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1892 ^^^^^^^^^^^^^^^^^=
BD. 5
ABT. 3^
BUCH 8
ENT DR. H. G. BRONNS
KLASSEN UND ORDNUNGEN
DES TIERREICHS
Fünfter Band: ARTHROPOD A
3. Abteilung: INSECTA
Xlll. Buch, Teil f
APHANIPTERA
Bearbeitet von
Prof. Dr. JULIUS WAGNER
Belgrad
Seite 1—114
Textabbildungen 1 — 100
f DEC 7 1939 *
Leipzig
Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H.
1939
Printed in Germany
XIII. Buch, Teil f. Aplianiptera
Inhaltsverzeichnis
Seite
I. Inhaltsübersicht l
IL Erforschungsgeschichte 2
III. Kennzeichnung der Ordnung 6
IV. Morphologie und Physiologie der Imago ^
V. Larven der Flöhe 35
VI. Entwicklung und Metamorphose 39
VII. Oekologie der Flöhe 43
VIII. Sammeln, Konservieren und Erhalten der Flöhe in Sammlungen 55
IX. Praktische Bedeutung der Flöhe 58
X. Systematik 62
XL Geographische Verbreitung 99
XII. Stammesgeschichte der Aphaniptera und ihre Verwandtschaft mit
anderen Insektenordnungen 103
XIII. Literaturverzeichnis 109
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Bei-, 5
KW. 3
T, F
EVK
Ordnung: Aphanipteia KiRBY&SPENCE 1818
(Rophoteira Schellenberg 1798, Altera Lamarck 1801, Suctoria Latreille 1805,
Siphoiiaptera hsitTeiWe 1825) ^
Bearbeitet von Jul. Wagner, Belgrad
I. Inhaltsübersicht
Seite
Erforschungsgeschichte 2
Kennzeichnung der Ordnung 6
Morphologie und Physiologie der Imago 7
1. Kopfkapsel 7
2. Antennen 12
3. Mundteile 13
4. Augen und ,,augenförmige" Organe 15
5. Ktenidien und Apikalzähnchen der Tergiten 16
G. Thorax 18
7. Abdomen 20
8. Beine 26
9. Chaetotaxis 25
10. Verdauungsorgane 27
11. Nervensystem 30
12. Stigmen und Tracheensystem 31
13. Genitalorgane 32
Larven der Flöhe 35
1. Körperbau. Bewegung 35
2. Verdauungsorgane und Speicheldrüsen. Nahrung 37
3. Stigmen, Nervensystem, Herz, Gonaden 39
Entwicklung und Metamorphose 39
1. Paarung und Eierlegen 39
2. Embryonale und postembryonale Entwicklung 40
3. Innere Veränderungen während der Metamorphose 43
^ Der Benennung ,,Apha7iiptera'' begegnen wir zum erstenmal im Jahre 1816
in ,, Appendix to the First Edition of an Introduction to Entomology etc.", Kirby
and Spence, Vol. I, p. 31, — und später im Jahre 1818 in der 2. Aufl. des 1. Bd. der
„Introduction" in der Erklärung der Abbildungen (Taf. V, Fig. 2. — „Aphaniptera,
Pulex irrilans magnified''). Die Benennungen „Aptera"' und „Suctoria''' sind nom.
praeocc. l)ev Avi&diV\ic]<.„8iphonuph'ra'' wurde von Latreille als Ersatz für „ÄMc/o/m"
und „Aptera'' vorgeschlagen. Zu jener Zeit war ihm die Benennung von Kirby und
Spence nicht bekannt. Die Benennung Siphonaptera kommt häufiger in der englischen
Literatur vor, die Benennung Aphanipteia (und Suctoria) in der deutschen.
Bronns Klassen des Tierreichs. V. 3. XIII. Buch. Wagner. XIII. f. 1
DEC 5 193»
XIII. f. 2 Aphaniptera
Seite
Ökologie der Flöhe 43
1. Anpassung zum Leben auf Säugern 43
2. Beziehungen zwischen den Flöhen und ihren Wirten 46
3. Einfluß der ökologischen Bedingungen auf die Flohfauna eines und des-
selben Wirtes 50
4. Einfluß ökologischer Bedingungen auf systematische Merkmale .... 51
5. Einfluß ökologischer Bedingungen auf die Entwicklung der Flöhe . . 51
6. Schmarotzer und Feinde der Flöhe 54
Sammeln, Konservieren und Erhalten der Flöhe in Sammlungen 55
Praktische Bedeutung der Flöhe 58
1, Flöhe, als Schmarotzer des Menschen und der Haustiere 68
2. Übertragen der Bakterialkrankheiten durch Flöhe. Pest 59
Systematik 62
1. Allgemeines über die systematischen Merkmale der Aphaniptera ... 62
2. Übersicht der Familien und ihre Einteilung 63
Geographische Verbreitung 99
1. Abhängigkeit der Verbreitung der Flöhe von ihren Wirten 99
2. Vergleich der Verbreitung der Flöhe mit der der Säugetiere. Flohfaunen
der einzelnen zoogeographischen Gebiete 99
3. Verbreitung der einzelnen Familien, Subfamilien und Triben 102
Stammesgeschichte der Aphaniptera und ihre Verwandtschaft mit anderen In-
sektenordnungen 103
Literaturverzeichnis 109
II. Erforschiingsgeschichte
Die ersten Erwähnungen der Flöhe finden wir bei den ältesten Schrift-
stellern im Zusammenhang mit dem Parasitismus dieser Insekten auf dem Menschen,
doch als den Beginn der wirklich wissenschaftlichen Erforschung der Aphaniptera
müssen wir die Arbeit von Hooke (Micrographie, 1665) betrachten. Er war der erste,
der nach der Erfindung des Mikroskops eine gute Abbildung des Menschenflohes in
starker Vergrößerung gab. Diese Abbildung, von einer kurzen Beschreibung begleitet,
verdient eine besondere Beachtung, weil sie, was ihre Genauigkeit betrifft, die Zeich-
nungen aller Forscher des 17. und des 18. Jahrhunderts übertrifft.
Vor der Erfindung des Mikroskops konnte natürlich weder eine richtige Vor-
stellung vom Körperbau, noch von der Metamorphose der Flöhe existieren. Obwohl
Eier der Flöhe schon bedeutend früher bekannt waren, wurde doch bis zur Zeit der
Beobachtungen Leeuwenhoeks (in Arcana naturae, 1695) über die Entwicklung des
Menschenflohes die aristotelische Meinung, Flöhe können auch aus Erde entstehen,
beibehalten. Die Benennung ,,pulex" selbst wird daher vom Worte ,, pulvis" (Staub)
abgeleitet. Leeuwenhoek war der erste, der die Entwicklung des Flohes unter dem
Mikroskop vom Coitus an bis zur Erscheinung der neuen Generation beobachtete
und eine Reihe ziemlich genauer Abbildungen lieferte. Viel später wurden analoge
Beobachtungen von Rösel (Insekten-Belustigung, 1749) an dem Hundefloh gemacht.
Nach diesen Arbeiten erweiterte sich unsere Kenntnis über den Bau und die Entwick-
lung der Flöhe so gut wie gar nicht bis zum Beginn des verflossenen Jahrhunderts.
1. Systematik. Linnaeus betrachtete alle Flöhe, Tunga fenetrans aus-
genommen, als eine Art {Pulex irritans). Die Fähigkeit des Sandiiohs, in die
Haut einzudringen, zog bereits die Aufmerksamkeit der ersten Besucher Bra-
5 1939
II. Erforschungsgeschichte XIII. f. 3
siliens auf sich (s. beispielsweise bei Jean de Lery, Voyage du Bresil, 1585,
S. 168). Daher gesellte Linnaeus ihn nicht zu P. irritans, hatte aber keine
Vorstellung von seinen morphologischen Unterschieden. Der erste kurze Hin-
weis auf dieselben mit sehr mangelhaften Zeichnungen von Schwartz erschien
1788, also nach der 12. Ausg. der Systema Naturae von Linnaeus. Nach Lin-
naeus, am Anfang des 19. Jahrhimderts, wurden die Floharten hauptsächlich
nach ihren Wirten unterschieden, da ihre Beschreibungen zu kurz und allge-
mein waren. So bemerkte Bosc d'Antic (1801), daß einige Flöhe, zum Unter-
schied von P. irritans, einen dunklen Querstreifen am ersten thorakalen Seg-
ment besitzen ; daher betrachtete er alle solche Flöhe als eine Art und bezeich-
nete dieselben als ,,Pulex fasciatus" . Er wußte nicht, daß dieser von ihm be-
merkte dunkle Streifen das pronotale Ctenidium ist, welches der überwiegenden
Mehrheit der europäischen Flöhe überhaupt eigen ist. Von derselben Art
sind auch Schranks Diagnosen des Eichhörnchen- und des Hühnerflohs (1803 ;
z. B. für den Hühnerfloh: ,, länglich, blaßbraun" und weiter nichts). Die ange-
führten Beispiele verdienen deswegen Beachtung, weil Rattenfloh, Eich-
hömchenfloh und Hühnerfloh die ersten Arten waren, welche aus der Linnee-
schen Art P. irritans herausgeschieden wurden. Erst nach Curtis (Britisch
Entomol., III, 1826) kommt eine annähernde Vorstellung von den Artunter-
schieden der Flöhe auf und die Angaben über die Färbung und die Größe der
Flöhe, sowie über ihre Wirte, verlieren ihre entscheidende Bedeutung.
Curtis waren bereits mehrere Floharten bekannt. Er war der erste, der
die Gattung Pulex in zwei Gattungen nach ihren Antennen einteilte: Pulex
und Cerato'phyllus (1832). In der Feststellung der Flohgattungen ging Kole-
NATi einige Schritte weiter. In seiner Arbeit vom Jahre 1863 gibt er eine Über-
sicht aller von ihm und anderen Autoren festgestellten Arten und unterscheidet
bereits 8 Gattungen.
Den ersten Versuch die Ordnung in Familien einzuteilen, machte Taschen-
berg, welcher in seiner Monographie (1880) von der Fam. Pulicidae Flöhe
mit verkürztem Thorax abgesondert und sie in die Fam. Sarcopsyllidae zu-
sammengefaßt hat. Bei der Einteilung der Pulicidae in Gattungen beachtet
er weder die Gattungen Kolenatis, noch die Gattung Ceratophyllics von
Curtis. Die Gattung H ystricJiopsylla Tasch. ausgenommen, die Kolenati
nicht bekannt war, teilt er alle andere Pulicidae in zwei Gattungen
ein auf Grund eines unbedeutenden Merkmals, und zwar des Entwicklungs-
grads der Augen {Typhlopsylla und Pulex). In dieser Hinsicht ist seine
Monographie ein Rückschritt. Er vereinigt wieder einige bereits unterschiedene
Arten (beispielsweise alle Vogelflöhe in eine Art — Ptd. avium), doch ander-
seits stellte er mehrere neue Arten fest und lieferte eine Übersicht aller früheren
Arbeiten über die Systematik und Morphologie der Flöhe.
In der Zeit der Veröflentlichung der Monographie von Taschenberg
waren unsere Kenntnisse über die Systematik der Flöhe noch sehr bescheiden.
Sie waren ausschließlich auf europäische Arten beschränkt. Taschenberg
waren 24 Arten bekannt, darunter nur sechs außereuropäische. Diese Kennt-
XIII. f. 1*
XIII. f. 4 Aphaniptera
nisse wurden dann durch die Arbeiten von Baker über nordamerikanische
Plöhe (1895—1904) bedeutend erweitert. Baker stellte 7 neue Gattungen
mit insgesammt 19 neuen Arten fest, und schlug seine eigene Klassifikation
der Flöhe vor, in welcher er die Afhaniftera in 8 Familien einteilte (1905).
Bei der Einteilung in Familien maß er der Beborstung der Schienen große
Bedeutung zu. Spätere Forschungen ergaben, daß in dieser Hinsicht auch ein-
zelne Arten einer und derselben Gattung sich stark voneinander unterscheiden
können.
Die umfassendste Klassifikation der Flöhe nach Baker schlug Oudemans
vor (1909). Die wichtigste Eigenart seiner Klassifikation besteht in der Ein-
teilung der Ordnung in zwei Unterordnungen nach dem Kopfbau: Fractici-
fita und Integricifita. Diese Einteilung hat sich aber nicht erhalten, da später
Übergangsformen entdeckt wurden. Dasselbe gilt auch für die Mehrzahl der
von Oudemans gestgestellten 12 Familien.
Nach Oudemans erschien die Klassifikation von Ewing (1929), die in
ihren Grundlinien derjenigen von Oudemans entspricht. Indem er einige der
Familien von Oudemans vereinigt, teilt er die Aphani'ptera in 6 Familien ein.
Wagner gab 1927 eine kritische Übersicht der Arbeiten über die Klassifi-
kation der Flöhe und schlug eine andere Gruppierung der Gattungen vor,
welche von derjenigen von Oudemans verschieden ist. 1936 gab Wagner
11 Familien, ohne die Charakteristik derselben, an. — Endlich schlug 1937
Beier vor, einige der Familien von Wagner. in Unterfamilien zusammen-
zufassen und gelangte so zur Einteilung der Ordnung nur in 5 Familien.
Was die richtige Beurteilung der Artenmerkmale betrifft, so wurde für
diese der Grund durch die beinahe gleichzeitig erschienenen Arbeiten (1898)
von Wagner und Rothschild gelegt, in denen zum ersten Male dem Bau der
Gonopoden besondere Beachtung gewidmet war. Außer einer Reihe systema-
tischer Arbeiten Wagners sind für die Aufstellung neuer Arten und Gattungen
von außerordentlicher Wichtigkeit die zahlreichen Studien Rothschilds und
Jordans. Etwa seit dem Erscheinen der ersten Arbeiten von Baker sammelten
und beschrieben diese englischen Forscher das systematische Material aus allen
Weltteilen, so daß die Zahl der bekannten Floharten jetzt auf ca. 930 ge-
stiegen ist.
2. Die erste wichtigere Arbeit über den Körperbau der Flöhe war die
Untersuchung von Landois (1866). Der Verfasser beschreibt nicht nur den
äußeren Bau, sondern auch ziemlich eingehend die Muskulatur, die Verdauungs-
organe, die Geschlechtsorgane und das Nervensystem. Das Werk Landois'
wurde später von Wagner ergänzt, welcher den äußeren und den inneren Bau
der Vermifsylla alacurt Schimk. untersuchte (1889), und später von Lass,
welcher beim Hundefloh nicht nur den Bau der Imago ($), sondern auch den-
jenigen der Larven imd Puppen erforschte (1905). Wagner und Lass wandten
für die Untersuchung des Baues der Flöhe zuerst das Mikrotom an. Diesen
Arbeiten allgemeinen Charakters folgte eine Reihe spezieller Studien, welche
einzelnen Organen gewidmet waren (z. B. die Arbeit von Faasch über die Histo-
II. Erforschungsgeschichte XIII. f. S
logie der Rektalpapillen und die Verdauung des Bluts, 1935 ; die Arbeit Wag-
ners über die vergleichende Morphologie der letzten Abdominalsegmente,
1932, u. a. m.).
Die Homologie der Mundteile AVTirde von Kmepelin (1884) und Hepnons
(1899) festgestellt, obgleich einige Deutungen dieser Verfasser bis auf den
heutigen Tag angefochten werden.
3. Entwicklung. Die Larven der Flöhe zogen die Aufmerksamkeit vieler
Forscher auf sich, doch sind die systematischen Merkmale einzelner Arten
(resp. Gattungen) bis jetzt nur wenig bekannt. Nach den ersten Angaben,
welche bereits Leeuwenhoek, Vallisneri (1733), Roesel und Degeer (1778)
lieferten, finden wir eine genauere Beschreibung und die Abbildungen der
Larven von Ctenocephalides und NosopsylUis erst bei Laboulbene (1872),
KÜNCKEL (1873) und Packard (1894), ferner wurden die Hystrichopsylla- und
Cterw'phthalmus-hawen von Oudemans (1913) beschrieben, die Larven von
Pulex, Xenopsylla, Ctenocephalides, Ceratophyllus, Nosopsyllus und Ctenopsyl-
lus von Bacot and Ridewood (1914) und von Sikes (1930). Die Arbeit von
Packard enthält bereits einige Angaben über die innere Anatomie der Larven.
Eine vollkoimuene Anatomie der Larven von Nosopsyllus fasciatus Bosc.
liefert die unlängst erschienene grundlegende Arbeit von Sharif (1937). Der
histologische Bau des Darmkanals bei der Larve von Ctenocephalides ist von
Harms (1912) beschrieben worden und die Metamorphose des Darmkanals
während der Entwicklung der Larve und der Puppe bei Pulex von Wagner
(1935 u. 1936).
4. Von großem Einfluß auf das Studium der Ökologie der Flöhe war die
Entdeckung des Bacillus pestis im Organismus der Flöhe, welche auf ver-
pesteten Ratten gesanmielt waren. Die von Ogata (1897) und Simond (1898)
ausgesprochene Hypothese, daß die Pest durch Flöhe verbreitet wird, wurde
durch die Experimente von Verjbitski (1902 — 1904) und besonders der eng-
lischen Pestkommission in Indien (1905—1909) bestätigt. Dieses Thema
erfuhr dann eine weitgehende Erforschung — vornehmlich seitens englischer
und russischer Arzte und Entomologen. Der größte Teil dieser Arbeiten be-
trifft die ,, Hausflöhe" und Nagerflöhe jener Gebiete, wo Pestepidemien miter
Nagetieren festgestellt worden waren. Das Leben der Flöhe, das Verhältnis
zwischen ihnen und ihren Wirten und zum Menschen, das Schicksal der
Bazillen im Flohorganisnuis während verschiedenen Jahreszeiten, der Mecha-
nisnms der Übertragung der Pest durch Flöhe auf Säuger u. a. m. wurden ein-
gehend erforscht. Diese Forschungen fanden hauptsächlich in Indien, im
tropischen Afrika und in den süd-östlichen Steppen des europäischen Rußlands
statt und zogen dann in den Hafenstädten Europas und Amerikas entsprechende
Maßregeln nach sich. Es wurde eine Kontrolle über die von den Schiffen ein-
geführten Ratten und ihre Flöhe organisiert. Diese Kontrolle ergab auch wert-
volle Resultate für die Oekologie der Flöhe.
XIII. f. 6
Aphaniptera
in. Kennzeichnimg der Ordnung
Den Afhaniftera gehören kleine flügellose Holometabola an, welche im
Imago- Stadium auf warmblütigen Wirbeltieren schmarotzen. Der gewöhnlich
licht beborstete Körper ist seitlich zusammengedrückt (Abb. 1). Die Fazetten-
augen sind durch ein Paar atypischer Einzelaugen ersetzt, die oft rudimentär
sind; sie befinden sich vor den sogenannten Antennengruben, d. h. den Ver-
tiefungen, welche die Antennen verbergen. In seltenen Fällen fehlen die Augen
gänzlich. Die Antennen sind kurz, aus zwei basalen Gliedern und einer ge-
gliederten Keule bestehend. Zuweilen sind einige oder alle Glieder der Keule
sekundär zusammengeschmolzen. Die stechend-saugenden Mundwerkzeuge
Abb. 1. Pulex irritans 5-
bestehen aus einem unpaarigen, als Labrum geltenden Organ, aus langen
rinnenförmigen Mandibeln, aus Maxillen mit viergliedrigen Tastern und aus
dem Labium mit seinen Palpi labiales. Der Rüssel, in Ruhelage schräg
nach hinten gerichtet, wird von den Palpi labiales, ferner den Mandibeln und
dem zwischen den letzteren sich befindenden Labrum gebildet. Der Hinterrand
des Kopfes hat ein Collare, welches auf dem Pronotum aufliegt; hinterwärts
vom Collare ragt die Kopf kapsel in Form einer Kujjpel in die Höhle des Prono-
tum hinein. Die mit dem Prosternum zusammengeschmolzenen Propleuren
schmiegen sich unten eng an den Kopf. Der letztere ist fast unbeweglich.
Die Thorakalsegmente sind frei und besitzen gleich den Abdominalsegmenten
dem Collare ähnliche Bildungen. Die Beine sind Sprungbeine mit stark ent-
wickelten Koxen, ögliedrigen Tarsi und mit einem Paar Krallen. Das Abdomen
ist sitzend. Unter seinen Segmenten sind einige nicht voll entwickelt oder
rudimentär, so daß nur 10 Abdominalsegmente deutlich zu unterscheiden sind.
Das erste Abdominalsegment ist durch ein Tergalsklerit dargestellt und sein
IV. Morphologie und Physiologie der Imago XIII. f. 7
pleurosternaler Teil ist mit dem Thorax zusammengeschmolzen. Das als 9.
erscheinende (in Wirklichkeit das 10.) Abdominaltergit ist stets mit Trichobo-
trien versehen. Die zwei Paare thorakaler Stigmaten haben eigene Sklerite.
Das erste der Abdominalstigmaten befindet sich an dem sogenannten ,,Mete-
pimerum" und die folgenden Paare an den Tergiten des 2. bis 8. Abdo-
minalsegments. Die Weibchen besitzen fast immer Cerci.
Thorakalganglien nicht verschmolzen. 7 oder 8 Abdominalganglien.
Das Stomodaeum ohne Saugmagen, mit einem muskulösen Proventriculus,
der innen mit Chitinauswüchsen ausgerüstet ist. Vier einfache Malpighische
Gefäße. Proctodaeum mit 6 großen Rektalpapillen in der Rektalampulle.
Testiculi kompakt. Ovarien kammförmig, mit je 4—6 Eiröhren vom panoisti-
schen Typus. Einige Gattungen besitzen 2 Receptacula seminis, bei anderen
ist von dem zweiten Receptaculum meistenteils nur ein mehr oder weniger
reduzierter Ausführgang, der sog. Ductus obturatorius, erhalten. Der Apparat
des Penis (Aedeagus) und die Gonopoden stets stark entwickelt.
Larven blind, fußlos, mit einem gut entwickelten Kopf. Der Rmnpf
der Larve besteht aus 3 Brust- und 10 Hinterleibssegmenten, doch unter-
scheidet sich das letzte Segment durch seinen komplizierten Bau und ist mit
einem Paar Nachschieber versehen. Das Thorax mit 2, das Abdomen mit 8 Paa-
ren von Stigmen, Mundwerkzeuge kauend. Die Larven leben gewöhnlich in
den Nestern der Tiere, auf welchen ihre Imagines schmarotzen und nähren sich
von toten, trockenen organischen Substanzen. Vor der Verpuppung mngeben
sie sich mit einem seidenen Kokon. Pupa libera.
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
1. Kopf kapsei (Cranium)
In der Seitenansicht erscheint der Kopf der Flöhe als ein unregelmäßiges
Trapez mit mehr oder weniger horizontalem Oberrande und Unterrande,
einem vertikalen Hinterrande und einem in der Regel abgerundeten oder
geneigten Vorderrande (Abb. 2). Dem Hinterrande entlang verläuft das
Collare (col), welches auf das Pronotum zu liegen kommt. Der Ober- oder
Scheitelrand erstreckt sich vom Collare bis zur Antennengrube, und der Vorder-
oder Stirnrand bis zur präoralen Kopf ecke, deren Chitin gewöhnlich ver-
dickt ist. Bei einigen Flöhen {Ischnopsyllus, Macrofsylla, Abb. 78) ist die
Frons {fr) von den Genae {g) durch eine zarte Naht abgesondert (Abb. 4).
Die Homologie der einzelnen Abteilungen der Kopfkapsel bei den Flöhen ist
nicht festgestellt. Unmittelbar hinter der präoralen Kante befindet sich ein
kleines bewegliches dreieckiges Sklerit (Abb. 4 elf), welches gewöhnlich von
den Seitenwänden der Kopfkapsel verdeckt ist. Es ist mit der präoralen Kante
durch eine deutliche biegsame Membran verbunden und erinnert an eine kleine
Oberlippe, soll aber mit Börner als der rudimentäre Vorderteil des im übrigen
mit der Frons verschmolzenen Clypeus, als CljT^eolus oder Anteclypeus be-
trachtet werden.
XIII. f. 8
Aphaniptera
Als Grenze zwischen den Genae und dem Vertex darf man wohl die An-
tennengruben und die interantennale Furche annehmen. In diesem Falle ent-
sk. ob! 60. sb" hb.
Abb. 2. Dasypsyllus gallinulae Dale
Kopf und Prothorax (Nach Wagnee).
spricht die Partie der Kopfkapsel zwischen den Antennengruben und dem
Collare dem Vertex, während das Collare als der herausragende Vorder-
rand der Occipitalnaht gelten darf. Die hinter dem Collare befindliche Ab-
teilung der Kopf kapsel ist
von außen nicht sicht-
bar, da sie kuppeiförmig
in den Thorax hineinragt
(Abb. 3 ok). Diese Ab-
teilung entspricht dem
Occiput und dem Post-
occiput. In der apha-
nipterologischen Litera-
tur, besonders bei eng-
lischen Autoren, wird als
der occipitale Teil (,, occi-
put") der ganze Abschnitt
der Kopfkapsel benannt,
der sich hinterhalb der
Antennengruben befindet,
Abb. 3.
Ctenophthalmus uncinata Wagner.
Kopf. — (Orig.)
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 9
was, wie es scheint, morphologisch nicht genau ist. Oberhalb des Hinterhaupt-
lochs befindet sich fast immer ein vertikaler Chitinkamm (ck), an dem die
Muskeln befestigt sind, welche den Kopf nach rechts und links abbiegen.
Die untere Fläche des Cranium in ihren hinteren Teil ist von den vorwärts
unter den Kopf vorgeschobenen Propleuren überdeckt, während den vorderen
Teil, in Bereich des Mundes, die nach unten heraustretenden Wangen verbergen.
An der Stirn besitzen Flöhe sehr oft ein charakteristisches, wenn auch nicht
immer an genau der gleichen Stelle gelegenes Organ unbekannter Bestimmung, das
„Stirnzähnchen'* {pz). Da es bei vielen Flöhen fehlt und in den Grenzen einer und
derselben Gattung bei den einen Arten entwickelt, bei den anderen unentwickelt ist,
so darf es nicht als ein Werkzeug für das Durchbrechen des Kokons beim Heraus-
schlüpfen des Imago angesehen werden. Verschieden wie seine Lage an der Stirn ist
auch der Grad seiner Entwicklung und seine Form. Meistenteils ist es eine kurze
Chitinquerfalte, die bei Seitenansicht des Kopfs als ein Zähnchen erscheint (,,Protec-
tum" OuDEMANS, Abb. 2). Es ist in der Regel nach unten gerichtet, seltener nach oben
(Protectum inversum, Abb. 70), das Chitin an seiner Basis ist oft verdickt (Nodus
frontale Oudemans, Abb. 3). Auch in einen konischen Höcker kann das Stirnzähnchen
verwandelt sein. Bei den Ischnopsylliden ist der kleine spitze Chitinhöcker (Mucro
OuDKMANs) gleichsam an die Stirn angeklebt und fällt leicht ab. Den kompliziertesten
Apparat besitzt die Gattung Listropsylla, bei welcher ein großes Stirnzähnchen (Li-
stron) sich innerhalb einer speziellen Kapsel befindet und aus derselben heraustreten
kann (Abb. 99). Alle erwähnte Formen des Stirnzähnchens müssen als homologe
Bildungen betrachtet werden.
Beiderseits des Kopfes befindet sich eine längliche Vertiefung für die
Antennen (Abb. 4 u. bfa). Durch diese Antennengruben wird der Kopf in
Abb. 4. Längsschnitt des Flohkopfes.
— (Schema.)
Abb. 5. Echidnophaga oschanini Wagn.
Optischer horizontaler Längsschnitt des
Kopfes. — (Schematisch, Orig.)
schiefer Richtung in einen Vorderteil und einen Hinterteil geschieden. Bei
Flöhen mit längeren Antennen erstrecken sich die Antennengruben weiter
auch auf die Propleuren (Abb. 2). In Fällen, wo tiefere Gruben sich vor-
XIII. f. 10
Aphaniptera
finden oder wo der Kopf stärker abgeplattet ist, stoßen dieselben innerhalb
des Kopfes zusammen und sind in der Regel verwachsen (Abb. 6 at). Stoßen
die Antennengruben im Kopfe nicht zusammen, dann haben sie öfters eine in-
nere Verbindung miteinander in Form eines Chitinbalkens (Abb. 7 tr), \yelcher
auf Präparaten, im optischen Durchschnitt, als ein scharf konturierter
dunkler Fleck erscheint (Tube r centrale — Oudemans, Trabecula cen-
tralis — Wagner, Abb. 4). Die Trabecula centralis verleiht dem Cranium den
nötigen Widerstand gegen etwaige mögliche Einbiegungen seiner Wände
(beispielsweise wenn der Wirt die vom Floh angestochene Stelle kratzt) und
schützt so das Gehirn, welches sich im Scheitelteil des Kopfes befindet.
Abb. 6. Xenopsylla gerbilli Wagn. Optischer
horizontaler Längsschnitt des Kopfes. —
(Schematisch, Orig.)
Abb. 7. Cerato-phyllus hirundinis
Gurt. Querschnitt des Kopfes. —
(Schematisch.)
Bei einem Teil der Flöhe zieht sich das obere Ende der Antennengrube
bis in die interanteimale Furche hinein (Abb. 4/*), welche die Antennen-
gruben an der Grenze zwischen dem vorderen und dem hinteren Teil des Kopfes
miteinander verbindet. Der Grad der Entwicklung derselben ist verschieden,
und bei vielen Flöhen fehlt sie ganz. Ein Kopf mit einer solchen interanten-
nalen Furche, deren Vorderrand ein schmales, dem Hinterrand aufliegendes
Collare bildet (Abb. 12.fi), wird Caput fractum (Oudemans) genannt. Ein
Caput integrum besitzt entweder gar keine interantennale Furche, oder
diese ist nur schwach entwickelt und hat kein Collare. Die Übergangsform des
Kopfes, welche Caput fractum und Caput integrum verbindet, wird im
folgenden als Caput semifractum bezeichnet. Sehr oft sind die Wände
der interantennalen Furche (die vordere und die hintere) verstärkt. Sie
können aneinandergepreßt sein und verwachsen, dann bilden sie eine interan-
tennale Chitinverdickung (Abb. 3 ic) in Form einer Querleiste. Oft ist von ihr
nur eine Spur (,,Naht") in Form eines quer über den Scheitel laufenden Strichs
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 11
geblieben, doch kann auch diese Spur ganz fehlen (z. B. bei den meisten
Geratophyllinae), wie denn überhaupt zwischen den angegebenen Kopfformen
keine scharfe Grenze gezogen werden kann. Die interantennale Furche war, wie
es scheint, den Vorfahren der Flöhe eigen, doch schwach entwickelt. Oudemans
hat mit Recht die Wichtigkeit dieses Merkmals betont, doch hat er es
fälschlich als einen Überrest ,, der Gliederung" des Kopfes der nächsten Vor-
fahren der Flöhe gedeutet.
Bei den Stephanocirciden (und bei wenigen anderen Flöhen) kommt im Hinterteil
des Kopfes eine zweite Chitinverdickung vor, welche der interantennalen ähnlich ist
{Tuber postverticale, Oudemans, Abb. 18, c)^.
Die Genae (Wangen) bilden unter den Antennengruben einen nach hinten
gerichteten Vorsprung (Genallappen, Abb. 3, fg). Bei den Pulicidae setzt
sich der Hinterrand der Wange in
Form einer Chitinplatte fort, die
die Hälfte der Antennenkeule be-
deckt (,, bedeckte Antennen-
grube", Abb. 54). Bei Männ-
chen ist der Scheitel längs der
Dorsallinie oft vertieft (Abb. 2,
sk). In diese Scheitelrinne, die
sich auch auf den Thorax er-
strecken kann, legen sich wäh-
rend des Coitus die Brust- resp.
die vorderen Hinterleibssternite
des Weibchens ein. Dank dem
Collare des Kopfs, welches
auf dem Vorderrand des Pro-
notum liegt, und dem Umstände,
daß die Propleuren die untere
Fläche des Kopfes bis zur Mund-
öffnung des Cranium umfassen,
ist der Kopf der Flöhe fast
unbeweglich: er kann nur we-
nig seitwärts gedreht werden.
An innenskeletalen Teilen des Kopfes besitzen die Flöhe immer einen
Querarm des Tentorium (Abb. 4 u. 8, te), welcher das Hiuterliauptloch in
einen oberen Teil (Durchgang für die Speiseröhre) und einen unteren (für
Nerven-Konnektive) einteilt (Wagner). Die Vorderarme des Tentorium,
die im ferneren als der Vorderteil des Tentorium bezeichnet werden, erstrecken
sich zwischen den Antennengruben in den Vorderteil des Kopfs hinein und ver-
einigen sich mit den Seitenwänden der Kopfkapsel etwas vor den Augen
Abb. 8. Amphipsylla. Schema des Längs-
schnittes durch den Kopf. — (Orig.)
1 Dieselbe kann wohl kaum als ein Überrest der einst vorhandenen Gliederung
des Kopfes (Oltdemaks) betrachtet werden.
XIII. f. 12
Aphaniptera
(Abb. 4 u. 8, vt). Bei vielen Flöhen zeigt der Vorderteil des Tentorium
Rückbildungserscheinungen, die, wie es scheint, unabhängig bei verschie-
denen Flohgruppen zustande kamen^.
2. Antennen
Die keulenförmigen Antennen (Abb. 9, 10, 11) der Flöhe sind an dem
Hinterteile des Kopfes, d. h. am Vertex, befestigt, was bei Flöhen mit gut ent-
Abb. 9. Pulex irritans C. '^. Antenne.
(Orig.).
Abb. 10. Hectopsylla stomis Jord.
tenne. — (Orig.).
An-
Abb. 11. Paraceras ßabellum
Wagn. 9- Fühlerkeule. — (Orig.)
wickelter interantennaler Furche deutlich
zu sehen ist. Bas basale Glied, Scapus,
ist beim Männchen oft bedeutend länger, als
beim Weibchen. Bas zweite Glied, der Pedi-
cellus, ist becher- oder drehwürfelförmig. Ber
Endteil, die Clava {cl), ist mit dem Pedicellus
durch ein kurzes Glied, den Petiolus (pe), ver-
bunden und besteht aus 9 Gliedern. Biese
können zum Teil (beispielsweise bei einigen
Pulicidae, Abb. 9) oder auch alle (bei Sarco-
"psyllidae, Abb. 10) miteinander verschmolzen
sein. Manchmal schmelzen die Glieder nur
an der einen Seite der Keule zusammen. Bei
vielen Pulicidae und Rhopalopsyllinae sind
die basalen Keulenglieder außenseits blattför-
mig erweitert (Abb. 9; sog. ,, asymmetrische"
Keule). In der überwiegenden Anzahl der Fälle
1 Die Meinung Börners (1904), die Flöhe haben überhaupt kein Tentorium,
ist nicht richtig. Ein Tentorium ist wie bei der Imago (Wagner), so auch bei den
Larven (Sharif) beschrieben.
IV. Morphologie und Physiologie der Imago XIII. f. 13
ist die Keule beim Männchen länger als beim Weibchen (besonders bei Cerato-
fhyllinae). Die Männchen spitzen oft ihre Antennen (zuweilen auch die Weibchen)
und dann treten die Antennen aus ihren Gruben heraus und sind nach oben ge-
richtet gleich einem Paar Ohrchen oder Hörner. In einer solchen Lage berühren
die Antennen des Männchens, während des Coitus, den Körper des Weibchens,
welches auf dem Männchen sitzt, und können, wenn sie lang genug sind, das
Weibchen stützen. Nach Lundblad haften sie stark an dem Körper des
Weibchens vermittels eines klebrigen Sekrets ; dies Sekret überdeckt die zahl-
reichen mikroskopischen borstenähnlichen Aus\\üchse, welche bei Männchen
sich an der Innenseite der Keule befinden. Bei Weibchen fehlen diese Aus-
wüchse. Auf der Außenfläche der Keule befinden sich die Vertiefungen der
Geruchsorgane, in der Regel je eins an jedem Glied (Abb. 11, fs).
3. Mundteile
Beim Stich dringen von den Mundteilen nur das Labrum und die Mandibel
in die Haut des Wirts ein (Abb. 12). Bas Lahr um {Ir), das von einigen For-
schern (Fox, 1925, NiTZULEScu 1928, Dampf 1908) als Epipharynx, d. h. als
ein Auswuchs der Oralwand des Clypeo-Labralkomplexes bezeichnet wird,
ist ein unpaares feines,
langes, stechborstenför- fi-
miges Werkzeug mit
einer tiefen Rinne auf
der Hinter- (Ventral-)
Fläche und mit Kerben
auf der Vorder- (Dorsal-)
Fläche. In seiner Basis
an der Vorderseite ist es
mit dem Clypeolus {dp)
verbunden, die Hinter-
seite geht in die Wand
der Mundhöhle über. Die
Außenseite der langen
rinnenförmigen Mandi-
bel ist mit 4 Reihen
Zähnchen ausgerüstet,
die gegen die Basis des
Rüssels gerichtet sind
(Abb. 14). Die Ansicht,
daß diese Zähnchen zum
,, Durchsägen" der Haut
des Wirtes dienen, ist
wohl kaimi richtig. Ihr
widerspricht wie ihre .,,-,-, „. • • . ^xr • ^
^ Abb. 12. Stenopoma tnsperata Weiss. (^.
Form, welche keines- und Mundteile. - (Orig.)
Vorderkopf
XIII. f. 14
Aphaniptera
wegs an die Form der Zähne einer Säge erinnert, so auch ihre Lage. Jedenfalls
erleichtern sie das Festhaften des Rüssels in der Haut beim Saugen und sind
daher bei Flöhen, welche sich mit dem Rüssel
festhalten, stark entwickelt. Solche Flöhe halten
sich an der Haut des Wirtes zuweilen so fest, daß
beim Entfernen derselben vom Wirte ihr Rüssel
reißt und teilweise in der Haut des Wirtes stecken
bleibt (z. B. bei Echidnophaga, Abb. 65). Auf
welche Weise das Durchstechen oder das Durch-
sägen der Haut des Wirtes geschieht, ist nicht
festgestellt. An der Innenfläche der Mandibeln,
längs des Hinterrandes, verläuft eine sehr schmale
Längsrinne (Abb. 15, sd), vermittels deren der
Speichel des Flohs in die Haut des Wirtes ein-
dringen kann. Die Basis der Mandibeln ist fest
mit dem oberen Auswuchs der Cardo verbunden
(Abb. 12, tnc), was Börner (1904) den Grund gab,
die Mandibeln der Flöhe als Innenladen des 1.
Maxillenpaars zu betrachten. Der äußerliche Teil
der Maxillen (mx) hat die Form einer dreikantigen
Pyramide oder genauer einer trapezoidalen Platte
mit drei verschieden ausgedrückten Längskanten.
