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Full text of "D. Johann Hedwig's, Professor der Botanik; Mitglied der römisch- kayserlichen Akademie der Naturforscher, der königlichen Akademie und Gesellschaft der Wissenschaften zu Stockholm und London; Ehrenmitglied der naturforschenden Freunde zu Berlin und Zürch, der medicinisch-chirurgischen daselbst und ökonomischen Gesellschaft zu Leipzig, Sammlung seiner zerstreuten Abhandlungen und Beobachtungen über botanisch-ökonomische Gegenstände"

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Uprokelbr der Botanik; Mitglied der römifch - kayferlichen Aka- 

demie der Naturforfcher, der königlichen Akademie und Gefell- 

fchaft der Wiflenfchaften zu Stockholin und London; Ehrenmit- 

glied der naturforfchenden Freunde zu Berlin und ‚Zürch, der | 

° medieinifch- chirurgifchen dafelbft und ökonomifchen 
Gefellfchaft zu Pezis 


Samm l ung 


Einen 


feiner zerflreuten 


| Abhandlungen und Beobachtungen 


über | ! 
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mu & ökonomifche 9 aD Sog 
Puder) ER. 
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6 . 5 e n ß ä a a ef. 2 ed 


Fi Erftes Bändchen | 
mit fünf illuminirten Kupfertäfeln. \ 


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| Leipzig, 1793 
‚bey Siegfried Lebrecht Crufius 


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ANEUEN | AAN NR VRR 


' Seinen 
gchiebteflen Gönnern und Freunden 
| N | dem | ö | 
Herrn Hofrath Hörtel 


auf Nothkenhof bey Riga, 


ERweR Hofrath Heim 


in Berlin, 


Heron Hofrath Pohl 


in Dresden, 


Herrn Bürgermeifter Timm 


zu Malchin, 


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diefes Bändchen | 


x 


zum immerwähbrenden Denkmal 


feiner 
Hochachtung und Ergebenheit 
gewidmet | 
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| A vom Verfaffer 
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Vorrede, 


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Einige meiner Freunde äufserten fchon längft 


den Wunfch, dafs ich meine, in verfchiedenen 


. gefellfchaftlichen Werken von mannigfaltigem 
Inhalt, zerftreut gedruckte Abhandiungen, zu- 


fammen herausgeben möchte. Ich erfülle hier- 
mit ihren Willen, und liefere in diefem Bänd- 


chen diejenigen, welche fich in den Leipziger ' 


‘ Sammlungen zur Phyfik und Naturgefchichte, 


nd 


in dem Leipziger Magazin von l.eske und Hin- 


denburg, und in den Schriften der churfürft- . 
lich-fächfifchen ökonomifchen Societät befinden. 


Bey der nochmaligen Durchficht hab’ ich fie auch 
hin und her verbeflert. 


Diefem Wird jährlich ein ebenmäfsiges Bänd- | 


s chen folgen von bisher ungedruckten Abhand- 


a % 5 | lun- | 


Vorrede. 


lungen, Auffätzen und Beobachtungen. Auch 
von diefen werden die meiften die Phyfik der 


Gewächfe betreffen. Ich werde manche Haupt- 


gegenftände diefer Wiffenfchaft umfändlicher. 


aufklären und erweifen, als es lich für ein ı Lehr- 
buch über diefelbe fchickt 


Auch die Beobachtungen an den äußsern Thei- 


len der Gewächfe, welche ich zur Beförderung 
diefer Kenntnifs mit einzuftreuen gedenke, folien. 
die Herren Kritiker in der Botanik nicht im gering- 


ften unreif finden. Es find ja fchon fo mehr als zu 
viel botanifche Fabrikwaaren in den Buchtiden 
vorhanden, die dem Wifsbegierigen mehr Wir- 


rung, mehr Noth, als Erleichterung und Klar-. 


eit verfchaffen. Lieber wollte ich die Feder 


wer weils wie weit wegwerfen, als diefe je ver- 


mehren. 


Anhalt. 


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« 


I. Vorläufige Anzeige meiner Beobachtungen von den wah- 
ren Gefchlechtstheilen derMoofe und ihrer Fertpflanzung 


durch Saamen Seite 1 


} \ N 


.1I. Beobachtung von den Saamenlappen 


1Il. Lycoperdon pufillum 


IV. Von dem wahren Urfprunge der männlichen Begattungs- 


werkzeuge der Pflanzen, nebft einer diefe Lehre erläu- 
IV 


ternden Zerlegung der Herbftzeitlofen ( Colchicum autu« 


mnale Linn.) 


V. Was ift eigentlich Wurzel der Gewächfe? einigerinafsen 
‚erörtert, und befonders durch die Herbftzeitlofen 


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Eenhale‘ 
VL Etwas über die lebendigen Geburten der Gewächfe 
N nn a Seite 65 
VIL Von den Ausdünftungswegen der Gewächfe 116 


\ VII. Verfuch zur Beftimmung eines Zuverläffigern Merk- 
mals zwifchen Thier und Pflänze, nebft einem Anhang 132 


IX.’ Vom Auswintern des Getreides - 159. 


X,. Ueber das Bemoofen der Bäume, ın wie weit es ihnen 


fchädlich ift R 172 
XI. Beantwortung tiber die Bewäfferungen mit Quellwafler, 
und die Urfache des Mehlthaues im Getreide 489 
N 7 \ 
4 - 
/ un. 
» N ö 


a Erklä« 


Erklärung der Kupfertafeln, 


1’ Tafel I. 


Fig. 1. Die entblöfste männliche und weibliche Ge- 
fchlechtstheile mit ihren Saftumfätzen von der Blu- 
me der Bartramia pomiformis (Bryum pomiferme L.) 
in natürlicher Gröfse. 

Fig. 2. Diefelbe; fehr ftark vergröfsert. Bey * ein 
‚männlicher Gefchlechtstheil,‘ der feinen Befruch- 
tungsftoff austreibt. | | 

Fig. 3.. Der befruchtete und bereits angefchwollene 
weibliche Gefchlechtstheil. } 

Fig. 4. Einer von den unbefruchtet Peulehinen, 

Fig. 5. ‚Einer von den männlichen Gefchlechtstheilen, 


zum Austrieb feines Befruchtungsftoffes bereit, 


| nebit einem Saftfaden. 
tig. 6. Ein männlicher Gefchlechtstheil aus der Blume 


des Mnium foztanum Linn. der feinen Befruchtungs- 


ftoff austreibt, nebft einem von den Saftumfätzen die- 
"fer ‚Blume, | 


, 
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j f 


Aa \ Fig.7. 


\ 


Erklärung der Kupfertafeln 


Fig. 7. Der: männliche Gefchlechtstheil des Schaper H 

paluftre Linn. 

fig. 8. Ein aufgegangenes Saamenkoin de Eymnoet | 

\ ..,.mum pyriforme (Bryum pyriforme Linn.) Insgefamt 
‚ nach der Vergröfserung von Fig, 2: 


Tl 


"Fig. 1. Der Saamen \eines Apfels aufser feiner braunen 
' Haut, in natürlicher Gröfse, | 
Fi io. 2.. Derfelbe achtmal vergrößert. 
Fig. 3. Ein doppelt fenkrechter Durchfehnitt von die. 
fen; vergtölsert, | | 
Fig. 4 Ein dergleichen Schnitt von eine? aufgehenden 
Federbohne in natürlicher Gröfse, | “ 
a. Die Saämenläppen. b. b. Die Gänge aus diefen 
nach der anheblichen Wurzel. c. Der Keim. 
Fig. 5. Eine a. aufgegangene Feuerbohiie, die bereits 
einige Seitenwurzeln getrieben, und den Ranken- 
trieb ziemlich verlängert hatte, nebft den noch dar- 
an befindlicheri Saamenlappen. 
Dig. 6. Diefe von vorne und hinten fenkrecht durch- 
fchnitten: 
4. a. Die Saamenlappen. b. b. Die Gänge aus diefen 
nach der anheblichen Wurzel, die oberften. 
b. b. Die Gefäfsbündehen des anheblichen. Ran- 
kenftanimes. c. Der fogenannte Keim. ' 
Fig. 7. Ein fenkrechter Durchfehnitt von dem unter- 
ften Ende der anheblichen Wurzel; ziemlich ver- 


gröfsert. 
N F ig. 8. 


Erklärung ‚der Kupfertafeln. 


| Rip: g. Ein felfknsthier Abfehnitt ‚der bereits veräfteten 
Wurzel; in natürlicher Gröfse, 

Fig: g. Derfelbe; fehr vergröfsert. | \ 

a. Die Rinde. b. Die un .c. Das foge- 
nahnte Mark.  _ 

Fig. ı0. Ein Orchehnit der W urzeh, wo zu-. 

gleich eine Veräftung gefalst wurde; in Aeunliehe 

Gröfse. 

‘Fig, 11. Derkiben ei vergrößert, | 


nt 


irn se un, 


Fig. 12, Ein keimendes Weizenkorn” in garöplicher 
Gröfse, 


-.. Fig. 13. . Eben daffelbe ; vergröfsert. 

Fig. ı4. Ein doppelt fenkrechter Schnitt von diefem, 
mitten durch den. Saamenlappen, den Keim und 
einen Theil des Saamenbehältniffes.. 

Fig. 1. Ein kleiner Bovift in natür licher. Gröfse. 


Fig. Il. Derfelbe vergröfsert. Inne 
Fig. III. Seine Saamen und Schnellfäden , noch meh 
 vergröfsert. | ade | 
TAN 


N Fig. 1. Die ganze blühende Herbftzeitlofe (Colchicum 
“autummelel.inn.) in natürlicher Gröfse mit allen ihren 
'äufsern Theilen, von der nur die erfte Bine bey. b. 
abgefchnitten worden. 


a. Fig., 


Erklärung der Kupfertafeln. 


Fig. 2. Eben diefelbe von dem braunen Umfchlag ent- 
“ hüllt, und beide Erweiterungen der Gefchlechtshülle 
abgeichnitten. 
e. Der verjährte Zeheltammı 
d. Seine vertrocknete braune Blättchen. 
e. Mündung des Blumenfchaftes. | 
Jf. Mündung der abgefehnittenen Röhre der Gefehlechts- 
hülle, oder des Rohres der Blume 
fig. 3. Das nümliche unter Fig. 2. vorgeftellte, durch 
das Rohr der einen Geichlechtshülle, der Körper der 
Pflanze und die Wurzeln fenkrecht getheilt. 
2. ‘Die eine Hälfte des Körpers. \ 
y. Der vertrocknete Nachlafs feiner Wurzeln. 
bh. Der getheilte Blüthenfchaft mit feinem Gehalte. 
Fig. 4. Diefes leztere vom Körper abgenommen und 
auseinander gelegt. | 
3. Etwas von der Blumenhülle ‚oder dem Schaft der 
Blumen. | 
z*. Die Hälfte der Gefehlechtshülle. 
a Die mit dem Fruchtftengel hervorkommende Blät- 
ter. | | 
1.1.1. Die drey Griffel. 
m. Der Zufammenhang von allen diefen mit der 
Zwiebel. | 
Fig. 5. Eine der blattförmigen Ausbreitungen von der 
Gefchlechtshülle mit dem Staubbalge und feinem 
Träger. 
Fig. 6. Ein Querdurchfchnitt vom Rohre der Ge- 
fchlechtshülle, vergröfsert fünf und zwanzigmal die 
Banile: Linie. hei 


8 


MN. N. 


Erklärung der Kupfertafeln. : 


nn. m. Die wechfelsweifen Anfätze von den fpiral- 
und faferartigen Gefäfsen an den doppelten Win- 
| den derfelben. if 
0.0.0. Die drey Griffel. 
Fig. 6*. Ein kleiner Theil von einem hier befindlichen 
und zu den Trägern der Staubbehältnifle laufenden 
Faden, ı20mal im Durchmeffer vergröfsert. 
a. &. Die Spiralgefäfse. | 
Fig, 7. Der Querdurchfchnitt eines Staubfadens, in def. 
fen faft mitten inne befindlichem kleinen Raum das 
' Bündchen von Spiralgefäfsen liegt, funfzigmal im 
Durchmefier vergröfsert. | h 
Fig. 8. Der obere Theil des Gtiffels mit feiner Narbe 
und dem darauf geftreuten männlichen Befruchtungs- 
 ftaub; fünf und zwanzigmal im Durchmeller ver- 
gröfsert. | 
Fig. 9. Ein Querdurchfchnitt de Narbe mit ihren Saft- 
fortfätzen und auf ihnen behängenden Befruchtungs- 
ftaub; funfzigmal im Durchmelfer vergröfsert. 
Fig. 10. Ein Querdurchfehnitt von der Mitte des Grif- 
fels; fünf und zwanzigmal im Durchmefler vergröf- 
tert. \ | 


TV. a 


Fig. **. Der Maasftab für die angewandte Vergröfse- 
rungen, vermittelt welchen jede Linie deflelben 
zwey und fechzigmal im Durchmeller vergröfsert 
wird. | | 

Fig. 1. 37 Theilchen der Linie von dem Unterhäutchen 
eines Saamenlappens der Perilla oeymozdes, 

| N 2 Fig. 2. 


Erklärung der Kupfertafeln. | 


 Fig..2. Dergleichen vom Saamenlappen des WIRKTE, 
"N koy C Cheiranthus ineanus): 


| Fig. 2. Dergleichen vom Blatt. ae Feyerlilie (Lilium \ 
bulbiferum), 


Fig. 4. en von der Gefchlechtshülle diefer 
Lilie. | | 


Fig. 5. Dessleiehen von dem Blatt des Zwiebellauches _ 
(Allium Ceps). 


Fig. 6. Wie auch von ‘dem Blatte des türkifchen Mays 
.(Zea Mays). | 


nt 
Vorläufige Anzeige 
"meiner Beobachtungen \ 

| Su von 


den wahren 


Gefchlechtstheilen ‚der Moofe 


und Ä $ 


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ihrer en uns durch Saamen *). 


IN en Bauptlächlich den, Relarfichtige L Dillen auch 
die Menge niedriger Gewächfe aus ihrer Finfter- 
‚ nils hervorgeführt, befchrieben, in gewilie Ordnungen 
gebracht und mit Gattungsnamen belegt hatte, welche 
die ältern Botaniker, ohne fich fonderlich um ihre 
Kenntnifs zu bekimmern, unter Moos anzeigten, beitreb- 

ten fich verfchiedene der vorzüglichften Männer i in diefer 


' Willen- 


'*) Diefe Anzeise befindet fich in den Sammlungen zur Phyfik 

und Naturgefchichte, Leipzig 1779. 8. Band. S. 259 folg. 

Ich habe fie hauptfächlich um der Entdeckungsgefchighte wil- 

f len hier eingerückt, und hin und her nur in Nebendingen 

 verbeflert, damit man meine Kot tfehritte in diefem Feld nicht 
valkehne. | 


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2 a Hr ' 


Wifenfchaft, ihre Gefchlechtstheile, ihren Saamen, und 


aus diefen, wie beyden andern Gewächfen, zu erfolgen- 


de Fortpflanzung ausfindig zu machen. Diefes fchien 
um deito nothwendiger, da das Haupt derfelben , näft- 
lich der Ritter von Linne, fein ganzes Syftem äuf die Be- 


sie 


gattung und die dazu SAnOHBen Menge 


hatte. 


\ 


genommen, die in Anfehung der Lage, Geftalt, Dauer, 
des Baues u. f. f. von allen übrigen Theilen der Ge- 
wächfe verfchieden warei, fich nicht an ällen von ein 
und eben der Gattung, auch. nicht zu alien, föndern nur 
zu gewillen Zeiten und in gewillem Zuitähde fehen. hief- 
fen. Es wurde ihnen alfo unter denjenigen Pfatizen die 


Man hatte auch an diefen, wie \deh fshon vorhin 
\ 
mehr bekannten F artenkräutern, gewilie Theile ‚wahr- 


* Stelle eingeräumt, die fich gleichfam im verborgenen 


begatten, undLinne zuerft Cryptogamiften nänfite; zum 
deutlichen Beweis, dafs gleichwohl auch diefe, gleich 
den andern, für vollkominener ausgegebenen Gewäch- 
fen; «ie dazu erforderliche Werkzeuge haben müfsten. 


Aliein die Meinungen von ihnen find bisher eben fo 
fchwankend und unzuverläfig geblieben, als die Be- 


ftimmtheit des eigentlichen Begriffes von Moos. | 
Nach dem Ritter Linne foll der welehtliche Theil 
aller Päanzen Blume und Frucht feyn. Bevor demnach 
diefe bey det Moofen nicht aufser allen Streit gefetztwa- 
rent fo konnte allerdings niemand mit Gr und fagen, was 
ein Mvos fey. Man trift daher bey keinein Schriftitel ler 
eine Definition davon ät. Der einzige Lintie macht 
in feiner botanilchen Philofophie 5: 37. folgende Be- 
fehrei- 


FA 


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fehreibung davon: „Die Moofe haben einen Staubheits 
tel (Antbera). ohneFaden oder Träger (Filamentum),, wel« 
cher fich von der weiblichen blüthe abgefondert befin» 
‚det, da er am Stempel fehlt. Den Saamen aber mangeln 
fowohl ihr eigenes Häiutchen , ‚als die Saamenlappen.® 
In wieferne diefes feine Richtigkeit habe, wird aus dem | 
erhellen, was ich von allen den Thheilen mit Zuverläfigs 
keit fagen kann. Aber auch ich felbft vermag jetzt kei- 


rien beitimmten Begriff von ihnen herzufetzen, bevor 


ich nieht alles genau angegeben habe. ‚Immittelft mufs 
ich beyläufig fo viel zum voraus erinnern, dafs der Rit» 
‚ter vollkommen Recht hatte, wenn er verfchiedene 
Moosgattungen desDillen von diefem Begriff ausfchlofs, 
. und nur das Lyeopodium, Porella, Fontinalis,' Spha- 
| ehum, fein Splachnum und Phafeum, Mnium, Polytri» 
‚chum, Bryum und Eypnum beybehielt. Von welchen 
jedoch auch das Lycopodium wird wegkommen müß 
‚fen, wie der Edle von 'Schreber in feiner Abhandlung 
vom Phafcum *) Seite 2. mit Grund erihhett, 

Was die verichiedenen Meinungen in Anfehung ih« 

; rer Gefchlechtstheile,, der Saamen. und Fortpflanzung 
durch diefe betrifft, will ich hier nut die votzüglichften 
kürzlich anführen, Dillen hielt die Kuöpfehen dbrfel- 
ben, woraus eine betrichtliche Menge dem ähnlicher 
Staub herausfuhr, den die Staubkolben anderer Pflanzen 
_ von fich geben, für die mähhlichen Werkzeuge **)," ob 
er ‚fie gleich nachgehends in der Befchreibung ftets Kap- 

Ka Aa a feln 

*) Obfervationes de Phafco, Lipf. 1770.40 | 
ey ln Eingang zu feiner Moosgefchichte 9, 14, er 


% | 
feln oder Saamenbehältniffe nenätz; bey solcher Mei- 
'nung auch Linne ı blieb. Die rofenförmigen Pfänzchen 
hingegen einiger Gattungen fahen beide für weibliche: | 
an. Bey aller Schwierigkeit, die fich jedem fogleich 
darinne entgegen ftellen mufste, das dergleichen Pflan- 
„zen nicht bey. allen Moosarten anzutreffen waren, folg- 
ten ihnen gleichwohl nachgehends die mehreiten. | 
Andere, als Hill *) und Meefe a haben denKamm 
des Saamengehäufes ‚ andere die am Fuise feines Stiel- 
chens befindliche, Saftfaden für 'Antheren angefshen. 
Da aber alle diefe Meinungen nicht wohl ftatt haben 
konnten, liefs es fich Necker in Mannheim einfallen, 
erit in feiner Streitfchrift, de Mufcorum et Algarum ge- 
neratione, hernach in der unrichtig überfchriebenen 
Phyfiologie der Noofe, den im weitläuftigen Verfande 
unter diefen Benennungen verfandenen Pflanzen, die 
Zeugungstheile, mithin auch fortpflanzenden Saamen 
gänzlich abzufprechen, und fie in dem letziern Werke 
zu polypenartigen Gefchöpfen zu machen: ‘wodurch er. 
denn dem linneifchen Syftem den wichtigften Stofs ge- 
geben zu haben vermeinte. Allein meine in dieler 
Sache gemachten Unterfuchungen und Entdeckungen 
„werden es klärlich darthun, wie unger echt und vor eilig, 
er fowohl als Herr von Büffon ***) fich über den Ritter 
Linne luftig machen. Ohnmöglich kann fich der rüftige 
Herr Necker um die Moofe fo viel Mühe gegeben haben, 
| lab ar als 
*) 1. Hills hiltory of Plants, London 1751. p. 99% 


I Aa focieratis harlemenfis T. X. p. 11. und 171— 133. 
*=) Naturgefchichte 8. 28. 


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als er in feiner Phyi fologie volelkbe, Vermuthlich fehl- 
te es ihm entweder an guten Vergröfßerungsgläfern, 


| Kant an der Kunft gehörig zu beobachten. ni kann 
‚man aber, wo nicht thörigt, doch fo übereilt feyn, fo 


was bey den unermefslichen Meilterftücken der Natur 
gänzlich zu leugnen, worauf man.von den fchon be- 
kannten Dingen in ein und eben der Reihe von Gefchö- 
pfen, Kraft der unbefcholtenen Ordnung ihres göttlichen 
Werkmeitters, mit aller Wahrfcheinlichkeit ichliefsen 
konnte, und zwar blos darum, weil ich und taufend 
andere es noch nicht a und zu {chen vers 


mochten‘ ? 


Ohnlängft hat der. Berühmte Herr Kölreuter fein ent= 


decktes Geheimnifs der: Cryptogamie *) der Welt durch 


den Druck bekannt gemacht. - Ohnfehlbar durch das 


'Mützchen (Celypira) der Moofe bewogen, das er zuver- 


fig für ihre Antheren hält, giebt er in feinem Buche 


‚allen Gewächfen diefer Klaffe des Linne fo ein häutiges 
männliches Zeugungswerkzeug. Ich will bier vondem 


Farrenkraut, dem Kannenwifch, den Jungermannien, 
Marchantien u. f. w. nichts fagen: von den Mützchen 
der Moofe aber: kann ich zuverläfig verfichern, dafs fie 
nichts weniger als männlicher Gefchlechtstheil find. 
Ueberhaupt verhält fich diefe Sache a anders, als 


man bisher geglaubt hat. 


- Herr M. Ludwig #*) gedachte in [einen Glickwün- 


| fehungsbrief an Herrn D. Gallifch meiner Entdeckungen 


N AZ a von 
*) Carlsruhe 1777. 8. | 
er), Chriftian Friedrich Ludwig, Lipf, epiftula ad Frid. Andr. 
Gallifch M. D. de fexu mufcorum dete&to, Lipf. 1777. 8, 


von den wahren Gefchlechtstheilen und der Erzeugung 
der Moofe durch ihre Saamen, indem ich Ihm und einigen 
andern guten Freunden diefes gezeigt hatte, als Sie mir 
die Ehre ihres Zufpruchs gönneten. Herr Z—=H.derim 
hi 5gften Blatt der Braunfchweiger Nachrichten von poli- y“ 
tifchen und gelehrten Sachen, 1777. den 7. October die- 
fen Brief anzeigt, äuflerte das geneigtefte V erlangen, fel- 
bige dem Publikum bald mitzutheilen. Allein als prak- | 
tifcher Arzt konnte ich diefe Unterfuckung en nur blos als 
Nebenwerk. betreiben. Sie find fehr mühfam, fordern 
viel Genauigkeit und Zeit. Ueberdies mochte ich auch 
nicht gerne in den einigen Naturforfchern gemeinen Feh- 
ler verfallen, die, fobald fie nur etwas fehen, gleich 
urtheilen; dies fogleich zu Papier bringen und ganz 
unbekümmert um die Richtigkeit, dem Druck überlie- 
fern. Da ich demnach mit meiner Ausarbeitung, wozu 
‚ich forgfältig genaue Zeichnungen nach der Natur ge- 
macht habe, nicht fogleich zu Stande kommen dürfte: 
fo will ich hier nur kürzlich anzeigen, wie und was. 
ich in diefer Sache bisher zuverläffig entdeckt habe. . 
Meinem Begriffe nach, den ich von den Moofen 
geben kann und geben werde, rechne ich dahin blos die 
linndifehen Gattungen, jedoch mit Ausfchlufs des Lyco- 
podium. Ihre Behältniffe von ftaubähnlichen Körnchen 
oder Kapfeln, nach Dillens richtiger Benennung ‚ habe 
ich wegen ihres Urfprunges, ihres mannigfaltigen künft- 
lichen Baues, ihrer Dauer, nie für fogenannte Antheren 
halten können. Vielmehr fchien mir der um ihre Mün- 
dung geletzte Kamm, wegen feiner fonderbaren Deweg- 
lichkeit fowohl als anderer Eigenfehaften, diefe befruch- 
tende 


L) 


. .tende Verrichtung zu u nur fanden mir die, Arten 


im Wege, wo er gänzlich fehlte. Dem fchwieligen 
Rand, aber um die Oefnung einiger von ihnen, wollte 
ich doch auch nicht, um jener willen, diefes Gefchäfte 


| andichten. Nachher wandte ich allen Fleifs auf die Un-. 
ter De ung der Rüschen des Polytriehum und Mnium - 
des Linne, und fand bisweilen die obern Theile ihrer 


Saftfaden mit hellgrünen Kügelchen mehr oder weniger 
‚ befetzt *), we Iches mich geneigt machte, fie mit andern 
für die männliche Werkzeuge zu halten, Wie viele 
‚Gattungen aber waren’nicht, denen diefe Pflanzen, und 
‚verfchiedene Arten, denen die Saftfaden gar fehlten? 
‚Was follte da Anthere feyn? 

Die Begierde, dieteigentlichen zu entdecken, trieb 
mich an, alle an den Moofen vorkommende Theile zu 
zerlegen; und ich war vor allen Dingen dahin bedacht, 


die für Antheren gehaltenen Kapfeln in ihrem erften Ur- 


fprunge zu fehen. Im trocknen Wege wollte mir we- 


gen Zartheit diefer Theile nichts gelingen. Ich zertheilte 


demnach alle Kleinigkeiten derfelben in einem Tropfen 
‚Waffer, den ich auf einen Glasfchieber liefs, um fie fo 
winter das Vergröfserungsglas zu bringen. Hier wurde 
ich nun wieder eine neue Art Körperchen gewahr, die 
auf einem Stielchen ftanden, unten verdickt oder kol- 


big, übrigens verengt, gleich einem Stempel waren. 


‚Ihre Mehrheit fehlte aber auch manchen Arten; konn- 
ten folglich ebenfalls nicht Antheren feyn. Nun fand 
ich Aber bey, diefen Unterfüchungen, dafs auch. die in 

aa, den 


| | N % S, meine Hift, Nat, Muß. Kondan'®. lt. £ 99 24. 


I 


$ — 


den Achfeln der Blätter befindliche Knospen, folche 
walzenfürmige Körper, mit Saftfaden verg«tfeilfchaftet, 
enthielten, wie die Rofen des Mnium und $ sternpianzen 
des Polytrichum. 


Diefer Umftand machte mich fehr aufmerkfam, dafs 
ich diefelben, wo ich fie nur vermuthen konnte, auf- 
fuchte. Und als‘ich den ı7zten Jänner 1774 eine folche 


Knospe vom Bryum pulvinatum des Linne zertheilte, 
hatte ich zufälligerweil fe auch einen diefer walzenför- 


migen Körper quer durchfchnitten, und fand, dafs aus 


feinem Innern ein fchleimigkörniger Gehalt wie Kügel- 


chen, unter einer fehr ftarken Vergröfserung heraus 
quoll. Unter längerer Betrachtung fah ich mit vieler 
Verwunderung andere diefer Walzen fich oben üfnen, 
und eine Menge dergleichen Kügelchen heraus treiben, 


Die Vergröfserung aber, welche ich dazu anwandte, 


um alles genau betrachten zu können, vergröfserte nn 
Parifer Linie funfzigmal im Durchmeffer. 


Diefer glückliche Umttand brachte mich auf die 
Mutlimafsung, dafs diefe walzenförmigen Körper ihre 
wahre. männliche Befruchtungswerkzeuge, oder ägs 
find, was man bey andern Gewächfen das Pulver der 


Antheren nennt. Nun befolgte ich nach Anzeige diefer 
Entdeckung meine fernern Beobachtungen, und das 


‚Glück hat mir fo wohl gewollt, nicht allein das bisher 

verborgen gewelene Befruchtungsgefchäfte diefer Ge- 
wächfe, fondern auch ihre Fortpflanzung durch ihren 
eigenen befruchteten Saamen, ausfindig zu machen. 
Alles diefes will ich kürzlich befchreiben. 


Die 


\ 


emule en " 9 


| Die «eigentliche Blühezeit der mehreften Moofe ft 
hauptfichlich alsdenn, wenn ihre Früchte das Ziel ihrer 
Reife bald völlig erreicht haben‘, d. i. wenn die Deckel- 
chen der Saamengehäufe abfallen und ihr Inhalt ausge- 
ftreut wird. Man findet daher auf vielen, wie an ver- 
fchiedenen perehnir dihdieh Gewächfen warmer Gegenden, 
zu gleicher. Zeit reife Früchte und Blüthen. Unterfucht 
man nun zu diefer Zeit die rofen- ftern- und knospen- 
förmigen Theile, bringt ihren Inhalt in einen T ropfen | 
Wafler, auf vorhin gemeldete Art, unter eine fehr ver- 
gröfsernde Linfe, und erleuchtet den Gegenftand von 
unten mit einem die Lichtfirahlen zurückwerfenden 
Spiegel: fo wird man an den entweder etwas krumm 
gebogenen oder geraden walzenförmigen Körperchen, 
ihren eigenen Stiel oder Träger, und mehrentheils auch 
ihren körnigen Gehalt gewahr,, der durch das Häutcher 
durchfchimmert. Meiftens ift der oberfte Theil der fel- 
ben leer, und wie Waffer, durchfichtig. Diefer öfnee 
fich, und die ungemein kleinen Körnchen oder Kügel- 
chen fteigen, von, einer etwas fchleimigen Feuchtigkeit 
umgeben, gleich einer Wurf empor. 

Bey manchen habe ich diefe Malle bald daranf mit 
einer bewundernswürdigen Bewegung, felbft im Waller, 
auseinander fahren und fich zerftreuen gefehen; biswei- 
len aber fährt fie gleich bey dem Ausgang auseinander, 

“Trift man die rechte Zeit, fo darf man auf diefe fonder- 
bare Erfcheinung nicht lange'w vaxien:öfterer findet man 
fie denn auch fchon bere ei, indem fie, fobald als die Be- 
hältniffe in das Waller komnien, hervorguillt. Diefe 
Behältnifle entfärben fich nachmals, ihr netzförmiger 

| ARNSUN EN Gefäfg- 


Io | | 


= 


Gefäfsbau, wie auch die Gefäfse des Stielchens, kommen 
zum Vorfchein, und werden endlich zufammen gedrückt. 
Gleichwohl aber öfnen fich nicht alle, von denen, die fich 
in einer Blume beylammen befinden, zugleich, fondern 
eins nach dem andern. Dafs die Naturforfcher an den 
männlichen Gefchlechtstheilen der fo genannten voll- 


 kommenern Pflanzen, und den in ihren gröfsern Behält- 


niflen befindlichen Kügelchen, ähnliche Erfeheinungen. 
wahrgenommen häben, ift bekannt genug, Nur kömmt 
'esnoch darauf an, ob die vorhin befchriebenen Behält- 
niffe auch bey allen, im eigentlichen Verftande genam 
menen Moofen, anzutreffen find ? N 
Der offenbarfte Beweis für die W ahrheit der Beja-. 


hung, würde fich am füglichften ergeben, wenn ich 


mich auf die individuelle Unterfuchung und Befehreibung. 


aller Arten einlafien könnte. Hier will ich aber nur fo 
viel verfichern, dafs fiemir an keiner der hiefigen chem- 
nitzer fehr moosreichen Gegend gefehlt haben. In den 
‚ rofen - oder fternförmigen Blumen des Mnium und Poly- 
trichum L. fah fie fchon Dillen, Man findet der gleichen. 
auch noch bey verfchiedenen Arten des Bryum, als: 
pyri, irme, truncatulum , eefpititium , andulatanz u.am, 
Bey andern kömmt diefe Geftalt mehr oder weniger ge- 
fehloflen, gleich einem Knöpfehen, auf dem oberften 
Ende des Stimmehens zum Vorfchein. Diefe Art männ- 
licher Blumen ift fürnämlich denjenigen der Gattung 


Bryum gemein, die um die Mündung der Kapfel einen 


Kamm von gelpaltenen Zähnen haben. An fehr vielen 
Mooien aber befinden fie fich in den Achfeln der Blätter 
in Geftalt einer Knospe, Und diefe find befonders der 


Gat- 


s 


“ 


U 


en m: dr it 


Gattung Hypnum eigen. Am leichteften find fie bey 
dem H. parietinum Ü: ‚wegen ihrer Menge, ver fchiedenen 
Farbe und Dauer zu finden. Man ziehe von diefer Art 
nur Pflanzen da aus, wo fie den anfehnlichften Wuchs 
haben 'und keine, hen allen darunter gefunden 
‚werden, und beiehe die untere Seite der Z Zweige gegen 
das Lichts fo wird man die neuen-oder blühenden, 
grün, die verblühten jährigen, ‚roth, die veralteten 
zweijährigen, auch wohl noch dreijährigen und vierjäh- 
rigen, braun finden. So dauerhaft ift die Hülle der 
männlichen Werkzeuge befonders bey diefer Art. 
Jedoch find die männliche Blumen unter Knospen- 
geftalt nicht nur den Dillen- und Linndifchen Hypnum 
eigen, fondern auch der Fontinalis, Phafeum und ver- 
fehiedenen Arten vom Bryum, als: pulvinatum, flriatum, 
apacarpum, hypaoides Es u. 2. m. Genug die Merle 
mige männliche Befruchtungsbehältnifie haben mir 


“ nie, fogar auch an den Buxbäumen gefehlt. Mehr kann 
ich jetzo zur Beftätigung der Wahrheit,nieht fagen. 


% 
Diefe männliche Werkzeuge haben meiftens Saft- 
fiden zur Gefellfchaft, die gegliedert und von fehr ver- 


fchiedener Geftalt und. Länge, nach den verfchiedenen 


Arten der Moofe, find. Man findet indeffen die keulen- 
und mancherley kolbenförmige, meilt nur. in den ro- 
fen- und fternförmigen männlichen Blumen: die der 
‚knopfar tigen find meiltens, und der knospenförmigen 
‚allemal fadenförmig. Die vom Sphagnum palufre L. 
umfchliefst der Saftfaden, fogar das Behältnifs des Be- 
fruchtungsttoffes, und macht feinen Träger, in dem 
man ein 'Gefäfs aufwärts fteigen heht, Wer diefes be- 
i | ‚Fachten 


13 er | I 


trachten will, mufs fie in den verdickten Enden der 
oberften Aeftchen diefer Gattung auffschen. 

Die Hüllen diefer gefammten Theile beftehen aus 
Blättchen, welche, wie bey den weiblichen B Blumen, 


von den übrigen Blättern der Pflanze, in der Länge, 


Breite, Gelftalt, ‚auch bisweilen Farbe, unterfchieden 


find. Nach dem Verblühen der letztern und Anfchwel- 


len der Frucht, machen fie das, was Dillen das Peri- 
chaetium nennt, | | 9 ER 

Zu ein und eben der Zeit, wenn fic ch die vorhin 
befchriebene männliche Werkzeuge in ihrem voll- 
kommenen Zuitande befinden, muls man auch die weib- 
‚liche Blumen ‚auffuchen. Diefe erfcheinen entweder 
auf dem Gipfel des Stammes und feiner Erneuerungen, 
"wie die des Bryum polytrichum u. f. w., oder fie kom- 
men ebenfalls‘ als die männlichen, in Knospengefalt 
aus den Blattachfeln hervor, wie z, B. bey der Fontina- 
lis und Hypnum. DBey denen aber, die keinen Stamm 
zu haben fcheinen, mufs man fie am Grunde der abfter- 
benden Fruchthülle oder Umfaflung aufluchen, wie bey 


der Buxbaumia. folofa. 


So lange die aus Blättchen erbaute Hülle ken weib- | 


lichen Gefchlechtstheile diefe während ihrer Wirkfam- 
keit verbirgt, unterfcheidet fich diefe Blume von der 
"männlichen fchon dem äuffern Anfehen nach allemal 
dadurch, dafs fie länger ift, mithin auch fchmäler zu 
feyn fcheint, Diefes mufs man hauptfächlich um derer 
willen wiflen, welche die weiblichen Blumen fowohl, 


als männlichen binnen den Achfeln der Blätter treiben. 


50 kann man z. B. an dem Hypnum crifpum des Linng, 
In 
wenn 


’ 


ns 13 


wenn es geren das Licht gehalten wird, Hallen wil- 
fen, welche Blumen männlichen oder weiblichen Ge- 
fcehlechts find. 

In diefer. weiblichen Be nun mufs fich ftets die 
Grundlage zur Frucht ( rudimentum fru&tus, oder nach 


‚Linne germen), der Grittel (fülus) und deffen Narbe 


(figma) befinden. Vom Griffel will ich erft reden. 
Er ift ein länglichter, nach vollzogenem Gefchäfte 
durchfichtiger, mit braunen, aufwärts laufenden Gängen 
verfehener Theil des Stempels. Da, wo er mit der 
eigentlichen Fruchtanlage in Verbindung fteht, laufen 
die Günge, wenn ihrer mehr als einer vorhanden U, 


‘doch gleichfam wie in einen zufammen. Sie werden 


in ihrer weitern Umkleidung, die ein fehr zartes Häut- 
chen macht, vermittelft ungemein feiner Querfaden auf- 
recht gehalten. Oben verfchwinden faft alle Merkmale 
diefer Gänge in eine erweiterte trompetenförmige Mün- 
dung, die eben die Narbe oder Stigma der Botaniker itt. 
Bevor die Vollziehung des Befruchtungsgefchäftes 
eigentlich vor fich geht, ift diefer Theil gefchloffen, 


‚ Der Herr Hofrath Schreber hat ihn, aber nur etwas zu 


fpät, um ihn in feinem vollkommenen Zuftande zu fehen, 

zuerft, wie mich dünkt, angemerkt, und ihm zugleich 

auch feine gehörige Verrichtung zugefchrieben 8 
 DerF ruchtgrundlage find öfters auch noch andere 


. zufällige Dinge zugefellt. Nämlich eritlich, entweder 


ganz undurchfichtige, oder wie mit einem dunkeln Kern 


verfehene, im Umrifs aber etwas unregelmälsige Kölb- 


| | gen, 


'*) In der angeführten Schrift vom Phafcum. 


4 Th 


\ 


gen, die von einem fehr kurzen Stielchen getragen wer- 
den, und fich in einen eben io geftalteten Griffel, wie . 


die Fruchtanlage, endigen. Sie unterfcheiden fich daher 
von diefer lediglich durch das Stielchen, durch die un- 
‚gleiche Rundung des Kölbgens und durch feine dunklere 
Farbe. Sie haben ihre Stelle gemeiniglich auf der Schei- 
de (vaginula) des Fruchtftieles, bisweilen aber gleich 
am Grund derfelben, Ich kann fie jetzo noch für nichts 
anders anfehen, _als Nebenzuführer der Befruchtung 
(addusres), oder fie müfsten als Honigbehälter des 
Linne (nedaria) angefehen werden *). Ihre Anzahl if 
von 2 bis 12 und. drüber. Auf derStieifcheide der Arten 


vom Hypnum befonders ‚ find von diefen auch alsdenn 


noch welche, wiewohl vertrocknete, zu finden, wenn 


die Frucht reif ift. Zweytens enthält auch die weibli- 


che Blume am öfterften Saftfäden, welche aber hier al- 
lemal fadenförmig gegliedert find, Diefe nur befchrie- 
bene zwey Arten von Werkzeugen find aber hicht in 
allen weiblichen Blumen gegenwärtig, So würde maä 
fie im Mnium hygromesrieum des: Linne vergeblich fuchen; 
als wo der weife Schöpfer die Nothwendigkeit der Saft- 
fäden auf eine ganz andere Weife erfetzt hat.. 

Die allerwenigften Moofe bringen in ein und eben 
der. Blume männliche und weibliche Gefchlechtstheile, 
tmithin fogenännte Zwitterblumen hervor, Bevyfpiele 

N davon 


PR { a alte hy ” DIN FADEN 98 .p. 
*) So kam mir es damals vor. Jetzo weils ich es aber gewißs, 


dafs fie, der Anzeige nach in meinen fpätern Befchreibun=. 
gen, lediglich unbefruchret gebliebene „ nicht aber wie Lud- \ 
wig in der heueh Ausgabe der Anfangsgründe zur Gewächse 


kenhtnifs fagt, Verbeiäte weibliche Gefchleehtstheile find. 


nn 
ı 


\ 


m 


re Ben N | 15 


\ 


Akon find: Bryum | pomniforine [; laterale Huds, tr iehndes 
u.f.w. Mehrere tragen zwar beide-Gefchlechtstheile, 
aber in verfchiederien Umhüllungen ein und eben derfel- 
be Pflanze, wie Bryum flriaten, pülvinatum u. a. m. als 
i Monophyten, Bey den mehreften. hingegen ift Mann 
und Weib eine abgefonderte Pflanze ein und eben der 
Art, und find Diphyten, wie die eigentli chen Arten vom 
Mniim des Linne. Ueberdem finden fich auch einige 
‚Polygamitten, ‚wie es eben diefen grofse Naturforfcher 
 gehommen *) 'hatı Voh diefer Befchaffenheit habe ich 
2. B. ein neues Mnium **) nach dem Syftem defielben in 
der chemnitzer Gegend angetroffen, das Zwitterblumen 
: a auch rofenförmige blos männliche Blumen hat. 


EG 


Sobald die Fruchtanlage völlig befruchtet ir fingt 
fie an äufzufchwellen, drängt die vorhin befchriebenen 
zufälligen Körperchen, wenn ihrer mehrere zugegen 

find, feitwärts, und wird durch ihre kegelförmige Ge- 
ftalt, wie auch lichtgrüne Farbe untetfcheidend kennt- 
bar. Das Mützchen (calyptra) hingegen, mit dem der 
zuführende Griffel verbunden ift, kann da noch nicht. 
unterfeheidend gefehen werden. Bey dem Yernern 
Wachsthum aber findet män diefe zarte Bedeckung der - 
jungen F ucht fo fehr mit der Spitze ihres Deckelchens, 


verbune 
) ad 2 \ 
#) Aber nicht wohl übetlegt. Welche Blume von feiner Mox 
» nandria inonogynia bis zu den polyandriis hinaus ift nicht 
ein flos polyganmus ? und welche Pflanze, die mehr denn eine 
Blume treibt, nieht oBaıa polygama ; Be polygas 
mum ? 


ie Meine nachherige Meefia uliginofa sc. fypt.L. va 1. 


N. 


16  — 


dA 


verbunden, dafs fie ohne ihre Verletzung nicht eher 
abgezogen werden kann, bis die Kapfel entfärbt, bey- 
nahe reif, und das Deckeichen zum Abgang bereitet ift. 
E Diefen Theil, der keinem Moos fehit, kann ich 
fchlechterdings für nichts anders, als das Blumenblatt 
(petalum) anfehen: welches ich aus dem Ort feiner Ent+ 
ftehung »), aus feinem Bau, Farbe, Veränderung und 
‚Gleichheit mit andern fogenannten vollkommenern Pfan- 
zen klar und deutlich erweifen werde. Dafs es haupt- 
fächlich zur Befchützung der Frucht wider das Aus- 
trocknen und anderes Ungemach des Wetters diene, 
läfst fich auch nur aus folgenden Bemerkungen leicht 
abnehmen. | | | 

Bey denjenigen Arten, deren Früchte einen {ehr 
kurzen, ‚fait unmerklichen Stiel haben, mithin von den 
Blättchen ihren Schutz erhalten, die vorkin Hülle der 
Gefchlechtstheile waren, ift diefes Käppchen fehr £üch- 
tig, fo, dafs es die Botaniker bey dem Sphagnum acau- 
lon **) des Dillen, bis auf den Herrn Hofrath Schmiedel, 
| nicht finden konnten. Von allen Arten des linneifchen 
kn Si I PolyE 


Yin in 


*) Man kann hieraus leichte abnehmen, dafs ich damals, als 
ich diefes fchrieb, dem Ritter Linne unter den grofßsen Hau- 
fer Botaniker ziemlich blindlings nachtrabte. Meine nach- 
herigen genaueren Erforfchungen des innern Baues diefer Ge- 
fchöpfe, haben mich eines ganz andern belehrt; und ich habe 
eingefehen, warum alles noch in diefer wiehtigen Wiflen- 
fchaft fo hin und her fchwankt. RN 
**) Sphagnum acaulon maximum, folüis in centro ciliaribus. 
Dill, Hift. Mufe. p. 253: t. 32. f. 15. Buxbaumia Sepis 
Schmiedel Diff, de Buxbaumia, Erl, 1758. 


—— 17 


Polytrichum hingegen mufste es aus weifen Gründen 
fehr klein feyn; nimmt aber eben darum die beynahe 
unzählbare Menge von Saftfäden mit empor, um diefe 
gröfßsern Saamengehäufe vor dem Verderben fchützen 
zu können, wenn fie ihr verlängerter Träger allen Un- 
gemächlichkeiten der Witterung, befonders aber den 
Strahlen der Sonne ausfetzt. = | 
Trennt man ein junges Saamengehäufe, bevor es 

fich noch gefärbt hat, vom Mittelpunkt des Deckelchens 
bis \aufden Stiel, fenkrecht von einander, oder noch bef- 
fer; macht man nahe an demfelben von vorne und hin 
‚ten einen fenkrechten Schnitt, und bringt diefen mittle- 
ren Theil unter das Vergröfserungsglas: fo fieht man, 
wie die Gefäfse ‘von befagtem Mittelpunkt fich nach 
. dem. Säulchen, zunächft welchem fich die Saamen befin- 
den, verbreiten. Bisweilen ragt diefes Säulchen; fogar 
nach dem Abfall desDeckelchens, wie z. B. im Hypnum 
dendroides L. aufser den Zähnen des Kammes hervor. 
Hieraus erhellet der Weg der männlichen Befruchtung. 
Diefes Säulchen entfteht ferner aus dem markigen Theil 
des Stielchens. Das Stielchen ift bey allen, es fey lang 
oder kurz, durch ein zugefpitztes pfahlförmiges Ende 
mit dem Mark des Stammes. verknüpft ”), und wird ver- 
 mittelft einer Scheide, in der es fteckt, feft gehalten, 
Jedoch if die einzige Gattung Sphagnum des Linne von 
 diefer Einrichtung des Stielchens ausSenofatmen! 
| | | Alle 
*) Ich habe diefen unrichtigen Beweis mit Fleifs fo ftehen laf- 
fen, zu zeigen, wie auch'mich damals die von Linne fo fehr 


witzig als grundfalfch ausgedachte Prolepfis plantarum ge- 
blender hatte. 
B 


# 
) 


Cu n ee 


0 Alle Saamengehäufe der Laubmoofe haben Deckel- 

chen, wie fie auch alle ein Mützchen haben: aber jenes 
geht nicht bey allen ab, fo wie diefes bey manchen Ar-, | 
ten das Deckelchen zugleich mitnimmt, Eben durch 
diefen letztern Umftand kann man bey dem Mnium fel- 
Incidum L. leicht auf die Vermuthung gerathen, das Dek- 
kelchen theile fich in vier Zähne, Aufser dem Phafeum 
ftofsen die übrigen alle diefen Theil ab. Viele haben 
zwifchen beiden auch einen Ring, den auch Dillen, wie- 
wohl undeutlich, bemerkt zu haben fcheint. 

' Die Wände des Saamengehäufes beftelien aus zwey 

Theilen, gleich den ihnen ähnlichen unter den für voll- 
kommener gehaltenen Pflanzen. Die äuffere Wand hat 
eine verhältnifsmäfsige Feftigkeit von den netzförmigen 
Gefüfsen, aus welchen fie erbaut wird. Die innere ift 
. fehr zart, ohne Gefüfse, und liegt in den mehreften der 
äufsern feft an. Wo fie aber von ihr abfteht, wie befon- 
ders der Buxbaumia aphylls, Mnium fortanım u. a. m, 
da befinden fich zwifchen beiden gleichfam zarte Quer- 
faden, die entweder einfach oder gedoppelt liegen. 

Wenn nun das Deckelchen vom Saamengehäufe‘ 
getrennt wird, fo erfcheint feine. Mündung entweder 
unbefetzt (»udum), oder mit einem Kamme verfehen. 
(pedinatum). Diefer Kamm if entweder einfach oder 
doppelt. Im letztern Falle kann man ihn auch den äuf- 
fern und innern nennen, 

Die Zähne des einfachen Kammes laufen theils 
gleich aus, bey manchen Arten find fie gefpalten? Sie 
find ferner entweder einwärts gebogen, und im Poly-' 
trichum, wie auch dem Bıryum undalarım L. fallen fie 

u fogar 


men IR | } 19 


fogar mit ihren Spitzen. das NE Zellenge- 
« webe des Deckelchens. in Gettalt einer fiebförmigen 
Haut. Ihre Länge ift verfehieden. Die längften find 
trocken, entweder aufrecht gerichtet, wie die des Bryum 
hypmoides u. a., oder fie winden fich gleich einem Seil 
um einander, z.B. vom Bryum zurale, murale u, f. AR: 
dere fchlagen fich zurück, als die des Bryum apocar- 
pum L. und flriatum, 

Der doppelte Kamm Dec aus einem äuflern und 
innern. Der äuffere ift mit der äuflern Wand des Saa- 
imengehäufes verbunden, und fcheint auch, dem erften 
 Anfehen nach, etwas ähnliches von ihrem Bau, fürnäm- 
lich der Dichtigkeit, zu haben. Die Anzahl feiner Zäh- 
ne find viere bis fechzehn: die letzte ift die gewöhn- 
lichte. Sie find entweder oben gerundet, wie die der 
Buxbaumia aphylla; dreyeckig, z.B. im Bryum flria- 
tum; oder fie laufen fehr fpitzig aus. Ihre innere Flä- 
‚che ift mit querüber laufenden Erhebungen gerippt. 
Wenn .das Deckelchen abfällt, nehmen fie ihre Rich- 
tung entweder rückwärts, oder gerade aufwärts, oder 
fie ziehen die Spitzen in den innern Kamm hinein. In. 
diefem Falle ftellen fie öfters um denfelben einen hohlen 
Ring vor. dr 

Der innere Kamm ift ein Fortfatz der innern häu- 
tigen Wand. Im Mnium boraum, undulatum u. m. a. 
‘kann man ihn leicht mit demfelben allein abziehen, 
und fo unter das Mikrofkop zur genaueren Betrachtung 
bringen. Er ift fehr zart, und entweder gezahnt, wie 
im Mnium bygrometrieus, oder netzförmig, wie 
der von der Fontinalis antipyretica, oder er ftellt 

'B2 ein 


20 - | — ee 


ein von unten an bis zur Hälfte der Höhe oder drüber, 
von den Eindrücken der äuffern Zähne aufwärts ge- 
furchtes, kegelfürmiges Häutchen vor. Von da an if 
er offen, und wie fadig, - | 

Die Beweglichkeit der Zähne, je Behr die Luft, 
“welche fie umgiebt, trocken oder feuchte ift, hat wegen 
der natürlichen Ausftreuung der Saamen ihren beiondern 
Nutzen. 

