Y
En
N
)
Uprokelbr der Botanik; Mitglied der römifch - kayferlichen Aka-
demie der Naturforfcher, der königlichen Akademie und Gefell-
fchaft der Wiflenfchaften zu Stockholin und London; Ehrenmit-
glied der naturforfchenden Freunde zu Berlin und ‚Zürch, der |
° medieinifch- chirurgifchen dafelbft und ökonomifchen
Gefellfchaft zu Pezis
Samm l ung
Einen
feiner zerflreuten
| Abhandlungen und Beobachtungen
über | !
4 Ba X
mu & ökonomifche 9 aD Sog
Puder) ER.
‘ FR EN
6 . 5 e n ß ä a a ef. 2 ed
Fi Erftes Bändchen |
mit fünf illuminirten Kupfertäfeln. \
% —
| Leipzig, 1793
‚bey Siegfried Lebrecht Crufius
Pa
\
PA
A wi { REN
N RN AU er
Y HA x
x
Ai
ANEUEN | AAN NR VRR
' Seinen
gchiebteflen Gönnern und Freunden
| N | dem | ö |
Herrn Hofrath Hörtel
auf Nothkenhof bey Riga,
ERweR Hofrath Heim
in Berlin,
Heron Hofrath Pohl
in Dresden,
Herrn Bürgermeifter Timm
zu Malchin,
iey | A
diefes Bändchen |
x
zum immerwähbrenden Denkmal
feiner
Hochachtung und Ergebenheit
gewidmet |
9
| A vom Verfaffer
SEN
R,
LAN N N
Vorrede,
/
&
Einige meiner Freunde äufserten fchon längft
den Wunfch, dafs ich meine, in verfchiedenen
. gefellfchaftlichen Werken von mannigfaltigem
Inhalt, zerftreut gedruckte Abhandiungen, zu-
fammen herausgeben möchte. Ich erfülle hier-
mit ihren Willen, und liefere in diefem Bänd-
chen diejenigen, welche fich in den Leipziger '
‘ Sammlungen zur Phyfik und Naturgefchichte,
nd
in dem Leipziger Magazin von l.eske und Hin-
denburg, und in den Schriften der churfürft- .
lich-fächfifchen ökonomifchen Societät befinden.
Bey der nochmaligen Durchficht hab’ ich fie auch
hin und her verbeflert.
Diefem Wird jährlich ein ebenmäfsiges Bänd- |
s chen folgen von bisher ungedruckten Abhand-
a % 5 | lun- |
Vorrede.
lungen, Auffätzen und Beobachtungen. Auch
von diefen werden die meiften die Phyfik der
Gewächfe betreffen. Ich werde manche Haupt-
gegenftände diefer Wiffenfchaft umfändlicher.
aufklären und erweifen, als es lich für ein ı Lehr-
buch über diefelbe fchickt
Auch die Beobachtungen an den äußsern Thei-
len der Gewächfe, welche ich zur Beförderung
diefer Kenntnifs mit einzuftreuen gedenke, folien.
die Herren Kritiker in der Botanik nicht im gering-
ften unreif finden. Es find ja fchon fo mehr als zu
viel botanifche Fabrikwaaren in den Buchtiden
vorhanden, die dem Wifsbegierigen mehr Wir-
rung, mehr Noth, als Erleichterung und Klar-.
eit verfchaffen. Lieber wollte ich die Feder
wer weils wie weit wegwerfen, als diefe je ver-
mehren.
Anhalt.
[A
L a A
!
—
ı
«
I. Vorläufige Anzeige meiner Beobachtungen von den wah-
ren Gefchlechtstheilen derMoofe und ihrer Fertpflanzung
durch Saamen Seite 1
} \ N
.1I. Beobachtung von den Saamenlappen
1Il. Lycoperdon pufillum
IV. Von dem wahren Urfprunge der männlichen Begattungs-
werkzeuge der Pflanzen, nebft einer diefe Lehre erläu-
IV
ternden Zerlegung der Herbftzeitlofen ( Colchicum autu«
mnale Linn.)
V. Was ift eigentlich Wurzel der Gewächfe? einigerinafsen
‚erörtert, und befonders durch die Herbftzeitlofen
j
[2
or
. Sr
44
“
09
vr.
N x
Eenhale‘
VL Etwas über die lebendigen Geburten der Gewächfe
N nn a Seite 65
VIL Von den Ausdünftungswegen der Gewächfe 116
\ VII. Verfuch zur Beftimmung eines Zuverläffigern Merk-
mals zwifchen Thier und Pflänze, nebft einem Anhang 132
IX.’ Vom Auswintern des Getreides - 159.
X,. Ueber das Bemoofen der Bäume, ın wie weit es ihnen
fchädlich ift R 172
XI. Beantwortung tiber die Bewäfferungen mit Quellwafler,
und die Urfache des Mehlthaues im Getreide 489
N 7 \
4 -
/ un.
» N ö
a Erklä«
Erklärung der Kupfertafeln,
1’ Tafel I.
Fig. 1. Die entblöfste männliche und weibliche Ge-
fchlechtstheile mit ihren Saftumfätzen von der Blu-
me der Bartramia pomiformis (Bryum pomiferme L.)
in natürlicher Gröfse.
Fig. 2. Diefelbe; fehr ftark vergröfsert. Bey * ein
‚männlicher Gefchlechtstheil,‘ der feinen Befruch-
tungsftoff austreibt. | |
Fig. 3.. Der befruchtete und bereits angefchwollene
weibliche Gefchlechtstheil. }
Fig. 4. Einer von den unbefruchtet Peulehinen,
Fig. 5. ‚Einer von den männlichen Gefchlechtstheilen,
zum Austrieb feines Befruchtungsftoffes bereit,
| nebit einem Saftfaden.
tig. 6. Ein männlicher Gefchlechtstheil aus der Blume
des Mnium foztanum Linn. der feinen Befruchtungs-
ftoff austreibt, nebft einem von den Saftumfätzen die-
"fer ‚Blume, |
,
ti «l
j f
Aa \ Fig.7.
\
Erklärung der Kupfertafeln
Fig. 7. Der: männliche Gefchlechtstheil des Schaper H
paluftre Linn.
fig. 8. Ein aufgegangenes Saamenkoin de Eymnoet |
\ ..,.mum pyriforme (Bryum pyriforme Linn.) Insgefamt
‚ nach der Vergröfserung von Fig, 2:
Tl
"Fig. 1. Der Saamen \eines Apfels aufser feiner braunen
' Haut, in natürlicher Gröfse, |
Fi io. 2.. Derfelbe achtmal vergrößert.
Fig. 3. Ein doppelt fenkrechter Durchfehnitt von die.
fen; vergtölsert, | |
Fig. 4 Ein dergleichen Schnitt von eine? aufgehenden
Federbohne in natürlicher Gröfse, | “
a. Die Saämenläppen. b. b. Die Gänge aus diefen
nach der anheblichen Wurzel. c. Der Keim.
Fig. 5. Eine a. aufgegangene Feuerbohiie, die bereits
einige Seitenwurzeln getrieben, und den Ranken-
trieb ziemlich verlängert hatte, nebft den noch dar-
an befindlicheri Saamenlappen.
Dig. 6. Diefe von vorne und hinten fenkrecht durch-
fchnitten:
4. a. Die Saamenlappen. b. b. Die Gänge aus diefen
nach der anheblichen Wurzel, die oberften.
b. b. Die Gefäfsbündehen des anheblichen. Ran-
kenftanimes. c. Der fogenannte Keim. '
Fig. 7. Ein fenkrechter Durchfehnitt von dem unter-
ften Ende der anheblichen Wurzel; ziemlich ver-
gröfsert.
N F ig. 8.
Erklärung ‚der Kupfertafeln.
| Rip: g. Ein felfknsthier Abfehnitt ‚der bereits veräfteten
Wurzel; in natürlicher Gröfse,
Fig: g. Derfelbe; fehr vergröfsert. | \
a. Die Rinde. b. Die un .c. Das foge-
nahnte Mark. _
Fig. ı0. Ein Orchehnit der W urzeh, wo zu-.
gleich eine Veräftung gefalst wurde; in Aeunliehe
Gröfse.
‘Fig, 11. Derkiben ei vergrößert, |
nt
irn se un,
Fig. 12, Ein keimendes Weizenkorn” in garöplicher
Gröfse,
-.. Fig. 13. . Eben daffelbe ; vergröfsert.
Fig. ı4. Ein doppelt fenkrechter Schnitt von diefem,
mitten durch den. Saamenlappen, den Keim und
einen Theil des Saamenbehältniffes..
Fig. 1. Ein kleiner Bovift in natür licher. Gröfse.
Fig. Il. Derfelbe vergröfsert. Inne
Fig. III. Seine Saamen und Schnellfäden , noch meh
vergröfsert. | ade |
TAN
N Fig. 1. Die ganze blühende Herbftzeitlofe (Colchicum
“autummelel.inn.) in natürlicher Gröfse mit allen ihren
'äufsern Theilen, von der nur die erfte Bine bey. b.
abgefchnitten worden.
a. Fig.,
Erklärung der Kupfertafeln.
Fig. 2. Eben diefelbe von dem braunen Umfchlag ent-
“ hüllt, und beide Erweiterungen der Gefchlechtshülle
abgeichnitten.
e. Der verjährte Zeheltammı
d. Seine vertrocknete braune Blättchen.
e. Mündung des Blumenfchaftes. |
Jf. Mündung der abgefehnittenen Röhre der Gefehlechts-
hülle, oder des Rohres der Blume
fig. 3. Das nümliche unter Fig. 2. vorgeftellte, durch
das Rohr der einen Geichlechtshülle, der Körper der
Pflanze und die Wurzeln fenkrecht getheilt.
2. ‘Die eine Hälfte des Körpers. \
y. Der vertrocknete Nachlafs feiner Wurzeln.
bh. Der getheilte Blüthenfchaft mit feinem Gehalte.
Fig. 4. Diefes leztere vom Körper abgenommen und
auseinander gelegt. |
3. Etwas von der Blumenhülle ‚oder dem Schaft der
Blumen. |
z*. Die Hälfte der Gefehlechtshülle.
a Die mit dem Fruchtftengel hervorkommende Blät-
ter. | |
1.1.1. Die drey Griffel.
m. Der Zufammenhang von allen diefen mit der
Zwiebel. |
Fig. 5. Eine der blattförmigen Ausbreitungen von der
Gefchlechtshülle mit dem Staubbalge und feinem
Träger.
Fig. 6. Ein Querdurchfchnitt vom Rohre der Ge-
fchlechtshülle, vergröfsert fünf und zwanzigmal die
Banile: Linie. hei
8
MN. N.
Erklärung der Kupfertafeln. :
nn. m. Die wechfelsweifen Anfätze von den fpiral-
und faferartigen Gefäfsen an den doppelten Win-
| den derfelben. if
0.0.0. Die drey Griffel.
Fig. 6*. Ein kleiner Theil von einem hier befindlichen
und zu den Trägern der Staubbehältnifle laufenden
Faden, ı20mal im Durchmeffer vergröfsert.
a. &. Die Spiralgefäfse. |
Fig, 7. Der Querdurchfchnitt eines Staubfadens, in def.
fen faft mitten inne befindlichem kleinen Raum das
' Bündchen von Spiralgefäfsen liegt, funfzigmal im
Durchmefier vergröfsert. | h
Fig. 8. Der obere Theil des Gtiffels mit feiner Narbe
und dem darauf geftreuten männlichen Befruchtungs-
ftaub; fünf und zwanzigmal im Durchmeller ver-
gröfsert. |
Fig. 9. Ein Querdurchfchnitt de Narbe mit ihren Saft-
fortfätzen und auf ihnen behängenden Befruchtungs-
ftaub; funfzigmal im Durchmelfer vergröfsert.
Fig. 10. Ein Querdurchfehnitt von der Mitte des Grif-
fels; fünf und zwanzigmal im Durchmefler vergröf-
tert. \ |
TV. a
Fig. **. Der Maasftab für die angewandte Vergröfse-
rungen, vermittelt welchen jede Linie deflelben
zwey und fechzigmal im Durchmeller vergröfsert
wird. | |
Fig. 1. 37 Theilchen der Linie von dem Unterhäutchen
eines Saamenlappens der Perilla oeymozdes,
| N 2 Fig. 2.
Erklärung der Kupfertafeln. |
Fig..2. Dergleichen vom Saamenlappen des WIRKTE,
"N koy C Cheiranthus ineanus):
| Fig. 2. Dergleichen vom Blatt. ae Feyerlilie (Lilium \
bulbiferum),
Fig. 4. en von der Gefchlechtshülle diefer
Lilie. | |
Fig. 5. Dessleiehen von dem Blatt des Zwiebellauches _
(Allium Ceps).
Fig. 6. Wie auch von ‘dem Blatte des türkifchen Mays
.(Zea Mays). |
nt
Vorläufige Anzeige
"meiner Beobachtungen \
| Su von
den wahren
Gefchlechtstheilen ‚der Moofe
und Ä $
? !
f
ihrer en uns durch Saamen *).
IN en Bauptlächlich den, Relarfichtige L Dillen auch
die Menge niedriger Gewächfe aus ihrer Finfter-
‚ nils hervorgeführt, befchrieben, in gewilie Ordnungen
gebracht und mit Gattungsnamen belegt hatte, welche
die ältern Botaniker, ohne fich fonderlich um ihre
Kenntnifs zu bekimmern, unter Moos anzeigten, beitreb-
ten fich verfchiedene der vorzüglichften Männer i in diefer
' Willen-
'*) Diefe Anzeise befindet fich in den Sammlungen zur Phyfik
und Naturgefchichte, Leipzig 1779. 8. Band. S. 259 folg.
Ich habe fie hauptfächlich um der Entdeckungsgefchighte wil-
f len hier eingerückt, und hin und her nur in Nebendingen
verbeflert, damit man meine Kot tfehritte in diefem Feld nicht
valkehne. |
A
2 a Hr '
Wifenfchaft, ihre Gefchlechtstheile, ihren Saamen, und
aus diefen, wie beyden andern Gewächfen, zu erfolgen-
de Fortpflanzung ausfindig zu machen. Diefes fchien
um deito nothwendiger, da das Haupt derfelben , näft-
lich der Ritter von Linne, fein ganzes Syftem äuf die Be-
sie
gattung und die dazu SAnOHBen Menge
hatte.
\
genommen, die in Anfehung der Lage, Geftalt, Dauer,
des Baues u. f. f. von allen übrigen Theilen der Ge-
wächfe verfchieden warei, fich nicht an ällen von ein
und eben der Gattung, auch. nicht zu alien, föndern nur
zu gewillen Zeiten und in gewillem Zuitähde fehen. hief-
fen. Es wurde ihnen alfo unter denjenigen Pfatizen die
Man hatte auch an diefen, wie \deh fshon vorhin
\
mehr bekannten F artenkräutern, gewilie Theile ‚wahr-
* Stelle eingeräumt, die fich gleichfam im verborgenen
begatten, undLinne zuerft Cryptogamiften nänfite; zum
deutlichen Beweis, dafs gleichwohl auch diefe, gleich
den andern, für vollkominener ausgegebenen Gewäch-
fen; «ie dazu erforderliche Werkzeuge haben müfsten.
Aliein die Meinungen von ihnen find bisher eben fo
fchwankend und unzuverläfig geblieben, als die Be-
ftimmtheit des eigentlichen Begriffes von Moos. |
Nach dem Ritter Linne foll der welehtliche Theil
aller Päanzen Blume und Frucht feyn. Bevor demnach
diefe bey det Moofen nicht aufser allen Streit gefetztwa-
rent fo konnte allerdings niemand mit Gr und fagen, was
ein Mvos fey. Man trift daher bey keinein Schriftitel ler
eine Definition davon ät. Der einzige Lintie macht
in feiner botanilchen Philofophie 5: 37. folgende Be-
fehrei-
FA
x
fehreibung davon: „Die Moofe haben einen Staubheits
tel (Antbera). ohneFaden oder Träger (Filamentum),, wel«
cher fich von der weiblichen blüthe abgefondert befin»
‚det, da er am Stempel fehlt. Den Saamen aber mangeln
fowohl ihr eigenes Häiutchen , ‚als die Saamenlappen.®
In wieferne diefes feine Richtigkeit habe, wird aus dem |
erhellen, was ich von allen den Thheilen mit Zuverläfigs
keit fagen kann. Aber auch ich felbft vermag jetzt kei-
rien beitimmten Begriff von ihnen herzufetzen, bevor
ich nieht alles genau angegeben habe. ‚Immittelft mufs
ich beyläufig fo viel zum voraus erinnern, dafs der Rit»
‚ter vollkommen Recht hatte, wenn er verfchiedene
Moosgattungen desDillen von diefem Begriff ausfchlofs,
. und nur das Lyeopodium, Porella, Fontinalis,' Spha-
| ehum, fein Splachnum und Phafeum, Mnium, Polytri»
‚chum, Bryum und Eypnum beybehielt. Von welchen
jedoch auch das Lycopodium wird wegkommen müß
‚fen, wie der Edle von 'Schreber in feiner Abhandlung
vom Phafcum *) Seite 2. mit Grund erihhett,
Was die verichiedenen Meinungen in Anfehung ih«
; rer Gefchlechtstheile,, der Saamen. und Fortpflanzung
durch diefe betrifft, will ich hier nut die votzüglichften
kürzlich anführen, Dillen hielt die Kuöpfehen dbrfel-
ben, woraus eine betrichtliche Menge dem ähnlicher
Staub herausfuhr, den die Staubkolben anderer Pflanzen
_ von fich geben, für die mähhlichen Werkzeuge **)," ob
er ‚fie gleich nachgehends in der Befchreibung ftets Kap-
Ka Aa a feln
*) Obfervationes de Phafco, Lipf. 1770.40 |
ey ln Eingang zu feiner Moosgefchichte 9, 14, er
% |
feln oder Saamenbehältniffe nenätz; bey solcher Mei-
'nung auch Linne ı blieb. Die rofenförmigen Pfänzchen
hingegen einiger Gattungen fahen beide für weibliche: |
an. Bey aller Schwierigkeit, die fich jedem fogleich
darinne entgegen ftellen mufste, das dergleichen Pflan-
„zen nicht bey. allen Moosarten anzutreffen waren, folg-
ten ihnen gleichwohl nachgehends die mehreiten. |
Andere, als Hill *) und Meefe a haben denKamm
des Saamengehäufes ‚ andere die am Fuise feines Stiel-
chens befindliche, Saftfaden für 'Antheren angefshen.
Da aber alle diefe Meinungen nicht wohl ftatt haben
konnten, liefs es fich Necker in Mannheim einfallen,
erit in feiner Streitfchrift, de Mufcorum et Algarum ge-
neratione, hernach in der unrichtig überfchriebenen
Phyfiologie der Noofe, den im weitläuftigen Verfande
unter diefen Benennungen verfandenen Pflanzen, die
Zeugungstheile, mithin auch fortpflanzenden Saamen
gänzlich abzufprechen, und fie in dem letziern Werke
zu polypenartigen Gefchöpfen zu machen: ‘wodurch er.
denn dem linneifchen Syftem den wichtigften Stofs ge-
geben zu haben vermeinte. Allein meine in dieler
Sache gemachten Unterfuchungen und Entdeckungen
„werden es klärlich darthun, wie unger echt und vor eilig,
er fowohl als Herr von Büffon ***) fich über den Ritter
Linne luftig machen. Ohnmöglich kann fich der rüftige
Herr Necker um die Moofe fo viel Mühe gegeben haben,
| lab ar als
*) 1. Hills hiltory of Plants, London 1751. p. 99%
I Aa focieratis harlemenfis T. X. p. 11. und 171— 133.
*=) Naturgefchichte 8. 28.
\
4
h 4
als er in feiner Phyi fologie volelkbe, Vermuthlich fehl-
te es ihm entweder an guten Vergröfßerungsgläfern,
| Kant an der Kunft gehörig zu beobachten. ni kann
‚man aber, wo nicht thörigt, doch fo übereilt feyn, fo
was bey den unermefslichen Meilterftücken der Natur
gänzlich zu leugnen, worauf man.von den fchon be-
kannten Dingen in ein und eben der Reihe von Gefchö-
pfen, Kraft der unbefcholtenen Ordnung ihres göttlichen
Werkmeitters, mit aller Wahrfcheinlichkeit ichliefsen
konnte, und zwar blos darum, weil ich und taufend
andere es noch nicht a und zu {chen vers
mochten‘ ?
Ohnlängft hat der. Berühmte Herr Kölreuter fein ent=
decktes Geheimnifs der: Cryptogamie *) der Welt durch
den Druck bekannt gemacht. - Ohnfehlbar durch das
'Mützchen (Celypira) der Moofe bewogen, das er zuver-
fig für ihre Antheren hält, giebt er in feinem Buche
‚allen Gewächfen diefer Klaffe des Linne fo ein häutiges
männliches Zeugungswerkzeug. Ich will bier vondem
Farrenkraut, dem Kannenwifch, den Jungermannien,
Marchantien u. f. w. nichts fagen: von den Mützchen
der Moofe aber: kann ich zuverläfig verfichern, dafs fie
nichts weniger als männlicher Gefchlechtstheil find.
Ueberhaupt verhält fich diefe Sache a anders, als
man bisher geglaubt hat.
- Herr M. Ludwig #*) gedachte in [einen Glickwün-
| fehungsbrief an Herrn D. Gallifch meiner Entdeckungen
N AZ a von
*) Carlsruhe 1777. 8. |
er), Chriftian Friedrich Ludwig, Lipf, epiftula ad Frid. Andr.
Gallifch M. D. de fexu mufcorum dete&to, Lipf. 1777. 8,
von den wahren Gefchlechtstheilen und der Erzeugung
der Moofe durch ihre Saamen, indem ich Ihm und einigen
andern guten Freunden diefes gezeigt hatte, als Sie mir
die Ehre ihres Zufpruchs gönneten. Herr Z—=H.derim
hi 5gften Blatt der Braunfchweiger Nachrichten von poli- y“
tifchen und gelehrten Sachen, 1777. den 7. October die-
fen Brief anzeigt, äuflerte das geneigtefte V erlangen, fel-
bige dem Publikum bald mitzutheilen. Allein als prak- |
tifcher Arzt konnte ich diefe Unterfuckung en nur blos als
Nebenwerk. betreiben. Sie find fehr mühfam, fordern
viel Genauigkeit und Zeit. Ueberdies mochte ich auch
nicht gerne in den einigen Naturforfchern gemeinen Feh-
ler verfallen, die, fobald fie nur etwas fehen, gleich
urtheilen; dies fogleich zu Papier bringen und ganz
unbekümmert um die Richtigkeit, dem Druck überlie-
fern. Da ich demnach mit meiner Ausarbeitung, wozu
‚ich forgfältig genaue Zeichnungen nach der Natur ge-
macht habe, nicht fogleich zu Stande kommen dürfte:
fo will ich hier nur kürzlich anzeigen, wie und was.
ich in diefer Sache bisher zuverläffig entdeckt habe. .
Meinem Begriffe nach, den ich von den Moofen
geben kann und geben werde, rechne ich dahin blos die
linndifehen Gattungen, jedoch mit Ausfchlufs des Lyco-
podium. Ihre Behältniffe von ftaubähnlichen Körnchen
oder Kapfeln, nach Dillens richtiger Benennung ‚ habe
ich wegen ihres Urfprunges, ihres mannigfaltigen künft-
lichen Baues, ihrer Dauer, nie für fogenannte Antheren
halten können. Vielmehr fchien mir der um ihre Mün-
dung geletzte Kamm, wegen feiner fonderbaren Deweg-
lichkeit fowohl als anderer Eigenfehaften, diefe befruch-
tende
L)
. .tende Verrichtung zu u nur fanden mir die, Arten
im Wege, wo er gänzlich fehlte. Dem fchwieligen
Rand, aber um die Oefnung einiger von ihnen, wollte
ich doch auch nicht, um jener willen, diefes Gefchäfte
| andichten. Nachher wandte ich allen Fleifs auf die Un-.
ter De ung der Rüschen des Polytriehum und Mnium -
des Linne, und fand bisweilen die obern Theile ihrer
Saftfaden mit hellgrünen Kügelchen mehr oder weniger
‚ befetzt *), we Iches mich geneigt machte, fie mit andern
für die männliche Werkzeuge zu halten, Wie viele
‚Gattungen aber waren’nicht, denen diefe Pflanzen, und
‚verfchiedene Arten, denen die Saftfaden gar fehlten?
‚Was follte da Anthere feyn?
Die Begierde, dieteigentlichen zu entdecken, trieb
mich an, alle an den Moofen vorkommende Theile zu
zerlegen; und ich war vor allen Dingen dahin bedacht,
die für Antheren gehaltenen Kapfeln in ihrem erften Ur-
fprunge zu fehen. Im trocknen Wege wollte mir we-
gen Zartheit diefer Theile nichts gelingen. Ich zertheilte
demnach alle Kleinigkeiten derfelben in einem Tropfen
‚Waffer, den ich auf einen Glasfchieber liefs, um fie fo
winter das Vergröfserungsglas zu bringen. Hier wurde
ich nun wieder eine neue Art Körperchen gewahr, die
auf einem Stielchen ftanden, unten verdickt oder kol-
big, übrigens verengt, gleich einem Stempel waren.
‚Ihre Mehrheit fehlte aber auch manchen Arten; konn-
ten folglich ebenfalls nicht Antheren feyn. Nun fand
ich Aber bey, diefen Unterfüchungen, dafs auch. die in
aa, den
| | N % S, meine Hift, Nat, Muß. Kondan'®. lt. £ 99 24.
I
$ —
den Achfeln der Blätter befindliche Knospen, folche
walzenfürmige Körper, mit Saftfaden verg«tfeilfchaftet,
enthielten, wie die Rofen des Mnium und $ sternpianzen
des Polytrichum.
Diefer Umftand machte mich fehr aufmerkfam, dafs
ich diefelben, wo ich fie nur vermuthen konnte, auf-
fuchte. Und als‘ich den ı7zten Jänner 1774 eine folche
Knospe vom Bryum pulvinatum des Linne zertheilte,
hatte ich zufälligerweil fe auch einen diefer walzenför-
migen Körper quer durchfchnitten, und fand, dafs aus
feinem Innern ein fchleimigkörniger Gehalt wie Kügel-
chen, unter einer fehr ftarken Vergröfserung heraus
quoll. Unter längerer Betrachtung fah ich mit vieler
Verwunderung andere diefer Walzen fich oben üfnen,
und eine Menge dergleichen Kügelchen heraus treiben,
Die Vergröfserung aber, welche ich dazu anwandte,
um alles genau betrachten zu können, vergröfserte nn
Parifer Linie funfzigmal im Durchmeffer.
Diefer glückliche Umttand brachte mich auf die
Mutlimafsung, dafs diefe walzenförmigen Körper ihre
wahre. männliche Befruchtungswerkzeuge, oder ägs
find, was man bey andern Gewächfen das Pulver der
Antheren nennt. Nun befolgte ich nach Anzeige diefer
Entdeckung meine fernern Beobachtungen, und das
‚Glück hat mir fo wohl gewollt, nicht allein das bisher
verborgen gewelene Befruchtungsgefchäfte diefer Ge-
wächfe, fondern auch ihre Fortpflanzung durch ihren
eigenen befruchteten Saamen, ausfindig zu machen.
Alles diefes will ich kürzlich befchreiben.
Die
\
emule en " 9
| Die «eigentliche Blühezeit der mehreften Moofe ft
hauptfichlich alsdenn, wenn ihre Früchte das Ziel ihrer
Reife bald völlig erreicht haben‘, d. i. wenn die Deckel-
chen der Saamengehäufe abfallen und ihr Inhalt ausge-
ftreut wird. Man findet daher auf vielen, wie an ver-
fchiedenen perehnir dihdieh Gewächfen warmer Gegenden,
zu gleicher. Zeit reife Früchte und Blüthen. Unterfucht
man nun zu diefer Zeit die rofen- ftern- und knospen-
förmigen Theile, bringt ihren Inhalt in einen T ropfen |
Wafler, auf vorhin gemeldete Art, unter eine fehr ver-
gröfsernde Linfe, und erleuchtet den Gegenftand von
unten mit einem die Lichtfirahlen zurückwerfenden
Spiegel: fo wird man an den entweder etwas krumm
gebogenen oder geraden walzenförmigen Körperchen,
ihren eigenen Stiel oder Träger, und mehrentheils auch
ihren körnigen Gehalt gewahr,, der durch das Häutcher
durchfchimmert. Meiftens ift der oberfte Theil der fel-
ben leer, und wie Waffer, durchfichtig. Diefer öfnee
fich, und die ungemein kleinen Körnchen oder Kügel-
chen fteigen, von, einer etwas fchleimigen Feuchtigkeit
umgeben, gleich einer Wurf empor.
Bey manchen habe ich diefe Malle bald daranf mit
einer bewundernswürdigen Bewegung, felbft im Waller,
auseinander fahren und fich zerftreuen gefehen; biswei-
len aber fährt fie gleich bey dem Ausgang auseinander,
“Trift man die rechte Zeit, fo darf man auf diefe fonder-
bare Erfcheinung nicht lange'w vaxien:öfterer findet man
fie denn auch fchon bere ei, indem fie, fobald als die Be-
hältniffe in das Waller komnien, hervorguillt. Diefe
Behältnifle entfärben fich nachmals, ihr netzförmiger
| ARNSUN EN Gefäfg-
Io | |
=
Gefäfsbau, wie auch die Gefäfse des Stielchens, kommen
zum Vorfchein, und werden endlich zufammen gedrückt.
Gleichwohl aber öfnen fich nicht alle, von denen, die fich
in einer Blume beylammen befinden, zugleich, fondern
eins nach dem andern. Dafs die Naturforfcher an den
männlichen Gefchlechtstheilen der fo genannten voll-
kommenern Pflanzen, und den in ihren gröfsern Behält-
niflen befindlichen Kügelchen, ähnliche Erfeheinungen.
wahrgenommen häben, ift bekannt genug, Nur kömmt
'esnoch darauf an, ob die vorhin befchriebenen Behält-
niffe auch bey allen, im eigentlichen Verftande genam
menen Moofen, anzutreffen find ? N
Der offenbarfte Beweis für die W ahrheit der Beja-.
hung, würde fich am füglichften ergeben, wenn ich
mich auf die individuelle Unterfuchung und Befehreibung.
aller Arten einlafien könnte. Hier will ich aber nur fo
viel verfichern, dafs fiemir an keiner der hiefigen chem-
nitzer fehr moosreichen Gegend gefehlt haben. In den
‚ rofen - oder fternförmigen Blumen des Mnium und Poly-
trichum L. fah fie fchon Dillen, Man findet der gleichen.
auch noch bey verfchiedenen Arten des Bryum, als:
pyri, irme, truncatulum , eefpititium , andulatanz u.am,
Bey andern kömmt diefe Geftalt mehr oder weniger ge-
fehloflen, gleich einem Knöpfehen, auf dem oberften
Ende des Stimmehens zum Vorfchein. Diefe Art männ-
licher Blumen ift fürnämlich denjenigen der Gattung
Bryum gemein, die um die Mündung der Kapfel einen
Kamm von gelpaltenen Zähnen haben. An fehr vielen
Mooien aber befinden fie fich in den Achfeln der Blätter
in Geftalt einer Knospe, Und diefe find befonders der
Gat-
s
“
U
en m: dr it
Gattung Hypnum eigen. Am leichteften find fie bey
dem H. parietinum Ü: ‚wegen ihrer Menge, ver fchiedenen
Farbe und Dauer zu finden. Man ziehe von diefer Art
nur Pflanzen da aus, wo fie den anfehnlichften Wuchs
haben 'und keine, hen allen darunter gefunden
‚werden, und beiehe die untere Seite der Z Zweige gegen
das Lichts fo wird man die neuen-oder blühenden,
grün, die verblühten jährigen, ‚roth, die veralteten
zweijährigen, auch wohl noch dreijährigen und vierjäh-
rigen, braun finden. So dauerhaft ift die Hülle der
männlichen Werkzeuge befonders bey diefer Art.
Jedoch find die männliche Blumen unter Knospen-
geftalt nicht nur den Dillen- und Linndifchen Hypnum
eigen, fondern auch der Fontinalis, Phafeum und ver-
fehiedenen Arten vom Bryum, als: pulvinatum, flriatum,
apacarpum, hypaoides Es u. 2. m. Genug die Merle
mige männliche Befruchtungsbehältnifie haben mir
“ nie, fogar auch an den Buxbäumen gefehlt. Mehr kann
ich jetzo zur Beftätigung der Wahrheit,nieht fagen.
%
Diefe männliche Werkzeuge haben meiftens Saft-
fiden zur Gefellfchaft, die gegliedert und von fehr ver-
fchiedener Geftalt und. Länge, nach den verfchiedenen
Arten der Moofe, find. Man findet indeffen die keulen-
und mancherley kolbenförmige, meilt nur. in den ro-
fen- und fternförmigen männlichen Blumen: die der
‚knopfar tigen find meiltens, und der knospenförmigen
‚allemal fadenförmig. Die vom Sphagnum palufre L.
umfchliefst der Saftfaden, fogar das Behältnifs des Be-
fruchtungsttoffes, und macht feinen Träger, in dem
man ein 'Gefäfs aufwärts fteigen heht, Wer diefes be-
i | ‚Fachten
13 er | I
trachten will, mufs fie in den verdickten Enden der
oberften Aeftchen diefer Gattung auffschen.
Die Hüllen diefer gefammten Theile beftehen aus
Blättchen, welche, wie bey den weiblichen B Blumen,
von den übrigen Blättern der Pflanze, in der Länge,
Breite, Gelftalt, ‚auch bisweilen Farbe, unterfchieden
find. Nach dem Verblühen der letztern und Anfchwel-
len der Frucht, machen fie das, was Dillen das Peri-
chaetium nennt, | | 9 ER
Zu ein und eben der Zeit, wenn fic ch die vorhin
befchriebene männliche Werkzeuge in ihrem voll-
kommenen Zuitande befinden, muls man auch die weib-
‚liche Blumen ‚auffuchen. Diefe erfcheinen entweder
auf dem Gipfel des Stammes und feiner Erneuerungen,
"wie die des Bryum polytrichum u. f. w., oder fie kom-
men ebenfalls‘ als die männlichen, in Knospengefalt
aus den Blattachfeln hervor, wie z, B. bey der Fontina-
lis und Hypnum. DBey denen aber, die keinen Stamm
zu haben fcheinen, mufs man fie am Grunde der abfter-
benden Fruchthülle oder Umfaflung aufluchen, wie bey
der Buxbaumia. folofa.
So lange die aus Blättchen erbaute Hülle ken weib- |
lichen Gefchlechtstheile diefe während ihrer Wirkfam-
keit verbirgt, unterfcheidet fich diefe Blume von der
"männlichen fchon dem äuffern Anfehen nach allemal
dadurch, dafs fie länger ift, mithin auch fchmäler zu
feyn fcheint, Diefes mufs man hauptfächlich um derer
willen wiflen, welche die weiblichen Blumen fowohl,
als männlichen binnen den Achfeln der Blätter treiben.
50 kann man z. B. an dem Hypnum crifpum des Linng,
In
wenn
’
ns 13
wenn es geren das Licht gehalten wird, Hallen wil-
fen, welche Blumen männlichen oder weiblichen Ge-
fcehlechts find.
In diefer. weiblichen Be nun mufs fich ftets die
Grundlage zur Frucht ( rudimentum fru&tus, oder nach
‚Linne germen), der Grittel (fülus) und deffen Narbe
(figma) befinden. Vom Griffel will ich erft reden.
Er ift ein länglichter, nach vollzogenem Gefchäfte
durchfichtiger, mit braunen, aufwärts laufenden Gängen
verfehener Theil des Stempels. Da, wo er mit der
eigentlichen Fruchtanlage in Verbindung fteht, laufen
die Günge, wenn ihrer mehr als einer vorhanden U,
‘doch gleichfam wie in einen zufammen. Sie werden
in ihrer weitern Umkleidung, die ein fehr zartes Häut-
chen macht, vermittelft ungemein feiner Querfaden auf-
recht gehalten. Oben verfchwinden faft alle Merkmale
diefer Gänge in eine erweiterte trompetenförmige Mün-
dung, die eben die Narbe oder Stigma der Botaniker itt.
Bevor die Vollziehung des Befruchtungsgefchäftes
eigentlich vor fich geht, ift diefer Theil gefchloffen,
‚ Der Herr Hofrath Schreber hat ihn, aber nur etwas zu
fpät, um ihn in feinem vollkommenen Zuftande zu fehen,
zuerft, wie mich dünkt, angemerkt, und ihm zugleich
auch feine gehörige Verrichtung zugefchrieben 8
DerF ruchtgrundlage find öfters auch noch andere
. zufällige Dinge zugefellt. Nämlich eritlich, entweder
ganz undurchfichtige, oder wie mit einem dunkeln Kern
verfehene, im Umrifs aber etwas unregelmälsige Kölb-
| | gen,
'*) In der angeführten Schrift vom Phafcum.
4 Th
\
gen, die von einem fehr kurzen Stielchen getragen wer-
den, und fich in einen eben io geftalteten Griffel, wie .
die Fruchtanlage, endigen. Sie unterfcheiden fich daher
von diefer lediglich durch das Stielchen, durch die un-
‚gleiche Rundung des Kölbgens und durch feine dunklere
Farbe. Sie haben ihre Stelle gemeiniglich auf der Schei-
de (vaginula) des Fruchtftieles, bisweilen aber gleich
am Grund derfelben, Ich kann fie jetzo noch für nichts
anders anfehen, _als Nebenzuführer der Befruchtung
(addusres), oder fie müfsten als Honigbehälter des
Linne (nedaria) angefehen werden *). Ihre Anzahl if
von 2 bis 12 und. drüber. Auf derStieifcheide der Arten
vom Hypnum befonders ‚ find von diefen auch alsdenn
noch welche, wiewohl vertrocknete, zu finden, wenn
die Frucht reif ift. Zweytens enthält auch die weibli-
che Blume am öfterften Saftfäden, welche aber hier al-
lemal fadenförmig gegliedert find, Diefe nur befchrie-
bene zwey Arten von Werkzeugen find aber hicht in
allen weiblichen Blumen gegenwärtig, So würde maä
fie im Mnium hygromesrieum des: Linne vergeblich fuchen;
als wo der weife Schöpfer die Nothwendigkeit der Saft-
fäden auf eine ganz andere Weife erfetzt hat..
Die allerwenigften Moofe bringen in ein und eben
der. Blume männliche und weibliche Gefchlechtstheile,
tmithin fogenännte Zwitterblumen hervor, Bevyfpiele
N davon
PR { a alte hy ” DIN FADEN 98 .p.
*) So kam mir es damals vor. Jetzo weils ich es aber gewißs,
dafs fie, der Anzeige nach in meinen fpätern Befchreibun=.
gen, lediglich unbefruchret gebliebene „ nicht aber wie Lud- \
wig in der heueh Ausgabe der Anfangsgründe zur Gewächse
kenhtnifs fagt, Verbeiäte weibliche Gefchleehtstheile find.
nn
ı
\
m
re Ben N | 15
\
Akon find: Bryum | pomniforine [; laterale Huds, tr iehndes
u.f.w. Mehrere tragen zwar beide-Gefchlechtstheile,
aber in verfchiederien Umhüllungen ein und eben derfel-
be Pflanze, wie Bryum flriaten, pülvinatum u. a. m. als
i Monophyten, Bey den mehreften. hingegen ift Mann
und Weib eine abgefonderte Pflanze ein und eben der
Art, und find Diphyten, wie die eigentli chen Arten vom
Mniim des Linne. Ueberdem finden fich auch einige
‚Polygamitten, ‚wie es eben diefen grofse Naturforfcher
gehommen *) 'hatı Voh diefer Befchaffenheit habe ich
2. B. ein neues Mnium **) nach dem Syftem defielben in
der chemnitzer Gegend angetroffen, das Zwitterblumen
: a auch rofenförmige blos männliche Blumen hat.
EG
Sobald die Fruchtanlage völlig befruchtet ir fingt
fie an äufzufchwellen, drängt die vorhin befchriebenen
zufälligen Körperchen, wenn ihrer mehrere zugegen
find, feitwärts, und wird durch ihre kegelförmige Ge-
ftalt, wie auch lichtgrüne Farbe untetfcheidend kennt-
bar. Das Mützchen (calyptra) hingegen, mit dem der
zuführende Griffel verbunden ift, kann da noch nicht.
unterfeheidend gefehen werden. Bey dem Yernern
Wachsthum aber findet män diefe zarte Bedeckung der -
jungen F ucht fo fehr mit der Spitze ihres Deckelchens,
verbune
) ad 2 \
#) Aber nicht wohl übetlegt. Welche Blume von feiner Mox
» nandria inonogynia bis zu den polyandriis hinaus ift nicht
ein flos polyganmus ? und welche Pflanze, die mehr denn eine
Blume treibt, nieht oBaıa polygama ; Be polygas
mum ?
ie Meine nachherige Meefia uliginofa sc. fypt.L. va 1.
N.
16 —
dA
verbunden, dafs fie ohne ihre Verletzung nicht eher
abgezogen werden kann, bis die Kapfel entfärbt, bey-
nahe reif, und das Deckeichen zum Abgang bereitet ift.
E Diefen Theil, der keinem Moos fehit, kann ich
fchlechterdings für nichts anders, als das Blumenblatt
(petalum) anfehen: welches ich aus dem Ort feiner Ent+
ftehung »), aus feinem Bau, Farbe, Veränderung und
‚Gleichheit mit andern fogenannten vollkommenern Pfan-
zen klar und deutlich erweifen werde. Dafs es haupt-
fächlich zur Befchützung der Frucht wider das Aus-
trocknen und anderes Ungemach des Wetters diene,
läfst fich auch nur aus folgenden Bemerkungen leicht
abnehmen. | | |
Bey denjenigen Arten, deren Früchte einen {ehr
kurzen, ‚fait unmerklichen Stiel haben, mithin von den
Blättchen ihren Schutz erhalten, die vorkin Hülle der
Gefchlechtstheile waren, ift diefes Käppchen fehr £üch-
tig, fo, dafs es die Botaniker bey dem Sphagnum acau-
lon **) des Dillen, bis auf den Herrn Hofrath Schmiedel,
| nicht finden konnten. Von allen Arten des linneifchen
kn Si I PolyE
Yin in
*) Man kann hieraus leichte abnehmen, dafs ich damals, als
ich diefes fchrieb, dem Ritter Linne unter den grofßsen Hau-
fer Botaniker ziemlich blindlings nachtrabte. Meine nach-
herigen genaueren Erforfchungen des innern Baues diefer Ge-
fchöpfe, haben mich eines ganz andern belehrt; und ich habe
eingefehen, warum alles noch in diefer wiehtigen Wiflen-
fchaft fo hin und her fchwankt. RN
**) Sphagnum acaulon maximum, folüis in centro ciliaribus.
Dill, Hift. Mufe. p. 253: t. 32. f. 15. Buxbaumia Sepis
Schmiedel Diff, de Buxbaumia, Erl, 1758.
—— 17
Polytrichum hingegen mufste es aus weifen Gründen
fehr klein feyn; nimmt aber eben darum die beynahe
unzählbare Menge von Saftfäden mit empor, um diefe
gröfßsern Saamengehäufe vor dem Verderben fchützen
zu können, wenn fie ihr verlängerter Träger allen Un-
gemächlichkeiten der Witterung, befonders aber den
Strahlen der Sonne ausfetzt. = |
Trennt man ein junges Saamengehäufe, bevor es
fich noch gefärbt hat, vom Mittelpunkt des Deckelchens
bis \aufden Stiel, fenkrecht von einander, oder noch bef-
fer; macht man nahe an demfelben von vorne und hin
‚ten einen fenkrechten Schnitt, und bringt diefen mittle-
ren Theil unter das Vergröfserungsglas: fo fieht man,
wie die Gefäfse ‘von befagtem Mittelpunkt fich nach
. dem. Säulchen, zunächft welchem fich die Saamen befin-
den, verbreiten. Bisweilen ragt diefes Säulchen; fogar
nach dem Abfall desDeckelchens, wie z. B. im Hypnum
dendroides L. aufser den Zähnen des Kammes hervor.
Hieraus erhellet der Weg der männlichen Befruchtung.
Diefes Säulchen entfteht ferner aus dem markigen Theil
des Stielchens. Das Stielchen ift bey allen, es fey lang
oder kurz, durch ein zugefpitztes pfahlförmiges Ende
mit dem Mark des Stammes. verknüpft ”), und wird ver-
mittelft einer Scheide, in der es fteckt, feft gehalten,
Jedoch if die einzige Gattung Sphagnum des Linne von
diefer Einrichtung des Stielchens ausSenofatmen!
| | | Alle
*) Ich habe diefen unrichtigen Beweis mit Fleifs fo ftehen laf-
fen, zu zeigen, wie auch'mich damals die von Linne fo fehr
witzig als grundfalfch ausgedachte Prolepfis plantarum ge-
blender hatte.
B
#
)
Cu n ee
0 Alle Saamengehäufe der Laubmoofe haben Deckel-
chen, wie fie auch alle ein Mützchen haben: aber jenes
geht nicht bey allen ab, fo wie diefes bey manchen Ar-, |
ten das Deckelchen zugleich mitnimmt, Eben durch
diefen letztern Umftand kann man bey dem Mnium fel-
Incidum L. leicht auf die Vermuthung gerathen, das Dek-
kelchen theile fich in vier Zähne, Aufser dem Phafeum
ftofsen die übrigen alle diefen Theil ab. Viele haben
zwifchen beiden auch einen Ring, den auch Dillen, wie-
wohl undeutlich, bemerkt zu haben fcheint.
' Die Wände des Saamengehäufes beftelien aus zwey
Theilen, gleich den ihnen ähnlichen unter den für voll-
kommener gehaltenen Pflanzen. Die äuffere Wand hat
eine verhältnifsmäfsige Feftigkeit von den netzförmigen
Gefüfsen, aus welchen fie erbaut wird. Die innere ift
. fehr zart, ohne Gefüfse, und liegt in den mehreften der
äufsern feft an. Wo fie aber von ihr abfteht, wie befon-
ders der Buxbaumia aphylls, Mnium fortanım u. a. m,
da befinden fich zwifchen beiden gleichfam zarte Quer-
faden, die entweder einfach oder gedoppelt liegen.
Wenn nun das Deckelchen vom Saamengehäufe‘
getrennt wird, fo erfcheint feine. Mündung entweder
unbefetzt (»udum), oder mit einem Kamme verfehen.
(pedinatum). Diefer Kamm if entweder einfach oder
doppelt. Im letztern Falle kann man ihn auch den äuf-
fern und innern nennen,
Die Zähne des einfachen Kammes laufen theils
gleich aus, bey manchen Arten find fie gefpalten? Sie
find ferner entweder einwärts gebogen, und im Poly-'
trichum, wie auch dem Bıryum undalarım L. fallen fie
u fogar
men IR | } 19
fogar mit ihren Spitzen. das NE Zellenge-
« webe des Deckelchens. in Gettalt einer fiebförmigen
Haut. Ihre Länge ift verfehieden. Die längften find
trocken, entweder aufrecht gerichtet, wie die des Bryum
hypmoides u. a., oder fie winden fich gleich einem Seil
um einander, z.B. vom Bryum zurale, murale u, f. AR:
dere fchlagen fich zurück, als die des Bryum apocar-
pum L. und flriatum,
Der doppelte Kamm Dec aus einem äuflern und
innern. Der äuffere ift mit der äuflern Wand des Saa-
imengehäufes verbunden, und fcheint auch, dem erften
Anfehen nach, etwas ähnliches von ihrem Bau, fürnäm-
lich der Dichtigkeit, zu haben. Die Anzahl feiner Zäh-
ne find viere bis fechzehn: die letzte ift die gewöhn-
lichte. Sie find entweder oben gerundet, wie die der
Buxbaumia aphylla; dreyeckig, z.B. im Bryum flria-
tum; oder fie laufen fehr fpitzig aus. Ihre innere Flä-
‚che ift mit querüber laufenden Erhebungen gerippt.
Wenn .das Deckelchen abfällt, nehmen fie ihre Rich-
tung entweder rückwärts, oder gerade aufwärts, oder
fie ziehen die Spitzen in den innern Kamm hinein. In.
diefem Falle ftellen fie öfters um denfelben einen hohlen
Ring vor. dr
Der innere Kamm ift ein Fortfatz der innern häu-
tigen Wand. Im Mnium boraum, undulatum u. m. a.
‘kann man ihn leicht mit demfelben allein abziehen,
und fo unter das Mikrofkop zur genaueren Betrachtung
bringen. Er ift fehr zart, und entweder gezahnt, wie
im Mnium bygrometrieus, oder netzförmig, wie
der von der Fontinalis antipyretica, oder er ftellt
'B2 ein
20 - | — ee
ein von unten an bis zur Hälfte der Höhe oder drüber,
von den Eindrücken der äuffern Zähne aufwärts ge-
furchtes, kegelfürmiges Häutchen vor. Von da an if
er offen, und wie fadig, - |
Die Beweglichkeit der Zähne, je Behr die Luft,
“welche fie umgiebt, trocken oder feuchte ift, hat wegen
der natürlichen Ausftreuung der Saamen ihren beiondern
Nutzen.
Dafs der ungemein feitie Staub der Saamengehäufe
wirklich befruchteter Saame fey, haben fchon verfchie-
dene srofse Botaniker mit allem Recht gemuthmafsetz;
wie denn auch zweyen die Verfuche damit glücklich
gelungen find. Mich haben vielfältige Erfahrungen deut-
lich davon überzeugt. Ich will aber hier nur eine ein-
zige kürzlich befchreiben, durch welche alles, was bis-
her unglaublich fchien, am offenbariten erhellen wird.