Bei Flöhen mit längeren Maxillen (wie bei Steno-
fonia, Abb. 12) haben sie bei Seitenansicht die Form eines Strumpfes mit
einer Schnittkante an der vorderen Seite. Ob sie am Durchbeißen der
Haut teilnehmen ist unbekannt; jedenfalls fehlen an ihrer Oberfläche zarte
Sensillen, welche sich am Ende des Labrum und der Mandibeln befinden
(Abb. 14, os). Die Stipites sind nicht abgegrenzt und die Cardines i, sind
durch 1 Paar großer Sklerite dargestellt, welche mit ihrem hinteren Ende
mittels einer Membran mit der Chitinverdickung, die das Mundfeld um-
ringt, verbunden sind. In ihrem mittleren Teil sind die Cardines an das
zwischen ihnen gelegene Submentum (Abb. 12, sm) angegliedert. Die Palpi
maxillares {mt), welche vor Latreille für Antennen der Flöhe galten, be-
stehen immer aus 4 Gliedern. An dem letzten Glied befinden sich außer den
gewöhnlichen Borsten auch noch zahlreiche Sensillen (sensilla basiconica).
Abb. 13. Vermipsylla ala-
curt Schimk. Mundteile. —
(Halbschematisch. —
Nach Wagner.)
1 Anmerkung des Herausgebers: An dem hier als Cardo gedeuteten Sklerit, das
am Rand der Kopfkapsel artikuliert, greifen zum größten Teil die Muskeln an, die die
Mandibel bewegen. Böbner hatte daher guten Grund, die beiden Teile als zu einer
Extremität gehörig zu betrachten, doch glaube ich nicht, daß er recht hatte, als er sie
für die Maxillen hielt. Vielmehr möchte ich annehmen, daß der oben als Cardo bezeich-
nete Teil nichts anderes ist als der basale Abschnitt der Mandibel, dessen winklige
Stellung zum distalen Teil die Verschiebung des letzteren in der Längsrichtung ermög-
licht, ganz ähnlich wie das etwa bei den Stechborsten der Thysanopteren der Fall ist.
Die Frage verdient eine eingehende Untersuchung, die vor ihrer Behandlung im allge-
meinen Teil vorgenommen werden soll.
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 15
Die Basis der Mandibeln ist hinten vom Labium (Abb. 15) — an den Seiten von
rinnenförmigen Palpi labiales (It) verdeckt. Diese bilden das äußere Futteral
des Rüssels und bestehen in der Regel aus 5, seltener aus 4 Gliedern. Sehr
selten sind die Palpi labiales ungegliedert (Abb. 12) oder bestehen nur aus
2 Gliedern. Dies trifft insonderheit auf Flöhe mit groben Mandibeln zu, in
welchen Fällen die Palpi labiales schwach chitinisiert sind und offenbar nicht
zum Schutz der Mandibeln dienen können. Andererseits kann die Anzahl der
Glieder auch fünf übersteigen (Abb. 13), ja bis 17 gelangen. Ihre Anzahl
steht in keinem Verhältnis zu der Länge des Rüssels, Bei einigen Flöhen
schwankt sie individuell (z. B. bei Vermipsylla alacurt 11 — 13), was dafür
zeugt, daß die Gliederung in diesen Fällen sekundär erworben ist (falsche
Gliederung). In Ruhelage ist der Rüssel schief nach unten und rückwärts
Abb. 14. Vermipsylla alacurt
Schimk. Mandibelspitze. —
(Nach Wagner.)
Abb. 15. Pulex irritans L. Schematischer Quer-
schnitt durch die Mundteile. —
(Nach IVRAEPELIN.)
gerichtet und zwischen den Beinen versteckt. Beim Saugen hebt er sich und
richtet sich gerade vorwärts, wobei der Floh sich faßt senkrecht zur Oberfläche
des Körpers des Wirtes hält. Beim Eindringen der Mandibeln in die Haut
schieben sich die Palpi labiales nach rechts und links auseinander und schmiegen
sich fest an die Haut des Wirtes an.
4, Augen und „augenförmige" Organe
Die Augen {oc) befinden sich bei Flöhen beiderseits des Kopfes am
Vorderrande der Antennengruben. Zuweilen sind sie von bedeutender Größe,
oft aber rudimentär, manchmal fehlen sie ganz. Auf Grund ihrer Lage sowie
des Umstandes, daß ihre Nervenzontren sich im ventralen Teil der Cerebral-
ganglien befinden, sind sie den Ocelli der Mehrzahl der Insekten nicht homolog,
sondern stellen eine Umbildung der Seitenaugen (Komplexaugen) dar (Han-
ström). In der Regel sitzen sie in der Nähe des Unterrandes des Kopfes, doch
wenn das Ktenidium am Vorderrande der Antennengnibe entwickelt ist,
sind sie nach oben verschoben und finden ihren Platz an der Basis des oberen
XIII. f. 16 Aphaniptera
Ktenidiumstachels (Abb. 84, 85). Mittels ihrer Augen unterscheiden Flöhe
die Stärke und die Richtung der Beleuchtung, während sie einzelne Objekte
nur in einer sehr geringen Entfernung erfassen ; in ihren Wanderungen lassen
Flöhe sich eher vom Geruchssinn leiten (Sgonina).
Seitens der Körperhöhle ist das Auge von einer undurchsichtigen schwar-
zen Chitinkapsel umgeben (Abb. 16). Die weite vordere Öffnung derselben
nimmt eine Korneallinse ein, deren innere
Oberfläche viel stärker konvex ist als die
äußere; in die kleinere hintere Öffnung der
Kapsel ist der Sehnerv eingelassen. Bei
vielen Flöhen befindet sich die hintere Öff-
nung nicht gerade gegenüber der vorderen,
sondern hat eine exzentrische Lage ; in diesem
Falle erscheint das Auge auf einem Präparat
in toto wie ausgeschnitten. Die Netzhaut be-
steht aus einer kleinen Anzahl Sehzellen (z. B.
Abb. 16. Pulex irritans. L. ,5^. t . 7-, 7 • i t , t t- ■ r? n • n
Längsschnitt des Auges. - (Orig.) »ei P^le^ smd die stabformigen Zellen m der
Anzahl 62 — 70) und enthält kein Pigment.
Sensillen, welche Oudemans als ,,augenförmige Organe" bezeichnet hat
(Abb. 2, 3 u. a., so), finden sich am Kopfe aller Flöhe vor. Ahnliche, wenn auch
viel kleinere Organe befinden sich auch an den Tergiten. Jedes solches Organ
stellt eine kleine Scheibe farbloses Chitin dar, umrahmt von einem nach
innen hineinragenden Chitinwällchen. Am Kopf befinden sich vier aufeinander-
folgende Paare solcher Organe größerer Dimension, plaziert beiderseits der
Mittellinie des Rückens : 2 Paare am Hinterteil des Kopfes und 2 am Vorder-
teil. Am Vorderteil kommt oft ein drittes unteres Paar vor, und im Hinterteil
gibt es fast immer noch ein laterales, großes und ein hinteres, kleines Organ.
Ahnliche Organe können auch an anderen Stellen des Kopfes sitzen. Bei
Sarcopsyllidae fehlen die vorderen Organe und die hinteren sind rudimentär.
Ihre Funktion ist unbekannt^.
5. Ktenidien und Apikalzähnchen der Tergite
Am Körper der meisten Flöhe befinden sich Chitinauswüchse in Form
flacher Stachel oder Zähne (Abb. 2 u. a., et). Mit ihren Enden sind sie nach
hinten gerichtet oder auch (am Kopf) nach unten, und fast inmier bilden
sie Reihen oder Kämme, die als Ktenidien bezeichnet werden. Die Stachel
der Ktenidien sind keine veränderte Borsten, da sie keinen Basalring besitzen
und unbeweglich sind. An den Thorakal- und Abdominaltergiten ist es deut-
lich erkennbar, daß dieseZähne nichts anderes als stark chitinisierteAuswüchse
des Hinterrandes des Collare sind. Bei einigen Flöhen kommen aber auch
dornförmige Borsten vor, deren Reihen an Ktenidien erinnern können (z. B.
^ Einige Forscher halten sie für Lichtreize empfangende Organe, andere betrach-
ten sie als Gehörorgane, doch haben beide Deutungen sehr wenig Wahrscheinlichkeit.
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 17
am 7. Abdominaltergit bei Nycteridopsylla Abb. 75); das sind die „falschen"
Ktenidien. Bei Atrophie eines Ktenidiums ist die Anzahl seiner Stachel
reduziert; außerdem werden am Thorax und am Abdomen die Stachel selbst
kleiner und verwandeln sich in Apikalzähnchen der Tergite (Abb. 17). Die
größte Stabilität besitzt das Ktenidium des Pronotmii. Er ist der Mehrzahl
der Flöhe eigen. Sehr viele Flöhe besitzen nur dieses einzige pronotale Kteni-
dium. Sind die Kopfktenidien überhaupt da, dann ist auch das pronotale
Ktenidium vorhanden. Weniger stabil sind die Kopfktenidien, noch öfter
fehlen die Abdominalktenidien. Ktenidien kommen nur an den Tergiten
vor, und am Kopf nur in seiner vorderen Hälfte.
Je nach der Lage der Kopfktenidien unterscheidet man ein Mundkteni-
dium, dessen Stacheln am Unterrande des Kopfes verteilt sind (Abb. 65, 66),
cf hm.
Abb. 17. ListrofsyUa agrip-
pinae Roths. 5- D^s 1. Ab-
dominaltergit. — (Orig.)
Abb. 18. Plocopsylla enderleini Wagn. 9- Kopf.
(Nach Wagner.)
ferner ein Wangen- oder Augenktenidium, welches sich am Genallappen
befindet (Abb. 18, cg), ein Antennalktenidimn — am Vorderrand der Antennen-
grube (Abb. 86), und endlich ein Frontalktenidium — längs dem Frontalrand
des Kopfes (Abb. 18, c/). Es ist möglich, daß das Mund-, Wangen- und Anten-
nalktenidium Überreste des ursprünglich einen einzigen allgemeinen Kteni-
dimns darstellen, welches sich horizontal längs dem ganzen Unterrande des
Kopfes hinzog, auf den Genallappen überging und dann vertikal nach oben
am Rande der Antennengrube abbog. Gerade ein solches Ktenidium besitzt
Macropsylla (Abb. 78), die auch noch andere primitive Eigenheiten aufweist.
Bei diesem Floh befinden sich die vorderen Stachel des Ktenidiums vor
der Mundöffnung und entsprechen wahrscheinlich zweien oder dreien (beider-
seits) präoralen Platten, die für die IscJmopsyllidae (Abb. 74) charakteristisch
sind. Das antennale Ktcnidum ist bei einigen Flöhen mehr oder weniger
nach vorn von der Antennengrube abgeschoben (z. B. bei Corypsylla, Abb. 84)
und erinnert an das Frontalktenidimu, — doch da das echte, für die Familie Ste-
nt onz\s Klassen des Tierreichs. V. 3. XIII. Buch. W.isner.
XIII. f. 2
XIII. f. 18 Aphaniptera
phanocircidae charakteristische, Frontalktenidium vorhanden ist, so behalten
die Augen ihren normalen Platz nächst dem unteren Ende der Antennen-
grube bei, — bedeutend hinterwärts vom Ktenidimn, während beim Kteni-
diuni, welches von der Antennengrube verschoben ist, die Augen stets gegen
die Basis des oberen Stachels versetzt sind. Außerdem besitzen die Stefhmw-
circidae immer gleichzeitig mit einem Frontalktenidium auch noch ein Wangen-
ktenidium (Abb. 18, cg). Offenbar ist das Frontalktenidium selbständig an
der Stirnseite entstanden, während das Antennal- und das Wangenktenidium
Auswüchse der G-enae darstellen. Der vordere Abschnitt des Kopfes, welcher
ein Ktenidium trägt, ist bei den meisten Ste'phanocircidae durch eine tiefe
Furche abgegrenzt und wird ,,Helm" genannt (,, helmtragende" Flöhe). Dank
dieser Furche kann der Helm etwas nach rechts und links abweichen, was
dem Frontalktenidium das Haften an Haaren erleichtert.
Die Apikalzähnchen der Tergite können zahlreich sein und Reihen bilden,
welche den Kämmen entwickelter Ktenidien ähnlich sind (Abb. 17); doch
ist ihre Anzahl meistenteils unbedeutend und sie sind gewöhnlich nur in
der Nähe des Rückens erhalten. Oft genug bleibt an Tergiten je ein einziges
Apikalzähnchen, welches das einst gewesene Ktenidium andeutet.
6. Thorax
Die Überleitung zum Thorax ^ bildet ein Paar kleiner, stabförmiger
Hals- oder Cervicalsklerite (Abb. 3, cv), deren inneres, vorderes Ende
die kuppeiförmige Partie des Cranium stützt, während das äußere, schief
nach hinten gerichtete Ende in den Ausschnitt (e) an dem vorderen- oberen
Rande der Propleuren hineinragt. Die Richtung dieses Ausschnittes ist für
einzelne Gattungen charakteristisch. Bei Flöhen mit stark reduziertem
Thorax, wie Sarcopsyllidae, fehlen die Cervicalsklerite ganz, bei einigen
Pulicidae sind sie rudimentär.
Die Thorakalsegmente sind fast immer beweglich miteinander verbunden
und der Apikairand ihrer Tergite setzt sich ins Collare fort. Die Vorderränder
des Meso- und Metanotum bilden das Meso- und Metaphragma (Abb. 19, ph).
Am Metanotum ist gewöhnlich noch ein hinteres Phragma vorhanden. An
der Innenfläche des Mesonotumcollare sitzen bei der Mehrzahl der Flöhe
borstenähnliche Auswüchse (Pseudochaetae, ps), die sich von den echten
Borsten durch ihre Unbeweglichkeit und durch die Abwesenheit des Basal-
rings unterscheiden. Ihre Bestinmiung ist unbekannt.
Die Propleuren sind mit dem Prosternum verschmolzen; das letztere
setzt sich weit nach vorne unterhalb des Kopfes fort (Abb. 1) und ist mit
demselben unbeweglich verbunden. Daher erscheinen die Vorderbeine,
welche an das vordere Ende des Prosternum angegliedert sind, als am Kopf
befestigt 2. Das Hinterende des Prosternum ist mit dem inneren Skelet
^ Morphologisch gehören diese Teile zum Labialsegment.
^ Wie es auch die ersten Forscher annahmen.
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 19
des Prothorax verbunden, welches im allgemeinen eine kurze Rinne darstellt
und die Konnektive zwischen dem 1. imd dem 2. Thorakalganglion stützt.
Die Mesopleuren sind ebenfalls mit dem Mesosternum verschmolzen. Auf
Präparaten scheint ein scharfer dunkler Streif durch, welcher die Mesopleuren
in schiefer Richtung von dem vorderen oberen Winkel bis zu der Angliede-
rungsstelle der Mittelbeine kreuzt (Abb. 19, em). Er stellt einen entoskeletalen
Träger dar, welcher anfangs als eine Naht zwischen den Pleuren und dem
Sternmn angesehen wurde. Dieses stabförmige Entoskelet der Mesopleuren
ist bei allen Flöhen vorhanden, Sarcopsyllidae, Pulicinae und die Gattung
Corypsylla ausgenommen. Zwischen den mittleren Koxen ist das Mesosternum
mit einem Entoskelet in Form eines Chitinrings versehen, durch welchen
die Konnektive zwischen dem 2, und dem 3. Thorakalganglion ihren Weg
finden. Die Mesopleuren haben ein gut entwickeltes Collare, das meistenteils
M 2pA' 2ph"
Abb. 19. CtenofSijllus fallax Roths. $. Meso- und Metathorax. — (Orig.)
das Stigma überdeckt (Abb. 19). Zum Unterschied von dem Prothorax und
Mesothorax sind im Metathorax außer dem Notum noch drei Abschnitte
deutlich abgegrenzt, welche gewöhnlich Sternmn, Episternum und Epimenmi
genamit werden, obwohl die Homologie der beiden letzteren bei Flöhen
nicht festgestellt ist. Das Metepisternum {mte) ist ein kleines Sklerit mit
einem Collare, das zuweilen stark chitinisiert ist und dann an einen rudimen-
tären Flügel erinnert. Der Vorderrand des Metasternum {mts) ist bei den
meisten Flöhen mit einem kleinen inneren Chitinauswuchs ausgestattet (pz),
welcher bald kurz, bald lang, zuweilen fingerförmig ist. Er bildet ein wichtiges
systematisches Merkmal, worauf Rothschild und Jordan hingewiesen
haben. Das Metepirüerum {mtm) ist von dem Metasternmn durch eine ins
Innere des Körpers hineinragende Chitinleiste geschieden, welche als Naht
des Metepimerum bezeichnet wird {su). Der Hinterteil des Metepimerum,
in Form eines Collare, bedeckt den Unterrand des 1. Abdominaltergits und
einen Teil des Basal sternits. Einige Verfasser betrachten das Metepimenmi
der Flöhe als das erste Abdominalsternit, das mit dem Thorax verschmolzen
XIII. f. 2*
XIII. f. 20
Aphaniptera
ist. Dafür spricht nicht nur seine Lage und die Abwesenheit des Sternits
am ersten Abdominalsegment, sondern auch das Stigma (st) am oberen Winkel
des Metepimerum, welches den abdominalen Stigmen ähnlich ist, sich von
den thorakalen Stigmen unterscheidet und den ersten Abdominalstigmen
der Larven entspricht.
Die Thorakalstigmen befinden sich nächst dem Hinterrande des Pro-
und Mesothorax, doch, nach dem Tracheensystem der erwachsenen Larven
zu urteilen, stellen sie nach vorn verschobene Stigmen des Meso- und Meta-
thorax dar (Sharif).
7. Abdomen
Das Skelet des ersten Abdominalsegments ist durch das Notum dar-
gestellt (Abb. 19, It), während der sternopleurale Teil durch das Metepimerum
verdrängt ist. Bei den folgenden Segmenten (Abb. 1) sind sowohl die tergalen,
Abb. 20. Parapsyllus viscachae Wagn
Hinterleibsende .
(Nach Wagner.
als auch die sternalen Sklerite entwickelt; selbständige pleurale Sklerite
sind nicht vorhanden und die Stigmen haben ihren Plat^ an den Tergiten
Das Sternit des 2. Segments umfaßt die Seitenteile des entsprechenden Tergits
Bei den folgenden Segmenten, das 7. ausgenonmien, sind die Seitenteile der
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 21
Sternite von den Tergiten überdeckt. Bei den Weibchen sind die Seitenteile
des 7. Sternits auf das Tergit aufgeschoben, was ofEenbar mit der Rolle des
Abb. 21. Ceratophyllus fringillae Walk. (^. Das 8. und das 9. Sternit des Abdomen.
(Nach Wagner.)
7. Sternits während des Coitus
im Zusammenhange steht, da das
Männchen gewöhnlich mit seinen
Gonopoden das Weibchen gerade
am Apikairande dieses Sternits hält.
Die vorderen Abdominal Stig-
men, biszimi 7. Segment einschließ-
lich gleichen einander, doch sind sie
oft bei verschiedenen Arten ver-
schieden. Das Atrium des 8. Paares
der Stigmen hat eine abweichende
Form, ist bedeutend größer, bei
Männchen und Weibchen — ver-
schieden und erstreckt sich oft längs
dem Apikairand des Tergits bis zur
Rückenmittellinie.
Der Bau des 8. und der folgen-
den sog. veränderten Abdominal-
segmente stellt ein für die Flöhe
besonders wichtiges systematisches
Merkmal dar. Bei Weibchen um-
faßt der Ventralteil des 8. Tergits
das Abdomen von den Seiten und
verdeckt mehr oder weniger das schwach entwickelte, oft schwach chitini-
sierte 8. Sternit (Abb. 20). Bei Männchen ist das 8. Abdominaltergit ver-
Abb. 22. Letzte Segmente des Weibchens
von Ctenophthalmus arvalis W. et I. {A dor-
sal gesehen) und Ct. congener Roths. {B seit-
liche Ansicht.) — (Nach Wagneb.)
XIII. f. 22 Aphaniptera
schieden entwickelt: von einer kleinen, das Stigma umringenden Platte,
bis zum weiten Sklerit, welches demjenigen des 8. Tergits der Weibchen
ähnlich ist. Das 8. Abdominalsternit der Männchen ist noch mannigfaltiger
als das 8. Tergit.
Zuweilen ist es rudimentär (Nosopsyllus) oder bedeutend reduziert. Im 8. Sternit
der CeratophylUnae läßt sich eine basale dreieckige Platte (Abb. 21, bs) und ein schmaler
mittlerer Teil unterscheiden ; der letztere stellt das nach hinten ausgezogene Collare dar.
Neben der Basalplatte eines solchen Sternits befinden sich zarte lappenförmige Falten
(il) des intersegmentalen Membrans zwischen dem 8. und dem 9. Sternit. Sie stehen
in irgendeinem Verhältnis zum speziellen Organ der Ceratophyllinae (Wagneks ,,0r-
gan-x" 1932), welches sich neben dem Basalteil des 8. Sternits befindet (x) und eine
ovale Höhle mit zahlreichen Chitinauswüchsen im Innern derselben bildet^.
Das 9. Abdominaltergit der Weibchen ist stark reduziert, oft ganz unent-
wickelt, gewöhnlich mit dem Pygidialtergit verschmolzen. Ist es abgesondert,
Abb. 23. Malaraeus penicilliger Gr. ^. Gonopode. — (Nach Wagner.)
so ist es durch ein Paar Seitensklerite vertreten {Ctenophthalmus, Abb. 22, IX,
Rhadinopsyllinae, Hystrichopsylla, Parapsyllus Abb. 20, 9t u. a. m.), welche
aber in der Regel vom 8. Tergit verdeckt sind (Wagner). Das 9. Sternit
der Weibchen, welches die Dorsalwand des Eingangs der Vagina bildet, ist
rudimentär, schwach chitinisiert. Das 9. Abdominalsegment der Männchen
ist von größerer Wichtigkeit für die Unterscheidung der Arten, weil seine
Seitenteile durch Gonopoden dargestellt sind, die außerordentlich charakte-
ristisch für einzelne Arten sind. In der Gonopode (Abb. 23 und 24) werden
der ,, Körper" (goc) und die ,, Finger" unterschieden. Von der vorderen,
ventralen Ecke des Körpers aus ragt nach innen und nach vorne ein ento-
skeletaler Auswuchs, das sog. Manubrium (ma). Es können zwei Haupttypen
der Gonopoden unterschieden werden, solche mit zwei (Abb. 24) und solche
mit einem (Abb. 23) beweglichen Finger. Auf Grund der Homologie der
Gonopode mit der zweiästigen Extremität anderer Arthropoden, wird der
^ Wagner meint, über die Fläche der intersegmentalen Lappen verbreite sich das
Sekret der Hautdrüsen, welches sich im,,Organ-x" ansammle, und dieses müsse irgend-
eine Rolle während der Paarung spielen.
IV. Morphologie und Physiologie der Iniago
XIII. f. 23
/l//f/"i///l.
äußere Finger als Exopodit {ex), der imiere als Entopodit {en) bezeichnet
(Wagner) 1. Wenn nur ein beweglicher Finger vorhanden ist, so entspricht
er in der Regel dem Entopodit, doch in wenigen seltenen Fällen gestattet
seine Lage, ihn als Exopodit zu betrachten. Bei der Mehrzahl der Flöhe be-
sitzt die Gonopode einen Finger. Ihr zweiter Finger verschmilzt mit dem
Körper der Gonopode und wird somit zu einem ,, unbeweglichen" Finger
(Abb. 23 /), oder atrophiert. Doch können mamiigf altige Chitinauswüchse
am Apikairande der Gono-
pode, welche die Rolle
des unbeweglichen Fingers
übernehmen, auch selb-
ständig entstehen, unab-
hängig vom Exopodit und
Entopodit. Die Form und
die Bewaffnung der Finger
mit Borsten, Sporen oder
Dornen ist ungemein man-
nigfaltig. Beide Gonopoden
sind dorsal mittels des 9.
Tergits verbunden, welches
bei Männchen mit dem
pygidialen, d. h. mit dem
10. Tergit verwachsen ist
und sich in Form einer
entoskeletalen Dorsalplatte
nach innen fortsetzt. Diese
ist oft sehr groß (z. B.
bei vielen Ceratophyllidae
Abb. 23, dl), zuweilen —
schmal, verhältnismäßig
selten fehlt sie oder ist
durch zwei Seitenlappen
vertreten (bei einigen Puli-
cidae [Fig. 24, dl]). Im
9. Sternit der Männchen, bei Seitenansicht (Abb. 21), läßt sich ein verti-
kaler (rv) und ein horizontaler {rh) Teil (ZM'-eig) unterscheiden. In der
ventralen Richtung gehen beide vertikalen Zweige ineinander über und
von dieser Stelle geht der horizontale, oft paarige Zweig ab, der einen
Aus^vTichs des Collare darstellt. Von der Basis des 9. Sternits zieht sich
beim Männchen fast iimner eine lange Apophyse (ap) zur Befestigung der
Abb. 24. Ctenocephalidescanis Curt. (^. Gonopode.
A von außen, B von innen. — (Nach Wagneb.)
1 Anmerkung des Herausgebers: Auf Grund der neueren Untersuchungen von
Snodgkass über die äußeren Geschlechtsorgane der Insekten halte ich diese Homologi-
sierung wie überhaupt das Bestreben, zweiästigen Bau der Extremitäten als für die
Insekten primitiv anzusehen, nicht für berechtigt.
XIII. f. 24
Aphaniptera
Muskeln nach innen. Während der Paarung streckt sich das 9. Sternit des
Männchens bedeutend heraus und stützt den Chitinapparat des Penis. In
den Fällen, wo das Ende des
9. Sternits in das Vestibulum
der Vagina eindringt, ist es
mit groben gekrümmten Spo-
ren bewaffnet und dient auch
zum Festhaltendes Weibchens
(Abb. 25).
Das 10. Tergit stellt bei
allen Flöhen eine sog. Pygidial-
platte vor {pt, py) und ist stets
mit Trichobothrien (Abb, 26),
die denjenigen der Neuroptera
ähnlich sind, versehen. Die
Anzahl der Trichobothrien ist
bei verschiedenen Flöhen ver-
schieden und kann als systematisches Merkmal dienen. Das Sternit des
10. Abdominalsegments fehlt bei den Weibchen, ' bei den Männchen aber
Abb.
25. Neopsylla teratura Roths. (^.
dominalsternit. — (Orig.)
9. Ab-
Abb. 26. Querschnitt durch die Pygidialplatte
vonCeratophyllus rusticusWsign. (^) undTricho-
hothrium (von innen) von C. galUnae Sehr. {B).
— (Nach LXJNDBLAD.)
Abb. 27. Subpygidialsklerit von
Tarsopsylla octodecimdentatus Kol. ^.
— (Nach Wagneb.)
ist es nicht selten in Form eines rudimentären Sklerits erhalten (,,subpygi-
diales" Sklerit, Wagner Abb. 27, s'p), welches außen von stark chitinisierten
Gonopoden verdeckt ist.
Vom 11. Abdominalsegment der Weibchen haben sich nur die sog. Cerci
(ce) erhalten, deren Homologie nicht festgestellt ist. Wagner betrachtet
die Cerci der Flöhe als gegen den Rücken verschobene sternale Sklerite. Sie
fehlen bei Sarcopsyllidae, Vermi'psyllidae und Lycofsyllidae. Bei Männchen
ist das 11. Sternit nicht entwickelt.
Das anale Segment ist oft stark reduziert. Beim Weibchen ist sein Tergit
(mit Ausnahme seltener Fälle, z. B. einiger Stcphanocircidae) mit dem Pygidial-
tergit verschmolzen.
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 25
8. Beine
Für die Beine der Flöhe sind stark entwickelte massive Koxen mit einer
erhabenen Lateralfläche und einer flachen Medialfläche charakteristisch.
Die Mittel- und Hinterkoxen sind charakteristische Spalthüften (Abb. 28),
deren oberer (Hinter)abschnitt (aus dem Meron entstanden) gewöhnlich
ebenso stark wie der untere (Vorder)abschnitt entwickelt ist. Der Trochanter
ist bei den Flöhen immer gut entwickelt. Beim Springen wird der Abstoß
durch das Auseinanderbiegen der Koxen und
der Femora bewirkt; das Auseinanderbiegen
des Femur-Tibia- Gelenks spielt eine sekundäre
Rolle. Die Tibien sind ungefähr ebenso lang
wie Femora. Die Tarsen sind stets fünfgliedrig.
Das 5. Glied (Prätarsus) trägt ein Paar Krallen,
welche fast immer mit einem basalen Zahn ver-
sehen sind. Dieser letztere fehlt nur bei den-
jenigen Flöhen, welche sich an Wirten mittels
der Mandibeln festhalten.
Die Springfähigkeit ist bei Flöhen sehr ver-
schieden. Die Flöhe der Fledermäuse springen
so gut wie gar nicht, die Flöhe der Nagetiere
verhältnismäßig schwach: die Sprunglänge der
Ziesel- und Murmeltierflöhe ist 7 bis 14 cm.
Besser ist der Sprung der Hausflöhe; z. B. bei
Pulex erreicht er bis 32 cm (Höhe etwa 15 cm). Wenn der Floh im Haar des
Wirtes bedrängt ist, so macht er gewöhnlich nicht gleich einen Sprung,
sondern versucht zu entfliehen, indem er rasch zwischen den Haaren durch-
kriecht. Er springt nur, wenn es ihm nicht gelingt, sich im Haar zu ver-
bergen. Auf ebener Fläche jedoch bewegen sich die Flöhe nur mit Mühe fort
und ziehen den Sprimg vor. Die Flöhe der Nager machen, wenn sie berührt
werden, oft gar keinen Sprung, sondern fallen auf die Seite und ,, stellen
sich tot".
Abb. 28.
J. et R.
Stivalius phoberus
(^. Mittelkoxe. —
(Orig.)
9. Chaetotaxis
Die Entwicklung und die Verteilung der Borsten ist außerordentlich
verschieden bei verschiedenen Gruppen der Flöhe imd bildet ein wichtiges
diagnostisches Merkmal. Am Kopf und an den Körpersegmenten sind die
Borsten in erdrückender Mehrzahl der Fälle in regelmäßigen vertikalen
(oder schiefvertikalen) Reihen verteilt. Im vorderen Abschnitt des Kopfes
wird eine Augenreihe unterschieden (Abb. 2), welche gewöhnlich aus 3 Borsten
besteht : die Augenborste (ob), die dem Auge am nächsten sitzt, — die Maxillar-
borste (mb), am unteren Rande des' Kopfes, und — die Zwischenborste. Vor
der Augenreihe befindet sich die Frontalreihe (fb), deren Borstenanzahl
verschieden ist und die auch fehlen kann. Sind noch weiter nach vorn gestellte
Borsten vorhanden, dann bilden sie gewöhnlich eine dritte sog. präfrontale
XIII. f. 26
Aphaniptera
Reihe (j)/), welche dem Stirnrand parallel ist. Im hinteren Teile des Kopfes
entsprechen der Frontal- und Augenreihe zwei Scheitelreihen (sb), welche oft
unvollkommen sind. Seltener kommt auch noch eine dritte Scheitelreihe vor,
welche eine Fortsetzung der präfrontalen Reihe darstellt. Unabhängig von
den Scheitelreihen befindet sich vor dem Collare die Hinterrandreihe (Jib).
Sie unterscheidet sich von den Scheitelreihen durch eine größere Stabilität
und auch noch dadurch, daß in ihr starke Borsten mit schwächeren (oder
Härchen) abwechseln (Abb. 2). Diese sog. ,, eingeschalteten" Härchen machen
die Hinterrandreihe des Kopfes den Hauptborstenreihen der Thorakal- und
Abdominaltergite ähnlich.
An den Brust- und Hinterleibstergiten gibt es gewöhnlich außer einer
Hinter- oder Hauptreihe aus größeren Borsten auch noch eine oder zwei
— selten mehr — Vorderreihen (Abb. 17). Am Hinterrande des 7. Abdominal-
tergits in der Nähe des Rückens, sitzen gröbere, längere sog. Antepygidial-
borsten (Abb. 1 u. a.), welche das Py-
gidium schützen. Ihre gewöhnliche
Anzahl jederseits ist 3. Bei einigen
Flöhen, beispielsweise bei Ctenofsyl-
lus (Abb. 86) und Hystricho'psylla,
sind mehr als drei Antepygidial-
borsten vorhanden. In seltenen Fäl-
len fehlen die Antepygidialborsten
ganz {Sarcopsyllidae, Abb. 67, Vermi-
'psyllidae, Abb. 72, die Männchen der
Rhadino'psyllinae). Bei Nycterido-
fsylla ist eine ganze Reihe von
kurzen, verstärkten Antepygidial-
borsten vorhanden, die ein falsches
Ktenidium bilden (Abb. 75). Die Borstenreihen der Abdominalsternite
haben keine eingeschalteten Härchen.
An den Gonopoden fallen die sog. Acetabularborsten (Abb. 23, ac) auf,
die gewöhnlich in der Anzahl von 2 in der Nähe der Angliederungsstelle des
beweglichen Fingers sitzen. Sie fehlen verhältnismäßig selten und sind oft
nach oben verschoben. Die Borsten des beweglichen Fingers der Gonopoden
sind für einzelne Arten sehr charakteristisch und oft sind einige unter ihnen
in grobe Sporen verwandelt.
Die Verteilung der Borsten an den Beinen ist auch für einzelne Gruppen
und Gattungen der Flöhe charakteristisch. An der Innenseite der hinteren
Koxen bei Pidicidae, bei einem Teil der Stefhanocircidae, bei Hypso-phtJiaJ-
minae, vielen Neopsyllinae und bei einigen anderen Flöhen ist ein Teil der
Borsten verkürzt und in grobe Dörnchen verwandelt (Abb. 29, 64). Nach
Beobachtungen Enderleins (1929) kratzt Pulex mittels rhythmischer
Hebung und Senkung der hinteren Koxen mit den Dörnchen derselben an
dem Basalsternit und erzeugt möglicherweise so einen Laut, welchen unser
dcx.
Abb. 29. Dörnchen an den Hinterkoxen
von Neopsylla scapani Wagn. (^4) und von
Echidnophaga gallinacea Westw. (B). —
(Orig.)
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 27
Ohr zu empfinden nicht imstande ist. An dem hinteren, d. h. dorsalen Rande
der Tibien sind stets starke Borsten resp. Sporne vorhanden (Abb. 30), welche
in den Einschnitten dieses Randes zu je zwei oder einzeln, seltener zu je
drei oder in größerer Anzahl sitzen. Die äußeren Borsalsporen sind nicht
selten viel zahlreicher und bilden eine regelmäßige Kammreihe (z. B. bei
Ctenopsyllus Abb. 31, Caenofsylla und einigen anderen Gattungen). Ein
gutes diagnostisches Merkmal ist auch die Beborstung des 5. Tarsalgliedes.
An seinen Seitenrändern sitzen stets gröbere, ge-
wöhnlich gekrümmte Lateralborsten (Abb. 32, Ih).
Ihre normale Anzahl, die für einzelne Gattungen
oder umfangreichere Gruppen charakteristisch ist,
beträgt 4 oder 5 Paar. Die Coptofsyllidae und
Abb. 32. Prätarsus der
Abb. 30. Paraps yllus vis- Abb. 31. Hiiitertibia von Hinterbeine von Ctenopk-
cachae Wagn. 9- Hinter- Ctenopsyllus segnis Schön. thalmus agyrtesHeW. §. —
tibia. — (Orig.) — (Xach Wagner.) (Nach Wagner.)
einige andere Flöhe haben 6 Paar Lateralborsten {Hectopsylla fsiüaci
Frauenf. sogar 8 Paar) ; anderseits verringert sich bei einigen Flöhen diese
Anzahl bis auf 3 oder sogar bis auf 2 Paar (Abb. 32, 53). Das 1. Paar
Lateralborsten ist oft auf die Plantarfläche oder zwischen die Borsten des
nächstfolgenden Paares hinübergeschoben und in sog. basale Plantar-
borsten {hb) verwandelt. In der Nähe der Krallen an der Plantarfläche
des Gliedes sitzt gewöhnlich ein Paar Vorkrallenborsten (oder Dörnchen).
10. Verdauungsorgaiie
a) Stomodaeum. Die Eigentiünlichkeiten des Stomodaeum der Flöhe
sind durch das Blutsaugen bedingt. An der ventralen Wand des vorderen
Pharynx^ setzt der entoskeletale Teil an in Form einer rinnenförmigen
^ Die vergleichende Morpliologie der Teile des Stoniodaeums ist ungeklärt,
die folgenden Bezeichnungen sollen als vorlaufig und deskriptiv gewertet werden.
XIII. f. 28
Aphaniptera
Chitinplatte (Abb. 33« und 34, hy), welche zur Befestigung der Dilatator-
muskeln des Salivariuni {sal) dient. Sie wird als rudimentärer Hypopharynx
betrachtet. Beim Einfallen der Salivariumwände infolge der Elastizität
ihrer Intima wird der Speichel in die Basis des Rüssels hinausgepreßt und
gelangt mittels der Rinne an der Innenfläche der Mandibeln (Abb. 15, sd) bis zu
den Blutgefäßen des Wirtes. Der vordere Pharynx {ipha 1) befindet sich
^■3.2 oe.
pv. VC. ffs. ^e. dv dnd am rp.
Abb. 33. a) Schema des inneren Körperbaus des Flohes. — (Orig.), h) Tracheen-
system von Xenopsylla cheopis Roths. Seitenansicht. — (Nach Wigglesworth).
Thorakalstigmen mit arabischen, Abdominalstigmen mit römischen Lettern bezeichnet.
vor dem Gehirn in dem Vorderteil des Cranimn. Seine Höhle hat im Quer-
schnitt die Form eines Hufeisens (Abb. 34). Die Diktatoren {(Um) des vorderen
Pharynx sind teils an den Wangen der Kopfkapsel, teils an ihrem dorsalen
Gewölbe befestigt. Durch einen schmalen Stomodaeumabschnitt, welcher
zwischen dem oberen und unteren Schlundgalganglion hindurchgeht, ist der
vordere Pharynx mit dem hinteren {'pha 2), der hinterhalb des Gehirnes
liegt, verbunden. Der hintere Pharynx hat im Querschnitt die Form eines
sechsstrahligen Sterns (Abb. 35). Die enge Speiseröhre zieht sich dann
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 29
dlm.
von dem Kopfe durch den ganzen Thorax hin bis zum Proventricidus (Abb. 33,
fv), welcher am Anfang des Abdomen sich befindet und kugel- oder birnen-
förmig ist, je nach dem Grade der Kontraktion seiner muskulösen Wände. In
ihm werden der kurze konische Vorderteil,
der breite muskulöse Mittelabschnitt und der
dünnwandige Hinterteil unterschieden. Der
letztere senkt sich als Valvula cardiaca
(Abb. 33 a, w) in die Höhle des Mesenteron
hinein. Der Mittelabschnitt ist im Inneren
mit Reihen von Chitinnadeln besetzt. Jede
Nadel ist das Produkt einer Epithelzelle.
Ihre feinen inneren Enden sind nach rück-
wärts gerichtet und schmiegen sich bei Kon-
traktion des Proventriculus nahe aneinander,
wodurch der Durchgang durch denselben ab-
gesperrt wird (Abb. 36). Die Valvula cardiaca
verhindert als Rücklaufventil den Rückgang
der Nahrung aus dem Magen.
b) Mesenteron. Das Mesenteron (me)
stellt in der Regel einen länglichen Sack
dar ohne irgendwelche Anhänge, nur bei
Tunga penetrans bilden seine Wände während der Reifung der Eier zahl-
reiche lange Auswüchse, welche die resorbierende Fläche des Magens ver-
größern.
c) Proctodaeum. Der Dünndarm zieht sich, nachdem er 4 malpighische
Gefäße aufgenommen hat, in der Richtung der Rückenseite, macht eine
Abb. 34. Querschnitt durch den
vorderen Pharynx von Hystricho-
psylla talpae Curt. — (Orig.)
dM.