Dafs der ungemein feitie Staub der Saamengehäufe 
wirklich befruchteter Saame fey, haben fchon verfchie- 
dene srofse Botaniker mit allem Recht gemuthmafsetz; 
wie denn auch zweyen die Verfuche damit glücklich 
gelungen find. Mich haben vielfältige Erfahrungen deut- 
lich davon überzeugt. Ich will aber hier nur eine ein- 
zige kürzlich befchreiben, durch welche alles, was bis- 
her unglaublich fchien, am offenbariten erhellen wird. 
Auch unter den Saamen diefer Gewächfe finder 
man welche, deren Oberfläche auf manckerley Weife 
uneben ift. Unter diefen erfcheint der vom Bryum py- 
riforme L., wenn man ihn durch eine etwas ftarke \Ver- 
sröfserung betrachtet, in V ergleich feiner Gröfse, wie 
ftachlig. Im Frühjahr 1774. fäete ich ihn in einen klei- 
nen Blumentopf. Nach einigen Tagen ging er auf, und 
die Klümpchen, ‘wo ich ihn hatte hinfallen laffen, waren 
wie der feine erüne Sammet anzufehen. Ich. hob 
einige diefer Ankömmlinge mit einer feinen Nadelfpitze 
heraus, fpühlte alle anhängende fremde Unreinigkeit i in 
einem Tropfen Waller ab, uud fah fogar auch das gebor- 
„ftene ftachlige braune Saamenhäutchen; ich fah den ein- 
fachen Saamenlappen, der wie ein Saftfaden gegliedert 

N war, 


arı | er 


war, und eine hellgrüne ftinmpfe Spitze hatte; ich fah 
auch das unter fich getriebene einfache Würzelchen. 
Diefe Beobachtung wiederholte ich nach vier Tagen, und 
die Saamenlappen hatten angefangen äftig zu werden. 
Bald hernach kam auch das] junge Pflänzchen felbft zum 
'Vorfchein. Da ich diefe übrigen ftehen lies, fo er- 
wuchfen fie zu Pflanzen von beiderley Gefchlecht; näm- 
‚ lich rofenförmig männliche, und weibliche von anderer 
 Geftalt. Diefe trugen nachmals befaamte Früchte: und 
die Saamen diefer fäete ich nachmals mit nen 
Erfolg, | 
f Wie ich aber berlin erinnert habe, war ich nicht 
der erfie, der von der Moosausfaat junge Pflanzen er- 
hielt. Herr Hill und Meefe, welche. überhaupt auch 
meinen Entdeckungen vom männlichen Befruchtungs- 
ftoff fehr nahe waren, haben fchon vor mir aus den | 
ftaubähnlichen Saamen der Kapfeln die nämliche Art 
Pflänzchen erhalten, von welener fie genommen wa- 
ren. Wenn aber Herrn Meefe aus den gefäeten Stern- 
blumen des Polytrichum commune auch welche aufgin- 
gen, wodurch fich die Meinung des Dillen und Linne, 
dafs diefe weiblichen Gefchlechts wären, zu beftätigen 
fchien: fo gefchah das aus einem kleinen Irrthum, der 
fich leicht begreifen läfst, 'wenn man den Weg der Na- 
tur weils, wie fie diefe Saamen ausftreut. Jedoch hat 
bey allem dem keiner die erfte ne diefer Pfan- 
zen gefehen. | | R 
2 Die Moofe haben alle ihre eigene männliche Werk- 
zeuge, durch deren Kraft die Saamen vermittelft der 
weiblichen, eben fo wie bey andern Pflanzen, befruch- 
B3 tet 


22 ae, 
tet werden. Die wefentlichen Theile ihrer Saamenbe- 
hältnifie find in ihrem Bau und Beordnung gleich denen, 
die man an andern Pflanzen antrift. Ihre Saamen find, 
wie deren ihre, die man bisher in Beziehung auf diefe, 
vollkommene nannte, mit einem Häutchen überzogen, 
So gehen fie ebenfalls mit Saamenlappen auf, und trei- 
ben das erfte zarte Würzelchen unter üich, gleich. 
diefen. N 
Das alles werde ich in einer befondern Abhandlung, 
mit der ich vor der Hand befchäftiget bin, und mich dem 
Publikum hiermit dazu anheifchig mache, weitläufig. 
ausführen, genauer erweifen, auch durch alle dazu ge- 
hörige nothwendige, treue Zeichnungen deutlich ma- 
chen. Diefe follin zwey Theilen erfcheinen, Der erite 
wird enthalten die befondere bey diefen Unterfuchurgen 
beobachtete Behandlungsart, die Befchreibung der Theile 
anund für fich, befonders aber das, was die Befruch- 
tung in den Biüthen betrifft. - Im zweyten werde ich 
hernach von der Frucht mit allem ihren Zubehör, von | 
den Saamen und feinem Fortpflanzungsgefchäfte handeln, 

Diejenigen, welche fich die Mühe geben wollen, 
meine Beobachtungen nachher zu prüfen, werden fin- 
den, dafs ich mich keinesweges hiebey dem Spiel der 
Einbildungskraft überliefs, fondern. überall der Natur fo 
treu als mühfam gefolgt bin, 

Aus der Befchreibung aller der Theile, die bister 
die gröfsten Botaniker zum Hauptaugenmerk ihrer ‚Gat- 
tungen unter diefen Pfanzen machten, wird immittelft 
erhellen, dafs fie ohnmöglich ferner alfo bleiben kön- 
nen, Werden fie es. ur „einer aufnchmen, 

wenn 


ER | Wr 23 


\ 


wenn ich zum Befchlufs des zweyten Theiles dieferEin- 
richtung und Beordnung eine neue Geftalt gebe? — 

N. S. Dafs ich dies mein Wort hielt, ift aus mei-, 
nen Fundamentis. Hifloriae, naturalis Mufcorum frandofo- 
rum bekannt, die 1782 in "Quart bey Herrn Crufius her- 

auskam. So hat es auch an dem Bergen Beyale mei- 
ner Gattungen nicht gefehlt. 


m 


Erklärung der Kupfentafel 


PL Der entblätterte obere Theil des Bryum pyriforme 
L. in natürlicher. Gröfse. 
- €, H. Der nämliche unter einer ftarken Vergröfserung, 
- vorftellend die enthüllte Zwitterblume, in welcher 
die bereits angefchwollene Fruchtanlage mit ihrem 
Griffel und Narbe, die Nebenzufiihrer (adduttores), 
oder eigentlicher, die unbefruchtet gebliebene weib- 
liche Werkzeuge; ingleichen die männlichen Werk- | 
 zeuge, zum Theilnoch gefchlofien, bey * aber einer, 
der feinen Befruchtungsftoff austreibt, auch zween, 
‚die nach vollendeter Verrichtung bereits zufammen 
gefallen waren, vn auch die Saftfäden befind- 
| lich find. | 
F, II. Die Fruchtanlage alein mit ihrem Griffel und 
Narbe, N 
F, IV. Ein unbefruchtet gebliebenen weiblicher Ge- 
nei. | 
B4 F, VW; 


A 


u ee | 
F. V. Ein.noch gefchloffener männlicher Gefchlechts- 
theil mit einem Saftfaden, 


F. VI. Einer dergleichen aus der rofenförmigen Pfan- 
ze des Mnium fontanım L., der. feinen Befruch- 
‚ tungsgehalt faft gänzlich über fich getrieben, Rebik 
einem Saftfaden von anderer Geftalt. 


F. VII. Ein vom Saftfaden umgebener männlicher Ge- 
fchlechtstheil des Sphagnum paluftre L. "uneröf- 
net. Ai 


/ 


F. VII. Ein nur aufgegangenes Saamenkörnchen des 
| Bryum pyriforme L. | 


Anmerkung. Die Vergröfserungen von F. II. 
bis VI. find imDurchmeffer 5omal, F. VIII. aber 15omal 
die pasiler Linie, 


1. 


m 25° 


u il, 
Beobachtung 


vom } i 
Seamenlappe nn 


\ 


Wei man bey verfchiedenen kleinen Gattungen der 
 Thiere fowohl, als der Päanzen, weder Begattungswerk- 
zeuge noch Saamen oder Eyer entdecken konnte, fo 
hielten fich einige Naturforfcher für überzeugt genug, 
‚ihnen diefe Art der Fortpflanzung gänzlich abzufpre- 
chen. Eine genauere Nachforfchung und Unterfuchung 
wird mit der Zeit Begattung, Eyer, Saamen in den Po- 
Iypen, Schwämmen und fo weiter, ja an dem geringften 
Schimmel fo gewifs entdecken, als mich meine Beob- 
achtungen mit ihrem Dafeyn an den Moofen und Junger- 
mannien bisher überzeugt haben. Wie aber alle in der 
Natur vorhandene Pflanzen ihren eigenen Saamen tra- 
gen, wodurch fie das fortdauernde Dafeyn in ihren Ge- 
fchlechtern und Arten erhalten: fo find in jedem Saa- 
men Theile befindlich, von denen die Pfänzchen zu 
ihrer erften Entwickelung den Nahrungsiaft erhalten, 
bis fie fo weit gediehen find, dafs ie, an ihrem Standort 
genugfam befeftiget, fich aus ihm von feibft zu nähren 
vermögen. Diefe nennt man Cotyledonen, Saamenlap- 

| B5 | pen, 


‚pen, Saamenblätter; welche fo, wie fie ihrer Geftalt 
und ihrem Bau nach mehrentheils, wo nicht allemal, 
‚von den ordentlichen Blättern der Pflanze abgehen, auch 
in ihrer Zahl verfchieden, jedoch nicht fo vielfältig find, 
‚als einige Botaniften'wollen. Wenn fie an der Kiefer, 
Fichte, Tanne, Cypreffe und dem Lein, deren mehr als 
-zwey angeben, irren fie-fich in ihrer Meinung eben fo 
fehr, als wenn fie diefelben den Moofen ganz und gar 
abfprechen wollen. Die fünf und mehrere Tangeln, 
welche nach abgeftofsener Saamenhaut der erftern zum 
Vorfchein kommen, find nicht die Saamenlappen, denn 
diefe nahm die harte Haut, welche den Saamen umfafst, 
mit fich. Man zerfchneide nur ein befruchtetes Saamen- 
korn,-z. B. der Kiefer, fenkrecht, fo wird man in ihm 
diefe Tangeln, als den obern Theil des Saamenpflänz- 
chens, fchon bereitet, und in feinen Cotyledonen einge- 
fchlofien fehen. In der-abgeftofsenen Hülfe aber eines 
aufeegangenen Pflänzchens von diefer Art findet man 
ihren feifchigen Gehalt fehr deutlich vor. Es zweifelt 
alfo der felige D. Ludwig in feinem Unterricht von dem 
Pflanzenreiche *) mit Recht an dem Dafeyn der Pflanzen 
mit mehreren als zwey Saamenlappen. 
Unter den mannigfaltigen Nutzen der aanlanlan. 
pen, den fie in verfchiedenen Betracht haben, fehe ich 
hier nur auf denjenigen, welcher ihnen für die Entwik- 
kelung ihres Pflänzchens gegeben ward. Die Naturfor- 
feher wurden mit vieler Verwunderung gewahr, dafs 
| der 


*) Siehe C.H. Ludwig inflitutiones tegni vegetabilis, Lipf. 1757, 
5 | 


em 


der aufgehende Saame vor allen Dingen die Wurzel nicht 
nur zuerft bis zu einer merklichen Gröfse trieb, ehe der 
Keim nur die geringite Anftalt Zu feinem W achsthum 
machte; fondern dafs diefe auch bey einer oberwärts 
‚gekehrten Lage, fich doch beftändig niederwärts neigte, 
Unter den neuern haben diefe befondere Erfcheinung ein 
Dodart, de la Hire, Aftruc, Marchant, Moller, Eller, 
und mein ehemaliger Lehrer D. Bofe *) aus ver- 
fchiedenen Gründen zu erörtern gefüuchet. Vielleicht 
können meine Beobachtungen dem wieder etwas mehr 
Licht geben, was in diefer Sache noch dunkel und zwei- 
felhaft blieb, 


Das in jedem Saamen befindliche Saamenpflänzchen 
(plantula feminalis) beftehet, wie bekannt, aus zwey. 
Theilen ; der Spitze oder dem Schnäbelchen (roftellum), 
und dem Keim oder Spröfsling (plumula). Aus jenem 
'entftehet die Wurzel, aus diefem der tragbare Theil der 
Pflanzen. Ift der Gehalt des Saamens nur nicht zu meh- | 
ligt, fo kann man fchon mit blofsen Augen, ‚bevor er 
noch die mindefte Yeuchtigkeit angezogen, in verfchie- 
denen einen Gang aus den Saamenlappen zu dem Schnä- 
belchen wahrnehmen, wenn man quer durch diefeiben 
und ihr Pflänzchen einen fenkrechten Schnitt macht. 
Eins der gemeinften Beyfpiele hiervon giebt der Kern 


AO er ' aus 


») D. Ernft Gottlob Bofe de radicum in plantis ertu er dire- _ 
@ione, Lipf. 1754. In diefer Streitfehrift finder man aller 
vorhergehender Schriftfteller Meinungen vorgetragen und 
geprüft. Seine Meinung ift der Sache am näheften ge- 

kommen, | 


28 rei 


' aus den Aepfeln und Birnen *); deutlicher aber wird es 
im Aufgehen; und noch mehr fieht das mit Vergröfse- 
rungsgläfern gewalfnete Auge, 


Zu diefem Behufe habe ich unter den ten 
verfchiedene unterfucht, und in allen find mir gleichför-- 
mige Erfcheinungen vorgekommen, Da man es aber 
an der fogenannten Feuerbohne **) am deutlichften fie- 
het, den Verfuch leicht zu allen Zeiten anftellen kann, 
und zugleich verfchiedene andere bemerkungswürdige 
Umftände zum Vorfchein kommen; fo will ich haupt- 
fächlich die Beobachtungen anführen, die ich an derfel- 
ben gemacht habe, Ä 


Man macht, wenn die junge, noch einfache, keil- 
förmige Wurzel getrieben hat, quer über die beiden 
Saamenlappen, mitten durch den Keim und diefe einen 
fenkrechten Schnitt: fo fieht man, dafs aus jedem der 
Saamenlappen ein Gang herauskömmt, der fich zwi- 
fchen dem äuflern zellichten Wefen ( parenchyma) und 
dem innern markigen Theile (medulla) bis zu der Spitze 
herunter fenkt. Diefen nenne ich den Saftgang ***), 
Ein quer über abgefchnittenes Tellerchen der Wurzel 
zeigt, dafs diefer Gang, welcher aus dem Saamenlap- 
pen entitand, den markigen T heil umfchliefst. Geräth 
| ' der 

”) T. 2. Fig. 1. 2. 3. 

**) Phafeolus coccineus Linn. fp. A p. 1016. i. ß. 

#*) Schon Grew in feiner Anatomy of plants hat auf der 7gften 
Kupfertafel auf der ıften und eten Figur diefe Saftgänge ab- 
gebilder, obgleich die hierzu $. 207. befindliche Befchrei- 
bung nielir deutlich und der Sache angemeffen genug ift. 


a 29 


.der fenkrechte Schnitt fo, dafs er ‚gerade auf die Spitze 
der Wurzel trifits fo wird man gewahr, dafs fich das 
‚Mark anfänglich in eine fcharfe Spitze endigt, der Raum 
‚aber diefes Saftbehälters zwifchen diefer und der Rinde 
‚geräumiger, als nach oben zu, ift. 
Der Saftgang fowohl, als die Rinden- und Markfub- 
ftanz, beftehen aus neben einander auslaufenden Röhr- 
chen: aber jene find unendlich feiner, daher ich fie in 
‚einem querüber gefchnittenen Tellerchen nicht fo wie 
an den beiden andern habe unterfcheiden können. Nur 
durch eine beträchtliche Vergröfserung erfchienen fie 
in dem fenkrechten Schnitt, gleich den allerfeinften Fä- 
den. “Indem ich diefen Schnitt von beiden Seiten mach- 
te, um das Ganze durchfichtig und dünne zu haben, 
trug es fich bisweilen zu, dafs fich diefer Theil von den 
beiden andern trennte. Er ift durchfichtiger, und in der 
Feuerbohne von einer fchönenhellrothenFarbe. Schnei- 
det man in der Bohne und andern ihr gleichen Saamen- 
lappen, von dem Orte, wo fie mit ihrem Pflänzchen zu- 
 fammenhängen, nach und nach rückwärts: fo kommen 
nach der gerundeten Seite zu einige Punkte zum Vor- 
fchein, die deutlich beweifen, dafs es auch hier, wie in 
den Saamenlappen anderer Pflanzenar ten, wo fie, wie 
auf den Blättern, deutlich zu fehen find, Gefißse giebt, 
welche den Saft aus dem übrigen zelligen Bau der Lap- 
pen aufnehmen und in den Hauptgang führen. 
Hat der Saame einen einfachen Beben, wie ala 
Grasarten, fo liegt über dem Saamenpflänzchen ein ab-, 
gefonderter fchwammiger Streif, der nach unten zu mit 
‘dem Schnäbelchen unmittelbar verbunden ift. Diefer 
| | nimmt 


nimmt den aus dem Saamenlappen eindringenden Saft 
„auf, und giebt ihn dem Saftgang. 


Dais die Spitze einer jeden aus dem Saamen ausge- 


henden Wurzel abgeftumpft, und nach einiger Verlänge- 


rung dicker als oben ift; dafs in diefer der Saft in gröfse- 
ter Menge gehäuft angetroffen wird, dafs bald nach ihrer. 


‚ Verlängerung faft allenthalben, nur nicht an der Spitze, 


bald kürzere, bald längere, faftvolle Fäden zum Vor- 
Tchein kommen, ift allen gemein. - Diefe letztern entfte- 


hen blos aus der Oberfläche, und finden fich häufig auch 
an allen andern Theilen verfchiedener Pflanzen, daher 
fie bisweilen ganz rauch erfcheinen. * 


Diefes find die hauptfächlichften Erfcheinungen, die 
man an, den aufgehenden Pflanzen entweder mit blofsen_ 


Augen, oder durch Vergröfserungsgläfer wahrnimmt. 
Ich gehe nun zu der Abhandlung von den N 
der kurz befchriebenen Theile felbft fort. 

Jeder einzelne Saame, fogar der von Moofen nicht 


ausgenommen, ift von einer eigenen Haut oder Hülle 


umgeben, die zweyfach, ja bisweilen auch dreyfach zu 


Teyn fcheint. In den allermehreften ift ihr fchwächerer 


Ort der, wo das Schnäbelchen befindlich it. Wenn die 
Feuerbohne von der angezogenen Feuchtigkeit an- 


\ 


fchwillt, wird man eben da eine kleine ofiene Vertie- . 


fung in der äufferften Haut gewahr. Selbft in beinhar- 
ten Kernen hat der Urheber der Natur eine fchon fertige 
Oefnung gemacht, durch welche die Wurzel ungehin- 
'dert herauskommen kann, wie z. B. im Dattelkern. 

Es liegt ferner in "einem reifen und trocknen be» 


fruchteten Saamen alles zu demfelben. gehörige dicht 


bey- 


beyfammen. Sobald aber alle feiner Entwickelung ans 


gemeflene Umftände auf ihn wirken, unddurch die ange- | 


" zogene Feuchtigkeit und gehörige Wärme, die Gährung 
. des in den Saamenlappen enthaltenen Nahrungsfaftes 


angeht: fobald werden auch alle darinnen enthaltene 


‚Theile, aus einander getrieben. Da aber die erweichte 
Hülle nur bis zu einen gewillen Grade nachgiebt, die 
Auflöfung jener indeflen immer fortgeht: fo werden die 
. Behältniffe zu enge, der nun verdünnte Nahrungsftoff 
fucht feinen Ausweg, und tritt natürlicherweife dahin, 
‚wo er den wenigften Widerftand findet. Diefes aber ift 
eben in den Ausgängen, die nach dem Saftgang des an- 
gehenden Würzelchens und dem Schnäbelchen führen. 
Hierdurch werden feine vorhin dicht zufammengedrun- 
genen Röhrchen noch mehr erweicht, aufgetrieben, und 
ihre Verlängerung erleichtert. Aufser dem vorhin ange- 
zeigten, weniger befeftigten Orte der Hülle, wo es fich 
befindet, trägt zu der Beförderung des Durchbruches 


von dem Keim, auch die einfache keilförmige Geftalt das 


ihrige bey. 
| Warum aber ‘diefer nun heraustretende Theil eben 
allemal unter fich gehe, und nicht auch eine Richtung 


nach oben zu nimmt, ob man gleich den Saamen diefer 


Abficht gemäfs fteckt, hät/meinem Erachten nach in fol- 
genden zwey Urfachen feinen Grund. Erftlich gefchieht 
es nach dem Gefetz der Schwere; indem der von der 
immer zunehmenden Gährung in dem Behälter getries 


bene Saft fich an der Spitze allemal am häufigften zu- 


fammendrängt, und ihr alfo eine Ueberwucht giebt, 
Hierzu kommt das Gefetz der anziehenden Kraft, die 
Zwey 


32 ae 
zwey ähnliche Materien unter einander haben. Der, 
Boden, wo der Saame aufgehet, enthält doch allemal 
dasjenige, was in diefem Theil befindlich ift: aufserdem 
wird er entweder fchwerlich aufgehen, oder zu keinem 
Wachsthum gedeihen. Wenigftens übertrifft feine auch 
nur ausdünftende F euchtigkeit die Feuchtigkeit in der 
Luft. | 
cnlDie Urfache hingegen, dafs die Wurzel zuerft allein, 
und nicht zugleich auch mit dem Keim treibt, liegt, 
wennch nicht irre, in folgendem Umftande. Es findet 
fich aus dem Saamenlappen kein unmittelbarer Weg zu 
demfelben, wie Herr Eller meinte, fondern die Säfte, 
welche feinen Trieb befördern follen, müffen erft von 
dem markigen Theile der Wurzel herzu geführet wer- 
den. Dem Anfehen nach könnte diefes auch fogleich 
gefchehen, ‚wenn der Saft in das Schnäbelchen tritt, 
zumal wenn ich behaupte, keinen Knoten zwifchen bei- 
den Theilen gefunden zu haben, der dem freyen, Auf- 
fteigen der Säfte in die Höhe einigen Widerftand ma- 
chen könnte. Aufserdem aber, dafs die Rühren des 
Markes anfänglich wegen ihrer Dichtigkeit mir noch 
nicht oangbar genug fcheinen: fo übertrifft auch der 
nach dem Gefetze der Schwere ftärkere Abfall nach der 
.  niedergefenkten Wurzel, zumal bey der Erweichung 
ihrer Spitze, theils durch den heftig angetriebenen eige- 
nen Saft, theils durch die Feuchtigkeit der ie den 
Jruck nach oben zu. | Ä 
Wennman nur auf die gemeine und ol vorkom- 
..ende wirthfchaftliche Behandlungen des Mehles oder 
‚ser trockenen Zugemüfe acht giebt: fo kann man fich 
von 


ee 92 


s 


von der Dichtigkeit der in den Saamenlappen enthalte- 
nen T heilchen, aus ihrer ungemeinen Ausbreitung einen 
Begriff machen. Bey der im angefangenen Wachsthum 
„immer zunehmenden Auflöfung häuft fich alfo eine über- 
_ wiegende Menge von Säften (plethora) in dem Saftgang 
an: diefe bringt Veränderungen in den Röhren hervor, 
wodurch fie nach auswärts dringen, und erft Knoten 


gi treiben, woraus fie alsdenn die Seitenwurzeln verlän- 
‚ gern: und nun wird die Wurzel gefchickt, eine hin- 


längliche Nahrung für die Pflanze aus der Erde zu zie- 
hen; die Menge derfelben treibt auf den Stamm, und 
nach und nach welken die erfchöpften Saamenlappen 


"und fallen ab. Bey manchen Pflanzen werden diefe un- 


gemein grofs, und es dauert lange, bevor der Keim zu 
treiben anfängt, z.B. bey dem Kürbis, der Gurke u. dgl. 


' Nimmt man indeffen, wenn der Keim zu treiben ange- 


- 


fangen hat, die Saamenlappen von diefem ab: fo ftockt 
ihr fernerer Wachsthum wenigftens lange, oder das 
junge Pflänzchen geht wohl gar ein, obgleich die Wur- 
zel fchon fehr viel Nebenfafern getrieben hat.. DieLand- 
wirthe wiflen aus der Erfahrung die Schädlichkeit des 


'Froftes, wenn ihre Saat in der Milch, ‚wie fie fich aus- 
‚ . drücken, fteht. Wenn die Sperlinge über die neuerlich 


aufgegangenen Bohnen kommen und die füfsen Saamen- 


‚lappen abbeifsen: fo wird man gewahr werden, wie viel 


junge Pflanzen eingehen, und wie lange die übrigblei- 


benden ftocken, obgleich die Keime fchon in etwas ge- 


_ trieben und ganz unbefchädigt geblieben find. Ja durch 
die Erfahrung belehrt, weifs ich, dafs das Verderben 


des un | in etwas geicholsten Keims die fchädlichen 
Ger # Folgen 


34 ee 


\ x 
Folgen nicht hat, wenn fich nur die Saamenlappen in 
einem gefunden Zuftande befinden. Zufilligerweife 
wurden mir an einigen Bohnen, die ich in einem Blu- 
mientopf vor dem Fenfter itehen hatte, die einen Zoll 
lang getricbenen Keime zunichte. gemacht, die unbe- 
fchädigten Saamenlappen blieben frifch, und vergröfser- 
‘ten fich aufserordentlich. Nach Verlauf von vierzehn 
Tagen 'ohngefähr kamen an jeder Seite des bis auf den 
Grund verdorbenen Reims zwey neue hervor, die her- 
nach um defto fehneller zunahmen und zu vollkomme- 
nen Pflanzen aufwuchfen‘ Gleiche Beyfpieie habe ich 
an verfchiedenen andern Pfanzenarten gefehen. | 
Da nun die Saamenlappen den Grunditoff zu dem 

jeder Pflanzenart insbefondere eigenthümlichen Safte 
enthalten: fo folgere ich daraus, cals ie nicht nur den 
erien Trieb der Wurzel machen, fondern ihre Rühren 
auch zu dem Anzuge und Bewegung der ihr zugehöri- 
gen Süfte erft einrichten und angewöhnen mülfen. 


ı 


MH. 


2% 95 


x I N I. 


L ycoper de n pafillum; 


‚ein 
bey Chemie, am Fufs der Echfifchen Erzgebirge 


zuer&& entdeckter 


ioennen. Bowl. 


m ET nn \ 


So fehr fich auch ehemals ein Sterbeck, Vaillant, Mi- 
cheli, Dillen, Haller, Stähelin, Gleditfch, und mehrere 
andere, fogar jetzt noch wirkfame verdienftvolle Män- 
ner um die Auffuchung, Abbildung, Anordnung, Be- 
fiimmung der Pilze bemüheten; fo weit find wir gleich- 
wohl noch in diefem Feld der Gewächskunde zurück. 
“ Ihr fchneller Wuchs, nachdem fie zur Sichtbarkeit für 
blofse Augen gediehen, die hiermit verknüpfte Verän- 


derlichkeit der Geftalt fowohl als der Farbe und des Gehal- 


tes, des Ganzen und feiner Theile, vielleicht auch ihre 
'nachmals kurze Dauer, find allerdings den möglichen 
Fortichritten feit einen Micheli fehr hinderlich gewefen. 


- „Weit mehr aber die Vernachläfüigung deflen, was unfern 


Begriffen zur Kenntnis der Gewächfe allein Feftigkeit 
Sen, und der noch obwaltenden Menge von Mifsgrif- 
2 fen 


Do) ainalluhgeh zur Phyfik und Naturgefchichte, B. UI. 5,273 


\ 


> 


36 nn 

‚) 
fen abheilen konnte. Ich meine eine genane anatomi- 
fche Unterfuchung und nur auf diefe, gegründete Ge- 
'wächsphyfiologie, ‚als wodurch wir allein zu den allge- 
‚meinen Grundbegriffen dieler Wiffenfchaft gelangen. 

. Hätten die neueren Läugner des. Bürgerrechtes die- 
ter Erzeugniffe der Natur unter. den Gewächfen, die 
fich felbft fo vielPhilofophie zutrauen, erft jenes gethan, 
und fich dadurch vergewillert, was eigentlich zu einem 
natürlichen Körper erforderlich ift, um mit Recht zum 
Gewächsreich zu gehören; zuverläffig 0 würden fie als- 
denn; bey einer genaueren Aufmerkfamkeit auf alles 
das, was den Bau und Verrichtung der Pilze betrifft, 
das fchiefe Urtheil zu fällen unterlaffen haben. — Diefer 
Fall ift indeflen einer von denen, welche fich bis diefe 
‚Stunde fehr häufig in der Naturgefchiehte ereignen. 

...... Der Weitläuftigkeit wegen ift.es hier nicht der Ort, 

. das Wefentliche der Gewächfe feitz zufetzen,. und daraus 
zu beweilen, dafs die Pilze auch Gewächfe find. Ge- 
nug, dafs derjenige natürliche Kör per, ‚den ich fchon ehe- 
mals zuerft, wie ich glaube, befchrieben habe ‚zu den 
Pilzen gehört. Zu welcher Gang aber Ist fich vor 
allen Dingen. \ 

Gleditfch, dem wir die erfte gute Einthe lila der 
Pilze in beftimmte Gattungen zu verdanken haben *), 
giebt unter den Merkmalen zum Boyift { Lycoperdon) 
‚Fäden an, die fich zwifchen der in einer zunden oder 
rundlichten Höhle enthaltenen yngeheuren Menge von 
' Saamen befinden. Welchem nach fogleich erhellen 
wird, 


*) Gleditfch Methodus Fungorum, Berol, 1753. 3. 


‚7 


wird, dafs unfer kleine Pilz allerdings zu der Culture 
gehören. mülfe. | 

 Linne war diefes Merkmal entwifcht, daher auch 
Murr ayin feiner. vierzehnten Ausgabe des Syftems einige 


. - unächte Arten unter feinen Boviften hat; nämlich Lyco- 


perdon corpobolus, varıolofum, ir uncatum, Pie ‚forme , was 
einige Neuere ganz richtig angemerkt und zum Theil | 
verbeflert haben... .ı 
“ Gleichwohl aber dürfen diefe Fäden nicht gerade 
zu als das wefentliche Merkmal angenommen werden, 
da fie auch in den kugelrunden oder länglicht runden 
Saamenbehältniffen der Jungermannien und Marchantien, 
und zwar zu eben dem Behuf, befindlich ind. Man 
follte zwar glauben, die gleichfam beftimmte Eröfnung 
diefer Behältniffe i in zwey- oder vier ‚Klappen, gäbe einen 
binlänglichen Unterfchied ab: wer aber die Eröfnung 
der felben i in der Marchantia polymor pba öfterer beobach- 
tet hat, wird gefunden haben, dafs auch hier ihre Wände 
. fehr oft, eben fo wie bey unferm kleinen Bovift, unor- 
dentlich ftückchenweis auffpringen, | 
Da aber die Füden aller diefer Arten entweder ein- 
fach und gewunden, oder zwey- auch mehrfach und 
geflochten, die aber der Bovifte gleich aus find und gar | 
keine Windungen haben: fo mufs diefer Umftand zu- 
gleich angemerkt und zum Gattungsmerkmal, gleich- 
auslaufende Schneilfäden genommen werden. Dafs dem- 
nach Bovift. (Lycoperdon) ‚diejenige Gattung unter den 
Pilzen ift, welche in einer gefchloffenen und 
‚entweder befimmt oder unbeftimmt fich 
öfnenden Höhle eine Menge Saamen mit 
| NUR 3 | | unter- 


25 | | a a “ 


untermifchten gleich auslaufenden, Seine 
fäden erzeugt. 

Ich wende mich nunmehro zur Belcuı bus der 
äuffern Theile meines kleinen Boviftes. Im November 
1779 kam er mir zum erftenmal bey meinen verfchied- 
dene Jahre fchon um Chemnitz gemachten Komnifchen 
Jagden zu Geficht; und zwar in dem fogenannten | 
Grintfcher Wald. Er befand fich fehr zahlreich, aber 
nur an einem einzigen faulenden Stock, defien mitter- 
nächtliche Seite, gleich einem grünen Teppich, von der 
Jungermannia repzans des Linne überzogen war. , Auf 
diefem feinen Lebermoos allein fafs er mit feinem ver- 
hältnifsmäfsig breiten Fufs, aus welchem etwas wurzel- 
artiges unterwärts ging, T. II. F.IL. a. b, 

Die natürliche Gröfse diefes Pilzchens F, ı. beträgt 
Selten über drey Linien parifer Maas; vielefind noch klei- 
ner: daher das fchärfite unbewaffnete Auge die Befchaf- 
fenheit der äufferen, vielweniger aber der innern Theile 
gehörig zu beobachten vermag. Ich habe diefe meine 

_ Unterfuchungen gröfstentheils unter einer Linfe ange- 
ftellt, welche den Durchmeller olıngefähr zwanzigmal 
vergröfsert. 

Den gedachten Fufs des Pilzchens umgiebt ein fehr 
zartes, durchfichtiges Häutchen, das den verhältnifs- 
mäfsig langen Strunk (füpes) oder Stamm umfchlüfslich 
begleitet, F. D. c, und fich- bisweilen in dellen Mitte, 
bisweilen auch am Fruchtkolben erft endigt.. Meines 
Erachtens ift diefes nichts anders, als der den Boviften 
befonders gewöhnliche Umfchlag oder Hülle (volva), 
worinne anheblich das Ganze eingefchloffen ift, undvon 

dem 


‘ 


dem Ring (annulus), *) fehr wohl unterfchieden werden | 


mulfs. 


Der Strunk oder Stamm ift dünne; feine Farbe als- 


fchwar zbraun und von feftem holzar ügen Gehalt. 


Der obenauf fitzende Fruchtkolben. hingegen itt 
lichtbraun,, rund, olatt; aber nach dem Stamm zu wie 


denn, wenn die Saamen reifen, (in welchem Zuftande | 
mir eben diefes Pflänzchen aufftiefs,) dunkel oder 


etwas verengt. Und hier hat er länglichte Fältchen, 


Seine Wände beftehen aus einem etwas durchfichtigen, 


fpr öden Häutchen. Wenn diei in ihm enthaltene Saamen’ 


zu ihrer Reife gediehen find, öffnet fich diefer Theil 
nicht wie bey einigen andern Arten diefer Ga ıttung be- 
ftiimmt nach Art und Weite, fondern. es entftehen bald, 
oben, bald an den Seiten erft verfchiedene in einander 


laufende Riffe, Alsdenn werden bey trockener Witte-- 


rung ZWey Drittheile derfelben ftickchenw eis abge. 


‚hoben. | 

Und das zwar von den. im Innern des Kölbchens, 
"befindlichen bräunlichen, einfachen und ungewundenen. 
Springfäden, die eine unzählbare Menge fahlgelbe Saa-, 
men, in Geftalt des feinften Staubes, von fich fehnellen, 


Es ift demnach klar, dafs diefes Pilzchen ein Bovißt 
iR. Seine Artbeftimmung fey folgende: | 


Y NL 4 La | ER 


”) Da diefer. Theil gemeiniglich fo erfcheint, wenn [eine Ver- 


richtung vollzogen ift, fo gaben ihm die Botaniker, die diefe 
‘nicht kannten, den Namen, Ob er aber nicht einen andern, 
ihr angemeffenern haben fellte, laffe ich hier unentfchieden, 


AU 
[4 


\ 


Lycoperdon pafllum, füpitatum, volva vaginante; 
capitulo giobofo, lamellatim dehifcente! 


Ein kleiner Bovift, geitielt; ; mit fcheidenartigem 
Umfchlag ; rundem, glatten, plättchenweis fich 
er öfn enden Fruchtknoten. 


Diefem will ich nur noch eine Ed die andere mei- 
ner mikrofkopifchen Beobachtungen hinzufügen, die 
ich an dem innern Gehalt ‚des Fruchtkölbchens gemacht 
habe, | u | 

Sobald die innern Fäden mit der Reife der Saamen 
zu ihrem gehörigen Grad der Feftigkeit gelangt find, 
drängen fie die nunmehr auch entfaftete und fpröder ge- 
wordene Wände, und fie bekommen Riffe. Durch den 
Zutritt der freyen trocknen Luft gewinnt denn ihre Fe- 
derkraft um defto mehr; fie befreyen fich von ihrem 
Zwang, und fchnellen die Saamenkügelchen von fich. 
Es ift ein ungemein angenehmes und zugleich lebrrei- 
ches Vergnügen, die fonderbaren Anftalten der Natur, 
‚auch nur bey diefem Pfänzchen, das doch fonder Nutzen. 
zu feyn fcheint, unter einem fehr vergröfsernden Mikro- 
fkop zu betrachten; zu fehen, wie die gleichfam durch 
einander gewirrte, zum Theil einfache, zum Theil am 
Ende zwey- auch dreyzackigte Springfädchen 3% 
(nebft den Saamen 300mal vergröfsert) auffahren, fich 
gleich lebenden Würmern, , verfchiedentlich bewegen 
und krümmen, und die Saamen im Bogen fortfchnellen. 


Diefe Erfcheinung it der von den Früchten der Jun- 
germannien und Marchantien völlig gleich; nur dafs fie 
bey diefen gemeiniglich fchnell vorüber geht, fobald fich 

| ‚das 


41 
das Saamengehäufe geöfnet hat, bey den Boviften hin- 
. gegen viel länger dauert. So ift auch in Anfehung der 
.W irkung der Luft und Eigenfchaften der Witterung auf 
die natürliche Ausfaat, eine gewifle Gleichheit nicht nur. 
ünter den nur genannten Gattungen, fondern überhaupt 
allen fo genannten Cryptogamiften des Linne. 

Enthält die Luft viele Feuchtigkeiten, zumal wenn 
diefe fich in Geftalt des Regens aus ihr entwickeln und, 
herunter finken: fo öfnet fich kein Saamenbehältnifs, 
fogar überreif, ‚weder des Kannenkrautes, noch derFar- 
renkräuter, } noch der Moote u. f. f. dazu mufs trocken 
Witterung feyn. Gefetzt, das Saamenbehältnifs wäre. 
denn auch fchon eröfnet, die Saamen aber noch nicht 
i alle herausgetrieben worden, und die Luft wird fchnell 
wieder mit Feuchtigkeit erfüllt: fo zieht fich die Mün- 
Aungsbefätzung von diefen Behältnilfen der Laubmoofe 
eben fo fchnell wieder zufammen, und verwehrt den 
. noch übrigen Saamen die Ausflucht; die zurückgezogene 
Halbkugel der Farrenkräuter fällt eben fo fchnell wieder 
' zurück; die Schnellfäden der Jungermannien und Mar- 
chantien bleiben eben fo ruhig und füille, wie die der 
Bovifte, mithin wird auch fo lange kein Saame aug- 
getreut. | ENTE N 
Wer fich hiervon anfchaulich überzeugen will, hat 
nicht nöthig, Tage lang bey den Früchten diefer Ge- 
 wächfe zu verharren, und auf j jene Veränderungen der 
Luft zu warten: der Verfich ift leicht, "und kann, fo ofe : 
man nur will, wiederholt werden. ‚Ein blofser gelinder 
Hauch, den mar .aus dem Munde auf den Gegenftand 
richtet, indem man ihn durch das Vergröfßserungsglas 


© 3 | betrach- 


a. ih 
betrachtet, bewirkt.diefes fchon: und fobald die Wirkung 
feiner Feuchtigkeit vorüber ift, die nicht lange dauern 
kann, kommt alles wieder in die vorige Bewegung. 

Eine fo unermefslich weifeund bewundernswürdige 
künftliche Einrichtung gab der göttliche Urheber der 
Natur fogar diefen Gefchöpfen, die doch von den meh- 
reiten Menfehen ganz unbemerkt bleiben, ja wohl gar 
ihrem Dünken nach für ganz unnütz angelehen werden, 
Ohne diefelbe würden befonders diefe Gewächfe zu der 
fo nothwendigen Ausftreuung und Veränderung ihres 

'tandortes untüchtig feyn: ihre faft unzählbare Menge, 
Saamenkörnchen, die auch nur in einem einzigen ihrer 
Behältnifle erzeugt kerulene würde auf einen Klumpen 
zufammen fallen und verderben, oder bey bequemerer 
Witterung alles um fich her überfügeln, Ä 
. Die zwifchen den Springfedern des Boriftes befind- 
liche ftaubähnlickhe Körnchen find, wie alle der aus den 
verfchiedentlich geftalteten Behältniflen der Farrenkräu- 
ter, der Moofe, der Jungermannien, Marchantien u.a. m. 
herausfahrende Staub, wirklicher Saamen diefer Pflan- 
zen. Die Verfuche des Micheli, von der ı36ften bis. 
13giten Seite feines Werkes, haben es bereits erwiefen, 
dals nicht nur die Pilze, fondern fogar der Schimmel, 
feinen eigenen Saamen hervor bringe und fich fo in fei- 
ner'Art fortpflanze. 

Es giebt zwar bis diefe Stunde angefehene Pflanzen- 
kenner, die diefen Michelifchen Verfuchen die Wahrheit 
abfprechen, und fie laut für Erdichtung halten; haupt- | 
fichlich wegen der. Folgerung, die daraus auf das Vor- 


handenfeyn der Gefchlechtstheile gezogen werden kann. 
Sie 


em | ‚43 


Siebeziehen fich deshalb auf vergeblich angeftellte Verfu- 
‘che. Wie, wenn diefe Herren mit eigener Hand die klei- 
nen Körner aller Behältniffe, welche aus den Blnmen einer 

Aurikel oder Königskerze entftehen, im May auf ein frifch 
' gegrabenes Gartenbeet oilen hin ftreuten, und keine von 
. beiden aufgehen fähen, würden fie etwa da auch den 

Blumen diefer Gewächfe die Gefchlechtstheile ‚ und den 

Körnchen die Wirklich! zeit der Saamen abfprechen? — 

Thorheit — werden fie fagen. Diefe Pflanzen haben 

ja zu offenbar das, was auch der gemeinfte Mann für 

Blume erkennt, und wobey fich jeder Botaniker Ge- 

fchlechtstheile denken muß. Dies fey nun in allem 

Betracht wahr; fo fage ich doch: Lernt nur er recht 

füchen, fo’ werdet ihr auch bey allen Cryptogamifchen 

Gewächfen des Linne gewiis welche finden, 


I en 
Ven Wr 
dem wahren Urfprunge 


der männlichen 


Begattungswerkzeuge der Pflanzen; 


nebft n 
einer diefe Lehre erläuternden Zerlegung 
der | 


Herbfizeitlofen (Colchicum autumnäle). 


rä 


r an 
W enn man auch nur darüber gehörige Betrachtungen 


anfteilet, dafs die Gewächfe aus dem, was fie von ihrem 
Standort einnehmen, jedes nach feiner Art, fo verfchie- 
dene und befondere Säfte zubereiten, von welchen fie 
theils die Nahrung für ihre eigenthümliche felten Be- 
_ftandtheile abfondern, andere zu einem beitimmten fer- 
nern Gebrauch gleichlam in gewille Behälter bringen, 
die flüfigern ausdünften, dafs fie erkranken, und von 
Ihrer Krankheit entweder wieder auf kommen, oder fter- 
ben, auch nach diefem der Natur frey überlaffen, eben- 
falls zur Erde wieder werden: fo führet uns diefes alles 
natürlicherweife auf den Gedanken des nahen Abftandes 
diefer Gefchöpfe von den Thieren. Schon die ältern 
Naturforfcher find hiervon wenigltens etwas inne ge- 

worden, 


# 


m: 


Da 


worden, und Hinnten die Pflanzen ein umgekehrtes 


‚Tbier, da fie das Werkzeug, mit welchem fie ihre Nah- 
‚rung zu fich nehmen, 'gewöhnlichermafsen zu unterlt 


‚haben, oder vermittelft demfelben : an den Boden befeftigt 


werden. | | LE Ws 


y 
. S 


sie bemerkten ‚auch bey‘ Ken einen Beftandtheil, 
(dei fich durch Farbe, Bau und Lage von den übrigen 
‚gänzlich unterfchied. Sein Gehalt war viel lockerer,‘ 
‚und nahm durchgängig den Mittelpunkt ein. Mannannte 
ihn daher das Mark der Pflanzen. Die Wirthfchafter 


- fchrieben diefem vor Alters fchon eine befondere Wirk- 


-famkeit auf die Fruchtkerne zu; ja es wurde fogar dem | 
‚Herzen und Gehirn in den. Thieren gleich gefchätzt. 


\ - Nach Malpighi’s Meinung ”) werden hier die vorzüglich- 


ften Säfte zum Betrieb der Augen und Blätter bereitet 
und ’aufbewahret. Magnol aber faget ausdrücklich, dafs 
‚es dem Marke der Thiere gleich käme, indem es aus 
einer unendlichen Menge kleiner Bläschen beftünde, die 
'beftimmt wären, den vollkommenften Saft zu verferti- 
‚gen, der nicht oh den Holztheilen, als vielen der 
‚ER rucht zur Nahrung diente. 

‚Diefer Meinung wollte Herr Dühamel zwar ich. 
‚ganz Beyfall geben **): die Herren von Linne aber und 
WS ”**) haben fie Ohne fernere al Unterfuchung 

| bey- 
SR a Malpiehit Ingd. Batav. Kae a Le 
P- 30. 


| / ”) Duhamel du Monceau Ja Phyfigue des arbres. A Paris 1758. 


4 P.l. p.39 feq. 
Nee) C. G. Ludwig Inftit. reeni vegerabilis Lipfiae 1757. 8. 
$. 347- 


57 


4 6 \ en er Ban ng 


’ 


beybehalten. Ja, fie hat dem erftern fo fehr gefallen, 
dafs er hernach, ihr zufolge, dem Blumenkelch, den Blu- 
imenblättern, den Staubgefäfsen und ıoln (ger- 
men), jedem einen andern Beftandtheil anwies, von 
dem fie herkommen follten. Er liefs nämlich aus der 
Rinde den fogenannten Kelch, aus dem Bafte die Blu- 
menblätter ‚ aus der Holzlage die männlichen Befruch- 
tungswerkzeuge und die weiblichen mit ihrem befruch- 
| teten Gehalt, als das vorzüglichfte, zum letzten Zweck 
‘des Pflanzenlebens gehörige, vom nervengleichen Mark 
'entftehen. 
Sein Anfehen, befonders in der Pflanzenwiffen- 
fchaft, warviel zu grofs, als dafs man an der Richtigkeit 
diefes Vortrages auch nur im geringften hätte zweifeln 
follen. Er ift vielmehr, foviel ich weifs, von allen Bota- 
'niften fo angenommen und bis diefe Stunde beybehalten 
‚worden, wie ihn diefer überaus grofse Lehrer und Vor- 
gänger in mehr als einem Orte feiner Werke nieder- 
fchrieb 9. Es haben ihn daher auch einige der vorzüg- 
lichften unter ihnen, abfonderlich zum Beweis und Be- 
ftätigung ihrer Meinung von den Gefchlechtstheilen der 
Cryptogamilten angewendet **). 
| | Man 
*) C, a Linne Sponfal. Plant. Amoen. Acad. Vol. I. p. 104. 
Syft. Nat. Holm. 1767. 8. T. UI. p. 6 et 8. Philof, Bet. Ed. 
- Vindob. 1770. 8. p. 32. cet. 
*") S. unter andern: Schmidelii Differt. de Buxbaunia, Erl. 
1758. $. 24. it. de Jungermanniae charad. ibid. 1760. $. I. 


feq. und an verfchiedenen Stellen feiner Icon. et Anal. Plant. 
Ingleichen Kölreuters entd. Geh. der iyu kcal, Karlsruhe 


177.3: pP 5 uf 


| 


hr 
r 


1 


‘Man ift freylich bisher hauptfächlich mit der Aus- 
forfchung neuer Pflanzen aus allen Welttheilen, und Un- 
'terfuchung auch der: kleinften äuliern Theilchen jeder 
Art, befchäftigt gewefen, um nur die wefentlichen Kenn- 
zeichen der Gattungen und Arten defto genauer zu be- 
richtigen. Was aber ihre innere Oekonomie oder die 
‚Einrichtung der felten Theile und den durch fie be- 
förderten Trieb der Säfte betrifit, wodurch alles das 
Were wird, was zu unferer gröfsten \Verwunderung 
nach und nach an ihnen zum Vorfchein kömmt; hier- 
inne find wir dagegen noch fehr weit zurückgeblieben. 
Sehr vieles wenigftens, was man bisher hiervon als 
Wirklichkeit entdeckt zu haben glaubte, wird fich ganz 
anders aufklären, wenn wir, frey von allem Vorurtheil, 
durch genauere Unterfüchungen, undhierauf gegründete 


Beobachtungen und Erfahrungen zür Wahrheit felbt 


‚kommen werden. 

u. Von dem Marke der Pflanzen weifs ich genau, dafs 
‚man ihm die gepriefenen Tugenden ohne allen Grund 
‚zugefchrieben hat. Aber ich‘ werde mich gegenwärtig 


nicht befonders darauf einlaffen, fondern gedenke esin. 


einer eigenen Abhandlung klar da: "zuthun, woher diefes | 


zellige Gewebe entftehet, zu welchem Behufe es da ift, 


und in wie ferne es da feyn müfle. Die häufigen ge- 
‚meinften Erfahrungen belehren uns ja fchon, dafs es eben 
nicht durchgängig zum Leben, auch nicht einmal zum 
“gefunden Leben der en fchlechterdings erfordert 
„werde. | | 

Sn ‚Hier will ich nur heiteife, dafs die Blumentheile 
und befonders die männlichen Beiruchtungswerkzeuge, 


\ a gerade 


P) 


Bo er 


gerade nicht von den Lagen fö entftehen, wie man es 
gelehret und angenommen hat. Dem ohnerachtet wer- | 
den hier und da Beweife vorkommen , aus denen man 
leicht des Markes Unvermögen auf die Frucht, auch 
ohne mein Erinnern, abnehmen kann. 


Wenn man nur das bedenkt, dafs die Blumenblätter 
vieler Pflanzen mit ihrer äuffern Hülle, dem fogenannten | 
Kelche, vereinigt find, dafs in einer Menge die Staub- 
 £äden aus dem Blumenkelche, den Blumenblättern,, ja 
Togar der Fruchtanlage (Ppiftillum) hervorkommen *); 
dafs auch grofse Bäume bey aller Gewalt ihrer Markfub- 
ftanz in keiner ihrer, obgleich unzählbaren Blumen, auch 
nur eine einige Fruchtanlage machen; dafs aus allen 
Staubträgern und Bälgen, auch der Fruchtanlage felbft, 
lauter Blumenblätter werden können, wie im vollen . 
Levkoi, Lack, Tulpen, Ranunkel u. f. w., dafs alle diefe | 
vervielfältigte, ungemein ftark riechende Blumenblätter 
zu lauter unriechbaren, grünen Kelchblättern werden, 
wie z.B. in der bekannten Aehrennelke **): der Blumen 

j auf 
2) Die Calycoftemones, Petaloftemones, Styloßemenes des Herrn 

Hofrarh Gleditich find bekannt. S. fein Syftema. plantarum 

a kaminum fitu, Ka 1764. 8. So auch die re des 

Ritters Linne. 

PA) Ich habe vor zwey Jahren die nämliche Verwandlung an 

‚ dem vollen Nachrfchatten ( Hefperis matronalis L. ) gefehen. 

