KARL VORETZSCH
ALTFRANZÖSISCHE
SPRACHE
Verlag von Max Niemeyer, Halle
KMlUl.^bKl
w
SAMMLUNG KURZER LEHRBÜCHER
DEB
ROMANISCHEN SPRACHEN
UND LITERATUREN
I
EINFÜHRUNG IN DAS STUDIUM
DER
ALTFRANZÖSISCHEN SPRACHE
HALLE A. S.
VERLAG VON MAX NIEMEYER
1918
EINFÜHRUNG IN DAS STUDIUM
DER
ALTFRANZÖSISCHEN SPRACHE
ZUM SELBSTUNTEREICHT FÜR DEN ANFÄNGER
VON
De. CARL VORETZSCH
O. PROFESSOR DER ROMANISCHEN PHILOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT HAXJLK
FÜNFTE AUFLAGE
HALLE A. S.
VERLAG VON MAX NIEMEYER
1918
2215
19/^
Seinem verehrten Lehrer
Herrn Prof. Dr. Fritz Neiimann
in Dankbarkeit und Treue
gewidmet
Tom Verfasser.
Alle Rechte,
besonders das der Übersetzung in fremde Sprachen,
vorbehalten.
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage.
Das vorliegende lehrbuch ist aus praktischen Übungen
hervorgegangen. Seine Veröffentlichung verfolgt den zweck,
dem anfänger, welchem sich solche elementare Übungen nicht
bieten, dieselben zu ersetzen und ihm diejenigen kenntnisse
mitzuteilen, vermöge deren er einer systematischen Vorlesung
über altfranzösische oder historische grammatik oder einer text-
interpretation mit besserem Verständnis zu folgen vermag als
es ohne solche Vorkenntnisse möglich wäre.
Die hierfür angewante methode ist nicht neu. Ein lite-
rarisches Vorbild hat sie an Zupitzas bekannter und beliebter
'Einführung in das Studium des Mittelhochdeutschen', die ich
selbst als angehender germanist mit lust und liebe studiert und
schätzen gelernt habe. Speciell für das altfranzösische aber
sehwebten mir als freilich unerreichtes vorbild die Übungen
vor, mit denen seinerzeit — es war im sommer 1887 zu Frei-
burg i. B. bei der lektlire von Alexius und Aucassin — mein
verehrter lehrer, dessen name das vorangehende widmungsblatt
schmückt, Herr Professor Dr. Fritz Neumann, mich, wie vorher
und nachher so viele hunderte von jungem der romanischen
Philologie, in das Studium des altfranzösischen eingeführt hat.
Wie ich, werden sie alle mit vergnügen dieser anregenden
stunden gedenken und ihrem lehrer für die sozusagen spielend
erworbenen kenntnisse dankbar sein. Es ist mir eine freudige
genugtuung, ihm, der mich nicht nur in das Studium unserer
Wissenschaft eingeführt, sondern auch mein interesse und meine
begeisterung für dieselbe so wesentlich gefördert hat, dies buch
als äusseres zeichen meiner dankbarkeit widmen zu dürfen.
Wie sehr solche praktischen einführungen den wünschen
des Studenten entgegenkommen, habe ich seitdem als aka-
VIII Vorwort.
demischer lehrer selbst zu erproben gelegenheit gehabt. Be-
greiflicherweise aber ist es dem einzeln en Vertreter unseres
faches nicht möglich, diese Übungen so oft zu wiederholen als
sie im Interesse der anfänger notwendig wären. Mancher
dozent auch mag von vornherein auf die abhaltung solcher
elementarUbungen verzichten. Das privatstudium einer syste-
matischen grammatik vermag nach mannigfachen beobachtangen
diese tibuogen beim anfanger, dem alle notwendigen vorbegrijQfe
der sprachlichen entwicklang fremd sind, nicht zu ersetzen.
So erschien es mir nützlich, dem anfänger ein buch in die
band zu geben, das wirklich nichts anderes voraussetzt als das
latein und französisch, das er auf der schule gelernt hat, ein
buch, das geeignet sein soll, ihn mit einer anzahl häufig ge-
brauchter wortformen und sonstiger eigentümlich keiten des
altfranzösischen vertraut zu machen, ihn in die grundbegriffe
sowie in die haupttatsachen der sprachliehen entwicklung
einzuführen und zum Verständnis eines leichteren altfranzö-
sischen textes anzuleiten. Die gelegentlichen hinweise auf die
italienischen und provenzalischen formen sollen zunächst die
entstehung der entsprechenden französischen erklären helfen,
zugleich aber den blick über die grenzen des altfranzösischen
hinauslenken und das bewusstsein dafür wecken, dass das
Studium desselben seine ergänzung und erfUllung in dem weiten
rahmen der romanischen philologie findet.
Bei der Übertragung dieser mündlich zweifellos bewährten
praktischen Übungen in die form eines gedruckten lehrbuches
war freilich mancherlei zu beachten. Es handelte sich dabei
nicht um eine blosse kopie des gesprochenen Wortes. In den
Übungen kann frage und antwort eingreifen, kann repetition
und erläuterung nach bedürfnis nachhelfen. Im lehrbach muss
alles so formuliert sein, dass der autodidakt einer weiteren
nachhilfe nicht bedarf, er soll in den stand gesetzt werden,
sich schliesslich selbständig die einzelnen worte und formen
sowie den sinn des textes zu erklären. Daher im anfang die
ausführliehe, wort für wort systematisch erklärende erläuterung
mit interlinear Version, Wiederholungen und verweisen, statt
dessen später der blosse text mit den notwendigsten bemerkungen.
So zufällig die reihenfolge der an die einzelnen textworte ge-
knüpften regeln und erläuterungen zu sein scheint, so muss
Vorwort. IX
doch auch hier ein fortschreiten vom leichteren zum schwereren
stattfindeD. Durch die Vereinigung von analyse und Synthese
hoflFe ich auch dem einwand zu begegnen, als ob diese induktive
methode nur dazu gut sei, einen häufen uugeordneter und zu-
fällig vereinigter regeln vor äugen zu führen.
Besonders habe ich mein augenmerk darauf gerichtet, nicht
nur die regel aus dem gegebenen beispiel zu abstrahieren,
sondern auch die weiteren beispiele soweit als möglich aus
dem text selbst zu nehmen, in erster linie aus dem hier ab-
gedruckten teil, in zweiter aus dem reststück der Karlsreise
(letztere beispiele sind durch einklammern der verszahlen
kenntlich gemacht), nur im notfall, bei seltneren regeln und
mangel an beispielen, habe ich auch aussenliegende heran-
gezogen. Der vorteil liegt darin, dass die gleichen worte und
formen dem lernenden immer wieder vor äugen geführt und
von einer neuen seile beleuchtet werden, so dass sie oft schon
völlig erklärt sind, wenn sie im text selbst an die reihe
kommen. Zugleich wird der lernende dadurch mit einem nicht
zu umfangreichen material mehr und mehr vertraut und gewinnt
so eine feste basis für weitere Studien.
Möge das buch, dessen allmähliches werden und dessen
definitive abfassung mir selbst viele freude gemacht hat, seinen
zweck erfüllen und dazu beitragen, das Interesse für das
wissenschaftliche Studium des französischen anzuregen und
das Verständnis für weitergehende Vorlesungen bei den Jüngern
unserer Wissenschaft vorzubereiten.
Tübingen, Pfingsten 1901.
Der Verfasser.
Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage.
Als ich vorliegendes buch zum erstenmal hinausgab, war
ich mir wol trewusst, dass es ein methodisches experiment war.
Der erfolg hat gezeigt, dass es tatsächlich den bedürfnissen
vieler entgegenkam. In dieser hinsieht haben mich besonders
X Vorwort.
die Zuschriften verschiedener — persönlich mir meist gan«
unbekannter — benutzer des buches interessiert und gefreut.
Auch bei den fachgenossen und namhaften kritikern hat
sich das buch einer durchaus wohlwollenden aufnähme zu er-
freuen gehabt, und manche der letzteren haben durch wert-
volle einzelbemerkungen zur Verbesserung des buches hei-
mgetragen. Besonderen dank schulde ich in dieser beziehung
den anzeigen der herren A. Walle nsköld, A. Tobler,
H. Suchier, K. Vossler und B. Röttgers (siehe das Verzeichnis
der recensionen im anhang). Die kollegen E. Levy und
0. Schultz -Gora haben mir eine reihe berichtigungen und
bemerkungen brieflich zur Verfügung gestellt, wofür ihnen auch
an dieser stelle freundlichst gedankt sei. Die anzeige der
neuen aufläge von Koschwitzens ausgäbe der Karlsreise durch
E. Herzog (Januarnummer des Literaturblattes 1903) kam mir
für einige lesarten noch zu statten.
Die 'Sammlung kurzer Lehrbücher der Romanischen
Sprachen und Literaturen' ist entstanden als ein gegenstück zu
der vor mehreren decennien begründeten und im selben verlag
erscheinenden 'Sammlung kurzer Grammatiken Germanischer
Dialekte'. Dass wir bei der Romanischen Sammlung von vorn-
herein auch die literatur mit einschlössen, ergab sich aus dem
plane meines altfranzösischen lehrbuchs. Im übrigen war unsere
Sammlung von anfang an auf das gesamtgebiet des romanischen
berechnet. Die 'Handbücher' bilden ein charakteristisches dement
unseres Unternehmens. Auch die einzelnen bände werden sich
voraussichtlich von solchen ähnlichen titeis nach auswahl und
anläge des stoflFes mehr oder weniger unterscheiden.
Tübingen, Ostern 1903.
Der Verfasser.
Vorwort zur dritten Auflage.
Auch der zweiten aufläge ist wie der ersten freundliche
aufnähme bei den fachgenossen und eifrige benutzung durch
die studierenden zuteil geworden. Durch das Verzeichnis der
Vorwort. XI
über beide auflagen erschienenen reeensionen im anbang hoffe
ich manchem, der dieser oder jener kontroverse genauer nach-
gehen möchte, einen gefallen zu erweisen. Eifrige benutzer
und benutzerinnen des baches haben manchen druckfehler
berichtigt oder durch ihre anfragen auf erkläruogs bedürftige
punkte aufmerksam gemacht.
Vor allem aber schulde ich aufrichtigen dank für eine
reihe von kritischen bemerkungen und hinweisen meinem hoch-
verehrten lehrer Fritz Neumann selbst, dem das buch
gewidmet ist. Diesem sind dadurch im einzelnen zahlreiche
direkte Verbesserungen erwachsen, und auch da, wo ich der
meinung des verehrten lehrers nicht ganz beipflichten konnte,
hat er mich durch seine bemerkungen doch zu einer erneuten
Prüfung oder präciseren fassung meiner eigenen formulierung
veranlasst. Für alle mir auch bei dieser gelegenheit bewiesene
gute spreche ich ihm meinen herzlichen dank aus, und es ist
mir ieine besondere freude, ihm diese neue aufläge zum fünf-
undzwanzigjährigen Jubiläum seiner beruf ung als professor der
romanischen philologie nach Freibarg darbringen zu können.
Meine eigene arbeit hat sich auch diesmal nicht auf die
durchprUfung und Verwertung der neuen grammatischen literatur
beschränkt. So habe ich u. a. den allgemeinen abschnitt über
die lautgesetze durch eine chronologische Übersicht erweitert.
Da mein buch eine einführung in das altfranzösische sein und
zu weiterer lektüre und grammatischen Studien anregen soll,
habe ich im anhang die wichtigsten handbücher und die für
den anfänger brauchbarsten textausgaben zusammengestellt,
damit dieser sich nach dem Studium meines buches im notfall
auch selber weiterhelfen kann. Eine zusammenhängende biblio-
graphie der grammatischen einzelfragen scheint mir auch jetzt
noch nicht im rahmen eines elementarbuches zu liegen. Um
aber meinen kritikern und solchen benutzern, welche gern
selbst nachprüfen, rechenschaft über die von mir gemachten
aufstellungen abzulegen und ihnen zeitraubendes suchen zu
ersparen, habe ich da, wo es angezeigt schien, besonders bei
entlegeneren fundsteilen oder Publikationen neueren datums,
die bibliographischen verweise hinzugefügt. Die beifUgung
einer phonetischen transscription der I. laisse im Zusammen-
hang (s. 177) sowie des diplomatischen abdrucks (s. 306) ent-
XII Vorwort.
spricht dem wünsche eines recensenten des buches (Kanzler),
es wird dem studierenden dadurch eine bequeme vergleichung
und ein vorläufiger einblick in das Verhältnis des kritischen
textes zur Überlieferung ermöglicht.
Tübingen, Ostern 1907.
Der Verfasser.
Vorwort zur vierten Auflage.
Auch für die neue aufläge habe ich mich bemüht die
ergebnisse der einzelforschung nutzbar zu machen. Die in
recensionen niedergelegten kritischen bemerkungen und wünsche
habe ich ebenso wie die von benutzern des buehes vorgelegten
fragen und beobaebtungen sorgfältig geprüft und nach mög-
lichkeit berücksichtigt. So habe ich auf wünsch von Jeanroy
und Röttgers ein alphabetisches Sachverzeichnis, wenigstens
für die allgemeinen kategorien, beigefügt, für die einzelheiten
bieten die beiden systematischen teile und das glossar hin-
reichende verweise. Durch hinzufügung eines fünften teiles
'Proben aus den ältesten französischen Sprachdenkmälern', den
ich im wesentlichen aus meiner 'Einführung in das Studium
der altfranzösischen Literatur' übernommen habe, glaube ich
nicht nur diese zu entlasten, sondern auch das voliegende buch
zu bereichern, da der ertrag dieses teiles mehr der Sprach-
geschichte als der literaturgeschichte zu gute kommt.
Beim korrekturlesen stand mir in dankenswerter weise
herr cand. phil. Max Krüger zur seite.
Kiel, 3. August 1911.
Der Verfasser.
Vorwort. xiii
Vorwort zur fünften Auflage.
Vorbereitung und drueklegung der neuen aufläge während
des krieges begegnete manchen Schwierigkeiten. Der wünsch,
dem Vaterlande in dieser grossen und schweren zeit mit der
waffe zu dienen, hat mich der Wissenschaft länger als drei
jähre fern gehalten. Jedoch hoffe ich nichts wesentliches
tibersehen zu haben. Die wissenschaftlichen Veröffentlichungen
aus den uns bekriegenden Staaten blieben mir freilich un-
zugänglich.
Vermehrt habe ich die aus Jonasfragment, Passion und
Leodegar ausgewählten stücke, um eine genauere Vorstellung
von ihrer sprachlichen und stilistischen eigenart zu geben.
Die diplomatischen abdrücke habe ich sämtlich mit den licht-
druckwiedergaben der handschriften im 'Album' der Sociöt^
des anciens textes neu verglichen.
Halle, Ostern 1918.
Der Verfasser.
Inhalt
Seite
Einleitung 1—4
Erster Teil.
1. Vers .
2. „ .
Text: Erklärung der I. Laisse (Vers 1—31)
Metrische Bemerkung .
8. Vers 73
9. „
10. „
11. «
12. „
13. „
14. „
15. „
5
16.
Vers
23
17.
n
38
18.
n
50
19.
n
58
20.
n
62
21.
n
66
22.
n
71
23.
n
73
24.
w
77
25.
n
86
26.
n
88
27.
n
93
28.
n
98
29.
»
102
SO.
n
106
31.
n
5—139
108
110
112
116
119 ..
122
124
126
128
129
130
131
134
135
136
138
Zweiter Teil. Systematisehe Übersicht über die bisher be-
handelten Lautgesetze 140 — 176
Allgemeines: Lautgesetze. Chronologie der Lautgesetze.
Analogie. Lehnworte. Metathesis, Assimilation, Dis-
similation 140
A. Konsonantismus 147
I. Konsonanten im Wortanlaut 147
IL Konsonanten im Wortauslaut 149
lU. Konsonanten in intervokaler Stellung 151
IV. Intervokale Konsonanten mit Hiatns-M oder -i . . .153
V. Zusammengesetzte Konsonanten 156
B. Accent 160
I. Die Art des Accents 160
IL Die AccentabstufuDg 160
III. Der Hauptaccent und seine Stelle 163
Inhalt. XT
Seite
C. Vokalismus 165
I. Allgemeines über die haupttonigen Vokale .... 166
II. Die einzelnen haupttonigen Vokale 168
III. Die nebentonigen Vokale 172
IV. Die schwach tonigen Vokale 174
Übersicht über die gebrauchten Zeichen .... 176
DritterTeil. Text : Karls Pilgerfahrt nach Jerusalem (Laisse II
bis XV, Vers 32 — 258) und die Heimkehr von Kon-
st
antinopel (Laisse 1
L-LIV,
Vers 802—870) .... 177—239
Umschrift der I. Laisse . .
. 179
XIL Laisse (V. 204—213) 227
II.
Laisse
(V. 32— 42) . .
. 180
XIIL „ („ 214—225) 228
III.
n
( „ 43-52) . .
. 190
XIV. „ ( „ 226— 2;{2) 230
IV.
«
( „ 53-57) . .
. 197
XV. „ ( „ 233-258) 230
V.
n
( , 58—75) . .
. 199
Inhalt von Laisse XVI— IL 233
VI.
n
( . 76-97) . .
. 206
L. Laisse (V. 802—815) 234
VIL
n
(„ 98-111). .
. 211
LL „ ( „ 816—831») 235
VIIL
n
(„ 112-122) .
. 215
LIL „ ( „ 831—848) 236
LX.
n
(„ 123-166) .
. 219
LIII. „ ( „ 849—857) 238
X.
n
(„ 167-183) .
. 224
LIV. „ ( , 858—870) 238
XI.
n
( „ 184-203) .
. 226
Vierter Teil. Systematische Übersicht über Lautstand, Formen-
stand und syntaktische Verhältnisse der Karlsreise . . 240 — 284
I. Lautstand 241
A. Konsonantismus 242
1. Die dentalen Reibelaute 242
2. Die dental-palatalen Reibelaute 243
3. Die labialen Reibelaute 243
4. Der Hauchlaut 244
5. Die dentalen Verschlusslaute 244
6. Die labialen Verschlusslaute 245
7. Die Velaren (palatalen) Verschlusslaute 245 -
8. Die Nasale 245
9. Die Liquiden 246
10. Die Halbvokale 247
B. Vokalismus 247
1. Die einfachen Vokale 248
2. Die Diphthongen 250
3. Die schwachtonigen Vokale 253
II. Formenstand 254
A. Das Nomen 254
Kasus, Deklination, Geschlecht 254
1. Der Artikel 256
2. Das Substantiv 256
3. Adjektiv, Komparation, Adverb 25&
XVI Inhalt.
Seit«
4. Zahlwörter 261
5. Pronomina 262
B. Das Verbnm 265
Konjugationsarten, Genera, Tempora und Modi,
Endungen, Stamm 265
1. Das Perfektam und die zugehörigen Formen . . . 267
a) Die schwachen Perfekta 267
b) Die starken Perfekta 268
Übersicht über die starken Verba 269
2. Das Präsens und die zugehörigen Formen . . ,271
3. Verba verschiedener Stämme {aler — estre) . . . 271
in. Syntaktisches 273
A, Die Redeteile 273
B. Der Satz 276
Fünfter Teil: Proben aus den ältesten französischen Sprach-
denkmälern 285—307
I. Die ältesten Glossare 285
II. Die Strassburger Eide 287
III. Die Eulaliasequenz 291
IV. Das Jonasfragment 296
V. Die Passion Christi 297
VI. Das Leodegarlied 303
Bibliographischer Anhang 308—326
A, Einzelliteratur zur Karlsreise S. 308. — B. Literatur
zu den ältesten Denkmälern S. 311, — ; C. Auswahl alt-
französischer Ausgaben S. 312. — D. Encyclopädisehe
und grammatische Hilfsmittel S. 313. — E. Lexikalische
Hilfsmittel S. 315. — F. Altfranzösische Literatarge-
schichten S. 316. — G. Bibliographische Erläuterungen
zu Einzelheiten der Eintührnng S. 317.
Anhang zum Text: I. Laisse nach der Handschrift .... 326 — 327
Wörterbuch 328-346
Alphabetisches Sachverzeichnis 347 — 350
Berichtigungen und Nachträge 351
Einleitung.
Unter altfranzösisch versteht man im allgemeinen die
französische spräche des mittelalters von der zeit an, wo sie
uns zuerst in sichtbarer gestalt entgegentritt, bis zum ausgang
des mittelalters. Das älteste zusammenhängende Sprachdenkmal
des französischen sind die Strassbnrger Eide aus dem jähre
842, das älteste literaturdenkmal die sequenz auf die heilige
Eulalia aus den achtziger jähren desselben Jahrhunderts. Die
beiden folgenden Jahrhunderte haben im wesentlichen nur
einige denkmäler der geistlichen, besonders der erzählenden
geistlichen literatur hinterlassen. Die blütezeit der alt-
französischen literatur fällt in das 12. und 13. Jahrhundert.
Die folgenden Jahrhunderte, bis zur mitte des 16. Jahrhunderts,
bringen verfall und ausgang der altfranzösischen literatur, zu-
gleich aber auch die keime der neuen entwicklung, welche zur
französischen renaissance führt.
Die sprachlichen Veränderungen, welche für das französische
gegenüber den übrigen romanischen sprachen charakteristisch
sind, waren mit beginn der literarischen periode bereits grossen-
teils vollzogen. Bis zur blütezeit und in deren verlaufe tritt
eine reihe weiterer Veränderungen ein, welche die spräche
mehr und mehr dem modernen französisch nähern. Eine scharfe
grenze zwischen alt- und neufranzösisch lässt sieh überhaupt
nicht ziehen, ebensowenig wie zwischen dem latein und den
romanischen sprachen. Es handelt sich vielmehr um eine
fortlaufende entwicklung von der Umgangssprache der alten
Römer, dem sog. Vulgärlatein, bis herab auf das moderne
französisch. In dieser entwicklung bildet das altfranzösische,
vom sprachlichen wie vom literarischen Standpunkt aus, eine
wichtige stufe.
Voretasoh, Studium d. afrz. Sprache. 5. Aufl. l
2 EiDleitung.
Wie das heutige französisch war bereits auch das alt-
französische in mundarten zerfallen, die man fn der regel nach
den alten landschaften bezeichnet: im Zentrum das francische
(nach der Isle de France), westlieh davon das normannische,
nördlich das pikardische und wallonische, östlich das cham-
pagnische und lothringische, im Süden das burgundische, die
mittel-stidfranzösischen mundarten (Orleans, Berry usw.), weiter-
hin die sog. südwestlichen (Poitou, Angoumois, Saintonge, Aunis)
und nordwestlichen mundarten (Touraine, Anjou, Maine, franz.
Bretagne). Eine grosse zahl von literaturdenkmälern sind in
pikardischer, wallonischer, champagnischer mundart geschrieben,
nicht wenige auch in der sog. anglonormannischen oder anglo-
französischen mundart, welche sich in England nach der er-
oberung durch die Normannen herausgebildet hatte.
Bis tief in die blütezeit hinein herrscht die mundartliche
dichtung. Allmählich beginnt eine bewegung zu gunsten der
mundart, welche sich in der herrschenden provinz und besonders
in der hauptstadt entwickelt hatte: der francischen oder
pariser i sehen. So bemüht sich Gautier von Arras schon in
seinem bald nach 1164 verfassten roman vom Kaiser Heraclius
die heimatlichen pikardismen zu vermeiden und francisch zu
V schreiben. Der aus dem gebiet von Lyon stammende Aimon
von Varennes dichtet 1188 seinen roman von Florimont (gross-
Ivater Alexanders des grossen) in francischer mundart, und dass
um dieselbe zeit auch schon der hof gelegentlich seinen einfluss
geltend macht, zeigt das beispiel des pikardischen lyrikers
Conon de B^thune, welcher beim vertrag seiner lieder am
königshof zu Paris, um 1180, von der königinmutter Alix
wegen seiner nichtfrancischen ausspräche getadelt wird. Im
13. und 14. Jahrhundert gewinnt das francische in der literatur
mehr und mehr die oberhand, und am ausgang des mittel-
alters ist diese mundart als allgemeine Schrift- und literatur-
sprache anerkannt.
Das moderne französisch hat sich also aus dem alt-
francischen dialekt entwickelt. Dieser bildet demgemäss die
historische mittelstufe zwischen latein und neufranzösisch, und
somit ist das hier behandelte gedieht von der 'Karlsreise',
das in oder bei Paris entstanden ist, zur einführung in die
historische grammatik besonders geeignet. Seine spräche ist
Einleitung. 3
schriftfranzösisch auf einer älteren stufe. Überliefert ist es
allerdings in einer in England geschriebenen, also anglo-
normannische spraehformen zeigenden handsehrift, aber eine
genaue Untersuchung der spräche auf grund der durch reime
und versmessung gesicherten formen ergibt als spräche des
dichters das fraocische, das wie in der ausgäbe von Kosch-
witz 80 auch hier wiederhergestellt und durchgeführt ist.
Das gedieht von der Karlsreise steht noch am eingang
der literarischen blütezeit, es ist etwas jünger als das am an-
fang des 12. Jahrhunderts verfasste Rolandslied, vermutlich erst
nach 1108 (nach einftihrung des sog. endit von Saint- Denis
und des damit verbundenen Jahrmarkts) verfasst. Seiner dichte-
rischen form nach gehört es zu den sog. chansons de geste,
den beiden- oder nationalepen, unter denen es freilich durch
seine Verbindung des religiösen und des profanen, des ernsten
und des komischen eine besondere Stellung einnimmt.
Das heldenepos oder volksepos, wie man es auch genannt
hat, feiert die beiden der nationalen Vergangenheit, vor allem
Karl den grossen und die beiden seiner zeit, während der
später auftretende höfische roman den bretonischen könig Artus
und seinen Sagenkreis verherrlicht. Von dieser und anderen
erzählenden gattungen unterscheiden sich die chansons de
geste auch durch ihre eigentümliche form und Vortragsweise.
Sie wurden nicht vorgelesen, sondern vorgesungen nach einer
einfachen, etwa alle zwei verse sich wiederholenden melodie.
Die Strophe war demgemäss an eine bestimmte verszahl
nicht gebunden, ihr umfang wechselt von 3 bis zu 20, 30,
40, ja in späteren dichtungen bis zu 100 und mehreren
hundert versen. Man pflegt diese art Strophen als laissen
oder, mit einem neueren wort, als tiraden {laisses, tirades
monorimes) zu bezeichnen. Der reim beschränkt sich in der
älteren zeit, wie auch in unserem epos, auf den gleichklang
der vokale (assonanz), erst in späteren dichtungen tritt dafür
der vollreim, die Übereinstimmung der betonten vokale und
der darauf folgenden laute, ein. Der vers des heldenepos
ist in älterer zeit in der regel der zehnsilbner, daneben, und
in späterer zeit sogar tiberwiegend, der zwölfsilbner (alexan-
driner), nur in zwei epen der achtsilbner. Unser epos ist das
älteste, welches den alexandriner verwendet.
1*
4 Einleitung.
Der Inhalt des gedichtes setzt sich aus zwei verschiedenen
Stoffen zusammen. Der erste teil, bis etwa vers 258, erzählt
die Pilgerfahrt Karls des grossen nach Jerusalem, eine auf
historischen dementen beruhende legende. Karl hatte mannig-
fache beziehungen zum orient, nicht nur zu den kaisern von
Konstantinopel, sondern auch zu Harun al Raschid, welcher
das heilige grab unter Karls gewalt stellte, und zum Patri-
archen von Jerusalem, von dem der kaiser im jähre 800 den
Schlüssel zum heiligen grabe sowie eine anzahl reliquien erhielt.
Diese reliquien wurden später in St. Denis aufbewahrt und dem
Volke an der alljährlich stattfindenden grossen messe aus-
gestellt. So konnte sich leicht eine tradition herausbilden —
und schon im jähre 1000 ist diese in der chronik Benedicts
vom berg Soracte niedergelegt — dass Karl der Grosse selbst in
Jerusalem gewesen wäre und von dort die reliquien mit-
gebracht hätte.
Der zweite teil des gedichtes, von den prahlereien der
Frankenhelden am hofe zu Konstantinopel und von Karls fried-
lichem sieg über seinen rivalen Hugo, geht wol auf eine alte
fränkische sage zurück. Dass ein könig mit seinen beiden
auszieht, um sich mit einem weithin gerühmten fremden könig
zu messen, begegnet in der deutsehen dichtung im 'Grossen
Rosengarten' wie in'Biterolf und Dietleib' wieder. Auch für die
Prahlereien, welche für die handlung an und für sich ein neben-
moment bilden, lassen sich parallelen aus deutscher sage und
dichtung sowie aus märchen verschiedener Völker anführen.
Hinter der gestalt kaiser Hugos des Starken von Konstantinopel
verbirgt sich vielleicht der Merowingerkönig Chlodovech, der
in der späteren sage Huga heisst und im deutschen epos als
Hagdietrich von Konstantinopel bekannt ist. Ein streit zwischen
könig und königin über den besten ritter findet sich, mit
ähnlichen begleitumständen wie hier, später in einem roman
des 13. Jahrhunderts 'Rigomer' wider, wo Artus mit seiner
gattin Ganievre streitet, ob Gauvain oder Lancelot der beste
ritter sei, sich zu drohungen gegen die königin hinreissen lässt,
aber die entscheidung bis zu seiner rückkehr aufschiebt.
Erster Teil.
Text:
Erklärung der I. Laisse (Vers 1 31).
1. Vers.
ün jorn fut li reis Charles al saint Denis mostier.
Eines tages war der könig Karl in der kirche des heiligen
Dionysius.
Un: lies ü (nicht ö wie nenfranzösiseh un), aus lat. ünum.
1. Regel: Auslautendes m und n in unbetonten
endsilben und Worten fällt ab.
Dies ist einer der ältesten lautwandel, er fällt noch in alt-
lateinisehe zeit und wirkt demgemäss in allen romanischen
sprachen. Schon die ältesten lateinischen inschriften lassen
das auslautende m häufig ganz weg. Auf schwache artikulation,
wenn nicht auf vollständiges verstummen des m deutet auch
die lateinische prosodie: in dem hexameter Et breviter Trojae
suprem{um) audire Idborem erfährt die endung -um dieselbe
behandlung wie rein vokalischer ausgang, z. b. in desert(o)
in litore.
Weitere beispiele:
V. 1 jof^n-t—diurnum^) 2 prise<—prehensam
mostier •*~monasterium ' sa^—suam
*) Es bedeutet jorn •*— diurnum ; jorn entstanden aus diumvm ; um-
gekehrt diurntim—>-jorn: diurmim geworden zu jorn.
Erster Teil: Text.
3 or-r~ aurum
mier^—merum
moillier -«— mulier em
33 ja -f^jam.
V. 2 corone t— coronam
croiz -*— crucem
3 ceinte ■«— cinctam
espee *— spatham
Desgleichen -n:
12 ne-*—non
106 fium -«— flumen
151 nom<—nomen.
IL Wandel des w. Lateinisch lang w hat geschlossenen
klang, während lat, ü dem o ähnlich klingt (offenes u). Dieser
unterschied zwischen geschlossener und offener ausspräche
findet sich fast bei allen vokalen wieder und wird im druck
mit punkt und offenem häkchen bezeichnet, also:
M= geschlossen u (lat, ü) — vgl. deutsch mut
u = offen u (lat. ü) — vgl. deutsch my,tter.
Ebenso:
6:= geschlossen e (lat. habere, frz. aime, deutsch gehn
sSele, kurz in südd. lett, beste);
§ = offen e (lat. t^rra, frz. t^rre, deutsch wäre, toller, wählen).
Ahnlich unterscheidet man o (lat. o) und ^ (lat. ö), i (lat. i)
und i (lat. i). In der regel ist, hier im latein wie im neu-
hochdeutschen, geschlossene ausspräche mit länge des vokals,
offene mit kürze verbunden. Nur bei a entspricht im latein
dem unterschied in der quantität kein unterschied der Qualität
(klangfarbe): lat. ä und ä werden gleich behandelt.
ßegel: Geschlossen u (lat. ü) wird zu ü (frz. u
geschrieben).
Vgl. lat. plus -^ plus V. 6 Judicium -^jiuse 35
nüllum—*-nul 9 mütare—^muer 44
jürare—*-jurer 35 Jüdaeus—^Juieus 129;
ebenso ü in germanischen Worten:
drüt—^drut 21
Hugo -un—^Hue, Huon — Hugon 46
bük—*-buc 55.
1. Laisse. 1. Vers: Un. <
Vgl. ferner irascut, perdut, veut, vertut v. 53 ff., entsprechend
den lat. endungen -utum, -ütem.
Dieses lautgesetz ist jedenfalls jünger als das vorige,
gemeinromanische gesetz (vgl. ital. uno gegen franz. und prov-
ün). Es darf im wesentlichen als ein galloromanisches
bezeichnet werden, sein gebiet beschränkt sich — von ver-
einzelt liegenden teilen abgesehen — auf französisch, proven-
zalisch und die benachbarten dialekte des italienischen (die
sog. gallo-italischen mundarten). Man hat diesen wandel daher
auf den einfluss der Kelten zurückgeführt, welche den laut
des ü nicht gekannt und durch das ihnen geläufigere ü er-
setzt hätten. Allerdings ist das ü für u in manchen teil-
gebieten allem anschein nach erst in nachkeltischer zeit, in
kleinen einzelgebieten überhaupt nicht eingetreten, so dass
statt des lautersatzes (lautsubstitution) auch vom keltischen
unabhängige allmähliche lautverschiebung (spontaner lautwandel,
wie z. b. bei betontem a in freier silbe: mare—>mer) in
betracht kommen könnte. Den lautwandel ü-^ü als einen
ursprünglich bedingten, durch i-umlaut hervorgerufenen zu
erklären ist sehr gewagt, da die formen mit nachfolgendem
* die weitaus selteneren sind: nülH gegen nüllus, -um, -os, -a,
•as; bei jüro und anderen verben, bei Hugo, plus usw. kommen
i-formen überhaupt nicht in betracht. Bemerkenswert ist auch,
dass der, wandel ü—yü nicht nur in offener (auf vokal aus-
gehender) silbe {ü-num), sondern auch in geschlossener (mit
konsonant schliessender: nül-lum) eintritt, dass er nicht nur
die tonsilben, sondern auch die nebentonigen silben ergreift
(vgl. jurer. juise, muer, Hugön), während sonst der umlaut wie
die übrigen unter dem hauptton in offener silbe eintretenden
lautveränderungen ausschliesslich für die vokale solcher silben
charakteristisch und nur in diesen möglich sind. Das spricht
durchaus gegen die annähme eines «-umlauts und zugleich für
lautsubstitution oder allenfalls spontanen lautwandel.