'^r-ic.
Abb. 3.5. Querschnitt durch den hin-
teren Pharynx von Hystrkho'psylla
talpae Curt. — (Orig.)
Abb. 36. Schema der Wirkung des Proven-
triculus. — (Nach Bacot.)
S-förmige Biegung mid mündet dann von der Dorsalseite in eine weite l)irnen-
förmige rektale Ampulle (Abb. 33, am). In dieser, rings um die Mündmigs-
stelle des Dünndarms, befinden sich 6 länglich-eiförmige Rektalpapillen (rp).
In der Richtung nach hinten verjüngt sich die Rektalanijuillc alhuählich
XIII. f. 30 Aphaniptera
und geht ohne deutliche Grenze in ein kurzes Eectum mit starker Muskulatur
über. Die Analöffnung ist von einem nach außen hinausragenden Fransen-
kragen umringt.
d) Aufnahme des Blutes. Beim Saugen füllt sich mit Blut nicht nur
der Magen, sondern auch die Rektalampulle, welche sich dabei bedeutend
erweitert. Die peristaltischen Bewegimgen des Magens hören zeitweilig auf.
Nur der peripherische Teil des Blutes, der dem Epithel des Magens anliegt,
wird verdaut; der größere Teil des eingenommenen Blutes geht durch den
Magen und das Proctodaeum unverändert hindurch. Da der Saugakt, wenn
der Floh ungestört bleibt, mehrere Stunden dauern kann (z.B. beim Hunde-
floh bis 4 Stunden), so wird der Überfluß des Blutes, das unaufhörlich in den
Darmkanal hineinströmt, durch den Anus tropfenweise hinausbefördert.
Das Hinausstoßen des Blutes geschieht mit einiger Kraft mit kurzen Unter-
brechungen während der ganzen Zeit des Saugens (bis 15 mal) i. Die Ver-
dauung des Blutes geschieht ausschließlich im Magen (Faasch).
e) Speicheldrüsen. Die Speicheldrüsen (Labialdrüsen) befinden sich beider-
seits des Magens in Form zweier Paare ovaler Follikel (Abb. 33«, gs). Von jedem
Follikel führt ein Ausführungskanälchen und jedes Paar wird nach kurzem
Verlaufe zu einem Seitenspeichelgang vereinigt {ds). Beide Seitengänge
verschmelzen zum unpaarigen Speichelgang nur nach dem Eintritt ins Cra-
nium. Im Speichel einiger Flöhe wurden hefeförmige Körperchen entdeckt,
welche die Haut des Wirtes beim Biß des Flohes reizen sollen. Das beim
Menschen durch Bisse der Pulex hervorgerufene Jucken und die Röte der
Haut {'purpiira pulicosa) vergehen in der Regel rasch und spurlos, doch ist
diese Reaktion sehr individuell (Pavlovsky und Stein 1924). Bisse der
Nagetierflöhe empfindet der Mensch gewöhnlich nicht, doch einige Individuen
sind auch gegen diese Bisse sehr empfindlich und die Spuren der Bisse können
sich mehrere Tage, ja mehrere Wochen lang erhalten (Chik und Martin).
11. Nervensystem
Das obere und untere Schlundganglion bilden mit den Schlundkonnek-
tiven zusammen eine kompakte Masse (Gehirn, Abb. 33a), welche bei Rücken-
ansicht eine rundliche Form hat, infolge des Umstandes, daß die seitlichen
optischen Lappen nicht entwickelt sind, was durch die Abwesenheit zusammen-
gesetzter Augen bedingt ist. Die Sehzentren befinden sich im Gehirn nicht
^ Diese ausgetrockneten Blutklümpchen fallen immer vom Körper des Wirtes ab,
was leicht beim Kämmen einer Katze oder eines Hundes zu beobachten ist ; gleichzeitig
mit diesen schwarzen Blutstückchen fallen auch weiße Floheier ab. Solche Blutklümp-
chen befinden sich immer im Staub der Dielenfugen in Häusern, welche flohreich sind.
Sie werden von den Flohlarven, die in denselben hausen, verzehrt. Dies gab Defrance
(1824) den Anlaß zur Behauptung, Flöhe beißen ihre Wirte nicht nur ihrer eigenen Er-
nährung wegen, sondern auch um ihre Larven mit Futter zu versorgen. So entstand die
Meinung (E. Blanchahd, Metamorphoses, moeurs et instincts des insectes, Paris),
Flöhe besäßen einen speziellen ,,instinct maternel".
IV. Morphologie und Physiologie der Imago
XIII. f. 31
dorsal, sondern ventral. Die Protocerebralbrücke ist nicht vorhanden oder
ist außerordentlich schwach entwickelt (Hanström 1927)* Alle drei thorakalen
Ganglien sind gesondert. Ihre feste Lage beim Springen des Flohes ist durch
die oben erwähnten entoskeletalen Bildimgen gesichert, welche die Konnektive
zwischen diesen Ganglien umfassen. Umgekehrt ist der abdominale Teil
der Nervenkette ziemlich beweglich, weil er nur von den Fettzellen und den
Verzweigungen der Tracheen gestützt ist. Die Ganglien sind stets durch
doppelte Konnektive verbunden. Unter den 8 Abdominalganglien sind die
2 letzten beim Weibchen entweder in Berührung oder in ein Ganglion zu-
sammengeschmolzen (Abb. 33, ngy), beim Männchen aber gesondert, was,
wie es scheint, im Zusanmaenhange mit der mächtigen Entwicklung des
Penis-Apparats (Aedeagus) steht.
12. Stigmen und Tracheensystem
Wie erwähnt, unterscheiden sich die thorakalen Stigmen bedeutend
von denjenigen des Abdomens (Wagner). Das 1. Paar der Thorakalstigmen
(Abb. 37) befindet sich oberhalb des hinteren Endes der Propl euren. Sein
Sklerit (es) ist von außen mehr _ . ,
oder weniger von dem Ventral-
rand des Pronotum verdeckt. Im
Innern des Sklerits befindet sich
eine Höhle mit, einer weiten inne-
ren und einer äußeren Öffnung.
Die Außenöffnung ist mit einer
dünnen Membran abgeschlossen,
in welcher das kleine Spiraculum
liegt. An dem vorspringenden
Rande des Spiraculum sind die
Muskelfasern befestigt, die von
der Innenwand des Sklerits füh-
ren. Bei ihrer Kontraktion muß
die Membran mit dem Spiraculum ins Innere des Sklerits eingezogen werden
und so den Eingang in die Trachee abschließen. Das Sklerit hat einen vorderen
kurzen und einen hinteren langen Vorsprung. Der letztere ist mit seinem
Hinterende an den oberen Winkel der Mesopleuren befestigt.
Das Sklerit des 2. Paares der Thorakalstigmen (Abb. 38) stellt ein Chitinei
oder eine Chitinkugel dar, mit einer weiten Höhle im Inneren. Wie beim 1. Paar
ist die Außenöffnung des Sklerits mit einer ^lembran verschlossen, welche
mit einem Spiraculum versehen ist. Der Verscldußapparat ist von demselben
Typus. Zum Unterschiede von dem 1. Paar der Stigmen ist das Sklerit des
2. Paares mit dem Körper durch eine ziemlich breite Verbindungsmembran
zusannnengefügt und besitzt daher eine bedeutende Beweglichkeit. Etwas
oberhalb seiner Basis befindet sich ein zweites selbständiges dreieckiges
Sklerit(cr), dessen hintere ausgezogene Ecke mit dem Metathorax verbunden ist.
Abb. 37. Das erste Torakaistigma von Pnlex.
(»4 Totalansicht) und von Vermipsylla (i?Durch-
schnitt). — (Orig.)
XIII. f. 32
Aphaniptera
Die Abdominalstigmen haben keine selbständigen Sklerite und sind
mit Peritrem (Atriimi), mit einem Atrialabschnitt und mit dem proximal
Abb. 38. a) Das zweite Torakaistigma von Pulex {A Totalansicht) und von Ver-
mipsylla {B Durchschnitt). — (Orig.) b) 8. Abdominalstigma von Xenopsylla cheopis
Roths, (nach Wigglesworth) mit Verschlußapparat, total, m Schließmuskel, r Ver-
schlußhebel, C) dasselbe, Querschnitt in der Höhe von m, n Xerv, tr Trachee.
von dem letzteren liegenden gewöhnlichen Verschlußapparat versehen, der
wie ein Quetschhahn arbeitet (Abb. 386 und c).
Der Verlauf der Haupttrachenstämme ergibt sich aus Abb. 336,
wie bei der Larve sind jederseits 2 Längsstämme vorhanden, deren ventraler
die Konunissuren abgibt (vgl. Abb. 47 6).
13. Genitalorgane
a) Weibliche Geschlechtsorgane. Die Ovarien sind kammförmig und be-
stehen jederseits aus 4 bis 6 panoistischen Ovariolen (Gross 1906). Von der
dorsalen Seite her empfängt die Vagina den S-förmigen Ductus bursae copu-
latricis (Abb. 39, 40, db), dessen Wände von der einen Seite stark chitinisiert
sein können. In die Bursa copulatrix münden zwei Ausführungsgänge ein,
entweder jeder unabhängig (Abb. 39) oder nachdem sie sich zu einem
unpaarigen Ductus communis (Abb. 40, fc) vereinigt haben. Der Entwicklungs-
grad des Ductus conmiunis ist sehr verschieden; in einigen Fällen ist er von
der Bursa gar nicht abgesondert. Bei Nosopsyllus und einigen anderen Flöhen
ist er von beträchtlicher Länge und spiralförmig eingerollt. Beide in die
Bursa copulatrix einmündenden Ausführungsgänge können jeder von seinem
eigenen Receptac. seminis auslaufen.
Dieses wurde zuerst bei HystricJiopsylla beobachtet (Wagner 1903) und dann bei
einigen anderen Flöhen {Typhloceras, CoptopsyUa, MacropsyUa) festgestellt. Bei Macro-
psylla ist das eine Receptac. seminis bedeutend kleiner als das andere (Abb. 41); in
anderen Fällen sind beide Receptacula vollkommen gleich. Da, wo nur ein Recepta-
culum vorhanden ist, d. h. bei der erdrückenden Mehrzahl der Flöhe, endet ein Ductus
IV. Morphologie und Phj^siologie der Imago
XIII. f. 33
blind und heißt dann Ductus obturatorius (Dampf; Abb. 40 do). Bei einer Reihe
von Flöhen läßt sich die allmähliche Verkürzung des Ductus obturatorius (Abb. 39)
Abb. 39. Weiblicher Kopulationsapparat von
Myoxopsylla laverani R. (A) und von Megabothris
turhidus R. {B). — (Xach Daimpf.)
Abb. 40. Weiblicher Kopulations-
apparat von Synosternus pallidus
Tasch. - (Orig.)
bis zu seiner vollkommenen Atrophie be-
obachten. Offenbar besaßen die Ahnen
der Flöhe zwei gleiche Recept. semin.,
und der Ductus obturatorius ist nichts
anderes als ein Überbleibsel des zweiten
Ductus seminalis; dieses wird durch die
Fälle anormaler Entwicklung eines zweiten
Receptaculum am Ende des Ductus ob-
turatorius bestätigt (Atavismus; Wagner
und loFF 1926, bei Neopsylla setosa).
Im Receptaculum kann der Haupt-
teil (Reservoir) und ein schmaleres
gewöhnlich wurstähnlich gekrümmtes
Anhängsel (Appendix) unterschieden
werden. In den Einzelheiten ist die
Form des Reservoirs sehr verschieden
(Abb. 42). Vom Ende des Appendix
zum. Reservoir geht ein Muskelbündel,
welches offenbar den Appendix zu-
saimnenbiegt. Die Wände des Receptaculum sind stark chitinisiert und nicht
selten pigmentiert. Rings um die Anfangsstelle des Ductus seminalis herum
münden in das Reservoir zahlreiche einzellige Drüsen ein. Zuweilen ist dieser
Abb. 41. Weiblicher Kopulationsapparat
von Macropsylla hercules R. — (Nach
Jordan.)
Bronns Klassen des Tierreichs. V. 3. Xlll. Bnch. Wagner.
XIII. f. 3
XIII. f. 34
Aphaniptera
Absclinitt des Reservoirs (ag) von dem übrigen Teil durch eine Einschnürung
abgesondert (z. B. bei einigen Ceratophyllus, Stenofonia und noch anderen).
Abb. 42. Receptaculiim seminis von Rhopalopsyllus cavicola Weyenb. (A), Rhop.
lugubris J. et R. (B), Moeopsylla sjoestedti R. (C), DolichopsyUus stylosus Bak. {D),
Lycopsylla novus R. {E), Monopsyllus wagneri Bak. {F) und Echidnophaga gallinacea
Westw. (G). - (Orig.)
b) Männliche Geschlechtsorgane (Abb. 43). Die Hoden sind eiförmig.
Das innere dickere Ende des Vas deferens ist zu einem Knäuel in vielen
Schlingen, die an die Basis des Te-
sticulum gepreßt liegen, zusammen-
gerollt.- In das innere Ende des
Ductus ejaculatorius münden 2 Paare
sackförmiger Anhangsdrüsen ein.
Der sehr lange Ductus ejaculatorius
macht gewöhnlich, bevor er in den
Chitinapparat des Penis eindringt,
mehrere Spiralkrünmiungen. Die-
selben werden in ihrer Lage mittels
zweier ebenso spiralförmig gerollten
Apophysen des Penisapparats er-
halten. Nach der Meinung Minchins
(1915) dient dieser spirale Teil des
Ductus zum Hinausstoßen des Sper-
ma mit Hilfe der Muskeln, die von
den erwähnten Apophysen ausgehen.
Der stark entwickelte Chitinapparat
des Penis füllt oft den größeren Teil
der Abdomenhöhle aus. Sein Bau
ist nur wenig erforscht. Im allge-
meinen werden in ihm zwei Teile unterschieden: der vordere rinnenförmige,
der unten offen und seiner Länge nach in eine rechte und eine linke Hälfte
Abb. 43. Männliche Genitalorgane von
Pulex irritans L. — (Nach Pavlovsky.)
V. Larven der Flöhe
XIII. f. 35
eingeteilt ist, und der hintere, der ein Futteral des Penis im eigentlichen
Sinne bildet. Dieses Futteral endet mit einem Paar von Parameren, deren
Form für die einzelnen Floharten charakteristisch ist.
V. Larven der Flöhe
1. Körperbau und Bewegung
Nur von wenigen Floharten sind die Larven bekannt. Sie sind alle einander
sehr ähnlich und gleichen eucephalen Dipterenlarven. Der deutlich von dem
Körper abgesonderte prognathe Kopf (Abb. 44) ist eiförmig und dorsal mehr
erhaben. Die Kopfwände sind
gut skierotisiert und haben
schmutzig-gelbe Färbung. Lar-
ven des ersten Stadiums haben
am Scheitel einen Durchbrecher
des Chorion (Abb. 456, br) in Form
eines Chitinlängszähnchens. Es
wird bei der ersten Häutung
abgeworfen. Beiderseits der Stirn
befinden sich kurze 2gliedrige
Antennen mit einer verstärkten
Terminalborste. Augen fehlen.
Was die Mundteile betrifft,, so
ist das Labrum in Form einer
breiten Platte entwickelt und mit
dem sehr undeutlich ausgedrück-
ten Clypeus durch eine biegsame
Membran verbunden. Die stark
chitinisierten Mandibeln besitzen
in ihrer distale Hälfte am Innen-
rande 2 bis 8 Zähnchen (Abb. Abd),
die sowohl zum Abreißen der
Nahrungsteilchen, als auch zum
Festklammern an dem Boden
während des Kriechens dienen
(SiKES, Sharif). Die Maxillen stellen ein Paar Platten dar, an welchen sich
Cardo, Stipes und Mala unterscheiden lassen. Die kurzen Palpi maxillares
sind zweigliederig. Die Innenfläche der Stipites ist mit einer Bürste aus
kurzen Borsten bewaffnet. Das Labium ist rudimentär, sein konisches Vorder-
ende entspricht der Ligula, an deren Basis sich die Außenöö'nung des Sali-
varium befindet, sein Basalteil ist vollkommen mit der Ventralwand des
Cranimn verschmolzen. An der Ventralseite des Labium sitzt ein Paar
winziger eingliedriger Palpi labiales.
XIII. f. 3*
Abb. 44. Larve von Xenopsylla cheopis R.
(Nach Bacot a. Ridewood.)
XIII. f. 36
Aphaniptera
Die Chitinverdickung, die die Dorsalwand des Salivarium bildet, stellt
nacli Sharif (1937) den Hypopharynx dar. Im Inneren des Kopfes ist ein
vollkommen entwickeltes Tentorimii vorhanden, dessen Vorderarme an den
Kopfwänden beiderseits zwi-
schen den Antennen und der
Befestigungsstelle der Man-
dibeln ansetzen.
Der fuß lose, wurmartige,
farblose Rumpf ist deutlich
segmentiert. Die ßrustseg-
mente sind äußerlich den ab-
dominalen ähnlich. Sie be-
sitzen, gleich den 9 vorderen
Abdominalsegmenten, einen
Gürtel aus einer Reihe licht
gesetzter langer Borsten, vor
denen sich in der Regel noch
eine Reihe kurzer Borsten
(resp. Härchen) befindet. Rings
um die Basis der Borsten ist
das Chitin etwas verdickt, an der Rückenseite sind die Chitinverdickungen oft
zu einer gemeinsamen Platte verschmolzen. Den 9 Abdominalsegmenten
folgt der Tferminalabschnitt (Abb. 46), der nach Wagner mindestens zwei
Abb. 45. Kopf der Larve y on Xenopsylla cheopis R.
— a Ventralansicht, b Dorsalansicht, c Labrum,
d Mandibula. — (Nach Sikes.)
Abb. 46. Terminale Segmente der Larve von Ceraiophyllus fringillae Walk. — A dor-
sale, B seitliche Ansicht. — (Nach Wagneb.)
verschmolzene Segmente darstellt. Dieser Abschnitt ist durch eine dorsale
Querfurche in einen vorderen und hinteren Teil geschieden. Der vordere
Teil ist mit einer Querreihe von Borsten ausgestattet, an der Dorsalseite
V. Larven der Flöhe XIII . f. 37
des hinteren Teils befindet sich die Analöfinung, die bei einigen Flöhen {Xetw-
fhylla) mit einem eigenen Sklerit imiringt ist. Ventral von der Analöffnung
befinden sich zwei Seitenhöcker mit einem Paar Nachschieber. Nach Wagners
Meinung stellt der vordere Teil das echte 10. Segment, die Seitenhöcker
mit den Nachschiebern das rudimentäre 11. Segment und das Feld rings
um die Analöffnung das reduzierte 12. Segment dar. Gewöhnlich wird der
ganze Terminalabschnitt als das 10. Segment bezeichnet. Die Nachschieber
sind ungegliedert und ihre Form ist bei verschiedenen Gruppen der Flöhe
verschieden.
Trotz ihrer Beinlosigkeit bewegen sich die Flohlarven ziemlich rasch
fort. Sie packen dabei den Boden und verschiedene Gegenstände mit ihren
Mandibeln, krümmen ihren Körper in ventraler Richtung und strecken sich
sodann wieder aus, indem sie sich auf ihre Nachschieber stützen. Eine leichte
Berührung bringt die Larve sofort zum Stillstand; die Larven des Pulex
irritans winden sich dabei spiralförmig ein.
2. Verdauungsorgane und Speicheldrüsen. Nahrung
Der Bau des Darmkanals der Larven unterscheidet sich scharf von
demjenigen der Imago (Abb. 47a). Das Stomodaemn hat keinen Proventriculus ;
anstatt dessen erweitert sich die kurze Speiseröhre allmählich in einen Kropf.
Das Mesenteron zieht sich in Form einer einfachen Röhre vom 1. bis zmn 8. Ab-
dominalsegment. Der Pylorus des Proctodaeum bildet hinter der Einmün-
dungsstelle der 4 malpighischen Gefäße einen trichterförmigen Sphincter mit
mächtig entwickelter Ringmuskulatur. Der nach ihm folgende Dünndarm
macht eine lange, nach rückwärts gerichtete Schlinge. Der aufsteigende Ab-
schnitt dieser Schlinge bildet, bevor er in den folgenden Teil des Darms über-
geht, eine zweite kurze (einfache oder doppelte) Schlinge (Abb. 48, gd),
welche von Wagner als der ,,gewimdene Abschnitt des Dünndarms", und von
Sharif als Dickdarm (colon) bezeichnet ist. Bei Pulicidae hat der gewundene
Abschnitt außer gew^öhnlichen Ringmuskelfasern noch spezielle Fasern, die
von dem einen Teil der Schlinge auf den anderen übergehen und der Schlinge
nicht gestatten sich auszuwinden. An einer Stelle unterscheidet sich das
Epithel deutlich von dem Epithel des Dünndarms und bildet nach Wagner
bei Pulex ein spezielles Larvenorgan, welches Mikroorganismen, die aus dem
Magen in den Hinterdarm hineindringen, auffängt. Dem gewundenen Abschnitt
folgt der dicke Abschnitt des Proctodaeum (Abb. 47 u. 48, dkd), welcher Rectal-
sack genannt wird (nach Wagner — Dickdarm). Sein Bau ist sehr charak-
teristisch. Seiner Längsrichtung nach lassen sich zwei Hälften, eine dorsale
und eine ventrale, unterschieden (Abb. 49), welche aus sehr großen speziellen
Zellen gebaut sind; die beiden Hälften sind an den Seiten durch einen Streif
kleiner Zellen verknüpft. Dieser Abschnitt ist von außen mit einer Membran
bekleidet, an der spärlich Ringmuskelfasern verteilt sind. Längsmuskeln
fehlen in diesem Abschnitt. Ihm folgt ein kurzes muslculöses Rectum mit
Dilatatormuskeln .
XIII. f. 38
Aphaniptera
Die Speicheldrüsen (Labialdrüsen, Abb. 47a) bestehen beiderseits aus 2
(bei Pulicidae) oder 3 (bei anderen untersuchten Flöhen, nach Hicks auch bei
Tunga penetrans) langen Lappen, Ihre Ausführungsgänge erweitern sich
d.C
^'st
vC.
Abb. 47. a) Schema des inneren Baus der Flohlarve {Nosoiysyllus). — (Xach Shabif).
h) Tracheensystem der Larve von Ceratophyllus wickhami (3. Stadium), Seitenan-
sicht. — (Nach SiKES.)
jederseits an einer Stelle zu einem dünnwandigen Reservoir (vs). Besondere
seidenausscheidende Drüsen sind nicht vorhanden.
Die Larven nähren sich von trockenen, toten organischen Substanzen,
feuchte Nahrung verschmähen sie. In den Nestern ihrer Wirte finden sie
solche Nahrung im Überfluß. Larven der Hausflöhe finden ihre Nahrung in den
VI. Entwicklung und Metamorphose
XIII. f. 39
Dielenfugen und anderswo. Arn Meeresstrande werden im Sommer oft große
Massen Pulex irritans beobachtet: offenbar nähren sich hier die Larven
von trockenen Pflanzenteilen und toten
Resten der Seetiere, die ans Ufer ge-
schwemmt werden. Von besonderem
<^Ä Interesse ist die Tatsache, daß Larven
Abb. 48. Hinterdarm der Larve von
Pulex irritans von der ventralen
Seite. — (Schemat., Wagner.)
Abb. 49. Querschnitt des Rectalsacks (Dick-
darms) der Larve von Pulex irritans. —
(Orig.)
den Kot der Imagines, d. h. genauer, das Blut des Wirtes, welches von
den Imagines beim Saugen ausgestoßen wird, verzehren (s. oben S. 30).
3. Stigmen, Nervensystem, Herz, Gonaden
Das Tracheensystem erwachsener Larven ist holopneustischen Typus
(Abb. 47 b), doch ist das erste Paar der Stigmen, das den Stigmen des Meso-
thorax entspricht, nach vorn in den hinteren Teil des Prothorax verschoben
(Sharif). Die Stigmen sind sehr klein, ein Peritrema fehlt ihnen, ihr Atrial-
abschnitt hat keine spirale Chitinverdickung, der Verschlußapparat ist
rudimentär.
Das Nervensystem besteht aus ebensolchen Nervenknoten, wie dasjenige
der Imago. Das Rückengefäß hat nur zwei Kammern in dem 8. und 9. Abdomi-
nalsegment, in seinem übrigen Teil ist es nicht in Kammern eingeteilt und
Musculi alares fehlen.
Weibliche Individuen unterscheiden sich von den männlichen durch die
Form der Gonaden: die Anlagen der Ovarien sind eiförmig, und die Anlage
der Hoden vierlappig.
VI. Entwicklung und Metamorphose
1. Paarung und Eierlegen
Nach der Tatsache, daß die Umwandlung der Spermatiden in Spermien
bereits bei den Puppen geschieht, zu urteilen, kann die Paanmg bei Flöhen
XIII. f. 40 Aphaniptera
unmittelbar nach dem Ausschlüpfen der Imago aus dem Kokon, d. h. sobald
die Chitinteile der Genitalorgane genügend ausgehärtet sind, stattfinden.
Die Anzahl der Paarungsakte eines Männchens oder eines Weibchens ist nicht
festgestellt. Wie es scheint, paaren sich die Weibchen nur einmal während ihrer
Lebenszeit, da normal die Anzahl der Weibchen diejenige der Männchen be-
deutend übertrifft (in der Eegel V-/^ bis 2 mal; s. z. B. Shaftesbury 1934 und
andere Arbeiten). Wie oben erwähnt, befindet sich das Männchen während des
Coitus unterhalb des Weibchens.
Die erste Eiablage findet sehr bald nach dem Coitus statt. Bei Nosopsyllus
fasciatus wurde sie schon an dem auf das Schlüpfen folgenden Tage beob-
achtet, doch muf3 das Weibchen vor der Eiablage Blut gesaugt haben. Ent-
sprechend der bescheidenen Zahl der Ovariolen, kommt auf einmal nur eine
geringe Anzahl der Eier zur Reife. Daher legen Flöhe jeweils nur wenige Eier
auf einmal (8 bis 12), die Ablage wiederholt sich aber zu verschiedenen Malen
und dauert mit kurzen Unterbrechungen eine lange Zeit : unter günstigen Ver-
hältnissen kann die Legezeit mehr als 3 Monate dauern. Während der Unter-
brechungen müssen sich die Weibchen intensiv nähren. Die Gesamtanzahl
der gelegten Eier ist bedeutend; beim Menschenfloh z. B. erreicht sie 448.
Der Sandfloh (Tunga) legt ihrer wahrscheinlich Tausende.
Die Eier werden einzeln gelegt, nur bei Tunga fenetrans ist ein Zusammen-
kleben der Eier in Form von Schnüren oder Ketten beobachtet worden. Bei
Echidno'phaga gallinacea Westw. wurde festgestellt, daß die Eier mit einem
gewissen Kraftaufwand ausgestoßen werden, andere Flohweibchen lassen sie
einfach fallen. Da die Oberfläche eines frisch gelegten Eies klebrig ist, so
haftet es leicht an den Haaren des Wirtes oder an anderen Gegenständen.
Wird es trocken, so fällt es leicht vom Substrat ab. Daher sind die Schlaf-
stellen von Katzen und Hunden mit Floheiern oft überschüttet. Im allgemeinen
suchen Flöhe also keine speziellen Plätze für die Eiablage und unterscheiden
sich dadurch von stationären Schmarotzern, wie z. B. den Tierläusen, deren
Eier an den Haaren des Wirtes bis zum Ausschlüpfen der neuen Generation
angeklebt bleiben.
3. Embryonale und postembryonale Entwicklung
Die Eier der Flöhe haben eine regelmäßig elliptische Form. Sie sind mit
dem harten, schwach durchsichtigen, milchweißen Chorion bekleidet und ihre
Oberfläche ist glatt und glänzend.
Die embryonale Entwicklung beginnt, sobald das Ei den Körper der
Imago verlassen hat. Sie geschieht (bei Pulex nach Steindberg 1917) nach
dem allgemeinen Pterygoten-Typus und liefert keinen Hinweis auf eine nähere
Verwandtschaft zwischen den Aphanipera und Diptera. Von Polzellen (welche
für Chironornus charakteristisch sind) ist nichts zu bemerken, ein Dorsalorgan
bildet sich nicht, die Amnion- und Serosa-Zellen zerstreuen sich während der
Umrollung des Keimstreifens einfach im Dotter und werden dort resorbiert. Der
Embryo hat 19 Paare Nervenknoten, von denen 10 sich im Abdomen befinden.
VI. Entwicklung und Metamorphose
XIII. f. 41
Die Dauer der Embryonalentwicklung hängt unter sonst gleichen
Bedingungen von der Temperatur ab. Bei Pulex irritans in Europa erfordert
sie 4 bis 12 Tage, bei Nosopsyllus fasciatus 5 bis 14, bei Ctenocephalides canis
8 bis 14, bei Ceratofhyllus gallinae bis etwa eine Woche. Bei Xenopsylla
cheofsis in Indien dauert die embryonale Entwicklung nur 2 Tage, während sie
in San-Francisco 9 bis 13 Tage erfordert, usw\ Unter künstlichen Bedingungen
(im Keller) bei Temperaturen von 5 bis 10" kann sie bei Zieselflöhen bis G3 Tage
dauern.
Beim Auskriechen aus dem Ei zerreißt die Larve, wie erwähnt, das
Chorion mit dem Eizahn. Für das Ausschlüpfen brauchen Larven des Pulex
irritans eine Temperatur
nicht unter 13°, diejeni-
gen des Nosopsyllus fas-
ciatus nicht unter 6°.
Auf die Dauer
des Larvenlebens hat
außer den anderen Be-
dingungen auch der Cha-
rakter der Nahrung einen
starken Einfluß. So war
z. B. in den Experimen-
ten Nordbergs (1932)
die Lebensdauer des Ce-
ratofhyUus gallinae bis
zur Verpuppung, wenn
seine Nahrung kein Blut
enthielt, 17 bis 18 Tage.
unter Beifügung von
Blut 10 bis 12 Tage. Die
Entwicklung der Flöhe
der ersten Versuchsreihe
nahm von der Verpup-
pung bis zmn Aus-
schlüpfen einer vollkommen entwickelten Imago 28 bis 35 Tage in Anspruch,
die der zweiten nur 17 bis 19 Tage. Nach den Beobachtungen Bacots ist das
Verzehren des Bluts für die Larven einiger Floharten (z. B. Nosofsyllus
faciatus) notwendiger als für andere (z. B. Xenofsylla cheopis). Vielleicht
verbleiben daher die ersteren vorwiegend in den Nestern der AVirte, wo sie
ihre Eier legen, während die letzteren sich mehr auf dem Körper der AVirte
aufhalten.
Vor der A^'erpuppung häuten sich die Larven gewöhnlich zweimal {Pulex,
Ctenocefhalides, Nosopsyllus, Ceratojthyllus, Xenopsylla) und machen dem-
entsprechend drei Stadien durch. Das erste Stadium unterscheidet sich
durch das Vorhandensein des Eizahns. Imaginalanlagen von Antennen, Mund-
Abb. 50. U-förmige Larve (Pronymphe) von Pulex irritans
mit der Puppe im Innern. — (Nach Wagner.)
XIII. f. 42
Aphaiiiptera
teilen und Beinen sind bereits bei den aller jüngsten Larven da, während die
imaginalen Anlagen der äußeren Genitalien erst im letzten larvalen Stadium
aufkommen. Die Metathorakalstigmen kommen erst im dritten (resp. zweiten)
Stadium zum Vorschein {Nosopsyllus; Sharif), während sie in dem früheren
Abb. 51. Puppe von Nosopsyllus fasciatus mit den Flügelanlagen. — (Nach Shakif.)
Stadium geschlossen sind. Die peripodialen Höhlen der Anlagen der Beine sind
nach außen nicht verschlossen.
Nachdem die Larve ihre vollkommene Reife erreicht hat, mnspinnt sie
An der lockeren äußeren Ober-
fläche desselben haften Erd-
sich mit einem seidenartigen weißen Kokon
dv.
oder Pflanzenteilchen usw. und
machen den Kokon unauffälig.
Nicht selten verkriechen sich
die Larven vor der Verpup-
jjung in hohle Grasstengel,
Strohhälmchen usw. Da eine
erwachsene Larve ungefähr
doppelt so lang ist als der
Kokon, so ninnnt sie innerhalb
desselben eine gegen die Ven-
tralseite geknickte Lage in
Form eines ,,U" ein. Dieses U-
förmige Stadium (Abb. 50),
von Wagner Pronympha ge-
nannt, dauert im Kokon bei-
nahe ebenso lange als das
Puppenstadium (Pulex). Während des Abstreifens des larvalen Chitins vom
Körper schrumpft die Puppe sehr rasch zusanunen und reckt sich gerade aus.
Bei den Puppen von Nosopsyllus fasciatus, Ceratophylkis gallinae und
Ctenopsyllus segnis fand Sharif (1935) Anlagen der Flügel am Mesothorax in
Form einer Verdickimg des Ektoderms im Gebiete der Pleuren. Die Anlagen
Abb. 52. Querschnitt der Puppe von Nosopsyllus
fasciatus mit den Flügelanlagen. — (Nach Sharif.)
VII. Oekologie der Flöhe XIII. f. 43
wachsen dann später in konische Auftreibungen aus (Abb. 51, 52), welche
Phagocyten und Myoblasten enthalten, aber keine Tracheen. Während der
Entwicklung der Imago obliterieren sie spurlos. Xe'rwpsylla cheofis hat im
entsprechenden Stadium keine solchen Anlagen.
3. Innere Veränderungen während der Metamorphose
Die inneren Veränderungen während der Metamorphose sind bei Flöhen
ebenso bedeutend wie bei den anderen Holometahola. Besonders einschneidende
Veränderungen finden in dem Verdauungskanal statt. Während der Zerstörung
des larvalen Epithels des Mesenteron verschwindet die Verbindung zwischen
diesem Epithel und dem Epithel des Vorder- und Hinterdarms, so daß der
Zusammenhang zwischen den 3 Abschnitten des Darmkanals lediglich durch
die Muscularis aufrecht erhalten wird. Die Isolierung dieser Abschnitte wird
noch dadurch verschärft, daß im Stomodaeum und im Proctodaeum ein tem-
porärer Chitinpfropfen entsteht. Auch die Verbindung zwischen dem Darm
und den malpighischen Gefäßen hört zeitweilig auf. Die Abschnitte des Darm
kanals treten erst am Ende der Metamorphose wieder in Verbindung, wenn
alle Histolyseprozesse am Darm beendet sind (Wagnee). Während der
Histolyse des larvalen Epithels bleibt das Mesenteron eine Zeitlang ohne eine
ununterbrochene Epithelschicht, und behält nur isolierte Kj-yptenz eilen {Pu-
lex). Der Rektalsack, sowie der gewundene Abschnitt des Darmes werden
vollständig, die malpighischen Gefäße dagegen nur zum Teil histolysiert.
Bei der Zerstörung der larvalen Organe spielt die Phagocytose eine hervor-
ragende Rolle (Wagner).
VII. Oekologie der Flöhe
1. Anpassung an das Leben auf Säugern
a) Kör-perform und Beborstung. Die Aphaniptera, als Ordnung, entwickel-
ten sich zweifellos auf Säugern, da eine Reihe für alle Flöhe gemeinsamer
Eigentümlichkeiten deutliche Anpassungen an das Leben in Haaren dar-
stellen. Zur Zeit sind nur 50 Vogelfloharten bekannt, während alle anderen,
d. h. etwa 900 Arten, auf Säugern leben. Unter den Vogelfioharten gehört der
größere Teil, und zwar 44, zu der jüngsten Flohfamilie, Ceratophyllidue, 6 Arten
gehören den PuUcidae und Rhopalopsyllidae und eine Art den Sarcopsyllidae
an. Diese Zahlen berechtigen zur Annahme, daß die Vogelfloharten von
den Flöhen der Säuger abstammen und in verhältnismäßig später Zeit ent-
standen sind.
Zu den Anpassungen an das Leben in Haaren gehört zunächst die von
den Seiten zusanmiengepreßte Form des Körpers, denn sie ist für das Durch-
schlüpfen zwischen den Haaren sehr günstig und gestattet den Flöhen rasche
Fortbewegung in der Behaarung der Säuger, selbst wenn diese sehr dicht ist.
Die Vogelflöho lialten sicli fast durchweg niclit auf den Vögeln selbst auf,
XIII. f. 44 Aphaniptera
sondern in der Anspolsterung ihrer Nester, welche oft aus Haaren der Säuger
besteht. Zweifellos war die Anwendung der Haare der Säuger für den Bau
der Nester eine der Ursachen der Entstehung der Vogelfloharten, da ja mit
Haaren auch an diesen haftende Floheier in Nester gelangten und die Larven,
die solchen Eiern entschlüpft waren, ihr Leben in Vogelnestern zu führen
gezwungen waren.
Zum Unterschied von Pwpi/para, die vorzugsweise auf Vögeln leben, einen
flachen Körper haben, ihren Weg rasch zwischen den Federn finden und nicht
nur vorwärts, sondern auch seitwärts laufen können, bewegen sich die Flöhe
immer mit dem Kopf nach vorwärts. Bas berechtigt zujn Gedanken, daß die
feste, fast unbewegliche Angliederung des Kopfes an den Thorax auch ein
Resultat des Parasitismus auf Säugern ist, da ja ein freier, leicht beweglicher
Kopf der raschen Wanderung zwischen den Haaren hinderlich wäre.
Für die Fortbewegung des Flohs zwischen den Haaren sind auch die an
seinem Körper licht verteilten, sehr elastischen Borsten, die mit ihren Enden
nach hinten gerichtet sind und mehr oder weniger dem Körper anliegen,
förderlich. Wie es scheint, waren die Flöhe einst dichter beborstet. Bas
beweisen die eingeschalteten Härchen in den Hauptborstenreihen, die redu-
zierte Borsten darstellen (Abb. 17).
b) Antennen und Krallen. Die Verkürzung der Antennen ist nicht nur
für die Flöhe, sondern auch für viele Ektoparasiten der Vögel charakteristisch
(Pupiparen). Sie hat also keinen direkten Zusammenhang mit dem Leben in
Haaren. Aber bei Flöhen befinden sich die Antennen in tiefen Gruben und sind
noch oft von der Verlängerung des Vorderrandes der Antennengrube halb
verdeckt {Pulicidae und einige andere Flöhe). Bei einer solchen Lage der
Antennen sind die Sinnesorgane, die sich an den Antennen befinden, gegen
grobe Zusammenstöße mit den Haaren des Wirtes während der Fortbewegung
des Flohs gut geschützt.
Fast bei allen Flöhen ist die eingebogene (ventrale) Oberfläche der Krallen,
sowie auch ihr Basalzahn, in schief-querer Richtung scharf gekerbt (Abb. 32).