Der Stock ftand allein im Lande, hatte eben das muntere An- 

fehen, wie die andern, nur etwas, niedriger war er. Seine 

zahlreichen Blumen waren kaum kleiner als der übrigen ihre 


in eben dem Garten; die Farbe aber war durehgängig hell- 
grün, "und der Geruch fehlte gänzlich. 


e % , en | R ! 
® u 2.40 


Br 


auf den Blattflächen,. den Blattfpitzen, den Stacheln zu 


 gefchweigen ; wenn'man diefes ‚alles, Jag’ ich, wohl 


bedenkt: fo mufs man nothwendigerweife fchon daran 
‚ zweifeln, dafs‘ jedem Theil zu feiner Entftehung eine 
befondere Beitandi fchichte der Pilanze angewiefen feyı 
Bl: erhellet vielmehr aus diefem ällen, dafs fie insgefamt 
einen Urfprung haben, und.blofs nach bewandten Kigen- 
fchaften ihres ‚Standortes, oder dem Betrieb und Bear» 
beitung ihrer Säfte,’ zu diefer Verwandlung kommen. 
Es ‘würde viel zu weitläuftig für meinen jetzigen 
Endzweck werden, wenn ich alles das hier anführen 
wollte, worinhen bereits verfchiedene von den neuern 
Schriftftellern eine Aehnlichkeit zwifchen den Thieren 


"und Pflanzen gefunden und genugfam erwiefen ‚haben, 


Das mehrefte, wo nicht'alles, ‘bezieht fich doch allemal 
auf den Umlauf der Säfte in den feften Theilen und auf 
die wefentliche Fortpflanzung vermittelft der Begattung. 

‚Man ift zwar mit der Zerlegung der Pflanzen noch 


‚nicht fo weit gekommen, dafs mah'einen Kreislauf der- 


felben fo deutlich und unwiderfprechend, als in den Thie- 
ren, hätte erweifen können, doch ift er von einigen 
nicht verworfen: worden. Vielleicht gelangen wir auch 
‚hierinnen nun bald zu eben der offenbaren Gewifsheit, 
zu welcher 'wir in Anfehung der erweislichen wahren 
. doppelten Gefchlechtstheile durch das ganze Heer der 
. Cryptogamiften eines Linne gekommen find. 

Da indeffen die Pflanzenkörper eben fo, wie die 
thierifchen, durch ‚die Bearbeitung einer rohen allgemein 
‚ Hüffigen Malle usa gefetzmäfsige Abfonderung und An- 
fatz. verfchiedentlich daraus. zubereiteter Theilchen, zu 

D. ‚seinen 


4 


einer gewillen Größe und Stärke und Vollkömmenh eit. 
gedeihen: fo folgt, dafs auch ähnliche Werkzeuge zu 
diefen Verrichtungen erfordert werden. Schon diefes 
führet uns auf das nothwendige Dafeyn der Gefifse in 
den Pflanzen. 2 I kiss, | 

. Herr Jampert *) hat zwar aus mathematifchen Grün- 
den zu beweifen gefucht, dafs fie deren keine hätten, 
auch nicht brauchten, Hätte aber diefer Gelehrte erft 
sefehen, und recht gefehen , bevor er dachte, fo würde 
ihn der blofse Augenfchein eines andern überzeugt ha- 
ben. Bey der Weinrcbe, dem ausgewachfenen Kürbis: 
ftamm (Melo Pepo) u. dgl.m. bedarf man, wenn fie etwas 
ausgetrocknet, und mit einem Icharfen Meffer quer dunshk 
gefchnitten werden, . keines Vergröfserungsglafes, um 
fich von ihrer Gegenwart zu überzeugen. 

Wenn aber Malpigh und, Grew Vergröfserungs- 
werkzeuge zu ihren ‚Unterfuchungen anwendeten: fo 
entdeckten fie in den Pdanzen Röhren mit einer fehnek- 
kenförmigen Wendung. Diele waren ftets offen, und 
fchienen ihnen nur mit Luft erfüllt zu feyn. _ Weil fie 
nun glaubten, dafs zum Betrieb der Säfte in diefen Kör- 
pern eben fowohl als in den thierifel hen, das Lufteinzie- 
hen erforderlich fey, fo waren ihnen Mia das Werk- 
zeug dazu, und nannten fie Luftröhren (trachea), wie 
auch in Betracht ihres Babes Spiralröhren (fiftulae fpi- 
male AN i 

| en 
#3 Differt. Dubia contra Valbkuin't in Baal probabilitatem: Ha- 


lae 1755. 
**) Malpigh am angeführten Orte, und Nehem. Grew in the 


Anatomy of Plants, London 16806. fol, 


’ 


en. ER 
Kein Naturforfcher u fe hernach' ol wie 

un auch ein Nieuwentyt, Wolf, Hales, Geisner u. am. 
allefamt ‚grofse Naturkundiger, von ihrer Verrichtung, 
der Grewfehen und Malpighifchen Meinung waren. Die 
glücklichen. Verfuche aber eines Carl Bonnets *),' Baif- 
fe **), Reichel ***), und dann anderer mehr, dicfe Gän- 
ge mit gefärbtem Wafler zu tränken, beweifen klärlich, | 
‚dafs fie nicht allein um der Luft willen da find, fondern 
dafs auch eben durch fie die Säfte allen Theilen zugefüh- 
ret, folglich auch durch fie zu den verfchiedenen Abfon- 
. derungen zubereitet werden. _ 
# Weder Malpigh, noch Grew konnten in dem Marke 
| irgend einer Pflanze diefe Gänge antreffen. Eben fo 
wenig konnten auch diejenigen, welche zuerft auf diefe 
Wilfenfchaft kamen, fie mit gefärbtem Wafler anzufül- 
len, jemals auch nur einige Merkmale von der Farbe i in 
- dem Theile gewahr werden. ln 
as gefchiehet zwar bisweilen, dafs man auch in 
dem, den Spiralgefäfsen zunächft gelegenen Fafergewebe 
(contextus fibrofus) einige Veränderungen der natürli- 
chen Farbe antrifft ‚ wie Herr Reichel in feinem fünften 

Verfuche, von der Balfamine, und im fechiten, von der 
_ Weinrebe angiebt****). Diefes ift auch mir in dem Kür- 
bis und andern faftreichen Pflanzen, deren abgefehnit- 

! Bulk A N Br tene 

..#) Charle ann recherches. für l’ufage des Feuilles dans les 
ı Plantes. Goeetting. er Leiden 1754. 4. 

**) Differt. fur la citeulation de Seve dans les Plantes ce. 

- Recueil des Differt, A V’Academ. Royale de Bordeaux T. IV. 

Sa vn) Differt. de vafıs plantar. fpiral. Lipf, 1758, 

#4) I der. angeführten Streitfchrift. 


I 
\, f 
N 0 


Pe 


tene Zweige ich in den F ernambucabfud gefteckt hatte, 
vorgekommen ; und zwar fo, dafs es keinesweges einer 
'Ergielsung aus den zerfchnittehen Spiralgefifsen konnte 
zugefchrieben werd.n. Wo es aber auch mir bey mei- 
nen vielfältigen Beobachtungen vorkam, \war es in ein 
und eben der Richtung blois hier und da, auch nur als- 
dann vorhanden, wenn die Spiralgefäfse von dem Wal- 
fer fehr angefüllt, und mehr, als gewöhnlich, gefärbet 
waren. Ich vermuthe daher vielmehr, dafs fich an den | 
Orten entweder ein folches Gefüfs geendiget, oder et- 
was von ihrem Saft durch die Wände hindurch gedrun- 
gen, mithin die kleine Farbenveränderung mülle verur- 
fachet haben, | 

Diefemnach kann ich mich des Zweifels an Herrn 


rs 


Moldenhawers Vorgeben nicht enthalten, dal feine dre ey 
Ge fäfsarten, unter welchen er auch die alles bis zum 
äuflern Häutchen (euticula ) durchdringende Markgefäfse 
hat, eine wie die andere, das efürbte W aller aufrecht 
und umgekehrt annehmen, mithin auf- und rückführende 
Gänge, oder Arterien und Venen zugleich feyn fol- 
ien ®). a 
...Gewils ift. es,zwar, dafs auch in den fehr zarteri 
Häutchen, die den mittlern fchwammigen Theil oder 
das Mark bilden, Gefätse, laufen. Ich habe vermittelft 
meiner itirkften Vergrößserungen eine fehr beträchtliche 
Menge, gleichfam haarzarter Fäden vefehen, die entwe- 
der in fenkrechten und queren Lagen‘, oder nach den 


verfchie- 


MW) toh. Henn. Moldenhawer Differt, de vafis Diehl Trajed. ad 
Viadr. 1779: 16. | 


Be 


- 


er 53 
yerfe hiedenen.Ar ten auf eine andere Weile unter einan- 
der verbunden waren. Säfte führen fie. ohnftreitig, Aber 
die Spiralgänge mochten noch To reichlich mit dem Ab- 
fud von ‚dem Fernambuk. angefüll et feı »vn, ja durch diefen, 
Zuäufs f fogarı das Wachsthum einiger Theile befördert 
haben: fo war doch nicht das geringfte Merkmal einer 
Farbenyeränderung in jenem wahrzunehmen, ' Sie hat- 
ten ein und eben die Farbe, welche ich in den nur von 
ihrem Stamm abgefchnittenen oder in rein Brunnenwal- 
de gefetzten Aelten fand, Diefe haben daher, allem Ver- 
muthen nach, einen ganz andern Behuf als der Spiralge- 
fäfse ihrer ift. Vielleicht dienen, die zu der nämlichen 
V errichtung,, die den fogenannten . Fafergefäfsen ( vafa 
Ahrafh) gegeben zu feyn fcheint; allermafsen fie mit die- 
fen viele, Aehnlichkeit haben. Aus welchem Grunde es 
fich denn auch fehr wohl einfehen liefs, wie dem Stam- 
me eines Baumes das Mark g gänzlich fehlen könne, ohne 
allemal von tödtlicher Folge für das Ganze zu feyn. | 
‚N Alle Werkzeuge der Pflanzen, durch deren Wirk- 
famkeit fie leben, zunehmen und fich vermehren, find 

aus äuflerft zarten Theilchen zufammengefetzt, fo dafs 


‚ein unbewafhetes Auge leicht zwey ganz verfchiedene 
Dinge für ein und eben daflelbe anfehen kann. W enig- 


ftens in den mehreften Pflanzen ui iterfcheidet fich das 
Mark durch ein glinzendes Weifs son dem übrigen fe- 
ften Gehalte. Die erften Beobachter der. Spiralgefäfse 
‚bemerkten! an ihnen fogleich die leuchtende ! Silber farbe. 


Ihrer find allemal mindeftens ein ganzes Bün dehen bey- 
{ammen, und fie machen alfo, weil he, beiondesi in 
aner Jugend, fatt bey. allen Pflanzen weils find, auch ver- 


D  dünnte, 


my N - 


Bee 
dünnte, durchfichtige, ungefärbte Säfte enthalten, Punkte 
‚oder Striefen ( nachdem man fie quer oder’ fenkrecht, 
durchfchneidet, ) von eben der Farbe, wie das Mark ift, 
Diefes, dünkt mich, hat eben auch die gröfsten Männer 
verführt, Acfen, Augen, "Blättern uf, £ das Mark zum 
Urfprung zu geben. 
Wer fürnämlich im Frlihjahr mitten durch ein Act 

chen, das Auge, auch den dabey befindlichen Blattfüiel 
einen fenkrechten Schnitt macht, fieht ohne V/ ergröfse» 
rung weise Striefen zu diefen Theilen hinlaufen. Wem 
aber die Lage der Spiralgefäfse bekannt ift, und noch 
befier, wenn fie durch gefärbtes Waller kenntlicher find 
gemacht worden, wird finden, dafs eben die weifsen 
Streifen weiter nichts als Spiralgefäfse find. Und zur 
völligen Gewifsheit bringt uns ein fo dünn als möglich, 

vermittelft einem fehr feharfen Meflerchen daher abge- 
nommenes Plättchen , wehn man es Burc, eine ftarke 
Vergröfserung betrachtet. | 

Trifft man diefen Schnitt fo, dafs der angefangene 
 Anfatz im Auge in zwey Theile mit dem, wo er anfteht, 
gefpalten wird, fo fiehet man in dem Anfangspunkte 
gar kein Mark. Auch nicht einmal an dem Endauge, 
das auf der Spitze eines Stammes oder Aftes ftehet, Es 
'erhellet vielmehr deutlich, dafs die Spiralgefüfse die 
Hauptfache ausmachen. \ 

Ich fage aber nochmals, dafs diefes fehr zeitig, indem 
|  fich das Auge nur gebildet hat, gefchehen müfle. Denn. 
fobald als es hernach durch den fernern Trieb erweitert 
und verlängert wird: fo entftehet dann erft das zellige 
Gewebe, Und doch S Ontkur fein fpitziger oder der 

h N pfahl- 


\ 


-—_—_ 55 


pfahlför mige untere Theil mit dein im Stamme ‚oder Afte 
nicht eher zufammen, als bis durch die fernere Erweite- 
‚rung diefes neuen Theiles, Raum genug dazu wirds, 

' Die Brille des eingewurzelten Vorurtheils könnte 


‚4 indeflen doch auch bey einer folchen wohl beobachteten 


und! gerathenen Unterfuchung die Wahrheit fo dunkel 
und zweifelhaft machen, dafs man lieber bey der irrigen 
alten Meinung ftehen bliebe, Ich will daher hier nur 
einen een ‚ aber eben fo deutlichen Beweis für 
mich aus der allgemeinen Erfahrung anführen. Man 
betrachte nur einen bejahrten ganz hohlen Obftbaum, 
deflen Stamm es nun aus Alter gleichfam an Kraft ge- 
bricht, die Säfte bis in die obern Aefte zu befördern, 
daher diefe zu verdorren und abzufterben anfangen. Aus 
der ein und rifigen Rinde diefes Körpers kommen 
Augen zum Vorfchein, die in einem Sommer zu zoll- 
dicken und mehr denn eine Elle langen’Schoflen oder 
fogenannten Sommer latten erwachfen. Nun frage ich: 
Aus welchem Mark kommen diefe, oder: Welch Mark 
betrieb diefe Augen $ ? 

Ludwig fah diefe Schwierigkeit wohl ein, und gab 
daher dem zelligen Gewebe (eontextus cellalofus) zwi- 
{chen den Holzlagen die nämliche Kraft und Verrich- 
tung, die das Mark haben follte, An und für fich kann 
diefes zwar wahr feyn. Sind aber nicht auch alle Adern 


des thierifehen Körpers mit eben dergleichen Gewebe 


umgeben? Müffen fie es nicht um der Biegfamkeit, um 

‚der freyern Bewegung der Säfte und noch mehrerer Ur- 

i fachen willen feyn? Wer würde aber daher behaupten 
‚können, dafs der aus dem Geäder erbaute und unter- 
| N ee haltene 


haltene Theil von dem ae Gewebe her- 
käme? Eben fo wenig kann man den neuern Trieb, der 
aus der alten Rinde kam, dem zelligten Gewebe ZU- 
eignen. “A ) 


Wenn diefes nicht da wäre, wo follten die jährli- 
chen Nachichübe der Spiralgefäfse den Platz hernehmen. 
Alle find fie zuverlälig zu gleicher Zeit nicht da. An 
den vieljährigen Pfianzen gehet ihre Verl 1olzung, fo- 
gleich, im Baft an. in der weitern Verhärtung heifst es 
Splint (alburnum), Ras Holz. Der Widerftand der 
Rinde „ fürnämlich wegen ihres häutigen Ueberzuges, 
übertrifft den vom fchwanımigen Mark und Zellenge- 
webe. Der jährlich neue Nachfchub von Gefäfsen drängt 
alfo mehr nach diefem Mittelpunkt zu, als nach dem 
Umfang; fo, dafs endlich das Mark nicht nur ganz ver- 
dränget, fondern auch der fogenannte Kern um vieles 
fefter als die äuflern Lagen wird, Und wenn es hier 
nun nicht mehr nachgeben kann: fo gehet es endlich . 
über die Rinde und ihr Häutchen her. Sie wird rifig, 
fchuppig. Ja zu überhäufte Nahrung i in diefem Zuftande 
fprengt die ganze Rinde eines Schaftes der Länge nach 
von einander; wie man diefes vielmal an den fartig en 
Obftbäumen, zumal wenn fie unter dem Schnitt gezo- 
. gen werden, mit vielem Verdrufle erfährt. | | 


‚Mich dünkt, es erhelle. fchon aus dem, wras ich 


jetzo angeführet habe ‚. dafs das Mark der Pflanzen von 


dem ‚Werthe nicht fey, den ihm die ältern und neuern 
Botaniker und Wirthfchafter zufchreiben. Und diefes 
 fey vorjetzt genug zum Gegenfatz deffen,, woraus ich 
nun 


y4 
“ 


En N a 


nun die Entftehung der. männlichen Gefehlechtstheile, 


die man Staubgef: üfse (antherae) nennt, erweifen werde. \ 


-* Schon Malpigh und Grew fanden die Spiralröhren 
iR Pflanzen nicht nur in dem Stamme und Aelten, fon- 
dern fie fahen auch, dafs die fchönen und künftlichen 
Netze des Laubes, des blumenkelches, der Blumenblät- 
ter und der Frucht aus ihnen beftanden; dafs fie durch 


‚die härteften Schalen bis in den Saamen oder Kern dran- 


gen und fich da dem Mutterpflänzchen mittkeilten, und 
dafs fie auch durch die Staubfäden bis in ihre Beutel ka- 
men *). Herrn D. Reichels vielfältige Verfuche mit dem 


i gefärbten. Wafler x) beftätigen dieies fo, dafs ich eben 


‚nicht nöthig habe mehrere anzuführen. Denkt man fich. 


Zu diefer durchgängigen Gegenwart der Spiralgef: ifse, ihr 


alleiniges williges Annelımen des befagten Waliers, und 


dafs eben diefer ihre Wände i immer mehr und mehr ver- 


‚holzet werden: fo mufs man zugeben, dafs von ihnen 


alle an der Pflanze vorkommende Fiaupttheile beforgt 
werden und herkommen. Folglich haben die mäinli- 
chen Werkzeuge. der Pflanzen einerley Urfprung mit 
den Augen, Aelten, Laub, Blumenkelch, Blumenblät- 
tern, Fruchthüllen und Saamen, \ 

. ‚Vermöge den Gefetzen der Zeygung war diefes von 


den beiderley. Gefchlechtswerkzeugen, die jeder Art von 


Pflanzen gegeben find, nicht anders zu vermuthen. 


Durch das ganze Thierreich kommen ja diefe beiderley 
D Sn Kräfte, 


i © Matpigh im angeführten Werk $. 64 WEN 


»“) 5, die angeführte STeitfehtißt von den Spiralgefäfsen der 


HRIREDERN u N N 
a‘ r 


% 


58 sie 


Kräfte, as deren Wirkung in einander das dritte eben 
der Art entftehet, aus dem allgemeinen Lebensfafte her, 
und müffen daher durch die Kanäle abgefondert werden, 
die ihn aus der Hauptquelle erhalten. Ich habe fchon 
vorhin von der Gleichheit zwifehen den Thieren und 
Pflanzen in Anfehung dem Betrieb ihres Lebens und 
Fortpfanzung geredet: und die bis in die äuflerften En- 
. den der männlichen wie der weiblichen Werkzeuge der 
Pflanzen verbreitete Gegenwart von Spiralgefäfsen if 
fehon Beweis genug, dafs fie beide von ihnen entftehen. 
Nun fragt fich nur, wo diefe Gefäfse im Hauptkörper 
der Pflanze befindlich find, 


Faft jede Art hat hierinnen ilire befondere Einrich- 


tung. erhalten, Mehrentheils findet man fie unter der 
Rinde fehr zahlreich in einem umfaffenden Ringe oder 
in beftiimmt geordneten Bündchen. Jenes ift befonders 
den perennirenden Bäumen gewöhnlich, diefes kömmt 
"aber auch fehon in Strauch- und rankigen Gewächfen vor, 
wie in Rofen, Reben u. dgl. Dagegen nehmen fie in 


andern, z. B. in verfchiedenen Amarantharten, dem Tul- . 


penftengel, ihren Weg in zerftreuten Haufen durch den 


Stengel hinauf, und ordnen fich gewiflermafsen nur erft 
da, wo fie Blätter, Augen oder Blumenanlagen bilden. 


In Pflanzen, w elche keine gewöhnliche Rindenfub- 


ftanz haben, wohin hauptfichlich die Gräfer gehören, 
findet man fie gleich unter dem Oberhäutchen, Da fie 
 fich aber, wie gefagt, nach und nach zu Holz verhär- 
ten, woman fie auch nachher noch zu fehen bekommen, 
"und auch dann ihnen die Wegbarkeit der Säfte nicht 
gänzlich abfprechen kann; fp wäre es doch wohl mög- 


/ 0 Sich 


lich, dafs eben aus diefen nur diejenigen Spiralgefäfse 
entftünden , welche in die Staubfäden gehen, um da die 
männliche Kraft abzufondern. Linne hat demnach doch 
wohl Recht gehabt, wenn & die Antheren vom Holz- 
theile herleitet? 

Diefer Einwurf mag einmal gültig 
feyn, und unfer grofser Meifter in der Naturgefchichte 
mag auch eben diefes dabey g gedacht haben. ' Wenn aber’ 
‚weder in der Rinde, noch in dem Mark diefe Art Gefäfse 
enthalten find, ‚woher kommt da der Blumenkelch, wo 
die Frucht mit ihren Saamen her, die fämtlich zu ihrem 
Bau und Unterhalt in fo reichem Maas Spiralgefäfse er- 
halten haben? Wie follte es z.B, in der jährigen Son- 
.nenblume (helianthus annuus) mit den von ihm angege- | 
benen Entftehungen der Gefchlechtshüllen und Ge- 
fchlechtswerkzeuge zugehen. Rinde, Baft, Holz und 
 Markfubftanz müflen fich hier in dem {ehr großsen, ge- 
‚meinfchaftlichen Bette einer fo beträchtlichen Menge 


Blumen von aufsen nach innen, und von innen nach auf- 


‚fen, auf die wunderfamfte und ohne die ftärkfte Einbil- 
dungskraft kaum begreifliche Weife durchkreuzen. ' 
Wenn die Saamen diefer Blumen nur zu reifen an- 
fangen: fo haben die mehreften Spiralgefäfse fehon die 
Feftigkeit erhalten, dafs fie der Fäulnifs mehr Widerftand 
thun können, als das andere faferige und zellige Ge- 


webe, Uebergiebt man dann eine folche Blume mit 


famt dem Stiel diefer Zerftöhrung im Wafler: fo zeigt 
uns eine auf die Weife vorgenommene behutfame Zer- 
legung vielmehr deutlich den Weg ihrer ‚Ver bindung mit 
den Hüllen und Saamen, ! 

Zu 


60 ee 


Zu gefchweigen, dafs man kaum Pflanzen antreffen 
wird, deren eigentliche Blumenträger im vollkommenen 
Zuitande der Blume einiges Holz hätten. Jaich werde 
an den Zeitlofen gleich ein, ‚Beyfpiel geben, ‚dafs fie ihr 


ganzes Befruchtungsgefchäfte richtig vollziehen, ohne 


dals ihr Stamm etwas zu der Zeit vom Holze hat. 


Man könnte demnach allenfalls fagen; Die männli- 


chen Befruchtungswerkzeuge der Pflanzen entftehen von 
einem Theile, der im Verfolg zu Holz. verhärtet wird: 


aber Kelch, Elnmenplatt und Frucht kommen offenbar . 
auch daher, und in manchen werden die Gefäfse diefer 


Theile fo feft, dafs man fie gleich den andern Blättern 
fkeletiren kann. Beyipiele hiervon geben die Zinnia, 


pr” 


Lavaterys, ] udenkir fche (Rhyilh ı Malven 


und viele andere. ! \ 

Das, was ich bisher von dern Dane der, Staubfä- 
den gefagt habe, deutlicher darzuthun,, will ich nun 
meine Zerlegung der Zeitlofen durchgehen, die ich 1779 
gemacht, und im Herbfte 1780 wiederholet- habe. 

.... In der bekannten Streitigkeit zwifchen dem Herrn 
Amtmann Müller und denı Herrn Hofrath Käftner *) über. 
die Befruchtung durch den Blumenftaub,, bezichet fich 
der erfiere fürnämlich auf diefe Pflanze, in derer den 
Gönnern des Pflanzengefchlechtes einen unauflöslichen 


‚Knoten wider die Befruchtungskraft des Blumenstaubes 


vorgelegt zu haben glaubte, Seinem Vorgeben nach, 

find in der Blühezeit die Griffel famt den Saamenbehält- 

‚nillen 

.) S, be Magaz. B. IL. S. 454 und BIIIL Sy 1, folg. 
dann $. 419. fotg. AN \. 


ei N > ir 
m >— aa x 61 


Hehe in er Zwiebel unter der Erde verborgen; die Blu- 
me foll mit den ! Saamenbehältniffen keine Verbindung 
haben, weil fie nicht mitten aus der Zwiebel kömmt, 


aus welcher im F al on und Saamen hervor- 


x 


kommen, 


Ds SR zwar fehon aus des Herrn von Gleichen 
| ohnlängft gegebener Unter füchung und Abbildung diefer 
Pflanze mit ihren Theilen ‚ dafs Herr Möller ihre Blu- 
me ‚entweder nicht recht. angefehen, -oder Griftel und 
Antheren nicht unterfcheidend „gekannt hat, oder er 
war in eben den Umftänden, die er {einem Herrn Geg- 
ner am Ende des Satzes zur Laft leget, {. Hamb. Mag. 


Band It. Bl. 451. Und meine Bemerkungen und Zeich- | 


nungen von eben de rfelben könnten nun wohl auch 


überflüfüg fcheinen, da wir fie fehon von einem fo geüb- 


ten und berühmten Meifter in diefen Befchäftigungen ha- 
ben? Zu gelchweigen aber, dafs fich bey manchen 
Theilen diefer Abbildungen einige Untichtigkeiten fin- 


den: fo ift er. auch in der Unterfüchung der Befr uch- 


tungswerkzeuge nicht ite) weit gegangen, als nur zu 
meinem Zwecke nöthig ift. 


Der Körper oder Stamm ) Gertnehe) diefes Ge- 
wächles. er mag nun aus Saamen oder Auswüchfen ent- 
ee ftehen, 


[4 
z 


“A 
L/ 


-fche Entdeckungen bey den Pflanzen u. [. w. Nürnberg 1777. 
4.9. 51. Pl. 23, 24. 
; 9 Die Botanitten nennen ir Zwiebeln ‚von Mel slbichen Ge- 
ve wächfen Wurzeln, weil fie fich meift unter der Erde befinden, 
‚ Aber diefes ift wirklich zum Begriff der Wurzel nicht fchlech- 


” 


ter dings 


) wilh. Friedr, Fieyherr von Gleichen auserlefene ont \ 


63 
ftehen, ift eine fefte, fogenannte Zwiebel, und nimmt 
' vermittelft einer Menge einfacher Fadenwurzeln (rad. 


filamentofae) wie andere feines Gleichen, die Nahrung 


zu fich. Seine Umkleidung beftehet aus einer dichten 
Haut. F.ı. von a.a. an, undF. 2. 7. 

‚Ik er zu der Zeugungsvollkommenheit gediehen ; fo 
fetzt er im Sommer, wenn die Früchte der fehon trag- 
baren reif zu werden anfangen, zunächft an den Wur- 
zeln feine Befruchtungswerkzeuge mit ihren Hüllen, 
oder die Blüthe, gleich wie andere perennirende Pflan- 
zen, at. Hernach vertrocknen feine Wurzeln, das an- 
fängliche Laub, wie auch die äuffere Haut der tragbaren 
Zwiebel, und werden dunkelbraun. 

| Nimmt man diefe Haut von dem in völltker Blüthe 


ftehenden Stamme weg: fo erfcheint von der einen Seite 


zu unterft der Blumenfcheide der querüber geleste Ver- 
bindungsweg diefes neuen Triebes in Geftalt einer läng- 
lichten Nagelkuppe, der eine Menge junger Wurzeln 
getrieben hat, F. 2. zu welchem allen der Stoff aus der 
alten nun vollfaftigen Zwiebel, vermittelt dem kleinen 
Zufammehhange unter beiden herkömmt, F.3. u. 4. l.m. 

Ein Theil derneuen Wurzeln fowohl, als die eigent- 


liche Blumenfcheide (fpatha) befinden fich auch noch 


zur Befruchtungszeit unter der äuflern braunen Haut, 
F,ı1.a. a. Es ift daher um defto deutlicher, dafs diefe 
Wurzeln wenig oder gar Bene zur Vollziehung des 
Blü- 
. terdings nöthig. Malpigh fchon hat die Zwiebel- und Knoll. 
gewächfe ihrer Art mit dem Stamm richtig verglichen in fei» 

nem angeführten Werke Th: I. Bl. 3u 


Blühens beytragen, fondern dafs alles aus dam Vermö- 
gen des alten Stammes herkömmt, bis der junge ge» 
fchwängerte. Abkömmling zur Betreibung des Frücht- 
dtengels und Reifung der Saamen mehrerer Nahrung be= 
‚darf, die er alfo hernach durch feine eigene Wurzeln zu 
fich nimmt. k Ä 

Die Blumenfcheide fängt lich . von dem Ru 
kuppenähnlichen Unterfätze an, und freigt in einer Ver- 
tiefung des Stammes hinauf. Der Druck von der ausge- 
trockneten feften Haut gegen denfelben giebt ihr in fo 
weit ein plattrundes Anfehen; fobald aber diefer Zwang 
überftiegen ift, wird fie völlig rund, Ihre Farbe ift weits, 
und nur oben bey der ‚ichiefen Mündung bekömmt fie 
von der ‚freyeren Luft einen grünlicher geftreiften An- 
ftrich, F. 2. c. weil fie bis an die Fläche des Bodens von 
der braunen Haut umgeben, aufkeigt, 

Ihr, wie eine Nagelkuppe geftalteter, Querunterfätz, 
ift alte anders, als die Grundlage zwifchen den Wur- 
zein und dem neuen Körper oder Zwiebel, von dem 
nachher die Früchte vollkommen ‚„ auch vielleicht neue 
Blumen gemacht werden, Zufolge ihres Anfanges von 
» hier an, wird fie alsdenn im folgenden Herbfte zu der 
trocknen braunen Haut. | 

 Diefe Scheide unıfchliefst alfo alles, was fowohl im 
Herbfte an Blumen und im Frühjahr an Laub, Früchten 
' und ihren Trägern (fcapus ) zum Vorfchein kommt. 

Meines Wiflens find in einer Scheide gewöhnlich 
nur zwey Blumen befindlich: doch will ich hier mit die 
vom, Herrn von Gleichen angegebene Mehrheit nicht 
beitreiten ‚ indem diefe eine Folge des frychtbarern Bo- _ 

dens 


dens feyn könnte, als der it, wo ich lie bisher gefehen. 
Diefes thut auch eigentlich nichts zu der Sache. 

Macht man mitten durch die Scheide und den Knol- 
lenffamm einen fenkreckten Schnitt dergeftalt, dafs die 
eine Wand des Blumenrohres (tubus corollae) mit weg- 
genommen wird: fo fiehet man zu unterft den bereits 
erwähnten Zufammenhang der Blumenfcheide mit der 
Zwiebel, der Blätter mit dem nachmaligen Fruchtträger, 
und die Fruchtanlage (rudimentum frutus) mit ihren 
drey Stempeln, F. 3.4. Die Blumenröühre, welche diefe. 
. weiblichen Werkzeuge einfchliefsen, find gerundet drey- 
eckig. Der ftumpfe Winkel ftehet nach aufsen, und die 
beiden fpitzigern zur Seite, dafs alfo die platten Seiten 
beider Blumenröhre aneinander liegen, F.r. b. F. 2.u. 6. 
vergröfsert. Sie erweitern fich oben in fechs Einfehnit- 
te, welche gleichfam foviel ziemlich breite Blumenblät- 
ter A und an deren jeden ein nen ae 
lich itt. REN 

Von den Eifehntteenta an hat das Blumenrohr eine 
doppelte Wand, eine äuffere und innere. Spaltet man 
jene, wenn die Blume im völligen Blühen ift, der Länge 
nach: fo zeigen fich eine Menge heller weifser Fäden 
zum Theil frey, zum Theil angelegt, die in diefer Ver: 
doppelung vom Grund an bis zu den Einfchnitten hinauf 
laufen. In einem doppelten Querfchnitt aber fiehet man 
unter einer mäfsigen Vergröfserung an jeder Wand diefe 
Fäden alz wechlelsweis entgegen gefetzte Anfätze von 
den feinften Röhrchen, F.6. 

Nimmt man etwas von einem folaen durchfichti- 
gen Faden, und betrachtet es "durch eine der ftärkften 

Ver- 


» 


NT R an Ü — e \ 
| un m } 05. 
Vergrößserungen: {fo wird man dari innen fowohl Spiral- 
‚gefilse, als auch eine Menge anderer gewahr, die denen 
im zelligen oder faferhaften Gewebe ziemlich leich find. 
Die Spiralgefäfse find aber von viel beträchtlicherer Wei- 


te, F.6. ift 12omal im Dur chmefler vergröfsert. Wenn die 
Blumen noch tief in der Scheide verfteckt, alfo ihr Rohr 


fehr kurz ift, find ihre Umwindungen viel dichter bey- 
fammen ‚als nun, da alles auf das äuflerfte verlängert 

rurdei ‚Hierdurch werden fie auseinander gezogen, 
und da fie vollkommen durchfichtie find: fo kann man 
fowohl das innere Häutchen der Röhre, als ihrer Um- 
windungen auf das deutlichite fehen, Rn 


x 


Ich habe oft bey verfchiedentlichen Pflanzen in ein 
und eben dem Bündchen von Spiralgefäfsen dergleichen 
mehr oder minderund ganz dicht gewundene beyfammen 
angetroffen. Läfst man fie trocken werden: fo be- 
kommt das Häutchen zwiichen den lockern Umwindun- 


gen Falten der Länge nach. Die Umwindungen felbit 


hingegen und die dicht gewundene Kanäle behalten ihre 
Rundung *), : Diefer Umftand fcheint mir ungemein 
merkwürdie, Ich gedenke ihn bey einer andern Gele- 
 genheit, wenn ich mit genugfamen Be emerkungen und 
- Beobarhtungen drehen bin, aufzuklären. 


' Wenn die Spiralgefälse diefer Blume oben bis zu 
“ihren Einfehnitten kommen, theilen fie fich theils in die 
_ blattförmige Ausbreitungen, theils in. die Staubträger. 

RRRER. Umge- 


l 
-*) Beyfpiele hiervon habe ich unter meinen trocknen Gegenfin- 
‘ den für das Mikroficop, und kann fie jederzeit vorweifen, 


E 


f 


66. \ me, / 
Umgeben von einer Menge selig Gewebe, fteigen fie 
mitten in diefem bis zum Staubbeutel, wie man diefes 
im Querdurchfchnitt des Trägers F. 7. funfzigmal v, Ver- 


gröfsert, fehen kann; RN 


Die Sibirien find pfahlförmig, und da, wo fie. 
an der 'Blattausbreitung auflitzen, hochgelb, übrigens 
weils. Ihre Spitze it mitten in die Scheidewand einge- 
laflen, welche der Länge nach den Staubbeutel in zwey 
Behältniffe theilt, welche nebft dem in ihren enthaltenen 
eyförmigen Befruchtungsftaub lichtgelb find. F. 7. 8. 9. 


Aus diefen nur kürzlich befchriebenen Umkänden 
erhellet, wie mich dünkt, deutlich, dafs der männliche 
Befruchtungsfioff durch die Spiralgefäfse abgefondert 
werde, mithin deffen Werkzeuge fürnämlich diefe zu 
ihrem Urfpr ung haben. \ 


Und eben die in der doppelten Wand des Blumen-. 
 rohres auffteigende Gefäfse find die Menge von Fäden, 
die hernach mit den Saamenbehältern emporkommen, 
aus welchen Herr Möller fo viel Auf hebens macht, "und 

alle für Griffel ang efehen hat. ; 


Wenn fich die Blüthe aufthut, und die Staubbälge 
auffpringen, haben die von jedem Saamenfache aufltei- 
| genden Griffel wenigftens die Höhe derfelben erlangt ; 
sa Sie überfteigen fie in fehr kurzer Zeit, F. ı. Jeder: 
von ihnen ift eine runde, von der innern Seite etwas 
 weniges vertiefte Säule, deren oberfter Theil (fiigma) 
auffchwillt, und gleichfam einen rückwärts gebogenen 
Kolben macht, unter welchem die äuffere Fläche glatt, 
die 9 


“ 


En 7 


die nach dem Mittelpunkte der Blume zugekehrte aber 
mit einer unzählbaren Menge faftiger, kurzer, einfa- 
cher Fortfätze befetzt ift, F. 8. fünfundzwanzigmal ver- 
sröfsert. Unter diefen befindet fich auch eine Vertie- 
fung, die man eben nicht gleich gewahr wird. Sie 
macht den Eingang zu den Griffeln, doch nicht mit 
on einer freyen Oefnung, -fondern die Seiten kommen fo 
nahe zufammen, dafs man auch durch. das Vergröfse- 
 zungsglas ‚in einem Querdurchfehnitt defielben nie et- 
was mehreres gewahr werden kann, F.g. funfziemal 
_ vergröfsert. Dagegen fängt bald unter der Narbe eine 
 Scheidewand an, welche jeden Griffel in zwey Höhlen 
‚theilt, F. 10. funfzigmal vergröfsert. 


EN E 


Ich habe in allen Pflanzen von beträchtlicher Gröfse 
die. Griffelfpitze mit dergleichen faftigen Fortfätzen 
verfehen gefunden. Da nun, wie bekannt, der Blu- 
' menftaub, fobald er von feinen Bälgen los wird, leicht 
. austrocknet und zufammenfchrumpft, in der Feuch- 
tigkeit aber ausgedehnet, und zum Austrieb feiner 
 Befruchtungskraft genöthiget wird, und werden mufs: 
fo ift die Verrichtung diefer Safttheile ohne Zwei- 
fel die, dafs der darauf gefallene Befruchtungsftaub 
angehälten, und durch diefe Feuchtigkeit zur Erfüllung 
feines Dafeyns angetrieben wird. | 


Ich habe viele diefer Griffel nach vollzogener Be- 
ftäubung, fowohl mit fenkrechten, als Querdurch- 
 fchnitten, forgfältig unterfucht, und nie ein einziges 
' 'Stäubchen darinnen gefunden, fo geräumig auch ihre 
| Ba. zwey- 


zweyfache Röhre ift. "Es erhellet aber auch fchon aus 
der angegebenen Einrichtung feiner Spitze, dafs es 
nicht feyn kann. 

i \ 

Diefe Unterfuchung zu inachen,. ift es nothiwven- 
dig, den Griffel fowohl, als das ichneidenge Werk- 
zeug, wohl zu reinigen und mit dem Vergröfse- 

rungsglafe genau zu befichtigen, um nicht betrogen 
zu, werden. | 


» 
/ ' hi h 


| Was ift eigentlich f 


Wurzel der Gewächfer 


ek afsen erörtert 


und befonders 


N, die Herbftzeitlofen (Colchicum autumnale L) 


erläutert. 


“| 
_ 


] # B Ü , ARE nes RL 
w 


V on uralten Zeiten her verftehet jedermann unter der 
‚eigentlichen Benennung Wurzel denjenigen Theil der 


Gewächfe, der fich in der Erde befindet, oder durch den 


fie zu unterft an ihren Standort befefüget find. Allein 
es giebt Pflanzen, von welchen fich nichts in der Erde” 
befindet, die an den Körper, wo fie find, und von dem 
‚fie fich nähren, gar keine Befeltigung und doch Wurzeln 
haben, wie die fisnmtlichen -Arten der Waflerlinfe 
| (Lemna). Der dreye ckige Cactus treibt weit über 
der Kirde lange Faden aus feinen Seiten, die denen in der. 
Er de gleich find, daher man fie auch Luftwurzeln nennt, 
Viele ächte und unächte Moofe haben zwar ihre Wur- 
 zeln, aber weder in der Erde, noch in dem Körper, an 
welchem fie fich aufhalten. 
' Da alfo der Begrif, unter der Eirde in Befekigung‘ 
am. Standort, nicht auf jede Wurzel paflen konnte; f@ 
‘ 193. ii nahmen 


je) 


\ 


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ea, ee 

nahmen Linne und Ludwig, letzterer im phyfikalifchen 
Theile feiner Anleitung zur Pfanzenkenntnils, einen 
andern an, und fagten mit Malpigh, dafs fie derjenige, | 
Theil der Pilanze fey, vermittelt welchem lie die Nah- 
rung zu fich nimmt. 

| Ob nun gleich diefes Senlleniaen, feine gute Rich- 
tigkeit hat; fo ift es nur zu verwundern, dafs felbft Linne 
und alle Pflanzenverftändige, die diefen Lehriatz ange- 
nommen, dennoch den ganz alten Begrif gleichfam ftill- | 
fchweigend beybehalten haben. Die durchgängig be- 

_ liebte, und bey vielen Arten zum Untericheidungskenn- 
zeichen angewandte Eintheilung der Wurzeln, in ge- 
zähnte, handförmige, fpindelförmige, pfahlfürmige, ku- 
gelförmige , Zwiebelwurzeln, kriechende u. ‚del. find 
ein offenbarer Beweis davon. Bey alle dem fühlte, wie 
mich dünkt, der gröfste Botanift unfers fo glücklichen 
Jahrhunderts für -die ganze Naturgefchichte, einige, 
Schwierigkeit, da er, befonders den Baumgewächfen, 
einen auf- und niederfteigenden Stamm giebt. 

| Wär es aber wohl möglich, dafs man in einer fo 
allgemein bekannten, durchgängig angenommenen, und 
auch in figürlichem Verftande immer nach eben der Idee 
gerichteten Sache, fich könnte geirret haben? — —- 
Alle Welt glaubte, dafs die Sonne in fortrückender Be- 
wegung fey; und warum follte fie es nicht glauben, da 
‚der grofse, wunderthätige Heerführer Ifraels ihr ftillezu 
‚ftehen gebot, auch ein Tycho das Syftem der Bewegun- 
gen aller Weltkörper hierauf bauet, bis ein Copernikus 
durch genauere Beobachtungen uns vomGegentheile über- 
zeugte. Jedermann mulste willen, dafs das Blut unfers 
| / Kör- 


) 


/ - 
h nn ih qi 


Y \ 


Körpers in den Adern bewegt werde: was lehrte man 
‘ aber von diefen Adern, von den Bewegungen des Blutes, 


was behaupteten alle als ganz zuverläfiig, bis Harvey 
. feinen wahren Kreislauf entdeckte? — Was dachte man 
von den Blumen der Pflanzen und en Theilen? Wie 
' hat man oft den vormaligen Begrif von denfelben figür- 
‚lich angewendet, bevor- uns Linne und Ludwig eines 
beflern von ihrem Wefentlichen überzeugten, und Köl- 
reuters glückliche Verfuche das unumftofslich bewie- , 
fen? — — Man kann fich nach der Ueberficht si nach 
dem äuffern Schein einer Sache wohl einen Begrif ma- 
chen, der auch Dentlichkeit hat; durchforfcht man fie 
aber genau, und dringt bis zu ihrem wahren Seyn: fo 


kömmt etwas ganz anderes heraus; öfters findet es fich 


denn, dafs man wie der Blinde von der Farbe geredet hat. 

Ich habe mich ganz vorurtheillos in den wahren 
Betrieb des Lebensgefchäftes der Gewächfe zu fehauen 
gewagt. Noch katın ich nicht fagen, dafs ich alles genaw 
durchfehen hätte. Wenn ich aber aus dem, wovon ich 
durch vielfältig angeftellte Beobachtungen und geprüfte 


diefem, fage ich, gerade, berichtigende Folgerungen 
ziehe: fo hoffe ich, billige Sachverftändige werden es 


. nicht übel aufnehmen, wenn es auch ganz wider den . 


angenommenen Gebrauch, wider die angenommene 
-Gewöhnheit wäre, fondern vielmehr über das vorgetra- 
gene noch genauere Unterfuchungen und Prüfungen an- 
zuftellen. bemüht feyn. — ! 

"Man erlaube mir alfo das, was ich til die Berich- 


| teung des Begriffes Wurzel mit Grund fagen zu kön- 


B4 nen 


] 
r 


.  , Unterfuchungen bin überzeugt worden, wenn ich aus \ 


+ 


nen gedenke, jetzo kürzlich vorzutragen, und gleich- 
{am als vorläufig nur anzuzeigen. : Vielleicht, dafs. fich 
fchon hierdurch in der Pflanzenkunde die Schwierigkei- 
ten erleichtern, die über den Gränzen von Stamm (trun- 
cus, caudex, caulis), Halm (culmus), Schaft (fcapus), 
Strunk (ftipes) und dergleichen obwalten: vielleicht 
auch auf den noch fo düftern Pfad zur wahren Kenntnifs 
der Natur der Gewächfe etwas mehr Licht fällt. Und 
wenn es hier ganz lichte werden wird, wenn wir zur 
Wiifenfchaft des eigentlichen Betriebes der Säfte in den 
Pflanzen kommen werden, um wie viel richtiger werden 
wir da von manchen Theilen und Erfcheinungen ur- 
theilen. 

Die Gleichheiten zwifchen Pfanzen und Ähletöh 
find längft gerügt undi immer mehr und mehr aufgefuchet 
worden. Ich will zu diefen hier noch einen zu meinem 
Behuf gehüri gen Umitand fügen, wodurch man noch 
genauer auf die Gränzen zwifchen den Gefchöpfen der 
beiden Naturreiche kommen, und dem Begrif Wurzel 
mehrere Klarheit geben kann. 

Im Ganzen genommen, haben alle lebendige Ge 
fchöpfe der Erde, Theile, ohne die fie allenfalls feyn, 
und Theile, ohne die fie nicht feyn können. Unter die- 
fen verftehe ich diejenigen, welche die Hauptwerkzeuge 
des Lebens enthalten, und durch deren Betrieb alles, was 
fich am Körper befindet, feiner Natur gemäls beforgt, 
auch fogar das verlorne Zufällige, wo es nur müglich, 
wieder ergänzt oder erfetzt wird. 

Hierzu haben die mehreften T'hiere drey, oder auch 
ZEHN minder oder mehr verhältnilsmäßsige, befondere 


Höhlen, 


) 


! 


Höhlen. ‚Bey einigen Bslötnen fie alle drey wie in einem 
Stücke zu feyn. Das ‚Schwein z. B. fingt von dem Rüf- 


fe] an nach dem Schwanze zu im Diameter immer mehr 


und mehr zuzunehmen. Sein Kopf ift durch die Geftalt 


feines Halfes nicht fo fichtlich ven der Bruft und Bauch 
gleichfam. abgefondert, als er es bey vielen andern ift. 
Die Fifche haben zwifchen Kopf und Leib gar keine Zwi- 
fehenlänge, Wie aber vieler Ühiere Kopf, vermittelft 
einem langen fchmälern Theil von der Bruft, bisweilen 


fehr weit abftehet, wozu die mehreften Vögel, befon- 
.. ders aber der Storch, Fifchreiher u. dgl. Beyfpiele abge . 
. 5 \ - . r . 

ben: fo ift andern derBauch durch einen verengten Theil 


yon der Bruft getrennt, das man in vielen Arten von 
Ichneumons des Linne findet. Andere hingegen haben 
eine ganz andere Einrichtung, alfo auch von der Hand 
ihres Schüpfers eine ganz andere äuffere Geftalt erhal- 
ten, die von Stufe zu Stufe dureh erftaunende Abinde- 
rungen bis zu dem belebten Atom, zum Polypen, und 
zu den Aufgufsthierchen, als. dem einfachft fcheinenden 
herunterteigt, | | Ne 
Der Umfang deflen, worinnen fich die, zum Seyn 
des Thieres abfolut. nothwendi igen Werkzeuge befinden, 
mag indeflen eine Geftalt haben, weiche er will: ‚fo 
macht diefes zufammen & genommen feinen Körper aus. 
Was dagegen an der Obe: rBäche defielben vorkömmt, 
oder weit über diefelbe herausragt, find nur Dinge, 
Gliedmaße en, die fie zu verfchiedenen, ihren Befim- 
mungen oder Bequemlichkeiten zugehörigen Endzwek- 
ken, erhalten haben, Sie müflen ihren Unterhalt auflu- 
chen, fie müflen den ihnen zuträglichen von dem nach- 


E50 \ tRei- 


74 | er 


theiligen zu attarfehefden wiflen; fie find allerhand Ge. 
fahren unterworfen, welchen fie zu entkommen oder 
fich: wieder fie zu vertheidigen haben, - und einer der 
vorzüglichften Endzwecke ift die Vermehrung. Zu 
allen diefen haben fie Werkzeuge, Gliedmafsen, Waffen 
u. dgl. erhalten, jede Art nach ihren befondern Beute, 
.niflen. 


lich vielem oder allem Ungemach ausgefetzet feyn, auch 
endlich gar eingehen müffen: aber leben können fie 


doch, fo lange die unumgänglich nothwendigen Theile 


nur noch ihre Obliegenheit zu verrichten im Stande find. 
Wer hat nicht Menfchen und Thiere gefehen, denen ein, 
auch mehrere Gliedmafsen fehlten, demungeachtet wohl 
gar zufriedner und länger lebten, als manche andre, de- 
nen keines fehlte? In diefen ift alfo nur eine Bedingung 
zum Leben, aber das Leben felbft wird nicht in ihnen 
bewirkt. | 


Nähme man ihnen diefes alles, fo würden fie frey- 


# 
Der Krebs kann feine Scheeren immerhin einbüfsen, - 


"fie wachfen ‚wieder. Er legt fogar feinen ganzen Üeber- 
zug ab, wie die Schlange ihre Haut: und das alles wird 
wieder erneuert. Was würde man von dem denken, der 
die Krebsfcheeren für den Krebs ausgäbe? Was von 


dem, der z. D. einen Saugerüflel des Flohes, des Schmet- £ 


terlings für den Kopf ausgäbe? — ‘Ob man dergleichen 
bey den Gewächfen gethan, will ich dem Urtheil des 
ünpartheyifchen J.efers überlaflen, nachdem ich das, 
was ich hier vorhabe, kürzlich werde ausgeführt haben. 

In diefer Rückficht mufs ich erft einige Betrachtun- 
gen über die Lebensart der Pflanzen anftellen. 


Da, 


> 


Da fich die Gewächfe unfers Erdbodens. wie die 
Thiere auf demfelben durch Begattung und ‚Zeugung 


vermehren, alfo ‚auch dieferwegen lebende Gefchöpfe 


find, fo müflen fie nicht minder durch eine in fich ge- 
'nommene und da bearbeitete Nahrung ihre Erhaltung 
"undZ unahme bis zu einer dem Endzwecke ihres Dafeyns 
angemeflenen V ollkommenheit bewirken. Dieallermeh- 
reften nehmen diefe Nahrung aus der Erde, fie mag über 
oder unter Waller gelegen feyn. Man findet allerwärts 
Pflanzen, wie man | überail Thiere findet, doch Er in 
weit gröfserer Anzahl, denn diefe. — 
Es giebt aber auch Pflanzen, die bald, nachdem fie 
- in der’ Erde aufgegangen waren, diefe ihre erfte Ernäh- 
rerin, oder vielmehr nur Beförderin ihres Aufgchens, 
verlallen, und fichientweder vom Wafler, in oder auf 


4‘ 


dem fie fchwimmen, oder gar nur von den Säften ande- 


rer Pflanzen erhalten. Sehr gemeine und jedermann 
bekannte Beyfpiele hiervon find die bereits vorhin er- 
wähnten Wallerlinfen, und das Frauenhaar (Cufcuta). 


Jene fchwimmt auf der Oberfläche des tieflien Teichesz 


ihre Wurzeln berühren den Boden bey weitem nicht, 


fondern ziehen die Nahrung lediglich vom Gehalte des 


Waflers.  Diefe umfchlingt jede ihr zunächtt itehende 
iY Pflanze, ‚ überfpinnt fie gleichfam, indem fie fich von ihr 
nährt, und fo den ganzen Sommer über fortwächft, Der 
Miftel oder der Vogelleim ( Vifcum album), auch einige 
‚Flechten vereinbaren | fich-gleichfam nit der Rinde und 
den gröfsern Gefäfsen der Pflanzen. 
Sie mögen fich indeflen a wo und wovon fie 
wollen ; (o gefchiehet es allemal vermittelt den Gefäßs- 


chen, 


76 ee 
chen, die von den Hauptgefäfsen, wo eigentlich die auf- 

fteigende Bewegung der Säfte vorgehet, Fortfätze find. 