III. Der endvokal: das auslautende u fällt ab.
Vgl. noch:
diurnum-^jorn 1
aurum—>or 3
monasterium — »■ mostier
merum-*mier
Caput — ► Chief 2
bellum, melius-^ hei, mich
/
Erster Teil: Text.
Ebenso finden wir aber auch für:
lat. i: V. 4 out (habuit), 7 prist {*prensit^) für prehendit),
lat. e: v. 2 croi£! (crucem), 3 dont {de unde), 4 barons (barones),
lat. o: V. 4 Chevaliers {caballarios)\
hingegen für lat. a: v. 2 prise (prehensam), corone (coronam),
3 ceinte (cinctam), espee {spatham).
Daraus ergibt sieh die regel:
Die vokale der unbetonten endsilben ver-
stummen ausser a, das als e erhalten bleibt.
Wie die beispiele lehren, ist es gleichgiltig, ob der vokal
im auslaut steht oder ob noch ein konsonant folgt. Die Voraus-
setzung des verstummens ist die schwache betonung der end-
Silbe (hervorgerufen vielleicht durch eine verstärkte betonung
der tonsilbe oder durch rasches Sprechtempo). Der vokal a
ist voller, schallstärker als die übrigen, daher er keinen voll-
ständigen ausfall, sondern nur eine verdumpfung erfährt.
Das gesetz wirkt, ähnlich wie das vorhergehende, im fran-
zösischen, provenzalinchen und in den gallo-italischen mundarten.
Verstummen von endvokalen untör bestimmten bedingungen
(nach gewissen konsonanten) ist in verschiedenen romanischen
sprachen und mundarten zu beobachten.
IV. Die nasalierung und die entwicklung der aus-
spräche im neufranzösischen. Es ist unsicher, wann die
vokale vor nasal {n oder m) nasalen klang bekamen' doch ist
es vom lautphysiologischen Standpunkt aus wahrscheinlich,
dass die nasalierung bei allen vokalen gleichzeitig eintrat.
Die nasale ausspräche hatte teilweise auch eine Veränderung
der klangfarbe (wie en-^ä) zur folge, jedoch ist diese Ver-
änderung bei den einzelnen nasalvokalen zu sehr verschiedenen
Zeiten eingetreten. Jedenfalls wurde in der lautgruppe un zur
zeit unseres gedichtes wirklich ü und nicht ö gesprochen, wie
die assonanzen v. 744 flf. {lui — bruns — jus) mit Sicherheit lehren.
Doch schliesst dies nicht aus, dass der vokal schon eine
nasalierte färbung hatte und etwa wie ü (oder noch mit nach-
folgendem nasalkonsonaut üng, wie noch in neuprovenzalischem
un) lautete. Erst nachdem die nasalierung eingetreten war
1) Mit * pflegt man die erschlossenen, in der schriftlichen Über-
lieferung nicht belegten worte und formen zu bezeichnen.
I. Laisse. 1. Vers: Un, jom. 9
und eben unter der Wirkung dieser hat der vokal die
neigung zur oflfoeren (helleren) ausspräche angenommen. Die
heutige ausspräche ö ist erst im 16. Jahrhundert durch-
gedrungen.
Regel: Vokal vor nasal (n.m) wird nasaliert.
Darnach in lat. geschlossener silbe:
sanctum—*- Saint = satt (satngt) 1
unquam + s — >• onques = ökes (ongJces) 9 ;
in lat. offener, franz. geschlossener silbe:
unum--*un = ü (üng)
bonos— *-bons = lös (böngs) 22;
in lat. und franz. offener silbe:
coronam—*-corone = coröne (coröngne) 2
plenam—>pleine = pleine (plefngne) 8.
Die daraus folgenden Veränderungen der klangfarbe jedoch
gehören meist (ausser en-*ä) erst der neufranzösischen periode
an. Die nasalierung an und für sich wurde nach Suchier
bereits im 9. Jahrhundert durchgeführt.
jorn: lies disorn (d + stimmhaftes seh, wie in nfr. jour).
Aus lat. diurnum (ursprünglich adjektiv, aber schon lateinisch
in bestimmter bedeutung substantiviert) an stelle von dies, das
noch neufranzösisch in midi und in den namen der Wochen-
tage, altfranzösisch auch noch als simplex (kasus rektus dis,
obliquus di) erhalten ist.
I. Abfall des -m in lat. zeit wie un I.
IL Der tonvokal: lat. w, der klangfarbe nach offener als
das ü in unum, dem tiefen ö ähnlich klingend. Vergleiche etwa:
unum diy.rnum höra
mit deutsch mut m\(tter ton.
Regel: Lat. kurzes (offenes) u wird zu ge-
schlossenem 0.
Beispiele :
crucem—*croi0 2 süpra—>sor{e) 16
de ünde-*dönt 3 mültum—*molt 17
de sübtus~*desois 7, 9 tUrrem—*-tor 36.
unquam-^ onques 9
/SB— Ä *fiii^ (ifc
Betoates lal m (^ wt f«l^B4eM t wird
ZV « (i-mmla«t)u
Orüe
«■i kÖMB artikel (igl.
(tue ver 4er fcTaie^
1. V«: M, I,
n. Der Tokal der erkaltemea silke wdhm e ae^ea ^ie^
/t setzt daher (ebeam wie die fc««yttpi
ä fi&i *d) ein i im der endn^ vtnuM: iÜL Diem i
Tonekinlefle weise erklärt: m «■§ i— Mg ^Ri WiImImi «4«
erweiterten formen wie üOüe (üle + Uc) «der dKe (aBn); «m
dafi^ksten Tielleicht anf aariogiaekeB w^e dar^ «akildaag
nach dem relativproiMMMa (fraaz. aaek ftag>.pioaMira) ^iL
Vgl daza aneh oben *tnmi (frx. Im), das ak aaalogkMda^g
nach dem fra^pronomen emi? (uuk aad«r^ aas ttli Ätnc)
«klärt wird.
III. Nenfranz5sisch U geht nicht anf dea kasas lektas
U, gondem anf den obliqans le {lo) xnrfiek. d«- aas lat iWwai
in der proklise entstanden ist, wie {< ans tITl. und ftlr die
nominatirform eintritt, wie beim unbestimmte artikel «m
(mmmw) ftlr MJis (tuMtö) nnd beim snbstaatiT jomr (<•— dmniMN)
(fb jomrs (^—dimnms),
reis: lat rfjc.
L Lat X bezeichnet einen snsammengesetxtea lant: c 4- ^
Regel: Lat x {^=cs) wird sa is (ror vokal «» geaekr. rar
bezeichnung des stimmlosen v<f-lautes).
Weitere beispiele:
frttxinmm—^frmsme 80
*exivenmt (fftr exiv€runt)-*eissireni 100
*axaUm (von ajcem)—*'a%ssitl (285)
uxorem—^oissor (880).
Ebenso entwickeln sich ähnliche konsonantengrnppen (c^,
net, er):
et-*ii: facta -*fuite 59
ociaginta—^oitante 96
lacte (sn lae)-*'ktity daxn aUtit4xt 187
nodem-^nmt 237, 246
eoHiraetus-os-*€ontrmä 193, 258
nct—*'iHt: sanctum—t-sqint 1
cinctam-^cetHte 3
pinctum-^print 113
cr—^ir: sacramentum—^sairement 35
fac(e)re-* fuire 198.
12 Erster Teil: Text. ^
fo '*—*foet -*— fuit zeigt an stelle der aogenommenen Ver-
schmelzung regelrecht verlast des endvokals.
So bleibt kaum et^as anderes übrig als das m durch Um-
laut, durch den einfluss des folgenden z, zu erklären, das der
ersten und zweiten person eigen ist: fm—*-füi, *fü(t)sti (für
fuisti, nach füi, füit) —*- füst. Das lat. ü = romanisch o erhält
zur lippenwölbung des labialvokals die zungenstellung des i
und wird so zum mittellaut ü.
Vgl. noch: cui—>cui (672)
*illui (für dativ üli)—*-lui 77-
Höttl (für töd)->tuit 203.
Regel: Betontes lat. m (p) vor folgendem * wird
zu ü (2-umlaut).
Da nur geschlossenes i (lat. *), nicht aber (zu e werdendes)
offenes i umlaut bewirkt, muss in den übrigen 4 formen von
fui das ü lautgerecht zu o werden, wie es durch die altproven-
zalischen formen bestätigt wird und auch für die vorliterarischen
formen des französischen vorausgesetzt werden muss:
Prov. fuiy fust, fo, fom, fotz, foron
Vorlit. Franz. fui, jus, *fot, *fomes, *fostes, *forent
Altfranz. fui, fus, fut, fumes, fustes, furent.
Sein auslautendes t hat fut schon im 12. Jahrhundert, in
einzelnen dialekten sogar schon im 11. Jahrhundert verloren.
li : lat. nie {Uli).
I. Das latein kennt von haus aus keinen artikel (vgl.
dagegen das griechische und deutsche). Dieser findet sieh zuerst
bei konkreten im nom., erst später im akk. und bei abstrakten.
Ursache ist das bestreben, bestimmte und unbestimmte form
auseinanderzuhalten (lat. rea; sowohl der könig als ein könig).
Hierzu bietet sich von selbst das demonstrativpronomen dar
(vgl. deutsch der, die, das): ille rex, illa Corona. Von der ur-
sprünglich demonstrativen bedeutung [ille rex j^ner kö'nig) zum
blossen artikel herabgesunken {ille rex der kö'nig), verliert
das pronomen seinen selbständigen accent, es wird proklitisch:
daher die Verkürzung durch Verlust der ersten silbe.
I. Laisse. 1. Vers: fut, li, reis. 13
IL Der vokal der erhaltenen silbe sollte e zeigen (Je\
U setzt daher (ebenso wie die haupttonige form, das pronomen
il für *eZ) ein i in der endung voraus: Uli. Dieses i wird auf
verschiedene weise erklärt: so aus zusammengesetzten oder
erweiterten formen wie illhic {ille -\- hie) oder illic (ilUce); am
einfachsten vielleicht auf analogischem wege durch Umbildung
nach dem relativpronomen (franz. auch fragepronomen) qul.
Vgl. dazu auch oben *dlui (frz. lui), das als analogiebildung
nach dem fragepronomen cui? (nach anderen aus Uli huic)
erklärt wird.
III. Neufranzösisch le geht nicht auf den kasus rektus
li, sondern auf den obliquus le (lo) zurück, der aus lat. illum
in der proklise entstanden ist, wie li aus Uli, und für die
nominativform eintritt, wie beim unbestimmten artikel un
{unum) für uns {unus) und beim Substantiv jour {-*-- diurnum)
für jours (-«— diurnus).
reis: lat. rsx.
I. Lat. X bezeichnet einen zusammengesetzten laut: c + s.
Regel: Lata? (= es) wird zu is (vor vokal iss geschr. zur
bezeichnung des stimmlosen s-lautes).
Weitere beispiele:
fraxinum—*- fraisne 80
*ex{verunt (für exivSrunt)-* eissirent 100
*axalem (von axem)-^ aissiel (285)
uxorem-*oissor (330).
Ebenso entwickeln sich ähnliche konsonantengruppen {et,
nct, er):
ct—t-it: facta— *- faxte 59
octaginta—^oitante 96
lade (zu lac)-^lait, dazu alaitat 187
noetem-^nuit 237, 246
eontraetus - OS -^ eontrais 193, 258
nct—*int: sanctum—^ sqint 1
einetam—*- ceinte 3
pinetum—*ptint 113
cr—^ir: saeramentum—* sairement 35
fac{e)re-^ faire 198.
14 Erster Teil: T«xt.
IL Der ton vokal: e^, von natur lang (vgl. regem) und
dementsprechend geschlossen. Vgl. un IL
Der vokal befindet sich in gedeckter Stellung, d. i. in ge-
schlossener Silbe, und erfährt in dieser keine Veränderung
seiner qualität. Mit dem folgenden i verbindet er sich zum
diphthongen ei, also: r§is.
IIL Neufranzösisch roi: gesprochen roa, rud mit kon-
sonantischer ausspräche des ersten bestandteils des diphthongen,
daher neuerdings vielfach durch rwa bezeichnet. Die form
entspricht sprachgeschichtlich nicht dem rektus reis, sondern
dem obliquus rei: wie beim artikel hat auch beim eubstantiv,
wie überhaupt in der ganzen deklination, die akkusativform
die funktion des nominativs übernommen.
Lautlich zeigt roi die entwicklung des diphthongen ei
zu oi (12. jahrh.) und weiter durch 6e — o4 hindurch zu od
{ud, wo). Die ausspräche od für o4 ist in der gebildeten gesell-
schaft erst seit der grossen revolution herrschend geworden,
in der Pariser Volkssprache (vereinzelt auch in der höflings-
sprache) ist sie schon seit dem 16. Jahrhundert belegt. Die
Schreibung ist seit dem 12. Jahrhundert gleich geblieben.
Charles: lies tsarles (mit ts = tsch), aus dem deutschen
namen Karl mit latein -romanischer endung -us oder -os: Karlos,
Carlos. Das mittelalterliche Carölus ist gelehrte form (ganz
verkehrt ist die modern häufige betonung Carölus, Carola).
I. Der tonvokal: das a steht hier in einer silbe, die
auf konsonant ausgeht, in sogen, geschlossener silbe oder in
gedeckter Stellung (häufig durch a] bezeichnet).
Eegel: Betontes a in geschlossener silbe bleibt
als a erhalten.
Beispiele :
sanctum—> Saint 1
zu germ. warden — reguardet 5
tantum — *■ tant 10
quando —> quant 15 — 17
dlta -ehalte 36
contra vallem—> contreval 37.
Anders entwickelt sieh a in offener silbe oder freier
Stellung (worüber unter espee in vers 3). Diese Unterscheidung
ist für die entwicklung der meisten vokale sehr wesentlich:
I. Laisse. 1. Vers: reis, Charles. 15
in freier Stellung unterliegen die vokale stärkeren Veränderungen
als in gedeckter. Man spricht auch kurz von freien und ge-
deckten vokalen (frz. libre — entrav^, engl, free , — checked).
II. Der anlautende konsonant: germ. yfc, das vor a mit
lat. c vor a gleich klang und demgemäss wie dieses be-
handelt wurde.
Regel: c vor a wird zu ts (geseh rieben ch).
Die ausspräche tl {tsch) legt sich nicht nur durch sprach-
geschichtliche erwägungen nahe, sondern sie wird auch be-
wiesen durch die wiedergäbe altfranzösischer lehnwörter im
deutschen (mhd. tschastel, tschastellan = chastel, chastelain;
alemannisch tsckappel= chapel) und englischen {chief, chantu.a.).
Weitere beispiele:
camelos -^ chameilz 73
cantavit—*- chantat 115
capillos -^ chevels 181
camisia-^chemise 189.
Caput— schief 2
cdballarios — *■ Chevaliers 4
carum -achter 24
*incalciare —*■ enchalcier 29
cadere-*cadire-^che'ir 31
III. Der vokal der endsilbe: dieser sollte nach der
regel zu un III fallen, bleibt aber wegen der vorausgehenden
konsonantengruppe erhalten.
Regel: Der endsilbenvokal bleibt zu e ge-
schwächt als sogenannter Stützvokal
nach einigen ohne vokal schwer
spreehbaren konsonantengruppen er-
halten.
Nach zwei ungleichen liquiden:
rl: Karlum—*-Charle
Ir: melior -^ mieldre
nasal -\- liquida:
ml: insemel—*' ensemble 20
mr: marmor —* marbre 113
nr: tener —*• tendre
l -f nasal:
Im: d. helm—*helme
d. Wüihelm-^Guillelme
In: alnum-^alne
16 Erster Teil: Text.
nach zwei UDgleichen nasalen:
mn: dammun-^damno (Eide), daneben dam
somnum — »• somne
dental +r:
tr: vostrum—^vostre 50
Petrum -^ Piere 181
labial 4- r:
pr: piper—^peivre 211
br: febrem—t'ßevre
labial + 1:
pl: duplum—* döble
fl: inflo—^-enfle
konsonant + Zischlaut:
bi: *sabium-^sage
mni: somnium-^ songe
M^ : *riMium -^ Hohe.
IV. Neufranzösisch Charles hat die ausspräche sarl.
Der ^Vorschlag ist schon um die wende des 12. und 13. jahrhs.
verstummt, nicht viel später das auslautende s, erst in neu-
franz. zeit das e der endsilbe.
In nfr. Charles ist nicht wie in roi (vgl. oben) die form
des obliquus {Charle 130), sondern die des rektus bewahrt.
Bei Personennamen und überhaupt bei persönlichen begriffen
trägt häufig die rektusform den sieg über die des obliquus
davon, weil jene bei solchen worten im allgemeinen häufiger
gebraucht wird als diese und altfranzösisch namentlich auch
in der anrede steht (vgl. nfr. fi,ls=-filius, sceur = soror).
al: die präposition a (lat. ad) mit der enklitischen akkusativ-
form des artikels, al80 = a le, d. i. ad illu{m) oder ad illu{d).
I. ad—*a.
Regel: Lateinisch auslautendes d verstummt.
Auslautendes d ist schon im lateinischen selten und zum
teil bereits vor dem eintritt des lautgesetzes auf analogischem
wege beseitigt worden. So wurden die pronominalbildungen
illud, aliud durch angleichung an die regelmässigen neutra der
II. deklination zu illu{m\ aliu{m) oder *alu (afr. el), so auch
I. Laisse. 1. Vers: Charles, al. 17
das mit seiner enduug isoliert stehende Substantiv caput zu
capu{m) umgestaltet.
Lautlich regelrechten abfall des -d zeigen ausser ad— ►«:
konj. quod — quid —*- que 30, 38, 43 u. ö.
pronomen quid—*-quei (305).
Das d fällt vor folgendem konsonantischen anlaut früher
als vor vokalischem: a grant honestet neben ad une spede,
que por nos neben qued ele (Eulaliasequenz, ende 9. jahrhs.)-
II. Die artikelform. Die unverkürzte form lautet le
(neben lo in ältester zeit), die sich unter der Wirkung der
proklise regelrecht aus illum {iUud) entwickelt hat wie li aus
ilH (vgl, oben li). Der endvokal muss im einsilbigen wort als
silbenträger notwendig erhalten bleiben.
Beispiele für die volle obliquusform siehe 7 le poin,
39 le rei.
In Verbindung mit gewissen präpositionen wird die so
entstandene artikelform enklitisch, d. h, sie giebt ihren aecent
an die vorausgehende präposition ab, verschmilzt mit dieser zu
einem wort (vgl, deutsch am, im, zum) und verliert dann wie
andere mehrsilbige worte nach der regel un III den endvokal.
So entwickeln sich:
ad illo—*a le—>al, vgl. noch v. 6, 134, 135
de illo-^de le—*-del, vgl. del rei 4ö, 165, 187
in iUo—>en le—*el, vgl. el chief 10, 96, 99.
In ähnlicher weise verschmelzen mit denselben prä-
positionen auch die pluralformen des artikels:
a les-^als-^as: as piee 31, as muh 89
de les—>dels-^des'. des clous 175, des chevels 181
en les—>els-^es: es chies 20.
Ausser en sind es also die vokalisch auslautenden einsilbigen
Präpositionen, welche eine leichte Verschmelzung gestatten.
Präpositionen hingegen, welche mehrsilbig sind oder auf r, s
usw. ausgehen, wirken nicht enklitisch:
par le poin 7, sor le huc 55.
Der weibliche artikel la behält auch in der Zusammen-
setzung mit den genannten präpositionen seine volle form,
Voretzsoh, Studium d. afrz. Sprache. .0. Aufl. 2
18 Erster Teil: Text.
die sich in der enklise, weil unbetont stehend, eigentlich zu
le entwickeln sollte (vgl. un III). Die mit dem masculinum
gleichlautende pluralform les unterliegt natürlich denselben
Veränderungen wie dieses:
de la plus halte tor 36, 90 — de les— *■ des {kaltes tors)
a la sale 60, 107 — a les-*as {herber ges) 111
en la terrt 74 — en les -^ es {chaieres) 121.
III. Neu französisch au. Altfrz. al entwickelte sich vor
konsoDant unter vokalisierung des l zu au (wie caballos-^
chevals —> chevaus — chevaux, aUerum-^altre~-*-autre). Vor
folgendem vocal blieb al (wie in Chevaliers, devaler, so auch
in ä Vautre, ä Phomme u. ä.).
mostier: lat. *monisterium für tnonasteriumt—grieQh.
fiovaoxrjQiov. Die wortbildungsendung -asterium wurde durch
die weit häufigere enduug -isterium ersetzt nach dem muster
von baptisterium, ministerium u. ä. Monasterium hätte den
unbetonten vortonvokal a nicht verlieren dürfen.
I. Dasgenus. Das lat. neutrum hat sich französisch nur
in pronomen und adjektiv erbalten. Die substantivneutra
sind in der regel maskulina geworden, mit denen sie,
zumal in der IL deklination, in vielen formen übereinstimmten.
Vgl. im folgenden: chief-t—caput 2, ponx<—pomum + 5 3,
or<—aurum 3.
IL Die endung ^rium. Diese wird über -eriu (siehe
un I) -erio (jorn II, III a) zu -ier (vgl. zum endvokal un III).
Die diphthongierung des ? zu ie erklärt sich wahrscheinlich
durch die einwirkung des folgenden i. Das zu erwartende ie'/-
(mit jotaziertem r) -ieir wurde zu -ier reduziert, weil von zwei
benachbarten gleichen lauten leicht der eine differenziert wird
(wie r in peregrinum—>pelerin) oder völlig beseitigt wie hier *
(dissimilation).
III. Der ausfall des unbetonten vortonvokals i.
Gehen wir von dem grundwort *monisterium oder ^monisterip
aus, so liegt der hauptaccent oder hochton auf der silbe -ste{r)-:
*monisterio. Die beiden silben mo-ni stehen vor der tonsilbe
und können als vortonsilben bezeichnet werden, die vokale
I. Laisse. I.Vers: al, mostier. 19
dieser silben als vortonvokale. Geht der tonsilbe nur eine
vqrtoDsilbe voraus, so trägt diese den nebeuaccent und bleibt
unverkttrzt: cörönam — corone, signavit — seignat (typus — — x)»
Wir können solche silben als nebentonige vortonsilben
bezeichnen. — Gehen dem hauptton zwei silben voraas, so
hat notwendigerweise nur die eine, und zwar die von der
tonsilbe am weitesten entfernte silbe den nebenaccent, sie ist
nebentonig* wie in unserem falle die silbe mo-: *mönisterio.
Die zwischen nebenton und haiiptton eingeschlossene silbe -ni-
ist infolgedessen die schwächst betonte: sie lässt sich als un-
betonte vortonsilbe bezeichnen (typus _lx-x)- Der vokal
dieser silbe steht also unter ähnlichen Verhältnissen wie der
vokal der unbetonten eudsilbe und wird dementsprechend be-
handelt:-*monisterio—**monsUer. Dem unbetonten vorton-
vokal folgende oder vorausgehende schwere konsonanten-
gruppen hindern naturgemäss den ausfall des vokals.
Regel: Die unbetonten vortonvokale vor
leichter konsonanz fallen ausser a,
das als e erhalten bleibt.
Beispiele:
* adrationare—** adräiiondre — >• araisnier 8
dvitdtes -weites 11
j fbrtimente—* forment 31
"^bärordtus-^harnez 50
saper e haheo—*-*üäperdip—>savrai 51
"^mentitionea —**mentii^önia —> mengonge 52
prendere habeo-^*prenderdio—*prendrai 57
öfferenda — > ofrende 59.
Beispiele für a:
bella mente-*bellamente—>belement 16
portare habemus —>*pbrtaremus —> porterons 20
• mandare habeo—>*mändardj^o—*manderai 22
säcramentum-^sairement 35.
Das gesetz ist speciell galloromanisch, ist jedoch schon
TOr den Slrassburger Eiden eingetreten (prindrai). Man nennt
es häufig nach Ars^oe Darmesteter, der es zuerst formuliert
hat, das Davmesteter'sche gesetz. Unter engeren bedingungen
2*
20 Erster Teil: Text.
(besonders bei l, r, n, aber auch sonst) gilt es auch für das
italienische: vgl. cittä, harnagio {■*^'^baronaticum), saprö, ami%tä
mit den entsprechenden formen oben.
IV. Das verstummen des n: "^monstier-^mostier.
Regel: Lat, n vor s verstummt unter dehnung
des vorausgehenden vokals.
Vgl. noch:
prehensam -^prensam -^prise 2
perf. prehendit~^*prensit-^prist 7, 8
Constanünopolim — > Costantinoble 47
trans-^tres 102 {detres 81)
menses-^meis 204
insula—*-isle (ile), monstrare-^mostrer usw.
Das gesetz tritt bereits in gemeinromanischer (lateinischer)
zeit ein (vgl. ital. preso, mese, isolä), ist also an sich älter
als das vorige, hat aber, wie die beispiele zeigen, auch in
späterer, französischer zeit noch gewirkt.
V. Neufranzösisch ist mostier regelrecht zu montier ge-
worden: s vor stimmlosem konsonant verstummt am ende des
12. jahrbs. (wie espee S-^epee, prist 7-^prit, ve'istes 9—*-vUes,
respondiet 12— >repondit, dist 13—*'dit)j während es vor stimm-
haften konsonanten (vgl. fraisne 80, meismes 139, hisdos [384],
isle) schon früher, jedenfalls vor der eroberung Englands 1066
durch die Normannen, verstummt ist, wie die englischen lehn-
wörter isle, hideous, dine, hlame gegenüber estate, feast, tempest
lehren.
Freies o (p oder q) in nebentoniger vortonsilbe wird im
13. jahrh. zu u (= nfr. o^t wie corone 2-^couronnc, coronee 6
—*■ couronnee, poez \^—*pouvez).
Die form montier ist heutzutage veraltet, aber noch in
Ortsnamen — Marmoutier <— Mauri monasterium — vorhanden.
Das dafür eingetretene monastere ist wieder aus dem lateinischen
entlehnt, es findet sich zuerst in texten des 14. jahrhs.
Saint Denis: sanctum{-6) Dionysmm{-o) für sancti Dionysii
= des heiligen Dionysius.
I. Laisse. 1. Vers: mostier, saint Denis. 21
I. Der akkusativ für den genetiv. Diese konstruktion
ist in der ältesten zeit (bis ende des 12. jahrhs.) bei eigen-
und personennanien durchaus üblich und jedenfalls weitaus
häufiger als die Umschreibung mit de. Historisch erklärt sie
sich am wahrscheinlichsten aus dem lat. dativ, der in dieser
Verwendung zunächst als dativus finalis erscheint — vgl. pa-
bulum ovibus, suhsidia dominationi, custos saluti, seditioni
duces, rector juveni — , bei personennamen aber leicht in den
possessiven sinn tibergeht: administer dis magnis, legatus
fratri, adjutores triumviriSf Sejano fautores, Druso proavus.
Im franz. wird die konstruktion meist im sinne des lat. gene-
tivus subjectivus gebraucht, kann aber auch im sinne des gen.
objectivus gebraucht werden, wie die beispiele zeigen:
por amor JDeu 32 — um der liebe Gottes (zu Gott) willen
la terre Damne-Deu 69 — das land Gottes
a Damne-Deu comant 91 1 f h f hl r t+
al comant Damne-Deu 252 j
del tresor Vamiral (432) — vom schätze des emirs
par le comant Charlon (494) — auf befehl Karls
la gent le rei Hugon (559) — das volk des königs Hugo
lez la fille le rei (714) — neben der tochter des königs
fil le conte Aimeri (739) — Sohn des grafen Aimeri
Dieus i fist grant vertut por amor Charlemaigne (791) —
aus liebe zu Karl d. gr.
Saint Denis könnte freilich ebensogut sancti Dionysii wie
sancto Dionysio sein, aber die namensformen Dieu, Charlon^
Hugon, auch le rei, le conte lassen sich nicht auf genetivformen
wie De«, Uugonis, regis zurückführen. Rein formell könnte
freilich auch der akkusativ in betracht kommen, den man
früher in dieser konstruktion verborgen glaubte, der aber
syntaktisch unmöglich ist. Reine akkusativformen wie die des
artikels le = illum (nicht Uli) in le rei, le conte sprechen
nicht dagegen, sie sind einfach nach dem muster der eigen-
namen gebildet, deren ursprüngliche dativform mit der akkusativ-
form zusammenfiel und kurzweg als obliquus empfunden wurde.
Spuren dieses gebrauchs im nfr. sind bildungen wie: Hotel-
Dieu, Fete-Dieu, la (sc. fete) Saint-Jean, eglise Saint Pierre,
auch de par {de parte) le roi u. ä.
22 Erster Teil: Text.
Meist folgt dieser obliquus dem regierenden wort. Er
kann jedoch auch, wie hier in unserem falle, vor das regierende
nomen treten (vgl. noch pro deo amur in den Strassburger
Eiden mit dem oben aus v. 32 citiertem beispiel). Hierbei
kann das regierende nomen den artikel verlieren: a JDamne-
Deu comant 91, seltener der abhängige obliquus (en la rei
prison = en la prison le rei).
Der gebrauch dieses genetivs beschränkt sich schon im
altfranzösischen auf solche fälle, wo der als genetiv dienende
obliquus eine pergon bezeichnet. Mit sächlichen begriffen
findet sich eine ähnliche konstruktion nur nach einigen
akkusativen, welche in Wirklichkeit die bedeutung einer prä-
position oder eines präpositionalen ausdrucks haben: destre
pari la citet (264) = rechter band von der stadt, par som
(d. i. per summum) Talhe (239, 248 etc.) = bei beginn der
morgenröte.
IL Saint: lies sa%{n)t, aus lat. sanctum.
Abfall des -m wie un I.
Abfall des endvokals wie un III.
nct—t-int siehe reis I.
Neufranzösisch saint = s§. Das auslautende -t war hier,
in Verbindung mit vorausgehendem nasal, gestützt, also fester
als z. b. das isolierte t in fut, und hat sich allgemein bis ins
13. Jh., vor vokal und in pausa (am satzende) bis ins 16. jh.
gehalten; in liaison ist es noch heute hörbar {le saint homme).
Der nasale diphthong ain fällt seit der mitte des 12. jahrhs.
mit ein zusammen, wird aber erst im 17. jahrh. zum mono-
phthongen ^.
III. Denis. Der name Dionysius ist ein heiligenname,
ist als solcher erst in späterer zeit in die Volkssprache auf-
genommen worden und entzieht sich daher der regelmässigen
entwieklung. Der anlaut müsste sich unter normalen Ver-
hältnissen wie in diurnum — jorn entwickeln. Wahrscheinlich
wurde der name über Deonysius (vgl. prov. Daunis) zu Denynius,
woraus dann durch abfall der enduug regelrecht Denis wurde.
Griech. v wird in älteren lehnworten des latein zu u — p:
d-vQöoq-^torsus vgl. trosseg 73, in jüngeren zu ^ — e: jiQBqßvteQov
I. Laisse. 1. Vers: saint Denis, Wortstellung. — 2. Vers: Rout. 23
—^preshUerum-^preveire, in der jüngsten schielit zu i: (laQzvQiov
—*-martirie 107.
Wortstellung: Beachte die in Version des Subjekts:
Un jorn fut lis reis Charles . . . Diese tritt im selbständigen
aussagesatz regelmässig ein, wenn dieser durch ein adverb
oder sonst eine nähere bestimmung eingeleitet wird. Vgl. noch:
Ore entent la reine 43
Ne fut itels harnez 50
Et si prist il la soe 88
Df^ or s^en irat Charles 91
Tant chevalchet li reis 93
As herherges repairent les fieres compaignies 111.
Desgleichen in eingeschobenen Sätzen (auch bei substanti-
vischem Subjekt):
'Emperere' dist ele 26
'Par ma feil' dist li reis 53
'Seignor' dist V emperere 67.
In nicht eingeleiteten Sätzen ist die Stellung des Subjekts
vor dem verbum die regel:
Charles li emperere reguardet sa moillier 5
Ele fut coronee 6.
Jedoch findet sich auch in diesem fall inversion häufig bei in-
transitiven oder objektlosen transitiven verben (namentlich bei
den verben des sagens):
Chevalchet V emperere 102, 254
Respont li patriarche 162.
2. Vers.
Rout prise sa corone, en croiz seignat son chief.
Wiederum hatte er seine kröne genommen, im kreuzeszeichen
bezeichnete er sein haupt.
Bont: aus re -\- hdbuit. Die simplexform out-tr-hdbuit
findet sich z. b. in v. 4, sie bedarf zunächst der erklärung.
24 Erster Teil: Text.
I. Der anlaut.
Regel: Anlautendes lat. h verstummt.
Dies verstummen ist allen romanischen sprachen gemeinsam,
lässt sich auch durch Zeugnisse schon für die vorchristliche
zeit erhärten und wird (wie das verstummen des auslautenden m)
durch die lateinische prosodie bestätigt (vgl. den hexameter:
Quamquam animus meminisse horret luctuque refugit).
Beispiele:
habet— >at 3, hdbetis -^ avez 54
hostem—>ost 29
*ha hora (für hac 'hora)-^ore 43, 137 und oft
hospitale—*- ostel 237.
Hier und da wird das h zwar geschrieben, z. b. huem 122
(homo), herbe 212 (herba), honor (367, honorem), in anlehnung
an die entsprechenden latein. worte. Einen lautwert hat aber
dieses h nicht, wie die elision des artikels zeigt: Vhuem,
Vhonor, l'herbe. Die üblichen Schreibungen übrigens sind Vuem^
l'onor, Verbe.
Wie im anfang des Wortes fällt h auch im inlaut zwischen
vokalen, wie prchendere— * pr ender e lehrt (vgl. prise); ebenso
auch in Verbindung mit konsonanten (ch, ph, th: c, p, t) wie
colaphum-^colp (colper 42).
IL Regel: Das unbetonte u vor vokal (hiatus-w)
wird konsonantisch (halbvokal u).