Dank diesen Kerben gleiten die Krallen nicht auf der fetten Oberfläche des
Haares. Dabei sind dieKerben so gestellt, daß es schwer ist, den aneineniHaare
festgekrallten Floh an seinem Hinterende herauszuziehen ohne seine Tarsen zu
beschädigen, während es in der entgegengesetzten Richtung, d.h. mit demKopf
nach vorn, ganz leicht gelingt. Ein feines Haar keilt sich in den Winkel zwi-
schen der Kralle und ihrem Basalzahn ein, und ein gröberes Haar gelangt in
dieselbe Lage zwischen den Krallen und den Vorkrallend örnchen. Bie Form
und die Entwicklung der Krallen und der Vorkrallendörnchen sind verschieden,
doch in ihren Einzelheiten entsprechen sie den Eigentümlichkeiten der Haare des
Wirtes. Bei Flöhen, die an den Haaren sich nicht festkrallen, — wie die Formen,
die sich an dem Wirte mit Hilfe der Mandibeln festhalten, sind die Krallen glatt,
nicht gekerbt, oft ohne oder nur mit rudimentären Basalzähnen (Abb. 53).
c) Ktenidien. Ben Ktenidien der Flöhe analoge Bildungen sind ver-
schiedenen Ektoparasiten der Vögel und der Säugetiere eigen. Baher dürfen sie
VII. Oekologie der Flöhe
XIII. f. 45
nicht als spezielle Anpassungen gerade an das Schmarotzen auf behaarten
Tieren angesehen werden, obgleich sie bei Flöhen offenbar zum Festhalten
an den Haaren dienen. Tiefgreifende Veränderungen in der Behaarung des
Wirtes haben einen deutlichen Einfluß auf die Ktenidien. So bestehen die Kopf-
und Pronotumktenidien der auf Igeln lebenden Archaeopsylla nur aus sehr
wenigen (3 bis 8) Stacheln und sind manchmal gar nicht entwickelt, während
bei den nächsten Verwandten des Igelflohs, Ctenocephalides (Abb. 05, 66),
deren Arten vorzugsweise auf Raubtieren leben, diese Ktenidien gut entwickelt
sind. Das Chitinzähnchen am unteren Rande des Kopfes des Menschenflohs
(Abb. 54) hält Rothschild für ein Überbleibsel des einst vorhandenen Kopf-
Abb. 53. Pfätarsus von
Echidnophaga liopus J.-R.
— (Nach Jordan a. Roth-
schild.)
Abb. 54. Vorderteil des Kopfes von Pulex irritans. —
(Nach Wagner.)
ktenidiimi, welches nun scheinbar gar keine Be-
deutung für den Floh hat und oft gänzlich fehlt.
Die Ktenidien haben überhaupt die Tendenz zu
verschwinden. Die Apikalzähnchen an den Ter-
giten weisen darauf hin, daß die Flöhe ursprüng-
lich an allen oder an den meisten Tergiten Ktenidien besaßen. Die Ver-
mutung, daß die Apikalzähnchen nicht das Endstadiuni der Reduktion
der Ktenidien, sondern das Anfangsstadium ihrer Entwicklung darstellen,
ist wenig wahrscheinlich. Bei einzelnen Gruppen der Flöhe, z. B. bei Ischno-
fsyllidae (Abb. 74), kann man das allmähliche Verschwinden der Ktenidien an
diesen oder jenen Abdominalsegmenten beobachten.
Gleich vielen anderen in Reduktion begriffenen Merkmalen zeichnen
sich die Apikalzähnchen durch ihre Unbeständigkeit aus und variieren nicht nur
bei nah verwandten Gattungen und Arten, sondern bei einer und derselben
Art. So z. B. besitzt Bmchyctenonotus aus der Fam. CeratophylJidac keine
Apikalzähnchen, aber andere Gattungen der Ceratophylliflac haben solche
Zähnchen. Bei Parapsyllus besitzen die einen Arten diese Zähnclien. die
anderen nicht. Bei Mesopsylla haben die Weibchen meistenteils keine abdo-
XIII. f. 46 Aphaniptera
minalen Apikalzähnchen oder seltener besitzen sie am 2. Tergit ein Zähnchen
(entweder beiderseits des Körpers oder nur an einer Seite) ; bei den Männchen
(Abb. 88) ist dieses Tergit stets und das erste Tergit manchmal mit einem
Apikalzähnchen versehen.
Die Urschae der regressiven Entwicklung der Ktenidien ist nicht klar.
Möglicherweise war die Behaarung der ausgestorbenen Säuger, auf welchen die
Ahnen der Flöhe sich entwickelten, von derjenigen der zeitgenössischen Säuge-
tiere bedeutend verschieden.
d) Verlust der Flügel. Flöhe stammen von geflügelten Insekten ab. Nach
Sharif (1935, 1937) erscheinen die Flügelanlagen bei Flöhen am Mesothorax
im Puppenstadium (Abb. 51), verschwinden aber während der w^eiteren Ent-
wicklung. Biese Anlagen sind auch nicht in jüngeren Stadien der Metamor-
phose vorhanden. Sollten die Ahnen der Flöhe zu Ektoparasiten geworden
sein, bevor sie ihre Flügel eingebüßt haben, dann ist die Atrophie der Flügel
zweifellos durch das Leben in Haaren hervorgerufen. Dieses erhellt aus dem
Vergleich mit Pu'pifara: die Pupipara- Arten, die ihre ursprünglichen Wirte,
d. h. Vögel, nicht verlassen haben, haben ihre Flügel behalten, während die
Arten, die auf Säuger hinübergewandert sind, in erdrückender Mehrzahl keine
Flügel besitzen.
e) Augen. Wie oben erw^ähnt, entsprechen die Augen der Flöhe nicht den
Ozellen anderer Insekten, aber fürs Leben in Haaren sind die Fazettenaugen
nutzlos. Der Einfluß der Bedingungen des Aufenthalts auf die Sehorgane ist
allgemein bekannt. Was speziell die Flöhe betrifft, so ist es interessant zu ver-
merken, daß in vielen Fällen auf einem und demselben Wirt, als seine typischen
Parasiten, zwei Formen von Flöhen aus verschiedenen Gattungen oder Familien
leben, — • und zwar besitzt die eine Form gut entwickelte Augen, während bei
der anderen die Augen rudimentär sind ; die erste Form kommt oft auf dem
Wirt selbst vor, die andere hält sich vorzugsweise in seinem Nest auf (,, Nest-
flöhe", Wagner). Unter den Mausflöhen der gemäßigten Zone gehören den
Nestflöhen die Gattungen Ctenophthalmus und Neofsylla an, während ver-
schiedene Gattungen der Cerato'phyllidae meistenteils keine Nestflöhe sind.
2. Beziehimgen zwischen den Flöhen und ihren Wirten
a) Festhalten mn Körfer der Wirte. Außer den allgemeinen Veränderungen
in der Organisation, die durch das Leben in Haaren bedingt sind, lassen sich
bei Flöhen, die sich am Körper des Wirtes für eine mehr oder weniger lange Zeit
festhalten, auch noch spezielle Anpassungen beobachten. Da für das Sichfest-
halten, wie oben erwähnt, die Mandibeln dienen, so sind die Zähnchen der
Mandibeln solcher Arten sehr stark. Als Beispiel kann man die Gattungen
Echidnofhaga (Abb. 63), Juxtwpulex (Abb. 55), S'pilopsyllus, Hectopsylla und
Tunga (Abb. 67) anführen. Das Vorhandensein grober Zähnchen an den Man-
dibeln der Flöhe, deren Lebensw^eise uns nicht bekannt ist, wie z. B. bei
Chimaero'psylla (Abb. 85), gestattet uns auch bei ihnen die Fähigkeit, sich mit
VII. Oekologie der Flöhe
XIII. f. 47
dem Rüssel festzuhalten, zu vermuten. Nach Rothschild weist die ziemlich
deutliche Zahnung der Mandibeln beim Menschenfloh darauf hin, daß dieser
Floh von Flöhen abstammt, welche sich an den Wirten festhielten. Dasselbe
läßt sich von einigen anderen Flöhen, die die Fähigkeit sich mit dem Rüssel
festzuhalten eingebüßt haben, behaupten. Bei der erdrückenden Mehrzahl
der Flöhe, die sich mit dem Rüssel nicht festhalten, ist die Zahnung der Man-
dibeln sehr zart.
Bei einer groben Entwicklung der Mandibeln hat der Schutz derselben
mittels Palpi labiales seine Bedeutung verloren. Daher sind die Palpi labiales
solcher Flöhe gewöhnlich schwach
chitinisiert und bestehen nicht sel-
ten nur aus zwei oder gar einem
Glied.
Als eine fernere Anpassung,
bedingt durch die seßhafte Lebens-
weise, hat sich bei den Timga-Weih-
chen die Fähigkeit mit ihrem ganzen
Körper in die Haut des Wirtes ein-
zudringen entwickelt; der Ekto-
parasit ist zum Entoparasiten der
Haut geworden. Damit steht eine
ganze Reihe Veränderungen in der
Organisation des Weichens im Zu-
sammenhang, welche auch auf das
andere Geschlecht übergegriffen
haben. Außer dem Verschwinden
der Ktenidien und der Reduktion
der Borsten hat sich bei Tunga auch
die Form des Kopfes verändert, die
Gliederung der Antennenkeule ist
verschwunden, die Brustsegmente sind teilweise reduziert, zum Teil ver-
schmolzen, die Koxen haben sich verändert, und bei den Weibchen sind die
Stigmen der vorderen Abdominaltergite verschwunden. Es ist interessant,
daß bei der Mehrzahl der Tunga-Axten die Augen sich erhalten haben;
dieses ist wahrscheinlich dadurch bedingt, daß die Männchen ihre alte Lebens-
weise beibehalten haben und in die Haut nicht eindringen.
b) Wanderung der Flöhe von den einen Wirten auf die andern. Dank ihrer
Beweglichkeit wandern die Flöhe leicht von den einen Säugern auf die anderen,
wenn diese in naher Nachbarschaft leben und oft miteinander in Berührmig
konunen. Für viele Arten ist es festgestellt, daß sie sich auch auf den für sie
nicht spezifischen Wirten längere Zeit aufhalten können. Als allgemein be-
kanntes Beispiel kann das Vorkonmien des Hundefiohs und des Katzenflohs
auf dem Menschen dienen. Schon längst ist das Überwandern von Flöhen auf
Raubtiere von deren Opfern bekannt. So finden wir auf den Mardern alle
Abb. 55. ^lundteileYonJuxtapulexechidno-
phagoides Wagn. ^. — (Nach Wac4NER.)
XIII. f. 48 Aphaniptera
Floliarten, die auf Nagern leben, welche die Marder verfolgen; auf dem Fuchs
in Westeuropa wird oft der Kaninchenfloh {Spilofsyllus cunicidi Dale)
und nicht selten sogar der Igelfloh {Archaeopsylla erinaci Curt.) angetroffen
usw. Im Gebiet des südöstlichen europäischen Rußlands, wo Abschnitte
von Steppe mit hartem Boden und sandige Gegenden abwechseln und wo die
Flohfauna im Zusammenhang mit den Pestepizoitien unter Nagern sehr ein-
gehend erforscht wurde, ist ein steter Austausch von Flöhen zwischen den
Nagern der Steppe und denjenigen der sandigen Gegenden festgestellt. In
denselben Gegenden sind auf den Steppeniltissen, die keine eigenen Arten haben
(wenn man von Ptdex irritans fulvus loff, absieht), 11 Floharten gefunden.
Hausratten {Rattus norwegicus und R. rattus), die in alle Länder der Welt ver-
schleppt werden, zeichnen sich durch eine ganz besondere Fähigkeit aus,
alle möglichen lokalen Floh arten auf sich zu locken.
Es ist auch festgestellt, daß die eingewanderten Floharten unter gleichen
oekologischen Verhältnissen sich auch in Nestern der für sie nicht spezifischen
Wirte fortpflanzen können. Ein interessantes Beispiel bilden zwei Ctenoflithal-
mus-Aiten {Ct. follex AV. & I. und Ct. breviatus W. & I.), die speziell auf
Citellus 'pygmaeus im Gebiete des unteren Laufs der Wolga leben. Sie bilden
30^0 aller Flöhe der Zieselnester, doch da, wo sich Höhlen der Microtinae in
nächster Nachbarschaft befinden, sind diese Ctenophthalmus-Arten in den
letzteren noch zahlreicher und in den Nestern von Microtus arvalis und Lagu-
rus lagurus machen sie 90 ^/o aller Flöhe aus.
Solche Wanderung der Flöhe von einer Wirtstierart auf andere erschweren
die Lösung der Frage von den echten spezifischen Wirten der einzelnen Floh-
arten. Einzelne Fälle des Vorkommens dieser oder jener Flohart auf irgendeinem
Tier sind für diese Frage belanglos. Es gibt nur wenige Beobachtungen über
die Entwicklung der Flöhe in Nestern ihrer Wirte, aber auch sie liefern oft keine
sichere Antwort, wie es aus dem angeführten Beispiel des Cteno'phthalmus von
Zieseln ersichtlich ist.
c) Monozoide Floharten. Infolge der Wanderungen der Flöhe von einer
Wirtsart auf andere ist denn auch der Begriff der monozoiden Arten, auf Flöhe
angewandt, weniger bestimmt als für andere Parasiten. So w^ird z. B. überall,
wo Sciurus vulgaris verbreitet ist, auf ihm in großer Anzahl Monofsyllns
sciurorwm Sehr, gefunden. Außer den Grenzen des Verbreitungsgebiets des
europäischen Eichhörnchens wird Monofsyllus sciurorum nicht angetroffen.
Demnach fallen hier das Areal des Wirts und dasjenige seine Parasiten zu-
sammen und man darf mit vollem Recht Monofsyllus sciurorum als einen
monozoiden Parasit des Sciurus vulgaris betrachten. Doch ist der Eichhörn-
chenfloh sehr gemein auch auf Glis glis in jenen Gegenden, wo sich das Areal
des Glis und das Areal des Sciurus decken. Solcher Beispiele sind viele.
Als Beispiel streng monozoider Arten können die Flöhe der Spalacidae
dienen. Fast auf jeder Spalax-Axt lebt in ihrem ganzen Verbreitungsgebiet
ihre eigene Ctenofhilialmus-Ait, die auf keinem anderen Säuger vorkommt.
Diese Arten verlassen auch, zum Unterschied von der erdrückenden Mehrzahl
Oekologie der Flöhe XIII. f. 49
anderer Flöhe, die Leiche ihres Wirtes nicht sobald sie kalt geworden ist.
Die Tatsache, daß im Laboratorium Blindmausflöhe sich auch vom Blut anderer
Tiere ernähren können, weist indessen darauf hin, daß ihre Monozoidität durch-
aus nicht durch das Blut des Wirtes, sondern durch die speziellen oekologischen
Verhältnisse des Lebens und der Fortpflanzung in Höhlen, resp. Nestern der
Spalacidae bedingt wird. Ein ähnlicher Zusammenhang wird auch bei Vogel-
flöhen beobachtet; so lebt der Hühnerfloh {Cerato'phyUus gallinae Sehr.) auf
sehr verschiedenen Vögeln aus verschiedenen Familien; der Finkenfloh ((7.
fringillae Walk.) beschränkt sich fast ausschließlich auf die Nester der
Fringillidae; C. hirundinis Curt., C. rusticus Wagn. und C. farreni Koths.
leben nur in Nestern der Hausschwalben und Rauchschwalben; C. sf^a: Roths,
ausschließlich in Nestern der Uferschwalben; C. columbae Steph. nur auf
Tauben.
Die streng nionozoiden Arten besitzen nicht selten irgendeine charak-
teristische Eigentümlichkeit, die ihren nächsten Verw^andten abgeht. Ihre
Entwicklung erklärt sich dadurch, daß die monozoide Art sich unter streng
einförmigen oekologischen Bedingungen ohne die ausgleichende Einwirkung der
verwandten Formen bildete, — die Entwicklung der Art resp. der Gattung
verlief sozusagen oekologisch isoliert.
d) Die Beziehungen zwischen den Flöhen und den systewatischen Gru'p'pen
der Säugetiere. Die Mehrzahl der Flöhe gehört den stenozoiden Parasiten an.
Echidnophaga gcdlinacea VI estn. z.B. schmarotzt nicht nur auf den verschiede-
nen Säugern, sondern sogar auf Vögeln; gewöhnlich aber sind einzelne Floh-
arten entweder mit einer bestimmten Gattung der Säuger (z. B. HoplopsyUus
glacialis Tasch. mit der Gattung Le/pus, Neopsylla setosa Wagn. mit der
Gattung Citellus usw.) oder mit einer bestimmten Familie (z. B. Doratopsylla
dasycnemus Roths, mit der Familie Soricidae, MesopsyUa hebes J. & R. mit
der Familie Dipodidae usw.) verbunden. Es gibt nur verhältnismäßig wenige
Floharten (wie Echidnophaga gallinacea), die keinen Unterschied zwischen den
einzelnen Familien einer und derselben Ordnung der Säuger machen. Ander-
seits sind viele systematische Gruppen der Flöhe (Gattungen und Familien)
mit bestinmiten Familien oder überhaupt Gruppen der Säuger verbunden.
Ein klassisches Beispiel liefert die Fam. IschnopsylUdae deren Vertreter nur auf
Fledermäusen leben; die Vermissyllidae leben fast ausschließlich auf Carnrcom;
die SpilopsyUinae ausnahmslos auf Lcporidae; die Coptopsyllidae auf Gerhil-
linae usw. Hier ist das entscheidende Moment die Ähnlichkeit der oekologischen
Bedingimgen.
e) Areale der Flöhe und ihrer Wirte. Wenn auch das Areal der gegebenen
Flohart sich oft mit demjenigen ihres Wirtes deckt, so ist doch in den meisten
Fällen diese Kongruenz unvollkoimiien, weil die poikilothermen Flöhe iiiid
ihre Larven naturgemäß auf viele äußere Bedingimgen anders reagieren als
ihre homoiothermen Wirte. Die Außen])edingungen sind für die Nestflöhe
konstanter als für Flöhe, die sich weniger in Nestern aufhalten. Dies erklärt
den Unterschied zwischen den Arealen der beiden Flohgruppen, wenn sie einen
Bronns Klassen des Tierreichs. V. 3. XIII. Buoii. Waguer. XIII. f. 4
XIII. f. 50
Aphaniptera
und denselben Wirt haben. So begegnen wir in Südenropa, in der Richtung
von Osten nach Westen, auf verschiedenen Citellus-Axten verschiedenen Arten
des Citello'pJiilus, welche keine Nestflöhe sind, aber im ganzen G-ebiete vom
Ural zur äußersten westlichen Grenze der Verbreitung der Gattung Citellus
(etwa bis zur Donau) lebt auf ihm nur eine einzige Neofsylla-Ait {N. setosa),
ein typischer Nestfloh.
3. Einfluß der oekologischen Bedingungen auf die Flohfauna eines und
desselben Wirts
Nicht selten kommen in benachbarten Gegenden auf denselben Wirten
verschiedene Floharten vor, oder irgendeine Art ist in der einen Gegend ver-
breiteter, in der anderen seltener^. Die Unter-
suchung der Nester des Microtus arvalis im
Gouvern. Saratow erwies, daß aus der Gat-
tung Ctenofhthalmus in den Nestern dieser
Wühlmaus in den Steppen ausschließlich
C. Orientalis Wagn. lebt, in der Waldsteppen-
gegend überwiegt C. wagneri Tifl. mit einem
beträchtlichen Zusatz von C. assimilis Tasch.
und in den Wäldern herrscht die letzte Art
vor (loFF u. T1FJ.0W, 1930). In diesem Falle
sind die Veränderungen in dem Artenbestand
der Flöhe eines und desselben Wirtes durch
den Boden bedingt. Auf Grund dieser Tat-
sache kann man unter Flöhen, gleich anderen
Insekten, Steppen-, Waldsteppen-, Feld-,
Waldarten usw. unterscheiden.
Die Bedeutung des Bodens läßt sich
deutlich an der Gattung Nosofsyllus erken-
nen, innerhalb derer auf Grund der Ent-
wicklung der Borsten an den Hintertarsen
zwei Gruppen unterschieden werden können: bei den Arten, die in sandigen
Gegenden leben, sind einige dieser Borsten sehr verlängert (Abb. b^A) und
ragen oft über das Ende des Tarsus heraus, während bei den Arten aus
Gegenden mit weniger lockerem Boden die entsprechenden Borsten (Abb. 565)
nicht verlängert sind (Wagner). Oft kann man nach der Beborstung der
Hintertarsen urteilen, in was für einem Boden die Wirte dieser Flöhe ihre
Höhlen graben.
Abb. 56. Vier letzte Tarsusglieder
der Hinterbeine von Nosopsyllus
henleyi R. (A) und Nosopsyllus
fasciatus {B). — (Orig.)
^ Wirklich seltene Floharten gibt es kaum. Meistenteils erklärt sich die angeb-
liche ,, Seltenheit" einer Art einfach durch die Lückenhaftigkeit der Forschungsergeb-
nisse. Als Beispiel für eine zweifellos wirklich seltene Art kann Frontopsylla semura
W. & I. dienen, der monozoide Parasit des Citellus pygmaeus, da sie in ihrem ganzen
Areal, welches sich mit dem Areal ihres Wirts deckt, nicht mehr als 2% aller Ziesel-
flöhe ausmacht.
VII. Oekologie der Flöhe XIII. f. 51
Der Einfluß der Höhenlage der Gegend auf den Artenbestand der Flöhe,
die auf einem und demselben Wirt leben, ist deutlich an Ratten in heißen
Ländern erkennbar. So erscheint z. B., in Travancore auf denselben Eatten-
arten in hochliegenden Landschaften als Hauptparasit Stivalius ahalae R. ;
mit der Abnahme der Höhenlage der Gegend rämnt diese Art der Xenofsylla
cheopis R. ihren Platz, und im Tieflande bildet den Hauptbestandteil der
Flohfauna Xenofsylla astia R. (I yengar). In Gebirgslagen Südeuropas ist auf
Sciurus vulgaris zusammen mit Monopsyllus sciurorum Sehr, auch Tarso-
'psylla octodecimdentatus Kol. sehr gemein, während die letztere Art im Tief-
land selten ist. In diesem Fall ist der Einfluß der Temperatur deutlich.
4. Einfluß oekologischcr Bedingungen auf systematische Merkmale
Bei dem Übergang eines Flohs von einem Wirt auf einen anderen, der unter
anderen oekologischen Bedingungen lebt, können einige Artmerkmale sich
ändern. Dies kann durch zwei Beispiele aus der Literatur der letzten Jahre ver-
anschaulicht werden. Wagner (1934) beschrieb die Veränderungen beim
Hausmausfloh {Ctenofsyllus segnis), welche mit der Wandermig dieses Flohs
auf das Eichhörnchen stattgefunden haben. Es hat sich nämlich die relative
Länge der Borsten des 2. Antennengliedes geändert, die Augen haben sich
vergrößert, die Sporen der Hinterschienen und die ventralen Borsten des
9. Abdominalsternits des Männchens haben sich stärker entwickelt, die Form
der Parameren sowie die relative Größe des Receptac. seminis imd der Bursa
copulatr. haben sich verändert. Ein analoger Fall ist von Ioff (1935) bei
Xenopsylla conformis Wagn. beim Übergang dieser Art von den Gerbillvnae
(Meriones meridianus) auf Elohius talpinus beschrieben worden. In diesem
Fall sind die Augen bei X. conformis kleiner geworden, bei den meisten Exem-
plaren war die Augenborste verschwTinden, die Form des Kopfes hat eine ge-
wisse Veränderung erlitten usw.
In solchen Fällen stellt die veränderte Form immer einen monozoiden
Parasiten dar und hat ein sehr beschränktes Verbreitungsareal. Diese Ver-
änderungen sind nicht durch geographische Verhältnisse bedingt, können
aber letzten Endes, ebenso wie geographische Varietäten, zur Bildung einer
neuen Art führen.
5. Einfluß der oekologischen Bedingungen auf die Entwicklung
der riöhe
a) Temferalur und Feuchtigkeit. Für die Entwicklung der Hausflöhe in
Europa ist die günstigste Temperatur 18 — 27° bei einer relativen Feuchtig-
keit nicht unter 70 "/q. Die Larven des Nosopsyllus fnsciatus gehen bei einer
Feuchtigkeit unter 40 "/q zugrmide. Im tropischen Afrika bildet im Labora-
torium eine Temperatur von 20", kombiniert mit einer Feuchtigkeit von
100"/q nach Hopkins das Optimum für iUo Entwicklung der Larven der
XIIT. f. 4*
XIII. f. 52 Aphaniptera
Xenopsylla cheopis und X. brasiliensis Bak. Die Eier von Pidex irritans
und Xenopsylla cheopis entwickeln sich bei einer Temperatur von 5° nicht,
aber bei derselben Temperatur entwickeln sich 50% der Eier von Nosopsyllus
fasciatus (Bacot). Die Feuchtigkeit des Bodens tötet die Flohlarven in den
Nestern ihrer Wirte. Dadurch erklärt sich wahrscheinlich die Tatsache, daß
Flöhe in sandigen Gegenden besonders zahlreich sind.
Wie bei anderen Insekten wirkt die Temperatur auf die Dauer des Larven-
lebens stark ein. Bei den Nagerfiöhen (in Europa) ist die Lebensdauer der Lar-
ven bei 2P 12 bis 24 Tage, bei einer Temperatur von 10 bis 12'^ aber schon 36 bis
95 Tage. Das Minimum, welches bei den Larven der Steppennager beobachtet
worden ist, ist 7 Tage, bei Pulex irritans 6, doch ungünstige Bedingungen ver-
zögern das Wachstmn der Larven (verschieden bei verschiedenen Arten) um
einige Monate (z. B. bei Pulex irritans bis 84 Tage, bei Nosopsyllus fasciatus
sogar bis 202 Tage).
Zweifellos , hat die Temperatur einen Einfluß auch auf die Dauer des
Puppenstadiums, doch viele Angaben erregen Zweifel, weil diese Dauer nicht der
Zeit entspricht, welche die Imago im Kokon zubringt (s. unten).
b) Abhängigkeit der Fortpflanzung von der Jahreszeit. Der Einfluß der
Jahreszeit auf die Fortpflanzung der Flöhe findet einen sehr verschiedenen
Ausdruck. Hausflöhe, wie der Menschen-, Hunde-, Katzenfloh und Noso-
psyllus fasciatus, pflanzen sich während des ganzen Jahres mit gewissen un-
regelmäßige Schwankungen fort, die von der Temperatur des Hauses ab-
hängen. Bei Flöhen der Nager, welche Höhlen graben, wird in der Eegel eine
Steigerung der Imago-Anzahl in bestimmten Monaten beobachtet. So fällt
z. B. in den Steppen des Gouv. Astrachan das Flohmaximum auf März, das
Minimum auf August. Nach Beobachtungen, die während dreier Jahre an
einer großen Anzahl (566) Nester von Citellus pygmaeus in einer Gegend des
Gouv. Astrachan angestellt worden sind, herrscht Neopsylla setosa in den
Nestern während des ganzen Jahres, ausgenommen die Herbstzeit, vor, in der
Ctenophthalmus pollex W. & I. das Übergewicht gewinnt. In den Zieselnestern
im Gouv. Saratow wurde das Ausschlüpfen des Ctenophthalmus orientalis
Wagn. aus dem Kokon in der Zeit vom August bis Anfang Oktober, und das
Ausschlüpfen der Nosopsylla setosa während des ganzen Winters von Beginn
des September an beobachtet. Demnach können bei Flöhen, Frülilings-,
Sommer- und Herbstarten unterschieden werden, und dies erklärt, die jahres-
zeitliche Veränderung des Bestandes der Floharten auf einem und demselben
Wert in derselben Gegend.
Bei Flöhen kleiner Säuger, die genügend tiefe Höhlen graben, hört die
Fortpflanzung auch im Winter nicht auf. So fanden sich in Höhlen der Maul-
würfe, welche im Januar und Februar in der Umgegend Wiens ausgegraben
wurden, in bedeutender Anzahl Flohlarven versichedener Altersstufen. In
der Umgegend Valkenburgs fand man in Maulwurfsnestern wiihrend der
Winterzeit Pärchen Hystricliopsylla. talpae in copida und Floheier. Im Winter
können Zieselflöhe das Blut auch des Wirtes, der sich im Winterschlai be-
VII. Oekologie der Flühe XIII. f. 53
findet, saugen ; die für ihre Entwicklung und Fortpflanzung nötige Temperatur
ist durch die Körperwärme des Wirts gegeben.
c) Austritt der Imago aus dem Kokon. Als Anfang des Imago- Stadiums
darf man nicht ihren Austritt aus dem Kokon betrachten, weil dieser Aus-
tritt bei Flöhen nicht mit der Zeit des Ausschlüpfens aus der Puppe zusammen-
fällt. Die fertige Imago kann in ihrem Kokon längere Zeit ohne Nahrung ver-
weilen, eine Erscheinung, deren Ursache nicht klargestellt ist. Bei Oropsylla
silantiewi Wagn., deren Larven unter gleichen Bedingungen der Aufzucht
ihre Kokons alle gleichzeitig gesponnen hatten, wurde der Austritt der Imago
aus dem Kokon nach 56, 77, 92, 211 und 240 Tagen beobachtet; der erste
allerfrüheste Austritt der Imago aus dem Kokon bei Pulex irritans war am
G. Tage beobachtet, doch kann er auch am 239. Tage stattfinden, bei Noso-
fsyllus fasciatus sogar am 450. (Bacot).
Stört man irgendwie einenKokon mit der in ihm ruhenden Imago, beispiels-
weise durch eine leichte Erschütterung, dann tritt sofort der Floh heraus, als ob
er aus einem lethargischen Zustande erwacht sei. Dadurch erklärt sich das im-
erwartete massenhafte Erscheinen der Flöhe in Orten, wo sie früher nicht beob-
achtet Avujden,z. B. da&'EiischeinenYon Pulex irritans und Ctenoce'phalides canis
in Häusern, die längere Zeit unbewohnt geblieben waren imd dann von Menschen
wieder in Gebrauch genommen wurden. Auch die Höhlen der Uferschwalben
füllen sich oft mit großen Mengen von Ceratophyllus styx R. an, sobald ihre
Wirte nach Ablauf der Winterzeit zurückkehren (Waterston, 1920).
d) Lebensdauer der Imago unter normalen Bedingungen und beim Hungern.
Die Lebensdauer der Imago nach ihrem Austritt aus dem Kokon ist bei ver-
schiedenen Floharten und auch individuell verschieden, je nach der Temperatur
Feuchtigkeit, Nahrung usw. Flöhe der Steppennager leben unter natürlichen
Bedingimgen 3 bis 5 Monate. Nestflöhe sterben, an die Oberfläche des Bodens
in die Sonne gebracht, rasch ab (Blindmausflöhe in einigen Minuten). Haus-
flöhe gehen unter ungewohnten Bedingimgen rascher imter als Nagerflöhe.
Experimente an verschiedenen Flöhen haben erwiesen, daß das Leben in
Probiergläschen am schlechtesten der Hundefloh erträgt (4 bis 7 Tage) ; Pulex
irritans blieb in Gläschen im Durchschnitt 20 Tage am Leben. Unter normalen
Bedingungen kann bei Wohnzimmertemperaturen Pulex irritans 513 Tage
lebendig bleiben, ohne Nahrung aber nur 125 Tage (Bacot).
Überhaupt können Flöhe bei normaler Temperatur und Feuchtigkeit
monatelang ohne Nahrung leben. Dabei ist beobachtet worden, daß Haus-
flöhe das Hungern am wenigsten ertragen; unter anders lebenden Flöhen gehen
die Nichtnestflöhe rascher zugrunde, als die Nestflöhe. So ist für den Zieselfloh,
Citello^hilus tesquorum Wagn., als maximale Zeit des Hungerns 207 Tage fest-
gestellt, und für den Nestfloh des Ziesels, Neopsylla setosa, 350 Tage. Erhält
C. tesquorum Nahrung, dann lebt er bis 400 Tage, und ein Exemplar N. setosa
erreichte 1725 Tage (Tiflow & Ioff) ; das ist die längste Lebensdauer, welche
bis heute bei Flöhen überhaupt beobachtet worden ist. Steigerung der Tempe-
ratur während des Hungerns verkürzt die Lebensdauer der Imago.
XIII. f. 54 Aphaniptera
6. Schmarotzer und Feinde der Flöhe
Wie im Körper anderer Insekten, so kommen auch im Körper der Flöhe
Protozoa und Vermes als Parasiten vor. In einigen Fällen sind Flöhe ihre
ständigen Wirte, in anderen Zwischenwirte. Von Flagellata leben im Darm-
kanal der Flöhe verschiedener Arten ■von Le/ptomonas [Herpetomonas), Trypano-
sotna und einiger anderer Gattimgen. Für Trypanosomen dienen Flöhe als
Z wisch enwirte. Am eingehendsten ist der Entwicklungszyklus von T. lewisi
im Darmkanal des Rattenflohs erforscht ; dieser Parasit wird von einer Ratte
auf die andere hauptsächlich von Nosofsyllus fasciatus übertragen. Bei T.
lewisi werden einige Entwicklungsstadien aus dem Darmkanal der Flöhe beim
Koten hinausbefördert. Die Ratte wird angesteckt beim Ablecken ihrer Haut
und Behaarung, an welchen der Flohkot haften geblieben ist, sowie auch beim
Zerbeißen der Flöhe.
Von der Gattung Leftomonas lebt eine Art, L. 'pulicis, im Darmkanal des
Menschenflohs. Eine Art, L. ctenoce'phali, lebt in dem Darmkanal des Hunde-
flohs und wurde früher mit dem Erreger der Leishmaniose bei Menschen und
Hunden verwechselt. Es gibt eine ganze Reihe von Leftomonas-Arten, die in
Flöhen leben. Die Larven Pulex irritans stecken sich mit L. pulicis an, indem
sie die Exkremente erwachsener Flöhe mit den Cysten des Parasiten ver-
zehren. Bei Larven und Puppen lebt der Parasit im Magen, wandert am Ende
der Flohmetamorj)hose in die malpighischen Gefäße hinüber und incystiert sich
im Rectmn der Imago.
Auf gleiche Weise wie bei Leptomonas geraten in den Darmkanal der
Flohlarven auch Sporen und Oocysten der Sporozoa. Aus dem Magen der
Flöhe sind mehrere Arten von Gregarinen, aus den malpighischen Ge-
fäßen Coccidien und aus verschiedenen Organen Microsporidien be-
schrieben worden. Der Magen der Flöhe ist zuweilen mit Gregarinen-
Cysten vollgestopft. Von den Microsporidien ist Nosema pulicis in Berlin
bei 6''/q der Hundeflöhe gefunden.
Von anderen Protozoa koimnen in Flöhen noch Amoebina vor. Von einer
Art dieser Parasiten {Malpighella refrigens) sind nach Nöler (1914) die mal-
pighischen Gefäße fast sämmtlicher Flöhe in Deutschland infiziert. Ender-
lein nimmt an, daß die parasitischen Mikroorganismen die Ursache des Ver-
schwindens des Pulex irritans in Städten Deutschlands im Anfang der 30 er
Jahre gewesen sein könnten.
Unter den Vermes bedienen sich gewisse Cestodes der Flöhe als zufällige
Nebenwirte. In der Körperhöhle der Flöhe begegnen wir zuweilen z. B.
Cysticercoiden der Hymenolepis diminiana, H. nana und Dipylidium caninum.
Wahrscheinlich stecken sich die Flohlarven mit ihnen durch Zufall an, indem
sie mit ihrer Nahrung auch Eier dieser Würmer verschlucken. Die Cysticer-
coiden bleiben in der Körperhöhle während der ganzen Metamorphose des
Flohs und können dann in den Darmkanal des Hauptwirtes geraten, wenn der
letztere einen solchen Floh zerbeißt. Nematoden wurden bei Flöhen öfter
VIII. Sammeln, Konservieren und Erhalten der Flöhe in Sammlungen XIII. f. 55
als C est öden beobachtet, doch ist ihre Entwicklung in Flöhen nur wenig
erforscht.
Waterston beschrieb (1929) einen Vertreter der parasitischen Clialci-
didae, Bairamliafusci'pesWsit., der auf den Larven und Puppen des Orchopeas
wickhami Bak. schmarotzt.
Bis jetzt ist es der einzige
Fall des Schmarotzertums
von Insekten auf Flöhen.
Nach den Beobachtungen
von SiKES (1930) sticht
Bairamlia je ein Ei in einen
Kokon von 0. wickhami
ein, und die dem Ei ent-
schlüpfte Larve besaugt die
Abb. 57. Puijpe von Orchopeas wickhami Bak. mit
der Larve von Bairamlia fuscipes Water.st. —
(Nach SijCES.)
Pronymphe oder Puppe
(Abb. 57).
Auf erwachsenen Flö-
hen, besondersauf denNest-
flöhen, begegnet man oft
Larven, Hypopus-Formen
und Nym.phen der Milben,
doch sind diese keine
eigentlichen Parasiten der
Flöhe; sie benutzen Flöhe,
gleich anderen Insekten,
als Transportmittel für ihre
Ausbreitung (Abb. 58). Zu-
weilen haften sie an einem
Floh in solcher Menge, daß
sie ihn am Blutsaugen ver-
hindern. Überhaupt befinden sich in den Nestern der Säuger zusanmien
mit Flöhen verschiedene Milben in großer Anzahl, welche zum Teil Para-
siten, zum Teil Räuber sind. Die letzteren können wohl junge Flohlarven
vertilgen, aber die Hauptfeinde der Larven in Nestern der Säuger sind
kleine Arten der StafliyUnidae (Bytschkov).
Abb.
58. Hinterende von Citellophilus tesquoruni
Wagn. mit Milben. — (Orig.)
VIII. Sammeln, Konservieren nnd Erhalten der Flöhe
in Sammlungen
Da die Mehrzahl der Floharten sich hauptsächlich in Säuger- und Vogel-
nestern aufhält, so werden Flöhe zum Unterschied von anderen Ektoparasitcn
nicht nur auf ihren Wirten, sondern auch in Nestern (resp. Höhlen) der letzteren
gesammelt. Vogelfiöhe kommen mit Ausnahme einiger Arten, die sich an den
Wirten festhalten, sehr selten auf den Vögeln selbst vor, während sie in den
XIII. f. 56
Aphaniptera
B.
A.
0
Nestern oft in großen Mengen beobachtet werden. Dasselbe gilt auch für
viele Säugerflöhe. Obwohl das Ausgraben der Säugernester oft große
Schwierigkeiten bietet, führt es doch zu sehr gutem Erfolg.
Für das Herausnehmen der Flöhe aus Nestern sind zwecks Zeitersparnis
spezielle Vorrichtungen (Elektoren) vorgeschlagen worden, in welchen Flöhe
mittels Wärme, Licht oder Trocknung aus dem Nest herausgejagt werden;
z. B. zeigt Abb. 59 die Einrichtung eines Thermoelektors für die Heraus-
beförderung der Flöhe aus Nagernestern mittels Wärme. Auf die Fächer
der Abteilung A wird die Auspolsterung des Nestes gelegt; die Abteilung B
wird mit heißem Wasser gefüllt ; die Flöhe springen
von den Fächern herunter und fallen in das unter-
stellte Gefäß C mit seinen senkrechten Wänden.