Denn es ift den Pflanzen gewöhnlich, dafs fie da, oder | 
an dem Theil, wo das äuflere umgebende zellige Ge- 
webe mit dem ıhm überzogenen Häutchen, durch eine 

ftete gemäfsigte Feuchtigkeit erweicht worden, einige 

von den Hauptgefälsen abfchicken, die weit über die 

Oberääche, ebenfalls mit feinem zelligen Gewebe um- 

eben, hindringen, und fich dem blofsen Auge als mehr 

oder weniger zarte Faden darftellen. Anfangs find fie 

von diefein Urfprunge an einzeln, und bleiben es bey 
‚vielen: mehrmals aber theilen fie fich hernach gleich- 

fan in. verfchiedene Veräftungen, 

So lange fie jene zarte Geftalt haben, und von ihrer 
Ankunft nicht fo gar weit ab find, ift ihre ganze Ober- | 
fläche, wenn man fie durch eine ftarke Vergröfserung 
im Wailer betrachtet, um und um mit den zärteften, 
durchfiehtigen, kurzen Fäschen gleichfam wie mit Wolle 
befetzt. Ihr äufferftes Ende aber ift wie etwas aufgetre- 
ten, und ebenfalls durchfichtie. ‚Diefe find eben die zar- 
ten Werkzeuge, mit welchen fie in die kleiniten Zwi- 
fchenräume des Bodens, auch oft ziemlich fefter Gegen- 
ftände, wo fie etwas zu ihrer Nahrung finden, dringen, _ 
{ich wie mit ihnen vereinigen, um das, was fie für fich 
da dienliches finden, einzufaugen. Denn zu diefer Ver- 
richtung gehört, wie jedermann weils, ein genauer Auf- 
fatz des Theils, der fie machen foll, auf den, von dem 
fie genommen werden muß. 

Dafs die mit einer fchneckenförmigen Windung auf- 
fteigenden Gänge fürnämlich, oder andere 'diefen ge- 
| wunde- 


/ 


I | I) 


"Wlindenen F den gleichhaltige, gerade auslaufende G Ge- 


‚fäfse es find, die den eingebrachten Saft zu ‚alleh Theilen- 
bringen, und von welchen alles entftehet, was an der 


"Pfanze zum Vorfchein kömmt, will ich hier, Weitläuf- 
- tigkeit zu vermeiden, nicht noch einmal erweifen , fon- 
. dern berufe mich auf das, was ich bereits hier $. 57. und 
‚anderswo *) davon gefagt habe: Sie kommen aber in 

diefer ihrer Verrichtung weit eher, als die in dem thie- 


„rifehen Körper zu der nämlichen Verrichtung beftimmten 


. Gänge in einen Zuftand, der fie immer unfchicklicher 
| macht, den Trieb der Gefäfse genüglich : zu befördern. 


Sie werden in weniger Zeit verhärtet, damit jede Pfan- 


.zenart die ihr zugeordnete eigenthümliche Steife, Fe- 


„ftigkeit und Dauer bekomme. Hieraus folgt die Noth- 
wendigkeit, dafs ihrer immer mehr und mehr, je nach 


„ihrer mehr oder wenigen, dauerhaften Art, auflchielsen 
‚müflen. ' 

‚Wie nun auf diefe Weife in der fernern Zintheie 

oder Wachsthum der Pflanze ihre Nahrungsbedürfnifle 


‚ auch zunehmen: fo gehen auch von jenen immer meh- 


.rere nach dem Orte, wo die Nahrungstheilchen einge- 
nommen werden follen. 
Wenn das Pfänzchen den Anfang macht, aus feinem 
\ Saamen hervorzukommen, braucht es die wenigite, ja 
gar keine fremde Nahrung. Denn da diefer Pflanzen 
‚Embryo mit den Nahrungsgefälsen feiner Mutter noch 
zufammenhing, bekam er nicht nur feine benöthigten 
: Säfte und Ange zu den feiner Art eigenthümlichen Ge- 

fälsen 


.) Fundam. Hift. Nat. Mufcorum frondoforum P. I. p. 53. fed. 


x 


fäfsen i in ein und eben dem Punkt der endeten fon- 
"dern auch gewifle mit einem Extract ihres Nahrungsfaf- 
tes angefüllte Behältnifie, wovon er * der allererften 
Zeit feines in Wirkfamkeit gekommenen Lebens gleich- 
fam gefäuget werden follte. Er föllte aber nach kurzer , 
"Zeit fich felbft erhalten. Der Schöpfer der Natur rich- 
‘tete es daher nach feiner unermefslichen Weisheit fo ein, 
dafs ihm jene feine Säugammen vor allen Dingen in eben. 
‘dem Verbindungspunkt, fobald fich ihr Vorrath aufzu- 
fchliefsen anfing, eine eigene Verlängerung zum Sauge- 
‚werkzeug, oder ein eigenes Würzelchen treiben, und 
feine Zahl bald auf verfchiedene Weife vermehren mußste. 
So wurde denn diefes nur kürzlich ins Leben getretene : 
-Pflanzengefchöpf bald zur Einnahme der ihm zukom- 

menden Nahrung angewöhnt. | 
Die Lebensdauer der Pflanzen ift indeffen ungemein 
verfchieden: Die längftens einen Sommer hindurch in 
ihrem Wachsthum anhalten, verftärken zwar, zumal 
| wenn fie eine gewifle Höhe erlangen follen, diefen Trieb 
ungemein: hingegen zu der Feftigkeit, oder wie man - 
‘zu reden pflegt, zu der Reife kommen fie nicht, dafs fie 
aus fich neue Sprofien machen könnten, wie es einige 
Bäume unter gewiffen Umftänden häufig zu thun pflegen. 
'Dafs diefes eine Folge vom Gehalt der Gefäfse fey, zeigt 
die Erfahrung. Das fogenannte Waflerholz der Bäume 
und Gefträuche wird eine erftaunlich lange, und im 
“ Durchmeller über einen Zoll ftarke Sommerlatte treiben, 
die fich aber nicht eher äftet, als nach erhaltener genüg- 
‚licher Feftigkeit feiner ‘Hol zlage, die eben in den vor- . 
gedachten Spiralgefäfsen beiteht, Man würde daher auch 
| vergeb- 


a 


| 79 
vergeblich einen Aft oder Reis von Gewächfen, die fich 
noch fo willig durch Steckung derfelben vermehren laf- 
fen, zu eben diefer Abficht anwenden, bevor die Gefäfse 
zu der Feftigkeit gekommen find, die erforderlich war, 
um derFäulnifs einigermafsen widerftehen, und die Säfte 
‚im gehörigen Grad bewegen zu können. | j 
Die ‚aus dem Standort der Pflanze durch diefe un- 
terwärts verlängerten Gefäfse eingelogene Säfte wer- 
‘den in einem von ihren Theilen,, ver muthlich wo der 
". »meilte Zufammenflufs ift, nach der eigenthümlichen Art, 
‘gehörig bearbeitet. Was alfo zum Behuf der verfchie- 
‚denen von ihr zu vollendenden Endzwecken gut gemacht 
"wird, bleibt entweder bis zur Vollführungszeit diefer 
Endzwecke beyfammen, oder wird fofort allenthalben 
angewandt, “ die überflüfüge und ferner unbrauchbare 
‚Feuchtigkeit aber dur ch die APAUBEESSEADnESN fort- 
‚gefchaft. ; | 
‚Der Varsnglichlr Endzweck des en. it, 

. wie bey den Thieren, das Gefchäfte der natürlichen Ver- 
"mehrung durch die Zeugung. Niemand wird in Abrede 
‘feyn, dafs-jede lebendige Creatur zur Vollziehung def- 
felben einen beträchtlichen Grad der Vollkommenheit in 
den feiten Beftandtheifen ihres Körpers "haben mülle, 
‚Diefe ftehet in Betref der Zeitigung bey Thieren und 
Pflanzen, jin gewillem Verhältnifs mit der möglichen 
Dauer ihres Dafeyns. Alle Arten von beiden, die nur 
einige Monate zu leben haben, erlangen fehr fchneil ihre 
‚gehörige Gröfse, und vollenden binnen der kurzen Zeit 
Begattung und Befaamung. Dauert auch ihr Leben noch 
in etwas darüber, fo ift es gleichfam unnütze. Wenn 
der 


>80 


® 


der männliche Schmetterling fich begattet, und das Weib- 
chen feine Eyer gelegt hat, Nlattert jedes noch einige Zeit 
herum. Bald aber it der Stanb ihrer Flügel abgeflat- 
tert; die Sonne trocknet daher diele zu fehr aus, dafs , 
fie viel leichter Zerbr echen; ‚ auch haftet die F euchtigkeit 
nun leichter aufihnen. Sie können aus beiden Urfachen ' 
"nichtmehr fo fort, fie müllen, wennauch nicht für Alter, 
doch aus Mangel der Nahrung fterben. | 
Wie viele müffen ei en Sommer durch, erft ihren 
Körper bekräftigen, und wenn fie oleichfam in einer ver- 
neuerten Geftalt fich im folgenden Sommer mit Begatten 
und Defimen befchäftiget haben, gehen fie ohne alle wei- 
tere Folgen ein. So nähren fich viele Würmer und Rau- 
pen, und die fogenannte zweyjährige Pflanze die wär 
mern Monate des Jahres über; in den kältern ift wenig, 
auch gar nichts von ihnen zu fehen. ft aber der F roft 
vorüber, und es wird wieder warm: fo kommen Käfer, 
Schmetterlinge u. f. w. zum Vorfchein, die fich fogleich 
begatten, Eyer legen, und nicht lange hernach fterben:: 
fo fchofst ein fürtreflicher, oft weit ausgebreiteter, blatt- 
voller oder blattlofer Stengel empor ‚„ der, nach dem 
Sprachgebrauch von den Bürgern diefes Reiches, Blu- 
men treibt, ihre Früchte reift, und eingeht. 
Hingegen Thiere und Pflanzen von einem längern 
und dauerhaftern Leben koinmen gemeiniglich fpäter zur 
Begattungsfähigkeit, zur Blüthe, je nachdem die Hand 
‚des Schüpfers das Ziel derfelben auf wenigere oder weit 
zahlreichere Jahre hinaus geftecket hat. Und wenn 
‚diefe nun einmal lich ee zu blühen anfangen, | 
vollziehen tie diefe natürliche Ver mehrung | in ihren Arten 
einmal 


einmal nad, den andern, bis zu einem gewillen. Alter, 


| wö die. Kräfte des Lebens durch die nun abgenutzten und. 


iralf oder‘ Hart gewordenen feiten Zubereitungstheile 
immer mehr und mehr fich dem völligen Stillftand alles 
‚Vermögens nähern 


Welche Menge der wichtigften Bettachtungeh und 
paffendeften Umftände zur Vergleichung zwifchen Thier 
und Pflanze, ftelit fich dem denkenden Beobachter auch 
von diefer Seite dar? — Welche Aehnlichkeiten zwi- 
. fchen den Bürgern beider belebten Naturreiche? — 


Wie einfach das Grundgefetz zur Befolgung ihrer vor-, 


züglichften natürlichen N errichtungen‘: 2— 


Ob. nun gleich die perennirende Pflanzen mit den: 


perennirenden Thieren auch darinnen überein kommen, 
dafs fie zum Theil nicht nur nach vollzogener Geburt, 
‚londern auch in der Zeit zwifchen diefer und der ihr vor- 
hergegangenen Befruchtung, zu neuen Begattungen An- 
ftalt machen, oder fie auch gar bewerkftelligen: fo find 


fie doch hierinne in fo ferne durchaus von einander un- 


terfchieden, dafs das Thier mit ein und eben den Werk-, 


N U, Dee Ä 8: 


zeugen ‚jedesmal feine-Fortpflanzung betreibt, da hinge- | 


gen die Pflanze ihre immer von neuem hervorbringen 
mufs. Diefer Umftand, nebft noch verfchiedenen an- 
dern, machen dann eine Menge Veränderungen noth- 


wendig, die den Botaniften bisher viele Schwierigkeiten 


wegen ihrer genauen Befimmung verurfachten, und tie 
gleichfam zur genauern Erforfchung aufforderten, zu 


Pr 


der man aber, ‚fo viel ich weils, noch nicht’ gekom- 


men ilt. 


% 


RN NEES N S 


N 


Es betrift diefs zugleich das, was mich dem Haupt- | 
beweis für meine Erörterung des Begrifles Wurzel ganz 
nahe bringt. Diefe Sache alfo in defto mehr Licht zu 
ftellen, mufs ich fchon wieder von den Thieren zuerit 
zu reden anfangen.;, Denn-in der phyfikalifchen Kennt- 
nifs diefer find wir bey weitem die Fremdlinge nicht, die 
wir bey den Pflanzen find. Man möchte uniere diefsfal- 
 fige Wiffenfchaft faft nur noch für Dämmerung halten. 

Der Aufenthalt der Thiere ift gewiffermafsen auch 
um der Dinge willen, wovon fie fich ernähren müffen, 
fehr verfchieden. Und ob fich gleich vielleicht der 
sgröfste Theil von ihnen beftändig über der Erde auf- 
hält, fo haben doch auch viele ihren Wohnpiatz unter 
ihrer Oberfläche; weit mehrere aber im Wafler auf fei- 
nem Grund und auf feiner Oberfläche: noch andre findet | 
man eigentlich auf andern Thieren. | 

Wie fehr verfchieden ift ihre Begattung i in Betracht Ä 
des Orts, der Zeit, der Stellung. Doch hier hauptfäch- 
lich die in der Erde wohnen? — Zwar nicht alle, doch 
die meiften konımen zu diefem Gefchäfte an die freye 
Luft; der Regenwurm z.B. der nur dann, wenn er feine 
Nahrung fucht, und wegen der Befchaffenheit der Ober- 
Hläche fortkommen kann, aus feinem Gang fo weit fich 
herausdehnt, als es möglich war, um diefen mit dem’ 
äufferften Ende nicht ganz und gar zu verlaffen, verrich- 
tet feine Begattung nicht anders, als eben da, mit dem, 
der ihm begegnet. Von Amphibien kömmt der fo be- 
kannte gemeine Frofch im Frühjahr aus feinem Winter- | 
aufenthaltauf dem Grunde des ftehenden Wafler sauf feine 

ORSTHASS haufenweife zufammen, um des Weibchens 
Laich 


zu pflegen. 7 


HE NeE Y Zi N ! us ‚83 

L ad zu neun wenn fie fich ur etwa dieferwe- 
gen in einer ‚feichten Pfütze verfammeln. Der Walltifch 
begiebt fich mit feiner Geliebten aus der unergründlich 
tiefen Refidenz nach irgend einem, dem Umfange feiner 
 Laft angemeflenen Strande, um En feiner Liebe mit ihr 
. Hier fällt mir die Bömbkkung ein, zu welcher ich 

im ons. Junii vorigen Jahres’ ühvertguthet kam. Ich 


war auf ein paar Tag se im Gebirge, uni ging an einem 


der ichönften Morgen ganz frühe auf meine botanifche 


Jagd aus: Es war beynahe halb. fünf Uhr, als ich zu 
einem grofsen Teiche kam, über defien höchften Damm 
der Weg in den an feiner Morgenfeite liegenden Wald 


führte, wo ich meine Forfchbegierde eigentlich hinge- 
richtet hatte. Ein etwas entferntes Schlagen im Wafler, 
als ob ein orolser lebendiger Körper beynahe eine halbe - 
Minute über drinne zu fehwimmen itrebte, ZOg meine 
Betrachtungen ganz anderer Gegenftände an fich. Ich 
blieb auf der Stelle ftehen, und überfah den Teich mit. 
forfchendem Blick. So oft das Geräufch entftand, wur- 
‚de ich nach dem. mir gegenüber ftehenden mittägigen 


“ feıchten Ufer des Teeiches bald da, bald dort, gewaltige 


Bewegungen auf feiner Oberfläche inne, die ‚ganz an- 
ders waren, als wenn der Fifch bey herannahender feuch- 
ter Witterung fpringt. Noch wurde befonders diefe Seite 


Sn dem hohen Walde befchattet, und die Dünfte des 
. Waffers lagen noch, gleich einem dünnen Nebel, auf: 


feiner Oberfläche, dafs es defto nothwendiger war, mich 

dem ‚Orte des Auftritts fo viel möglich zu nähern. Hier 

fah ich denn fehr deutlich, wie die grofsen Karpfen in 
“u F 2 i VEer- 


verfchiedenen 'kleinen Haufen im feichten Waffer unter 
einander fcherzten, fich augenblicklich feitwärts, mit 
dem Kopfe etwas gefenkt, "wandten, mit empor ge- 
krümmten Schwänzen fich durch einander drängten, und 


' fo durch das Schlagen mit diefem Theil, das ftarke Ge- 


räufch im Waffer machten. Als die Sonne die Wipfel 
des Waldes fo weit überftiegen hatte, dafs fie fa den 
sanzen Teich frahlen kointe,  endigte fich diefes 
Schaufpiel bald Nachher. Da diefeFifchart um eben diefe 
Zeit zu ftreichen pflegt, ift allem Vermuthen nach unter 


diefem ihren ungewöhnlichen Betragen etwas zu ihrer 


Befruchtung gehörige vorgegangen. Und weil, mir 
wenigftens, unbekannt ift, dafs fie dabey auf diefe Weite 
zu Werke gehen, fo habe ich es hier, mit anführen 


/ 


wollen. N 


Nun wieder zu den Pflanzen. — Diefe haben eben 
{owohl verfchiedene Plätze, wo fie fich aufhalten und 
nähren. Viele find unter der Erde, viele kriechen auf 


Ihrer Oberfläche hin, viele bewohnen den Grund, fogar 


> 


tiefer Wafler ; andere fchwimmen auf deflen Oberfläche, 
ohne, wie ich fchon von den Wafferlinfen gefagt habe, 
fich an den Erdboden zu halten: keine aberhat ein eigen- 
thümliches Vermögen, fich mit fo offenbarerWillkühr, wie 
die allermeiften T hiere, derandern zu nähern. Der Schöp- | 
fer machte daher die Einrichtung, dafs die männliche 
Befruchtungskraft ungemein vieler Arten in fehr leichte, 
von der Luft zu bewegende Staubkörnchen eingefchlof- 
fen, auch bey den Gattungen zu den weiblichen Ge- 
fchlechtstheilen gebracht werden könnte, die beide an 

abfon- 


- 


\ 


abfonderlichen Stellen ein. und eben der Pflanze, oder 


gar an abgefonderten. Pflanzen fich befinden, 
Wie follte aber das bey dem gemeinen Schilfgras 
[€ dust Phragmites), ' den Teichkolben (Tipha latifolia 


et angufifolia), den weisen und gelben: Nixblumen 
(Nymphaca alba et Iutes) u. dgl. m. zugehen, deren 


Haupt- oder alles. betreibender-Theil ftets unter Waffer 


in der. Erde ift, wenn diefe Werkzeuge .nicht emporan 
. die freye Luft kämen? — Sie würden fogar in ihren 


eigenen augefogenen Säften haben erfticken müffen, 


wenn zur Zeit ihres lebhafteften Betriebes, nicht ihre 


"Blätter, wodurch ‘fie den Ueberflufs ausdünften, über 


 Wafler wären zu ftehen. gekommen? was mit denen, 


die gar unter der Erde wohnen? von welchem ich nun 


bald, reden werde, 
‚Ich [chränke mich jetzo bey dem, was ich fügen 


will, lediglich auf. die zweyjährige und perennirende 


Pflanze ein. If die Sache von diefen richtig: fo mufs 
es bey den einjährigen ebenfalls das feyn. 

An diefen Pflanzen-finden wir offenbar Theile, ohne 
die fie feyn, und ohne die fie nicht feyn können. Thei- 


' le, die eine-Zeit lang da find und vergehen, wegkom- 


men oder: weggenomnten werden, eftweder unter eben 
der Geltalt, die fie vorhin:hatten, oder unter einer ganz 


andern. Noch mehr; Theile, durch deren. Beraubung ° 


‚man einjährige Pflanzen, zu. ne und drüber, 


machen kann. | Ä 
‚Die zweyjährigen Pflanzen zeigen. uns im erften 


' Sommer blos Blätter über der Erde, durch- welche fie 


ausdünften. Der Theil, der diefe hervortrieb, und immer 
a BSıN- | mehr 


> 


mehr und mehrere machte, ife-unter derErde. Von vie- 
len diefer Art, verderben die eriten Blätter den Winter 
über ganz, nur die auf der oberften Scheitel bleiben, wie 
in einer Knospe, gefchloflen, Was erfcheint im künfti- 
gen Frühjahr oder Sommer? — Es fteigt ein fchöner 
Stengel empor, auf dem Blüthe und Frucht vollendet‘ 
wird. Man fchneide ihn, wenn er nach Maasgabe um 
ein Drittheil oder Viertheil ficeh gehoben hat, ab; es 
kommen an feiner Stelle mehrere hervor, die, wenn 
man fie fortwachfen läfst, eben das wann was der. 
erftere würde gethan haben, 
 Lafst uns fehen, was mit den in allen Wirthfchaf. 
ten fo bekannten Möhren, der Peterfilie, dem Sellerie 
u. dgl. vorgehet, wenn fie im Herbfte aus der Erde ge- 
nommen werden. Man fchneidet ihnen alles Laub ab; 
auch die zarten, an ihnen hängenden Fäschen; oder man 
läfst diefe, bevor man das Ganze in die Verwahrung vor 
dem Frofte den Winter über bringt, in freyer Luft aus- 
f trocknen, , 
, Man fchneide fie im Frühjahr über ihre untereHälfte 
ab, bevor man fie in die Erde fteckt: fie werden ihren 
Stengel treiben, Blumen machen, und die von diefen 
befruchtete Saamen reifen. Man nehme die Stengel, 
wenn man will, und bringe fie in’ die Erde: man lege 
die zarte abgefchnittene Faden eben dahin, wird eins 
von beiden etwas machen? wird es weiter wachfen? — 
Die dem Landmann oft fo läftige Quecke, treibt an 
‚ihrem unterirrdifchen Theil in gewiflen Entfernungen 
von einander eine Menge Zafern unter fich, und zu ihrer | 
Zeit einen Halm in die Höhe ‚ der eine blühende und 
dann 


. dann Körner trägende Aehre zu oberft hat. Man fchnei- 


de den Halm ab, wo und wenn man will, man bringe 
‘ihn unter Erde, wie man will, er läfst das fernere 
| Wachsthum bleiben. Man verfahre mit den Fafern eben 
fo, und es kommt gewils auch aus diefen nichts, Aber 
nehmt nur eines Gliedes lang von dem, woran die Fa» 
fern Be der Erde waren, fchneidet diefe immer auch 
ab, "und bringt ihn dann erft wieder unter Erdt; feht, er 
macht abermal Fafern,, kriecht unter der Erde weiter in 


mehrere Glieder, und wird zu feiner Zeit auch Halme 


über der Erde mit blühenden und reifenden Aehren 


treiben. 


Lafst uns die, nun in Europa fo durchgängig be- 


kannte, fo vielfältig zu benutzende, und vielen fo wohl 


fehmeckende, Erdäpfel oder Tartuffeln (Solanum zube- 
rofum) , und Erdbirnen (Helianthus tuberofus) *) betrach- 
‘ten. Kann jemals aus dem über die Erde getriebenen 
beblätterten Theile was anders, als Blumen und Saamen 
kommen? — Aber die Ranken der eritern machen unter 
der Erde Fafern, mit welchen fie Nahrung zu fich neh- 
men, und fetzen die efsbaren Knollen an. Diefe treiben 
Togar im Keller zum Frühjahr, wenn ihre Zeit kömmt, 
abermals Ranken, die Knollen und Fafern anfetzen, doch 


ohne einen n Stengel zur Blüthe zu treiben. Nimmt man. 


4 


14) wir diefen 


d 


*) An vielen Orten find die hier genannten angegebenen deut- 


fchen Benennungen diefer Pflanzen gerade umgekehrt üblich. 
‚ Kömmt es auf die äuffere Geftalt an: fo glaube ich, dafs 
vs ‚mehr Achnlichkeit mit den Pruchtarten haben, von wel- 
chen man ihnen den Namen gab. - 


I \ ) 


5 


“ 
oo 


diefen Ranken die Einfaugefafern forgfältig weg: fo 
dauert diefer Trieb nicht länger als der Erdapfel, ausdem 
er kam, Nahrung hergeben kann. : DieErdbirne macht es 
beynahe auf die nämliche Weife; nur dafs diefe weit kür- 
zere Ranken, und weit ftärkere Fafern beyfammen hat. 
Man fchütze diefe und den hohen Stengel vor dem ge- 


. ringften Eroft, fie machen doch, wenn das Blühen vor- 


über, und der Saame reif ift, nichts mehr. 
Das Schilf aus den Teichen zu tilgen, kamen die- 
Wirthfchafter auf die Erfindung, alles was übers Waffer 
von diefen Pflanzen herausragte, unter Wafler abzu- 
hauen, und fo, was Wurzel heifst, in Fäulnifs zufetzen. 
Wenn fie ihnen aber nicht zur ‘rechten Zeit diefe Ver- 
ftimmelung machen, fo gehen fie gewis nicht ein. Viel- 
leicht fteigt nachher fogar noch einmahl fo viel in die 
Höhe, als vorhin da war. Das Verfahren mit dem Win- 
tergetreide, wenn es dur ch die zu lange anhaltende war- 
me Herbfitwitterung- zum fchofien kommen will, kann 
‚uns auch einigen Unterricht hierinnen geben. 

Wie erhält der Gärtner feine Zwergpommeranzen- 
bäumchen viele Jahre in demniedrigen, in dem fchlanken 
Anfehen? — Theils dafs er es macht, 'wie wir mit un- 
fern Hündchens, wenn fie nicht grofs wachfen, und fein 
gefchlank bleiben follen. Theils dafs erihnen zu Zeiten 
eine Menge Saugewerkzeuge wegnimmt, um fie mit 
Verfertigung neuer zu befchäftigen. | 

Warum. — — — Doch ich würde fehr lange nicht. 
fertig werden, wenn ich alles hieher gehörige anführen 
wollte. Aber man fage mir nun, was an den vorer- 
wähnten Pflanzen, bey fo bewandten Umftänden , ihr 

 wefent- 


wefentlicher Theil oder Körper ift ? Doch unftreitig das- 
jenige, aus dem alles andere, wenn es ihm auch abge- 
nommen wurde, oder'an und für fich eingieng, wieder 
erftattet, erneuert werden kann. Alles übrige ift zufäl- 
‘ lig, find wie Gliedmaffen der Thiere, oder gewille 
Werkzeuge zur Einfaugung der Nahrung, zur Zeugung, 
a zur Ausdünftung, zur Vertheidigung, zum Anhalt, wenn 
fie für fichzu fchwach find. 

| Gleichwie aber die einem Körper gegebene Glied- 
maflen zwar zu diefem Körper gehören, jedoch nicht 
der Körper felbt feyn können, fo kann z. B. der Rettig, 
die Rübe, der Paftinack u. d. gl. nicht Wurzel oder Sau- 
geweikzeug, und Stamm oder Körper zugleich feyn. 


Wer diefes fchlechterdings behaupten wolite, müfstedenn 


‚auch zugeben, dafs der noch berindete Weidenpfahl, den 
ich mit dem einen Ende in die Erde bringe, und der auf 
diefe Art, MWänzeln, Zweige, Blätter treibt, auch Wur- 
zel fey: dafs der Orangerieftamm, den man entwurzelt 
und entältet aus Italien kommen liefs, und durch kluge 
Behandlung dahin brachte, dafs er feine Hauptgefälle 

nach Nahrung ausftrecken mufte, wodurch er hernach 


auch über fich Theile trieb, an- welchen er unter dem än- 


E genehmften Wohlgeruch fein Begattungsge fchäfte vall- 
"zog, dafs diefer Stamm, fag ich, nichts anders als eine 
Wurzel’gewefen fey, u..d. gl. m. 

Die Wurzel ift nun allerdings auf allen Ball der Theil 
einer Pflanze, mit welchem fie die Nahrung in fich zie- 
het: aber ein zufülliger, unter Fafer oder Fadengeftalt 
aus den Saftgefäffen des Körpers oder Stammes. in und 
nach den Standort getriebener Auffentheil, 


F 5 | Die 


- 


yo RN | a N / 


Die Erfahrung hat es auch den gemeinften Land- 
mann gelehrt, dafs nicht das, was man an den Bäumen 
Pfahlwurzel nennt, oder die ftarke Wurzeln es un- 
mittelbar find, durch die fich fein Obfbaum nähret. Er‘ 
weils, dafs auch ein noch fehr junger Baum, nach dem 
Verfetzen fehr fchwerlich fortkömmt, wenn er nicht 
wenigftens etwas von den feinen Zafern, die man Tau- 
wurzeln' nennet, mit bekommen hat. Warum treibt 
bisweilen ein auch im Herbft verfetzter Baum, wohl erft 
‚im andern darauf folgenden Sommer die Blätter? ohn- 
fehlbar, weil er den erften mit Betreibung der wahren 
Wurzeln zubringen mufste. Dafs grofse Bäume viel 
fchwererim verfetzten Ort fortkommen, und alte Bäume 
fich gar nicht verfetzen laflen, hat nichts anders als den 
fchwerlichen, und bey den letztern denkaum möglichen 
Trieb neuer wahrer Wurzeln zum Grunde. 

Wer die Lage der eigentlichen faftführenden Gefäf- 
fe der Pflanzen kennt, und nur die unter dem insgemein 
fo genannten Wurzelwerk begriffenen, als Möhren, Pe- - 
terfilie, Rüben, Rettig u. d. gl. genau unterfuchet; der 
wird finden, dafs ihre eigentliche Wurzeln oder Sauge- 
werkzeuge, nur von den unter der Rinde, um das foge- 
genannte Mark liegenden Spiralgefäflen herkommen. 

Vielen meiner Lefer wird das, was ich bisher von 
den Wurzeln, dem Stamm, oder Körper der Dhdnsei 
vorgetragen habe, wenigftens fehr fonderbar vorkom- 
meny man wird vieles einzuwenden haben; man wird 
‚mich vielleicht gar der Neuerungsfucht befchuldigen ?'- 
Lieber, wie künnte ich, wenn, ich die Natur felbit um 
ihre Einrichtung in den Pilanzen befrage, das, was fie 

mir 


\ 


r) 


mir klar antwortet, anders fagen? — — Ich erwarte 


alle Einwendungen getrolt, und werde niemanden die 
Erwiederung fchuldig bleiben. Und wer es nicht glaubt, 
‚ wenn ich verlichere, dafs diefe Gedanken von Wütrzel 
und | Stamm nicht ganz neu find,’ der'lefe nur den vor- 
treflichen Malpigh,, *) von den Wurzein der Pflanzen. 
| ‚Hätte man ihm doch lieber das; was er hiervon gefugt 
"hat, eben fo nachgefchrieben,, als den eingeklammerten 
Gedanken auf der nächftfolgenden Seite, vom Erdboden, 
‚dafs er nehmlich den Pflanzen ftatt des Magens diene! 
- Hätte man das, was er kraft feiner fo fchünen Beobach- 


tungen von den Knoll-, Zwiebel-u. d. gl. Pflanzen erin- 


nerte, binnen den nun verfloffenen hundert Jahren beffer 

‚bedacht, genauer unterfucht: es würde gewiis in diefem 

Stücke nun nicht mehr fo viele Umanderung rückftändig 
N 


feyn, als wirklich vorhanden ift, 


- In der That, ift etwas, das uns diein der Erde be- 


findlichen Theile, allefammt für Wurzel zu halten, ver- 
‚dächtig machen mufs; fo find es die Knollen der Zwie- 
bein aller Art. Niemand ftreitet den Pflanzen das Leben 


ab.. Sie müflen doch alfo einen Körper haben, Wofoll 


denn nun der Vogel - oder nackende Stendelwurz (Ophrys 
Nidus avis,) der Monotropa Aypopitys, — überhaupt 
. der ’Stendelkräuter, (orchideae) ihrer feyn? — DieNar- 
cille mit ihren Arten, die Hyacinthen, die Tulpen, ud, 
o]. treiben aus der Zwiebel einigeBlätter, einen Blumen- 
| ftengel nach oben zu; niederwärts 'aus dem Unterfatz 
eine Menge einzelner Faden, Br Theile gehen nach 

. einer 


*) M. Malpigh Op. Lugde Batav. 1686. 4. Pag. 354, faq. 


92 ’ 


einer gewillen Zeit ein, und es kommen aus dem ‚ Unter- | 
‘ Jatz wieder neue Faden; aber auch wohl junge Zwie- 
bein, dann auch aufs neue Blätter und Blumenftengel her- 
vor. — Die unter demNamen Iris fuccica allen Gärtnern 
bekannte Amaryllis formofiffiema der Botaniker nach 
Linne, bringt die Blätter erit, wenn die Blume vorüber 
ift, zum Vorfchein u. a. m. RN N 

Ich wil indeffen hier befonders bey den Zeitiofen, 
von deren Begattungswerkzeugen ich bereits in der vor- | 
hergehenden Abhandlung seredet, auch etwas von ih- 
rem Körper erwähnt habe, ftehen bleiben, weilfie ein 
ungemein pallendes Beyfpiel zur Erläuterung deflen find, 
was ich hier von dem. Grundtheile der Pflanzen schpt 
habe. | | 

‚ Auf der 63ften Seite hies es dort nur vermuthungs- 
weife, dafs der an der alten Zwiebel im Herbfte befind- 
liche Querunterfatz,, von dem die Blume damals aufge- 
fchoffen war, den künftigen Sommer neue Blumen an- 
fetzen werde. Nachher habe ich diefe Sache genauer 
unterfuchet, und die ganze Lebensgefchichte .e efer 
Pflanze folgendermaflen hefunden: 

Bald nachdem fie verblühet, das ift, ihr Begattungs- 
gefchäfte. vollbracht hat, fängt die F ruchtanlage, viel- 
mehr aber hernach ihre ‚Grundlage an, in etwas aufzu- 
fehwellen. Die aus dem Unterftz, hauptfächlich durch. 
«ie mitgetheilte Nahrung des vorhergehenden Zwiebel- 
körpers, getriebene häufige, einfache, Fadenwurzeln, 
nehmen dann felbft aus dem Standort volle Nahrung ein. 
Da fie mehrentheils ziemlich tief unter der Erde ftecken, 
fo kann der Froft wenig, und bedeckt über Winters 

| Schnee 


{ Aue 
i | 
Me 
) BE ; N 


93 


Schnee den Boden, garkeine Hindernifs abgeben, dafs die 
“Nahrung und das Wachsthum aller der Theile unter der 
‚Erde, wiewohl fpärlich, ‚doch ununterbrochen fortge- 
hen. Däher gelangt der Körper diefer Zwiebelpflanze . 
bis ı Frühjahr zu feiner Vollkommenheit. 

Sobald alfo die Witterung diefer angenehmen Jah- 
reszeit den Gewächfen einen freyen Trieb erlaubt, kom- 
men auch fchon die im O&ober des verfloflenen Herh- 
 ftes noch fo fchmahlen, in der engen Blumenfcheide tief 
| verfteckten Blätter *) aus der Erde ziemlich breit zum 
Vorfchein ,„ die immer weiter zunehmen. Gräbt man 


on der Mitte des Mayes eine diefer Pflanzen aus: fo findet 


man die Zwiebel, "welche -das Jahr zuvor den Frucht- 
nn el getrieben und im Herbite die Blüte befürd ert hat- 
e, **) ganz welck und verfchrumpft; die, fo jetzo mit | 
en den noch unten zwifchen ihnen verborgenen 
 angefchwollenen, Fruchtgehäufen verfehen ift, voller 
Saft, und unten noch völlig bewurzelt, nur dafs diefe 
nun fehon i ins braune Alter fallen ; an der äufserften, .der 
alten entgegengefetzten Seite aber, gleich über der Grund- 
lage, ein bereits getriebenes Auge, das die'blume für 
den Herbft enthält. Im darauf folgenden Monat Juni 
fteigt der Stengel mit den Früchten empor, und das Auge 
gewinnt von der untern äufsern Seite einen erhabenen 
mit Buckeln befetzten Rand. Ä EN 


A Diefe 
*).$, 4tes St. T.' 4. Fig. 4, 
*) 9. Fig. 2. c. Fig. 3. G. 


94 en 

Diefe Buckeln find der Anfang zu den neuen Wur- 
zeln, die alsdenn, wenn die Frucht im Reifen ift, be- 
fonders betrieben werden, indefien die von der tragba- 
ren Pflanze anfangen einzugehen, und nach den paar 
Monaten von der Reife der Frucht an, bis zur Blüte ge- 
rechnet, fo verderben, dafs man nur kleine Ueberbleib- 
fel gewahr wird. *) | | 

Von der fo durch einen neuen Trieb bereiteten und 
im Herbft zur Begattung geförderten Blume, gehen die 
nur erwähnten Scenen diefes Gewächfes in eben der | 
Reihe wieder fort. 

Da nun der Stengel, welcher die Saamengehäufe 
empor brachte, damit die Saamen nach der Reifung be- 
quem von der Natur aus einander geftreuet werden konn- 
ten, der nachher vertrocknete, und nichts mehr auf die 
Vegetation mit ihm anzufangen war, da diefer Stengel 
eben fo wenig die Pflanze felbft feyn kann, als das abge- 
worfene Horn des Hirfches, derKörperdes Thieres felbft 
- ift; da die Fadenwurzeln auch eingingen, und doch 
noch ein, die Begattung weiter befördernder und betrei- 
bender Theil übrig blieb: fo mufs eben diefer Theil die 
Pflanze felbft, oder der Körper diefer Pflanze feyn, und 
nun und nimmermehr die Wurzel. | 

Diefer Umitand würde dann nun freylich neue 
Schwierigkeiten und Veränderungen auch in den vor- 
handenen Beftimmungen der Gewächfe machen. Er ift 
aber;noch nicht der einzige, der zur Berichtigung der 
botanifchen Sprache gehört. . Wenn einmal die grofsen | 
ver- 


*) Ebendaf, Fig. 3. G. 


\ 

h ind | ; } | ’ 95 
| verpflichteten Pflanzenkündiger ihren Fleifs, ihre Auf- 
merkfamkeit eben fo fehr, eben fo genau auf das gehei- 
me Detragen der Gewächfe, auf ihren innern Bau, ihre 
innere Einrichtung richten werden, als fie bisher in An- 
fehung ihrer zufälligen Theile thaten: fo wird die Hülle 
von den Augen kommen, unter der fie bisher fo emfig 
 fuchten, fehr oft Mifsgriffe thaten, dann ftritten und da- 
mit nicht felten nur mehr Verwirrung anrichteten „ Dun- 
- kel ftatt Licht in diefer edlen Kenntnifs verbreiteten. Es 
wird eine ganz andere botanifche Philofophie zum Vor- 
fchein kommen, die niemanden mehr das Recht laflen 
wird, die Botanik als eine blos trockne Benahmungs- 
wiffenfchaft verachten und verhöhnen zu können. Bey- 
de Theile, die äufsere und innere Kenntnifs, find hier 
gleich nothwendig. Ja, es ift durchaus nicht möglich, oh- 
ne eine durch genaue und forgfältige Zergliederungen be- 
richtigte Gewächsphyliologie, die fogenannte reine Bo- 
tanik zu ihrer möglichen Vollkommenheit zu bringen., 
Eines mufs man thun, und das andere nicht laffen. 
| Noch mufs ich!'etwas zum Befchlufs in Anfehung 

der Wurzeln erinnern. Nämlich ihre Metamorphofen, 
welche unter den perennirenden Pflanzen fehr gewöhn- 
lich find: Ich habe fie hier ganz und mit gutem Bedacht 
übergangen; ob fie gleich gewiffermafsen auch hierher 
‚gehörten.  Anderntheils aber ftehet diefe nel mit 
| dem innern Betrieb der Säfte und der hierzu gemachten 


Einrichtung derfeften Theile inzu genauer Verbindung, _ 


als dafs fie ohne Erörterung diefer, begreiflich gemacht: 
‚werden kann. Es muis alfo bis dahin Anftand haben, 


\ 


N ni a 


5 AN VI. j 
BE e.wia.8 
über die 


Iebendige Geburten der Gewächfe. 


en \ 


laves, derErfinder desKreislaufes unferer Sifte, tag. 
te laut genug, dafs alles Lebendige aus dem Ey entftän- 
de. Diefes hat fich durchgängig fo beftätigt, dafs kein 
wahrer und unpartheyileher Naturforfcher daran Zwei- 
feln kann. Man hat freilich noch nicht gefehen, dafs 
fich die Polypen begatten: aber dafs fie doch Eyer bey 
{ich haben, hat nun Pallas und Ellis gefunden und deut- ' 
lich befchrieben. N Vorher fahe man blos etwas andie- 
{em Wurm zum Vorfchein kommen, das zu einem Poly- 
pen der Art wurde, und dafs jede von ihnen gemac! hte 
‚ Theilung fich zu eben dem Thier bildete u. f. W. Dies 
hielt man denn für ihren einzigen Fortpilanzungsweg. 
Da fie aber nach der gemachten Entdeckung der beiden 
fürtreflichen Männer mit EYern verfehen find, die olin- 
ftreitig den nämlichen Endzweck, wie beyandern Thie- 


ren 


”) Hr. Pallas an den Armpolypen: f. deffen Zlenchus Zoophy- 
torum. Hag. 1766. S. 28. Und Ellis an den Seepolypen: f. 
deffen Zay towards a natural hiffory of the corallines an 
mehreren Orten, vorzüglich t. XIX. tab. V. Xl.wam 


me ROrk 
97 


ren haben; warum follte ihnen nicht Shah ebenmälkig, | 
wie andern Thieren, das Gefchäfte Her Befruchtung, ie 
hin nicht ‚minder ‚die darzu gehörige Weikzeuge Zu, 
Theil geworden feyn. 

‚ Die Natur hat ein uhendkehe Areifes Welah zu ae 
Urheber ; das in die unermefsliche Mannigfaliigkeit der 
Dinge, die Wege zu ihrer Fortdauer, die Werkftätte ih- 
res Betriebes, fo geheim, To künitlich anlegte, dafs un- 
fer endlicher, trotz. allem Dünkel, ‚doch fehr einge. 
fehränkte Verftänd, unfre blöden Sinne, auch da, wo Sin- 
ne tnd Nertaha zureichen, fie doch mit Mühe ausfin in- 
dig machen! Wie oft ift der blofse Zufall unfer W egwei- 
ferin den Finiternillen gewor den? 2 Neo itolperten 

wir, trunken vom Vorurtheil, über däs hin, was wir fo 
emfig, fo begierig fuchten, ob & gleich offenbar da lag. 
Man dachte ehemals nicht dran, dafs der Staub aus den 

. Kätzcheti det Weiden, welche fich fo willig dufch jeden 
in die ‚Erde geftecktei ganz näckten Aft, durch jedes 
Reischen verimehten laflen , &leichwohl da feyn mülle, 

wenn ihre Säamenkötner, die niemand in Zweifel zieht, 
aufgeheh follen. Man ereiferte fich nur noch vor we- 
nig Jahren über die, welche deh Moöfen Blumen, und 
durch die Werk izeuge diefer,. befrüchteten Saarien geben 
‚wollten; und doch find fie nun auch gewifls genug | er- 
/ wiefen und dargeftellt. 
| Die Grundlage zu jedem Thier, wie Zü jedem Ge- 
wächs, it der im innern der weiblichen Zeugungswerk-, 
zeige, befi üdli iche empfängliche feine Ichleimige Stof, 
den man den Kei m nennt, der keinesweges aber mit 
ee Keim eines Saamenkoines. ver wechfelt werden darf. 
G nn Wenn 


‚98 | | le en 


Wenn diefer - ‚empfingliche Stof: dur en das männliche Be- 
Fruchtungsvermögen das Erfordernifs zu feiner Belebung 
erhalten hat, wird er im Ey ‚genährt und zu ‚einer .ge- 


- wiffen Stufe der Vollkommenheit gebildet, bevor er-die- 


fe feine erfte Behaufung verlaffen kann. Andere Thiere 
aber bleiben bis dahin in der Mutter, ‚werden gleichfam 
in ihr ausgebrütet, und kommen in dem Grad der Voll 
kommenheit lebendig aus ihr heraus : beyandern hinge- 
gen kommt der im Ey.befindliche empfängliche Stof, in 
diefer feiner Behaufung, entweder fchon btfruchtet oder, 
um fogleich befruchtet zu werden, von der Mutter, und 
mufs hernach auf verfchiedene Weife bebrütet werden, 
bis er fo weit gedeiht und das Thierchen zu dem Grad. 
der Vollkommenheit gekommen ift, dafs es diefe Hülle 


‘durchbrechen und an das Tageslicht kommen kann. 


Zum Unterfchied diefer beyden Arten der Auskunft aus 
der Mutter, hat man jene Lebendige, diefe Eyer- Ge- 
burten genannt. 


Zu leugnen ift es nicht, dafs jedes Saamenkorn der 
Gewächfe mit dem Ey der Thiere richtig kann vergli- 
chen werden. Unddaman ‚Gewächfe findet, ‚die irgend- 
wo aus fich Theile treiben, welche, fobald fie fchieklich 
in die Erde gebracht worden, nicht mit den Lappen auf- 
schen, welche jeder Saamen zur erften Nahr ung für den 
Keim der Pflanzehat; fondern gleich Pflanzen find: fo hat 
man diefen, inBeziehung auf die Analogiezwifchen Pfllan- 
ze und Thier, auch die Benennung lebendige, Geburten, 


‚lebendig gebährende Pflanzen, Plantae viviparae beygelegt. 


Wenn lebendige Geburt im eigentlichen Verftande 
überhaupt fo vielheift, als die Abkunft defien, wasdurch 


die 


ji FRUTE 99° 


- 


die Einwürkung zweyer verfchiedener Zeugungsvermö- | 
‚gen entitanden ift, oder entftehen follt fo können die fo- 
genannte lebendige Pflanzengebur ten, nicht würkliche 
Geburten feyn; denn der männliche Befruchtungsttof 
hat zu ihrer Entftehung fchlechterdings nicht unmittel- 
bar zugetragen. In diefem Betracht, find Geburten der 

' Gewächfe, lediglich die vermöge der Gefchlechtstheile. 
ihrer Blumen hervorgebrachte Samen. — Ich will mich 

| jedoch hierbey nicht- verweilen, weil hernach, wenn ich 
| ‚gezeigt habe, wo und wie fie entfichen, für fich ganz 
deutlich erhellen wird, was fie find. Immittelft mögen - 
‚fie After geburteh heifsen. | EIN 

- Die Botaniker haben zu ihnen semeiniglich nur das- 

’ jenige gezählt, was an nichtperennirenden Stengelt, 
entweder in den Blattachfeln, oder dem Fruchtftand in 
Geftalt eines Knötchens zum Vorfchein kömmt, .undfich 
dem Gehalt und Baue nach von den Knofpen det, Pflanze 
ganz unterfcheidet. u | 

Verfchiedenen Ar ten von Lauch (Allium): ift es ge» 

! wöhnlich , dafs fie auf dem oberften Theil des Stengels, 
wo die Blnen in einer äufsern gemeinfchaftlichen Hül- 
de beyfammen ftehen follen, Statt ihrer, entweder lauter 
kleine Zwiebelchen, oder auch mit Blumen vermengt, 

. zum Vorfehein kommen. Wem ift diefes nicht vom ge= 

" meinen Knoblauch und feinen Mitarten bekannt? 

