  knehte  Msk  die  ym  warend  gerecht  S. 

108  MSsßf I.  Vn  empfeng  SfMs.  s.  rehte]  MS  seiner  wirdigkait  ß  s.  gesiechte  S. 

109  MSsflß. 

110  MSflsß.  nach]  M  mit  S. 

111  MSflsß.  helde]  M  her'en  S. 

112  MSflsß. 

113  MSsf  Iß.  si  SsfM. 
114/5  MSflsß. 

116  MSflsß.  wir  tuon]  M  wisten  S  (so), 

117  MSflsß. 


E.V.  120—138 

,waz  ir  wellet  daz  maoz  geschehen'. 

sant  Oswaldes  6re  die  wären  gröz, 
120    den  harren  man  dö  wazzer  b6t, 

sant  Oswalt  hüsdre  nie  vergaz, 

mit  den  harren  er  ze  tische  saz, 

die  h6chgebornen  degen 

satzte  man  d6  ze  tische  eben, 
125    er  satzte  si  sch6ne  ze  tische 

unde  gap  in  braten  vische, 

er  gap  in  semele  unde  guoten  wtn 

unde  waz  da  reines  möhte  gesin, 

er  gap  in  zamez  unde  wiltbraete, 
130    guoter  koste  allez  geraete, 

der  allerbesten  sp!se  genuoc, 

s6  man  si  vür  harren  ie  getruoc. 

der  edele  vurste  wolgetän 

begunde  mit  den  harren  Wirtschaft  hin, 
135    voUiclkhen  zwelf  tac 

er  ir  mit  gr6zen  6ren  pflac. 

d6  sich  diu  Wirtschaft  erlie, 

sant  Oswalt  vür  den  tisch  gie, 


118  MSflsß.  geschehen  S  beschehn  M. 

119  MSflsß.  wdren]  M  wasz  S. 

120  MSsfIß.  dö  M  dasE  Sfs  b6t]  S  gegabe  s  goss  M. 

121  MSflsß.  hAscre]  M  der  h.  S.      Vor   V.  121/2,   113—15  am  Rande  in  S: 

c  d  a  b  c  (so), 

122  MSsfIß. 

123  MSflsß.  höchgebornen]  M  h.  gelopten  S. 

124  MSsfIß.  Die  SfM. 

125  MSflsß. 

126  MSflsß.  in  S  zum  vorigen  Verse,     unde]  M  Er  S. 

127  MSflsß. 

128  MSflsß.  reines]  M  zames  S. 

129  MSflsß. 

130  MSflsß.  koste]  M  spisz  S.     geraete]  M  wo!  berait  S. 

131  MSflsß. 

132  MSflsß.  getruoc]  M  trüg  S. 
133/4  MSsfIß. 

135  MSsßfl.  voUicKchen]  M  VoUenklich  Sfs. 

136  MSflsß. 

137  MSsfIß  erlie  M  sergeng  S  ein  ende  hatt  $. 

138  MSsfIß. 


10 

E.V.  139— i6i 


er  sprach  mit  grdzen  6ren: 
140     ,nü  merket  alle  mine  landes  harren, 

ir  sult  alle  samt  stille  gedagen 

unde  merket,  waz  ich  iu  habe  ze  sagen: 

ich  bin  iuch  niht  umbe  sust  zesamene  bräht, 

merket,  wes  mir  si  gedäht: 
145     einen  rät  wil  ich  von  iu  ncmen, 

des  dürft  ir  iuch  niendert  Schemen: 

ritter  unde  knehte 

ir  sult  mir  raten  rehte, 

herzenlieben  vriunt  min 
150    nü  ratet  mir,  waz  daz  beste  müge  gesin, 

mit  triuwen,  der  ich  iu  getrouwe: 

ir  wizzet  wol,  mlniu  lanl       stänt  äne  ein  vrouwen: 

kunnet  ir  mir  iendert  gezeigen 

under  kristen  unde  under  beiden 
155     ein  künig^nne  edele  unde  rkhe, 

der  lip  si  kluoc  unde  minniclkhe, 

ir  6re  michel  unde  gr6z 

unde  diu  st  mtn  genöz?' 

manic  belt  abe  der  vräge  erschricte, 


139  MSsflß.  ßTÄzen]  M  guten  S. 

140  MSsflp. 

141  MSflsß.  samt]  MfS.     gedagen]  S  dagn  M. 

142  MSsflß. 

143  MSsßf  I.  niht  nach  sust  S. 

144  MSflsß.  Vnd  SfM.     wes  m.  si]  M  wasz  ych  mir  hab  S. 

145  MSsflß. 

146  MSflsfl  dürft]  M  bedurftent  S. 

147  MSflsß.  Min  SfM.    knehte]  M  min  k.  S. 

148  MSflsß. 

149  MSflsß.  hcircnl.]  M  Ir  herzogen  1.  S. 

150  MSsßf  I.  daz  —  gesin]  M  w.  (Ich  dunck  dass  biest  sin  S  das  beste  s. 

151  MSsflß.  Danach  in  S:   Vnd  dass  (ich  got  dar  iimb  beschawe. 

152  MSsf  Iß.  wol  Ss  w.  daz  M.    Danach  in  S:    Dar  vmb  sond  yr  Uch  um  ainc 

schawen. 

153  MSsflß. 

154  MSsflß. 

155  MSsflß. 

156  MSsflß. 

157  MSflsß.  gr6z]  M  och  g.  S. 

158  MSsßfl.  si]  b  da  s.  u  och  wol  s.  S.  roUg  wcsii  M. 

159  MSflsß.  Vil  SfM.    hclt  M  kUnic  unde  ander  vursten  ß  harrt  S.  abe  SßfM. 


11 

E.V.  162  —  183 
160    ie  einer  den  andern  anblicte, 

&i  besorclen  an  den  stunden, 

daz  si  stn  genöxen  niendert  vunden. 

die  harren  giengen  d6  ze  rite 

beide  vruo  unde  darzuo  späte 
165     volliclichen  drt  tac, 

ein  iegelicher  man  dö  siner  witze  pilac. 

ir  aller  triuwe  dö  wol  erschein, 

die  besten  wurden  überein 

unde  sprachen  ze  deme  h6rren: 
170     ,nü  riete  wir  iu  daz  beste  geren, 

nü  kunne  wir  iu  geraten  niht, 

wie  halt  uns  darumbe  geschiht: 

iuwer  gewalt  ist  üzermäzen  gr6z, 

wir  vinden  niendert  iuwern  gen6z, 
175     in  zwelf  künicrtchen 

vinde  wir  niendert  iuwern  geliehen, 

si  stn  iuwer  vriunt  oder  eigen, 

davon  kunnen  wir  iu  niendert  gezeigen  .  .  . 

daz  geloubet  uns  lieber  h^rre  min, 
180    wir  wizzen  niendert  kein  künigtn, 

der  wir  des  mugen  getrouwen, 

160  MSsfl?-  Vn  SfM.  ic— an]  M  Die  h'rcn  . . .  einander  an  s  vUr  sich  nidcr  S. 

161  MSflsß    si]  M  Die  S.    besorctcn]S  wcsargii  M.    den  M  d.  selben  S. 

162  MSflsß.  niendert]  M  nienan  S. 

163  MSsßfL  giengen  Msß  würdent  S. 

164  MSflsß. 

165  MSsßf  I.  drS  Ms  d.  gancz  S  wol  d.  ß. 

166  MSflsß.  man  dA]  MfS. 

167  MSfls?. 

168  MSflsß.  wurden]  M  da  w.  S. 
169/71  MSsfIß. 

172  MSsf  Iß.  halt  nach  uns  S.     geschiht  Ss  besch.  M. 

173  MSflsß.  •  mässen  S. 

174  MSsßf  I.  niendert]  M  nienan  S  nyerget  s. 

175  MSsßfl. 

176  MSflsß.  So  SfM.    niendert]  M  nienan  S. 

177  MSsf  Iß.  sin]  M  sy  S. 

178  SßfMIs,  doch  vgl,  s  nach  189:    dz  jm   die    h'ren   keyn  ktinigin  mochten 

gezeigen      niendert]  nienan  S.     gezeigen  (s)  zeigen  Sß. 

179  MSsfIß. 

180  MSsfIß.  niendert]  M  nienan  S  niergen  s.     kein  Ss  ain  M. 

181  MSflsß.  des]  M  esz  S. 


12 

E.V.  184—205  I 

daz  si  iu  gezeme  ze  einer  vrouwen.' 

er  sprach,  alse  uns  daz  buoch  vergibt: 

,kunnet  ir  mir  danne  geraten  niht, 
185     ^6  sult  ir  heim  ze  lande  varen, 

got  müeze  iuch  bewarenl' 

der  hdcbgebome  degen 
.  begunde  deme  rate  ein  uxloup  geben. 

d6  in  .daz  urloup  wart  bekant, 
190    d6  vuoren  die  harren  heim  ze  lani. 

dö  der  rät  ein  ende  nam, 

d6  trürte  der  vurste  lobesam. 

nü  quam  üf  stnen  hof  gegän 

ein  edeler  pilgerin  wolgetin, 
195     der  was  geheizen  Wärmunt, 

zwei  unde  sibenzic  lant  wären  ime  kunt, 

diu  hete  er  erwallel  mit  ören 

in.  deme  dienste  unsers  lieben  hfirren 

unde  durh  die  ^re  der  himlischen  künigin, 
200    darzuo  stuont  ime  daz  gemüete  sin. 

er  truoc  einen  balmen  in  siner  hant 

unde  gruozte  sant  Oswalt  in  Engellant. 

dö  in  der  künic  ansach, 


182  MSsfIß.  daz  si]'  M  Die  S.    gexeme]  gezäm  M  möge  gezfoicn  s  zitn  S. 
183/5  MSsfl?. 

186  MSsfIß.  Der  milt  SfMs.    mUeze  Ss  mag  M  iuch]  S  Uch  alle  s  vns  wol  M. 

187  MSflsß.  hdchgeb.]  M  h.  gelopt  S. 

188  MSsßTI.  ein  MffSs.  Vrlop  S. 

189  MSfls?.  »wrlop  S.  wart]  M  wasz  S.        . 

190  MSsflß. 

191  MSßTls. 

192  MSsßTI. 

193  MSsßfl.  nü  Ms  Vm  S.  gegän]  gegangen  Msß  gan  S. 

194  MSsßfl.  edeler  Ss  eilend'  Mfß  pilgeiin  Ssß  waller  M. 

195  MSsßj"!. 

196  MSflsß.  kunt]  S  bechat  M. 

197  MS(ß)ris.  erwallel]  erwalln  M  gewandlct  S  durcUwallet  b  durchzogen  u. 

198  MS(ß:ris.  in  S(ß)  ZU  M.     »vn  M. 

199  MS(ß;ris.  ere  der  Ss{?f fA. 

200  MSflsß. 

201  MSsflß.  einen  balmen]  einen  palmen  s  ein  palm  MS, 

202  MSsflß.  unde  Ss  In  M. 

203  MSsßf  I. 


13 

E.V.  206- 227 1 

d6  begunde  er  in  empfähen  unde  sprach: 
205    »Wärmunt  edeler  pilgerin 

du  solt  mir  gotwilkomen  stn, 

Sit  du  mir  ze  hofe  bist  komen, 

d!n  kunft  hSin  ich  gerne  vernomen'« 

er  gevie  in  under   stnen  arm  dräte 
210    unde  vuorte  in  in  stn  beste  kemenäte, 

da  si  nieman  hörte  weder  sach, 

h6ret,  wie  er  vräcte  unde  sprach: 

er  sprach:  »Wärmunt  edeler  pilgertn 

sage  mir  üf  die  triuwe  d!n: 
215    kanst  du  mir  iendert  gezeigen 

under  kristen  unde  under  beiden 

ein  küniginne  schoene  unde  minniclkhe, 

diu  mir  gezeme  über  mtn  rtche?' 

d6  sprach  der  pilgertn  Wdrmunt: 
220     ,zwei  utide  sibenzic  lant  sint  mir  wol  kunt, 

darinne  weiz  ich  n^ht  edeler  vurste  löbesam, 

noch  wil  ich  iu  raten  obe  ich  kan: 

enhalp  des  meres  vluot 


204  MSs^l.  dö  MsfS.    er  vt^  begunde  S.   empfdhen  S(sß)  grUssn  M. 
203  MSsflß.  edeler]  du  edler  S  lieber  s  Eilend  M. 

206  MSsfl?. 

207  MSris?. 

S08  MSsflt^.  kunft]  kunst  MSs. 

209  MSsf  Iß-  gevie]  M  nara  Ss. 

210  MSspfl.  beste  MsfS?. 

211  MSfls?.  hArte  weder]  M  weder  h.  noch  S. 

212  MSrisß.  Nun  STM.     er  M  er  yn  S. 

213  MSsJifl.  edeler]  s  du  e.  S  eilend'  M  triuwcr  fl 

214  MSsflß.  Nu  SfMs.    dfn  S  mein  M. 

215  MSs^I.  iendert]  M  jrget  s  nienant  S. 

216  MSsfIß.  Danach  in  S:    Ain  ktiniggin  schön  vn  wol  gestalt 

Also  fragt  yn  sant  Oschwald. 

217  MSsfIß.  ein  k.  Ms  Vn  die  sy  S.  *schown  M.    unde  MsfS.   minnicUche 

MS  wol  gestalt  vn  darzu  jung  s. 

218  MSsfIß.  gezeme  Ss  gezam  M.     über  min  Ms  vnd  minem  S. 
219/20  MSsßTI. 

221  MSsßf  I.  In  M  nvei  Verse,  in  S  drei,    weiz]  M  so  w.  S.    niht]  M  niendert 

ß  nicht:    Alsz  vnsz  dasz  buch  vergtcht:  S; 

222  MSsTIß. 

223  MSsßfl.  d^s  Ms  d.  witen  S  d.  wilden  ^3 


14 


I  E.  V.  228  -  246 


da  weiz  ich  ein  küniginne  als6  guot, 
225     ich  muoz  dir  der  wärheite  jehen, 

jch  hän  sd  schoenez  bilde  nie  gesehen 

als6  ir  werder  l!p, 

ich  gesach  nie  schoener  wtp, 

ir  schoene  ist  üzermizen  gr6z, 
230     an  schoene  lebet  niendert  ir  gendz, 

milter  künic  Oswalt, 

ir  lip  ist  minnicltche  gestalt, 

si  ist  ouch  tugentlkhe, 

si  gezitnet  dir  wol       über  dlniu  riche, 
235     si  ist  diu  schoene  vrou  Pamige  genant. 

da  ze  Ai6n  in  deme  lant 

da  ist  ir  vater  gesezzen, 

ein  beiden  s6  vermezzen. 

si  ist  ein  heidnischiu  künigin 
240    unde  geloubet  an  got     unde  an  die  muoter  sin» 

si  selbe  vierdiu  juncvrouwe, 

h^rre  des  sult  ir  mir  gctrouwen, 

si  bat  kristengelouben 


224  MSsflß.  als6]  M  so  S. 

225  MSrisß. 

226  MSsfltS,  s6  Ss  halt  so  M  bilde  SfM. 

227  MSflsß.  ir]  M  yst  yr  S.     werder  S  schon*  M. 

228  MSspf I.  Zwar  SfMsfi.  gesach  Ssß  g.  halt  M.  •schown*  M. 

229  MSflsß.  ist  M  wasr  cmf  Kamr,  am  Rande  yst  S. 

230  MSfls?    nitndert]  M  nienan  S. 

231  MSflsß.  kUnic]  M  k.  sant  S. 

232  MSsflß    Itp]  M  mincnklicher  1.    S.  minnicliche]  •mikleik  M  so  wol  S. 

233  MSSi^I.  ouch  ß  och  gar  SfM. 

234  MSsflß.  Wan  SfMs.    gezimet]  zimet  Ss  gezäm  M.     dir  wol  MsfS. 

diniu]  M  wUer  S. 

235  MSsßpi.  Pamige]  pamig  oder  paimg  S  parig  b  pärtg  u  Pauge  sfM. 

236  MSsfl?.  dÄ]  MfS.    *Araon  S. 

237  MSsflß.  ir  Ss  auch  ir  M. 

238  MSsßri.  so  M  also  S. 

239  40  MSsflß. 

241  MSsßf  I.  vierdiu]  M  vier',  r'  auf  Rasur,  es  stand  auch  d  <£x  S. 

242  MSflsß.  des  -  mir]  M  yr  sond  mir  desz  S.     getrouwen]  Mf  S. 

243  MSsflß.  in  S  zum  vorigen  Verse,    si  —  kristcn]  M  (vfi  habet  cristen  s)  fS. 

gclouben  Ms  geloben  S. 


15  

I   K.  V.  247  -  268  I 

heimliche  vor  deme  heidnischen  man, 
245     unde  weste  er  ez,  er  gewunne  ir  daz  leben  an, 

si  wolten  gerne  ze  der  toufe  kdren 

unde  kristenlichen  gelouben  mdren 

beide  spite  unde  vruo, 

nü  hänt  si  nieman,  der  in  helfe  darzuo.' 
260    d6  sprach  der  werde  vurste  guot: 

,nü  muoz  ich  über  des  meres  vluot, 

ich  hilfe  in  ze  der  toufe',  sprach  der  junge  degen, 

,unde  gienge  ez  mir  an  min  werdez  leben  1' 

er  sprach,  alse  wir  hoeren  sagen: 
255    «nü  solte  ich  einen  boten  haben 

über  des  wilden  meres  vluot 

ze  der  werden  kUniginne  guot, 

daz  er  mir  ervUere  diu  maere, 

wes  ir  ze  muote  waere: 
260     wolte  si  kristengelouben  hin^ 

daz  solte  si  mich  wizzen  län, 

s6  braehte  ich  zesamene  ein  michel  here 

unde  vüere  nach  ir  über  mere.' 

d6  diu  rede  vol  geschach, 
265    hoeret,  wie  der  pilgerin  sprach: 


244  MSs^fl. 

245  MSsflß.  unde]  M  aber  sfS. 

246  'MSsTI?.  gerne  SsfM.     der  M  dem  S. 
247/8  MSfls?. 

249  MSsfl?.  nÄ]  M  so  s  Vnd  S.    si  MsfS. 

250  MSsfl?.  werde]  M  edel  sfS. 

251  MSsflß. 

252  MSsflß.  in  S  twei  Verse,    der  Ms  dem  S.    toufe  Ms  t.  geren:   Also  S. 

253  MSsflß.  Werder]  M  yungesz  Sfs. 

254  MSfsf  Iß.  wir  M  w.  ess  S. 

255  MSsfIß.  solde  Ms  musz  S. 

256  MSsflß.  Hin  SfMs. 

257  MSsflß. 

258  MSsflß.  ervUcre]  Ms  erfar  S.     ♦mär<mer?  M. 

259  MSsf  Ißt  wes  —  muote]  Ms  Oh  yr  roüt  zu  mir  S. 

260  MSsflß.  »glöben  S. 

261  MSsflß. 

262  MSsflß.  *ein  michel  ze  säme  ein  michl  M. 

263  MSsflß.  Ober  Ms  bin  über  S. 

264  MSsßf  I.  gescbach  S  weschach  M. 
26:»  MSsßfl.  Nfl  Sf M. 


16  

I  E.V.  269-^90! 

yOswalt  h6chgeboraer  degen 

du  solt  dich  der  maget  verwegen, 

daz  ich  dir  hän  geseit 

daz  ist  mir  entriuwen  leit, 
270    hete  ich  dir  ez  niht  geraten  vurste  h^re, 

ich  geriete  dir  ez  niemerro^re: 

du  mäht  ir  niht  gewinnen 

mit  allen  dinen  sinnen, 

ez  tuo  danne  got  selber  sin  stiure  darzuo 
275    beide  späte  unde  vruo.' 

,äne  gotes  hilfe^  redete  der  werde  man, 

,trüwe  ich  si  niemerm6re  gewinnen  von  dan, 

doch  tuon  ich  ez  in  deme  namen.sin, 

üf  die  triuwe  mtn^ 
280    er  hilfet  mir  mit  den  genäden  stn, 

daz  mir  werde  diu  junge  ktinigtn.' 

sant  Oswalt  der  vurste  h£re 

begunde  den  pilgertn  vrdgen  mßre: 

,sage  mir  pilgertn  Wärmunt, 
285    dir  ist  doch  wol  kunt, 

wie  der  beiden  st  genant, 

daz  ist  dir  doch  wol  bekant? 


266  MSflsß.  hÄchgeb.]  M  vil  hoch  gelopter  S. 

267  MSflsß.  •dich]  die  M.    maget]  M  kUniggin  S. 

268  MSßfls.  hdn]  M  nü  h.  S. 

269  MSrisß.  entriuwen]  S  mit  trewfi  M. 

270  MSißfls.  ez]  MfS.  vurste  herc]  M  edler  her'  S. 

271  MSflsß.  ez  vor  dir  S. 
272/3  MSsßf  I. 

274  MSsf Iß.  selber  SsfM. 

275  MSflsß. 

276  MSflsß.  redete]  M  sprach  S. 

277  MSsf  Iß.  si]  M  yr  S. 

278  MSsfIß.  tuon  SsfM  sfn  S(s)fM. 

279  MSflsß.  Immer'  SfM. 

280  MSsf  Iß.  hilfet]  M  helff  S.     »gnaden  S. 

281  SsfMIß.  s:  zu  der  cdeln  königin. 
282/3  MSsfIß. 

284  MSsfIß.  Nun  SfMs. 

285/6  MSflsß. 

287  MSsfIß.  i«Jt  —  doch]  M  dir  doch  yst  S. 


17  

I  E.V.  291-311  I 

sage  mir  slnen  rehten  namen, 

des  darft  du  dich  niendert  schämen.' 
290     der  pilgertn  sprach  mit  Sren: 

.triuwen  daz  tuon  ich  geren: 

er  ist  genennet  schön 

unde  heizet  der  rtche  künic  Ardn.' 

er  sprach:   ,Wärmunt  dar  solt  du  min  böte  sin, 
295    daz  er  mir  gebe  die  tohter  stn, 

darumbe  gibe  ich  dir  riehen  solt, 

beide  silber  unde  golt, 

ich  wil  dir  geben  ein  herzogtuom, 

du  mäht  die  boteschaft  wol  mit  6ren  tuon.' 
300    dd  sprach  der  pilgertn: 

ydes  überhebe  mich  Heber  h^rre  mtn! 

milter  künic  Oswalt, 

ez  ist  s6  gr6z  des  heidens  gewalt, 

ez  ist  nie  kein  böte  dar  komen, 
305     der  beiden  habe  ime  sin  leben  genomen, 

ez  ist  kein  böte  nie  komen  dar, 

der  beiden  neme  sin  vil  ebene  war: 

der  in  baete  umbe  die  künigtn, 


288  MSsfl?.  Nun  SfM.     rehten  MsfS. 

289  MSfls?.  darft  M  bedarft  S.    niendert]  M  nit  S. 

290  MSsfl?.  mit  M  do  m.  S. 

291  MSsfl?.  triuwen]  M  Lieber  her'  Sfs.     geren  Ms  recht  g.  S. 

292  MSsgfl. 

293  MSsff I.  der  r.  SsfMß.    künic  MsrSi3.    Ar6n]  Aron  Mu  Aaron  Sb  von 

Appion  s. 

294  MSsßfl.  dar  Ms(ß)rS.    du  vor  solt  S. 

295  MSsßf  I.  tohter  sin]  M    t.  s.     Die   yungen  kUniggin  S   juncvrouwen  sb 

j.  vein  }X,  In  %  2   Verse. 

296  MSsfl?. 

297  MSfls?. 
298/300  MSsfl?. 

301  MSsH?.  überhebe  Ss  vber  hebt  M. 

302  MSflsß.  künic]  M  k.  sant  S. 

303  MSslf  I.  so  Ms  alsz  S. 

304  MSsfl?.  nie  vor  dar  S. 

305  MSsflff. 

306  MSfls?. 

307  MSfls?.  ebene]  S  gut  M. 

308  MSs^fl,  baete]  S  bete  s  pit  M. 

Bacsecke,  Münchener  Oswald  2 


18 


deme  siebet  er  abe  dnz  houbet  stn. 

310    der  beiden  bat  daz  versworen, 

geloubet  mir  ez  vurste  h6chgeboren, 
er  welle  die  tobter  nieman  geben 
alle  die  wtle  er  babe  stn  leben, 
er  bat  einez  in  stneme  miiote, 

315    daz  understä  ime  got  der  guote: 
sterbe  ime  diu  alte  beideninne, 
er  welle  stn  tobter  selber  minnen.' 
dö  spracb  der  vurste  wolgetän: 
ydaz  sol  got  selber  understän, 

320    daz  der  beiden  stn  tobter  ibt  minne, 
si  sol  werden  ze  einer  kristinne,' 
als6  sprach  der  vurste  lobesam: 
,nü  bän  icb  manegen  dienestman, 
die  vüere  icb  über  daz  mere  balt 

325    unde  vüere  si  dannen  mit  gewalt.' 
dö  spracb  der  pilgertn  Wärmunt: 
yOswalt  dir  ist  nibt  wol  kunt: 
er  bat  ein  burc  veste  unde  guot, 
diu  ist  vor  scbanden  wol  bebuot: 


E.V.  312—332 


Der  haidm  M  er  Ss.  daz]  M  esz  Sf  S.  versworen]  M  gesworen  Ss. 
ez]  M  Dasz,  vor  geloubet  S.  geloubet]  S  BElaubt,  E  kort  i^ert  M. 
die  Ms  sin  S. 


309  MSsTI?. 
810  MSsi^I. 

311  MSrisß. 

312  MSsff  I. 

313  MSsfl?. 

314  MSsif  I. 

315  MSsH?.  im«]  M  sin  {statt  im?)  sfS. 

316  MSSif  I.  diu  Ms  sin  S. 

317  MSsßfl.  stn  Ss  die  M.     minnen]  M  zu  ainer  fiäwen  nemen  S  neromen 

S  han  ze  eime  gemahel  ß 

318  MSsßfl. 

319  MSsßfl.  sol  Ss  unt'ste  jin  M.     selber  underst.  Ss  d'  gut  mä  M. 

320  MSsßf  I.  ibt]  M  nibt  Ss.    minne]  M  zu  ainer*  frSwen  nem  S  selber  neme  s. 

321  MSsfl?. 

322  MSrisfl. 

323  MSsflß.  ich  Ms.  icb  och  S. 
324/5  MSsflß. 

326  MSsfl?. 

327  MSflsß.  ist  M  yst  vmb  sin  Und  S. 

328  MSsßfl- 

329  MSsflß.  wol  Ms  so  w.  S. 


19 

I  E-V«  333-353 
330    daz  kristen  unde  beiden, 

alle  diu  werk  waere  din  eigen 

unde  betest  dicb  dämite  flir  die  burc  erbaben, 

du  möbtest  ir  niemSre  gescbaden, 

du  müestest  davor  ligen  dnzic  jdr, 
335     Oswalt  daz  sage  icb  dir  vürwär, 

dannocb  wurdest  du  nibt  innen  balc, 

wie  diu  juncvrouwe  st  gestalte 

dö  spracb  der  pilgerin: 

»börre  nü  volge  der  löre  min 
340    icb  wil  dir  raten,  obe  icb  kan, 

rebte  alse  ein  getriuwer  man: 

du  bäst  üf  dineme  bofe  erzogen, 

des  seit  du  got  iemSre  loben, 

du  bist  erzogen  einen  edeln  raben, 
34«5     den  solt  du  ze  eineme  boten  baben: 

ez  lebet  üf  erden  niendert  alse  ein  wtser  man, 

wan  der  rabe  dir  ez  baz  gewerben  kan, 

er  ist  dir  nutzer  über  daz  wilde  mere, 

danne  obe  du  sandest  ein  ganzez  bere, 
350    er  bat  von  unserme  b^rren  daz  gebot, 


330  MSs^I. 

331  MSsfl?. 

332  MSsßTI.  dämite]  MfSs. 

333  MSsfl?.  Zwar  SfMs.    ir  Ms  da  vor  yr  S.    niemere]  M  nUcr  S  doch  nit  8. 

334  MSsfif  I.  müestest]  s  muüt  M  möchtest  wol  S. 

335  MSrisß. 

336  MSsf  1(3.  wurdest]  s  wurst  M  wirst  S. 

337  MSsfl?. 

33S  MSSiSf I.  do]  M  Ouch  S  Darnach  s.     pilgerfn  Msß  edell  b.  S. 

339  MSsfl?.  volge]  M  volgct  Ss. 

340  dir]  I  d'  M  iu  Ssß. 

341  ein  MSs  e.  yglich'  I. 

342  dineme  h.  MSs  h.  dein :  I.  erzogen  MSsu  getzogen  b  zagen,  vor  üf  I. 

343  solt  —   loben]  MS  lab  got  d'genadn  sein  1. 

344  du  —  erzogen]  MSfl. 

345  eineme  ISsfM. 

346  ez  IS  Er  M.     üf  erden  MI  och  S.     niendert  —  ein]  M    chain  I    nienan 

so  ain  S.     wtser  MSs  ward'  I. 

347  wan  der  r.  MS  Der  I.  dir  I  {hack  ez,)  Ss  der  M.  gewerben  MI  weihen  Ss. 

348  nutzer  MSs  nUcz  I.     daz  w.  MIßfS. 

349  obe]  M  dasz  Sfs.     ganzez  MSs  grosz  I. 

350  •H*  M.     ♦vnszm  M  vnszn  1. 

2* 


_20 

I  E-  V-  354-377  I 


daz  geloube  mir  h^rre  äne  allen  spot 
daz  din  rabe  ist  redende  worden, 
daz  geloube  mir  vurste  hochgeboren.' 
d6  sprach  der  vurste  lobesam: 

355     ,wie  w^nic  ich  daz  gelouben  kan! 
ich  hän  in  erzogen,  daz  ist  war, 
voUiclichen  zwelf  jär, 
daz  ich  keiner  slahte  stimme 
von  ime  nie  bin  worden  inne, 

360     nieman  ich  ez  gelouben  mähte, 
ich  h6rte  danne  sin  gebrähte.' 
dö  sprach  der  pilgerin  Wärmunt: 
,Oswalt  dir  wirt  noch  wol  kunt, 
müter  ktinic  Oswalt 

3G5     nü  sende  nach  deme  raben  balt: 

st  niht  redende  worden  der  rabe  din, 
s6  slach  mir  abe  daz  houbet  min 
unde  scheit  mich  von  deme  leben, 
unde  s!  dir  vor  gote  vergeben.* 

370    sant  Oswalt  sümte  sich  niht  m^r 

unde  hiez  ime  den  raben  bringen  her. 
nü  was  der  rabe  vermezzen 
üf  einen  höhen  turn  gesezzen, 
des  trürte  der  vurste  wolgetän, 


351  geloube  MS  gelawbt  \(^).     herre  MS  oswalt  I. 

352  dfn  MI  iuwer  ,3   der  S. 

353  geloube  MS  gelaubt  I. 

356  erzogen  Ss  gezogen  MI. 

357  volliclfchen]  I  VoUikleich  M  Vollcnklichen  wol  S  wol  s. 

358  ich    MSsf  1.     keiner    slahte]    M    chainne    slochte   I   kaincr'  gescblecht   S 

kcinerleye  s. 
860  ich]  MflS. 
361  ich]  MI  Oder  man  S.     gebrähte  MS  pracht  I. 

364  kUnic  MI  k.  sant  S. 

365  demeSs  deine  Mfl. 

366  redende  Ms  reden  Sfl. 

367  Redt  nit  IfMSs.     mir  MSsfl. 

368  scheit  IS  schaidet  M. 

369  »Oswaltz  M. 

371  bringen  vor  den  M. 

373  Vn  SfMI.  •gesche  >  gesessen  M. 

374  des  MIs  Do  S.     wolgetan]  S  hochgeboren  MI. 


21 

I  E.V.  378-395  1 
375     daz  er  den  raben  niht  mohte  gebän. 

nü  ratet  alle  an  deme  ringe, 

wie  wir  den  raben  abe  deme  turne  bringen  1 

sant  Oswalt  begunde  harte  klagen, 

daz  er  niht  hete  sinen  Heben  raben. 
380     dö  sprach  der  pilgerin  Wärmunt, 

deme  was  umbe  des  raben  vart  wol  kunt: 

,herre  ir  sult  iuch  wol  gehaben: 

wanne  got  entbiutet  iuwerme  raben  .... 

wanne  got  wil  durh  iuwer  er, 
385     so  sendet  er  iu  iuwern  raben  her.* 

der  himlische  trahtin 

tete  d6  stn  genäde  schin 

unde  gap  deme  raben  an  der  stunde, 

daz  er  alle  spräche  wol  reden  künde. 
390    der  himlische  heilant 

den  raben  schiere  herabe  gesant, 

daz  er  quam  gevlogen  halt 

375  Dar  vmb   SfMIs.     daz   er  MSs  Er  want  er   biet   I   gehan   Ms   han   S 

v'lora  I. 

376  ratet  MIs  hört  yr  her'en  S.     an  MI  yn  S. 

377  wir  MSs  ich  I  deme  t.    MS  der  zinne  I  dem  baä  S.    Danach  nur  in  I: 

Er  mocbt  h'ab  nicht  chomen  wol 

Man  pring  den  dem  leser  ein  cbopf  weins  vol. 

378  harte  MlfS. 

381  deme  MS  Mir    I.     was]  S   ist  I   wart  M.      umbe  —   wol  MS   wol   umb 

den  rabn  I.     Danach  nur  in  I: 

Er  sieczt  hoch  auff  eine  stain 
Vnd  pflegt  wnser  gemain 
Vnd  trachtet  in  sinem  mtltt 
Wie  er  gedien  uwern  gnadfi  gut 
Do  sprach  kUnig  oswalt 
Das  ist  von  gots  gewalt. 

382  MSsTI?. 

383  MSf  IS|3.  cnbiutet]  M  gebUtt  S. 

384  MSsfl?.  wanne  M(s)  So  S. 

385  MSsf  I|3.  iuwern  Ms  den  S. 
386/7  MSfls?. 

388  MSsflß.  an  der]  M   in  der  selben  S. 

389  MSsfl?. 

390  MSps?. 

391  MSsflß.  herabe]  S  er  vor  schiere  M. 

392  MSsflß. 


22 

E.V.  396-417  1 


vür  den  muten  künic  Oswalt. 

d6  er  öf  den  tisch  was  bekomen, 
395     alse  wir  ez  stt  hän  vernomen, 

den  stolzen  pilgerin  Wärmunt 

cmpüe  er  dö  an  der  stunt. 

daz  £rste  wort,  daz  er  ie  gesprach, 

lioeret,  wie  ein  zeichen  dö  geschach: 
400     , Wärmunt,  edeler  pilgerin, 

du  solt  mir  gotwilkomen  stn!' 

der  milte  künic  Oswalt 

erhörte  die  rede  balt, 

nü  mohte  ime  niht  liebers  geschehen, 
405     alse  wir  noch  hoeren  jehen, 

ez  sprach  der  üzerwelte  degen: 

,Wärmunt  du  solt  mir  vergeben, 

daz  ich  niht  wolte  gelouben  den  Worten  d!n, 

vergip  mir  ez  durh  den  willen  mini 
410     ich  hän  in  erzogen  zwelf  jär, 

pilgerin  daz  sage  ich  dir  vürwär, 

nü  ist  daz  daz  ^rste  wort, 

daz  ich  noch  ie  von  ime  han  gehört.' 

dö  sprach  der  edele  rabe: 


393  MSsflß.  kUnic]  M  k.  sant  Ss. 

394  MSsf  Iß-  was  vor  üf  S.     bekomen]  bekömen  M  komen  Ss. 

395  MSrisß. 

396  MSsuf  sb. 

397  MSsuflb.  d6]  MfS.  der]  M  der  selben  S. 

398  MSsßfl.  daz  Ss  was  daz  M  was  daz  ß. 

399  MSflsß. 

400  MSsßfl.  edeler  Ssß  eilend'  M. 

401  MSsßTI. 

402  MSsßfl.  kUnic]  M  k.  sant  Ss. 

403  MSsßTI.  die  M  do  d.  S. 

404  MSflsß.  nü]  MfS.     ime  vor  mohte  S.     liebers  M  lieber  S.     geschehen] 

M  sin  g.  S. 

405  MSflsß. 

406  MSsßfl.  ez]  M  Do  S. 

407  MSsßfl.  mir  ez  M  mir  m£n  gr6ze  untat  ß  mir  Ss. 

408  MSsßfl. 

409  MSflsß.  vergip  m.  ez]  Vergibsz  mirsz  S, 

410  MSsfIß.  erzogen  Ss  gezogen  M. 
411/14  MSsfIß. 


23 

I  E.V.  418-440 
415    ihdrre  merke  waz  ich  dir  sage: 

keiner  menschlicher  stimme 

waerest  du  von  mir  niemdre  worden  inne 

unde  hetest  ir  ouch  noch  niht  vernomen: 

diu  genäde  ist  mir  von  gote  her  komen. 
420    du  wirbest  umbe  ein  edele  künigin, 

h^rre  des  wil  ich  din  bete  sin, 

i^h  wil  dir  die  boteschaft  werben, 

unde  solte  ich  darumbe  sterben, 

ich  erwirbe  dir  die  küniginne  h6re 
425    oder  du  gesibest  mich     ze  Engellant  niemerm^re/ 

sant  Oswalt  kuste  den  raben 

an  sin  houbet  unde  an  sinen  snabel, 

,ich  wil  got  iemSre  loben, 

daz  ich  dich  ie  hän  erzogen.' 
430    d6  sprach  der  rabe  dräce: 

,h6rre  nfl  volge  mineme  rate: 

heiz  balde  springen 

unde  heiz  dir  einen  goltsmit  her  bringen, 

heiz  mir  beslahen  daz  gevidere  mtn 
435     Oswalt  durh  die  6re  din 

alsamt  mit  röteme  golt, 

darumbe  gip  ime  rtchen  seit, 


415  MSsfl?.  Nun  SfMs.    harre  MsfS.     dir  Ms  Uci  S. 

416  MSsf!^.  menschlicher  Ss  menschen  M. 

417  MSsfl?.  wacrcsl]  S  Waz  M.     niemere]  S{sf  fA. 

418  MsflSt^. 

419  MSsflß. 
420/21  MSsflß. 
422/23  MSsffl. 

424  MSsTI?.  ♦dir]  d'  M. 

425  MSsfl?.  •gesiclii«*  S.     rc  E.]  M  jn  c.  sfS. 

426  MSS|Sf  I.  den  Ssß  sein  M. 

427  MS,Tl8. 

428  MSsflß.  ich  Ss  Vn  M.     got  Ss  sein  g.  M. 
429/82  MSsfl?. 

433  MSsflß.  heiz  dir  MsfS. 

434  MSsifl. 

435  Msfls?.  ere]  S  crd  M. 

436  MSsfif  1.  alsamt]  M  alles  Ss.     mit  MS|3  mit  güttcm  S. 

437  MSrisfl. 


24 

E.  V.  441  —  464. 


heiz  mir  wurken  schdne 

üf  min  houbet  ein  guldtne  krdnel 

440     wanne  ich  kume  under  die  heidnischen  man, 
s6  wirt  mich  ein  michel  volk  gaffen  an, 
s6  mac  ich  deste  baz  einen  vride  gehaben, 
h^rre  daz  wil  ich  dir  vUrwär  sagen, 
vür  vihen  unde  vUr  schiezen, 

445     h^rre  lä  dich  stn  niht  verdriezen, 
so  wirde  ich  deste  schöner  empfän 
beide  von  vrouwen  unde  von  man, 
mit  rittem  unde  mit  knehten 
mac  ich  deste  baz  gebrehten, 

450     wanne  ich  var  so  mit  grözen  ^ren, 
s6  siht  mich  ieder  man  geren: 
man  hat  den  man  nur  alse  man  in  siht 
unde  pfliget  darzuo  guoter  witze  niht .  .  . 
dar  zuo  deme  riehen  künic  Aröne 

455    deme  sage  ich  die  boteschaft  sch6ne, 
unde  der  lieben  tohter  stn 
der  sage  ich  deste  baz  den  dienest  din/ 
sant  Oswalt  volcte  des  raben  l^r 
unde  hiez  ime  den  kameraere  bringen  her. 


438  MSsfl?.  Vnd  SfM.     schöne]  M  also  seh.  S. 

439  MSsßfl- 

440  MSsflß.  kume  Ss  kam  M. 

441  MSflsß.  mich  -  volk]  M  man  mich  fast  S. 

442  MSsf Ifl  s6]  M  Vnd  S.     ich  Ms  och  S.    einen  MfSs.    gehaben]  M  han 

Ss.     Danach  nur  in  S:  Vnd  her  wider  fliegen  vG  dannen. 

443  MSflsß..  Danach  nur  in  S:  Dasz  man  mich  nit  mag  geschlachen. 

444  MSsTI?. 

445  MSflStS.  dich  sin]  S  sich  dein  M. 

446  MSsfIß.  wirde  Ss  wird  auch  M.     schöner  S  schon  M. 
447/49  MSsfl?. 

450  MSsfIß.  so  mit]  M  also  mit  s  mit  so  S.    grözcn  S(s)  grosser  M. 

451  MSsf  Iß.  *mich]  mit  M.     ieder  man  Ms  man,  vor  mich  S. 

452  MSsflß.  nur]  M  nü  Sfs. 

453  MSsfIß.  darzuo]  daz  M  man  dar  zu  Sfs. 

454  MSsfIß.  dar]  M  Vnd  d.  S     So  ich  dann  komme  S. 

455  MSsfIß.  die  Ss  dein  M. 
456/58  MSsfIß. 

459  MSsfIß.  ime]  MfS.     kameraere]  M  kemerling  S. 


25 

I  E.V.  465 -485 
a  [sant  Oswalt  hiez  springen 
b  unde  ime  einen  goltsmit  her  bringen.] 
460    alse  er  ime  s!n  gedäbte, 

wie  balde  man  [den  meister]  ber  bräbce, 

diu  wtle  werte  nibt  lange, 

der  kameraere  quam  gegangen. 

d6  er  den  harren  an  sach, 
465    nü  muget  ir  boeren,  wie  er  sprach: 

»genäde  lieber  b6rre  min, 

waz  ir  wellet  daz  sol  gescbeben  stn.' 

d6  sprach  der  milte  künic  Oswalt: 

, einen  goltsmit  solt  du  mir  bringen  balt, 
470     den  muoz  ich  haben, 

daz  wil  ich  dir  vürwär  sagen.' 

der  kameraere  tete  durh  n6t 

waz  ime  sin  eigen  h^rre  b6t, 

der  kameraere  d6  nicht  langer  beit, 
475     wie  balde  er  gen  Salmiders  reitl 

d6  er  in  die  stat  was  bekomen, 

alse  wir  ez  sider  hän  vemomen, 

an  der  selben  stunde 

einen  meister  er  an  sehen  begunde, 
480    den  vant  er  vor  einer  smitten  stän, 


459a  b  fMISs?. 

460  MSf Isß.  ime]  SfM.     geddhte]  M  erdaucht  S. 

461  MSTIs?.  wie]   M  Vil  S.     den  meister]  ym  den  kemerling  SfM. 

462  MSfls?.  niht]  M  och  n.  S. 

463  MSflsß.  kameraere]  M  kemerling  S. 

464  MsfIS|3.  er]  d'her   M  der  kemerling  S.     Herren]  S  cham'r  M. 

465  MSflsß. 

466  MSrisß.  lieber]  vil  1.  SfM. 

467  MSflsß.  geschehen]  MfS. 

468  MSflsß.  kUnic]  M  k.  sant  S. 

469  MSflSiü. 

470  MSflsß.  haben]  M  zwar  h.  S. 

471  MSrisß. 

472  MSfls?.  kameraere]  M  kemerling  S.  det  MS. 

473  MSrisß. 

474  MSflsß.  kameraere]  M  keinerling  S  (so  immer  außer  im  Reitn), 

475  MSßfls.  Salmiders]  ß  salmiders  oder  salundcrs  M  salunders  S. 

476  MSflsß.  bekomen]  bekömen  M  komen  S. 

477  MSflsß. 
478/80  STMIsß. 


20 

I  E.V.  486-515  1 

der  was  ein  künstericher  man. 

ygot  grüeze  iuchl'  sprach  der  kameraere, 

meister  ich  sage  iu  vremediu  maere: 

ir  muget  niht  langer  hie  bestan, 
485     ir  sult  mit  mir  gen  hofe  gän/ 

der  meister  gar  harte  erschricte, 

sehet,  wie  balde  er  umbe  sich  bb'cle! 

er  sprach:  ,vil  stolzer  kameraere, 

bescheit  mich  der  rehten  maere, 
490     waz  mac  der  hörre  mit  mir  ze  schaffenne  hän? 

daz  sult  ir  mich  wizzen  län.' 

er  sprach:  ,daz  wil  ich  iu  sagen: 

ir  sult  ime  stnen  raben  beslagen 

gar  schöne  mit  rdteme  golt, 
495     dacumbe  git  er  iu  guoten  solt.* 

der  meister  hörte  die  rede  dö, 

des  wart  er  üzermäzen  vrö, 

ez  dühte  in  niht  ze  swaere, 

unde  gie  mit  deme  kameraere. 
500    dö  er  nü  gen  hofe  was  komen, 

alse  wir  es  sider  hän  vernomen  .... 

dö  in  der  künic  an  sach, 

dö  begunde  er  in  grUezen  unde  sprach: 

»meister  ich  hän  niht  umbe  sust  nach  iu  gesant, 
505     merket  waz  ich  iu  tuo  bekant: 

ir  sult  mir  minen  raben, 

daz  wil  ich  iu  vürwär  sagen, 

beslahen  schöne  mit  röteme  goU, 

darumbe  gibe  ich  iu  riehen  solt, 
510     beslahet  ime  daz  gevidere  sin, 


481  SfMIsß.  Ainen  goldschmid  S. 
482—501  SfMIsß. 

502  MSsfl?.  d6]  M  unde  S. 

503  MSsflfJ. 

504  MSsflß.  meister  MsfS.      niht  nach  sust  S. 

505  MSfls?.  Nu  SfM.     tuo]  M  thün,  nach  waz  S. 
505  MSsflß. 

507  MSflsß. 

508  MSsJifl.  schöne  Ms  wol  S.     rotemc  S^fM. 

509  MSfls?.  darumbe]  S  Da  von  M. 

510  MSsp.  Vnd  SfM.     daz]  M  wol  d.  S. 


27 

|E.v.  ^Te^Ti^ 

unde  tuot  daz  durh  den  willen  mtn, 

mit  iuwern  künstertchen  henden, 

wände  ich  wil  in  ze  boten  senden. 

wurket  mir  ime  aU6  sch6ne 
515    üf  sin  boubet  ein  guldine  kr6ne, 

wanne  er  kome  unter  die  beiden  vri, 

daz  man  sehe,  daz  er      eines  rtchen  kUniges  böte  st.' 

der  meister  sprach  ze  deme  bSrren: 

ywaz  ir  wellet  daz  tuon  ich  geren, 
520     waz  ir  wellet  daz  muoz  ich  liden: 

ich  wurke  iu  das  gesmide.' 

der  meister  was  ein  künstericber  man, 

den  raben  er  ze  ime  genam 

unde  truoc  in  ze  einer  smitten  dräte, 
525     daz  geschach  eines  äbendes  späte. 

da  wären  si  verborgen 

unze  an  den  vierden  morgen, 

unde  dri  naht  s6  lange 

was  der  rabe  unde  der  goltsmit  bt  einander. 
530     der  meister  worbte  mit  ringer  hant, 

diu  kunst  was  ime  wol  bekant, 

er  worhte  mit  aller  siner  mäht 

beide  tac  unde  ouch  die  naht. 

an  deme  vierden  morgen  vruo 


511/12  MSfls?. 

513  MSsflß.  zc  Ms  für  ain  S.     senden  Ms  en  weg  s.  S. 

514  MSsfl?.  Vnd  SfM. 

515  MSs3ri. 

516  MSsfl^.  kome]  s  chäm  M  kumpt  S. 

517  MSsfif I.  riehen  Ms  millten  bfSu. 
518/19  MSsflß. 

520  MSrisß.  Vn  SfM. 

521  MSfls?. 

522  MSsTI?. 

523  MSsflß.  genam  M  nam  Ss. 

524  MSs^I.  unde  Msf)  Er  S.     einer  M  siner  Ss. 

525  MSf  Isß.  spdte]  M  also  s.  S. 
526/527  MSfls?. 

528  MSsfl?.  »6]  M  also  S. 

529  MSflsß.  der  g.  wn  d.  r.  S. 

530  MSflsß.  in  M  /mM  531. 

531  MSrisff. 
532/34  MSs^ri- 


28 

E.  V.  540-  560  i 
535     gie  deme  meister  vröide  zuo: 

dö  hete  er  den  raben  schöne  bereit, 

des  dühte  er  sich  gemeit: 

d6  er  den  raben  sach  vor  ime  stän» 

er  sprach:  ,wol  mich,     daz  ich  die  kunst  gelernet  hän! 
540    Oswalt  der  vurste  höre 

lät  mich  sin  geniezen  iemermSre.' 

den  raben  er  üf  sin  hant  gevie, 

dämite  er  gen  hofe  gie 

unde  quam  schiere  sä  zehant 
545     da  er  den  muten  künic  vant. 

er  sprach:  , lieber  hörre  min 

ich  hän  geleistet  den  willen  dln, 

edeler  vurste  wolgetän 

zwelf  marc  goldes      ich  harte  wol  verdienet  han.* 
550    dö  sprach  der  höchgelobete  degen: 

, meister  ich  wil  iu  ez  gerne  geben.' 

der  milte  künic  Oswalt 

hiez  den  kameraere  bringen  balt. 


536  MSfls?.  Do  SfM.  gie]  M  gengent  S.  deme]  S  d'  M.  vröide]  M  frcdcn  S- 

536  MSsfl?- 

537  MSflsJ^.  sich  M  s.  gar  S.     Danach  nur  in  S: 

Er  sprach  zu  der  selben  stund 

Desz  jst  min  herce  in  fraid  vh  in  wnn. 

538  MSflsß.  sach  nach  ime  S. 

539  MSfls?.  In  M  ^ioci  Verse,     er  —  mich]  MfS.     Hinter  mich  von  andrer 

Hand  wart:   M.     gelernet]  M  ye  g.  S. 

540  MSfls?.  Sant  SfM.  der]  MfS. 

541  MSfls?.  lat— sfn]  M  Laussent  michs  S. 

542  MSs^fl. 

543  MSsf  I|3.  gen]  öch  gen  S  zu  s  auf  den  M. 

544  MSflsp.  schiere]  M  och  seh.  S. 

545  MSs^fl- 

546  MSsflß.  sprach  Ms  s.  vil  S. 

547  MSsfl?. 

548  MSfls?. 

549  MSsfl?.  harte  w.]  hart  M  wol  Ss. 

550  MSsfl?. 

551  MSsfl?.  iu  MsfS. 

552  MSßfls.  künic]  M  k.  sant  S. 

553  MSs^I. 


2Q  

|E.V.  s6i-S77| 

zwelf  marc  von  golde  röt, 
555    deme  nieister  er  die  gebot. 

der  künic  den  meister  sch6ne  beriet, 

vröliche  er  von  dannen  schiet 

heim  ze  den  kinden  sin, 

daz  habet  üf  die  triuwe  mtn. 
560    d6  sprach  der  rabe  m6re: 

,h6rre  nü  volge  mtner  ISre, 

nü  lä  niht  langer  beltben 

unde  heiz  dir  briefe  schrtben 

hin  über  des  meres  vluot 
565     ze  der  werden  küniginne  guot» 

daz  si  daran  müge  beschouwen» 

diu  schoenste  obe  allen  vrouwen, 

vlizic  den  werden  dienest  din, 

nü  süme  dich  niht  langer  lieber  hdrre  min, 
570     vertige  mich  von  hinnen 

ze  der  edeln  küniginne!' 

der  milte  künic  Oswalt 


554  MsfflS.  von  — röt]  M  rotes  goldes  s  goldes  ß. 

555  MSsJifl.  In  S  ^vei  Verse.  Dem  maister'  sinen  lön 

Den  gab  der  kUnig  dem  maister  schon, 
die  S(S)  do  M.     gcb6t]  M  gab  s(3). 

556  MSfls?.  in  S  nach  557  der  —  schöne]  M  Vnd  sich  mit  fröden  S.    be- 

riet  M  bericrt  S. 

557  MSsif I.  Vil  SfMs. 

558  MSffls. 

559  MSfls?.  habet]  M  hab  S. 

560  MSsfls. 

561  MSsflß.  volge]  M  volget  Ss. 

562  MSfls?.  nü]  M  Vnd  S.    14]  M  lausscnt  S. 

563  MSsfl[l  heiz]  M  heizzet  Ss.     dir  M  uch  am  Ramie  s  die  S. 

564  MSflsß.  des  M  d.  wildesz  S. 

565  MSsfl^l  werden  Ms  edlen  S. 

566  MSflsp.  beschouwen]  M  schowen  S. 

567  MSfls?. 

568  MSfls?.  vlizic]  M  Mit  flisz  S.     den  S  die  den  M. 

569  MSsf  Iß.  sume  dich]  M  sument  Uch  S  siimet  mich  s. 

570  MsflSß.  vertige]   M  jr  fertiget  s.     von  h  ]  M  hin  s, 

571  MflSs?. 

572  MSsßfl.  künic]  M  k.  sam  Ss  sant  ß. 


^0 

I  E.V.  578-5991 


gie  ze  stneme  schrtbaere  halt: 

,nieister  ir  sult  niht  län  beUben, 
575     ir  sult  mir  briefe  schrtben 

hin  über  des  wilden  meres  strän 

ze  der  küniginne  lobesam.' 

der  brief  wart  schiere  bereit, 

sant  Oswalt  stn  insigele  daran  leit 
580    unde  stricte  deme  raben  under  daz  gevidere  stn 

[unde  darzuo]  ein  guldin  vingerlln 

mit  einer  sidiner  snüere, 

er  solte  ez  über  mere  hin  vüeren. 

er  sprach:  ,mtn  lieber  rabe, 
585     nfl  merke  rehte,  waz  ich  dir  sage: 

nü  sende  dich  der  himlische  vurste  guot 

hin  über  des  wilden  meres  vluot 

ze  der  edeln  künigin, 

s6  sage  ir  den  getriuwen  dienest  mtn: 
590     nü  sage  der  küniginne  vri, 

daz  mir  äne  got  niht  lieber  st, 

danne  mir  ist  ir  werder  Itp, 

si  sol,  obe  got  wil,  werden  min  wtp: 

wil  si  kristengelouben  hän. 


573,74  MSris?. 

575  MSspfl. 

576  MSfls?.  strdn]  trän  S  flüt  M. 

577  MSflsil  1( Uniginne]  M  edlen  k.  S. 

578  MSris?. 

579  MSs?ri- 

580  MSsi^ri-  ''«"™«]  M  jn  d.  S  dz  dp  s. 

581  MSspfl-  ""<^«  «darzuo  MSsO). 

582  MSs,!f  I. 

583  MSfls?.  Vii  STM.    hin  MfS. 

584  MSSt^fl.  sprach  MfJ  s.  nü  hör'  S  sprach  do  Nu  wol  hin  s. 

585  MSfls?.  nü]  M  Vnd  S. 

586  MSsf  1(3.  vurste  guot]  S  fUrste  got  s  hailat  M. 

587  MSsßfl.  wilden  S(S(il)rM.     vluot]  S  tron  M. 

588  MSs^fl- 

589  MSs,3fI.  jo]  M  Vnd  S.      getriuwen  Ms  trwen  S. 
5P0  MSfls?.  nü]  M  Vnd  S.     der]  M  öch  der  edlen  S. 

591  MSSiSfl-  "^*^*]  S  selber  nicht  M  niemnn  S,3.     lieber  S?  liebers  Ms. 
592,4  MSspfl. 


31 

I  E.  V.  600—617  I 
595     daz  sol  si  mich  wizzen  län, 

s6  bringe  ich  zesamene  ein  michel  here 

unde  vare  ndch  ir  über  mere.* 

der  rabe  sprach  ze  deme  harren: 

.waz  ir  ir  enbietet      daz  sage  ich  ir  geren, 
GOO    ich  wil  ir  allez  niht  verdagen, 

ich  kan  ir  allez  samt  wol  sagen, 

bitte  nur  die  himlischen  küniginne, 

daz  si  mir  vr61iche  helfe  von  hinnen 

unde  her  wider  von  deme  heidnischen  man, 
G05     daz  er  mir  niht  gewinne  daz  leben  an/ 

er  gap  ime  sant  Johannes  minne 

unde  empfalh  in  der  himlischen  kUniginne. 

er  sprach:  »lieber  hörre  min 

ich  empfilhe  dich  gote      unde  der  lieben  muoter  sin, 
GIO    dich  unde  alle  dtne  dienestman/ 

dämite  schiet  der  rabe  von  dan. 

daz  urloup  was  schiere  zergän, 

der  rabe  schiet  schiere  von  dan. 

von  der  bürge  was  ime  gäch, 


595  MSsflß. 

596  MSsflß.  michel  SsfM. 

597  MSsfli^.  über  Ms  hin  U.  S. 

598  MSSttf  1.  der  r.  sprach  Ms^^  Do  sprach  der  r.  S. 

599  MSsf  Iß.  ir  enbietet  Ms  mir  enpfelchent  S.     daz  —  geren]  S  ich  sag  Irs 

g.  M  d£  wil  ich  tr  gern  sagen  8. 

600  SsfMlß.  ich  —  verdagen]  S  vn  ir  nichtes  v'swygen  s. 

601  MSrisß.  samt]  MfS. 
G02  MSsfl?. 

603  MSsf  1(3.  si  mir  Ss  ich  M.     vrdlfche  /tarA  helfe  S.     helfe  Ss  körn  M. 

604/5  Ss^Ml.  unde  —  an]  S  vn  auch  herwider  von  de  heidischen  (aus  heide- 
schen) könig  dz  er  mir  nit  min  leben  nemmc  S  vilere  (pring  b)  dich 
got  der  almähtige  gesunt  her  wider  zuo  mir  'fi. 

606  SsfMIß.  er]  S  Sant  Oswalt  s. 

607  SsfMIß.  himlischen  Ms  himelschlichen  S. 

608  MSsßfl.  er  MS  der  rabe  s(,3).     lieber  Ms  vil  1.  S. 

609  MSsßfl.  dich]  ß  die  M  dich  ouch  Ss.     lieben  MsßfS. 

610  MSsuflb. 

611  MSsfl?. 
612/13  MflSsß. 
614  MSs,3ri. 


32 

I  E.V.  618-638! 
615     sant  Oswalt  sach  ime  vaste  hin  nach, 

er  sprach:   »himlischer  trahtin, 

ich  empülhe  dir  den  boten  min/ 

nü  vlouc  der  rap 

mere  unde  lant  unze  an  den  zehenden  tac: 
620    an  deme  zehenden  tage  ze  n6ne 

d6  swebete  er  obe  deme  mere  schöne. 

der  rabe  vlouc  mit  Sren 

in  deme  dienste  sines  lieben  harren, 

er  vlouc,  daz  ime  sin  kraft  entweich 
625     unde  in  gr6ziu  mUede  ersleicl\. 

sin  kraft  was  ime  entwichen, 

in  hete  diu  müede  ersuchen, 

daz  lät  iuch  niht  ein  wunder  dünken: 

er  vlouc  zehen  tage     ungäz  unde  untrunken, 
630     er  was  gevlogen  vaste 

unde  hete  ouch  gerne  gerastet. 

üf  einen  höhen  stein  er  gesaz, 

der  üz  deme  wilden  mqre  gewahsen  was, 

in  hete  diu  müede  unde  der  hunger 
635     sines  lebennes  nähent  betwungen. 


615  MSsffl.  sänl  O.  Mß  Der  liebe  s.  O.  s  Die  her'en  S.    sach  Msß  schwelet  S. 

hin  MfSsß. 

616  MSsfl?. 

617  MSsflß-  den  Mß  d.  Heben  S. 

618  MSsßfl.  nü  Ms  Do  s  Da  mit  S.  der  Msß  <i.  edel  S. 
619/21  MSspH- 

622  MSflsfi.  mit  M  do  m.  S. 

623  MSflsß. 

624  MSsflß.  daz  Ms  vnc«  S.     ♦entwäch  S. 

625  MSsfl?.  gr6ziu]  M(s)  ain  g.  S.     »arschläch  S. 
626/27  MSff  Is. 

628  MSrisß. 

629  MSsJifl.  rehen  tage]  M  die  r.  t.  s  vnc«  an  den  X  t.  S.    ungaz]   M  un- 

gessen  Ss  daz  er  niht  ....  az  [i. 

630  MSTIsß. 

631  MSpfls. 

632  MSsßfl  gesaz]  M  saz  Ss. 
633/34  MSs^ifl. 

635  MSs^fl.  sines  I.]   Sin    leben  S.     nahent]    b    nahet   Su    hart    M    also  S. 
betwungen  Ms  benomen  S. 


33  

f  E.  V.  639-65^1 

daz  er  kein  vröide  niht  mohie  gehaben, 

er  begunde  trüren  unde  klagen. 

des  raben  klage  diu  was  gr6z, 

ein  visch  ze  deme  steine  gevI6z: 
640    d6  der  rabe  den  visch  erbhcte, 

von  vröiden  er  d6  erschricte, 

sin  gevidere  er  erswanc, 

nach  deme  vische  stuont  aller  stn  gedanc . 

deme  raben  ez  wol  ergie: 
645    den  visch  er  under  die  kldwen  gevie, 

er  vuorte  in  üf  einen  höhen  stein, 

gotes  hilfe  db  wol  erschein. 

aller  n6t  hete  er  vergezzen, 

den  visch  begunde  er  ezzen. 
650     ein  wildez  merwtp  in  ersach, 

davon  mSrte  sich  des  raben  ungemach: 

daz  selbe  merwtp 

gie  ime  nach  ein  lange  zit. 

deme  raben  ez  niht  wol  ergie, 
655    daz  si  in  bi  den  vüezen  gevie: 

si  vuorte  in  an  der  selben  stunt 


636  MSsflß.  mohte  Ms  kund  S.     gehaben]  M  haben  Ss. 

637  MSsßTl.  trüren]  M  fast  t  S. 

638  MSrisß. 

639  MSs^I.  ze  Ms  hin  z.  S.     gevldz]  M  vl6z  Ss. 

640  MSs?ri.  d6  SsTM. 

641  MSsfl?.  d6]  SsfM. 

642  MSsflß. 

643  MSflsß.  aller]  M  jm  S. 

644  MSfls?.  wol  M  vil  w.  S. 

645  MSs^l.  under  die  kldwcn]  vnd'  die  clappn  M  jn  sin  clawcn  s   zwische 

der  klatten  u  schier'  Sf  b.     gevie]  S  vie  Ms. 

646  MSsßfl-  einen]  M  den  Ss^). 

647  MSpTls. 

648  MS^Is.  aller]  M  A.  siner  S.     er  vor  hete  S. 

649  MSsff  I.  ezzen  Ms(?)  frölichen  e.  S. 

650  MSs^I. 

651  MSf~IS(3.  sich  S  si  M.     des  r.J  M  sin  S. 

652  MSrisß. 

653  MSspTl.  Die  SfM.     ein  MfS. 

654  MSris?. 

655  MSsßfl.  gevie  Ms  fieng  S  begreif  ß. 

656  MSSt^I.  an  M  do  by  S. 

Rmesecke,  MAnchener  Oswald  3 


^4 

I  E.V.  660-679  i 


hin  in  des  meres  grunc. 

d6  er  nü  in  daz  merc  was  komen 

unde  daz  die  andern  heten  vernomen, 

660    d6  begunden  si  alle  gen  ime  her  gähen 
unde  in  gar  wirdicliche  empfähen. 
diu  in  in  daz  mere  hete  bräht, 
der  was  vröide  mit  ime  gedäht, 
diu  sprach:  ,luoget  lieben  gespilen  min, 

665    daz  mac  wol  ein  engel  stn, 
der  himlische  heilant 
hat  in  uns  her  gesant, 
durh  den  himlischen  vursten  hSre 
sulen  wir  ime  erbieten  gr6ze  ^re.* 

670     d6  sprächen  diu  andern  merwtbe: 
ydise  rede  ]ä  beltben, 
wände  ez  mac  kein  engel  gestn, 
daz  habe  üf  die  triuwe  mtn, 
ez  ist  niwan  ein  wilder  vogel, 

675     wir  möhten  wol   mit  ime  werden  betrogen.' 
nü  sprach  ein  ander  merwtp: 


657  MSspri-  in  Ss  ain  zu  M  üf  ß. 

658  MSsffl. 

659  MSs^fl.  daz]  S  es  s  in  M. 

660  MSsfIß.  gen  —  her]  M  her  nach  jm  S  dar  s. 
(••61  MSsflß.  wirdicliche  Ms  wirdenklichcn  S. 
G62  MSsiflb. 

663  MSsflß.  geddht]  M  erdacht  S. 

664  MSspfl.  diu  spr.]  Su(b)  vnd  sprach  sfM. 

665  daz  Ss  ditz  b  der  vogel  lu  Da  M.    wol  ISsß  vil  w.  M. 

666  MSsßfl.  Waii  SfMs. 

667  MSs^fl-  Der  SfMs. 

668  MMkSsfIß.  vursten  h.  MS  fürsten  s  her  Mk. 
6(59  MMkSspfl.  Dar  vmb  SfMMks?. 

670  MMkSsßf  I.  sprachen  Ms  sprach  MkSß.  diu  andern  MMks  ein  ander  Sß. 

671  MMkSsfl?.  Dese  Mk  die  MS(s)  U  MkS  1.  also  M.    DamuA  mir  w  \: 

Nain  sprach  den  piligrein 
Mir  ist  vmb  den  vogel  wol  kUnt 
Sprach  der  pilgrain  warmuL 
G72  wände  MMkSsf  I.    ez  MMkSsb  daz  lu  gestn  MSs  niht  gesfn  Mkß  sein  I. 

673  habe   IS  habet  MMk. 

674  Wände  SiSfMIMks.     niwan  Mk  nur  MI  nü  S  süst  sfß. 

675  wol  MkSs  vil  lilite  ^["Ml.  mit  ime  MlSsfMkß.  betrogen MISs?  getrogenMk. 
67ü  nu  MIS  dö  Mks. 


_35 

I  E.  V.  680— 70'  I 


,rabe  kurzwlle  uns  eines,   wände  daz  ist  an  der  zii!' 

d6  diu  bete  vol  geschach, 

nü  hoeret,  wie  der  rabe  sprach: 
680    er  sprach  ze  den  merwtben: 

,kein  kurzwtle  kan  ich  niht  getriben, 

ich  diene  deme  muten  künic  Oswalt, 

nü  ist  ez  üf  mines  harren  hofe  als6  gestalt, 

daz  niht  kurzwtle  trtbe  kein  varender  man, 
685     er  müeze  vor  gäz  unde  getrunken  hän: 

vrouwe  heiz  mir  ze  ezzenne  unde  ze  trinkenne  geben, 

s6  mac  ich  deste  baz  kurzwtle  pflegen, 

beide  kaese  unde  brdt, 

des  ist  mir  fizermäzen  n6t, 
690    heiz  mir  geben  semele  unde  guoten  wtn, 

vrouwe  durh  die  öre  dtn, 

unde  darzuo  einen  brüten  guqt, 

davon  werdent  varende  liute  gar  wol  gemuot.' 

diu  vrouwe  sümte  sich  niht  m6r, 
695    balde  hiez  sie  tragen  her 

semele  unde  guoten  wtn 


677  rabe  MIMks  lieber  r.   ßf  S.    kunwüe  uns  MIs  kurze  uns  die  wtle  Mkßf  S. 

eines  MIsfMkSß.  wände  MkSfMI.  daz  MS  ez  IMk.  an  der  MI  nü 
an  d.  SfMk.  Danach  mtr  in  S:  Dass  wir  wend  kurtzwil  triben:  Vü 
dar  by  an  ander  beliben. 

678  bete  MIMk  red  S.     geschach  MIS  geschahen  Mk. 

679  mS  vor  678,  <ii€  richtige  Stellung  durch  Zeichen  angedetttet,     nü  MkSfMI. 

boeret  MIS  muget  ir  boren  Mk.     der  MS  c16  d.  IMk. 

680  ze  MkSß  hunz  M  hin  zu  I. 

681  kurzwtle  MISs  kurzweit  Mk.     kan  MISs  mag  Mk.     ich  vor  kan  S.    ge< 

trfben  MI  trfben  MkSs. 

682  *diene]  den  Mk.    kUnic  MIs  k.  sant  S. 

683  DU  MSs  Hie  I.     ez  MSsfl. 

684  niht  MIsß  kain  S.     kurzwilc  trfbc  ß  k.  tribet  Ss  kurzwtle  MI.    varender 

sß  varfi  M  vremeder  IS. 

685  vor  Ssßf  MI.    gäz]  M  gezzcn  Isß  yc  gessen  S.    getrunken  MIs  trunken  S^S. 

686  heiz  Is  heizet  MS.     mir  ze  MSsu  mir  I. 

687  deste  baz  MSs  wol,  vor  pflegen  I. 

690  g.ben  —  wfn  MS  pringn  wein  vfi  prat  I. 

691  durh  MI  wol  d.  S.    Danach  nur  in  I :   Vnd  dar  zu  semel  vnd  wein. 

692  unde  MSfl. 

693  varende]  M  vrcmede  IS.     gar  MlfS. 
695  Vil  SfMI.  51  vor  hiez  S. 

3^ 


3fi 

I  E.  V.  702— 720 1 

unde  waz  da  reines  mohte  gestn, 

zamez  unde  wiltbrjvele, 

guoter  koste  allez  geraete, 
700     der  allerbesten  sptse  genuoc, 

s6  man  ez  den  vrouwen  her  truoc. 

alse  der  rabe  geaz  unde  getranc, 

6rest  gewan  er  manigen  gedanc, 

wie  er  mit  allen  sinen  sinnen 
705     den  vrouwen  üz  deme  mere  möhte  entrinnen: 

er  sprach:  ,liebiu  vrouwe  m!n, 

möhtest  du  schouwen  durh  die  triuwe  dtn, 

sich  hin  umbe  an  dirre  stunde, 

waz  hebet  sich  Wunders  an  des  meres  gründe? 
710    grözez  wunder  beginne  ich  sehen  1' 

also  begunde  der  rabe  jehen: 

,got  wil  volvüeren  sinen  zorn, 

alle  diu  werlt  hat  ir  leben  verlorn!' 

des  ersch rieten  die  vrouwen  sSr, 
715     nü  wart  in  ze  schouwenne  also  ger, 

si  wolten  ervaren  diu  maere, 

waz  Wunders  in  daz  mere  komen  waere. 


697  waz  MI  dasz  S.     da  MS  das  I.     reines]  Raines   M    zfimesz   S    peste  I. 

mohte  MS  mag  I. 
(198  MSsßTI.  wiltbr.  Mß  och  wildprait  S. 
C99  MSfls?.  allez]  M  aller  S. 

700  aller-MIfS. 

701  so]  M  Alsz  S  Sam  I.     ez  MlfS.     her  MS  für  I.     den  IS  der  M. 

702  getranc  MIs  tranck  S. 

703  erest  MIs  Aller  erst  S.    manigen  gedanc  MI  m.  danck  S  vil  gedenckens  s. 

704  allen  STMl. 

705  den  vrouwen  nach  möhte  MI.     üz  -  mere  SsfMI. 

706  liebiu  MIsi?)  vil  1.  S. 

708  Vnd  SfMI.     dirre]  d'  M  der  I  diser  S. 

709  sich  ISs3  si  M. 

710  grözez  MI|3  Grose  S.     beginne]  pegind  M  begund  IS. 

711  der  r.  IS  er  M. 

712  volvüeren  MI  uerfUren  S. 

714  erschricten  MI  erschräken  Ss. 

715  nü  MI  unde  Ss. 

716  MlufSsb. 

717  Mlsi^fS-   mere  IsfM. 


37 

I  E.  V.  721  -  739 


alse  die  vrouwen  hin  umbe  sähen, 

d6  begunde  der  rabe  gähen, 
720     er  sümte  sich  niht  m6r, 

ime  wart  abe  denie  tische  ger, 

sin  gevidere  er  erswanc, 

flz  deme  nsere  stuont  aller  sin  gedanc, 

er  satzte  allez  sin  getrabte, 
725     wie  er  fiz  deme  mere  komen  mähte. 

nü  half  ime  der  himlische  trahttn, 

daz  er  zesamene  sluoc  obe  deme  mere  daz  gevidere  sin 

in  aller  der  gebaere, 

alse  er  nie  in  kein  wazzer  komen  waere. 
730    des  raben  vröide  wol  erschein, 

er  vlouc  dahin  flf  einen  höhen  stein. 

alse  er  fif  den  stein  was  komen, 

d6  wart  ime  leides  vil  benomen, 

d6  treip  er  einen  ungevüegen  schal, 
735     daz  ez  hin  wider  in  daz  mere  erhal. 

daz  heten  d6  die  vrouwen  erhört, 

si  sprächen:  ,nu  st  wir  alle  betört 

von  deme  listigen  vogel 

s!  wir  alle  samt  betrogen.' 
740    die  vrouwen  alle  umbe  her  blicten, 

i\s  MIsfTS.  alse  MI  vnd  do  s. 
719  MlspfS. 
720/21  MlfSs?. 

722  er  MI  Der  rapp  vor  sin  S. 

723  aller  MSfl. 

724  MSflsß.  getrabte]  M  gedanck  vn  getr.  S. 

725  MSf  Isß  komen]  M  entTinnen  S. 

726  der  IS  das  M.    himlische  MI  hiroclschlich  S.  trahtin  IS  kind  M. 

727  in  M  zwri  Vtrse,    zesamene  sluoc  M :  I  [sich  vsz  dem  mere]  sluge  s  macht 

[sich  auz  d.  wilden  m.]  u  erschwang  Sf  b.  obe      mer  nach  er  I.   sin  MSf  I. 

728  der  gebaere  MI  maze  Ss. 

729  in  S  zum  vorigen  Verse,     alse]  Is  Alz  nie  M  alsz  ob  S.    nie  vor  komen  S. 

730  wol  MI  do  w.  S. 

731  dahin  MI  hin  Sfs.    üf  Mlb  wider  üf  Ssu.    einen  M  den  ISs(i^).    hdhcn 

MSsTI?. 

734  Vnd  SfMI  treip  MI  He  Sß  dett,  darüber  t  s.     do  nach  lie  S. 

735  ez  ISs  er  M.    hin  MSfl. 

736  dd  vor  erh6rt  S.     heten  MS    het  I.     vrouwen  fASsj^    fraw  I. 

737  sprachen  MSs  sprach  Iß. 

740  umbe  her]  1  her  vmb  her  M  vmb  sich  S    vmb  u. 


38 

[  E.  V.  740-766" 

6  wie  harte  si  erschricten! 

dö  in  der  rabe  entruonen  was, 

iegelichiu  ir  vröide  gar  vergaz. 

diu  in  mit  ir  in  daz  tnere  bete  bräht, 
745     diu  sprach:  ,nü  was  mir  vröide  gedäht, 

daran  ist  mir  misselungen, 

stt  mir  der  rabe  nfl  ist  entrunnen» 

6  w6  daz  ich  ie  wart  geboren 

umbe  m!nen  raben,     den  ich  als6  hän  verloren  I 
750     mincn  herzenlieben  raben 

dfn  kan  ich  niemermire  verklagen! 

unde  möhte  ich  ime  komen  als6  nähen 

unde  in  möhte  wider  vähen, 

ich  vuorte  in  an  der  selben  stunt 
755     lier  wider  in  des  meres  grünt, 

er  müeste  bi  mir  bestän, 

die  wile  ich  daz  leben  möhte  gehän.< 

an  der  [selben]  vart 

daz  der  edele  rabe  erhört 


760     unde  von  vröiden  er  sich  üf  geburte. 
d&  sprach  der  edele  rabe: 
,vrouwe  nü  lä  dtn  gr6ze  klaget 
unde  gulte  ez  danne  das  leben  dtn. 
ich  quaeme  niemermSre  ze  dir  hin: 

765     zewäre  ich  wil  vliegen  üchöne 
hin  in  das  lant  gen  Aröne 
unde  wil  werben  mit  €ren 
Oswalden  mineme  heben  hörten.* 


741  Vc  I.     si  MI  si  da' ab  S. 

743  gar  Ml  da  gar  S. 

744  daz  MSfl.     mere  Ml  wasser  S.     bnUit  IS  gepracht  M. 

745  gedaht  MS  erdacht  I. 
746/49  SfMIs?. 

750/51  STMIStS.  Nach  752/53  S. 
752/55  STMIsß. 

756  SfMIsß.  bestdn]  stan  S. 

757  STMIsß. 

758  SfMIsß.  selben  fS. 

759  SfMIs[i.  In  S  tum  vorigen   Verse, 
7G0-68  STMIsß. 


E.  V.  767—800 


unde  nfi  vlouc  der  edele  rap 
770    mere  unde  lant  unze  an  den  vünften  tac, 

an  deme  sehsten  tage  ze  n6ne 

d6   quam  er  ze  deme  künige  Ar&ne. 

der  rabe  in  höhen  vröiden  lebete, 

hoeret,  wie  er  obe  des  küniges  bürge  swebete, 
775     einez  hin,  daz  ander  her: 

ime  was  ze  schouwenne  als6  ger. 

der  rabe  langer  niht  vergaz, 

zwischen  zwo  zinnen  er  dö  saz 

üf  die  burcmüre, 
780     dö  begunde  er  sich  vröiwen  unde  trüren. 

er  sach  wider  unde  dan, 

dö  sach  er  hunde  unde  heidnische  man, 

dö  begunde  er  schouwen  unde  spehen, 

obe  er  die  juncvrouwen    iendert  künde  sehen. 
785     si  was  gar  ir  vater  zart, 

er  hete  si  in  ein  kamer  verspart, 

üf  si  gie  kein  liehtschin, 

wane  durh  diu  gleserin  venster  hin  In. 

mit  vier  unde  zweinzic  juncvrouwen  guot 
790    was  si  ze  allen  zlten  wol  behuot, 

die  beten  ze  allen  stunden 

an  vier  schefte  gebunden 

einen  pfeller,  der  was  röt  unde  wiz, 

den  truogen  si  obe  der   küniginne  mit  vliz, 
795     wanne  si  ze  deme  tische  wolten  gdn, 

so  muosten  si  den  pfeller  obe  ir  hän, 

daz  der  wint  noch  der  sunnenschin 

niht  möhte  genähen  der  künigin. 

der  edele  rabe  daz  ersach, 
800     hoeret,  wie  er  wider  sich  selber  sprach: 


769—86  STMIsß.     781  unde]  vmb  S. 

787  SfMIsß.  schin]  schain  nicht:  Alsz  vnss  dasz  buch  vergicht  S. 

788  SfMIsß.  Danach  in  S:  Schain  der  tag  uff  die  kuinggin. 

789  STMIsß. 

790  SfMIsß.  Danach  m%\  Vier  herzogen  dar  vnder. 

791  SfMIsß. 

792  SfMIsß.  an  v.  seh.]  On  wirtschaflft  S. 
793/8  SfMIsß. 

800  er — selber  MS  er  selber  ru  in  I. 


40 

E.V.  8oi— 823| 

,waerliche,  diu  küniginne  guot 

ist  vor  mir  rehte  wol  behuot, 

die  stolzen  küniginne 

mac  ich  der  boteschefte     niem^re  bringen  inne: 
805     wolte  ich  in  der  ahte  ze  ir  komen, 

s6  wurde  mir  Ithte  min  leben  benomen: 

ich  muoz  ez  klagen  iemerm^r, 

daz  ich  ie  bin  komen  her, 

ez  si  mineme  hörren  leit  oder  zom, 
810     s6  hän  ich  alle  min  arbeit  verlorn!* 

als6  redete  wider  sich  selben  der  rap: 

,vlüge  ich  vtir  den  künic  in  den  sal, 

s6  rastet  er  noch  unde  ist  ein  grimmiger  man, 

er  gewunne  mir  llhte  mtn  leben  an, 
815     ich  wil  biten,  unze  er  geezze  unde  getrinke, 

s6  muoz  ime  der  unmuot  sinken: 
'ez  wart  kein  kristen  nie  s6  guot, 
t  wanne  in  hungert,  er  si  ungemuot.' 

daz  ezzen  truoc  man  üf  den  tisch  dar, 
820    des  nam  der  rabe  vil  ebene  war: 

d6  man  die  lesten  rihte  dar  tmoc, 

der  rabe  sich  üf  den  tisch  huop. 

d6  er  üf  den  tisch  was  bekomen. 


802  vor  MSs  von  I. 

803  die  MI  der  S(s). 

804  der  MI  die  Ss.     niemere  MS  halt  n.  I  nit  s.     inne  MlfSs. 

805  Den  SfMIs.    dhte]  I  acht  M  nacht  s  nach  S. 

806  mir  ISs  mich  M.     lihte]  M  villycht  sflS.     benomen  MS  genomen  Is. 
809  leit  o.  z.  Ml  lieb  o.  z.  S  wol  oder  we  s. 

811  MSfls?.     selben]  M  selber  S. 

812  ich  ISs  jch  nU  M.    in  den  sal  Ms  i.  d.  s.  herab  S  ich  v'zaget  I. 

813  vastet]  s  vast  MI  vahet  S.    noch  Ms  mich  Sfl-     unde]  M  den  er  Sfl- 

grimmiger  Ms  grimmer  S  zarnig  I. 

814  gewunne  Ml  gewinnet  S  nymmet  s.     lihte  MI  villycht  sfS. 

815  unze]  S    hincz   I   bifz   s   biz  daz   (da*  übergeschrieben)  M.     er  MIs  si  S. 

geezze]  M  gessend  S  ezze  I  hat  gessen  s.    getrinke]  M  trinche  I  trinckent 
S  getruncken  s. 

816  ime  Mls    vö  jn  vor  sinken  S.     der  SsfMI.      unmuot  Is  vngemUt  AÄfS. 

817  Zwar  SfMI.     nie  vor  kein  S, 

818  si  MI  ist  vil  S  ungemuot  IS  zorangs  müt  M. 

820  ebene  Ss  guot  MI. 

821  dar  MS  üf  den  tisch  I  vor  die,  s  vUr  den  kUnic  ß. 

822  üf  d.  t.  MSsß  dar  I. 

823  bekomen  M  komen  IS(s). 


41 

E.  V.  824—840 

alse  wir  ez  sider  hän  vemomen, 
825     d6  sprach  der  rabe:  ,der  den  himel  hat  besezzen 

der  gesegene  iu  heidenen    iuwer  trinken  unde  ezzen. 

dämite  begunde  er  neigen  schöne 

deme  tlchen  künic  Ar6ne, 

tougenltcbe  mit  den  ougen  sin 
830    gruozte  er  die  jungen  kUnigin, 

mit  als6  guoten  sinnen 

neicte  er  der  alten  küniginne, 

dämite  k€rte  er  sich  umbe  in  den  sal 

unde  neicte  deme  hofegesinde  über  al. 
835     die  heidnischen  man 

sähen  an  einander  an, 

si  sprächen:  ,nü  müeze  wir  alle  jehen, 

wir  hän  klüegem  vogel  nie  gesehen.* 

also  vräcten  ritter  unde  knehte: 
840    fkan  uns  ieman  gesagen  rehte, 

der  uns  beschiede  der  maerc, 

wes  der  kluoge  vogel  waere?' 

dd  sprach  ein  heidnischer  hofeschalc, 

der  was  von  arte  ein  rehter  wechselbalc, 
bij     er  sprach:  ,ir  heiden  alle  sant 

des  raben  vart  ist  mir  wol  bekant: 


824  cz  MSfl.  sider]  M  sit  IS. 

825  d6  MIs  Er  S. 

826  heidenen  MIßfSs.  iuwer  MS  daz  Isß.  ctzen]  MIß  trinken  unde  (dz  s)  e.  Ss. 

827  neigen  MI  sich  neigen  Sß. 

828  Gegen  SßfMI. 

829  tougenliche  Mu  Tugenklich  S  tugentliche  Ib. 

830  fein:  IfMSß. 

832  in  S  zw»  Varizen   Verse, 
(»33  dÄmite  MIu  d6  Sb. 
aS5  man  MlfS. 

836  in  S  zum  vorigen  Verse.     Die  Sf  ML    an  -  an  MI  fast  in  an  S. 

837  alle  MI  also  S. 

838  klttegem  IS  clttgn  M. 

839  als6  MI  Ze  band  S.     vracten]  I  fragtent  jn  S  retten  M. 

840  ieman  MI  nieroant  S. 

841  MlfSsß. 
842/43  MlßTSs. 

844  MlfSsß.  wehselbalc]  wess  wechsselpalk  M  awzvelpalch  I. 

845  MlßfSs.  sant]  M    gesämpt  I. 

846  MlßfSs.  Zewdre  ßfMI. 


42 


mich  triegen  danne  die  sinne  min, 
er  ist  gesant  nach  der  jungen  künigin.' 
der  rabe  sprach  mit  eineme  geschelle: 

850     ,der  tii^el  flz  der  helle 
klaffet  ze  aller  stunde 
dir  fiz  dtneme  valscheme  munde  1 
daz  dir  din  mfll  verwahsen  waere, 
daz  dflhte  mich  ein  liebez  maere: 

855     daz  du  keinen  rät  möhtest  gegeben, 
die  wile  du  hast  dln  valschez  leben  1' 
er' sprach:  ,ir  beiden  alle  sant 
mtn  vart  tuon  ich  iu  bekant: 
ich  bin  gevlogen  balde 

860    her  von  eineme  vinsterme  walde, 
ich  hin  Sren  vil  vemomen 
unde  bin  üf  genäde  her  komen, 
daz  mir  der  künic  gebe  bröt  unde  wtn 
durh  die  gr6aen  6re  sin.' 

865    er  sprach  als6  €ch6n, 
der  rtche  künic  Ärön: 
fbist  du  durh  min  hüs^re  her  komen, 
triuwen  daz  hftn  ich  gerne  vemomen: 


847  MlpfSs. 

848  MlßfSs.  gesant  MI   ze  boten  her  g.  ß.     nach]  M  se  Iß.     der  Mß  dir  I. 

jungen  MßTI. 

849  MlßfSs   geschelle]  M    scheUe  I    schalle  ß. 

850  MlßfSs.  i«]  I  in  M. 

851  MlßfSs.  klaffet]  Mß   Cblaffet  dir  I. 

852  MlßfSs.  dir]  Mflß. 

853  MlßfSs. 

854  MlufSsb.  ein  1.  m.]  M  ain  lieber  (r?)m.  I  gut  so  u. 

855  MlßfSs.  gegeben]  I    geben  Mß. 

856  MlfSsß.  din  valschez]  M    daz  valsche  I. 

857  MlßfSs. 

858  MlfSsß. 
859/60  MlßfSs. 

861  MlßfSs.  vil  vor  eren  I. 

862  MlßfSs. 

863  MßflSs. 
864/66  MlßfSs. 

867  MlßfSs.  min  hüsere  Iß  meines  hau9  er  M, 

868  MlfSsß. 


43 


wes  d!n  herze  an  mich  begert, 
870    des  solt  du  alles  sin  gewert.' 

der  künic  hiez  springen, 

deme  raben  ze  ezzenne  unde  ze  trinkenne  bringen. 

der  kameraere  sfimte  sich  niht  m6r 

unde  begunde  ze  ezzenne  unde  ze  trinkenne  tragen  her. 
875    dd  man  ze  ezzenne  unde  ze  trinkenne  brähte, 

der  rabe  sich  einer  vräge  bedähte, 

an  der  selben  stunde 

er  den  künic  vrägen  begunde, 

er  vräcte  in  als6  sch6n: 
880    .sage  mir  rtcher  künic  Arön, 

wer  izzet  din  br6t  unde  trinket  dtnen  win, 

deme  tuost  du  doch  niht  an  deme  lebenne  stn?' 

der  künic  sprach  unverborgen: 

,rabe  lebe  nur  äne  sorgen: 
885    wer  trinket  m!nen  wtn  unde  izzet  mtn  br6t, 

der  kumet  in  deheiner  slahte  not: 

hie  an  deme  hofe  min 

solt  du  äne  alle  sorge  sin, 
.    dtn  Itp  unde  din  guot 


869  MlßfSs.  din  h.  Mß  du  1. 

870  MlpfSs. 

871  MIßfSs.  kttnic]  M  her  I.     hiex]  M  h.  palde  I.     springen]  M    springen  I. 

872  MlßfSs.  «e  (2)]  Mfl.     bringen]  Mß  pringn  I. 

873  MlfSsß.  

874  MlfSsß.  begunde]  M  trug  1.     ze(2)]  Mfl.     tragen]  Mfl. 

875  MlfSsß.  «]  MTI.    »e]  Mfl. 

876  MlßfSs. 

877  MlfSsß. 

878  MlsfSß.  er]  M  Der  Rab  I. 

879  MlsfSß.  ^ 

880  MlsßfS.  Ar6n  MIß  von  Araon  s. 

881  MlsßfS.  ^drincket  M. 

882  MlsßfS.  doch  Mßfls.     leben  Ms  lebe  I.     sfn  M(s)  dein  I. 

883  MIsßTS. 

884  MIsf  Sß.  lebe  ~  Ine]  M  lebe  on  s  du  tarst  nicht  1. 

885  MlsfSß. 

886  MlsfSß.  deheiner]  dhain'  M  keiner  I(s).     slahte]  M  slahe  I. 

887  MlfSsß.  an  M  auf  I. 

888  MlfSsß.  sorge]  M  sorgen  I. 

889  MlsfSß.  din]  Is  Den  M. 


_u 

I  E.V.  841-852 


890     ist  bi  mir  rehte  wol   behuot.* 

d6  der  rabe  die  rede  vernam, 

wie  harte  er  sich  vröiwen  dö  beganl 

aller  n6t  begunde  er  vergezzen 

unde  begunde  vröliche     trinken  unde  ezzen. 
895     alse  der  rabe  geaz  unde  getranc, 

6rest  gewan  er  manigen  gedanc, 

wie  er  mit  stneme  getrabte 

den  beiden  der  boteschefte     innen  bringen  mähte: 

er  sprach  als6  schön: 
900     ,6  edeler  künic  Ärön 

du  dunkest  mich  s6  ein  vester  man, 

daz  ich  dir  min  boteschaft  nü  niht  langer  verdagenkan. 

du  wellest  mir  danne  dtnen  vride  geben, 

beide  mineme  Itbe  unde  mtneme  leben, 
905     s&  wolte  ich  dir  sagen  drät 

waz  man  dir  enboten  hat.' 

der  beiden  sprach  ein  stimme  gröz, 

daz  ez  in  deme  hüse  erd6z: 

,du  bist  gar  ein  listiger  vogel, 
910    ich  furhte,  ich  werde  mit  dir  betrogen  l 


890  MlsfSß.  bi  U  pein  M.     rehte]  Mfls. 

891  MlsfS^  der  r.  Ms  er  I.   ' 

892  MlsfSß.  wie  harte]  M  sers  Zehant  I.    d6  Mfl.    began]  I  begunde  Ms. 
893/4  MlsfSß. 

895  MIsfSß.  geaz  u.  g.  Ms  tranck  vnd  gas  I. 

896/97  MlsfSß.  erest  —  getrabte]  M    Do  trachtet  er  wie  er  s. 

AUez  laides  er  gar  vergas 

Er  gedacht  in  sein«  gedecht 

Wie  er  I. 
898  MIsf  Sß.  wie  er  su  diesem  Verse  1  vgl,  zu  896/97.  den  (de  s)  heiden  Ms  dem 
cimnige  I.    der  M  die  I  sin  s.    bringen  mähte]  M  in  precht  I  fUr  geleget  s. 

900  in  S  3ttw  vorigen  Verse,     6  Ms  O  du  Sfl- 

901  MlsfSß.  s6  ein]  ain  M    so  gar  1    so  s.     vester  m.  MI    herlich  s. 

902  in  S  vwei  Verse,    boteschaft   —   kan]    botschafftan:    Nü  nitt  lenger  uer 

dagen  kan  S  b.  niht  gesagen  kan  MIs. 

903  du  MIs  Vnd  jr  S.     wellest  Ms    woltest  I    wollen t  S.     danne  dinen  MI 

dann  einen  S    den  S. 

904  beide  MlsfS.     unde  MIs    vnd  och  S. 

90 '>  wohe  MIs    wil  S.     dir  MIs    Uch  S.     •trat:   S. 

906  dir  MIs    Uch  S.     enboten  MSs    gepoten  I. 

907  ein  MI  mit  einer  Ss. 

908  erd6z]  M    erdoszt  S    erloz  I    erhalle  s. 


45 

E.V.  853-876 


dannoch  kan  ich  dir  sta  niht  versagenT 
-  du  muost  mtnen  staeten  vride  haben: 

der  11p  unde  ouch  daz  leben  d!n 

sol  hän  den  staeten  vride  mtn.' 
915    der  beiden  sprach  un verborgen: 

,rabe  lebe  nur  äne  sorgen, 

dimite  wil  ich  £ren 

Mähmeten,  mtnen  lieben  harren: 

unser  got  ist  Mähmet  genant, 
920    durh  des  willen  habe  einen  vride  üz  deme  lant/ 

dö  sprach  der  listige  vogel: 

,mit  Mähmeten  wurde  ich  harte  betrogen, 
.    der  künde  mir  niht  bi  gestän, 

icli  muoz  einen  bezzern  vride  hän.' 
925    er  sprach:  ,edeler  vurste  hSre, 

tuo  ez  durh  dtnes  landes  Sre 

unde  gip  mir  einen  vride  von  hinnen, 

als6  liep  dir  st  diu  alte  küniginnel' 

,stt  du  mich  hast  gemant 
930    an  mtn  vrouwen  unde  an  mtn  lant, 

s6  verzthe  ich  dir  den  vride  niht, 

wie  halt  mir  darumbe  geschiht/ 

er  sprach:  ,stt  ich  dtnen  vride  hän, 

so  wil  ich  dich  wizzen  län: 


911  sfn  MsflS.     versagen  Ss    gesagen  MI. 
913  der]  M  dtn  IS. 

916  nur  MI    nü  vor  lebe  S.     ine  MI    on  all  S. 

917  wil  MI  so  w.  S. 

918  Mehmeten]  Machmet A  machmetfi  M  Machoroeten  I  Magmet  ß  Machten  S. 

919  unser  IS    Vser  M.     Mihmct]  machmet  MS  machomet  I. 

920  habe  ein  M  habe  IS.     deme  IS    disem  M. 

922  Mihmeten]    machroetn  M     machomet  I    dinem  got  machmet  S    (dtn  got 

Magimet  ß).     wurde  MI    bin  S.     ich  MSf  I.     harte  MI    ganz  S. 
928  künde  MS    chan  I    mac  ß.     niht  MIß   gancz  nUcs  S. 

924  *habn  ban  M. 

925  er  «prach  ISfM.     edeler  v.  MSs  edle  fursten  I.     h^re  MS  b'ren  1. 

926  •Du  M.    ca  MSsfl. 

9*29  Er  sprach  S  Der  kttnig  sprach  sfMI.     gemant  MSs(ß)  genant  I. 
931  den  vride  MIs    desz  fridsz  S. 
832  geschiht  ISsb  beschiht  M  wirt  u. 

933  sft  MIs  her*  s.  S.    ich  Ms  jch  nü  Sfl. 

934  dich  MIs    d.  nü  S. 


46 ^ 

E.  V.  877—902 


935    kttnic  Oswalt  in  Engeüant 
h&t  mich  her  ze  dir  gesant: 
nü  merke  h^rre,  daz  ist  min  rät, 
waz  er  dir  bt  nur  enboten  hat: 
dich  bittet  der  liebe  h^rre  mtn, 

940     daz  du  ime  gebest  die  tohter  d!n. 

waerlkhe,  deme  h6chgelobeten  degen 
solt  du  dtn  tohter  gerne  geben: 
ime  dienent  krefdcüche 
zwelf  künicriche, 

945    zwelf  künige  die  dienent  ime  sch6ne, 
iegelicher  under  siner  guldtner  kr6ne, 
vier  unde  zweinzic  herzogen  h^re 
die  dienent  ime  durh  stn  grdze  6re, 
sehs  unde  drtzic  gräfen  lobesam 

950    die  dienent  ime  mit  manigem  werden  man, 
niun  edele  bischofe 
die  dienent  ime  fif  stneme  hofe: 
er  pfliget  wirde  unde  Sren, 
du  solt  ime  dtn  tohter  geben  geren. 

955     unde  wirt  dtn  tohter  stn  wtp 
s6  ist  ouch  heilig  ir  beider  Itp, 
si  koment  fiz  aller  schulde 
unde  erwcrbent  unser  vrouwen  hulde/ 
d6  diu  rede  vol  geschach, 

960     der  heidnische  künic  vür  nider  sach, 


Ü35  in  ISs    von  M    üz  ß. 

936  Der  SfMls.     mich  MSsß  mit  I.     ze  dir  MlspfS. 

938  dir  nach  mir  1. 

941  höchgelobeten  MSs  hach  geporen  I. 

942  solt  —  tohter  MSs     Gen  dem  sohu  ir  dich  ir  I.     geben  MSs    v'wegn  I. 

943  dienent  MSs   sint  -   undertdn  ß  zu  dienen  1.     krefticlfche]  M  fröleich  I 

werlichen  Ssß. 

944  in  S  zum  vorigen   Verse,     man  Wol  ISfMsß. 
950  Die  MlfS.  werden  man  Ms  biderman  IS. 
9J2  in  S  zum  vorigen   Verse,     die]  IfMS. 

953  eren]  M  grsser  (so)  eren  S  ere  I. 

954  geren]  MS    here  1. 

956  ist  IS  Wirt  M.     ouch  MlfS. 

957  üz  aller  MI    usscr  S. 

958  unser  vr.  MS  gotes  vfi  sein'  mutt'  I. 


47  

I  E.V.  903-921 

abe  unser  vrouwen  er  harte  erschricte, 

zorniclkhe  er  fif  blicte, 

er  sprach:  ,daz  wil  ich  allen  mtnen  beiden  klagen, 

den  tiuresten,  s6  ich  si  iendert  mac  gehaben, 
965    daz  ich  deme  raben  vride  hän  gegeben, 

daz  muoz  mich  riuwen,     die  wtle  ich  hän  daz  leben  1 

ez  riuwet  mich  als6  s£re« 

er  redet  mir  an  mtn  £re: 

er  beginnet  mir  sin  vrouwen  vür  nennen, 
970    der  wil  ich  ze  vriunde  niht  erkennen  1' 

also  sprach  der  beiden  an  der  stet: 

fdret  unsem  h£rren  Mähmet 

unde  setzet  darnach  alle  iuwer  sinne, 

daz  der  rabe  niemSre  kome  von  binnen!' 
975    der  heidnische  künic  den  vride  zerbrach, 

davon  m6rte  sich  des  raben  ungemach. 

mit  der  selben  vart 

deme  raben  line  unde  türe  verdrungen  wart, 

man  sluoc  zuo  venster  unde  tür 


961  unser]  S  vnssn,    im  Kustoden  vnser  I    vnsz  M.     hatte  MS  sere  Is  vaste 

unde  s^re  ß.     ersehricte  MS    enchrac  sß    erschrach  I. 

962  zornicUche  Ss  Zornicleichen  I  Zornleichn  M    uz  grozeme  zomc  ß.  Af  bl. 

MSß  sach  uff  8  da  sprach  I. 
9G3  daz  wU  ich  MSsß   ich  w.  ez  1.     beiden  MIsß  haiden  S. 

964  MSflsß.  den  -  sd]  M  So  balde  S.    iendert  MfS  Statt  dieses  Verses  in  I: 

Vnd  wil  in  es  auch  nicht  v'dagen. 

965  vride  Ss  v    vft  vrlaib  M  frid  huld  {aus  hold  X)  I  Sicherheit  ß. 

966  Zwar  SfMIs.     muoz  m.  r.  MI    riuwet  mich  Ss.     daz  ISs    mein  M. 

967  Zwar  STMI. 

968  er  redet  MSß    der  rabe  rette  s    Vnd  get  1.     an  Mlsß  gar  an  S. 

969  nennen  IS(ß)    nero«  M. 

970  vriunde  MI(ß)    fröd  S.     niht  MIß   halt  nimer  S. 

971  alsd  MS    Do  W 

972  erct  MS    Er  I.     unsem  Ss  vnsizn  I  vnsern  lYbn  M.     herren  MSs  got  I. 

MAhmet  MSs  geschohn  hat  I. 

973  unde  MS  Ir  h'ren  I.    alle  SßfMI. 

974  rabe  MSsßfl.     niemere]  M    iendert  S  niht  Is.  koroe  ISs  chSm  M. 
'J75  rerbrach  Ms    brach  Is. 

977  vart  M    wart  I    vart  ward  dem  rappen  S. 

978  deme  r.  Mlf  S,    vgl.   V,  977.     line]  lien  M    lienen  I   Getter  S.     tOre  MI 

tor  S.     verdri.ngen  wart]  M  v'spare  I  wardent  tu  geschlagen  S. 


48 

E.  V.  922— 942J 
980    starke  rigel  sch6z  man  dävür, 

a1s6  wart  verslozzen  daz  hüs, 

der  rabe  roohte  niendert  fiz. 

dem  raben  wart  ze  vliehenne  gäch, 

die  beiden  ilten  ime  vaste  nach, 
985     mit  allen  stnen  sinnen 

mohte  in  der  rabe  niendert  entiinnen: 

diu  w!le  werte  niht  lange, 

der  rabe  wart  gevangen. 

an  den  selben  stunden 
990    wart  er  krefticlkhe  gebunden 

mit  hirzinen  riemen, 

den  raben  half  d6  niemen. 

der  heidnische  künic  d6  niht  enlie, 

den  raben  er  an  ein  Stange  gehie. 
995    er  sprach:  ,unde  hete  sin  diu  werlt  gesworen, 

s6  muost  du  daz  leben  hin  verloren/ 

alse  diu  junge  küniginne  ervuor  diu  maere, 

daz  der  rabe  durh  ir  willen  gevangen  waere, 

einen  sidtnen  mantel  si  umbe  gevie, 
1000     wie  balde  sie  vür  den  vater  giel 

si  sprach:  ,vater  dich  hint  d!ne  sinne  betrogen 

an  deme  wunniclichen  vogell 


980  rigel  IS   ridl  M.     sch6z]  M   schlosz  S   stiez  I.     dävOr  IS   für  M. 

982  uz  Mls(ß)  kOmen  dar  vsz  S. 

983  ISsfMp. 

984  vaste  MIs   bald  S. 

985  Der  rapp  SfMI. 

986  in  MI  den  haiden  Sfs.     der  rahe  MlfS. 

989  Vnd  STMI.     den  MI    der  S. 

990  kreffidiche  Is   kröfftenklich  S.     chreftikleichfi  M. 

991  •remen  S.     der  kUnig  do  jn  viengi:   SfMIs^. 

992  MlfSs?.  den]  M   Dem  I. 

993  MlsfSß.  enlie  M   lic  I. 

994  gebie  M   hie  IS. 

995  unde  MSsfl. 

9J>8  durh  —  willen  MI    vö  jren  w.  S   von  —  wegen  ß, 
999  MlßfSs. 

1000  vür  IS    ze  Msß. 

1001  si  sprach  MS    unde  spr.  sßfl.   vater  MlsßfS.     dich  hant  Mß   hfint  dich 

ruuh  sinne  Is  wie  habent  dich  S. 

1002  wunniclichen  MIsß    minenklichen  S. 


49 

E- V.  943-964 

nü  hete  du  ime  dlnen  vride  gegeben 

beide  sineme  Itbe  unde  stneme  leben, 
1005     waz  hast  du  gerochen,    . 

daz  du  dtnen  vride  hast  zerbrochen 

an  deme  edeln  raben? 

des  muost  du  iemdre  schände  haben  1 

verliuset  er  in  deme  vride  daz  leben  sin, 
1010    daz  stät  übele  an  den  Sren  d!n 

unde  muost  sin  ouch  iemSre  laster  haben, 

wä  man  ez  sol  singen  oder  sagen: 

man  sprichet,  du  slest  worden  triuwel6s, 

unde  wirst  niemSre    deheines  biderben  mans  gendzl 
1015  wie  stät  dir  daz  an? 

man  sprichet,  du  slest  ein  vridebrechender  man 

unde  hast  s!n  gr6ze  schände, 

wä  du  verst  der  lande, 

unde  habe  ez  üf  alle  min  dre: 
1020  du  kanst  dich  ze  guoten  dingen    geliehen  niemermSre/ 

d6  diu  rede  vol  geschach, 

der  heiden  zornicUche  sprach: 

,ich  sage  dir  ez,  liebiu  tohter  min, 

ez  gät  ime  an  daz  leben  sin. 


1008  hete  Ms   b^t  IS. 

1004  beide  -   ande  MSs   Du  weitest  im  nicht  schadii  an  1.   sineme  Ms  dem  IfS. 

1005  MSflsp.  Nu  SfM. 

1006  MSßfls.  dfnen  Sß   den  M. 

1007  MSßTIs. 

1008  du  MIß  du  dich  (dich  am  Rande  hierherbezeichnet)  S. 

1009  Vnd  SfMI.     in  deme  vr.  MSs  in    dem   fride  sein,   über  dem  s  ein  d  I. 

stn  leben  vor  in  Is. 

1010  stit  MIs   stant  S.     Ubele  MIs  vil  ü.  S.     an  Mf  ISs. 

101 1  unde  MS  du  Is.  ouch  vor  sin  I.  laster  MSs  schände  I.  schände  unde  laster  |3. 

1012  sol  singen  MI   hört  s.  S   singt  oder  sagt  s. 

1014  niemire]  M   och  yiner  me  S   aus  must  ymmer  I|~s.    deheines]  M  keines  Ss 

eines  I.     biderben  mans]  s  bidermans  MIS.  - 

1015  wie  MSs  wie  wol  I. 

10*6  'sprechet  I.     vridebrechender  Ms   fridbrUchiger  S   pid'  I. 

1017  grAie  Ml   och  gr.  S. 

1018  du  verst  MS   man  ez  sagt  I.     der  M   auff  dem  I   jn  dem  S. 

1019  unde  MI   Dasz  S.     ez  —  ere  Ml    vC  miner  ler  S. 

1020  In  S<M  1019.   WanSfMI.   kanst  MS  magst  ß  gelaichest  1.  geliehen  MSßfl. 

1022  zomicliche]  s   zorenklich  S   zornicleichn  I  zornleichn  M   üz  zome  ß. 

1023  ez]  M  das  sflS. 

Baesecko,  M&nchenor  Oswald  4 


50 

E.V.  965-989  I 


1025  ich  läze  in  niht  langer  leben, 

des  wil  ich  dir  min  triuwe  geben, 

danne  unze  an  den  morgen  vruo, 

s6  gät  ime  gr6ziu  sorge  zuo: 

s6  wil  ich  in  hähen  halt 
1030  hin  üz  xiir  den  viiistem  walt' 

si  sprach:  ,nein  lieber  vater  min, 

alse  liep  dir  min  muoter  müge  gestn, 

1^  uns  den  raben  mit  deme  lebenne  von  hinnen!' 

bat  in  diu  junge  küniginne. 
1035  er  sprach,  alse  wir  hoeren  jehen: 

ytohter  des  mac  niht  geschehen, 

er  ist  gevlogen  her 

flf  mtn  wirde  unde  üf  mtn  ^r/ 

si  sprach:  ,sit  du  den  raben  niht  wilt  läzen  leben, 
1040  s6  wil  ich  dir  des  mtn  triuwe  geben: 

wanne  du  mich  wilf  geben  eineme  heidnischem  man/ 

sprach  diu  küniginne  lobesam, 

,daran  begän  ich  niemfire  den  willen  dtn, 

daz  geloube  mir  lieber  vater  mtn, 
1045  ich  muoz  mich  von  hinnen  heben,  - 

vater   des  wil  ich  dir  mtn  triuwe  geben, 

mit  eineme  spilman  fiz  deme  lande, 

vater  des  hast  du  danne    iem£re  schände.' 

er  sprach:  ,du  vüegest  niht  wol  ze  eineme  spilwtp. 


1025  niht  Mls   zwar  n.  S. 

1026  dir  Ss    iu  MI. 

1028  gr6ziu   MI    den  gr.  S. 

1029  Och  STMIs.    in  MSsfl. 
1031  nein  Mls   min  hercz  S. 
1082  rottge  g.  Ml    mag  g.  S   sy  s. 

1033  uns]  I    vns<:vs  M   hin  usx  Sfs.     mit  d.  1.  MSsfl« 

1034  Also  STMI. 

1035  wir  MS    w.  noch  I. 

1037  Zwar  SfMIs. 

1038  wirde  MIs  trw  S. 
1040  des  ISsfM. 

1042  Also  SfMI.     küniginne  MI   jungkUniggin  S. 
1045  Zwar  SfMIs.     muoz  MS  wil  Is. 

1047  dz  MSs(|3)    auf  I.     deme  Ss    daz  I    disem  M. 

1048  danne  MS    doch  sfl.     iemerc  MSs    groste  .1. 
i049  wol  MlsfS. 


51  ___^___ 

E.  V.  990-  loii 
1050  tz  ist  ze  edele  dir  dln  l!p, 

ich  muoz  dir  der  wärheite  jehen: 

ich  hän  der  spninge  keinen     von  dir  nie  gesehen.' 

si  sprach:  ,darumbe  darft  du  niht  sorgen, 

wes  ich  hiute  niht  kan,     daz  lerne  ich  morgen.* 
1055  alse  der  künic  erh6rt 

siner  lieben  tohter  wort, 

er  sprach:  ,unde  waere  allez  daz  gevügel 

nach  dir  gevlogen  her  über, 

daz  in  Engellant  mohte  gestn, 
1060  ich  gaebe  dir  ez,  liebiu  tohter  min, 

wände  ich  hin  nfl  gesehen/ 

also  begunde  der  beiden  jehen, 

,wie  dtn  klage  waere  gestalt: 

der  rabe  roac  wol  werden  alt, 
1065  wilt  du  sin  niht  entwesen, 

s6  mac  der  rabe  wol  genesen, 

bis  niwan  aller  sorgen  vrt, 

trac  in  wä  er  dir  aller  liebest  sV 

diu  junge  küniginne  niht  enlie, 
1070  den  varer  sie  liepltche  umbevie: 

,stt  du  mir  den  raben  hast  gegeben. 


1050  ez  MS  Er  I.  ze  MIs    so  S.    dir  d!n]  M  dir  der  I  din  hochgebor'ner*  S  din  S. 

1051  Zwar  Sf  MI.    jehen  MI    uenechen  S. 

1052  keinen  v.  d.  nie  S     v.  d.  selten  ß    nie  chaine  v.  d.  M  noch  nit  v.  d.  I. 

1053  darft  M    darft  I    bedarftt  S. 

1054  hiute  ISß    heint  M. 

1055  alse  Ml    Vnd  do  S.     erh.  MI    dass  e.  S. 

1056  SU  1055  MI.     siner  lieben  tohter]  S    sein'  tocht'  I    die  M. 

1057  er  spr.  MSfl.    unde  MSsfl.    daz  MSsfl.     gevUgel  MSs  g.  flogen  I. 

1058  MISsfß.  I:    Vnd  nach  dir  gezogen,    gevlogen  MsfS. 

1059  gestn  MSs    sein  I. 

1060  ich  —  ez  Mls    Dasz  geh  ich  dir  Ee  S. 

1061  wände  MIs    Zwar  S.     nA  Ss    nur  M    newr  I.    gesehen  MIs   bes.  S. 
1063  Nun  SfMIs. 

1065  Vnd  SfMIs.    wilt  du  MSs   Mocht  I. 

1066  mac  MS   mOsz  I.    wol  MI    noch  w.  S. 
IC  67  niwan]  nUme  s  nur  MI    mir  S. 

1068  in  MSs    in  hin  I. 

1069  niht  MI    dasx  n.  S. 

1070  umbev.  MSs^    enphie  I. 


52  

I  E.  V.  loia— 1033  I 

daz  wil  ich  umbe  dich  dienen,  die  wUe  ich  h^  xlaz  leben.' 

diu  küniginne  mit.  ir  selbes  bant 

erlöste  deme  raben  alliu  stniu  baot 
1075^  unde  truoc  in  mit  ir  dräte 

in  ir  kemenäte. 

si  sümte  sich  niht  m&v, 

balde  hiez  si  tragen  her 

semele  unde  guoten  win 
1080  unde  waz  da  guotes  mohte  gesirt,   , 

zamez  unde  wiltbraete»        '  : 

guoter  koste  allez  geraete, 

si  hete  den  raben  mit  guoleme  vltz 

mit  trinken  unde  mit  guoter  spis< 
1085  alse  der  rabe  geaz  unde  getranc, 

daz  gevidere  er  üz  einander  erswanc» 

er  sprach:  »edeliu  künigtn 

loese  mir  den  brief  unde  daz  vingerltn, 

daz  hat  dir  b!  mir  gesant 
1090  kiinic  Oswalt  in  Engellant. 

nü  merke  vrouwe,  daz  ist  min  rät/ 

waz  er  dir  bt  mir  enboten  hat: 

dir  enbiutet  der  vurste  vrt, 


1072  MlSsfß.    In  M  nvei  Verse,     1:  Vat'    daz    dir    behUt  dein  werdes  lebn. 

daz -dich]    MS  so  wil  ich  dir  s.     dienen:    Ms   uerdieoen  S.     icb  hän 
daz  leben]    S  ich  leben  s  du  hast  dein  1.  M. 

1073  kUn.   IS  iug  k.  M.     ir  selbes  MI    jrsz  selber  S. 

1074  erlöste  MIs    Lost  S.     so  zohant:  IfMS. 

1076  in  S  zu  1075.     Ir  Ssß    ir  pest  M    ir  selbez  I. 

1077  si  s.  MI    Do  s.  si  S. 

1078  Vi!  SfMIs.     balde  MSs    Peid  I.    si  MS    im  L 

1080  dd  guotes  MS    dez  pesten  I. 

1081  MSfls?. 

1082  MSfls?.     Vnd  SfM.     DoftacA  nur  in  lA'.    Si    het    den    rabii    v'poign 

HuDtz  an  de  newtfi  roorgii. 

1083  mit  I    do  mit  S  in  M.    guoteme  MlfS. 

1084  trinken  MI    essen  vnd  trincken  S.     unde  mit  MlfS. 

1085  geaz  MIs    do  g.   S.     getranc  MSs    trang  tranck  I. 

1086  er  ISsßfM.     erswanc  MS    swanc  Is(3). 

1087  edeliu  MIs   vil  e.  S. 

1088  loese  MIs    loesct  Sß.     den  brief  MSs    das  briefel  I    daz  briefelin  ^ 

1091  vrouwe  ISsfM. 

1092  waz  MSs    Wan  I. 


53 

I   E.  V.  1034-  1055 

daz  ime  äne  got  niht  lieber  si, 
1095  danne  iine  ist  d!n  werder  lip: 

du  sok,  obe  got  wil,  werden  sin  wip. 

wilt  du  kristengelouben  hin, 

daz  solt  du  mich  wizzea  lin, 

s6  wil  er  zesamene  bringen  ein  michel  here 
1100  unde  wil  nach  dir  varen  über  mere. 

edeliu  küniginne  gemeit 

hü  hin  ich  dir  ez  allez  geseit,  . 

des  nntneme  harren  ist  ze  muot, 

nü  merke  ez  werdiu  küniginne  guot 
1105  unde  gip  mir  urloup  von  hinnen, 

des  bitte  ich  dich  edeliu  küniginne: 

begriffe  dtnen  vater  sin  heidnischer  zom, 

s6  muoste  ich  Hhte     min  leben  hän  verlorn 

mir  hUnt  die  wilden  beiden 
1110  atse  vil  getan  ze  leide, 

daz  ich  besorge  mtneme  lip: 

nü  gip  mir  urloup  du  edelez  wip/ 

d6  sprach  diu  edele  küniginne  h6re: 

,roin  vater  tuot  dir  niht  m^re 
1115  an  Übe  noch  an  guot 


1094  got  ISs    g.  selb'  M.     niht  MIs    niemant  S.     lieber  MIs    liebers  s. 

1095  ime  MSfl. 

1099  michel  SsfMI. 

1100  dir  MI    d.  her  S. 

1101  Vil  STMI. 

1103  des]  M    Wez  I    Wasz  S. 

1104  werdiu  ISfM. 

1105  unde  MS    Nu  I.     urloup  MI    vrlop  bald  S. 
IIOG  edeliu  MIs  vil  edliu  S. 

1107  Den  SfMI.     begriffe]  M  begrifet  IS.     heidnischer  MlfS. 

1108  lihte]  M    icht  IfS.     han  vor  mfn  S. 

1109/10  MISfsß.    S:    Mir    haben    getan    die    wilder  zelaiden.     alse]    M  so  I. 

getdn  vor  s6  I. 
IUI  mfneme  übe]  M    mines  libes  s    mein  lebn  I    mines  leben  S. 

1112  du  —  wip]  M    schönest  w.  S    daz  ich  gen  L     Danach  nur  in  S: 

Dar  vmb  vn  jch  nit  me  hie   belib. 

1113  SsfMI?.  edele]  Sfs.     h^re]  Sfs. 

1114  dir  MIs  d.  zwar  S.     Danach  nttr  in  M: 

Daz  glaub  mir  Rab  auf  mein  er,    in  \\   D.  gclawb  m.  Hb  r.  her. 

1115  Übe  MIs    dinem  K  S-     guote  Mls    dinem  g.  S- 


54 

E.  V.  1056—1079 


nim  an  dich  vesten  muot, 

kein  urloup  mäht  du  niht  gehaben/ 

als6  sprach  si  ze  deme  raben, 

,du  muost  langer  hie  bestin, 
1120  des  solt  du  mtn  triuwe  hän, 

unze  daz  ich  mich  berate 

beide  vruo  unde  spite, 

wie  ich  mit  grözen  £ren 

dich  heim  sende    ze  dineme  lieben  harren.* 
1125  nü  hete  si  den  raben  verborgen 

unze  an  den  niunden  morgen» 

mit  ganzen  triuwen  si  sin  pflac 

beide  naht  unde  tac. 

an  deme  niunden  morgen  vruo 
1130  d6  gie  si  deme  raben  zuo 

unde  stricte  ime  under  daz  gevidere  sin 

einen  brief  unde  ein  guldin  vingerlin 

mit  einer  stdtner  snüere, 

alse  er  ez  heim  ze  lande  solte  vü^ren. 
1135  si  sprach:  »mtn  lieber  rabe 

nü  merke  rehte,  waz  ich  dir  sage: 

nü  sende  dich  der  himlische  trahttn 

heim  ze  deme  lieben  harren  din: 

s6  solt  du  ime  niht  verdagen, 


1116  an  Ss  nur  an  MI.     vesten  MI  einen  v.  Ss. 

1117  du  MIs    d.   noch  S.     gehaben  MSs    habn  I. 

1118  als6  MSfl. 

1119  langer  MIs    noch  1.  S.     hie  Ss    hie  pei  mir  M    pei  mir  I. 

1120  min  MI    nü  m.  S. 

1 123  ich  I    ich  dich  SfM. 

1124  Ich  MflS.    dich  MlfS.    IC  ISfM.    lieben  MSfl. 

1125  hete  MSs   hielt  I. 

1127  •pflach  I. 

1128  naht  und  tac  vertottscht  M.    unde  MI    vnd  och  den  $•   *tach  I. 
1130  d6  MlfSs.     zuo  MIs    wider  x.  S. 

1134  alse—  ez]  M    Dasz  er  esz  S    Daz  soltu  I.     heim  z.  1.  MI    Über  mer  S. 

1135  sprach  MSs    Si  nu  merk  I.     lieber  vor  min  M. 

1136  nü  —  rehte]  M   Recht  I    Gar  recht  uemim  S.     waz  MS    alz  I.     V  M. 

1137  Nun  SfMI. 

1138  Hin  SfMIs.     lieben  SsfMI. 

1189  s6  —  du  Ml    Du  solt  S.    niht  Ml    och  n.  S. 


55 

I  E.  V.  1080— iioo  [ 
1140  du  solt  ime  mtnen  dienest  sagen: 

sage  deme  werden  vursten  vt\, 

daz  mir  äne  got  niht  lieber  s!, 

danne  mir  ist  stn  werder  lip, 

ich  welle,  obe  got  wil,  werden  sin  wip. 
1145  nü  sage  deme  vursten  höchgemuot, 

mtn  \\p  unde  ouch  min  guot 

süle  ime  werden  undertän, 

an  J6sum  Rrist  wil  ich  gelouben  hän. 

rabe  sage  ime  m6re,  daz  ist  min  rät, 
1150  wanne  der  winter  ein  ende  hat, 

welle  er  danne  nach  mir  über  mere  varen, 

s6  süle  er  sich  wol  bewaren: 

welle  er  mit  gemache  bestän, 
'    zw^ne  unde  sibenzic  kiele  müeze  er  hän 
1155  unde  alse  manic  tdsent  ritter  Srliche 

unde  die  sin  alles  muotes  riebe: 

heiz  in  vüeren  beide  guot 

mit  ime  üf  des  meres  vluot: 

waeren  si  des  llbes  niht  biderbe, 
1160  ime  quaeme  ir  keiner    lebendic  hin  widere. 

1140  mtnen]  I    och  ra.  S    m.  getrewe  M. 

1141  Vnd  SfMI.     sage  MSfl. 

1142  ane   got    Ss    an   gotz   selbs    Mfl.      niht   lieber]    M.     nit   liebers   s    och 

nietaant  lieber  S  lieb  nymät  I. 

1143  danne  MSs    Wan  I. 

1144  MISsfß.   S:  So  lieb  dasz  jch  hoflTjch  werd  s.  eÜch  w.    welle]  wel  M  wil  Is. 

1146  ouch  MSfls. 

1147  Dasz  SfMIs.    ^Ule]  Sul  M    sol  ISs.     werden  MIs    allcsz  w.  S. 

1148  Jesum  MlsfS.  crist  M   {^  ISs.    wil  ich  ISsfM. 

1149  sage  ISs    nu  s.  M. 

1151  welle  sß    wil  MIS.     danne  vor  er  S.  über  mere  vor  nach  mir  S. 

1152  sUle]  sol  MISs.    *si  M.     wol  MI  gar  w.  S. 

1158  Vnd  SfMI.     welle]  Wel  MI    wil  S.     gemache]  M    mach  I    macht  S. 

1154  kiele  Ml  k.  die  S. 

1155  unde  MSsfl.     ^rliche  MI  herlich  Sfs. 

1156  unde  MlfSs.     die  M    die  di  Ss   das  si  I.     alles  MS  alle,    vor  sin  Ifs. 

1157  in  MS    in  palde  I. 

1158  üf  MS    über  I.    meres  MS    wildes  m.  I. 

1159  Unde  ISsfM.     waeren   MI    sind  Ss.     libes]  s  l«b  M   lebesz  S  lebens  I. 

1160  ime  MI    So  Sfs.     quaeme  MI(ß)  kumet  Ss.     ir  ISsfM.     lebendic  MIs 

nit  $.     bin  $    her  MI    hef  s. 


56 

j  E.  V.  iioi— 1I2I   I 

heiz  in  des  kieles  mastbojum 

—  unde  heiz  ime  diu  wort  niht  wesen  ein  troum  — 

beslahen  mit  edelme  gesteine, 

daz  daz  si  luter  unde  reine: 
1165  war  er  vare  des  nahtes  öf  deme  mere, 

er  unde  ouch  stn  kluogez  here, 

daz  ime  daz  edele  gesteine  erglaste 

volliclichen  vierdehalp  raste. 

nü  heiz  in  äf  die  kiele  tragen, 
1170  waz  er  ze  aht  jären  süle  haben, 

koste  unde  guot  gewant 

ime  unde  stnen  helden  allen  sant 

noch  wil  ich  dir  mfire  sagen: 

einen  überguldeten  hirzen  muoz  er  haben. 
1175  nü  sage  deme  vursten  hochgeboren, 

kome  er  her  äne  dich,     sin  arbeit  st  gar  verloren. 

herzenlieber  rabe  min, 

nü  kum  her  wider  mit  deme  harren  din: 

ich  wil  dir  Ithen  unde  geben, 
1180  die  wile  ich  hän  daz  leben.' 

er  sprach:  ,mit  mineme  lieben  hSrren 

1161  in  ISfM.     mastboum  MSjS    naspant  I    mausz  buwen  S. 

1162  MISfsß.    S:    Vnd  lausz  jm  nit  die  fartt  sin  ain  träm.  wort]  vart  MI. 

1163  beslahen]  MIs    Och    solt    er    die  kiell  buwen  S.    edelme  gesteine]  edeln 

Carfunckel  steynen  s  (veinen  carfunkelstein  ß)  mit  rotten  gold  fin  $• 

1164  daz  si  MI    esz  si  allesz  S. 

1165  »War  er  vor  M. 

1166  euch  MSfl. 

1167  daz  e.  g.]  daz  schon    M   gab  die  edel  stain  I    dess  edlen  stainesz  S.  er- 

glaste]  M    glast  IS. 

1168  MlSfsi^.    S-    Hcl^   uerfieren    die    grossen  rast.    Vnd  IfM.    volliclicheD] 

volicleich  I   Vollichleichii  lawcht  M. 

1169  nü  MI    Vnd  Sfs.     die  Msß    den  If"S. 

1170  waz  MS(S)  Daz  I.     süle  MS   welle  I. 

1171  SsfMIß.  unde  S    und  och  S. 

1172  a.  s.  S  allen  s  guot  MI.  Danach  in  I:    Daz  si  von  allem  laid  sein  wol  pehut. 

1175  nü  s.  MI    Vnd  s.  S  Sag  auch  s. 

1176  kome  Is  kumt  jÜ  quaeme  MS.  her  MI  herüber  s  über  mere  ßfS.   sin  — 

gar]  M  sin  arb.  sy  8  s.  a.  wer  I  so  sy  s.  a.  gantz  S  so  ist  alliu  s.  a.  ß. 

1177  MSsfl.  Vil  SfMs. 

1178  nü  MSfls. 

1179  ich  —  dir  MI  Dar  vmb  so  wil  jcb  dir  S. 

1180  daz  IS    min  M. 


57 

E.  V.  II 22 — II45 

kume  ich  .her  wider  rehte  geren: 

begere.t  sin  der  hSrre  mtn, 

min  helfe  sol  tme  unverzigen  stn. 
1185  vrouwe  du  solt  mir  ein  urloup  geben, 

ich  wil  mich  heim  ze  lande  heben.' 

si  gap  ime  sant  Johannes  minoe 

unde  empfalh  in  der  himlischen  küniginne. 

der  rabe  urloup  nam 
1190  von  der  küniginoe  lobesam, 

er  hete  niem^re  reste 

unde  Ute  von  der  veste. 

nü  vlouc  der  edele  rap 

mere  unde  lant  unze  an  den  zehenden  tac. 
1195  an  deme  zehenden  tage  ze  n6ne, 

d6  swebete  er  obe  deme  mere  schöne: 

nü  sante  das  himlische  kint 

einen  ungevüegen  stürm winr, 

daz  sich  der  rabe  dri  stunt  Übergap, 
1200  unmäzen  gr6z  was  sin  klac: 

er  mohte  sines  vluoges  niht  mSrq  gehaben, 

des  begunde  er  trüren  unde  klagen. 

diu  sidlne  snuor  sich  ime  erlöst, 

daz  gap  deme  raben  boesen  tr6st. 
1205  jdmer  wart  ime  kunt. 


1182  rehte  MSfls. 

1183  Vnd  SfMIs.     siD  MI  sin  nUmde  S    den  S. 

1184  min  MIs    Miner  S.     ime  MIs    er  S. 

1185  ein  Ss    din   MI. 

1188  himlischen  MIs  himelschlichin  S. 

1189  Alsz  SfMI. 

1191  niemere  MI    nienant  me  kain  S.     reste  MI   rast  S. 

1192  unde  MS  Er  I.     ilte  MIs  flog  frölich  S.     der  veste  Mls  dannen  fast  S. 

1193  cdcle  ISfMß. 

1194  unde  1.  MS   lang  I.   zehenden  MIs(t3)  zwainzosten*  S. 

1195  zehenden  Ml(sß)   zwaintzosten-  S.     ze  MS   zu  der  I. 

1196  d6  SsfMI.     obe  MSs  ab  I. 

1199  dr(  MIs  wol  d.  S. 

1200  gr6z  ISsfM.     was  MIs   ward  jm  S. 

1201  ISsßfM. 

1202  ISsfMß.     des  —  truren]  S  desz  trurct  er  s  \'nd  beg.  tr.  I. 

1204  deme  r.  MI  jm  S. 

1205  Grosser  SfMI.     wart  lyiS  waz  I. 


_58 

I  E.V.  1 146- 1 167 


ime  entviel  das  vingerltn    an  des  wilden  meres  gruot. 

dö  der  rabe  ervuor  diu  maere, 

daz  ime  daz  vingerltn  entvallen  waere, 

sin  gevidere  er  erswanc, 
1210  —  gr6ziu  not  in  des  betwanc  — 

er  vlouc  des  meres  an  ein  ende 

hin  ze  einer  steinwende. 

d6  er  fif  die  steinwant  was  komen, 

d6  was  ime  vröide  vil  benomen, 
1215  er  mohte  dehetn  vröide  niht  gehaben 

unde  begunde  trfiren  unde  klagen. 

üf  der  selben  steinwant 

er  einen  einsidel  vant, 

der  was  da  gesezzen,  daz  ist  wir, 
1220  voUtcltche  zwei  unde  drizic  jär. 

d6  in  der  einsidel  von  drste  ansacb, 

d6  begunde  er  in  grüezen  unde  sprach: 

,rabe  bis  mir  gotwilkomen» 

din  klage  hUn  ich  wol  vemomen: 
1225  waz  ist  dir  ze  leide  geschehen? 

des  solt  du  mir  der  w&rheite  jehen, 

wände  ich  kenne  dich  rehte  wol. 


1206  vingcrlin  Ss   vingerle  MI.     an  IS    in  s   zu  M.     wilden  M(ß)flSs. 

1207  do  Ssß   alse   MI.    ervuor  MI    cnpfand  S.     diu  m.  MI   der  m.  S. 

1208  vingerlfn  Ss   vingerle  MI. 

1209  er  MI    er  do  S.     erswanc  MS   vmb  swanch  I. 

1210  Vil  STMI. 

1211  des  meres  MS   daz  mer  I.     an  MlsfS.     ein  MSsfl. 

1212  hin  MI  Her  S.     stein-]  Iß   stainin  S   staines  M. 

1213  d6   er  MI    Vff  die  S.     stein-]  I    stainin  S   staines  M.     was  MI   w.  erS. 

komen  IS  wechome  M. 

1214  Vnde  SsfMI.     d6  vil  vröide  S.     *fröd  IS. 

1215  niht  MI    n.  me  S. 

1216  unde  beg.]  MIs   Dasz  b.  er  nü  S. 

1217  stein*]  Iß   stainin  S   staines  M. 

1219  der  MSs  Er  I.    di  MSsfl. 

1220  vollicllche  MS  V.  wol  I  wol  s.     zwei  unde  MIs   uflf  S.    ^dreysit  S. 

1221  einsidel  Mls(ß)  einsidler  S.     von  ISfMs. 

1222  d6  MlsfS.   begunde  er  MI   Er  gund  S. 

1223  bis  MIs  nü  b.  S. 

1225  waz  Ss  daz  ML     ist  dir  $$    dir  ist  MI.     ze  MI9   hie  S.     *gesechQ  1. 


59 

I  E.V.  u68-ii8F[ 

vürwär  ich  dir  daz  sagen  sol: 

dln  leit  tuo  mir  bekant, 
1230  ich  weiz  wol,  daz  du  dienest    künic  Oswalt  in  Engellant. 

nü  hat  mir  geboten  der  himelische  traht!n, 

daz  ich  süle  drt  stunt  bitten    umbe  den  harren  din/ 

des  raben  herze  wart  vröiden  vol, 

er  sprach:  ,s!t  du  mich  kennest  s6  wol, 
1235  s6  kan  ich  dir  sin  niht  verdagen, 

ich  müeze  dir  künden  unde  sagen, 

waz  mir  ze  leide  si  geschehen.' 

als6  begunde  der  rabe  jehen: 

Jch  wolte  werben  mtneme  harren 
1240  beide  nach  wirde  unde  nach  6ren, 

unde  vlouc  hin  in  das  lant  sch6ne 

ze  deme  riehen  künige  Ar6ne: 

ich  hän  ime  erworben     die  küniginne  guot, 

deme  vursten  nach  alleme  sineme  muot. 
1245  nfi  sande  ime  diu  junge  künigin 

bt  mir  ein  guldln  vingerlln, 

daz  ist  mir  entvallen  in  daz  mere, 

ez  möhte  niht  vinden  ein  ganzez  here. 


1228  Türw.  MI   Sid  S. 

1230  ich  w.  w.  daz   Ms    Ich  wen  Sf  I.     ^dienist   S.     kUnic   Is    sant  MS.    in 

ISS    BUS  M. 

1231  mir  MS   mich  I.     geboten  S,  nach  trahtin  M.   Gepeten,  vcr   V,   1232  I 

trahtln  MI    her  S. 

1232  Vgl,  1231.    daz  MlfS.    dri  st.  M(ß)  jn  Sfl.    den  h.  dm  MI  din  her'en  S. 

1233  wart  ISs  was  M. 

1234  MISsfß.     S:    Do   er  dasz  uemam   also,    er  MI    vn  S.     mich  M  minen 

herren  Is.     kennest  Ms  erchennest   I.     s6]    Mfls. 

1235  MlSsfß.    S:    Ich  kan  dir  esz  nit  uertragen.    dir  Is  dein  M.    sin]  Mfls. 

verdagen  MI  v'swy  Helen  s. 

1236  ich  ISs   Vä  M. 

1237  si]  M   ist  ISs. 

1238  MlSfsß.     S:    Alsz  jdh  dir  nü  wil  ueriechen. 

1239  werben  nach  herren  S.     herren  ISs    lieben  h.  M. 

1240  beide  MSf  Is.    wirde]  M    wirden  IS. 

1241/2  In  S  ein  Vers:   Vnd  jch  fl.  schon:    In  dasz  land  Aaron. 

1243  Ich  han  jm  erworben  S    unde  erwarp  MIs. 

1244  vursten  MI    aller  liebsten  her'en  S.     alleme  MIS^S* 

1245  junge  MI   edel  Sfs. 
1248  ganzes  MS   gross  I. 


^0 

I  E.  V.  1 189— 1208 


alliu  miniu  leit, 
1250  einsidel,  diu  hän  ich  dir  geseit. 

sU  ich  nfi  niht  mineme  lieben  harren 

mac  heim  komen  mit  grözen  Sren, 

s6  kume  ich  niemSre  in  Engellant, 

einsidel  des  nim  mtn  triuwe  ze  pfant' 
1255  d6  sprach  der  einsidel  guot: 

,rabe  nim  an  dich  vesten  muot 

unde  ergip  ez  deme  lebendigen  krist, 

der  aller  dinge  gewaltic  ist, 

himels  unde  der  erden, 
1260  wanne  der  wil,s6  mac  dazvingerlin   wol  vunden  werden/ 

nü  viel  der  einsidel  werde 

enkriuzestal  üf  die  erde 

unde  bat  got  unde  die  lieben  rouoter  sin 

umbe  daz  guldine  vingerlln.- 
1265  daz  wizzet,  an  der  selben  stete 

sprach  er  mit  triuwen  sin  gebete. 

nü  wart  er  schöne  gewert 

alles,  des  sin  herze  begert: 


1249  MISfsß.     S:  Dar  vmb  so  hau  jch  grossess  laid.     roiniu  M    myo  I. 

1250  diu]  M    das£  Sfl.     dir  MI    d.  du  S.     geseit  MS    gechlait  I. 
12.j1  nü  SsTMI. 

1252  •körnen  M. 

1253  niemere  MI    niemer  mere  Ss. 

1254  einsidel]   M    Einsidler'   Sfl.       des   MlfS.      Dofuuh   in    \,    durckstriduH, 

V.  1347-53. 

1255  einsidel  MIs   einsidler  S. 

1256  Lieber  SfMIs.     nach  nim  :  nun  Sf MIs.     vesten  MI  einen  v.  Ss. 

1257  ergip  ez  MSs   gib  I.     leb.  krist  MI    leb.  got  s  almechtigen  got  crist  S. 

1259  Desz  STMI.     der  MI    och  d.  S. 

1260  dar  v.  Is    dein  vingerl  M    esz  S.     wol  MsflS. 

1261  nü   MS    Vnd  I    Also  s.     einsidel  MIs    einsidler  S.     werde  MI     gott  ze 

eren  S. 

1262  enkr.]  Ain  crUzstal  I    Crewczstal   M   criuzwise  Ss.     üf  die]  s  nider  ü.  d. 

MI    zu  der  S. 

1263  lieben  MlsfS. 

1264  Nun  SfMIs. 

1265  an  —  stete  ISfM. 

1266  ISTMsß.     er  Sfl. 

1267  ISsfMjl.     schöne  IS  schier  s.     schöne  vor  wart  S, 

1268  IfMSsß. 


_61 

I  E.  V.  1209  — 1230 


d6  truoc  an  der  selben  stunde 
1270  ein  visch  daz  vingerltn  in  sineme  munde, 

deme  geb6t  der  himlische  heilant, 

daz  er  daz  vingerlin    vuorte  üf  des  tneres  sant. 

des  nam  der  einsidel  guot  war 

unde  huop  sich  ze  deme  vische  dar. 
1275  er  viel  nider  üf  siniu  knie, 

daz  vingerlin  er  von  deme  vische  empfie. 

nü  sprach  er  ze  deme  raben: 

,du  solt  dich  wol  gehaben, 

ich  hän  daz  vingerltn  in  oiiner  hant, 
1280  nü  vüere  ez  heim  in  Engellantl' 

dd  der  rabe  die  rede  erhörte  d6, 

d6  wart  er  üzermäzen  vrö. 

der  einsidel  nam  daz  vingerlin  in  stn  hant 

deme  raben  er  ez  under  daz  gevidere  bant. 
12^5  dd  gap  er  ime  sant  Johannes  minne 

unde  empfalh  in  der  himlischen  küniginne. 

also  vlouc  der  edele  rap 

mere  unde  lant  unze  an  den  sehsten  tac. 

alse  diu  ztt  hete  schiere  ein  ende  genomen, 
1290  nü  was  er  heim  ze  lande  komen. 


1?69  <^6  truoc]  S   Nu  trug  IfM. 

1^70  vingerlin  ISs    vingerl  M.     stneme  Ss    deme  MI. 

1272  Yuorte  ISs  für  M.     üf  MIs    usz  S.     sant  MIs    grund   S. 

1273  einsidel  MIs     einsidler  vil  S. 

1275  siniu  MSs     die  I. 

1276  vingerMn  Ss    vingerle  MI. 

1277  nü  MS    Vnd  I    Do  s. 

1279  vingerlin  Ss    vingerle  MI.     in  IS    hie  in  M.     mfner  MS    der  I. 

1280  MISsfß.    I:   Du  breng  deine  h'n  sant  Oswalt.    nü  Ms  N.  nim  esz  vnd  S. 

•fllrisz  S. 

1281  MSsflß.  dt  Ss  Alz  M. 

1282  MSsfl?. 

1283  MSsßfl.  einsidel  Msß    einsidler  S.     stn  M  die  S. 

1284  MSsßfl.  daz  Ss    sin  Mß. 

1285  MSPlsß. 

1286  SsfMIß. 

1287  MSsßTI-  «IsA  Ss   Do  M.     von  hinn:  MfSsß. 

1288  MSsflß. 

1289  MSflsß.  alse  —  hete]  M    Alle  zyt  hetten  S. 
12W  MSsßTl«  n«  -    «']  M    Der  rapp  wasr  S. 


62  

I  E.  V.  1231—1253 

der  rabe  in  höhen  vröiden  lebete, 

hoeret,  wie  er  obe  sines  hörren  bürge  swebete: 

aller  n6t  er  gar  vergaz, 

üf  einen  h6hen  turn  er  gesaz, 
1295  er  treip  einen  ungevUegen  schal, 

daz  ez  in  der  bürge  erhal. 

sant  Oswaldes  dienaere  vier 

erhörten  da  den  raben  schier. 

si  heten  niht  m6re  ze  wllen 
1300  si  begunden  vaste  tlen: 

\ir  aller  vröide  si  des  betwang, 
i  te  einer  vür  den  andern  spranc, 

si  ilten  an  den  stunden 

da  si  den  künic  vunden. 
1305  der  hete  niht  vergezzen, 

er  waere  schöne  ze  tische  gesezzen 

mit  den  besten  beiden  stn, 

daz  hat  üf  die  thuwe  mth. 

dö  in  die  vier  ansähen, 
1310  nfi  muget  ir  hoeren,  wie  si  jähen: 

»h^rre  wir  wellen  iu  liebiu  maere  sagen 

von  iuwerme  lieben  raben: 

der  ist  her  heim  ze  lande  komen, 


1291  MSsTlß. 

1292  MSsßTI. 

1293  MSsflß.  n6t  Ms    siner  n.  S. 

1294  MSsflß.  gesaz]  M    sasz  S      setzet  sich  s. 
1295/96  MSsflß. 

1297  MSsßfl. 

1298  MSsflß. 

1299  MSflsß. 

1300/1  MSsflß.     si  Ss  Vn  M.     begunden  Ms    gundent  S. 

1302  MSsflß.  ie  Ss   Wie  M. 

1303  MSßfls.  den  M  d.  selben  S. 

1304  MSsßfl.  künic  S    k.  da  M. 

1305  MSflsß.     niht  vergezzen]  M   sich  vermessen  vii  geren  gessen  S. 

1306  MSsßfl.     er  waere]  Er  war  M    Vnd  wasz  S. 

1307  MSsflß. 

1308  MSflsß. 
1309/10  MSsflß. 

1311/12  MSsßfl.  liebiu  maere]  S    guotiu  maere  ß  chundn  vn  Mfs. 
1313  MSsflß. 


03  

I  E.  V.  1254— 1277 

hSrre  daz  hän  wir  wol  vernomen: 
1315  wir  hän  in  mit  unsern  ougen  gesehen!' 

sant  Oswalde  mohte  niht  Hebers  stn  geschehen: 

der  milte  kQnic  Oswalt 

spranc  von  deme  tische  halt, 

einen  zobltnen  mantel  er  umbe  gevie, 
1320  vrdlfchen  er  ze  deme  raben  gie. 

sant  Oswalt,  der  vurste  werde, 

swief  den  mantel  nider  fif  die  erde. 

des  nam  der  rabe  guot  war 

unde  vlouc  üf  den  mantel  dar. 
1325  sant  Oswalt  sich  nider  ducte, 

den  raben  er  liepliche  üf  zucte. 

er  sprach:  »lieber  rabe  mtn 

du  solt  mir  gotwilkomen  stnl' 

der  rabe  wart  hdchgemuot, 
1330  er  sprach:  ,nfi  danke  dir  got  der  guotl' 

er  truoc  in  mit  ime  dräte 

in  sin  beste  kemenite, 

da  sie  nieman  hörte  noch  sach, 

hoeret,  wie  sant  Oswalt  sprach: 
1335  ,ei  herzenlieber  rabe  m!n 

nfi  sage  mir  fif  die  triuwe  dtn 

waz  mir  diu  küniginne  enboten  hat, 


13U  MSflsß. 

1315  MSsfiP*    in  SsfM.  *vDizn  M. 

1316  MSflsp.   sin]  A^rS. 

1317  MSsßTI*    Oswalt]  M  sant  O.  S. 

1318  MSs^.    von  Ssß   da  v.  M. 

1319  MSsfIß.     umbe  geyie]  M  vmb  sich  fieng  S  warfT  ...  an  s. 

1320  MSsflß.   vr61.]  M   Wie  frölich  Ss. 

1821  MSflsß.    werde]  S    her  M. 

1822  MSsflß.    swief]  M   warf  Ss. 
1323  MSsflß.    guot]  M   vil  eben  Sfs. 
1824  MSsflß. 

1325  ducte]  dacht  M   tucht  I    truckt  S  bücket  s. 

1326  Unde  SsfMI.     er  MlfSs.    zucte]  I  nicht  M  zu  im  schmückt  S   nam  s. 
1827  lieber  MIs  vil  1.  S. 

1830  er  sprach  IS   vfi  sprach  sfM.     nü  MIs    zu  jm  S. 

1332  Hin  SfMIsß.    beste  MIsfSß. 

1834  Nun  Sf  Ml. 

1385  ei]  M   Eya  I    O  sfSß.     herzen-  Ml    hertzer  s   Vil  S. 

1837  hAt  ISs   hab  M. 


64 

I   E.  V.  1278^1296 


das  soll  du  mir  sagen  drit' 

diu  rede  diu  dfthte  den  raben  smäch, 
1340  er  sprach:  ,h8rre  ir  s!t  ein  teil  ze  gäch, 

mich  hat  diu  müede  unde  der  hunger 

mtnes  lebennes  nähen  betwungen, 

daz  ich  kein  rede  niht  mac  gehaben, 

nü  wi}  ich  dir  tälanc  niht  sagen: 
1345  ir  sult  mir  ze  ezzenne  unde  ze  trinkenne  geben, 

sd  mac  ich  deste  baz  mit  iu  rede  gepflegeh. 

ir  müezet  leben  in  sorgen 

die  langen  naht  unze  an  den.  morgen : 

wanne  diu  naht  hat  ein  ende  genomen, 
1350  so  sult  ir  ze  mir  herwider  komen.'  : 

des  erschricte  sant  Oswalt.s6r, 

balde  hiez  er  tragen  her  . 

semele  unde  guoten  w!n^ 

gap  er  deme  raben  s!n. 
1355  gr6ziu  sene  in  des  betwanc, 

ime  was  diu  naht  eines  järes  lanc. 


1338  mir  MST!. 

1339  diu  (2)  MlfS.     smdqh]  MS    swach  I. 

1340  ir  Sit  MSs    euch  ist  L     eip  teil  MS    ein  wenig  sfl. 

1341  hat  MSs    gahet  1. 

1342  nähen]  1    hart  M    so  gar  Sfs. 

1343  kein  Mls    min  S. 

1344  nü  MI   Dar  vmb  S.     dir  I   d'  halt  M  Uch  S.     tälanc]  I  tallant  S  taleos 

M.     niht]  ISfM. 

1345  Oder  aber  SfMIs     darunnb   u.    sult  Mls    haissent  S.     mir  ze  MSsufl 

«e  MSsufl. 

1346  rede  gepflegen]  reden  (nac/i  ich)  gephlegn  I  pflegn  M  reden  s.    wyszhait 

pf.  S. 

1347—53  ift  I  ftucA,  durchshichen,  hinter  V.  1254»  baekhut  la. 

1347  leben]  MIaSs    habn  I.     in  Ilas    in  den  M    jn  grossen  S. 

1348  die  —  den]  Mlla    dise  nachl  bis  s    Baide  den  aubent  vn  och  den  S 

1349  Vnd  SfMIla.    hat  nach  ende  S.  . 

1350  her  wider  vor  ze  M. 

1352  Vil  SfMlIa.    »er]  her  I. 

1353  unde  Mlla    v.  och  S. 

1354  raben  MS    lieben  i.  Is. 

1355  Vil  SfMIs.    sene]  secn  I    sin>pin  S    not  M    sorge  S* 

1356  was  ISs  ward  M. 


65 

E.  V.  1297— 1317 


er  lac  unze  an  den  morgen  vruo, 

d&  gie  er  deme  raben  zuo. 

er  sprach  ze  deme  raben: 
1360  »noch  solt  du  mir  rehte  sagen, 

waz  boteschefte  du  mir  hast  bräht 

oder  wes  der  küniginne  st  gedähtl' 

den  raben  sin  triuwe  des  betwanc, 

sin  gevidere  er  fiz  einander  swanc, 
1365  er  sprach:  .lieber  h^rre  mtn 

loese  mir  den  brief  unde  das  vingerltnl 

daz  hat  dir  b!  mir  gesant 

diu  küniginne  von  Ardnlant. 

diu  edele  küniginne  Mre 
1370  enbiutet  dir  wirde  unde  6re, 

dir  enbiutet  diu  küniginne  vrt, 

daz  ir  äne  got  niht  lieber  sl, 

danne  ir  ist  dln  werder  lip, 

si  welle,  obe  got  wil,  werden  din  wtp, 
1375  deme  heiligen  grabe  welle  si  werden  undert&n 

unde  an  J6sum  Krist  gelouben  hän. 

hörrc  nü  merke,  daz  ist  mtn  rät, 


1357  lac  MS  lach  die  nacht  I  lac  die  ganzen  naht  ß.     unze  MSu  bis  Ib. 

1358  zuo  MIs   wider  z.  S. 

1359  MSflsß.    Do  SfM.     sprach  er  S. 

1360  MSsflß.  noch  MS    Na  s. 

1361  Vnd  IfMSs.     botesch.  nacA  hdst  M.    mir  hist  M(s)  hostu  mir  I  mir  nü 

haust  S. 

1362  der  —  ged.]  MI    die  k.  sich  hab  ged.  S    sich  der  köntg  bedacht  habe  s. 

1363  des  M    da  Sfl. 

1364  stn  Ssß    daz  MI. 

1365  lieber  h.     MIs    vil  1.  h.  S  mUter  kUnic  ß. 

1366  loese  Isß   Lössend  S  Laz  M.     unde  MSsß    v.  auch  I. 

1367  dir  MI    si  d.  S. 

1368  von   A.     Ms    ifige  auz  arons  1.  I  ze  Aaron  in  dem  1.  S. 

1369  Vnd  SfMI.     küniginne' MSß(s)    chUnig  I.    here  MS   hene  I. 

1370  dir  MSsß    euch  I.     Ire  MI    grosz  e.  S. 

1371  *Die  I.    enb.  MIsß  haut  enbotten  S. 

1372  got  ISsß  g.  selbers  M.     niht  Ms  nieman  ISß.     lieber  ISß  liebers  Ms. 

1374  welle]  wöl  S    wil  Is(ß)   sull  M.     werden  MIs  geren  w.  S. 

1375  weUe]  wel  M  wil  ISs(ß). 

1376  unde  MSsf  I.     Krist  MS   ^  S  ^  wil  si  I. 
Baesecke,  Mftnchener  Oswald  5 


m 

E.  V.  1318— 1337 


^az  si  dir  h\  mir  enboten  hit: 

wellest  du  nach  ir  über  mere  varen, 
1380  s6  solt  du  dich  wol  bewaren: 

wilt  du  mit  gemache  bestän^ 
[   zwSne  unde  sibenzic  kiele  muost  du  hin 

unde  alse  manic  tüsent  ritter  Srliche 

unde  die  alle  sin  muotes  riche: 
1385  du  solt  vüeren  beide  guot 

mit  dir  über  des  meres  vluot, 

waeren  si  ir  llbes  niht  biderbe» 

dir  quaeme  ir  keiner    lebendic  hin  widere. 

heiz  dir  des  kieles  mastboum 
1390  —  unde  li  dir  diu  wort  niht  wesen  ein  troum  — 

beslahen  mit  edelme  gesteine, 

daz  daz  si  lüter  unde  reine: 

wanne  du  des  nahtes  varest  üf  deme  mere, 

du  unde  ouch  din  kluogez  here, 
1395  daz  dir  daz  edele  gestetne  ergla$te, 

daz  du  mügest  gesehen  vierdehalp  raste. 

du  solt  ouch  üf  die  kiele  tragen 


1378  si  dir  bi  mir  IS   dir  die  chungin  M. 

1379  wellest  du  Is   WeUest  M.     Den  wilt  du  S  wilt  du  ß. 

1380  solt  du  ISs  solt  M.     wol  MI    wol  wol  s   gar  w.  S. 

1381  Vnd  SfMl.     gemache]  M    mache  I    macht  S. 

1382  muost  du]  MSß    mUz  er  I. 

1383  ti^sent  MSspfl.     erltche  MI    herlich  Sfsß. 

1384  alle  nacA  sin  M.     sin  MI   sient  S.     riche  MS    frejr  I. 

1385  solt  Ml   8.  och  S. 

1386  meres  MI(s)    wilden  m.  S. 

1387  Vnd  SfMIs.     ir  IS   des  Ms.     Ifbes  MSs  lebens  I. 

1388  Zwar  SfMIs    dir]  D'  M  Ir  IfSs.     quaeme  MI  kumet  S  narA  keiner,   S. 

hin  M    hey  s    haim  S    nit  I. 

1389  Vnd  SfMI.    des  k  MI  die  kiele  Ss.    mastboum  Mß  naspant  I  bawen  Sfs. 

1390  unde  MSfl.     wort  I   vart  MS. 

1391  MlsßfS.     e.  gesteine  MI  karfunkelstein  s(ß). 

1392  MlfSsß.    daz  daz  si]  M  Daz  toi  sein  I. 

1393  varest]    varst  I    v^rst  MSs. 

1394  ouch  MlfS. 

1395  MlSfSitl.    S:  D.  du  \ö  der  edlen  stain  glast,    erglaste  M  geh  glast  1. 

1396  daz  du]  M  dz  du  vn  din  here  s  daz  ir .  .  .  ddvon  ß  Da  vC  Sf  I.    mügest 

g.  MS  gesehen  könne  s   habet  lieht  ß  VöUicleich  I. 

1397  ouch]   s   och  laussen   SfMI.      die  k.  Ms    den  k.  I   die  S.     DamifA  mtr 

in  I:   Daz  wil  ich  dir  mit  trewn  sagen. 


67 

I  E.V.  1338-135^ 

waz  du  ze  aht  jären  muost  haben: 

koste  und  guot  gewinnt, 
1400  alse  du  sin  bedörfest  in  vremediu  lant. 

noch  wil  ich  dir  mfire  sagen: 

einen  überguldeten  hirzen  oiuost  du  haben. 

ich  sage  dir  vurste  hochgeboren: 

kumest  du  äne  mich  hin  über,    din  arbeit  ist  gar  verloren. 
1405  von  der  kUniginne  gemeit 

hän  ich  dir  die  boteschaft  geseit, 

nfi  schouwe  werder  vurste  vr!, 

wie  der  brief  geschriben  stl' 

dd  diu  rede  vol  geschach, 
1410  sant  Oswalt  den  brief  üfbrach, 

der  üzerwelte  degep 

begunde  den  brief  schouwen  eben. 

da  vant  er  geschriben  inne 

die  himlischen  küniginne, 
1415  sant  Johannes,  der  werde  man, 

was  ouch  geschriben  daran, 

sant  Oswalt  sich  selben  geschriben  vant, 

£rest  wart  ime  grdziu  vröide  bekant: 


1898  ze  — haben]  S   bedurfst  (bedar&t  I)  ze  a.  j.  MI.   Doftach  mir  m  I:  Da- 
ran pedarfit  du  nicht  Sporen. 

1400  sin  MI    desz  S.    bedörfest]  wedurfst  M   pedorflft  I  bedarfst  >  bedarft  s 

bedar&t  S. 

1401  m^re  nach  sagen  MI.     Danach  nur  in  I:  Dez  hostu  grosse  er. 

1402  Danach  nur  in  I:   Mit  manigem  stulzen  knoben. 

1403  dir  I    d'  M  dir  esz  S. 

1404  In  M  f^vei  Verse,    kumest  du  MS  Varestu  I.    hin  Über]:  M  dahin  nach 

du  S  Über  daz  mere  ßfl.     din  MIsß  die  S.     ist  MSsß  w  I.    gar  Mß 
gancz  Sf  Is. 

1405  Nun  S  also  sfMI. 

1407  werder]  M  vU  w.  S  edler  I. 

1409  vol]  do  vol  S   alle  MI. 

1410  den  brief  Ssß   daz  insigel  MI. 

1411  Azerwelte  MS  auz  der  weiten  g  I. 

1412  schouwen  IS   da  seh.  M. 

1415  Joh.  der  w.  MI    Johanssen  den  werden  S* 

1416  Der  SfMI. 

1417  sich  MIß  die  ding  S.    selben]  I  selber  }\  das  t  korrif^rt^  S«    geschriben 

ISfM. 

1418  wart  IS    was  M.     *fröde  I. 

5» 


I  E.V-  1359-1382 

sich  selben  unde  die  küniginne 
1420  vant  er  geschrtben  mitten  inne, 

si  hete  in  umbevangen, 

gedrucket  an  ir  wangen 

unde  küste  in  an  den  munt  s!n. 

den  brief  hete  geschriben    ein  edeliu  ktinigtn. 
1425  dd  sant  Oswalt  die  grdzen  genäde  ervant, 

er  sprach:  ,mtne  dienestliute  alle  sant 

setzet  darnach  iuwere  sinne, 

dSLZ  wir  zw6ne  unde  sibenzic  kiele  vinden, 

unde  heizet  mir  si  machen  veste: 
1430  sie  müezen  tragen  werde  gestel' 

nfi  bereitete  er  sich  den  winter  lanc, 

—  grdziu  sene  in  des  betwanc  — 

daz  er  deheiner  reste  gepflac 

unze  hin  gen  sant  Jörgen  tac: 
1435  d6  hete  er  ez  allez  zesamene  bräht, 

des  ime  ze  der  verte  was  gedäht, 

koste  unde  guot  gewant 

ime  unde  stnen  helden  allen  sant 

er  hiez  ime  balde  her  tragen, 
1440  alse  wir  noch  hoeren  sagen, 


1419  sich  MI   Sich   selbsz  S.     die]  M    die  edlen  Sfl.     mitten  MI    an  mitten 
S    in  der  mitten  ß      inne]  M    ynnen  S    drinc  Ifß. 

1423  MS^fls.  S:  Im  wasz  si  wer  an  dem  m.  sin.  unde  ßfM.     in  ßfM. 

1424  in  MS  twei  Ferse,     geschr.]  :M,  I  si  selbsz  g.  :S    selber  g.  s.     ein]  M 

diu  ISs.     Dantuh  in  S  im  selben  Verse:  Lag  dem  Hlrsten  jm  sine. 

1425  dd  MSfl.     grdzen  MlfS.     ervant]  do  fand  S    ersach  M    an  sach  I. 

1426  MISsfß.     I:  Zu  seine  dicnsiläwten  er  do  sprach.  -  liute]  M  -  roaü  sfS. 

1427  Vnd  SfMIs.    setzet  MS    daz  ir  scczt  1    dunt  s.     darnach]   M    d.  all  S 

darzu  Is. 

1428  MSSj3fI.    Vn   secht  MfSs.    vindn  M  gewinnen  S  machen  ß(s).     I:    Dez 

habt  ir  alle  mein  mine. 

1429  unde  SsfMI.     mir  MSfls.     veste  MSs    zwen  vü  sibenztg  chiel  v.  I. 

1430  si  MS    Die  I. 

1432  Vil  SfMIs.     sene]  sen  M  sicn  I    sinn  S    sorge  s. 

1433  deheiner]  M   keiner  s    nie  keiner  IS.     *gepflach  I. 

1434  unze  hin]  Vncz  S    Hincz  hin  1    hin  bis  s    pif  M. 

1435  ez  allez  Ms    allez  daz  IS(ß). 

1436  des]  daz  MI    Wasz  S.     verte  MS    wer  I. 

1437  MSflsß.  guot]  M   och  g.  S. 

1439  ime  MSfl.     balde  her  IS    auf  die  kiel  M. 


09 

I  E.V.  1383-1406 


golt  unde  silber  wiz: 

der  verte  hete  er  guoten  vliz. 

darnach  htez  er  springen 

und  ime  goltsmide  her  bringen. 

1445  alse  er  ime  sin  gedähte, 

wie  balde  man  ime  die  meister  brähte! 
diu  wtle  werte  niht  lange, 
die  meister  quämen  gegangen. 
d6  si  der  kUnic  an  sach, 

1450  nd  muget  ir  hoeren,  wie  er  sprach: 
,ir  meister  sit  mir  gotwilkomenl 
iuwer  kunft  hän  ich  gerne  vernomenl 
ich  hän  niht  umbe  sust  nich  iu  gesant, 
nö  merket,  waz  ich  iu  tuo  bekant, 

1455  umbe  waz  ich  iuch  bitten  wil, 
des  \ät  iuch  niht  dünken  ze  vil: 
ir  sult  mir  wurken  sch6ne  üz  golt 
—  darumbe  gibe  ich  iu  riehen  solt  — 
zwei  uqde  sibenzic  tüsent  kriuze  guldinl 

1460  nü  wurket  mir  si  durh  den  willen  min, 
wände  ich  wil  varen  über  mere 
mit  eineme  kreftigen  here/ 
die  meister  worhten  mit  ringer  hant, 
diu  kunst  was  in  wol  bekant 


1442  guoten  MSfl. 

1445  ime  sin]  jm  sinn  S    sein   im  het  I    sein  M.     gediht  MI  erdacht  S. 

1446  die  m.  M    den  m.  S    sey  h'  I. 

1447  niht  MI    och  n.  S. 

1448  die  MI    Der  S.     quimen  MI    kam  S.     gegangen  IS    schier  g.  M. 

1449  si  MI   jn  S. 

1450  nü  MS   Gern  I.     er  MI   er  zu  jm  S. 

1451  ir  MlfS. 

1452  Zwar  SfMI.    •knnst  M. 

1454  tuo  MS  tttn  I. 

1455  umbe  MI    Vnd  S.     bitten  MI    nun  b.  S. 

1456  des  M    das  IS.     niht  vor  te  S. 

1458  gibe  MI    so  g.  S. 

1459  zwei  MI    Zwen  S.     kriuze  MIsß    krencz  S. 

1460  Dü  -—  si  MI    Die  wirckent  mir  S. 
1468  kreft.  MI    gar  k.  S. 

1463  die  —  worhten  MI    Der  m.  wrckt  S. 

1464  in  MI   jm  gar  S. 


70 

E.  V.  1407— 1430 


1465  diu  kriuze  wurden  schiere  bereit» 
des  dfihte  sich  der  künic  gemeit. 
nfi  begunde  er  zelen  schön 
den  goltsmiden  allez  ir  16n. 
d6  si  den  solt  beten  empfän, 

1470  d6  schieden  si  von  dan. 

nfi  lac  sant  Oswalt  aber  in  sorgen 
die  langen  naht  unze  an  den  morgen, 
wie  er  ime  eines  sinnes  erdaehte 
unde  sine  dienestliute  zesamene  braehte.' 

1475  er  lie  niht  beltben 

unde  hiez  ime  balde  biiefe  schieben 
unde  entbdt  mit  grdzen  6ren 
allen  stnen  landes  harren, 
dd  si  stn  boteschaft  vol  vemämen, 

1480  wie  balde  si  gen  hofe  quämen 
stne  ritter  unde  knehte, 
die  ime  wiren  gerehtel 
zwelf  künige  quämen  ime  schöne 
iegelicher  under  stner  guldiner  kröne, 

1485  vier  unde  zweinzic  herzogen  h6re 
die  quftmen  ime  durh  stn  gröze  €re, 


1465  MlsfSß  worden  Ms   waren  1. 

1466  gemeit  MI  gar  g.  S.    Darnach  tmr  in  S:    Dasz  er  all  die  arbaitt 

All  so  schon  usz  wass  beraitt 
Nach  dem  vn  jm  wasz  zo  (>  zu  >  zu)  gesait 

1468  den  —  ir  MI    Dem  goldschmid  sinen  S. 

1469  si  MI    er  S.     heten  Ml    het  S. 

1470  schieden  si  MI  schied  der  goldschmid  S. 

1471  aber  MS    noch  I. 

1472  unze  MI    bisz  S. 

1473  erdaehte  MI    gedächt  S. 

1474  unde  MI    Dasz  er  S. 

1475  niht  M  n.  lenger  I   n.  mee  S. 

1476  hiez  MS    liez  I.    balde  ISfMs. 

1477  unde  MI    Er  S.    enb6t]  S   enpewt  MI.     gr.  eren    IS   grossem  ernst  M 

1479  vol  MS   wol  If  s. 

1480  Nun  hört  SfMIs. 

1481  sine  IS    Die  M.     unde  MS   v.  sein  I. 

1482  ime  —  gerehte]  M   jm  all  zyt  w.  g.  S    choroe  im  gar  rechte  I. 

1483  quÄmen  MS   die  chome  I. 

1484  *wnter  L 


71 

I  E.V.  I431-14S4  I 

sehs  unde  drizic  gräfen  lobesam, 

die  brähten  mit  in  manigen  werden  man, 

niun  edele  bischof 
1490  quämen  ime  üf  sinen  hof 

unde  waz  si  alle  dieneslliute  mohten  gehaben, 

alse  wir  noch  hoeren  sagen: 

dämite  wolten  si  ime  btgestän 

unde  in  deheinen  noeten  län. 
1495  81  quämen  bälde  gen  hofe  geriten 

nach  ritterlichen  siten, 

si  wären  bereit  mit  guoteme  vliz, 

ir  harnasch  was  silberwiz. 

nfi  quimen  si  üf  den  hof  dar, 
1500  ir  was  ein  ungevüege  schar. 

dö  si  nfi  fif  den  hof  wären  komen 

unde  daz  sant  Oswalt  hete  vemomen, 

hoeret,  wie  er  under  in  umbegie 

unde  si  gar  wirdicHchen  empfiel 
1505  er  hete  si  besamenet  krefticliche 

über  alliu  siniu  riebe, 

unze  daz  er  ze  ime  gewan 

zwfine  unde  sibenzic  tfisent  man, 
*  die  wären  alle  samt  beide  guot 
1510  unde  ouch  ir  Übes  hdchgemuot. 


1488  *brÄhten]  praten  M.     mit  in]    I  jm  SfM.     werden]  M  pid'-I  stolzen  S. 

1490  Die  SfMI. 

1491  si  alle  MI    sin  S.     gehaben]  M    haben  IS. 

1492  noch  MI    est  n.  S. 

1493  bfgestln  MI    bystan  S. 

1494  in  MI    jn  in  S.     lln  IS   nicht  1.  M. 

1495  balde  SsfMI. 

1496  Gar  Sf  MIs.    ritterlichen]  M    ritterliche  s  ritteriichcme  IS. 

1497  mit  MI    m.  gold  vnd  mit  S. 

1498  was  MI     der  w.  S. 

1499  nü  —  si  MI    Si  komend  S. 

1501  Unde  SßfMI.    nü  MlfSß.    üf  den  IS   gen  M. 

1503  Nun  SfMI. 

1504  wirdiclichen  MS  wirdiciiche  Isß. 

1505  si  Ms  sich  IS.  besamenet]  M  besammet  I  bcsant  s  selbss  gearwett  gar  S. 

1506  alliu  MI  alle  s  all  S.    siniu  MI  sin  s  in  sinero  S.    riebe  ISs  kunkreich  M, 

1507  in  I  zttm  vorigen  Verse,     daz  MSfl. 

1509  alle  samt]  M   a.  gesampt  I|~Ss. 

1510  h6ch^muot  IS  gar  h.  JV^. 


72 

E.  V.  1455—1478 


sant  Oswalt  vröiwete  sich  der  6ren, 

daz  er  hete  sd  manigen  dienesthSrren. 

an  den  selben  stunden 

die  zwelf  künige  vrdgen  begunden, 
1515  den  muten  künic  Oswalt 

begunden  si  dd  vrägen  balt, 

si  sprächen  ze  deme  harren: 

,)k  nfi  weste  wir  rehte  geren, 

warumbe  ir  uns  zesamene  habet  bräht 
1520  oder  wes  iu  mit  uns  si  gediht: 

waz  muget  ir  mit  uns  ze  schaffenne  hin? 

daz  sult  ir  uns  wizzen  län/ 

er  sprach:  dritter  unde  knehte 

daz  wil  ich  iu  sagen  rehte: 
1525  ich  wil  varen  über  des  meres  vluot/ 

als6  sprach  der  vurste  guot, 

,ich  wil  in  die  heidenschaft  kSren 

unde  kristenlichen  gelouben  mSren, 

ein  heidnische  küniginne 
1530  die  wil  ich  über  mere  her  bringen: 

ez  st  deme  wilden  beiden 

liep  oder  leide, 

so  muoz  ich  hftn  die  küniginne  guotl' 

also  redete  der  vurste  hdchgemuot, 


1514  vrdgen  S    fr.  da  M   in  fr.  I. 