Der Nachteil dieser und ähnlicher Apparate be-
steht darin, daß in der Auspolsterung der Nester
zusammen mit entwickelten Flöhen auch ihre
Larven leben, welche für den Sammler verloren
gehen.
Die Flohlarven können mühelos zu Imagines
erzogen werden. Zu diesem Zweck wird das Nest
in eine Schachtel oder ein Glas gelegt und von
Zeit zu Zeit, um die nötige Feuchtigkeit zu er-
halten, mit Wasser besprengt. Gewöhnlich finden
die Larven in der Auspolsterung des Nestes eine
für ihr Leben und ihre Metamorphose hinreichende
Nahrung. Sollte es anders sein, können als Nahrung
feine Holzsägespäne mit Zutat von getrocknetem
Blut- und Fleischpulver dienen. Die Züchtung
der Larven geschieht in Dunkelheit bei gewöhn-
licher Wohnzimmertemperatur.
Beim Einsammeln der Flöhe von gefangenen
kleinen Tieren muß mit dem Umstände gerechnet
werden, daß Flöhe sehr rasch die Leiche bei ihrem
Erkalten verlassen. Dasselbe findet statt, wenn Tiere in Gefangenschaft
gehalten werden. Daher findet man z. B. auf Tieren in den zoologischen
Gärten Europas nicht ihre eigenen Flöhe, sondern nur europäische Haus-
flöhe (gewöhnlich Ctenocephalides felis). Ist eine Untersuchung der Tiere
am Jagdplatz selbst unmöglich, so müssen für den Transport kleinerer Tiere
fest zugebundene Säckchen aus dichtem Zeug gebraucht werden. Die Säckchen
mit den Tieren muß man, ohne sie loszubinden, für eine gewisse Zeit in ein
Glas (resp. in eine Schachtel) legen, zusammen mit einem Stückchen Watte,
mit Schwefeläther, Choroform usw. angefeuchtet. Flöhe sind gegen Äther-
und Chloroformdämpfe sehr empfindlich; die meisten verlassen unter ihrer
Einwirkung die Behaarung des Wirtes noch vor dessen Tode, so daß man
auf diese Weise die Flöhe aufsammeln kann, ohne den Wirt zu töten.
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Abb. 59. Termoelektor.
Schema des Längs- und
Querschnittes. — (Nach
Wagner.)
VIII. Sammeln, Konservieren und Erhalten der Flöhe in Sammlungen XIII. f. 57
Da, wo Haiisflöhe in großen Mengen auftreten, lassen sich Flohfallen
anwenden, in denen Flöhe an der mit Fliegenleim (Kolophonium aufgelöst
in Rizinusöl) beschmierten Oberfläche haften bleiben. Die beistehende Abb. 00
stellt eine solche Falle dar, welche die Eingeborenen im südwestlichen China
anwenden, um sich gegen die riesigen Massen der Flöhe zu wehren. Diese
Fallen legen sie nicht nur in ihre Betten, sondern tragen sie auch imter ihrer
Bekleidung. Wie aus der Abbildung ersichtlich, besteht die Falle aus einem
Stück Bambusrohr mit eingeschnittenen Längsspalten, welche mittels eines
Holzringes erweitert sind. In das Eohr ist ein Stück Holz eingebracht, das
mit Fliegenleim bestrichen ist.
Sowohl von Tieren, als auch aus Nestern werden Flöhe mittels eines
kleinen mit Alkohol angefeuchteten Pinsels herausgenommen. Imagines
werden in gewöhnlichen Spiritus (80 bis 90") getan. Für die Bestimmung
der Arten (unter Mikroskop) ist in den meisten Fällen ein Aufhellen des
Objekts erforderlich. Für ein zeitweiliges Aufhellen werden Flöhe nach Ent-
wässerung durch starken Alkohol in Nelkenöl umgelegt. Nach der Bestim-
mung werden sie wieder in Spiritus gebracht.
Abb. GO. Chinesische Flohfalle. — (Nach Zaborowski.)
In Sanmilungen werden Flöhe in Form mikroskopischer Präparate er-
halten; doch ist es wichtig, außerdem über ein in Spiritus konserviertes
Material verfügen zu können, das in Dunkelheit aufbewahrt werden nniß,
damit es nicht ausbleicht. Bei der Anfertigmig ständiger mikroskopischer
Präparate sind Flöhe aus schwachem Spiritus in eine lO'^/o-Lösung von Atzkali
zu bringen, in der sie bei gewöhnlicher Wohnzimmertemperatur 1 bis 3 Tage
lang bleiben müssen, je nach der Intensität der Färbung des Chitins. Nach
der Bearbeitung mit Alkali wird das Objekt mit Wasser ausgewaschen und
allmählich entwässert. Da Reagentien nur schwer durch das Chitin durch-
dringen, miLß das Objekt in jedem Reagens mindestens einen Tag verbleiben.
Schließlich wird das Objekt über Nelkenöl oder Methylbenzoat in Canada-
balsam (resp. Danmiarlack) eingeschlossen. Bei der Anwendung von Nelkenöl
ist es ratsam, das Objekt gründlich mit Xylol abzuspülen, bevor es in den
Canadabalsam eingeschlossen wird. Wendet man anstatt des Öls direkt
Xylol an, dann nniß das Objekt gründlich entwässert sein. Eine mangel-
hafte Entwässerung oder eine ungenügende Bearbeitung mit Atzkali fülirt
oft dazu, daß das Objekt in Canadabalsam wieder undurchsichtig wird.
Will man die Weichteile erhalten, so kann man den in Alkohol, nach Carnov
oder BouiN fixierten Floh mit Diaphanol bleichen und dann, wie oben,
in Balsam einschließen.
XIII. f. 58
Aphaniptera
Flohlarven erleiden, wenn sie beim Sammeln direkt in Spiritus gebracht
werden, oft eine Deformierung. Darum ist jedenfalls eine Bearbeitung der
Larven mit irgendeinem Fixierungsmittel (z. B. mit der Flüssigkeit von
Van Leeuwen) ratsam.
IX. Praktische Bedeutung der Flöhe
1. Flöhe als Schmarotzer des Menschen und der Haustiere
Flöhe beunruhigen nicht nur mit ihren Bissen, sondern auch durch ihr
Herumwandern am Körper des Wirtes. Für den Menschen ist das Herum-
kriechen des Hundeflohes und des Katzen-
flohes lästig: es ist bekannt, daß es in Jäger-
häusern infolge der großen Mengen von
Hundeflöhen oft unmöglich ist zu schlafen.
Nach HiLGER (1899) bilden die Hundeflöhe
in Deutschland in öffentlichen Lokalen,
Theatersälen, Schulen, Krankenhäusern usw. ,
auch wenn der Eintritt von Hunden nicht
gestattet ist, die Mehrzahl der Flöhe^. In
Steppen Transbaikaliens erscheinen zur
Mähezeit derartige Massen sog. ,, Steppen-
flöhe", d. h. der Flöhe verschiedener Steppen-
nager, daß die Mäher an ihren Arbeits-
stellen nicht zu nächtigen imstande sind
(Jetmar)^.
Unter Bissen der Flöhe leiden besonders
Kinder, welche angebissene Stellen zer-
kratzen und beschmutzen, was oft zu Furun-
kulose führt. Es gibt in Britisch Kolumbia
und in den südlichen und westlichen Staaten
Nordamerikas Ortschaften, wo die Einhei-
mischen unter ungeheuren Mengen von
Menschenflöhen schwer leiden. Als Quelle
solcher Flohseuchen erscheinen dort nicht
selten Schweine; dieses wird, nach Spencer,
an solchen Stellen beobachtet, wo in der
Nähe der Schweineställe Holzsägespäne angehäuft sind. Solcher Beispiele
von Flohinvasionen gibt es viele.
In tropischen Gegenden Amerikas und Afrikas dringen die Weibchen
des Sandflohes {Tunga penetrans) in die Haut des Wirtes ein und rufen, wenn
Abb. 61. Menschliche Sohle, ver-
stümmelt von Tunga penetrans
L. — (Nach Gang y Alacio.)
1 Unter 2036 Exemplaren, welche Hilger im Laufe mehrerer Jahre in solchen
Lokalen in Deutschland gesammelt hat, gehörten 1071 der Gattung CtenocephaUdes an.
2 Solche Gegenden werden von den Arbeitern „Flohweiden" genannt.
IX. Praktische Bedeutung des Flohes
XIII. f. 59
ihr Abdomen aufschwillt, bekanntlich starkes Jucken imd Entzündung
der Haut hervor. Ein unvorsichtiges und ungeschicktes Entfernen des Flohes
aus der Haut führt oft genug zum Gangrän (Abb. 61)^.
Eine nicht mindere Bedeutung haben einige Flöhe als Schmarotzer
der Haustiere. So wütet die nach Nordamerika verschleppte EcJmwphaxja
gallinacea Westw. (Abb. G3) in den südlichen und südwestlichen Staaten
oft in großen Mengen auf Hühnern. Der Floh hält sich gewöhnlich an den
nackten Stellen des Kopfes (in der Nachbarschaft der Augen, auf dem Kamm,
an der Basis des Schnabels) fest (Abb. 62) und bedeckt sie oft schichtenweise.
Besonders leiden darunter die Küchlein; in einigen Farmen gingen mehr als
Abb. 6'2. Echidnophaga gallinacea Westw. an dem Kopfe eines jungen Hahnes. —
(Nach Photographie von Dr. Füi^leborn.)
80" /o der jungen Hühner daran zugrunde. Erwachsene Vögel wurden schwach,
verloren den Appetit, büßten ihr Gewicht ein rmd hörten mit dem Eierlegen
auf. In den Tälern des Tian-Schian tötet zur Winterzeit die Invasion der
Vermifsylla alacurt Schimk. (Abb. 72) Fohlen und junge Schafe, während
erwachsene Pferde selbst beim besten Futter rasch abmagern.
2. Übertragen von Bakteriosen durch Flöhe. Pest
Eine spezielle Bedeutung haben die Flöhe der Nager als Überträger einiger
Krankheiten, denen auch der Mensch zugänglich ist. Zu solchen Krankheiten
1 Daher haben einige Industrieunternehmen in Afrika in ilire Verträge mit An-
gestellten sogar einen Paragraphen eingeschlossen, laut dem die letzteren diese Ope-
ration selbst nicht ausführen dürfen, sondern sich an einheimische Spezialisten zu
wenden haben.
XIII. f. 60 Aphaniptera
gehört unter anderen z. B. die Tularämie, ein für die Menschen schweres
Leiden, welches an die Bubonenpest erinnert. Die Tularämie wird unter den
Nagern durch blutsaugende Insekten und Milben verbreitet. Unter Flöhen
haben eine diesbezügliche Bedeutung verschiedene Arten, je nachdem unter
welchen Nagern die Krankheit sich verbreitet. In Westeuropa wurde die
Tularämie auf Hasen (Böhmen) beobachtet, im europäischen Rußland auf
Arvicola arnfhibius, in Nordamerika auf Zieseln, Kaninchen, Microtus cali-
fornicus usw.
Eine der allerschwersten Bakteriosen, welche durch Flöhe verbreitet
werden, ist die echte Pest. Ihr Erreger, Bacterium festis, der 1894 vom Japaner
KiTASATO entdeckt und unmittelbar darauf selbständig von Yerson be-
schrieben wurde, ist ein Parasit der Nager und wird hauptsächlich durch
Ratten verbreitet. Die Beziehungen zwischen den Flöhen, den Nagern und
dem Menschen in der Pest sind komplizierter als in dem Falle der Tularämie.
Wenn die Pest in irgendeinem Gebiete aufkonmit, so erscheint sie zunächst
auf Ratten. Von einer Ratte auf die andere wird das Bacterium pestis von
verschiedenen Floharten übertragen. Der Pestepizootie unter Ratten folgt
die Pestepidemie unter Menschen. Die erkrankten Ratten gehen zugrmide,
haben aber gewöhnlich noch Zeit genug durch Vermittlmig der Flöhe die Pest
unter anderen wild lebenden Nagern der betreffenden Ortschaft zu verbreiten.
Diese Nager oder genauer, ihre Flöhe sind in den Ländern des gemäßigten
Klimas Träger des Pestvirus während der für die Pest ungünstigen Jahreszeit.
Von diesen Flöhen werden die Hausratten angesteckt usw. Auf diese Weise
verschwindet die Pest scheinbar und flammt periodisch wieder auf.
Die Pest ist nach Europa aus Asien gekonmien. Die erste einigermaßen
einwandfrei bestimmte Pestepidemie in Europa brach im 6. Jahrhundert
aus. Die furchtbare Epidemie von 1347 — 1350, welche den Namen des,, Schwar-
zen Todes" erhielt, hat ungefähr ein Viertel der ganzen Bevölkenmg Europas
vernichtet. Kein einziges europäisches Land war ihr entgangen. Vom Beginn
des 17. Jahrhunderts werden die Ausbrüche der Pestepidemie immer seltener,
scheinbar dank dem energischen Kampf gegen die Ratten auf den Schiffen,
welche aus Pestländern nach Europa kommen. Unter diesen Ländern gehört
die erste Stelle Indien, wo bis heute jährlich zehn und hunderte von Tau-
senden der Einheimischen ihr zum Opfer fallen. Nach Nordamerika ist die
Pest vor verhältnismäßig kurzer Zeit mit Ratten verschleppt worden. 1914
brach sie in New-Orleans aus; in San-Franzisko wanderte sie von Ratten auf
Ziesel über und erhielt sich in Kalifornien mehrere Jahre. Wie oben erwähnt, be-
standen in verschiedenen Ortschaften, wohin die Pest durch Ratten verschleppt
wurde, ständige endemische Herde des Pestvirus auf den lokalen Nagern.
Unter den Flöhen, welche die Pest verbreiten, gehört die erste Stelle der
Xenopsylla cheopis R. (Abb. 64), die den Beinamen des ,, Pestflohes" erhalten
hat. In vielen Städten des gemäßigten Klimas ist dieser tropische Floh zu
einem echten Hausfloh geworden. An und für sich ist, wenn keine Pestepidemie
vorhanden ist, dieser Floh für die Menschen natürlich nicht gefährlich.
IX. Praktische Bedeutung der Flöhe XIII. f. 61
Die Bedeutung dieser Flohart für die Übertragung der Pest von Ratten
auf den Menschen in Indien erhellt aus dem Vergleich der Verbreitung des
Pestflohes {X. cheojjis) mit derjenigen der ihm nahestehenden Art X. astia R.
In einigen Ortschaften Indiens finden sich diese beiden Arten gleich oft auf
Ratten, in anderen dominiert die eine oder die andere Art. Im allgemeinen
zieht X. cheofis kältere, X. astia dagegen wärmere und feuchtere Gegenden
vor. Dort, wo X. cheofis, welche Menschen besonders gern anfällt, vorherrscht,
sind Pesterkrankungen sehr häufig, wogegen in den Gegenden mit X. astia,
welche unter normalen Bedingungen den Menschen nicht anbeißt, diese Erkran-
kungen entweder selten sind oder überhaupt nicht vorkommen. Die Pest von
einem Tier auf das andere übertragen können sehr verschiedene Floharten,
die auf Nagern vorkommen, darunter auch der Menschenfloh {P. irritans).
Bakterium 'pestis stirbt, wenn es in den Magen des Flohes geraten ist,
nicht nur nicht ab, sondern pflanzt sich dort fort. Der Aufenthalt des Bac-
terium im Flohmagen hat, wie es scheint, auf denselben gar keinen Einfluß.
Die Beobachtungen der Indischen Kommission haben festgestellt, daß die
Dauer der Erhaltung der Bakterien im Körper des Flohes von der Temperatur
abhängt: bei niedriger Temperatur erhält sich die Lebensfähigkeit der Bak-
terien länger. Im allgemeinen konnte die Kommission feststellen, daß 4 Tage
nach der Infektion der Flöhe mit Bakterien nur 50 "/^ der Flöhe Bakterien
enthielten, nach 6 Tagen nur 15° /q, nach 12 Tagen nur noch 9'^/o. Doch
diesen Data widersprechen die Beobachtmigen über Zieselflöhe ^ im südöst-
lichen Rußland von Golow imd Ioff, wonach sich das Pestbakterium im
Flohdarme bis zum Tode des Flohes hält imd seine Virulenz nicht einbüßt.
Im Flohdarm sich fortpflanzend füllen die Bakterien bald den Proventri-
culus dermaßen aus, daß sie den Durchgang in den Magen verstopfen. Ein
solcher Floh ist nicht mehr imstande, Blut zu saugen und bei seinen krampf-
haften Versuchen, es dennoch zu tun, wird das Blut aus der Speiseröhre
wieder ausgestoßen. In dem ausgestoßenen Blut wurden Pestbakterien ge-
fimden, die auf diese Weise in die Haut des Wirtes gelangen und diesen so
anstecken (Bacot and Martin, 1914). Die Pestbakterien sind auch in den
Exkrementen der mit Pest infizierten Flöhe enthalten und können von der
Haut des Wirtes aus beim Kratzen in die angebissene Stelle geraten, doch
scheint der erste Weg für das Eindringen der Mikroben der richtigere zu sein.
Nach den Experimenten von Golow und Ioff (1927) sind die mit der
Pest infizierten Flöhe selbst nach 5 Monate dauerndem Hungern (bei der
Temperatur 0 bis 15") noch virulent. Es wurde auch beobachtet, daß Pest-
bakterien im Körjier der Flöhe, wenn die letzteren ernährt \\-urden, während
eines ganzen Jahres lebensfähig blieben (358 Tage). Da Flöhe, wie oben
erwähnt, während des Winterschlafes des AVirtes sich mit seinem Bhit sehr
wohl ernähren können, so können sie, wenn die Winterschlafzeit ihr Ende
genommen hat, einen neuen Ausbruch der Epizootie verursachen.
1 Cüellophilus tesquorum Wagn., Neopsylla seiosa Wagn., Clenophlhdlmus brc-
viatvs Wagn. & Ioff u. a. m.
XIII. f. 62 Aphaniptera
X. Systematik
1. Allgemeines über die systematischen Merkmale der Aiyhaniptera
Obgleich bis heute (1938) im ganzen nur 925 Arten i von ÄfJianiptera
bekannt sind, zeigt die Gruppe eine weitgehende Aufgliederung. Dies erklärt
sich dadurch, daß die stanunesgeschichtliche Entwicklung und Verbreitung
der Flöhe über den Erdball der Entwicklung und Verbreitung der Säugetiere
parallel verlief. Unter den jetzt existierenden Ordnungen der Säuger besitzen
10 ihre eigenen Flohgruppen als Schmarotzer. Kein Wunder, daß die Aflia-
niftera in eine bedeutendere Anzahl von Familien und Unterfamilien zerfallen,
und zwar in kleinere, als das bei vielen anderen Insektenordnungen der Fall
ist. Auf Grund zweier Merkmale können jedoch diese Familien in drei Gruppen
zusammengefaßt werden, die den drei Hauptzweigen des Aphanipteren-
stammbaumes entsprechen, und zwar nach dem inneren Chitinauswuchs
am Metasternum (Abb. 19, 92, 95, fr) und nach dem Entwicklungsgrad der
interantennalen Furche. Die eine Gruppe besitzt keinen Metasternumchitin-
auswuchs und der Kopf ist gewöhnlich ein Caput integrum, oft mit einer
interantennalen Chitinverdickung, selten ein Caput semifractum. Die Apikal-
chitinzähnchen an den Abdominaltergiten sind meistenteils nicht vorhanden
(oder schwach entwickelt). Dieser Gruppe gehören Flöhe an, deren Körper
im Durchschnitt kürzer ist und gewöhnlich weniger von den Seiten zusammen-
gepreßt. Außer den zwei umfangreichen Familien, Pulicidae und Malaco'psyl-
lidae (in sensu lato, s. weiter unten) gehören dieser Gruppe auch noch vier
kleinere an, welche in ihrer Entwicklung seitwärts abgewichen sind. Die
ganze Gruppe könnte Pulex- oder Xenofsylla-fönmge Flöhe benannt werden.
Die zwei anderen Gruppen, die Ctenopsyllus -fönmgen und die Ceratophyllus-
förmigen Flöhe sind einförmiger. Der Chitinauswuchs des Metasternum
ist bei ihnen in der Regel gut entwickelt, der Körper mehr langgezogen und
von den Seiten stärker zusammengedrängt. Die Apikalzähnchen an den
Tergiten sind fast inmier vorhanden. Was den Kopf betrifft, so besitzen die
einen Vertreter ein typisches Caput fractum und sehr selten semifractum,
die anderen entweder ein Caput integrum oder ein Caput semifractum. Den
ersteren gehört die große Familie Ctenopsyllidae und zwei kleinere, Ste/phano-
circidae und Ischnopsyllidae an, welche sich gut voneinander unterscheiden
lassen; den letzteren nur eine Familie, Ceratophyllidae.
Der bedeutende Unterschied zwischen den Klassifikationen der Apha-
niptera, welche von verschiedenen Forschern (Baker, Oudemans, Ewing,
Wagner u. a. m.) vorgeschlagen sind, erklärt sich durch die verschiedene
Bewertung der systematischen Merkmale. So betrachten z. B. Baker und
teilweise Oudemans die Beborstung der Schienen und die Entwicklung
der Ktenidien als Familicnmerkmale, während Wagner sie nur als Gattungs-
merkmale annimmt. Einige Entomologen (Handlirsch, Martini) halten,
^ In Wirklichkeit muß diese Zahl wenigstens 2000 sein, da riesige Gebiete noch
unerforscht sind und wir aus diesen keine Flohsammlungen besitzen.
X. Systematik XIII. f. 63
in Anbetracht der großen Gleichförmigkeit der Organisation der Flöhe, eine
Einteilung der Afhaniftera in Familien überhaupt für unmöglich; doch
teilen auch sie die Flöhe in eine Reihe von Unterfamilien ein. So nahm z. B.
Handlirsch fünf Unterfamilien an, welche den Gruppen, die Oudemans
Familien nannte, entsprechen. Denmach gipfelt hier die Frage im Maßstabe
für taxo nomische Einheiten.
Die große Schwierigkeit der Klassifikation der Flöhe besteht darin,
daß die einzelnen systematischen Merkmale wenig stabil sind, und es viele
Übergangsformen gibt, welche die Grenzen zwischen den systematischen
Gruppen unscharf machen. Daher ist für die Charakteristik der Familien,
wie Jordan betreffs der Familie Pulicidae angegeben hatte, nicht das einzelne
Merkmal, sondern die Kombination der Merkmale von Wichtigkeit. Der
stereotype Charakter der Organisation der Flöhe ist durch die große Ähn-
lichkeit ihrer Lebensweise, der Nahnmgs- und Fortpflanzungsbedingimgen
usw. bestimmt. Daher sind für ihre Einteilung in Familien nicht diejenigen
Merkmale wichtig, welche von diesen Bedingungen abhängen, sondern die,
welche mit diesen Bedingungen nicht in Zusammenhang stehen. Zu solchen
Merkmalen gehören die Gonopoden und die inneren Begattungsorgane, das
Entoskelet, die Thorakalsklerite, die Beborstung der Innenseite der Koxen,
die Cerci und einige andere weniger allgemeine Merkmale.
2. Übersicht der Familien und ihre Einteilung
1. Fam. Pulicidae (Stephens 1829)
Der Umfang der Familie Pulicidae wird von verschiedenen Verfassern
sehr verschieden aufgefaßt. Jordan (1926) schloß in dieselbe außer den
typischen Vertretern auch noch die Gattungen Hectofsylla und Tunga ( = Der-
matofhilus) ein, welche jedoch auf Grund der in ihrer Organisation durch
Parasitismus hervorgerufenen tiefen Veränderungen im ferneren als eine
selbständige Familie betrachtet werden sollen.
Der Kopf hat keine interantennale Furche, ist aber gewöhnlich mit einer
interantennalen Chitinverdickung versehen. Ist ein Stirnzähnchen vorhanden,
dann ist es Protectum inversum. Der vordere Teil des Tcntoriimi fehlt.
Die Antennengruben sind verdeckt. Die gegliederte Antennenkeule ist beim
(^ und bemi $ gleich oder fast gleich und kurz. Der pigmentierte Teil des
Auges (Augenkapsel) hat keinen Ausschnitt. Die Augenreihe besteht mit
sehr seltenen Ausnahmen, aus 2 Borsten. Der Ausschnitt an den Propleuren
für das Halssklerit, wenn ein solches vorhanden ist, ist nach oben gerichtet.
Das zweite Thorakalstigma steht offen oder ist nur unvollkonmien vom
Mesopleuralcollare verdeckt. Der Vorderrand des Metastermuu hat keinen
inneren Chitinauswuchs. Dem Collare des Mesonotum fehlen Pseudochaeton.
Der Vorderrand des ,,Metepimerum" verläuft vertikal. Die Abdomiiial-
tergite sind ohne Ktenidien und ohne Apikalzähnchen. Das 2. Abdomiiial-
tergit trägt eine Borstenreihe. Bei beiden Geschlechtern, mit Ausnahme
XIII. f. 64
Aphaniptera
der Gattung Delopsylla, findet sich nur 1 Antepygidialborste. Die äui3ere
Chitinrippe an den mittleren Koxen fehlt. Die Innenseite der Hinterkoxen
ist mit Dörnchen besetzt. Die Hintertibien haben keinen äußeren dreieckigen
Apikalvorsprung. Dem 5. Glied der Tarsen fehlen basale Plantarborsten.
$ mit Cerci und 1 Recept. semin. Gonopoden mit zwei beweglichen Fingern.
Die Pulicidae sind in allen Ländern der Welt außer Südamerika, verbreitet.
In Südamerika finden wir von dieser Familie nur einige verschleppte Kos-
mopoliten und noch zwei oder drei Arten, die dorthin zweifellos unlängst
vom Norden her gekommen sind.
1. Subfam. Pulicinae (Tiraboschi 1904, = Tribus Pulicicae Jordan 1926)
Asymmetrische Antennenkeule (d.h. 1 bis 3 Basalglieder an einer Seite
blattförmig erweitert). Mesopleuren ohne stabförmiges Entoskelet. Keine
Ktenidien.
Abb. 63. Echidnophaga galUnacea Westw. ^. — (Oriej.)
Tribus Echidnophagtni (Wagner, == Farn. Echidnophagidae Oudemans 1909,
= Subfam. Echidnophaginae Handlirsch 1925). Alle Glieder der Antennenkeule sind
an ihrer unteren Seite verwachsen. Halssklerite nicht vorhanden. Die Dörnchen der
Hinterkoxen bilden eine Gruppe mit mehreren unregelmäßigen Reilien. Krallen mei-
stenteils ohne Basalzähnchen, in der Regel glatt.
X. Systematik XIII. f. 65
Gattung: Echidnophaga Ollif 1886 (Abb. 63), die nach der Beborstnng der Tarsen
und nach der Form des Kopfes mindestens in drei verschiedene G-attungen eingeteilt
werden muß.
Die Arten leben vorzugsweise in tropischen und subtropischen Ländern auf sehr
verschiedenen Säugern {E. gallinacea Westw. auch auf Vögeln).
Tribus Pulicini (Beier 1937, partim). Halssklerite sind vorhanden, doch mehr
oder weniger rudimentär. Die Dörnchen der Hinterkoxen bilden eine oder zwei unregel-
mäßige Reihen. Das 5. Glied der Tarsen mit 4, selten 5 Paaren Lateralborsten. Krallen
mit einem Basalzahn, meistenteils gekerbt.
Gattungen: Juxtapulex Wagn. 1933, Fulex L. (Abb. 1), Moeopsylla Roths. 1908
und Delopsylla Jord. 1926.
Bemerkungen über den Ursprung des Menschenflohs (Pulez). Wie es scheint,
hat der Mensch seinen Floh von irgend welchen Raubtieren erhalten, denn stellenweise
lebt dieser Floh auch in der Gegenwart auf Raubtieren als ihr steter Parasit — z. B.
in England und der Krim — auf Meles meles. Im westlichen Kasakstan erwiesen sich
mehrere tausende Flöhe, die von Meles gesammelt waren, fast ausschließlich als Pulex
irritans. Im Südosten des europäischen Rußlands und im Kaukasus bildet der Menschen-
floh mehr als 80% der an Putorius eversmanni aufgesammelten Flöhe. In der Umgegend
von San-Francisco ist Pulex irritans ein steter Schmarotzer des Mephitis occidentalis
usw. Das Schmarotzen auf dem Menschen hat Pulex irritans zum ,, Hausfloh" ge-
macht, doch in wärmeren Ländern kommt er stets auf verschiedenen wild lebenden
Säugern vor und seine Fortpflanzung ist nicht durch das Leben auf Mensehen bedingt.
Daher liegt die Annahme nah, daß das ursprüngliche Vaterland dieses Flohs nicht
Europa, sondern wärmere Länder sind, wahrscheinlich Afrika.
i*"-
'^
i''.
%
/
Abb. 6-4. Xenopsylla cheopis R. (^. — (Nach Jukdan a. Hothschild.)
Bronns Klassen des ierreicha. V. 3. XIII. Buch. Wagner. XIII. f. 5
XIII. f. 66
Aphaniptera
2. Subfam. Xenofsyllinae (Wagner, = Spilopsyllinae Jordan 1926,
partim)
Die Subfam. Xeno'psyllinae umfaßt jene Spilopsyllinae von Joedan,
welcbe eine asymmetrische Antennenkeule besitzen. Wie bei der nächst-
folgenden Subfamilie haben ihre Mesopleuren ein gewöhnliches stabförmiges
Entoskelet und die Dörnchen der Hinterkoxen bilden eine Reihe.
Tirbus Xenopsyllini (Wagner = Xenopsyllicae Jordan 1926). Die interanten-
nale Cliitinverdickung fehlt oder ist rudimentär. Kopf und Pronotum ohne Ktenidien.
Gattungen: Parapulex Wagn. 1910, Pariodontis J. & R. 1908, Xenopsylla
Glink. 1907 (Abb. 64), Rooseveltiella Fox 1914, Alaopsylla Jord. 1933, Procaviopsylla
Jord. 1925, Synosternus Jord. 1925, Synopsyllus Wagn. & Roub. 1932.
Tribus Archaeopsyllini (Handlirsch 1925, = Archaeopsyllicae Jord. 1926).
Die interantennale Chitinverdickung ist stark entwickelt. Von dem unteren Teil der
Stirn zweigt sich eine deutliche Chitinisierung der Craniutawände ab. Kopf und Prono-
tum mit Ktenidien.
Gattungen: ArcJiaeopsylla Dampf 1908, Ctenocephalides St. & Coli. 1930 (Abb.
65 u. 66), Aphropsylla Jord. 1932, Centetipsylla Jord. 1925, Nesolagobius J. & R. 1922.
Abb. 65. Ctenocephalides canis Curt. 9.
Kopf. — (Nach Wagneb.)
Abb. 66. Ctenocephalides felis Bouch.
$. Kopf. — (Nach Wagner.)
Alle Xenopsyllinae leben in der alten Welt und ihre Mehrzahl gehört dem äthio-
pischen Gebiet an.
Bemerkungen über die Herkunft des Hundeflohs. Die afrikanische Herkunft des
Katzenflohs unterliegt keinem Zweifel, da die Hauskatze von der nubischen Katze
(Felis ocreata) abstammt. Was den Hundefloh betrifft, so nimmt Jordan an, daß der
europäische Wolf sein ursprünglicher Wirt gewesen sein muß, — doch kommt Cteno-
cephalides canis auf den europäischen Wölfen nicht als steter Parasit, sondern nur zu-
fällig, vor. Außerdem war, nach fossilen Resten zu urteilen, der allernächste Ahne des
Haushundes nicht Canis lupus, sondern irgendeine Canis-Avt aus dem südöstlichen
Asien. Es wäre richtiger anzunehmen, daß der Hundefloh auch afrikanisches Ursprungs
sei, um so mehr als eine Rasse des Katzenflohs, Ct. felis stro7igylus Jord., die eine Über-
gangsform zwischen Ct. felis und Ct. canis darstellt, im tropischen Afrika auf sehr ver-
schiedenen Wirten weit verbreitet ist. In Gegenden, wo Ct. canis nicht vorkommt, wie
z. B. in den Sandsteppen der kirgisischen Nomaden, ist er auf Hunden durch Ct. felis
ersetzt. Fälle, wo der Hundefloh den Katzenfloh ersetzt, sind unbekannt. Für die afri-
kanische Herkunft des Hundeflohs spricht auch noch der Umstand, daß die übrigen
Ctenocephalides- Avten im tropischen iind südlichen Afrika leben (eine Art in Arabien).
Ihre Wirte sind vorzugsweise Carnivora.
X. Systematik XIII. f. 67
3. Subfam. Spilofsyllinae (Oudemans 1909, = Spilopsyllicae Jordan
1926)
Die Antennenkeule ist symmetrisch. Die Antemiengruben sind durch
eine interantennale Chitinverdickung verbunden.
Die Spilofsyllvmie bilden eine kleine gut begrenzte Flohgruppe, die sich
auf Leforidae {Lefus, Sylvilagus, Oryctolagus) entwickelte. Zwei Arten,
welche auf Vögeln leben und die Tribus Ornithofsyllini bilden, haben sich
offenbar später abgesondert, die eine auf Pnffinus anglorum (Scilly Islands),
die andere auf Ptychorhamphus (Zentr. Amerika); es sind monozoide
Parasiten. Die eine Art von Spilopsyllinae ist auf Ziesel hinübergewandert,
während alle anderen ihre ursprünglichen Wirte, Leporidae, beibehalten haben.
Tribus Spilopsyllini (Beier 1937, partim). Schmarotzen auf Säugern. Prono-
tum mit Ktenidium.
Gattungen: Spilopsyllus Bak. 1905, Hoplopsyllus Bak. 1905, Cediopsylla Jord.
1925.
Tribus Ornithopsyllini (Wagner). Schmarotzen auf Vögeln. Pronotum ohne
Ktenidium.
Gattungen; Ornithopsylla Roths. 1908, Actenopsylla J. & R. 1923.
2. Fam. Sarcopsyllklae (Taschonberg 1880, Hectopsifllidae
Oudemans 1909, = Tribus Sarcopsyllicae Jordan 1926)
Dieser Familie gehören Flöhe an, deren Organisation im Zusammenhang
mit dem Parasitismus stark verändert und vereinfacht ist (Abb. 67). Sie
haben seßhafte oder halbseßhafte Lebensweise. Dementsprechend sind die
Mandibeln massiv, mit sehr groben Zähnchen, die Beborstung des Körpers
ist bedeutend atrophiert, die Antepygidialborsten fehlen, die Hinterkoxen
sind verhältnißmäßig kurz und schwach, der Thorax ist reduziert und kürzer
als das erste Abdominaltergit.
Kopf ohne interantennale Chitinverdickung und ohne Trabecula centralis.
Antenriengruben berühren sich nicht innerhalb des Kopfes. Der Vorderteil
des Tentorium nicht entwickelt. Augen mit einem Ausschnitt in dem pig-
mentierten Teil oder fehlend. In dem vorderen Teil des Kopfes keine ,,augen-
förmigen" Organe. Wangen mit einem großen dreieckigen ventralen Lappen.
Alle Glieder der ellipsoidförmigen Antennenkeule vollkommen verschmolzen.
Im Zusammenhang mit der Verkürzung des Thorax fehlen die Halssklerite,
wie auch das stabförmige Entoskelet der Mesopleuren. Am Metasternum
findet sich außer der dem Ventralrand entlang laufenden Chitinverdickung
noch eine diagonale Chitinisation, die an dem vorderen Ventralwinkel beginnt.
Wie bei den Pidicidae hat der Vorderrand des Mctastermim keinen inneren
Chitinauswuchs mid der Vorderrand des ,,Metepimerum" läuft vertikal
nach oben. Der Körper ohne Ktenidien. Keine Apikalzähnchen an den
Abdominaltergitcn. Keine Dörnchen an der Innenfläche der Hinterkoxen.
Krallen glatt, nicht gekerbt. Bei Weibchen keine Cerci; das Abdomen
schwillt bei Keifmig der Eier stark an. Ein Ilecept. seminis.
XIII. f. 5*
Xm. f. 68
Aphaniptera
Gegen die Zusammenfassung der Sarco'psyllidae mit den Pulicidae in
eine Familie spricht die Abwesenheit der Cerci, die ungegliederte Antennen-
keule und das Fehlen der Dörnchen an den hinteren Koxen.
Abb. 67. Tunga penetrans L. Junges Weibchen. — (Orig.)
Abb. 68. Tunga pendii'i- L. I' in Weibchen,
nachdem es mehrere Tage in der Haut ge-
nistet hatte. — (Nach Kaksten.)
1. Subfam. Tunginae (seu Der-
matofhilinae^ = Sarcopsyllinae
Wagner 1927, partim)
Die Weibchen dringen voll-
kommen in die Haut des Wirtes
ein. Beim Reifen der Eier schwillt
ihr Abdomen ungeheuer an, die
Sklerite des ersten Segments bleiben
dabei in Verbindung mit dem Thorax,
und alle übrigen werden nach hinten
verschoben und verschmelzen mehr
oder weniger miteinander (Abb. 68).
^ Bis jetzt bleibt für uns nicht klar, ob es richtig ist den Gattungsname „Tunga"'
(Jarocki 1838) anstatt „Dermatophüus"' (Guerin 1838, nach Karsten sogar 1836)
anzuwenden.
X. Systematik
XIII. f. 69
Im Zusammenliang damit sind bei Weibchen die vorderen Abdominalstigmata
(das Epimeralstigma nicht mitgerechnet) unentwickelt, während die vier
hinteren abnorm groß
sind (Abb. 67). Während
des Aufenthalts des
Weibchens in der Haut
atrophieren die Hinter-
und Mittelbeine mehr
oder weniger, mit den
Tarsen angefangen. Die
Stirn ragt in Form einer
konischen scharfen Ecke
hervor, welche nach vorn
und nach oben gerich-
tet ist. Antennengruben
nicht verdeckt. Anten-
nenkeule mit 6 Sinnes-
organen. Mesonotum in
der Rückengegend dem
Metanotum eng anlie-
gend und mit dem letzteren verwachsen. Die vordere obere Ecke der
Mesopleuren mehr oder weniger abgerundet. Gonopoden nur mit einem
beweglichen Finger, der zweite Finger mit dem Körper der Gonopode ver-
schmolzen (Abb. 69).
Die einzige Gattung Tunga Jarocky 1838 (= Dermatophilus Guer. 1838), der
,, Sandfloh", lebt an sehr verschiedenen Säugern.
2. Subfam. Hectopsyllinae (Wagner 1927 = Farn. HectopsylUdae Baker
1905, Wagner 1936)
Die Flöhe dringen nicht in die Haut des Wirtes ein. Abdoniinalstigmata
bei beiden Geschlechtern normal entwickelt. Anstatt des Stirnzähnchens ist
das Chitin neben dem Mundrand im Inneren bedeutend verdickt. Antennen-
gruben in verschiedenem Grade verdeckt. Antennenkeule mit 7 Sinnesorganen.
Die vordere obere Ecke der Mesopleuren scharf.
Gattungen: Bkynchopsylla Hall. 1880, Hectopsylla Frauenf. 1860.
Rhynchopsylla lebt auf Fledermäusen, Hect. psiUaci Fr. auf Vögeln, die übrigen
Arten auf Säugern.
Abb. (59. Tunga penetrans L. (^.