Es ist dieselbe regel, die wir früher bereits für das hiatus-«
festgestellt haben (vgl. diurnum III a). Das u verliert also
seinen silbenwert, das wort wird um eine silbe verkürzt:
a-hu-it-^ ab-uit. Derartige formen werden in einer reihe von
Worten vorausgesetzt, wo das u entweder nicht mehr als silben-
bildender vokal erseheint oder, wie in der regel nach mehr-
facher konsonanz, ganz ausgefallen ist.
Beispiele: mortua—*-moriua—*morte 52
annuales -^ annuales —*■ anvels 126 •
tenmt-->tenult-^tint 180
- quattuor -^ quatiuor —* quatre 204
battuo —^ battuo —> bat{s), wonach batre {Q68).
I. Laisse. 2. Vers: Ront. 25
III. Die lautgrnppe h + hiatus-w.
Regel: Einfacher verschlusslaut vor folgendem
hiatus-M assimiliert sich zu u.
Es entsteht demnach tiberall uu {w), gleichgiltig ob stimm-
hafter oder stimmloser, labialer, ve^arer oder dentaler verschluss-
laut vorausgeht.
b:
debui—*-*deuui—*'dui, vgl. deüsseiz 56
p:
c:
r-
*recipuit—> *receuuit — > xegut 107
sapuit-^*sauuit—>sout (386)
placui-**pluuui-^ploi, vgl. ploüst (405)
aqua—*-*aüün-^ewe 106, 256
t:
d:
potuit—>*pouuit—>pout (387)
vidua —>*veuua — > veuve.
IV. Der Stammvokal.
Regel: Betontes a vor silbenschliessendem
labial wird zu o und verschmilzt mit
u zum diphthongen ou (p + m).
Beispiele: vgl. die eben citierten beispiele ^sanuit—^-sout
(386), placüU—*'*plauuit—*plout, wonach placuisset—* ploüst
(405), auch clavum {clau)-^clou 175 (gegen clavem — clef).
V. Der unbetonte vokal der endsilbe fällt nach un III.
VI. re-hahuit-^rout
Regel: In zusammengesetzten worten fällt
ein auslautendes e des ersten Wortes
vol* vokalisehem anlaut des zweiten
aus.
Beispiele: de unde—*-dont 3
conquaerere (h)abeo —*- conquerrai 11
portare {]i)ahemus —* porterons 20
mandare {h)abeo -* manderai 22
re-intrare —*■ rentrtr (793).
In einfachen worten (sowie in alten ableitungen) entsteht
in diesem falle i und weiterhin hiatus-*. Vgl. jorn Illa.
VII. Neufranzösisch etti für 0M<. Dieser wandel erklärt
sich nicht durch lautliche entwicklung, sondern durch ana-
26 Erster Teil: Text.
logische Übertragung. Das altfranz. paradigma des perfektums
lautete nach den entsprechenden lateinischen formen:
hdbui hahuisti hdbuit hahüimus hdbuisüs *hdbuerunt
oi oüs out oümes oüstes ourent
später oi eüs out eümes eüstes ourent
16. jh. {e)ü{s) {e)ü{s) {e}ü{f) {e)üme{s) {e)ü{s)te{s) {e)üre{nt).
Man sieht leicht, dass die formen mit betontem Stamm-
vokal (die stammbetonten formen) nach denen mit unbetontem
und nachher geschwächtem Stammvokal (nach den endungs-
betonten formen) umgebildet sind, neben welchen noch das
Partizipium eü (*habütum) und die konjunktivformen ßässe
(Äa6MW5em),ew5Äes usw. mitgewirkt haben mögen. Das unmittelbar
vor dem tonvokal stehende e war schon im 15. jahrh. verstummt
{e-ü—*'ü, wie ve-ü—>vü, meür—*-niür), ist aber zur deutlicheren
bezeichnung der form in der schritt beibehalten worden.
Das kompositum ravoir ist neufranzösisch nur noch als
defektivum üblich in den formen ravoir und raurai mit der
bedeutung 'wieder haben, wieder bekommen', nicht mehr als
hilfsverbum wie hier, wo rout prise = out reprise ist.
prise: lat. prensam. Schon lateinisch finden sich neben
den vollen formen prehendo, prehendi, prehensum, prehendere
die formen mit ausfall des intervokalen h und kontraktion der
beiden e im e (vgl. rout I). Wir dürfen daher ohne weiteres
von der form prensam ausgehen.
I. Auslautendes m fällt nach un 1 {prBnsa).
IL Lat. w vor s fällt nach mostier [pr^sa).
III. Unbetontes a der endsilbe zu e nach un III (pr^se).
IV. Der tonvokaL Dieser zeigt keine regelmässige ent-
wicklung. Das geschlossene (lange) e in offener silbe sollte
zu ei diphthongiert werden wie in plena zu pleine (siehe v. 8),
mensem-mese zu meis. Das i ist übertragen aus anderen
formen, wo es sich regelrecht, durch umlaut vor folgendem *,
entwickelt hatte, wie in pris "r-^prest.
V. Das in ter vokale s. Lat. s ist in jeder Stellung
stimmlos (hart). Diese ausspräche behält es in Verbindung mit
konsonanten, im anlaut und im auslaut. Zwischen vokalen
I. Laisse. 2. Vers: Roat, prise, sa. 27
hingegen nimmt es die stimmhaftigkeit der umgebenden laute
an. Dieser wandel gelangt in der Orthographie nicht zum
ausdruck. In der wissenschaftlichen transskription pflegt man
das stimmhafte s mit ^, das stimmlose mit s zu bezeichnen,
daher auch das stimmhafte frz. j mit / (altfrz. d^), das stimm-
lose ch mit s (altfr. ts).
Regel: Lat. s zwischen vokalen wird stimmhaft.
Beispiele :
44 oset (oser)'*^*atisat (zu audeo-ausum)
112 presenz zu presenter <—praesentare
171 posez {poser)<—pausatus (pausare)
220 pose-t—pausa.
Wie das beispiel prise <~pre(n)sam zeigt, ist die erweichung
des intervokalen s erst nach verstummen des n vor s eingetreten.
Das spanische hat z. b. das intervokale 5 bis heute als stimmlos
bewahrt [presentar, posar usw.).
sa: latein. suam.
1. Fall des auslautenden m wie im I.
IL Mit dem substantivum verbunden wird das Possessiv-
pronomen wie der artikel (siehe vers 1 li) proklitisch, d. h. es
verliert seinen accent an das folgende Substantiv und wird
selbst tonlos {suam coronam). Alsdann erhalten wir in suam
und ebenso in suum, tuum ein unbetontes u vor vokal, ein
hiatus-w, das der regel nach (siehe rout II) zu u wird: suam,
suum, tuam, tuum, und unter einwirkung der proklise völlig
schwindet: sa, son, ia, ton.
Sonst verstummt u nach mehrfacher konsonanz:
mortua — > mortua —> morie 52
quattuor —> quattuor — ► quatre 204
hattuo-*hat{s) (dazu latre 668);
zwischen konsonanten:
tenuit—>*tenvt—*'tint 180, voluit-^voU;
sowie im auslaut nach konsonant:
sanguem — ► sangii{e) — > sanc 65.
Regel: Hiatus- u schwindet nach mehrfacher
konsonanz, zwischen zwei konsonanten
28 Erster Teil: Text.
oder im auslaut nach konsonant^ sowie
in der proklise.
III. Unbetontes oder nebentoniges a bleibt in ein-
silbigen Worten erbalten. Es handt-lt sieh dabei natur-
gemäss nur um proclitiea und etwa adverbia, die im satze
unbetont oder nebentonig werden können.
Beispiele :
präp. ad—*a (siehe v. 1 al I)
der weibliche artikel illa(m)-^la: la corone 10 u. o.
das unbetonte pronomen ülam-^la: U la pristpar le poin 7
la prist a araisnier 8
jam—*ja 33.
Soweit diese worte im zusammenhange des satzes auch
betont vorkommen, entwickeln sie daneben eine zweite form
nach den regeln der betonten Wörter. So wird illa als demon-
stratives oder absolutes pronomen zu ele (v. 6), mit regelrechter
Schwächung des unbetonten a zu e.
corone : lies corone — lat. coronam.
I. Der älteste wandel in diesem wort ist der abfall des
auslautenden m. Dadurch fielen in der lateinischen ersten
deklination im Singular nominativ und akkusativ, also die
beiden einzigen im französischen erhaltenen kasus, vollständig
zusammen. So ist:
reine = regina und = reginam
femme = femina und = feminam.
IL Das unbetonte a der endsilbe zu e, siehe un III.
III. Der tonvokal: Lat. langes, d. h. seiner qualität nach
geschlossenes o.
Regel: Betontes ö in offener silbe bleibt ö (vor nasal o).
Beispiele: pomum -f- s—^-ponz 3
*prodis—*proz 28
amorem-^amor 32
illorum—^lor 78
dolorosam-* dolor ose 92
colores -^ colors 124.
I. Laisse. 2. Vers: sa, corone. 29
Vor nasal (corone, ponz) entwickelt sich p, das weiter-
bin zu Q wird, während orales ö im 12. jahrh. über ou zu eu,
nfr. ö, wird {preu, leur, -eus — eux).
IV. Der anlautende konsonant: lat. c (=Ä).
Regel: Anlautendes c vor dunkeln vokalen
(o und u) bleibt als c (k) erhalten.
Beispiele: colaphum—>colp, dazu colper 42
cor -^ euer 118
colores —*- colors 124
*cuminitiare-^ comencier, comencat 130
cultellum—>coUcl 180,
Das gleiche gilt von c vor konsonant: croü 2 (crucem),
crigne 823 (crinea), croissir 194 (germ. ^^krostjan).
Vgl. dagegen c vor a zu ts unter Charles IL
V. Der vor ton vokal. Wir haben einen einzigen, also
nebentonigen vortonvokal (s. mostier III), der an und für sich
erhalten bleiben mass. In diesem falle handelt es sich um ein
lateinisch kurzes ö, also offenes o, in offener vortonsilbe.
Regel: Vortoniges q in offener silbe wird o.
Diese Veränderung ergibt sich nicht aus der altfranzö-
sischen Schreibung selbst, wo q und o in der regel beide durch
0 bezeichnet werden (normannisch jedoch o durch u), wird aber
durch die weitere entwicklung zu u (geschr. ou) vorausgesetzt
und durch dialektische (normannische und anglonormannische)
Schreibungen bestätigt.
Beispiele : cgrona — > corone —>■ couronne
*PQtetis (fttr potestis) -^ poez IS-^pouvez
dglorosam — > dolorose 92 — > douloureuse
wie dolorem — > dolorem —*- douleur.
Es fällt also in dieser Stellung ö und o zusammen. Vgl. 1
mostier V.
VI. Neufranzösisch couronne aus altfranz. corone er-
klärt sich im wesentlichen aus dem vorhergehenden. Der ton-
vokal p entwickelt sich vor nasalen kon^onanten (w, w) nicht
wie in /or, dolor, proz zu eu, sondern ist selbst nasal und
geht als solcher allmählich in die offene ausspräche über
30 Erster Teil: Text.
corone ~> cour^ne. Während aber am scbliisse des Wortes oder
vor konsonant der nasalvokal geblieben ist (nfr. harons = harö,
bon = bö, enfant = äfä), ist die nasalierung des vokals in
offener silbe wieder verloren gegangen, hat jedoch ihre nach-
wirkuog in der offenen qualität des o sowie in der doppel-
schreibung des nasalkonsonanten zurückgelassen: nfr. couronne
— curgn, honne=bQn mit offenem g.
en: lies ä {an), aus lat. in.
Es sind in diesem worte von einander zu scheiden die Ver-
änderung des lat. * überhaupt und die behandlung desselben
vor nasal im besonderen. Es handelt sich um das kurze^
offene (dem e ähnliche) i.
I. Regel: Lateinisch kurzes i wird zu ge-
schlossenem e.
Dieser Übergang vollzieht sich ganz allgemein, ob nun *
in offener oder geschlossener, in betonter oder unbetonter
silbe steht. Er ist gemeinromanisch, insofern nur ein ver-
einzeltes, kleineres gebiet (das sardische) sich diesem wandel
entzieht, und ist daher noch in ziemlich frühe zeit (etwa in
das 3. jahrh. n. Chr.) zu setzen. Die Verschiebung des * zu ?
entspricht derjenigen des ü zw o (siehe jorn II), muss aber
früher eingetreten sein als diese, da das rumänische das ü
noch bewahrt, das * hingegen zu § werden lässt.
Beispiele: signavit—* seignat s. unten
cinctam—^ceinte 8
dominium + s — > demeines 4
iUa—>ele 6
ecce illa-^cele 12
mittit—*met 16
consiliarios—* conseilliers 21,
Durch dieses lautgesetz fällt lateinisch « der qualität nach
mit lateinisch 5 zusammen und bleibt nur durch den unterschied
in der quantität von diesem geschieden.
Man vergleiche:
miUere—*m^tre mit habere
fMe{m)—*ßde mit plenam.
I. Laisse. 2. Vers: en, croiz. 31
II. Regel: en oder em wird infolge der nasa-
lierung des vokals zu ä.
Es ist die allgemeine regel von der nasalierang der vokale
vor n oder m, die bereits oben s. 8 f. unter un IV erwähnt
worden ist. Aber während dort der vokal in seiner qualität
zunächst unverändert bleibt, nimmt er hier schon im altfranzö-
sischen eine breitere, hellere ausspräche an: en wird zu ^n
und dieses zu an. In der schrift kommt diese qualitive Ver-
änderung nur teilweise zum ausdruck {en und an werden noch
in der heutigen Orthographie von einander geschieden), auch
ist sie in den verschiedenen mundarten zu verschiedenen Zeiten
eingetreten (in einigen, wie besonders in der pikardischen, gar
nicht). Für unser gedieht wird die gleichheit der ausspräche
von en und an bewiesen durch die assonanzen, in welchen wir
(wie z. b. V. 76 ff.) gent, argent, mit devani, hlans u. ä. gebunden
finden: also dzät, ardzät, devät, blas.
Die regel gilt für betonte wie für nebentonige und unbetonte
Silbe. Wie en, em wird natürlich auch das dem a weit näher-
liegende ^n, ^m zu ä: mente —*■ mät, *folla mente—* folemät.
Weitere beispiele:
imperator —> emperere 5 = aperere
inde-^en 14 = ä
intra—^entre 15 = ätre
intendit—* entent 17 = ätät
insemel—> ensemhle 20 = ä^ähle
femina—^femme 33 = fäme.
croiz : lies croits, lat. crücem (= hrÜkem). In lateinischer
zeit wurde c überall, vor konsonant und vokal, vor e und i
ebenso wie vor a, o, u als Je gesprochen.
I. -m fällt nach un I: cruce.
II. Latein. w—>p nach ^'orw II: croce.
III. Der inlautende konsonant.
Regel: Lat. c (h) zwischen vokalen wird vor
den palatalen vokalen (e und i) assibi-
liert {tsi) und stimmhaft (dzf), hieraus
. vor erhaltenem vokal zu ^> {i 4- stimm-
32 Erster Teil: Text.
haft s), vor konsonant und im auslaut
zu its (geschr. «>).
Beispiele: vicem—>feie 71
placet—>*plaitst—*' piaist 68, 160.
Vgl. Doch: nucem-^noiz, vocem—*'Voiz,
dagegen placere—>plaisir (592), licere—*-leisir (445), vicinum
—*■ veisin.
IV. Der Stammvokal o verbindet sich mit dem folgenden
i aus c zum diphthoogen oi.
V. Neufranzösisch croix: der diphthong oi hat sieh
über oe — o? zu oä {wo) entwickelt, genau so wie das aus ei
entstandene oi (siehe reis III), hat aber die alte Schreibung
beibehalten.
Das auslautende ts {z) wurde ende des 12. jahrhs. zu s
vereinfacht, also croiz —*- crois, foiz—>fois, voiz—*vois {*plaitst
wurde schon früher zu piaist vereinfacht wegen der schwierigen
ausspräche der konsonantengruppe tst). Auslaut-s verstummt.
Die Schreibung croix für crois hat mit einer Veränderung
der ausspräche nichts zu tun und erklärt sich lediglich als
eine Schreibergewohnheit, vgl. nfr. cheveux, chevaux für älteres
cheveus {•*— chevels), chevaus {■*— chevals). Bei Worten wie croix,
voix, noix, paix mochte dabei das Vorbild der lateinischen
formen crux, vox etc. mitwirken.
seignat: lies seüdt, latein. stgnavit (neben class. lat. sTgnare,
Signum bestand slgnare, Signum, vgl. ital. segno, segnare, prov.
senh, senhar).
I. Der Stammvokal t-^e, siehe en I.
IL Die inlautende konsonantengruppe gn{=g + n).
Regel: gn zwischen vokalen wird zu mouil-
liertem (jotaziertem) n (ü, geschrieben gn,
ign).
Beispiele: insignatis—*- enseigniee 19
magnus -^*- maignes 158
agntllum-^agnel — agneau.
IIL Die endung: avit-^aut-*at. Schon für das Vulgär-
latein haben wir teilweise verkürzte perfektendungen in der
I. Laisse. 2. Vers : seignat, son. 33
I. koDJügation anzunehmen, welche den ausgangspunkt der
romanischen und somit auch der französchen formen gebildet
haben:
klass. lat.
vulg.-lat.
franz.
•avi
-ai
-ai
-avisti, -asü
-asü
-as
-avit
-aut, -ät
-at
-avimus
-ammus
-ames
-avistis, -astis
-astis
-astes
averunt, -arunt
-arunt
■erent.
Zum teil bestehen, wie die vergleichung zeigt, die kurzen
formen schon im klassischen latein neben den vollen formen.
Aus den vulgärlateinischen formen entwickeln sich die fran-
zösischen meist regelmässig. Die endung -aut sollte -ot ergeben
(vgl. it. amo, span. amö), hat aber ihren vokal sichtlich den
beiden ersten formen -ai und -as, vielleicht unter mitwirkung
von ai, as, at (= habeo etc.), angeglichen. Nach Suchier ist
-ät neben -aut schon im älteren latein mehrlach belegt.
IV. Neufranzösisch {en)seigna (das simplex seigner
ist nicht mehr gebräuchlich) zeigt gegen die hier gebrauchte
form verstummen des auslautenden t, was hier schon im
12. jahrh. vor sich ging, tibergang des e vor palatalem n zu
? und Verlust der nasalierung in offener silbe (vgl. 3 corone VI).
son: lies sö{n), aus lat. suum.
I, Wir haben hier die neutrale d. h. maskuline form des
Possessivpronomens vor uns, welche im wesentlichen so wie
das vorhin besprochene suam — sa behandelt wird. Das wort
steht proklitisch, gibt seinen accent an das folgende Sub-
stantiv ab und wird somit selbst tonlos. In dieser Stellung
entwickelt sich das unbetonte hiatus-w zu u und fällt schliess-
lich aus. Vgl. rout II und sa II.
IL Das zweite, silbebildende u wird o nach jorn II.
III. Das auslautende m. Nach un I fällt das in un-
betonten endHÜben und Worten stehende auslautende m früh-
zeitig ab. Darnach verlieren die im satz unbetont stehenden
einsilbigen werte ihr -m:
Voretzsch, Studium cl. afrz. Sprache. 5. Aufl. 3
34 Erster Teil: Text.
jam—^ja 33, 34, 42 u. Ö.
quem-^que 112, 180, 189 u. ö.
Ebenso die ursprünglich zweisilbigen, auf eine silbe reduzierten
proklitika (vgl. oben sua):
suam—>sa 2, 5 16 u. ö.
meam-^ma 22, 53, 56 u. ö.
illam—*la 7, 8 (verbundenes pronomen),
ebenso 25, 36 (artikel)
illum—^lo — le, siehe v. 1 al.
Hingegen behalten einsilbige worte, welche im
Zusammenhang des satzes den hauptton tragen, ihr -m
als -n:
rem-^rien 247 u. ö.
meum-^mien 139, 185 (als absolutes oder sonst
betontes pron.).
Ebenso süum—*-suen 50, tüum-^tuen (während die feminina
me-am, tü-am, sü-ani zweisilbig bleiben und regelrecht das in
unbetonter endsilbe stehende -m verlieren: meie, töe, söe 88).
Die verbundenen, vor dem Substantiv stehenden Possessiv-
pronomina stehen proklitisch, also unbetont, und sollten darnach
sämtlich das -m verlieren: so regelrecht suam — sa, desgl. ta,
ma. Die entsprechenden maskulinformen sollten also *mo, *^o,
*50 lauten, heissen jedoch immer mon, ton, son. Vermutlich
standen ursprünglich antevokalische w-formen {mon, *man) und
antekonsonantische w-lose formen {*mo, ma) nebeneinander, wie
z. b. in der tonlosen negationspartikel nen — ne {nen est, aber
ne fut). Den ausschlag zu gunsten von mon einerseits und
ma andererseits gaben dann die betonten formen, wo sich
regelrecht männliche formen mit n und weibliche ohne n ent-
wickelt hatten: mien, tuen, suen gegen meie, toe, soe.
IV. Die neu franz. ausspräche so zeigt nasalierung des
Vokals mit Verlust des nasalkonsonanten (wie un v. 1) und im
Zusammenhang damit offene qualität des o (vgl. oben corone).
Chief: lies Uief, aus lat cäput.
I. Endung und geschlecht. Die in der substantiv-
deklination vereinzelt dastehende endung -ut wurde in der
I. Laisse. 2. Vers: son, chief. 35
vülgärsprache beseitigt und durch -um, richtiger -u (un I), er-
setzt, indem man das unregelmässig erscheinende neutrum
Caput an die zahlreichen neutra der lateinischen IL und IV.
deklination anglieh (vgl. oben s. 16 al I). Wir haben also für
das weitere von *capu (vgl. ital. capo) auszugehen. Wie fast
alle lateinischen neutra singularis erscheint auch dieses im
französischen als maskulin (vgl. mostier).
IL Der inlautende konsonant. Das in dem französischen
wort auslautende f ist aus dem inlautenden labial erst ent-
standen, als dieser in den auslaut trat. Vorher hatte der labial
aber noch eine zwischen vokalen eintretende erweichung durch-
gemacht. Es ist daher zweierlei zu scheiden:
a) Regel : Lateinisch^» zwischen vokalen (oder
zw. vokal und r) wird durch b hin-
durch zu V.
D. h. der stimmlose verschlusslaut wird zwischen den an und
fHr sich stimmhaften vokalen zum stimmhaften verschlusslaut
und dann zum stimmhaften reibelaut. Es findet also eine
assimilation des konsonanten an die umgebenden laute statt.
Beispiele :
capillos-^chevels 181
piper—^peivre 211
recipere—* receivre 220
sapitis —*■ savez 226
^deseperati—*- desevret 253
supinum—*- sovin (389)
capra — > chievre.
b) Regel: Ein im alt französischen in den aus-
laut tretendes v wird zu f.
D. h. es verliert den stimmton, die stimmhafte ausspräche.
Dieser Vorgang erklärt sich leicht dadurch, dass im auslaut
(ohne darauffolgenden vokal) ein stimmloser konsonant be-
quemer zu sprechen ist als ein stimmhafter.
Beispiele :
nervi— >nerf IM \ nivem—*'neif{S7S)
suave~>soef (Sil, S77)
vivi—>vif{dl4:)
cervum -> cerf.
IIL Anlautend c vor a wird ch {= ts) nach v. 1
Charles IL
36 Erster Teil: Text.
IV. Der tonvokal: lateinisch kurzes a in offener sübe.
Dieses bat nacheinander zwei lautveränderungen erfahren, eine
quantitative in gemeinromanischer zeit, eine qualitative in
französischer zeit. Der wandel von a zu ic setzt länge des
vokals voraus.
a) Eegel: Betonter kurzer vokal in offener
silbe wird lang.
Infolgedessen fällt in offener silbe a mit a zusammen und
nimmt dieselbe entwieklung wie dieses:
cä[pu ^) — > cäpu — »" Chief
wie cäru{m) —^ chier 24
spä[tham--^spätham—*-espee 3
wie coronätam —*- coronee 6.
Dieses gesetz gilt auch von allen anderen vokalen, welche
untereinander gleiche qualität haben. So wird kurz q in offener
silbe zu f und fällt mit ?<— ae zusammen, freies kurzes e (i)
mit e, freies kurzes o (ü) mit ö. Auf der dehnung und dadurch
bewirkten länge des betonten vokals beruht im wesentlichen
die eigentümliche entwieklung der betonten vokale in offduer
silbe, besonders die diphthongierung.
Umgekehrt ist es mit langem vokal in gedeckter Stellung:
Regel: Betonter langer vokal in geschlossener
silbe wird kurz.
Hierdurch erklärt es sich, dass selbst ursprünglich langer vokal
in geschlossener silbe nicht diphthongiert, überhaupt nicht
dieselben Veränderungen erleidet wie in offener silbe.
Vgl. z. b. quaerere-^ querere— * qu^r-re—*- querre 72
gegen caelum-^c^lu — c^-lo —*ciel 9.
Man nennt dieses gesetz von der dehnung der kurzen
vokale in freier Stellung und der kürzung langer vokale in
gedeckter Stellung nach Ten Brink, der es zuerst aufgestellt,
häufig das Ten Brink'sche gesetz.
b) Regel: Betontes a in offener silbe wird
nach c wie nach den übrigen pala-
^) Das zeichen [ wird zur bezeichnung der freien Stellung des voraus-
gehenden vokals verwendet wie entsprechend ] zur bezeichnung der ge-
deckten (vgl. oben s. 14).
I. Laisse. 2. Vers: chief. 37
talen konsonanten und konsonanteu-
gruppen zum diphthongen ie.
'cJiier 24
'Chiet 132
-chieent (537)
'Colchiez 171
'preechiet 173
'inangier 180
'preiiet 865
-paiier
-paiiens 224
'enchalcier 29
'preisier 13
'esleecier 174
'araisnier 8
*correciez 17
'Congiet 216
'Songiet 71
'enseignies 19
'taillier, entailUee 179
'■espleitiet 167
'dlaiüer {alaitat 187).
Innerhalb dieses diphthongen liegt der aecent auf dem
zweiten vokal: ie. Da dieses «e sowol mit dem aus -^nw ent-
standenen ie (v. 1 mostier) als auch mit dem aus ? hervor-
gegangenen ie (v. 3 mierfr-m^rum) reimt, so hatte das e wol
helle, offene ausspräche: i^. Indes lassen sich auch gründe
für geschlossene ausspräche anführen (z. b. lässt das in Eng-
land gesprochene französisch, das sog. anglonormannische, das
ie in ? übergehen).
Wo intervokales c wegen vorausgehendem dunkeln vokal
(w, o) spurlos ausfällt, unterbleibt auch die durch palatal be-
dingte diphthongierung: jocare-^joer 32, avocatum-^ avoet.
V. Der unbetonte endvokal fällt nach un III. Dieser
abfall trat erst ein, nachdem ä in offener silbe zu a und nach-
dem intervokales jö zu v erweicht worden war, aber ehe v zn f
wurde. Der letzte wandel beruht eben darauf, dass der folgende
endvokal abfiel.
Beispiel«
y. cärum
cädit -^*cädet
cädant-^cädant
coUocatus
predicatum
manducare
precatum
pacare
nach g:
paganos
ci-
Hncalciare
ti:
*pretiare
*exlaetitiare
*adrati{o)nare
pti-
'^corruptiatus
mmj,:
commeatum
mni :
somniatum
gn — ü:
insignatis
ir-
taliare (zu talea)
et:
*explic(i)tatum
*adlactare
38 Erster Teil: Text.
VI. Neufranzösisch cÄe/"= /e/[ Der ^ Vorschlag ist seit
ende des 12. jahrhs. verstummt (siehe v. 1 Charles IV). — Der
diphtboDg ie wurde ende des 15. Jahrhunderts nach Zischlauten
{ch = s und g = i) lautgesetzlich zu e (je nachdem ? oder ^)
reduziert: chef, eher, couche (aber nicht vor nasal: chien), manger,
songer, conge; nach anderen konsonanten auf analogischem
wege, namentlich in den infinitiven und partizipien der I. lat
konj.: chausser, priser, allaiter usw.
3. Vers.
Et at ceiiite s'espee dont li pouz fut d'or mier.
Und er hat umgegürtet sein schwert, dessen knaaf von
lauterem gold war.
E(t). Das auslautende t ist schon im lateinischen ausser-
halb der konjugation wenig vertreten (über caput siehe oben)
Regel: Auslautendes isoliertes t in unbe-
tonter silbe ist im laufe des 11. jahrhs.
verstummt (wie -d: siehe al I).
Beispiele: aut-^o 35, 42, 150 (stets so geschrieben)
et—^e (zuweilen noch mit t geschrieben)
Allem anschein nach ist das -t zuerst vor folgendem
konsonant verstummt, daher sich einzelne beispiele für e = et
schon aus früherer zeit nachweisen lassen.
, Hiernach sollte auch das auslautende -t in der 3. pers.
sing. präs. der latein. L konjugation abfallen: reguardt{t) 5,
porte{t) 15, chevalehtit) 93, torne{t) 94. Es wird in unserem
text in der regel noch geschrieben, auch wird das dem -t
vorausgehende -e- vor folgendem vokal in mehreren fällen
nicht elidiert, aber an einigen anderen stellen ist elision des
-e- möglich und daher verstummen des -t auch hier wahrschein-
lich. Unser gedieht verhält sich ähnlich wie das Rolandslied.
Unter anderen als den in unserer regel angenommenen
bedingungen fällt das im lateinischen auslaut stehende t erst
im laufe des 12. jahrhs. und später: im 12. jahrh. nämlich,
wenn es in der tonsilbe steht {at s. unten, fut 1, repentit 31,
conreatll, irat9l, entrat HS); erst ausgangs der afr. periode,
I. Laisse. 'S. Vers: Et, at. 39
wenn es nicht isoliert, sondern fest, d. h. mit anderen kon-
sonanten verbunden oder aus einer Verbindung mit anderen
konsonanten hervorgegangen ist (vgl. oben s. 22 saint, ferner
out 4:<r-habuit,prist7'*—*prensit, seist IQ-r-sedisset, respondiet 12
<~^rPspondedit, dist l^ *— dixit, met lö-^r-mütit, siet W<~sedet,
entent 11 -t—intendit, est 18=:lat. est). In pausa (am versende
oder vor stärkerer interpunktion) sind diese t bis ins 17. Jahr-
hundert, in liaison {saint Jiomme, dit-il) noch jetzt laut.
at.: lat habet.
Die französische form lässt sich nicht direkt auf habet oder
abet (nach routT) zurückführen, das *et geben müsste. Viel-
mehr haben schon im Vulgärlatein neben den vollen formen des in
mehrfacher Verwendung gebrauchten verbums sog. kurzf ormen
(schwächer betonte, kürzer gesprochene formen) bestanden, welche
sich namentlich bei dem gebrauch des wortes als hilfszeitwortes
von selbst einstellen mussten und auf welchen die altfranzösischen
beruhen. Die in betracht kommenden paradigmen lauten:
vulgärlat. vollformen vulgärlat. kurzformen j altfranz.
abio
aio
ai
dbes
as
as
abet !
at
at
abemus
abemus
avons
abetis
abetis
avez
ahent — *abunt
*aunt
ont.
Man vergleiche noch die italienischen formen ho und ha (aus
a{i)o und at) mit den (poetischen) vollformen aggio und ave
(aus abj,o und abet). Bei dem gleichfalls als hilfözeitwort wie
als selbstständigem verbum (in der bedeutung 'da sein,
existieren') gebräuchlichem esse — estre haben wir teilweise
im franz. selbst noch voll- und kurzformen nebeneinander:
präs. ind. 2. p. ies — es, impf, iere — ere, fut. ier — er.
Neufranzösisch a — at. Aus at entwickelt sich schon
im altfranz. regelrecht a (siehe oben et). Dieses verstummen
des t trat zuerst vor folgendem konsonant ein, während es vor
vokal sich zunächst erhielt und hier erst auf analogischem
wege beseitigt wurde: at il, at ele—>a il, a ele nach il a dit,
40 Erster Teil: Text.
ele a vu u. ä. Die nfr. formen a-t-il, a-t-elle gehen daher
allem anschein nach nicht direkt auf die altfr. formen at il,
at ele zurück, welche zunächst (wenigstens in der schrift)
durch a-il, a-ele ersetzt werden, sondern auf das vorbild von
ont-üs, est-il, sont-üs (mit 'festem' t) u. s. w.
ceinte; lies tseinte, aus lat. cinctam.
I, Aus der konstruktion at ceinte s'espee = habet cinctam
suam spatham ergiebt sich deutlich die art und weise, wie
das französische parfait, zur bezeichnung einer in der gegen-
wart vollendeten handlung, entstanden ist. Man vergleiche
dazu lateinische konstruktionen wie habere civitates sibi ob-
strictas, hostem clausum habere, equitaium coactum habere, sibi
spem victoriae propositam habere, persuasum sibi habere, cognitum
habere. Dem gebrauch von habet — at mit prädikativem partizip
für die gegenwart entspricht für die dauer in der Vergangen-
heit habebat — aveit mit partizip und für die einmal oder vor-
übergehend gedachte handlung in der Vergangenheit habiiit
— out mit partizip (wie rout prise in v. 2).
Aus dieser entstehung ergiebt sich auch ohne weiteres,
dass von haus aus das partizip in Übereinstimmung mit dem
objekt gewesen sein muss, wie in unseren beiden fällen. Vgl.
noch V. 52 se mengonge avez dite; v. 59 out faite s^ofrende;
ebenso v. 61 usw. Doch finden sich daneben auch in unserem
gedieht bereits entgegenstehende fälle, wie v. 59 ai molt o'it
parole; v. 142 out mandet ses clers usw. Aus diesem schwanken
hat sich der in der nfr. Schriftsprache übliche gebrauch heraus-
gebildet, bei vorausgehendem objekt (pronomen, fragesatz)
rektion des partizips eintreten, sonst aber das partizip unver-
ändert zu lassen. Die — seither wieder aufgehobene — be-
stimmung der 'Simplification de l'enseignement de la syntaxe
fran^aise' von 1900, welche auch nach vorausgehendem feminin-
oder plural- Objekt unverändertes partizip gestattete, war ein
Zugeständnis an die gesprochene rede.
IL -m fällt: cincta.
III. * wird e: cencta.
IV. Der anlautende konsonant: lat. c = Ä (wie vor
a, 0, u).
I. Laisse. S.Vers: ceiute, s'. 41
Regel: Anlautendes c vor e und i wird zu ts
(geschrieben c).