Auch unter den Saamen diefer Gewächfe finder
man welche, deren Oberfläche auf manckerley Weife
uneben ift. Unter diefen erfcheint der vom Bryum py-
riforme L., wenn man ihn durch eine etwas ftarke \Ver-
sröfserung betrachtet, in V ergleich feiner Gröfse, wie
ftachlig. Im Frühjahr 1774. fäete ich ihn in einen klei-
nen Blumentopf. Nach einigen Tagen ging er auf, und
die Klümpchen, ‘wo ich ihn hatte hinfallen laffen, waren
wie der feine erüne Sammet anzufehen. Ich. hob
einige diefer Ankömmlinge mit einer feinen Nadelfpitze
heraus, fpühlte alle anhängende fremde Unreinigkeit i in
einem Tropfen Waller ab, uud fah fogar auch das gebor-
„ftene ftachlige braune Saamenhäutchen; ich fah den ein-
fachen Saamenlappen, der wie ein Saftfaden gegliedert
N war,
arı | er
war, und eine hellgrüne ftinmpfe Spitze hatte; ich fah
auch das unter fich getriebene einfache Würzelchen.
Diefe Beobachtung wiederholte ich nach vier Tagen, und
die Saamenlappen hatten angefangen äftig zu werden.
Bald hernach kam auch das] junge Pflänzchen felbft zum
'Vorfchein. Da ich diefe übrigen ftehen lies, fo er-
wuchfen fie zu Pflanzen von beiderley Gefchlecht; näm-
‚ lich rofenförmig männliche, und weibliche von anderer
Geftalt. Diefe trugen nachmals befaamte Früchte: und
die Saamen diefer fäete ich nachmals mit nen
Erfolg, |
f Wie ich aber berlin erinnert habe, war ich nicht
der erfie, der von der Moosausfaat junge Pflanzen er-
hielt. Herr Hill und Meefe, welche. überhaupt auch
meinen Entdeckungen vom männlichen Befruchtungs-
ftoff fehr nahe waren, haben fchon vor mir aus den |
ftaubähnlichen Saamen der Kapfeln die nämliche Art
Pflänzchen erhalten, von welener fie genommen wa-
ren. Wenn aber Herrn Meefe aus den gefäeten Stern-
blumen des Polytrichum commune auch welche aufgin-
gen, wodurch fich die Meinung des Dillen und Linne,
dafs diefe weiblichen Gefchlechts wären, zu beftätigen
fchien: fo gefchah das aus einem kleinen Irrthum, der
fich leicht begreifen läfst, 'wenn man den Weg der Na-
tur weils, wie fie diefe Saamen ausftreut. Jedoch hat
bey allem dem keiner die erfte ne diefer Pfan-
zen gefehen. | | R
2 Die Moofe haben alle ihre eigene männliche Werk-
zeuge, durch deren Kraft die Saamen vermittelft der
weiblichen, eben fo wie bey andern Pflanzen, befruch-
B3 tet
22 ae,
tet werden. Die wefentlichen Theile ihrer Saamenbe-
hältnifie find in ihrem Bau und Beordnung gleich denen,
die man an andern Pflanzen antrift. Ihre Saamen find,
wie deren ihre, die man bisher in Beziehung auf diefe,
vollkommene nannte, mit einem Häutchen überzogen,
So gehen fie ebenfalls mit Saamenlappen auf, und trei-
ben das erfte zarte Würzelchen unter üich, gleich.
diefen. N
Das alles werde ich in einer befondern Abhandlung,
mit der ich vor der Hand befchäftiget bin, und mich dem
Publikum hiermit dazu anheifchig mache, weitläufig.
ausführen, genauer erweifen, auch durch alle dazu ge-
hörige nothwendige, treue Zeichnungen deutlich ma-
chen. Diefe follin zwey Theilen erfcheinen, Der erite
wird enthalten die befondere bey diefen Unterfuchurgen
beobachtete Behandlungsart, die Befchreibung der Theile
anund für fich, befonders aber das, was die Befruch-
tung in den Biüthen betrifft. - Im zweyten werde ich
hernach von der Frucht mit allem ihren Zubehör, von |
den Saamen und feinem Fortpflanzungsgefchäfte handeln,
Diejenigen, welche fich die Mühe geben wollen,
meine Beobachtungen nachher zu prüfen, werden fin-
den, dafs ich mich keinesweges hiebey dem Spiel der
Einbildungskraft überliefs, fondern. überall der Natur fo
treu als mühfam gefolgt bin,
Aus der Befchreibung aller der Theile, die bister
die gröfsten Botaniker zum Hauptaugenmerk ihrer ‚Gat-
tungen unter diefen Pfanzen machten, wird immittelft
erhellen, dafs fie ohnmöglich ferner alfo bleiben kön-
nen, Werden fie es. ur „einer aufnchmen,
wenn
ER | Wr 23
\
wenn ich zum Befchlufs des zweyten Theiles dieferEin-
richtung und Beordnung eine neue Geftalt gebe? —
N. S. Dafs ich dies mein Wort hielt, ift aus mei-,
nen Fundamentis. Hifloriae, naturalis Mufcorum frandofo-
rum bekannt, die 1782 in "Quart bey Herrn Crufius her-
auskam. So hat es auch an dem Bergen Beyale mei-
ner Gattungen nicht gefehlt.
m
Erklärung der Kupfentafel
PL Der entblätterte obere Theil des Bryum pyriforme
L. in natürlicher. Gröfse.
- €, H. Der nämliche unter einer ftarken Vergröfserung,
- vorftellend die enthüllte Zwitterblume, in welcher
die bereits angefchwollene Fruchtanlage mit ihrem
Griffel und Narbe, die Nebenzufiihrer (adduttores),
oder eigentlicher, die unbefruchtet gebliebene weib-
liche Werkzeuge; ingleichen die männlichen Werk- |
zeuge, zum Theilnoch gefchlofien, bey * aber einer,
der feinen Befruchtungsftoff austreibt, auch zween,
‚die nach vollendeter Verrichtung bereits zufammen
gefallen waren, vn auch die Saftfäden befind-
| lich find. |
F, II. Die Fruchtanlage alein mit ihrem Griffel und
Narbe, N
F, IV. Ein unbefruchtet gebliebenen weiblicher Ge-
nei. |
B4 F, VW;
A
u ee |
F. V. Ein.noch gefchloffener männlicher Gefchlechts-
theil mit einem Saftfaden,
F. VI. Einer dergleichen aus der rofenförmigen Pfan-
ze des Mnium fontanım L., der. feinen Befruch-
‚ tungsgehalt faft gänzlich über fich getrieben, Rebik
einem Saftfaden von anderer Geftalt.
F. VII. Ein vom Saftfaden umgebener männlicher Ge-
fchlechtstheil des Sphagnum paluftre L. "uneröf-
net. Ai
/
F. VII. Ein nur aufgegangenes Saamenkörnchen des
| Bryum pyriforme L. |
Anmerkung. Die Vergröfserungen von F. II.
bis VI. find imDurchmeffer 5omal, F. VIII. aber 15omal
die pasiler Linie,
1.
m 25°
u il,
Beobachtung
vom } i
Seamenlappe nn
\
Wei man bey verfchiedenen kleinen Gattungen der
Thiere fowohl, als der Päanzen, weder Begattungswerk-
zeuge noch Saamen oder Eyer entdecken konnte, fo
hielten fich einige Naturforfcher für überzeugt genug,
‚ihnen diefe Art der Fortpflanzung gänzlich abzufpre-
chen. Eine genauere Nachforfchung und Unterfuchung
wird mit der Zeit Begattung, Eyer, Saamen in den Po-
Iypen, Schwämmen und fo weiter, ja an dem geringften
Schimmel fo gewifs entdecken, als mich meine Beob-
achtungen mit ihrem Dafeyn an den Moofen und Junger-
mannien bisher überzeugt haben. Wie aber alle in der
Natur vorhandene Pflanzen ihren eigenen Saamen tra-
gen, wodurch fie das fortdauernde Dafeyn in ihren Ge-
fchlechtern und Arten erhalten: fo find in jedem Saa-
men Theile befindlich, von denen die Pfänzchen zu
ihrer erften Entwickelung den Nahrungsiaft erhalten,
bis fie fo weit gediehen find, dafs ie, an ihrem Standort
genugfam befeftiget, fich aus ihm von feibft zu nähren
vermögen. Diefe nennt man Cotyledonen, Saamenlap-
| B5 | pen,
‚pen, Saamenblätter; welche fo, wie fie ihrer Geftalt
und ihrem Bau nach mehrentheils, wo nicht allemal,
‚von den ordentlichen Blättern der Pflanze abgehen, auch
in ihrer Zahl verfchieden, jedoch nicht fo vielfältig find,
‚als einige Botaniften'wollen. Wenn fie an der Kiefer,
Fichte, Tanne, Cypreffe und dem Lein, deren mehr als
-zwey angeben, irren fie-fich in ihrer Meinung eben fo
fehr, als wenn fie diefelben den Moofen ganz und gar
abfprechen wollen. Die fünf und mehrere Tangeln,
welche nach abgeftofsener Saamenhaut der erftern zum
Vorfchein kommen, find nicht die Saamenlappen, denn
diefe nahm die harte Haut, welche den Saamen umfafst,
mit fich. Man zerfchneide nur ein befruchtetes Saamen-
korn,-z. B. der Kiefer, fenkrecht, fo wird man in ihm
diefe Tangeln, als den obern Theil des Saamenpflänz-
chens, fchon bereitet, und in feinen Cotyledonen einge-
fchlofien fehen. In der-abgeftofsenen Hülfe aber eines
aufeegangenen Pflänzchens von diefer Art findet man
ihren feifchigen Gehalt fehr deutlich vor. Es zweifelt
alfo der felige D. Ludwig in feinem Unterricht von dem
Pflanzenreiche *) mit Recht an dem Dafeyn der Pflanzen
mit mehreren als zwey Saamenlappen.
Unter den mannigfaltigen Nutzen der aanlanlan.
pen, den fie in verfchiedenen Betracht haben, fehe ich
hier nur auf denjenigen, welcher ihnen für die Entwik-
kelung ihres Pflänzchens gegeben ward. Die Naturfor-
feher wurden mit vieler Verwunderung gewahr, dafs
| der
*) Siehe C.H. Ludwig inflitutiones tegni vegetabilis, Lipf. 1757,
5 |
em
der aufgehende Saame vor allen Dingen die Wurzel nicht
nur zuerft bis zu einer merklichen Gröfse trieb, ehe der
Keim nur die geringite Anftalt Zu feinem W achsthum
machte; fondern dafs diefe auch bey einer oberwärts
‚gekehrten Lage, fich doch beftändig niederwärts neigte,
Unter den neuern haben diefe befondere Erfcheinung ein
Dodart, de la Hire, Aftruc, Marchant, Moller, Eller,
und mein ehemaliger Lehrer D. Bofe *) aus ver-
fchiedenen Gründen zu erörtern gefüuchet. Vielleicht
können meine Beobachtungen dem wieder etwas mehr
Licht geben, was in diefer Sache noch dunkel und zwei-
felhaft blieb,
Das in jedem Saamen befindliche Saamenpflänzchen
(plantula feminalis) beftehet, wie bekannt, aus zwey.
Theilen ; der Spitze oder dem Schnäbelchen (roftellum),
und dem Keim oder Spröfsling (plumula). Aus jenem
'entftehet die Wurzel, aus diefem der tragbare Theil der
Pflanzen. Ift der Gehalt des Saamens nur nicht zu meh- |
ligt, fo kann man fchon mit blofsen Augen, ‚bevor er
noch die mindefte Yeuchtigkeit angezogen, in verfchie-
denen einen Gang aus den Saamenlappen zu dem Schnä-
belchen wahrnehmen, wenn man quer durch diefeiben
und ihr Pflänzchen einen fenkrechten Schnitt macht.
Eins der gemeinften Beyfpiele hiervon giebt der Kern
AO er ' aus
») D. Ernft Gottlob Bofe de radicum in plantis ertu er dire- _
@ione, Lipf. 1754. In diefer Streitfehrift finder man aller
vorhergehender Schriftfteller Meinungen vorgetragen und
geprüft. Seine Meinung ift der Sache am näheften ge-
kommen, |
28 rei
' aus den Aepfeln und Birnen *); deutlicher aber wird es
im Aufgehen; und noch mehr fieht das mit Vergröfse-
rungsgläfern gewalfnete Auge,
Zu diefem Behufe habe ich unter den ten
verfchiedene unterfucht, und in allen find mir gleichför--
mige Erfcheinungen vorgekommen, Da man es aber
an der fogenannten Feuerbohne **) am deutlichften fie-
het, den Verfuch leicht zu allen Zeiten anftellen kann,
und zugleich verfchiedene andere bemerkungswürdige
Umftände zum Vorfchein kommen; fo will ich haupt-
fächlich die Beobachtungen anführen, die ich an derfel-
ben gemacht habe, Ä
Man macht, wenn die junge, noch einfache, keil-
förmige Wurzel getrieben hat, quer über die beiden
Saamenlappen, mitten durch den Keim und diefe einen
fenkrechten Schnitt: fo fieht man, dafs aus jedem der
Saamenlappen ein Gang herauskömmt, der fich zwi-
fchen dem äuflern zellichten Wefen ( parenchyma) und
dem innern markigen Theile (medulla) bis zu der Spitze
herunter fenkt. Diefen nenne ich den Saftgang ***),
Ein quer über abgefchnittenes Tellerchen der Wurzel
zeigt, dafs diefer Gang, welcher aus dem Saamenlap-
pen entitand, den markigen T heil umfchliefst. Geräth
| ' der
”) T. 2. Fig. 1. 2. 3.
**) Phafeolus coccineus Linn. fp. A p. 1016. i. ß.
#*) Schon Grew in feiner Anatomy of plants hat auf der 7gften
Kupfertafel auf der ıften und eten Figur diefe Saftgänge ab-
gebilder, obgleich die hierzu $. 207. befindliche Befchrei-
bung nielir deutlich und der Sache angemeffen genug ift.
a 29
.der fenkrechte Schnitt fo, dafs er ‚gerade auf die Spitze
der Wurzel trifits fo wird man gewahr, dafs fich das
‚Mark anfänglich in eine fcharfe Spitze endigt, der Raum
‚aber diefes Saftbehälters zwifchen diefer und der Rinde
‚geräumiger, als nach oben zu, ift.
Der Saftgang fowohl, als die Rinden- und Markfub-
ftanz, beftehen aus neben einander auslaufenden Röhr-
chen: aber jene find unendlich feiner, daher ich fie in
‚einem querüber gefchnittenen Tellerchen nicht fo wie
an den beiden andern habe unterfcheiden können. Nur
durch eine beträchtliche Vergröfserung erfchienen fie
in dem fenkrechten Schnitt, gleich den allerfeinften Fä-
den. “Indem ich diefen Schnitt von beiden Seiten mach-
te, um das Ganze durchfichtig und dünne zu haben,
trug es fich bisweilen zu, dafs fich diefer Theil von den
beiden andern trennte. Er ift durchfichtiger, und in der
Feuerbohne von einer fchönenhellrothenFarbe. Schnei-
det man in der Bohne und andern ihr gleichen Saamen-
lappen, von dem Orte, wo fie mit ihrem Pflänzchen zu-
fammenhängen, nach und nach rückwärts: fo kommen
nach der gerundeten Seite zu einige Punkte zum Vor-
fchein, die deutlich beweifen, dafs es auch hier, wie in
den Saamenlappen anderer Pflanzenar ten, wo fie, wie
auf den Blättern, deutlich zu fehen find, Gefißse giebt,
welche den Saft aus dem übrigen zelligen Bau der Lap-
pen aufnehmen und in den Hauptgang führen.
Hat der Saame einen einfachen Beben, wie ala
Grasarten, fo liegt über dem Saamenpflänzchen ein ab-,
gefonderter fchwammiger Streif, der nach unten zu mit
‘dem Schnäbelchen unmittelbar verbunden ift. Diefer
| | nimmt
nimmt den aus dem Saamenlappen eindringenden Saft
„auf, und giebt ihn dem Saftgang.
Dais die Spitze einer jeden aus dem Saamen ausge-
henden Wurzel abgeftumpft, und nach einiger Verlänge-
rung dicker als oben ift; dafs in diefer der Saft in gröfse-
ter Menge gehäuft angetroffen wird, dafs bald nach ihrer.
‚ Verlängerung faft allenthalben, nur nicht an der Spitze,
bald kürzere, bald längere, faftvolle Fäden zum Vor-
Tchein kommen, ift allen gemein. - Diefe letztern entfte-
hen blos aus der Oberfläche, und finden fich häufig auch
an allen andern Theilen verfchiedener Pflanzen, daher
fie bisweilen ganz rauch erfcheinen. *
Diefes find die hauptfächlichften Erfcheinungen, die
man an, den aufgehenden Pflanzen entweder mit blofsen_
Augen, oder durch Vergröfserungsgläfer wahrnimmt.
Ich gehe nun zu der Abhandlung von den N
der kurz befchriebenen Theile felbft fort.
Jeder einzelne Saame, fogar der von Moofen nicht
ausgenommen, ift von einer eigenen Haut oder Hülle
umgeben, die zweyfach, ja bisweilen auch dreyfach zu
Teyn fcheint. In den allermehreften ift ihr fchwächerer
Ort der, wo das Schnäbelchen befindlich it. Wenn die
Feuerbohne von der angezogenen Feuchtigkeit an-
\
fchwillt, wird man eben da eine kleine ofiene Vertie- .
fung in der äufferften Haut gewahr. Selbft in beinhar-
ten Kernen hat der Urheber der Natur eine fchon fertige
Oefnung gemacht, durch welche die Wurzel ungehin-
'dert herauskommen kann, wie z. B. im Dattelkern.
Es liegt ferner in "einem reifen und trocknen be»
fruchteten Saamen alles zu demfelben. gehörige dicht
bey-
beyfammen. Sobald aber alle feiner Entwickelung ans
gemeflene Umftände auf ihn wirken, unddurch die ange- |
" zogene Feuchtigkeit und gehörige Wärme, die Gährung
. des in den Saamenlappen enthaltenen Nahrungsfaftes
angeht: fobald werden auch alle darinnen enthaltene
‚Theile, aus einander getrieben. Da aber die erweichte
Hülle nur bis zu einen gewillen Grade nachgiebt, die
Auflöfung jener indeflen immer fortgeht: fo werden die
. Behältniffe zu enge, der nun verdünnte Nahrungsftoff
fucht feinen Ausweg, und tritt natürlicherweife dahin,
‚wo er den wenigften Widerftand findet. Diefes aber ift
eben in den Ausgängen, die nach dem Saftgang des an-
gehenden Würzelchens und dem Schnäbelchen führen.
Hierdurch werden feine vorhin dicht zufammengedrun-
genen Röhrchen noch mehr erweicht, aufgetrieben, und
ihre Verlängerung erleichtert. Aufser dem vorhin ange-
zeigten, weniger befeftigten Orte der Hülle, wo es fich
befindet, trägt zu der Beförderung des Durchbruches
von dem Keim, auch die einfache keilförmige Geftalt das
ihrige bey.
| Warum aber ‘diefer nun heraustretende Theil eben
allemal unter fich gehe, und nicht auch eine Richtung
nach oben zu nimmt, ob man gleich den Saamen diefer
Abficht gemäfs fteckt, hät/meinem Erachten nach in fol-
genden zwey Urfachen feinen Grund. Erftlich gefchieht
es nach dem Gefetz der Schwere; indem der von der
immer zunehmenden Gährung in dem Behälter getries
bene Saft fich an der Spitze allemal am häufigften zu-
fammendrängt, und ihr alfo eine Ueberwucht giebt,
Hierzu kommt das Gefetz der anziehenden Kraft, die
Zwey
32 ae
zwey ähnliche Materien unter einander haben. Der,
Boden, wo der Saame aufgehet, enthält doch allemal
dasjenige, was in diefem Theil befindlich ift: aufserdem
wird er entweder fchwerlich aufgehen, oder zu keinem
Wachsthum gedeihen. Wenigftens übertrifft feine auch
nur ausdünftende F euchtigkeit die Feuchtigkeit in der
Luft. |
cnlDie Urfache hingegen, dafs die Wurzel zuerft allein,
und nicht zugleich auch mit dem Keim treibt, liegt,
wennch nicht irre, in folgendem Umftande. Es findet
fich aus dem Saamenlappen kein unmittelbarer Weg zu
demfelben, wie Herr Eller meinte, fondern die Säfte,
welche feinen Trieb befördern follen, müffen erft von
dem markigen Theile der Wurzel herzu geführet wer-
den. Dem Anfehen nach könnte diefes auch fogleich
gefchehen, ‚wenn der Saft in das Schnäbelchen tritt,
zumal wenn ich behaupte, keinen Knoten zwifchen bei-
den Theilen gefunden zu haben, der dem freyen, Auf-
fteigen der Säfte in die Höhe einigen Widerftand ma-
chen könnte. Aufserdem aber, dafs die Rühren des
Markes anfänglich wegen ihrer Dichtigkeit mir noch
nicht oangbar genug fcheinen: fo übertrifft auch der
nach dem Gefetze der Schwere ftärkere Abfall nach der
. niedergefenkten Wurzel, zumal bey der Erweichung
ihrer Spitze, theils durch den heftig angetriebenen eige-
nen Saft, theils durch die Feuchtigkeit der ie den
Jruck nach oben zu. | Ä
Wennman nur auf die gemeine und ol vorkom-
..ende wirthfchaftliche Behandlungen des Mehles oder
‚ser trockenen Zugemüfe acht giebt: fo kann man fich
von
ee 92
s
von der Dichtigkeit der in den Saamenlappen enthalte-
nen T heilchen, aus ihrer ungemeinen Ausbreitung einen
Begriff machen. Bey der im angefangenen Wachsthum
„immer zunehmenden Auflöfung häuft fich alfo eine über-
_ wiegende Menge von Säften (plethora) in dem Saftgang
an: diefe bringt Veränderungen in den Röhren hervor,
wodurch fie nach auswärts dringen, und erft Knoten
gi treiben, woraus fie alsdenn die Seitenwurzeln verlän-
‚ gern: und nun wird die Wurzel gefchickt, eine hin-
längliche Nahrung für die Pflanze aus der Erde zu zie-
hen; die Menge derfelben treibt auf den Stamm, und
nach und nach welken die erfchöpften Saamenlappen
"und fallen ab. Bey manchen Pflanzen werden diefe un-
gemein grofs, und es dauert lange, bevor der Keim zu
treiben anfängt, z.B. bey dem Kürbis, der Gurke u. dgl.
' Nimmt man indeffen, wenn der Keim zu treiben ange-
-
fangen hat, die Saamenlappen von diefem ab: fo ftockt
ihr fernerer Wachsthum wenigftens lange, oder das
junge Pflänzchen geht wohl gar ein, obgleich die Wur-
zel fchon fehr viel Nebenfafern getrieben hat.. DieLand-
wirthe wiflen aus der Erfahrung die Schädlichkeit des
'Froftes, wenn ihre Saat in der Milch, ‚wie fie fich aus-
‚ . drücken, fteht. Wenn die Sperlinge über die neuerlich
aufgegangenen Bohnen kommen und die füfsen Saamen-
‚lappen abbeifsen: fo wird man gewahr werden, wie viel
junge Pflanzen eingehen, und wie lange die übrigblei-
benden ftocken, obgleich die Keime fchon in etwas ge-
_ trieben und ganz unbefchädigt geblieben find. Ja durch
die Erfahrung belehrt, weifs ich, dafs das Verderben
des un | in etwas geicholsten Keims die fchädlichen
Ger # Folgen
34 ee
\ x
Folgen nicht hat, wenn fich nur die Saamenlappen in
einem gefunden Zuftande befinden. Zufilligerweife
wurden mir an einigen Bohnen, die ich in einem Blu-
mientopf vor dem Fenfter itehen hatte, die einen Zoll
lang getricbenen Keime zunichte. gemacht, die unbe-
fchädigten Saamenlappen blieben frifch, und vergröfser-
‘ten fich aufserordentlich. Nach Verlauf von vierzehn
Tagen 'ohngefähr kamen an jeder Seite des bis auf den
Grund verdorbenen Reims zwey neue hervor, die her-
nach um defto fehneller zunahmen und zu vollkomme-
nen Pflanzen aufwuchfen‘ Gleiche Beyfpieie habe ich
an verfchiedenen andern Pfanzenarten gefehen. |
Da nun die Saamenlappen den Grunditoff zu dem
jeder Pflanzenart insbefondere eigenthümlichen Safte
enthalten: fo folgere ich daraus, cals ie nicht nur den
erien Trieb der Wurzel machen, fondern ihre Rühren
auch zu dem Anzuge und Bewegung der ihr zugehöri-
gen Süfte erft einrichten und angewöhnen mülfen.
ı
MH.
2% 95
x I N I.
L ycoper de n pafillum;
‚ein
bey Chemie, am Fufs der Echfifchen Erzgebirge
zuer&& entdeckter
ioennen. Bowl.
m ET nn \
So fehr fich auch ehemals ein Sterbeck, Vaillant, Mi-
cheli, Dillen, Haller, Stähelin, Gleditfch, und mehrere
andere, fogar jetzt noch wirkfame verdienftvolle Män-
ner um die Auffuchung, Abbildung, Anordnung, Be-
fiimmung der Pilze bemüheten; fo weit find wir gleich-
wohl noch in diefem Feld der Gewächskunde zurück.
“ Ihr fchneller Wuchs, nachdem fie zur Sichtbarkeit für
blofse Augen gediehen, die hiermit verknüpfte Verän-
derlichkeit der Geftalt fowohl als der Farbe und des Gehal-
tes, des Ganzen und feiner Theile, vielleicht auch ihre
'nachmals kurze Dauer, find allerdings den möglichen
Fortichritten feit einen Micheli fehr hinderlich gewefen.
- „Weit mehr aber die Vernachläfüigung deflen, was unfern
Begriffen zur Kenntnis der Gewächfe allein Feftigkeit
Sen, und der noch obwaltenden Menge von Mifsgrif-
2 fen
Do) ainalluhgeh zur Phyfik und Naturgefchichte, B. UI. 5,273
\
>
36 nn
‚)
fen abheilen konnte. Ich meine eine genane anatomi-
fche Unterfuchung und nur auf diefe, gegründete Ge-
'wächsphyfiologie, ‚als wodurch wir allein zu den allge-
‚meinen Grundbegriffen dieler Wiffenfchaft gelangen.
. Hätten die neueren Läugner des. Bürgerrechtes die-
ter Erzeugniffe der Natur unter. den Gewächfen, die
fich felbft fo vielPhilofophie zutrauen, erft jenes gethan,
und fich dadurch vergewillert, was eigentlich zu einem
natürlichen Körper erforderlich ift, um mit Recht zum
Gewächsreich zu gehören; zuverläffig 0 würden fie als-
denn; bey einer genaueren Aufmerkfamkeit auf alles
das, was den Bau und Verrichtung der Pilze betrifft,
das fchiefe Urtheil zu fällen unterlaffen haben. — Diefer
Fall ift indeflen einer von denen, welche fich bis diefe
‚Stunde fehr häufig in der Naturgefchiehte ereignen.
...... Der Weitläuftigkeit wegen ift.es hier nicht der Ort,
. das Wefentliche der Gewächfe feitz zufetzen,. und daraus
zu beweilen, dafs die Pilze auch Gewächfe find. Ge-
nug, dafs derjenige natürliche Kör per, ‚den ich fchon ehe-
mals zuerft, wie ich glaube, befchrieben habe ‚zu den
Pilzen gehört. Zu welcher Gang aber Ist fich vor
allen Dingen. \
Gleditfch, dem wir die erfte gute Einthe lila der
Pilze in beftimmte Gattungen zu verdanken haben *),
giebt unter den Merkmalen zum Boyift { Lycoperdon)
‚Fäden an, die fich zwifchen der in einer zunden oder
rundlichten Höhle enthaltenen yngeheuren Menge von
' Saamen befinden. Welchem nach fogleich erhellen
wird,
*) Gleditfch Methodus Fungorum, Berol, 1753. 3.
‚7
wird, dafs unfer kleine Pilz allerdings zu der Culture
gehören. mülfe. |
Linne war diefes Merkmal entwifcht, daher auch
Murr ayin feiner. vierzehnten Ausgabe des Syftems einige
. - unächte Arten unter feinen Boviften hat; nämlich Lyco-
perdon corpobolus, varıolofum, ir uncatum, Pie ‚forme , was
einige Neuere ganz richtig angemerkt und zum Theil |
verbeflert haben... .ı
“ Gleichwohl aber dürfen diefe Fäden nicht gerade
zu als das wefentliche Merkmal angenommen werden,
da fie auch in den kugelrunden oder länglicht runden
Saamenbehältniffen der Jungermannien und Marchantien,
und zwar zu eben dem Behuf, befindlich ind. Man
follte zwar glauben, die gleichfam beftimmte Eröfnung
diefer Behältniffe i in zwey- oder vier ‚Klappen, gäbe einen
binlänglichen Unterfchied ab: wer aber die Eröfnung
der felben i in der Marchantia polymor pba öfterer beobach-
tet hat, wird gefunden haben, dafs auch hier ihre Wände
. fehr oft, eben fo wie bey unferm kleinen Bovift, unor-
dentlich ftückchenweis auffpringen, |
Da aber die Füden aller diefer Arten entweder ein-
fach und gewunden, oder zwey- auch mehrfach und
geflochten, die aber der Bovifte gleich aus find und gar |
keine Windungen haben: fo mufs diefer Umftand zu-
gleich angemerkt und zum Gattungsmerkmal, gleich-
auslaufende Schneilfäden genommen werden. Dafs dem-
nach Bovift. (Lycoperdon) ‚diejenige Gattung unter den
Pilzen ift, welche in einer gefchloffenen und
‚entweder befimmt oder unbeftimmt fich
öfnenden Höhle eine Menge Saamen mit
| NUR 3 | | unter-
25 | | a a “
untermifchten gleich auslaufenden, Seine
fäden erzeugt.
Ich wende mich nunmehro zur Belcuı bus der
äuffern Theile meines kleinen Boviftes. Im November
1779 kam er mir zum erftenmal bey meinen verfchied-
dene Jahre fchon um Chemnitz gemachten Komnifchen
Jagden zu Geficht; und zwar in dem fogenannten |
Grintfcher Wald. Er befand fich fehr zahlreich, aber
nur an einem einzigen faulenden Stock, defien mitter-
nächtliche Seite, gleich einem grünen Teppich, von der
Jungermannia repzans des Linne überzogen war. , Auf
diefem feinen Lebermoos allein fafs er mit feinem ver-
hältnifsmäfsig breiten Fufs, aus welchem etwas wurzel-
artiges unterwärts ging, T. II. F.IL. a. b,
Die natürliche Gröfse diefes Pilzchens F, ı. beträgt
Selten über drey Linien parifer Maas; vielefind noch klei-
ner: daher das fchärfite unbewaffnete Auge die Befchaf-
fenheit der äufferen, vielweniger aber der innern Theile
gehörig zu beobachten vermag. Ich habe diefe meine
_ Unterfuchungen gröfstentheils unter einer Linfe ange-
ftellt, welche den Durchmeller olıngefähr zwanzigmal
vergröfsert.
Den gedachten Fufs des Pilzchens umgiebt ein fehr
zartes, durchfichtiges Häutchen, das den verhältnifs-
mäfsig langen Strunk (füpes) oder Stamm umfchlüfslich
begleitet, F. D. c, und fich- bisweilen in dellen Mitte,
bisweilen auch am Fruchtkolben erft endigt.. Meines
Erachtens ift diefes nichts anders, als der den Boviften
befonders gewöhnliche Umfchlag oder Hülle (volva),
worinne anheblich das Ganze eingefchloffen ift, undvon
dem
‘
dem Ring (annulus), *) fehr wohl unterfchieden werden |
mulfs.
Der Strunk oder Stamm ift dünne; feine Farbe als-
fchwar zbraun und von feftem holzar ügen Gehalt.
Der obenauf fitzende Fruchtkolben. hingegen itt
lichtbraun,, rund, olatt; aber nach dem Stamm zu wie
denn, wenn die Saamen reifen, (in welchem Zuftande |
mir eben diefes Pflänzchen aufftiefs,) dunkel oder
etwas verengt. Und hier hat er länglichte Fältchen,
Seine Wände beftehen aus einem etwas durchfichtigen,
fpr öden Häutchen. Wenn diei in ihm enthaltene Saamen’
zu ihrer Reife gediehen find, öffnet fich diefer Theil
nicht wie bey einigen andern Arten diefer Ga ıttung be-
ftiimmt nach Art und Weite, fondern. es entftehen bald,
oben, bald an den Seiten erft verfchiedene in einander
laufende Riffe, Alsdenn werden bey trockener Witte--
rung ZWey Drittheile derfelben ftickchenw eis abge.
‚hoben. |
Und das zwar von den. im Innern des Kölbchens,
"befindlichen bräunlichen, einfachen und ungewundenen.
Springfäden, die eine unzählbare Menge fahlgelbe Saa-,
men, in Geftalt des feinften Staubes, von fich fehnellen,
Es ift demnach klar, dafs diefes Pilzchen ein Bovißt
iR. Seine Artbeftimmung fey folgende: |
Y NL 4 La | ER
”) Da diefer. Theil gemeiniglich fo erfcheint, wenn [eine Ver-
richtung vollzogen ift, fo gaben ihm die Botaniker, die diefe
‘nicht kannten, den Namen, Ob er aber nicht einen andern,
ihr angemeffenern haben fellte, laffe ich hier unentfchieden,
AU
[4
\
Lycoperdon pafllum, füpitatum, volva vaginante;
capitulo giobofo, lamellatim dehifcente!
Ein kleiner Bovift, geitielt; ; mit fcheidenartigem
Umfchlag ; rundem, glatten, plättchenweis fich
er öfn enden Fruchtknoten.
Diefem will ich nur noch eine Ed die andere mei-
ner mikrofkopifchen Beobachtungen hinzufügen, die
ich an dem innern Gehalt ‚des Fruchtkölbchens gemacht
habe, | u |
Sobald die innern Fäden mit der Reife der Saamen
zu ihrem gehörigen Grad der Feftigkeit gelangt find,
drängen fie die nunmehr auch entfaftete und fpröder ge-
wordene Wände, und fie bekommen Riffe. Durch den
Zutritt der freyen trocknen Luft gewinnt denn ihre Fe-
derkraft um defto mehr; fie befreyen fich von ihrem
Zwang, und fchnellen die Saamenkügelchen von fich.
Es ift ein ungemein angenehmes und zugleich lebrrei-
ches Vergnügen, die fonderbaren Anftalten der Natur,
‚auch nur bey diefem Pfänzchen, das doch fonder Nutzen.
zu feyn fcheint, unter einem fehr vergröfsernden Mikro-
fkop zu betrachten; zu fehen, wie die gleichfam durch
einander gewirrte, zum Theil einfache, zum Theil am
Ende zwey- auch dreyzackigte Springfädchen 3%
(nebft den Saamen 300mal vergröfsert) auffahren, fich
gleich lebenden Würmern, , verfchiedentlich bewegen
und krümmen, und die Saamen im Bogen fortfchnellen.
Diefe Erfcheinung it der von den Früchten der Jun-
germannien und Marchantien völlig gleich; nur dafs fie
bey diefen gemeiniglich fchnell vorüber geht, fobald fich
| ‚das
41
das Saamengehäufe geöfnet hat, bey den Boviften hin-
. gegen viel länger dauert. So ift auch in Anfehung der
.W irkung der Luft und Eigenfchaften der Witterung auf
die natürliche Ausfaat, eine gewifle Gleichheit nicht nur.
ünter den nur genannten Gattungen, fondern überhaupt
allen fo genannten Cryptogamiften des Linne.
Enthält die Luft viele Feuchtigkeiten, zumal wenn
diefe fich in Geftalt des Regens aus ihr entwickeln und,
herunter finken: fo öfnet fich kein Saamenbehältnifs,
fogar überreif, ‚weder des Kannenkrautes, noch derFar-
renkräuter, } noch der Moote u. f. f. dazu mufs trocken
Witterung feyn. Gefetzt, das Saamenbehältnifs wäre.
denn auch fchon eröfnet, die Saamen aber noch nicht
i alle herausgetrieben worden, und die Luft wird fchnell
wieder mit Feuchtigkeit erfüllt: fo zieht fich die Mün-
Aungsbefätzung von diefen Behältnilfen der Laubmoofe
eben fo fchnell wieder zufammen, und verwehrt den
. noch übrigen Saamen die Ausflucht; die zurückgezogene
Halbkugel der Farrenkräuter fällt eben fo fchnell wieder
' zurück; die Schnellfäden der Jungermannien und Mar-
chantien bleiben eben fo ruhig und füille, wie die der
Bovifte, mithin wird auch fo lange kein Saame aug-
getreut. | ENTE N
Wer fich hiervon anfchaulich überzeugen will, hat
nicht nöthig, Tage lang bey den Früchten diefer Ge-
wächfe zu verharren, und auf j jene Veränderungen der
Luft zu warten: der Verfich ift leicht, "und kann, fo ofe :
man nur will, wiederholt werden. ‚Ein blofser gelinder
Hauch, den mar .aus dem Munde auf den Gegenftand
richtet, indem man ihn durch das Vergröfßserungsglas
© 3 | betrach-
a. ih
betrachtet, bewirkt.diefes fchon: und fobald die Wirkung
feiner Feuchtigkeit vorüber ift, die nicht lange dauern
kann, kommt alles wieder in die vorige Bewegung.
Eine fo unermefslich weifeund bewundernswürdige
künftliche Einrichtung gab der göttliche Urheber der
Natur fogar diefen Gefchöpfen, die doch von den meh-
reiten Menfehen ganz unbemerkt bleiben, ja wohl gar
ihrem Dünken nach für ganz unnütz angelehen werden,
Ohne diefelbe würden befonders diefe Gewächfe zu der
fo nothwendigen Ausftreuung und Veränderung ihres
'tandortes untüchtig feyn: ihre faft unzählbare Menge,
Saamenkörnchen, die auch nur in einem einzigen ihrer
Behältnifle erzeugt kerulene würde auf einen Klumpen
zufammen fallen und verderben, oder bey bequemerer
Witterung alles um fich her überfügeln, Ä
. Die zwifchen den Springfedern des Boriftes befind-
liche ftaubähnlickhe Körnchen find, wie alle der aus den
verfchiedentlich geftalteten Behältniflen der Farrenkräu-
ter, der Moofe, der Jungermannien, Marchantien u.a. m.
herausfahrende Staub, wirklicher Saamen diefer Pflan-
zen. Die Verfuche des Micheli, von der ı36ften bis.
13giten Seite feines Werkes, haben es bereits erwiefen,
dals nicht nur die Pilze, fondern fogar der Schimmel,
feinen eigenen Saamen hervor bringe und fich fo in fei-
ner'Art fortpflanze.
Es giebt zwar bis diefe Stunde angefehene Pflanzen-
kenner, die diefen Michelifchen Verfuchen die Wahrheit
abfprechen, und fie laut für Erdichtung halten; haupt- |
fichlich wegen der. Folgerung, die daraus auf das Vor-
handenfeyn der Gefchlechtstheile gezogen werden kann.
Sie
em | ‚43
Siebeziehen fich deshalb auf vergeblich angeftellte Verfu-
‘che. Wie, wenn diefe Herren mit eigener Hand die klei-
nen Körner aller Behältniffe, welche aus den Blnmen einer
Aurikel oder Königskerze entftehen, im May auf ein frifch
' gegrabenes Gartenbeet oilen hin ftreuten, und keine von
. beiden aufgehen fähen, würden fie etwa da auch den
Blumen diefer Gewächfe die Gefchlechtstheile ‚ und den
Körnchen die Wirklich! zeit der Saamen abfprechen? —
Thorheit — werden fie fagen. Diefe Pflanzen haben
ja zu offenbar das, was auch der gemeinfte Mann für
Blume erkennt, und wobey fich jeder Botaniker Ge-
fchlechtstheile denken muß. Dies fey nun in allem
Betracht wahr; fo fage ich doch: Lernt nur er recht
füchen, fo’ werdet ihr auch bey allen Cryptogamifchen
Gewächfen des Linne gewiis welche finden,
I en
Ven Wr
dem wahren Urfprunge
der männlichen
Begattungswerkzeuge der Pflanzen;
nebft n
einer diefe Lehre erläuternden Zerlegung
der |
Herbfizeitlofen (Colchicum autumnäle).
rä
r an
W enn man auch nur darüber gehörige Betrachtungen
anfteilet, dafs die Gewächfe aus dem, was fie von ihrem
Standort einnehmen, jedes nach feiner Art, fo verfchie-
dene und befondere Säfte zubereiten, von welchen fie
theils die Nahrung für ihre eigenthümliche felten Be-
_ftandtheile abfondern, andere zu einem beitimmten fer-
nern Gebrauch gleichlam in gewille Behälter bringen,
die flüfigern ausdünften, dafs fie erkranken, und von
Ihrer Krankheit entweder wieder auf kommen, oder fter-
ben, auch nach diefem der Natur frey überlaffen, eben-
falls zur Erde wieder werden: fo führet uns diefes alles
natürlicherweife auf den Gedanken des nahen Abftandes
diefer Gefchöpfe von den Thieren. Schon die ältern
Naturforfcher find hiervon wenigltens etwas inne ge-
worden,
#
m:
Da
worden, und Hinnten die Pflanzen ein umgekehrtes
‚Tbier, da fie das Werkzeug, mit welchem fie ihre Nah-
‚rung zu fich nehmen, 'gewöhnlichermafsen zu unterlt
‚haben, oder vermittelft demfelben : an den Boden befeftigt
werden. | | LE Ws
y
. S
sie bemerkten ‚auch bey‘ Ken einen Beftandtheil,
(dei fich durch Farbe, Bau und Lage von den übrigen
‚gänzlich unterfchied. Sein Gehalt war viel lockerer,‘
‚und nahm durchgängig den Mittelpunkt ein. Mannannte
ihn daher das Mark der Pflanzen. Die Wirthfchafter
- fchrieben diefem vor Alters fchon eine befondere Wirk-
-famkeit auf die Fruchtkerne zu; ja es wurde fogar dem |
‚Herzen und Gehirn in den. Thieren gleich gefchätzt.
\ - Nach Malpighi’s Meinung ”) werden hier die vorzüglich-
ften Säfte zum Betrieb der Augen und Blätter bereitet
und ’aufbewahret. Magnol aber faget ausdrücklich, dafs
‚es dem Marke der Thiere gleich käme, indem es aus
einer unendlichen Menge kleiner Bläschen beftünde, die
'beftimmt wären, den vollkommenften Saft zu verferti-
‚gen, der nicht oh den Holztheilen, als vielen der
‚ER rucht zur Nahrung diente.
‚Diefer Meinung wollte Herr Dühamel zwar ich.
‚ganz Beyfall geben **): die Herren von Linne aber und
WS ”**) haben fie Ohne fernere al Unterfuchung
| bey-
SR a Malpiehit Ingd. Batav. Kae a Le
P- 30.
| / ”) Duhamel du Monceau Ja Phyfigue des arbres. A Paris 1758.
4 P.l. p.39 feq.
Nee) C. G. Ludwig Inftit. reeni vegerabilis Lipfiae 1757. 8.
$. 347-
57
4 6 \ en er Ban ng
’
beybehalten. Ja, fie hat dem erftern fo fehr gefallen,
dafs er hernach, ihr zufolge, dem Blumenkelch, den Blu-
imenblättern, den Staubgefäfsen und ıoln (ger-
men), jedem einen andern Beftandtheil anwies, von
dem fie herkommen follten. Er liefs nämlich aus der
Rinde den fogenannten Kelch, aus dem Bafte die Blu-
menblätter ‚ aus der Holzlage die männlichen Befruch-
tungswerkzeuge und die weiblichen mit ihrem befruch-
| teten Gehalt, als das vorzüglichfte, zum letzten Zweck
‘des Pflanzenlebens gehörige, vom nervengleichen Mark
'entftehen.
Sein Anfehen, befonders in der Pflanzenwiffen-
fchaft, warviel zu grofs, als dafs man an der Richtigkeit
diefes Vortrages auch nur im geringften hätte zweifeln
follen. Er ift vielmehr, foviel ich weifs, von allen Bota-
'niften fo angenommen und bis diefe Stunde beybehalten
‚worden, wie ihn diefer überaus grofse Lehrer und Vor-
gänger in mehr als einem Orte feiner Werke nieder-
fchrieb 9. Es haben ihn daher auch einige der vorzüg-
lichften unter ihnen, abfonderlich zum Beweis und Be-
ftätigung ihrer Meinung von den Gefchlechtstheilen der
Cryptogamilten angewendet **).
| | Man
*) C, a Linne Sponfal. Plant. Amoen. Acad. Vol. I. p. 104.
Syft. Nat. Holm. 1767. 8. T. UI. p. 6 et 8. Philof, Bet. Ed.
- Vindob. 1770. 8. p. 32. cet.
*") S. unter andern: Schmidelii Differt. de Buxbaunia, Erl.
1758. $. 24. it. de Jungermanniae charad. ibid. 1760. $. I.
feq. und an verfchiedenen Stellen feiner Icon. et Anal. Plant.
Ingleichen Kölreuters entd. Geh. der iyu kcal, Karlsruhe
177.3: pP 5 uf
|
hr
r
1
‘Man ift freylich bisher hauptfächlich mit der Aus-
forfchung neuer Pflanzen aus allen Welttheilen, und Un-
'terfuchung auch der: kleinften äuliern Theilchen jeder
Art, befchäftigt gewefen, um nur die wefentlichen Kenn-
zeichen der Gattungen und Arten defto genauer zu be-
richtigen. Was aber ihre innere Oekonomie oder die
‚Einrichtung der felten Theile und den durch fie be-
förderten Trieb der Säfte betrifit, wodurch alles das
Were wird, was zu unferer gröfsten \Verwunderung
nach und nach an ihnen zum Vorfchein kömmt; hier-
inne find wir dagegen noch fehr weit zurückgeblieben.
Sehr vieles wenigftens, was man bisher hiervon als
Wirklichkeit entdeckt zu haben glaubte, wird fich ganz
anders aufklären, wenn wir, frey von allem Vorurtheil,
durch genauere Unterfüchungen, undhierauf gegründete
Beobachtungen und Erfahrungen zür Wahrheit felbt
‚kommen werden.
u. Von dem Marke der Pflanzen weifs ich genau, dafs
‚man ihm die gepriefenen Tugenden ohne allen Grund
‚zugefchrieben hat. Aber ich‘ werde mich gegenwärtig
nicht befonders darauf einlaffen, fondern gedenke esin.
einer eigenen Abhandlung klar da: "zuthun, woher diefes |
zellige Gewebe entftehet, zu welchem Behufe es da ift,
und in wie ferne es da feyn müfle. Die häufigen ge-
‚meinften Erfahrungen belehren uns ja fchon, dafs es eben
nicht durchgängig zum Leben, auch nicht einmal zum
“gefunden Leben der en fchlechterdings erfordert
„werde. | |
Sn ‚Hier will ich nur heiteife, dafs die Blumentheile
und befonders die männlichen Beiruchtungswerkzeuge,
\ a gerade
P)
Bo er
gerade nicht von den Lagen fö entftehen, wie man es
gelehret und angenommen hat. Dem ohnerachtet wer- |
den hier und da Beweife vorkommen , aus denen man
leicht des Markes Unvermögen auf die Frucht, auch
ohne mein Erinnern, abnehmen kann.
Wenn man nur das bedenkt, dafs die Blumenblätter
vieler Pflanzen mit ihrer äuffern Hülle, dem fogenannten |
Kelche, vereinigt find, dafs in einer Menge die Staub-
£äden aus dem Blumenkelche, den Blumenblättern,, ja
Togar der Fruchtanlage (Ppiftillum) hervorkommen *);
dafs auch grofse Bäume bey aller Gewalt ihrer Markfub-
ftanz in keiner ihrer, obgleich unzählbaren Blumen, auch
nur eine einige Fruchtanlage machen; dafs aus allen
Staubträgern und Bälgen, auch der Fruchtanlage felbft,
lauter Blumenblätter werden können, wie im vollen .
Levkoi, Lack, Tulpen, Ranunkel u. f. w., dafs alle diefe |
vervielfältigte, ungemein ftark riechende Blumenblätter
zu lauter unriechbaren, grünen Kelchblättern werden,
wie z.B. in der bekannten Aehrennelke **): der Blumen
j auf
2) Die Calycoftemones, Petaloftemones, Styloßemenes des Herrn
Hofrarh Gleditich find bekannt. S. fein Syftema. plantarum
a kaminum fitu, Ka 1764. 8. So auch die re des
Ritters Linne.
PA) Ich habe vor zwey Jahren die nämliche Verwandlung an
‚ dem vollen Nachrfchatten ( Hefperis matronalis L. ) gefehen.
Der Stock ftand allein im Lande, hatte eben das muntere An-
fehen, wie die andern, nur etwas, niedriger war er. Seine
zahlreichen Blumen waren kaum kleiner als der übrigen ihre
in eben dem Garten; die Farbe aber war durehgängig hell-
grün, "und der Geruch fehlte gänzlich.
e % , en | R !
® u 2.40
Br
auf den Blattflächen,. den Blattfpitzen, den Stacheln zu
gefchweigen ; wenn'man diefes ‚alles, Jag’ ich, wohl
bedenkt: fo mufs man nothwendigerweife fchon daran
‚ zweifeln, dafs‘ jedem Theil zu feiner Entftehung eine
befondere Beitandi fchichte der Pilanze angewiefen feyı
Bl: erhellet vielmehr aus diefem ällen, dafs fie insgefamt
einen Urfprung haben, und.blofs nach bewandten Kigen-
fchaften ihres ‚Standortes, oder dem Betrieb und Bear»
beitung ihrer Säfte,’ zu diefer Verwandlung kommen.
Es ‘würde viel zu weitläuftig für meinen jetzigen
Endzweck werden, wenn ich alles das hier anführen
wollte, worinhen bereits verfchiedene von den neuern
Schriftftellern eine Aehnlichkeit zwifchen den Thieren
"und Pflanzen gefunden und genugfam erwiefen ‚haben,
Das mehrefte, wo nicht'alles, ‘bezieht fich doch allemal
auf den Umlauf der Säfte in den feften Theilen und auf
die wefentliche Fortpflanzung vermittelft der Begattung.