(Orig.)
Hinterleibsende.
3. Fam. MalacopsiflUdac (Baker 1905, partim, Wagner 1936)
Malacopsyllidae liabeu mit der Familie Pulicidae einige gemeinsame
Merlanale. Wie bei den Pulicidae, besitzt bei ihnen die Stirn ein Protectum
inversum, der Kopf ist ein Caput integrum, gewöhnlich mit der interanten-
nalen Chitinverdickung, dem Metasternum fehlt ein innerer Chitinauswuchs,
von den Antepygidialborsten ist bei beiden Geschlechtern nur eine volLkom-
XIII. f. 70
Aphaniptera
men entwickelt, das 5. Glied der Tarsen hat keine basale Plantarborsten,
in der Eegel sind 4 Paar Lateralborsten vorhanden. Zum Unterschied von
Pulicidae besitzen jedoch die Gonopoden nur einen beweglichen Finger,
der Vorderrand^'des ,,Metepimeruni" verläuft nicht vertikal, die Antennen-
gruben sind nicht verdeckt und die Hinterkoxen ohne Dörnchen. Die Hals-
sklerite sind schwach entwickelt oder rudimentär und der Ausschnitt für
dieselben an den Propleuren ist entweder seicht oder fehlt ganz. Pronotum
und Kopf ohne Ktenidien.
1. Subfam. Rhopalo'psyllinae (Oudemans 1909)
Stirnzähnchen (Protectum inversum) in Tuber frontale eingesenkt
(Abb. 70). Die Antennenkeule ist, wie bei Pulicinae und Xenopsyllinae,
asymmetrisch. Hinter dem
-co/.
1"
Auge ist die Antennengrube
etwas verdeckt. Bei den Weib-
chen stehen am Hinterrande
der Antennengrube keine Här-
chen, bei den Männchen ist
an ihrer Stelle ein Kamm
aus kurzen Dörnchen vorhan-
den. Frontal- und Scheitel-
borstenreihen sind gut ent-
wickelt, dem Collare des Me-
sonotum fehlen Pseudochae-
ten. In der Regel ist der
Apikairand des Metanotum
und zuweilen auch des 1. Ab-
dominaltergits mit kleinen,
stumpfen, festonförmigen
Zähnchen ausgerüstet. Meta-
sternum mit einer diagonalen
Chitinisation, einige der Abdominaltergite mit Apikalzähnchen, das 2. Ab-
dominaltergit mit 2 Borstenreihen. Außer der gewöhnlichen Antepygidial-
borste am 7. Tergit ist noch eine ähnliche, doch viel schwächere, an dem
8. Tergit vorhanden.
Gattung: Mhopalopsyllus Bak. 1906^.
Die Rhopalopsyllinae leben fast auschließlich in Südamerika auf verschiedenen
Säugern, vorzugsweise auf Nagern.
2. Subfam. Parafsyllinae (Wagner)
Antennenkeule symmetrisch. Bei Weibchen der Hinterrand der Antemien-
grube mit Härchen. In der Regel keine Frontalborstenreihe. Scheitelborsten-
^ Nach dem scharfen Unterschiede im Bau des Receptac. seniinis zu urteilen,
muß diese große Gattung in eine Anzahl kleinerer eingeteilt werden.
Abb. 70.
Rhopalopsyllus atopus J.-^.
- (Orig.)
9. Kopf.
X. Systematik XIII. f. 71
reihen unvollständig. Collare des Mesonotum mit zarten Pseudochaeten.
Metasternum ohne diagonale Chitinisation. Abdominaltergiten besitzen
meistenteils keine Apikalzähnchen. Manchmal am 1. Tergit festonförmige
Zähnchen. Weibchen oft mit einem selbständigen 9. Tergit, das manchmal
mit einigen Borsten versehen ist.
Grattungen: Tetrapsyllus Jord. 1931, Parapsyllus Enderl. 1903.
Die Arten leben vorzugsweise auf Nagern, vier Arten sind aber von Seevögeln
beschrieben.
3. Subfam. Malacopsyllinae (Wagner, = Farn. Malacopsyllidae Baker
1905)
Malacopsyllinae sind bedeutend spezialisierte Flöhe, welche eine halb-
seßhafte Lebensweise haben. Um sich am Körper des Wirtes festzuhalten,
bedienen sich Malacofsyllinae scheinbar nicht der Mandibeln, die verhältnis-
mäßig schwach gezähnt sind, sondern der eigentümlich entwickelten Tarsen.
Das Chitin des Kopfes und der Brust sehr grob. Kopf mit einer scharfen,
doch nicht tiefen, inneren interantennalen Chitin Verdickung. Stirn abgerundet,
ohne Zähnchen oder mit einem Höcker. Der Unterrand des Kopfes, vom
Auge angefangen, stark pigmentiert, mit einem großen ventralen Vorsprung
(Lappen). Scheitelborstenreihen fehlen oder sind nur durch eine Borste
dargestellt. Abdominaltergite haben keine Apikalzähnchen. 2. Abdominal-
tergit mit einer Borstenreihe. 5. Tarsenglied massiv, mit sehr groben Lateral-
borsten. Krallen abnorm groß.
Gattungen: Malacofsylla Weyenb. 1880, Phthiropsylla Wagn. 1939^.
Die Arten leben in Südamerika, speziell auf Gürteltieren (Dasypodidae) .
4. Fam. Coptopsyllidae (Wagner 1936)
Am unteren Teil der Stirn, in der Nähe des Mundwinkels, befindet sich
ein massiver Chitinkegel, welcher nach oben gerichtet ist, aber nach außen
nicht hinausragt (Abb. 71, fi). Dieser Apparat entspricht dem Protectum
inversima. Oberhalb desselben ist die Stirn abschüssig. Die interantennale Chitin-
verdickung fehlt, doch ist eine schwache Spur derselben bei den Weibchen
einer Gattung (Neocoptopsylla) beobachtet worden. Das große Auge besteht
aus einer oberen (äußeren) und einer unteren (inneren) Hälfte. Unterhalb
des Auges findet sich ein Wangenlappen mit einer ventralen Erweiterung.
Der vordere Teil des Tentorium (vt) ist gut entwickelt, die AntennenkeuJe
ist bei beiden Geschlechtern verlängert, beim Männchen tannenzapfenförmig.
Die Antennengruben berühren sich im Iimern des Kopfes nicht und haben keine
Trabecula centralis. An ihrem Hinterrande sitzt bei den Männchen ein Kamm
aus Dörnchen. Die Scheitelborstenreihen sind reduziert; der Kopf ist nur
wenig kürzer oder nicht kürzer als der Thorax. Am Kopf und Körper sind keine
Ktenidien vorhanden, auch fehlen den Tergiten die Apikalzähnchen. Pseudo-
1 Gattungstypus: Malacopsylla agenoris Roths. 1904.
XIII. f. 72
Aphaniptera
chaeten des Mesonotiim sind nicht entwickelt oder sehr zart. Das Meso-
notum hat keinen inneren Chitinauswuchs. Das 2. Abdominaltergit trägt
eine Borstenreihe, den
Hinterkoxen fehlen
Dörnchen. Zwei gleich
entwickelte Receptacula
seminis sind vorhanden.
Gattungen : Copto-
psijlla J. & R. 1908, Neo-
coptopsylla Wagn. 1932.
Eine unbedeutende
Flohgruppe, welche dieser
Familie angehört, lebt in
Mittelasien und in Nord-
afrika auf Oerbillinae.
Einigen Merkmalen nach
erinnern die Coptopsyllidae
sehr an die Familie Ma-
lacopsyllidae, doch spricht
gegen die Vereinigung
beider Gruppen in eine
Familie nicht nur das Vor-
kommen zweier Recept.
sem. bei den Coptopsylli-
dae, sondern auch ihre geo-
graphische Verbreitung.
Abb. 71.
Coptopsyllu lamellifer Wagn.
(Orig.)
Kopf.
5. Farn. VertnipsylUdae (Wagner 1889)
Kopf ohne interantennale Verdickung. Stirn ohne Zähnchen, oft mit
einem hervorragenden Höcker oder einer Verdickung an Stelle des letzteren.
Abb. 72. Vermipsylla alacurt Wagn. ^. — (Orig.)
Vorderteil des Tentorium entwickelt. Die Antennengruben berühren sich
im Inneren des Kopfes nicht. Auge mit einem Ausschnitt in dem inneren
pigmentierten Teil. Hinterrandborstenreihe des Kopfes hat oft keine einge-
schalteten Härchen. Am Kopf und Körper weder Ktenidien, noch apikale
X. Systematik
XIII. f. 73
Tergitenzähnchen vorhanden. Collare des Mesonotum hat gut entwickelte
Pseudochaeten. Metastemum ohne inneren Chitinauswuchs. Metanotmn
länger als Mesonotum. Der obere Rand des ,,Metepimenun" horizontal
verlaufend, etwas konvex. 2. Abdominaltergit mit 2 oder mehreren Borsten-
reihen. Keine Antepygidialborsten. Die hinteren Femora in ihrem proximalen
Abschnitt nicht erweitert. Bei den Weibchen keine Cerci und nur ein Re-
cept. sem.
Gattungen: Chaetopsylla Koh. 1903, Arctopsylla Wagn. 1930, Vermipsylla Schimk.
1885 (Abb. 72).
Vermipsyllidae leben im paläarktischen Gebiet auf Carnivora {Ursus, Hyaena,
Canis, Vulpes, Mustela, Meles, Procyon) und einige (Vermipsylla) auf Ungulata. Wie
ihrer Organisation nach, so auch nach ihren Wirten bilden sie eine gut abgesonderte
Gruppe. Während der Reifung der Eier bei Weibchen, besonders bei Vermipsylla, werden
die Abdominalsklerite weit voneinder geschoben (Abb. 72).
6. Farn. Lycopsijllidae (Baker 1905)
Diese Familie zeichnet sich durch einen sehr interessanten Komplex
von Merkmalen gemischten Charakters aus: Caput integrum, Stirn abge-
rundet, mit gewöhnlichem Protectum, ohne Tuber frontale (Abb. 73); ober-
halb des Protectum nur 1 Paar
,,augenförmiger" Organe; ein 2. Paar
sitzt unterhalb des Protectum. An-
tennengruben berühren sich im
Innern des Kopfes. Hinter dem
Auge hat der Vorderrand der An-
tennengrube einen plattenförmigen
Vorsprung, welcher die Antennen-
keule teilweise verdeckt (Abb. 73).
Wangen zu einem großen Ventral-
winkel erweitert, mit einem ein-
gebogenen hinteren Rande. Der
vordere Teil des Tentorimn fehlt.
Maxillen schmal. Die Hinterrand-
borstenreihe des Kopfes mid die
Hauptborstenreihen an den Abdo-
minaltergiten ohne eingeschaltene
Härchen. Kopf undKörper ohneKte-
nidien; an den Abdominaltergiten
keine Apikalzähnchen. Mesonotum
mit Pseudochaeten, bedeutend kürzer als das Metanotum. Der vordere
nach innen eingebogene Rand des Metasternum mit einem inneren, undeut-
lichen, schwach chitinisierten Auswuchs. Metasternum mit einer diagonalen
Chitinisation. 2. Abdominaltergit des Männchens mit einer, beim Weibclien
mit 2 Borstenreihen. Keine Antepygidialborsten. Hinterkoxcn ohne Dörnchen.
Das letzte Tarsenglicd groß, mit groben Lateralborsten. Krallen nicht gekerbt,
Abb. 73. Lycopsylla nocus R. $. Kopf. —
(Orig.)
XIII. f. 74 Aphaniptera
ohne Basalzahn. Weibchen ohne Cerci. Kecept. semin. 1, sein Ductus
mündet dicht neben dem Appendix (Abb. A2E).
Gattung: Lycopsylla Roths. 1904, die als monozoider Parasit auf dem Wombat
(Phascolomys) lebt.
Vergleichung der Lycof syllidae mit den Sarcof syllidae
und V ermifs yllidae
Außer den Lycofsyllidae fehlen, wie bekannt, die Cerci nur noch den
Sarcopsytlidae und Vermi'psyllidae. Diese und jene haben eine seßhafte
oder halbseßhafte Lebensweise; die Lebensweise der Weibchen der Lycofsyl-
lidae ist unbekannt, doch weist wenigstens auf eine beschränkte Beweglich-
keit in der Behaarung des Wirtes der Umstand hin, daß ihnen der Basalzahn
und die Kerben an den Krallen fehlen. Bei Vermifsylla sind die Krallen
schmal und die Kerben sind nur an der Basis der Krallen bemerkbar. Die
Kerben an den Krallen fehlen den Sarcofsyllidae. Außerdem besteht eine
Ähnlichkeit zwischen den genannten Familien auch bezüglich der Entwick-
lung eines ventralen Lappens der Wangen. Ferner besitzen sie alle an den
Propleuren keinen Ausschnitt für das Halssklerit oder dieser ist nur schwach
ausgeprägt; bei den Sarcofsyllidae steht dies offenbar in Zusanmienhang
mit der Atrophie des Halssklerits, wogegen die Vermi'psyllidae ein Halssklerit
haben, obgleich bei ihnen der Ausschnitt auch nicht ausgeprägt ist. Dieses
Merkmal weist auf eine beschränkte Beweglichkeit des Kopfes nach den
Seiten. Die ganze Summe der Merkmale der Lycopsyllidae gestattet keine
Annäherung derselben an die Sarcopsyllidae, doch spricht sie nicht gegen eine
gewisse, wenn auch nicht sehr nahe Verwandtschaft mit den Vermipsylli-
dae. Beier hält Lycopsillidae für eine Subfamilie der Vermipsyllidae, und
OuDEMANS stellt Lycopsylla neben Chaetopsylla^.
7. Farn. Ischnopsyllidae (Wahlgren 1907)
Die Familie Ischnopsyllidae hat sich ohne Zweifel auf Fledermäusen
entwickelt, auf welchen sie ausschließlich lebt. Alle Ischnopsyllidae haben
ein typisches Caput fractum. Die Augen sind in verschiedenem Maße redu-
ziert, de.r Oberrand der Maxillen ist fast immer länger als der Hinterrand.
Das Kopfktenidium ist durch zwei (selten drei) charakteristische Praeoral-
platten vertreten (Abb. 74, op), das Halssklerit gut entwickelt. Pronotum
mit Ktendiuni, Mesonotum mit Pseudochaeten. Metepisternum schmal,
seine Höhe ist 5 oder mehrere Male kleiner als die des Metasternum. Abdoniinal-
tergite mit Apikalzähnchen oder Ktenidien. Hinterkoxen ohne Dörnchen.
Weibchen mit einem Recept. seminis. Die anderen systematischen Merkmale
variieren, sogar solche wichtige, wie der innere Chitmauswuchs des Meta-
sternum, das Stirnzähnchen, der vordere Teil des Tentoriums und die Ent-
^ Gattung Vermipsylla schließt Oudemans unrichtigerweise in eine andere Sub-
familie ein.
X. Systematik
XIII. f. 75
Wicklung der „augenförniigen" Organe. Die Beine der Ischvypsyllidae sind
dünn und schwach und wenig zum Springen geeignet.
Abb. 74. Ischnopsyllus octactenus Kol. 9- ~ (Nach Rothschild, verändert.)
1. Subfam. Ischno'psyllinae (Wagner 1927)
Den Ischnofsyllinae gehört die erdrückende Mehrzahl der Fledermaus-
flöhe an. Der Vorderteil ihres Kopfes ist fast inmier durch einen schmalen
hellen Streifen, parallel dem Stirnrande, in einen
Stirnabschnitt und die Genae geteilt; auf der
Grenze zwischen den beiden Abschnitten befindet
sich in der Regel eine Reihe von sehr kleinen
Borsten. Das 7. Adbominaltergit der Weibchen
mit gewöhnlichen Antepygidialborsten (Abb. 74).
Gattungen: Ischnopsyllus Westw. 1833, Oxyparius
Jord. 1936, Chiropteropsylla Oud. 1908, Araeopsylla
J. & R. 1921, Lagaropsylla J. & R. 1921, Rhinolopho-
psyllu Oud. 1909, Myodopsylla J. &R. 1911, Stemopsylla
J. & R. 1921, Hormopsylla J. & R. 1921.
2. Subfam. N ycteridopsyllinae (Wagner)
Der Vorderteil des Kopfes nicht in den Fron-
tal- und Genalabschnitt geteilt. Collare der Meso-
pleuren breit, gut chitinisiert, mit einem unteren
geraden oder scharfen Winkel. Das 7. Abdominal-
tergit trägt anstatt der Antepygidialborsten eine
dichte Apikaireihe verstärkter, gekürzter Borsten, die ein falsches Ktenidium
bilden (Abb. 75).
Abb. 75. Nyctcridopsylld
pentactenus Kol. 9- Api-
kalrand des 7. Abdoiiiiiial-
segments — (><'ach
Wagnek.)
XIII. f. 76
Aphaniptera
Gattung: Nycteridopsylla Oud. 1906.
Außer den angegebenen Gattungen sind noch zwei Gattungen bekannt, welche
sich von beiden Subfamilien unterscheiden, doch nicht genügend untersucht sind:
Ptilopsylla J. & R. 1921 und Thaumapsi/lla Roths. 1907. Sie nähern sich den Ischno-
psyllinae, doch bei Ptilopsylla ist das stabförmige Entoskelett der Mesopleuren nicht
entwickelt, und bei Thaumapsylla hat der Kopf jederseits nicht 2, sondern 3 Präoral-
plättchen.
Da die fossilen Fledermäuse aus den unteren Schichten der Tertiärperiode bereits
alle charakteristischen Merkmale der heutigen Chiroptera besitzen, kann das Alter der
Fam. Ischnopsyllidae als sehr bedeutend angesetzt werden, doch unterliegt es keinem
Zweifel, daß diese Flöhe von den weniger spezialisierten abstammen, welche auf nicht
fliegenden Säugern lebten.
8. Fam. Stephanocircidae (Wagner 1937, = MacropsylUdae
Oudemans 1909, partim)
Die Stephanocircidae mitersclieiden sich von allen anderen Flöhen durch
das Vorhandensein eines Frontalktenidiiini zusaimnen mit einem Wangenkteni-
dium (Abb. 76). Das Frontalktenidiimi und der vor ihm gelegene Kopfab-
Tiarapsylla titschacki Wagn. ^. — (Nach Wagner.)
schnitt bilden den sogenannten ,,Helm" ; oft ist dieser Abschnitt stark von den
Seiten zusanmiengepreßt und ragt nach vorne gleich einem vertikalen Kiel
hinaus. Eine andere charakteristische Eigentümlichkeit des Kopfes der
Stefhanocircidae bildet Tuber postverticale. Die durch ihn gekennzeichneten
Flöhe hat Oudemans in eine Superfamilie Posttuberata zusanmiengefaßt und
in dieselbe auch die Gattung Macro'psylla eingeschlossen^. Beiden Weibchen ist
das anale Tergit gewöhnlich nicht völlig mit dem pygidialen verschmolzen und
^ Außer bei Macropsylla ist das Tuber postverticale auch bei einer anderen
Ctenopsylliden-Gduiixxng, nämlich bei Xenodaeria, vorhanden. Unter den Ctenopsyllidae
haben noch Stenoponia und die Weibchen von Tritopsylla ein Rudiment des Tuber
postverticale.
X. Systematik
XIII. f. 77
das 9. Abdominaltergit kann mehr oder weniger deutlich unterscliieden werden.
Der Kopf besitzt eine gut entwickelte interantennale Furche. Die Antennen-
gruben sind innerhalb des Kopfes entweder in Berührung oder durch eine breite
Trabecula centralis verbunden. Die Augenreihe wird durch zwei lange Wangen-
borsten dargestellt, 4 Scheitelborstenreihen sind meist vorhanden. Das Hals-
sklerit ist groß und der für es bestimmte Ausschnitt an den Propleuren
ist deutlich nach oben gerichtet. Pronotum mit Ktenidium. Collarc des Meso-
notum gewöhnlich nur mit oberen groben Pseudochaeten. Der innere Chitin-
auswuchs des Metasternum groß und grob. Apikalzähnchen der Abdo-
minaltergiten gut entwickelt. Ein Rezept, semin.
Unter den Flöhen mit einem typischen Caput fractum stehen die Ste-
phanocircidae am nächsten den Macwpsyllinue und Ctenopsyllinae. Sie leben
in Südamerika und Australien auf Marswpialia und auf Nagern (speziell
auf Muridae). Eine Gattung {Nomm'psyUa) ist von Vögeln beschrieben.
1. Subfam. Cleopsyllinae (Wagner ^Trihus Cleopsyllini Beiei 1937)
„Helm" von dem Vorderteil des Kopfes nicht durch eine Furche abge-
grenzt, unbeweglich (Abb. 77). Vor dem Frontalktenidium eine vollzählige
Reihe starker Borsten. An
der Innenseite der Hinter-
koxen sind außer den ge-
wöhnlichen noch dornför-
mige Borsten vorhanden.
Gattung : Cleopsylla
Roths. 1914 (Abb. 77). Aus
Peru.
2. Subfam. Craneopsyl-
linae (Wagner)
,,Helm" mehr oder
weniger vom Kopf durch
eine Furche abgesondert.
Die Helmfurche und die
interantennale Furche sind
oberhalb der Antennengruben voneinander nicht geschieden.
Helms sind nur eine oder zwei Borsten gut entwickelt. Maxillen breit,
wenig gespitzt. Ein Teil der Borsten an der Innenseite der Hinterkoxen
in Dörnchen verwandelt oder deutlich verstärkt. Der Vorderteil des Ten-
torium mehr oder weniger entwickelt.
Cattungen: Tiarapsylla Wagn. 1937 (Abb. 76), Nounnpsijlln Wagn. 1938, Cra-
neopsylla Roths. 1911, Plocopsylla Jord. 1931, Sphinctopsylla Joid. 1931. Süd-Amerika.
3. Subfam. Stephanocircinae (Wagner)
,,Helm" abgegrenzt durch eine Furche, welche mit der interantennalen
Furche nicht verbunden ist. Maxillen nicht breit, stark zugespitzt. Der
Abb. 77. Cleopsylla townsendi R.
(Nach Jordan.)
Kopf. —
Am Kiel des
XIII. f. 78 Aphaniptera
Vorderteil des Tentorium nicht sichtbar. Keine dornförmige Borsten an den
Hinterkoxen.
Gattung: Stephanocircus Skuse 1893. Australien.
Den Stephanocircidae steht die Gattung Stephanopsylla Roths. 1911 nahe, von
welcher bis z. Z. nur ein weibliches Exemplar aus dem nordwestlichen Australien be-
kannt ist. Sie besitzt einen Helm, welcher nicht in der vertikalen, sondern in der
horizontalen Fläche zusammengedrückt ist. Diese sonderbare Gattung ist nicht genau
beschrieben. Durch die Lage des Kopfktenidium, das Vorhandensein der Abdominal -
ktenidien und durch die bedeutende Anzahl der Glieder der Palpi labiales nähert sie
sich der Macropsylla (s. Farn. Ctenopsyllidae).
9. Fam. Ctenopsyllidae (Baker 1905)
Die verschiedenen Gruppen der Familie Ctenopsyllidae haben wenige
gemeinschaftliche Merkmale. Das Hauptmerkmal der Familie ist ein typi-
sches Caput fractum (nur bei sehr wenigen Gattmigen C. semifractum). Das
Stirnzähnchen ist in Form eines Protektum entwickelt oder fehlt. Der Vorder-
teil des Tentorium öfter abwesend, seltener entwickelt. Die Antennengruben
innerhalb des Kopfes in Berührung. Eine typische Trabecula centralis ist
nur sehr selten vorhanden. Die Antennenkeule hat bei beiden Geschlechtern bei-
nahe gleiche Länge, nur bei den Männchen von Macwpsylla ist sie bedeutend
verlängert. Augen fast immer in verschiedenem Maße reduziert, mit einem
Ausschnitt in dem inneren pigmentierten Teil. Kopfktenidium in der Regel
vorhanden, selten atrophiert. Pronotum immer mit Ktenidium. Meso- und
Metanotum ungefähr gleich lang oder Mesonotum länger (nur hei Hypsofhlhal-
minae ist das Verhältnis umgekehrt). Collare des Mesonotum mit Pseude-
chaeten. Der Vorderrand des Metasternum stets mit einem inneren Chi-
tinauswuchs. Abdomen mit oder ohne Ktenidien, Abdominaltergite (mit sehr
seltenen Ausnahmen) mit Apikalzähnchen. Recept. sem. in Ein- oder Zwei-
zahl.
1. Subfam. Macrofsyllinae (Wagner)
Da den Macrofsyllinae nur eine Gattung, Macropsylla, angehört, so ent-
sprechen die Merkmale der Subfamilie den Merkmalen dieser Gattung: Stirn
abgerundet, ohne Stirnzähnchen, doch unten mit einer inneren Chitinver-
dickung. Der Vorderteil des Kopfes ist durch einen hellen Streifen in einen
schmalen Stirnteil und breite Genae geschieden (Abb. 78), wie bei vielen
Ischnopsyllidae, und hat eine grobe Trabecula frontalis (tf). Der vordere Teil
des Tentorium nicht entwickelt. Der Hinterteil des Kopfes mit einem typischen
Tuber postverticale (c), wie bei Stephanocircidae. Das Kopfktenidium zieht
sich horizontal längs dem ganzen Unterrand des Kopfes und geht ohne
Unterbrechung in das vertikale Antennenktenidium über. Die zwei vor-
deren Nadeln des Ktenidium befinden sich vor dem Munde und ent-
sprechen ihrer Lage nach den Präoralplättchen der Ischnopsyllidae. Das
Auge (oc) sitzt unmittelbar oberhalb der oberen Stachel des Ktenidium.
Die Antennengruben berühren sich im Kopf nicht; keine Trabecula centralis.
Die Antennenkeule ist beim Männchen bedeutend länger als beim Weib-
X. Systematik
XIII. f. 79
chen, mid ragt etwas über den Hinterrand des Kopfes hinaus. Palpi-
labiales aus zahlreiclien (11) Gliedern bestehend. Die Hinterrandreihe aus
Abb. 78. Macropsylla hercules R. $. Kopf. — (Orig.)
zahlreichen Borsten ohne eingeschaltete Härchen. Metepisternum schmal.
Metanotmn ohne Apikalzähnchen. Abdomen mit Ktenidien, 2. Abdominal-
Abb. 79. Macropsylla hercules R. (^. Die letzton Hintcrleibsscgmente. — (Orig.)
tergit mit 4 Borstenreihen. Beim Weibchen ist das 9. Abdominaltergit deut-
lich entwickelt, überragt das 8. Tergit und verdeckt mit seinem Collare
XIII. f. 80
Aphaniptera
die Seiten des Pygidialtergits und mit seinem hervorragenden Apikahvinkel
die Basis des Analsternits. 5. Tarsalglied mit 4 Paaren Lateralborsten und
1 Paar basaler Plantarborsten; die Laterodorsalhärchen sind auch in Borsten
verwandelt. Weibchen mit 2 ungleichen Eecept. semin. Der Bau der Gono-
podenist konpliziert (Abb. 79), der kleine, schmale bewegliche Finger (bf) wird
vollkommen von dem Dorsalrand der Gonopode verdeckt^.
Auf Grund der Kopfbaus glaubt Oudemans annehmen zu können, daß
Macwpsylla eine primitivste Form der Flöhe darstellt. Wie oben erwähnt,
hat der Bau des Kopfes einige
Eigentümlichkeiten, die an Iscli-
nofsyllidae und Stefhanocircidae
erinnern. Einige Verfasser schlie-
ßen diese Gattung nicht in die
Cteno'psyllidae, sondern in Ste-
fhanocircidae ein, doch unter-
scheidet sie sich von den Ste-
fhanocircidae durch die Abwesen-
heit des Frontalktenidium und
durch das Vorhandensein zweier
Recept. semin. In letzter Hin-
sicht ist sie den Hystriclwpsylli-
nae ähnlich, welchen sie sich
auch noch durch die Entwicklung
der Abdominalktenidien (am 2.,
3., 4. und 5. Tergit), eine be-
deutende Anzahl der Borsten-
reihen an den Tergiten und durch
das bei Weibchen gut ausgeprägte
9. Abdominaltergit nähert.
Gattung: Macropsylla Roths.
1905. Australien.
Nach Meinung Rothschilds
steht der Macropsylla die Gattung
Ctenoparia Roths. 1909 (aus Chik^)
nahe, welche ebenso 2 Recept. semin.
und 1 Abdominalktenidium hat. Ihr fehlt aber das Tuber postverticale und der
Vertikalteil des Kojifktenidiuni; die Palpi labiales sind ögliedrig. Unter den anderen
Ctenopsyllidae steht diese Gattung am nächsten der Tribus Doratopsyllini, von der
einige Vertreter ebenfalls in Südamerika leben.
Abb. 80. Hystrichopsylla talpae Gurt. 9- Kopf.
— (Nach Wagner.)
2. Subfam. Hystrichopsyllinac (Tiraboschi 1907)
Das Hauptmerkmal der Hystriclwpsyllinae ist das Vorhandensein zweier
gleich entwickelter Recept. semin. Metanotum ohne Apikalzähnchen. Abdo-
Dieser Finger bei Macropsylla entspricht vielleicht nicht dem Entopodit anderer
Flöhe.
X. Systematik XIII. f. 81
niinaltergite mit lateralen Apikalzähnchen, deren Reihen an einigen Tergiten
bis an das Stigma hinuntersteigen; entwickelte Abdominalktenidien finden
sich selten. 2. Abdominaltergit mit 3 Borstenreihen. 5. Tarsenglied mit
5 Paaren Lateralborsten ohne basale Plantarborsten.
Die Hystncho'psyllinae leben vorzugsweise auf Murinae und Arvicolinae,
doch kommt die Gattung Hystricho'ps'i/Ua, welche einige uralte Eigentüm-
lichkeiten beibehalten hat und der der allergrößte europäische Floh, H. talpae
Curt., angehört, auch ebenso oft in Nestern der Maulwürfe und der Spitz-
mäuse vor.
Tribus Hystridiopsyllini (Beier 1937, partim). Kopf mit Ktenidium. Zwei Scheitel-
borstenreihen. 9. Sternit des Männchens mit groben ventral -apikalen Sporen.
C4attungen: H ystriclwpsijlla Tasch. 1880 (Abb. 80), Typhloceras Wagn. 1902.
Tribus Atyphlocerini (Wagner). Kopf ohne Ktenidium. Drei Scheitelborsten-
reihen. 9. Abdominalsternit des Männchens ohne Sporen.
Gattungen: Atyphloceras J. & R. 1915, Saphiopsylla Jord. 1931.
3. Subfam. Stenoponiinae (Wagner)
Wir sondern die Gattung Stenoponia als selbständige Subfamilie, Stetw-
poniinae, ab, da sie zwar dem Habitus nach der Gattung HystrichopsyUa ähnlich
ist, sich von ihr aber scharf durch eine Reihe charakteristischer Merkmale
unterscheidet. Die sehr breiten Wangen steigen bedeutend herunter und ver-
decken von der Seite die ganze proximale Hälfte der Mandibeln und den
größeren Teil der Unterlippe (Abb. 12) ; zwischen den unteren Fortsetzungen
der Wangen bleibt vorne eine schmale Spalte offen für das Herausschieben der
Mandibeln beim Saugen. Cardines (mc) und Submentum (sm) sind nicht
horizontal, sondern schief vertikal gestellt. Der verdeckte innere Teil der Unter-
lippe (l) ist lang, die Palpi labiales sind kurz und bestehen nur aus einem groben
Glied (It), die Mandibeln besitzen scharfe Zähnchen. Unter anderen Ctenopsyl-
lidae können ähnliche Verhältnisse der Mundteile zum Kopf nur bei der eigen-
tümlichen Gattung Chimaeropsylla (s. Hypsophthalminoe) beobachtet werden^.
Im Vorderteil des Kopfes ist eine Chitinisation bemerkbar, welche sich in Form
eines Streifens von dem präoralen Winkel schief nach hinten hinzieht. Im
Hinterteil des Kopfes ist ein Rudiment des Tuber postverticale vorhanden, das
beim Weibchen deutlicher zu sehen ist. Das horizontale Wangenktenidium
schwenkt bei einer Art {S. insperata Weiß., Abb. 12) in der Nähe der Antennen-
grube vertikal auf den Vorderrand der Grube ab. Die drei letzten Merkmale
weiseii auf eine gewisse Verwandtschaft zwischen Stenoponia mid MucropsyUa
hin, doch besitzt Stenoponia nur ein Recept. semin., der vordere Abschnitt des
Tentorium ist bei ihr entwickelt imd die Antennenkeulen beider Geschlechter
sind beinahe gleich, wenig verlängert. Andere Merkmale der Stcnoponiimie:
der Ausschnitt für das Halssklerit an den Propleuren ist nach oben gerichtet,
indem der vordere Vorsprung weiter als der hintere nach oben hervorragt;
^ Ktwas Ähnliches finden wir aucli bei einigen Hasenflöhen {Spilop-sylliis, Cidio-
psylla) unter den Pulicidae.
Bronns Klassen des Tierreiclis. V. 3. XIII. Uiich. Wiij;nor. .\ 1 11 . f. (i
XIII. f. 82
Aphaniptera
Meso- und Metanotiun mit mehreren Reihen zahlreicher Borsten; Metanotum
ohne Apikalzähnchen; einige Abdominaltergite mit lateralen Reihen von
Apikalzähnchen, die fast bis zum Stigma reichen; Pygidium beim Weibchen
scharf konvex; 5. Tarsenglied mit 4 Paaren Lateralborsten und 1 Paar basaler
Plantarborsten; 9. Abdominalsternit des Männchens hat keine Apikaisporen.
Das 1. Abdominaltergit ist (eine Besonderheit von Stenofonia) mit einem
typischen Ktenidium ausgerüstet.
Gattung: Stenoponia J. & R. 1911 1, die auf Murinae, Gerbillinae und teilweise auf
Zieseln lebt.
4. Subfam. Dinopsyllinae (Wagner)
Die Dinofsyllinae sind den Ctenofsyllinae sehr ähnlich, aber ihre Gono-
pode ist bei den typischen Formen mit zwei Fingern ausgerüstet, einem großen
oberen und einem rudimentären unteren (Abb. 81). Der obere Finger entspricht
Abb. 81.
MLst.
Dinopsyllus longifrons J.-R. ^J. Gonopode und 9. Sternit.
a. Rothschild.)
(Nach Jobdan
anscheinend dem Exopodit, der untere stellt das Entopodit dar, er spielt
keine Rolle beim Festhalten des Weibchens und kann auch fehlen. Demnach
bilden den Haftapparat das Exopodit und das 9. Abdominalsternit. Bei For-
men, die bis heute bekannt geworden sind, ist die Stirn in ihrem unteren Ab-
schnitt nach hinten abfallend (Abb. 82), mit einem rudimentären Protektum.
Die Antennengruben berühren sich imKopf, haben aber keine entwickelte Trabe -
cula centralis. Kopf in der Regel mit einem Antennenktenidium, selten ohne^
^ Nach Jordan ist der Stenoponia die Gattung Ctenidiosomus Jord. 1931 ver-
wandt, deren einzige Art einstweilen nur auf Grund eines Weibchens aus Ecuador
(von Neomys) bekannt ist. Diese Gattung hat das Kopfktenidium eingebüßt, doch
haben die Wangen die breite Form, gleich den Wangen der Stenoponia, beibehalten.
2 Dem D. ingens kann das Kopfktenidium fehlen; da bei dieser Art außerdem
die Apikalzähnchen der Abdominaltergite beinahe vollkommen verschwunden und
alle 5 Paar Borsten des letzten Tarsenglieds lateral sind, so scheiden wir sie als eine
besondere Gattung Cryptoctenopsyllus aus.
X. Systematik
XIII. f. 83
ein solches. Der Ausschnitt für das Halssklerit an den Propleuren nach
oben gerichtet. Metanotum ohne Apikalzähnchen, Pseudochaeten des Meso-
notum nur in der Nähe des
Rückens vorhanden, 2. Ab-
dominaltergit mit 4 oder
mehr Borstenreihen. In
den meisten Fällen steigen
die Apikalzähnchen der Ab-
dominaltergite an den Sei-
ten des Abdomens tiefer
als das Stigma herunter
und bilden rudimentäre
Ktenidien.
Gattungen: Dinopsyllus
J. & R. 1913, Cryptoctenopsyl-
lus (g. n.). Abb. 82. Dinofsyllus longifrons J.-R. ^. Kopf. —
Die Dinopsyllinae leben (Nach Jokdan a. Rothschild.)
im südlichen und tropischen
Afrika vorzugsweise auf
Murmae.
In die Subfam. Dino-
psyllinae kann als eine
selbständige Tribus auch
die Gattung Stenistomera
Roths. 1915 eingeschlossen
werden, welche im Felsen-
gebirge Nordamerikas lebt.
Ihre Hauptunterschiede
von den typischen Dino-
psyllinae haben den Cha-
rakterregressiver Entwick-
lung. Atrophie des Kopf-
ktenidium, Verminderung
der Borstenreihen an den
Tergitcn (nur eine Reihe),
Verkürzung des Metano-
tum, welches mit dem
,,Metepimerum" halbvcrschmolzen ist, Atrophie des Metepisternum, eine mangelhafte
Entwicklung der metepimeralen Naht, Abwesenheit des größeren Teils der Apikal-
zähnchen an den Abdominaltergiten, und endlich Atrophie des Entopodits, da der
bewegliche Finger der Gonopode bei Stenistomera (vgl. Abb. 83 u. 81) seiner Lage nach
dem oberen und nicht dem unteren Finger des Dinopsyllus entspricht.
Abb. 83. Stenistomera alpina Bak. (^. Genitalia.
(Orig.)
5. Subfam. H ypsophthalminae (Wagner)
In der Subfam. HypsopJdJiahmme sind 4 Gattungen der Ctenopsyllidae
vereinigt, welche eine (regelmäßige oder unregelmäßige) Reihe von Dörnchen
an der Innenfläche der Hinterkoxen besitzen. Sie alle haben ein vertikales
Kopfktenidnim, welches oft von den Antennengruben weggeschoben ist und dann
XIIT. f. 6*
XIII. f. 84
Aphaniptera
an ein Frontalktenidium (Abb. 84, et) erinnert. Die Augen (oc) sind nach oben
verschoben und befinden sich in der Nähe des Rückens, die Wangen sind be-
deutend nach unten ver-
.Z»™._ längert, das Metanotum
ist länger als das Meso-
notum, das 5. Tarsen-
glied trägt nur laterale
Borsten. Ferner be-
sitzen sie alle 2 Scheitel-
borstenreihen, der Aus-
schnitt für das Hals-
sklerit an den Propleu-
ren ist nach oben ge-
richtet (Abb. 84 e) und
das 9. Abdominalsternit
der Männchen hat keine
Apikaisporne.
Abb. 84. Corypsylla ornatus ¥ox. ?. Kopf. - (Orig.) Ungeachtet der an-
gegebenen gemeinsamen
Merkmale unterscheiden sich diese Gattungen so scharf voneinander, be-
sonders die monozoiden einartigen Gattungen Chimaeropsylla (tropisches
Abb. 85. Chimaeropsylla potis R. 5- Kopf und Prothorax. — (Orig.)