Die von der fchönen rothen Farbe der Blume foge- _ 
nannte Feuerlilie (Lilium bulbiferum) hat es in Gewohn- 
heit, Stengel zu treiben, die faft in jeder Achfelihrer 
‚Blätter, einen, bisweilen auch zwey Knoten haben, nie 
‚aber m {fo viel ich weils, Blumen machen, 


@. Bu Die 


100 De me 
) Die kleine Nältehwnrz (Polygonum) bringt an 
dem untern Theile ihrer. beblumten Spindel ebenfalls. 
‚dergleichen Knötchen anftatt der Dlumen, weshalb ihr 
auch Linne den Beynamen ae ee (vivipa-. 
vum) beygelegt hat. BUN, 
‚Eben fo ift die Rispe des knoll! ten Viehgrafes 
(Poa bulbofa) am üfterften, ftatt der Blumen mit Knöll-- 
chen befezt, die denen genau gleichen, welche'i in der 
Erde find und Wurzeln, Laub und Halm treiben. Jadie- 
fe fowohl als die von der vorhergehenden Pflanze be- 
ginnen fchon in diefem ihrem Standort ihren Blättertrieb. 
Die vielgeftaltete Marchantie ( Marchantia: 
polymorpba) treibt atıs ihrer Oberfläche Schüffelchen, die 
voller linfenförmiger Körperchen find, und die fchon da 
Wurzeln zu bekommen anfangen; welches fie, wenn 
fie an einen fchicklichen Ort des Erdbodens gerathen, 
fortfetzen und zu früchttragenden Pflanzen erwachfen 
u. d. m. | 
Und diefes thun g sewifs alle diefe für ende. Ge- 
'burten angenommene Triebe. Allein, wenn die Ge- 
wächfe, ‚an welchen fich über dem Standort an und auf‘ 
. den Stengeln, Statt der Blumen, ‚kleine Knoten hervor- 
thun, lebendig gebährende follen genannt werden: fo 
müffen es nicht minder auch diejenigen feyn, welche 
unter der Erde oder zunächft der Oberfläche aus den fo- 
genannten Wurzeln, Ranken oder Stamm, ähnliche An- 
fätze machen, wie z. B: der körnigte Steinbrech 
( Saxifraga granulata) das Feigwarzenkraut (Ranuncu- 
lus ‚Ficaria) die blaue Veilchen (Viola Martia) die 
erdfeigen Wicke (Lathyrus zuberofüs) die Erdäpfel, 
Erd- 


‘ ) N 


ER 
{ a 


Erdbirnen und viele andere mehr, Ihre Erde: von 
der ich nun reden werde, foll es beweifen. ii 

Ich habe indem Vorhergehenden dargethan, dafs alle 
Theile, diefoan der Pflanze entitehen, von den Spiral-oder 
ihnen ähnlichen Gefäfsen betrieben wer den. Wie könnte 


R es auch anders feyn; da diefe in dem Haupttheil den i im 


+ natür lichen Zuftand von den Wurzeln eingefogenen Nah. 
rungsfaft bekommen, aufwärts führen, und ihm we- 
nigitens, die erite Zuber eitung, geben. Ja, diefe Gefäfse 


N find es fogar, die ihn in der Geftalt zarter R ‘äden, als 


die eigentliche Saugewerkzeuge, roh aus ‚dem Standort 
| einziehen; wo fie ebenfalls zu ihrer Vertheidigung fo- 
wohl, "als zu einiger Beyhülfe mit einem Häntehen und 
einer Menge zelligtem Gewebe umgeben find. Malpigh 
fchon hat dies fo deutlich. gefagt und gezeigt, dafs man 
. fich, über die bisherige wenige Achtfamkeit der Herrn 
» Botaniker, die doch auch etwas von der Phyfiologie den 
Gewächfe willen wollten, und gehörige Anwendung 
feiner (fürtr efilichen HERSELOHHREEN, Koh, genug vers 
wundern kann., Ä ; 
| Ich befitze- durch. die Fäulnifs verfertigte Präparate 
vom unter iten Theil des Stammes verfehiedener ein-und 
zweyjähriger, Gewächfe mit “ihren Wurzeln, wovon 
man den Anfang und Fortgang der ie. in 1 knen 
diefen Werkzeugen deutlich hieht.u. N. 
Wenn nun daraus, und noch mehr aus einer a: al, 
hob ihren Wurzeln i in F ernambukabfud geftellten Pflanze, 
| geradesweges folgt, dafs die eigentliche Wurzeln blos 
| Verlängerungen der Spiralgefäfse nach dem Standort 
find; die lebendigen Pflanzengeburten aber, fobald fie 


<q 


03 lan 


103 | a nn 
in den fchicklichen Boden ihre Wurzeln fchlagen: fo _ 
folgt auch, dafs fie dergleichen Gefäfse haben müffen, 
Wo konnten fie aber diefe anders herbekommen, ‚als aus 
der Mutterpflanze. | Amen) entftchen ui blos dureh ki 
Spiralgefäfse. | 
Es iftaber doch wür klich etwas fehr fonderharch, ‚dafs 
z.B.aufdem Blumenftengel mancher Laucharten, bald lau- 
ter Blumen, bald Blumen und Zwiebelchen unter einander, | 
bald lauter Zwiebelchen fich einftellen ? — Sind etwa, | 
nach der Hypothefe des Einfchluffes der Keime, diefe als 
fchon im vorhergehenden enthalten, befruchtet, und be- 
reits im Durchgang der Gefäfse entwickelt worden? — 
Öder waren fie, da fie gewiflermafsen auch ale Knospen 
angefehen werden können, nach der Meynung vom 
Wandern der Pflanzenaugen, in manchen diefer Pflanzen 
fo häufig vorhanden, dafs fie den Ausbruch der Blumen 
verdrängten’? — Ich will einen Verfuch wagen, wenig- 


‚ tens einen Lichtftrahl auf diefen Vorgang zu leiten, um 


die Sache nur einigermafsen kenntlich zu machen, 
 Gottiftin der Natur; und kein Auge der Sterblich- 
keit vermag es, Ihn von vorne zu fehen! Ich will fo 
viel fagen, dafs auch der fcharffichtigfte Forfcher zur 
Kenntnifs der Urfachen natürlicher Ereignifie, anders 
nicht kommen könne, als durch eine forgfältige und ge- 
naue Beobachtung der Würkungen. Ich werde daher. 
einige gewille Erfahrungen voraus fchicken, und aus _ 
diefen hernach die Folgen zu meinem Endzweck’ziehen, 
Der männliche Befruchtungsftoff nebft feinen Werk- | 
zeugen und Behältniffen, und der weibliche zu.befruchten- 
de Theil, mit jan Zugängen, find das Haupterforder- 
“nis 


T 


4 


/ 


roh 


N 


nis zu jeder Blume, Diefe fir die Fortpflanzung 16 fehr 


wichtige Theile, find eines Theils in ihrer ‚jedesmaligen 
Eintftehung fo äuflerft zart, dafs fie bis zu ihrer V ollkom- 


menheit unumgänglich eines Schutzes wider allerhand 


verderbliche Ungemiächlichkeiten bedurften , die fie be- 


‚treffen konnten. Sieerhielten daher ein, "zwey, drey.und 


mehrfache Hüllen. Andern’Theils follten aber auch diefe 
Hüllen. zur Beförderung: des Befruchtungsgefchäftes die- 
nen, auch ‚wohl. nachgehends noch zum Schutz der jun- 


gen Frucht. Der ungemein mannigfaltige Bau, Einrich- 


N tung, Bewandart, Verhältniffe der Gefchlechtstheile 


Teibit, erheifcheten, auch die ausnehmende Mannigfaltig- 


keit diefer Hüllen-nicht nur, fondern auch bisweilen fö- 
- gar ganz zufällig fcheinender Theile. - Mit ihnen ift fehr 


häufi 5.lo. viel Anmuth, Sch önheit und Praclit verbunden, 


dafs diefe Arten fchon fehr oft die Aufmerkfamkeit. und. 
En Wohlgefallen der-.Menfchen an fich zogen. 


ba, l 


ae ging die Natur hiervon: ab, und 
machte entweder: aus allen oder nur aus manchen der 
Gefchlechtstheile ebenfalls hüllende, dafs diefer. alfo 
mehrere als. gewöhnlich wurden. Man nannte es. dann 


' halb oder ganz volle Blumen, Sie gefielen den Augen 


um defto mehr. Hierdurch wurde die Gewinnfucht an- 
gereizt, auf Mittel und Wege zu finnen, wie man die zu 


‚einem folchen gefälligen Spiel willige Pflanzen dazu 
‚bringen könne, dafs fie das um, defto öfterer, um defto 


vollkommener machen. Und wie weit treibt es hierinne 
nicht manche Art, wenn das Saamenkorn die Einrich- 
tung, oder vielmehr Er fordernilfe dazu von der Mutter 


A ISRESER ‚G Ar. erhal- 


104 | > 


erhalten hatte, und man ihr einen verbefierten Nahrungs- 
ftand anweilt ? Ä REN, 


Die Nelke macht, anftatt ihrer natürlichen fünf Blu- | 


menblätter, aus den zehn Staubfäden und. dem Spamenbe- 
hältnifs, bisweilen ihrer fo viele, dafs man faft glauben 


follte, es‘ wäre jede Saamenanlage zu einen Blumenblatt | 


geworden. | 'Ein andermal macht die R ruchtanl age eine 


neue volle Blume für fich, die, wenn fie fich nic ht ganz 


entwickelt, yon ‚den Gärtner N ‚der wolf genennt wird, 


“Y 


| Wenn A volle Levkoy fock i in, einem fr ilın nahr- 
haften und gefunden Lande fteht, "und man lift i ihm we- 
vigftens nur einige Zw eige fortbl lühen,. fo wird man 


finden, dafs, wenn die erftere äuflere Menge von Blu- 


menblättern zu N welken anfingt, und diefe abfallen, aus 
dem mittleren Knoten eine eben fo volle Blume ent- 
feht, ja öfters deren mehrere wer den, die fich veräfen, 
und diefe Veränderung zum dritten und vierten, ‚auch 
wohl fünftenmal wiederholen. Als ich ehemals etliche 
Jahre Gelegenheit hatte, in einem Gärtehen meiner Woh- 
© dergleichen Stöcke nach meinem Gefallen wachfen 


‚9- 
zu laflen, hab’ ich die Vervielfältigung diefer Blätter oft 


ln 


mit Erftaunen ‚betrachtet, zumal, wenn ich die fo vi iel- | 


zählige Blütheny reräftungen aus ‚einer einzigen Blume 
entftehen fah. BURN 


In eben dein Gärtehen vergewiflerte. ich in von 


einigen, nur dem Vor gang ze nach, nicht unbekannten Um- 


ftänden an den Obftbäumen, die ich kürzlich anführen 


will, weil fie gewillermafsen zu meinem Beweis gehö- 


ren ‚und zugleic, h die Liebhaber diefer gemeinnützigern 


Gärt- 


N 


wert! 105 


U & 


| Gärtnerey- in, einem heilfamen (Verfahren verepwillein 


können, | 

hi "Man weils, dafs bisweilenein, Obftbaum, auch i in fei- ; 
nem tragbaren Alter frech fortw ächtt, immer iR 'ragholz 
anfezt, aber entw eder nicht einm: al Blumen macht, ) oder ii 


wenn er ‚diefes auch thut,, die beichwängerten Fr uchtan- 


lagen bald alle abwirft. Die Obftgärtner willen hier viel 
von, der zu ‚ftarken Pfahlwurzel, oder von dem Ueber- 
maas der andern’ W urze! In zu reden, die man dem Baume 


nchmen miil ie, um zu B! lüthen und Fr üchten zu gelan- 


gen. Ich will ZW ar dem Mittel die Wi ür kung nicht ganz 


bfprechen; aber diefe it denn nur zufällig, und nicht 
el ganz zuverl; illie,. Ä 

‚Die eigentliche" Urfache liegt in dem zu eng einge- 
fehränkten Schaft, und man kann mit weit wenigerer 
Mühe, auf;weit kürzer em We ‚ge und ficherere Weile zum 
Endzweck der T ragbarkeit durch das fogen annte Schr Öp- . 
fen gelangen, Hiervo on überführte mich ein in befag tem 
Gärtchen befindlicher, {chen ziemlich erwachfener jirn- 
baum ofienbar. Ä Sein anfehnlicher Schaft hatte fich oben 
in. zween gleiche Haupttheile g getheilt, der en jeder hoch 
in die Höhe gefahren, und voller Achte war, Ganzer 


| zwölf Jahre hindur ch, nach feiner Verpflanzung aus. der 


Raumfchule auf diefe Stelle, hatte er noch. nie eine ein- 
zige blu me hervorgebracht. Ich fc hröpfte im Frühjahr 
den a von der einen Seite, nebit dem- einen feiner 


" Haupttheile, „Im darauf. fol genden Frühjahr blühete die- 


' der. vortr eflich ‚und trug vollkommen reife fogenannte 


| Markgri äfchen. Dagegen aber hatte der andere unge- 
| ichröpfte Haupttheil ‚auch nicht eine einzige Blume. 


} Ges :Jeh 


106- | ne 


Tch machte daher an diefem fogleich eben die Operation: 
und das Jahr darauf war der Baum durchgängig voller 
Blumen, und gab eine fehr reichliche Ernte, 
Desgleichen war ein Fflaumenbaum jährlich wie 
mit Blumen überfchneiet, und doch konnte mir niemand, 


fagen, was er für eine Art feiner Frucht reife; denn-er _ 
warf nacn der Blüthe alles ab, was befruchtet worden, 
‘ 


und zur Größe eines Wickenkorns angefchwollen war. 
Sein Stamm war, wie des vorhergehenden Baumes, fehr 
glatt, mit einem feiten Oberhäutehen umgeben, und der 
Umfang deffelben in zu geringem V erhältnifs mit dem 
Aeften. Ich fchlofßs daraus, dals der Saft hier fchwer- 
lich fort käme, hernach aber, wenn er dicfe Schwierig- 


keit überftiegen habe, zu rafeh in die Höhe gejagt wer- 


de; vielleicht auch aus eben der Urfache nicht genug 


zubereitet und wäfsrig wäre. Ich machte daher den 


Gefäfsen des Stammes, ebenfalls durch das Schröpfen, 
Luft. Der feine, faft unfichtbare Schröpfltrich, den ich 
mit der fchief geiührten Spitze eines fehr fcharfen Mef- 
ferchens blos durch das Oberhäutchen "gemacht hatte,, 
erweiterte fich bis zum Herbit über einen Zoll Breit, 
Der Schaft hatte alfo um fo viel in dem Umfang zuge- 
nommen; undnun genois ich im folgenden Sammer \ von 
ihm die füfse grüne Pflaume. 


Wem die fo gar fichtliche Erweiterung eines Stam- 


nes binnen fehr wenig Monaten, nachdem gefchröpft 
worden ist, nicht unbekannt ift, der wird leichteinfehen, 
dafs hierdurch eine grofse Veränderung auf den Trieb 
der in diefem Theile durchgehenden Säfte müffe verur- 
facht werden. Die yoöllig en ‚Gefäfse bekommen . 
NR 


ni me Eu u 2 


} 


\ 


S 


a OR 


F reyheit, feh zu erweitern, und dem Nachfatz dr neuen | 
‚steht auch das 'Hindernifs des Gedränges nicht mehr i im 
Wege. Der Trieb geht freyer und gemäfsizter durch, 
und die Säfte erhalten fehon dadurch etwas mehr und 
beffere Bearbeitung. N 


| erwunder man an einem beliebigen Orter zur rech- | 
ten Zeit die Rinde eines Baumes nur flach, und verhin- 
‚dert nur einigermafsen den freyen Zugang nach oben 
hin; ke treiben die Spiralgefäfse feitwärts. aus, und ma- 
chen jungen-Trieb. Diefer Handgrif kömmt denjenigen, 
die Bäume künftlich an Spalieren. ziehen, fehr wohl zu 
ftatten. Er ift es, durch den man die Natur gleicham 
anweilt, oder vielmehr nöthigt, die fo regelmäfsig ge- 
ordneten Knoten an den Stöcken zu machen, die zum 
Verkauf herum getragen werden. Und um wie viel 


 fefter find diefe Knoten, als ihre Zwifchenräume ? was 


u wohl zu bemerken it. AR 


“ Wenn Infekten mit dem Legen! ihre Eyer in die 
zarten Theile der Gewächfe einlegen, ‚und dadurch eine, 
anfänglich. ganz unbemerkliche, kleine Verwirrung in 
ihren Gefäfsen angerichtet haben, welche fonderbare 


Auswüchfe kommen aus der Oberfläche zum Vorfcheig 
BIN 


+ 


' Aus diefen und dergleichen Beyfpielen erhellet, dafe 
'befonders in den Pflanzen von dem veränderten Gehalt, 
Lage und Richtung der feiten und veränderter Einwir« 
“kung der flüfigen Theile etwas ganz anderes heraus 


kommen kann, als was der Sal welandnung der Natur 
nach feyn Be RTERDE | 


“ \ | | Es 


108 \ ee, 


A 


/ 


Es ift nur zu hı dafs befonders die. Spiralge- 
filse die hauptzuführenden Kanäle der Gewächfe find, 
dafs alle an ihnen vorkommende fefte, ‚alfo auch die Ge- 
fchlechtstheile von ihnen entftehen. Dürfen wir uns da 
nun "wundern, wenn fie durch die Menge, vielleicht auch 
den Gehalt und Eigenfchaft der Nahrung, häufig iger an 
Örten entftehen, und i immer noch mehrere machen, wo 
es ihrer wenigere bedurfte? — Wenn fie fich aus den 
Bündehen und Reihen, worinne fie fich ‘ftets in betr icht- 
licher Anzalıl beyt: ammen befinden, los maghen, ausbrei- 
‚ten, und lauter breite Blumenblä ätter bilden, ‚oder fich 
dichter unter einander verflechten , und Knötchen hatt 
a r Blumen machen, wie es dieL aucharten, die ‚kleine 
Natterwurz, das knollige V iehgra 5 thun? Wird es nicht 
eben das feyn, wenn fie es an über- oder unterirrdifchen 
Haupttrieben thun? wie die Feuerlilie, die Tulpe, die 
vielgeftaltete Marchantie, der Erdapfel u. dgl. m. ' 

Sind bey fo bewandten Umftänden der Sptralgefifie | 
die W urzeln derPflanze blos Verlängerungen derfelben i in 
zarterer Geftalt, um den Nahrungsttof aus. dem Standort. 
einzufaugen, wieichi im vorhergehenden St. erwiefen habe, 
und fangen diefe Verlingerungen auch im Saamenkorne, 
wenn es aufgeht, eben daan, wo diefes mit der "Muttenpi flan- 
Ze ihren Spiralg efäßsen zufammenhängt; fo wird es eben 
das feyn, woferne der ungewöhnlich gebildete Körper 
aus den nämlichen Gefälsen zufammengefezt it, dafs fie 
fich am fchicklichen Ort erft nach der Nahrung da aus- 
firecken, wo der en Enden wegen des vorigen Zufam- 
menhanges blos liegen, und dann, wenn fie diefer mäch- 
ig“ 


ne De ' 109 


tig ie ‚auch über fich treiben, und Sense Blumen 
und deren Folgen machen. RN | 
Wenn der Landmann den Ertrag feiner fo vielfältig 


| ala Erdäpfel verbeflern. oder vermehren will: fo 
fchneidet er nach dem Verblühen die Stengel ab, und 


der Saft, der zur Verfertigung der Saamen und ihrer 


Behältnifle noch verwendet werden follte, vertheilt fich 
in die tnterirrdifche’Ranken; auch der Trieb der von 
neuem fich entwickelnden Gefäfse geht um defto ftärker 


‘dahin, es entitehen, nach Befehafienheit verfchiedener 


* Nebenumftände, an ihnen entweder mehrere dergleichen 


v 


efsbare Knollen, oder diefcehon vorhandenen, werden um 


defto gröfser, bekommen nun defto mehrere Augen. 


. Die'Erfahrung hat es gelehrt, dafs aueh die Augen 
mancher Bäume, wenn fie in ihrem gehörigen Zuftand 


und zur rechten Zeit in die Erde gebraeht werden, Wur- 
zeln fchlagen. Ja, fogar die Blätter. Und warum das 


nicht, da mar auf Blättern faamenfertigende Blumen 
findet, und ihre Netze aus Spirälgefäfsen beitehen. - Frey- 
lich thut es nicht jede Art; und die es thut, nicht zu, | 


‚jeder Zeit. Es gehört eine gewifle Befchaffenheit dazu 


und ein gewifler Gehalt, die nieht be ey jeder Pflanze und 
zu jeder Zeit angetroffen werden. Darf män doch auch 
nicht zu jeder Jahreszeit Reifer ftecken, abfenken, pfro- | 
pfen, kopuliren, ablactiren oder einäugelh, fo‘ wie diefe 
künftliche Vermehrungs - und Verbeflerungsarten nicht 
bey jeder Art ftatt finden. | 

Den ulpenzwiebel macht gewöhnlicher mafsen unter 
der Erde ihre fogenannte junge Brut. _ Ich habe aber 


| mehrmalen gefehen, dafs fe zu eben der Zeit, wenn fie 


‚ diefe 


» 


/ 


110 | ae... v0 
diefe machte, in einer auch wohl zwey Achfeln der un- 
tern Blätter Zwiebeln trieb, die der unterirrdifchen Drut ' 
gleich waren. Es gefchah diefes fürnämlich \alsdann, 
wenn die Blume ganz oben vom Stengel abgenommen 
wurde, die Pflanze aber etwas fchattig ftand, damit die 


Strahlen der Sonne diefem Stengel und feinen Blättern 
nicht zu viel Gewalt thun konnten, | 


Wie kam es aber, dafs fich diefe Brut chin hier, und 
nicht am gewöhnlichen Orte anfezte? Hat fich etwa 
das vorhergebildete äufferft kleine Auge diefer Pflanze 
in die Blattachfeln verirrt, und fich zu entwickeln Gele. ; 
genheit gefunden? — N in | 


Es it hier nicht der Ort, wo ich mich auf dies vot- 
gegebene P riexiftenz diefer Anfänge von Vervielfälti- 


gungen und auf den entgegengefezten wahren Grund, 


weitiäuftig einlaffen kann. Schon eine aufmerkfame Be- 


obachtung deffen, was bey den Körpern der Thiere vor- 


geht, katın uns einen Wink geben, dafs eben nicht alles 
organifche nun fo ganz exiftiren mufs, und wie es un- 
gefähr zugehen möchte. Wenn der oflene und einer 
guten Heilung fähige Schade unfers Körpers zu feiner 
Ergänzung den Anfang macht, fo entftehen i im Grunde 
deffelben, von der Vereinigung der fich erneuernden Ge- 
fälschen, kleine, den Warzen ähnliche Erhebungen, aus - 
welchen fich hernach, nach allen Seiten, neuer gefifsvol- 
ler Gehalt verbreitet. So fetzen die Gefifse, aus 'wel- 
chen eine verlorne Krebsfcheere erfetzt werden fol, 
ebenfalls erft eine ähnliche ‘weiche Erhebung an. bey 


den Pflanzen ift es das nämliche in jeder Erneuerung. 


Daß 


ee 1 


Dafs da, wo etwas hervor ichien foll, zuführen- 
de Gefäfse feyn müflen , verfteht fich von felbit. Sie 
‚müflen aber auch in ziemlicher Anzahl vorhanden, und 

. zu dem Vermögen gelangt feyn, dafs fie etwas abgeben, 
dafs fie den Widerftand bewältigen oder das zu verrich- 
tende Gefehäfte vollziehen können. Diefes Gefäfstyltem 
der Gewächfe ift aber nicht fo durchgängig getheilt oder 

| veräftet, wie bey den mehreften T'hieren, fundern fie 
laufen im Schaft und Aeften gewöhnlich gleich aus. So 
lange demnach keine Urfache da ift, welche entweder 
die {chon vorfeyenden, oder die hachkommenden von 
ihrem geraden Schub abzuweichen nöthigt: fo wird der 

Theil fchnell zu einer beträchtlichen Länge fortfchielsen, 

ohne irgend etwas triftiges zu machen, wie man an den 
 fogenannten Sommerlatten ‚oder dem Waflerlolz der 

_ Obftbiume fehen kann. 

Die Netze der Knoten, der Blätter von Bleden, der 
Hüllen von diefen und ihren verfertigten Früchten, be- 
ftehen zuförderf aus zuführenden Gefäfsen. Hier find 
die Abweichungen vom geraden Lauf derfelben fchon 
gemacht. Ihre Verbindungen unter einander verurfachen 
 fchon, vermöge der Winkel und mancherley Richtungen, 
für den Gang der Säfte einen Widerftand, zugleich aber. 
auch eine Vollfäftigkeit. Daher entftehen an den Kno- 
ten der Gräfer und grasartigen Pflanzen allemal 
und bey. vielen Arten auch neue Triebe. 

, Dafs in die Blätter ein ftarker Zug von Säften feyn 
müfle, erhellet aus ihrem’ Gefchäfte der Ausdünftung. 
Wie vielfältige Hinderniffe können fich aber hier nicht 
für diefe Entleerung ihrer Sl ereignen? Die Abwei- 

chung, 


’ 


’ un y% 


112. a En Se: 


chung von ihrem geräden Wege ift bereits da; der Zug 
nach diefen Aufsentheilen nicht minder; der Trieb der 
Säfte von ihrem Habe mateisiee hat feinen Fortgang; 
und nun dürfen fich nur Hinderniffe für den ferneren Be- 
trieb derfelben Türdeii, fo ift der Anfang zu einem Auge 
in der Achfel eines Blattes oder feines: Stieles gemacht. 
Daher wird man diefe Theile hauptlichlich hier entftehen 


„ 


fehen; / 
Steht nunvo ende die Pflanze ih eiriemi feht nahrhaf- 


ten und bequemen Ort für fie, hat fie viele und gefunde 
Gefäfse: fo wird fie eine Menge Säfte einnehmen, die 
fie nach ihrem Umfang, nach ihrer natürlichen Anlage 
nicht wohl beherbergen oder verthun kann. Die noch 
gefügige Gefäfse werden allo zu ungewöhillichen Ab- 
‚weichungen genötlügt werden: 

Nun fcheint mif es aber bey, Arsen Gefchöpfen 
gleichviel zu feyn, ob fi fich die Abweichungen in Blätter 
ergeben und Augen machen, woraus Schofien oder Blu- 
men werden, oder ob fie fich uüter eittiem het'vortreten- 
den Häütchen enthälten , dahin beärbeitete Säfte einle- 
gen, durch welche fie in dem Zuftand, fich wieder ver- 
längern zu können, d. i, imLeben, erhalten werden, und 
dermaleinft den erften Antrieb zu den SEN RN 
bekommen. / 

Wäre es nicht eben das: fo fähe ich nicht ein, wie 
von den Crefäfschen der männlichen Gefchlechtstheile, der 
Fruchtanlage der Nelken, desLevkoy’s, der Rofe ufaw. 
ftatt diefer Theile, fich eine folche Menge Blumenblätter, 
ja wieder eine rieue Blume bilden, wie die unfruchtba- 
ren ‚Knospen des vorerwähnten Birnbaumes lediglich 

| durch 


k 
% 


\ Si ——-— 113 
dureh, .das' rusken. zu Blüthen und nebietsgonien 


Knospen werden konnten, — Ich habe Tulpenitengel 
gefehen, die fogleich im F rühjahr einen Schofs in der 


8 Blattachfel mitbrachten, der noch eine Blume machte. 


Wird einem andern ftarken Stengel eben diefer Pflanze 
‘die Blume, wie ich vorhin fagte, ganz oben entnom- 
men: fowird er bey guter Ruhe und an fchattigtem Orte, 
von den auf die Frucht zu verwendenden ‚Säften, erft 
feine Blätter anfüllen , und fleifchigter auch grölser ma- 
chen. Der Zug bleibt nach oben zu, wo die Ausdün- 


\“ Kung“ noch immer vor feh geht, Im obern Theile des 


nackenden ‚Stengels kann nichts werden. Er trocknet 
gleichwohl zu fehr aus, und die Bündchen von Spiralge- 
.  fälsen laufen hier zur Blume zerftreut mitten inne und 
- gleich aus. "Bey dem Blatte find fie fchon auswärts ge- 
richtet. Das Blatt it übermäfsig voll von eingelegten 
 Säften;. feine Gefäfse fangen an fich zu verhärten 5; es 
theilt von diefem feinemVorrath den zurückführenden Gän- 
‚gen auch mit. Gleichwohl nehmen die Saugewerkzeuge 
. noch frifehe Nahrung ein, weil Brut gemacht werden 
i» doll; allein ihr Schub geht aus gedachten Urfachen ober- 
wärts, die Gefäfse brechen in den weichern Blattachfeln 


durch, und machen, weil Zeit und Umtftände die Blüthe 


nicht mehr erlauben, auftatt eines neuen ch und 
Blume, eine Zwiebel. | 
Ich könnte hier noch fehr viele dergleichen ua | 
anführen, als: dafs das reilsartige Glanzgras (Phalaris 
‚oryzoides) aus den Blattachfeln bald einen neuen Halm, 
bald blos eine kleine Rispe macht; der türkifche Weizen 
ebenfalls von da. zuweilen einen Stengel treibt, wo ge- 
ö ' H wöhn- 


f ; a ! 1 
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114, een il 


wöhnlich ein weiblicher Kolben zum Vorlchein kömmt; 
dafs der Wiefenfuchsfchwanz. ( Alopecurus pratenfis), 
‘went er fich auf einen FerenGdtrcidescken verirrt hatte, 
"aus den Knoten auch Blumen und Fruchtköulben machte 
u.f. w. wenn ich nicht zu weitläuftig zu Ye 5 be- 
forgte. | 
Man kann indeflen aus dem, was ieh bisher zer 
habe, leicht begreifen, wie es mit den Zwiebelchen auf 
dem Blumenftand derLauche, und andern mehr, zugehen 
müffe. Beylänfig bitte ich hier meine Lefer, auf das, 
was ich vom Begrif det Wurzel fagte, zurück zu fehen. 
Wenn diefe Zwiebelchen wirklich das find, was diefer 
Name andeutet, und die Zwiebeln follten noch unter den 
Wurzelarten ftehen bleiben, welche Folge! — 
Bisweilen tragen fich mit den Gefch! echtstheilen und 
ihren Hüllen noch andere befondere widernätürliche Be- 
gebenheiten zu. Die innern T heile werden nämlich zu 


lauter, oft fehr verftellten äuffern Gefchlechts hüillen; : 
alfo gerade der umgekehrte Fall von den vollen Blumen. 


Wo ich von dem wahren Urfprunge der männlichen Be- 


gattungswerkzeuge der Gewächfe handelte, habe ich 


S. 48. bereits der Nelke und des Nachtfchattens gedacht, 
deren Blumen zu lauter aulfern Hüllen, oder wie man zu 
reden pflegte, Kelchblättern worden waren. So fünd ich 
einft auf einer fetten Anwand .das gefiederte Kamm- 
oras (Cynofurus crifßatus), in delien Deckfäferchen fich 
die meilten Gefälse der Blumen begeben, und fie zu einer 
‚Menge beträchtlicher Blättchen gemacht hatten. So 
brachte Herr Profeflor Leske von feiner Reite in die Lau- 
Be den luncus erticularus mit, dellen Blumen auf dem 

dünnen 


ion 115 
dünnen Stiel zu- lauter breitern und fchmälern Blättern 
 fich umgebildet hatten. Diefe Beyfpiele beünden fich in 
meiner Sammlung getrockneter Pllanzen auf bewahrt, 


PR Ob ich nun gleich nicht zweille,, dafs bar fö bewrankl 
. ten Umffänden eben diefe Theile, wenn fie, mit ihrem 
Träger noch/verbunden, auf die Erde zu liegen kämen, 
Wurzeln fchlagen würden: fo gehüren fie doch nicht 
hierher, fondern zu u: Gefchichte von den vollen 
Blumen. | 
Immittelft wird diefs alles nicht eher klar und voll- 
| kommen deutlich ‚werden, als bis wir mit dem Grund- 
vermögen der Gewächfe bekannt werden, das ihr Urhe- 
ber nach feiner unerfchöpflichen Weisheit und Güte in 
fie gelegt hat, 


Ä | Ha | vn 


io. genen 


MIR 


en Ei | 
den Ausdünftungswegen 
\ der | “ 


Gew pe 


> 


Das die Gewächfe wie die Thiere ausdinften, wird 
niemand, der nur mit der 'gemeinften Aufmerkfamkeit 
auf fie Achtung giebt, in Zweifel ziehen. Es ift fattfam 
erwiefen, dafs diefes fürnämlich durch die fogenannten 
Blätter, und ich fage ihnen ähnliche Theile, gefchieht. 
Genauere Nachforfehungen und angefteilte Verfuche ha- 
ben bezeugt, dafs die untere Seite oder Fläche derfelben 
diefes mehr als die obere thue. “ Und gleich wie die Thie- 
re durch die Oefinungen, wodurch fie diefe Feuchtig- 
keiten aus dem Körper fortfchicken, auch wieder wel- 
che, nach den Verfuchen eines Hales, einnehmen : fo 
hat eben derfelbe und Du Hamel und: insbefondere C. 
Bonnet in feinem, lediglich über den Nutzen der Blätter 
gefchr iebenen Werke, durch vielfältige Verfuche erwie- 
fen, ‚dafs fie diefes ebenfalls thun. Daher dann der lez- 
tere in der gemein gewordenen Meynung, dafs das Wat. 
fer die versuolchite Nahrung der Pflanzen fey, behau- 
ptet, fie nähren fich auf die Weife vermitteift der Blätter 
eben fowohl, als der Wurzeln, N 

| Ä Ich 


Ich laffe es hier dahin 'geftellt feyn, ob alle diefe 
_ fürtrefliche Männer bey den hierüber angeftellten Verfa« 
chen und daraus gezogenen Folgerungen forgfältig ge- 
nüg gewefen find: underinnerenur, meinem gegenwär- 
tigen Endzwecke a die von der Aus- 
dünftung diefer Gefchöpfe fchrieben, zwar der darzw 
\ gehörigen Oelfnungen Nleifsig gedacht, aber nie fo be- 
fehrieben haben, dafs man glauben könnte, fie hätten fie 
auch gefehen. Ich will alfo durchdie genauere Befchrei- 
bung derer, die ich fah, den Pflanzenphyfiologen nur 
zu einem weitern Nachdenken über diefes Gefchäfte der 
zum "Gewächsreich gehörigen lebendigen Körper, Ge- 
legenheit geben. in } 

IE N a. 

"Jedoch bin ich nicht derjenige, der fie in ihrer Ge- 
falt zuerit fah: fondern diefer V/ orzug gehört dem Hrn. 
\V. Gleichen. Diefer entdeckte nämlich, indem er fich 

nach den männlichen Befruchtungswerkzeugen , zuerft 

bey dem gemeinen Eingelfüfsfarren (Polypodium val- 
gare) und dann der Mauerraute ( Afplenium Ruta Muraria) 
'umfah, ‚unter dem Oberhäutehen der Blätter ihrer Zwei- 
ge, fie mochten mit Früchten verfehen feyn oder nicht, 
ovale, mit einem wie körnigten Stoffe verfehene Kör- 
per, in deren Mitte eine {chliesbare Oeffnung war, und. 
zu welchen Gefäfse gingen. An diefen glaubte erdem- 
nach die bisher verborgen gebliebene eigentliche männ- 
' liche Befruchtungswerkzeuge der Varrenkräuter ent- 
deckt zu haben, -und hat, nebft ihrer fchönen Abbil- 
dung, ihre Befchreibung, und wie fie demnach die Be- 
| nen Dur Ne dtucn- 


118 4 


fruchtung der weiblichen bewirken, : weitlauftig in fei- 
nem Neueften aus dem Pflanzenreiche gegeben. *) - 
‚Anfehen, Gehalt, Einrichtung und Stellung fprechen 
zu fehr für die Meynung ihres Erlinders, als dafs ich ihr- 
nicht felbft gleich bey dem erften Anblick hi ätte.beyfäl lieg 
Teyn follen. bevor mir die Dreisaufgabe von der kaiferl, 
Akademie der W iffenfchaften zu St. Petersburg über die 
Befruchtungstheile der im verborgenen zeugenden, oder 
cryptogamifchen Gewächfe des Linne bekannt wurde, 
hatte ich mich hauptfächlich mit den Laub -und Leber- 
moofen in diefer Beziehung befchäftigt, und auf ‚die 
übrige Gattungen diefer Clafle nur flüchtige Blicke ge- 
than. Sobald ich mich aber zur Bearbeitung derfelben 
entfchlofs, betrachtete ich die Farrenkräuter und die ih- 
nen vom Hrn. v, Gleichen zugefchriebene männliche - 
Werkzeuge mit forfchenden Augen, Ich fahe eben das 
an dem unter Waller gefezten Häutchen, was er gefe- 
hen hatte; allein ich entdeckte aufser diefen und den 
länglichen Häutchen, womit ihre Zweige mehrentheils 
reichlich verfehen find, auch noch andere. Theilchen, 
die bey den mehreften diefer Pflanzen nur zu der Zeit 
vorhanden waren, wenn fie in ihrer Entwickelung, und 
die Fruchtanlagen unter dem Deckhäutchen äufserft klein 
fianden, Diefe zogen demnach meine befondere Auf- 
merkfamkeit an fi ch, und machten mir jene männliche 


Werkzeuge verdächtig ; hauptfichlich darum, weil fie 
durch- 


*) Das Neuefte aus dem Reiche der Pflanzen &c. von Wilhelm 
Friedrich Freyherrn v. Gleichen, Ar Ann RulSWOrm 1764 
9: 24. U. 30. 


| 
! Ä 
ee | 21a 


I, 


durchgängig ftets, auch auf den nun faft, vera‘ teten und 
mit reifen. Früchten verfehenen Blättern in ein und eben, 
dem frifchen Zuftand vorhanden waren; zu einer Zeit, 
wo man überdies keinen zu befruchtenden Nachtrieb zw 
hoffen hatte. Denn diefer Umftand ift gerade wider 
. die allgemeine Regel der männlichen Gefchl lechtstheile 
der Gewächfe, kraft weleher fie nach vollzogener Ver- 
richtung fich, wie an den AN hieren van ihrer Geftatt! ver- 
| wandeln, exfchlaffen e über dem aber verwelken, am öf- 
| Kenen auch dann.lange vor der Reife der Frucht abfaln 
len, und nie wieder eine Befruchtung machen. | 
su Line Analogie, die kein phyfiologifcher Botaniker. 
noch bedacht hat, aus deren Ueberficht fie in fo manche, 
und beträchtliche Irrthümer verfallen find, und worinne 
das gewiflere, meinem Dünken nach, unwiderfprechli- 
che äufsere Untericheidungsmal zwifchen Pflanze und. 
E hier liegt; wie aus, der. nächften Abhandlung erhellen, 
Toll, wo ich auch den Begriff der Naturreiche hegrenz- 
ter aus einander zu fetzen mir vorgenommen habe. \ 
Ich verfiel demnach auf. den Gedanken, auch von 
den Blättern anderer Pflanzen das. Oberhäutchen abzu-. 
ziehen, und auf die nämliche Weife zu betrachten, und 
and allenthalben die nämlichen Werkzeuge, die Hr, Ya 
Gleichen bey den Farrenkräutern entdeckt und für. ihre. | 
männliche Theile angefehen hatte, an allen Blättern; fo- 
gar den Saamenlappen. und solchen Theilen, welche die : 
Botaniker für Stamm. oder Stiel halten. Zueiniger Ver- 
deutlichung meiner Antheren bey den Farrenkräutern, 
‚habe ich die erfte bloise Anzeige hiervon nebit verfchie= 
denen Zeichnungen in meiner. ‚Preisfchrift eingerückt, 
ı. d A Hier 


d 


120 | re A 


| Hier aber willich das, was ich bisher noch hiervon ge 


funden habe, weitläuftiger ausführen, 


' Da fich indeflen nicht von! allen Blättern das Ober- 


häutchen mit gleicher Leichtigkeit ablöfen läfst, von man- 


chen auch gar nicht; da ferner die darinne befindlichen 


Dinge nicht unter jedem Zuftand aus mancherley 
Urfachen fichtbar find: fo wird es, wie mich dünkt, 
nötlig feyn, dafs ich erft die Behandlungs - und Beobach- 


tungsmethode angebe, welcheich als die vortheilhaftefte 
gefunden habe, 


S 


Hr. v. Gleichen fagt, dafs er es bey dem gemei- 


nen Engelfüßsfarren leicht mit einer Nadel aufgehoben, 


bey der Mauerraute äber auf diefe Weife nur zunächft den 


Saamendecken füglich habe bewerkftelligen können. 


Die Urfache lag darinne, dafs die nun RE WOLENG Blät- 
ter von jenem, (denn er unterfuchte es im He rbit) das 


untere Häutchen los zu laflen. anfangen, ‚daher man 
es an diefem, wieim Frühjahr anden Blätterndes Buchs- 


baums, ganz frey findet; "was hingegen die Mae 


gar nicht thut. 


> 


Wo die Trennung des Oberhäutchens allein nur. 


möglich ift, habe ich es folgendermafsen am ficherften 
bewerkftelligenkönnen. Ich fchiebe ein fehr dünnes und 


äufserft fpitzig ges Meflerchen mit gegen mich-gekehrter | 
Schneide’in fchiefer Richtung blos unter das Häutchen 


und durchfchneide es, nachdem ich einige Linien we- 


nigftens fo gefäft habe. Nachher packe ich diefen 
Durchfehnitt mit einem Zängelchen und ziehe gelinde 


aufwär ts, Wo hingegen diefer Theil {fo unabziehbar it, 
/ oder 


BZ 


ee N ra 
oder zu viel von dem innern Gehalt mit fich nimmt, da 
mufs man die Fäulnifs zu Hülfe nehmen. . 


= 


Manche Oberhäutchen find indellen fo zart und din- 
ne, dafs fie abgezogen wie in ein Häufchen Schleim ZU- 
fammenfallen ; andere haben dagegen eine Federkraft, 
“und-rollen fich fogleich in eihander: über das alles aber 
verlieft das losgez ‚ogene feinen: itiirliche Spannung „es. 


runzelt ‚fich, und durch diefe Vertiefungen und Erhe-. 


LrN 


bungen, zugleich aber auch durch die d ran behangende 
Feuchtigkeit, ‚wird dasjenige, was man in diefer Abficht 
an den Häutchen bemerken will, unter einer, wegen 
der erftaunenden Kleinheit der Theile u numgänglich nö- 
thigen Vergröfserung, unfehbeinbar, ja gar unfiehtbar. 
Ich ‚bringe daher mit dem Heft des Mefferchens einen 
oder zween Tropfen reines Waller auf einen Glasfchie- 
ber, und lege darein das zu | betrachtende Häutchen, wo 
Sich dann alles, wenn es nur völlig‘ unter Waller ge- 


| bracht iR, deutlich i im natürlichen Zuftande zeigt. 


x 


Auf die Weife wird man nun darinne Gänge oder 
Gefälse gewahr, die Sch mit Ringen oder Vierecken 
verbinden, in deren Mitte eine Oeiinung ‚oder ein dun- 
‚kelerer Strich ift. \ 


‚Dergleichen Gänge oder Gefüfse findet man auf je= 


‚dem Häutchen. Ich will fie Waflergefäfse deffelben nen- 


nen (vafa Iymphatica eutieulae.) Aldo hat das obere der 


‚Blätter fowohl, als das untere welche. Alleine fie feh- 


len auch den Häutchen anderer Theile nicht; was ich 


. aber hier gleichfam nur im Vorbeygehen berühre „ weil 


es zu meinem gegenwärtigen Zwecke nicht gehört. 


| | 
a Das. Ihre 


2a 0 ge 


FE 


Ihre Richtung geht von der, die die Gefäfse des. 


Metz es in den Blättern haben, mehr entheils betrichtlich 
ab: jedoch haben fie auch hierinne,, ie nach den Arten 
"der Pflanzen, eine mannigfaltige Ver [chiedenheit. Bey 
andern laufen fie grade aufwärts und haben hin und her. 


durch Quergänge eine Verbindung unter einander. Die- 
fes ift fürnämlich den Gräfern gewöhnlich ‚undden Zwie-. 
beigewächfen F. 5. Bey dem türkifehen Weitzen (Zea. 
Mays) ift die grade auflteigende Richtung jedoch gelinde 


gefchlängelt, die Ouerverbindungen hingegen nicht F. 6. 
In den fetten Ausländern, de a0) Arten der Aloe u. d. gl. 
find fie in Fünf- oder en unter einander ver bun- 
den. Inden mehreften aber hält ihr, bald in öftern und 


> 


u bald weitichweiligern KrümmungenF, I. 2.3. 


7 


angei iegter Gang, keine genaue Ordnung, 

Die Oberhäutchen der Blätter hängen jedoch bey 
fehr vielen Pilanzen fo fefte mit dem inuern Gehalt ZU- 
{ammen, dafs fie im frifchen Zuftand entw eder gar nicht 
abziehbar find; oder fie nehmen, indem man fie abzieht, 
zu viel von denı Gehalt mit, ‚als dafs man die ihnen un- 
mittelbar zugehörige Gänge erkennen könnte, lenes 
ift hauptfächlich den Blättern. der Bäume, diefes den fet- 
ten Blättern gewöhnlich, In diefem Falle mufs man zur 
Fäulnifs feine Zuflucht nehmen, die den weichern zel- 
‚ligtfaftigen Gehalt der Blätter völlig zerftöhrt. 

Diefe Gänge bleiben nicht nur, wenn man das Häut- 
chen gemächlich abnimmt, übrig; fondern man kann es 
Sogar in der Fäulnifs bis zum zerreiffen mit dem. Pinfel 
behandeln, ohne dafs fie abgehen. Ich habe unter mei- 
nen Skeleten von Blättern;  Häufchen von beiden Flä- 

chen, 


) 


_ : 


% 


gen gleich kleinen Kügelchen erfcheint F, 1. 4. 


N 


ee) / 123 


N : u 7. . : 
‚ehen, die ich mit dem Stampfen und Reiben des Pinfels,, 


was brav ift, hudelte, um fie ganz reine'zu bringen; 


ns 4 u... ) .. y \ : 4 v 
und ihre Gänge find überall ganz unverlezt geblieben, 
zum deutlichen Erweis, dafs fie aus einem feften Stoff 
‘zufammen gefezt und mit dem  Häutchen felbit genau 


verbunden find. 
Es gefchicht jedoch öfters ,,- wenn diefe Oberhäut- 


‚chen von den frifchen hlättern abg ezogen werden, dafs 


befonders an den Seiten ihrer'Gänge, vielmal aber auch 


‘in den Zwifchenräumen, etwas von ihrem Gehalt behan- 


gen bleibt, weicher unter den Vergröflerungswerkzeu- 


Diefe Waflergefäfse find nicht nur an den von der. 


Pflanze über die Oberfläche ihres fogenannten Stammes 
oder Schaftes oder Aftes getriebenen Ausbreitungen, die 
man ‚Blätter, nennt, anzutreffen, fondern auch an den 


ı Saamenlappen F, r. 2. der Blumenhüllen F, 6. fie mögen - 
äufsere oder innere, oder nach dem bisherigen Belieben. 


der Botaniker zu reden, Kelch oder Krone feyn, 

Ich komme nun auf die andern Werkzeuge, welche 
a Ausdünftungsleitern zugegeben find. Nämlich 
die Ausdünftungsöffnungen, zu selchen ne fich er» 
gielsen. 

Diefe Oeffnungen felbft hahe ich allemal länglicht 
gefunden: : wenn fie aber gefchloflen find, haben fie auch 
bis weilen eine ander Form. Sie befinden jich indefien 
ftets binnen einen Umkreis von verfchiedener Geftalt, 


der wenigftens durch eine fehr zarte Linie bemerkt ilt, 
DieferUmkreis ifthald rund, wie z.B. beydemNelkenblattz 


bald eyförmig, ‚wie aus F, 1. 2. 3- 4. erhelletz bald ein, 
NR N | | | vch- 


27: 


i} 


fchobenes Viereck, wie am türkifohen Korn; bald ein 
ordentliches Viereck, wie der hunt blätterigen Aloe und 
ihren Mitgenoflen, dem Cattus euraffavicus u. del. m. 


Die Hauptrichtung diefer Kreife, alfo auch ihrer 


länglichten Oefnung ıft gewöhnlich von unten nach oben 


zu..Da aber, wo die Waflerleiter keine genaue Ord- 


D . . ° £ . - KuR® 
nung, wie ich vorhin angezeigt habe, in ihrem Laufe 


halten, da kommen auch hierinne Abweichung gen vor, 


„wie man aus den gegebenen drey eriten Figuren erfehen' 


kann. Denn bald gehen in ein und eben dem, durch das 
Mikrofkop betrachteten Umfange, einige etwas mehroder 
weniger zur Rechten oder zur Linken von der Richtung 
ab. Man findet aber atıch welche, die bis zur horizon- 
talen abggewiehen find. 

Alsich nun eben von den Wafferleitern redete, fagte 
ich: Dals man bey dem Abzug des Oberhäutchens von 
frifchen Blättern, bald an den Seiten der Gänge oder 
ihren Zwifchenräumen,, von dem in dem Zellengewebe 
eingelegten Nahrungsftof der Blätter etwas mitbekom- 
ine, das fich unter dem Mikrofkop als Körner oder Kü- 
geichen darftellt. Mit dergleichen nun findet man oft 


diefe Kreife mehr oder minder belegt. Man wird aber 


alsdenn allemal finden, dafs fie nicht ganz an der äuffer- 
ften Linie des Kreifes anliegen ‚ fondern von ihr, durch 
einen, den angefezten Gefäfsen gleichen, lichtern Streif 
getrennt find, dellen innere Seite fie am dichteften be- 
fetzen. : Und da ihrer über den.beyden äufferften Enden 
der Oefnung oft fehr wenige, auch gar keine anzutreffen 
find, der Kreis’aber hier am öfterften von der Rundung, 
wie in kleinen Abfätzen, abweicht, welches alles aus 

| "Runar 


un \ N 138 


F. 3. und 4. deutlich abzunehmen iR fo beftitigt das 
| meine Vermuthung ‚ die ich bald anführen werde, um 
.deito mehr. Bey vielen ift indeflen von diefen Körnchen 
| sar nichts in den Kreifen zu fehen, wie E. 1.2. 5. 6. 
Sie gehören auch nicht dazu; indem fie fich nicht in ih- 
ren innerften, wie es Herrn von Gleichen gefchienen, 
fondern auf der inwendigen Fläche nur angelegt belinde 
Die Zahl der Waflergefäfse oder A 
welche in diefe Kreife eingelaflen werden, ift verfchie- 
den. Gewöhnlichermafsen find deren viere, wie in den 
‚Abbildungen zu fehen ift, oder nur zweye, wie im Nek- 
kenblatt. ‘Wo indeflen die Bahn jener abweichend und 


veränderlich ift, da kommen auch in- holen Stück Ab- 


weichungen vor, dafs bisweilen, wo gewöhnlich ihrer 
viere find, nur dreye oder zweye, ja gar nur eins, wie- 
wohl fehr felten, eingelaflen ift. | BR 

Diefer Einlafs gefchieht bey den mehreften‘ a den 
‚Seiten, oder wo der Leiter nur zween gewöhnlich find, 
z.B. in der Nelke, mitten von ‚beiden Seiten. Ich habe 
jedoch auch Arten angetroflen, wo lie oben und unten 
mit dem ovalen Kreis in Verbindung itanden.. 

Dey manchen Pflanzen find diefe Kreife, im Verhält- 
nis gegen. andere, fehr beträchtlich, z. B. dem gemei- 


nen und männlichen Eng elfülszarr en, der Feuerlilie 


u. dgl. Betrachtet man durch eine nur mittelmät Sige 
Vergröfserung befonders die untere Fläche der Blätter: 
fo erfcheinen diefe Werkzeuge wie erhabene Punkte, 
oder. wie glänzende Perlchen., Et der Abzug folcher 
Häutchen gut gelungen: fo verrathen die Seitenfchatten, 
welche man bey aufmerkfamer Betrachtung durch fiarke 


Ver- 


» r 


126 De 


Vergröfserungen inne wird, eineErhebung des mittleren 
Theiles. Dann hat auch der Rand der länglichen Oef- 
hung eine anlehnliche ımikrofkopifche Breite. Aus die- 
fen Umftänden zufammen genommen muthmafse ich mit. 
Gr und, dafs die beiden Lagen des Oberhäutchens in dem 
Kreife nicht feft auf einander, wie in den Zwifchenräu- 
men der Leiter, liegen, fondern gleicht: ım einen Behäl- 
ter für die Ausdünftungsfeuchtigkeit machen, der ange- 
füllt erhaben ift. 

‚Und dafs überhaupt zwey Lagen in dem zarten 
Ueberzuge der Blätter vorhanden find, läfst fich nicht 
nur aus der Gegenwart feiner Gefäfse, fondern auch dar- 
aus abnehmen, dafs ich diefe fogar nach vorhergegange- 
ner Fäulnils nie mit dem Hin- und Herreiben des Pinfels 
auch nur in die mindefte Unero an habe ‚bringen 


\, 


können. | | 
Ich habe fchon vorhin etwas von der länglichten 
Geftalt der in der Mitte diefes Behälters befindlichen Aus- 
dünitungsöfnungen‘sefagt, hier will ich aber ausführli- 
cher anzeigen, was mich meine Beobachtungen von die- 
{em Theil lehrten. Herr von Gleichen hatte ihr Aufthun 
und Schliefsen auch bereits an den Farrenkräutern be- 
merkt. Wer einen kleinen Theil von diefem Oberhäut- 
chen, nachdem er ihn auf dem Glasfchieber in den Tro- 
pfen Waller untergebracht hat, genau betrachtet, wird 
finden, dafs die vom zurückwerfenden Spiegel des zu- 
fammengefezten Mikrofkops eingebrachte Lichtitrahlen 
diefen Punkt eben fo hell erleuchten, als das aufser den 
Grenzen des Häutchens befindliche Waller. Und da man 
diefes über feine ganze Fläche nirgend fo findet: fo ift 

| diefes 


* 


“ 


ei 


en 1 Ah) 
[4 

diefes ein offenbarer Beweis für die Vollkommenheit 
diefer Oefnung.  Gefchlofien in acht fie allemal einen , 
dunkleren, mehr oder minder breiten Strich; offen aber 
laufen die beyden entgegengefezten Enden in einen fpiz- 
zigen Winkel zufammen, .daher fie mehr ‚einer Spalte 
gleicht, deren Seiten bey dem Eröfnen einen Bogeh 


machen. 


‚In den gegebenen fünf erften Abbildungen fieht man, 
dafs die fpitzigen Winkel der Oefnungen den Rand ihrer 


‚Kreife nicht erreichen. Diefes habe ich bey den mehre- 
fieh "Arten gefunden. In: der fechften aber vom türki- 


fchen Weizen ift fie dem obern und untern Winkel des 
viereckigen Behältnifies ganz nahe, Die Grasarten haben 
es fürnämlich, dafs die Enden diefer Spalten bis an den 
Rand des Kreifes reichen, daher auch, zumal in Bezie- 
hung der Behälter, viel länger find, als in andern Ge- 
wächien. Vermuthlich aus der Urfache beobachten die- 
fe, fo viel ich bemerkt habe, im Schliefsen oder Oeinen 
zwey Verfchiedenheiten. Sie ziehen fjch entweder in 


‚der Mitte zufammen, und find an beiden Enden noch 


offen, wie aus F: 6, vom türkifchen Weizen erhell 
oder die beiden Enden find zulammengezogen, A 
in. der Mitte, ohngefähr der vierte Theil derSpalte, noch 
beträchtlich erweitert war i wie ich an denen vom Hafer- 
blatte sefehen habe. 

Ich fagte vorhin, dafs man die W afferleiter auf bei- 
den’ Seiten der Blätter und ihnen gleichen Theilen der 
Pflanzen ‚antreffe : mit diefen Bisher. befchriebenen Oef- 


nungen und Kreifen aber hat es eine ganz andere Be» 


wandnifs. Man {indet fie zwar Bey vielen ein- und 
| zwey- 


: Eee, IN ee) 
12% = 


zweyjährigen Gewächfen auf beyden Flächen, jedoch 
nicht durchgäneig. Bey den mehreften über der Erde 
perennirenden fücht man lie vergeblich auf der Oberflä- 


che, "und auf der den Gefchlechtstheilen zugekehrten. 