‚Man ift zwar mit der Zerlegung der Pflanzen noch
‚nicht fo weit gekommen, dafs mah'einen Kreislauf der-
felben fo deutlich und unwiderfprechend, als in den Thie-
ren, hätte erweifen können, doch ift er von einigen
nicht verworfen: worden. Vielleicht gelangen wir auch
‚hierinnen nun bald zu eben der offenbaren Gewifsheit,
zu welcher 'wir in Anfehung der erweislichen wahren
. doppelten Gefchlechtstheile durch das ganze Heer der
. Cryptogamiften eines Linne gekommen find.
Da indeffen die Pflanzenkörper eben fo, wie die
thierifchen, durch ‚die Bearbeitung einer rohen allgemein
‚ Hüffigen Malle usa gefetzmäfsige Abfonderung und An-
fatz. verfchiedentlich daraus. zubereiteter Theilchen, zu
D. ‚seinen
4
einer gewillen Größe und Stärke und Vollkömmenh eit.
gedeihen: fo folgt, dafs auch ähnliche Werkzeuge zu
diefen Verrichtungen erfordert werden. Schon diefes
führet uns auf das nothwendige Dafeyn der Gefifse in
den Pflanzen. 2 I kiss, |
. Herr Jampert *) hat zwar aus mathematifchen Grün-
den zu beweifen gefucht, dafs fie deren keine hätten,
auch nicht brauchten, Hätte aber diefer Gelehrte erft
sefehen, und recht gefehen , bevor er dachte, fo würde
ihn der blofse Augenfchein eines andern überzeugt ha-
ben. Bey der Weinrcbe, dem ausgewachfenen Kürbis:
ftamm (Melo Pepo) u. dgl.m. bedarf man, wenn fie etwas
ausgetrocknet, und mit einem Icharfen Meffer quer dunshk
gefchnitten werden, . keines Vergröfserungsglafes, um
fich von ihrer Gegenwart zu überzeugen.
Wenn aber Malpigh und, Grew Vergröfserungs-
werkzeuge zu ihren ‚Unterfuchungen anwendeten: fo
entdeckten fie in den Pdanzen Röhren mit einer fehnek-
kenförmigen Wendung. Diele waren ftets offen, und
fchienen ihnen nur mit Luft erfüllt zu feyn. _ Weil fie
nun glaubten, dafs zum Betrieb der Säfte in diefen Kör-
pern eben fowohl als in den thierifel hen, das Lufteinzie-
hen erforderlich fey, fo waren ihnen Mia das Werk-
zeug dazu, und nannten fie Luftröhren (trachea), wie
auch in Betracht ihres Babes Spiralröhren (fiftulae fpi-
male AN i
| en
#3 Differt. Dubia contra Valbkuin't in Baal probabilitatem: Ha-
lae 1755.
**) Malpigh am angeführten Orte, und Nehem. Grew in the
Anatomy of Plants, London 16806. fol,
’
en. ER
Kein Naturforfcher u fe hernach' ol wie
un auch ein Nieuwentyt, Wolf, Hales, Geisner u. am.
allefamt ‚grofse Naturkundiger, von ihrer Verrichtung,
der Grewfehen und Malpighifchen Meinung waren. Die
glücklichen. Verfuche aber eines Carl Bonnets *),' Baif-
fe **), Reichel ***), und dann anderer mehr, dicfe Gän-
ge mit gefärbtem Wafler zu tränken, beweifen klärlich, |
‚dafs fie nicht allein um der Luft willen da find, fondern
dafs auch eben durch fie die Säfte allen Theilen zugefüh-
ret, folglich auch durch fie zu den verfchiedenen Abfon-
. derungen zubereitet werden. _
# Weder Malpigh, noch Grew konnten in dem Marke
| irgend einer Pflanze diefe Gänge antreffen. Eben fo
wenig konnten auch diejenigen, welche zuerft auf diefe
Wilfenfchaft kamen, fie mit gefärbtem Wafler anzufül-
len, jemals auch nur einige Merkmale von der Farbe i in
- dem Theile gewahr werden. ln
as gefchiehet zwar bisweilen, dafs man auch in
dem, den Spiralgefäfsen zunächft gelegenen Fafergewebe
(contextus fibrofus) einige Veränderungen der natürli-
chen Farbe antrifft ‚ wie Herr Reichel in feinem fünften
Verfuche, von der Balfamine, und im fechiten, von der
_ Weinrebe angiebt****). Diefes ift auch mir in dem Kür-
bis und andern faftreichen Pflanzen, deren abgefehnit-
! Bulk A N Br tene
..#) Charle ann recherches. für l’ufage des Feuilles dans les
ı Plantes. Goeetting. er Leiden 1754. 4.
**) Differt. fur la citeulation de Seve dans les Plantes ce.
- Recueil des Differt, A V’Academ. Royale de Bordeaux T. IV.
Sa vn) Differt. de vafıs plantar. fpiral. Lipf, 1758,
#4) I der. angeführten Streitfchrift.
I
\, f
N 0
Pe
tene Zweige ich in den F ernambucabfud gefteckt hatte,
vorgekommen ; und zwar fo, dafs es keinesweges einer
'Ergielsung aus den zerfchnittehen Spiralgefifsen konnte
zugefchrieben werd.n. Wo es aber auch mir bey mei-
nen vielfältigen Beobachtungen vorkam, \war es in ein
und eben der Richtung blois hier und da, auch nur als-
dann vorhanden, wenn die Spiralgefäfse von dem Wal-
fer fehr angefüllt, und mehr, als gewöhnlich, gefärbet
waren. Ich vermuthe daher vielmehr, dafs fich an den |
Orten entweder ein folches Gefüfs geendiget, oder et-
was von ihrem Saft durch die Wände hindurch gedrun-
gen, mithin die kleine Farbenveränderung mülle verur-
fachet haben, |
Diefemnach kann ich mich des Zweifels an Herrn
rs
Moldenhawers Vorgeben nicht enthalten, dal feine dre ey
Ge fäfsarten, unter welchen er auch die alles bis zum
äuflern Häutchen (euticula ) durchdringende Markgefäfse
hat, eine wie die andere, das efürbte W aller aufrecht
und umgekehrt annehmen, mithin auf- und rückführende
Gänge, oder Arterien und Venen zugleich feyn fol-
ien ®). a
...Gewils ift. es,zwar, dafs auch in den fehr zarteri
Häutchen, die den mittlern fchwammigen Theil oder
das Mark bilden, Gefätse, laufen. Ich habe vermittelft
meiner itirkften Vergrößserungen eine fehr beträchtliche
Menge, gleichfam haarzarter Fäden vefehen, die entwe-
der in fenkrechten und queren Lagen‘, oder nach den
verfchie-
MW) toh. Henn. Moldenhawer Differt, de vafis Diehl Trajed. ad
Viadr. 1779: 16. |
Be
-
er 53
yerfe hiedenen.Ar ten auf eine andere Weile unter einan-
der verbunden waren. Säfte führen fie. ohnftreitig, Aber
die Spiralgänge mochten noch To reichlich mit dem Ab-
fud von ‚dem Fernambuk. angefüll et feı »vn, ja durch diefen,
Zuäufs f fogarı das Wachsthum einiger Theile befördert
haben: fo war doch nicht das geringfte Merkmal einer
Farbenyeränderung in jenem wahrzunehmen, ' Sie hat-
ten ein und eben die Farbe, welche ich in den nur von
ihrem Stamm abgefchnittenen oder in rein Brunnenwal-
de gefetzten Aelten fand, Diefe haben daher, allem Ver-
muthen nach, einen ganz andern Behuf als der Spiralge-
fäfse ihrer ift. Vielleicht dienen, die zu der nämlichen
V errichtung,, die den fogenannten . Fafergefäfsen ( vafa
Ahrafh) gegeben zu feyn fcheint; allermafsen fie mit die-
fen viele, Aehnlichkeit haben. Aus welchem Grunde es
fich denn auch fehr wohl einfehen liefs, wie dem Stam-
me eines Baumes das Mark g gänzlich fehlen könne, ohne
allemal von tödtlicher Folge für das Ganze zu feyn. |
‚N Alle Werkzeuge der Pflanzen, durch deren Wirk-
famkeit fie leben, zunehmen und fich vermehren, find
aus äuflerft zarten Theilchen zufammengefetzt, fo dafs
‚ein unbewafhetes Auge leicht zwey ganz verfchiedene
Dinge für ein und eben daflelbe anfehen kann. W enig-
ftens in den mehreften Pflanzen ui iterfcheidet fich das
Mark durch ein glinzendes Weifs son dem übrigen fe-
ften Gehalte. Die erften Beobachter der. Spiralgefäfse
‚bemerkten! an ihnen fogleich die leuchtende ! Silber farbe.
Ihrer find allemal mindeftens ein ganzes Bün dehen bey-
{ammen, und fie machen alfo, weil he, beiondesi in
aner Jugend, fatt bey. allen Pflanzen weils find, auch ver-
D dünnte,
my N -
Bee
dünnte, durchfichtige, ungefärbte Säfte enthalten, Punkte
‚oder Striefen ( nachdem man fie quer oder’ fenkrecht,
durchfchneidet, ) von eben der Farbe, wie das Mark ift,
Diefes, dünkt mich, hat eben auch die gröfsten Männer
verführt, Acfen, Augen, "Blättern uf, £ das Mark zum
Urfprung zu geben.
Wer fürnämlich im Frlihjahr mitten durch ein Act
chen, das Auge, auch den dabey befindlichen Blattfüiel
einen fenkrechten Schnitt macht, fieht ohne V/ ergröfse»
rung weise Striefen zu diefen Theilen hinlaufen. Wem
aber die Lage der Spiralgefäfse bekannt ift, und noch
befier, wenn fie durch gefärbtes Waller kenntlicher find
gemacht worden, wird finden, dafs eben die weifsen
Streifen weiter nichts als Spiralgefäfse find. Und zur
völligen Gewifsheit bringt uns ein fo dünn als möglich,
vermittelft einem fehr feharfen Meflerchen daher abge-
nommenes Plättchen , wehn man es Burc, eine ftarke
Vergröfserung betrachtet. |
Trifft man diefen Schnitt fo, dafs der angefangene
Anfatz im Auge in zwey Theile mit dem, wo er anfteht,
gefpalten wird, fo fiehet man in dem Anfangspunkte
gar kein Mark. Auch nicht einmal an dem Endauge,
das auf der Spitze eines Stammes oder Aftes ftehet, Es
'erhellet vielmehr deutlich, dafs die Spiralgefüfse die
Hauptfache ausmachen. \
Ich fage aber nochmals, dafs diefes fehr zeitig, indem
| fich das Auge nur gebildet hat, gefchehen müfle. Denn.
fobald als es hernach durch den fernern Trieb erweitert
und verlängert wird: fo entftehet dann erft das zellige
Gewebe, Und doch S Ontkur fein fpitziger oder der
h N pfahl-
\
-—_—_ 55
pfahlför mige untere Theil mit dein im Stamme ‚oder Afte
nicht eher zufammen, als bis durch die fernere Erweite-
‚rung diefes neuen Theiles, Raum genug dazu wirds,
' Die Brille des eingewurzelten Vorurtheils könnte
‚4 indeflen doch auch bey einer folchen wohl beobachteten
und! gerathenen Unterfuchung die Wahrheit fo dunkel
und zweifelhaft machen, dafs man lieber bey der irrigen
alten Meinung ftehen bliebe, Ich will daher hier nur
einen een ‚ aber eben fo deutlichen Beweis für
mich aus der allgemeinen Erfahrung anführen. Man
betrachte nur einen bejahrten ganz hohlen Obftbaum,
deflen Stamm es nun aus Alter gleichfam an Kraft ge-
bricht, die Säfte bis in die obern Aefte zu befördern,
daher diefe zu verdorren und abzufterben anfangen. Aus
der ein und rifigen Rinde diefes Körpers kommen
Augen zum Vorfchein, die in einem Sommer zu zoll-
dicken und mehr denn eine Elle langen’Schoflen oder
fogenannten Sommer latten erwachfen. Nun frage ich:
Aus welchem Mark kommen diefe, oder: Welch Mark
betrieb diefe Augen $ ?
Ludwig fah diefe Schwierigkeit wohl ein, und gab
daher dem zelligen Gewebe (eontextus cellalofus) zwi-
{chen den Holzlagen die nämliche Kraft und Verrich-
tung, die das Mark haben follte, An und für fich kann
diefes zwar wahr feyn. Sind aber nicht auch alle Adern
des thierifehen Körpers mit eben dergleichen Gewebe
umgeben? Müffen fie es nicht um der Biegfamkeit, um
‚der freyern Bewegung der Säfte und noch mehrerer Ur-
i fachen willen feyn? Wer würde aber daher behaupten
‚können, dafs der aus dem Geäder erbaute und unter-
| N ee haltene
haltene Theil von dem ae Gewebe her-
käme? Eben fo wenig kann man den neuern Trieb, der
aus der alten Rinde kam, dem zelligten Gewebe ZU-
eignen. “A )
Wenn diefes nicht da wäre, wo follten die jährli-
chen Nachichübe der Spiralgefäfse den Platz hernehmen.
Alle find fie zuverlälig zu gleicher Zeit nicht da. An
den vieljährigen Pfianzen gehet ihre Verl 1olzung, fo-
gleich, im Baft an. in der weitern Verhärtung heifst es
Splint (alburnum), Ras Holz. Der Widerftand der
Rinde „ fürnämlich wegen ihres häutigen Ueberzuges,
übertrifft den vom fchwanımigen Mark und Zellenge-
webe. Der jährlich neue Nachfchub von Gefäfsen drängt
alfo mehr nach diefem Mittelpunkt zu, als nach dem
Umfang; fo, dafs endlich das Mark nicht nur ganz ver-
dränget, fondern auch der fogenannte Kern um vieles
fefter als die äuflern Lagen wird, Und wenn es hier
nun nicht mehr nachgeben kann: fo gehet es endlich .
über die Rinde und ihr Häutchen her. Sie wird rifig,
fchuppig. Ja zu überhäufte Nahrung i in diefem Zuftande
fprengt die ganze Rinde eines Schaftes der Länge nach
von einander; wie man diefes vielmal an den fartig en
Obftbäumen, zumal wenn fie unter dem Schnitt gezo-
. gen werden, mit vielem Verdrufle erfährt. | |
‚Mich dünkt, es erhelle. fchon aus dem, wras ich
jetzo angeführet habe ‚. dafs das Mark der Pflanzen von
dem ‚Werthe nicht fey, den ihm die ältern und neuern
Botaniker und Wirthfchafter zufchreiben. Und diefes
fey vorjetzt genug zum Gegenfatz deffen,, woraus ich
nun
y4
“
En N a
nun die Entftehung der. männlichen Gefehlechtstheile,
die man Staubgef: üfse (antherae) nennt, erweifen werde. \
-* Schon Malpigh und Grew fanden die Spiralröhren
iR Pflanzen nicht nur in dem Stamme und Aelten, fon-
dern fie fahen auch, dafs die fchönen und künftlichen
Netze des Laubes, des blumenkelches, der Blumenblät-
ter und der Frucht aus ihnen beftanden; dafs fie durch
‚die härteften Schalen bis in den Saamen oder Kern dran-
gen und fich da dem Mutterpflänzchen mittkeilten, und
dafs fie auch durch die Staubfäden bis in ihre Beutel ka-
men *). Herrn D. Reichels vielfältige Verfuche mit dem
i gefärbten. Wafler x) beftätigen dieies fo, dafs ich eben
‚nicht nöthig habe mehrere anzuführen. Denkt man fich.
Zu diefer durchgängigen Gegenwart der Spiralgef: ifse, ihr
alleiniges williges Annelımen des befagten Waliers, und
dafs eben diefer ihre Wände i immer mehr und mehr ver-
‚holzet werden: fo mufs man zugeben, dafs von ihnen
alle an der Pflanze vorkommende Fiaupttheile beforgt
werden und herkommen. Folglich haben die mäinli-
chen Werkzeuge. der Pflanzen einerley Urfprung mit
den Augen, Aelten, Laub, Blumenkelch, Blumenblät-
tern, Fruchthüllen und Saamen, \
. ‚Vermöge den Gefetzen der Zeygung war diefes von
den beiderley. Gefchlechtswerkzeugen, die jeder Art von
Pflanzen gegeben find, nicht anders zu vermuthen.
Durch das ganze Thierreich kommen ja diefe beiderley
D Sn Kräfte,
i © Matpigh im angeführten Werk $. 64 WEN
»“) 5, die angeführte STeitfehtißt von den Spiralgefäfsen der
HRIREDERN u N N
a‘ r
%
58 sie
Kräfte, as deren Wirkung in einander das dritte eben
der Art entftehet, aus dem allgemeinen Lebensfafte her,
und müffen daher durch die Kanäle abgefondert werden,
die ihn aus der Hauptquelle erhalten. Ich habe fchon
vorhin von der Gleichheit zwifehen den Thieren und
Pflanzen in Anfehung dem Betrieb ihres Lebens und
Fortpfanzung geredet: und die bis in die äuflerften En-
. den der männlichen wie der weiblichen Werkzeuge der
Pflanzen verbreitete Gegenwart von Spiralgefäfsen if
fehon Beweis genug, dafs fie beide von ihnen entftehen.
Nun fragt fich nur, wo diefe Gefäfse im Hauptkörper
der Pflanze befindlich find,
Faft jede Art hat hierinnen ilire befondere Einrich-
tung. erhalten, Mehrentheils findet man fie unter der
Rinde fehr zahlreich in einem umfaffenden Ringe oder
in beftiimmt geordneten Bündchen. Jenes ift befonders
den perennirenden Bäumen gewöhnlich, diefes kömmt
"aber auch fehon in Strauch- und rankigen Gewächfen vor,
wie in Rofen, Reben u. dgl. Dagegen nehmen fie in
andern, z. B. in verfchiedenen Amarantharten, dem Tul- .
penftengel, ihren Weg in zerftreuten Haufen durch den
Stengel hinauf, und ordnen fich gewiflermafsen nur erft
da, wo fie Blätter, Augen oder Blumenanlagen bilden.
In Pflanzen, w elche keine gewöhnliche Rindenfub-
ftanz haben, wohin hauptfichlich die Gräfer gehören,
findet man fie gleich unter dem Oberhäutchen, Da fie
fich aber, wie gefagt, nach und nach zu Holz verhär-
ten, woman fie auch nachher noch zu fehen bekommen,
"und auch dann ihnen die Wegbarkeit der Säfte nicht
gänzlich abfprechen kann; fp wäre es doch wohl mög-
/ 0 Sich
lich, dafs eben aus diefen nur diejenigen Spiralgefäfse
entftünden , welche in die Staubfäden gehen, um da die
männliche Kraft abzufondern. Linne hat demnach doch
wohl Recht gehabt, wenn & die Antheren vom Holz-
theile herleitet?
Diefer Einwurf mag einmal gültig
feyn, und unfer grofser Meifter in der Naturgefchichte
mag auch eben diefes dabey g gedacht haben. ' Wenn aber’
‚weder in der Rinde, noch in dem Mark diefe Art Gefäfse
enthalten find, ‚woher kommt da der Blumenkelch, wo
die Frucht mit ihren Saamen her, die fämtlich zu ihrem
Bau und Unterhalt in fo reichem Maas Spiralgefäfse er-
halten haben? Wie follte es z.B, in der jährigen Son-
.nenblume (helianthus annuus) mit den von ihm angege- |
benen Entftehungen der Gefchlechtshüllen und Ge-
fchlechtswerkzeuge zugehen. Rinde, Baft, Holz und
Markfubftanz müflen fich hier in dem {ehr großsen, ge-
‚meinfchaftlichen Bette einer fo beträchtlichen Menge
Blumen von aufsen nach innen, und von innen nach auf-
‚fen, auf die wunderfamfte und ohne die ftärkfte Einbil-
dungskraft kaum begreifliche Weife durchkreuzen. '
Wenn die Saamen diefer Blumen nur zu reifen an-
fangen: fo haben die mehreften Spiralgefäfse fehon die
Feftigkeit erhalten, dafs fie der Fäulnifs mehr Widerftand
thun können, als das andere faferige und zellige Ge-
webe, Uebergiebt man dann eine folche Blume mit
famt dem Stiel diefer Zerftöhrung im Wafler: fo zeigt
uns eine auf die Weife vorgenommene behutfame Zer-
legung vielmehr deutlich den Weg ihrer ‚Ver bindung mit
den Hüllen und Saamen, !
Zu
60 ee
Zu gefchweigen, dafs man kaum Pflanzen antreffen
wird, deren eigentliche Blumenträger im vollkommenen
Zuitande der Blume einiges Holz hätten. Jaich werde
an den Zeitlofen gleich ein, ‚Beyfpiel geben, ‚dafs fie ihr
ganzes Befruchtungsgefchäfte richtig vollziehen, ohne
dals ihr Stamm etwas zu der Zeit vom Holze hat.
Man könnte demnach allenfalls fagen; Die männli-
chen Befruchtungswerkzeuge der Pflanzen entftehen von
einem Theile, der im Verfolg zu Holz. verhärtet wird:
aber Kelch, Elnmenplatt und Frucht kommen offenbar .
auch daher, und in manchen werden die Gefäfse diefer
Theile fo feft, dafs man fie gleich den andern Blättern
fkeletiren kann. Beyipiele hiervon geben die Zinnia,
pr”
Lavaterys, ] udenkir fche (Rhyilh ı Malven
und viele andere. ! \
Das, was ich bisher von dern Dane der, Staubfä-
den gefagt habe, deutlicher darzuthun,, will ich nun
meine Zerlegung der Zeitlofen durchgehen, die ich 1779
gemacht, und im Herbfte 1780 wiederholet- habe.
.... In der bekannten Streitigkeit zwifchen dem Herrn
Amtmann Müller und denı Herrn Hofrath Käftner *) über.
die Befruchtung durch den Blumenftaub,, bezichet fich
der erfiere fürnämlich auf diefe Pflanze, in derer den
Gönnern des Pflanzengefchlechtes einen unauflöslichen
‚Knoten wider die Befruchtungskraft des Blumenstaubes
vorgelegt zu haben glaubte, Seinem Vorgeben nach,
find in der Blühezeit die Griffel famt den Saamenbehält-
‚nillen
.) S, be Magaz. B. IL. S. 454 und BIIIL Sy 1, folg.
dann $. 419. fotg. AN \.
ei N > ir
m >— aa x 61
Hehe in er Zwiebel unter der Erde verborgen; die Blu-
me foll mit den ! Saamenbehältniffen keine Verbindung
haben, weil fie nicht mitten aus der Zwiebel kömmt,
aus welcher im F al on und Saamen hervor-
x
kommen,
Ds SR zwar fehon aus des Herrn von Gleichen
| ohnlängft gegebener Unter füchung und Abbildung diefer
Pflanze mit ihren Theilen ‚ dafs Herr Möller ihre Blu-
me ‚entweder nicht recht. angefehen, -oder Griftel und
Antheren nicht unterfcheidend „gekannt hat, oder er
war in eben den Umftänden, die er {einem Herrn Geg-
ner am Ende des Satzes zur Laft leget, {. Hamb. Mag.
Band It. Bl. 451. Und meine Bemerkungen und Zeich- |
nungen von eben de rfelben könnten nun wohl auch
überflüfüg fcheinen, da wir fie fehon von einem fo geüb-
ten und berühmten Meifter in diefen Befchäftigungen ha-
ben? Zu gelchweigen aber, dafs fich bey manchen
Theilen diefer Abbildungen einige Untichtigkeiten fin-
den: fo ift er. auch in der Unterfüchung der Befr uch-
tungswerkzeuge nicht ite) weit gegangen, als nur zu
meinem Zwecke nöthig ift.
Der Körper oder Stamm ) Gertnehe) diefes Ge-
wächles. er mag nun aus Saamen oder Auswüchfen ent-
ee ftehen,
[4
z
“A
L/
-fche Entdeckungen bey den Pflanzen u. [. w. Nürnberg 1777.
4.9. 51. Pl. 23, 24.
; 9 Die Botanitten nennen ir Zwiebeln ‚von Mel slbichen Ge-
ve wächfen Wurzeln, weil fie fich meift unter der Erde befinden,
‚ Aber diefes ift wirklich zum Begriff der Wurzel nicht fchlech-
”
ter dings
) wilh. Friedr, Fieyherr von Gleichen auserlefene ont \
63
ftehen, ift eine fefte, fogenannte Zwiebel, und nimmt
' vermittelft einer Menge einfacher Fadenwurzeln (rad.
filamentofae) wie andere feines Gleichen, die Nahrung
zu fich. Seine Umkleidung beftehet aus einer dichten
Haut. F.ı. von a.a. an, undF. 2. 7.
‚Ik er zu der Zeugungsvollkommenheit gediehen ; fo
fetzt er im Sommer, wenn die Früchte der fehon trag-
baren reif zu werden anfangen, zunächft an den Wur-
zeln feine Befruchtungswerkzeuge mit ihren Hüllen,
oder die Blüthe, gleich wie andere perennirende Pflan-
zen, at. Hernach vertrocknen feine Wurzeln, das an-
fängliche Laub, wie auch die äuffere Haut der tragbaren
Zwiebel, und werden dunkelbraun.
| Nimmt man diefe Haut von dem in völltker Blüthe
ftehenden Stamme weg: fo erfcheint von der einen Seite
zu unterft der Blumenfcheide der querüber geleste Ver-
bindungsweg diefes neuen Triebes in Geftalt einer läng-
lichten Nagelkuppe, der eine Menge junger Wurzeln
getrieben hat, F. 2. zu welchem allen der Stoff aus der
alten nun vollfaftigen Zwiebel, vermittelt dem kleinen
Zufammehhange unter beiden herkömmt, F.3. u. 4. l.m.
Ein Theil derneuen Wurzeln fowohl, als die eigent-
liche Blumenfcheide (fpatha) befinden fich auch noch
zur Befruchtungszeit unter der äuflern braunen Haut,
F,ı1.a. a. Es ift daher um defto deutlicher, dafs diefe
Wurzeln wenig oder gar Bene zur Vollziehung des
Blü-
. terdings nöthig. Malpigh fchon hat die Zwiebel- und Knoll.
gewächfe ihrer Art mit dem Stamm richtig verglichen in fei»
nem angeführten Werke Th: I. Bl. 3u
Blühens beytragen, fondern dafs alles aus dam Vermö-
gen des alten Stammes herkömmt, bis der junge ge»
fchwängerte. Abkömmling zur Betreibung des Frücht-
dtengels und Reifung der Saamen mehrerer Nahrung be=
‚darf, die er alfo hernach durch feine eigene Wurzeln zu
fich nimmt. k Ä
Die Blumenfcheide fängt lich . von dem Ru
kuppenähnlichen Unterfätze an, und freigt in einer Ver-
tiefung des Stammes hinauf. Der Druck von der ausge-
trockneten feften Haut gegen denfelben giebt ihr in fo
weit ein plattrundes Anfehen; fobald aber diefer Zwang
überftiegen ift, wird fie völlig rund, Ihre Farbe ift weits,
und nur oben bey der ‚ichiefen Mündung bekömmt fie
von der ‚freyeren Luft einen grünlicher geftreiften An-
ftrich, F. 2. c. weil fie bis an die Fläche des Bodens von
der braunen Haut umgeben, aufkeigt,
Ihr, wie eine Nagelkuppe geftalteter, Querunterfätz,
ift alte anders, als die Grundlage zwifchen den Wur-
zein und dem neuen Körper oder Zwiebel, von dem
nachher die Früchte vollkommen ‚„ auch vielleicht neue
Blumen gemacht werden, Zufolge ihres Anfanges von
» hier an, wird fie alsdenn im folgenden Herbfte zu der
trocknen braunen Haut. |
Diefe Scheide unıfchliefst alfo alles, was fowohl im
Herbfte an Blumen und im Frühjahr an Laub, Früchten
' und ihren Trägern (fcapus ) zum Vorfchein kommt.
Meines Wiflens find in einer Scheide gewöhnlich
nur zwey Blumen befindlich: doch will ich hier mit die
vom, Herrn von Gleichen angegebene Mehrheit nicht
beitreiten ‚ indem diefe eine Folge des frychtbarern Bo- _
dens
dens feyn könnte, als der it, wo ich lie bisher gefehen.
Diefes thut auch eigentlich nichts zu der Sache.
Macht man mitten durch die Scheide und den Knol-
lenffamm einen fenkreckten Schnitt dergeftalt, dafs die
eine Wand des Blumenrohres (tubus corollae) mit weg-
genommen wird: fo fiehet man zu unterft den bereits
erwähnten Zufammenhang der Blumenfcheide mit der
Zwiebel, der Blätter mit dem nachmaligen Fruchtträger,
und die Fruchtanlage (rudimentum frutus) mit ihren
drey Stempeln, F. 3.4. Die Blumenröühre, welche diefe.
. weiblichen Werkzeuge einfchliefsen, find gerundet drey-
eckig. Der ftumpfe Winkel ftehet nach aufsen, und die
beiden fpitzigern zur Seite, dafs alfo die platten Seiten
beider Blumenröhre aneinander liegen, F.r. b. F. 2.u. 6.
vergröfsert. Sie erweitern fich oben in fechs Einfehnit-
te, welche gleichfam foviel ziemlich breite Blumenblät-
ter A und an deren jeden ein nen ae
lich itt. REN
Von den Eifehntteenta an hat das Blumenrohr eine
doppelte Wand, eine äuffere und innere. Spaltet man
jene, wenn die Blume im völligen Blühen ift, der Länge
nach: fo zeigen fich eine Menge heller weifser Fäden
zum Theil frey, zum Theil angelegt, die in diefer Ver:
doppelung vom Grund an bis zu den Einfchnitten hinauf
laufen. In einem doppelten Querfchnitt aber fiehet man
unter einer mäfsigen Vergröfserung an jeder Wand diefe
Fäden alz wechlelsweis entgegen gefetzte Anfätze von
den feinften Röhrchen, F.6.
Nimmt man etwas von einem folaen durchfichti-
gen Faden, und betrachtet es "durch eine der ftärkften
Ver-
»
NT R an Ü — e \
| un m } 05.
Vergrößserungen: {fo wird man dari innen fowohl Spiral-
‚gefilse, als auch eine Menge anderer gewahr, die denen
im zelligen oder faferhaften Gewebe ziemlich leich find.
Die Spiralgefäfse find aber von viel beträchtlicherer Wei-
te, F.6. ift 12omal im Dur chmefler vergröfsert. Wenn die
Blumen noch tief in der Scheide verfteckt, alfo ihr Rohr
fehr kurz ift, find ihre Umwindungen viel dichter bey-
fammen ‚als nun, da alles auf das äuflerfte verlängert
rurdei ‚Hierdurch werden fie auseinander gezogen,
und da fie vollkommen durchfichtie find: fo kann man
fowohl das innere Häutchen der Röhre, als ihrer Um-
windungen auf das deutlichite fehen, Rn
x
Ich habe oft bey verfchiedentlichen Pflanzen in ein
und eben dem Bündchen von Spiralgefäfsen dergleichen
mehr oder minderund ganz dicht gewundene beyfammen
angetroffen. Läfst man fie trocken werden: fo be-
kommt das Häutchen zwiichen den lockern Umwindun-
gen Falten der Länge nach. Die Umwindungen felbit
hingegen und die dicht gewundene Kanäle behalten ihre
Rundung *), : Diefer Umftand fcheint mir ungemein
merkwürdie, Ich gedenke ihn bey einer andern Gele-
genheit, wenn ich mit genugfamen Be emerkungen und
- Beobarhtungen drehen bin, aufzuklären.
' Wenn die Spiralgefälse diefer Blume oben bis zu
“ihren Einfehnitten kommen, theilen fie fich theils in die
_ blattförmige Ausbreitungen, theils in. die Staubträger.
RRRER. Umge-
l
-*) Beyfpiele hiervon habe ich unter meinen trocknen Gegenfin-
‘ den für das Mikroficop, und kann fie jederzeit vorweifen,
E
f
66. \ me, /
Umgeben von einer Menge selig Gewebe, fteigen fie
mitten in diefem bis zum Staubbeutel, wie man diefes
im Querdurchfchnitt des Trägers F. 7. funfzigmal v, Ver-
gröfsert, fehen kann; RN
Die Sibirien find pfahlförmig, und da, wo fie.
an der 'Blattausbreitung auflitzen, hochgelb, übrigens
weils. Ihre Spitze it mitten in die Scheidewand einge-
laflen, welche der Länge nach den Staubbeutel in zwey
Behältniffe theilt, welche nebft dem in ihren enthaltenen
eyförmigen Befruchtungsftaub lichtgelb find. F. 7. 8. 9.
Aus diefen nur kürzlich befchriebenen Umkänden
erhellet, wie mich dünkt, deutlich, dafs der männliche
Befruchtungsfioff durch die Spiralgefäfse abgefondert
werde, mithin deffen Werkzeuge fürnämlich diefe zu
ihrem Urfpr ung haben. \
Und eben die in der doppelten Wand des Blumen-.
rohres auffteigende Gefäfse find die Menge von Fäden,
die hernach mit den Saamenbehältern emporkommen,
aus welchen Herr Möller fo viel Auf hebens macht, "und
alle für Griffel ang efehen hat. ;
Wenn fich die Blüthe aufthut, und die Staubbälge
auffpringen, haben die von jedem Saamenfache aufltei-
| genden Griffel wenigftens die Höhe derfelben erlangt ;
sa Sie überfteigen fie in fehr kurzer Zeit, F. ı. Jeder:
von ihnen ift eine runde, von der innern Seite etwas
weniges vertiefte Säule, deren oberfter Theil (fiigma)
auffchwillt, und gleichfam einen rückwärts gebogenen
Kolben macht, unter welchem die äuffere Fläche glatt,
die 9
“
En 7
die nach dem Mittelpunkte der Blume zugekehrte aber
mit einer unzählbaren Menge faftiger, kurzer, einfa-
cher Fortfätze befetzt ift, F. 8. fünfundzwanzigmal ver-
sröfsert. Unter diefen befindet fich auch eine Vertie-
fung, die man eben nicht gleich gewahr wird. Sie
macht den Eingang zu den Griffeln, doch nicht mit
on einer freyen Oefnung, -fondern die Seiten kommen fo
nahe zufammen, dafs man auch durch. das Vergröfse-
zungsglas ‚in einem Querdurchfehnitt defielben nie et-
was mehreres gewahr werden kann, F.g. funfziemal
_ vergröfsert. Dagegen fängt bald unter der Narbe eine
Scheidewand an, welche jeden Griffel in zwey Höhlen
‚theilt, F. 10. funfzigmal vergröfsert.
EN E
Ich habe in allen Pflanzen von beträchtlicher Gröfse
die. Griffelfpitze mit dergleichen faftigen Fortfätzen
verfehen gefunden. Da nun, wie bekannt, der Blu-
' menftaub, fobald er von feinen Bälgen los wird, leicht
. austrocknet und zufammenfchrumpft, in der Feuch-
tigkeit aber ausgedehnet, und zum Austrieb feiner
Befruchtungskraft genöthiget wird, und werden mufs:
fo ift die Verrichtung diefer Safttheile ohne Zwei-
fel die, dafs der darauf gefallene Befruchtungsftaub
angehälten, und durch diefe Feuchtigkeit zur Erfüllung
feines Dafeyns angetrieben wird. |
Ich habe viele diefer Griffel nach vollzogener Be-
ftäubung, fowohl mit fenkrechten, als Querdurch-
fchnitten, forgfältig unterfucht, und nie ein einziges
' 'Stäubchen darinnen gefunden, fo geräumig auch ihre
| Ba. zwey-
zweyfache Röhre ift. "Es erhellet aber auch fchon aus
der angegebenen Einrichtung feiner Spitze, dafs es
nicht feyn kann.
i \
Diefe Unterfuchung zu inachen,. ift es nothiwven-
dig, den Griffel fowohl, als das ichneidenge Werk-
zeug, wohl zu reinigen und mit dem Vergröfse-
rungsglafe genau zu befichtigen, um nicht betrogen
zu, werden. |
»
/ ' hi h
| Was ift eigentlich f
Wurzel der Gewächfer
ek afsen erörtert
und befonders
N, die Herbftzeitlofen (Colchicum autumnale L)
erläutert.
“|
_
] # B Ü , ARE nes RL
w
V on uralten Zeiten her verftehet jedermann unter der
‚eigentlichen Benennung Wurzel denjenigen Theil der
Gewächfe, der fich in der Erde befindet, oder durch den
fie zu unterft an ihren Standort befefüget find. Allein
es giebt Pflanzen, von welchen fich nichts in der Erde”
befindet, die an den Körper, wo fie find, und von dem
‚fie fich nähren, gar keine Befeltigung und doch Wurzeln
haben, wie die fisnmtlichen -Arten der Waflerlinfe
| (Lemna). Der dreye ckige Cactus treibt weit über
der Kirde lange Faden aus feinen Seiten, die denen in der.
Er de gleich find, daher man fie auch Luftwurzeln nennt,
Viele ächte und unächte Moofe haben zwar ihre Wur-
zeln, aber weder in der Erde, noch in dem Körper, an
welchem fie fich aufhalten.
' Da alfo der Begrif, unter der Eirde in Befekigung‘
am. Standort, nicht auf jede Wurzel paflen konnte; f@
‘ 193. ii nahmen
je)
\
’
ea, ee
nahmen Linne und Ludwig, letzterer im phyfikalifchen
Theile feiner Anleitung zur Pfanzenkenntnils, einen
andern an, und fagten mit Malpigh, dafs fie derjenige, |
Theil der Pilanze fey, vermittelt welchem lie die Nah-
rung zu fich nimmt.
| Ob nun gleich diefes Senlleniaen, feine gute Rich-
tigkeit hat; fo ift es nur zu verwundern, dafs felbft Linne
und alle Pflanzenverftändige, die diefen Lehriatz ange-
nommen, dennoch den ganz alten Begrif gleichfam ftill- |
fchweigend beybehalten haben. Die durchgängig be-
_ liebte, und bey vielen Arten zum Untericheidungskenn-
zeichen angewandte Eintheilung der Wurzeln, in ge-
zähnte, handförmige, fpindelförmige, pfahlfürmige, ku-
gelförmige , Zwiebelwurzeln, kriechende u. ‚del. find
ein offenbarer Beweis davon. Bey alle dem fühlte, wie
mich dünkt, der gröfste Botanift unfers fo glücklichen
Jahrhunderts für -die ganze Naturgefchichte, einige,
Schwierigkeit, da er, befonders den Baumgewächfen,
einen auf- und niederfteigenden Stamm giebt.
| Wär es aber wohl möglich, dafs man in einer fo
allgemein bekannten, durchgängig angenommenen, und
auch in figürlichem Verftande immer nach eben der Idee
gerichteten Sache, fich könnte geirret haben? — —-
Alle Welt glaubte, dafs die Sonne in fortrückender Be-
wegung fey; und warum follte fie es nicht glauben, da
‚der grofse, wunderthätige Heerführer Ifraels ihr ftillezu
‚ftehen gebot, auch ein Tycho das Syftem der Bewegun-
gen aller Weltkörper hierauf bauet, bis ein Copernikus
durch genauere Beobachtungen uns vomGegentheile über-
zeugte. Jedermann mulste willen, dafs das Blut unfers
| / Kör-
)
/ -
h nn ih qi
Y \
Körpers in den Adern bewegt werde: was lehrte man
‘ aber von diefen Adern, von den Bewegungen des Blutes,
was behaupteten alle als ganz zuverläfiig, bis Harvey
. feinen wahren Kreislauf entdeckte? — Was dachte man
von den Blumen der Pflanzen und en Theilen? Wie
' hat man oft den vormaligen Begrif von denfelben figür-
‚lich angewendet, bevor- uns Linne und Ludwig eines
beflern von ihrem Wefentlichen überzeugten, und Köl-
reuters glückliche Verfuche das unumftofslich bewie- ,
fen? — — Man kann fich nach der Ueberficht si nach
dem äuffern Schein einer Sache wohl einen Begrif ma-
chen, der auch Dentlichkeit hat; durchforfcht man fie
aber genau, und dringt bis zu ihrem wahren Seyn: fo
kömmt etwas ganz anderes heraus; öfters findet es fich
denn, dafs man wie der Blinde von der Farbe geredet hat.
Ich habe mich ganz vorurtheillos in den wahren
Betrieb des Lebensgefchäftes der Gewächfe zu fehauen
gewagt. Noch katın ich nicht fagen, dafs ich alles genaw
durchfehen hätte. Wenn ich aber aus dem, wovon ich
durch vielfältig angeftellte Beobachtungen und geprüfte
diefem, fage ich, gerade, berichtigende Folgerungen
ziehe: fo hoffe ich, billige Sachverftändige werden es
. nicht übel aufnehmen, wenn es auch ganz wider den .
angenommenen Gebrauch, wider die angenommene
-Gewöhnheit wäre, fondern vielmehr über das vorgetra-
gene noch genauere Unterfuchungen und Prüfungen an-
zuftellen. bemüht feyn. — !
"Man erlaube mir alfo das, was ich til die Berich-
| teung des Begriffes Wurzel mit Grund fagen zu kön-
B4 nen
]
r
. , Unterfuchungen bin überzeugt worden, wenn ich aus \
+
nen gedenke, jetzo kürzlich vorzutragen, und gleich-
{am als vorläufig nur anzuzeigen. : Vielleicht, dafs. fich
fchon hierdurch in der Pflanzenkunde die Schwierigkei-
ten erleichtern, die über den Gränzen von Stamm (trun-
cus, caudex, caulis), Halm (culmus), Schaft (fcapus),
Strunk (ftipes) und dergleichen obwalten: vielleicht
auch auf den noch fo düftern Pfad zur wahren Kenntnifs
der Natur der Gewächfe etwas mehr Licht fällt. Und
wenn es hier ganz lichte werden wird, wenn wir zur
Wiifenfchaft des eigentlichen Betriebes der Säfte in den
Pflanzen kommen werden, um wie viel richtiger werden
wir da von manchen Theilen und Erfcheinungen ur-
theilen.
Die Gleichheiten zwifchen Pfanzen und Ähletöh
find längft gerügt undi immer mehr und mehr aufgefuchet
worden. Ich will zu diefen hier noch einen zu meinem
Behuf gehüri gen Umitand fügen, wodurch man noch
genauer auf die Gränzen zwifchen den Gefchöpfen der
beiden Naturreiche kommen, und dem Begrif Wurzel
mehrere Klarheit geben kann.
Im Ganzen genommen, haben alle lebendige Ge
fchöpfe der Erde, Theile, ohne die fie allenfalls feyn,
und Theile, ohne die fie nicht feyn können. Unter die-
fen verftehe ich diejenigen, welche die Hauptwerkzeuge
des Lebens enthalten, und durch deren Betrieb alles, was
fich am Körper befindet, feiner Natur gemäls beforgt,
auch fogar das verlorne Zufällige, wo es nur müglich,
wieder ergänzt oder erfetzt wird.
Hierzu haben die mehreften T'hiere drey, oder auch
ZEHN minder oder mehr verhältnilsmäßsige, befondere
Höhlen,
)
!
Höhlen. ‚Bey einigen Bslötnen fie alle drey wie in einem
Stücke zu feyn. Das ‚Schwein z. B. fingt von dem Rüf-
fe] an nach dem Schwanze zu im Diameter immer mehr
und mehr zuzunehmen. Sein Kopf ift durch die Geftalt
feines Halfes nicht fo fichtlich ven der Bruft und Bauch
gleichfam. abgefondert, als er es bey vielen andern ift.
Die Fifche haben zwifchen Kopf und Leib gar keine Zwi-
fehenlänge, Wie aber vieler Ühiere Kopf, vermittelft
einem langen fchmälern Theil von der Bruft, bisweilen
fehr weit abftehet, wozu die mehreften Vögel, befon-
.. ders aber der Storch, Fifchreiher u. dgl. Beyfpiele abge .
. 5 \ - . r .
ben: fo ift andern derBauch durch einen verengten Theil
yon der Bruft getrennt, das man in vielen Arten von
Ichneumons des Linne findet. Andere hingegen haben
eine ganz andere Einrichtung, alfo auch von der Hand
ihres Schüpfers eine ganz andere äuffere Geftalt erhal-
ten, die von Stufe zu Stufe dureh erftaunende Abinde-
rungen bis zu dem belebten Atom, zum Polypen, und
zu den Aufgufsthierchen, als. dem einfachft fcheinenden
herunterteigt, | | Ne
Der Umfang deflen, worinnen fich die, zum Seyn
des Thieres abfolut. nothwendi igen Werkzeuge befinden,
mag indeflen eine Geftalt haben, weiche er will: ‚fo
macht diefes zufammen & genommen feinen Körper aus.
Was dagegen an der Obe: rBäche defielben vorkömmt,
oder weit über diefelbe herausragt, find nur Dinge,
Gliedmaße en, die fie zu verfchiedenen, ihren Befim-
mungen oder Bequemlichkeiten zugehörigen Endzwek-
ken, erhalten haben, Sie müflen ihren Unterhalt auflu-
chen, fie müflen den ihnen zuträglichen von dem nach-
E50 \ tRei-
74 | er
theiligen zu attarfehefden wiflen; fie find allerhand Ge.
fahren unterworfen, welchen fie zu entkommen oder
fich: wieder fie zu vertheidigen haben, - und einer der
vorzüglichften Endzwecke ift die Vermehrung. Zu
allen diefen haben fie Werkzeuge, Gliedmafsen, Waffen
u. dgl. erhalten, jede Art nach ihren befondern Beute,
.niflen.
lich vielem oder allem Ungemach ausgefetzet feyn, auch
endlich gar eingehen müffen: aber leben können fie
doch, fo lange die unumgänglich nothwendigen Theile
nur noch ihre Obliegenheit zu verrichten im Stande find.
Wer hat nicht Menfchen und Thiere gefehen, denen ein,
auch mehrere Gliedmafsen fehlten, demungeachtet wohl
gar zufriedner und länger lebten, als manche andre, de-
nen keines fehlte? In diefen ift alfo nur eine Bedingung
zum Leben, aber das Leben felbft wird nicht in ihnen
bewirkt. |
Nähme man ihnen diefes alles, fo würden fie frey-
#
Der Krebs kann feine Scheeren immerhin einbüfsen, -
"fie wachfen ‚wieder. Er legt fogar feinen ganzen Üeber-
zug ab, wie die Schlange ihre Haut: und das alles wird
wieder erneuert. Was würde man von dem denken, der
die Krebsfcheeren für den Krebs ausgäbe? Was von
dem, der z. D. einen Saugerüflel des Flohes, des Schmet- £
terlings für den Kopf ausgäbe? — ‘Ob man dergleichen
bey den Gewächfen gethan, will ich dem Urtheil des
ünpartheyifchen J.efers überlaflen, nachdem ich das,
was ich hier vorhabe, kürzlich werde ausgeführt haben.
In diefer Rückficht mufs ich erft einige Betrachtun-
gen über die Lebensart der Pflanzen anftellen.
Da,
>
Da fich die Gewächfe unfers Erdbodens. wie die
Thiere auf demfelben durch Begattung und ‚Zeugung
vermehren, alfo ‚auch dieferwegen lebende Gefchöpfe
find, fo müflen fie nicht minder durch eine in fich ge-
'nommene und da bearbeitete Nahrung ihre Erhaltung
"undZ unahme bis zu einer dem Endzwecke ihres Dafeyns
angemeflenen V ollkommenheit bewirken. Dieallermeh-
reften nehmen diefe Nahrung aus der Erde, fie mag über
oder unter Waller gelegen feyn. Man findet allerwärts
Pflanzen, wie man | überail Thiere findet, doch Er in
weit gröfserer Anzahl, denn diefe. —
Es giebt aber auch Pflanzen, die bald, nachdem fie
- in der’ Erde aufgegangen waren, diefe ihre erfte Ernäh-
rerin, oder vielmehr nur Beförderin ihres Aufgchens,
verlallen, und fichientweder vom Wafler, in oder auf
4‘
dem fie fchwimmen, oder gar nur von den Säften ande-
rer Pflanzen erhalten. Sehr gemeine und jedermann
bekannte Beyfpiele hiervon find die bereits vorhin er-
wähnten Wallerlinfen, und das Frauenhaar (Cufcuta).
Jene fchwimmt auf der Oberfläche des tieflien Teichesz
ihre Wurzeln berühren den Boden bey weitem nicht,
fondern ziehen die Nahrung lediglich vom Gehalte des
Waflers. Diefe umfchlingt jede ihr zunächtt itehende
iY Pflanze, ‚ überfpinnt fie gleichfam, indem fie fich von ihr
nährt, und fo den ganzen Sommer über fortwächft, Der
Miftel oder der Vogelleim ( Vifcum album), auch einige
‚Flechten vereinbaren | fich-gleichfam nit der Rinde und
den gröfsern Gefäfsen der Pflanzen.
Sie mögen fich indeflen a wo und wovon fie
wollen ; (o gefchiehet es allemal vermittelt den Gefäßs-
chen,
76 ee
chen, die von den Hauptgefäfsen, wo eigentlich die auf-
fteigende Bewegung der Säfte vorgehet, Fortfätze find.