X. Systematik
XIII. f. 85
Afrika) und CorypsyUa (Nordamerika), daß ihre Verwandtschaft Zweifel er-
regt. Einander ähnlicher sind Hypso'phthalmus (Afrika) und Nearctcypsylla
(Nordamerika). Auf die Entwiklung der Eigentümlichkeiten der Chitnae-
ropsylla und CorypsyUa hatte zweifellos ihre isolierte Lebensweise als mono-
zoider Parasit Einfloßt. Alle 4 Gattungen stellen wahrscheinliche Über-
bleibsel verschiedener alter Flohgruppen dar.
Gattungen: H ypsophthalmus J. & R. 1913, Neardopsylla Roths. 1915, Chimaero-
psylla Roths. 1912, CorypsyUa Fox 1908.
6. Subfam. Ctenopsyllinae (Wagner 1927)
Zu den Ctenopsyllinae gehört die Merhzahl der Vertreter der Familie.
Sie haben keine Abdominalktenidien. Der Vorderteil des Tentoriuiu ist ge-
Abb. 86. CtetiopsyUus fallux R. $. - (Orig.)
^ Chimaeropsylla lebt auf Rhynchocion (eine eigenartige Gattung der Insectivora),
und CorypsyUa auf Scapanus. Ihre Eigentümlichkeiten sind: Bei ChimaeropsyUa
(Abb. 85) hat das Gesicht, wie bei Stenoponia, einen vertikalen Spalt und die basale
Hälfte der grobzähnigen Mandibcln (md) ist von den breiten Wangen verdeckt; vor
dem Auge liegt eine scharfe Trabecula frontalis (//) ; der Vorderrand des ,,Metcpimerum"
zieht sich vertikal nach oben, wie bei den Pulicidae. Bei CorypsyUa haben die Meso-
pleuren kein stabförmiges Entoskelct (wie bei Pulicinae), die Antennenkeule besteht
nur aus sieben deutlich unterscheidbaren Gliedern, das Metepisternum ist reduziert
(doch mit einem gut entwickelten Collare), das Metasternum mit dem ,,Metepimenim"
halbverschmolzen, die metepimerale Naht rudimentär, die scharfen Apikalzähnchen
am 1. bis 6. Abdominaltergit bilden Rücke nlitenidien,
XIII. f. 86
Aphaniptera
wohnlich entwickelt. 2 oder 3 vollzählige Scheitelborstenreihen. 2. Abdominal-
tergit mit 2, selten mit 3 Borstenreihen. Hinterkoxen ohne Dörnchen. 5. Tar-
senglied mit 4 Paaren von Lateralborsten und 1 Paar basaler Plantarborsten.
9. Abdominalsternit des Männchens ohne apikale Sporne.
Tiibus Ctenopsyllini (Beier 1937, partim). Das Stirnzähnchen fehlt. In seinem
unteren Teil fällt der Vorderrand des Kopfes stark nach hinten ab (Abb. 86 u. 87).
Die Antennengruben berühren sich im
Kopf. Drei Scheitelborstenreihen. Me-
tanotum mit Apikalzähnchen. Pygi-
dium nicht erhaben.
Gattungen: CtenopsyllusK.o\. 1862,
Paractenofsyllus Wagn. 1938, Pectinoc-
tenus Wagn. 1929.
Die zahlreichen Arten der Cteno-
psyllini leben fast ausschließlich auf
Muridae.
Tribus Palaeopsyllini (Wagner).
Stirn mit Protectum und einem gut
entwickelten Tuber frontale; unterhalb
des Protectum fällt sie nur schwach
nach hinten ab. Die Antennengruben
berühren sich im Inneren des Kopfes
nicht. Der untere Winkel des Collare
der Mesopleuren ist spitz. Metanotum
ohne Apikalzähnchen. Pygidium hinten
erhaben.
Abb. 87. Ctenopsyllus segnis Schön.
Kopf. — (Nach Wagner.)
Gattung: Palaeopsylla Wagn. 1902.
Die Arten dieser Tribus leben auf Maulwürfen und Spitzmäusen.
Tribus Doratopsyllini (Wagner). Stirnzähnchen entweder fehlend oder in Form
des Protectum mit undeutlichem Tuber frontale entwickelt. Stirn abgerundet. Die
Antennengruben berühren sich im Kopf. Metanotum ohne Apikalzähnchen. Pygidium
erhaben. Der hintere dorsale Teil der Gonopode in der Regel von dem unten liegenden
durch einen Sinus abgesondert.
Die nordischen Formen leben auf Soricidae, die südamerikanischen auf Didel-
phyidae und Nagern.
Gattungen: Doratopsylla J. & R. 1912, Corrodopsylla Wagn. 1929, Xenodaeria
Jord. 1932 1, Tritopsylla Cunha 1929, Adoratopsylla Ew. 1925, Neotyphloceras Roths.
1914, Agastropsylla J. & R. 1923.
10. Farn. Ceratophyllidae (Dampf 1910)
Der Anzahl der Arten nach stellen die weltweit verbreiteten Cerato'phylUdae
die Hanptfamilie der Flöhe dar. Eine ganze Reihe von Merkmalen macht sie
den Ctenofsyllidae ähnlich. Ihr Hauptmerkmal ist ein Caput integrum, das
gewöhnlich keine interantennale Chitin verdickung hat (Abb. 94, 96, 99).
'^ Bei der südasiatischen Gattung Xenodaeria, von der bis jetzt nur ein Mämichen
bekannt ist, ist ein gut entwickeltes Tuber postvertikale vorhanden, doch nach dem
charakteristischen Typus der Gonopode, der Lage des Kopfktenidium, den Kopf borsten,
den 4gliedrigen Palpi labiales und einigen anderen Merkmalen ist sie den typischen
Doratopsyllini ähnlich.
X. Systematik XIII. f. 87
Ist eine solche vorhanden, dann kann der Kopf auch die Form des Caput
semifractmn annehmen, ein echtes Caput fractum aber besitzt kein einziger
Vertreter der Familie. Kopfktenidium mehr oder weniger reduziert oder nicht
vorhanden. Eine Trabeciüa centralis kommt oft vor. Die Antennenkeule bei
Männchen ist oft verlängert, hat die Form eines Tannenzapfens und überragt
den Hinterrand des Kopfes (Abb. 93). Pronotum fast immer mit einem Kteni-
dimn^. Am Mesonotum besitzt nur eine Gattung (Xifhiopsylla) keine Pseudo-
chaeten, bei anderen Gattungen sind sie inmier vorhanden. Der innere Chitin-
auswTichs am Vorderrande des Mesosternum fast immer gut entwickelt (Abb. 92),
er fehlt nur bei Xifhiofsylla und manchmal bei Lislrofsylla. Das Abdomen
hat keine entwickelten Ktenidien, doch bilden zuweilen^ die Apikalzähnchen
einiger Tergite ein rudimentäres Ktenidium. Weibchen immer mit Cerci und
mit einem Receptac. semin.
1. Subfam. Mesopsyllinae (Wagner)
Provisorisch vereinigen wir in dieser Subfamilie zwei bedeutend von-
einander verschiedene paläarktische Gattungen, die auf der Grenze zwischen
Abb. 88. Mesopsylla eucta Dampf. ,^. — (Nach Dampf.)
der Fam. Ctenopsyllükie und der Fam. CeralcyphyUidae stehen: Mesopsylla
(Abb. 88), welche den Ctenopsyllidae näher steht, und Caenopsylla, die den
Ceratophyllidae ähnlicher ist.
^ Es fehlt nur bei degradierter südafrikanischen Gattung Praopsylla,
2 Bei Listwpsylla und bei einigen Arten von Pygiopsylla,
XIII. f. 88
Aphaniptera
Der Kopf ist jederseits mit zwei Augenstacheln bewaffnet, welche sich von
denen der Subfam. Neopsyllinae (s. weiter unten) unterscheiden. Das große
Auge hat keinen Ausschnitt. Vorderteil des Tentorium gut entwickelt. Meta-
notum mit groben Apikalzähnchen. Die Apikalzähnchen der Abdominal-
tergite sind mehr oder weniger reduziert und fehlen gewöhnlich bei den Meso-
fsylla-W eihchen gänzlich. An den Hinterschienen ist eine vollkommene
oder halbentwickelte kamniförmige Sporenreihe vorhanden. Pygidium flach.
Durch andere Merkmale unterscheiden sich die beiden Gattungen be-
deutend voneinander: Bei Caeno'psylla findet sich ein typisches Caput inte-
grum, bei Mesofsylla ein Caput semifractum. Bei Mesofsylla hat das Pro-
tectum ein Tuber frontale und die Antennengruben berühren sich im Kopf
nicht, ohne Trabecula centralis ; bei Caenopsylla sind die Antennengruben durch
eine kurze breite Trabecula verbunden. Bei Caeno'psylla ist die Antennenkeule
des Männchens relativ bedeutend länger, als beim Männchen von Mesopsylla.
Gattungen: Mesopsylla Dampf 1910, Caeno'psylla Roths. 1909.
Die einzige Art der Caeno'psylla lebt als monozoider Parasit auf Ctenodactylus
(Farn. Octodontidae) in Nordafrika und mehrere Mesopsylla- Äxten leben auf Dipodidae in
Zentralasien und den südlichen Steppen des Europäischen Rußland.
2. Subfam. Neofsyllinae (Oudemans 1909)
Vom Kopfktenidium sind bei der Mehrzahl der Neo'psyllmae nur zwei
Augenstacheln erhalten, welche charakteristischerweise miteinander ge-
kreuzt sind ; der eine ist
bedeutend breiter als der
andere (Abb. 89); bei
den übrigen Neo'psyl-
lmae ist das Kopfkteni-
dium völlig geschwun-
den. Der Kopf stellt bei
verschiedenen Formen
allmähliche Übergänge
vom Caput semifractmn
— welches der Mehrzahl
der Neopsyllinae eigen ist
— • zum typischen Caput
integrum dar. Die An-
tennengruben im Kopfe
berühren sich nicht
und haben keine Trabe-
cula centralis. Das Auge
ist mehr oder weniger
reduziert. Bei vielen
Neopsyllinae ist ein Teil der Borsten in der Innenfläche der Hinterkoxen
in Dörnchen verwandelt. Bei den meisten ist die Tendenz für das Ver-
Abb.
89. Phalacropsylla allos Wagn.
(Orig.)
^. Kopf.
X. Systematik XIII. f. 89
schwinden des ersten Paares der Lateralborsten am 5. Tarsenglied deutlich
ausgedrückt; dabei verändern sich die hinteren Tarsen schneller als die vor-
deren; zuweilen ist vom ersten Paar nur noch eine unpaare Borste übrig ge-
blieben. Ein analoger Prozeß des Verschwindens der ersten Lateralborsten
läßt sich noch deutlicher bei der folgenden Subfamilie {CUnoflithalminae)
beobachten.
Neopsyllinae leben hauptsächlich auf 3Iuridae.
Tribus Neopsyllini (Handlirsch 1925). Das Stirnzähnchcii hat die Form einer
gespizten Warze, die in einer Grube sitzt. Der Vorderteil des Tentorium gut entwickelt.
Antennenkeule beim Märmchen verlängert. 2. Abdominaltergit mit 2 oder 3 Borsten-
reihen. Pygidium hinten erhaben. Die Hinterkoxen mit oder ohne Dörnchen. Am
5. Glied der hinteren Tarsen das erste Paar der Lateralborsten gewöhnlich nicht ent-
wickelt. Das 9. Abdominalsternit der Männchen, Paraneopsylla ausgenommen, ist mit
gekrümmten Spornen bewaffnet.
Gattungen: Neopsylla Wagn. 1902, Epitedia Jord. 1938, Catallagia Eoths. 1915,
Tomiophila Jord. 1938, Delotelis Jord. 1937, Paraneopsylla Tifl. 1937.
Tribus Plialacropsyllini (Wagner). Sind den Neopsyllini ähnlich, doch fehlt das
Stirnzähnchen (Abb. 89) ; Pygidium hinten nur wenig oder gar nicht erhaben; 5. Tarsen-
glied der hinteren Tarsen mit basalen Plantarborsten.
Gattungen: Phalacropsylla Roths. 1915, Meringis Jord. 1937.
Tribus Chia^topsyllini (Wagner). Stirnzähnchen in verschiedenem Maße ent-
wickelt, ohne Tuber frontale. Vorderteil des Tentorium nicht entwickelt oder rudimen-
tär. Das Pronotalktenidium ist gekürzt, erreicht nicht den Unterrand des Tergits
oder schwindet völlig (bei Praopsylla). 2. Abdominaltergit mit zwei oder einer Borsten-
reihe. Pygidium schwach erhaben. Hinterkoxen mit Dörnchen. 5. Glied der Hinter-
tarsen nur mit 4 Paaren von Lateralborsten. 9. Abdominalsternit der Männchen ohne
grobe Sporne.
Gattungen: Chiastopsylla Roths. 1910, Praopsylla Ingr. 19271.
3. Subfam. Cteno'phthalminae (Rothschild 1915, partim, Wagner 1927)
Die Vertreter der Subfam. Ctenofhthaminae sind außerordentlich einförmig
gebaut (Abb. 90). Sie haben ein Caput semifractum und Protectum mit Tuber
frontale. Antennengruben berühren sich im Kopf nicht, eine Trabecula
centralis fehlt. Vorderteil des Tentorium gut entwickelt. Ktenidiimi am Unter-
rande des Kopfes mit 3 (sehr selten mit 4) Stacheln, die schief nach unten und
rückwärts gerichtet sind. Metanotmn ohne Apikalzähnchen. Am 2. Abdo-
minaltergit 2 Borstenreihen. Pygidium bei typischen Formen erhaben.
Hinterkoxen ohne Dörnchen. 5. Glied der Hintertarsen mit 3 (sehr selten
1 Nach Jordan ist der Neopsylla die Gattung Acedestia Jord. 1937 verwandt.
Von dieser Gattung sind einstweilen nur 2 Weibchen aus Westaustralien bekannt.
Sie hat ein Caput integrum und ein Mundktenidium aus 4 Stacheln, welches an das
Ktenidium des Ctenophthalmus erinnert. Die Anzahl der Borsten am Körper ist redu-
ziert, die Hinterkoxen sind mit einer Gruppe kleiner Dörnchen versehen. — Eine andere
wenig bekannte Gattung, Acropsylla Roths. 1911, die auf Grund eines Weibchen aus
Indien beschrieben ist, ist nach RoTHSCHrLD der Chiastopsylla numae Rotlis. ähnlich,
doch haben ihre Augcnstacheln eine andere Form, das Pronotalktenidium ist nicht
verkürzt und den Hinterkoxen fclilen Dörnchen.
XIII. f. 90
Aphaniptera
mit 4) Paaren Lateralborsten und 1 Paar basaler Plantarborsten. Sporen der
Tibien bilden keine kammähnliclie Reihe. 9. Abdominaltergit der Männchen
ohne Apikaisporen.
Abb. 90. Cteno'phthalmus pseudagyrtes Bak. (^. — (Nach Jordan.)
.J
Diese artenreiche Subfamilie lebt auf kleinen Nagern und Insectivora.
Fast alle paläarktischen Arten, zum Unterschied von den äthiopischen, be-
sitzen am Ende der Palpi labiales eine charakte-
ristische sichelförmig gekrümmte Borste (Abb. 91).
Gattungen: Ctenophthalmus Kol. 1862, Carteretta
Fox 1927.
4. Subfam. Rhadinofsyllinae (Wagner 1930)
Das Vorhandensein der charakteristischen
sichelförmigen Borste am Ende der Palpi labiales,
der gut entwickelte Vorderteil des Tentorium und
das erhabene Pygidium machen die Rhadinofsyl-
linae den Ctenofsyllinae ähnlich. Caput integrum
ohne interantennale Chitinverdickung. Stirnzähn-
chen entweder in Form eines Protektum ohne
Tuber frontale, oder in Form einer Ecke am
unteren Teil des Gesichts. Antennengruben im Innern des Kopfes in Be-
rührung, ohne Härchen am Hinterrande. Antennenkeule erstreckt sich nicht
auf die Propleuren und besteht bei typischen Vertretern aus 6 bis 8 Gliedern
^J
Abb. 91. Letztes Lippen-
tasterglied von CieTiop/if/m?-
mus agyrtes Hell. — (Nach
Wagner.)
X. Systematik
XIII. f. 91
(Petiolus nicht mitgerechnet). Kopf mit einem Wangenktenidimn. Der nacli
oben gerichtete Ausschnitt für das Halssklerit an den Propleuren flach; der
Vorsprung hinter demselben rudimentär. Pseudochaeten des Mesonotum
manchmal unbemerkbar. Mete-
pimerale ,,Naht" kurz, rudimen-
tär oder gar nicht vorhanden
(Abb. 92). Vorderrand des „Mete-
pimerum" oft beinahe verti-
kal; Unterteil des ,,Metepime-
rum" fein, in schief -vertikaler
Richtung gestrichelt (Abb. 92).
2. Abdominaltergit mit 2, selten
(bei Stenischia) mit 1 Borsten-
reihe. Bei Männchen keine Ante-
pygidialborsten. Innenfläche der
Hinterkoxen in der Apikaihälfte
dicht mit kurzen Borsten be-
deckt, welche am Vorderrand der
Koxen den Charakter von Dörn-
chen annehmen können. Die
äußere Chitinrippe der mitteleren
Koxen ist oft verkürzt oder fehlt
ganz. Hintertibien ohne kamm-
förmige Sporenreihe. 5. Tarsen-
glied ohne basale Plantarborsten:
bei Acteno'phthalnms'^ aber 6 Paar vorhanden.
Männchens hat keine Apikaisporen.
Die Bhadinopsylliyiae leben vorzugsweise in Nestern kleiner Nager und Maulwürfe.
Gattungen: Rectofrontia Wagn. 1930, Rhadinopsylla J. & R. 1912, Micropsylla
D. & P. 1923, Stenischia Jord. 1932, Actenophthalmus Fox 1925.
Abb.
92. Metathorax
masculana J.-R,
von Rhadinopsylla
- (Orig.)
von Lateralborsten gewöhnlich 4, selten 5,
9. Abdominalsternit des
5. Subf am. Aceratophyllinae (Wagner = Tribus Amphipsyllnm lofi 1936)
Die Aceratofhyllinae werden gewöhnlich mit den CeratofhylUnae in eine
Subfamilie zusammengefaßt, doch ist zum Unterschied von den letzteren
bei ihnen der Vorderteil des Tentorium gut entwickelt (Abb. 93), Augenborste
immer höher als der Oberrand des Auges sitzend (Abb. 93), Augen mit einem
Ausschnitt (einige Gattungen sind augenlos), 8. Abdominalsternit des Männ-
chens breit, gewöhnlich umfangreich, das ,X"-Organ Wagners nicht vor-
handen, Trabecula centralis oft unentwickelt. — Wie die Ceratophyllinae haben
sie ein typisches Caput integrum, Stirnzähnchen gewöhnlich in Form eines
Protectum oder fehlend, Antennenkeule der Männchen verlängert, Hinter-
rand der Antennengrube mit Härchen, Pygidium nicht erhaben, 9. Abdo-
^ Diese Gattung ist cinstweikn nur auf Grund 1 Weibeliens bekannt.
Xm. f. 92
Aphaniptera
minalsternit der Männchen hat keine besondere Vorrichtungen für das Fest-
halten des Weibchens während des Coitus.
Tribus Paradoxopsyllini (loff 1936). Die Paradoxopsyllini stellen ihrer Artenzahl
und den allgemeinen Merkmalen nach die zentrale Gruppe der Subfamilie dar. Antennen-
gruben mit Trabecula centralis. Metanotum mit Apikalzähnchen. 2. Abdominal-
tergit mit 2 oder 3 Borstenreihen. 6. Tarsenglied ohne basale Piatarborsten, doch kann
das erste Borstenpaar etwas verschoben sein.
Die Paradoxopsyllini leben auf verschiedenen Nagern.
Gattungen: Frontopsylla W. & I. 1926, Paradoxopsyllus Miy. & Ko. 1909 (Abb.
93), Ophthalmopsylla W. & I. 1926, Cystipsylla Wagn. 1929, Ctenophyllus Wagn. 1927,
Geusibia Jord. 1932, Cratinius Jord. 1933, Dolichopsyllus Bak. 1905 1.
Abb. 93. Paradoxopsyllus curvispinus Miyaj. (^. Kopf. — (Orig.)
Tribus Odontopsyllini (Wagner). Sind den Paradoxopsyllini ähnlich, doch unter-
scheiden sich durch eine größere Anzahl der Borsten an den Tergiten (am 2. Abdominal-
tergit 4 Reihen) und dadurch, daß die zahlreichen Borsten an der Innenfläche der
Hinterkoxen gekürzt und teilweise dörnchenähnlich sind.
Sie leben auf Leporidae.
Gattung: Odontopsyllus Bak. 1905.
Tribus Amphipsyllini (loff 1936). Antennenkeule der Männchen weniger ver-
längert als bei den Paradoxopsyllini. Antennengruben berühren sich im Kopf. Am
Metanotum keine Apikalzähnchen. 5. Tarsenglied mit basalen Plantarborsten.
Als normale Wirte dienen den Amphipsyllini verschiedene Arten der Muridae,
besonders Microtinae und Cricetinae, für einige Arten M yospalacinae und Oerbillinae.
Gattungen: AmpMpsylla Wagn. 1908, Wagnerina I. & Arg. 1934.
Tribus Brachyctenonotini (loff 1936). Diese Tribus enthält nur einen monozoiden
Parasit, welcher auf Myospalax lebt und eine Reihe Eigentümlichkeiten regres-
siven Charakters besitzt. Er hat die Apikalzähnchen an den Abdominaltergiten gänz-
1 Die nur eine Art enthaltende Gattung Dolichopsyllus ist der größte Floh unter
allen Aceratophyllinae und besitzt eine Reihe von Eigentümlichkeiten, als monozoider
Parasit (auf Aplodontia rufa).
X. Systematik
XIII. f. 93
lieh eingebüßt, und sein pronotales Ktenidium besteht aus sehr kurzen hellen
Stacheln. Metepimerale „Naht" ohne Köpfchen. Augen fehlen gänzlich.
Gattung: Brachydenonotus Wagn. 1929.
Tribus Anomiopsyllini (Wagner = Subfain. Anomiofsyllinae Baker 1905). Zu
den Anomiofsyllini gehören einige degradierte Gattungen. — Stirnzähnehen mit
Tuber frontale, seltener nicht vorhanden. Kopf ohne Trabccula centralis. Metepister-
ninn mit dem Metasternum verschmolzen oder sehr klein. Metepimerale „Naht"
ohne Köpfchen. „Metepimerum" mehr oder weniger mit dem Metanotum verschmolzen.
Metanotum ohne Chitinzähnehen. 2. Abdorainaltergit mit einer Borstenreihe. 5. Tarsen-
glied mit basalen Plantarborsten, die manchmal verschwinden (bei Anomio'psyllus an
den Hintertarsen). Bei Anomiopsyllus ist das pronotale Ktenidium verschwunden.
Bei Anomiopsyllus und Megarthroglossus befindet sich ein Paar ,,augenförmiger" Organe
höher, ein anderes tiefer als das Protectum.
Leben hauptsächlich auf Neotoma und Sciurus.
Gattungen: Megarthroglossus J. & R. 1915, Conorhmopsylln Stew. 1930, Cal-
listopsylla J. & R. 1915, Anomiopsyllus Bak. 1904.
6. Subfam. Ceratophyllinae (Dampf 1908, partim)
Cerato'phyllnuie (Abb. 94) stellen eine gut imischriebene, sehr artenreiche
Flohgruppe dar, welche sich von den Acerato'phyllinae durch die folgende
Kombination der Merkmale unterscheidet:
Abb. 94. Nosopsyllus fasciatvs Bosc. '^. — (Orig.)
XIII. f. 94
Aphaniptera
mtn.
mte.
Stirn mit Protektum, sehr selten {Tarsofsylla) fehlt das letztere. Antennen-
gruben im Kopf durch eine scharfe Trabecula centralis vereinigt (nur bei der
Gattung Tarso'psylla ist die Trabecula kurz und breit). Der pigmentierte
Teil des Auges ohne Ausschnitt. Vorderteil des Tentorium nicht entwickelt
(Abb. 96). Die Augenborste sitzt nicht höher als der Oberrand des Auges.
2. Abdominaltergit mit 2, seltener mit 3 Borstenreihen. 8. Abdominalsternit
der Männchen schmal, zuweilen rudimentär, mit mehr oder weniger entwickel-
ten intersegmentalen membranösen Lappen und fast immer mit dem ,,x"-
Organ Wagneks ; dieses
Organ fehlt nur den
Paracerini und Dasy-
fsyllini. Pygidium nicht
erhaben. Gonopoden
haben keinen dorsalen
Borstenteil, mid nur 3
bis 4 Apikaiborsten am
oberen dorsalen Winkel,
welcher gewöhnlich in
Form eines unbeweg-
lichen Fingers langge-
zogen ist. Gelenk des
Endopodits mit der Go-
nopode einfach. Im Ver-
gleich mit Acerato'pliyl-
linae stellen Ceratophyl-
linae eine Gruppe dar,
die von dem ursprüng-
lichen Typus stärker ab-
gewichen ist. Sie leben auf sehr verschiedenen Säugern, und viele unter
ihnen haben sich an Parasitismus auf Vögeln angepaßt.
Beim Einteilen der Cerato'phyllinae in Triben halten wir uns hauptsächlich
an die Angaben Jordans (1933).
Tribus Tarsopsyllini (lofE 1936, partim). Die Außenfläche der vorderen Feniora
nur mit einer Lateralborste oder ohne solche Borsten. In der proximalen Hälfte der
Hinterkoxen fehlen an deren Innenfläche Borsten. Die Borsten des ersten Paares des
5. Tarsengliedes mehr oder weniger zusammengeschoben oder in basale Plantarborsten
verwandelt. Metanotum mit Apikalzähnchen. Metepimerale ,,Naht" ohne Köpfchen
(Abb. 95). — Leben vorzugsweise auf Sciurus (in s. 1.), selten auf Myoxidae.
Gattungen : Tarsopsylla Wagn. 1927, Myoxopsylla Wagn. 1927, Lihyastus Jord. 1936.
Tribus Orchopeini (Wagner). Ähnlich den Tarsopsyllini, doch ist die Naht des
,,Metepimerum" mit Köpfchen versehen und das Metanotum hat keine Apikalzähn-
chen. — Die Mehrzahl der Arten lebt auf Sciurus, einige Arten schmarotzen auf Pero-
myscus und Neotoma.
Gattungen: Orchopeas Jord. 1933, Oj)isodasys Jord. 1933.
Tribus Paracerini (loff 1936). Zeichnen sich durch die Abwesenheit des ,,x"-
Organs Wagnebs beim Männchen aus, 8. Abdominalsternit des Männcheus beiderseits
Abb. 95. Metathorax von Tarsopsylla octodecimdentatus
Kol. $. - (Orig.)
X. Systematik
XIII. f. 95
mit zwei membranösen Zweigen. Metanotum mit Apikalzähnchen. An der Außen-
fläche der vorderen Femora sind Lateralborsten vorhanden. In dem basalen Abschnitt
der Innenfläche der Hinterkoxen konimen zuweilen einzelne Borsten vor. 5. Glied
der Hintertarsen ohne basale Plantarborsten. — Leben auf verschiedenen Säugern,
vorzugsweise auf Sciuridae, manchmal auf Carnivora.
Gattungen: Paracera^ Wagn. 1916, Macrostylophora Ew. 1929 1.
Tribus Oropsyllini (loff 1936). Die vorderen Femora haben an der Außenseite
einige Lateral borsten. Die mittleren und hinteren Koxen sind an ihrer Innenfläche
bis zur Basis mit feinen Borsten besetzt. Am 5. Glied der Hintertarsen können die
Lateralborsten des ersten Paares einander genähert sein, doch sind sie nicht in den
Zwischenraum zwischen den Borsten des zweiten Paares hineingeschoben. Am Unter-
rande des Kopfes sitzt vor der Maxillarborste eine spezielle (,,praemaxillare") Borste
(Abb. 96). 8. Abdominalsternit der Männchen bisweilen rudimentär. Metaiir>tiiiii
mit Apikalzähnchen. — Leben
auf Marmota und Spermophi- _,-rrsrr:^-'--"'^- 5^
lus (i. s. 1.), einige wenige auf
Ochotona und Thomomys.
Gattungen : Oropsylla
W. & I. 1926, Thrassis Jord.
1933, Opisocrostis Jord. 1933,
Foxella Wagn. 1929, Dacty-
lophora Jord. 1929, Diamanus
Jord. 1933, Amphalius Jord.
1933.
Tribus Citellophilini
(Wagner). Merkmale wie bei
Oropsyllini, doch fehlt die
Praemaxillarborste ^ und an
der Innenseite der proximalen
Hälfte der Hinterkoxen sind
weniger zahlreiche Borsten
vorhanden, welche gewöhn-
lich nicht bis zur Basis der
Koxen reichen. Die Gattung
Rostropsylla hat am Metanotum keine Apikalzähnchen. Bei der Gattung Typhlocal-
lopsylla ist das ,,x"-Organ Wagners nicht deutlich. — Leben auf Zieseln und
auch auf Microtinae und Ocliotona, Paracallopsylla aber auf Schwalben.
Gattimgen: Citellophilns Wagn. 1934, Rostropsylla W. & I. 1926, Callopsylla
Wagn. 1927, Typhlocallopsylla loff 1936, Paracallopsylla loff 1936 (= Orneacus J.
1937).
Tribus Ceratophyllini (loff 1936, partim). An der Außenseite der vorderen
Femora einige Lateralborsten. In der proximalen Hälfte der Hinterkoxen an der
Innenfläche keine Lateralborsten. Metanotum mit oder ohne Apikalzähnchen. 5. Glied
der Hintertarsen hat keine basale Plantarborsten. Bei Nosopsyllus ist das 8. Abdominal-
sternit des Mämichens rudimentär. — Leben auf kleinen Xagern; die Gattungen
Ceratophyllus und MioctenopsyUa auf Vögeln.
Abb. 96. Oropsylla silantiewi Wagn. ^. Kopf —
(Orig.)
^ In sensu lato, d. h. die Arten: agathus J. & R., horneensis J., evteles J. & R.,
fimbriatus J. & R., hastatus J. & R., idoneus R., levis J. & R., lupatus J. & R.. phillipsi
J., pilahis J. & R., probatus J. & R.
- Paracallopsylla ausgenommen, bei der eine vollzählige Frontalborstenreihc
vorhanden ist.
xm. f. 96
Aphaniptera
Gattungen: Ceratophyllus Curt. 1829, Malaraeus Jord. 1933, Nosopsyllns Jord.
1933 (Abb. 94), OerbiUophilus Wagn. 1934, Megabothris Jord. 1933, Pleochaetis Jord.
1933, Monopsyllus Kol. 1857, Mioctenopsylla Roths. 1922.
Tribus Dasypsyllini (Wagner). Sind den Ceratophyllini ähnlich, doch fehlt ihnen
das ,,x"-Organ Wagners und Pseudochaeten des Mesonotum sind entweder nicht
entwickelt oder befinden sich nur in der Nähe des Rückens (bei typischen Dasypsyllus-
Formen). Trabecula centralis hell. Lateralborsten des mittleren Paares am 5. Tarsen-
glied stark aneinandergeschoben. ^ Leben auf Vögeln.
Gattung: Dasypsyllus Bak. 1905.
7. Subfam. Pygiopsyllinae (Wagner)
Hauptmerkmale der Pygiojisyllinae sind ein gewöhnlich sehr starke
erhabenes Pygidium und das Vorhandensein eines vor dem Basaltsternit
gelegenen, speziellen stabförmigen Sklerits (Abb. 97). Stirnzähnchen fehlt.
Die Antennenkeulen des Weibchens und des Männchens sind wenig verschieden.
Antennengruben im Kopf in Berührung. Propleuren haben an ihrer Außenseite
Abb. 97. Vorderteil des
Basalsternits von Stiva-
lius afer R. '^. — (Orig.)
Abb. 98. Gonopode und d. 9. Sternit von Choriostopsylla
ochi R. — (Orig.)
keinen Ausschnitt für das Halssklerit und verdecken dasselbe mehr oder
weniger. Pseudochaeten des Mesonotum dorsalwärts verschoben. Metanotum
ohne Apikalzähnchen. 2. Abdominalsternit mit 2 bis 3 oder mehr Borstenreihen.
Bei einigen Arten der Gattung Pygiofsylla besitzen die Abdominaltergite
keine Apikalzähnchen.
Tribus Pygiopsyllini (Wagner). Der vordere Teil des Tentorium fehlt. Lateral-
borsten des 1. Paares des 5. Tarsengliedes nicht zusammengeschoben, seltener zusammen-
geschoben, doch nicht in basale Plantarborsten verwandelt^.
1 Bei der artenreichen Gattung Stivalius und ihrer nahen Gattung Idiochaetis
entspricht der massive, wenig bewegliche Pinger der Gonopode wahrscheinlich dem
Exopodit, und das 9. Abdominalsternit des Männchens nimmt unmittelbar Teil am
Festhalten des Weibchens. Das letztere trifft wahrscheinlich auch auf die Gattungen
Acanthopsylla und Olauertidos zu, doch ist bei ihr der bewegliche Finger kürzer als
bei Stivalius.
X. Systematik XIII. f. 97
In Australien sind die hauptsächlichen Wirte der Pygiopsyllini Marswpialia,
in Indien und Afrika Murinae und auf den Inseln des Indischen Ozeans auch
Sciuridae.
Gattungen: Pygiopsylla Roths. 190G, Stivalius J. & R. 1922, Idiochaetis Jord.
1937, Acanthopsylla J. & R. 1922, Olauerüdos Roths. (M.) 1937.
Tribus Choriostopsyllini (Wagner). Der Vorderrand der Antennengrube setzt
sich etwas nach hinten fort. Der Vorderteil des Tentorium entwickelt und nach unten
gebogen. 5. Tarsenglied mit basalen Plantarborsten. 9. Abdominalsternit des Männ-
chens mit sehr groben Apikaisporen. Endopodit unbeweglich (Abb. 98).
Gattung: Ghoriostopsylla J. & R. 1922, lebt auf Marsupialia.
Tribus Bradiopsyllini (Wagner). Auf Grund der Angaben Jordaxs und Roth-
schilds ist die Gattung Bradiopsylla in die Pygiopsyllinae eingeschlossen. Roth-
schild hielt sie anfangs für Pygiopsylla, aber sie ist von den anderen Pygiopsyllinae
bedeutend verschieden. Kopf mit einem umfangreichen Wangenlappen. Pronotales
Ktenidium besteht nur aus 4 bis 6 Rückenstacheln, die Praefrontalborstenreihe fehlt.
Die Borsten des 1. Paares am 5. Tarsenglied nicht zusammengeschoben.
Gattung: Bradiopsylla J. & R. 1922 ist von Echidna beschrieben und stellt
wahrscheinlich einen monozoiden Parasiten dar'^.
8. Subfam. Xifhiofsyllinae (Wagner)
Die Xifhiofsyllinae erinnern sehr an Aceratofhyllinae, haben aber keinen
inneren Chitinauswuchs am Vorderrande des Metasternum, dem Collare des
Mesonotum fehlen Pseudochaeten, das 9. Abdominalsternit des Mämichens
hat nicht den gewöhnlichen Vertikalzweig, und statt dessen setzt sich sein
Horizontalzweig weiter ins Innere des Körpers in Form eines speziellen Manu-
brium fort. Caput integrum. Protectum mit Tuber frontale. Der Vorderteil
des Tentorium nicht entwickelt. Antennengruben mit einer sehr scharfen
Trabecula centralis. 2. Abdominaltergit mit 3 oder mehr Borstenreihen. An
allen Tergiten besteht die Hauptreihe aus langen stabförmigen Borsten, die
parallele Ränder haben und zugespitzt sind. 5. Tarsenglied nur mit Lateral-
borsten (5 Paare).
Gattung: Xiphiopsylla J. & R. 1913.
Wenige Arten im tropischen Afrika liauptsächlich auf Murinae lebend.
^ Den Pygiopsyllinae nähern sich noch zwei Gattungen: Notiopsylla J. & R. 1914
und Chiliopsylla Roths. 1915. Die einzige Art der Gattung Notiopsylla lebt auf See-
vögeln auf Inseln des südlichen Teils des Indischen und Atlantischen Ozeans (Ker-
guelen-Ins., Süd-Georgien u. a.). Sie hat ein stark erhabenes Pygidium, doch in der
Beschreibung Jordans und Rothschilds ist das Sklerit vor dem Basalsternit
nicht erwähnt. Das pronotale Ktenidium ist nicht vorhanden. Ein Teil der Merkmale
macht sie der Neopsylla, ähnlich. Die Gattung Chiliopsylla ist bis jetzt nur auf Grund
eines Männchens bekannt. Ihren Merkmalen nach nähert sie sich Stivalius, unterscheidet
sich aber scharf von allen Pygiopsyllinae dadurch, daß sie am Kopf ein Antennal-
ktenidium besitzt, welches an das Ktenidium der Nearctopsylla erinni'it. In der Be-
schreibung Rothschilds sind keine Angaben über die Form des Pygidium enthalten,
noch irgendein Hinweis auf das Sklerit vor dem Basalsternit. Der Finger der Gonopode
sitzt, wie bei Stivalivs, an ihrem Apikairand und ist massiv. Chiliopsylla wurde auf
Dramiociops australis gefunden.
Bronns IClassen des Tierreichs. V. 3. Xlll. liiuli. \Va!J!uer. Xlll. f. 7
XIII. f. 98
Aphaniptera
9. Subfam. Listropsyllinae (Oudemans 1909)
OuDEMANS hat die Gattung Listwpsylla als eine besondere Subfamilie
abgegliedert auf Grund dessen, daß sie anstatt des gewöhnliclien Protectum
ein Listron besitzt (Abb. 99). Das zweite frontale Paar der „augenförmigen"
Organe befindet sich tiefer als das Listron. Der innere Chitinauswuchs des
Vorderrandes des Metasternum sjDringt wenig vor, ist manchmal unbemerkbar.
Abdominaltergite mit zahlreichen Apikalzähnchen, die am 1. Tergit ein rudi-
mentäres Ktenidium bilden. Caput integrum. Hinter dem Auge ein grober
Abb. 99. Listropsylla dorippe R. 5- Kopf. — (Orig.)
langer Sporn. Antennengruben berühren sich im Kopf nicht, Trabecula
centralis fehlt. Vorderteil des Tentorium entwickelt. Das Ende der Palpi
labiales spitz, asymmetrisch. Der untere Winkel des Mesopleurencollare gerade,
nicht abgerundet. Collare des Mesonotum mit zahlreichen Pseudochaeten.
Metanotum ohne Apikalzähnchen. 2. Abdominaltergit mit 2 Borstenreihen.
Die Lateralborsten des ersten Paares am 5. Tarsenglied zusammengeschoben
oder in basale Plantarborsten verwandelt.
Gattung: Listropsylla Roths. 1907.
Mehrere Arten Listropsylla leben im südlichen und tropischen Afrika vorzugs-
weise auf Murinae. Gleich der XipMopsyllinae entwickelten sich offenbar die Listrop-
syllinae im aethiopischen Gebiet unabhängig von den Pygiopsyllinae.