1515  kUnic  Ml    k.  sant  S  sant  s. 

1516  d6  MlsfS. 

1518  ja]  Ge  MflSs. 

1519  habet  vor  ze  S. 

1520  mit  uns  MSfl.    gediht  MI    erdacht  S. 

1521  re  -  hän  MSfl.        \   r    1    -    r^ 

1522  da. -uns  MS(8)ri  J  ^^  ^  ""  ^^^- 

1523  ritter  unde  MI    min  r.  v.  min  S. 

1524  daz  —  sagen  MI(s  cJkne  iu)  Dasz  uch  jch  sagen  wil  dasz  merckent  gar  S. 

1525  über  des]  M(s)  U.  d.  wilden  IS. 

1526  vurste  MI    edel  f.  S. 

1530  wil  ich  S(s}   wel  wir  I    walt  ich  M. 

1531  deme  Ss    den  MI. 

1532  XU  1531  MIS.     Danach:    Dasz   sei  euch  allen  gesait  M    So  wil  ich  sein 

perait  I    Ich  sag  Üch  dasz  uff  minen  &yde  Sf  S. 

1533  s6  —  ich]  M    Dasz  jch  musz  S    Vnd  m.  I. 

1534  redete  MI    sprach  S.     vurste  MS    chtinig  I. 


73 

I  E.  V.  1479— 1 501 
1535  |daz  mac  dne  iuwer  hilfe  niht  geschehen:' 

—  also  begunde  er  ze  in  allen  jehen  • 

,wer  mir  nö  welle  bigestän, 

der  sol  mich  daz  wiz/.en  länl' 

alsd  sprach  der  vurste  vrt: 
1540  ,wer  ze  ritter  worden  s! 

oder  noch  ze  ritter  werden  wil, 

den  dunke  der  verte  niht  ze  vil, 

wände  wer  üf  der  verte  wirt  erslagen, 

des  s61e  muoz  gr6ze  genäde  haben 
1545  in  deme  Ewigen  leben, 

des  wil  ich  iu  min  triuwe  geben/ 

als6  sprach  der  vurste  h6re: 

,lip  unde  sSle     ist  behalten  iemermere: 

iegelicher  wirt  reine  alse  ein  westerbar, 
1550  ir  hSrren,  daz  sage  ich  iu  vürwir. 

ir  sult  mir  triuwe  erzeigen, 

wände  ir  sit  alle  mm  eigen. 

darzuo  gibe  ich  iu  riehen  soU, 

beide  silber  unde  daz  golt, 
1555  ich  wil  iu  Ithen  unde  geben, 

die  wtle  ich  hän  daz  leben: 

wol  nü  her  ir  edeln  künige, 


1537  DÜ  Ss  nUr  Mfl.    welle  I  nach  bi,  Ss  wil  M.-gestän  IS  westan  M  ston  s. 

1538  daz  MS    ez  I  vor  mich,  s. 

1539  vurste  MI    edel  f.  S. 

1540  ze  MIs   nit  z.  S. 

1541  ze  MIsfS.    ritter  vor  noch  S. 

1542  dunke  S(s)    dunkt  MI.     ze  MI    sin  z.  S. 

1543  in  I  nach  1544.    wände  Ms    unde  IS.     wer  —  ersl.]  MSs    wirt    er    auf 

der  vert  ersl.  I. 

1544  'zel  I. 

1545  in  deme  e.  MSs    Er  chumpt  in  daz  ewign  I. 

1546  iu  MSs   im  I. 

1548  *8ele]  seU  M.     ist  MIs    send  S. 

1549  reine — westerbar]  M  r.  alz  auz  d'  tauf  gcwar  I  rainer  den  der  siinen  schin  S. 

1550  vürwär  Ml    allen  gemain  S. 

1551  ir  sult  MIs    Dar  vrä  so  sond  jr  S.  *mir]  mit  I. 

1552  alle  SsfMI. 

1554  daz]  M  och    Sfls. 

1556  All  SfMIs.     daz  Ss    min  MI. 

1557  MSsfl?-  wol  nü  her]  M    Wol  uft  %\  Nun  wagt  Uwer  e'r  S. 


74 

E.  V.  1502^1523 


ir  hat  von  mir  lant  unde  bürge  I 
ir  herzogen  höchgemuot, 

1560  ir  hat  ouch  von  mir  lant,  Hute  unde  guotl 
ir  gräfen  alle  sant, 
s!  iegeltcher  an  sin  triuwe  gemantl 
unde  ouch  ir  bischofe  h£re, 
ir  hat  von  mir  wirde  unde  Srel 

1565  ei  sit  alle  unverzeit 

unde  werdet  schöne  mit  mir  bereit 
unde  bereitet  iuch  mit  mir  fif  die  vart 
unde  gedenket  an  minen  vater  SSwart: 
habe  iu  der  ie  dehein  triuwe  getan, 

1570  des  sult  ir  mich  geniezen  länl' 
ir  aller  triuwe  dd  wol  erschein, 
nü  wurden  die  besten  überein 
igide  sprächen  ze  deme  hSrren: 
,wir  wellen  iu  helfen  rehte  geren 

1575  mit  llbe  unde  mit  guot 

hin  über  des  wilden  meres  vluot, 
daz  welle  wir  vröliche  mit  iu  wägen.' 
nü  begunde  er  niht  vürbaz  vrägen: 
der  höchgelobete  degen 

1580  hiez  die  guldtnen  kriuze  fifheben 


1558  lant  Ss   1.  liute  MI.    bürge  MSs   gut  I. 

1559  Vnd  MflSs. 

1560  MSflsß.  ouch  nach  mir  S.     liute  MfS. 

1561  ISsfMß.  gHlfen  Is    edelen  g.  S. 
1563  ISsfMß.  . 

1565  ei  Sit]  M    Nun  sind  S  wol  uff  s  Ir  sult  sein  1.  alle]  M  allsand  Sfls. 

1566  MIsTSß.  schöne  Ms    alle  I.    S:  Vmb  Uwer  err  vnd  wirde  statt. 

1567  unde  MI    So  S. 

1568  minen  v.  MS    meines  vaters  I.     S^wart]  (ß)  sebart  M   sebat  I. 

1569  iu  der  MI    er  uch  S.     triuwe  IS    gut  M. 
1572  nü  —  besten  MI    Die  biesten  wUrdend  S. 

1574  rehte  MSfls. 

1575  mit  MIs    och  m.  S. 
1676  wilden  MSCsfl. 

1577  vröliche  MSs  gern  I.     mit  iu  nach  wir  M. 

1578  nü  MI  Do  S.     niht]  I    nicht  mer  M    si  nit  S. 

1579  der  MI    Der  vil  S. 

1580  kriuse  MIsß   krenU  all  S. 


75 

E.  V.  1524— 1544 


uDde  Hz  der  bürge  her  tragen, 

alse  wir  noch  hoeren  sagen, 

er  hiez  si  schütten  üf  einen  anger  dar, 

er  sprach:    ,ir  harren  nfi  nemet  war: 

1585  wer  mir  der  verte  wil  btgestän, 
der  muoz  der  kriuze  einez  hän: 
obe  wir  wurden  bestanden 
von  der  beiden  banden, 
so  waere  wir  kristen  alle  sant 

1590  bi  den  kriuzen  einander  wol  erkant.' 
mit  der  selben  vart 

ein  michel  gedrenge  ze  den  kriuzen  wart, 
iegelkher  wolte  sich  harte  schämen, 
solte  er  der  kriuze  niht  einez  haben: 

1595  von  den  h£rren,  die  d6  wären  kernen 
wurden  diu  kriuze  alHu  üfgenomen. 
si  machten  ez  fif  ir  wäpenrocke  alle  sant, 
obe  si  quaemen  in  vremediu  lant 
unde  von  den  beiden  wurden  bestanden, 

1600  daz  si  bi  den  kriuzen    einander  erkanden. 


1588  schütten   Ml     seczen,    nacA   anger    S     nyder  legen    U     nyder  werffen  b. 
einen  MIs    den  S. 

1584  nü  MSfls. 

1585  bigestAn  IS    pej  bestan  M    by  ston  s. 

1586  kriuze  e.  MIß    crUtzlin  e.  S    krentzen  atnen  S. 

1587  wurden]  S    nun  würden  S    werden  MI. 

1588  heiden  MIs    wilden  h.  S. 

1589  waere  wir]  Ms    werd  w.  I    werden  (so)  S. 

1590  kriuzen  MIs   krentzen  S.     einander  8   an  ein  and'  MflS. 
1591-94  m  MI  nacA  15%.     Nun  och  SfMI. 

1592  gedrenge  MIsß   gedranck  I.     ze    d.  kr.  MIs    umbe  diu  kriuze  ß    hin  z. 

d.  krentzen  S. 

1593  Ain  SfMIs.  harte  M    sein  h.  I    desz  S. 

1594  kriuze  MI(s)    krentzen  S.    einez  haben  MIs  ain  nemen  S. 
1595-96  in  MI  micA  1610. 

1596  Da  SfMI    kriuze  MI(ß)    krentz  S. 

1597/1600  m  MI    nacA  1594.    ez  MI    (machten)  sz   S    sie  s.    ir  IS    die   Ms. 

wilpenrocke]  M    rappen  rock  S    wappen  rOcklin  s    rochi  I. 
1598  Darvmb  SfMIs. 
1600  si  MIs  den  ainer  S.    bi  den  kr.  Ms  b.  dem  crUcz  I  by  den  krentze:    S. 

einander]    an    ain    and'  M    den    ander  S    sich  Is.     erkanden  MI    be- 

kanden  S9* 


J6 

I  E.  V.  i54S-iS65  I 

nö  hete  er  üf  sineme  hofe  erÄOgen, 

des  begunde  er  got  vaste  loben, 

einen  hirzen  wol  ahUehen  jär, 

daz  sage  ich  iu  vürwär, 
1605  der  hete  s6  vil  schoenez  gezinde, 

daz  wunderte  daz  vremede  hofegesinde. 

si  bereiteten  sich  mit  deme  hirzen  dar 

unde  nieman  nam  des  raben  war: 

sant  Oswalt  mit  den  harren  unmüezic  was. 
1610  daz  er  des  raben  diheime  vergaz. 

nü  wurden  si  schiere  bereit» 

alse  uns  daz  tiutsche  buoch  seit, 

daz  here  begunde  sich  rüsten  liberal, 

sich  huop  ein  vreislicher  schal. 
1615  sant  Oswalt  unde  alle  stne  man 

zugen  d6  vrdÜche  von  dan, 

in  was  hin  gen  den  kielen  gäch, 

man  sprach  in  manigen  segen  nach, 

sant  Oswalt  mit  sinen  harren 
1620  ilte  üf  die  kiele  mit  Sren. 

dar  quämen  die  marnaere  alle  sant 


1601—10  m  MI  flach  1590.     erzogen  MSs   g'^z,  I. 

1602  MSrisß. 

1603  wol  s  vol  STMI. 

1604  Zawar  SfMI. 

1605  gezinde  S   gezierdes  M    gezirdes  gut  I. 

1606  daz  wunderte  MS   Dez  wurdn  I.     vremede  MlfS.    hofegesinde  MS  volck 

hoch  gemut  I. 

1607  •mit]  mir  I. 

1608  unde  MI  aber  S.     *nemant  S. 
1609/10  in  S  nach  1600. 

1609  mit  den  MSs   der  I. 

1610  da- MSs  hie  I. 

1612  tiutsche  MlfS. 

1613  *Dar  M.    her  MS(s)    er  I.     sich  nach  her  I.     rüsten  S   rütten  MI. 

1614  sich  h.  MI    Do  h.  sich  S    Also  hub  sich  s. 

1615  man  MI   dienst  m.  S. 

1616  Die   SfMI.     zagen   S(s)   zogeten    MI  segelten  ß.     d6  vr6Uche  MS    er- 

laich  I.    mit  freyde  S. 

1617  in  IS  Im  M.  gen  MS  zu  I.     gäch  IS   so  g.  M. 

1620  mit  MI   m.  grossen  S. 

1621  dar  MI   Do  S.   marnaere]  mem'  M  meren  I  momer*  S. 


I  E.V.  1566— 1586 


unde  nämen  diu  ruoder  in  die  hantj 

die  anker  si  üzgeschuzzen, 

vrdltche  si  von  deme  gestade  vluzzen, 
1625  sant  Oswalt  unde  allez  sin  here 

schicte  sich  vrdllche  fif  daz  mere. 

nü  vuoren  die  werden  helde  guot 

üf  des  wilden  meres  vluot 

zwelf  Wochen  unde  ein  ganzez  ]kr, 
1630  alsd  saget  uns  das  buoch  vürwär. 

alse  diu  zlt  hete  ein  ende  genooien, 

d6  wären  die  werden  kristen  komen 

vrdllche  alle  sant 

hin  gen  Ar6n  in  daz  lant. 
1635  nü  sähen  si  bt  deme  mere  stän 

ein  burc,  was  schoene  unde  lobesam. 

diu  liühte  von  golde  same  si  brunne 

unde  stuont  ouch  schöne  gen  der  sunne. 

von  zwelf  turnen  guot 
1640  was  diu  veste  wol  behuot. 

die  turne  wären  rdt  marblln 

unde  stuonden  ouch  schöne    gen  der  sunnen  schtn, 


1623  anker]    S    aUchel  M.     rüder    segeipftwm  I.    si  MSfl.    dz-MS  auff  I.  ge- 

schützen  M    schussent  S    zugen  I. 

1624  vr6Hche  MI  Frölichen  S.  si  ntuA  gestade  M.    von  deme]  vö  den  M  vom 

S  vo  danne  I.     gestade  MSf  I. 
1626  schicte]   M    schickten    s    Schift    S    Schifiten    I.     sich  MSsfl.     mere    IS 
wil  m.  M    wilde  m.  s. 

1628  wilden  ISfMCs). 

1629  ganzez  SßfMIs. 

1630  also  —  buoch  MI    Dasz  b.  sagt  v.  dasz  S. 

1681  alse]  MI  d6  ß  Alle  S.   diu  MIßfS.  hete  Mß,  mcA  ende  I  hettent  schier  S. 

1632  Nfi  SfMIsß.  w4ren  MIß   wurdend  S. 

1638  MSflsß.  Gar  SfM- 

1634  Da  SfMIs.  gen  Ardn  MIs    wäre  >  vare  I.    in  MSs    auf  I. 

1685  bi  MIs   da  b.  S. 

1636  was  MI    die  w.  S.     schoene  Ss   h^re  MI.   unde  MSfl. 

1637  *lAhte]  lewte  I.     same]  I   als  ob  Ms   recht  alsz  S. 

1638  ouch  vor  stuont  I. 

1639  von]  M  unde  IS.    guot  Ml   also  g.  S. 

1640  Damit  S   Mit  den  IfM.     wol  MI   gar  w.  S. 

1641  *turin  S.     marbliji  MI    merinlin  S. 

1642  ouch  seh.  MSfl. 


78  _^ 

E.V.  1587- 1608  ! 


üf  iegeltcheme  turne  ein  wahtaere 

darüfe  si  tac  unde  naht  lägen, 
1645  der  bürge  si  schöne  pfl%en. 

d6  sant  Oswalt  die  veste  ansach, 

gerne  muget  ir  hoeren,  wie  er  sprach: 

,daz  mac  wol  diu  burc  sin, 

darüfe  wonet  diu  liebe  vrouwe  mtnl' 
1650  daz  was  an  eineme  äbende  späte, 

d6  gie  sant  Oswalt  ze  rite, 

er  sprach:  ,nü  ratet  mir  alle  mtne  dienestman: 

wie  welle  wir  ez  grifen  an? 

wände  ich  hän  wol  vernomen, 
1655  wir  s!n  in  daz  lant  komen: 

mtne  harren  alle  sant, 

ditze  lant  ist  Ardn  genant 

nO  ratet  zuo  mtne  stolzen  h£rren, 

daz  unser  die  beiden  niht  innen  werden!' 
1660  nä  bete  er  einen  alten  dienestman, 

der  sprach:  ,ich  wil  iu  raten,  obe  ich  kan, 

volget  mir  ir  vursten  h£re, 

so  behalte  wir  wirde  unde  6rel 


1648  üf  ~  ein  AlSs    Zwelff  I.     Danach  nur  in  S:    Also  gelopt  mir  der  mer. 

1644  darüfe  ~  naht  MSs   auf  turen  I.     lagen  MIs    warent  S. 

1645  sch6ne  MIs  och  gar  seh.  S. 

1646  an -MSs  er- 1. 

1647  gerne  MI  Nun  S. 

1648  wol  MIsß  vil  w.  S. 

1650  eineme  Ss   deme  MI.   spate  MIs  also  s,  S. 

1651  ze  r.  Ms   da  s.  r.  S   drat  I. 

1652  er  spr.  MI   v&  sp.  sfS.   nü  SsfMI. 

1654  wände  MSs   Waz  I.     wol  MI    gar  w.  Ss. 

1655  Zwar  SfMIs.     daz  1.  MSs   die  stat  I. 

1656  MSflsß.  herren  M   lieben  h.  S. 

1657  MSsflß.  ditze  M  Zwar  dasz  S. 

1658  mtne]  M   minen  S   ir  I.     herren  MI    degen  S. 

1660  nü—  alten  MIs   Dasz  erhört  ain  alter  S. 

1661  der  MSs  Er  I.     iu  MIs   uch  her  S. 

1662  Nun  SfMI.     vursten  h.]  MI   fürst  vnd  here  S. 
1G63  behalte  wir  MS   behaltet  ir  I. 


79  

^  [   E.  V.  1609—1627 

ich  sihe  dort  bl  deme  wilden  mere/ 
1665  also  sprach  er  ze  deme  here» 

,gar  zw£ne  höhe  berge, 

darzwischen  hän  wir  guote  herberge: 

darzwischen  ist  ein  anger  breit, 

ir  h£rren  daz  sl  iu  geseit, 
1670  darüfe  sul  wir  uns  ze  velde  legen, 

di  ist  sicher  unser  l!p  unde  unser  leben, 

unser  lip  unde  unser  guot 

ist  allenthalben  wol  behuot, 

zwischen  den  bergen  unde  ouch  deme  mere 
1675  ist  sicher  unser  here.' 

si  volcten  alle  deme  einen  rate, 

unde  tlten  mit  einander  dräte, 

si  hefteten  an  daz  heidnische  gestat, 

manic  helt  abe  den  kielen  trat, 
1680  ez  Uten  die  kristen  alle  sant 

abe  den  kielen  fif  daz  lant. 

zwischen  der  berge  fif  den  anger  breit 

manic  helt  sich  dö  ze  velde  leit, 

die  hdchgelobeten  degen 


1664  dort  MsflS.    wUden  MlsfS. 
1666  MlfSsp. 

1666  imS  tu  1664.   gar  Ms  Barn  IfS. 

1667  guot  ISs.    gar  ein  g.  M. 

1668  -zwischen    MIs    enzwttschend  S.     ist  ISsfM.     anger  Ms  gut  a.  I  ainig 

S   wise  ß. 

1669  geseit  MI   für  war  g.  S. 

1671  dd  Ss  t6  MI.  »anser  (1.)]  vnsz  M.    unser  (2.)  MSfl. 

1672  *Vnsz  M.     unser]  vnsz  MI   och  vnsser  Sfs. 

1673  Das»  STMI. 

1674  den  bergen]  M   den  perg  1   dem  berg  S.     ouch  MSfl. 

1675  Da  SfMI.   unser]  vnsz  M  allesz  vnszer  S   vnser  groszes  I. 

1676  *volgtein  M.     dem  einen  MI   dem  ainigen  S  sine  S. 

1677  ISsfMß.    unde  Is  Sy  S. 

1679  Vil  SfMI.     abe  den]  M   a.    dem   I    von  den  s   über  den  S.     kielen]  s 
kielin  M  kiel  IS. 

1681  abe  MI   Vsz  S.    den  k.  MS   dem  chiel  I.     üf  MI   an  S. 

1682  ISsßfM.  der]  u(b)   die  S    den  (perge)  I.    DanacA  nur  in  U    Manig  helt 

ab  dem  chiel  trat. 

1683  ISsfMß.  M  I. 

1684  ISfMsß.  die]    Der  I   Dasz  wysset  die  S.  -  gelobeten]  gelabte  I  gelopt  S. 


_80 

I  E.  V.  1628—1650 


1685  begunden  sich  schöne  ze  velde  legen, 
zwischen  der  berge  fif  daz  velt 
wart  gerihtet  manic  hSrltche  gezelt: 
si  lägen  zwischen  der  berge  verborgen 
unde  lebeten  doch  mit  sorgen. 

1690  d6  si  nü  ze  velde  wären  komen, 
alse  wir  ez  sider  hän  vernomen, 
der  milte  künic  Oswalt 
sante  nach  stneme  kameraere  halt, 
diu  wtle  werte  niht  lange, 

1695  der  kameraere  quam  gegangen. 
d6  in  der  künic  ansach, 
nü  hoeret,  wie  er  ze  ime  sprach: 
ez  sprach  der  vurste  unverwegen: 
,du  solt  mir  den  raben  geben, 

1700  ich  wil  mich  n^  niht  lengen, 
ich  wil  in  ze  boten  senden, 
daz  er  mir  ervare  an  der  küniginne  vrt, 
wes  ir  noch  ze  muote  sV 
der  kameraere  harte  erschricte, 

1705  den  herren  er  trüriclichen  anblicte 


1685  ISfMsß.  begunden]  I    Begund  S. 

1686  *zwischein  M.     der  MI    die  S. 

1687  wart   gerichtet  MS   man   machet  I.     herltche]  S   erlaich  I    schöne  S  (vil 

kostliche  ß)fM.     gezelt  Is    zeit  MSß. 

1688  der  MI    den  S.     berge]  M   bergen  IS. 

1689  doch  MIsb   ye  doch  u   öch  S.     sorgen  MI(s)ß  grossen  sorgen  S. 

1691  sidei]  M    sid  S  seit  1. 

1692  kUnic  MI    k.  sant  S    herre  sant  s. 

1693  Der  SfMIs. 

1694  niht  MI   och  n.  S. 

1695  kameraere  MI    kemcriing  S.     geg.  MI    schier  g.  S. 

1697  hoeret  —  ime  IS    mugt  ir  hörn  wie  er  M. 

1698  »Er  I. 

1700  mich  nü]   M    mich    Is    esz    nß    S.     lengen]    M  me   uerlengen  S  lenger 

sUmen  s  wenden  I. 

1701  ich  ISs    Vn  M.     boten  MS    der  küniginne  Is, 

1702  ervare  MSsfl.     Danach  in  S  als  nette  Verse-.  Vnd  er  mir  dasz  nit  lenger 

spar:    An  —  fry. 

1704  harte]  M    h.  er  I    vil  h.  S    fast  S. 

1705  tröricKchen  MS   trüriclkhe  Is. 


81  

["eTv.  i6$  1-1677"! 

unde  sprach:    ,ich  muoz  iu  der  wärheite  verjehen, 

ich  hkn  den  raben    üf  deine  mere  nie  gesehen, 

ich  hän  halt  daran  nie  gedftht, 

daz  ich  in  mit  mir  hete  brdht: 
1710  ich  wänte  edeler  vurste  rtche, 

ir  hetet  in  selber    gevuort  gar  tugentltche/ 

der  kameraere  besorcte  des  harren  zorn 

unde  wände,  er  müeste    stn  leben  hän  verlorn, 

er  kniewete  nider  vür  in  öf  daz  lant 
1715  unde  sprach:    ,mtn  leben  stät  in  iuwerre  hant/ 

sant  Oswalt  des  erschricte  s6r 

unde  sprach:   ,6  daz  wir  ie  sin  komen  herl 

6  aller  miner  dienestman/ 

sprach  der  vurste  lobesam, 
1720  ,ich  bin  komen  under  die  wilden  beiden, 

nü  stuont  ez  mir  nie  s6  leide!' 

ez  klagete  der  edele  vurste  guot, 

alse  noch  manic  man  von  leide  tuot, 

er  sprach:    ,mine  dienaere  alle  sant 
1725  der  rabe  ist  noch  in  Engellant! 

nü  was  mir  grdzer  6ren  gedäht, 

hete  ich  den  raben  mit  mir  bräht, 


1706  unde  Mls  Er  S.    iu  der  Is  ewchs  der  M  Uch  die  S.    verjehen  Ss  jehen  MI. 

1707  Zwar  STMI.     deme  mere]  I    de  mer  halt  M    der  fart  S. 

1708  halt  ISfMs.     daran]  M,  nach  nie  I  an  jn  S.     ^gedacht  S. 

1710  edeler  MIs    vil  e.  S. 

1711  ir  MIs    Ich  S.     selber  ISs  selbn  M. 

1713  unde  MIs    Er  S.     mUeste  han  MIs    hett  S.     stn  Ms    dasz  Sfl. 

1714  nider  SsTMI. 

1715  unde  MIs    Er  S.     leben  Ms    1.  dasz  Sfl. 

1716  des  erschricte]   M    erschricket  desz  S    erschrac  Isß.     sSr  MIs    vil   s.  S 

vG  herczn  ser  u   gar  hartt  und  sere  b. 

1717  unde  sprach]  I    Er  sprach  SfM.     6  MSfl. 

1719  Also  S["MI.     vurste  MI     kUnig  S.     ♦lobisam  I. 

1720  ich  bin  MI    Nun  bin  jch  her  S.     Dunach  in  %  als  zwei  Verse:    Vnd  mag 

nit  geschaffen  min  frumen:    Vnder  d.  w.  h. 

1721  stuont  —  mir]  M    geschach  mir  S    waz  ich  I.     s6  MS   in  so  grosem  I. 

1722  ez]  IS  Er  M. 

1723  manic  MI    vil  m.  S.     von]  I    v.  grossem  S   vor  Ms. 

1724  mine  MI    nü  wissend  mini  S. 

1725  ist  MI    jch  S. 

1726  grdzer  e.  MS    groz  ere  I. 

1727  mir  MI    ro.  her  S. 

Baesecke,  Münchener  Oswald  6 


82  

I  E,  V.  1675-1697 

gen  der  küniginne  hochgeboren: 

als6  ist  min  arbeit  gar  verloren!' 
1730  er  sprach:    ,alle  mine  dienestman 

wie  welle  wir  ez  gttfen  an? 

wir  hän  niht  rehte  getan, 

daz  wir  den  raben     daheime  hän  gelän! 

obe  wir  nü  werden  bestanden 
1735  von  der  wilden  heiden  banden, 

s6  weret  iuch,  des  ist  uns  n6t: 

ich  hän  iuch  gevuort  in  den  tötl* 

des  erschräken  die  dienestUute  sSre 

unde  sprächen:  »wäfen  hiute  unde  iemermSrel 
1740  waere  wir  nü  von  den  heiden  bestän, 

s6  müeste  ez  uns  an  unser  leben  gän.' 

gröi^iu  ndt  wart  in  bekant 

unde  gedähten  alle  heim  ze  lant 

an  ir  wtp  unde  an  ir  kindeltn, 
1745  daz  diu  in  solten  verweiset  stn. 

an  denselben  stunden 

si  vor  leide  ir  hende  wunden, 

der  hörren  klage  diu  wart  gröz, 

manic  zäher  in  von  den  ougen  vlöz. 
1750  dö  sant  Oswalt  die  grözen  klage  ansach, 


1729  also  ist  MI    Aber  jch  han  S    Nu  han  ich  alle  S.     min  MIs    die  S.. 

1731  Nun  SfMls. 

1732  niht  r.  MI    wcrlich  n.  r.  S    gar  unrecht  s. 

1735  von  ISs   Vor*M.    der]  den  MISs.    wilden  SsfMI.    banden  MS   i  frömdn 

landn  I[~S. 
1736/39  in  I  nach  1755.  s6  MSsfl.   iuch  MSs  Uch  der  haiden  I.   uns  MS  üwlfs. 

1737  l6t  ISs   grijgc  t.  M. 

1738  -liute  Ms -man  I    herren  s. 

1739  unde  Ml    Si  1.     wäfcn]  I    nu  waflfen  SfM. 

1740  MSfls?.     wacre]   Wer  M    Wurdend  S.     nü]  SfM.     bestan]  bestanden  S 

erstanden  M. 

1741  MSflsß.     müeste]   S  müs  M      unser]  vnsz  M    das«  S. 
'742  Vil  SfMls.     wart  MSs   würde  I.     in  MS   vns  Ifs. 
1743  heim  ISs     hin  h.  M. 

1745  diu  in]  M    sie  nü  I    die  S   sie  S.     solten  vor  sin  S. 

1748  der  —  klage  MS    Die  hern  clagetten  I.     diu    MlfS.     wart]    ward   so   S 

wort  I    waz  M. 

1749  in  von  den  MI    vö  jren  S. 

1750  d6  MlsfS. 


83  

I  E.V.  1698-1721 

hoeret,  wie  er  ze  in  allen  sprach: 

ez  sprach  der  werde  vurste  hfire: 

,ir  sult  volgen  miner  16re: 

ir  werden  helde  guot 
1755  nemet  an  iuch  vesten  muot, 

stt  der  manheite  staete 

unde  ziehet  abe  iuwer  strttgewaete  I 

ir  stolzen  recken  werden 

nü  valle  iegellcher  nider    kriuzestal  üf  die  erden  1 
1760  vrten  unde  dienestman, 

ruofet  got  von  himele  an 

unde  bittet  die  himlischen  küniginne, 

daz  si  uns  helfe  vr6lkhe  von  hinnen  I' 

si  volcten  ir  hdrren  rate 
1765  unde  tlten  üz  deme  harnasche  dräte, 

si  zugen  abe  ir  stritgewant 

unde  vielen  kriuzestal  nider  üf  daz  lant, 

si  bäten  den  himlischen  vursten  guot, 

daz  er  si  hete  in  siner  huot 
1770  unde  si  behüetete  vor  den  heiden: 

den  kristen  was  fizermäzen  leide. 

got  unde  diu  muoter  sin 

teten  d6  ir  genide  schin 

unde  sanden  einen  engel  werde 


1751  Nun  STMI.     allen  MSsfl. 

1752  Ex  spr.  MSfl.     werde  Ml   edel  S.     v.  here  MS    fursten  vn  heren  I. 

1755  Nun  SfMIs.     an  ISs   all  saropt  an  M.     vesten  MIs    gar  u.  S. 

1756  Vnd  S    Sant  oschwalt  sprach  I  {vgl.  zu  1635)  fM.     der  m.  MSfl. 

1757  •strit  -]  streicht  M.  •  gewaete]  S  gewant  MI. 

1758  MlfSsß. 

1759  nü  MI    Vnd  S.     valle  MS    vallet  Is.     iegelicher]  M   üwer  i.  S  alle   Is. 

nider  Ms[~IS.     kriuzestal]   M  kriuzcwise  ISs.     üf  die  MIs  zu   der  S. 
Danach  nur  in  S:  Dar  vmb  dasz  vnsz   geholflfen  werd. 

1760  unde  MI    v.  och  die  S. 

1761  Vnd  ir  all  SfMI.     ruofet  ISs    Ruften  M. 

1763  vi6Mche  M,  vor  helfe  Is    frölichen  S. 

1764  ir  MIs    all  jrsz  S. 

1765  üz  MIs    all  usz  S. 

1767  kriuzestal]  M    kriuzewtsc  ISs.     nider  MflSs. 

1771  was  MS    den  w.  I.     üzerm.]  M    usz  der  m.  Sfl. 

1772  unde  MIsß    v.  och  S. 

1773  Die  SfMI.     d6  ir  IS  dar  in  M. 

1774  MIs^S.  sanden]  I    sant  in  M    sant  $    sendet  ß. 

6» 


84 

E.V.  1721— 1744 


1775  nider  üf  die  erde. 

der  engel  quam  in  Engellant, 

da  er  sant  Oswaldes  raben  vant. 

d6  der  engel  den  raben  ansach, 

gerne  muget  ir  hoeren,  wie  er  sprach: 
1780  ,rabe  ich  kan  dir  niht  verdagen, 

ich  inuoz  dir  von  dlneme  harren  sagen: 

wie  hast  du  stn  s6  lange  vergezzen? 

wände  er  ist  gar  harte  besezzen, 

er  ist  harte  bestanden 
1785  in  den  heidnischen  landen, 

stlc  unde  sträze  sint  ime  benomen, 

er  niac  niendert  von  dannen  komen: 

kumest  du  ime  niht  ze  hilfe  in  kurzer  zlt, 

s&  verliesent  si  alle  ir  Hp, 
1790  man  lät  ir  keinen  niht  genesen: 

wie  bist  du  so  lange  von  ime  gewesen?' 

dö  diu  rede  vol  geschach, 

der  rabe  ze  deme  engel  sprach: 

,engel  du  solt  stille  gedagen 
1795  unde  merke,  waz  ich  dir  habe  ze  sagen: 

mtn  h6rre  der  sande  mich  über  mere, 

66  was  ich  ime  nutzer    danne  ein  ganzez  here: 


1775  nider]  M    Vö  hfmel  I    Eier  wider  S.     Danach  nur  in  S:    Desz  wurdcDt 

si  gefrewet  scr. 

1779  gerne  Ml    Nun  S. 

1781  Herren  IS   liebn  h.  M. 

1782  sin]  M    desi  Sfl.     lange  IS    gar  M?. 

1783  wände  MI    Vnd  S.     gar  M    och  gar  S    so  I.     besezzen  MI   gesessen  S. 

1784  er  MI    Vnd  S.     harte  MI    och  gar  h.  S. 

1785  MI(s)rS?.     den  Mfl.     /«  S:    Vö  der  wilden  haiden  banden. 

1786  Stic  MI   Sig  S.     sint  IS    ist  M. 

1787  er  Ml  Vnd  S.    niendert  MS   nit  I. 

1788  eben:    SfMIs. 

1789  lip  MIs    leben  S. 

1790  in  M  nach  1791. 

1791  von  ime]  S   vö  in  IfM. 

1792  vol  M    do  V.  Sfl. 

1794  gedagen]  S    dagen  MI. 

1795  ♦d'  M.    habe— sagen  MS    sage  I. 

1796  der  MSfl. 

797  nutzer  Ml    weger  S.     ganzez  MSfl« 


85 

E.V.  1745— 1767 


ich  vlouc  iroe  schöne 

hin  in  daz  lant  gen  Ar6ne, 
1800  ich  warp  mtneme  harren 

nach  wirden  unde  nach  gr6zen  ^ren, 

in  stneme  dienste  wart  ich  gevangen, 

unde  wolte  mich  der  heiden  hin  erhangen  1 

unde  waere  stn  tohter  halt  niht  gewesen, 
1805  er  hete  mich  nie  län  genesen: 

nü  half  mir  diu  künigtn, 

daz  ich  beletp  bt  deme  lebenne  mtn, 

ir  dre  wol  an  mir  erschein, 

daz  ich  mit  6ren  quam  herheim. 
1810  nü  wie  gar  ist  mtn  h6rre  ein  t6r! 

nü  sagete  ich  ime  ez  allez  vor: 

davon  er  ist  komen  in  arbeit, 

daz  hin  ich  ime  allez  vor  geseit: 

ich  sagete  deme  vursten  hochgeboren, 
1815  quaeme  er  äne  mich  hin  über,  stn  arbeit  waere  gar  verloren 

nü  hat  er  einen  hirzen  an  mtne  stat  genomen 

des  ist  er  in  grdze  not  komen: 

wil  er  niht  senden  den  hirzen  stn 

hin  ze  der  kUnigin, 
1820  nimet  er  nü  schaden,  er  unde  stne  dienestman. 


1798  sch6ne  MI   also  seh.  S. 

1799  in  I  zu  1798.    hin  MSfL    gen  MSfl. 

1800  Vn  I    Wann  SfM.     ich  MSfl-     warp  IS    erwarb  M.     schon:    IfMS. 

1801  gr6zen  MSfl.     Danach  nur  in  \x  "Dz  sich  sin  seid  sold  meren. 

1803  unde  MlfS.     der  heidjn  vor  wolte  S. 

1804  halt  MlfS. 

1805  nie  I   halt  n.  M    nimer  S. 

1806  kUnigfn]  edel  k.  S   k.  guot  MI. 

1807  daz  -  min]  M    Desx  belib  jch  by  dem  leben  min  S   D.  mir  my  leben  I. 

vn  mich  wehüt:  M    wart  behüt:    IfS. 

1808  wol  Ml  nach  mir  1  vil  w.  S.     an  mir  MI[~S. 

1809  daz  Ml    Da  S.    *erhaim  I. 

1810  nü  MlfS.    gar  I    so  gar,  nach  herre  SfM. 

1812  er  ist  MS    ist  er  I. 

1813  bän  ISß   het  M.    aUez  IS   ez  a.  M. 
1815  hin  Über]  M    dar  Sfl.     gar  M    gancz  Sfl. 
1817  gr6ze  n6t  IS    arbait  M. 

1819  kttnigin]  edeln  k.  S    fryhen  k.  I   k.  frey  M. 

1820  er  nü]  M    er  I   den  S.     schaden  er  MSfl. 


86 

E.V.  1768—1787 


waerltche  da  bin  ich  niht  schuldic  an: 

si  nemen  vrume  oder  schaden, 

den  gewin  sulen  si  äne  mich  haben  I' 

d6  diu  rede  was  geschehen, 
1825  aber  begunde  der  engel  jehen: 

,rabe  lä  von  dtneme  zom 

unde  kum  ze  hilfe    deme  vursten  höchgeboml 

kumest  du  ime  niht  ze  hilfe  in  kurzer  z)t, 

s6  verliesent  si  alle  ir  \\p 
1830  unde  werdent  ouch  alle  ze  t6de  erslagen, 

mugen  si  diner  hilfe  niht  gehaben.' 

d6  sprach  der  rabe: 

, engel  merke  waz  ich  dir  sage: 

ich  bin  gewesen  zwelf  wochen  unde  ein  jär, 
1835  engel  daz  sage  ich  dir  vürwär, 

daz  ich  keiner  slahte  sptse, 

engel  des  wil  ich  dich  erwisen, 

ze  mineme  Itbe  nie  gewan: 

mtneme  harren  ich  niht  gehelfen  kan. 
1840  d6  m!n  h^rre  von  deme  lande  was  komen, 

d6  wart  mir  min  pfruonde  genomen 

von  deme  koche  unde  von  deme  kellaere, 


1821  waerliche  MSfl.     niht  seh.  MI    gar  vnschvldig    S. 

1822  nemen  MI]  nemenssen  S. 

1823  haben  MI    tragen  S. 

1824  Vnd  SfMI.     was  MI    do  w.  S.     •gesellen  I. 

1826  Lieber  SfMIß.     lä  MI   nü  1.  S.     dfneme  ISß    dem  M. 

1827  kum  -  hilfe  MSß    hielff  I. 

1828  zit  MI    frist  S. 

1829  alle  MlfS.     ir  IS    den  M.     lip  MI    leben  alsz  vil  jr  ist  S. 

1830  ouch  ISfM.     ze  t6de  MlfS.     erslagen  MS   gesl    I. 

1831  mugen  —  niht]  MI    Wen  si  diner  hilff  nit  mügent  S. 

1832  d6  IS    aber  M.     1832  umf  1833  in  S  ein   IWs. 

1835  in  S  nach   1836. 

1836  slahte  MI    menschen  S    guoten  ß.     nie  han  gausz:    SfMI. 

1837  MlfSsß.  des  M    daz  I.     erwisen  M    wissen  I. 

1838  ze  —  nie  MI  nie  ß  Miner  krafft  vnd  sterckin  bin  ich  wordan  S.     gewan 

I  wan  S    genam  M  han  versuocht  ß. 

1840  lande  MSs    hus  I. 

1841  min  MSs    die  I. 

1842  kellaere  ISs    kellnaere  Mß. 


87 

I  E.  V.  1788— 1805 

engel  merke  mines  herzen  swaere: 

die  begunden  mtn  gar  vergezzen, 
1845  si  gäben  mir  weder  ze  trinkenne  noch  ze  ezzen, 

si  brächen  mir  abe  bröl  unde  win, 

si  vorhten  niemöre  den  harren  mtn: 

als 6  wart  min  gar  vergezzen: 

ich  muoste  mit  den  swfnen  ezzen, 
1850  als6  muoste  ich  mtn  sptse  nemen, 

mtn  hÄrre  muoz  sich  sin  iemöre  Schemen  I 

ich  muoste  öuch  ezzen  ze  allen  stunden 

vor  deme  tische     mit  mtnes  hÄrren  hunden: 

welicheme  hunde  ich  sin  sptse  genam, 
1855  der  grein  mich  danne  jämerltche  an. 

man  gap  mir  weder  win  noch  bröt, 

von  hunger  hän  ich  geliten  gröze  not, 

mtn  gevidere  ist  mir  zezerret  sÄre: 

mineme  harren  mac  ich  nicht  gehelfen  m^re, 
1860  ich  mac  keinen  vluc  niht  gehaben 

unde  wurden  si  alle  ze  töde  erslagen.' 

d6  sprach  der  engel  mSre: 

,rabe  nü  volge  mtner  löre 

unde  erswinc  daz  gevidere  dtn 


1843  merke  MI   nu  m.  S. 

1845  mir  MSßfl.  weder  MI    nUtz  S.    ze,  ze  MSfl. 

1846/48  MlfSs?. 

1849  MIsßfS.  mit  Is    nur  m.  M.    swinen  Isp    varchlein  M. 

1851  sfn  MI    desz  S. 

1852  oucb  MlfS. 

1853  mines  herren  MS    den  Iß. 

1854  stn  sp.  MS    daz  sin  I.     genam  M    nam  IS. 

1855  danne  M  dnnne  gar  ß  gar  IfS.    jamerifche]  M  icroerlichen  S  zornniklich 

I    griulfche  ,3. 

1856  gap  Ss   git  MI. 

1857  hin  ich  geliten]  M  han  ich  erlitten  s  leit  ich  IS. 

1858  »gefeder  I.     mir  MSsfl. 

1859  MSflsß.  mac  S    kan  M. 

1860  Zwar  SfMIsß.     niht  gehaben]  M  geh.  S  me  geh.  s  habii  mer  I. 

1861  wurden  —  erslagen]  I  wcrdcnt  —  erschlagn  M  söltend  si  ymer  all  ze  t. 

werden   e.  S   solte  min   hdrre  halt  (halt  geleich  u)  sterben  unde  allez 
sin  bere  ß. 

1862  mere  MS    zu  dem  rabii  m.  Ifsß. 

1863  nü  Ml    noch  S. 

1864  erswinc  Mls    swinc  Sß.     daz  g.  din  MS   din  gev.  1.     ser:    IfMSS|3. 


88 

I   E.  V.  1806— 1822  I 
1865  alse  hoch  driu  spere  mugen  gesin: 

mäht  du  danne  des  vluges  niht  gehaben/ 

—  als6  redete  der  engel  ze  deme  raben  — 

,s6  lä  dich  her  wider  ze  der  erde,* 

also  sprach  der  engel  werde, 
1870  »dannoch  hast  du  geleistet  die  triuwe  din 

unde  muoz  dir  got  unde  diu  werlt  deste  holder  sin.' 

der  engel  den  raben  übergie, 

daz  er  daz  gevidere  üz  einander  lie 

unde  swanc  sich  von  der  erde, 
1875  des  twanc  in  der  engel  werde, 

daz  er  sich  in  die  lüfte  z6ch 

volliclkhen  zwelf  spere  hoch. 

nü  wolte  et  sich  ze  der  erden  hän  gelän, 

daz  mohte  ime  der  engel  wol  understän: 
1880  der  engel  den  raben  des  betwanc, 

daz  er  sin  gevidere  höher  erswanc 


1865  h6ch  MI  h6cb  alse  Ss.    spere  MSsß  spies  I.  .  ge$tn]  M  s!n  ISs.    />amKA 

nur  f>r  I:  Vn  du  daz  durch  den  willen  roy. 

1866  in  S  nach  1867.  danne  Ssuf  Mlb.  des  Ss  den  I  deines  M.  vluges  MSs  flUg  I. 

1867  der  c.  IS  er  M. 

1868  U  dich  MIsß   fluig  S.    her  MSsf  Iß. 

1869  MSflsß. 

1870  dannoch  MS  Vn  I.   du  MSfl.   die  tr.  dfn  MS  din  tr.  I.  dem  werdn:  IfMS. 

1871  unde  MS  So  1.    diu  IS  alle  dew  M.    deste  h.  MS  höh  I.     Danach  nur 

in  I:  Ds  glaub  mir  auff  die  trilw  myn. 
1872.  Danach  nur  in  1,  von  andrer  Hand'.    Daz  er  zefliegen  an  geuieng. 

1873  daz  MI  sin  S. 

1874  unde  MI    Er  S.     von  MI    gen  S. 

1875  twanc  MI    bezwang  s    er  waicht  S. 

1877  MSsßfl.  vollicKchcn]  M    Volklich  wol  S    wol  sfß. 

1878  hän  gel.  MSsß    lan  I. 

1879  MSsßfl.  JDoe]  M(s)  nü  .S.    Dafür  in  \\    Do  sprach  der  engel  wol  getan 

Du  sah  dim  hem  dienen  wol 

So  wirt  dir  geben 

Gut  vn  ain  sellig  leben 

Do  sprach  der  rab 

Ich  wil  mich  von  hin  traben 

Ich  wil  im  dienen  williklich 

Ich  bin  von  im  wordn  rieh. 

1880  MSsßTI. 

1881  MSsßfl-  sin  Ms    dasz  S.     höher  erswj    noch    höcher    erschw.   S   hoch' 

schwang  M    hoch  ersw.  s. 


Sd 

I  E.  V.  1823— 1843 


linde  vlouc  hin  über  daz  wilde  mere 

unde  Ute  ze  sant  Oswaldes  here 

linde  quam  an  deme  vierden  tac, 
1885  da  sant  Oswalt  in  grözen  noeten  lac. 

fif  einen  segelboum  er  gesaz, 

aller  mtiede  er  gar  vergaz, 

da  treip  er  einen  ungevUegen  schal, 

daz  ez  under  daz  here  erhal. 
1890  an  der  selben  vart 

in  ein  schefkneht  erh6rt, 

deme  mohte  niht  liebers  sin  geschehen, 

alse  wir  noch  hoeren  jehen, 

deme  schefknehte 
1895  deme  geschach  dö  üzermäzen  rehte. 

wie  balde  er  üz  deme  scheffe  spranc! 

sin  gröziu  vröide  in  des  betwanc, 

er  spranc  ze  der  selben  zit 

volliclichen  drler  klafter  wit 
1900  unde.  quam  schiere  sä  zehant, 

da  er  den  milten  künic  vant. 

d6  er  den  künic  ansach, 


1882  MSsßTI. 

1883  MSßfls.  le]  M   hin  r.  S. 

1884  MSs^fl.  unde  Ss    Ich  M.     tac  Ss    morgen  Mß. 

1885  MSsflß.  lac  var  in  M.     noeten  Ss    sorgen  M. 

1886  MSsßfl.  gesaz  M   saz  Ss  satzte  sich  ß. 

1887  MSsßf"!.  aller  Ms?    A.  siner  S.     gar  M  da  ßfSs. 

1888  MSsßTI.  dd  MsßTS.    er  vor  treip  S. 

1889  MSflsß.  ez]  S    er  M.    her  M    h.  hin  S. 

1890  MSfls?.  der  S    den  M.     vart]  S    wort  M. 

1891  MSsßTI. 

1892  MSsf  Iß.  niht  nacA  liebers  S. 

1893  MSflsß.  noch  M    hernach  S. 

1894  MSflsß.  deme]  M  d.  selben  S. 

1895  MSTIsß.  d6]  MfS. 
1896/1897  SsfMlß. 

1898  MSflsß.  der  selben  S  air  M. 

1899  MSflsß.  volliclichen  M   voUenklich  wol  S. 

1900  MSsfIß. 

1901  MSsfIß.  künic]  M  k.  sant  Oschwald  S  sant  Oswalt  s  herren  ß. 

1902  MSflsß.  künic]  S    miltfi  k.  M, 


_90 

I  E.  V.  1844—1865 


gerne  muget  ir  hoeren,  wie  er  sprach : 

er  sprach  ze  deme  hörren  halt; 
1905  ,ei  milter  kUnic  Oswalt 

gebet  mir  daz  botenbröt, 

sich  wil  volenden  unser  n6t, 

ich  muoz  iu  der  wärheite  jehen, 

iuwem  raben  hän  ich  hie  gesehen, 
1910  er  ist  her  ze  lande  komen, 

unser  n6t  hat  ein  ende  genomen!' 

d6  diu  rede  vol  geschach, 

sant  Oswalt  begunde  lachen  unde  sprach: 

,unde  ist  mtn  rabe  körnen  her  fiz  Engellant, 
1915  drizic  marc  goldes    gibe  ich  dir  in  dtn  hant 

unde  mache  dich  ze  ritter/  sprach  der  vurste  h6re, 

,kein  scbefkneht  bist  du  niemermSrel' 

dö  er  daz  botenbröt  empfie, 

wie  balde  er  ze  deme  raben  giel 
1920  er  sprach:    jabe  bis  mir  gotwilkomen, 

dtn  kunft  hän  ich  gerne  vemomenl' 

er  sprach:   ,m}n  berzlieber  rabe 


1903  MSflsß.  gerne]  M    Nun  S. 

1904  MSsfIß.    deme  h.]    dem  her'en  sant  O.  S    sand  oswalt  M.     halt]  MfS. 

1905  MsflSß.    ei]  M  O  s.     kUnic]  M  k.  Sant  s.     In    S:    Mit  grosser  begird 

vnd   ylt  bald. 

1906  MSs^fl.  Her  SfMs      ♦boten-]  peten  M   bötten  S. 

1907  MSsHß.  unser]  s  vnsz  M  all  vnser  S. 

1908  MSflsß.  Zwar  SfM. 

1909  MSsuflb.  hän]  M    den  b.  S. 

1910  MSsuflb.  Zwar  SfMs. 

1911  MSflsß.    All  SfM.     *vnsz  M.     nAt  M  trurcn  S. 

1912  MSsTip.  Vnd  SfMs.     rede  M    r.  do  S. 

1913  MSsßTI.  begunde  M   der  b.  S.     lachen  Ms  loffen  S. 

1914  MSsflß.  her  Ms    dort  er  S. 

1915  MSsßfl.  gibe  Ms    dass  g.  S.     in  d    h.  Ms   zehant  S. 

1916  MSsßTI.  /»  S  nvti  Vfrse.    unde  Ms   Ich  S-    te  Ms  och  t.  S.    sprach  M 

Also  s.  S. 

1917  MSsßfl«  Danach  nur  in  S:  Vnd  solt  han  vö  mir  gross  lob  vn  er. 

1918  MSflsß. 

1919  MSsßfl.  ze  Ss   gen  M. 

1920  MSsflß. 

1921  MSsfIß.    kunft]  chunst  M  zuokunft  Ss.     gerne  Ss   wol  M. 

1922  MSsfIß.  mtn  h.  Ss    all'  mein  liebst'  M. 


?^ 

I  E.V.  1866- 1888 

nü  vliuc  gevuoge  üf  mich  her  abe! 

ich  wil  dir  dienen  iem6re  willicltche, 
1925  ich  bin  von  dinen  schulden     worden  guotes  rkhe.' 

der  rabe  s!n  gevidere  erswanc, 

ze  deme  schefknehte  stuont  aller  stn  gedanc. 

der  schefkneht  niht  enlie, 

den  raben  er  üf  sin  hant  gevie. 
1930  nü  gie  er  mit  6ren 

hin  ze  deme  stolzen  hdrren. 

der  milte  kUnic  Oswalt 

gie  engegen  deme  raben  balt, 

mit  mantgem  h6chgelobeten  degen 
1935  gie  er  deme  raben  engegen. 

—  daz  diu  werlt  als6  abebirt, 

daz  kein  böte  m^re  also  empfangen  wirt, 

alse  der  rabe  wart  empfin 

von  sant  Oswalde    unde  von  allen  sinen  man!  — 
1940  sant  Oswalt  niht  enlie, 

den  raben  er  üf  sin  hant  gevie 

unde  sprach:   »lieber  rabe  min 

du  solt  mir  gotwilkomen  sinl 

Sit  du  mir  nü  bist  her  komen, 
1945  nü  wirt  mir  leides  vil  benomen.' 


1923  MSfls?. 

1924  MSfls?.  icm^re]  MfS. 

1925  MSf Isß.    dinen  seh.]  M    dir  S.    guotes]  MfS. 

1927  aller  MSfl. 

1928  niht  MI    do  n.  S. 

1929  den  raben  er  IS    Wie  pald  er  in  M.     sin  M](^)    die  S. 

1930  nü  Ml    d6  Sß      eren  I    grossen  e.  S    dem  Rabn   M. 

1931  hin  s.  MS    FUr  I.     deme]  M    den  I    sinem  S.     stolzen  Ml  lieben  S. 

1932  Oswalt  MI   sant  O.  S. 

1935  Der  SfMI.     engegen  M,3   hin  re  IS. 

1936  Msßfls.     Jf*  ?    ^(^  1937.     daz  MS    die   wile   ß.     als6  abebirt]  a.  ab 

nipt  M  noch  so  alt  wurlt  S    stet  ß. 

1937  MSßfls.     ^'nde  empfie  in  also  herliche  ßfMS.    mire  MSufb.    ak6  Mß 

so  schon  nimen  S.     wirt  Mß  stet  ß. 

1938  alse  —  wart  MS   Der  rab  wart  schön  I. 

1939  Osw.  —  man  MS   oschwalts  mannen  I. 

1940  niht  MI    desz  n.  S. 

1942  unde  MSß    Er  1.    lieber  MIß.    vil  1.  S. 

1944  mir  MSfls    her  Ms,    vor  bist  Sfl. 

1945  nü  MS    s6  1$.     mir  ISs    vns  M. 


92 

£.  V..18S9  — I9II 


der  rabe  wart  hdchgerauot, 
er  sprach:  ,nü  danke  dir  got  der  guotl' 
sant  Oswalt  vräcte  in  der  maere, 
wie  deme  vride  in  Engellant  waere? 

1950  er  sprach:   ,vnt  unde  gemach  ist  in  Engellant 
under  dinen  dienestliuten  allen  sant, 
doch  kan  ich  dir  niht  verdagen, 
ich  muoz  dir  also  vil  klagen 
über  den  koch  unde  über  den  kellaere: 

1955  hfirre  nü  merke  mines  herzen  swaere: 
d6  du  von  deme  lande  waere  koinen, 
d6  wart  mir  m!n  pfruonde  genomen, 
si  pflegen  weder  wirde  noch  ^re, 
si  wänden,  du  körnest  ze  lande  niemerm^re, 

1960  si  begunden  min  gar  vergezzen, 

si  gäben  mir  weder  ze  trinkenne  noch  ze  ezzen, 
si  gäben  mir  weder  w)n  noch  brdt, 
von  hunger  hän  ich  geliten  gr6ze  n6t, 
ich  muoste  nfi  ezzen  ze  allen  stunden 

1965  mit  den  swinen  unde  mit  den  hunden: 
welicheme  hunde  ich  sin  spfse  genam, 
der  grein  mich  jämerllche  an: 
h6rre  nü  gip  mir  din  triuwe  ze  pfände, 


1946  h6chgem.  Ms    vU  b.  S    hohes  muts  I. 

1947  er  sprach  ISfM.     dir  MI    üch  S. 

1950  gemach  ß    guot  g.  S    genäde  Is  genat  M.     in  MIsß    da  haim  jn  S. 

1951  MS8(ß)ri. 

19')2  doch  ~  dir  MI  Doch  k.  ich  s  Ich  kan  dir  her  och  S  aber  milter  küoig  ^. 

1953  ich  in.  dir  MIs    Ich  han  dir  her  S.     also  vil  ISfMs.    klagen  Is  le  d.  S 

clagn  vnd  sagft  M. 

1954  über  den  (2.)  MSsfl.     kellaere  ISs    kellnaere  Mß. 

1955  mlnes  herzen  M    myn  I    min  grosse  S. 

1956  waere]  werd  IS    werde  s    ward  M. 

1957  d6  MIs    Zu  band  S.    pfruonde   MIs    spisz  S. 

1958  pflegen]  pflegtent  S    pflegen  Ms    daten  I. 

1959  wänden  IS    wänt  M    meynen  s. 

1960  MSsflp.  gar  S    schier  sfM. 
1961/63  MSsflß. 

1964  MSsßfl.   ich  Ss   Vn  M. 

1965  MSsßfl.  swinen   Ssß    värchlein  M. 

1966  MSsflß.  genam]  M    nam  Ss. 

1967  MSsflß.  jamerlichc]  s   gar  j.  M  iemerlichen  S. 

1968  nü  MSsfl. 


93  

I  E,  V.  1912— 1930  [ 

wanne  du  heim  kumest  ze  lande, 
1970  daz  du  si  beide  wellest  vähen 

unde  an  einen  galgen  häheni' 

ez  sprach  der  vursce  wolgetän: 

,rabe  du  solt  von  deme  zorne  länl 

unde  tuo  daz  durh  den  willen  min, 
1975  alse  liep  ich  dir  miige  gestn, 

s6  wil  ich  dir  des  min  triuwe  geben: 

die  wtle  wir  beide  hän  unser  leben, 

s6  kumest  du  von  miner  schuzzele  niemdre, 

zewäre  daz  habe  üf  alle  min  drei' 
1980  er  sprach:  ,nü  wolte  der  himlische  trahtln, 

daz  dir  wol  waere  gerastet  daz  gevidere  dln: 

diu  ztt  hat  ein  ende, 

sd  wolte  ich  dich  ze  der  küniginne  senden.' 

dö  sprach  der  edele  rabe: 
1985  ,hdrre  nü  merke  waz  ich  dir  sage: 

ez  ist  hiute  der  vierde  tac, 

vürwär  ich  dir  daz  sagen  mac, 

dannoch  was  ich  in  Engellant, 

h6rre  des  habe  dir  mtn  triuwe  ze  pfant: 
1990  ich  weiz,  obe  ich  gevlogen  bin 

oder  obe  mich  triuget  mtn  sin. 


1960  heim  MS   wider  h.  sfl.     ze  lande  MSs    in  engellant  I. 

1970  vii  jn  dasz  intrencken:    SfMls. 

1971  an  einen  MIs    si  baid  an  S.     hähen  MI    henken  Ss. 

1972  ex  MS    d6  Is.    wolgctdn  MI    gut  vnd  lobsani  S. 
1975  ich  MI    aUz  jch  S. 

1977  wir  beide  MSs    vii  wir  I.     unser]  vnsz  M    daz  IS. 

1978  du  ISsfM    mer:    MsflS. 

1979  zewäre  MS   Rah  I. 
1981  wol  MSfl. 

1983  s6  —  dich  MSs   Ich  wil  dich  I. 

1984  h^re:    ISfMs. 

1985  hlrre  MsflS  vgl.  1984.     m^re:    ISfM. 

1986  MisfSß.    hiute  Ms   heinet  I. 

1987  MlfSsß. 

1988  MlsfSß. 

1989  MirSsß. 

1990  weiz  Ml    w.  niht  Ss.     ich  Ss    ich  her  MI. 

1991  triuget  mtn]  M    betrugt  ro.  S   triegent  alle  m^  L 


94 

E,  V.  193«— 1954 


wände  mir  ist  werder  vurste  vr!, 

alse  ich  wol  gerastet  st. 

nü  enbiut  der  küniginne, 
1995  waz  dir  st  in  dtneme  sinne, 

so  wil  ich  dir  die  boteschaft  werben, 

unde  solte  ich  darumbe  sterben/ 

er  sprach:  ,sage  mir  der  künigtn 

vltzicltche  den  dienest  mtn, 
2000  ich  st  her  komen  ze  lant, 

ich  unde  mtne  dienestliute  alle  sant, 

unde  si  durh  ir  willen  komen  her: 

daz  si  mir  gebe  rät  unde  l§r, 

wie  ich  si  süle  gewinnen     üz  der  bürge  guot/ 
2005  hiez  in  reden  der  vurste  höchgemuot, 

idaz  si  mir  sage  rehte, 

obe  ich  umbe  si  süle  vehten: 

dnz  tuon  ich  danne  rehte  geren, 

ich  hin  manigen  stolzen  dienesth^iren.' 
2010  der  rabe  was  liste  vol, 

er  sprach:  ,ich  kan  ir  ez  allez  gesagen  wol, 

ich  wil  ouch  her  wider  sagen  dir 

waz  si  dir  enbiutet  bt  mir/ 

der  rabe  urloup  von  deme  harren  nam 
2015  unde  schiet  ouch  vr6]iche  von  dan: 


1992  ISfMs?. 

1998  ISfMsß.  alse  I    AIsz  ob  S.     gerastet  I    gefaistet  S. 

1994  kUniginne  MI    edlen  k.  S. 

1995  dfneroe]  S   deme  MI. 
1997  darumbe  MIs   halt  d.  S. 

1998/99   in  M    ein    Virs,  mir   ISsfM.     der  MIs    d.  edelen  S.     vUzidiche]  S 
Flislich  S  FlisMig  I    FleiM  M. 

2000  Vnd  wie  S  vn  das  sfMI. 

2001  mine  MI    all  m.  S.  -  liute  MI  -  man  S.     sant  MSf  I. 

2002  unde  si  MS(s)    Sin  I. 

2003  Vnd  SfMIs.     si  ISS|3   sag  M.     rät  ISsß   rab  rat  M. 

2004  in  M    zwei  Verse.    sUle  gew.  MSs  (ir)  müget  bringen  ^    gewin  I. 

2005  Dasz  Sf~Ml.     hdcbgemuot  MI    vUgüt  S. 

2009  Wann  MflS.    stolzen  ISfM. 

2010  liste]  list  M  liesten  I  listesz  S. 

2011  allez  MSfl. 

2012  ich  MS    Vn  I.     her  MS  er-I. 

2014  urloup  nach  herren  S.     deme  MSs  den  I. 


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95 

I   E-  V'  '955-1978  | 

hin  gein  der  bürge  was  ime  gäch. 

die  hörren  sähen  ime  vaste  hin  nach: 

er  vlouc  über  den  berc  hoch 

der  sich  in  die  lüfte  zöch, 
2020  der  rabe  hete  niht  mSre  reste, 

er  !lte  hin  ze  der  guoten  veste. 

alse  er  ze  der  veste  was  komen, 

alse  wir  sit  hän  vemomen, 

des  raben  gelücke  wol  erschein: 
2025  die  küniginne  vant  er  alein 

oben  an  einer  zinnen, 

herüz  hete  sich  geneiget     diu  junge  küniginne. 

der  rabe  ze  ir  nider  vl6ch, 

vr6Iiche  si  in  üfzöch 
2030  mit  ir  durh  ein  venster  !n 

unde  bat  in  gotwilkomen  sin. 

an  der  selben  stunde 

si  in  vrägen  begunde, 

si  sprach  ze  deme  raben: 
2035  ,du  solt  mir  rehte  sagen: 

wä  lieze  du  dtnen  harren? 

waerlkhe  den  saehe  ich  rehte  gerenl 


2016  was  MI   do  w.  S. 

2017  hin  MSfl. 

2018  den  IS  des  M. 

2019  der]  M  er  I  (KorrO,   S.     löch  MI   uflF  z.  S. 

2020  reftte  IS  recht  M. 

2021  er  IS    Vii  M.     hin  ISfM.     se  MI   gen  S.     guoten  ISfM. 

2023  sft]  I    sid  nun  S    es  seid'  M. 

2024  wol  MI   do  w.  S. 

2027  in  ♦MI  zwei  Verse»  der  erste  fehlt  I(s?).    hete  —  geneiget]  M  naigt  sich  S. 

2028  vl6ch]  flog  MI    fluckt  S. 

2029  in  ISs    in  wid'  M.     zdch]  zogt  I    zuckt  MSs. 

2030  venster  in  MI    vensterlin  Ss. 

2031  bat]  M    si  b.  S    hiez  Is. 
2033  vrdgen  S(s)  vr.  di  MI. 

2035  rehte]  M    bald  I    künden  vn  Sfs. 

2036  lieze  MS  last  1.    dfnen  h.  MI(s)  den  h.  din  S.    Danach  nur  inS:   Dasz 

sag  mir  lieber  rapp  min. 

2037  waerltche  MSsfl.     rehte  MI   also  r.  Sfs.     Danach  nur  inS:  Dasz  musz 

jch  dir  ja  der  warhait  veriechen. 


96  

I  E.V.  1980-2000" 
daz  er  ist  gewesen  äd  lange, 
des  ist  mtn  vröide     nähent  zergangen.' 
2040  er  sprach:  ,vroiiwe  ich  tuon  iu  bekant: 

min  h^rre  ist  hie  ze  lant 

mit  manigem  werden  ritter  guot, 

die  hat  er  bräht    über  des  wilden  meres  vluot. 

zwischen  der  zweier  berge 
2045  hänt  si  ein  guote  herberge, 

da  ligent  si  verborgen 

unde  lebent  doch  mit  sorgen. 

nü  hat  mich  m!n  hSrre  ze  iu  gesant  her, 

daz  ir  ime  gebet  rät  unde  16r, 
2050  wie  er  iuch  stile  gewinnen     üz  der  bürge  guot, 

enbiutet  iu  der  vurste  höchgemuot: 

ir  sult  ime  enbieten  rehte, 

obe  er  umbe  iuch  süle  vehten: 

daz  tuet  er  danne  rehte  geren, 
2055  wände  er  hat  manigen  dienesth^rren.* 

dd  sprach  diu  küniginne  gemeit: 

,rabe  daz  st  dir  unde  dineme  harren  geseit: 

daz  kristen  unde  beiden, 

alle  diu  werlt  waere  sin  eigen 


2038  er  ISfM.    s6  MI   also  S. 

2039  MlfSsß.    nihent]  nach  im  M   na  darüber  chät  I. 

2040  vrouwe  MI  reiniu  juncvrouwe  ßf  Ss.     tuon  Mls   t&nsz  S. 

2041  bie  I   nun  her  S   her  komen  Ms   komen  ß. 

2043  die  SsfMl.    Über  Mls   mit  jm  über  S. 

2044  zwischen  Mls   Enzwischen  S. 

2045  ein  MS    gar  e.  I. 

2047  lebent  MI   ligent  S.     mit  Mls   da  mit  jn  grossen  S. 

2048  mich  —  herre  MIs   er  mich  S.     ber  MSsf  I. 

2049  rdt  — l^r  MS   rdt  sß   1er  I. 

2050  sUle  gew.  Ml   gewin  S. 

2051  Och  so  SfMI. 

2052  ime  MI   jm  och  S. 

2053  sUle  ISß  müsz  M. 

2054  danne  MSflß.     rebte  MI   vö  gantzem  herzen  Sfß. 

2055  MSsßfl.  manigen  Ms   so  m.  S. 

2056  gemeit  MI   edel  vn  g.  Sfs. 

2057  unde  -  herren  Mls   für  war  S. 

2059  zu  2058  S.     Vnde  IsfMS.     alle— werlt  Mls   allesr  S.   sfn  ISs  dein  M. 


97 

I  E.  V.  aooi— aoaa  [ 
2060  unde  hete  sich  dämite  vtir  die  burc  erhaben, 

s6  möhte  er  ir  niht  geschaden. 

nü  wil  ich  dineme  harren  raten,  obe  ich  kan:' 

^  sprach  diu  küniginne  lobesam  — 

»heiz  in  volgen  der  l€re  mtn 
2065  unde  daz  er  neme  ein  roupgaltn, 

darin  ein  hundert  helde  guot 

unde  die  ir  libes  sin  hdchgemuot 

waz  er  sust  dienestliute  müge  gehän, 

die  sol  er  zwischen  der  berge  län: 
2070  mit  hundert  küenen  degen 

sol  er  sich  her  vür  die  burc  legen. 

in  einer  dunkele  inuoz  daz  geschehen, 

umbe  daz  in  nieman  müge  gesehen. 

her  vür  die  burc  üf  daz  velt 
2(i75  heiz  in  rihten  ein  kleinez  gezelt, 

unde  wer  si  danne  vräge  der  maere, 

s6  sprich,  daz  er  lebe  äne  alle  swaere, 

daz  si  danne  sprechen,  si  sten  waehe  goltsmit 

unde  varen  durh  vremediu  lant  nach  ir  sit, 
2080  s6  wirt  er  sch6ne  empfän 

von  mineme  vater    unde  von  allen  stnen  man. 


2060  hete  -    d&mite  MIs   er  sich  damit  het  S.     erhaben  IS  geleit  Ms. 

2061  möhte  Ss   künde  MI.     niht  Mls   nimer  nttcz  S. 

2062  dfneme  h.  MlsfS. 

2063  Also  SfML    kUniginne  MI  jung  k.  S. 

2065  ♦näm  M.     roup-S   rot  IfM?. 

2066  darin  MI    vn  d.  s  Vnd  das  zu  S.    ein  ISfMsß. 

2067  unde  MSfls.     libes  MSs   lebens  I.     h6chgcmuot   ISs  gar  h.   M. 

2068  Vnde  SfMIs.     sust  MSs  me  I.     dienest  •  MSsfl-     müge   MI    mac  Ss. 

gehdn  Ms  hin  IS. 

2069  der  b  ]  M   den  bergen  ISs. 

2070  Nun  SfMIs.     kUenen  Mis   küner  S. 

2071  her  S   da  her  Mfls. 

2072  muoz  MIs  sol  S.    ^gesehen  I. 

2073  umbe]    Dar  vmb  S  unde  Mlfs.     in  IS    si  Ms. 

2074  Da  MflS. 

2075  *heiz  in]  Haisen  I.    rihten  MI  da  uff  r.  S  üfsldhen  St3.  gezelt  Ms  zeit  ISß. 

2076  unde  MSs,3fI.     wer  si   danne    Mlb    wer   sie  s   wenn   man  sy  d.  u    ob 

jn  yemant   S.     vrage  MI   vraget  Ssß. 

2078  in  M  zwei  Verse,  Vnd  SfMI.    danne  MlsPfS-  wache]  M  hübsch  ß  all  Sfls. 

2079  vremediu  MIs   die  S.     lant  ISs(?)  lawt  M.     nach  ir  MSs   mit  I. 
2081  von  allen  M   och  v.  a.  S    von  sfl.     man  MS    dienestman  Is. 

Baesecke,  Muncbener  Oswald  7 


98 

E.  V.  2023 — 2042 


unze  wirde  ouch  ich  ze  rate 

beide  vruo  unde  spite/ 

sprach  diu  küniginne, 
2085  ,wie  ich  kome  mit  ime  von  hinnen/ 

der  rabe  was  biderbe 

unde  vlouc  balde  hin  widere 

ze  stneine  harren  sä  zehant 

unde  tete  ime  diu  maere  bekant 
2090  er  sprach:    ,h£rre  wilt  du  ^re  bejagen, 

zwelf  goltsmide  muost  du  haben.' 

des  ersch  riete  sant  Oswalt  söre, 

er  sprach:  ,hiute  unde  iemerm^re, 

daz  sint  mir  6rest  starkiu  maere  I 
2095  nü  liän  ich  weder  hämer  noch  schaere 

unde  muoz  stn  ouch  nemen  grözen  schaden, 

daz  ich  keinen  goltsmit  mac  gehaben!* 

die  rede  erhörten  zwelf  helde  guot, 

die  wären  mit  ime  gevaren     über  des  meres  vluot, 
2100  die  sprächen:   ,h^rre  ir  sult  iuch  wol  gehaben, 

wir  wellen  iu  liebiu  maere  sagen,* 


2082  ich  vor  ouch  S. 

2083  unde  Ml  vnd  dar  zu  S. 

2084  Also  SfMl. 

2085  wie  Ss   wie  daz  MI.     kome]   kom   I    kümme  8    kum  S     kam  M.     mit 

ime  vor  kome  I. 

2086  was  MI    der  w.  so  S. 

2087  unde  MS    Wie  I.     vlouc    MSsu   flog  er  I.     balde  Ms,    vor  vlouc  1  vil 

schon  Sfu. 

2088  sä]  so  MI    also  S. 

2090  hlrre  ISfMs.     du  MIs    du  nö  S. 

2091  So  MsflS.     •zwilflf  I.    .niuost  du  vor  zwelf  M(s). 

2092  erschricte]  M    erschrac  ISs^^. 

2093  hiute  Mls    waffen  h.  S. 

2094  MlfSsi^.  mir  Mfl.     erest]  I    allew  M.     starkiu]  M    scharpffe  I. 

2096  muoz  stn  MIs   muszsen  S.     ouch  MS  noch  s|~I.     gr6zen]  1   ain  grosten 

S  grosr  Mfs. 

2097  goltsm.  MIs   g.  nit  S.     gehaben  Ms    haben  IS. 

2098  ♦helKhilt  I.     guot  Mlfl    also  g.  S. 

2099  mit  imcÄ^r//  gcvarcn  S. 
:>100  gehaben  MS(s)  haben  1. 
2101   liebiu  MS    guotiu  Is. 


99 

E.  V.  ao43— 2060 


also  redeten  si  ze  deme  harren, 
,von  solicher  kunste    l^e  wir  iuch  niht  gewerren. 
nü  merket  un$  vurste  lobesam: 
2105  unser  sint  zwelf  junger  man, 

wir  sin  alle  samt  goltsmide  gewesen 

unde  sin  worden  guotes  rtche, 

daz  geloubet  uns  vurste  lobeüche, 

daz  wir  stn  ritter  worden, 
2110  nfl  geloubet  uns  daz  vurste  hochgeboren, 

dö  iu  der  verte  wart  gedäht: 

nfi  hän  wir  den  wercziuc  mit  uns  bräht, 

obe  wir  quaemen  in  vremediu  lant/ 

als6  redeten  si  alle  sant, 
2115  ,unde  wir  ze  noeten  müesten  komen, 

daz  uns  daz  guot  wurde  genoroen, 

möhte  ez  danne  anders  niht  enwesen, 

s6  tifiwet  wir  mit  der  arbeite  wol  genesen: 

wir  wellen  iu  mit  triuwen  blstän, 


2103  redeten  MI    sprachend  S. 

2103  mS  iwei  Verse,    von  solicher]  Vor  sottlcich'  M  Vö  so  gutter  vn  be werter 

S    Der  I.     I4ze    wir   MS    willen    wir    I.     niht    gew.]    M    werlich    nit 
gewerren  nun  S    nit  enpem  I. 

2104  uns]  M   vns  recht  edler  Sfl. 

2105  zwelf  Ms   zwilff  1   hie  z.  S. 

2106  Zwar  SfMIs.     samt  MlfSs.    gewesen  Mls(ß)  g.  glich  S.    I:  Des  mögen 

wir  uch  nit  entwessen. 

2107  worden  MIs   och  w.  S. 
2106  vurste  MI   edler  f.  S. 

2109  ISs^fM.  ritter  Is   zu  r.  S. 

2110  ISfMsß.     daz]  dasz  edler  Sfl. 

2111  verte  MI   raisz  S.     geddht  Ml    erdacht  S. 

2112  nü  — wir  Mls  Wir  habend  S.    den  Ml  vnssern  Sfs.    bräht  MIs  her  b.  S 

dar  b.  ß. 

2113  SPfMIs.     quaemen  ß    körnend  S. 

2115  unde  Ml    Ob  S.     mUesten  MS   weren  I. 

2116  ISfMsß.    daz]  I  Vn  S.    daz  guot]  I  die  hab  S.    genomen  I  benomen  S. 

2117  enwcsen  MS    gewessen  I. 

2118  wol  MSfl. 

2119  in  S  nafh  2120.    wir  w.  MI  So  wollend  wir  S.    triuwen  IS  trcw  M.  -st4n 

IS    bestaun    M. 

7* 


100 

I   E.  V.  2059—2081 


2120  die  wile  wir  mugen  unser  leben  gehänl' 

d6  sant  Oswalt  die  rede  erhörte  d6, 

d6  wart  er  fizermäzen  vr6, 

er  sprach:   »darumbe  wil  ich  iu  lihen  unde  geben, 

die  wlle  ich  hän  daz  leben  I' 
2125  ze  den  zwelf  nam  er  hundert  man, 

dämite  huop  er  sich  von  dan: 

mit  den  goltsmiden  sin 

schicte  er  sich  üf  ein  roupgalin. 

er  hete  niht  mfire  reste, 
2130  unde  huop  sich  ze  der  veste, 

in  einer  dunkele  daz  geschach, 

daz  si  nieman  h6rte  noch  sach. 

vür  die  burc  üf  daz  velt 

rihte  er  ime  ein  kleinez  gezelt, 
2135  sine  goltsmide  rihten  sich  ze  der  arbeit, 

alse  uns  daz  buoch  seit, 

mit  Zangen  unde  mit  hämem 

tiiben  si  ein  gr6z  getämer. 

daz  erhörte  des  küniges  wahtaere, 
2140  ez  dühten  in  wunderlichiu  maere. 

nü  lief  er  also  dräte 


2120  Alle  SfMI.     mugen  MlfS.     unser]  vnsz  M    dm  IS.    gehhn  M   hdn  IS. 

2121  dÄ  (l.)M,  übergeschrieben  sflS.     erhörte  MI    hörte  S  vor  die,  s. 

2122  d6]  M    Desz  S    Nu  Ifs.     üzermäzen  MS    vö  hcrzfi  I. 

2123  er  MS    unde  Is.     lihen  unde  MSsfl. 

2124  All  SfMIs.     daz  Ss    min  MI. 
2126  damite  IS    mit  den  s    Do  M. 

2128  schicte]  M    schifte  IS.     roupgalin]  S    röt  g.  I    galin  ß    äckerlein  M. 

2129  Wafi  STMI. 

2130  huop  MI    er  h.  S. 
2132  hörte  IS    weder  h.  Ms. 
2183  Wol  SfMI. 

2134  Do  SfMI.     ime  MSfls.     gezelt  MIs    zeit  S?. 

2135  sich  MSsßfl- 

2136  ISfMsß.  buoch]  I    tUsch  buch  nü  S. 

2137  mit  (2.)MIs   och  m.  S. 

2138  triben    si]   M    dreben  si  I    machten  sie  s    llüb  sich  S   wait  1^.     getämer 

MlS|3    temer  S. 

2140  dühten  MS    dühte  Is. 

2141  nü  ISs    Do  M.     *lcif  lief  M. 


_  iqi_ 

I  E.  V.  2082-2102 

hin  vür  sines  hfirrcn  keroenäte, 

deme  sagete  er  d6  diu  maere, 

daz  vür  die  burc  komen  waere 
2144a[manic  werder  kristenman.] 
2145  er  sprach  als6  sch6n: 

»wolüf  richer  künic  Ärön! 

ich  kan  dir  langer  niht  verdagen, 

ich  muoz  dir  vremediu  maere  sagen: 

ez  sint  vremede  geste 
2150  komen  vür  die  veste, 

von  manigem  werden  man 

sint  dir  diniu  lant  gewunnen  an  ...  . 

unde  wellen  dir  dtn  lant  gewinnen  anl< 

d6  sprach  der  wilde  heiden: 
2155  «wahtaere  li  dir  niht  wesen  leide, 

ez  törste  nieman  hän  getan, 

des  seit  du  min  triuwe  hin, 

ez  sint  boten  üz  vremdeme  lant 

unde  sint  nach  miner  tohter  gesant, 
2160  ez  sint  werdiu  kristenkint: 

wecke  mir  üf  min  hofegesint: 

ez  ist  umbe  si  ergangen, 

si  müezen  alle  werden  erhangen  I' 


2142  hin  vUr  Ss    Für  I    Zu  M.     sines  MSs    des  I. 

2143  dÄ  MirS. 

2144  MSflsß. 
2144a  fMISsß. 

2146  Nun  SfMIs. 

2147  dir  Ss    diz  ez  ML     niht  vor  langer  S. 

2149  Zwar  SfMIs. 

2150  Her  SfMIs. 

2151  werden  ISs    fremdem  M.     man  MIs  mannen  S* 

2152  MlfSs?. 

2153  SsfMI^3.  unde]  S  die  S.  gewinnen  an]  angewinnen  s  abgewinnen  S. 

2155  14  MI  nü  I.  S. 

2156  Zwar  SfMIs.     •nemen  M. 

2158  vremdeme]  S    eineme  vr.  Is    fremden  M.    lant  ISs    landen  M. 

2159  unde  Ss   die  MI. 

2160  Zwar  SfMIs.     werdiu  MS    werder  Ifs. 

2161  Nu  SfMIs. 
2163  alle  SsfMI. 


102 

I  E.  V.  2103—2125 


dö  lief  der  wahtaere  dräte 
2165  ze  maniger  schoener  kemenäte 

unde  begunde  die  beiden  wecken 

unde  üz  ir  släfe  erschrecken. 

er  sagete  in  diu  inaere, 

daz  vür  die  burc  komen  waere 
2170  manic  werder  kristenman: 

,unde  wellen  unserme  harren   daz  lant  gewinnen  an!' 

des  ersch  rieten  die  beiden  gar  sSr, 

in  wart  von  deme  bette  ger. 

gröziu  n6t  wart  in  bekant, 
2175  si  legeten  an  ir  strttgewant, 

an  den  selben  stunden 

si  ir  belme  fif  bunden, 

si  verwäpenten  sich  grimme 

in  die  liebten  stahellnen  ringe. 
2180  si  spräcben,  ez  waere  der  kristen  ende. 

iegelicber  gevie  ze  siner  hende 

beide  swert  unde  scbilt, 

der  beiden  geverte  wart  unmilt. 

daz  erbörte  diu  küniginne  dräte 
2185  in  ir  selbes  kemenäte. 

einen  stdinen  mantel  si  umbe  gevie, 


2164  ♦lof  M. 

2166  heideD  Mls    h.  all  S. 

2167  unde  MI    Vnd  si  S.     erschrecken  IS    schrekn  M. 

2168  in  Ss    in  dd  MI. 

2170  VU  SfMI. 

2171  wellen  —  harren]  S    unde  hete  in   MI.    lant]    S  leben  ML    gewinnen]  S 

gewunnen  MI. 

2172  erschricten]  erschraktn  M    erschraken  ISs.    gar  s    all  gar  SfMI. 

2173  in]  I  Imen  S  Im  M.     deme  b.  MI    den  betten  so  S. 

2178  grimme  MI    gar  seren  Sfs. 

2179  MflSsß.  Statt  dessen  in  S:  Alsampt  alsz  vil  nQ  jr  warent. 

2180  waere  MS    wirt  I. 

2181  MSsflß.  sincr  h.]  M  sinen  henden  S. 

2182  swert  u.  seh.  Mls    schilt  vnd  och  schwert  S. 

2183  geverte  —  unmilt]   M    begir  waz  v.  I    hätt  ain  wildcss  gefertt  S. 

2184  kUniginne  Ms  junge  k.  IS  diu  reine  Parg  ß.     drate  MI  also  d.  S. 

2185  Wol  SfMI. 

2186  umbe  gevie]  M    v.  ving  I    v.  sich  fieng  S   leit  an  s  swaif  (Schwaiffk  u) 

—  umbe  sich  ß. 


103 

E.  V.  2126—2146 


wie  balde  si  ze  deme  vater  gie! 

d6  si  den  vater  ansach, 

hoeret,  wie  zuhticlkhe  si  ze  ime  sprach: 
2190  »herzenlieber  vater  min 

du  solt  beruochen  der  zuhte  d!n, 

wollest  du  mir  es  gelouben  [haben], 

s6  wolte  ich  dir  die  wärheit  sagen, 

wer  die  geste  möhten  gestn/ 
2195  als6  sprach  diu  junge  künigtn: 

,ez  sint  alle  samt  waehe  goltsmit 

unde  varent  durh  vremediu  lant  nich  ir  sit, 

durh  dtnes  landes  6r 

vater  sint  die  gevaren  her: 
2200  du  solt  niht  wesen  s6  gäch 

unde  erzeige  den  kristen    niendert  kein  smich! 

du  unde  alle  dine  knehte 

ir  sult  iuch  bedenken  rehte, 

unde  erzeiget  in  keinen  übermuot, 
2205  vater  ez  waere  dir  niht  guot: 


2187  MSsßfl.     SüU/  dessen  in  l:   Vn  lieff  do  sie  im  vatter  vant 

2188  den]  MS  im  1. 

2189  hoeret  wie]    S    Daz  wort  si    M    Gar    Ifs.      zuhticliche   Is    zuhtikleichn 

M  so  zUchtenklich  S.     si  ISfM.     ze  ime  ISsfM. 

2190  Vil  STMIs. 

2191  beniocheo]  berUgen  S  porgen  MI  pflegen  s.     der  zuhte  MI(s)  dem  zom 

S(P). 

2192  woltest  Ms  Vnd  w.  S  Wildest  I   wi)  f).  mir  nach  gelouben  I.  gelouben  MI 

geloben  S    getrouwen  ß    nit  v'übel  han  s.     haben]   fMIS(s)ß. 

2193  wolte  MSs   wilt  1.     dir  nach  sagen  I. 

2194  mohten  MSfls.     gesln]  M    sin  ISs. 

2195  ZwarSfMIsß.  alle  sant  MS  alles  Iß  alles,  waehe]  M  rechts  hUbsch  ßf IS. 
2197  durh  MIs   jn  S. 

2199  sint  Ml    so  s.  S.    die  MI    si  S.     gevaren  MIs  kämen  S. 

2200  »^ch  M. 

2201  erzeige  MIs  enbiut  S(ß).    den  kristen  MSs  in  Iß.    niendert  kein]  S  indert 

(eifer  nidert)  M    kein  Is.     ^schmäch  M. 

2202  alle  MSfl. 

2203  in  M  zum  vorigen  Verse,     ir  ISfM.     bedenken  MI  gedenken  S. 

2204  in  ISfM. 

2205  Zwar  SfMI.     waere  MI    wirt  S.     dir  ISfM.     Danath  nur  in  S: 

Zwar  vatter  vnd  och  fröwe 
Desz  solt  jr  mir  wo]  getrüwen. 


104 

j  E.  V.  2147—2170 


wir  bedürfen  wol  vingerltn  unde  haftlin, 
die  wurkent  si  uns  lieber  vater  mini 
so   bedarft  du  rtcher  künic  Ärön 
selber  wol  einer  guldtner  krönl 

2210  die  wurkent  si  dir  schöne  üz  golt, 
vater  darumbe  gip  in  riehen  solt, 
des  muost  du  iemSre  dre  haben, 
wä  man  ez  sol  singen  oder  sagen  1' 
die  tohter  den  vater  übergie, 

2215  daz  er  von  deme  zome  lie: 

er  schuof  mit  sinen  hSrren  allen  sant, 

daz  si  abezugen  ir  stritgewant. 

si  teten  durh  not 

waz  in  ir  eigen  hSrre  b6t, 

2220  die  werden  helde  alle  sant 
zugen  abe  ir  stritgewant, 
si  mähten  sich  des  hamasches  bl6z, 
ir  aller  vröide  diu  wart  gr6z. 
alse  daz  vol  geschach, 

2225  diu  tohter  ze  deme  vater  sprach: 
,vatcr  du  solt  niht  län  bestdn, 
du  solt  ze  den  meistern  gän, 
ze  in  solt  du  gäben 
unde  si  gar  wirdicliche  empfUhen, 


2206  bedürfen  MSsß    dorffen  I. 

2208  s6  bedarft  du  MIsß   Du  bedörftest  wol  S. 

2209  selber  MlsfSß.     wol  MlsßfS.     einer  ß    ein  MIs    Ain  schon  S. 

2210  schdne  S   wol  s[~Ml. 

2211  vater  MSfls.    gip  MIs  sog.  S. 

2212  iem^re  MSsfl. 

2213  sol  s.  MI    singet  s   hört  s.  S. 
2215  deme  MIs    sinem  S. 

2218  ISfMsß.     si]  1    Die  heren  S. 

2219  ISfMsß.     ir  eigen  herre]  I    der  künig  S.     bot]  S  gepot  I. 

2220  ISfMsß.     *hylde  1.     alle  sant]  S    statt  I. 

2221  ISfMsß. 

2222  des  MI(ß)    der  S. 

2223  wart]  M    w.  vil  S    waz  I. 

2224  alse  MI    AUesz  S.     vol  M    da  Sfl. 
222G  lin  MI    lenger  S.     besten  MSfl. 
2229  wirdicliche  MIs    wirdenklicben  S. 


I   E.  V.  2171— 2190 


2230  daz  zimet  Wol  den  ören  din  ~ 

herzenlieber  vater  min.* 

er  schuof  mit  allen  stnen  dienestman, 

si  sollen  legen  ir  kleiderwambes  an.  «^ 

die  stolzen  beiden 
2235  begunden  sich  sch6ne  kleiden. ' 

der  künic  hete  niht  m^re  reste 

unde  ilte  üz  der  veste: 

hin  ze  den  kristen  was  ime  gäch, 

die  sinen  zogeten  ime  wirdiclkhe  n^h, 
2240  ir  vünf  hundert  zogeten  schöne 

mit  deme  riehen  kUnic  Ar6ne. 

der  milte  künic  Oswalt 

gie  her  ze  deme  beiden  balt,  ' 

die  goltsmitten  lie  er  stän 
204d  unde  begunde  mit  den  stnen    her  ze  detne  beiden  gin. 

dd  si  der  beiden  ansach, 

er  begunde  si  grüezen  unde  sprach: 

,ir  kristen  sit  mir  willekomen, 

iuwer  kunft  hdn  ich  gerne  vernomen, 


2230  wol  MIs  vi]  w.  S. 
2281  Vn  STMI. 

2233  solten   MI    söUent  S.     legen   vor  an  S.     ir   klcidcrwambcsj  M    gUt  klai- 

der  I    ander  kleider  s    best  gewant  ^  jre  claidcr  S. 

2234  Zwar  STMI. 

2235  kleiden  MI(s)   beclaiden  S. 

2236  kUnic  IS    haidnisch  k.  M. 

2237  ilte  MI    zugent  her  für  S. 

2238  ime]  M  jm  >  jnen  S    in  I. 

2239  zogeten]  M   zogen  I    zugcn  Ss   ilten  ß.     wirdiclichc]  M    wirdenklichen  S 

vast  Ifs?. 

2240  zogeten]    M    fogen  im  nach  I    zugent  S. 

2242  künic  Ml    k.  sant  Ss   sant  ß. 

2243  her  M   her  usz  Sfl.     ze  MI   gen  S.     deme  MI   den  S. 

2244  stdn  MIs   da  best.    S. 

2245  unde   MIs  Er   S.     herMSfls.     ze  ISs   gen  M   (cngegen  ß).     deme  Isß 

den  MS. 

2246  si  der  MIs    er  die  S. 

2247  er  MIs   Der  haid  S. 

2248  Sit  MIsß  nü  s.  S.     willekoroen  Is   willig  chomen  M   gotwilkomen  S(^. 

2249  Zwar  SfMIs.     kunft]  I    kunst  MS    zu  kunffi  S. 


106 

I  E.  V.  2191 — 2213 
2250  iuweriu  kriuze  sint  guldtn,  ~ 

ir  muget  wol  guote  kristen  sin, 

ich  sihe  wol,  ir  sit  alle  ritter  unde  knehtel 

nü  sult  ir  mir  sagen  rehte 

unde  tuot  mir  die  wärheit  bekant: 
2255  hat  iuch  ieroan  ze  boten  her  gesant?' 

d6  diu  vräge  vol  geschach, 

sant  Oswalt  zuhticltche  sprach: 

,uns  bit  nieman  gesant  her, 

beiden  daz  habe  üf  alle  mtn  6rl 
2260  ich  kan  ez  langer  niht  verdagen, 

ich  wil  dir  die  wärheit  sagen: 

wir  sin  waehe  goltsmit 

unde  varen  durh  vremediu  lant  nich  unserme  sit. 

uns  was  gesaget  maere, 
2265  wie  daz  din  tohter    üz  empfestet  waere. 

die  betest  du  geben  eineme  man, 

niht  anders  ich  dir  gesagen  kan. 

d6  wir  diu  maere  nü  vernämen, 

flf  dinen  tr6st  stn  wir  her  komen 
2270  unde  wurden  gerne  guotes  riebe.' 

also  sprach  er  listicltche: 

»bedörftest  du  unser  niht  ze  dienaere, 


2350  in  S  nach  2251.     guldlo  MIs   alle  g.  S. 
2252  aUe  SßfMIs. 

2254  ifi  S  nach  2255.     unde]  M    Nun  Sfl. 

2255  ieman    ISs    niemal  M.     ze  boten  MSsßfL 

2256  vrdge]  I   frag  nun  S   red  M.     vol  MSfl. 

2257  zuhticllche]  s   zuchtikleichn  M  zochtlich  I  gar  sUchtenklich  S. 

2258  Zwar  SfMIs. 
2260  ez  Ml    dirsz  S. 

2263  vremediu]  M  alliu  v.  ß  diu  ISs.     unserme]  S(s)  vnszm<vnsznn  Mfl. 

2264  uns  Is   unde  MS.     was  Mls   ward  vnsz  S.     maere  MI    grosse  m.  S. 

2265  üz  empfestet]  M   dir  enpfremtdet  S   usz.  geben  s  gehaissen  I. 

2266  die  —  du]  M   Den  du  betest  jr  S  Zu  I.   eineme  Ml   ainen  S. 

2268  maere  MI   red  S.     nü  IS   wol  Mf  s. 

2269  dinen  MIsf  S.   trdst  MI   t.  so  S.   her  Ms   her  nach  komen  I   jn  dasz  land  S. 

2270  unde  MIs    V.  wir  S. 

2271  listicltche  M   listenklich  S  ernstlich  I. 

2272  bedörftest  du]  BedUrfstu  M    bedorfstu  ß     Bedarftest  du  S     Darffst  du  I. 

unser  IS    vnsz  M.     dienaere  Ml   arwait  $. 


107 

E.  V.  2214—2236 


heiden  s6  beScheit  uns  der  rehten  maere, 

du  unde  d!n  vrouwe  diu  kümginne, 
2275  s6  gip  uns  ein  genaedigez  urloup  von  hinnen 

unde  liz  uns  von  hinnen  varen, 

got  der  mac  uns  wol  bewaren!' 

d6  sprach  der  wilde  heiden: 

,meister  \kt  iu  niht  wesen  leide: 
2280  sk  ir  her  komen  durh  den  willen  mtner  ^ren, 

so  sihe  ich  iuch  rehte  geren: 

s6  sult  ir  von  mir  hkn  hilfe  unde  rät 

beide  vruo  unde  darzuo  spät.' 

dö  sant  Oswalt  erhörte  die  rede  d6, 
2285  dö  wart  er  üzermäzen  vr6, 

von  grözen  vröiden  er  erschricte, 

tougenllche  er  üfblicte 

unde  sprach:  ,himlischer  trahtin 

tuo  ez  durh  die  grözen  güete  din 
2290  unde  hilf  mir,  daz  ich  niemSre  ersterbe  üf  dirre  erde, 

unze  daz  diu  lüge  von  mtneme  munde  gebüezet  werde, 

die  ich  hie  hän  getan: 

hSrre  got  des  solt  du  mich  niht  engelten  \tnV 


2273  s6  MSfl.    der  MI    die  S. 

2274  du  MSfl. 

2275  ein  genaedigez  MS    din  gnadign  I. 

2276  unde  MlfS.     von  MIß  da  mit  v.  S. 

2277  got  der  MI    Der  milt  got  S.     uns  MS    vnd  I. 

2280  her  Msß,    ftacA  komen  Sfl.     den   willen  M(s)riSß.     miner  hen  MSs. 

royn  ere  I. 

2281  MSsfIß.  rehte  Ms    vO  minem  herzen  S. 
228-2  sd  —  ir  MIs    Vnd  sond  S. 

2283  darzuo  MSfl.     Danach  nur  in  S:    Der  miJt  kUnigg  sant  Oschawald 

Der  erhört  die  red  bald. 

2284  d6   Ms    Vnd  do  Sfl.     sant  O.  MIs    er  S.     erh6rte  MI    bort  s    vemam 

nach  rede  S. 

2285  üzerroizen  MS    vO  herzen  I    gar  sbfu.     *frö  S. 

2287  Wie  SfMI.     tougenliche]  M    tugenklich  S    Demüttiklichen  I. 

2288  unde  MI     Er  S. 

2289  Vnd  SfMI.    •is  I.    gr6ien  MSfl. 

2290  unde  -  mir  MlfS.     niem^re  IS    Jm  M.     dirre]  disz'  M    der  Sfl. 

2291  diu  lüge  MI    der  lug  S.     m.  munde  MS    mir  I. 

2292  die  MI   Den  S.    hie    ISfM. 

2293  got  MlfS. 


108 

I  E.  V.  2237—2255 


der  beiden  enlie  dö  niht  beliben, 
2295  er  hiez  den  meistern  briefe  schriben: 

waz  si  ein  ganzez  jär  soUen  haben, 

daz  hiez  er  in  üz  der  bürge     in  ir  Herberge  tragen, 

beide  wln  undc  bröt 

unde  wes  den  meistern  was  not, 
2300  zamez  unde  wiltbraete, 

guoter  koste  allez  geraete. 

dannoch  lägen  si  vor  der  bürge,  daz  ist  wir, 

zwelf  Wochen  unde  ein  jär, 

daz  si  keiner  vrouwen  bilde  nie  gesähen, 
2305  des  begunde  in  gr6zer  kumber  nähen, 

noch  keines  wibes  gebaere, 

des  wart  in.  ir  gemüete  swaere. 

nü  sprach  der  milte  künic  Oswalt 

ze  sinen  goltsmiden  balt: 
2310  ,ei  ir  harren  alle  sant 

ich  wolte,  wir  waeren     däheime  in  Engellantl 

wan  daz  kristen  unde  beiden, 

alle  diu  werlt  waere  min  eigen 

unde  bete  mich  dämite  vür  die  burc  erhaben, 


2294  CD-  IfMS.     d6  MsflS.    niht  MI    n.  lengcr  S. 

2295  er]  I  unde  MS.     den  meistern  ISs    im  M.     briefe  MSfls. 

2296  Vnd  SfMIs. 

2297  dar  ISsfM.     in  ir  h.  MSpis. 

2298  unde  MIs    v.  och  S. 

2300  unde  MI    v.  och  S. 

2301  guoter  MS   GUUi  I.     allez  geraete]  M    aller  gerät  S    wol  bcrait  1. 

2302  dannoch  MS   Do  I    Also  s. 

2303  ein  MIsß   ain  ganzesz  S. 

2304  nie  MSsu    nit  Ifb.     gesahen  MSs(iS)    sahn  I. 

2305  des  MIs   darumbe  ß  Dasz  S.     begunde  in  MIS  begunden  si  sß.    grozer 

MI  gr6zen  Ssß.     nähen  Ml  machen  S  haben  s  tragen  ,3. 

2306  MlfSsß. 

2307  MlfSsß.    wart  —  gcmUete]  M  worden  {oder  wurden,  Korrektur)  si  also  I. 

2308  nü  MS    d6  Is.     kUnic  MI    k.  sant  Ss. 

2310  ei]  M    Nun  dar  S    Nun  Ifs. 

2311  wir  Mlsß    dasz  w.  S.     däheime  Isß    noch  d.  MfS. 

2312  wan  IS    Waz  war  M. 

2313  Unde  MSfl.     diu  werlt  MSfl.     waere  MS  wem  I. 

2314  damite  ISfM.     erhaben  IS    gelait  M. 


109  

I   E.  V.  2256-2280 


2315  s6  künde  ich  ir  niem^re  geschaden : 

ich  möhte  verzeren  allez  aiin  here, 

dannoch  müeste  ich  wider  varen  über  mere, 

daz  ich  niht  innen  wurde/  sprach  der  vurste  halt, 

,wie  diu  juncvrouwc  waere  gestalt* 
2320  daz  geschach  an  eineme  mäntage  morgen: 

—  d6  was  er  entsläfen  in  allen  sinen  sorgen  — 

d6  was  ime  in  deme  släfe  vürkomen, 

alse  wir  ez  sU  hän  vernomeni 

wie  er  die  küniginne 
2325  solte  üz  der  bürge  gewinnen. 

üz  deme  släfe  er  erschricte, 

von  gr6zen  vröiden  er  öfblicte. 

dö  er  die  sine  vor  ime  sach, 

boeret,  wie  er  ze  in  sprach: 
2330  ;ir  harren  ir  sult  iuch  wol  gehaben, 

ich  wil  iu  liebiu  maere  sagen: 

mir  hänt  geraten  die  sinne  mtn, 

wie  ich  süle  gewinnen  die  künigtnl 

davon  Sit  nur  alle  vr6 
2335  unde  wurket  mir  guldine  kld, 

die  wil  ich  ime  mit  snüeren  stdln 

binden  ze  den  vüezen  stn/ 


2315  niemere]  M    n.  nUcz  S    nicht  I. 

2316  ich  MI     Vnd  S. 

2317  wider  S  wider  hef  sfML 

2318  in  MS  sit'ei  Verse.     Dar  vmb  SfMIs.     niht  innen  wurde] :  M  n.  w.  i.  I 

jnncn  n.  w.  S.  sprach  der  vurste]  M  Also  sprach  sant  Oschw.  Sfls. 
halt]  M,  nafh  innen  wurde  ISfs.  Danach  nur  in  %\  Vnd  möcht  nimer 
jnen  werden  bald. 

2320  daz  MI    Dz>Nu  s    Nun  S.    morgen  MI    an  m.  S    zu  s. 

2321  d6]  S    Das  sfMI.     »entsläffen  IS.     allen  MSfl. 

2322  d6  MIsß    Vnd  S.     deme  ISß    de  s    den  M. 

2323  STMIsß. 

2324/25  in  M  ein   Vers,     kUniginne  MSs   junge  k.  I.     solte  nach  bUrge    M. 
2329  Nun  SfMI.     er  MI    er  do  S. 
2331  liebiu  IS    guotiu  Ms. 

2333  die  ISs     d.  iug  M. 

2334  sh  MIs  »o  s.  S.     nur  MI    nun  Sfs.     alle  MSsfl.     vrA  ISs   froleich  M. 

2335  mir  MIs    m.  och  üer  S.     dem  hirschen  mein:   M(s'fIS. 

2336  die   1S(S)    So  M.     ime  Is    ims  M   minem   hirssen  S.     *snören  I.     sfdfn 

vor  snUeren  S< 

2337  ze  den  v.]  M    an  die  v.  Is    vnden  an  die  f.  S. 


110 

I  E.  V.  2281-2304 


als6  sprach  der  vurste  h6chgeborn, 
,unde  machet  mir  zwei  guldtniu  hirzhorn, 

2340  machet  mir  si  schoene  unde  innen  hol, 

alse  si  der  hirze    üf  slneme  houpte  tragen  sol! 

noch  wil  ich  iu  m£re  sagen: 

ein  guldtne  decke  muoz  er  haben, 

daz  si  neben  des  hirzen  g^  üf  die  ert, 

2345  so  nime  ich  in',  sprach  der  vurste  wert, 
,unde  vüere  in  an  den  buregraben  hin  zuo, 
daz  tuon  ich  eines  morgens  vruo: 
s6  ist  der  künic  ein  örenrlcher  man 
unde  jaget  mir  den  hirzen  her  dan, 

2350  er  unde  alle  stne  beiden, 
lät  iu  nur  niht  wesen  leide: 
lihte  beltbet  diu  porte  unbehuot, 
s6  gewinne  ich  lihte    die  küniginne  guotl' 
die  goltsmide  wurden  alle  vr6 

2355  unde  worhten  ime  guldtne  kl6, 

si  worhten  sch6ne  mit  ringer  hant, 
diu  kunst  was  in  wol  bekant, 
si  worhten  mit  aller  ir  mäht 
beide  den  tac  unde  ouch  die  naht 

2360  unze  an  den  sibenden  morgen, 
d6  quimen  si  fiz  sorgen: 


2339  unde  MS  Nan  I.    'guldcio  nU  M. 

2340  schoene  MSf  Is.     unde  Mf  IS.     innen  hol  MIs    mit  finero  gold  S. 

2341  alse  MIs    Den  mir  S.     der  Ms    mfn  IS.     sineroe  Ss    deme  Ml. 

2343  decke  MSsß    dUch  1.     er  MSsß   ich  I. 

2344  si  MSs  es  I.     neben  des]  M  n.  dem  S  deme  Is.  ge  Ms  uff  ge  Sfl.    die 

ert  MSs    auff  der  erden  I. 
2346  an  den  MSs   dem  I.     hin  SsfMI. 

2349  *mir]  mit  M.     dan  MIs    wider  d.  S. 

2350  ISsf  Mß.     mit  jren  hunden :  Sf  Is.     Danach  nur  in  S :   Werdent  si  gen  dem 

hirssen  komen. 

2351  MlfSsß.  nur]  Mfl. 

2352  lihte  M     villihte  Ssfl.     diu  porte  MS    das  tor  s   der  portener  I. 

2354  alle  ISs    also  M. 

2355  ime]  I   ym  die  SfM. 

2357  diu  —  in  MI    In  wasz  die  k.  gar  S. 

2359  den  MlfSs.    ouch  die  MSfls. 

2360  unte  IS   biz  Ms.     sibenden  Mls(ß)   selben  >  sibenden  S. 

2361  sorgen]  I    den  s.  M    grossen  s.  S. 


111 

E.  V.  2305^3328 


d6  was  daz  gesmtde  allez  bereit, 

alse  uns  daz  buoch  seit. 

sant  Oswalt  niht  enlie, 
2365  den  hirzen  er  dö  angevie 

an  ein  stdtn  seil, 

er  sprach:    ,h6rre  got  nfi  gip  mir  heill' 

an  deme  abtöten  morgen  vruo 

vuorte  er  in  an  den  buregraben  hin  zuo, 
2370  6ä  He  er  den  hirzen  stdn 

unde  begunde  her  wider  ze  der  smitten  gän. 

d6  ersach  in  des  küniges  wahtaere, 

ez  dühten  in  wunderltchiu  maere. 

dämite  lief  er  abe  drite 
2375  ze  sines  harren  kemenäte, 

er  ruofte  aber  sch6n: 

»wolfif  rlcher  künic  Arön, 

hiute  solt  du  jagen  geren, 

dtn  gr6ziu  ire  wil  sich  m^reni 
2380  ich  muoz  dir  der  wärheite  jehen, 

einen  guldlnen  hirzen  hin  ich  gesehen, 

der  gät  da  üze  an  deme  buregraben, 

daz  wil  ich  dir  vürwir' sagen: 

unde  wirt  der  hi^e  hie  gevangen, 
2385  du  hast  stn  iemdre    ite  in  dtnen  landen  I' 


236i  66  Mls   Vod  S.    bereit  MIs   schon  b.  S. 

2363  buocb  IS   tawtzsch  püch  M. 

2364  niht  Ml   da  n.  S. 
2366  Wol  SfMlsß. 
2368  *ahtoten  M. 

23G9  an  den  MSs    üf  den  ß   in  dem  1.     hin  SsfMI. 

2371  her  MSsfl.     der  IS   den  Ms. 

2872  d6]  M  Nu  If  S.    in]  Ml    den  hincn  sß  den  h.  vor  ersach  S. 

2373  dubten  M  dühte  ISs.   wunderHchiu  ni.  MI  ain  wundersx  m.  S  wunderlich  S. 

2374  *leiff>^^  liff  I.     drate]  M    vil  d.  I     also  trautt  S    balde  s. 

2376  er  Ml  ande  Ss.     ruofte  MSs  reyff,  sp  ruft  I.    aber]  M,  I  (j/  vil.)  dem 

kttnigg  aber  Sfs. 
2877  Nun  SfMIs. 

2378  hiute  •>  du  Mls   Du  solt  huit  S. 

2379  wil  Ml   die  w.  S. 

2380  Zwar  SfMI.    dir  IS  d'  M.    jehen  Ml   veriechen  S. 

2382  öi  Ute]  M    dtts  (sp  daus)  1   ussen  Ss. 

2383  vttrwAr  Mls    für  ain  warhait  S. 

2885  du  -  sfn  MI    Desz  h.  du  S.     iemire  MSfl.    landen  MS   land  1. 


112 

E.  V.  2329—2353 


d6  sprach  aber  sch6n 
,  der  riche  künic  Ar6n: 

,du  stolzer  wahtaere 

du  sagest  mir  liebiu  maerel 
2390  daz  habe  üf  alle  min  ^r, 

daz  getihte  gät  von  den  gotsmiden  her: 

die  sint  alle  samt  künste  vol 

unde  hänt  den  hirzen  innen  gemachet  hol, 

daz  er  loufet  von  den  winden. 
2395  nü  wecke  mir  üf  min  hofegesinde 

unde  enbiut,  wer  einen  stap  müge  getragen, 

daz  er  mir  den  hirzen  helfe  jagen: 

wer  versitzet  daz  gejegede  m\n, 

den  scheide  ich  von  deme  lebenne  sinl' 
2400  nü  lief  der  wahtaere  dräte 

ze  maniger  schoener  kemenäte 

unde  begunde  die  dienaere  wecken 

unde  üz  ir  släfe  erschrecken. 

er  sagete  in  diu  maere, 
2405  wie  daz  ein  guldin  hirze  komen  waere 

her  an  den  buregraben, 

den  wolte  der^künic  jagen. 

d6  si  die  rede  erhörten  d6, 

dö  wurden  si  üzermäzcn  vrö: 
2410  alten  unde  jungen 


2386  aber  IS     er  a.  M. 

2387  in  S  suw  vorigen  Verse, 

2388  du  MSflß-     stolzer]  I    vil  st.  S    mein  all'  liebster  Mfß. 

2389  Zwar  SfMIß.     liebiu  IS    gar  ].  M    guotiu  ß. 

2390  Zwar  STMI. 

2391  getihte  MS    deicht  {sp  dicht)  I.     den  g.  IS    dem  goltschroid  M. 

2392  Waii  SfMI.     alle  sant  MI    aller  S. 

2394  den  w.  MI    dem  wind  do   so  geschwind  S« 

2396  enbiut]  M  gebiut  Ss    biut  Iß.     getragen  MSsß   tragen  I. 

2398  Vnd  S|"MI.     versitzet  IS    v'säss  M. 

2399  den  —  lebenne  IS    Dem  wil  ich  ab  schlahü  daz  hawbt  M. 

2400  Mief]  lof  M    leiff  I    lUff  S. 

2403  erschrecken  I    si  e.  S    schrecken  M. 

2404  in  IS    in  do  M. 
2406/8  MSsflß. 

2409  MSsflß.  dö  Ms    Desz  S. 

2410  MSsflß.    ///  M  nach  2411.    Die  MfSs.    unde]  s  vii  die  M  vnd  och  S- 


113  

I  E.  V.  23S4--2374 

von  deme  bette  si  sprangen, 

vrien  unde  dienestman 

begunden  sich  d6  legen  an. 

si  hiezen  herziehen  snelHu  marc, 
2415  diu  wären  kreftic  unde  starc, 

wie  balde  si  darfif  gesäzenl 

gr6zer  vröide  si  sich  vermäzen. 

si  sümten  sich  niht  langer  mSr 

bogen  unde  spieze    hiezen  si  tragen  her» 
2420  des  begunde  si  niht  verdriezen: 

si  wolten  den  hirzen     stechen  unde  schiezen. 

die  beiden  h6chgeborn 

erschalten  ir  jagehorn 

unde  ruoften  an  den  stunden 
2425  allen  ir  hunden. 

der  beiden  vröide  diu  wart  gröz, 

die  porten  man  in  üfslöz. 

d6  diu  porte  wart  üfgetän 

unde  die  hunde  abe  den  stricken  gelän  .... 
2430  d6  die  beiden  dz  der  bürge  wären  komen, 

alse  wir  ez  sider  hän  vemomen, 


24 1 1  MSsf  If(.    deme  bette]  de  pett  M  den  betten  Ss.    si  M  si  do  S.    sprangen 

Ss  springen  M. 

2412  MSflsß.  unde  M   v.  och  S. 

2413  MSsfl?. 

2414  MS|~IS|^.   hiezen  M    liessent  jn  S.   snelliu]  M  starcke  S.   marc]  S  pfard  M. 

2415  MSfls^.  Stare]  M    och  sarrk  S. 

2416  MSTISi^.  gesizen]  S    sassn  M. 

2417  MSflsß.  grdter]  M    Grosse  S. 

2418  MSTIsfÜ. 

2419  MSsfIß.     hiezen  si  MsfS.    tragen  her]  M  trüg  man  her  S  herbringen  s. 

2420  MSflsß.   ^te]  sich  M. 

2421  MSfls^.  stechen]  M    schehen  S. 
2422-24  MSris?, 

2425  MSflsß.  hunden]  M   jag  hunden  S. 

2426  MSriS(3.    wart]  S  waz  M. 

2427  M,3f~ISs.  die  — Afsl6z]  M    do  sldz  man  uf  diu  tor  ß.     SiaU  desun  in  S: 

Ainer  für  den  ander  ^hosz. 

2428  MSrisß.  d6  MfS.     wartj  M    w.  jn  S. 
24^9  MSflSi^.  stricken]  M    snillen  S. 

2430  MSßTIS.  wären]  MfS. 

2431  MSfls?.  sider]  M  sid  S. 

Bae«ecke,  MAncbener  Cüwald  8 


114 

I  E.V.  2375-^389 

des  torwarten  triuwe  diu  was  gröz: 

die  porten  er  krefticltche    wider  zuosl6z, 

daz  diu  küniginne  guot 
2435  wurde  krefticliche  behuot. 

der  hirze  umbe  blicte: 

wie  harte  er  erschricte 

an  den  selben  stunden 

abe  den  beiden  unde  abe  den  hunden 
2440  er  vliehen  begunde, 

er  hete  ze  beiten  niht  mör, 
ime  was  ze  vliehenne  ger, 
er  huop  sich  ze  vliehenne  balde 
hin  gen  eineme  vinstern  walde. 
2445  deme  hirzen  was  ze  vliehenne  gäch, 
die  beiden  ilten  ime  vaste  hin  nich. 
der  hirze  an  den  berc  vl6ch, 
der  sich  in  die  lüfte  z6ch, 
6ä  was  nie  niht  lebendiges  über  komen, 


2432  MSf Isß.    torwarten]  tors  wartn   M    dorszhiettersz  S.     triuwe  diu]  SfM. 

2433  MSffls,    er  S  mä,  vor  zuoslöz,  M  die  wahtaere  ß.    krefticliche]  M  bald 

S.     wider  SffM. 

2434  MSflsß.  daz]  Dar  vmb  d.  S    Do  M.     kUniginne  M   junckfräw  S. 

2435  MSflsß.  krefticliche]    M    gar  uestenklich  S. 
243ß  MSsffl.  umbe]  Ms    bald  vmb  sich   S. 

2437  MSs["I|l  O  MfS.     er  M    er  ab  den  hunden  S,  sieA^  tu  V,  2439. 

2438  MSflsß. 

2439  M(S)sßri.     abe  (1)]  M  von  s.     abe  den  (2)  McS  V.  2437)rs.  ß:  unde 

d6  der  hirze  die  hunde  unde  daz  volk  sach. 

2440  SsTMIß.  vliehen]  s    ze  fl.  S. 

2441  MSflsß.  er  hete]  M    Nun  h.  er  S.     auch:  SfM. 

2442  MSflsß.  Wan  SfM.     ze  M    nü  z.  S.     ger  M    gauch  S.     Statt  240G-42 

in  I:  Vnd  (j/.,)  wer  do  vorseisz  dz  geiägtz  (sp,  geiägdz)  sein:  Der 
hett  vorlorn  dz  leben  sein:  (ygi.  2398/9)  Der  reich  kUnig  aron:  Zöch 
mit  seym  gUldin  hörn:  Mit  allem  seym  hoffgeseynd  (j;^.  gesynd):  Dem 
heirs  {sp.  hirs)  noch  gor  sweinde  {sp.  swinde). 

2443  er  --  vliehenne]  MS    Der  heirs  leiff  {später  liff)  I.     balde  MI    gar  b.  S. 

2444  Dörtt  SfMI.     gen  eineme  MS     zu  dem  I. 

2445  MSfls?. 

2446  MSflsil  vaste]  MfS. 

2447  MSSiSfl.  an  Ms    hin  an  S. 

2448  MSflsß.  die  lüfte]  M    den  1.  uff  S. 

2449  MSsßfl. 


115 


£.  V.  2390—241 1 


2450  alse  wir  ez  sit  hdn  vernomen, 

danne  nur  die  wilden  vogel. 

die  beiden  wurden  mit  deme  hirzen  betrogen: 

er  lief  über  den  berc  hin  dan 

vor  roanigem  heidnischen  man 
2455  rehte  in  aller  der  gebaere, 

alse  er  ein  hofeschalc  waere. 

der  hirze  mit  deme  golde, 

alse  ez  got  selber  wolde, 

der  quam  über  den  berc  ze  deme  mere, 
2460  da  er  vant  sant  Oswaldes  here. 

d6  er  under  daz  here  was  komen 

unde  daz  die  harren  beten  vernomen, 

iegelkhen  besunder 

nam  d6  gr6z  wunder, 
2465  wie  der  hirze  ze  in  komen  waere: 

dö  sagete  in  nieman  diu  rehten  maere. 

daz  wizzet,  den  wilden  beiden 

geschach  unmizen  leide, 

daz  si  den  hirzen  beten  verlorn, 
2470  daz  was  den  beiden  allen  zorn. 

si  jageten  in  deme  walde  entwer, 

einer  bin,  der  ander  her, 

einer  dort,  der  ander  hie. 


2450  SfMIsß. 

2451  MSsßTI.     nur]  M  nun  Ssf?. 

2452  MSs^ri. 

2453  MSi3f  Is.  lief]  u   lof  Mb  flog  S. 

2454  MSflsß. 

2455  SfMIs?. 

2456  SfMIsß.  alse]  Nun  alz  ob  S. 
2459  Über  IS    hin  Über  Ms. 

2461  er  Ss    er  nü  MI.     under  —  here  MIs    Über  den  berg  S. 

2462  unde  —  herren   Is    Daz  in  die  h.    M   Alsz  wir  csz  sid  S.     heten  v.   MI 

vernamen  S  habend  v.  S. 

2463  Zwar  SfMISiS.     iegelkhen]  I(s)    iegelicher  MS. 

2464  MIsßfS.    In  M  tum  vorigen   Verse, 

2465  MlsfS?. 

2467  wizzet]  I    wist  das  geschach  M    do  S. 

2468  geschach]  I    g.  do  SfM.     unmazen]  I    üzermdzen  MSs. 

2470  was  MS    det  {später  tet)   I. 

2471  si  j.  IS    Do  j.  si  M.     deme  IS    den  M. 
2473  MSTIs?. 

8» 


116 

I  E.V.  2412-2434  i 

si  Westen  selber  niht  wie. 
2475  nü  läze  wir  si  den  hirzen  jagen 

unde  sulen  däheime     von  der  küniginne  sagen! 

diu  stuont  oben  an  einer  zinne 

vor  ir  muoter,  der  alten  küniginne, 

unde  vier  unde  zweinzic  juncvrouwen  guot, 
2480  dämite  was  si  wol  behuot. 

die  si  ze  naehest  bi  ir  sach, 

nü  hoeret,  wie  si  ze  der  selben  sprach: 

si  sprach:  Jiebiu  gespile  min 

nü  tuo  ez  durh  die  triuwe  d!n: 
2485  lä  dir  s!n  wol  16nen 

unde  habe  mir  minen  mantel     unde  min  kröne 

unde  stä  daher  an  min  stat' 

—  als6  si  diu  junge  kflniginne  bat  — 

,vür  m!n  muoter  die  küniginne  vri 
2490  unde  tuo,  alse  ich  ez  selber  s!l 

waz  sol  ich  dir  sagen  md? 

mir  ist  in  deme  houpte  worden  wS, 

daz  ich  niht  langer  mac  besten, 

ich  muoz  rehte  von  der  zinne  gdn, 
2495  ich  wil  mich  küelen  dräte 

in  miner  kemenäte: 


2474  MflSs?. 

2476  unde  MI    Wir  S.     sulen  MS  willn  I.     däheime  MSfl.     von  MI  zu  S. 

der  MI    d.  jungen  S.     sagen  Ml    gäben  S. 

2477  diu  MI(s)    Do  S.    oben  MSsfl?.     einer  MIs    der  S?. 

2478  ir   MIsJi   jr  jr  (das  zweite  jr  am  Rande)  S.     die  jung  kuniggin:   SfMIs, 

2479  unde  MUfS. 

2480  damite]  M    D.  do  S    mit  den  Is. 

2481  si  MlfSs.     sach  MI    sasz  S   stunt  s^ 

2482  der  selben  MS    ir  I. 

2483  liebiu  MIs    vil  1.  S. 

2484  nü  ISfMs.    *DÜ  M.     die  MS    den  I.     triuwe  MSs    willen  I. 

2485  Unde  SsfMI.     »der  I. 

248G  unde  MsflS.     habe]  M    hebe  Ss    Du  vnTb  1. 
2488  also  si]  I    si  also  vor  bat  S    Sj  M. 

2490  alse  MIs   alsz  ob  S. 

2491  Nun  SfMI.     dir  MI    uch  S. 
t.Mi)3  bcslan  MS    gcslan   Is. 

24i>4  rehte  MSfls. 

2496  in  S  zum  vorii^en   \'nse.     miner   Ss(ji)    einer   schoenen  MI. 


117 

E.  V.  2435—2459 


wanne  min  krankheit  hat  ein  ende  genomen, 

s6  wil  ich  her  wider  komen.' 

diu  juncvrouwe  tete  durh  not, 
2500  waz  ir  diu  junge  küniginne  b6t: 

umbe  sweifte  si  den  mantel  sch6ne 

unde  satzte  üf  ir  houbet  die  kröne, 

üf  satzte  si  die  kröne  eben: 

diu  junge  küniginnne    begunde  sich  von  dannen  heben. 
2505  diu  junge  küniginne  huop  sich  üz  der  schar, 

diu  muoter  nam  s!n  niht  war: 

diu  juncvrouwe  stuont  in  aller  der  gebaere,  . 

alse  ez  diu  junge  küniginne  waere. 

nü  lief  diu  junge  küniginne  dräte 
2510  in  ir  selbes  kemenäte, 

unde  schoener  juncvrouwen  dr! 

giengen  mit  der  jungen  küniginne  vr!. 

si  liefen  an  den  stunden, 

da  si  vier  rocke  vunden: 
2515  die  beten  si  vor  bereit, 

alse  uns  daz  buoch  seit, 

d6  in  des  wart  ze  muot, 

daz  si  wolten  werden  kristen  guot. 

die  rocke  begunden  si  legen  an, 
2520  alse  si  waeren  junge  man, 

si  satzten  üf  ir  hüete, 


2497  wanne  MSs    So  I.     hit  nach  ende  S. 

2498  ich  MIs    jch  den  S.     *crwcider  I. 

2500  bdt  MS   geb6t  Is. 

2501  sweifte]  M    det  I    sich  nam  S    warff  s. 

2502  die  MSs    ir  gUldin  I. 

2503  MSflsß. 

2504  MSsTIß. 

2506  nam  Ss   hete  MI.     sfn  MIs   desz  S.     niht  Ss    n.  genomen  Ml. 

2507  aller  der]  M   aller   IS. 

2508  alse  MI    A.  ob  S.     waere  MI    selber  w.  S. 

2509  nd  ISs   Do  M. 

2512  giengen   MIs     Die  ylltent    S     voicten    "i^,     mit  der  j.   k.    MI    mit  ir  s 
ir  nslch  ß  mit  ain  ander  S.     vri  MI    glich  S. 

2515  vor  s    nü  vor  S   vorhin  lu    vorher  Mb. 

2516  daz  MI  nä  d.  S  die  s.     buoch  IS    tawsch  p.   M  bUcher  S. 
2520  Recht  STMIs.    alse]  Mß  als  ob  ISs. 


118  ^ 

E.  V.  2460—2481 

gegen  got  stuont  ir  gemüete, 

die  vier  minniclichen  tneit 

gurten  umbe  ir  gurtel  breit, 
2525  si  legeten  an  hosen  unde  brtsschuoch, 

Mähmeten  teten  si  manigen  vluoch, 

die  vier  megede  h6chgebom 

gurten  unabe  guldtne  sporn 

in  allen  den  gebaeren, 
2530  alse  si  heidnische  litter  waeren, 

si  nämen  vier  swert  in  ir  hant, 

a1s6  tuot  uns  daz  buoch  bekant 

si  beten  niht  ze  beiten  mdri 

hin  gen  der  porten  was  in  ger: 
2535  nü  was  verslozzen  tor  unde  tür, 

starke  rigele  gest6zen  vtir, 

daz  si  niendert  daohten  üzkomen, 

des  wart  in  vröide  vil  benomen. 

si  giengen  oben  an  ein  zinne 
2540  unde  qämen  war,  obe  si  ez  möhten  erspringen: 

d6  dühte  si  diu  müre  ze  hoch. 

diu  junge  küniginne    her  wider  abe  vldch, 

her  ze  der  porten  was  ir  gäch, 


2522  ir  MI    inen  jr  S. 

2524  gurten]  M    Sie  datten  I    Legtent  S.     ir  MI    sich  S. 

2525  brtsschuoch  MI    schüch  S. 

2526  teten  MS    gaben  I. 

2527  die]  IS    Der  M. 

2528  umbe  Isu    u.  sich  Sb    v.  ir  M. 

2530  alse  ß    als  ob  MISs. 

2531  ir  MIs    die  S. 

2532  MSflsß. 

2534  hin  MI    Her  S.     in  MI   jr  S.     ger  M    beger  S    iach  I. 

2535  nü]  S   dd  S|3   in  MI.     tor  u.  tUre  MS   vast  dz  dör  I. 

2536  Vnd  SfMI.    rigele  IS(s)  ridT  M.     gestözen]    FMmülUr    geslorzcn  MSfl. 

2537  üz  vor  mobten  S. 

2538  des]  I   Daz  M   Dar  vmb  S.   wart  IS    waz  M.     vröide  vil  MI    all  jr  fröd  S. 

2539  an  ein  Ms   an  die  S   auff  die  I. 

2540  nämen  war  MIs  Ingtent  S.    ez  MI  über  ab  S  hin  ab  su.    erspringen  M 

springen  ISs. 

2542  •erwieder  I.     abe  ISs    ab  d'  maur  Mf?. 

2543  her  MSfls?.     der  IS(s,3)    den  M. 


119 

I  E.  V.  2482 — 2499 


die  dri  ilten  ir  vaste  hin  nach. 
2545  diu  junge  küniginne  niht  enlie, 

si  viele  nider  an  ir  knie 

ze  der  porten  an  die  müre, 

dö  begunde  si  harte  trüren. 

si  sprach:    ,nü  h6rte  ich  ie  sagen  maere, 
2550  wie  genaedic  unser  vrouwe  waere, 

wie  si  braehte  mit  ir  güete 

wazzer  ze  der  glüete: 

Maria  dtn  genäde    \kz  an  uns  werden  schin 

unde  hilf  uns  armen  magedln, 
2555  daz  wir  vr61iche  komen  von  hinnen 

unde  saelde  in  dtneme  namen  gewinnen!' 

d6  diu  bete  vol  geschach, 

daz  slöz  sich  von  der  porten  brach 

in  aller  der  getaete 
2560  alse  ez  ein  grözer  wint     üfgeworfen  haete. 

die  stolzen  juncvrouwen  h6re 

sQmten  sich  niht  langer  m6re: 

—  in  was  wol  gelungen  — 


2544  drf  MIs  dry  junckfräwen  S.     hin  n.  M    nach  ISs. 

2545  niht  MI   do  n.  S. 

2546  Vnd  SfMI.     an  MS    üf  Isß. 

2547  ze  Mi   By  S.     an  die  ni.  MI    vnd  den  muren  S. 

2548  begunde  MI    begunden  S.     harte  MI    gar  ser  S. 

2549  hdite  ich  MIß    hab  jch  gehört  S.     ie  Mlb    oft  ufS. 

2550  •vnsz  M. 

2551/2  MlfSs.     ß :  unde  keinen  menschen  ver]at  in  grozen  nocten. 

2553  werden  schin]  schein  werden  M    schein  I    erschinen  S. 

2554  armen  ro.  MlfS. 

2555  in  S  zu  2554.     vr61iche  vor  von  S. 

2556  saelde]    wir   seid   S     sei  M     seile   I.      Darnach  nur  in  S:    Vnd  vnsz   in 

vnserm  fUr  nemen  nit  miszlinge. 

2557  diu  MI.     dasz  S.     bete  MI    bet  do  S    wort  |S.     vol  MScß)    wol  I. 

2558  der  MI(s)    den  S   allen  ß. 

2559  getaete  IS   gepär  M    wyse  s. 

2560  alse  MI    A.  ob  S.    ein  gr6zer   ISs   von   aine   M.  -  üfgeworfen   haete  Ss 

auf  gew.  war  M    aufT  weit  I. 

2561  juncvrouwen  MIs  jungktlniggin  mit  jren  j.  S  si  —  mit  ir  geverten  ß. 

2562  Die  SfMIs.     langer  MSfls. 

2563  wol  MIs    vil  w.  S. 


120 

I  E.V.  2500-2519   I 

wie  balde  si  vür  die  porten  sprungenl 
2565  d6  si  her  üz  wären  komen, 

alse  wir  ez  sider  hän  vernomen, 

an  der  selben  stete 

daz  tor  sich  wider  zuo  tete: 

beide  türe  unde  tor 
2570  wart  baz  verslozzen  danne  vor. 

si  heten  niemöre  reste 

unde  ilten  balde  von  der  veste 

über  daz  wtte  velt 

hin  ze  sant  Oswaldes  gezelt. 
2575  nü  hete  der  rabe  niht  vergezzen, 

er  waere  üf  die  goltsmitten  gesezzen. 

die  juncvrouwen  er  ersach: 

hoeret,  wie  er  ze  deme  harren  sprach: 

er  sprach:    ,h6rre  ich  kan  dir  sin  niht  verdagen, 
2580  ich  wil  dir  liebtu  maere  sagen: 

ich  sihe  dort  von  der  bürge  her  gän 

vier  juncvrouwen  wolgetän: 

mich  triegen  danne  mtne  sinne, 

ez  ist  diu  junge  küniginnel 
2585  edeler  vurste  höre 


2564  sprangen  ISs    drangn  M. 

2565  Unde  SßfMIs.     si  ISS|3    s.  nü  M. 

2566  sider]  M  sid  Sfl. 

2567  MlfSs?. 

2568  MIsffS.  sich  Isß    Sj.   vor  daz  M.     wider  Is,3    hin  w.  M. 

2569  unde  MI    v.  och  S. 

2570  baz  MlsfS.     danne  Is    vil  dann  M    alsz  S. 

2571  Wan  SfMI.     niemere]  M    nit  mer  S    kain  I. 

2572  unde  MS    Sie  I.     balde  ISfMs. 

2573  daz  MlsfS. 

2574  in  S  iwn  vorigen   Verse,     hin  MlsfS.     ze  ISs    gen  M. 

2576  waere]    war   schon   M    was  ISs.     die  Is    ein   MS.     goltsmitten  Is    goU- 
schmid  M    segelbam  S. 

2578  Nun  SfMI. 

2579  sin  M    ez  IS. 

2581  dort  MSris.    her  MSsTI. 

2583  mine  sinne]  alle  m.  s.  Is    die  s.  mein  M    die  s.  S. 

2584  ez  ist  Ml    so  ist  es  s   So  jst  mir  csz  sy  S.     vein:  MflSs. 

2585  Vil  STMI.    here  MSfl. 


121 

I    E.  V.  2520  -  2537  ] 

süme  dich  niht  m6re: 

du  solt  ir  balde  engegen  gän 

unde  si  gar  wirdicliche  empfän!' 

d6  er  daz  wort  vol  gespracli, 
2590  sant  Oswalt  lieberz  nie  geschach. 

der  üzerwelte  degen 

gie  der  küniginne  balde  engegen: 

si  was  ime  üz  in  allen  erkant, 

wände  si  truoc  ein  guldin  härbant, 
2595  dämite  bezeichnete  si  daz, 

daz  si  diu  küniginne  selber  was. 

sant  Oswalt  niht  enlie, 

liepltche  er  si  umbevie, 

einez  daz  ander  umbeslöz, 
2600  ir  beider  vröide  diu  was  gröz. 

der  milte  künic  Oswalt 

huop  sich  mit  der  küniginne  halt, 

ze  der  goltsmitten  was  in  gäch, 

die  dri  tlten  ime  vaste  hin  nach. 
2605  d6  sprach  der  vurste  lobesam: 

«wolüf  alle  mine  dienestman 

unde  lät  uns  heben  von  hinnen, 

ich  hän  rehte     die  jungen  küniginne I' 


2586  ISfMs?.     In  I  zum  vorigen   Verse,     Nun  Sfl.     niht  I  n.  lenger  S.    Statt 

V,  2586  in  M,  awh  zum  vorigen   Verse  \    Glaub  mir  ez  auf  mein  er. 

2587  balde]    M    schon    hin    Sf  I.      *cin    gegen   S.      gän]    gen   I    gdhen   MS. 

Danach  nur  in  1:  Du  sah  vast  iahen. 

2588  unde  si  gar  MS  Vnd  sah  st  I.    wirdicliche]  M  wirdenklicbcn  S  williklich  I. 

2589  er  M    der  rabe  IS.     daz  MI    die  S.     vol  MSfl. 

2590  lieberz  Ss  lieber  M.     geschach  MS  gesach  Is. 

2592  balde  MIs    schon  Sfu. 

2593  ime  Ss(u)    jn  M    sin  I.     erkant  MI(u)   bekant  s    wo!  erk.  S. 

2594  härbant  ISs    gwant  M    vntt'  klaid  u. 

2595  bezeichnote]  bezaichnot  I    bezaihnt  M    bezaichet  S    bezcyget  s. 

2596  si  MSsf I.     diu  Ss    d.  junge  MI.     selber  ISsfM. 

2597  niht  MI    do  n.  S. 

2598  Vil  SfMIu.     liepltche  Ssu  lieplichen  Mlfb.    si  vor  er  M. 

2600  was  MIs    ward  S. 

2601  kUaic  MI    k.  sant  Ssu. 

2603  der  IS    den  Ms. 

2604  MlsfSß.  vaste  MI    balde  s.     hin  Msfl. 

2605  MirSs,3.  ^lobysam  I. 
2606/8  MIsTS?. 


J22 

I  E.V.  2538-2552 


die  selben  dienesthSrren 
2610  vröiten  sich  der  6ren, 

daz  in  s6  wol  was  gelungen 

unde  si  die  küniginne     heten  gewannen. 

der  mute  künic  Oswalt 

begunde  tlen  als6  balt: 
2615  hin  gein  deme  mere  was  ime  gäch, 

die  sine  zugen  ime  vaste  hin  nach. 

er  hete  niht  möre  ze  wtlen 

unde  begunde  vaste  tlen: 

er  Ute  an  die  gaÜn 
2620  mit  der  küniginne  unde  mit  den  beiden  sin. 

er  huop  sich  tougenliche  von  dan, 

die  goltsmitten  lie  er  vor  der  bürge  stän: 

er  vuor  zwischen  der  berge  sä  zehant, 

da  er  alle  stne  dienaere  vant. 
2625  er  hiez  ruofen  an  der  stunt 

unde  tete  den  beiden  allen  kunt 

unde  hiez  in  sagen  diu  maere, 

wie  daz  er  vr61khe  komen  waere. 

alse  si  die  rede  erhörten  d6, 
2630  dö  wurden  si  fizerm^en  vr6, 


2609  MlfSsß. 

2610  MlfSsß.  ^ren  M    mere  I. 

2611  MlfSsp. 

2612  MlfSs?.    si  Mfl. 

2613  MirSsß. 

2614  MlfSsß.  als6]  Mfl.    Danach  m  MI:  Do  er  all  sein  dien'  vand  =  V.  2624. 

2615  MlfSsß. 

2616  zugen  MS  zochen  I.     hin  MflS. 

2617  mere  MlfS.     wtlen  MS    bliben  I. 

2618  in  S  zum  vorigen  Verse,     unde  MI    Er  S.     flen  MS    zu  yllcn  I. 

2619  an  M    fast  hin  an  S   auff  I. 

2620  mit  der  k.]  M  vnd   mit   d.  k:    S  mit  d.  jungen  k.  I.     unde  mit  deo  b. 

sin]  M    Mit  den  h.  Sfl. 

2621  tougenliche]  M   tugenklich  S   stilliglich  sfl.     von  dan  ISs   da  von  M. 

2622  lie  er  Ml    liezen  si  Ss. 

2623  zwischen  MIs    en  zwischend  S.     der  MS   die  Is.     sä  zehant  MS  drat  I. 

2624  alle  MSsfl.     Vgl.  zu  V.  2614. 

2626  den  h  a  ]  den  hylden  alle  I  dasz  den  h.  S  allii  seine  beiden  M  jo  —  »Ueo  IL 

2627  unde  MI     Er  S. 

2628  er  MSs  die  ktlnigin  I  die  rain  parig  selb  vierd  u.    vr61iche  Ms  gar  fr.  Sfi. 
2630  d6  MS  des  uf  I.   wurden  nacA  si  I.  üzerroäzen]  M  alle  von  herzen  IS  allett- 


123  

I   K' V-  2553—^574' 

von  den  harren  allen 

huop  sich  ein  michel  schallen: 

—  daz  herc  mit  einander  üfbrach  — 

von  gr6zen  vröiden  daz  geschach, 
2635  daz  si  heten  die  jungen  künigin: 

nü  möhte  in  allen     niht  liebers  geschehen  sin. 

zwischen  der  berge  üf  deme  velt 

liezen  si  stän  manic  schoene  gezelt, 

die  hütten  liezen  si  alle  stän 
2640  unde  huoben  sich  nur  balde  von  dan. 

diu  reise  in  wol  geviel, 

unde  tlteii  an  die  kiel, 

sant  Oswalt  unde  allez  sin  here 

schicte  sich  vrölkhe  üf  daz  mere. 
2645  dar  qualmen  die  nnarnaere  alle  sant 

unde  nämen  die  ruoder  in  die  hant, 

die  anker  si  üzgeschuzzen, 

vr61tche  si  von  deme  gestade  vluzzen. 

d6  si  nü  üf  daz  mere  wären  komen, 
2650  alse  wir  ez  sider  hsln  vemoroeni 

in  was  wol  gelungen, 

den  ruof  si  vröliche  sungen. 


2631  allen  MSfls. 

2632  in  I  zum  vorigen  Verse,     michel  Ss  vröliche  MI. 
2635  daz  MIs    Do  S.    jungen  MSfls. 

2536  NüMIfSs.  möhte »r/ri allen S.  allen ISsfM.  geschehen «<wA sin M.  •gcschenl. 

2637  zwischen  MI     Enzwttschen  S.     deme]  S    d.  weitn  M   dz  I. 

2638  Do  STMI.     stdn  MSfl.     schoene  MSfl. 

2639  ISTMs?. 

2640  nur  M    nu  SflSil     balde  MSnSt3.     von  dan  IS()    dar  von  M. 

2641  wol  MI   allen  recht  w.  S. 

2642  unde  MI    Si  S.     an  MI    hin  bald  an  S. 

2643  allez  MSsbfl. 

2644  schicte]  M    schiften  IS.     mere  ISs   wilde  m.  M. 

2645  dar  MS   d6  Is.     marnacre  MSs    schicffroan  I. 

2647  anker]  S  anckäl  M   rüder  I.     si  ISfM.     gcschu/zen]  M   schuzzcn  IS. 

2648  vr61fche  MIs    Frölichen  S.    deme  gestade  MS   der  statt  I. 

2649  nü  MSfl.     wdren  MSfl. 

2650  sider]  M  sid^  Sfl. 

2651  wol  MIs    vil  w.  S. 

2652  den  r.]  MflS.    si  nach  vr6h'chc  IS.    vr61fchc  MI  Frölichen  vö  herzen  S. 


124 

[  E.  V.  2575-2594 

nü  läze  wir  si  gote  empfolhen  varen, 

der  mac  si  alle  wol  bewaren, 
2655  wir  sulen  nü  niht  verdagen, 

wir  sulen  von  der  alten  küniginne  sagen, 

wie  diu  des  morgens  sprach, 

dö  si  den  beiden  zuoriten  sacbl 

si  sprach  als6  sch6n: 
2660  |bis  mir  willekomen  richer  küntc  Ar6n, 

du  unde  alle  dtne  dienestbdrren  1 

nü  weste  ich  als6  geren, 

wie  ez  dir  an  deme  gejegede  waere  ergangen, 

obe  du  den  hirzen  betest  gevangen?' 
2665  er  sprach:    »liebiu  vrouwe  min 

lä  dir  umbe  ein  kleinez  golt  niht  sin: 

wir  hin  noch  goldes  vill 

nü  merke  waz  ich  dir  sagen  wil: 

mtne  goltsmide  sint  noch  künste  vol 
2670  unde  kunnen  mir  einen  andern  hirzen  machen  wol/ 

dö  diu  rede  vol  geschach, 

diu  alte  ktlniginne    begunde  lachen  unde  sprach: 

,richer  künic  läz  äne  zorn, 

alle  dtn  arbeit  ist  gar  verlorn: 


2653  MlfSsß.     8i]  M   vns  I.     varcn]  M    sin  I. 

2654  MlfSsß  si  —  bewaren]  M    vDser  aller  drost  sin  I. 

2655  MlsfSß.  wir  —  nü]  M    Nu  süllcn  wir  I.     Statt  dessen  in  S:  Die  fröd  wasi 

grosz  jn  jnen  allen. 

2656  wir  IS    Vn  M.     sulen  Is    s.  da  haiin  M    wellent  S. 

2657  des  morgens  MI  d.    m.  frU   Sfs. 

2658  zuoriten]  M   'zu  der  burc  r.  S   komen  1    komen  geritten  s. 

2659  Wan  STMl. 

2660  richer  MSsfl. 

2663  waere  MIs    wer  S.     ergangen  Ss   gegangen  M   gangen  I. 

2664  ISsfMß.    betest    Is    habist  S. 

2665  liebiu  MIs    vil  1.  S. 

2666  Nun  Sf  MIs.     kleinez  ISs    glfzendez  Mß.     golt  MSß    guot  Is. 

2667  vil  MIs    also  v.  S. 

2668  nü  IS   Vii  M. 

2669  noch  MSfls. 

2670  unde  MS    Die  I.     machen  ISs   wurchn  M. 

2671  vol  MI    do  V.  S. 

2672  begunde  lachen  Ms    lachete  IS. 

2673  Vil  SfMIs.     \h.  MI    nü  1.  S.    Äne  MI  din  S. 

2674  Wan  SfMI.     gar  M    alle  Sfl. 


125  

I  E.  V.  2595—2614 
2G75  din  birsen  unde  din  gejeide 

daz  kumet  uns  nfi  s6re  ze  leide: 

unser  tochter  diu  küniginne 

diu  ist  mit  den  goltsmiden  von  hinnen, 

si  selbe  vierdiu  juncvrouwe, 
2680  —  ö  wie  solle  ich  ir  des  getrouwenl  — 

si  ist  mit  in  üf  deme  wilden  sSl' 

der  beiden  lüte  schr6: 

,daz  weste  ich  wol,  liez  ich  leben  den  raben, 

daz  ich  sin  quaeme  ze  gr6zeme  schaden: 
2685  daz  ist  Oswalt  üz  Engellant, 

der  vüeret  mtn  tochter    hin  an  stner  hanti 

nü  kan  er  mir  doch  niht  entrinnen 

mit  allen  sinen  sinnen, 

ich  entrenke  in  in  deme  wilden  mere 
2690  in  unde  allez  stn  herel* 

der  beiden  bete  ein  guldtn  hom: 

wanne  ime  wart  von  schulden  zorn 

unde  er  ez  satzte  an  sinen  munt, 

so  tete  er  allen  slnen  liuten  kunt  .  .  . 


2676  nü  MSfls. 

2677  küniginne  MI    jung  k.  S. 

2678  diu  MSfls.    von  MSsfl. 

2679  si  —  vierdiu]  M    si  unde  dri  Ss    Die  schöne  I. 

2680  soltc  IS    sol  M.     ir  <  er  dez  getrawe  M    des  glaubn  I    jr  dasz  han  ge- 

truwent  S. 

2681  si  MSfl.     ist  1    fert  S  sind  M.     in  IS   ir  M.    deme  IS   den  M.    wilden 

MlfS. 

2682  lute  schre]   woffen  lüt  schray  I     vil   lut   crschrai  S    schray  lawt  hewt  vn 

yin'  mee  M    schre  lut  We  s     sehr,  von   stund  Ach   hcwt    vnd  ymnier 
obe   mein'   gröstn  ere  u  schray  zustund   ach    hewt  we  und  immer  wee 
meiner  grossen  ern  b. 
3683  daz  IS  Do  M.     leben  den  raben]  1  d.  r.  I.  MS. 

2684  daz  ich  sin  quaeme  MSs    Es  kern  mir  I.     gr6zeme  MSfls. 

2685  Oswalt  Is   sant  O.  MS.     üz  Ms  in  Ifs. 

2686  hin  s     da  hin  S    heym  If M.     an  siner  hant  MS    in  sin  lant  Ifs. 

2687  doch  MSfls.     niht  Ss    niemere  MI. 

2688  allen  s.  s.  MS    allem  sym  gesynne  I. 

2689  ich  entrenke]  M   ich  ertrenke  Is   Zwar  ich  ertr.  S. 

2692  wart  MS    waz  I.     schulden  M   schuld  an  S   herzn  I. 

2693  unde  MS    Wan  I. 

2694  er  MS    ez   I.      liuten  IS    heldn  M.      DamcA  in  I   V,  2693/4  wiederholt. 


126 

I  E.V.  2615-2639 


2695  daz  hörn  was  an  den  vristen 
gemachet  mit  zouberlisten : 
wanne  er  ez  erschalte  krefticltche, 
s6  hörte  man  ez  in  deme  dritten  künicrtche. 
er  erschalte  sin  hörn  gr6z, 

2700  daz  ez  unmdzen  lüte  erdöz, 

daz  ez  erhörten  die  landeshSrren: 
si  sprächen:    ,waz  mac  ime  gewerren, 
deme  riehen  künige  Arön?' 
redeten  die  harren  alle  d6. 

2705  die  harren  üf  den  vesten 

unde  die  da  wären  die  besten 
die  sprächen:    ,wir  hän  gehört  das  hörn, 
unserme  hörren  ist  von  schulden  zorn!' 
dö  si  daz  hörn  heten  vernomen, 

2710  dö  wolten  si  deme  hdrren  ze  hilfe  komen: 
si  verstuonden  sich  wol  der  maere, 
daz  er  in  grözen  noeten  waere. 
si  bereiten  sich  mit  grimme 
in  ir  staheHn  ringe: 

2715  daz  wizzet,  den  wilden  heiden 

was  umbe  ir  harren  mit  triuwen  leide, 
an  den  selben  stunden 


2695  MSspf  I.     vristen  M    v  ussersten  S. 

2696  MSsßfl.    'gemacht  M*.     mit  s    mir  M  von  S^. 

2697  CT  MSsfl.     erschalte  MS^    schalt  I    bliese  s. 

2698  s6~ez]   ISs    Ez  erhal  M.     deme  dritten  Ss    dz  dryt  I    seine  M. 

2699  und  2700  in  S  vmgesUlU,     er   ersch.     MI    er  blies  s?    Also  ersch.  er  S. 

2701  daz  ez]  M    daz  ISs.     die  MI  all  die  s    sin  S. 

2702  ime    Is    vnserm    hercn    S     nU    M.     gewerren    MI    gewerden  s  sin  g^ 

schechen  S. 

2704  redeten]  Retten  M    Rietten   I     Den    erhörten    S.    hcrren    IS    haidn  M. 

alle  IS    all  saropt  M.     d6]  M,  zum  /".    Verse  gezogen,  zu  I  schon  S. 

2705  herren  MI    h.  vnder  den  haiden  S.    den  MS    der  I. 
2708  von  schulden  M    v.  seh.  kunien  S    von  herzu  I. 

2710  deme  herren  MI   jrm  herren  s  jm  S. 

2711  wol  MlfS. 

2712  daz  MI     Wie  dasz  S. 

2713  mit  ISTM. 

2714  ir  IS    die  liechtn  M.     ringe  MI    harnasch  ring  S. 

2715  daz  wizzet  MI    Do  wasz  S. 

2716  was  MlfS.     mit  triuwen]    M    also  Sfl. 


127 

I   E.  V.  2640-2658 


si  ir  helme  ftfgebunden 

unde  quämen  gein  hofe  dar» 
2720  ir  wart  ein  ungevüege  schar. 

nach  ritterlichen  siten 

quämen  si  gen  hofe  geriten 

unde  vräcten  der  maere, 

waz  deme  harren  geschehen  waere. 
2726  die  wilden  heiden 

wurden  des  bescheiden: 

man  sagete  in,  diu  küniginne 

waere  mit  goltsmiden  von  hinnen. 

die  heiden  heten  niht  m^re  ze  wilen 
2730  unde  begunden  vaste  tlen.  .  .  . 

zuo  ime  nam  er  stne  dienestman 

dämite  huop  er  sich  von  dan, 

an  die  grözen  roupgalin 

tlte  er  mit  den  heiden  s!n. 
2735  der  künic  nam  selber  ein  ruoder  in  die  hant, 

als6  teten  die  marnaere  alle  sant, 

hin  üf  daz  mere  was  in  gäch, 

si  tlten  sant  Oswalde  vaste  hin  nach. 


2718  gebunden  M  bunden  IS. 

2719  gein  Iß   do  gen  S   auf  den  M. 

2720  wart  MS   waz  I.     ungevüege  MI    grosse  S. 

2722  Do  STMI. 

2723  unde  SsfMI.     der  Ss    si  der  MI. 

2724  »gesehen  I. 

2725  MSsflß.  die  w.  h.  M    sie  s    Den  w.  h.  S. 

2726  MSsflß.     des  Ms    die  mer  S. 

2727  küniginne  MI    jung  k.  S. 

2728  Die  SfMI.     goltsmiden  IS    den  g.  M.     von  M    da  Sfl. 

2729  wflen  IS  paidtcn  M. 

2730  unde  MI    Si  S.     vaste  MIs    vil  bald  S.     ilen  MSs    zu  eyllcn. 
2731/52  in  MISs(r?)   vor  2709.     ime  nam  er]    M    j.  ermant  er  S    in 

si  I    Sie  namen  s. 

2732  huop  er]  M    huoben  si  IS(s)    von  dan  MI    hin  dan  Sfs. 

2733  roupgalfn]  S    galfn  MI. 

2734  Also  SfMI.     »hyMen  I. 

2735  selber  ISsß    selb  M.     die  ISs    sfne  Mß. 

2736  Vn  MflSsß.     marnaere  MSs  man  I  andern  ß. 

2737  hin  MSfl.     was  MI   do  w.  S.    in  IS  im  M. 

2738  vaste  MSs   sere  I.    hin  MflSs. 


128  _ 

E.  V.  2659—2679 


daz  geschach  an  eineme  mäntage  morgen, 
2740  dö  sant  Oswalt  vuor  in  gr6zen  sorgen: 

d6  wdren  ime  die  beiden  s6  nähent  komen, 

—  aber  sant  Oswalt  hete  s!n  niht  vernomen  — 

daz  die  heidnischen  man 

wurden  die  kristen  sichtig  an. 
2745  hete  er  d6  niht  gehapt  den  raben, 

s6  waeren  die  kristen  ze  t6de  erslagen. 

d6  hete  der  rabe  niht  vergezzen, 

er  waere  üf  einen  kiel  gesezzen. 

d6  er  die  heiden  zuovliezen  sach, 
2750  nü  muget  ir  hoeren,  wie  er  sprach: 

er  sprach:    »lieber  h^rre  mtn 

ez  mac  rehte  anders  niht  gesln, 

ich  hoere  daz  mere  diezen 

unde  sihe  galin    ze  uns  her  vliezen: 
2755  der  heiden  ist  uns  her  nach  komen, 

waerliche  daz  hin  ich  wol  vernomen  1 

ez  welle  danne  got  understän, 

ich  vurhte,  wir  müezen     daz  leben  verloren  hänl' 

des  erschricte  diu  küniginne  s^re, 


2739  morgen]  M    m.  fhi  I    an  in.  S. 

2740  d6  MI    Dasz  S.     *for  I.     vuor  nach  sorgen  I.     in  MIs    mit  S. 

2741  ime  MSs    in  I.     s6  MIs,3   also  S.     ndhent]  Mß    n&he  ISs. 

2742  aber  MS    Doch  sfl.    stn  MI    dass  S. 

2743/44  daz  —  an]  MI    Do  die  haiden  wurdent  der  cristen  sichtig 

Do  wurden  si  so  grin  vnd  zornig  vn  jnVinstig  Sfs3. 

2745  Unde  SufMlb.  er  do  MI    sant  O.  S.     raben  MIO)    rubin  S. 

2746  so  —  erslagen  Ml    der  heiden  hete  si  alle  erslagen  fl  So  wer  der  crisien 

kainer  mc  kümen  haim  S. 

2748  waere  MS    waz  1.     einen  Ms    den  IS.     kiel  MSs    mas  bam  I. 

2749  zuo-  MI    nach  jn  S. 

2750  nü  IS    Gern  M.    muget  i.  h.  MS    höret  I. 

2751  lieber  MIs    vil  1.  S. 

2752  rehte  MSfl.     anders  niht  IS    n.  a.  M. 

2753  MSsfl?.     Wan  SfMs. 

2754  MSsfIß.     her  vliezen]  S    herzu  fliessen  s    schtes»n  M. 

2755  in  S  nach  2756.     nich  vor  uns  S.     her  MSfl.     komen  IS   bechom?  M. 

2756  waerliche  MSfl- 

2757  Oder  SfMIs.     welle  ISs    wolt  M.     got  Ms    den  g.  S    g.  selber  I. 

2758  verloren  hin]  MS    verlieren  s    lan  I. 

2759  erschricte]  S  erschrak  MIsß.    serc  MIs   gar  s.  S    von  herzen  vaste  (und 

sere  u)  ß. 


129  

I   E.  V.  2680-2701 


2760  si  sprach:    »wäfen  hiute  unde  iemer  mere  1 
unde  ist  her  nach  komen  der  vater  mtn, 
s6  gät  ez  manigem  kristen    an  daz  leben  stn! 
iroe  ist  umbe  mich  leide 
unde  hat  manigen  wilden  beiden 

2765  bräht  üf  unsero  schaden, 

ich  vurhte,  die  kristen     werden  alle  erslagen: 
begrifet  in  sin  heidnischer  zorn, 
s6  hän  wir  alle  daz  leben  verlorn: 
er  wirt  uns  ertrenken 

2770  unde  in  deme  wilden  mere  versenken!' 
sant  Oswalt  die  gr6zen  klage  ansach: 
hoeret,  wie  er  ze  der  ktiniginne  sprach: 
Juncvrouwe  ir  sult  iuch  wol  gehaben» 
äne.got  selber  kan  uns  niht  geschaden! 

2775  des  hin  wir  kristen  einen  tr6st: 

vrouwe  daz  hän  ich  iu  noch  nie  erlost, 
daz  kein  kristen  sterbe  üf  erden, 
ez  müeze  sin  rehter  veictac  werden, 
er  habe  danne  verworht  sin  leben 

2780  gegen  deme  himlischen  degen: 
s6  stirbet  er  och  d  siner  zit 


2760  wdfen  IS    we  u    awe  bfMs.  hiute  MSsbflu. 

2761  unde  MSßfls.    her  nach  Msu    her  nach  uns  b    nach  vns  Sfl. 

2762  manigem  MSsfl.     kristen  Ms    vns  IfS    sfn  MSfls. 

2763  leide  Mls    geschechen  also  1.  S. 

2764  unde  MS    Er  I.     manigen  MI  vil  m.  S      wilden  MlfS. 

2765  Her  SfMI.    •vnszra  M.   . 

2766  die  kristen  MSs  die  wir  I. 

2767  Den  SfMI.     sin  h.]  M  sin  grimmer  S    der  h.  I. 

2768  han  IS  miiss  M.    alle  daz  MS    vnser  I.   verlorn  IS    habfi  v'lorn  M. 

2769  *vnf  M.  ertrenken  Ss,  zu  ertrenket  ergänzt  M  erdrencken  aus  vordrencken  I. 

2770  wilden  MSflCs). 

2771  die  MI    do  die  S  jr  S.     grdzen  MSfls. 

2774  selber  S  selb  M    so  Ifs.     kan  MSs    mag  I.     niht  ISs    niemät  M. 

2775  des]  S    zu  de  s  d6  MI.    kristen  Is  kr!  wol  SfM. 

2776  MlSfsjil.    S:    Den  vnsz  cristus  jhesus  selbsz  baut  erlöst.     \u\  M  cnck  I. 

nie  M   nit  I. 

2777  sterbe]  S   stirbt  M    hie  strirbt  hie  I.    üf  MI    uff  der  S. 

2778  sin]  M   ain  I    ee  jm  sin  S.     veictac]  M   streyt  tag  I    wctag  S. 

2779  Oder  SfMI.     sin  MI    desz  S. 
2781  och  ISfM. 

Baesecke,  MüDcbcnor  Oswald  0 


130  

I  E.V.  2702—2727  1 

unde  hat  ouch  verloren  s6le  unde  Itpi 

daz  hat  kein  kristen,  obe  got  wil,  noch  nie  getan: 

wir  sulen  tr6st  ze  unserme  harren  hin 
2785  unde  bitten  die  hinilischen  küniginne, 

daz  si  uns  helfe  mit  Sren  von  hinnen!' 

sant  Oswalt  niht  enlie, 

er  viele  nider  üf  siniu  knie, 

stn  beide  hende  er  ftf  gebot, 
2790  wanne  des  betwanc  in  gröziu  ndt, 

er  sprach:    »himlischer  trahttn 

nfi  nim  hin  die  triuwe  mini 

daz  mich  üf  ertrtche  kein  man 

niemer  mSre  nihtes  gebiten  kan: 
2795  wes  er  durch  dtnen  willen  begert 

her  got,  des  wirt  er  alles  gewert: 

er  bitte  mich  umbe  bürge  oder  umbe  lant, 

wes  er  mich  durch  dinen  willen  ermant, 

unde  baete  er  mich  umbe  daz  houbet  min, 
2800  ich  gaebe  im  ez  durch  den  willen  dinl 

unde  hilf  mir  mit  ^en 

hin  von  deme  heidnischen  harren, 

daz  ich  niht  kome  ze  leide 

hie  von  deme  wilden  beiden  I' 
2805  dö  sant  Oswalt  daz  vol  gelobete, 


2782  hat  MI   Wirt  S. 

2783  in  S  drei  Verse,     wil   MI   wil:    Vnder  vnsi.  also   vil:    Hie  by  yns*  vct- 

wurckt  S.     noch  MSfl. 

2784  ze  MI   by  S.    •vnswn  M. 

2785  unde  MI    Nun  S.     bitten]  I    witt  wir  M   bittent  S  laiet  uns  —  bitten  ?. 

2786  helfe  m.  e.  MS  m.  e.  helff  1. 

2789  MSsflß.     er    üf   geb6t]  M    hüb   er  uff  vnd  batt  S    (Sant  O.)  hübe  (sin 

hende)  uff  S. 

2790  MSflsß.  des  MfS.     in  vor  betw.  S. 

2791  h.  trahtin  MS   h.  fürst  s    hymelsche  künigin  1    h.  vater  sun  heiliger  geist  ^. 

2794  mere  MSsfl.    nihtes]  nUcz  S   niht  MI. 

2795  dlnen  willen  MS    dich  I  got  s. 

2797  in  S  nach  2798.     er  bitte  MI    Vnd  b.  er  S.  oder  MI  vnd  S. 
2800  Zwar  STMIs?.     ich  gaebe]  Ich  gab  M    Ich  geb  I    gib  ich  S.    er  Mfs? 
dass,  var  gaebe  S. 

2802  hin]  S    Hie  Mfls. 

2803  kome]  kom  I   kume  Ss    chUm  M. 

2805  Vnd  SfMIs.    do  MSs  alsbalde  ßfl-  ^^  ▼.  g.  MS  dr  gepet  volenbrochl 
I    die  gelUbt  gedet  s   daz  bete  ein  ende  nam  ß. 


131 

I  E.  V.  2728—2749 

zehant  daz  mere  tobete, 

daz  er  vuor  in  einer  kleinen  wile 

des  meres  wol  vierdehalphundert  mtie. 

d6  sante  daz  himlische  kint 
3810  deme  beiden  einen  nebel  unde  einen  wint, 

daz  si  niht  inobten  gesehen, 

alse  wir  nocb  hoeren  jehen. 

si  vuoren  dort  unde  bie, 

si  Westen  niht  selber,  wie, 
2815  oder  war  iegeltcber  kören  solte, 

alse  ez  got  selber  wolte. 

deme  beiden  lac  ez  herte, 

aber  df  sant  Oswaldes  geverte 

d6  schein  diu  liehte  sunne 
2820  unde  was  ouch  michel  wunne. 

si  vuoren  in  eineme  halben  tac, 

vürwär  ich  daz  gesagen  mac  .  .  . 

an  den  selben  vristen 

quämen  die  werden  kristen 
2825  zwischen  des  meres  üf  einen  sant, 

als6  tuot  uns  daz  buoch  bekant. 

an  den  selben  stunden 


2806  mere  MIs  m.  da  grUlichen  S. 

2808  des  meres  MlfSs.  wol  MS|3  me  dann  sfl.  vierdehalphundert  MIs 
vierhundert  Sß. 

2810  m  M  swa  Verse,  deme  beiden]  I  Den  wilden  h.  S  Dem  haidn  vnd' 
sein  galein :  M  vntt'  der  haiden  h^  u  under  dy  haiden  bf  S.  einen — 
wint]  MI  nü  nebel  vnd  w.  S  eine  grosze  stürm  wint  s  einen  dicken 
nebel  unde  einen  sturmwint  ß. 

2813/14  in  MIS  nach  2815/16,  ß:  unde  westen  (auch  u)  niht,  wä  si  hin  sel- 
ten kftren  f  s. 

2813  *dOrt  S. 

2814  Wan  SfMI.    niht  selber  IS    selb'  nicht  M  niht  ß. 

2815  war  iegel.]  I  wa  jr  i.  hin  S  wa  hin  ygl.  M  wä  si  hin  ß.  k^ren  Mß  komen  IfS. 

2817  deme  MS    de  s    Den  I. 

2818  aber  MSsfl.   geverte  MS   fert  I   fart  s.    diu  ISsß    es  M. 
2820  unde  MI    Da  S.     michel  M    ain  gross  I   och  grosse  S. 

2822  gesagen  MS    sprechen  I. 

2823  an  MI    Mit  S.     den  IS    d'  M.     vristen  MI    rasten  S. 

2824  Do  SfMI. 

2825  xwischen  MIß  Enzwischent  S  by  s.  des  meres  MSß  dai   m.  I  de  mere  s. 

einen  MIß    den  Ss. 

2826  als6  MSfl.    das  MS    dies  I. 

9* 


132 

E.  V.  2750—2772 

die  kiele  man  d6  heften  begunde. 

nfi  begunden  si  sich  ze  velde  legen 
2830  unde  wolten  da  ruowe  pflegen. 

dö  si  ze  velde  wären  komen, 

alse  wir  ez  sider  hin  vernomen, 

d6  quämen  die  beiden  an  den  stunden, 

da  st  die  werden  kristen  vunden. 
2835  d6  die  beiden  die  kristen  ansähen, 

dö  begunden  si  aber  baz  gäben. 

si  sprächen:    ,unde  hete  sin  diu  werlt  gesworen, 

s6  müezen  die  kristen     ir  leben  häa  verloren  1' 

sant  OswaU  die  beiden  zuovliezen  sach: 
2^40  hoeret,  wie  er  ze  den  sinen  sprach: 

,nü  ir  werden  kristen  guot, 

nemet  alle  an  iuch  vesten  muot, 

lät  iu  nibt  Wesen  leide 

und  wert  iuch  der  beiden  I 
2845  wir  werden  nü  bestanden 

mit  werlichen  banden: 

wert  iuch^  des  betwinget  uns  n6t: 

wir  werden  bestanden    üf  den  grimmigen  t6tl 

wer  nü  von  den  beiden  wirt  erslagen, 
2850  des  sSle  muoz  gr6ze  genäde  haben 

in  deme  Ewigen  leben^ 

des  wil  ich  iu  min  triuwe  geben: 


2828  kiele  MS,^    scheyflF  I.    d6  MSfl. 

2829  nü  b.  s.  MI    Sie  b.  S.  sich  M    sich  da  Sfl. 

2830  wolten  Ml  w.  och  S.  ruowe  ß  ro  I  rast  M  rauttesz  S.  waren  MIs  nu  w.  S. 
2832  c«  MSfl.     sider]  M    sid  Sfl. 

2836  aber  M    alle  Sfls.     baz  MI  b.  zu  in  S    fast  s. 

2839  zuo-  MI  zu  jm  S. 

2840  Nun  SfMI. 

2841  nü  ir  MI    Nu  wolan  ir  s    Ir  vil  S. 

2842  alle]  S  all  sampt  Mf  Is.   vesten  MIs  ain  u.  S. 

2843  iu  n.  w.  I.]  MI    Uchsz  niemant  laiden  S. 

2844  wert  MSs    bewart  I.     der  Ms   krefiftenklich  der  S    gain  den  I. 
2845/46  in  M  ein  Vers,     nü  ISfM. 

2847  uns]  M   vnsz  grosse  S    enck  I. 

2848  grimmigen]  M    grimen  Sfl. 

2850  gr6ze  MSfl. 

2851  MIsTS?. 

2852  MlsfS?.    iu  Ms  jm  I. 


13^ 

E.  V.  2773-2792   I 

dÄz  habet  üf  alle  min  Öre: 

lip  unde  s61e    ist  behalten  iemer  mSre.' 
2855  66  sprächen  die  werden  kristen  guot: 

,hÄrre  nü  hat  selber  vesten  muotl 

wir  wellen  iu  mit  triuwen  bibestän, 

alle  die  wile  wir  daz  leben  gehän: 

waerlkhe  die  wilden  beiden 
2860  müezen  von  uns  komen  ze  leide! 

ir  tlenunde  ir  gäben 

daz  beginnet  uns  harte  versmähen, 

daz  si  uns  her  nach  hänt  getan: 

nü  muoz  ez  in  an  ir  lebenne  gänl 
2865  si  sulen  des  hän  unser  triuwe, 

ir  hervart  muoz  si  harte  geriuwen: 

zewäre  die  beiden  alle  sant 

koment  niemer  m^re  heim  ze  lantl' 

sant  Oswalt  niht  enlie, 
2870  den  sturmvanen  er  selbe  in  sin  hant  gevie, 

her  gegen  den  beiden  was  ime  gäch, 

die  stne  tlten  ime'  vaste  hin  nach. 

nfi  wären  die  beiden  alle  sant 

ze  in  komen  df  daz  lant. 
2875  sant  Oswalt  die  beiden  ansach, 


2853  Zwar  SfMI. 

2854  ist  MS    wirt  s    sint  I. 

2856  nü  Ss    Dür,  mcA  bat  Mfl.     hat  MSs   nempt  enck  I.    selber  Is  selb  M 

selbsz  ain  S. 

2857  MSsTI?. 

2858  MSsflß.  wir]  s    vnd  wir  S    mir  mugen  M.     gchÄn]  M    han  Ss. 

2860  komen  vi^r  von  S.    ze  MIs    zu  grossem  S. 

2861  Wan  SfMIs. 

2862  daz  ISfMs.     beginnet]  M  begünd  I    musz  S.     uns  MSs  in  I. 

2863  uns  h.  n.]  M    her  n.  u.  S    her  nach  1  nach  uns  s. 

2864  MsflSp.  ir  M   dz  s. 

2865  MlfSs?.    •vnsz  M. 

2866  ir  h.]  MI    Desz  S.     muoz  MS  wirt  I.    harte]  M  noch  hart  Sfl.     geriu- 

wen MS   ruwen  I. 

2868  -mlre  MSfl.    heim  IS    h.  lempHg  M. 

2869  niht  e.  MI    do  selbsz  trann  S. 

2870  selbe  M?  selbsz  S  (2869)  f  I.  hant  MI,3hend  S.    gevie  M  ving  I  nam  S 

2871  her  MSfl. 