Denn es ift den Pflanzen gewöhnlich, dafs fie da, oder |
an dem Theil, wo das äuflere umgebende zellige Ge-
webe mit dem ıhm überzogenen Häutchen, durch eine
ftete gemäfsigte Feuchtigkeit erweicht worden, einige
von den Hauptgefälsen abfchicken, die weit über die
Oberääche, ebenfalls mit feinem zelligen Gewebe um-
eben, hindringen, und fich dem blofsen Auge als mehr
oder weniger zarte Faden darftellen. Anfangs find fie
von diefein Urfprunge an einzeln, und bleiben es bey
‚vielen: mehrmals aber theilen fie fich hernach gleich-
fan in. verfchiedene Veräftungen,
So lange fie jene zarte Geftalt haben, und von ihrer
Ankunft nicht fo gar weit ab find, ift ihre ganze Ober- |
fläche, wenn man fie durch eine ftarke Vergröfserung
im Wailer betrachtet, um und um mit den zärteften,
durchfiehtigen, kurzen Fäschen gleichfam wie mit Wolle
befetzt. Ihr äufferftes Ende aber ift wie etwas aufgetre-
ten, und ebenfalls durchfichtie. ‚Diefe find eben die zar-
ten Werkzeuge, mit welchen fie in die kleiniten Zwi-
fchenräume des Bodens, auch oft ziemlich fefter Gegen-
ftände, wo fie etwas zu ihrer Nahrung finden, dringen, _
{ich wie mit ihnen vereinigen, um das, was fie für fich
da dienliches finden, einzufaugen. Denn zu diefer Ver-
richtung gehört, wie jedermann weils, ein genauer Auf-
fatz des Theils, der fie machen foll, auf den, von dem
fie genommen werden muß.
Dafs die mit einer fchneckenförmigen Windung auf-
fteigenden Gänge fürnämlich, oder andere 'diefen ge-
| wunde-
/
I | I)
"Wlindenen F den gleichhaltige, gerade auslaufende G Ge-
‚fäfse es find, die den eingebrachten Saft zu ‚alleh Theilen-
bringen, und von welchen alles entftehet, was an der
"Pfanze zum Vorfchein kömmt, will ich hier, Weitläuf-
- tigkeit zu vermeiden, nicht noch einmal erweifen , fon-
. dern berufe mich auf das, was ich bereits hier $. 57. und
‚anderswo *) davon gefagt habe: Sie kommen aber in
diefer ihrer Verrichtung weit eher, als die in dem thie-
„rifehen Körper zu der nämlichen Verrichtung beftimmten
. Gänge in einen Zuftand, der fie immer unfchicklicher
| macht, den Trieb der Gefäfse genüglich : zu befördern.
Sie werden in weniger Zeit verhärtet, damit jede Pfan-
.zenart die ihr zugeordnete eigenthümliche Steife, Fe-
„ftigkeit und Dauer bekomme. Hieraus folgt die Noth-
wendigkeit, dafs ihrer immer mehr und mehr, je nach
„ihrer mehr oder wenigen, dauerhaften Art, auflchielsen
‚müflen. '
‚Wie nun auf diefe Weife in der fernern Zintheie
oder Wachsthum der Pflanze ihre Nahrungsbedürfnifle
‚ auch zunehmen: fo gehen auch von jenen immer meh-
.rere nach dem Orte, wo die Nahrungstheilchen einge-
nommen werden follen.
Wenn das Pfänzchen den Anfang macht, aus feinem
\ Saamen hervorzukommen, braucht es die wenigite, ja
gar keine fremde Nahrung. Denn da diefer Pflanzen
‚Embryo mit den Nahrungsgefälsen feiner Mutter noch
zufammenhing, bekam er nicht nur feine benöthigten
: Säfte und Ange zu den feiner Art eigenthümlichen Ge-
fälsen
.) Fundam. Hift. Nat. Mufcorum frondoforum P. I. p. 53. fed.
x
fäfsen i in ein und eben dem Punkt der endeten fon-
"dern auch gewifle mit einem Extract ihres Nahrungsfaf-
tes angefüllte Behältnifie, wovon er * der allererften
Zeit feines in Wirkfamkeit gekommenen Lebens gleich-
fam gefäuget werden follte. Er föllte aber nach kurzer ,
"Zeit fich felbft erhalten. Der Schöpfer der Natur rich-
‘tete es daher nach feiner unermefslichen Weisheit fo ein,
dafs ihm jene feine Säugammen vor allen Dingen in eben.
‘dem Verbindungspunkt, fobald fich ihr Vorrath aufzu-
fchliefsen anfing, eine eigene Verlängerung zum Sauge-
‚werkzeug, oder ein eigenes Würzelchen treiben, und
feine Zahl bald auf verfchiedene Weife vermehren mußste.
So wurde denn diefes nur kürzlich ins Leben getretene :
-Pflanzengefchöpf bald zur Einnahme der ihm zukom-
menden Nahrung angewöhnt. |
Die Lebensdauer der Pflanzen ift indeffen ungemein
verfchieden: Die längftens einen Sommer hindurch in
ihrem Wachsthum anhalten, verftärken zwar, zumal
| wenn fie eine gewifle Höhe erlangen follen, diefen Trieb
ungemein: hingegen zu der Feftigkeit, oder wie man -
‘zu reden pflegt, zu der Reife kommen fie nicht, dafs fie
aus fich neue Sprofien machen könnten, wie es einige
Bäume unter gewiffen Umftänden häufig zu thun pflegen.
'Dafs diefes eine Folge vom Gehalt der Gefäfse fey, zeigt
die Erfahrung. Das fogenannte Waflerholz der Bäume
und Gefträuche wird eine erftaunlich lange, und im
“ Durchmeller über einen Zoll ftarke Sommerlatte treiben,
die fich aber nicht eher äftet, als nach erhaltener genüg-
‚licher Feftigkeit feiner ‘Hol zlage, die eben in den vor- .
gedachten Spiralgefäfsen beiteht, Man würde daher auch
| vergeb-
a
| 79
vergeblich einen Aft oder Reis von Gewächfen, die fich
noch fo willig durch Steckung derfelben vermehren laf-
fen, zu eben diefer Abficht anwenden, bevor die Gefäfse
zu der Feftigkeit gekommen find, die erforderlich war,
um derFäulnifs einigermafsen widerftehen, und die Säfte
‚im gehörigen Grad bewegen zu können. | j
Die ‚aus dem Standort der Pflanze durch diefe un-
terwärts verlängerten Gefäfse eingelogene Säfte wer-
‘den in einem von ihren Theilen,, ver muthlich wo der
". »meilte Zufammenflufs ift, nach der eigenthümlichen Art,
‘gehörig bearbeitet. Was alfo zum Behuf der verfchie-
‚denen von ihr zu vollendenden Endzwecken gut gemacht
"wird, bleibt entweder bis zur Vollführungszeit diefer
Endzwecke beyfammen, oder wird fofort allenthalben
angewandt, “ die überflüfüge und ferner unbrauchbare
‚Feuchtigkeit aber dur ch die APAUBEESSEADnESN fort-
‚gefchaft. ; |
‚Der Varsnglichlr Endzweck des en. it,
. wie bey den Thieren, das Gefchäfte der natürlichen Ver-
"mehrung durch die Zeugung. Niemand wird in Abrede
‘feyn, dafs-jede lebendige Creatur zur Vollziehung def-
felben einen beträchtlichen Grad der Vollkommenheit in
den feiten Beftandtheifen ihres Körpers "haben mülle,
‚Diefe ftehet in Betref der Zeitigung bey Thieren und
Pflanzen, jin gewillem Verhältnifs mit der möglichen
Dauer ihres Dafeyns. Alle Arten von beiden, die nur
einige Monate zu leben haben, erlangen fehr fchneil ihre
‚gehörige Gröfse, und vollenden binnen der kurzen Zeit
Begattung und Befaamung. Dauert auch ihr Leben noch
in etwas darüber, fo ift es gleichfam unnütze. Wenn
der
>80
®
der männliche Schmetterling fich begattet, und das Weib-
chen feine Eyer gelegt hat, Nlattert jedes noch einige Zeit
herum. Bald aber it der Stanb ihrer Flügel abgeflat-
tert; die Sonne trocknet daher diele zu fehr aus, dafs ,
fie viel leichter Zerbr echen; ‚ auch haftet die F euchtigkeit
nun leichter aufihnen. Sie können aus beiden Urfachen '
"nichtmehr fo fort, fie müllen, wennauch nicht für Alter,
doch aus Mangel der Nahrung fterben. |
Wie viele müffen ei en Sommer durch, erft ihren
Körper bekräftigen, und wenn fie oleichfam in einer ver-
neuerten Geftalt fich im folgenden Sommer mit Begatten
und Defimen befchäftiget haben, gehen fie ohne alle wei-
tere Folgen ein. So nähren fich viele Würmer und Rau-
pen, und die fogenannte zweyjährige Pflanze die wär
mern Monate des Jahres über; in den kältern ift wenig,
auch gar nichts von ihnen zu fehen. ft aber der F roft
vorüber, und es wird wieder warm: fo kommen Käfer,
Schmetterlinge u. f. w. zum Vorfchein, die fich fogleich
begatten, Eyer legen, und nicht lange hernach fterben::
fo fchofst ein fürtreflicher, oft weit ausgebreiteter, blatt-
voller oder blattlofer Stengel empor ‚„ der, nach dem
Sprachgebrauch von den Bürgern diefes Reiches, Blu-
men treibt, ihre Früchte reift, und eingeht.
Hingegen Thiere und Pflanzen von einem längern
und dauerhaftern Leben koinmen gemeiniglich fpäter zur
Begattungsfähigkeit, zur Blüthe, je nachdem die Hand
‚des Schüpfers das Ziel derfelben auf wenigere oder weit
zahlreichere Jahre hinaus geftecket hat. Und wenn
‚diefe nun einmal lich ee zu blühen anfangen, |
vollziehen tie diefe natürliche Ver mehrung | in ihren Arten
einmal
einmal nad, den andern, bis zu einem gewillen. Alter,
| wö die. Kräfte des Lebens durch die nun abgenutzten und.
iralf oder‘ Hart gewordenen feiten Zubereitungstheile
immer mehr und mehr fich dem völligen Stillftand alles
‚Vermögens nähern
Welche Menge der wichtigften Bettachtungeh und
paffendeften Umftände zur Vergleichung zwifchen Thier
und Pflanze, ftelit fich dem denkenden Beobachter auch
von diefer Seite dar? — Welche Aehnlichkeiten zwi-
. fchen den Bürgern beider belebten Naturreiche? —
Wie einfach das Grundgefetz zur Befolgung ihrer vor-,
züglichften natürlichen N errichtungen‘: 2—
Ob. nun gleich die perennirende Pflanzen mit den:
perennirenden Thieren auch darinnen überein kommen,
dafs fie zum Theil nicht nur nach vollzogener Geburt,
‚londern auch in der Zeit zwifchen diefer und der ihr vor-
hergegangenen Befruchtung, zu neuen Begattungen An-
ftalt machen, oder fie auch gar bewerkftelligen: fo find
fie doch hierinne in fo ferne durchaus von einander un-
terfchieden, dafs das Thier mit ein und eben den Werk-,
N U, Dee Ä 8:
zeugen ‚jedesmal feine-Fortpflanzung betreibt, da hinge- |
gen die Pflanze ihre immer von neuem hervorbringen
mufs. Diefer Umftand, nebft noch verfchiedenen an-
dern, machen dann eine Menge Veränderungen noth-
wendig, die den Botaniften bisher viele Schwierigkeiten
wegen ihrer genauen Befimmung verurfachten, und tie
gleichfam zur genauern Erforfchung aufforderten, zu
Pr
der man aber, ‚fo viel ich weils, noch nicht’ gekom-
men ilt.
%
RN NEES N S
N
Es betrift diefs zugleich das, was mich dem Haupt- |
beweis für meine Erörterung des Begrifles Wurzel ganz
nahe bringt. Diefe Sache alfo in defto mehr Licht zu
ftellen, mufs ich fchon wieder von den Thieren zuerit
zu reden anfangen.;, Denn-in der phyfikalifchen Kennt-
nifs diefer find wir bey weitem die Fremdlinge nicht, die
wir bey den Pflanzen find. Man möchte uniere diefsfal-
fige Wiffenfchaft faft nur noch für Dämmerung halten.
Der Aufenthalt der Thiere ift gewiffermafsen auch
um der Dinge willen, wovon fie fich ernähren müffen,
fehr verfchieden. Und ob fich gleich vielleicht der
sgröfste Theil von ihnen beftändig über der Erde auf-
hält, fo haben doch auch viele ihren Wohnpiatz unter
ihrer Oberfläche; weit mehrere aber im Wafler auf fei-
nem Grund und auf feiner Oberfläche: noch andre findet |
man eigentlich auf andern Thieren. |
Wie fehr verfchieden ift ihre Begattung i in Betracht Ä
des Orts, der Zeit, der Stellung. Doch hier hauptfäch-
lich die in der Erde wohnen? — Zwar nicht alle, doch
die meiften konımen zu diefem Gefchäfte an die freye
Luft; der Regenwurm z.B. der nur dann, wenn er feine
Nahrung fucht, und wegen der Befchaffenheit der Ober-
Hläche fortkommen kann, aus feinem Gang fo weit fich
herausdehnt, als es möglich war, um diefen mit dem’
äufferften Ende nicht ganz und gar zu verlaffen, verrich-
tet feine Begattung nicht anders, als eben da, mit dem,
der ihm begegnet. Von Amphibien kömmt der fo be-
kannte gemeine Frofch im Frühjahr aus feinem Winter- |
aufenthaltauf dem Grunde des ftehenden Wafler sauf feine
ORSTHASS haufenweife zufammen, um des Weibchens
Laich
zu pflegen. 7
HE NeE Y Zi N ! us ‚83
L ad zu neun wenn fie fich ur etwa dieferwe-
gen in einer ‚feichten Pfütze verfammeln. Der Walltifch
begiebt fich mit feiner Geliebten aus der unergründlich
tiefen Refidenz nach irgend einem, dem Umfange feiner
Laft angemeflenen Strande, um En feiner Liebe mit ihr
. Hier fällt mir die Bömbkkung ein, zu welcher ich
im ons. Junii vorigen Jahres’ ühvertguthet kam. Ich
war auf ein paar Tag se im Gebirge, uni ging an einem
der ichönften Morgen ganz frühe auf meine botanifche
Jagd aus: Es war beynahe halb. fünf Uhr, als ich zu
einem grofsen Teiche kam, über defien höchften Damm
der Weg in den an feiner Morgenfeite liegenden Wald
führte, wo ich meine Forfchbegierde eigentlich hinge-
richtet hatte. Ein etwas entferntes Schlagen im Wafler,
als ob ein orolser lebendiger Körper beynahe eine halbe -
Minute über drinne zu fehwimmen itrebte, ZOg meine
Betrachtungen ganz anderer Gegenftände an fich. Ich
blieb auf der Stelle ftehen, und überfah den Teich mit.
forfchendem Blick. So oft das Geräufch entftand, wur-
‚de ich nach dem. mir gegenüber ftehenden mittägigen
“ feıchten Ufer des Teeiches bald da, bald dort, gewaltige
Bewegungen auf feiner Oberfläche inne, die ‚ganz an-
ders waren, als wenn der Fifch bey herannahender feuch-
ter Witterung fpringt. Noch wurde befonders diefe Seite
Sn dem hohen Walde befchattet, und die Dünfte des
. Waffers lagen noch, gleich einem dünnen Nebel, auf:
feiner Oberfläche, dafs es defto nothwendiger war, mich
dem ‚Orte des Auftritts fo viel möglich zu nähern. Hier
fah ich denn fehr deutlich, wie die grofsen Karpfen in
“u F 2 i VEer-
verfchiedenen 'kleinen Haufen im feichten Waffer unter
einander fcherzten, fich augenblicklich feitwärts, mit
dem Kopfe etwas gefenkt, "wandten, mit empor ge-
krümmten Schwänzen fich durch einander drängten, und
' fo durch das Schlagen mit diefem Theil, das ftarke Ge-
räufch im Waffer machten. Als die Sonne die Wipfel
des Waldes fo weit überftiegen hatte, dafs fie fa den
sanzen Teich frahlen kointe, endigte fich diefes
Schaufpiel bald Nachher. Da diefeFifchart um eben diefe
Zeit zu ftreichen pflegt, ift allem Vermuthen nach unter
diefem ihren ungewöhnlichen Betragen etwas zu ihrer
Befruchtung gehörige vorgegangen. Und weil, mir
wenigftens, unbekannt ift, dafs fie dabey auf diefe Weite
zu Werke gehen, fo habe ich es hier, mit anführen
/
wollen. N
Nun wieder zu den Pflanzen. — Diefe haben eben
{owohl verfchiedene Plätze, wo fie fich aufhalten und
nähren. Viele find unter der Erde, viele kriechen auf
Ihrer Oberfläche hin, viele bewohnen den Grund, fogar
>
tiefer Wafler ; andere fchwimmen auf deflen Oberfläche,
ohne, wie ich fchon von den Wafferlinfen gefagt habe,
fich an den Erdboden zu halten: keine aberhat ein eigen-
thümliches Vermögen, fich mit fo offenbarerWillkühr, wie
die allermeiften T hiere, derandern zu nähern. Der Schöp- |
fer machte daher die Einrichtung, dafs die männliche
Befruchtungskraft ungemein vieler Arten in fehr leichte,
von der Luft zu bewegende Staubkörnchen eingefchlof-
fen, auch bey den Gattungen zu den weiblichen Ge-
fchlechtstheilen gebracht werden könnte, die beide an
abfon-
-
\
abfonderlichen Stellen ein. und eben der Pflanze, oder
gar an abgefonderten. Pflanzen fich befinden,
Wie follte aber das bey dem gemeinen Schilfgras
[€ dust Phragmites), ' den Teichkolben (Tipha latifolia
et angufifolia), den weisen und gelben: Nixblumen
(Nymphaca alba et Iutes) u. dgl. m. zugehen, deren
Haupt- oder alles. betreibender-Theil ftets unter Waffer
in der. Erde ift, wenn diefe Werkzeuge .nicht emporan
. die freye Luft kämen? — Sie würden fogar in ihren
eigenen augefogenen Säften haben erfticken müffen,
wenn zur Zeit ihres lebhafteften Betriebes, nicht ihre
"Blätter, wodurch ‘fie den Ueberflufs ausdünften, über
Wafler wären zu ftehen. gekommen? was mit denen,
die gar unter der Erde wohnen? von welchem ich nun
bald, reden werde,
‚Ich [chränke mich jetzo bey dem, was ich fügen
will, lediglich auf. die zweyjährige und perennirende
Pflanze ein. If die Sache von diefen richtig: fo mufs
es bey den einjährigen ebenfalls das feyn.
An diefen Pflanzen-finden wir offenbar Theile, ohne
die fie feyn, und ohne die fie nicht feyn können. Thei-
' le, die eine-Zeit lang da find und vergehen, wegkom-
men oder: weggenomnten werden, eftweder unter eben
der Geltalt, die fie vorhin:hatten, oder unter einer ganz
andern. Noch mehr; Theile, durch deren. Beraubung °
‚man einjährige Pflanzen, zu. ne und drüber,
machen kann. | Ä
‚Die zweyjährigen Pflanzen zeigen. uns im erften
' Sommer blos Blätter über der Erde, durch- welche fie
ausdünften. Der Theil, der diefe hervortrieb, und immer
a BSıN- | mehr
>
mehr und mehrere machte, ife-unter derErde. Von vie-
len diefer Art, verderben die eriten Blätter den Winter
über ganz, nur die auf der oberften Scheitel bleiben, wie
in einer Knospe, gefchloflen, Was erfcheint im künfti-
gen Frühjahr oder Sommer? — Es fteigt ein fchöner
Stengel empor, auf dem Blüthe und Frucht vollendet‘
wird. Man fchneide ihn, wenn er nach Maasgabe um
ein Drittheil oder Viertheil ficeh gehoben hat, ab; es
kommen an feiner Stelle mehrere hervor, die, wenn
man fie fortwachfen läfst, eben das wann was der.
erftere würde gethan haben,
Lafst uns fehen, was mit den in allen Wirthfchaf.
ten fo bekannten Möhren, der Peterfilie, dem Sellerie
u. dgl. vorgehet, wenn fie im Herbfte aus der Erde ge-
nommen werden. Man fchneidet ihnen alles Laub ab;
auch die zarten, an ihnen hängenden Fäschen; oder man
läfst diefe, bevor man das Ganze in die Verwahrung vor
dem Frofte den Winter über bringt, in freyer Luft aus-
f trocknen, ,
, Man fchneide fie im Frühjahr über ihre untereHälfte
ab, bevor man fie in die Erde fteckt: fie werden ihren
Stengel treiben, Blumen machen, und die von diefen
befruchtete Saamen reifen. Man nehme die Stengel,
wenn man will, und bringe fie in’ die Erde: man lege
die zarte abgefchnittene Faden eben dahin, wird eins
von beiden etwas machen? wird es weiter wachfen? —
Die dem Landmann oft fo läftige Quecke, treibt an
‚ihrem unterirrdifchen Theil in gewiflen Entfernungen
von einander eine Menge Zafern unter fich, und zu ihrer |
Zeit einen Halm in die Höhe ‚ der eine blühende und
dann
. dann Körner trägende Aehre zu oberft hat. Man fchnei-
de den Halm ab, wo und wenn man will, man bringe
‘ihn unter Erde, wie man will, er läfst das fernere
| Wachsthum bleiben. Man verfahre mit den Fafern eben
fo, und es kommt gewils auch aus diefen nichts, Aber
nehmt nur eines Gliedes lang von dem, woran die Fa»
fern Be der Erde waren, fchneidet diefe immer auch
ab, "und bringt ihn dann erft wieder unter Erdt; feht, er
macht abermal Fafern,, kriecht unter der Erde weiter in
mehrere Glieder, und wird zu feiner Zeit auch Halme
über der Erde mit blühenden und reifenden Aehren
treiben.
Lafst uns die, nun in Europa fo durchgängig be-
kannte, fo vielfältig zu benutzende, und vielen fo wohl
fehmeckende, Erdäpfel oder Tartuffeln (Solanum zube-
rofum) , und Erdbirnen (Helianthus tuberofus) *) betrach-
‘ten. Kann jemals aus dem über die Erde getriebenen
beblätterten Theile was anders, als Blumen und Saamen
kommen? — Aber die Ranken der eritern machen unter
der Erde Fafern, mit welchen fie Nahrung zu fich neh-
men, und fetzen die efsbaren Knollen an. Diefe treiben
Togar im Keller zum Frühjahr, wenn ihre Zeit kömmt,
abermals Ranken, die Knollen und Fafern anfetzen, doch
ohne einen n Stengel zur Blüthe zu treiben. Nimmt man.
4
14) wir diefen
d
*) An vielen Orten find die hier genannten angegebenen deut-
fchen Benennungen diefer Pflanzen gerade umgekehrt üblich.
‚ Kömmt es auf die äuffere Geftalt an: fo glaube ich, dafs
vs ‚mehr Achnlichkeit mit den Pruchtarten haben, von wel-
chen man ihnen den Namen gab. -
I \ )
5
“
oo
diefen Ranken die Einfaugefafern forgfältig weg: fo
dauert diefer Trieb nicht länger als der Erdapfel, ausdem
er kam, Nahrung hergeben kann. : DieErdbirne macht es
beynahe auf die nämliche Weife; nur dafs diefe weit kür-
zere Ranken, und weit ftärkere Fafern beyfammen hat.
Man fchütze diefe und den hohen Stengel vor dem ge-
. ringften Eroft, fie machen doch, wenn das Blühen vor-
über, und der Saame reif ift, nichts mehr.
Das Schilf aus den Teichen zu tilgen, kamen die-
Wirthfchafter auf die Erfindung, alles was übers Waffer
von diefen Pflanzen herausragte, unter Wafler abzu-
hauen, und fo, was Wurzel heifst, in Fäulnifs zufetzen.
Wenn fie ihnen aber nicht zur ‘rechten Zeit diefe Ver-
ftimmelung machen, fo gehen fie gewis nicht ein. Viel-
leicht fteigt nachher fogar noch einmahl fo viel in die
Höhe, als vorhin da war. Das Verfahren mit dem Win-
tergetreide, wenn es dur ch die zu lange anhaltende war-
me Herbfitwitterung- zum fchofien kommen will, kann
‚uns auch einigen Unterricht hierinnen geben.
Wie erhält der Gärtner feine Zwergpommeranzen-
bäumchen viele Jahre in demniedrigen, in dem fchlanken
Anfehen? — Theils dafs er es macht, 'wie wir mit un-
fern Hündchens, wenn fie nicht grofs wachfen, und fein
gefchlank bleiben follen. Theils dafs erihnen zu Zeiten
eine Menge Saugewerkzeuge wegnimmt, um fie mit
Verfertigung neuer zu befchäftigen. |
Warum. — — — Doch ich würde fehr lange nicht.
fertig werden, wenn ich alles hieher gehörige anführen
wollte. Aber man fage mir nun, was an den vorer-
wähnten Pflanzen, bey fo bewandten Umftänden , ihr
wefent-
wefentlicher Theil oder Körper ift ? Doch unftreitig das-
jenige, aus dem alles andere, wenn es ihm auch abge-
nommen wurde, oder'an und für fich eingieng, wieder
erftattet, erneuert werden kann. Alles übrige ift zufäl-
‘ lig, find wie Gliedmaffen der Thiere, oder gewille
Werkzeuge zur Einfaugung der Nahrung, zur Zeugung,
a zur Ausdünftung, zur Vertheidigung, zum Anhalt, wenn
fie für fichzu fchwach find.
| Gleichwie aber die einem Körper gegebene Glied-
maflen zwar zu diefem Körper gehören, jedoch nicht
der Körper felbt feyn können, fo kann z. B. der Rettig,
die Rübe, der Paftinack u. d. gl. nicht Wurzel oder Sau-
geweikzeug, und Stamm oder Körper zugleich feyn.
Wer diefes fchlechterdings behaupten wolite, müfstedenn
‚auch zugeben, dafs der noch berindete Weidenpfahl, den
ich mit dem einen Ende in die Erde bringe, und der auf
diefe Art, MWänzeln, Zweige, Blätter treibt, auch Wur-
zel fey: dafs der Orangerieftamm, den man entwurzelt
und entältet aus Italien kommen liefs, und durch kluge
Behandlung dahin brachte, dafs er feine Hauptgefälle
nach Nahrung ausftrecken mufte, wodurch er hernach
auch über fich Theile trieb, an- welchen er unter dem än-
E genehmften Wohlgeruch fein Begattungsge fchäfte vall-
"zog, dafs diefer Stamm, fag ich, nichts anders als eine
Wurzel’gewefen fey, u..d. gl. m.
Die Wurzel ift nun allerdings auf allen Ball der Theil
einer Pflanze, mit welchem fie die Nahrung in fich zie-
het: aber ein zufülliger, unter Fafer oder Fadengeftalt
aus den Saftgefäffen des Körpers oder Stammes. in und
nach den Standort getriebener Auffentheil,
F 5 | Die
-
yo RN | a N /
Die Erfahrung hat es auch den gemeinften Land-
mann gelehrt, dafs nicht das, was man an den Bäumen
Pfahlwurzel nennt, oder die ftarke Wurzeln es un-
mittelbar find, durch die fich fein Obfbaum nähret. Er‘
weils, dafs auch ein noch fehr junger Baum, nach dem
Verfetzen fehr fchwerlich fortkömmt, wenn er nicht
wenigftens etwas von den feinen Zafern, die man Tau-
wurzeln' nennet, mit bekommen hat. Warum treibt
bisweilen ein auch im Herbft verfetzter Baum, wohl erft
‚im andern darauf folgenden Sommer die Blätter? ohn-
fehlbar, weil er den erften mit Betreibung der wahren
Wurzeln zubringen mufste. Dafs grofse Bäume viel
fchwererim verfetzten Ort fortkommen, und alte Bäume
fich gar nicht verfetzen laflen, hat nichts anders als den
fchwerlichen, und bey den letztern denkaum möglichen
Trieb neuer wahrer Wurzeln zum Grunde.
Wer die Lage der eigentlichen faftführenden Gefäf-
fe der Pflanzen kennt, und nur die unter dem insgemein
fo genannten Wurzelwerk begriffenen, als Möhren, Pe- -
terfilie, Rüben, Rettig u. d. gl. genau unterfuchet; der
wird finden, dafs ihre eigentliche Wurzeln oder Sauge-
werkzeuge, nur von den unter der Rinde, um das foge-
genannte Mark liegenden Spiralgefäflen herkommen.
Vielen meiner Lefer wird das, was ich bisher von
den Wurzeln, dem Stamm, oder Körper der Dhdnsei
vorgetragen habe, wenigftens fehr fonderbar vorkom-
meny man wird vieles einzuwenden haben; man wird
‚mich vielleicht gar der Neuerungsfucht befchuldigen ?'-
Lieber, wie künnte ich, wenn, ich die Natur felbit um
ihre Einrichtung in den Pilanzen befrage, das, was fie
mir
\
r)
mir klar antwortet, anders fagen? — — Ich erwarte
alle Einwendungen getrolt, und werde niemanden die
Erwiederung fchuldig bleiben. Und wer es nicht glaubt,
‚ wenn ich verlichere, dafs diefe Gedanken von Wütrzel
und | Stamm nicht ganz neu find,’ der'lefe nur den vor-
treflichen Malpigh,, *) von den Wurzein der Pflanzen.
| ‚Hätte man ihm doch lieber das; was er hiervon gefugt
"hat, eben fo nachgefchrieben,, als den eingeklammerten
Gedanken auf der nächftfolgenden Seite, vom Erdboden,
‚dafs er nehmlich den Pflanzen ftatt des Magens diene!
- Hätte man das, was er kraft feiner fo fchünen Beobach-
tungen von den Knoll-, Zwiebel-u. d. gl. Pflanzen erin-
nerte, binnen den nun verfloffenen hundert Jahren beffer
‚bedacht, genauer unterfucht: es würde gewiis in diefem
Stücke nun nicht mehr fo viele Umanderung rückftändig
N
feyn, als wirklich vorhanden ift,
- In der That, ift etwas, das uns diein der Erde be-
findlichen Theile, allefammt für Wurzel zu halten, ver-
‚dächtig machen mufs; fo find es die Knollen der Zwie-
bein aller Art. Niemand ftreitet den Pflanzen das Leben
ab.. Sie müflen doch alfo einen Körper haben, Wofoll
denn nun der Vogel - oder nackende Stendelwurz (Ophrys
Nidus avis,) der Monotropa Aypopitys, — überhaupt
. der ’Stendelkräuter, (orchideae) ihrer feyn? — DieNar-
cille mit ihren Arten, die Hyacinthen, die Tulpen, ud,
o]. treiben aus der Zwiebel einigeBlätter, einen Blumen-
| ftengel nach oben zu; niederwärts 'aus dem Unterfatz
eine Menge einzelner Faden, Br Theile gehen nach
. einer
*) M. Malpigh Op. Lugde Batav. 1686. 4. Pag. 354, faq.
92 ’
einer gewillen Zeit ein, und es kommen aus dem ‚ Unter- |
‘ Jatz wieder neue Faden; aber auch wohl junge Zwie-
bein, dann auch aufs neue Blätter und Blumenftengel her-
vor. — Die unter demNamen Iris fuccica allen Gärtnern
bekannte Amaryllis formofiffiema der Botaniker nach
Linne, bringt die Blätter erit, wenn die Blume vorüber
ift, zum Vorfchein u. a. m. RN N
Ich wil indeffen hier befonders bey den Zeitiofen,
von deren Begattungswerkzeugen ich bereits in der vor- |
hergehenden Abhandlung seredet, auch etwas von ih-
rem Körper erwähnt habe, ftehen bleiben, weilfie ein
ungemein pallendes Beyfpiel zur Erläuterung deflen find,
was ich hier von dem. Grundtheile der Pflanzen schpt
habe. | |
‚ Auf der 63ften Seite hies es dort nur vermuthungs-
weife, dafs der an der alten Zwiebel im Herbfte befind-
liche Querunterfatz,, von dem die Blume damals aufge-
fchoffen war, den künftigen Sommer neue Blumen an-
fetzen werde. Nachher habe ich diefe Sache genauer
unterfuchet, und die ganze Lebensgefchichte .e efer
Pflanze folgendermaflen hefunden:
Bald nachdem fie verblühet, das ift, ihr Begattungs-
gefchäfte. vollbracht hat, fängt die F ruchtanlage, viel-
mehr aber hernach ihre ‚Grundlage an, in etwas aufzu-
fehwellen. Die aus dem Unterftz, hauptfächlich durch.
«ie mitgetheilte Nahrung des vorhergehenden Zwiebel-
körpers, getriebene häufige, einfache, Fadenwurzeln,
nehmen dann felbft aus dem Standort volle Nahrung ein.
Da fie mehrentheils ziemlich tief unter der Erde ftecken,
fo kann der Froft wenig, und bedeckt über Winters
| Schnee
{ Aue
i |
Me
) BE ; N
93
Schnee den Boden, garkeine Hindernifs abgeben, dafs die
“Nahrung und das Wachsthum aller der Theile unter der
‚Erde, wiewohl fpärlich, ‚doch ununterbrochen fortge-
hen. Däher gelangt der Körper diefer Zwiebelpflanze .
bis ı Frühjahr zu feiner Vollkommenheit.
Sobald alfo die Witterung diefer angenehmen Jah-
reszeit den Gewächfen einen freyen Trieb erlaubt, kom-
men auch fchon die im O&ober des verfloflenen Herh-
ftes noch fo fchmahlen, in der engen Blumenfcheide tief
| verfteckten Blätter *) aus der Erde ziemlich breit zum
Vorfchein ,„ die immer weiter zunehmen. Gräbt man
on der Mitte des Mayes eine diefer Pflanzen aus: fo findet
man die Zwiebel, "welche -das Jahr zuvor den Frucht-
nn el getrieben und im Herbite die Blüte befürd ert hat-
e, **) ganz welck und verfchrumpft; die, fo jetzo mit |
en den noch unten zwifchen ihnen verborgenen
angefchwollenen, Fruchtgehäufen verfehen ift, voller
Saft, und unten noch völlig bewurzelt, nur dafs diefe
nun fehon i ins braune Alter fallen ; an der äufserften, .der
alten entgegengefetzten Seite aber, gleich über der Grund-
lage, ein bereits getriebenes Auge, das die'blume für
den Herbft enthält. Im darauf folgenden Monat Juni
fteigt der Stengel mit den Früchten empor, und das Auge
gewinnt von der untern äufsern Seite einen erhabenen
mit Buckeln befetzten Rand. Ä EN
A Diefe
*).$, 4tes St. T.' 4. Fig. 4,
*) 9. Fig. 2. c. Fig. 3. G.
94 en
Diefe Buckeln find der Anfang zu den neuen Wur-
zeln, die alsdenn, wenn die Frucht im Reifen ift, be-
fonders betrieben werden, indefien die von der tragba-
ren Pflanze anfangen einzugehen, und nach den paar
Monaten von der Reife der Frucht an, bis zur Blüte ge-
rechnet, fo verderben, dafs man nur kleine Ueberbleib-
fel gewahr wird. *) | |
Von der fo durch einen neuen Trieb bereiteten und
im Herbft zur Begattung geförderten Blume, gehen die
nur erwähnten Scenen diefes Gewächfes in eben der |
Reihe wieder fort.
Da nun der Stengel, welcher die Saamengehäufe
empor brachte, damit die Saamen nach der Reifung be-
quem von der Natur aus einander geftreuet werden konn-
ten, der nachher vertrocknete, und nichts mehr auf die
Vegetation mit ihm anzufangen war, da diefer Stengel
eben fo wenig die Pflanze felbft feyn kann, als das abge-
worfene Horn des Hirfches, derKörperdes Thieres felbft
- ift; da die Fadenwurzeln auch eingingen, und doch
noch ein, die Begattung weiter befördernder und betrei-
bender Theil übrig blieb: fo mufs eben diefer Theil die
Pflanze felbft, oder der Körper diefer Pflanze feyn, und
nun und nimmermehr die Wurzel. |
Diefer Umitand würde dann nun freylich neue
Schwierigkeiten und Veränderungen auch in den vor-
handenen Beftimmungen der Gewächfe machen. Er ift
aber;noch nicht der einzige, der zur Berichtigung der
botanifchen Sprache gehört. . Wenn einmal die grofsen |
ver-
*) Ebendaf, Fig. 3. G.
\
h ind | ; } | ’ 95
| verpflichteten Pflanzenkündiger ihren Fleifs, ihre Auf-
merkfamkeit eben fo fehr, eben fo genau auf das gehei-
me Detragen der Gewächfe, auf ihren innern Bau, ihre
innere Einrichtung richten werden, als fie bisher in An-
fehung ihrer zufälligen Theile thaten: fo wird die Hülle
von den Augen kommen, unter der fie bisher fo emfig
fuchten, fehr oft Mifsgriffe thaten, dann ftritten und da-
mit nicht felten nur mehr Verwirrung anrichteten „ Dun-
- kel ftatt Licht in diefer edlen Kenntnifs verbreiteten. Es
wird eine ganz andere botanifche Philofophie zum Vor-
fchein kommen, die niemanden mehr das Recht laflen
wird, die Botanik als eine blos trockne Benahmungs-
wiffenfchaft verachten und verhöhnen zu können. Bey-
de Theile, die äufsere und innere Kenntnifs, find hier
gleich nothwendig. Ja, es ift durchaus nicht möglich, oh-
ne eine durch genaue und forgfältige Zergliederungen be-
richtigte Gewächsphyliologie, die fogenannte reine Bo-
tanik zu ihrer möglichen Vollkommenheit zu bringen.,
Eines mufs man thun, und das andere nicht laffen.
| Noch mufs ich!'etwas zum Befchlufs in Anfehung
der Wurzeln erinnern. Nämlich ihre Metamorphofen,
welche unter den perennirenden Pflanzen fehr gewöhn-
lich find: Ich habe fie hier ganz und mit gutem Bedacht
übergangen; ob fie gleich gewiffermafsen auch hierher
‚gehörten. Anderntheils aber ftehet diefe nel mit
| dem innern Betrieb der Säfte und der hierzu gemachten
Einrichtung derfeften Theile inzu genauer Verbindung, _
als dafs fie ohne Erörterung diefer, begreiflich gemacht:
‚werden kann. Es muis alfo bis dahin Anftand haben,
\
N ni a
5 AN VI. j
BE e.wia.8
über die
Iebendige Geburten der Gewächfe.
en \
laves, derErfinder desKreislaufes unferer Sifte, tag.
te laut genug, dafs alles Lebendige aus dem Ey entftän-
de. Diefes hat fich durchgängig fo beftätigt, dafs kein
wahrer und unpartheyileher Naturforfcher daran Zwei-
feln kann. Man hat freilich noch nicht gefehen, dafs
fich die Polypen begatten: aber dafs fie doch Eyer bey
{ich haben, hat nun Pallas und Ellis gefunden und deut- '
lich befchrieben. N Vorher fahe man blos etwas andie-
{em Wurm zum Vorfchein kommen, das zu einem Poly-
pen der Art wurde, und dafs jede von ihnen gemac! hte
‚ Theilung fich zu eben dem Thier bildete u. f. W. Dies
hielt man denn für ihren einzigen Fortpilanzungsweg.
Da fie aber nach der gemachten Entdeckung der beiden
fürtreflichen Männer mit EYern verfehen find, die olin-
ftreitig den nämlichen Endzweck, wie beyandern Thie-
ren
”) Hr. Pallas an den Armpolypen: f. deffen Zlenchus Zoophy-
torum. Hag. 1766. S. 28. Und Ellis an den Seepolypen: f.
deffen Zay towards a natural hiffory of the corallines an
mehreren Orten, vorzüglich t. XIX. tab. V. Xl.wam
me ROrk
97
ren haben; warum follte ihnen nicht Shah ebenmälkig, |
wie andern Thieren, das Gefchäfte Her Befruchtung, ie
hin nicht ‚minder ‚die darzu gehörige Weikzeuge Zu,
Theil geworden feyn.
‚ Die Natur hat ein uhendkehe Areifes Welah zu ae
Urheber ; das in die unermefsliche Mannigfaliigkeit der
Dinge, die Wege zu ihrer Fortdauer, die Werkftätte ih-
res Betriebes, fo geheim, To künitlich anlegte, dafs un-
fer endlicher, trotz. allem Dünkel, ‚doch fehr einge.
fehränkte Verftänd, unfre blöden Sinne, auch da, wo Sin-
ne tnd Nertaha zureichen, fie doch mit Mühe ausfin in-
dig machen! Wie oft ift der blofse Zufall unfer W egwei-
ferin den Finiternillen gewor den? 2 Neo itolperten
wir, trunken vom Vorurtheil, über däs hin, was wir fo
emfig, fo begierig fuchten, ob & gleich offenbar da lag.
Man dachte ehemals nicht dran, dafs der Staub aus den
. Kätzcheti det Weiden, welche fich fo willig dufch jeden
in die ‚Erde geftecktei ganz näckten Aft, durch jedes
Reischen verimehten laflen , &leichwohl da feyn mülle,
wenn ihre Säamenkötner, die niemand in Zweifel zieht,
aufgeheh follen. Man ereiferte fich nur noch vor we-
nig Jahren über die, welche deh Moöfen Blumen, und
durch die Werk izeuge diefer,. befrüchteten Saarien geben
‚wollten; und doch find fie nun auch gewifls genug | er-
/ wiefen und dargeftellt.
| Die Grundlage zu jedem Thier, wie Zü jedem Ge-
wächs, it der im innern der weiblichen Zeugungswerk-,
zeige, befi üdli iche empfängliche feine Ichleimige Stof,
den man den Kei m nennt, der keinesweges aber mit
ee Keim eines Saamenkoines. ver wechfelt werden darf.
G nn Wenn
‚98 | | le en
Wenn diefer - ‚empfingliche Stof: dur en das männliche Be-
Fruchtungsvermögen das Erfordernifs zu feiner Belebung
erhalten hat, wird er im Ey ‚genährt und zu ‚einer .ge-
- wiffen Stufe der Vollkommenheit gebildet, bevor er-die-
fe feine erfte Behaufung verlaffen kann. Andere Thiere
aber bleiben bis dahin in der Mutter, ‚werden gleichfam
in ihr ausgebrütet, und kommen in dem Grad der Voll
kommenheit lebendig aus ihr heraus : beyandern hinge-
gen kommt der im Ey.befindliche empfängliche Stof, in
diefer feiner Behaufung, entweder fchon btfruchtet oder,
um fogleich befruchtet zu werden, von der Mutter, und
mufs hernach auf verfchiedene Weife bebrütet werden,
bis er fo weit gedeiht und das Thierchen zu dem Grad.
der Vollkommenheit gekommen ift, dafs es diefe Hülle
‘durchbrechen und an das Tageslicht kommen kann.
Zum Unterfchied diefer beyden Arten der Auskunft aus
der Mutter, hat man jene Lebendige, diefe Eyer- Ge-
burten genannt.
Zu leugnen ift es nicht, dafs jedes Saamenkorn der
Gewächfe mit dem Ey der Thiere richtig kann vergli-
chen werden. Unddaman ‚Gewächfe findet, ‚die irgend-
wo aus fich Theile treiben, welche, fobald fie fchieklich
in die Erde gebracht worden, nicht mit den Lappen auf-
schen, welche jeder Saamen zur erften Nahr ung für den
Keim der Pflanzehat; fondern gleich Pflanzen find: fo hat
man diefen, inBeziehung auf die Analogiezwifchen Pfllan-
ze und Thier, auch die Benennung lebendige, Geburten,
‚lebendig gebährende Pflanzen, Plantae viviparae beygelegt.
Wenn lebendige Geburt im eigentlichen Verftande
überhaupt fo vielheift, als die Abkunft defien, wasdurch
die
ji FRUTE 99°
-
die Einwürkung zweyer verfchiedener Zeugungsvermö- |
‚gen entitanden ift, oder entftehen follt fo können die fo-
genannte lebendige Pflanzengebur ten, nicht würkliche
Geburten feyn; denn der männliche Befruchtungsttof
hat zu ihrer Entftehung fchlechterdings nicht unmittel-
bar zugetragen. In diefem Betracht, find Geburten der
' Gewächfe, lediglich die vermöge der Gefchlechtstheile.
ihrer Blumen hervorgebrachte Samen. — Ich will mich
| jedoch hierbey nicht- verweilen, weil hernach, wenn ich
| ‚gezeigt habe, wo und wie fie entfichen, für fich ganz
deutlich erhellen wird, was fie find. Immittelft mögen -
‚fie After geburteh heifsen. | EIN
- Die Botaniker haben zu ihnen semeiniglich nur das-
’ jenige gezählt, was an nichtperennirenden Stengelt,
entweder in den Blattachfeln, oder dem Fruchtftand in
Geftalt eines Knötchens zum Vorfchein kömmt, .undfich
dem Gehalt und Baue nach von den Knofpen det, Pflanze
ganz unterfcheidet. u |
Verfchiedenen Ar ten von Lauch (Allium): ift es ge»
! wöhnlich , dafs fie auf dem oberften Theil des Stengels,
wo die Blnen in einer äufsern gemeinfchaftlichen Hül-
de beyfammen ftehen follen, Statt ihrer, entweder lauter
kleine Zwiebelchen, oder auch mit Blumen vermengt,
. zum Vorfehein kommen. Wem ift diefes nicht vom ge=
" meinen Knoblauch und feinen Mitarten bekannt?
Die von der fchönen rothen Farbe der Blume foge- _
nannte Feuerlilie (Lilium bulbiferum) hat es in Gewohn-
heit, Stengel zu treiben, die faft in jeder Achfelihrer
‚Blätter, einen, bisweilen auch zwey Knoten haben, nie
‚aber m {fo viel ich weils, Blumen machen,
@. Bu Die
100 De me
) Die kleine Nältehwnrz (Polygonum) bringt an
dem untern Theile ihrer. beblumten Spindel ebenfalls.
‚dergleichen Knötchen anftatt der Dlumen, weshalb ihr
auch Linne den Beynamen ae ee (vivipa-.
vum) beygelegt hat. BUN,
‚Eben fo ift die Rispe des knoll! ten Viehgrafes
(Poa bulbofa) am üfterften, ftatt der Blumen mit Knöll--
chen befezt, die denen genau gleichen, welche'i in der
Erde find und Wurzeln, Laub und Halm treiben. Jadie-
fe fowohl als die von der vorhergehenden Pflanze be-
ginnen fchon in diefem ihrem Standort ihren Blättertrieb.
Die vielgeftaltete Marchantie ( Marchantia:
polymorpba) treibt atıs ihrer Oberfläche Schüffelchen, die
voller linfenförmiger Körperchen find, und die fchon da
Wurzeln zu bekommen anfangen; welches fie, wenn
fie an einen fchicklichen Ort des Erdbodens gerathen,
fortfetzen und zu früchttragenden Pflanzen erwachfen
u. d. m. |
Und diefes thun g sewifs alle diefe für ende. Ge-
'burten angenommene Triebe. Allein, wenn die Ge-
wächfe, ‚an welchen fich über dem Standort an und auf‘
. den Stengeln, Statt der Blumen, ‚kleine Knoten hervor-
thun, lebendig gebährende follen genannt werden: fo
müffen es nicht minder auch diejenigen feyn, welche
unter der Erde oder zunächft der Oberfläche aus den fo-
genannten Wurzeln, Ranken oder Stamm, ähnliche An-
fätze machen, wie z. B: der körnigte Steinbrech
( Saxifraga granulata) das Feigwarzenkraut (Ranuncu-
lus ‚Ficaria) die blaue Veilchen (Viola Martia) die
erdfeigen Wicke (Lathyrus zuberofüs) die Erdäpfel,
Erd-
‘ ) N
ER
{ a
Erdbirnen und viele andere mehr, Ihre Erde: von
der ich nun reden werde, foll es beweifen. ii
Ich habe indem Vorhergehenden dargethan, dafs alle
Theile, diefoan der Pflanze entitehen, von den Spiral-oder
ihnen ähnlichen Gefäfsen betrieben wer den. Wie könnte
R es auch anders feyn; da diefe in dem Haupttheil den i im
+ natür lichen Zuftand von den Wurzeln eingefogenen Nah.
rungsfaft bekommen, aufwärts führen, und ihm we-
nigitens, die erite Zuber eitung, geben. Ja, diefe Gefäfse
N find es fogar, die ihn in der Geftalt zarter R ‘äden, als
die eigentliche Saugewerkzeuge, roh aus ‚dem Standort
| einziehen; wo fie ebenfalls zu ihrer Vertheidigung fo-
wohl, "als zu einiger Beyhülfe mit einem Häntehen und
einer Menge zelligtem Gewebe umgeben find. Malpigh
fchon hat dies fo deutlich. gefagt und gezeigt, dafs man
. fich, über die bisherige wenige Achtfamkeit der Herrn
» Botaniker, die doch auch etwas von der Phyfiologie den
Gewächfe willen wollten, und gehörige Anwendung
feiner (fürtr efilichen HERSELOHHREEN, Koh, genug vers
wundern kann., Ä ;
| Ich befitze- durch. die Fäulnifs verfertigte Präparate
vom unter iten Theil des Stammes verfehiedener ein-und
zweyjähriger, Gewächfe mit “ihren Wurzeln, wovon
man den Anfang und Fortgang der ie. in 1 knen
diefen Werkzeugen deutlich hieht.u. N.