Es ist im wesentlichen dieselbe entwicklung (assibiliernng)
wie die des intervokalischen c in crucem, nur dass sich natur-
gemäss im anlaut kein i entwickeln kann.
Beispiele: caelum—>ciel 9
civitates-^citez 11 (sing, citet 36)
ecc{e) illa—>cele 12
ecc{e) nie -^ eil 19
ecce hoc-^go 39
ecc{e) {h)ic-^ci 49
centum + s-*cenz 73.
Dasselbe gilt auch für inlautenden silbenanfang nach
konsonant:
mercedem-^mercit 32
principale{m) —> principel 59
dulcem, dulces—*dolz (425).
Der vergleich mit Charles v. 1, corone und croiz v. 2 lässt
nunmehr die verschiedene behandlung des anlautenden c je
nach dem folgenden laut deutlich erkennen:
1. e vor 0, u, kons, bleibt: corone, croiz.
2. c vor a wird <s: Charles, chief, trencherai.
3. c vor e, i wird i^5: ceinte, mercit.
V. wc^: m^, siehe v. 1 reis I. Der ton vokal e bildet mit
dem folgenden * den diphthongen ei (vgl. ebenda II), der vor
dem folgenden nasal zu e% wird.
VI. Der unbetonte endvokal a zu e: siehe v. 1 un III.
VII. Neufranzösisch ceinte = s'^t: der ^-Vorschlag geht
wie bei ts {Charles IV) am ende des 12. jahrhs. verloren; der
nasal -diphthong et wird über ?f zu e kontrahiert; das aus-
lautende e verstummt im 17. jh.
s' = sa: die entwicklung von sa-*~suam siehe v. 2 sa.
Das altfranzösische setzt die regelrechte femininform sa
vor allen femininen ohne rücksicht auf den anlaut. Vor vokal
wird das auslautende a elidiert genau wie beim artikel: sa
42 Erster Teil: Text.
espee-^s'espee wie la espee-^Vespee, ebenso ma amistiet-*-
m'amistiet 54, sa escrepe-^ s'escrepe 86.
Seit anfaog des 13. jahrhs, (in lothringischen denkmälern
schon seit dem 12. jahrh.) erscheinen vereinzelt vor vokalisch
anlautenden femininen auch die männlichen pronominalformen.
Da das altfianzösische elidierte und damit den hiatus tat-
sächlich beseitigte, kann der grund für einführung der männ-
lichen formen nicht wol in der absieht gesucht werden den
hiatus zu vermeiden. Man hat nun die erklärung in dem Vor-
bild des adjektivs gesucht, wo antevokalisch maskulin- und
femininform gleichzulauten pflegen: hon ami — 6o««wie (geschr.
honne amie), bei ami — helamie {helle amie); danach habe auch
das possessivum ausgeglichen zwischen mon (oncle) und m\äme)
und zwar zu gunsten des im allgemeinen stärkeren maskulinums.
Dieser Vorgang ist recht wohl möglich. Indes wäre das Vor-
bild des artikels wohl näher gelegen und nach V oncle — Vdme
eher ein ausghich m'oncle — m'äme zu erwarten gewesen.
Auch liegen Vorbilder wie hei — helle zu fern, es käme wohl
nur das ähnlich klingende hon — honne in betracht, welches
zwar häufiger als andere adjektiva ist, aber allein kaum
imstande war die pronominalformen zu beeinflussen.
Am einfachsten geht man daher von solchen vokalisch an-
lautenden Worten aus, welche wegen bedeutung oder form zu-
gleich als maskulina und feminina gebraucht wurden: art,
omhre, enfant, hoir (^—Jieres), später auch amour. Hier standen
schon früh formen wie son art und s'art nebeneinander. Auch
an analogie nach synonymen kann man denken: s'ire-^son ire
nach son corroz, s'aie—^son die nach son secors. Bei einigen
Worten wird man gerade die Verbindung mit mon, ton, son
statt ma ta sa als erste belege für den geschlechtswechsel an-
zusehen haben.
Reste des ursprünglichen gebrauchs im neufranzösischen
sind: ma mie = m'amie <—mea amica
mamour = m* amour ■<— meani amoreni
(lat. amorem ist im altfranzösischen wie die übrigen abstrakta
auf -or zunächst feminin geworden).
espee: lat. spatham von grieeh. ajiäd^.
I. -m fällt ab.
I. Laisae. 3. Vers: s", espee. 43
IL Der inlautende konsonant: dentaler verschlusslaut
mit aspiration = f (etwa wie deutsches t vor vokal). Derselbe
wird im lat. zu einfachem t und wird dann behandelt wie
dieses. Es ergeben sich darnach zwei regeln:
a) Die aspirierten konsonanten verlieren
ihre aspiration und werden zu den
entsprechenden einfachen kon-
sonanten.
Oder: die mit h zusammengesetzten konsonanten verlieren ihr
h, ebenso wie dieses im anlaut der silbe oder zwischen vokalen
verloren geht {habuit-^out siehe rout v. 2, prehensam-*
prensam siehe prise ebenda). Es handelt sich bei diesen laut-
verbindungen {th, ph, ch) meist um worte griechischer herkunft.
d^f]öavQ6g-^thesaurus—**tesauros—> iresors 222
xöXa<pog—>colaphus—>*colapos—*'Colp{s), dazu colper 42
ägxisjriöxojtog —> archiepiscopus —>*arcepiscopos
—* arcevesque{s) 64
bracchium —>*braccium -> bras 1 63
Xqlötoc—* Christus— >Cristos-^CriZy Crist,
dazu crestieniet 225.
Erst in später entlehnten Worten erscheint griech. (p=ph
als f, gemäss der veränderten ausspräche des (p {orphelin
<~*orphaninnm <~ OQcpavog, phiole <— g)tdXif).
b) Intervokales t wird erweicht zu cZ und
verstummt ende des 11. jahrhs. völlig.
Das heisst, der stimmlose dental assimiliert sich den um-
gebenden vokalen und erhält den stimmton wie diese: er wird
zu dem entsprechenden stimmhaften dental d. Vermutlich hat
er sich dann vom stimmhaften verschlusslaut zum stimmhaften
reibelaut (etwa englisches stimmhaftes th) entwickelt, worauf
er ganz ausgefallen ist.
Beispiele: coronata —*- coronee 6
*potetis (für potestis) —*• poes 13
mutare—^muer 4:4:
seta—>seie 85.
Ebenso wie zwischen vokalen wird t zwischen vokal und
r behandelt:
44 Erster Teil: Text.
imperator ->* imperatro — > emperere 5
jteTQa—> petra—>piere 179
patrem —> pere 826.
III. Die anlautende konsonantengruppe. Derartige
Verbindungen von s + konsonant (s impurum: sp, st, sc) machten
der ausspräche Schwierigkeiten, wenn noch ein konsonant hinzu-
trat, d. h. wenn im zusammenhange des satzes das voraus-
gehende wort mit konsonant schloss. In diesem falle ent-
wickelte das s einen vokalischen, silbebildenden laut aus sich,
der zuer!?t i lautete und darum i protheiicum genannt wird,
im französischen aber zu e geschwächt wurde. Die formen
mit anlautendem vokal, d. h. also die nachkonsonantischen,
haben im französischen die formen ohne e, die nachvokalisehen,
allmählich ganz verdrängt, aber das alte Verhältnis ist z. b. in
dem um die mitte des 11. jahrs. gedichteten Alexiuslied noch
deutlich, wo neben ad espos noch la spose, ta spose zu finden
ist (vgl. ital. la scuola neben in iscuola).
Regel: Anlautendes s impurum {sc, sp, st —
sm, sn) wird zu esc-, esp-, est-, -esm, -esn.
Diese entwicklung reicht, wie die Übereinstimmung mit
anderen romanischen sprachen zeigt, noch in gemeinromanische
zeit zurück, auf der anderen seite nehmen aber auch die aus
dem germanischen übernommenen worte noch daran teil.
Beispiele : sp : lat. speciem — > espice 211
germ. speot—*-€spiet 11
germ. spiha—>esp'ie (651)
st: Isit Stare -bester 74
lat. statum — > estct
sc: lat. scutum + s—*escuz 79
l&t scuteUa—>escuele 178
lat. sc{h)ola — > escole
germ. skerpa—^escrepe 80.
Erst mit den germanischen Worten kommt zu den alten
i'-verbindungen sp, st, sc noch anlautendes sm- und sn- hinzu:
zu germ. *smaU (schmelz) gehört esmail (429),
germ. snel ergibt isnel (613), mit bewahrung des ur-
sprünglichen i.
I. Laisse. 3. Vers : espee. 45
Nach einer neueren erklärung waren bei diesem vorgang-
vorbildlich die lat. mit vokal anlautenden worte, die nach
vokalischem ausgang des vorhergehenden wortes ihren eigenen
anlautvokal im Vulgärlatein verloren {acstate, i(n)strumentu —
aber illa 'state, illo 'stru7nentu) und so zu illa Stella ein nach-
konsonantisches istella hervorriefen. Man begreift aber bei
dieser lautlichen aoalogie nicht recht, weshalb in den neu-
gebildeten fällen tiberall derselbe vokal i (frz. e) konsequent
eintritt, während die Vorbilder bald i, bald e, selbst a und o
aufweisen: istriimentu, isola {insula) — escusare, esUnguerc
(•♦— excusare, extinguere) — aestate, aestimare — aspectu, astro-
logia — ostendere, ostentare.
IV. Der tonvokal: ä in offener silbe. Nach dem Ten
Brink'schen gesetz (chief IV a) wird kurzer vokal in offener
silbe lang, also spätha zu späiha, wie cäpu zu cäpu.
Regel: Betontes a in freier silbe wird zu e,
ausser nach palatalen (siehe chief <—caput)
und vor nasalen (vgl. lointain QS<—*longi~
tanum) oder palatalen (plaga—>plaie).
Beispiele:
Imperator — ^imperatro—^emperere 5, 13, 26 u. ö,
coronata—*coronee 6
civitates —* citez 11, sing, ciiet 30
jocare—*joer 33
commandatis—*- comandez 34
jurare, portare—>jurer, porter 35.
pensatum-^penset 38
coronatus —> coronez 58
principale—^principel 59
nati—*net 66
Dieses lautgesetz trifft nicht nur eine grosse menge von
einzelnen, häufig gebrauchten Worten {eniperere, citet, pere u. a.),
sondern namentlich auch die endungen 'der ausgebreiteten
I. lateinischen koujugation in der 2. plur. ind. präs., im infiuitiv,
im part. perf., dazu zahlreiche ableitungssilben (wie -atum—*et,
■atem-*et, -alem—^el). Es ist dies lautgesetz daher seiner
materiellen ausdehnung nach als eines der wichtigsten in der
französischen Sprachgeschichte zu bezeichnen. Es scheidet eine
46 Erster Teil: Text.
reihe von Worten und formen des französischen von den ttbrigen
romanischen sprachen, welche hier a bewahrt haben. So pflegt
man das französische namentlich gegen das provenzalische
Sprachgebiet aaf grund dieses lautgesetzes sprachgeographisch
abzugrenzen. Soweit a in freier silbe zu e und nach palatal
zu ie wird {porter — cJiief) , reicht das französische Sprach-
gebiet. Wo auf gallischem bode'n in beiden fällen das a
erhalten bleibt (portar — cap oder chajy) , haben wir proven-
zalisehes Sprachgebiet; wo a bleibt, aber nach palatal zu ie wird
{portar — chief), franco-provenzalisches gebiet (franz. Schweiz,
Franche-Comt^, Savoyen, Lyonnais, nördl. Dauphin^).
V. Der unbetonte endvokal a wird e, wie in prise,
corone. Siehe un III.
VI. Neufranzösisch epee gegen altfr. espee zeigt ver-
stummen des s vor konsonant (12. jh., vgl. 1 mostier V) und
in der endsilbe verstummen des unbetonten e (13. jh.).
dont : lies d5{n)t, lat. de unde = von woher.
I. Der begriff der richtung ist eigentlich zweimal aus-
gedrückt. Ähnliches findet sich auch sonst noch, teils weil
die Worte ihre bedeutung abschwächten und zur Verdeutlichung
des sinues einer Verstärkung bedurften, teils weil sich die
formen zu stark abschliffen und verkürzten und dadurch un-
deutlich wurden. So sinkt einfaches ille vom demonstrativ
zum Personalpronomen oder artikel herab, das wirkliche demon-
strativ wird durch eine Verstärkung ausgedrückt: ecce ille
—>cil, ebenso ecce hoc-^go (ce) gegenüber einfachem o*—hoc
oder Zö, le<—illü{d). Rein formelle Verstärkung zeigen namentlich
viele adverbia und präpositionen, wie intus-* ens, mit de zu
denz und mit einem weiteren de zu dedtnz — dedans (dans).
Einfaches unde begegnet im prov. als on, im altfr. als ont in
der bedeutung *wo' ^uch 'wohin'). Diese verschobene bedeutung
wird wol die mittelstufe zwischen lateinisch unde und der neuen
komposition de unde gebildet haben.
IL In Zusammensetzungen verstummt auslautendes e
des ersten Wortes vor anlautendem vokal des zweiten:
siehe v. 2 rout VI.
I. Laisse. 3. Vers: espee, dont, ponz. 47
III. ü: o: siehe v. 1 Jörn II. Betreffs der nasalierung vgl.
V. 1 un IV.
IV. Der endvokal fällt: un III.
V. Das in den auslaut tretende d verliert seinen
stimmton und wird t
Beispiele: quando -^ quant 15 u. o.
rigidum—>reit (593)
viridem — > vert.
Dasselbe gilt unter gleichen bedingungen auch von andern
koDSonanten :
g—>c: sanguem—> sanc 165
longum—>lonc 860
v~*f: suave—>soef {311 u. ö.)
*chievo—> Chief (siehe v. 2 chief IIb).
Daraus ergibt sich die allgemeine regel:
Die im altfranzösischen in den aus-
laut tretenden stimmhaften konso-
nanten, mit ausnähme der liquiden,
werden stimmlos.
VI. Neu französisch dont == dö (döt) zeigt noch ver-
stummen des auslautenden konsonanten (ausser in der liaison)
sowie völlige nasalierung des vokals und aufgäbe des nasal-
konsonanten; der vokal ist unter Wirkung der nasalierung offen
geworden. Vgl. noch v. 2 corone VI.
li: siehe v. 1 U.
ponz: lies pots (pönts), Isd. pomum -\- s, baumfrucht — apfel,
schwertkoauf.
I. Da8genus:l mostier I. — Die form pomus begegnet
im lat. als feminin im sinne von fruchtbaum, tibertragen auch
baumobst.
IL Der Stammvokal: betontes 9 in offener silbe vor
nasal zu q, siehe 2 corone III.
III. Die endung: pomum wird durch abfall des m und
nachher des endvokals zu pom, mit s zu poms—*-pons-->pon3.
48 Erster Teil: Text.
a) Regel: m vor dental (s, t) wird zum dentalen
nasal n.
Beispiele: somniatum-^* somgiet—^ songiet 71
com(i)tes—> cöntes 137.
b) Der ttbergangslaut:
Regel: Nach n und l wird auslautendes s
ZVL ts (ß),
d. h. es wird ein die ausspräche erleichternder übergangs-
laut eingeschoben.
Beispiele für n: sine -{- s -* sens 50
annos—*am 74
für l: melius -^midz 6
camelos ~> chameüz 73
*faldastolium + s—>faldestueh 85
oculos —> uel0 (504).
Da in der declination die mehrzahl der übrigen worte
nie ^ annimmt [chevaliers 4, corones 20, chies 20 u. a.), wird
das ^ auch bei n und l nicht streog durchgeführt (daher
harons 4, üds 50, anderwärts auch «ws, chameils).
IV. Neufranzösisch nur als diminutiv pommeaw (*— *^ö-
mellum) erhalten. Pomme apfel kommt vom kollektivischen
plural poma.
fut: siehe v. 1 fut.
d' = de: die lat. präposition de, mit Verkürzung des vokals
infolge der unbetonten Verwendung des Wortes im satze. De
'über, in bezug auf hat sein anwendungsgebiet im französischen,
überhaupt im romanischen, erweitert. Vor allem wird es zum
ersatz des lat, genetivs verwendet, dann wie hier zur bezeich-
nung der masse, aus der etwas gefertigt ist, oder des ganzen,
wovon ein teil genommen ist.
Sämtliche präpositiouen regieren im franz. den einfachen
obliquus (akkusativ). In zahlreichen fällen ergab sich auch
hier rein formell ein zusammenfall: da auslautendes -m schon
in frühlateinischer zeit abfällt und fernerhin ü fast noch
gemeinromanisch zu o wird, so war de auro mero schon längst
I. Laisse. 3. Vers: ponz, d', or. 49
mit einem etwaigen *£Ze aurum merum gleichlautend geworden,
d. h. der ursprüngliche ablativ wurde als einfacher obliquus
empfunden.
Vor folgendem vokalischen anlaut wird das unbetonte e
wie in allen ähnlichen (proklitischen) worten {le, me etc.)
elidiert.
or: lat. aurum (auro).
I. Der tonvokal.
Regel: Lateinisch au wird in betonter und
unbetonter Stellung kontrahiert zu (>.
Beispiele:
parauln {<— parabola) —> parole 8, 46
* au{c)toricare habeo —> otreierai 23
*ausat (zu ausus sum)—*-oset 44
pausatus—^posez 171
pausa—*pose 218
laudatum-^loet 235
auricula—^ or etile (davon oreillier 426)
causa ~>ckose (666)
laus— > los 807.
Die offene klangfarbe des q ergibt sich aus dem hellen
a-laut. Demgemäss reimt dies o auch mit dem lat. (kurzen,
offenen) q, wie v. 43ff. mit estgräre {* extörquere), vgstre, mgrte.
Vor unmittelbar folgendem vokal wird das aus au ent-
standene Q haupttonig und nebentonig zu g (nfr. ou):
atidiverunt—*' o'irent 18
audiium—>oit 46
alauda-^aloe, dazu aloete.
IL Der endvokal fällt: 1 un IIL
IIL N e u f r a n z ö s i s c h or zeigt keinerlei Veränderung gegen
die alt französische form und ausspräche. Der vokal hat seine
offene ausspräche bewahrt vor liquiden (pr, pargle — nebentonig
greille), vor dentalen wird er zu geschlossenem g {chgse, pgse
— pgser, gser), vor vokalen zu ou {louer, omr, alouette, des-
gleichen haupttonig aloue, ü loue etc.).
Voretzsc h, Studium d. afrz. Spraohe. 3, Aufl. 4
50 Erster Teil: Text.
mier: lies mier, von lat. m^ru{m).
I. Der tonvokal: kurzes offenes e in freier Stellung.
Nach dem Ten Brink'schen gesetz (2 chieflYa) wird der kurze
vokal in dieser Stellung lang, und das lange ? diphthongiert
alsdann zu ie. Daraus ergibt sich die regel:
Lat. kurzes offenes e in freier Stellung
wird lang und diphthongiert zu ie.
Beispiele:
*respondMif (für respöndit) —> respondiet 12
s'^det—t-siet 16
b^ne—>bien 23
p^des—*pie3 31
t^net—^tient 48
f^ras -öfteres 111.
Da der lat. diphthong ae zu § kontrahiert wird, entsteht
hier derselbe vokal, wie dort nach dem Ten Brink'schen gesetz
aus dem kurzen ?, und es tritt daher auch hier die gleiche
entwicklung ein wie dort:
caelum—^ciel 9.
IL Der end vokal fällt.
IIL Neu französisch ist mier untergegangen (dafür in
diesem sinne pur).
Bemerkung. Von hier ab werden die allerhäufigsten lautver-
änderuDgen bei den einzelnen worten nicht mehr erwähnt, ausser wo eine
abweichende entwicklung eine erklärung notwendig macht. Diese laut-
veränderungen sind:
1. Abfall des auslautenden m nnd n in unbetonter endsilbe.
2. Wandel von i, zn (, ü zn o.
3. Verstummen des anbetonten vokals in der endsilbe.
4. Vers.
Dus i out et demeiues, barous et Chevaliers.
Herzöge gab es da und herren, barone und ritter.
Dus : lies düs, aus lat. düces.
Das wort zeigt nicht die regelmässige lautentwicklung.
Wie crücem zu croü (siehe v. 2), sollte dücem zu *doi0, ebenso
I. Laisse. 3. Vers: mier. — 4. Vers: Dus, i, out. 51
düces zu *£?o«> werden. Der wandel von ü—>o tritt aber nicht
ein, weil das wovt erst in späterer zeit aus der lateinischen
Schriftsprache in die Volkssprache übernommen wurde, nicht
in der allgemeinen bedeutung des lateinischen Wortes, sondern
in der technischen bedeutung als bezeichnung des ranges oder
amtes. Das ü erhielt in solchen lehn- oder fremdworten
die ausspräche ü, weil, wie heute, schon damals das einzige
im französischen vorhandene u wie ü gesprochen wurde (vgl.
1 im II); noch heute spricht der Franzose das u in lat. und
fremden werten als ü aus (omnibus, sinus, hiatus). — Gegen-
über den lehnworten zeigen die sog. erbworte die lautgesetz-
liche entwicklung.
Regel: In lehnworten erscheint lat. ü als ü (geschr. u).
Es ergeben sich demnach für das französische ü drei quellen :
U (1 un II),
betontes u vor folgendem l (1 fut\
ü in lehnworten.
i : lat. Mc oder zM.
Aus lat. Mc ergibt sich i regelrecht wie si (20) aus sie.
Das anlautende Ji verstummt nach 2 rout I. Auch ici, ci geht
nach allgemeiner annähme auf ecce Mc zurück.
Lat. thJ ist zunächst zu ivi geworden (vgl. italienisch ivi,
vi), mit erweichung des intervokalen b zu. v wie Chevaliers
(s. u.). Die Verkürzung des Wortes und namentlich der ausfall
des V müsste sich durch die unbetoutheit und daher raschere
ausspräche des wortes im Satzzusammenhang erklären.
Neufranzösisch y unterscheidet sich von dem alten i nur
durch die Schreibung, die übrigens auch schon altfranzösisch
neben i üblich ist.
out: lat. habuit.
I. Die erklärung der form siehe unter rout in v. 2.
IL Das unpersönliche verbum bedarf ebensowenig wie das
persönliche (siehe 3 rout prise) eines pronomens zur bezeich-
nung des Subjekts, dieses ist wie im latein im verbum mit-
enthalten,
4*
52 Erster Teil: Text.
et: siehe v. 3.
demeines: lies dBmelnes, lat. dominium + s.
I, Lat. dominium, zu dommuB, bedeutet herrschaft, gewalt
über etwas, woraus die bedeutung herrscbergewalt, herrscher,
gebieter, sieh leicht entwiekelo konnte (in übertragenem sinn
auch schon im lat. gebraucht, vgl. auch die bedeutungs-
entwicklung von 'herrschaft, herrschaften' im deutschen.) Das
wort ist, wie die übrigen neutra singularis, maskulin geworden.
(Nach anderer erklärung aus dominicus entstanden wie moine
aus monachus — *monicus.)
IL Auch dies wort ist wie dus aus der lat. buchsprache
in die franz. Volkssprache übernommen. Zwar ist das betonte t
regelrecht zu e gewandelt, aber die erhaitung des unbetonten
vokals stimmt nicht zur regel, und auch n -\~ hiatus-a- ist
nicht in Übereinstimmung mit anderen fällen gleicher art ent-
wickelt {fi zwischen vokalen, in im auslaut). Das wort sollte
als erbwort entwickelt *demem lauten.
IIL Der vortonvokal (im nebenton): dieser zeigt eine
Schwächung von o zu e. die aber nur vor folgendem n oder m
eintritt.
Regel: Vortoniges (nebentoniges) o vor nasal
wird zu e.
Beispiele:
truncare — troncare-^trenchier; dazu trencherai 25
Buncias valles — Ronce,svals—*- Bencesvals.
Vgl. auch (mit unbetontem vortonvokal):
voluntarie -|- s—*- volenti ers 44
* calumniari(-re) —*■ clialengier.
Trenchier = trätsler wie ew— *-a nach 2 en II.
Die regel wird häufig gekreuzt durch analogisehe beein-
flussungen, so in der Wortbildung honte wegen hon, im verbum
emhronchies (v. 18) nach den stammbetonten formen em-
hrönchet etc., songiet (71) nach sönget, sönge etc. Namentlich
behält auch die als selbständiger teil empfundene vorsilbe
con stets ihr o: conquerrai 11, conseillier 21, comparres 24.
Demeine <— domeine analogisch, durch sog. scheinbaren präfix-
rf
I. Laisse. 4. Vers: demeines, barons. 53
tausch, zu erklären, geht nicht an, da do- sonst nicht präfix
ist und eine begriffliche beziehung des Wortes zu de fehlt.
IV. Neufranzösisch domaine (= dornen) ist, wie be-
deutung und form zeigen, nicht die direkte fortsetzung dieses
afr. demeine = herr, sondern kommt von domeine herrengut,
eigentum, das sein o wol der angleiehung an das lat gruodwort
verdankt. Die kontraktion des diphthongen ei vor nasal zu ?
ist regelrecht, wie auch pleine (v. 8) nfr. = pl^n.
barons: lies barös (baräns), vulgärlat. *&ayowe5.
I. Herkunft und bedeutungsentwicklung. Lat. baro
bedeutet einen einfältigen menschen, tölpel, bauernlümmel, un-
geschlachten menschen, daher gelegentlieh auch einen starken
mann oder athleten. Von hier aus wäre ein bedeutungsUbergang
zu 'kriegsmann, held, baron' denkbar. Jedoch liegt das deutsche
baro (vgl. mhd. bar = mann, freier mann) seiner bedeutUDg nach
näher. Möglicherweise haben deutsches und lateinisches wort
sich miteinander gekreuzt.
IL Der ton vokal: lat. ö in offener silbe bleibt erhalten,
siehe 2 corone III, wird aber nach 1 un IV nasaliert.
III. Der vortonvokal. Dieser ist, da es sich nur um
eine vortonsilbe handelt, nebentonig.
Regel: Vortoniges a unter dem nebentou
bleibt, in freier wie gedeckter Stel-
lung, erhalten.
Beispiele:
parabola — paraula-^parole 8
mandare habeo —*' manderai 22
Jiabeüs -^ avez 24, habere —>■ aveir 27
*aciarium — > acier 25
battualia—^bataille 29
*incalciare—> enchalcier 29.
IV. Der anlautende konsonant.
Regel: Anlautend b bleibt erhalten.
Beispiele: belkim-^bel 6, dazu belementlQ
bonos —^bons 22, ebenso bene—*bien 23
54 Erster Teil: Text.
battualia — > hataüle 29
*baronatus-^barne2 50
germ. büc (nhd. bauch) -^buc 55.
Im anlaut sind die konsonanten überhaupt am
festesten. Wie b bleiben auch die meisten übrigen kon-
sonanten in anlautstell ung bewahrt.
Beispiele:
p: prehensam — prise 2, pomum — pom 3, plus — plus Q.
f: fuit — fut 1, 3 u. ö., *follamentc — fohmentV2i, facit —
fait 14.
v: vidistis — ve'istes 9, vos = vos 26, vidit — vit 30,
vostrum — vostre 50.
t: tantum — tant 10, tenetis — tenez 45, Hotta — tote 4c^.
d: de = de 3 , de unde — dont 3 , duces — dus 4, domina
— dame 9.
s : sanctum — samt 1, suam — sa 2, signavit — seignat 3.
m : monasterium — mostier 1, merum — mier 3, mulierem
— moiUier 5.
n : nullum — nul 9, nee — ne 10, non — ne 26, nominatis
— nomes 39.
l: Heviarius — legiers 14, laxavisset — laissast 44, *longi-
tanum — . lointain 68.
r : rex — reis 1 , rehabuit — rout 2 , *respondedü — re-
spondiet 12.
Dasselbe gilt auch von den vela flauten (c und g vor
konsonanten und dunkeln vokalen, sowie q):
corone 2, crois 2\ q—>Tc siehe quant 15.
Hingegen die palatale (c und g vor hellen vokalen, j, di)
werden assibiliert:
Charles 1, ceinte 2; jorn 1.
Ebenso wie im wortanlaut werden die konsonanten
im allgemeinen auch im Innern des Wortes im silben-
anlaut behandelt, wenn ein konsonant die vorher-
gehende silbe schliesst:
emperere 5, portet 15, manderai 22, mentit 24, trencherai
25, penset 38 ete. Vgl. noch 3 ceinte IV.
I. Laisse. 4. Vers: barons, Chevaliers. 55
V. Neufranzösisch harons = harö zeigt verstummen
des auslautenden s und in Zusammenhang mit der nasalierung
offene Qualität des tonvokals.
et: siehe v. 3.
cheTaliers: lies tsevaliers, lat. cdballarios, zu caballus pferd.
I. Regel: Die endung -arius, -arium wird
zu -iers, -ier.
Über die Ursache dieses wandeis sind die meinungen geteilt.
Man sollte zunächst -airs, -air erwarten, da worte mit stamm-
haftem a wie varius -a, paria, area regelrecht vairs vaire,
paire, aire ergeben. Das suffix -arius muss, um -ier werden
zu können, im franz. und prov. auf irgend eine weise zu -^rius
geworden sein. Die hypothese, dass die weit seltenere lat-
griech. endung -erium (vgl. oben mostier) hierbei von einfluss
gewesen sei, ist heutzutage von den meisten gelehrten auf-
gegeben. Eine andere erklärung geht von denjenigen Worten
aus, welche vor der endung -arius ein i, c oder sonst einen
palatal hatten (consiliarius , *aciarium, ^vaccarius) und nach
2 Chief IV b ihr a zu ie hätten wandeln müssen, und nimmt
dann eine analogische Übertragung dieses lautlich bedingten -ier
auf alle übrigen mit -arius endenden Wörter an: diese erklärung
reicht aber nicht für das provenzalische aus, wo voraus-
gehender palatal keine Veränderung des folgenden a hervor-
ruft {caput-^cap chap, *pretiare-^ prekär) und wo man dann
entlehnung der endung -ier aus dem franz. annehmen mtisste.
Daher denkt A. Thomas, dem sich auch Suchier anschliesst,
an beeinflussung des galloromanischen Suffixes -arius durch das
germanische (vielleicht selbst auf lat. -arius zurückgehende)
suffix -äri — ceri. Aus diesem -erius wäre dann ebenso -iers ent-
standen wie aus dem lat. suffix -§rium (siehe 1 mostier II) -ier.
Beispiele: olivarium-* olivier 7
Heviarius — >• legier s 1 4
consiliarios —*■ conseillitrs 21
*aciarium—>acier 25
denarios —* deniers 27.
56 Erster Teil: Text.
IL Der inlautende labial.
Regel: Stimmhafter labialer verschlusslaut
(&) zwischen vokalen wird zu dem ent-
sprechenden stimmhaften reibelaut (v).
Beispiele: habetis —* avez 24, habere—*- aveir 27
ab ante-^avant (261), hierzu devant 81
caballicat-^ chevalchet 93
gubernat-^ governet 97.
Da auch intervokales p zu v wird (siehe v. 2 chief Da),
so fallen demnach p und h zwischen vokalen zusammen. Wie
bei p tritt die erweichiiog auch hier zwischen vokal und r in
gleicherweise ein: ebrium {-ii)-^ivre (650, 685), labra—>levre.
III. Die doppelkonsonanz.
Regel: II wird im inlaut und auslaut ver-
einfacht zu l.
Beispiele: illa-^ele 6, ecce illa-^cele 12
nullum—^nul 9
*follamente — »• folement 12
bellamente —*■ belement 16
mille—^mil 66.
Dasselbe gilt auch von den meisten übrigen konsonanten,
soweit diese überhaupt verdoppelt vorkommen:
pp: oppellat — apelet 94
tt: mittit — met 16, Septem — nette — set 74
dd: adduratum — aduret 62, ad denies — adens (389)
mm: nom(i)natis — nommes — nomez 39, hom(i)nes —
homme{s) — home{s) 2v8
nn: annuales — anvels 126;
rr nur am ende des wortes vereinfacht: ferrum — fer
(552 u, ö.); im inneren bleibt es: ftrratos — ferrejs 80,
terra — terre 69;
6's bleibt meist in der schrift zur bezeichnung des ton-
losen (scharfen) s: debuissetis — deüsseijs 56.
Regel: Doppelkonsonanten werden im in-
und auslaut vereinfacht ausser in-
lautendem rr.
I. Laisse. 4. Vers: Chevaliers. 57
Die neufranzösische orthograpbie zeig:t hier vielfach wieder
doppelten buehstaben in anlehnuDg an die lateinischen etyma
(meitre nach lat. miitere für altfr. metre) oder, bei den nasalen,
als äusseren rest phonetischer vorgäoge {nomer —> nömer -^
nommer wie couronne-*—coröne 2).
IV. Der anlautende konsonant: c vor a wird ts, siehe
V. 1 Charles II.
V. Die vokale der vortonsilben. Nach 1 mostier III
ist von den beiden silben die erste, ca-, nebentonig, die zweite,
-hol-, schwachbetont.
a) Kegel: Nebentoniges, in offener silbe
stehendes« wird nach voraus-
gehendem c (g) zu e.
Wir haben es hier also nicht mit einer Schwächung wie
bei dem a der endsilbe (1 tm III) oder der unbetonten vorton-
silbe (2 mostier III) zu tun, sondern mit einer qualitativen
Veränderung unter einfluss des vorausgehenden palatals.
Beispiele:
*cadire (für cddere) -* che'ir 31
cdballicat-^ chevolchet 93
capülos-^chevels 181
camisia —* chemise 189
camhium — > chemin 24 1
gal{l)ina—*gelme.
In geschlossener silbe hingegen ist a fest : cantavit —
chantat 115, cappellum — chapel 146, *carricare — chargier,
carnalem — charnel. Ein ähnlicher unterschied zwischen oflPener
und geschlossener silbe besteht auch für das betonte a, vgl.
die beispiele 1 Charles, 2 chief und 3 espee.
Nebentoniges a, dem kein c vorausgeht, bleibt in offener
und geschlossener silbe unverändert: vgl, barones — barons 4,
parahola — parole 8, mandare habeo — manderai 22 (vgl.
barons III).
b) Das a der unbetonten vortonsilbe {-bal-): dieses
wird nur in freier Stellung zu e geschwächt (beispiele siehe
1 mostier III), in gedeckter Stellung bleibt es fest (ebenso
58 Erster Teil: Text.
wie unter dem hauptton, siehe 1 Charles I, und unter dem
nebenton).