Fläche ihrer Hüllen von der Feuerlilie konnte ich auch 


keine finden. Hingegen auf der Unterfläche aller der 
Theile fehlten fie nie. Und alle blattlofe faftvolle Ge- 
wächfe der wärmern Himmelshttiche {ind über ihr Gan- | 


z.es, das. der freyen Luft ausgefezt ift, init diefen Werk- 
zeugen wie befäet. 


Ihre Menge St ale Blatt kan man ieh leicht: 


ausrechnen, wenn ich füge, dafs jene der, gegebenen 
‚Zeichnungen 4, Quadrattlieilchen von der angegebenen 


ee ift. Da nun z. B. in der Feuerlilie diefes 


24 Quadrattheilchen 13 und # folche Oefnungen hatte; 
fo find in einer Quadratlinie deren ohngefähr 577 gewe- 
fen. Hieraus läfst fich nun auf die erftaunende Anzahl 
derfelben von allen Blättern einer Pflanze zuammen ge- 
| nommen, zumal wenn ihre beyden Flächen damit verle- 
hen find, der Schlufs machen. & 


‘ Dafs übrigens ihre Anzahl und Gröfse je nach den 
verichiedenen Arten und verfchiedenen Theilen ein und 
eben der Pflanze, auch verfchieden feyn müfle, läfst fich 
ohne weitläuftigere Erörterung, bereits aus den gege- 
benen Zeichnungen abnehmen. Denn wer fieht. nicht, 
dafs die Kreife in den Saamenlappen der Der illa ocyimoides 
F. ı, häufiger und gröfser als in den vom Levkoy find, 
Die Gefchlechtshülle der Feuerlilie F. 4. hat ihrer weni- 
gere, als die Blätter ihrer Stengel F. 3. wL. £ 


Auch 


KR, | AU 
en | h 29 
eh nur dem nach, was ich bis hicher von den in 
‚dem Oberhäutchen der Blätter, der blattlofen Pflanzen, 
der Gefchlechtshüllen befindlichen Waflerleitern und Oef- 
nungen der Behälter gefagt habe, zweifle ich, dafs je- 
mand in Abr ede feyn wird, dafs eben hierdurch die Ge- 
- wächfe ihre Ausdünftung vollführen, Vielleicht laffen 
fich nun daraus ‚ dafs diefe Oefnungen | in der untern Flä- 
che der Blätter allemal in Menge, und bey fehr vielen 
Pflanzen in diefer allein befindlich find, die Gründe leich- 
ver einfehen, warum fich die Blätter, auch wenn fie ver- 


wendet werden, dennoch ftets wieder die obere Fläche 
aufwärts kehren. Wa rum die von Herrn Bonnet mit Oel 
und dergleichen Flüfügkeite n beftrichene Blätter bald 
fchwarz wurden? Woher das natürliche oder mit der 
Braufe der Giefskanne nachgemachte Regenbaad den 
Pflanzen fo wohl bekommt? denn an der Möglichkeit 
der Verftopfung diefer Oefnungen durch allerhand in der 
Luft herumirrenden feinen Theilchen, vielleicht auch 
| einigem Nachlafs der ausdünftenden Feuchtiekeit felbft 
ift nicht zu Zweifeln. Man wird auch oit nur in einem 
‚mikrofkopifchen Sehbezirk’ verfchiedene, mit einer dun- 
keln Maffe angefüllte Oefnungen inne, Die freye Aus- 
_ dünftung gehört zur Gefundheit der mehreften Gewächfe 
eben fowohl als der Tiere. 
| Dafs durch die befchriebenen Wege auch aa 
| keiten in die Theile der Gewächfe gebracht werden kön- 
nen, ift kaum zu ‚leugne en: aber viel Nahrung geben ih- 
Ad nen diefe doch wohl nicht, ja wohl gar keine. Wir find 
überhaupt i in diefem Theil der Gewächswiflenfchaft noch 
gar zu geringv erftändig und zu irrthumsvoll, Möchten 


I | } fih 


et 


ag a | 
fich doch einmal diejenigen von den Lehrern der Ge- 
wächskenntnifs, welche mit allem genüglich 'verfehen 
worden, was zur Erforfehung ‚diefer Gefchöpfe und 
ihrer Unterfuchung gehört, möchten fich doch diefe von 
der übermäfsigen Benennungs - und Beftimmungsfücht, 
zur Begierde der phyfifchen Kenntnifs der Gewächfe ver- 
wenden! Dann würden fie ihre Theile eigentlicher ken- 
nen. Hierdurch würde das entfetzliche Schwankende, 
oft ganz Unrichtige ihrer Begriffe von deufelben wegfal- 
len. Sie würden befier wi: fien, worauf fe eirentlich zu 
fehen hätten, wie fie das Ganz& und feine Theile mit 
richtigern, alfo auch unwandelbarerern Benennungen be- 
legen follten, und vielePlagen würden aus der fogenann- 
ten reinen Botanik wegfallen. Ei 
Man hat nie {o viel von Forftwiffenfchaft als in un- 
fern Zeiten geredet; und gleichwohl find wir noch fo 
; entferot von dem innern Bau, von den unwandelbaren 
"ewigen Gefetzen, nach welchen diefe Gegenftände ihre 
Verrichtungen vollziehen. Ob fie alfo jetzt noch wahre 
Wiflenfchaft ift, läffe ich dahin geftellt feyn. Wollten 
diejenigen, welche fich mit.der Gewächskenntnifs und 
Erziehung auch auswärtiger Bürger diefes Reiches be- 
fchäftigen, die Gütigkeit haben, fich unter der Menge 
yon diefen, nach den von mir jetzt zuerft als Ausdün- 
ftungswerkzeuge angegebenen und dargeftellten Dingen _ 
mit phylfikalifchen Augen umzufehen: fo liefse fich viel- 
leicht. aus ihrem mannigfaltigen Bau und Einrichtung 
manches Ereignifs in der Oekonomie und Behandlung 
„der I Pflanzen genauer, richtiger und beftimmter erken- 
nen, als bisher gefchah. } 


‚Ver- 


4 


ee, ‚0 198 
Verzeiehnifs der Figuren von -T. v. 


Fig. x Das Maas der angewandten ee 
| vermittelft welcher jede Linie defielben 62mal im 


er Durchmeiler vergröfsert wird. 


i Fig. 1. 4, Theilchen der Linie von dem Oberhäutchen 


der untern Fläche eines Saamenlappens der Berilla 
Bean 


Fig. 2. Dersleicheh vom Saamenlappen des Winterlev- 


koy (Cheirantlus incanuis). fi 


Fi ig. 2. Dergleichen vom Blatte der Feuerlilie ( Liium Ä 
bulbiferum), 


Fig. 4. Dergleichen von der Gefchlechtshülle (Krone) 
der Blume diefes Gewächfes.. 


Fig, &, Der gleichen von der gemeinen Zwiebel (Alttum 
Cepa). 

5 ig. 6. Drelnen von dem Blatte es türkifchen 
"Weizen (Zea Mays). 


ee 


130 re 


u Me 
| Verfuch | 
zur Befimmuns 
| eines zuverläffigern | 


Unterfcheidung smerkmals 


) ' 
j .zwifchen : EN 


Thier und Pflanze 
_— eg " 


\ 


Es wär eine unnöthige W eitläuftigkeit t, wein ich erft 
dartlıun wollte, was die zu diefer Welt gehörige watür lie 
ehe Körper. find. Jedermann weifs ja, dafs diejenigen 
eigentlich fo genannt worden, die durch fich felbft und | 
von felbft entftehen. So ift auch das bekannt, dafs man 
diefe zufammen genommen, das Reich der Natur 
nennt... © \\ en | 
Die erftaunenswürdige Menge und Verfchiedenheit, 
welche man durch forgfältiges Nachforfchen, Beobach- 
ten und Unterfuchen bey diefen Körpern antrat, und ein 
gewifles Gefühl von befonderm Unterfchied einer grofsen 
Menge Gattungen von einer andern Menge derielben 
machte, dafs die Naturforfcher dies ganze Reich in drey 
Theile eintheilten, nehmlich das Thierreich , das Pilan- 
zenreich und das Mineralreich. Wallerius hat Zwar zu 
' diefen das Wallerreich, Denfo das Veuerreich, andre das 


Luft- 


233 


‚Euftreich u. een: ob ii Grund oder nicht? 
% brauch ich hier nicht zu beftimmen, weil fie auf allen 
‚Fall zu eben der Hauptabtheilung gehören, unter wel- 
che ich das Mineralreich ftellen, und fogleich ‚auch ver« 
laffen werde, | 

' Meine Abficht ift gegenwärtig fürnehmlich dahin ge 
aahesn den Kennzeichen, wodürch die drey erften, von 
den mehreften Naturforfchern angenommene Reiche fich, 
von einander.unterfcheiden, eine genauere Beftimmung 
zu geben, als fie bisher bekommen haben. 
Die Urtheile der Naturkundigen find hierinne ziem- 

lich mannigfaltig ausgefallen, Ludwig und Linne ha- 
‚ben indeften die Vorgänger der neueren. gemacht. Der. 
Ritter fagte mit der ihm gewöhnlichen. entfcheidenden 
Kürze, Scharffinn und, fo obenhin angefehen, ausbün- 
. dig fehön: das Mineral wächft; die Pflanze wächft und 
‚lebt; das Thier wächft, lebt und empfindet. Eudwig, 
‚hingegen fahe auf die Veränderlich - oder, Unveränder- 

lichkeit der Geftalt und auf das V ermögen, fich von ei- 
| ner Stelle zur andern zu bewegen, Er gab daher dem, 
Thiere die beftändige Form und, das Vermögen, fich von. 
einem Ort zum. andern zu hewegen zum Unterfchei- 
dungskennzeichen von der Pflanze an, als welcher zu, 
der beftändigen Form, das Vermögen der Ortverände- 
rung aus eigenen Kräften, dem Mineral aber nebft die- 
vom auch die Beftändigkeit der. Form fehle, 
| ‚Ich werde die Einwendungen, die diefe beyde gro. 
‘ fse Botaniften wieder einander gemacht haben, bald ei- 
nigermafsen i in Betracht ziehen: vor allen Dingen aber 
 muls ich einer Sache gedenken, die dem feel. Ludwig 
| Lan». Zwar 


134 


zwar nicht entgangen ift, die man aber nachher nicht 


weiter genugfam beherziget hat. Siebetrift die allerer- 
fte Eintheilung, in welche das gefammte Naturreich Zer- 
fallt, | 


Es find nehmlich erftlich, die in demfelben Haren, 


‚dene, entftehende , und, auf einander folgende Körper, 


fchon in ihrem ganz kleinen oft unkennbaren Anfang 
das Ganze im fehr Kleinen. Ich will fo viel fagen : es 
hat ihr ganz kleiner Grundftoff bereits die Ei ie 


fo vollftändig erhalten, dais er nicht durch die Hinzu- 


kunft, fondern durch ein Infiehnehmen anderer T'heil- 


chen, durch Bewegung, Umänderung und Zubereitung | 


derfelben vermittelt eigenem Vermögen, in beftimmten, 


nach jeder Art verfchiedentlich angelegten und unter 


einander, entweder zum Umtrieb der flüfsigen Theile, 
‚oder zu mancherley Werkzeugen verbundenen Gängen 


bewegten, umgeänderten und zubereiteten Theilchen 


aus fich felbft in die Länge und Breite zunimmt; oder 


kurz zu fagen, wächft. Es thun fich an ihnen in einem 
gewillen Alter Werkzeuge von zweyerley Art hervor, 


durch deren zufammengebrachten Gehalt, ein oder auch 


mehrere Körper von ein und. eben der Natur und Be- 
fchaffenheit auf einmal bewirkt werden. Und diefe find 
die mit einem Leben begabte und durch das Gefchäfte 
der Zeugung natürlich fich vermehrende organifirte Kör- 


per, Oder fie find zweytens aller der vorher angeführe | 


ten Rigenfchaften beraubt. Sie haben keine beffimmte 
Gänge in fich, worinne fie die Säfte gefetzmäfsig nach 


% 


einer in fich habenden Kraft bewegen und zubereiten; 


fondern, wenn fie auch zunehmen, wenn fie auch ver- 
! gröfsert 


“ 
um 


/ | 0. 135 


\ gröfsert werden, fo gefchieht e es nur durch den Zufatz, 
‚durch die Anlegung gewiller Theilchen von aufsen. Sie 
find nicht organifirt, ‚fie zeugen nicht,  Diefe find die 
leblofen , die todten natürlichen Kör per, 2 | 

Demnach befteht das gefammte Reich. der Sell 
us Aus lebendigen or ganifirten Kör pern, wohin die Thiere 
und Pflanzen gehören, / 


I 


-2) Aus leblofen unorganifirten Körpern, wohin die Fos- 


‚Silien, und wenn man will, das Waller und Feuer- 


reich gehören, 
Will man es nur. bey den taft allgemein angenomme« 


nen drey Reichen der Natur bewenden laffen: fo unter- 


feheidet fich das Mineral fehon fo hinlänglich vom Thier 
und Gewächfe, dafs es würklich etwas {ehrüberflüfsiges 


 feyn würde, wenn man fich noch nach andern Kennzei- | 


chen ihres Unterfchiedes umfehen wollte. Niemand 
wird fich es einfallen lafien, ihnen diefe Grenze ftreitig 
zu machen, | | 
Mit der Grenze hingegen ewrilchen Thier und Pflan_ 
ze ift es etwas ganz anders. ‚Ihre fo vielfältig und ge- 
nau befchriebene Analogie ift bey weitem noch nicht, 
auch von einem fo genauen Forfcher und Beobachter 
der lebendigen Natur in ihren Geheimniffen als Carl Bon- 
net würklichift, nicht genung erwogen, vielweniger er- | 
fchöpft worden, Wie war das indeflen auch möglich, 
da fogar die berufenen Pflanzenkundiger zur, Kenntnifs 


des innern Baues diefer Gefchöpfe, als auch ihres Be- 


triebes, ihrer Verrichtungen und Lebensart, feit. hundert: 


‚Jahren wenig. oder: wie gar. nichts hinzugethan, ja viel- 


mehr ihre Nachfolger i in Irrthümer gekürzt haben! Irrz 
14. thü- 


136 


thümer, woraus in den Lehren und Benennungen der 
äufsern "Theile der Gewächfe fowohl, als in den fyftema- 
tifchen Anordnungen derfelben, Fehler 'entftanden und 
beybehalten worden find, die den Botanikern der kün® 
tigen lichtern Zeiten von diefer Seite der Naturgefchich- 
te, viel zu fchaffen machen ‚ und zu fehr vielen Umäns 
der ungen Gelegenheit geben werden, 

Sollte nun aber Linne gleichwohl nicht ganz Recht 
haben, wenn er fagt: : die Pflanze lebt und wächlt; das 
Thier lebt wächft und empfindet; alfo die Empfindung 
zum Unterfcheidungskennzeichen zwifchen Gewächs 
und Thier annimmt? — Faft follte man es glauben; 
denn man wird ja weder dergleichen Aeufserungen noch 
Werkzeuge bey ihnen gewahr, die hierzu gehören. 

Lafst uns erft die Einwendung des berühmten feel. 
Ludwig wider die Meynung des Ritters hören, ‚Erfagt: 
dafs die aus den Würkungen der Körper hergeleitete Be- 
griffe von Wachsthum, Leben und Empfinden nicht 
dur chgängig fchieslich genung könnten erläutert wer- 
den: denn Leben und Wachsthum der Gewächfe heftche 
nicht minder in der Bewegung der flüfsigen Theile in 
den feiten, und die Empfindung werde ebenfalls durch 
die beftimmten Veränderungen der in, den Gefäfsen be- 


D . 4% ED ’ } 
wegten Flüfsigkeiten erläutert, Kurz, das Leben und 
 Empfindungsvermögen bey den natürlichen Körpern fey 


dem erften Anfehen nach kaum zu unterfcheiden. ; 
Es haben allerdings die Na aturforfcher faft durchgän- 
Big den Gewächfen alle Empfindung öffentlich abgefpro- 
chen. Ich will mich indelfen in Anfehung der Gründe, 
 diefes Abfpruches nicht in weitläuftige Da 
ein- 


a 


137 


einlaffen : Die Natur, diefe grofse Lehrerin einer viel rich- 
tigern Philofophie, als fie unfer Verftand erdenkt, mas 
felbit durch Beyfpiele reden, denen man D ganz Wi- 
derfprechen kann. | Me, 


Dafs die Pflanzen ein Leben Maben. während demfel- 
ben gefund oder krank find, und natürlicher odergewaltfa- 
mer Weife um daffelbe kommen, ift nun wohl eine aus- 
gemachte Sache. Man bringe eine vollkommen gefunde 
Pflanze, z. E. durch eine gänzliche Beraubung } ‚ihrer 
Nahrun, &smittel, oder auf eine andere beliebige Weife, 
{fo um ihr Leben, dafs nichts in ihren feften Theilen ver- 
wüftet werde. Man laffe die Erde einer in Blumentopf 
fich wohl nährenden gefunden Pllanze, gemach aus» _ 
trooknen, und befeuchte weder Pflanze noch Erde fo 
lange, bis fie würklich vor Hunger umgekommen ift; 
und dann verfuche man es: ob man fie durch alles An- 
feuchten und Begiefsen wieder lebendig machen kann. 


Man verfezt Obit oder andere Bäume von 'eirierley 
Art, aus einerley Boden mit völligem Saft und ganz ge- 
fund ausfehenden feften Theilen, oder, nach der beliebten 
Sprache, mit ganz gefunder Rinde, Batt, 'Splint, Holz, 
Mark, mit aller F Fürficht in einer iey Boden, neben einan- 
der oder nicht 'weit von einander, Einige gehen ein, 
da andre fich fchön zeigen und furttreiben, ‚Manche 
fangen dies auch an, blühen wohl gar; erkranken aber 
r bald nachher und fterben ab, und ‚weder j jene, die gleich 
nach dem Verfetzen wegblieben, noch diefe, wird alles 
Begiefsen, Wartung und Pflege wiederin das Leben oder 
zum Wachsthum bringen, fo j us fie auchfind;, 


Ss . Was 


L. 


138 re 

Was treibt leichter Wurzeln und nährt fichi Sirtrefe 
licher, macht Augen, Blätter, Aefte u. f. w. als ein nak- 
ter glatter, im Frühjahr abgefchnittener und in feuchte 
Erde gefteckter Weidenaft, Man nehme aber einen 
Theil von eben dem Aft uud lalie ihn ganz gemach aus- 
trocknen, bis das in ihm enthaltene Leben mit verlofchen 
ift; denn ftecke man ihn zu jenem, Er wird nicht kom= 
men. Und damit mannichtder Trockenheit der Gefäfse 
die Schuld in fo ferne beymelle; als ob fie dadurch fo 
zugerichtet würden, dafs aus ihnen keine Verlängerun- 
gen in die Erde oder Wurzel getrieben und kein Nah: 
rungsfaft daraus angezogen werden könnte: fo umwin- 
de man das Stück mit reinem Moos, befprenge es mit 
. Waller täglich fo vielmal als nöthig ift, damit die feften 
Theile gemächlich wieder feucht und gefchmeidig, wer- 
den. Wird er dann wieder, wie ein Räderthierchen 
aufleben, und wie jenes Stück, Nahrung anziehen? Man 
verfuche es nur, und man wird fehen, dafs es nicht ge- 
fehieht, fondern dafs er todt bleibt. N 

Von den Moofen ift es einmal gefagt und ah im- 
mer wiederhohlt worden, dafs fie nach vieler Jahre Aus- 
trocknung, wenn fie feuchtgemachtundfo erhalten wür- 
den, wieder aufleben und fortwachfen, Gröfser. wäre 
das Wunder nicht, als bey-den nur erwähnten Räder- 
oder. Dachrinnenthierchen, und bey den, ‚uniterblichen. 
Aelchen des Abt Fontana im Mutterkorn, von welchen 
verfichertwird, dats fienach langer Austrocknung, wenn 
N fie angefeuchtet worden, wieder zum Leben kommen. 
Ich will nicht behaupten, dafs es unter diefer Familie 
von Gewächfen BIER etwa einige geben könne, die ein 
nehm- 


aa 139 
nehmliches thun: das weifs ich aber gewifs, dafs das 
Wiederlebendigwerden der allermehreften, nachden fie 
einmal todt getrorknet find, nichts ‚anders ift, als das 
Aufblühen der fogenannten Rofe von Jericho. _ 

Wenn demnach die einmal getödteten Gewächfe 
und ifire abgeltorbene Theile nicht wieder zum Umtrieb 
der Säfte oder zum Leben kommen, obgleich in dem 
. Bau der Gefäfse nichts zerttört, auch alles fo eingerich- 
tet und beforgt warden ift, dafs diefe wieder Säfte ein- 
nehmen, befördern und die Pflanze zum Wachsthum ' 
bringen könnten, wenn fie eine blofse hydroftatifche 
Mafchine wäre: fo frag ich ; wie geht das zu? — Was 
macht es, dafs, fie das nicht thun ? 

Ä Und man fehe nur den Weinftock im eriten Früh- 
jahr an, wenn er noch gar keine Blätter hat, die, wie 
man hat behaupten wollen, denZug der Säfte von unten 
nach oben zu bewürkten; er nimmt fo viel Säfte von 
“ feinem Standort an, dafs davon, wo nur eine kleine 
Oeffnung i in der Oberfläche ift oder gemacht wird, eine 
Menge tropfenweifs abfliefsen, daher fie Thränen find 
genennt worden. Was fetzt das Innere diefes Gewäch- 
 fes fo inBewegung? — - Wovonlebt es fo, wie das Mur- 

melthier in feiner anterieiffficheis Höhle auf? — 
Was wendet die lebende Pflanze fo nad dem, 
Licht? Was öffnet ihre Blumenhüile zu fo ungleichen 
Zeiten, dafs Linn& durch diefe Bemerkung einen botani- 
fchen Stundenzeiger machen konnte? Was fchliefst 
z. B. die Blume der Hyoferis minima gegen den Mittag 
and öffnet einund eben die Blume den andern Morgen 
wieder zur gefetzten Stunde, an — doch ich will 
nicht 


nicht mehr fragen, weilfchon das, was ich gefagt habe, 
hinreichend, wie mich dünkt, zu erkennen giebt; dafs 
auch bey diefen Gefchöpfen aufser den felten und füfsi- 
gen Theilen, noch ein Etwas anders vorhanden feyn 
müffe, das die Einwirkungen beyder im Gange erhält. 

Ob es fo etwas von einer Seele ift, wie Ariftoteles 
fchon gemeint hat, das laife ich jetzt dahin geftellt feyn: 
mir liegt hier eigentlich nur an dem Empfindungsvermö- 
gen der Gewächte, ob fie eines haben oder nicht? 

Um der Kürze willen berufe ich mich nur noch auf 
den vorhin erwähnten grofsen philofophifchen Naturfor- 
fcher Bonnet, der in feiner Betrachtung üher die Natur, 
Theil X. Hauptftück 30, 31. genau gezeigt hat, dafs ihr 
Unvermögen zu empfinden, wie auch fogar ihr Mangel - 
an Reizbarkeit noch nicht erwiefen fey. Vielmehr er- 
hellet aus den dafelbit angeführten Erfahrungen und Ana- 
logien, dafs das Vorhandenfeyn beyder Vermögen faft 
mehr Grund vor fich habe, als das Nichtvorhandenfeyn. | 

Wer den innern Bau diefer Gefchöpfe genau und 
richtig zu durchfüchen weils, und nicht in Abrede it, 
dafs die Werkzeuge zur Empfindung und zur Reizbarkeit 
nicht durchgängig hey. allen organifisten Körpern gera- 
de die Einrichtung und das Anfehen, wie bey den gröf- 
fern Thieren haben müfsen: der wird finden, dafs jener 
weder fo einfach noch gleichförmig ift, als man insge- 
mein geglaubt hat und noch glaubt, und dafs unter den 
mannigfaltigen, mit guten Vergröfserungen, ja biswei- 
len auch nur mit blofsen Augen wahrzunehmenden Din- 
gen auch welche feyn können, die der Empfindung und 
Reigbarkeit fähig find. AM 

" | \ | Kann 


N 


' Kann man 4lfoanf das genauefte därthuni dafs dnGe 
woächfen insgefamt nicht alles Empfindungsvermögen und 
alle Reizbarkeit mangelt; fo ift das hiervon genommene 
Kennzeichen der Unterfcheidung zwifchen Thier und 
Pflanze unficher, mithin unbrauchbar. h 

Vielleicht hat das vom feeligeni Ludwig angegebene 
Unvermögen, fich von einem Ort zum andern zu bewe- 
gen, mehr Grund. ‚Dem erften Anfeheine nach follte 
man es faft olauben, da noch kein Gewächs ift entdeckt 
worden, das fich augenblicklich in Bewegung letzte, 
und feine Stelle ftets willkührlich veränderte. Allein 
fehon das benimmt diefem Kennzeichen gleichwohl den 
ihm nothwendigen Werth, dafs es unter den 'Thieren, 
wie Linn dagegen bereits erinnert hat, ebenfalls weiche 
giebt, die für fich felhft auch nicht von der Stelle kön- 
nen, wie zum Beyfpiel die grofse Meereichel (Lepas 
balanus), der Kiefenwurm (Lernaea), ‚die gemeine, 
Aufter (Oftrea edulis), u. dgl. m. | 

‚Und überdem glaube ich'fehr, dafs auch bey ver- 
fchiedenen Gewächfen eine Ortsveränderung erweislich N 
it, wenn man nicht bey dem ftrengiten Begrif, fieh von 
‚Ort zu Oft aus eigenem Betrieb zu bewegen, ftehen 
bleibt, fondern zugiebt, dafs alle Handlungen der leben- 
(den Wefen nach dem befondern Bedürfnifs eines jeden, 
und überhaupt nach den Endzwecken eingerichtet find, 
die fie hier nach den weifen Abfichten des Urhebers der 
ganzen Natur zu erfüllen haben. Wie gehen nicht 'un- 
ter den für Thiere unwiderfprechlich anerkannten Ge= 
fchöpten die Bewegungen vom pfeilfehnellen Lauf und 
Ele allmählig ftufenweis bis z zu den nur erwähnten un» 

Hi beweg- 


beweglichen herunter? Und auf diefer Leiter fcheinen 


mir die Gewächfe auch Stufen inne zu haben. Um die= 


fes gehörig einzuiehen, mufs man mit ihrer innern Haus- 


haltung bekannt feyn. "Da aber diefer wichtige Punkt 
bisher ganz in Finiternifs eingehüllt blieb: fo ift das we- 
nige, was mir die Mutter Natur auf mein vielfältiges 


langes Fragen und genaues Horchen auf ihre Stimme, 


allein, von diefen Dingen offenbart hat, Schon zuviel, 
weit zuviel für eine Abhandlung, 

Die Herrn Botaniften haben‘Gewächfe kriechende 
| genannt, und das in der That gegründeter oder eigentli- 
cher, als wenn fie die Bedeckungen oder Hüllen ihrer 


_Gefchlechtstheile in Kelch und Krone, und wer weils 


m 


was anders eintheilen, ob fie gleich Ichlechterdings kei- 


nen wefentlichen Unterfchied unter beyden angeben 
können. — Ich fage in Anfehung der Bewegung der 
Gewächfe nur noch das: wer frey von Vorur theilen ift, 
und Geduld genug hat, der gebe nur auf den kriechen- 
den Günfel.( Ajuga repzans), den Gundermann (Glecho- 
ma bederacea), die Flachsfeide (Cufcuta europaea ) genau 


Achtung. Das letztere Gewächs verläfst fogar den Stand» 
ort, vondem esfich zuerft nährte, und überzieht, gleich . 


einem Heer Raupen, die benachbarten Sträuche und an- 
dere niedrige Bürger feinesReichs, nährt fich von ihnen, 
und vollendet darauf die ganze Gefchichte feines organi- 
fchen Lebens. 

Wenn’es nun Gewächfe giebt, die gleichwohl nach 
ihrer Art auch fortkriechen uud fo ihre Stelle verändern; 
fo kann diefs von Ludwig angegebene Kennzeichen um 
defto weniger ftatt haben. \ 


Es 


| ee 143. 
Es ift alfo wohl gar kein wefentlicher Unterfchied 
zwifchen beyden Naturreichen vorhanden, fondern es 
- gehören beyde zu einer Kette von lebenden orgänifirten 
: Wefen, deren Glieder vom vorzüglichften init einer ver- 
j" nünftigen Seele, .bewufsten Gefühl und Bewegung 
begabten, bis zum letzten, ‚das nur noch den allerge- 
ringiten Theil von allem: den hät, in unmerklichen Ab- 
| ftufungen fortgehen ? — Ob wir diefe jemals difleits der 
Sterblichkeit genau herausbrirtgen, und daraus die hin- 
länglich deutliche Einficht über das Seyn und Nichtfeyn 
des Unterfchiedes zwifchen Tfier und Gewächs von 
Seiten der Empfindung, Reizbarkeit und Bewegung 
 fchöpfen dürften, feht dahin: begreifen läfst fich es 
aber, dafs die Naturforfcher es auch hierinne noch fehr 
. weit bringen können, wenn fie fortfahren, die Natur 
 felbft, ohhhe den mindeften Eigenfinn oder Partheylichkeit: 
- fo zu beobachten und zu befragen, wie fie beobachtet 
und befragt feyn will. Man fehe nur aus den feit weni- 
gen Jahren gemachten würklich erftaunlichen Entdek- 
kungen, dafs fie ‚gegen ihren gefchmeidigen, ‚geduldigen 
und aufmerkfamen Liebhaber fo fehr rückhältig nicht if. 
Lafst uns fehen, ob wir zu diefem nicht auch jenes, bis- 
her vergebens gefuchte, gewiffere Unterfcheidungsmerk- 


mal, zwifchen Thier und Gewächs hinzuthun können. 


Da beyde vom Menfchen bis zur Monade, und von 
der Eiche bis zum Schimmel durchgängig aus belenten. 
organilirten Körpern beftehen: fo dünkt mir es für ge- 
“wils, dafs diefes Kentizeichen in einer Rigenfchaft lie- 
gen müfse, die von einer Organifation herrührt,, wel 
‚ehe beyden Theilen wefentlich it, 

| - | | I Ohne 


en 


a enzeugn 


144 


Ü) { 1 
‘ Ohne Nahrung zu fich zu nehmen, kann keine le- 


bendige Kreatur befteben, Vielleicht pafst alfo hier das 


um defto füglicher, was der grofse Boerhave angegeben 
‚hat. Er ftellt fich dieMilchgefäfse oder andere die Stelle 
vertretende Gänge in den Thieren, als die Nahrungs« 
werkzeuge vor, und vergleicht fie daher mit den Wur= 
zeln, als den eigentlichen Nahrungswerkzeugen der Ge 
wächfe. Er fagt daher: Das Thier fey ein organifcher 
‚Körper, der fich durch die innerliche i in ihm befindliche 
Wurzeln ernähre ; ;.die Pflanze hingegen fey ein organi= 


. fcher Körper, der feine”Nahrung vermittelft der auswen« 


dig an ihm befindlichen Wurzeln bekomme, 


Wer fieht hbeh nicht, dafs diefer Vergleich auf dem 
eradezu angenommenen Gedanken des Malpigh gegrün> 
det ift, wo er, nur eingeklammeit, fägt, dafs die Erde 
der Magen der Pflanzen fey. Sie ift aber nichts we- 
niger als das, wie ich fchon in dem Stück erinnert 
habe, wo ich den Begriff von den Wurzeln der Pflan- 
zen beftinimte, dafs fie ihnen eben dasjenige Werkzeug 
find, wodurch die Thiere ihre Nahrungsmittel zu fich 
nehmen. Und e ezt das, was die Gewächfe durch ihre 
Wurzeln oder eigentlichen Saugewerkzeuge von ihrem 
Standort einnehmen, wäre fchon da verdaut: fo giebt es 
ja auch Thiere, die ebenfalls fo wie fie, vermittelft eis 
nes Saugwerkzeugs von dem Standort Nahrung in fich 
ziehen und denn für ihren Körper verwenden, die fchon 
einmal verdaut und zu thierifchem Saft itt gemacht wor: 
‚den. Und dein it doch wöhl zwifchen der erften und 
zweyten Nahrung, als zwifchen den Werkzeugen, wel- 

che 


a, 
N. die erfte, ? und öre, welche die zweyte Nahrung 
‚einnehmen, ein beträchtlicher Unterfchied. 

Noch ift die Vermehrung der organifirten Wefen zu 
‚erwägen übrig; vielleicht dafs fich 'hierinne etwas fin- 
‘det, was die Thiere von den Gewächfen unterfcheidet. 

Unter den leztern ift es, vollends den perenniren- 
den, faft durchgängig gewöhnlich, dafs fie fich durch. 
Ablegen, Abfenken, Reiferftecken u. d. gl. vermehren 

lafien. Hätte nicht die Scharffichtigkeit « eines Trembley, 
" Bonnet, Müller entdeckt, und andere grofse Naturfor- 
feher es beftätigt, dafs fich die Polypen, die Würmer der 
füfsen Wäller, und andere dergleichen Infekten, durch 
Ablegen und Zerftücken, wie die Pflanzen, vermehren 
‘ liefsen: fo würde fich hierinne nicht fogar unfüglich 
ein Unterfchied haben abnehmen laffen. 

'Ueberdies aber, ift diefe Vermehrungsart Yieliikhr 

ktinftlich als natürlich, und unter den/Thieren dem aller-.. 
 weniglten, unter den Gewächfen zwar mehreren, jedoch 

‘im ganzen gerechnet, ebenfalls dem Allel) 
zur. Bey hülfe zugeordnet. 

. Die natürlichfte und allen lebendigen Creaturen die- 
in fer Welt gegebene Vermehrung ift die Zeugung. ‘Und 
da von diefer keine bekannte Gattung, wederunter den 

Thieren noch den Gewächfen ausgefchloffen, fondern N 
‚in diefem Felde voller Wunder, die ganze lebende Natur | 
 gleichfam vereinbart. it: fo fcheint es mir um defto ge- 
. jehikter, dafs man fich recht umfieht, ob etwa das lang- 
gefichte Kennzeichen in irgend einem Umftand diefes 
Ä  Gefchäftes zu finden feyn möchte, 


K ) ‚RR | | Nach- 


I x N 


146 | | or 


Nachdem der gelehrte und fcharflichtige Herr. 'Col- 
legienrath Pallas fogar in den einfachfcheinenden Thier- 
chen, den Polypen, Eyer entdeckt hat, fo ift es fehwer- 
lich von irgend einer Gattung diefes Reichs zweifelhaft, 
dafs fie fich nicht auf die natürliche Weile durch die 
-Zeugung vermehre. 

Dals man aber unter dei Gewächfen einer re be- 
trächtlichen Menge, unter dem Namen Moos, im weit- 
‚Uuftigen Verltände, begritienen Arten, diefes ‚Gefchäfte- 
-sänzlich abfprechen wollte, iitum defto weniger zuver- 
"wundern; da die Fortpflanzung der Gewächfe durch die 
‚ Zeugung fogar unter ihren grölsern Gattungen, wo fie 
fo ganz offenbar am Tage liegt, felbit gröfßsern Pflanzen- 
 kennern nicht zu Kopie wollte, bis fie det fcharfinnige 
Herr Köhlreuter, im Jahr 1761 durch feine Gewächsmaul- 
"efel unwiderfprechlich deflen überzeugte, 

Die zur Zeugung bey den Gewächfen gehörige 
; Theile hab ich an den Laubmoofen fehon öffentlich in 
meinem 1782. bier herausgekommenen erften Theile 
der natürlichen Gefchichte von dei Laubmoofen ganz 
klar dargethan. So ift auch meine, von der Aka- 
demie der Wiffenfchaften zu St. Petersburg am Iıten 
: März 1783, gekrönte Preisfchrift herauskommen, die mit 
fieben und dreifsig, von Herrn Capieux verfertigten Kup- 
ferplatten verfehen ift. In diefer hab ich vollends die 
- Gefchlechtstheile nicht nur ‘der Lebermoofe, nämlich 
Jungermannien, Marchanzien, des dahin gehörigen An- 
thoceros, der kleinen Blafia, derRiccien, der Chara, fon- 
dern fogar der Flechten und Pilze augenfcheinlich er- 
wiefen, Und die fortgefezte mikroskopifche Unter- 
| fuchun- 


’ 


fuchungen diefer fehr feinen und oft äufserft kleinen Ge- 
fchöpfe des Gewächsreiches, haben mich vollends ver- 
fichert, dafs diefe Theile, alfo auch die Fortpflanzung 
durch die Zeugung nicht En geringften Art unter ihnen 
| - fehlen müfste. | | 

Jedermann weifs, dafs bey jeder Thierart, alfo auch 
| bey jeder Art unter den Gewächfen, wenn fie durch fich 

und aus fich felbft Junge von ein und eben der Art na- 
türlicherweife, ohne Zerftückung oder T heilung her- 
 vorbringen oder zeugen foll, dazu zweyerley Gefchlöch- 
te, ein männliches und ein weibliches gehören. Und 
es ift jedermann auch klar genug, dafs das äufsere Kenn- 
zeichen diefer beiden Gefchlechte eigentlich lediglich in 
gewillen Werkzeugen liege, vermittelft welchen das 
eine die neuen organifchen einzelnen Körper hervor- 
bringt, jedoch nicht anders, als wenn das andere auf 
irgend eine Weile vorher mit ins Spiel gekommen itt. 
Jene, die hervorbringenden, ‚„ find die weiblichen, sul: 
‚diefe, die das ihrige auch mit beytragen müflen, find 
die männlichen Gefchlechtswerkzeuge, Jene empfan- 
gen, diefe bewirken die Empfängnifs. 

Nur das will man aber noch in Zweifel ziehen, dafs 
die Einwirkung der männlichen zur Empfängnifs der 
' weiblichen durchgängig fchlechterdings nothwendig fey, 
Denn da deräufserft geduldige und unermüdete Beobach- 
ter Bonnet, die Blattläufe des Fliederbaumes bis ih das 
| fechfte Glied, ohne Geichlechtsvermifchung,, fich fort- | 
pflanzen gefehen, und verfchiedene Botaniften und Na-. 

turforfcher an dem Hanf, dem türkifchen Weizen und 
ae dergleichen Gewächfen Saamen gefunden, ob fie 
K B.. gleich 


\ 


148 De 


gleich alles fo einrichteten, dafs fie glauben konnten, 
der männliche Staub habe zu dem weiblichen Theil nicht 
| gelangen können: fo hat es allerdings einen gegründe- 
ten Anfchein wider die Nothwendigkeit, von der ich 
rede. ns ö 
Es würde zu weitläufüig Teyn, die Sache hier durch 
Erfahrungen und richtig aus diefen gezogene Vernunft- 
fchlüffe auszumachen, dafs zu jeder Empfängnits und 
wahren Zeugung der weiblichen Theile, die Einwürkung 
der männlichen fehlechterdings nothwendig fey, und 
das, was Bonnet von den Blattläufen fah, nicht von der 
rechten Seite ift angefehen worden, die Pflanzenbeob- 
achter hingegen von. der Natur hintergangen wurden. 
Ich behalte mir es aber vor, die Sache zu einer andern 
Zeit ganz aufser Zweifel zu fetzen. 
Erwägt man alles das genau, was uns bisher noch 
von dem Wefen der Gewächfe bekannt geworden ift; To 
ift ihre Ver mehrung durch die Vermifchung von zweyer- 
ley Gefchlechten das, was lie den ihiören: am nächften 
bringt und genau beweift, dafs fie nicht blos Mafchine 
find. Denn keine von den allerkünftlichiten, vom Men- ; 
fchen verfertigte Mafchine itt je im Stande, von fich, 
oder mit einer zweyten in Verbindung gektellt, zu blei- 
ben was fie war, und eine dritte, grade yon cben der 
Art, hervorzubringen, Und .diefes kann auch kein 
Mineral. . ERRRN ai 
Was die beiderley Gefchlechligd undftdäe beitift, ri 
it um diefe von beiden Seiten zu viel heiliges Dunkel, 
- unfre Unwillenheit daher zu grofs, und die gewagten 
. Muthmafsungen find zu unficher, als dafs man fich es. 
auch“ 


. 


z 


G N Ä ——l ee ar 149 x 


{ f > f 
P7 


auch nur einen Atenfltek einfallen. laffen dürfte, hier 
nach einem Merkmal des Unterfchiedes zwifchen Thier 
und Gewächs zu forfchen. Die zu der Vermifchung 
. oder Vereinigung diefer Stoffe gehörigen Werkzeuge 
hingegen find viel fichtlicher, liegen bey den mehreften. 


‚offenbar vor Augen.  Lafst uns alfo diefe ein wenig be-_ 


"trachten, und fehen, ob hier nichts Gewilles zu unferm 
Endzwecke zu finden fey. Denn ift hier kein gewiffes 
 Unterfcheidungskennzeichen vorhanden; fo möchten 
wir immer vergeblich darnach fuchen. | 

' Die zur Zeugung gehörige beiderley Gefchlechts- 
theile nun befinden fich entweder an ein und eben dem 


u ‚organifchen Körper, fie werden von den feften Theilen 
‚ein und eben des organifchen Körpers gebildet, und der 


doppelte Zeugungsftoff aus ein und eben dem Saft eines 
Körpers gefondert: oder es gehören zu dem allen zwey 
einzelne Körper, deren einer der männliche, der andere 
der weibliche genennt wird. Dieles ift bey den Ge- 
wächfen eben fo, wie bey den Thieren. Alfo a 


kein Unterfchied. 


Die Gelftalt diefer Gliedmafsen, und der Ort, wo fie 
fich am Thier oder Gewächs befinden, wie auch die 
Weife, -fie anzubringen, find fo verfchieden, als es die 
Arten von einander find, und die Bequemlichkeit der 
Handlung nach Maasgabe des Baues und anderer Um- 


finde zuläßt. Alfo auch hierinne kein gewiffes 


Merkmal. N Pa. : 

Man könnte mir zwar hier einwenden, dafs gleich- 
wohl die Geftalt der männlichen Befruchtungstheile der 
a von den bekannten thierifchen {ehr verfchie- 


N K 3 “ den, 


- 


4 


150 | a 


) . / . 4 . 4 r i 
den wären, und fürnämlich der männliche Befruchtungs- 
ftoff von diefen ganz anders ausfehe, als von jenen, in- 
dem der Thiere ihrer bekanntlich in einer Flülfgkeit 


befteht, und die Naturforfcher von der Pflanzen ih- 
rem fagen, dafs er die Geftalt des Pulvers habe. Man 
ift in beiden Stücken aus zu grofser Eilfertigkeit im 
Schliefsen irre gegangen. Linne hat zwar, befonders 
in feiner fogenannten botanifchen Philofophie, eine Ver- 


gleichung zwifchen den Theilen im Thier- und Ge 
wächsreich angettellt, und bey den männlichen von Saa- jr 


mengefäfsen,, Hoden und dergleichen geredt, ohne die 
' mindefte Kenntnifs vom eigentlichen Bau haben zu kön- 
nen, da ihn weit wichtigere Dinge befchäftigten, als 
dafs er fich mit feinen mikroskopifchen Unterfuchungen 
hätte abgeben können. Und was den fogenannten Blu- 
menftaub betrift; da müfsten diejenigen, welche die fo 
seftaltete eigentliche männliche Werkzeuge ihren Be- 
fruchtungsftoff auswerfen gefehen haben, aber mit ge- 
nauer, vorurtheilfreyer Aufmerkfamkeit gefehen haben, 
willen, dafs das nicht Staub, fondern ebenfalls ein flüfli- 
ges Wefen ift, Diefe Abfonder ungswerkzeuge des 
männlichen Befruchtungsftöffes werden zudem nicht 
bey allen Gewächfen von dem Ort, wo fie zur Zeit ihrer 
Begattung erfcheinen, los: fie bleiben bey den Laub- 


und Lebermoofen und andern diefen zunächft ftehenden i 


Gewächfen nicht nur, fondern auch bey den Apoeinum, 
Afclepias, Cynanchum, Orchideen, faft insgefamt, fo 
gar nach vollzogener Verrichtung, feft fitzen. Diefes ift 
aus meiner natürlichen Gefchichte der Laubmaofe und 
der gekrönten N, über die Gefehlechtstheile der 

crypto- 


a 151 


eryptogamifchen Pflanzen vielfältig zu erfehen: wofich 
auch manche genauere Aehnlichkeit zwifchen der Ge- 
ftalt der männlichen wie auch der weiblichen Geburts- 
glieder von den Gewächfen und Thieren abnehmen 
h liefse, | Ku | 

. Ein anderer Brit wäre, die Entftehung oder der 
Kiafbarre diefer Theile, Es wäre fehr überflüffig, wenn 
"ich mich hier nochmals auf das einlaffen wollte, was 
man hierüber bey den Gewächfen fich bisher hat träumen 
laflen: denn ich habe fchon S$. 65 u. f., wo ich von dem 
Urfprunge der männlichen Begattungswerkzeuge der 
Pflanzen handle, gezeigt, dafs fich die Sache ganz ans 
ders verhält. 

Nun ift alfo nichts ehe übrig, als die Dauer dan 
Gefchlechtstheile. Lafst uns diefe ein wenig ‚betrachten, 
ob hier nicht etwa ein Umftand feyn möchte, der die 
Bürger beider Reiche gleichwohl genau und deutlich 
genug unterfcheidet. 

Wenn fich die T hiere mit einander i in das Gefchäfte 
der Begattung eingelaffen und diefes vollzogen haben, 
fo geht in den dazu gehörigen Werkzeugen, wenigftens 
in Anfehung des Anreizes, eine Veränderung vor. Diefe 
wird man zuförderft an den männlichen gewahr. Wo 
es lichtbar ift, findet man, dafs es wenigitens auf.einige 
‚ Zeit nach vollbrachter Handlung erfehlafit: und bey den _ 

andern, wo es entweder nur verborgen liegt, wie bey den 
Vögeln, oder der Auswurf des Befruchtungsftoffes auf 
eine andere Weife vor fich geht, mufs man ‚glauben, 
dafs es ebenfalls geichieht, indem der Genufs diefer an- 
| SR "Empfindung wenigftens auf einige Zeit nach- 
K A | läfst, | 


152 He , E 


lälst, _ Der geilefte Sperlingshahn, wenn er fein Weibchen 
eleich zwanzig- und mehrmal nach einander beträte, 
mufs doch jedesmal ein Eckchen von ihr hirhüpfen, bis: 
er lich zu dem Spiel wieder gefchickt fühlt: und der 
frechefte, wohl zwanzig feiner Weiber tagtäglich zu 
beichicken vermögende Haushahn, ift genöthigt, zwi- 
fchen jeder diefer Freuden, auch am frühen M lorgen, 
wenigftens eine halbe Viertelitunde inne zu halten, be- 
vor er wieder anfängt, feiner nach der ihm gewöhnli- 
chen Art zu beginnen. | 

In den weiblichen Zeugungstheilen Da man zwar 
bey vielen 'Thieren fogleich nach gefchehener Vermi- 
fchung einige Veränderungen gewalhr werden: die färk- 
ften aber erfcheinen bey den mehreften nachher, wenn 
das auch nur zu einiger Gröfse. gediehen ift, was. der 
‚männliche Stoff in den weiblichen NUR uec: bewirkt 
hatte. | 
Genug, der Urheber der Natur mag nun 'hierinne 
den Bau und die Anftalten nach jeder Art Bedürfnifs und 
Bequemlichkeit getroffen haben, wie es ihm nach feiner 
Weisheit gut dünkte; fo behalten doch die Thiere fo 
lange fie leben, auch fogar, wenn fie vor Alter zur ga 
nern Zeugung keinen Stoff, kein Vermögen mehr ha- 
ben, die dazu gehörigen Werkzeuge an fich, und zeu- 
gen, Io oft als fe zeugen und zeugen können, allemal 
mit ein und eben den W erkzeugen. OR 

Was gefchieht hingegen bey den Gewächfen? ‚Be- 
kanntlich hat man das, worauf nachgehends die Frucht 
folgt, mit allen den zufälligen Dingen, die Blume ge- 
nannt, Da man bisher diefe Gefchöpfe , und zwar auch. 


Nas 
u 


Au 


Wu 


Bull. 


153 


da nur le beträchtlichern unter. Kia "blos fo Hehenk 
hat, wie es bey. einem und dem andern, nun fo in die 


Augen fällt: fo hat man den’ männlichen Werkzeugen 
die Benennungen Spitzen, Staubfäden, Staubbeutel, An- 


'theren, nach dem Lateinifchen gegeben. Das ganze zu 


der Frucht gehörige aber heift der Stempel, wegen der 
Aehnlichkeit bey den mehreften mit diefem Inftrument, 
und befteht aus der F ruchtanlage, dem auf diefe gefezten 
Griffel, und der zu oberft diefem befindlichen Narbe. 


+ 


Die Einrichtung und Geftalt diefer Theile find in- 
‚deffen auch bey den Gewächfen eben fo verfchieden, als 


\ 


bey den Thieren, und haben aus diefem Gelichtspunkt. 
Ken ni eine vielfältige Analogie unter einander, 


‚Allein, wenn die Inahnlichen Befruchtungswerk- 


zeuge das ihrige gethan haben: fo verändern fie die 


Farbe, erfchlaffen, verwelken, und fallen entweder, wie 
bey den mehreften gefchieht, ab, oder bleiben auch, 
z. B. bey den meiften Laub- und Lebermoofen, fo ftehen, 
Unterdefien welkt zwar von dem weiblichen die Narbe, 
wie auch der Griflel, wenn er da ift, gleichfalls. Bis- 


weilen findet man beide Theile, wie auf dem Saamenbe- | 


hältnifs der Tulpe, des Mohns u. f. £, meiit aber nur ein 
kleines Merkmal von beiden rückftändig. Unterdeffen 


fangen die Pflanzenembryonen oder Saamen, und wenn 


fie in einem Behältniis ftecken, ‘ diefes mit ihnen an zu 
fchwellen, Wenn nachgehends diefe ihre Reife erlangt 
haben, fo fallen fie entweder für fieh, wenn fie auch in 
einem Behältnifs eingefchloflen waren, oder mit famt 


. diefem ab, oder werden auch, wie bey den Jungerman- 


as - ı \. men, 


154 | ul / 


‚nien, Marchantien, Anthoceros, den Boviften, durch 
3 


Schnellfäden fortgetrieben un 
Diefes alles gefchehe nun aber wie es wolle: in | 


fällt doch endlich bey den Gewächlfen alles, was befruch- 


tete und was befruchtet wurde, weg, ohne dafs weder 
ein und eben das männliche Werkzeug, noch ein und 
eben das weibliche Werkzeug, jemals wieder zeugte, 
oder wie man bey den Gewächfen zu reden pflegt, ohne 
dafs ein und eben die Blume jemals wieder blühete, folg- 
lich jemals wıeder eine Frucht daraus werden könnte, 
Es werden hingegen zu jeder neuen Frucht, zu jedem 
neuen Saamen neue Blumen getrieben, d.i, eskommen 
zu jedem neuen Gewächsembryo, neue männliche und 


‚weibliche Befr uchtungswerkzeuge zum Vorfchein. Und 


das zwar bey allen Gewächfen, ur nur bisher bekannt 


worden find. 
Da alfo die Thiere, wie einge und jedem Sehenden 
bekannt feyn mufs, ihre Zeugungswerkzeuge behalten, 


‚und diejenigen > welche eine Lebensdauer von mehrern 


Jahren haben, zu vielen wiederholten malen mit ein und 
eben den Werkzeugen die Vermehrung ihrer Art er- 
neuern können; die Gewächfe hingegen allefamt zu 
jeder Fortpflanzung ihrer Art durch die Befruchtung an«- 
dere neue Werkzeuge treiben müflen:; fo wird niemand 
in Abrede feyn können, dafs hierinne ein ganz offenba- 
res und untrügliches Unterfcheidungskennzeichen zwi- 


fehen Thier und Gewächs fey. Ein Unterfcheidungs- | 


kennzeichen, das um .defto richtiger ift, weil es von 
Theilen abhängt, die zu einem wefentlichen Gefchäfte 
aller lebenden organifirten Wefen gehören, das alfo 

alle 


N I 


alle haben müffen; — undzwarzueinemGefchäfte, das, 
nach aller verftändigen Naturforfcher Geftändnifs, die 
Gewächfe den Thieren am, analogeiten machet. 