2872  vaste  MI  bald  S.     hin  SfMI. 


134 

I  E.  V.  2793-g^i3 

daz  wort  er  vurstliche  ze  in  sprach: 

,ir  beiden  ir  sult  iuch  weren, 

iuch  mac  nieman  emerenl' 

sant  Oswalt  den  beiden  widerbdt, 
2880  dö  buop  sich  angest  unde  n6t 

kein  man  d6  nibt  vermeit, 

iegeltcber  zacte  stn  swert  von  der  scbeit, 

die  wären  alle  liebtvar. 

nfi  drungen  si  fif  einander  dar, 
2885  beiden  unde  kristen  man 

iuflfen  einander  an. 

dd  si  zesamene  wären  komen, 

d6  wart  ein  barter  strtt  genomen: 

si  drungen  zesamene  einer  geswinden  vart, 
2890  einer  den  andern  nibt  enspart 

mit  starken  swertslegen 

begunden  si  sieb  fif  einander  beben. 

si  wurden  beidenbalp  gewert 

alles,  des  ir  herze  begert 
2895  sant  Oswalt  der  wigant 

vuorte  den  sturmvanen  in  stner  bant, 

der  manbeite  was  er  nibt  ein  tör, 

den  slnen  vabt  er  ritterlichen  vor, 

er  vabt  alse  ein  wilder  bere 


2876  daz  MS   Die  I.     vurstHche  MI    frölichen  S    zörniglich  s.     ze  in  SsfMI. 

2877  weren  MS(s)    bewarn  I. 

2878  Zwar  SfMIs.  mac]  I    kan  Ms    kan  halt  S.     nieman  ISs  n.  mcr  M. 

2880  d6  MI    Nun  S.     n6t  MI   grosse  n.   S. 

2881  d6]  da  M    doch  Sfl.     niht  MI    n.  lenger  S. 

2882  zucte]  1   zoch  S    nikt  M.    stn  IS  daz  M.    der  MSfl. 

2883  -var  MI    gefar  S. 

2884  nü  dr.  si  MS    Vnd  trUngen  I.     Af  ISs    mit  M. 

2886  Die  SfMI.    luffen]  leiff  (2885.)    Lieffen   I    Luffen  an  M   LUffend  da  S. 

2887  zesamene  MI    zii  ain  ander  S.     waren  MSfl. 

2888  starker  MS  hertter  I.     genomen  MS   Yomomen  I. 

2889  MSf  Isß.  einer  geswinden]  M  ein  geschwinde  S. 

2890  MSflsß.  niht]  M    da  nicht  S. 

2891  grim:   SfMI. 

2892  heben  MI    hawen  ring  S. 

2894  ir  h.  bj  MI   jre  herzer  begcrttent  S. 

2896  stner  Ss   sein  selb  M    der  I. 

2899  alse  Mls   rech  alsz  S.     wilder  b.  MIs    biederbar  her   S. 


135 

E.  V.  2814—2835 


29(K»  unde  gap  den  stnen  rät  unde  l^re," 
er  vuorte  den  strit  gar  wlsltche, 
dez  vröiten  sich  die  stne  alle  geltche. 
die  kristen  wären  unverzeit 
unde  pruoften  den  beiden  arbeit, 

2905  si  drangen  mit  einander  dar 

unde  begunden  smelen  der  beiden  schar, 
si  machten  ungevüege  den  strit 
unde  sluogen  schedeliche  wunden  wit 
durch  die  stahelinen  ringe  grbz: 

2910  manic  beiden  d6  sin  leben  yerl6s. 
die  kristen  begerten  keiner  reste 
unde  hiuwen  durch  die  helme  veste 
unde  durch  daz  stahelin  gewant, 
si  valten  die  töten  üf  daz  lant. 

2915  die  kristen  sich  krefticliche  gerächen, 
die  beiden  si  sluogen  unde  stächen, 
den  heiden  muoste  misselingen, 
wände'  si  liezen  sich  verdringen, 
einer  hin,  der  ander  her, 

2920  des  verluren  si  wirde  und  6r. 
si  vähten  einen  sumerlangen  tac. 


2900  nnde  MIs   Er  S. 

2901  gar  Ss   so  Mfl.     den  sinen  vor:  SfMIs. 

2902  MIS8fß.S:    Desz  warent  all  sin  heren  ynd  knecht  frö.     gcUche  Mlfs. 

2903  w4ren  MIs   w.  gar  S. 

2904  pruoften  M    machten  Is   brachtent  S.     den  MIs    die  (i<e?)  S.     arbeit 

MIs   jn  grosse  dag  S. 
2906  unde  MIs    Si  S.     b.   smeln  M  machten  —  gar  sn  smal  s  b.  mindren  S 

roachtn  mfd'  I.     *schär  M. 
2908  unde  MI    Si  S.    schedeliche]  M    tieff  I    den  haiden  grosse  S. 

2910  manic  MIs    Desz  vil  menger  S.     d6  MsflS. 

2911  begerten  MS   hattn  1.    keiner  reste  MS  kainen  rast  I. 

2912  hiuwen  IS  schlUgn  M.    durch  die]  S  durch  M  in  durch  I.  veste  MS  vast  I. 

2914  si  V.  IS    Man  velt  M. 

2915  krefticliche]  M    die  heiden  krefftenklichen    S  wol  I.     gerächen]  I  rachn 

M    prachen  S. 

2916  si  MI  si  vast  S.    Danach  nur  in  M:  Die  cristn  die  warn  mUtes  reich 

Die  haidn  mochtn  in  nicht  geleichn. 

2917  muoste  MI    m.  da  S. 

2918  verdringen  MIs   hinder  sich  tringen  S. 
2921  si  V.  ISs  Man  vacht  M. 


136 

I   E.V.  2836-2857 


daz  nieman  keiner  reste  pflac 

vollicltche  unze  üf  den  äbent  dan: 

d6  wurden  erslagen  die  heidnischen  man. 

2925  kUnic  Ar6n  wart  sigel6s, 

drtzic  tfisent  heiden  er  verlos, 
die  wurden  ime  alle  samt  erslagen, 
alse  wir  noch  hoeren  dagen: 
ez  mohte  anders  niht  enwesen, 

2930  man  lie  ir  keinen  niht  genesen, 
si  verluren  alle  den  Itp, 
daz  klageten  diu  heidnischen  wtp. 
nfir  des  rkhen  küniges  Ardn 
des  begunde  man  vür  die  andern  sch6nn. 

2936  daz  tete  man  ouch  nur  umbe  daz, 
daz  er  der  küniginne  vater  was: 
die  kristen  in  undergiengen, 
daz  si  den  künic  Ar6n  viengen. 
si  vuorten  in  an  den  stunden, 

2940  dd  si  sant  Oswalt  vunden. 
d6  in  sant  Oswalt  ansach, 
dö  begunde  er  lachen  unde  sprach: 
,her  5weher  stt  mir  gotwilkomen, 


2922  nieman  MIs  keiner  b  nie  nemant  do  S  si  nye  u.   keiner  MSsu  kain  Ip). 

Teste  MS   ruowe  Isß. 

2923  vollicltche]  I  Vollikleichn  M  VoUenklich  S.  unxe  IS  biz  Ms.    üf  Ml  an 

Ss.    dan  MlSfs. 

2926  Wol  SfMIs.    er  MIs   er  da  S. 

2927  samt  MSfls. 

2928  noch  MI  esz  n.  S. 

2929  Zwar  SfMI.     enwesen  M   gewesen  IS. 

2930  ir  IS    im  M.     keinen  niht  MS    weinig  I.    • 

2931  alle  MI    all  sampt  S.    den  M    die  S    eren  I. 

2932  diu  IS    do  die  M. 

2933  kUniges  Ss    kUnic  MIß.     Ar6n  MISs   Aarons  ß. 

2934  begunde  ISs    wart  ß  schonet  M.    die  MS  d'  I    den  s.    andern  ISs  and' 

M.  sch6nn]  schon  I  schönen  Ss  gesch6net  ß  man  M. 

2935  nur]  M    nü  S   nun  sfl. 

2936  kUniginne  MI   jungen    k.   s    jungfrawen  S. 

2937  vnder-  MIs  er  S. 
2939  den  MI    den  selben  S. 

2941  in  MIsß  si  S. 

2942  d6  MSflsß.     er  vor  begunde  I. 

2943  'swer  I.    mir  MIsß    m.  recht  S. 


137 

E.  V.  2858—2879 


iuwer  kunft  hän  ich  gerne  vernomenl 
2945  er  empfie  in  wol  mit  ören, 

er  sprach:    Jr  sult  iuch  toufen  geren!' 

d6  diu  rede  vol  geschach, 

der  heiden  zorniclkhen  sprach: 

»Oswalt  wilt  du  mich  ze  eineme  sweher  hän, 
2950  sd  solt  du  mich  dines  spotes  eriän: 

an  dtnen  got  geloube  ich  niht, 

wie  halt  mir  darumbe  geschihtl' 

dö  sprach  der  milte  künic  Oswält 

ze  deme  wilden  beiden  halt: 
2955  |du  solt  minen  got  niht  schelten, 

wände  du  möhtest  sin  gar  harte  entgelten: 

ich  bin  an  dir  worden  sigehaftl 

nü  hat  min  got  wol  die  kraft, 

daz  er  dtne  liute  heizet  üfstän, 
2960  daz  du  si  lebendic  vor  dir  sihest  gän.' 

d6  diu  rede  vol  geschach, 

hoeret,  wie  der  heiden  sprach: 

,6  milter  künic  Oswalt', 


2944  Zwar  SfMIs.   kunft  MI    zuokunft  Ss.    gerne  ISs    wol  M. 

2946  sprach  MIs   8.  sü  jm  S.    toufen  MI    t.  läien  s    töffen  lan  S. 

2947  rede  MI    r.  da  S.    vol  M  wol  I    wo  vol  S. 

2948  zorniclkhen]  zornicliche  Isß  zorenklichen  S  zornleichn  M. 

2949  eineme  MSßfls.    »swcr  I. 

2950  solt  du  mich  .  .  .  erlän  IS  soltu  mich  .  .  .  vettragn  M  solt  du  min  .  .  . 

lan  s  überhebe  mich  ^3.    spotes]  S   pads  b    gottes  u   gespötes  MI  un- 
gespottet  s. 

2951  Den  S  wände  pfMIs. 

2952  geschiht  MIs   ymer  beschicht  S. 

2953  kOnic  MI    k.  sant  Ss. 

2956  mühtest  Ss   machst  M    müst  I    wurdest  ß.     sfn  Mlsß    desz  S.     gar  harte 

M    gar  ser  u    wol  S  anders  sf  Ib. 

2957  an  dir  worden  MS    w.  a.  d.  I. 

2958  nü  —  die  MIs    unde  wizze  daz  min  got  hit  die  ß    Vnd  desz  durch  minesz 

gottesz  S.     Danach  nur  in  S:    Deii  er  jst  so  gewaltig  vnd  rieh 

Vber  jung  vnd  über  alt  gelich. 

2959  liute  ISs    dienst  lawt  M. 

2960  ISfMsß.  vor  dir  sihest]  S    s.  v.  d.  I.    gän]  S    sten  I. 

2961  »f  M  nach  2962,  aber  mit  Zeichen  {„)  hinter  den  Versen,    rede  MI  r.  do  S. 

vol  M    wol  IS. 

2962  Nun  SfMI. 

2963  Ä]  M    Ain  I    Ach  S  O  sfß.    künic  MIsß    k.  sant  S. 


138 

I  E.V.  2880-2899  I 

sprach  der  wilde  beiden  halt,  ^ 

2965  ,daz  wil  ich  reden  äne  allen  spot: 

mäht  du  des  erbitten  dinen  got, 

daz  er  den  mtnen  hilfet  üz  dirre  not 

unde  daz  si  üfstdn  von  deme  t6t, 

s6  wil  ich  ze  ime  kören 
2970  unde  wil  mich  läzen  toufen  geren, 

mac  des  aber  niht  geschehen, 

an  dinen  got  wil  ich  niemdre  jehen.' 

d6  diu  rede  vol  geschach, 

sant  Oswalt  sach  ftf  gein  himel  unde  sprach: 
2975  ,6  himlischer  trahtin 

ich  ermane  dich  hiute  des  tödes  dio, 

den  du  empfienge  an  deme  heiligen  kriuzes  stam: 

dö  erlöstest  du  vrouwen  unde  man 

mit  d!neme  unverdienten  tot: 
2980  nfi  mane  ich  dich  an  die  selben  not: 

hilf  mir  durch  diner  marter  öre, 

daz  die  töten  alle    wider  lebendic  werden  1' 

dö  diu  bete  vol  geschach. 


2965  allen  MlfS.  , 

2966  unde  SßfMIs.  des  erbitten  dinen  MSß  das  erb.   Qmb  dinen  s   eipiettn 

daz  dein  I. 

2967  den  m.  ISs    die  mein  M.    hilfet  MSs  helff  I.    üz  IS  auf  M.   dirre]  dir  I 

diser  MfS. 

2968  daz  MlfS. 

2969  ze  ime  k.  IS    mich  bechern  M. 

2971  Vnd  SfMIs.    des  M  daz  ISs.     d.  aber  MS   aber  d.  I.    «gesehen  I. 

2972  niemere]  M   nymmerme  s    nimer    nUcz    S  nit  I.    jehen  MI  veriechen  S 

glauben  s. 
2978  rede  MI    r.  do  S.    vol  S    alliu  MI. 

2974  sach  üf  sß    uff  sach,  nach  himel  S    plikt  MfL    unde  MSs^I. 

2975  e]  M   O  Is   Vil  Sf?. 

2976  ermane  Ss    roane  MI.     nun:   SfMIs. 

2977  kriuzes  stam]  (an  dem)  stam  (des  heiligen)  kriuzes  ß    krewcz  M  ciprion  S 

fryttag  Ifs. 

2978  erl.  du  MI   du  erl.  s    du   mit  erl.  S.    vrouwen  MI  fraw  S.    DoMOck  S: 

Vnd  sunder  die  dinen  willen  han  getan. 

2979  dineme  MI(ß)  dem  S. 

2981  mir  MIs    m.  vnd  S.     ere  MI    eren  S. 

2982  alle  w.]  S    all  sampt  w.  M    alle  sf  I. 

2983  diu  Ml(sß)  ditz  S.     vol  MSfls. 


139 

E.  V.  2900 — 2923 


ie  ein  töter  den  andern  ansach, 

2985  si  stuonden  üf  in  allen  den  gebaeren, 
nur  alse  si  sunst  entslifen  waeren. 
dö  sprach  sant  Oswalt  schön: 
ysihest  du  richer  kttnic  Arön, 
waz  Zeichens  mtn  got  hat  getan? 

2990  noch  solt  du  ati  in  gelouben  hän 
unde  solt  balde  gäben 
unde  kristenlfchen  gelouben  empfihen: 
geloubest  du  an  in  krefticltchey 
so  besitzest  du  daz  6wige  himelrtche/ 

2995  d6  sprach  der  wilde  beiden: 

,0swalt  daz  waere  mir  iemSre  leide: 
din  got  ist  ein  junger  t6r, 
der  möhte  mir  niht  wesen  vor: 
ich  wil  gelouben  an  den  alten, 

3000  der  sol  ouch  mines  lebennes  walten, 
unde  waz  der  alte  geschaffen  hat: 
an  den  geloube  ich  vruo  unde  spät.' 
er  sprach:    ,Oswalt  vurste  rkhe, 
unde  bete  ich  siben  houbet  drltche 

3005  äf  mineme  Itbe  stän, 

alse  ich  doch  nur  einez  hän, 
diu  lieze  ich  mir  alliu  abenemen, 


2984  ie  MSflß.   ein  tdter  MS    einer  Iß. 

2985  allen  den  g.  MS   aller  der  gebaere  Is. 

2986  nur]  M  Nun  Sfls.    alse  MI  als  ob  Ss.    sunst  M    sanft  Sfls. 
2988  sihest  du  MIs  sichtest  du  S   schouwe  ß. 

2990  gelouben  vor  an  S. 

2991  balde  MI    och  b.  S. 

2992  kristenl]  S    cristn  gleichn  M    cristn  I.    *glöben  S. 

2993  Vnd  SfMIß.    krefticliche]  M    kreiitenklich  S  krefflich  Ifß. 

2994  ^eseczestu  I.    ewige  MSß    fron  I. 

2996  iemSre  MSs    nu  I. 

2997  Wan  STMIsß. 

2998  der  MSß    er  Is.    mühte  MI(ß)    mac  Ss. 
3001  geschaffen  IS    beschaffen  Mß. 

3003  Osw.  MIs   O.  edler  S. 

3004  unde  SsßfMI. 

3005  AUe  SfMIs. 

3006  doch  MsflS.    nur]  M  nü  ISs. 

3007  mir  MIs  mir  -  e  ß  nü  Ec  mir  S.  -nemen  MS  sltgen  1  slahen  ß  hauwen  $, 


JI40 

I  E.  V.  2924—2945 


des  wolte  ich  mich  niemere  geschemen, 

6  daz  ich  geloupte  an  dtnen  got, 
3010  wände  darumbe  waere  ich  aller  heiden  spot' 

alsd  redete  er  fiz  grözeme  zoren: 

,sihest  du  niht,  mine  Hute  sint  wider  lebendic  worden: 

hie  an  disen  ztten, 

wil  ich  drest  mit  dir  stritenl' 
3015  die  heiden,  die  d6  lebendic  wären  worden, 

die  sprächen:    ,h6rre  lät  von  iuwerme  zoren  1 

ir  sult  von  deme  kriege  län, 

wir  wellen  iu  niht  btgestin: 

wir  sin  gewesen  an  dirre  stunde 
3020  \i\  der  heizen  helle  gründe, 

da  ist  uns  alsd  wd  geschehen/ 

—  begunden  die  heiden  alle  jehen  — 

,hät  ez  üf  alle  unser  £re: 

an  Mehmeten  gelouben  wir  niemer  m^re: 
3025  er  mac  nieman  bigestän: 

wir  wellen  an  Jösum  Krist  gelouben  hin, 

deme  wellen  wir  dienen  vttr  eigen, 

der  mac  uns  wol  hilfe  erzeigen!' 

d6  diu  rede  vol  geschach, 


3008  wolte  Ms  wilt  I  wil  S.    niemere  IS  nit  s  Jm  M.  geschemen  M  scbemcD 

Ss    schämen  I. 

3009  geloupte  MIs   geloben  weit  S. 

3011  er  MI    der  haiden  S. 

3012  niht  s    nit  dasz  SfMI.    wider  MSsfl. 

3014  Irest  MIs    wider  ßfS. 

3015  d6  MsflS.    wären  SsfMI. 

3016  die  8pr.  MS80)ri.     h^rre  MIsß    h.  nü  S. 

3017  Zwar  SfMIs.     deme  IS    dism  M   (lassent  Uwer  kriegen  sin  s). 

3018  niht  MIs    niht  mere  ß    nUmer  mee  S.    -gestän]   S    bestan   M.    ttan  Is. 

3019  dirre]    d'  M. 

3020  in  ISsß  Pej  M. 

3021  ^gesehen  I. 

3022  heg.  d.  h.  MI    Dasz  b.  d.  erschlagen  b.  S.     alle  MlfS. 

3023  Nu  SfMI.    habet  MI  hab  S.    alle  MlfS.   •vnsz  M. 

3025  nieman  Sß    nieroat  nicht  M  kaim  I.     gestin  ISß    bestäo  M. 

3026  Krist]  M    Christum  Sßfl. 

3027  wir  IS    mir  nU  M. 

3028  wol  I,  tiocA  hilfe  SfM. 
vol]    wol  I    do  vol  S    allew  M. 


141 

I  E.  V.  2946—2963 


3030  hoeret,  wie  der  künic  Ar6n  sprach: 

,^  milter  künic  Oswalt 

nü  hdst  du  min  s6  gr6/.en  gewalt: 

ich  wolle  mich  toufen  geren 

unde  ouch  kristenlichen  gelouben  m£ren,     ^ 
3035  nfl  ist  daz  mere  ein  sulze  unde  darzuo  gruntlös, 

darüf  hlln  ich  sorge  als6  gröz: 

daz  mere  hat  niendert  grünt: 

entviele  ich  dir  an  der  stunt 

hin  in  daz  wilde  mere, 
3040  s6  möhte  mir  niht  gehelfen    allez  din  here.' 

also  sprach  er  trüricliche: 

,Oswalt  ede\er  vurste  rkhe 

du  gihest  din  got  sin  ein  heilant: 

sihest  du  dort  die  steinwant? 
3045 dtn  got , 

daz  er  üz  deme  harten  steine 

einen  brunnen  lät  erspringen, 


3030  der  MlfS. 

3031  e]  M    Ain  I    O  Sfu.     Oswalt  MIu  sant  O.  S. 

3032  s6  M   vil  Sfl. 

3033  Z\iraT  SfMIß.     wolte]   lieze  MIS    (ich   wil  gerne  die  toufe  empfahen  ß), 

z/f/.  8034.    toufen  MI  nu  töffen  S. 

3034  unde  MIß    Vnd  weh  S.     kristenUchen  Sß    kristen-  ML 

8035  in  S  twei  Verse,    ein  suUe]  M  gar  e.  salcs :    S  salcz  I  bitter  ß.  unde  MIu 
Vnd  ist  och  S    und  ist  b.     danuo  MSflß.     *grütlof  M. 

3036  als6  MSfl. 

3037  hat  MI  hett  S.    niendert]  M    nienen  S    kain  I. 

3038  entviele  ich  dirj  EnpfYl  ich  d'  M  vnd  enpfall  Ich  dir  u   valle  ich  b  Ich 

enpfilch  dir  I    Oder  ich  enpfllch  mich  dir  S.    an  IS    dan  an  d'  M, 

3039  hin  in  MS    darin  ß  Vil  ich  in  I. 

3040  «6  m.  m.  MS    Mir    niöcht  I    s6    mac    mir  ß.     geholfen  MS    helffii  I  ze 

hilfe    komen  ß.    allez    din]  M    a.  mein  I    nieman    ....    (noch  u)    als 
din  ß  din  S.    here  MI  hcrr  ß  got  vii  her  (vn  übergeschr»)  S. 

3041  trüricl.]  trawrichleih  {das  h  solUe  k  werden)  M  gar  trurenklich  S  dUchten- 

lich  I. 

3042  edelcr  MIs  vil  e.  S. 

3043  gihest]  gist  M  sprichest  ISsß.    sin  M  si  ISsß. 

3044  Nun  SfMIs.    steinwant  ß     Stains  w.  M    steinin  w.  ISs. 

3045  M:     Vii    wirt    (bitt  'MI)    dein   got  Rain.     I:    Vii    pitt    dein    got    jnne. 

S :   Tut  nun  din  got  siner  genäden  schain.    s :    dut  din  got  dz  zeychen. 
ß :    (ich  wil  zewÄre  keinen  geloubep  an  in  han,)  er  si  dann  s6  mächtig. 
3047  ersprin^en  MS    spriengft  I    entspringen  s(ß). 


142 

I   E.  V.  2964-2984 


da  toufe  ich  mich  innen, 

mac  des  aber  niht  geschehen, 
3050  an  dtnen  got  wil  ich  niero^re  jehen/ 

sant  Oswalt  der  heilant 

gie  hin  öf  die  steinwant 

unde  viel  nider  üf  stniu  knie, 

daz  swert  er  in  die  rehten  hant  gevie 
3055  unde  z6ch  cz  üz  der  schalt. 

der  helt  daz  langer  niht  vertneit,  . 

daz  ort  lieze  er  hangen  nider, 

saget  uns  daz  buoch  sider. 

sant  Oswalt  fif  gein  himel  sach, 
3060  gerne  muget  ir  hoeren  wie  er  sprach: 

,6  himlischer  vurste  h€re 

ich  ermane  dich  der  heiligen  toufe  ^re, 

die  du  empfienge  in  deme  heiligen  Jordan, 

beide  durch  vrouwen  unde  durch  man: 
3065  nü  hilf  mir  üf  dirre  erde, 

daz  ein  brunne  hie  entspringen  werde, 

daz  die  heidnischen  harren 

in  dtneme  namen  alle  kristen  werden!' 


3048  mich  MIsß    m.  den  S. 

3049  Vnd  SfMIß.     des  M    es  I    daz  Sß.    «gesehen  I. 

3050  niemere  Mu    n.  me  S    niht  Ib. 

3051  der  MI    d.  rain  S. 

3052  gie  h.  üf  MIs    gieng  üf  ß    Der  er  sach  S.    steinwant  Iß    stains  want  M 

stainin  w.  S    steyn  s. 

3053  unde  v.  MIs    Do  fiel  er  S. 

3054  die  MI    stn  Ss.    rehten  MsflS. 

3056  das]  M  desz  S    es  I.     langer  n.]  M  nit  1.  I    nit  S. 

3057  hangen  MlsfS. 

3058  Also  SfMI.     sider  MI    nun  s.  S. 

3060  gerne  MI    Nun  S. 

3061  e]  E  Milter  M  O  Ssflß.  h.  vurste  h.    MS  herre  himmelscher  fbfst  s  her  1^ 

3062  ermane]  Smane  MI. 

3063  t>»  S /M^^  3064.    empfienge  MlßfS.  heiligen  MSflß.  Jordan  MIß  ctpryan  S. 

3064  vrouwen  MI  fraw  S.    durch  m.  MS  m.  I. 

3066  hie  ISs(ß)fM.     entspringen  w.  MS    entspringe  sß    werde  I. 

3067  :>iS  zwei  Vtrse,  daz  MIsß  Dar  vmb  dasz  din  lob  vnd  ergemerret  werde: 

VndS.  die  MIS  dise  s  der  wilde  ß.  heidnischen  herren  MI  beiden  Ssp. 

3068  in   d.  n.  MIs  dar  jn  Sf  ß.    alle]  M  er  unde  allez  sfn  here  ßf  ISs.  kristen 

w.  MIs    getöfft  werde  S  geloube  unde  getouft  werde  ß. 


U8 

I   E.  V.  3985-3008   I 

sant  Oswalt  wart  gewert 
3070  alles,  des  sin  herze  begert 

von  deme  himlischen  trahtln 

unde  von  der  lieben  niuoter  sin: 

daz  swert  inie  üz  der  hende  brach 

—  von  gotes  krefte  daz  geschach  — 
3075  abe  durch  den  harten  stein. 

gotes  kraft  Ab  wol  erschein : 

von  jies  sWertes  orte 

sieb  diu  steinwant  durchborte. 

nü  lie  sich  ein  schiel  her  dan, 
3080  daz  sähen  beiden  unde  kristen  man, 

der  was  s6  gr6z,  alse  wir  noch  hoeren  sagen, 

tüsent  wagen  möhten    in  niht  hän  getragen. 

gotes  kraft  diu  was  gr6z: 

fiz  der  steinwende  ein  brunne  gevl6z^ 
3085  der  was  zehen  kldfter  w!t, 

seit  uns  daz  diutsche  buoch  stt, 

unde  nur  einer  tief. 

sant  Oswalt  lüte  rief: 

iSihest  du  heidnischer  man, 
3090  waz  Zeichens  hat  mtn  got  getan? 

noch  solt  du  zuo  der  toufe  gäben 

unde  kristenlichen  gelouben  empfähen, 


3069  gew.  MIs   do  g.  S. 

3073  ime  MI    er  jm  S. 

3074  krefte  ISs    chremii  M. 

3075  abe]  M    Ze  tal  S    nider  ßf  Is. 

3077  Wol  SfMI.   orte  MI  arte  S. 

3078  *Si  M.  steinwant  I(ß}  stain  wanden  S  stains  want  M.  diirchborte  MIs  parte  S. 

3079  nü  MS    Do  I.     schiel  Mß    schilp  s    scholl  S    stUck  I.    *erdan  I. 

3080  heiden  u.  kr.  MI(s)   baide  frawen  vnd  S. 
8081  noch  MSfl. 

3082  in  MSsß  ez  I.     niht  ISsß    nindert  M. 

3083  diu  MI    wol  wol  erschin  vfl  S.    grdz  MI  so  gr.  S. 

3084  steinwende]  I  stainwantt  M  staini  wand  S  steyn  s.    gevl6z  M    vl6z  ISß. 

3085  was  MIsß   w.  wol  S.    wft  MSß   lanc  Is. 

3086  MSflsß.  seit]  Seit  M  Dasz  sagt  S.  diutoche]  MfS.  sIt]  sait  M  nun  sid  S. 

3087  nur  Mß   nun  Sfls.     einer  MSß    einer  kUftem  Is. 

3088  lüte  Ms    mit  lüter  stimme  ß    gar  1.  I    vil  1.  S. 

3090  hdt  m.  got  get.  MS   mtf  g.  h.  t«n  I. 

3091  der  MI    dem  S. 

3092  kristenltchen  gel  MS    Cfisten  g.  s    cristn  glaichn  I. 


144 

I   E.  V.  3009-3032 


unde  wilt  du  daz  niht  balde  tuon/ 

s6  hast  du  weder  vride  noch  suon: 
3095  iezuo  mit  deme  swerte  mtn 

slahe  ich  dir  abe  daz  houbet  dinl' 

der  beiden  der  rede  harte  erschricte, 

sant  Oswalden  er  anblicte: 

er  sprach:   »milter  künic  Oswalt 
3100  dm  got  bat  aller  dinge  gewaltl 

min  got  ist  Mähmet  genant, 

der  beiden  bdrre  über  alliu  lant: 

des  wil  ich  von  ime  k6ren 

unde  kristengelouben  mSren: 
3105  ich  muoz  dir  der  wärheite  jehen: 

ich  hin  solich  zeichen     von  Mähmeten  nie  gesehen. 

ich  wil  mich  an  den  haben,  der  Jdsus  ist  genant, 

der  ist  h^rre  über  alliu  lant, 

daran  wil  ich  bellben  staete. 
3110  Oswalt  ziuch  mir  abe  min  gewaete: 

von  gote  bist  du  gewert: 

Oswalt  min  herze  der  toufe  gert.' 

sant  Oswalt  der  heilant 

z6ch  abe  deme  beiden  stn  gewant, 
3115  er  sprach  als6  schön: 

,vor  hieze  du  der  riche  künic  Arön, 


3093  wilt  du  ISs    woltz  du  M.   daz  Ms  es  IS. 

3094  •son  MS. 

3095  Wan  STMI. 

3097  der  MI  ab  d.  S.    harte  MI  gar  h.  ß  vil  ser  S.  erschricte  MS  ersehne  !^. 

3098  er  MIß    er  do  vast  S. 

3099  kUnic  MIs    k.  saut  S. 

3104]  M  Vfi  wil  mich  las  bekeren  I    Vnd  wil  jo  nUmer  mer  eren  Sfsß« 

3105  Zwar  SfMI.     dir  der  S  d'  MI.     jehen  MI    uerjechen  S. 

3106  Wan  SfMI.     solich  MSß  sölliche  I.      von  M.  I.    vor  solich   M  vö  «i- 

screm  got  S    meine  got  u.     nie  MS    alle  nnne  tage  kein  ß  nit  I. 

3107  mich    an    d.   h.  M    mich   an  den  got  S    glaubn  a.  d.    I.    Jesus  MI  jbs 

yps  S. 

3108  Zwar  SfMI. 

31 10  Osw.  MI    O.  nun  S. 

3111  du  MI    d.  sin  allesz  wol  S. 

3112  der  toufe  MIs    desz  toffs  mit  flisz  S.     gert  MI    begert  Ss. 
3114  roch  MIß    Zwoch  S.     abe  d.  h.  MSß   *d.  h.  ab  I. 

3110  ISsßfM.    der  r.]  I  der  k  Rych  s  der  mähtige  ß  rieber  S. 


145 

I  E«  V»  3033-3057  ! 

nü  8o)t  du  Zentlnus  werden  genant 

über  alliu  kristenlant.' 

sant  Oswalt  toufte  den  sweher  s!n, 
3120  darnach  diu  vier  magedtn, 

er  toufte  drt  sumer lange  tac, 

daz  er  nie  keiner  reste  pflac. 

an  deme dritten  tage,  dö  sich  tac  unde  naht  wolte  scheiden 

dannoch  wären  ungetouft    zw6ne  unde  sibenzic  beiden. 
3125  die  vorhten,  ez  wurde  in  ze  späte, 

unde  begunden  tlen  also  dräte, 

si  vorhten,  si  mtiesten  versfimet  stn, 

unde  Sprüngen  mit  einander  darin 

unde  würfen  des  wazzers  dri  stunt  in  den  munt: 
3130  iegelkheme  wart  ein  reiniu  s6le  kunt. 

alse  getoufet  wurden  die  beiden, 

nü  was  in  niht  m^re  leide: 

si  sprächen  an  den  stunden: 

,nü  habe  wir  den  t6t  überwunden  I' 
3135  si  sprächen:   ,Oswalt,  vurste  hSre, 

leben  wir  nü  iemer  mSre?' 

d6  sprach  der  milte  küntc  Oswalt: 

,got  hat  aller  dinge  gewalt: 

ich  tuon  ez  iu  beiden  allen  bekant: 


3117  Zentinus  S    czenttiDus  M    csenzim  I    Centurio  s  Zenturus  ß.    werden  M 

vor  2^ntiDus,   Ss    sein  I. 

3118  alliu  kr.  MI    alles  er.  s   a.  die  er.  S    mine  ktlnicriche  ß. 
-19  toufte  MIsß    t  da  S.     •swer  1. 

3120  Vnd  MflS. 

3122  nie  MSs,  nach  reste  Ifß.     gepflac]  M  pflac  Ssß. 

3128  Zu  band  STMIs?.     ♦trctten  I.     ffinter  tage   Versschhtss  S. 

3124  zwene  u.  s.  IS    lij  M    zwen  vfi  fUnffltzig  s    hundert  ß. 

3125  MI^Ss.     wurde  in  Ifit    wolt  inn  werdn  M. 

3126  MlsfSß. 

3128  Sprüngen  ISsß    springn  M.     mit  MIsß    all  m.  S. 

3129  des  wazzers  MIs  daz  w.  S^.  dri  stunt]  I  drtt  mal  s  jr  try,  v^  würfen  SfMß. 

3131  alse  MI    A.  do  S    Do  nu  s. 

3132  leide  Ml    zu  1.  S. 

3133  si  MI    Vnd  S.    den  MI    d.  selben  S. 

3135  vurste  here  MI    werder  f.  h.  S    Edeler  fUrste  S. 

3136  Vnd  SfMIs. 

3137  der  m.  k.  MSfls^.     Osw.  M    sant  O.  ISsß. 

3138  got  MSsß   g.  d'  I.    gewalt  MIß(s}   wol  g.  S. 

3139  ez]  I  nafh  tuon,  M  nath  iu  fSs.   beiden  MSflsß.   bekant  S  kant  M  kunt  Is. 
Daesecke,  Münchener  Oswald  10 


146 

I  E.V.  3058-3079 


3140  ir  sterbet  in  deme  järe  noch  alle  sant/ 
des  erschricten  die  getoufren  beiden  ser: 
,6w6,  daz  wir  ie  sin  komen  her!' 
si  sprächen,  alse  wir  boeren  jeben: 
,nü  ist  uns  mit  deme  töde  s6  w£  geschehen, 

3145  nü  wänt  wir  an  disen  stunden, 
wir  heten  ez  allez  überwunden: 
müeze  wir  noch  eines  ligen  t6t, 
wie  sule  wir  überwinden  die  n6t?' 
si  sprächen  unverborgen: 

3150  ,Oswalt  hilf  uns  üz  den  sorgen, 

unde  bitte  den  himlischen  heilant, 
daz  wir  iezuo  sterben  alle  santl 
unde  solte  wir  als6  sorgen  daz  ganze  jär, 
Oswalt  daz  sagen  wir  dir  vürwär, 

3155  s6  möhten  wir  in  den  sunden  verzagen 
unde  naemen  stn  an  der  s^le  schaden: 
bitte  den  himlischen  trahtin, 
daz  er  ime  unser  sdle     läze  empfolhen  stnl' 
sant  Oswalt  tete  an  der  selben  stat, 

3160  wes  in  maniger  getoufter  beiden  bat: 
er  sprach  an  der  selben  stunt: 


3140  noch  MlpfSs. 

3141  erschricten]  erschraktn  M    erschraken  ISsß.     get  MsflS. 

3143  sprächen  MIs  spr.  all  sampt  S  spr.  alle  [1     hoeren  MS  kOnne  I.   jeheo 

IS   sagfi  jehfi  M. 

3144  nü  i.  üiMSs    Vns  ist  I.     deme  MlsfS.     sA  we  vor  mit  M.     geschehen 

Ms    gesehen  I    beschechen  S. 

3145  nii  w.  w.  MI    Wir  wundent  S    vn  meynten  s. 

3146  ez  MI    ez  nü  Ss. 

3147  wir  IS    w.  dann  M.     eines  ISu    ainstund  M    mer  b. 

3148  die  IS    d.  gross  M. 

3149  sprächen  MI    s.  all  S. 

3163  unde  MI    Den  S    Wann  s.     ganze  MlsfS. 
3154  sagen  wir  IS    sag  ich  M. 

3156  MlSsfß.     I:    Dz  vns  an  d'  sei  möcht  seh.     s:    vn  an  der  seien  grossen 

schaden  nemmen.     ^nemend  S. 

3157  Vnd  STMI. 

3158  unser]  S    vnsz  M    die  I.     sele  MI    seilen  S. 

3159  der  selben  MS    d.  I. 

3160  maniger  MIs    da  m.  S. 

3161  der  IS    den  M. 


147  

I  E.V.  3o8o— 3IOO  I 

,her  got  tuo  mir  dtn  gen&de  kunt, 

unde  hilf  mir,  daz  die  getooften  beiden 

senfticHchen  verscheiden 
3165  unde  daz  si  als6  ersterben 

unde  mit  deme  andern  t6de    d!n  hulde  erwerben I' 

sant  Oswalt  wart  gewert, 

alles,  des  sin  herze  begert 

von  gote  unde  von  der  muoter  stn, 
3170  die  täten  ime  genäde  schtn, 

daz  die  getouften  beiden  d6  geswigen 

unde  alle  vür  t6t  damider  sigen, 

daz  si  ir  lebennes  verdürben 

unde  ouch  gar  senfticltchen  stürben. 
3175  si  wurden  ze  aschen  unde  ze  molte, 

alse  es  got  selber  wolte. 

mit  deme  ändern  t6t 

quämen  si  von  der  helle  not: 

got  sande  ein  englische  schar, 
3180  die  nämen  dö  der  sdlen  war, 

si  empfiengen  si  an  der  stunde 

iegelicheme  von  sineme  munde 


3162  tuo  MIs   DU  t.  S. 

3163  mir  ISsfM.     getouften  MIs    töfften,  das  gzveiie  t  aus  e  S. 

3164  senfticUchen]  M  senflftiglich  s    Senflftenklichen  S  senftliche  Iß. 

3165  dax  MSfl. 

3166  deme  a.  t.  MSs    ain  and'  I. 

3167  gewert  Ms    aber  g.  I    da  g.  S. 

3168  des  Ml    desz  dasx  S. 

3169  muoter  IS    lieben  m.  M. 

3170  ime  g.  MI    da  jr  g.  wol  S    (got  der  det)  jm  sin  g.  s. 

3171  dax  ISs  Do  M.  getoufien  MSsfl.   d6  MSfls.  geswigen]  M  geschwegen 

I    schwigen  Sf  S. 

3172  alle  MSsßfl.    vUr  MI  v0  S.    dar-]  da  S  do  If Msß.    sigen  MIß  suncken 

S  ligen  S. 

3173  dax  MI    Vnd  da  S.     verd.  MI    gar  verd.  S. 

3174  ottch  ISfMs.   senfticlichen]  M  senfftiglich  s  senfftenklichen  S  senftliche  Iß. 

3175  molte  MI    moU  S   staub  ß. 

3176  Recht  SfMI. 

3177  Do  STMI. 

3179  ein  IS    in  ein  M.     englische  MI    engelschliche  S. 

3180  s^len  IS    sei  M. 

3181  si  MI    da  S.     der  MI    der  selben  S. 

3182  iegeltcheme]  M   Jegliche  I    Yegkliche  seil  S. 

lO* 


'l  T  ■ 

E.  V.  3101— 3123 


unde  vuorten  si  dö  wirdicltche 

in  daz  dwige  himelrkhe. 
3185  sant  Oswalt  nam  den  sweher  stn 

unde  diu  vier  magedin 

unde  alle  stne  dienestman 

unde  zogeten  dö  vr6lkhe  von  dan: 

er  hete  ir  nie  keinen  verloren, 
3190  des  vröite  sich  der  vurste  hochgeboren: 

mit  den  stnen  allen  sant 

quam  er  vr61iche  gen  Engellant. 

gen  Engellant  sageie  inan  diu  maere, 

daz  sant  Oswalt  komen  waere 
3195  mit  einer  schoenen  briute, 

daz  hörten  gerne  alle  stne  Hute. 

die  riehen  quämen  dar  mit  gäbe, 

die  armen  quämen  dar  durch  genäde, 

si  Srien  den  riehen  künic  Oswalt 
3200  durch  h^rschaft  unde  gewalt. 

nü  hete  er  ein  schoene  höchztt, 

—  seit  uns  daz  diutsche  buoch  sk  — 

von  pfingesten  unze  fif  den  sibenden  tac: 

iewederme  man  er  ze  ezzenne  unde  ze  trinkenne  gap, 
3205  man  gap  ez  wirdiclichen 


3183  si  MlfS.     d6]  I  da  gar  SfM.     wirdicliche  MI    wirdenklich  S. 

3184  Si  SrMI. 

3185  nam  MI    n.  da  S.     *swer  I. 

3187  aUe  MIs    dar  eü  a.  S. 

3188  zogeten]  M    zugen  Is    zoch  S.     d6  MIs    d.  mit  jn  S. 

3189  er  ISs  D'  M.    ir]  S  ir  och  I  er  auch  M  der  syncn  s.    nie  ftaeh  keinen  M 
3192  quam  MIs    Für  S.     gein  MS    heim  in  Is. 

3194  Wie  SfMIs.     komen  MIs    nü  k.  S. 

3195  briute]  prawt  M    brüt  Ss    prat  I. 

3196  MSsriß.     hörten]  S    erforsln  M. 

3197  *Dich  M.     dar  MI    da  Sfs.     mit  Ss    mit  gr6zer  MI. 

3198  durch  MI    nach  S    uff  s. 

3199  riehen  MI    milten  S    edeln  s.     Oswalt]  I    sant  O.  S    aron  M. 

3200  durch  MIs    D.  die  grosse  S.     unde  Ss'  u.  durch  MI. 

3201  nü  Ss   d6  Ml.    ein  MIs   sin  S. 

3202  seit]  M    Also  IS.     diutsche  MlfS.     sit]  M  (nü  S)  seit  IS. 

3203  sibenden  t.]  Is  subntag  M    suntag  S. 

3204  Dasz  SfMI.     iew.  —  gap]  Ms    ieweder  man  ezzennes   unde  trinkennes. 

pflac  IS. 

3205  ez  MSf  I.     wirdiclichen  MI    gar  wirdenklichen  S. 


E.V.  3124— 3146 


149 

armen  unde  riehen. 
d&  diu  h6chztt  was  zergän, 
die  harren  schieden  von  dan, 
si  zugen  alle  heim  ze  lande. 
3210  sant  Oswalt  boten  üz  sande 

unde  hiez  ime  bringen  arme  Hute 

den  wolte  er  geben  ein  spende 

mit  stner  mitten  hende. 

d6  die  armen  liute  sin  boteschaft  vernämen, 
3215  wie  balde  si  gen  hofe  quämenl 

sant  Oswalt  satzte  nider  armer  liute  niun  schar 

alse  manic  tüsent  quam  ouch  dar. 

dar  quam  ouch  der  himlische  trahtin 

mit  den  gr6zen  genäden  stn: 
3220  d6  wolte  er  beruochen 

unde  sant  Oswalden  versuochen, 

obe  ime  wolte  leisten  der  vurste  guot, 

daz  er  ime  hete  verheizen    üf  des  wilden  meres  vluot. 

unser  h6rre  niht  vergaz, 
3225  wie  balde  er  an  die  Ersten  schar  sazi 

d6  ime  da  wart  gegeben, 

d6  begunde  er  sich  an  die  andern  schar  heben. 


3206  Bayd  I    Dem  SfMs.     unde  MIs    vnd  och  den  S. 

3207  Vnd  SfMIStS.     zergdn  MS    erg.  1    geschach  s    hete  ein  ende  ß. 

3208  von  MI    do  all  v.  Sfs. 

3209  zugen  MSsu  (zoch  b)  zohen  I.    alle  hinter  heim  M.    heim  ISsß  hin  h.  M. 

3210  boten  MI  do  b.  Sfsß.  gesande]  M  sande  ISs,3. 
3211.  Danach  nur  in  S:  Said  vnsz  dasz  buch  noch  sid. 
3214—17  in  MlSu(sb)  muh  3223. 

3214  die  MSfl.     sin  MI    die  S. 

3215  gen  MI    do  g.  S    an  u. 

3216  a.  liute  SsM :  ["I.     niun  I(s)    wol  jx  M    x  S  (zwclf  ß). 

3217  tüsent  MI(ß)  hundert  sfS.    quam  Ms  quamen  IS.    ouch  M,  vor  q.  Sfls. 

3218  dar  MS    d6  Is.     ouch  SsßfMI. 

3219  ^grossen  <:  grossein  M. 

3220  beruochen]   vcr  üchen  S    wurchen  M    nit  rüchen  I. 

3223  ime  MI    er  jm  S.    hete  ▼.]  M    het  versprochen  ß     verhicz  ISs.     wilden 

SsßfMI. 

3224  *Vnsz  M.     niht  MI    da  och  n.  S. 

3225  an  die  Mu    ze  der  ISs. 

3227  d6  MlsfS.    beg.  er  MI  Er  b.  S.    an  die  MIs  zu  der  S.    schar  MSsufl. 


150 

["e.  V.  3147— 3'66 
d6  er  die  andern  gäbe  empfie, 
wie  balde  er  an  die  dritten  schar  giel 

3230  dannoch  wolte  er  niht  bestän 

unde  begunde  an  die  vierden  schar  gän. 
er  hete  niht  m6re  ze  wtlen 
unde  begunde  an  die  vünften  schar  ilen. 
er  begunde  vaste  wandern 

3235  von  einer  schar  an  die  andern: 
daz  treip  der  himlische  degen, 
unze  ime  des  tages  niun'  stunt  wart  gegeben, 
er  tete  geltche  eineme  armen  man 
unde  schiet  mit  den  armen  Hüten  von  dan: 

3240  an  der  selben  stunde 

in  nieman  erkennen  künde. 
d6  diu  spende  was  zergän, 
arme  liute  schieden  von  dan, 
dannoch  wolte  unser  hSrre  niht  enlän, 

3245  er  begunde  balde  hin  wider  gan: 
sant  Oswalden  den  vursten  h^re, 
wolte  er  aber  versuochen  m^re, 
obe  ime  wolte  leisten  der  werde  man, 
waz  er  ime  hete  verheizen    üf  des  meres  strän. 


3228  gäbe  MSsfl. 

3229  an  die  MI  zu  sich  zu  der  S  zu  der  s.     schar  MSsfl. 

3231  unde  MI    Er  S. 

3232  wtlen  IS    peitn  M. 

3233  unde  MI    Er  S.     an  die  MI    zii  der  S. 

3234  vaste  MI    vi!  fast  zu  S. 

3235  an  die  M    vncz  a.  d.  S    zu  der  I. 

3237  unze  MI(u)  Vncz  dasz  S  bis  s.    des  tages  MS  den  dag  sf  I.    niun  stunt]  I, 

nach  wart  M    nUne  mal  s    x  mall  S. 

3238  MIsTSß. 

3239  MlsßfS. 

3240  Wol  SfMI.     der  IS    den  M.     stunde]  S    stUnt  in  I    stunden  M. 

3241  in  MIs    In  dennoch  S. 

8242  Vnd  SfMIs.    was  MIs   nü  w.  S. 

3243  Die  STMI.     von  MSs    do  v.  I. 

3244  *vnsz  M.  herre  MSsf  I.  enUo]  erlan  S  lan  MI  ablassen  s. 

3245  er  Ss    unde  MI.     begunde   MS    gegUnd  I.     balde  MlsfS.     hin  MSsfl. 

3246  den  MlsfS. 

3247  Den  STMI.     er  Ml(sß)  got  der  her  S.    aber  MS  noch  s  erest  rehte  Jfl. 

3248  ime  MI    er  jm  S. 

3249  ime   MSsfl.     verheizen   MIs    versprochen  S.     stran]   tr6n  MS  dan  Ifs. 


J 


151 

[  E.  V.  3'67— S'ST 


3250  schiere  quam  der  himlische  heilant, 
dk  er  den  muten  künic  vant: 
vür  den  vursten  wolgetän, 
begunde  er  barmiclichen  stdn. 
nü  sprach  der  pilgertn  halt: 

3255  ,&  milter  künic  Oswalt 

du  solt  mir  ein  gäbe  geben, 
s6  dir  got  behüete  din  werdez  leben  1' 
er  sprach,  alse  wir  noch  hoeren  jehen: 
ypilgerin  daz  sol  geschehen.' 

3260  d6  sprächen  die  kameraere: 
,h6rre  geloubet  uns  diu  maere: 
der  pilgerin  hat  hiute  zesamene  getragen, 
er  solte  ein  halbez  jär  daran  haben, 
er  ist  alse  ein  gttiger  man, 

3265  alse  wir  in  nie  gesän: 

wir  hän  daz  wol  vemomen, 

daz  er  an  die  niunden  schar  ist  komen/ 

d6  sprach  der  pilgerin  an  der  zit: 

,dä  hän  ich  zehen  kint  unde  ein  armez  wip 

3270  an  der  herberge  gelän, 


3250  schiere  M   Vil  seh.  S   Als  If  s. 

3253  baraiiclfchen]  Bärmgkleicfan  M  erbeimiglich  s  parrolicben  I  barmhercsenk- 

lichen  S.     stin  ISs    gan  M. 

3254  nü  IS   Do  M. 

3255  e]  M   Ain  I    O  du  S    O  s. 

3256  mir  MIs   m.  huit  S. 

3257  s6  MI    daz  Ss. 

3258  noch  ISfM. 

3259  Lieber  S    reiner  ßfMIs.     sol  MIsß    s.  geren  S. 

3260  spr.  die  kam.  Ms  spr.  die  diener  S  sprach  der  kamerer  her  I  sprach  der 

k.  unde  sid  (die  andern  des  kUnigs  u)  dienaere  ß. 

3261  h^rre  MSs^fl-     diu  MS    der  I. 

3262  hiute  MSsPfl. 

3263  halbez  j.  MS    ganzez  I(ß)    dry  wochen  s.    daran  MIs    gnüg  S. 

3264  alse  ein  ISs    ein  a.  M. 

3265  wir  in  MSs  wim,  n  ängefü^  I.     nie  MS  er  <  ez  I  je  s.  gessln]  gesahen 

-\-  sp  han  I    gesachen  s    gesehen  han  Su    wurdn  sichtig  an  M. 

3266  daz  Ms    ez  S    des  I.     vemomen  MS    war  genomen  Is. 

3267  niunden  MIs  x.  S.     ist  vor  an  S. 

3269  dil  MIs   Nun  S.    kint  Ssß    kindeün  MI. 


152 

I  E.  V.  3iS8-3^| 

die  mohten  mit  mir  niht  her  gän.' 

der  milte  künic  Oswalt 

hiez  ime  her  tragen  halt 

zwelf  vleisch  unde  zwelf  br6t, 
3275  s6  mir  got  helfe  üz  aller  n6t, 

darzuo  gap  er  ime  ringe 

zwelf  guldine  pfenninge. 

daz  muote  die  kameraere  s6re, 

sie  sprächen  ze  deme  pilgerine:   ,nü  kum  her  wider 

niht  m^rc!' 
3280  unser  h6rre  bete  niht  m6re  reste 

unde  ilte  von  der  veste 

unde  gie  sä  zehant, 

da  er  arme  liute  vant. 

des  guotes  er  sich  schiere  verwac: 
3285  wie  balde  er  ez  armen  Hüten  gapi 

nü  wolte  er  niht  langer  bestin 

unde  begunde  balde  hin  wider  gen  hofe  gän: 

sant  Oswalden  den  vursten  h^re 

wolte  er  aber  versuochen  m6re, 
3290  obe  ime  wolte  leisten  der  werde  man, 


3271  mohten   MIsu    woltent  S.     niht  MSs    V9r  mit,  u   ni  1.     her  MSsufl. 

3272  Oswalt  MI    sant  O.  Ss. 

3274  vleisch]  M    stücke  vleisch  Su    kes  Ifs.     unde  ISufM. 
3276  -zuo]  S  ru  so  IfM.     ringe  MI    gar  r.  Sfsu. 

3278  die  MIs    den  1    kameraere  MIs    diener  S. 

3279  in  S  zwei  Verse,     ee  dcmj  p.:    SfMIs.     nü  MSsfl-     kum  MSs  kompst 

du  I.     her  w.  MSsf  I.     niht  mere  Ss    niemer  mere  MI. 

3280  Do  SfMIs.     unser  h.  Mls    der  bilgerin,  nach  hete  S.     niht  m.]  S   nim' 

M    kain  I. 

3281  von  MIs    bald  hin  v.  S. 
8282  sd]  so  MI    da  Sfs. 

3283  er  Msß    er  die  IS. 

3284  schiere  MlfS. 

3285  armen  MS    den  a.  Is. 

3286  niht  1.  MS    1.  n.  I. 

3287  unde  Ml    Er  S.     Veder  I.     gen  h.  S    «u  h.  sfMIß. 

3288  den  v.  MIs    der  fürst  S. 

3289  Den  SfMIs.     er  MI(s)    der  bilgerin,  nach  aber  S. 

3290  besten  I. 


153  '    

I  E.  V.  3208-3226    I 

daz  er  ime  hete  verheizen    üf  des  wilden  meres  strän. 

sant  Oswalt  hete  niht  vergezzen, 

er  waere  schöne  ze  tische  gesezzen: 

mit  sinen  helden  guot 
3295  saz  ze  tische  der  vurste  hdchgemuot. 

nü  begunde  man  balde  her  tragen, 

waz  man  ze  ezzenne  unde  ze  trinkenne  solte  gehaben, 
3297a  [semele  unde  guoten  wln 
3397b  unde  waz  da  reines  mohte  gestn,] 

zamez  unde  wiltbraete, 

guoter  koste  allez  geraete: 
3300  er  b6t  ez  in  allen  wol, 

wände  er  was  ganzer  ^ren  vol. 

nü  begunde  der  pilgertn  dar  gän 

unde  vür  sant  Oswaldes  tisch  stän. 

in  ersähen  die  kameraere, 
3305  daz  dühte  si  wunderlichiu  maere, 

daz  er  stüende  vür  den  vursten  guot, 

die  hofeschälke  daz  gar  harte  muot: 

buoben  und  schintvezzel 

die  begunden  d6  niht  vergezzen, 


3291  Da»  MI    Wasz  S.     hete  v.   MI    v.  h.  S.     wilden]    STMI.     strin]    tron 
MS   dan  I. 

3293  er  MS  Vn  I.     waere]  war  M    was»  Sfl. 

3294  sinen  MIs    allen  s.  S.     *hyldn  1. 

3295  vurste]  I    werde  fürst  SfM. 

3296  balde  MSfls. 

3297  le  e.   l.  «e  tr.  S  lu  trinkein  vn  lü  essii  M  essen  vn  drincken  s  zu  dysch 

I.    solte  MIs    mocht  S.     gehaben  S    haben  Mlfs. 
3297ab  fMISs?. 
3*298  *wildprait  S. 

3299  guoter  MS    Gotte  I.     allez  g.]  M  aller  geret  S    waz  man  gert  I. 

3300  b6t  IS   d'  pot  M. 

3301  ganzer]  M    aller  IS. 

3304  kameraere  MIsu    diener  S. 

3305  dähte  MIS(s). 

8306  daz  MSsu    Do  I.     den  M  de  s    dcme  IS. 

3307  horesch.   MI    hoff  knecht  S    marschaick   s.     daz  MS    cz  Is.     gar  h.  M 

vil  Übel  S    ser  I    fast  s. 

3308  buoben]    M    Poben    I    die  b.   Ss.       schintvezzel   MI    die    seh.    Ssu    dy 

fintschttssl  b. 

3309  die  SsfMI. 


154 

I  E,V.  3227-3249 


3310  si  triben  in  vor  deme  tische  entwer, 

einer  stiez  in  hin,  der  ander  her» 

ie  einer  gap  in  deme  andern  dar. 

sant  Oswalt  begunde  des  nemen  war 

unde  sprach:   ,solte  ich  daz  niht  understan, 
3315  so  waere  ich  niht  ein  biderber  mani' 

sant  Oswalt  sümte  sich  niht  mer, 

ime  wart  von  deme  tische  ger, 

der  edele  vurste  niht  enlie» 

wie  balde  er  den  pilgerin     bi  der  hende  gevie! 
3320  er  tete  alse  ein  biderber  man 

unde  vuorte  in  üf  den  ofen  dan 

unde  sprach:   ,du  solt  sitzen  eben, 

s6  heize  ich  dir  ze  ezzenne    unde  ze  trinkenne  geben/ 

sant  Oswalt,  der  vurste  rtche, 
3325  saz  wider  ze  tische  gar  wirdicliche. 

deme  vursten  h6chgemuot 

truoc  man  her  einen  braten  guot: 

den  ersach  der  pilgerin 

unde  sprach:   , Oswalt  durch  die  6re  d!n 
3330  gip  mir  den  braten  guot, 

s6  dich  got  habe  in  siner  huotl' 

sant  Oswalt  sprach  mit  6ren: 


3310  vor  Ml    vö  S. 

3311  stiez  in  M^ßfS. 

3312  ie  SsrMI.     deme]   S(ß)    de  s    den  MI. 

3313  heg,  d.  n.  MS    Desz  nam  s    nnm  es  I. 

3314  underst    MIs  vnder  stan  dar:    Dar  vmb  so  sech  mich  fraw  vn  mao  an  S. 

3316  niht  Ml    da  n.  S. 

3317  Zwar  STMI.     ger  MI    also  g.  S. 

3318  niht  MI    da  n.  S. 

3319  bi  d.   h.  S,3    mit  d,  h.   s    an   sein  h.   Mfl.     gevie  M    vmb  vieng  1  er- 

graifF  S    nam  s. 

3320  alse  MI    recht  a.  S. 

3321  unde  MSsß    Er  I.     du  solt  MS    da  s.  du  Is(ß).     *seczen  I. 

3323  s6  h.  ich  MIs   Ich  h.  S    unde  h.  ß.     ze  MIsufSb.     ze  MlsufSb. 

3324  vurste  MI    edel  f.  S. 

3325  gar  MSfl.     wirdicliche  MI    wirdenklich  Sfsß. 

3326  vursten  h.  MI    hochgebornen  f.  s    edelen  f.  h.  S. 

3327  her  MI    dar  S    für  s. 

3328  den  Is    Do  den  brauten  S    Daz  M.     *der]  den  M. 

3329  unde  MIs    Er  S. 
3332  mit  MI    da  m.  S. 


^55 

I   E.  V.  3250-3271 

,durch  got  wil  ich  dir  in  geben  geren.' 

den  brüten  er  selber  üf  gehuop, 
3335  wie  balde  er  in  üf  den  ofen  truocl 

sant  Oswalt  d6  niht  vergaz» 

wie  balde  er  wider  ze  tische  sazi 

man  truoc  ime  vür  hüener  unde  vische. 

dabi  stuont  üf  deme  tische 
3340  ein  köpf,  der  was  guldln  gar, 

der  pilgertn  blicte  gar  ofte  dar. 

er  sprach:   ,Oswalt  du  soit  mir  den  köpf  geben, 

s6  dir  got  behuote  din  jungez  leben  I 

er  zimet  dir  niht  üf  dtneme  tische  ze  hin, 
3345  er  sol  üf  eineme  alter  stän, 

daz  man  darinne  wandele  daz  lebendige  br6t: 

gip  mir  in,  s6  dir  got  helfe  üz  nbü* 

der  milte  künic  Oswalt 

truoc  ime  den  köpf  üf  den  ofen  balt. 
3350  sant  Oswalt  dö  niht  vergaz, 

wie  balde  er  wider  ze  tische  gesazl 

ein  twehel  diu  was  üf  den  tisch  geleit, 

diu  was  lanc  unde  breit, 

diu  was  alliu  wol  beslagen, 


3333  wil  MSs  gip  I.     dir  in  S  dir  I  im  M  dich  s.     geben  MS  geweren  sf  I. 

3334  er  MIs    er  da  S.     selber  ISs  selb  M.     gehuop]  M    huop  ISs. 

3335  in  MIs    jm  in  S.     üf  d.  o.  MI    zu  de  o.  s    dar  S. 

3336  d6  SsfMI. 

3337  gesaz]  M    saz  IS    setzet  sich  s. 

3338  vür  Ss    her  MI.     *höner  I    hener  S. 

3341  blicte  MS    sach  Is. 

3342  in  S  Z7afi  Verse,     Oswalt  MIsß    vil  edler  vürst  O. :    S. 

3343  s6  MI   daz  Ss. 

3344  er  Ss    ez  MI.     dineme  MSs    dem  I.     han  MI    stan  S. 
334B  daz  ISß   Da  M.     wandele  Mlb  verwand!  u    wandlet  S. 

3347  s6  IS    daz  M.     helfe  MI    geholflfen  haut  S.     üz  IS    aus  air  M. 

3348  kUnic  O.  MI    k.  sant  S    Sant  O.  s. 

3349  ime  d.  k.  MSsß    in  jm  I. 

3350  d6]  s  do  aber  SfMI. 

33.M  wider  MIsufS.     gesaz]  M  saz  IS    satzte  sich  su. 

3352  twehel  Ms    zwei  I    tischtuoch  S(|3).     diu  MlfS. 

3353  diu  MIs    Dasz  S.    unde  Mls    v.  dar  zu  S. 

3354  diu  Ml    Esz  S    daz  ß.     alliuj  M    also  S    gar  sflß. 


156 

E.  V.  3272—3292 


3355  alse  wir  noch  hoeren  sagen, 

mit  Silber  unde  mit  golde, 

alse  si  ein  künic  von  rehte  haben  solde. 

d6  sprach  der  pilger!n: 

,Oswalt  gip  mir  die  twehel  din, 
3360  s6  wil  ich  si  gen  R6me  tragen, 

da  sol  man  si  ze  eineme  altertuoche  haben.' 

sant  Ozwalt  die  twehel  üf  huop, 

wie  balde  er  sie  deme  pilgertne  dar  truoc! 

er  sprach:   ,nfi  trac  si  hin  gen  Rdme, 
3365  daz  dir  stn  got  selber  lönel' 

daz  er  s6  vil  bat  den  vursten  h^re, 

daz  muote  die  dienaere  s6  s6re: 

schintvezzel  unde  kameraere 

den  wart  ir  gemtietc  allen  swaere. 
3370  si  heten  niht  m6re  ze  btten, 

si  reihten  ze  der  stten: 

den  pilgeren  wolten  si  lestern 

unde  zucten  ir  mezzer 

unde  wolten  in  gestochen  hdn. 
3375  daz  begunde  sant  Oswalt  understän: 


3355  wir  MI    w.  esz  S. 

3356  golde  Mlsß    gutem  g.  S. 

3357  si  Ms    ese  Sfl.     von  rehte  M    selber  sflS. 

3358  der  MIs    aber  d.  S. 

3359  die  MI    dasz  S.     twehel  Ms    zwei  I    tisch  tnch  S. 

3360  si  MIs    ez  S    daz  ß. 

3361  MISsß.      S:    Dar    vmb    dasz  man   esz  uflf  sant  petersz  alter  söl  legen. 

ß:    sant  Peter  ze  eime  altertuoche.  da  MI    das  s.     si  Mlfs. 

3362  die  tw.  Ms    d.  zwei  I    dasz  tiich  S    daz  ß.     üf  ISs    pald  auf  M. 

3363  si  MIs    esz  S.     dar  MSsfl. 

3364  si  MIs   esz  S.    hin  MSsfl. 

3365  sin  ISsfM.     16ne  ISs   geb  dein  lan  M. 

3366  daz  Ss    d6  MI.    h^re  ISfMs. 

3367  dien.  MIs    knecht  S.    s6]  M  also  S  gar  sbfl. 

3368  kam.  MIs   die  diener  S. 

3369  wart  MI    wasz  S.     allen]  M    also  Sfl. 

3371  si  MS   Vn  I.     reihten  M   richtent  S    lieflFn  I.    der  siten]  M  dem  silten 

S    den  schayden  I. 

3372  lestern]  S    bezzern  MI. 

3373  zucten  MSs    raufftn  I. 


157 

I   E.  V.  3293— 33'3 

Sin  gr6ziu  ere  in  des  betwanc, 

daz  er  von  deme  tische  spranc. 

der  edele  vurste  hochgeboren 

sluoc  einen  schintvezzel  ze  den  6ren, 
3380  den  andern  stiez  er  an  den  giel, 

daz  er  an  den  rucke  viel, 

deme  dritten  gap  er  einen  ungevUegen  slac, 

daz  er  gestrac  vor  ime  lac, 

den  vierden  nam  er  bt  deme  här 
3385  unde  z6ch  in  umbe  gar  ungewar: 

er  sprach:   , wartet  an  die  veigen  buoben, 

wie  tribent  die  s6  gr6z  ungevuogel 

waz  wellet  ir,  umbe  wiu  er  mich  bitt? 

nü  gät  ez  doch  üz  iuwerme  kästen  nitl 
3390  ich  gehiez  deme  himlischen  vursten  guot, 

d6  ich  swebete  üf  des  wilden  meres  vluot 

unde  ich  vuor  in  grözeme  leide 

vor  deme  wilden  beiden  .... 

d6  ich  besorcte  den  harten  t6t, 
3395  d6  half  mir  got  üz  gr6zer  n6t: 

deme  himlischen  heilande 


3376  des  MlfS. 

3379  einen  MSsß    dey  I.     te  den  MSsß    an  die  I. 

3381  an  den  r.  IS    aflf  den  r.  s  an  deme  r.  (lac)  ß   tu    d'  erdii  M.     Danach 

in  \y  durchstrichen'.    Der  edel  fürst  hoch  gepom. 

3382  ungev.  MSfls. 

3383  gestrac]   S    gestreckt  Msf I.     v.  ime]  S    vor  seine  fUssfi  M   jm  vor  den 

f.  I    uff  der  erde  vor  jm  s. 

3384  sin:    SfMIsß. 

3385  in  —  ungewar]    M    in  hertlmb    S    jn   durch   die  slUben  her  vfi  hin    S 

(warff)  in  auch  zu  der  erdfi  u    sie  gar  hein  fUr  I. 

3386  wartet  MI    lügent  Sfsß.      *pobn  I. 

3387  wie  MIsß    Die  S.     die  M    sie  I    ir  sßfS.     gröz  sß    vil  S    ain  IfM 

3388  umbe  wiu  MI    warumbe  Ss   wes  ß. 

3389  nü  —  doch  MSsu    Es  gct  I.     kästen  MSsu    seckel  I. 

3390  gehiez  MI(ß)    verhiez  Ss. 

3391  swebete  MI    für  S    was  s.     wilden  S    am  Ramie  mU  Zeichen,  sßfMI. 

3392  unde  IVlSs    Do  I.     ich  MlfSs.     in  Mls    so  jn  S.     gr6zeme  ISsf M. 

3393  Dar  SfMI. 

3394  d6]  Ml  daz  Ss.     harten  MS    pittern  If  s. 

3395  gT6zer  Ss    der  gr6zen  MI. 

3396  deme  h.  h.  MSs    Der  h.  h.  I. 


158  

I   E.  V.  33*4-3334 


deme  gap  ich  d6  min  triuwe  ze  pfände, 

wes  man  an  mich  durch  stnen  willen  begert, 

des  wurde  ein  iegel icher  mensche  gewert: 
3400  unde  baete  er  mich  umbe  daz  houbet  min, 

durch  in  sol  ez  ime  unverzigen  slnl* 

mit  der  selben  vart 

den  hofeschälken  verboten  wart, 

daz  si  deme  pilgerine  niht  getörsten  tuon: 
3405  sant  Oswalt  schuof  ime  vride  unde  suon. 

dö  sprach  der  pilgerin: 

fiuwern  zorn  \kt  stnl 

ich  rite  iuch  üf  min  triuwe: 

stechet  ir  mich,  ez  möhte  iuch  harte  geriuwenl' 
3410  sant  Oswalt,  der  h6chgemuot, 

saz  wider  ze  stnen  beiden  guot, 

er  saz  sch6ne  ze  tische  eben, 

d6  begunde  sich  der  pilgerin  abe  deme  ofen  heben, 

er  begunde  vür  den  tisch  stän 
3415  unde  wolte  üf  nieman  deheine  sorge  hän: 

er  sprach:   , Oswalt  edeler  vurste  h^re 

noch  wil  ich  dich  bitten  möre: 


3397  deme  Mlf  S.     d6  nacA  triuwe  S. 

3398  an  mich  nac/i  willen  I.     begert  MSs  gert  I. 

3399  wurde]  M    solt  sin  s    w't  I    wirtt  S. 

3400  *bit  S. 

3401  in  MS    got  I.     sol  MS    solte  Is.     unverzigen  MS   anversaget  Is. 

3402  Zu  hand  SfMI.     mit  MS    An  I. 

3403  in  I  zu   K  3402.     hofescb.  Ml    hoff  hüben  S    hoffknechten  S. 

3404  MlsfSß.     deme]  !    de  S    die  M.     getörsten  M    dorsten  s    dormo  I. 
8405  *schoff  I.     ime]  S   in  MI.    »son  S. 

3406  der  MI    d.  edel  S.     nun:    SfMI. 

3407  in  M    zu   K  3406.     Her  STMI.     lit  v<v  iuwem  S.     wrn  MS  t.  d««  *• 

3408  Zwar  SfMI.      rdte   M!    rau«  S.      min  tr.]  I    die  tr.  mfn  MS.     ^^^^ 

nur  in  S:    Den  tünd  jr  mir  wider  recht  liczell  oder  vil. 

3409  Oder  SfMI.     stechet  MS    Schecht  I.     ez  MI    dasz  S.     möhte  MI  oiag 

S.     harte  M    wol  Sfl.     ger.  MS    rUwn  1. 

3411  wider  MIß    w.  nider    Ss. 

3412  schöne  MI    aber  S.     •eben  <  eve?    I. 

3413  d6  MIsß    Nu  S.     ofen  Mlsß    hoff  S. 

3414  tisch  MIsß    t.  hin  S.     stän  MI    zu  st.  S. 

3415  unde  MIs    Er  S.     deheine]  M    keine  Is    nie  kain  S. 

3416  edeler  s    vil  e.  SfMI. 


159 

I  E-  V»  333S—33S7    \ 

alliu  diniu  lant 

solt  du  mir  setzen  in  mtne  hant, 
3420  gip  mir  üf  schöne 

beide  zepter  unde  kröne: 

ein  künic  stn  triuwe  leisten  sol, 

von  gote  wirt  ez  vergolten  wol.' 

d6  sprach  der  milte  künic  Oswalt: 
3425  igot  hat  ez  allez  in  stneme  gewalt: 

mtn  triuwe  leiste  ich  sä  zehant, 

ich  gibe  dir  üf  bürge  unde  lant' 

d6  sprach  der  pilgerin: 

»Oswalt  so  gip  mir  ouch  die  vrouwen  din: 
3430  zwiu  solteti  mir  witiu  künicrtche 

ich  hete  danne  ein  vrouwen  tugentliche?* 

sant  Oswalt  abe  der  rede  harte  erschricte, 

die  vrouwen  er  trüricliche  anblicte, 

er  sprach  mit  6ren: 
3435  ,pilgertn  ich  gibe  dir  si  rehte  geren, 

ich  verzthe  dir  niht  der  vrouwen  min, 

möhte  ez  nur  ir  wille  gestn.' 

d6  sprach  der  üzerwelte  degen: 


3419  m  MS  zu   K  3418.     mir  MlsfS.     DanacA  mir  in  S: 

Dasc  tu  durch  den  willen  desz  himelschlichcn  hailandsz. 

3420  Vnd  SfMls. 

3421  in  M  zu   y,  3420.     beide  ISsfMfÜ.     zepter  MIsß    dasz  z.  S.    kr6ne  Mls 

die  k.  Sß. 

3422  Alt  IfMSs. 

3423  gote  MI    g.  so  S. 

3425  stneme  MS    sin'  I. 

3424  kttnic  Mls    k.  sant  S. 

3426  sä]  so  MS    all  I. 

3427  Den  SfMIs. 

3428  der  MIsß    d.  edel  S. 

3429  Osw.  ISfMs.     s6  MI    nfi  Sfs.     ouch  MSs    auflf  I. 

3430  zwiu]  M    Waz  <  Wtt  I    was  b  warzü  Ssu.     solten  Mlsß    sollend  S. 

3432  abe  der  Sß    der  Mls.     harte  MI    vil  Übel  S    sere  sufb. 

3433  trüncHche]  Msß    trüerklich  I    trurenklich  S. 

3434  er  spr.  MI    unde  sprach  Sft  Do  sprach  der  Hirst  S. 

3435  pilg.  Mls^S.    ich  -  si  Mls  Nun  gib  jch  dir  S.    rehte]  M  vö  herzen  Sfl. 

3436  Zwar  SfMIs.     dir  s    d'  M    dich  IS. 

3437  Vnd  SfMIs?.    nör  Mff I    na  S   nu  s. 

3438  uzerw.  MS  mylt  I.    Danach  nur  inS:   Zu  der  kUniggin  mit  trwrigem  leben. 


160 

E.  V.  33S8-3378 


»vrouwe  ich  wil  dich  deme  pilgerine  geben, 
3440  durch  den  willen  unsers  lieben  harren, 

der  bete  solt  du  mich  geweren.' 

si  sprach,  alse  wir  hoeren  jehen: 

,waz  ist  gotes  wille,  daz  sol  geschehen/ 

sant  Oswalt  die  vrouwen  an  sin  hant  gevie, 
3445  wie  sch6ne  er  mit  ir  ze  deme  pilgertne  giel 

er  sprach:    .edeler  pilgeren 

lä  dir  si  üf  din  triuwe  empfolhen  sin!' 

als6  sprach  der  vurste  staete: 

,pilgerin  nü  gip  mir  dln  gewaete, 
3450  daz  wil  ich  nü  legen  an 

unde  wil  mich  geliehen     ze  eineme  armen  man: 

von  deme  mlneme  allen 

wil  ich  nü  willicliche  wallen 

hin  in  vremediu  länt, 
3455  da  bin  ich  unerkant. 

richtuom  wil  ich  mtden 

unde  williclkhen  liden 

smaehe  unde  armuot, 

unze  got  sin  genäde  an  mir  tuot/ 


343»  vrouwe  MIsß    Zwar  S. 

3440  den  ISsß   des  M.    *vnsz  M   lieben  MlsfSß. 

3442  aise  MI    rech  a.  S. 

3443  ist  nach  wille  S.     sol  ISs    s.  alles  M.  s.  allzeit  u. 

3444  die   IS    sin   Msß.     an  Mls    by  S.     sin   MI(ß)    die  s    der  S.    gevic  M 

vieng  I    nam  Ss. 

3445  gie  Mls    kam  S. 

3446  er  sprach  IS    vn  sp.  S    NU  pit  ich  dich  du  M.     edeler  MIs   vil  e.  S. 

3447  dir  si  MS    sie  dir  I.     üf  d.  tr.  MSO)ris. 

3448  staete]  stat  M    stett  I    wol  getan  S. 

3449  nü  MSsf  I.     gewaete]  geweit  I    gewant    MSsb    rockh   vnd  ~  gewant  U. 

3450  nü  ISs    nun  <  nur  Mfß. 

3451  gel.  £c]  M   gelichenug  S    geliehen  Is. 

3452  von  s  vO   IS    Vor  M.     deme   IS    de  s    den  M.     mineme   IS   meiM  M 

mynen  s.     allen  MS    alle  1. 

3453  nü  MSfl.     willicliche]  I    willichleichn  M    willenklich  S. 

3455  ich  vor  bin  M. 

3456  Zwar  Sf  MIs.     richtuom  MIs    richtung  S. 

3457  williclichcn]  M    willicliche  Ij3    wil  och  willenklichen  S. 

3458  smaehe  MI    Verschmächt  S    smacheit  s.     unde  Ml    v.  och  S. 

3459  unze  MI    V.  dasz  S   biz  s(^). 


161 

I   E.  V.  3379—3398 


3460  dämite  urloupte  er  sich  mit  sinnen 

von  der  edeln  küniginne, 

urloup  nam  er  von  deme  pilgertn 

unde  oucb  von  den  beiden  s!n. 

stnen  beiden  was  umbe  in  leit, 
3465  alse  uns  daz  buocb  nocb  seit: 

den  stolzen  vursten  bSre 

begunden  si  d6  klagen  s6re. 

der  milte  kUnic  Oswalt 

tlte  von  den  stnen  balt, 
3470  hin  über  den  bof  was  ime  gäch. 

der  pilgertn  rief  ime  balde  nach: 

,£  milter  künic  Oswalt 

nü  gä  her  ze  mir  baltl' 

sant  Oswalt  tete  durch  n6t, 
3475  waz  ime  der  pilgertn  bot: 

et  gie  hin  wider  geren, 

des  vröiten  sich  sine  liebe  harren. 

der  edele  vurste  wolgetän 

begunde  vür  den  pilgertn  stän 
3480  unde  sprach:  ,waz  mäht  du  mit  mir  ze  schaffenne  hän? 

daz  solt  du  mich  wizzen  länT 


3460  url.  er  sich  M    nam  er  urloup   Is(ß)    so  hub  er  sich  S.     mit  s.  Ml    vO 

dem  sinen  Sfsp. 

3461  Vnd  SfMIsß. 

3463  MlsfSß. 

3464  was  ISs    den  w.  M. 

3465  buoch  IS    täwczsch  puoch  M.    noch  M    nun  Sf  I. 

3466  h^re  MI    vnd  heren  S    (den  edelen  fArste  vnd  muten  fUrsten  s). 
34«i7  Den  SfMI.     d6]  M  da  fast  Sfl.     s^re  MIs    so  s.  S. 

3468  kUnic  O.  MI    k.  sant  O.  S    Sant  O.  s. 

3469  den  Ms    deme  IS. 

3470  hin  MSfl.     was  MI    so  w.  S. 

3471  rief]  rüff  I    rufte  MSß. 

3472  h]  M    Ain  I    O  S.     kttnic  MI    k.  sant  S. 

3473  her  MI    durch  got  h.  S. 

3475  bot  MS   geb6t  Is. 

3476  geren  MIs    nit  vngeren  Sfß. 

3479  vUr  MIs    da  f.  S. 

3480  unde  MIsb    Er  S.     hän]  M  haben  Ssfl. 

3481  MlsfSi^.     Vnd  och  ze  tun   SfMls.     daz   MIs   desz   S.     soh  du    MIs 

müsz  jch   S.     mich  w.  Un]  M    mir  kUndn  vfi  sagn  I    mir  sagen  s    ic 
wnder  tragen  S. 
Baenecke,  Manchener  Oswald  U 


162 

E.  V.  3999-3421 


d6  sprach  der  pilgerin: 

»westest  du  aber  niht  gerne,    wer  ich  möhte  gesinr* 

,jä,*  sprach  sant  Oswalt, 
3485  ,hete  ich  von  gote  den  gewalt, 

s6  weste  ich  ez  rehte  geren, 

hete  ich  die  genäde  von  unserme  harren.' 

d6  diu  rede  vol  geschach, 

hoeret,  wie  dö  der  pilgerin  sprach: 
3490  |ich  bin  ez  äne  allen  spot, 

selber  der  lebendige  gotl 

ich  hän  beruochet 

unde  dich  eigenliche  versuochet, 

obe  du  mir  wollest  leisten  vurste  guot, 
3495  daz  du  mir  verhieze     üf  des  wilden  meres  vluot: 

daz  hast  du  allez  samt  getan: 

bürge  unde  lant  solt  du  wider  hin, 

daz  wil  ich  dir  allez  samt  wider  geben, 

du  solt  aber  keiner  sunden     mit  der  vrou wen  pflegen : 
3500  du  lebest  niht  langer  danne  zwei  jir, 

Oswak  daz  sage  ich  dir  vürwär, 

s6  solt  du  der  vierzehen  nöthelfaere  einer  sin, 

daz  solt  du  haben  von  den  genäden  min. 

merke,  wie  du  den  sunden  solt  widerstän: 


3482  der  MIsß    der  edel  S. 

3483  aber  niht  Mß    nid  nit  S    icht  Ifs.     gesin]  M  sin  IS. 

3486  rehte  MIs    vö  herren  Sfß. 

3487  die  genäde  MS    den  gewalt  I.     *vn8zm  M. 

3488  vol  MI    da  v.  S   wol  I. 

3489  Nun  SfMI.     66  ISfM. 

3490  Zwar  STMIs?. 

3491  Hie  SfMIsß.     selber  ISs    Selb  M.     lebendige  Mls    almechtig  S. 

3492  MSTIsß.     hdn]  M    h.  nun  S. 

3493  dich  M   hin  d.  ISs   v^/.  3492. 

3494  vurste  MI    edelcr  f.  S. 

3495  daz  MIs    Da  S.     wilden  SffMIs. 

3496  allez  samt  MIs    allesz  schön  S    nü  mit  eren  ß. 

3497  Dine  SfMIsß.     lant  MIsß    dine  1.  S.     wider  ISsß    hin  w.  M. 

3498  samt  MsflS. 

3499  aber  MsflS.     der  MI    diner  Ss(ß). 

3500  Unde  Ssf^MI.     langer  MSs    me  I. 

3502  Och  SfMI.     der  ISs    dan  d.  M.     viert.  M    vier  S    XVij  I    XVI  S. 
3504  *Mirck  I.     den  s.  MSs    d'   s.   I.     solt  MIs    sölist  S. 


163 

E.  V.  34gg-344a 


3505  wazzer  solt  du  vor  dtneme  bette  hin: 
wanne  dich  dln  inanheit  wil  betwingen» 
s6  solt  du  in  daz  wazzer  springen, 
also  sol  ouch  tuon  diu  vrouwe  din, 
unde  tuot  daz  durch  den  willen  mtn: 

3510  darumbe  wirt  iu  gegeben  schöne 
daz  hinnelrkhe  ze  löne.' 
dämite  der  himlische  heilant 
üf  sant  Oswaldes  hofe  verswant, 
daz  in  nieman  mSre  mohte  gesehen, 

3515  alse  wir  noch  hoeren  jehen. 
sant  Oswalt,  der  vurste  rkhe, 
diente  gote  gar  wirdicltche, 
er  unde  diu  künigin, 
diu  wolte  ouch  gotes  dienaerinne  sin. 

3520  si  begunden  liepllche  bl  einander  ligen, 
aber  weltlicher  liebe  si  sich  gar  verzigen: 
wanne  si  der  werlte  vröide  betwanc, 
iedewederez  in  daz  wazzer  spranc. 
si  dienten  gote,  daz  ist  war, 

3525  wirdicllche  diu  zwei  jär. 


3o05  dineme  MSs    dem  1. 

3506  manheit  MIs   menschhait  S.     wil  Ms  w't  IfS.    betwingen  M  bezwingen 
S    quingft  I    bezwingett  S. 

3508  sol  MS    solt  sf  I.     ouch  t.  Ss,  hinUr  dtn  M    du  auch  I. 

3509  tuot  Ss   tuo  MI. 

3510  wirt   iu  gegeben]  w't  dir  geben  I    wird  ich  Uch  geben  S  wirt  ttch  S   gib 

ich  dir  M    empfihet  ir  ß. 

3511  daz  -  16ne  Ms    Dz   ewige  h.  z.  L  I    Die  himelschlich  krön  z.  1.  S    den 

hoechsten  16n  in  mines  himlischen  vater  rfche,   daz  ist  diu  kr6ne  aller 
reinen  juncvrouwen  ß. 

3514  mire  MlsfS. 

3515  alse  w.  n.  h.  MI    Dasz  hörend  wir  noch  S. 

3517  Der  SfM!.    wirdiclfche  MIs    wirdenklich  S. 

3518  diu  MS    och  d.  I. 

3519  ouch  nach  dien.  S.     *gottis  1.     sin  nach  ouch  M. 

3520  lieplfche  MIs    lieplichen  S    lipHche  ß. 

3521  aber  MSs  D'  I.     w.  MSs  welüichii  I.     •liebin  S.    gar  MI  aller  sfS. 

3522  si  MIs   s.  aber  S. 

3523  Ir  SrMI.     ied.  MS    Yegliches  I    si  sß. 

3525  Gar  SfMls.     wirdicliche  Ms    Wirdiklichn  1    wirdenklichen  S. 


164 

I  g  V  3443-3462 

diu  wtle  hete  sich  vergangen, 

ir  leben  werte  niht  lange, 

si  quimen  des  Itbes  in  n6t, 

wände  sie  begreif  der  harte  tot. 
3530  der  werlte  muosten  si  sich  verwegen 

unde  begunden  sich  an  ein  bette  legen. 

si  sümten  sich  niht  m6r 

unde  hiezen  in  zwÄne  priester  bringen  her. 

si  erkanten  sich  ir  schulde 
3535  unde  würben  nach  gotes  hulde 

unde  berihten  sich  mit  gotes  lichnamen  wert. 

alse  man  si  solte  legen  in  die  ert, 

d6  quam  von  himele  ein  englischiu  schar 

unde  nämen  da  der  s61en  war 
3540  unde  empfiengen  an  der  stunde 

die  s61en  von  deme  munde 

unde  vuorten  si  wirdiel  ich  e 

vUr  got  in  daz  ^wige  himelriche. 

als6  ist  sant  Oswalt  erstorben 
3545  unde  hdt  gotes  hulde  erworben, 


3526  wile  MS   zijt  I. 

3527  leben  Ml    1.  dasz  S.     niht]  M  do  nit  I    nit  nie  S. 

3528  libes  MI    Icbensz  S.     n6t  Ml    grosse  n.  S. 

3529  harte  Ml    bitter  S. 

3530  sich  MI    s.  gar  S. 

3531  begunden  MS    güdn  I. 

3532  niht  Ml    n.  lenger  S. 

3533  in  MlfS.     bringen  nach  priester  M. 

3534  sich  MlfSu.     ir.  seh.  MSu    in  iren  schUldn  I. 

3535  würben  n.  MI    er  wurbend  vmb  S.     gotes  MI    got  sin  S. 

3536  berihten    IS    berüchtend    M.      sich    MI     si    S.      gotes    lichnamen]    Mb 

gottis  Ijchnaz  <  licn  I    fronleichnam  u    fronlichnamss  S. 

3537  legen  MI    tragen  S. 

3538  d6  IS   Nu  M. 

3539  unde  MS    Die  I. 

3540—42  in  M  ein   Fers,     an  d.  st. :    I  an  d.  selben  stunden:    SfM. 

3541  ISfMsß.     die   s]   I    Gar  wirdenklichen  S.     deme  m  ]  1    jren  münden  S. 

3542  unde   v.    ISfM.     si   MS    die    I.      wirdicHche]  M    wirdiklichn  I    gar  wir- 

denklich  S. 

3543  vUr  got  IS    Vfi    fUrtü  si  M.     himelr.  MSb    riebe  1    hymel  u. 

3544  erst.  M    gest.  IS. 

3545  »gottis  I. 


A 


165 

E.  V.  3463—3470 


er  linde  diu  künigln, 
des  sult  ir  sicher  stn. 
nü  helfe  uns  got  der  guote 
unde  Maria  stn  Hebiu  inuoter, 
.H550  daz  unser  keinez  niem^re  ersterbe, 
unze  wir  ir  beider  hulde  erwerben  I 
darumbe  sule  wir  bitten,  daz  ist  min  rät. 
dämite  sant  Oswaldes  buoch  ein  ende  hat. 


3546  in  S  hinter  3547.    diu  MI    d.  edel  S. 

3547  ISfMsß.^  Zwar  Sfl.     Siait   dieses    Verses   in  M:     Die    wolt    auch    gotcs 

dien'in  sein. 

3548  MSffls.     guote]  M   vil  gott  S. 

3549  MSrisß.    liebiu]  M  vil  1.  S. 

3550  MSrisß.    •vnsz  M. 

3551  MSßfls.     unze]  M    Vncz  dasz  S. 

3552  MSflsß. 

3553  MSflsß.     buoch]  M    leben  S.     hat]  S    hat  K  M. 

Dantuh  in  M:    Deo  gracias 

Deo  gracias  Amen  \ 

vergeltz  got  Amen  >  von  andern  Händen, 
jjjtem  1444  J 
in  S:    Vnd  hehüt  vnsz  got  vor  aller  nott  Amen 
1472. 


ABHANDLUNG 


I.   Die  handschriftliche  Überlieferung. 

1.    Die  Handschriften. 

Der  Münchener  Oswald  ist  in  folgenden  Handschriften  über- 
liefert: 

M,  cod.  germ.  719,  4«  der  Kgl.  Hof-  und  Staatsbibliothek  M 
zu  München;  56  Blätter  Papier,  wie  eine  Notiz  auf  dem  Vor- 
stoß lehrt,  erst  nach  dem  Erscheinen  der  Ettraüllerschen  Ausgabe 
des  Oswald  (1835)  neu  gebunden.  Enthält  nur  den  Liber  sancü 
Oswaldij  von  einer  gleichartigen  fabrikmäßigen  Hand  des  15.  Jahr- 
hunderts geschrieben.  Am  Schlüsse  nach  einigen  Strichen  und 
Federproben  die  Zahl  1444  von  andrer  Hand,  wohl  als  Jahres- 
zahl und  terminus  ante  quem  anzusehen. 

Der  Dialekt  ist  ausgesprochen  bairisch:  w>ä>w  massenhaft; 
?,  tu  <  eiy  ew  auch  in  nicht  haupttonigen  Silben;  mr  <  var  mit 
Umdeutung  von  vehatur  zu  ante  V.  1165,  dart  =  dort  1664,  wort 
statt  vart  1890,  Abfall  von  auslautendem  t:  moch  2316;  mir  = 
vrir  1577  2115  2268  u.  ö.,  wir  =  mir  2332. 

I,  Handschrift  1114  des  Museum  Ferdinandeum  zu  Innsbruck  1 
(früher  3a  76,  8»);  172  Blätter  Papier  in  altem,  mit  Metall- 
knöpfen geziertem  Holz-  und  Rotlederbande  mit  modernem  Inhalts- 
verzeichnis, geschrieben  von  zwei,  nicht  drei  Händen^)  des  15.  Jahr- 
hunderts (nach  Zingerle  ZfdPh.  VI.  404:  ^seiner  zweiten  Hälfte, 
weil  das  Wort  mamaer e  durch  Bchifman  ersetzt  ist).  Strichweise 
Korrekturen  von  späterer  Hand  (z.  B.  2374  ff.  2442  ff.).  Der  An- 
fang verloren. 


^)  (Berg er  S.  367.)  Zuzugeben  ist,  daß  die  zweite  Hand  I^  weit  unregel- 
mäßiger ist  als  I| :  es  finden  sich  Ansätze  zu  sorgfältigerer  Schreibung  (z.  B. 
130a  oben,)  dann  wieder  Nachlassen  (z.B.  137a),  auch  die  Art  der  Federfüh- 
rung wechselt.  Aber  keine  dialektischen  Unterschiede,  keine  abweichenden 
Buchstab  enbildungen. 


_  170 

Inhalt:  1)  la — 20a  eine  Sammlung  von  Gebeten  an  Unsere 
Frau,  bezeichnet  durch  das  Schlußwort  Ilie  hat  ain  end  das  hp 
vnser  frauwen  \  Got  geb  vns  dz  ewige  leben.  Den  Anfang  macht 
eine  vom  verstümmelte  poetische  Paraphrase  des  Ave  Maria: 

yn  daz  ich  dich  vnd  dyn  kynt  \  lob  für  alle  irndisse  ding  etc.  ' 
Domin(u8)  vns&i'  her  hat  \  dich  Hz  erkorn,  maria  \  von  deinem  rey- 
nem  \  libe  wart  er  geporn  mir  vnd  \  allen  sundrn  zu  drost  wan  er  \ 
vns  tüer  hat  erlöst  mit  syn  \  heiligen  wenden  vsz  der  pitiem  \  helle 
gründe  u.  s  w  Es  folgen  gleiche  Abschnitte  zu  den  Worten  Tecum^ 
Benedicta^  Tu,  In  mulieribics  u,  s.  w.  nach  Art  der  Marienlieder 
des  Bruder  Hans,  aber  rein  deutsch.  Danach  brauchte  also  am 
Anfange  der  Handschrift  nicht  mehr  als  ein  Blatt  zu  fehlen. 
(Zingerle  ZfdPh.  VI.  377  f.  hält  l)für  den  Anfang  von  2)). 

2)  22a — 59a  geticht  von  leyden  vndpittem  mani£  J(es)u  Ch'(tsf)i 
vnsers  hem. 

3)  59  b — 170b:  hystory  von  sand  Oswalt  mi^  er  erwarbe 
Chünigs  Aronis  tochter  üwer  mer  Alleluia. 

Die  erste  Hand  reicht  von  la — 94b  (Osw.  1717),  die  zweite 
bis  170b.  Die  übrigen  Blätter  sind  mit  Kritzeln,  Buchstaben, 
Rechnungen,  Namen  besclirieben.  Ich  lese:  hans  enget  schidman 
von  ...  I  hanns  von  merling  \  Her  von  prand  wei*g  ob  dem  .  .  . 

I,  hat  bairischen  Dialekt:  p  und  cA  =  germ.  b  und  k  im  An- 
laut, sporadischer  Wechel  von  b  und  w;  t  >  ei^  ü  >  a«,  tu  >  eu;  pe- 
sargeriy  morgen,  verpargen. 

I,  ist  wohl  schwäbisch,  wenn  auch  die  Belege  z.  t.  nur  strichweise 
zusammengedrängt  zu  finden  sind,  z.  B.  Blatt  115b  ff.:  gütti,  a^an, 
slauf  (=^sldf),  125  f.:  getaun,  bezaichnot^  zochen  (=  zugen)i 
regelmäßig  OschimU^  \:  Oswalt;  b  undj9  wechseln,  b  und  w  nicht; 
o>  üy  iw^  eu  fehlt;  t>d, 

Zingerle  scheint,  besonders  bei  seiner  Datierung,  ohne  weiters 
anzunehmen,  daß  die  Handschrift  tirolisch  ist.  Ich  habe  die  Ar- 
beiten von  Schatz  zu  Rate  gezogen  (Mundart  v.  Imst,  Tirolische 
Mundart),  wage  darnach  aber  doch  nicht,  I  in  Tirol  zu  lokalisieren, 
auch  M  nicht.  Der  Versuch  die  Namen  nutzbar  zu  machen  ist 
fehlgeschlagen,  wird  aber  vielleicht  einem  Erfahrenen  gelingen. 

S,  MSc.  AlO  der  Bibliothek  zu  Schaffhausen,  117  Blätter 
Papier,  8«.    Enthält: 


171 

1)  1 — 63  (unbeziffert)  Passio  d(omi)ni  n(o8t,)vi  J(€8)u  (1ir{Ut)i 
mit  der  Unterschrift  Hainric(us)  beck  p(ro)  ((empw^e)  8oci(iis) 
diui(n)or(tim)  et  capella(rm8)  in  scaffusa.  familiarit(er)  j7(ro)  Hmpli- 
cib(u8)  cristi  detiote  wlgatiaauit  oviiüens  se  pio  correctori  Anno 
d(omi)ni  1472.     Bittend  got  für  jn, 

2)  64—106  (Seitenbezifferung  1—86)  Sant  Oschwald  in  Engel- 
Utnty  unser  Gedicht,  unterschrieben  1472. 

3)  107  —  117  (unbeziffert)  Prosalegende  von  Christus  und  dem 
Einsiedler,  der  auf  die  Einflüsterungen  des  Teufels  in  die  Welt 
zurück  will. 

Jedes  der  drei  Stücke  ist  von  andrer  Hand,  aber  das  Papier 
ist  allen  gleichartig,  und  da  1)  und  2)  im  selben  Jahre  geschrieben 
sind,  wird  auch  2)  in  SchaflFhausen  geschrieben  sein. 

Der  Dialekt  von  2)  ist  schwäbisch:  Oschwidd  regelmäßig, 
dy-au  sehr  häufig,  kein  iu  >  eu;  schöni  230,  miidi  62b^  crUtan 
1097  U.S.W. 

Den  Oswald  dieser  Handschrift  hat  Ettmüller  herausgegeben: 
Sant  Oswaldes  Leben,  Zürich  1835.  Ein  Verzeichnis  der  ab- 
weichenden Lesarten  von  M:  Germ.  V.  142  if.  (Bartsch),  von  I: 
ZfdPh.  VI.  379  (Zingerle),  beide  nicht  ausreichend. 

Mk,  Cgm.  5377  der  Kgl.  Hof-  u.  Staatsbibliothek  zu  München,  Mk 
früher  Blatt  47—65  von  Clm.  24842,  21  Blätter  Papier  4«  in 
jungem  Pappband.  Inhalt:  1 — 8a  Cantica  canticorum  verdeutscht; 
danach  zwei  unbeziflferte  leere  Blätter;  9a — 19a:  bedewtung  vnd 
auslegögderheiligüme^z,  datiert  1477;  19  b:  Oswald  V.  668 — 82, 
eine  schwer  leserliche  Schmiererei  von  nachlässiger  Hand  des 
15.  Jahrhunderts,  bairisch.  Diese  Handschrift  ist  auf  eine  wahr- 
scheinlich von  Kainz  herrührende  Randbemerkung  in  M  (V.  668) 
hier  zuerst  herangezogen. 

s,  Cod.  theol.  et  phil.  81  der  Kgl.  öffentlichen  Bibliothek  in 
Stuttgart,  1  und  294  bezifferte  Blätter  Papier  4®  in  gepreßtem 
Schweinslederbande.  Die  äußeren  Deckel  zeigen  verwischte,  un- 
leserliche Spuren  von  Namen;  auf  jedem  vier  mal  eingedruckt  das 
Wort  Iberu8(f).  Vom  innen  aufgeklebt  ein  Pergamentblatt  mit 
Neumen  und  lateinischem  Text.  Der  hintere  Deckel  ist  mit  dem 
Buche  durch  ein  anderes  Pergamentblatt  verbunden,  darauf  in 
Kursive:  1481,  der  terminus  post  quem  für  den  Einband  (,von 
Edzardi  Germ.  XX.  191  verkehrterweise  zu  dem  Alter  der  Hand- 


172 

Schrift  in  Beziehung  gesetzt).     Auf  dem  ersten  Blatte  ein  Inhalts- 
verzeichnis, Die  tauel  diszöttchs,  unterschrieben:  Consistarium^  \  IF. 
I  .y.  I  und  auf  der  Bückseite  oben:  Disz  buch  geh&i^t  jn  ds  clost^r 
Ruthe  p'digei*  ordena.     Es  ist  eine   Sammlung  größtenteils   erbau- 
licher Werkchen,  viele  Erzeugnisse  der  Marienverehrung  darunter. 
Hinter  den  einzelnen  Stücken  ist  im  Verzeichnis  öfters  angegeben, 
an  welchem  Sonntage  sie  gut  zu  lesen  seien,  oder  es  ist  auch  eine 
Lücke  dafür  gelassen:  ein  Hinweis  auf  den  Zweck  des  Buches. 

Ich  fahre  die  Stücke  an,  die  nicht  im  Inhaltsverzeichnisse 
stehen:  49b:J*  was  ey  geistlich  man  det*  was  vast-  andp.chtig  (Er- 
scheinung Maria)  —  die  gantz  stai  oder  tempel  wart  er  htckt^ 
Bruchstück  von  einer  ungeübten  Hand. 

117  b — 119  a  J  z  was  ein  münich  jn  der  wiinstP  sieht  (f)  der 
kam  zu  gesehen  die  heiig  vetter  —  hatt  crvft(us)  der  lu*re  erlöset  min 
sele  vnd  disz  bruders  von  dem  strick  der  sünde  [Wann  er  trart 
gereisset  von  der  heiigen  sorgfaltikeit  sines], 

286b — 291a  Zu  den  zijte  des  küniges  vö  ffrancksrych  pipini 
vmrdi'  gebo^m  zwey  kinde  —  Do  wart  vö  göttlicher  schiküge  der  Ij^ 
Amelij  mit  sine  sarg  funde  Jn  der  künigliche  kirchP  by  de  sarg 
Amici.    Soviel  ich  weiß  noch  unbekannt. 

Die  Hand,  die  das  Inhaltsverzeichnis  schrieb,  hat  auch  die  Pa- 
ginierung besorgt,  beides  —  das  erste  Blatt  ist  vorgeheftet,  nicht 
-geklebt  —  wohl  bei  Gelegenheit  des  Bindens. 

Der  übrige  Kodex  ist  mit  Ausnahme  des  kurzen  Stückes  49  b 
von  zwei  Händen  geschrieben,  die  sich  deutlich  unterscheiden:  die 
erste  steil  und  eckig,  die  zweite  geschwungen,  kursiv,  weniger 
schön;  beide  wohlgeübt.  Die  erste  hat  1  a— 44 b  und  128b— 292a 
geschrieben  und  streckenweise  die  Stücke  der  zweiten  glossiert. 
Die  Glossen  sind  dann  z.  t.  durch  den  Schnitt  des  Einbands  be- 
schädigt. Außerdem  ist  sehr  wahrscheinlich  von  erster  Hand  die 
Bogenzählung,  die  Bl.  135  a  unten  halb  zerschnitten  auftaucht  (XI) 
und  bis  269  a  (XX)  fortgeführt  ist.  Die  Lagen  haben  durchschnitt- 
lich 14  Blätter,  und  es  ergibt  sich,  daß  dem  Kodex  zwischen 
dieser  Bogenzählung  und  dem  Eünbinden  nichts  verloren  gegangen  ist. 

53a — 128b  gehören  der  zweiten  Hand,  die  128b  unterschreibt: 
Amen  P(er)  me 
Michaelem  Lapicide  a(nno)  m(iUesimof) 
1479no 


173 

Das  nächste  Stück  der  ersten  Hand  schließt  sich  auf  der- 
selben Seite  an.  Das  ergiebt  für  alles  Folgende  einen  guten  ter- 
minus  post  quem.  Darunter  253b  —  281a  ohne  vorhergehenden 
Zeilenabsatz:  Von  dP  hochgeloptP  miUe  vü  edeln  könig  sant  Oswalt 
cO  engeUant,  zu  einer  Eeihe  von  Prosaauflösungen  gehörig,  die 
nicht  zufällig  hier  zusammen  stehen.  Die  Erzählung  ist  nicht  zu 
Ende  gefuhrt,  obwohl  noch  genug  Eaum  blieb. 

Über  Kloster  Beute  vgl.  Edzardi,  Germ.  XX.  190  A.  2.  Michael 
Lapu-ide^  der  Genosse  des  Oswaldschreibers,  ist,  wennn  Lapi- 
cida  dasselbe  ist  wie  Steinhöwel,  vielleicht  ein  Bruder  des 
bekannteren  Heinrich.  Denn  wie  mir  Herr  Sigmund  Steinheil  in 
Stuttgart  gütig  mitteilt,  ist  in  seinem  Stammbaum  ein  solcher 
Bruder  ,N.  N.,  vermutlich  Jakob'  verzeichnet,  der  ,allem  Vermuten 
nach  in  Eßlingen  lebte  und  starb'.  Ich  kann  nichts  weiter  darüber 
sagen,  weil  ich  die  Grundlagen  dieser  Vermutungen  nicht  kenne, 
jedenfalls  aber  macht  es  auch  der  Charakter  der  Prosaauflösung  s 
wahrscheinlich,  daß  sich  der  heilige  Oswald  und  die  Frühhuma- 
nisten  hier  die  Hände  reichen.  Unter  den  von  Michael  geschrie- 
benen Stücken  ist  auch  eine  Geschichte  von  den  bebste  sider  sant 
pef  dp  eratP  babst  96b — 117a:  J  ancttia  Peinis  der  erst  babst  besassz 
den  babstlichen  stitl  XX  V  Jar.  Der  Bericht  schließt  mit  Clemens  VI. 
1342.  In  einem  Nachtrage  wird  von  der  Pest  des  Jahres  1398 
erzählt. 

Der  Dialekt  des  Oswaldschreibers  ist  schwäbisch;  besonders 
charakteristisch  aber  das  häufige  anlautende  d=mhd.  t  und  die  vielen 
epithetischen  e.     (Vgl.  Edzardi  Germ.  XX.  190**). 

Zwei  Stückchen  des  Oswald  s  sind  im  Anzeiger  f.  Kunde  d. 
deutschen  Vorzeit  1857  S.  38  ff.  von  Zingerle  gedruckt,  das  Übrige 
von  Edzardi  Germ.  XX.  192  ff.,  XXI.  171  ff.  Ich  verzeichne  da- 
raus  nur  die  gröberen  Fehler,  die  für  Herstellung  des  Textes 
etwas  ausmachen  können: 

Germ.  XX.  192,  16:  starbe;  193,  2  gienge  er\  10  merket:^ 
nierkft;  13  nach  yetruwe  fehlt  jr  unssent  wol  Min  Ryche  stet 
on  ein  Jrauwe\  21  niergen;  35  j^'fng;  194,  23  Der]  dar;  195, 
2  sin  <crftßbeim  Bötien;  geteget;  5  nun]  min;  32  v^luhen;  196,  11 
jungen;  197,  1  fertiget;  13  heidischen  -c  heideschen;  197,  24  die 
Handschrift    hat    trotzdem    vogel  nicht   Rabe;     201,  32    sin]  jm; 


174 

Germ.  XXI.  172,  15  verliiret;  36  Jung;  173,  5  hat]  hat  dir;  14 
büj  bis  das;  22  nach  werden  fehlt  min  lyp  vn  min  gut  sol  jm 
cndert^ne  werde;  28  ira;  32  er  hei*  über;  174,  16  sere  fehlt  in  der 
Handschrift;  36  bis  e)*;  175,  1  träme  vu;  15  heizen  der  Strich 
durch  r  ist  Durchschlag  von  der  nächsten  Seite;  175,  29  nach 
aroen  fehlt  lani-  by  viir;  176,  2  nachtest;  4  bedarjß  <  bedarfst  i 
10  2M;^y;  15  .LXXXij.]  .XXXij,"';  20  ^r;  22  zwey;  177,  10  6y 
«^ow;  \4i  Wappen  rocHin;  21  jglü*hem;  IIS^  12  erschrack-c  erschrach; 
13   tiniHglich;   21   heyme;    179,  8  fa*2  rftcA;    18  nach  sprach  fehlt 

0  miY^er  ^5wi^  Sa/i^  Oswalt;    31   afe  6a W^  dw;    35  ^o»2r  noi;    180, 

1  gnerret;    2   kiimest;    8    vor   Äaftö  fehlt  ^d^i  /Jnij^;     19    frölich; 

20  r//  2^  sprach;  30  ^/'  «•;  31  nach  dinP  ist  Ralf  ::^  her  versucht, 
dann   durchstrichen;    36  Jn  ein;    181,  19    Eiuy  d.  h.    St«  7  'S»«; 

21  königes;  33  erhört;  182,  8  «i«  ^r;  15  [:mo]  ]  zu;  18  mögent ; 
20  Äo^s*  25  ^w^^»«;  183,  7  geraten  in  ^  ";  13  hirszen;  16  ^^ 
wynne;  18  ^ö  in  gevieng  übergeschrieben;  die  Anmerkung  ff  ist 
zu  streichen;  184,  30  trurig  vii  liefen  obf;  185  8  cier^y  am  Kande 
von  derselben  Hand"  wolgetanen;  10  die  die]  die;  13  nach  Oetcalf 
fehlt  rmbjieng  sie  lieplich  vn  sie  Jn,  Jr  beder  freyde  wojs  grasz  Der 
miU  könig  sant  Oswalt;  29  gejegde;  186,  10  vnserm;  23  wajen 
fehlt  in  der  Handschrift;  26  eHrencken<  ertrenchen;  36  meref.y 
am  oberen  Rande  von  derselben  Hand  f.  vn  sant  got  eine  groszr 
stu7inivint;  IST,]  Oswalts ;  30 königes ;  31  det; dar  ümb;  188,7  wider 
uff\  23  doch  ntm;  24  sammet:  189,  14  nit*^y  am  Rande  von  gleicher 
Hand"  balde;  18  der  k  Rych  könig;  32  sorgen;  190,  5  kam  mit: 
12  geschach,  ch  aus  einem  andern  Buchstaben;  13  Vfid^zdie-,  23 
n/yn^  ?  24  do  d^^  tt/i«2  herre;  27  F  in  F//  auf  einem  andern  Buch- 
staben 30  erbermiglich;  32  be  in  J^Aw^«  nachträglich  vorgesetzt; 
Idl^  ipfennig;  24  dwrA;  30  mit  ^silbei*  vn  mÄ";  o  in  ^o2d«  über 
einen  andern  Buchstaben ;  36  bilgerin  <:bilgenm;  192,  5  trybet:  11 
jglich;  26  do  2w;  193,  3  edehi  fiirste  vü, 

Zingerle  gestattet  sich  einige  Normierungen,  aber  auch  bei 
Edzardi  ist  auf  die  Wiedergabe  der  Majuskeln  und  Minuskeln, 
der  Abkürzungsstriche,  der  Worttrennungen,  der  ijy,  uvüüiir 
u.  s.  w.  nirgend  Verlaß,  ebensowenig  auf  die  Interpunktionsstriche  —  s 
hat  nur  ein  Zeichen,  eine  Art  Virgel  —  und  auf  die  Fettbuchstaben. 

Der  Inhalt  des  Oswald  ist  von  s  sehr  vollständig  und  mit 
enger  Anlehnung  an  das  Gedicht  wiedergegeben.    Es  fehlen:  eine 


175 

große  Menge  variierender  Versgruppen  und  mit  starker  Konsequenz 
die  leeren  Füllverse  und  Formeln:  ein  willkonmienes  Mittel,  den 
gefährlichen  Reim  zu  vermeiden.  Denn  mit  der  ursprünglichen 
Überlieferung  hat  diese  große  Beinlichkeit  natürlich  nichts  zu  tun, 
übrigens  sind  ja  auch  einige  solche  Verse  in  s  erhalten.  Ich  ver- 
weise dafBr  auf  den  Lesartenapparat.  Stärkere  Kürzungen  von 
Umständlickkeiten,  die  s  zuzuschreiben  sind,  wären  etwa  827 — 77, 
1005—8,  2271—77,  2906 ff.  (Kampfschilderung),  3101—8. 

Kürzungen  mit  Lückenfüllseln:  267— 71,  eingefiigt(sl94, 
1 5):  Kre  ich  ftag  üch  das  für  war;  1050  (s  172,  31):  2w  edel  Dar  ümh 
biaz  nit  leidig  Vn  wer  alles  das  gefügel  .  .;  1778 — 88  (s  178,  35): 
Der  engel  gebot  dem  Raben  dz  er  über  mere  zu  sinP  herren  fivige  jn 
das  heifdUch  lant;  2845 — 48  (s  187,  8)  vii  sint  bestendig ^  wer  nu 
von  den  heiden  wiH  erslagen;  3025 — 52  sind  vielleicht  wegen  des 
spielmännischen  Witzes  (3035)  übergangen,  statt  dessen  (s  188,  31): 
Do  dz  der  konig  hört. 

Dazu  einige  Lücken,  die  wahrscheinlich  aus  Versehen  ent- 
standen sind: 

195 — 200,  durch  Bandbemerkung  (derselben  Hand)  ersetzt: 
(s  193,  27)  der  hiesz   Warmünt^ 

913 — 24  Abspringen  von  vride  hdn  zu  vride  fidnf 

1922 — 43  Abspringen  von  wilkomen:  vemomen  zu  komen:  be- 
nomen  f 

Die  Zusätze  von  s  beschränken  sich,  abgesehen  von  den  Lücken- 
füllseln, auf  Verdeutlichungen,  einige  rationalistische  Erklärungsver- 
suche, synonymische  Glossen  und  dgl.  Vgl.  1366  (s  175,  28)  löse  mir 
den  brieffe  v/i  das  fingerlin  usz  mine  gefider\  1435  (s  176,  13): 
bereit  vü  zu  samen  bracht;  1504  (s  176,  20):  er  lieh  vn  wirdig- 
lich'y  2055  (s  180,  27):  mangen  dienst  man  herren  v/iknecht;  2247 
(s  182,  16):  cn  sp(ra)ch  zu  jn\  2449  (s  184,  2):  dz  man  sagt 
Es  wer  nye  lebentiges  dar  über  kummen;  2811  (s  186,  38):  Vn 
wart  by  de  heyden  so  dunrkeldaz  sie  nit  — ;  3438  (s  192,  26): 
Vn  sp(ra)€h  zu  der  fr  au  wen. 

b,  Mscr.  Germ.  Oct.  288,  pap.  saec.  XV.  der  Kgl.  Bibliothek 
zu  Berlin.  81  Blätter,  die  letzten  anderthalb  unbeschrieben  außer 
einigen  Federpruben  auf  81b.  Das  Buch  ist  in  Holzdeckel  gebunden, 
die  mit  rotem  Leder  bezogen  sind.     Die  Verbindung  zwischen  Buch 


176 

und  Einband  bilden  vier  2—3  cm  breite  Pergamentstreifen,  die  sich 
auf  beiden  Seiten  des  Rückens  fast  über  die  ganze  Breite  des 
Deckels  erstrecken.  Sie  passen,  von  oben  nach  unten  gezählt,  in 
der  Reihenfolge  1.  4.  3  zusammen;  von  2  fehlt  die  rechte  Hälfte,  die 
linke  ist  zugeklebt.  Auf  dem  ersten  Streifen  liest  man  rechts 
O^coldy  aber  man  täuscht  sich,  wenn  man  ein  Fragment  des  Ge- 
dichts oder  der  Legende  vor  sich  zu  haben  glaubt:  die  Ergänzung  ist 
Richter  zu  .  .  .,  Nach  Chrütj  geburde  vieHzehhh  .  .  . ;  es  handelt  sich 
um  eine  Urkunde  in  privaten  Erbschaftsangelegenheiten.  Der  Kodei 
enthält  von  einer  Hand  des  15.  Jahrhunderts  und  unter  einem 
Titel  begriffen  sannd  Allejius  vnnd  sannd  Oswoldt  etc.  in  Prosaauf- 
lösung. Der  Spezialtitel  Bl.  14  a,  von  sannd  Osteoids  leben^  ist  von 
derselben  Hand  nachträglich  zwischengeschoben.  Nur  im  Anfang 
sind  einige  Zeilen  von  einer  späteren  korrigiert. 

Der  Dialekt  ist  bairisch  (Wechsel  von  b  und  «?,  Part.  Praes. 
auf-  unde,  der  wern  =  encern  485.  32.  etc.) 

Ein  geglätteter  Abdruck  dieses  Oswald  in  der  ZfdA.  Xm.  466  ff. 
von  Haupt.  Ich  verzeichne  nur  seine  interessanten  Fehler: 
467,  26  doviit;  470,  6  und  sonst  haubt  nicht  hauptQ);  21  schw^id; 
471,  9  reyi  und]  rei/tund;  26priefleini  stund;  472,  17  nach  verderben 
fehlt  in  dem  wildenn  mer;  38  mer  weybn;  473,  15  tüem;  19  pot- 
schaß;  28  nach  sich  fehlt  da  vnib  vnd  naigt  sich;  474,  6  behabt; 
34  Parig;  475,  29  niag;  35  wes;  476,  29  (478,  6;  480,  15)  ma^h 
pawm  (?<  unsicher);  478,  4  nach  oder  fehlt  Ritter;  \&  seins;  36 
nach  lassen  fehlt  vndencegen;  480,3  nach  mir  fehlt  mt^  f=  nt^); 
481,  21  die  dg;  32  unsz;  482,  4  seydin;  13  harmasch;  30  bedor/sfu 
483,  9  auf  den;  26  Iiet  in]  het  zu  ?  484,  10  meinis;  32  seinem; 
485,  3  nach  zu  fehlt  got  vnd  zu;  486,  11  dorunib;  15  gwalt;  487,5 
dorein;  9  ennsprung;  23  versprechen]  v'suchn;  489,  20  pilgrein; 
31  schiltpuebft;  490,  20  nach  wil  fehlt  ich;  29  von] in;  491, 11  süben 
<  syben;  19  Knehen  ist;  24  Jastiniano. 

b  entfernt  sich  im  Gegensatz  zu  s  so  sehr  von  MIS,  daß  man 
schwanken  konnte,  ob  es  zur  Rekonstruktion  der  Vorlage  von  *MS 
dienen  müsse  (Edzardi  a.  a.  0.),  oder  nicht  einmal  fQr  die  Kritik 
der  überlieferten  Handschriften  in  Betracht  komme  (Berger  a.  a.  0. 
S.  404).  Neben  wohlerhaltenen  Versen,  die  durchaus  zu  MI  oder 
S  stimmen,  stehen  fremde  mit  fremden  Reimen;  eine  eigene  Ein- 
leitungsdichtung igeht  voran,  und  umfangreiche  Zusätze  sind  über 


177 

das  Ganze  verstreut,  aber  es  sind  auch  ganze  Partieen  in  wenige 
überleitende  Worte  zusammengefaßt,  und  hunderte  von  Eeimpaaren 
fehlen  gänzlich  oder  sind  an  andere  Stellen  geschoben. 

Es  fehlt  vieles  Geistliche  und  Wunderbare:  245 — 93  (Oswald 
will  Parig  taufen),  350—53,  409—21,  953—56  (0.  und  P.  sollen 
heilig  werden),  1979 — 93  (des  Eaben  Gefieder  ist  merkwürdiger- 
weise wohl  gerastet),  2286 — 2301  (0.  betet  um  Vergebung  seiner 
Lüge  gegen  Aron),  2453 — 58  (warum  der  Hirsch  entkommt), 
2516 — 26  (die  vier  entflohenen  Jungfrauen  wollen  Christinnen 
werden),  3382 — 90  (0.  soll  einer  der  Nothelfer  werden). 

Umständlichkeiten  und  Doppelerzählungen  ausgelassen:  89 
bis  103  (Aufzählung  der  Dienstmannen),  518—21,  535—41,  1120 
bis  25,  1136—39,  1225—57  (der  Babe  bei  dem  Einsiedel,  aber- 
malige Erzählung  seiner  Botschaft),  1293—1302,  1587—1606, 
1650—65,  1669—80  (Beratung  über  Aufschlagen  des  Lagers), 
1820-24,  2005—13,  2017—24,  2032— 47  (Gespräch  zwischen  P. 
und  dem  Baben,  sie  erkundigt  sich  nach  0.,  des  Baben  Antwort), 
2145 — 63  (Meldung  des  Wächters  an  Aron  und  Antwort),  2169 
bis  2174  (Anrede  des  Wächters  beim  Wecken  der  Heiden), 
2344—59  (Oswalds  Absicht  mit  dem  Hirschen),  2398— 2426  (Wecken 
zur  Hirschjagd),  2667—76  (Gespräch  zwischen  Aron  und  seiner 
Frau),  2581 — 92  (Gespräch  der  Heiden  als  sie  das  Hom  hören), 
3408—13. 

Oft  ist  an  diesen  Stellen  das  Fehlende  durch  ein  paar  Worte 
angedeutet,  und  eine  Grenze  zwischen  Auslassung  und  Bearbeitung 
läßt  sich  nicht  wohl  ziehen. 

Drittens  fehlen  auch  alle  Füllverse. 

Die  Erzählung  hat  durch  alle  diese  Abstriche  sehr  gewonnen, 
zumal,  wie  man  aus  den  oben  beigefügten  Inhaltsangaben  ersieht, 
zugleich  viel  Beiwerk  gefallen  ist.  Daß  aber  diese  Kürzungen 
nichts  mit  der  ursprünglichen  Überlieferung  zu  tun  haben, 
ergibt  sich  schon  daraus,  daß  Altepisches,  das  dem  Bearbeiter 
nicht  mehr  passen  konnte,  mit  beseitigt  ist,  z.  B.  die  eigent- 
liche Kampfschilderung  zwischen  2875  und  2916  fehlt;  anderseits 
ist  auch  kurzerhand  gestrichen,  wo  die  Überlieferung  verwirrt 
war:  372  fr.  das  doppelte  Wunder  hei  der  Herbei  Schaffung  des 
Baben,    1009 — 19  die  aus  den  Fugen  geratene  Scheltrede  der  Parig 

Baesecke,  Munchener  Oswald  12 


178 


an  ihren  Vater,  2701 — 12  das  Gespräch  der  Heiden,  als  sie  Arons 
Hom  hören. 

Die  Zusätze  scheiden  sich  ziemlich  deutlich  in  prosaische 
und  solche,  die  Verse  wenigstens  durchblicken  lassen.  Nur  die 
erste  Klasse  kann  natürlich  b  zugehören. 

468,  24  zu  V.  136:  (kuHzweil)  als  sy  vor  bey  seinem  vater  heten 
gepflegen,  bezieht  sich  auf  die  Einleitung,  vgl.  auch  1568;  vielleicht 
auch  nur  Zusammenfassung  der  vorigen  Verse.  470,  34 — 39  ge- 
machl:  Oswald  gibt  dem  Kaben  seinen  Auftrag;  in  *MS  420  kennt 
er  ihn  schon.  Ähnliche  Glättungen  des  Zusammenhangs,  Ausmalungen 
und  Rekapitulationen:  471,2wnrf  —  4m^f;  471,7rfa  —  8wirdihatt\ 
il l,  IS  gen  — 25  gehcAen;  475,  36  dy  —  476,  9  tn;  477,  3  «y — 
4  toc/Uer;  477,  17  und  —  19  an  (auf  der  Insel  des  Einsiedeis  soll 
Oswald  mit  Aron  kämpfen);  477, 37  der  —  38  gros  (durch  das  zweite 
der  rah  477, 38  als  Zusatz  kenntlich);  478,  20  und  auch  —  23  tag; 
478, 35  und  —  479, 1  wurden-,  479, 1  do  —  4:jm  (Oswald  läßt  seine 
Könige  zum  Schutze  des  Landes  zurück);  479,  35  davon  —  36  ver- 
gessen-, 480, 25  und  —  rgtter;  480, 35  der  —  37  i^egs;  485, 21  zu  — 
25  pawen  (durch  die  doppelte  Ortsbezeichnung  sant  und  steinwont  als 
Zusatz  kenntlich);  485,26  hü  —  27  wie  (der  Rabe  meldet  die  ver- 
folgenden Heiden  zum  zweiten  Male);  491,  3  und  —  5  gehorsam 
(Zenturio  als  Oswalds  Nachfolger)  u.  s.  w.  Die  Parenthesen  zeigen, 
daß  b  sich  auch  nicht  scheut,  neue  Züge  anzubringen.  Merk- 
würdig ist  aber,  und  darin  liegt  ein  guter  Teil  des  Kompositions- 
geheimnisses, wie  energisch  diese  neuen  Züge  festgehalten  werden 
und  wie  sicher  die  Beherrschung  des  ganzen  Stoffes  ist.  Vgl. 
471,39:  Oswald  tut  seinen  Ring  in  den  Brief.  Dazu  stimmt 
475,36,  476,18,  477,15,  478,11;  zu  477, 17  (s.o.)  stimmt 
485,22,  488,  28  ff.;  zu  478,20  stimmt  478,22,  479,6  u.  s.  w. 
Andrerseits  fehlt  479, 10  was  473,  14flf.  vorweggenommen  war. 

Viele  von  den  erklärenden  Beigaben  sind  sehr  rationalistisch 
gefärbt;  z.  B.  daß  regelmäßig,  wenn  vor  der  Heidenburg  etwas 
unternommen  werden  soll,  der  deckende  Nebel  bemüht  wird: 
479,11;    481,3,    481,22,    483, 8  und  9,    483,33,    484, 19u.s.w. 

Geistliche  Zusätze:  472,9;  476,7;  490,31-37;  491,10ff. 
(O.'s  unverwesliche  Hand);  ausgeführte  Gebete  z.  B.  475, 39 ff., 
485,  8  ff.     Dabei  wird  immer  wieder  Maiia^  die  liebe  traute  mucter 


179 

hervorgehoben:     470, 34,      471,  2,     484, 8,     486, 23,     487, 1, 
488,  15  u.  s.  w. 

Diese  sorgfältigen  Anreden  (Vgl.  auch  480, 2  ich  danke 
euern  k.  gnaden)  sind  kanzlistischer  Natur,  und  Kanziistisches  findet 
sich  noch  in  großer  Menge.  Oswalds  Brief  an  Parig  wird 
vollständig  mitgeteilt  (471,  26)  und  ist  ein  rechter  Muster- 
brief. Er  wird  mit  dem  Kgl.  Siegel  versehen  und  vermacht 
für  alle»  waaser.  Dasselbe  geschieht  476,  20  mit  Parigs  Briefe, 
und  es  ist  hervorgehoben :  der  brief  was  also  geschriben  mit  liiczeln 
worUuy  aber  es  folgt:  ah  ir  hernach  wert  hären,  denn  b  schämt  sich 
wie  gesagt,  doppelt  zu  erzählen. 

Kanzlistisch  sind  also  auch  die  synonymischen  Verdoppelungen 
des  Überlieferten.  Vgl.  469,  33  pringen  noch  gewynnen,  470,  4  syt 
unnd  gewonhaity  471,  34  wie  oder  in  welher  mass,  478,  17  pot  und 
schuefj  481,20  hegeen  und  peiagen^  485,3  hofnung  und  dingen, 
486,  13  schelten  noch  versmahen,  489, 10  kamrer  und  diener. 

Schon  von  490,  30  an  etwa  ist  die  Erzählung  auf  einen  wohl- 
ausklingenden,  allseitig  befriedigenden  Schluß  angelegt,  der  sich 
kaum  noch  an  die  Überlieferung  und  ihre  Woi*te  anlehnt;  aber  nach 
dem  Amen  folgt  noch  ein  gänzlich  prosaisches  Anhängsel,  das  mit 
der  Überliefernng  des  Gedichtes  überhaupt  nichts  mehr  zu  tun  hat 
und  augenscheinlich  das  Ganze  in  welthistorischen  Zusammenhang 
rücken  soll.  Denn  die  Zeitbestimmung  706  n.  Chr.  (49 1 , 1 7) 
entspricht  der  an  der  Spitze  der  Einleitung:  700  n.  Chr.,  und  es 
sieht  ganz  so  aus,  als  ob  der  Verfasser  sich  diese  Zeitdauer  für 
die  Vorgänge  der  Erzählung  herausgerechnet  hätte. 

Quelle  ist  weder  die  Erzählung  Bedas  (oder  seiner  Abschreiber) 
von  Oswald,weilsieseinLebenauf  604— 42  setzen;  noch  die  gewöhn- 
liche Papstchronologie:  denn  als  die  angelsächsischen  Könige  Cohereth 
und  Offa  (709)  nach  Bom  kamen,  war  nicht  Gregor  IL  (715—31) 
Papst,  sondern  Konstantin  (708—15).  Vielmehr  wird  der  histo- 
rische Schluß  dadurch  angeknüpft  sein,  daß  die  beiden  pilgernden 
Könige  legendarisch  zu  Oswalds  Lehensmannen  gemacht  waren 
(b  491,30)  und,  indem  ihre  Fahrt  nach  Rom  eine  falsche  Jahres- 
zahl erhielt,  einerseits  Oswald  nach  ihnen  verkehrt  datiert  und 
andrerseits  folglich  ein  falsches  Stück  einer  Papst-  und  Kaiser- 
chronik herangezogen  wurde.  Sonst  wäre  nicht  erklärlich,  daß 
die  klare  Überlieferung  bei  Beda  verlassen  ist,  nach  der  die  beiden 

12  • 


180 

Könige  im  Jahre  709   unter  Papst  Konstantin  nach  Born  kamen. 

u,  Cod.  31  des  ungarischen  Nationahnuseums  zu  Budapest 
59  durch  modernen  Buchdruck  bezifferte  Blätter  Papier  in  4  ®,  der 
Einband  Pergament  mit  Metallknöpfen.  Inhalt:  2a — 43a  Von  dem 
muten  kunig  Sand  Onwolt  (rot),  Prosa  einer  bairischen  Hand,  die 
sich  Bl.  42b  so  anzeigt:  Das  tat  geschrib/i  da  man  zalt  1471  Jcar; 
eine  nicht  ganz  regelmäßige  Schrift,  nur  auf  der  ersten  Seite  etwas 
sorgfältiger  und  mit  Eubrum  und  ein  paar  Silberstrichen  versehen; 

49a — 55a  von  zweiter  Hand:  St,  AUxius:  SAnt  AUxius  vciUr 
hiesz  efemianua  der  was  ain  hocher  richter  vnd  was  Rat  her  zw 
Ram  vnd  was  darczwe  ffeporü  von  fürsten  geschlucht  —  Vnd  das 
wir  gott  dortt  ny  ymmei'  vnd  JEmgleich/i  lohn  vnd  erü  müessü  an 
end  K  Amen. 

Auf  den  übrigen  Blättern: 

Ib:  Codicem  Nunc  Germanicum^  Scriptum  A'^  1471,  cornparaci 
Leutschoviae  in  Jlunga^na  A*^  1793  a  f.  40; 

2  a  oben  ein  älteres  radiertes  Ex  libi'is  Jos,    Wagener : 

von  derselben  Hand  auch  einige  Literaturnotizen  auf  f.  Ib. 

An  der  Innenseite  des  Bückendeckels: 
Caspar  preumeister 


ist  die  hanntschrifft^  dick  überschmiert,  die  Hand 

scheinbar  noch  aus  dem  15.  Jahrhundert. 

Was  Art  und  Inhalt  des  Textes  anlangt,  so  gilt  das  von  b 
Gesagte.  Beide  Fassungen  geben  sich  sogleich  als  Verwandte  zu 
erkennen,  schon  durch  Einleitung,  Schluß  *)  und  Zusammenstellung 
mit  der  Alexiuslegende.  Die  Abweichungen  sind  zumeist  durch 
Einsetzen  von  Synonymen,  Änderung  der  Beiworte  (der  miUey  mach-- 
tige^  kiinig,  sant  Oswalt;  die  liebe,  traute  muter  gotes,  Maria)  und 
durch  Umstellungen  entstanden,  u  aber  ist  sprachlich  altertüm- 
licher, zuverlässiger  und  gegen  Ende  vollständiger. 

Hier  gleich  die  Plusstellen  von  u: 


')  Die  von  b  abweichenden  Lesarten  des  Schlusses  sind  —  im  Tcite 
finden  sie  keinen  Platz  — :  491,  23  Thyberius^  24  Jnstiniano^  26  jn  dU  jnssel,  28 
Clioheret.  Außerdem  491,20  ist  was  b]  was  u,  was  mit  der  Eroberung  Konstanti- 
nopcls  kombiniert  einen  terminus  ante  quem  für  *bu  geben  könnte.  Über 
die    am  Anfang  des   Schlusses   stehende  Zeitbestimmung  ^geschrieben  1471' 


181 

471,24  oet springen  —  25ßuff]  volpringen  vnd  das  ward  alles 
volprackt  nach  des  künigs  pot  vnd  nach  des  Rabn  pegir  vnd  mit  solicK 
speisz  die  den  Raben  starck  machet  zu  fliegen  Vnd  nit  vaist  noch  grosz 
an  dem  leib  vnd  da  nu  ä!rab  starckh  ward  vnd  seinen  fiug; 

472,  13  in]  jn  die  weil  er  jn  macht  gesehn  wann  das  rein  gold 
gab  van  verren  schein  van  dem  toid'glanst  dei'  Hechten  Sunne; 

473,  1 1  nach  grünt :  vnd  plickts  all  vmb  da  was  der  gut  rab  hin; 
484,  17  ff.:  frewden  vnd  gieng  aei*  raynen  JunckfrawP  entgegS 

Vnd  da  er  nahent  zu  jr  kam  da  erkant  er  sy  pey  dem  gülden  vntf 
klaid  das  si  tritg  vntf  dem  Ritt*  Magd  da  si  nu  zu  samen  kom^n 
Da  enpßeng^  si  liebplich  an  ainander  vnd  vmb  vienge  mit 
praitten  arrne  an  ain  and^  von  grosser  lieb  vnd  frewden  die  si  zu 
ain  ander  tilgen  Vnd  der  milt  künig  Sand  Oswolt  macht  die  red 
nü  lang  Er  sannt  seine  raben  zu  dem  her  das  si  pehentlichP  von 
etat  mit  den  kyeln  soltn  varn  das  warb  der  Rab  vnd  tet  jn  auch 
allen  kuntt  das  die  rain  parig  selb  vierd  aus  d^oestn  purck  was 
komen  des  warn  si  all  fro  das  si  vor  frewden  Spangen  vnd  die 
momer  Hessen  die  kyel  von  de  gestad  streichen  das  tet  der  Rab  sant 
OslDOÜ  widü  kunt  der  kam  mit  seiner  Galein  wid'  zu  dem  her  ge- 
farh  da  ward  die  Rain  junckfraw  päing  vnd  jr  gespilen  von  dem 
ganczn  her  gar  wirdigkliche  enpfangen  vnd  der  jung  künig  eyU  in 
dem  nebel  von  danne  vnd  das  ward  von  got  aho  pewart  vne  eil 
cT  wacht*  auf  der  schonen  purck  was  das  Doch  kainer  macht  ge- 
sehen die  zu  Vart  noch  die  aus  vart  des  milten  künigs  sand 
OswolU  da  nü  die  zeit  kam  das  der  haidn  zoch  mit  den  seine  ab 
dem  gejaid  da  enpß^ng  die  alt  künigjn  faus  künigen)  den  haiden 
cnd  sprach ; 

489,  3  und  489,  6  s.  Anm. 

489, 15  nach  kind:  vnd  mein  weib  die  machtn  nü  her  gen  de 
milt  künig  gab  jm  zwelff  guidein  vnd  hiez  jm  gebh  zwelff  prot  vnd 
zweljf  stuck  fleisch  das  ward  jm  da  vngütlich  gebn  vnd  gieng  da 
mit  vö  dann  .  .  •  .; 

489,  18  nach  sas:  da  Sachen  jn  die  kamer  vnd  daucht  jn  ain 
grossz  vmnd'  sein  das  £  pilgram  als  geitig  was  vnd  als  pald  her 
tcid"  was  körnen  vnd  man  jm  erst  gebn  het  vnd  die  schintvessel  tribn  .  . . ; 

489,  22  nach  begert:  vnd  Sand  Oswolt  saz  wider  Zu  dem  tisch 
zu  seini  heltn  da  si  nü  schier  hetn  gessen  dem  p.  •  . .; 


182 

Nach  Nagl,  Deutsch-Österr.  Litt.-Gesch.  I.  Wien  1899  S.  172 
A.  3  wird  V.  Lumtzer  eine  Ausgabe  von  u  herstellen  —  ? 

Wenigstens  anhangsweise  will  ich  einen  zweiten  Berliner 
Kodex  (4^478)  erwähnt  haben.  Er  ist  mit  Ausnahme  eines  rhe- 
torischen Formulars  vielleicht  erst  im  16.  Jh.  von  einer  Hand 
geschrieben  und  überliefert  uns  verschiedene  deutsche  Erzählung«! 
in  Versen  und  Prosa,  darunter  an  letzter  Stelle  auf  26  Blättern 
eine  höfische,  merkwürdig  modern  anmutende  Auflösung  unseres 
Oswaldgedichtes  in  schwäbischem  Dialekte.  Für  die  Herstellung 
unsres  Texstes  ist  die  Handschrift  nicht  zu  brauchen:  es  finden 
sich  kaum  ganz  leise  Anklänge  an  den  altüberlieferten  Wortlaut 
und  man  würde  das  Ganze  vielleicht  gar  nicht  für  die  Auflösung 
eines  Gedichtes  halten,  wenn  dies  Gedicht  nicht  vorläge.  Die 
eigentümlichsten  Abweichungen  dieser  Überlieferung  sind:  der 
Pilgrim  Warmund  ist  zu  einem  Boten  geworden,  der  7  Jahre  aus 
gewesen  ist  (Morolf);  der  Heide  will  seine  Tochter  keinem  Christen- 
fürsten geben;  der  Eabe  stammt  von  Oswalds  Vater;  die  Botschaft 
des  Baben  besteht  in  seinem  Briefe;  das  Meerweib  zieht  den  Baben 
durch  einen  hohlen  Stamm  auf  den  Grund,  auf  eine  schreck- 
liche Stimme  von  oben  tut  sich  das  Meer  auf,  die  Weiber  er- 
schrecken und  der  Rabe  kann  entfliehen  (Mißverstehen  der  Vor- 
lage); Pamige  rät  gleich  in  der  ersten  Audienz  Goldschmiede  mit- 
zubringen; nichts  von  Oswalds  goldenen  Kreuzen,  von  der  Szene 
des  Baben  mit  dem  Engel  und  seiner  Klage;  Aron  sendet  zwei 
Boten  an  die  Goldschmiede;  Oswald  beschenkt  die  Heiden;  Aron 
hat  kein  Zauberhorn;  kein  Gelübde  Oswalds  auf  dem  Meere;  die 
wiedererweckten  Heiden  haben  eine  Vision  gehabt:  neben  Gottes 
Thron  standen  zwei  Stühle  für  Oswald  und  Pamige;  kein  Herrgott 
als  Pilgrim;  Aron  fährt  heim  und  tauft  sein  Volk;  Oswald  ^««iä 
do  kind  und  erbn  Bei  sein  liebe  huszfraweh  Vnd  leptn  Itm  dem 
willen  des  allmechtige  gottes  biss  arm  Ir  end.  Eine  Vorge- 
schichte von  Sewart  (wie  in  ß)  fehlt.  Von  Namen  ist  nur  Oswald 
genannt.  Durch  eine  so  gleichmäßige  Einschränkung  des  Wunder- 
hafteii  kommt  diese  Fassung  dem  Ursprünglichen  allerdings  nahe, 
und  man  könnte  vermuten,  daß  sie  sich  in  einer  reineren  Gestalt, 
noch  ohne  ihre  groben  Mißverständnisse,  sehr  früh  von  der  sonstigen 
Überlieferung  abgezweigt  hätte,  aber  erstlich  ist  es  wohl  willkür- 
lich,   außer  jenen  Mißverständnissen  auch   die   rationalistischen 


183 

Zutaten  und  Erklärungen  (ein  Bote  statt  Warmnnds,  der  hohle 
Stamm  im  Meere  n.  s.  w.)  auf  eine  andere  Rechnung  zu  setzen 
als  das  ebenso  rationalistische  Fehlen  des  Himmlischen;  zweitens 
sind  doch  noch  geistliche  Zusätze  stehen  gelassen  (Vision  der 
Heiden);  drittens  wären  irgendwelche  sprachliche  Spuren  einer 
Vorlage  zu  finden;  viertens  und  besonders  aber  fehlen  zwei  große 
Stücke,  die  S  gegen  die  übrigen  Handschriften  allein  hat  (478  ff.  und 
746  ff.):  d.  h.  die  Entstehung  dieser  Rezension  liegt  diesseits  des 
Archetypus  unsrer  Handschriften.  Damach  ist  auch  die  Geltung 
dieser  Handschrift  zu  bemessen,  wenn  es  sich  um  Echtheit  und 
Unechtheit  nicht  der  Worte,  sondern  der  verwerteten  Motive  handelt. 
Bartsch  Germ.  V.  171:  In  der  ehemaligen  gräfl.  Ortenbur- 
gischen  Bibliothek  zu  Tambach  in  Franken  befand  sich  nach  einem 
alten  Verzeichnisse  (Serapeum  HI.  339)  ^von  sand  Oswald  ein  puecK 
unter  lauter  poetischen  deutschen  Manuskripten,  dem  Renner, 
Willehalm,  Erec  u.  s.  w. 

2.  Gruppierung  der  Handschriften. 
MLSsb  sind  seit  Edzardi  (Germ.  XX.  200)  so  gruppiert: 

Archetypus 


•MS 


♦mr 


•MI 


^  i  s  8  b. 

In  Wahrheit  sind  die  Handschriften  anders  anzuordnen. 

Ich  beginne  damit,  die  neu  hinzutretenden,  Mku,  zu  den  schon 
benutzten  in  Beziehung  zu  setzen. 

b  und  u  stimmen  so  weit  überein,  daß  sie  aus  einer  Prosa- 
handschrift herrühren  mQssen.  Denn  weder  ist  b  aus  u,  noch  u 
aus  b  abgeschrieben:  vgl. 

b  470,27  und  bis  28  femnia< fehlt  in  u  (durch  Abspringen);  471,10 
der  fragt  fehlt  u;  472, 28  leys]  geleich  u;  473, 2  s.  Anm.  zu  S.  181 ; 
475,  29  und  deine  kern  genossen  fehlt  u;  482.  13  sich]  sy  u  u.s.w. 

479,  20  toolt]  Sand  OsuooU  wolt  u;  480,  7  here]  her  verderbh 
u  (Beim);  481,  39  eyUenn]  schalth;  489,  3  üil]  vil  an  seine  hof  das 
man  ztoelff  schar  daraus  müst  tailen  vnd  u ;  489,  6  tausent  bis  7 
dann]  tausent  da  macht  man  aus  ztoelf  schar  da  setzt  sich  unsz' 


184 

her^  an  die  erstn  schar  Jn  der  gestalt  des  pügrams  vnd  enpfieng  die 
gab  darnach  gieng  er  zu  der  andh  schcL  das  traib  er  huncz  an  die 
zwelfftä  scha^  vnd  gieng  da  mit  von  dann;  489,  36  nach  piU:  Nu 
get  ez  doch  ans  Etcrm  kastti  nit  u  fehlt  b  (Beim)  u  8.  w. 

Ich  zitiere  aus  praktischen  Gründen  nach  b  mit  Herstellung 
des  Textes  nach  u.  Sonst  findet  man  u  nur  in  den  Lesarten,  so- 
weit es  das  Qedicht  erfordert. 

Ich  denke,  dies  Verfahren  ist  durch  die  Stellung  von  bu  zu 
MISs  wohl  begrilndet.  Denn  ich  glaube  nicht,  daß  *bu  auf  eine 
vollständigere,  von  *MS  unabhängige  Handschrift  zurückgeht 
(Edzardi  a.  a.  0.  201): 

Die  Verse  746 — 98  sind  nur  in  S  überliefert,  und  die  Störung 
des  Zusammenhangs  in  MIs  zeigt,  daß  hier  eine  Lücke,  nicht  ein 
Zusatz  in  S  anzunehmen  ist.  Diese  Lücke  teilt  ß=b-hu  mit  lös, 
der  Zusanmienhang  ist  nicht  überliefert,  sondern  durch  Konjektur 
gewonnen,  aus  Versen  des  Gedichtes  zusammengestoppelt.  Ich 
gebe  im  Folgenden  die  Füllsel  von  p,  um  zugleich  zu  zeigen, 
wie  weit  sein  Inhalt  von  dem  überlieferten  abweicht: 

(Letzte  Entsprechung:  secht,  wie  hat  uns  der  lisstig  rab  betrogen 
b  473,  12  =  MIS  738/39,  dann:)  da  svoang  aber  der  rab  sein  ge- 
vider:  Vgl.  V.  642,  1209,  1364,   1864;    b  477,38,  480,  9  und  10. 

und  (hub  sich  auf  in  die  hoch  vnd  u)  flog  untz  das  er  dj  pürg 
ansichtig  ward:    Vgl.  V.  618/19,  1287/88;    b  477,  19. 

dy  lag  dort  auf  ainem  hohen  perg  gegen  dem  wilden  mer: 
Vgl.  V.  1635—36,  1664—66;   b  479,16. 

und  dy  zwelff  tüern  dy  umb  die  purgk  lagen  dy  warn  so  vol 
getziert  mit  gollde  und  mit  edlem  gestain  das  sy  scheint  (das  man  si 
sach  scheinP  u)  vier  tagwaid  auf  d^m  wilden  mer  (so  die  Sun  dar 
an  schain  u):  Aus  V.  1636  flf.  genwonnen:  an  der  diesen  Versen 
entsprechenden  Stelle  in  b,  479,  10,  ist  diese  Ausmalung  nur  durch 
etc,  (fehlt  u)  angedeutet,  weil  sie  schon  zur  Füllung  der  Lücken 
verwandt  war!  Vgl.  auch  den  Zusatz  b  469,36  flf.  und  ferner 
V.   1161  flf.,  1389  flf.;   b  476,29,    478,7. 

und  der  rab  gedacht  das  m^g  wol  die  purgk  sein  zu  der  ich 
bin  gesannt:  Das  Gesperrte,  473, 17,  entspricht  einzig  der  Über- 
lieferung s,  Germ.  XX.  201,  1;  Darnach  gedacht  jm  der  Rahe 
jn  sich  selber  Wer  lieh  die  königin  zu  der  ich  gesant  bin. 
Das  Übrige  ist  gleich  V.  1648,  b  479,  29. 


185 

und  seezt  mch  da  hoch  auf  einen  tuem  (da  selbe  auf  aynen 
turn  hoch  u):    Vgl.  V.  1294,  632. 

Die  geraeinsame  Ausfüllung  b  473,  17  =  8  201,  1  beweist  zu- 
gleich die  nähere  Verwandtschaft  der  beiden  Prosa auflösungen. 

Ebenso  ist  die  Lücke  478—501  MIsß  gemeinsam,  ihre  Über- 
brückung aber  nur  sß.  Vgl.:  MS  476 :  do  er  (der  Kämmerer)  in  die  stat 
was  bekamen,  s  196,  13  rfo  der  galt  smitt  kam,  ß  471,  11  und  da  der 
maister  harn  zu  sand  OswoUtt :  Nach  der  ümdeutung  des  er  in  s? 
braucht  man  die  Erzählung  von  der  Reise  des  Kämmerers  nicht 
mehr  zu  vermissen. 

Weitere  beweisende  Lesarten  in  sß: 
1163  yeateine  MI  gold^  car/unkelstein  sß  (vgl.  1391); 
1373  din  werder  lip  MIS    du  s    dw  und  dein  ustrder  leib  b  (und 

fehlt  u!); 
2666  zu  9in  MIS  ergänzt  s  leü.,  ß  wee\^) 
3117    Centinus  MI    Czenzim  S    (enturio  s    Zenturus  b   Zenturq  u. 

Gemeinsame  Zusätze: 

Nach  166  (Die  Herren  suchten  eine  Königin): 
s   193,  16  vFi  kunten  kein  [königin]  finden, 
ß  468,  38  und  künden  jm  kainen  gemachel zaigen,  noch  erfinden; 

Nach  192  (Da  trauerte  König  Oswald): 
s  193,  25  dz  jm  die  hWen  kein  königin  mochten  gezeigen  die  für 

in  w&e, 
ß  469,  7  das  jm  under  als  vil  weijsen  herren  kainer  kund  reden 
das  (des  m)  er  dann  {dann  fehlt  u)  gepeien  hete; 

Nach  3065  (hilf  mir): 
s   189,  4  lebendiger  got, 
ß  487,  15  mit  deiner  got  liehen  craft. 

Gemeinsame  Lücken  und  Lückenfüllsel: 
(Vgl.  S.  184.)  V.  537—41:  s  196,  23:  ß  471,  15  (Selbstgespräch 
des  Goldschmieds);    566-68:    s  196,30:    ß  471,25;    1445—64: 
s  176,  15  vFi  hiess  jm  machen  .xxxij.  iH  gülden  ei^ütz:    ß  4^8,19 
au>ch  lie  ei*  machen  Lxxij  tattsent  guideine  crewtz  zu  seiner  mef*evart. 


*)  Diese   beiden  Lesarten    fehlen   nach   den  S.  2    aufgestellten  Grund- 
sätzen im  kritischen  Apparate. 


186 

2286—93:  s  182,29:  ß  482,34  (Oswalds  Gebet  nachdem  er  Aron 
belogen);  2312—15:  s  182,35:  ß  482, 38;  2523—26:  s  184, 
25:  ß  484,  3  (Pamige  und  ihre  Genossen  verkleiden  sich,  gekürzt); 
2609—19:  s  185,  17:  ß  484, 18;  2776— 83:  s  186,29:  ß  485,  3 
(theologische  Betrachtung). 

Aus  s  können  nun  bu  schon  darum  nicht  stammen,  weil  sie  die 
Verse  827—77,  1790—1838,  1923—43,  die  in  s  fehlen,  in  ihrer 
Art  wiedergeben.  Ebensowenig  ist  das  Umgekehrte  möglich,  weil 
s  direkt  aus  einer  Versvorlage  gewonnen  sein  muß  (Edzardis  Be- 
weise G«rm.  XX.  198  f.  lassen  sich  noch  veimehren). 

Also  gehen  sbu  auf  eine  Handschrift  *sb  zurück. 
Mk  Mk  stammt  weder  aus  I  noch  aus  S,  denn  dort  fehlen  668 

bis  71,  hier  sind  nach  677  zwei  Verse  eingeschoben,  678  und  679 
aber  umgestellt.  Auch  nicht  aus  M  oder  *MI:  vgl.  674  ttman 
Mk  nur  MI  «ö  S  süst  s  fehlt  ß;  675  wol  MkSsu  villeicht  b 
fehlt  MI  (hiemach  ist  die  Lesart  unterm  Text  zu  verbessern);  680 
ze  MkSß  kunz  M  hin  zu  I  fehlt  s. 

Vielmehr  wird  Mk  mit  ß  am  nächsten  verwandt  sein;  das 
machen  drei  Lesarten  —  das  vergleichbare  Material  sind  etwa 
30  Worte  —  sehr  wahrscheinlich:  672  gestn  MSs  sein  I  niht  ge^in 
Mkbu;  675  mit  ime  MISs  fehlt  Mkbu;  677  kurzwtle  uns  MIs 
kurze  uns  die  wtle  Mkbu. 

Diese  Verwandtschaft  kann  nach  den  angeführten  Lesarten  nur 
die  sein,  daß  Mkbu  eine  gemeinsame  Quelle  *Mkb  haben,  die 
ihrerseits  mit  *s  verschwistert  ist. 

Die  Vorlage  von  *Mkb  und  *s,  also  etwa  *sb,  müßte  dann 
im  Stemma  (S.  183)  den  Platz  erhalten,  den  bisher  *s,  die  Vorlage 
von  s,  einnahm. 

Aber  das  Verhältnis  von  *s  oder  *sb  zu  *MI  und  *S  ist  mit 
jenem  Stemma  vorschnell  beurteilt.  Denn  daraus,  daß  *sb  und 
*MI  jene  beiden  großen  Lücken  478—501  und  746—98  gegen  S 
gemeinsam  haben  —  von  andern  Lesarten  ganz  zu  schweigen  — 
kann  nicht  zwingend  gefolgert  werden,  daß  diese  Lücke  durch  ein 
*Mb,  Vorlage  von  *MI  und  *sb  verschuldet  sei,  vielmehr  muß  die 
Möglichkeit  offengelassen  werden,  daß  *S,  *sb,  *MI  jedes  ffir  sich 
direkt  aus  dem  Archetypus  *MS  schöpften,  und  zwar  *S  zuerst,  und 
daß  danach  der  Kodex  um  jene  Verse  verstümmelt  wäre.  Das 
gäbe  dieses  Bild: 


187 


♦MS 

♦i  »sb        ♦MI. 

Daß  in  der  Tat  die  Überlieferung  so  zu  beurteilen  ist,  zeigen 
einige  Lesarten. 

V.  1590flf.  haben  in  den  Handschriften  diese  Ordnung: 
s:  1590. 1591. 1592.  1597-1600.  1611.  1601.  1603.  1605. 1609. 1610. 

,3:  1591.1592.1595.1596. 

•sb:  1590. 1591-1600  1611.  1601—8.  1609-10 

oder,  wenn  man  das  Abirren  bei  V.  1600  für  jünger  halten  will : 
•sb:  1590^a,  1591 -1600-:b,  1601-8=c,  1609-lOz^d,  16n=:e  . 
*MI:  a  c  d  b  6 

*S:  a  b  d  c  e 

Nun  könnte  man  ja  sagen:  ♦Mb  hatte  noch  die  richtige 
Anordnung,  ♦sb  schrieb  richtig  ab,  ♦MI  falsch:  aber  wie  käme  es 
dann,  daß  S  an  derselben  Stelle  die  Reihenfolge  der  Verse  verwirrt  ? 
Oder  man  könnte  sagen:  in  ♦MS  war  schon  Konfusion,  ♦Mb  oder 
♦sb  oder  beide  suchten  zu  bessern  und  ♦sb  kam  zum  Ziele,  ♦MI 
übernahm  die  neue  Ordnung  von  ♦Mb  oder  stellte  selbst  eine  her. 

Ich  glaube  nicht,  daß  etwas  davon  Wahrscheinlichkeit  hat 
gegen  folgendes  Schema,  das  die  Stellung  der  Versgruppen  c 
und  d  in  den  verschiedenen  Handschriften  vergegenwärtigt: 


♦MI 
a 


♦sb 
oder 


♦S 
a 


c 

b 

b 

b 

d 

e 

c 

d 

b 

c 

d 

c 

e 

d 

e 

e. 

c  -H  d  ist  also   die  wandelbare  Versgruppe,    die  den  Unterschied 
der  Handschriften  hervorbringt,  die  allein  den  Platz  wechselt  und 
allein  immer  ungetrennt  bleibt.    Sie  wird  also  im  Archetypus  einen 
neutralen  Platz  gehabt  haben,  etwa  am  Bande: 
♦MS 


oder,  da  c  und  d  in  S  umgestellt  sind: 


♦MS 

a 
c  b  d 

e 
zählt  b. 


Daß 


oder  ähnlich,     c-f-d   sind  8-1-2  Verse,   ebensoviel 

♦MI  innerhalb  von  b  noch  seine  Konfusion  für  sich  hat,  tut  hier 

nichts  zur  Sache. 


188 

Ebenso  bewahrt  nur  *8b  (gegen  *MI  und  *S)  die  richtige 
Versanordnung  3114.  3119.  3115—18.  3120:  auch  hier  werden 
Vers  311 5 — 18  am  Bande  gestanden  haben  als  ein  späterer  Zusatz: 
denn  sie  stören  die  Bindung  «m:  magedtn^)  Die  Verwirrung  ist 
auch  in  M  noch  sichtbar:  V.  3116  fehlt. 

Es  kommen  noch  einige  Fälle  hinzu,  in  denen  *sb  nur  durch 
s  oder  ß  vertreten  ist. 

8  hat  die  Versfolge:  384/85.  390/91.  392/93.  388/89.  •MIS 
haben  386—89  vor  390,  und  eben  diese  Verse  enthalten  einen 
handgreiflichen  Zusatz:  mitten  in  das  Wunder,  daß  der  Babe 
plötzlich  herbeifliegt,  platzt  das  andre  hinein,  daß  er  sprechen 
kann.  Der  Zusatz  stand  im  Archetypus  oflFenbar  wieder  so,  daß 
die  Abschreiber  über  den  ihm  zukommenden  Platz  in  Zweifel  sein 
konnten,  s  hatte  auch  V.  386/87  vor  Augen,  ließ  sie  aus  und 
mußte  dann  in  V.  388  ein  Subjekt,  goty  nachträglich  überschreiben. 

Die  richtige  Reihenfolge  von  2813 — 16  ist  nur  in  ß  bewahrt  (s. 
die  Lesarten).    Aber  hier  ließ  sie  sich  leicht  durch  Konjektur  finden. 

Mit  der  Ordnung  3242.  3238.  3243.  3239.  3241*)  wird  ja  s 
unrecht  haben,  daß  aber  die  Korruptel  aus  dem  Archetypus 
stammt,  zeigt  das  Fehlen  von  3238/39  in  S:  in  *MS  standen 
3238/39  etwa  neben  3242/43,  ♦MI  und  ♦sb  nahmen  beide  Paare 
auf,  doch  in  verschiedener  Reihenfolge,  *S  nur  das  eine:  weil  sich 
eine  Wahl  zu  bieten  schien  zwischen  zwei  bösen  Reimen,  dcm(nen): 
man(ne)  oder  zergan(gen). 

Wenn  aber  *MI  und  *sb  über  die  Einordnung  von  Glossemen 
verschiedener  Meinung  sein  konnten,  so  lagen  ihnen  die  Glosseme 
noch  kenntlich  als  solche  vor,  d.  h.  sie  benutzten  *MS,  nicht  ein 
♦Mb. 

Aus  Lesarten  ließe  sich  dagegen  unser  Stemma  kaum  be- 
weisen. Auch  wo  etwa  *sb  gegen  *MI  und  *S  das  Richtige  hat, 
kann  es  aus  einem  *Mb  sogut  wie  aus  *MS  überkommen  sein. 

Vgl.  z.  B.  die  Lesart  zu  V.  2977:   möglich   daß  stam  ß  das 

')  Darum  ist  die  Reihenfolge  von  MIS  in  den  Text  aufgenommen. 
3)  s  190,23  Do  die  tpend  was  gegeben  ^  S2i2, 

do  det  vnsz  herre  glych  ai»  ein  ander  arm  man  "^  3238, 

Do  die  andern  armen  UU  dannen  schieden  ^->  8243, 

Do  schiede  er  auch  cUmnen  *-»  3239, 

dz  jn  nyeman  er  kennen  kunt  ^-%  8241. 


189 


Echte  bewahrt,  das  s  nur  um  den  Beim  zu  vermeiden  ausließe  — 
möglich  aber  auch,  daß  atanx  Zusatz  von  *ß  ist.  Im  ersten  Falle 
i^Fürde  uns  die  Ansetzung  eines  *Mb  zu  Annahme  zweimaliger 
Korruptel  zwingen:  in  *MI  und  *S;  während  es  doch  bei  der 
Einfachheit  des  Textes  wenigstens  wahrscheinlicher  ist,  eine  Ur- 
sache des  Schwankens  anzunehmen  und  die  dann  natürlich  im 
Archetypus  zu  suchen. 

Entsprechendes  gilt  fQr  karfunkeUtein  ß  1163. 

Und  wiederum:  wo  *sb  einen  evidenten  Fehler  mit  *S  teilt, 
handelt  es  sich  meist  um  Modernisierungen  oder  um  Eigenmächtig- 
keiten, auf  die  jeder  Schreiber  selbständig  verfallen  konnte  (z.  B. 
320  üU]  M  niht  Ss,  2372  in  MI  den  hirzen  Ss?,  3388  umbe  wiu  MI 
warumbe  Ss  wes  ß,  das  in  Ss  regelmäßig  zwischen  kunic  und 
Ostoaü  eingeschobene  8ant).  In  den  übrigen  Fällen  aber  wird  man 
fast  nie  wagen,  eine  Lesart  von  *S  und  *sb  gegen  *MI  für  falsch 
zu  erklären,  wenn  man  nicht  schon  unser  Stemma  als  erwiesen 
betrachtet.  (Das  gilt  auch  für  Lücken  in  •S  und  •sb  wie  1665 
und  2094). 

Doch  vgl.  die  Lesart  zu  1877:  wol  Ss  könnte  ein  in  *MS 
stehen  gebliebener  fehlerhafter  Ansatz  zu  vol-  sein,  vgl.  S  2947, 
IS  2961,  I  1479,  2557  u.  ö.;  3343  so  MI  daz  Ss,  während  S  V. 
3347  80  beibehalten  hat. 

Die  Gruppierung  der  Handschriften  ist  also: 
♦MS 


I 
♦sb 


♦MP) 
M  I  s 


♦Mkb 

I      J. 
Mk    u     b 


3.  Die  Zwischenüberlieferung. 
Ich  sehe  keine  Anhaltepunkte  dafür,  daß  die  Änderungen  in 
M  von  verschiedenen  Händen  herrührten,  daß  also  zwischen  M  und 
♦MI  noch  ein  ♦M  läge. 


')  Eigentlich  beweisen  l&ßt  sich  die  Existenz  dieser  Handschrift  nicht, 
so  selbstverständlich  sie  durch  die  massenhaften  Übereinstimmungen  von  M 
und  I  erscheint.    *MI  braucht  nichts  weiter  zu  sein  als  nachträgliche  Zusätze 


190 

Dagegen  ist  eine  verlorene  Handschrift  *I  wohl  nachweisbar. 

Lücken  mit  Ausfüllung  finden  sich  folgende  in  I,:  1—339, 
382—671,  (1280—1324,  1359—60), 

I,:   1879—1925,  2406—2442; 

Lücken  ohne  Ausfüllung:  I^:  698/99,  724/25,  812,  863, 
1005-7,  1081/82,  1177,  1437,  1557,  1602,  1656/57, 

I^:  1740/41,  1877,  1936/37,  1951,  1960—67,  2055,  2144, 
2281,  2445  —  54,  2473/74,  2503/4,  2532,  2695/96,  2725/26, 
2753/54,  2689/90,  2857/58,  2889/90,  3086,  3196,  3492,  3548—53, 

Zusätze  YonI,:  377ab,  691a,  1172a,  1397a,  1398a,  1401a, 
1402  a,  1532  a, 

Ij:  1801a,  2106a. 0 

Außerdem  die  Verse  zur  Füllung  der  Lücken:  la— 42a,  381a— f, 
671a— c,  1879a— h,  2406ab  (=2398/99),  2442a— f. 

Da  mir  nun  nach  meiner  Liste  für  I,  gegenüber  I^  Zusätze, 
für  I2  gegenüber  I,  Auslassungen  ohne  Füllsel  charakteristisch 
erscheinen,  traue  ich  weder  I^  diese  Lücken,  noch  I^  diese 
Füllungen,  also  auch  I=I,-f-l2  beides  nicht  zu,  sondern  bean- 
spruche dafür  eine  Vorlage  *I,  die  ohnedies  überall  da  selbstver- 
ständlich ist,  wo  eine  Lücke  unabsichtlich  gerissen  und  der  Zu- 
sammenhang durch  ein  Füllsel  ungenügend  hergestellt  ist,  wo 
also  Lücke  und  Füllsel  nicht  in  derselben  Handschrift  entstanden 
sind  (z.  B.  382—671  und  381a— f  -h  671a— c. 

Diese  nächste  Vorlage  aber  war  bairisch,  das  ergibt  sich  aos 
einer  Betrachtung  der  übrigen  von  I,  geschriebenen  Gedichte  des 
Kodex.  Die  Gebete  z.  B.  zeigen  regelmäßig  im  Anlaut  k  =  germ.  A, 
b  =  germ.  b  häufiger  als  p,  t  selten  diphtongiert,  nicht  iu  >  eu,  da- 
gegen ^  >  d,  z  >  ie  und  Formen  wie  gütiy  wandlas  Jry,  Daß  der 
Schreiber  so  den  Dialekt  wechselt,  kann  doch  nur  auf  Treue  gegen 
das  Original  beruhen;  ich  denke,  ähnliches  Schwäbische  müßte 
sich  auch  in  den  von  Ij  geschriebenen  Teilen  des  Oswald  finden, 
wenn  es  in  der  Vorlage  gestanden  hätte.  Dann  darf  man  auch 
das  Bairische  von  I^  als  überkommen,  das  Schwäbische  von  I, 
also  als  neu  hineingetragen  ansehn. 


und  Bearbeitungen  in  •MS.    Vgl.   die  Lesarten    zu    374/75,    1171/72,    1231, 
1806,  1819,  3045. 

')  Es  handelt  sich  nur  um  I,  nicht  auch  um  *MI. 


191 

An  Stelle  der  fehlenden  Anfangsverse  (1—339)  ist  in  I  eine 
neue  Einleitung  getreten  (la — 42a).  Nicht  weil  die  Vorlage  ver- 
stummelt war,  sondern  weil  sie  dem  Schreiber  so  nicht  gefiel:  er 
hatte  wohl  zuerst  die  Absicht,  sich  mit  einer  Umdichtong  zu  ver- 
suchen. Denn  erstens  würde  sich  doch  sonst  wenigstens  ein  Zug 
finden  müssen,  der  nicht  aus  *MS  stammte,  und  zweitens  erkennt 
man  aus  340—49,  wie  der  Bearbeiter  allmählich  einlenkt  und  sich 
endlich  ganz  an  die  Vorlage  anschließt.  Daß  dieser  Bearbeiter  nicht 
I  war,  folgt  aus  einer  Reihe  von  Korruptelen:  3a  gewalt:  oawalt  ge- 
nant  staAi  genant  Oswalty  23  a  sinne:  weip  neme  statt  minne;  der  Vers 
er  hete  an  stneme  hoje  einzogen  (5  a  und  9  a,  vgl.  342,  428,  1601) 
ist  durch  ein  ebenfalls  dem  Gedichte  entnommenes  Reimpaar 
(1481)  sinnlos  zerrissen. 

Man  könnte  nun  nach  der  vorhin  (S.  190)  angewandten  Methode 
etwa  scheiden,  welche  Änderungen  *I,  welche  I  angehören:  I,  sucht 
die  Reime  zu  reinigen,  I,  gibt  sie  sorglos  auf  und  ändert  mllkürlich; 
die  nichtreimenden  Formen  liez  vienc  finden  sich  nur  in  I^,  sie 
werden  also  nicht  über  I  zurückgehen;  die  Reime  e:  ae  (2609. 
3260)  gehören  als  nichtbairisch  erst  I,  d.  h.  Ig  an  u.  s.  w. 

*s,  die  Vorlage  von  s  war  noch  gereimt,  denn  nicht  selten  ♦§ 
ist  die  poetische  Wortfolge  zuerst  beibehalten  und  dann  in  die 
prosaische  geändert  (vgl.  Edzardi  Germ.  XX.  189  f.).  Eine  Spur 
von  *s  sehe  ich  auch  in  dem  Reime  zufumt:  heylant  s  189,  33  ^ 
*MS  3151,  der  für  sant  (alle  ^):  heilant  •MS  eingetreten  ist,  eine 
auch  in  den  übrigen  Handschriften  wiederkehrende  Reimbesserung, 
die  aber  ein  Prosaschreiber  nicht  wohl  vornehmen  konnte. 

Etwa  als  Randglossen  standen  einige  nun  den  Text  unter- 
brechende Zusätze  schon  in  *s: 

Zu  169  (s  193,  17):  Vn  also  sprachen  sie  zu  de  Kren  dem  könig-^ 
205  (s  193,31):  Wa^'m^nt  lieber  bilgerin  Aber  etliche  bücher 
sagen  Es  were  ein  engel  Do  nam  sant  Oswalt  den  bilgerin  jn 
sinP  arme]  3175  (s  189,  40):  vü  wurden  zu  Eschen  vü  jr  seien 
wurden  gereyniget  an  der  seien  vn  füren  ir  seien  zu  den  ewigen 
freuden\  3466  (s  192,34):  Rychtü  wil  ich  myden  Armut  wil 
ich  tryben  smacheit  vn  eilend  lyden  (Reim). 

In  bu  steckt  eine  ganze  Menge  von  Zusätzen,   die  jetzt  wie      »ß 
Prosa  aussehen,  es  ist  indessen  keineswegs  ausgemacht,   daß  sie 
von   *bu  und  daß  sie  überhaupt  von  einem  Menschen  stammen. 


192 

Bei  den  Lacken  kann  man  das  noch  weniger  sagen.  Für  uns 
ist  das  einerlei,  denn  wir  erklettern  die  nächste  Stufe  der 
Überliefemng  erst  mit  der  Betrachtung  der  fremden  Verse  in 
bu,  soweit  sie  erst  diesseit  der  Verschwisterung  mit  s  hinein- 
gekommen sind. 