Wenn nun daraus, und noch mehr aus einer a: al,
hob ihren Wurzeln i in F ernambukabfud geftellten Pflanze,
| geradesweges folgt, dafs die eigentliche Wurzeln blos
| Verlängerungen der Spiralgefäfse nach dem Standort
find; die lebendigen Pflanzengeburten aber, fobald fie
<q
03 lan
103 | a nn
in den fchicklichen Boden ihre Wurzeln fchlagen: fo _
folgt auch, dafs fie dergleichen Gefäfse haben müffen,
Wo konnten fie aber diefe anders herbekommen, ‚als aus
der Mutterpflanze. | Amen) entftchen ui blos dureh ki
Spiralgefäfse. |
Es iftaber doch wür klich etwas fehr fonderharch, ‚dafs
z.B.aufdem Blumenftengel mancher Laucharten, bald lau-
ter Blumen, bald Blumen und Zwiebelchen unter einander, |
bald lauter Zwiebelchen fich einftellen ? — Sind etwa, |
nach der Hypothefe des Einfchluffes der Keime, diefe als
fchon im vorhergehenden enthalten, befruchtet, und be-
reits im Durchgang der Gefäfse entwickelt worden? —
Öder waren fie, da fie gewiflermafsen auch ale Knospen
angefehen werden können, nach der Meynung vom
Wandern der Pflanzenaugen, in manchen diefer Pflanzen
fo häufig vorhanden, dafs fie den Ausbruch der Blumen
verdrängten’? — Ich will einen Verfuch wagen, wenig-
‚ tens einen Lichtftrahl auf diefen Vorgang zu leiten, um
die Sache nur einigermafsen kenntlich zu machen,
Gottiftin der Natur; und kein Auge der Sterblich-
keit vermag es, Ihn von vorne zu fehen! Ich will fo
viel fagen, dafs auch der fcharffichtigfte Forfcher zur
Kenntnifs der Urfachen natürlicher Ereignifie, anders
nicht kommen könne, als durch eine forgfältige und ge-
naue Beobachtung der Würkungen. Ich werde daher.
einige gewille Erfahrungen voraus fchicken, und aus _
diefen hernach die Folgen zu meinem Endzweck’ziehen,
Der männliche Befruchtungsftoff nebft feinen Werk- |
zeugen und Behältniffen, und der weibliche zu.befruchten-
de Theil, mit jan Zugängen, find das Haupterforder-
“nis
T
4
/
roh
N
nis zu jeder Blume, Diefe fir die Fortpflanzung 16 fehr
wichtige Theile, find eines Theils in ihrer ‚jedesmaligen
Eintftehung fo äuflerft zart, dafs fie bis zu ihrer V ollkom-
menheit unumgänglich eines Schutzes wider allerhand
verderbliche Ungemiächlichkeiten bedurften , die fie be-
‚treffen konnten. Sieerhielten daher ein, "zwey, drey.und
mehrfache Hüllen. Andern’Theils follten aber auch diefe
Hüllen. zur Beförderung: des Befruchtungsgefchäftes die-
nen, auch ‚wohl. nachgehends noch zum Schutz der jun-
gen Frucht. Der ungemein mannigfaltige Bau, Einrich-
N tung, Bewandart, Verhältniffe der Gefchlechtstheile
Teibit, erheifcheten, auch die ausnehmende Mannigfaltig-
keit diefer Hüllen-nicht nur, fondern auch bisweilen fö-
- gar ganz zufällig fcheinender Theile. - Mit ihnen ift fehr
häufi 5.lo. viel Anmuth, Sch önheit und Praclit verbunden,
dafs diefe Arten fchon fehr oft die Aufmerkfamkeit. und.
En Wohlgefallen der-.Menfchen an fich zogen.
ba, l
ae ging die Natur hiervon: ab, und
machte entweder: aus allen oder nur aus manchen der
Gefchlechtstheile ebenfalls hüllende, dafs diefer. alfo
mehrere als. gewöhnlich wurden. Man nannte es. dann
' halb oder ganz volle Blumen, Sie gefielen den Augen
um defto mehr. Hierdurch wurde die Gewinnfucht an-
gereizt, auf Mittel und Wege zu finnen, wie man die zu
‚einem folchen gefälligen Spiel willige Pflanzen dazu
‚bringen könne, dafs fie das um, defto öfterer, um defto
vollkommener machen. Und wie weit treibt es hierinne
nicht manche Art, wenn das Saamenkorn die Einrich-
tung, oder vielmehr Er fordernilfe dazu von der Mutter
A ISRESER ‚G Ar. erhal-
104 | >
erhalten hatte, und man ihr einen verbefierten Nahrungs-
ftand anweilt ? Ä REN,
Die Nelke macht, anftatt ihrer natürlichen fünf Blu- |
menblätter, aus den zehn Staubfäden und. dem Spamenbe-
hältnifs, bisweilen ihrer fo viele, dafs man faft glauben
follte, es‘ wäre jede Saamenanlage zu einen Blumenblatt |
geworden. | 'Ein andermal macht die R ruchtanl age eine
neue volle Blume für fich, die, wenn fie fich nic ht ganz
entwickelt, yon ‚den Gärtner N ‚der wolf genennt wird,
“Y
| Wenn A volle Levkoy fock i in, einem fr ilın nahr-
haften und gefunden Lande fteht, "und man lift i ihm we-
vigftens nur einige Zw eige fortbl lühen,. fo wird man
finden, dafs, wenn die erftere äuflere Menge von Blu-
menblättern zu N welken anfingt, und diefe abfallen, aus
dem mittleren Knoten eine eben fo volle Blume ent-
feht, ja öfters deren mehrere wer den, die fich veräfen,
und diefe Veränderung zum dritten und vierten, ‚auch
wohl fünftenmal wiederholen. Als ich ehemals etliche
Jahre Gelegenheit hatte, in einem Gärtehen meiner Woh-
© dergleichen Stöcke nach meinem Gefallen wachfen
‚9-
zu laflen, hab’ ich die Vervielfältigung diefer Blätter oft
ln
mit Erftaunen ‚betrachtet, zumal, wenn ich die fo vi iel- |
zählige Blütheny reräftungen aus ‚einer einzigen Blume
entftehen fah. BURN
In eben dein Gärtehen vergewiflerte. ich in von
einigen, nur dem Vor gang ze nach, nicht unbekannten Um-
ftänden an den Obftbäumen, die ich kürzlich anführen
will, weil fie gewillermafsen zu meinem Beweis gehö-
ren ‚und zugleic, h die Liebhaber diefer gemeinnützigern
Gärt-
N
wert! 105
U &
| Gärtnerey- in, einem heilfamen (Verfahren verepwillein
können, |
hi "Man weils, dafs bisweilenein, Obftbaum, auch i in fei- ;
nem tragbaren Alter frech fortw ächtt, immer iR 'ragholz
anfezt, aber entw eder nicht einm: al Blumen macht, ) oder ii
wenn er ‚diefes auch thut,, die beichwängerten Fr uchtan-
lagen bald alle abwirft. Die Obftgärtner willen hier viel
von, der zu ‚ftarken Pfahlwurzel, oder von dem Ueber-
maas der andern’ W urze! In zu reden, die man dem Baume
nchmen miil ie, um zu B! lüthen und Fr üchten zu gelan-
gen. Ich will ZW ar dem Mittel die Wi ür kung nicht ganz
bfprechen; aber diefe it denn nur zufällig, und nicht
el ganz zuverl; illie,. Ä
‚Die eigentliche" Urfache liegt in dem zu eng einge-
fehränkten Schaft, und man kann mit weit wenigerer
Mühe, auf;weit kürzer em We ‚ge und ficherere Weile zum
Endzweck der T ragbarkeit durch das fogen annte Schr Öp- .
fen gelangen, Hiervo on überführte mich ein in befag tem
Gärtchen befindlicher, {chen ziemlich erwachfener jirn-
baum ofienbar. Ä Sein anfehnlicher Schaft hatte fich oben
in. zween gleiche Haupttheile g getheilt, der en jeder hoch
in die Höhe gefahren, und voller Achte war, Ganzer
| zwölf Jahre hindur ch, nach feiner Verpflanzung aus. der
Raumfchule auf diefe Stelle, hatte er noch. nie eine ein-
zige blu me hervorgebracht. Ich fc hröpfte im Frühjahr
den a von der einen Seite, nebit dem- einen feiner
" Haupttheile, „Im darauf. fol genden Frühjahr blühete die-
' der. vortr eflich ‚und trug vollkommen reife fogenannte
| Markgri äfchen. Dagegen aber hatte der andere unge-
| ichröpfte Haupttheil ‚auch nicht eine einzige Blume.
} Ges :Jeh
106- | ne
Tch machte daher an diefem fogleich eben die Operation:
und das Jahr darauf war der Baum durchgängig voller
Blumen, und gab eine fehr reichliche Ernte,
Desgleichen war ein Fflaumenbaum jährlich wie
mit Blumen überfchneiet, und doch konnte mir niemand,
fagen, was er für eine Art feiner Frucht reife; denn-er _
warf nacn der Blüthe alles ab, was befruchtet worden,
‘
und zur Größe eines Wickenkorns angefchwollen war.
Sein Stamm war, wie des vorhergehenden Baumes, fehr
glatt, mit einem feiten Oberhäutehen umgeben, und der
Umfang deffelben in zu geringem V erhältnifs mit dem
Aeften. Ich fchlofßs daraus, dals der Saft hier fchwer-
lich fort käme, hernach aber, wenn er dicfe Schwierig-
keit überftiegen habe, zu rafeh in die Höhe gejagt wer-
de; vielleicht auch aus eben der Urfache nicht genug
zubereitet und wäfsrig wäre. Ich machte daher den
Gefäfsen des Stammes, ebenfalls durch das Schröpfen,
Luft. Der feine, faft unfichtbare Schröpfltrich, den ich
mit der fchief geiührten Spitze eines fehr fcharfen Mef-
ferchens blos durch das Oberhäutchen "gemacht hatte,,
erweiterte fich bis zum Herbit über einen Zoll Breit,
Der Schaft hatte alfo um fo viel in dem Umfang zuge-
nommen; undnun genois ich im folgenden Sammer \ von
ihm die füfse grüne Pflaume.
Wem die fo gar fichtliche Erweiterung eines Stam-
nes binnen fehr wenig Monaten, nachdem gefchröpft
worden ist, nicht unbekannt ift, der wird leichteinfehen,
dafs hierdurch eine grofse Veränderung auf den Trieb
der in diefem Theile durchgehenden Säfte müffe verur-
facht werden. Die yoöllig en ‚Gefäfse bekommen .
NR
ni me Eu u 2
}
\
S
a OR
F reyheit, feh zu erweitern, und dem Nachfatz dr neuen |
‚steht auch das 'Hindernifs des Gedränges nicht mehr i im
Wege. Der Trieb geht freyer und gemäfsizter durch,
und die Säfte erhalten fehon dadurch etwas mehr und
beffere Bearbeitung. N
| erwunder man an einem beliebigen Orter zur rech- |
ten Zeit die Rinde eines Baumes nur flach, und verhin-
‚dert nur einigermafsen den freyen Zugang nach oben
hin; ke treiben die Spiralgefäfse feitwärts. aus, und ma-
chen jungen-Trieb. Diefer Handgrif kömmt denjenigen,
die Bäume künftlich an Spalieren. ziehen, fehr wohl zu
ftatten. Er ift es, durch den man die Natur gleicham
anweilt, oder vielmehr nöthigt, die fo regelmäfsig ge-
ordneten Knoten an den Stöcken zu machen, die zum
Verkauf herum getragen werden. Und um wie viel
fefter find diefe Knoten, als ihre Zwifchenräume ? was
u wohl zu bemerken it. AR
“ Wenn Infekten mit dem Legen! ihre Eyer in die
zarten Theile der Gewächfe einlegen, ‚und dadurch eine,
anfänglich. ganz unbemerkliche, kleine Verwirrung in
ihren Gefäfsen angerichtet haben, welche fonderbare
Auswüchfe kommen aus der Oberfläche zum Vorfcheig
BIN
+
' Aus diefen und dergleichen Beyfpielen erhellet, dafe
'befonders in den Pflanzen von dem veränderten Gehalt,
Lage und Richtung der feiten und veränderter Einwir«
“kung der flüfigen Theile etwas ganz anderes heraus
kommen kann, als was der Sal welandnung der Natur
nach feyn Be RTERDE |
“ \ | | Es
108 \ ee,
A
/
Es ift nur zu hı dafs befonders die. Spiralge-
filse die hauptzuführenden Kanäle der Gewächfe find,
dafs alle an ihnen vorkommende fefte, ‚alfo auch die Ge-
fchlechtstheile von ihnen entftehen. Dürfen wir uns da
nun "wundern, wenn fie durch die Menge, vielleicht auch
den Gehalt und Eigenfchaft der Nahrung, häufig iger an
Örten entftehen, und i immer noch mehrere machen, wo
es ihrer wenigere bedurfte? — Wenn fie fich aus den
Bündehen und Reihen, worinne fie fich ‘ftets in betr icht-
licher Anzalıl beyt: ammen befinden, los maghen, ausbrei-
‚ten, und lauter breite Blumenblä ätter bilden, ‚oder fich
dichter unter einander verflechten , und Knötchen hatt
a r Blumen machen, wie es dieL aucharten, die ‚kleine
Natterwurz, das knollige V iehgra 5 thun? Wird es nicht
eben das feyn, wenn fie es an über- oder unterirrdifchen
Haupttrieben thun? wie die Feuerlilie, die Tulpe, die
vielgeftaltete Marchantie, der Erdapfel u. dgl. m. '
Sind bey fo bewandten Umftänden der Sptralgefifie |
die W urzeln derPflanze blos Verlängerungen derfelben i in
zarterer Geftalt, um den Nahrungsttof aus. dem Standort.
einzufaugen, wieichi im vorhergehenden St. erwiefen habe,
und fangen diefe Verlingerungen auch im Saamenkorne,
wenn es aufgeht, eben daan, wo diefes mit der "Muttenpi flan-
Ze ihren Spiralg efäßsen zufammenhängt; fo wird es eben
das feyn, woferne der ungewöhnlich gebildete Körper
aus den nämlichen Gefälsen zufammengefezt it, dafs fie
fich am fchicklichen Ort erft nach der Nahrung da aus-
firecken, wo der en Enden wegen des vorigen Zufam-
menhanges blos liegen, und dann, wenn fie diefer mäch-
ig“
ne De ' 109
tig ie ‚auch über fich treiben, und Sense Blumen
und deren Folgen machen. RN |
Wenn der Landmann den Ertrag feiner fo vielfältig
| ala Erdäpfel verbeflern. oder vermehren will: fo
fchneidet er nach dem Verblühen die Stengel ab, und
der Saft, der zur Verfertigung der Saamen und ihrer
Behältnifle noch verwendet werden follte, vertheilt fich
in die tnterirrdifche’Ranken; auch der Trieb der von
neuem fich entwickelnden Gefäfse geht um defto ftärker
‘dahin, es entitehen, nach Befehafienheit verfchiedener
* Nebenumftände, an ihnen entweder mehrere dergleichen
v
efsbare Knollen, oder diefcehon vorhandenen, werden um
defto gröfser, bekommen nun defto mehrere Augen.
. Die'Erfahrung hat es gelehrt, dafs aueh die Augen
mancher Bäume, wenn fie in ihrem gehörigen Zuftand
und zur rechten Zeit in die Erde gebraeht werden, Wur-
zeln fchlagen. Ja, fogar die Blätter. Und warum das
nicht, da mar auf Blättern faamenfertigende Blumen
findet, und ihre Netze aus Spirälgefäfsen beitehen. - Frey-
lich thut es nicht jede Art; und die es thut, nicht zu, |
‚jeder Zeit. Es gehört eine gewifle Befchaffenheit dazu
und ein gewifler Gehalt, die nieht be ey jeder Pflanze und
zu jeder Zeit angetroffen werden. Darf män doch auch
nicht zu jeder Jahreszeit Reifer ftecken, abfenken, pfro- |
pfen, kopuliren, ablactiren oder einäugelh, fo‘ wie diefe
künftliche Vermehrungs - und Verbeflerungsarten nicht
bey jeder Art ftatt finden. |
Den ulpenzwiebel macht gewöhnlicher mafsen unter
der Erde ihre fogenannte junge Brut. _ Ich habe aber
| mehrmalen gefehen, dafs fe zu eben der Zeit, wenn fie
‚ diefe
»
/
110 | ae... v0
diefe machte, in einer auch wohl zwey Achfeln der un-
tern Blätter Zwiebeln trieb, die der unterirrdifchen Drut '
gleich waren. Es gefchah diefes fürnämlich \alsdann,
wenn die Blume ganz oben vom Stengel abgenommen
wurde, die Pflanze aber etwas fchattig ftand, damit die
Strahlen der Sonne diefem Stengel und feinen Blättern
nicht zu viel Gewalt thun konnten, |
Wie kam es aber, dafs fich diefe Brut chin hier, und
nicht am gewöhnlichen Orte anfezte? Hat fich etwa
das vorhergebildete äufferft kleine Auge diefer Pflanze
in die Blattachfeln verirrt, und fich zu entwickeln Gele. ;
genheit gefunden? — N in |
Es it hier nicht der Ort, wo ich mich auf dies vot-
gegebene P riexiftenz diefer Anfänge von Vervielfälti-
gungen und auf den entgegengefezten wahren Grund,
weitiäuftig einlaffen kann. Schon eine aufmerkfame Be-
obachtung deffen, was bey den Körpern der Thiere vor-
geht, katın uns einen Wink geben, dafs eben nicht alles
organifche nun fo ganz exiftiren mufs, und wie es un-
gefähr zugehen möchte. Wenn der oflene und einer
guten Heilung fähige Schade unfers Körpers zu feiner
Ergänzung den Anfang macht, fo entftehen i im Grunde
deffelben, von der Vereinigung der fich erneuernden Ge-
fälschen, kleine, den Warzen ähnliche Erhebungen, aus -
welchen fich hernach, nach allen Seiten, neuer gefifsvol-
ler Gehalt verbreitet. So fetzen die Gefifse, aus 'wel-
chen eine verlorne Krebsfcheere erfetzt werden fol,
ebenfalls erft eine ähnliche ‘weiche Erhebung an. bey
den Pflanzen ift es das nämliche in jeder Erneuerung.
Daß
ee 1
Dafs da, wo etwas hervor ichien foll, zuführen-
de Gefäfse feyn müflen , verfteht fich von felbit. Sie
‚müflen aber auch in ziemlicher Anzahl vorhanden, und
. zu dem Vermögen gelangt feyn, dafs fie etwas abgeben,
dafs fie den Widerftand bewältigen oder das zu verrich-
tende Gefehäfte vollziehen können. Diefes Gefäfstyltem
der Gewächfe ift aber nicht fo durchgängig getheilt oder
| veräftet, wie bey den mehreften T'hieren, fundern fie
laufen im Schaft und Aeften gewöhnlich gleich aus. So
lange demnach keine Urfache da ift, welche entweder
die {chon vorfeyenden, oder die hachkommenden von
ihrem geraden Schub abzuweichen nöthigt: fo wird der
Theil fchnell zu einer beträchtlichen Länge fortfchielsen,
ohne irgend etwas triftiges zu machen, wie man an den
fogenannten Sommerlatten ‚oder dem Waflerlolz der
_ Obftbiume fehen kann.
Die Netze der Knoten, der Blätter von Bleden, der
Hüllen von diefen und ihren verfertigten Früchten, be-
ftehen zuförderf aus zuführenden Gefäfsen. Hier find
die Abweichungen vom geraden Lauf derfelben fchon
gemacht. Ihre Verbindungen unter einander verurfachen
fchon, vermöge der Winkel und mancherley Richtungen,
für den Gang der Säfte einen Widerftand, zugleich aber.
auch eine Vollfäftigkeit. Daher entftehen an den Kno-
ten der Gräfer und grasartigen Pflanzen allemal
und bey. vielen Arten auch neue Triebe.
, Dafs in die Blätter ein ftarker Zug von Säften feyn
müfle, erhellet aus ihrem’ Gefchäfte der Ausdünftung.
Wie vielfältige Hinderniffe können fich aber hier nicht
für diefe Entleerung ihrer Sl ereignen? Die Abwei-
chung,
’
’ un y%
112. a En Se:
chung von ihrem geräden Wege ift bereits da; der Zug
nach diefen Aufsentheilen nicht minder; der Trieb der
Säfte von ihrem Habe mateisiee hat feinen Fortgang;
und nun dürfen fich nur Hinderniffe für den ferneren Be-
trieb derfelben Türdeii, fo ift der Anfang zu einem Auge
in der Achfel eines Blattes oder feines: Stieles gemacht.
Daher wird man diefe Theile hauptlichlich hier entftehen
„
fehen; /
Steht nunvo ende die Pflanze ih eiriemi feht nahrhaf-
ten und bequemen Ort für fie, hat fie viele und gefunde
Gefäfse: fo wird fie eine Menge Säfte einnehmen, die
fie nach ihrem Umfang, nach ihrer natürlichen Anlage
nicht wohl beherbergen oder verthun kann. Die noch
gefügige Gefäfse werden allo zu ungewöhillichen Ab-
‚weichungen genötlügt werden:
Nun fcheint mif es aber bey, Arsen Gefchöpfen
gleichviel zu feyn, ob fi fich die Abweichungen in Blätter
ergeben und Augen machen, woraus Schofien oder Blu-
men werden, oder ob fie fich uüter eittiem het'vortreten-
den Häütchen enthälten , dahin beärbeitete Säfte einle-
gen, durch welche fie in dem Zuftand, fich wieder ver-
längern zu können, d. i, imLeben, erhalten werden, und
dermaleinft den erften Antrieb zu den SEN RN
bekommen. /
Wäre es nicht eben das: fo fähe ich nicht ein, wie
von den Crefäfschen der männlichen Gefchlechtstheile, der
Fruchtanlage der Nelken, desLevkoy’s, der Rofe ufaw.
ftatt diefer Theile, fich eine folche Menge Blumenblätter,
ja wieder eine rieue Blume bilden, wie die unfruchtba-
ren ‚Knospen des vorerwähnten Birnbaumes lediglich
| durch
k
%
\ Si ——-— 113
dureh, .das' rusken. zu Blüthen und nebietsgonien
Knospen werden konnten, — Ich habe Tulpenitengel
gefehen, die fogleich im F rühjahr einen Schofs in der
8 Blattachfel mitbrachten, der noch eine Blume machte.
Wird einem andern ftarken Stengel eben diefer Pflanze
‘die Blume, wie ich vorhin fagte, ganz oben entnom-
men: fowird er bey guter Ruhe und an fchattigtem Orte,
von den auf die Frucht zu verwendenden ‚Säften, erft
feine Blätter anfüllen , und fleifchigter auch grölser ma-
chen. Der Zug bleibt nach oben zu, wo die Ausdün-
\“ Kung“ noch immer vor feh geht, Im obern Theile des
nackenden ‚Stengels kann nichts werden. Er trocknet
gleichwohl zu fehr aus, und die Bündchen von Spiralge-
. fälsen laufen hier zur Blume zerftreut mitten inne und
- gleich aus. "Bey dem Blatte find fie fchon auswärts ge-
richtet. Das Blatt it übermäfsig voll von eingelegten
Säften;. feine Gefäfse fangen an fich zu verhärten 5; es
theilt von diefem feinemVorrath den zurückführenden Gän-
‚gen auch mit. Gleichwohl nehmen die Saugewerkzeuge
. noch frifehe Nahrung ein, weil Brut gemacht werden
i» doll; allein ihr Schub geht aus gedachten Urfachen ober-
wärts, die Gefäfse brechen in den weichern Blattachfeln
durch, und machen, weil Zeit und Umtftände die Blüthe
nicht mehr erlauben, auftatt eines neuen ch und
Blume, eine Zwiebel. |
Ich könnte hier noch fehr viele dergleichen ua |
anführen, als: dafs das reilsartige Glanzgras (Phalaris
‚oryzoides) aus den Blattachfeln bald einen neuen Halm,
bald blos eine kleine Rispe macht; der türkifche Weizen
ebenfalls von da. zuweilen einen Stengel treibt, wo ge-
ö ' H wöhn-
f ; a ! 1
räwen > R 2 E79 hy
114, een il
wöhnlich ein weiblicher Kolben zum Vorlchein kömmt;
dafs der Wiefenfuchsfchwanz. ( Alopecurus pratenfis),
‘went er fich auf einen FerenGdtrcidescken verirrt hatte,
"aus den Knoten auch Blumen und Fruchtköulben machte
u.f. w. wenn ich nicht zu weitläuftig zu Ye 5 be-
forgte. |
Man kann indeflen aus dem, was ieh bisher zer
habe, leicht begreifen, wie es mit den Zwiebelchen auf
dem Blumenftand derLauche, und andern mehr, zugehen
müffe. Beylänfig bitte ich hier meine Lefer, auf das,
was ich vom Begrif det Wurzel fagte, zurück zu fehen.
Wenn diefe Zwiebelchen wirklich das find, was diefer
Name andeutet, und die Zwiebeln follten noch unter den
Wurzelarten ftehen bleiben, welche Folge! —
Bisweilen tragen fich mit den Gefch! echtstheilen und
ihren Hüllen noch andere befondere widernätürliche Be-
gebenheiten zu. Die innern T heile werden nämlich zu
lauter, oft fehr verftellten äuffern Gefchlechts hüillen; :
alfo gerade der umgekehrte Fall von den vollen Blumen.
Wo ich von dem wahren Urfprunge der männlichen Be-
gattungswerkzeuge der Gewächfe handelte, habe ich
S. 48. bereits der Nelke und des Nachtfchattens gedacht,
deren Blumen zu lauter aulfern Hüllen, oder wie man zu
reden pflegte, Kelchblättern worden waren. So fünd ich
einft auf einer fetten Anwand .das gefiederte Kamm-
oras (Cynofurus crifßatus), in delien Deckfäferchen fich
die meilten Gefälse der Blumen begeben, und fie zu einer
‚Menge beträchtlicher Blättchen gemacht hatten. So
brachte Herr Profeflor Leske von feiner Reite in die Lau-
Be den luncus erticularus mit, dellen Blumen auf dem
dünnen
ion 115
dünnen Stiel zu- lauter breitern und fchmälern Blättern
fich umgebildet hatten. Diefe Beyfpiele beünden fich in
meiner Sammlung getrockneter Pllanzen auf bewahrt,
PR Ob ich nun gleich nicht zweille,, dafs bar fö bewrankl
. ten Umffänden eben diefe Theile, wenn fie, mit ihrem
Träger noch/verbunden, auf die Erde zu liegen kämen,
Wurzeln fchlagen würden: fo gehüren fie doch nicht
hierher, fondern zu u: Gefchichte von den vollen
Blumen. |
Immittelft wird diefs alles nicht eher klar und voll-
| kommen deutlich ‚werden, als bis wir mit dem Grund-
vermögen der Gewächfe bekannt werden, das ihr Urhe-
ber nach feiner unerfchöpflichen Weisheit und Güte in
fie gelegt hat,
Ä | Ha | vn
io. genen
MIR
en Ei |
den Ausdünftungswegen
\ der | “
Gew pe
>
Das die Gewächfe wie die Thiere ausdinften, wird
niemand, der nur mit der 'gemeinften Aufmerkfamkeit
auf fie Achtung giebt, in Zweifel ziehen. Es ift fattfam
erwiefen, dafs diefes fürnämlich durch die fogenannten
Blätter, und ich fage ihnen ähnliche Theile, gefchieht.
Genauere Nachforfehungen und angefteilte Verfuche ha-
ben bezeugt, dafs die untere Seite oder Fläche derfelben
diefes mehr als die obere thue. “ Und gleich wie die Thie-
re durch die Oefinungen, wodurch fie diefe Feuchtig-
keiten aus dem Körper fortfchicken, auch wieder wel-
che, nach den Verfuchen eines Hales, einnehmen : fo
hat eben derfelbe und Du Hamel und: insbefondere C.
Bonnet in feinem, lediglich über den Nutzen der Blätter
gefchr iebenen Werke, durch vielfältige Verfuche erwie-
fen, ‚dafs fie diefes ebenfalls thun. Daher dann der lez-
tere in der gemein gewordenen Meynung, dafs das Wat.
fer die versuolchite Nahrung der Pflanzen fey, behau-
ptet, fie nähren fich auf die Weife vermitteift der Blätter
eben fowohl, als der Wurzeln, N
| Ä Ich
Ich laffe es hier dahin 'geftellt feyn, ob alle diefe
_ fürtrefliche Männer bey den hierüber angeftellten Verfa«
chen und daraus gezogenen Folgerungen forgfältig ge-
nüg gewefen find: underinnerenur, meinem gegenwär-
tigen Endzwecke a die von der Aus-
dünftung diefer Gefchöpfe fchrieben, zwar der darzw
\ gehörigen Oelfnungen Nleifsig gedacht, aber nie fo be-
fehrieben haben, dafs man glauben könnte, fie hätten fie
auch gefehen. Ich will alfo durchdie genauere Befchrei-
bung derer, die ich fah, den Pflanzenphyfiologen nur
zu einem weitern Nachdenken über diefes Gefchäfte der
zum "Gewächsreich gehörigen lebendigen Körper, Ge-
legenheit geben. in }
IE N a.
"Jedoch bin ich nicht derjenige, der fie in ihrer Ge-
falt zuerit fah: fondern diefer V/ orzug gehört dem Hrn.
\V. Gleichen. Diefer entdeckte nämlich, indem er fich
nach den männlichen Befruchtungswerkzeugen , zuerft
bey dem gemeinen Eingelfüfsfarren (Polypodium val-
gare) und dann der Mauerraute ( Afplenium Ruta Muraria)
'umfah, ‚unter dem Oberhäutehen der Blätter ihrer Zwei-
ge, fie mochten mit Früchten verfehen feyn oder nicht,
ovale, mit einem wie körnigten Stoffe verfehene Kör-
per, in deren Mitte eine {chliesbare Oeffnung war, und.
zu welchen Gefäfse gingen. An diefen glaubte erdem-
nach die bisher verborgen gebliebene eigentliche männ-
' liche Befruchtungswerkzeuge der Varrenkräuter ent-
deckt zu haben, -und hat, nebft ihrer fchönen Abbil-
dung, ihre Befchreibung, und wie fie demnach die Be-
| nen Dur Ne dtucn-
118 4
fruchtung der weiblichen bewirken, : weitlauftig in fei-
nem Neueften aus dem Pflanzenreiche gegeben. *) -
‚Anfehen, Gehalt, Einrichtung und Stellung fprechen
zu fehr für die Meynung ihres Erlinders, als dafs ich ihr-
nicht felbft gleich bey dem erften Anblick hi ätte.beyfäl lieg
Teyn follen. bevor mir die Dreisaufgabe von der kaiferl,
Akademie der W iffenfchaften zu St. Petersburg über die
Befruchtungstheile der im verborgenen zeugenden, oder
cryptogamifchen Gewächfe des Linne bekannt wurde,
hatte ich mich hauptfächlich mit den Laub -und Leber-
moofen in diefer Beziehung befchäftigt, und auf ‚die
übrige Gattungen diefer Clafle nur flüchtige Blicke ge-
than. Sobald ich mich aber zur Bearbeitung derfelben
entfchlofs, betrachtete ich die Farrenkräuter und die ih-
nen vom Hrn. v, Gleichen zugefchriebene männliche -
Werkzeuge mit forfchenden Augen, Ich fahe eben das
an dem unter Waller gefezten Häutchen, was er gefe-
hen hatte; allein ich entdeckte aufser diefen und den
länglichen Häutchen, womit ihre Zweige mehrentheils
reichlich verfehen find, auch noch andere. Theilchen,
die bey den mehreften diefer Pflanzen nur zu der Zeit
vorhanden waren, wenn fie in ihrer Entwickelung, und
die Fruchtanlagen unter dem Deckhäutchen äufserft klein
fianden, Diefe zogen demnach meine befondere Auf-
merkfamkeit an fi ch, und machten mir jene männliche
Werkzeuge verdächtig ; hauptfichlich darum, weil fie
durch-
*) Das Neuefte aus dem Reiche der Pflanzen &c. von Wilhelm
Friedrich Freyherrn v. Gleichen, Ar Ann RulSWOrm 1764
9: 24. U. 30.
|
! Ä
ee | 21a
I,
durchgängig ftets, auch auf den nun faft, vera‘ teten und
mit reifen. Früchten verfehenen Blättern in ein und eben,
dem frifchen Zuftand vorhanden waren; zu einer Zeit,
wo man überdies keinen zu befruchtenden Nachtrieb zw
hoffen hatte. Denn diefer Umftand ift gerade wider
. die allgemeine Regel der männlichen Gefchl lechtstheile
der Gewächfe, kraft weleher fie nach vollzogener Ver-
richtung fich, wie an den AN hieren van ihrer Geftatt! ver-
| wandeln, exfchlaffen e über dem aber verwelken, am öf-
| Kenen auch dann.lange vor der Reife der Frucht abfaln
len, und nie wieder eine Befruchtung machen. |
su Line Analogie, die kein phyfiologifcher Botaniker.
noch bedacht hat, aus deren Ueberficht fie in fo manche,
und beträchtliche Irrthümer verfallen find, und worinne
das gewiflere, meinem Dünken nach, unwiderfprechli-
che äufsere Untericheidungsmal zwifchen Pflanze und.
E hier liegt; wie aus, der. nächften Abhandlung erhellen,
Toll, wo ich auch den Begriff der Naturreiche hegrenz-
ter aus einander zu fetzen mir vorgenommen habe. \
Ich verfiel demnach auf. den Gedanken, auch von
den Blättern anderer Pflanzen das. Oberhäutchen abzu-.
ziehen, und auf die nämliche Weife zu betrachten, und
and allenthalben die nämlichen Werkzeuge, die Hr, Ya
Gleichen bey den Farrenkräutern entdeckt und für. ihre. |
männliche Theile angefehen hatte, an allen Blättern; fo-
gar den Saamenlappen. und solchen Theilen, welche die :
Botaniker für Stamm. oder Stiel halten. Zueiniger Ver-
deutlichung meiner Antheren bey den Farrenkräutern,
‚habe ich die erfte bloise Anzeige hiervon nebit verfchie=
denen Zeichnungen in meiner. ‚Preisfchrift eingerückt,
ı. d A Hier
d
120 | re A
| Hier aber willich das, was ich bisher noch hiervon ge
funden habe, weitläuftiger ausführen,
' Da fich indeflen nicht von! allen Blättern das Ober-
häutchen mit gleicher Leichtigkeit ablöfen läfst, von man-
chen auch gar nicht; da ferner die darinne befindlichen
Dinge nicht unter jedem Zuftand aus mancherley
Urfachen fichtbar find: fo wird es, wie mich dünkt,
nötlig feyn, dafs ich erft die Behandlungs - und Beobach-
tungsmethode angebe, welcheich als die vortheilhaftefte
gefunden habe,
S
Hr. v. Gleichen fagt, dafs er es bey dem gemei-
nen Engelfüßsfarren leicht mit einer Nadel aufgehoben,
bey der Mauerraute äber auf diefe Weife nur zunächft den
Saamendecken füglich habe bewerkftelligen können.
Die Urfache lag darinne, dafs die nun RE WOLENG Blät-
ter von jenem, (denn er unterfuchte es im He rbit) das
untere Häutchen los zu laflen. anfangen, ‚daher man
es an diefem, wieim Frühjahr anden Blätterndes Buchs-
baums, ganz frey findet; "was hingegen die Mae
gar nicht thut.
>
Wo die Trennung des Oberhäutchens allein nur.
möglich ift, habe ich es folgendermafsen am ficherften
bewerkftelligenkönnen. Ich fchiebe ein fehr dünnes und
äufserft fpitzig ges Meflerchen mit gegen mich-gekehrter |
Schneide’in fchiefer Richtung blos unter das Häutchen
und durchfchneide es, nachdem ich einige Linien we-
nigftens fo gefäft habe. Nachher packe ich diefen
Durchfehnitt mit einem Zängelchen und ziehe gelinde
aufwär ts, Wo hingegen diefer Theil {fo unabziehbar it,
/ oder
BZ
ee N ra
oder zu viel von dem innern Gehalt mit fich nimmt, da
mufs man die Fäulnifs zu Hülfe nehmen. .
=
Manche Oberhäutchen find indellen fo zart und din-
ne, dafs fie abgezogen wie in ein Häufchen Schleim ZU-
fammenfallen ; andere haben dagegen eine Federkraft,
“und-rollen fich fogleich in eihander: über das alles aber
verlieft das losgez ‚ogene feinen: itiirliche Spannung „es.
runzelt ‚fich, und durch diefe Vertiefungen und Erhe-.
LrN
bungen, zugleich aber auch durch die d ran behangende
Feuchtigkeit, ‚wird dasjenige, was man in diefer Abficht
an den Häutchen bemerken will, unter einer, wegen
der erftaunenden Kleinheit der Theile u numgänglich nö-
thigen Vergröfserung, unfehbeinbar, ja gar unfiehtbar.
Ich ‚bringe daher mit dem Heft des Mefferchens einen
oder zween Tropfen reines Waller auf einen Glasfchie-
ber, und lege darein das zu | betrachtende Häutchen, wo
Sich dann alles, wenn es nur völlig‘ unter Waller ge-
| bracht iR, deutlich i im natürlichen Zuftande zeigt.
x
Auf die Weife wird man nun darinne Gänge oder
Gefälse gewahr, die Sch mit Ringen oder Vierecken
verbinden, in deren Mitte eine Oeiinung ‚oder ein dun-
‚kelerer Strich ift. \
‚Dergleichen Gänge oder Gefüfse findet man auf je=
‚dem Häutchen. Ich will fie Waflergefäfse deffelben nen-
nen (vafa Iymphatica eutieulae.) Aldo hat das obere der
‚Blätter fowohl, als das untere welche. Alleine fie feh-
len auch den Häutchen anderer Theile nicht; was ich
. aber hier gleichfam nur im Vorbeygehen berühre „ weil
es zu meinem gegenwärtigen Zwecke nicht gehört.
| |
a Das. Ihre
2a 0 ge
FE
Ihre Richtung geht von der, die die Gefäfse des.
Metz es in den Blättern haben, mehr entheils betrichtlich
ab: jedoch haben fie auch hierinne,, ie nach den Arten
"der Pflanzen, eine mannigfaltige Ver [chiedenheit. Bey
andern laufen fie grade aufwärts und haben hin und her.
durch Quergänge eine Verbindung unter einander. Die-
fes ift fürnämlich den Gräfern gewöhnlich ‚undden Zwie-.
beigewächfen F. 5. Bey dem türkifehen Weitzen (Zea.
Mays) ift die grade auflteigende Richtung jedoch gelinde
gefchlängelt, die Ouerverbindungen hingegen nicht F. 6.
In den fetten Ausländern, de a0) Arten der Aloe u. d. gl.
find fie in Fünf- oder en unter einander ver bun-
den. Inden mehreften aber hält ihr, bald in öftern und
>
u bald weitichweiligern KrümmungenF, I. 2.3.
7
angei iegter Gang, keine genaue Ordnung,
Die Oberhäutchen der Blätter hängen jedoch bey
fehr vielen Pilanzen fo fefte mit dem inuern Gehalt ZU-
{ammen, dafs fie im frifchen Zuftand entw eder gar nicht
abziehbar find; oder fie nehmen, indem man fie abzieht,
zu viel von denı Gehalt mit, ‚als dafs man die ihnen un-
mittelbar zugehörige Gänge erkennen könnte, lenes
ift hauptfächlich den Blättern. der Bäume, diefes den fet-
ten Blättern gewöhnlich, In diefem Falle mufs man zur
Fäulnifs feine Zuflucht nehmen, die den weichern zel-
‚ligtfaftigen Gehalt der Blätter völlig zerftöhrt.
Diefe Gänge bleiben nicht nur, wenn man das Häut-
chen gemächlich abnimmt, übrig; fondern man kann es
Sogar in der Fäulnifs bis zum zerreiffen mit dem. Pinfel
behandeln, ohne dafs fie abgehen. Ich habe unter mei-
nen Skeleten von Blättern; Häufchen von beiden Flä-
chen,
)
_ :
%
gen gleich kleinen Kügelchen erfcheint F, 1. 4.
N
ee) / 123
N : u 7. . :
‚ehen, die ich mit dem Stampfen und Reiben des Pinfels,,
was brav ift, hudelte, um fie ganz reine'zu bringen;
ns 4 u... ) .. y \ : 4 v
und ihre Gänge find überall ganz unverlezt geblieben,
zum deutlichen Erweis, dafs fie aus einem feften Stoff
‘zufammen gefezt und mit dem Häutchen felbit genau
verbunden find.
Es gefchicht jedoch öfters ,,- wenn diefe Oberhäut-
‚chen von den frifchen hlättern abg ezogen werden, dafs
befonders an den Seiten ihrer'Gänge, vielmal aber auch
‘in den Zwifchenräumen, etwas von ihrem Gehalt behan-
gen bleibt, weicher unter den Vergröflerungswerkzeu-
Diefe Waflergefäfse find nicht nur an den von der.
Pflanze über die Oberfläche ihres fogenannten Stammes
oder Schaftes oder Aftes getriebenen Ausbreitungen, die
man ‚Blätter, nennt, anzutreffen, fondern auch an den
ı Saamenlappen F, r. 2. der Blumenhüllen F, 6. fie mögen -
äufsere oder innere, oder nach dem bisherigen Belieben.
der Botaniker zu reden, Kelch oder Krone feyn,
Ich komme nun auf die andern Werkzeuge, welche
a Ausdünftungsleitern zugegeben find. Nämlich
die Ausdünftungsöffnungen, zu selchen ne fich er»
gielsen.
Diefe Oeffnungen felbft hahe ich allemal länglicht
gefunden: : wenn fie aber gefchloflen find, haben fie auch
bis weilen eine ander Form. Sie befinden jich indefien
ftets binnen einen Umkreis von verfchiedener Geftalt,
der wenigftens durch eine fehr zarte Linie bemerkt ilt,
DieferUmkreis ifthald rund, wie z.B. beydemNelkenblattz
bald eyförmig, ‚wie aus F, 1. 2. 3- 4. erhelletz bald ein,
NR N | | | vch-
27:
i}
fchobenes Viereck, wie am türkifohen Korn; bald ein
ordentliches Viereck, wie der hunt blätterigen Aloe und
ihren Mitgenoflen, dem Cattus euraffavicus u. del. m.
Die Hauptrichtung diefer Kreife, alfo auch ihrer
länglichten Oefnung ıft gewöhnlich von unten nach oben
zu..Da aber, wo die Waflerleiter keine genaue Ord-
D . . ° £ . - KuR®
nung, wie ich vorhin angezeigt habe, in ihrem Laufe
halten, da kommen auch hierinne Abweichung gen vor,
„wie man aus den gegebenen drey eriten Figuren erfehen'
kann. Denn bald gehen in ein und eben dem, durch das
Mikrofkop betrachteten Umfange, einige etwas mehroder
weniger zur Rechten oder zur Linken von der Richtung
ab. Man findet aber atıch welche, die bis zur horizon-
talen abggewiehen find.
Alsich nun eben von den Wafferleitern redete, fagte
ich: Dals man bey dem Abzug des Oberhäutchens von
frifchen Blättern, bald an den Seiten der Gänge oder
ihren Zwifchenräumen,, von dem in dem Zellengewebe
eingelegten Nahrungsftof der Blätter etwas mitbekom-
ine, das fich unter dem Mikrofkop als Körner oder Kü-
geichen darftellt. Mit dergleichen nun findet man oft
diefe Kreife mehr oder minder belegt. Man wird aber
alsdenn allemal finden, dafs fie nicht ganz an der äuffer-
ften Linie des Kreifes anliegen ‚ fondern von ihr, durch
einen, den angefezten Gefäfsen gleichen, lichtern Streif
getrennt find, dellen innere Seite fie am dichteften be-
fetzen. : Und da ihrer über den.beyden äufferften Enden
der Oefnung oft fehr wenige, auch gar keine anzutreffen
find, der Kreis’aber hier am öfterften von der Rundung,
wie in kleinen Abfätzen, abweicht, welches alles aus
| "Runar
un \ N 138
F. 3. und 4. deutlich abzunehmen iR fo beftitigt das
| meine Vermuthung ‚ die ich bald anführen werde, um
.deito mehr. Bey vielen ift indeflen von diefen Körnchen
| sar nichts in den Kreifen zu fehen, wie E. 1.2. 5. 6.
Sie gehören auch nicht dazu; indem fie fich nicht in ih-
ren innerften, wie es Herrn von Gleichen gefchienen,
fondern auf der inwendigen Fläche nur angelegt belinde
Die Zahl der Waflergefäfse oder A
welche in diefe Kreife eingelaflen werden, ift verfchie-
den. Gewöhnlichermafsen find deren viere, wie in den
‚Abbildungen zu fehen ift, oder nur zweye, wie im Nek-
kenblatt. ‘Wo indeflen die Bahn jener abweichend und
veränderlich ift, da kommen auch in- holen Stück Ab-
weichungen vor, dafs bisweilen, wo gewöhnlich ihrer
viere find, nur dreye oder zweye, ja gar nur eins, wie-
wohl fehr felten, eingelaflen ift. | BR
Diefer Einlafs gefchieht bey den mehreften‘ a den
‚Seiten, oder wo der Leiter nur zween gewöhnlich find,
z.B. in der Nelke, mitten von ‚beiden Seiten. Ich habe
jedoch auch Arten angetroflen, wo lie oben und unten
mit dem ovalen Kreis in Verbindung itanden..
Dey manchen Pflanzen find diefe Kreife, im Verhält-
nis gegen. andere, fehr beträchtlich, z. B. dem gemei-
nen und männlichen Eng elfülszarr en, der Feuerlilie
u. dgl. Betrachtet man durch eine nur mittelmät Sige
Vergröfserung befonders die untere Fläche der Blätter:
fo erfcheinen diefe Werkzeuge wie erhabene Punkte,
oder. wie glänzende Perlchen., Et der Abzug folcher
Häutchen gut gelungen: fo verrathen die Seitenfchatten,
welche man bey aufmerkfamer Betrachtung durch fiarke
Ver-
» r
126 De
Vergröfserungen inne wird, eineErhebung des mittleren
Theiles. Dann hat auch der Rand der länglichen Oef-
hung eine anlehnliche ımikrofkopifche Breite. Aus die-
fen Umftänden zufammen genommen muthmafse ich mit.
Gr und, dafs die beiden Lagen des Oberhäutchens in dem
Kreife nicht feft auf einander, wie in den Zwifchenräu-
men der Leiter, liegen, fondern gleicht: ım einen Behäl-
ter für die Ausdünftungsfeuchtigkeit machen, der ange-
füllt erhaben ift.
‚Und dafs überhaupt zwey Lagen in dem zarten
Ueberzuge der Blätter vorhanden find, läfst fich nicht
nur aus der Gegenwart feiner Gefäfse, fondern auch dar-
aus abnehmen, dafs ich diefe fogar nach vorhergegange-
ner Fäulnils nie mit dem Hin- und Herreiben des Pinfels
auch nur in die mindefte Unero an habe ‚bringen
\,
können. | |
Ich habe fchon vorhin etwas von der länglichten
Geftalt der in der Mitte diefes Behälters befindlichen Aus-
dünitungsöfnungen‘sefagt, hier will ich aber ausführli-
cher anzeigen, was mich meine Beobachtungen von die-
{em Theil lehrten. Herr von Gleichen hatte ihr Aufthun
und Schliefsen auch bereits an den Farrenkräutern be-
merkt. Wer einen kleinen Theil von diefem Oberhäut-
chen, nachdem er ihn auf dem Glasfchieber in den Tro-
pfen Waller untergebracht hat, genau betrachtet, wird
finden, dafs die vom zurückwerfenden Spiegel des zu-
fammengefezten Mikrofkops eingebrachte Lichtitrahlen
diefen Punkt eben fo hell erleuchten, als das aufser den
Grenzen des Häutchens befindliche Waller. Und da man
diefes über feine ganze Fläche nirgend fo findet: fo ift
| diefes
*
“
ei
en 1 Ah)
[4
diefes ein offenbarer Beweis für die Vollkommenheit
diefer Oefnung. Gefchlofien in acht fie allemal einen ,
dunkleren, mehr oder minder breiten Strich; offen aber
laufen die beyden entgegengefezten Enden in einen fpiz-
zigen Winkel zufammen, .daher fie mehr ‚einer Spalte
gleicht, deren Seiten bey dem Eröfnen einen Bogeh
machen.
‚In den gegebenen fünf erften Abbildungen fieht man,
dafs die fpitzigen Winkel der Oefnungen den Rand ihrer
‚Kreife nicht erreichen. Diefes habe ich bey den mehre-
fieh "Arten gefunden. In: der fechften aber vom türki-
fchen Weizen ift fie dem obern und untern Winkel des
viereckigen Behältnifies ganz nahe, Die Grasarten haben
es fürnämlich, dafs die Enden diefer Spalten bis an den
Rand des Kreifes reichen, daher auch, zumal in Bezie-
hung der Behälter, viel länger find, als in andern Ge-
wächien. Vermuthlich aus der Urfache beobachten die-
fe, fo viel ich bemerkt habe, im Schliefsen oder Oeinen
zwey Verfchiedenheiten. Sie ziehen fjch entweder in
‚der Mitte zufammen, und find an beiden Enden noch
offen, wie aus F: 6, vom türkifchen Weizen erhell
oder die beiden Enden find zulammengezogen, A
in. der Mitte, ohngefähr der vierte Theil derSpalte, noch
beträchtlich erweitert war i wie ich an denen vom Hafer-
blatte sefehen habe.
Ich fagte vorhin, dafs man die W afferleiter auf bei-
den’ Seiten der Blätter und ihnen gleichen Theilen der
Pflanzen ‚antreffe : mit diefen Bisher. befchriebenen Oef-
nungen und Kreifen aber hat es eine ganz andere Be»
wandnifs. Man {indet fie zwar Bey vielen ein- und
| zwey-
: Eee, IN ee)
12% =
zweyjährigen Gewächfen auf beyden Flächen, jedoch
nicht durchgäneig. Bey den mehreften über der Erde
perennirenden fücht man lie vergeblich auf der Oberflä-
che, "und auf der den Gefchlechtstheilen zugekehrten.
Fläche ihrer Hüllen von der Feuerlilie konnte ich auch
keine finden. Hingegen auf der Unterfläche aller der
Theile fehlten fie nie. Und alle blattlofe faftvolle Ge-
wächfe der wärmern Himmelshttiche {ind über ihr Gan- |
z.es, das. der freyen Luft ausgefezt ift, init diefen Werk-
zeugen wie befäet.