VI. Neufranzösisch Chevaliers (chevalier) zeigt wie
Charles v. 1 verstummen des ^-Vorschlags und des aus-
lautenden s, ausserdem verstummen des auslautenden r, das nur
in den infinitiven auf -ir und -oir und einer anzahl anderer
formen laut bleibt, und endlieh tibergang des e der ersten silbe
in stummes e.
5. Vers.
Charles li emperere reguardet sa moillier.
Karl der kaiser blickt seine frau an.
Charles: siehe v. 1.
li: ebenda.
*
emperere: lies aperere, lat. Imperator, woraus vulgärlat.
imperatro.
I. Die m e t a t h e 8 i 8 tor — tro wird für das romanische
von allen auf diese endung ausgehenden werten vorausgesetzt.
So wird *tropator —> trovere , *incantator-^enchantere (733),
vgl. prov. trobaire, emperaire usw. (mit Übergang von tr : ir).
So erklärt sich auch frz. quatre (v. 204) aus lat. quattuor, das
nach 2 rout II und sa 11 zu quattuor — *quattor werden musste
und dann dieselbe metathesis erfuhr. Auch sonst sind solche
Umstellungen von vokal und konsonant, namentlich in un-
betonten Silben, häufig und in endungen mit r oder l sogar
die regel {insemel — ensemble 20, pro — por 29, 32, semper
— sempre).
Zur erklärung des Vorgangs könnte man auch daran denken,
dass zuerst der unbetonte endvokal gefallen und infolgedessen
das ursprünglich konsonantische r zum silbebildenden r ge-
worden wäre, das dann seinerseits wider einen sog. Stützvokal
entwickelt hätte: sem-per ~^*sem-pr {r wie in deutsch vatr,
negr = vater, neger) —* sempre. Das ist aber darum wenig wahr-
scheinlich, weil auch solche sprachen, welche das gesetz über
I. Laisse. 5. Vers : emperere, reguardet. 59
den fall der endsilbenvokale nicht kennen, dasselbe ergebnis
aufweisen und sogar die alten vokal unterschiede bewahren:
vgl, itai. sempre, span. siempre; ital. quattro, span. cuatro etc.
II. Intervokales oder zwischen vokal und r stehendes t
wird zu d and fällt ganz aus: siehe v. 3 espee IIb.
III. Der tonvokal: betontes a in freier Stellung wird e,
siehe espee IV.
' IV. Der vokal der unbetonten vortonsilbe (impem^ro)
sollte nach 1 mostier III fallen. Wahrscheinlich haben wir es
mit einem lehnwort zu tun, das erst in verhältnismässig später
zeit (etwa nach Karls d. gr. kaiserkrönung) aus der lat. buch-
sprache in das volk gedrungen ist, als das gesetz vom ausfall
der unbetonten vortonvokale nicht mehr wirkte. Möglicher-
weise ist auch an einfluss des r zu denken, das als sonant
einerseits selbst silbenträger sein, d. h. den vokal aufsaugen,
andererseits aber auch einen neuen vokal aus sich ent-
wickeln kann (vgl. oben I).
V. Die anlautende silbe: lat. un — vulgärlat. em wird
wie m — en zu ä. Vgl. 2 en.
VI. Neufranzösiseh empereur = äpr^r geht nicht auf
den rektus, sondern auf den obliquus {imperatorem — empereor)
zurück.
reguardet: vulgärlat. *reguardat, kompositum zu *guardare,
vom germanischen stamm ward- (vgl. althochd. warten = spähen,
neuhd. warten).
I. Regel: Anlautendes germanisches w wird
im romanischen zu gu (das im frz.
im 12. jahrh. zu g vereinfacht wird).
Beispiele:
gQTJR.werpan {nhd. werfeu) -^ guerpir, dazu guerpirent 100
germ. tvarnjan—*- guarnir, dazu guarnit 240,
guarnement 84
germ. wUan (nhd. weiäeu) —> guier 245
germ. wad--^guet 256
germ. werra — > guerre, wtsa — >- guise.
60 Erster Teil: Text
Das germanische w war bilabial -velarer halbvokal, d.h.
mit beiden lippen und mit hebung der zunge gegen das ganmen-
segel gesprochen (vgl. englisch w), das romanische v zur zeit
der Übernahme dieser germanischen worte bereits ein mit der
unteren lippe und der oberen zahnreihe hervorgebrachter
reibelaut (/" stimmhaft gesprochen, vgl. das moderne franz. v).
Hingegen besassen die Romanen einen dem germanischen «#
ähnlichen laut in dem labialen halbvokal, welcher in Verbindung
mit g und q erscheint (linguom, sanguem — qnaninm^ quod).
Der gutturale verschlusslaut konnte sich bei der nachahmung
des germ. w leicht einstellen, wenn zwischen zungenrticken und
gaumeosegel nicht eine blosse annäheriiug (engebildung), sondern
völlige berührung (verschluss) stattfand.
IL Der tonvokal: am geschlossener silbe bleibt, siehe
1 Charles I.
III. Neufranzösisch regarde, garder zeigt wie die
übrigen mit gu oder qu beginnenden worte nur noch den an-
lautenden guttural ohne den ursprünglich folgenden halbvokal.
Dieser schwund ist bei qu noch vor der entstehung unseres
gedichtes, bei gu erst im 12. jahrhucdert eingetreten. In der
Schrift wird jedoch das u vor den hellen vokalen beibehalten,
um die gutturale ausspräche des g zu bezeichnen {guerre, guise
gegen gent, gilet).
sa : siehe v. 2.
moillier: lies moiier (^ = jotaziertem Z), von lat. mulierem.
I. Der accent. Die entwicklung von lat. mulierem—*
altfr. moillier setzt eine accentverschiebung voraus.
a) Soweit die bisher behandelten worte erkennen lassen,
zeigt der französische accent im allgemeinen keine Veränderung
der accentstelle gegenüber dem lateinischen. Vgl.:
Dionysium — > Denis
monasterium — > mostier
Corona — >■ eoröne
caballänos — *■ Chevaliers
Imperator— >- emperere usw.
I. Laisse. 3. Vers; reguardet, moUier. 61
Ebenso im folgenden:
corondia-^ coronee 6
desühtus ^^ desoz 7 (nfr. dessous)
olivdrium — >• ollvier
pardbola-^pardiila—>paröle 8 usw.
Daraus die regel:
Der lateinische aceent bleibt im fran-
zösischen auf derselben silbe, welche
ihn schon im lateinischen trug,
b) Abweichungen von dieser regel bedürfen einer besonderen
erklärung. In unserem falle ist schon im Vulgärlatein eine Ver-
schmelzung der beiden unmittelbar aufeinander folgenden vokale
zum diphthongen und dann innerhalb desselben eine Verlegung
des aecents von dem i auf das vollere, schallstärkere e erfolgt
(ebenso wie die ursprünglich fallenden altfranz. diphthongen
4e, üo, üe sich zu den steigenden diphthongen ie, ue entwickeln:
hten, üom-üem-^bien, uem):
muU-erem —*■ midierem — > mulierem.
Ahnlich noch:
parietem — > parietem ( paretem) —^parei --^paroi
aviolum — >■ aviölam —*■ aiuel —*■ aieul
filzolum — >• ßiiölum —*- ßlluel — > fiUeul
capreolum —*■ capreölum — > cheoruel —*■ chevreuil (599).
Ebenso erklärt sich ital. parete, ßgluölo, span. mujer, pared usw.
Regel: Beim unmittelbaren zusammentreffen
von betontem i mit folgemdem e oder
0 sowie von emit o geht der aceent
auf den zweiten vokal über.
n. Infolge der aceentverschiebung verliert das i seinen
*ccent und wird, unmittelbar vor betontem vokal stehend,
Kum hiatus-i (vgl. v. 1 jorn III a).
Kegel: l -f- hiatus-i wird zu mouilliertem l
(jotaziertes ? : -?, im altfr. durch ill, il, II
bezeichnet).
Ebenso: consiliarlos —*- conseüliers 21
*voleo (für vold)-*vueil 70
ßlia->fille 823.
62 Erster Teil: Text.
III. Der tonvokal ? in freier silbe wird lang und
diphthongiert zu ie, siehe v. 3 mier 1.
IV. Neu französisch ist moillier nicht mehr gebräuchlich,
sondern durch femme und epouse ersetzt. — Das mouillierte l (i)
hat im neufranz. den Z-laut ganz verloren und nur den ^"-laut
noch bewahrt (ßlle = ßj).
6. Vers.
Ele fut coronee al plus bei et al mielz.
Sie war gekrönt aufs schönste und aufs beste.
Ele: lat. illa.
I. Das wort entwickelt sich nach bekannten regeln:
a) Ton vokal ^ zu ^, siehe v. 2 en.
b) II :l, siehe v. 4 Chevaliers III.
c) Unbetontes a der endsilbe zu c, siehe 1 un III.
IL Neu französisch eile zeigt II nur in der Schrift; e ist
verstummt. Wandel von ö" zu ^ schon im 12. jh.
fut: siehe v. 1.
coronee: lat. coronata.
L Die entwieklung des Wortes deckt sich in mehreren
punkten mit der des Stammwortes Corona-^ corone—^hfr.
couronne (v. 2): siehe dort über die bewahrung des anlautenden
konsonanten, über die behandlung des nebentonigen g in der
ersten silbe, über die neufranzösiBcbe gestaltung. Eine wesent-
liche Verschiedenheit aber, abgesehen von der endung, besteht
in der betonung: cbröna zeigt die zweite silbe als haupttonig,
coronata diese silbe zwischen nebenton und hauptton, also als
unbetonte vortonsilbe.
IL Der vokal der unbetonten vortonsilbe sollte
nach dem gesetz über die unbetonten vortODVokale (v. 1
mostier III) fallen, bleibt aber durch die macht der analogie
erhalten. Je nachdem der accent auf dem stamme oder der
I. Laisse. 6. Vers: Ele, coronee, al, plas, bei. 63
enduDg liegt, sollten wir in diesem verbum verschiedene formen
bekommen:
stammbetont: endungsbetont:
coröno —*■ coron
Coronas —> corones
corönat — > Coronet
corönant — >• coronent
corönem-^ coron etc.
corondmus -^*cornons
corondtis -**cornez
corondre—*-*corner etc.
Die stammbetonten formen haben die endungsbetonten ver-
drängt oder überhaupt in ihrer rein lautliehen entwicklung
gar nicht aufkommen lassen (stammausgleich). Zum tiber-
wiegen der stamm betonten formen mag auch das gleichfalls
stammbetonte grundwort corone mit beigetragen haben.
III. Das inter vokale t~^d, siehe v. 3 espee IIb.
IV. Ton vokal a— >e, siehe ebenda IV.
al: lat. ad illu {illud), siehe v. 1 al.
Die Verbindung der präposition a mit dem Superlativ dient
zur Umschreibung des adverbs. (Neufranz. U mieux, doch vgl.
mit ä ausdrücke wie au moins, au surplus usw.)
plus: lat. plus. Lateinisch ü wird in jeder Stellung, in
offener und geschlossener silbe, unter dem hauptton oder
nebenton, zu ü. Vgl. v. 1 un IL
bei: von lat. bellus, -a, -um, welches das sehriftlateinische
wort pulcher in der Volkssprache ganz verdrängt hat.
I. Der tonvokal: lat. e = Q.
Regel: Betontes kurzes offenes e in ge-
schlossener silbe bleibt (ausser vor
nasal) als q erhalten.
Beispiele: testa—*- teste 16, 25
est = est 19, estis— bestes 52
64 Erster Teil: Text.
terra— ^terre 69
auch germ. $: heriberga—*herberge{s) 109, 111.
Vor nasalen wird $ wie die übrigen vokale (vgl. 1 un IV)
nasaliert und dadurch auch in seiner klaogfarbe verändert
{en zu ä). In offener silbe wird das ^ gedehnt und zu ie
diphthongiert, vgl. merum-^mier v. 3.
II. Neufranzösisch hei als adverb noch in den redens-
arten hei et beau, hei et hien, als adjektiv nebenform (vor
vokal) zu heau. Diese zweite form entsteht durch die im laufe
des 12. jahrhs. vor sich gehende auflösung des l (vgl. 1 al III)
und die bei vorausgehendem ? eintretende entwickiung eines
"übergangslautes a: htllos—^hels-^heaus, novellos —*■ novels —*
noveaus, woraus nfr. heaiix = ho, nouveaux — > nuvo. Vor vokal
tritt die vokalisierung nicht ein; daher fem. stets htle (nfr. helle)
und im maskulin hei komme, hingegen heau monde etc. Ahn-
liche doppelformen sind noch: nouveau — nouvel, fou — fol,
mou — mal, vieux — vieil.
et: siehe v. 3.
al: siehe vorige seite.
mielz: lat. melius.
I. Die mittelsilbe. Das unbetonte, vor vokal stehende
hiatus-i wird konsonantisch (i, siehe v. 1 jorn III a) und ver-
bindet sich mit vorausgehendem l zu mouilliertem l (i, vgl.
V. 5 moillier II): *m^tos (vgl. ital. meglio = meto).
II. Der tonvokal. Betontes offenes ? vor folgendem
mouillierten l {Ij, — l) diphthongiert zu ie, indem der z-laut
bereits für die tonsilbe vorausgenommen, diese also teilweise
an den folgenden i-laut angeglichen wird.
Beispiele :
melier— t-mieldre 198 (hingegen mit nebentonigem ?:
meliöres — > meillors 1 69) ;
ebenso vor rj,, namentlich in der endung -eriii (und dem-
gemäss auch -ariu, vgl. 4 Chevaliers I) :
I. Laisse. H. Vers: mielz. 65
*monisterium—>mostier 1;
vor rtj,:
tertium—^tierz 173;
vor dj,:
medium— >*miei->mi {parmi 102, ew/wi 117);
vor tj,:
*pretiat~>*prieiset-*priset (363), wo der diph-
I
thoDg ie mit dem darauffolgenden i (aus ti-dzi)
zum triphthongen zei verschmilzt und dieser zu /
kontrahiert wird;
ebenso vor palatalgruppen, welche sich zu mouillierten
konsonanten entwickeln (vgl. 1 reis I):
despectum -^*despieit — > despit 227
lectum—>*lieit—>lit{'i26).
Es ist also gleiehgiltig, ob der vokal in offener oder ge-
schlossener Silbe steht. Diese diphthongierung ist bedingt
durch die natur der folgenden laute, also eine bedingte
diphthongierung, während die diphthongierung des freien
(langen) ? in mier ohne rüeksicht auf die folgenden laute ein-
tritt und sich jener gegenüber als spontane diphthongierung
bezeichnen lässt.
Wie ^ wird unter gleichen bedingungen auch g behandelt,
das zu uo — ue diphthongiert:
*faldastolium—> faldestueil (mit plural-s faldestuelz 85)
*voleo {für volo)—*'Vueil (== vuei) 70, 161
oc{u)lum—>'Ueil (= uei).
Mit folgendem i entsteht der triphthong uoi (uei) und
daraus ui:
podium-^*puoi—*'pui (puis 104)
noctem—**nuoit—>nuit 237.
Regel: Betontes offenes e wird vor mouil-
lierten lauten zu ie diphthongiert,
ebenso offenes q zu uo, woraus we;
mit folgendem i entsteht iei~^i und
uoi—>ui.
III. Beim fall des endvokals tritt das mouillierte l un-
mittelbar vor das endungs-5, was weitere veränderungea
bedingt.
VoTctzBch, Studium d. »frz. Sprache. 5. Aufl. 5
66 Erster Teil: Text
a) Mouilliertes l wird im laufe der entwieklung ver-
schieden behandelt, je nachdem es intervokal bleibt oder vor
konsonant tritt oder in den auslaut kommt.
Regel: Mouilliertes l verliert vor konsonant
die mouillierung.
Vgl. noch: ,
*faldastolium--> faldestueil, dazu fdläestuelz 85
filia—^-fille (= ßie), aber filius-*fih.
b) Der tibergangslaut: nach l und n wird auslautendes
s zu ts {z), siehe 3 ponz III b.
IV. Neufranzösisch mieux = mio. Inlautendes l vor
konsonant wird im 12. jahrh. zu u aufgelöst (vgl. oben hei II),
eu {ieu) wird sodann zu ö (?ö) kontrahiert. Auslautendes z ist
noch im altfranz. (ende des 12. jahrhs.) zu s geworden (vgl. 2
croiz VI). Die auslautenden konsonanten verstummen im all-
gemeinen gegen ende der altfranz. periode, das neufranz. x
für s ist lediglich eine orthographische eigenttimlichkeit (vgl. 2
erois V).
7. Vers.
II la prist par le poiu desoz un olivier.
Er nahm sie bei der band unter einem olivenbaum.
II : lat. nie (illi).
I. Wir haben es hier mit demselben lat. wort zu tun, das
den ausgangppunkt für die artikelform li (v. 1) gebildet hat.
Dort stand ille in proklitischer, tonloser Stellung und wurde
darum verkürzt. Hier steht es als Subjekt des satzes, in be-
tonter Stellung, und entwickelt sich daher nach den allgemeinen^
für die betonten worte geltenden regeln. Das lat. ille hat in
dieser Verwendung seine ursprüngliche demonstrative bedeutung
viel getreuer bewahrt als dort, es ist auch noch nicht wie im
neufranz. zum reinen personalpronomen herabgesunken: das
altfranzösische verbum bedarf beim fehlen eines substantivischen
Subjekts nicht unbedingt eines personalpronomens, wie die
beispiele in den versen 2 — 4, 9, 13 etc. zeigen (* out = nfr.
I. Laisse. 6. Vers: mielz. — 7. Vers: IL 67
ü y eut, veistes == nfr. vous viies), das pronomen ist zunächst
nur zur hervorhebung oder Eäheren bezeicbnung des Subjekts
notwendig (wie vers 13 dist ele für einfaches dist zur Unter-
scheidung von dist il). Unser gedieht gehört der Übergangs-
periode an, wo das verbum das pronominalsubjekt noch ent-
behren kann, es aber auch schon in vielen fällen zeigt, wo ein
besonderer grund zur ausdrücklichen bezeicbnung des Subjekts
nicht ersichtlich ist.
IL Wie die artikelform li setzt auch das Personalpronomen il
eine grundform mit i in der endung voraus. Dies angenommen,
ergibt sich folgendes paradigma für die betonten formen des
männlichen pronomens:
sing, rektus: ilU—*il plur. rektus: illi-^il
obliquus: illum—>*el obliquus: illos—*-els.
Die obliquusform des Singulars selbst ist im französischen
nicht erhalten, sie wurde durch lui {*~iUui) ersetzt. — Die
entsprechenden weiblichen formen lauten: eU't—iUa für den
rektus singularis (vgl. v. 6), li {■<—*iUaei, wie lui<—illui) für
den obliquus, eles<—iUas für den plural (rektus und obliquus).
III. Der i-umlaut Es gilt noch die lautliche entwicklung
der form iUi~->il zu erklären, welche im paradigma dem
rektus singularis wie pluralis eignet. Das lateinische kurze *
wird zunächst zu e, wie auch in illos — eis — nfr. eitx. Be-
tontes geschlossenes e aber (aus lat. e oder *) wird -zu i, wenn
darauf ein i-laut folgt. Da lat. t auch in den endungen überall
zu e geworden war, handelt es sich hier zunächst nur um
lat. *, das als i erhalten blieb. Wieweit auch hiatus-», das
zu i wurde und vielfach mit dem vorausgehenden konsonanten
verschmolz, umlaut bewirken kann, ist nicht ganz klar, zumal
hier der vorausgehende konsonant je nach seiner beschafFenheit
sehr verschiedenartige entwicklung des i zur folge hat. Sicher
scheint aber der umlaut vor liquida + i, wo der konsonant
selbst jothaltig wurde und die jotazierung länger als andere
konsonanten bewahrte.
Der Vorgang beruht also auf einer vollständigen assimilation
des tonvokals an einen folgenden e-laut (während der umlaut
des ÜYortzvLÜ, oben s. llf., oder der deutsche umlaut des a
5*
68 Erster Teil: Text.
vor i, z. b. lamhir—^leinhir, wegen der allzustarken Verschieden-
heit in der klangfarbe, nur teilweise assimilation zeigt).
Regel: Betontes geschlossenes e (lat. e und i)
wird vor folgendem ? (teilweise auch
vor *) zu i (der sogenannte /-u miaut).
Beispiele:
vBni (dafür '^venui)—*-vin 154
ebenso '^ienui (für f§nui)—>tin, feci—*fis, *pre(n)si—>prts
dlium, nnlium, tiUum—^cil {sourcil), mil, til (tilleul)
ebrii (ebenso ehrium) —> ivre (650).
Wie im deutschen (vgl. pluralformen wie wägen, kragen
u. ä.) wird der «-umlaut auch im französischen auf analogischem
weg weiter verbreitet. Nach vin {<—'^venui<—vent) bildet man
auch die 3. person vint (für vent-(—*venuit) v. 93 u. ö., nach
fis (feä) auch fist 191 für '^ feist {ftcU) und ßrent 115 für
'*feirent (aus fecerunt für fecenmt), nach der 1. person pris
auch die dritte prist für *preist (aus *prenstt) und schliesslich
auch das partizipium pris — prise (aus prensum — prensam),
vgl. 2 prise, 109 porprises.
la: lat. illam.
Die in Verbindung mit dem verbum gebrauchte proklitisehe
form des ureprünglichen demonstrativpronomens entwickelt sich
unter den gleichen bedingungen wie als artikel vor dem Sub-
stantiv. Proklitisch geworden gibt sie ihren accent an das
folgende verbum ab, wird selbst schwachtonig und verliert so
die erste silbe. Vgl. noch li v. 1 und 5a v. 2.
prist: lat. *prensit.
Das mit dem präsens zum teil gleichlautende latein. per-
fektum prehendit — prendit (vgl. v. 2 prise und rout I) ist
schon früh zu *prensit umgestaltet worden, nach dem vorbild
der sehr zahlreichen 5-perfekta und zugleich unter ein Wirkung
von partizipium und supinum, die von haus aus 5 hatten. Man
bildete *prensi zu prensum, prendo, wie man laesi zu laesum,
laedo, divisi zu divisum, divido u. a. hatte. Das n vor s fällt
nach V. 1 mostier IV. Die 1. person *presi gibt mit «-umlaut
I. Laisse. 7. Vers: II, la, prist, par, le, poin. 69
regelrecht pris, die 3. person *presit, vulgärlateinisch *preset,
tibernimmt den Stammvokal i aus der 1. person. Siehe oben
il IlL
Nfr. prit = pri: s vor stimmlosem konsonant verstummt
ende des 12. jahrhs. (vgl. 1 mostier V, 3 espee VI) unter dehnung
des vorausgehenden tonvokals, auslautendes (festes) t ausgangs
der afr. periode (vgl, v. 1 saint, s. 22). Der vokal ist jetzt, wie
im allgemeinen die vokale im unmittelbaren auslaut, halblang.
par : das wort per ist zu par geworden, sowohl als selb-
ständige Präposition als auch in Zusammensetzungen:
per medium — parmi 102, ^perfunde {für profunde) — par-
font 146, perdonare — pardoner 869, pardon, parterre, par-
semer etc.
Dieser wandel setzt unbetonte (oder nebentonige) silbe
voraus und findet sich am häufigsten vor liquiden und nasalen.
Vgl. noch damey.9, mercatum-^marchiet, dazu marcheant eia.
(aber mercedem — > mercit 32 , vermutlich lehnwort aus der
kirchensprache).
le: lat. illum {illud).
Le ist die obliquusform des männlichen artikels. Wie üle
(Uli) verliert auch illum in der proklitischen Stellung als artikel
den ton an das folgende Substantiv, wird schwachtonig und
so um die erste silbe verkürzt (vgl. oben il, la und v. 1 li).
So wird aus illum regelrecht lo, die in den ältesten literatur-
denkmälern übliche, ursprünglich nebentonig gebrauchte form
{lö nöm), und le, die gewöhnliche, ursprünglich unbetonte
form (par le nöm — enklitisch Z, siehe 1 al); ebenso aus illos
die formen los und les. Die formen des männlichen artikels
lauten also:
sing, rektus: li (für le) plur. rektus: li
obliquus: lo — le obliquus: los — les.
poiu; lies pö^n (mit o-i als diphthong), aus IsLtpügnum,
zu pugnus.
I. Inlautendes gn wird zu mouilliertem n (n), vgl. v. 2
seignat Während aber fl hier intervokal bleibt und sieh in
70 Erster Teil: Text.
dieser stellnng als ü erhält, tritt es in pugnum infolge abfalle
des endvokals in den anslaut und wird zu in: jßugnum-^*pofio
—*poifi—^poin, d. h. der jothaltige und im auslaut schwer
sprechbare teil des n tritt als i in den stamm. Dasselbe tritt
auch vor folgendem konsonanten ein:
cognita -^'^•coü{i)ta — > cointe (7 16)
insignet-^*ensenet —*■ enseint;
desgleichen bei n, das aus intervokalem ng (vor e oder *) oder
aus n -}- hiatus-* entstanden ist:
disjungit—*-*desjofiet—*desjoint (317)
longe-^*lofie—>loin (386)
Hongitanum — > lointain 58
tesiimonium—>*testemofto — > tesmoin.
Regel: Mouilliertes n (aus lat. gn^ nj, oder ng
vor e, i) wird im auslaut oder vor
konsonant zu in.
IL Neufranzösisch poin=po^ zeigt die (schon alt-
französische) Verschiebung des diphthongen oi {o -f- i) zu Of
und reinen nasaldiphthongen unter aufgäbe des nasalkonsonanten.
Die nasalierung des vokals war schon in altfranzösischer zeit
eingetreten (s. 1 un IV).
desoz: lies desots, aus lat. de + subtus.
I. Lat. subtus gibt regelrecht afr. sp^ — nfr. sous.
ßegel: ht und pt wird assimiliert zu tt und
dann (wie sonst die doppelkonsonanten) zu
t vereinfacht.
Dasselbe gilt auch von den durch vokalausfall entstandenen
konsonantengruppen gleicher art.
Beispiele :
Septem— *■ Seite (vgl. ital. sette)—*set 73
sapit-^set 219
corruptiatus -->*corrottiatos —*- correciez 17
*adcaptare-^accattare (so itsd.) -* acheter.
Ton vokal ü—>o, ausfall des unbetonten vokals der end-
silbe nach den bekannten regeln. Infolgedessen tritt t und s
I. Laisse. 7. Vers: poin, desoz, olivier. — Metrische Bemerkung. 71
zusammen und gibt s. Das im kompositum inlautende, im
Simplex aber anlautende 5 ist stimmlos, dieses wird aber im
altfr. nicht immer ausdrücklich bezeichnet, zumal nicht in
kompositis.
IL Neu französisch sous und dessous entwickelt sieh
regelrecht aus den altfr. formen: s wird zu s, auslautend s
verstummt; o wird ou, wie in mouiier (v. 1) und couronne (v. 2),
nach dem gesetz über die nebentonigen silben, da präpositionen
den hauptton nicht zu tragen pflegen; als adverb ist dessous
stark betont, das resultat muss aber auch hier der vokal ou
sein, vgl. jorn-^jour (v. 1). Die Schreibung ss bezeichnet keine
Verdopplung, sondern nur das stimmlose s (vgl. noch ressembler,
ressauter, aber auch mit einfachem s bezeichnet: resonner).
un: siehe v. 1. '
olivieri): lat. olivarium vom adjektiv olivarius, mit der-
selben bedeutung wie das grundwort oliva.
Die endung -arium wird -ier, siehe v. 4 Chevaliers I. Durch
die erhaltUDg des unbetonten vortonvokals kennzeichnet sich
das wort als fremdwort: bliväriu sollte nach mostier III den
vokal der zwischen nebenton und hauptton stehenden silbe,
das i, verlieren.
Metrische Bemerkung.
Der vers unserer dichtung ist der aus dem klassischen
drama der Franzosen bekannte zwölfsilbner oder alexandriner.
Wie die übrigen französischen verse, ist er bestimmt durch die
zahl der silben, und zwar ist sein normalmass zwölf silben,
wie in dem eben gelesenen beispiel. Genau in der mitte, nach
der sechsten silbe, findet sich eine cäsur: ,
12 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
II la prist par le poin desoz un oUvier.
*) Solche Situationen 'unter einer pinie, unter einem heckenrosen-
strauch' u. ä. sind typisch in den chansons de geste. Die wähl der baum-
art wird häufig durch das vers- und reimbedürfnis bestimmt. Der Ölbaum
findet sich, wenigstens heutzutage, nur im südöstlichen teile von Süd-
frankreich (d6p. Arri6ge bis d6p. Isöre), aber nicht in Paris und Saint-Denis.
72 Erster Teil: Text.
Diese eäsur endigt hier auf betonte silbe, auf sog. stumpfen
oder männlichen ausgang. Sie kann aber auch klingend oder
weiblich!) enden, wie in den versen 1—6:
ün jorn fut li reis Charles dl saint Denis mostier,
JRout prise sa coronc en croiz seignat son chief . . .
Der vers hat dann dreizehn silben, im übrigen wird an
dem bau des verses nichts geändert; die cäsur steht immer
nach der sechsten betonten oder siebenten unbetonten silbe.
Ebenso kann der endausgang des verses weiblich sein,
wie in der dritten Strophe (v. 43flf.):
44 Volentiers le laissast, mais que muer nen öset.
Endlich kann sowohl die cäsur als auch der endreim
weiblich sein:
43 Ore entent la reine que ne se puet estörtre.
Der alexandriner bewegt sich also tatsächlich innerhalb
der grenzen von 12—14 silben: in Strophen, die auf männliche
assonanz ausgehen, zählt er 12 oder 13 silben, in solchen mit
weiblicher assonanz 13 oder 14 silben. Das Schema des
alexandriners wäre demnach:
1(X) i l(x).
Die gliederung innerhalb der beiden vershälften wechselt.
Auf der letzten vollen silbe vor der cäsur und auf derselben
vor dem versende ruht immer ein starker accent. Ausserdem
hat jede vershälfte wenigstens noch einen, zuweilen auch zwei
accente, oft einen starken accent {—) und einen nebenaccent (1).
Die Stellung dieser accente wird nach gewöhnlicher annähme
durch den grammatischen accent bestimmt. Die bisher be-
sprochenen verse wären dann etwa so zu lesen:
Un Jörn fut li reis Charles al samt Denis mostier,
Rout prise sä coröne, en cröis seignat son chief
Et at ceinte s^espee dont li pönz fut d'ör mier.
Düs i out et demeines, baröns et Chevaliers.
J) Die bezeichnuDgen männlich und weiblich für reime auf betonte
und auf betonte + unbetonte silbe sind von dem typus der männlichen
und weiblichen flexionsendung hergenommen : bon — bonne.
I. Laisse. Metrische Bemerkung. — 8. Vers: pleine. 73
Charles li emperere regudrdet sä moillier:
Ele fut cbronee al plus hei et al mielz.
11 la jirist par le pöin desbs un blivier.
Eine auf dem princip des regelmässigen wechseis von
unbetonten und betonten silben (_1_^_1 || _1_ -!_-!-) be-
ruhende rhythmische gliederung des alexandriners, die in der
tat in zahlreichen versen vorhanden ist. sucht Saran in seinem
'Rhythmus des französischen Verses' (Halle 1904) s. 338fiF. ge-
rade an der Kailsreise durchzuführen. Im übrigen ist nicht zu
vergessen, dass diese epen gesungen und der versrhythmus
durch die melodie bestimmt wurde.
Die einzelnen verse innerhalb der Strophe sind durch blosse
assonanz (gleichklang des betonten vokals) miteinander ver-
bunden, erst in späteren epen tritt an stelle der assonanz der
vollreim (gleichklang des betonten vokals und der darauf-
folgenden laute). Die assonanz ie reicht bis vers 31, diese
31 verse bilden also die erste strophe (frz. laisse, tirade
monoritne). Mit vers 32 beginnt ein neuer assonanzvokal (e)
und damit eine neue strophe. Die epische Strophe oder laisse
konnte unbeschadet der melodie (vgl. oben s. 3) beliebig lang
gemacht werden, während in der lyrischen poesie die melodie
die ganze etrophe umfasste und demnach in einem und dem-
selben gedieht jede strophe gleich der andern gebaut sein
musste. Die kürzeste laisse in unserem epos (v. 226 ff) hat
3 verse, die längste (v. 123 ff.) 44, der durchschnitt beträgt
16 verse (ähnlich auch im Rolandslied). In den späteren epen
werden die Strophen erheblich länger.
8. Vers.
De sa pleine parole la prist a araisuier.
Mit seiner vollen stimme begann er sie anzureden.
De: siehe v. 3 dont.
sa: siehe v. 2.
pleine: lies pleine, lat. pUna{m).
74 Erster Teil: Text.
I. Der tonvokal.
Regel: Betontes geschlossenes e (lat. e und %)
in offener silbe diphthongiert zu ei.
Beispiele für €: habere —* aveir 27
se—>sei 61
me-^mei 71
camelos—*chameih 73
seta-^seie 85.
Ebenso t, das nach 2 en I zu 0 und in offener silbe nach
dem Ten Brink'schen gesetz (vgl. v. 2 chief IVa) lang wird
(0), also mit ursprünglichem e zusammenfällt:
ftdem—>feit 53
vtdent-^veient 108.
II. Neufranzösisch pZeiwe = j9Z?w zeigt ausser verstummen
des auslautenden e kontraktion des diphthongen ei zu ? und
entnasalieruDg des vokals (wie 2 eorone). Die afr. nasalierung
war die Ursache, dass ei zu dem offneren ^i verschoben und
dann zu ^kontrahiert werden konnte (plein — pl^tn — pl§, ebenso
pleine — pl^ine — pV^ne, woraus wieder pl^n), während ei sich
sonst weiter zu oi — o? — ua entwickelte (vgl. nfr. avoir, foi).
parole: lat. pardbola{m) aus grieeh. jcaQaßoX?j:
I. Das wort erscheint als parabole schon bei lat. autoren
des ersten jahrhs. n. Chr., später wurde es ganz an die lat. erste
deklination angeglichen: parabola. Die betonung griechischer
lehnwörter wird dem lateinischen accentsystem angepasst, vor
allem werden die im lat. keine parallelen findenden oxytona
beseitigt: jtagaßoXr/ wird dementsprechend zu parabole. Aus
der ursprünglichen bedeutung 'gleichnis' hat sich im romanischen
die allgemeinere bedeutung 'rede — wort' entwickelt. — Die
griechischen lehnworte des altfranzösischen sind diesem zumeist
durch das latein vermittelt worden, d. h. sie waren bereits in
das latein tibergegangen, ehe dieses sich in die einzelnen
romanischen sprachen gespalten hatte.