Es  sind  erstens  Zusätze,  die  nur  aus  einem  oder  mehreren 
ReimstQcken  bestehen: 

472,  18  (nach  V.  631):  nu  aach  er  von  cerre  (daii,  her  h)  ein 
staijiwant  in  dem  wilden  mere; 

474,  16  (nach  930):  hab  dir  (dir  du  \>)  des  mein  trew  an 
aids  stat,  das  dir  kain  laid  geschi/'cht; 

481,  5  (nach  2025):  mit  jim  zwain  gespillriy  als  es  gotz  will 
(der  will  gotes  b)  «?a*; 

482,  16  (nach  2239):  dj  worn  all  geclaidet  mit  guidein  vml 
{ifoU  md  mitt  m)  seydein  gewant^  wol  gezirt  mit  rein  j)  er  lein 
und  mit  edlem  gestain\ 

487,  16  (nach  3068):  das  dei*  willde  haiden  gelaub  und  getauf i 
werd  er  und  alles  sein  her-, 

490,  16  (nach  3464):  aber  kainer  torst  es  rechen  {irider 
sprechen  od* ante n  u)  wan7i  sy  es  an  jm  wol  salien^  das  er  (sand 
Oswalt  u)  es  alles  durch  dg  ere  gotes  gernn  tete\ 

490,  29  (nach  3511):  Ion-]  das  ist  dg  krön  aller  rainen 
junkfraum, 

öfters  sind  diese  Verse  mit  Prosastücken  verbunden,  bei  denen 
sich  nicht  immer  entscheiden  läßt,  ob  sie  Zutaten  von  {J  oder  auch 
Überreste  von  Versen  sind: 

469,  30  (nach  V.  271):  Da  sp^^ach  der  pilgrein  zu  dem  hern, 
jch  wolt  dat^tnb  ennhalb  mers  sein^  das  ich  ew  das  nicht  hiet gesagt; 

469,  35  —  470,  3  (nach  334  jdr):  (Darumb  gab  der  hagden 
nidit  ein  hare^)  wann  dy  pürg  scheint  von  gold  das  man  sy  nicht 
volligclich  ann  mag  gesehen  von  dem  widerprechen  das  sy  gein 
der  sunnen  tuet,  Vnd  (fehlt  u)  dj  pürg  legt  auf  ainem  perg,  der 
stosset  an  das  willd  mere  und  ist  mit  zwdf  marmlein  fürn  umb- 
fangen  von  allerlay  varb,  Vnd  auf  yedem  tueim  ein  wachtter  bey 
dem  tag  vnd  zwen  bey  der  nacht,  Vnd  hinder  der  purgk  ist  der 
perg  ainer  tagwaid  langk  und  praitt,  da  mag  niemand  auf 
kamen  dann  der  dy  purck  jnnen  hat] 


193 

478,  35  —  479,  1  (nach  1596):  und  welkem  kams  macht 
werden^  der  doch  dy  her  fart  (her^achaft  h)  niciu  vntt'wegen 
woU  lassen  (underwegen  nach  lassen  bj,  dem  ward  da  von  ameni 
andren  ains  gegeben  der  gern  hie  belaib  bey  seinen  kinden  und  bey 
seiner  fraweny  odet*  er  hette  ml  leicht  nicht  ^inannes  muet:  also 
omett.  es  der  lebentig  goty  das  dy  (d,  es  die  Vl)  crewtz  nur  den 
rechten  helden  zw  tayl  vmrden  (warn  u); 

483, 18 — 20  (nach  2435):  nachji*s  hermgepoU  und  dy  kunigtn 
ging  mit  jrr  tochter  ann  dy  zynnen  und  auch  dy  junckfrawn 
all  (gar  \>)  und  woUen  das  gejayd  (Jaid  b)  schawen; 

488,  34—36  (nach  3198)  dei-  (des  n)  was  da  (fehlt  b^  auch 
ein  michels  here.  des  wundeti*  sein  sweher  gar  ser  (g.  ser  fehlt  u) 
und  auch  (fehlt  \>)  dy  rain  kunigin  Parg  was  sein  (fehlt  b^  von 
herczen  fro. 

Die  Art  der  Handschriftenverwandtschaft  macht  es  unmöglich, 
daß  ß,  einschließlich  der  in  MISs  fehlenden  Stücke,  eine  eigne 
einheitliche  Überlieferung  darstelle;  daß  die  angeführten  Plusverse 
einfach  aus  einem  anderen  Gedichte  genommen  und  zwischen- 
geschoben sind,  ist  technisch  höchst  unwahrscheinlich.  Also  wird 
man  annehmen  müssen,  daß  es  Zusätze  sind,  nach  anderen 
Quellen  oder  eigener  Phantasie. 

An  einigen  Stellen  lehnen  sich  denn  auch  die  Zusätze  an  das 
Überlieferte  und  benutzen  es: 

474,  16  (nach  V.  930)  geschiecht  im  Zusätze,  474,  16  geschickt 
überliefert; 

475,  16  (V.  1068)  ge  und  trag  in  mit  dir  an  dein  gemach  ist 
in  dem  Zusatz  gelob  (19)  bis  har  (31)  im  Keime  wiederholt: 
Z.  21:  des  frewt  sich  da  (fehlt  u)  der  kunig  und  sprach:  liebew 
tochter^  trag  den  raben  an  deinen  gemach^.  (Im  selben  Zusätze 
Z.  20:  man:  undertdn); 

481,  26  ist  mit  mar:  here  der  Reim  ser:  her  weitergesponnen 
(s.  V.  2094); 

488,  16  wann  —  23  schayden  (nach  3166):  Das  Beimwort 
scheiden  wird  aus  3164  genommen  sein;  begird  Z.  11  bezieht  sich 
auf  Z.  24  pegir  u  gierd  b. 

Noch  beweiskräftiger  aber  scheint  mir  die  Art  derjenigen 
eignen  Beime  von  ß,  die  nicht  innerhalb  eines  Zusatzes  auftreten: 
469,  14  landen:  gegangen  zu  V.  193  gegan:  getdny  469,  35jdr:har 
Baesocke,  Manchener  Otwald  13 


194 

zü  V.  334  jar:  vürmtr  (s.  S.  192),  470,  30  WdrMvnt:  tunt  zu 
V.  39G  Wärmunt:  ainnty  472,  24  az:  was  zu  V.  648  veiyeizcn: 
ezzen^  480,  7  mere:  here,  stei'ben:  vei^derben  (fehlt  b)  zu  V.  18G0 
gehaben:  erslügen^  481,  18  lant:  empfangen  zu  2080  empfän:  man, 
481,  25  fsei'e:  here  zu  V.  2092  se-re:  mere^  481,  35  genant:  lant  zu 
V.  2123  geben:  leben,  482,  37  geren:  eren  zu  V.  2200  satit:  fJngellanf, 
483,  39  genuuh:  nach  zu  V.  2509  drdte  keniendte,  484,  30  helt: 
erffcheh  zu  V.  2697  krefticUche:  künwrtche,  485,  34  sterben:  ver- 
derben zu  V.  2859  heiden:  leide  oder  2867  sant:  lant,  485,  38 
[bere:]  trere  zu  V.  2899  bere:  lere,  486,  8  empfdn:  das  ftuU  irmirh 
wizzen  Idn  (so  u)  zu  V.  2945  eren:  geren,  487,  14  Jordan:  Johann 
zu  V.  3063  Jordan:  man,  488,  16  sterben:  erwerben  zu  V.  3151 
he%lant:  sant  (s:  heylant:  zuhant),  489,  36  mere:  ere  zu  V.  3390 
giiot:  meres  vluot. 

Wären  das  Verse  aus  einem  andern  Gedicht,  so  ließen  sich 
weder  so  regelmäßig  die  Parallelverse  in  unserm  angeben,  an 
deren  Stelle  sie  getreten  sind,  noch  auch  die  Gründe,  aus  denen 
geändert  ist,  so  gut  klassifizieren:  Beimbesserungen,  besonders 
bei  ^sävU :  -  ant,  gegdn,  empfdn  und  e  -  Bindungen ;  Beseitigung 
leerer  Verse  (334,  396,  2092,  2945)  u.  s,  w.  Zugleich  sieht  man, 
daß  diese  Verse  nicht  etwa  altertümlicher  als  die  von  *MS  sind:  sit» 
sind  glatter,  und  das  ist  eine  Warnung,  nicht  in  allerlei  zufälligen, 
selbstverständlichen  Halbgleichklängen  in  ß  Beime  zu  sehen. 

Vielleicht  haben  sich  diese  Beimänderungen  wenigstens  teil- 
weise in  Bandglossemen  abgespielt,  vgl. 

488,  6  in  b:  sprachen  all  aus  ainem  mund: 

—   wir  haben  den  tod  überwunden. 
in  u:  sp^\  all  mit  gemainP  Rat: 

Her  sei  dir  gedanckt  deiner  groszP  genadn 
vnd  sej  —  tvir  haben  den  tod  überwunden. 
V.  3133  reimt  im  Gedichte:  stunden:  nbericunden.  Es  sieht 
nun  ganz  so  aus,  als  wäre  für  das  leere  stunden  ein  andrer  Beim 
eingefülirt,  wie  auch  V.  396  (vgl.  334,  2092,  2945),  außerdem 
aber  auch  ein  anderer  Besserungsvorschlag  an  den  Band  ge- 
schrieben (rot:  gendd,  so),  der  sich  in  u  neben  dem  ursprünglichen 
überwunden  erhalten  hätte. 

So  ausgerüstet  wollen  wir  nun  auch  versuchen,  indem  wir  die 
Kinleitung  von  b  und  u  aufdröseln,  von  dem  schwierigsten  Stücke 


195 

dieser  Überlieferung  eine  Anschauung  zu  gewinnen.  Ich  gebe  den 
Text  von  ß,  indem  ich  ihn  nach  meinen  Zwecken  in  Abschnitte 
zerlege.  Die  Abweichungen  von  u  sind  verzeichnet,  die  von  b 
ersieht  man  aus  dem  Abdruck  a.  a.  0. 

1.  1)6   man   zdlte   nach   dkristtj    umera  lieben  hen*en,    gebürte  ' 
siben  hundert  jdr^   (b  491,  17.) 

2.  ze  derselben  zH  lebete  ein  mächtiger  knnir  in  Engellanty  der 
was  Sewart  genant.     (V.  1568.) 

3.  Dem,  selben  künige  waren  XII  kiinicrtehe  undertan^  XXIV 
h^rzogtuome  unde  XXX  VI  Grafschaften.    (V.  7  ff.  V.  91  ff.  V.  1483  fT.) 

4.  Er  hete  ouch  riUer  tinde  knehte  dne  zal,    die  vdren  ime  ze 
allei*  ztt  gerne  unde  willicltche  underfdn.  (V.  1 7  f.) 

5.  Er  hete  ouch  an  atme  hofe  erzogen  einen  hirzen  unde  einen 
raben,  (V.  342,   1601,  V.  1174,   1402.) 

().  davon  werdet  ir  hernach  groziu  umnder  hoeren.  (b  47(5,  20.) 

7.  Do  nti  der  künic  Sewart  alt  unde  h^anc  wati, 

8.  do  sande  er  btnefe  unde  boteschaft  allen  den,  die  im  waren 
undertdn.  (V.  80.) 

9.  Abbalde  si  ntn  böte  schaff,  rermmen^  do  qwhnen  st  alle  gen 
hofe  geriten,  (V.  87,  V.  1479.) 

10.  XII  künige,    XXIV  herzogen    unde  XXXVI  grdfen    mit 
rittern  unde  knekten  dne  zaL  (V.  91  flf.  V.  1488  ff.) 

11.  Unde  do  si  XII  tage  ze  hofe  bt  dem  kitnic  Sewart  Ovaren 
gewesen  in  grozen  vröiden  (V.  135  flf.) 

12.  mi^  ezzen  unde  mit  trinken,    mit  stechen,    iumieren,    tanzen. 
Jagen  unde  waz  man  kurzwUe  erdenken  künde,   (V.  119  ff.  b  468,23.) 

13.  des    wart    iedei*    man    do    ersat  nach   atnes   harzen    begei'n, 
(V.  119  ff.   b  468,  23.) 

14.  Unde  an  dem  drtzehenden  tage    (V.  135 — 37,    b  468,  25.) 

15.  do  (fltdmen  die  mähtigisten  herren  alle  cur  den  künic  Sewart 
in  stnen  kostlichen  sal  (b  468,  26.) 

16.  unde  begerten,  daz  er  in  ze  wizzen  ta£te  stn  bot^schaft  unde 
stnen  willen.     (V.  1523  flf.) 

17.  Do  sprach  der  künic   ze   in  allen:    Jr  lieben  höchgebomen 
künige,  herzogen,  grdfen  unde  alle  mtne  underidnen      (b  468,  28.) 

2.  zeit  Da.  —  genant  Sewart.  —  5  ercsogen  an  »eine  hoff.  —  8  prie 
allen  den  Vnd  potscfufft  die  jin  dann  vnttertan  warn,  —  15.  mächtigen  — 
IG.  pegerten  an  den  kunig. 

13* 


196 

18.  ich  sage  iu  lop  unde  danCy  daz  ir  abo  von  verren  landen 
mtnei*  boteschefte  gehorsam  sti  gewesen. 

19.  Also  beger  ich  von  iu  allen  unde  von  i^ltchem  beminder , 
daz  ir  mtme  eingebomen  sune  Oswalt  undertaenic  unde  ge/wrsam 
wellet  stn  unde  beltben,     (V.  1568  flf.) 

20.  alse  ir  mir  um  her  sit  gewesen^     (V.  1568  If.) 

21.  unde  bitte  iuch  ouch  durch  iuwer  aller  ere  willeny  daz  ir 
mtnen  sun  wellet  leren  unde  wisen^  waz  stnen  eren  wol  anstet  unde 
zuogehoerety  wände  er  noch  ein  kint  ist.'     (V.   1568  flf.) 

22.  Daz  gelobeten  si  do  alle  geltche  dem  edeln  künir  Seirari 
unde  stme  sune  OsuHilt^  daz  si  daz  alle  zH  geiyie  tuon  weiten^ 
(V.  1568  flf.) 

23.  unde  schieden  ddmite  von  dan  iedef*  wider  heim  in  stn 
lant.    (V.  190.) 

24.  Unde  darnach  in  kurzer  zH  starp  der  edele  mute  kümc 
Sewart  in  Engellant     (V.  19.) 

25.  unde  liez  nur  den  einigen  sun  OsuHik,     (V.  49.) 

26.  Der  was  nur  XXIV  jär  alt^  do  stn  liebet*  vater  künic  Se- 
wart starp.     (V.  28.) 

27.  Sant  (hwalt  klagete  do  stnen  vater  gar  sere  unde  raste; 
(V.  20  ff.) 

28.  ouch  den  hirzen  unde  den  raben  sach  man  in  siben  tagen 
kein  sptse  nemen.     (Vgl.  V.  1834  flf.   1961  flf.) 

29.  Davon  gewan  Sant  Oswalt  soliche  lid)e  ze  dem  hirzen  unde 
ze  dem  raben,  daz  man  ir  baz  muoste  pflegen,  danne  der  besten 
diener,  die  er  hete  an  stme  hofe.     (Aus  V.  1977  flf.) 

30.  Sant  Oswalt  begie  die  grebnOsse  stme  vater,  alse  danne  eiow 
nuihtigen  kvnige  wol  anstet,     (b  491,  9.) 

81.  Unde  da  waren  ouch  bt  alle  stne  undertänen^  alse  ich  si 
cor  hdn  genant.     (V.  7  flf.  V.  91  flf.  V.  1483  flF.   b  476,  20.) 

32.  Unde  do  diu  grebniisse  ein  ende  hete  genomen,  dd  ewuoren 
si  alle  geltche  dem  jungen  kitnige  sant  Oswalt  ale  ir  eigen  herren, 
unde  ouch  die  künige  unde  die  lierzogen  als  ir  rehten  le/ienlierren, 
(Aas  No.  19—21.) 


19.  eingehornen  fehlt.    -     20.  unz]  pis.  —   21.  ati  stet  vnd  zu  gehört.  — 

22.  geltche]  ain  heUigklichen.   —  28.  nemen]  essen    --  29.  Davon]  Darumb.  — 

23.  pegrebnuss.  —  an  stet  vnd  zympt  vnd  euge/iori,  — 


197 

33.  unde  vuoren  edle  widei*  heim  in  ir  laut,     (V.  190,) 

34.  ÜTuie  der  liebe  künic  eant  OswaU  beeaz  daitidch  Engellani 
daz  künicrtche  an  eines  vater  stete     (V.  3  flf.) 

35.  unde  volcte  ouch  nach  stner  lere  unde  was  milte  unde  gereht^ 
daz  man  in  darumbe  vaste  lobete  in  allen  landen,   (Y.  3  ff.  Y.  29  ff.) 

36.  Nu  mei*kety  ob  er  ein  heiliger  künic  st  gewesen. 

Mit  No.  36  gibt  sich  diese  Einleitung  selbst  als  etwas  Ab- 
geschlossenes und  für  sich  Bestehendes.  Daß  ihr  Hauptinhalt  aus 
dem  Gedicht  entlehnt  ist,  liegt  auf  der  Hand  (besonders  bei  den 
verschiedenen  Besendungen  der  Mannen);  die  beigedruckten  Yers- 
zahlen  weisen  die  großenteils  wörtlichen  Obereinstimmungen  nach. 
Danach  scheint  V.  1568  der  Keim  der  ganzen  Zudichtung.  (Ygl. 
No.  19—22.) 

Aus  der  Überlieferung  ß  stanmien:  No.  1,  die  Zeitangabe,  denn 
sie  stimmt  nicht  zu  der  gewöhnlichen  Chronologie  (s.  S.  179);  14, 
15,  17:  denn  diese  Nummern  fehlen  dem  Gedichte  und  finden 
sich  in  ß  z.  t.  wörtlich  wieder;  bei  6,  31  und  36  sehen  wir  die 
ß  eigentümlichen  Vor-  und  Zurückverweisungen  (wie  auch  bei  1); 
12  ist  eine  rein  stilistische  Ausmalung  kanzlistischer  Art  (s.  S.  179), 
die  überdies  die  grammatische  Konstruktion  zerbricht. 

Es  bleibt  also  nicht  mehr  der  Einleitung  Eigenes  zurück,  als 
wir  auch  sonst  ß  zuweisen  mußten:  7,  18  und  etwa  28 — 29. 

Jedenfalls  sind  Prosastückchen  in  der  Einleitung  zerstreut. 
Die  könnte  ja  ß  nach  seiner  Weise  einem  vorhandenen  Verstexte 
bei  der  Auflösung  in  Prosa  einverleibt  haben.  Aber  No.  15  ist 
kaum  geändert  aus  ß  468, 26  genommen  und  enthält  doch  einen  Beim 
(all:  sal)y  der  aus  der  Vorlage  'ß  herrühren  muß  (s.  o.).  Also  ist 
15  doch  wohl  nicht  von  ȧ.  Also  hat  man  entweder  zwischen 
•ß  und  der  Prosaauflösung  (ß)  eine  zweite  Vershandschrift  anzu- 
nehmen, oder  die  Einleitung  ist  ein  Werk  des  Schreibers  von  3, 
Ich  behaupte  das  Zweite.  Die  Reime  innerhalb  der  Einleitung 
beweisen  nicht  dagegen,  soweit  sie,  wie  bei  15,  aus  dem  Gedichte 
ß*  genommen  sein  können:  467,  7  vemdmen:  qudmen  (No.  9),  467, 
28  Oswalt:  alt  (No.  25/26).  Aber  erzogen:  raben  467, 4,  Sewärt:  wart 
467,  6,  stdrp:  Sewärt  467,  27,  raben:  tagen  467,  30,  sind  nach 
S.  192  ff.  keine  Reime  fOr*ß.  Dann  bleibt  der  selbstverständliche 
Reim  Engellant:   genant  466,  3  und  allenfalls   letmen  (=  leren): 


198 

eren  467,  23.  Diese  können  aber  um  so  weniger  für  eine  gereimte 
Einleitung  beweisen,  als  die  aufgezeigte  Kompositionsweise  dieser 
Einleitung  der  oft  genug  charakterisierten  Art  von  ß,  das  Gegebene 
auszumalen  und  zu  verbinden,  so  vollständig  entspricht. 

Für  die  Textkritik  macht  es  ja  nichts  aus,  ob  die  Einleitung, 
wenn  sie  einmal  dem  Archetypus  fehlt,  gereimt  war  oder  nicht,  ob  sie 
von  ß*  stammt  oder  ß,  aber  ich  hofife,  daß  etwas  andres  so  viele  Worte 
rechtfertigt:  solche  aus  dem  Vorhandenen  herausgesponnenen  Vor- 
dichtungen sind  häufig  (Kudr.  Bit.  Parz.  Trist.  Wigal.  etc.),  aber 
ich  glaube  nicht,  daß  sich  noch  oft  eine  mehrgliedrige  Zwischen- 
überlieferung mit  Hilfe  der  sonstigen  Handschriftenfiliation  so 
leicht  kontrollieren  und  als  sekundär  erweisen  läßt. 
*Mk.  Ob  *Mk,    die  vollständigere  Vorlage  von  Mk,   vor  oder  nach 

der  in  ß  erhaltenen  Umarbeitung  aus  '*ß  abgeschrieben  ist,   wage 
ich  aus   einer  Vergleichung  von  Mk  imd  ß  nicht  zu  entnehmen. 
Ich  begnüge  mich  also  *Mk  =  *ß  zu  setzen. 
*S**S.  Zwischen  S  und  *MS   liegt  noch  eine  bairische  Handschrift, 

darauf  weisen  die  Änderungen  ei^  /:  ei  in  gestein  >ftn:  rein  1163, 
raben:  haben  :>  rvhin:  haim  2745,  -  ein  >- achain:  Hein  3045,  zit: 
Sit  >  saidt  3202  und  der  neue  Beim  schin:  gemain  1549.  künden: 
komen  2350  ist  doch  wohl  schwäbische  Entstellung  eines  bairischen 
hunden:  kumen\  ähnlich  frowe:  getniwen  2205a  von  frouwe:  ge- 
trouwen  (vgl.  241,  2679).  Ist  aber  der  bairische  Zusatz  2350  nicht 
gleichzeitig  mit  der  Auslassung  von  2351,  so  hätte  man  vor  der 
bairischen  noch  eine  andre,  höchstwahrscheinlich  auch  bairische 
Zwischenhandschrift  anzusetzen,  unbeschadet  der  schwäbischen,  die 
zwischen  ihr  und  S  gelegen  haben  können.  Andrerseits  ergibt 
sich,  abgesehen  vom  Dialekte,  daß  zwischen  S  und  *MS  mindestens 
zwei  Handschriften  liegen,  vielleicht  aus  1465  flf.  Die  Zusatzverse 
1466  a — c  sind  von  S  schon  vorgefunden  und  spätestens  von  S  so 
verderbt.  Rührt  ihre  ursprüngliche  Fassung  von  *S  her,  so  ist 
anzunehmen,  daß  1465  schon  auf  einer  früheren  Stufe,  etwa  **S, 
verloren  gegangen  ist,  denn  sonst  wäre  kein  Qrund  gewesen 
1466  a— c  zuzusetzen.  Daß  Lücke  und  Zusatz  von  demselben 
Schreiber  herrühren,  (der  also  die  vollständige  Vorlage  hatte)  ist 
mir  darum  sehr  unwahrscheinlich,  weil  1466  a — c  keineswegs  1465 
wiedergeben  und  ersetzen.  Ob  aber  **S  noch  bairisch  oder  schon 
schwäbisch  war,  ist  hieraus  nicht  zu  ersehen. 


199 


Auf  ähnliche  Weise  können  auch  folgende  Zusätze  wegen  ihrer 
Korruptelen  den  Zwischenhandschriften  **S  zugewiesen  werden: 
151a4-152a  (bairisch),  442a-f-443a,  1112  a,  3314  a.  Lücken  der 
Zwischenhandschriften:  716—21  (722  Der  rapp^erm),  901,  1465. 

Noch  die  letzte  Vorlage  von  S  war  ohne  Versabteilung  oder 
in  Langversen  geschrieben :  in  S  steht  oft  ein  Reimpaar  auf  einer 
Zeile,  und  ebendaher  rühren  gewiß  manche  der  eingeschobenen 
Kurzverse:  vgl.  107,  295,  1305,  1424  und  ähnliche  Komiptelen 

Das  Handschriftenstemma  ist  also  jetzt: 


*MS 


•fill 


•sb 


I 

*s 


M 


I       ^ 
s       Mk    u 


4.   Folgerungen. 

Demnach  sind  die  drei  Handschriftengruppen  von  Haus  aus 
gleichberechtigt,  abgesehen  davon,  daß  **S  zuerst  abgeschrieben 
sein  muß.  Dieser  Satz  kommt  indessen  kaum  zur  Geltung,  weil 
*sb  fast  nur  in  Prosaauflosungen  vorliegt,  die  eine  absichtliche 
Entfernung  vom  Ursprünglichen  innehalten.  Und  die  ist  so  groß, 
daß  da,  wo  *sb  gegen  *MI  und  **S  Eigenes  hat,  seine  Versvor- 
lage nicht  mit  Sicherheit  herzustellen  ist.  In  den  allermeisten 
Fällen  der  Art  wird  aber  die  übereinstimmende  Lesart  von  *MI 
und  **S  der  von  *sb  ohnedies  weit  überlegen  sein.  Jener  Grund- 
satz reduziert  sich  also  in  praxi  auf  den  andern,  daß  man  in 
Zweifelfällen  der  Handschriftengruppe  zu  folgen  habe,  der  *sb  zu- 
stimmt: derselbe  Grundsatz,  der  für  das  alte  Stemma  von  Edzardi 
aufgestellt,  von  Berger  nachgesprochen  und  unmöglich  ist. 

Auch  dieser  Gnindsatz  könnte  noch  nicht  davon  entbinden, 
sämtliche  Lesarten  von  •sb  zu  verzeichnen.  Aber  das  hat  sich 
als  unmöglich  herausgestellt,  besonders  bei  der  Ungebundenheit 
von  ß,  und  es  ist  auch  überflüssig,  weil  beide  Prosatexte  abge- 
druckt vorliegen.     Ich  beschränke  mich  also  in  der  S.  2  dargelegten 


200 

Weise:  wo  MIS  übereinstimmen,  sind  s  und  ß  nicht  verzeichnet, 
es  sei  denn,  daß  sie  ffir  den  Text  irgend  in  Betracht  kommen 
können;  es  sind  nicht  viele  Fälle,  und  überdies  sind  sie  sämtlich 
in  der  Abhandlung  besprochen. 

Wie  wenig  die  Oleichberechtigung  der  Handschriftengruppen 
auf  den  Wert  ihrer  Vertreter  schließen  läßt,  konnte  schon  die 
Zwiscbenüberlieferung  zeigen.  Obendrein  kreuzen  sich  bei  den 
einzelnen  Lesarten  so  viele  Tendenzen,  daß  zuweilen,  besonders 
wo  es  sich  um  Modernisierungen  des  Textes  handelt,  das  Stemma 
gänzlich  ausgeschaltet  scheint.  Im  allgemeinen  bestätigt  sich  in- 
dessen, was  in  den  angeführten  Aufsätzen  von  den  Handschriften 
geurteilt  ist:  S  ist  die  vollständigste,  aber  durch  dialektische  Be- 
arbeitung, durch  massenhafte  kleine  Zutaten,  die  den  Vers  runden 
sollen,  durch  allerlei  Willkür  unzuverlässigste  Handschrift;  I  stark 
verstümmelt,  aber  doch  viel  treuer  als  S  and  besonders  wertvoll, 
wo  sie  M  sekundiert;  M  so  sehr  die  treuste,  daß  ich  glaubte,  nach 
ihr  unsre  Oswaldfassung  benennen  zu  können;  von  s  und  ß  ist 
hinlänglich  die  Bede  gewesen.  Alle  Einzelheiten  und  Abweichungen 
vom  Stemma  haben  die  Anmerkungen  zu  rechtfertigen. 


IL  Sprache  und  Heimat 

1.   Bairische  Reime  von  •MS. 

Damit  sind  wir  zum  Archetypus  •MS  unsrer  Handschriften 
emporgestiegen.  Da  auch  S  eine  bairische  Vorlage  hatte,  ist  es 
fast  selbstverständlich,  daß  er  bairisch  war.  Und  zwar  österreichisch : 
der  Nachweis  ist  von  Zwierzina  erbracht  (ZfdA.  XLIV.  252  flf.,  be- 
sonders 263):  e  und  e  vor  r,  n'und  r-f-  Konsonant  sind  im  Reime 
streng  geschieden^);  desgleichen  ae  ä  von  allen  übrigen  e-Lauten; 
e  ist  nur  mit  e  e^  nie  mit  e  gebunden;  vor  b  g  ht  fallen  e  und 
e  zusammen  ßeben:  eben  2503,  3412,  geben  1045,  1185,  3226, 
degen  1579;  legen:  leben  1670,  degen  1684,  2070,  pflegen  2829, 
verwegen  3530;   knehten:  gebrehten  448). 

Aber  es  finden  sich  in  sämtlichen  Handschriften  fremdartige 
dialektische  Erscheinungen,  die  zusammen  mit  gewissen  Beim- 
verhältnissen  auf  eine  weiter  zurückliegende  Vorlage  von  *MS 
deuten. 

2.  Sprache  des  alten  Gedichtes  aus  der  Palaeographie. 

i=  mhd.  e.  M:  pit  =  bet  =  baete  308,  kielin  1679,  sant  in  = 
aanten  1774,  naoh  im  =:z  nahen  2039;  diphtongiert:  voigtein  1676, 
zmiwhein  1686,  grossen  -<  grossein  3219,  trinkein  3297.  I:  dir  848, 
«frÄ/2091,  2105,  helt<hilt  2098,  hijlde  2220,  2734,  3294,  w  = 
ez  2289,  mirch  3504;  loUsam  1719,  2605;  sro««3519,  3536,  3545. 
(s:  195,  2  hat  die  Handschrift  geleget^  nicht  gelegit)  S:  i^z  1280, 
sinn  (sien  I)  ==  sene  1432,  bit  =  bet  =  baete  3400;  gesichist  425, 
turin  1641;  diphtongiert:  ein  gegen  2587  \  die  Konjunktive  zeigen 
das  i  so  oft,  daß  ich  es  nicht  als  etwas  dem  Schreiber  Fremdes  hierher 
zählen  möchte:  gebist  940,  dienist  1230,  gebint  2049,  habist  2664 
(gegenis)  sölist  3504  (praes.);  werist  417,  wistind  1518,  vmrdint  2270, 

')  ^  und  i^'  vor  /  und  /  +  Konsonant  kommen  nur  in  folgenden  FiUlen 
Yor:  geschelie:  helU  859,  veU:  gtzeü  1686,  2074,  2133,  2573,  enigelfen-,  scheiten 
2955. 


202 

mähfint  2540;  ebensowenig  die  /-Substantive  sterkin  1838,  deckin 
2343,  liebin  3521.  *S  las  V.  2745  rcAin  als  rubtn-rubein  (nach 
V.  1163)  und  reimte  darauf  heim. 

Im  Vermeiden  dieses  fremdartigen  i  gingen  die  Schreiber  oft 
zu  weit,  indem  sie  auch  für  mhd.  i  t  ihr  e  einsetzten.  M:  <f  = 
dir  340,  424,  1136,  1344,  1388  (vgl.  IS),  1403,  1795,  2380, 
3038,  3436,  d'  =  dirdei^?  3105  (vgl.  I),  d'^dirre  708  (vgl.  I), 
3019,  ir  <  ei^=  ir  2680;  den  =  dtn  889,  lib  <  leb  1 159,  dem=dime 
1995?  (vgl.  I).  I:  der  =  dir  2485,  d^  =  dir  der  3105  (vgl.  M), 
dei'  =  dirre  708  (vgl.  M),  man  sprechet  1016,  sprechet  3043,  ^<^ 
/jd^'  1858,  Haisen'=heiz  in  2075,  cfr^J^  2138,  ÄM^cz^fe«  2994, 
tretten  =  dritten  3123,  geschwegen  3171,  ««»d^r  3287,  setze n'=8itzen 
3321;  lebens=Ubes  1159,  1387  (vgl.  MS),  rf^jm  =  rfr/n^  1995? 
(vgl.M),  3344,  3505.  Mk:  d^««  671.  S:  der  =- dir  347,  rfer  = 
dwT^  2290;  lebens  =  ltbes  1159  (vgl.  MI),  musz8en  =  muoz  sin  2096, 
dem  =  dtme  2979. 

Die  Vorlage  hatte  einen  fremden  Gebrauch  von  A  im  Anlaut: 
die  Schreiber  setzten  infolgedessen  öfters  ein  unrichtiges  und  ließen 
ein  richtiges  aus.  M:  ä'=  er  350;  er  statt  //«-oJ  391.  I:  ht'r= 
er  1352;  er  =  here  1613,  eMam  1809,  /?/mV/ör  2012,  2498,  2542, 
rrdan  3079.     S:  h6ß  =  ofen  3413;  ^  =  A^/-  1557,  1914. 

Unverschobenes  k  der  Vorlage  hat  sich  in  einigen  Fällen 
erhalten:  mikleik  M  232,  -  leih  <  -  leik  M  3041,  licn  >  Ijchwtz  = 
Leichnams  1 3536.  Außerdem  ist  es  in  Verschreibungen  zu  erkennen. 
Denn  in  folgenden  Fällen  kann  das  auslautende  t  nur  für  das 
ähnliche  c  eingetreten  sein:  mit  =  mic  M  4äl,  dreysit  =  drhic 
1220,  tallant  =:  Ut/anc  1344.  Verwechslung  von  e  und  c  nehme 
ich  also  an  in  M:  sie=si€  651,  709,  1152.,  2568,  3078,  umgekehrt 
sich  =  s^ie  2420;  1:  si  =  sic  1683;  S:  3536,  die  ding  statt  sie=^ 
sich  1417. 

Für  unverschobenes  t  der  Vorlage  sprechen  übermäßige  Ver- 
schiebungen wie  Oswahz  =  Oswalt  M  370,  zu  <  *MI  da  oder  to  2704, 
czenzim  =  Zentinus  I  3117. 

Die  Vorlage  verwechselt  viir  und  mich,  dir  und  dich:  mich 
=  mir  M  806,  dir  <:  dich  =  dir  8  182,3  (V.  2205);  wir  =  mtfA 
I  936.  .  Und  da  auch  t  und  c  verwechselt  werden  (s.  o.),  folgere 
ich  weitere  falsche  Dativformen  aus  mit=  mir  (mic)  M  2349,  1 1551, 
mir  =  mit  M  2696,  I  1607. 


203 

Danach  ist  nun  auch  die -=  dich  M  267,  609,  dich  =  die  M 
3197;  die^dir  M  69,  I  1371,  s  182,  5  (V.  2210),  S  563  auf 
dicy  nicht  auf  dt  (tht)  zurückzuführen. 

Durch  diese  Feststellungen  sind  wir  Schritt  für  Schritt  nach  Lokali- 
Mitteldeutschland,  an  den  Rhein  und  nordwärt«  gedrängt.  Die  sierung 
Formen  mic  die  für  Dativ  und  Akkusativ  zugleich  weisen  schließ- 
lich auf  ein  ganz,  bestimmtes  Gebiet.  Nach  Busch  ZfdPh.  X.  392 
sind  —  abgesehen  vom  Niederfränkischen,  wo  mt  t/u  herrscht  — 
einzig  im  Bezirke  Gladbach,  Düsseldorf,  Mettmann,  Wülfrath,  Aachen 
Dativ  und  Akkusativ  zusammengefallen,  und  zwar  in  mich  dich. 
Wenkers  Sprachatlas  gibt  folgende  Grenzlinien: 


Dativ  mich  dich  (mech  dech) 
Stolberg  Düsseldorf 


mek  dek 
Elberfeld 


mi  di 
Gummersbach 


Montjoie  Gräflfrath      Hilchenbach. 

Dativ  mir  dir  (vier,  d*r  etc.J 

Beide  Angaben  stimmen  also  gut  zusammen;  desgleichen  was 
sonst  an  neuerer  Literatur  über  jene  Dialekte  vorhanden  ist:  z.B. 
verzeichnet  Holthaus  ZfdPh.  XIX.  339  für  Ronsdorf  wie  für  Wülf- 
rath und  Mettmann  und  im  Geji^ensatze  zu  Remscheid  die  Dative 
und  Akkusative  mech  devh,  dagegen  Manrmann  für  Mülheim  a.  d.  R. 
nur  vokalisch  auslautende  Formen  (Grammatiken  deutscher  Mund- 
arten ed.  Bremer  IV,  §§  (>6  und  189). 

Voraussetzung  dieser  Lokalisierung  ist,  daß  das  c  in  mic  die 
nicht  Tenuis  bedeutet.  In  der  Tat  wird  es  in  Denkmälern  jener 
Gegend  oft  durch  g  vertreten,  und  andrerseits  findet  es  sich  auch 
in  nicht  niederdeutschen  Werken.  Die  Verschiebung  reicht  in  ich  viel 
weiter  nach  Norden,  als  die  Schreibung  ich.  Die  Beispiele  bei  Busch 
a.a.O.  S.  318.  Er  sagt  dazu:  ,In  den  meisten  Fällen  soll  hier  das  c 
(in  ic)  sicher  nicht  die  alte  Tenuis  sein,  sondern  vielleicht  eine 
etwas  härtere  Aussprache  des  ch  bedeuten.'  —  ,Das  einmalige  thik 
(des  Legendars)  neben  fhiy  (Gmal)  und  tliich  (Imal)  läßt  auch  für 
den  Guttural  dieses  Wortes  härtere  Aussprache  vermuten.' 

Wie  eine  Illustration  zu  diesen  Verhältnissen  des  Mittelalters 
ist  es,  daß  der  Sprachatlas  innerhalb  des  Gebiets  des  dativischen 
dech  ein  deg  südlich  bei  Geldern,  bei  Gangelt  und  östlich  von 
Erkelenz,  ein  meg  außerdem  bei  Geilenkirchen  und  Ratingen 
verzeichnet,  ein  akkusativisches  vieg,  deg  südlich  von  Geldern,  bei 
Gangelt    und    bei   Geilenkirchen.     Wirkliche   Tenuis   haben   mich 


204 

dich  in  der  ganzen  Bheinprovinz  nicht.  Vgl.  auch  Ramisch, 
Studien  zur  niederrheinischen  Dialektgeographie,  Diss.  Marb.  1906 
S.  16. 

Aber  das  einförmige  mich  dich  jener  Gegend  ist  doch  erst 
nach  einer  Periode  des  Schwankens  zwischen  Dativ  und  Akkusativ 
durchgedrungen.  Z.  B.  setzt  der  Leydener  Williram  mir  dir  auch 
fftr  den  Akkusativ,  mich  dich  auch  far  den  Dativ.  S.  Busch  a.a.O. 
S.  392.  Möglich,  daß  auch  das  mir  =  mich  I  936  aus  der  Vorlage 
stammt,  nicht  durch  des  Schreibers  Furcht  vor  einem  falschen 
mich  hervorgerufen  ist. 

Einige  andre  neutrale  oder  vereinzelte  Dialekterscheinungen 
deute  ich  nun  als  niederrheinisch. 

tf  =  mhd.  ae  ist  in  M  selten  (mdr<cmer  258?  wer=  icftere 
1740  (vgl.  1589),  sei  =  saelde  2556,  umgekehrt  gezam  =  gezeme 
182,  näm  =  neme  2065;    aber  häufig  in  IS. 

e  =  mhd.  ei.  lesten  1  3290. 

e  =  mhd.  ie.  M:  nemen  2156;  I:  we  741;  Mk:  den  =  dient 
682;  S:  remen  991,  nemant  1608,  2922. 

t  =  mhd  ie.  M:  dinenn  3519;  I:  schiden  H70^  cillen  1767, 
und  öfters  ie  =  mhd.  /. 

(ie  =  mhd.  e  ist  auf  S  und  I,  beschränkt;  desgl.  o  =  mhd.  u 
außer  einigen  Fällen  in  Ss;  das  sind  die  drei  schwäbischen 
Schreiber. 

0  =  mhd.  ou,  allerdings  auch  fränkisch,  schließe  ich  aus : 
vgl.  Busch  a.  a.  0.  §  28.  Es  kommt  nur  in  dem  schwäbischen 
und  am  wenigsten  konservativen  S  vor.) 

o  =  mhd.  vo.  MS:  son  3094;  I:  for  2740,  ro  2830,  ffoftt 
3299,  poben  3308,  3386,  schojf  3405;  mören  2336,  honer  3338 
(hener  S);    8:  9o  statt  zo  zuo  1050,  son  3405,  gott  3548. 

Was  danach  den  Konsonantismus  betrifft,  so  darf  man  wohl 
annehmen,  daß  *MS  durchgängig  d  für  mhd.  ^  des  Anlauts  vor- 
fand. IjSs  hätten  sonst  vielleicht  ihrer  Neigung  zu  diesem  d 
nicht  so  nachgegeben.  Zum  Beweise  dienen  überdies  die  wenigen 
Fälle  von  d  in  M  (det  472,  driricket  881,  du  926,  2484,  drat  1679) 
und  die  übermäßigen  Verschiebungen  in  weniger  geläufigen  Worten 
wie  tageuy  trat  =  dagen,  dräte  u.  s.  w.  in  MS. 

z  =  mhd.  8.  zel  =  aele  I  1 544,  umgekehrt :  so  =  z6 zuo  S  1050. 

V  =  mhd.  b.  eben<:eve?  1  3412, 


205 

rh  =  mild,  c  im  Auslaut.  I;  pfluch  :  fach  1127,  lach  1357,  ge- 
pßach  1483. 

Ausfall  des  h  zwischen  Vokalen.  M:  gut  3043;  I(l2): 
(fe»'hen  1824,  2072,  2636,  2724,  2971,  3021,  3049,  3144,  »wer 
2943,  2949,  3119,  3185,  zwei  3352,  3359,  3362. 

Ausfall  des  h  vor  t:  pr(äen  M  1488,  lewUi  I  1637;  umge- 
kehrt streicht  =  strU  M  1757. 

Assimilationen,  we^s  wecfisselpaVc  M  844  (Heinzel,  Nfränk. 
Geschäftsprache  S.  99  verzeichnet  wissel  für  den  Grafen  v.  Geldern 
anno  1207). 

Pronomina,  imse  (umz)  =  umer  nom.  sing.  masc.  und  neutr., 
acc.  sing,  neutr.  in  M:  1671,  1672,  1675,  1741,  1977,  2120,  3224, 
3244;    MI:  1672;  fem.  M  1907,  1911,  2550; 

gen.  unses  (vnszsj-^  unsers  M  198,  3444; 

dat.  unsem  (vnszm)=  unaerm  M  350,2263,2784,3487,  1350; 

acc.  urnen  (vnszn)-=  unsem  M  2765,  1972; 

fem.  ume  (msz)^  unser  M  2865,  3023,  3158; 

dat.  plur.  unsen  (vnszn)  =  unsern  M  1315. 

Die  fränkische  Kurzform  ist  also  wohl  zu  erkennen.  Nur  ist 
in  jedem  der  angeführten  Fälle  die  Frage,  ob  sie  nicht  durch 
falsche  Auslassung  des  ^/--Zeichens  (')  entstanden  ist.  Solche 
Auslassungen  sind  nicht  selten,  auch  bei  -^  und  n  ( ~ )  nicht; 
M  trägt  solche  Endungen  zuweilen  auch  nach.  Und  besonders 
gravierend  ist  dabei,  daß  M  in  V.  2272  und  3550  imsz  für  den 
gen.  plur.  vom  pron.  pers.,  V.  961  vmz  für  den  dat.  sing.  fem. 
vom  pron.  poss.  braucht,     us  =  uns  MS  1033. 

Die  Fehler  der^di  statt  die  M  2527,  den  statt  der  M  3328 
hat,  wie  ich  vermuten  möchte,  eine  r-  lose  Form  der  Vorlage  ver- 
ursacht: de  oder  die.  Nach  dem  Sprachatlas  würde  dadurch  unser 
Oswald  nördlich  über  die  Linie  Gladbach-Düsseldorf  hinausge- 
schoben. Die  schwankenden  Verhältnisse  in  den  mittelalterlichen 
Denkmälern  gestatten  eine  solche  Lokalisierung  nicht,  vgl.  Busch 
a.  a.  0.  S.  394. 

Präterita  zu  lou/en:  leif  lief  M  2141,  leiff  I  2374,  2400, 
leiff  lieffen  I  2886,  sonst  lief  liefen  und  (bairisch)  lof  luffen. 

Von  md.  Wortformen  verzeichne  ich  hier;  kunst  =  kunft  208, 
1452,  1921,  2249;  gesinne  ^  gesinde  834. 

ge-.   Eine  Reihe  von  Fehlern  in  IS  ist  durch  Auslassung  des 


^206 

des  Vorwörtchens  ge-  entstanden:    703  gedane  MIs  danck  S,  13^1 
gemach  M  mache  I  majcht  S,  2391  geti/ite  MS  deicfU  I. 

Ich  erkläre  diese  Lesarten  aus  dem  Widerstände  gegen  über- 
quellende fremdartige  ^^-Formen  und  finde  eine  Bestätigung; 
darin,  daß  solche  Formen  an  etwa  40  Stellen  nur  in  M,  MI  oder 
S  überliefert  sind  (also  eigentlich  der  Bestätigung  durch  eine  Hand- 
schrift bedürften,  um  aus  *MS  abgeleitet  werden  zu  können).') 
Denn  nach  den  oben  angeführten  Fällen  neigen  weder  bairische. 
noch  schwäbische  Handschriften,  wenigstens  weder  I,,  noch  Sdazu. 
solche  ge-  einzuführen.  Das  wird  auch  der  bairische  Archetypus 
nicht  in  diesem  Maße  getan  haben.  Vielmehr  ist  die  starke 
Vorliebe  für  ge-,  nicht  nur  beim  Infinitiv  nach  Hilfsverben  oder  in 
erkennbar  perfektivem  Sinne,  eine  Eigentümlichkeit  des  Fränkischen. 
(Vgl.  die  Wörterverzeichnisse  zur  Kaiserchronik,  zum  Anno  und 
Silvester).  Ich  nehme  diese  ^^-Formen  schon  auf  da«  Zeui^nis 
einer  Handschrift  in  den  Text. 

3.  Sprache  des  alten  Gedichts  aus  den  Reimen. 
Erhaltene         Auch  in  den  Reimen  ist  die  Vorlage  noch  kenntlich. 
Reime.  gesan  ^  gesahen :  man  3264  ist  nun  wohl  nicht  bairisch.     Um- 

gekehrt wird  V.  2587   das  gd/tm  MS  als  gdn  (:  empfdn)  zu  ver- 
stehen sein;  das  ergibt  V.  2592.     I  liest  denn  auch  gen. 

In  V.  58()  war  der  ursprüngliche  Reim  göt:  v!6f.  s  197,5 
hat  das  got  erhalten,  indem  es  got'  verstand.  *MI  ändert-e  aus 
gleichem  Grunde  den  Reim  in  heilant:  trau.  Bestätigung  gibt  S: 
guot:  duot.     (Vgl.  auch  250,  256,  564,  1627.) 

V.  119  wird  für  g7'6z:  goz  MI  das  groz:  bot  von  S  einzusetzen 
sein:  S  ließ  am  leichtmütigsten  Verse  neben  einander  stehn,  die 
nicht  mehr  reimten;  s  hat  für  goz  das  neutrale  gegal>e. 

Aus  dem  Dreireim  wouwe:  getrouwen:  gelouben  2il  wird  man 
auf  ein  vrouwe:  geloucen  der  Vorlage  schließen.  Der  Mittelvers 
ist  leer. 


^)  An  ihrer  Stelle  nur  in  M  überliefert  kommen  vor:  gegeheu,  -haben^ 
-hd/ten,  -fieben,  -Mineriy  -schiezeny  -senden,  -«</i,  -aitien,  -tragen^  'trtbea^  -trinken, 
'turren^  -Valien^  -vliezen,  -zeinen;  gemach^  -schelle^  -iriMire,  -zelte]  in  1:  gebieten, 
-geben,  'pAegen,  -redun;  gesamt;  *MI:  geezzen  -hdfen,  -pflegen,  -stän,  -sttigen, 
-trerben;   gezelte;    S:  gedagen,  -ezzen^  -/mben,  -riuwen,  -vahen;  gesteckte 


207 

Alle  diese  Beime  passen  gut  in  den  postulierten  Dialekt. 
Der  letzte  Fall  ist  bezeichnend,     unsere  Handschriften   sind 
durchsetzt  von  Reirahesserungs-  oder  Ändeiiings versuchen.     Vgl.  Vierreime 
151  *MS  getrauwe  >  S  getruwe 

—  bpschawe 
er  Ott  wen            fvawen 

—  8chawr7iy 
787  *MS  schin  >  *S  schain  nicht 

—  vergicht 
in  in 

—  kuinggin^ 

1397  *MS  tragen  >  *MI  tragen  >  I  tragen 

—  —  (lagen 
haben                jdren  jaren 

—  —  8poren^ 

1401   *MS  vier  sag^m  >  MI*  sagen  vier  >  I  sagen  nier 

—  —  er 
haben                          haben                haben 

—  —  knoben. 

Unreine  oder  unrein  gewordene  Reime  sind  also  dadurch  zu 
bessern  versucht,  daß  man  jedem  Reimworte  ein  passenderes  neues 
beigesellte  und  so  aus  einem  unreinen  zwei  reine  Verbindungen 
her\'orgehen  ließ.  Ich  nenne  das  Vierreim.  Meist  ist  das  Verfahren 
nicht  zu  Ende  gediehen,  indem  man  nämlich  eine  der  erforder- 
lichen neuen  Bindungen,  gewöhnlich  die  zweite,  nicht  fand.  Dann 
entsteht  etwa  ein  unreiner  Dreireim: 
1872  *MS  gie  >  I  geing 

—  geuieng  (sp.) 

lie  lies^ 

Oder  ein  vierter  Vers  hinkt  ohne  Reim  nach: 
203G  *MS  hen^en  >  S  Ä.  din 

—  min 
geren               geren 

—  veriechen. 
Diese  selbe  Erscheinung  zeigt  sich  nun  auch  in  *MS: 
1.  2092  sere:  mercy  maere:  schaere;  Vorlage  sere:  maeref  33(54 

here:  sere^  kamerae^re:  swaere',  Vorlage  here:  kamei*aere? 


3438 

*MS 

degen  > 

S  degen 

— 

leben 

geben. 

geben. 

208 

2.  2226  stdn:  ffdn,  gdhen:  empfdhen;  Vorlage  stdn:  gdn<i 
ffdhenf  Hier  möchte  ich  auch  3005  anschließen.  Denn  Isß  lesen 
V.  3007  sla/ien  gegen  abenemen  MS.  (hamoen  s  stimmt  zu  slahen, 
da  der  Beim  vermieden  werden  mußte.)  daz  houbet  abenemen 
scheint  mir  ein  künstlicher  Ausdruck.  3008  ist  derselbe  leere 
Reimvers  wie  86,  146,  1751;  289,  1593.  Also:  sUin:  hdn^  nemen: 
seJiemen;  Vorlage  stdn:  sldnf 

3.  1117  haben:  raben,  bestdn:  hdn;  Vorlage  hdn:  bestdnf 
1491  lioben:  sagen^  stdn:  hm;  Vorlage  furn:  stdn? 

610  man:  dan^  zergdn:  dan;  Vorlage  dan:  zergdnf  Vgl. 
3207,  3242. 

1031  min:  stUy  hinnen:  küniginne:  Vorlage  min:  hini  2553 
schtn:  magedtUy  hinnen:  gewinnen;  Vorlage  schtn:  hin? 

1676  rate:  drdte,  gestai:  traf.;  Yorlage  rat:  gestxit?  29ß5  spot: 
goty  not:  tot;  Vorlage  got:  tot? 

Ich  glaube,  die  Beispiele  der  ersten  beiden  Gruppen  zeigen, 
daß  die  Vorlage  in  den  e-  und  oA^-Beimen  anders  verfuhr  als  der 
Archetypus:  sie  reimt  md.,  und  die  Technik  entspricht  dem  er- 
schlossenen Dialekte. 

Aus  der  dritten  Gruppe  entnehme  ich,  daß  der  Archetypus, 
nicht  schon  die  Vorlage,  quantitativ  unreine  Beime,  vielleicht  auch 
die  Kurzformen  hdn,  gegdn,  dan,  hin^  künigtn  verpönte. 

Das  sind  nur  Beispiele.  Ich  befestige  aber  diesen  Ausgangs- 
punkt durch  Betrachtung  ganz  merkwürdig  ähnlicher  Verhältnisse: 
Der  rheinische  Herzog  Ernst  A  ist  in  den  bairischen  Herzog 
Ernst  B  umgearbeitet,  wie  aus  unserm  rheinischen  Oswald  der 
bairische  Archetypus  *MS  unserer  Handschriften  gefertigt  wurde. 
Aber  der  Herzog  Ernst  A  ist  erhalten,  wenigstens  fetzenweis,  und 
man  hat  für  Oswald  seine  Schlüsse  daraus  zu  ziehen.  Die  Be- 
arbeitung B  geht  nun  bis  auf  2  oder  3  Fälle  nicht  vom  Sinne, 
sondern  von  den  Beimen  aus,  indem  sie  unreine  Bindungen  jeder 
Art  fast  gänzlich  beseitigt.  Dazu  werden  oft  viele  Verse  einge- 
führt, aber  die  Bearbeitung  kehrt  doch  ängstlich  inrnier  wieder 
zu  den  Beimworten  der  Vorlage  zurück  und  nützt  sie  aus.  Und 
ein  Hauptmittel  der  Begulierung  ist  der  Vierreim  (ed.  Bartsch 
S.  XXXI): 


209 


Herzog  Ernst  A 

B 

n.  10:  nSt             > 

1231:  n6t 

— 

t6t 

— 

tuat 

ffot 

guot, 

IV.  26:  wale 

1783:  wol 

— 

90l 

dale 

tal 

— 

val, 

L  52:  geliehen 

693:  rtcheit 

— 

edelkeit 

rtche 

geliehen 

— 

tegeltcheuy 

II.  36:  degin  bewaren 

1261:  degen 

— 

phlegen 

gare 

gar 

— 

war, 

IV.  34.  Viche 

1793  rtche 

— 

manliche 

— 

aa  Veree) 

Wichen 

wtsltchenS) 

Außer  dem  Vierreime  und  von  ihm  nicht  ganz  zu  scheiden 
gibt  es  im  Oswald   noch   eine  andere  Art    der  Reimbesserung: '^*'^*"^'^^'^^ 


')  Der  Vierreim  ist  auch  sonst  nichts  Seltenes.     Vgl.: 

Vor.  Alex.  51  creftk 

Straßb.  AI.  irtfiicÄ 

— 

mehäh 

^eivalHc 

gwalduh 

— 

mamcfaldkh, 

Vor.  809 

Str.  1113  quämen 

pAan^ 

phani  nämm 

— 

zesttmt 

tüstftt 

dusmtt. 

u.  8.  w.  vgl.  ZfdPh.  X.  22 

; 

Konr.  Rol.  107,  19  MiAe 

Strickers  Karl  Zb\%  leide 

— 

scheide 

— 

heile 

urieile 

urteile. 

Baeaecke,  Mfincbener  Oswald 

14 


210 

die  Anreihung  zwei  oder  vier  neuer  Beime  an  ein  oder  zwei  vor- 
handene anstößige  Verspaare,  wie  zur  Auswahl.  Kenntlich  sind 
solche  Parallelen  am  Stocken  der  Erzählung,  am  Wiederauf- 
nehmen vorher  angewandter  Worte,  oft  auch  der  Beimworte.  Daß 
diese  Verhältnisse  einen  guten  Schluß  zulassen  auf  die  Technik 
der  Vorlage  und  der  Bearbeitung,  liegt  auf  der  Hand.  Ich  nehme 
also  an,  daß  z.  B.  1199  gap:  klac  durch  1201  gehaben:  klagen  ge- 
bessert werden  sollte,  und  M  ist  vielleicht  derselben  Ansicht  ge- 
wesen, indem  es  1201/2  ausließt).  Ebenso  beurteile  ich  1788 
zU  :  lip  I  [genesen  ;  gciveaen] ^  1828  ztt  :  Itp  /  [erslagen  :  gehaben], 
29  was :  vergaz  /  [geträhte  :  mähte] ^  1810  tor  :  vor  /  [arbeU:  geseif], 
1682  breit :  leite  //  [degen  :  legen]. 

Auch  2304  gesdhen  :  nähen  /  [gebaere  :  »waere],  2861  gähsn  : 
versniähen  /  [getan  :  gän]  zähle  ich  hierher:  die  Formen  des  Arche- 
typus (jgesäny  nan,  gän,  v&rsmän  nach  S.  208)  schienen  offenbar 
erklärungsbedürftig;    vgl.  die  Lesarten  zu  2587. 

Der  Stamm  von  gän  =  gähen  wurde  vielleicht  auch  (wie  itp 
1789  und  1829,  vgl.  die  Lesarten  zu  Uli,  2067,  3528)  als  Vo- 
kabel kommentiert,  wenigstens  geschah  dies  mit  dem  zugehörigen 
Adjektiv:  1617  grwh  :  mich  //  [herren  :  n^en]^  2200  gäch  :  eniäch  / 
[knehte  :  rehte,  übermuot  :  guot]^  2615  gäch  :  nach  ^[wilen  :  lUn], 

In  ähnlicher  Weise  sind  etwa  noch  folgende  Worte  erklärt: 
53  stunde  :  genozen  imnde  //  [geträhte  :  mähte,  rtchen  :  geliehen], 
173  gröz  :  genoz  /  [riehen  :  geUchen,  eigen  :  gezeigen],  1013  iriuice- 
lös  :  genoz  //  [an  :  man]  (hier  zugleich  Besserung  des  s  :  s-Beimes, 
s.  0.  über  V.  29);  1668  anger  breit  :  geseit,  legen  :  leben  /  [guot : 
behuot,  mere  :  here],  vgl.  die  Lesarten  zu  V.  1668;  3171  gesungen  : 
sigen  //  [verdürben  :  stürben];  2220  sant :  gewant  /  [bloz  :  grozjf 
1782  vergezzen  :  besezzen  //  [bestanden  :  landen]. 


263,  31     - 

9039     toeräen 

erthe 

erden 

herren 

herren 

— 

mirren. 

Reinhart  Fuchs,  Fragm. 

799  s^elade» 

Bearb.  geladen 

— 

scheuten 

— 

sa^en 

getra^n 

geiragtn 

')  Auch  unsre  Hsch.  wenden  noch  diese  Parallelen  an:  *MS  1465  A^»r: 
^emeit  >*  S  gem.  :  aröaitt :  beraiit :  gesaii. 


211 

Zwischen  Beimbesserung  und  Worterklärung  liegt  es,  daß 
gewisse  Wortformen  einen  Beimzusatz  erhalten,  besonders  geren;= 
gerne y  vgl.  115  kennen  igeren  jj  [jehen : geschehen]^  518  henken : garen : 
[liden  :  gesmide],  598  herren  :  geren  /  [verdagen  :  sagen] ;  2989  ge- 
tan :  hdn  g  [gdhen  :  empfdhen]  (s.  S.  210.);  304  komen  :  genamen  // 
[dar  :  vxir],   1213  komen  :  benomen  //  [gehaben  :  klagen]. 

Die  beiden  letzten  Parallelen  haben  einen  guten  Sinn,  wenn 
man  sie  von  einem  Baiem  zugesetzt  sein  läßt,  denn  bairisch 
kernen  :  genumen  reimt  nicht.  Nimmt  man  hinzu,  daß  die  Parallelen 
zu  29  und  53  ein  mtihte  einführten,  so  wird  man  sagen,  daß  ihr 
Verfasser  ein  Baier  war. 

An  dem  geträkte  :  mdkte  erkennen  wir  nun  auch  die  Parallele 
722  9wanc  :  gedanc  /  [geirähie  :  mähte].  Der  Anstoß  ist  in  diesem 
Falle  das  Wort  gedanc  gewesen,  wie  sich  aus  gedanc  [unde  ge- 
trdhte]  S  724  ergibt;  vgl.  auch  die  Lesarten  zu  31,  55,  703. 

So  ist  auch  V.  897  einem  gedanc  (896)  jenes  geträhbe  bei- 
gegeben, aber  hier  ist  es,  an  sich  überflüssig,  an  einen  vorhandenen 
Vers  getreten:  898  ist  unentbehrlich. 

Wir  entnehmen  daraus,  daß  der  bairische  Bearbeiter  B  — 
wie  es  zu  erwarten  war  —  nicht  nur  neue  bessernde  Beime  ein- 
fügte, sondern  auch  die  alten  änderte.  Noch  einige  Belege  dafür. 
Aus  3033  geren  :  meren  und  den  oben  mitgeteilten  Paralellen  zu 
geren :  herren  ergibt  sich,  daß  B  in  V.  246  geren :  meren  zu 
geren  -  keren  :  meinen  änderte. 

So  wird  auch  V.  1916  zur  Vermeidung  des  Beimes  -ere: 
'oere  das  sprach  der  vurete  here  angefügt  sein.  Der  Zusatz  ist  in 
*S  noch  äußerlich  kennbar. 

Waghalsiger  ist  eine  solche  Konjektur  in  einem  anderen  Falle. 
V.  3035  unde  darzuo  gruntlos  gibt  schon  der  Handschriftenbefund 
als  Zusatz  zu  erkennen.  An  seiner  Stelle  muß  etwas  Anstößiges 
gestanden  haben,  das  dann  auch  die  Erklärung  V.  3037 — 40 
hervorrief.  Vielleicht  war  es  wie  V.  119  der  Beim  gröz:  -dt 
(s.  S.  206),  vielleicht  ist  eot  :  groz  zu  vermuten,  und  auch  das 
mlze  M  wäre  nur  eine  Erklärung  des  sot. 

Daß    in    der   Tat   solche  Parallelen  bei  geschrieben  wurden, 
ersieht  man  daraus,  daß  die  richtige  Versfolge  zuweilen  durch  sie 
gestört  ist.     Die  Handschriften  ordnen:  V.  121/22:  man  setzt  sich 
zu   Tische,    V.  113   folgt   die   Einladung   dazu,    120  die  Verbe- 
ut   , 


212 

reitungen,  124  setzt  man  sich  nochmals.  121  ist  Parallele  zu 
119,  außer  durch  seine  Stellung  noch  durch  die  Messung  von 
hUere  bedenlich.  Anlaß  zu  der  Parallele  muß  eben  der  Beim 
grSz  :  bot  gewesen  sein  —  daher  ein  Reim  z  :  z  — ,  der  auf  diese 
Weise  bestätigt  wird  und  nun  auch  fQr  mein  sSt  (s.  o.)  spricht. 
Daß  die  Versordnung  nicht  stimmte,  war  schon  in  S  bemerkt 
(S.  die  Lesarten). 

Ich  schließe  noch  110  an,  dessen  wirdicltchen  envpfie  auf 
104  zurückweist.     Das  gutturailose  Präteritum  war  wohl  unbequem. 

4.    Der  bairische  Bearbeiter  B. 

Beide,  B  und  der  Vierreimer,  beseitigen  das  -«n  <  -oA^  der 
Vorlage,  beseitigen  quantitativ  fehlerhafte  Reime.  Sie  treten  auch 
gemeinsam  auf. 

In  dem  Vierreim  1670-79  sehe  ich  1677/78  als  unecht  an, 
denn  das  dräte  1677  scheint  mir  durch  das  drat  1679  (so  schreibt 
noch  M)  hervorgerufen.  1680  knüpft  mit  iten  an  1677,  und  1681 
führt  den  dort  abgebrochenen  Gedanken  parallel  der  alten  Über- 
lieferung (abe  den  kielen  //  abe  den  kielen  nf  das  lant)  zu  Ende. 

3390  hat  kein  Objekt,  3395  aber  zwei  Vordersätze.  Ich  er- 
kläre die  Korruptel  aus  dem  Versuche  -ot :  -uot  durch  Vierreim 
zu  beseitigen:  der  objektlose  Vers  3390  fügte  das  fehlende  -uot, 
der  zweite,  nach  3391  leere  Vordersatz  3394  das  fehlende  -o<  hinzu. 
Denn  wäre  3392/93  eine  jener  zwischengeschobenen  Parallelen, 
wie  wir  sie  im  Herzog  Ernst  B  gefunden  haben.  Der  Beim  vlot : 
not  stimmt  zu  dem  festgestellten  Dialekte. 

Der  Vordersatz  V.  440  hat  drei  Nachsätze:  V.  441,  442,  446, 
alle  durch  den  gleichen  Reim  mit  440  verbunden.  Es  sind  zwei 
aneinander  geschobene  Versuche,  durch  Vierreim  und  Parallelen 
zu  bessern :  440  man  >  man  :  an  [gehaben  :  sagen^  schiezeniverdri^zen] 
446  e^npfdn  >  empfangen  :  mannen  [knekten  :  gebreht^. 
Dabei  ist  441  schon  durch  die  Inversion  des  an  verdächtig.  Also 
auch  hier  Parallelen  und  Vierreime  verbunden. 

Demnach  sind  B  und  der  Vierreimer  identisch,  und  dazu 
stimmt,  daß  von  den  oben  (S.  201  fif.)  aufgezählten  fränkischen 
Spracheigentümlichkeiten  sich  nicht  eine  einzige  in  den  B  zuge- 
sprochenen Versen  zeigt. 


213 


Wie  aber  kommt  es,  daß  sich  überall  sonst  die  niederrheinischen 
Sprachteilchen  erhielten,  wenn  den  Dialekt  umzugießen  eine  Auf- 
gabe der  Bearbeitung  war?  Wie  kommt  es,  daß  sich  Eintragungen 
von  B  auch  örtlich  erkennen  lassen?  Wie  erklären  sich  vor  allem 
die  Parallelverse  mit  ihrer  wunderlichen  Naivität?  Denn  ein 
schlechter  Beim  wird  doch  nicht  dadurch  besser,  daß  man  einen 
guten  dazuschreibt  ? 

Die  alte  Handschrift  wurde  von  B  gleich  als  Kladde  benutzt, 
*MS  zerfällt  auch  äußerlich  in  einen  fränkischen  und  einen  dahin- 
eingearbeiteten bairischen  Teil,  *MI,  *sb  und  **S  schrieben  ab, 
was  sie  fanden,  und  irrten  sich  natürlich  leicht  in  der  Anordnung 
des  von  B  an  den  Band  oder  sonst  Hinzugeschriebenen. 


m.  Inhalt 

I.  *MS. 

Ich  komme  also  zur  Kritik  des  Inhalts  und  seines  Zusammen- 
hangs. 

Oswald  erringt  eine  Königin,  damit  er  nicht  erbelos  bleibe 
(V.  49):  ist  das  der  Gegenstand  unseres  Gedichtes,  so  steht  der 
Wasserbottich  des  Schlusses  in  lächerlichem  Widerspruche  dazu. 
Es  wäre  ja  möglich,  daß  dieser  zugesetzte  Schluß  einen  andern, 
etwa  von  V.  3498  an,  verdrängt  hätte.  Das  müßte  dann  auch 
ein  erbaulicher  gewesen  sein,  denn  der  verkleidete  liebe  Gott  mußte 
wieder  vom  Schauplatze  verschwinden,  nachdem  er  einmal  aufge- 
treten war.  Aber  eben  dies  Auftreten  ist  schon  unecht,  es  ist 
eine  grobe  Fälschung  der  Wahrheit  im  Sinne  des  Dichters.  Der 
Zusatz  beginnt  viel  weiter  vorher. 

Oswald  flieht  mit  seiner  Beute,  die  Heiden  verfolgen  ihn 
(2738).  Er  fleht  zum  Hinmael  um  Rettung  und  gelobt  dafür, 
keinem  Menschen  je  eine  Bitte  abzuschlagen.  Das  hilft,  ein  Wind 
fahrt  ihn  weit  davon.  Aber  es  hilft  auch  nicht,  denn  als  Oswald 
mit  seinem  Heere  an  einem  Sande  rastet,  sind  sogleich  auch  die 
Heiden  da,  und  es  beginnt  der  Kampf,  der  soeben  verbetet  war; 
der  jammernde  Oswald  wird  zum  Helden.  Ist  nun  das  Gebet 
unursprünglich  oder  der  Kampf?  Das  Gebet,  denn  es  gehört 
zum  Auftreten  des  bettelnden  Gottes,  und  das  ist  wegen  des 
Schlusses  sehi'  verdächtig.  Die  Gebetinterpolation  beginnt  spätestens 
V.  2791.  Wahrscheinlich  aber  schon  früher.  Denn  wenn  das 
Mittel  wegfällt,  durch  das  Oswald  zuerst  einmal  seinen  Feinden 
entgeht,  so  sieht  man  nicht  ein,  wozu  ihm  die  Heiden  schon  jetzt 
nahe  kommen  und  von  dem  Raben  entdeckt  werden.  Aber  ich 
sehe  keine  Handhabe,  hier  das  Unechte  aus  dem  Zusammenhange 
zu  lösen. 


Und  wo  beginnt  der  zugesetzte  Schluß,  um  dessentwillen  das 
Gelübde  interpoliert  wäre?  Oswald  kehrt  heim,  man  feiert  ein 
großes  Fest,  Armen  und  Reichen  wird  zu  trinken  und  zu  essen 
gegeben,  und  danach  zieht  jeder  wieder  nach  Hause.  Das  ist 
der  rechte,  diesen  Gedichten  natürliche  Schluß  (3209),  es  fehlt 
höchstens  ein  Ausblick  auf  die  Zukunft.  Statt  dessen  muß  das 
Spiel  von  neuem  beginnen:  Oswald  sendet  Boten  aus  nach  den 
armen  Leuten,  die  doch  eben  bewirtet  und  gegangen  sind :  das  ist 
die  Vorbereitung  für  die  angehängte  Legendenszene. 

Daß  3209—3553  auszuschließen  sind  (etwa  ein  Zehntel  des 
(janzen)  bestätigen  folgende  Beobachtungen: 

Vokalisch  unreine  Eeime  bei  geschlossener  Silbe  2:  man  istrdn 
3248,  3290,  im  übrigen  Gedichte  47.  Dabei  sind  die  doppeldeutigen 
dany  man  gestan^  (=^ gestanden) ^  emp/än  (==empfangen)  ausgeschlossen. 
Apokopen  nach  unveränderlichem  Auslaut  3  (55 :  in  Klammem  die 
Zahlen  des  übrigen  Gedichtes),  nach  veränderlichem  6,  darunter 
5  mal  Oswalt:  baU  (GO),  Reime  von  b  auf  d  und  g  fehlen  (13); 
/i*  ;  n  im  Auslaut  0  (21);  samt:  -ant  0  (22);  ng  :  mm,  nn  0  (12); 
nd  :  nn,  «^  0  (4);   s  :  z  0  (11).  [3209—3553] 

V.  35  flf.:  Oswald  nähme  gern  ein  Weib,  wenn  es  nur  „ohne 
Sünde**  geschehen  könnte;  V.  43  flf. :  sein  Herz  ruft  ihm,  ein 
Weib  zu  nehmen,  um  einen  Erben  zu  gewinnen.  V.  35  -  42  gehören 
zu  dem  unechten  Schlüsse,  und  ich  klammre  sie  ein.  [35—42] 

Davon,  daß  ein  Engel  König  Oswald  auflfordert,  eine  heidnische 
Frau  zu  nehmen  (V.  59—70),  weiß  das  weitere  Gedicht  nichts. 
Oswald  fragt  V.  153  seine  Mannen  und  V,  215  Warmund,  ob  sie 
„irgend  unter  Christen  und  Heiden"  eine  wüßten,  und  Warmund 
muß  2l9flf.  erst  von  neuem  zu  einer  Heidin  raten.  [59    70] 

Da  Pamige  V.  260,  321,  594,    1097,   1148,   1375  etc.    erst 
noch  Christenglauben  annehmen  soll,    so  hat  sie  ihn  V.  239—45 
fälschlich.     V.  250/51  sind  Oswalds  Antwort  auf  220—38;    durch 
252/53  wird  sie  im  Sinne  des  vorangehenden  Taufeinschubes  (246    [239-49, 
—49)  umgedeutet:  252-53] 

Damit  fallen  auch  2515-18.  [2515-18] 

276  —  81  ein  geistlicher  Zwischensatz,  charakterisiert  durch 
zwei  zu  lange  und  einen  zu  kurzen  Vers.  Oswald  ist  sonst  nur 
im  Schluß  3290  der  werde  man.  [276—81] 

Nach  351  und  nach  397  reißt  der  Zusammenhang  ab,  beide- 


216 

mal  durch  die  eingeschobene  Versichemng,  JaÜ  der  Rabe  erst  jetzt 
zu  reden  gelernt  habe.  V.  386  ist  in  die  Erzählung  des  einen 
Wunders,  daß  nämlich  Gtott  den  Raben  herbeischafft,  die  des 
andern  eingeschachtelt,  daß  er  ihm  die  Sprache  gab.  Diese  drei- 
fache und  gleichartige  Störung  ist  doch  wohl  nicht  zufällig:  es 
soll  interpoliert  werden,  daß  der  Rabe  erst  jetzt  sprechen  lernte. 
390  und  400  wird  denn  auch  der  Faden  sogleich  wieder  aufge- 
nommen, und  386—89  waren  auch  örtlich  als  Zusatz  erkennbar: 
S.  188.  Mit  352  aber  muß  auch  Warmunds  ganze  Wette  fallen 
(354—69).  Desgleichen  405  flf.  Allein  ich  erkenne  da  nicht  die 
[352-69,  Grenze  des  Unechten. 

386—89,  y  ]  2O6  verliert  der  Rabe  nur  Pamiges  Ring  durch  Auflösung 

\  der  seidenen  Schnur,  mit  der  doch  auch  ihr  Brief  befestigt  war. 
V.  I24(),  als  er  seine  ganze  Werbung  erzählt,  spricht  er  nur  von 
einem  mngerUn,  das  ihm  die  Königstochter  gegeben  habe.  Das  Gebet 
des  Einsiedeis  schafft  auch  nur  das  vingerltn  wieder  (1269  ff.), 
y.  1366  will  sich  der  Rabe  Ring  und  Brief  abnehmen  lassen,  aber 
daz  in  V.  1367  paßt  nur  zu  vingerltn.  Ebenso  1088  und  1089, 
vgl.  ez  1134  und  die  Lesarten  zu  580/81.  Natürlich  sind  die 
Briefe  so  unecht  wie  inhaltlos:  zur  Verlobung  gehörten  die  Ringe, 
zur  Botschaft  ein  redender  Rabe:  die  Briefe  rauben  ihm  Zweck 
und  Sinn. 
[560—79,  Sollte  der  Rabe  wirklich   unterwegs   einen  Fisch   auf  einem 

^""  ^  Steine  verzehrt  haben  ?  M  liest  V.  73 1  einen  etein,  als  wäre 
vorher  noch  von  keinem  die  Rede  gewesen ;  ebenso  646,  wo  die  Lesart 
(nach  632)  noch  störender  ist:  644 — 46  scheinen  mir  nach  654 
bis  657  und  731/32,  dann  aber  auch  642/43  nach  722/23,  d.  h. 
die  Fisch-  nach  der  Meerweiberepisode  gebildet.  Dabei  wurde 
dann  das  einen  sinnlos  in  Y.  646  übernommen.  Den  Anfitng  der 
Interpolation  macht  V.  (>26,  der  nach  Art  der  erklärenden  Parallelen 
an  V.  ()25  anschließt  (entweich  :  ereleich^  entwichen :  ersliehen).  VV. 
636/37  sind  an  zwei  andern  Stellen  (1201  und  1215,  sonst  fehlt 
die  Formel  mohte  gehaben  :  begunde  truren  vnde  Idagen)  als  Ein- 
schiebsel erkannt.  Das  ,Nachgehen^  des  Meerweibes  (653),  auch 
das  Bei  den  Füßen  ergreifen  (655),    gehört  zu   dem  Fliegen  des 

[626-649]  Raben  (618,  622, 624),  nicht  zu  dem  Sitzen  auf  einem  ,hohen  Steine*. 
Die    junge    Königin    ist   nicht   an    der   Tafel    des    Heiden: 

[829    30]    vgl.  V.  997  ff. 


217 

Dadurch,  daß  er  Wein  und  Brot  genießt,  erhält  der 
Habe  Sicherheit  fELr  Leib  und  Leben  an  Arons  Hofe.  So  schickt 
er  sich  denn  V.  900— H02  an,  seine  Werbung  vorzubringen.  Li 
gradem  Gegensatze  dazu  steht  903 :  eine  neue  Friedensbitte.  *MI 
und  •sb  haben  den  Widerspruch  bemerkt  und  auszugleichen  ver- 
sucht. **S  hat  ihn  beibehalten,  wohl  weil  ihm  verdaten  nicht 
geläufig  war  (vgl.  die  Lesarten  zu  1235,  1794,  2260;  Vorauer  AI. 
324  vergen  <  verdagen).  Es  folgt  sogar  noch  eine  dritte  Friedens- 
bitte (922)  und  erst  933  lenkt  zu  902  zurück.  [903-34] 

955—58  beruhen  auf  dem  geistlichen  Schlüsse  des  Gedichtes. 
Damit  fallen  961/62  (noch  besonders  kenntlich  an  dem  Gegen- 
satze zu  960:  nider  8ach  —  ufblicte)  und  967  —  74  (kenntlich  an 
der  einleitenden  Parallele  967/966  und  der  Einführung  Mdhmets 
in  der  Art  von  V.  917  ff.).  [955-58, 

V.  1041    steht   in  Widerspruch  zu    312  ff.:    der   Heide   will     961-62, 
seine  Tochter  selbst  heiraten.     Daß  Pamige  sich  mit  einem  Spiel-    9^7-74] 
mann  davonheben  will,  paßt  auch  nicht  zu  ihrer  Eingeschlossenheit: 
von  Oswalds  Zuge  nach  ihr  erzählt  ja  ein  ganzes  Gedicht.     Mit 
1039  flF.  muß  auch   die   Weigerung  des   Heiden  (1035  flF.)  fallen.  [1035-54] 

1641 — 45  ein  ausmalender  Zusatz,  der  durch  1642  an  1638 
angeknüpft  ist.  Die  Korruptel  bezeichnet  auch  äußerlich  den 
späten  Einschub.     Inhaltlich  widerspricht  1643  V.  2189  und  2372.  [i64l  -  45] 

1708  — 15  enthalten  eine  Erklärung  und  Ausmalung  von 
1706/7.  Ich  hdn  1708  nimmt  ich  hdn  1707  wieder  auf;  1714/15 
werden  überhaupt  nicht  beantwortet,  der  Schrecken  in  V.  1716 
bezieht  sich  auf  1707,  nicht  auf  1715.  [1708-15] 

1856  kehrt  zu  1846  zurück;  in  1960—63  sind  die  Vers- 
paare 1844/45,  1856/57  in  der  natürlichen  anmittelbaren  Folge  be- 
wahrt: mir  scheinen  also  1846 — 55  eingeschoben.  Und  zwar  sind  1846 
— 51  eine  Variation  zu  1856 — 57;  der  Reim  vergezzen  :  ezzen  greift 
auf  1844=1960  zurück;  die  awtne  V.  1849  sind  aus  1965.  V.  1852 
bis  1855  sind  =  1964—67,  dabei  bezeichnend  das  ouch  V.  1852. 
Es  ist  dasselbe  Verfahren  wie  bei  der  Fischepisode  V.  626  —  49.  [1846-55] 

Pamige  läßt  Oswald  V.  2064  durch  den  Baben  raten,  sich 
mit  hundert  Mannen  vor  die  Burg  zu  legen  und  sich  fQr  Gold- 
schmiede auszugeben.  Der  Babe  sagt  aber  (2090flF.)  nichts  von  den 
hundert  Mann,  sondern  von  zwölf  Goldschmieden,  und  es  wird  nun 
rationalistisch  erklärt,   wo   Oswald  plötzlich  zwölf  Goldschmiede 


218 

herbekam.  V.  2125  nimmt  er  dann  aber  doch  hundert  andre 
Mannen  hinzu,  ohne  inzwischen  Pamiges  wirklichen  Rat  gehört 
zu  haben.  Streicht  man  2090—2124,  so  hat  Oswald  die  Botschaft 
schon  7.  2089  gehört.  2125  ist  leicht  zu  ändern,  und  im  Fol- 
genden wären  die  Goldschmiede  eben  nur  vorgebliche,  wie  in 
[2090—2124]  Pamiges  Auftrage  (vgl.  2354). 

Aber  selbst  der  Kat,  sich  für  Goldschmiede  auszugeben,  V. 
2078/79,  ist  sehr  anfechtbar,  denn  erstens  zerstört  er  den  Schluß 
des  vorigen  Satzes  (das  sprich  von  2077  durch  sprechen  aufge- 
nommen) und  zweitens  fügt  Oswald,  als  er  ihn  befolgt,  noch 
etwas  andres  hinzu  (2264  f.):  er  ist  auf  die  Kunde  von  Pamiges 
Verlobung  gekommen  und  hofft,  durch  seine  Dienste  reich  zu 
werden.  Nur  darauf  antwortet  Aron  2280:  sUir  her  komen  durch 
den  willen  mtner  eren^  so  ault  ir  hdn  hilfe  unde  rät.  Was 
darunter  verstanden  wird,  zeigt  sich  sofort  V.  2294  ff.:  Lebens- 
unterhalt. Nirgends  die  geringste  Spur,  daß  die  Fremden  als  Gold- 
schmiede beschäftigt  würden;  der  Wächter  hält  sie  für  feindliche 

[2078/79]    Angreifer  (2169),   Aron   erkennt  sie  als  ritter  unde  kneku  2252. 

[2135/36,  Damit  müssen  fallen  2185/36,  2196/97,  2206—13,  2262/63. 

2196/97,  Hinter  2144  ist  ein  Riß.    Die  Ergänzung  zu  dem  Verse  bietet 

2206-13.  2170/71.    Für  *MS  2151  ergeben  die  Handschriften  zweifellos  wn 

*'262/631 

'  -■  manigem  werden  man.  Durch  das  von  wird  der  nur  in  MI  über- 
lieferte V.  2152  bestätigt.  Andrerseits  ist  2153  durch  Ss  für  'MS 
gesichert,  V.  2144a  ist  also  richtig  angesetzt  und  2152/53  waren 
schon  in  *MS  zwei  Verse.  Damit  ist  die  Ausscheidung  von  2145 
[2145    52]  — 52  von  selbst  gegeben. 

Das  ime  in  V.  2336  ist  ohne  Beziehung.  Es  stand  eine  er- 
klärende Glosse  dabei,  die  die  Abschreiber  *MI  und  *S  zu  ver- 
schiedenen Versen  (2385  und  2336)  gezogen  haben :  mtneme  hirzen. 
Das  sieht  so  aus,  als  wäre  hier  etwas  Ursprüngliches  durch  Inter- 
polation verschüttet.  Die  Goldschmiede  waren  uns  höchst  ver- 
dächtig, also  noch  mehr  ihre  Arbeit  hier.  Die  Art,  leere  Beim- 
verse  anzuwenden  (2338,  2342,  2345),  entspricht  ganz  der  von 
2090-2124. 

Oswald  stellt  nun  seinen  Hirschen  als  Köder  vor  der  Burg 
auf.  Sein  Plan  ist:  der  Heide  soll  ihn  jagen,  dann  bleibt  vielldcht 
das  Tor  offen,  und  Pamige  entrinnt.  Das  scheint  auch  des  Dichters 
Plan:   der  Heide  jagt,  und  Pamige  handelt  in  selbstverständlicher 


219 

Übereinstimmung  mit  Oswald,  aber  das  Tor  wird  verschlossen. 
Nein,  das  Tor  wird  nicht  verschlossen.  Der  Vordersatz,  der  die 
Schließung  einleitet  (2430),  hat  den  Nachsatz  zu  2429  verdrängt. 
Der  Dreireim  2438  ist  wahrscheinlich  aus  der  Glosse  2439  her- 
vorgegangen, die,  nach  dem  vorausgehenden  Einschube  die  Be- 
ziehung zu  2429  herzustellen,  etwa  an  den  Rand  geschrieben  wurde ; 
S  nahm  sie  zur  Beseitigung  des  Dreireims  verkürzt  in  V.  2437 
auf,  •MI  strich  2440.  [2430-35] 

Schon  hiemach  ist  das  Aufbeten  des  Tors  (2535  flf.)  nicht 
glaublich.  Es  ist  ein  Wunder  vom  Schlage  des  legendarischen  -^ 
Schlusses,  das  den  ganzen  vorigen  Aufbau  unnütz  macht.  Die 
Naht  ist  vielleicht  noch  kenntlich  an  dem  tor  unde  iür  (2535), 
nachdem  unmittelbar  porten  vorhergegangen  ist.  getaeU  :  haete 
statt  gebaere  :  waere  nur  hier,  V.  2559.  Ich  klammere  vorläufig  ein 
2635—70.  [2535-70] 

Hinter  2694  ist  der  Zusammenhang  durch  die  Erklärung 
2695 — 98  gerissen.  V.  2699  hat  zwei  Nachsätze,  deren  zweiter 
mit  dem  aufgenommenen  daz  ez  ganz  parallel  angefügt  ist:  auch 
2701—4  sind,  wie  2695,  zur  Hervorhebung  des  Horns  und  seiner 
Wirksamkeit  eingeschoben  und  besonders  an  2705—8  angelehnt. 
Es  ist  die  Art  der  mehrfachen  und  unvermittelten  Interpolationen, 
die  das  Reden  des  Raben  erklären  sollen  (352—69, 386—89, 398/99).   [2695-98, 

Unmittelbar  auf  2708  folgt  in  den  Handschriften  V.  2731.  2701-4] 
Da  hatte  *MS  noch  das  singularische  Subjekt  er  (ermant  S  <  ^r 
nani  *MS)  von  2699.  Der  Plural  von  2705—8  setzt  aber  gleich 
im  nächsten  Verse  (2709)  wieder  ein,  und  Is  haben  ihn  auch  für 
die  dazwischenstehenden  Verse  (2731/32)  konjiziert.  V.  2734 
heißt  es  dann  wieder  er.  Subjekt  ist  also  nach  der  Versordnung 
der  Handschriften  abwechselnd  Aron  und  die  andern  Heiden,  nur 
daß  die  Beziehung  des  er  von  2731  in  der  Verwirrung  des  vorigen 
Abschnittes  (2695  —  2708)  verloren  gegangen  ist.  •  Es  fehlt  denn 
auch  zwischen  2708  und  2731  die  Erzählung,  wie  nun  die  Heiden 
wirklich  zu  Hülfe  kommen.  Statt  dessen  folgt  sie  in  den  Hand- 
schriften mit  V.  2709  auf  V.  2732:  es  ist  eben  das  Stück,  das 
zwischen  die  singularischen  Subjekte  von  2731  und  2733  ein 
pluralisches  einschiebt.  Stand  dies  Stück  also  etwa  als  Interpo- 
lation außerhalb  der  Versreihe? 

V.  2821/22    sind   eine  unfertige   und  versprengte  Glosse  zu 


I  220 

i 

j  2807/8 :    in   s  folgen  sie  noch  auf  2807.     2807/S  werden    durch 

I  [2821/22]    viele  Parallelen  gestützt,  s.  Berger  zu  Orendel  81. 

j  V.  2943   empfängt  Oswald  den  besiegten  Schwäher  spöttisch 

I  (vgl.  2950),  2945  mit  parallelem  Einsatz  ehrenvoll,  und  er  fordert 

ihn  auf,  sich  taufen  zu  lassen.  V.  2949/50  antwortet  er  auf  die 
erste  Anrede,  V.  2951/52  mit  dem  verräterischen  oberdeutschen 
halt  auf  die  zweite.  Ich  glanbe,  daß  die  zweite  in  christlicher 
Tendenz  zugefügt  ist.  Ist  das  wahr,  dann  sind  alle  die  Tauf- 
und Wunderszenen  bis  V.  3184  interpoliert.  Aber  die  Verwandt- 
\  Schaft  der  Kampferneuerung  mit  der  Hildesage  ?     Ich  wage  noch 

j  nicht  zu  athetieren. 

I  3101 — 4  scheint  mir  wieder  einer  jener  erklärenden  Zusätze 

I  (s.  zu  2695).    Ähnlich  wurde  V.  9 1 5  flf.  und  967  ff.  etwas  über  Mdhniet 

I  hinzugefügt.      Daß    die    Verse     erst   nachträglich    in    den    Text 

genommen  wurden,  sieht  man  auch  an  der  Schlußverstümmelung. 

Denn  V.  3104   fehlte   nach  Ausweis   der   Handschriften  vielleicht 

noch  in  *MS   und   wurde   dann   erst  von   M  nach  68,  247,  1528 

[3101-4]    hergestellt.     Mit  3102  vgl.  3108. 

V.  3214— 17  gehören  nicht  hinter  3223,  sondern  vor  3218, 
dessen  dar  quam  auch  erst  durch  quam  auch  dar  3217  die  rechte 
Beziehung  erhält. 

3239  widerspricht  3243/44:  der  Herrgott  scheidet  nicht  mit 
den   Armen,    sondern   geht  wieder  weiterzubetteln.     Wieder  eine 
rationalistische  Beseitigung  eines  sich  aufdrängenden  Zweifels :  wie 
[3238—41]  konnte  er  unerkannt  bleiben? 

Es  sind  dieser  Erklärungen  noch  mehr,  und  ich  will  versuchen, 
'  nachdem  so  das  Gedicht  durchgegangen  und  ein  Begriff  von  ihrer 

Art  und  Einführung  entstanden  ist,  noch  einige  aufzuzeigen. 

Wie  V.  3101  und  sonst  Mdhmets^    so  scheint  mir  1568  der 
Name  Sewarts  zugesetzt.     Das  bereitet  (1567)  nach  bereu  (1566) 
[1567-70]  zeigt  die  Fuge. 

So  erhält  auch  V.  1654  flf.    das  heidnische   Land   noch   ein- 
mal  besonders    seinen   Namen   Aron.      Die   1655   stockende  Er- 
zählung  ist   der  von  2090  flf.   verwandt.      Der  Schluß   des  Ein- 
[1654—59]  schubs  lenkt  wieder  in  das  Echte  ein. 

2515  bis  2518:    der  Zweifel  wird  beschwichtigt,  woher  denn 
den  Mädchen   plötzlich    die   Männerkleidung   kam.      Als  Zusatz 
[2515-  18]  kenntlich  an  dem  christlichen  Einschlag.     S.  S.  215. 


221 

Nicht  nur  drei  Tage,  auch  drei  Nächte  sind  Rabe  und  Gold- 
schmied bei  einander:    [528/29].  [528  29] 

Diese  Erklärungen  spielen  zuweilen  in  die  Art  reiner  Varia- 
tionen hinüber:  21—24  (zu  verweisen  \mA.ziu>gm)^  25-28  (Aus- 
kunft, wie  früh  Oswald  verwaiste),  710-13,  1177—80,  1265-68, 
2034/35,  2521—26  (hier  passen  auch  die  brisachuoch  nicht 
zu  den  Sporen;  Einführung  Mdhmeta  wie  919,  3101,  2889  bis 
2892  (Kampfschilderung,  der  Zusammenstoß  von  2885  ist  hier 
noch  zweimal  wiederholt  trotz  2887).  [21—24, 

Ich  will  nicht  weiter  gehen.  Aber  auch  alle  bisher  ange-  y^qIJq' 
nommenen  Streichungen  sind  hypothetisch  gemeint.  Es  sind  uns  ii77-8o! 
ja  noch  zwei  andre  Fassungen  von  Oswalds  Brautfahrtgeschichte  *  903^,35' 
erhalten,  und  wir  müssen  sehen,  ob  sie  unsere  bisherigen  Resul-  2621 -2i>' 
täte  bestätigen  und  uns  weiterfahren  können.     Es  sind:  -^^^    ^'^1 

1.  die  Prosa  im  Sommerteile  des  Lebens  der  Heiligen  (*zn), 

2.  das  Wiener  Gedicht  (*W0). 

2.  *MS  und  die  Prosa  *zn. 
Die  Prosa  *zn  ist  1856  von  Zingerle  nach  zwei  Handschriften(z) 
des  15.  Jahrhunderts  herausgegeben  (die  eine  vom  Jahre  1412). 
Ein  Bruchstückchen  auf  Pergament  ist  abgedruckt  von  Mourek  in 
den  Sitz.-Ber.  der  Kgl.  Böhm.  Gesellschaft  der  Wissenschaften,  Prag 
1890,  S.  280;  dazu  Heinzel  AfdA.  XVII.  95  flf.  Aber  auch  vollständige 
Handschriften  und  Drucke  sind  nicht  selten^).  Eine  nordische 
Bearbeitung  des  16.  Jahrhunderts,  die  aus  dem  Deutschen  stammt, 
(n),  ist  von  Jon  Sigurdsson  in  den  Annaler  f.  nord.  oldkynd.  1854, 
S.  15  ff.  veröffentlicht;  dazu  0.  KlockhoflF,  Om  Osvalds  saga  im 
Smä  bidrag  til  nordiska  Lit^raturhistorien  under  medeltiden, 
Upsala  1880.«) 

')  Cod.  Pal.  gönn.  153  in  Heidelberg,  Pol.  344  c -356b.  (So  nach 
Braunes  gütiger  Mitteilung,  vgl.  Bartscbs  Katalog.) 

^)  Auch  ich  halte  für  wahrscheinlich,  daß  n  eine  Übersetzung  aus  dem 
niederdeutschen  Passional  ist  (S.  7);  bewiesen  ist  es  allerdings  nicht  da- 
durch, daß  n  gegen  z  und  zwei  hochdeutsche  Ausgaben  (Nürnberg  1488, 
Augsburg  1496)  mit  dem  Passional  stimmt.  Sigurdssons  Annahme  englischer 
Herkunft  war  durch  Kdzardi  beseitigt,  Edzardi  ist  durch  Klockhoff  wider- 
legt: die  Plusstellen  von  n  werden  dem  Schreiber  und  der  Henrikssaga  ok 
Kunegundis  (in  derselben  Handschrift)  ihr  Dasein  verdanken  und  stammen 
nicht  aus  einer  Altem  vollst&ndigoren  Rezension  ier  Legende.   (Vgl.  S.  12  ff.) 


222 

z  und  n  gehen  auf  eine  Quelle  zurück. 

Auch  diese  Fassung  hat,  wie  ß,  eine  eigne  Einleitung  zu- 
gefügt erhalten  (z43,l — 44,5):  Oswald  war  ein  guter  mildtätiger 
Christ.  Darum  bestimmte  ihn  Gott  zum  Könige.  Als  man  ihn 
aber  weihen  wollte,  zerrann  der  Chrisam.  Da  brachte  ein  Rabe  vom 
Himmel  den  Chrisam  (Remigiuslegende).  Der  Rabe  aber  konnte 
alle  Sprachen  reden  (43,  12).  —  Eben  das  widerspricht  indes  der 
f.  Erzählung  (4f>,  4).  Es  fehlt  in  dem  Nürnberger  Druck  von 
1488  und  dem  Augsburger  von  1496  (Klockhoif  S.  3).  n  ist  etwas 
ausführlicher  und  führt  Oswald  sogleich  als  König  von  England  ein 
(vgl.  die  letzte  Anm.).  Die  Bekehrung  der  Heiden,  wie  in  ß  aus 
der  Erzählung  gefolgert,  leitet  dann  zu  der  echten  Überlieferung. 

Der  König  war  mächtig  und  fromm.  Seine  Dienstherren  rieten 
ihm,  eine  Frau  (Jungfrau :  Nürnb.  Augsb.)  zu  nehmen.  Ein  Waller  kam, 


44,  20.  vnd  trug  ainen  palm  vnd  ain  stab 
in  seiner  Hand. 


*MS  201  er  trwK  einen  balmen  in  siner 
hant^). 


Oswald  führte  ihn  in  einen  Saal.  Der  Waller  nannte  sich 
einen  weyssag: 

45,2.  ^imä  seint  Mir  zway  und  sibentzig     \    220  .fnvei  tmde  sibenzic  lant  sinl  mir  i/wl 
hind  beknnt.*'  \       kuntj- 

Er  gebot  ihm  in  Gottes  Namen,  um  die  schöne  Pay  (Pia 
Nürnb.  Augsb.,  Pija  n),  die  Tochter  des  Heidenkönigs  Gaudon,  zu 
werben.     Oswald  antwortete: 

45,  9.  ,xr«  han  ich  nyndert  ainen  diemr'  \    255  ,«r»  solle  ich  einen  boten  ßutbenf' 

für  die  Botschaft.  ,Und  sendetest  du  1000,  der  Vater  tötete  sie 
alle.  Er  will  die  Tochter  keinem  geben,  er  gewönne  sie  denn  mit 
dem  Schwerte.'     Oswald  war  ratlos.     Da  sprach  der  Alte: 

45,  19.  ,du  hast  ain  (wol  redenden  fehlt       342 — 44  ^du  Itäst  üf  dineme  hafe  erzogen^ 


der  nd.  Fassung:  Klockhoff  S.  9) 
rappen  auf  deinem  hof  wol  zwelf  jar 
ertzogen, 


des  soll  du  got  iemere  loben^ 
du  hast  erzogen  einen  edeln  raben} 
(356/57  ich  hän  in  erzogen,  daz  ist  wc 
volliclUhen  zwe^  Jar.) 


der  wirbt  dir  die  Jungfrau.' 

Oswald  hieß  den  Raben  bringen,  aber  er  wollte  nicht  kommen. 
Da  sprach  der  Alte: 

382—85  ^erre  ir  suä  iuck  wol  gehaben: 
wanne  got  entblutet  iuwerme  raben, 
wanne  got  wil  durch  iuwer  er, 
so  sendet  er  iu  iuwern  rohen  her* 


46,   1.    ^eliab    dich     wol   got    schikt    in 
schier  her! 


')  Rechts  die  wörtlichen  Ankl&nge  in  *MS. 


223 


46,  1.  vnd  alspald  flog  der  rapp  fitr  den 
alten  man  auf  den  äsch 

46,  3.  vnd  sprach  zu  im,   das  er  seinem 
Herrn  got  wilkomen  wer. 


Da  sprach  König  Oswald: 

46,  4.  ,Ä«  hon  ich  dich  zwelf  jar  gehabt, 
46,  5.  das  ich  dich  als  menschlitken  nye 
hört  reden.^ 


892 — 94  [der  raöe]  quam  gevlogen  halt 
vur  den  milten  kmUc  Oswalt, 
do  er  uf  den  tisch  was  bekamen  — 

398 — 401  daz  erste  tvorty  da%  er  ie  besprach, 
hoeret,  wie  ein  zeichen  do  geschack: 
,  Wät  tftunt,  edelcr  pilgertn, 
I        du  soll  mir  gotwilkomen  stnf" 


410  ^ich  h&n  in  erzogen  zwei/  jär, 
412/13  nu  ist  daz  daz  erste  wort, 

daz  ich  noch  ie  von  inie  hän  gehört. 
416/17  keiner  menschticher  sHnmte 

waerest  du  vonmirmemere  worden  inne^ 

Der  Alte  verschwand.  (Oswald  fragte  den  Raben,  ob  er  Bote 
sein  wolle,  n)  und  er  schrieb  ihm  die  zwölf  Stücke  des  Glaubens 
in  ein  Brieflein 


46,  8.  vnde  nät  dem  vogel  den  prief  vnder 
sein  geoider  vnd  ain  guidein  vingerlein 
dartzu 


580 — 82  unde  stricte  deme  rabcn  under 
da»  gevidere  stn 
[unde  dartuo]  ein  guldsn  vingerltn 
mit  einer  sidtner  snüere. 


und  sandte  ihn  nach  der  Königstochter  mit  dem  Befehl, 

4 

46,   11.  das  er  ir  saget^    das  er  si  lieber   i    590—92  ^ü  sage  der  küniginne  vn, 


hett,     dann    kain    mensch    oder    kayn 
iunkfrawen  auf  ertreich, 
46,   13.  Damit  nam  der  rapp  vrlaub, 

46,  14.  Do  enphalch  in  sant  Oswalt  vn- 
serm  herrn  vnd  vnser  lieben  fraxoen. 


daz  mir  äne  got  niht  lieber  si, 
danne  mir  ist  ir  werder  Itp!' 

611/12  dämite   schiel  der  rabe   von  dan, 
daz  urloup  was  schiere  zergän. 

609  ,«rÄ  empjilhe  dich  gote  unde  der  be- 
ben muoter  sin} 


Der  Rabe  kam  zu  Gaudons  Burg 


46,  17.  vnd  flog  über  des  kuniges  tisch 
46,   18.  vnd  nayg   int    vnd   der  jungen 
kunigin 


822  der  rabe  sich  uf  den  tisch  huop. 

827  —  30  dätnite  begunde  er  neigen  schone 
deme  riehen  künic  Arone, 
touqenltche  mit  den  ougen  stn 
gruozte  er  die  jungen  künigin. 


und  sprach: 

46,  19.  ^erre  gebt  mir  mit  cwren  hulden 
vrlaub  zu  reden  vnd  frid  piss  ich  von 
hynne  kum  durch  got  vnd  durch  aller 
frawen  willen,^ 

Der  Heide  gewährte  den  Frieden:    ,Du  hast  so  drum  gebeten, 


927/28  yunde  gip    mir   einen  vride  von 
hinnen^ 
also  liep  dir  st  diu  alte  küniginne,'' 


47,  2.  das  ich  dirs  nit  versagen  kan} 


(911    dannoch   kan  ich  dir  sin  niht  ver» 
sagen.) 


224 


Da  sprach  der  Rabe: 

47,  3.  ^wkh  hat  mtm  herre  sant  Osttfalt, 
der  kunig  von  En^ehnt,  her  gesant 
vnd  piti  ewch  flfyssig,  das  ir  im  ewer 
tochter  gebt. 


985/36  ^künk  Oswalt  in  Engeüami 
hat  mich  her  ze  dir  gesant, 

939/40  dich  bittet  der  liebe  herre  min, 
daz  du  itne  gebest  die  tochter  eRn,^ 


Das  ist  Gottes  Wille  und  seiner  lieben  Mutter,    tut  es,    und 
Ihr  werdet  selig.'     Als  das  der  König  hörte,  daß  der  Babe 

(%%%    er    beginnet  mir  stn  m-ovioen  vär 
nennen,) 


47,  8.    got  vnd  sein  liebe  muter  Maria 
nant, 

da  ward  er  sehr  zornig  und  befahl  ihn  zu  töten.     Pay  hörte  von 
dem  ßaben  und  bat  ihn  frei: 


47,  15.  ,A^«  hastu  int  doch  vrlaub  geben 

vnd  frid  tu  reden 
47,  16.  das  du  das  prechest, 

das  stund  dir  zumal  vbel  an,* 


1003  ,xr»  hete  du  ime  dinen  vride  gegeben. 

1006  daz  du  dinen  vride  hast  zerbrochen, 
1010  daz  stät  übele  an  den  eren  iGn,^ 


Der  Jungfrau  wurde  gern  ihre  Bitte  gewährt.   Sie  nahm  den  Vogel 

47,  20.  vnd  trug  in  mit  ir  in  die  kamer,  i     1015 /IQ  unde  truoc  in  mit  ir  drette 

I       in  ir  kemenäte, 

liebkoste  ihn  und  fragte  nach  seiner  Botschaft.    Er  ließ  sie  Brief 
und  Bing  nehmen: 


48,  2.  ^Das  hat  eivch  mein  herre  gesant 
vnd  hat  e^vch  pey  mir  enpoten,  das  er 
ewch  lieber  hab,  dann  kayn  iunk/rmuen 
oder  kayn  frmven  auf  crtrcich!' 


1089/95  ^daz  hat  dir  bi  mir  gesant 
künic  Oswalt  in  Engellant. 
nu  merke  vrouwe,  daz  ist  mm  rät, 
tcfoz  er  dir  bl  mir  enboten  hat: 
dir  enbiutet  der  vurste  vrt, 
daz  ime  äne  got  niht  Heber  st, 
danne  ime  ist  dtn  werder  lip.' 

Sie  las  den  Brief  und  wurde  gläubig,  sie  schrieb  eine  Antwort 

1131  —  33    unde  stricte    inte    under  daz 


48,  10.  vnd  nät  dem  rappen  den  prief 
vnder  sein  gevider  vnd  nam  ain  vinger- 
lein  dartzu 


geuidere  stn 
einen  brief  unde  ein  guldin  vi$fgerttH 
mit  einer  sidtmr  snüere 


und  sprach:  ,Das  bring  deinem  Herrn 

48,  12.  vnd  sag  im  dartzu,  das  ich  kayn  1    1141 — 43  sage  deme  toerden  vursten  vn, 
mensch  lieber  hab,  dann  in,  j        daz  mir  äne  got  niht  lieber  st, 

I        danne  mir  ist  stn  werder  ßp. 

Er  solle  mit  72  Kielen  ausfahren,  auf  jedem  1000  Mann  und 
Proviant  auf  8  Jahr,  und  dich  solle  er  auch  mitbringen,  sonst 
könne  er  mich  nicht  gewinnen.' 


225 


Der  Babe  flog  zurück.  Am  9.  Tage  raubte  ihm  ein  großer 
Wind  Brief  und  Bing.  Beides  verschlang  ein  Fisch.  Das  war 
dem  Baben  gar  leid  und  er  setzte  sich  auf  eine  Steinmauer. 

49,  5.  Do    vant  er  mnen  ^tien  ainsidtl       1217/18  uf  der  selben  steintoant 
sUsen,  er  eintn  einstdel  vant. 

Der  Einsiedel  kannte  König  Oswald: 

49,   10.  ^ir  hat  got  in  dettt  jar  dreyUund  1  1281 — 32    /f«  hat  mir  geboten  der  htm- 

(dr.    fehlt    in    der  nordischen   und  I  Hsclu  trafUtnf 

niederdeatschen  Fassung) /(»/r/^/^iv,  I  daz  ith  süle  dri  stuni  bitten  umbe  den 

das  ich  für  in  pitteJ"  \  Zurren  din,^ 

Der  Babe  berichtete  von  seiner  Werbung  und  von  der  Königs- 
tochter: 

49,  14.  tßiie  hat  im  ainen  prief  vnd  atn  \    1245 — 47  ^nu  sande  ime  diu  junge  küni^in 
vingerlein  gesant^    das    ist    mir  in  das  j        hi  mir  ein  gttldin  vingerSn^ 
mer  ^evallen,*  j        daz  ist  mir  entvalien  in  daz  mere^' 

Der  Einsiedel  betete,  und  ein  Engel  schaffte  den  Bing  wieder 
herbei. 


1283/4  der  einsidel  nam  das  vin^erlin  in 

stn  hant, 
ditne  rohen    er  e*  under  daz  gevidere 

bant 
1286  unde    empfalh    in     der   him tischen 

kümginne, 

1287/88  als$  vlüuc  der  edele  rap 

mere  unde  lant  unze  an  den  sehsten  tac 


49,  21.  Do  rsät  der  ansidel  detn  rappen 
den  brief  vnd  das  vingerlein  wider 
vnder  das  getnder 

49,  23.  vnd  prualch  in  vnsertn  herrn  vnd 
vnser  lieben  fraxven, 

50,  1.  Do  flog  der  rapp  pis  an  den 
neionten  tag 

und  kam  heim.  Oswa]d  fragte  ihn  (in  seinem  heimogligt 
mak  =  kemendte  f  n)  nach  seiner  Botschaft.  Da  sprach  der  Babe: 
,Nehmt  den  Brief  und  das  Fingerlein  aus  meinem  Gefieder. 

50,  7.  Das  hat  ewch  die    kunigin  gesant       1367 — 73  daz  hat  fir  bt  mir  gesant 
vnd  hait  ewch  enpoten,  si  hab  auf  erden  diu  küniginne  von  Aronlant. 

nyemant  lieber  dann  noch,  diu  edele  küniginne  here 

enbintet  dir  wirde  unde  ere, 
dir  enbiutet  diu  kümginne  vrt, 
das  ir  äne  goi  niht  lieber  si^ 
danne  ir  ist  dtn  wer  der  lip,^ 

Lest  den  Brief  und  bittet  Gott,  daß  das,  was  darin  steht,  bald 
zwischen  Euch  beiden  geschehe.'  Dann  berichtete  der  Babe 
noch  über  die  vorgeschriebene  Ausrüstung.  Sie  ward  erst  nach 
zwei  Jahren  fertig,  dann  kamen  die  Könige,  Herzoge  und 
Mannen.      Jeder  erhielt  ein  Kreuz  auf  sein  Gewand.     Oswald  er- 

Raesecke,  MBnchener  Oswald  15 


226 

mutigte    sie  mit   dem  Lohne   des  Jenseits.     Sie  fuhren  aus  und 
nach  18  Wochen  kamen  sie  vor  des  Heiden  Burg  an. 


51.8.  Vnd  do  sant  OsivaU  sein  purg 
atueuht  do  sprach  er:  (nach  vorher- 
gehender Beratung  n) 

51.9.  iUh  ivill  hie  vor  zu  der  jungen 
kunigin  senden,  das  si  mir  rat,  wie  ich 


1646/47  do  sant  Osioalt  du  veste  ansach, 
^erne  mu§et  ir  hoeren,   wie  er  sprach-. 

1701-3  Jch  wU  in  ze  boten  senden  ^ 
daz  er  mir  ervare  an  der  küniginne  tri. 


si  nu  gewvnne.^  \        7oes  ir  noch  ze  muote  s!.* 

Da  war  der  Rabe  zu  Hause  gelassen.    Oswald  war  sehr  betrübt 


51,12.  vnd  ruft  vnsern  herm  an  vnd  vnser 
Heben  frown  vnd  pat  si,  das  si  im 
hiäfen. 


1760-63  vrten  unde  dienestman, 
ruo/et  got  von  himele  an 
unde  biäet  die  himUschen  kümginne, 
daz  si  uns  helfe  vroliche  von  himun. 

Da  gebot  Unsre  Frau  einem  Engel,  daß  er  den  Raben  berbei- 
brächte.  Das  tat  er  (mit  Hilfe  eines  großen  Windes  z,  fehlt  n  nd.) 
und  fahrte  den  Raben  in  18  Tagen  zu  König  Oswald.  Der 
empfing  ihn  wohl  und  sandte  ihn  mit  Botschaft  zu  der  Jungfrau. 
Die  Jungfrau  verlangte,  daß  Oswald  mit  zwölf  Goldschmieden  vor 
der  Burg  ein  Zelt  mit  einem  goldnen  Adler  darauf  und  einen 
Kram  aufschlage  und  Fingeiiein  und  andre  Kleinode  fBr  die 
Königstochter  darbiete,  denn  sie  hätten  vernommen,  daß  sie  ver- 
lobt wäre.     So  geschah's,  Oswald 

r)2|14.  kam  ßir  kunig  Gaudons  pur^  vnd  1    2183/34  vür  die  burc  üf  da»  velt 
schlug  das  gezelt  auf.  rihte  er  ime  ein  kleinez  gezeti, 

Gaudon  erfuhr  von  den  Fremden,  ging  mit  den  Seinen  zu 
ihnen,  erkannte  sie  als  Christen  uud  wollte  sie  alle  umbringen. 
Oswald  sprach,  wie  ihm  die  Königin  geboten  und  fugte  hinzu: 


53,5.  pedurfft  ir  aber  vnser  nit,  so  lat 
vns  wider  haym  varen* 


2272  Jbecbrftest  du  unser  mht  ze  dienaere, 
227b/lfy  so  gip  uns  ein  genaeJigez  urlaup 
von  hinnen 
unde  läz  uns  von  hinnen  insren* 

Nun  hatte  König  Oswald  einen  (vergoldeten  z)  Hirschen,  der 
gefiel  dem  Heiden  (,er  fragte,  ob  Oswald  ihn  mitgebracht  hätte? 
Ja  n)  und  er  jagte  ihn  mit  all  seinen  Dienern.     Der  Hirsch 

53,13.  lof  dan  aber  pald  vnd  also  jagten    1   2443,44  er  huop  sich  ze  vliehenne  baldi^ 
si  dem  hirsz  nach  pisz  an  den  toalt.       \       hin  gen  eineme  vinstern  walde. 

Das  sah  die  junge  Königin  von  der  Burg  aus.  (Gaudon  hatte 
sie  vor  seinem  Ausgange  eingeschlossen.)  Sie  wollte  mit  ihren 
(jespielinnen   hinaus,    den  Hirsch  zu  sehen,  und  sie  legten  dazu 


uh  hob  die  Junge  kußugin, 
54,<i.  vȊ  lat  die  gezelt  sfen,* 


1>'2( 


Mannskleider  an.  (Sie  bat  die  Mädchen,  ihre  Krone  zu  nehmen  n.) 
Aber  das  Thor  war  verrieprelt.  Pay  betete  es  auf.  Oswald 
empfing  sie 

54,5.  vnd  sprach  do:  ftm  wot  auf  ir  her ren^  I    2605-8  do  sprach  der  vurste  lobesam: 

,woluf  alle  niine  ditnestman 
unde  l&t  uns  heben  von  hinnen  ^ 
ich  hän  rehie  die  jungen  künipnnef* 
2637/38  Z7vischen  der  berge  uf  deme  velt 
liezen  si  stan  manic  schoene  gezelt, 

(Die  Königstochter  hatte  eine  Krone  mitgebracht,  die  setzte  sie 
Oswald  auf  z.) 

Oswald  fuhr  mit  seiner  Beute  ab.  Gaudon  kam  heim  und 
fand  seine  Tochter  nicht  mehr.  (Er  entbot  seinen  Herren,  in  fünf 
Tagen  zu  ihm  zu  stoßen  n.)  Er  setzte  nach  und  fand  seine 
Tochter  (auf  einer  Insel  n)  bei  König  Oswald  sitzen.  Ein  dreit4igiger 
Kampf  wurde  gekämpft,  gar  viele  Heiden  wurden  erschlagen. 

54,21.  vnd  (S.  Oswald)  sprath    tu  dem  '    2946   er    sprach:    ,ir    sult    iuch    toufcn 
kunig:  ^sxveher,  ir  sult  eivch  lassen  Urwfn  geren! 

oder  Ihr  müßt  sterben.'  ,Nur  wenn  du  die  Meinen  wieder  lebendig 
machst.*  Das  erbetete  Oswald.  (Auch  seinen  eigenen  Mannen 
schaffte  er  das  Leben  wieder  n.)  Aber  Gaudon  wollte  sich  doch 
nicht  taufen  lassen.  Wieder  ward  drei  Tage  gekämpft,  wieder 
siegte  Oswald  und  verlangte  von  Gaudon,  daß  er  sich  taufen  ließe. 
,Wenn  du  aus  einem  Stein  ein  schönes  Wasser  gehen  läßt',  sagte 
(iaudon.  Oswald  stieß  mit  dem  Fnße  an  einen  Stein,  und  das 
Wasser  sprudelte  hervor.     Darin 

55,17.  tmvffet  der  lieb  herr  sant  O.  seinen  \    3119  sant  Osioalt  toufte   den  noeher  s)n 
sweher 

auf  den  Namen  Symon,  auch  Pay  und  viele  Heiden.  (Abschied  n.) 
Symon  fuhr  heim  und  bekehrte  die  Königin  und  viel  Volk.  Oswald 
kam  nach  England,  feierte  ein  großes  Fest  und  lebte  mit  Pay 
keusch  und  fromm  bis  an  sein  Ende.  -- 

Der  Schluß  der  Erzählung  ist  hier  leicht  zu  erkennen,  denn 
das  Folgende  hebt  zu  neuen  Berichten  mit  einer  neuen  Einleitung 
an:  Oswald  war  weise,  wahrhaftig,  gerecht  u.  s.  w.  Schon 
Zingerle  hat  gesehen,  daß  hier  die  Legende  nach  Beda  angeflickt  ist. 

Aber  im  Vorhergehenden  sind  die  Anklänge  an  unsern  Oswald 
unverkennbar:  ganze  Verse  mit  ihren  Reimen  inmitten  einer  immer 
eiliger  fortschreitenden  Erzählung  sind  wie  erratische  Blöcke  er- 

15* 


228 

halten  geblieben,  indes  ihre  Umgebung  verwitterte.  Es  sind  z.  T. 
gewisse  fest  geprägte  Wendungen,  die  immer  wiederkehren  (vgl.46, 11/ 
48,  2  //  48,  12  /  50,  7;  46,  14  /  48,  22  /  49,  23;  46,  8  /  48,  10): 
sie  werden  so  wenig  ausgelassen  oder  geändert  wie  im  Märchen 
die  Wechselreden  zwischen  Rotkäppchen  und  dem  Wolfe  und  können 
nur  beweisen,  daß  die  beiden  Oswaldfassungen  *MS  und  *zn  aus 
einer  mündlichen  Quelle  stammen.  Desto  sicherer  sprechen 
die  sonstigen  Übereinstimmungen  für  eine  schriftliche.  (Schon 
von  Zingerle  S.  69  und  Bartsch  S.  170  angenommen.) 

Diese  Quelle  ist  älter  als  *MS,  denn  in  *zn  fehlt  der  ganze 
erbauliche  Schluß  mit  dem  göttlichen  Pilgrim  und  dem  Wasser- 
bottich, der  doch  in  einem  Heiligenleben  nicht  hätte  ausgelassen 
werden  können,  wenn  er  vorlag.  An  seiner  Stelle  steht  die  Armen- 
speisung nach  Beda  III.  7,  und  es  sind  noch  viele  Mirakel  ange- 
reiht. Auch  andres  Christliche  fehlt  (z.  B.  daß  die  Königstochter 
heimlich  Christin  ist),  von  der  Auslassung  nicht  christlicher  Zöge 
zu  schweigen,  die  durch  die  Eile  der  Erzählung  und  andre  Gründe 
veranlaßt  sein  könnte.  ^) 


*)  Vielleicht  ist  •zn  auch  an  irgend  einer  Station  Quelle  für  ,•!  gewesen.  Vgl. 
*zn  43,11.    der  rapp  hmd  latein  reden  \    fl  476,7  und  der  rab  lerni  {und  weist  ii) 


dy  Junk/raivn    dy    stttek    des  ghwben, 
mann  er  kttnnd  all  sprach. 


{ynd  loas  sprofhe  man  wolt  z.) 
48,5.    Vnd  do  st  an  dem  prie/gelase,  das 

si  davon  selig  umrde  hie  vnd  dort,  das 

st  der  zwelf  stuck  gekntbet  des  heyHgem 

gelaubcns  — 

*zn  und  ß  haben  auch  die  Erzählung  Ton  Oswalds  unverweslicher  Hand  nach 
Beda  gemeinsam,  ß  mag  aus  *zn  geschöpft  haben:  die  Vitae  sanctoruni 
waron  doch  gewiß  eine  naheliegende  Quelle.  Aber  auch  das  bleibt  unsicher, 
weil  sowohl  'zn  43,11  als  48,5  und  der  Schluß,  wie  wii-  schon  gesehen  haben, 
junge  Zutaten  sind. 

Auch  eine  Stelle  von  s,  die  vermutlich  erst  von  dem  Prosaisten  aufge- 
nommen ist,  (s.  S.  191)  stimmt  zu  *Kn: 
44,21    vnd  an  etlichen  püchern  stai  ge-  j    s  193,31    Aber  etliche  bücker  sagen,    Es 

schribcn,  es  war  (der  Pilger)  ain  engel.  \        were  ein  engeL 

Dann  mögen  also  wirklich  ,etliche  Bücher'  als  Quellen  in  Betracht 
kommen.  Die  Berufung  des  Gedichtes  auf  Vorlagen  (alse  uns  da*  buoch  seit) 
betrachte  ich  nicht  als  Zeugnisse. 

Von  den  etwa  35  Reimen,  die  Bartsch  (Germ.  V.  171  ff.)  und  Berger  (PBB. 
XI.  405  ff.)  in  z  gefunden  haben,  kann  eine  ganze  Reihe  richtig  rekonstruiert 
sein,  aber  ich  zähle  darunter  10,  in  denen  nur  ein  Reimwort  überliefert,  das 


229 

3.   *MS  und  das  Wiener  Gedicht  *WO. 

Das  ,Wiener  Gedicht'  ist  in  zwei  Handschriften  erhalten,  der 
Wiener  W  (No.  3007,  olim  297,  8«  der  k.  a.  k.  Hofbibliothek, 
cod.  pap.  vom  Jahre  1472'),  herausgegeben  von  Pfeiffer  ZfdA. 
II.  92)  und  der  Olmtitzer  0  (im  Metropolitankapitel,  pap.  saec.  XV; 
Abweichungen  von  W  bei  Bartsch,  AfKddV.  1861,  S.  361). 

Beide  stammen  unmittelbar  aus  derselben  Sammelhandschrift. 


andre  ergänzt  ist!  Für  falsch  muß  ich  sie  halten,  wenn  sie  einer  Überein- 
stimmung von  *MS  und  *zn  widersprechen  und  nicht  ganz  überliefert  sind: 
•zn  48,10:  sein  gevider  :  vhi^erUin ,  'MS  1131:  gevidere  sin  :  vin%ertm  (S.  224), 
Bartsch:  und  natu  ein  vin^erßn  darzuo  und  sprach  tu  dem  raben  [duo]; 
•zn  53,13:  lassen— pald:  n*alt,  •MS  2443  palde:waidc  (S.  226),  Bartech:  län : 
[sän].  Der  Reim  kleinäte  :  häte  {[Pay]  hett  auch  vil  reylicher  chlaynet  mit  ir 
genofften  54,8)  steht  in  einem  n  fehlenden,  wahrscheinlich  erst  von  z  ein- 
geführten Zusätze:  die  ganze  Stolle  war  schon  in  der  Vorlage  korrupt  (S.  257). 
ste  .'gesche  (50,  10)  ist  interpoliert  (S.  248).  Desgl.  Bartechs  Hauptotelle  :  45,  14: 
dri  :  bt,  e  :  me^  geben  :  siegen  (S.  247).  Reime  wie  leide  :  steine  49,  5,  gelouben  : 
taufen  55,  23  (Bartsch),  bart :  hant  44,  20,  hinnen  :  willen  46,  20  (Berger)  erkenne 
ich  nicht  an:  danach  braucht  man  nur  zu  behaupten,  daß  einer  Prosa  ein 
Gedicht  zu  Grunde  liege,  so  wird  es  desto  älter,  je  weniger  Reime  und  am 
ältesten,  wenn  gar  keine  zu  finden  sind. 

*)  Die  Datierung  ist  aber  doch  nicht  so  ganz  sicher. 

W  ist  mit  Ausnahme  eines  tschechischen  Anhängsels  von  einer  Hand 
geschrieben.      127  b  —  162  a    steht   ein  ,IJucidanus*    mit   dem  Schlußdatum 
3.  Juli    1472.     243a—  253a  ein  Alezius  und   danach   die   Verse: 
Dys  buch  hat  eyn  ende    Gotvon  hymel  vns  seynT  heÜigT  eni^il  zu  tröste  müsse  sendin 
Ffinis  adest  operis     merceäem  posco  laboris 
Eist  michi  predu  kräng    vbi  nichil  sequitur  nisi  habedang 

Et  est  ßnitus  in  die  pfrojcessi  Anno  72  sub  ho  Decima  nona  p(er)  mt  Johane  nescio 
quis.  Zwischen  diesen  beiden  Datierungen  steht  der  Oswald  (205a— 239b). 
Der  Tag  des  hl.  Processus  aber  ist  seit  dem  Sacramentarium  Gregors  des 
Großen  immer  der  2.  Juli  gewesen  (vgl.  Act.  sanct.  jul.  tom.  I.  266  ff.,  Grotc, 
Stammtafeln,  Anhang  S.  14).  Dieser  Unsinn  der  Datierung  erklärt  sich 
vielleicht  durch  die  Olmntzer  Handschrift:  sie  hat  die  Stücke  der  Vorlage  in 
anderer  Folge  und  läßt  den  Lucidarius  aus.  Möglich,  daß  O  die  alte  Anordnung 
bewahrt  und  daß  der  Lucidarius  in  *W0  auf  den  Alexius  folgte,  daß  also 
seine  Datierung  schon  so  im  Archetypus  stand.  Dafür  spricht  außer  der 
Reihenfolge  der  Daten  eins:  das  Buch  ist  in  Wahrheit  noch  nicht  finitus 
mit  dem  Alexius:  es  folgt,  wie  das  Wasserzeichen  beweist,  auf  gleichem 
Papier,  jenes  tschechische  Stück.  0  scheint  keine  Datierung  zu  haben. 
Hoffentlich  äußern  sich  nun  die  Olmützer.  Denn  W  konnte  ich  abschreiben, 
0  habe  ich  trotz  aller  Bemühungen  überhaupt  nicht  zu  Gesichte  bekommen. 


230 


Anklänge  des  Wiener  6e 
*WO  44  Oswalt  en  wirdiglich  ent- 

phing 
47  Her  sprach  ich  Hey  sc  tragemud 

Zwe  7md  sebezig  (aus  V.  49)  iant 
synt  mir  wol  kunt 
Gl   Sinie  oswalt  aizu  hant 

Nani  den  bruder  bey  seyti  hant 

Vnd  fürte  en  vil  drote 

Yn  eyne  kemenote 
1 19  Mache  ym  uf  das  hetvpt  schone 

Eyne  güldene  crone^  ähnl.  614/15 
1 37  Gar  Jerre  yn  fremde  laut 

Mir  ist  wordin  bekant 

Das  eyn  konig  gar  vormessin 

Obir  das  mer  ist  H  gesessin 

Der  ist  eyn  heyde  freysam 
210  Sy  begunden  alle  gleich  iehen{0) 

Sy  hellen  Schoners  rabin  ny  gesen 

270  Dy  dort  worn  yn  dem  sal 
Her  grusle  sy  obir  al 


383  Sy  trug  en  vil  drote 
In  eyne  kemmenote 

6.')ö  Entphil  ym  das  vingerley 
Zu  hant  in  der  selbigy  stut 
In  des  wildis  meris  grut 

975  //'  floch  durch  eyn  fenst'ley 


1004  ^Der  Hirsch)  Von  silbir  und 
von  gulde 

Also  got  von  hymel  wolde 
li:V2  Her  entphing  sy  frolich 

Vnd  vmbgreiff  sy  Upiich 


1 1 56  Daz  [hörn]  satzte  fi  an  den 
mut 


dichts  an  unseres: 

♦MS  104  unde  {santO\  si  gar  wir- 

diclichen  empfie^ 
195  der  was  ge/uizen  Wärmuni, 
zwei  unde    sibenzic  Iant  wären 
ime  kunt,  vgl.  219/20, 
209  er  gevie  in  under  sinen  arm 
dräte 
unde  vuorte  in  in  sin   beste  ke- 
menäte^ 
438  heiz  mir  wurken  schone 

üf  min  houbet  ein  guldtne  kröne, 
236  da  ze  Aron  in  deme  lernt 
da  ist  ir  vater  gesezzen, 
ein  /leiden  sS  vermeszen, 


837  si  sprächen:    ,nu   müeze   wir 
alle  jehen^ 
wir  hän  klüegern  vogel  nie  ge- 
sehen*, 
833  dämite  kerte  er  sich  umbe  in 
den  sal 
unde    neicte  deme   kofegesinde 
über  cUt 
1075  unde  truoc  in  mit  ir  dräte 

in  ir  kemenäte, 
1206  ime  entviel  daz  vingerlin  an 
des  wilden  meres  grünt, 

2028  der  rabe  ze  ir  nider  vloch, 
vrdäche  si  in  üfzoch 
mit  ir  durch  ein  venster  In, 

2457  der  hirze  mit  deme  goldc, 
alse  ez  got  selber  wolde, 

2597  sant  Oswalt  niht  eniie, 
liepliche  er  si  umbevie, 
einez  daz  ander  umbesloz, 
ir  beider  vröide  diu  wa%  grdz, 

2692  7vanfu  ime  wart  von  schuUlen 
zorn 


231 


Vndblysz  das  zu  det  selbigin  stut 
Das  hörn  lawte  vnd  bedavtet  das 
Seyne  zorn  vnd  grymige  hos 


1164  Dy  Ihiyden]  do  alle  bey  dem 
hörn 
Wol  ir kanten  seyne  zorn     (vgl. 
1188189) 
1220  Do  machte  das  hytnelischekint 
Das  do  quam  eyn  gut  winl 

Gleiche  Wendungen: 
42c  575  1062  Yn  allem  dem  gepere 
Ob  .     ,     ,     ,  were 
127   161   (Oswalt)  hys  hir:  springen 
(Her)  hys    .     .     bringen 
253  u.  ö.  mit  der  fart 
349  979  1343  u.  ö.  Do  (sy  en)  an 
sach 
(Zuchtiglich  sy)  zu  (ym)  sprach 
405   Vnd  mercke  ebin  vnd  wol 

Was  ich  dir  sagin  sol 
455  Höre  was  ich  dir  wil  sagen 

506  Do  (iucfraw  Spange)  dese  wort 

(Von  dem  rabin)  hatte  gehört 
692  W6  (Der  gute got) das  nicht  lysz 

Her  (fing)  — 
725  Off  eyme  sleyne  her  do  sas 

Der  ausz  dem  mere  gewachsin  was 
751    Wo  bis  tu  gewest  also  lange 
805  (Oswalt)  nicht  lange  beyte 
843  Das  stunde  mir  nicht  wol  an 
901   Off  des  wilden  mere^  ström 
1072  wol  uf  cUle  meyne  dinstma 
1082  1 157  n.  ö.  In  der  selbigin  siude 
1 102  (Her)  sagete  (ym)  dy  mere 

Das were 

1 1 78  {Dem  heidin)  was  vil  yoch 

(Her  machte  sich  snelle)  henoch 


unde  er  ez  [daz  hörn]  salzte  ah 

sfnen  munt, 
sS  lete  er  allen  stnen  liuten  kttnt^ 
2699  er  er  schalte  sin  hörn  groz, 

daz  ez  unmäzen  lüte  erdoz^ 
2707  die  [herren]  sprächen:   ,wir 
hän  gehört  daz  hörn, 
unserme  herren  ist  von  schulden 
zorn\ 
2809  do  sante  daz  himlische  kint 
dcme   heiden   einen    nebel    unde 
einen  wint. 


vgl.  *MS   728  2455  2507; 

vgl.  »MS  432  871  1443; 

vgl.  »MS  758  977  1591  1890  3402; 


vgl.  *MS  203  464  502  1221  U.S.W. ; 

vgl.  *MS  415  585  1136  u.  s.  w.; 
vgl.  *MS  142  415  1795,  585  1136 
u.  s.  w. ; 

vgl.  »MS  1055; 

vgl.  »MS  993  1069  1928  1940 usw.; 
vgl.  *MS   632; 

vgl.  *MS  1791; 

vgl.  *MS  474; 

vgl.  *MS  1010  u.  1015; 

vgl.  *MS  576  3249  3291; 

vgl.  *MS  2606; 

vgl.  ♦MS  397  656  1260  u.s.  w.; 

vgl.  *MS2143  2168  2404.  716  9Ö7 

1207  1948  u.  s.  w.; 
vgl.  »MS  983  2238  2871,  614 

1617  u.  s.w.; 


282 

1182  (Sy)  gyfig  aizu  hant  vgl.  »MS  544  1900  2623  3282 

Do  (sy)     .     .     .    fant 

Gleiche  Eeime: 
97  zornivorlorn  vgl.  »MS  712  809  1107  1712u.s.w.; 

1236  heideiieide  vgl.  ♦M  1109  1720  17702154  u.s.w.; 

1270  ycn  (^jehen) :  sehn  vgl.  »MS  225  7 10  837  1051  u.  s.  w.; 

U.  s.  w. 

Es  sind  mehr  Anklänge  als  Edzardi  (S.  22)  verzeichnet  hat, 
auch  mehr,  als  ich  hier  verzeichnet  habe.  Sie  sind  aber  zu  gering 
an  Zahl  und  Stärke,  als  daß  die  beiden  Gedichte  aus  einander 
entstanden  sein  oder  eine  gemeinsame  schriftliche  Quelle  haben 
könnten.  Aber  sie  unterstützen  doch  die  Annahme  einer  gemein- 
samen mündlichen  Quelle,  auch  wenn  man  die  Identität  de^ 
Stoffes  und  die  auch  sonst  inmier  wiederkehrende  Gleichf5rmigkeit 
der  spielmännischen  Technik  in  Rechnung  zieht. 

Vielleicht  läßt  sich  diese  Annahme  durch  eine  Betrachtung 
des  Zusammenhangs  von  *W0  glaublich  machen*). 

Oswald  verwaist  Mh  und  wird  ein  frommer,  mächtiger  König. 
Seine  Herren  raten  ihm,  ein  Weib  zu  nehmen.  [Er  will  nicht  O.J 
Da  kommt  ein  frommer  ,Bruder'  Tragemund.  (Aus  dieser  Anrede 
scheint  0  in  einem  verwirrten  Zusätze  zu  schließen,  daß  er,  wie 
Morolf,  des  Königs  Bruder  war.)  [49-60 b  , Weißt  du  ein  Weib 
für  mich,  das  keusch  mit  mir  bleiben  möchte  ?'  ,Nein,  die  Welt 
ist  so  wüst,  daß  man  nichts  mehr  auf  die  Ehre  gibt^]  Oswald 
führt  den  Bruder  in  eine  Kemenate.  [65-80  Er  setzt  ihn  auf  einen 
Stuhl,  sich  auf  eine  Bank,  seine  Herren  reden  dawider.]  ,Weißt 
du  eine  Königin  fQr  mich?'  (89-90  Zusatz  von  W.)  ,Spange, 
die  Tochter  eines  Heidenkönigs.  Aber  ihr  Vater  bringt  alle 
Freier  um.'  ,Rate  mir.'  ,Du  hast  einen  Raben  erzogen,  daß  er 
wohl  sprechen  kann,  den  laß  herrichten  mit  Gold  und  Silber  und 
schicke  ihn  als  Werber.'  Oswald  läßt  den  ßaben  bringen,  lieb- 
kost ihn  und  sagt  ihm  den  Auftrag.  Der  Rabe  verlangt  ein 
goldenes  Fingerlein.  Es  wird  gebracht.  [171—81  (durch  gleichen 
Reim  angeknüpft.)  Es  stammte  von  Oswalds  Vater  und  trug  drei 
Steine:  Demut,  Gerechtigkeit,  Keuschheit:  der  vergaß  er  nie.] 
Oswald  gibt's  ihm  und  heißt  ihn  als  Wahrzeichen  ein  anderes  von 


•)  In  [  ]  Interpolationen,  in  ()  meine  Betrachtungen. 


^33^ 

der  Jungfrau  zurückbringen.  Der  Rabe  fliegt  zu  dem  Heiden  und 
grQßt  ihn.  Man  bestaunt  seine  Ausstattung.  Der  König  fragt 
nach  seiner  Botschaft,  aber  der  Rabe  wagt  die  Freite  nicht. 
[226-39  Er  sagt:  ,Es  ist  ein  König  in  deutschem  Lande,  er  hat 
viertehalbhundert  goldene  Kleider  bereit,  davon  sollst  du  ein  paar 
haben,  wenn  du  dich  taufen  läßt.'  Der  Heide  befiehlt  ihm,  von 
der  Taufe  zu  schweigen.  (Diese  Interpolation  scheint  die  Frage 
verdrängt  zu  haben,  die  unsem  Versen  8H1/2  entspricht: 
wer  izzet  din  brot  unde  trinket  dinen  wtHy 
deme  tuofft  du  doch  nicht  an  denie  lebenne  stnf 

denn  die  Antwort  lautet:)]    240  Mei/n  brot  ond  me}fn  weyn 

Sal  wiUiytU'hen  deyn 
Seyn  [bys  an  dein  ende 
Du  bist  also  behende]* 
[244-2H7   Der  Rabe  schlägt  ein  Schachspiel  vor.     Das  kost- 
bare Brett  wird  gebracht.]    Der   Rabe    grüßt  die  Herren  in  dem 
Saal.     [272-78  Er  bittet  sie,  ihm  günstig  zu  sein  und  verspricht 
ihnen  neue  Kleider.     Er  gewinnt,    300  M  Goldes.      (Durch  dies 
Schachspiel  nach  Art  des  Morolf  scheint  die  Werbung  des  Raben 
verdrängt,  auf  die  sich  wohl  eigentlich  der  Zorn  des  Heiden  und 
die  Worte  beziehen:;]     289  Ich  w'd  dy  weile  metj  ebin  liabin    W 
Dan  Hpil  8oL  eyn  ende  haben  0,  (die  ich  nach  unserm  Oswald,  V.  963 
so  herstelle:    Ich  teil  ez  —  klagen^ 

Die  wtle  ich  mm  leben  habe  oder  niac  gehaben^ 
umsomehr  als  auch  Vers  291  Dy  ich  nw  hy  oben  ha  in  *MS  9(54 
steckt.)  Der  Heide  will  den  Raben  umbringen.  [297-329  Der 
Rabe  sucht  ihn  zu  besänftigen,  indem  er  ihm  das  (iold  überläßt, 
um  Kleider  für  das  ganze  Gesinde  machen  zu  lassen.  Das  ge- 
schieht. Der  Rabe  tat  das  aber,  damit  ihn,  wenn  ihn  der  Hunger 
drängte,  die  aschin  brodele  nicht  aus  der  Ktiche  trieben.]  Jung- 
frau Spange  hört  von  dem  Raben  [und  seinem  Schachspiel  333-34]. 
Sie  läßt  sich  schön  kleiden  und  kommt  mit  ihrer  Begleitung  — 
\{)  Adler  fliegen  über  ihr  0  (so  wird  König  Salomon  von  Vogel- 
scharen begleitet,  die  ihn  vor  der  Sonne  schützen)  —  vor  den 
König,  fragt  nach  dem  Raben,  [3()2-72  Beziehung  auf  das  Schach- 
spiel] erbittet  sich  ihn,  trfigt  ihn  in  ihre  Kemenate  und  liebkost 
ihn.     [389-402    Der  Rabe  verlangt,  daß  sie  sich  taufen  läßt,  sie 


234 

wagt  es  nicht,  vor  ihrem  Vater.]  Der  Rabe  kündet  seine  Botschaft 
an.  [409-21  Der  Eabe  freit  sie  und  grüßt  sie  mit  den  Worten 
V.  411-18  (,die  aus  einem  Mariengruße  stammen  werden  und  schon 
durch  419-21  verdächtig  sind): 

Sy  sprach  got  oargelde  dir 

So  was  kanstu  mir 

Also  schone  spreche  sagen.  (Diese  Interpolation  scheint  eine 
Frage  des  Raben  verdrängt  zu  haben,  die  durch  431  Crrusse  mich 
cnd  frey  vorausgesetzt  wird,  nämlich  ob  er  werben  dürfe.)  Daraui 
antwortet  dann  Spange:]  ,Das  wagte  kein  König  je,  er  müßte 
darum  sterben.'  Der  Rabe  bittet  um  Sicherheit,  erhält  sie  und 
wird  aufgefordert,  seine  Werbung  anzubringen  (V.  431,  s.  o.)  Jetzt 
erst  freit  er  die  Königstochter  für  Oswald  und  preist  seinen  Herrn. 
Spange  entgegnet,  daß  ihr  Vater  sie  mit  16  Jahren  zum  Weibe 
nehmen  wolle,  daß  er  schon  vlerdehalp  hundeH  königliche  Werber 
getötet  habe,  [469-88  Der  Rabe  fordert  sie  auf,  König  Oswald  zu 
heiraten  und  sich  taufen  zu  lassen,]  und  sie  fragt,  ob  Oswald  ihrem 
Vater  würde  widerstehen  können.  Der  Rabe  schildert  seines  Herrn 
Macht.  Spange  fragt  nach  einem  Wahrzeichen.  Der  Rabe  läßt 
sie  den  Ring  nehmen.  [520-23  ,Wenn  du  den  ansiehst,  gehörst  du 
immer  zum  Himmelreich.'  528-29  Als  sie  ihn  ansah,  ward  sie 
keuscher  und  tugendsam  und  gewann  den  rechten  Glauben.]  Der 
Rabe  fordert  einen  Ring  für  seinen  Herrn  und  erhält  ihn.  [540-53  b 
Wer  den  Ring  trägt,  kann  nicht  erschlagen  werden  oder  ertrinken.] 
Er  nimmt  Rat  für  die  Heerfahrt:  Oswald  soll  mit  72  Schiffen  als 
ein  Kauftnaiin  konmien,  der  Rabe  mit  ihm  ^vgl.  V.  799).  Spange 
schmückt  den  Raben  (586-631,  echt?).  Er  fliegt  davon.  [648-51 
Am  11.  Tage  ruht  er  auf  dem  Mastbaum  eines  versunkenen  Schiffes.] 
Er  schüttelt  sein  Gefieder,  verliert  dadurch  den  Ring  und  beginnt 
zu  klagen.  [669-718  Da  kommt  der  Fischer  Ise  des  Orendel: 
[r]eys  W  eya  0.  Der  hält  ihn  erst  für  einen  Engel.  Aber  der 
Rabe  fordert  ihn  auf  zu  fischen.  Es  geschieht,  und  der  Rabe  er- 
wischt aus  dem  Netze  den  Fisch,  der  das  Ringlein  verschlungen 
hat,  läßt  ihn  öflhen  und  sich  das  Ringlein  wieder  anbinden. 
(Mindestens  ist  diese  Stelle  mit  Unechtem  versetzt.  Das  beweist 
der  Fischer  Ise  und  die  Beziehung  auf  Orendel.  Dann  heißt  es 
von  neuem:)  Der  Rabe  fliegt  11  Tage,  wird  sehr  müde  und  setzt 
sich    auf  einen    Stein,    wo   er   vom  Paradiese  aus  gespeist  wird. 


235 

Der  Babe  kommt  heim,  wird  wohl  empfangen  und  berichtet,  nach- 
dem er  sich  das  Ringlein  hat  abnehmen  lassen.  Oswald  bereitet 
die  Heerfahrt  und  reist  ab,  vergißt  aber  den  Baben.  Als  er  das 
merkt,  schickt  er  zurück,  ihn  zu  holen.  Aber  der  Babe  will  nicht 
und  beklagt  sich  bitter:  er  hat  inzwischen  mit  den  Säuen  essen 
müssen.  ,Oswald  selber  soll  mich  holen.'  Das  geschieht,  und  der 
Rabe  läßt  sich  erweichen,  nicht  ohne  aberaialige  Klage.  Sie 
müssen  17  Tage  reisen.  [^^85-906  Sie  müssen  8  Johre  umbef am. 
Im  ersten  versinken  71  Schiffe.  Spange  geht,  als  ihr  Friedel 
nicht  kommt,  zu  ihrem  Vater  und  zeigt  ihm  Oswalds  Ring.  Da- 
durch wird  er  keusch.  Er  bittet  sie  zu  sagen,  von  wem  sie  den 
Ring  hätte.  9*2()  Vll  ungetane  ty  das  Me.  (Sagt  sies  also  oder  nicht? 
Es  folgt  unvermittelt)  921  Jucfraw  »pangc  waH  gewar 

Wol  yn  dem  ntiimdin  jar 
Das  Ir  lyp  an  vndir  losz 
In  Uli  grasen  notin  was 
Noch  mochte  her  nicht  irfrincken. 
(ir  923  muß  Oswald  und  sein  Heer  meinen.)  Oswald  gerät  in  Hungers- 
not. Er  fleht  an  seinem  Schiffsaltar  um  Hilfe.  Der  Rabe  rät,  drei 
Tage  in  der  Woche  zu  fasten.  Da  sendet  Gott  einen  guten  Wind.] 
Sie  kommen  zu  Lande,  und  der  Rabe  fliegt  sogleich  zu  der  Burg. 
Spange  bemerkt  ihn,  sie  läßt  ihn  zu  sich  ein,  und  er  berichtet. 
[989-1010  Als  sie  hört,  daß  die  Schiffe  versunken  sind,  will  sie 
verzweifeln.  Der  Rabe  fordert  sie  auf,  sich  taufen  zu  lassen. 
(Er  wird  vielmehr,  wie  in  den  andern  Fassungen,  um  einen  Rat 
gebeten  haben,  denn  Spange  antwortet:]]  ,Laß  Oswald  um  einen 
silbernen  Hirschen  bitten,  der  soll  durch  meines  Vaters  Land 
laufen,  sonst  komme  ich  nie  von  hinnen.'  Der  Rabe  meldet  das, 
und  Oswald  erbetet  den  Hirschen.  Der  Heide  sieht  ihn  laufen 
und  eilt  mit  seinem  Volke  zur  Jagd.  Vorher  aber  läßt  er  die 
Tore  schließen.  Das  meldet  der  Rabe  Jungfrau  Spangen.  Sie 
verlangt,  daß  Oswald  sie  durch  Gebet  öffne,  und  es  geschieht. 
Der  Rabe  führt  seinem  Herrn  die  Braut  zu,  der  koste  sy  an  heyde 
wengeleji  1135  [^Iw  allin  argen  wan,  denn  er  berührt  sie  von  Stund 
an  nicht  mehr,  sondern  bittet  Gott  um  Keuschheit  bis  ans  Ende, 
1136-43].  Sie  fahren  ab.  Der  Heide  kommt  mit  dem  Hirschen 
heim  und  will  ihn  seiner  Tochter  schenken.  Er  nimmt  ,ein  Horn^ 
und  bläst,    darauf  seine  Mannen,  30000,  zusammenkommen.     Er 


236 

unterrichtet  sie  [,wählt  aus  den  30000  30000  aus,  1174-77]  und 
setzt  den  Fliehenden  nach.  (Hinter  1177  sind  nach  0  einzufügen 
die  Verse:  Mit  allem  dem  gesinde 

Her  volgle  nach  gar  getswinde.) 
Als  Spange  seiner  gewahr  wird,  nimmt  sie  verzweifelt  von  Oswald 
Abschied,  fordert  ihn  dann  aber  auf  (der  Widerspruch!),  Qott  zu 
bitten,  daß  der  Heide  in  drei  Tagen  nicht  so  weit  fahren  könne, 
wie  sie  in  einem.  Oswald  betet  und  gelobt  ,über  vier  Wochen 
eine  Spende':     1212  So  unl  ich  alle  dy  getcem 

Dy  an  mir  ickb  begei^.  Alsbald  wird  ein 
guter  Wind  gesandt,  und  Oswald  kommt  mit  den  Seinen  unange- 
fochten nach  Hause.  Er  sammelt  ein  Heer,  und  als  der  Schwäher 
endlich  anlangt,  kommt  es  zu  einer  Schlacht.  Die  Heiden  werden 
geschlagen,  ihr  König  gefangen  und  in  einen  Kerker  gelegt.  Da 
kommt  ein  Engel  zu  ihm  und  zeigt  ihm  sein  Weib  in  der  Hölle 
und  dabei  einen  Stuhl  für  ihn  selber;  dann  im  Hinmiel  drei 
leere  Stühle  bei  Marias  Thron:  einen  für  Oswald,  einen  fftr 
Spange,  einen  för  ihn,  wenn  er  sich  taufen  lassen  wollte.  & 
willigt  in  die  Taufe,  bekennt  es  seiner  Tochter,  macht  aber  die 
Bedingung,  daß  Oswald  die  erschlagenen  Heiden  wieder  .lebendig 
bete.  Oswald  ist  bereit,  [13()2-1402  wenn  sie  Keuschheit  gelobt. 
Das  tut  sie,]  und  die  Toten  stehen  auf.  (Von  1403  an  ist  plötzlich 
wieder  Oswald  der  Sprechende.)  Sie  werden  alsbald  von  13000 
Bischöfen  getauft.  Danach  auch  Spange  und  ihr  Vater,  der  nun 
Johannes  heißen  soll.     Alle  Getauften  rufen  mit  achalle: 

1439  Sint  oswah  ist  ey  heylig^  man 
Der  dys  wo  der  hot  getan! 

Johannes  fährt  heim  und  tauft  sein  Volk,  die  Widerspenstigen 
aber  bringt  er  um.  [1455-64  Aufforderung  zum  Gebet  an  St, 
Oswald.   Et  »ic  est  finie. 

Spätere  Hand:  nientittus  es  nimis,^ 

Ich  glaube  keineswegs,  daß  meine  geschwinden  Einklammerungen 
alle  gleich  gebilligt  würden,  jedenfalls  zeigt  sich  aber,  daß  die 
Interpolationen  meist  unvermittelt  und  dumm  sind  und  sich 
weit  leichter  ausscheiden  lassen  als  in  unserm  Gedichte  (z.  B.  die 
immer  vrieder  gelobte  Keuschheit  der  Jungfrau  Spange,  die  immer 


237 


zuerst  versucljte  Empfehlung  der  Taufe  u.  ä.).  Um  so  besser 
stellt  sieh  die  Verwandtschaft  der  drei  Erzählungen  heraus,  die 
sich  ohnehin  darin  zeigt,  daß  sieh  der  Wiener  Oswald  durch 
unsem  vielfach*  herstellen  läßt  und  daß  manche  Motive  an  andrer 
Stelle  angebracht,  aber  doch  erhalten  sind:  der  Heide  will  seine 
Tochter  selbst  heiraten,  der  Rabe  wird  noch  vor  der  Landung 
nachgeholt  u.  s.  w.  Die  Art  der  wörtlichen  Anklänge  zeigt  aber, 
daß  diese  Verwandtschaft  schon  recht  weit  zurückliegt:  es  wird 
eine  geraeinsame  mündliche  Quelle  vorhanden  gewesen  sein.  Über- 
raschend wäre  es  ja  gewiß  nicht,  daß  ein  Gedicht  wie  der  Oswald 
lange  mündlich  weitergegeben  wurde,  ehe  ihn  jemand  aufzeichnete 
—  auch  nach  der  Aufzeichnung  — ,  und  wir  hätten  hier  zu  lernen, 
in  welcher  Weise  und  wie  stark  die  mündliche  Überlieferung 
differenzierte,  wie  bestimmte  Wendungen,  auch  ganze  Reimpaare 
festgehalten,  aber  im  Bereiche  des  Gedichts  an  andre  Stellen  ge- 
schoben wurden,  wie  verwandte  Gedichte  (hier  Morolf  und  Orendel) 
Einfluß  gewannen  und  ganze  Motive  lieferten  u.  a.  m.  Beweis  aber, 
daß  alle  drei  Oswaldfassungen  aus  einer  Quelle  stammen,  sind 
mir  die  übereinstimmenden,  im  Sinne  des  Gedichtes  übermäßig 
starken  Inkonsequenzen,  wie  das  Aufbeten  des  Tors,  das  Gelübde 
auf  dem  Meere  trotz  des  nachfolgenden  Kampfes,  die  wohl 
nicht  unabhängig  zwei-  oder  dreimal  entstehen,  sondern  aus  der 
Anlage  eines  vorausliegenden  Gedichtes  herrühren  müssen.  Wer 
aber  eine  gemeinsame  Quelle  nicht  annehmen  mag,  dem  bleibt, 
bis  er  widerlegt  wird,  nichts  übrig,  als  die  Verwandtschaft  der 
Erzählungen  aus  den  zugrundeliegenden  wirklichen  Geschehnissen 
zu  erklären  und  die  gemeinsame  Quelle  somit  eine  Stufe  hinauf- 
zurücken. Der  Erfolg  ist  zunächst  derselbe,  denn  es  gilt  nun, 
wie  zuvor  von  den  Lesarten  zum  Archetypus  der  Handschriften, 
so  jetzt  von  den  Motiven  der  drei  Archetypi  zum  Original  vor- 
zudringen. Unser  Schema  aber  ist  jetzt,  da  wir  für  *MS  und  *zn 
eine  gemeinsame  schriftliche,  fflr  *MS  und  *W0  eine  weiter  zurück- 
liegende mündliche  Quelle  annehmen,  naturgemäß: 

*MW 

*m         "  I 

♦MS     ^     *zn  »WO 


238 


4.  'MS,  *zn  und  ♦WO. 
Nun  gewinnt  auch  *zn  seineu  vollen  kritischen  Wert,  durch 
*W0,  und  es  lassen  sich  für  die  Herstellung  des  .Originals  diese 
Sätze  aufstellen: 


*MS-h*zn  +  *WO  =  *MW;    *MS-h*WO  =  *MW; 


'zn 


*WO  =  *MW;  *MS  +  *zn  oder  »WO  allein  entscheiden  nicht 
für  *MW.  Danach  gehört  in  der  f.  Tabelle  der  Inhalt  der  erst-en 
drei  Kolumnen  *MW  an,  der  Rest  bleibt  zweifelhaft. 


^MS  +  'zn  + 

•MS  -f  »WO  1 

*zn  +  •WO 

•MS  +  *zn 

•WO      1 

Oswald  ist   .                        j 

j,     ~ 

11 

Die 

ein  m&chtiger 

;l 

Frömmig- 

nnd frommer 

11 

keit  in 

König.          Er  verwaist 

• 

•WO  erst 

iTiih.        1 

Seine   Herren' 

raten  ihm,  ij 

ein  Weib  zn  j 

441  ff. 

nehmen.      ; 

Ein  Pilgrim 

i 

kommt. 

72  Lande  sind 

1 

1 

ihm  kund. 

Oswald  fnhrt' 
ihn  in  eine  i 
Kemenate. 

,Weißt  Du  fnr 
mich  eine 
Königin?' 

i 

il 
ii 

1 
1 

li 

1 

„Nein.  — 

ti 

Doch,  Pamige 

li 

(Spange).'' 

j 

t 

„Ihr  Vater  ist 

! 

ein  mächtiger 

' 

Heidenkönig." 

||    ,So  mußte 
1    ich  einen 

i 

li 

'Boten  haben.' 

i 

„Kr  bringt  alle 

Freier  um, 

will  seine 

Tochter  selbst 

heiraten."* 

.1 
,Wie  soll  ich' 

In  »WO 
erst  459  ff. 

sie  gewinnen?' 

1 

1 

281) 


*MS  +  *zn  + 
•WO 


•MS  +  »WO     •zn  +  *W0  'I   »MS 


'zn 


•WO 


•Ich  rate  Dir, 

schicke  den 

Raben." 

1 

Oswald  heißt 

i 

den  Raben 

bringen. 

1 

1 
Der  Rabe 
wird  mit  Gold 
und  Silber   1 
ausgeziert 

Oswald  bittet 

den  Raben, 

Bote  zu  sein. 

Er  erh«t 

einen  Ring 

für  die 

Königin. 

Der  Rabe 

nimmt 

Abschied  und 

kommt  in  das 

Heidenland. 

Er  begrüßt 

den  Heiden 

und  seine 
Mannen 

nnd  erregt 

Ver- 

wunderung. 

Er  erwirkt 

sich  Urlaub 

zu  sprechen. 

W^erbung. 

Der  Heide 

will  ihn  töten. 

1 

Die  Königs- 

tochter hört 

TOD  dem 

. 

Raben.    Sie 

1 

1 

I 
I 

Er  ist  ent-   '  | 

flogen,  Gott  iDer  Rabe 
schickt  ihn  '    spricht 
nnd  gibt  ihm  .durch  Er-j 
Sprache.        Ziehung. 


[und  erhält  | 
einen  Brief.] 


Fehlt  z. 

In  •WO 
erst  von 
der  Köni- 
gin: s. 
besonders 
614. 


I 


bei  Tische 


[Schach- 
spiel.] 


Die 
Werbung 
in  »WO 
nur  EU  er- 
schließen. 


240 


*MS  -h  •zn 
*W0 

bittet  ihn  los, 
trägt  ihn  in 
IhreKcmenate 
und  kost  ihn. 

Er  wirbt 

und  gibt  ihr 

don  Hing 

Sie  nimmt  die 
Werbung  an, 

gibt  dem 

Haben  einen 

Iting  für 

Oswald, 

undBotschaft: 

Oswald 

soll  mit 

72  Schiffen 

kommen, 

wohlausge- 
rüstet : 

den  Raben 

soll  er  mit- 
bringen. 
Der  Habe 

fliegt  heim. 


•MS 


•WO 


*zn  4-  •WO 


♦MS- 


Der  Ring  fallt 
ins  Meer. 

Er  setzt  sich 

auf  einen 

Stein 

und  klagt. 


[und  den 
Brief.] 


[einen  Brief,] 


•WO 


!  über  die 
'  Werbung 

in  •WO  3. 

o.  S.  234 

In  »WO 
hier  erst 

die 

Schmfik- 

kung  des 

Raben. 


als  Kauf- 
mann, 


Sturm. 


[Er  setzt  j 
sich  auf  ! 


einen 

Mast- 

baum.] 

' 

Der  Stein 

in  •WO 

erst  nach 

Rficker- 

1 

langen  des 

Ringe: 


241 


•MS- 


•WO 


•MS  +  »WO 


•«n  • 


•WO 


Der  Rabe    | 
kommt  heim. 
Oswald  er- 
bittet and  er- 
hält Bericht 

Ausrfistang. 


Abfahrt  ohne 
den  Raben. 
Sie  kommen 
in  das  heid- 
nische Land. 


•MS-f  •zn 

Ein  Eiosiedel 
hört  es  und 

fragt  nach 
seinem  Leide. 
Er  kennt  den 
Raben  als  Os- 
walds Diener. 
Gott  hat  ihm 
knndgetan, 
daß  er  f&r  0 
bitte.    Der 

Rabe  be- 
richtet, der 

Einsiedel 

tröstet  und 

orbetet  den 

Ring. 


[und  Brief.] 

Oswald  Iftßt 

Kreuze 
machenj'eder 
crhftlt  eins 


Oswald  will 
den  Raben  zu 

der  Burg 

senden.     Er 

fehlt.   Klage. 

Gebet. 

Gott  sendet 
I  einen  Engel 
zudemRaben 


•WO 

[Szene 
mit  dem 
Fischer 

Ise,  s. 
S.  234.] 


Baesecke,  M&ncheuer  Oswald 


Das 
Fehlen 
des  Raben 
wird  vor 
der  An- 
\  kunft  be- 
merkt. 
i   Oswald  Ij 
I    schickt  {I 
Inach  deml 
I    Raben.   | 
16 


242 


*MS  +  »zn  + 
♦WO 

•MS  +  »WO 

•«n  +  *WO 

♦MS  +  »» 

•WO 

Er  will  nicht 

1 

1 

1 

kommen, 

beklagt  sich. 

Der  Engel 

schafft  ihn 

herbei. 

Oswald 

holt  ihn 

selber. 

Abermalige 

[Irr- 

Klage vor 

fahrten.]  1 

Oswald. 

Oswald  be- 

rohigtihnund 

sendet  ihn  auf 

1 

Botschaft. 

i 

Die  Königs- 
tochter r&t, 

sich  mit  weni- 

gen Mannen 

vor  die  Borg 

1 

EQ  legen 

als 

Die  Kanf- 

Kanfleute. 

' 

leute  fnr 
•WO  aus 
575  und 
1169  er- 

i  schlössen. 

Ein  Heide 

1 

hört  es.   Der 

ll 

König  wird 

1    von  seiner 

In^an 

ll  Tochter  be- 

wird  der 

is&nftigt  und 

König  erst 

geht  friedlich 

draußen 

zn  den 

be- 

Fremden. 

s&nftigt 

Ein  goldner 

■ 

Hirsch  ist  da. 

Der  Heide 
jagt  ihn. 

Das  Tor  wird 
hinter  den 

Jagenden  ver- 
schlossen. 


243 


•MS  +  ♦zn 
•WO 


•MS  +  'WO 


•»n-h'WÜ 


Das  Tor  wird' 
anfgebetot. 
Flucht.  0.    I 
empf&Dgt  die 
Königin.   Ab- 
fahrt    Der 
Heide  entbie- 
tet sein  Heer« 


Nachsetzen. 


mit  seinem 

Hom. 

Die  Mannen 

sammeln  sich 

and  erhalten 

Auskunft. 


j  •M8  +  »in 

I  [ 

iDiePrinzessin 

schaut  der 

Jagd  von  der 

Mauer  zu. 

Sie  bittet  ein 

M&dchen, 
ihre  Krone  zu 
nehmen  und 
an  ihre  Stelle 
zu  treten.  Sie 
geht,  zieht 
mit  ihren  Be- 
gleiterinnen 
Mannsklei- 
I  der  an,  darin 

zu  fliehen. 
'   Sie  finden 
das  Tor  ver- 
schlossen. 


•WO 


Des  Heiden 

Jagd  ist  Ter- 

geblieh. 


Über 

*zn  8. 

S.226f. 


Die 
Königin 
fordert 
durch  den 
Raben  dasii 
Aufbeten  j' 
des  Tors.l 


Der  Heide 

hat  den 

Hirschen 

gefangen 

und  willlj 

ihn  seiner 

'  Tochter  || 

schenken.  i| 


jDie  Köni- 
I    gin  be- 


merkt 
Verfolger. 

16* 


"MS:   Der 

Rabe  be- 
diel merkt  die 
Verfolger: 
*7n  fehlt. 


244 


•MS  +  »zn  + 
•WO 

•MS  +  »WO 

•zn  4-  'WO 

♦MS  +  'zn 

•WO 

Verzagtheit 
und  Gelübde. 
Durch  einen 
göttlichen 
Wind  wird 
Oswald  ¥on 
den  Heiden 

i 

Die  Christen 

getrennt. 

In  'WO 

werden  ereilt. 

erst,  als 

Kampf.     Alle 

sie  daheim 

Heiden 

sind  und 

werden  er- 

Oswald ein 

schlagen,  der 

Heer  ge- 

König ge- 

sammelt 

fangen 

1 

1 

[und  in 
einen  Ker- 
ker ge- 
legt] 

hat:   denn 

•WO  hatte 

ihm  nur 

ein  Schiff 

Aufforderang  | 

gelassen. 

zur  Taufe    ' 

! 

[durch 
einen  En 

Der  Heide  ist 

gel. 

bereit,  wenn  ; 

Vision.] 

seine  Leute 

zum  Leben  cr-l 

weckt  werden.! 

Das  geschieht.' 

1 

Da  will  der 

König  wieder 

k&mpfen : 

•MS 

•zn 

Die 

Zweiter 

Leute 
wei- 

Kampf. 

sem 

sich. 

Der  König 

stellt  eine 

zweite  Bedin- 

1 

gung: 

II 

i 

Wasser- 

1 
1 

j        WOB 

der. 

1 

245 


•^«•+;»+^+-wo 

•zn  +  *WO 

♦MS-fzn 

•WO 

Der  König, 

die  Jong- 

franen  und 

alle  Heiden 

werden  ge- 

tauft. 

Der  getaufte 

Heide  lieht 

heim  und 

tauft. 

Oswald 
kommt  auch 

heim  und 
feiert  einFest 

Die  Heim- 
kunft Ob- 
waldgfehlt 
natürlich 

1 

hier  in 

1 
1 

•WO:  8. 

S.  244. 

(mit  großen 

Die  Gaben 

'    1 

Gaben  an  die! 

an  die  Ar- 

1 

Armen  "^S). 

men  folgen 

in  *jsn  erst 

im  Zu- 

sätze. 

Danach  ist  —  um  unsere  Tabelle  von  Anfang  durchzugehen  — 
die  dem  zugesetzten  Schlüsse  entsprechende,  sonst  aber  kaum 
hervortretende  miUe  König  Oswalds  etwas  ursprünglich  dem  Ge- 
dichte Fremdes,  sofern  sie  mehr  als  ständiges  Epitheton  bedeutet. 

Die  Einklammerung  von  35—42   (S.  215)  rechtfertigt  sich. 

In  *zn  und  *W0  erhält  Oswald  von  seinen  Herren  den  Rat, 
ein  Weib  zu  nehmen.  Der  Traum  in  *MS,  wo  ihm  das  stn  herze 
ze  den  »innen  ruofet,  ist  also  sicher  unursprünglich,  mindestens 
die  Einkleidung: 

Die  Einklammerung  von   59 — 74  (S.  215)  rechtfertigt  sich. 

Nun  ist  aber  75-80=1471—76,  83/4=1477/78,  87-98= 
1479  —  1490,  101  —  4=1501  —  4.  Und  die  Zwischenverse  85/86 
sind  eingefügt,  um  den  gewaltigen  Apparat,  der  an  der  späteren 
Stelle  zur  Entbietung  des  Heeres  gebraucht  wird,  der  Konstitution 
eines  Rates  dienstbar  zu  machen.  So  erklärt  es  sich  auch,  daß  der 
König  die  Nacht  zuvor   in  grozen  eorgen  lac,   was  sonst  einiger- 


[43    44] 


246 

maßen  ungeheuerlich  wäre.    Zu  127—32  s.  696—701 ;  zu  145/46  s. 
85/86,  zu  167—90  s.  1571 — 74.  Soviel  zur  Bestätigung  der  Aussage 

[322-37]   ansrer  Tabelle. 

Für  V.  239-301  fehlt  die  Kontrolle  durch  *W0  ganz,  •zn 
hat  Entsprechungen  zu  255  ff.  (Frage  nach  einem  Boten)  und 
292  ff.  (Nennung  des  Heiden),  allerdings  in  umgekehrter  Beihen- 
folge.  Jene  Frage  nach  einem  Boten  —  vor  der  nach  des  Heiden 
Namen!  —  halte  ich  fQr  Zusatz  von  *Mz,  denn  255  steht  in 
geradem  Widerspruche  zu  251.  Stutzig  machen  könnte  nur,  daß 
zwei  Verse  mitten  in  einer  Interpolation  (250/51)  echt  sein  und 
andre  durch  *zn  bestätigte  (255 — 63)  aus  dem  Sattel  hoben  sollten, 
und  doch  ist  kein  Zweifel,  daß  254  typische  Parallelanknüpfung, 
somit  jünger  als  250  ist.  Femer:  wie  kann  Warmund  294  ff.  zum 
Boten  gebeten  werden,  wenn  266  auf  255  antwortet?  Warum 
antwortet  Warmund  auf  die  Frage  nach  einem  Boten  nicht:  der 
Rabe?  Das  ist  ja  seine  Sendung,  und  nachher  muß  er  ihn  doch 
vorschlagen!  Es  sind  eben  auch  zwei  ganz  verschiedene  Boten: 
dieser  (V.  255)  soll  fragen  —  und  das  kennzeichnet  den  geistlichen 
Zusatz  — ,  ob  Pamige  Christenglauben  annehmen  wolle,  jener  (345) 
soll  um  sie  werben,  und  V.  266  antwortet  deutlich  auf  250/51,  nicht 

[254-63]    auf  255  ff. 

Daß  der  Name  des  Heiden  genannt  wird,  ist  aus  *Mz  vielleicht 
ohne  weiteres  auf  *MW  zu  übertragen,  zumal  *W0  deshalb  kein 
vollgültiges  Zeugnis  dagegen  ablegt,  weil  bei  ihm  der  Heide  über- 
haupt namenlos  bleibt.  Die  Aufforderung  an  Warmund,  Bote  zu 
sein,  kennt  nur  *MS;  wenn  man  sie  nicht  aus  *zn  45,  11  md 
sendest  du  tawsetU  man  dar,  die  ertötet  ir  vater  alle  ( *MS  266  u.  301ff.) 
für  *Mz  erschließen  darf;  aber  sie  scheint  mir  durch  294  (dar)  und 
die  in  allen  drei  Fassungen  überlieferten  V.  302  ff.  mit  dem 
Echten  vorläufig  unlöslich  verknüpft. 

Die  Einklammerung  von  239—49  und  252/53  bestätigt  sich 
schon  jetzt,  weil  selbst  *zn  nichts  von  Pamiges  Christentum  weiß. 
Aber  auch  276—81  (S.  215)  finden  an  *zn  und  *W0  keinen  Halt. 
Nun  will  es,  nach  *MS,  König  Oswald  mit  einer  Heerfahrt 
versuchen.  Aber  *zn  und  •WO  widersprechen  übereinstimmend. 
Denn  auf  des  Pilgrims  letzte  Antwort  heißt  es  *zn  45,  17: 
l)a4i  was  sant  Oswalt  gar  lait  vnd  west  nity  wie  er  tun  soU; 
*W0   101: 


247 

SYfUe  OswaU  ane  dsr  stüt 
Sprach  vä  lib*  troffemüt 
Rot  mir  wy  ich  sy  gevyyrme 
Dy  Mlbige  kewiche  homgytme. 

Damit  können  *MS  322—37  nicht  bestehen;  es  zeigt  sich  denn 
auch  (wie  bei  der  Beratungsepisode),  daß  V.  330  fif.  auch  sonst 
wiederkehren:  2312—15,  2318/19,  vgl.  2058-61.  [322-37] 

Damit  ist  auch  das  vorausliegende  Apolloniusmotiv  gefährdet, 
daß  nämlich  der  Heide  seine  Tochter  selber  ,minnen'  will.  Ver- 
dächtig ist  es  schon  dadurch,  daß  alle  drei  Fassungen  dabei 
von  einander  abweichen:  *W0  bringt  es  erst  bei  der  Werbung 
des  Raben  (455);  in  *zn  ist  es,  vielleicht  aus  Schamgefahl,  ab- 
geschwächt, nach  den  Reimen  (p:  rneme,  geben :  siegen)  schon  in 
einer  Vershandschrift.  Wir  können  also  aus  diesen  Verhältnissen 
ftr  »MS  310-21  nichts  folgern. 