‚Die Thiere find demnach organifirte Körper, die 
ihre Zeugungswerkzeuge von beiderley Gefchlecht, nach 
Vollendung des natürlichen Fortpflanzungsgefchäftes le- 
benswierig behal ten, und mit ein und a demfelben 
"diefes wiederholen können, 


Die Gewächfe aber find organifirte Körper, die ihre 
Zeugungswerkzeuge von beiderley Geichlecht nach Vol- 
lendung des natürlichen Fortpflanzungsgefchäftes doch 
endlich abwerfen, nie wieder mit ein und eben den Thei- 


jen däs Gefchäfte wiederholen können, fondern zu jeder 


Erneuerung deffelben neue treiben müflen. 


Wie fonderbar, dals das Gefchäfte der natürlichen 
Fortpflanzung durch die Vermifchung von zweyerley 
Gefchlechtsgrundftoff die Thiere mit den Gewächfen 
fürnämlich in eine fehr grofse Kette vereinigt; die 
Werkzeuge aber hierzu, fie fo gewifs und deutlich 
ei nur in zwey Reihen untericheiden, 


NN 


= 


Herr Paula Schrank hatte in feinen Anfangsgründen 
‚der Botanik $. 2. und in Hübners phyfikalifchem Tage- 
buch S, 374. zum Unterfcheidungsmerkmal zwifchen 
Thier und Pflanze die Spontaneitatem angegeben, die 
ohngefähr eben fo viel, als Willkühr bedeuten fall, 


Diefe 


« 


 Diefe feine Behauptung zu beftätigen, fucht er im 
erften Stück von Ufteris Annalen der Botanik $. 18. 8. 7. 
als dem Verfolg feiner Beobachtungen für das botanifche 
Magazin, mein vorhin ange&gebenes Unterfcheidungs- 
merkmal zwifchen den beiden Abtheilungen der belebten 
Körper des Naturreiches ganz zu entkräften. 

Aus mehr als einer gegründeten Urlache will ich 
gleich hier die hauptfächlichften feiner dawider angege- 
‘benen Einwendungen ganz kurz beleuchten. 

Im vorhergehenden $. 8. 13.£. führt Herr Schrank 
verfchiedene Gewächsarten an, wo derjenige Theil des 
weiblichen Gefchlechtswerkzeuges, ‚den man den Griffel 
(ftilas) nennt, nicht allein nicht abgeworfen wird, fon- 
dern fossar, während der Zunahme der Frucht, Nahrung 
erhalte, und auch zunehme, bis er endlich blos durch 
die veränderte Richtung der Gefäfse, mithin 
lediglich mechanifch, zu vertrocknen gehöthiget 
werde. IR 

Auch ohne ausgebreitetere wahre phyfiologifche 
Gewächskenntnifs, hätte Herr Profeflor Schrank fich 
allein durch gute Beobachtungen von dem Ungrund die- 
fer UÜrfache überzeugen und finden können: dafs das 
Verderben diefer Theile, nach vollzogener Verrichtung, 
nicht zufällig fey, fondern notlıwendig fo habe kommen 
mülfen. Wenn es aber auch wäre, hätte Er bedenken 
follen, dafs nicht der überragende, bey vielen Gewäch- 
fen nicht vorhandene Griffel, fondern die Narbe und 
Fruchtanlage das wefentliche diefer Werkzeuge find. 
Wo hat Er aber irgend eine Narbe, als durch 'welche 
die Befr uchtung empfangen und befördert wird, nach 

diefem 


 diefem vollbrachten Gefchäfte wieder in del wahren 
 Zuftand ihres Empfängnifsvermögens kommen gefehen ? 
Doch auch dielem fey wie ihn wolle; fo. wird doch 
öunekahtank kein Beyfpiel unter den Pflanzen auflüh- 
ren können, wo nicht diefer Gefchlechtstheil, nach voll-. 
brachter Geburt, entweder mit der gebornen zug leich 
‚abgefallen wäre, oder wenigitens fich in einem vollig. 
unvermögenden Zuftande befand „je wieder zu zeugen, 
obgleich dem Leben des Körpers oder Stammes, dem er 
.zugehörte, nichts abging. Mithin grade das Gegentheil 
vom Thier, deflen weibliche Zeugungswerkzeuge , fo 
‚ lange fie leben, nicht fo mit famt den zu gebährenden 
abfterben, vertrocknen, und endlich, bey noch lebendem 
Körper verloren, gehen. | 

; Allein zur Vollziehung des Zeugungsgefchäftes von 
lebenden Gefchöpfen gehören, nichtallein weibliche, fon- 
dern auch männliche Werkzeuge, die alfo von meinem 
angegebenen Unterfcheidungsmerkmal zwifchen Thier 
und Pflanze nicht ausgefchloflen werden konnten. Gleich- 
wohl gedenkt Herr Profeflor Schrank diefer auch nicht 
mit einem Worte. Auch von diefen findet man ja auf 
. manchen Früchten noch Merkmale — aber freylich längit 
' vertrocknet, oder wenigftens gleich den des einjähri- 
gen, nur mit einer blume verfehenen Gewächfes, nach 
ihrer ‚Verrichtung fogleich aufser allem Stand gefezt, 
 fich je wieder dazu zu erholen. Und das nicht zufälli- 
gerweife, fondern nach den Gefetzen der Einrichtung 
‚diefer Gefchöpfe, nach welcher nicht jedes Aeltchen der 
| vermeintlichen zufammengelezten, \ wie Heır Schrank 

| mit andern will, eine Pflanze feyn kann; eben fo wenig 
ke 


le 


158 
als dafs keines von den Aeftchen, feine ganze Dauer hin- 
durch, mehr als einmal blühte. — AllesFolgen aus den 


bisherigen irrigen, oder in der Natur der Sache felbft un- 
gegründeten Lehren von den Augen fortdauernder Ge- 
wächlfe, RE a 

Um Seinen Gründen ein Gewicht mehr zu geben, 
beruft fich Herr Profellor Schrank auch auf völlig ge- 
fchlechtslofe Thiere und Pflanzen, die fich nie durch die 
Zeugung, fondern blos durch eine Zertheilung fortpflan- 
zen. Allein an mir liegt die Schuld nicht, ‘wenn Er 
unter dem Ihm wohlbekannten Haufen der erftern, z. B. 
die fogenannte Aufguisthierchen, entweder Telbit 
gar nicht, oder eben fo unvollftändig beobachtete, 
als mehrere andere gethan haben. Und wie, wenn 
ich in einer neuen Ausgabe meiner Preisfchrift die 
Gefchlechtstheile und von ihrer Wirkung herrühren- 
de Saamen der Conferven, von welchen Er 'Seite 24. 
fürnämlich feft behauptet, dafs fie fich nie anders, als 
durch die Zertheilung vermehren, ja fogar der Tremel- 
len zeigen werde? — 

Was die Allgemeinheit der Gefchlechtstheile unter 
den lebendigen Gefchöpfen betrift, ift mein angegebenes- 


Merkmal in der Sache felbft, unter gehörigen Beobach- 


tern und Forfchern, ficher vor der Ungültigkeit. Nicht 
minder auch in Anfehung des Unvermögens bey den'Ge- 
wächfen, je zum zweyten mal ihr Gefchäfte zu verrich- ' 
ten. Die gröfsten Schwierigkeiten fcheinen diejeni- 
gen Thiere zu machen, welche nicht mehr denn einmal 
zeugen. Aber auch diefe hebt ich unter gewillen, nicht 
srundlofen Bedingungen oder Einfchränkungen, 

IX 


{ 


\ 


Auswintern des Getreides *). 


Vom 


x 


l 


"Wenn der mühfame Landmann von feiner Seite alles 
' gethan, und feine Felder mit aller möglichen Richtigkeit 
auf das befte betellt hat: fo ftehen ihm demohnerächtet 
noch mannigfaltige Unfälle bevor, die den Ertrag feines 
'Fleifses entweder ganz, oder zum Theil, fogar dann 
'vereiteln können, wenn er ihn gleichfam in feiner 
Scheune fiehet. Anhaltender Regen und anhaltende Dür: 
‘re, find beide vermögend, feinem Getreide, je nachdem 
die Art und Lage der Felder it, nachtheilig, auch W ohl 
gefährlich 'zu werden. | 


. Keine verwüftende Ueberfchwemtmung foll es zu- 
‚Samt feinem Standort wegreifsen, oder wenigftens ver- 
‚fchlemmen: ivie bald kann die Saat, wein fie, wie man, 
und nicht ganz unrecht, zu fagen pllegt, im Milchen 
‚fteht, d.i. went die Körner zum Aufgehen in völliger 
‚ Bereitfchaft find, von einem ftarken Froft überfallen wer- 
den, der enieltene einen gr ‚ofen Theil von diefen 
| Ankömm- 


.) 


+ / 


, ag 5: Schriften» der Leipziger buskäche Socierät, Theil 6. 
3. f Ren 2784. in 3: 


# £ 


Ankömmlingen tödten wird. Oder es verhindert eine 
kalte oder laue nalfe Witterung während der Blüthezeit 
das Aufthun der. Staubbälge, ‚die darinne enthaltene gi 
Staubkörner werden eben dadurch zum Austrieb des in . 
ihnen enthaltenen Befruchtungsitofies ‚genöthiget, und 
dann verdirbt diefer „oder kann nicht gehörig auf die 
"weibliche Gefchlechtstheile gebracht werden. ‚Es bleibt 
daher vieles unbefchwängert in den fehönften Fruchtäh- 
ren, oder taub; denn trockne und zwar bewegliche Luft 
mit Wärme, find die unumgängliche Erfordernille zu 
einer guten Befchwängerung bey den Gewächfen. ee 
It aber auch diefe auf das beftevollzogen: fo macht 
eine nachherige dergleichen nafle Witterung die volle, 
reiche Aehren für den fchlanken langen Halm überwichtig; 
es mufs fich legen; das freche Unkraut gewinnt indeflen 
dabey und überflügelt oder überzieht es. Diefes kann 
das Auswachfen auf dem Stengel und mannigfaligen an- 
‚dern Körner verluft ver aulaffen. Um defto sewiller betrift 
diefes aber die, ‚meiften Getreidearten, wenn fie gehauen 
inan haltendem Regen snüflen liegen bleiben. Was kann 
‚der fogenannte Brand u. dgl. im Getreide nicht auch 
aufferdem verderben ? welche Verwüftungen der Hagel 
anrichten, und dergleichen Unfälle mehr, wo der Land. 
mann gar nichts zu verhindern vermag? | 
Der Schade, den ‚die Wirthfchafter das Auswintern 
des Getreides nennen, wenn nämlich unter den Winter- 
‘faaten, die im Herbfte hofnungsvoll grünten, imFrühjahr 
‚viele verblichene kahle Plätze angetroffen werden, fcheint 
zwar von eben dergleichen Gefchicke abzuhängen, 
Nachdem ich aber die Urfachen diefes Ereignifles kürz- 


lich 


le | 161 


lich werde erörtert haben; fo will ich deutlich darthun, 
dafs es fehr wohl angehe, ihn gänzlich zu verhüten. 
‚Es ift bekannt, dafs das Getreide hauptfächlich als- 
danh auswintert, wenn es zum Frühjahr blos wird, und 
der aufthauende Sonnenfchein mit ftarken Nachtfröften 
abwechfelt, Wenn ich nicht irre, fo glaubt mancher 
- unter den gemeinen Landleuten, der Märzfchnee, dem 
man überhaupt viele befondere Eigenfchaften zuzufchrei- 
ben pflegt, habe bisweilen die fcharfe Befchaffenheit, 
‚dafs er vieles von der Saat gleichfam wegätze, Einfichts- 
volle Beobachter der Natur find. aber gewiß allefamt eines 
‚andern überzeugt. 
Wem follte das die Erfahrung nicht REIN nel 
gemacht haben, dafs die Flüfligkeiten auftreten, und 
"einen gröfsern Raum einnehmen, als fie vorhin bedurf- 
‚ten S wenn fie gefrieren, oder durch die Kälte in einen 
feften Körper, zu Eis verwandelt werden. Das Zer- 
fprengen eines auch nur zur Hälfte mit Waffer angefüll- 
ten irdenen oder gläfernen Gefäfses, wenn fein Inhalt zu 
‚ Eis wird, ift der auffallendefte Beweis, und überhebt 
‚mich eines weitläuftigern über die nothwendige Ver- 
 gröfserungsfolgen durch die Urfache des Gefrierens, 
und was dabey für Veränderungen vorgehen müffen. 
Der bereits von der Herbitwitterung gefeuchtete, 
und nun vollends vom gefchmolzenen Schnee im Auf- 
 thauen durchnäfste Erdboden, wird.alfo, wenn er wie- 
der gefriert, aufgetrieben. Im gemeinen Ausdrucke 
. fagt man: der Froft zieht ihn, oder er ift vom F roft auf- 
Ä gezogen. Der Anfang hierzu wird erft auf feiner obern 
‚Fläche gemacht, die fich Auer gleichfam zu einer Rinde 
u. MIyER- 


162 BE 


1 


. verhärtet. War nun die untere Schicht fo tief völlig auf- 
gethaut, als die Wurzeln gehen: fo ergreift die vom | 


Froft feft gewordene Oberfläche die Pflanze, und hebt, 
durch ihr Auftreten die Wurzeln; und das um defto 
leichter, je zärter und minder tief fie gedrungen find. 


Diefer Wirkung der nächtlichen Kälte folgen die im Früh- 


jahr i immer fenkrechtern, immer mehr und mehr alles er- 


wärmende Sonnenftrahlen gleichfam auf dem Fufse nach, 
und thauen alles wieder auf, was während ihrer Abwe- 
fenheit die Nacht hindurch wefroren war. Diefes Auf- 
thauen fängt aber auch wieder von der ganz obern FA- 
che an, die fich fogleich wieder niederfezt, indeflen 
eine untere Schicht noch Froft hat, und hernach eben- 
falls aufgelöft wird. Hat nun bey der völligen Auflöfung 
der gefrornen Schicht, der Pflanzenkörper vollends nieht 
fo viel Gewicht, dafs feine Wurzeln zugleich mit nieder- 


gefenkt werden: fo bleiben fie in der Erhöhung, zu der 


fie das Auftreten der gefrornen Oberfläche des Bodens 
gebracht hatte. Die nächfte Nacht und der’ darauf fol- 
gende Tag von eben der Witterung thun ein gleiches. 
Gefchieht nun diefes vollends einige Tage hinter einan- 


der, fo werden die Wurzeln gar aus ihrem Standort her- _ 


ausgehoben, und die Pflanze ift ohne alle Rettung ver- 


loren. Wenn fie aber auch nicht fo gar weit herausge- 


hoben wird, leidet fie doch fchon fehr viel, wie ich her- 


nach darthun werde, | FR 
Jeder aufmerkfame und erfahrne Wirthfchafter weifs 


diefes zu gut, als dafs ich nöthig hätte, die bemeldete 


Wirkung des Froftes auf das Getreide weitläuftig zu er- 
örtern. Vielleicht hat auch mancher fchon den Schaden 
erfah- 


h 


} —— 163 
errahren kin Slkeeken: ‚warum ihm befonders verfezte 
Bäume eingingen, wenn fie die Befeftigungen an die 
Stangen oder Spaliere von einem Frühjahr zum andern 
behielten, die ihnen gegeben wurden. wen 
‘ Für die Witterung kann indefien, wie Kefigtl nie- 
mand: alfo ift wohl in Anfehung des Auswinterns des 
Getreides nichts zu thun? — - Ihre Wirkungen find frey- 
lich unabänderlich: ob man aber ihren nachtheiligen Eol- 
gen nicht zuvor kommen könne, ift eine andere Frage. 
‘Und ich antworte: man kann ihnen allerdings fehr füg- 


- lich zuvor kommen. Um diefes recht einleuchtend dar- 


‚zuthun, mufs ich mich Barmen auf den Betrieb und 
das Gefchäfte der Wurzeln in fo weit umftändlich ein- 
laffen, als zu meinem Erweis erforderlich ft.  . .. 

Was den Thieren die Werkzeuge find, vermit- 
tel: welchen fie die ‚Nahrung zu fich nehmen, . das. 
find den Gewächfen die Wurzeln. Bey Thieren, die 
von feften Nahrungsmitteln leben, nennt man fie den 


Mund, F refswerkzeuge; die hingegen, welche zu ihrem 
Unterhalt blos den Saft anderer Körper brauchen, haben 


dazu verfchiedentlich geftaltete Saugewerkzeuge erhal- 


ten. Von diefer Art find auch die Wurzeln der Gewäch- 


fe: und wie mich dünkt, ‚fängt eben hier gewiflermafsen. 
die Gränze zwifchen Thier und Pflanze an. 
‚ Diefe Werkzeuge der Gewächfe imügen nun an ih- 


.nen entftehen, wo fie wollen; fo find fie die Verlänge- 
»rungen der Hauptgefäfse, oder derjenigen Gänge, wel- 
"che den Nahrungsfäft führen Dies einigermafsen ‚ver- 
ftändlicher zu machen, mufs ich anzeigen, dafs den 
' Gewächfen eben fo, wie den Thieren, gewiffe abfon- 


Lam derliche 


ba 


\ 
x ylrz 


164 Op 


derliche 'Gefäfse gegeben find, in alten re e dh einge- 
fogenen Saft, nach ihrer Art, betreiben , zubereiten, al- _ 
len Theilen zuführen und anfetzen: mithin Nahrung und 
Wachsthum nur durch fie und von ihnen herkömmt. 

. Der erfte Anfatz zur Wurzel’befindet fich an jedem 
Saamenkorn da, wo der eigentliche Gehalt derfelben, 
‚mit diefen zuführenden Gängen feiner Mutterpflanze zu- 
\ fämmen hing, als durch welche er bis zu feiner völli- 
gen Reife genährt wurde, Aeüfferlich ift diefer Ort oft 
"fichtlich, entweder blos durch eine Vertiefung oder 
"Wulf, oder zugleich auch durch eine Farbe bezeichnet. 

Dies ift der Nabel, den die Botaniker hilum, fo wie die 
innere, diefem zunächft liegende kleine keilförmige Her- 
vorragung, roftellum, das Schnäbelchen, genannt haben. 

Da hier die Rede von den Saatpflanzen ilt: fo wird 

es nothwendig feyn, den erften Trieb derfelben einiger- 
mafsen zu betrachten. Wa 
Durch diefen Theil des Saamens hatten die Saamen- 
lappen der aufgehenden Pilänzchen ihre Nahrung bekom- 
men. Sobald der in ihnen fo eingebrachte Vorrath durch 
gehörige Feuchtigkeit und Wärme aufgelöft, in Bewe- 
"gung kömmt, tritt er in flüfüiger Geftalt natürlicherweife 
"vor allen Dingen hier ein. Das unterfte Ende des Schnä- 
belchens gewinnt von diefem Antrieb wie eine dünne 
durchfichtige Blafe, die man an der Spitze. jedes andern 
eigehtlichen Würzelchens durch gute Vergröfserungs- 
gläfer finden kann. ° Diefer ganze Theil des Saamens 
verlängert fich, zumal in der Erde ‚„ immer mehr und 
“mehr: anfänglich blos durch die aus den Saamenlappen 
herunter tretende Nahrungsfäfte, in welchem Zuftand es 
\ n noch 


| ‚noch keine von dem Standort in fich ziehen kann. Hier- 
inne liegt die Urfache des Verderbens, wenn ein ftarker 
Froft die Saat i im Milchen trift. a 
"Wenn nun der Saame, wie es feyn foll, gut unter 
gebracht ift: fo giebtihm die überliegende Erde, vermöge 
ihrer Schwere, einigen Widerhalt, durch den der Trieb 
des Würzelchens genöthiget wird, mehr in die Tiefe zu 
dringen, und fich um defto feiter' oder genauer an den 
init der zukünftigen Nahrung: befchwängerten Körper 
der Länge nach anzufetzen, und indem es fich in feinen 
Zwilchehräumen duschdrängt, AN ‚Re? mit: ihm zu ver- 
eikigen, Sa N 
Die angehende Afuhzeii jeder Pflanze find anfing 
ich nur einfach. Dielen as, aber ei Me nicht 


iltungen; ; ztaal Vaiejenigen, Aelahe man KR 
zu nennen ‚pflegt: Nicht allein'aber zieht das gedachte 


blafenartige‘ Ende jedes Würzelchens den Nahrungsfaft 


ein, fondern es kommen auch der Länge nach folche 
kurze zarte Austriebe zum Vörfchein, deren Gegenwart 


‚man aus den Erdgrümchen abnehmen kann, dieandie-. 


fen Würzelchen. behängen. bleiben, wenn die Pflanze 
 ausgehoben und nicht ausgezogen wird, Will man fie 
aber gehörig betrachten: fo mufs man ein gutes Ver- 
‚gröfserungsglas zur Hand nehmen, Ihre Zartheit ift fo 
ungemein, dafs fie, aufser der Feuchtigkeit, faft augen» 
blicklich vertrocknen, Indem fich nun auch von diefen 
jedes an ein Grümchen des Zwifchenraumes, ‘wo der 
| Hauptftamm durchdringt, feft anfetzt,- wird die Verbine 

dung der Wurzel mit dem Standort um defto felter, 
E30 | Dafs 


% j) 


166 een 


„ın' Dafs aber eine fefte Verbindung, oder unmittelbarer 
genauer Anfatz diefer Saugewerkzeuge mit dem Kör- 
per, aus dem’fie die Nahrung einziehen follen, ‚durchaus 


nothwendig Tey; braucht faft keines Beweifes, indem. 
uns die tägliche gemeinfte Erfahrungen. hiervon deutlich 


genug überzeugen, , Es kann j ja kein Menfch, wenn ihm 
das Vermögen fehlte, fich mit dem Munde der zu genief- 


Senden Nahrung fo zu nähern, dafs er fie mit den Lippen 
zu fallen im Stande ift, nicht einen Biflen Brod zu fich 


nehmen, wenn er auch nur um einen Achtelzoll von die- 
fem entfernt bleiben müfste; und wenn es etwas auszu- 
faugen giebt, wird jeder willen, wie feft die Lippen auf« 
| gefezt und angefügt-werden müflen. . So müfste die 
Hausfliege das Stückchen Zucker, oder etwas anders, 


wovon fie fich zu nähren hat, ungenoflen. laffen, wenn | 


ihr auch nur der zehnte Theil einerLinie zum feften Auf- 
fatz ihres Saugerüffels fehlte. Ueberhaupt gehört zum 
Saugen eine fo vollkommen genaue und fefte Auflage, 
oder Anfügung der Theile, durch die der. Transport, aus 
einem in das andere übergehen foll, dafs nicht die Ian 
defte Luft dazwifchen durch kann. 

"Nun haben aber die Gewächfe das Werne ln 
fich dem Nahrungsgegenftand, wenn ‚er entfernt wird, 
mit fo behender Willkührlichkeit zu nähern, wie die 
Thiere; auch fehlt es ihnen an Werkzeugen, vermittelit 
welchen fie ihn an fich zu nehmen und zu befeftigen 
vermöchten: wem könnte es alfo undeutlich feyn, dafs 
ihr nährender Stoff genau mit den T'heilen verbunden 
feyn müffe, durch die fie den Saft zu ihrer Nahrung in 
Tich ziehen, m 1) 

Es 


# / 


l 


Es. ift jedoch ein blofses Berühren, Anliegen ihrer 
Saugewerkzeuge oder Wurzeln an felbigem nicht hin- 
länglich. Man ziehe oder he ebe vielmehr eine Pflanze mit 
aller Sorgfalt aus ihrem Standort, und fpühle ihr vollends 
auf | A allerbehutfamfte. die Grümchen Erde von den 
Zäferchen ab, fetze fie unverzüglich wieder in eben den _ 
Boden mit aller möglichen Sorgfalt, um die Erde mit al- 
len ihren Punkten in Berührung zu bringen; unddennoch 
werden Blätter und weiche Aefte einige Zeit lang wenig- 
| ftens hängig oder welkig, fchlaff feyn, was die Gärtner 
nit trauren ausdr ücken, zumal, wenn die äuffere Luft 
eine vermehrte Ausdünftung bewirkt. Denn die vorige 
"Richtung der Zäferchen wurde doch verändert, zudem 
hatten fie fich noch nicht gänzlich mit ihren feinften 
Theilchen an die Nana hruckehen der Erde befe. 
..Riget. * Ä 
Hieraus, dünkt mich, fiehet man. nun, wie der Ge- 

treidepflanze auch nur ein einziger Froftzug fchon zum 
Nachtheil feyn kann, wenn ihm unmittelbar die aufthauen- 
de Sonnenftrahlen folgen. Und um wie viel mehr, wenn | 
diefes zu wiederholtenmalen gefchieht. Diefe Urfache 
ift indeffen auch nicht die einzige, fondern die alfo, ver- 
mehrte Ausdünftung den Tag über, trägt das ihrige eben- 
falls bey, indem es der Pflanze aus nur erwähnterHaupt- 
-urfache, am gehörigen Nachfchub des Saftes fehlt. 
‚Ueberdem mangelt es ihr auch an einer eigenen fonder- 
lichen Schwere, wodurch fie wieder in die durch den 
‚Froft aufgelockerte Erde niedergedrückt werden könnte. 
‚Die Wiederholung einer folchen Umänderung läfst ihr 
nicht Zeit, fich mit ihren Saugewerkzeugen wieder ge- 
u a Ä nauer 


168. in 


nauer mit der Erde zu vereinigen. . Sie mufs krank wer- 
den: und kaum wird fie etwas von dem Toode und gänz- 
lichen Untergange retten, als eine Laft Schnee,\.die über 
fie herfällt, wenigftens einige Tage liegen bleibt, und 
dann gemächlich, ©hne ftarken Regen, oder fehr war- 

imen Sonnenfchein, fich gleichfam verliert. 
Wenn aber auch das Frühjahr mit dergleichen wit. 
terung und ihren nachtheiligen Folgen für die Winter- 
faat eintritt: fo wird man doch nie finden, dafs diefes 
 Verderben auf einem Acker, Pflanze für Pflanze betroffen 
habe. Was rettete alfo die übrig gebliebenen, da doch 
die verderbliche Urfache allgemein war? | 
Ohnftreitig waren ihre Körner vermittelft der Beh, 
tiefer als die andern untergebracht worden. Befchwert 
alfo von dem über ihnen liegenden Erdreich, hatten die 
Wurzeln um defto tiefer gewuchert und fich um defto 
fefter angefezt, als dafs fie der Froft von ihrer Vereini- 
‚gung ganz losgewältigen konnte. Und eben hierinne‘ 
liegt eines Theils des Landmannes Vermögen, zu verhü- 

ten, dafs feine Herbftfaat nicht auswintert, 
Er wird alfo wohl thun, wenn er bey Beftellung Ä 
feiner Felder zu diefer Saat darauf bedacht ift, fie fo zu- 
zurichten, dafs die Wurzeln auch tief genug dringen 
können, und dann den ausgeftreuten Saamen vermittelft 
derEge gehörig unter zu bringen oder gut zu bedecken: 
diefes gewährt ihm zugleich auch Sicherheit vor den Räu- 
bereyen der Vögel, Mäufe u. dgl, Gleichwohlikann 
auch fo immer noch vieles nicht nur für diefe Thiere 
flach liegen bleiben, fondern das auch den nachtheiligen 
Folgen gedachter Witterung unterworfen ift. ' 
Das 


"Das allgemeinfte und ficherfte Verwahrungsmittel 
wider die erwähnte unverhinderliche Urfachen und Wir- 
„kungen der Frühjahrswitterung zum Nachtheil des Ge-. 
treides ift demnach wohl eine zeitige Beftellung der 
‚Winterfaaten, ‚denn fo wuchern die aufgegangene Pflan- 
‚zen mächtiger und tiefer mit ihren Wurzeln, als dafs 


' Ihnen hernach im Fr ühjahr die Abänderungen vom F roßt. 
und Sonnenfehein macen könnten. 


"Das 1783 Verflöffätte Wirthfehaftsjähr war ein de 
licher, gleichfam tedender Beweis hiervon. Die Nacht- 
fröfte dauerten weit ins Frühjahr hinein, ohne Bedek- 
kung von Schnee, und den Tag über fürtreflicher Son- 
nenfchein ‚ das uns alles für den Wohlftand der Winter- 


faaten fürchten liefs, und dennoch hatten fie Bat nicht 


Bo gelitten, 


Was war die Urfache ? gewils keine andere, als 
ah die Pflanzen durch die eben fo lange in den Wi inter 
hinein "anhaltende Herbftwitterung um defto mehrere 
und tiefere Wurzeln hatten fehlagen können. Und ich 
glaube, wenn diefes nicht gefchehen'wäre, die anhalten- _ 

de Dürre des Sommers hätte äuflerft üble Folgen für ir 
| Ertrag diefer Feldfrüchte gehabt. | 


In ae niedern Landesftrich ftand das Getreide 
im Frühjahr fehr fchön: die aber aus dem untern fächR- 
fchen Gebirge zu uns kamen, verficherten einhellig, dafs 
der Getreideftand bey ihnen gleichwohl noch vorzügli- 
‚cher fey. Ohnftreitig blos daher, weil der dortige Land- 
man ich wegen der gewöhnlich zeitiger einfallenden 
| En 9 Kälte, 


ui 


Kälte, fo zeitig, als nur immer feyn kann, feine Einfaat 
macht. “1 u | 


Vielleicht, dafs man diefer Ba: das Veber- e 
wachfen entgegen fetzen möchte, zumal wenn die 


‚ Herbftwitterung fchön und lang anhaltend it. Litte, u 


die gegenwärtige Abhandlung die nothwendige Weit- 
läuftigkeit, bey der noch obwaltenden beträchtlichen 
Fintternifs um die gründliche phyfiologifche Kenntnifs 
der Gewächfe: fo könnte ich es aus unwiderfprechli- 
chen Gründen, erweifen, wie man durch die wirthfchaft» 
liche Handlung, die man fchröpfen nennt, nicht al- 
lein diefs Beforgnifs tilgt, fondern fogar eine Korn- | 
eriparnifs bey der Ausfaat veranlafst. Es mag, alfo hier 
nur bey ein paar Erfahrungen fein Bewandnifs haben. 


Ein Freund, der fich verfchiedene Jahre in. Turin 
aufgehalten und auch in der dortigen Landwirthfchaft 
umgelehen hat, erzählte mir unter andern: Man fie 
‚ dort alles Wintergetreide fo zeitig, als nur möglich, 
aber bey weitem nicht fo dichte, als hier: und das 
zwar darum, es zum Futter für das Vieh den Herb 
über zu fchröpfen, wobey es ich ausnehmend be- \ 
ftocke. 


Ein hiefiger Wirthfchafter hatte unter den man- 
nigfaltigen Saamen, defien junge Pflanzen er zum Fut- 
ter für fein Vieh, ‘als Gemang beftimmt hatte, zufälli- 
N gerweife auch einen Theil Winterkorn genommen, 
Er benutzte den ganzen Sommer über, bis im Herbft, das 
Beet zur beftimmten Abficht. Im, nachfolgenden Früh- 

jahr 


‚178 
Jahr wurde er gewahr, dafs fich die Kornpflanzen aufser- 

ordentlich beftockt hatten, und überliefs deshalb alles 
"=, der Natur. Ich habe an diefen Stöcken felbft zu. dreyfsig 
und mehreren Hälmen mit vollen ‚nachgehends überwich- 


tigen Aehren gezählt. ei 


Fe erkusl erhellet alfo deutlich, wie der Landwirth- 
fchafter durch eine möglich , ‚zeitige Beftellung feiner 
Winter faat, ihr Auswintern nicht allein am ficherften ver- 
hindern, fondern auch, wegen der ftärkern Beftockung | 
‚ihrer Pflanzen, fogar eine Erfparnifs an den auszuftreuen- 
‚den Körnern’n machen könne, | 


LK} 


172 ——— 


> ee | 
aan 
Bemoofen der Bä 


aume, 
‘in wie weit h vo KERHERn 

es ihnen fchädlich il. 0 
(Eine Vörlefung in der allgemeinen Verfammlung 
der Leipziger ökonomifchen Gefellfchaft. Jubi- 
late-Melle 1783.) 


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Aıs die hiefigen Miiglieder der ökonomifchen Gefell- 
{chaft bey dem Herrn Generallieutenant Grafen Vitzthum 
vonEckftädt gegen das Frühjahr zufammen kamen, brach- 
te mich die Jahreszeit auf den Gedanken der Bemoofung 
. der Bäume; ; und ich war damals fehon Willens, meine 
Meinung hierüber in einem kleinen Auffatze vorzutra- 
gen. Gewifle dringende Arbeiten aber hinderten mich 
an der Erfüllung meines Vorhabens, und ich verfprach, 
es bey gegenwärtiger Gelegenheit zu thun, Beynahe 
follte ich indeffen bey mir anftehen ‚ eine Verfammlung | 
von fo verehrungs -, fo hochachtungs - und einfichtsvol- 
len Männern, als ich hier gegenwärtig fehe, ‚auch nur 
den geringften Theil der, Zeit über von Gegenftänden zu 
unterhalten, die fo unangefehen, fo geringfchätzig, Non R\ 


\jeht in vieler Augen fogar verhafst find, 
Wer 


er a 


‚Wer fieht diefe Gewächfe gerne irgend in feinem 
nach der Natur oder Kunft angelegten Garten an feinen 
'. „Bäumen, auf feinen Wiefen undGrafeplätzen? Sie haben 

‚zudem weder im Ganzen, noch in ihren Blüthen etwas 
anzügliches für unfere blofse Augen, nichts für den Ge- 
‚fchmack und Nahrung des Menfchen, nicht einmal des 
'‘Viehes! Man fiehet die Bäume mehrentheils kranken a 
"die am häufigften von ihnen befetzt find; derBoden, wo 
‚fie in Menge vorhanden find, A Da fie 

alfo diefe Gebr echen des Bodens und der Pflanzen, wie 
"man gemeiniglich glaubt, verurfachen; da fie zudem für 
"unfere Sinne nichts anzügliches haben: fo thut man 
doch wohl Recht, wenn man fie mit geringfchätzigen 
Augen anfieht ?-wenn man fie hafst? wenn man fie über- 
"all gleich wegkratzt, und,-wo es nur möglich wäre, fie 
"gänzlich zu tilgen und auszurottertrachtet? 


Könnte und wollte ich mich hier auf das Ganze ein- 
laffen : fo follte mir es nicht fchwer fallen, handgreiflich 
darzuthun, wie Unrecht man hierinne diefen Gefchöpfen, 
gröfstentheils wenigftens, thut. Sollte der Werkmei- 

fter, deflen göttlich tiefe Weisheit und unbegreifliche 
Güte fich jedem, der als Menfch diefes fo unerforfchlich 
mannigfaltige Werk feiner Hände, die prächtige Natur, 
auch nur nach der Oberfläche der Dinge betrachtet, fo 
deutlich zu erkennen giebt, follte diefer Gott fo _viele 
Arten von Moofen zum Verderben der Mitbürger des 
‚ Naturreiches und zur Plage der Menfchen gemacht ha- 
4 ben? — Und um diefes Verderben, diefe Plage zu ver- 
“ gröfsern, fie eben mit der erftaunlichen Menge von Saa- 
RS men 


2 PER, OR 


men und ihrer Verbreitungsfihigkeit, die MER IE 
verfehen haben? — | 
Schon diefes räumt en mit einer wirklich geläuter- 
ten Vernunft nicht zufammen. Und wären fie, diefe un- 
angefehenen Moofe nicht, wie viele Wälder würden 
nicht feyn, das nicht feyn, auch nicht fo feyn, was fie 
find und wie fie find. Wie viele für Menfchen und Vieh 
‚gedeihliche Kräuter würden wir entbehren müflen? Vie- 
‚le Berge und Felfen würden nicht zu fo nutzbaren Wei- 
‚den, und viele Sümpfe und Moräfte zu den fchönen er- 
‚giebigen Wiefen gediehen feyn, als fie es, nun find. — 
Kurz, eine Menge andere Vortheile in der Oekonomie 
würden uns, wie der ehemalige, fürtrefliche Naturfor- 
fcher Gleditfch bereits weitläuftig dargethan hat, fehlen, 
wenn die Moofe nicht wären. Und was ihre Schönheit 
betrift: fo übertreffen fie hierinne in Wahrheit viele der 
gröfsern Pflanzen um fo viel mehr, da, wiebekannt, der 
‚göttliche Werkmeifter der Natur in das Kleinere, nur 
mit gewafneten Augen recht zu betrachtende,, mehren- 
theils weit mehr Kunft, weit mehr Schönheit; als in das 
Gröfsere gelegt hat; ohnftreitig um dem Weifeh auch 
hierinne eine deutliche Anzeige zu geben, wie fehr‘ 
fchön vollends das feyn werde, was-kein fterbliches 
Auge jetzt irgend auf eine Weile zu Ishen und zu be- 
trachten vermag. Vet.) YA 
Wie indeflen in der hiefigen endlichen und verwes- 
lichen Natur nichts fo fchön, nichts fa gut und nützlich 
it, das nicht auch zu fchädlichen Folgen Gelegenheit 
geben könnte: fo würde es ganz ungeräumt feyn, wenn 
man die Moofe durchgängig ganz und gar hiervon aus- 
I h nehmen 


—. 


De 175 


nehmen Weihe Ob fie aber überhaupt an den Bach 


insbefondere den Obftbäumen, Selbftfchuldner der übeln 
Umftände find, in welchen man diefe von ihnen befez- ! 


ten Bäume antrift, oder ob fie es nicht find? und wenn, 


fie einige Schuld daran haben follten, in wie ferne man 
fie ihnen beymeffen kann? ift es, was ich gegenwärtig 
darzuthun fuchen werde, 


' Der Menfch hat vor allen (ebenden pellknäreh: Ge- 
fehöpfen eine vernünftige Seele erhalten: und Kraft die- 


fer hohen Gabe ift es ihm Pflicht, alle Vorfälle in dem 


Leitfaden zur Brkenntnifs eines höchtt weifen, gütigen 


und allmächtigen Wefens, dem allen offenen Zeugnifs 
wider die Leugner oder Verächter eines anbetungswür- 


digen Gottes, in der Natur genau Achtung zu geben, fie 


zu betrachten, und diefe Vorfallenheiten, fo viel nur 
möglich, richtig zu beurtheilen. | 
Das erfte, was in Anfehung der Bemoofung der 


Bäume, um der Deutlichkeit willen, vor allen Dingen 


‚ nöthig feyn wird, ift, dafs ich den noch immer fchwan- 


kenden Begriff Moos einigermafsen aus einander fetze. 


"Man hat ehemals unter diefer Benennung alles dasjenige 


angedeutet, was fich auf der Erde, auf den nackten Fel- 


fen, den Dächern, Mauern, an’ den Bäumen, im Waller 


und Sümpfen von kleinen oder fonderbaren Pflanzen be= 
fand, an welchen man oft keine Wurzel, keine Blüthen, 


nichts von Früchten gewahr werden konnte. Und wenn | 
"man auch bisweilen kleineKnöpfchen, vollvon äulsertt fei- 
‚nem, dem Staub gleichen Pulver, Schüffelchen und derglei- 


chen vom Pflänzchen felbft unterfchiedene Theile fah, doch 


nicht wufste, was man daraus machen follte; weil fe 


EM: all gar 


er 


gar keine Uebereinkunft mit den Befruchtungstheilen 
oder Früchten anderer Pflanzen zu haben fchienen. Die- 


fes ift auch noch der gemeine Begrif, indem fogar die 


Gewächsforfcher feit nicht fo gar langer Zeit erft einzu- 
‚fehen angefangen haben, dafs er viel zu weitichweifig 


genommen fey. Linne theilte fie daher in Moofe, After-. 


moofe und Flechten ein. 
Eigentliche Moofe find N die einen Sam) 
Veräftungen und Laub, gleich andern Pflanzen, haben. 
. Aftermoofe hingegen, die zwar aus einer Art von 
Laub beftehen, aber nicht fo wie andere Pflanzen ver- 


'äftet find, und auch gemeiniglich keinen dergleichen ai) 


- Stamm haben, fondern ihr Anfehen ift gleich einem mehr 
oder weniger getheilten Blatt, oder der Gehalt von Blät- 
tern it wie fchwammig. - Diefe werden gemeiniglich 
Leber- und Lungenmoofe genannt. / 


Endlich gehören die Flechten gleichfam auch 
unter die Aftermoofe. Weil fich aber ihrer viele nur 


wie ein etwas erhabener Schurf, bisweilen auf derErde, 
- :mehrentheils aber ‘an der Rinde der Bäume, nach und 
nach ausbreiteten, daher das Anfehen eines gewiflen Aus- 
fchlages am ‚thierifchen Körper hatten: ee nannte man fie 
Flechten. | | 
Eine etwas eiscneliahen und 1 Natur der Sache 
angemeflenere Eintheilung würde feyn, dafs man die 
mit offenbar ftäubenden Behältniffen verfehene, 'eigent- 
lich Moos nennte, und fie in Laub- und Leber- 
moofe eintheilte; die übrigen aber Lun le 
zen und Flechten nennte. 


Wie- 


Pe 


\ 


 Wiewohl fich viele arten N lediglich auf der 
Erde aufhalten, und urfpr ünglich aus ihr die Nahrung zu 
üch nehmen :.fo halten lich ihrer döch mehrere, zumal 
an den Hleohten und Lungenpllanzen, auf unwirthbaren 
„Rt elfen und St teinen, Dächern, Bäumen, Sträuchern auf. 
Da man nun im leztern Fall, ‚diejenigen nämlich, welche 
fich an der Oberfläche der Baumgewächfe angefezt ‚hat- 
ten und da lebten, in Verdacht nahm, dafs fie i ihre Nah- 
rung aus der Rinde, wo fie fich befanden, einfaugen: fo 
zählte man fie unter die Schmarotzer, oder folche Pflan- 
zen, die, wie unfer Mittel (Vifcum elbum), das Frauen- 
haar (Cufeuta euröpacra) u, a. m. ihre Nahrung von dem 
zubereiteten Saft anderer Gewächfe in fich ziehen. Wie 
Karat ‚aber.diefes von den Moofen "und andern dahin ge« 
. rechneten Pilanzen, gegründet fey, wird nachgehends 
von felbft erhellen. 

‚Die Gattung und Art derfelhen mag indeffen feyn, 
welche es will: fo haben fie allefamt, wie die andern 
Gewächfe, ee beiderley Ge- 
fchlechts. Sie zeugen alfo und vermehren fich, gleich 
andern Gewächfen, durch ihren eigenen Saamen. 

Diefer Saame hat aber das befondere, dafs er von 
allen Gattungen und Arten dem feiniten Staube gleich it. 
ı  Erbedarf alfo der Flugwerkzeuge nicht,die der weifeSchö- 

y pfer vielen Saamen der anerkannten heilfamften Gewächs- 
‚arten gab, um fich weit umher ausbreiten zu können. 
Er ift fo fein und fo leicht, dafs ihn die trockene Luft 
wie weit mit fich fort führt. Ich fage, die trockene 
j Luft; | denn die Saamenbehälter faft aller bekamen’ von 
. derHand ihres Stifters die Women dafs fie fich, auch 
M | nur 


1 


178 | 


nur bey feuchter Luft entweder nicht aufthun, oderwenn 
fie fich auch fchon geöfnet hätten, doch wieder fo ver- 
fchliefsen können, dafs die Auskunft der Saamen Hicht: 
möglich ift. | 

Da nun diefer Saame fo äufserft klein und fein if, 
dafs auch das fchärfite, aber unbewatnete Auge nicht 
vermögend ift, ein einzelnes feiner Körnchen zu entdek- 
ken; da diefemnach feine Schwere fo äufserft gering 
feyn mufs: fo ift daraus offenbar, dafs ihn die Luft, 


gleich Sonnenftäubchen,, überäll mit fich führt; dafs er 
in der geringften Unebenheit der Oberfläche eines Kör- 


pers einen Raum findet, wo er fich,, gleich dem Staube, 
verhalten kann. 


Wem ift es aber nicht fogleich einleuchtend, dafs 


ein fo erftaunlich kleiner Saame fchr leicht ganz ausge- 
trocknet und zum Aufsehen völlig untauglich gemacht, 
auch von einem neuen Stofs der Luft wieder weiter ge- 
führt werden kann? Und in wie weniger Zeit mufs nicht 
vollends die offene Sonne dem ungemein kleinen ‚An- 
kömmling in diefen Sämchen, durch ihre ni, und 
Austrocknung das Garaus machen. 


In allem diefen liegt auch die Ur fache, warum man 


felten einen im ganz freyen einzeln ftehenden Baum fon- 
derlich bemooft antrefifen wird; und warum die Bemoo- 
fung der Bäume fürnämlich die 'Mitternachtfeite hält. 
So läfst fich auch daraus abnehmen, warum fich in ftets 
befchatteten und feuchten Often die inehreiten Moofe 

aufhalten oder zum Vorfchein kommen. | 
Der kleine geringe Saame der Moofe kann alfo in 
jedem kleinen Ritzchen, jedem vertieften Pünktchen der 
! Rinde 


Rinde behangen bleiben. Nicht allein aber wird. diefer 
> Saame in den mehr oder minder ftarken Bewegungen 
der Luft herum getrieben, fondern auch der ihm gleich 
leichte und feineErdftaub. Beide können folglich in ein 
und eben der Unebenheit zufammen kommen. 


Bleibt er da von en Verderben der Austrocknung 
befreyt, und erh: ält wenigftens nur fo viel Feuchtigkeit, 
als zu feinem Aufgehen erforderlich ift; fo kommt fein 
durch die Befruchtung erhaltenes Lebensvermögen in 
Bewegung, und der ungemein kleine Embryo beginnt. 
feine von diefem abhangende Würkungen. Er treibt, 
wie alle Gewächfe, in diefem Zeitpunkt ihres Dafeyns, 
erit das Würzelchen; oder er ftreckt fein zartes Sauge- 
 werkzeug erft nach Nahrung aus, und gelangt nachher, 
‘bey günftigen Va zu feinem vollkommenen 
Wachsthum. 


Die Pflanzen diefer Art reifen nicht nur, wie am 
gewöhnlichften die andern, ihre Saamen im Herbit, fon- 
dern auch fehr viele zum Frühjahr. Diefe leztere Jah- 
 reszeit aber ift befonders den Stürmen unterworfen. 
Folgt nun den hellen ftürmifchen Frühlingstagen ein an- 
haltendes fanftes Regenwetter: fo kann der aufmerkfame 
Beobachter oft ganze Schäfte, ‚auch junger glatter Bäu- 
me, mit einem Grün um und um belegt fehen, das le- 
diglich von den aufgehenden Moofen herkam, weil zu- 
. gleich mitihren Saamen auch die umhergetriebene Flug- 
erde vom fanften Regen gleichfam angeklebt wurde, 
welche aber der darauf folgende immer wärmere Son- 
nenfchein,. zumal von der Morgen- und Mittagsfeite, 

N RR gänz- 


go sem 
‘gänzlich und defto leichter'verdirbt, weil fie wegen der 
glättern Rinde weder Anhalt, nu Nahrung genug be- 
‚ikommen)können. | N... aa 

Man fieht alfo, dafs eine rumzlichte,, fchäbige und 
Kiflig ze Rinde, nebft nur erwähnter günftigen Witterung 


und Richtung, dem Bemoofen der Bäume um defto be- 
för derlicher feyn müfle, je mehr Flugerde fich in. diefen. 


ihren Vertiefungen erhalten katın. 

Daher kömmt es denn, dafs man alte fchäbige Bäu- 
me init den mehreften Moofen behaftet antrift. i 

Es verhält fich auch mit der Oberfläche der Ge- 
wächle auf eine älmliche Weife, wie mit der des Men- 
'Tchen und aller 'Fhiere, dafs fie durch das Alter uneben, 


runzlicht, und bey diefen belonders rilig wird. Wie 


aber der Menfchen und Thitre Alter nicht auf die Zahl 
ihrer Jahre ankömmt, fondern bekanntlich unter den 
Menfchen, dem äuiserlichen Anfehen nach, diebzigjähri- 
ge Jünglinge, oder w enigftens junge Männet, aber ‘auch 


zwanzig, dreyfsig-, höchftens xierzigjährige 'Greife 


üind; ein elend gefüttertes , und vor jeinem zweyten, 
wo nicht erften Lebensjahr an, erbätmlich im Dienfte 


geplagtes Pferd, längitens in der Hälfte feiner Pferde- 
fahre, viel dürftiger ift und älter ausfi eht, als em ge-, 


mächlich gebrauchtes und gut gefüttettes Rois kaum, 


wenn es das hohe Pferdealter von fünf und zwanzig und | 


einigen mehrern Jahren hat: fo giebt es auch unter den 


perenkirenden Gewächfen, oder den Obftbiumen, auf Ye 


die ich mich hier eigentlich eeinfchränke, junge fehäbige 
Krüpel, ob fie gleich'von einer guten Art abftammen, 
und fchüne, glatte, bejahrte Stämme, je nachdem der 


Boden, -- 


Boden, von dem fie fich nähren len, und die Pat ih- 
res Standortes befchaflen ift. 
Um nicht zu weitläuftig zu werden, will ich mich 


hier nicht dabey aufhalten, woher die vorzeitige Veral- 


v 


tung derObft- und anderer Bäume herkommt; vielleicht; 
SR ich mir ein andermal Gelegenheit nehme, ausführ“ 
lich davon ZU reden. Weil man indeflen diefe oft am 
hänfie ften mit Pflanzen befezt angetroffen hat, die unter 
.. dem allgemeinen Namen Moos angezeig ‚t werden: (6) 
{ gab diefes zu der Meinung Gelegenheit, dafs eben die 
von der Art des Baumes entfremdete Pflanzen, die Ur- 
fache von ‚dem mindern Wuchs B, Kränkliehkeit und vor- 
zeitigem Alter des Baumes fey, weil fie ihm durch ihre 
\ Wurzeln den Saft benehmen, den er aus’dem Standort 
zu feinem eigenen Bedürfnifs eingefogen hatte. ET 
W enn diefes fich fo verhalten follte, dafs die Laub- 
und Lebermoofe, Eungenpflanzen und Flechten fich, 
‚von dem Safte des ‚Baumes nähren, an dem fie fich be» 
finden: fo mäfsten ihre Wurzeln. wenigftens bis in as 
| feinen Gefifse feiner Rinde dringen. | 
| Zu kingnen ift es zwar nicht, dafs deren welche 
find, die mit dem obern: Häutchen eine fo fefte Verbin- 
dung haben, dafs man fie kaum, ohne Verletzung defiel- 
ben, ablölen kann. Ja es sieht fogar welche zu diefen. 
\ Gewächfen gerechnete, die das Oberhäutchen zerfpren- 
N ‚gen, alfo aus der Rinde felbft zu kommen fcheinen, „da 
Kl Her fie Einige unterhäutige Flechten ( Lichenes fubeuta. 
\neos) genannt haben,, von den neueren aber zu Kugel- 
‚ pflanzen (Sphaerjae } gemacht worden find. Deren find 
„aber | in der That, zumal wenn man das Aechte von dem 


Ma Un: 


ee . — 


Unächten abzurechnen weifs, eben nicht fo gar viele. 
Daher es denn um defto weniger zu läugnen iit, dafs 
diefe leztern befonders, in wie ferne fie wirkliche frem- 


de Bewohner ganz friicher lebendiger Bäume und de- _ 
ren Aefte find, fie allerdings nicht © nachtheilfrey a | 


könnten. 