Ihre Menge St ale Blatt kan man ieh leicht:
ausrechnen, wenn ich füge, dafs jene der, gegebenen
‚Zeichnungen 4, Quadrattlieilchen von der angegebenen
ee ift. Da nun z. B. in der Feuerlilie diefes
24 Quadrattheilchen 13 und # folche Oefnungen hatte;
fo find in einer Quadratlinie deren ohngefähr 577 gewe-
fen. Hieraus läfst fich nun auf die erftaunende Anzahl
derfelben von allen Blättern einer Pflanze zuammen ge-
| nommen, zumal wenn ihre beyden Flächen damit verle-
hen find, der Schlufs machen. &
‘ Dafs übrigens ihre Anzahl und Gröfse je nach den
verichiedenen Arten und verfchiedenen Theilen ein und
eben der Pflanze, auch verfchieden feyn müfle, läfst fich
ohne weitläuftigere Erörterung, bereits aus den gege-
benen Zeichnungen abnehmen. Denn wer fieht. nicht,
dafs die Kreife in den Saamenlappen der Der illa ocyimoides
F. ı, häufiger und gröfser als in den vom Levkoy find,
Die Gefchlechtshülle der Feuerlilie F. 4. hat ihrer weni-
gere, als die Blätter ihrer Stengel F. 3. wL. £
Auch
KR, | AU
en | h 29
eh nur dem nach, was ich bis hicher von den in
‚dem Oberhäutchen der Blätter, der blattlofen Pflanzen,
der Gefchlechtshüllen befindlichen Waflerleitern und Oef-
nungen der Behälter gefagt habe, zweifle ich, dafs je-
mand in Abr ede feyn wird, dafs eben hierdurch die Ge-
- wächfe ihre Ausdünftung vollführen, Vielleicht laffen
fich nun daraus ‚ dafs diefe Oefnungen | in der untern Flä-
che der Blätter allemal in Menge, und bey fehr vielen
Pflanzen in diefer allein befindlich find, die Gründe leich-
ver einfehen, warum fich die Blätter, auch wenn fie ver-
wendet werden, dennoch ftets wieder die obere Fläche
aufwärts kehren. Wa rum die von Herrn Bonnet mit Oel
und dergleichen Flüfügkeite n beftrichene Blätter bald
fchwarz wurden? Woher das natürliche oder mit der
Braufe der Giefskanne nachgemachte Regenbaad den
Pflanzen fo wohl bekommt? denn an der Möglichkeit
der Verftopfung diefer Oefnungen durch allerhand in der
Luft herumirrenden feinen Theilchen, vielleicht auch
| einigem Nachlafs der ausdünftenden Feuchtiekeit felbft
ift nicht zu Zweifeln. Man wird auch oit nur in einem
‚mikrofkopifchen Sehbezirk’ verfchiedene, mit einer dun-
keln Maffe angefüllte Oefnungen inne, Die freye Aus-
_ dünftung gehört zur Gefundheit der mehreften Gewächfe
eben fowohl als der Tiere.
| Dafs durch die befchriebenen Wege auch aa
| keiten in die Theile der Gewächfe gebracht werden kön-
nen, ift kaum zu ‚leugne en: aber viel Nahrung geben ih-
Ad nen diefe doch wohl nicht, ja wohl gar keine. Wir find
überhaupt i in diefem Theil der Gewächswiflenfchaft noch
gar zu geringv erftändig und zu irrthumsvoll, Möchten
I | } fih
et
ag a |
fich doch einmal diejenigen von den Lehrern der Ge-
wächskenntnifs, welche mit allem genüglich 'verfehen
worden, was zur Erforfehung ‚diefer Gefchöpfe und
ihrer Unterfuchung gehört, möchten fich doch diefe von
der übermäfsigen Benennungs - und Beftimmungsfücht,
zur Begierde der phyfifchen Kenntnifs der Gewächfe ver-
wenden! Dann würden fie ihre Theile eigentlicher ken-
nen. Hierdurch würde das entfetzliche Schwankende,
oft ganz Unrichtige ihrer Begriffe von deufelben wegfal-
len. Sie würden befier wi: fien, worauf fe eirentlich zu
fehen hätten, wie fie das Ganz& und feine Theile mit
richtigern, alfo auch unwandelbarerern Benennungen be-
legen follten, und vielePlagen würden aus der fogenann-
ten reinen Botanik wegfallen. Ei
Man hat nie {o viel von Forftwiffenfchaft als in un-
fern Zeiten geredet; und gleichwohl find wir noch fo
; entferot von dem innern Bau, von den unwandelbaren
"ewigen Gefetzen, nach welchen diefe Gegenftände ihre
Verrichtungen vollziehen. Ob fie alfo jetzt noch wahre
Wiflenfchaft ift, läffe ich dahin geftellt feyn. Wollten
diejenigen, welche fich mit.der Gewächskenntnifs und
Erziehung auch auswärtiger Bürger diefes Reiches be-
fchäftigen, die Gütigkeit haben, fich unter der Menge
yon diefen, nach den von mir jetzt zuerft als Ausdün-
ftungswerkzeuge angegebenen und dargeftellten Dingen _
mit phylfikalifchen Augen umzufehen: fo liefse fich viel-
leicht. aus ihrem mannigfaltigen Bau und Einrichtung
manches Ereignifs in der Oekonomie und Behandlung
„der I Pflanzen genauer, richtiger und beftimmter erken-
nen, als bisher gefchah. }
‚Ver-
4
ee, ‚0 198
Verzeiehnifs der Figuren von -T. v.
Fig. x Das Maas der angewandten ee
| vermittelft welcher jede Linie defielben 62mal im
er Durchmeiler vergröfsert wird.
i Fig. 1. 4, Theilchen der Linie von dem Oberhäutchen
der untern Fläche eines Saamenlappens der Berilla
Bean
Fig. 2. Dersleicheh vom Saamenlappen des Winterlev-
koy (Cheirantlus incanuis). fi
Fi ig. 2. Dergleichen vom Blatte der Feuerlilie ( Liium Ä
bulbiferum),
Fig. 4. Dergleichen von der Gefchlechtshülle (Krone)
der Blume diefes Gewächfes..
Fig, &, Der gleichen von der gemeinen Zwiebel (Alttum
Cepa).
5 ig. 6. Drelnen von dem Blatte es türkifchen
"Weizen (Zea Mays).
ee
130 re
u Me
| Verfuch |
zur Befimmuns
| eines zuverläffigern |
Unterfcheidung smerkmals
) '
j .zwifchen : EN
Thier und Pflanze
_— eg "
\
Es wär eine unnöthige W eitläuftigkeit t, wein ich erft
dartlıun wollte, was die zu diefer Welt gehörige watür lie
ehe Körper. find. Jedermann weifs ja, dafs diejenigen
eigentlich fo genannt worden, die durch fich felbft und |
von felbft entftehen. So ift auch das bekannt, dafs man
diefe zufammen genommen, das Reich der Natur
nennt... © \\ en |
Die erftaunenswürdige Menge und Verfchiedenheit,
welche man durch forgfältiges Nachforfchen, Beobach-
ten und Unterfuchen bey diefen Körpern antrat, und ein
gewifles Gefühl von befonderm Unterfchied einer grofsen
Menge Gattungen von einer andern Menge derielben
machte, dafs die Naturforfcher dies ganze Reich in drey
Theile eintheilten, nehmlich das Thierreich , das Pilan-
zenreich und das Mineralreich. Wallerius hat Zwar zu
' diefen das Wallerreich, Denfo das Veuerreich, andre das
Luft-
233
‚Euftreich u. een: ob ii Grund oder nicht?
% brauch ich hier nicht zu beftimmen, weil fie auf allen
‚Fall zu eben der Hauptabtheilung gehören, unter wel-
che ich das Mineralreich ftellen, und fogleich ‚auch ver«
laffen werde, |
' Meine Abficht ift gegenwärtig fürnehmlich dahin ge
aahesn den Kennzeichen, wodürch die drey erften, von
den mehreften Naturforfchern angenommene Reiche fich,
von einander.unterfcheiden, eine genauere Beftimmung
zu geben, als fie bisher bekommen haben.
Die Urtheile der Naturkundigen find hierinne ziem-
lich mannigfaltig ausgefallen, Ludwig und Linne ha-
‚ben indeften die Vorgänger der neueren. gemacht. Der.
Ritter fagte mit der ihm gewöhnlichen. entfcheidenden
Kürze, Scharffinn und, fo obenhin angefehen, ausbün-
. dig fehön: das Mineral wächft; die Pflanze wächft und
‚lebt; das Thier wächft, lebt und empfindet. Eudwig,
‚hingegen fahe auf die Veränderlich - oder, Unveränder-
lichkeit der Geftalt und auf das V ermögen, fich von ei-
| ner Stelle zur andern zu bewegen, Er gab daher dem,
Thiere die beftändige Form und, das Vermögen, fich von.
einem Ort zum. andern zu hewegen zum Unterfchei-
dungskennzeichen von der Pflanze an, als welcher zu,
der beftändigen Form, das Vermögen der Ortverände-
rung aus eigenen Kräften, dem Mineral aber nebft die-
vom auch die Beftändigkeit der. Form fehle,
| ‚Ich werde die Einwendungen, die diefe beyde gro.
‘ fse Botaniften wieder einander gemacht haben, bald ei-
nigermafsen i in Betracht ziehen: vor allen Dingen aber
muls ich einer Sache gedenken, die dem feel. Ludwig
| Lan». Zwar
134
zwar nicht entgangen ift, die man aber nachher nicht
weiter genugfam beherziget hat. Siebetrift die allerer-
fte Eintheilung, in welche das gefammte Naturreich Zer-
fallt, |
Es find nehmlich erftlich, die in demfelben Haren,
‚dene, entftehende , und, auf einander folgende Körper,
fchon in ihrem ganz kleinen oft unkennbaren Anfang
das Ganze im fehr Kleinen. Ich will fo viel fagen : es
hat ihr ganz kleiner Grundftoff bereits die Ei ie
fo vollftändig erhalten, dais er nicht durch die Hinzu-
kunft, fondern durch ein Infiehnehmen anderer T'heil-
chen, durch Bewegung, Umänderung und Zubereitung |
derfelben vermittelt eigenem Vermögen, in beftimmten,
nach jeder Art verfchiedentlich angelegten und unter
einander, entweder zum Umtrieb der flüfsigen Theile,
‚oder zu mancherley Werkzeugen verbundenen Gängen
bewegten, umgeänderten und zubereiteten Theilchen
aus fich felbft in die Länge und Breite zunimmt; oder
kurz zu fagen, wächft. Es thun fich an ihnen in einem
gewillen Alter Werkzeuge von zweyerley Art hervor,
durch deren zufammengebrachten Gehalt, ein oder auch
mehrere Körper von ein und. eben der Natur und Be-
fchaffenheit auf einmal bewirkt werden. Und diefe find
die mit einem Leben begabte und durch das Gefchäfte
der Zeugung natürlich fich vermehrende organifirte Kör-
per, Oder fie find zweytens aller der vorher angeführe |
ten Rigenfchaften beraubt. Sie haben keine beffimmte
Gänge in fich, worinne fie die Säfte gefetzmäfsig nach
%
einer in fich habenden Kraft bewegen und zubereiten;
fondern, wenn fie auch zunehmen, wenn fie auch ver-
! gröfsert
“
um
/ | 0. 135
\ gröfsert werden, fo gefchieht e es nur durch den Zufatz,
‚durch die Anlegung gewiller Theilchen von aufsen. Sie
find nicht organifirt, ‚fie zeugen nicht, Diefe find die
leblofen , die todten natürlichen Kör per, 2 |
Demnach befteht das gefammte Reich. der Sell
us Aus lebendigen or ganifirten Kör pern, wohin die Thiere
und Pflanzen gehören, /
I
-2) Aus leblofen unorganifirten Körpern, wohin die Fos-
‚Silien, und wenn man will, das Waller und Feuer-
reich gehören,
Will man es nur. bey den taft allgemein angenomme«
nen drey Reichen der Natur bewenden laffen: fo unter-
feheidet fich das Mineral fehon fo hinlänglich vom Thier
und Gewächfe, dafs es würklich etwas {ehrüberflüfsiges
feyn würde, wenn man fich noch nach andern Kennzei- |
chen ihres Unterfchiedes umfehen wollte. Niemand
wird fich es einfallen lafien, ihnen diefe Grenze ftreitig
zu machen, | |
Mit der Grenze hingegen ewrilchen Thier und Pflan_
ze ift es etwas ganz anders. ‚Ihre fo vielfältig und ge-
nau befchriebene Analogie ift bey weitem noch nicht,
auch von einem fo genauen Forfcher und Beobachter
der lebendigen Natur in ihren Geheimniffen als Carl Bon-
net würklichift, nicht genung erwogen, vielweniger er- |
fchöpft worden, Wie war das indeflen auch möglich,
da fogar die berufenen Pflanzenkundiger zur, Kenntnifs
des innern Baues diefer Gefchöpfe, als auch ihres Be-
triebes, ihrer Verrichtungen und Lebensart, feit. hundert:
‚Jahren wenig. oder: wie gar. nichts hinzugethan, ja viel-
mehr ihre Nachfolger i in Irrthümer gekürzt haben! Irrz
14. thü-
136
thümer, woraus in den Lehren und Benennungen der
äufsern "Theile der Gewächfe fowohl, als in den fyftema-
tifchen Anordnungen derfelben, Fehler 'entftanden und
beybehalten worden find, die den Botanikern der kün®
tigen lichtern Zeiten von diefer Seite der Naturgefchich-
te, viel zu fchaffen machen ‚ und zu fehr vielen Umäns
der ungen Gelegenheit geben werden,
Sollte nun aber Linne gleichwohl nicht ganz Recht
haben, wenn er fagt: : die Pflanze lebt und wächlt; das
Thier lebt wächft und empfindet; alfo die Empfindung
zum Unterfcheidungskennzeichen zwifchen Gewächs
und Thier annimmt? — Faft follte man es glauben;
denn man wird ja weder dergleichen Aeufserungen noch
Werkzeuge bey ihnen gewahr, die hierzu gehören.
Lafst uns erft die Einwendung des berühmten feel.
Ludwig wider die Meynung des Ritters hören, ‚Erfagt:
dafs die aus den Würkungen der Körper hergeleitete Be-
griffe von Wachsthum, Leben und Empfinden nicht
dur chgängig fchieslich genung könnten erläutert wer-
den: denn Leben und Wachsthum der Gewächfe heftche
nicht minder in der Bewegung der flüfsigen Theile in
den feiten, und die Empfindung werde ebenfalls durch
die beftimmten Veränderungen der in, den Gefäfsen be-
D . 4% ED ’ }
wegten Flüfsigkeiten erläutert, Kurz, das Leben und
Empfindungsvermögen bey den natürlichen Körpern fey
dem erften Anfehen nach kaum zu unterfcheiden. ;
Es haben allerdings die Na aturforfcher faft durchgän-
Big den Gewächfen alle Empfindung öffentlich abgefpro-
chen. Ich will mich indelfen in Anfehung der Gründe,
diefes Abfpruches nicht in weitläuftige Da
ein-
a
137
einlaffen : Die Natur, diefe grofse Lehrerin einer viel rich-
tigern Philofophie, als fie unfer Verftand erdenkt, mas
felbit durch Beyfpiele reden, denen man D ganz Wi-
derfprechen kann. | Me,
Dafs die Pflanzen ein Leben Maben. während demfel-
ben gefund oder krank find, und natürlicher odergewaltfa-
mer Weife um daffelbe kommen, ift nun wohl eine aus-
gemachte Sache. Man bringe eine vollkommen gefunde
Pflanze, z. E. durch eine gänzliche Beraubung } ‚ihrer
Nahrun, &smittel, oder auf eine andere beliebige Weife,
{fo um ihr Leben, dafs nichts in ihren feften Theilen ver-
wüftet werde. Man laffe die Erde einer in Blumentopf
fich wohl nährenden gefunden Pllanze, gemach aus» _
trooknen, und befeuchte weder Pflanze noch Erde fo
lange, bis fie würklich vor Hunger umgekommen ift;
und dann verfuche man es: ob man fie durch alles An-
feuchten und Begiefsen wieder lebendig machen kann.
Man verfezt Obit oder andere Bäume von 'eirierley
Art, aus einerley Boden mit völligem Saft und ganz ge-
fund ausfehenden feften Theilen, oder, nach der beliebten
Sprache, mit ganz gefunder Rinde, Batt, 'Splint, Holz,
Mark, mit aller F Fürficht in einer iey Boden, neben einan-
der oder nicht 'weit von einander, Einige gehen ein,
da andre fich fchön zeigen und furttreiben, ‚Manche
fangen dies auch an, blühen wohl gar; erkranken aber
r bald nachher und fterben ab, und ‚weder j jene, die gleich
nach dem Verfetzen wegblieben, noch diefe, wird alles
Begiefsen, Wartung und Pflege wiederin das Leben oder
zum Wachsthum bringen, fo j us fie auchfind;,
Ss . Was
L.
138 re
Was treibt leichter Wurzeln und nährt fichi Sirtrefe
licher, macht Augen, Blätter, Aefte u. f. w. als ein nak-
ter glatter, im Frühjahr abgefchnittener und in feuchte
Erde gefteckter Weidenaft, Man nehme aber einen
Theil von eben dem Aft uud lalie ihn ganz gemach aus-
trocknen, bis das in ihm enthaltene Leben mit verlofchen
ift; denn ftecke man ihn zu jenem, Er wird nicht kom=
men. Und damit mannichtder Trockenheit der Gefäfse
die Schuld in fo ferne beymelle; als ob fie dadurch fo
zugerichtet würden, dafs aus ihnen keine Verlängerun-
gen in die Erde oder Wurzel getrieben und kein Nah:
rungsfaft daraus angezogen werden könnte: fo umwin-
de man das Stück mit reinem Moos, befprenge es mit
. Waller täglich fo vielmal als nöthig ift, damit die feften
Theile gemächlich wieder feucht und gefchmeidig, wer-
den. Wird er dann wieder, wie ein Räderthierchen
aufleben, und wie jenes Stück, Nahrung anziehen? Man
verfuche es nur, und man wird fehen, dafs es nicht ge-
fehieht, fondern dafs er todt bleibt. N
Von den Moofen ift es einmal gefagt und ah im-
mer wiederhohlt worden, dafs fie nach vieler Jahre Aus-
trocknung, wenn fie feuchtgemachtundfo erhalten wür-
den, wieder aufleben und fortwachfen, Gröfser. wäre
das Wunder nicht, als bey-den nur erwähnten Räder-
oder. Dachrinnenthierchen, und bey den, ‚uniterblichen.
Aelchen des Abt Fontana im Mutterkorn, von welchen
verfichertwird, dats fienach langer Austrocknung, wenn
N fie angefeuchtet worden, wieder zum Leben kommen.
Ich will nicht behaupten, dafs es unter diefer Familie
von Gewächfen BIER etwa einige geben könne, die ein
nehm-
aa 139
nehmliches thun: das weifs ich aber gewifs, dafs das
Wiederlebendigwerden der allermehreften, nachden fie
einmal todt getrorknet find, nichts ‚anders ift, als das
Aufblühen der fogenannten Rofe von Jericho. _
Wenn demnach die einmal getödteten Gewächfe
und ifire abgeltorbene Theile nicht wieder zum Umtrieb
der Säfte oder zum Leben kommen, obgleich in dem
. Bau der Gefäfse nichts zerttört, auch alles fo eingerich-
tet und beforgt warden ift, dafs diefe wieder Säfte ein-
nehmen, befördern und die Pflanze zum Wachsthum '
bringen könnten, wenn fie eine blofse hydroftatifche
Mafchine wäre: fo frag ich ; wie geht das zu? — Was
macht es, dafs, fie das nicht thun ?
Ä Und man fehe nur den Weinftock im eriten Früh-
jahr an, wenn er noch gar keine Blätter hat, die, wie
man hat behaupten wollen, denZug der Säfte von unten
nach oben zu bewürkten; er nimmt fo viel Säfte von
“ feinem Standort an, dafs davon, wo nur eine kleine
Oeffnung i in der Oberfläche ift oder gemacht wird, eine
Menge tropfenweifs abfliefsen, daher fie Thränen find
genennt worden. Was fetzt das Innere diefes Gewäch-
fes fo inBewegung? — - Wovonlebt es fo, wie das Mur-
melthier in feiner anterieiffficheis Höhle auf? —
Was wendet die lebende Pflanze fo nad dem,
Licht? Was öffnet ihre Blumenhüile zu fo ungleichen
Zeiten, dafs Linn& durch diefe Bemerkung einen botani-
fchen Stundenzeiger machen konnte? Was fchliefst
z. B. die Blume der Hyoferis minima gegen den Mittag
and öffnet einund eben die Blume den andern Morgen
wieder zur gefetzten Stunde, an — doch ich will
nicht
nicht mehr fragen, weilfchon das, was ich gefagt habe,
hinreichend, wie mich dünkt, zu erkennen giebt; dafs
auch bey diefen Gefchöpfen aufser den felten und füfsi-
gen Theilen, noch ein Etwas anders vorhanden feyn
müffe, das die Einwirkungen beyder im Gange erhält.
Ob es fo etwas von einer Seele ift, wie Ariftoteles
fchon gemeint hat, das laife ich jetzt dahin geftellt feyn:
mir liegt hier eigentlich nur an dem Empfindungsvermö-
gen der Gewächte, ob fie eines haben oder nicht?
Um der Kürze willen berufe ich mich nur noch auf
den vorhin erwähnten grofsen philofophifchen Naturfor-
fcher Bonnet, der in feiner Betrachtung üher die Natur,
Theil X. Hauptftück 30, 31. genau gezeigt hat, dafs ihr
Unvermögen zu empfinden, wie auch fogar ihr Mangel -
an Reizbarkeit noch nicht erwiefen fey. Vielmehr er-
hellet aus den dafelbit angeführten Erfahrungen und Ana-
logien, dafs das Vorhandenfeyn beyder Vermögen faft
mehr Grund vor fich habe, als das Nichtvorhandenfeyn. |
Wer den innern Bau diefer Gefchöpfe genau und
richtig zu durchfüchen weils, und nicht in Abrede it,
dafs die Werkzeuge zur Empfindung und zur Reizbarkeit
nicht durchgängig hey. allen organifisten Körpern gera-
de die Einrichtung und das Anfehen, wie bey den gröf-
fern Thieren haben müfsen: der wird finden, dafs jener
weder fo einfach noch gleichförmig ift, als man insge-
mein geglaubt hat und noch glaubt, und dafs unter den
mannigfaltigen, mit guten Vergröfserungen, ja biswei-
len auch nur mit blofsen Augen wahrzunehmenden Din-
gen auch welche feyn können, die der Empfindung und
Reigbarkeit fähig find. AM
" | \ | Kann
N
' Kann man 4lfoanf das genauefte därthuni dafs dnGe
woächfen insgefamt nicht alles Empfindungsvermögen und
alle Reizbarkeit mangelt; fo ift das hiervon genommene
Kennzeichen der Unterfcheidung zwifchen Thier und
Pflanze unficher, mithin unbrauchbar. h
Vielleicht hat das vom feeligeni Ludwig angegebene
Unvermögen, fich von einem Ort zum andern zu bewe-
gen, mehr Grund. ‚Dem erften Anfeheine nach follte
man es faft olauben, da noch kein Gewächs ift entdeckt
worden, das fich augenblicklich in Bewegung letzte,
und feine Stelle ftets willkührlich veränderte. Allein
fehon das benimmt diefem Kennzeichen gleichwohl den
ihm nothwendigen Werth, dafs es unter den 'Thieren,
wie Linn dagegen bereits erinnert hat, ebenfalls weiche
giebt, die für fich felhft auch nicht von der Stelle kön-
nen, wie zum Beyfpiel die grofse Meereichel (Lepas
balanus), der Kiefenwurm (Lernaea), ‚die gemeine,
Aufter (Oftrea edulis), u. dgl. m. |
‚Und überdem glaube ich'fehr, dafs auch bey ver-
fchiedenen Gewächfen eine Ortsveränderung erweislich N
it, wenn man nicht bey dem ftrengiten Begrif, fieh von
‚Ort zu Oft aus eigenem Betrieb zu bewegen, ftehen
bleibt, fondern zugiebt, dafs alle Handlungen der leben-
(den Wefen nach dem befondern Bedürfnifs eines jeden,
und überhaupt nach den Endzwecken eingerichtet find,
die fie hier nach den weifen Abfichten des Urhebers der
ganzen Natur zu erfüllen haben. Wie gehen nicht 'un-
ter den für Thiere unwiderfprechlich anerkannten Ge=
fchöpten die Bewegungen vom pfeilfehnellen Lauf und
Ele allmählig ftufenweis bis z zu den nur erwähnten un»
Hi beweg-
beweglichen herunter? Und auf diefer Leiter fcheinen
mir die Gewächfe auch Stufen inne zu haben. Um die=
fes gehörig einzuiehen, mufs man mit ihrer innern Haus-
haltung bekannt feyn. "Da aber diefer wichtige Punkt
bisher ganz in Finiternifs eingehüllt blieb: fo ift das we-
nige, was mir die Mutter Natur auf mein vielfältiges
langes Fragen und genaues Horchen auf ihre Stimme,
allein, von diefen Dingen offenbart hat, Schon zuviel,
weit zuviel für eine Abhandlung,
Die Herrn Botaniften haben‘Gewächfe kriechende
| genannt, und das in der That gegründeter oder eigentli-
cher, als wenn fie die Bedeckungen oder Hüllen ihrer
_Gefchlechtstheile in Kelch und Krone, und wer weils
m
was anders eintheilen, ob fie gleich Ichlechterdings kei-
nen wefentlichen Unterfchied unter beyden angeben
können. — Ich fage in Anfehung der Bewegung der
Gewächfe nur noch das: wer frey von Vorur theilen ift,
und Geduld genug hat, der gebe nur auf den kriechen-
den Günfel.( Ajuga repzans), den Gundermann (Glecho-
ma bederacea), die Flachsfeide (Cufcuta europaea ) genau
Achtung. Das letztere Gewächs verläfst fogar den Stand»
ort, vondem esfich zuerft nährte, und überzieht, gleich .
einem Heer Raupen, die benachbarten Sträuche und an-
dere niedrige Bürger feinesReichs, nährt fich von ihnen,
und vollendet darauf die ganze Gefchichte feines organi-
fchen Lebens.
Wenn’es nun Gewächfe giebt, die gleichwohl nach
ihrer Art auch fortkriechen uud fo ihre Stelle verändern;
fo kann diefs von Ludwig angegebene Kennzeichen um
defto weniger ftatt haben. \
Es
| ee 143.
Es ift alfo wohl gar kein wefentlicher Unterfchied
zwifchen beyden Naturreichen vorhanden, fondern es
- gehören beyde zu einer Kette von lebenden orgänifirten
: Wefen, deren Glieder vom vorzüglichften init einer ver-
j" nünftigen Seele, .bewufsten Gefühl und Bewegung
begabten, bis zum letzten, ‚das nur noch den allerge-
ringiten Theil von allem: den hät, in unmerklichen Ab-
| ftufungen fortgehen ? — Ob wir diefe jemals difleits der
Sterblichkeit genau herausbrirtgen, und daraus die hin-
länglich deutliche Einficht über das Seyn und Nichtfeyn
des Unterfchiedes zwifchen Tfier und Gewächs von
Seiten der Empfindung, Reizbarkeit und Bewegung
fchöpfen dürften, feht dahin: begreifen läfst fich es
aber, dafs die Naturforfcher es auch hierinne noch fehr
. weit bringen können, wenn fie fortfahren, die Natur
felbft, ohhhe den mindeften Eigenfinn oder Partheylichkeit:
- fo zu beobachten und zu befragen, wie fie beobachtet
und befragt feyn will. Man fehe nur aus den feit weni-
gen Jahren gemachten würklich erftaunlichen Entdek-
kungen, dafs fie ‚gegen ihren gefchmeidigen, ‚geduldigen
und aufmerkfamen Liebhaber fo fehr rückhältig nicht if.
Lafst uns fehen, ob wir zu diefem nicht auch jenes, bis-
her vergebens gefuchte, gewiffere Unterfcheidungsmerk-
mal, zwifchen Thier und Gewächs hinzuthun können.
Da beyde vom Menfchen bis zur Monade, und von
der Eiche bis zum Schimmel durchgängig aus belenten.
organilirten Körpern beftehen: fo dünkt mir es für ge-
“wils, dafs diefes Kentizeichen in einer Rigenfchaft lie-
gen müfse, die von einer Organifation herrührt,, wel
‚ehe beyden Theilen wefentlich it,
| - | | I Ohne
en
a enzeugn
144
Ü) { 1
‘ Ohne Nahrung zu fich zu nehmen, kann keine le-
bendige Kreatur befteben, Vielleicht pafst alfo hier das
um defto füglicher, was der grofse Boerhave angegeben
‚hat. Er ftellt fich dieMilchgefäfse oder andere die Stelle
vertretende Gänge in den Thieren, als die Nahrungs«
werkzeuge vor, und vergleicht fie daher mit den Wur=
zeln, als den eigentlichen Nahrungswerkzeugen der Ge
wächfe. Er fagt daher: Das Thier fey ein organifcher
‚Körper, der fich durch die innerliche i in ihm befindliche
Wurzeln ernähre ; ;.die Pflanze hingegen fey ein organi=
. fcher Körper, der feine”Nahrung vermittelft der auswen«
dig an ihm befindlichen Wurzeln bekomme,
Wer fieht hbeh nicht, dafs diefer Vergleich auf dem
eradezu angenommenen Gedanken des Malpigh gegrün>
det ift, wo er, nur eingeklammeit, fägt, dafs die Erde
der Magen der Pflanzen fey. Sie ift aber nichts we-
niger als das, wie ich fchon in dem Stück erinnert
habe, wo ich den Begriff von den Wurzeln der Pflan-
zen beftinimte, dafs fie ihnen eben dasjenige Werkzeug
find, wodurch die Thiere ihre Nahrungsmittel zu fich
nehmen. Und e ezt das, was die Gewächfe durch ihre
Wurzeln oder eigentlichen Saugewerkzeuge von ihrem
Standort einnehmen, wäre fchon da verdaut: fo giebt es
ja auch Thiere, die ebenfalls fo wie fie, vermittelft eis
nes Saugwerkzeugs von dem Standort Nahrung in fich
ziehen und denn für ihren Körper verwenden, die fchon
einmal verdaut und zu thierifchem Saft itt gemacht wor:
‚den. Und dein it doch wöhl zwifchen der erften und
zweyten Nahrung, als zwifchen den Werkzeugen, wel-
che
a,
N. die erfte, ? und öre, welche die zweyte Nahrung
‚einnehmen, ein beträchtlicher Unterfchied.
Noch ift die Vermehrung der organifirten Wefen zu
‚erwägen übrig; vielleicht dafs fich 'hierinne etwas fin-
‘det, was die Thiere von den Gewächfen unterfcheidet.
Unter den leztern ift es, vollends den perenniren-
den, faft durchgängig gewöhnlich, dafs fie fich durch.
Ablegen, Abfenken, Reiferftecken u. d. gl. vermehren
lafien. Hätte nicht die Scharffichtigkeit « eines Trembley,
" Bonnet, Müller entdeckt, und andere grofse Naturfor-
feher es beftätigt, dafs fich die Polypen, die Würmer der
füfsen Wäller, und andere dergleichen Infekten, durch
Ablegen und Zerftücken, wie die Pflanzen, vermehren
‘ liefsen: fo würde fich hierinne nicht fogar unfüglich
ein Unterfchied haben abnehmen laffen.
'Ueberdies aber, ift diefe Vermehrungsart Yieliikhr
ktinftlich als natürlich, und unter den/Thieren dem aller-..
weniglten, unter den Gewächfen zwar mehreren, jedoch
‘im ganzen gerechnet, ebenfalls dem Allel)
zur. Bey hülfe zugeordnet.
. Die natürlichfte und allen lebendigen Creaturen die-
in fer Welt gegebene Vermehrung ift die Zeugung. ‘Und
da von diefer keine bekannte Gattung, wederunter den
Thieren noch den Gewächfen ausgefchloffen, fondern N
‚in diefem Felde voller Wunder, die ganze lebende Natur |
gleichfam vereinbart. it: fo fcheint es mir um defto ge-
. jehikter, dafs man fich recht umfieht, ob etwa das lang-
gefichte Kennzeichen in irgend einem Umftand diefes
Ä Gefchäftes zu finden feyn möchte,
K ) ‚RR | | Nach-
I x N
146 | | or
Nachdem der gelehrte und fcharflichtige Herr. 'Col-
legienrath Pallas fogar in den einfachfcheinenden Thier-
chen, den Polypen, Eyer entdeckt hat, fo ift es fehwer-
lich von irgend einer Gattung diefes Reichs zweifelhaft,
dafs fie fich nicht auf die natürliche Weile durch die
-Zeugung vermehre.
Dals man aber unter dei Gewächfen einer re be-
trächtlichen Menge, unter dem Namen Moos, im weit-
‚Uuftigen Verltände, begritienen Arten, diefes ‚Gefchäfte-
-sänzlich abfprechen wollte, iitum defto weniger zuver-
"wundern; da die Fortpflanzung der Gewächfe durch die
‚ Zeugung fogar unter ihren grölsern Gattungen, wo fie
fo ganz offenbar am Tage liegt, felbit gröfßsern Pflanzen-
kennern nicht zu Kopie wollte, bis fie det fcharfinnige
Herr Köhlreuter, im Jahr 1761 durch feine Gewächsmaul-
"efel unwiderfprechlich deflen überzeugte,
Die zur Zeugung bey den Gewächfen gehörige
; Theile hab ich an den Laubmoofen fehon öffentlich in
meinem 1782. bier herausgekommenen erften Theile
der natürlichen Gefchichte von dei Laubmoofen ganz
klar dargethan. So ift auch meine, von der Aka-
demie der Wiffenfchaften zu St. Petersburg am Iıten
: März 1783, gekrönte Preisfchrift herauskommen, die mit
fieben und dreifsig, von Herrn Capieux verfertigten Kup-
ferplatten verfehen ift. In diefer hab ich vollends die
- Gefchlechtstheile nicht nur ‘der Lebermoofe, nämlich
Jungermannien, Marchanzien, des dahin gehörigen An-
thoceros, der kleinen Blafia, derRiccien, der Chara, fon-
dern fogar der Flechten und Pilze augenfcheinlich er-
wiefen, Und die fortgefezte mikroskopifche Unter-
| fuchun-
’
fuchungen diefer fehr feinen und oft äufserft kleinen Ge-
fchöpfe des Gewächsreiches, haben mich vollends ver-
fichert, dafs diefe Theile, alfo auch die Fortpflanzung
durch die Zeugung nicht En geringften Art unter ihnen
| - fehlen müfste. | |
Jedermann weifs, dafs bey jeder Thierart, alfo auch
| bey jeder Art unter den Gewächfen, wenn fie durch fich
und aus fich felbft Junge von ein und eben der Art na-
türlicherweife, ohne Zerftückung oder T heilung her-
vorbringen oder zeugen foll, dazu zweyerley Gefchlöch-
te, ein männliches und ein weibliches gehören. Und
es ift jedermann auch klar genug, dafs das äufsere Kenn-
zeichen diefer beiden Gefchlechte eigentlich lediglich in
gewillen Werkzeugen liege, vermittelft welchen das
eine die neuen organifchen einzelnen Körper hervor-
bringt, jedoch nicht anders, als wenn das andere auf
irgend eine Weile vorher mit ins Spiel gekommen itt.
Jene, die hervorbringenden, ‚„ find die weiblichen, sul:
‚diefe, die das ihrige auch mit beytragen müflen, find
die männlichen Gefchlechtswerkzeuge, Jene empfan-
gen, diefe bewirken die Empfängnifs.
Nur das will man aber noch in Zweifel ziehen, dafs
die Einwirkung der männlichen zur Empfängnifs der
' weiblichen durchgängig fchlechterdings nothwendig fey,
Denn da deräufserft geduldige und unermüdete Beobach-
ter Bonnet, die Blattläufe des Fliederbaumes bis ih das
| fechfte Glied, ohne Geichlechtsvermifchung,, fich fort- |
pflanzen gefehen, und verfchiedene Botaniften und Na-.
turforfcher an dem Hanf, dem türkifchen Weizen und
ae dergleichen Gewächfen Saamen gefunden, ob fie
K B.. gleich
\
148 De
gleich alles fo einrichteten, dafs fie glauben konnten,
der männliche Staub habe zu dem weiblichen Theil nicht
| gelangen können: fo hat es allerdings einen gegründe-
ten Anfchein wider die Nothwendigkeit, von der ich
rede. ns ö
Es würde zu weitläufüig Teyn, die Sache hier durch
Erfahrungen und richtig aus diefen gezogene Vernunft-
fchlüffe auszumachen, dafs zu jeder Empfängnits und
wahren Zeugung der weiblichen Theile, die Einwürkung
der männlichen fehlechterdings nothwendig fey, und
das, was Bonnet von den Blattläufen fah, nicht von der
rechten Seite ift angefehen worden, die Pflanzenbeob-
achter hingegen von. der Natur hintergangen wurden.
Ich behalte mir es aber vor, die Sache zu einer andern
Zeit ganz aufser Zweifel zu fetzen.
Erwägt man alles das genau, was uns bisher noch
von dem Wefen der Gewächfe bekannt geworden ift; To
ift ihre Ver mehrung durch die Vermifchung von zweyer-
ley Gefchlechten das, was lie den ihiören: am nächften
bringt und genau beweift, dafs fie nicht blos Mafchine
find. Denn keine von den allerkünftlichiten, vom Men- ;
fchen verfertigte Mafchine itt je im Stande, von fich,
oder mit einer zweyten in Verbindung gektellt, zu blei-
ben was fie war, und eine dritte, grade yon cben der
Art, hervorzubringen, Und .diefes kann auch kein
Mineral. . ERRRN ai
Was die beiderley Gefchlechligd undftdäe beitift, ri
it um diefe von beiden Seiten zu viel heiliges Dunkel,
- unfre Unwillenheit daher zu grofs, und die gewagten
. Muthmafsungen find zu unficher, als dafs man fich es.
auch“
.
z
G N Ä ——l ee ar 149 x
{ f > f
P7
auch nur einen Atenfltek einfallen. laffen dürfte, hier
nach einem Merkmal des Unterfchiedes zwifchen Thier
und Gewächs zu forfchen. Die zu der Vermifchung
. oder Vereinigung diefer Stoffe gehörigen Werkzeuge
hingegen find viel fichtlicher, liegen bey den mehreften.
‚offenbar vor Augen. Lafst uns alfo diefe ein wenig be-_
"trachten, und fehen, ob hier nichts Gewilles zu unferm
Endzwecke zu finden fey. Denn ift hier kein gewiffes
Unterfcheidungskennzeichen vorhanden; fo möchten
wir immer vergeblich darnach fuchen. |
' Die zur Zeugung gehörige beiderley Gefchlechts-
theile nun befinden fich entweder an ein und eben dem
u ‚organifchen Körper, fie werden von den feften Theilen
‚ein und eben des organifchen Körpers gebildet, und der
doppelte Zeugungsftoff aus ein und eben dem Saft eines
Körpers gefondert: oder es gehören zu dem allen zwey
einzelne Körper, deren einer der männliche, der andere
der weibliche genennt wird. Dieles ift bey den Ge-
wächfen eben fo, wie bey den Thieren. Alfo a
kein Unterfchied.
Die Gelftalt diefer Gliedmafsen, und der Ort, wo fie
fich am Thier oder Gewächs befinden, wie auch die
Weife, -fie anzubringen, find fo verfchieden, als es die
Arten von einander find, und die Bequemlichkeit der
Handlung nach Maasgabe des Baues und anderer Um-
finde zuläßt. Alfo auch hierinne kein gewiffes
Merkmal. N Pa. :
Man könnte mir zwar hier einwenden, dafs gleich-
wohl die Geftalt der männlichen Befruchtungstheile der
a von den bekannten thierifchen {ehr verfchie-
N K 3 “ den,
-
4
150 | a
) . / . 4 . 4 r i
den wären, und fürnämlich der männliche Befruchtungs-
ftoff von diefen ganz anders ausfehe, als von jenen, in-
dem der Thiere ihrer bekanntlich in einer Flülfgkeit
befteht, und die Naturforfcher von der Pflanzen ih-
rem fagen, dafs er die Geftalt des Pulvers habe. Man
ift in beiden Stücken aus zu grofser Eilfertigkeit im
Schliefsen irre gegangen. Linne hat zwar, befonders
in feiner fogenannten botanifchen Philofophie, eine Ver-
gleichung zwifchen den Theilen im Thier- und Ge
wächsreich angettellt, und bey den männlichen von Saa- jr
mengefäfsen,, Hoden und dergleichen geredt, ohne die
' mindefte Kenntnifs vom eigentlichen Bau haben zu kön-
nen, da ihn weit wichtigere Dinge befchäftigten, als
dafs er fich mit feinen mikroskopifchen Unterfuchungen
hätte abgeben können. Und was den fogenannten Blu-
menftaub betrift; da müfsten diejenigen, welche die fo
seftaltete eigentliche männliche Werkzeuge ihren Be-
fruchtungsftoff auswerfen gefehen haben, aber mit ge-
nauer, vorurtheilfreyer Aufmerkfamkeit gefehen haben,
willen, dafs das nicht Staub, fondern ebenfalls ein flüfli-
ges Wefen ift, Diefe Abfonder ungswerkzeuge des
männlichen Befruchtungsftöffes werden zudem nicht
bey allen Gewächfen von dem Ort, wo fie zur Zeit ihrer
Begattung erfcheinen, los: fie bleiben bey den Laub-
und Lebermoofen und andern diefen zunächft ftehenden i
Gewächfen nicht nur, fondern auch bey den Apoeinum,
Afclepias, Cynanchum, Orchideen, faft insgefamt, fo
gar nach vollzogener Verrichtung, feft fitzen. Diefes ift
aus meiner natürlichen Gefchichte der Laubmaofe und
der gekrönten N, über die Gefehlechtstheile der
crypto-
a 151
eryptogamifchen Pflanzen vielfältig zu erfehen: wofich
auch manche genauere Aehnlichkeit zwifchen der Ge-
ftalt der männlichen wie auch der weiblichen Geburts-
glieder von den Gewächfen und Thieren abnehmen
h liefse, | Ku |
. Ein anderer Brit wäre, die Entftehung oder der
Kiafbarre diefer Theile, Es wäre fehr überflüffig, wenn
"ich mich hier nochmals auf das einlaffen wollte, was
man hierüber bey den Gewächfen fich bisher hat träumen
laflen: denn ich habe fchon S$. 65 u. f., wo ich von dem
Urfprunge der männlichen Begattungswerkzeuge der
Pflanzen handle, gezeigt, dafs fich die Sache ganz ans
ders verhält.
Nun ift alfo nichts ehe übrig, als die Dauer dan
Gefchlechtstheile. Lafst uns diefe ein wenig ‚betrachten,
ob hier nicht etwa ein Umftand feyn möchte, der die
Bürger beider Reiche gleichwohl genau und deutlich
genug unterfcheidet.
Wenn fich die T hiere mit einander i in das Gefchäfte
der Begattung eingelaffen und diefes vollzogen haben,
fo geht in den dazu gehörigen Werkzeugen, wenigftens
in Anfehung des Anreizes, eine Veränderung vor. Diefe
wird man zuförderft an den männlichen gewahr. Wo
es lichtbar ift, findet man, dafs es wenigitens auf.einige
‚ Zeit nach vollbrachter Handlung erfehlafit: und bey den _
andern, wo es entweder nur verborgen liegt, wie bey den
Vögeln, oder der Auswurf des Befruchtungsftoffes auf
eine andere Weife vor fich geht, mufs man ‚glauben,
dafs es ebenfalls geichieht, indem der Genufs diefer an-
| SR "Empfindung wenigftens auf einige Zeit nach-
K A | läfst, |
152 He , E
lälst, _ Der geilefte Sperlingshahn, wenn er fein Weibchen
eleich zwanzig- und mehrmal nach einander beträte,
mufs doch jedesmal ein Eckchen von ihr hirhüpfen, bis:
er lich zu dem Spiel wieder gefchickt fühlt: und der
frechefte, wohl zwanzig feiner Weiber tagtäglich zu
beichicken vermögende Haushahn, ift genöthigt, zwi-
fchen jeder diefer Freuden, auch am frühen M lorgen,
wenigftens eine halbe Viertelitunde inne zu halten, be-
vor er wieder anfängt, feiner nach der ihm gewöhnli-
chen Art zu beginnen. |
In den weiblichen Zeugungstheilen Da man zwar
bey vielen 'Thieren fogleich nach gefchehener Vermi-
fchung einige Veränderungen gewalhr werden: die färk-
ften aber erfcheinen bey den mehreften nachher, wenn
das auch nur zu einiger Gröfse. gediehen ift, was. der
‚männliche Stoff in den weiblichen NUR uec: bewirkt
hatte. |
Genug, der Urheber der Natur mag nun 'hierinne
den Bau und die Anftalten nach jeder Art Bedürfnifs und
Bequemlichkeit getroffen haben, wie es ihm nach feiner
Weisheit gut dünkte; fo behalten doch die Thiere fo
lange fie leben, auch fogar, wenn fie vor Alter zur ga
nern Zeugung keinen Stoff, kein Vermögen mehr ha-
ben, die dazu gehörigen Werkzeuge an fich, und zeu-
gen, Io oft als fe zeugen und zeugen können, allemal
mit ein und eben den W erkzeugen. OR
Was gefchieht hingegen bey den Gewächfen? ‚Be-
kanntlich hat man das, worauf nachgehends die Frucht
folgt, mit allen den zufälligen Dingen, die Blume ge-
nannt, Da man bisher diefe Gefchöpfe , und zwar auch.
Nas
u
Au
Wu
Bull.
153
da nur le beträchtlichern unter. Kia "blos fo Hehenk
hat, wie es bey. einem und dem andern, nun fo in die
Augen fällt: fo hat man den’ männlichen Werkzeugen
die Benennungen Spitzen, Staubfäden, Staubbeutel, An-
'theren, nach dem Lateinifchen gegeben. Das ganze zu
der Frucht gehörige aber heift der Stempel, wegen der
Aehnlichkeit bey den mehreften mit diefem Inftrument,
und befteht aus der F ruchtanlage, dem auf diefe gefezten
Griffel, und der zu oberft diefem befindlichen Narbe.
+
Die Einrichtung und Geftalt diefer Theile find in-
‚deffen auch bey den Gewächfen eben fo verfchieden, als
\
bey den Thieren, und haben aus diefem Gelichtspunkt.
Ken ni eine vielfältige Analogie unter einander,
‚Allein, wenn die Inahnlichen Befruchtungswerk-
zeuge das ihrige gethan haben: fo verändern fie die
Farbe, erfchlaffen, verwelken, und fallen entweder, wie
bey den mehreften gefchieht, ab, oder bleiben auch,
z. B. bey den meiften Laub- und Lebermoofen, fo ftehen,
Unterdefien welkt zwar von dem weiblichen die Narbe,
wie auch der Griflel, wenn er da ift, gleichfalls. Bis-
weilen findet man beide Theile, wie auf dem Saamenbe- |
hältnifs der Tulpe, des Mohns u. f. £, meiit aber nur ein
kleines Merkmal von beiden rückftändig. Unterdeffen
fangen die Pflanzenembryonen oder Saamen, und wenn
fie in einem Behältniis ftecken, ‘ diefes mit ihnen an zu
fchwellen, Wenn nachgehends diefe ihre Reife erlangt
haben, fo fallen fie entweder für fieh, wenn fie auch in
einem Behältnifs eingefchloflen waren, oder mit famt
. diefem ab, oder werden auch, wie bey den Jungerman-
as - ı \. men,
154 | ul /
‚nien, Marchantien, Anthoceros, den Boviften, durch
3
Schnellfäden fortgetrieben un
Diefes alles gefchehe nun aber wie es wolle: in |
fällt doch endlich bey den Gewächlfen alles, was befruch-
tete und was befruchtet wurde, weg, ohne dafs weder
ein und eben das männliche Werkzeug, noch ein und
eben das weibliche Werkzeug, jemals wieder zeugte,
oder wie man bey den Gewächfen zu reden pflegt, ohne
dafs ein und eben die Blume jemals wieder blühete, folg-
lich jemals wıeder eine Frucht daraus werden könnte,
Es werden hingegen zu jeder neuen Frucht, zu jedem
neuen Saamen neue Blumen getrieben, d.i, eskommen
zu jedem neuen Gewächsembryo, neue männliche und
‚weibliche Befr uchtungswerkzeuge zum Vorfchein. Und
das zwar bey allen Gewächfen, ur nur bisher bekannt
worden find.
Da alfo die Thiere, wie einge und jedem Sehenden
bekannt feyn mufs, ihre Zeugungswerkzeuge behalten,
‚und diejenigen > welche eine Lebensdauer von mehrern
Jahren haben, zu vielen wiederholten malen mit ein und
eben den Werkzeugen die Vermehrung ihrer Art er-
neuern können; die Gewächfe hingegen allefamt zu
jeder Fortpflanzung ihrer Art durch die Befruchtung an«-
dere neue Werkzeuge treiben müflen:; fo wird niemand
in Abrede feyn können, dafs hierinne ein ganz offenba-
res und untrügliches Unterfcheidungskennzeichen zwi-
fehen Thier und Gewächs fey. Ein Unterfcheidungs- |
kennzeichen, das um .defto richtiger ift, weil es von
Theilen abhängt, die zu einem wefentlichen Gefchäfte
aller lebenden organifirten Wefen gehören, das alfo
alle
N I
alle haben müffen; — undzwarzueinemGefchäfte, das,
nach aller verftändigen Naturforfcher Geftändnifs, die
Gewächfe den Thieren am, analogeiten machet.
‚Die Thiere find demnach organifirte Körper, die
ihre Zeugungswerkzeuge von beiderley Gefchlecht, nach
Vollendung des natürlichen Fortpflanzungsgefchäftes le-
benswierig behal ten, und mit ein und a demfelben
"diefes wiederholen können,
Die Gewächfe aber find organifirte Körper, die ihre
Zeugungswerkzeuge von beiderley Geichlecht nach Vol-
lendung des natürlichen Fortpflanzungsgefchäftes doch
endlich abwerfen, nie wieder mit ein und eben den Thei-
jen däs Gefchäfte wiederholen können, fondern zu jeder
Erneuerung deffelben neue treiben müflen.