IL Dieendung-aöwZaist schon vulgärlat. zu -aula ge-
worden, vermutlich durch die zwischenformen -avula — avla
hindurch, mit erweichung des intervokalen b vor dem labial-
vokal u (o) zu V und Verkürzung des proparoxytonons um den
I. Laisse. 8. Vers: pleine, parole, la prist a araisnier. 75
vokal der unbetonten mittelsilbe G<XXX~*"X><X? ^S^- domina-^
domna — dame v. 9). So wird auch tabula in der vulgär-
spraehe regelrecht zu taula (nfr. iöle eisenblech), fäbula zu
faula (prov. faula) entwickelt; table und fable sind als
fortsetzung der in der hoehsprache daneben gebliebenen voU-
forraen tabula, fabula oder direkt als fremdworte zu betrachten.
Für das romanische ist also von paraula auszugehen.
Ebenso wird im latein die gruppe avi- mit ausfall des
unbetonten i und auflösung des v zu au, wie avica—>auca —
frz. oie, avicelhim-^ aucellum — oisel (v. 346) — nfr. oiseau.
Vielleicht hängt damit auch die gestaltung der dritten person
sing, per f. der I. konjugation zusammen: signavit — aut — at
(vgl. V. 2 seignat III).
III. Der tonvokal: au wird p, siehe v. 3 or I.
IV. Neufranzösisch parole =paröl zeigt verstummen
des aus dem lat. endungs-a entstandenen dumpfen e und
ktirzung des ursprünglich langen tonvokals vor dem folgenden l.
la prist a araisnier.
I. Die einzelnen worte siehe: la v. 7, prist ebenda, a v. 1 al.
IL Konstruktion und bedeutung. Wörtlich bedeutet
der satz nach Toblers erklärung: „er nahm sie vor, nahm sie
lum ziele der anrede". Ebenso v. 134: prist Ven a aparler.
Vgl. dazu V. 215: Le patriarche prist, si Ven at apelet. La ist
also direktes objekt zu prist, der infioitiv mit a bezeichnet den
zweck. Dem sinne nach entspricht diese redewendung dem
deutschen 'beginnen etwas zu tun', daher wir tibersetzen
dürfen: „er begann sie anzureden".
Neufranzösisch ist die konstruktion nicht mehr üblich,
jedoch vergleiche se prendre ä faire qch.
araisnier: lat. *adrationare, zu ratio berechnung, belehrung,
denkweise, rede, vgl. altfr. metre alcun a raison = anreden.
I. Hiatus-i zu j, (j), siehe v. 1 jorn III a, also adraij,onare.
IL Der unbetonte vortonvokal. Das zwischen neben-
ton und hauptton stehende o fällt: xxxxx~*xxxx- Siehe
V. 1 mostier III.
76 Erster Teil: Text.
III. Der jotazierte konsonant. Dieser entwickelt sich
wahrscheinlich über tj, — dzj, — zj, zu iz, das zwischen vokalen
(und wahrscheinlich auch, wie hier, vor stimmhaftem konsonant)
mit stimmhaftem s (z), vor anderen konsonanten und im aus-
laut mit stimmlosem s erscheint.
a) rationem—*- raison | vgl. hierzu die nfr.
orationes -^ oraisons 864 i formen mit stimm-
*pretiare—*preisicr \ haftem 5.
*pretiat-^*prieiset — priset (363).
b) *pretio—*-*prieis—*'pris (696) — nfr. prise mit
analogischem e
subst. pretium—>^prieis -* ptris — nfr. prix
palaüum—* palais 830.
Regel: Lateinisch intervokales ti {tj) wird zu
is, mit stimmhaftem 5 vor vokal oder
stimmhaftem konsonant, stimmlos vor
anderen konsonanten oder im auslaut.
Falls s vor n tatsächlich stimmhaft war, musste es nach
1 mostier V um diese zeit bereits verstummt sein.
IV. Der tonvokal: es handelt sich hier um a in freier
Stellung, dem eine jotazierte oder palatale konsonanz (tjn — sjn)
vorausgeht. In diesem fall wird a nicht zu e (wie spaiham — *■
espee v. 4), sondern ie: siehe v. 2 chief IV b.
V. Die anlautende silbe: das wort ad (vgl. 1 all), das
sich in Zusammensetzungen ebenso wie als selbständiges wort
zu a entwickeln muss: dental zwischen vokal und r wird be-
handelt wie zwischen zwei vokalen und fällt demgemäss aus.
Vgl. V. 3 espee IIb, v. 5 emperere II, v. 9 vtistes III.
VI. Neu französisch ist araisnier nicht erhalten, wol
aber das simplex raisonner. Dieses ist eine unmittelbare ab-
leitung von dem Substantiv raison, wodurch sich die lautliche
gestaltung des wortes (statt *raisnier) erklärt.
I. Laisse. S.Vers: arraisnier. — Q.Vers: Satzverbindung. 77
9. und 10. Vers.
Barne, yeistes onques rei niil dedesoz ciel,
Herrio, habt ihr jemals irgend einen könig unter dem himmel
gesehen,
Tant bien seist espee ne la corone el chief?
Dem so gut gestanden hätte ein schwert oder die kröne
auf dem haupt?
Satzverbindung. Vor tant ist das relativpronomen {cui)
zu ergänzen. Dasselbe kann fehlen nach regierenden Sätzen
verneinenden Inhalts (auch, wie hier, in der form der frage);
sofern der inhalt des abhängigen satzes nur als angenommen
hingestellt werden soll, steht das verbum in diesem im kon-
junktiv. Zuweilen ist in solchen Sätzen statt des relativums
die konjunktion que zu ergänzen: so, wenn es in unserem bei-
spiele etwa hiesse Hant bien lui seist espee\ Vgl. noch:
169 Donrai vos tels reliques, meülors n'en at soz ciel.
(vgl. 186 Donrai vos tels reliques qui feront granz vertus)
256 QuHl ne vienent a ewe, n^en partissent li guet,
Ne fi'encontrent avuegle, ne seit renlumines.
812 Franceis les esguarderent, n'i out un, n'en parolt.
815 Ja ne vendrons en terre, nostre ne seit li los.
Die erscheinung erklärt sich, wie auch die beispiele zeigen,
aus ursprünglich parataktischem Satzgefüge. Dasselbe liegt
zugrunde auch in den übrigen fällen, wo die konjunktion que
fehlen kann:
nach den verben sentiendi und declarandi:
196 Or veit li patriarche, Dieus i fait grans vertuz]
in Sätzen mit konsekutivem sinn:
131 Tant out fier Je visage, ne Vosat esguarder;
in Sätzen, die einen wünsch oder einen befehl ausdrücken:
806 prez sui, la meie (sc. corone) port.
(683) ne puis laissier, nel {= ne le) die.
78 Erster Teü: Text.
Dame: lies däme, lat. dömina.
I. Der vokal der pänultima. Wir haben es in domina
mit einem proparaxytonon oder sogenannten gleitewort (ital.
parola sdrucciola) zu tun, bei welchem auf die tonsilbe noch
zwei nac'htonsilben folgen: typus xxx- ^i^ ^^i den vortonsilben
hat auch hier im allgemeinen die am weitesten vom hauptaccent
entfernte nachtonsilbe den stärkeren ton von beiden, die zwischen
haupt- und nebenton stehende pänultima den schwächeren,
d. h. sie trägt gar keinen accent. Sie ist unbetont wie die
zwischen nebenton und hauptton stehende unbetonte vortonsilbe
und wird behandelt wie diese: der vokal fällt aus (vgl. oben
s. 74 parole). Es hängt aber von den umgebenden konsonanten
ab, ob der ausfall früher oder später eintritt (am frühesten
neben liquiden und nasalen).
Die ältesten beispiele finden wir schon im klassischen
latein: valde {■<—*valide) neben validus, caldus neben calidus,
domnus neben dominus, postus neben jposi^M5. Augenscheinlich
handelt es sich zunächst um kurzformen (in rasch gesprochener
rede), neben denen die alten vollformen weiter bestehen bleiben.
In vereinzelten fällen ist die form mit vokal die jüngere
{periculum gegenüber älterem periclum, femina gegenüber
etymologischem *femna), doch ist es zweifelhaft, ob man die
romanischen formen direkt auf die altlateinischen zurückführen
darf. Jedenfalls brauchte das Vulgärlatein die synkopierten
formen in Verbindungen wie:
l oder r + konsonant {calidu — caldu — chaut, calamu —
calmu — chaume, viride — verde — vert, horridu — ordu — ort),
m + n (dotninu — domnu, domina — domna, femina —
femna),
dental + dental u. ä. {nitidu — nittu — net, putida —
putta — pute, frigidu — frigdu — freit — froid),
guttural, dental oder r -{- l {ocuhi — oclu — ueil, vetulu —
^veclu — vieil, parabola s. o.) usw.
Eine jüngere schiebt ist nur dem provenzalischen und
französischen eigen {^ridere-^rire, facere — faire), eine anzahl
nur diesem {tepidum—* frz. tiede gegen prov. tthe, jüngere-^
joindre prov. jonher, vincere -^ veintre vaincre prov. vencer).
Auch innerhalb des französischen ist eine ältere schiebt, vor
I. Laisse. 9. Vers: Dame. 79
erweichung der intervokalen explosivlaute {debita — ► dete —
dette), von einer jüngeren, nach der erweichung {rapidu —
*rabidu — rade, cuhitu — ^cuhidu — coude) zu unterscheiden.
Beispiele aus unserem text:
femina-^femme 33
germ.: *hauni])a-^ honte 38
*ext6rquere—*estortre 43
*regalimen-^rcialme 68
"^requaerere-^requerre 69
quaerere—*- querre 72
bessere (für esse) —*■ estre 97
enduDg -aticum-^age: visage 131, lenguage 209
feretrum—* ßertre 198
facere-^ faire 198, ebenso dire, lire, ceindre.
In dieser Stellung fällt auch a, das in endsilben und
unbetonten vortonsilben verschont bleibt (vgl. v. 1 un III,
mostier III):
colopJium —> colp (586)
Sequana — > Seine.
Regel: In der unbetonten nachtonsilbe (pän-
ultima) fallen sämtliche vokale aus.
IIL Die nasalgruppe: mn vs^ird assimiliert zu mm
und dann zum einfachen laut reduziert {mn—>mm~^m,
aber wegen des nasalvokals häufig mm geschrieben).
Vgl. femina-^femme (= fäme) 33
nominatis—^nomez 39
homines —>home{s) 208.
IV. Der tonvokal. Das nach dem ausfall des vor-
letzten Vokals in geschlossener silbe stehende p sollte vor dem
folgenden nasal zu o werden wie in pons (siehe v. 3).
Der wandel von p zu a in dieser Stellung ist nur diesem
wort (sowie auch dem zugehörigen maskulin: rektus danz —
obl. dan, damne und den ableitungen) eigen und ist ursprüng-
lich wohl da eingetreten, wo das wort nebentonig, proklitisch
stand, was vor eigennamen der fall war: domina Maria—*
dame Marie [dominus Alexius — > danz Alexis). In solcher
Stellung und betonung werden die worte stärker verkürzt und
80 Erster Teil: Text.
namentlich die vokale anders behandelt (in der regel ge-
schwächt) als unter dem hauptton (vgl. noch provenzaliseh
en Bertrans = dominus Bertrandus, na Guiscarda = domina
Guiscarda). Einmal vorhanden, ist die form dann auch in
anderen fällen verwant worden, wo der volle ton darauf fiel;
die hier eigentlich zu erwartende form dorne (daneben done)
erseheint nur in wenigen texten. Möglicherweise trat erst eine
Schwächung von o zu e (nach 4 demeines IIIj und darnach eine
Verschiebung von e zu a ein (wie per—>par, siehe v. 7). — Die
nasalierung ist im neufrz. wieder verloren gegangen (s. 2 corone).
Dame zur bezeichnung der vornehmen frau in der anrede
entspricht in bedeutung und Verwendung genau dem mittel-
hochdeutschen frouwe. Wie dieses wird es auch gegenüber
unverheirateten angewendet, wie z. b. nachher Oliver die tochter
des kaisers Hugo mit Dame anredet.
veistes: lat, vidistis.
I. Der ton vokal: lat. ^. Dieses sollte der allgemeinen
regel nach (v. 2 en I) zu e werden. Das i der endung -stis ist
kurz, also gleichfalls zu e geworden und kann keinen umlaut
bewirken. Hingegen tritt in der 2. sing, vor dem langen i der
endung regelrecht ^-umlaut ein: *videsil—* ve'is{t), und hiernach
ist auch die entsprechende form des plurals ^vid^stes zu ^vidistes
— veistes umgestaltet worden. Ebenso in sämtlichen hierher-
gehörigen perfektbildungen:
*prensisti~*presis, darnach presistes
fecisti-^fesis, darnach feststes
misisti-^mesis, darnach mesistes.
IL Der vokal der Stammsilbe: } = i (lat. perfekt-
bildung mit stammdehnung: vtdeo — vidi). Der vokal trägt
hier nur einen nebenton, während der hauptton auf der endung
liegt, wie in vidisti (gegenüber vidi, vidit).
a) Nebentoniges ? bleibt als i erhalten:
civitates —> cites 11
iratus—^irez — iriez 30
dlcere habetis —* direz 41
fidantia—^fiance 52.
I. Laisse. 9. Vers: Dame, veYstes. 81
b) Dasselbe wird zu e vor einem folgenden hoeh-
betonten i:
*dlmedium-am —*- demi-e (264)
dlxistis —* desistes (675), deistes (646)
vlcinu—*veisin.
Man pflegt einen solchen Vorgang, bei dem (zunächst wohl
infolge eines verspreehenp) von zwei gleichen naehbarlauten
sich der eine von dem anderen eben wegen des lautlichen
gleicbklangs entfernt, als dissimilation zu bezeichnen (ähulich
auirh bei anderen vokalen: honorem — onor — enor, augustum —
*agustu — aost; ebenso auch bei konsonanten, bes. liquiden und
nasalen: peregrinum — pthrin 95, paraveredum — paltfroi).
III. Der intervokale konsonant.
Regel: Lat. d zwischen vokalen fällt aus.
Beispiele: sedisset—*- seist 10
audiverun t — »• o'irent 1 8
cadere — *cadire—*chtir 31
Judicium— ^juise 35.
Ebenso ursprüngliches t, das zunächst zu d erweicht wird
und dann die gleiche entwicklung nimmt wie das lat. d (vgl.
v. 3 espt-e). Wahrscheinlich wurde der stimmhafte dentale ver-
sehluHslaut d zuerst zum stimmhaften dentalen reihelaut (f, ehe
er vollständig ausfiel. Noch das Alexiuslied (mitte des ll.jahrhs.)
hat den intervokalen dental nicht verstummen lassen.
IV. Die endung. Die erhaltung des endvokals in der
2. plur. perf. ist allen konjugationen gemein: chantasies, par-
tistes, oüstes etc. Dasselbe ist auch in der 1. plur. der fall:
chaniames, pariimes, ve'imes etc. Das provenzalische hingegen
hat in allen diesen fällen die lautgesetzlicben formen: partim
partitz etc. Die erhaltung des vokals in den französischen
formen steht mit dem gesetz von dem fall der endsilbenvokale
(v. 1 un III, vgl. auch noch, wegen der lautgruppe -stes^ v. 80
fuü t— füstes) nicht in einkiang und muss sich sonach aus irgend
einer annlogischen ein Wirkung erklären. Eine völlig befriedigende
erklärung ist noch nicht gefunden.
Voretzsch, Studium d. afrz. Spiacha. 5. Anfl. Q
82
Erster Teil: Text
afr.
nfr.
vi 137
vi{s)
vt'is
vi{s)
Vit 30
vi{t)
ve'imes
vim{es)
vtistes
vtl{es)
virent 104
vir{ent)
V. Das vollständige paradigma lautet altfr. nebst den
entsprechenden lat. und neufr. formen:
lat.
vidi
vidisti
vidit
*vidimus
vidistis
*vi ierunt
(für klass. vidSrunt)
Das s vor konsonant {ve'istes : veites) verstummt noch in
altfr. zeit nach v. 1 mostier V. — Unbetontes e vor folgendem
ton vokal ist noch vor ausgang der altfr. periode geschwunden:
veü — vis, vti{s)tes — vi{s)tes. — Die endkonsonanten sowie
auslautendes dumpfes e verstummen wie in früher besprochenen
fällen.
onques: lies öJces (önJces), aus lat. unquam.
I. Abfall des -m, wandel von ü zu o, Schwächung des un-
betonten a zu e, nasaliernng nach den bekannten regeln: o{n)que.
II. Das silbenanlautende qu wird nach konsonant
behandelt wie im anlaut (vgl. 4 barons IV).
Regel: Anlautendes qti wird unter verlust des
halbvokalsMzu/c (geschrieben qu, seltener
q, c oder k, vereinzelt ch).
Der Vorgang entspricht der späteren Vereinfachung von gu-
(<— germ. w) zu g- (5 reguardct). In der schrift kommt die Ver-
änderung nicht immer zum ausdruck, da hier wie in vielen
anderen fällen (vgl. 1 un, 3 ceinte usw.) die alten zeichen auch
für den veränderten laut beibehalten oder längst verstummte
laute noch geschrieben werden. Aber die handsehrift unseres
textes schreibt z. b. kant (kaunt) neben quant für lat. quando
und so auch gerade an unserer stelle unkes. Chi für lat. qui
findet sich schon im Eulalialied (ende 9. jhs.), so dass also für
den walloDischen dialekt in jener zeit der Übergang feststeht.
In anderen dialekten kann der Übergang frUber oder später
stattgefunden haben. Möglicherweise war für das frühere oder
I. Laisse. 9. Yers: veYstes, oaques, rei. 83
spätere verstummen des u aach die natnr des folgenden vokals
massgebend. Vgl. noch:
*conquaerere habeo —*- conquerrai \1 = conkerrai
qui—>qui 14 = ki
quando —*■ quant 15 = Jcant
quare~>car 19
quod—^que SO = Jce
quomodo — > come, com 50, 58, 95 u. ö.
qualem-^quel 219 = kel.
IIL Das auslautende s ist analogischer natur, nach dem
muster solcher adverbia, welche ein solches s (oder ^) besassen
oder regelrecht entwickelten:
plus — plus Q, mngis — mais 28, ja mais 57, foris — fuers
ifors 594, präpos. dt fürs 334), *postius — puis 231; melius —
mieh 6, *adsdtis — assez 78, intus — em (415), laenz 114,
gaenz (756), dedens 808.
Das 5 war also für eine reihe von adverbien (auch prä-
positionen), zumal zeitlicher oder örtlicher oder auch allgemeiner
bedeutung, charakteristisch, und so glich man auch andere
bildungen diesem typus an:
voluntarie — volentier —> volentiers 44, wo das s zugleich
zur Unterscheidung des adverbs vom adjektiv dienen konnte;
sine -[- s-^senz h()\ *ha hora — ore 43 {or 9S)-^ores. Zum teil
kommen die formen mit und ohne s noch nebeneinander vor
wie gerade bei onque, ore, zum teil ist die neugebildete form
die einzige vorhandene wie bei sens, das schon alt ist und
auch im provenzalischen als sens, ses erscheint. ,
IV. Neufranzösisch wird onc onques (mit verstummtem
endkonsonanten) nur selten gebraucht, es ist ersetzt durch
jamais (das ursprünglich nur von der zukunft gilt).
rei: lat. r^gem. Vgl. v. 1 reis'*r—r^.
I. Der intervokale konsonant.
Regel: Lat. g zwischen hellen vokalen (a, e, i)
wird zum halbvokal (i) oder reibelaut
(j) und bleibt als solcher in der regel
erhalten.
6*
84 Erster Teil: Text.
Beispiele: regalem —> reial (415)
*regalimen — > reialme 68
ligare-^leiitT 201
paganos —*■ paiiens 224.
Ebenso: nach hellen vokalen c vor a:
precatum—*-preiiet 865
pacare — ► paiier.
Mit benachbartem * verschmilzt i, d. h. es fällt auB:
regina—* reine 30
witca-^mie 28.
II. Zur deklination. Nominativ und akkusativ sind im
allgemeinen die beiden einzigen lat. kasus, welche im franz.
erbalten bleiben, daher wir im altfranz. das sogenannte zwei-
kasns-system finden. Die formen des altfr. nominativs (rektus)
und akkusativs (obliquus) entwickeln sich im allgemeinen regel-
recht aus den entsprechenden lateinischen (vgl. 1 reis III, dazu
semperere VI). Jedoch verlieren im rektus pluralis die maskulina
der lat. III. deklination nach dem muster der II. {domini,
servi, anni) ihr -s, so dass die flexion von rex sich altfranz.
wie folgt gestaltet:
sing. j plur.
rektus: reis 1 | rei
obliquus: rei 9 j reis 152.
Im neufr. gibt es für jeden numerus nur noch eine kasus-
form und zwar hat in der regel die des obliquus den sieg
über den rektus davongetragen: li rois wurde durch le roi
verdrängt, die form mit s am ende durch die s-lose form (vgl.
1 jorn, aber auch Charles). Im plural siegte gleichfalls der
obliquus, der hier tiberall «-formen zeigt: illos reges ■-*■ les rois,
duces-^dus, caballarios —*- Chevaliers , barones —*' barons (v. 4).
So erklärt es sich, dass sich im nfr. der plural vom singular
in der regel durch ein s (auch x geseh rieben) unterscheidet.
III. Wegen rei— *- roi vgl. v. 1 reis III und v. 8 pleine IL
nnl: lies nül, aus lat. nüllum (ü wegen kontraktion aus
ne-ullum).
I. Laisse. 9. Vers : rei, nal, dedesoz, ciel. 85
I. Lat i* wird in jeder Stellung zu ü, siehe v. 1 un II,
6 plus.
IL Das wort bedarf, im gegensatz zur lateinischen be-
deutung, der negation ne, um die ursprüngliche bedeutung
'kein' auszudrücken, ohne diese ist es indefinitum: 'irgend
einer'.
III. Die gewöhnliche Stellung von nul ist diejenige vor
dem Substantiv.
dedesoz: de 4- desoz, dieses aus de + suhtus, siehe v. 7.
Das wort ist eine blosse erweiterung oder Verstärkung
von deso2, vgl. ebenso dedens = de + denz, dem = de -\- intus.
ciel : lies tsiel, ans lat caelum = kailum.
I. Der anlaut: lat c (= Ic) vor e und i zu ts, siehe
3 ceinte IV.
IL Der tonvokal. Im lat. war ae wirklich ein diphthong,
etwa wie unser ai {ei) gesprochen: man vergleiche in der
1. deklination die lateinischen formen mit den entsprechenden
griechischen {deae mit 9-eal), auch Schreibungen der ältesten
insehriften {aidilis u. a.). Auch althochdeutsch keisar (nhd.
kaiser) aus lat. caesar setzt diese diphthongische ausspräche
voraus.
a) Lat. ae wird zu offenem langem e (?) contrahiert
(etwa im 2. jahrh. n. Chr., jedenfalls erst nach Übernahme des
Wortes Caesar =^ keisar durch die Germanen).
b) Betontes ? (in freier Stellung) wird zu ie diph-
thongiert:
caelu — > c^lu — >■ ciel
laetus-*mus—*-liez 123, 203
quaero —> qu^ro —> quier (724).
Durch die kontraktion von ae zu ? einerseits und durch
die dehnung von freiem ^ andrerseits fallen altes ae und g in
offener silbe in dem laut f zusammen und nehmen die gleiche
entwieklung:
m^rum-^m^ru—^mier 3.
86 Erster Teil: Text.
Man kann also die regel ganz allgemein fassen:
Betontes offenes e (lat. ae oder e)
wird in freier Stellung zu ie diph-
thongiert.
IIL Neufranzösiseh ciel = siel nach 3 ceinte VII.
Tant: lies tat (tänt), lat. tantum, aus dem adjektivpronomen
neu abgeleitet (nicht aus lat. tantum = nur).
I. Abfall des m und des endvokals nach den bekannten
regeln. Der Stammvokal hatte zur zeit unseres denkmals jeden-
falls schon nasalen klang (etwa tänt).
IL Neufranzösiseh tant = tä mit Verlust des nasal-
konsonanten und des auslautenden t, in liaison = tat.
bien: lies bis (bigng), lat. bene.
I. Der tonvokal ^ in freier silbe zu ie nach v. 3 mier,
mit nasalierung wie v. 1 un. Der noch hörbare nasalkonsonant
war hier, im auslaut, vermutlich guttural (» = w^).i)
IL Neufranzösiseh bien = biS mit verlust des nasal-
konsonanten wie tant.
seist: lat. sedisset.
I. Der lat. konjunktiv imperfecti ist untergegangen
und in den romanischen sprachen durch den konjunktiv plus-
quamperfecti ersetzt worden:
deüsseis 56 = debuissetis
tenisse (327) = tenuissem
fussent (374) = fuissent
ploüst (450) = placuisset
oüst (451) = habuisset.
Zuweilen haben die formen noch im altfranz. plusquam-
perfektische bedeutuog wie hier oder v. 56.
IL Der tonvokal sollte e lauten, wie in ^le-fr-üla v. 6-
Der betonte vokal der lat. konjunktive plasquamperfecti auf
•) Im folgenden wird der nasalkonsonant in der ausspracheangabe
nicht mehr ausdrücklich bezeichnet: also bie, äcore, cdkerrai usw.
10. Vers: Tant, bien, seist. 87
-tssem (II. und III. lat. konjugation) ist auf analogischem wege
allgemein zu i geworden, teils nach dem muster der dazu ge-
hörigen perfektformen mit *-umlaut (sedisti — se'is, vidisti —
ve'is, wonach st'ides, vt'istes 9), teils unter einfluss der lat.
IV, konjugation, welche aus -tssem (kontrahiert aus -wissem)
regelrecht «-formen entwickelt.
IIL Nebentonig f(^) bleibt als e:
regina-^ reine 30
debuissetis —> deüssei^ 56
de + morari{-re) —*■ demorer 14:
signaüit—*- seiynat 2.
IV. Die en düng. Das vollständige paradigma lautet:
- sing. j plur.
1. se'isse \ 1. st'issons
2. Sb'isses i 2. st'isseiz
3. seist 3. se'issent.
Hier fällt besonders das -e der 1. und 2. sg. gegen-
tiber si'ist auf. Lautgesetzlich sollten alle drei formen das e
verlieren: also *se'is, *st'is, st'ist. Nach dem muster der präsen-
tischen koDJunktive auf -am (IL — IV. konj.) aber wird schon
in alter zeit (die ältesten beispiele aus der Eulaliasequenz:
perdesse, awisset neben amast) in allen drei personen das -e
eingeführt, daher die endungen: 1. -e, 2. -es, 3. -et. Iq der 3.
person wird das -e wider beseitigt unter eiüfluss der viel-
gebrauchten konjunktivformen des hilfsverbums esse: 1. seie,
2. seies, 3. seit. Bei diesem verbum erklärt sich die Verschieden-
heit regelrecht durch mischung zweier verschiedener vulgärlat.
Paradigmen: sim, sis, sit, davon 3. p. seit, und *siam, *sias,
*siat, davon 1. p. seie, 2. p. seies.
V. Neufranzösisch wird seoir als simplex nur noch in
einzelnen formen gebraucht. Unsere form hier ist im kompositum
erhalten; qu'il s'assit, mit verstummen des s vor konsonant
(v. 1 mostler), des auslautenden konsonanten und des e vor
betontem vokal {vt'istes 9). Seance und seant mit bewahrtem
e sind erstarrte formen des gerichtsstils.
88 Erster Teil: Text.
espee: spatha, siehe v, 3.
Das wort erscheint hier als Subjekt in derselben form wie
in V. 3 als objekt: durch den ab fall des auslautenden m waren
nominativ und akkusativ singularis in der ersten lat. deklination
schon früh gleichlautend geworden. Vgl. 2 corone I.
ne: lat. nee.
Das unbetont verwendete nee verliert sein auslautendes c
(gegen betontes ab hoc — avuec 138) und wird ne, unter weiterer
Wirkung der unbcToatheit ni. Es steht hier für et oder o
(= aut), weil der satz von einem hauptsatz mit negativem sinn
abhängig ist und selbst negativ gedacht ist.
la: lat. illa.
Die femininform des artikels, aus proklitisehem illa L.
wie 1 U-*—illi _L, 7 le-*—iUum 1; dasselbe aus dem akkusativ
illa{m): la teste 2b'*--iUam testam. Es ergibt sich also hier
die gleiche form wie unter denselben Verhältnissen aus illam
als verbundenem, daher proklitisehem und schwach betontem
Personalpronomen: la prist 7 = illam ^prensit.
corone: lat. corona, wie v. 2 corone = coronam. Vgl. espee.
el: aus en le = in illu{m), siehe v. 1 al.
Chief: siehe v. 3.
11. Vers.
Eucore conquerral citez od mon espiet.
Noch werde ich erobern städte mit meinem speer.
Encore: lies äcore, eine Zusammensetzung mit lat. hora.
I. Die tonsilbe. Altfr. encore hat ebenso wie einfaches
ore, or offenes o (p), während höra regelrecht ore gibt. Das p
würde sich durch kontraktion aus a -{■ o erklären, und so ist
ore wol auf *aora'^ha hora (für hac hora) zurückzuführen.
I. Laisse. 10. Vers: espee, ne, la. — 11. Vers: Encore, conqnerrai. 89
IL Der erste bestandteil. Dieser wird verschieden
erklärt: lianc ad horam könnte weder im franz. encore, noch
im ital. ancora (statt *ancadord) ergeben; richtiger ist es daher
wol an eine Zusammensetzung mit dem von Gröber angenommenen
*antque (für lat. atque, mit n nach unqwim, donec) zu denken
(vgl. ital. anche == auch). Das vortonige a mtisste dann im franz.
zunächst eine Schwächung zu e erfahren haben.
III. Neufranzösiseh encore = äcor zeigt nur ver-
stummen des auslautenden e.
conquerrai: lies cökerrai, lat. con ■+• quaerere + habeo.
I. Das kompo8itum*cow^Maerere. Lat. cowg'Miro würde
conquir, covqinrere würde conquirre ergeben. Altfr. conquerre,
neufr. conquerir kann nur von *conquaerere ausgegangen sein;
man hat das kompositum conquiro wieder in Übereinstimmung
mit dem simplex quaero gebracht oder aus con und quaera
ein neues kompositum *conquaero für das ursprüngliche conquiro
gebildet. Daher der ausdruck rekomposition (weniger
treffend dekomposition, Zerlegung des kompositums in seine
bestandteile). Dieser Vorgang spielt eine grosse rolle in der
entwicklung des romanischen verbums (weniger des nomens).
So erklären sich:
requirere ~*-*requaerere — »• requerre 69
remanet—*-*remdnet-*remaint 92
vendidit—**vendMit—>vendlet, wonach respondUt 12
deficere —*-*defacere — > de faire
perfectum -^* per factum -^parfait
dimidium -^*dimedium ~* demi (264).
IL Die futurbildung. Die lat. futurbildungen sind (mit
ausnähme von ^ro, das als ier, iert, ierent [463 u. ö.] neben dem
neugebildeten serai [325] noch vorkommt) untergegangen und
durch eine Zusammensetzung des infiuitivs mit haheo ersetzt
worden. Man vergleiche zur bedeutungsentwicklung neu-
französische Wendungen wie fai une course ä faire, avoir une
lettre ä ecrire, wo der begriflF des müssens die Zukunft der
handlung einschliesst.
so Erster Teil: Text.
Beispiele :
portare hahemus —* porterons 20
mandare haheo—*manderai 22
*auctoricare habeo —> otreierai 23
truncare habeo — >• trencherai 25
*excondicere habeo -^ escondirai 34.
Das vollständige paradigma würde lauten:
porterai
porteras
porierat
porterons (f. *porteravons)
porkrex (f. *porteraves)
porteroni.
Die Verkürzung in den zwei ersten personen des plurals
erklärt sich durch angleichung an die übrigen einsilbigen
endungen. Dasselbe tritt auch ein im imperfectum futuri
(conditionalis), das mit habebam — ame zusammengesetzt wird:
*porteraveie—> portereie (nfr. porierais).
IIL Lautlich entwickelt sich das wort regelmässig.
Durch verstummen des h sowie des unbetonten antevokalischen
e in Zusammensetzungen (nach v. 2 rout) entsteht *conquaererabeo
oder unter entwickluog der kurzform von habeo (siehe v. 3 at)
*conquaererajo. Der Stammvokal, der diphthong ae, wird zu §
kontrahiert (v. 9 ciel I), das hier aber nicht diphthongiert, da
es hier nicht, wie in ciel oder mier (v. 3), unter dem hauptton
steht. Der unbetonte vortonvokal in der silbe -rer- fällt nach
V. 1 mosüer III aus. '^Äjo entwickelt sich durch abfall des
end Vokals zu ai. Silbenanlautendes qu wird zu h (9 onques 11).
IV. Neufranzösisch conquerrai zeigt noch die gleiche
Schreibung, aber teilweise veränderte ausspräche: auslautendes ai
ist im laufe des 13. Jahrhunderts zu ? kontrahiert und weiterhin
zu e entwickelt worden.
citez: lies tsiUts, lat. clvttdtes.
I. Das wort entwickelt sich zumeist nach bekannten regeln :
a) Anlautendes c vor e, i zu ts nach v. 3 ceinte IV.
b) Nebentoniges l in der anlautenden silbe bleibt als <,
siehe v. 9 vt'istes IIa.
c) Unbetonter vortonvokal {civitdtes) fällt nach v. 1
mostier III: also *civtates.
d) Betontes a in freier silbe zu e, siehe v. 3 espee IV.
e) Der endvokal fällt (1 un III) und t + s wird s.
I. Laisse. 11. Vers: conquerrai, citez, od. 91
II. Die zu erwartende form *civtes wird zu citez. Vgl,
V. 7 SOS. Die dort gegebene regel lässt sich erweitern:
Labialer konsonant {p, h, v) vor
folgeudem dental {d, t, s) schwindet
(vermutlich durch die mittelstufe einer
assimilation).