Es ift indeffen eine ganz andere Frage, ob die an 
den Bäumen unter dem allgemeinen Namen Moos be- 
findliche Gewächfe, die Grundurfache vom Erkranken 
‚des Baumes find? oder, ob diefe Bäume nicht würden 
krank geworden feyn, wenn die Moofe auch nicht zu 
ihrem Aufenthalt an ihnen gelangt wären ? und eine ganz 
andere, ob fie feiner bereits vorhandenen Krankheit oder 


Gebrechen ferneren Vorfchub thun? Hierzu fetze ich j 


noch: ob, wenn diefes ift, fie es durch fich felbft, oder 
vielleicht nur zufälligerweife thun ? ' ; 

.... Diefes gehörig auseinander zu fetzen und zu erör- 
tern, mufs ich nun erft von den Wurzeln diefer Gewächfe 
reden, und einen.gewillen Umftand erwähnen, der fich 
bey ihnen mehrentheils ereignet. ‚Sie haben allerdings 
diefe Werkzeuge faft alle, und zwar meiitens in fo grof- 


fem Ueberflufs, als man es fich kaum von ihrer Gröfse 
vorftellen follte. So ftark und fefte aber find fie nicht, - 


dafs fie in die Rinde der Bäume eindringen follten: oder 
vielmehr, der Trieb diefer Pflanzen ift fo gewaltig nicht, 
dafs fie mit diefen ihren Saugewerkzeugen in viel feftere 


Körper, als fie find, hinein zu kommen vermöchten. 


Verfchiedene von den Moofen, die fich an den Bäumen 
aufhalten, leben auch auf den dürren feften Steinen und 
Felfen. Diefe Felfen, diefe Steine haben keine faftfüh- 

rende 


, 


: | | 


pP) 


rentle Ader n, von welchen fie fich nähren alien Und 
wenn ie diefe auch hätten, wer. wollte doch glauben, | 
dafs fie. ihre F eftigkeit zu bewältigen im Stande wären, 
da dem eröfsten Baume das Vermögen fehlt, feine zarte 
Saugefaler nin das F eite des Gefteines hineinzu zwingen. 

‚Wie leben, wie erhalten fich denn aber diefe Ge- 


ı auf einem für alle Bürger diefes Reiches fo un- 


wirthbaren Standor! t, als der nackte Stein, der ganz ent-. 
blöfste, Fels it? — Ich habe vorhin dargethan, dafs ihre 


taubfeinen Saamen zugleich mit der feinften Flugerde in _ 


die mehr oder minder beträchtlichen Vertiefungen durch 
den Wind eingebracht werden, und fo >) en 
uud glinfiger Witterung aufgehen. 

Die Blätter aller Laubmoofe hängen nicht N ! 
eines Stielchens, wie z. B. die Blätter der Obft- oder an- 
derer Baumarten, mit dem Theil, worauf fie fıch befin- 


‚den, zufammen, fondern fie fitzen mit dem untern brei- 


ten Theile am Stamm und Acften, wenn er in welche 
vertheilt it, an. Die fetten Lebermoofe haben eine un- 


| ebene Fläche; der Rand ihrer Ausbreitung ift erhaben, 
und wie mit kleinen Härchen befezt, Noch mehrere 
Solche Färchen befinden fich auf den lockern Lungen. 


er moofen; ja ihre ganze Oberfläche it wie mit einer feinen 


\ 
| 
| 


Wolle belegt, daher eben die Verwandlung vieler,von 
unangenehm weilslichter, afchgrauer,. brauner F arbe, in 
‚Grün entiteht, x wenn fie nafs werden. Ueberdies wird 
man felten ein Moospflänzchen ganz allein antreffenz 
mehrentheils find ihrer ichon vom Anfange mehrere bey- 
Jammen. ‚ Und was die Laubmoofe befonders anhetrift, 
do ikt auch der Stamm der inehreften mit Blättern befezt. 
MAN, a Aus 


4 


“ 


N 


.zwifchen diefen Fflänzc} 


Aus allen diefen Umftänden erhellet, wie leichte 
die i in der Luft herumgetriebene feine Erde fich an und 
unter diefen Pflanzen verhalten kann, die ein fanfter ‚Re- 
gen befeftiget; nachmalige Winde wieder andere her- 
zubringen, die durch den darauf folgenden Regen aber- 
mals befeltiget wird u. f. £.- Nimmt man bierzu die 
noch von neuem hinzukommende und aufgehende Saa- 
men, wie denn oft in ein und eben dem kleinen Raten 
auch mehrere Arten unter einander gefunden werden: 
fo fieht man, wie durch dergleichen Abänderungen, 
nach und nach der fefte, von Gewächfen unbewohnbare 
Fels, zu einem auch von weit gröfsern und beträchtli- 


‚chern befezten Platz werden kann, als die Moofe find, 


Wer fich von dem erften Anfang diefer Berafung der 
Gefteine, eines Felfens, überzeugen will, der mache 
nur ein kaum anderthalb Zoll im Durchmefer betragen- 
des Häufchen Moos von daher ab: fo wird er die ver- 
hältnifsmäfsige Menge Erde offenbar fehen, die fich 
hen sefammelt hat, und fie an 
den von ihren Wurzeln undurchdringlichen Körper ber 


felligte, | : Sr 


1 


Eben diefes gefchieht auch dann, wenn die Moofe 
an den Bäumen anfitzen. Dafs aber ihre Saamen fich 


.nebft der Flugerde an'ihren Stämmen und deren Ver- 


theilurigen verhalten können, müflen doch erft Uneben- 
heiten, die Vertiefungen und Ritze oder Spalten in der 
Oberfläche der Rinde vorhanden feyn. Gleichwohl aber 
fcheint es nicht, als ob die Bemoofung der Bäume, auch 
bey günftiger Witterung, allein hiervon abhänge. Der 

I fo 


( 


= 185 


fo'zarte ‚als leichte. Saame ‚diefer Pflanzen fliegt allent- 


{9 EN un N . y - 5 Re ! 
‚halben herum: und doeh wird man in ein und eben dem 


Garten alte fchupige Bäume finden, die über ihre ganze 
"Oberfläche frey von. diefen Gäften find; da hingegen 


en, und ‚vielleicht viel jüngere, minder runzlichte 
oder fchupige, deren mehrere beherbergen, Schon die- 


fes läfst uns’ mit Grund vermuthen, dafs Bäume, an 
denen die fogenannten Meospllanzen behaiten follen, 
bereits eine kränkliche Anlage in ihren flüligen und. 
 feften Theilen haben müflen : oder dafs der Zuftand der 


„Rinde und ihre Ausdünftungen fo eingerichtet find, 


dafs: fie dem Aufgehen ‘der Moosfaamen Vorichub 
- thun.: a N 


Und wenn re a nicht wäre: fo if 
nichts Bewilfer, als dafs fich die Moofe an den Bäumen 
‚keinesweges vonihrem Saft ernähren, undalfo ihre Wir- " 
the, für die gütige Herberge, fo übel belohnen. Viel- 
leicht thun fie i ihnen. gar mehr Güte, als man bisher ge- 
glaubt hat. ı _ Ey | Ss 


Keine unter dem Namen Moos insgemein verfan- 


. dene Pflanze, die fich an den Bäumen aufhält, hat, ge- 


gen ihren Standort gehalten, eine fo gar beträchtliche 
Gröfse. Um defto leichter wire fie alfo von dem Bau- 
me.ftets in einem faftvollen Zuftaude zu erhalten, wenn 
‚diefer N von feinen Säften verforgen und Jernähren 
m ikfste. Man befehe aber diefe Moofe und befühle fie 
am a zweyten, oder hüchitens Gritten trockenen 
Tage: fo wird man aus ilırem dürren Zuftand, wenn 
man. anders vorurtheillos ift, mit Veberzeugung abneh- 

| N a Mas Men, 


136. | N ia 


men, dafk fich diere Eilöhzöhen vom Baume nicht fo näh- 


‚ren und ihn faftlos machen, als man fie bisher im übeln 
Verdacht hatte; folglich hierdurch keinem Baume auch 
nur den Schaden zufügen. 

Ja die Laubmoofe befonders, a wie ich a 
und aus Veberzeugung glaube, als eine wohlthätige 
Anordnung Gottes auch zum Beften der Bäume anzufe- 
hen; nämlich, ihnen von der Krankheit, die fie fo vor- 
zeitig alt machte, zu helfen, I 

Dafs die Moofe die mitfernächtliche Seite der Bäume 
wider die rennende Kälte im Winter Ichützen, haben 


bereits andere mit gutem Grund erwiefen. Man weils, 


dafs lich aus der Stärke und Schwäche der Zirkel eines 
quer dur chfchnittenen Stammes, auf die feucht und trok- 
‚ kene Jal ıre fchliefsen läfst; dafs man fogar aus diefen 
u am unbewegt noch ftehenden Stock, die Him- 
meisge genden N abnehmen kann. Die höchften 


Grade der Hitze una die höchften Gr ade der Kälte haben 


einerley W ürlct ng. Wenn wir nun die in ihrer Jug end 


veraltete und bemopfte Obftbiume unterfuchen, und auf 


ilıren Standort genau Achtung geben: fo werden wir 
finden, dafs fie fich nicht gehörig genährt hatten, ent- 
weder. weil fie auf einen Platz zu ftehen kamen, wo fie 


nicht fo viel oder {0 zuträg gliche Nahrung für fich fan- 


den, als fie vorhin hatten; oder, im Fall auch keine 
Ortsveränderung vorgenommen worden, nicht mehr 


hinlänglich nähren konnten. ‚Der freye Zugang der 


Luft hält erfi den häutigen Ueberzug an. Weil der Saft 
| Ä aus 


_ ER 


| 


ee | 187 


/ 
aus ‘Mangel an und für fich oder feiner AEARHEBRE, 
nicht fo lebhaft betrieben werden konnte: fo blieben die 


für ihn beitimmten Gefäfse um delto enger, yerhärteten 


fich um defto eher zu Holz. Diefes mufste den jungen 


Stamm krank. machen. , Ohne fich fonderlich verdicken, 


und .das äufsere Häutchen ‚Jugendlich glatt halten zu 
können, wurde es vielmehr von Hitze und Froft und 
allen Arten von widrigen Winden muigezogen und un- 


eben. Die Moofe legen fich ein, und der kranke Zu- 
ftand des Baumes gab ihrem Aufgehen um defto mehr 


Vor fchub. i VE 


Hätten fie ihn ganz um g um dichte überziehen 


können: fo wäre es befler für ihn, oder vielmehr für 
feine Getäfse gewefen. Sie würden ihn vor der diefem 


Wuchs befonders fchädlichen Hitze, Kälte und fchalen 
Winden befchützt und fanfte gehalten haben, dafs der 
fchon mifsliche Trieb, und verfchiedene davon abhängen- 
de innere und äufsere Gefchäfte der Gei wächfe,, doch fo 


immer befördert und verbeflert werden konnten. Und 


ich glaube, dafs diejenigen, die in ihren Gärten das 


Uebel bemerken, dafs ihre junge verpflanzte Bäume ger- 


ne, wie man zu fagen pllegt, verputten und bemoofen, 
befler thäten, wenn fie den ganzen Schaft derfelben, be= 


‚fonders zum F rühjahr, mit Laubmoos umbänden.. 


Wie mich dünkt, giebt uns hierzu das Verfahren 
der Kunftgärtner eine deutliche Anweifung, wenn fie in 
den Treibhäufern im Winter. Obi erzielen wollen, wo 
die Schäfte vom Regen nicht befeuchtet werden: oder 
wenn fie kranke, ja von Aeften und Wurzeln entnom- 


- 


> | \ mene 


{ 


'tender feuchten Witterung, leicht eine Fäulnifs entfte-. 


r\ 


- 


mene Örangerieftämme in ein fo genanntes Lazareth\ 


"bringen. Sie umwinden den Schaft mit Laubmoos, gief- 


fen diefes bisweilen an, damit die in der Rinde und unter 
derfelben gelegene Gefäfse um . defto gemächlicher ge- 
halten, damit die Bewegung der Säfte nicht dureh zu 
vie! Wärme oder Kälte unterbrochen, fondern vielmehr 


befürdert werde. \ Ä 


7 


Es om alfio das Moos die Bäume nicht krank, und: 


if ihnen nicht anders nachtheilig, als wenn fie durch 


ihre Wohlthat nicht zu verbeflern find, und fich .die Erde, 
durch den zu langen Aufenhalt, zu fehr zwifchen den- 
felben anhäuft, wodurch allerdings. hernach, bey anhal- 


hen kann. 


1, 


a 


N 


Beantwortung 


Hier die a N 


ec. mit Quellwaffer, | 


und der Urfache 


N des  Mehlthaues im Gecreid 


\ 


— 


t Ei % S : ü | } « 
N Her Arthur Young in England, hat die hiefige öko: ° 
nomifche Societät um dieBeantwortung folgender zwey 
Fragen erfucht: 


ı) Ob das Quellwafier, wie es unmittelbar aus der 
Erde entfpringt, oder wenn felbiges auf einige Weite . 
durch verfchiedene Kanäle geführet worden, zur 
Bewällerung der Ländereyen dienlich fey? 


EN Ob man hier zu Lande bemerkt habe, dal der 
er Mehlthau (Rubigo) *) von fpäten Fröften im Früh- 
jahr herr ühre. ware 


Beide Krb) ‚ wie auch der Nachfatz der erftern: : 

Sn abi in den NE Fällen des Dienftes vom Quell- 
nr | wi 
*) Soll eigentlich in unferer Sprache Roft heifsen, wenn es die 


Blätter des Getreides bettift; und Ruß, in din Achren oder 
Rifpen, wie u nl, 


Na 


190 N ne 


wafler auf die Bewällerung g, diefes von kalkigem oder 

vitriolifchem Boden ausgefloffen? fcheinen eine blofse 
aus der Erfahrung hergenommene Beantwortung zu er- 
heifchen; da hingegen der Nachfatz der zweyten Frage: : 
ob fich begreifen lalle, dafs aus einer fo aller meinen Ur- 
fache nur hin und wieder an befondern Orten, der Erfah- 

rung nach, folche Mehlthaue entftehen könnten? ganz 

andere Beweile erfordert. 

Nun ift zwar der Erfahrung das alte Recht der Belten 

Lehrmeifterin nicht abzufprechen; fie ift fogar an und 
"für fich die richtigfte und die Quelle aller unferer phyfi- 
kalifchen Kenntnifie; aber wie oft finden wir uns nicht, 
befonders in natürlichen Dingen, von ihr wie getäufcht, 
weil wir fie nicht mit genugfamer Vorficht, Genauigkeit, 
Wiffenfchaft und Einficht in den Gegenftand felbft mach- 
ten, und bey allen dem fürnämlich unfern Veritand wir 
ken liefsen, ohne uns die gehörige Zeit zu einem reifen 
entfcheidenden Ausfpruch zu nehmen. Die Natur hat 
einen göttlichen Werkmeifter zum Urheber, deffen un- 
\ ermefsliche Weisheit ihre Triebfedern fo tief legte, und 
mit fo viel verführerifcher Kunft für unfere blöde Sinne 
verknüpfte, dafs es unmöglich iftt, fie blos durch einige 
einfeitige Erfahrungen richtig zu ergründen, vielweni- 

ger nach gewifien Erfcheinungen auszudenken. | 
Es würde alfo zu einer gründlichen Vergewillerung 
nicht.hinlänglich feyn, wenn ich, befonders die erfte 
Frage, blos mit den Beobachtungen hl Erfahrungen 
‚beantwortete, die ich, während meinem zwanzigjähri- 
gen Aufenthalt am F ufse unferer meifsnifchen Erzgebir- 
ge, gemacht habe, wo Quellen in Menge und von ver- 
 fehie- 


v 


ge ' 191 
fünregentäkt Gehalt ae are find. Am wenigften aber 
würde es den denkenden Geift fattfam befriedigen, dem 
diefe Beantwortung, zur Ausarbeitung eines Werkes 
über den praktifchen Landbau, nützen foll, worinne er 
einige in England hierinne noch fehr ftreitige Punkte ab- 
zuthun Willens ift. Wenn fie demnach fo, wiefie Herr 
Yo ung wünfcht und von unferer ökonomifchen Gefell- 
fchaft ohnteitie erwartet, ausfallen foll: fo werde ich. 
wohl um etwas uinfändlicher feyn müllen. - 

In Anfehung der eriten Frage, kömmt es hauptfich- 
lich darauf an, dafs man wille, was eigentlich die Pilan- 
zen nährt, und wie es mit diefer Nahrung zugehet, 
Denn fobald als diefes erwiefen ift: fo folgt daraus un- 
mittelbar, dafs, der Zuftand der Quel Iwafler der vortheil- 
haftefte zur Erzielung der verlang ten Gew ächfe feyn 
wird, der ihnen die mehreften folcher Nahrungstheil- 
chen tind auf die erforderliche Weife gewähren kann, 

‚Es ift wohl zu merken, dafs ich fage: eigentlich | 
nährt; denn bey den Pflanzen ift eben fo, wie bey den 
Thieren, ein anderes die nährenden Theilchen, welche 
den vorher vorhandenen eigenthümlichen Beftandtheilen 
des Körpers zugefetzt und mit ilinen verähnlichet wer- 
u den ‚ auch wenn welche verloren gingen, diefe wieder 
zu erfetzen; ein anderes, die Bedingnifle, unter weichen 
der nährende Stoff in den Körper gebracht, darinne fo 
bewirkt und zubereitet werden kann, dals feine Theil- 
chen eines fchicklichen,, gehörigen Anfätzes, oder Er 
fatzes fähig find. Wie viel gewinnt nicht jede Iehehdige 
‚Kreatur in der freyen Luft, bey einem ihr angemeffenen 
Grade von Wärme, an innerem Gehalt und äufserem An» 
X | fehen ? 


a ? Wie ungemein nimmt nicht unfer Maftvich zu, 
. Sowohl durch die Reinlichkeit feines Behältnifies, als der 
' Oberfläche feines Körpers, durch friegeln, wafchen, 
baden, ohne dafs es fich Jemand wird einfallen lalien, 
im Ernfte zu behaupten, dafs die freye Luft, der reinli- 
che Stall, der Striegel ‚ das Waller, womit gewafchen, 
oder worinne halle wird, eigentliche Nahrung fey. 
Urt doch felbit der Wein und Branntewein, bey deren 
häufigem Genufle mancher Menfch, auch nach dem Um- 
‚fange eines Volums, dem Bachus ähnlich wird, nicht 
das, wovon fo viel in diefem Körper ang geletzet "wird, 
oder nicht die Nahrung ielbft. | 

Herr’ D. Prieiiley fagt, dafs das Brennbare a 
Pflanzen entweder gänzlich nähre, oder doch viel zu 
ihrer Naht ung beytrage; unter welchem Bevtrag wefent- 
liche Nahrung veritanden zu feyn fcheint. Und da in 
dem Quellwaller die mehreite phlogiitilivte Luft bey fei- 
nem Urfprung vorhanden ift; fo foll dem zu Folge die- 
fes, unmittelbar aus der Quelle abgeleitet, den grüfsern 
Vortheil in der Bewäfler ung der Ländereyen gewähren. 
Die Haupturfache hat'er aus feinem, mit dem Weiderich 
(Epilobium hirfatum), der Wallwurz (Symphytum offi- 
cinale), und verfchiedenen andern, jedoch lauter Sumpf- 
gewächfen, angeftellten Verfuchen hergenommen; ;in- 
dem er fi ind, dafs. diefe Pflanzen in Gläfern, die er über 
fie ftellte, und mit entzündbarer Luft anfüllte, mei fehr - 
gut fortwuchfen, das Ueberbleibfel von der entzündli- 
chen Luft aber unter dem Glafe in phlogiftifche und manch- 
mal in eine Art von Luft verwandelte, die fo gut, oder 
eher noch befler ift, als gemeine Luft. 


\ | Von 


——ttet= | 193 


Von der Richtigkeit diefer Folgerung, als worauf 
fich die zweyte gründet, willich nichts fagen. Wer die 
Taufende von bereits entdeckten Pflanzen bedenkt, und 

‚weifs, dafs alle i in den Sümpfen’ wohnende, oder leben- - 
de, eine fehr kleine Anzahl von denfelben ausmachen, _ 
gleichwohl aber Herr D. Prieftley auch nicht einmal 
mit diefen allen feine Verfuche vorgenommen hat, der 
mufs es gleich fühlen, ob ein folcher allgemeiner Aus- 
fpruch über die ganze Bürgerighaft des Pilanzenreiches 
gültig feyn könne. 


H Von den Vorfpiegelungen, die ihm und mehrern 
andern bey ilıren Verfuchen und Beobachtungen mit den 
Luftgattungen auf die Pflanzen, von der Natur gemacht 
worden find, mufs ich auch fchweigen, weil ich mich 
‚bey. deren deutlichen Erörterung, auf den ganzen man- 
nigfaltigen innern Bau und Einrichtung diefer Gefchöpfe 

‚und den Betrieb ihrer feften und flüffgen Theile einzu- 
laffen , genöthiget wäre; diefes aber, wegen der bishe- 
rigen grofsen Irrthümer in der phyfikalifchen Gewächs- 
lehre viel zu weitläuftig ausfallen, und ohne die Verfer- 
tigung eines ganzen Werkes, dennoch in vielen Stellen 
dunkel bleiben würde. 


Diefes einzige will ich nur, wie im n Vorbeye ehen, 
erinnern, dafs die Pflanzen in ihrem ainlichen gefun- 
. ‘den Zuftand durch ihre Oberfläche gar nicht fo viel ein- 
faugen, als man bisher "vorgegeben hat, alfo faft gar 
nichts durch diefen Weg zu ihrer. Nahrung einnehmen; 
auch die zur Verfertigung ihres Hauptfaftes bey ihnen 
: eben fo, wie bey den Thieren ; nothwendige Luft 
nieht. 


N / Bevor 


394 Rap 

Bevorich inde/fen auf die Bewäfferung mit dein Quell- 
wafler, und die dahin gehörigen Erfahrungeri komine, 
müfs ich erft eine kurze ‚Betrachtung änftellen, die ihren 
Grund in einer berichtigtern Willenfchaft hat. Schön 
die finnliche Unterfuchung und Betrachtung der leberidi- 
gen Gefchöpfe unferer Erde giebt es zwar, dafs das kör- 
Derliche Wefen aller, nicht aus einem, fonderh aus man- . 
nigfaltigen Grundtheilchen beftehet. Die Chemiker aber 
haben in jedem noch fo trocknem Theile der Thiere und 
Pflanzen durch ihre Kunttgriife nicht nur das Brennbare, 
fondern auch Luft, Wafler und Erde "gefunden, , und 
zwar nach der Art, nach den Theilen ein und eben def- 
felben Körpers, in verfchiedenen \’ 'erhältniffen und Ver- 
bindungen untereinander, Diefer Gehalt nun wird ja aus 
den im Körper bearbeiteten und zubereiteten Säften, fo 
lange fein Leben dauert, unterhalten, und vermehrt, als 
worinne der Begrif vom Nähren und Wchfen oder Zunch- 
men liegt. Folglich mufs der Grundttoil' zu di efen fimmtli- 
chen Theilenin den Säften feyn. Das, fo aus diefen auf die 
Beftandtheile verwendete, mufs auch wieder erfezet wer- 
den, welches durch die fortgefezte Einnahme ‚hierzu ge- 
höriger Materialien .gefchiehet. Folgt nun hieraus nicht 
unwiderfprechlich, dafs zu den eigertlichen Nahrungs- 
mitteln, auch der Gewiächle, nicht nur das Endzündli- 
che, das Brennbare, fondern ein Gemifche und innige 
Verknüpfung von allen vier fogenannten Elementen ge- 
höret ? | A | | 

Wie unendlich vielfältig find aber überhaupt die den 
Gattungen und Arten belebter Körper eigene Mifchun- 
gen und Verbindungen der Grundtheilchen unter einan- 
der; wie mannigfaltig fogar in den verfchiedenen Thei- 


A x 


len 


ones 195 
| len ein a eben deifelbien Körpers; nd immer wieder 
verfchieden nach ihren "Arten, nach ihr em Gefchlecht, ja | 
fogar nach dem Standort, der Nahrung, . die fie einneh- 

‚men, und was dergleichen mehr ift, woraus das Dafeyn 
ihres unendlich weifen und allmächtigen Werkmeitters 
‚fo gar deutlich erhellet, 

Hieraus folget, wie mich dünkt, ganz natürlich die 
grofse Verfchiedenheit der Nahrungsmittel, in Anfehung 
ihrer Beitandtheile, die bey den Thieren fo offenbar in 
die Augen fällt, und bey den Pflanzen kaum minder ift: 
und wie foll beyallem dem das Elementarfeuer, wie fih 
Herr Young in feiner Anfrage ausdr ückt, den Vorzug, 
den durchgängigen Vorche haben ? 

Soll das Brennbare für Thiere und Pflanzen das 
| feyn, wofür es Herr Prieftley fo zuverfichtlich ausge= 
geben hat, fo müllen doch diejenigen Pflanzen, welche 
in den Sümpfen wohnen, wo alles mit dergleichen Theil- 

chen mehr denn irgendwo anders, erfüllet ift, die ge- 
nährteften, die fefteften, beften, und auch für die Thiere 
die nahrhafteften feyn. 'Man unterfuche aber hur genau 
den Gehalt des Wuchfes von diefen Gewächfen; ; man 
füttere das Vieh damit, ünd fehe, wie ungemein es fich 
‚dabey ftehen wird. Warum wählen wir denn nicht auch 
zuunferm Getreidebau vorzüglich dergleichen mit brenn- 
barer Pflanzennahrung fo reichlich verfehene fumpfige 
Felder? Wie kommt es, dafs die beträchtlichften Wäl- 
der, und die, deren Stimme die Menge brennbarer Säfte 
zubereiten, welche fich in Harz verdicken, dafs diefe 
befonders gleichwohl nie anders, als auf Bergen, oder _ 
wenigftens erhöheten Orten, fich befinden, und im nah- 

en fümpfigen Boden wenigftens gar nicht gut 
Na fort« 


196 ee | 
fortkommen? Ich könnte wohl hundert und mehrere 
dergleichen aus der Oekonomie der Gewächfe genom-- 
mene F ragen aufwerfen, deren Beantwortung allemal 
nicht nur wider den gänzlichen, fondernäuch den dur ch- 
gängigen vorzüglichen Beytrag des Elementarfeuers zur 
Nahrung der Pflanzen ift. | | 

Hier könnte ich nun gleich zur Entfeheidung des 
Vorzuges vom urfprüng glichen oder geleiteten Quellw af- 
fer zur Bewäflerung der Ländere eyen fchreiten. Weilaber | 
die Theorie des Herrn Prieftley zu einigen Irrungen 
auch im Feldbau, in England Gelegenheit gegeben 
hat: fo will ich nur noch den von, Herin Young an- 
geführten daraus gefolgerten Schlufs; auf das Som- 
merbrachen in etwas beleuchten, und aus den Vorder- 
fätzen ein paar Folgerungen ziehen. | .j 

Wenn das Brennbare die Nahrung der Pflanzen ilt, 
und die Sonnenftrahlen brennbare Ausflüffe find: fo 
folgt daraus: ı) Dafs die Pflanzen gegen das Ende des 
Sommers und zum Anfange des Herbites weit ftärker 
als im Frühjahr treiben und wachfen. 2) Dafs in den 
heifseften Erdftrichen der ergiebigfte Feldbau, der für- 
treflichite Wiefenwachs feyn müfle. | | 

Die Nahrung mufs doch erft in der Pflanze bearbei- 
tet, und ihrer Art gemäfs zubereitet werden. Nun be- 
kam ja der Boden, aus dem die Pflanzen Nahrung neh- 
men, nach der Lage unfers Erditriches, den Sommer 
hindurch den mehreften Nahrungsltoff von diefen brenn- 
baren Ausflüffen der Sbanelunn des Lichtes; und vol- 
lends unter dem Wendezirkel. — Aber was fagen die 
Reifebefchreiber von dem Wiefenwachs und Ergiebig 


keit der" F elder, dieler heifsen Länder? Und wie wenig 
‚ver 


I 


vermögen die anhaltend fchönen Herbfttage bey uns auf 
das Wachsthum, als die Folge der Nahrung der Gewäch- 
fe; da fie hingegen im Frühjahr, nachdem fie kaum die 
kalte Bedeckung des Winters verloren haben, mit fo viel 
Gewalt treiben. Welche wünderthätige Güte hat nicht 
ein einziger fanfter Regen! Welcher Unterfchied von 
Ergiebigkeit fowohl der Futtergewächfe als Saaten und 
allerhand heilfamften Pflanzen, ift nicht zwifchen einem 
blos Thon-, Kreide-, Sandberg, oder einer dergleichen 
’ Fläche, wenn es ihnen gleich nicht an Feuchtigkeit fehlt, 
ob fie einen noch fo reichlichen Genufs von brennbaren 
Ausflüffen der Sonne und des Lichtes erhalten, auch 
nichts, das Einfaugen der brennbaren Theilchen hindert, 
and einem eben dergleichen Berg oder Fläche, wenn 
fie nur eine reichliche Viertelelle gute Dammerde be- 
eh AL 


Das Gehältige diefer Dammerde zur Ernährung der 
Gewächfe , machen nichts anders, denn die darinne be= 
findliche, entweder in ihr felbft fürnämlich durch die 
Fäulnifs erzeugte, oder anderswo fo aufgelöfste, und 
dahin aus der Luft durch Regen, Schnee und Wind nie- 
der gefchlagene, mannigfaltigeBeftandtheilchen von Thie- 
ren und Pflanzen. Indem fich nachher diefe mit dem 
Wafler vermifchen, können fie von den Pflanzen ver; 
‚ ‚mittelft ihrer Wurzeln eingefogen, und dann in ihnen zu 
ihrer eigenthümlichen Nahrung bereitet werden. Die 
Pflanzen nehmen ihren Nahrungsftoff durch die Wur- 
zeln oder Saugewerkzeuge, und [chlechterdings nicht 
durch ihre Oberfläche in iin em vollig gefunden Zuftan- 

de ein, 


"NZ... | Wer 


198 | en 


Wer fich die vom Anfang beftimmte Maffe unfers -- 
‚ Weltkörpers gehörig vorftellt, und dabey die Vermeh- 
rungen und Umänderungen, befonders der auf ihm le- 
benden und zeugenden Körper bedenkt; wer mit den | 
Augen des Leibes und des Verftandes betrachtet, dafs 
jene ungeheure Maffe nicht aus einem, fondern mehre- 
ren Grundtheilen beftehet, mithin auch die von ihr her- | 
genommen ıe und in gewille Geftalten fich bildende Kör- 
‚per aus mehreren Grundtheilchen beftehen müflen; wer . 
ferner weils, dafs alle Nahrung der Thiere entweder UN« 
mittelbar oder mittelbar aus dem Gewächsreich her» 
kömmt, alfo die Auflöfungen und Zerftöhrungen der 
thierifchen Körper zur Erhaltung und zu der I Umbildung 
von der beitimmten Maffe gehören müffen : der wird in 
diefem nothwendigen, von der höchften Weisheit feibft 
geordneten Umkreis der Materie diefer Welt den zurei- 
chenden Grund finden, dafs die Pflanzen unmöglich allein 
vom Brennbaren, man mag es auch in einem Verftande. 
'nehmen, wie man will, fondern aus den Auflöfungen 
der Körper in ihre Grundtheilchen und äufserft mannig- 
faltigen Vereinigungen und Verbindungen diefer, ihre 
Nahrung, und das unter fehr ee Umftänden 
bekommen. 
Welche eben fo unumftöfsliche, als fonderbare Fol- 

» gerungen, wenn das Brennbare, das mit der Luft ver- 
mifcht, die Montgolfierifche Kugeln fo hoch in die 
obere Regionen hebt, die einige felbftftändige Nahrung 
für Pflanzen und Thiere wäre! — Ich mag ihrer aber 
nicht gedenken, fondern fage nur noch: dafs dieHerren 
Wirthfchafter in England fehr weislich handelten, wenn 
fie fich durch des Herrn Prieftley’s Theorie von der 

Nahe 


ul | 199 


Nahrung a ohne der Gewächle,, welche er auf 
‚Verfüche mit einer Hand voll Arten von Sumpfpflanzen 
gründet, die. er überdies, feinem eigenen, Geftändnifle 
nach, kaum vom äufserlichen Anfehen namentlich kann- 
ie, nicht von ihrer, durch treiie Erfahrung bewährten 
Zeit zu braachen abbringen liefsen, Die Aufmerkfamen 
würden den Verluft bald inne geworden feyn. 

Zu dem allen mufs man auch willen, dafs es bey den 
Pflanzen eben fo, ‚wie bey den Thieren, nicht nur auf 
die vorhandene rohe Nahrung ankömmt, fondern noch 
manches dazu gehöret, dafs fie in den Körper gehörig 
‚gelangen, undihm, wie man wünfcht, gedeihen möge. 

Was nun das Quellwafler. betrift, in wie ferne es 
‚“ünmittelbar von feinem Urfprunge aus, oder geleitet, zu 
Bewäflerungen nützlicher ift; fo wäre bereits aus dem, 
was ich gefagt habe, klar, dafs es, wenigftens um dep 
Menge entzündlicher Luft, als vermeintlicher Nahrung 

willen, die es aus feinen unterirrdifchen Gängen mit- 
buingt, uageleikeh eben keinen Vorzug verdiene. Es. 
kömmt aber in der Beitimmung der. Güte diefes wirth- 
fchaftlichen Verfahrens überhaupt vieles auf die Abficht 
an, die man dabey hat, oder haben follte; wonach man 
‚Sch alsdann mit der: Art und Weife Bu der Bigenfcha& 
‚des Waflers richten müfste, 

. Hat man bey der Bewäfferung ‚blos die, Abfieht, 
‚den Boden genüglich zu befeuchten, damit er entweder 
‚bey der vorfeyenden oder etwa bevorftehenden Trok- 
kenheit an diefer allemal nöthigen Flüffgkeit keinen 
‘ Mangel leide: fo möchte vielleicht beynahe jede Art 
_ Wafler diefes verrichten. Will man aber zugleich hier- 

| meh den Auttergewächlen auch frifche Nahrung oder 
| -  N4 Dün- 


200 ee I 


Düngung zufchanzen,'oder die im Boden zur Genüge 


bereit vorfeyende Nahrungstheilchen fehicklicher auflö- \ 


fen, oder denfelben wegen feiner Befchaffenheit fo zu- 
richten, dafs die Pflanzen darinnen gemächlicher und. 
beffer mit ihren Saugewerkzeugen oder Wurzeln nach 
Nahrung zu wuchern vermögen: fo mufs man freylich 
wohl auf die Eigenichaft des N mehr Bedacht 


nehmen. 


Ein Hauptumftand kömmt ideen hey der Bexafe. | 


rung der Wiefen noch vor, ‚der, ‘wenn ich nicht irre, 
von den Oekonomen ift überfehen worden, und von 
welchem, meinem Bedünken nach, fehr vieles von dem 
nutzbaren Erfolg abhängt. | | 

Alle Futterkräuter machen aus ihrem Stocke eine 
gewaltige Menge Zaferwurzeln und immer wieder neuen 
Nachtrieb. Hieraus entftehet in kurzer Zeit ein undurch- 
dringlicher Filz, deflen Folge die Vermagerung der 
'Wiefe feyn mufs, wenn nicht frifche Erde, und mit ihr 
gleichfam frifche Nahrung aufgefchüttet wird, damit die 
frifchen Triebe, oder auch der aufgegangene Saame wei- 
ter Wurzeln und wieder Nahrung bekommen könne, 

Die wohlthätige Natur hat zwar für diefe Anftalten 
bereits in der, fürnämlich durch Regen und Schnee nie- 
dergefchlagenen Flugerde, und allerhand anderer mit der 
Luft herumirrender nahrhafter Theilchen, die weifefte 
Fürforge getragen. Die nämliche, und bisher vielleicht 
noch unerkannte Güte, thut auch eine gehörige Bewäf- 
ferung der Wiefen. 

Zum Beweis jenes ausnehmend nutzbaren Gefchäf- 


tes.der Natur, könnte ich Wiefen namhaft machen, die 


binnen etliche zwanzig Jahren aus niedrigen, fumpfigen, 
fauern, 


* 


\ 


r 


l 


ti Hal, 201 


fauern, moofigen Wiefen, zu erhabenern, trocke- 
nern, mooslofen Wiefen, von viel edlerem Futterertrag, 
durch den Niederfchlag der, F lugerde, geworden find. 
Diejenige Bewäflerung nun, durch welche mehrere 
diefer Endzwecke erreicht werden, wird doch wohl die 
vorzüglichere feyn? Und man fage mir, ob das nicht 
zuverläffiger, und im gröfseren Maas von einem in offe- 
nen Kanälen geleiteten, und an den Ort feiner Beftim- 


mung gemach verbreiteten Quellwafler, als von dem 


zu hoffen ift, das fogleich von feiner Entipringung auf 
' die zu bewäffernde Länderey eingelaffen wird? 

Warum die Gärtner überhaupt ihr Pflanzenwerk 
nicht gerne mit Quellwaffer,, oder nach ihrer Sprache, 
"mit hartem Wafler begiefsen, will ich nicht unterfuchen. 
_ Die Erfahrung mufs fie doch überführt haben, dafs es 
entweder weit wenigere Nahrung für die Pflanzen ha- 
ben müfle, denn das andere von ihnen fogenannte wei- 
che Wailer, oder dafs es ihnen gar auf irgend. eine Weife 
nachtheilig ift. Dafs das reine von allem Zufatz freye 
Quellwafler i in einer Flafche zur wärmften Sommerszeit, 
nicht wie andere Wäfler, die verfchiedene fremde T heil- 
chen in fich haben, in Fäulnifs fich verwandelt, ift be- 
kannt. Und ich bin es gewifs verfichert, dafs zwi- 
fchen z zwey Pflanzen von einer Art, gleichem Alter, 
Gröfse, Wuchs, deren jede in einem eigenen, mit ganz 
magerer, nahrlofer Erde angefülltem Blumentopf g ge= 
fteckt, und die eine mit W afler unmittelbar aus der Quel- 
le,. die andere aber fogar auch mit Wafler aus eben dem 


"Quell verforgt würde, worinne aber zuvor Theile von 


Thieren und Pflanzen, vermittelft der Fäulnifs find auf- 
gelöfet worden; dafs, fage ich, zwifchen diefen beiden 
6 DNS Pilan- 


A 


003 \ en 


Pflanzen fich nachmals ein Unterfchied finden würde, 
der auch die Blinden nicht zweifeln liefs, dafs die lez- _ 
tere eigentliche Nahrung fattam bekommen habe. | 

Bevor mich diefe Erfahrung unterrichtet hatte, 
‚ging ich ehemals oft an den Urfprung der Quellen, in 
‘ der Abficht, meine Pflanzenfammlung dort zu berei- 
chern;\ieh traf aber immer nur die wenige Arten Waf- 
fergewächfe da an, und umkränzt war ‚der Ort nie 
‘mit nahrhaften Futterkräutern, die.Lage mochte augh 
feyn wie fie wollte. Ich habe Quellen hoch auf den 
Bergen, zumittelft denfelben und zunächft ihrem Fufse, 
entipringen gefehen, und allemal gefunden, dafs ihre 
Bewäfferungen erft da den Fluren ein ganz anderes An- 
fehen auf den wirthfchaftlichen Ertrag geben, wo {ich 
ihr Wafler, wenigftens in einiger Entfernung, in eine 
fanft abhängige Fläche weit auseinander verbreitete, 
und den Boden gleichfam in‘ ‚einer Keten reinen Feuch- 
tung erhielt. 

Denn, wenn der Quell er gemächlich und offen 
dahin Sliefst; fo erhält das Wafler aus der Luft von 
der umliegenden Fläche, die es durchwandert, von 
dem Boden, über den es hinriefelt, eine Menge Theil- 
chen, die nahrhafter, oder auch zu anderm Behuf für 
den Wohlitand der Pflanzen zuträglicher find, als die 
phlogiftifirte Luft, die es aus dem Eingeweide feiner 
thonigen‘, fandigen und fteinigen Seigerungsfchichten 
“mitbringt. N 

Zum Beweis von allem diefem könnte ich mich 
hier auf eine Menge Beyfpiele, berufen, die ich beob- 
achtet habe; ich will aber nur eines der betr ichtlichften 


anführen 3 
| Zu 


an u — 2 GE 903 


/ 
Zu Kronftadt. in Siebenbürgen entipringt vor der 
fogenannten Altftadt an dem Fufse eines fanften, frucht- 
"baren Gebirges, aus dem einigen ‚zu Tage ausliegen- 
den Fels, ein wenigftens eines beträchtlichen Armes. 
ftark ergiebiger, vollkommen reiner Quell; der, ein 
paar Schritte von feiner Auskunft, in den fehr anfehn- 
lichen , aber nicht tiefen Teich fällt, welchen diefer 
Quell allein verforgt. Seine flachen Ufer fah ich ganz 
frey von Schilf und andern dergleichen Waflergewäch- 
fen. Selbf das Gras um denfelben war von dem an- 
dern. am Fufse’ des ihn zum Drittheil umziehenden Ber- 
ges; nicht viel unterfchieden. Wo aber auf der entge- 
‘ gen gefezten Seite vom Quell. diefer fein Teich ab- 
 flofs, und nachgehends die Landichaft bewäfierte, fah 
es ganz anders aus. Am Anfange: diefes natürlichen 
 Ausganges war es zwar fehr fumpfig,, und voller Rohr, 
 Schilf, Kalmus, Weidengefträuche, Linfen und derglei- 
chen, "nachher aber kamen die vortreflichften Triften, 
Mich dünkt, auch diefes fey Beweifes genug, dafs das 
‚geleitete Quellwaller, und zwar offen, dem unmittel» 
bar aus dem Quell zur Bewällerung ausgelalienen vor« 
zuziehen fey. A ) 


Wenn aber vom Boden, aus dem er entfpringt, 
oder dem mineralifchen Zufatz, den diefes \Vafler 
mit fich ls die Rede it: fo it es nur zu gewifs, 
\ ‚dafs, vollends eifenhaltiges Wafler viel weiter, ' auch 
fogar fo g geführt werden müfle, dafs fein Lauf in den 
| anatkunäfen fehr langfam vor fich gehe A damit der 
Ocker, den diefes Waller mit fich führt, foyiel immer 
möglich, abgefezt werde, weil diefer auch den guten 
Futk- 


Futtergewächfen fchlechter de nachtheilig ii, und die 
übrigen, wie man zu fagen pflegt, verfäuert. 

Die Eigenfchaft und Lage des Bodens, welcher 
zum Ertag der Futtergewächfe bewäflert werden foll, 
mufs jedoch hier mit in Erwägung. kommen, und der 
Sache felbft eine genaue Befimmung geben. 

Auf allen Fall aber bin ich gewifs, dafs jeder Wirth- 
{chafter, der Quellwafier auf feine Wiefen zu ihrer. 
' Bewäflerung zu leiten genöthiget ift, aus der Erfah- 
rung überzeugt werden wird, dafs es weit her, und 
zwar in fanftem Abflufs, offen geleitet, nach Maasgabe 
der Weite und Erdfchichten, die es durchziehet, immer 
nutzbarer feyn wird, | | 

Ich komme nun auf die zweyte Frage, wegen ‚ des 

Tehlthaues. Diefer unter den 'Getreidearten befon- u 
ders gewöhnliche unangenehme Umftand hat, je nach 
den Theilen der Pflanzen, woran er fich äufsert, 
nach feinem äufsern Anfehen, andere Namen bekom- 
men, das zu verfchiedenen Verwechfelungen Gelegen- 
heit gegeben hat. N U: 

Es ift, überhaupt über diefes Uebel für die Wirth- 
fchafter bereits vieles hin und wieder gefchrieben wor- 
den: und die Meinungen der Schriftiteller über feinen 
Urfprung, und wegen des Verwahrungsmittels dar- 
wider, find fehr verfchieden. Unnöthige Weitläuf« 
tigkeiten zu vermeiden, werde ich mich hierbey nicht 
aufhalten. | 

Unläugbar ift es wohl, dafs der Mehlthau, Brand, 
Rufs oder Roft allemal ein Fehler, ein Gebrechen, 
ein Verderben, kurz, eine Krankheit der Pflanzen ift. 


Ich 


Fran ; 205 
. Ich mufs es nun hier fagen, was ich vorhin einige- 
mal, als ich von der Nahrung der Gewächte redete, 
‚beybringen wollte, dafs fich alle lebende Gefchöpfe die- 
fer Erde, in Anfehung ihres Entftehens, ihrer Haupt- 
betriebe, ihrer Hauptverwandlungen , nach gewifien 
"allgemeinen Gefetzen der Natur richten, daher fich 
zwifchen den Pflanzen und Thieren eine, weit ge- 
nauere Analogie findet, als man bisher geglaubt 
hat. Hier ift abermals eine ® noch nie in Erwägung ge- 
‚brachte. | Ä | 
| Das Thier erbt von den Säften feiner Mutter, ja 
fogar feines Vaters, Krankheiten: es kann bey dem An- 
fang feines Werdens, oder im Keimen, eine zu vielen \ 
‚Krankheiten fähige Anlage bekommen, die es mit auf 
die,Welt bringt. Aber eben diefe Dispofitionen , eben 
diefe Krankheiten, können bey ihm auch durch äufse- 
re N oft zufällige Umftände verurfachet werden. Das 
gemächlich erhaltene, gut 'genährte Thier, ift weit 
mehrern Krankheiten unterworfen, erkrankt weit leich- 
ter, als das andere, in völliger Freyheit gelaffene. 
So ift das mit Fleifs gut genährte Getreide weit 
mehr dem Mehlthau, dem Brand und dergleichen unter- 
worfen, als die übrige wildwachfende Pflanzen, Die 
Beobachtungen und Verfuche haben bewiefen, dafs fich 
dies. Verderben auf die Körper fortpflanzt, und dafs 
N ‚gefunde Körper damit angeltecket werden können. 
‚Aber man hat auch nicht unrecht, wenn man diefes 
‚gewiflen allgemeinen Urfachen, als den fpäten Frö- 
ften im Frühjahr beymifst. , Ich bleibe bey diefer al- 
lein ftehen, als dem Hauptgegenftand der zweyten Fra- 
ge, und will fie kürzlich in etwas aufzuklären fuchen. 
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Ich habe nur der weitlät uftigen und genauen Ana- 
logie der Pflanzen, mit den T'hieren erwähnt, und eine. 
in Anfehung der Krankheitserbfehaft von Mutterleibe 
an gerügt; hier kömmt wieder eine zum Vorfchein: 
Die ganze belebte Natur kömmt im Frühjahr in Bewe- 
‘gung. Alle, befonders in der Freyheit lebende Krea- 
turen wirken und treiben ‚dem Gefchäfte ihrer Vermeh- 
rung zu. Die im Winter gehemmte Ausdünftung wird 
freyer, der Umtrieb der Säfte fchwan! khafter; aber, . 
willen wir es nicht von uns, dafs wir eben darum nie. 
leichter und unverfehener in Krankheiten veriallen, 


die in der Erkältung ihren Grund haben ? Und welche / 


fonderbare Ab- und Ausfonderungen werden nicht 
denn in diefen Krankheiten’ gemacht, wenn die Säfte 
von der Veränderung: entlediget werden, die ihnen durch. 
den jählingen Bad von Wärme und Kälte zuftofsen 

imufste! u 
Ich bitte, dafs man fich über arten Vebglkich hier 
nicht wundere. Bey unferer noch obwaltenden, nur zu 
wenigen anatomifchen, alfo auch gründlich phyfiologi- 
{chen und pathologifchen Kenntnifs der Gewächfe, kann 
ich es auf keine andere Weife in der Kürze einleuchten- 
der und fafslicher darthun. | 
Nun nehmen die Pflanzen ebenfälls eine aus den 
verfchiedenen Beftandtheilen gemifchte Nahrung unter 
flüffiger Geftalt zu fich. Diefe betreiben fie in unzähl- 
baren Adern und Gängen, die weit zärter oder im Durch» 
mefler geringer find, denn die unftigen Zu diefem 
Betrieb trägt die durch ihre Menge von Luftröhren 
aufiteirende Luft fehr viel bey. Auf diefe Weife bes 
erh und verwandeln fie ifire aus dem Boden eine efo- 
gene 


gene Nahrung in Säfte, die jeder Art und jedem Theil 
ein und eben der ‘Art insbefondere eigen find. Sie 
dünften auch eben fo, wie die thierifehen Körper, 
aus. RP y ‘ N, i 


- Nun ftelle man fich vot, wenn das aus dem gut ge- . - 


_ düngten Boden vollfäfig gewordene Getreide im vollen 
Betrieb .dieler eingefogenen Nahrung ift, und es füllt 
eine Kälte ein ‚ die die überwiegende, im vollen Zuge 
‚begriffene Menge von Säften in diefen herzelofen le- 
bendigen Kreaturen ganz, oder wenigftens gröfsten- 
theils, its Stocken bringt, was da für Veränderungen 
fowohl in den feften als u Theilen vorgehen 
“können. | 
Es mußs j#doch darum, diefe verderbliche Urfache 

eben fo wenig an Halm vor Halm, oder Stock vor 
Stock haften, als eine von dergleichen allgemeinen 
 Urfacheh unter Menfchen und Vieh entftandene Epide- 
mie, Mann vor Mann, oder Stück vor Stück befällt. 
Nicht alle Halme eih utid eben des Ackets find voh.ein.. 
und eben der Stunde her; fie haben nicht einerley Stär- 
ke, einerley Feftigkeit; faft jeder hat im gahz Kleinem 
genommen, fein Eigenthurk. 

..  .Alfo begreife ich, wie auch von Posten Nachtfrö- 
ften im Frühjahre unter den Getreidearten die Epide- 
mie ehtitehen köhre, die man den Mehlthau, Roft, 
Braüd ü.f.w. ‚nennt, Aber wie ift das zu begreilch, 
. dafs man bey einer fo allgemeinen Urfache die ih einer 
Flur gelegenen Felder gleichfam nur fchichten - oder 
trielfveife damit befallen findet? | 

Ich werde es nicht nöthig haben, aus Gründen dar- 

 zutliun, , dafs eine ftille, kalte Luft auch für die Gewäch- 
\ fe 


208 R — . 


fe die Schädlichkeit nicht hat, und nicht haben kann, als 
wie die kalten Winde; ohuftreitig weifs diefes jeder auf- 
 merkfame Wirthfchafter aus der Erfahrung. Dann weifs 


man auch eben daher, dafs wir im Frühjahr wenige wind- 


lofe Tage haben, und die Luft die Nacht hindurch über- 
haupt mehr als am Tage in Bewegung ift. Man weifs 
ferner, dals der Wind in dem Ocean der Luft gleichfam ; 
Ströme voritellt, die nicht alles auf gleiche Weife über- 
 firömen, manches auch gar nicht treffen können. Zu- | 
gleich und fürnämlich mufs man aber bedenken, dafs 
‚diefe Luftftröme oft von fehr entfernten Gegenden her- 
kommen, dafs fie die dort in der Luft befindliche Theil- 
chen mit fortreifsen und zu uns herbringen. | 

Nun find die Thäler der Gebirge im Frühjahr noch 
nicht durchwärmt; in ihrem Schatten liest wohl gar 
noch Schnee und Eis. Wenigftens die Kuppen hoher 
Gebirge find noch mit Schnee bedeckt; folglich find die 


Striche fchnell bewegter Luft, die von diefen Thälern, ni 


diefen Bergen herkommen, viel kälter’als andere. Hier 
liegt etwa von der Windfeite ein Hügel vor, der dem 
kältern Luftitrome, wenigftens auf einige Weite, eine 
andere Richtung giebt, oder gleich einer nel theiletz 
dort hat das Getreide eines Ackers bereits höher, als des 
benachbarten, gefchofst, und fchützt diefen u. 1. f. | 
Und hieraus begreife ich fehr deutlich, wie von der 
Kälte ein Acker weit mehr leiden kann, weit mehr lei- 


‚gen mufs, als der andere, 


Gapieux ‚fps. 1793. 


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