Wie fonderbar, dals das Gefchäfte der natürlichen
Fortpflanzung durch die Vermifchung von zweyerley
Gefchlechtsgrundftoff die Thiere mit den Gewächfen
fürnämlich in eine fehr grofse Kette vereinigt; die
Werkzeuge aber hierzu, fie fo gewifs und deutlich
ei nur in zwey Reihen untericheiden,
NN
=
Herr Paula Schrank hatte in feinen Anfangsgründen
‚der Botanik $. 2. und in Hübners phyfikalifchem Tage-
buch S, 374. zum Unterfcheidungsmerkmal zwifchen
Thier und Pflanze die Spontaneitatem angegeben, die
ohngefähr eben fo viel, als Willkühr bedeuten fall,
Diefe
«
Diefe feine Behauptung zu beftätigen, fucht er im
erften Stück von Ufteris Annalen der Botanik $. 18. 8. 7.
als dem Verfolg feiner Beobachtungen für das botanifche
Magazin, mein vorhin ange&gebenes Unterfcheidungs-
merkmal zwifchen den beiden Abtheilungen der belebten
Körper des Naturreiches ganz zu entkräften.
Aus mehr als einer gegründeten Urlache will ich
gleich hier die hauptfächlichften feiner dawider angege-
‘benen Einwendungen ganz kurz beleuchten.
Im vorhergehenden $. 8. 13.£. führt Herr Schrank
verfchiedene Gewächsarten an, wo derjenige Theil des
weiblichen Gefchlechtswerkzeuges, ‚den man den Griffel
(ftilas) nennt, nicht allein nicht abgeworfen wird, fon-
dern fossar, während der Zunahme der Frucht, Nahrung
erhalte, und auch zunehme, bis er endlich blos durch
die veränderte Richtung der Gefäfse, mithin
lediglich mechanifch, zu vertrocknen gehöthiget
werde. IR
Auch ohne ausgebreitetere wahre phyfiologifche
Gewächskenntnifs, hätte Herr Profeflor Schrank fich
allein durch gute Beobachtungen von dem Ungrund die-
fer UÜrfache überzeugen und finden können: dafs das
Verderben diefer Theile, nach vollzogener Verrichtung,
nicht zufällig fey, fondern notlıwendig fo habe kommen
mülfen. Wenn es aber auch wäre, hätte Er bedenken
follen, dafs nicht der überragende, bey vielen Gewäch-
fen nicht vorhandene Griffel, fondern die Narbe und
Fruchtanlage das wefentliche diefer Werkzeuge find.
Wo hat Er aber irgend eine Narbe, als durch 'welche
die Befr uchtung empfangen und befördert wird, nach
diefem
diefem vollbrachten Gefchäfte wieder in del wahren
Zuftand ihres Empfängnifsvermögens kommen gefehen ?
Doch auch dielem fey wie ihn wolle; fo. wird doch
öunekahtank kein Beyfpiel unter den Pflanzen auflüh-
ren können, wo nicht diefer Gefchlechtstheil, nach voll-.
brachter Geburt, entweder mit der gebornen zug leich
‚abgefallen wäre, oder wenigitens fich in einem vollig.
unvermögenden Zuftande befand „je wieder zu zeugen,
obgleich dem Leben des Körpers oder Stammes, dem er
.zugehörte, nichts abging. Mithin grade das Gegentheil
vom Thier, deflen weibliche Zeugungswerkzeuge , fo
‚ lange fie leben, nicht fo mit famt den zu gebährenden
abfterben, vertrocknen, und endlich, bey noch lebendem
Körper verloren, gehen. |
; Allein zur Vollziehung des Zeugungsgefchäftes von
lebenden Gefchöpfen gehören, nichtallein weibliche, fon-
dern auch männliche Werkzeuge, die alfo von meinem
angegebenen Unterfcheidungsmerkmal zwifchen Thier
und Pflanze nicht ausgefchloflen werden konnten. Gleich-
wohl gedenkt Herr Profeflor Schrank diefer auch nicht
mit einem Worte. Auch von diefen findet man ja auf
. manchen Früchten noch Merkmale — aber freylich längit
' vertrocknet, oder wenigftens gleich den des einjähri-
gen, nur mit einer blume verfehenen Gewächfes, nach
ihrer ‚Verrichtung fogleich aufser allem Stand gefezt,
fich je wieder dazu zu erholen. Und das nicht zufälli-
gerweife, fondern nach den Gefetzen der Einrichtung
‚diefer Gefchöpfe, nach welcher nicht jedes Aeltchen der
| vermeintlichen zufammengelezten, \ wie Heır Schrank
| mit andern will, eine Pflanze feyn kann; eben fo wenig
ke
le
158
als dafs keines von den Aeftchen, feine ganze Dauer hin-
durch, mehr als einmal blühte. — AllesFolgen aus den
bisherigen irrigen, oder in der Natur der Sache felbft un-
gegründeten Lehren von den Augen fortdauernder Ge-
wächlfe, RE a
Um Seinen Gründen ein Gewicht mehr zu geben,
beruft fich Herr Profellor Schrank auch auf völlig ge-
fchlechtslofe Thiere und Pflanzen, die fich nie durch die
Zeugung, fondern blos durch eine Zertheilung fortpflan-
zen. Allein an mir liegt die Schuld nicht, ‘wenn Er
unter dem Ihm wohlbekannten Haufen der erftern, z. B.
die fogenannte Aufguisthierchen, entweder Telbit
gar nicht, oder eben fo unvollftändig beobachtete,
als mehrere andere gethan haben. Und wie, wenn
ich in einer neuen Ausgabe meiner Preisfchrift die
Gefchlechtstheile und von ihrer Wirkung herrühren-
de Saamen der Conferven, von welchen Er 'Seite 24.
fürnämlich feft behauptet, dafs fie fich nie anders, als
durch die Zertheilung vermehren, ja fogar der Tremel-
len zeigen werde? —
Was die Allgemeinheit der Gefchlechtstheile unter
den lebendigen Gefchöpfen betrift, ift mein angegebenes-
Merkmal in der Sache felbft, unter gehörigen Beobach-
tern und Forfchern, ficher vor der Ungültigkeit. Nicht
minder auch in Anfehung des Unvermögens bey den'Ge-
wächfen, je zum zweyten mal ihr Gefchäfte zu verrich- '
ten. Die gröfsten Schwierigkeiten fcheinen diejeni-
gen Thiere zu machen, welche nicht mehr denn einmal
zeugen. Aber auch diefe hebt ich unter gewillen, nicht
srundlofen Bedingungen oder Einfchränkungen,
IX
{
\
Auswintern des Getreides *).
Vom
x
l
"Wenn der mühfame Landmann von feiner Seite alles
' gethan, und feine Felder mit aller möglichen Richtigkeit
auf das befte betellt hat: fo ftehen ihm demohnerächtet
noch mannigfaltige Unfälle bevor, die den Ertrag feines
'Fleifses entweder ganz, oder zum Theil, fogar dann
'vereiteln können, wenn er ihn gleichfam in feiner
Scheune fiehet. Anhaltender Regen und anhaltende Dür:
‘re, find beide vermögend, feinem Getreide, je nachdem
die Art und Lage der Felder it, nachtheilig, auch W ohl
gefährlich 'zu werden. |
. Keine verwüftende Ueberfchwemtmung foll es zu-
‚Samt feinem Standort wegreifsen, oder wenigftens ver-
‚fchlemmen: ivie bald kann die Saat, wein fie, wie man,
und nicht ganz unrecht, zu fagen pllegt, im Milchen
‚fteht, d.i. went die Körner zum Aufgehen in völliger
‚ Bereitfchaft find, von einem ftarken Froft überfallen wer-
den, der enieltene einen gr ‚ofen Theil von diefen
| Ankömm-
.)
+ /
, ag 5: Schriften» der Leipziger buskäche Socierät, Theil 6.
3. f Ren 2784. in 3:
# £
Ankömmlingen tödten wird. Oder es verhindert eine
kalte oder laue nalfe Witterung während der Blüthezeit
das Aufthun der. Staubbälge, ‚die darinne enthaltene gi
Staubkörner werden eben dadurch zum Austrieb des in .
ihnen enthaltenen Befruchtungsitofies ‚genöthiget, und
dann verdirbt diefer „oder kann nicht gehörig auf die
"weibliche Gefchlechtstheile gebracht werden. ‚Es bleibt
daher vieles unbefchwängert in den fehönften Fruchtäh-
ren, oder taub; denn trockne und zwar bewegliche Luft
mit Wärme, find die unumgängliche Erfordernille zu
einer guten Befchwängerung bey den Gewächfen. ee
It aber auch diefe auf das beftevollzogen: fo macht
eine nachherige dergleichen nafle Witterung die volle,
reiche Aehren für den fchlanken langen Halm überwichtig;
es mufs fich legen; das freche Unkraut gewinnt indeflen
dabey und überflügelt oder überzieht es. Diefes kann
das Auswachfen auf dem Stengel und mannigfaligen an-
‚dern Körner verluft ver aulaffen. Um defto sewiller betrift
diefes aber die, ‚meiften Getreidearten, wenn fie gehauen
inan haltendem Regen snüflen liegen bleiben. Was kann
‚der fogenannte Brand u. dgl. im Getreide nicht auch
aufferdem verderben ? welche Verwüftungen der Hagel
anrichten, und dergleichen Unfälle mehr, wo der Land.
mann gar nichts zu verhindern vermag? |
Der Schade, den ‚die Wirthfchafter das Auswintern
des Getreides nennen, wenn nämlich unter den Winter-
‘faaten, die im Herbfte hofnungsvoll grünten, imFrühjahr
‚viele verblichene kahle Plätze angetroffen werden, fcheint
zwar von eben dergleichen Gefchicke abzuhängen,
Nachdem ich aber die Urfachen diefes Ereignifles kürz-
lich
le | 161
lich werde erörtert haben; fo will ich deutlich darthun,
dafs es fehr wohl angehe, ihn gänzlich zu verhüten.
‚Es ift bekannt, dafs das Getreide hauptfächlich als-
danh auswintert, wenn es zum Frühjahr blos wird, und
der aufthauende Sonnenfchein mit ftarken Nachtfröften
abwechfelt, Wenn ich nicht irre, fo glaubt mancher
- unter den gemeinen Landleuten, der Märzfchnee, dem
man überhaupt viele befondere Eigenfchaften zuzufchrei-
ben pflegt, habe bisweilen die fcharfe Befchaffenheit,
‚dafs er vieles von der Saat gleichfam wegätze, Einfichts-
volle Beobachter der Natur find. aber gewiß allefamt eines
‚andern überzeugt.
Wem follte das die Erfahrung nicht REIN nel
gemacht haben, dafs die Flüfligkeiten auftreten, und
"einen gröfsern Raum einnehmen, als fie vorhin bedurf-
‚ten S wenn fie gefrieren, oder durch die Kälte in einen
feften Körper, zu Eis verwandelt werden. Das Zer-
fprengen eines auch nur zur Hälfte mit Waffer angefüll-
ten irdenen oder gläfernen Gefäfses, wenn fein Inhalt zu
‚ Eis wird, ift der auffallendefte Beweis, und überhebt
‚mich eines weitläuftigern über die nothwendige Ver-
gröfserungsfolgen durch die Urfache des Gefrierens,
und was dabey für Veränderungen vorgehen müffen.
Der bereits von der Herbitwitterung gefeuchtete,
und nun vollends vom gefchmolzenen Schnee im Auf-
thauen durchnäfste Erdboden, wird.alfo, wenn er wie-
der gefriert, aufgetrieben. Im gemeinen Ausdrucke
. fagt man: der Froft zieht ihn, oder er ift vom F roft auf-
Ä gezogen. Der Anfang hierzu wird erft auf feiner obern
‚Fläche gemacht, die fich Auer gleichfam zu einer Rinde
u. MIyER-
162 BE
1
. verhärtet. War nun die untere Schicht fo tief völlig auf-
gethaut, als die Wurzeln gehen: fo ergreift die vom |
Froft feft gewordene Oberfläche die Pflanze, und hebt,
durch ihr Auftreten die Wurzeln; und das um defto
leichter, je zärter und minder tief fie gedrungen find.
Diefer Wirkung der nächtlichen Kälte folgen die im Früh-
jahr i immer fenkrechtern, immer mehr und mehr alles er-
wärmende Sonnenftrahlen gleichfam auf dem Fufse nach,
und thauen alles wieder auf, was während ihrer Abwe-
fenheit die Nacht hindurch wefroren war. Diefes Auf-
thauen fängt aber auch wieder von der ganz obern FA-
che an, die fich fogleich wieder niederfezt, indeflen
eine untere Schicht noch Froft hat, und hernach eben-
falls aufgelöft wird. Hat nun bey der völligen Auflöfung
der gefrornen Schicht, der Pflanzenkörper vollends nieht
fo viel Gewicht, dafs feine Wurzeln zugleich mit nieder-
gefenkt werden: fo bleiben fie in der Erhöhung, zu der
fie das Auftreten der gefrornen Oberfläche des Bodens
gebracht hatte. Die nächfte Nacht und der’ darauf fol-
gende Tag von eben der Witterung thun ein gleiches.
Gefchieht nun diefes vollends einige Tage hinter einan-
der, fo werden die Wurzeln gar aus ihrem Standort her- _
ausgehoben, und die Pflanze ift ohne alle Rettung ver-
loren. Wenn fie aber auch nicht fo gar weit herausge-
hoben wird, leidet fie doch fchon fehr viel, wie ich her-
nach darthun werde, | FR
Jeder aufmerkfame und erfahrne Wirthfchafter weifs
diefes zu gut, als dafs ich nöthig hätte, die bemeldete
Wirkung des Froftes auf das Getreide weitläuftig zu er-
örtern. Vielleicht hat auch mancher fchon den Schaden
erfah-
h
} —— 163
errahren kin Slkeeken: ‚warum ihm befonders verfezte
Bäume eingingen, wenn fie die Befeftigungen an die
Stangen oder Spaliere von einem Frühjahr zum andern
behielten, die ihnen gegeben wurden. wen
‘ Für die Witterung kann indefien, wie Kefigtl nie-
mand: alfo ift wohl in Anfehung des Auswinterns des
Getreides nichts zu thun? — - Ihre Wirkungen find frey-
lich unabänderlich: ob man aber ihren nachtheiligen Eol-
gen nicht zuvor kommen könne, ift eine andere Frage.
‘Und ich antworte: man kann ihnen allerdings fehr füg-
- lich zuvor kommen. Um diefes recht einleuchtend dar-
‚zuthun, mufs ich mich Barmen auf den Betrieb und
das Gefchäfte der Wurzeln in fo weit umftändlich ein-
laffen, als zu meinem Erweis erforderlich ft. . ..
Was den Thieren die Werkzeuge find, vermit-
tel: welchen fie die ‚Nahrung zu fich nehmen, . das.
find den Gewächfen die Wurzeln. Bey Thieren, die
von feften Nahrungsmitteln leben, nennt man fie den
Mund, F refswerkzeuge; die hingegen, welche zu ihrem
Unterhalt blos den Saft anderer Körper brauchen, haben
dazu verfchiedentlich geftaltete Saugewerkzeuge erhal-
ten. Von diefer Art find auch die Wurzeln der Gewäch-
fe: und wie mich dünkt, ‚fängt eben hier gewiflermafsen.
die Gränze zwifchen Thier und Pflanze an.
‚ Diefe Werkzeuge der Gewächfe imügen nun an ih-
.nen entftehen, wo fie wollen; fo find fie die Verlänge-
»rungen der Hauptgefäfse, oder derjenigen Gänge, wel-
"che den Nahrungsfäft führen Dies einigermafsen ‚ver-
ftändlicher zu machen, mufs ich anzeigen, dafs den
' Gewächfen eben fo, wie den Thieren, gewiffe abfon-
Lam derliche
ba
\
x ylrz
164 Op
derliche 'Gefäfse gegeben find, in alten re e dh einge-
fogenen Saft, nach ihrer Art, betreiben , zubereiten, al- _
len Theilen zuführen und anfetzen: mithin Nahrung und
Wachsthum nur durch fie und von ihnen herkömmt.
. Der erfte Anfatz zur Wurzel’befindet fich an jedem
Saamenkorn da, wo der eigentliche Gehalt derfelben,
‚mit diefen zuführenden Gängen feiner Mutterpflanze zu-
\ fämmen hing, als durch welche er bis zu feiner völli-
gen Reife genährt wurde, Aeüfferlich ift diefer Ort oft
"fichtlich, entweder blos durch eine Vertiefung oder
"Wulf, oder zugleich auch durch eine Farbe bezeichnet.
Dies ift der Nabel, den die Botaniker hilum, fo wie die
innere, diefem zunächft liegende kleine keilförmige Her-
vorragung, roftellum, das Schnäbelchen, genannt haben.
Da hier die Rede von den Saatpflanzen ilt: fo wird
es nothwendig feyn, den erften Trieb derfelben einiger-
mafsen zu betrachten. Wa
Durch diefen Theil des Saamens hatten die Saamen-
lappen der aufgehenden Pilänzchen ihre Nahrung bekom-
men. Sobald der in ihnen fo eingebrachte Vorrath durch
gehörige Feuchtigkeit und Wärme aufgelöft, in Bewe-
"gung kömmt, tritt er in flüfüiger Geftalt natürlicherweife
"vor allen Dingen hier ein. Das unterfte Ende des Schnä-
belchens gewinnt von diefem Antrieb wie eine dünne
durchfichtige Blafe, die man an der Spitze. jedes andern
eigehtlichen Würzelchens durch gute Vergröfserungs-
gläfer finden kann. ° Diefer ganze Theil des Saamens
verlängert fich, zumal in der Erde ‚„ immer mehr und
“mehr: anfänglich blos durch die aus den Saamenlappen
herunter tretende Nahrungsfäfte, in welchem Zuftand es
\ n noch
| ‚noch keine von dem Standort in fich ziehen kann. Hier-
inne liegt die Urfache des Verderbens, wenn ein ftarker
Froft die Saat i im Milchen trift. a
"Wenn nun der Saame, wie es feyn foll, gut unter
gebracht ift: fo giebtihm die überliegende Erde, vermöge
ihrer Schwere, einigen Widerhalt, durch den der Trieb
des Würzelchens genöthiget wird, mehr in die Tiefe zu
dringen, und fich um defto feiter' oder genauer an den
init der zukünftigen Nahrung: befchwängerten Körper
der Länge nach anzufetzen, und indem es fich in feinen
Zwilchehräumen duschdrängt, AN ‚Re? mit: ihm zu ver-
eikigen, Sa N
Die angehende Afuhzeii jeder Pflanze find anfing
ich nur einfach. Dielen as, aber ei Me nicht
iltungen; ; ztaal Vaiejenigen, Aelahe man KR
zu nennen ‚pflegt: Nicht allein'aber zieht das gedachte
blafenartige‘ Ende jedes Würzelchens den Nahrungsfaft
ein, fondern es kommen auch der Länge nach folche
kurze zarte Austriebe zum Vörfchein, deren Gegenwart
‚man aus den Erdgrümchen abnehmen kann, dieandie-.
fen Würzelchen. behängen. bleiben, wenn die Pflanze
ausgehoben und nicht ausgezogen wird, Will man fie
aber gehörig betrachten: fo mufs man ein gutes Ver-
‚gröfserungsglas zur Hand nehmen, Ihre Zartheit ift fo
ungemein, dafs fie, aufser der Feuchtigkeit, faft augen»
blicklich vertrocknen, Indem fich nun auch von diefen
jedes an ein Grümchen des Zwifchenraumes, ‘wo der
| Hauptftamm durchdringt, feft anfetzt,- wird die Verbine
dung der Wurzel mit dem Standort um defto felter,
E30 | Dafs
% j)
166 een
„ın' Dafs aber eine fefte Verbindung, oder unmittelbarer
genauer Anfatz diefer Saugewerkzeuge mit dem Kör-
per, aus dem’fie die Nahrung einziehen follen, ‚durchaus
nothwendig Tey; braucht faft keines Beweifes, indem.
uns die tägliche gemeinfte Erfahrungen. hiervon deutlich
genug überzeugen, , Es kann j ja kein Menfch, wenn ihm
das Vermögen fehlte, fich mit dem Munde der zu genief-
Senden Nahrung fo zu nähern, dafs er fie mit den Lippen
zu fallen im Stande ift, nicht einen Biflen Brod zu fich
nehmen, wenn er auch nur um einen Achtelzoll von die-
fem entfernt bleiben müfste; und wenn es etwas auszu-
faugen giebt, wird jeder willen, wie feft die Lippen auf«
| gefezt und angefügt-werden müflen. . So müfste die
Hausfliege das Stückchen Zucker, oder etwas anders,
wovon fie fich zu nähren hat, ungenoflen. laffen, wenn |
ihr auch nur der zehnte Theil einerLinie zum feften Auf-
fatz ihres Saugerüffels fehlte. Ueberhaupt gehört zum
Saugen eine fo vollkommen genaue und fefte Auflage,
oder Anfügung der Theile, durch die der. Transport, aus
einem in das andere übergehen foll, dafs nicht die Ian
defte Luft dazwifchen durch kann.
"Nun haben aber die Gewächfe das Werne ln
fich dem Nahrungsgegenftand, wenn ‚er entfernt wird,
mit fo behender Willkührlichkeit zu nähern, wie die
Thiere; auch fehlt es ihnen an Werkzeugen, vermittelit
welchen fie ihn an fich zu nehmen und zu befeftigen
vermöchten: wem könnte es alfo undeutlich feyn, dafs
ihr nährender Stoff genau mit den T'heilen verbunden
feyn müffe, durch die fie den Saft zu ihrer Nahrung in
Tich ziehen, m 1)
Es
# /
l
Es. ift jedoch ein blofses Berühren, Anliegen ihrer
Saugewerkzeuge oder Wurzeln an felbigem nicht hin-
länglich. Man ziehe oder he ebe vielmehr eine Pflanze mit
aller Sorgfalt aus ihrem Standort, und fpühle ihr vollends
auf | A allerbehutfamfte. die Grümchen Erde von den
Zäferchen ab, fetze fie unverzüglich wieder in eben den _
Boden mit aller möglichen Sorgfalt, um die Erde mit al-
len ihren Punkten in Berührung zu bringen; unddennoch
werden Blätter und weiche Aefte einige Zeit lang wenig-
| ftens hängig oder welkig, fchlaff feyn, was die Gärtner
nit trauren ausdr ücken, zumal, wenn die äuffere Luft
eine vermehrte Ausdünftung bewirkt. Denn die vorige
"Richtung der Zäferchen wurde doch verändert, zudem
hatten fie fich noch nicht gänzlich mit ihren feinften
Theilchen an die Nana hruckehen der Erde befe.
..Riget. * Ä
Hieraus, dünkt mich, fiehet man. nun, wie der Ge-
treidepflanze auch nur ein einziger Froftzug fchon zum
Nachtheil feyn kann, wenn ihm unmittelbar die aufthauen-
de Sonnenftrahlen folgen. Und um wie viel mehr, wenn |
diefes zu wiederholtenmalen gefchieht. Diefe Urfache
ift indeffen auch nicht die einzige, fondern die alfo, ver-
mehrte Ausdünftung den Tag über, trägt das ihrige eben-
falls bey, indem es der Pflanze aus nur erwähnterHaupt-
-urfache, am gehörigen Nachfchub des Saftes fehlt.
‚Ueberdem mangelt es ihr auch an einer eigenen fonder-
lichen Schwere, wodurch fie wieder in die durch den
‚Froft aufgelockerte Erde niedergedrückt werden könnte.
‚Die Wiederholung einer folchen Umänderung läfst ihr
nicht Zeit, fich mit ihren Saugewerkzeugen wieder ge-
u a Ä nauer
168. in
nauer mit der Erde zu vereinigen. . Sie mufs krank wer-
den: und kaum wird fie etwas von dem Toode und gänz-
lichen Untergange retten, als eine Laft Schnee,\.die über
fie herfällt, wenigftens einige Tage liegen bleibt, und
dann gemächlich, ©hne ftarken Regen, oder fehr war-
imen Sonnenfchein, fich gleichfam verliert.
Wenn aber auch das Frühjahr mit dergleichen wit.
terung und ihren nachtheiligen Folgen für die Winter-
faat eintritt: fo wird man doch nie finden, dafs diefes
Verderben auf einem Acker, Pflanze für Pflanze betroffen
habe. Was rettete alfo die übrig gebliebenen, da doch
die verderbliche Urfache allgemein war? |
Ohnftreitig waren ihre Körner vermittelft der Beh,
tiefer als die andern untergebracht worden. Befchwert
alfo von dem über ihnen liegenden Erdreich, hatten die
Wurzeln um defto tiefer gewuchert und fich um defto
fefter angefezt, als dafs fie der Froft von ihrer Vereini-
‚gung ganz losgewältigen konnte. Und eben hierinne‘
liegt eines Theils des Landmannes Vermögen, zu verhü-
ten, dafs feine Herbftfaat nicht auswintert,
Er wird alfo wohl thun, wenn er bey Beftellung Ä
feiner Felder zu diefer Saat darauf bedacht ift, fie fo zu-
zurichten, dafs die Wurzeln auch tief genug dringen
können, und dann den ausgeftreuten Saamen vermittelft
derEge gehörig unter zu bringen oder gut zu bedecken:
diefes gewährt ihm zugleich auch Sicherheit vor den Räu-
bereyen der Vögel, Mäufe u. dgl, Gleichwohlikann
auch fo immer noch vieles nicht nur für diefe Thiere
flach liegen bleiben, fondern das auch den nachtheiligen
Folgen gedachter Witterung unterworfen ift. '
Das
"Das allgemeinfte und ficherfte Verwahrungsmittel
wider die erwähnte unverhinderliche Urfachen und Wir-
„kungen der Frühjahrswitterung zum Nachtheil des Ge-.
treides ift demnach wohl eine zeitige Beftellung der
‚Winterfaaten, ‚denn fo wuchern die aufgegangene Pflan-
‚zen mächtiger und tiefer mit ihren Wurzeln, als dafs
' Ihnen hernach im Fr ühjahr die Abänderungen vom F roßt.
und Sonnenfehein macen könnten.
"Das 1783 Verflöffätte Wirthfehaftsjähr war ein de
licher, gleichfam tedender Beweis hiervon. Die Nacht-
fröfte dauerten weit ins Frühjahr hinein, ohne Bedek-
kung von Schnee, und den Tag über fürtreflicher Son-
nenfchein ‚ das uns alles für den Wohlftand der Winter-
faaten fürchten liefs, und dennoch hatten fie Bat nicht
Bo gelitten,
Was war die Urfache ? gewils keine andere, als
ah die Pflanzen durch die eben fo lange in den Wi inter
hinein "anhaltende Herbftwitterung um defto mehrere
und tiefere Wurzeln hatten fehlagen können. Und ich
glaube, wenn diefes nicht gefchehen'wäre, die anhalten- _
de Dürre des Sommers hätte äuflerft üble Folgen für ir
| Ertrag diefer Feldfrüchte gehabt. |
In ae niedern Landesftrich ftand das Getreide
im Frühjahr fehr fchön: die aber aus dem untern fächR-
fchen Gebirge zu uns kamen, verficherten einhellig, dafs
der Getreideftand bey ihnen gleichwohl noch vorzügli-
‚cher fey. Ohnftreitig blos daher, weil der dortige Land-
man ich wegen der gewöhnlich zeitiger einfallenden
| En 9 Kälte,
ui
Kälte, fo zeitig, als nur immer feyn kann, feine Einfaat
macht. “1 u |
Vielleicht, dafs man diefer Ba: das Veber- e
wachfen entgegen fetzen möchte, zumal wenn die
‚ Herbftwitterung fchön und lang anhaltend it. Litte, u
die gegenwärtige Abhandlung die nothwendige Weit-
läuftigkeit, bey der noch obwaltenden beträchtlichen
Fintternifs um die gründliche phyfiologifche Kenntnifs
der Gewächfe: fo könnte ich es aus unwiderfprechli-
chen Gründen, erweifen, wie man durch die wirthfchaft»
liche Handlung, die man fchröpfen nennt, nicht al-
lein diefs Beforgnifs tilgt, fondern fogar eine Korn- |
eriparnifs bey der Ausfaat veranlafst. Es mag, alfo hier
nur bey ein paar Erfahrungen fein Bewandnifs haben.
Ein Freund, der fich verfchiedene Jahre in. Turin
aufgehalten und auch in der dortigen Landwirthfchaft
umgelehen hat, erzählte mir unter andern: Man fie
‚ dort alles Wintergetreide fo zeitig, als nur möglich,
aber bey weitem nicht fo dichte, als hier: und das
zwar darum, es zum Futter für das Vieh den Herb
über zu fchröpfen, wobey es ich ausnehmend be- \
ftocke.
Ein hiefiger Wirthfchafter hatte unter den man-
nigfaltigen Saamen, defien junge Pflanzen er zum Fut-
ter für fein Vieh, ‘als Gemang beftimmt hatte, zufälli-
N gerweife auch einen Theil Winterkorn genommen,
Er benutzte den ganzen Sommer über, bis im Herbft, das
Beet zur beftimmten Abficht. Im, nachfolgenden Früh-
jahr
‚178
Jahr wurde er gewahr, dafs fich die Kornpflanzen aufser-
ordentlich beftockt hatten, und überliefs deshalb alles
"=, der Natur. Ich habe an diefen Stöcken felbft zu. dreyfsig
und mehreren Hälmen mit vollen ‚nachgehends überwich-
tigen Aehren gezählt. ei
Fe erkusl erhellet alfo deutlich, wie der Landwirth-
fchafter durch eine möglich , ‚zeitige Beftellung feiner
Winter faat, ihr Auswintern nicht allein am ficherften ver-
hindern, fondern auch, wegen der ftärkern Beftockung |
‚ihrer Pflanzen, fogar eine Erfparnifs an den auszuftreuen-
‚den Körnern’n machen könne, |
LK}
172 ———
> ee |
aan
Bemoofen der Bä
aume,
‘in wie weit h vo KERHERn
es ihnen fchädlich il. 0
(Eine Vörlefung in der allgemeinen Verfammlung
der Leipziger ökonomifchen Gefellfchaft. Jubi-
late-Melle 1783.)
P2
Aıs die hiefigen Miiglieder der ökonomifchen Gefell-
{chaft bey dem Herrn Generallieutenant Grafen Vitzthum
vonEckftädt gegen das Frühjahr zufammen kamen, brach-
te mich die Jahreszeit auf den Gedanken der Bemoofung
. der Bäume; ; und ich war damals fehon Willens, meine
Meinung hierüber in einem kleinen Auffatze vorzutra-
gen. Gewifle dringende Arbeiten aber hinderten mich
an der Erfüllung meines Vorhabens, und ich verfprach,
es bey gegenwärtiger Gelegenheit zu thun, Beynahe
follte ich indeffen bey mir anftehen ‚ eine Verfammlung |
von fo verehrungs -, fo hochachtungs - und einfichtsvol-
len Männern, als ich hier gegenwärtig fehe, ‚auch nur
den geringften Theil der, Zeit über von Gegenftänden zu
unterhalten, die fo unangefehen, fo geringfchätzig, Non R\
\jeht in vieler Augen fogar verhafst find,
Wer
er a
‚Wer fieht diefe Gewächfe gerne irgend in feinem
nach der Natur oder Kunft angelegten Garten an feinen
'. „Bäumen, auf feinen Wiefen undGrafeplätzen? Sie haben
‚zudem weder im Ganzen, noch in ihren Blüthen etwas
anzügliches für unfere blofse Augen, nichts für den Ge-
‚fchmack und Nahrung des Menfchen, nicht einmal des
'‘Viehes! Man fiehet die Bäume mehrentheils kranken a
"die am häufigften von ihnen befetzt find; derBoden, wo
‚fie in Menge vorhanden find, A Da fie
alfo diefe Gebr echen des Bodens und der Pflanzen, wie
"man gemeiniglich glaubt, verurfachen; da fie zudem für
"unfere Sinne nichts anzügliches haben: fo thut man
doch wohl Recht, wenn man fie mit geringfchätzigen
Augen anfieht ?-wenn man fie hafst? wenn man fie über-
"all gleich wegkratzt, und,-wo es nur möglich wäre, fie
"gänzlich zu tilgen und auszurottertrachtet?
Könnte und wollte ich mich hier auf das Ganze ein-
laffen : fo follte mir es nicht fchwer fallen, handgreiflich
darzuthun, wie Unrecht man hierinne diefen Gefchöpfen,
gröfstentheils wenigftens, thut. Sollte der Werkmei-
fter, deflen göttlich tiefe Weisheit und unbegreifliche
Güte fich jedem, der als Menfch diefes fo unerforfchlich
mannigfaltige Werk feiner Hände, die prächtige Natur,
auch nur nach der Oberfläche der Dinge betrachtet, fo
deutlich zu erkennen giebt, follte diefer Gott fo _viele
Arten von Moofen zum Verderben der Mitbürger des
‚ Naturreiches und zur Plage der Menfchen gemacht ha-
4 ben? — Und um diefes Verderben, diefe Plage zu ver-
“ gröfsern, fie eben mit der erftaunlichen Menge von Saa-
RS men
2 PER, OR
men und ihrer Verbreitungsfihigkeit, die MER IE
verfehen haben? — |
Schon diefes räumt en mit einer wirklich geläuter-
ten Vernunft nicht zufammen. Und wären fie, diefe un-
angefehenen Moofe nicht, wie viele Wälder würden
nicht feyn, das nicht feyn, auch nicht fo feyn, was fie
find und wie fie find. Wie viele für Menfchen und Vieh
‚gedeihliche Kräuter würden wir entbehren müflen? Vie-
‚le Berge und Felfen würden nicht zu fo nutzbaren Wei-
‚den, und viele Sümpfe und Moräfte zu den fchönen er-
‚giebigen Wiefen gediehen feyn, als fie es, nun find. —
Kurz, eine Menge andere Vortheile in der Oekonomie
würden uns, wie der ehemalige, fürtrefliche Naturfor-
fcher Gleditfch bereits weitläuftig dargethan hat, fehlen,
wenn die Moofe nicht wären. Und was ihre Schönheit
betrift: fo übertreffen fie hierinne in Wahrheit viele der
gröfsern Pflanzen um fo viel mehr, da, wiebekannt, der
‚göttliche Werkmeifter der Natur in das Kleinere, nur
mit gewafneten Augen recht zu betrachtende,, mehren-
theils weit mehr Kunft, weit mehr Schönheit; als in das
Gröfsere gelegt hat; ohnftreitig um dem Weifeh auch
hierinne eine deutliche Anzeige zu geben, wie fehr‘
fchön vollends das feyn werde, was-kein fterbliches
Auge jetzt irgend auf eine Weile zu Ishen und zu be-
trachten vermag. Vet.) YA
Wie indeflen in der hiefigen endlichen und verwes-
lichen Natur nichts fo fchön, nichts fa gut und nützlich
it, das nicht auch zu fchädlichen Folgen Gelegenheit
geben könnte: fo würde es ganz ungeräumt feyn, wenn
man die Moofe durchgängig ganz und gar hiervon aus-
I h nehmen
—.
De 175
nehmen Weihe Ob fie aber überhaupt an den Bach
insbefondere den Obftbäumen, Selbftfchuldner der übeln
Umftände find, in welchen man diefe von ihnen befez- !
ten Bäume antrift, oder ob fie es nicht find? und wenn,
fie einige Schuld daran haben follten, in wie ferne man
fie ihnen beymeffen kann? ift es, was ich gegenwärtig
darzuthun fuchen werde,
' Der Menfch hat vor allen (ebenden pellknäreh: Ge-
fehöpfen eine vernünftige Seele erhalten: und Kraft die-
fer hohen Gabe ift es ihm Pflicht, alle Vorfälle in dem
Leitfaden zur Brkenntnifs eines höchtt weifen, gütigen
und allmächtigen Wefens, dem allen offenen Zeugnifs
wider die Leugner oder Verächter eines anbetungswür-
digen Gottes, in der Natur genau Achtung zu geben, fie
zu betrachten, und diefe Vorfallenheiten, fo viel nur
möglich, richtig zu beurtheilen. |
Das erfte, was in Anfehung der Bemoofung der
Bäume, um der Deutlichkeit willen, vor allen Dingen
‚ nöthig feyn wird, ift, dafs ich den noch immer fchwan-
kenden Begriff Moos einigermafsen aus einander fetze.
"Man hat ehemals unter diefer Benennung alles dasjenige
angedeutet, was fich auf der Erde, auf den nackten Fel-
fen, den Dächern, Mauern, an’ den Bäumen, im Waller
und Sümpfen von kleinen oder fonderbaren Pflanzen be=
fand, an welchen man oft keine Wurzel, keine Blüthen,
nichts von Früchten gewahr werden konnte. Und wenn |
"man auch bisweilen kleineKnöpfchen, vollvon äulsertt fei-
‚nem, dem Staub gleichen Pulver, Schüffelchen und derglei-
chen vom Pflänzchen felbft unterfchiedene Theile fah, doch
nicht wufste, was man daraus machen follte; weil fe
EM: all gar
er
gar keine Uebereinkunft mit den Befruchtungstheilen
oder Früchten anderer Pflanzen zu haben fchienen. Die-
fes ift auch noch der gemeine Begrif, indem fogar die
Gewächsforfcher feit nicht fo gar langer Zeit erft einzu-
‚fehen angefangen haben, dafs er viel zu weitichweifig
genommen fey. Linne theilte fie daher in Moofe, After-.
moofe und Flechten ein.
Eigentliche Moofe find N die einen Sam)
Veräftungen und Laub, gleich andern Pflanzen, haben.
. Aftermoofe hingegen, die zwar aus einer Art von
Laub beftehen, aber nicht fo wie andere Pflanzen ver-
'äftet find, und auch gemeiniglich keinen dergleichen ai)
- Stamm haben, fondern ihr Anfehen ift gleich einem mehr
oder weniger getheilten Blatt, oder der Gehalt von Blät-
tern it wie fchwammig. - Diefe werden gemeiniglich
Leber- und Lungenmoofe genannt. /
Endlich gehören die Flechten gleichfam auch
unter die Aftermoofe. Weil fich aber ihrer viele nur
wie ein etwas erhabener Schurf, bisweilen auf derErde,
- :mehrentheils aber ‘an der Rinde der Bäume, nach und
nach ausbreiteten, daher das Anfehen eines gewiflen Aus-
fchlages am ‚thierifchen Körper hatten: ee nannte man fie
Flechten. | |
Eine etwas eiscneliahen und 1 Natur der Sache
angemeflenere Eintheilung würde feyn, dafs man die
mit offenbar ftäubenden Behältniffen verfehene, 'eigent-
lich Moos nennte, und fie in Laub- und Leber-
moofe eintheilte; die übrigen aber Lun le
zen und Flechten nennte.
Wie-
Pe
\
Wiewohl fich viele arten N lediglich auf der
Erde aufhalten, und urfpr ünglich aus ihr die Nahrung zu
üch nehmen :.fo halten lich ihrer döch mehrere, zumal
an den Hleohten und Lungenpllanzen, auf unwirthbaren
„Rt elfen und St teinen, Dächern, Bäumen, Sträuchern auf.
Da man nun im leztern Fall, ‚diejenigen nämlich, welche
fich an der Oberfläche der Baumgewächfe angefezt ‚hat-
ten und da lebten, in Verdacht nahm, dafs fie i ihre Nah-
rung aus der Rinde, wo fie fich befanden, einfaugen: fo
zählte man fie unter die Schmarotzer, oder folche Pflan-
zen, die, wie unfer Mittel (Vifcum elbum), das Frauen-
haar (Cufeuta euröpacra) u, a. m. ihre Nahrung von dem
zubereiteten Saft anderer Gewächfe in fich ziehen. Wie
Karat ‚aber.diefes von den Moofen "und andern dahin ge«
. rechneten Pilanzen, gegründet fey, wird nachgehends
von felbft erhellen.
‚Die Gattung und Art derfelhen mag indeffen feyn,
welche es will: fo haben fie allefamt, wie die andern
Gewächfe, ee beiderley Ge-
fchlechts. Sie zeugen alfo und vermehren fich, gleich
andern Gewächfen, durch ihren eigenen Saamen.
Diefer Saame hat aber das befondere, dafs er von
allen Gattungen und Arten dem feiniten Staube gleich it.
ı Erbedarf alfo der Flugwerkzeuge nicht,die der weifeSchö-
y pfer vielen Saamen der anerkannten heilfamften Gewächs-
‚arten gab, um fich weit umher ausbreiten zu können.
Er ift fo fein und fo leicht, dafs ihn die trockene Luft
wie weit mit fich fort führt. Ich fage, die trockene
j Luft; | denn die Saamenbehälter faft aller bekamen’ von
. derHand ihres Stifters die Women dafs fie fich, auch
M | nur
1
178 |
nur bey feuchter Luft entweder nicht aufthun, oderwenn
fie fich auch fchon geöfnet hätten, doch wieder fo ver-
fchliefsen können, dafs die Auskunft der Saamen Hicht:
möglich ift. |
Da nun diefer Saame fo äufserft klein und fein if,
dafs auch das fchärfite, aber unbewatnete Auge nicht
vermögend ift, ein einzelnes feiner Körnchen zu entdek-
ken; da diefemnach feine Schwere fo äufserft gering
feyn mufs: fo ift daraus offenbar, dafs ihn die Luft,
gleich Sonnenftäubchen,, überäll mit fich führt; dafs er
in der geringften Unebenheit der Oberfläche eines Kör-
pers einen Raum findet, wo er fich,, gleich dem Staube,
verhalten kann.
Wem ift es aber nicht fogleich einleuchtend, dafs
ein fo erftaunlich kleiner Saame fchr leicht ganz ausge-
trocknet und zum Aufsehen völlig untauglich gemacht,
auch von einem neuen Stofs der Luft wieder weiter ge-
führt werden kann? Und in wie weniger Zeit mufs nicht
vollends die offene Sonne dem ungemein kleinen ‚An-
kömmling in diefen Sämchen, durch ihre ni, und
Austrocknung das Garaus machen.
In allem diefen liegt auch die Ur fache, warum man
felten einen im ganz freyen einzeln ftehenden Baum fon-
derlich bemooft antrefifen wird; und warum die Bemoo-
fung der Bäume fürnämlich die 'Mitternachtfeite hält.
So läfst fich auch daraus abnehmen, warum fich in ftets
befchatteten und feuchten Often die inehreiten Moofe
aufhalten oder zum Vorfchein kommen. |
Der kleine geringe Saame der Moofe kann alfo in
jedem kleinen Ritzchen, jedem vertieften Pünktchen der
! Rinde
Rinde behangen bleiben. Nicht allein aber wird. diefer
> Saame in den mehr oder minder ftarken Bewegungen
der Luft herum getrieben, fondern auch der ihm gleich
leichte und feineErdftaub. Beide können folglich in ein
und eben der Unebenheit zufammen kommen.
Bleibt er da von en Verderben der Austrocknung
befreyt, und erh: ält wenigftens nur fo viel Feuchtigkeit,
als zu feinem Aufgehen erforderlich ift; fo kommt fein
durch die Befruchtung erhaltenes Lebensvermögen in
Bewegung, und der ungemein kleine Embryo beginnt.
feine von diefem abhangende Würkungen. Er treibt,
wie alle Gewächfe, in diefem Zeitpunkt ihres Dafeyns,
erit das Würzelchen; oder er ftreckt fein zartes Sauge-
werkzeug erft nach Nahrung aus, und gelangt nachher,
‘bey günftigen Va zu feinem vollkommenen
Wachsthum.
Die Pflanzen diefer Art reifen nicht nur, wie am
gewöhnlichften die andern, ihre Saamen im Herbit, fon-
dern auch fehr viele zum Frühjahr. Diefe leztere Jah-
reszeit aber ift befonders den Stürmen unterworfen.
Folgt nun den hellen ftürmifchen Frühlingstagen ein an-
haltendes fanftes Regenwetter: fo kann der aufmerkfame
Beobachter oft ganze Schäfte, ‚auch junger glatter Bäu-
me, mit einem Grün um und um belegt fehen, das le-
diglich von den aufgehenden Moofen herkam, weil zu-
. gleich mitihren Saamen auch die umhergetriebene Flug-
erde vom fanften Regen gleichfam angeklebt wurde,
welche aber der darauf folgende immer wärmere Son-
nenfchein,. zumal von der Morgen- und Mittagsfeite,
N RR gänz-
go sem
‘gänzlich und defto leichter'verdirbt, weil fie wegen der
glättern Rinde weder Anhalt, nu Nahrung genug be-
‚ikommen)können. | N... aa
Man fieht alfo, dafs eine rumzlichte,, fchäbige und
Kiflig ze Rinde, nebft nur erwähnter günftigen Witterung
und Richtung, dem Bemoofen der Bäume um defto be-
för derlicher feyn müfle, je mehr Flugerde fich in. diefen.
ihren Vertiefungen erhalten katın.
Daher kömmt es denn, dafs man alte fchäbige Bäu-
me init den mehreften Moofen behaftet antrift. i
Es verhält fich auch mit der Oberfläche der Ge-
wächle auf eine älmliche Weife, wie mit der des Men-
'Tchen und aller 'Fhiere, dafs fie durch das Alter uneben,
runzlicht, und bey diefen belonders rilig wird. Wie
aber der Menfchen und Thitre Alter nicht auf die Zahl
ihrer Jahre ankömmt, fondern bekanntlich unter den
Menfchen, dem äuiserlichen Anfehen nach, diebzigjähri-
ge Jünglinge, oder w enigftens junge Männet, aber ‘auch
zwanzig, dreyfsig-, höchftens xierzigjährige 'Greife
üind; ein elend gefüttertes , und vor jeinem zweyten,
wo nicht erften Lebensjahr an, erbätmlich im Dienfte
geplagtes Pferd, längitens in der Hälfte feiner Pferde-
fahre, viel dürftiger ift und älter ausfi eht, als em ge-,
mächlich gebrauchtes und gut gefüttettes Rois kaum,
wenn es das hohe Pferdealter von fünf und zwanzig und |
einigen mehrern Jahren hat: fo giebt es auch unter den
perenkirenden Gewächfen, oder den Obftbiumen, auf Ye
die ich mich hier eigentlich eeinfchränke, junge fehäbige
Krüpel, ob fie gleich'von einer guten Art abftammen,
und fchüne, glatte, bejahrte Stämme, je nachdem der
Boden, --
Boden, von dem fie fich nähren len, und die Pat ih-
res Standortes befchaflen ift.
Um nicht zu weitläuftig zu werden, will ich mich
hier nicht dabey aufhalten, woher die vorzeitige Veral-
v
tung derObft- und anderer Bäume herkommt; vielleicht;
SR ich mir ein andermal Gelegenheit nehme, ausführ“
lich davon ZU reden. Weil man indeflen diefe oft am
hänfie ften mit Pflanzen befezt angetroffen hat, die unter
.. dem allgemeinen Namen Moos angezeig ‚t werden: (6)
{ gab diefes zu der Meinung Gelegenheit, dafs eben die
von der Art des Baumes entfremdete Pflanzen, die Ur-
fache von ‚dem mindern Wuchs B, Kränkliehkeit und vor-
zeitigem Alter des Baumes fey, weil fie ihm durch ihre
\ Wurzeln den Saft benehmen, den er aus’dem Standort
zu feinem eigenen Bedürfnifs eingefogen hatte. ET
W enn diefes fich fo verhalten follte, dafs die Laub-
und Lebermoofe, Eungenpflanzen und Flechten fich,
‚von dem Safte des ‚Baumes nähren, an dem fie fich be»
finden: fo mäfsten ihre Wurzeln. wenigftens bis in as
| feinen Gefifse feiner Rinde dringen. |
| Zu kingnen ift es zwar nicht, dafs deren welche
find, die mit dem obern: Häutchen eine fo fefte Verbin-
dung haben, dafs man fie kaum, ohne Verletzung defiel-
ben, ablölen kann. Ja es sieht fogar welche zu diefen.
\ Gewächfen gerechnete, die das Oberhäutchen zerfpren-
N ‚gen, alfo aus der Rinde felbft zu kommen fcheinen, „da
Kl Her fie Einige unterhäutige Flechten ( Lichenes fubeuta.
\neos) genannt haben,, von den neueren aber zu Kugel-
‚ pflanzen (Sphaerjae } gemacht worden find. Deren find
„aber | in der That, zumal wenn man das Aechte von dem
Ma Un:
ee . —
Unächten abzurechnen weifs, eben nicht fo gar viele.
Daher es denn um defto weniger zu läugnen iit, dafs
diefe leztern befonders, in wie ferne fie wirkliche frem-
de Bewohner ganz friicher lebendiger Bäume und de- _
ren Aefte find, fie allerdings nicht © nachtheilfrey a |
könnten.
Es ift indeffen eine ganz andere Frage, ob die an
den Bäumen unter dem allgemeinen Namen Moos be-
findliche Gewächfe, die Grundurfache vom Erkranken
‚des Baumes find? oder, ob diefe Bäume nicht würden
krank geworden feyn, wenn die Moofe auch nicht zu
ihrem Aufenthalt an ihnen gelangt wären ? und eine ganz
andere, ob fie feiner bereits vorhandenen Krankheit oder
Gebrechen ferneren Vorfchub thun? Hierzu fetze ich j
noch: ob, wenn diefes ift, fie es durch fich felbft, oder
vielleicht nur zufälligerweife thun ? ' ;
.... Diefes gehörig auseinander zu fetzen und zu erör-
tern, mufs ich nun erft von den Wurzeln diefer Gewächfe
reden, und einen.gewillen Umftand erwähnen, der fich
bey ihnen mehrentheils ereignet. ‚Sie haben allerdings
diefe Werkzeuge faft alle, und zwar meiitens in fo grof-
fem Ueberflufs, als man es fich kaum von ihrer Gröfse
vorftellen follte. So ftark und fefte aber find fie nicht, -
dafs fie in die Rinde der Bäume eindringen follten: oder
vielmehr, der Trieb diefer Pflanzen ift fo gewaltig nicht,
dafs fie mit diefen ihren Saugewerkzeugen in viel feftere
Körper, als fie find, hinein zu kommen vermöchten.