Wir  haben  V.  352  flf.  die  Wette  Warmunds  beseitigt  (S.  216); 
sie  hat  denn  auch  in  *zn  und  *W0  keine  Entsprechung.  Aber  die 
Verwunderung  Oswalds,  daß  der  Rabe  spricht  (406  flf.)  mußten  wir 
belassen.  Ein  harter  Widerspruch;  aber  derselbe  findet  sich  in 
*zn.  Dort  war  45,  19  gesagt:  du  hast  ain  wol  redenden  raffen 
auf  deinem  hof  wol  zwelf  jar  ertzogen,  46,5  aber  wundert  sich 
Oswald  über  den  Raben,  weil  er  ihn  ah  menecUichen  nye  hört 
reden.  Ich  halte  das  als  für  einen  Versuch,  den  Widerspruch  zu 
mildem,  der  durch  das  interpolierte  (s.  S.  222)  wolredenden  noch  ' 
verschärft  war.  Dieser  Widerspruch  —  er  wurde  wenigstens  von 
*MS  und  *zn  als  solcher  empfunden,  und  beide  mühen  sich  ab 
ihn  aufzuheben  — ,  daß  nämlich  der  Rabe  Jahr  und  Tag  am  Hofe 
erzogen  ist  und  doch  nicht  spricht,  dieser  Widerspruch  war  dem- 
nach schon  in  *Mz.  Nur  *W0  zieht  den  Schluß,  daß  der  Rabe 
das  Reden  gelernt  hat,  wenn  er  so  lange  am  Hofe  war.  Daß  das 
gegen  *Mz  das  Natürlichere  ist,  liegt  auf  der  Hand.  Das  Mirakel 
von  *Mz  ist  unecht. 

So  weit  waren  wir  schon  S.  216  —  die  Einklammerung  von 
352—69,  386—89,  398/99  rechtfertigt  sich  durch  die  Tabelle  — , 
aber  wir  konnten  402  flf.  nicht  ausscheiden,  weil  sich  V.  420  gleich 
das  Angebot  des  Raben  anschließt,  er  wolle  um  die  Königin 
werben.    Dieses  göttliche  Vorwissen  des  Raben  wird  durch  die 


248 

Übereinstimmung  von  *W0  und  *zn  als  unecht  erwiesen:  da 
fragt,  wie  es  natürlich  ist,  Oswald  den  Baben,  ob  er  die  Werbung 
tun  wolle.  Damit  ist  die  gesuchte  Grenze  der  Interpolation  ge- 
funden: y.  423.  424  enthielte  die  Antwort  des  Baben  auf  Oswalds 
[402-2;i]   Auftrag. 

Daß  der  Babe  mit  Gold  und  Silber  geziert  wurde,  scheint 
mir  schon  aus  der  Übereinstimmung  von  *MS  438/39  und  *W0 
115  ff.  und  614/15  hervorzugehen;  und  *W0  616/17  werden  wohl 
mit  *MS  434  zusammenhängen.  Der  große  unterschied  beider 
Fassungen  aber  ist:  in  *MS  wird  der  Babe  vor  seinem  Aus- 
flug geschmückt,  von  einem  Goldschmiede,  in  *W0  nach  seiner 
Werbung,  von  Spanges  Jungfrauen.  Nun  ist  es  ja  gewiß  ursprüng- 
licher, daß  der  Babe  zu  seiner  Beise  nur  den  Bing  [und  Brief] 
erhält  —  so  *W0  *zn  — ,  wenn  aber  •MW  schon  eine  Schmückung 
hinzugefügt  hatte,  so  gehörte  sie  doch  wohl  vor  die  Ausreise, 
ümsomehr  als  *W0  zu  der  Pflege  des  Baben  bei  Pamige,  *MS 
1117  ff.,  nun  gar  kein  Gegenstück  hat:  es  könnte  eben  durch  jene 
Schmückung  verdrängt  sein.  Dergleichen  Verschiebungen  haben 
wir  ja  auch  sonst  in  *W0  gefunden.  (S.  die  Tabelle,  6.  Kolumne.) 
Ob  aber  das  Drum  und  Dran  der  Ausrüstung  in  *MS  echt  ist,  bleibt 
fraglich.  Der  Goldschmied  ist  von  vornherein  verdächtig  (s.  S.  217  f.) 
Den  Briefwechsel  zwischen  Oswald  und  der  Königstochter 
findet  man  auch  in  *zn,  der  Babe  verliert  unterwegs  sogar  Bing 
und  Brief  (,tfotzdem  nach  n  beides  getrennt  gebunden  war).  Aber: 
was  den  Inhalt  der  Briefe  betrifft,  weichen  *MS  und  'zn  völlig 
von  einander  ab.  In  *MS  erfahren  wir  keine  Silbe  von  dem,  was 
in  Oswalds  Briefe  gestanden  haben  könnte,  nach  *zn  standen  die 
zwölf  Artikel  des  Glaubens  darin.  Umgekehrt  erzählt  *M8  den 
Inhalt  von  Pamiges  Briefe,  und  *zn  erwähnt  nichts  davon  als: 
,Ihr  8ult  got  püten^  wm  daran  ste^  daz  das  achter  zunschen  ewch 
payden  geschehe''  (50,  10).  Und  auch  dies  gibt  sich  als  Einschub 
zu  erkennen  durch  das  unmittelbar  folgende  abermalige  Einsetzen: 
^Darnach  sprach  aber  der  rapp'  (50,  11)  und  durch  die  Wieder- 
aufnahme der  Worte  ydie  hiniyin  —  hM  ewch  enpoten  (50,  7): 
die  junkfraw  hat  ewch  auch  enpoten  — ^  (50,  12).  *Mz  wußte 
also  wohl  von  Briefen,  aber  nichts  von  ihrem  Inhalt.  In  *W0 
tehlten  auch  die  Briefe  und  das  entscheidet  für  unsre  Überlegung 
auf  S.  216.  —  Die  Einklammerung  von  V.  626 — 49  bestätigt  sich. 


249 

Aber  auch  die  Meerweibergeschichte  ist  nur  in  *MS  über- 
liefert. (Zu  *W0  vgl.  S.  284).  Sie  läßt  sich  noch  gut  heraus- 
lösen. 618—21  sind  nach  76J)-72  gemacht,  622/23  nach  767/68, 
und  verräterisch  ist  dabei  das  unde  vor  nt)  769  (vgl.  618)  und 
der  cünße  tac  770:  der  Interpolator  wollte  der  Wahrscheinlichkeit 
keinen  zu  großen  Abbruch  tun  und  änderte  10  in  5,  weil  er  ja 
den  Raben  inzwischen  eine  Station  hatte  machen  lassen.  Es  wären 
also  an  die  Zeitbestimmung  von  V.  620  zweimal  Interpolationen  an- 
geknüpft: der  Aufenthalt  bei  den  Meerweibern  und  der  Fischfang 
(s.  S.  216).  Aber  die  rechte  Beziehung  gewinnt  620  ohne  Zweifel 
durch  772:  am  zehnten  Tage  —  kam  der  Rabe  zu  Aron;  und  der 
leere  Vers  621  ist  nach  772  geformt,  dabei  das  sweben  vielleicht 
aus  774  entnommen:  da  ist  es  sinnvoller:  der  Rabe  kundschaftet,    ^q.j^    20. 

Die  Königstochter  ist  in  strengem  Gewahrsam  (785):  wieder  ein  650  -  771.] 
altes  episches  Motiv,  das  in  unserm  Oswald  verdächtig  ist  (s.S. 220). 
Denn  in  *zn  fehlt  es  ganz,  in  *W0  ist  Spange  nicht  vet^spat^  und  man 
trägt  keinen  Baldachin  über  ihr;  Schutz  gegen  den  Sonnenstrahl 
leisten  ihr  vielmehr  zehn  Adler  (0  346),  aber  wir  wissen  nicht, 
ob  die  nicht  erst  von  0  zugefügt  sind  (s.  S.  233). 

In  *zn  ist  die  Königstochter  bei  der  Werbung  zugegen,  es 
beweist  also  nichts  gegen  die  Athetese  von  *MS  829/30  (S.216),  daß 
der  Rabe  sie  auch  in  *zn  begrüßt.  In  *W0  fehlt  der  Gruß.  In  *zn 
wie  'WO  aber  auch  der  andre  an  die  alte  Königin,  von  der  sonst 
überhaupt  nicht  in  dieser  Szene  geredet  wird.  Es  ist  ein  Eti- 
kettenzusatz. [83 1 /32] 

Der  Gruß  an  die  Mannen  scheint  mir  durch  *W0  '268  ff.  ge-- 
halten,  obgleich  er  da  erst  vor  Beginn  des  interpolierten  Schach- 
spiels ergeht. 

Schwierig  ist  für  die  Verhandlungen  zwischen  Raben  und 
Heidenkönig  die  Kontrolle  durch  *zn  *W0,  weil  in  *W0  die 
Schachszene  den  Zusammenhang  zerstört  hat.  Nur  die  Be- 
grüßung des  Königs  (*MS  827/28,  *zn  46,  18,  *W()  201)  imd 
die  Verwunderung  über  den  Raben  (*MS  835-38,  *zn  46,  22  f., 
*W0  203  ff.)  ist  allen  drei  Fassungen  gemeinsam;  die  Begrüßung 
der  Mannen  nur  *MS  und  *W()  (V.  833/34  und  270/71).  Für 
das  darauf  Folgende  muß  ich  mich  auf  meine  Vermutung  stützen, 
daß  *W0  240/41  *MS  883—1)0  entspricht  und  eine  Frage  wie 
*M8  N81/82  voraussetzt  (S.  233). 


250 

Die  S.  217  eingeklammerten  Verse  903—34  werden  durch  die 
S.  223f.  aufgeführten  Parallelen  aus  *zn  (46,19-47,3)  för  ♦Mz 
erwiesen.  Trotzdem  sind  sie  noch  in  *MS  als  Einschub  kenntlich 
geblieben ! 

955  -  58,  961/62,  967—74  sind  (S.  217)  mit  Recht  athetiert. 
Desgleichen  1035—54. 

In  allen  drei  Fassungen  wird  genau  vorgeschrieben ,  wie 
Oswalds  Schiffe  ausgerüstet  sein  sollen,  aber  nur  *MS  verlangt, 
daß  sie  mit  edlem  (Karfunkel-)  Gesteine  beschlagen  werden, 
das  des  Nachts  zur  Fahrt  leuchte.  Wieder  eine  Groldschmied- 
interpolation,  die  überdies  an  ungeschickter  Stelle  eingefftgt 
ist:  sie  gehört  hinter  V.  1154  (1382),  nicht  hinter  1160  (1388). 
[1161-68]  Einzigartig  ist  der  Füllvers  1162  (1390). 

[I38i)    Bfi]  Oswald   soll   auch   einen  übergüldeten   Hirschen  mitbringen, 

verlangt   Pamige  in  ♦MS  (1173/74=1401  2).     Aber  nur,  als  der 

Babe  das  erste  Mal  bei  ihr  ist;    als  er  ihren  Bat  besonders  ver- 

t  langt    (2048  fif.),    ist   gamicht   mehr    davon    die   Rede:    Oswald 

\wird  erst  durch  einen  Traum  auf  den  Hirschen  geführt  (2320  flF.). 

Vgl.  Benez6,  Das  Traununotiv  in  der  mhd.  Dichtung,  S.  3. 

In  *zn  ist  der  Hirsch  erst  da,  als  er  gebraucht  wird:  53,  6 
Nu  hett  sant  Oswalt  ainen  hirsz,  der  was  aller  vberguldet.  In  *W0 
wird  er  auf  Spanges  Geheiß  (1013)  von  Oswald  erbetet  (1041).  Dies 
ist  eine  Aushülfe,  um  so  weniger  echt,  als  die  christliche  Legende  *zn 
sie  nicht  anwendet:  der  Hirsch  ist  da  naiverweise  plötzlich  vorhanden. 

Schon  damit  zerfällt  alles,  was  *MS  vorher  von  der  Herkunft 
des  Hirschen  erzählt  hat,  um  sich  nicht  jene  Blöße  der  Naivität 
zu  geben.  In  der  Tat  ist  1601  —  8  eine  genaue  Parallele  zur 
Erzählung  von  dem  Raben  in  V.  342  flF.,  356  flF.,  die  obendrein  noch 
in  *MS  am  Bande  gestanden  hat,  wie  die  Umstellung  in  *MI  und  *sb 
bewies.  Damit  fallen  auch  V.  1816—23.  Aber  dieser  Versuch  zu 
[1173/74,  motivieren  ist  doch  gewiß  viel  geschickter  als  das  Erbeten  in  *W0. 
1601-8  Wenn  aber  ein  Hirsch  plötzlich  vorhanden  sein  konnte,   so 

1816—23]  konnte  es  auch  ein  vergoldeter  sein:  nun  feilt  es  erst  recht  ins 
Gewicht,  daß  *zn  (V.  1173  und  1401  entsprechend)  von  einem 
solchen  redet,  denn  dadurch  wird  erhärtet,  daß  die  Herrichtnng 
des  Hirschen  durch  Goldschmiede  Interpolation  ist  (S.  217f.).  Über- 
dies berichten  *W0  (1062)  und  'zn  (53, 8)  übereinstimmend,  daß 
der  Hirsch  ein  Engel  war.     Auch  das  stimmt  zu  dem  äberguldet. 


251 

Aber  auch  so  ist  es  noch  schwer,  die  Interpolation  zu  be- 
grenzen: der  Traum  *MS  2320  muß  eine  zweite  Motivierung  des 
Hirschplanes  sein.     Und  wo  wäre  der  Schluß  des  Einschubs? 

Der  enge  Zusammenhalt  der  Verse  verbietet,  ihn  etwa  hinter 
V.  2344  anzusetzen.  Nun  müssen  2354  —  63  sicher  fallen,  denn 
sie  enthalten  die  Herrichtung  des  Hirschen,  die  2334  ff.  geboten 
war.  Zwischen  beiden  Teilen  liegt  die  Erklärung  des  Planes 
(2345—  53),  und  zwar  schwer  trennbar  an  den  ersten  angeschlossen. 
Sie  fehlt  in  •zn  und  *W0,  und  ich  muß  sie  darum  für  eine  jener 
rationalistischen  Zutaten  halten  (vgl.  S.  220  f.).  Auch  daß  Oswald 
selbst  den  Hirschen  vor  die  Heidenburg  führt,  fehlt  in  *zn  *W0,  aber 
ich  bin  zweifelhaft,  ob  nicht  doch  schon  2368/69  echt  sind.  Denn 
2368  ist  ein  typischer  Neueinsatz  der  Erzählung  und,  was  mir 
noch  mehr  wiegt,  2346/47  könnten  nach  diesem  Beimpaare  gemacht 
sein:  dort  klappt  V.  2347  nach,  der  hier,  2368,  gut  an  seinem 
Platze  ist.     Ich  athetiere  zweifelnd:  [2320—67] 

Eine  neue  große  Schwierigkeit  erwartet  uns  da,  wo  der  ßabe 
auf  dem  Heimfluge  den  Bing  verliert,  denn  da  ist  'WO  durch 
Hereinbrechen  des  Orendel  verschüttet  (S.  234).  Als  gemein- 
sam erkennen  wir  nur  erstens,  daß  der  Ring  durch  Schütteln  des 
Gefieders  verloren  geht.  (Daß  der  ßabe  selbst  und  nicht  der 
Sturmwind  das  Schütteln  vornimmt,  ist  gewiß  ein  Fehler  von  *W0, 
der  mit  der  Änderung  der  ganzen  Stelle  zusammenhängt.)  Und 
dann  die  Wiedergewinnung  des  Ringes.  In  *Mz  mit  Hilfe  eines 
Einsiedeis;  wie  aber  in  *W0,  können  wir  nicht  mehr  wissen. 

Das  ist  der  einzige  Punkt,  wo  die  außerhalb  unserer  drei 
Fassungen  vorhandene  Überlieferung  —  so  weit  ich  sie  kenne  — 
in  Frage  konmit. 

Berger  erzählt  (S.  431)  aus  Villach  in  Kärnten  folgende  Sage: 
,Oswald  war  ein  Ritter  und  hatte  sich  mit  einer  Negerprinzessin 
verlobt.  Durch  eine  weiße  Taube*)  sandte  er  seiner  Braut  den 
Verlobungsring.  Als  die  Taube  übers  Meer  flog,  flel  ihr  der  Ring 
aus  dem  Schnabel,  doch  rasch  stürzt«  sie  dem  fallenden  nach  und 
war  so  glücklich,  ihn  noch  zu  erfassen.  Aber  vor  Schrecken  wurde 
sie  ganz  schwarz.  Deshalb  führt  der  Heilige  heute  den  Raben 
bei  sich." 

')  Über  die  Taube  statt  des  Raben  Zingerle  S.  67  Anm. 


252  _ 

Aus  dem  Rosental  und  der  Gegend   von  Millstatt: 

,Der  heilige  Oswald  war  ein  Einsiedler  und  brachte  33  Jahre 
im  Walde  zu.  Er  hatte  einen  großen  und  langen  Bart,  daß  er  sich 
damit  fast  zudecken  konnte.  Da  kam  einmal  ein  Yöglein  geflogen, 
ein  Weißküniglein,  und  sagte :  ,Oswald  geh  mit,  daß  du  heiratest, 
denn  dein  Haus  daheim  braucht  einen  Herren/  Oswald  meinte, 
er  habe  ja  keine  Braut.  —  ,Da  will  ich  dir  helfen',  sprach  das 
Vöglein,  ,ich  weiß  eine  Braut,  eine  Königstochter  überm  Meer. 
Gib  mir  einen  Bing,  ich  bring  ihn  dahin.'  Da  gab  Oswald  seinen 
goldenen  Bing,  der  so  hell  leuchtete,  als  ob  ein  Licht  in  ihm 
brennte.  Das  Küniglein  flog  nun  mit  dem  Bing  im  Schnabel 
übers  Meer.  Da  erhob  sich  ein  Sturm,  daß  ihm  der  Ring  entfiel, 
Doch  schnell  hatte  ihn  das  Vöglein  wieder  erhascht.  Vor  Schrecken 
schwärzte  sich  aber  sein  Gefieder  und  es  ward  ein  Babe.  Den 
Bing  brachte  es  wohlbehalten  zur  Prinzessin,  die  gab  ihm  ihren 
Bing  dafür,  daß  es  ihn  wieder  zu  Oswald  bringe.' 

Beide  Überlieferungen  können  wir  nach  Wert,  Alter  und  Her- 
kunft nicht  kritisch  einreihen.  So  viel  aber  sehen  wir,  daß  sie 
beide  klerikal  gestempelt  sind.  Um  so  wichtiger  ist,  daß  die 
zweite  den  Sturm  als  Bäuber  des  Binges  bestätigt  und  beide  ihn 
ohne  göttliche  Hilfe  zurückgewinnen  lassen.  (Daß  sich  das  Er- 
eignis auf  dem  Hinfluge  abspielt,  ist  wohl  belanglos.)  *Mz 
braucht  noch  den  Einsiedel  dazu,  *zn  obendrein  einen  Engel.  Man 
sieht  nicht  recht  ein,  wozu,  denn  der  Bing  ist  nicht  von  einem 
Fische  verschlungen,  wie  in  *W0,  sondern  wird  augenscheinlich 
[I207-8B]   nur  von  ihm  ans  Land  geführt. 

*zn  weiß  nichts  von  goldenen  Kreuzen  (51,1),  *W0  überhaupt 
nichts  von  Kreuzen,  die  Oswalds  Mannen  getragen  hätten.     *MS: 

Zu  St.  Jörgen  Tag  hat  König  Oswald  alles  bereit,  was  zur 
Fahrt  gehört  (1434  ff.).  Dann  erst  läßt  er  die  Goldschmiede  holen, 
ihre  Arbeit  beginnt,  das  Heer  wird  versammelt  und  angeredet, 
jeder  erhält  sein  Kreuz,  und  nun  ist  gearbeitet  V.  1443 — 48  nach 
458  -  63  (vgl.  432/33  und  468/(59),  1449  -  58  nach  502-9, 
1459/60  nach  510/11  -f-  514/15,  1461/62  nach  516/17,  1463/64 
nach  530/31,  1465/6(>  nach  536/37,  1467—70  nach  (546-)  554 
bis  57.  Es  ist  kaum  ein  Vers,  der  nicht  einer  Vorlage  entnommen 
wäre.  Und  da  auf  der  einen  Seite  eine  einzige  Folge  von  Versen 
steht,  auf  der  andern  mehrere  Gruppen,  so  werden  wir  wohl  nicht 


253 

.annehmen,  daß  diese  aus  jener  entnommen  sind.  V.  1579  folgt 
dann  das  Aufnehmen  der  Kreuze;  in  *zn  werden  sie  von  Oswald 
verteilt.  Wenn  also  auch  die  Kreuze  für  *Mz  erwiesen  sind,  so 
sind  es  damit  nicht  V.  1579—1600:  sie  müssen  eine  Umdichtung 
des  von  'Mz  Gebotenen   darstellen.    Über  *MW  läßt  sich  nichts  r,.^„    ^,, 

[144/*— 4  0, 

aussagen.  1579-1600] 

Das  ist  schon  wieder  eine  Interpolation,  die  auf  Heraus- 
streichung der  Goldschmiede  und  ihrer  Kunst  abzielt:  *Mz  dachte 
gewiß  nur  an  die  aufgenähten  Zeichen  der  Kreuzfahrer.  Ich  glaube, 
wir  können  noch  mehr  solche  ausscheiden,  wenn  wir  der  erkannten 
Technik  des  Ausschreibens  nachgehen.  V.  1443  flF.  benutzten, 
wie  wir  sahen,  V.  458  ff.  und  V.  502  ff.,  aber  nicht  V.  464-501. 
Also  nicht  die  Herbeiholung  des  Goldschmieds  aus  Salmiders. 
Und  von  der  wissen  auch  weder  *zn  noch  *W0.  Das  ist  doch 
ein  vielsagendes  Zusammentreffen.  Und  wieder  hilft  uns  die  gute 
Handschrift  M  weiter.  In  V.  M  461  hat  brdhte  kein  Objekt,  S 
liest  den  kemerling  her  brdhte.  Abgesehen  nun  davon,  daß  wir  M 
mehr  trauen  müssen,  so  wäre  doch  statt  den  kemerling  S  vielmehr 
das  Pronomen  in  zu  erwarten,  denn  V.  459  ist  ja  das  Substantiv 
erst  genannt.  Die  Erklärung  gibt  der  nach  461  gemachte  V.  1446: 
•MS  hatte  in  V.  461  noch  das  Objekt  den  meüter:  der  Interpo- 
lator  modelte  die  vor  463  vorhandenen  Verse  nach  seinen  Zwecken 
um.  Auch  der  Schluß  der  Interpolation  ist  noch  besonders  kennt- 
lich: an  dem  grammatischen  Riß  hinter  501  und  dem  gleichzeitigen 
Schluß  der  großen  Lücke  in  *MI  und  *sb:  das  Einschiebsel  geriet 
so  lang,  daß  V.  478—501  etwa  auf  ein  besonderes  eingelegtes 
Blatt  zu  stehen  kamen,  das  dann  verloren  ging.  V.  502/3  lagen 
schon  vor:  464/65  knüpfen  an  sie  an.  Daß  der  Kämmerer  erst 
bemüht  wird  und  nach  Salmiders  reist,  ist  also  eine  jüngere 
technisch-gelehrte  Zutat. 

Sprachliche  Merkmale:  482  got  grueze  iuch  nur  hier,  desgl. 
487  die  Wendung  sehet  tote  balde  und  493  der  Infinitiv  alagen. 
Es  wäre  danach  458/59  durch  1443/44  =  459 ab  zu  ersetzen  und 
in  V.  463  für  kameraere  nach  1448  meieter  zu  schreiben  (wie 
V.  461).  [458/59, 

Die  Frage  nach  dem  Ziel  der  Heerfahrt  (♦MS  I513ff.)  fehlt  *zn    464-501] 
•WO :  die  Könige  mußten  dort  ja  wissen,  um  was  es  sich  handelte : 
nur  in  *MS  waren  sie  nach  Hause  geschickt,  ehe  Warmund  kam, 


254 

nur  in  *MS  hatten  sie  nicht  zur  Freite  geraten,  nor  in  *MS  war 
(V.  75  ff.)  vergessen,  daß  sie  ohnedies  immer  am  Hofe  waren.  Ist  das 
alles  unecht,  so  ist  also  jetzt  auch  dies  Frage*  und  Antwortspiel 
unecht.  Es  reicht  etwa  bis  1538.  Aber  1543—48  sind  durch 
*zn  51,4—6  wieder  sicher  für  *Mz  bezeugt.  Nicht  für  •MW, 
denn  in  *W0  fehlt  die  ganze  Ansprache.  Hier  geben  also  unsre 
drei  Fassungen  keine  Entscheidung  und  vorläufig  ist  nur  einzu- 
[1513    38]  klanunem  :  1513—38. 

1641—45  sind  (S.  217)  mit  Recht  eingeklammert.  1708-15 
finden  auch  in  »zu  und  »WO  keine  Stütze  (Vgl.  S.  217). 

In  *Mz  bemerkt  Oswald  das  Fehlen  des  Baben  erst  am  Ziel 
seiner  Fahrt,  in  *W0  schon  unterwegs.  Dort  schafft  er  ihn  mit 
Hilfe  eines  Engels  herbei  (z  fügt  noch  einen  wint  hinzu),  hier 
schickt  er  ,acht  oder  vier'  nach  ihm  aus,  muß  ihn  dann  aber  selber 
holen.  Gemeinsam  ist  (durch  *MS  und  *  WO  bezeugt),  daß  der  Babe 
sich  zweimal  über  Koch  und  Kellner  beklagt,  das  zweite  Mal  vor 
Oswald,  und  daß  er  zuerst  nicht  kommen  will,  dann  aber  doch 
bewogen  wird. 

Durch  den  Engel  ist  *Mz  sogleich  im  Nachteil.  Wäre  er 
wirklich  unecht,  so  müßte  das  Gebet  (1750—75)  ausfallen,  das  ihn 
herbeiruft.  1776  —  1831  ließen  sich,  mit  Ausnahme  der  bereits 
früher  (S.  250)  eingeklammerten  Verse  wohl  halten,  wenn  man 
etwa  für  ,EngeP  immer  ,Bote'  setzte.  Dann  aber  ein  Hindernis: 
die  Erzählung  schreitet  nicht  mehr  in  Reimpaaren  fort,  sondern 
in  Einzelversen,  denen  ein  leerer  Beim  beigegeben  ist  (1832  ff.); 
viermal  wird  mit  neuer  Anrede  eingesetzt;  und  schließlich  wird 
doch  nur  eine  falsche,  widerspruchsvolle  Ausdeutung  des  Folgenden 
erreicht:  dort  heißt  es:  der  Babe  mußte  mit  den  Säuen  essen,  hier 
er  bekam  überhaupt  nichts  zu  essen;  1840:  seit  der  ,Herr  von 
Land  gekommen  war',  1834:  seit  ,12  Wochen  und  einem  Jahr'. 
Und  nun  erinnern  wir  uns,  daß  wir  über  1846  ff.  schon  einmal 
gestolpert  sind  (S.  217),  und  es  bestätigt  sich  jetzt,  daß  1846 — 55 
mit  Verkehrung  der  natürlichen  Beihenfolge  aus  1960—67  ent- 
nommen und  variiert  sind  (1960/61  >  1844/45,  1962/63>  1856/57 
[/1964- 67  >  1846—55]),  nicht  umgekehrt. 

Es  ist  bezeichnend  und,  wie  mir  scheint,  fast  beweisend,  daß 
die  Schwierigkeit  gerade  da  einsetzt,   wo  es  galt,   den  Engel  und 


255 

die  Klage  des  Raben,  die  alte  und  neue  Motivierung  zu  ver- 
knüpfen Denn  1840-  45  und  1856/57  erweisen  sich  ja  nun 
obenein  schon  durch  die  an  sie  angelehnte  Interpolation  als  älter. 

Man  erkennt  den  Interpolator  der  Qoldschmiede  (vgl.  besonders 
V.  2102  ff.).  Warum  glaubt  dieser  Verstandskasten  hier  V.  1832 
bis  1839  hinzufftgen  zu  müssen?  V.  1980-93  geben  die  Ant- 
wort. Diese  sind  als  Einschub  desselbeb  Charakters  kenntlich  durch 
Neueinsatz,  durch  5  leere  Keime,  und  auch  hier  ist  wieder  eine 
Korruptel  von  *MS  durch  das  Fehlen  mehrerer  Verse  in  *MI  be- 
zeichnet. Beide  Stellen,  1832 ff.  und  1980 ff.,  beziehen  sich  auf- 
einander, ganz  wie  in  drei  sich  wechselseitig  stützenden  Interpola- 
tionen eingeführt  wurde,  daß  der  Habe  durch  ein  göttliches  Wunder 
spreche:  das  Wunderhafte  an  dem  Fluge  soll  besonders  hervorge- 
hoben werden.  Wäre  aber  dieses  Wunderhafte  nicht  schon  durch 
1840—45,  1856/57  ausreichend  motiviert?  Gewiß,  und  eben 
darum  folgere  ich,  daß  es  erst  mit  dieser  neuen  Motivierung 
hereingedrungen  ist,  d.  h.  daß  auch  1862ff.  zu  1832ff.  und  1980ff. 
gehört.  Wir  finden  denn  auch  die  nun  schon  wohlbekannten 
Unterbrechungen  der  Bede  (1867,  1869,  1875),  Neueinsetzen 
der  Erzählung  (1872,  1890),  leere  Eeimverse  (1863,  1871),  zu 
schweigen  von  den  abgetriebenen  Beimen. 

Die  eigentliche  Schwierigkeit  des  Textes  beginnt,  wie  gesagt, 
in  dieser  Partie  mit  dem  Auftreten  des  Engels,  d.  h.  da,  wo  er 
nicht  mehr  einfach  an  die  Stelle  des  Boten  gesetzt  werden  kann, 
wo  man  eine  Neumotivierung  f&r  nötig  hält;  aber  sie  endet  auch 
mit  der  Bolle  des  Engels,  der  Y.  1881  ohne  Sang  und  Klang 
verschwunden  ist. 

Die  Geschichte  des  glücklichen  Schiffknechtes  (1890  ff.)  fehlt 
in  *zn  (in  *W0  natürlich:  weil  Oswald  den  Baben  selbst  holt), 
sie  ist  auch  stark  an  1287  ff.  angelehnt.  Aber  ich  wage  nicht, 
sie  zu  streichen,  und  halte  vorläufig  nur  für  unecht:  [1750—75, 

Freilich  gibt  das  große  Lücken  —  wir  hören  z.B.  gar  nicht,  }??c"??' 
wie  nun  der  Babe  zu  St.  Oswald  kommt  ^  aber  ich  weiß  nicht  1862-81, 
zu  helfen.  Es  bleibt  auch  noch  eine  harte  Diskrepanz  zwischen  i^ö^— ^^J] 
*Mz  und  *W0:  wer  holt  den  Baben  und  wann? 

Die  zweite  Klage  richtet  der  Babe  in  *MW  an  Oswald.  In 
*MS  verlangt  er  Bache  an  Koch  und  Kellner,  Oswald  lenkt  ein, 
in  *W0  bietet  Oswald  die  Bache,  und  der  Babe  lenkt  ein  in  einer 


256 

augenscheinlichen  christlichen  Zutat  (871).  Das  ergibt  f&r  *MW: 
der  Rabe  heischt  Bache  und  erhält  sie  zugesagt.  Nimmt  man  an. 
daß  das  ursprünglich  die  Bedingung  seines  Kommens  war,  so 
ist  zugleich  erklärt,  daß  er  zweimal  klagt  und  das  zweite  Mal  vor 
Oswald  selbst.  Das  wäre  ein  starker  Beweis  für  'WO  und  seine 
Auffassung,  daß  König  Oswald,  der  allein  die  Rache  zusagen  kann, 
den  Raben  selber  holen  muß.  Denn  wenn  der  Rabe  erst  vor  der 
feindlichen  Burg  klagt,  kann  er  sein  Kommen  nicht  mehr  fraglich 
machen.  Daß  aber  in  *Mz  die  zweite  Klage  diesen  Platz  erhalten 
hat,  läge  an  der  Einführung  des  Engels,  der  sie  überflüssig  macht, 
also  eine  jüngere  Parallelmotivierung  darstellte.  Das  stimmt  zu 
unsem  vorigen  Resultaten,  es  ist  also  wohl  möglich,  daß  jene 
Annahme  richtig  ist,  der  Rabe  habe  die  Rache  zur  Bedingung 
seines  Kommens  gemacht. 

Dann  hätten  wir  nach  dem  Muster  von  *W0  die  Ankunft  im 
heidnischen  Lande,  Lagerung  und  Beratung  hinter  diese  Raben- 
geschichte zu  legen,  der  Empfang  des  Raben  durch  Oswald  (19320'.» 
wäre  in  dieser  Form  unmöglich:  hunderte  von  Versen,  darunter 
viele  sicher  alte,  wären  umzuordnen  u.  s.  w.  Da  bescheiden  wir 
uns  denn  doch,  daß  wir  nichts  wissen  können. 

Daß  sich  Oswald  nur  mit  einer  kleinen  Schar  vor  die  Burg 
legt,  läßt  sich  zunächst  nur  auf  *Mz  zurückführen,  denn  in  *W() 
fehlt  diese  ganze  Erzählung.  Nur  rät  die  Königin  bei  der  Werbung, 
er  möge  als  Kaufmann  kommen  (575),  und  der  Heide  hält  ihn 
dafür  (1169). 

*MS  fQgte  zu  den  100  Helden,  die  Oswald  mit  sich 
nimmt,  noch  12  Goldschmiede  (S.  217f.).  In  *zn  wird  außer 
den  12  Goldschmieden  noch  ein  Kramschatz  verlangt  mit  einem 
goldenen  Adler  darauf,  der  aussieht,  als  ob  er  fliegen  wolle  (52,2  flF.;. 
So  hättten  wir  denn  die  hauptsächlichsten  Motive  beieinander,  die 
in  solchen  Fällen  aufgeboten  werden.  Aber  es  zeigt  sich,  daß 
wie  in  *MS,  so  auch  in  *zn  die  Goldschmiede  sekundär  sind  (n 
läßt  sie  erst  aus  einer  Stadt  holen):  das  in  *MS  durch  2078/79 
verschüttete  und  nur  aus  2264  flf.  und  2206  flF.  zu  erschließende 
Stück  ist  in  *zn  an  beiden  Stellen  erhalten:  52,  7  so  sulUn  n' 
sprechen:  si  haben  geh(yi%  man  hob  mich  ainem  reychen  hunig  geben; 
dorumb  sein  si  her  kommen^  ob  die  junkfraw  icht  rnng^^lein  pedvrf 
oder  ander  chlat/net,    das  st  die  zu  vns  kawffe  oder  lasse  machen. 


257 

Und  so  spricht  Oswald  denn  auch  53,  1.  Das  pedantische  kawfe 
oder  lasse  machen  sagt  deutlich,  daß  Eaufleute  und  Goldschmiede 
hier  ganz  äußerlich  zusammengestellt  sind,  und  zwar  erst  von  dem 
Prosaisten.  Schon  nach  der  Wortstellung  ist  das  Näherliegende, 
daß  die  Goldschmiede  zugesetzt  sind.  Das  stimmt  zu  *MS,  denn 
V.  2078/79  waren  ja  interpoliert  und  nach  *zn  52,  7  zu  ersetzen, 
und  grade  die  Goldschmiede  waren  das  Unechte  an  den  Versen. 
Hauptsache  aber  ist,  daß  *W0  Oswald  als  Kaufmann  auftreten  läßt. 

Demnach  haben  wir  in  Wahrheit  diese  Überlieferung:  *MS: 
Oswald  legt  sich  mit  100  Helden  vor  die  Burg;  *zn:  er  errichtet 
einen  Kramschatz;  •WO;  er  kommt  als  Kaufmann.  (Er  hat  in  *W0 
nur  noch  ein  Schiff.)  Und  also:  die  100  Helden  von  •MS  sind 
unecht  -—  oder  es  sind  dieselben,  die  sich  nachher  für  Kaufleute 
ausgeben.  Oswald  läßt  ja  auch  seine  Schiffe  mit  Gold  und  Silber 
beladen  (1439).  V.  2206-13  sind  nach  den  durch  2078/79  ver- 
drängten, aus  'zn  52,  7  und  53, 1  herzustellenden  Versen  gear- 
beitet, die  sich  auf  Kaufleute,  nicht  auf  Goldschmiede  bezogen. 
Wir  wurden  gerne  guotes  rtche  sagt  Oswald  V.  2270.  Das  alles 
würde  zu  den  Kaufleuten  passen;  aber  schlecht  paßt,  daß  der 
heidnische  Wächter  meint,  sie  wollten  das  Land  angewinnen  (2153), 
und  daß  sich  alles  Volk  wider  sie  rüsten  muß,  desgl.  2272 
bedor/U'd  du  unser  niht  ze  dienaere;  gamicht  paßt,  daß  Aron  sie 
als  Ritter  und  Knechte  begrüßt  (2252).  Nun  könnten  ja  2252/53 
unecht  sein  wie  1916  und  2109,  die  das  Ritterliche  erst  einführen; 
aber  ob  in  dem  Ganzen  nicht  doch  der  Sinn  gesteckt  hat,  daß  die 
100  sich  als  Mannen  anbieten  ? 

2145 — 52  finden  auch  in  •zn  und  'WO  keine  Stütze. 

Die  List  der  Königstochter  auf  der  Burgmauer  ist  in  'zn 
aus  Rand  und  Band  (s.  S.  226  f.).  Daß  und  wozu  Pay  Krone  und 
königliches  Gewand  an  eins  ihrer  Mädchen  gibt,  ist  mißverstanden 
und  von  seiner  Stelle  gerückt,  n  läßt  die  ursprüngliche  Moti- 
vierung wenigstens  noch  erkennen.  Von  der  Hoffnung  auf  Offen- 
bleiben des  Tors  ist  aber  weder  in  z  noch  in  n  die  Rede:  die 
Mädchen  möchten  nur  gern  den  Hirschen  draußen  sehen,  da  finden 
sie  es  verschlossen.  Ich  rekonstruiere  daraus  •zn  so:  Gaudon 
schließt  das  Tor;  die  Mädchen  sind  auf  der  Mauer;  Pay  gibt 
ihre  Krone  weg  und  zieht  Mannskleider  an :  beides  zur  Flucht; 
das  Tor  ist  verschlossen  und  wird  aufgebetet. 

Ba««eck«,  Mftncbener  ÜHwald  1  * 


258 

*W0  hat  nichts  von  der  List.  Spange  fordert  das  Aufbeten 
des  Tors  von  Oswald  (1095),  und  das  werden  wir  *Mz  gegen- 
über f&r  unecht  halten:  es  bedarf  dazu  einer  besonderen  Botschaft 
des  Raben,  und  ganz  so  hatte  Oswald  nach  'WO  auch  den  Hirschen 
erbeten  müssen. 

Aber  das  Aufbeten  bleibt  für  *MW  bestehen.  Die  list  läßt 
sich  nur  bis  *Mz  verfolgen. 

Ob  die  Jagd  des  Heiden  Erfolg  hatte  (*W0  1149)  oder  nicht 
(•Mz),  läßt  sich  wiederum  nicht  entscheiden.  Desgl.  ob  der  Rabe 
(♦Mz  2749)  oder  die  Königin  (*W0  1180,  »zn  fehlt)  zuerst  die 
Verfolger  bemerkt. 

Daß  V.  2695 — 98  Einschub  sind,  bestätigt  sich;  aber  auch, 
daß  sie  etwas  vorher  Dastehendes  verdrängt  haben:  denn  *W0  hat 
es  erhalten.    Vgl.  *W0  11 55 ff.: 

Eyn  hom  nam  her  yn  dy  haut 

Das  satczie  K  an  den  mut 

Vnd  blysz  das  zu  der  selbigin  stut 

Das  hom  lawte  vnd  bedewtet  das  ... 
Diese  Verse  entsprechen  augenscheinlich  *MS  2691 — 94.     Es  folgt 
*W0  1159  ff.: 

Heyne  207*n  vnd  grymige  hos 

Vnd  8eyne  grose  grymickeü 

Dy  her  an  dy  tachter  leL 
Sie  könnten  das  Objekt  zu  *MI  2694  sein. 

*MS  2705—30  werden  deutlich  bestätigt  durch  *W0  1162 
bis  1173  und  1178— 79b.  Die  falsche  Stellung  von  'MS  2731/32 
ist  also  nicht  dadurch  zu  erklären,  daß  etwa  2709 — 30  als  Inter- 
polation am  Rande  standen.  Es  muß  ein  andrer  Irrtum  zugrunde 
liegen,  der  dann  auch  das  Subjekt  von  2731  verloren  gehen  ließ. 
In  *zn  fehlt  das  Gelübde  auf  dem  Meere  ganz.  Es  fehlt  aber 
aber  auch  in  'zn  und  *W0  der  ganze  legendarische  Schluß  von 
3210  an.  Das  ist,  wenn  das  Gelübde  und  dieser  Schluß  wirklich 
so  von  einander  abhängig  sind,  wie  ich  (S.  214  f.)  angenommen  habe, 
ein  starker  Beweis  gegen  die  Echtheit  des  Gelübdes;  dann  fehlte 
es  auch  in  *Mz. 

*W0  hat  ein  Gelübde,  aber  ein  andres:  Ich  wil  dir  leistin  y 
dy  gohe    Dy  ich   dir  globet  habe    Vnde   ich  [wü]   ouch  darzu  — 


259 

Af achin  eyne  spende  —  So  wil  ich  alle  dy  gew&i'n  Dy  an  mir  icht 
begem  (1206  ff.),  d.  h.  es  fehlt  die  Grundlage  zu  dem  legendarischeD 
Schlnßgebäude:  Oswald  will  nicht  etwa  allen  alles  gewähren,  was 
sie  bitten  können,  es  handelt  sich  nur  um  eine  allgemeine  Spende. 
Das  ist  das  Entscheidende. 

Aber  ein  Gelübde  war  also  schon  in  *MW;  es  wurde  dann, 
vermutlich  erst  in  *MS,  umgedeutet.  Und  zwar  geschickt,  mit 
guter  Benutzung  des  Vorhandenen:  ohne  *W0  würde  uns  das 
Ganze  unecht  scheinen. 

Nun  der  Schluß.  Ich  nehme  an,  daß  der  Kampf  auf  einer 
Insel  stattfindet,  nicht  in  Oswalds  Heimat:  *W0  mußte  die  Christen 
nur  deshalb  erst  nach  Hause  kommen  lassen,  weil  sie  nur  noch 
ein  Schiff  hatten.  Dann  ist  gemeinsam :  Tod  aller  Heiden,  nur 
der  König  wird  gefangen;  er  will  die  Taufe  annehmen,  wenn  die 
Seinen  zum  Leben  erweckt  werden;  das  geschieht,  und  sie  werden 
mitsamt  der  Braut  und  ihrem  Vater  getauft;  der  König  föhrt  sie 
heim  und  verbreitet  das  Christentum.  Das  Letzte  ist  nur  durch 
*zn  und  *W0  belegt,  aber  dadurch  natürlich  doch  für  *MW  ge- 
sichert. Daß  Aron  unter  neuem  Namen  mit  Oswald  zieht  (*MS 
3185)  ist  also  unursprünglich. 

Es  läßt  sich  noch  erkennen,  wie  *MS  diesen  Schluß  möglich 
gemacht  hat. 

Die  Erweckung  der  Heiden  hat  die  wunderbar  natürliche 
Folge,  daß  Aron  den  Kampf  erneuern  will.  In  *zn  geschieht  das 
auch,  in  *MS  weigern  sich  seine  Leute,  weil  sie  inzwischen 
die  Hölle  gekostet  haben.  Ich  glaube,  daß  *zn  recht  hat.  Denn 
in  *MS  folgt  nun  Arons  zweite  Bedingung,  daß  nämlich  Oswald 
mit  Hilfe  seines  Gottes  einen  Taufbrunnen  schaffen  solle,  unver- 
mittelt auf  die  Erfüllung  der  ersten  (der  Auferweckung),  und  man 
sieht  nicht  ein,  warum  Oswald  sich  noch  auf  eine  zweite  einläßt. 
In  *zn  aber  waren  die  Heiden  inzwischen  zum  zweiten  Male  ge- 
schlagen. 

Wenn  also  *Mz  den  zweiten  Kampf  hatte,  so  hieß  es  nun 
den  Anschluß  an  die  alte  Erzählung  gewinnen,  nach  der  der  Heide 
wieder  zu  Lande  fuhr.  Zu  diesem  Zwecke  ließ  *zn  in  dem  zweiten 
Kampfe  nicht  alle  Heiden  erschlagen  werden,  wie  es  der  Stil 
fordert.     *MS  aber  ließ  die  Erweckten  um  neuen  Tod  bitten. 

17* 


260 

Ist  somit  der  ganze  zweite  Kampf  unecht,  so  dQrfen  wir  wohl 
auf  den  Anstoß  in  V.  2941  flf.  (s.  S.  220)  zurückkommen  und  die 
^-^  ganze  Tauferzählung  für  Zusatz  erklaren.  Aber  die  Erweckung  der 
Heiden  und  die  Taufe  ist  nun  eimal  in  allen  drei  Fassungen  über- 
liefert, und  wir  müssen  an  eine  höhere  Instanz  appellieren.  Nur 
die  Weigerung  der  Heiden,  aufs  neue  zu  kämpfen  und  ihre  Bitte 
um  den  zweiten  Tod  darf,  als  nicht  einmal  fttr  *Mz  bezeugt, 
[3015—28,  schon  jetzt  gestrichen  werden. 

3135-84]  Diß  rationalistischen  Erklärungen  von  *MS  (528/29,  1567  bis 

1570,  1654—59,  3101-4)  werden  durch  'zn  und  *W0  nicht 
legitimiert,  auch  21—54,  25^28,  710-13,  1177-80,  1265  bis 
1268,  2034/35,  2521—26,  2889-92  nicht. 

Aber  ich  möchte  mich  doch  hüten,  ex  silentio  zu  schließen, 
d.  h.  einen  Zug  von  *MS  nur  darum  für  unecht  zu  erklären,  weil 
er  in  *zn  und  *W0  fehlt.  Noch  mehr  ist,  wie  mir  scheint,  diese 
Vorsicht  bei  den  eigentlich  spielmännischen  Szenen  nötig, 
die  nach  ihrer  Familienähnlichkeit  und  als  rechte  Hanswurstinter- 
mezzi hier  und  dort  und  überall  angebracht  oder  fortgelassen 
werden  können.  Vielleicht  führt  eine  gemeinsame  Behandlung  zu 
einer  Erkenntnis. 

Der  Rabe  ist  auf  einen  Turm  entflogen,  als  Oswald  ihn  holen 
lassen  will  (372).  Das  ist  durch  *zn  45,  22  für  *Mz  gesichert. 
Aber  die  Fennate  376/77  fehlt  auch  in  *zn.  In  •WO  von  beidem 
nichts  (V.  128/29). 

Die  Betrachtung  über  die  Ungemütlichkeit  eines  Hungrigen. 
811  —  18,  nur  in  *MS;  sie  ist  durch  das  auftiehmende  also  etc. 
parallel  an  805  ff.  geknüpft. 

Das  Gezänk  mit  dem  Hofschalk,  843  —  56,  steht  nur  in  *MS. 

Desgl.  die  Drohung  der  Königstochter,  1039;  wir  hatten  sie 
schon  aus  Gründen  des  Zusammenhangs  angezweifelt  (S.  217). 

1335 — 58:  der  Rabe  will  erst  essen,  trinken  und  schlafen, 
ehe  er  von  seiner  Werbung  Bericht  gibt.     Nichts  davon  in  *zn  *W0. 

Über  1832-39,  1862-81,  1980-93  s.  S.  254. 

1890 ff.:  ein  Schiffsknecht  bemerkt  den  nachgeflogenen  Raben 
und  wird  reich  belohnt,  der  Rabe  wird  königlich  empfangen.  Der 
Bericht  von  *zn  scheint  hier  stark  gekürzt,  *W0  fällt  ganz  aus. 
Über  1916/17  s.  S.  211. 


261 

Auch  in  den  zugesetzten  christlichen  Schluß  hinein  erstrecken 
sich  die  spielmännischen  Szenen  (3366  ff.),  aber  da  fehlt  ja  die 
Kontrolle  durch  *zn  und  *W0  ganz. 

Also  nur  in  einem  Falle  können  wir  eine  spielmännische 
Szene  bis  *Mz  verfolgen  (372  flf.),  bis  *MW  keine.  Und  was  'zn 
nnd  *W0  an  Ähnlichem  gegen  *MS  aufzubringen  haben,  das  ist 
verschwindend  wenig.  (S.  S.  222  ff.,  232  flf.)  Da  ist  es  doch  be- 
deutsam, daß  mindestens  in  einem  Falle  (1832  AT.)  auch  der  Zu- 
sammenhang Anstoß  gegeben  hat.  Sind  also  alle  diese  Inter- 
mezzi unecht? 

Aber  der  Oswald  ist  doch  ein  Spielmannsgedicht? 

Ehe  wir  aber  für  soviel  Zweifelhaftes,  für  alle  die  Fälle 
insbesondere,  in  denen  *Mz  gegen  *W0  steht,  die  Entscheidung 
auf  einer  höheren  Stufe  suchen,  stellen  wir  fest  — ,  das  wird 
dieser  Abschnitt  ergeben  haben  — ,  daß  die  Voraussetzung  unserer 
Filiation  richtig  war  und  alle  drei  Oswaldfassungen  ans  einer 
Quelle  stammen.  Die  gemeinsamen  Inkonsequenzen  aber  erhalten 
nun  ihre  natArliche  Erklärung:  das  alte  Gedicht  war  die  Ver- 
bindung ganz  heterogener  Stoffe:  der  Qeschichte  und  Legende 
vom  H.  Oswald  und  einer  Brautwerbung.  Und  je  weniger  diese 
Stoffe  zu  einander  passen,  um  so  unmöglicher  scheint  es,  daß 
die  Idee  ihrer  Verbindung  nicht  zuerst  in  einem  einzigen  Kopfe 
entsprungen  sein  sollte,  und  nicht  wenigstens  da  alle  erhaltenen 
Fassungen  ihre  gemeinsame  Quelle  hätten. 

5.  Geschichte  und  Legende. 

Der  heilige  Oswald  ward  geboren  im  Jahre  604  und  war 
König  der  Northumbrier  von  635  bis  642.  Von  ihm  erzählt  Beda  in  ^ 
der  Historia  ecclesiastica  gentis  Anglorum  (11.  5,  20,  IlIT  1,  3, 
6—7,  9-13):  Als  König  Ethelfred,  Oswalds  Vater,  starb,  be- 
mächtigte sich  Eadwin,  der  früher  von  ihm  vertrieben  war,  des 
Thrones  wieder.  Oswald  war  mit  seinen  Brüdern  in  Schottland, 
in  Verbannung.  Nach  dem  Tode  Eadwins  und  einem  kurzen 
Interregnum  ward  er  als  Schützer  und  König  heimberufen.  Er 
besiegte  und  tötete  bei  Denisesbuma  den  heidnischen  Bedränger 
Kedwalla  und  bekehrte  sein  Volk.  Er  gründete  Bistümer  und 
Schulen  und  machte  das  Beich  gewaltig.  Aber  er  blieb  doch 
Armen  und  Pilgern  immer  leutselig  und  freigebig.    (Einstmals 


262 

Ostern  ließ  er  die  schon  aufgetragenen  Speisen  unter  Arme  verteilen, 
er  zerbrach  aber  auch  zugleich  seinen  silbernen  Tisch  und  gab  die 
Stücke  mit  dahin.  Da  ergriff  Bischof  Aidan,  sein  alter  schottischer 
Lehrer,  seine  Hand  und  rief:  ,Die8e  Hand  wird  nie  verwesen!' 
Und  sie  wird  noch  jetzt  unversehrt  aufbewahrt.)  König  Oswald 
war  bei  der  Taufe  des  Königs  Cynegilsus  zugegen,  dessen  Tochter 
Cyneburg  später  sein  Weib  wurde  und  ihm  einen  Sohn  Oidilwald 
gebar.  Oswald  fiel  im  Kampfe  gegen  den  heidnischen  König 
Penda.  Der  Ort  seines  Todes  hat  viele  Wunder  gewirkt.  Als  die 
Mönche  von  Beardaneu  seine  Gebeine  nicht  aufnehmen  wollten, 
stand  die  ganze  Nacht  eine  Lichtsäule  da,  die  von  dem  Wagen 
bis  an  den  Himmel  reichte  und  in  der  ganzen  Provinz  Lindissa 
sichtbar  war.  Oswald  hat  auch  einen  Knaben  ins  Leben  zurück- 
gerufen (HL  13). 

Daß  unser  Oawcdt  in  Engellant  mit  diesem  northumbrischen 
Könige  identisch  ist,  kann  schon  darum  niemand  bezweifeln, 
weil  es  nur  den  einen  heiligen  Oswald  gibt^).  Doch  schon  bei 
Cynegils  und  Cyneburg  würde,  wenn  sie  wirklich  Aron  und  Pamige 
sind,  jede  Kunst  der  Namenerklärung  umsonst  sein.  Aber  daß 
Oswald  früh  verwaist  und  dadurch  in  große  Sorge  kommt  (in  *zn 
wird  er  aus  dem  Dunkel  hervor  zum  König),  daß  er  ein  mächtiger, 
doch  frommer  und  freigebiger  Herr,  ein  Verbreiter  des  Christen- 
glaubens und  Kämpfer  wider  die  Heiden  ist  und  Schwiegersohn 
eines  getauften  Heidenkönigs  wird,  diese  Züge  liegen  schon  in 
Bedas  Erzählung  begründet. 

Schon  bei  Beda  setzen  sich  aber  auch  neben  den  geschicht- 
lichen, wie  man  sieht,  legendäre  Motive  an.  Diese  Entwicklung 
ist  natürlich  noch  weiter  gegangen,  aber  sie  ist,  in  England 
wenigstens,  nur  noch  einmal^fixiert:  in  der  Vita  S.  Oswaldi  regis  et 
martyris  des  Mönches  Bigginald  (ed.  Th.  Arnold  in  Symeonis  mo- 
nachi  opera  omnia,  London  1882,  tom.  I.  p.  326  sqq.).  Die  sonstige 
englische  Überlieferung  ist  Abschrift  oder  Bearbeitung  von  Beda*). 


I)  Kelle,  Gesch.  d.  deutschen  Literatur  II,  Berlin  96,  S.  216,  meinL 
der  Legen  den  kern  unsres  Gedichtes  habe  wohl  ursprünglich  mit  dem  Leben 
des  Bischofs  Oswald  von  Worchester,  späteren  Erzbischofs  von  York  in- 
sanimengehangen.     Für  uns  wäre  das  einerlei. 

^)  In  Aelfrics  Vita  des  hl.  Oswald  ist  es  ausdrücklich  bezeugt  (ed. 
Swoet,  Anglo-Saxon  Koadcr  XIY .  224).  Über  die  sonstigen  englischen  Fasanngen 


Dieser  Reginald  hat,  wie  er  selbst  (II.  55)  sagt,  im  Jahre 
lifi5^eschrieben.  Aber  er  war  damals  schon  ein  alter  Mann, 
wenigstens  will  er  dabei  gewesen  sein,  wie  zur  Zeit  König  Hein- 
richs L  (1100—1135)  und  des  Erzbischofs  Thoraas  11.  von  York 
(1108—14),  in  Gloucester  die  Reliquien  des  heiligen  Oswald,  da- 
runter der  linka.  Arm,  in  ein  neues  Gefäß  geschlossen  wurden 
(I.  44).  Möglich  ist  das  ja,  aber  Beginald  ist  unglaubwürdig: 
er  will  nur  berichten,  was  noch  nicht  aufgezeichnet  ist  (L  43), 
und  schreibt  Beda  ab;  die  Vision  I.  42  hat  ihm  einer  erzählt,  der 
sie  aus  Oswalds  eignem  Munde  hat;  ein  andres  Wunder  hat  er 
nach  dem  Berichte  eines  uralten  Mannes,  doch  lateinisch  gegeben 
(I.  10);  ein  drittes  Mal  bestätigt  ein  zureisender  Mönch  die  Mirakel, 
die  Reginald  schon  anderswoher  vernommen  hat  (11.  45)  u.  s.  w. 
Soviel  aber  wird  feststehen:  er  benutzte  außer  Beda  mündliche  l 
Überlieferungen.     Neu  gegenüber  Beda  sind  folgende  Züge: 

L  10.     Als  Oswald  an  der  Pest  liegt,   erscheinen  ihm  Engel 
und  verkünden   ihm  Genesung   und    die   Stunde   seines    späteren    1 
Todes.     Er  soll  in  ihr  himmlisches  Kollegium  aufgenommen  werden. 
Und  es  heißt  weiter:     Omnes  vitae  praeteritae  vanitates  vientis  de- 
voticne  transscendit 

I.  11.     Erst  seit  dieser  Vision  lebt  er  in  Keuschheit.     (Vor- 
her hatte  er  —  wie  bei  Beda  —  einen  Sohn  von  seiner  Frau.) 

I.  17/18 ales  pet^mcucimay    olim  in  partibtis  Ulis  tatUae 

quantitatis  invisay  comparuü,  ifuae  et  manum  dejcteram  (Osioaldi)  de 
stipite  cum  brachio  9ustulit    —    Fenda   hatte    Oswalds    Kopf  und 
rechten  Arm  an  Pfähle  geheftet  —  et  cum  tanti  pretii  pi^aeda  ad 
vicini   loci  arborem  cum  reverentia  conoolanit,     Eratque  ales  ipsa, 
ut  putabatury    coroini  generie;    aed  pro  grandibue  rostro  et  un- 
guibus  cupiüarum  simüüudini  conformis  fuisse  videbatur.     Der  Vogel     / 
fliegt   auf   eine    nahestehende    Esche.     Unde  de  ore  iüiua  praeda 
delapsa  decidity  et  mcrata  dcrtera  cum  brachio  super  asperae  s^ilicis 
duritiem  deorsum  corruit,     Miranda    igiiur  Dei    virtute  statim  ad 
attactum  sacri  brachii  decidentis  de  sod-o  durissimo  prorupit  fons    \ 
limpidissimus  et  perennis,    (Hier  können  wir  schon  das  Entstehen    ^ 
der  Legende  beobachten.    Denn  es  hieß  noch  I.  12:  In  der  Nähe 

vgl.  Berger  S.  438  ff.  (nach  Uhland).  Capgraves  ,NoYa  Legenda  Angliae'  war 
mir  nicht  zu  erreichen.  Nach  den  Anfahrungen  der  BoUandisten  stammt 
ihr  Bericht  auch  aus  Beda. 


V 


264 


des  Ortes,  wo  König  Oswald  fiel,  entspringt  unter  einem  mächtigen 
Baume  eine  immerwährende  Quelle,  denn  nicht  weit  davon  war 
Haupt  und  Arm  des  Königs  an  Pf&hle  geheftet.) 

I.  42:  Vor  dem  Kampfe  mit  dem  Britenkönige  Cathlo  er- 
scheint der  heilige  Columba  in  einer  Vision  vor  Oswald  und 
ermutigt  ihn  zum  Kampfe.  Sein  ganzes  Heer  gelobt  danach,  sich 
taufen  zu  lassen.  (Nur  zwölf  Mann  waren  schon  in  der  schottischen 
Verbannung  mit  ihm  Christen  geworden.) 

Wir  erkennen  sogleich  und  vor  allem  den  Baben  wieder,  aber 
auch  die  Wunderquelle,  die  uns  zweifelhaft  war;  daneben  das 
Keuschheitsgelübde  und  die  Vorhersage  des  Todes,  die  wir  beide 
für  unecht  hielten.  Vielleicht  findet  man  auch  in  I.  42  die  Taufe 
der  Heidenkrieger  vorgebildet:  wenigstens  handelt  es  sich  hier  und 
dort  um  Taufe  eines  ganzen  Heeres^). 

Aber  auch  an  dem  Baben  ist  für  uns  fast  nichts  brauchbar, 
als  daß  er  da  ist.  Schon  von  seiner  Verbindung  mit  der  TaufqueUe 
in  unsem  Dichtungen  keine  Spur.  Aber  wir  wissen  doch,  daß  wir 
uns  nun  sehr  vorsehen  müssen,    ihn  für  mythologisch  zu  halt^. 

Die  Erzählungen  vom  Heiligen  Oswald  sind  sehr  bald  hinfiber- 
gebracht  auf  das  Festland.  Das  berichtet  Beda  (HI.  13).  Er 
weiß  auch,  daß  der  Priester  Acca  auf  seiner  Beise  nach  Born  den 
Erzbischof  Willbrord  oft  von  Oswalds  Wundem  in  iüa  promncia 
hat  erzählen  hören.  Willbrord  war  Erzbischof  von  Utrecht  schon  seit 
696  und  starb  in  Echtemach  739.  In  dieselbe  Oegend  führt  uns 
auch  noch  ein  anderer  Weg:  Gebeine  des  Hl.  Oswald  waren  im 
Jahre  1038  nach  dem  Kloster  des  Hl.  Winnoc  bei  Bergen  (Bergues) 
in  Flandern  überfahrt,  seit  1138  wurde  sein  Haupt  in  Echtemach 
verehrt.  Der  Mönch  Jlrogo-  v^n  St.  Winnoc  schrieb  aus  Beda 
eine  Vita  Sti,  Oswaldi  zusammen  (Acta  Sanctoram  Aug.  H.  92  ff.), 
aber  auch  hier  läßt  sich,  wenigstens  an  einem  Punkte,  zeigoi, 
daß  mündliche  Überlieferung  an  die  schriftlich  fixierte  und  sozu- 
sagen literarisch  kanonisierte  Geschichte  und  Legende  herantrat. 
Denn   in    einer  der  Handschriften  der  Vita  sind  zwei  Predigte 


')  Die  spätere  Legende,  den  .inf&ngen  bei  Beginaid  folgend,  machte 
Oswald  natürlich  keusch,  weih-  und  kinderlos.  So  eine  in  Ldwen  1488  ge- 
drnckto  Sammlung,  deren  Texte  ,Yerbes8ert  und  verlftngert^  sind  (München, 
H.-  u.  St.-  Bibl.  Inc.  1703  b  Fol.)  und  ein  Zusatz  im  niederdeutschen  PassIonaL 
(Darüber  Klockhoff  S.  21.) 


265 

angefügt,  zu  denen  (a.  a.  0.  S.  93)  bemerkt  wird :  jSermo  domini 
Di*offonü  in  festo  eiusdem  preciosi  Regia  H  niartyr%H^,  Tn  uno 
duorum  ea^emplainumy  qwu  habemuSy  iatitis  argumenti  apographo, 
acnbitur  tUe  serino  ,fegendus  in  feste  eiusdem  etcJ  Huic  sef^moni 
tum  admodum  longo  subditur  se^yno  secundua  priore  brevior.  Aus 
der  ersten  Predigt  erfahren  wir  noch  an  andrer  §telle  (S.  103): 
Orationi  namque  nocte  dieqtie  varabat  {St  (hwaldus)  et  id  quidem 
ipsa  res  vefntatis  indicabat:  nam  calhs  in  genibus  longus  precum 
aratianumque  fecerat  usus:  qui  siquidem  in  eisdem  genibus  inoenti 
sunt,  antequam  terrae  defunctum  mandaretur  corpus^),  (Vgl.  die 
Legende  vom  Hl.  Oallus.) 

Wir  erkennen  hier  eine  Art,  wie  die  neugebildete  Legende  weiter 
verbreitet  wurde.  Aus  der  Predigt  mochte  mit  dem  zuhörenden 
Volke  auch  der  Spielmann  die  neuesten  und  großartigsten  Wunder 
entnehmen. 

Die  ältesten  und  deutlichsten  Spuren  von  der  Wanderung  der 
Oswaldverehrung  und  -legende  führen  also  in  dasselbe  Land,  in 
das  uns  der  Archetypus  unsrer  Handschriften  und  die  Verwandt- 
schaft der  Spielmannsepen  weist.  Über  die  sonstige  Verbreitung 
des  Oswaldkultus  s.  Berger  S.  415  fT. 

Aber  die  Geschichte  gibt  doch  nur  die  allgemeinsten  Grund- 
lagen für  unsere  Dichtung  her,  und  die  Legende  schaltet  sich  so- 
fort selbst  aus,  wo  es  sich  um  Echtheitsfragen  handelt:  in  allen 
drei  Fassungen,  *MS  *zn  *W0,  zeigt  sich  das  Bestreben,  Geistliches, 
Heilig,  Wundarhaftes  einzufügen,  und  daß  das  am  liebsten  aus 
der  nebenher  wohlbekannten  Oswaldlegende  genommen  wurde,  ist 
eigentlich  selbstverständlich  und  ergibt  sich  übrigens  aus  den 
oben  angeführten  Entlehnungen. 


*)  Die  Handschrift  ist  nach  gütiger  Mitteilung  Ton  der  Königl. 
Bibliothek  zu  Brüssel  in  der  Bibliotheque  publique  de  la  Tille  de  Bergue^ 
bewahrt;  sie  blieb  mir  unzugänglich.  Nach  der  Beschreibung  des  Gata- 
logue  gen^ral  des  Manuscrits  des  Bibl.  pnbl.  de  la  France,  XXYI,  Paris 
1897,  p.  662-^63,  stammt  sie  aus  dem  12.  Jahrhundert  und  enth&lt  außer 
einem  von  demselben  Drogo  stammenden  Leben  der  Hl.  Lewinna  auch  drei 
Miniaturen:  Winnoc,  Oswald,  Lewinna,  die  also  Jahrhunderte  Alter  sein 
würden  als  alles  von  Berger  a  a.  0.  S.  425  beigebrachte  ikonographisehe 
Material.    Eine  andere  Miniatur  bei  Mourek  (s.  o.  8.  221). 


266 

6.  Die  Brautwerbungsgeschichte. 

Geschichte  und  Legende  haben  also  für  'MW  hergegeben: 
Oswald  (mit  einigen  charakterisierenden  Zügen),  einen  heidnischen 
König,  seine  Tochter,  den  Baben;  an  Handlung  aber  mit  Sicher- 
heit nichts  weiter  als  die  Heirat. 

Die  übrige  Handlung  aber  ist  Oswalds  Brautwerbung,  und 
sie  ist  in  einem  ganz  bestimmten,  hergebrachten  Schema  erzählt. 

Dieses  Schema  beginnt  zuweilen  schon  mit  der  vorigen  Gene- 
ration: Wolfd.  B  3,  Kudr.  I.  ^)  1.  Und  wären  das  auch  nur  Namen- 
nenhungen;  so  enthalten  sie  doch  die  Keimstelle  für  eine  gleiche 
Erzählung  wie  die  vorhandene.  So  erwachst  die  Hugdietrichge- 
scliichte  aus  dem  Wolfd.  B,  und  ins  Lächerliche  getrieben  ist  dies 
Fortzeugen  in  DFl:  hier  folgen  sieben  Generationen  auf  einander. 
Auch  der  Oswald  zeigt  solche  Ansätze.  Wie  ß  eine  Einleitung 
aus  dem  Gedichte  hervorgesponnen  hat,  ist  S.  194  ff.  gezeigt.  Schon 
*MS  enthielt,  interpoliert,  den  Namen  Sewart  (1568). 

Dieser  alte  König  hat  einen  Sohn,  den  Helden  der  folgenden 
Brautwerbung.  Dessen  Macht  wird,  wenn  dies  nicht,  wie. Kudr.  L2, 
schon  bei  seinem  Vater  geschehen  ist,  beschrieben,  oft  nach  An- 
zahl der  untertänigen  Könige,  Herzoge,  Herren  und  Bitter,  auch 
wohl  der  Bischöfe  und  Äbte:  Ort.  5,  Roth.  7,  Morolf  23,  (vgl.  106,) 
Or.  162,  Kudr.  H.  207.  Vgl.  auch  Panzer  S.  219  Anm.  1.  Ange- 
schlossen ist  gleich  ein  Lob  der  königlichen  Tugenden.  Besonders 
fromm  ist  außer  Oswald  noch  Dietwart  DFL  1. 145.    Vgl.  Or.  176  ff. 

Er  ist  sehr  jung  zur  Herrschaft  gekommen,  verwaist:  Wolfd. 
B  8,  Kudr.  I.  5,  Kudr.  IL  209,  Oswald.     (S.  die  Anm.)  — 

Seine  Herren  raten  ihm,  ein  Weib  zu  nehmen:  Both.  19, 
Nib.  L  49,  Nib.  IL  C  49,  3,  Kud.  L  169,  Kud.  H.  210,  Ort  7, 
DFl.  n.  1906,  Oswald.  Die  Mutter  rät  ihm,  ein  Weib  zu  nehmen: 
Kudr.  I.  7,  Kudr.  III.  588.  (Eine  Stimme  im  Traum  rät  ilim,  ein 
Weib  zu  nehmen:    Osw.  *MS.) 

Er  fragt  seine  Herren  um  ein  Weib:  Mor.  24,  Herzog  Ernst 
B  260  ff.,  Wolfd.  B  10,  DFl.  I.  790  (Oswald  'MS,  hier  und  im 
Wolfd.  B  müssen  sie  erst  besandt  werden);  seinen  Vater:  Or.  194. 


*)  Die   römischen   Ziffern   zur   Unterscheidang  der  Generationen  oder 
sonst  bei  mehrfadher  Anwendung  d«s  Bohomas  innerhalb' einer  Diohtiuig. 


267 

Er  hat  ein  Gelübde  getan,  das  schönste  Weib  zu  gewinnen: 
Helg.  Hjörv.    Pr.  1.  — 

Er  will  einen  Erben  erlangen:  Both.  29,  Wolfd.  B  10, 
Oswald.  — 

Keiner  weiß  ein  geziemendes  Weib:  Mor.  26  (Osw.  *MS). 
Der  Berater  weiß  keine:  Wolfd.  B  11.  Der  König  weiß  keine: 
Kudr.  II.  210,  Herbort  Thidr.  233;  die  er  kennt,  sind  alle  ffippe 
Or.  205.    In  eignen  Landen  findet  sich  keine:  Roth.  42,  Ort.  10. — 

Schließlich  rät  einer,  der  am  Hofe  erzogen  ist:  Lupoid: 
Both.  63;  Berchtung:  Wolfd.  B  15;  Yljas  (wan  er  da  nach  Ortntdm 
der  tiuwerUte  was):  Ort.  1 1 ;  ein  altgnser:  Mor.  28;  Morung:  Kudr.  II. 
211;  der  Vater:  Or.  210;  ein  Waller,  der  72  Lande  kennt:  Os- 
wald (vgl.  Bit.  211);  einer,  der  60  Lande  kennt:  DFL  I.  865; 
ein  Vogel:  Helg.  Hjörv.  1.  — 

Der  Waller  ist  in  eine  Kemenate  geführt:  Oswald;  Lupoiden 
wird  ein  stotd  gerörnt  Both.  104  (,dem  Waller:    Oswald  *W0).  — 

Die  Braut  ist  eine  fremde  schöne  Königstochter.  — 

Sie  ist  heimlich  Christin:    Wolfd.  A  19  (Osw.  *MS).  — 

Wer  aber  um  sie  wirbt,  muß  sterben:  Both.  82,  Nib.  I.  C  9.3, 
Kudr.  n.  201,  213,  228,  421,  Ort.  11  (=DF1.  IE.  2142),  vgL  Snio: 
Saxo  I.  415,  Oswald;  abgeschwächt:  Nib.  L  51—52,  55,  Kudr.  HL 
577,  579—580,  593,  618—619,  631.  Ihr  Vater  gibt  sie  keinem 
Schwächeren :  Kudr.  II.  201  (,08w.  *zn).  Er  gibt  sie  keinem:  ApoUon. 
Thidr.  245;  wenigstens  so  lange  er  lebt:  Wolfd.  B  18.  (Die  drei 
Kampfspiele  mit  Brünhild:  wer  eins  verliert,  muß  sterben:  Nib. 
IL  326.  Alle  Werber  umgebracht,  die  nicht  ein  Bätsei  lösen : 
Indisches  Märchen  bei  Liebrecht,  Zur  Volkskunde  141.)  — 

Er  will  seine  Tochter  selbst  heiraten:  Ort.  21,  Apoll.  Ths.  245, 
Oswald.  Über  die  Verwand|schaft  dieses  Zuges  s.  die  Zitate  bei 
Panzer  218  A.  1;  vgl.  Singer,  Apoll.  71;  ich  föge  hinzu  J.  P.  Camp- 
bell, Populär  tales  of  the  West  Highlands,  Edinburgh  1860, 
No.  XIV.  - 

Der  Bat  wird  zurückgezogen  oder  es  wird  abgeraten:  Nib.  IL 
329,  361,  Wolfd.  B  20,  Ort.  17,  Oswald.  - 

Die  Königstochter  ist  wohl  verwahrt:  Kudr.  IL  198,  Wolfd.  A 152 
(Botelungs  Schwester,  um  die  Berchtung  wirbt);  in  einem  Turme 
(Kammer)  verschlossen  und  bewacht:  Wolfd.  B  18,  Attila  Ths!  49, 


268 

schottische  Ballade^);  Spei  van  de  Koningsdochter  *)  (Osw.  *MS);  in 
einem  Hause  von  einem  Zaabervogel  bewacht:  Helg,  Hjörv.  Pr.  3; 
Vögel  fliegen  über  ihr:  Herb.  Ths.  234,  (vgl.  Singer  ZfdA.  35,  184  f., 
Osw.  0);  zahlreiche  Begleitung:  Nib.  I.  277,  (schottische  Ballade,) 
Oswald;  kein  Mann  darf  sie  sehen:  Attila  Ths.  49,  kein  Ausländer: 
Herb.  Ths.  234;  sie  darf  nur  beim  Kirchgange  gesehen  werden: 
Herb.  Ths.  234(,  schottische  Ballade);  Siegfried  sieht  zum  Zeichen 
besonderer  Gunst  Kriemhild  beim  Kirchgang:  Nib.  I.  272,  289 
(vgl.  Salmes  Kirchbegleitung  Mor.  10).  —  Wer  sie  ansieht,  wird 
geblendet,  wer  in  ihr  Qemach  tritt,  dem  werden  die  Beine  ge- 
brochen: Mongol.  Märchen  im  Ardschi  Bordschi  (Benfey,  Pantschat. 
XXIV  und  457-59),  Julg  S.  lllff.    Weiteres  bei  Panzer  213flf.-- 

Der  König  besteht  auf  der  Werbung.  — 

Herman  rät,  den  Lupoid  als  Boten  zu  schicken:  Both.  91, 
Morung  den  Horand  (-H  Wate  -h  Frute):  Kudr.  11.  214,  Erwin 
vier  (genannte)  Boten:  DFL  I.  950,  DPI.  E.  1953,  der  Waller  den 
Baben:  Oswald.  Ein  Falk  ist  Bote:  schottische  Ballade,  eine 
Nachtigall:  deutsches  Volkslied,  Uhland  No.  15.  (Hagen  rät, 
Siegfried  mitzunehmen:  Nib.  H.  330). 

Ein  dämonischer  Helfer:  Wate  in  der  Kudrun,  Alberich  im 
Ortnit,  der  Vogel  in  der  Hjörvardsage,  der  schottischen  Ballade, 
dem  Volksliede  und  im  Oswald,  Siegfried  mit  der  Tarnkappe 
im  Nib. 

Der  Babe  kann  (alle)  Sprachen:  Oswald.  Vgl.  die  schottische 
Ballade  S.  175  und  das  Volkslied;  der  König  soll  alle  Sprachen 
durch  einen  Stein  lernen  Ort.  244/45. 

Der  König  glaubt  es  nicht  und  findet  Bestätigung:  Ort  246 
(,08w.  ♦MS).  - 

Es  wird  nach  Lupoid  gesandt:  Both.  100  (echt?J,  nach  Horand 
(, Wate  und  Frute):  Kudr.  H.  216,  231,  nach  dem  Baben:  Oswald; 
um  Besendung  gefragt:  Nib.  11.  338  (359);  Herbort  als  Bote  ge- 
beten:  Ths.  233.  — 

Die  Boten  erklären  sich  bereit:  Both.  118,  Kudr.  H.  230, 
243,  247  f.,  DFL  L  986,  Herb.  Ths.  233,  Oswald.  (Horand  weigert 
sich  zuerst:    Kudr.  H.  228,  vgl.  242.)  — 


1)  J.  S.  Roberts,    The  legendary  ballads  of  England  and  Scoüand, 
p.  505  flF. 

>)  A.  de  Cock,  Volkskunde  15, 1  ff. 


269 

Die  Boten  werden  wohl  ausgerüstet:  Roth.  132,  Kudr.  11.249, 
Kudr.  in.  596,  DFL  I.  1028,  Oswald;    und  abgeschickt.  — 

Der  Rabe  erhält  einen  Bing  für  die  Königin:  Oswald;  desgl. 
die  Nachtigall:    ühland,  Volksl.  15.  — 

(Der  Rabe  durch  Meerweiber  aufgehalten,  Osw.  *MS.) 

Die  Boten  kommen  an.  — 

Man  verwundert  sich  über  sie:  Roth.  247,  Kudr.  11.  290  fr., 
(324  -h  326  -4-  373),   Kudr.  IH.  603,  Ort.  269,  Oswald.  — 

Sie  bitten  um  Urlaub  zu  sprechen :  Roth.  288,  (Kudr,  If .  322,) 
Kudr.  m.  600,  vgl.  607,  DPI.  I.  1215,  Mor.  57,  Oswald  (vgl.  Bit. 
4865).  — 

Sie  werben:  Roth.  314,  Kudr.  IH.  607,  Ort.  274,  Attila  Ths. 
41,  Herb.  Ths.  234,  DFL  L  1243,  Oswald.  — 

Zorn  des  Königs  über  die  Werbung:  Roth.  324,  (Kudr.  III. 
608,)  Ort.  275,  Oswald.  — 

Der  Rabe  gefangen:  Oswald;  die  Boten  eingekerkert :  Roth.  342. 
Erste  Werbung  abgeschlagen:  Apoll.  Ths.  246,  Kudr.  in.  612, 
Helg.  Hjörv.  5.  (2  Werbungen:  ApolL,  Roth.,  Herb.,  Hartmut, 
Hjörvard;  3  Werbungen:    Attila.)  — 

Die  Königstochter  bittet  die  Boten  los:  Wolfd.  A  Anh.  266, 
Oswald.  Sie  erbittet  den  Boten  als  Diener:  Herb.  Ths.  237;  sie 
bittet,  die  Boten  zu  ihr  zu  lassen:  Kudr.  U.  337  (4-352-1-386).— 

Sie  nimmt  den  Boten  in  ihrer  Kemenate  wohl  auf:  Herb. 
Ths.  237,  Kudr.  11.  391,  Oswald.    Vgl.  Panzer  231,  A.  1.  — 

Der  Bote  wirbt  von  neuem,  bei  der  Tochter:  Kudr.  II.  400, 
Ort.  393,  Attila  Ths.  51,  Herb.  Ths.  238,  Oswald.  — 

Und  gibt  ihr  einen  Ring:  Osw.,  der  zur  Liebe  zwingt:  Apoll. 
Ths.  247,  Iron  Ths,  269  (,zur  Keuschheit:   Osw.  *W0).  — 

Die  Königstochter  gibt  einen  andern  Ring:  Ort.  413,  Attila 
Ths.  51,  Oswald;   ihren  Gürtel:    Kudr.  H.  400. 

Brief  der  Königstochter  (Oswald  *Mz,)  mit  Liebeserkläning  in 
einem  Apfel:    Apoll.  Ths.  249.  — 

Sie  bestimmt  die  Ausrüstung  für  die  Heerfahrt  nach  ihr: 
Oswald. 

Ohne  Hilfe  des  Boten  ist  sie  nicht  zu  gewinnen:  Kudr.  IL 
214  (Horands),  Oswald.  — 

Heimkehr  der  Boten.  — 


270   _ 

Dabei   fällt   dem   Raben   der  Bing  ins  Meer,    er  erlangrt  ihn 
wieder:    Oswald.   — 

Bericht  der  Boten.  (Erst  am  andern  Morgen:  Oswald  *MS, 
vgl.  Mor.  220).  — 

Ein  Heer  wird  entboten:  Both.  620,  Or.  241  und  Prosa  286, 
Oswald.     (Ort.  24  ohne  daß  schon  vorher  geworben  ist.)  — 

Ein  Termin  der  Ansfehrt  angesetzt:  Both,  II.  3450,  Ortnit  57, 
Oswald.  — 

Beichliche  und  prächtige  Ausrüstung:  Bother  785,  1034, 
Nib.  I.  60,  Nib.  11.  349,  Kudr.  11.  249,  264,  Oswald;  insbesondere: 
goldne  Sporen  für  die  Teilnehmer:  Or.  279,  (Kreuze:  Osw.*Mz,  goldene 
Kreuze:  Osw.  *MS).  Die  Schiffe  sind  auch  auf  lange  mit  Proviant 
versehen:    Or.  235,  Kudr.  IL  250,  257,  Ort.  216,  Oswald.  — 

Abfahrt;  der  Babe  wird  vergessen  und  kommt  nach:  Oswald: 
Alberich  desgl.  Ort.  224.  — 

Man  erkennt  das  feindliche  Land:  Nib.  II.  372,  Ort.  217, 
Oswald.  — 

Beratung:  Mor.  381,  Ort.  222,  260,  289,  295,  DFL  I.  1120, 
Oswald.  — 

Das  Heer  wird  verborgen:  Mor.  383,  Wolfd.  B  274,  870, 
(DFL  L  1125,)  Attila  Ths.  47,  Apoll.  Ths.  251.  (Daselbe  bei  den 
Bückentführungen:  Both.  U.  3644,  Kudr.  HI.  1141,  vgL  Panzer 
368  ff.)  Das  Gesinde  wird  zurückgeschickt:  Wolfd.  B  51.  (Ein 
Kaufmann  bewahrt  die  Schiffe  der  Boten:    Both.  206).  ~ 

Botschaft  des  ßaben  an  die  Königstochter:  Osw.,  desgl.  Albe- 
richs: Ort.  264  flf.     (Erst  hier  Werbung  für  Ortnit.)  — 

Alberich  rat,  einen  Kauf  kram  auf  zutun:  Ort.  243,  Frute  desgl: 
Kudr.  H.  251;  Pamige  desgl.:  Oswald;  Dietmars  Boten  für  Kauf- 
leute gehalten:  DFL  I.  1111.  Vgl.  Panzer  268  flf.  (Bother  nimmt 
Goldschmiede  mit:  Both.  794,  zu  Osw.  vgl.  S.  256/57.)  — 

Der  Bat  wird  ausgeführt.  Die  Ankunft  der  Fremden  wird 
in  der  Burg  gemeldet:  Nib.  I.  80,  IL  392,  5;  Kudr.  IL  290,  HI. 
639,  Oswald  etc.  — 

Der  feindliche  König  sendet  zu  fragen:  Wolfd.  B  40:  der 
rlchf^aere  fragt:    Kudr.  H.  294,  der  barkenaere:    Ort.  250  — 

Er  wird  beredet,  Duldung  zu  üben:  Wolfd.  B  45,  Oswald: 
er  gebietet  Duldung:  Kudr.  IL  296.  — 


271 

Der  Werber  dringt  durch  List  ein  und  gewinnt  die 
junge  Königin  durch  List. 

Boiher  macht  sich  viele  durch  seine  Gaben  hold:  Roth.  1291, 
Hugdietrich:  Wolfd.  B  66,  Frute  etc.:  Kudr.  U.  297  fif. 

Bother  will  von  seinem  Könige  vertrieben  sein:  Roth.  924; 
Hugdietrich  desgl.:  Wolfd.  B  42;  Rodolf:  Attila  Ths.  48,  Horand 
etc.:    Kudr.  n.  311  (vgl.  406). 

Alberich  geht  unsichtbar  zur  Burg,  die  Königin  zu  gewinnen : 
Ort.  427;  Berchter  und  Bother  als  Pilger:  Roth.  II.  3834;  Prin- 
cian  desgl:  Mor.601 ;  Apollonius  in  Weiberkleidung:  Apoll.  Ths.  251, 
Hugdietrich  desgl.:  Wolfd.  B  54;  Rodolf  unkenntlich:  Attila  Ths. 
47;  Rother,  Hugdietrich,  Rodolf  unter  falschem  Namen:  Roth. 
811,  Wolfd.  B  46,  Attila  Ths.  47. 

Rodolf  schleicht  sich  in  Osantrix'  Freundschaft  ein :  Attila  Ths. 
42.  Horand  dringt  durch  seinen  wunderbaren  Gesang  zu  Kudr:  II. 
372flF,,  vgl.  Panzer  S.  302 ff.;  Rother  durch  die  List  der  goldenen 
und  silbernen  Schuhe:  Roth.  2022  ff. 

Die  Königstochter  wird  mit  Hilfe  eines  Hirschen  gewonnen: 
Osw,;  mit  Hilfe  zweier  automatischer  Mäuse:  Herb.  Ths.  234 ;  List 
der  goldenen  und  silbernen  Schuhe:  Roth.  2022 ff. 

Die  Königstochter  entkommt  verkleidet,  durch  Hilfe  ihrer 
Frauen ;  Oswald ;  (sie  bewirkt  durch  Verkleidung  in  einen  Pilgrim 
die  Befreiung  der  Boten:  Roth.  2323).  Sie  läßt  sich  entführen; 
Attila  Ths.  54,  Herbort  Ths.  238;  bei  Besichtigung  des  Kaufschatzes: 
Kudr.  n.  409  und  7.  Av.,  im  Sarge:  schottische  Ballade.  S.  Panzer 
S.  274  flf.  — 

Ihre  Mutter  ist  den  Werbern  geneigt:  Roth.  1065,  1179, 
1463,  Ort.  371,  412,  Wolfd.  B  196,  Apoll  Ths.  249,  Oswald. 

Sie  benachrichtigt  ihren  Gatten  von  der  (schon  vollendeten) 
Flucht  der  Tochter:  Roth.  2996,  Oswald.  — 

Der  Held  empfängt  seine  Braut  und  fährt  eilig  davon.  — 

Der  feindliche  König  bläst  seine  Mannen  mit  einem  Hörne 
zusammen:  Attila  Ths.  55,  Osw.  (Der  Werber  ruft  sein  Heer  durch 
ein  Hörn  zu  Hülfe:  Roth.  U.  4195,  Wolfd.  B  287,  Morolf  500). 
S.  Panzer  S.  390  und  391  A.  - 

Der  Heide  setzt  nach:  Ort.  449,  Kudr.  H.  453,  Attila  Ths.  55, 
Oswald.  Wate  und  Hettel  setzen  Hartmut  nach:  Kudr.  III.  Av.  17. — 


272 

Der  Rabe  sieht  die  Feinde  kommen:  Oswald;  Morolf:  Mor. 
558;  Horand:  Kudr.  U.  488  (,ein  Maraer:  Kudr.  IL  853).  — 

Die  Königstochter  ist  verzagt:  Kudr.  IL  459,  491,  Oswald. — 

Der  König  ermutigt  die  Seinen:  Kudr.  IL  492,  Oswald.  — 

(Oswalds  Gelübde). 

Die  Verfolger  werden  durch  einen  Wind  abgehalten:  Osw.; 
Hagens  Schiffe  sind  dürkel:  Kudr.  11.  453.  — 

Die  Fliehenden  werden  ereilt:  Herb.  Ths.  239,  Attila  Ths.  55, 
Kudr.  n.  487,  Oswald  (;  auf  einem  sande:  Kudr.,  Osw.).  — 

Kampf.     Die  Verfolger  werden  geschlagen.  — 

Ihr  König  fldlt:  Hildesage  in  Lamprechts  Alexander  Vor.  1321  ff. 
=  Strassb.  1830  ff.  Er  entkommt:  Ort.  473  (vgl.  478).  Er  wird 
wegen  seiner  Tochter  geschont:    Kudr.  IL  522  ff.,  Oswald.  — 

Taufe  der  Verfolger:    Morolf  591,  Oswald.  — 

Der  Schwäher  fährt  heim  und  tauft  sein  Volk:  Osw.;  er  fährt 
mit  dem  Paare:  Kudr.  IL  544  (,08w.  *MS).  — 

Heimfahrt  und  Hochzeit.  — 

(Über  die  keusche  Ehe  s.  Panzer  S.  341.)  — 

Warum  ich  mich  bei  dieser  Liste  auf  die  deutsch-nordischen 
Dichtungen  beschränkt  habe,  ist  in  der  Einleitung  gesagt.  Auch 
innerhalb  dieser  Begrenzung  ist  nur  das  herangezogen,  was  mit 
unserem  Erzählungsschema  mehrere  Punkte,  also  auch  Linien 
gemeinsam  hatte  —  soweit  es  mir  bekannt  war.  Man  könnte  an 
vielen  Stellen  die  Motive  noch  zerlegen,  noch  weiter  spezialisieren, 
wie  das  z.  B.  TardeLa^.  0.  S.  38  ff.  zuweilen  getan  hat,  aber  auch 
ich  habe  noch,  um  einen  fortlaufenden  Zusammenhang  zu  geben, 
vieles  Selbstverständliche  aufgenommen  und  das  durch  Weglassen  der 
Zitate  bezeichnet.  Freilich,  ein  solches  Schema  bringt  Verzerrungen 
der  Wirklichkeit  mit  sich  —  z.  B.  durch  die  verschiedene  Zahl 
der  Werbungen  —  aber  sie  sind  hier  unglaublich  gering,  wo  der 
Unterschied  dieser  Dichtungen  eigentlich  nur  in  der  List  besteht, 
durch  die  die  junge  Königin  gewonnen  wird:  da  erst  setzt  die 
Erfindung  des  Dichters  ein. 

Aber  wir  können  doch  diese  Masse  der  Parallelen  erst  f&r 
unsre  Zwecke  ausbeuten,  indem  wir  sie  kritisch  zerlegen.  Es  ist 
schon  früher  (S.  266)  angedeutet,  wie  sie  sich  selbst  neu  erzeugen, 
und  solche  Neubildungen  sind  meist  unschwer  an  den  Inkonse- 
quenzen ihres  Baues  zu  erkennen. 


27a 

DFL  zeigt  zwar  einen  Abglanz  des  Oswaldischen  Wallers,  der   Dietrichs 
in  72  Landen  keine  geeignete  Königin  gefunden  hat:  dieser  Mann  •.  '^"^^h^* 
sagt:   ich  habe  60  Lande  gesehen  und  —  eine  gefunden.    (866   ' 
W)az  ich  noch  lande  ffevam  bin  .  .  ,  876  dar  ttz  hdn  ich  genomen 
ein  kini).    Aber  er  ist  nur  ein  Schatten,  die  Bolle  des  alten  Beraters 
ist  an  einen   Landgrafen   Erwin  (vgl.  Bother  154)  übergegangen. 
Die   Beratung  und  die  Angst  der  Werber  (1116  ff.)  ist  nur  ver- 
ständlich unter  den  alten  Voraussetzungen  der  Brautfahrtgedichte; 
König  Ladiner  indessen  gibt  seine  Tochter  sehr  bereitwillig.    Solche 
Bereitwilligkeit  findet  man    aber  nur  hier  und  in  der  folgenden 
Generation   von  DFL      Da  ist  die  Erzählung  noch  weiter  ver- 
stümmelt: dem  Könige  Sigeher  raten  seine  Mannen  gleich  zu  der 
schönen  Amelgard  (wohl  zu  Liebgard  gebildet),   zwei   Herzöge 
werben,  und  der  König  holt  sie  ein.    Die  folgende  Oeneration  ist 
Ortnit,  und  dann  verschwindet  dieser  Dichtungstypus. 

Ebensowenig  steckt  in  der  Erzählung  von  Hugdietrich  SageHugdietrich. 
oder  gar  Mythos.  Hier  ist  neuer  Wein  in  alten  Schläuchen.  Der 
neue  Wein  ist  die  Erzählung  von  dem  Manne,  der  in  Weiber- 
kleidung zu  seiner  Oeliebten  eindrang,  sodaß  ir  beider  toille  ergie. 
An  sich  nicht  schlechter  als  die  andern  Listen,  die  in  diesen 
Dichtungen  gebraucht  werden,  um  die  Königin  zu  gewinnen. 
(Ähnliches  bei  Achilles  und  ApoUonius.)  Aber  der  Schlauch  ist 
an  mehreren  Stellen  zerrissen:  Der  König  kann  nun  keine  Werbung 
schicken,  weil  er  selbst  auszieht;  aber  trotzdem  fragt  er  seinen 
alten  Berater  Berchtung,  was  er  tun  soll  (Wolfd.  B  21).  Der  müßte 
nach  dem  Schema  antworten:  ,Schicke  BotenS  aber  der  junge  König 
wartet  gar  keine  Antwort  ab,  sondern  entwickelt  ganz  unvermittelt 
seinen  eigenen  Plan  (22).  Als  dann  alles  bereit  ist,  nach  einem 
Jahre,  fragt  er  noch  einmal  (30),  und  jetzt  gibt  Berchtung  die 
erwartete  Auskunft:  ,Nimm  50  Bitter  mit  dir'  u.  s.  w.  (31).  Der 
Plan  nimmt  auch  seinen  Fortgang,  aber  schließlich  findet  der 
Dichter  nicht  aus  der  Verwicklung  heraus,  die  er  herbeigeführt 
hat,  und  der  alte  Plan  wird  aufgegeben:  Hugdietrich  verläßt  die 
schwangere  Königin  —  dabei  ein  Vertrauter  wie  Kudr.  H.  411  — , 
statt  sie  irgendwie  zu  entführen,  und  stößt  zu  Berchtung,  der 
nach  einem  Jahre  zuschauen  wollte,  ob  iht  dventiure  st  geschehen 
(36)  und  merkwürdigerweise  grade  jetzt  im  rechten  Augenblicke 
eintrifft.    Hält  man  daneben,  daß  Hugdietrich  vorher  (51)  sein  Ge- 

Baefl«eke,  M&Dcbener  Oswald  1H 


274 

sinde  zurückgeschickt  hat,  so  ist  das  Zusammen  ein  kümmerlichem 
Sichabflnden  mit  der  Forderung  des  Schemas:  das  Heer  des 
Werbenden  liegt  verborgen  und  wartet,  daß  die  List  gelinge. 
Sie  gelingt  nicht,  sondern  Mutter  und  Tochter  bereden  den  alten 
König,  in  die  Ehe  zu  willigen.  Und  Berchtung  muß  wie  Wate 
noch  eine  Oeneration  älter  werden.  Ganz  wunderbar,  daß  man 
diesen  Inhalt  in  diese  Form  zu  bringen  versuchte. 

Das  Unursprüngliche  der  Erzählung  zeigt  sich  übrigens  schon 
bei    einem    Vergleich    mit   Wolfd.  A.      Etwa    Gemeinsames    hat 
Voretzsch  zusanumengestellt:  Epische  Studien  I.  292 — 303. 
Kudrun  11.  Betrachten   wir   einmal   die   Kudrun  mit  diesen  frevelhaften 

Augen,  so  sehen  wir,  daß  auch  hier  Stoff  und  überlieferte  Form 
nicht  ausgeglichen  sind.  Die  Werbung  um  Hagens  Tochter  häuft 
mit  Fleiß  drei  Motive  an,  die  die  Brautfahrtdichtungen  zur  Ver- 
fügung stellten:  Wate  erregt  wie  Rothers  Asprian  Staunen  und 
.  Grauen;  Frute  tut  den  täuschenden  Kramschatz  auf,  wie  der  Spiel- 
mann, der  Bothers  Weib  zurückraubt,  wie  die  Bot«n  Dietmars 
Ui  a.;  Horand  betört  durch  seinen  süßen  Gesang  —  seine  dn 
doene  (384)  erinnern  an  Bothers  drei  Leiche  —  und  er  ist  es  auch 
schließlich,  der  die  Königin  wirbt,  wie  Alberich  oder  unser  Rabe 
—  er  hätte  Hugdietrich  den  Weg  weisen  können  — ;  schließlich 
aber  läßt  der  Dichter  alle  diese  Motive  zur  Vollendung  des  Planes 
wohl  ineinandergreifen.  Er  läßt  die  Königin  gleich  von  den  Boten 
entführt  werden.  Nun  muß  ihr  Vater  nachsetzen,  und  es  muß  zur 
Schlacht  kommen.  Aber  die  Fliehenden  stellen  ja  gar  nicht  die 
Macht  Hettels  dar  (455) :  es  wird  also  ein  Bote  zu  ihm  gesandt, 
ohne  daß  man  einsieht,  wie  er  den  Flüchtigen  voraus-,  wie  er 
einzeln  heimkommen  konnte:  das  Wasser  scheint  ganz  vergessen, 
bis  Hagen  heimfährt  (559,  vgl.  461,  464,  468,  472  etc.). 
Hettel  rückt  mit  Heeresmacht  aus,  und  nun  kann  die  Schlacht 
gegen  den  Verfolger  entscheiden.  Die  alte  Überlieferung  in 
Lamprechts  Alexander  läßt  Hagen  sogar  seinen  Tod  finden,  und  ich 
halte  das  für  etwas  Natürliches,  das  nur  durch  das  Fortspinnen 
der  Erzählungen,  durch  ihre  genealogischen  Tendenzen  und  über- 
haupt durch  die  Entwicklung  zum  Menschlicheren  beseitigt  ist. 
Im  Ortnit  braucht  man  den  alten  Heiden  noch  für  die  Drachen- 
erzählung: er  entkommt  kaum  seinem  ^£|£ilger  (473),  und  selbst 
vor   der  jammernden  Tochter    heißt   es:    waer   er   mir  nikt  ent- 


275^ 

rufinen,  ich  hiet  im  den  Itp  benomen  (478).  Im  Oswald  schenkt 
man  ihm  schon  wie  in  der  Kudrun  um  seiner  Tochter  willen 
das  Leben,  aber  man  weiß  dann  nichts  Rechtes  mehr  mit  ihm 
anzufangen:  in  *MS  geht  er  mit  Oswald  und  wird  eine  Art  Mit* 
herrscher,  in  *zn  und  'WO  zieht  er  heim,  wie  Hagen  in  der 
Kudrun.  Fore  wird  gehenkt:  Mor.  540.  Kaiser  Konstantin  ent- 
geht diesem  Schicksale  wahrscheinlich  nur  durch  den  Interpolator 
des  Bother:  die  christliche  Beratung  der  Biesen  über  Konstan- 
tinopel (Both.  4385  fif.)  wird  diesen  Schluß  verschüttet  haben  (vgL 
4542);  dasselbe  liest  man  aus  4616 — 41:  Erwin  rät  zur  ,ZuchtS 
Asprian  zu  einem  böUlaCy  Berker  aber  sagt :  %mde  heite  her  benumin 
allin  minin  kindin  den  l(f,  toir  ttuUn  eren  dise  vylf  an  deme  riehen 
koninge  u.  s.  w.  Noch  ein  Zeugnis,  aus  der  letzten  Generation  der 
Kudrun,  scheint  mir  sehr  bedeutsam.  Hier  hat  der  Dichter  die  < 
Werbungssagenform  durch  einen  neuen  Stoff  gesprengt.  Aber  die 
Mutter  hat  zu  der  Freite  geraten,  und  deren  Gefährlichkeit  ist  noch 
wohl  zu  erkennen.  Hartmut  besteht  auf  der  Werbung.  Boten 
werden  gesandt  und  abschlägig  beschieden:  dem  alten  König  tut  es 
leid,  daß  sie  durch  das  Geleite  geschützt  sind:  si  müesten  ander» 
scheiden  schedeltche  heißt  es  (607)  unbestimmt  und  dadurch  die 
Unselbständigkeit  der  Komposition  dokumentierend.  Da  wirbt  Hart- 
mut unerkannt  selber:  lauter  wohlbekannte  Züge,  die  letzte  Steige- 
rung wie  in  der  Bothersage.  Dann  folgt  das  Eigene  der  Kudrun* 
erzählung:  die  Königstochter  wird  wider  ihren  Willen  geraubt 
Der  Vater  setzt  nach  —  und  wie  Hagen  von  Wate,  so  wird  Hettel 
von  Ludwig  erschlagen:  die  Sympathie  der  Brautfahrt^ 
dichtung    bleibt    noch    auf   Seiten    des    Brauträubers ^). 


^)  Um  hierin  nicht  mißverstanden  zu  werden  einen  kurzen  BUck  auf 
Kudr.  196  ff.  Der  erste  Teil  des  Epos  hat  sozusagen  zwei  Schlüsse:  196  and 
203.  Das  Brautwerbungschema  setzte  naturgem&ß  voraus,  daß  der  Werber- 
König  der  eigentliche  Held  ist;  hier  ist  das  aber  nicht  ohne  weiteres  mög- 
lich, weil  bisher  Hagen  diesen  Rang  innehatte;  der  Dichter  braucht  also 
einen  Übergang  zu  Hettel.  Darin  erz&hlt  er,  daß  Hilde  ein  schönes  M&dchen 
wurde,  daß  der  Vater  sie  wohl  verwahrt  hielt  und  die  Werber  henken  ließ. 
Nun  konnte  ja  folgen,  daß  auch  Hettel  warb  —  nein,  der  Dichter  bricht 
ab  und  beginnt  noch  einmal  von  vom,  vom  Standpunkte  Hettels  aus  zu  er- 
z&hlen.  Nur  das  in  197—202  Vorweggenommene  l&ßt  er  aus  oder  gibt  eine 
Art  Referat  davon  (213, 1  nu  ist  mir  dock  gesät).  Das  überkommene  Schema 
zwingt  also  den  Dichter  in  seine  Gewalt;  es  gelingt  ihm  nicht,  geradlinig 

18» 


276_ 

Wie  gut  sich  das  entspricht,  empfindet  man,  wenn  man  sich  er- 
innert, daß  Ludwig  Hartmuts  Berater  ist  (588)  wie  Lupoid  Bothers, 
wie  Berchtung  Hugdietrichs,  wie  Yljas  Ortnits  u.  s.  w.,  und  daß 
er,  wie  diese  alle  erst  ,besandt'  werden  muß,  trotzdem  er  Hart- 
muts Vater  und  später  auch  auf  dessen  Burg  ist:  diese  Bolle  hat 
der  Dichter  nicht  ganz  entbehren  können ,  trotzdem  sie  zu  solchen 
Ungleichheiten  führte.  In  der  Beihe  der  überkommenen  Berater 
stdit  aber  auch  Wate:  wie  Wate  Hagen,  so  erschlägt  also  Ludwig 
Hettel.  Und  hier  ist  der  tragische  Schluß  bewahrt,  denn  hier 
gewährt  er  die  Möglichkeit,  die  Erzählung  fortzuspinnen. 

Wenn  es  aber  zu  diesen  Brautwerbungsgedichten  gehört,  daß 
der  verfolgende  Vater  erschlagen  wird,  dann  ist  damit  die 
Erweckung  der  Gefallenen,  dann  ist  der  Hjadhninga  vig  von 
ihnen  ausgeschlossen.  Neben  dem  Verfolger  selbst  nehmen 
keine  benannten  Personen  seiner  Partei  an  dem  Kampfe  teil :  wer 
soll  seine  Mannen  erwecken,  wenn  er  gefallen  ist?  Doch  nicht 
seine  Tochter!  Die  hat  sich  gern  entfuhren  lassen.  Und  was  in 
aller  Welt  sollte  sie  bewegen,  nicht  nur  ihre  Schützer,  sondern 
auch  ihre  Verfolger  ins  Leben  zurückzurufen  ?  Das  aus  purer 
Freude  am  Kampfe  zu  tun,  ist  Walkürenwerk,  mit  unsern  Sagen 
hat  es  nichts  zu  schaffen. 
(Hjadhnin-  Was   sich   so   aus   einfacher,  natürlicher  Überlegung    ergibt, 

ga-vig.)     bestätigt  sich  durch  eine  Untersuchung  der  Quellen  der  Hjadhnin- 
ga-vig-Sage. 

Zuerst  Snorris  Erzählung.  Hjadhningar  heißt  doch:  Nach- 
kommen des  Hedhinn,  höchstens  erweitert  sich  etwa  der  Bedeutungs- 

fortzufahren,  es  gelingt  ihm  nicht,  die  Sympathie  des  Hörers  umzuschalten. 

Ähnlich  ist  es  mit  der  Schlacht  zwischen  Hettel  und  Hartmut. 

Ein  anderes  Beispiel  für  die  Kraft  des  Schemas  bietet  Kadr.  322. 
Hagen  fragt  die  Werber,  ob  si  walten  niezen  sin  brbi  und  sinen  wm,  unzt  st  A-- 
saezm  bt  im  vürsten  rieJu.  Das  ist  die  verkehrte  Welt:  mit  dieser  festen  Formel 
haben  die  Boten  um  wide  zu  bitten;  Tgl.  Osw.  881.  Aber  die  Yerkoppelon g 
der  verschiedenen  Entfnhrungslisten  zwang  den  Dichter  zu  dieser 
Änderung:  in  andern  Gedichten  würden  entweder  die  Kauflente  auftreten 
und  ihren  Frieden  erhalten  oder  die  Boten,  die  sich  als  Ge&chtete  ausgeben, 
und  sie  erhielten  gleichfalls  ihren  Frieden:  unser  Dichter  hat  aber  den 
Eaufleuten  schon  Frieden  gegeben,  er  kann  also  die  Geächteten,  die  ja  in 
ihnen  gehören,  nicht  noch  einmal  um  Frieden  bitten  lassen,  es  bleibt  also, 
wenn  das  Motiv  nicht  ausfallen  soll,  kaum  etwas  andres  übrig,  als  den 
Frieden  anbieten  zu  lassen. 


277 

umfang  wie  in  Nibelungen,  Eerlingen  u.  dgl.  Ihr  Kampf  ist  also 
vermutlich  ein  Venrandtenkampf,  so  gut  wie  der  der  »Nibelungen', 
und  ihr  Geschlecht  wird  dasselbe  sein,  das  schon  D^or  kannte.  In 
der  Tat  nennt  ja  auch  Hedhinn  Högni  seinen  mag,  und  mag  be* 
deutet  zunächst  nicht  nur  Schwiegervater. 

Ausgesprochener  Zweck  der  Erzählung  Snorris  ist  es,  die 
Ausdrücke  Hjadhninga  vedhr  edha  el  für  „Kampf  und  Hjadhninga 
eldar  edha  vendir  für  „WafiTen"  zu  erklären.  Und  was  macht  grade 
den  Kampf  der  Hjadhningar  so  merkwürdig  und  geeignet  für  diese 
beiden  Kunstausdrücke?  Daß  er  ewig  ist  und  daß  ein  Wunder- 
schwert darin  vorkommt.  Wirklich  bildet  der  Bericht  von  dem 
Schwerte  Dainsleifr  den  Mittel-  und  Höhepunkt  unsrer  E  rzählung 
von  dem  Schwerte,  das  einmal  gezogen  nicht  mehr  fehlt  und  töten 
muß.  Es  ist  hier  bei  Snorri  der  einzige  ausgeführte  und  pointierte 
Dialog,  und  wir  wissen  ja,  was  das  bedeutet:  wenn  diese  Erzählung 
überhaupt  auf  kvidhur  beruht,  wie  Snorri  sagt,  dann  gewiß  auch 
dieser  Dialog,  zumal  das  Schwertmotiv  auch  sonst  das  Oepräge 
der  Altertümlichkeit  trägt.  Als  Högni  Dainsleifr  rühmt,  da  ant- 
wortet Hedhinn  geschliffen;  , Des  Schwertes  rühmst  du  dich,  nicht 
des  Sieges!'  Das  ist  eine  Art  Bätsei,  ein  Dilemma,  das  erst  der 
Schluß  auflöst:  Wie  ist  es  möglich,  daß  ein  Mann  ein  unfehlbares 
Schwert  hat  und  doch  nicht  Sieger  bleibt?  Dadurch,  daß  der 
Niedergeschlagene  immer  wieder  belebt  wird!  Darum  also  Hildes 
Zauber  und  das  der  Sinn  dieser  Erzählung.  Der  Brautraub  ver- 
hält sich  dazu  hur  wie  eine  Einleitung. 

In  derBagnarsdräpa  fehlt  er  ganz,  aber  auch  die  Ewigkeit 
des  Kampfes  müssen  wir  erst  aus  einer  Kenning  erschließen: 
boeie-th^dkr  benia  dröyrog7*a,  die  Heil-Trude  blutiger  Wunden.  Die 
Hauptergänzung  von  Snorris  Bericht  aber  liegt  wohl  darin,  daß 
Hildrs  Walkürencharakter  mehrfach  hervorgehoben  wird,  wie  ihn 
ja  auch  die  über  die  nordische  Literatur  verstreuten  Kenningar 
bezeugen  (Zitate  bei  Panzer  S.  170  f.).  Gewiß  gibt  die  Eagnars- 
drapa  nur  ein  unvollständiges  Bild  der  Sage,  aber  da  sie  Snorri 
sozusagen  als  Beleg  zu  seiner  Erzählung  heranzieht,  müssen  wir 
uns  hüten,  ohne  Not  einen  Gegensatz  zwischen  beiden  zu  kon- 
struieren. 

Die  zweite  Quelle  ist  Saxo,  ed.  Müller- Velschow  I.  238  flf., 
Holder  158  flf.    Da  ist  mit   der  Geschichte  Frothos  HI.  die  von 


278 

Höginus,  Hilda  und  Hithinus  verknüpft,  und  zwar  so,  daß  in  un- 
vermittelter Abwechslung  immer  ein  Stückchen  von  Frotho  und 
dann  wieder  von  Höginus  erzählt  wird.  Aber  auch  was  wir  von 
Höginus  und  den  Seinen  lesen,  ist  nicht  einheitlich.  Falsch  nur 
ist  es,  die  Sage  zuerst  nach  ihren  etwaigen  Lokalisierungen  zer- 
legen zu  wollen,  schon  weil  dergleichen  leicht  sekundär  ist:  vom 
Texte  hat  man  auszugehen.     Er  bietet  folgende  Züge: 

1.  Hithinus  und  Hilda  lieben  sich  auf  eine  dämonische  Art. 

2.  Höginus  und  Hithinus  fahren  zusammen  auf  Seeraub. 

3.  Höginus  weiß  nichts  von  jener  Liebe. 

4.  Hithinus  war  klein,  aber  schön. 

5.  Höginus  verlobt  ihm  seine  Tochter. 

6.  Höginus  und  Hithinus  schließen  Blutsbrüderschaft. 

7.  Hithinus  wird  bei  Höginus   verleumdet,    Hilda   geschändet 
zu  haben. 

8.  Höginus  greift  ihn  mit  Heeresmacht  an  und  wird  besiegt. 

9.  Zweikampf  vor  Gericht;  Hithinus  besiegt,  aber  geschont. 
10.  Hjadhninga  vig. 

Der  letzte  Satz  heißt  bei  Saxo:  Ferunt  Hüdcm  tanta  mariii 
cupiditate  flcgrasae^  vi  noctu  interfectorum  manes  redintegrandi  beut 
gratia  cai^minibus  excitasse  ci^edatur.  Demnach  wäre  trotz  des 
Zweikampfes  vor  Frotho  Hilda  die  Gattin  des  Hithinus  geworden 
oder  geblieben.  Das  paßt  aber  nicht  dazu,  daß  Höginus  gesiegt, 
also  Becht  bekonmien  hatte.  Es  würde  aber  auch  nicht  passen, 
wenn  er  seine  Tochter  trotzdem  abgetreten  hätte,  weil  dann  kein 
Grund  zu  dem  Hjadhninga  vig  ist.  Also  gehören  diese  beiden 
Kämpfe  nicht  zusammen,  sie  gehören  zu  zwei  verschiedenen  Sagen. 

Zu  9  ist  4  zu  ziehen,  denn  darin  ist  die  Begründung  entr 
halten,  warum  Höginus  den  Unterlegenen  schonte. 

Desgleichen  widersprechen  sich  3  und  5:  Höginus  weiß 
nichts  von  der  Liebe  der  beiden  und  dann  verlobt  er  sie  plötzlich. 
5  gehört  aber  zu  der  Erzählung  vom  Gericht  Frothos,  weil  er 
(Saxo  L  227)  Maribus  quoquey  quamcunque  priviikus  cognooUsenL 
ducendi  legem  inflixit.  Demnach  gehörte  3  zu  10.  3  bezieht 
sich  auf  1.  Ich  erhalte  also  die  Teilung  1—3  |  4-9  |  10:  zwei 
Sagen  ganz  äußerlich  neben  einander  gestellt,  nur  mußte  der  töd- 
liche Ausgang  der  ersten  natürlich  den  Schluß  bilden. 


279 

Die  erste  entspricht  genau  der  der  Snorra  Edda.  Neu  hören 
wir,  daß  der  Grund  des  Brautraubes  eine  dämonische  Liebe  war: 
Quippe  nandum  inoxceni  canapectott  aüeima  incenderat  fama,  At 
übt  mutuae  eowpectionü  copia  incidit,  neuter  obtubum  ab  altera  re- 
mittere  poterat;  adeo  pertinax  amat*  octdoa  morabaiur  sagt  Saxo. 

Aber  wie  kommen  die  beiden  Sagen  hier  zusammen? 

Zu  Frotho  in.,  dem  berühmten,  weisen  Fridhfrodhi,  in  dessen 
Regierung  die  nordische  Historie  das  glückliche  Zeitalter  und 
inmierwährenden  Frieden  verlegt,  wuBte  etwa  Saxo  eine  Geschichte, 
wie  kräftig  seine  salomonischen  Gesetze  gehandhabt  wurden: 
Hithinus  hatte  eins  von  ihnen  übertreten;  er  war  ein  mächtiger 
Mann,  er  besiegte  seinen  Schwäher  in  einer  Schlacht:  aber  Frothos 
Recht  war  doch  stärker  als  er. 

Diese  Geschichte  ist  eng  mit  Frotho  verknüpft,  sie  gehört  in 
den  Zusammenhang,  die  andre,  die  der  Snorra  Edda  entspricht, 
ist  hinzugefügt.  Und  das  ist  auch  ganz  leicht  erklärlich:  Hilde 
und  Hagen  sind  Namen  für  entführte  Bräute  und  ihre  Väter.  So 
identifiziert  Saxo  die  Hagen  und  Hilden  verschiedener  Erzählungen 
und  kontaminiert,  was  er  von  ihnen  wußte.  Möglich,  daß  auch 
zu  beiden  Erzählungen  schon  ein  Hithinus  gehörte:  in  der  Hjadh- 
ninga-vig*Erzählung  ist  er  echt  wegen  der  Lokalisierung  Hiddensö, 
und  wegen  der  Übereinstimmung  mit  Snorris  Bericht.  Vielleicht 
ist  aber  auch  der  Hithinus  ,gracilis'  der  Frothoerzählung  echt  — 
und  dann  lag  für  Saxo  die  Verführung  ängstlich  nahe,  beide 
Sagen  ftlr  eine  zu  halten  — ,  denn  ihm  entspricht  genau  ein 
Hedhinn  ,mj6fi'  (=  Hithin  hin  höuaeskae  im  Kununktallit?),  der  in 
der  Bravallaschlacht  auftaucht. 

Der  Sörlathattr  weiß,  daß  derselbe  Högni,  der  später  den 
Hjadhninga  vig  kämpfte,  vorher  den  Sörli  bestand,  gegen  den  er 
zur  Rache  verpflichtet  war,  daß  er  ihm  aber  im  Zweikampf  das 
Leben  schenkte.  Hier  hätten  wir  also  zwei  Erzählungen  hinter- 
einander, wie  sie  Saxo  ineinander  geschoben  hat. 

Die  erste  kommt  für  uns  nicht  weiter  in  Betracht,  auch  die 
einleitende  Göttererzählung  nicht.  Aber  der  Rest  bestätigt  uns 
zweierlei  aufs  kräftigste.  Erstens,  daß  sich  die  Kämpfer  sehr 
nahe  stehen:  bei  Snorri  kämpfen  Verwandte,  bei  Saxo  Fahrt- 
genossen, im  Sörlathattr  Blutsbrüder.     Dies  Merkwürdige,  Einzig- 


280 

dastehende,  Verwei-fliche  ist  der  Ausgangspunkt  der  Sage,  und  um  es 
noch  mehr  hervorzuheben,  fügt  der  Sörlath4ttr  zu  dem  Brautraab 
unter  Blutsbrüdern  noch  den  wahnsinnigen,  zwecklosen  Mord  an 
der  Gattin  des  Beraubten.  Zweitens:  dem  Hedhinn  muß  der  Erlöser 
Ivar  Ijömi  ausdrücklich  Anweisung  geben,  wie  der  Kampf  zu 
beenden  sei:  Högni  ist  unbesiegbar,  wenn  man  ihn  von  vom  an- 
greift, hinterrücks  muß  er  erschlagen  werden,  sein  Tod,  nicht 
Hedhinns  macht  dem  Hjadhninga  vig  ein  Ende.  Das  ist  das  Dainsleif- 
Motiv!  und  also  lag  auch  in  der  Sage,  die  im  Sörlathättr  verar- 
beitet ist,  die  Idee,  daß  Hildr  Dainsleifs  wegen  den  Kampf  ewig 
macht.  Nur  ist  Hildr  ja  fast  ganz  durch  Göndul  aus  ihrer  Bolle 
herausgedrängt. 

Zweifellos  verwandt  scheint  mir  unsere  Sage  mit  der  von 
Helge  Hjörvardhssonr,  wie  sie  in  der  Edda  vorliegt.  Zweifellos 
aber  auch,  welches  der  empfangende  Teil  ist.  Denn  in  der  Helge- 
sage tritt  Hedhinn  ganz  plötzlich  und  unvermittelt  auf,  seine  Ge- 
schichte kann  ohne  Schaden  des  Zusammenhangs  herausgelöst 
werden,  und  der  Konflikt,  den  er  heraufbeschwört,  wird  gar  nicht 
durchgefahrt,  da  ihm  die  Verzeihung  des  Bruders  die  Spitze  ab- 
bricht: natürlich!  denn  sonst  erhielt  die  Sage  ja  einen  unver- 
ständigen Doppelschluß,  wie  ihn  der  ungeschicktere  Saxo  wirklich 
bei  seiner  Hithinus-Sage  nicht  vermieden  hat.  Es  fehlt  also  in  den 
Helgakvidhur  an  der  Hjadhningensage  nur  noch  der  Hjadhninga 
vig:  ein  überirdisches  Weib  treibt  den  Hedhinn  in  Konflikt  mit 
seinem  Verwandten  —  hier  ist  es  sogar  der  Bruder!  —  um  dessen 
Braut,  und  —  dieser  Verwandte  hat  ein  Wunderschw^rt.  So  ganz 
fremd  mag  also  auch  die  Bolle  der  Göndul  im  Sörlathättr  der  Sage 
nicht  sein:  darauf  weist  das  Zauberweib,  das  den  Hedhinn  der 
Helgakvidha  zu  jener  Meintat  verführen  will,  und  dem  entspricht 
wohl  auch  das  Dämonische  der  Liebe  zwischen  Hithinus  und  Hilda 
bei  Saxo. 

Es  bleibt  noch  ein  Wort  über  den  Hättalykill,  die  letzte 
Quelle  für  den  Hjadhninga  vig,  zu  sagen.  Die  erste  der  daraus 
angezogenen  Strophen  bietet  den  anderen  Quellen  gegenüber  nichts 
Neues.    Die  zweite  lautet: 

Hverr  rydhr  hvdssar  eggjarf 

hverr  bryijar  mat  vargif 

hverr  gerir  hjälma  skurir? 


281 

hverr  eggjadhi  atjfi'jarf 
Haraldr  raudh  hvässar  eggjaVy 
herr  brytjar  mat  vargiy 
hjdlmskurir  gerir  Högnty 
Hjarrandi  ridh  gunni. 

Gehört  diese  Strophe  flberhaapt  hierher?  Sie  beginnt  mit 
einem  Haraldr,  von  dem  innerhalb  der  Hjadhninga-yig-Sage  nichts 
bekannt  ist.  Dann  ein  Högni,  den  wir  auch  erst  durch  den  dar- 
auf folgenden  Hjarrandi  zu  ihr  in  Beziehung  setzen  können.  Über 
diesen  Hjarrandi  ist  nichts  weiter  gesagt,  weder  daß  er  Hedhinns 
Vater,  noch  daß  er  Hedhinns  Sänger  war.  Aber  in  beiden  Fällen 
wäre  mit  dem  redh  gunni  der  Überlieferung  ein  Zug  hinzugefügt, 
der  nicht  in  den  Bahmen  des  Hjadhninga  vlg  paßt.  Nehmen  wir 
dazu,  daß  der  Name  Haraldr  fremd  ist,  so  werden  wir  sagen,  daß 
hier,  wenn  überhaupt  auf  eine  einheitliche  Sage,  dann  jedenfalls 
nicht  auf  den  Hjadhninga  vig  angespielt  ist.  Vielleicht  ist  es  die 
von  Hedhinn  mjöfi,  der,  wenn  er  in  Wahrheit  mit  dem  Hithinus 
gracilis  des  Saxo  identisch  ist,  die  Verbindung  zwischen  einem 
Haraldr  und  einem  Högni  herstellt:  mit  jenem  steht  er  in  der 
Bravallaschlacht  zusammen,  mit  diesem  in  Saxos  Frothoerzählung. 

Wie  in  aller  Welt  aber  konnte  man  nun  dazu  konmien,  die 
Sagen  von  der  Brautwerbung  Hettels  und  vom  Hjadhninga  vig 
nicht  nur  zu  vergleichen,  sondern  schlankweg  gleichzusetzen? 

Auf  der  einen  Seite  ein  Mann  durch  überirdische  Gewalt  zu 
Frauenraub  und  Verrat  an  seiner  nächsten  Verwandtschaft  getrieben, 
vor  dem  Wunderschwerte  des  Verfolgers  nur  durch  die  zauberische 
Hilfe  der  Geraubten  geschützt,  und  der  Tod,  wie  bei  Dornröschen, 
in  einen  Zwischenzustand  zwischen  Leben  und  Tod  gemildert,  in 
einen  ewigen  Kampt  gegen  das  eigne  Geschlecht.  Dort  ein  König, 
der  eine  Prinzessin  mit  List  und  Gewalt  gewinnt  und  sie  gegen 
den  verfolgenden  Vat^r  verteidigt. 

Hier  das  Gewicht  auf  der  Macht  des  Verhängnisses,  auf  der 
Tragik  des  Verwandtenkampfes.  Dort  auf  der  kühnen  Schlauheit 
der  Werber,  die  zu  einem  fröhlichen  Ende  führt? 

Ich  glaube,  kaum  je  hat  sich  ein  Gleichsetzen  nach  dem 
Klange,  wie  zur  Zeit  etymologischer  Prähistorie,  besser  gerächt 
als  hier.  Gewiß:  Högni  ist=  Hageney  Hildr  =  Hildey  aber  Hedhinn 


282    _ 

ist  eKen  nicht  =:  HeteU ,  Hjadkningar  ist  nicht  =  Hegelinge^ 
Hjarrandi  ist  nicht  =  Hdrant,  wie  man  gemütlicherweise  postuliert 
hat.  Und  nicht  nur  die  Namen,  auch  was  sie  bezeichnen  ist  ver- 
schieden :  Hjarrandi  ist  Vater  des  Hedhinn,  aber  nicht  Sänger,  wie 
Horand,  und  die  Hjadhningar  sind  auch  nicht  das  Volk  Hedhinns  wie 
die  Hegelinge  d^s  Volk  Hetels.  Wie  wenig  aber  aus  der  Über- 
einstimmung Högni-Hagene,  Hildr-Hilde  geschlossen  werden  darf, 
ist  bekannt  genug,  und  wir  haben  eben  bei  Saxo  ein  neues  Beispiel 
dafür  gefanden. 

War  der  Ausgangspunkt  des  Vergleichs  schon  verkehrt,  su 
mußte  naturgemäß  der  fortschreitende  Vergleich  noch  Verkehrteres 
hinzufügen,  denn  nun  waren  beide  Erzählungen  so  zuzustutzen, 
daß  sie  zu  einander  paßten,  und  die  Krone  davon  ist,  daß  man 
zu  diesem  Zwecke  der  Erzählung  vom  Hjadhninga  vig  den 
Hjadhninga  vig  abschnitt*). 

Um  aber  nicht  mißverstanden  zu  werden:  ich  leugne  weder 
die  Namenähulichkeit  in  beiden  Sagen,  noch  auch  halte  ich  sie  für 
zufällig. 

Die  nordischen  Zeugnisse  für  Hettels  Brautwerbung  sind  uns 
unter  den  Händen  zergangen;  außerhalb  Deutschlands  bleiben 
fast  nur  Namen  übrig.     Außer  etwa  für  Wate  und  Frute. 

Wate  fällte  nach  Lamprechts  Berichte  Hildes  Vater  auf  dem 
Wülpenwerder.  Die  Sage  war  also  schon  damals  eine  Brautfahrt^, 
keine  Hjadhninga-vig-Sage,  und  Wates  Bolle  darin  ist  klar  um- 
schrieben :  die  des  beratenden  Alten,  der  den  verfolgenden  Schwieger- 
vater erschlägt:   wie  Ludwig. 

Wate  war  doch  wohl  wirklich  ein  Meerriese;  Spuren  seiner 
wasserhaften  Natur  haben  sich  noch  in  die  Kudrun  erhalten. 
Das  entspricht  seiner  Bolle  in  dem  österreichischen  Epos:  er 
ist  der  dämonische  spiritus  regens  wie  Alberich  im  Ortnit,  der  Babe 
im  Oswald,   wie  auch  Morolf;    und  insofern  kann  man  ihn  aller- 


1)  Man  hat  gesagt,  Hagens  Gerstange  entspreche  Dainsleifr.  Aber 
nirgends  ist  von  ihr  in  dem  Sinne  die  Rede,  daß  ihr  eine  besondere  Kraft 
innewohnte,  und  der  Vergleich  wird  dadurch  nichtig,  daß  sie  Kud.  517,1  an 
Wates  Schilde  zerbricht.  Man  hat  auch  gesagt,  daß  es  dem  Totenerwecken  der 
nordischen  Hildr  entspreche,  wenn  die  deutsche  Hilde  Wate  um  Heilung 
ihres  Vaters  bittet  (Kud.  530):  aber  in  dem  alten  Gedichte  fiel  ja  Hagen 
der  Zag  ist  ja  ganz  jung! 


283 

dings  den  Helden  der  Sage  nennen.  Denn  die  Art  der  Werbung 
ist  ja  das  unterscheidende  Merkmal  der  Brautwefbungssagen ; 
hatte  man  die  erfunden,  so  fehlten  zum  übrigen  nur  noch  die 
Namen. 

Ich  glaube  darum,  daß  Wate  schon  in  dem  alten  Gedichte 
Lamprechts  auch  Werber  war. 

Wer  der  König  dieses  alten  Gedichts  gewesen,  wissen  wir 
zunächst  nicht;  nur  eine  Vermutung  erlaubt  der  Widsidh:  denn 
wenn  da  nicht  zufällig  Hagen  und  Wate  in  zwei  aufeinander 
folgenden  Langversen  mit  Henden  oder  Heoden  zusammen  genannt 
werden,  so  muH  es  eben  dieser  gewesen  sein. 

Auch  Horand  spielte  in  dem  Gedichte,  das  Lamprecht  vorlag, 
seine  Rolle,  wofern  nicht  das  Auftauchen  des  Namens  in  dem 
Oberdeutschland  des  12.  Jahrhunderts  zufällig  ist.  (Vorher  nur 
Herrand.) 

Jenes  Gedicht  hätte  also  schon  zwei  Werber  gehabt,  Wate 
aber  müßten  wir  als  hinzugefügt  ansehen,  weil  er  seiner  Herkunft 
und  Natur  nach  ursprünglich  fremd  war.  Vielleicht  folgt  es  auch 
schon  daraus,  daß  er,  nicht,  wie  meistens,  sein  König  den  Ver- 
folger erschlug. 

Wenn  man  also  in  England  die  Sage  Wate-Hagen-Heoden 
kannte,  kannte  man  vermutlich  auch  die  Sage  Horand-Hagen- 
Heoden.  Und  da  die  Heodeninge  nach  D^or  einen  skop  Heorrenda 
hatten^),  so  ist  dieser  mit  Horand  identisch,  wenn  auch  nicht  ge- 
rade der  von  D6or  gemeinte  Heorrenda. 

Diese  Gesamtsage  hätten  die  Engländer  schon  aus  ihrer  fest- 
ländischen Heimat  mitgebracht,  denn  Wate  ist  augenscheinlich  Nord- 
friese ^).  Wir  kämen  also  mit  ihr  ins  5.  Jahrhundert  und  auf 
die  jütische  Halbinsel;  bei  den  Nordgermanen  aber  hätte  sich 
außer  dem  Namen  Hjarrandahliöth  keine  Erinnerung  an  sie  erhalten. 


')  Schon  durch  dies  Zeugnis  ist  Panzers  Identifizierung  Heoden-Heorrenda 
widerlegt.    Hilde-Gudr.  8.  311. 

^)  Vgl.  Panzer  S.  435  f.  Ich  sehe  ein  Zeugnis  dafßr  auch  in  dem 
Vitho,  Ton  dem  Saxo,  Müller  S.  74,  erzählt.  Es  ist  ein  Friesenfnrst,  der  von 
Frotho  dem  Milden  besiegt  wird.  Ich  vermute,  daß  dieser  Vitho  der  Witta 
des  Widsidh  und  der  Witte  in  Müllenhoffs  Nordschlesw.  Sagen  No.  400  ist, 
ein  Zwilling  zu  Yadhi,  mit  dem  er  in  Reim-  und  Ablautyerhftltnis  steht.  Die 
Form  Yitho  aber  weist  auf  noch  höheres  Alter  als  ags.  Witta. 


284 

Nun  zu  Frute.  Er  ist  König  von  Dänemark.  Dänemark  ist 
auch  das  Beich  Hettels.  Und  Hettel  ist  König  von  Hegelingen. 
Und  Horand  ist  auch  von  Tenen!  Das  kann  ich  nur  reimen  im 
Hinblick  auf  Saxos  Art.  Er  muß  die  Erzählungen,  die  ihm  zu- 
strömen ,  zu  den  vorhandenen  Königen  in  Beziehung  setzen. 
Notwendig  wird  dann  der  König  während  dieser  Erzählungen 
zum  Deuteragonisten,  wie  wir  es  ja  bei  Fridhfrödhi  sahen.  Eben 
diedes  Verhältnis  finde  ich  auch  in  der  Kudrun  wieder:  Frute  ist 
König  von  Dänemark  geblieben,  aber  neben  und  über  ihn  ist  ein 
anderer  Herr  getreten,  der  auch  König  von  Dänemark  ist,  Hettel. 

Die  Sagengestalt  Fridhfrödhis  ist  gewiß  alt  genug,  daß  wir  an- 
nehmen dürfen,  schon  70 — 100  Jahre  vor  Saxo  hätten  sich  Sagen 
um  ihn  gruppiert  in  der  Weise,  wie  wir's  dann  bei  Saxo  finden: 
um  diese  Zeit  wäre  das  Gedicht  verfaßt,  das  Lamprecht  kannte, 
und  wir  sähen  hier  die  Entstehung  von  Sagenzyklen  wie  der 
Dietrichs  von  Bern  vor  Augen. 

Damals  hätte  in  Dänemark  ein  deutscher  Sänger  die  schon  mit 
König  Frotho  verknüpfte  Sage  von  Hettels  Brautfahrt  also  ins 
Deutsche  übernommen.  Und  daß  wir  einen  solchen  deutschen 
Sänger  in  Dänemark,  und  zwar  gleich,  am  dänischen  Hofe  an- 
nehmen dürfen,  beweist  ja  aufs  schönste  Saxos  Erzählung  von  dem 
Siwardus,  der  den  Herzog  Canutus  durch  das  Lied  von  der  6ri- 
milda  warnt.  Das  war  im  Jahre  1131.  Der  Dichter  hat  also  die 
Namen  Hettel,  Hegelingen,  Horand  modifizierend  mit  einer  ver- 
lornen Hedeningensage  entlehnt  —  den  Namen  Hettel  fand  er  in 
Deutschland  schon  vor:  ZfdA.  H.  2,  XXXI.  84,  Germ.  XVH.  65  — , 
die  vielleicht  an  den  Baub  der  Hilde  in  der  Hjadhninga-vig- Sage 
anknüpfte.  Jene  Namenänderungen  würden  unerklärlich  bleiben, 
wenn  die  Sage  den  verschiedenen  Stämmen,  den  Deutschen  und 
den  Friesen-Dänen  von  Hause  gemeinsam  war. 

Wir  haben  ja  aber  noch  ein  lebendiges  Zeugnis  für  eine 
solche  künstliche  Verpflanzung  der  Sage:  den  Namen  Kvdrun, 
Wäre  er  hochdeutsch,  so  lautete  er  Kundrnn^  und  das  tut  er  auch 
im  9.  Jahrhundert.  Die  Unform  Kudnm  des  12.  Jahrhunderts 
weist  deutlich  auf  unser  Gedicht  und  bestätigt  seine  Entlehnung. 
Dem  entspricht,  daß  Herrant  schon  im  Jahre  888  begegnet,  Horant 
erst  im  12.  Jahrhundert. 


285 

Denn  die  Geschichte  von  Endran  war  damals  schon  mit  der  Kudrun  III. 
von  Hilde  verknüpft.  Wenn  zum  Beweise  nicht  jene  andeutsche 
Namenform  ausreicht,  die  mit  Harcmt  in  Oberdeutschland  auftritt, 
so  müssen  wir  wieder  jene  unschätzbaren  Verse  Lamprechts  zu 
Hilfe  rufen:  da  folgt  auf  Hagen  und  Wate  das  Kämpferpaar 
Herwig  und  —  Wolfwin. 

Ich  habe  schon  dargelegt,  daß  auch  die  Kud.  HI  im  Braut- 
werbungsschema beginnt.  Sie  benutzt  es  nicht  nur  für  Hartmut 
(s.  S.  275  f.),  sondeiTi  auch  für  Herwig.  Es  ist  erst  da  unterbrochen, 
wo  nach  Hartmuts  zweiter  Abweisung  der  Werber  Siegfried  er- 
scheint. Warum  er  erscheint,  ist  klar:  er  muß  Herwig  angreifen, 
damit  ihm  Hettels  Mannschaft  zu  Hilfe  zieht,  damit  Kudrun  von  aller 
Hilfe  entblößt  wird,  damit  Hartmut  sie  gewinnen  kann.  Aber  das 
alles,  auch  die  Schlacht  auf  dem  Wülpensande  ist  im  Verhältnis  zur 
eigentlichen  Kudrunerzählung  nur  ein  Vorspiel,  eine  Einleitung. 
Schon  weil  es  sonst  eine  unerträgliche  Wiederholung  der  Hilde- 
erzählung wäre.  Aber  auch  noch  aus  einem  anderen  Grunde: 
das  erhaltene  Kudrunepos  verlegt  auf  den  Wülpensand  die  Schlacht 
zwischen  Hettel  und  Hartmut,  das  verlorene  die  zwischen  Hettel 
und  Hagen,  d.  h.  der  jüngeren  Schlacht  wird  sozusagen  die  histo- 
rische Beglaubigung  entzogen,  die  Überlieferung  weiß  von  ihr 
gamichts.  Die  Erzählung  von  dieser  Schlacht  leidet  denn  auch 
an  offensichtlichen  Schwächen:  der  Dichter  wollte  Kudrun  ent- 
fahren, aber  die  Hegelingen,  die  Helden  der  vorigen  Brautfahrt, 
nicht  besiegt  werden  lassen,  das  Dilemma  hat  er  nicht  überwunden. 
(Vgl.  die  Anm.  S.  275  f.).  Und  bezeichnend  ist,  daß  Herwig,  der 
Nächstbeteiligte,  dabei  gamicht  in  Aktion  tritt. 

Das    Übrige    ist    —    nur    kurz     möchte    ich   auch   darüber 
meine  Ideen  mitteilen — :  dem  König   Herwig   wird   seine  Braut 
entführt;   sie  weigert  sich  standhaft,  des  Räubers  Weib  zu  werden,     - 
und  hat  viel  Ungemach  darum  auszustehen,  bis  sie  von  ihren  Ver- 
wandten befreit  und  gerächt  wird. 

Die  Naht,  die  diese  Dichtung  mit  dem  Vorigen  verknüpft, 
ist  noch  wohl  erkennbar.  Denn  nun  wurde  es  gegen  alles  Her- 
kommen nötig,  einen  Werber  einzuführen,  der  ohne  Umstände  Er- 
folg hat.  Daher  das  in  all  diesen  Dichtungen  unerhörte  Zwie«: 
gespräch  zwischen  Hettel  und  Hilde  Kud.  635,  4:  er  y>rach: 
ywaz  redet  ir  dannef    ich  hoere  uns  geste  (Herwig  und   sein  Heer) 


bringend  ,  Waz  sol  ich  darzuo  sprechen  niwan  allez  guotV  u.  s.  w. 
So  wird  ausdrücklich  der  Stimmungswandel  der  Eltern  motiviert, 
und  ebenso  bei  Kudrun  selber  (644). 

Eine  zweite  Naht  ist,  daß  Herwig  die  errungene  Kudrun  nicht 
gleich  mitnehmen  darf.  Wie  mühselig  ist  das  begründet!  Hilde 
will  sie  zuo  der  kröne  baz  bereiten  (666,4),  Herwig  soll  sich  in- 
zwischen mit  andern  schoenen  wtben  die  Zeitvertreiben  (667).  Natürlich 
nur,  damit  Kudrun  inzwischen  von  Hartmut  geraubt  werden  kann. 

Eine  einfache,  ursprüngliche  Sage  brauchte  sich  nicht  solche 
Schwierigkeiten  zu  machen,  ihre  Sympathie  war  von  vornherein 
bei  dem  Werber,  ihrem  Helden,  und  sie  brauchte  nur  zu  erzählen : 
König  Herwig  errang  eine  Braut,  die  wurde  ihm  geraubt.  In 
Konflikte  kam  der  Dichter  erst,  wenn  er  auch  diese  Grundlagen 
der  Erzählung  motivieren  wollte  und  nur  das  eine  Brautfahrt- 
schema wußte,  das  dann  sowohl  für  Hartmut  wie  für  Herwig  an- 
zuwenden war. 

Die  Lösung  des  so  geschürzten  Knotens  ist  natürlich,  daß 
Herwig  die  Kudrun  zurückgewinnt.  Aber  vor  diese  Losung  schiebt 
sich  breit  und  beherrschend  die  Erzählung  von  Kudruns  Leiden 
und  Treue.  Die  entnahm  der  Dichter,  wie  mir  Panzer  erwiesen 
zu  haben  scheint,  aus  dem  Balladenstofie  von  Südeli  und  Schön 
Anna.  Aber  gerade  die  bezeichnende  Waschszene  gibt  bei  uns 
schweren  Anstoß:  warum  wird  die  gefandene  Kudrun  nicht  gleich 
von  Bruder  und  Bräutigam  mitgenommen?  Wieder,  wie  müh- 
selig ist  das  motiviert! 

Ich  glaube,   das   Bückentführen   und   Bückerobern    geht 
dem   Dichter    neben    einander    her,    und    diese    Vermutung    be- 
stätigt sich. 
(Snio.)  Saxo  erzählt  (Müller- Velschow  L  415  flf.)  von  König  Snio,  daß 

er  die  Tochter  des  Gothenkönigs  liebt  und  sie  ihn  wieder.  Seine 
heimlichen  Boten  werden  umgebracht.  Da  fällt  er  selbst  mit 
Heeresmacht  ins  Land,  der  alte  König  verliert  sein  Reich.  Aber 
seine  Tochter  hat  er  inzwischen  an  den  Schwedenkönig  verheiratet. 
Snio  verständigt  sie  durch  einen  listigen  Boten  und  entführt  sie: 
reginam  sublatie  mariti  opibus  lavandi  simulatione  digressam  navigio 
deportandam  curavit.  um  ihren  Besitz  wird  dann  mit  wechselndem 
Glücke  gekämpft. 


287 

Also  eine  gradlinige  Werbung  bis  zu  dem  plötzlichen  Hinder- 
nis: die  Braut  fehlt,  ein  anderer  hat  sie  erhalten,  wider  ihren 
Willen.  Und  Herwig?  Er  muß  ja  förmlich  warten,  daß  ihm 
Eudrun  geraubt  wird. 

Und  dann  läßt  Snio  die  Königin  mit  List  entführen,  beim 
Waschen,  mit  einem  Schiffe,  also  beim  Waschen  am  Strande  des 
Meeres. 

Ich  glaube  darum,  es  ist  nicht  richtig,  zu  sagen,  daß  die 
Kudrunüberlieferung  einzig  dastehe:  die  von  Snio  ist  ihr  nahe 
verwandt.  Noch  mehr:  sie  ist  ihr  Vorbild.  Denn  jene  drei 
Hauptfehler  der  Kudrundichtung,  die  Einführung  Hartmuts  nach 
dem  Werbungsschema,  die  Einfädelung  von  Kudruns  Raub  und 
ihre  Zurücklassung,  nachdem  sie  von  Herwig  und  Ortwin  gefunden 
ist,  alle  drei  Fehler  finden  sich  da,  wo  das  Gedicht  in  der  Rich- 
tung auf  größere  Fülle  von  der  Sniosage  abweicht,  und  das  eilende 
der  Königstochter,  die  sich  nach  ihrem  Geliebten  sehnt,  gab  die 
günstigste  Gelegenheit  für  eine  verweilende  Schilderung  ihrer 
Leiden. 

In  der  Sniosage  folgen  auf  die  Entfährung  noch  Kämpfe  von 
wechselndem  Glück,  Saxo  sagt  nichts  weiter  über  sie.  Aber  daß 
man  sie  nicht  mit  dem  letzten  Kampfe  in  der  Kudrun  gleich- 
setzen darf,  liegt  auf  der  Hand.  Die  gewaltsame  Entführung  paßt 
nicht  zu  der  listigen  Snios.    Und  woher  entnahm  sie  unser  Dichter? 

Aus  dem  vorhandenen  Kudrunepos:  Lamprecht  überliefert 
sie.  Bei  ihm  hieß  der  Räuber  noch  Wolfwin,  und  diese  Namen- 
differeuz  ist  mir  ein  Beweis  für  die  angenommene  Kontaminierung: 
der  Dichter,  der  die  Sage  von  Kudruns  Raub  und  Rückeroberung 
nach  dem  Werbungsschema,  nach  Snio,  Südeli  und  Schön  Anna 
erweiterte,  gab  auch  seinem  Helden  einen  neuen  Namen:  Hart- 
mut (und  Ludwig)  sind  aus  der  nicht  in  die  Herbortsage  ent- 
lehnt, und  das  stimmt  zu  dem,  was  wir  sonst  über  das  Namen- 
geben des  letzten  Kudrundichters  wissen. 

Ich  erinnere  nur  an  Siegfried:  die  Kudrun  ist  nicht  wegen 
der  Namen  Siegfried  und  Kudrun  „eigentlich"  Nibelungensage, 
Siegfried  hat  nur  den  Namen  daher  erhalten.  Seine  Rolle  stammt 
vielleicht  aus  der  Hjörvardsage,  wenigstens  findet  sie  dort  eine 
Parallele:  König  Hrodhmarr,  dem  Sigrlinn  von  ihrem  Vater  Sväfhir 
verweigert  war,  fällt  in   sein  Land   ein,  verwüstet    es    und   tötet 


ihn ;  dann  kann  Hjönrardhr  die  Tochter  um  so  ungehinderter  ge- 
winnen.   Siegfried  /  Hrödhmarr,  Hartmut  /  Hjörvardhr.  — 

Im  Hjadhninga  vig  also  fallen  beide  Kämpfer,  in  den  Braut- 
werbungssagen nur  der  eine.  Es  bleibt  die  Möglichkeit  tlbrig,  daß 
beide  am  Leben  bleiben.  Aber  der  Verfolger  wird  besiegt  und  ge- 
fangen, alles  ist  entschieden,  und  man  fragt  sich  vergeblich,  wer 
nun  den  Kampf  durch  Belebung  der  Toten  erneuem  wird?  Der 
Verfolgte!  Indem  er  nicht  seine,  sondern  einzig  die  feindlichen 
Krieger  erweckt!  Zu  solchem  Unsinn  scheint  sich  der  Oswald 
*Mz  verstiegen  zu  haben,  nur  n,  die  nordische  Fassung,  schiebt 
schüchtern  ein,  daß  er  auch  seine  eignen  Gefallenen  belebte. 

Bis  dahin,  waren  wir  (S.  260)  gediehen,  daß  wir  diesen  Kampf 
*Mz  zuschrieben,  aus  dem  Schlüsse  von  *W0  aber  keine  Folgerungen 
für  *MW  zu  ziehen  wagten.  Durch  das  Vorige  aber  hat  es  wohl 
an  Gewicht  gewonnen,  daß  *W0  keine  Silbe  von  einem  erneuerten 
Kampfe  sagt:  es  handelt  sich  garnicht  um  einen  solchen,  sondern 
um  eine  simple  Wiederbelebung,  die  viele  tausend  Seelen  vor  der 
Hölle  retten  will  und  den  erbaulichen  Schluß  erst  möglich  macht, 
daß  die  Neugetauften  nun  auch  in  ihrer  Heimat  das  Christentum 
verbreiteten. 

Aber  auch  wenn  wir  annähmen,  daß  der  Hjadhninga  vig  dabei 
einspielte  und  daß  der  Oswald  ein  deutsches  Zeugnis  für  ihn  ent- 
hielte, so  zeigte  sich  doch  schon  hier,  daß  wie  bei  den  legendären, 
so  auch  bei  den  heroischen  Zügen  etwas  Altes  nicht  zugleich  au 
unserm  Oswald  alt  sein  muß:  auch  wenn  wir  die  Taufe  streichen 
und  den  alten  Heidenkönig  sterben  lassen,  so  haben  wir  immer 
erst  den  alten  Schluß  der  Brautwerbungssagen,  an  dem  sich,  wie 
wir  gesehen,  kein  erneuerter  Kampf  anbringen  läßt.  (Vgl.  auch 
Panzer  324  ff.) 
Herborf.  Eine  neue  Wendung  nimmt  die  Werbungsgeschichte  in   den 

nordischen  Fassungen  der  Herbortsage,  indem  sie  dort  mit  den 
Brautraub  sagen  vom  Walthertypus  kontaminiert  wird.  Daß 
Herbort  gleich  nach  seiner  Ankunft  bei  Artus  wirbt,  ist  gegenüber 
den  Herburts-Eimur  zwar  erst  ein  Zusatz  der  Thidhrekssaga  (Ths.), 
denn  es  ergibt  die  unleidliche  Folge,  daß  Artus  die  Werbung  um 
seine  Tochter  Hildr  hindert  und  fördert  zugleich:  er  wundert 
sich,  daß  Thidhrekr  nicht  selbst  kommt,  und  erklärt,  daß  Hildr  nur 
am  Kirchgangtage  sichtbar  ist;  und  doch  wird  Herbort,   wie  sein 


289 

Sagenverwandter  Samson,  Ths.  1-2,  des  Königs  vertrauter  Gehilfe 
und  sogar  zur  Bedienung  seiner  Tochter  zugelassen! 

Als  aber  dann  Herbort  mit  Mühe  und  List  seine  Werbung 
för  Thidhrekr  angebracht  hat  und  sich  plötzlich  selbst  als  Gatten 
anbietet,  da  wissen  beide  nordischen  Fassungen  nicht,  was  sie  mit 
den  24  Rittern  anfangen  sollen,  die  er  mitgebracht  hat:  nach  der 
Ths.  sendet  er  12  heim,  12  behält  er  oder  (cod.  A)  schickt  sie 
zur  Herrichtung  seines  Schiffes,  nach  den  Rimur  sendet  er  sie 
alle  heim;  dort  nachdem  er  mit  der  Königstochter  sprechen  kann, 
hier  nachdem  er  sie  nur  gesehen  hat.  Natftrlich,  denn  als  S<igen- 
verwandter  Walthers  flieht  er  mit  seiner  Braut  allein,  und  wie  die 
Ths.  nordisch  aus  Walthers  12  Einzelkämpfen  einen  Massenkampf 
macht,  so  schlägt  hier  Herbert  die  80  verfolgenden  Ritter  auf  ein- 
mal. Ursprünglich  werdens  auch  nur  Einzelkämpfe  gewesen  sein. 
Jedenfalls  ist  von  dem  nachsetzenden  Heere  der  Werbungssagen 
nicht  die  Rede,  und  Herborts  24  Ritter  gehören  nicht  in  diesen 
Waltherzusammenhang:  es  sind  die  zurückgelassenen  Begleiter 
der  Werbungssagen. 

Eben  dahin  gehört  auch  die  Werbungslist  (die  automatischen 
Mäuschen):  sie  ist  ja  überflussig,  weil  Herbort  von  selber  Zutritt 
zu  der  Königin  erhält. 

Dali  so  zu  rekonstruieren  ist,  lehrt  die  deutsche  Sagenfassung 
im  Biterolf,  die,  soviel  sich  erkennen  läßt,  noch  frei  ist  von  jener 
Kontamination.  Da  schlägt  in  der  Tat  Herbort  allein  seine  Ver- 
folger. Auch  der  selbstverständliche  Schluß  der  Sage  ist  erhalten : 
in  der  Ths.  heiratet  Thidhrekr  irgend  eine  andre  Königstochter, 
als  der  verräterische  Werber  ausbleibt  —  er  durfte  ja  nicht  vor 
einem  andern  Helden  unterliegen  — ,  im  Biterolf  rennt  er  ihn  an: 
V.  6502  sagt  Herbort:  Si  (Dietrich  und  Hildebrand)  heien  gerne 
mir  henomen  Hildeburgen  die  ml  rtcken.  Qoltwart  und  Sewart, 
die  man  sonst  nicht  kennt,  mögen  den  Burgunden  des  Waltharius 
entsprechen,  die  die  Flüchtigen  aus  Habsucht  angreifen.  Wir 
hätten  hier  also  den  beiden  Heinzelschen  Klassen  der  Walther- 
dichtungen —  in  der  ersten:  Kampf  Walthers  mit  den  verfolgenden 
Hunnen,  in  der  zweiten:  Kampf  Walthers  mit  den  Burgunden 
(Heinzel  a.  a.  0.  S.  60)  —  eine  dritte  zuzufügen,  darin  der  Ver- 
folgte sowohl  mit  den  Verfolgern  als  mit  noch  andern  Angreifern 
siegreich  kämpft.    Über  die  Erlegung  des  Riesen  s.  Panzer  S.  41H. 

Baeseeke,  Manehener  Oswald  19 


290  _ 

Daß  aber  Dietrich  vor  Herbort  unterliegt,  ist  für  mich  noch 
ein  besonderer  Beweis  des  Alters  und  der  Selbständigkeit  der 
Herbortsage  und  ihrer  deutschen  Fassung;  das  ging  nicht  mehr, 
nachdem  Dietrich  Mittelpunkt  eines  Zyklus  geworden  war,  und 
darum  ist  es  auch  vergessen  und  verloren  gegangen. 

Über  die  Namen  Ludwig  und  Hartmut  des  Biterolf  habe  ich 
schon  gesprochen  (S.  287):   daß  sie  vor  den  Artus,  Tristan^  Isolde 
der  Ths.  den  Vorzug  verdienen,  leuchtet  ein;   ich  glaubte  sie  auch 
ursprfinglicher  als  die  der  Eudrun. 
Attila.  Von  dem  Walther-Herbort-Typus  scheint  mir  auch   die  Sage 

von  Attila  und  Erka  beeinflußt.  Es  gehen  erst  einige  erfolglose 
Werbungen  voraus,  die  in  einen  Krieg  der  beiden  Könige  enden. 
(Rodolfs  nächtlichen  Überfall,  Ths.  46,  kann  man  vielleicht  mit  der 
Ymelotepisode  im  Rother  parallelisieren.)  Dann  aber  folgt  eine 
Werbungsgeschichte  nach  unserem  Typus,  ausgezeichnet  durch 
viele  eigene  Züge  (s.  das  Schema),  die  sich  aber  insofern  an  die 
vorhergegangenen  Ereignisse  anlehnt,  als  Rodolf  300  Bitter  fordert, 
ohne  seinen  Werbeplan  zu  verraten,  und  insofern  mit  dem 
Walthertypus  kontaminiert  ist,  als  sie  zunächst  in  eine  Einzelflucht 
mit  großen  Schätzen  ausläuft.  —  Daß  Erkas  Sdiwester  Berta  zu- 
gleich den  extra  herbeigeholten  Osidh,  Rodolfs  Bruder,  zum  Gatten 
erhält,  wird  ja  nichts  ausmachen.  —  Dann  aber  setzt  der  betrogene 
Osantrix  nach,  Rodolf  wird  mit  den  Seinen  eingeschlossen,  und 
um  nun  die  Verbindung  mit  dem  Werbungstypus  herzustellen^ 
müssen  zwei  Boten  durchbrechen  und  Attilas  Heer  herbeirufen. 
Die  Kontamination  zeigt  sich  auch  darin,  daß  Osantrix  dem  Rodolf 
selbst  den  Zutritt  zu  seiner  Tochter  gestattet,  aber  trefflich  ist 
hier  die  Vereinigung:  Rodolf  ist  der  Werber,  aber  er  wird  nicht 
erkannt. 
Rother  I.  Der  Rother  I  ist  eine   unserer  Werbungssagen,   wenn   man, 

wie  längst  geschehen  ist,  Berker  mit  seinen  Söhnen  und  die 
bairischen  Elemente  aussondert.  Berker  und  Liupold  haben  keinen 
Raum  neben  einander,  und  Berker  fehlt  auch  in  der  Ths.  Neu  ist 
das  Motiv,  daß  die  Boten  auch  wirklich  eingekerkert  werden,  und 
die  List  der  Werbung  besteht  darin,  daß  der  König  unter  falschem 
Namen  selbst  freit. 

Die  Selbstwerbung  wird  in    dem   mhd.   Gedichte  eingeleitet 
durch    die    reizende  Erzählung    von    der  List   mit  dem  goldenen 


291 

und  dem  silbernen  Schuh:  sie  gehören  zu  zwei  Paaren  und  passen 
nur  an  das  eine  Füßchen,  sodaß  Rother  die  fehlenden  selber 
bringen  muß.  Ich  hebe  das  nur  hervor,  weil  hier  die  Werbungs- 
list, die  natürlich  an  die  Überlieferung  die  größten  Ansprüche 
stellte,  so  ausgezeichnet  überliefert  ist.  (Bührig  mißversteht  sie 
in  seiner  Dissertation  vollkommen.)  Was  macht  die  Ths.  daraus? 
In  cod.  M  fehlt  hier  gerade  ein  Blatt,  in  AB  heißt  es,  nachdem 
Thidhrekr-Osantrix  die  Oda  (cap.  37)  bereits  gewonnen 
hat:  Er  nimmt  einen  Schuh  von  Silber  und  setzt  ihren  Fuß 
auf  sein  Knie.  Da  paßt  der  Schuh  genau.  Er  zieht  ihn  wieder 
aus  und  versucht  es  mit  einem  goldenen  an  demselben  Fuße, 
zu  sehen,  ob  ihr  der  paßt:  en  ihes»i  ferr  enn  hälfe  betr  en  enn 
fip^ri!  Da  streichelt  sie  ihr  Bein,  sieht  zum  Himmel  auf  und 
ruft:  ,Erlebte  ich  den  Tag,  an  dem  ich  meinen  Fuß  in  Osantrix' 
vSchoß  setzte!'  Thidhrekr  gibt  sich  zu  erkennen.  —  In  dor 
schwedischen  Bearbeitung,  die  auf  M  beruht,  bleibt  gar  nur  dies 
von  der  Erzählung  übrig:  Thidhrekr  umarmt  Oda;  sie  sagt:  (iaeve 
(/udh,  at  Osancti'ir  konongr  hefdhe  mik  sva  i  Htnum  fadhme  sein 
nu  hnevi'r  thv.  Hier  ist  von  fadhmr  =  Schoß  nur  fadhmr  =  Um- 
armung geblieben,  von  den  Schuhen  gamichts! 

Mir  ist  schon  danach  unerfindlich,  wie  man  die  Fassung  der 
Ths.  ursprünglicher  nennen  kann  als  die  mhd.:  an  die  Stelle  der 
List  ist  Thidhreks  gewaltsamer  Einzug  in  die  Stadt  des  Milias,  die 
gewaltsame  Werbung  (nach  vorhergegangenen  Bitten j,  die  gewalt- 
same Befreiung  der  gefangenen  Boten  getreten;  die  Erzählung  von 
den  Schuhen  hinkt  unverstanden  und  unverständlich  hinterdrein. 
Daß  Osantrix  schon  Frau  und  Tochter  hatte,  mag  man  mit  der 
Komposition  der  Ths.  entschuldigen.  Ich  will  auch  nicht  leugnen, 
daß  die  Ths.  alte  Züge  bewahrt  hat,  die  dem  Rother  fehlen:  hier 
haben  vielleicht  die  interpolierten  Söhne  Berkers  die  ursprünglichen 
Gesandten  beseitigt,  in  der  Ths.  sind  es  die  Brudersöhne  des 
Osantrix.  Wiederum  aber  kann  ich  es  nicht  für  ursprünglich 
halten,  daß  in  der  Ths.  zwei  Gesandtschaften  geschickt  werden  und 
daß  beide  im  Kerker  endigen,  ehe  sich  Osantrix  selbst  auszuziehen 
entschließt.  Dieser  Zug  aber  ist  dann  gleich  ein  Heereszug,  und 
wie  dieser  die  listige  Werbung  verdrängt  hat,   ist  oben  gezeigt. 

Auch  König  Ortnit  beschließt  sogleich  den  Heereszug,  aber     Ortnit. 
die  Botschaft  an  den  Heiden  muß  dann  nachgeholt  werden.     Das 

19» 


292 

ist  indessen  auch,  wenn  man  von  dem  angefügten  Drachenkarapfe 
absieht,  der  einzige  auffällige  Unterschied  vom  Oswald.  Ich  muß 
dabei  sagen,  daß  ich  Voretzschens  Meinung  von  der  Inferiorität 
der  Ortnitfassungen  in  der  Ths.  und  DFL  gegenüber  dem  mhd.  Epos 
mit  Entschiedenheit  beitrete,  und  auch  für  mich  ist  diese  Dichtung 
Brautfahrt  -h  Drachenkampf,    nicht   Drachenkampf  H-  Brautfahrt 

((Voretzsch  S.  320 — 35).  Sonst  aber  gleichen  sich  beide  Erzählungen 
Zug  um  Zug,  so  sehr,  daß  sich  die  Parallelisierung  Alberichs  mit 
dem  Eaben  ganz  von  selbst  ergibt.  Sie  ergibt  sich  aber  auch 
aus  unserem  Schema:  in  den  andern  Sagen  finden  wir  den  alten 
erfahrenen  Berater,  hier  Alberich  und  den  Baben,  aber  so,  daß 
dadurch  weder  Yljas  von  Eiuzen  noch  Tiagemund-  Warmund 
beseitigt  sind:  hier  ist  die  Stelle,  wo  die  individuelle  Sage 
aus  dem  Schema  hervorsieht,  wo  der  einzelne  Dichter  persönliche 
lokale  Kenntnisse  in  eine  einmal  gegebene  Form  gesteckt  hat. 
So  ist  die  Rolle  des  Raben  in  das  ursprüngliche  Oswaldgedicht 
gekommen,  und  daß  das  vermutlich  in  derselben  Oegend  geschah, 
wo  der  ,Merovinger'  Albericus  des  Hugo  von  Toul  hauste  (Voretzsch 
406 — 8),  halte  ich  für  eine  gute  Stütze  der  Gleichung  Albericus  == 
dem  Alberich  des  Ortnitepos.  Aber  was  sich  hier  nur  auf  einem 
Ufawege  ergibt,  indem  nämlich  auch  jener  ,Merovinger  Namen 
und  Art  von  einem  elbischen  Wesen  entlehnt  haben  oder  doch  von 
ihm  beeinflußt  sein  wird,  das  folgt  für  die  Oswalddichtung  schon 
aus  dem  Alberich  des  Ortnit:  der  ist  ein  Albe,  dessen  Ver- 
wandte die  Brünhild  für  Günther  werben,  im  Hürnen  Seyfned  den 
Drachen  besiegen  helfen  und  in  den  Märchen  freundschaftlich  tätig 
sind.     Kurzum,  der  Rabe  kann  nach  Art  des  Alberich  eingeführt 

\  sein,  nicht  umgekehrt;  Alberich  ist  uralt  uud  mythisch,  der  Rabe 
stammt,  wie  wir  bereits  gesehen,  aus  der  nach-bedaischen  Legende. 
Für  unseren  Raben  folgt  erstens  daraus,  daß  wir  uns  über 
die  Art  seiner  Einführung  nicht  wundern  dürfen:  sie  ist  nicht 
unvermittelter  als  die  Alberichs  im  Ortnit.  Zweitens  aber:  darum 
hängt  der  glückliche  Ausgang  von  Oswalds  Unternehmen  von  dem 
Nachholen  des  Raben  ab,  und  darum  sind  sich  sämtliche  Fassungen 
über  die  Art  dieses  Nachholens  nicht  einig,  weil  die  Rolle  des 
Raben    nach  Alberichs    gestaltet   wird:    Alberich    ist   im    Ortnit 

\  Träger  der  Werbungslist,  nicht  so  der  Rabe  im  Oswald:  er  war 
nur  Bote,  die  List  beruht  auf  dem  Hirschen;   Alberich  kann  durch 


293 

seine  Zauberkunde  bald  überallhin  nachkommen,  die  christliche 
Mythologie  hatte  für  den  Raben  kein  entsprechendes  Mittel:  Oswald  , 
selbst,  ein  Engel,  ein  Wind  muß  ihn  herbeischaffen.  Möglich 
auch,  daß  die  Sprachkenntnisse  des  Raben  von  Alberich  stammen.^ 
Denn  die  Oswald-Legende  lieferte  ja  einen  sprechenden  Raben 
nicht,  wenn  also  der  Dichter  nicht  nach  mythischer  Vögel  Beispiel 
das  Sprechen  dazuerfand,  so  mag  sich  die  Inkonsequenz  (S.  247), 
daß  der  Rabe  lange  am  Hofe  erzogen  ist  und  Oswald  doch  über 
sein  Sprechen  erstaunt,  auch  aus  dem  Vorgang  Alberichs  erklären. 
Denn  Alberich  hat  einen  Stein,  mit  dessen  Hilfe  man  alle  Sprachen 
sprechen  kann  (245)  —  so  auch  ß  und  z  des  Oswald  — ,  und 
auch  hier  ist  der  König  ungläubig  und  wird  überzeugt.  Diese 
Unebenheiten  bei  Einführung  des  Raben  bestätigen  seine  fremde, 
legendäre  Abstammung.  Und  dazu  fügt  sich  auch  der  Pilger, 
der  seine  spielmännische  Abkunft  wenigstens  in  *W0  noch  im 
Namen  führt  und  auch  in  DFL  noch  zu  erkennen  ist.  Ich  ver- 
mut<5,  daß  ihn  erst  die  christliche  Natur  des  durch  ihn  einzu- 
führenden Raben  zum  Pilger  gemacht  hat. 

Aber  unsere  Herleitung  des  Raben  aus  Alberich  scheint  gleich 
wieder  durch  eine  schottische  Ballade  in  Zweifel  gestellt,  die  J. 
S.  Roberts,  The  legendary  ballads  of  England  and  Scotland 
S.  505  flf.  darbietet:  ,The  gay  Goss-Hawk'.  Sie  ist  inhaltlich  iden- 
tisch mit  der  von  Uhland,  Volkslieder  IE.  100  undlV.  52  aus  Buchan, 
Ancient  Ballads  and  Songs  of  the  North  of  ScoHand  H.  245  und 
Motherwell,  Minstrelsy  ancient  and  modern  II.  377ff.  angezogenen  vom 
Scottish  Squire,  nur  vollständiger.  Ein  sprechender  Falke  —  bei 
Buchan  ist  es  ein  Papagei:  auch  ein  unlieblicher  Versuch,  das 
Sprechen  des  Vogels  zu  erklären;  ganz  wie  aus  der  Elster,  die 
dem  Hausherrn  die  Untreue  seiner  Gattin  verrät,  in  einer  armeni- 
schen Fassung  der  ,Sieben  weisen  Meister'  ein  Papagei  wurde: 
Lerch,  Or.  und  Occ.  H.  372  —  also  ein  sprechender  Falke  soll 
(unter  seinem  Flügel)  zu  der  Geliebten  in  England  einen  Brief 
bringen.  Sie  ist  an  ihrer  Schönheit  kenntlich.  Bei  Buchan  und 
Motherwell  ist  das  Mädchen  in  einem  goldenen  Turme  verschlossen, 
bei  Roberts  doch  von  24  fair  ladies  beim  Kirchgang  begleitet.  Er 
,singt'  ihr  sein  Gewerbe  zu:  vor  ihrem  Fenster  steht  eine  Birke, 
auf  die  er  sich  niederläßt.  Aber  der  Vater  verweigert  seine  Ein- 
willigung zur  Ehe.    Da  läßt  das  Mädchen  sich  einsargen  und  als 


/ 


294 

Leiche  nach  Schottland   tragen.    Bei  dem   Geliebten   erwacht  sie 
dann  zu  neuem  Leben. 

Die  Ähnlichkeit  mit  der  Geschichte  unseres  Raben  ist  ja  ganz 
augenfällig,  und  es  fragt  sich,  ob  man  nicht  daraus  folgern  maß, 
daß  die  Verbindung  von  Legende  und  Brautfahrt  nicht  doch 
schon  in  England  vor  sich  ging? 

Ich  halte  aber  jene  formale  Übereinstimmung  zwischen  Oswald 
und  Ortnit  —  besonders  in  den  Unebenheiten,  die  die  Einf&hmng 
[    Alberichs  und  des  Baben  mit  sich  bringt  —  doch  f&r  stärker  als 
(   diese  Ähnlichkeit,  zumal  jener  Falke  in  den  Werbungssagen  seines- 
'  gleichen  findet. 
Hjörvardhr.  Der  Zusammenhang  der  Hjörvardsage  ist  aus  dem  Durchein- 

ander des  eddischen  Liedes  doch  wohl  so  zu  rekonstruieren :  König 
Hjörvardhr  hat  das  Gelübde  getan,  das  schönste  Weib  zu  besitzen. 
Drei  hat  er  schon,  die  für  die  schönsten  galten  fDetter-Heinzel 
Pr.  I.  24),  aber  sein  Gelübde  läßt  ihm  keine  Ruhe.  Wir  mög^ 
uns  denken,  daß  er  seine  Mannen  zusammenruft  und  sie  fragt 
ob  sie  eine  Schönere  wissen.  Keiner  weiß  eine,  bis  endlich  Atli 
I  sagt:  Sigrlinn,  die  Tochter  König  Sväfhiis.  Ein  Vogel  hat  sie 
ihm  genannt,  ich  denke  ein  Rabe;  denn  es  heißt  fuglinnkvakathi 
(a.  a.  0.  Zeile  26),  und  einen  Raben  lassen  auch  die  nordischen  Pa- 
rallelen vermuten  (vgl.  ühland  a.  a^O.  III.  101  flf.).  Dieser  Rabe  muß 
ursprünglich  aber  auch  dämonischer  Helfer  bei  der  Werbung  ge- 
wesen sein  wie  Alberich,  denn  Opfergaben  soll  man  ihm  bringen, 
wenn  Sigrlinn  dem  Könige  im  Arme  schläft.  Das  halte  ich  f&r 
alt  und  heidnisch,  nicht  mit  Detter-Heinzel  zu  H.  Hj.  5,  1—4 
für  eine  spielmännische  Unverschämtheit. 