Nachtrag zur Fam. Ceratophyllidae. Die Gattimg üwpsyUa Roths.
1905, welche auf Grund eines Weibchens aus Tasmanien von Dasyurus festge-
stellt ist, gehört anscheinend zur Familie Ceraio'phyllidae, aber wegen der nicht
genügend genaueren Beschreibung des Verfassers bleibt es unklar, zu welcher
Subfamilie. Oudemans hat sie in eine besondere Familie {Uro'psyllidae)
eingeordnet.
XI. Geographische Verbreitung XIII. f. 99
XI. Geographische Verbreitung
1. Abhängigkeit der Verbreitung der Flöhe von ihren AVirten
Die Verbreitung der Flöhe über weit voneinander liegende Lokalitäten
und über verschiedene Gebiete der Erdkugel ist eng mit der Geographie ihrer
Wirte verbunden. Diese Abhängigkeit ist am deutlichsten sichtbar in Fällen
der Verschleppung einzelner Arten in Länder, wo sie früher nicht vorhanden
waren. So ist vor verhältnismäßig kurzer Zeit von Sciurus hudsoiiicus eine
Orchopeas-Ait aus Nordamerika nach England eingeschleppt worden und hat
sich hier bereits akklimatisiert. Ferner ist es bekannt, daß Tumja 'penetrans
aus Brasilien nach Afrika verschleppt wurde und nun über die ganze tropische
Zone Afrikas weit verbreitet ist. Eine andere Art dieser Gattung ist mit
Ratten nach China verschleppt worden.
Durch solche Übertragmigen mit Wirten miLß auch das Vorkonmien
einander verwandter, auf Vögeln lebender Arten in weit voneinander liegenden
Gebieten erklärt werden, z. B. der Arten von Dasypsyllus in Europa und
Amerika, von Paracallo'psylla in Schottland und Kaschmir. Obgleich Vogel-
flöhe nur sehr selten auf den Vögeln selbst vorkommen, sind doch solche Bei-
spiele bekannt 1.
Endlich erklärt sich durch die Verschleppung auch die Existenz kosmo-
politischer Arten. Zu diesen gehören neben Pulex irritans, auch Flöhe der
Haustiere [Ctenoce'phalides canis und C. felis, teilweise auch Ceratofhyllus
gallinae und Echidnofhaga gallinacea) und diejenigen der Hausratten {Noso-
psyllus fasciatus und Ctenofsyllus segnis). Alle diese Flöhe haben sich in den
Ländern, in welche sie verschleppt worden sind, akklimatisiert und leben nicht
nur auf Haustieren, sondern günstigenfalls auch auf wilden Tieren.
2. Vergleich der Verbreitung der Flöhe mit der der Säugetiere.
Flohfaunen der einzelnen zoogeographischen Gebiete
Die Geographie der Flöhe wiederholt im allgemeinen diejenige der Säuge^
tiere, so daß einzelne zoogeographische Gebiete wie durch Mammalia, so auch
durch verschiedene Familien und Gattungen der Aplianiptera charakterisiert
werden können. Die Ordnung Chiroptera ist über die ganze Erde verbreitet
und dementsprechend haben sich auch ihre spezifischen Parasiten, welche die
Farn. Ischnopsyllidae bilden, überall niedergelassen. Wir finden sie auch auf
den ozeanischen Inseln, wo es keine andere einheimischen Säuger außer Chiro-
ptera gibt, z. B. in Neu-Seeland.
Für das Notogäische Reich und das neotropische Gebiet sind von <len
Mammalia die Marsupialia charakteristisch und dementsprechend in dem-
selben Maße die Flohfamilie Stephanocircidae. Die gegenwärtige Verbreitung
1 Z. B. wurde Ceratophyllus gallinae auf dem Körper von Parus major, Turdus
ericitorum, Phylloscopus sibilatrix und einigen anderen Vögeln angetroffen; Cerato-
phyllus columlxie wurde auf Coiintibd pahnnbus gefunden usw.
XIII. f. 7*
XIII. f. 100 Aphaniptera
der Stephanocircidae kann so erklärt werden, daß ihre Ahnen auf Marswpialia
lebten zu der Zeit, als die Letzteren weit nach Norden wanderten. Zusammen
mit dem Aussterben der Beuteltiere in den Ländern der nördlichen Halb-
kugel verschwanden während der Tertiärperiode auch ihre spezifischen Para-
siten. Gehalten haben sie sich zusammen mit den Beuteltieren nur in Austra-
lien und Südamerika. — Zu den charakteristischen australischen Flöhen
gehört auch die Familiae Lycofsyllidae und die Subfamilie MacropsyUinae.
Die südamerikanische Fauna wird durch ihre eigenen Gruj)pcn von
Nagern charakterisiert und ebenso charakterisiert ist für sie die sehr arten-
reiche Flohgattung Rhopalopsyllus, die hauptsächlich auf Nagern lebt und zu
der rein-südamerikanischen Familie Malacofsyllidae gehört i. In Südamerika
ist auch die charakteristische Familie Sarcofsyllidae entstanden.
Das arktogäische Reich ist durch die Farn. Pulicidae charakterisiert,
von der nur eine kleine Gattung (Juxtafulex) in dem mexikanischen Unter-
gebiet des neogäischen Reichs lebt und das letztere mit dem arktogäischen
Reich genau so verbindet, wie einige Säugetiere.
Die A'phani'ptera des madagaskarischen Gebiets sind fast mibekannt,
doch gibt es dort die charakteristischen Gattungen Centetifsylla und Syno-
'psyllus aus der Fam. Pulicidae, deren allernächste Verwandten, gleich den-
jenigen der madagaskarischen Mammalia im tropischen mid südlichen Afrika
leben.
Wie bei den Mammalia, wird das äthiopische Gebiet durch eine Reihe
spezieller Gattungen aus verschiedenen Flohgruppen charakterisiert, wie die
Gattung Ghiasto'psyUa, die eine selbständige Tribus der Fam. Ceratophyllidae
bildet, ferner die Gattungen Xiphio'psylla und Listropsylla, welche selbstän-
dige Subfamilien der gleichen Familie darstellen, dann die Gattung Dino-
'psyllus aus der Fam. Ctenopsyllidae und endlich die sehr artenreiche Gattung
Xenopsylla aus der Fam. Pulicidae. Das äthiopische Gebiet muß als Stamm-
land überhaupt aller Xenopsyllinae angesehen werden; einige wenige Arten
dieser Subfamilie {Xenofsylla cheopis, Gtenocefhalides canis und Ct. felis) sind
auf Säugern, die dem Menschen folgen, in andere Länder später verschleppt
worden und sind in den Wohnsitzen der Menschen ,,Hausfiöhe" geworden 2.
Die jetzige Verbreitung der Xenofsylla-Krten weist deutlich auf den afrikani-
schen Ursprung dieser Gattung hin: bis jetzt sind aus dem tropischen und süd-
lichen Afrika nicht weniger als 25 Arten Xenopsylla bekannt, während nur
2 speziell indische Arten, nur eine Art von den südwärts von Java gelegenen
Inseln, eine Art von den Franklin-Inseln und eine Art von Ceylon und Meso-
potamien beschrieben sind; in Zentral-Asicn leben nur 7 einheimische Arten.
^ Einzelne wenige Vertreter dieser Familie in anderen Ländern, wie z. B. einige
Vogelfloliarten aus der Gattung Parapsyllus, sind zweifellos aus Südamerika ver-
schleppt worden.
^ Die jüngsten Beobachtungen in Moskau zeigen, z. B., daß die tropische X.cheopis
in den dortigen Häusern auf Ratten sogar häufiger vorkommt, als der europäische
Rattenfloh.
XI. Geographische Verbreitung XIII. f. 101
Dasselbe Verbreitungsbild liefert auch die Gattung Synostemus. Unter allen
Xempsyllinae gehört nur die Gattung Archaeopsylla, die auf Igeln in Europa,
Nordafrika und Nordasien lebt, dem paläarktischen Gebiet an. — Zusammen
mit dem paläarktischen Gebiet ist für das äthiopische die Subfam. Cteno'pJithal-
minae charakteristisch und zusammen mit dem australischen und indischen
G.ebiet die Subfam. Pygio-psylUnae (aus der Fam. Ceratophyllidae) und die
Tribus Echidnophagmi (aus der Fam. Pulicidae).
Im indischen Gebiet gibt es sehr wenig einheimische Gattungen. Hier
kommt der EinfluiJ der Paläarktik zur Geltung, da die Mehrzahl der Floharten
auf kleinen Säugern lebt, welche verhältnismäßig leicht südAvärts vom Norden
her eindringen. Dieses veranschaulicht beispielsweise die Verbreitung der
Neopsylla-Aiten. Als typische einheimische indische Gattungen müssen
Macrostylophora, Cratinius und Xenodaeria angesehen werden.
Für die Aphanipteren-Fauna des holarktischen Gebiets ist die reiche
Entwicklung der Ceratophyllinae und Acemtophylli'nae charakteristisch, welche
in anderen Gebieten verhältnismäßig schwach vertreten sind oder gänzlich
fehlen. Bei einem Vergleich der nearktischen Abteilung mit der paläarktischen
des holarktischen Gebiets fällt der vollständige Parallelismus zwischen der
Floh- und Mammalien-Fauna in die Augen. Beide Abteilungen haben eine
ganze Reihe gemeinsamer Gattungen, aber mit verschiedenen Arten, und noch
mehr Gattungen, die in nächster Verwandtschaft miteinander stehen. Von den
Familien, welche beiden Abteilungen eigen sind, kommen die Vermifsyllidae
nicht in anderen Gebieten vor ; die Mehrzahl der Vertreter der Vermifsyllidae
lebt in Europa und Asien, und wahrscheinlich ist diese Familie in der Palä-
arktis entstanden. Von den für Nordamerika imd die Paläarktis gemeinsamen
Gattungen können die folgenden genannt werden: Tarsopsylla, Oropsylla,
Amphalius, Cerotofhyllus, Megabothris, Monopsyllus, NeopsyUa, Rectofrontia,
Cteno-psylla, Corrodofsylla und HystricJwpsylla ; viele unter ihnen sind nur dem
holarktischen Gebiet eigen. Als Beispiel vikariierender Gattungen können
die europäische SpilopsylUis und die nordamerikanische CediopsyUa dienen,
beide spezifische Schmarotzer der Leporidae. Als das Entwicklimgszentrmn der
Spilopsyllini muß scheinbar die nearktische Abteilung des Gebiets angesehen
werden, da von allen Spilopsyllini (von dem zirkumpolaren Hoplopsyllus
glacialis Tasch. abgesehen) in Europa nur der monozoide Spilopsyllus cuni-
culi Dal. lebt. In der nearktischen Abteilung des Gebiets sind keine einhei-
mischen Familien vorhanden, in der paläarktischen haben wir eine solche
Familie, Copto'psyllidae, welche in Zentralasien und Nordafrika lebt.
Für die paläarktische Abteilmig des Gebiets sind die artenreichen Gat-
tungen Nosopsyllus und Ctenophthalmus^ sehr charakteristisch, ferner auch
die ausschließlich paläarktischen Gattrmgen Palaeopsylla, Mesopsylla und
^ Es ist nur eine Ctenophthalmus- Axt aus Nordamerika bekannt; alle anderen
Arten leben in der Paläarktis und dem äthiopischen Grebiete. Außer dieser Art ist
aus Nordamerika von den Ctenophthalminae überhaupt nur noch die einartige Gattung
Carteretta beschrieben.
XIII. f. 102 Aphaniptera
Archaeo'psylla; für das südliche (Mittelmeer-) Untergebiet der paläarktisclien
Abteilung sind, außer der Farn. Coftofsyllidae, die monozoiden Gattungen
Myoxopsylla und Caenopsylla kennzeichnend und für das nördliche Untergebiet
die Gattung CitellofJiilus und einige andere.
3. Verbreitung der einzelnen Familien, Subfamilien und Triben
Die geographische Verbreitung der Familien, Subfamilien imd Triben
gibt vielfach Aufklärung über das Zentrum ihrer Entstehung und oft über
die Verwandtschaft zwischen ihnen. So spricht die geographische Verbreitung
der Sarco'psyllidae und Pulicidae gegen die Vereinigung dieser Familien; die
Sarcofsyllidae sind, wie erwähnt, in Südamerika entstanden, während die
Pulicidae dort fehlen, wenn man von den Kosmopoliten absieht; sie sind
in der Alten Welt aufgekommen und entwickelten sich hauptsächlich in
Afrika, wo wir 13 von den bis jetzt 23 aufgestellten Gattungen finden, darunter
die artenreichsten Gattungen. Was die Pulicidae betrifft, so ist die Verbreitung
der Tribus Echidnophagini besonders interessant. Von den bis heute beschrie-
benen Arten leben 7 in Westaustralien, 5 bis 6 im tropischen und südlichen
Afrika und nur 3 in der Paläarktis. Die letzteren sind den Arten des tropischen
Afrika nahe verwandt und leben um das Mittelmeer herum und im westlichen
Teil Zentralasiens. Es läßt sich kaum bezweifeln, daß ihre Ahnen in diese
Länder aus Äquatorialafrika eingedrungen sind. Demnach leben EcJiidno-
fhagini gegenwärtig in den westlichen und östlichen Grenzländern des alten
Kontinents, welcher vor dem Beginn der Tertiärperiode Afrika mit Australien
verband. Die Annahme liegt nahe, daß ihre Ahnen auf diesem Festland lebten.
Einer ähnlichen Verbreitung längs den Grenzen des gewesenen Indo-Austra-
lischen Kontinents begegnen wir auch noch bei den Pygiopsyllinae (aus Cera-
tophyllidae); ihre Vertreter sind z. B. über Australien (Neu-Guinea einbe-
griffen), Indien mid das tropische Afrika verbreitet, während sie in anderen
Gebieten nicht vorkommen; speziell zu den Australiern gehören die Triben
Choriostopsyllini und Bradiofsyllini, aus der Tribus PygiopsylUni sind aus
Australien die Gattungen Glauertidos und Idiochaetis beschrieben, aus Austra-
lien und von den Inseln des Indischen Ozeans Acanthofsylla und Pygiofsylla,
aus Australien, Indien, von den Sunda-Inseln und aus dem südlichen und tro-
pischen Afrika Stivalius.
Von der geographischen Verbreitung einiger Gruppen der Fam. Cteno-
fsyllidae war oben die Rede. Diese Familie ist überhaupt in allen zoogeo-
graphischen Gebieten, außer Australien — wenn man von der australischen
Macrofsylla absieht — verbreitet. Von den Subfamilien der Ctenofsyllidae
gehört zu dem holarktischen Gebiet die Subfamilie Hystricho'psyllinae. Zu
bemerken ist, daß Vertreter dieser Gruppe bis heute in Asien (mit Ausnahme
des Kaukus und von Transkaukasien) nicht aufgefunden sind. Dem hol-
arktischen Gebiet gehören ferner die Stenofoniinae und die Mehrzahl der
Ctenojtsyllinae an. Aus der Tribus Ctenopsyllini ist nur eine Art {Ctenofsyllus
XII. Stammesgeschichte der ^pAamjj^era und ihre Verwandtschaft usw. XIII. f. 103
aethioficus Roths) aus dem äthiopischen Gebiet bekannt und eine andere
ist vom Norden nach Indien eingewandert. Genau so sind in Amerika aus
der Tribus Doratopsyllini vom Norden nach Südamerika Formen einge-
wandert, aus welchen die südamerikanischen Gattungen Tritopsylla, Ado-
ratofsylla, Neotyphloceras und Agastropsylla entstanden sind. In dem äthio-
pischen Gebiet lebt von den Ctenopsyllitlae die Subfamilie Dinofsyllinae
(außer der nordamerikanischen Stent stomera); ferner von den Hyfsofhthal-
minae die Gattungen HypsofJithahmis und Chimaero'psylla, während Nearcto-
fsylla und Corypsylla für Nordamerika charakteristisch sind^.
Die geographische Verbreitung der Familie Ceratofltyllidae bietet ein
ziemlich buntes Bild, doch ist die Mehrzahl der Subfamilien zweifellos auf
der nördlichen Halbkugel entstanden. Sie sind weder in Australien, noch
in Südamerika vorhanden, ausgenommen die dahin verschleppten Formen
und einige Arten von Dasypsyllus und Pleochaetis, welche vom Norden ein-
gedrungen sind. Was die Subfamilien und die Triben der Ceratxyphyllidae
betrifft, so lebt die Mehrzahl der Neopsyllinae in Asien und im westlichen
Teil Nordamerikas; in Osteuropa kommen nur zwei Arten von Neopsylla
vor; mehrere Arten sind aus dem südlichen China mid Indien beschrieben;
die Tribus Chiastofsyllini aber lebt ausschließlich in Südafrika. — Die Sub-
familie Ctenophthalminae ist oben erwähnt worden. — Die Subfamilie Rhadi-
nofsyllinae ist nur aus dem holarktischen Gebiet bekannt. Die Acerato'phyllniae
leben, mit Ausnahme der indischen Gattung Cratinius in; holarktischen Ge-
biet. Von ihren Triben leben die Paradoxopsyllini fast ausschließlich in der
Paläarktis, Ausnahmen bilden die oben erwähnte Gattung Cratinius, ferner
der nordamerikanische DolicJwpsyllus und eine Ctenofhyllus-kit. Paläark-
tisch sind auch die Atn'phi'psyllini und Brachyctenonotini. Von den Odonto-
fsyllini leben 3 Arten in Nordamerika und eine in Europa, die Anomiopsyllini
sind für Nordamerika charakteristisch.
Von den Ceratophyllinae leben Vertreter der Tribus Tarsofsyllini im
holarktischen {Tarsopsylla und Myoxofsylla) sowie in äthiopischen und
orientalischen (Libyastus) Gebieten; die Orcho'peini ausschließlich in Nord-
amerika; die Paracerini in der Paläarktis und im orientalischen Gebiet;
die CitellopJiilini in Asien und Europa; die Cerato'phyUini im holarktischen
Gebiet; endlich, haben sich die Dasypsyllini auf Vögeln über verschiedene
Gebiete verbreitet. Von den anderen Subfamilien der Ceratofhyllidae war
oben die Rede.
XII. Stammesgeschichtc clor AphauipUrn und ihre Verwandtschaft
mit anderen Insektenordnungeii
Bis jetzt ist nur ein einziger Fall des Vorkommens von Flöhen auf kalt-
blütigen Tieren bekannt, und zwar wiirde Echidnofhuga myrniecohii A\'aterst.
^ Eine solche Verbreitung der H ypsophthalminae weist vielleicht auf den künst-
lichen Charakter der Vereinigung dieser 4 Gattungen in eine Subfamilie hin.
XIII. f. 104 Aphaniptera
einmal auf einer Schlange {Diemenia swperciliosa) gefunden. Echte Wirte
dieser Art sind Marswpialia. Es ist unbekannt, ob in diesem Falle der Floh
wirklich das Blut der Schlange sog oder sich an ihr nur zeitweilig mit dem
Rüssel festhielt. Ferton (1919, nach Dampf) teilt mit, daß Flöhe auf Corsica
in vielen Häusern mangels Nahrung nichtfliegende Fliegen anfallen. Boden
(1881) beobachtete wie Pulex behaarte Raupen anfiel. Dampf unterwarf
diese Beobachtung einer Prüfung, indem er Hühnerflöhe die behaarten Raupen
der Acronycta auricoma anfallen lies. Er sah, wie die Flöhe in die Behaarung
der Raupen eindrangen und die letzteren sehr störten, stellte aber fest, daß sie
unbehaarte Raupen in Ruhe ließen. Aus dem Experiment Dampfs ist es nicht
zu ersehen, ob die Flöhe das Blut der Raupen gesogen haben; es weist, ebenso
wie die Beobachtung Bodens, nur auf die Gewohnheit der Flöhe hin, sich
in Haaren zu verbergen, doch nicht auf einen etwaigen Parasitismus ihrer
Ahnen auf kaltblütigen Tieren.
Nach allen oben angeführten Tatsachen zu urteilen, ist die Ordnung
Aphaniptera auf Mammalia entstanden. Die Annahme ist berechtigt, daß
die Ahnen der Flöhe anfangs in Nestern der Säuger nicht als Parasiten, sondern
als Kommensalen lebten, gleich einigen Käfern, da sie dort Nahrung für sich
selbst und für ihre Larven im Überfluß fanden. Unter dem Einfluß einer
engen und steten Berührung mit den Säugern in ihren Nestern verwandelten
sie sich allmählich in Parasiten und parallel diesem Prozeß mußte auch eine
entsprechende Umwandlung des Baues ihrer Mundteile stattfinden.
Ob die Ordnung der Flöhe sich auf den Mammalia der mesozoischen
Epoche gebildet hat oder bedeutend später, am Anfang der Tertiärperiode,
das läßt sich nicht entscheiden. Die Palaeontologie liefert kein Material
für die Lösung dieser Frage, denn bis heute ist nur ein fossiler Floh aus bal-
tischem Bernstein bekannt. Die Untersuchung dieses Unikums durch Dampf
(1910) erwies, daß dieser Floh zur rezenten Gattung Palaeopsylla gehört,
die aber nicht als die ursprüngliche Form der Flöhe betrachtet werden kann.
Diese Palaeofsylla Mebsiana Dampf (Abb. 100) beweist also nur, daß in der
Zeit des Oligozäns die Ordnung AfJiani'ptera bereits alle ihre charakteristischen
Eigentümlichkeiten besaß und natürlich bereits durch eine Reihe Familien
vertreten war. Wer der Wirt der Pal. Mebsiana gewesen ist, das kann auch
nicht festgestellt werden, da die entsprechenden geologischen Schichten
an Fossilien der Säugetiere sehr arm sind, und die Haare, welche sich im
Bernstein vorfinden, sehr verschiedenen Ordmmgen der Mammalia {Glires,
Insectivora, Marswpialia u. a.) gehören können.
Die Frage nach der Verwandtschaft der Aphaniptera mit anderen In-
sektenordnungen ist bis auf den heutigen Tag strittig. Linnaeus (Syst. Nat.,
ed. XIII) hatte die Flöhe in seine vollkommen künstliche Gruppe Aptera
eingeschlossen. Nachdem die Flöhe als eine selbständige Ordnung der In-
sekten abgegliedert waren (Degeer 1778, Lamarck 1801), brachten sie ver-
schiedene Verfasser mit den Rhynchota (Fabricius) oder mit den Diptera
(Lamarck) in Verwandtschaft. Was die Diptera betrifft, so gesellte bereits
XII. Stammesgeschichte der ^pÄampiera und ihre Verwandtschaft usw. XIII. f. 105
RoESEL die Flöhe auf Gnuid ihrer Metamorphose und der saugenden Mund-
werkzeuge zu den Diftera in die Nachbarschaft der Mücken und Schnaken.
Taschenberg brachte ebenfalls die Flöhe in die Nähe der Diftera, doch
wies er auf einige wichtige Unterschiede im Bau der Imago hin. Nach Taschen-
bergs Monographie (1880) wurden die Flöhe in vielen Lehrbüchern in die
Ordnung Diftera als eine Unterordnung eingeschlossen. Kraepelin dagegen
gelangte (1884) in seiner Arbeit über die Mundteile der Flöhe und der anderen
saugenden Insekten zu dem Schluß, daß der Bau der Mundteile keine An-
näherung der Flöhe an irgendeine Dipterengruppe gestattet und eher an
Rhynchota erinnert. Nach Packard (1884) stehen Flöhe den Diftera näher,
als den anderen Insektenordnungen. Handlirsch fand es möglich, ihre
Abb. 100. Palaeopsj/Ua klehsiana Dampf aus dem baltischen Bernstein. —
(Nach ÜAMrF.)
Abstammung zusammen mit derjenigen der Nenmtocera {Mycetofliylidae)
von einer gemeinsamen alten Insektengruppe abzuleiten. Auch Börner,
der der Deutung der Mandibeln und Maxillen der Flöhe von Kraepelin nicht
beipflichten wollte, leitete sie von dem Zweige Holmnetahola {„Cercofhora'')
ab, welche einerseits den Anfang der Ordnung Hymencptera, anderseits
der Ordnungen Diftera, Afhaniftera und Mecoftera darstellen soll. Im
Aimähern der Flöhe an die Diftera gelangte am weitesten Dahl (1898),
der sie von einem ihnen mid Phoriden gemeinsamen Ahnen {„Archiscatofse"'
von Dahl genannt) abzuleiten versuchte. Diese Hypothese wurde alxT bald
von dem Diptetologen Wandollek und besonders von Heymons (1899)
verworfen. Zur Zeit glaubt die Mehrzahl der Verfasser, mit Kraepelin und
Heymons zusammen, daß die saugenden Mundteile der AfJianiftera sich aus
den kauenden unabhängig von den Mundteilen der Diftera entwickelt haben.
XIII. f. 106
Aphaniptera
Auf die Verwandtschaft der Flöhe mit Käfern wies zuerst Brauer hin
(1885). Dieselbe Ansicht wurde später von Lameere (1900) verfochten,
welcher die Flöhe in die Ordnung Coleoftera (und zwar in die Gruppe Staphy-
liniformia) als eine einfache Familie einschloß. Trotz der Kritik, welcher
der Koleopterologe Ganglbauer die Ansicht Lameeres unterwarf, schloß
sich dieser Ansicht ein anderer Koleopterologe, Semenow, völlig an (1904).
In der allerjüngsten Zeit ist auch Martini (1922, 1923) auf Grund der Ver-
gleichung des Baues des Ctenocephalides mit dem Körperbau des Oxytellus
(aus der Familie Sta/phylinidae) zu demselben Schluß gelangt. Er hält die
Aphaniptera für eine Unterordnung der Coleoptera. Später änderte Lameere
seine Ansicht (s. Precis de Zoologie in Rec. Inst. Zool. Torley-Eosseau,
T. V, fasc. 1, 1936) ; er bringt jetzt die Ordnung Aphaniptera zusanmien mit
den Ordnungen Mecoptera, Megaloptera und Trichoptera in die Gruppe ,,Ste-
gopteres" hinein und hält es für wahrscheinlich, daß die ältesten Mecoptera,
deren fossile Vertreter bereits aus permischen Schichten bekannt sind, die
Wurzel nicht nur den gegenwärtigen Mecoptera, sondern auch anderer Ord-
nungen der Stegopteren darstellen.
Wahrscheinlich sind die Verwandten der Aphaniptera unter den am
tiefsten stehenden Neuropteroidea zu suchen, worauf die große Anzahl der
vollständigen Abdominalsegmente, der Typus des Tracheensystems, die Cerci,
das Nervensystem der Larve und der Imago, der Bau des Stomadaeum,
die Zweizahl der Receptacula seminis, die ersten Entwdcklungsstadien des
Geschlechtsapparates der männlichen Larven und endlich einige innere
Veränderungen während der Metamorphose hinweisen.
o
s
o
-Piilicinae
_Xenopsyllinae
.S'pilopsyllinae
- Macropsyllinae
.Hystrichopsyllitiae
- Stenoponiinae
-Dinopsyllinae
-H ypsophthalminae
o
«SS
-Ctenopsyllinae
-Mesopsyllinae
~Neopsyllinae
-Ck'.nopthahninae
-Rhadinopsyllinae
-A ceratophyllinae
-Geratoph yllinae
-Pygiopsyllinae
-Xiphiopsyllinae
-Listropsyllinae
Auf Grund der oben angeführten morphologischen Merkmale einzelner
Flohgruppen mid teilweise auf Grund ihrer geographischen Verbreitung
Erklärungen der Abkürzungen für alle Abbildungen XIII. f. 107
darf man annehmen, daß der Stammbaum der Afhani'ptera bereits sehr
früh in die drei schon erwähnten (s. Systematik, 1) Zweige zerfiel. Der eine
Zweig führte zur Familie C.emto'phyllidae, der zweite gliederte zuerst die
Ischno-psyllidae von sich ab imd zerfiel dann in die Stephanocircidae und Cte-
nopsyllidae. Der dritte Zw^eig teilte sich ganz am Anfang in zwei Teile; aus
dem einen sind die Pulicidae und Sarcopsyllidae, aus dem anderen die übrigen
Familien entstanden, und zwar zuerst die Vernii'psyllidae mit den Lycopsyllidae
und dann die Rhofalofsyllidae mit den CoptopsylUdae. Die Verwandtschafts-
verhältnisse zwischen den Subfamilien der Pulicidae, Clenopsyllidac und
Ceratofhyllidae können graphisch etwa wie auf S. 106 dargestellt werden.
Erklärungen der Abkürzungen für alle Abbildungen
a
— Antennen.
dex
= Dörnchen der Koxen.
ac
= Acetabularborsten-
de
= Dorsalkommissur.
ad
= Aedeagus.
de
=: Vas deferens.
ag
— Drüsenabschnitt des Recept
se-
dj
— Ductus ejaculatorius.
minis.
dkd
= Rectalsack (Dickdarm).
al
= Flügelanlagen.
dl
= Dorsalplatte der Gonopoden.
am
— Rektalampulle.
dlm
= Muskeln-Dilatatoren.
an
= Anus.
dm
= Zähnchen der Mandibeln.
ap
= Apophyse.
dnd
= Dünndarm.
at
= Verwachsungsfeld
der
Antennen-
do
= Ductus obturatorius.
gruben.
ds
= Ausführungsgang der Speichel
bb
= basale Plantarborsten
des
Prä-
drüsen.
tarsus.
dsa
= unpaariger Speichelgang.
bc
— Basalsklerit.
dse
= Ductus seminalis.
bf
= beweglicher Pinger
der
Gonopode.
dv
=: Herz.
br
= Durchbrecher des
Chorion.
e
= Ausschnitt der Propleuren.
bs
= Basalplatte des 8.
Sternits.
ed
— Enddarm (Rectum).
bu
= Bursa copulatrix.
em
= stabförmiges Entoskelet der Meso
c
= hintere Chitinverdickun
gderKopf-
pleuren.
kapsei.
en
= Entopodit.
ce
= Cercus.
ep
= Epithel.
cf
= Frontalktenidiuni.
ex
= Exopodit.
cg
= Genalktenidium.
f
= unbeweglicher Finger der Gono
ch
= Chitin.
pode.
chl
= larvales Chitin.
/«
= Antennengrube.
chp
= pupales Chitin.
ß
= Frontalborstenreihe.
ck
= postoccipitaler Kamm.
fc
= Fettzelle.
cl
= Clava.
fct
— falsches Ktenidum.
dp
= Clypeolus.
fe
= Femur.
col
— Collare.
fg
= Gcnallapy)en.
er, CS ^ Sklerit.
fh
= Helmfurche.
ctc
= Ktenidium.
fi
= interantennale Fixrche.
cv
= Halssklerit.
fr
= Frons.
ex
= Koxc.
ß
= Geruchsorgane.
db
— Ductus bursae.
9
= Gena.
XII
I. f. 108
Aphaniptera
gd
= gewundener Dar
mabschnitt.
pc
= Ductus communis.
gh
= Gehirn.
pd
= Pars dilatata ducti seminalis.
gl
= Drüse.
pe
== Petiolus.
go
= Gonopode.
Pf
= Präfrontalborstenreihe.
gs
= Speicheldrüse.
ph
= Pliragma.
gz
= große Zellen.
pha
= Phraynx.
hb
— Hinterrandborstenreihe.
pi
= Protectum inversum.
hh
= Hinterkopf.
pm
= Prämaxillarborste.
hm
= Helm.
pl
= Propleuren.
ho
= Hoden.
pn
= Pronotum.
hp
= Nachschieber.
pr
= Chitinauswuchs des Metaster-
hy
— Hypopharynx.
num.
ic
= interantennale
Ohitinverdickung.
ps
— Pseudochaeten.
il
=. intersegmentale
Lappen.
pt
= Pygidialtergit.
im
= Intersegmentaln
lembran.
pv
= Proventriculus.
in
= Intiraa.
py
= Pygidium.
leb
= Kaminborstenreihe.
pz
= Protectum.
kz
— kleine Zellen.
ra
= Appendix recept. sem.
l
= Labium.
rc
= Receptaculum seminis.
Ib
= Lateralborsten.
rh
= horizontaler Zweig des 9. Sternits
Ic
= Ansatzlinie der
Intersegmental -
beim Männchen.
membran.
rr
= Reservoir des Receptaculum se-
Ir
= Labrum.
minis.
Is
= Listron.
rv
= vertikaler Zweig des 9. Sternits
It
= Labialpalpen.
beim Manchen.
m
= Muskeln.
s
= Sternit.
ma
= Manubrium.
sa
— Analsternit.
mb
— Maxillarborste.
sb
= Scheitelborstenreihe.
mc
— Cardo.
sd
= Speichelrinne.
md
= Mandibeln.
sk
= Scheitelrinne der Kopfkapsel beim
me
= Mesenteron.
Männchen.
mn
= Mesonotum.
sl
= Salivarium.
mp
= Mesopleuren.
sm
= Submentum.
mt
= Maxillarpalpen.
so
= ,,augenförmige" Organe.
mte
= Metepisternum.
sp
= Subpygidialsklerit.
mtm
— Metepimerum.
spr
= Sporen.
mtn
= Metanotum.
st
= Stigma.
mts
= Metasternum.
stm
= Stomodaeuna.
ms
= Stipes.
SU
— metepimerale Nath.
mx
= Maxillen.
t
= Tergit.
my
= Mioblasten.
tc
= Trachee.
ng
= Nervenganglion.
te
= Tentorium.
nf
= Nodus frontale.
tf
= Trabecula frontalis.
0
= Mundöffnung.
ti
= Tibie.
ob
= Augenborste.
tr
= Trabecula centralis.
oc
== Auge.
ts
= Tarsus.
oe
= Oesophagus.
u
= Höcker der Nachschieber.
ok
= hintere kuppeiförmige Abteilung
VC
— Ventralkommissur.
der Kopf kapsei
vg
— Vagina.
op
= Präoralplatten.
vm
==: Malpighische Gefäße.
OS
= Sinnesorgane.
vs
= Speichelreservoir.
ov
= Ovarium.
vt
= Vorderteil des Tentorium.
P
= Penis.
X
= „x"-Organ.
XIII. Literaturverzeichnis XIII. f. 109
Xin. Literaturverzeichnis
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1 S. Anm. ], S. 113.
Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs
Fünfter Band: Arthropoda (Gliederfüßler)
Abteilung I:
Crustacea
Zweite Auflage
Herausgegeben von A. Scheilenberg, Berlin
Die zweite Auflage dieser Abteilung befindet sich in Vorbereitung
Die erste Lieferung ist vor kurzem erschienen
Inhaltsangabe:
1. Buch
Allgemeines : A. SCHELLENBERG,
Berlin.
2. Buch
L Phylloiioda : E. WAGLER, München.
n. Ostracoda: Dr. GRAF, Wien
3. Buch
L Copepoda: O. PESTA, Wien.
n. Branchiura:
IlL Cirripedia : P. KRÜGER, Heidelberg.
IV. Ascothoracida: P. KRÜGER, Heidel-
berg.
4. Buch
l. JLeptosfraca:
II. Anaspidacea: H. J. STAMMER,
Erlangen.
m. Mtjsidacea: W. M. TATTERSALL,
Cardiff.
IV. Thermoshaenacea: TH. MONOD,
Paris.
V. Cumacea: C. ZIMMER, München.
VI. Tanaidacea:
5. Buch
I. Isopoda (exkl. Oniscoidea).
n. Isopoda, U.-Ordg. Oniscoidea:
K. W. VERHOEFF, Pasing.
6. Buch
I. Amphipoda: A. SCHELLENBERG,
Berlin.
n. Stomatopoda: H. BALSS, München.
Erschien soeben. 1938. S. 1 — 173. Mit
114 Abbildungen. Preis RM. 22.—
IIL Euphansiacea: C. ZIMMER,
München.
7. Buch
Decapoda: exklusive Ontogenie und
Physiologie: H. BALSS, München,
Physiologie: W. VON BUDDEN-
BROCK, Halle a. d. S.; Ontogonie;
E. KORSCHELT, Marburg a. d. L.
Für die einzelnen Bücher wird jeweils nach Abschluß ein
Bandtitel nebst Register geliefert.
Früher erschien von dieser Abteilung:
1. Hälfte: Entomostraca. Von A. GERSTACKER, Greifswald. 1866—1879. 1320 5.
Mit 49 Tafeln. Vergriffen.
2. Hälfte:* Malacostraca. Von A. GERSTACKER, Greifswald, und A.E. ORTMANN:
Princeton. 1901. VIE, 1519 S. Mit 128 Tafeln. (Lieferung 1—62.)
Preis RM. 18450
* Von dieser Hälfte sind noch einige Exemplare lieferbar.
Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H. / Leipzig
SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES
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Kurze Anweisung für
systematische Studien
Von Dr. Bernhard Rensch, Berlin
1934. IV und 116 Seiten mit 22 Abb. im Text. Preis kart. RM. 6.20
Das aus Unterweisungen von Studenten hervorgegang^ene Buch
macht es sich zur Aufgabe, die modernen systematischen Kategorien
eingehend zu erläutern und die praktische Durchführung und die theo-
retische Bedeutung an Hand von Beispielen aufzuzeigen. Es ist gänz-
lich für die Praxis berechnet und bringt die Probleme in der
Reihenfolge, wie sie sich im Laufe der systematischen Arbeit er-
geben. Einen relativ breiten Raum nehmen die schwierigeren
Fälle ein (besonders Grenzfälle zwischen den einzelnen Kate-
gorien), die erfahrungsgemäß am meisten Anlaß zu Irrtümern
und Mißverständnissen geben. Die stetig zunehmende Kom-
plikation der biologischen Fragestellungen hat eine Änderung der
UntersuchungsohjeJde zur Folge gehabt. Es treten heute Probleme
in den Vordergrund, die nur durch Vergleich nächstverwandter
Formen, durch sorgfältiges Studium benachbarter Arten, Rassen
oder individueller Varianten gelöst werden können. Ökologie,
„biologische Anatomie"' und Genetik sind völlig an derartiges Ma-
terial gebunden. Damit ergibt sich für den „Allgemeinzoologen"
die Notwendigkeit, sich über die Gliederung der untersten syste-
matischen Kategorien zu orientieren. Aber auch der Systematiker
ist heute in stärkerem Maße als zuvor an den allgemeinen
Problemen der Taxonomie und Terminologie interessiert.
Aus dem Inhalt:
Allg-emeinbiologische Andeutung- des Studiums der untersten syste-
matischen Kategorien — Normaler Entwicklunj^fsg-an»' in der Erfor-
schung einer Formengruppe — Generelle Anwendung des geogra-
phischen Prinzips — Terminologie der untersten systematischen
Kategorien — Neubeschreibung und Revision von Formen Nomen-
klaturregeln — Das Genus geographicum als Grenzfall — Bedeutung
der individuellen Variabilität — Bedeutung der zeitlichen Variabilität —
Abgrenzung der ökologischen Variabilität — Geographische Rassen
in statu nascendi — Terminologische Vei'suche zur feineren Differen-
zierung der untersten Kategorien — Der taxonomische Wert der
Merkmale — Höhere systematische Kategorien — Anwendungsraög-
lichkeiten moderner systematischer Prinzipien in der Paläontologie
und Botanik — Maximen für angehende Systematiker.
AKADEMISCHE VERLAGSGESELLSCHAFT M. B. H. / LEIPZIG
Druck von C. Schulze & Co., Gm blL, Grafeiihainichen