Verfchiedene von den Moofen, die fich an den Bäumen
aufhalten, leben auch auf den dürren feften Steinen und
Felfen. Diefe Felfen, diefe Steine haben keine faftfüh-
rende
,
: | |
pP)
rentle Ader n, von welchen fie fich nähren alien Und
wenn ie diefe auch hätten, wer. wollte doch glauben, |
dafs fie. ihre F eftigkeit zu bewältigen im Stande wären,
da dem eröfsten Baume das Vermögen fehlt, feine zarte
Saugefaler nin das F eite des Gefteines hineinzu zwingen.
‚Wie leben, wie erhalten fich denn aber diefe Ge-
ı auf einem für alle Bürger diefes Reiches fo un-
wirthbaren Standor! t, als der nackte Stein, der ganz ent-.
blöfste, Fels it? — Ich habe vorhin dargethan, dafs ihre
taubfeinen Saamen zugleich mit der feinften Flugerde in _
die mehr oder minder beträchtlichen Vertiefungen durch
den Wind eingebracht werden, und fo >) en
uud glinfiger Witterung aufgehen.
Die Blätter aller Laubmoofe hängen nicht N !
eines Stielchens, wie z. B. die Blätter der Obft- oder an-
derer Baumarten, mit dem Theil, worauf fie fıch befin-
‚den, zufammen, fondern fie fitzen mit dem untern brei-
ten Theile am Stamm und Acften, wenn er in welche
vertheilt it, an. Die fetten Lebermoofe haben eine un-
| ebene Fläche; der Rand ihrer Ausbreitung ift erhaben,
und wie mit kleinen Härchen befezt, Noch mehrere
Solche Färchen befinden fich auf den lockern Lungen.
er moofen; ja ihre ganze Oberfläche it wie mit einer feinen
\
|
|
Wolle belegt, daher eben die Verwandlung vieler,von
unangenehm weilslichter, afchgrauer,. brauner F arbe, in
‚Grün entiteht, x wenn fie nafs werden. Ueberdies wird
man felten ein Moospflänzchen ganz allein antreffenz
mehrentheils find ihrer ichon vom Anfange mehrere bey-
Jammen. ‚ Und was die Laubmoofe befonders anhetrift,
do ikt auch der Stamm der inehreften mit Blättern befezt.
MAN, a Aus
4
“
N
.zwifchen diefen Fflänzc}
Aus allen diefen Umftänden erhellet, wie leichte
die i in der Luft herumgetriebene feine Erde fich an und
unter diefen Pflanzen verhalten kann, die ein fanfter ‚Re-
gen befeftiget; nachmalige Winde wieder andere her-
zubringen, die durch den darauf folgenden Regen aber-
mals befeltiget wird u. f. £.- Nimmt man bierzu die
noch von neuem hinzukommende und aufgehende Saa-
men, wie denn oft in ein und eben dem kleinen Raten
auch mehrere Arten unter einander gefunden werden:
fo fieht man, wie durch dergleichen Abänderungen,
nach und nach der fefte, von Gewächfen unbewohnbare
Fels, zu einem auch von weit gröfsern und beträchtli-
‚chern befezten Platz werden kann, als die Moofe find,
Wer fich von dem erften Anfang diefer Berafung der
Gefteine, eines Felfens, überzeugen will, der mache
nur ein kaum anderthalb Zoll im Durchmefer betragen-
des Häufchen Moos von daher ab: fo wird er die ver-
hältnifsmäfsige Menge Erde offenbar fehen, die fich
hen sefammelt hat, und fie an
den von ihren Wurzeln undurchdringlichen Körper ber
felligte, | : Sr
1
Eben diefes gefchieht auch dann, wenn die Moofe
an den Bäumen anfitzen. Dafs aber ihre Saamen fich
.nebft der Flugerde an'ihren Stämmen und deren Ver-
theilurigen verhalten können, müflen doch erft Uneben-
heiten, die Vertiefungen und Ritze oder Spalten in der
Oberfläche der Rinde vorhanden feyn. Gleichwohl aber
fcheint es nicht, als ob die Bemoofung der Bäume, auch
bey günftiger Witterung, allein hiervon abhänge. Der
I fo
(
= 185
fo'zarte ‚als leichte. Saame ‚diefer Pflanzen fliegt allent-
{9 EN un N . y - 5 Re !
‚halben herum: und doeh wird man in ein und eben dem
Garten alte fchupige Bäume finden, die über ihre ganze
"Oberfläche frey von. diefen Gäften find; da hingegen
en, und ‚vielleicht viel jüngere, minder runzlichte
oder fchupige, deren mehrere beherbergen, Schon die-
fes läfst uns’ mit Grund vermuthen, dafs Bäume, an
denen die fogenannten Meospllanzen behaiten follen,
bereits eine kränkliche Anlage in ihren flüligen und.
feften Theilen haben müflen : oder dafs der Zuftand der
„Rinde und ihre Ausdünftungen fo eingerichtet find,
dafs: fie dem Aufgehen ‘der Moosfaamen Vorichub
- thun.: a N
Und wenn re a nicht wäre: fo if
nichts Bewilfer, als dafs fich die Moofe an den Bäumen
‚keinesweges vonihrem Saft ernähren, undalfo ihre Wir- "
the, für die gütige Herberge, fo übel belohnen. Viel-
leicht thun fie i ihnen. gar mehr Güte, als man bisher ge-
glaubt hat. ı _ Ey | Ss
Keine unter dem Namen Moos insgemein verfan-
. dene Pflanze, die fich an den Bäumen aufhält, hat, ge-
gen ihren Standort gehalten, eine fo gar beträchtliche
Gröfse. Um defto leichter wire fie alfo von dem Bau-
me.ftets in einem faftvollen Zuftaude zu erhalten, wenn
‚diefer N von feinen Säften verforgen und Jernähren
m ikfste. Man befehe aber diefe Moofe und befühle fie
am a zweyten, oder hüchitens Gritten trockenen
Tage: fo wird man aus ilırem dürren Zuftand, wenn
man. anders vorurtheillos ift, mit Veberzeugung abneh-
| N a Mas Men,
136. | N ia
men, dafk fich diere Eilöhzöhen vom Baume nicht fo näh-
‚ren und ihn faftlos machen, als man fie bisher im übeln
Verdacht hatte; folglich hierdurch keinem Baume auch
nur den Schaden zufügen.
Ja die Laubmoofe befonders, a wie ich a
und aus Veberzeugung glaube, als eine wohlthätige
Anordnung Gottes auch zum Beften der Bäume anzufe-
hen; nämlich, ihnen von der Krankheit, die fie fo vor-
zeitig alt machte, zu helfen, I
Dafs die Moofe die mitfernächtliche Seite der Bäume
wider die rennende Kälte im Winter Ichützen, haben
bereits andere mit gutem Grund erwiefen. Man weils,
dafs lich aus der Stärke und Schwäche der Zirkel eines
quer dur chfchnittenen Stammes, auf die feucht und trok-
‚ kene Jal ıre fchliefsen läfst; dafs man fogar aus diefen
u am unbewegt noch ftehenden Stock, die Him-
meisge genden N abnehmen kann. Die höchften
Grade der Hitze una die höchften Gr ade der Kälte haben
einerley W ürlct ng. Wenn wir nun die in ihrer Jug end
veraltete und bemopfte Obftbiume unterfuchen, und auf
ilıren Standort genau Achtung geben: fo werden wir
finden, dafs fie fich nicht gehörig genährt hatten, ent-
weder. weil fie auf einen Platz zu ftehen kamen, wo fie
nicht fo viel oder {0 zuträg gliche Nahrung für fich fan-
den, als fie vorhin hatten; oder, im Fall auch keine
Ortsveränderung vorgenommen worden, nicht mehr
hinlänglich nähren konnten. ‚Der freye Zugang der
Luft hält erfi den häutigen Ueberzug an. Weil der Saft
| Ä aus
_ ER
|
ee | 187
/
aus ‘Mangel an und für fich oder feiner AEARHEBRE,
nicht fo lebhaft betrieben werden konnte: fo blieben die
für ihn beitimmten Gefäfse um delto enger, yerhärteten
fich um defto eher zu Holz. Diefes mufste den jungen
Stamm krank. machen. , Ohne fich fonderlich verdicken,
und .das äufsere Häutchen ‚Jugendlich glatt halten zu
können, wurde es vielmehr von Hitze und Froft und
allen Arten von widrigen Winden muigezogen und un-
eben. Die Moofe legen fich ein, und der kranke Zu-
ftand des Baumes gab ihrem Aufgehen um defto mehr
Vor fchub. i VE
Hätten fie ihn ganz um g um dichte überziehen
können: fo wäre es befler für ihn, oder vielmehr für
feine Getäfse gewefen. Sie würden ihn vor der diefem
Wuchs befonders fchädlichen Hitze, Kälte und fchalen
Winden befchützt und fanfte gehalten haben, dafs der
fchon mifsliche Trieb, und verfchiedene davon abhängen-
de innere und äufsere Gefchäfte der Gei wächfe,, doch fo
immer befördert und verbeflert werden konnten. Und
ich glaube, dafs diejenigen, die in ihren Gärten das
Uebel bemerken, dafs ihre junge verpflanzte Bäume ger-
ne, wie man zu fagen pllegt, verputten und bemoofen,
befler thäten, wenn fie den ganzen Schaft derfelben, be=
‚fonders zum F rühjahr, mit Laubmoos umbänden..
Wie mich dünkt, giebt uns hierzu das Verfahren
der Kunftgärtner eine deutliche Anweifung, wenn fie in
den Treibhäufern im Winter. Obi erzielen wollen, wo
die Schäfte vom Regen nicht befeuchtet werden: oder
wenn fie kranke, ja von Aeften und Wurzeln entnom-
-
> | \ mene
{
'tender feuchten Witterung, leicht eine Fäulnifs entfte-.
r\
-
mene Örangerieftämme in ein fo genanntes Lazareth\
"bringen. Sie umwinden den Schaft mit Laubmoos, gief-
fen diefes bisweilen an, damit die in der Rinde und unter
derfelben gelegene Gefäfse um . defto gemächlicher ge-
halten, damit die Bewegung der Säfte nicht dureh zu
vie! Wärme oder Kälte unterbrochen, fondern vielmehr
befürdert werde. \ Ä
7
Es om alfio das Moos die Bäume nicht krank, und:
if ihnen nicht anders nachtheilig, als wenn fie durch
ihre Wohlthat nicht zu verbeflern find, und fich .die Erde,
durch den zu langen Aufenhalt, zu fehr zwifchen den-
felben anhäuft, wodurch allerdings. hernach, bey anhal-
hen kann.
1,
a
N
Beantwortung
Hier die a N
ec. mit Quellwaffer, |
und der Urfache
N des Mehlthaues im Gecreid
\
—
t Ei % S : ü | } «
N Her Arthur Young in England, hat die hiefige öko: °
nomifche Societät um dieBeantwortung folgender zwey
Fragen erfucht:
ı) Ob das Quellwafier, wie es unmittelbar aus der
Erde entfpringt, oder wenn felbiges auf einige Weite .
durch verfchiedene Kanäle geführet worden, zur
Bewällerung der Ländereyen dienlich fey?
EN Ob man hier zu Lande bemerkt habe, dal der
er Mehlthau (Rubigo) *) von fpäten Fröften im Früh-
jahr herr ühre. ware
Beide Krb) ‚ wie auch der Nachfatz der erftern: :
Sn abi in den NE Fällen des Dienftes vom Quell-
nr | wi
*) Soll eigentlich in unferer Sprache Roft heifsen, wenn es die
Blätter des Getreides bettift; und Ruß, in din Achren oder
Rifpen, wie u nl,
Na
190 N ne
wafler auf die Bewällerung g, diefes von kalkigem oder
vitriolifchem Boden ausgefloffen? fcheinen eine blofse
aus der Erfahrung hergenommene Beantwortung zu er-
heifchen; da hingegen der Nachfatz der zweyten Frage: :
ob fich begreifen lalle, dafs aus einer fo aller meinen Ur-
fache nur hin und wieder an befondern Orten, der Erfah-
rung nach, folche Mehlthaue entftehen könnten? ganz
andere Beweile erfordert.
Nun ift zwar der Erfahrung das alte Recht der Belten
Lehrmeifterin nicht abzufprechen; fie ift fogar an und
"für fich die richtigfte und die Quelle aller unferer phyfi-
kalifchen Kenntnifie; aber wie oft finden wir uns nicht,
befonders in natürlichen Dingen, von ihr wie getäufcht,
weil wir fie nicht mit genugfamer Vorficht, Genauigkeit,
Wiffenfchaft und Einficht in den Gegenftand felbft mach-
ten, und bey allen dem fürnämlich unfern Veritand wir
ken liefsen, ohne uns die gehörige Zeit zu einem reifen
entfcheidenden Ausfpruch zu nehmen. Die Natur hat
einen göttlichen Werkmeifter zum Urheber, deffen un-
\ ermefsliche Weisheit ihre Triebfedern fo tief legte, und
mit fo viel verführerifcher Kunft für unfere blöde Sinne
verknüpfte, dafs es unmöglich iftt, fie blos durch einige
einfeitige Erfahrungen richtig zu ergründen, vielweni-
ger nach gewifien Erfcheinungen auszudenken. |
Es würde alfo zu einer gründlichen Vergewillerung
nicht.hinlänglich feyn, wenn ich, befonders die erfte
Frage, blos mit den Beobachtungen hl Erfahrungen
‚beantwortete, die ich, während meinem zwanzigjähri-
gen Aufenthalt am F ufse unferer meifsnifchen Erzgebir-
ge, gemacht habe, wo Quellen in Menge und von ver-
fehie-
v
ge ' 191
fünregentäkt Gehalt ae are find. Am wenigften aber
würde es den denkenden Geift fattfam befriedigen, dem
diefe Beantwortung, zur Ausarbeitung eines Werkes
über den praktifchen Landbau, nützen foll, worinne er
einige in England hierinne noch fehr ftreitige Punkte ab-
zuthun Willens ift. Wenn fie demnach fo, wiefie Herr
Yo ung wünfcht und von unferer ökonomifchen Gefell-
fchaft ohnteitie erwartet, ausfallen foll: fo werde ich.
wohl um etwas uinfändlicher feyn müllen. -
In Anfehung der eriten Frage, kömmt es hauptfich-
lich darauf an, dafs man wille, was eigentlich die Pilan-
zen nährt, und wie es mit diefer Nahrung zugehet,
Denn fobald als diefes erwiefen ift: fo folgt daraus un-
mittelbar, dafs, der Zuftand der Quel Iwafler der vortheil-
haftefte zur Erzielung der verlang ten Gew ächfe feyn
wird, der ihnen die mehreften folcher Nahrungstheil-
chen tind auf die erforderliche Weife gewähren kann,
‚Es ift wohl zu merken, dafs ich fage: eigentlich |
nährt; denn bey den Pflanzen ift eben fo, wie bey den
Thieren, ein anderes die nährenden Theilchen, welche
den vorher vorhandenen eigenthümlichen Beftandtheilen
des Körpers zugefetzt und mit ilinen verähnlichet wer-
u den ‚ auch wenn welche verloren gingen, diefe wieder
zu erfetzen; ein anderes, die Bedingnifle, unter weichen
der nährende Stoff in den Körper gebracht, darinne fo
bewirkt und zubereitet werden kann, dals feine Theil-
chen eines fchicklichen,, gehörigen Anfätzes, oder Er
fatzes fähig find. Wie viel gewinnt nicht jede Iehehdige
‚Kreatur in der freyen Luft, bey einem ihr angemeffenen
Grade von Wärme, an innerem Gehalt und äufserem An»
X | fehen ?
a ? Wie ungemein nimmt nicht unfer Maftvich zu,
. Sowohl durch die Reinlichkeit feines Behältnifies, als der
' Oberfläche feines Körpers, durch friegeln, wafchen,
baden, ohne dafs es fich Jemand wird einfallen lalien,
im Ernfte zu behaupten, dafs die freye Luft, der reinli-
che Stall, der Striegel ‚ das Waller, womit gewafchen,
oder worinne halle wird, eigentliche Nahrung fey.
Urt doch felbit der Wein und Branntewein, bey deren
häufigem Genufle mancher Menfch, auch nach dem Um-
‚fange eines Volums, dem Bachus ähnlich wird, nicht
das, wovon fo viel in diefem Körper ang geletzet "wird,
oder nicht die Nahrung ielbft. |
Herr’ D. Prieiiley fagt, dafs das Brennbare a
Pflanzen entweder gänzlich nähre, oder doch viel zu
ihrer Naht ung beytrage; unter welchem Bevtrag wefent-
liche Nahrung veritanden zu feyn fcheint. Und da in
dem Quellwaller die mehreite phlogiitilivte Luft bey fei-
nem Urfprung vorhanden ift; fo foll dem zu Folge die-
fes, unmittelbar aus der Quelle abgeleitet, den grüfsern
Vortheil in der Bewäfler ung der Ländereyen gewähren.
Die Haupturfache hat'er aus feinem, mit dem Weiderich
(Epilobium hirfatum), der Wallwurz (Symphytum offi-
cinale), und verfchiedenen andern, jedoch lauter Sumpf-
gewächfen, angeftellten Verfuchen hergenommen; ;in-
dem er fi ind, dafs. diefe Pflanzen in Gläfern, die er über
fie ftellte, und mit entzündbarer Luft anfüllte, mei fehr -
gut fortwuchfen, das Ueberbleibfel von der entzündli-
chen Luft aber unter dem Glafe in phlogiftifche und manch-
mal in eine Art von Luft verwandelte, die fo gut, oder
eher noch befler ift, als gemeine Luft.
\ | Von
——ttet= | 193
Von der Richtigkeit diefer Folgerung, als worauf
fich die zweyte gründet, willich nichts fagen. Wer die
Taufende von bereits entdeckten Pflanzen bedenkt, und
‚weifs, dafs alle i in den Sümpfen’ wohnende, oder leben- -
de, eine fehr kleine Anzahl von denfelben ausmachen, _
gleichwohl aber Herr D. Prieftley auch nicht einmal
mit diefen allen feine Verfuche vorgenommen hat, der
mufs es gleich fühlen, ob ein folcher allgemeiner Aus-
fpruch über die ganze Bürgerighaft des Pilanzenreiches
gültig feyn könne.
H Von den Vorfpiegelungen, die ihm und mehrern
andern bey ilıren Verfuchen und Beobachtungen mit den
Luftgattungen auf die Pflanzen, von der Natur gemacht
worden find, mufs ich auch fchweigen, weil ich mich
‚bey. deren deutlichen Erörterung, auf den ganzen man-
nigfaltigen innern Bau und Einrichtung diefer Gefchöpfe
‚und den Betrieb ihrer feften und flüffgen Theile einzu-
laffen , genöthiget wäre; diefes aber, wegen der bishe-
rigen grofsen Irrthümer in der phyfikalifchen Gewächs-
lehre viel zu weitläuftig ausfallen, und ohne die Verfer-
tigung eines ganzen Werkes, dennoch in vielen Stellen
dunkel bleiben würde.
Diefes einzige will ich nur, wie im n Vorbeye ehen,
erinnern, dafs die Pflanzen in ihrem ainlichen gefun-
. ‘den Zuftand durch ihre Oberfläche gar nicht fo viel ein-
faugen, als man bisher "vorgegeben hat, alfo faft gar
nichts durch diefen Weg zu ihrer. Nahrung einnehmen;
auch die zur Verfertigung ihres Hauptfaftes bey ihnen
: eben fo, wie bey den Thieren ; nothwendige Luft
nieht.
N / Bevor
394 Rap
Bevorich inde/fen auf die Bewäfferung mit dein Quell-
wafler, und die dahin gehörigen Erfahrungeri komine,
müfs ich erft eine kurze ‚Betrachtung änftellen, die ihren
Grund in einer berichtigtern Willenfchaft hat. Schön
die finnliche Unterfuchung und Betrachtung der leberidi-
gen Gefchöpfe unferer Erde giebt es zwar, dafs das kör-
Derliche Wefen aller, nicht aus einem, fonderh aus man- .
nigfaltigen Grundtheilchen beftehet. Die Chemiker aber
haben in jedem noch fo trocknem Theile der Thiere und
Pflanzen durch ihre Kunttgriife nicht nur das Brennbare,
fondern auch Luft, Wafler und Erde "gefunden, , und
zwar nach der Art, nach den Theilen ein und eben def-
felben Körpers, in verfchiedenen \’ 'erhältniffen und Ver-
bindungen untereinander, Diefer Gehalt nun wird ja aus
den im Körper bearbeiteten und zubereiteten Säften, fo
lange fein Leben dauert, unterhalten, und vermehrt, als
worinne der Begrif vom Nähren und Wchfen oder Zunch-
men liegt. Folglich mufs der Grundttoil' zu di efen fimmtli-
chen Theilenin den Säften feyn. Das, fo aus diefen auf die
Beftandtheile verwendete, mufs auch wieder erfezet wer-
den, welches durch die fortgefezte Einnahme ‚hierzu ge-
höriger Materialien .gefchiehet. Folgt nun hieraus nicht
unwiderfprechlich, dafs zu den eigertlichen Nahrungs-
mitteln, auch der Gewiächle, nicht nur das Endzündli-
che, das Brennbare, fondern ein Gemifche und innige
Verknüpfung von allen vier fogenannten Elementen ge-
höret ? | A | |
Wie unendlich vielfältig find aber überhaupt die den
Gattungen und Arten belebter Körper eigene Mifchun-
gen und Verbindungen der Grundtheilchen unter einan-
der; wie mannigfaltig fogar in den verfchiedenen Thei-
A x
len
ones 195
| len ein a eben deifelbien Körpers; nd immer wieder
verfchieden nach ihren "Arten, nach ihr em Gefchlecht, ja |
fogar nach dem Standort, der Nahrung, . die fie einneh-
‚men, und was dergleichen mehr ift, woraus das Dafeyn
ihres unendlich weifen und allmächtigen Werkmeitters
‚fo gar deutlich erhellet,
Hieraus folget, wie mich dünkt, ganz natürlich die
grofse Verfchiedenheit der Nahrungsmittel, in Anfehung
ihrer Beitandtheile, die bey den Thieren fo offenbar in
die Augen fällt, und bey den Pflanzen kaum minder ift:
und wie foll beyallem dem das Elementarfeuer, wie fih
Herr Young in feiner Anfrage ausdr ückt, den Vorzug,
den durchgängigen Vorche haben ?
Soll das Brennbare für Thiere und Pflanzen das
| feyn, wofür es Herr Prieftley fo zuverfichtlich ausge=
geben hat, fo müllen doch diejenigen Pflanzen, welche
in den Sümpfen wohnen, wo alles mit dergleichen Theil-
chen mehr denn irgendwo anders, erfüllet ift, die ge-
nährteften, die fefteften, beften, und auch für die Thiere
die nahrhafteften feyn. 'Man unterfuche aber hur genau
den Gehalt des Wuchfes von diefen Gewächfen; ; man
füttere das Vieh damit, ünd fehe, wie ungemein es fich
‚dabey ftehen wird. Warum wählen wir denn nicht auch
zuunferm Getreidebau vorzüglich dergleichen mit brenn-
barer Pflanzennahrung fo reichlich verfehene fumpfige
Felder? Wie kommt es, dafs die beträchtlichften Wäl-
der, und die, deren Stimme die Menge brennbarer Säfte
zubereiten, welche fich in Harz verdicken, dafs diefe
befonders gleichwohl nie anders, als auf Bergen, oder _
wenigftens erhöheten Orten, fich befinden, und im nah-
en fümpfigen Boden wenigftens gar nicht gut
Na fort«
196 ee |
fortkommen? Ich könnte wohl hundert und mehrere
dergleichen aus der Oekonomie der Gewächfe genom--
mene F ragen aufwerfen, deren Beantwortung allemal
nicht nur wider den gänzlichen, fondernäuch den dur ch-
gängigen vorzüglichen Beytrag des Elementarfeuers zur
Nahrung der Pflanzen ift. | |
Hier könnte ich nun gleich zur Entfeheidung des
Vorzuges vom urfprüng glichen oder geleiteten Quellw af-
fer zur Bewäflerung der Ländere eyen fchreiten. Weilaber |
die Theorie des Herrn Prieftley zu einigen Irrungen
auch im Feldbau, in England Gelegenheit gegeben
hat: fo will ich nur noch den von, Herin Young an-
geführten daraus gefolgerten Schlufs; auf das Som-
merbrachen in etwas beleuchten, und aus den Vorder-
fätzen ein paar Folgerungen ziehen. | .j
Wenn das Brennbare die Nahrung der Pflanzen ilt,
und die Sonnenftrahlen brennbare Ausflüffe find: fo
folgt daraus: ı) Dafs die Pflanzen gegen das Ende des
Sommers und zum Anfange des Herbites weit ftärker
als im Frühjahr treiben und wachfen. 2) Dafs in den
heifseften Erdftrichen der ergiebigfte Feldbau, der für-
treflichite Wiefenwachs feyn müfle. | |
Die Nahrung mufs doch erft in der Pflanze bearbei-
tet, und ihrer Art gemäfs zubereitet werden. Nun be-
kam ja der Boden, aus dem die Pflanzen Nahrung neh-
men, nach der Lage unfers Erditriches, den Sommer
hindurch den mehreften Nahrungsltoff von diefen brenn-
baren Ausflüffen der Sbanelunn des Lichtes; und vol-
lends unter dem Wendezirkel. — Aber was fagen die
Reifebefchreiber von dem Wiefenwachs und Ergiebig
keit der" F elder, dieler heifsen Länder? Und wie wenig
‚ver
I
vermögen die anhaltend fchönen Herbfttage bey uns auf
das Wachsthum, als die Folge der Nahrung der Gewäch-
fe; da fie hingegen im Frühjahr, nachdem fie kaum die
kalte Bedeckung des Winters verloren haben, mit fo viel
Gewalt treiben. Welche wünderthätige Güte hat nicht
ein einziger fanfter Regen! Welcher Unterfchied von
Ergiebigkeit fowohl der Futtergewächfe als Saaten und
allerhand heilfamften Pflanzen, ift nicht zwifchen einem
blos Thon-, Kreide-, Sandberg, oder einer dergleichen
’ Fläche, wenn es ihnen gleich nicht an Feuchtigkeit fehlt,
ob fie einen noch fo reichlichen Genufs von brennbaren
Ausflüffen der Sonne und des Lichtes erhalten, auch
nichts, das Einfaugen der brennbaren Theilchen hindert,
and einem eben dergleichen Berg oder Fläche, wenn
fie nur eine reichliche Viertelelle gute Dammerde be-
eh AL
Das Gehältige diefer Dammerde zur Ernährung der
Gewächfe , machen nichts anders, denn die darinne be=
findliche, entweder in ihr felbft fürnämlich durch die
Fäulnifs erzeugte, oder anderswo fo aufgelöfste, und
dahin aus der Luft durch Regen, Schnee und Wind nie-
der gefchlagene, mannigfaltigeBeftandtheilchen von Thie-
ren und Pflanzen. Indem fich nachher diefe mit dem
Wafler vermifchen, können fie von den Pflanzen ver;
‚ ‚mittelft ihrer Wurzeln eingefogen, und dann in ihnen zu
ihrer eigenthümlichen Nahrung bereitet werden. Die
Pflanzen nehmen ihren Nahrungsftoff durch die Wur-
zeln oder Saugewerkzeuge, und [chlechterdings nicht
durch ihre Oberfläche in iin em vollig gefunden Zuftan-
de ein,
"NZ... | Wer
198 | en
Wer fich die vom Anfang beftimmte Maffe unfers --
‚ Weltkörpers gehörig vorftellt, und dabey die Vermeh-
rungen und Umänderungen, befonders der auf ihm le-
benden und zeugenden Körper bedenkt; wer mit den |
Augen des Leibes und des Verftandes betrachtet, dafs
jene ungeheure Maffe nicht aus einem, fondern mehre-
ren Grundtheilen beftehet, mithin auch die von ihr her- |
genommen ıe und in gewille Geftalten fich bildende Kör-
‚per aus mehreren Grundtheilchen beftehen müflen; wer .
ferner weils, dafs alle Nahrung der Thiere entweder UN«
mittelbar oder mittelbar aus dem Gewächsreich her»
kömmt, alfo die Auflöfungen und Zerftöhrungen der
thierifchen Körper zur Erhaltung und zu der I Umbildung
von der beitimmten Maffe gehören müffen : der wird in
diefem nothwendigen, von der höchften Weisheit feibft
geordneten Umkreis der Materie diefer Welt den zurei-
chenden Grund finden, dafs die Pflanzen unmöglich allein
vom Brennbaren, man mag es auch in einem Verftande.
'nehmen, wie man will, fondern aus den Auflöfungen
der Körper in ihre Grundtheilchen und äufserft mannig-
faltigen Vereinigungen und Verbindungen diefer, ihre
Nahrung, und das unter fehr ee Umftänden
bekommen.
Welche eben fo unumftöfsliche, als fonderbare Fol-
» gerungen, wenn das Brennbare, das mit der Luft ver-
mifcht, die Montgolfierifche Kugeln fo hoch in die
obere Regionen hebt, die einige felbftftändige Nahrung
für Pflanzen und Thiere wäre! — Ich mag ihrer aber
nicht gedenken, fondern fage nur noch: dafs dieHerren
Wirthfchafter in England fehr weislich handelten, wenn
fie fich durch des Herrn Prieftley’s Theorie von der
Nahe
ul | 199
Nahrung a ohne der Gewächle,, welche er auf
‚Verfüche mit einer Hand voll Arten von Sumpfpflanzen
gründet, die. er überdies, feinem eigenen, Geftändnifle
nach, kaum vom äufserlichen Anfehen namentlich kann-
ie, nicht von ihrer, durch treiie Erfahrung bewährten
Zeit zu braachen abbringen liefsen, Die Aufmerkfamen
würden den Verluft bald inne geworden feyn.
Zu dem allen mufs man auch willen, dafs es bey den
Pflanzen eben fo, ‚wie bey den Thieren, nicht nur auf
die vorhandene rohe Nahrung ankömmt, fondern noch
manches dazu gehöret, dafs fie in den Körper gehörig
‚gelangen, undihm, wie man wünfcht, gedeihen möge.
Was nun das Quellwafler. betrift, in wie ferne es
‚“ünmittelbar von feinem Urfprunge aus, oder geleitet, zu
Bewäflerungen nützlicher ift; fo wäre bereits aus dem,
was ich gefagt habe, klar, dafs es, wenigftens um dep
Menge entzündlicher Luft, als vermeintlicher Nahrung
willen, die es aus feinen unterirrdifchen Gängen mit-
buingt, uageleikeh eben keinen Vorzug verdiene. Es.
kömmt aber in der Beitimmung der. Güte diefes wirth-
fchaftlichen Verfahrens überhaupt vieles auf die Abficht
an, die man dabey hat, oder haben follte; wonach man
‚Sch alsdann mit der: Art und Weife Bu der Bigenfcha&
‚des Waflers richten müfste,
. Hat man bey der Bewäfferung ‚blos die, Abfieht,
‚den Boden genüglich zu befeuchten, damit er entweder
‚bey der vorfeyenden oder etwa bevorftehenden Trok-
kenheit an diefer allemal nöthigen Flüffgkeit keinen
‘ Mangel leide: fo möchte vielleicht beynahe jede Art
_ Wafler diefes verrichten. Will man aber zugleich hier-
| meh den Auttergewächlen auch frifche Nahrung oder
| - N4 Dün-
200 ee I
Düngung zufchanzen,'oder die im Boden zur Genüge
bereit vorfeyende Nahrungstheilchen fehicklicher auflö- \
fen, oder denfelben wegen feiner Befchaffenheit fo zu-
richten, dafs die Pflanzen darinnen gemächlicher und.
beffer mit ihren Saugewerkzeugen oder Wurzeln nach
Nahrung zu wuchern vermögen: fo mufs man freylich
wohl auf die Eigenichaft des N mehr Bedacht
nehmen.
Ein Hauptumftand kömmt ideen hey der Bexafe. |
rung der Wiefen noch vor, ‚der, ‘wenn ich nicht irre,
von den Oekonomen ift überfehen worden, und von
welchem, meinem Bedünken nach, fehr vieles von dem
nutzbaren Erfolg abhängt. | |
Alle Futterkräuter machen aus ihrem Stocke eine
gewaltige Menge Zaferwurzeln und immer wieder neuen
Nachtrieb. Hieraus entftehet in kurzer Zeit ein undurch-
dringlicher Filz, deflen Folge die Vermagerung der
'Wiefe feyn mufs, wenn nicht frifche Erde, und mit ihr
gleichfam frifche Nahrung aufgefchüttet wird, damit die
frifchen Triebe, oder auch der aufgegangene Saame wei-
ter Wurzeln und wieder Nahrung bekommen könne,
Die wohlthätige Natur hat zwar für diefe Anftalten
bereits in der, fürnämlich durch Regen und Schnee nie-
dergefchlagenen Flugerde, und allerhand anderer mit der
Luft herumirrender nahrhafter Theilchen, die weifefte
Fürforge getragen. Die nämliche, und bisher vielleicht
noch unerkannte Güte, thut auch eine gehörige Bewäf-
ferung der Wiefen.
Zum Beweis jenes ausnehmend nutzbaren Gefchäf-
tes.der Natur, könnte ich Wiefen namhaft machen, die
binnen etliche zwanzig Jahren aus niedrigen, fumpfigen,
fauern,
*
\
r
l
ti Hal, 201
fauern, moofigen Wiefen, zu erhabenern, trocke-
nern, mooslofen Wiefen, von viel edlerem Futterertrag,
durch den Niederfchlag der, F lugerde, geworden find.
Diejenige Bewäflerung nun, durch welche mehrere
diefer Endzwecke erreicht werden, wird doch wohl die
vorzüglichere feyn? Und man fage mir, ob das nicht
zuverläffiger, und im gröfseren Maas von einem in offe-
nen Kanälen geleiteten, und an den Ort feiner Beftim-
mung gemach verbreiteten Quellwafler, als von dem
zu hoffen ift, das fogleich von feiner Entipringung auf
' die zu bewäffernde Länderey eingelaffen wird?
Warum die Gärtner überhaupt ihr Pflanzenwerk
nicht gerne mit Quellwaffer,, oder nach ihrer Sprache,
"mit hartem Wafler begiefsen, will ich nicht unterfuchen.
_ Die Erfahrung mufs fie doch überführt haben, dafs es
entweder weit wenigere Nahrung für die Pflanzen ha-
ben müfle, denn das andere von ihnen fogenannte wei-
che Wailer, oder dafs es ihnen gar auf irgend. eine Weife
nachtheilig ift. Dafs das reine von allem Zufatz freye
Quellwafler i in einer Flafche zur wärmften Sommerszeit,
nicht wie andere Wäfler, die verfchiedene fremde T heil-
chen in fich haben, in Fäulnifs fich verwandelt, ift be-
kannt. Und ich bin es gewifs verfichert, dafs zwi-
fchen z zwey Pflanzen von einer Art, gleichem Alter,
Gröfse, Wuchs, deren jede in einem eigenen, mit ganz
magerer, nahrlofer Erde angefülltem Blumentopf g ge=
fteckt, und die eine mit W afler unmittelbar aus der Quel-
le,. die andere aber fogar auch mit Wafler aus eben dem
"Quell verforgt würde, worinne aber zuvor Theile von
Thieren und Pflanzen, vermittelft der Fäulnifs find auf-
gelöfet worden; dafs, fage ich, zwifchen diefen beiden
6 DNS Pilan-
A
003 \ en
Pflanzen fich nachmals ein Unterfchied finden würde,
der auch die Blinden nicht zweifeln liefs, dafs die lez- _
tere eigentliche Nahrung fattam bekommen habe. |
Bevor mich diefe Erfahrung unterrichtet hatte,
‚ging ich ehemals oft an den Urfprung der Quellen, in
‘ der Abficht, meine Pflanzenfammlung dort zu berei-
chern;\ieh traf aber immer nur die wenige Arten Waf-
fergewächfe da an, und umkränzt war ‚der Ort nie
‘mit nahrhaften Futterkräutern, die.Lage mochte augh
feyn wie fie wollte. Ich habe Quellen hoch auf den
Bergen, zumittelft denfelben und zunächft ihrem Fufse,
entipringen gefehen, und allemal gefunden, dafs ihre
Bewäfferungen erft da den Fluren ein ganz anderes An-
fehen auf den wirthfchaftlichen Ertrag geben, wo {ich
ihr Wafler, wenigftens in einiger Entfernung, in eine
fanft abhängige Fläche weit auseinander verbreitete,
und den Boden gleichfam in‘ ‚einer Keten reinen Feuch-
tung erhielt.
Denn, wenn der Quell er gemächlich und offen
dahin Sliefst; fo erhält das Wafler aus der Luft von
der umliegenden Fläche, die es durchwandert, von
dem Boden, über den es hinriefelt, eine Menge Theil-
chen, die nahrhafter, oder auch zu anderm Behuf für
den Wohlitand der Pflanzen zuträglicher find, als die
phlogiftifirte Luft, die es aus dem Eingeweide feiner
thonigen‘, fandigen und fteinigen Seigerungsfchichten
“mitbringt. N
Zum Beweis von allem diefem könnte ich mich
hier auf eine Menge Beyfpiele, berufen, die ich beob-
achtet habe; ich will aber nur eines der betr ichtlichften
anführen 3
| Zu
an u — 2 GE 903
/
Zu Kronftadt. in Siebenbürgen entipringt vor der
fogenannten Altftadt an dem Fufse eines fanften, frucht-
"baren Gebirges, aus dem einigen ‚zu Tage ausliegen-
den Fels, ein wenigftens eines beträchtlichen Armes.
ftark ergiebiger, vollkommen reiner Quell; der, ein
paar Schritte von feiner Auskunft, in den fehr anfehn-
lichen , aber nicht tiefen Teich fällt, welchen diefer
Quell allein verforgt. Seine flachen Ufer fah ich ganz
frey von Schilf und andern dergleichen Waflergewäch-
fen. Selbf das Gras um denfelben war von dem an-
dern. am Fufse’ des ihn zum Drittheil umziehenden Ber-
ges; nicht viel unterfchieden. Wo aber auf der entge-
‘ gen gefezten Seite vom Quell. diefer fein Teich ab-
flofs, und nachgehends die Landichaft bewäfierte, fah
es ganz anders aus. Am Anfange: diefes natürlichen
Ausganges war es zwar fehr fumpfig,, und voller Rohr,
Schilf, Kalmus, Weidengefträuche, Linfen und derglei-
chen, "nachher aber kamen die vortreflichften Triften,
Mich dünkt, auch diefes fey Beweifes genug, dafs das
‚geleitete Quellwaller, und zwar offen, dem unmittel»
bar aus dem Quell zur Bewällerung ausgelalienen vor«
zuziehen fey. A )
Wenn aber vom Boden, aus dem er entfpringt,
oder dem mineralifchen Zufatz, den diefes \Vafler
mit fich ls die Rede it: fo it es nur zu gewifs,
\ ‚dafs, vollends eifenhaltiges Wafler viel weiter, ' auch
fogar fo g geführt werden müfle, dafs fein Lauf in den
| anatkunäfen fehr langfam vor fich gehe A damit der
Ocker, den diefes Waller mit fich führt, foyiel immer
möglich, abgefezt werde, weil diefer auch den guten
Futk-
Futtergewächfen fchlechter de nachtheilig ii, und die
übrigen, wie man zu fagen pflegt, verfäuert.
Die Eigenfchaft und Lage des Bodens, welcher
zum Ertag der Futtergewächfe bewäflert werden foll,
mufs jedoch hier mit in Erwägung. kommen, und der
Sache felbft eine genaue Befimmung geben.
Auf allen Fall aber bin ich gewifs, dafs jeder Wirth-
{chafter, der Quellwafier auf feine Wiefen zu ihrer.
' Bewäflerung zu leiten genöthiget ift, aus der Erfah-
rung überzeugt werden wird, dafs es weit her, und
zwar in fanftem Abflufs, offen geleitet, nach Maasgabe
der Weite und Erdfchichten, die es durchziehet, immer
nutzbarer feyn wird, | |
Ich komme nun auf die zweyte Frage, wegen ‚ des
Tehlthaues. Diefer unter den 'Getreidearten befon- u
ders gewöhnliche unangenehme Umftand hat, je nach
den Theilen der Pflanzen, woran er fich äufsert,
nach feinem äufsern Anfehen, andere Namen bekom-
men, das zu verfchiedenen Verwechfelungen Gelegen-
heit gegeben hat. N U:
Es ift, überhaupt über diefes Uebel für die Wirth-
fchafter bereits vieles hin und wieder gefchrieben wor-
den: und die Meinungen der Schriftiteller über feinen
Urfprung, und wegen des Verwahrungsmittels dar-
wider, find fehr verfchieden. Unnöthige Weitläuf«
tigkeiten zu vermeiden, werde ich mich hierbey nicht
aufhalten. |
Unläugbar ift es wohl, dafs der Mehlthau, Brand,
Rufs oder Roft allemal ein Fehler, ein Gebrechen,
ein Verderben, kurz, eine Krankheit der Pflanzen ift.
Ich
Fran ; 205
. Ich mufs es nun hier fagen, was ich vorhin einige-
mal, als ich von der Nahrung der Gewächte redete,
‚beybringen wollte, dafs fich alle lebende Gefchöpfe die-
fer Erde, in Anfehung ihres Entftehens, ihrer Haupt-
betriebe, ihrer Hauptverwandlungen , nach gewifien
"allgemeinen Gefetzen der Natur richten, daher fich
zwifchen den Pflanzen und Thieren eine, weit ge-
nauere Analogie findet, als man bisher geglaubt
hat. Hier ift abermals eine ® noch nie in Erwägung ge-
‚brachte. | Ä |
| Das Thier erbt von den Säften feiner Mutter, ja
fogar feines Vaters, Krankheiten: es kann bey dem An-
fang feines Werdens, oder im Keimen, eine zu vielen \
‚Krankheiten fähige Anlage bekommen, die es mit auf
die,Welt bringt. Aber eben diefe Dispofitionen , eben
diefe Krankheiten, können bey ihm auch durch äufse-
re N oft zufällige Umftände verurfachet werden. Das
gemächlich erhaltene, gut 'genährte Thier, ift weit
mehrern Krankheiten unterworfen, erkrankt weit leich-
ter, als das andere, in völliger Freyheit gelaffene.
So ift das mit Fleifs gut genährte Getreide weit
mehr dem Mehlthau, dem Brand und dergleichen unter-
worfen, als die übrige wildwachfende Pflanzen, Die
Beobachtungen und Verfuche haben bewiefen, dafs fich
dies. Verderben auf die Körper fortpflanzt, und dafs
N ‚gefunde Körper damit angeltecket werden können.
‚Aber man hat auch nicht unrecht, wenn man diefes
‚gewiflen allgemeinen Urfachen, als den fpäten Frö-
ften im Frühjahr beymifst. , Ich bleibe bey diefer al-
lein ftehen, als dem Hauptgegenftand der zweyten Fra-
ge, und will fie kürzlich in etwas aufzuklären fuchen.
EN ‚ich
2c6 | en
Ich habe nur der weitlät uftigen und genauen Ana-
logie der Pflanzen, mit den T'hieren erwähnt, und eine.
in Anfehung der Krankheitserbfehaft von Mutterleibe
an gerügt; hier kömmt wieder eine zum Vorfchein:
Die ganze belebte Natur kömmt im Frühjahr in Bewe-
‘gung. Alle, befonders in der Freyheit lebende Krea-
turen wirken und treiben ‚dem Gefchäfte ihrer Vermeh-
rung zu. Die im Winter gehemmte Ausdünftung wird
freyer, der Umtrieb der Säfte fchwan! khafter; aber, .
willen wir es nicht von uns, dafs wir eben darum nie.
leichter und unverfehener in Krankheiten veriallen,
die in der Erkältung ihren Grund haben ? Und welche /
fonderbare Ab- und Ausfonderungen werden nicht
denn in diefen Krankheiten’ gemacht, wenn die Säfte
von der Veränderung: entlediget werden, die ihnen durch.
den jählingen Bad von Wärme und Kälte zuftofsen
imufste! u
Ich bitte, dafs man fich über arten Vebglkich hier
nicht wundere. Bey unferer noch obwaltenden, nur zu
wenigen anatomifchen, alfo auch gründlich phyfiologi-
{chen und pathologifchen Kenntnifs der Gewächfe, kann
ich es auf keine andere Weife in der Kürze einleuchten-
der und fafslicher darthun. |
Nun nehmen die Pflanzen ebenfälls eine aus den
verfchiedenen Beftandtheilen gemifchte Nahrung unter
flüffiger Geftalt zu fich. Diefe betreiben fie in unzähl-
baren Adern und Gängen, die weit zärter oder im Durch»
mefler geringer find, denn die unftigen Zu diefem
Betrieb trägt die durch ihre Menge von Luftröhren
aufiteirende Luft fehr viel bey. Auf diefe Weife bes
erh und verwandeln fie ifire aus dem Boden eine efo-
gene
gene Nahrung in Säfte, die jeder Art und jedem Theil
ein und eben der ‘Art insbefondere eigen find. Sie
dünften auch eben fo, wie die thierifehen Körper,
aus. RP y ‘ N, i
- Nun ftelle man fich vot, wenn das aus dem gut ge- . -
_ düngten Boden vollfäfig gewordene Getreide im vollen
Betrieb .dieler eingefogenen Nahrung ift, und es füllt
eine Kälte ein ‚ die die überwiegende, im vollen Zuge
‚begriffene Menge von Säften in diefen herzelofen le-
bendigen Kreaturen ganz, oder wenigftens gröfsten-
theils, its Stocken bringt, was da für Veränderungen
fowohl in den feften als u Theilen vorgehen
“können. |
Es mußs j#doch darum, diefe verderbliche Urfache
eben fo wenig an Halm vor Halm, oder Stock vor
Stock haften, als eine von dergleichen allgemeinen
Urfacheh unter Menfchen und Vieh entftandene Epide-
mie, Mann vor Mann, oder Stück vor Stück befällt.
Nicht alle Halme eih utid eben des Ackets find voh.ein..
und eben der Stunde her; fie haben nicht einerley Stär-
ke, einerley Feftigkeit; faft jeder hat im gahz Kleinem
genommen, fein Eigenthurk.
.. .Alfo begreife ich, wie auch von Posten Nachtfrö-
ften im Frühjahre unter den Getreidearten die Epide-
mie ehtitehen köhre, die man den Mehlthau, Roft,
Braüd ü.f.w. ‚nennt, Aber wie ift das zu begreilch,
. dafs man bey einer fo allgemeinen Urfache die ih einer
Flur gelegenen Felder gleichfam nur fchichten - oder
trielfveife damit befallen findet? |
Ich werde es nicht nöthig haben, aus Gründen dar-
zutliun, , dafs eine ftille, kalte Luft auch für die Gewäch-
\ fe
208 R — .
fe die Schädlichkeit nicht hat, und nicht haben kann, als
wie die kalten Winde; ohuftreitig weifs diefes jeder auf-
merkfame Wirthfchafter aus der Erfahrung. Dann weifs
man auch eben daher, dafs wir im Frühjahr wenige wind-
lofe Tage haben, und die Luft die Nacht hindurch über-
haupt mehr als am Tage in Bewegung ift. Man weifs
ferner, dals der Wind in dem Ocean der Luft gleichfam ;
Ströme voritellt, die nicht alles auf gleiche Weife über-
firömen, manches auch gar nicht treffen können. Zu- |
gleich und fürnämlich mufs man aber bedenken, dafs
‚diefe Luftftröme oft von fehr entfernten Gegenden her-
kommen, dafs fie die dort in der Luft befindliche Theil-
chen mit fortreifsen und zu uns herbringen. |
Nun find die Thäler der Gebirge im Frühjahr noch
nicht durchwärmt; in ihrem Schatten liest wohl gar
noch Schnee und Eis. Wenigftens die Kuppen hoher
Gebirge find noch mit Schnee bedeckt; folglich find die
Striche fchnell bewegter Luft, die von diefen Thälern, ni
diefen Bergen herkommen, viel kälter’als andere. Hier
liegt etwa von der Windfeite ein Hügel vor, der dem
kältern Luftitrome, wenigftens auf einige Weite, eine
andere Richtung giebt, oder gleich einer nel theiletz
dort hat das Getreide eines Ackers bereits höher, als des
benachbarten, gefchofst, und fchützt diefen u. 1. f. |
Und hieraus begreife ich fehr deutlich, wie von der
Kälte ein Acker weit mehr leiden kann, weit mehr lei-
‚gen mufs, als der andere,
Gapieux ‚fps. 1793.
“
®)
«17
FHledwigs Ja
mL.
Pr
wi
f
f \
[
I
= *
y i
j
ER
“
\
N %
\
N
1
2
v
*
{
| v
s
“
t SE 5
/ bapieux. feubas. 1799
Li 4 /
_ »
t
.
.o
%
hs
> ee
——n
.
D
=
I%
h
a Bl
ORTE PN
y Kur RN“
ne 2)
r Ye
DER N]
BEN AR
De ERNIEN,
Ne;
ma
Sau
Hedwigs
ehr
Pan
; X
N LI \i 2
U EAU
ER ar LEN: ARM
% & Tr
ER ER
RR
u)
An
u
N
%
!
|
Fe:
-.
{ Rz 2,
rise ler Bi
Be
6; } \
. und
L A,
u 1
eo
rl
Auen
b t
N E ‚Be ki
} nf
N
N
ey
D \
% q
v u
\ /
1 Pr
KT 2
\ BE
13 uk 25 N \
"f | Eye
4 Re IR 3
PIE
% a
_
i
«
I 3
4 2
; N
Z 7 x '
Tr
Ei
w -
| 72
ir
*
BR
f
- =
l
ku“ fr
E x : : 4
=
SEnieer Be ie .: a a ee PER
Ze
WR)
NR,
y
‘
N fr
\
N
N)
\
\
\