Atli  wird  dann  ausgeschickt  und  wirbt  umsonst.  König 
Hjörvardhr  reitet  nun  selbst  in  das  Land  des  Schwähers  ein,  der 
inzwischen  von  einem  andern  abgewiesenen  Freier  getötet  ist. 
Aber,  wie  wir  es  ja  von  unsem  Werbungen  kennen:  Hjörvardhrs 
Leute  bleiben  zurück,  indessen  Atli  allein  den  Zauber  löst,  der 
Sigrlinn  in  einem  hüs  ganz  so  fesselt,  wie  ihre  Genossinnen 
Pamige,  Hildeburg,  Erka  u.  s.  w. 

Wir  brauchen  also  den  Vogel  der  schottischen  Ballade  gar- 
nicht,  um  zu  erklären,  wie  Alberichs  Rolle  durch  einen  Raben 
besetzt  werden  konnte:  es  ist  wohl  möglich,  daß  ein  Rabe  in  der 
Hjörvardsage  diese  Rolle  schon  innehatte. 


295 

Und  überdies  haben  wir  ja  ini  deutschen  Volksliede  Vögel 
als  Werber:  die  Nachtigall  bei  Uhland,  No.  15,  hat  vor  dem 
schottischen  Falken  sogar  das  voraus,  daß  sie  in  Übereinstimmung 
mit  unserm  Raben  einen  Ring  zu  der  Liebsten  trägt. 

Ich  glaube  also  doch,  bei  der  Gemeinsamkeit  der  germani- 
schen Vorstellung  von  sprechenden  Vögeln,  daß  die  Legendenfigur 
des  Raben  erst  in  Deutschland  den  Anstoß  gab,  ihr  die  Sprache 
zu  verleihen,  die  man  dann  später  motivieren  zu  müssen  glaubte. 
Der  Vogel  der  einheimischen  Sage  spricht  von  selbst;  der  höfische 
Vogel  lernt  sprechen:  dafür  entschied  sich  *MW;  der  legendäre 
Vogel  erhält  €s  als  göttliches  Geschenk:  so  wollten  *MS  und  *zn, 
und  das  gab  viel  Kopfzerbrechen. 

Und  da  trifft  es  sich  besonders  glücklich,  daß  wir  von 
einem  legendären  sprechenden  Vogel  innerhalb  der  engeren  Heimat 
unserer  Dichtung  erfahren.  Die  kurz  nach  1165,  wahrscheinlich  | 
von  einem  Aachener  Kleriker  verfaßte  Vita  Karoli  Magni  ' 
(ed.  Ramschen)  erzählt  Buch  11,  Kap.  H  (S.  51):  Auf  seiner 
Jerusalemreise  verirrte  sich  Karl  und  sein  Heer  in  einem  großen 
Walde.  Man  schlägt  das  Lager  auf.  Als  Karl  zu  psallieren  beginnt 
ydedttc  nie  in  semüa  mandatof^m  tuorum^y  hört  er  plötzlich  einen 
Vogel  bei  seinem  Bette  schreien  (clamare).  Dann  wörtlich:  quo 
ipsi  ijui  adercmt  ammiratlone  magna  ijuidetn  e.v^pergefacti  a  somno 
atupei'ent  dicentea  hoc  future  rei  esse  prodigium,  ipioniam  ales  uU 
humana  coce  videbatur  ei^s.  Als  Karl  fortfährt:  yEdue  de  carcere 
animam  meam  etc.y  hört  man  zum  zweiten  Male  deutlicher:  ,Francey 
fjuid  dicist  (^idfacüP  Die  Einwohner  kannten  dergleichen  nicht. 
Die  Griechen  sollen  zwar  Vögel  zur  Begrüßung  des  Kaisers  ab- 
gerichtet haben.  Weil  dieser  aber  lateinisch  auf  das  Gebet  ant- 
wortete, muß  es  ein  Bote  Gottes  gewesen  sein. 

Hier  sehen  wir  also  auch  noch  einen  Weg,  auf  dem  der  höfische 
Vogel  des  Abendlands  die  Sprache  erhalten  konnte:  die  Kreuzzüge, 
die  von  abgerichteten  Vögeln  des  Orients  Kunde  brachten. 

Ich  begnüge  mich  damit,  zu  konstatieren,  daß  es  in  der  Heimat  der 
Oswalddichtung  besonders  leicht  war,  den  Raben  sprechen  zu  machen, 
wenn  er  es  nicht  schon  durch  Übernahme  der  Bolle  Alberichs  und  des 
Vogels  der  Hjörvardsage  konnte :   vielleicht  fällt  beides  zusammen. 

Die  Apolloniussage  möchte  ich  hier  um  so  lieber  anknüpfen,  Apollonius. 
als   auch  sie  in  Franken,    in  Tira  skamt  fra  Rin,  lokalisiert   ist. 


296 

Allerdings  ist  sie  in  der  Ths.  (245  flf.)  recht  undeutlich  überliefert, 
und  der  Jäger  Jron  stört  ihr  die  Zirkel.  Wir  haben  die  Prin- 
I  zessin,  die  der  Vater  so  liebt,  daß  er  sie  keinem  Werber  geben 
mag.  Wir  haben  als  Beraterin  Irons  Gattin  Isolde.  Wir  haben  die 
doppelte  List  des  Briefes  im  Apfel  und  der  Weiberverkleidung; 
auch  hier  bleiben  die  Mannen  während  der  Entführung  zurück  und 
warten  des  Ausgangs.  Und  was  wichtig  erscheint:  die  Königs- 
tochter, die  vorher  in  allen  Handschriften  Herborg  hieß,  erhält  Kap. 
251  in  M  den  typischen  Namen  der  entführten  Bräute:  Hilde.  (Vgl. 
auch  Heinzel  S.  82  u.  ö.)  Aber  es  ist  recht  anfechtbar,  diese  Er- 
zählung unseim  T}rpus  zuzurechnen.  Denn  wenn  jnan  es  auch 
nicht  hoch  einschätzt,  daß  die  Werber  nicht  umgebracht  oder  ge- 
fangen gesetzt  werden  —  Iron  war  dabei,  und  den  brauchte  die 
Ths.  später  noch  —  und  daß  auch  der  kriegerische  Schluß  fehlt  — 
aus  ähnlichen  Gründen  — ,  so  ist  es  doch  bedenklich,  daß  die 
Entführung  in  Abwesenheit  des  Vaters  geschieht.  Wenigstens 
also  sind  fremde  Elemente  in  den  Oswaldtypus  geraten.  Eine 
Werbungs-  und  EntfQhrungssage  aber  ist  es,  das  zeigt  sich,  auch 
ohne  daß  wir  neben  der  Ths.  eine  Parallelüberlieferung  hätten. 
Das  Lied  van't  Wereltsche  Wijf  (Wolfskehl,  Germ.  Werbungs- 
sagen S.  25  -  83)  hilft  da  auch  nicht  weiter. 

Schon  mehrfach,  z.  B.  an  DFL,  doppelt  an  Kudr.  HI,  hat  sich 
uns  gezeigt,  daß  das  Brautwerbungsschema  zur  literarischen 
Fonn  geworden  ist^  und  ich  bin  überzeugt,  daß  sich  aus  der  deut- 
schen Dichtung  noch  zahlreiche  Parallelen  dafür  beibringen  lassen. 
(Herzog  Ernst.)  Besonders  aus  den  Salomonerzählungen,  deren 
Aufbau  ja  ohnedies  ganz  ähnlich  ist  und  die  Entführung  einer 
Königin  durch  List  einschließt  (Rother  H,  Morolf);  der  des  Mo- 
rolf  bis  zur  Absendung  des  Boten  an  Salman  (51)  ist  sogar  ganz 
gleich,  und  ich  verweise  dafür  auf  die  Analyse  von  Vogt,  Salm, 
u.  Mor.  p.  XXI  ff. ;  die  Einleitung  der  Brautfahrt  des  Orendel  habe 
ich  oben  S.  266  ff.  mit  verzettölt  und  brauche  nichts  hinzuzufügen. 
Nibelungen.  Nur  noch  ein  paar  Worte  zu  den  Nibelungen:  ich  glaube 
doch,  daß  die  Aufzeigung  des  Brautwerbungsschemas  in  unsem 
beiden  Hauptepen  zur  Erkenntnis  der  rein  literarischen  Eompo- 
sitionstechnik  und  ihrer  Gebundenheit  beiträgt.  Im  Nibelungen- 
liede wird  das  Schema  zweimal,  bei  Siegfrieds  und  bei  Günthers 
(nicht  hei  Etzels)  Werbung  benutzt,  und  zwar  ist  es   beide  Male 


297 


in  ('  am  besten  erhalten.  Als  die  Mannen  Siegfrieds  ihm  zur 
Heirat  geraten  haben,  sagt  er  gleich:  Eriemhild.  Sie  braucht 
nicht  erst  mittels  der  Beratnngsszene  eingeführt  zu  werden,  Leser 
und  Hörer  kennen  sie  bereits,  ganz  wie  Hilde  in  der  Kud.  H. 
Dem  Vater  ist  es  leid,  der  Mutter  auch,  denn  sie  ,kannte  Günthern 
und  seine  Mannen'  BA  5-J,3:  also  dieselbe  Abschwächung  des 
Werbermordes  Avie  in  Kudrun  H.  C  hat  denn  auch  noch:  den  (Sohn) 
coi'tUo  81  Verliesen  con  Guntheren  nmn.  Mit  Gewalt  ist  Kriemhild  so 
wenig  zu  gewinnen  wie  irgendeine  Prinzessin  in  den  Werbungssagen 
( 58),  und  sie  ist  ebenso  gut  verwahrt  wie  sie  alle :  es  ist  eine  besondere 
Gunst,  um  die  auch  besonders  gebeten  wird  (272),  daß  Siegfried  sie  nach 
seinen  kriegerischen  Leistungen  zu  sehen  bekommt,  nach  Jahr  und 
Tag  zum  ersten  Male:  stn  ftive-ster  sol  iuch  gi-üczen^  daz  utt  zeeren 
tu  getan  BAC  289,  4.  Beim  Kirchgang  sieht  er  die  Braut,  wie 
Herbort,  und  es  wird  nicht  vergessen,  die  Stärke  ihrer  Begleitung 
hervorzuheben. 

Ich  sage  ausdrucklich  nochmals,  daß  ich  das  nicht  für 
die  Dichtung,  sondern  für  ihre  Einkleidung  oder  Einleitung  halte. 
Wie  in  unserm  Schema  mit  der  List,  setzt  hier  das  Eigene  der 
Dichtung  erst  mit  der  wirklichen  Erringung  Kriemhilds  ein. 
Dieses  Eigene  aber  ist  nichts  anderes,  als  die  Idee,  BrOnhild 
und  Kriemhild,  Nibelungen  und  Burgunden  in  einer  Dichtung  zu 
verbinden,  also  eben  das,  was  sich  auch  durch  die  Sagenunter- 
suchung als  Eigentümlichkeit  dieser  Gesamtdichtung,  als  not- 
wendig erfunden  herausstellt. 

Aber  auch  der  Brünhildenteil   der  Dichtung  ist    wieder  nach 
dem    Werbungsschema    eingeleitet.      BA    beginnen    zwar    recht 
jämmerlich  und  halb  sinnlos: 
324    Iteniumu  maere  eich  huoben  über  Rtn: 

man  eeitCj  daz  da  waere  manic  magedin:  (!) 
der  ddhte  im  eine  werben  den  künic  Günthern  muot  — 
daz  dühte  sine  recken  und  die  hen'en  alle  guot, 
aber  C  49,  3  gibt  ja  die  Erklärung: 

Iteniuwe  maere  eich  huoben  umben  Rin: 

ez  sprachen  zuo  dem  kiniege  die  hosten  tiuhje  sin, 

war  umbe  er  niht  en7iaeme  ein  wlp  zuo  einer  e, 

lio  sprach  der  kiinec  rlche:   /nie  wil  niht  langer  biten  nu\' 


298_ 

Hier  ist  also  die  Initiative  bei  den  Mannen.  »Sie  beraten  sich 
auch  über  eine  geeignete  Persönlichkeit  (50, 3),  und  BAC  gehen  erst 
wieder  zusammen,  wo  Günther  selber  die  Brünhild  nennt  (B  328, 
0  50,  4).  Dann  das  typische  Widerraten,  hier  aus  Siegfrieds  nnd 
Kriemhilds  Munde.  Die  Gefahr  der  Werbung  besteht  hier  nicht 
in  dem  Grimm  des  Schwähers,  sondern  in  jenen  drei  Kampfspielen. 
Aber  Günther  bleibt  bei  seinem  Entschluß,  und  dies  ebenfalls 
typische  Beharren  ist  wiederum  nur  in  C  (51,  1)  erhalten.  Daß 
dann  Hagen  rät,  Siegfried  mitzunehmen,  entspricht,  abgesehen  von 
den  andern  angeführten  Parallelen,  besonders  gut  der  Szene  in  der 
Kudr.  I.  227  flF.,  wo  nur  die  Besten  zur  Werbung  ausgewählt 
werden,  die  Boten  also  zugleich  die  Entfuhrer  sind,  und  Wate 
zürnt,  daß  Frute  ihm  an  das  Leben  wolle,  wenn  er  ihn  zum  Boten 
vorgeschlagen  habe  (242).  So  scheint  in  Nib.  330  Hagens  Verrat 
an  Siegfried  fast  vorangedeutet.  Dann  folgt  die  Strophe,  die  jene 
besprochene  bedeutsame  Verknüpfung  enthält,  BA  332,  C  51,4: 
,gt8t  du  mir  dtn  sweater,  so  wil  ich  ez  tuon.^  Die  übrigen 
unserm  Schema  entsprechenden  Züge  oben  in  der  Liste.  Ich  hebe 
nur  noch  hervor,  daß  die  Reisenden  am  12.  Morgen  vor  dem 
Isenstein  angekommen  sind  (371)  und  daß  Günther  fragt,  wessen 
das  Land  ist  (372):    vgl.  Oswald  1646 flf. 

Der  Oswaldtypus  bedeutet  also  eine  feste  Dichtform,  in  der 
man  vortragen  konnte,  wie  ein  König  seine  Königin  errang,  und 
sie  war  besonders  beliebt  bei  den  fränkischen  Spielleuten  des 
12.  Jahrhunderts.  Aber  damals  war  diese  Form  schon  alt.  Zwar 
wissen  wir  nicht,  ob  sie  schon  in  der  aus  den  Namen  erschlossenen 
jütisch-friesischen  Hettel-Hilde-Wat«-Dichtung  des  5.  Jahrhunderts 
angewandt  war,  aber  ihr  Alter  und  ihre  Entwicklung  läßt  sich 
merkwürdig  gut  an  den  Berichten  über  eine  historische  Braut- 
Chlodwig.  Werbung  zeigen:  König  Chlodwigs  um  Chrotechilde  von  Burgund*). 
Drei  Geschichtschreiber  haben  sie  aufgezeichnet,  je  einer  im 
6.,  7.  und  8.  Jahrhundert,  Gregor  von  Tours  (H.  28),  der  Burgunder 
Fredegar  (IH.  17  j   und    der  Verfasser    des    sog.    Liber   historiae 


',)  Die  Literatur  über  diesen  Gegenstand  bei  Voretzsch,  Epische  Stadien 
S.  304.  Dort  findet  man  auch  eine  vergleichende  Tabelle  der  Quellen  ab- 
gedruckt 


299 

(Kap.  11).  Und  zwar  ist  es  so,  daß  wenigstens  die  beiden  letzten 
von  einander  unabhängig  sind,  ihre  Übereinstimmungen  also  vor- 
fredegarische  Überlieferung  darstellen.  ^ 

Gregor  nun,  der  älteste,  erzählt  mit  dürren  Worten,  daß 
Chlodwig  durch  eine  Gesandtschaft  um  König  Gundobads  Tochter 
('hrotechilde  warb,  deren  Schönheit  ihm  gepriesen  war,  daß  Gundo- 
bad  aus  Furcht  einwilligte  ^und  seine  Tochter  gleich  mitziehen 
ließ,  <^a  oisa  re.r  calde  gaciws  siio  mm  coniugio  aociavit.  — 
Noch  keine  Spur  von  unserm  Schema. 

Die  vorfredegarische  Überlieferung  wußte  bereits,  daß 
Chrotechilde  keinem  Mensehen  sichtbar  wurde  (bei  Gregor  ist  sie 
verbannt),  daß  ein  Mann  (Aurilianus)  als  Bettler  auch  zu  ihr  kam 
und  in  einer  wie  in  der  Sniosage  erlisteten  geheimen  Unterredung 
mit  ('hlodwigs  Ringe  um  sie  warb.  Lauter  Züge  unseres  Sagen- 
typus, auch  die  listige  Werbung  schon  angebahnt.  Aber  auch 
hier  läßt  (^hlodwig  noch  seine  Braut  einfach  einholen  und  feiert 
die  Hochzeit. 

Fredegar  fügt  noch  einige  unwesentliche  Züge  hinzu: 
Aurilian  erhält  von  Chrotechilde  100  Gulden  Botenbrot,  auf  dem 
Rückwege  stiehlt  sie  ihm  ein  Bettler,  wird  aber  gegriffen  und 
gezüchtigt;  was  aber  seine  Erzählung  am  deutlichsten  an  unsre 
Brautwerbungsgedichte  anschließt,  was  sich  der  historischen  Mög- 
lichkeit am  schärfsten  entgegensetzt,  ist,  daß  Chrotechilde  geradezu 
flieht  und  daß  ihr  mit  Heeresmacht  nachgesetzt  wird. 

Der  Liber  Historiae  ist  nicht  so  weit  gekommen.  Aber 
zweierlei  Charakteristisches  bietet  doch  auch  er:  Jener  verkleidete  i 
Werber  läßt  seine  Genossen  im  Walde  zurück,  ganz  wie  im  Rother, 
Ortnit,  Wolfd.  B.,  DFL,  Apollonius,  Oswald  (und  den  Salomosagen), 
das  Heer  zurückgelassen  und  verborgen  wird.  Und  zweitens: 
Chrotechilde  legt  den  Ring,  den  sie  von  Chlodwig  erhalten,  in 
Gundobads  Schatze  nieder.  Als  dann  die  offizielle  Werbung  folgt 
und  die  Braut  abgeholt  werden  soll,  erweist  sie  durch  den  Ring, 
daß  sie  tatsächlich  mit  Chlodwig  verlobt  ist. 

Da  erkennen  wir  wieder  die  Werbungslist,  und  es  ist  besonders 
bezeichnend,  daß  in  diesem  Punkte,  der  das  eigentliche  dichterische 
Eigen  der  Sage  bezeichnet,  der  Liber  Historiae  über  Fredegar 
hinaus  etwas  Neues  erfindet.  Daß  das  nicht  zufällig  ist,  wird 
ia  das  Bisherige  ergeben  haben,   es  bestätigt  sich    aber  auch  da- 


300  _ 

durch,  (laß  beide  Berichte  auch  in  einer  andern  List  nicht  über- 
einstimmen: Fredegar  läßt  die  Königin  beim  Fußwaschen,  der 
Liber  Historiae  beim  Kirchgang  und  Almosengeben  von  dem 
Bettler- Werber  aufmerksam  gemacht  werden. 

Wir  sehen  also  hier  sozusagen  vor  unsern  Augen  die  gelehrte 
antike  Qeschichtschreibung,  die  einfach  berichtet,  was  sie  weiß, 
absterben.  Eine  neue  Art  der  Überlieferung  tritt  in  ihre  Rechte 
ein,  die  darin  besteht,  daß  man  die  wirklichen  Geschehnisse  in 
einen  schon  vorhandenen  Bahmen  hineinpaßt  daß  man  sie  also 
nach  formalen  Bedürfhissen  abändert,  wobei  dann  historische  und 
poetische  Darstellung  allmählich  identisch  werden.  Die  Crermanen 
besaßen  eben  keine  andre  Geschichtsüberlieferung  als  die  poetische. 

Es  folgt,  daß  wir  sehr  vorsichtig  sein  müssen  bei  Anknüpfung 
einer  Sage  an  Personen  und  Ereignisse,  von  denen  anderweit  im 
Sinne  der  gelehrten,  antiken  Geschichtschreibung  berichtet  wird, 
daß  wir  aber  auch  von  keiner  dieser  Sagen  Vollständigkeit  im 
Sinne  unseres  Typus  erwarten  dürfen,  insofern  sie  eben  historisch 
sein  wollen.  Zwar  wird  sich  die  historische  Erinnerung  sehr  bald 
verflüchtigen,  das  sagenhaft  und  dichterisch  Typische  überhand- 
nehmen, aber  damit  ist  auch  das  stets  Unfertige,  Werdende  der 
historischen  Sage  gegeben,  und  in  diesem  Flusse  der  Dinge  ist 
jede  literarische  Fixierung  nur  ein  Querschnitt.  Jede  neue  Fassung 
im  Munde  eines  andern  wird  und  muß  Neues  hinzufugen,  freier 
und  zugleich  gebundener  als  es  heute  möglich  wäre:  freier  weil 
das  Ändern  kein  Abweichen  von  der  historischen  Wahrheit,  keine 
Lügenhaftigkeit  bedeutet;  gebundener,  weil  die  Richtung  der 
Änderungen  innerhalb  eines  Schemas  festgelegt  ist.  Die  Entwick- 
lung muß  dann  zu  einem  Punkte  gelangen,  wo  dieses  Schema,  gänz- 
lich seiner  historischen  Bedeutung  beraubt,  einzig  literarische  Form 
bleibt,  in  die  man  aus  einzig  literarischem  Bedürfnis,  etwa  zur 
Unterhaltung,  einer  poetischen  Mode  zuliebe,  neue  Stoflfe  einkleidet: 
das  aber  ist  eben  die  Entwicklung,  die  wir  aus  der  Analyse  der 
vorhandenen  Dichtungen  erschlossen  hatten. 

Voretzsch  glaubt  nun  Chlodwig  in  Hugdietrich  wiederzuerkennen. 
Ich  möchte  ihm  recht  geben,  sofern  Hugdietrich  Vater  Wolfdietrichs 
ist  und  eponymer  Stammherr  der  Franken,  nicht  aber  sofern  die  Be- 
richte des  7.  und  8.  Jahrhunderts  zum  mittelhochdeutschen  Wolfd. 
AB  stimmen.    Wir  haben  gesehen,  daß  die  Einleitung  zum  Wolfd.  B 


301 

ein  Kunstprodwkt  ist.  Hugdietrich  war  wohl  ein  gegebener  Name, 
aber  seine  Geschichte  wurde  erst  nach  Art  der  heldenväterlichen 
erfanden.  Das  würden  wir  schon  aus  der  Komposition  des  Wolf- 
dietrich B  schließen  können.  Aber  abgesehen  von  dem  schon 
Nachgewiesenen  muß  jetzt  ins  Gewicht  fallen,  daß  gerade  das- 
jenige, was  den  Witz  jeder  einzelnen  Werbungsgeschichte  aus- 
macht, wie  ich  immer  wieder  hervorgehoben  habe,  daß  gerade  die 
Werbungslist  hier  eine  andre  ist,  als  bei  Chlodwig,  daß  sie  sich 
obendrein  aas  den  Tagen  Achills  und  der  Deidameia  herschreibt. 
Es  gibt  nur  zwei  Möglichkeiten:  entweder  der  König  wirbt  selbst, 
verkleidet,  oder  er  sendet  einen  Boten:  Hugdietrich  wirbt  selbst, 
Chlodwig  sendet  einen  Boten !  Wie  wenig  besagen  daneben  die  sonstigen 
Obereinstimmungen.  Sie  beruhen  auf  der  Identität  des  Typus,  und 
Parallelen  wie  hier  findet  num  in  allen  andern  Brautfahrtdichtungen 
(s.  die  Liste).  Auch  dafür,  daß  Gundobad,  vor  das  fait  accompli 
gestellt,  sich  abfinden  läßt. 

Desgleichen   bin  ich  bei  dem  Wolfäifitrißh  A  sehr,   sehr   im  Berchtung. 
Zweifel.     Es  handelt  sich  um  die  einzige  Strophe  152.    Dort  sagt 
die  Königin  von  Berchtung: 

Tn  mhie  kemenäten  het  in  stn  zuht  gewent* 

Botelunge  mtnem  bi^uodev  waH  ich  von  im  entepent, 

da  et^arp  er  mich  im  aelberij  eich,  und  gap  mich  dir  do: 

leih  du  des  niht  gedenken,  vne  tuoet  du  danne  so  — • 

Eine  Werbung  mit  List;  der  Werber  ist  in  der  Kemenate.  Aber  er 
wirbt  für  sich  selbst.  Erst  nachträglich  gibt  er  die  Braut  an  einen 
andern,  wie  aus  151,3  deutlich  hervorgeht,  und  er  tut  etwas  besonders 
Anerkennensweites  damit.  Das  ist  noch  ein  andrer  als  Herbort,  aber 
auch  ein  andrer  als  Hugdietrich,  der  in  Mädchenkleidem  für  sich, 
und  ein  andrer  als  Aurilian,  der  als  Bettler  für  seinen  Herrn  wirbt. 
Alles  Brautwerbungen,  tertium  comparationis  die  List  und  Art 
der  Werbungen,  und  gerade  sie  verschieden.  Um  so  weniger  darf 
man  beide  Wolfdietriche,  AB,  gemeinsam  mit  der  Chlodwigsage 
vergleichen,  und  aus  der  Übercinstinunung  eines  irgendwelche 
Schlüsse  für  beide,  d.  h.  ihren  angenommenen  Archetypus  ziehen. 
Ich  will  ja  nicht  leugnen,  daß  aus  dem  Aurilianus  ein  solcher 
Berchtung  werden  konnte,  aber  dann  muß  man  auch  zugeben, 
daß  manche  von  den  andern  Brautwerbungen,  voran  anser  Os- 
wald,   der   Chlodwigs    näher   verwandt   sind.      Dann    kann    aber 


Voretzschens  These  nur  noch  die  Geltung  haben,  daß  Chlodwigs 
Werbung  die  älteste  Vertreterin  eines  Typus  ist,  nach  dem  auch 
für  Hugdietrich  (B),  der  im  übrigen  =  Chlodwig  sein  kann,  eine 
Geschichte  erfunden  wurde;  über  Str.  152  des  Wolfd.  A  möchte 
ich  nichts  Bsstimmtes  sagen. 

Bis  ins  7.  Jahrhundert  also  wenigstens  war  unser  Braut- 
werbungsschema zu  verfolgen.  Aber  wir  kommen  noch  höher 
hinauf,  und  für  ein  noch  größeres  Alter  läßt  sich  alles  das  ins 
Feld  fähren,  was  in  Chlodwigs  Sage  nicht  zu  den  geschichtlichen 
Verhältnissen  passen  kann,  sondern  überkommene  Vorstellung  sein 
muß:  Warum  ist  die  Königstochter  so  verwahrt,  daß  man  nur  mit 
List  zu  ihr  gelangt?  Warum  ist  die  Werbung  so  gefährlich? 
Warum  fürchtet  die  Braut  das  Nachsetzen  ihrer  Verwandten?  — 
Und  das  Letzte  ist  besonders  unpassend  für  die  Machtverhältnisse  der 
Zeit  und  nachdem  Gundobad  aas  Furcht  in  die  Heirat  gewilligt.  — 
Ich  denke,  in  alle  dem  dokumentiert  sich  die  Raubehe  der  Vorzeit. 

Als  noch,  in  prähistorischer  Zeit,  die  Weiber  Gemeingut  einer 
Bechtsgenossenschaft  waren,  konnte  ja  ein  Mann  nur  durch  Raub 
außerhalb  derGrenzen  dieser  Genossenschaft  denausschließlichen 
Besitz  eines  Weibes  erlangen.  Man  hatte  also  allen  Grund,  die 
mannbaren  Mädchen  sorgfältig  zu  hüten,  und  das  um  so  mehr, 
je  häufiger  solche  Einzelehen  wurden.  Erst  allmählich  kam  man 
dazu,  indessen  die  Raubehe  noch  weiter  bestand,  durch  Kauf  und 
Vertrag  zu  freien  *),  und  diese  Entwicklung  ist  z.  B.  in  den  alt- 
nordischen Rechtsaufzeichnungen  noch  deutlich  zu  erkennen  (Vgl. 
Fr.  Boden,  Mutterrecht  und  Ehe  im  altnordischen  Recht,  besonders 
Kap.  6,  und  meine  Rezension,  Wartburgstimmen  II.  189^)  — .  Dann 
aber  wird  die  Kaufehe,  der  Raubehe  gegenüber,  die  einzig  voll- 
gültige Foiin  der  Ehe,  das  geraubte  Weib  —  auch  das   zu  billig 

')  So  warb  nach  Prcdegar  IIL  18  auch  Chlodwig:  f^^fi  offercntes 
soUdo  et  dinaris  (so),  ut  mos  erat  Franconim,  eam  partibus  Chlodavei  sponsatU. 

')  Ich  w^eiß  nicht,  wie  weit  E.  Herrmann  (Zur  Geschichte  des  Braut- 
kaufes  bei  den  indogenn.  Völkern,  Bergedorf  1904,  S.  43)  recht  hat:  dit* 
Kaufehc  brauche  nicht  aus  den  Sühn cy ertragen  des  Raubes  entstanden  zu 
sein,  sie  könne  sich  auch  aus  der  Vertragsehc  entwickelt  haben  —  welches 
ist  der  Unterschied  zwischen  Kauf-  und  Vertragsehe  ?  — :  die  Raubehe  sei 
noch  nirgends  als  regelmäßige  Form  der  Eheschließung  beobachtet.  Für 
uns  genügt  der  Nachweis  der  Entwicklung  einer  vorhandenen  Raubehe  zur 
Kaufehe.     Zur  liaubehe  vgl.  auch  die  Angaben  in  Pauls  Gr.  ^  IIL  40. 


mm 

gekaufte  -  ist  Kebse,  die  minderes  Becht  hat.  Ihrer  Sippe  gereicht 
es  also  auf  jener  ersten  wie  auf  dieser  Entwicklungsstufe  zur 
Schande,  daß  sie  sie  nicht  schützen  und  halten  konnte  (Kudr.  1030 !) 

Die  Eaubehe  aber  hat  vielerorts  die  Völkerwanderungszeit 
überdauert^).  Und  die  damit  verknüpften  Vorstellungen:  das 
Geheimhalten  der  erwachsenen  Mädchen,  die  Vielheit  der  Listen, 
um  zu  ihnen  zu  gelangen,  das  Nachsetzen  der  Verwandten,  sind 
noch  viele  Jahrhunderte  weitergegeben,  als  man  nicht  einmal  mehr 
ihren  Sinn  verstand.  Sie  haben  den  kurzen  Bericht  des  Gregor 
von  Tours  über  Chlodwig,  des  Paulus  Diaconus  über  Authari  — 
wenn  Authari  überhaupt  Bother  ist  —  und  des  Beda  über  Os- 
wald umsponnen,  so  sehr,  daß  es  geradezu  charakteristisch  wird 
für  diese  Werbungssagen,  daß  ihr  historischer  Kern,  ihr  Konzepti- 
onspunkt so  verschwindend  klein  ist.  Das  Schema  liefert  von 
Urvätern  her  die  Umkleidung,  und  die  Phantasie  des  Dichters 
durchbricht  dann  die  geschaffene  Schwierigkeit  mit  einer  der  um- 
laufenden oder  einer  neuerftmdenen  List. 

War  aber  der  Brautwerbungs  typus  schon  in  heidnischer  Zeit 
vorhanden,  so^  wars  wohl  auch  die  (historische)  Brautwerbungs- 
dichtung. Wir  gelangen  also  dazu,  einzig  aus  der  Analyse  der 
Form  eine  bestimmte  Dichtungsart  wenigstens  der  Franken  zu  re- 
konstruieren, die  den  ältesten  schriftlichen  Denkmälern  gennani- 
scher  Literatur  vermutlich  um  Jahrhunderte  vorausliegt,  und  wir 
mögen  nun  getroster  annehmen,  daß  auch  jene  Hettel-Hilde-Wato- 
Dichtung,  die  die  Engländer  von  der  jütischen  Halbinsel  mit- 
nahmen, schon  diese  Form  hatte. 

Mythologisch  zu  deuten  wage  ich,  wenn  wir  auch  mehrfach  Mythologie, 
in  das  Heidentum  gewiesen  sind,  bei  keiner  der  aufgeführten 
Dichtungen.  Am  wenigsten  bei  der  Geschichte  von  Snio  (vgl. 
Much,  Herrigs  Archiv  108,  407J.  Läge  hier  wirklich  kein  histo- 
risches Ereignis  zugrunde  (vgl.  Olrik,  Kilderne  af  Sakses  Oldhist. 
IL  2fi2)  und  wäre  wirklich  Snio  =  Schnee  (vgl.  Saxo  ed.  Müller- Vel- 
schow  n.  238),  so  wäre  daioim  noch  nicht  Snio,  Syvalds  Sohn, 
mit  jenem  König  Schnee  identisch,  dem  Sohn  und  Enkel  von  Frost 
und  Kälte,  der  drei  Sorten  Schnee  zu  Tanten  hat.     Und    wie  er- 


')  Vgl.  V.  Amira  in  Pauls  Grundriß  ^IIL  161.    Daselbst  auch  Litcra- 
t  urangaben. 


_304 

klärt  sich  dann,  daß  die  Sommerjungfraxi  den  Schnee  liebt  und 
sich  gern,  mit  tätiger  Hilfe  von  ihm  entföhren  läßt!?  Indessen 
welchen  Kampf  kann  man  nicht  als  den  zwischen  Sommer  und 
Winter  oder  Tag  und  Nacht  auffassen? 

Wenn  aber  wirklich  die  sommerliche  Welt  unter  dem  Bilde 
eines  Mädchens  vorgestellt  wäre,  das  vom  Winter  in  einen  Turm 
gesperrt  und  von  einem  Freier  erlöst  wird,  so  sind  eben  augen- 
scheinlich jene  erörterten  Bechtsanschauungen  das  Prius:  wir 
haben  an  dieser  Stelle  die  Zone  mythologischer  Dichtung  fiber- 
schritten, wir  überblicken  sie  von  jenseits,  und  es  kann  unserm  re- 
konstruierten Schema  an  Alter  nichts  hinzusetzen,  wenn  man  die 
eine  oder  andere  seiner  Dichtungen  mit  Recht  aus  mythologischen 
Vorstellungen  erklärt. 

Und  nun:  was  dürfen  wir  aus  dem  Vorigen  für  unsem  Text 
erwarten? 

Beweisen  für  oder  wider  den  Oswald  können  nur  die  ver- 
wandten Dichtungen,  von  denen  er  abhängig  ist,  wie  ichs  z.  B.  für 
den  Ortnit  annehme  (S.  291  ff.).  Die  sogenannte  Parallele  beweist 
nichts  ^),  geschweige  das  Fehlen  von  Parallelen ,  das  ja  in  jedem 
einzelnen  Falle  auf  der  Mangelhaftigkeit  meiner  Listen  beruhen 
kann.  Wohl  aber  können  wir  beides  bei  unsem  Kalkulationen 
herzuziehen,  um  andern  Gründen  Gewicht  zu  geben  oder,  nament- 
lich, Bestätigung  früherer  Resultate  zu  erlangen;  und  das  um 
so  mehr,  als  diese  Gedichte  eben  nach  so  starren  architektonischen 
Regeln  aufgeführt  sind. 

Eine  Entscheidung  brauchen  wir  nun  erstens  in  den  Fällen, 
wo  sich  *Mz  und  *W0  gegenüberstehen  (Kolumne  4  und  5  unsrer 
Tabelle  auf  S.  238  flf.). 

Über  den  Raben  und  sein  Sprechen  ist  schon  gehandelt  (S.  292  flf.), 
und  ich  glaube  danach,  was  ihn  betrifft,  den  Ortnit  zwischen  *Mz 


^)  Belege  dafür  sind  alle  Züge,  in  denen  *MS  oder  •zn  über  "MW  hin- 
weg zu  andern  Dichtungen  stimmt  und  zufälliges  Fehlen  in  den  beiden  andern 
Fassungen  nicht  anzunehmen  ist.  Z.  B.  daß  in  *zn  wie  in  der  Kndrnn  der 
Heide  seine  Tochter  nur  einem  Stärkeren  gehen  wiB:  auch  daß  in  einer 
Interpolation  von  'WO  dem  Waller  ein  ,Stuhl  geräumt'  wird,  wie  dem 
Berater  im  Rother:  die  Züge  lagen  zur  Übertragung  bereit.  Vgl.  auch  die 
Betrachtung?  über  den  Hjadhninga-vig  (S.  276  ff.)  und  die  Liste  S.  266  ff. 


305 

und  *W0  richten  lasvsen  zu  können.  Also  ließe  *Mz  das  Fehlen 
des  Raben  mit  Recht  erst  vor  der  feindlichen  Burg  bemerken, 
und  *MS  1631  IT.  (Ankunft,  Beratung,  Lagerung  im  heidnischen 
Lande,  weiterhin  auch  der  Vormarsch  einer  kleinen  ausge- 
wählten Schar)  böten  das  Ursprüngliche  (vgl.  S.  256).  Dann  scheint 
es  mir  aber  nicht  annehmbar,  daß  Oswald  nach  Erreichung  seines 
Zieles  noch  einmal  umkehrte;  dies  Umkehren  gehört  damit  zu- 
sammen, daß  man  das  Fehlen  des  Raben  schon  auf  der  Reise 
bemerkte.  Wie  der  Rabe  zum  Nachkommen  bewogen  wird,  werden 
wir  auch  jetzt  nicht  erfahren. 

Daß  er  auf  dem  Heimwege  seinen  Ring  verliert,  findet  eine 
Parallele  schon  in  der  Geschichte  jenes  Aurilian,  der  seinen  Sack 
verliert  und  wieder  zugestellt  bekommt.  (S.  S.  299.)  Für  die  gött- 
lich wunderbare  Hilfe  bei  der  Wiederschaffung  des  Ringes  haben 
wir  auch  jetzt  nichts  einzusetzen,  wenn  wir  nicht  annehmen  wollen, 
daß  die  beiden  kärntnischen  Sagenfassungen  das  Ursprüngliche 
bewahrt  haben. 

Daß  der  Bote  zweimal  wirbt,  erst  beim  Vater,  dann  bei  der 
Tochter  fso  *Mz  gegen  *W0)  bestätigt  sich. 

Wir  werden  nun  auch  mit  *MS  —  *zn  fällt  aus  —  annehmen, 
daß  der  Rabe,  nicht  die  Königstochter,  die  Feinde  herankommen 
sieht,  denn  er  hat  die  Rolle  Horands  und  Morolfs.  Das  ist  der 
Punkt,  wo  dann  Oswalds  Gelübde  eingesetzt  hat.  Es  könnte  wohl 
an  die  Stelle  der  ermutigenden  Ansprache  Kudr.  491  getreten 
sein;  wie  auch  das  Zurückhalten  der  Heiden  an  den  diirkeln  Schiffen 
Hagens  (Kudr.  453)  eine  Parallele  hat.  Aber  wir  haben  ja  auch 
in  *MS  eine  solche  Ansprache  (V.  2841)!  Sie  steht  in  krassem 
Widerspruch  zu  dem  gottergebenen  Jammer  von  V.  2773  ff.,  der 
ja  das  Zusammentreffen  doch  nicht  hat  hindern  können.  Wir 
werden  also  im  Hinblick  auf  die  Kudrun  sagen,  daß  sich  die  alte 
Ansprache,  wie  sie  vor  die  Schlacht  paßt,  in  zwei  gespalten  hat, 
um  dem  Gelübde  ein  Unterkommen  zu  schaffen,  das  wir  in  dieser 
Gestalt  für  unecht  hielten;  es  schloß  also  2823  an  2774.  Daher 
die  Unordnung  in  V.  2822?     Vgl.  S.  219  f.  [2775-2822] 

Über  den  Jagderfolg  des  Heiden  sagen  die  verwandten  Dich- 
tungen nichts  aus. 

Zweitens  suchen  wir  Entscheidung  über  die  Echtheit  der 
Züge,  die  *Mz  oder  *W0  allein  darbieten. 

Baesecke,  Mfincbenor  Oswald  20 


306 

Zu  V.  254—63  (ein  Bote  soll  fragen,  ob  Pamige  Christin 
werden  wolle)  keine  Parallele. 

Zu  282  ff.:  der  feindliche  Schwäher  erhält  in  allen  vemandten 
Dichtungen  einen  Namen. 
/  Die  goldenen  Kreuze  von  *MS  sind  dem  Orendel  entnommen. 

Dort  läßt  der  König  vor  der  Ausfahrt  seinem  ganzen  Heere  goldene 
Sporen  machen  (279  flf.).  Aus  Sporen  konnten  wohl  Kreuze  werden, 
nicht  umgekehrt,  und  daß  beide  Erzählungen  unabhängig  wären, 
scheint  ausgeschlossen.     Beweis  ist,  daß  Osw.  1583 

w  hiez  81  schütten  uf  einen  anger  dar  (diu  kritue) 

Or.  309  entspricht: 

er  hiez  si  schüten  ?//  den  hof  (die  sporn): 
das  paßt  nicht  zu  den  aufgenähten  Zeugkreuzen  von  *Mz  (V.  151m 
— 1600).    Aber  die  gehören  nicht  in   die  Brautwerbungsgedicht«. 
Nur  schließt  das  nicht  aus,  daß  sie  schon  in  *MW  vorhanden  waren. 

Schon  aus  *zn  -h  *W0  mußten  wir  (S.  257)  folgern,  daß  sich 
Oswald  auch  in  *MS  ursprünglich  für  einen  Kaufinann  ausgab. 
Die   verwandten    Dichtungen,   voran    der  Ortnit,    bestätigen   das. 

Daß  der  Heide  erst  von  der  Ankunft  der  Fremden  be- 
nachrichtigt wird,  daß  er  zornig  ist,  sich  aber  besänftigen 
läßt  (*Mz),  ist  durch  genug  Parallelen  gesichert.  Desgl.  die  List 
der  Königin  auf  der  Mauer,  schon  darum,  weil  sie  unt^r  die 
Entföhrungslisten  fällt. 

Es  folgt  der  Kampf.  (Vgl.  S.  259  f.)  Fällt  der  Heide  oder 
nicht?  Die  Verse  2943/44  und  2949/50  könnten  gutem  wie  bösem 
Ausgange  vordeuten.  *MW  nimmt  guten  an,  es  entsteht  also  die 
Frage,  was  nun  mit  dem  heidnischen  Schwäher  werden  soll.  Heim 
kann  er  nur,  wenn  seine  Mannen  wieder  erweckt  werden.  Die 
Erweckung  aber  ist  als  unecht  erkannt.  Also  mußte  er  mit  Oswald 
ziehen,  und  das  entspricht  wiederum  der  Kudrun.  Nun  hat  sich 
aber  *MW  dafür  entschieden,  daß  er  heimzieht.  Also  ist  der  Schluß 
von  'MW  unecht,  der  Heide  starb  ursprünglich  oder  zog  mit  Oswald. 
Das  stimmt  zu  unsrer  Entwicklung  des  Brautwerbungstypus  und 
zu  der  aufgezeigten  ünversöhnlichkeit  von  V.  2943/44  und  2945/46. 
Danach  könnte  es  scheinen,  als  bewahre  *MS  das  Richtige,  indem 
es  Aron  mit  Oswald  ziehen  läßt,  und  als  stimmten  *zn  und  *W0 
nur  zufällig  zusammen.     Das  wäre  auch   wohl  möglich,  und  wii 


307 

hätten  dann  in  V.  3185-3208  einen  legitimen  Schluß'),  der  mit 
und  ohne  Taufe  passen  könnte.  Aber  auch  darin  würden  wir 
doch  nur  eine  Milderung  des  ursprünglichen  tragischen  Schlusses 
sehen  müssen.  Nur  ist  gleich  hinzuzufügen,  wie  das  verstanden 
werden  soll:  dieser  tragische  Schluß  war  an  einem  Oswaldgedichte 
vielleicht  niemals:  es  ist  an  sich  möglich,  daß  der  christlich  ge- 
wandte Hjadhninga  vig  schon  beim  ersten  Entstehen  der  Oswald- 
dichtung mit  ihr  kontaminiert  wurde.  Aber  welchen  Schluß  der 
alte  Brautwerbungstypus  forderte,  soviel  nur  will  ich  sagen,  das 
ließ  sich  auch  beim  Oswald  nicht  verdecken.  Zu  streichen  sind 
jetzt  (vgl.  S.  260  oben)  Taufe  wie  Erweckung:'  [2945,46, 

Drittens   suchen  wir,   über  *Mz  hinweg,  Eat   für   zweifei- 1^|^~|^^^' 
hafte  Stellen  und  Bestätigung  von  Athetesen  in  *MS. 

Daß  wir  mit  der  Athetese  von  Oswalds  Traume  *MS  43  recht 
haben,  müssen  wir  ex  silentio  schließen.  Aber  wir  werden  docli 
bestärkt  durch  einen  merkwürdigen  Anklang:  Wolfd.  A  20  lautet: 

Kl  lue  eines  naclUes  in  ir  bette  unde  die/. 

8%  was  ntht  vol  entsUtfen  unz  ir  ein  stimme  lief  .... 
OöW.  *MS  43 :  Daz  geschach  eines  nahtes^  do  lac  et  unde  slie/) 

stn  herze  ime  ze  den  sinnen  inef. 
*MS  43  ist  Langzeile  und  von  M  in  zwei  Versen  geschrieben! 
Und  was  bedeutet  stn  herze  ze  den  sinnen  riejl  Ich  glaube  also, 
daß  diese  Stelle  entlehnt  ist  und  will  gleich  noch  einige  Züge 
des  Wolfd.  A  zeigen,  die  grade  an  solche  Stellen  des  Oswald  an- 
klingen, die  wir  für  unecht  erklärt  haben: 
1J),3:  si  was  ein  fieideninne  und  gelotihte  doch  an  got: 

svxi  si  var  vorhte  mohte^  da  leist  si  stn  gebot:  vgl.  *MS  239-45; 
364,4  dir  st  vor  gote  erhübet^  slah  mir  abe  daz  houbet  mm:    vgl. 

*MS  367-(>9; 
470,1   der  durst  und  auch  der  hunger  het  im  nach  benomen  den  llp: 
vgl.  *MS  634  f. 

V.  45-54  könnten  dann  den  Rat  der  Mannen  enthalten,  der 
ja  nur  in  *MS  durch  Oswalds  Initiative  verdrängt  ist.  Also  sind 
V.  75-192  zu  Recht  eingeklammert,  und  Wolfd.  B  10  (s.  S.  266) 
darf  nicht  als  Parallele  angefahrt  werden.  Mit  75  flF.  mußten 
1513-38  fallen. 

*)  Andernfalls  wäre  3185  für  bearbeitet  zu  halten. 

20* 


308 

Der    Babe    bietet    sich    in  *MS   selbst   als    Buten    an.     Nur 
scheinbar  parallel  ist  Ortn.  264.     Dort  handelt  es  sich  nicht  um 
.'    die  Werbung,  sondeni  um  ein  höfisches  Widersagen,  das  Alberich 
lieber  auf  sein  Leben  nehmen  will,  als  daß  es  unterbleibt. 

V.  310  If.    finden    nun    allseitige  Unterstützung,    nur  müssen 
[318-21]  wir  jetzt  auch  den  Beginn  von  Oswalds  Antwort  abtrennen. 

402-23,  621-25,  650-771,  831/32  finden  keine  Parallelen. 

Dagegen  wird  Pamiges  enger  Gewahrsam  vielstimmig  be- 
bestätigt (785  flf.),  nur  bleiben  natürlich  über  die  Art  Zweifel, 
wie  er  in  *MS  dargestellt  ist. 

Das  Spielmännische,  das  wir  kaum  einmal  bis  *Mz  verfolgen 
[376  77,  811  konnten  (s.  S.  260  f.),  es  findet  auch  jetzt   keine   Rechtfertigung. 
—18,843— 56, j)gj.  Morolf  strotzt  von  solchen  Motiven,  beim  Orendel  ist  vielleicht 
133'— 581   ^^  allem  Übrigen  die  ganze  Brautfahrtaufmachung  spielmännisch 
(s.  die  einzelnen  Züge  in  der  Liste);  aber  es  ist  nicht  einmal  ein 
Ansatz  da,  dem  Spielmännischen  innerhalb  des  Dichtungsschemas 
einen  Platz   anzuweisen:    beide  haben  von  Haus  aus  nichts  mit- 
einander zu   schaffen,    und    daß   sich    die  ,Spielleute'   grade  der 
Brautfahrtdichtungen  bemächtigen,  ist  sekundär. 

Noch  weniger  gehören  die  Goldschmiede  mit  ihrer  Tätigkeit 
in  diese  Gedichte,  kaum,  daß  sie  bei  der  Entführungslist  einmal 
eine  Rolle  spielen.  Ich  glaube  also,  458/59,  464-501,  1161-68, 
1389-96  sind  richtig  eingeklammert.  Die  Goldschmiede  von  2090  ff. 
konnten  schon  mit  Hilfe  von  *zn  und  *W0  ausgetan  werden 
(S.  256  f.,  vgl.  S.  217  f.).  Über  1443-70,  1579-1600  s.  S.  252  f. 
Diese  Verse  schienen  uns  nach  458  ff.  und  502  ff.  gemacht,  die 
die  Herrichtung  des  Eaben  durch  einen  Goldschmied  erzählen,  von 
dem  weder  *zn  noch  *W0  wissen.  Gab  es  also  zwei  Schichten 
von  Goldschmiedinterpolationen  ?     Doch  vgl.  *W0  595  ff. 

Schon  bei  Betrachtung  des  Kampfes  und  seiner  Folgen  sind 
wir  über  *MW  hinausgegangen.  Das  müssen  wir  an  noch  einem 
Punkte:  bei  der  Hirschepisode  mit  dem  Auf  beten  des  Tors.  Was 
wir  aus  der  Anlage  unseres  Gedichts  folgerten,  das  verlangt  auch 
der  ganze  Chorus  der  Brautwerbungssagen.  Und  hier  konstituiere 
ich  eine  Stufe  der  Entwicklung  des  Oswaldgedichts,  die  auch  wirk- 
lich vorhanden  gewesen  sein  muß  —  nicht  so  nach  dem  Bisherigen 
beim  Tode  des  Heiden  und  dem  Gelübde  — ,  die  die  Absicht  des 
Dichters,  die  Wirkung  seines  eigentlichen  Eigentums  an  dem  Ge- 


309 

dichte,  nämlich  der  List,  vollständig  bewahrt  habe.  Die  Hirschepisode 
mit  ihren  Folgen  ist  aber  auch  das  Einzige  darin,  das  sich  nicht 
ans  Geschichte  -f-  Legende  -h  Brautfahrttypus  ergab  und  auch  nicht 
ergeben  konnte.     Stützen  können  wir  sie  indessen  durch  zweierlei: 
Erstens  die   deutliche  Parallele  der  Herbartgage:  der  Werber  läßt 
in  der  Kirche  zwei,  automatische  Mäuse  laufen,  erst  eine  goldene, 
dann  eine  silberne;    die  Königstochter  wird  aufmerksam,    schaut 
von  ihrem  Buche  auf  und  läßt  nach  dem  Fremden  fragen  (Ths.  236). 
Tertium  comparationis   zunächst  nur  die  erregte  Aufmerksamkeit 
und  die  Goldschmiedekunst,     Aber  ich  glaube  doch,  daß  auch  der 
wunderbare  Hirsch  ursprünglich  automatisch  war,  sodaß  also  *MS 
mit  seinen  12  Goldschmieden   eigentlich   etwas  Altes  wieder  ein- 
führte.    Denn    zweitens:    solche    automatische   Tiere    sind   etwas 
Häufiges:    hohl   und   durch   den  Wind    getrieben    sind    auch    die 
singenden  Vögel  des  Wolfd  A.  Anh.  263;    ein  Hirsch  mit  goldenen 
Hörnern  Wolfd.  B  310.    Wie   eine  rationalistische  Erklärung  dazu 
wirkt  Strickers  Karl  104a:  da  ist  eine  Fahne  mit  einem- Drachen  auf 
einem  von  zwei  Ochsen  gezogenen  Wagen ;    der  Drache  ist  hohl  und 
bewegt  sich,  als  wäre  er  lebendig.     Vgl.  das  automatische  Wunder- 
werk in  Flecks  Flore  2019  fif.     U.  s.  w.     Vielleicht  spielt  auch  die 
Erzä-hlung  von  Aidan,  Oswalds  Lehrer,  herein,  der  einen  Hirsch  vor 
seinen  Verfolgern  wunderbar  verbirgt  und  rettet  (Beda  IH.  5,  vgl.  Osw. 
V.  2445— 66);   er  tritt  ja  noch  in  *zn  (56,  21  ff.,  nach  Beda)  mit 
Oswald  verbunden  auf.     Dann  enthielte  also  *MS  in  jenen  Versen 
gegen  *W0  das  Echte.     Ein  Hirsch  spielt  auch  bei  den  heiligen^ 
Kelten  Kentigern  und  Mochua  eine  Eolle.    Vgl.  novh  Zingerle  S.  93  ff. 

Auch  aus  diesem  Kapitel  müssen  wir  noch  genug  Fragen  weiter- 
schleppen. Zwar  ist  für  manche  Züge,  die  nur  *MS  bietet,  das 
Schweigen  ringsum  noch  bedrohlicher  geworden,  und  das  mag  bei 
dem  schematischen  Aufbau  unserer  Gedichte  meist  einer  Verdammung 
gleichkommen.  In  andern  Fällen  weichen  die  verwandten 
Dichtungen  so  weit  ab,  daß  sie  keine  eigentliche  Entscheidung 
bringen  können:  wir  erfahren  aus  ihnen  z.  B.  nichts  über  die 
List  der  Königin  auf  der  Burgmauer  oder  über  den  Jagderfolg 
des  Heiden.  Dazu  die  zuvor  entwickelten  Zweifel  an  dem  Werte 
etwelcher  Parallelen,  zumal  für  den  Text  von  *MS. 

Wir  sind  wieder  auf  das  Gedicht  selbst  zui-ück  gewiesen:  es 
bleibt  die  Form,  die  uns  Aufschluß  geben  kann. 


IV.  Form. 

1.  Strophen. 
Uaß  unser   Oswald  *MS  ursprünglich   in  Strophen    abgefaßt 
war,  hat  schon  Simrock  erkannt. 

Ein  paar  Mal  haben  sich  solche  Strophen  in  den  Handschriften 
insofern  erhalten,  als  die  Waise  besonders  abgesetzt  ist: 
S  901   man  M  1071  ffegeben  MS   1423  «m 

hotescliaft  dienen  ffeschriben 

kany  leben,  künigin ; 

*MI  2026  Zinne  S  3278  sere 

geneiget  jnlgerhip 

kimiginnej  viere. 

Die   Langverse   haben    diesen    Bau:   xxxx  I  XXXX,  xixH  I 

XXXX  und  XXX)^  I  XXX)^;     die    Interpunktion    ergibt   vierzeilige 
Strophen;  es  sind  also  Morolf Strophen. 

So  entsteht  die  Aufgabe,  alle  Langverse  unsres  Gedichts  zu- 
sammenzustellen,   und    das    wäre  der  erste   Weg,    zu    den    alt4?n 
Strophen  zu  gelangen. 
Strophen  Man  findet  in  den  bislang  unbeanstandeten  Partien  (0)  folgende: 

1-  XXXX  I  XXXX,    XXXX  I  XXXX,   XXXX  I  XXXX,   XXXX   I   XXXX. 
425  oder  du  gesüieat  mich  \  ze  Engellant  niem^rmere^ 
804  mac  ich  der  botedchefte  \  niemh*e  bringen  inne, 
826  der  gelegene  iu  lieidenen  \  iuwei*  trinken  unde  ezzen, 
874  unde  begunde  ze  ezzenne  \  unde  ze  tr inkenne  tragen  her, 
894  unde  begunde  vröUche  \  tHnken  unde  ezzen, 
898  den  Iieiden  der  botesche/te  \  innen  bnngen  mähte, 
902  daz  ich  dir  mtn  boteschaft  \  nu  niht  langer  verdagen  fai?», 
1014  unde  tvirst  nieniere  \  deheines  biderben  mans  genoz, 
1020  du  kanst  dich  ze  guoten  dingen  \  geliehen  niemermerey 
1160  iine  ipiaeme  ir  keiner  \  lebendic  hin  widere. 


3il 

1176  kome  er  her  dne  dichy  \  stn  arbeit  st  gar  verlwm^ 

1206  ime  entciel  daz  mngerltn  \  an  des  wilden  meres  ffi^unty 

1388  dir  quaeme  ir  keiner  \  lebendic  hinwidere^ 

1404  kumeat  du  dne  mich  hin  über,  \  din  arbeit  ist  gar  verloren, 

1711  ir  hetet  in  selber  \  gevuort  gar  tugentUche^ 

1815  quaeme  er  dne  mich  hin  ftber,  \  sin  arbeit  waere  gar  verloren, 

1915  drtzic  marc  goldes  \  gibe  ich  dir  in  dtn  fiant, 

1925  ich  bin  von  dtnen  schulden  \  worden  guotes  rtche, 

1939  von  sant  Oswalde  \  unde  von  allen  stnen  man, 

2027  herüz  hete  sich  geneiget  \  diu  junge  küniginne, 

2163  si  miiezen  alle  \  werden  erhangen, 

2245  unde  begunde  mit  den  stnen  \  her  ze  deme  heiden  gdn, 

2297  daz  hiez  er  in  itz  der  bürge  \  in  ir  herberge  ti^agen, 

2311  ich  woüe,  wir  waeren  \  ddheime  in  Engellant, 

2385  du  hdst  stn  iemere  \  ere  in  dtnen  landen, 

2421  si  wolten  den  hirzen  \  stechen  unde  schiezen, 

2486  unde  habe  mir  mtnen  mantel  |  unde  mtne  krone^ 

2612  unde  si  die  küniginne  \  heten  gewannen, 

2636  nü  möhte  in  allen  \  nifU  liebers  geschehen  stn, 

2754  unde  sihe  galtn  \  ze  uns  her  vliezen, 

2848  wir  werden  bestanden  \  nf  den  grimmigen  tot, 

2854  Itp  unde  sele  \  ist  behalU^n  iemermere, 

2902  des  vröiten  sich  die  sine  |  alle  geltche, 

3204  iewedei^me  man  er  \  ze  ezzenne  unde  ze  ttinke^me  gap. 

Ich  schließe  folgende  Gruppe  an: 
1512  daz  er  hete  so  manigen  \  \st.olzen\  dienestherren, 
2009  [wände]  ich  hdn  manigen  \  stolzen  dienestherren, 
2055  wände  er  hat  manigen  \  [stohen']  dienestherren. 

Desgl.  V.  954  du  solt  ime  dtn  tohter  \  geben  [rekte]  geren 
nach  V.  291,  1182,  1518,  1574,  2037,  2281,  3435,  3486, 

Alle  diese  Verse  machen  Sinneseinschnitte,  die  Strophen- 
schlüssen entsprechen  würden.  Zu  2265  wie  daz  dtn  tohter  \  itz 
empfistet  waere  ist,  wie  sich  schon  daraus  ergibt,  2266/67  eine 
Glosse,  iiz  emp/esten  sollte  wie  genoz  und  gdch  (s.  S.  210)  erklärt 
werden;  der  Füllvers  2267  kommt  sonst  nicht  vor.  [2266/671 

Dagegen  will  es  bei  599,  603,  1548,  2419,  2476,  2672  mit 
der  Interpunktion  nicht  passen:  der  Einschnitt  fällt  zwei  Verse 
davor  oder  dahinter. 


812 

2-  XXX  I  xxxx,  XXX  I  xxxx.  XXX  I  xxxx.  xxx  i  xHx. 

234  81  gezimei  dir  wol  \  über  dtniu  rtche, 

986  7nohte  in  der  rahe  \  iiiendeH  entrinn^fi^ 

1124  dich  heimsende  \  ze  dtneme  lieben  herren^ 

1134  ahe  er  ez  heim  \  ze  lande  aolte  vüeren, 

1707  ich  hdn  den  raben  \  vf  deme  mere  nie  gesehen, 

1959  si  todndeny  du  körnest  I  ze  lande  niemermere, 

2043  die  hat  er  [herf]  brdfU  \  über  des  wilden  meres  vluot^ 

2081  von  minem£  vater  \  unde  von  alleii  stnen  mun^ 

2608  ich  hdn  rehte  \  die  jungen  küniginne. 

Überall  fallen  Sinneseinschnitt  und  Langvers  zusammen. 
609  aber  kann  nicht  ohne  weiteres  Strophenschluß  sein,  weil 

610  unmittelbar  anschließt.  Dazu  kommt,  daß  die  beiden  zunächst 
anklingenden  Langverse  70  und  240  unecht  sind  und  daß  599  und 
603  nicht  Strophenschlüsse  sein  können  (s.  S.  311).  Nun  unter- 
brechen V.  606/7  augenscheinlich  den  Zusammenhang:  sie  haben 
das  Subjekt  ,Oswald*  (vgl.  1187  und  1285),  605  und  608  ,derRabe^ 

611  und  613  sind  Parallelen,  611  aber  durch  *zn  gestützt:  46,13 
Damit  nam  der  rapp  v^rlaub.  Und  war  es  in  V.  606  aufiällig, 
daß  trotz  des  Subjektwechsels  das  Pronomen  er  steht,  so  hier,  daß 
ohne  Subjektwechsel  das  Substantiv  der  rabe  aufgenommen  ist: 
611  gehört  zu  606/7,  608-10  zu  598-605,  und  diese  sollen 
hinzufügen,  daß  der  Rabe  sich  auch  seinerseits  verabschiedete: 
seine  Bolle  wird  in  spielmännischem  Interesse  gehoben.  Dann 
erhalten  wir  dieses  Strophen-  und  Eeimschema: 

598/99     herren       [602/5  kiiniginne  606/7    minne    j  [608/9     min 

geren       ,  hinnen  künigtn                   «'« 

[(QOOj&Qlverdagen'  man  6l\ / 12  dan         610  maymen 

sagen]  öw]  zergdn     613  dannen] 

(s.S.  211)        .  (s.S.  208). 

Ich  habe  die  S.  208  für  *MS   erschlossenen  Kurzformen  ein- 
gesetzt.    So    wird    es    handgreiflich,    wie    die    alte  Strophe    mit 
m-    und  on-Beimen    zwei    neue   ähnliche,    aber   verbesserte   her- 
vorrief: minne  606  veranlaßt  das  mm  608,  ktinigin  607  das  Xv7ni- 
[602—5]     ginne   602,    dan   611    das    dannen   613,    dan  :  zergdn  611/12    das 
[1)08/91      jtifjji  ;  an  604/5  und  mannen  :  dannen  610  und  613. 


313 

2291  ist  nicht  Strophenschluß,  weil  ein  gleichgebauter  Lang- 
vers vorausgeht  und  ein  Belativsatz  folgt.  Ein  christlicher,  aus- 
führender Zusatz  (vgl.  S.  215): 

So  bleibt  unerklärt  V.  1J)27:    die  Episode   von   dem   glück-   [2288-93] 
liehen  Schiffsknechte  erhält  einen  neuen  Stoß. 

3.   XXXX   I  XXX,    XXXX   I  XXX,    XXXX  I   XXX,    XXXX   I   XXX. 
34  ich  wil  ehr  dienen,  |  die  wUe  ich  hau  mtn  lehen^ 

196  zwei  unde  aibemic  lant  \  waren  ime  kunt, 

784  ohe  er  die  juncvrouwen  \  iendert  künde  sehen, 

882  deine  tuest  du  doch  nicht  \  an  dem  lebenne  stn, 

9()6  daz  muoz  mich  rimven,  \  die  wtle  ich  hdn  daz  leben, 
1072  daz  wil  ich  unibe  dich  dienen,    \    die  wile  ich  hdn  daz  leben, 
1108  80  muoste  ich  lihte  \  mtn  leben  hdn  verleim, 
1316  aant  Oswalde  nwhte  \  niht  liebers  sin  geschehen, 
1827  vnde  kam  ze  hilfe  \  deme  vursfen  hochgeborn, 
2171   vnde  wellen  unserme  herren  \  daz  lant  gewinnen  an, 
2201  v7ide  erzeige  den  kristen  \  niendert  kein  smdch, 
2686  der  viieret  min  tohter  \  hin  an  stner  hant, 
2758  ich  vurhte,  wir  müezen  \  daz  leben  verloren  hdn, 
2762  so  gut  ez  manigeni  kitten  \  an  daz  leben  sin, 
2766  ich  vurhte,  die  kristen  \  werden  alle  erslagen^ 
211  Ai  dne  got  selber  \  kan  uns  niht  gescliaden, 
2838  so  müezen  die  kristen  \  ir  leben  hdn  verloren. 

Nach  der  Interpunktion  sind  das  ausnahmslos  Strophensehlüsse. 

1713  aber  kann  nach  1711  nicht  Strophenschluß  sein. 
Oswalds  Schrecken  in  V.  1716  bezieht  sich  natürlich  auf  1707, 
nicht  auf  1715;  der  kameraere  erhält  überhaupt  keine  Antwort. 
1708 — 15  sind  Interpolation  mit  spielmännischer  Spitze  gegen  die 
hofeschdlke.  [1708—1.')] 

Die  Länge  von  2062  erklärt  sich,  wie  die  von  2057,  durch 
die  Einsetzung  von  dinenie  herren  für  dir  (vgl.  222). 

V.  2505  ist  durch  Streichung  des  junge  zu  retten,  das  in  der 
Verbindung  mit  hlniginne  nach  Vers-  und  Deutlichkeitsrücksicht^n 
fehlt  und  steht:  vgl.  die  Lesarten  zu  .1042,  2324,  2333;  2677, 
2727,  2936. 

Unerklärt  bleibt  nur  die  Länge  von  V.  1797. 


314 


Zählt  man  von  den  so  gegebenen  Strophenschlüssen  um  vier 
und  vier  Verse  vor  und  zurück,  so  erhält  man  in  den  weitaus 
meisten  Fällen  Strophen  ohne  irgendwelche  Enjambements  auch 
des  Inhalts. 

Zuweilen  aber  müßte  man  sechszeilige  Strophen  annehmen. 
Das  ist  vom  Morolf  her  geläufig,  aber  auch  dort  bedeutet  es  eine 
jüngere  Entwicklung;  und  wir  haben  ja  noch  Mittel,  diese  Sechs- 
zeiler  zu  reduzieren:  die  Waise  braucht  keineswegs  immer  in  den 
letzten  Vers  der  Strophe  aufgegangen  zu  sein,  es  ist  auch  ver- 
sucht, sie  einzureimen. 

Ein  solcher  Fall  ist  urkundlich  bezeugt:  konfrontieren  wir 
*MS  380  und  *zn  45,  23: 


380  do  sprach  der  pügertn   Wdrmunt, 
deme  was  umbe  des  rohen  vaH  wol  kunt : 
^hfirre  ir  suU  iiLch  wol  gehaben: 
wanne  got  entblutet  iuwerme  raben  .  •  | 
wanne  got  tril  durch  iuwer  er,        i 

385  so  sendet  er  iu  iuwei*n  raben  her.^ 


Dosp  roch  aber  der  alt  nian : 

ygeliab  dich  wol, 

got 

schikt  in  schirr  her.^ 


[287/9] 


Von  den  beiden  Vordersätzen  zu  385  paßt  natürlich  nur  der 
zweite.  Sie  sind,  und  das  beweist  *zn,  Zerdehnung  eines  einzigen, 
und  zwar  der  Waise.  Der  Reim  von  382  auf  385  mag  etwa 
raben  :  haben  gewesen   sein. 

Zu  440  ff.  ist  die  Waise  (w)  durch  Umstellung  eingereimt 
Schematisch  so:  aabwb  >  aabbw  [w].  Das  dar  von  454  erhält  erst 
durch  das  oar  von  450  Sinn:  454  gehört  vor  451.  441 — 45, 
447—49,  452/53  waren  gestrichen  (S.  212). 

Besonders  deutlich  ist  diese  (zuerst  von  Strobl,  Wiener  Sitzungs- 
berichte Bd.  64,  S.  462,  erkannte)  Art  der  Strophenauflösung  V.  282. 
V.  286  hat  zwei  Vordersätze:  284  und  285;  er  gehört  natürlich 
zu  dem  sage  mir  von  284  und  in  die  diro-xoivou-Stellung  vor  V.  285. 
287 — 89  sind  leere  Parallelen,  die  teils  der  Waise  den  fehlenden 
Reim  zufügen,  teils  wiedergeben  sollen,  was  bei  der  Umänderung 
noch  nicht  ausgeschöpft  schien;  so  lautete  die  zweite  Hälfte  der 
Strophe : 

sage  mir  pilgei^in    Wdrmunt, 
wie  der  heiden  st  genant, 
daz  ist  dir  doch  wol  kunt. 


315 

Dasselbe  Verfahren  wendet  Strobl  (S.  465)  bei  V.  987  If.  an. 
mit  hirztnen  riemen  soll  die  Waise  sein,  die  S  nach  Umstellung 
von  990  und  991  zu  V.  993  geschlagen,  *MI  durch  992  einge- 
reimt habe.  Nein,  S  991  dei^  künig  do  jn  viengi  ist  eine  Änderung, 
die  das  He  :  hie  vermeiden  soll:  vgl.  137,  3444.  Dazu  widerstrebt 
die  Stellung  von  991  vor  990  meinem  Sprachgefühl,  und  ich  zweifle, 
ob  nicht  eine  stärkere  Trübung  des  Echten  anzunehmen  ist. 

1131fif.  =  580fif.  rekonstruiert  Strobl  S.  466: 
stn     snüere    vinyei'lin     [vüeren]. 
Hier  habe  ich  dasselbe  Bedenken  wie  im  vorigen  Falle:  das  Vor- 
anstehen der  versfüllenden  adverbialen  Bestimmung. 

Die  beiden  Langverse  1014  und  1020  scheinen  zwei  Sechszeiler 
zu  beschließen.  Aber  der  zweite  brächte  nach  dem  ersten  nichts 
Neues;  die  Gedanken  und  Worte  von  V.  1010,  1011,  1012,  1013, 
1014  wiederholen  sich  in  1015,  1017,  1018,  1016,  1020;  nur 
1009  findet  keine  Entsprechung,  dafür  aber  ist  1019  leer.  Die 
Beihenfolge  zeigt,  daß  es  sich  nicht  um  Parallelreimpaare,  sondern 
um  Parallelstrophen  handelt.  Auch  wenn  wir  nicht  *zn  hätten 
(47,  16  das  du  das  prechestj  das  stund  dir  zumal  vbel  an,  vgl, 
*MS  1010),  würden  wir  sagen,  daß  die  erste  Strophe  die  ursprüng- 
lichere ist:  laster  1011  wird  durch  schände  1017,  Uiuwelos  1013 
durch  VI' idebrechender  man  1016,  biderben  mans  genoz  1014  durch 
V.  1020  modernisiert  und  erklärt  (vgl.  S.  210  zu  genoz).  In- 
dessen auch  so  bleibt  1009  —  14  immer  noch  ein  Sechszeiler. 
Aber  *zn  hat  für  V.  1010  den  Beim  an\  wir  wissen,  daß  der  Vier- 
reimer hdn  durch  haben  zu  beseitigen  suchte  (s.  S.  208);  wir 
finden  V.  1007/8  den  Reim  raben  :  haben^  1011/12  liaben  :  sagen, 
1015/16  an  :  man,  und  obendrein  sind  1008  und  1011  Parallelen: 
es  sind  die  Verhältnisse  von  V.  602  ff.  (S.  312),  und  hier  galt 
es  ausser -/o«;jrrc>2  besonders  das  an:  hdn  zu  bessern.  Also  ist 
[sin]  1009;  an-din  1010,  haben  1011  ;  [sagen]  1012  aus  an  :  hdn 
entstanden?  Dazu  würde  stimmen,  daß  1009  nach  1005—8 
wirklich  leer  ist;  aber  1011  wäre  als  echter  Vers  eine  uner- 
trägliche Wiederholung  von  1008.  Vielleicht  steckt  also  der  alte 
Reim  hdn  vielmehr  in  1005—9,  nicht  in  1011.  *zn  47,  16  das 
du  das  prechest  entspricht  offenbar  nach  dem  Wortlaute  V.  1006, 
nach  dem  syntaktischen  Sinne  V.  1009;  *MS  bietet  also  hier  eine 
Zerarbeitnng  des  Überlieferten,   wie  in  V.  382  bis  385  gegenüber 


316 

♦zn  46,  1  (vgl.  S.  314) :  das  Konditionale  ist  offenbar  aus  1006 
herausgenommen  und  zu  einem  besonderen  Verse  gemacht,  1009. 
In  dem  zerbrochen  also  steckt  die  Umarbeitung,  wie  sich  schon 
aus  dem  unverständigen  gerochen  V.  1005  abnehmen  ließe.  Ich 
vermute,  daß  die  beiden  letzten  Worte  inV.  1006  umgestellt  sind 
und  daß  er  (vgl.  *zn)  lautete:  duz  du  den  soltest  zerbrochen  Itdn. 
Daher  auch  das  hdn  nochmals  in  V.  1007/8.  als  Reimwort  ver- 
wandt. Zu  1006  gehörte  dann  als  V.  1010:  (vater)  daz  stmnde 
dir  viele  an^  und  ich  hätte  nun  die  Parallelstrophen 


1006  han  :       1010  an 
1011  haben:  sagen 

-los  :  genoz 


1015  [an  :         man 
schände  :  lande 
ere  :         mere]^ 


wobei  das  an  :  man  1015/16  Zeugnis  ist  für  hdn  :  an  {YgHy02  ft. 
S.  312).    Es  sind  Sechszeiler,  aber  auch  haben  :  sagen  1011/12  sind 
Beimbesserung  (otich!)  zu  hdn  :  an^    die  alte  Strophe  bestand  nur 
[1005,  lO07-9,aus  V.  1006,  1010,  1013/14.     Vgl.  S.  212  zu  440  fif. 
1011—12,  Die   Sechszeiligkeit  von  Strophen   gibt  auch  wieder   Anstoß 

1015—20]   ^^^  Berechtigung  zum  Beseitigen  von  Reimparallelen. 
[1183/84]  ^^^^  herrenigeren  [fmin:stn],  2280  eren  : geren  [Jrdtispdt]. 

[2282/83]    Zur  Beseitigung  von  geren  s.  S.  211. 

[1189/90]  ^^^^  minne  :  küniginne  (minne  :  künigtn)  \J  nam  :  lobesam], 

[2276/77]    2274  küniginne  :  hinnen    (künigtn  :  hin)    [/  varen  :  bewaren\:,     vgl. 
[2585/86]    S.  208  und  312. 

2585  [here  :  mere  //]  gdn  :  emp/dn;  vgl.  S.  208. 
1499  [dar  :  schar  Iß  komen  :  ve)*nomen;  vgl.  S.  211:  darum  also 
[1499/1500]  fehlen  1499—1500  vor  101  (s.  S.  245). 
[3205/6]  3203  tac  :  gap  [f -liehen  :  riehen];    vgl.  V.  1199    und  S.  210. 

2845/46  scheinen  mir  zugefugt  als  Ersatz   für   die  zu  lang 
befundenen  Verse  2847/48:    die  zu  kurzen  Langverse  sind  ja  durch 
[2845/46]    ^^^  Wunsch  entstanden,  regelmäßige  Reimpaare  herzustellen. 

An  die  Parallelen    schließen    wir   vorsichtig   ein   paar   selb- 
[1375/761    ständige  Erweiterungen  der  Strophe:  die  christliche  Zutat  1375/76, 
[2158/59]    die  spielmännische  Vorhersage  2158/59,    die  ausmalende  Zahlen- 
[2240/41]    angäbe  2240/41  (zugleich  Parallele  zu  gächf). 
[1481.82]  1481/82  gehören  nicht  zu  1479/80:    das    Subjekt   wechselt, 

und  man,  erwartet  noch  ein  variierendes  Verbum.    Auch  nicht  zu 
1483/84,  wegen  der  Rangordnung.     Es  ist  eine  Randglosse,  viel- 


317 


leicht  zu  1491  luul  149H;  denn  sie  bilden  an  entsprecliender 
Stelle,  V.  17/18  (s.  S.  245),  den  Schluß  der  Machteufzählung. 

Zu  diesen  Erweiterungen  rechne  ich  nun  auch  das  Ankündigen 
des  Sprechenden,  das,  im  Oswald  regelmäßig  geworden,  doch  im 
alten  epischen  Stile  —  auch  noch  im  Morolf  —  unterbleiben  konnte. 
Zeugnis:  865/66:  die  Vorausnahme  des  Subjekts  durch  er  nur 
hier;  vgl.  899/900.     Ähnlich  584/85  =  1135/36,  2056/57. 

Derartige  Zusätze  müssen  auch  den  Zusammenhang  nach  vor- 
ausgegangener Interpolation  herstellen:  933/34  (s.  S.  217),  1055/56 
(in  *MI  ein  Vers!). 

öfters  war  die  Bearbeitung  in  solchen  Sechszeilem  an  den 
Füllversen  kenntlich  (z.  B.  282  fif.)-  Aber  es  ist  bei  der  (S.  211  ff.) 
erörterten  Art  der  Versbearbeitung  erklärlich,  daß  auch  das  nicht 
immer  zur  Herstellung  des  Ursprünglichen  fahrt. 

Zwei  solche  Füllverse  (oder  Füllreime)  stehen  z.  B.  in  den 
Strophen  V.  1117  (1122/23)  und  2849  (2852/53).  Der  Füllvers 
steht  an  sechster  Stelle  in  der  Strophe  V.  1;  an  vierter:  1716 
(hier  ist  auch  1720  sinnlos),  2380;  an  dritter:  987  (s.  S.  315) 
1698;  an  zweiter:  213,  434,  2022. 

Ein  paar  Mal  müssen  wir  aus  der  Analyse  des  3,  Kapitels 
schließen,  daß  ein  inhaltlicher  Zusatz  die  Strophe  ausgedehnt  habe: 
V.  1  (Oswalds  milte\  1425  (der  Übergang  von  dem  interpolierten 
Briefe). 

An  einigen  Stellen  scheinen  Achtzeiler  vorzuliegen.  Aber 
die  Erklärung  ist  leicht: 

2739/40  werden  erst  durch  2743  fortgesetzt.  Aber  auch 
nach  Ausschluß  von  2741/42  bleibt  ein  Sechszeiler.  Es  ist  wieder 
ein  Fall,  wo  die  Interpolation  noch  örtlich  kenntlich  ist:  diese 
beiden  Strophen  standen  nebeneinander:        2739/40  2741/42 

2743/44  2745/46 

Die  Verse  wurden  dann  nach  Analogie  der  parallelen  Eeimpaare, 
also  in  diesem  Falle  verkehrt  eingeordnet;  vgl.  S.  188  zu  3238  fl". 

223  «f.  Das  genozY.  230  ist  alt  (S.  210),  226  nicht  von  227 
zu  trennen.  Ich  möchte  auch  hier  ein  örtliches  Nebeneinander 
annehmen,    225—28    als    Erklärung   von   genoz    230  verstehend: 


[1481/82] 


I865/6G1 
1584/85, 
1135/36, 
2056/57) 
1933/34] 
11055/561 


[2741  42, 
2745/46) 


223/24 
229/30 


225/26 
227/28. 


[22.7/28) 


318 


Ebenso  sind  2925/2()  und  2981/32  durch  die  Parallelstroplie 
2927 — 30  getrennt:    Up  in   der  Bedeutung  Leben  schien  eine  Er- 
klärung zu  fordern,  vgl.  1830/31/1828/29,  die  Lesarten  zu  1 1 11 , 
[2927-301  2067,  3528  und  Vorauer  Alex.  153  =  Straßb.  Alex.  179. 

1998  bis  2004  sind  nach  2048 — 51  in  zwei  Vierzeiler  zu 
zerlegen. 

Den  Achter  2032—39  wird  man  zunächst  um  2038—39  er- 
leichtem: wir  dürfen  jetzt  fast  sagen,  daß  nach  ffei^en  regelmäßig 
[2038/391    Parallelverse  eingesetzt  sind  (S.  210  und  316).    Es  bleibt  aber  ein 
Sechszeiler,    den  ich  nur  durch  Streichung  von  2034/35  als  einer 
[2034;351    Parallele  zu  reduzieren  wüßte. 

Andrerseits  bleibt  eine  Reihe  von  Reimpaaren  vereinzelt.  Sie 
sind  meist  dadurch  zu  erklären,  daß  eine  Interpolatien  die  übrige 
Strophe  verschüttet  hat:  250/51,  350/51,  400/401  (zu  ergänzen 
nach  205—8),  424/25,  959/60,  1175/76  =  1403/4  (vorher,  muß 
noch  von  dem  Raben  die  Rede  gewesen  sein;  daher  auch  der 
Zusatz  1177—80),  1291/92  (nach  773—76  zu  ergänzen;  die 
Interpunktion  durch  1886—89  gesichert),  1609/10,  1828/29,  2080- 
81,  2729/30  (nach  2617—20  zu  ergänzen),  3207/8. 

[1639/40]  1639/40  schließe  ich  nun  an  1641—45  an  (S.  217). 

2915/16  bilden  mit  den  gleichgebauten  Versen  2916  ab 
(die  kristen  —  die  heiden)  einen  Vierzeiler,  diese  sind  nur  in  M 
überliefert:    der  variierende    Einschub   ist  wieder  auch  äußerlich 

[2915/161    kenntlich. 

In  Summa  kann  kein  Zweifel  sein,  daß  das  alte  Gedicht  aus 
Strophen  bestand,  die  Teilung  bestätigt  vollauf  unsere  vorauf- 
gehenden Athetesen.  Nur  die  von  V.  21/22  möchte  ich  gegen 
S.  221  und  260  zurücknehmen:  der  letzte  Einschnitt  fällt  hinter 
V.  18;  21/22  würden  eine  alte  Variation  enthalten  und  zu  19/20 
gehören.  Es  bleibt  aber  doch  ein  Rest  zusanwnenhängend-unteil- 
barer  Versstrecken,  und  die  werden  nun  verdächtig,  oder  sie  be- 
stätigen den  Verdacht,  den  das  vorige  Kapitel  gegen  sie  ent- 
stehen ließ. 

45—54  hatten   wir  (S.  245,  vgl,  S.  307)   unter  der  Voraus- 
setzung  belassen,    daß   sie  nicht   zu  43/44  gehörten.      Das   tun 
sie    aber    nach    der    Interpunktion    (42/43  |  44 — 46  |  47),     ich 
[45—541    klammere  sie  also  nun  ein. 


319 

Desgleichen  waren  (S.  '24f))  V.  294  —  301  stehen  gelassen,  ob- 
wohl sie  in  *zn  und  *W0  keine  Entsprechung  finden.  Wir  streichen 
sie  jetzt  wegen  der  Interpunktion:  294/95  |  296— 99  (oder  294— 99) 
I  300—301  I  302  fif.  Ich  glaube,  daß  auch  V.  302  und  303  noch 
unecht  sind.     Sie  knüpfen  die  Interpolation  an  das  Echte  an.         [294-303] 

Durch  die  Athetese  von  520/21  (S.  211)  und  528/29  (S.  221) 
habe  ich  518/19  und  526/27  isoliert.  Ich  glaube  auch  jetzt 
noch,  mit  Eecht.  S.  252  ist  verzeichnet,  wie  1443  fif.  nach  458  ff. 
gearbeitet,  daß  aber,  nicht  nur  464—501  (s.  S.  253),  sondern 
auch  518 — 29  nicht  benutzt  sind:  und  eben  die  Verse  sind 
nicht  strophisch  teilbar:  [518—29] 

Dasselbe  gilt  für  538—55:  sie  sind  wegen  550/51  nicht  durch 
vier  zu  teilen;  556  schließt  an  das  genieit  von  537,  wie  1467  an 
das  von  1466,  und  wieder  war  die  Absicht,  den  Goldschmied  und 
den  Wert  seiner  Arbeit  herauszustreichen:  [538—55] 

789—98  werden  nun  durch  die  Interpunktion  (6  -f-  4  Verse) 
der  letzten  Stütze  beraubt  (vgl.  S.  249).  Das  Eingesperrtsein  und 
das  Wandeln  unter  dem  Baldachin  ist  also  als  gegensätzlich  zu 
denken,  und  das  Zweite  gehört,  zu  der  Interpolation,  die  Pamige 
bei  Tische  zugegen  sein  läßt  (s.  S.  249).  Es  folgen  6  -h  6  oder 
2  -h  4  -f-  6  Verse.  Denn  bildet  das  hoeret  oder  muget  ir  hoereny 
wie  er  sprach  den  letzten  Vers  einer  Strophe,  so  beginnt  in  den 
echten  Partien  er  sprach  die  nächste:  213,  1698,  2483,  2579, 
2751;  bildet  es  den  zweiten  Vers,  so  fehlt  er  sprach  im  dritten: 
1648,  2190,  2773,  2841.  (So  wird  zugleich  die  Einklanmierung 
von  1335  gerechtfertigt;  vgl.  S.  308.)  Das  gäbe  hier  einen  Sechs- 
zeiler.  Nun  werden  wir  aber  gewiß  zunächst  Vierzeiler  annehmen, 
also  800  von  801  trennen.  Dann  würde  aus  dem  Vorigen  folgen, 
daß  sie  von  verschiedenen  Verfassern,  also  799/800  unechte  Über- 
gangsverse sind.  Dazu  stimmt,  daß  die  regelmäßige  Fügung  do  — 
ersach  hier  zu  einem  Hauptsatze  umgewandelt  und  die  Beziehung 
des  daz  ganz  unklar  ist.  Es  folgt  aber  mit  805  noch  ein  Sechs- 
zeiler.  Er  hat  einen  geläufigen  Schlußvers;  nur  ist  809  ohne 
Parallele  in  unserm  Gedichte  und  halb  sinnlos:  vielleicht  erstrebte 
der  Verfasser  die  Eeimformel  liep  oder  zoni^  hielt  dabei  aber  das 
liep  far  unsachgemäß.  [7ö9-eOü] 

Vor  1035—54  (S.  217,  260  und  307)  müssen  jetzt  auch 
1021 — 34  fallen:  es  sind  4 -h  6 -f- 2  Verse  (die  letzten  beiden  im 
Vierreim:  S.  208).  [1021-34] 


320 

Aus  der  Sechszeiligkeit  von  Str.  1129 — 34  ergibt  sich,  daß 
580 — 83  unvollständig,  und  in  V.  580  nicht  etwa  er  als  Subjekt 
für  tinde  einzusetzen  ist.  Über  die  Entstehung  der  Strophe  nach 
Strobl  s.  S.  315. 

1539 — 56  waren  (S.  254)  noch  belassen.  Insbesondere  werden 
1543 — 46  durch  *zn  51,  4  tvan  welcher  vnder  ewch  ntirbet  in  Meinem 
drej/t,  der  sol  dez  ewigen  lebe  na  sicher  sein  aufs  beste  gehalten. 
Dagegen  muß  ich  nun  1539—42  für  eine  kummerliche  Bearbeitung 
des  von  *zn  51,4  Überlieferten  halten:  tcande  *Mz  1543  kann 
wohl  *zn  51,4  (gehabt  ewch  wol  vnd  streijt  froUchen)  begründen, 
aber  nimmermehr  *MS  1539—42:  wer  Kitter  werden  will,  ziehe 
mit,  denn  wenn  er  erschlagen  wird,  gewinnt  er  das  ewige  Leben! 
Es  sollte  einmal  wieder  etwas  Ritterliches  eingeführt  werden 
(vgl.  1916).  154  if — 50  möchte  ich  nicht  einzig  deshalb  ausscheiden, 
weil  in  *zn  Entsprechendes  fehlt:  *zn  kürzt  ja.  Aber  mit  1551 
folgen  6  +  4  -h  6  Verse,  die  strophische  Gliederung  ist  also  unter- 
brochen zugunsten  einer  Machtauf  Zählung,  wie  sie  ähnlich  in 
V.  89  ff.  erst  übernommen  ist  (S.  245).  Mit  1551  beginnt  ja  auch 
eine  neue  materiellere  Begründung  der  königlichen  Bitte.  Des- 
gleichen lassen  sich  1571 — 78  nicht  zerlegen,  und  V.  1578  zielt 
[1539-42,  auf  die  (S.  253  f.)  verworfene  Frage  von  V.  1513. 

1  :^  r  1 »701 

^  1543—50  wären  als  einziger  nicht  umgearbeiteter  Best   der 

nur  für  *Mz  bezeugten  Ansprache  zu  betrachten. 

Versuchen  wir  nun  unsre  strophische  Kunst  an  der  (S.  260 
und  3 13)  bezweifelten  Erzählung  von  dem  glücklichen  Schiffsknechte, 
V.  1890  ff.  Sie  nimmt  sich  in  der  glatteren  Umgebung  recht 
holperig  aus.  1916/17  sind  schon  S.  211  besprochen;  jetzt  führt 
der  Vergleich  mit  1301  ff.  darauf,  1894/95  und  1898/99  zu 
streichen,  jenes  als  Parallele  zu  gesehen  :  jen  (s.  S.  208  und  210) 
und  bezeichnet  durch  die  Kürze  von  V.  1894,  dieses  als  spiel- 
männisch'  ausmalenden  Zusatz  (vgl.  S.  220  f.).  Aber  V.  1902/3 
blieben  doch  vereinzelt  (vgl.  S.  3 1 9  über  er  sprach).  Ebenso  1 926/27, 
und  wohl  auch  1928/29,  1930/31.  So  sei  die  Episode  endlich 
[1890—1931]  auch  gestrichen. 

Aber  auch  mit  1932  ist  wohl  das  Echte  noch  nicht  wieder 
erreicht.  Denn  1936 — 39  ist  offenbar  ein  spielmännischer  Erguß, 
und  die  beiden  Strophen  1940—43  und  1948 — 51  sind  durch  die 


821 

Zweizeiler  1944/45  und  1946/47  getrennt,  die  den  Wert  des  Baben 
erheben  und  ihn  wie  V.  608  zur  Antwort  kommen  lassen  wollen.  [1936—39, 
2224 — 81  bilden  eine  durch  Vierreim  gedehnte  sechszeilige  1^4—47] 
Gruppe.  Dann  folgen  2  +  2  Verse.  Ein  ausmalender  unstrophischer 
Einschub  (vgl.  S.  220  f.):  die  Heiden  mußten  doch  statt  des  ab- 
gelegten ein  andres  Gewand  anziehen.  Bezeichnet  ist  sein  Beginn 
durch  das  Fehlen  von  2218—21  in  Msß  und  durch  die  Benutzung 
des  letzten  gegebenen  Reimes  (iont :  gewant,  vgl.  zu  602  ff.  und 
1006  ff.);  sein  Schluß  durch  den  Gegensatz  von  2232/35  zu  2216/17,  [2218-85] 

Verdächtig  sind  auch  V.  2412  ff.:  ein  Zweizeiler,  drei  Vier- 
und  wieder  ein  Zweizeiler  (2426/27);  dazu  der  falsche  Langvers 
2419  (vgl.  8. 31 1).  Ich  vermute,  daß  die  beiden  isolierten  Beimpaare 
(2412/13  und  2426/27)  zusammengehörten  und  daß  2414-25  ein 
Einschub  sind  ganz  wie  der  eben  besprochene;  2417/2426. 

Auf  2652  folgen  6  (oder  2-h4)-f-6-»-4-+-2-f-4  Verse; 
auch  V.  2679 — 86  lassen  sich  schwerlich  als  zwei  Strophen  auf- 
fassen; dazu  der  Langvers  2672  an  falscher  Stelle,  V.  2681  das 
&caE  Xt-^|fttvov  se;  V.  2666  die  Beziehung  auf  die  interpolierten 
Goldschmiede,  V.  2683  die  spielmännische  Vorhersage.  Wir  hatten 
den  Bericht  über  den  Jagderfolg  (S.  258,  305,  309)  nur  belassen, 
weil  *Mz  ohne  inhaltliche  Entscheidung  gegen  *W0  stand.  Die 
Unstrophigkeit  entscheidet  wider  die  Echtheit.  Die  alte  Königin 
tritt  denn  auch  weder  in  •zn  noch,  in  *W0  auf.  Was  an  Stelle 
des  Unechten  (2653—90)  gestanden,  ist  klar:  die  Benachrichtigung 
des  alten  Heiden.  Vgl.  *zn  54,  10 :  Do  nu  kunig  Oaudan  haym  kam 
vnd  dem  htm  lang  nach  kette  gejagt  mit  seinem  geeinde,  do  umrt  ei* 
nmen^  das  er  sein  tochter  verlorn  hett.  Das  was  im  gar  layt  vnd 
was  im  gar  zorn.  Man  kann  die  beiden  Reime  nach  *MS  2469/70 
zu  Versen  ergänzen,  aber  das  Verlorene  nicht  herstellen.  •WO 
berichtet  kurz  und  bündig :  der  Heide  wollte  seiner  Tochter  den 
Hirschen  schenken:  llbAi  Do  her  dy  tachter  nicht  fanty  Eyn  hom 
nam  her  yn  dy  hant  *-*  •MS  2691:  [2653—90] 

Auf  2872  folgen  2  -f-  4  -f-  2  -f-  4  (oder  3  -f-  1 :  Reim- 
brechung!) +  2  Verse.  Die  Strophenreihe  ist  also  unterbrochen. 
Schon  daß  2875  ohne  do  beginnt,  macht  stutzig:  vergl.  203,  211, 
1333,  1646,  1696,  2188,  2246,  2749,  2941  und  2577,  2771, 
2839.  [2875-84] 

Batsteke,  lianelieBer  Oswald  2J 


322 


So  bleiben  unerklärt  die  Langverse  247(),  1797,  die  Sechs- 
zeiler  987  (8.  S.  315),  1129  (s.  S.  315),  1796,  2461  —  wenn  man 
das  S.  317  zur  Erklärung  Vorgebrachte  gelten  lassen  will. 


Strophen  Wenigstens   drei  Interpolationen   waren   schon  in  *MW  vor- 

in  •MW.  banden,  die  Erzählungen  vom  verschlossenen  Tor,  von  Oswalds 
Gelübde  und  von  der  Taufe  (S.  306  und  308).  Bei  der  ersten  und 
dritten  ist  die  Verbindungsnaht  noch  sichtbar  (s.  S.  219  und  220). 
2430—35  (Schließung  des  Tors)  sind  sechs  Zeilen.  Das  spricht 
nicht  dafür,  daß  eine  Strophe  beabsichtigt  war.  2535 — 70  (Auf- 
beten des  Tores)  zerfällt  doch  wohl  in  Vierzeiler.    Diäresenverse  sind : 

2542  diu  junge  kuniginne   \   her  tßider  abe  vloch, 
2560  ahe  ez  ein  gi^ozer  wint   \    uf geworfen  haete; 

dazu  der  Fünftakter  2564.  Zählt  man  von  diesen  Punkten  ans 
die  Strophen  ab,   so  erhält  man    zwei  Sechszeiler,  2549 — 56  und 

[2551/52]  2565—70.  Im  ersten  ist  also  2551/52  Zusatz:  s.  die  Lesarten; 
zu  dem  Vierreim  2553  s.  S.  208.  Die  Strophe  2565  flf.  ist  durch 
V.  2567/68  aufgeschwellt,  die  das  Wunderhafte  des  Sich-SchlieOens 
gegen  2569/70  betonen  sollen:   vergl.  2432!   Die   Formel  an  der 

[2567/68]  selben  stete  steht  nur  noch  in  dem  Zusatz  1265/66.  2543/44  vereinzelt. 
2775 — 2820  sind  Vierzeiler  mit  Ausnahme  von  (2775 — 82  und) 
2791—96  (Bearbeitung  des  Gelübdes:  s.  S.  258 f.;)  keine  Langverse. 
Von  der  Tauferzählung  müssen  schon  in  *MW  gestanden  haben 
2945/46,  2951-94  und  3093—3122,  d.h.  das  erste  Wunder  mit 
darangeknüpfter  Auflforderung  und  die  Taufe  selbst.  Schon  die 
Vereinzelung  von  2945/46  schließt  eigentlich  für  das  Folgende 
Strophen  aus.  Auf  2951/52  folgen  dann  zwei  vierzeilige  Gruppen, 
aber  damit  ist  auch  die  Teilbarkeit  vorbei;  die  kleinsten  Gruppen 
wären  etwa  2961—72,  2973—82,  2983—86,  2987—94  also  mit 
Berücksichtigung  der  früheren  Athetesen  (2965,  2967,  2991/92) 
10 -H  10 -h  4 -H  6  Verse.  Daran  schlösse  sich  dann  die  jüngere 
Interpolation:  Arons  Weigerung,  der  zweite  Kampf  und  das  zweite 
Wunder.  Sie  endet,  bezeichnenderweise,  mit  fast  denselben  Versen: 
vergl.  2988—92  und  3089—92.  Die  Drohung  in  V.  3093  ff.  könnte 
schon  wieder  zu  dem  bereits  in  *MW  Vorhandenen  gehören.  Ks 
sind    Vierzeiler   mit    Ausnahme    von   3113 — 18  (s.  S.  lt<8),    aber 


[2945/46, 
2951-94, 


3093-81221  Langverse  fehlen. 


323 

Es  gab  also  schon  in  *MW  unstrophische  Interpolationen. 

Interpolationen,  die  schon  in  *Mz  vorhanden  waren.  Strophen 

V.  254—63  lassen  sich  in  6  -h  4  Verse  zerlegen ;  kein  Langvers.    '"  *^^ 
903 — 32  zerfallen  leicht  und    sicher  in  Vierzeiler,   nur  daß 
919/20  eine  zugefügte  Erklärung  enthalten,  wie  sie  3100  wörtlich    [919/20] 
wiederkehrt  (s.  S.  217  und  220).    Beste  von  Langversen  können  sein 
918  und  928. 

Mit  der  strophischen  Teilung  der  Einsiedelepisode  (1207  ff.) 
scheint  es  verzweifelt  zu   stehen.     Wir  haben  vier  Diäresenverse: 

1230  ich  vseiz  wol,  daz  du  dienest  \  künic  Oawalt  in  Engellantj 

1232  daz  ich  aüle  drt  atunt  bitten  \  umbe  den  hei^i^en  dtn^ 

1260  wanne  dei^  wü^  so  mac  daz  vingerltn  \  wol  vunden  werden^ 

1272  daz  er  daz  mngei*ltn  \  vuorte  üf  des  meres  sant; 
aber  von  1230  und  32  kann  natürlich  nur  einer  Strophenschluß 
sein,    und   nur   der  Anfang    der    Erzählung   zerftllt    von    selbst 
in  Vierzeiler  (1215/16  waren  S.  211  eingeklammert).    Stellen  wir 
aber  einmal  *zn  und  *MS  1221  flf.  gegenüber. 

*zn  49,  6  Der  (ainsidel)  sprach  zu  detn  rappen:  '^  'MS  1221/22. 

ySaff  mir  ettivas  von  deinem  hei*m  sant  OswaltJ'  *-»  1 230. 

Do  sprach  der  rapp:    ^tver  hat  ewch  meinen  herren  sant  Ostvalt 
zu  erkennen  gebenP^-^  1234. 

Do  ^rach  der  ainsidel:    yinir   hat   got   in   dem  jar  drei/stund^) 
kunt  getan^  das  ich  fvr  in  pifte.^  "-*  1231/32. 

Do  sprach  der  rapp:  ,so  lass  ich  ewch  wissen^  '^  1233 — 36. 

da»   mich   mein   hen*   eher  mer  hat  gesant  zu  aynez  haydnischen 
kumges  f^chter,  ^  1239—44. 

die  hat  im  ainen  prief  md  ain  vingerlei^i  gesafU,  das  ist  mir  m 
das  mer  gevallen.^  *-%  1245 — 47. 

Der  charakteristische  Unterschied  zwischen  *zn  und  *MS  ist, 
daß  dort  Oswald,  hier  der  Rabe  und  sein  leit  den  Einsiedel  in- 
teressiert. Wir  glauben  natürlich  von  vornherein,  daß  jenes  das 
Ursprünglichere  ist,  es  zeigt  sich  aber  auch  darin,  daß  *MS  1234 
neben  mich,  die  durch  *zn  gesicherte  Lesart  7ntnen  herren  erhalten 
hat  und  1230  (s.o.)  zu  lang  ist:  eben  durch  dje  Umarbeitung. 
Diese  Umarbeitung  hat  denn  auch  den  strophischen  Aufbau  zer- 

>)  dreyshmd  wird  im  Archetypus  etwa  am  Rande  gestanden  haben,  denn 
in  n  und  nd  fehlt  es,  und  hier  hat  es  einen  falschen  Platz  erhalten. 

21* 


324 

stört:  ihr  verdanken  wir  außer  dem  Vierzeiler  1225^^28  und 
dem  Zweizeiler  1249/50  die  beiden  Sechszeiler  1233—38,  1239 
bis  44.  Jene  fehlen  in  *zn,  diese  haben  eine  neue,  höchst  be- 
zeichnende Gestalt  bekommen:  in  *zn  sendet  der  König  auf 
Werbung,  in  *MS  wollte  der  Rabe  werben  und  hat  schon  er- 
worben! Die  alte  wunderliche  spielmännische  (xroßmannssucht! 
Mit  1245  entsprechen  sich  dann  *MS  und  *zn  wieder  genau. 
Wir  werden  also  von  V,  1225 — 50  nur  die  drei  Strophen 
1229—32,  1233—36  und  1245—49  anerkennen,  die  erste  am 
Anfang  bearbeitet  (das  leit  des  Raben  unecht  wie  V.  1225,  1237, 

[1225—28,   1249),  die  zweite  am  Schlüsse  verstümmelt,  nur  die  dritte  rund 

1S-I50]   ««d  vollständig. 

V.  1251 — 54  fehlen  zwar  in  *zn,  das  scheint  aber  kein  ge- 
nügender Grund,  sie  zu  streichen.  1255—68  werden  (mit  Aus- 
nahme der  Parallele  1265/68  [s.  S.  221  und  260])  durch  »zn  be- 
stätigt, und  ich  wüßte  kein  Mittel,  den  Sechszeiler  V.  1255—60 
zu  beseitigen;  der  Strophenschluß  ist  auch  durch  Langvers  be- 
zeichnet. Für  1269—72  fehlt  aber  die  Eontrolle  durch  'zn,  weil 
da  der  Engel  (s.  S.  252)  eingeführt  ist:  49,  19  vnd  (mser  harre 
vnd  sein  liebe  muter  Maria)  gepot  (vgl.  *MS  1271)  ainem  engel^ 
das  er  dem  visch  den  prief  vnd  das  mngerlein  ndm.  Das  Ut  der 
engel  zu  hatn.  Der  letzte  Satz  muß  *MS  1273—76  entsprechen: 
der  unechte  £ngel  ist  aus  dem  Einsiedel  entstanden,  denn  es  wird 
nun  gamicht  gesagt,  wie  der  Engel  den  Ring  an  den  Einsiedel 
gab,  sondern  es  heißt  gleich  weiter:  Do  not  der  ainsidel  u.  s.  w. 
=  »MS  1283/84.  Es  fehlt  auch  eine  Entsprechung  zu  1277—82, 
ich  glaube,  mit  Recht:    jener  Bearbeiter  wollte   nochmals   seinen 

[1277-82]  Raben  zu  Worte  kommen  lassen. 

Danach  meine  ich,  daß  auch  die  Einsiedelepisode  ursprünglich 
in  vierzeilige  Strophen  zerfiel. 

1543—50,  der  nichtbearbeitele  Rest  der  nur  für  'Mz  bezeugten 
Ansprache  Oswalds  an  sein  Heer:  zweimal  vier  Verse  mit  der 
Langzeile  1548  an  falscher  Stelle. 

Von  1579—1600  sind  nur  die  letzten  vier  Verse  für  *Ut 
bezeugt  (vergl.  z  51,  1 :  tmd  (Osicalt)  hiesz  ml  krewfz  machen  md 
gab  ainem  yedlühen  ains,  das  trugen  sl  an  irem  gewant). 
V.   1600  ist  Langzeile:    dm  ttl  bt  den  kriuzen  I  einander  erhonden. 


325 

1750—75,  Vierzeiler  außer  1754  flf.  Aber  diese  Strophe  trägt 
die  deutlichsten  Spuren  der  Bearbeitung:  1754/1758  (nur  in 
*MI  erhalten.)    V.  1766  zeigt,  wie  zu  lesen  ist: 

ir  werden  helde  guot 

nemet  an  iuch  veeten  muot 

ziehet  abe  iwwer  stritgeioanty 

nü  valie  iegeltcher  \  kriuzesial  uf  daz  lant.   Vgl.  314  f. 

2995—3014  sind  Vierzeiler  außer  3003—10  (vergl.  S.  208); 
Langvers:  3010  wände  darumbe  waere  ich  \  aüei'  Heiden  spat. 

3029—92  dagegen  sind  völlig  unstrophisch.  Das  wäre  also 
die  einzige  unstrophische  Interpolation  *Mz.  Aber  war  sie  auch 
wirklich  schon  in  *Mz?  *zn  berichtet  allerdings  auch  von  dem 
Wasserwunder,  aber  seine  Erzählung  weicht  doch  weit  ab:  *zn 
55, 10  (•^•MS  3029/30):  Do  eprach  kunig  Gaudan:  yich  voü  mich 
nit  lassen  tawffen^  du  machst  dan  ausz  ainem  herten  stayn  ain  schone 
tDOBser  gen,  das  ainem  man  pis  an  die  knye  geeJ^)  Do  hub 
der  lieb  herr  sant  Oswak  seine  fUsz  auf  in  dem  namen 
gatz  ond  stiez  an  ainen  stain  damit.  ^  Do  flosz  zuhant  ain  schönes 
tcasser  herausz,  das  was  als  tiefy  das  ez  ainem  man  an  sein  knye 
giengy^  vnd  ausz  dem  wasser  tawffet  etc.  (^*MS  3119  flf.)  Es  fehlt 
also  jeglicher  Anklang  an  *MS  und  die  Erzählung  ist  auch  in- 
haltlich gänzlich  anders :  Oswald  schafft  hier  die  Quelle  mit  dem 
Fuße,  nicht  mit  dem  Schwerte.  Das  braucht  ja  nicht  ohne  weiteres 
für  das  Natürlichere  gehalten  zu  werden,  aber  *MS3035ff.  und 
3081  ff.  tragen  doch  zu  deutlich  den  Stempel  spielmännischer 
Kunst,  als  daß  man  nicht  in  diesen  unstrophischen  Versen  spätere 
Umarbeitung  von  früher  Vorhandenem  sehen  sollte. 

Die  Strophen  sind  indessen  nicht  auf  diejenigen  Interpolationen  Strophen  in 
beschränkt,  die  mit  Sicherheit  *Mz  zuzuweisen  sind.  (*MS,). 

Die  Meerweiberepisode  ist  sicher  strophisch;  sie  weist  folgende 
Diftresenverse  auf: 


1)  das — fte  fehlt  n  nd. 

*)  Hier  hat  n  noch  eine  Anrede  an  den  Stein. 

>)  das  es^gUmg  fehlt  n;  daf&r:  der  Heide  erkennt  das  Wunder  an,  und 
Oswald  lobt  Gott 


326 

077  rabe  kurzwtle  uns  eines,  \  wände  daz  ist  an  der  zU, 
705  den  wouwen  uz  deme  mere  \  möhte  entrinnen^ 
709  waz  hebet  sich  wunders  \  an  des  meres  fftnind^, 
749  umbe  mtnen  raben,  \  den  ich  also  hdn  verloren, 

außerdem  xxxxx:  693,  733,  764,  xxxx5(:  681  und  768. 

Aber  677  und  749  können  nicht  Strophenschlüsse  sein.     Vor 

677  stehen  6  -+-  2  Verse,  danach  2  -h  6.     Ich  halte  darum  670  bis 

693  für  spielmännischen  Einschub,    schon  der  kurzwtle  und  des 

carenden  mans   (684  und  693)  wegen.     Mit  682  vergl.  den  (be- 

[670-931    arbeiteten:  S.  323)  V.  1230. 

726 — 29   mit    dem    unmöglichen    V.  727    unterbrechen   die 
Strophe  722/23  [724/25:    (s.  S.  211)]  730/31:    es  sollte  erklärt 
[726—29]    werden,  wie  der  Babe  aus  dem  Meere  kommen  konnte. 

Dann  bleibt  die  Verderbnis  von  752 — 60.  Zu  interpungieren 
ist  augensclieinlich  nach  757,  nicht  nach  755.  Aber  753  ist  un- 
richtig an  752  angeknüpft.  Andererseits  ist  752  leer  gegen  753. 
Ich  glaube  also,  daß  beide  Zerdehnung  eines  einzigen  Verses 
sind,  wie  wir  es  öfters  gefunden  haben,  etwa  unde  mohte  ich  in 
toider  vdhen.  Das  nahen  paßte  auch  nicht  zu  dem  Dialekte. 
Ursache  dieser  Zerdehnung  war  wieder  das  verpönte  odn  =  vdheny 
das  dann  im  Reime  zu  756  gestanden  hätte  und  den  bekannten 
Vierreim  dhen  :  ahen,  an  :  an  (S.  208)  hervorrief.  Aber  wir  müßten 
dann  annehmen,  daß  754/55  umgestellt  sind.  Dafür  spricht  auch 
die  Überlieferung:  sie  wußte  nicht,  wohin  752/53  gehörten  (vergl. 
die  Lesarten):  die  Hilfsreime  standen  am  Bande  und  wurden 
falscli  eingeordnet.     (Vergl.  S.  317  unten.) 

Umgekehrt  ist  die  Strophe  758—60  durch  Kürzung  entstanden. 
an  (mit)  der  vaH,  vollständiger  an  (mit)  derselben  carf  bildet  sonst 
einen  ganzen  Vers:  977,  1591,  1890  u.  ö.  Vor  760  fehlt  etwas. 
V.  1890  hilft  uns  auf  den  Weg:  der  böse  Reim  vaH :  horte  sollte 
vermieden  werden.  So  wurden  758  und  759  in  den  Handschriften 
zu  einem  Verse  verbunden,  der  nun  fehlende  Vers  ausgelassen, 
und  760  mit  dem  von  S  nicht  verstandenen  geboiis  C=  gebwrte)  auf 
759  gereimt. 

•        Wir  steigen  zu  den  Interpolationen  herunter,  die  erst  in  'MS 
hinzugekommen  sein  können. 


827 

Da  sind  sicher  strophisch  35—74  (Oswalds  erster  Traum), 
318—38,  1405—24  (Pamiges  Brief).  Es  sind  lauter  Vierzeiler; 
Langverse: 

62  ich  wil  dir  -ez  raten  \  üf  die  triuwe  mtny 
70  daz  ist  gotes  wüle  \  unde  der  lieben  mxicter  sin, 
629  er  vlauc  zehen  tage  \  ungdz  unde  untrunken, 
1424  den  brief  hete  geschriben  \  ein  edeliu  küniginne; 
dazu  die  Strophenschlußverse  xxxH  66,   xxxxx  633. 

Außerdem  ist  der  Schluß  strophisch.  Slrophcn  im 

Schlüsse 
Im  Schlüsse  finde  ich  folgende  volle  Langverse:  (» *MS,). 

3223  daz  er  ime  hete  verheizen  \  ///  des  wilden  vieres  vluot, 
3249  waz  er  ime  hete  verheizen  \  {if  des  [unlden]  meres  strän 

(vergl.  3223,  3291,  3495), 
3279  si  sprachen  ze  deme  pilgertne :  \    ^nü  tum  her  wider  niht  mere^j 
3291  daz  er  itne  hete  verlveizen  \  ///  des  wilden  meres  strdn, 
3319  wie  balde  er  den  pilgerin  \  bi  der  hende  gerne j 
3323  80  heize  ich  dir  ze  ezzenne  \  unde  ze  trinkenne  geben, 
3483  westest  du  aber  niht  gerne,  \  wer  ich  möhte  gesin, 
3487  hete  ich  die  gendde  \  von  unser  im  herren 
3495  daz  du  mir  verhieze  \  uf  des  wilden  vieres  vluot. 

Langverse  mit  gekürzter  zweiter  Hälfte: 
3287  unde  begunde  balde  \  hin  wider  gen  hofe  gdn, 
3413  da  begunde  sich  der  pilgei\n  \  abe  devie  o/en  heben, 
3451  UTide  wil  mich  gelic/ien  \  ze  eineme  at*men  man, 
3499  du  solt  aber  keiner  sunden  \  mit  der  vrouwen  pflegen. 

Diese  Verse  geben  außer  3483  (und  3487)  natürliche  Strophen- 
schlüsse, die  sich  z.  T.  gegenseitig  bestätigen  (3287  und  3291,  3319 
und  3323,  3495  und  3499).  Danach  ist  doch  wohl  anzunehmen, 
daß  auch  der  Schluß  in  Morolfstrophen  geschrieben  war,  wenn  sie 
auch  eine  andre  Technik  gehabt  hätten  als  die  in  dem  alten  Gedichte. 

Aber  gleich  der  Anfang  macht  große  Schwierigkeiten.  V.  3224 
bis  33  bilden  aagenscheinlich  gleichgeordnete  Reimpaare,  nicht 
etwa  vierzeilige  Strophen.  V.  3234—37  könnte  man  allerdings 
als  Vierzeiler  auffassen.  Den  Abschluß  dieser  Episode  aber  geben 
V.  3238—41,  und  die  waren  als  unecht  kenntlich  (s.  S.  220).  Erst 
V^  3242  ist  nicht  mehr  von  Speisung,  sondern  wieder,  wie  V.  3212, 
von  einer  Spende  die  Bede.     Beseitigt  man  3224—41,  so  ist  damit 


328 

zugleich  die  Zerlegung  von  3214 — 23  gegeben:  die  nUm  Kkar 
von  3216  gehören  zu  3224  ff.,  —  daher  die  Stellung  in  den  Hand- 
schriften! S.  auch  S.  188.  —  3214/15  bilden  mit  3218/19  eine 
Strophe,  3220—23  die  zweite;  vergl.  3246—49  und  3492—95. 
Auch  Strophe  3209—13  könnte  derselben  Interpolation  ihre  Zer- 
[3216/17,    Störung  verdanken. 

3224-37]  Damit  müßten  auch  3264—67  fallen.     3467  ist  ohnedies  kaom 

verständlich.     Da  aber  3258/59,   eine  jener  hinzugefügten  Spiel- 
männischen Antworten,  als  Zusatz  auch  an  dem  falschen  «r  kennt- 
{3258— 71]  lieh,   ganz  isoliert  sind,   werden  wir  3258 — 71   zusammenfi&ssen. 
3296/97   sind   nach  129/30,  696/97,  1079/80  zu  ergänzen. 
[3306/7]  3306/7  sind  Erklärung  zu  3305. 

Aber  mit  3324  ff.  erlahmt  unsre  Kunst.  Denn  daB  3324  bis 
27  nicht  etwa  eine  Strophe  bilden,  zeigt  schon  das  Fehlen  einer 
Interpunktion  hinter  3339,  und  3336—39  würden  doch  3324—27 
entsprechen.  Wir  haben  also  bis  3361  2-4-6-h2-f-2  +  2-h4 
-+-  6  -h  2  (3349)  -h  2  4-  6  4-  4  Verse  u.  s.  w.  Besonders  charakte- 
ristisch für  die  unstrophische  Form  sind  die  gleichgeordneten 
Reimpaare  3378—85.  Erst  mit  3402  könnten  wieder  Strophen 
beginnen.  Aber  3402 — 9  gehören  noch  zu  3324  ff.  und  entweder 
schließt  3410  an  3323  oder  3412  an  3325:  der  Pilgrim  ist  auf  den 
Ofen  gef&hrt,  nun  kommt  er  mit  neuen  Bitten.  Was  dazwischen 
liegt,  ist  grobe,  wüste  Interpolation:  der  Stoff  forderte  ja  gerade- 
zu Variationen  heraus,  und  es  verdroß,  daß  der  Pilger  nach  3323 
—  trotz  allem  Vorhergegangenen  —  nicht  noch  einmal  essen  und 
"^^^^tdö^^'  trinken  sollte.  Dazu  paßt  das  Strafgericht  an  den  Hofschalken. 
[3326-3411]  3436/37  könnten  Parallele  sein  zu  3434/35  (geren^  s.  S.  318). 

Aber  auch  3442/43  sind  vereinzelt.  Vielleicht  ist  die  Bitte  um  die 
Frau  Zusatz.  Die  Strophe  3496 — 99  spricht  nur  von  Abtretung 
des  Landes  und  seiner  Burgen. 

Die  isolierten  Verse  3468/69  werden  an  3460/61  anzuschließen 
sein.     Anstoß,  V.  3462 — 67  zuzusetzen,  gab  nach  Art  von  602  ff. 
[3462—67]  der  Beim  ^^tfni^i/»n^:mn^(s.dieLesarten)  oder  die  Etikette:  vgl.829ff. 
3482  ff.  ein  Sechszeiler,  ganz  in  der  Art  wie  380  durch  Be- 
arbeitung eines  Vierzeilers  entstanden:  3485/3487.    Der  Strophen- 
schluß hätte  also  gelautet:    }d^  sprach  samt  Onooft, 

ich  weste  ez  reihte  gerne f 
he^  ich  van  gote  den  gewalU 


329 

3534 — 43  sind  nicht  teilbar,  schon  wegen  der  Beimbrechnng 
in  y.  3586.  Anch  3530—33  muß  ich  als  2  X  2  Verse  auffassen. 
Dann  ist  zwar  3526—29  eine  Strophe,  aber  3524/25  stehen  allein: 
beginnt  also  der  Zusatz  3530  ff.  schon  mit  3526?  Der  Bericht 
von  Oswalds  Tode  wäre  dann  durch  diese  Interpolation  verdrängt; 
er  hätte  die  zu  3524/25  fehlenden  beiden  Verse  gef&Ut. 

3548—53  —  Seehszeiler  —  könnten  angehängtes  Gebet  sein. 

So  bliebe  im  Schlüsse  nur  der  Seehszeiler  3418  ff.  und  der 
Langvers  3483  unerklärt. 

Die  flbrigen  Interpolationen  wird  man  f&r  unstrophisch  zu  Unstrophi- 
halten  haben  oder  fBr  zufällig  strophisch.    Denn  jene  Ausschreibe-  *^*  Initt' 
technik  führt  ja  von  selbst  zu  Strophen,  und  wir  haben  auch  ?®"Kicf^"Mc*? 
sehen,  wie  Paralellzusätze  zu  vierzeiligen  Strophen  vierzeilig  werden.       "°        ' 
Sicher  nicht  strophisch  sind  die  Zugaben  von  *MS4 ;  von  ihnen  und 
den  nur  vierversigen  Einschüben  anderer  Art  sehen  wir  jetzt  ab. 

ünstrophisch  sind  erstens  die  spielmännischen  Zusätze  670 
bis  93,  1021—56,  1237—44,  1249—54,  1277—82,  1335—58, 
1832—39,  1846—55,  1862^81,  1890—1931,  1980—93,  3258 
bis  71,  3324—3409  (oder  3326—3411).  Ich  ziehe  also  herzu 
die  kleinen  Stücke  811—18,  843—56,  1708—15,  die  sich  sonst 
vielleicht  strophisch  aufteilen  ließen. 

Unstrophisch  sind  zweitens  die  Ooldschmiedinterpolationen 
464—501,518—29,  538—55,  1443—70,  1816—23,2090—2124, 
2320—67,  2390—99.  Also  doch  wohl  auch  1579—96,  1601—8, 
2206—13, 

Unstrophisch  sind  drittens  die  christlichen  Zutaten  239—49, 
276—81,  352—69  376/77  386—89  398—99  402—23,  955—58 
961/62  967—74,  2288—93,  3015—36  3041—92,  3123—84, 
3216/17  3224—41   und  ev.  (s.  S.  328/29)  3526—43,  3548—53. 

Ünstrophisch  sind  viertens  allerlei  ausmalende  und  erklärende 
Zusätze:  23— 28  (Oswalds  Alter),  560— 79  (Oswalds  Brief),  789  bis 
800  (Pamiges  Pfeiler),  1639—45  (die  Türme  von  Arons  Burg),  1654 
bis  59  (der  Name  von  Arons  Land),  2218—35  2515—18  (An-  und 
Auskleidung)  ^  deshalb  auch  2414—25?  — ,  2875—84  (Kampfaus- 
malong,  vergl.  2915—16^),  3428—47?  (Bitte  um  Oswalds  Frau: 
eine  Variation  wie  3324  ff?),  3462—67  (Etikettezusatz). 


830 

Ferner:  294 — 303  (Aufforderung  an  Warmund,  Bote  zu  sein), 
1551—78  und  wegen  1578  auch  1513—42  (Oswalds  Ansprache). 
•2653—90  (Heimkehr  Arons). 

Andre  Stöcke  zerfallen  nur  deshalb  teilweis  in  Strophen, 
weil  sie  aus  strophischen  Paitien  entlehnt  sind. 

Zu  75  ff.  vgl.  S.  245.  V.  79—86  entsprechen  der  Strophe  1475 
bis  78,  aber  sie  ist  natürlich  durch  Einschieben  von  81/82  und 
85/86  zerstört.  Zu  V.  89—100  s.  o.  S.  316.  101— 4=  1501— k 
V.  111/12  sind  vereinzelt  und  so  das  nächste  Zeichen  der  ün» 
strophigkeit  dieser  Interpolation.  Zu  127—32  s.  die  Parallelen 
auf  S.  246.  V.  133  ff.  sind  selbständiger,  zeigen  aber  auch  sofort 
unregelmäßigen  Bau:  137—42,  147—52,  153—58,  167—72, 
173/74+179—82  sind  scchszeilige  Abschnitte.  Mit  167—70 
vergl.  1571—74. 

Zur  Entlehnung  von  626—49  s.  S.  216,  von  1443— 70  S.  252  f. 
1601 — 8  sind  zwei  Vierzeiler;  der  erste  nach  342 — 45,  vergl.  S.  250. 
Zu  2145—53  8.  S.  218.    Über  die  Taufmterpolationen  S.  306  f.,  325. 

2.  Verse. 

Nun  enthält  aber  unser  Gedicht  außer  Lang-  und  Eurzversen 
auch  zu  lange  Kurzverse,  und  es  ist  natürlich  sehr  wohl  möglich, 
daß  deren  Verteilung  ein  Kriterium  für  Echt  und  Unecht  abgibt. 
Aber  wie  sollen  wir  ihr  Gebiet  umgrenzen  ? 

Lassen  wir  erstens  einmal  das  Gebiet  des  metrisch  Erlaubten 
möglichst  groß  sein:  zweisilbiger  Auftakt  (mehrsilbiger  nur,  wenn 
&'  sprach  u.  dergl.  voraufgeht),  zweisilbige  Senkung  (auch  nach 
Länge)  sei  ausnahmlos  gestattet,  desgl.  alle  Arten  von  Znsammen- 
ziehungen, ,Ver8chleifungen',  Kürzungen  — ,  so  werden  wir  die 
meist«  Aussicht  haben,  keine  harmlosen  Viertakter  zu  fehlerhaften 
Versen  zu  pressen. 

Zweitens  suchen  wir  diejenigen  Verse  auszuschließen,  die 
durch  Apokope  in  dem  schließenden  Worte  normal  würden. 

Die  folgenden  Tabellen  enthalten  alle  Fälle  nötiger  Apokope. 
Es  sind  also  alle  doppeldeutigen  Keime  ausgelassen  (auf  mere, 
fore^  wef'de,  stunde j  kunigirme,  manne  etc.);  aber  auch  alle  Apoko^ 
pen  nach  kurzem  Vokal  -f-  Liquida. 


3»1 


Die  erste  Tabelle  befaßt  sich  mit  dem  stammbaften  «,  die 
zweite  mit  dem  flexivischeii;,  und  geordnet  ist  in  der  ersten  nach 
dem  vorangehenden  —  im  Auslaute  unveränderlichen  oder  ver- 
änderlichen) Konsonanten,  in  der  zweiten  zuvor  nach  der  Wortart 
(Substantiv,  Adjektiv,  Verb).  Die  Fälle  sind  in  sieben  Kolumnen 
untergebracht,  die  den  bisher  unterschiedenen  Teilen  des  Gedichts 
entsprechen. 


Apokope  nach 

O 

•MW 

♦Mr 

•MS, 

•MS, 

•M5, 

•MS4 

n 

a/^ine  :  schein 

2024 

kröne :  Ar6n 

2208 

schone :  Afon 
iön 

292    879   899 
2376  2386 

2987 
3115 

865  2145     , 
2659 
1467 

suone :  tuon 

3093 

*•■  ■ 

3404 

r 
ere  :  her 

384  2198 
2258  2919 

1037  2390  . 

lere  :  her 

2003  2048 

51      i 

458 

sere  :ger 

2172 

j 

7U1 

her 

1716 

1351  3141 

schiere :  vier 

1297 

•        ■ 

1 

t 

' 

dräu :  hat 

905 

1337 

späte  :  hat 

3001 

rät 

2282 

huote :  guot 

1768 

••     «^ 

It 

gezelie :  velt  , 

1686  2074 
3183  2573 

' 

%■• 

332 


Apokope  nach 

O 

•MW 

•Mz 

•MSi 

•MS, 

•MS, 

1^ 

M-It 
bnlde  :  Onvait 
gestaä 

892  1317 
1982  2242 
2fi01  26!3 

1692 
808 

29d3 
2968 

886 

8854.3273 
3468S472 

1 

864  402  4fi8 ! 
552  572  1515 
1904  8348    ' 

1 

waii 

1029 

nd-nt 

1 

! 

gisindi  :  kint 

2160 

i 

i 

d-t 

1 

\ 

scheide  :  vermeii 

1 

3881    3055 

b-p 

1          ! 

1          ! 
1 

rabe  :  tac- 

618   1193 

1387  j          1 

769  ' 

sal 

1 
1 

t 

811        ; 

R-k 

I 

t 

^lage :  gap 

1199 

1 

8-8 

Ml' 

f 

sp\se  :  vßu 

1083 

1      \ 
j       i       1       i 

] 

Substantive 

1 

1 

1 

i 

kieie :  geviel 

2641 

n* 

1                 \ 

1 
t 

Jordäfu :  man 

3063 

iiräne :  man 

1         i 

3380 

piigertne :  sfn 

i 

SMS 

r 

t 

1 

h&re :  ungewar 

»84 

888 


A|K»kope  nach 

O 

•MW 

•Mi 

•MS. 

•MS, 

•MS, 

•iü 

f 

bischü/e :  hof 

1489 

97 

X 

vlize :  sptse 

1083 

vA» 

1497 

793 

t 

räie :  trai 

(1676) 

siek :  Mähmei 

971 

guüU  :  mu0i 

ins 

vluot 
muott :  guai 

- 

1575 
1243 

1 

Id-lt 

• 

\     \ 

gi^lde :  sM 

436   508 

494  1457  2210, 

i 

nd— nt 

! 

/ande :  bekani 

1742   8040 

18» 

genant 

985 

919             ; 

sani 

2867 

j 
i 

! 

gisant 

2158                 1 

p/ande :  lant 

1258   1988 

d-t 

1 

muidt :  breit 

1 

1          • 

2523 

smide  :  site 

1 

2078  2196 
2282 

t6de  :  n»t 

3177       ' 

\vm) 

as4 


Apokope  nach 

O 

•MW 

•Mz 

•MS, 

•MS, 

•MS» 

•MS. 

b-p 

Itde :  wtp 

IUI 

wihe :  Itp 

1049 

g-k 

tage  :  lac 

1884 

mac 

2821 

pflac 

3121 

135  165 

■ 

h-ch 

schuohe  :  vluoch 

' 

2525 

Adjektive 

- 

t 

guote :  genmot 
gemuote  :  guot 

1329  1946 
3410 

Verben. 

rt 

sparte :  vart 
gerte :  gewert 
erhörte :  vart 

2893 

(768) 

2889 

1267  8069  3107 

1890- 

wort 

1055 

st 

\ 

erlöste :  tröst 

1203 

t 

leite :  bereit 

i  578 

muote :  guot 

' 

1  3307 

1 

• 

nd-nt 

, 

i 

sanäe :  keilant 

390      y- 

t 

335 

■Es  zeigt  sich  sofort,  daß  die  Grupfpen  sich  gut  sondern: 
*M^  und  0  apokopieren  weitaus  am  stärksten :  nur  sie,  mit  Aus- 
nahme eines  erschlossenen  Falles  in  *MS,,  können  flexivisches  e  in 
Verben  unterdrücken  (nur  'MS,  auch  in  Adjectiven),  und  die  Art 
des  vorangehenden  Konsonanten  scheint  gleichgültig,  außer  etwa 
daß  0  Apokope  nach  Vokal  -h  d  odefr  t  vermeidet.  In  *MS| 
dagegen  nur  ein  sichrer  und  ein  aus  Vierreim  erschlossener 
Fall,  Umgehung  eines  noch  schwereren  Mißreims.  'MS^  apokopiert 
außer  in  balde :  Ottwalt  nur  einmal  das  unverstandene  straney  wenn 
wir  nämlich  nun,  wie  unsre  Tabelle  deutlich  verlangt,  der 
genmot^ :  guot  3410  dem  großen  spielmänniscben  Einschub  zu- 
schlagen und  nicht,  wie  wir  offen  gelassen,  8324—3409,  sondern 
332Ö— 3411  athetieren.  Für  *MW  charakteristisch  ist  die  Unter- [3826-84111 
drückung  des  Stamm-^  nach  w,  für  *Mz  die  nach  t  (vgl.  0!). 
*Mz  (und  *MS,)  apokopieren  nur  Stamm-<»  —  *MW  einmal  auch 
flexivisches  — ;  wir  dürfen  nun  also  doch  V.  1251  —54  'MvS^  zu- 
schreiben (pfände  :  lant.  1253;:  s.  Tabelle.  [1251-541 

Es  bestätigt  sich  femer  durch  2881/82  venneit  i'icheide^  daß 
2875—84  nicht  0  (s.  S.  321),  und  durch  330G  guot :  muoff,  dnß 
330C/7  nicht  *M.S^  sondern  »MS,  angehören  (S.  828). 

Denken  wir  die  nachgewiesenen  Apokopen  auch  da  überall 
durchgeführt,  wo  sie  nicht  durch  das  andre  Reimwort  erzwungen 
werden,  so  schmilzt  die  Zahl  der  zu  langen  Verse  sehr  zu- 
sammen. Noch  mehr,  wenn  wir  auch  nach  andern  Konsonanten 
und  Konsonantenverbindungen  als  den  oben  aufzuzählenden 
apokopieren:  nach  ch  (-lirlw  :  rtcfie),  fit  (brdhte  :  ddhte) y  et  (er- 
schru'te  :  blicte)  etc.  Und  das  entspräche  durchaus  dem  Gebrauche 
unsrer  Handschriften:  -Uche :  rtche  werden  regelmäßig  apokopiert, 
nur  daß  S  ein  paar  Mal  -ttchen  einsetzt;  bli^^fe,  schrwt^j  dvrte^ 
zucte  sind  immer  apokopiert,  und  es  ist  bezeichnend,  daß  S 
mehrmals  (159,  040,  !)«1,  2326)  blicket,  9<*hricket  schreibt,  also 
Präsens  versteht:  der  Archetypus  hatte  schon  diese  Kurzformen. 
Jedenfalls  wird  fttr  unsem  Zweck,  die  sicher  überlangen  Verse 
zu  umgrenzen ,  die  Annahme  allgemeiner  e  -  Apokope  —  sofeni 
dadurch  ein  Vers  normal  wird   —  zunächst  erlaubt  sein. 

Drittens  (s.  S.  830)  scheiden  wir  diejenigen  Mehralsviertikt^r 
aud,  die  letzte  Strophenzeilen  sind;  denn  sie  sind  ja  aus  Langversen 
hervorgegangen  und  ihre  Abgrenzung  von  wirkliclien  Langver^seA  ist 


386 

keineswegs  immer  sicher:  10,  14,  204,  317,  321,  433,  517,  588, 
589,  735,  764,  768,  780,  918,  928,  946,  950,  954,  978,  986, 
1172,  1292  —  V.  1366  ist  den  fri*^/ einzuklammern  —  1400,  1438, 
1624,  1667,  1671,  1783,  1741,  1767,  1771,  1801,  1857,  1968, 
2001,  2037,  2153,  2163,  2275,  2379,  2452,  2482,  2564,  2620, 
2648,  2716,  2770,  2774,  (2778,)  2834,  2898,  3196,  3435? 
8447?  3503,  3507,  3553? 

954  würde  durch  [rehie\  geiren  Langvers.  Anch  1624  scheint 
mir,  wie  2648,  langer  Schlußvers,  trotz  1625/26:  man  kannte 
den  ankei'  nicht,  wie  die  Lesart  von  M  und  die  (xlossierungen  in  S 
zeigen;  das  vz  sckUzen  hat  noch  modernen  Philologen  Schwierig- 
keiten gemacht  —  und  so  setzte  man  zur  Erklärung  1625/26  hin- 
|1693/26|    zn.    Das  bestätigt  V.  2647  und  das  wiederholte  vroltche. 

Schließlich  wird  man  in  gewissen  Fällen  mildernde  um- 
stände zubilligen  müssen.  504  und  3429  werden  normal,  wenn 
man  die  Anrede  in  den  Auftakt  ninunt  997  durch  Streichen  des 
junge  (vergl.  S.  313),  1720  durch  Streichen  des  wilde  (vergl.  die 
Lesarten  zu  1588  und  1735):  beide  Epitheta  sind  unbestendig  und 
werden  von  den  Schreibern  willkürlich  gebraucht.  998  und  2280 
sind  durch  das  erklärende  ir  willen  angeschwellt  (s.  die  Lesart^i), 
1788  durch  das  ähnlich  modernisierende  näu^  2783  durch  abegat 
toil.  In  V.  1688  wird  zwischen  der  berge  einzuklanunem  sein;  die 
Ortsbestimmung  war  schon  zweimal  gegeben,  1682  und  1686; 
vergL  2046.  Die  Länge  von  1428  ist  durch  die  umfängliche  Zahl 
entschuldigt:  sogar  den  Silbenzählem  des  16.  Jahrhunderts  galt 
diese  Ausnahme.  V«  1476  ist  durch  den  nach  ihm  gebildeten 
(S.  245)  V.  80  zu  kürzen.  Dann  aber  liegt  wohl  auch  in  dem  tAer 
y.  1471  eine  eingefügte  Beziehung  auf  V.  75. 

Bearbeitung  durch  den  Ooldschmiedinterpolator  zeigt  sehr 
handgreiflich  2405:  das  ^<j;n  ist  Zusatz.  In  V.  1155  und  1883 
sind  vielleicht  die  Ritter  urspünglich  fremd:  yetgl.  1916,  2109; 
*zn  48, 18  lautet:  zu  yedlichem  kyel  taweent  man  vnd  ritter  die 
kune  sein,  und  da  ist  doch  wohl  vnd  ritter  Zusatz  wie  wol  reden- 
den 45, 19  (s.  S.  247).  Daß  2318  bearbeitet  ist,  sieht  man  aus 
den  Lesarten:  es  galt  die  Waise  unterzubringen.  580  und  1609 
haben  den  Zusammenhang  nach  Interpolationen  herzustellen  und 
sind  dadurch  überfüllt  worden. 


887 

Dann  bleiben  folgende  zu  lange  Verse  unsres  Oedichts  unerklärt: 

[28  45  18  49  60  61  65  87  88  92  94  116  134  140  143  150 
151  152  162  166  182]  (199)  209  210  221  [240  242  245  246 
249  252]  270  [276  277  299  30i]  316  [384]  346  348  350  [353] 
373  (376  377)  [408  417  442  453  457  487  490]  Ä?#512  [522 
529  539  569  574  599  623  628  633  651  660  670  671  677 
683  686  687  704  707  727  740  749]  774  [794  796  818  815] 
819  821  825  [832  844]  872  [920]  963  964  [969  970  973]  976 

[1016  020  033  039  041  043  046  048  052  054]  099  [1174 
178  184  208  221  230  231  239  240  251  252  270  279  283  284] 
289  [337  345  346  348  375  402  459]  472  479  491  611  [530 
536  548  568  574  577  583  596  597  599  606\  613  [642  644 
678]  706  [711  713  770]  782  797  802  803  [816  820]  828  [831 
834  837]  845  [849  852  858]  859  [871  873  878  914  915  916 
924  925  927  939]  961  964  981  983 

2004  050  [078  099  103  110  118  120  135  206]  216  [232 
252  268]  272  [290  291  293]  302  304  [320  336  341  346]  369 
[893  395]  406  419  421  [504]  507  [540]  553  [556]  575  576 
[6&)  668  698  701  702]  710  729  735  789  740  [741  742]  747 
748  761  [776]  828  833  866  [889  916  916]  917  918  938  [946 
953  956  960  967  970  981  982  985  986  996 

8000  004  010  011  012  015  016  024  026  040  054  063  068 
081  082  107  123  124  130  141  144  146  153  158  163  166  171 
190  199  216  225  227  233  237  333  844  346  357  361  368 
878  379  382  387  389  391  404  409  435  440  441  483  494 
602  520  521  533  536  550  551  553]. 

In  dieser  Liste  stehen  alle  bisher  0  abgesprochenen  Verse 
in  eckigen  ElammOTn. 

Es  ist  danach  unbestreitbar,  daß  0  (und  *M8, !)  unverhältnis- 
mäfiig  wenig  solcher  zu  langer  Verse  hat,  nicht  nur  *M8t,  sondern 
auch  *MW,  *Mz,  MSi  gegenflber.  Man  sieht  aach  vohl,  wie 
diese  Verse  hie  und  da  in  Nestern  zusammengedrängt  sind;  sodaß 
ich  allerdings  glaube,  daß  sie  ein  Kriterium  f&r  Echt  und  unecht 
sind.  Indessen  gehSren  die  Besnltate  dieser  Liste  doch  zu  den 
vorangestellten  Bedinguagen,  und  die  sind  zu  dehnbar  und  zu  ge- 
dehnt, als  daß  ich  neue  Schlüsse  daraus  zu  ziehen  wagte.  Nur 
noch  ein  paar  Bemerkungen. 

Baasacke,  Müncbener  Oiwald  '' 


338 

In  V.  199  ist  die  ere  vielleicht  nur  Verdeutlichung  des  durchs 
vergl.  998,  2280.  Aber  ich  halte  doch  196—200  für  einen  christ- 
lichen Zusatz:  ich  glaube,  daß  Wdrmurd  für  das  zweideutige 
Trougemunf-Tragemunt  von  *W0  eingesetzt  ist.  (Simrock,  Orendel 
S.  XXn  f. ;  vergl.  Uhland,  Volkslieder,  Anm.  43  flf.  und  9  zu  den 
Wett-  und  Wunschliedern;  auch  Goedeke,  Deutsche  Dichtung  im 
Ma.  165,  17  und  Scherer  QF  XII.  114  deuten:  Dragoman.)  Diese 
Moralisierung  ist  dem  Namen  des  Pilgers  angemessen.  Außerdem 
mag  zur  Verchristlichung  beigetragen  haben,  daß  man  den  halmm 
(V.  201)  für  die  palme  nahm:  auch  im  Morolf  ist  das  Wort  dem 
Drucke  (d)  nicht  mehr  geläufig,  er  macht  Str.  666,  4  einen  bettel 
sack  daraus  (vergl.  auch  185,  5).  Und  durch  die  Palme  wiederum 
[197—200]*)  wird  dann  der  Pilger  in  *sb  und  *zn  zu  einem  Engel. 

376/77  fallen  also  auch  metrisch  aus  ihrer  Umgebung  heraus. 
I  fügt  noch  zwei  Verse  hinzu.  Vergl.  Vogt  zum  Morolf  521,  4. 
Die  Interpolation  ist  auch  dadurch  aufs  Deutlichste  gekennzeichnet^ 
[376/77]  0   daß  378/79  über  376/77  hinweg  Parellele  zu  374/75  sind. 

Wohl  aber  kann  uns  die  Liste  einiger  Resultate  von  Kap.  IV.  1 
sicher  machen:  der  Athetesen  von  1009  und  1015  —  20,  1375/76, 
1708—15,  2288-93,  2741/42;  abzusehen  von  den  Streichungen 
früherer  Kapitel,  die  ja  aber  unsrer  Liste  ihr  Aussehen  geben. 

Ist  aber  die  Abgrenzung  der  zu  langen  Verse  mißlich,  so 
scheint  sie  bei  den  etwa  zu  kurzen  gar  nicht  möglich.  Wer  sagt 
uns,  daß  die  vierte  Vershebung  nicht  in  Pause  fallen  darf? 
Nehmen  wir  aber  an,  das  sei  nicht  erlaubt,  so  sind  es  wiederum 
nur  ganz  wenige  Verse,  die  sich  nicht  durch  Annahme  einsilbiger 
Takte,  durch  schwere  Akzentuierungen  vierhebig  machen  lassen; 
es  sind  etwa  81  boUn  er  gesant,  1249  alliu  mtniu  leit,  3418  cUUu 
dtniu  laut.  Und  daß  das  Fehlen  mehrerer  Senkungen  noch  nicht 
beweist,  daß  ein  Vers  zu  kurz  ist,  zeigen  z.  B.  V.  2018  er  vlouc 
über  den  berc  hoch  und  2386  do  sprach  aber  schon.  Es  bleibt 
also  nur  die  Möglichkeit,  das  Fehlen  von  Senkungen,  soweit  es 
JVIißbetonungen  veranlaßt,  zum  Maßstabe  der  Verslänge  und 
-kürze  zu  machen.  Es  sind  dazu  —  umgekehrt  wie  bei  den  zu  langen 
Versen  —  hier  immer   die   vollständigsten    Formen    angenommen 


^)  In  der  Liste,  als  erst  nachträglich  athetiert,  in  randen  Klammem. 


339 

{deme,  undey  h^*e  u.  s.  w.),  um  möglichst  wenig  Verse  zu  anormalen 
zu  stempeln. 

Dann  wäre  der  Artikel  vor  dem  Nomen  betont  V.  [123  die 
hochgebornen  degen,  187  279]  618  835  [1055  1189  1411  1579 
1084  1832  1928  2124  2234]  2422  2573  2591  [2682]  2725. 

Präposition  vor  dem  Kasus  wäre  betont  V.  [82  in  alliu  stniu 
tmit,  279  756  1007]  1058  1115  1496  [1575  1639]  2070  [2151] 
2198  [2218  2366]  2721  [2891  3005]  3294.  Dazu  die  Formel 
an  (mit)  der  selben  vart  [758]  977  [1591  1890  3402]. 

Das  Personal-Pronomen  wäre  vor  dem  Verbum  betont  V.  292 
er  «rf  genennet  schon,  [584  720  865  1037]  1359  [2034  2035 
2145  2218]  2376  [2659  2667  3115  3266  3434]   3492. 

Es  zeigt  sich,  daß  wir  so  nicht  zum  Ziele  kommen:  0  stellt 
zwar  zu  den  einzelnen  Gruppen  verschieden  viel,  aber  doch  zu  viel 
Verse,  als  daß  wir  aus  solchen  Betonungen  ohne  weiteres  auf 
Unechtheit  schließen  dürften.  Und  es  zeigt  sich  einmal  wieder^  daß 
unser  Gedicht  überarbeitet  ist,  daß  unsere  Bedingungen  zu  weit- 
maschig sein  müssen  und  daß  die  bisher  angewandten  kritischen 
Mittel  insbesondere  zu  Erkenntnis  und  Verwertung  des  Metrischen 
nicht  ausreichen. 

Aber  wenigstens  einige  Athetesen  soll  uns  diese  Liste  bestätigen: 
584/85,  2034/35,  2218—35,  2414—25;  auch  1249—54  und 
1277 — 82,  denn  die  Einsiedelepisode  hat  sonst  keine  zu  kurzen  Verse, 

Charakteristisch  für  *MS3  4  ist  das  Nebeneinander  von  über- 
mäßig langen  und  kurzen  Versen:  vergl.  276 — 81,  1005  fT.  Also 
werden  auch  1639—45  und  2653 — 90  mit  Recht  MS,  zugeschrieben 
sein.     (Vgl.  S.  329  f.) 

Die  Verse  geben  uns  also  blutwenig  aus;  wir  können  das 
Normale  nur  sehr  ungefähr  bestimmen.  Es  bleibt  die  härteste 
kritische  Probe:  die  Beime. 

3.  Reime. 
Wir  suchen  zuerst  über  die  doppeldeutigen  Beime  zu  Klar- 
heit zu  kommen. 

dan   reimt  unzweideutig  auf  nam   2014  0,    man  3320  'MS^      danncn 
276,  2348  »MSj,  stdn  2621,  2639  0.    Auch  ein  etwaiges  manne     mannen 
2453  0,  3238  -MS,  gehört  hierher,  da  manne  sonst  nur  einsilbig  ««"P^*«?«" 
retmt:  lobenam,  aii^  Jean,  gewan.     Ein  danne  ist  also  nicht  nach-  •••' 

22* 


340 

zuweisen.  Zweideutig  wären  nur  die  Beime  nnt  mannen  781,  1615, 
2125,  2731,  2923,,  3187  0,  610,  3079  »MSs,  zergangen  3207, 
3242  0,  612  *MS^,' empfangen  1469  *MS^, 

Davon  wiederum  reimt  mannen  eindeutig  auf  lobesam  1718, 
2605  0,  2104  *MS3,  an  835,  1652,  1730,  2412,  2519,  2743, 
2885  0,  1760  *Mz,  2232  •MSg,  441,  1820  B,  gewan  1507  0,  zwei- 
deutig auf  stavime  *MW  2977,  Jorddne  3063  'MSj,  empfangen 
440/46,  2080  0,  1938  »MSj.  Da  aber  empfdn  nach  S.  208  und 
212  die  alte  Form  unseres  Gedichts  wäre,  die  B  durch  empfangen  zu 
ersetzen  versuchte,  und  empfangen  nur  auf  dannen^  mannen  reimt, 
so  läßt  sich  außer  in  B  kein  mannen  und  empfangen  nachweisen. 

Es  bliebe  also  noch  datmen  :  gegangen  zu  deuten,  gegangen 
reimt  mf  getan  193  0,  lange  462,  1694  Ö,  3526  ^MS,?  (vgl.  S.  329), 
1447  'MSs,  2038  B,  erhangen  2162  0,  gevangen  2663  *MS^.  Die 
beiden  ersten  Reime  zeigen,  daß  zwei-  und  dreisilbige  Formen  des 
Partizips  neben  einander  stehen.  Die  beiden  letzten  sind  zweideutig. 
Nun  zeigt  zwar  gevangen  sonst  nur  die  längere  Form:  landen  2384  0, 
lange  987  0,  wangen  'Ü21  *MS,,  aber  2384  und  987  stehen  im  Sechs- 
zeiler,  der  immer  im  Verdacht  der  Überarbeitung  steht,  und  V.  1802/3 
würden  durch  erhangen :  gevangen  zu  lang.  Nähme  man  da  also 
erhdn  :  gevdn  an,  so  wäre  das  durch  610  bezeugte  gegdn  in  0  ganz 
durchgeführt  mit  Ausnahme  des  gegangen  :  lange  V.  462  und  1694. 

Jedenfalls  ist  kein  dannen  nachzuweisen.  Erst  bei  gegangen 
stoßen  wir  auf  Doppelformen:  0  hat  sicher  die  kurze,  *MSi,4 
sicher  die  lange,  aber  0  daneben  die  lange  (462,  1694),  *MS,  viel- 
leicht die  kurze  (2663). 

Zu  vergleichen  wären  etwa  die  Partizipien  6e«<an  (^;  jran)  1740 
0,  neben  bestanden  (:  handen)  1734  0,  1587  *MSj,  2845  B,  (:  er- 
kanden)  *Mz  1599,  (:  landen)  1784  B  und  geldn  (istän)  1878  'MSs, 
getan  1732,  2428  0. 

hinnen  Durch   dan  ist  eigentlich   hin  schon  festgelegt.     Ebendaranf 

künigin'ne.  ^^jg^^  jj^  Vierreime  1031 ,  2553  (S.  208)  und  601  ff. 
(S.  312)  und  die  Parallelen  (S.  208  und  316).  Außer  diesen  haben 
wir  keine  eindeutigen  Reime  (dtn  :  ze  dir  hin  763  gehört  natürlich 
nicht  hierher),  wohl  aber  eine  ganze  Reihe  doppeldeutiger:  küni- 
ginne  1105,  2084,  2274,  2607,  2727  0,  2785  *MW,  927,  1762  *Mz, 
570, '602,  2677  *MS3,  sinne  973  *MS3. 


341 

kuniginne  reimt,  sowohl  als  Nominativ  wie  als  obliquer  Kasus, 
eindeutig  erstens  auf  mtn  588,  1806,  1998  0,  179,  847,  2332 
•MSj,  ichtn  797  »MS,,  sin  308,  2194,  2635  0,  69,  1423  •MSj, 
3518,  3546  *MS„  199,  239,  280,  420,  829,  1818  *MSs,  vingerltn 
1087  0,  1245  *MSi;  zweitens  auf  bringen  65  *MSi,  1529  »MSj, 
Hnnen  3460  »MS^,  831  »MS,,  gewinnen  2324  »MS,;  dazu  käme 
heideninne  :  minnen  316  0.  Doppeldeutig  reimt  kuniginne  auf  mTw 
803  0,  1413,  1419  *MS,,  minne  606,  1187  0,  1285  •MS»,  dnne 
1994,  2583  0,  zinnen  2026,  2477  0,  und  dazu  käme  hristinne :  minne 
203  *MS,. 

Beime  auf  minne  und  sinne  fehlen  sonst,  tnn«  ist  zwar  nicht 
durch  den  Reim  auf  stimme  358,  416,  wohl  aber  durch  den  auf 
springen  3047  für  'MSj  festgelegt,  desgl.  sinne  durch  zinne  :  springen 
2539  far  *MW,  nicht  fftr  0  und  •MSjg.  Aber  grade  auf  0  *MSi 
sind  alle  doppeldeutigen  Beime  zu  kuniginne  beschränkt,  wir 
dürfen  da  also  durchaus  künigtn  lesen.  Das  stimmt  zu  der 
Wahrnehmung  (S.  312),  daß  sich  aus  minne  (:  künigtn)  606  ein 
mtn  608  entwickelt  habe. 

Dann  hätte  also  0  (abgesehen  von  316  heideninne  :  minnen) 
nur  künigtn,  B  nur  kuniginne,  *MSi2  8  beide  Fonnen.  hin  wäre 
außer  in  B  nur  einsilbig  belegt.  Darum  wird  auch  für  *MW  *Mz 
künigtn  (927,  1762,  2785)  anzunehmen  sein. 

Wir  brauchen  nun  also  auch  2476  nicht  als  Langvers  zu 
lesen  (vgl.  S.  311). 

geren  reimt  unzweideutig   auf   eren  290,  450,  953,  2280  0,      gcrcn 
2945  *MW,   3332,  3434  *MS3,    keinen  2969  *MW,  meren  2378  0,      harren. 
3033  »MSs;    doppeldeutig  auf  A^Vr^  1181,  2008,  2036,  2054  0, 
3476,  3486  *MSj,    115,   169,  518,  598,  1517,  1573,  2661  »MSj. 

herren  aber  reimt  unzweideutig  auf  eren  1123,  1477,  1511, 
1800,  2609  0,  2801  •MW,  622,  767,  917  »MS»,  83,  139,  197,  1239, 
1251,  1930  *MS3,  109  B;  doppeldeutig  auf  geweren  3440  *MS3, 
gewerren  2102,  2701  'MS,,  werden  1658,  3067  *MS3.  Von  diesen 
drei  Beimworten  findet  sich  nur  das  letzte  noch  in  andrer  Bin- 
dung: werden  :ere  2981  *MW. 

Aber  doppeldeutig  ist  ja  herren  nur  in  'MSj  gereimt,  in  0 
•MW  *MSi  B  hat  es  sicher  langen  Vokal.  Es  folgt,  daß  0  *MW 
auch  geren  mit   langem   Vokal   brauchten;    *Mz  *MSi  B  reimen 


342 

das  Wort  nicht.  Umgekehrt  müssen  wir  für  *MSi  Tfohl  gern  an- 
setzen, weil  es  niemals  auf  -eren  mit  sichrer  Länge  reimt,  und 
dasselbe  schließe  ich  für  B  aus  seinen  zahlreichen  Änderungen, 
für  *Mz  »MSi  ex  silentio. 

Zweifel  bleiben  nur  bei  'MSj.  Wir  können  ja  dem  geweren 
so  gut  ein  langes  e  geben  wie  dem  geilen  und  dafür  spricht  auch 
oren :  geboren  3378,  aber  geioerren  verlangt  doch  wol  kurzes.  Ich 
glaube  indessen,  die  Differenz  erklärt  sich  durch  die  Roheit 
der  Beime  von  *MS3:  Herren: werden  bleibt  ohnedies  falsch  und 
widerwärtig,  ob  wir  nun  Länge  oder  Kürze  des  Stammvokals  an- 
nehmen; und  icli  glaube  'MSj  brauchte  hSrren  und  gSren. 

Dieses  g^ren  ist  keineswegs  jung,  wie  Bartsch  (Germ.  V.  133) 
wollte,  sondern  archaisch:  vergl.  gerne  =  geren : ere  Boland  423, 
3201,  kere  2253,  sere  Kaiserchronik  3049,  herre  Bol.  1296,  1350, 
6532,  Kaiserchronik  2811,  2865,  3341.  Warum  hätte  auch  sonst 
unser  Parallelenmann  immer  diese  Beime  beseitigt? 

Also  sind  auch  3428 — 47  mit  Becht  *MS^  abgesprochen:  von 
den  beiden  zu  kurzen  Versen  3428  und  3434  abgesehn,  reimt 
V.  3435  geren  auf  Herren. 

Unreine  Unreine  Bindungen  hat  unser  Gedicht  folgende. 

Reime 

.^  Q  1.    In  0  ist  nur  ein  Beim  zwischen  verschiedenen  Vo- 

kalen zu  finden:  verndmen  :  kamen  2268.  Es  ist  wohl  eine  Ände- 
rung wie  dieS.  211  aufgezählten.  Herzustellen  wäre  nach  658  etc.; 
komen  :  ge-  vemomen  ist  einer  der  häufigsten  Beime,  komen  :  oer- 
ndmen  fehlt  sonst. 

2.  Quantitativ unreime Beime.  a:d:  lobeaam  :  stän  1635«,  dan : 
zergdn  3207,  stdn  2621,  2639.  er  :  er:  bere  :  lere  2899,  ger  :  mir 
2441,  2533,  ser  2172,  her:er%U,  2198,  2258,  2919,  Ur  2002, 
2048  mA-  370,  807,  873,  1077  ser  1716,  ijj^  hin:  künigln 
1105,  2084,  2274,  2607,  2727  (vgl.  S.  340 f.).  o:6:  vor:tdr 
1810,  2897. 

3.  Apokope  s.  S.  330  ff. 

4.  Synkope  in  behuotet :  guot  801,  8S9,  schdnen:  Aron  2933, 
gdhen:emp/dn  2587;  vergl.  V.  660,  2991,  3091. 

5.  Von  konsonantischen  Beimunreinheiten  des  Inlauts  ist  b :  g 
besonders   häufig:    graben  :  jagen  2406,  sagen  23S2,   haben  :  klagen 


343 

963,  eralagen  1860,  2849,  tragen  1169,  1397,  2296,  raben  :  sagen 
506,  1311,  1359,  geben  idegen  941,  veftoegen  1698,  leben  :  degen 
33,  legen  1670,  loben  :  erzogen  342,  428.  b  :  d:  gäbe :  gendde  3197, 
haben  : schaden  2773,  ei'haben:  schaden  2060,  2314.  d :  o:  schaden  : 
erslagen  2765,  heiden:  eigen  2058,  2312,  £^t^^  215. 

mming:  grimme  :  ringe  2178,  2713. 

nn:ng:  gewunnen  :  gelungen  2611.  nn : nd:  sinne :  mnden  1427. 
nd :  ng:  landen  :  gevangen  2384,  senden  :  lengen  1700. 

r  :rr:  nur  in  ^«r^  ;  herren,  s.  S.  341. 

6.  Konsonantische  Unreinheiten  im  Auslaut,  p  :c:  gap  :  klac 
1199,  tac  3203,  rap  :  tac  618,  1193,  1287,  kuop  :  truoc  821.  p:t: 
Upiztt:  1788,  1828. 

s:z:  was  :  daz  2595,  2935,  vergaz  29,  1609,  triuwelos  :  genoz 
10137^ :  üz  981. 

l:n:  snabel :  rohen  426,  vogel:  betrogen  1001,  2451.  l:r: 
gevügel :  wier  1057. 

m:n:  lobesam :  kan  221,  2062,  ma»  13,  949,  1487,  1718, 
2605,  stdn  1635,  nam  :  an  1966,  dan  2014,  began  891,  A^m; 
«cA^n  1808. 

Überstehendes   n  (heiden :  leide)  21mal. 

7.  Bührende  Reime:  OswaU  :  gewak  3199,  berge  :  herberge  1666, 
2044,  wtsliche  :  geltche  2901,  sigelös  :  verlos  2925. 

Dazu  kämen  noch  die  erschlossenen  Beime  got :  dot  586, 
empfdn :  man  440,  zergdn :  dan  611,  m<« :  trat  1676. 

Die  schon  in  *MW  vorhandenen  Interpolationen  weisen  an  un-     »MW. 
reinen  Beimen,  ebenso  gruppiert,  auf: 

2.  künigtn  :  hin  2785;  erlost :  trost  2775. 

3.  Apokope  8.  S.  330  ff. 

4.  erloset :  trSst  2775. 

5.  leben :  degen  2779 ;   ^iwn« :  springen  2539 ;  ^r^ :  werden  2981. 

6.  Z^jp  :  ztt  2781.    Überstehendes  n  dreimal. 

7.  0«i«i&  :  sr«i?aÄ  3099. 

Erschlossen :  hin :  «cAm  2553,  got :  ^d«  2967,  getan :  empfdn  2989. 


344 

*Mz.  unreine  Beime  in  den  Interpolationen  von  *Mz: 

2.  westerbar :  tcdr  1 549 ;  hin :  künigtn  927,  1 762 ;  vor :  iar  2997. 

3.  Apokope  s.  S.  330  ff. 

5.  haben  :  sagen  254,  911,  et'slagen  1543;  zaren :  worden  3011. 

6.  vogel  :  betrogen  909,  921.     Überstehendes  n  zweimal. 
Erschlossen:  etänieldn  3005. 

•MS,.  Unreine  Beime  der  strophischen  Interpolationen  von  *MS=*MSi : 

2.  gerimSr  720,  «*•  714,  her  :lir  51,  mir  694;  Atn :  din  768. 

3.  Apokope  8.  S.  330  ff. 

4.  guotibehuot  328. 

5.  ro&tf  :  A;/ajf6  761,  raben  :  klagen  750,  ^«n  idegen  141 1 ; 
erhaben  :  schaden  332 ;  Aaiäm  :  ^^  830 ;  kuniginne :  hingen  65,  ^ft<- 
rumi^n :  mieaelungen  746. 

6.  rop :  toc  769;  u^p :  ^  652 ;  ti;a« :  vergaz  742,  -2a9  :  genoz  49; 
vo^^Z :  betrogen  738 ;  lobeaam  :  man  322,  nam  :  mcm  71. 

Erschlossen:  vart :  h6rt  758,    vdhen  :  bestdn  753. 

•MS,.  Was  wir  von  den  Beimen  des  Schlusses  (*MS,)  gesagt  haben 

(S.  215),  können  wir  nun  genauer  gestalten.    Unrein  sind: 

2.  dan :  zergän  3242,  man :  stdn  3314,  etrdn  3248,  8290;  ger  : 
mh^  8316. 

3.  Apokope  S.  330  ff. 

5.  haben :  tragen  3296,  geben  ipfiegen  3498. 

6.  gap  :  vertcac  8284;  ««C2«2 :  vergezzen  3808. 

7.  0«t£^ :  ^tffiMiZe  3424,  8484. 

•MSj.  Unreine  Beime   in   den   unstrophischen   Interpolationen    von 

*MS  =  •MSj. 

1.  Qdd  :  vrö  2334,  2354,)  vart :  hört  1890. 

2.  a:  d  lobeeam :  etrdn  576,  cfan  :  empfdn  1469,  man :  hdn  684, 
Jorrfan  3063,  mjo/an  1938,  gesdn  3264,  «ton  480,  getan  3089. 
/>:<?:  Ä^r  :  er  1037,  2390,  Zer  458,  mir  2418,  3582,  *A-  1851,  3141. 
iiU  hin:  künigtn  570,   602,   2677.     o:6i    wortihoH  A12^  1055. 

3.  Apokope  s.  8.  380  ff. 


345 

4.  bittet :  nit  3388,  behuot :  guot  789,  1639,  1672,  2352,  gesän  : 
man  3264. 

5.  b:g:  rabe  :  sage  414,  584,  1135, 1832,  1984,  haben  :  klagen 
636,  sagen  470, 1011, 1173, 1343, 1401,  tragen  3262,  3360,  raben: 
erslagen  2745,  eben  :  degen  123,  geben  :  degen  187,  406,  550,  3236, 
3438,  pflegen  686,  1345,  heben:  degen  1579,  siegen  29ß\,  leben: 
degen  252,  loben  :  erzogen  1601,  btioben  :  ungemioge  3386.  b  :  d: 
haben  :  schaden  1823,  2096,  raben  :  schaden  2683  b  :  m:  haben  : 
schämen  1593.  d: g:  laden  :  sagen  113,  schaden :  zagen .^ 1 55, heiden : 
zeigen  158. 

rnjn:iR6me  :  I6ne  3364.     mm  :  nn:  *<tmm«  :  inne  358,  416. 
nn  :  ng:  küniginne  :  bringen   1529,  innen  :  spriitgen  S047 .     nd: 
ng :  ander  :  /an^«  528. 

r ;  rr :  ^^^n :  heiiren  S.  341  f.  r  :  rd :  geboren :  worden  352,  2109, 
zoren:  worden  3015.    rr  :  rd:  hefTen  :  werden  1658,  3067. 
^< ;  g^:  lestern  :  mezzer  3372. 

6.  j>:c;  Aw(y  :  «rwoc  3334,  3362.   p:<;  w/p :  2/^  676,  3268. 
l:n:  vogel :  beti^ogen  674.     f ;  p ;  rap  :  «a2  81 1 . 

m:n:    lobesam:kan  354,    m^n    95,    1041,  2104,    strdn  576, 
nam  :  an  1854,  man  522,  herzogfuom :  tuon  298. 
n  ;  r;  betvmngen :  hunger  634,  1341. 

Überstehendes  n  nach  «  oder  r  18  mal,  darunter  ^rAi :  do 
2703  korrupt?  Überstehendes  r:  muoter:guote  3548;  überstehendes 
^*    vaste :  gerastet  630. 

7.  OswaU :  gewah  3031,  3137,  *m:«m294. 
Erschlossen:  t?Ztto« : no«  339 1 ,  sere :  maere  2093,  here :  kemeraere 

3867.     6#«ton :  ördAe/i  2226.  (St :  srr^«  3035.) 

Dagegen  hat  B  (=  MS4)  nur  diese  unreinen  Reime:  •MS4. 

3.    Apokopen  s.  S.  330  ff. 

5.  haben :  klagen  1201,  1215,  sagen  442,  erslagen  1830,  raben  : 
klagen  378,  «a^^  2034. 

6.  Überstehendes  n  zweimal.  Dazu  die  erschlossenen :  schtn: 
magedtnen  2553.     haben:  sagen  1491,    manneii :  empfangen  446. 

Das  ergibt  folgendes  tabeUarische  Bild  der  unreinen  Reime. 


346 


o 

•MW 

•Mz 

•MS, 

•MS, 

•MS, 

•MS« 

1.     a:d,  ä:o 

•?') 

(•) 

« 

(u:€ 

(•) 

0 :  uo 
2.     a:ä 

n 

(•) 

• 

• 

• 

* 

er:  er 

• 

« 

« 

• 

in :  in 

• 

• 

• 

• 

• 

o:B 
3.    Apokope 

• 

•?n 

« 

• 

von 

Stamm -^  nach 

unveränderlich. 

1 
1 

Auslaut, 

• 

• 

• 

•     i 

• 

* 

nach  ver&nderl. 

* 

• 

• 

* 

♦ 

Apokope      von 
Flexions  -  e 

Vokalische 

nach 

Unrein- 

wiver- 
inderl. 

heiten. 

des  Subst.  • 

Anslaot, 

nach 

ver- 
inder- 

• 

• 

♦ 

Ucbem 

• 

• 

• 

(♦) 

des  Adjektivs 

• 

nach 

anver- 

änderL 

des  Verbs 

Autlaat, 

nach 

▼er- 
änder- 
lichem 

* 
• 

(•) 

• 

4.    Synkope 

♦ 

(•) 

• 

• 

(•) 

-ahen :  -an,  än^ 

ehen 
5.     b:g 

;  en 

• 

(*) 

(*) 

(•) 

• 

• 

• 

• 

.     1     .    1    . 

• 

b:d 

• 

#                                    « 

b :  m 

• 

b :  7v 

'       (•) 

rf.f 

• 

•                                    » 

tu :  n 

1         _ 

Konsonan- 

fHw :  nn 

tische  Un- 

mm:  ^tg 

• 

reinheiten 

desln- 

nn :  n^ 

• 

• 

• 

• 

K\ 

lants. 

nn:  nd 

•? : 

nd:  nq 

• 

• 

i 

r:rd 

# 

• 

• 

rr :  rd 

« 

1 

zz :  st 

1 

• 

1 

1)  Erschlossenes  eingeklammert,  Unsicheres  mit  Fragezeichen. 


347 


O 

•MW 

•Mz 

•MS, 

•MS, 

•MS, 

•MS« 

6.    p:e 

• 

« 

♦ 

• 

p:t 

• 

• 

* 

• 

s :  t 

• 

* 

l:n 

• 

* 

• 

• 

• 

l:r 

• 

m:  H 
h:  r 

• 

• 

* 

• 
• 

Konsonan- 
tische Un- 
reinheiten 
des  Aus- 
laute. 

Übcrstohondes 

n  nach  e 

• 

• 

♦ 

« 

• 

nach  r 

• 

nach  0 

•? 

r  nach  e 

♦ 

t  nach  e 

• 

} 

7.     RührendeReime: 

• 

• 

• 

• 

Kombinationen  von  Reimfehlern,  abgesehen  von  der  Apokope 
fast  nur  bei  überstehendem  n\  sinne  :  vinden  1427  0,  ere  :  wer- 
den 2981  *MW,  lestem:  mezzer  aii^  ungevuoge  :  buoben  8386-, 
ander  :  lange  528  *MS3,  erlaset  :  trost  2775  *MW.  (Aber  durch 
die  Synkope  wird  aus  dem  einlöset  ein  erlöst  geworden  sein.) 

künige\  bürge  1557  »MS,,  biderbe : widere  1159,  1387,  2086 
0  betrachte  ich  nicht  als  unreine  Keime,  gelouben  :  sagen  2192 
ist  ^  geändert:  das  ursprüngliche  haben  war  wohl  auch  hier  hdn 
geschrieben  und  deshalb  im  Keime  auf  sagen  unverständlich. 
Bartsch  setzt  gelauben  :  äugen  an  (Germ.  V.  149). 

Ich  hoffe,  man  wird  die  einzelnen  Gruppen  der  Tabelle,  was 
die  Keimbehandlung  betrifft,  so  stark  von  einander  abgesetzt  finden, 
als  die  voraufgehende  Aufteilung  des  Gedichtes  erwarten  lassen 
durfte  —  denn  wenn  auch  wohl  0*MS,4  einzelnen  Menschen  zu- 
gehören, so  ist  das  doch  bei  *Mz  *MSi  3  keineswegs  sicher,  bei  *MW 


348 

nicht  einmal  wahrscheinlich,  und  der  Verfasser  des  Schlusses  (*WSj) 
könnte  auch  an  *MS,  tätig  gewesen  sein  — ;  ich  hoffe  auch,  man 
wird  in  der  Stärke  der  Absetzung  eine  Gewähr  für  die  Aufteilung 
finden. 