Beispiele: subtus—*-*sottos—*sos 7
Septem-^ Seite— > Set 72
capu + s—**chievos-^chies 20.
Ein solcher dental wird ebensowenig wie ursprünglicher
doppeldental (siehe v. 6 ele) erweicht, da die erweichung nur
intervokale konsonanten betrifft (vgl. v. 3 espee II b).
III. Neufranzösisch cites {=sife), mit wandel von ts
im anlaut und auslaut zu s und darauffolgendem verstummen
des auslautenden konsonanten.
od: lat. apud.
I. Die wahrscheinlichen Zwischenstufen in der
entwicklung waren: *abod — *avod (jp:6:i;nach capu — chief
v. 2; vgl. noch 138 avuec = ab hoc) — *aud — od (vgl. oben
V. 8 parole II, auch v. 2 seignat III). Die präpositionen sind
gegenüber dem folgenden wort nebentonig, daher haupttonige
entwicklung des a (v. 3 espee IV, v. 2 Bout IV) nicht in be-
tracht kommt.
Der auslautende dental wird regelmässig geschrieben und
wurde damals wol auch noch gesprochen, da es sog. gestütztes,
aus einer konsonantenverbindung (vd) hervorgegangenes d ist
und dieses sich länger hält als isoliertes t (vgl. v. 3 et). Ge-
sprochen wurde d aber wohl nur vor vokal, sonst t, ent-
sprechend der stimmlosigkeit der auslautenden konsonanten
(v. 2 chief II b — 3 dont V). In der folgezeit verstummt auch
dies d und od wird o, was mit au<—al nicht zu verwechseln
ist {la dame o le der vis = od = apud). — Die bedeutungs-
entwicklung von 'bei' zu 'mit' ist leicht verständlich.
II. Neufranzösisch nur noch mundartlich erhalten; in
der Schriftsprache seit dem 15. jahrh. in abgang gekommen
und meist durch avec (-<— aö hoc), z. t. durch ä ersetzt.
92 Erster Teil: Text.
mon: lat. meum.
Die schwach betonte (verbundene) form des Possessiv-
pronomens: aus meum L wie son-t—suum L (siehe v. 2). Mtum
wird in dieser Verbindung proklitisch und unbetont; das hiatus-e
verstummt wie dort das hiatus-w; w sollte fallen wie in un-
betonten suam L-*sa, statt des zu erwartenden *mo haben
wir aber mon, wie statt *so ein son, worüber v. 2 son zu
vergleichen.
espiet: lies espiet, zu germanisch spqot (deutsch spiess).
etwa ^apeutu.
I. Prothetischer vokal wie v. 3 espee III.
IL Der tonvokal.
a) In dem germanischen diphthong eo — eu wird ? zu ie
wie in offener silbe (me-ru-^mier v. 3). Vgl. noch:
feh{u)dd—>fieti — ßef (13. jh.).
Aber ebenso wird auch der romanische diphthong eu aus
lat. zweisilbig ^ -f m behandelt:
me-um-^meum—^mien 139, 185
de-um-^deum—^dieu 69, daneben d^u 32 und df.
Eine dehnung des $, wie sie in merum, Mne usw. voraus-
gesetzt wird, kann hier kaum in betracht kommen, von einem
freien, d. h. eine silbe schliessenden ? ist hier nicht die rede.
Wir haben hier eine bedingte diphthongierung wie in miele v. 6.
Regel: ? (lat. und germ.) diphthongiert vor
folgendem u zu ie. Es entsteht also der
triphthong ieu.
b) Die zu erwartende form *espi€ut (vgl. prov. espieut,
espiaut) wurde zu espiet umgestaltet, wol durch Vereinfachung
des triphtbongen in geschlossener silbe (vgl. *wtew« -> wien,
auch ß,ed neben ^u).
I. Laisse. lt. Vers: mon, espiet. — 12. Vers: Cele, ne — pas. 93
12. Vers.
Cele iie fut pas sage, folement respondiet.
Diese war nicht klag, töricht antwortete sie.
Cele: lies ts^le, aus lat. ecee illa.
I. Das wort ist aus dem ursprünglichen lat. demonstrativ
gebildet mit einer verstärkenden, den demonstrativen begrifi'
hervorhebenden partikel. Lautlich entwickelt sich das wort
regelmässig: ecce illa—*eccilla nach v. 2 rout VI, c vor e,
i--*ts nach v. 3 ceinte IV, das übrige nach bekannten regeln.
Zu erwarten wäre demnach *ecele, das mit Schwächung des
vorton vokals als icele erscheint:
icele pari 119, dazu das maskulin icil {-t—ecce Uli für ecce
nie), obliquus icel {t—ecce illum).
Daneben steht die (ursprünglich unter dem nebenton, als
kurzform, entstandene) form eil (v. 19), obliquus cel (v. 137),
feminin cele, wie hier, und die nach lui — li gebildeten dativ-
formen celui und fem. celi\ dazu plural mask. rektus eil (■*—ecce
Uli), obl. cels {■*r-ecce illos), fem. celes {*-tcct illns) für beide
kasus. Diese kürzeren formen sind von anfang an die häufigeren;
die formen mit anlautendem /- verschwinden im laufe des
14. jahrhs.
IL Neu französisch celle (= sei) zeigt die üblichen
Veränderungen; das doppel-Z für altfr. einfaches l hat keinen
lautwert. Im maskulinum ist für cel die vollere und nach-
drücklichere form celui (ursprünglich dativ, aber bald auch
als akkusativ verwendet) eingetreten, während das fem. celi
untergegangen ist. — Im plural ist ceux {= so) die regelrechte
fortsetzung von afr. cels — ceus, wie Celles von afr. celes.
ne — pa8: lat. non passum.
I. Lat. non entwickelt sieh je nach dem ton im satz
verschieden:
a) ötarkbetont (in isolierter Stellung, vor einem nomen
oder an herv^orragender satzstelle) nach den gesetzen der ton-
silben: mit be Währung des o wie in corone v. 3, barons 4 und
94 Erster Teil: Text.
mit erhaltüüg des auslautenden nasals wie in mien, rien (siehe
V. 2 son III). So in v. 39: Non fer€Z\ so noch neufranzösiseh.
b) Schwachbetont (als gewöhnliche negation beim
verhnm): mit Schwächung des vokals zu e (wie in den end-
silben Charles v. 1, demeines 4, oder in den si-hwacbtonigen
les mes ses etc.) und mit verlust des auslautenden n, das in un-
betonter silbe behandelt wird wie auslautendes m. Vgl. dazu
noch nomen—>nom 151, 158.
Daneben erscheint vor vokalen noch die form nen:
nen oset 44 — meiUors nen at 169.
Das auslautende n jSel demnach ursprünglich nur vor
konsonant, vor vokal blieb es erhalten. Später wurde diese
zweite form von der antekonsonantiseben ganz verdrängt (vgl.
V. 28 n'tst mie, 49 n'at, 57, 79 etc.). Vgl. noch 2 son III.
IL Lat. passum entwickelt sich regelrecht zu pas: be-
tontes a in geschlossener silbe bleibt (v. 1 Charles).
III. Die zusammengesetzte negation: der negative
begriff steckt in dem ne, und dieses allein gentigt in alter
zeit zum ausdruck der negation, vgl. noch:
ne vos en correciez 26
ja nel (= ne le) puis je trover 40
ne se puet estortre 43.
Noch neufranzösisch genügt in bestimmten Verbindungen
das einfache ne: je ne sais que faire, je ne puis Vaider usw.
Pas zu ne bedeutet von haus aus nur eine Verstärkung
der negation: non passum = nicht einen sehritt. Ahnliche
verbiiiduDgen sind: non W2ca(w) = nicht ein krümchen — ne
mie 28, non punctum — ne point. Auch die sogenannte aus-
drucksweise der übertriebenen Verkleinerung {ne — un gant^
ne — un vent, ne — un uef u. a.) gehört hierher.
sage: lies sadze, aus vulgärlat. *sapia oder *sabia zu
*sapius (für sapidus) — *sabius von saper e.
I. *Sopia mit stimmlosem labial mtisste sich genau so
entwickeln wie der konjunktiv sapiam, der zu sache wird, mit
stimmlosem zisöhlaut. Es ist daher für das vulgärlat. eine
form *sabius — *sabia vorauszusetzen, welche auch durch
I. Laisse. 12. Vers: ne — pas, sage, folement. 95
italieniscli saggio und die aoderen romanischen sprachen ge-
fordert wird, an und für sich aber noch der erklärung bedarf
(vgl. noch lat. pipionem — ital. piccione mit franz. pigeon, das
SLuf *pibionem deutet). — Durch die entwicklung des unbetonten
i vor vokal zu hiatus-» (j) wird die Stammsilbe geschlossen,
a daher nicht gedehnt und nicht zu e verschoben.
IL Der konsonant: das b steht nun nicht mehr inter-
vokal, sondern bildet mit i eine konsonantische gruppe, in
welcher sich j zunächst entwickelt wie im wortanlaut, d. h.
zu d2 (vgl, V. 1 jorn II). Der vorausgehende labial assimiliert
sich dem folgenden dental {^saddze), woraus durch Verein-
fachung des doppeliautes die hier vorhandene form entsteht.
Vgl. noch:
rabiem (—>*rabiam)—*-rage
rubeimi —*■ roge — rouge
Eusebium — > Osege.
Ebenso wird v + i zu dz (g):
*leviarius—*legiers 14
cavea -^ cage
Hingegen entsteht aus stimmlosem labial + ^ (pj) stimm-
loser Zischlaut {is = ch):
*adpropiat—>aprochet 119
sapiat—*- Sachet (491).
Regel: Stimmhafter labial + hiatus-* (bj, vj)
wird zu dz (g), stimmloser (pj) zu is (ch).
IIL Neufranzösisch sage = saz. Wie die ähnlichen
verbindano-en ts {ch) und ts (c, z) hat auch dz {g, j) am ende
des 12. jahrhs. den dentalen Vorschlag verloren, im inneren
des Wortes sowol wie im anlaut (vgl. v. 1 jorn V).
folement: lies folemät, aus *folla mente. Das zu gründe
liegende vulgärlat. adjektiv *foUis (vgl. ital. folle) — gallo-
romanisch *foUus — pflegt man von lat. foUis schlauch, blase-
balg herzuleiten, indem man 'aufgeblasener mensch, hohler köpf
als Übergangsbedeutung annimmt.
I. Die lat. adverbialbildung auf -ter ist vollständig, die
auf -e bis auf einige wenige reste {bien 10, mal [390], hin
96 Erster Teil: Text.
[386], volentiers 44 usw.) untergegaDgen. Die neubildung ge-
schieht durch umschreibuDg mit dem ahlativus modi: impia
mente, sana mente, hella mente {belement IG), forti mmte {for-
ment 31). Die Verbindung von adjektiv und Substantiv ist so
eng, dass sie im französischen als ein wort empfunden und
gebraucht wird (anders als im provenzalisehen).
Aus dem geschlecht von mente erklärt sich die moderne
bildung des adverbs aus der femininform durch anfUgung von
-nunt Das neufranz. bat aber häufig neubildungen auf grund
sekundärer femininbildungen vorgenonomen. So ist fort "r-lsit
forttm ursprünglich in mask. und fem. gleich und bildet daher
regelrecht fbrtimente — fortment — forment mit ausfall des un-
betouten vortonvokals , später wird nach dem muster der
adjektiva auf -us, -«, -um ein neues feminin forte (wie bele =
hella zu hei = bellum) und dazu ein neues adverb fortement
gebildet. So sind auch die anscheinend unregelmässigen ad-
verbia prudemment {= prudentl mente), constamment (constanti
mente) u. a. durchaus regelmässig gebildet, hingegen formen
wie presentement, loyalement sind neubildungen.
IL Die tonsilbe: ?», ^m vor konsonant oder im auslaut
wird wie ßn, ßm zu ä. Vgl. 2 en.
III. Die vortonsilben. Das a der unbetonten vorton-
silbe wird zu e geschwächt nach 1 mostier III, Das neben-
tonige Q bleibt.
Kegel: Nebentoniges p in geschlossener silbe
bleibt als q erhalten.
Beispiele:
*portaremus —*-porterons 20
fortimente—*- forment 31
*col{a)phare —*■ coJper 4:2,
In offener silbe hingegen wird es zu p, neufr. ou (vgl 1
mostier VI und 2 corone V).
IV. Doppel-Z wird vereinfacht zu l (4 Chevaliers III).
V. Neufranzösisch follement = folmä zeigt nur noch
verstummen des auslautenden -t sowie des aus a entstandenen
unbetonten vorton -e. Die doppelschreibung des l ist be-
deutungslos.
L Laisse. 12. Vers: folement, respondiet.
97
respondiet: lies respödief.
1. Die formbildang. Die lat. perfektform respondit
würde auf rein lautlichem wege dasselbe wie das präsens
respondet ergeben: respont (repond). Die statt dessen ge-
bräuchliche form respondiet ist nach dem muster von dedit
und dessen kompositis gebildet. Das simplex selbst ist im
franz. nicht erhalten (vgl. aber ital. dare, diede usw.). Die
komposita wurden schon in vulgärlat. zeit auf dem wege der
rekomposition (siehe v. 11 conquerrai I) umgestaltet: vendidit
nach dedit zu *vendtdit, ebenso ^perdSdit, *rendedit. Diese
formen entwickeln sich regelrecht (vgl. v. 3 mier -*— merum) zu
vendiet, perdiet, rendiet, die dazu gehörigen übrigen personen
mit einigen analogischen ausgleichungen {vend^di-^^oend^iusidh.
amai) zu dem folgenden altfr. paradigma, das allmählich ganz
in die «-konjugation tibergeführt worden ist:
vulgärlat.
altfranz.
analogisch
*vend4i
*vendiei — vendi 1
vendi
*vend4sti
*vendies | ^^^ *
6 mieU)
vendis
*vend4dit
vendiet
vendit
vendq {di)mus
*vendiemes
vendimes
*vend4stis
*vendestes — *vendiestes
(nach d.
vendistes
*vend4{de)runt
vendierent
[sing.)
vendirent.
Die perfekta vendiet, rendiet, perdiet stellen somit einen
ganz neuen typus dar, der für eine anzahl anderer verba
vorbildlich geworden ist, zunächst für solche, die ähnlichen
Stammausgang wie die hier genannten hatten (nd: defendiet,
respondiet, entendiet), dann auch für andere {rompiet, vesquiet,
benesquiet 177 u. a.). Diese perfekta bilden eine besondere
klasse, in welcher wie bei den a-perfekten (siehe v. 2 seignat)
und «-perfekten (v. 18 oirent) der accent tiberall auf der endung
liegt. Man bezeichnet diese klasse daher als die dritte
schwache perfektbildung oder einfach als dritte schwache
konjugation.
Immerhin waren diese perfekta nicht allzu zahlreich. Die
erste person stimmte von haus mit jener der «-konjugation
{audivi—>o'i) tiberein, und so wurden allmählich auch die
übrigen personen an diese angeglichen. Einige formen sind
Voretzsch, Studium d. afrz. Sprache. 5. Aufl. 7
98 Erster Teil: Text.
uns schon aus dem altfr. nur in der analogisch neugebildeten
gestalt überliefert.
IL So wird aaeh respondiet durch respondit ersetzt, dem im
neufr. regelrecht repondit = repödi entspricht. Das wort wurde,
trotz Untergang des siniplex, wegen seiner bedeutung wol
stets als kompositum mit re- empfunden, daher das unbetonte
vorton -0 nicht zu e geschwächt. Das t verstummt im laufe
des 12. Jahrhunderts, das s vor konsonant ende des 12. Jahr-
hunderts.
13. Vers.
*Emperere' dist ele 'trop tos poez preisier.
Kaiser', sprach sie, 'allzusehr vermögt ihr euch zu schätzen
(= ihr überschätzt euch gewaltig)'.
Emperere: lat. imperator s. v. 5 emperere. Der vokativ
ist im altfranzösischen der form nach gleichlautend mit dem
nominativ, also niciit nur dame 9 = doinina, seignor{s) 67 =
seniores, sire 135 \AS&. = senior, sondern auch bels sire 216,
251 = htllus senior für helle senior, amis 279 = aniicus, bels
nie-i Uollanz (469) = hellus nepos Botlandus, sire arcevesques
(493) = senior archiepiscopus.
dist: lat. dlxit
I. Der tonvokal: von natur lang, weil schon dtco, e-dUo,
also i — j.
Regel: Betontes geschlossenes (langes) i bleibt
erhalten in geschlossener wie auch in
offener silbe.
Beispiele für gedecktes i:
zu germ.rlJcja (althd. rihJii) — riche{s) 27
dictum (für klass. dictum) -*dit 38, fem. dite 52
mllle—*mil 66
tillani—*'Vile 204
parilssent-^partissent 256.
I. Laisse. 13. Vers: Emperere, dist, trop. 99
Beispiele für freies r.
*audtoerunt—*oirent 18
dlcunt-^ dient 23
meniJtum—y mentit 24
feiire-^ferir 29
vldit—*vit 30
regina—*- reine 30.
Auch nebentonig bleibt dieses f bewahrt: vgl. citez «♦—
clvitates v. 11 und die weiteren unter ve'istes v. 9 genannten
beispiele.
II. CS (x) : is. Vgl. V. 1 reis I.
Das aus es sieh entwickelnde i verschmilzt mit dem
vorausgt^henden tonvokal i zu einem einzigen i. Vgl. hierzu
noch dit v. 38, dite v. 52. — Mit ausfall des endsilbenvokals
also dist.
III. Die neufranzösische form dit zeigt gegenüber
der hier entwiekelten altfranzösischen Schwund des s vor kon-
scnant und verstummen des auslautenden konsonanten, ausser
in liaison: dit-il, vgl. v. 3 at.
ele: s. v. 6.
trop: wird aus dem germ. ])orp (unser dorf) hergeleitet,
wofür die bedeutungen 'menge, trupp, herde' nachgewiesen
sind. Aus dena begriff 'menge' würde sich die bedeutung 'viel'
entwickelt haben. Bemerkenswert ist allerdings der Wechsel
von der substantivischen zur adverbialen Verwendung.
I. Die lautliche entwicklang macht keine Schwierigkeiten.
Der den Romanen in dieser Stellung unbekannte germ. reibe-
laut ih {])) wird von ihnen im anlaut der aus dem germanischen
entlehnten worte regelmässig durch den am nächsten stehenden
laut t ersetzt, vgl.:
])iudlsJc—*'Tieis (Niederfranke, Niederdeutscher)
Peodrik—* Tierri
J^arrjan (dörren)— >tornV.
Regel: Germanisch ^ wird im anlaut zu t.
IL Die Umstellung *torpu: *troppu (vgl. noch prov. trop,
ital. troppo) gehört einer auch aus den alten sprachen unter dem
100 Erster Teil: Text.
namen metathesis bekannten erscheinung an, die am häufigsten
bei dem für die ausspräche schwierigen r-laute vorkommt und
sich demgemäss am einfachsten durch wiederholtes versprechen
erklärt. Eine regel hierüber gibt es nicht, da die natur des
Vorganges ein regelmässiges eintreten nicht bedingt. Doch
vgl. noch por 18 (neufr. pour) für lat. pro sowie das zu v. 5
emperere I gesagte. Die metathesis in ])orp selbst begegnet
auch in germanischen, namentlich westgermanischen dialekten:
vgl. angelsächsisch 2>^op neben ^lorp, ferner troppus 'herde'
in den Leges Alamannorum und vor allem Ortsnamen wie
Geldrop, Herrentrup, Ohrdruf, Wilsdruff. Wahrscheinlich gehen
also die romanischen formen bereits auf eine germanische
form ])rop zurück.
vos: lat. vös.
Die einzelnen laute des lat. Wortes bleiben bis zum alt-
französischen unverändert. Das o des altfr. wortes ist ge-
schlossen (p), entsprechend der länge des vokals im latein.
Im laufe der weiteren entwicklung wird es zu u {ou\ wie
das erste o in afr. corone — nfr. couronne. Es ist die un-
betonte form des pronomens, die sich im altfr. wie im nfr. er-
halten hat. Das s ist mit den übrigen auslautkonsonanten in
späterer zeit verstummt.
poez : lies po-e2 (zweisilbig), aus vulgärlat. *potetis fUr potestis.
I. Die stamm Umbildung. In der vorliegenden form
erscheint das verbum an die regelmässige konjugation an-
geglichen, es ist nicht mehr als kompositum von esse — estis
kenntlich. Auszugehen ist wol von der 2, sing, potes, die dem
typus der lat. II. konjugation ähnelte und ein *potet (vgl. 43
puet) für potest hervorrief, wie neben debes ein debet stand,
weiter *potemus {poons — pouvons), *potent {pueent — peuvent\
*potere {poeir — pouvoir), *potebam (poeie — pouvais) usw.
Die ersetzung der seltneren, als unregelmässig erscheinenden
formen durch die regelmässigen flexionsformen beruht darauf,
dass dem sprechenden in der Vorstellung diese vorschweben
und jene beeinflussen. Vermittelt wird diese Übertragung
durch solche formen, welche beiden typen angehören (wie potes)
I. Laisse. 13. Vors: trop, vos, poez, preisier. 101
und sozusagen das tertium comparationis bilden. Dieser
formenausgleich spielt in der fiexion eine grosse rolle, häufig
stört er die rein lautliche entwicklung. Man vergleiche hierzu
die oben besprochenen formen prise 2, prist 7 für *preise,
*preist nach priS'*r-*prensi, coronee 6 für *cornee, seist 10 für
*se^st nach den konjunktiven auf -ist-t—lsset, ve'istes 9 usw.
Man bezeichnet diesen faktor der sprachlichen entwicklung
kurz als analogie.
IL Die endung. Auf demselben Vorgang beruht der aus-
gleich der personalendungen zwischen den verschiedenen kon-
jugationen. Es sollte -atis—>e3, -etis—>ei3, %tis—>iz werden.
Wir finden aber in allen konjugationen -ez, d. h. die endung
der so zahlreich vertretenen a-konjugation hat auf dem wege
der analogie schon frühzeitig, ausser in den östlichen mund-
arten, diejenige der übrigen konjugationen verdrängt: amatis—>
amez, danach devez, vendez, partez, finissez. So wird *potetis
zu poez statt *poeiz.
III. Das intervokale t fällt aus: 3 espee IIb.
IV. Neufranzösisch pouvez zeigt den regelrechten
Wandel des nebentonigen o in offener silbe zu ou (2 corone),
das verstummen des auslautenden konsonanten und schliesslich
den zwischenlaut v, der als tibergangslaut zwischen den beiden
hiatusbildenden vokalen eintritt und vielleicht durch Vorbilder
wie mouvoir, prouver, trouver mit bestimmt wurde.
preisier: vulgärlat. *pr^tiare, zu pr^tium.
I. Der intervokale konsonant.
a) Hiatus -i wird i (j), *pretiare also dreisilbig. Vgl.
1 jorn III a.
b) ti zwischen vokalen wird iz (is). Vgl. 8 araisnier. Das
i verbindet sich mit dem Stammvokal ? zum diphthongen ?i.
II. Betontes a nach palataler konsonanz wird ie, siehe
2 Chief IN h.
III. Neufranzösisch priser zeigt analogische reduktion
des diphthongen ie zu e (vgl. 2 chief VI) in der betonten end-
silbe und analogische Übertragung des Stammvokals aus den
102 Erster Teil: Text.
stammbetonten formen: *prQHat—>'*prieiset—*-priset (nach 6
mith II), ^pr^tio—^-pris, ebenso das Substantiv pr^tium—t-pris.
trop TOS poez preisier: Stellung des objekt-
pronomens. Dieses würde nach modernem Sprachgebrauch
vor dem Infinitiv stehen, von dem es abhängt. Es steht alt-
fianz. aber vor dem hilfsverbum, das mit dem Infinitiv als
einheit gedacht wird. Auch wo der Infinitiv von dem hilfs-
verbum durch de, a oder ein frage wort getrennt ist, tritt diese
Wortfolge ein. Vgl. noch:
ja nel (= ne le) puis je trover 40
• 0 je vos ftrai ja cele teste colper 42
ne se puet estortre 43
Nel (= ne le) deasseis penser 56
ne Vosat esguarder 131
vos vienent visiter 140
si s'en vait conreer 141
Que vos en ai je mais lonc plait a aconter ? 860
ne s'a de quoi reconforter = n'a de quoi sei reconforter.
Neu französisch nur noch bei einfachem infioitiv (ohne prä-
position u.a.) nach laisser, faire, entendre, voir üblich: Je le
lui ai fait connaitre (für je lui ai fait le connaitre) — On vous
Va laisse ignorer (für on vous a laisse Vignorer) — Je le lui
ai entendu dlre (für je lui ai entendu le dire). Beste auch noch
in Wendungen wie ctla se peut = cela se peut faire, on le veut
dire, je Virai voir u. ä. — Im älteren neufranzösisch noch
weitergehende spuren des altfranz. gebrauchs: Vous Ved-on venu
dire? (Molifere); Votre amour le vient d^outrager (Racine) u. ähnl.
14. und 15. Vers.
Encore en sal je uu qni plus se fait legiers,
Noch weiss ich ihrer einen, der schmucker sich ausnimmt,
Quant il portet corone entre ses Chevaliers.
Wann er kröne trägt unter seinen rittern.
Kncore: siehe v. 11.
en: lies ä, aus lat. inde.
I. L&isse. 1 3. Vers : trop vos poez preisier. — 14. Vers : en, sai, je. 103
I.Die verweDdung dieses en an stelle eines pronomi-
nalen geoetivs erklärt sich leicht aus seiner lokalen bedeutung.
Vgl. lat. ßlii duo, inde (= ex iis) hunc adoptavi (Terenz).
IL Das dnreh den abfall des endvokals in den auslaut
tretende d fällt in dem stets unbetont gebrauchten wort ab
(vergleiche dagegen de unde—^dont 3, quando —*- quant 15fiF.,
grandem-^ grant 106). Infolgedessen fällt dies en mit dem
aus in entwickelten en lautlich völlig zusammen. Die ur-
sprüngliche form ent begegnet noch in den ältesten Sprach-
denkmälern und auch später noch in pikardischer mundart.
sai: lat. sapio.
I. Wie haheo — *ajo zu ai entwickelt sieh auch sopio zu
sai: also eine kurzform, die sich gerade bei der häufig in die
rede eiogeschobenen und daher dann nebentonig entwickelten
1. person dieses verbums leicht erklären würde (vgl, ital. so).
Nach anderen ist *sajo — sai einfach analogie nach *ojo — ai;
nach Neumann wiederum regelrecht volltonige entwickluog
(in den auslaut tretendes pi, bi zu ^, inlautend bleibendes zu
t§, dz, daher haheo, sapio -^ai, sai, aber sapiam, rabiem-am
-* sacke, rage). — Durch abfall des endvokals entsteht regel-
recht sai (mit diphthong a-i), das im laufe des 13. jahrhs.
zu SQ kontrahiert wird. Die Übrigen personen entwickeln sich
im ganzen regelrecht: sapis~*ses, sapit -^ set, sapimus—*- savons,
sapitis—^savez, *sapunt (für sapiunt) —* sevent
II. Neufranzösisch sais zeigt das analogisehe, für die
ersten personen charakteristische s (nach *p6>S5^o — puis, *nasco
— nais u. ä.), das aber bei sais erst seit dem 17. jh. erscheint;
ferner Verengung des auslautenden ? zu e (vgl. 11 conquerrai IV,
chantai = sätp, chanterai = sätdre). Die 2. und 3. peri^on haben
sich in der Schreibung der 1. angeglichen [sais, sait), die 3. plur.
savent zeigt angleichung an savons, savez, savoir.
je: lies dze, aus lat. ego.
I. Lat. ego hat nach dem tibereinstimmenden zeugnis der
romanischen ppraehen sein inlautendes g früh verloren und ist
dann einsilbig geworden: eo — eu, vgl. ital. io, span. yo (mit
104 Erster Teil: Text.
verschobenem accent), prov. eu — ieu, ferner eo — io in den
Strassburger Eiden. Da das pronominale Subjekt im lateinischen
und altromanischen im verbum enthalten ist und nur bei aus-
drücklicher hervorhebung gesetzt wird, muss sich ego — eo zu-
nächst als haupttoniges wort entwickeln, also zu ieu werden
wie deus-^dieus (vgl. 11 espiet). Aus ieu entwickelt sieh (nach
Rydbergs annähme) einerseits io — ^ io — jo, das besonders im
pikardischen und wallonischen sowie im anglonormannischen
zuhause ist, andererseits ieu — ieu, mit tibergang des anlauten-
den i zu di (vgl. 1 jorn) zu jieu, gieu, woraus durch Verein-
fachung des triphthongen (vgl. *mieun~^mien) das bes. cham-
pagnische und ostfranz. gie (vgl. reime wie gie:pie, congie)
und weiterhin das francische und westfranzösische ge, j^ = ds^
(vgl. oben s. 92 Bieu — »> De). Die ursprüngliche haupttonigkeit
des Wortes erklärt es auch, dass in der älteren zeit ge, je vor
vokal im allgemeinen keine elision erfährt: vgl. noch v. 51 fo
savrai je encore, 151 Sire, je ai nom Charles.
II. Im 12. jh. erfährt das wort in vereinzelten Stellungen,
besonders unmittelbar nach dem verbum {sai je etc.), wo es
enklitisch und daher schwachtonig wurde, eine Schwächung
von je zu je = die (mit kurzem, dumpfem e), worauf unter Verlust
des öJ-vorschlags die neufranzösische form je = Z9 zurückgeht»
die tatsächlich nur noch in unbetonter Stellung gebraucht wird.
Haupttonig tritt dafür der obliquus moi ein (rest des alten
gebrauchs noch in je soussigne neben moi soussigne).
un: unum, hier als zahlwort, in der form gleich dem un-
bestimmten artikel (siehe v. 1).
qni: lies ki, aus lat. qm.
Wegen qu—t-k vgl. v. 9 onques IL Der endvokal bleibt
in einsilbigen werten erhalten, ausser in enklitisch und proklitisch
gebrauchten werten. Lat. l bleibt als i erhalten, siehe v. 13 dist I.
pIns: siehe v. 6.
se: lat. se.
Nach den gesetzen für die haupttonsilben muss sich s0 zu
sei entwickeln (vgl. v. 8 pleine). Diese form hat das wort tat-
I. Laisse. 14. Vers: je, un, qui, se, fait, legiers. 105
sächlich, wenn es haupttonig steht, wie z. b. nach präpositionen
(Rollant et Olivier en at ot sei menez v. 61) oder vor dem
infinitiv {yont sei entrebaisier 147, 253).
Vor dem verbum finitum aber steht es wie die übrigen
pronomina {la prist 7, la met 16, li siet 16, le m'enseigniez
19 usw.) proklitisch und daher sehwachtonig. Das e bleibt,
wird aber aus e zu e (nfr. dumpfem e = ») geschwächt,
fait: lies fait, aus lat. facit.
I. Die form ist nicht regelmässig. Das c vor i (vulg.-lat. e)
musste assibiliert werden (vgl. 3 ceinte), ehe der end vokal fiel.
Wir sollten *faitst, mit Vereinfachung der schweren konsonanz
ist*faist eTwarten, wie piaist t~placet, tazst^—tacet. Hingegen
entwickelt sich das gleitewort facere über *facre (siehe 9
dame I) regelrecht zu faire, wie factum zu fait. Die 3. person
ind. präs. ist demnach eine neubildung aus dem infinitiv faire,
wie man in der regelmässigen konjugation zu escrire, metre,
rire ein escrit, met, rit besass. Ebenso wird dicit — *dist um-
gestaltet zu dit, ducit zu duit. Hingegen blieben piaist und
taist erhalten, weil hier ursprünglich als Infinitive nicht plaire,
taire, sondern plaisir t^placere (vgl. Substantiv plaisir) und
taisir^—tacere daneben standen.
II. Die kontraktion des diphthongen ai zu f vollzieht sich
allmählich im laufe des 12. jhs., zuerst, schon im ersten drittel
des jhs., vor schwerer konsonanz (maistre—> mestre, paistre—*-
pestre schon bei Philipp von Thaon, um 1120), bis zur mitte des
jhs. auch vor leichter konsonanz {fait— >f et, ait—>et bei Crestien
von Troyes); endlich auch in offener silbe {faite — feite— >fete,
faire — feire~*fere); zuletzt und wahrscheinlich erst im laufe
des 13. jhs. im auslaut, wo ? alsbald zu f wird {sai-*SQ—>s^,
conquerrai—^ conquerr^, vgl. oben v. 11). — Unter verstummen
des auslautenden t (vgl. 7 prist) wird fet zu nfr. /"? (geschr. fait).
legiers: ledziers, vulgärlat. Heviarius (zu levis).
I. *Leviarius — ► leviarius nach 1 jorn III a. — Die endung
-arius zu -iers, vgl. 4 Chevaliers I. — Inlautend vj zu dz, siehe
12 sage IL
106 Erster Teil: Text.
II. Vortoniges q unter dem nebenton bleibt:
bellamente -* helement 16
denarios—* dmiers 27
ferire—*-ferir 29
ienetis —* tenez 45.
III. Neufranzösisch legers — leger = lezß zeigt Verlust
des d-vorschlags (I jorn V), das mit gewippen ausnahmen regel-
recht eintretende verstummen des auslautenden r, reduktion
des diphtliongen ie nach zisjchlauten zu e (wie 2 chief) und ge-
schlossene ausspräche des durch verstummen der endkonsonanten
in den auslaut tretenden ?.
IV. Die rektion des prädikatsnomens. Wir sollten
an stelle von legiers ^=*leviarius vielmehr legier = *levi avium
erwarten, da das prädikatsnomen zweifellos auf das ohjekt zu
beziehen ist {se facit *kviarium). Der nominativ erklärt sich
durch einmischen solcher redensarten in die Vorstellung des
sprechenden, wo das prädikatsnomen im nominativ erschien:
paraistre, devenir, estre usw. Gerade die reflexiven verben
haben meist eine solche nebenbedeutung, romanisch se facere
ersetzt ja ursprunglich das lat. fieri. Die beziehung des prä-
dikatsnomens bei den reflexiven auf den nominativ ist demnach
im afr. ganz gewöhnlich {plus se fait fitrs = ferus, se senti
navree = -atus), findet sich aber auch sonst bei ähnlichen Ver-
bindungen, wie z. b. sei apptler, avoir nom:
Sire, je ai nom Charles 151
Äies nom Charles Maignes 158.