Durchstehend  ist  von  allen  Reimfehlem  nur  das  6  ;  ^^  des  In- 
lauts ;  auch  die  erschlossenen  fränkischen  Spracheigentümlichkeiten 
erstrecken  sich  nicht  gleichmäßig  über  das  ganze  Gedicht  (außer  dem 
bairischen  •MS4).  Am  schlechtesten  reimen  —  bei  weitem  —  0 
und  *MS,,  aber  'MSj  hat  noch  eine  ganze  Reihe  der  gröbsten 
Fehler  voraus ;  m:  by  m  :  n,  mm :  nn,  r  :  rd,  rr  :  rd,  zs  :8t  im  Inlaut, 
l: py  n  :r  und  verschiedene  Arten  des  überstehenden  n  im  Auslaut, 
und  daß  sie  sich  so  gruppieren  lassen,  zeigt,  daß  der  Unterschied 
kein  zuf&Uiger  ist.  Am  besten  reimen  'MSj  4 ,  wobei  noch  ins  Gewicht 
fällt,  daß  *MS4  ja  durch  das  Vorliegende  gebunden  ist  und  sich 
oft  begnügen  muß,  für  einen  ihm  ganz  schlimmen  wenigstens 
einen  leidlichen  Reim  zu  setzen.  ^MS^  reimt  im  Inlaut  nur 
noch  b  auf  g  unreiüi  überstehendes  n  fehlt  ganz  und  die  Apokope 
ist  auf  zwei  sehr  entschuldbare  Fälle  beschränkt.  *MW  •Mz  *MSi 
bilden  an  Reimgenauigkeit  eine  mittlere  Gruppe,  Davon  reimt 
*MSi  am  schlechtesten,  läßt  aber  doch  die  r :  rcf-Fehler  des  Inlauts 
und  überstehendes  n  nicht  zu;  bei  *Mz  fehlen  dagegen  die  m:n 
-Bindungen  und  ihre  Kombinationen  im  Inlaut;  bei  *MW  alle 
Mißreime  mit  z  und  l  u.  s.  w. 

Die  chronologische  Bangordnung  verkehrt  sich  also  in  diese 
technische:  »MS,  0*MS,  *MW  *Mz  *MS,  *MS4. 

Ich  habe  hei  Aufstellung  der  Liste  schon  angenommen,  daß 
3526—48  und  3548—53  *MSj,  angehören  (s.  S.  329):  wegen  der 
Reime  lange  :  vergangen  3526 ,  guote  :  muoter  3548,  ersterbe :  er- 
werben 3550;  auch  die  Länge  von  3533,  3536,  3550—53  paßt 
ja  nicht  zu  *MSj  (s.  S.  337). 

Und  schließlich  finde  ich  einige  noch  nicht  anderweit^  ge- 
sicherte Athetesen  gerechtfertigt  durch  Reime:  518  —  28  (528 
lange  :  ander),  670—93  (670  vrtbe  oder  wtber :  bdtben),  3258-71 
(3265  manigesdn,  3269  wtp  :  zU)l  3326—3411  (3332  eren  igeren^ 
3372  lestem  :  mezzer,  3378  geboren  :  Sren,  3386  buoben  :  ungevuoge, 
3388  bitt  :  nü  u.  s.  w.). 


349 


4«   Obersicht    Ober    Aufteilung    und    strophische    Gliederung 

des  Gedichtes. 

Ich  gehe  nicht  weiter  und  schließe  das  Gewonnene  durch  eine 
kontrollierende  tabellarische  Übersicht  ab,  die  nicht  nur  die  vor- 
genommene Aufteilung  des  Gedichtes,  sondern  auch  seine  strophische 
Gliederung  erkennen  lassen  und  rechtfertigen  soll:  die  Strophen 
sind  einzeln  aufgezählt,  Z(weizeiler)  und  S(echszeUer)  deuten  die 
Stellen  an,  wo  eine  gleichmäßige  Vierversigkeit  nicht  erkennbar 
ist  und  verweisen  damit  auf  das  Vorige,  Klammem  vereinen  die 
durch  Interpolationen  getrennten  Strophenglieder  und  zeigen,  daß 
Bau  und  Gliederung  nicht  zufällig  und  hervorpräpariert  sind. 


o 

•MW 

•Mz 

•MS, 

•MS, 

•MS3 

MS«=»B 

1-6S 

7-10 

11-^14 

15-18 

19-22 

23-28 

29-301 

31-32 

33-341 

35—88 
39-42 
48-46 
47-50 
51-54 
59-62 
68-66 
67-70 

55-58 

« 

1 

71-74 

75-108 
111-16 

109-10 
117-18 

i 

119-20 

121—22 

1 

128-74 

175-78 

179-92 

193-96 

197-200 

201-4 

205-8 

209-12 

1 

213- 18  S 

219-22 

1 

223-24 
229-301 

1 

225-28 

350 


o 

•MW 

•Mz 

•MSj 

•MS, 

•MS3 

♦MS4  =-  B 

231-84 

235-88 

239-49 

250-51  Z 

252—53 

254 -59  S 

260—63 

264-67 

i                  1 

1 

268—71 

' 

272-75 

1         1 

276-81 

282-86 

1 

287-89 

290-93 

294-303 

304-5  1 
308-9  1 

1 

306-7 

310-13 

314-17 

318-21 
322-25 

326—29 

330-33 

334-37 

338-41 

342-45 

346-49 

350-51  Z 
370-71  Z 

352-69 

372-75 
380-85  S 
390—93 

1 

1 

376-77 
386-89 

378-79 

394-97 
400-401 
424-25  Z 

1                                  1 

398-99 
402-23 

426-29 

1                                  j 

430-33 

i 

, 

434-39  S 

1                 1 

440 
446 
450-51 

1 

452-53 

441-45 

447-49 

454 

455-57 

' 

458-59 

459a-61 

1                   ; 

462-631 
502-3   f 

464-501 

' 

504- 5  Z 

, 

506-9 

351 


o 

•MW 

•Mz 

•MS, 

•MS, 

•MS3 

•MS4  =  B 

510-1» 

514-17 

j 

518-19 

520-21 

522-29 

530-33 

534-37 

588-55 

556-59 

560-79 

580-83 

584-85 

586-89 

590-93 

594-97 

598-99 
602-5 

600-601 

606-7 

608-10 

611-121 

613 

614-17 

618-20 

621 
622-25 

626-49 

, 

650-53 

654-57 

658-61 

662    65 

666-69 

670-93 

694-97 

698-7011 

702-5 

fc 

706-9 

710—13 

714-17 

718-21 

722-23 

726-29 

724—25 

780-31 

732-35 

736-39 

740-43 

744-47 

748-51 

752 

753-56 

757 

758-60 

761-64 

1 

765-68 

(618-20)1 

1 

769-71 

772       ( 

1 

i 

773-76 

) 

1                 1 

777-80 

352 


o 

•MW 

•Mz           »MS,          «MS, 

•MS, 

•MS4  =  B 

781-84 

1 

I 

785-88 

789-800 

801-4 

1                                  1                                 , 
1                                 1 

805-10  S 

1 

811-18 

819—22 

1 

823-26 

1 

i 

. 

827-28 
833-34 

;                 !                   829-32 

1 

835-38 

1 

839-42 

843-56 

857-60 

1 

861-64 

1 

1 

865-66 

867-70 

1 

871-74 

t 

1 

875—78 

1 

879-82 

• 

883-86 

1 

887—90 

1 

1 

891-94 

1 

895-98 

1 
1 

899-902 

9Ö3-6 

907—10 

1 

^ 

911-14 

j 

915-18 

'                 ,  919-20 

921—24 

925-28 

929-82 

i  933—34 

935-38 

1 

939-42 

1 

943-46 

947-50 

> 

951-54 

955-58 

959-60  Z 

961-^2 

963-66 

1 

967—74 

975—78 

1 

1 

979-82 

1 

983-86 

987-92  S 

993-96 

997-1000 

1 

i 

1001—4 

1005 

353 


o 

•MW 

•Mz 

•MS| 

•MS, 

•MS, 

•MS,  =  B 

1006         \ 

1007-9 

1010        1 

1011-12 

1013— uJ 

1021-56 

1015-20 

1057-  60 

1061-64 

1065-68 

1069-72 

1073-76 

, 

1077-80 

1 

1081-84 

1085-88 

1               1 

i 
j 

1089-92 

! 

1098-96 

1           i 

1097—1100 

1                     i 

1101-4 

1 

1105-8 

1109-12 

1113—16 

1117         \ 

1118 

1119           S 

, 

1120 

1 121-24  i 

1125-28 

1 129-34  S 

1 

1135-36 

1137—40 

i 

1141-44 

1145—48 

1149-52 

1 

1153-56 

1157-60 

1161-64 

1165-68 

1 
1 

1169-72 

1173-74 

1175-76  Z 

1177-80 

1181-82 
1185-861 

1183-84 

1187-881 
1191-92  f 

1189—90 

1193-96 

1197-1200 

1201—2 

1203-6 

1207—10 
1211-14 

1215-16 

Baesecke, 

Manchener 

Oiirald 

23 

354 


o 

♦MW 

•Mz 

•MS, 

•MS, 

•MS3 

•MS«  -  B 

1217-20 

1221-24 

1229—32 

1233-36 

1245-48 

1255-608 

1261-64 

1269—72 

1273-76 

1283-86 

1225-28 

1237—44 
1249-54 

1265-68 

1277-82 

1287-90 

1291 -92  Z 

1293—97 

1297—1300 

1 

1301-4 

1 

1305—8 

1 

1 

1309-12 

1 

i 

1313-16 

1 

1317-20 

1321—24 
1325-28 
1331-34 

1329-30 
1335-58 

1359-62 

1363-66 

1 

1367-70 
1371-74 

1375—76 

1377-80 

1381-84 

1 

1385-88 

1 

1389-92 

1393—96 
1397-1400 
1403-4  Z 

1405-8 

1409—12 

1413—16 

1417-20 

1421-24 

1401—2 

1425—30  S 

1431—34 

1435-38 

1439-42 

1443-70 

1471-74 

355 


147^—78 

1479—80 

1483-84 

1485-88 

1489-91 1 

1493         i 

1495—98 

1501—4 

1505—8 

1509—12 


1609— 10  Z 

1611—14 

1615—18 

1621—24 

1627—30 

1631—34 

1635-38 

1646—49 

1650-53 

1660—63 

1664-67 

1668—71 

1676 

1679 

1682—83 

1686-89 

1690—93 

1694-97 

1698-1703S 

1704—7 

1716—21  S 

1722—25 

1726—29 

1730—33 

1734—37 

1788—41 

1742-45 

1746—49 


•MW 


•Mz 


1543-46 
1547-50 
1597—1600 


1750-53 


•MSi 


•MS, 


•MSj 


1481—82 


1499—1500 


1513-42 

1551-96 
1601-8 


•MS^  =  B 


1492 
1494 


1619—20 
1625-26 


1639—45 
1654-59 

1672-75 


1677—78 
1680—81 
1684-85 


1708—15 


23* 


356 


o 

•MW 

•Mz 

•MSj 

•MS, 

•MS, 

•MS4  -  B 

1754—551 
1757         } 
1759        ) 

1756 
1758 

1760-63 

1 

1764-67 

I 

1768-71 

1772-75 

1776-79 

1780—83 

1784—85 

1786—89 

1790—91 

1792-95 

1796-1801S 

1802-5 

1806-9 

1810-11» 
1814-15} 

1812-13 

1816-19 

1820-«! 

1822-23 

1824-27 

1828- 29  Z 

1832-39 

1830-31 

1840—43 

1844-451 
1856-57 

1846-55 

1858-61 

1862-81 

1882-85 

1886-89 

1890-93 
1896—1981 

1894-95 

1932-35 

1936-39 

1940-43 

1 

1944-47 

1948-51 

i 

1952-55 

1956-59 

1960-63 

1964—67 

1 

1968-71 

1972-75 

1 

1976-79 

1 

1980-93 

1994—97 

t                 1 

1998-2001 

2002-5 

2006-9 

2010-13 

357 


2014—17 

2018—21 

2022-27  S 

2028—31 

2032-331 

2036-87/ 

2040—43 

2044—47 

2048-51 

2052-55 

2058-61 

2062—65 

2066-69 

2070—73 

2074-  77 

2080-81  Z 

2082—85 

2086-89 


2125-28 

2129-32 

2133—341 

2137—381 

2139—42 

2143— 44a  1 

2153  I 

2154-57 

2160—63 

2164-67 

2168-71 

2172—75 

2176-79 

2180-88 

2184-87 

2188—91 

2192—95 

2198—2201 

2214-17 


•MW 


•Mz 


•MSi 


•MS, 


•MSs 


2056-57 


2078-79 


2090-92 

2094 

2096-2124 


2135-36 

2145-52 
2158-59 


2196—97 

2206-13 
2218—21 
2224—25 
2227 


•MS4  =  B 


2034-35 
2038-39 


2093 
2095 


2202-5 

2222—23 

2226 

2228 


.^58 


o 

•MW 

•Mz 

•MS, 

•MS, 

•MSs 

•MS4  =  B 

2229-35 

2236-39 

2240-41 

2242-45 

224G-49 

2250—51 

2252-65 

2256-59 

2260-61 

2262—63 

2264-65/ 

1 

2266—67 

2268-71 

2272-75 

2276-77 

2278-81 

2282-83 

2284-87 

2288-93 

2294-97 

2298-2301 

2802-5 

2306—7 

2308-11 

2312—15 

2316—19 

2320-67 

2368-71 

2372-75 

2376—79 

2380-85  S 

2386—89 

2390-99 

2400-2403 

2404-7 

1 

2408-11 

241 2-13  ^ 
2426-27 1 

2414—25 

2428-21)  Z 

2130-35 

2436- 38 1 
2440         ) 

1 

2439 

2441-44 

1 
1 

2445-48 

1 

2149-52 

i               ] 

2453-56 

1                 1 

2457-60 

! 

2461-66  S 

2467-70 

!                   !                    ' 

2471-74 

, 

2475-78 

1 

1 

2479-82 

2483     i>G, 

. 

1 

359 


2487—90 

2491—94 

2495-98 

2199—2502 

2505-8 

2509—12 

2518-14 

2519—20 

2527—80 

2531—34 


2571—74 
2575-78 
2579—82 
2588-841 
2587—88/ 
2589—92 
2593—96 
2597—2600 
2601-4 
2605—8 
2609—12 
2613-16 
2617—20 
2621—24 
2625—28 
9—32 
3—36 
2637—40 
2641—44 
2645—48 
2649—52 
2691—94 


•MW 


2535-38 
2539-42 
2548— 44  Z 
2545—48 
2549—501 
2553     '    I 
2555        J 
2557—60 
2561—64 
2565—66 1 
2569— 70  ( 


•Mz 


•MS, 


•MS, 


•MSs 


•MS4  =  B 


2503-4 


2515-18 
2521—26 


2551—52 


2567—68 


2554 
2556 


2585—86 


2653-90 
2695—98 


360 


2699- 
2705- 
2709- 
2718- 
2717- 
2721- 
2725- 


2731 
2735 
2739 
2743 
2747 
2751 
2765 
2759 
2763 
2767 
2771 


2700  Z 
8 

■12 
16 
20 
24 
■28 
-30  Z 
34 


— 40i 
-44] 
-50 
-54 
-58 
-62 
-66 
-70 
-74 


2827—30 

2831-34 

2835-38 

2839—42 

2843—441 

2847-481 

2849— 54  S 

2855-58 

2859-62 

2865 > 68 

2869-72 

2873-741 

2885-86  ( 

2887-881 

2893—94/ 

2895-98 

2899-2902 

?903-6 

2907-10 

2911-14 

2917-20 

2921-24 


•MW 


•Mz 


•MSi 


•MS, 


2775-2820 


2741—42 
2746-46 


•MS, 


2701—4 


•MS4  =  B 


2821—22 


2846—46 


2863—64 


2876—84 
2889—92 


2915—16 


361 


2925-261 
2931-321 


5-36 
2937—40 
2941-44 
2947-50 


•MW 


3185—88 

8189-92 

8193—96 

3197—3200 

3201-4 

3207-8  Z 


2945-46 

2951—64 

2966 

2968-89 

2992-94 


•Mz 


•MSi 


3098-96 

3097-3100 

3105-8 

3109-12 

3113-18  S 

3119-22 


2995—98 
3002 
5 


3008 
3007 
3009 
3011 


1 

-10 ) 


101 
14 


•MS, 


.3209-13  S 

3214-151 

3218-19/ 

3220—23 

'3342—45 

13246-49 

3250—58 

3254-57 

3272-75 

3276-79 

3280-83 

3284—87 

3288-91 

3292-95 

3296-97  b 

3298-8801 


•MS, 


3015-36 
3041-92 

3101-4 


3123-84 


•MS4=B 


2927-30 


2965 
2967 
2990-91 


3006 
3008 

3037-40 


3216-17 
3224-41 

3258—71 


3205-6 


362 


o 

•MW 

•Mz 

•MSi 

♦MS, 

•MS, 

•MS4  =  B 

3302-5 

3308-11 

3312-15 

3316—19 

3320-23 

3306-7 

3324- 25| 

3326-66 

3367 

1 

8368 

3369 

" 

3370-89 
3391 

3390 
3392-94 

3395-3411 

3412-13 

1 

3414-17 

1 

3418-238 

8424-27 

3428-47 

3448  -  51 

3452-55 

3456—59 

3460-6n 
3468-69/ 

3462-67 

i 

3470-73 

3474-77 

3478-81 

3482-878 

3488—91 

3492-95 

3496-99 

3500    3503 

3504-7 

3508—11 

3512-15 

3516-19 

3520—23 

3524-25  Z 

3526-43 

3544-47 

3548-53. 

- 

V. 
Chronologie  und  Schluß. 

•MS  ist  bairisch,  zeigt  aber  nicht  eine  Spur  der  nhd.  Diphthon-  •MS*  =  B. 
gierung  in  den  Reimen,  wie  man  sie  doch  schon  in  der  vor  unserer 
Überlieferung  liegenden  Handschrift  *S  findet.  Das  könnte  man 
in  allen  andern  Fällen  vielleicht  für  eine  Folge  ererbter  Technik 
und  Beimvorräte  halten,  hier  darf  man  das  nicht,  denn  die  Be- 
arbeitung B  besteht  eben  in  der  Aufbesserung  und  Modernisierung 
der  Keime :  aber  in  allen  Parallelversen,  Vierreimen  und  sonstigen 
Änderungen  nicht  ein  Versuch,  etwa  infolge ^des  Diphthongierens 
aus  dem  Leime  gegangenen  Bindungen  aufzuhelfen.  Wir  müssen 
also  mit  *MS  ins  i;i  Jahrhundert  hinauf.  Und  daß  Oswald  da- 
mals in  Oberdeutschland  bekannt  war,  zeigen  die  Erwähnungen 
im  Renner  (18535)  und  im  Seifried  Helbling  (7,861,  vgl.  Berger 
S.  419). 

Daß  die  Reimkunst  von  B  dieser  Ansetzung  widerspräche, 
wird  niemand  behaupten.  Die  wenigen  leichten  Apokopen  würden 
sogar  im  12.  Jahrhundert  keineswegs  unerhört  sein.  (Siehe  z.  B. 
Müllenhoflf  DHB  1,  XLVIf.,  Vogt,  Salman  und  Morolf  CXI,  Vogt 
ZfdPh.  22,  476.)  Und  die  Reime  geren :  h^ren^  -et^en^  zu  denen  B 
so  eifrig  Besserungsvorschläge  macht,  würden  später,  im  14.  oder 
15.  Jahrhundert,  wieder  möglich  sein.    (S,  Bartsch  Germ.  V.  103.) 

Eine  nähere  Bestinmiung  hätten  wir  mit  Hülfe  der  Beimkunst 
zu  versuchen.  Aber  wir  haben  ja  gesehen,  daß  man  für  die  Ent- 
wicklung zur  Reimgenauigkeit  nicht,  wie  gewöhnlich  geschehen, 
eine  grade  Linie  annehmen  darf,  und  sind  da  skeptisch  geworden. 
Wenigstens  dürfen  wir  nur  die  Reime  vergleichen,  die  durch  eine 
Vorlage  gebunden  sind,  wie  B. 

Nach  S.  208  f.  müssen  wir  vom  Herzog  Ernst  B  ausgehen. 
Seine  Reimfehler  sind  (nach  Bartsch  S.  XXAJJi  ff.,  vgl.  auch  Gterm. 


364 

XVIII.  195) :  a:dy  i:t^  u:ü  meist  vor  n^  e  :e  und 
b:g^  b:v^  d:g  im  Inlaut;  m : n  und  überstehendes  n  im  Auslaut; 
rührende  Reime.  Davon  hat  *1A&^  nur  noch  b :  g^  beseitigt  die 
übrigen.    Andrerseits  hat  *MS4  noch  den  Typus  empfoTigen :  mannen. 

Der  Herzog  Ernst  B  scheint  mir  mit  Recht  in  den  Ausgang 
des  12.  Jahrhunderts  gesetzt;  vielleicht  bezieht  sich  sogar  der 
bekannte  Brief  Bertholds  von  Andechs  an  Ruprecht  von  Tegemsee  mit 
der  Bitte  um  den  libellvs  teutonicus  de  herzogen  Emesten  (Bartsch 
S.  I)  nicht  auf  das  niederrheinische  Gedicht  (A),  sondern  auf  das 
bairische  (B):  das  scheint  mir  näher  zu  liegen,  weil  Berthold  das 
Gedicht  aus  dem  bairischen  Kloster  zur  Abschrift  verlangt. 
Dann  wäre  das  Jahr  1186  —  da  starb  Abt  Ruprecht  —  der  ter- 
minus  ante  quem  für  Herzog  Ernst  B. 

Strickers  Karl,  den  man  wohl  nicht  später  als  1240  ansetzen 
kann,  hat  doch  noch  quantitativ  unreine  Reime,  auch  noch  m  :  n 
im  Auslaute  (ed.  Bartsch  S.  LI)  stehen  lassen.  (Ist  überhaupt 
der  Karl  eine  Bearbeitung  des  Rolandliedes  ?  Vgl.  Singer  AfdA. 
XXIX.  152.) 

Der  Rosengarten  C  ersetzt  9  Assonanzen  von  A,  6  von  D 
durch  reine  Reime,  nur  b  :  g  wird  belassen.  Das  stunmt  gut  zu 
unserm  Bearbeiter.  Aber  der  Rosengarten  G  bringt  auch  neue 
Assonanzen:  leben  :  envegen^  lip  :  ziL  Er  ist  nach  1282,  spätestens 
zu  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  entstanden  (ed.  Holz  S.  XCV). 

Entschiedene  Verwandtschaft  zeigt  die  Umarbeitung  des  Wolf- 
dietrich B  in  D  (DHB  4,  XIX  flf.).  Wie  von  ♦MS4  werden  Apo- 
kopen  beseitigt  (tage  :  pflac  >  ecigey  sage  :  tac  >  geben  :  geleben^  lant : 
wtgande  >  sant :  getoant),  quantitativ  unreine  Reime  (brdkt :  gealakt^ 
het :  sMy  Bach  :  gdch  >  each  :  brach)  ^  konsonantisch  unreine  Reime 
(sagen  :  gaden  >  geschaden :  gaden,  frum  >  nun :  sun)  und  die  Kon- 
traktion an  <  ahen  (vervdn :  eralän  >  gewegen :  Üben  ef  oder  sweri  : 
geteert  ac,  auch  geschehen :  gesehen  329, 3  >  ^ :  mer  536,3  mag  hier- 
hergehören). Vielleicht  spielen  auch  Wortmodemisierungen  mit 
ein,  wie  bei  *MS4  (vgl.  die  Beispiele  mit  gdch  und  totgant).  Die 
Einführung  der  Gäsurreime  könnte  dem  Einreimen  der  Waisen  bei 
*MS4  entsprechen,  und  die  Bearbeitung  erstreckt  sich  wie  im 
Wolfd.  D  auch  bei  *MS4  von  den  Reimen  in  die  Verse  hinein. 
Aber  der  Wolfd.  D  ist  alemannisch,  *MS4  bairisch,  und  dort  sind 
die  neuen  Reime  z.  t.  nicht  nur  anders  als  hier  (kunijftn  gegen 


865 

küniffinne),  sondern  auch  reiner  (big  oft  beseitigt,  nning  fehlt) 
und  wir  vermissen  den  grade  für  *MS^  (im  Einklang  mit  dem 
Herzog  Ernst  B)  so  charakteristischen  Vierreim. 

D.  h.  wir  können  'MS^  nach  der  Technik  nicht  datieren  — 
es  bleibt  ein  Spielraum  von  vielleicht  hundert  Jahren  — ,  und  ein 
Inhalt  *MS4  steht  uns  ja  auch  nicht  zur  Verfügung. 

Wir  wenden  uns   also   zu  dem  nächstjüngsten   Interpolator,      •MSj. 
•MSj.     Es  ist  der  nächstjüngste,  weil  Zusätze  von  ihm  auch  inner- 
halb *MS,2  vorkommen:   s.  die  Tabelle. 

Nicht  nur  *MS4  sondern  auch  *MS8  trug  seine  Zusätze  in  die 
vorliegende  Handschrift  'MS  ein:  die  ausführenden,  motivie- 
renden, spielmännisch-komischen,  christlichen  und  Goldschmieds- 
Zusätze  ^MS,  sind  an  den  Band  geschrieben  oder  wo  sonst  Platz 
war,  und  das  blieb  daran  zu  sehen,  daß  viele  sich  noch  jetzt  Ortlich 
abheben,  z.  B.  464  ff.  (S.  253),  1601  ff.  (S.  187).  So  erklärt  sich 
auch  sofort  das  *MSj  zur  Last  gelegte  Ausschreiben. 

Denn  es  ist  durchaus  anzunehmen,  daß  alle  diese  Zusätze 
einem  Manne  gehören:  Ist  Warmunds  Wette  und^die  List  des 
Engels  spielmännisch  oder  christlich  ?  Die  Einführung  des  Engels 
aber  haben  wir  nach  der  Technik  schon  früher  mit  der  der  Gold- 
schmiede (2090  ff.)  parallelisiert.  Der  Ausschreiber  liebt  besonders 
die  umständlichen  Besendungen,  aber  auch  die  Goldschmiede  werden 
(1443  ff.)  umständlich  besandt.  Die  rationalistischen  Erklärungen 
beziehen  sich  auf  alles  Mögliche,  aber  auch  die  Besendungen  sind 
doch  rationalistisch,  auch  das  Vorhandensein  der  Goldschmiede 
und  die  Herstellung  des  Hirschen  werden  rationalistisch  erklärt. 

Für  die  Altersbestinmiung  käme  zuerst  der  Orendel  in  Be- 
tracht, denn  ich  bleibe  bei  der  Annahme,  daß  *MS3  V.  1443  ff.  den 
Orendel  279  ff.  benützt  habe,  wobei  dann  die  Erzählung  sehr  in 
die  Breite  gediehen  wäre.  Diese  Abhängigkeit  zeigt  sich  aber 
auch  sonst  noch  in  Worten  und  Wendungen.  Or.  375  Nun  rdtent 
alle  in  disem  ringey  wie  vnr  n  (Grendels  Heer)  von  dannen  (aus 
dem  Klebermeer)  bringen^  vgl.  Osw.  376;  Or.  Prosa  nach  779  vnd 
darumb  red  ich  in  der  loarheit^  er  ist  nicht  recht  toeisz,  der  die 
leüt  hell  al$  er  ay  eicht y  vgl.  Osw.  452;  Or.  3172  die  (wunden) 
er  hat  empfangen  durch  frouwen  und  durch  mannen,  vgl.  Osw.  3063  • 
Or.  3728,  3862  dem  heiligen  grab  —  stn  underf/fn,  vgl.  Osw.  1375; 
Or.  1423  und  öfter  (Bride,)  die  schoenet  ob  allen  wtben,  vgl.  Osw.  567 ; 


366 

Or.  1 73  In  zock  der  künig^  daz  igt  loär^  voUigltchen  vf  driu  zehen  jdr^ 
vgl.  Osw.  356,  410.  So  wenig  bleibt  von  einer  Unzahl  toh  An- 
klängen übrig,  nachdem  erstens  alle  die  ausgeschaltet  sind,  die  auf 
der  Gemeinsamkeit  des  Brautfahrtschemas  beruhen,  zweitens  auch 
die  besonders  massenhaften  Formeln  und  Halbformeln,  die  sich  in 
den  verwandten  Dichtungen  wiederfinden.  Auch  von  diesem 
Wenigen,  das  ich  als  besonders  verwandt  belassen  habe,  mag  noch 
einiges  zu  tilgen  sein,  die  Überzeugung  einer  literarischen  Ab- 
hängigkeit wird  doch  durch  die  besagte  Massenhaftigkeit  der  An- 
klänge zweiten  Grades  erhalten.  Über  sie  geben  die  Anmerkungen 
etliche  Auskunft. 

Aber  nur  in  *MS3  glaube  ich  solche  Entlehnungen  mit  einiger 
Sicherheit  nachweisen  zu  können.  *MS,  erkannten  wir  ja  auch  als 
den  unselbständigen  Aussclireiber,  und  es  paßt  zu  seiner  Natur 
(S.  365),  daß  er  sowohl  spielmännische  wie  christliche  Elemente 
herübernahm. 

Auch  andere  Teile  des  Oswald  klingen  allerdings  an  den 
Orendel  an,  aber  weder  so  häufig  wie  *MS3,  noch  so,  daß  sich  eine 
Benutzung  nachweisen  ließe. 

Nur  eine  Stelle  könnte  mich  schwankend  machen,  das  ist  der 
Schluß,  wo  sowohl  Orendel  und  Bride  als  Oswald  und  Pamige 
Keuschheit  anbefohlen  wird.  Im  Orendel  gebietet  ein  gottgesandter 
Engel,  im  Oswald  Gott  selber: 

Or.  3872    daz    du    keiner    slahte  minne  1   Osw.  3499    du  sali  aber  keiner  sunden 
mit  frouiven  Briden  soU  beginnen.  I       mit  der  vroiaven  pflegen. 

Es  ist  also  das  verpönte  minne  beseitigt,  wie  auch  im  Or.D.  Weiter: 


Or.  3874  ir  sollent  nit  lenzer  leben,  daz 
ist  war 
dan  ZTven  ta^e  und  ein  kalbet  jär. 

Dann  aber: 

Or.  3876  so  wil  ich  iuch  beide  nemeluh 
füeren  in  daz  frone  himtlrUh 


Osw.  3500    du  lebest  niht  lan^r   danne 
ztoet  Jaff 
Oswalt  daz  sage  ick  dir  vürußor. 


Osw.  3502  sb  soll  du  der  vierzeken  nSt- 
kelfaere  einer  sin, 
daz  soll  du  kaben  von  den  genäden  mtm. 


Und  es  folgt   die  Geschichte  von  dem  Wasserbottich,  bis  wieder 
zusammenklingen: 


367 


Gr.  3888  dU  enget  von  dem  himel  käment, 
die  vier  seien  si  do  näment 
und  f  Horten  si  nemelich 
suo  gol  in  sht  fron  himitrich. 
Also  hat  daz  buoch  ein  ernte, 
Got^  uns  dinen  heitigen  enget  sendet 
und  täz  uns  nit  ersterben, 
dune  last  uns  vor  dinen  heiligen  fron- 
tichnam  werden! 


Osw.    3538    do    queuH    von    himete    ein 
en^tischiu  schar 

unde  nämen  da  der  seten  ivar 
3542  unde  vuorten  si  wirdietuhe 

vür  got  in  daz  hvi^e  hinietr^che, 
3548  nu  helfe  uns  got  — , 
3550    da%  unser  lieinez   niemere  ersterbe^ 

unze  wir  ir  beider  hulde  erwerben! 

darumbe  sule  wir  bitten,  daz  ist  intn  rät. 

dantite  sant  Oswatdes  buoch  ein  ende  hat. 


Wir  hatten  ja  Osw.  3538—43  und  3548-53  schon  •MSj  zu- 
geschrieben und  wir  dürfen  diese  Verse  mit  unter  den  Anklängen 
an  den  Orendel  aufzählen.  Sind  aber  3499 — 3501  aus  dem  Orendel 
entlehnt  und  sind  vollends  3502/3  eine  Umbildung  von  Or.  387() 
und  3877,  so  rührt  die  Geschichte  von  dem  Wasserbottich  erst  von 
•MS,  her,  sie  bedeutete  kein  Heiligtum  mehr,  sondern  nur  eine 
Posse.  Aber:  3500 — 23  sind  tadellose  Vierzeiler  mit  tadellosen 
Keimen,  nur  daß  ein  paar  Verse  zu  lang  sind,  3499  schließt  als 
richtiger  Langvers  eine  selbständige,  normale  Strophe,  und  das 
Formale  gibt  kein  Eecht,  dieses  Stück  als  interpoliert  auszu- 
scheiden. Wir  werden  also  von  vornherein  besser  tun,  3499  nicht 
aus  Or.  3872/73  herzuleiten:  daß  die  Vollziehung  einer  Ehe  auf 
höheren  Befehl  hinausgeschoben  wird,  ist  ja  nicht  ungewöhnlich, 
und  der  als  Vorlage  erwiesene  Ortnit  bietet  sozusagen  den  Arche- 
typus des  Oswaldischen  Motives:  Alberich  erlaubt  Ortnit  die  Ehe 
erst  nach  der  Taufe  (438,  3  flf.).  Entscheidend  aber  ist,  daß  die 
Oswaldlegende  bei  Beginald  schon  die  Vorhersage  des  Todes  und 
ein  Keuschheitsgelübde  kennt  (s.  S.  263).  3499—3501  sind  also 
nicht  nach  dem  Orendel  gemacht,  der  Wasserbottich  gehört  dem 
frommen  Verfasser  des  Schlusses  *MSj,  der  Orendel  ist  soviel 
sich  nachweisen  läßt,  nur  von  'MSj  benutzt. 

Aber  wann  ist  der  Orendel  entstanden  ?  Berger  (Orendel 
S.  LXI)  datiert  ihn  vor  den  Oswald  *W0,  weil  dieser  eine  Eeihe 
von  Zügen  daraus  entlehnt  habe.  Das  hat  er  nicht,  wenigstens 
getraue  ich  mir  nicht,  es  nachzuweisen:  vielmehr  ist  der  Orendel 
benutzt  zu  späteren  Einschüben  in  den  Oswald  *W0,  die  noch 
greifbar  kenntlich  sind:  vgl.  S.  232if.  So  bleibe  ich  bei  Har- 
kensees Datierung:  vor  1187,  vor  dem  Verlust  von  Ackers.  (Unter- 
suchungen über  das  Spielmannsgedicht  OiX'ndel  S.  G8.) 


868 

Indessen  verschlägt  es  wenig,  ob  diese  Datierung  richtig  ist,  wenn 
wirklich  der  Oswald  aus  dem  Wolfdietrich  A  entlehnt  (S.  307).  Die 
Ähnlichkeit  erstreckt  sich  auch  auf  den  nur  im  Dresdener  Helden- 
buche erhaltenen  Schluß  des  Wolfdietrich  A:  W.  schlägt  mit  dem 
Schwerte  fiidergroße  Steine  aus  dem  Felsen  (244:  Osw.  3077;  aus 
vier  Fudern  sind  tausend  geworden);  die  heidnische  Königstochter 
trotzt  ihrem  Vater  das  Leben  des  Helden  ab  (266,  auch  Wolfd.  B  558: 
Osw.  1039).  Ich  weiß,  daß  alle  diese  Züge  auch  sonst  noch  vor- 
konunen,  hier  aber  stehen  sie  zusammen  und  reimen  sich  mit  den 
S.  307  verzeichneten  Anklängen.  Und  alle  dieseÄhnlichkeiten  und  An- 
klänge wieder  nur  in  *MS^ .  Ich  setze  also  zuversichtlich  *MSj,  nach  1 230. 
Aber  *MS,  ist  noch  jünger.  Das  Spiel  der  Entlehnungen 
von  *MSs  wiederholt  sich  am  Wolfdietrich  B  HI — VI,  d.  h.  an  dem 
Auszuge  des  verlorenen  vollständigen  Gredichtes.  Von  den  massen- 
haften Anklängen  verzeichnen  die  Anmerkungen;  hier  nur  einiges. 
Wolfd.  B  816,  1 :  Ein  köpf  etuant  uf  dem  tische,  der  was  guldin  gar, 
Wol/dietrich  der  getriuwe  blicte  ofte  dar:  Osw.  3339  flf.; 
919,  3:  si  toänden  daz  si  heten  Oberwunden  al  ir  nk: 

alrSrst  vmrdens  bestanden  üf  den  bibtem  tot:     Osw.  3145  if.; 
853,  2  und  867,  2:  nu  hoerei  toie  ein  zeichen  an  dem  herren  da  ge^ 

Schach:  Osw.  399; 
556,  3 :  si  (die  Vögel)  u)dm  gemacht  mit  listen  und  waren  innen  hol: 
als  si  der  wint  durchwate,  ir  stimme  diu  sanc  wcl,  vgl.  808: 
Osw.  2393  f. 

Wolfdietrich  B  IE  — VI  ist  —  recht  ungefähr  —  auf  1250 
angesetzt.  Weiter  möchte  ich  auch  mit  'MSji  nicht  hinunter,  denn 
nach  dem  paläographischen  Befunde  (S.  201  ff.)  gehört  die  Hand- 
schrift *MS  spätestens  in  die  erste  Hälfte  des  13.  Jahrhundert«. ') 

^)  Erwähnen  will  ich  ans  der  PatriciuBlegende:  König  Echn,  Ton  Patri- 
ciu8  zum  Leben  zurnckgerufen,  zieht  es  nach  der  Tanfe  vor,  wieder  su 
sterben;  der  Biese  Glas,  in  derselben  Sitattion,  dankt,  daß  man  ihn  Ton 
den  Höllenqualen  aaf  eine  Stunde  befreit  hat,  wird  getauft  und  stirbt  wieder 
(Kraus,  Deutsche  Gedichte  des  XII.  JahrhunderU,  Halle  1894,  S.  30if.).  Insbe- 
sondere vgl.  Y.  30:     durk  dm  selbes  ere 

heiz  den  tHen  man 

nach  dinen  gnaden  tf  sktn, 

do  er  da*  zffort  vol  sprach 

ich   weii   der  hnnih  yf  sack 
mit  Osw.  2981  ff.    Ob  unmittelbare  Verwandtschaft  anzunehmen  ist  ?     Aber 
für  die  Zeitbestimmung  folgte  nichts  daraus. 


361) 

t  wie  r  geschrieben  (S.  202):  vgl.  Adelbreht  179  don  aber  = 
do  fuihety  203  mahre^inakte;  Veit  49  geb(yren  =^ geboten.  t=c 
(S.  202)  wie  im|  Rother:  Edzardi,  Zur  Textkritik  des  Botlier, 
Genn.  XX.  404. 

r  =:  2  (S.  202)  wie  im  Rother:  Edzardi  a.  a.  0.;  fhaz  =  fhar 
Frank.  Legendär  V.  :U)2. 

v  =  w:  vart  statt  woH  MIS 1 1  ()2,  MS  1890,  imrt  <  vaH  M  1 890, 
veate  I  1518,  voJ  S  lf>03.  Vgl.  Veronica  191  rmw,  vunne 
271,  Uider  289;  V.  d.  girheide  V.  70  verlt.  w=c:  wol  IS  29()1, 
I  1479,  2557,  3029,  3488,  woll  wo  vol  S  2947,  waHl  vart  ward 
S  977,  wer  =  veiie  I  143(1,  w/i/«»  1*1484,  tm-lop  S  188,  189.  Vgl. 
Veronica  150w*Äordf,  623  «<;^%  655  wirdeüen;  Vespasian  24 
tüirgesseriy  (JO  wadir;  V.  d.  girheide  110  itarin;  Tundalus  1 72  ivlochy 
215  to^sltndet,  307  wollecWie^  501  tv^zerden. 

Lange  sf,  auch  im  Auslaute.  «mfM,  breiiachwolpveikhuoch 
M  2525.  Das  fränkische  Legendär  hat  dies  f  noch  durchgängig 
(ZfdPh.  X.  134).  desgl.  Rother  (Edzardi  a.  a.  0.);  Tundalus  89 
waL  220  wtf  :  «T  u.  s.  w. ;   vgl.  Graf  Rudolf  ed.  Grimm  ^  S.  3. 

s  =  8ch.  geaach  s  185,  11  =  V.  I  2590,  geeechft  I  1225.  Vgl. 
V.  d.  girheide  73  saz\  Veronica  230  valiser^  472  vleüliche; 
Adelbreht  Wl  eande-,  Tundalus  248  «>^,  315  «^Z<,  *MM  gesit,  357 
beaatcen^  508  geere,  ach  =  «.  gesche  >  gesessen  M  373  v^sckuchn 
M  3289.     Vgl.  Veronica  501  «cA/^. 

Dali  die  (tri  =  mhd.  /f a  (Jo  durch  eine  Schreibart  der  Vorlage 
veranlaßt  sind,  beweist  war  M  11  ()5  mit  Umdeutung  von  quo  (war) 
zu  esset  —  gach  M  1340,  2200,  schmach  M2201,  mdssen  S  173, 
gnaden  280,  gndd  2850,  trat  905  (=  drdfe;  mißverstanden,  sonst 
meist  ^rat/«<  geschrieben,  z.B.  1677),  geduckt  1708,  entsldffen  2*^'1\ \ 
/VoS2285,  2354;  bei  Kürzen:  arA«M805,  gemacht 'l^\)iS,  dort^\\n\, 
2813;  zesdnw  M  262,  Äww.m  394,  476,  1252,  botten  S  1906  {peten 
M).  Vgl.  genömen,  gezügenltchey  börsten  in  der  Heidelberger  Hs. 
des  Roland  (ed.  Grinmi  S.  VII)  und  Kaiserchr.  S.  37.  o  für  mhd. 
0  im  Rother  (S.  z.  B.  Ausgabe  v.  Balider  S.  11).  Aber  für  eine 
Überschreibung  des  a  mit  einem  andern  Buchstaben  habe  ich 
keine  Beispiele.  Indessen  könnt«  jenes  ä  aus  ae  oder  ai  entstanden 
sein:  vgl.  entwäch  :  arschldch  S  624,  icildprait  ( :  geraete)  698, 
3298;  bei^aü  statt  geraete  12301;  vgl.  auch  aroen  s  175,  29, 
aeil^=^sele  M  1548.     Solche  Nachlaute  sind  dem  Fränkischen  alt- 

Baeseeke,  M&nchener  Oswald  ^4 


370 

eigentümlich,    kommen   allerdings   auch   sonst  vor,   z.  B.  in  dem 
Sangaller  Glauben  MSD  XCII. 

Auch  ö  in  fröd  IS  1214,  globen  S  -iiJO,  '>d92,  töffen  2946, 
2970  möchte  ich  durch  ein  Nebenzeichen  des  o  erklären;  vgl. 
schoten  =  schone  M  217.  Desgl.  peten  M  =:  hotten  S  1906,  hener  S 
=  höner  I  8338,  /reden  statt  vroide  S  535. 

Ich  habe  mich  bei  der  Datierung  der  kleinen  Handschriften 
auf  Kraus  verlassen  (Deutsche  Gedichte  des  12.  Jahrhunderts, 
Halle  1894). 

Demnach   wäre  *MS4    zwischen    1250  ('MSj)    und    1300    zu 
setzen,  vielleicht  in   die  Zeit   des  Rosengartens  C  und  des  Wolf- 
dietrich D:  ca.  1280. 
•MSi,.  Ob  *MSi  oder  *MS,  (der  Schluß)  älter  ist,  wird  sich  schwerlich 

entscheiden  lassen,  wenn  auch  vielleicht  35  ff.  (besonders  39/40) 
und  318  ff.  in  Beziehung  zu  dem  erbaulichen  Schlüsse  stehen. 
Jedenfalls  waren  die  Zusätze  'MS,  noch  nicht  in  die  Versfolge 
einverleibt:  s.  S.  250  oben.  Schon  daß  die  größte  Lücke  unseres 
Textes  grade  in  die  Meerweiberepisode  'MSi  fällt,  mußte  ja  den- 
selben Verdacht  erwecken.  Ebenso  war,  denke  ich,  •BIS,  erst  in 
die  Handschrift  nachgetragen,  etwa  auf  letzte  übrig  gebliebene 
Seiten,  und  ich  hoffe,  daß  sich  das  wiederum  aus  der  Paläo- 
graphie  einigermaßen  wahrscheinlich  machen  läßt.  Warum  fehlen 
alle  ü  =  «r,  t  =  r  und  Cy  s  =  seh,  £  des  Auslauts,  insbesondere 
aber  alle  äö=^da6o  und  überhaupt  alle  vokalischen  Nachlaute, 
d.  h.  über  %  aller  aufgezählten  Schreibeigentümlichkeiten  von 
•MS  in  *MS|,?  Und  umgekehrt:  warum  kommen  «cA  =  *,  d=ei 
außer  in  0  nur  in  •MSj ,  vor  ?  Weil  *MS , ,  von  andrer  Hand  ge- 
schrieben  sind  als  O^MW  *Mz:  wären  sie  schon  abgeschrieben 
auf  *MS5  gekommen,  so  hätten  sich  ihre  Schreibeigentümlich- 
keiten  kaum  so  erhalten  können.  Dazu  stimmt,  daß  von  der  zu- 
meist aus  Verschreibungen  erschlossenen  Verwechslung  von  mir 
und  michy  dir  und  dich  in  *MS ,  ,  keine  Spur  zu  finden  ist. 

Mit  andern  Worten :  *MS  =  *Mz,  d.  h.  *MS,_4  sind  erst  nach- 
träglich in  den  Archetypus  von  •MS  und  *zn  hinzugeschrieben, 
z,  n  und  die  vielen  Handschriften  der  vitae  sanctorum  sind 
Überlieferungen  unseres  Gedichtes  *MS,  die  schon  heran- 
gezogen werden  müssen,  wenn  nur  der  Wortlaut  des  unmittelbaren 
Archetypus  unsrer  Handschriften  hergestellt  werden  soll.    Das  Ueß 


371 

sich  vielleicht  schon  beim  Vergleichen  der  Texte  *MS  und  'zn 
vermuten.  Aber  nun  erklärt  sich  auch,  daß  unsre  Athetesen  so  wenige 
Lücken  verursachen  und  daß  sich  paläographische  wie  dialektische 
Eigentümlichkeiten  nicht  nur  durch  •MS,  «5,  sondern  auch  noch 
durch  die  Bearbeitung  B  hindurch  erhalten  konnten. 

(übt  der  Inhalt  einen  Terminus  ?   Zunächst  der  von  'MS,  ? 

Er  beruht,  wie  wir  schon  sahen,  in  der  Hauptsache  auf  Beda 
(Speisung  der  Armen)  und  Eeginald  (Vorhersage  des  Todes,  Oswald 
soll  Engel  werden,  Keuschheit).  Wie  diese  Erzählungen  zu  *MS, 
gelangen  konnten,  s.  S.  264  f.  Von  Drogos,  d.  h.  Bedas,  Leben 
des  h.  Oswald  haben  sich  Handschriften  des  11.  Jahrhunderts  so- 
gar erhalten.  Das  nehme  ich  an  nach  Keuffers  Katalog  der  Stadt- 
bibliothek zu  Trier,  der  in  Bd.  HI.  2  unter  Nr.  216  verzeichnet: 
Homiliae  de  tempore   4'  ^  sanctia   BedcLe  presbyteriy    saec,  XI.  ^)» 

Dali  der  Pilger  mehrmals  bettelt,  könnte  sich  schon  in  Eng- 
land an  die  Oswalderzählung  geheftet  haben,  denn  nach  der  Le- 
genda  aurea  konmit  auch  zu  dem  heiligen  Briten  Jodocus  der 
liebe  Gott  viermal  und  bettelt.  Für  die  Verwandtschaft  spricht 
noch,  daß  Jodocus  durch  Einstoßen  seines  Stockes  eine  Quelle 
eröfliiet. 

Zum  heiligen  Gregor  konmit  ein  Engel  in  Gestalt  eines 
SchifTbrüchigen,  bettelt  und  erhält  dreimal,  schließlich  das  Letzte, 
eine  silberne  Schüssel.-  (Vgl.  Oswald  *zn  nach  Beda.)  Er 
entdeckt  sich  (Leg.  aur.  ed.  Graesse  p.  189  f.).  Derselbe 
kommt  später  noch  einmal  zu  einer  Speisung  von  Pilgern, 
wird  nach  seinem  Namen  gefragt,  enthüllt  sich  und  verschwindet 
(p.   1V)4). 

Zum  h.  Johannes  Eleemosynarius  (a.a.O.  S.  129)  konmit  ein 
Pilger,  bettelt   und  erhält  durch  den  Verteiler  6  Geldstücke.     Er 


')  Obgleich  er  unter  der  Nummer  nicht  aufzufinden  war.  Dagegen 
wurde  mir  auf  das  zuvorkommendste  mitgeteilt,  daß  sich  im  Cod.  1372 
(Standnummer  138)  ein  Stück  aus  dem  13.  Jahrhundert  befindet:  Quaedam 
MiraaUa  SH,  Oswaldi  Martyris  regis  Ang^lorum,  Es  ist  aber  nur  die  vita  Drogos, 
von  der  sich  auch  Codices  des  12.  Jahrhunderts  z.  B.  in  Wnrzburg  und 
Einsiedeln  finden.  Auch  die  Legenda  aurea  geht  nicht  über  Beda  hinaus. 
Das  Buch  der  M&rterer  (Haupt,  Wiener  Sitzungsberichte  LXX  101  ff.) 
wiederum  beruht  auf  der  Legenda  aurea.  Es  verlegt  in  einer  Kloster- 
neuburger  Handschrift  Oswalds  Königreich  nach  Norwegen. 

24* 


372 

wechselt  das  Kleid,  kommt  wieder  und  erhält  diesmal  <>  Goldstücke. 
Aber  der  Verteiler  erkemit  ihn.  Johannes  tut,  als  merkte  er 
nichts.  So  noch  ein  drittes  Mal,  und  Johannes  heißt  ihm  ^eben: 
ne  folgte  ait  dominus  mens  Je%us  ChriMvs^  qui  ientare  me  reiify 
%Ui*um  poaait  hie  plus  accipere  quam  ego  dare. 

Aber  woher  der  Wasserbottich  ?  Berger  zieht  (S.  445)  die  Er- 
zähljing  von  dem  keltischen  König  Gwynlljiv  von  Glamorgan  herzu 
(W.  J.  Rees,  Lives  of  the  Cambro-British  saints  S.  145  ff.).  Dieser 
lebt  nach  göttlichem  Befehl  mit  seinem  Weibe  dicht  an  einem 
Flusse,  beide  in  schärfster  Kasteiung:  (S.  148)  roborati  canstriti- 
gere  corpor[alifJa  desideria  consueti  se  luvare  aqua  Jrigidissinia: 
quando  frigescei'et  hyemps  prvinosa,  non  tunc  minus  se  abluebant 
quam  in  esiate  fervida,  Nocte  enim  media  surgebant  de  lectvlis  el 
redibant  post  lavacrum  laferibus  frigidisshtiisy  inde  induti  visäabani 
eccUsias^  exorando  et  inclinando  usque  diem  ante  aras.  Si^  duce- 
bant  vitam  heremitariam^  fmenies  Jubore  proprio^  nickil  sumentes 
ex  alieno.  Aber  die  Parallele  stimmt  doch  nicht :  das  Bad  —  und 
danach  der  Kirchgang !  —  ist  eine  dauernde  Übung ;  die  Eheleute 
sind  vorher  garnicht  zusammen  gewesen  (ihre  Hütten  liegen 
ein  Stadium  auseinander);  die  corjjoralia  desideria  sind  gar  nicht 
fleischliche  Gelüste,  denn  der  Sohn,  heißt  es  weiter  mit  scheuß- 
licher keltischer  Schamlosigkeit,  noluity  ut  tanfa  vicinia  esset  inier 
illoSy  ne  carnalis  concupiscentia  incisi  hostis  suasione  a  castitaie 
inviolanda  perverteret  animos,  Propterea  exhortatus  matrem  desti- 
tuere  primum  conversationis  locum.  Die  corpi>r{^alt]a  desideria  sind 
also  noch  etwas  anderes  als  die  cai^alis  concupiscentia.  Vielleicht 
ist  überhaupt  Corpora  beizubehalten  (acc.  zu  constnngere)  und  dann 
desideria  korrupt. 

Nein,  besser  paßt  eine  Erzählung  des  Chevalier  de  la  Tour 
Landry  als  Parallele.  Sie  ist  im  Jahre  1871  geschrieben  und 
Ende  des  15.  Jahrhunderts  von  Marquard  vom  Stein  ins  Deutsche 
übertragen.  Ein  Einsiedel,  der  sich  auf  seine  Frömmigkeit  viel 
zu  gute  tut,  wandert  nach  einer  Vision  zur  Stadt  (Aquileja), 
^vmh  das  er  syn  leben  erfaren  mocht^  (Ausg.  Straßburg  1519). 
Er  erhält  von  dem  ausreitenden  Schultheißen  einen  Ring  zum 
Zeichen  für  seine  Frau  daheim,  daß  sie  den  Fremden  ganz  wie 
ihren  Eheherm  behandeln  soll.  Die  Frau  befolgt  den  Befelil  sehr 
wörtlich  und  nimmt  den  Einsiedel  auch  mit  ins  Bett.     Als  er  ihr 


373 

zu  nahe  kommt,  überredet  sie  ihn,  daß  er  aufsteht  und  sich  in 
eine  Bütte  mit  kaltem  Wasser  setzt.  Das  französische  Original 
kommt  unserm  Oswaldschlusse  noch  näher  dadurch,  daß  der  Ein- 
siedel  nicht  erst  durch  Liebkosungen  versucht  wird.  Vgl.  Wielands 
Wasserkufe  ^).  Wir  haben  hier  also  die  Bütte ,  aber  auch  die 
Enthaltsamkeit  der  Eheleute,  denn  der  Einsiedel  muß  zu  seiner 
Beschämung  erfahren,  daß  auch  der  rechtmäßige  Gatte  die  Bütte 
benutzt  infolge  eines  frommen  Gelübdes,  (jedemütigt  zieht  der 
Einsiedel  von  dannen. 

Aber  wie  alt  diese  Erzählung  ist,  kann  ich  nicht  sagen. 

Anführen  will  ich  noch  aus  Caesarius  von  Heisterbach,  Dial. 
mirac.  dist.  IV  cap.  102:  Eine  Edelfrau,  von  Begterde  getrieben, 
trägt  sich  dem  Pförtner  an.  Er  weigert,  sich.  Sie  kühlt  sich  im 
Flusse  und  ist  dankbar. 

Bedeutet  aber  Oswald  als  einer  der  vierzehn  Nothelfer  einen 
Terminus  post  quem  ?  Uhrig  (l'übinger  Theologische  Quartalschrift 
LXX.  72  ff.)  führt  die  Nothelferandacht  auf  die  Umwandlung  des 
römischen  Pantheons  in  eine  christliche  Kirche  (anno  ()()8)  zurüc 
es  erhielt  in  seinen  sieben  Nischen  14  Altäre  und  den  Name 
Beatae  Mariae  ad  martyres.  Jedenfalls  gab  es  schon  im  9.  Jahr- 
hundert Bilderzyklen  von  14  Heiligen  (ein  (xebetbuch  Karls  des 
Kahlen),  und  die  alte  Nothelferkapelle  zu  Silinen  im  Kanton  Uri 
soll  1081  gegründet  sein;  das  älteste  schriftliche  Zeugnis  stammt 
von  1284.  (Dagegen  s.  Veldecke  im  Servatius  V.  800:  er  sagt 
von  seinem  Helden:      Die  edel  noethulpere 

II  if  was  dae  ooele  meere 
AU  hy  noch  ia  coele  ttjtde.) 
Aber  Oswald  gehört  nicht  zu  den  Vierzehn.  Und  weil  deren 
Zusammenstellung  auf  höherer  Erleuchtung  beruht,  konnte  sie 
niemals  wediseln.  Nur  wurden  da  und  dort  die  Landespatrone 
mit  eingeordnet,  was  insofern  keine  wesentliche  Änderung  war, 
als  hierbei  Christus,  der  Herr,  d.  i.  .der  Heilige*  in  dem  betreffenden 
Patrone  seinen  Stellvertreter  fand!  Solche  Stellvertreter  sind  z.  B. 
St.    Leonhard.    St.    Stephan,    St.    Sixt.      Oswald    aber    ist   wieder 

*)  AVicIands  C^uclle  war  Lc  Grand,  Ooiitcs  devots,  Fahles  et  Komans 
«ncioiis,  Paris  1781,  Bd.  4,  S.  84  ff.:  Du  prevot  d'Aquilee.  (Vgl.  Neuer 
Teutscher  Merkur  1795,  L  239.)  Die  dort  angeführte  tenson  des  Trouba- 
(li)urs  Poguilain  ist  nur  sehr  entfernt  verwände. 


374 

nicht  dabei.  (Vgl.  Heinr.  Weber,  Die  Verehrung  der  vierzehn  Not- 
helfer, Kempten  1886  S.  9.) 

Aber  an  unserer  Stelle  ist  er  dabei,  wenn  anders  ex  eventn 
prophezeit  wird!  Die  Vorarbeiten  ergeben  also  nichts  für  unsem 
Zweck  ^),  und  ich  verzichte. 

Die  Meerweiber  kennen  wir  ja  vom  Physiologus,  den  Nibe- 
lungen, von  Wolfdietrich  und  sonsther.  Auch  der  Morolf,  der  Ver- 
wandte unsres  Oswald,  hat  von  einer  Tnerermnne  zu  berichten  (7:28). 
Et>vas  unserer  Erzählung  einigermaßen  Entsprechendes  finde  ich  in- 
dessen nur  an  einer  Stelle,  die  uns  zur  Datierung  nicht  nützen 
kann,  in  der  Rabenschlacht:  Witege  flieht  vor  Dietrich  in  die 
Arme  der  Wachilt,  eines  Meerweibes.  Ich  führe  das  besonders  an, 
weil  Bab.  965,  6-7  gut  zu  Oswald  656/57  stimmt: 

«  vuorte  in  da  ze  stunde 

mit  ir  nider  zuo  des  meres  gründe. 

Aber  auch  im  Wigamur  heißt  es  V.  318  von  einem  Meerwunder: 

Des  kuniffs  »un  fürt  er  gesundt 
Mit  jm  auf  des  meres  g7*undf. 

Der  Gleichklang  würde  also  ohnedies  schwerlich  etwas  beweisen. 
Man  wird  demnach  doch  versuchen,  nach  der  Technik  zu  datieren. 
Gewiß,  *MS8  ist  jünger  als  *MS,  „  aber  weit  schlechter  gereimt, 
indessen,  könnte  das  nicht  an  der  Form  der  Interpolationen  liegen? 
Die  Zusätze  *MSg,  die  die  Entwicklung  der  Beimtechnik  zum 
Feineren  so  grob  unterbrechen,  sind  in  Reimpaaren  geschrieben 
•MS,  2  in  Strophen.  Man  wird  also  *MS,,  mit  dem  Morolf  ver- 
gleichen. Dessen  Strophe  hat  nur  noch  den  Verstypus  xxxXj  ™^t 
einer  Ausnahme:  küone  :  müod^  519,  *MS,,  lassen,  wie  der 
Spervogel  und  der  Orendel,  auch  xxx)^  iioch  gelten.  Also  sind 
*MS,,  älter  als  der  Morolf?  Nein,  die  Reimtechnik  des  Morolf 
ist  bedeutend  schlechter  (ed.  Vogt  p.  XCI\^  ff.).  Also  sind  'MSj, 
jünger?  Da  zu  entscheiden  ist  schwer.  Aber  ich  glaube  wohl, 
daß  die  im  Norden  weit  früher  einsetzende  Dehnung  kurzer  offener 


^)  Auch  Berger  sagt  bei  der  Behandlang  des  Oswaldkultns  nichts  da- 
rüber. Das  Hordersche  Kirchenlexikon  gibt  zu  Oswalds  Nothelferschaft  nur 
unsere  Gedichtstelle.  —  Das  Vernünftigste  aus  Uhrigs  Arbeit  findet  man  auch 
bei  Weis-Liebcrsdorf,  Das  Jubeljahr  1500  in  der  Augsburger  Kunst,  München 
1901,  S.  131  ff. 


375 

Stammsilben  die  Endnngen  kräftiger  erhalten  hat  als  im  Süden: 
der  Oswald  reimt  geren  und  schreibt  sp^'echety  gefedei'^  drebeUj 
regelj  geswegen^  tceder;  dese;  lebes.  Noch  weiter  hinauf  fahrt  das 
fränkische  Legendär:  bei  den  von  Busch  (ZfdPh.  X.  186  f.)  zu 
andern  Zwecken  zusammengestellten  Fällen  des  Wechsels  i  —  e 
zeigt  sich,  daß  e  in  offener  Silbe  ganz  bedeutend  überwiegt.  Ich 
halte  das  för  ein  Zeichen  der  Brechung,  die  Brechung  aber  für  eine 
Folge  der  Dehnung.  Das  ist  eine  Bestätigung  fBr  den  nördlichen 
Ursprung  des  Oswald. 

Wenn  wir  aber  demnach  nur  die  Eeimreinheit  des  Morolf  ver- 
gleichen, der  mir  so  sicher  mit  1190  datiert  scheint,  als  es  bei 
solchen  Dingen  möglich  ist,  dann  müßten  wir  *MS  ^  g  etwa  ins  letzte 
Dezennium  des  Jahrhunderts  setzen  ? 

Allein  diese  Datierung  stürzt  sogleich  wieder  zusammen: 
*Mz  ist  älter  als  *MS ,  g,  aber  bedeutend  besser  gereimt. 

Aber  vielleicht  lassen  sich  'MS,  ^  durch  *Mz  datieren:  grade  »Mz. 
rheinische  Pilger  unternahmen  im  Jahre  1188  einen  Kreuzzug 
(E.  H.  Meyer  ZfdA.  XII.  387  if.),  und  *Mz  gibt  Oswalds  Leuten 
Kreuze  und  fügt  eine  christlich  ermutigende  Ansprache  hinzu  — 
•MS,  ändert«  dann  die  Ansprache  und  machte  aus  den  Kreuzen 
goldene  — :  es  klingt  als  würde  der  Oswald  hier  als  Gelegenheits- 
gedicht benutzt.  Daß  sich  aus  *MS-|-*zn  (s.  S.  222  ff.)  kein  einziger 
Beim  beibringen  läßt,  der  aus  *Mz  stanmite  und  nach  dem  Grade 
seiner  Reinheit  nicht  im  13.  Jahrhundert  gemacht  sein  könnte, 
beweist  natürlich  nichts:  es  ist  ja  das  Amt  von  B  gewesen,  grade 
die  schlechtesten  Reime  zu  beseitigen. 

Ich  würde  also  *Mz  ins  Jahr  1 188,  *MS,  2  ein  wenig  später  setzen. 

Dabei  ist  jetzt  die  S.  203  für  das  Gesamtgedicht  gegebene 
Lokalisierung  zu  begrenzen.  Sie  ist  fQr  *MS , ,  durch  das  (S.  370) 
verzeichnete  Fehlen  dativischer  mig-dig-FovmQn  aufgehoben.  Eben- 
so far  alle  übrigen  zwischen  0  und  *MS3  entstandenen  Inter- 
polationen. Eine  so  scharfe  Abgrenzung  zwischen  ihnen  scheint 
mir  doch  für  verhältnismäßige  Richtigkeit  meiner  Analyse  zu 
sprechen ;  noch  mehr,  daß  sich  diese  Abgrenzung  auch  noch  weiter 
durch  die  S.  201  ff.  aus  Paläographie  und  Beim  erschlossenen 
granmuatischen  Eigentümlichkeiten  verfolgen  läßt.  B  ist  natur- 
gemäß ganz  von  ihnen  ausgeschlossen ;  'MS,  teilt  die  seinen  fast 
durchaus  mit  0.     *MSi  hat  von  allen  nur  das  ne  =  sich,   dies 


376 

aber  gleich  dreimal  (651,  709,  1417)  und  außerdem  ein  vielleicht 
nur  fehlerhaftes  e  statt  ie  in  wie  741;  alle  t=^,  6  =  uo^  alle 
fränkischen  h  des  Anlauts,  alle  sonstigen  Anzeichen  des  mittel- 
fränkischen Konsonantismus  und  mangelnder  Lautverschiebung 
fehlen  ihm,  und  wir  dürfen  diese  Verse  nur  ganz  allgemein  nach 
Mitteldeutschland  setzen:  Dagegen  werden  wir  *MW  'Mz  *MS, 
doch  in  einiger  Nähe  von  0  halten  müssen,  wenn  auch  in  *MS, 
wie  in  *MS,  die  fränkischen  Nachlaute  langer  Vokale  fehlen:  *MW 
wegen  o  ==  uo  (3094)  und  des  zwischen  Vokalen  synkopierbaren 
Ä,  *Mz  wegen  i  =  ey  i  =  ie  und  besonders  2  =  «(1544),  'MS^ 
wegen  1  =  0,  i=ie,  e^=^ely  0  =  wo  (3299),  ö  =  6(?3412);  die 
Linie  got  —  gut  läuft  im  Sprachatlas  etwa  von  Trier  nach  Wittlich, 
Trarbach,  Oberlahnstein,  und  dabei  ist  wiederum  fQr  das  Indivi- 
duelle der  einzelnen  Gruppen  —  abgesehen  von  dem  eben  be- 
handelten Paläographischen  —  charakteristisch,  daß  z.  B.  das 
häufige  t  =  ^  in  *MW  und  *MS , ,  der  mittelfränkische  Gebrauch 
des  h  in  *MW  *Mz  *MS|,  alle  Spuren  mangelnder  Verschiebung 
in  *MW  *Mz  »MSg,  alle  d  =  wo  in  •Mz  *MS,  fehlen,  und  umgekehrt 
z  =  8  und  ü  =  6  auf  *Mz  und  *MS^  beschränkt  sind.  Bei  künst- 
lich gemachten  Gruppen  würden  sich  die  Erscheinungen  nicht  so 
verteilen,  sie  würden  durcheinanderwirbeln.  Es  versteht  sich  in- 
dessen, daß  sich  mit  so  destillierten  Kleinigkeiten  weder  eine 
einigermaßen  genaue  noch  eine  einigermaßen  sichere  Lokalisierung 
geben  läßt. 

•MW.  *MW.    Das  vorige  Kapitel  hat  ergeben,  daß  *MW  Handschrift, 

nicht  variabler  mündlicher  Vortrag  eines  (Jedichtes  ist:  denn  0 
zerfällt  in  Strophen,  die  Zusätze  *MW  wenigstens  zum  Teil  sicher 
nicht,  und  ein  solches  Nebeneinander  ist  nur  Schwarz  auf  Weiß 
denkbar.  Das  ist  mehr  als  eine  Bestätigung  des  Schemas  von 
S.  237,  denn  es  besagt,  daß  es  wirklich  einmal  —  was  wir  S.  307  nicht 
anzunehmen  wagten  —  einen  Oswald  0  gab  ohne  Auf  beten  des 
Tors  und  ohne  die  Taufwunder;  es  besagt  aber  auch,  daß  wir 
diesen  Oswald  0  in  *MS  erhalten  haben,  daß  *W0  nur  eine  Be- 
arbeitung ist  von  *MW,  nicht  von  dem  alten  Originalgedichte. 
Dadurch  gewinnt  natürlich  *MS  ein  starkes  Übergewicht;  nur  daß 
man  eben  durch  *W0  feststellen  muß,  was  in  •MS  nun  0  ist. 


377 


AlsStemma  hätten  wir  also  jetzt  (vgl,  S.*237u.  199)  anzusetzen: 

0 

*MW 


*Mz  (=*MS  ohne  »MSj-^) 


*zn  **S        *sb       *MI    *W0. 

Der  Inhalt  ergibt  mir  nichts  zur  Datierung;  ebensowenig  die 
durch  Übereinstimmung  zwischen  *MS  und  'WO  auf  'MW  zurück- 
führbaren Reime  (s.  S.  230  flF):  vgl.  das  S.  375  über  die  gleich- 
lautenden Reime  von  'MS  und  'zn  Gesagte. 

Somit  sind  wir  endlich  bei  dem  alten  Originale  0  angelangt, 
das  jene  Inkonsequenzen  von  *MW  noch  nicht  hatte  und  nach 
Ausweis  des  strophischen  Baues  für  sich  allein  bestand. 

Wann  ?  Wir  sahen  schon  bei  *Mz,  daß  wir  zu  chronologischer 
Fixierung  nicht  die  Reime  schlechthin,  sondern  die  Mißreime  be- 
nutzen müssen,  d.  h.  die  erhaltenen  Reime,  denen  die  Tätigkeit 
von  B  am  wahrscheinlichsten  nicht  zu  gute  gekommen  ist. 

Vergleichen  wir  nun  unsre  schlechten  Reime  mit  dem  ge- 
samten Reimschatze  des  Rother,  Orendel  und  Morolf,  als  der 
nächststehenden  Gedichte,  so  müssen  wir,  um  für  a  :  o,  o  :  6,  nd : 
ng  Parallelen  zu  finden,  bis  auf  den  Rother  zurückgehn.  (e  :  e 
und)  die  konsonantischen  Unreinheiten  des  Inlauts  treffen  wir  außer 
nd  und  ng  :  nn  im  Orendel  an:  hier  fällt  der  nur  stumpf  reimende 
Morolf  aus.  Ich  nehme  dabei  an,  daß  Osw.  3372  lestem  :  mezzer 
an  Or.  161  yeheizen  :  nieUter  eine  gültige  Parallele  hat.  Von  den 
ünreinlieiten  des  Auslauts  ist  nur  p  :  l  nicht  im  Morolf,  aber 
dieses  auch  nicht  im  Orendel  belegt;  mit  Arön:dd  Osw.  2703 
vgl.  Mor.  10  kuniym  :  bt  und  22  ähnliche  Fälle  mit  /,  n  und  e 
(Vgl.  S.  XCVI). 

Danach  müßten  wir  den  ganzen  Oswald  außer  *^i'&^  vor  den 
Orendel  setzen,  und  glaubten  doch  bewiesen  zu  haben,  daß  *MSj, 
etwa  60  Jahre  jünger  ist.  Aber  eben  darum  steht  ja  auch  *MS3 
in  einer  ganz  andern  Entwicklungsreihe,  und  wir  wissen  außerdem, 
daß  grade  *MS3  ein  besonders  schlechter  Versemacher  ist.  Ziehen 
wir  einmal  seinen  Anteil   an  jenen  Reimfehlern  ab,    die  über  den 


378 

Orendel  hinaufführen,  so  bleibt:  a:S  gereimt  in  0  *MS,,  0:0 
in  0  »MW,  tm  :  nd  in  0,  nn:nff  in  0  *MW  »MSi. 

Ich  glaube,  daß  diese  Berechnung  wenigstens  fAr  0  einige 
Wahrscheinlichkeit  hat.  Sie  lehrt  uns  allerdings  kaum  mehr  als 
wir  schon  nach  der  Fixierung  Ton  'Mz  auf  1188  anneiimen  mußten: 
daß  nämlich  0  zeitlich  zwischen  ßother  und  Orendel  fallt.  Über 
den  Rother  wären  wir  schon  aus  paläographischen  Gründen  —  es 
fehlt  z.  B.  th  =  d  —  schwerlich  hinausgegangen ;  von  andern  Über- 
legungen zu  schweigen.  Zu  dieser  Zeit  passen  auch  sehr  gut  die 
paar  in  0  —  sonst  fehlen  sie  —  erhaltenen  vollen  Nebenvokale: 
miUiaten  M  3,  achtoten  M  2368,  bezaichnat  I  2595. 

In  diese  selbe  Zwischenzeit,  und  zwar  in  die  siebziger  Jahre, 
gehört  aber  auch  nach  meiner  Berechnung  der  Herzog  Ernst  A, 
wenn  man  nämlich  jenen  Brief  Bertholds  v.  Andechs  auf  die 
bairische  Bearbeitung  des  Gedichtes  bezieht  (S.  364).  Und  der  Herzog 
Ernst  A  hat  mit  unserm  Oswald  0  eben  jene  vokalischen  Unrein- 
heiten gemein  (s.  Bartsch  zu  1,  58  und  4,  26),  die  dem  Orendel 
schon  abgehen,  desgl.  das  häufige  nn  :  ng;  er  ist  auch  sonst  verwandt 
und  wie  er  am  Niederrhein  zu  Hause.  Dazu  der  Floms,  wie 
der  Oswald  dem  Gebiete  des  dativischen  mig  entstammend,  wo 
vermutlich  auch  die  Leidener  Willirambearbeitung  entstand  (Ent- 
holt, Die  Sprache  der  Leidener  Williramhandschrift,  Diss.,  Bremen 
1897,  S.  93  f.)  mit  1170  angesetzt.  Das  kombiniert,  ergibt  viel- 
leicht einen  literarischen  Herd  für  jene  Zeit  und  Gtegend,  dem 
dann  auch  unser  Oswald  zu  danken  wäre.  Hauptstadt  ün  Gebiete 
des  dativischen  mig  aber  war  Aachen,  und  in  Aachen  war  .kurz 
nach  1165'  jene  vita  Karls  des  Großen  entstanden,  der  wir  einen 
Einfluß  auf  unser  Gedicht  zuschreiben  wollten:  ein  sprechender 
Vogel,  der  im  fernen  heidnischen  Orient  dem  schon  vor  dem 
Kampfe  verirrten  Christenheere  den  Weg  weist!  (Quem  jyroaecuiua 
parmda  semita  est,  donec  recognüo  calUy  quem,  die  preterito  amise- 
ranty  vocem  uti  antea  minime  audierunty  Bauschen  52,  15).  Und 
vielleicht  ist  diese  Kombination  noch  durch  eine  Namenbetrachtung 
zu  stärken. 

Der  alte  Heide  erhält  V.  293  den  Namen  Äron;  so  war  auch 
vorher  sein  Land  genannt  (236).  'zn  nennt  ihn  Gctudon,  das  Land 
bleibt  namenlos,  desgl.  in  •WO  König  und  Land.  Hier  muß  also 
der  Verdacht  besonders  lebendig  sein,    daß  der  Name  Äron  jung 


379 

und  *MS3  zuzuschreiben  ist.  Aber  vielleicht  ist  in  *MS  der  Name 
des  Königs  {Gavdon  *zn)  durch  den  des  Landes  verdrängt?  Zu 
Arone  residierte  ja  auch  die  Portalaphe  der  Virginal.  Nein:  wo 
von  dem  Lande  die  Eede  ist,  steht  immer  ein  erklärendes  lant 
dabei  (236,  766,  1368,  1634,  1657,  1799).  Also  ist  Arön 
—  wie  Gaudon  —  Königsname,  durch  den  dann  auch  das  Land 
bezeichnet  wurde:  ze  Arone  daz  lant  u.  dgl.;  vgl.  S.  220  zu  1657. 
Fraglich  bleibt  aber,  ob  Ar&n  oder  Gaudon  echt  ist,  besonders 
da  sie  reimen.  Gaudon  könnte  mit  dem  Heidenkönig  Schaudon 
des  Orendel  (Prosa  nach  1067,  fehlt  im  Namenverzeichnis)  oder 
mit  dem  Godidn  der  Ortniterzählung  in  DFl  (2070  fif.)  verwandt 
sein;  an  einem  Zusammenhang  mit  Guodan  =  Wodan  (Zingerle 
S.  96)  glaube  ich  nicht.  Dagegen  war  Arön  für  einen  Franken 
in  der  Nähe  von  Karls  Eesidenz  der  gegebene  Name  eines 
Heidenkönigs:  so  heißt  Harun  al  Raschid  bei  Eginhard  Cap.  16 
und  in  der  vita  ed.  Bauschen  87,  13  (Aai^on  reu-  Persa^iim). 

Die  Prinzessin  heißt  nach  S  Panüg  oder  Paimg  —  vier  N- 
Striche  ohne  I-Punkt  — ;  doch  entscheiden  für  die  erste  Form 
Parig  b  und  Pärig  u,  nur  daß  m  unsicher  bleibt;  MI  fallen  aus. 
(S.  die  Lesarten  zu  235.)  Somit  ist  es  unerlaubt,  die  Form  Pouge  s 
über  die  Lesung  S?  hinweg,  so  mit  Spange  *W0  in  Verbindung 
zu  bringen,  daß  Spange  eine  Übersetzung  des  ursprünglichen  und 
veralteten  Pouge  wäre  (Pfeiffer,  Germ.  V.  165  A. ;  vgl.  Zingerle 
S.  38  f.).  Das  Pia  von  n  und  den  erwähnten  Nürnberger  und  Augs- 
burger Drucken  wird  doch  erst  der  Legende  angehören,  und  nur 
Pay  z  fahrt  auf  einen  älteren  Zusanmienklang  mit  Pamig^  in  dem 
P  durch  Ssß'zn,  a  durch  Ssbz,  t  durch  Sß,  g  durch  Ss?  und  wohl 
auch  z  gesichert,  m  aber  unsicher  wäre.  Spange  *W0  würde  sich 
durch  den  Anlaut  und  durch  n  statt  mi,  ri  oder  u  unterscheiden. 
Darf  man  Spange  als  ,Spanien'  deuten  mit  Übertragung  des  Landes- 
namens auf  die  Person,  umgekehrt  wie  bei  Aron^  so  paßte  der 
Name  wieder  gut  zu  den  Beziehungen  auf  Kaiser  Karl:  dem 
mächtigsten  heidnischen  Herrscher  Harun  wäre  eine  Prinzessin 
des  Landes  beigesellt,  in  dem  Karls  Heidenkämpfe  sich  abspielten, 
in  dem  also  auch  Harun  wohnen  würde.  Diese  geographische 
Vermischung  entspricht  durchaus  den  Vorstellungen  des  Mittel- 
alters (vgl.  Bauschen  a.  a.  0.  146).  Das  S  des  Anlauts  konnte 
durch  Verschnörkelung  der  Hauptmajuskeln  in  'Mz  verloren  sein, 


380 

indessen  umgekehrt  das  i  von  *Mz  vielleicht  ursprünglich  war 
und  in  'WO  verschwand.  Somit  halte  ich  (vgl.  Bartsch  a.  a,  0. 
S.  K).'))  Span(i)ge  för  die  älteste  erreichbare  Namenform. 

Ein  solches  Zusammentreffen  der  Namen,  des  sprechenden  und 
wegweisenden  Vogels,  der  örtlichen  und  zeitlichen  Verhältnisse 
der  Karlslegende  mit  dem  Oswald  ist  kein  Zufall  mehr.  Zwar 
wissen  schon  ältere  Quellen  von  Karls  kriegerischer  Pilgerfahrt 
in  den  Orient  und  dem  Vogelwunder:  die  Descriptio  qualäer  Ka- 
roltM  Magnus  clavum  et  coranam  Domini  a  Constantinopoli  AquU- 
grani  detulent,  die  als  Quelle  für  die  Pilgerfahrt  Karls  im  Pseudo- 
Turpin  und  in  einer  Vita  sancti  Sacerdoti«  episcopi  Leniooicensis 
gedient  hat.  Aber  das  Werk  ist  schon  um  1070  und  vermutlich 
von  einem  Mönche  zu  St.  D6nis  verfaßt  (Rauschen  S.  97  ff.),  und 
wir  sind,  ganz  von  der  Legende  unabhängig,  auf  die  Aachener 
Gegend  und  das  Jahr  1170  gekommen. 

Ich  betrachte  also  jene  vitaKaroli  Magni  als  Terminus  post  quem 
und  lasse  0  um  1170  im  Bannkreise  von  Aachen  entstanden  sein '). 

Daneben  würde  die  Überführung  der  Oswaldreliquien  nach 
Flandern  nur  eine  viel  zu  weit«  Zeitbegrenzuog  geben  und  oben- 
drein eine  unsichere,  weil  ja  schon  Beda  von  Oswaldverehrung  auf 
dem  Festlande  redet.  Aber  wenn  der  heilige  Oswald  seit  1038 
(neben  den  heiligen  Kelten  Winnoc  und  Lewinna)  in  Bergen  ruhte 
und  sein  Kopf  hundert  Jahre  später,  1138,  in  Echternach  verehrt 
wird,  so  mag  man  annehmen,  daß  dieser  Kultus  sich  damals  in 
einer  neuen  Invasion  an  den  Niederrhein  verbreitete,  zur  Blüte 
gedieh  und  den  Anstoß  zu  poetischer  Produktion  gab.  Ich  füge 
hinzu,  daß.  Aachen  eine  Oswaldkapelle  hatte. 

Der  Ortnit  schließlich,  dem  der  Oswalddichter  die  Bolle 
Alberichs  (des  Haben)  und  einen  guten  Teil  des  Aufbaus  enbiahm 

—  über  das  hinaus,  was  das  Brautfahrtschema  an  die  Hand  gab 

—  dieser  Oiinit  ist  nur  Rekonstruktion,  die  nach  dem  Voriiren 
zur  Datierung  nichts  darbietet. 

1)  Vielleicht  verblieb  dem  Gedichte  auch  später  eine  Verbindung  mit 
Karl  dem  Großen.  Die  Rolandlegende  erzählt,  daß  er  sich  mit  dem  heidnischen 
König  Argolandus  über  den  christlichen  Glauben  unterredet  habe.  Dieser 
König  wollte  sich  taufen  lassen,  wenn  er  besiegt  wurde;  besiegt  aber  tat 
*;vs  (loch  nicht.     Am  andern  Tage  wurden  dann  alle  Heiden  umgebrachte 


:^8i 

Beda  erzählt,  daß  Oswald  die  Heiden  bekämpfte  und  die  Tochter 
eines  heidnischen,  später  getauften  Königs  heiratete;  bei  Reginald 
ein  wunderbarer  Babe;  Karls  spanische  Kriege;  dazu  der  sprechende 
Vogel  der  Kreuzfahrt  und  der  berühmte  Heidenkönig  in  der  vitaKaroli 
Magni:  das  sind  im  Gröbsten  die  Elemente,  die,  ganz  losgelöst  von  der 
Legende,  im  Gedanken  an  Karl  und  nach  dem  Vorbilde  der  Ortnit- 
dichtung  zu  einer  Handlung  von  tjrpischem  Inhalt  und  Aufbau  vereinigt 
wurden,  indem  ein  sprechender  Babe,  wie  einer  der  heidnischen  Vögel, 
die  dämonische  Werber-  und  Helferrolle  Alberichs  übernahm.  Zu 
der  Kombination  dieser  gegebenen  Motive  kommt  dann  die  Erfindung 
oder  doch  Anbringung  von  Pamiges  Listen.  Damit  scheint  aber 
auch  das  schöpferische  Verdienst  des  Dichters  begrenzt. 

Denn  wir  dürfen,  wenn  die  Komposition  so  in  ehernen  Fesseln 
liegt,  wie  diese,  natürlich  keine  Selbständigkeit  der  Darstellung 
oder  Charakteristik  erwarten. 

Stampfend,  schwerfällig,  unermüdlich,  immer  seines  Weges 
sicher,  schreitet  der  Voiirag  geradeaus.  Der  Darstellungsmittel 
sind  nur  wenige,  und  haushälterisch  wird  mit  ihnen  umgegangen, 
sie  müssen  für  viele  Male  reichen.  Gleiche  Situationen  bringen 
gleiche  Verse;  die  Versammlungen,  Speisungen,  Abschiede  werden 
ohne  Ermatten  mit  denselben  Worten  erzählt,  alle  Botschaften 
hören  wir  doppelt,  aufgetragen  und  ausgerichtet.  Eine  bestinmite, 
engbegrenzte  Auswahl  des  alten  Formelschatzes,  aus  dem  nur, 
wie  gewöhnlich,  zur  Kampfschilderung  einmal  reichlicher  und  so 
gespendet  wird,  daß  die  Gliederung  der  Schlacht  in  antithetischen 
Versgruppen  grob  umrissen  wiedergegeben  erscheint;  eine  bestimmte, 
umständliche  Art  des  Fortschreitens:  Nun  hört,  wie  das  geschah! 
Es  geschah.  Als  es  geschehen  war  .  .  .  und  das  selbst  da  immer, 
wo  es  sich  nur  um  Einführung  einer  Bede  handelt.  Dies  ewige 
Vor-  und  Zurückgreifen  gibt,  wenn  noch  die  altererbte  Variation 
hinzutritt,  zuweilen  eine  unerhörte  Breite,  und  die  regelmäßig 
sinkenden  Strophenschlüsse  mit  den  dahineinhakenden  erhobenen 
Strophenanfängen  machen  einen  leierkastenmäßigen  Takt  dazu,  der 
in  seiner  Arbeit  kaum  einmal  durch  ein  Sforzato,  einen  herkömm- 
lichen Anruf  an  die  Hörer,  eine  Wahrheitsbeteuerung  oder  die 
Buhe  einer  Episode,  niemals  durch  etwas  Witziges  unterbrochen  wird. 

Die  Personen  sind  T3rpen,  durch  Attribute  und  Gesten  näher 
bezeichnet,    ganz   wie  auf  den  bildlichen  Darstellungen  der  Zeit. 


382 

Warmunds  Zeichen  ist:  Zweiundsiebzig  Lande  waren  ihm  kund; 
dies  Zeichen  ist  sehr  bekannt,  man  weiß  nun,  mit  wem  mans  zu 
tun  hat.  Die  Prinzessin  ist  ,edeP  und  schön,  aber  daß  sie  den 
Heereszug  anordnet,  die  Entfuhrungslist  erfindet  und  durchsetzt, 
das  tut  zu  ihrer  persönlichen  Charakteristik  garnichts  —  wie 
kläglich  würde  dann  auch  König  Oswald  dastehen!  — ,  sondern 
bleibt,  als  in  der  Komposition  gegeben,  etwas  Maschinelles,  um 
(las  von  keinem  der  Mithandelnden  das  geringste  Wort  verloren 
wird.  Absichtlich-stillschweigende  Charateristik  durch  Handlungen 
anzunehmen,  ist  da  wilder  Anachronismus.  Der  Heide,  wenn  auch 
geprellt,  bleibt  der  Selbstherr,  der  wilde  geheimnisvoll  Übermächtige. 
Mächtig  und  mild,  wie  es  einem  Könige  ziemt,  ist  Oswald,  und 
daß  er  immer  nur  der  Geschobene  ist,  daß  er  verzagt  oder  kämpft 
wie  ein  wilder  Bär,  daß  er  tut  und  läßt  nach  Bedürfnis,  beein- 
trächtigt sich  nicht  untereinander.  Kurzum,  sie  alle  können  nicht 
anders  als  sie  tun,  sie  würden,  wenn  sie  individuell  oder  gegen 
die  Schablone  charakterisiert  wären,  so  wenig  verstanden  sein,  wie 
in  einem  Zeitungsroman  ein  Mann,  der  zwar  der  Held,  aber  nicht 
edelmutig  oder  niederträchtig  wäre :  Heroisches  finden  wir  durch- 
aus gamicht.  Wir  blicken  auch  nicht  in  das  Innere  dieser  merk- 
würdigen, gelenklos  gebogenen  Gestalten  liinein.  Es  wird  wohl 
berichtet,  daß  Oswald  die  lange  Nacht  in  Sorgen  lag,  daß  aller 
Freude  groß  ward,  sie  sind  zornig  und  wehklagen,  sie  gedenken  heim 
an  ihr  Weib  und  an  ihre  Kindelein,  daß  die  ihnen  sollten  verwaiset 
sein,  aber  auch  das  bleibt  allgemeine,  festgeprägte  Formel,  und 
bezeichnend  ist  der  Höhepunkt  des  Gedichtes,  wo  die  fremde,  ge- 
liebte und  niegesehene  Königstochter  errungen  ist: 

V.  2597  sunt  Oaiccdt  mht  erUie, 
liepliche  er  si  umbemej 
einez  daz  cmdei*  umbeslöz, 
Ir  beider  vröide  diu  was  groz : 

das  gedankenlose  mnt,  das  formelhafte  niht  enUe^  die  steigernde 
Variation  des  dritten  Verses,  das  Schließende  des  letzten  mit 
seinem  außen  abgleitenden  Bericht,  aber  kein  Wort  zwischen  den 
beiden  endlich  sich  Findenden. 

Nicht  einmal  die  Charakteristik  des  Baben  filUt  aus   dieser 
Art  heraus.  Gewiß,  er  ist  der  kluge,  getreue  Diener,  der  sein  Leben  an 


383 

die  gefährliche  Werbung  setzt.  Aber  das  taten  auch  Bothers  Mannen, 
das  taten  alle  Werber,  die  man  kannte,  sie  mußten  es,  wenn  sie 
einmal  diese  EoUe  hatten.  Dem  Fliegen  und  Sprechenkönnen  kam 
darüber  hinaus  nur  ein  vielleicht  großes  stoffliches  und  Dekorations* 
Interesse  zu.  Es  ist  nur  eine  neue,  sehr  merkwürdige  Maske  der 
alten  Figur. 

Denn  das  über  die  Wirklichkeit  hinausragende  Poetische  wird 
durch  eine  Art  Multiplikation  des  Wirklichen  mit  großen  Zahlen 
und  großen  Attributen  gewonnen,  ohne  daß  sich  die  Vorstellungs- 
kraft mit  emporzuschwingen  vermöchte:  Arons  Residenz  ist  nichts 
als  eine  einzelne  Bürg,  aber  er  hat  gleich  30000  Mannen  zur 
Hand;  Oswald  hat  72000,  zwölf  Könige  dienen  ihm,  24  Herzogen 
hehr,  36  Grafen  lobesam  und  9  edele  Bischöfe,  aber  diese  Zahlen 
sind  leer  wie  jene:  als  es  das  Schema  fordert,  als  er  im  Heidenlande 
vor  Anker  geht,  da  förchtet  er  sich,  der  Stärkere.  Das  Gold  muß 
immer  wieder  herhalten:  golden  wird  der  Babe  geschmückt,  golden 
leuchtet  des  Heiden  Burg  in  der  Abendsonne,  goldene  Kronen  trägt 
man,  Pamige  ein  goldenes  Haarband.  Und  mit  einer  seidenen  Schnur 
heftet  sie  dem  Baben  das  goldene  Fingerlin  unter  das  Gefieder, 
einen  seidenen  Mantel  schweift  sie  um:  man  greift  fast,  wie  starr 
die  Epitheta  geworden  sind:  es  ist  nicht  ihr  Mantel,  auch  nicht 
ihr  seidener  Mantel,  sondern  es  ist  ein  Mantel  ohne  alle  Beziehung, 
der  selbstverständlich  seiden  ist.  Der  unvermeidliche  Karfunkel 
fehlt  auch  hier  nicht,  er  leuchtet,  wie  er  pflegt,  durch  die  Nacht, 
und  zwar  —  wieder  die  leblose  Zahl  —  viertehalb  Baste.  Aber 
wie  kindlich  alle  aufgewandte  Pracht  gegen  die  ausgebreitete  und 
einzeln  betrachtete  Fülle  schon  des  Grafen  Budolf  oder  des  Herzog 
Ernst  B,  von  späteren  Werken  ganz  zu  schweigen !  Aus  niedrigen 
Lebenssphären  schaut  der  Dichter  —  ich  denke,  das  war  er  auch  dem 
Stande  nach  —  zu  seinem  König  Oswald  empor:  er  bleibt  ihm 
doch  nur  ein  gesteigerter  Hausvater,  dessen  nächste  Diener  unter 
Kronen  umherlaufen,  bei  dem  man  mehr  reichlich  und  gut  als 
fein  und  großartig  lebt,  und  der  im  übrigen  durch  seine  Embleme 
als  König  bezeichnet  ist.  Kein  Hauch  von  höfischem  Wesen  oder 
ritterlicher  Kunst  hat  noch  unsem  Mann  getroffen.  Er  weiß  nur 
eben,  daß  es  etwas  Edles  und  Feines  um  sie  sein  muß,  und  so 
läßt  er  denn  seine  helde  Bitter  sein,  nach  ritterlichen  Sitten  her- 


384 

beikommen  im  Harnisch  silberweiß,  ohne  daß  das  von  irgendeinem 
Einfluß  auf  seine  Darstellung  wäre.     Seine  Kunst  ist  alt. 

Das  Schöne  fQr  uns  ist,  abgesehen  von  der  seltsam  tiefen 
Gelehrtenfreude  an  barbarischen  Kunstgebilden  und  dem  rührenden 
Kindheitshauch,  der  uns  von  diesen  unbeholfenen  Erzählungen  und 
ihren  Gestalten  anweht  und  der  die  Liebe  ist  zu  den  Worten  und 
Werken  unsrer  Vorfahren,  gewiß  das  harmlos  wichtige  Erzählen 
um  des  Erzählens  willen,  das  gleichmäßig  zutrauliche  Anteilnehmen 
und  Anteilfordem  des  Dichters  und  die  durch  alle  Roheit  fOhl- 
bare  technische  Zucht,  die  alle  zur  Verfügung  stehenden  Kunst- 
mittel stilgemäß  und  sicher  handhabt,  die  das  ganze  Bild  wohl 
bunt  und  bewegt  genug  macht,  aber  nach  keiner  Seite  hin  in 
Übertreibung  verfällt.  Den  ersten  Hörern  aber  war  das  wohl 
etwas  natürlich  zu  Verlangendes,  durch  das  der  Dichter  so 
wenig  wie  irgend  ein  Vortragender  über  seine  Standesgenossen 
hinausgehoben  ward.  Auch  wie  das  Stück  aufgebaut  sein  würde 
und  seine  Personen  wußte  man  so  gut  und  so  schlecht  wie  heute 
das  Kind,  das  vor  der  Kasperbude  steht:  das  gehörte  wie  die  Worte 
zur  Technik.  Kosten  und  genießen  aber  sollte  man  das  wunder- 
bare Neue,  das  diesmal  geboten  wurde:  der  Heilige  als  König, 
der  sprechende  Rabe  als  Werber,  einzelne  besondre  Züge,  einzelne 
besonders  große  Dimensionen,  die  das  Gedicht  etwa  vor  seines- 
gleichen voraushatte,  insbesondere  die  List  und  kurz  all  jenes 
Neue,  das  seinen  eigentlichen  Reiz  für  uns  erst  durch  Herleitung 
und  Erklärung  verliert.  Unterhalten  will  der  Dichter,  und  das  so, 
wie  es  sich  für  Ehre  und  Herkommen  seines  Standes  ziemte.  Sein 
Werk  ist  in  Wahiheit  höchst  ernsthaft,  auch  der  Rabe  weder 
spielmännisch  noch  komisch,  wie  schon  aus  seiner  Verwandtschaft 
erhellt.  Nirgends  auch  ist  eine  geistliche  Tendenz  sichtbar:  war 
Oswald  ein  Legendenkönig,  jung  und  fromm,  so  ist  er  jetzt  nur 
noch  König  wie  Ortnit  oder,  in  Aachen,  Karl  der  Große  oder  wie 
alle  Könige  der  Brautfahrtdichtungen. 

Dem  Bother  also  unter  den  erhaltenen  Dichtungen  steht  der 
alte  Oswald  am  nächsten,  nur  daß  er  nicht  so  reich  un4  farbig, 
nicht  so  herzlich  und  nicht  so  schön  ist.  Er  und  der  Rother  — 
und  der  ursprüngliche  Orendel  —  sind  ims  die  Vertreter  des  Volks- 
epos am  Rheine,  das  mit  Unrecht  dem  bairisch- österreichischen 
als  das  spielmännische  entgegengesetzt  wird.  Vielleicht  ist  dieses  nur 


385 

nicht  zu  der  Entwicklung  gelangt,  die  im  Südosten  die  Kreuzung 
mit  der  höfisch-ritterlichen  Kunst  zuwege  brachte,  und  bei  jenem 
haben  umgekehrt  die  Früchte  solcher  Kreuzung,  haben  also  Nibe- 
lungenlied, Kudrun  und  ,Volksepos'  verschwinden  gemacht,  was  von 
spielmännischer  Dichtung  vorhanden  sein  mochte.  Das  Spielmanns- 
epos ist  uns  erhalten  geblieben  —  ein  solcher  Ortnit  und  eine  Hilde- 
Kudrun  sind  verloren  — ,  es  ist  auch  weitergediehen,  weil  die 
höfische  Kunst,  obwohl  im  Westen  zuerst  einsetzend,  in  den  Bhein- 
landen  keine  Stätte  fand,  nicht  so  vernichtend  oder  umgestaltend 
wirken  konnte. 

Das  kräftige  dichterische  Gefüge  des  Oswald  ist  gleich  zuerst 
am  gewaltsamsten  gesprengt,  von  *MW,  einem  frommen  Manne, 
der  nicht  einmal  die  gegebene  und  zugehörige  Strophenform  zu 
handhaben  wußte  und  seine  Wunder  da  anbrachte,  wo  sie  den 
Zusammenhang  am  besten  aufhoben:  als  die  List  mit  dem  Hirschen 
am  Tore  zum  Ziele  führen  sollte  und  vor  dem  Kampfe  auf  dem 
oswaldischen  Wülpensande;  dazu  die  unvernünftige  Erweckung  der 
Besiegten  und  ihre  Taufe. 

Hier  zweigte  sich  *W0  ab,  eine  Bearbeitung  des  Stoffes,  die 
vielleicht  auf  mündlichem  Vortrage  von  *MW  beruht.  Eine  Ab- 
schrift aber  von  *MW,  *Mz,  wurde  nicht  nur  Archetypus  der  in 
*zn  aufgelösten  und  unsrer  Dichtung,  sondern  auch  höchstwahr- 
scheinlich unmittelbar  Vorlage  von  *MI. 

Nun  scheint  als  fester  Punkt  in  der  Flut  das  Jahr  1188  auf- 
zutauchen mit  seinem  Kreuzzuge. 

Die  Interpolatoren  *Mz  und  *MSj ,  nach  ihrer  Persönlichkeit 
mir  nicht  faßbar,  haben  das  Gedicht  mit  ihren  Zusätzen  weiter 
verchristlicht.  Es  beginnt  sich  stärker  an  die  kirchliche  Legende 
anzulehnen,  mit  der  es  von  Haus  aus  so  wenig  gemein  hatte.  Der 
Einsiedel  könnte  St.  Brandan  oder  sonstigen  keltischen  Vorbildern 
nachgestaltet  sein.  Die  Meerweiber  bringen  das  erste  leicht  Possen- 
hafte in  das  Gedicht. 

Nach  der  Legende  wird  denn  auch  *MS,,  der  Verfasser  des 
Schlusses,  der  das  schon  in  *MW  vorhandene  Gelübde  auf  dem 
Meere  mit  der  bedaischen  Erzählung  von  Oswalds  Freigebigkeit 
geschickt  zu  einer  Feuerprobe  des  Helden  zu  kombinieren  wußte, 
sein  Keuschheitsgelöbnis,  Armenspeisung  und  gottseliges  Ende  ge- 
formt  haben.     Formell   erreicht  jetzt   das   Gedicht   seine   höchste 

Baesecke,  M&nchener  Oswald  25 


886 

Höhe,  die  Beime  sind  die  reinsten,  die  Verse  von  normaler  Länge, 
die  Bedeutung  des  strophischen  Baues  durch  gleichmäßig  wieder- 
kehrende, das  Oanze  gliedernde,  die  Einzelstrophe  zusammenfassende 
Endverse  —  daz  er  ime  hete  verheizen  üf  des  wilden  meree  etrdn  — 
charakteristisch  hervorgehoben.  Aber  die  Erzählung  ist  bei  der 
größeren  Glätte  doch  vielleicht  gleichgültiger,  sicherlich  aber  bei 
der  sichtbarer  werdenden  Tendenz  und  der  quälenden,  auch  die 
Hofschälke  quälenden  Devotion,  die  über  die  Mitspieler  kommt, 
weniger  vergnüglich  als  die  des  alten  unbefangenen  Gedichts,  und 
man  vermißt  die  Beziehung  der  ererbten  spielmännischen  Form 
zu  dem  neuen  legendenhaften  StoflP,  der  nun  beherrschend  in  den 
Vordergrund  getreten  ist. 

Und  dann  gerät,  vermutlich  erst  nach  langer  Pause,  *MS3 
über  das  Gedicht  und  vermalt  Handlung  und  Charaktere,  ohne 
Bücksicht  auf  ihre  Verhältnisse,  mit  seinen  dicken,  lebhaften,  alles 
andre  überschreienden  Farben,  der  Mann,  der  es  zu  einem  ,spiel- 
männischen^  gemacht  hat  und  doch  kein  Spielmann  ist  Freilich 
macht  er  den  Baben  zum  glückhaften  Bepräsentanten  der  Fahrenden, 
er  macht  ihn  zum  Mittelpunkt  der  Handlung  und  zur  Bespekts- 
person,  von  deren  gutem  Willen,  von  deren  Klugheit  und  Bat 
alles  abhängt,  er  sättigt  sogar  seinen  grotesken  Hunger,  läßt  ihn 
fressen  auf  dem  Hinfluge,  fressen  bei  der  Werbung,  fressen  bei  der 
Königin,  fressen  bevor  er  Bericht  erstattet  und  steuert  ihn  überdas 
noch  mit  philosophischen  Freßbetrachtungen  aus.  Und  rings  um 
den  Baben  all  jene  possenhaften  spiehnännischen  Züge  und  Winkel- 
züge: Spannungspausen  und  WeisheitssprQche,  Klagen  über  die 
schlechte  Welt  und  naives  Vorauswissen,  ein  spaßhaftes  Tauf- 
hindernis und  der  Trotz  der  Prinzessin,  die,  Bothers  Braut  ähn- 
lich, ein  »pilwtp  werden  will,  dazu  insbesondere,  daß  es  den  Hof- 
schälken, Schindfesseln  und  Kämmerern  so  jämmerlich  übel  ergeht. 
Das  alles  wirkt,  wenn  es  auch  an  Witz  nicht  an  den  Morolf  und 
seine  spitzbubenhafte,  kurzgefaßte  Treffsicherheit  heranreicht^), 
doch  durch  seine  Massigkeit  auf  unsera  halben  Widerwillen.  Auch 
all  die  himmlischen  Wunder   sind   so  possenhaft.    Nur  bezweifle 


*)  Der  ungevüege  schal  des  Raben  (V.  784)  hat  auch  mit  Morolfs  dri 
grdzen  vürun  nichts  gemein,  wie  Liebrecht  wollte :  denn  was  für  einen  über- 
spielmännischen  Sinn  würde  das  V.  1295   und   1888  ergeben!    Vgl.  Or.  834. 


887 

ich,  daß  etwas  Parodisches  darin  liegt.  Wem  Gott  und  Engel  so 
leicht  bei  der  Hand  sind,  der  steht  mit  ihnen  auch  wohl  auf  Du 
und  Du;  es  wird  damit  nicht  anders  sein  als  mit  den  homerischen 
Göttern.  Man  glaubt  hier  an  Gott,  weil  die  aus  allen  Heiligen- 
legenden zu  entnehmende,  den  dumpfen  Herzen  tausendfach  ein- 
gestampfte Lehre,  daß  er  unmittelbar  ins  Leben  treten  kann,  zur 
unbedachten  Überzeugung  geworden  ist,  und  die  Heiden  bekehren 
sich  zu  ihm,  weil  es  ja  greifbar  ist,  was  er  vermag,  mehr  als 
Mahmet. 

Aber  dieser  Spielmann  wäre  dann  ein  Verächter  und  Nicht- 
könner  alles  Technischen,  mit  regel-  und  rhythmuslosen,  zu  kurzen 
und  zu  langen  Versen,  jeden  Reim,  jedes  Flicksei  und  Füllsel 
ergreifend,  um  nur  seine  Erzählung  zusammenzustöppeln.  Er  wäre 
auch  ein  allerdings  ungelenker  und  kindlicher  Verehrer  ritterlichen 
Wesens  und  höfischer  Pracht  und  wäre  ein  schreib-  und  lesever- 
ständiger Mann,  nicht  nur,  weil  er  eine  Korrespondenz  zwischen 
Oswald  und  Pamige  ausmalt  (wobei  er  auch  das  Siegeln  nicht 
vergißt)  und  seine  Beischriften  selbst  macht,  sondern  auch,  weil 
er  augenscheinlich  das  ganze  Gedicht  erst  wohl  studiert  hat,  ehe 
er  sein  Werk  begann.  Zuerst  scheint  es,  als  wolle  er  alles  gründ- 
lich nach  seinem  Geschmack  umarbeiten,  ähnlich  wie  der  Schreiber 
von  *I:  umständlich  werden  alle  Mannen  zur  Beratung  gerufen, 
umständlich  erscheinen  sie  alle,  umständlich  und  ungeordnet  geht 
Frage  und  Antwort  hin  und  her;  aber  bald  gibt  er  dtis  auf  und 
beschränkt  sich  auf  das  Anbringen  von  Übergängen  und  ver- 
mißten Antworten,  von  wirklichen  Zusätzen  oder  nur  Verbreiterungen, 
die  er  am  liebsten  einfach  der  Handschrift  selbst  oder  aber  sonst 
allerhand  ihm  grade  bekannten  Gedichten  entnimmt.  Diese  ganzQ 
Tätigkeit  ist,  glaube  ich,  nicht  spielmännisch,  wenn  anders  man 
unter  Spielmann  wirklich  den  fahrenden  Sänger  vom  alten  Schlage 
verstehen  will.  Am  wenigsten  aber  paßt,  daß  die  Zusätze  zu  den 
Strophen  in  Reimpaaren  verfaßt  sind:  ein  solches  Gemisch  läßt 
sich  spielmännisch  nicht  vortragen.  Mit  andern  Worten:  die 
Morolflsche  Burleske  ist,  wie  das  Brautwerbungsgedicht,  zu  einer 
literarischen  Gattung  geworden,  nicht  mehr  an  einen  Stand  gebunden, 
von  jedem,  der  da  konnte  und  mochte,  dem  Geschmacke  der  Zeit 
oder  gewisser  Schichten  zuliebe  gehandhabt. 

2ö* 


Noch  ein  zweitem  Steckenpferd  außer  dem  spielmännischen 
ritt,  wie  wir  sahen,  unser  Interpolator  —  und  es  gibt  seiner 
Arbeit  bei  all  der  unglaublichen  Stümperei  etwas  Kräftiges  und 
Einheitliches,  daß  er  alles,  worauf  er  einmal  sein  Augenmerk 
gerichtet  hat,  ganz  gewaltsam  herauszutreiben  weiß  — :  mehr  noch 
als  auf  erklärenden  und  ausmalenden  Weisheiten  und  gut  christ- 
lichen Betouchen,  mehr  selbst  als  auf  dem  Spielmännischen  ruht 
sein  ernsteres  Interesse  auf  der  Kunst  der  Goldschmiede,  und  er 
schiebt  sie  unbekümmert  immer  von  neuem  in  den  Vordergrund. 
Sie  ist  seines  Wissens  in  Salmiders  zu  Hause,  das  wohl  mit  dem 
medizinischen  Salerno  identisch  sein  möchte,  und  vergoldet  nun 
alles  nur  Erreichbare,  besonders  phantastisch  und  unvorstellbar 
den  Hirschen;  und  Goldschmiede  müssen  es  statt  der  Kaufleut« 
jetzt  sein,  —  allerdings  zugleich  Bitter!  —  die  Oswald  schließlich 
zu  der  Braut  verhelfen. 

Die  Goldschmiedekunst  ist  in  den  Bheinlanden  seit  alters 
heimisch  und  besonders  geübt.  Im  Vordergrunde  standen  die 
Bischofssitze  Köln  und  Straßburg  (H.  Meyer,  Straßburger  Gold- 
schmiedekunst, S.  155).  Aber  auch  in  Trier  ließ  schon  zur 
Zeit  Ekberts  (977-93)  der  nachmalige  Papst  Sylvester  II.  für 
Erzbischof  Adalbero  von  Beims  arbeiten  (Bucher,  Geschichte  der 
technischen  Künste  n.  213).  Und  die  kirchliche  Goldschmiede- 
kunst des  Bheinlandes  steht  im  12.  Jahrhundert  in  der  Zeit  ihrer 
glänzendsten  Blüte  und  ihres  höchsten  Aufschwungs  (v.  Falke, 
Der  deutsche  Kupferschmelz,  S.  18,  vgl.  auch  Aldenhoven,  Die 
Kölner  Malerschule,  S.  10  Anm.  13). 

Sollen  wir  folgern,  daß  der  Mann,  der  unserm  Gedichte  seine 
literarische  Signatur  als  Spielmannsepos  gegeben,  ein  Goldschmied 
war?  Wir  haben  Zeugnisse,  daß  die  tiefere  kunst  und  lüt,  die 
man  in  Urzeiten  diesen  Männern  zuschrieb,  sich  auch  in  jenen 
Jahrhunderten  noch  offenbarte:  die  Handschrift  s  des  Laurin  schließt : 
diz  buch  hat  diebolt  von  hanowe  der  goüsmider  geschriben  (DHB.  1, 
289),  und  die  Bearbeiter  des  Wolframschen  Parzival,  der  ,kluge' 
Philipp  Colin  und  Claus  Wisse,  waren  Goldschmiede. 

Wäre  *MS3  das  nun  auch  grade  nicht,  so  denke  ich  ihn  mir 
doch  als  einen  behäbigen  Handwerker,  der  in  seinen  Mußestunden 
meistersängerisch-sachsisch  und  vergnüglich  an  einem  alten  Kodex 
herumdichtet,    philisterhaft    beschränkt    und    weise   und   in  be- 


889 

stimmter  Richtung  groh  humoristisch,  ein  Typus  also,  der  noch 
heute  an  kleinbürgerlichen  Stammtischen  der  häufigste  ist,  nur 
daß  er  sich  damals  noch  keinen  Unglauben  leistete.  ^MS,  hat, 
wie  seine  Vorgänger  in  der  Bearbeitung  des  Gedichts,  keine  Vor- 
stellung von  der  Würde,  von  der  inneren  Stabilität  eines  Kunst- 
werkes, darf  die  Personen  übernehmen  wie  sie  sind  oder  sie  mit  ein 
paar  neuen  Schellen  behängen  und  braucht  nicht  zu  fürchten, 
durch  Hervorheben  des  ihm  Wohlgefälligen,  durch  Einschachte- 
lungen, durch  Änderungen  und  Erweiterungen  des  Geschehenden  die 
Einheitlichkeit  eines  schönen  Ganzen  zu  verderben.  Sie  alle  sind 
ßavaoooi. 

Danach  wanderte  die  Handschrift  hinter  der  Oswaldverehrung 
her  nach  Baiem,  vielleicht  nach  Tirol,  und  wurde  von  B  durch- 
gearbeitet, korrigiert,  modernisiert  und  in  richtige  Reimpaare  ab- 
gesetzt. Und  dann  fanden  sich  Leute,  die  den  alten  über  und 
über  mit  Beischriften  und  Zutaten  versehenen  Kodex  säuberlich 
und  Vers  unter  Vers  abschrieben,  **S,  *MI  und  *8b. 


Anmerkungen  und  Verzeichnisse. 


Anmerkungen  und  Verzeichnis  der  in  der  Abhandlung 
besprochenen  Verse. 


1-339    S.  190  f.*) 

1  6  S.  317.  Atrren]  h»rm  Ettm.  Vilä 
ir  nu  fffdagift  von  den  vir  enden  tvil 
kk  ü  sagin  Wemher  v.  N.  25.  Vgl. 
auch  Biterolf  1—18. 

la-42aS.  190f. 

3  ff.  S.  197. 

3  S.  378. 

3a  S.  191. 

4.  Lies  sB  er.  Vgl.  V.  964  und  Rosen- 
garten A  43.  5:  der  aller  tiurste  man,  so 
er  üf  erden  dat  leben  ie  ^ewan,  Grendel 
1234:  die  schoenste  so  man  si  ma^  fin» 
den,  ß  496.  ^^\  so  ich  si  gesath. 

5.  u%]  ygl.  die  Lesarten  zu  935. 1090. 
1230.  2685. 

6.  hioi  um  diz  äuoch  bekant  Roseng.  A 
382.  4  und  Vogt,  Mor.  CXXXVH. 

7  ff.  S.  195  f. 

8.  hert  über  12  kümgrUhe  Or.  163.  Vgl. 
die  Aufz&hlung  der  untertänigen 
Fürsten  Or.  2849  und  oben  S.  266. 

10  S.  836. 

11.  Vielleicht  herzustellen  nach  Mur. 
38. 1.  E9  dienent  mir  üf  mhtem  kove 


sechs  und  drüsig  herzogen.  Vgl.  herzöge 
hove  Herzog  Ernst  A  I.  12. 
14*  S.  336.  wert,  werde  gehört  zu  den 
vermiedenen ,  offenbar  veralteten 
Worten.  V.  72.  257. 1754  ist  es  noch 
in  der  ganzen  Überlieferung  bewahrt. 
Aber S  setzt  ffir  werder  manY,  1 4  und 
dbOpiderman,  V.  1488  stolzer  man,  f&r 
werde  kümgin  V.  565  edle  k,  u.  s.  w. ; 
vgl.  258.  17.W.  V.  1758  und  1774 
scheinen  sogar  wegen  des  Reimes  auf 
wert  ausgelassen  (werd^Jmt  1759a 
zeigt,  daß  wert  1758  vorlag);  V.1261 
ist  der  Reim  ge&ndert.  Vielleicht  ist 
da  aber  die  Form  des  Wortes  von 
Einfluß;  nur  daß  die  gleichfalls, 
nach  Flexion  und  Apokope,  unsichem 
Formen  des  Reim  Wortes  ert  erde  erden 
(1262.  1822.  1759.  1775.  2344.  3537) 
bei  der  Reimtechnik  des  Oswald  die 
Art  des  Anstoßes  nicht  mehr  er- 
kennen lassen.  Auch  I  ersetzt 
zweimal  wert  durch  pider:  950  und 
1488,  einmal  unterdrückt  es  das 
Wort:  253.    M  Ändert  V.  227  wert 


*)  Unter  diese  Verweisungen  sind  die  Zahlen  der  Listen  S.  331  ff.,  387,  349  ff. 
nicht  mit  aufgc 


392 


in  uhoene  und  ersetzt  V.  1321  so- 
gar den  Reim. 

15.  951.  bischofe  mit  in  der  Machtauf- 
zählung Gr.  255,  Herz.  Ernst.  B  51:5. 

17  f.  S.  195.  317. 

18-22  S.  818. 

19  S.  196. 

20  ff.  S.  196. 

21  -  28  S.  221. 
21-24    S.  260. 

21.  75.  1347.  1471.  Vgl.  Berger  zu  Or. 
508  und  Diu  fromue  lebte  in  sorgen 
beidiu  ^»akt  und  tac  Ort.  592.  1,  Do 
slief  er  in  dm  sorgen  die  naht  unt  an 
den  tac  Ort.  379.  1,  Von  deni  abent 
vntt  an  den  morgen  hon  ich  nüchel 
morgen  Antichr.   161.  35  H. 

23—28  S.  329. 

23a  S.  191. 

25-28  S.  MO. 

26.  Sus  Xüuohs  der  kindesche  man^  um  er 
sich  selbe  des  versan,  daz  er  wäfen 
mohte  leiten    H.  Ernst  B  111. 

27.  Der  König  tritt  auf  als  Oswalt, 
künic  Ostoalt  oder  sant  Oswalt;  künic 
sant  Oswalt  bleibt  fast  durchaus  auf 
S  und  8  beschränkt. 

28  S.  196. 

29  ff.  S.  197.  210. 

29/30  haben  ß  vorgelegen:  468.  4  da 
kueb  er  an  in  seiner  jugent  und  pai 
stätlichen  (stät  \x)  den  allmächtigen  gott 
aas  — .  Für  unsem  Text  war  ß  als 
fehlend  zu  verzeichnen  (vgl.  S.  2.) 

31  S.  211. 

32.  Zu  mähte  vgl.  Haupt  zu  Erec  XV 
*  und  Mhd.  Gr.  398. 

33.  2780.  3236.  der  hinilische  degen  Or. 
1594.  2499.  3438.  3514.  3554. 

34   S.  313. 

34  u.  ö.  diewile  ich  hän  daz  lebrn  Wolfd. 
B  379.  4,  die  wlle  ichz  leben  mac  gehän 
Bit.  9969,  die  w\le  daz  er  mohte  leben 
Herz.  Ernst  B  3547.  Vgl.  H.  Ernst 
A  IV.  54  und  Anm.  zu  1976. 


35-74  S.  327. 

35-42  S.  21&  245.  370. 

35.  Der  Reim  ist  auch  V.  3007    erst 

eingefügt. 
37.  kindisch]  Haupt  zu  MSP  4.  10. 

42  54  S.  818. 

43  ff.  S.  807. 
43/44  S.  246. 

43.  2320.  im  kam  eines  nahles  in  ssn  sin 
und  in  den  muot  Wolfd.  B  343.  3. 

45-54  S.  807. 

47.  waz  soll  mir  krbne  und  kumgrich^ 
wenn  ich  Morolf  nicht  mehr  habe : 
Mor.  355. 3  und  Vogt  zu  der  Stelle. 
Waz  sol  dir  künicriche,  du  habest  ouck 
mitten  muot  Ort.  135.  2. 

49  S.  196.  214. 

53  ff.  S.  210  f. 

53  etc.  Parallelen  bei  Kraus  zu  Tun- 
dalus  104  und  292. 

54  Lesarten:  lies  MSsßfl. 

55  S.  211. 

56.  86.  162.  174.  180.  289.  346  etc. 
S  ersetzt  mmdert  durch  nietun,  nü- 
nan  oder  nii,  I  durch  mt  (986.  1787). 
Durch  1787.  2201.  8037  ist  das  Wort 
für  *MS  erwiesen.  Auch  das  posi- 
tive tendert  ist  von  S  ausgetan  (215). 

59-74  S.  216.  245. 

61.  Ssß  lesen  kein  statt  dehein :  ich  habe 
dehein  überall  aufgenommen,  wo  es 
sich  in  einer  Handschrift  erhalten 
hat  (nur  in  M):  1014.  1569.  3415. 
Dagegen  kein  MISsß  z.  B.  1860. 

63.  1461.  vornüber  mer  mit  einem  krrf- 
tigen  her:  Berger  zu  Or.  3233. 

65   S.  341. 

67.  hcidenschafl]  vgl.  1527. 

68  S.  220. 

69  S.  203.  341. 

70.  240.  609.  1263.  1772.  3071.3169. 
3549.  Hinzufagung  der  Mutter:  Or. 
706  und  sonst,  vgl.  do  bwuihen  sich 
die  küenen  man  /lizecltch  unserm  träh- 
tin  und  der  vil  lieben  nmoter  sm 
Herz.  Ernst  B  4426. 


393 


75  ff.  Rol.  65  :  Karl  an  snefite  ^ebtU  lali 
unz  an  then  morgenlkhen  tah. 
tho  kUhete  er  nvelf  Herren^ 
tftte  tku  wisesUn  wären, 
thie  sines  heres  phUgeUn, 

75-192  S.  807.  880. 
75-104  S.  246f. 
75  S.  336.    Vgl.  Anm.  zu  21. 
77.  1473  betkuhU;  braehU:  Berger  zu 
Or.  828  und  daz  er  ouh  des  ^eaaehie 

wie  er  si  sesamene  braehie  Kehr.  401 1 . 
79.  562  etc.  He  nkkt  betiben,  hiet  brie/e 

scßiriben  Berger  zu  Or.  2367. 

80  S.  195.  336. 

81  S.  338.  Vgl.  Or.  Prosa  nach  286. 

82  S.  339. 

83  S.341. 

86  S.  208.  Für  be-düffen  =  debere  habe 
ich  das  Simplex  eingesetzt:  Tgl.  146. 
289.  1053.  Zumal  es  M,  das  sonst 
be-  liebt  (zu  118),  regelmäßig  hat. 
bedürfen^  nötig  haben  s.2206.  2208. 
2272. 

86.  146.  des  soliu  dick  niht  schämen 
Wülfd.  B.  367.  4,  er  endörfU  skh 
niht  schämen  Bit.  32. 

87  S.  195.    Wegen  MI  vgl.  1479. 
89  ff.  S.  320. 

89-103  S:  177. 

90.  1482.  gerehu]  Zu  den  Belegen  von 
Müller  II.  616,    Leier  I.  874  föge 
Or.  2172  su^  dunste  gereht,  Rol.  1544 
siven  hundtret  srner  manne  thie  wären 
^erehte  alle  »e  thienen  ire  herren,     — 
Vgl.  1679    thisiu  triuwe  ist  ubergulde 
aller  werelte  ere, 
thaz  ir  tkurh  imoeren  herren 
Inrt  gereht  unz  am  then  tot. 
Kehr.  267  Juljus  was  ain  guot  kneht 
vil  sciere  was  er  gereht 
und  ander  stne  holden 
die  mit  im  varen  solden. 

91  ff.  S.  195  f- 

94.  Vielleicht  soll  s  192.  39  mit  grossen 
eren  V.  94  entsprechen. 


101  S.  816. 
104  S.  212.  230. 

105.  Fürsten  gräven  frten  und  edele 
dienstman  Ort.  35.  1.  Zahlreiche 
solche  Auf  Zählungen  sind  verzeichnet 
bei  Kotzenberg,  «Man,  Frouwe,  Junc- 
frouwe'.  DisB.  Berlin  1906  S.  13 
A.  22. 

106.  (1987.  2822)  daz  sage  kh  tu  vür- 
war  Roseng.  A  118.  4,  für  war 
kh  uch  daz  sagen  mac  Mor.  292.  5 
und  Vogt  S.  CXXXVII  f. 

107  ff.  einen  ieslUhen  deqen  gruczt  er 
nach  sinem  rehte,  ritter  unde  knehte 
wurden  da  von  wol  gemuot  Bit.  3902. 
Vgl.  auch  de  Heinrico  25—27. 

107  S.  199 

108  in  s  nach  109.  Dadurch  ist  der 
Zusammenhang  gestört. 

109  S.  341.  do  enipfiengent  si  dk  heren 
mit  harte  grhen  eren    Or.  2971. 

110  S.  212. 

113-24.  Über  die  Anordnung  der  Verse 
in  MIS  8.  S.  211  f.  s  hat  193,  4: 
Darnach  lüde  er  sk  zu  dische  (^1 13) 
Vn  ao  man  den  h*ren  loasser  über  dk 
hende  gegabe  (*^  120)  Do  satzi  man  sie 
zu  dkch  r«-%123ff.),  läßt  also  grade 
die  fraglichen  Verse  aus.  Das  weist 
im  Verein  mit  der  Bezifferung  der 
Verse  in  S  (Lesarten  zu  121)  noch- 
mals darauf  hin,  daß  schon  in  *MS 
eine  Unordnung  war. 

115  ff.  S.  211. 

115  S.  341. 

118.  264.  geschehen]  vgl.  172.  982.  M 
allein  bevorzugt  auch  sonst  be-  vor 
ge-,  besonders  in  bestän  (1537.  1585. 
2119.  3018.  3025;  2857),  aber  auch 
in  belauben  (311).  Vgl .  auch  Bartsch 
Germ.  X.  42  und  die  Anm.  zu  209. 

119  ff.  S.  195.  206. 

120.  Wassernehmen  vor  Tafel  H.  Ernst 
3176.  3220;  do  man  den  herren  wazzer 
alumbe  und  umbegdz  Roseng.  A  28.  2. 


394 


123  ff.  694  ff.  1077  ff. 
man  rihte  dem  hiren  dar  ein  tische 
m<m  truog  im  dar  fleisch  unde  ßsch, 
man  gab  im  alles  des  genuog, 
daz  das  erdrkh  ie  geirttag 
von  Mt  und  auch  von  wine 
vnd  ouch  manger  hande  spise, 
man  gab  itn  wildes  unde  %am^ 
so  man  es  allerbest  mohi  h&n    Or.  1532 
und  Berger  zu  der  Stelle, 
balde  man  do  znir  truoc 
fleisch  kaese  und  fische, 
dd  rihte  man  die  tische 
den  gesten  in  dem  witen  sal , ,  , 
man  gap  da  ivilt  unde  sam     Herzog 
Ernst  B  3216.  —  Vgl.  die  Speisung 
des  Wallers  Wolfd.  B  548  ff.    und 
gerihtet  wären  die  tische. 
7vhe  semel  unde  vische 
und  edel  wildbraete 
und  ander  guot  geraete, 
des  %ap  man  dar  mer  danne  vil  DFL 
745. 

127-32  S.  246. 

128.  697.  reines]  vgl.  Preidank  27.7; 
fünf  wuocher  die  sint  reine 
und  lütsel  me  tieheine, 
deist  vische,  hone,  holz  und  gras: 
obcz  ie  reiniu  sptse  toas. 
Das  Wort  ist  in  dieser  Bedeutung 
den  Schreibern  unbekannt:  Y.  1080 
ist  es  an  entsprechender  Stelle  ganz 
verloren  gegangen.    Vgl.  die  Les- 
arten zu  3045. 

129/30  S.  328. 

132.  701.    den   tfian  künigen  ie  getruoc, 

Ort.  42.  3  und  Jänicke  zu  der  Stelle 

(Parallelen  aus  Virginal). 

135  ff.  S.  195. 

136  S.   178. 

137  S.  315.  Für  sich  eriän  in  dieser 
Bedeutung  nur  ein  Beleg  bei  Lexer : 
d$  daz  her  sieh  erUe  Beliand  3517. 
Bartsch  schreibt  Genn.  V.  143  serlie, 

139  S.  341. 


142  8.  231. 

144.  663.  745.  1362.  1436.  152a 
1726.  2111.  der  rede  der  du  muatesi, 
der  ist  mir  un^edäht  Or.  375.  3,  er 
gedähie  im  eines  namen  Bit.  1905. 

145/46  S.  246. 

146  S.  20a 

147  ff.  He  sprach  nu  raäU  vrtml  umS 
man  Yespas.  222. 

151  ff.  S.  207. 

151  schloß  vielleicht  an  118.  149/60 
Parallele  wegen  rehte :  knehte't 

151a  S.  199. 

152  a  S.  199. 

158  S.  215. 

157.  nüchel  unde  gros:  Parallelen  bei 
Kraus  zu  Paulus  25. 

158.  es  was  keiner  sin  i^enSs  in  allen 
dnUschen  riehen  Herzog  Ernst  B  142. 

159  S.  335. 

165.  volUcSehen  bei  Zeitbestinimnngen  : 
Vogt  zu  Mor.  178.  3. 

166  S.  185. 
167-70  8.  246. 

167  des  hersogen  ztnsheit  wol  schein  (er- 
sehain  \i)  H.  Ernst  B  5212. 

168  f.  Db  sprächen  die  besten  under  in 
(im  Heere)  Mor.  487.  1. 

168.  1572.  si  kbmen  des  inaine  Kehr. 
2587.  Vgl.  Graf  Rudolf  Ib29  mU 
d  kunigine  wart  her  das  iniin. 

169  S.  191.  341. 

172.  932.  2952.  swas  (isne  K)  et  (auch 
W)  mir  geschiht  (was  mir  darumb  g.  8) 
Ort.  40.  2,  sToas  mir  davon  geschiht 
Roseng.  A 134.  2,  rwas  halt  mir  dar 
inne  geschehe  Herz.  Ernst  B  2488,  stoat 
hsdt  anders  hie  geschiht'&A,,  1554. 1704, 
swie  et  halt  anders  nu  geschiht  Bit.  4488. 
(cf.  Bit.  7vie  halt  uns  der  hell  getuo 
99ZlySuneez  haltdar  nächergätilSOfi). 
Vgl.  226  A. 

173  ff.  S.210. 

173  S.  369. 

179  S.  341. 


395 


182  8.  204. 

1H6.  2277.   gvt  müse  ä  biwarm  Yespa- 

sian  91,  got  müete  duh  htwam  Wolfd. 

B  415.  4. 

187  S.  339. 

188  S.  369. 
190  S.  196  f. 

192  S.  185. 

193  S.  193.  340.  Ein  alter  Waller  er- 
scheint plötzlich  und  erzählt  über 
Etzel,  wie  Warmimd  über  Aron, 
Bit.  211  ff. 

194.  205.  213.  400.  Ich  habe  das 
eilender  M  gegen  edler  Ssß  nicht  ein- 
zusetzen gewagt:  ygl.  den  stehen pU- 
gerin  396. 

195—200  S.  175. 

195  f.    S.  230. 

195.  7ragemunt,  im  wärent  y2  kumg- 
rkAe  kund  Ör.  109.  Vgl.  S.  267. 
fVärffmnd  hei&t  Or.  3007  ein  Herzog. 

196-201  S.  888. 

196  S.  313. 

197  8.  341.  Folgt  in  ß  auf  220. 

198  S.  205.  Lesarten:  lies  *zmsts  M. 

199  8.  341. 

201  8.  222.  888.  dalffien:  Morolf 
185.  3—4  und  Anmerkung,  /alme, 
darin  ein  Schwert  Wolfd.  B  896. 4, 
vgl.  443.  8:  wan  ein  eilender  man 
der  trtwc  einen  kolzeti  an  und  einen 
patmen  inderAanlAlheiTs  Tnndalus  655? 
einin  paimen  sie  ober  ir  aekslen  nani 
(Oda   als   Pilgerin)    Rother   2329. 

203  8.231.  321.  341. 

204  S.  336. 
205-8  S.  318. 

205  8.  191. 

208  S.  205.  Das  md.  kunst »  adoentus 
ist  hier  in  allen  Handschriften  als 
ars  verstanden,  das  ist  besonders 
deutlich  in  s  (193.  29):  Do  enpßng 
er  jn  fruntUch,  wann  er  hatt  vil  i/nH- 
men  von  siner  kunste,  Ygl.  die  Les- 
arten zu  1452.  1921.  2249. 


209  f.  8.  230. 

209.  gevie"]  das  ?r  ist  beibehalten, 
wenn  es  eine  Handschrift  bot. 
Ygl.  S.  206,  auch  die  Zusammen- 
stellungen von  Ammann  8.  339. 

209  etc.  Er  gUng  über  den  hof  ^edräU 
in  eine  sehoene  kemenäte :  Berger  zu 
Or.  190. 

211  S.  321.  weder]  vgl.  weder -noch 
MIS  1856,  daneben  einfaches  noch 
Y.  797.  1115.  1333  in  der  gesamten 
Überlieferung  und  weder -noch  Ms 
noch  18  2132.  Ich  habe  hier  nicht 
zu  normieren  gewagt. 

213-18  8.  317. 

218  8.  819. 
215  8.  215. 

216 ab  scheinen  durchs  193. 35 für *MS 
bezeugt  zu  worden :  ein  köniqin  schöne 
vnd  wol  gestalt  vn  dartu  jung  die 
mir  gezente.  8ie  würden  einen  Vor- 
schlag darstellen,  das  böse  minmc- 
Ifche  zu  beseitigen  (vgL  232.  317. 
320;  1002).  Aber  dann  müßte  8 
Y.  217  selbständig  geändert  haben, 
und  bei  s  macht  der  weitere  Zusatz 
vn  dartu  jung  stutzig.  Vielleicht 
treffen  also  doch  beide  Handschriften 
zufällig  in  der  Glossierung  wolgestalt 
zusammen.    Vgl.  217  A. 

217  8.  370.  sie  was  schone  unJe  minnie- 
ßch,  7oolgesiali  was  ir  der  lip  Mor.  6. 2. 

219  ff.  8.215. 

219  f.  8.  230. 

220  8.  222. 
222  8.  313. 
223-30  8.  817. 

225  8.  232. 

226  Lesarten:  halt]  vgl.  228.  In  der 
Formel  wU  hall  mir  geschiht  (172.  932. 
2952)  ist  das  haä  stehend.  Ygl. 
172  A. 

280  8.  171. 
232  8.  202. 

234  8.  312.  so  getimei  er  iu  wol  u 
herren    Kehr.  1663. 


396 


235  flf.  ß  ordnet  etwa  so :  285—45  (au- 
gleich  mit  Nennung  Arons  (*->280 
bis  293),  294  -  99,  264—73,  326  bis 
37,  303-25  und  dann  Bitte  um 
Rat,  zum  Anschluß  an  339  ff.  ß  hat 
also  die  Mangelhaftigkeit  des  Zu- 
sammenhangs erkannt:  s.  S.  246. 

235  S.879. 

236  ff.  S.  230. 
236  S.  378  f. 

237.  Da  inm  so  was  gesezzen  Em  ridder 

tvol  viritjeztin  Tundalus  89,  Darinnen 
'tjüos  gesezun     ein  here   wol  vertmzMen 

Or.  159  und  die  Anmerkungen  yon 

Kraus  und  Berger  dazu. 
239-301  S.  846. 
239-53  S.  215.  246.  807.  329. 
239  S.  341.    si  was   ein  heideninne  und 

geiouöte  doch  an  gol  Wolfd.  A  19.  3. 
241   S.  198.    206.     Vgl.  frouwen.ge- 

louben  Bol.  7391. 
242.  Zur  Textherstellung  ygl.  2680. 
245—93  S.  177. 

246  S.  211.  zuo  there  kristenheit  keren 
Rol.  1507,  Di  ungilovigin  wiUch  bi- 
keren  und  di  cristinheit  pmeren  Vcs- 
pas.  107.  totrfe]  vgl.  die  Lesarten 
zu  252.  3091.  3112.  S  setzt  gegen 
die  übrigen  Handschriften  das 
maskulinische  touf. 

247  S.  220. 

248.    beide  spade  vnde  vrü   Pilatus  41 

und  Kraus  zu  der  Stelle. 
250/51  S.  818. 
250  S.  206. 
251.    ich    mtioz   nach    ir   hin   über  mer 

Ort.  18.  4. 
252/53  S.  246.  welleni  die  Heiden  cristen 

werden^  dar&uo  wil  ich  in  helfen  geren 

Or.  2826. 
253.  3257.  iverdez  leben    Mor.  528.  4 

und  Vogt  zu  der  Stelle. 
254—63  S.  306.  323. 
255  S.  222.   möht  ich  einen  boten  haben, 

der  mir  den  heldgetörste  laden  Or.  1119, 


mochten  wir  einen  boten  habtn^  der  dem 
kunige  Sahnän  von  uns  gedurste  loider- 
sagen    Mor.  51.  3. 

256  S.  206. 

258  S.  204. 

260  S.  215.  370. 

262  S.  369. 

267-71  S.  175. 

267  S.  203. 

271  S.  192. 

272/73.  2324.   —  mit  sinnen  :  gewinnen 
Berger  zu  Or.  2349. 
möht  wir  mit  keinen  sinnen    Herzog 
Ernst  B  367. 

276—81  S.215.  246.  329.  339.  daz 
stät  an  unser/ft  herren  —  an  sin  halege 
helfe  so  kan  es  mht  geschehen  Wolfd. 
B  893.  3.  —  Der  Gebrauch  von 
reden  zur  Einführung  der  Worte 
eines  Sprechenden  wie  hier  ist  S 
unbequem:  1534.  2102;  erhalten  ist 
er  V.  1867. 

279  S.  389.  iifdU  trimoe  min  Or.  3016, 
Roseng.  A  87.  4,  Vogt,  Mor.  p. 
OXXXIX.  Ferner  auch  daz  habet 
üf  die  triuwe  min  Herz.  Ernst  B 
1176,  DFL  2768.  VgL  559.  673. 
1808. 

280  S.  341.  369. 

282  ff.  S.  306.  814*  317. 

289  S.  208. 

290  S.  341. 

291  S.  311. 

291.  954.  Vielleicht  ist  vor  geren  ein 
rehie  zu  erg&nzen:  vgL  1182.  1518. 
1574.2037.2281.3435.3486.  S  setzt 
also  für  rehte  lieber  von  herzen  oder 
dergleichen.  Aber  das  Wort  ist 
sonst  auch  in  S  wohlerhalten :  vgl. 
z.  B.  1360.  1524.  2455.  2494. 

292  S.  339. 

293  S.  878. 
294—803  S.  818.  830. 

294.  Zuo  im  soUu  mht  böte  sin:  Berger 
zu  Or.  1126,  et  2918. 


397 


295  S.  199. 

298.  ir  iccA  im  ein  Merzogeniuom  zur 
Belohnung:   Herzog  Einst  B  4772. 

302  ff.  S.  246. 

304  ff.  S.  211. 

307.  820.  Vielleicht  ist  doch  ^uot  zu 
lesen  und  als  Adjektiyum  zu  tuar 
zu  verstehen:  vgl.  1273. 1823.  Vgl. 
natu  guote  war  Virg.  109.  1,  nam  eben 
war  Wolfd.  B  628.  2,  Virg.  85.  9 
M  braucht  guot  aber  auch  als  Ad- 
verb: 46. 

308  S.  201.  841. 

810-21  S.  Ul.  808. 

812  ff.  S.  217. 

316  S.  341. 

317  S.  836. 
818  ff.  S.  870. 
318-88  S.  327. 
818-21  S.  806. 

320  S.  189.  niht  Ss  ist  natürlich  Mo- 
dernisierung, doch  vgl.  3483. 

321  S.  215.  336. 
322-87  S.  847. 

330  ff.  ^Vaem  eUm  lant  dm  eigen  und 
eüiu  kumcricht  diu  naeme  ich  mht  für 
einen  (dümtman)  Wolfd.  B  861.  1, 
und  waer  der  Mntei  dm  eigem^  ich  slüeg 
dich  umke  ein  want    Ort  278.  2. 

330.  2058.  2812.  Beispiele  f&r  dieses 
daz  im  DWB  unter  13^,  aber  erst 
aus  Geiler  y.  Kaisersberg  und  nur 
im  zweiten  (angeknöpften)  Satz- 
gliede. 

331.  Dasselbe  Asyndeton  V.  2059  und 
2313. 

332.  dämite]  vgl.  2060  und  2314. 
334  8.  192.  194. 

334.  2302.  wan  lageshi  sunst  dreyssig 
jar  dauar,  so  gaben  die  Havden  mt 
ain  har  umb  dich  Or.  Prosa  nach 
2500  und  Berger  zu  2349.  Vgl. 
oben  S.  192  zu  ß  469.  35  ff. 

339.  MI  bevorzugen  in  der  Anrede 
auch  an  Hdhergestellte  das  du,    S 


das  ir  (840. 415.  561.  686.  1088  etc.). 
Ich  habe  du,  din  etc.  geschrieben, 
wenn  es  auch  nur  eine  Handschrift 
bot. 

340—49  S.  191. 

340  S.  202. 

342-44  S.  222.  250.  330. 

342  S.  191.  195.  Roth.  51  der  (LüpoU) 
was  in  Rotheris  hove  mit  grbzemevlize 
gezogen:  vielleicht  ist,  um  diesen 
Reim  zu  vermeiden,  V.  343  einge- 
schoben und  dann  du  hast  erzogen 
wiederholt.  Vgl.  der  hete  üf  s^nem 
hove  erzogen^  daz  ist  war,  einen  alten 
herzogen  Wolfd.  B  3.  3,  ich  hän  üf 
minem  hove  erzogen  gräven  und  herzogen 
Mor.  42.  3,  Einen  alten  wallaere  er 
tue  ime  nam,  den  het  er  üf  stnem 
^fi  g(^ogen  den  küenen  man  Wolfd. 
B  532,  1. 

345  S.  246. 

347  S.  202.  Lesarten :  lies  dir  MI 
(nach  »,)  s  der  S. 

350—53  S.  177. 

350/51  S.  tl8. 

350  8.  202.  205. 

351-400  8.  815  f. 

351.  2965.  3490.  daz  sag  ich  iuch  an 
allen  spot  Or.  1292. 

352  ff.  S  847.  804. 

352-69  S.  219.  847.  329. 

356  ff.  8.  250. 

356/57  8.  222. 

356  S.  866. 

356.  410.  1601,  vgl.  1219.  1629.  1834. 
In  zoch  der  hünig,  daz  ist  loär,  iwllig- 
Vtchen  üf  IS  jär    Or.  178,  vgl.  S.HS. 

357.  1220.  1877.  vollictuhe  bei  Zahl- 
bcstimmungen:  Borger  zu  Or.  98, 
Vogt  zu  Mor.  178.  3;  dazu  Parz. 
210.  17. 

358  8.  341. 

367-69.  8.  807.  (vgl.  8004.)  Das  Haupt 
zu  Pfände  gesetzt  Mor.  456,  Or.  3254 : 
dir  st  vor  gote  erhübet,  slah  mir  abe 
daz  houbet  min  Wolfd.  A  364.  4. 


398 


370  S.  202.   Lesarten:  statt  369  lies 

370. 
372  ff.  S.  177.  961. 

372  S.  260. 

373  S.  369. 
374—79  S.  888. 
374/75  8.  190  A. 

375  Lesarten:  lies  fuet  I.  niht  mohU 
MSsTL 

376/77  S.  260.  808.  329.  865.  nun 
rätent  alle  in  disem  ringe,  wie  wir  si 
von  dannen  Mngen  Or.  375,  vgl.  2790, 
ter  rede  willich  nu  ^edagen,  itnoer  etsten 
willich  nevnht  fersagen  Vor.  Alex. 
405,  fehlt  im  Straßb.,  Got  geb  den 
bawrn  einen  selmgtag  Vnd  auch  uns 
allen  mit  ainander:  Gebt  mir  trinken, 
ich  Tvil  wandern^  Der  Bawrn  Lob, 
Münchener  cod.  germ.  714  (15.  Jh.) 
V.  126  ff.  (Schluß).  Vgl.  Bolte,  der 
Bauer  im  deutschen  Liede  Wei- 
teres bei  Vogt  zu  Mor.  521.  4. 

377 ab  S.  190. 

380-85  S.  814.  328. 

381  a-f  S.  190.  An  381  f  schließt  sich 
in  I  671a. 

382-671  S.  190. 

382-85  S.  222. 

382.  ir  ^^li  wM  wol  gehaben:  vgl. 
Vogt  ZU  Morolf  744.  2. 

384  ff.  S.  188. 

386-89  S.  219.  247.  804.  329.  Vgl. 
das  Sprachwunder  in  Veldeckes 
Servatius  V.  648 :  doe  he  in  den  predich- 
stocl  gienc  stän  Sent  Serväs  der  goede 
met  geistelUen  moede  end  lie  predigen 
solde,  loat  so  he  spreken  wolde,  dat 
sande  hem  got  te  monde^  de  neheine 
spräke  enkonde  anders  dan  ^echsc  aleim 

888  etc.  389  etc.  An  der  saelben  stundt 
Antichr.  179.  1  H,  an  denselben  stun- 
den Antichr.  174.  33  H,  an  denselben 
stunden  Or.  2305  und  die  Stellen 
zu  656. 

391  S.  202. 

392-94  S.  223. 


894  S.  869. 

395  und  noch  llmal.  Also  wirz  M&m 
vemomen  Boseng.  A  167.  U  cf. 
298.8,    Vogt,  Mor.  S.  CXXXVIL 

396  S.  194. 

397  S.  231. 
398—401  S.  223. 

398/99  S.  219.  247.  304.  329.  Dat 
erste  wort  da%  —  sprach:  wis  gote 
wUkomen  herre    Wolfd.  B  905.  1. 

399  S.  368.  nu  hoeret,  wie  ein  zeichen  am 
dem  ßersten  geschach  Wolfd.  B  631.  4, 
vgl.  853.  2,  867.  2,  895.  2. 

400/401  S.  318. 

402-24  S.  247  f.  804.  808.  329. 

406  ff.  S.  247. 

409-21  S.  177. 

410  S.  223.  866. 

412/13  S.  223. 

415  S.  23L 
416/17  S.  223. 

416  S.  341. 

417  S.  201. 
420  ff.  S.  808. 
420  S.  178.  341. 

422  f.  und  wil  uf  die  bürg  hindan,  die 
botschaft  wil  ich  werben,  soll  ick  den 
np  tu  pfände  län    Mor.  53.  3. 

423  bildet  in  V.  1997  StropheusehluB 
und  hier  Schluß  der  Interpolation! 

424/25  S.  818. 

424  S.  202. 

425  S.  201.  310.  oder  mich  siht  u 
Garten  infr'ouden  nimtMcr  mer  kein  man 
Wolfd.  B  416.  4,  ich  gesihe  in  da 
ze  Garten  nUnmermer  Wolfd. B 773.  2. 
Vgl  789.  4. 

428  8.  191. 
432/33  S.  252. 

432  8.  231. 

433  8.  336. 
434—39  S.  317. 

434  8.  248. 

438  f.  8.  230.  248. 
440  ff.  S.  212.  316. 


399 


440-54  S.  tl4. 
440/46  S.  340. 

441  S.  840. 

442  a  S.  199. 

443.  471.  507.  2383.  thaz  nia^  i^  tkir 
vor  war  sagen  Frftnk.  Legendär  150 
und   Vogt,   Mor.  S.  OXXXVIII. 

448a  S.  199. 

448  S.  201. 

449.  361.  brehten,  gebrehim]  Leier  L 
347  und  760,  Mfiller  L  24db.  Dazu 
Si  Wanten  daz  si  maehien  den  wistum 
vber  praehUn  Antichr.  166.  31  H,  vil 
lut  si  (die  merwunder)  braehtent  An- 
tichr. 197.  22  H.  sie  huoben  grbt  ^- 
brefuen  (die  Riesen)  Herz.  Ernst 
B  5172;  gebrehte  von  Kranichen 
Herz.  Ernst  B  2827. 

450  S.  341. 

451  S.  202. 

452  S.  865«  er  ist  nickt  recht  weisz,  der 
die  teüt  helt  als  er  sy  sieht  Or.  Prosa 
nach  779. 

458  ff.  S.  308.  319. 
458—68  8.  252. 
45A/59  S.  868.  808. 

459.  463.  472.  474.  kemerling  ist  in  S 
der  gewöhnliche  Ersatz  für  kttme- 
raere.  (Doch  yergl.  3278.)  dienaere 
3260  beruht,  wie  ein  Vergleich  mit 
ß  lehrt,  auf  einer  Glosse  in  *MS. 

459 ab  (Tgl.  871  etc.)  8. 258.  erhiesdU 
knechte  springen,  die  slüsselbedde  bringen 
Alex.  B  360,  Do  biet  er  bcdcU  springen, 
di  drt  chunige  itn  bringen  Antichr. 
145.  19H,  Dazgetwerc  fuez  balde  sprin- 
gen Wolfd.  B.  818.  1,  Der  künic  hiez 
springen,  —  bringen  DPI.  1023  und 
Berger  zu  Or.  241. 

460.  ime]  vgl.  144.  663.  745.  1362. 
1445. 

461.  Vielleicht  ist^m  8  aus  in  enstan- 
den  und  statt  meister  (kemerling  8 
ist  Zusatz:  vgl.  S.  253)  in  den  Text 
zu  setzen. 


462  8.  340.  Die  itnle  werte  mi  zuo  lang 
Or.  3650,  Die  wtle  was  nit  zuo  lang 
Or.  2466.  3500  und  Vogt,  Mor. 
8.  CXLIV.    Vgl   987.  1694. 

463.  Do  der  golt  smitt  kam  s  196.  13 
kann  diesem  Verse  nicht  entsprechen, 
weil  s  ausdrficklich  die  £}ntscndnng 
eines  Kämmerers  berichtet.  (8. 
8.  185.) 

464-501  8.  258.  808.  319.  329.  865. 
464  8.  231. 

464.  1647  etc.  (8.  8.  319).  do  er  — 
verrist  ane  gesach  :  sprach  Andreas  24 
und  Kraus  zu  der  Stelle,  vnd  alse 
her  si  an  sachy  nu  höret  wi  unser 
heilant  sprach  Veronica  151  und  die 
Anm.  von  Köhn,  Alse  Wolfdietrich 
—  ane  sach^  vil' gerne  müget  ir  hoeren^ 
wie  der  getriuwe  sprach  Wolfd.  B  39 1 .  l 
und  Jftnicke  zu  der  Stelle,  vgl. 
Vogt,  Mor.  OXLI,  Berger  zu  Or.  135 
und  die  Anmerkung  zu  1222. 

468/69  8.  252. 

471.  Vielleicht  ist  vürwär  an  Stelle 
von  zewäre  getreten.  Vgl.  Patricius 
11  \  ich  wU  tu  zwAre  sa^en  und  Kraus 
zu  der  Stelle. 

472  8  204. 

472.  2218.  2499.  3474.  der  hirre  tet 
durch  ndt  daz  im  sin  uiaister  gebot 
Kehr.  1808,  die  muosten  alle  tuon 
durch  ndt,  daz  in  —  der  fischer  ge- 
bot Or.  598  und  Berger  zu  der 
Stelle. 

474  8.  231.  {Kriemhilt)  do  niht  langer 
beit  Roseng.  A  83.  3  und  Berger 
zu  Or.  335. 

476  8.  185.  369. 

478—501  8.  183.  185  f. 

484  ich  muz  zu  einer  hbchgezlt,  ich  mag 
nit  lenger  hie  besiän  Mor.  695.  2  und 
Vogt  zu  der  Stelle. 

500.  do  der  golt  smitt  kam  s  196.  13 
entspricht,  glaube  ich,  auch  (s.  zu 


400 


463)  diesem  Yerse  nicht,  sondern 
ist  ein  erfundener  Übergang:  wir 
müßten  sonst  annehmen,  daß  die 
Lücke  und  der  deutliche  Neubeginn 
des  Textes  mit  502  in  *Ms  und  *sb 
unabhängig  yon  einander  wären. 

502  ff.  S.  252.  253.  308.  Vgl.  die 
Anrede  des  Königs  an  die  Gold- 
schmiede bei  Veldecke,  Servatius  II. 
2121  ff. 

502  S.  231.    Lesarten:  lies  unJe  Ss. 

504  S.  336. 

506-17  sind  in  ß  (471.  4  ff.),  als 
Versprechungen  an  den  Raben,  an 
Stelle  von  430—57  getreten. 

510  f.  S.  252. 

514  f.  S.  252. 

516  f.  S.  252. 

517  S.  336. 

518-29  S.  819.  329.  848. 
518-21  S.  177.  211. 

518  S.  341. 
526/27.  Vgl.  1125/26. 
528/29.  S.  221.  260. 
528  S.  347. 

530  f.  S.  252. 
535-41  S.  177. 

535  S.  370. 

536  f.  S.  252. 
537-56  S.  819.  329. 
537-41  S.  185. 

539.  wol  —  hän  zur  Besserung  des 
Reims  aus  wol  mich  äaz  ich  ie  ehre 
jr«flw  gemacht  (Roth er  2051)?  Vgl. 
sin  V.  541 ! 

543.  gcfil  vgl.  2719.  2722. 

544  f.  1900.2623.3282.  Viele  Parallelen 
bei  Vogt,  Mor.  S.  CXLIVf.,  Ber- 
ger zu  Gr.  1634.  Dazu  schiere  kam 
der  junge  man  Ja  er  sint  muoter  vanl 
Herzog  Ernst  B  408,  KriemhiU  — 
gienc  do  al  zehant  —  da  si  ir  vater 
vant  Roseng.   A  168.   1. 

544  S.  232.  sä  in  der  Verbindung  mit 
ze/tant  ist   nicht   mehr  verstanden, 


gewöhnlich  mit  so  verwechselt :  ygl. 
1900.  2088.  2623.  3282.  3426  und 
Vogt  zu  Mor.  169.  3. 

546-57  S.  252. 

549.  An  dem  Adverb  harte  haben  sich 
alle  Schreiber  außer  M  einmal 
vergriffen,  haben  es  ausgelassen 
(I  3409,  S  378.  1593)  oder  ersetzt 
durch  serCf  guns,  gar,  intsU,  nHfl,  ühei, 
so  gar,  inl  übele  etc.  (922.  961.  1704. 
2548.  2956.  3307.  3432)  oder  auch 
durch  Synonyma  erklärt  (karte  und 
shre  ß  1704).  Auch  das  Adjek- 
tivum  war  vor  tot  unbequem: 
3394.  3529.  M  war  beides  geläufig, 
er  führt  harte  sogar  an  Stelle  des 
nähint  ein:  635.  1342.  (Vgl.  die 
Anm.)  Daß  aber  das  Wort  schon 
•MS  zukommt,  zeigt  1704.  Vgl.  hart 
Rol.  342>/^r/  Strickers  Karl  3338. 

556.  Der  sun  sich  schire  biriet  Vespasian 
59. 

560-79  R.  216.  248.  329. 

563  S.  203. 

564  S.  206. 
566-68  S.  185. 

567  S.  865«  der  schoensten  ob  atlen  wiben 

Or.  1164. 
568.   Für  vtUic  als  Adverb  steht  nur 
ein  einziger  Beleg  ans   Grieshaber 
bei  Lexer. 
570  S.  340. 
576  S.  231. 
:  576.  3249.  3291.  strän]  vgl.  Genn.  Y. 
,       138    und    Vni.  474   ff.,   dazu     V 
'       587:   S    ersetzt    das    Wort  durch 
trän,    M  auch  durch  vtuot^   l  durch 
dan.      Vgl.   Kehr.  7554     Lesarten  : 
strän]    1    Strom   5.     6.     7,     trän    4: 
tram  2;    femer  Mor.  574.  5,   623.2, 
624.  5,    712.    2:    strän]    draum    E; 
Wolfd.  B  273.  2:  strän]  sthron  od<»r 
stran    K     trän    BK,    immer.      Aber 
trän  (trbn)  ist  auch  selbständig  ge- 
worden: V.  587  setzt  M    trotz  des 


401 


Reimes     tron    far    vhtot   8b  ;    Tgl. 

/ro»  Mor.  268. 1  und  des  waides  tr^n  (!) 

Virg.  20.  10. 
580—83  S.  223.  880. 
580  f.  S.  216. 
580  S.  815.  Lesarten:  ndente  ß  472. 1 

gehört  nicht  hierher,  da  der  Inhalt 

von  581  vorangeht 
581.  Vgl.  1131. 
583  S.  336. 
584/85  S.  817.  889. 

585  S.  231. 

586  S.  20e. 

588  S.  341." 

589  S.   336. 

590—92  S.  223.  Er  ^kt,  m  s\  in  der 
werlde  metnen  lieber  danne  du  Ort. 
507.  4;  vgl.  1371  ff. 

591.  niht  lieber]  vgl.  1094.  1142.  1372. 

594  S.  215. 

598  S.  341. 
598-613  S.  812. 
598-602  S.  211. 

599  S.  811. 

601  fr.  S.  321.  328.  340. 

603.  S.  311. 

604.  iher  heilige  engel  muoze  tfun  geverte 
sifi  unde  leite  thih  kere  withere  gesunl 
Rol.  1585,  nu  sente  tkih  mir  ivit/tere 
Mahmet  unser  herre  Hol.  8564. 

606  S.  341. 

608  S.  321.  341. 

609  S.  203.  228. 
610ff.  S.  208. 

610  S.  840. 
611/12  S.  223. 

611.  do  schied  von  dannen  von  den 
werden  dienstmannen  Or.  3772. 

612  S.  840. 

614  S.  231. 

614.  2016  11.  ö.  7Jon  dannen  rt/as  in 
gäch,  in  sach  an  den  sfunden  manic 
schoene  vrouwe  näeh  Alph.  323.  8, 
im  was  sicherlkken  zno  der  reise 
gäeh  Wolfd.  B  715.  2. 
Baeaeeke,  liftoeheDer  Oswald 


615.  2544.  2616.  2788.  hin  nach]  Wie 
2872  zeigt,  fahrt  M  das  hin  nicht 
erst  ein.  Das  Auslassen  (984  in 
allen  3  Handschriften)  ist  eine 
Modernisierung.  Durch  V.  2017 
2446.  2604  ist  das  hin  f&r  *MS  er- 
wiesen. Nicht  so  hin  A«»r// 1 743. 3209. 

618-55  S.  218. 

618—25  S.  849. 

618  19  S.  184. 

618  S.  339. 

620.  771.  um  an  den  dritten  tach  ze  none 
Kehr.  552,  tha%  gescah  an  there  none 
Sit  Rol.  4457,  vgl.  Strickers  Karl 
2128  29,  dat  geschach  ze  nSne  (Christi 
Himmelfahrt)  Antichr.  185.  38  H. 

621-771  S.  825  f. 

621—25  S.  808. 

622  S.  341. 

624  S.  869.  also  i/fie  thie  ffMo/he  entweih, 
ther  släf  in  begreif  Rol.  7078,  (Kampf) 
den  tac  unz  üf  den  äbent,  tmz  im  stn 
kraft  entweich :  sleich  Wolfd.  B  677.  3. 

625  S.  171. 

626—49  S.  217.  248.  380. 

626.  in  was  diu  kraft  entwichen  Herzog 

Ernst  B  4497. 
629.  ungäz  und  untfctrunken  Ort.  566.  3. 

631  S.  192. 

632  S.  185.  231. 
634  f.  S.  807. 

635.  twingen  mit  /  ist  die  Form  von 
M  (z.  B.  1301.  3j06.  3522),  zu- 
weilen auch  von  I  (z.  B.  1210. 
1342.  1355.  1363),  während  Ss 
rwingen  schreiben.  Aber  twingen 
ist  V.  1880  durch  MS?  gegen  s  für 
*MS  erwiesen,  zumal  Is  auch  Vax 
twehel  swehel  setzen  (3352.  3359. 
3362).  V.  1875  meidet  S  das  Wort 
ganz,  V.  3506  schreibt  I  quisßgen, 
635.  2039.  nähent  ist  eingesetzt  nach 

I  2741.  Y.  1342  ist  die  Form  in 
keiner  Handschrift  erhalten,  daher 

I  nähen  I  übernommen.  Aus  den 
26 


402 


Lesarten  zu  685  und  1842  geht  her- 
Tor,  daß  M  das  absterbende  (549  A.) 
harte  noch  vor  näheni  bevorzugt 

640  S.  385. 

642  S.  184. 

643.  723.  1927  vuo  ^t  ituond  aller 
ir  gedanc  Or.  1755,  nach  der  (zauber- 
Tourze)  stunt  aller  ir  gedanc  Mor. 
123.  5. 

646  etnen]  S.  216. 

648  8.  194. 

650-774  S.  849.  808. 

651  S.  202.  376. 

656/57  S.  374. 

656  8.  231.  er  warf  in  an  der  sel^n 
stunde  zuo  des  wilden  meres  gründe 
Or.  88  und  Berger  zu  der  Stelle. 
Femer  Kehr.  2032  Hfuorten  si  (du 
sele)  da  Mcstunt  in  der  tiefen  helle 
grünt.  Die  vrouwe  durch  einen 
Brunnen  in  die  Burg  geführt: 
Wolfd.  B  796.  802.  805. 

658  S.  342. 

665.  Daz  mohte  wol  ein  enget  sin  Bran- 
dan  538.  Wie  ein  Engel  liegt 
Salme  in  ihrem  Sarge  Mor.  143. 
Auch  Alberich  l&ßt  sich  (als 
unsichtbarer  Fahnenträger)  f&r 
einen  Engel  ausgeben :  Ortn.  355.  4, 
vgl.  358.  3.  Vgl.  S.  228  A.  1  und 
S.  338. 

668-82  S.  171. 

668—71  S.  186. 

670-93  S.  329.  848. 

670.  sprachen  Ms  =  sprach  ein?  Vgl. 
673  mm  und  676  ein  ander, 

671  S.  202.  (Ue  rede  läz  heltben  Or. 
2266.  2432. 

671  a— c  S.  190. 

672  S.  186.  Lesarten:  lies  Tu.  fäfjw»  — . 
673.   Hier  setzt   I   wieder   ein:  vgl. 

665.  381. 

674  S.  186. 

675  S.  186.  Lesarten :  lies  wol 
MkSsu  villeicht  b  fMI. 

676  jf.  kurzwUe  trtben  Berger  zu    Or. 


854,  dehemer  kurtwtle  fminne  ?)  er  mit 
der  froume  phlac    Welfd.  B  856.  2. 

677-80  S.  186. 

682  S.  204. 

691  a  S.  190. 

696-701  S.  246. 

696/97  S.  328. 

698/99  S.  190. 

698  S.  369. 

703  S.  206.  211. 

708  S.  202. 

709  S.  202.  376. 
710-13  S.  221.  260. 

710  S.  232. 
712  S.  232. 
716-21  8.  199. 
716  S.  231. 
720  S.  839. 
722  ff.  S.  211. 
722  f.  S.  216. 
722  S.  199. 
724/25  S.  190. 
728  8.  231. 

728.  2455.  2507.  2529.  2985.  in 
allen  den  geberden  als  -  were  Mor. 
163.  4,  688.  4  und  Vogt  zu  der 
Stelle,  Or.  73  und  Berger  zu  der 
Stelle;  femer  in  den geheren,alseAe  - 
were  Vespas.  197,  in  allen  den  ge 
beren,  alse  —  wäre  Roth.  2167. 
4954,  in  aller  der  gebaere,  sam  er 
Ubemäc  was  Wolfd.  B  904.  3.  Das 
Wort  scheint  S  unbequem:  wegen 
der  Reimform  ohne  di  Vgl.  2306 
und  gesinde,  gesmäe, 

731  f.  S.  216. 

734  S.  386 A.  Lesarten:  vor  trnp 
fehlt  ein  Punkt  Zu  trnp  vgl.  die 
Lesarten  zu  1295  und  1888.  D$ 
hört  der  Junge  knmg  labesam  in  der 
bürge  einen  grozen  schal  Or.  834. 

735  S.  336. 

741  S.  204.  376. 

746—98  S.  183.  184.  186. 

748  ff.     owe    mms     Beben    mamus»    den 


403 


ich  verloren  hän.  der  muoz  mieh  immer 

riuwen  Wolfd-  B  731.  2. 
751.    dih  ne  nmge  wir  memir    uirch^ 

Makkab.  58  und  Kraus  k.  St.,    Ich 

mäht  in  rnnrnter   mer   verklagen   Or. 

2023  und  Berger  z.  St. 
756  S.  339. 
758    S.    231.  339.     zu   selben   s.  977. 

1591.  3402. 
760.  erhtrn,  tr boren]  b.   die  Beispiele 

bei  Lexer  I.  618/19,  Müller  I.  153», 

dazu     ih     wil    eine    rede    erboren  S. 

Veit  12. 

763  S.  340. 

764  S.  336. 

766  S.  379. 

767  8.  341. 

768  S.  336. 
773—76  S.  818. 

773/74  :  vgl.  1291/92  und  Berger  zu 
Or.  981. 

777  £f.  si  ^die  Königstochter)  wart  ze 
einer  agelster  und  flotte  in  die  burc 
hin  dan  —  Si  sag  üf  eine  zinnen :  ad  si 
hin  wider  sach^  gerne  mügei  ir  hoeren^ 
wie  si  zuo  im  sprach    Wolfd.  B  644.  3. 

779.  2547  truren\  burcmüren  Berger 
zu  Or.  832. 

780  S.  336. 

781  S.  340. 

784  S.  313. 

785  ff.  S.  819.  808. 

785.  Einer  vrouwen  starp  ir  nian  uni 
hete  ir  niht  me  kint  gelän  detme 
einen  sun^  der  was  ir  zart  Pfeiffer, 
Marienlegenden  5.  1. 

787  ff.  S.  207. 

789-801  S.  819.  329. 

789—98.  ein  pheller  ir  (der  Königs- 
tochter von  India)  den  schote  bar, 
der  die  hitze  undervienc,  da  diufromoe 
under  gienc.  den  /mögen  ob  ir  vier 
man  an  vier  ruoten  wol  getan,  die 
waren  rot  guldin  Herzog  Ernst  B 
3110. 


790.  ther  heiser  was  mit  in  wole  be- 
huot  Rol.  76,  alUu  roetniuhiu  lant 
wären  vtii  im  wol  behuot  Herzog 
Ernst  B  226. 

797  S.  341. 

803  S.  341. 

804  S.  310. 
805-10  S.  260.  819. 

I  805  S.  369.  In  den  Losarten  ist  ahte 
I       für  ähte  einzusetzen. 

806  S.  202. 

809  S.  232.  is  wäre  ime  leit  oder  torn 
Alex.  B  2050. 

811-18  S.  200.  806.  329. 

812  S.  190. 

815.  ume,  hume  veraltet  und  wird 
von  allen  Schreibern  einmal  durch  biz 
ersetzt:  M  1434.  2360,  I  1357,  S 
1472,  s  3203,  b  1357.  Die  Form 
hin%e  z.  B.  I  815,  S  3203.  unze  und 
biz  wechseln  auch  in  der  Ambrasei 
Handschrift  (Ortn.) ;  DHB3  S.  XVI. 

822  S.  223. 

823.  476.  Lies  komen  statt  bekomenx 
vgl.  die  Lesarten  zu  1213  und  die 
Anm.  zu  118:  M  liebt  das  Pr&fix  be, 

824.  1691.  2023.  sider  ist  die  Form 
vonM  (auch  477.  2431.  2566.  2650. 
2832,  dagegen  sU  395),  sU  die  von 
S  und  I|.  Daß  die  Vorlage  sider 
hatte,  zeigt  die  deutende  Schrei- 
bung sidher  S  477:  I,  ließ  (2566. 
2650.  2832)  das  Wort,  augenschein- 
lich als  fremd,  ganz  aus :  das  sind 
die  schw&bischen  Schreiber.  V. 
2450  ist  At  nach  der  einzigen 
Handschrift  S  aufgenommen  (vgl. 
395). 

825.  Der  [den]  Himmel  hat  besessen, 
der  gesegne  euch  das  Irinckhen  vnd 
Essen  Der  Bawersleuthen  Lobgosang. 
Augsburg  um  1650  (Berlin  Kgl. 
Bibl.  Yd  7854,  31)  1,  8. 

826  S.  310. 
827-90  S.  849. 
827—77  S.  175.  186. 

26  ♦ 


404 


827-80  S.  223. 

827.   fuu^^   nicht  nt^en  wegen  nekie 

832.  834. 
•  829-84  S.  849.  328. 

829/30  S.  816. 

829  S.  341. 

829.  2287.  2621.  tougerOUke  veraltet 
Vgl.  Abel  S.  22  ff.  Im  Greinbnrger 
Fragment  des  Wigalois  (14.  Jahr- 
hundert, ZfdA.  XXI.  145)  tougtnRche 
>  tugentüchy  in  der  Handschrift  0 
des  Tristan  (Anfang  des  15.  Jahr- 
hunderts) >  dugenlich,  tugerUlkh, 
dougifilkh^  dttgencikh,  heymlith.  Ahn- 
lich in  der  Handschrift  N  (2.  H&lfte 
des  14.  Jahrhunderts). 

831/32  S.  80S. 

831  S.  341. 

833  f.  S.  230. 

884  S.  205. 

835  S.  339  f. 

837  f.  S.  230.  sie  »ntosen  im  des  bi  ge- 
stän  und  des  mit  wärheite  jeften,  sie 
Heien  so  seUsaens  nie  gesehen  Herzog 
Ernst  B  5468. 

837  S.  232. 

843-56  S.  860.  808.  329. 

844  S.  205. 

847  S.  341. 

848  S.  201. 
859  S.  201. 
863  S.  190. 

865/66  S.  817.  Vgl.  1972:  ist  irr  aus 
e%  verlesen  ?    S.  S.  369. 

865  S.  339. 

869.  1267  etc.  AUes  des  si  woUen  wur- 
den si  gewert  Kudr.  19.  2,  sb  sti  ir 
aUes  des  gewerty  des  iuwer  lip  ze  vreu- 
den  gert  DPI.  887. 

871  S.  231. 

874  8.  310. 

881/82  S.  233. 

881  S.  204.  276  A. 

882  S.  313. 
889  S.  202. 


894  S.  310.  ich  bringe  in  vii  m>l  vme 
Herz.  Ernst  B  1008,  des  bringe  ick 
dich  wol  istne    1053. 

897  f.  S.  211.  Das  bairisehe  mäkie 
müßte  man  nach  V.  803  beseitigen. 
Vgl.  Do  künde  er  mit  allen  shten  sinmem 
—  mt  bringen  Or.  304  (993.  300a 
3266). 

898  S.  310. 
899/900  S.  817. 
900-934.  S.  817. 

901-3  S.  810.  dit  dunkest  mich  als  ein 
dugenthaßer  man,  obe  du  da*  (Schach-) 
spiel  geTvinnest,  ich  wii  mich  mit  iSr 
wol  begän  Mor.  237.  3. 

901  S.  199. 

902  S.  310.  Um  (üsgen  haben  sich 
alle  Schreiber  zu  drucken  yersucht : 
abgesehen  von  der  Schreibung  tagen 
(IS  1794  und  2260)  mit  der  von  Nicht- 
verstehen  zeugenden  Verschiebung, 
ist  es  mit  niht  gesogen  MIs  902, 
vertragen  S  1235,  vtrswygen,  verheien 
s  1235,  gelassen  s  1952  yersucht. 
Vgl.  Zwierzina  ZfdA.  XLY.  40,  Abel 
S.  12  f.  Das  Wort  ist  als  bequemer 
Reim  weitergeschleppt.  Aber  schon 
im  Yorauer  Alex.  824  ist  vergen 
aus  verdagen  verderbt 

903-34  S.  850.  323. 

905  S.  369. 

907.  Sün  stimme  sich  verkerte,  sin  rede 
diuvHisgrbz  Ort.  202.  1  und  JSnieke 
zu  der  Stelle,  außerdem  summe  also 
grb%t  daz  si  als  ein  harn  irddt  Bran- 
dan  1563. 

911  S.  223. 

912.  steter /Tide  Mor.  263.  2. 

913-24  S.  175. 

915  ff.  S.220. 

917  ff.  S.  217. 

917  S.  341. 

918  S.  336. 

919  S.  221. 
926  S.  204. 


405 


927/28  S.  223. 

927  S.  340  f. 

928  S.  336. 

928.  1032.  1975.  als  lieb  dir  h  Or.  1516. 
1602.  3525,  als  Uep  ick  dir  st,  läz 
solke  rede  beliben  Herz.  Ernst  B  742. 

930  S.  192  f. 

931.  Die  Eonstniktion  yon  versahen 
ist  dreifach  verschieden  (acc.  gen ; 
dat.  gen ;  dat.  acc).  Ich  habe  nicht 
ausgeglichen:  vgl.  3436.  3521  und 
(passivisch)  1184.  3401. 

933/4  S.  817. 

935  ff.  S.  905. 
935/36  S.  224. 

936  S.  202.  204. 
939/40  S.  223. 
940  S.  201. 

943.  kre/HuUhe  gehört  gegen  Ssß  in  den 
Text,  denn  S  weicht,  wie  hier  auch 
I,  dem  Worte  absichtlich  aus, 
nicht  nur  durch  werlichen,  sondern 
auch  durch /Hfi/lieA^H  7,  Saide  24dS, 
uisteHklkh  2435.  Nur  M  bewahrt 
das  Adverb.  Während  das  zugehörige 
Adjektiv  krefHc  V.  1462  keinen 
Widerstand  gefunden  hat.  Vgl. 
Verzeichnis  U. 

946  S.  336. 

950  S.  336. 

952  du\  vgl.  945.  948.  950.  9  ff.  91  ff. 
958-56  S.  177. 

953  8.  341. 

954  S.  311.  886. 

Statt  955  ff.  könnte  man  einsetzen 
Roth.  320  und  wil  daz  got  von  htniele, 
da%  sie  kamen  w  samene^  sone  ^ewan 
nie  betzer  vmnne  wtp  mit  einem  manne, 
Trorick  sprack  db  Constaniin  — . 

955—58  S.  217.  260.  329. 
959/60  S.  818. 

960  ff.  der  kunig  von  some  mder  saek 
Mor.  27.  2,  der  kunig  von  freuden  nf 
sack  Mor.  80.  2. 

961  f.  S.  817.  860.  829. 


961  S.  205.  335.  der  ckunich  karte  er 
scriku    Kehr.  1837. 

962.  Zu  der  Geste  vgl.  Rol.  7276 
mü  orebeHen  er  üf  sak, 

963  f.  S.  233. 

963.  das  wil  ick  dir  und  unsem  fmnden 
clagen  Mor.  749.  5. 

964.  Zu  so  ick  si  vgl.  4  A. 

965.  Warum  scheuen  hier  plötzlich 
die  Schreiber  das  vride  ?  Vgl.  903. 
912.  920.  931.  938.  975.  1006. 1016. 

966  S.  813.  Man  wird  den  ersten 
Halbvers  durch  iemer  vervollständi- 
gen nach  er  muot  mick  immer  riuwen 
Or.  1124,  er  muoz  mick  immer  riuwen 
Wolfd.  B  773.  3.  Vgl.  daz  sol  mick 
riuwen  immer  mere  die  wil  ick  den 
Rp  kän  Herzog  Ernst  B  1378. 

967  -74  S.  217.  220.  260.  329. 

969  S.  224.  Kehr.  2343  iage  mir, 
xoannen  du  den  got  erkennest,  den  du 
uns  so  unkunden  vor  nennest, 

^llander  sUt:  Macknui^iMd.  B 606. 1. 

972  8.  205. 

973  S.  340. 

977  S.  231.  326.  839.  369. 

978  S.  336. 

980  den  rigel  vor  die  tür  sckieun  Berger 
zu  Or.  2468.  Vgl.  Anm.  zu  1623 
und  2536. 

983  8.  231. 

984.  iHisie  als  Adverb  zu  tlen  ist  von  S, 
wie  hier,  oft  durch  balde  ersetzt 
(2730.  2872)  oder  ganz  beseitigt 
(2446:  vgl.  I  2738,  s  2604) ;  erhalten 
ist  es  V.  2544.  2618/19.  2738.  Sonst 
behält  S  das  Wort  bei  (615.  2017. 
2616),  fuhrt  es  sogar  neu  ein  (52. 
2916.  3098). 

986  S.  812.  336. 
987-92  S.  816.  317.  322. 

987  S.  340. 

990.  Lesarten:  lies  S  ckrefäkldckn  M. 
991  S.  204.     Vgl.  rietnen  :  niemen  Graf 
Rudolf  F  16. 


406 


993  S.  231. 

993.  2545.  2787  etc.  SaUuän  dB  nä 
enlUz,  er  —  kUz  Mor.  143.1,  cf.  149. 1 , 
164. 1,  746. 2,  und  die  vielen  Paral- 
lelen bei  Vogt  S.  CXLIV. 

996.  1108.  2768.  2838.  1713.  Vogt 
zu  Mor.  S.  CXLVIII  f. 

997  ff.  8.  216. 

997  S.  231.  336. 

997.  2148.  2168.  (2264.  2404.  2627.) 
2711.  3193.  ia%t  —  die  Mtaere,  daz 
waere    Berger   zu   Gr.  1762:   dazu 
Antichr.  181.  25  H. 

998  S.  336.  338. 

1003  ff.  ^Du  ^lobtest  tnir  ze  dienenf^ 
sprach  her  Dietnch.  ,wil  du  hinm  riten, 
so  brkhstü  sicherlich  an  mir  dtne  triuwe 
und  die  cre  dln,  und  muost  vor  allen 
recken  inwiermer gesivachetstn.  Du  swuer 
mir  an  den  ttten^  hell,  dinen  eity  du 
hast  sin  immer  schände^  sivä  man  et 
von  dir  seit,  wiltu  nü  hinne  keren^ 
wie  mahtu  ez  verschonten?  e%  schadet 
dir  an  den  eren  und  im  dtm  hochge- 
lopten  namen  Alph.  8.  1,  swenne  man 
die  schände  ervert  ime  lande^  so  körnet  ir 
nimmer  mere  luider  an  iuiver  tre  — 
nü  seht  wie  tu  daz  danne  ste  Mor.  v^ 
Craon  1305.  Vgl.  Wolfd.  B  440.  3  ff. 
ond  1005,  1008,  1010/11,  1012, 
1015  A. 

1003  S.  224. 

1005-17  S.  816f.  321.  339. 

1005-8  S.  175.  190. 

1005.  waz  händ  ir  an  mir  gerochen? 
Or.  1094. 

1006  S.  224. 

1008.  des  müest  ich  immer  schände  hän 
Or.  2438,  wir  hän  sin  iemer  schände 
Virg.  9.  10. 

1009-20  S.  177.  888, 

1010  S.  224.  231. 

1010.  1015.  daz  stät  dir  wol  an  Roseng. 
A.  169.  3. 

1011.  des  muos  ich  itnmtr  laster  hän 
Or.  1286. 


1012.  das  müest  mich  tmmer  riuuten^ 
sivä  man  ez  von  mir  seit  Alph.  224. 1. 
Vgl.  1003  ff:  A. 

1013  ff.  8.  210. 

1015  S.  231.  gedenke  künic  hcre,  'a.'ie 
stät  dir  das  an  Wolfd.  A  538.  3l 
Vgl.  1010  A. 

1016  S.  202. 
1020  S.  310. 
1021-56  S.  329. 
1021—34  S.  819. 

1026.  1040.  1046.  1546.  2852.  des  teil 
ich  tu  mtn  trimve  gehen  Herz.  Ernst 
B 1014,  Vogt  zu  Mor.  S.  CXXXVIIl  t 

1031  ff.  S.  208.  340. 

1032.  1975.  als  Hep  ich  dir  möge  gesm 
Mor.  293.  5. 

1033  S.  205. 

1035-54  S.  217.  250. 

1037  S.  339. 

1039  ff.  S.  280.  Wie  Pauiige  tun  zwei 
andre  Königstochter:  ,Brichst  du 
an  Wolfdietrich  deine  Treue,  so 
will  ich  mich  taufen  lassen*.  Da- 
rauf gibt  der  Alte  nach:  Wolfd. 
B558f.;  ,Giebst  du  mir  Rothers 
Boten  nicht  frei,  so  ziehe  ich  als 
Pilgerin  davon'.  Darauf  gibt  der 
Alte  nach:    Roth.  2323  ff. 

1039-54  S.  808. 

1039  S.  888. 

1042  S.  313. 

1045  S.  201. 

1050  8.  175.  204. 

1051  S.  232. 
1055/56  8.  817. 
1055  8.  231.  339. 

1058  8.  839.  Hier  ist  die  Lesart 
Oher  fs  nicht  aufgeführt,  weil  der 
Reim  einspielt. 

1068  8.  193. 

1069  8.  231. 
1071-73  8.  310. 
1072  8.  313. 

1074.  Ich  habe  nicht  gefunden,  daB 
eine   allgemeine   Neigung  —    wie 


407 


bei  ^  —  fftr  oder  wider  er- 
yorhanden  w&re.  Ich  setze  also, 
wenn  nicht  besondre  Grfinde  vor- 
liegen, bei  jedem  Yerbum  was  das 
Stemma  fordert:  bei  educare  das 
Kompositum  erüehm  (342.  344.  356. 
410.  429  etc.)  bei  cogUare  das  Sim- 
plex denken  (s.  die  Stellen  1362  A). 

1075/76  S.  224. 

1076  S.  230. 

1079/80  8.  328. 

1081/82  8.  190. 

1082ab.    Vgl.  1125. 

1087  S.  341. 

1088  f.  S.  216. 
1089-95  S.  224. 
1093  ff.  S.  806. 

1094.  Vgl.  591.  1142.  1372   und    die 

Lesarten. 
1097  S.  171.  215. 
1105  S.  340. 
1107.  2767.  Den  rhen  bereif  sin  grimmer 

tom  Or.  1301. 

1107  8.  232. 

1108  S.  313. 

1109  S.  232.  mir  häni  iiU  öttrgaere  vü 
ze  leide  getan    Wolfd.  B  925.  2. 

IUI  S.  210.  Trotz  des  Reimesaiso 
versuchen  IS  das  Wort  Rp  zu  um- 
gehen, ebenso  S  1829.  Im  übrigen 
vgl.  8.  318  und  füge  hinzu  die 
Stollen  1159  und  1387.  Vgl.  auch 
leven  masc.  (den  kven  beheUden) 
Fr&nkisches  Legendär  180.  226. 
555  (D)  565  (D).  —  In  den  Les- 
arten: lies  ^. 

1112a  8.  199. 

1115  8.  339. 

ni6.  1256.  vesUn^  vgl  2842. 

1117  ff.  8.  208.  248.  317.'  Ebenso  wird 
die  erste  Bitte  um  Urlaub  höfisch 
abgeschlagen  Wolfd.  B  466  ff. 

1120—25  S.  177. 

1121.  Ich  habe  beraiu  ISs  als  im 
Dialekt  begründeten  Schreibfehler 


nicht  aufgenommen,  doch  vgl.  die 
Lesarten  zu  556:  wenigstens  8 
scheint  das  Wort  beraten  nicht  zu 
kennen. 

1123  S.  341. 

1124  8.  312. 
1127  8.  205. 
1129-34  S.  880.  322. 
1131  ff.  8.  816. 
1131-33  8.  224. 
1131  8.  228  A.  1. 
1134  8.  216.  312. 
lia5/36  8.  817. 

1135.  Zu  Uib'  mein  M  vgl.  Gr.  Gr.  lY. 

340  (405  f.) 
1136—39  8.  177. 
1136  8.  202.  231. 
1141-43  8.  224. 
1142.  VgL  591.  1094.  1372.  Lesarten: 

streiche  den  Punkt  hinter  M. 
1144.  Hier  ist  des  Reimes  wegen  die 

Lesart  frauwe  s  nicht  aufgeführt: 

IcM  wil  ob  got  wil  sin  frautoe  werden 

178. 2L 
1148  8.  215. 
1152  8.  202. 

1153.  1381.  du  soU  in  mit  gemache  ßn 
Herzog  Ernst  B  748,  wiU  du  mit 
gemacMe  —  wesen   Wolfd.  B  428.  3. 

1154.  72  ist  formelhaft:  J&nicke  zu 
Ort.  5.  4. 

1155  8.  336.  tusent  riiter  bei  jedem 
einzelnen  Führer  Or.  295. 

1156.  alles]  vgl  1384. 

1159  8.  202.  347.   xvaeren]  vgl.  1387. 

1159.  1387.  da  wAm  si  uf  gesezzen  (auf 
der  Burg)  ir  Itbes  vil  vermeatten 
Herzog  Ernst  B  2883,  sie  wdren  ir 
gemüeus  frt  Herzog  Ernst  B  4692, 
des  Rbes  gar  ein  (ein  Jhtner  Hj  man 
Wolfd.  B  791.  2. 

1159.  1387.  2086.  wUMere :  bitkerbe  YLoV 
4907,  Or.  1311  (dazu  Berger).  Der 
Reim  ist  also  nicht  jung:  Bartsch 
Germ.  V.  140. 


408 


1160  S.  310. 

1161—68  S.  308. 

1161.  1380.  der  n  (das  Schiff)  saehe 
mit  den  ou^en,  der  swüere  wol  ez  toaere 
ein  troum:  muspoum  Mor;  v.  Craon734. 
Das  Wort  masiboum,  mosboum  ist  I| 
und  S  unverständlich,  wie  die  Les- 
arten zu  beiden  Versen  zeigen. 
Dagegen  setzt  I,  masbauni  für  fdel 
Y.  2748  (s.  Anm.) 

1162  S.  369.  Vgl.  Beneze,  Das  Traum- 
motiv  in  der  mhd.  Dichtung  S.  3: 
mirsi  freude  ein  troum  Parz.  461.  1, 
wart  er  ie  freuden  rScAe,  dat  was  im 
worden  gar  ein  troum  Willeh.  136.  18, 
ist  da%  er  sich  bekeret,  vor  gote  wiri 
stn  Sünde  ein  troum  Freidank  37.  26. 

1163  S.  185.  189.  198.  202. 
1165  S.  169.  369. 

1166.  1394.  kluügez  her  eine  nach  den 
Wörterbüchern  sonst  unbekannte 
Verbindung.    Vgl.  156. 

1167.  Umgehung  des  erglaste  in  den 
Prosen:  s  173.  28:  Das  sie  kännen 
gesehen  wa  sie  desz  nacktes  faren  uff 
dem  mere,  h  476.  %^\  das  sy  bej  der 
nacht  liecht  davon  haben,  u  :  d  (Kar- 
funkel) da  sey  Hecht  scheint  das  s.  p,  d, 
nacht  wol  dauon  gesehn  mügen.  Vgl. 
1391  A.  —  von  der  burcmüre  erglaste 
über  manige  wUe  raste  Brandan  521, 
stn  swert  erglaste  Wolfd.  B  673.  3. 
Vgl.  Graf  Rudolf  ab2  und  Ab7: 
cdeles  Gestein,  das  durch  die  Nacht 
leuchtet. 

1169  ff.  db  hiez  er  an  die  kiele  tragen 
cleider  und  otuh  sptse,  daz  si  ze  einem 
Järe  sotten  haben  Mor.  44.  3,  oueh 
hiez  er  alles  das  gewant  an  den  kiel 
tragen  gensUch  dd  mite  sibenzig  man 
sich  solden  betragen  ein  jär  Brandan 
100,  dasselbe  f&r  20  Jahre  Kudr. 
1121.  3.  S.  0.  S.  270. 

1171/72  S.  190  A. 


1171.  Der  Vers  lag  ß  ror:  Tgl.  sphe 

476.  27. 
172  S.  336. 
172  a  S.  190. 
173/74  S.  250. 
173.  dennoch  wil  ich  dir  mere  von  der 

buksen  sagen  Wolfd.  B    833.  2. 
174  S.  195. 
175/76  S.  818. 

176  S.  311. 

177-80  S.  221.  260.  8t8. 

177  S.  190. 

179.  ich  woUe  ime  iemer  gerne  liken  unde 
geben  Wolfd.  B  407.  2. 
181-84  S.  816. 

181  S.  341. 

182  S.  311. 
185  S.  201. 
187-90  S.  81«. 
187  S.  341. 

189  S.  339. 
199  ff.  S.  210. 
199  S.  316. 
201  S.  216. 

206  S.  216.  230.  806.  311. 
207—86  S.  251  f.  828  f. 

207  S.  231. 
209  S.  184. 
213  ff.  S.  211. 

213.  3044.  steinwant  ist  V.  1212. 
1217.  3052.  3078  durch  Iß  fnr  *MS 
erwiesen,  V.  3084^  aber  auch  in  M, 
V.  3078  auch  in  S.  M  schreibt 
sonst  steinesTifontt  S  steimn  want^  s 
meist  einfach  stem.  Vgl.  stainwant 
Kehr.  1419,  steines  want  Virg  56.  1. 

1214  S.  370. 

1215  S.  216. 
1217/18  8.  225. 
1220  S.  202. 

1221.  S.  231.  von  erest  <  verrest? 
Vgl.  Berger  zu  Or.  135.  In  *MS 
steht  die  Formel  sonst  oline  Ad- 

-  Terbu 


409 


1225-57  S.  177. 
1225  S.  369. 

1230  S.  201.  326. 
1231/32  S.  225. 

1231  S.  190  A. 

1233.  Lesarten:  dn  raben  >&.]  MSs 
dtn  rabe  L 

1 234  ff.  Sii  ir  muh  erkfunet,  so  muoz 
kh  tu  verjehtn:  tnir  ist  in  fremden 
kmäen  gar  vil  u  leidt  geschehen 
Wolfd.  B   405.  1. 

1235  S.  217.  dein  M  ist  falsche  Er- 
gänzung von  dl  ^  dir.  S.  S.  208 
Zeile  2. 

1237—44  8.  329. 
1239  S.  341. 
1245-47  S.  225. 

1245  S.  341. 

1246  S.  216. 
1249-54  S.  329.  889. 

1249  S.  338.    min  IHi :  daz  st   dir  ge- 

kleü  Wolfd.  B  659.  1. 
1251—54  S.  885. 

1251  S.  341. 

1252  S.  369. 

1255.  einsidel,  Y.  1218  und  1250  auch 
durch  S  für  *MS  bezeugt,  ist  durt 
sonst  durch  einsidler  verdr&ngt: 
1221.  1254.  1255.  1261.  1273.  1283. 

1256.  vesten]  Tgl.   1116.  2842.  2856. 
1262.    1759.   1767.    (enjkriuzestal.  nur 

in  M  und  I  erhalten,  gehörte  als 
ältere  Forui  in  den  Text  :  Tgl. 
Anno  836,  Rol.  6493.  6895.  Femer 
tld  vielen  sie  al  in  crüces  stal  Rother 
376,  do  vielen  die  recken  ml  bcdt  an 
ir  venje  nider  in  krttaestal  Herz. 
Ernst  B  4158. 

1265-68  8.  Ml.  260. 

1265  f.  S.  332. 

1269  ff.  S.  216. 

126d  8.  231. 

1270.  Das  PossessiTTerhältnis  bei 
Gliedmaßen-  ist  in  den  Hand- 
schriften  so  sehr  wechselnd  bald 


durchs  Pronomen,  bald  durch  den 
Artikel  ausgedrückt,  daß  ich  auf 
Regelung  Terzichte  ".  Tgl.  1275. 
1279.  1283.  1364.  1387.  1747  eU., 
auch  1556.  1713.  1741;  1597. 

1276.  1279;  1260.  1270.  Die  Form 
vingertm  ist  gegen  vingerle  M  durch 
den  Reim  gesichert  V.  581.  1264. 
1366,  übrigens  auch  in  MI  erhalten: 
V.  1272.  1283.  2206.  Vgl.  Vogt 
zu  Morolf  93.  5. 

1277—82  S.  329.  889. 

1280-1324  8.  190. 

1280  8.  201. 

1283—88  8.  225. 

1285  8.  341. 
i   1286  für  MI  aus  1188  zu  erschlieBem 
!   1287  ff.  8.  255. 

1287/88  8.  184. 

1291/92  8.  818. 

1292  8.  336. 

1293—1302  8.  177. 

1298-96  :  Tgl.  1886-89. 

1294  8.  185. 

1295  8.  386  A. 

1299.  wtkn  ist  M  unbekannt  und  so- 
gar im  Reime  beseitigt  V.  2729 
und  3232.  Auch  in  den  uihd. 
Wörterbüchern  fehlen  literarische 
Belege. 

1301  ff.  8.  320. 

1305  8.  199. 

1305.  2575.  2747.  nihi  vergeben  als 
Formel  :  Berger  zu  Or.  281. 

1315  8.  205. 

1316  8.  313. 

1322.  swieß  Tgl.  2501. 

1325.  ducken]  Leier  II.  1557,  Müller 
III.  126b  unter  tucken.  Auch  Or. 
319.  997.  2810  ist  bei  gleichem 
Reimzusammenhang  nach  Ausweis 
der  Lesarten  wahrscheinlich  ducken 
zu  lesen:  Der  engel  sich  dB  buctt 
(duckte  D)  den  Gräwen  Roc  er  üfmcU 
Or.  2810,  wU  baldcsi  sich  bucUn^  {sy 


410 


bedachten  sich  H)  die  guldlnen  sporn 
si  alle  üf  aucten  Or.  319,  Der  Grawe 
Roc  sich  btute,  (sich  bedochU  H^  die 
schuoch  er  ab  den  ßUzen  zucte  Or. 
997, 

1326  S.  369  Z.  5  Anm. 

1333  S.  321. 

1335—58  S.  2m.  d08.  329. 

1335  S.  819.  8  hat  hertzer.  Der 
scheinbare  Strich  durch  r  (Edzardi 
Genn.  XXL  175»*)  ist  Durchschlag 
der  folgenden  Seite. 

1 336  f.  nu  sage  nur  fürbaz,  wa%  mir 
win  frouwe  enbiete,  diu  edele  hün^in 
Ort.  415.  2. 

1337.   hab  M]  vgl.  1378.  1454.  (1795.) 

1340  S.  369.  In  den  Lesarten  er- 
gänze ^^äch  M. 

1344  S.  202.  Auch  Morolf  will  erst 
die  Nacht  ruhen,  ehe  er  der  Salme 
»icre  sagt.  —  Die  Lesarten  zu 
tälanc  zeigen  zu  den  von  Lexer  IL 
1390  verzeichneten  noch  zwei 
weitere  Entstellungen  des  Wortes. 
Vgl.  Or.  995,  Mor.  336.6,  Bit. 
10439. 

1346.  Lesarten  :  lies  reden  s  wyszhait 
Pf,  S.  Aus  MI  ergibt  sich,  daß 
reden  in  •MI  übergeschrieben  war. 

1351.  2092.  2172.  3141.  erschricte(n) 
ist  regelmäßige  (intransitive)  Prae- 
teri talform  im  Reime  (159.  486. 
64t:  741.  961.  1704  usw.).  Ich  habe 
sie  darum  gegen  das  Stemma  auch 
hier  eingesetzt.  Die  Schreiber  be- 
vorzugen erschrac,  M  (2172.  3141) 
auch  erschracte.  In  S  2759  ist  die 
Form  der  Vorlage  dadurch  er- 
halten, daß  sie  als  Präsens  auf- 
gefaßt wurde  :  s.  S.  335.  In  den 
Lesarten  ergänze  :  1351  erschricte 
MI  ersckrac  Ss. 

1352  S.  202. 

1356.  Die  wtie  duchte  in  eines  järes 
lanc  Brandan  710. 


1357  S.  205. 

1359—60  S.  190. 

1359  S.  339. 

1362.  ex  ist  gedäht  mit  Dativ  der 
Person  und  Genitiv  der  Sache  ist 
veraltet:  V.  663.  1436.  1520  ist 
die  Konstruktion  unangetastet  ge- 
blieben, V.  144  hilft  sich  S,  V. 
1362  Ss  mit  haben  und  pefftönlichem 
Subjekt.  Ahnlich  bei  gedetüun  (er- 
denken) mit  gen.  und  dat.  V.  460 
läßt  M  den  Genitiv  der  Sache, 
V.  1445  den  Dativ  der  Person  aus. 
Vgl.  1473  und  die  Anm.  zu  77, 
wes  ir  ze  muote  tvaere  259  und  die 
Lesarten,  auch  Gr.  Gr.  IV.  839. 

1364  S.  184. 

1366  f.  S.  216. 

1366  S.  175.  336.    Lies  daz  sUU  das. 

1367-73  S.  225. 

1368  S.  379. 

1371  S.  203.  Antwort  der  Bride  auf 
Orendels  Werbung:  dir  enbiutet  wm 
frotewe  Bride  —  daz  daz  vU  edel 
megetin  niemant  mohte  holder  grstn, 
dan  (Ur^  ritter  lobesan  Or.  1152. 
Vgl.  die  Anm.  zu  590  und  1141. 

1372.    Vgl.  1094  und  die  Lesarten. 

1373  S.  185. 

1375/76  S.  Sie.  S88. 

1375  S.  215.  IMK».  VgL  1146  f.  dem 
heiigen  grab  -  stn  undertän  Or.  3728, 
vgl.  8862. 

1381  8.  206. 

1883  S.  336. 

J387  S.  202.  347. 

1388  S.  202.  311.  Lesarten:  lies 
Zwar  SfMIs. 

1389—96  S.  184.  308. 

1390  S.  369. 

1391.  und  auf  yedem  kyel  ze  obrist  in 
dem  maschpawm  ein  liechter  karfundä, 
das  jr  dy  nachtt  habt  Hecht  davon  3 
478.5.    Vgl.  1167  A. 

1397  ff.  S.  207. 


411 


1397  a  S.  190. 

1398  a  S.  190. 

1400  8   336. 

1401  ff.  S.  207. 
1401.2  S.  260. 

1401  a  S.  190. 

1402  S.  195. 

1402  a  S.  190. 
1403/4  S.  318. 

1403  S.  202. 

1404  S.  311. 

1405-24  S.  a«.  248.  327. 

1409.  2973.  vol  geschehen  ist  V.  264. 
678.  1021.  1792.  2256  cet.  für  »MS 
erwiesen,  mit  der  Schreibung  woi 
statt  vol  auch  durch  MIS  2961 
und  IS  3029.  M  und  MI  ändern 
gern  in  alle  geschehen  (1409.  2973. 
3029):  aber  Y.  2224  ist  das  vol 
allein  durch  M  bewahrt.  Vgl.  vol 
geloben  2805,  volvüeren  712,  vol  ver- 
nenien  1479:  auch  da  ist  das  vol 
unbequem  gewesen.    Vgl.  2589  A. 

1411  S.  339. 

1413  S.  341. 

1417  S.  202.  376. 

1419  ff.  Ein  Bild  auf  einer  Tafel, 
dran  stuoni  si  und  der  heiser,  da*  sage 
ich  iu  für  war  Wolfd.  B  739. 

1419  S.  341.  ß  478.  14  und  v^md  sich 
selber  in  der  witl  kann  auch  auf  1417 
bezogen  werden,  darum  ist  hier 
das  selber  nicht  unter  die  Lesarten 
aufgenommen. 

1421  S.  340. 

1423-25  S.  310. 

1423  S.  341. 

1424  S.  199. 

1425  ff.  S.  317. 

1427  S.  347.  Heizent  mir  bereilen  schiere 
72  kieU  Or.  233. 

1428  S.  336.  vinden  nach  M:  vgl. 
kiel  finden  Or.  106,  wir  nemugen  mit 
unsen  sinnen  mchl  i>ezuris  rätis  x*inden 
Kother    604,   sinne  :  vinden.   Kehr. 


3571,   bin/en  :  gewinnen   Vor.  Alex. 
2161. 

1432  S.  201. 

1433  6.  205. 
1434-70  S.  252  f. 

1434.  St.  Jörgen  als  Termin  DFL 
355. 

1435  S.  175. 

1436  S.  869. 

1437  S.  190. 

1438  S.  336. 
1489  S.  257. 

1443-70  S.  80«.  308.  319.  329.  330. 
865.  Diese  Goldschmiede  werden 
also  nicht  aus  Salmiders  geholt: 
vgl.  475. 

1443  S.  231. 

1445-64  S.  185. 

1447  S.  340. 

1452  S.  205. 

1462.  hreßigesherl{Br%og  BrnstB  792. 
2002.  3712.  3758.  Sonst  nur  bei 
Müller  I.  872^  zwei  Belege  aus 
Parz.    Vgl.  die  Anm.  zu  1166. 

1465  ff.  S.  198. 

1465  f.  S.  210  A. 

1465  S.  199. 
1466/67  S.  319. 

1466  a— c  S.  198. 

1469  S.  340. 

1470  S.  204. 
1471-1504  S.  245  f. 

1476  S.  336. 

1477  S.  341. 
1479—93  S.  816  f. 
1479  S.  189.  195.  369. 
1481  S.  191. 

1483  ff.  S.  195  f. 

1484  S.  369. 
1488  S.  205. 
1491  ff.  S.  208. 
1496  S.  339. 

1498.     gnvä/enl  wol  u  ßfze  in  ir  hals- 

berge  wlze  Herzog  Ernst  B  4573. 
1499-1502  S.  816. 


412 


1501-4  S.  380. 
1504  S.  175. 
1507  S.  340. 

1511  S.  341. 

1512  S.  311. 
1513-42  S.  330. 
1513-38  S.  268  f.  307. 

1517  S.  341. 

1518  8.  201.  311.  369.  Zu  Ge  M  vgl. 
DWB.  IV.  II.  2273.  -  Hinzuzu- 
fagen ist  den  Lesai'tcn  ^veste  I. 

1523  ff.  S.  195. 

1528  8.  220. 

1529  8.  341. 

1531.  n  st  im  lUp  oder  Uü^  daz  si  im 
vür  ivär  geseit  Herzog  Ernst  B  1229. 

1532  a  8.  190. 

1537  f.     WfÜ    ir    mit  mir  dttr  ^/»,  dm 

läi    mich    wixzen    hie    uhant    Herz. 

Ernst  B  2490. 
1539-78  8.  89Q. 
1540.     swer    ritter    welk   xoerden    oder 

ritter  toorden  j?  Rosengarten  A  46.  1. 

1543-50  8.  254.  324. 

1543.  2849.  nuer  hie  hüte  wirt  irscia- 
inr»,  des  sele  sal  genäde  havin  Roth. 
4073,  wirstu  —  erslagefiy  so  wil  got 
in  dem  himel  din  scle  haben  Or.  1378, 
sterben  wir  üf  disetn  wilden  «,  wir 
sin  behauten  immer  me  bt  gote  in  sime 
rlche  Herz.  Ernst  B  3979. 

1544  8.  204.  376. 

1548  8.  311.  369. 

1549  S.  198.  Rol.  5268:  hiuUwerthe 
loir  lutere  westeparn  durch  den 
Kampfbod.  Zu  den  Lesarten:  vgl. 
wester hint  Rol.  7318  >  einnaehiec  kint 
8trickers  Karl  8764. 

1551—78  8.  330. 

1551  8.  202. 

1557  8.  190.  202.  347.  Rol.  87:  w/i^Är 
//•  mtne  vile  lieben!  90:  wole  ir  helethe 
^uotet  —  hünige :  bürge  Berger  ZU 
Or.  592. 

1566.    1611.     Sie  wurden  schone  bereu 


Ort.    C    313.  1    und  Vogt,  Mor. 

8.  CXLVI. 
1567-70  8.  200. 
1568  ff.  8.  196.     Ir  suU  daran  gedenken 

-    als  tu  min  valer  Dietmar  in  gmete 

ie  habe  getan  Alph.  85.  1. 

1568  8.  178.  195.  197.  220.  266. 
Der  Name  fehlt  hier  in  ^,  Ygl. 
aber  Seewart  b  Sewart  u  467.  24: 
SeebarUh  SeztHtrtn  466.3:  Sewart  h 
Sebartxk  467.  6;  Sebart  b  Stwart  u 
467.27:  Sebart^  467.  10. 

1569  Lesarten:  erg&nze  dehein\  M 
kein  IS  und  TgL  die  Anm.  zu  61. 

1571—74  8.  246.  330. 

1573-77.  VgL  Alphart  83  ff .  Su 
sprächen  edle  gelkhe:  htrre  gehabt  such 
woL  tvir  wein  tu  niht  entwichen,  als 
mem  von  rehte  sol.  wir  wellen  bi  iu 
wägen  Itp  unde  leben.  Vgl.  Anm.  zu 
1568  und  1557. 

1573  8.  341. 

1574  8.  311. 

1575  8.  339. 
1577  8    169. 

1579-1600   8.   258.  808.  824.  329. 

1579  S.  201.  339. 

1587  8.  340. 
1583  8.  800. 
1587—1606  8.  177. 

1588  8.  336 

1589  8.  204. 

1590  ff.  8.  187. 

1591  ff.  der  herzöge  und  sine  man 
giengen  frbJkhe  dan  dA  sie  daz  kriuse 
nämen  Herz.  Ernst  R   1851. 

1591  8.  231.  326.  339. 
1592.    umbe   in   wart  vil  gros    gedranc 
Herz.  Ernst  B  5964. 

1598  8.  208. 

1596  8.  193. 

1597-1600  8.  800. 

1597.  da%  kriuuer  (Wolfdietrich)  am  skh 
nam  Wolfd.  B  531.  3,  sie  seichmbten 
sich  mU    hriucen    Rol.   187,   sich   üf 


413 


dUxfori  aekhnen  Herz.  Ernst  B  1865. 
1599  S.  340. 
1600.     einander]  vgl.    1590.     erkanden] 

vgl.  1590. 
1601-8  S.  860.  829.  890.  865. 

1601  S.  191.  195. 

1602  S.  190. 

1603  S.  869. 

1605/6.  Ich  Tennuto,  der  Reim  war 
gewinne:  gesrnne  (S.  205):  die  Än- 
derung in  geiinde  h&tte  dann  die  in 
das  sonst  unbekannte  getmde 
nachgezogen  ? 

1607  S.  202. 

1608  8.  204.  aber  s  ist  nicht  mit 
aufgeführt,  weil  der  Zusammen- 
hang (177.  19)  abweicht 

1609/10  S.  818. 

1609  8.  386. 
1618  8.  202. 

1614.  2632.  Vgl.  1295.  db  kuop  skk  ein 
vU  gro%er  schal  Herz,  Ernst  B  3460. 

1615  8.  340. 

1616.  Y.  2239.  2240.  3188  ist  zogen 
M  gegen  die  übrigen  Handschriften 
aufgenommen.  Das  mußte  konse- 
quenterweise auch  hier  geschehen. 
Indessen  bin  ich  zweifelhaft,  ob 
die  md.  Vorlage  nicht  doch  %iihen 
fßr  das  lat.  proficisci  bevorzugte: 
vgl.  2616.  3209.  Vom  An-  und 
Ablegen  des  Gewandes  heißt  es 
ziehen:  1766.  8110.  3114.  Vgl.  auch 
1876.  2029.  Verschiedenheiten 
mögen  noch  von  den  Interpola- 
toren  herrühren. 

1617  «r.  8.  210. 

1617  8.  231.  im  was  von  dannen  gäch, — 
do  segent  ime  nach  diu  herzogtn  vrou 
Uote  Alph.  113.  1,  von  damte  7oas 
im  gäch  Im  tet  diu  tugentrUhe  vil 
manegen  segen  nach  Wolfd.  A  554.  3. 
Vgl.  2615.  2737  und  614  A. 

1619/20  vgl.  2641/42. 

1623-27  8. 


1623.  2647.  änkir  ist  MI  unbekannt 
anker  schiezen^Wi^XAXi  Or.341.  2969, 
Kudr.  114^,  DFL  1114,  Mor.  v. 
Craon  893.  Danach  wäre  Berger 
zu  Or.  341  und  2969  zu  korri- 
gieren. Zu  den  Lesarten;  lies 
M  rüder  segelpawm  I. 

1624  8.  336. 

1627  8.  206. 

1631  ft.  8.  806. 

1631.  Ich  habe  bei  Schwanken 
zwischen  als  und  do  nach  dem 
Stemma  entschieden.  Meist  bevor- 
zugen MI  als  gegen  Ssß  (1207. 
1281).  Hier  zeigt  sich  an  der 
Eormptel  von  8  (AUe)^  daß  auch 
*M8  als  anwandte,  vgl.  3537. 
Zuweilen  aber  bat  auch  die  ganze 
Überlieferung  d$:  1213.  1221.  Der 
Gebrauch  war  also  wohl  schon  in 
den  Teilen   von   *M8  verschieden. 

1634  8.  379. 

1635  ff.  8. 1 84.  An  dem  ii,  morgen  kam  der 
degen  ball  —  do  sach  er  vor  im  ein 
sehoene  Inerc  stän.  An  der  selben  bürge 
wol  200  Hirne  lac.  die  sinnen  üf  der 
mure  die  HüUen  als  der  tac,  er  sack  uf 
den  zinnen  joo  hautet  stän,  —  Es  mac 
vil  wol  diu  burc  sin,  da  ich  von  ver- 
nomen  hän,  nu  berät  mir  got  %e  Kriechen 
mtn  II  dienstntan  Wolfd.  B  537  It 
Wolfd.  D  VI.  1  ff.  weichen  ganz  ab. 

1635  8.  342.  Eine  herrliche  Burg 
vom  Meere  aus  gesehen:  Herz. 
Ernst  B  2212.    Vgl.  Bit.  1393. 

1637  8.  205.  Die  Türme  von  Tyrus 
scheinen  golden:  Vor.  Alex.  613; 
ein'  burch  —  so  die  sunne  Brandan 
1141,  an  derselben  bürge  wol  200 
tüme  lac,  die  ziftnen  üf  der  mure 
lühten  als  der  Hehle  tac  Wolfd.  B 
806.  8.  die  (Edelsteine)  geBchlen  wol 
der  stinnen  und  lühten  sam  sie  brunnen 
Herz.  Ernst  B,  die  veste,  der  sihtn 
vü  verre  glesu   Herz.  Ernst  B  2249. 


414 


1638-45  S.  8t7.  818.  329.  tR9. 

1641—45  S.  254. 

1641  S.  201. 

1646  ff.  S.  898. 

1646/47  S.  226. 

1646  f.     Do    Fort   die    intrg    am   sach, 

gerne   moget  ir   hören  wie  er   spradi 

Mor.  47. 1. 
1646  S.  821. 
1648  S.    184.   819.     Da%  mag  zvol  din 

rac  sin  Or.   138,  Wr  mögen  der  bürg 

wol  näfu  sin  Mor.  884.  1.    Vgl.  die 

Anm.  zu  1685  ff. 
1650-65  S.  177. 
1652  S.  840. 
1658.     tocu  toi  ich  nu  grtfen  an  Yirg. 

75.1. 
1654-59  S.  290.  900.  829. 
1656/57  S.  190. 

1657  S.  379 

1658  S.  341.  Vgl.  herre  :  werthen  Rol. 
763,  htre  :  erthe  Rol.  1592,  erthe  : 
mere  Rol.  2575,  verre :  erthe  Rol. 
8693. 

1663.       so     öthaUestu    gros    ere    Rol. 

2088. 
1664—66  S.  184. 

1664  S.  169. 

1665  S.  189. 

1667  S.  336. 

1668  ff.  S.  210. 

1668.  Lager  auf  einem  anger  breit 
Roseng.  A  125.  8,  Bit.  5598, 
Lagerzelte  auf  einem  anger  Ort. 
363.  8,  ein  anger  breii  unter  einer 
Linde  Ort.  84.  1.  Aber  das  Wort 
scheint  Sfi  unbekannt  (Y.  1682  hat 
b  wise)  und  von  ^MS«  glossiert  zu 
sein:  s.  S.  210. 

1069-80  S.  177. 

1670  S.  201. 

1671  S.  205.  336. 

1672  S.  205. 

1675  S.  205. 

1676  ff.  S.  208.  212. 


1676  S.  201.  Si  volgeten  al  gemeine  Mte- 
degeren  eine  Bit.  828. 

1677  S.  369. 

1679  S.  201.  204.  mit  den  Unen 
frotiche  trat  der  heli  an  stnen  kiei 
Herzog  Ernst  B  2110.  —  Die  Pripo- 
sition  abe  veraltet  Ssß  versuchen, 
sie  durch  iiber,  von,  Hz  zu  ersetzen: 
1681,  vgl.  8075.  In  Y.  3432  haben 
sich  MIs  durch  Auslassen  geholfen, 
vgl.  2542.  Erhalten  in  Y.  2429. 
3413. 

1682  ff.  S.  210. 

1682  S.  386. 

1682.  2069.  swischen  c.  gen.  vgl.  1686. 
2044.  2623.  2637.  Ygl.  Lachmann 
zu  Nib.  845. 

1683  S.  202. 

1684  8.  201.  389. 

1686  S.  201.  336.  vür  die  stat  A/doz 
velt  da  was  vü  mänic  guot  gezeil  ge- 
slagen  Herz.  Ernst  B  481,  vgl.  Anm. 
zu  Bit.  5801 ;  erUch  gezelt  Boseng. 
A  1772. 

1688  S.  336.  mit  (in)  sorgen  :  virborgen 
Yespasian  87,  Yeronica  437,  da 
lägen  sie  mit  sorgen  Brandan  466. 
Ygl.  die  Anm.  zu  Y.  21. 

1694  S.  340. 

1696  S.  821. 

1698—1703  S.  817. 

1698  S.  819. 

1701—8  S.  226. 

1702/8.  Der  Reim  war  nach  *zn 
küniginne:  gcmiputm.  Aber  vri  als 
Epitheton  braucht  durchaus  nicht 
epigonenhaft  zu  sein  (Bartsch, 
Germ.  Y.  184 ; :  vgl.  Sjmons  zu  Kudr. 
956.  1:  Marien:  der  hcren  vnäe  drr 
vrien  Antichr.  178.  1  Vi  \  der  fürste 
vri  (1589.  1992)  Herzog  Ernst 
B  5463,  vgl.  4506. 

1703.  wes  in  gen  uns  te  muote  si 
Herz.  Ernst  B  2521. 

1706     16  S.  217. 


415 


1706.  verjehen  mußte,  streng  nach 
dem  Stemroa  gegangen,  in  den 
Text.  Vielleicht  ist  diese  Form  von 
S  aber  nur  ein  Versach,  dem  Sim- 
plex yVi^  ansza  weichen:  vgl.  1051. 
1238.  2880.  8105;  2972.  Denn 
jehm  ist  durchaus  die  gewöhnliche 
Form:  711.  1226.  1586.  1825.8022 
etc.,  und  dem  Worte  war  im  über- 
lieferten Reime  schlecht  auszu- 
weichen. Einmal  tuts  M,  wohl  aus 
Fahrlässigkeit:  Y.  3148.  Y.  3043 
ist  im  Innern  für  gut  M  das  mo- 
dernere spHcksi  in  ISsß  eingesetzt. 

1707  S.  312. 

1708—15  S.  264.  818.  329.  888. 

1708  S.  869. 

1711  S.  311. 

1712  S.  232.  Ygl.  Anm.  zu  996. 
nü  vortkh,  htm,  dinen  %om,  das  mer 
der  üf  st  verlorn  Rother  3305. 

1716—21  8.  817. 

1717  8.  170. 

1718  8.  340. 

1719  8.  201. 

1720  8.  232.  386. 
1721.  Gr.  Gr.  lY.  238. 

1729.  ssi]   vgl.  1176.  1404.  1815. 

2674;  810.  1108.  1713.  2768. 
1730  S.  840. 

1732  8.  840. 

1733  8.  836. 

1734  8.  840. 

1735  S.  836. 

1736.  In  I  Abspringen  von  not  auf 
•mdi  1755. 

1737,  Strophenschluß,  würde  Lang- 
vers durch  Aufnahme  des  grimmigen 
M,  das,  wie  818  und  2848  zeigen, 
von  den  übrigen  Handschriften  ge- 
mieden wird.  (Ygl.  549  A.)  1787 
und  2848  w&ren  dann  aufs  nftchste 
verwandt. 

1788    Lesarten:  lies  MS. 
1740/41  8.  190. 


1740  8.  204.  340: 

1741  8.  205.  336. 

1743.  gedenkmt  nit  an  uwer  wtp  noch 
an  uwer  kini  da  heim  Mor.  486.  4. 

1745.  I  schreibt  vortoisset,  s  verwisei; 
vgl.  8  Y.  19:  das  Wort  scheint 
ungel&ufig  geworden  zu  sein. 

1750-75  8.  264  f.  826. 

1751  8.  208. 

1753.  (561.  1863)  fürste  here  nu  volge 
miner  Itre  Herz.  Ernst   B  3319. 

1754.  2841.  Ir  vü  stolzen  helde  guot 
getomnent  emen  frischen  ntuoi  Or. 
423. 

1757  8.  205. 

1757.  3449.  Die  Schreiber  bevorzugen 
trotz  des  Reimes  gewant  vor  gewaete 
(3110  ist  gewaete  beibehalten),  ge- 
want  im  Reime  Y.  1171.  1437. 
2217.  2221.  Dem  Bearbeiter  «MS« 
scheint  umgekehrt  gewant  unbequem 
gewesen  zu  sein:  vgl.  S.  210  zu 
2220  flf.,  8.  325  zu  1756  ff.  Ygl. 
auch  DWB  lY.  L  IH.  5237  f. 

1760—63  8,  226. 

1760  8.  340. 

1762  8.  340  f. 

1767  S.  204.  336.  Ygl.  1262  A: 
mder'\  vgl.  1714.  1759.  2546.  Daß 
das  Wort  vermieden  wurde,  zeigen 
die  Lesarten  zu  1775. 

1770  S.  232. 

1771  8.  336. 
1774  S.  201. 
1776-1831  S.  264. 
1778—88  8.  175. 
1782  ff.  8.  210. 

1782.  lat^e  wird  (gegen  gar  Mß) 
mit  Recht  im  Texte  stehen.  Ab- 
gesehen von  dem  Znsammenhange: 
gar  pflegt  nur  in  der  Yerbindung 
mit  verloren  von  8  durch  gansi  er- 
setzt, von  Is  beseitigt  zu  werden 
(1176.  1404.  1815);  aber  grade  bei 
vergezzen   bat   8   1960  ein  gar  er- 


416 


halten.    Vgl.  auch  18;  IMO.  2067; 
1821   und   die  Anm.   zu   549  und 


1784  S.  840. 

1785  flf.    Zu  8  178.  35  ff.  vgl.  S.  175. 
1786.     siege   und  siräMen  hän    ivir  m 

gar  verUit  Alph.  341.  2. 

1788  ff.  S.  210. 

1788.  1828  S.  336.  kumstu  mt 
suo  hilf  dinem  vater  in  diser  zU,  er 
und  die  sin  verlieren  den  Rp  Or. 
2852,  kwn  seh  im  nit  suo  hiy  in 
kurzer  sU,  er  und  alle  die  sinen  Ver- 
liesen iren  lip  Or.  2864. 

1789  S.  210. 
1790—1838  8.  186. 
1791  S.  231. 

1794  S.  217. 

1795  S.  202.  231. 

1796  ff.  S.  322. 

1797  S.  313.  322.  weger  S  ist 
schweizerisch.  Vgl.  auch  Gr.  Gr. 
III.  603. 

1799  S.  379. 

1800  S.  341. 

1801  S.  386. 
1801a  S.  190. 
1802/3  S.  340. 
1806  S.  190  A.  341. 

1809  S.  202. 

1810  ff.  S.  210. 

1815   S.  311.     Hinter  verioren   fehlt 

der  Punkt. 
1816-23  S.  250.  329. 

1817  Lesarten:  vielleicht  htt  ,^5ze 
not  schon  in  *MS  als  Glosse  zu 
dem  Teraltenden  arheü  gestanden. 

1818  S.  341. 

1819  S.  190  A. 
1820-24  S.  177. 

1820  S.  340. 

1822    Lesarten:   lies   nemen   MI    ne- 

menssen  S. 
1824  S.  205. 
1827  S.  313. 


1828-31  S.  210.  318. 

1832—89  S.  254  f.  261.  329. 

1832  S.  339.  Lesarten:  aber  M  ge- 
hörte gegen  do  IS  in  den  Text. 
Denn  dies  aber^iterum  ist  durch  das 
aber  ^  autetn  ß  479.  38  {der  rabe  aber 
sprach)  gehalten. 

1834  ff.  S.  196. 

1838  S.  202. 

1840-45  S.  254f. 

1844^56  S.  217.  254  f.  329. 

1848.  1960.  Ir  heiei  mtn  (Ckristt)  ver- 
gezzen^  im  gabt  mw  weder  trimken 
noch  ezzen    Antichr.  201.  41  H. 

1850.    sine   sphe  nemen  Rother  1162. 

1853.  vor  dem  dtsche  des  vater  mm 
hörte  ich  (Salme)  deinen  (MorolfsJ 
Gesang  Mor.  253.  4,  Die  humle 
ghen  mchl  weit  vom  tisch,  non  in 
stabulum  porconwu  sed  ad  mensam 
domini  Luther  XXIX.  70,  6. 

1855.  1967.  sie  grinen  sam  tkie  kmmle 
RoL  4837.  s  setzt  V.  1967  gnarren 
ffir  das  grinen  ein. 

1856/57  S.  254  f. 

1856.  8  179.  4:  Man  gab  mir  weder 
brot  noch  wyn  vn  ntust  essen  mit  den 
swynen  Von  kunger  .  .  .  Hatte  *s  den 
Reim  win  :  s7oin? 

1857  S.  336. 

1858  S.  202. 
1860  S.  194. 
1862-81  8.  254  f.  329. 
1864  S.  184. 

1872  ff.  S.  207. 

1877  S.  189  f. 

1878  8.  340. 
1879—1925  8.  190. 

1879.  Do  begonde  Jm  der  enget  wider- 
stone  8  179.  11,  das  unäerstuend  da 
(da  v,  es  u)  der  er^l  gotes  b  480.  12. 

1879a-h  S.  190. 

1881.    hoher  erswanc]  vgl.  1864. 

1886-89  8.  318. 

1888  S.  386  A. 


417 


189011.  S.  2».  MO.  »0.  829. 
1890  S.  169.  231.  826.  389.  869. 
1900  S.  282. 

1906  S.  869  f.  öoten^dt]  Leier  I. 
882,  Müller  I.  264  b,  aach  Or.  1174. 

1907  8.  205. 
1911  8.  205. 

1914  8.  202.  869. 

1915  8.  811.  In  p  erst  nach  1939 
(480.  26).  Dri  marc  goUis  hüs  er 
im  geben  %^Aani  Mor.   166.  1. 

1916  8.  211.  257.  820.  386. 
1921  8.  205. 

1922-43  8.  175.  186.  Von  1922 
springt  8  (179.  24)  auf  1942  ab 
und  l&ßt  1944  folgen.  In  ß  sind 
die  Zwischenverse  vertreten:  480. 
22  ff. 

1925  8.  811. 

1927  8.  818. 

1928  8.  281.  839. 

1980   8.    841.     Lesarten:    Hinter  ß 

fehlt  ein  Punkt. 
1982  ff.  8.  256. 
1982-89  8.  880  f. 
1986/87  8.  190. 
1986.      abfHrt]  Vgl.  DPI.  208    und 

die  Anm.:  vnrt :  birt  Ott.  855b, 
1988  8.  340. 

1939  8.  811. 
1940—43  8.  320. 

1940  8.  281. 
1944-51  8.  820  f. 
1948  8.  231. 

1950  ff.  8.  865  f. 

1951  8.  190. 
1959  8.  812. 

1960-67  8.  190.  211.  864. 

1960.    gar]  vgl.  1844  und  1782  A.       i 

1961  ff.  8.  196. 

1963  8.  886. 

1972.    ez]  vgl.  406.  865. 

1976.  dar/i  du  s^e,  du  wU  kh  dir 
gen  die  wtlc  ich  h&n  das  leben  min, 
des  gibe  tch  dir  min  trüwe,  und  wilt 
Baesecke,  H&iiebeiier  Oswald 


du   gerne   bi   mir    sin    Mor.   641.  2, 
8alnie  verspricht  dem  Waller,  win 
unde  brbt  solange  sie   leben.    Mor. 
206. 
1977  8.  196.  205.    * 
1979-98  8.  177.  264  f.  829. 

1994  8.  841. 

1995  8.  202. 
1998—2004  8.  818. 
1998  8.  841. 

2001  8.  886. 

2002  ff.    Vgl,  2048  ff. 
2005—13  8.  177. 

2008  8.  341. 

2009  8.  311.    Vgl.  2055. 
2012  8.  202. 

2014  8.  339.  urloup  er  sü  dem  kumge 
nam  und  ze  allen  sinen  mannen,  do 
scfdet  er  frb^hen  von  dan  Mor. 
659.  3. 

2017—24  8.  177. 

2018  8.  388. 

2018.  2447.  gebirge  hoch,  da%  sich  uj 
gen  den  wölken  %bch  Herz.  Ernst  B 
438 1 ,  und (ilien) gegen  eim  gebirge  hoch, 
das  steh  u/gein  den  lüften  soch  Virg. 
19.4. 

2022-27  8.  317. 

2028.  8Utt  sU  lies  sider  und  vgl. 
die  Anm.  zu  824. 

2025  8.  192. 
2026—28  8.  310. 

2026  8.  341.  Ist  Hne  statt  ünne  zu 
lesen?  ß  hat  481.  A:  da  was  dy 
Junkfraw  anainHenn  (fyen  vl) gegangen. 
V.  2027  (heruz)  und  2030  scheinen 
daf&r  zu  sprechen.  Auch  V.  978 
sind  Änderungsversuche  gemacht. 
Vgl.  Zingerie  ZfdA,  XXXUI.  107  ff. 
und  Heyne,  Das  deutsche  Wohnungs- 
wesen, 8.  367  f.  und  Anm. 

2027  8.  311. 

2028  ft  8.  230. 
in\    vgl.    *zn   51.  21  durch  ain 

vensier  ein  und  V.  788. 
27 


418 


2031.      er    hie%    in  goie    rviikumcn  sin 
Mor.  56.  3  und  Vogt  zu  der  Stelle. 
2032-47  S.  177. 
2032-39  S.  818. 
2034/35  S.  221.  200.  889. 
2036  ff.  S.  207. 
S.  841. 


2037  S.  311.  336.  s:  iverlich  khwoli 
j'n  gern  sehen.  Steckt  darin  der 
Reim  zu  S  2037a? 

2038  S.  340.  Daz  Heime  was  so  lange, 
des  verdrb%  den  ketser  rieh  Alph.  46.  1. 

2039  S.  201.  so  ist  min  vreude  gar 
sergangen  Kudr.  941.  4,  der  was  nu 
zergangen  mit  grdzer  arbeit  Kudr. 
14.2. 

2048  S.  312. 
2046  S.  386. 

2048  ff,  S.  250. 
2048—51  S.  318. 

2049  S.  201. 

2054  S.  341. 

2055  S.  175.  190.  311.    Vgl.  V.  2009. 
2056/57  8.  817. 

2056.  gemeit]  Vielleicht  bedeutet  die 
Lesart  von  S  ein  Ausweichen  vor 
dem  veraltenden  Worte.  Sonst  ist 
es  (im  Reime)  allgemein  erhalten 
in  V.  537.  1101.  1405.  1466. 

2057  S.  313. 

2058—61  S.  247. 

2060.  erhadM]  vgl.  332.  2314. 

2061.  mähtest]   vgl.   333   und  2315. 
2062  S.  313. 

2064  S.  217. 

2065  S.  204. 
2067  S.  210.  318. 
2070  S.  201.  339. 
2072  6.  205. 

2074  8.  201. 

2075  S.  202. 
2077-80  S.  218. 
2078/79  S.  256  f. 

2078.  2196.    waf/te]  vgl.  2262. 
2080/81  S.  818. 


S.   194.  340:     er  begunäi  vU  wol 
enphän    den  Herren    und  ai  sime  man 
Herz.  Ernst  B  2019. 
2081     S.     312.      dienestman    Is]     vgl. 
Kotzenberg  S.  24  ff.  und  V.  2959: 
115.  323.    610.    1738.    2001.  2009. 
2661. 
2084  S.  340. 
S.  347. 
>— 2124  S.  217  f.  329. 

2090  ff.  S.  220.  808.  86&. 

2091  S.  201.  Auch  Gr.  281  sind  es 
zwölf  Schmiede. 

2092  ff.  S.  207. 
2092  S.  194. 

2094  S.  189.  193.  mit  disen  starken 
maeren  wart  er  besitfaeret  tere  Herz. 
Ernst  B  4704,  starkm  maere 
Brandan  74. 

2096  S.  202. 

2098  S.  201. 

2102  ff.  S.  255. 

2102  S.  341. 

2103.  2702.  gewerren  veraltet:  vgl. 
mht  gewerren  >  leides  niht  inot  Am- 
mann S.  341. 

2104  S.  340. 

2105  ff.  1702.  Solches  Weiterschieben 
des  Reims  in  den  Handschriften 
auch  Or.  2620  ff. 

2105  S.  201. 

2106.  Das  gewesen  ist  durch  die 
neue  Situation  veranlaßt,  in  der 
die  Verse  2078/79  und  2262/63 
hier  gebraucht  werden:  vgl.  2109 
wir  sin  ritter  worden.  Danach  ist 
auch  der  fehlende  Vers  zu  ergfinsen. 
2107  lies  dann  wurden  gerne  nach 
2270.  —  Lesarten:  lies  S.  Danach 
I:  usw. 

2106a  S.  190. 

2109  S.  257.  336. 

2115  S.  169.  218. 

2118.  wir  getruwent  wol  vor  im  s$to 
genesen  Or.  1979. 


419 


2119.  2857.  mii  trüwm  b\  gestän 
Mor.  70.  8,  Vogt  S.  CXLVI  und 
Or.  1939.  2138. 

2120  S.  205. 

2123  S.  194. 

2124  S.  339. 

2125  ff.  8.  260. 
2125  S.  340. 

2126.  2130.  sich  heben  Patr.  130  und 
Kraus  zu  der  Stelle. 

2128.  2644.  schicte\  das  Verbum  ist 
gegen  die  Yerballhomung  schiffen 
in  Y.  1626  durch  Ms  gegen  IS  f&r 
♦MS  erwiesen,  2128  und  2644  nur 
in  M  erhalten.  Nach  Müller  und 
Lexer  mitteldeutsch. 

2133/34  S.  226. 

2133  S.  201. 

2135/36  S.  218. 

2137,38.  ß  481.  39:  und  xoart  ein 
gros  getämer^  das  si  schalten  (eyUenn 
b)  mit  ir  hamern, 

2138  S.  202. 

2139  S.  217. 
2141  S.  205. 
2143  ff.  S.  806. 

2143  S.  231. 
2144—53  S.  218. 

2144  S.  190. 

2145—63  8.  177.  267.  330. 

2145  S.  339. 

2146  ff.  wol  üf  in  der  seldel  wir  haben 
vremede  gesie,  —  Si  Sprüngen  von  den 
betten  Kud.  639.  3  ff. 

2151  S.  339. 
2153  f.  8.  257. 

2153  8.  336. 

2154  8.  232. 
2156  8.  204. 
2158/59  8.  816. 

2162  8.  340. 

2163  8.  311.  336. 
2168  8.  231. 
2169-74  8.  177. 
2170/71  S.  218. 


2171  8.  313. 

2178.  2713.  er  wäpntt  sich  mtt  gritnme 
in  die  herien  stagelringe  Or.  1038 
und  Berger  dazu,  unde  wäpent  tnieh 
vil  balde  m  die  ringe  steheHn  Roseng. 
A  137.  2. 

2188.  2818.  geuerte  =  Fahrt  Or.  2483, 
Hersog  Ernst  B  5478,  5481,  Wolfd. 
B  486.  4.  Diese  Stellen  fehlen  bei 
Müller  und  Lexer. 

2188  S.  321. 

2189.  hoerei]  vgl.  die  Parallelen  8. 
319.  Die  Korrupte!  liegt  schon 
in  ♦MI,  denn  I  führt  nicht  gar  ein: 
vgl.  die  Lesarten  zu  1176.  1404. 
1510.   1782.   1815.  1887.  1960  etc. 

2190  S.  319. 

2191.  3220.  beruochen  ist  also  allen 
Schreibern  verloren  gegangen. 
Die  Herstellung  ergibt  sich  schon 
aas  dem  Reime   und   aus  Y.  3492. 

2192  8.  347. 

2194  S.  341. 

2196/97  S.  218. 

2198  8.  339. 

2200  8.  194.  210.  369. 

2201  8.  313.  369. 
2205  8.  202. 
2205a  8.  198. 

2206—13  8.  218.  256.  257.  329. 
2209.     Genitiv    nach   bedürfen:  _vgl. 

2272. 
2210  8.  203. 

2216-35  S.  821.  329.  889. 
2218/19.     Zur  Textherstellung   vgl. 

472/73. 
2218  8.  339. 
2219.  2500.  3475.   Bei  buten  =:  jubere 

habe   ich   die   Form   ohne  ge  als 

altertümlicher  beibehalten. 
2220  ff.  8.  210. 
2220  8.  201. 
2226  ff.  8.  208. 
2232  8.  340. 

2233.    kleiderwambes  w&re  als  Gegen- 
27  ♦ 


450 


satz  za  keitemvambes  wohl  denkbar; 
es  fehlt  in  den  Wörterbflchern. 

2284  S.  889. 

2288  S.  281. 

2289  S.  192. 
2240.41  S.  816. 

2245  S.  811. 

2246  S.  821. 

2247  S.  175. 

2249  S.  205. 

2250  f.  Ir  vari  mit  einem  schallet  ir 
mügi  wol  em  fürste  Jin  Wolfd.  B 
619.  1. 

2252  f.  S.  257. 
2260  8.  217. 
2262-63  S.  218. 

2263  S.  205.  vremediu]  vgl.  2079. 
2197. 

2264  ff.  S.  256. 
2264  f.  S.  218. 
2265—67  S.  811, 

2268/69.  Do  des  Herren  iungeren  das 
uernamen,  loie drate  si dar  choment 
Adelbreht  212. 

2268  8.  169.  842. 

2270  S.  201.  257. 

2271—77  8,  175. 

2272—76  S.  226. 

2272  8.  205.  257. 

2274—77  8.  816. 

2274  8.  3iO. 

2275  8.  836. 
2280—83  8.  816. 

2280  8.  336.  388.  341. 

2281  8.  190.  811. 

2285  8.  369. 
2286-2301  8.  177. 

2286—93  S.  186.  313.  329.  888. 

2289  8.  201. 

2290  8.  202. 

2290.  3550;  3165.  läz  uns  nii  ersterben, 
dune  last  uns  vor  dtnen  heiligen  frbn- 
nchnam  werden  Or.  3894.  Also  üf 
dirre  erde  Zusatz  von  B? 

2290.  3065.  üf  dtser  erden:  werden 
Or.  2583. 


2294  ff.  8.  218. 

2294.  8.  Anmerkung  zu  8244. 

2297  8.  311. 

2801  S.  869. 

Also  uoas  der  fürste,  das  ut  war, 

tn   dem    lande    wol    seks  jär   Herz. 

Ernst  B  5383  und  Berger   an  Or. 

2849. 

Vgl.   swen    tage  und  ein  halbes 

jär  Or.  2408,   sechs   wochen    und  ein 

Jär  Brandan  162. 
2304  ff.  8.  210. 
2811  8.  311. 
2312-15  8.  186.  247. 

2313.  Unde  M8  ist  nicht  aufgenommen 
wegen  831  und  2059. 

2314.  Zu  erhaben  vgl.  332.  2060: 
erhaben  veraltet 

2316  8.  169. 

2318/19  8.  247. 

2318    8.    836.      So     stellte     schon 

Bartsch   her  Germ.  V.  150.    Vgl. 

V.  836,  innen  werden  Adelbreht  150 

und  Kraus  zu  der  Stelle. 

2320  ff.  8.  250. 
2320-69  8.  261.  329. 

2320.  Über  solche  Zeitbestimmungen 
8.  Vogt  zu  Mor.  8.  CXLIII. 

2321  8.  369.    ^]  vgl.  43. 
2824  8.  813.  341. 

2326  8.  835. 

2332  8.  169.  341. 

2388  8.  313. 

2884  ff.  Auch  im  Wolfd.  B  890  ff. 
ein  wunderbarer  Hirsch  mit  gold- 
umwundenen Hörnern,  auf  den 
vergeblich  Jagd  gemacht  wird. 
Ein  Hirsch  mit  goldenem  Gehörn 
in  der  Fahne  Herborts  von  Dlne- 
mark  Bit.  9863.  8.  8.  809  und  die 
Anm.  dazu. 

2336—45  8.  218. 

2336  8.  204. 

2337.  binden  se]  die  hende  wären  m 
ze  ruhe  gebunden  Iw.  4937  und 
andere  Beispiele  im  Mhd.  Wb. 


421 


2343  S.  202. 
2344-59  S.  177. 

2348  S.  389. 

2349  S.  202. 

2350  f.   8.  198. 

2352.  Rkie  wird  von  S  gewöhnlich 
ausgelassen  und  von  s  durch 
vt/Wku  ersetzt:  806.  814.  1108. 
Y.  2353  ist  es  auch  in  S  als  l*ch 
erhalten.  I  macht  Y.  1108  ichi 
daraus.  Auch  in  der  Anibraser 
Handschrift  des  Ortnit  wechseln 
nhie  und  vUnhit:  DHB  3.  XVI. 

2354  S.  218.  369.  Lesarten:  Erg&nze 
♦A^-  S. 

2366  S.  339. 

2368  f.  do  brähU  er  in  (den  Itwen)  b\ 
mitier  naJU  an  dtn  bitrcgniben  Wolfd. 
B  730.  3. 

2371.  Lesarten:  dm  Ms]  Dieselbe 
Yerwechslung  von  smU  und  snUtie 
Y.  2603;  vgl.  2576.  2622. 

2372  S.  189.  217. 

2373.  dühu  in  ein  %  wird  falsche 
Auflösung  sein  von  duhim  in  *MS. 

2374  fr.   8.  169. 

2374  S.  205. 

2376  S.  339, 

2378  8.  341. 

2379  8.  336. 
2380-85  8.  317. 

2380  8.  202. 

2384  S.  340. 

2385  8.  311. 
2886  8.  338. 
2390-99  8.  329. 
2391  8.  206. 

2393  f.  8.  868.  Hohl  und  durch 
Wind  getrieben  sind  die  Yögel 
Wolfd.  A  Anhang  263,  Wolfd.  B 
556,  808.  Ygl.  8.  309  und  die 
Anm.  dazu. 

2396.  Dem  enbieten  sucht  8  auch 
sonst  auszuweichen:  Y.  599  durch 
emp/eikin,  Y.  83  wie  hier  durch 
gebUttn\  Y.  906  und  1477  best&tigt 


es  die  Lesart  von  M.  Daß  nicht 
Inui  Iß  im  8inne  von  jube  richtig 
ist,  zeigen  2219.  2500.  3475:  da 
ist  gerade  von  I  bieten  es  Jubere 
durch  gebuUn  ersetzt. 

2398—2426  S.  177. 

2398  99  8.  190.  virsis%ii  iu  gentan, 
der  mos  den  Rph  virioren  hän  Roth. 
1563. 

2400  8.  205. 

2404  8.  231. 

2405  8.  336. 
2406—2442  8.  190. 
2406ab  8.  190. 

2411.  deme  betü]  vgl.  2173. 
2412—27  8.  821. 
2412  8.  340. 

2413.  Für  sich  anlegen  ohne  Akkusativ 
(s  f&gt  sweri  hinzu)  in  den  mhd. 
WB.  keine  Belege.  Ygl.  dagegen 
DWB. 

2414-25  8.  329.  889. 

2414.  tnarc,  die  imreni  krefHc  unde 
Stare  Or.  1078  und  Berger  dazu,  wtd 
hie%  do  ziehen  sä  %ehant  ein  vil  schoene 
casteüAnt  starc  unde  wol  getan,  vür 
in  üf  den  hof  dar  Herz.  Ernst  B 
4602. 

2419  8.  311. 

2420  S.  202. 

2421  8.  811. 

2422  8.  339. 

2428  8.  840.  Die  pari  ward  ir  ^  getan 
&OUW  Bride  ward  al  eine  ia  getan 
Or.  2071  und  Berger  dazu. 

2429-40  8.  218  f. 

2430-35  8.  322. 

2432  8.  322. 

2435  8.  193. 

2442  ff.  8.  169. 

2442.    ger-]  Ygl.  Anm.  zu  2534. 

2442  a— f  8.190. 

2443/44  8.  226.  her  mm,  her  degen, 
baide  gegen  jenem  hohen  walde  Or. 
1277.  Berger  z.  St. 

2443  8.  228  A.  1. 


422 


2445—66  S.  809. 
2445-54  S.  190. 
2449  8.  175. 
2452  ff.  S.  25S. 

2452  8.  336.  In  ß  (483.  30)  steht 
der  Vers  erst  Tor  2476. 

2458—58  S.  177. 

2453  S.  339. 
2455  8.  231. 

2456.  2530.  alse  ist  gegen  das  regel- 
mäßige als  ob  von  S(Ib)  durch  MIsß 
für  •MS  erwiesen  V.  729.  2490. 
2508.  2520.  2560. 

2457  f.  8.  230. 

2461  ff.  S.  322. 

2463/64.  Dis  natu  da  alle  besvnder 
diu  lüU  michel  wunder  Antichr.  132. 
1  H.  si  enhaddens  grbt  wonder 
tm  iegelic  besonder  Yeldecke,  Serv. 
I.  589,  des  nam  si  besunder  alle 
michel  wunder  Herzog  Ernst  B  3193, 
wunder :  besunder  Brandan  831.  Vgl. 
2463  A. 

2463.  tr  ügeäh  bisunder  Kehr.  3547, 
Rol.  1171,  iglicher  besunder  kniX^hr. 
128.  14  H,  alU  besunder  Herz.  Ernst 
B  2316.  2423.  2459,  iecli^hen  sunder 
Kudr.  309.  4. 

2468.  unmäzen  I  habe  ich  wegen 
unmäsen  MI8  2700  aufgenommen. 
Es  hat  noch  altertümlicheres  Ge- 
präge als  üsermäzen,  Ygl.  die 
Anm.  zu  2630  und  die  Wörter- 
bücher. 

2469/70  S.  321. 

2472.  Nu  schieden  sich  die  schächtnan 
der  wirt  bletp^  jene  kerien  dan,  einer 
her,  der  ander  hin  Konr.  v.  Fußes- 
brunn,  Kindheit  Jesu  2279. 

2473/74  8.  190. 

2473.  2813.  dtse  hie  Jene  dort,  Ulrichs 
Frauendienst  64.  32;  wir  springen 
mit  den  Schwertern  unter  sie,  ehe 
sie  sich  dort  oder  hie  zur  Wehr  ge- 
setzt haben:    Herz.  Ernst  B  3290. 

2475  ff.  8.  257  f.  806. 


2475.  2653.  Solche  Überg&nge  zu 
einem  neuen  Thema:  Jftnicke  zu 
Bit.  3978.  Dazu  mi  läzen  Tvir  die 
rede  stän  von  des  kuniges  Foren  noester 
solen  wir  den  douf  heben  an  Mor. 
579.  3  und  Yogt  zu  der  Stelle  und 
Hit  läzen  toir  beiihen  das:  ich  wtl  tu 
sagen  vürbas  Herzog  Ernst  B  4667, 
nu  läsen  wir  si  riten  hie  tmd  sagen, 
wies  dem  Bernaere  ergie  Yirg.   72.  4. 

2476  8.  311.  322.  841. 

2477  ff.  beidiu  wtp  unt  man  die  gungen 
durch  das  wunder  üf  an  die  sinne 
stän  Ortn.  201.  1. 

2477  8.  341. 

2482  8.  336. 

2483  8.  319. 

2484  8.  204. 

2485  8.  202. 

2486  8.  311. 

2491.     tvas  sol  ich  dir  sagen  me  Mor. 

773.  2. 
2498  8.  202. 
2503/4  8. 190. 
2503  8.  201. 
2505  S.  818. 

2507  8.  231.    dergeb:\  vgl.  728.  2455. 
2509  8.  194. 

2515—18  8.  21ft.  220.  329. 
2516—26  8.  177. 
2517.      im    waere    auch    des    se    muöte 

Herz.  Ernst  B  5394. 
2519  8.  340. 
2521—26  8.  221.  200. 
2523—26  S.  186. 
2525  8.  369. 
2527  8.  205. 
2532  8.  190. 
2534.    ger'\  Ygl.  715.  721.  776.  2173. 

3317. 
2535-70  S.  219.  822. 
2536.    gestbzen]  Ich  glaube  jetzt,  daß 

sidsen  wie  sliesen  nur  einem  schiesen 

ausweichen  sollen.    Ygl.  980  A. 

2539  8.  341. 

2540  8.  202. 


423 


2542  S.  202. 
2550  S.  205. 
2553  ff.  S.  208.  340. 

2556  S.  204. 

2557  ff.  Als  Eraclius  mit  dem  Kreuze 
in  Jerusalem  einreiten  will,  schlägt 
das  Tor  von  selbst  zu.  Als  er 
dann  demütig  wird,  öffnet  Gott  es 
ihm:    Frank.  Legendär  662  ff. 

2557  S.  189.  369. 

2561.  Lesarten:  Lies  stolun  jum- 
vrcuwen,  —  Auf  eine  Glosse  in 
•MS  weisen  wohl  mit  jren  j\  S  und 
fftii  ir  geverim  ß. 

2564  S.  336. 

2568  S.  202. 

2573  S.  201.  339. 

2575.  nUu  vergeben:  Berger  zu  Or. 
28L 

2577  S.  321. 

2579  S.  319. 

2581-92  S.  177. 

2583  S.  341.  mkh  betrüge  dan  mm 
sin  Herz.  Ernst  B  2982,  nikh  er- 
trüge mm  sin  Herz.  Ernst  B  3360. 

2585-88  S.  816. 

2587  S.  201.  206.  210.  g&n  ist  als 
gäMin  zu  verstehen:  vgl.  660.  3091. 
2226. 

2589.  do  er  daz  ivort  vol  sprach  Patr. 
33  und  Kraus  zu  der  Stelle.  Vgl. 
1409  A. 

2590  S.  369. 

2591  S.  339. 

2592  S.  206. 

2594  f.  ir  ieslUh  ein  guldln  k&rbant  üf 
irem  hmbte  iruoc  Wolfd.  B  828.  4. 
Die  Königin  ist  durch  einen  Zobel- 
mantel gekennzeichnet  Or.  864. 
Die  (Wappen zeichen  des  Banners) 
be%eickenten  das  es  ktmig  Isoldes  was 
Mor.  556.  1  und  Vogt  zu  der  Stelle. 

2597  ff.  S.  230.  882.  , 

2605-8  S.  227. 

2605  S.  201.  340. 

2606  S.  23l. 


2607  S.  340. 

2608  S.  312. 
2609—19  S.  186. 

2609  S.  191.  341. 
2612  S.  311. 
2616  ff.  S.  210. 
2617-20  S.  318. 

2620  S.  336. 

2621  S.  339. 
2623  S.  232. 

2630.  üstertnäsen\  vgl.  2285.  usser 
der  m,  S  usu  der  m,  E  Mor.  96.  5, 
vss  der  m,  d  vnmassen  E  Mor.  337.  3. 
Vgl.  Anm.  zu  2468. 

2635  S.  341. 

2636  S.  205.  311. 
2637/38  S.  227. 
2639  S.  339. 

2640.  Ich  beziehe  also  b  484.  18  und 
alles  sein  kere  eylten  —  vim  dann  und 
Sassen  auf  dy  kyel  auf  2640  ff.  nicht 
auf  2619  ff.  Über  die  Entsprechung 
von  u  vgl.  S.  181. 

2647  f.  S.  336. 

2652  ff.  S.  8S1. 

2652  (1614.  2632).  Vgl.  Berger  zu 
Or.  344  und  Iren  ruf  sü  do 
hoben  von  detne  Stade  sie  vbren 
Rother  180,  si  huoben  sich  dannen 
mit  vreuden  und  mit  schalle,  d$  st 
sen  sehiffen  giengen,  die  guoten  ritter 
horte  fnan  singen  alle  Kudr.  1117.  3, 
do  st  uf  der  sträu  wären,  die  stolsen 
ritter  vroelichen  sungen  1696.  4. 

2653-90  S.  330.  889. 

2653.     und  hies  in  gote  empholhen  vorn 

Moriz  V.  Craon  615. 
2659  S.  339. 
2661  S.  341. 

2663  S.  340. 

2664  S.  201. 

2665  ff.  S.  805. 

2666  S.  185. 
2667—76  S.  177. 

2667  S.  339. 


424 


2670.  machen  ist  hier  «nd  V.  2339 
nicht  als  Modernisierang  des 
Tvurken  (M)  der  Goldschmiede  an- 
zusehen: wurken  ist  Y.  514.  580. 
532.  2207.  2335  von  der  gesamten 
Oberlieferang  nicht  vermieden. 

2672  S.  311. 

2677  8.  313.  340. 

2679  8.  198.  Lesarten:  Diese 
Komposition  von  selbe  mit  Ordinal- 
zahlen ist  also  angebräachlich 
geworden  (vgl.  241),  wie  denn 
auch  die  alte  Flexion  von  selbe  im 
Schwinden  ist.  Im  Nom.  Sing. 
Masc.  ist  sie  nur  von  M  bewahrt 
(z.  B.  V.  2735.  2356.  2870.  3334. 
3491)  im  Acc.  Sing.  Masc.  von 
m  (811.  1417),  im  Gen.  Sing.  Fem. 
vielleicht  von  S  (1073).  Aber  auch 
M  schreibt  selben  f&r  den  Nom. 
(1711),  selb  fnr  den  Acc.  (2774); 
selbes  ist  (V.  2186.  2510,  in  MI 
auch  1073)  Form  des  Gen.  Sing. 
Fem.  geworden  und  selbs  gilt  in 
S  auch  als  Nom.  Sing.  Masc. 
(2856.  2870.).  Herrschend  aber 
in  allen  Kasus  ist  das  inde- 
klinabele  selber:  Nom.  Sing.  Masc. 
317.  2209.  3176.  3365,  Nom.  Sing. 
Fem.  2490.  2596,  Nom.  Plur.  2474. 
2814  usw.  Vgl.  Gr.  Gr.  IV.  358. 
Ich  glaube,  dieser  Ungleichm&ßig- 
keit  liegen  Verschiedenheiten  der 
Mitarbeiter  zugrunde,  darum  be- 
halte ich  bei,  was  jedesmal  das 
Stemma  an  die  Hand  gibt. 

2680  S,  202. 

2682  S.  339.  Lesarten:  we  sb  und 
Umer  nie  Mß  waren  wohl  schon  in 
*MS  als  Beimglossen  vorhanden. 
Vgl.  ez  düt  mir  hüte  und  imer  we 
Mor.  112.2. 

2686  S.  313. 

2689.  8.  die  Anm.  zu  3244. 

2691-94  S.  268. 


2692  ff.  S.  230f. 

2693  ff.  Er  soMie  ez  (das  Hom)  am 
sinen  nttmi  und  blies  ez  $nU  hreften: 
das  vermämem  shte  helde  ze  sitoti 
Mor.  500.  1. 

2694-2784  8.  219. 

2695—98  8.  268. 

2695/96    8.    190.     daz   bilde   taas  ge- 

w'ürkel  mit  starken  Itsten  grbz  Wolfd. 

B  811.  3,     st  was  gemacht  mit  listm 

(die  künstliche  Linde)    Wolfd.   B 

516.  3. 

2695  8.  220. 

2696  8.  202.  869. 

2697  8.  194. 
2701-12  8.  178. 

2701  ff.  DS  sprach  herzog  fferbrani: 
wu  sol  ez  uns  ergän?  unsem  Hebern 
herren  sehen  wir  in  noeiem  siän,  wte 
sul  Ttnr  nu  gebären,  daz  mr  im  ae 
helfe  kamen?  zvan  uns  stchertUhem 
diu  wer  tsl  benomen    Wolfd.  B  917. 

2701  8.  341.  RoL  4701  (vgL  5891. 
7010) :  sine  rnttgen  ums  niet  gewerren  : 
herren. 

2703  8.  377. 

2704  S.  202. 
2705-32  8.  2(8. 

2706.    du  besten:  Mor.  310.  1,  312. 1. 

2707  f.  8.  231. 

2708.  «r  wart  uzer  mästen  zarm  Mor. 
387,3. 

2711.  Div  rede  was  in  zetief,  si  ver- 
stunden sich  ir  niht  Antichr.  155. 23  H. 

2715.  daz  zoizzet]  Vogt  zu  Mor. 
8.  GXXXVm,  dazu  daz  wizzei^ 
sprach  her  RüeJeger  Bit  9705. 

2716  8.  386. 

271&  nu  bimdent  uf  du  helme  bekt 
Mor.  491.  3,  er  helme  bumdem  si  uf 
zukamt  Mor.  492.  2. 

2721  8.  339. 

2724  8.  205. 
2725/26  8.  190. 

2725  8.  339. 
2727  8.  318.  340. 


425 


2780.  Losartcn:  Lies  su  eytlen  I. 
Vielleicht  ist  Uen  Reim  zu  ^a/Kg* 
2783:  vgl.  er  hie%  st  holde  Uen  an  die 
grdsen  roubgaüm  Or.  417.  2923. 

2731  S.  340. 

2733.  roup^alün  kennen  MIsj)  nicht: 
▼gl.  2065.  2128.  roi  gaUn  I  stellt 
indessen  die  Lesart  von  S  sicher: 
▼gl.  r<mpgann  Or.  418,  Ort.  221. 4, 
249.2. 

2734  8.  201. 

2735.  Günther  der  küene  ein  rttoder 
selbe  nam  Nib.  368.  3. 

2738  ff.  8.  214. 

2739—46  6.  817. 

2740  8.  204. 

2741/42  8.  888. 

2743  8.  340. 

2744.  man:  uns  si  ward  siküg  an 
Or.  2080,  ansihiec  werden  Yirg. 
44.  12. 

2745  8.  198.  202. 

2747  ff.  8.  80&. 

2748.  Vielleicht  soll  mastbown  I 
nidit  nur  eine  sachliche  Besserung 
darstellen,  sondern  auch  das  Wort 
kiel  «*  Schiff  ▼ermeiden.  Doch 
▼gl.  1154.  1617.  1679.  1681.  2642. 

2749  8.  «».  321. 

2751  8.  319. 

2758/54  8.  190. 

2753.  daz  mere  horte  er  diesen,  er  sach 
—  galhi  ßtesen  Or.  510  nnd  Berger 
za  der  Stelle,  diesen  vom  Meere 
y.  d.  girheide  25. 

2754  S.  311. 

2758    8.     313.      Vogt,    Morolf    8. 

cxLvnif. 

2762  8.  313. 

2765  8.  205. 

2766  8.  313. 

2770  8.  336. 

2771  8.  321. 
2778  ff.  8.  80S. 

2773  8.  319. 

2774  8.  313.  336. 


2775-2822  8.  806.  322. 

2775  8.  347. 

2776-83  8.  186.  Kehr.  3537:  sweiher 
ie  da  tbt  Im,  das  itHis  sin  lotle  und 
sin  tac;  er  nemaktes  niht  über  werden, 
swelhes  tbdes  er  soli  ersterben.  — 
veicteu\  Rol.  7439:  H»  veictage  in 
Jagete,  thas  er  nie  itf  gehabete  unse 
er  kam  an  thie  stal  tha  is  alles  wole 
verendet  wart,  3876:  there  heiihenen 
nist  nie  so  vile,  $sne  st  tr  aller  veictage 
•>  an  ir  veigetagen  Strickers  Karl 
4744. 

2778  8.  336. 

2783  8.  336. 

2784  S.  205. 

2785  S.  340  f. 

2789.  die  hont  er  üf  pSt  Kehr.  2535, 
er  bot  iif  sine  hont  Rol.  3872,  Stn 
Aend  er  über  sich  bot :  ndt  Or.  1375 
nnd  Berger  dazn,  femer  Or.  452. 
565:  den  Handschah  gen  Himmel 
bieten  Rol.  6890,  die  hende  se  gote 
bieten  Krone  12147,  sich  nach  dem 
valle  erbieten  Bit.  890.  Das  Wort 
▼eraltet  in  dieser  Bedentang:  ▼gl. 
555. 

2791  ff.  8.  258  f. 

2791  8.  214. 

2801  S.  341. 

2807.  unde  fitorte  in  in  kleiner  wile  des 
meres  wol  72  mile  Or.  81  and  Berger 
zu  der  Stelle,  ferner:  Der  (wint) 
treip  si  in  einer  wile  wol  sehs  und 
sweinuc  mile  Kudr.  1135.  1. 

2809  ff.  db  sande  in  unser  trähUn  sc- 
hont den  aller  besten  winl,  der  e  des 
oder  sint  keinen  Hüten  dürfte  komen, 
des  wart  in  sorge  vil  benomen,  (Sie 
entkommen)  das  si  (die  Heiden)  ir 
niht  mohien  ftsehen  Herz.  Ernst  B 
3842. 

2809  f.  8.  231.  nü  bUet  du  himelischen 
kint,  das  uns  werde  em  guot  wint 
Brandan  1823,  ▼gl.  1875. 

2811  8.  175. 


426 


2813  S.  369. 

28i3— 16    S.     188.      als    t%   got  selber 

wolie:  solle  Berger  Bu  Or.  1958  und 

alsd   h    wolde    unser    drehiin  Frftnk. 

Legendär  524,    also    in  seho  ^bot 

unse  hdero  318. 

2819.  sunne :  wunm  Berger  zu  Or.  906. 

2820.  michel  ist  veraltet  und  gerade 
M  l&ßt  das  Wort  sonst  gerne  aus 
oder  Ändert:  596.  1099.  2632.  In 
MIS  erhalten  ist  es  V.  1592.  Vgl. 
auch  157.  441. 

2821/22  S.  219  f. 

2822  f.  S.  805. 

2823  ff.  S.  269  f. 

2823.  fristen :  Christen  Veit  45  und 
Kraus  zu  der  Stelle,  In  der  selben 
vTiste  Antichr.  178.  33  H.  Vgl.  2S95. 

2829  S.  201. 

2830  S.  204.  Auch  nach  dem 
Stemma  war  ruowe  in  den  Text  zu 
nehmen,  doch  vgl.  1433.  2922. 
3122:  Isß  ersetzen  gern  das  alte 
rast  durch  ruowe.  Auch  das  Wege- 
maß reut  scheint  nicht  mehr  recht 
lebendig  zu  sein:  1168.  (1396.) 

2831.    Das   nu  s  187.  3  kann  nicht 

mitzählen. 
2834  S.  336. 
2835.     Do  si  einander  an  säMen,  si  de- 

gvnden  %uo  einander  gähen  Or.  1684. 

2838  S.  313. 

2839  S.  321. 
2841  ff.  S.  805. 
2841  S.  319. 
2845—48  S.  175.  810. 

2845  S.  340.  daz  ivtr  dort  sin  be- 
standen mtt  eüentkaften  handln  Herz. 
Ernst  B  2505. 

2847,  Ir  Herren  wert  iuch  vaste,  daz 
tuotiugrdze  not,  ob  ir  niht  wellet  kiesen 
den  bitterlichen  tot     Wolfd.  B  921.  1. 

2848  S.  311.    grintmic]  Vgl.  1737  A. 

2849—53  S.  317. 

2850    S.    369.      Lesarten:    erg&nze 

""gnäd  S. 


2854  S.  311. 

2856.  du  mahl  dich  selbe  fraestem 
sprach  von  Riustu  Yljas  zu  Oltnit, 
als  er  nach  der  Landung  verzweifeln 
wollte:  Ortn.  223.  4.  Vgl.  235.  l 
Nu  gebt  tu  selben  rät, 

2857/58  S.  190. 

2859  S.  194. 

2861  ff.  S.  210. 

2861  f.  in  wart  vile  sorn  thaz  m  tkU 
cristenen  wären  so  nähen    RoL    332. 

2864.    Lies  leben 

2864.  1024.  2762.  es  m&ste  un  an  das 
leben  gän  Mor.  265.  5,  vgl.  262. 1, 
275.  5  und  Vogt  S.  CXLVHIf., 
dazu  Or.  1437.  3573,  Alpb.  211.4, 
452.4,  Wolfd.  B  584.4,  590.4, 
621.  4,  vgl.  440.  4. 

2865  8.  205. 

2867  S.  194. 

2870.  ■  Der  Heiden  nam  du  baner  in  die 
hani  Or.  2399  und  Berger  dazu. 

2871  S.  231. 

2872  ff.  S.  821. 
2875—2916  S.  177. 
2875-84  S.  329.  886. 

2878.  nmc  ist  in  der  alten  Be- 
deutung zuweilen  noch  in  allen 
Handschriften  erhalten,  s.  B.  1S60. 
2998,  aber  es  steht  auch  in  allen 
Handschriften  schon  kan  dafür,  vgl. 
1859.  2061.  Ich  habe,  wo  ich 
es  fand,  mac  beibehalten,  über 
mac  >  kmn  J.  J.  Ammann  S.  337. 

2885-92  S.  221. 

2885  S.  340. 

2886  S.  205. 

2887  ff.  S.  800. 
2889—92  S.  200. 
2889/90  S.  190. 
2891  S.  339. 

2893.     sie  werten  sie  mii  swerten  mses 
des  sie  gerten  Herz.  Ernst  B  5219. 
2895.    wigani]  Vgl.  Abel  8.  15  ff. 

2898  8.  386. 

2899  8.  194. 


427 


2729/30  S.  818. 

2902  S.  311. 

2906  £f.S.  175. 

2908.  er  sluog  die  tiefen  wunden  imt  Or. 
1403  und  Berger  dazu;  femer: 
tiefe  ivunden  unde  wU  Bit  3585,  in 
shtogen  wunden  wtte  mit  sweriem  des 
her%o^en  man  Herz.  Ernst  B  4860. 
Vgl.  Lachmann  zu  Nib.  967.  3. 

2915— 16b  S.  818.  329.  Nimmt  man 
an,  daß  2916  ab  zu  2915/16  (»MSs) 
gehören,  so  müßte  man  sie  konse- 
quenterweise auch  in  den  Text  auf- 
nehmen. Indessen  beweisen  l&ßt 
es  sich  ja  nicht,  daß  ^MS,  auch  hier 
dieVierzeilenform  zu  einer  Parallel- 
interpolation gewählt  habe,  denn 
er  macht  ja  auch  nicht-yierzeilige 
Zusätze. 

2915.  Ähnliche  Gegenüberstellung 
thte  heitkenen  —  thie  cristencn  Rol. 
4735.  4815  etc. 

2916.  sie  siuogen  unde  stächen  unz  sie 
die  schar  durchbriuhen  Herz.  Ernst 
B  5565. 

2921  fif.  Et  streit  so  kreftkrichen  al 
den  langen  tac:  maneger  stolter  hei  den 
tot  vor  ime  iac  Wolfd.  B  916.  1, 
der  strit  werte  uns  an  die  naht  der 
herzöge  den  stge  erstreit,  des  warn  die 
stne  gcmeit  Herz.  Ernst  B  4866, 
der  strit  werte  al  den  tac,  uns  diu 
stmne  an  den  äbent  schetn  Herz. 
Ernst  B  5558,  Kampf  bis  an  den 
Abend  Wolfd.  B  675.  3,  der  strit  wert 
in  dem  berge  uns  an  den  j.  tac,  unz 
der  wirt  und  sin  gesinde  alles  tot  vor 
im  Iac  Wolfd.  B  821.  3.  sumer langen 
lach  Kehr.  7049.  7081. 

2922  S.  204. 

2923  S.  340. 

2925  ff.  kuntg  Fore  der  loart  sigeios^ 
selber  wart  er  gevangen,  vil  mantgen 
heiden  er  verlos  Mor.  77.  3,  der  kaiser 
wart  sigelos  Kehr.  14859. 

2925-30  S.  818. 


2930.  Morolf  Ites  der  heiden  keinen 
genesen  Mor.  774.  3. 

2935.  das  tet  dm  Juncfromve  alles 
utnbe  daz  Wolfd.  B  548.  1.  —  nur 
ist  den  Alemannen  I^Ss  unbekannt, 
If  pflegt  es  auszulassen,  S  und  s 
machen  ein  (im  Zusammenhange 
oft  unverständliches)  nun  daraus, 
das  aus  dem  alemannischen  nümen 
zu  erklären  sein  wird  (vgl.  1067). 
nur  ist  indes  durch  Mß  für  *MS 
gesichert,  z.  B.  V.  3087.  3437. 
y.  674  ist  das  vorausliegen  de 
nttuan  durch  Mk  erhalten. 

2936  S.  313. 

2941  ff.  S.  2m. 

2941  S.  321. 

2943-52  S.  220. 

2943/44  S.  80Bf. 

2943  S.  205. 

2945/46  S.  822. 

2945  S.  194.  341. 

2946  S.  227.  370. 

2947  S.  189.  369. 
2949/50  S.  80«. 
2949  S.  205. 

2950.  spoies,  nicht  gespötes  war  wegen 
des  Schreibfehlers  in  b  (,3)  auf- 
zunehmen. 

2951-3014  S.  80«  f. 

2951-94  S.  822. 

2952  ff.  Ich  wil  an  den  gelouben  der 
mich  geschaffen  hat  (vgl.  Osw. 
2999—3001),  der  ist  geheisen  Jesus 
(Osw.  3101).  sroies  mir  dar  nach 
ergät  (Osw.  2952)  — .  Er  sprach 
merc  —  7oarumb  schätestu  die? 
{Maria.  Osw.  2955).  Din  got  ist 
ein  gütel  —  din  got  gen  dem  minen 
muoz  ein  gougel  sin  (Osw.  2997). 
Min  got  ist  also  getan,  daz  ich  in 
sihe  swanne  ich  ivil  (2958  ff.)  Wolfd. 
B  575—79. 

2952.    Vgl.  die  Anm.  zu  172. 

2955  S.  201. 


428 


2956.  machst  M  wohl  statt  mochst, 
da»  du  ihi  en^ltest  diner  gr^Mtn  über- 
inuot  Wolfd.  B  596.  4. 

2958.  Dock  so  hat  ir  hoU  dt  craft 
Tund.  69. 

2959  Lesarten:  dünestüut]  vgl. 
3012  und  2081  A.,  aber  auch  2001 ; 
Eotzenberg  S.  24  ff. 

2961  S.  189.  369. 

2963.  Die  Interjektion  e,  den  beiden 
Wörterbüchern  unbekannt,  findet 
sich  nur  in  M  (2963.  2975.  3031. 
3061.  3255.  3472),  die  fibrigen 
Handschriften  haben  das  junge  la- 
teinische o  Gr.  Gr.  3.  288)  oder  ach. 
Vielleicht  ist  e  aber  nur  eine  Ver- 
stümmelung von  <y'M  41. 1335. 1565. 
2310,  eya  1 1335,  dem  ISsß  durch  mm, 
mm  dar,  wol  uff  oder  sonstwie  aus- 
weichen, e  steht  nur  in  den 
letzten  Teilen  des  Oswald  (in  *MW 
und  *MSy),  ei  in  den  vorangehenden 
(auch  in  0).  Zuweilen  ist  das  o 
schon  in  alle  Handschriften  ge- 
drungen: 741.  1717/18. 

2965  ff.  S.  208. 

2969  S.  341. 

2970  S.  370.  Lesarten:  erg&nze 
•töffen  S. 

2971  S.  205. 

2971.  3049.  Ich  bevorzuge  des  {dn% 
S  kann  auch  =■  des  sein:  s.  8.2; 
es\  ist  doppeldeutig),  um  den  substan- 
tivischen Charakter  von  niht  zu 
wahren,  der  deutlich  V.  3404,  in 
genitivischen  Konstruktionen  z.  B. 
auch  V.   1831.   2579   erhalten   ist. 

2972.  3050.  an  ^ot  jehen  Antichr. 
149.  33  H,  Veronica  275,  Or.  3411. 
Vgl.  st  ^hent  an  got  Rol.  1134 
>  si  sint  gekeret  u  gote  Strickers 
Karl  1695.  Dazu  die  Beispiele 
Müller  L  514*,  Lexer  L  1478. 

2977  S.  188  f.  340.  VieUeicht  ist 
nach    Rol.    5796  ff.    herzustellen: 


thes  erbat  in  sin  haiige  theumttct, 
ikaz  er  loste  vnp  tmde  man,  iko  er 
sich  ane  thaz  criuce  Sez  slän.  Vgl. 
da  mit  {marter)  erlost  er/rotewen  unde 
man  Or.  3332. 

2979  S.  202. 

2981  ff.  S.  868  A. 

2981  S.  341.  347.  tkurh  tXmer 
marter  ere  Rol.  6495,  7553,  durch 
diner  marter  ere  Brandan  425. 

2983/84  voUensprach:  einer  den  andern 
anesach  Alph.  82.  4. 

2989  ff.  S.  211. 

2992  S.  370. 

2994  S.  202. 

2995-3014  S.  825. 

3005  ff.  8.  208. 

3005  8.  339. 

3007.  367.  houbii  abe  slan  Makkabicr 
32  und  viele  Parallelen  bei  Kraus, 
femer  Rol.  1524  thas  houvei  heiu 
ih  ime  ave  slahen  :  haben^  6019  mähte 
ih  ttisent  houbet  getragen,  ih  lieze  sie 
elHu  abe  slahen,  e  ih  m  mtnen  rukke 
k^re,    (Vgl.  Strickers  Karl  7055  ff.) 

3015-36  8.  329. 

3015—28  8.  259  f. 

3015.  geboren :  toren  Veldecke,  Ser- 
vatius  IL  1107;  vgl.  Osw.  1826. 

3018  Lesarten:  der  Punkt  hinter 
M  ist  zu  streichen. 

3019  8.  202. 
3021  8.  205. 
3023  8.  205. 
3025-52  8.  175. 

3026.  Die  Heiden  bitten  nach  ihrer 
Niederlage  um  Taufe  Wolfd.  B 
634  ff.    Vgl.  Anm.  zu  632. 

3029-3134  8.  806  f. 

3029-92  8.  825. 

3029  8.  369. 

3033  8.  211.  341.  Das  ftltere  na- 
türliche sich  totrfen^  ohne  län^  ist 
V.  3048  in  MIS  erhalten  (die 
Prosen  fugen  län  hinzu),  V.  2946 
von   8s,  2970  ganz  beseitigt    V. 


429 


3033  ist  der  Yersach  mißglückt. 
MI  haben  in  Y.  3034  kein  Yerbum: 
es  ist  durch  Heu  rerdr&ngt,  und  aus 
weU  S  3034  ergibt  sich,  daß  es 
woüe  war.  Zu  den  wenigen  Be- 
legen von  sich  Um/m  Müller  IIL 
58«  fuge  Frftnk.  Legendär  472, 
Baumgartenberger  Joh.  Bapt.  35, 
Roland  2028. 

3035—40.  Er  wand,  da%  er  ab  viele 
an  des  Hefen  sewes  grünt  Wolfd.  B 
649.  1,  Uns  sin/  die  furU  gar  sik 
die/,  wir  mögen  dat  mere  nii  bertten 
Mor.  486.  1.  Ein  spaßhaftes  Tauf- 
hindemis  auch  Mor.  589. 

3035  S.  175.  SIL 

3038  S.  202. 

3040.  Die  Entstehung  des  Fehlers 
Ton  S  ist  hübsch  sichtbar:  *MS  » 
♦MI  alles  din  here  >  als  din  htrre 
0)  >  din  {got  unde)  her  (8):  goi 
wird  Erklärung  von  *S  sein,  die 
dann  erst  durch  S  dem  Texte  ver- 
bunden wurde. 

3041-92  8.  329. 

3041  S.  202. 

3043  8.  202.  205.    gUi]  vgl.  1706  A. 

3045  8.  190  A.  198. 

3047  S.  341. 

3049  8.  205. 

3056.  Der  edel  vogt  von  Berne  das  do 
niht  vemieit :  reit  Alph.  467.  1,  Dorn 
wold  er  niht  vernttden  Antichr. 
179.  17  H. 

3062.    ermane]  vgl.  2976. 

3063  S.  194.  340.  865. 

3065  S.  185. 

3067  8.  341. 

3068  8.  192. 
8077  8.  S68. 
3078  8.  202. 
8079  8.  202.  340. 

8082.  Ein  stein  lac  vor  der  porten^  das 
wil  icJi  iu  sagen^  den  ein  wagen  von 
swaen     niht      mähte    hän   getragen 


Wolfd.  B  750. 1 ,  den  enmöht  von  swaere 
ein  wagen  nimmer  haben  getragen 
Wolfd.  B  505.  2,  hundert  kanswagene 
es  {das  gesteine)  heten  niht  getragen  Nib. 
93.  2,  das  tusent  wagene  mbhten  tragen 
(an  Raub)  Bit.  6609. 

3086  8.  190. 

3086.  3202.  als  seü  uns  dU  Venture  stt 
Mor.  296.  5  und  Yogt  S.  CXXXYII. 

8089-92  8.  322. 

3093—3122  8.  882. 

3094  S.  204.  376. 

3100  8.  323.  der  aller  dinge  gewaU  hat, 
der  ruoche  diner  slle  phlegen  Herzog 
Ernst  B  1314. 

3101—8  8.  175. 
3101—4  8.  280.  260. 

3101  8.  220  f.  durch  got  den  minen, 
der  ist  geheisen  Machtnet,  den  soltu 
rüefen  an  Wolfd.  B  545.3.  Ygl. 
Anm.  zu  2952  ff. 

3104.    Zur   Tcxtherstellung   vgl.   68 

und  1528. 
3105  8.  202. 
3108  8.  220. 
3112.  8tatt  gert  gehörte  begert  in  den 

Text:  vgl.  1268.  2795.  2894.  3070. 

3168;  869.  3398. 

31 14  ff.  8.188. 

3115  8.  339. 

3117  8.  185.  202.  Ich  vermute,  daß 
Zentinus  aus  Centurio  Longinus 
entstanden  ist:  vgl.  die  Lesarten 
und  Der  Ehren  Tafel  XIY.  1 :  Sus 
droghen  se  one  tho  gnme  do  /  Johannes 
vnde  senturio  /  Longinus  iüseph  de  vere, 

3119  ff.  S.  3^5.  *zn  55.  19:  do  tawfft 
sant  Osioalt  die  Junge  kunigin  vnd  seines 
swehers  diener  vii,  also  nicht  das 
ganze  Heer;  es  best&tigt  sich,  daß 
mit  3123  eine  jüngere  Interpolation 
beginnt    8.  8.  322. 

3119  8.  205.  227. 

3121  ff.  Ygl.  die  Heidentaufe  Wolfd. 
B928:  80000  in  14  Tagen. 


430 


3123—84  S.  329. 

3123  8.  202. 

3133  S.  194. 

3135-84  S.  259  f. 

3141    geteuften]  Tgl.  3160.  3163. 

3144  S.  205. 

3145  ff.  S.  868. 

3145  f.  si  wänden  das  si  Meten  über- 
immden  al  tr  nbi:  alterst  wurdens  be- 
standen uf  den  bittern  tot  Wolfd.  B 
919.  3. 

3146  Tgl.  3145  zur  Nichtaufnahme 
des  nik, 

3151  S.  191.  194. 
3158  S.  205. 
3166  S.  193. 
3171  ff.  S.  210. 
3171  S.  202. 
3175  S.  191. 

3184  S.  220. 

3185  S.  205.  86».  307  A. 
3187  S.  340. 

3193  f.    do    ersckuUen  diu   maere    wtten    \ 
in  diu  lantf   Wolfd.  der  getriuwe  waer 
kernen  sä  zehant  B  849.  3,     Du  quam 
zu  rome  mere   wi    Titus  kumen  were 
Vespas.  169. 

3196  S.  190.  336. 

3197  S.  203. 

3198  S.  193. 
3202  S.  198. 
3203-6  S.  816. 

3203.    Diu  hoht^ezU  werte    unz   an   den 

sibenden  tac  Nib.  41.  1. 
3204  S.  311. 

3206  S.  191. 
3207/8  S.  818. 

3207  S.  208.  340.  Lesarten:  Vgl. 
Rother  1909  Die  ho/zirh  was  irgangen, 

3209-3553  S.  215. 
3209-18  S.  328. 
3210  ff.  S.  258. 
3212-37  S.  827  f. 
3214—23  S.  220. 
3216/17  S.  329. 
3219  S.  201. 


l,    ih  hän  geleistet  thaz  ik  tJksr  geJties 
Rol,  4076. 
S.  327. 

3224—41  S.  329. 

3224  S.  205. 

3226  8.  201. 

3229.  an]  Tgl.  3225.  3227.  2546. 

3238—44  8.  188.  2211. 

3238  8.  339. 

3242  8.  208.  340. 

3244  8.  205.  Die  Negation  en-  ist 
fest  erhalten  geblieben  nur  in  der 
Formel  niht  enüe  mit  folgendem 
Nachsatz:  MI8  1069.  1928.  1940. 
2364.  2545.  2597.  2787.  2869. 
3318;  993.  (Aber  nicht  immer:  79.) 
Schon  bei  einer  andern  Fassung 
der  Formel  beginnen  die  Hand- 
schriften zu  schwanken:  enlie  niht 
betibcnl  lien,b.M.S22dL  So  auch 
hier.  Ein  solches  er-  für  en-  habe 
ich  auch  2689  angenommen.  Sonst 
kommt  das  en-  noch  Tor  in  mAten- 
wesen  2117  und  niht  enspart  2890. 
Vgl.  3271  A. 

3246-49  8.  328. 

3248  8.  215. 

3249  8.  231.  327.  Zur  Erg&nzung 
Ton  wilden  Tgl.  auch  hm  über  des 
wilden  meres  vluot  Virg.  36. 13  und 
Mor.  175.  2,  205.  2,  dazu  Vogt  S. 
CLin  unter  wilde, 

3257.  3343.  3347.  s$]  Tgl.  3257.  3331, 

auch  928. 
3258-71  8.  828  f.  848. 
3260/61.  her  I:  war  die  Vorlage  ohne 

Versabsetzung   geschrieben  ?    Vgl. 

stuntin  I  3240/41. 
3264  S;  206. 
3266  8.  339. 
3271.  I  Änderte  *enmohte  zu  mohie,  und 

merkte  bei  m,  daß  dann  die  Stellung 

zu  ändern  wai*.    Vgl.  3244  A. 
8276  ringe  :  ffenmnge    Berger  zu  Or. 

640. 
3278—80  8.  310. 


431 


3279  S.  327. 


3287  S.  202.  327. 

3289  8.  369. 

3290  S.  204.  215. 
32M  S.  231.  327. 

3292  Vgl.  Or.  281  und  Berger  dazu. 
3294  S.  201.  339. 
3296/97  8.  888. 

3297  S.  201. 

3298  8.  369. 
8299  S.  204.  376. 
3305-7  S.  888. 
3306/7  S.  885. 
3808  S.  204. 
3314  a  S.  199. 

3319  8.  327. 

3320  8.  389. 

3321  8.  202. 
3323  8.  327. 
3324--3412  8.  828  f.  885. 

3326  ff.  Ygl.  Morolfs  anyerscb&mlc 
Bitten  an  König  Princian  Mor. 
652  ff. 

3326—3411  8.  818. 

8328  8.  205. 

3332  8.  341. 

3338  8.  204.  370. 

3339  ff.  8.  868. 

3339  f.  Ein  kopfstuorU  uf  dem  tische,  der 
was  guldln  ^ar.  Wolfd.  der  getrhnve 
bliete  ofte  dar  Wolfd.  B  816.  2. 

3348  8.  189. 

3344  8.  202. 

3347  8.  189. 

3349.  Das  Wort  ofen  braucht  8  un* 
verstanden,  vgl.  3335.  3413. 

8352  8.  205. 

3354  ff.  (gnoani)  beslagen  wol  vät  golde 
Bo8eng.A.743.  Vgl.  Graf  Rudolf  ab2. 

3359  8.  205. 

3862  8.  205. 

8864  ff:  8.  207. 

3866  ff.  8.  26L 

3366.  Die  Kämmerer  gegen  den  Bett- 
ler Murolf  Mor.  363. 


3372  8.  347.  377. 

3378  8.  342. 

3380.  gUl\  Viele  Belege,  auch  aus 
verwandten  Dichtungen  bei  Lexer 
I.  1011,  Mfiller  I.  51 U:  dazu 
Brandan  150.  676  u.  ö. 
J-90  8.  177. 
f.  er  siuoc  •»  einen  slac,  dat  — 
—  gestrecket  lac  Wolfd.  B  372.  3 
und  J&nicke  dazu,  femer  Berger 
zu  Or.  1488. 

3383.  Lies  gestreckt. 

3384  Si  ergreif  in  bt  deme  häre  Or.  2489. 

3386  8.  204.  347. 

3388  8.  189. 

8390-95  8.  212. 

3390  8.  194. 

3392.  leide  (^MSJ  lehnt  sich  an  das 
vorliegende  not  3395  an  und  ver- 
r&t  die  Absicht  einer  Interpolation. 

3400  8.  201. 

3402  8.  231.  339. 

3405  8.  204. 

3408-13  8.  177. 

3412  8.  201.  204.  376. 

3413  8.  202.  327. 
3418  ff.  8.  329. 
3418  8.  338. 

3425  Lesarten:  geufoit  ist  auch  V.8032 

und  3485  Masculinum. 
3427.  s6  gibe  ich  dir  für  eigen  bür^e  unde 

auch  lernt  Wolfd.  B  598.  2. 
3428-47  S.  329.  848. 
3429  8.  336. 

3434  8.  339.  341. 

3435  8.  311.  336. 
3436-43  8.  888. 

3436  S.  202. 
3438  ff.  8.  207. 

3438  S.  175.  Zu  der  Lesart  von 
S:  vgl.  Man  sack  den  rtchen  keiser 
äartetrureclkhen    leben    Alph.  203.4. 

3440  8.  341. 

3444  S.  205.  315. 

3447  8.  336. 

3451  S.  327. 


432 


3451  skh  geliehen  ü]  Vgl.  1020. 

3460—69  S.  828. 

3460  S.  341. 

8462-67  8.  329. 

3462.  sich  urUmhm  schien  also  nicht 
erst  zur  Zeit  nnserer  Schreiber 
antiquiert  (ygl.  die  Lesarten  su 
3460),  sondern  .bereits,  als  *MS, 
dichtete. 

3464  S.  192. 

3466  S.  191. 

3476  S.  341. 

3432-87  S.  888. 

3483  S.  327.  329. 

3486  S.  311.  341. 

3487  S.  205.  327. 

3488  8.  369. 
3492-95  S.  328. 
3492  8.  190.  339. 
3495  8.  327. 
3496-99  8.  328. 
3499—3503  8.  886  f. 

3499  8.  327.  g/mur  frnuU  er  mü  ir 
pßag  Mor.  19.  3.  —  Ich  habe  der  in 
den  Text  genommen,  weil  damit  die 
ältere  Bedeutung  von  vrouwt  (wie 
V.  2040)  festgehalten  schien.  Vgl. 
auch  3064.  3444.  vrouwe  »  (könig- 
liche) Gattin  schon  Bother  Y.  18. 

3502.  Lesarten:  Den  Schreibern  des 
15.  Jahrhunderts  stand  die  Zahl 
der  Nothelfer  noch  nicht  fest! 

3503  8.  336. 

3504  8.  201. 

3505  8.  202. 
350V  8.  336. 
3511  8.  192. 

3518  S.  341. 

3519  8.  201.  204.  ich  wü  din  äienae- 
rinne  unz  an  mtn  ende  sin  Wolfd.  B 
658.  2. 

3521  8.  202. 
3524—43  8.  889.  848. 
3526  8.  340. 

3527.  s  ist  in  den  Lesarten  nicht  be- 
rücksichtigt,    weil    darnach   \w€rei\ 


nicht  dem  do  yon  I,  sonjezB  Y.  8526 
entspricht. 

3528  8.  210.  318. 

3530  8.  201. 

3536  8.  201  f.  berihten\  Doch  TgL  die 
Lesarten  und  wie  woU  sie  sie  berm0hien 
ntit  theme  gotes  ßchenamen  BoL  7750. 
Ygl.  sich  bewarn  s  Sterbesakramente 
nehmen  Or.  1957  (s.  Berger  daiu) 
und  der  kaiser  bat  duo  den  wären  gotes 
holden  dn  er  im  vertigen  woite  mit 
dem  fronen  ambehu  Kehr.  15042.  Ygl. 
auch  Strauch,  Afd A.  XXXT.  24  unter 
bewerrd, 

3538—53  8.  867. 

3538  ff.  Eine  Schar  Engel  holt  die 
Seele  ab  Mor.  508,  thS  wart  stn 
siele  untfimgen  vangodes  engelen  Fr&nk. 
Legendär  727. 

3542  Do  muß  er  in  wol  mit  eren  in  sin 

.    rlche/uren  Antichr.  186.  39  H. 

3545  8.  201. 

3546  8.  341. 

3548-53  8.  190.  329.  848. 

3548  f.  got  der  guote  und  Maria  imt 
liebe    nmoter    Or.  2605.  3039.    Ygl. 

3548  8.  204. 

3550  8.  205. 

3553  8.  336. 

S.  170  Z.  3  T.  u.  Durchgesehen  habe 
ich  mit  Hilfe  meines  histo- 
rischen Bruders:  Archiv  für  Kunde 
österreichischer  Geschichtsquellen 
1—33  mit  der  Fortsetzung  ^ArdÜT 
f&r  öst.  Geschichte'  34—92,  Fontes 
rer.  Austriae.  1—57,  E.  H.  Knesch- 
kes  Adelslezikon  (und  die  darin 
angegebene  Literatur  ftber  Oster- 
reich :  Brandis,  Leupold,  Hoheneck), 
J.  Siebmachers  Wappenkunde,  dazu 
Ladurner,  Regesten  aus  Tiroler  Ur- 
kunden im  Archiv  für  Geschichte 
Tirols  I  fL  Ich  verzeichne  daraus: 
Engel  der  Suppan  vom  Neuherg^  Ur-> 
künde  vom  14.  MArz  1376,  Ladur-. 
uer  Nr.  1053;  eine  Kirche  zu  Mer- 


433 


Ungtn,  Urkunde  Yom  8.  Dezember 
1376  zu  Bozen,  Ladurner  Nr.  1060; 
ein  Leonhart  MerUm  in  den  Font, 
rer.  Austr.  Bd.  52:  Urkunden  und 
Begesten  zur  Geschichte  des  Bene- 
diktinerstiftes GOttweig  n,  Nr.  1417 
vom  5.  Mai  1456;  eine  Familie 
Engl  zu  Wagrain  bei  Yöcklabruck, 
Ratsherrengeschlecht  zu  Stejr,  im 
16.  Jahrhundert  geadelt 

S.  171  Z.  19  ▼.  u.  Barack,  Die  Hand- 
schriften der  fürstlichen  Fürsten- 
bergischen  Bibliothek  zu  Donau- 
eschingen, Tübingen  1865,  Torzeich- 
net  S.  46 :  Vtm  K^mg  Osckwaid,  Ab- 
schrift YonLafibergsHand  ,E  Godice 
nnicoBibliothecae  Scaffhusiensium. 
Godex  est  chartaceus  in  4°,  de  anno 
1472*. 

S.  181  füge  nach  Z.  4  hinzu:  478,  2 
nach  irumkm:  vmd  darmuk  erst  an 
ktb  was  er  füa  hon  dauan  weUkke 
fraw  vntf  euch  hit  sej  du  schaff  mir 
guUh  gemach  vnd  pHsig  mir  mu  essen 
vnä  MU  triticken  das  ich  ward  (I)  sat 
waü  der  durst  tut  mir  wirsck  daü  d 
hmng'. 

S.  181  Z.  10  T.  tt.  füge  hinzu:  öegahen  — 
unser]  pegaben  nach  seiner  ttnrcBgkaä 
vnd  dir  armi  lewt  komi  sovil  an  seini 
ho/  das  man  siMJf  schar  daraus  rnOst 
tailin  vnd  vntter  den  armü  lewtth  kam 
auch  an  den  ho/  vnser;  tauseni  — 
date»}  tausent  da  macht  nuM  aus  twelff 
schar  da  setzt  sich  vnst'  hn^  an  die 
erstH  schar  In  der  gestalt  da  pilgrams 
vnd  esepjkng  die  gah  darnach  gieng  er 
MU  der  amtm  scha'  das  traih  er  huncM 
an  die  ameifflM  sehet  vttd  gieng  da  mit 


&  190  Z.  9  ist  2689/90  zu  streichen. 

8. 196  Z.  8  T.  il:  /rief. 

8.  902.  Z.  17.  YgL  evith  —  Haupt 
Tetpasianns  22,  hende  —  ende  179, 
awijfremhem  »  Heuschrecken  Y.  d. 
Bfttitck«,  MftaekMitr  Oswald 


girheide   278,     hin  »  in  133,    his 
=  isen  Yeronica  430,  hidelcheü  492. 

S.203  Z.3  füge  hinzu:  dein  sUtt  ^ 
=r  dirld  1235? 

S.  205  Z.  4  füge  hinzu  gen  I  2587« 

8. 205  Z.  8.  woss  Vor.  Alex.  153, 
wesscl  Y.  d.  girheide  147. 

S.  205  Z.  12.  T.  u.  Ygl.  auch  den  » 
der  Yeronica  344  und  Yeldecke, 
Servatius  IL  1139. 

S.  206.  Den  md.  Reimen  ist  wohl 
auch  vlSch  :  Mbch  2028  beizuzfthlen; 
vgl.  die  Lesarten. 

S.  208  Z.  2.  Zu  houbetaäesiän  Tgl.  Anm. 
zu  3007. 

8.  209  füge  als  Yierreim  hinzu:  Db 
sie  daz  wunder  ^nr*  besähen^  sie  be- 
gunden  vurba»  gäben,  der  herMcge  und 
sine  man  hämen  uf  den  berc  gegän 
Herz.  Ernst  B  4069. 

8.  210  Z.  17.  Ygl.  Trist.  108.  29 
gähes  •>  balde  in  der  Handschrift  0 
vom  Anfang  des  15.  Jahrhunderts. 

S.  215  am  Rande  lies  [59—74]  sUtt 
[59—70],  desgl. Z.  14 v.u.  74sUtt70. 

8.  221  Zeile  7.  Hinter  8101  lies 
Semikolon  statt  Komma.  Am  Rande 
2521—26  statt  2521—25. 

8.  229  A.  1.  Zur  Übernahme  Ton 
Datierungen  der  Yorlage  durch  Ab- 
schreiber: Die  Biedegger  Hs.  des 
Engelhard  von  Konrad  ▼.  Würzburg 
ist  aus  dem  15.  Jahrhundert  und 
tr&gt  die  Jahreszahl  1277;  YgL  zu 
Arigo  ZfdA.  XLYII.  191,  auch  die 
Würzburger  und  Hamelbnrger 
Markbeschreibungen. 

8.  283  Z.  5  T.  u.:  Rol.  658  su  sähen 
thaM  thie  adeiaren  auh  thar  muo  gewenet 
wären,  thae  sie  scaiepärtn  ist  Mißver- 
st&ndnis  des  frz.  desua  unpin^  delcM  un 
egienüer  (aigientier)  Bartsch.  Das 
MißTerst&ndnis  könnte  durch  Ein- 
floß der  8al<Hnonischen  Yögel  ver- 
ursacfat  sein. 

28 


434 


S.  246  Z.  2  lies  167—70,  Z.3  streiche 
[322-37]. 

S.  2Ö0.  1161—68  und  1889—96  sind 
fälschlich  athetiert:  vgl.  z  48.  16 
und  dazu  d  und  z  50. 18. 

S.  252  Z.  14  Y.  u.  Doch,  er  ist  ver- 
schlnngen,  aber  verkehrterweise, 
denn  später  ,ninmit^  ihn  der  Engel 
(Einsiedel)  nur,  ohne  den  Fisch 
zu  taten. 

S.  260  Z.  11  lies  21—24  statt  21—54. 

S.  277  Z.  12  fehlt  ein  Komma  am 
Zeilenende. 

8. 284.  Auch  die  Erz&hlung  von 
Engelhard  und  Engeltrud  wird  so 
um  einen  König  Frute  von  Däne- 
mark gruppiert. 

S.  295  Z.  4.  Vgl.  S.  216  Z.  19  v.  u. 
Auf  dem  Odinsbild  der  Bronzeplatte 
von  Vendel  (S.  Müller,  Urgeschichte 
Europas  S.  186.  [Ist  es  Odin  ?])  hat 
der  eine  Rabe  einen  Ring  im 
Schnabel. 

S.  295  Z.  9.  Außer  Ruodlieb  vgl. 
Moningen  bei  Bartsch  V.  68  IVcr 
ein  sitich  odir  ein  star^  dt  moHHn  sU 
gelcrnit  hän  äaz  sie  sprechin  , Minne', 
192:  Sie  hat  Hip  ein  kleine  vogetUn 
daz  ir  HngU  oder  ein  lutzil  nä  ir  sprechin 
Man,  Hamle  bei  Bartsch  Y.  34:  Ich 
woüe  daz  der  anger  sprechen  solte  als 
dir  sitich  in  dem  gJas, 

S.  300  Z.  5  v.  u.  Vgl.  auch  Dippe, 
Hugdietrich,  die  Hugenlieder  und 
der  Wodanmythus,  Progr.,  Wands- 
beck 1902,  S.  XII  ff. 

S.  309  Z.  19  V.  u.  Weitere  automa- 
tische Kunstwerke  nachgewiesen 
bei  Berger  zu  Or.  973.  Vgl.  Anm. 
zu  2393  f. 

S.  309  Z.  13  V.  u.  Vgl.  den  goldenen 
Hirsch  in  Gudruns  Traum  Völs.  25 
und  die  Anm.  zu  2393  f. 


S.  313  Z.  4  die  Randziffem  sind  eine 

Zeile,  höher  zu  rücken. 
S.  318.    Die  Athetese   von  1708—15 

war  schon  S.  217  vorgenommen. 

S.  322,  letzter  Absatz.  Vgl.  Anm.  zu 
3119  ff. 

S.  324   Z.  16   V.  u.   lies  hont  «t  hatn. 

S.  328  Z.  8.  Ober  Einsetzung  fehlender 
Antworten  vgl.  DHB  4,  XVIII. 

S.  333  ergänze  unten  tode :  got  (2966) 
•MW. 

S.  338  Z.  12.  Palmen  als  Friedens- 
zeichen  der  heidnischen  Boten 
Bol.  675  ff.    S.  die  Anm.  zu  201. 

S.  339  ff.  Über  die  Doppelformen  gegän, 
gegangen,  gestän,  gestanden,  kümgutne^ 
kämgln^  mer,  me  in  der  Kudmn  s. 
Panzer  S.  llff. 

S.  364  Z.  6  ff.  Vogt  in  Pauls  Grand- 
riß ^  II.  175  scheint  das  Jahr  1186 
auch  auf  B  zu  beziehen. 

S.  369  Z.  1.  Vgl.  Anm.  zu  865/66. 

S.  369  Z.5.  rucht  r=z  zucte  M  1826. 
2882,  tuunes  ^  rames  S  128.  697. 

S.  369  Z.  7  ff.  vider  =  wider  Antichr. 
191.  39  R 

S.  369  Z.  12  V.  u.  Vgl.  dr&te  Bol. 
2964  :>  vü  balde  Stricker  3500. 

S.  373  Z.  1 1  V.  u.  Vgl.  Anm.  zu  3502. 

S.  378  Z.  4  V.  u.  MI  schreiben  Aron, 
Ssß  gewöhnlich  Aaron ;  Araon  s  236 
und  (künic  von)  Appion  s  293  ^ind 
wohl  augenblickliche  Entgleisungen. 
Der  Name  reimt  auf  do,  krön,  schon; 
none,  sMne;  .schonen.  Das  o  wird 
also  doch  lang  sein. 

S.  379  Z..9  V.  u.  Scherer  QFXII.  114 
deutete  ,von  Spanien^ 

S.  380  vorletzter  Absatz.  Noch  im 
11.  Jahrhundert  wanderten  irische 
Mönche  zumMittel-  und  Niedertiiein. 
Dann  wurde  Regensburg  ihnen  ein 
neuer  Stützpunkt:  zwölf  Klöster, 
unterstanden  in^  Deatschlaiid  d«m 
Regensburger.  Sie  sind  wegen  ihiKes 


435 


Abschreibens  —  der  Gegensatz  zu  der 
Betfttigang  der  irischen  Missionare 
des  7.— 10.  Jahrhunderts!  —  gut 
anfgenommen  und  wohl  gelitten 
(Zimmer,  Preoß.  Jahrb.  59.  49  ff.). 
Die  Yerehmng  des  keltischen  Chris- 
ten Oswald  ging  denselben  Weg. 
8.  383  Z.  15  T.  u.  Ein  Karfunkel  in 
der  Krone  des  Falsaron  Rol.  4224, 
der  Salme  Mor.  9.  3,  als  Schwert- 
knanf  wol  einer  vmste  gr^  Ort.  188.4. 
Erleuchtet  wie  ein  Licht  Ort.  180.3, 


wie  eine  Kerze  365.  3,  er  scheint 
nachts  Bol.  1588,  Beinh.  Fuchs  920 
(Zusatz  des  Bearbeiters),  durch  den 
Wald  Virg.  82.  4  etc.  Vgl.  V.  1168. 
1391  und  S.  185  Z.  12. 

S.  386  Z.  18.  Scherer  macht  QFXII. 
115  auf  die  Parallele  Sperrogel  // 
Rabe  aufimerksam. 

S.  386  A.  Die  Anm.  von  Liebrecht 
stimmt  vielleicht  für  Sß:  Ygl.  die 
Lesarten. 


tu- 


II. 

Alphabetisches  Verzeichnis  der  behandelten  und  der  nach 
den. Lesarten  ungeläufigen  Worte*). 


aie  1679  A. 

abebem  1986  A. 

aber  «  Herum  1832  A. 

aht  805  L. 

aise  mm  aU  ob  2456  A. 

als  «  cum  1631  A. 

an  3229  A. 

•am  <  'äken  S.  206.  208.  210. 

anger  1668  A.  und  S.  210. 

angrifun  1855  A. 

ankir  1623  A. 

skh  anUgem  2413  A. 

arbeU  1817  A. 

gebaere  S.  219  und  728  A. 
barmiclUhen  3253  L. 
be-  86.  118.  823  A. 
bUten  e  Jubere  2219  A. 
etMeten  2396  A. 
binden  2337  A. 
bi»  815  A. 
erbbren  760  A. 
bom  3078  L. 


botenbrdi  1906  A. 
(sich)  brechen  2558.  3073  L. 
(ge)brekie  449  A. 
(ge)brehün  449  A. 
brtsschucch  2525  L. 
760  A. 


verdaten  S.  217  und  902  A. 
gedähi  (Konstruktion)  1362  A. 
dämiie  232.  2060.  2314  L. 
dan-äannen  S.  208.  339  f. 
gedanc  S.  206.  211. 
danncch  2802  L.,  Tgl.  2317. 
dar    100.    821/22.    1621.   2645; 

806.  660  L. 
dtnm  k. 
deckt  2343  L. 
dihdn  61  A. 

denken  1074  A.,  TgL  1362  A. 
sich  bedenken  876  L. 
des  2538  L. 

dienen  transitiT  1072  L. 
dUnestümt  2959  A. 


404. 


*)  A.  »  Anmerkung,  L.  »  Lesarten. 


28* 


436 


dknesiman  2081  L. 

enünen  908  L.,  vgl.  2753  L. 

db  1631  A. 

dr&U  S.  369  und  A. 

skh  lasten  verdrin^n  2918  L. 

du  (Anrede)  339  A. 

süh  ducken  1325  A. 

durch   S.    336   und   998.  2280.  3198. 

3200  L. 
(be)durfen  »=  debere  86  A. 
lbe)durfen  =  nctitr  haben  86.  2209  A. 

^/2963  A. 

«1/2963  A. 

etnander  1600  A. 

eines  3147  L. 

emsiäel  1255  A. 

eaende  194  A. 

en-  3244.  3271  A. 

er-  1074  A. 

erde  14  A. 

^/ir>l«  1155. 1383.  1687  L. 

{von)  erste  1221  A. 

ert  14  A. 

gäch,  gähen,  gän   S.    210   und  Anm., 

2587  A. 
gegän  S.  339  f. 
ganz  3301  L. 
gar  1782  A. 
^  685;  629  L. 
ge  s=  Ja  1518  A. 
^.  8.  206  und  V.  118  A. 
gen  543  A. 
ger  2534  A. 
geren  S.  211.  341  f. 
{be)gem  3112  A. 
vergessen  1305  A. 
^/  8380  A. 
erglasten  1167  A. 
grtmntic  1737  A. 
^/»M  1855  A. 
5«tf/  (Adverb)  807  A. 

haben-hün  S.  208. 
sich  haben  an  3107  L. 


erhaben  2314  A. 
Aa/^  226  A. 
hart,  harte  549  A. 
sich  heben  2126  A. 
heidenschaft  67  L.  1527. 
hin-hinnen  S.  208.  340  f. 
Aiit  AWxr<  615  A. 
hin  nach  615  A. 
hinu  815  A. 
ho/egesinde  1606  L. 
hofesckaik  3307.  3403  K 
Amam»  2912  L. 
JliSf^«  867  L.  121. 

iedeweder  3523  L. 

ienderi  56  A. 

i«/320  A. 

Ml  5  A. 

-I»  -fww  S.  208. 

^  (Anrede)  889  A. 

jehem  1706  A. 
jehen  an  2972  A. 
veryehen  1706  A. 
/Mir  S.  886. 

kameraere  459  A. 

i6a»  2878  A. 

keUaere-helnaere  1842.  1954  L. 

kemtnerUnc  459  A. 

jkA  erkennen   mit  GenitiT   der  Sache 

8534  L. 
kul  2748  A. 
kmtüsch  37  L.  und  A. 
klä^klb  645.  2335  L.,  vgl  2355. 
kleiderwambes  2238  A. 
i^i^  =  subtiüs,  pukhellm  2075,  «184. 
i6&i^  1166  A. 

kamen :  genamen  (Part)  S.  211. 
kreßic  1462  A. 
krefhcliche  943  A. 
kristenUch  2992.   3034.    3092;   243  L. 

68.  247. 
{en)hiuustal  1262  A. 
Ami^  S.  340L 
kuMst  «  ifMT//  S.  205  und  208  A. 


437 


ttrszvUe  irtben  676  flf.  A. 
kur%vfUen  677.  684;  681  L. 

skh  erlän  137  A. 

leif.  (Praet  zu  laufen)  S.  205. 

sich  Ungen  1700  L. 

suh  geliehen  ze  8451  A. 

SJÜe  2352  A. 

line  2026  A. 

^  S.  210.  318  und  Ulla  L. 

oln  (Masc.  und  Nentr.)  1468  L. 

nuu  2878  A. 

gemach  1153.  1381.  1950  L. 

ntachem  2670  A. 

rnähu  S.  211  und  897  f.  A. 

man  8.  339  f. 

manheit  3506  L. 

morr  2414  L. 

marnaere    S.     169    und     1621.     2645. 

2736  L. 
masthüwn  1161  A. 
gemeU  2056  A. 
mkhil  2820  A. 
mtnnecliche,  mmnen  216ab  A. 
moU  3175  L. 

nähen,  nähint  635  A. 

neben  mit  Genitiv  2344  L. 

ne^  827  A. 

«»Ar  1767  A. 

nienan,  nienen  56  A. 

nunäert  56  A. 

»l^  827  A. 

nihi  S.  336.  2971  A.  56  A. 

niwan  2935  A. 

genB%  S.  210. 

ini»M»  2935  A. 

mm  2935  A. 

n&r  2935  A. 

^/2963  A. 
o/en  3349  A. 
<»-/  3077  L. 

//^^«^  1841.  1957  L. 


Pronomen  personale  als  Träger  eines 
Relativsatzes  1435  L. 

Pronomen  possessivum  bei  Glied- 
maßen 1270  A. 

prüe/en  2904  L. 

quingen  635  A. 

geraeu  130.  699.  2301.  3299  L. 

rast  2830  A. 

beraten  1121  A. 

reden  276.  1346  A. 

gerehie  90  A. 

rehte  291  A. 

rein  128  A.  3045  L. 

rigel  980.  2536  L. 

rihten  1687.  2075.  2134  L. 

rot^galin  2733  A. 

beruochen  2191  A. 

(dfew)  rw^  {singen)  2652  L. 

rmmf^  2830  A. 

rüsten  1613  L. 

^i  544  A. 

saelde  2556;  1801  L. 

xa/»/  1637  L. 

besammen  1505  L. 

beschehen  118  A. 

geschehen  118  A. 

^jf>fc^//^  849  L. 

j»:A  schichen  2128  A. 

xri^/  8079  L. 

schienen  980.  1623  A. 

schifman  S.  169. 

sehintvezMcl  3308.  3368.  3379  L. 

erschriete  1851  A. 

xf>bi///ji  1583  L. 

segelboum  1886;  1623  L. 

j^i^^,  x«i»^,  j^i^x  2679  A. 

sene  1355.  1432  L. 

besesMcn  S.  210. 

xM&r  824  A. 

sigen  S.  210  und  3172  L. 

gesinne  S.  205  und  1605/6  A. 

X2/824  A. 

{heiner)  slahte  886.  1836  L. 


438 


smäch,  smaeke  1339.  2301.  3458  L. 

smeln  2906  L. 

smitt«  2371  A. 

s$  8257  A.  . 

sper  1865.  1877  L. 

ersprtn^en  2540  L. 

stän  unpersönlich  1721  A. 

btstän  118  A. 

gesiän  118  A. 

sUimvani  1218  A. 

snc  1786  L. 

sidxen  2536  A. 

Siran  576  A. 

^streckt  3383  A. 

/^^  2429;  2366  L. 

'Stitnt   1199.  1232.    3129.    3237  L. 

beitmder  2463/64  A. 

Sweben  auf  dem  Wasser  3391  L.,  Tgl. 

621.  774. 
swe^en  1322.  2501  L. 
verswem  310  L. 
szvin  1856  A.  1849.  1965  L. 

^^^TMT  2138  L. 

getaete  S.  219  und  2559  L. 

gitar  3404  L. 

torwarU  2432  L. 

/^/;  toufe  246  A. 

^A  /<7i^  {iän)  3083  A. 

tougenlicke  829  A. 

/r<iA/i^  726.  1231.  2791.  3218  L. 

geiräkte  S.  211  und  31.  55.  724.  897  L. 

irän  576  A. 

trtben  734  A.,  Ygl.  kumvUe. 

{en)trhewen  269.  291  L. 

iweJkei  3352.  3359.  8362  L. 

twmgen  635  A. 

üfgebieten  2789  L.  und  A. 

ungät  629;  685  L. 

ungemuot  818  L. 

ungevüege  3382  L.,  Tgl.  3387  L.   und 

1923. 
uHgewar  3385  L. 
unmAun  2468  A. 
unmuoi  816  L. 


»»x^  S.  205. 
M»r  815  A. 
sich  urUmhen  3462  A. 
i^  5  A. 
^s/  2382  L. 
üfumpfesten  2265  L. 
iaermäten  2630  A. 
4as€hUEen  1623  A. 

entoaUen  3038  L. 

m//£«  S.  339  f. 

varender  (man)  684.  693  L. 

vojüf  984  A. 

»ox/zM  813  L. 

vektac  2778  A. 

^A^^üf  2183  A. 

uimJUe  2352  A. 

vmgerle,  vmgeriln  1276  A. 

rijhrs«»  auf  dem  Wasser  2754  L.,  TgL 

2839  L.  und  sufeUn, 
vRxu  568  A. 

vlach  (Praet  zu  viiegen)  S.  206  A. 
voi^  1409.  2589  A. 
vomdUhen  165  A. 
von  1723  L. 
vrkU  965  A. 
vridebreehendt  1016  L. 
vri  1702/3  A. 
vr^MK^  3499  A. 

waehe  2078  A. 

gewaeU  1757  A. 

«^4^^/  1739  und  2682  L. 

Stwalt  3425  A. 

gewani  1757  A. 

ttwr  =  wohin  2815  L.,  Tgl.  dar, 

war  nemen^  (Eonstr.)  307  A. 

vurwär  471  A. 

tiMir/«/  anl  3386  L. 

n^^,^  (^  nach)  211  A. 

wehseibak  844  L. 

verweisen  1745  A. 

«r^  2844.  2877;  2847  L. 

gewerren  2103  A. 

«v^/  14  A. 

westerbar  1549  L.  und  A« 


439 


wigant  2895  A. 

vAUn  1299  A. 

-unüen  S.  336. 

wiU  S.  836  und  3249  A. 

wirdt  unä€  ere  9öa  1088.  1240.  1370. 

1564.  1668  L. 
wiu  8388  L.,  Tgl.  zw'm. 
wol  nü  her  1557  L.,  vgl.  2841  L. 
wwrken  2670  A.,  vgl.  verwurken  2779. 

ari  (Subst.)  785  A. 


zUhen  1616  A. 

erstehen  1074  A. 

versihen  981  A. 

geunde,  %etmne  1605/6  A. 

zogen  1616  A. 

mcken  1826.  2029.   2882.  8878  L;  S. 

369  Z.  5  A. 
tuartten  2658  L. 
zwingen  685  A. 
zwischen  1682  A. 
ffzcmi  47.  8430  L.,  vgl.  wiu. 


III. 

Alphabetisches  Verzeichnis  zur  Abhandlung. 


Aachen  S.  378.  380. 
Acca,  Priester,  S.  264. 
Adalbero  v.  Reims  S.  888. 
Achillcussage  S.  278.  301. 
Adelbreht,  V.  147.  179.  208  S.  869. 
Aelfric,  YiU  des  hl.  Oswald,  8.262  A.2. 
Aidan,  Bischof,  S.  262.  809. 
Alberich  S.  292.  294.  880.  881. 
Albericus  S.  292. 
Alexander,  Straßburger,  V.  179  S.  318. 

1118  ff.  S.  209  A. 
Alexander,  Vorauer,  V.  51  ff.  S.  209  A., 

153  S.  318,  809  ff.  S.  209  A. 
Alexius,  Legende,  S.  176.  180.  229  A. 
Amelgard  in  DPI.  S.  273. 
Amicus  und  Amelius  S.  172. 
Andechs,  Berthold  v.,  S.  864.  878. 
Annolied  S.  206. 
Apolloniussage   S.    295  f.    299;    vgl. 

Thidhrekssaga. 
Ardschi  Bordschi  S.  268. 
Argolandus,  Heidenkönig,   S.  880  A. 
Aron  S.  220.  246.  878  f.  und  A.  382. 
Artus    in    der   Herbortsage   S.   288. 

290. 
Atli  in  der  Hjörvardsage  S.  294. 


Attilasage  S.  290;  vgl.  Thidhreks- 
saga. 

Aurilianus  S.  299.  801. 

Authari  S.  308. 

Automatische  Kunstwerke  S.  809 
und  Anm. 

Ave  Maria,  poetisch  paraphrasiert, 
S.  170. 

Ballade  vom  Scottish  Squire  S.  298. 

Beardaneu,  Kloster,  8.  262. 

Beck,  Heinrich,  S.  171. 

Beda  und  sein  Bericht  über  Oswald 
S.  179.  227.  228.  261  ff.  308.  809. 
871.  880.  381. 

Berchtung  im  Wolfd.  A  S.  267. 

Berchtung  im  Wolfd.  B  8.  267.  278. 

Berchtungsage  8.  301. 

Bergen  in  Flandern  8.  264.  380. 

Berker  S.  290  f. 

Berta  8.  290. 

Biterolf  211  8.  267,  4865  8.  269, 
6502  8.  289. 

Botelung  im  Wolfd.  A  8.  267. 

Brandan,  8t.,  S.  885. 

BravaUaschlacht  8.  279.  281. 

Brfinhüd  8.  292.  297. 


440 


Buch  der  Mftrterer  S.  371  A. 
Caesarius  ▼.  Heisterbaeh,  Dial.  murac. 

IV.  102  S.  378. 

Gantica  canticorum  deutsch   8.  171. 
Gapgrave,    Nova     Legenda    Angliae 

8.  262  A.  2. 
Cathlo,  britischer  König,  8.  264. 
Gentinns  8.  185,  vgl.  3117  A. 
Ghevalier  de  la  Tour  Landry  8.  372  f. 
Ghlod^igsage  8.  298  ff. 
Ghristns  und  der  Einsiedler,  L^ende, 

8.  171. 
GhrotechUde  8.  298  f. 
Glemens  VI.,  Papst,  8.  173. 
Gohereth,  englischer  König,  8.  179. 
Golin,  Philipp,  8,  388. 
Golumba,  8t.,  8.  264. 
Gyneborg,  Oswalds  Frau,  8.  262. 
Gynegilsns,  König,  Oswalds  8ch  wieger- 

▼ater,  8.  262. 
Deinsleifr,  8chwert,  8.  277  fL 
Deidameia  8.  301. 
8t.  D6ni8  8.  380. 

Denisesbuma,   8chlacht  bei,   8.  261. 
Deor  8.  277.  283. 
Dietrich  8.  289  f. 
Dietrichs  Flucht  8.266.  273  296.  299: 

V.  145.  790  8.  266,  865  8.  267, 
866.  876  8.  273,  950.  986  8.  268, 
1028  8.269,  1111  8.270,  1116  ff. 
8.  273,  1120.  1125  8.  270,  1215. 
1243  8.  269,  1906  8. 266,  1953 
8.  268,  2070  ff.  S.  879,  2142  8. 267. 

Dietwart  8.  266. 

Drogo   Ton    8t.   Winnoc,  seine  Vita 

Sti.  Oswaldi,  8.  264  f.,  371. 
Eadwin,    König    von    Northumbrien, 

S.  261. 

Echtemach  8.  264.  380. 
Echn,  König,  8.  368  A. 
Eginhard,  cap.  16  8.  379. 
Ekbert  ▼.  Trier  8.  388. 
Engel,  Hans,  8.  170. 
Erka  8.  290.  294. 
Erwin  in  DFL  8.  273. 


Ethelfred,    König,     Oswald«    Yafcer, 

8.  261. 
Falken,    schottische     Ballade    yom, 

8.  268.  298  f. 
Flecks  Flore  2019  ft  8.  309. 
Floyris  8.  378. 
Fredegar  8.  298  f. 
Frotho   UL,     (Fridhfrödhi)     König, 

8.  277  ff.  284. 
Frute  8.  274.  284  und  A. 
Gallus,  Legende,  8.  265. 
Gandon  8.  222.  378  f. 
Girheide  v.  d.,  vgl.  Wilder  Mann. 
Glamorgan,    Gwynllyw,    König   Ton, 

8.  372. 
Glas,  Biese,  8.  368  A. 
Glaube,  8angaller,  8.  870. 
Glouoester,     Aufbewahrungsort    der 

Reliquien   des  hl.  Oswald,  8.  263. 
Goldschmiedekunst  8.  888. 
Goldwart  8.  289. 
Göndul  8.  280. 
Goss-Hawk,   The   gay,    Ballade,    8. 

268.  298  f. 
Graf  Rudolf  8.  869.  883. 
Gregor,  8t,  8.  871. 
Gregor  IL  8.  179. 
Gregor  ▼.  Tours  8.  298  f.  303. 
Grimilda  (bei  Saxo)  8.  284. 
Gundobad  8.  299.  301  f. 
Günther  8.  292.  296  ff. 
Gwynllyw,  König  ▼.  Glamorgan,  S.372. 
Hagen -Högni   in   der    Kudrnn   und 

im  Hjadhninga  yig  274  ff. 

Hagen  im  Nib.  8.  298. 
Haraldr  im  HiLttalykill  8.  281. 
Hartmut  in  der  Kudrun  8.  275.  285  f. 
Hartmut  in  der  Herbortsage  (Biterolf) 

8.  287.  290. 
H4ttalykiU  8.  2801 
Harun  al  Raschid  8.  879. 
Hedeningensage  8.  284. 
Hedhinn  mjöfi  8.  279.  281. 
Hegelingen  8.  282.  284. 
Heinrich  L,  König  t.  England,  8.  268. 


441 


Helgakridha  ^j^rYarc^l88onar  S.  280; 

5   8.  269.   294,    Prosa    1    8.   267, 

ProM  8  8.  268. 
Henrikssaga  ok   KnnegoiidiB   8.  221 

A.  2. 
Heoden  8.  288. 
Heoirenda  8.  288. 
HerboTg  8.  296. 
Herbort  und  Herbortsage  in  der  Ths. 

und  den  Herbnrtsrünur  8.  288  f.,  im 

Biterolf  8.  289.  297.  801.  3C9:  Tgl. 

Thidhrekssaga. 
Herrand  8.  288.  284. 
Herwig  8.  285  ff. 
Herxog  Ernst  8.  296. 
Henog   Ernst   A  8.  208  f.  864.  378 

(Datierung);  V.  L  52 ff.,  IL  10 ff., 

U.  86  ff.,  lY.  26  ff.,  lY.  34  ff.  8.  209. 
Herxog  Ernst  B   8.  208.  363  f.  383; 

Y.  260  ff.   8.  266,  698  ff.    1231  ff 

1261  ff.  1783  ff.  1798  ff.  8.  209. 
Hettel  8.  274.  275.  284  f. 
Hettel-Hüde-Wate-Dichtnng   8.  288. 

298.  808. 
HUda  bei  8axo  8.  278  f. 
Hilde  im  Hjadhninga  vfg  8.  277  ff. 
Hilde  in  der  ApoUoniussage  8.  296, 
Hilde  in  der  Herbortsage  8.  288. 
Hilde  in  der  Kndrun  S.  274  f.  285. 297. 
Hildebrand  8.  289. 
HUdeburg  8.  289.  294. 
Hilde-Kndmn  8.  274  fr. 
Hildesage  in  Lamprechts  Alexander 

8.  274.  288.  285.  287. 
Hithin  hin  hOnaeskae  8.  279. 
Hithinns  8.  278  f. 
Hithinas  gracilis  S.  279.  281. 
Hjadhningar  8.  276  f.  282. 
Hjadhninga  vfg  8.  276  ff.,  im  H4tU- 

lykill   S.  280  f.,   in   der  Ragnars- 

dripa   8.  277,  bei  8axo  8.  277  ff., 

bei  8norri  8.  276  f.,  im  86rlath6ttr 

8.  279  f. 
Hjarrandahliöth  8.  283. 
^jaITandi    in    der    Heden ingensage 

8.  282. 


Hjarrandi  im  HdUalykill  8.  281. 

Hjörrardsage  8.  287  f.  294. 

HOginns  8.  278  f. 

Hdgni  277  ff. 

Horand  8.  274.  282.  283.  284. 

Hrödhmarr  8.  287  f. 

Hürnen  8e7fried  8.  292. 

Hngdietneh  S.  266.  278  f.  300  ff. 

Hago  Y.  Toni  8.  292. 

Iron  8.  296;  Ygl.  Thidhrekssaga. 

Ise,  Fischer,  8.  284. 

Isolde  in  der  Herbortsage  8.  290. 

iTar  Ijömi  8.  280. 

Johannes  nescio  qnis,  8chreiber, 
8.  229  A.  1. 

Jodoeus,  8t.,  8.  371. 

Johannes   ( »  Aron-Gaudon)   8.  236. 

Johannes  Eleemosynarias,  8t.,  8.371  f. 

Kaiserchronik  8.  206.  869  (Palaeo- 
graphie):  Y.  2811.  2865.  3049. 
3341  8.  342. 

Karfunkel  8.  383  A. 

Karl  d.  Gr.  8.  381.  384;  YiU  8.  295. 
378  ff. 

Karolns  Magnus,  Descriptio  qualiter 
darum  —  Aquisgrani  detnlerit 
8.  380. 

Kedwalla,  heidnischer  König,  8.  261. 

Kentigem,  8t.,  8.  309. 

KOln  8.  388. 

Koningsdochter,  8pel  Yan  de,  8.  268. 

Konstantin,  Papst,  8.  179  f. 

Kriemhild  8.  297  f. 

Kudrun  274  ff.  S.  284  (Namenform) 
304  A.  1;  Str.  1.  2.  5.  7.  169 
8.  266,  196  ff.  8.  275  A.  1 ,  198.  201 
8.  267,  207.  209.  210  S.  266,  211. 
213  8.  267,  214  8.  268  und  269, 
216  S.  268,  227  ff.  8.  298,  228  8. 
267  f.,  230.281.  8.268,  242  8.268 
und  298,  243.  247  f.  8.  268,  249  8. 
269,  249.  250.  251.  257.  264  8.  270, 
290  ff.  8.  269  f.,  294.296  8.270, 
297  ff.  811  8.  271,  822  S.  269 
und  276  A.,  324.  826.  387.  852 
8.  269,  872  ff.   8.   271,  878.  886. 


442 


391.  400  S.  269,  406.  409  S.  271, 
411  S.  273,  421  S.  267,  440  ff. 
453  S.  271  f.  und  305,  455  S. 
274,  459  S.  272,  461.  464.  468. 
472  S.  274,  487.  488  S.  272, 
491  f.  S.  272  und  805,  517.  1 
S.  282  A.  1,  522  ff.  S.  272,  530  S. 
282  A.  1,  544  S.  272,  559  S.  274, 
577.  579  f.  S.  267,  588  S.  266, 
593  S.  267,  596.  600.  603.  607. 
608.  612  S.  269,  618  f.  631  S. 
267,  635.4  f.  8.  285  f.,  689  S.  270, 
644.  666.  4.  667  S.  286,  847  ff.  S. 
271,  853  S.  272,  1030  S.  303, 
1141  S.  270. 

Kunstwerke,  automatische,  S.  309  und 
Anm. 

Kununktallit  8.  279. 

Ladiner  in  DFL  8.  273. 

Landry,    Chevalier    do   la   Tour,    S. 

372  f. 

Lapicida,  Michael,  8.  172. 
Laurin,  8chluß  der  Us.  s,  8.  388. 
Le    Grand,   Du   prevot   dMquileo  8. 

373  A. 

Legenda  aurea  8.  371  f. 

Legendär,    FrÄnk.,    V.  302     8.  369, 

8chreibung  i—e  S.  375. 
Leiden    und    Martern    Jesu   Christi, 

Gedicht  von  den,  8. 170. 
Leonhard,  8t.,  8.  373. 
Lewinna,  8t.,   mit  0.  in  St.  Winnoc 

verehrt,  8.  265  A.  1.  380. 
Liber  Historiae  8.  298  ff. 
Lindissa,  Provinz,  8.  262. 
Lucidarius  8.  229  A.  1. 
Ludwig  in  der  Herbortsage  (Biterolf) 

8.  287.  290,  in  der  Kudr.  8.  275  f. 
Lupoid  8.  267.  290. 
M&rterer,  Such  der,  8.  371  A. 
Mahmet  8.  220.  221. 
Marquard  von  8tein  8.  372. 
Meerweiber  u.  dgl.  8.  374. 
Meister,. die  sieben  weisen,  8.  293. 
Mercur,  Neuer  Teutscher,  8.  373  A. 
Merling>  Hans  von,  8.  170. 


Hl.  Messe,  Bedeutung  und  Auslegung 
der,  (Deutsch  von  1477)  8.  171. 

Milias  8.  291. 

Mochua,  8t.,  S.  309. 

Morolf  8.  232.  237.  296.  374  f.  377. 
386;  8tr.  10  8.  268  und  377,  23.  24 
S.  266,  26.  28  8.  267,  51  8.  296, 
57  8.  269,  106  8.  266,  185  S.  338, 
220.  381.  383  8.  270,  500  8.  271, 
519  8.  274,  521  8.  338,  540  8.  275, 
558.  591  8.  272,  601  8.  271,  666 
8.  338,  728  8.  374. 

Morung  in  der  Eudrun  8.267. 

Nibelungen  8.  296  ff.  374.  385. 

Nibelungen  B  A  9.  3  8. 267,  49  S.  266, 
51—52  8.  267  und  8.  297f.,  55 
8.  267,  58  8.  297,  60.  80  8.  270, 
272  8.  268  und  297,  277  S.  268, 
289  8.  268  und  297,  324  8.  297,  826 
8.  267,  328  8.  298,  329  8. 267,  330 
8.  268  und  298,  332  8.  298,  338 
8.  268,  349  8.  270,  359  8.  268, 
361  8.  267,  371  f.  8.  298,  872.  392 
8.  270. 

Nibelungen  C  49.  3  ff.  8.  297,  50. 3. 
50.4.  51.4  8.298. 

Nothelfer  8.  373  f.,  vgl.  3502  A. 

Oda  8.  291. 

Offa,  englischer  König,  8.  179. 

Orendel  S.  234.  237.  384,  Datierung 
8.  367;  Prosa  nach  V.  286  S.  270, 
nach  779  8.  365,  nach  1067  8.  379, 
y.  81  8.  220,  161  8.  377,  162  8.266, 
173  8.  366,  176  ff.  194  8. 266,  205. 
210  8.  267,  235.  241.  279  8.  270, 
279  ff.  8.306  und  365,  309  8. 
306,  375.  1423.  3172.  3728.  3862 
8.365,  3872-77  8.  366  f.,  3888ff. 
8.  367. 

Ortnit  8.  291  ff.  299.  379—81.  384. 
385;  V.  5.  7  8.  266,  10.  11.  17.  21 
8.  267,  24.  57.  216.  217.  222.  224. 
243  8.270,  244  f.  8.268,  245  8.293, 
246  8.  268,  250.  260  S.  270,  264  ff. 
8. 270,  264  8.  308,  269.  274.  275 
8.  269,  289.  295  8. 270,  371  S.  271, 


443 


898  S.  269,  412  S.  271,  413  S.  269, 

427S.271,  438ff.  8.367,  449  8.271, 

473  8.  272  und  274  f.,   478  8.  272 
'    und  274  f. 
Osantrix  8.  290  f. 
Osidh  8.  290. 

Oswald:  s.  das  iDbaltsTeneicbnis. 
Oswald  ß,  BehandlQDg  einzelner  Stellen 

S.  176.  178-81.  183-86.   192  bis 

198.  228  A.  1. 
Oswald  s,  Bebandion g  einzelner  Stellen 

8. 173—75. 184  -  86. 188. 191.  202  f. 

228  A.  1.  369. 
Oswald  *zn,     Behandlung   einzelner 

Stellen   8.  221—28.  238-61.  309. 

315  f.  320-25.  336. 
Oswald  *W0,   Behandlung  einzelner 

Stellen    8.  229-50.  256—60.  308. 

321. 
Oswald,  Bischof  von  Worchester,  Erz- 
bischof Ton  York,  S.  262  A.  1. 
Oswald,  König  von  Norwegen,  S.  371 A. 
Oswaldlegende,  Miniaturen  zur,  S.  265 

A.  1. 
Oswaldsagen,  Kftmtnische,  8.  252. 
Oswald,  Viten  Ton  Aelfric,  8.262  A.  2, 

Beda  261  f.,  Drogo  8.  264  f.,  Regi- 

nald  8.  262  f. 
Parig  8.  379. 
Paimg  8.  379. 
Pamig  8.  379. 
Pamige  8.262.  379  f.  382. 
Papstchronik,     deutsche     bis    1342, 

Nachtrag  bis  1398,  S.  173. 
Parig  8.  379. 

Parzival  von  Colin  und  Wisse  S.  388. 
Passio  Domini  nostri  (Hainricns  Beck) 

8.  171. 
Passional,  niederdeutsches,  S.221  A.  2. 
Patricius,  St,  368 A.,  Legende  Y.30fr., 

8.  368A. 
Paulus  Diaconus  8.  303. 
Pay  8.  379. 

Peguilain,  Troubadour,  S.  373  A. 
Penda»   heidnischer  König,   8.  262  f. 
Pbysiologus  8.  374. 


Pia  8.  379. 

Portalaphe  8.  379. 

Pouge  8.  379. 

Prandwerg,  Herr  von,  8.  170. 

Preumoister,  Caspar,  S.  180. 

Prevot  d'Aquilee  (Le  Grand)  8.  373  A. 

Processus,  St.,  8.  229  A.  1. 

Pseudoturpin  8.  380. 

Babe,  Oswalds,   8.  263  f.  292  f.  381. 

382  f.  386. 
Rabenschlacht  965  8.  374. 
Ragnarsdripa  S.  277. 
Raubehe  S.  302  f. 
Reginald,  YitaSti.  Oswaldi,  8.  262  fr. 

367.  371.  381. 
Reinhart  Fuchs  799  S.  209  A. 
Remigiuslegende  8.  222. 
Renner  13535  8.  363. 
Reute,  Kloster,  S.  172. 
Rodolf  8.  290. 
Rolandlegende  S.  380  A. 
Rolandlied,   8.  369    (Palaoographie); 

V.  423.   1296.   1350.  2253  8.  342, 

2981  f.  (=«  107. 19)  8.  209  A.,  3201. 

6532  8.  342,  7711  f.  (=  263.31  f.) 

S.  209  A. 
Rosengarten  ACD  8.  364. 
Rother  S.  290  f.  299.  803.   304  A.  1. 

369  (Palaeographie).  377  f.  (Reime). 

384;    V.  7.  19  8.  266,   29.  42.  82 

8.  267,   91.  100  8.  268,   104  8. 267, 

118    S.  268,      132  8.  269,      154 

8.  273,    206    8.  270,     247.     288. 

314.   324.   342    S.  269,    620.  785. 

794  S.  270,    811.  924  8.  271,   1034 

8.  270,     1065.    1179.    1291.    1463. 

2022  ff.  2323.  2996  8.271,     3450. 

3644  8.  270,    3834.   4195   8.  271, 

4385  ff.     4542.    4616-41    8.275: 

ygl.  Thidhrekssaga. 
Ruthe-Reute,  Kloster,  8.  172. 
Sacerdotis,8ti.,  episcopi  Leniovicensis 

vita  8.  380. 
Salomo  8.  233. 
Salomosagen  8.  296.  299. 
Samson  8.  289,    vgl    ThidJirekssaga. 


444 


SaDgaller  Glaabc  S.  370. 

Saxo  I.  227  (Frotho)  8.  278,  I.  238  ff. 
(Hjadhninga  yfg)  S.  277  ff.,  I.  415  ff. 
(Snio)  S.  267.  286  f.,  IL  238(Snio) 
S.  303,  Lied  y.  cL  Grimilda  S.  284. 

Schandon  S.  379. 

Schön  Anna  8.  286  f. 

Scottish  Squire,  The,  Ballade,  8.  29a 

Seifried  Helbling  7. 361  S.  363. 

Sewart  S.  220.  266,  vgl.  V.  1568  A. 

Sewart   (in  der  Herbortsage)  S.  289. 

Siegfried  in  der  Kudran  8.  287. 

Siegfried  im  Nib.  8.  296  ff. 

Sigeher   in  Dietrichs  Flacht  8.  273. 

Sigrlinn  8.  287  f.  294. 

Silvester,  St.,  8.  206. 

Siwardns,  Sftnger,  8.  284. 

Sixt,  St.,  8.  873. 

Snio  8.  267.  286  f.  299.  303  f. 

Snorra  Edda  (Hjadhninga  vig)  S.  276  ff. 

Söriath^ttr  8.  279  f. 

Sörli  S.  279. 

Spange  8.  379  f. 

Stein,  Marqaard  von,  S.  373. 

Steinhöwel  8.  173. 

Stephan,  St,  8.  373. 

Straßburg  8.  388. 

Strickers  Karl  8.  364;  V.  3519  ff. 
9039  ff.  8.  209A. 

Sfideli  8.  286  L 

SvÄfnir  S.  287.  294. 

Symon  (Zentinus)  8.  227. 

Syvald  8.  303. 

Thidhrekr  8.  291,  in  der  Herbortsage 
8.  288  f. 

Thidhrek88aga(Apollonius:)  245  ff.  8. 
296,  245  8.  267  f.,  246.  247 
8.  269,  249  8.  271,  251  8.  270; 
(Attüa:)  41  8. 269,  42  S.  271,  46  8. 
290,  478. 270, 48  S.271,  49  S.  267  f., 
51  S.269,  54  S.  271,  55  8.  271  f.; 
(Herbort:)  2838.267,  2348.268 f. und 
271,  236  S.  809,  237  8.  269,  288 
S.  269  und  271,  239  S.  272;  (Iron:) 
269  8.269;  (Bother:)  37  S.291; 
(Samson :)  1—2  8.  289. 


Thomas  n.,  Erzbischof  v.  York,  8.263. 

Tragemund  8.  232.  338. 

Trier  8.  388. 

Tristan  in  der  Herbortsage  8.  290. 

Tundalus  89.  172.  215.  220.  248.  307. 

315.  331.  357.  501.  508  S.  369. 
Yeit,  St,  49  8.  369. 
Yeldecke,  Servatius  800  ff.  8.  373. 
Yeronica,  s.  Wilder  Mann. 
Yespasian,  s.  Wilder  Mann. 
Yirginal  S.  379. 
Yitho  8.  283  A.  2. 
Yögel,   sprechende,  S.  293—295  und 

Anm.,  vgl.  Rabe. 
Yögel  als  Werber  8.  293—295. 
Wachilt  8.  374. 
Wagener,  Jos.,  8.  180. 
Walthersagen  S.  288  ff. 
Warmund  8.  338.  382. 
Wate  8.  274.  275.  282  ff.  298. 
Werbnngslisten   8.  271.  273  f.  289  ff. 

292  f.  299.  301.  303. 
Widsidh  8.  283. 
Wieland,  Wasserkufe,  S.  373. 
Wigamur  318  f.  8.  374. 
Wilder  Mann,  Yon  der  girheide    70. 

73.  110  8.369;   Yeronica  150.  191. 

230.  271.  289.  472.  501.  623.  655 

S.  369;    Yespasian  24.  60  8.  369. 
Willbrord,     Erzbischof    v.    Utrecht, 

8.  264. 
Williram,  Leydener,  S.  204.  878. 
St.  Winnoc,  Heiliger  und  Kloster  bei 

Bergen  in  Flandern  mit  Gebeinen 

des  hL  Oswald,  8.264.  265  A.  1.380; 

Drogo  von,  seine  Yita  Sti  Oswaldi 

8.  264  f.  371. 
Wisse,  Claus,  S.  388. 
Witege  8.  374. 
Wittar Witte  S.  283A.2. 
Wodan  S.  379. 
Wolfdietrich     A    8.    300f.;    Y.  19 

S.  267  und  307,   20  f.  8.  807,  151 

S.  301  f.,  152  8.  267  und  301  f., 

244.  266  8.  368,  864.4.  470. 1  S. 

307,  Anh.  263  8.  809,  266  S.269. 


445 


Wolfdietrich  B  S.  299.  3001  364 f.; 
V.  3.  8.  S.  266,  10  S.  266  f.  und 
307,  11.  15.  18.  20  S.  267,  21. 
22.  30.  81.  36  S.  273,  40  S.  270, 
42  S.  271,  45  8.  270,  46  8.  271, 
51  8.270  und  273,  54.  66.  196 
S.  271,  274  8.  270,  287  8.  271, 
310  S.  309,  329.3  8.  364  f.,  556.3. 
558.    808.     816.1.     853.2.    867.2 


S.  368,    870  8.  270,  919.  3  8.  368. 
Wolfdietrich  D    8.  364 f.;     V.  586.3 

8.864. 
Wolfwin  8.  285.  287. 
Wülpensand  8.  285. 
Tljas  im  Ortnit  8.  267.  292. 
Ymelot  8.  290. 

Kentinus  8.  185,  vgl.  Y.  8117  A. 
Zenturio  8.  178,  vgl.  V.  3117  A. 


Verlag  von  M«  &  H.  Marcus  in  Breslau,  Kaiser-Wilhdmsb-.  8 

Germanistische  Abhandlungen 

begründet  too  Karl  WelBh«li 
in  iwaogioseD  Hefken  heranflgegeben  von 

Friedrleli  Togl; 

1.  MttUer^  Conrad:  Beiträge  zum  Leben  und  Dichten  Daniel  Caspers 
von  Lohenstein       3, —  Mk. 

2.  Wamatsch^  Otto:  Der  ManteL  Bruchstück  eines  Lanzeletromans  des 
Heinrich  von  dem  Türlin,  nebst  einer  Abhandlung  über  die  Sage  Yom 
Trinkhom  und  Mantel  und  die  Quelle  der  Krone      ....    3,60  Mk. 

3.  Jahiiy  Ulrich:  Die  deutschen  Opfergebr&uche  bei  Ackerbau 
und  Viehzucht.  Ein  Beitrag  zur  Deutschen  Mythologie  und  Alter- 
tumskunde       9,—  Mk. 

4.  Zlngerle,  Oswald:  Die  Quellen  zum  Alexander  des  Rudolf  von 
Ems.    Ln  Anhange:  Die  historia  de  preliis      ....    8, —  Mk. 

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Hartmanns  von  Aue       5,—  Mk. 

6.  FiBeher^  Arwed:  Das  hohe  Lied  des  Brun  von  Schonebeck,  nach 
Sprache  und  Komposition  untersucht  und  in  Proben  mitgeteilt    3,60  Mk. 

7.  Meier,  John:  Bruder  Hermanns  Leben  der  Gr&fin  lolande  von 
Vi  an  den  mit  Einleitung  und  Anmerkung 10,—  Mk' 

8.  Heasler,  A.:  Zur  Geschichte  der  altdeutschen  Vers, 
kunst 5,40  Mk. 

9.  Rosenhagen,  Gustav:  Daniel  von  dem  blühenden  Tal,  ein  Artus, 
roman  von  dem  Stricker       9, —  Mk. 

10.  Jiricaseky  Otto  L.r  Die  Bösa  Rimur 6,—  Mk. 

11.  Drechsler,  Paul:  Wencel  Scherffer  und  die  Sprache  der 
Schlcsier.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache  11, —  ML 

12.  Beiträge  zur  Yolksknade  —  Festschrift  —  Karl  Weinhold  zum  50j&hr. 
Doktorjubil&um  am  14.  Januar  1896  dargebracht  im  Namen  der 
Schlesischen  Gesellschaft  für  Volkskunde v.    .    8,—  Mk. 

Greizenach,  Wilhelm:  Zur  Geschichte  der  Weihnachtsspiele 

und  des  Weihnachtsfestes 0,80  Mk. 

Drechsler,  Paul:  Handwerkssprache  und  Brauch     .    .    .  1,20  Mk. 

Fraenkel,  Sigmund:  Die  tugendhafte  und  kluge  Witwe  .  0,80  Mk. 

Hillebrandt,  Alfred:   Brahmanen  und  ^fidras    ....  0,50  Mk. 

Jiriczek,  Otto  L. :   Die  Amlethsage  auf  Island    ....  2, —  Mk. 

M  0  gk ,  Eugen :  Seffen-u.Bann8prüche  aus  ein.  alten  Arzneibuche  0,80  Mk. 

Ol  brich,  Karl:  Der  Jungfemsee  bei  Breslau 0,80  Mk. 

Regell,  Paul:  Etymologische  Sagen  aus  dem  Riesengebirge  ], —  Wl 

S  c  h  r  0 1 1  e  r,  Franz :  Zur  Charakteristik  des  Schlesischen  Bauern  0,60  Mk. 

Siebs,  Theodor:   Flurnamen 1,60  Mk. 

Vogt,  Friedrich:   Domröschen-Thalia 2,—  ML 

Warnatsch,  Otto:    Sif       0^  ML 


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