Sogar nach präpositionen kann dieser auf das Subjekt
bezogene nominativ stehen: il fat tenus a sages {=*sahius),
je rri'fn dui por fols {= *follus) tenir, se tenoit chascuns a
paites {= pacatus) — vgl. provenzaliseh ieu mi tenc per pagatz.
Qutant: lies cät, lat. quando.
Vgl. vers 1 Charles I, 3 dont V, 9 ofiques II, wegen des
nasals 1 un IV. Das auf konsonant folgende auslaut-^ ver-
stummt, wie in saint 1, prist 7, vor konsonantischem anlaut
seit dem 13. jh ; vor vokal ist es bis ins 16. jh., und bei enger
Verbindung wie hier (quand il, quand eile, quand on) bis
L Laisse: 14. Vers: legiers. — 15. Vers: Qnant, portet, entre, ses. 107
heute laut geblieben. Die neufranzösisehe Schreibung mit d
ist rein orthographisch (nach dem lat. etymon in der renaissance-
zeit wieder eingeführt), wie auch die moderne ausspräche zeigt
(quand il porte = kä-tü port).
il: siehe v. 7.
portet: lies porte{t), lat. portal
1. Der tonvokal: Lat. kurzes, romanisch also offenes o.
Regel: Betontes offenes o in gedeckter Stel-
lung bleibt Q (ausser vor nasal, wo p ein-
tritt, und vor j : 6 mieh II).
Beispiele: hostem—*-ost 29
*exi6rquere — >■ estortre 43
*folla-^fole 45
vostrum (= vestrum) —> vostre 50
mortua—>morte 52.
IL Das auslautende -t in unbetonter silbe war damals
bereits im verstummen (vgl. v. 3 Et). Das e der endsilbe ver-
stummt erst im 17. jahrh.
corone: siehe v. 2.
entre: lies ätre, lat. intra.
intra—^entra—* entre-* Bntre-^äntre nach bekannten ge-
setzen. Nfr. entre = ätr(d).
ses: lat. suos.
I. Das Possessivpronomen in proklitisehem gebrauch: wie
2 sa*—suam, son*—suum. Darnach entwickelt sich suos
zunächst zu sos. Dieses wird unter Wirkung der tonlosigkeit
zu ses geschwächt, wie die artikelformen lo {*—illum) und
los (t—illos) zu le, les (vgl. 7 le poin, 39 le rei — 81 les destriers^
82 les muh), wie das Personalpronomen lo {-t—illum, illud) zu
le (vgl. 23 Se Franceis le me dient), los {-r-illos) zu les (vgl.
143 // les fait revestir). Ursprünglich sind die o-formen wol
die nebentonigen {lö rei, sbs hömts), die e-formen die schwach-
tonigen {pär le rei, avuec ses hömes) gewesen (vgl. 7 le).
108 Erster Teil: Text.
Wie suos zu sos — ses, wird tuos zu tos — tes, meos zu
mos — mes. Vgl. de mes bons Chevaliers 22, je manderai mes
homes 229.
II. Neufranzösisch mes, tes, ses = me, t^, s^ {m^, t^,
s^), in liaison meiz-, tez-, sez-, sind regelrecht entwickelt.
Chevaliers: siehe v. 4.
16. Vers.
Quant la met sor sa teste, plus belement li siet*.
Wenn er sie auf sein haupt setzt, steht sie ihm viel besser'.
Quant: siehe den vorigen vers.
la: siehe v. 7.
met: we^-t— lat. mittit.
Die schon im klassischen latein häufige bedeutung 'werfen,
rasch wohin bringen, legen' führt zu der französischen be-
deutung 'legen, setzen'.
I. Die entwicklung geht nach bekannten regeln (vgl.
2 en l, 4 Chevaliers III). Lat. mitter e gibt darnach mßtre.
Das auslautende doppel-^ in dem zu erwartenden *mett wird
naturgemäss zu t vereinfacht.
IL 1^ eufr anzösiach mettre = mQtr(d). Die etymologi-
sierende doppelschreibung des t ist ohne bedeutung für die
ausspräche. Wichtig hingegen ist, dass altfr. geschlossenes e
in gedeckter Stellung zu offenem e übergeht: Utteras—^lßtres
—>lQttres, firmat-^fermet—>f§rme usw. Dieser tibergang voll-
zieht sich bereits im 12. jahrh. Somit fallen in geschlossener
Silbe ursprüngliches e (= lat. t) und ? (= lat. g) zusammen.
sor: lat. süpra (prov. sohra, ital. soprä).
I. Nach den regeln (v. 1 Jörn II, v. 2 chief II a) ergibt
sich zunächst sovre, das in der proklise, als präposition, zu
sore und weiter zu SQr (norm. Schreibung sur) wird.
L Laisse. 16, Vers: met, sor, teste, belement, li, siet. 10&
IL Neufranzösisch sur = sür erklärt sich am ein-
fachsten als eine kreuzung von sor, seit 13. jh. seur, mit dem
ursprünglich nur als adverb üblichen, seit 13. jh. aber auch
als Präposition gebrauchten sus -»r- sursum (v. 195).
sa: siehe v. 2.
teste: aus lat. testatn (geschirr, seherbe, schale), das in
der Volkssprache die bedeutung 'hirnschale, köpf angenommen
hat. Im altfr. erscheint daneben noch chief •*— caput in seiner
eigentlichen bedeutung (so v. 2, 10, 20 u. ö.), während es heut-
zutage fast nur noch in übertragener bedeutung üblich ist.
Kurzes oflFenes e in geschlossener tonsilbe bleibt: siehe
Y. 6 hei. — Neufranz. Ute = m hat die qualität des tonvokals
bewahrt, zeigt diesen aber infolge des verstummens von s
vor konsonant gedehnt (vgl. 1 mostier VI, 7 prist, 9 veistes V).
plus: siehe v. 6.
toelement: lies b^lemät, vulgärlat. bella mente.
Vgl. V. 12 folement, wegen des nebentonigen § v. 14 legiers
IL — Nfr. bellement = belmä (lautlich wie follement = folmä)
nur noch selten gebraucht (in der bedeutung ' sachte, gemach').
li: aus lat. üli.
Einer der wenigen reste des lat. dativs. Als proklitisches
Personalpronomen mit verlast der ersten silbe aus Uli ent-
standen wie oben la aus illam. Das i bleibt als * erhalten,
vgl. 13 dist, 14 qui. Ihrer herkunft gemäss wird die form als
maskulin und als feminin gebraucht.
Nfr. ist die unbetonte form li durch die ursprünglich nur
in betonter Stellung gebräuchliche form lui verdrängt worden.
siet: lat. sMet
Vgl. V. 3 mier, wegen des auslautenden t oben met —
Nfr. sied mit etymologisierender Schreibung. Vgl. noch v. 10
seist V.
110 Erster TeU: Text.
17. Vers.
Quant TentPüt li reis Charles, molt en est correciez.
Als der könig Karl es hört, ist er darüber sehr erzürnt.
Quant: siehe v. 15.
V = le: lat. illu{d).
Das neutrum des vor dem verbum stehenden unbetonten
pronomens (vgl. li im vorigen vers). Während das neutrum
im substantivum völlig untergegangen ist, Lat es sieh im
pronomen in zahlreichen formen, ebenso auch im adjektivum,
bis aufs neufraniösisehe bewahrt.
entent: älät, aus lat. intendit
Vgl. V. 2 en, 12 folement, 16 met — Nfr. enfend mit d
teils etymologische, teils analogische schreibang (nach entendonSj
entendeZy entendre).
li reis Charles: siehe v. 1.
Qnant l'entent li reis Charles: Wortstellung.
Wie in eingeleiteten hauptsätzen (vgl. v. 1), kann auch in
nebensätzen inversion des suhjrkts eintreten. Vgl. noch:
Quant go vit la rc'ine 30
Quant Vot li patriarche 141.
Indes ist hier die Wortfolge Subjekt — verbum die weitaus
häufigere, im relativsatze (wo das neufranz. mehr freiheit lägst)
sogar die regel. Vgl.:
s'espee dont li ponz fut d'or mier 3
Quant il portet corone 15
Quant Franceis ont mangiet 849.
Im übrigen sind nebensätze in dem epiaeh-einfaehen stil der
Karlsreise überhaupt nicht übermässig häufig, das parataktisehe
Satzgefüge wird durchaus vorgezogen.
molt: wolt, aus lat. multum.
Lat. muUus, multi als adjektiv ist im ital. und prov. er-
halten, im französischen nur bis ins 12. jahrh., sonst als adverb
I. Laisse. 17. Vers: Quant, entent, Wortstellung, molt, correciez. 111
wie hier. Die lautliche entwicklung ist rogelrecht. — Später,
mit auflösung des l vor konsonant (6 hol 11), mout, auch mouU
geschrieben. — Seit dem 17. jahrh. nicht mehr gebräuchlich.
en: ä, lat. inde, 'von da, in bezug darauf, infolgedessen'.
Vgl. V. 14.
est: lat. est ohne Veränderungen. Verstummen des s vor
konsonant und des auslautenden t erst später.
correciez: lies corretsiets •*—*corruptiatus zu *corrvptiare,
von corruptiim {corrumpere), also eigentlich 'verderbt machen,
verderben', woraus dann 'ärgern, betrüben'. Dieser nicht un-
waiir-cbeinüche, aber doch auffällige bedeutungswandel hat
Oaston Paris zur herleitung des Wortes aus cor ruptum (ital.
corfoito, afr. prov. corrot schmerz, trauer) veranlasst.
I. Nach 1 jorn III a und 7 deso^ entsteht zunächst die
form *corrotii,afos. Zwischen konsonant uod der sehvreren
konsonantengruppe tfj bleibt der unbetonte vortonvukal erhalten
(1 mostkr 111), wird aber zu e geschwächt: vgl. dazu sus-
pectionem-* sofipetlione—*- sospegon, soupegon (erst sekundär zu
soupgon synkopiert).
II. Die palatale konsonantengruppe tt^.
Regel: tj^ nach konsonant (ausser s) wird zu ts
(gesc-hr. c, z), vorausgehende explosiv-
laute schwinden auf dem wege der
assimilation.
Beispiele :
*ßdantia—*'fiance 52
fortia—*- furce 152
*ment{i)tionea-^mevgonge 52
*directiare—* drecier (680)
tertium-^tierz 173
nuntiare—* noncier 237
ni(pti.as—>noces
*pettia-*piece.
Vergleiche dagegen die entwicklung des intervokalen ti
(in raison und araisnier v. 8) zu -iz- und -is.
111. Neben correciez kommt correciez vor, nach den stamm-
betonten formen gebildet: *corrüptiat—*- corröcet usw. Ferner
erscheint häutig einfaches r {coreciez, corociez), vielleicht unter
einfluss der vortonigkeit und der daraus folgenden kürzeren
112 Erster Teil: Text.
ausspräche (vgl. aber ferrez 80). Infolgedessen auch wandel
des nunmehr freien q zu p, nfr. ou (wie 2 coroneN-^couronne).
Nfr. courroucer nebst dem Verbalsubstantiv courroux nur
noch in gehobener spräche. Die Schreibung rr ist rein etymo-
logisch und für die ausspräche ohne bedeutung.
18. Vers.
Por Franceis qui l'oi'rent, molt en est enbronchiez.
Um der Franken willen, die es hörten, ist er darüber sehr betrübt.
Por: lat. pro.
Die form por entsteht durch die gerade bei r häufige
metathese (vgl. 5 emperere -t—Hmperatro , 13 trop II). Vor-
tonig 0 wird neufr. M (pu): siehe 1 mostier YI, 2 coroneY.
Franceis: lies frätseis, von deutsch frankislc {Franciscos).
I. Die behandlung von inlautendem sc geht im all-
gemeinen parallel der entwicklung des einfachen c im anlaut, da
die konsonanten im inneren silbenanlaut nach vorausgehendem
konsonant dieselbe entwicklung wie im wortanlaut zu nehmen
pflegen (vgl. 4 harons IV). So wird sc vor a zu sis, *frisca
(von deutsch frisJc) -^ fresche (fraiche), francisca—^francescJie,
wie Kariös-^ Charles v. 1. Vor folgendem e und i tritt assi-
bilierung ein (vgl. crwcem— >crm> 2, cinctam—^ceinte 3), daher
cognoscit—* conoist, francisci-* franceis. Vor o und u bleibt c
(vgl. 2 corone IV), es wären also aus *friscum, Franciscum, cognosco
die formen *fresc, *Francesc, *conosc zu erwarten, statt dessen
erscheinen freis, Franceis, conois.
Gehen wir von der hier vorauszusetzenden form franciscos
aus, so entsteht durch den ausfall des endvokals die form
*francescs, aus dieser die vorliegende form franceis.
Regel: Die durch vokalausfall entstandene gruppe
scs entwickelt sich zu is.
Vgl. noch: *boscos—>bois 103
*friscus -OS— *■ fr eis
Peodiscus -os—^Tieis.
Über die natur des Vorgangs sind die ansichten geteilt.
Nach den einen wird scs — wie sts—>ts {hostis, tristis, Chrisim
I. Laisse. 18. Vers: Franceis, qui, oirent. 113
—»-oe, triz, Oriz) — durch Vereinfachung der tripelkonsonanz zu es,
das sich dann wie primäres, lateinisches es (siehe v. 1 reis-*—
rex) zu is entwickelt hätte; aus nom. sing., acc. plur. und dem
gleichfalls regelrecht auf -eis endigenden nom. plur. (francisd—*'
franceis s. o.) wäre dann die endung -eis auf die isoliert
stehende form des acc. sing, übertragen worden: franceis für
*francesc. Nach anderen hätte sich *francescs zu *frances{s)
entwickeln müssen und franceis wäre auf franciscum, d. h. auf
eine durch metathesis daraus entstandene form *francicsum
zurückzuführen; erst aus dem acc. sing, wäre die endung -eis
dann auf nom. sing, und acc. plur. tibertragen worden. Diese
ausschliesslich französische (weder italienisch noch provenzalisch
vorhandene) metathesis des sc zu es speziell vor u (da -sea ja
seha gibt und sei zu is der annähme einer metathesis nicht
bedarf) ist nicht sehr wahrscheinlich. Aber auch die übrigen
erklärungen {*'boscos schon vor dem fall der endvokale durch
dissimilation zu *bocos und weiter zu *bocs — bois, oder *boscum
über boscu — bo^cu, mit palatalisierten s und c, zu bo^ — bois)
befriedigen nicht völlig.
Neben dem lautgesetzlichen feminin francescJie erscheint
schon früh die analogische neubildung franceise — frangoise
nach dem muster der adjektiva zweier endungen (bon — bone,
bei — bele), wol nach dem der adjektiva auf -eis = lat. ensem^
die zum teil schon in galloromanischer zeit im feminin die
analogischen formen mit a, franz. e, zeigen (zu cortem — cort
ein cortensem — prov. cortes cortesa — franz. corteis corteise).
IL Das fehlen des artikels. Im altfr. werden völker-
namen (und in ähnlicher Verwendung gebrauchte worte wie
paiiens, crest'iiens) im plural meist ohne artikel gebraucht.
Vgl. noch 23 Se Franceis le me d'ient, 224 mais que de
Sarazins et paiiens nos gardez, 849 Quant Franceis ont
mangiet — dagegen bei näher bestimmendem zusatz 237 La
nuit le fait noncier as Franceis os osteis.
III. Neufranzösisch frangais = fräs§ ist durch die
Übergangsstufen frangois — frangoes — frangoes hindurch-
gegangen. Es ist, bis zu dieser letzten form, dieselbe ent-
wicklung wie in rei — roi — röe — roe — roa (s. o. 1 reis).
Die ausspräche o? für den diphthongen oi herrschte bis in»
Voretzsoh, Studium d. afrz. Sprache. 6. Aufl. c
114 Erster Teil: Text.
18. jahrh. — Bevor aber die Verschiebung des diphtbongen
0^ zu oa — ua eintrat, d. h. schon im 16. jahrh., hatte ein teil
der Worte (darunter namentlich alle imperfekta und kondi-
tionalia: avois, aurois) das o\ zum monopht bongen § entwickelt
(ar$, or^ = avais, aurais). Frangois erscheint als fräsua im
eigennamen Frangois.
qui: lies M, aus lat. nom. plur. qui. Die lautliehe ent-
Wicklung wie in der singularform (siehe v. 14).
oi'rent: lat. audivemnt, vulgärlat. *audirunt.
I. Der aecentwechsel. Die 3. plur. ind. perf. hat sich in
allen konjugationstypen an die betonung der 1. und 3. sing,
angeglichen: so hdhwrunt — ourent (siehe v. 2 rout) nach
hdhui, hdhuit; fü{e)runt — furent (siehe v. 1 fat) nach fai, fait,
fuimus; Hderunt — virent (siehe v. 9). *vendeiJerunt — vtndierent
(siehe v. 12 respondiet). Zum teil waren die für das romanische
vorausgest-tzten formen schon im klassischen latein vorhanden,
so in der 1. konjugation amarunt, signarunt — amerent, seignie-
rent (siehe v. 2 seignat).
II. Der Stammvokal. Lat. au-*Q, vor vokal zu g: siehe
3 or I.
III. Der endsilbenvokal. Dieser bleibt in der endung
-unt — ent stets erbalten wegen der folgenden schweren kon-
sonantengruppe, die sonst mit dem vorausgehenden konsonanten
znsammenstossen würde.
Vgl.: dicunt-^ dient 23
*montarunt—* monier ent 89
habuerunt —* ourent 89.
Dazu die unter I aufgeführten beispiele.
III. Der konjugationstypus. Die verba auf -«Vc bilden
die zweite klasse der sog. schwachen perfekta; auch hier
steht im perfektum der accent in allen formen auf der endung
(vgl. seignat 2. respondiet 12). Die endungen selbst erscheinen
Bchon im klassischen latein, teils infolge ausfalls des v {audlstif
•istis), teils unter analogischer einwirkung (nach perf. ti, uty
ierunt) auch in verkürzter gestalt. Das Vulgärlatein hat z. 1
I. Laisse. 18. Vers: qui, oYrent, enbroncbiez.
115
die alten kurzformen weitereDtwickelt, z. t. die alten vollformen
neu gekürzt {audloi, 'lüit—>audz, -U).
klass. lat
vulgärlat.
altfranz
audlni 'du
audl
Ol
audivisti -disti
audlsti
ois
audio d -dilt
audit
oit
audvnmus
audlmus
o'imes
audivistis -dtstis
audlstis
distes
auduerunt -diemnt
audlrunt
oirent.
Da in den vulgärlateinisehen formen in der ton^ilbe tiberall i
vorliegt, erhalten wir in dem französischen paradigma durch-
gehends i (vgl. 13 dist).
IV. Im neufranzösiscben hat sieh das paradigma der
t-klasse rt^gelrecht entwickelt, mit verstummen des s vor kon-
ßonant, der auslautenden konsonanten und der endsilben -e.
Hierbei ist in der 3. plur. nicht nur das t, sondern auch das
vorausgehende n verstummt, vermutlich infolge der auirh in
unbetonten endsilben eintretenden nasalierung des vokals. Die
erste person hat nach dem muster der starken perfekta auf
-is ißs, pris, dis) ein s bekommen (das aber erst im 18. jahrh.
allgemein wird, also nachdem das auslaut-s in der ausspräche
längst verstummt war).
Das verbum o'ir — neufr. ouir wird nur nocb defektiv
gebraucht. Das vor vokal stehende q wird zu o (ou), vgl.
3 or 1 und III.
molt cn est: siehe vorigen vers.
enbronchiez: lies ähröfsiets, zum keltischen stamm hrogno-
brugno- (irisch bron, cymrinch hrwyn trauer, kummer). Davon
das frz. adjektiv enbronc (^bekümmert) und das verbum enbronchier.
Für unsere form ist von *m-broncatus auszugehen.
I. Die lautliche entwicklung ist regelrecht. Zur ton-
silbe vgl. 2 chitf III — IV und 4 burons IV schluss.
IL Neu französisch nicht mehr vorhanden. Broncher
straucheln und enibroncher aufeinanderreihen scheinen zu lat.
pronus (davon *pronicare nach vorn neigen) zu gehören.
8*
116 Erster Teil: Text.
19. Vers.
'E, dame, ou est eil reis? Car tost le m'enseiguiez!
*Ha, Herrin, wo ist dieser könig? Nennt mir ihn doch gleich.
E: auch eh oder he gesehrieben — nfr. he, dasselbe auch
in helas {=he, las! ach, ich unglücklicher!).
dame: siehe v. 9.
ou: lies u (wie nfr. ou), aus lat. üM.
Die romanischen formen gehen nicht auf übt, sondern auf
uM zurück: vgl. ital. ove, das als die gemeinromanische form
betrachtet werden kann. Der interv^okale konsonant schwindet
unter der Wirkung der schwachtonigkeit, die namentlich für
die relativische Verwendung des Wortes in betracht kommt
(auch das prov. o zeigt keine spur des lat. b). Neben dem so
entstandenen o steht ziemlich früh schon ou, d. h. das ge-
schlossene 0 hat sich unter dem einflusse der proklise (oder
enklise) zu u vertieft (wie später allgemein vortoniges o und
in offener silbe stehendes q, vgl. 1 mostier VI und 2 corone V).
est: siehe v. 17.
eil: lies tsil (verkürzt aus icil), aus ecce Uli (für ecce ille,
siehe 7 «7) wie 12 cele aus ecce illa. — Das neufranzösische
bewahrt die nominativform nicht, an die stelle der obliquus-
form cel ist jedoch celui getreten (vgl. 12 cele II). Nfr. nur
noch substantivisch gebraucht.
reis: siehe v. 1.
ou est eil reis: Wortstellung im fragesatz.
Wie im eingeleiteten aussagesatz ist im fragesatz Inversion
des Subjekts die regel, auch wenn dieses ein Substantiv ist.
Vgl. noch:
Amis, ou est li reis? (279)
Sire . . . ne serat ja mais el [■= al(i)ud]? (396)
que fönt Franceis et Charles al fier vis? (623)
Que vos en ai jß mais lonc plait a aconter? (860)
I. Laisse. 19. Vers: E, ou, eil, Wortstellung, ear, tost. 117
Desgleichen im abhäogigen fragesatz:
Ne sai ou est U reis (277).
Die nenfr. konstiuktion, das substantivsiibjekt nicht zu
invertieren, sondern als pronomen hinter dem verbum zu
wiederholen, findet sich vereinzelt schon in der älteren zeit,
häufiger jedoch erst seit dem ende des 13. jahrhs. Die afr.
Wortstellung kann auch heute noch angewant werden nach
interrogativen adverbien oder pronomina sowie im abhängigen
fragesatz: Oü est le roi? — Je ne sais oü est le roi.
car: lat. qua re.
1. Das wort erscheint im altfr. in zwei verschiedenen Ver-
wendungen: einmal — wie noch neufr. — zur einleitung eines
kausakatzes (so unten v. 206, 209), dann aber auch bei im-
perativ, Optativ, konditioualis im sinne des nfr. donc (vgl. noch
V. 327 car la tenisse en France = hätte ich sie doch in Frank-
reich!); nur vereinzelt im sinne von que (dass). Die zweite,
auch an unserer stelle zutreffende bedeutung von car wird aus
dem interrogativen gebrauch von quare hergeleitet: aus dem
fragesatz ^car ne viens? (== quare non venis?y wurde dieses
car in den sinnverwandten positiven ausruf übertragen : car vien
= komme doch! Ahnlich wird das kausale car aus einem
abgekürzten fragesatz erklärt. Ein satz wie 206 Demeinent
grant barnage, car Vemperere est riches ist darnach ursprünglich
gleichbedeutend mit dem folgenden: Demeinent grant barnage.
Car (= qua re warum)? L'emperere est riches.
IL Die form car ist die regelrecht unter dem nebenton
entwickelte, wo a als a erhalten bleibt (vgl. 4 barons III);
anlautend qu-^c nach 9 onques IL Daneben besteht im afr.
eine zweite form quer = Jcer mit behandlung des freien a wie
in espee (v. 3), die also haupttonig {quare = warum?) ent-
wickelt ist, aber in den überlieferten denkmälern syntaktisch
von car nicht unterschieden wird. Das qu ist hier in der
Schreibung beibehalten worden, da die der Schreibung car ent-
sprechende form cer zu missdeutungen (c = ts) hätte verleiten
müssen.
tost: lies tgst, aus lat. tostum, zu torrer e dön-en.
118 Erster Teil: Text.
Die lautliche entwicklung ist regelrecht. — Aus der be-
deutung 'gebacken, geröstet' eiitwirkelo sieh in vergeh, roman.
mundarten die bedeutungen 'hart, fest, frisch, munter', daraus
'rasch, bald, soglt^ich', — Neufranz, tot = to (hientöt, ausaitöt,
tantöt) mit Übergang des in den auslaut tretenden g zu g.
le m'enseigniez: lies le mästüiets.
I. Die personalendung. Die 2. plur. imp. ist in allen
konjugationen mit der entsprechenden form des ind. präs.
identisch, hat daher s (mit t also z) am sehluss: chantez, tenez,
vendez, partes. Vgl. 13 poez II.
II. Die laut form ist regelrecht. Vgl. 2 en, seignat, chief.
Ebenso nfr. enseignez = ästfie.
III. Die pronomina: le me = illud me (für mihi).
Es sind die vor dem verbum stehenden vortonigen formen.
Lat. mg erscheint demgemäss mit eiufachem vokal, während es
hoch betont mei (v. 71) ergilit (nach plena-*pleine S). Dieses
me steht für dativ und akkui*ativ, da lat. mihi — afr. mi nur
in einzelnen dialekten, go im pikardisehen, erhalten bleibt.
IV. Die Wortstellung. Im afr. können die pronomina
wie im aussagesatz (siehe beispiele v. 7, 8, 13 ff) so auch beim
positiven imperativ vor dem verbura stehen, wenn er durch
ein anderes wort eingeleitet ist. Vgl. noch:
39 le rei me nomez
67 nn petä m^entendez
216 vo.stre conyiet . . . me donez
855 Car m'en portt^z en France.
Vgl. noch nfr. bei vorausgehen eines anderen Imperativs: Du
moins contente-toi de l'aooir etonnee — Et me laisse achever
cette qrande journee (Corneille, Horace); Fmissons et me dites
(Molifere, l'Avare); Courage, dit sa mere — Ouore ton aile au
vent — Ouvre-la-toute entiere — Et felance en avant (Rambert,
La petite hirondelle).
Der akkusativ des pronomens der 3. person pflegt vor
dem dativpronomen der 1. oder 2. person zu stehen wie hier.
Vgl. noch V. 23 Se Franceis le nie üunt, v. 41 orendreit lern
direz. Nfr. ist die folge akkusativ — dativ nur noch bei lui
und leur gestattet.
I. Laisse: 19, Vers: le m'enseigniez. — 20. Vers: Si. 119
20. Vers.
Si poiterons ensemble les corones es cliies.
So werden wir zusammen die krönen auf den häuptern tragen.
Si: lat Sic.
I. Lat. ? bleibt als i nach 14 qui und 11 citez.
IL Der auslaut.
Regel: c im lateinischen auslaut fällt in
schwach tonigen Silben und Worten,
unterm hauptton bleibt es nach o, u
als c, nach hellen vokalen als i (das
mit vorausgehendem i verschmilzt).
Beispiele:
opud hoc-^avuec 138
pro (por) hoc—*poru€C
sine hoc—^senuec
illac {batoüt) —*- lai
fuc-*fai (677)
die-* dt (623)
Hiervon zu scheiden sind diejenigen fälle, wo c erst nach
abfall des vokals in den auslaut tritt und von nachbarJauren
in seiner entwicklung beeiuflusst wird (vgl. cructm-^crois 2).
Neumaon erklärt die c-losen formen nicht aus schwach-
toniger Stellung, sondern aus gewissen stehenden Verbindungen,
in denen c lautgesetzlich schwinden musste [hoc q>ioä—*-o que,
sie quod—t-si que, ilfae uhi—*laou) und nach denen dann die
formen ohne c verallgemeinert worden wären.
III. Ausser in seiner eigentlichen bedeutung wird si häufig
zur einleitung eines nachsat/^es (wie i>o im deutschen) oder
überhaupt eines hanptpat/.es verwendet, wobei ilim von haus
aus eine hinzeigende, rUckweisende bedeutuug zukommt: Si
porterons = so, unter die:<en umständen, d. i. wenn ihr ihn mir
genannt habt {nttr tost me Vtnstigniez). Zuweilen wird es so zur
blossen anknlipfiingspartikel: 'und so, und dann, und' — wie
gleich in der folgenden zeile. In demselben sinne wird auch
et si gebraucht, vgl. z. b. v. 48.
nee-
-*ne
10
ecce hoc-
-^go
30
ecee hie
-*ci
49
illae
->Za 232
ecce hac-*ga {gaenz 756)
120 Erster Teil: Text.
porterons : lies pgrteros, aus portare habemus.
I. Wegen der lautliehen entwicklung vgl. 15 porttt,
12 folement III, 1 mostier III, wegen der futurbildung
11 conquerrai II.
II. Die endung: -ons, für avons (siehe 11 conqiierrai).
Wie -ez für die zweite person (siehe 13 poes), ist -ons die in
allen konjugationen giltige form fttr die erste person pluralis
geworden. Aber weder aus -amus noch aus -emus, -zmus, -imus
lässt sich -ons auf lautgesetzlichem wege entwickeln (jedoch
nimmt Suchier lautlichen tibergang von -amus— > ons nach
labial an, wie z. b. in amahamus, und von da aus analogische
weiterverbreitung dieses -ons). Gewöhnlich erklärt man -ons
als angleichuDg an die entsprechende form des hilfsverbums
estre: aus lat. sümus entwickelt sich regelrecht soms — sonSj
neben welchem som{m)es nur eine ne benform ist, deren ent-
stehung noch nicht genügend erklärt ist, die aber später die
ursprüngliche form ganz verdrängt hat. Auffällig bleibt freilich
die weite und früh schon vollzogene ausdehnnog der zwar
häufig gebrauchten, aber doch isoliert stehenden form sons,
weshalb immer wider neue lösuugen gesucht werden.
ensemble: lies äsähle, lat. ins^mel oder insimul.
I. Etymologie. Für das französische würde insimul
sowol als das gleichfalls belegte insemel genügen. Italienisch
insieme mit dem diphthong ie und dem auslautenden e weist
in erster linie auf insemel.
II. Der endvokal erklärt sich entweder durch metathesis
(vgl. 5 emperere I) oder dadurch, dass beim verstummen des
endsilbenvokals für die sonst schwer sprechbare konsonanten-
gruppe ein sogenannter Stützvokal nötig wurde (vgl. noch
1 Charles III).
III. Der übergangslaut. Durch den ausfall von vokalen
(oder auch durch metathesis) entstehen neue konsonantenver-
bindungen, welche dem romanischen oder dem galloromanischen
munde ungewohnt waren und deren ausspräche daher erleichtert
oder vereinfacht wurde. Zum teil geschieht dies durch Ver-
einfachung z. b. einer dreifachen konsonanz zu einer zweifachen
(vgl. oben Franceis), zum teil durch assimilation, zum teil durch
I. Laisse. 20. Vers : porterons ensemble, les. 121
eingcbieben von ttbergangslauten, die sich übrigens auch sonst
bei lauten, die einander nicht allzufern liegen, einstellen (vgl.
6 mieh, dazu an^ u. a.). Hauptsächlich handelt es sich dabei
um Verbindungen von nasal, liquida oder dentaler spirans (m,
n — l — 5) mit l oder r. Hinsichtlich des letzten ist zu be-
achten, dass es ursprünglich dental (zungenspitzen-r) war, wie
noch heute im italienischen, auch in franz. und vielen deutschen
mundarten, nicht das heutzutage im sehriftdeutschen und
französischen meist gesprochene gutturale r (gaumen-r). Im
einzelnen entwickelt sich:
m 4- l-^mhl wie hier, vgl. noch tremulare-^trembler 130
m + r—>mbr: camera — > chambre (421)
marmor —*'*marmhre — > marbre 113
numerum —> nombre
» + r — > ndr : tenerum — *• tendre
ven{i)re habemus -* vendrons 815
ten(e)re habeo —> tendrai (500)
vgl. griech. dv^g-avögog, deutsch fähndrieh u. ä.
l -\- r~^ldr: *vol{e)re habent—> voldront 223, 840
melior — *meiro — ► mieldre 198
molere -^ moldre — moudre
s + r—^-str: *ess(e)re {f^r esse) —*- estre 97, 168
e~\-r—*£:dr: *cös(ue)re (zu c6nsuo)—*cosdre — coudre.
Regel: Beim zusammentreffen von nasalen
mit liquiden oder von l und s-lauten
mit r tritt als übergangslaut b, d oder
t ein (zwischen m — l, r ein 6, zwischen n,
l, 3 — r ein d, zwischen s — r ein t).
IV. Entwicklung der nasale wie gewöhnlich.
les: lat. illas.
Bei dem proklitisch gebrauchten wort wäre las zn er-
warten, wie im Singular illa zu la wird (vgl. 10 la corone).
Auch im maskulinum tritt eine Schwächung des vokals ein,
hier aber im singular wie im plural: le, les für lo, los. Im
Possessivpronomen masc. gen. stehen neben den singularformen
mon, ton, son (vgl. 2 son) mit erhaltenem 0 die pluralformen
mes (22), tes, ses (vgl. 15 ses) mit geschwächtem vokal; auch
hier haben wir im feminin, wie beim artikel, im singular die
122 Erster Teil: Text.
vollen formen ma (22), to, sa (2), im plural die gescbwäcbten
mes tes ses. Bei diesen versehiedeDheitfn spielt die wechselode
betonung dieser worte im Satzzusammenhang mit (vgl. 7 Ze,
16 ses). Einzelne dialekte wie z. b. der pikardisebe, wandeln
folgeriebtig aueb das a des Singulars zu e, also /e, me, te, se
für franeisüh la, ma, ta, sa.
corones: regelrecbt aus lat. Coronas (vgl. 2 corone).
Die so entstandene obliqiiusform gilt aueb für den kasus
rektus. Schon im Vulgärlatein wurde der nominativ pluialis
der feminina der 1. deklination an den akkusativ angeglichen:
coronae wurde ersetzt durch Coronas. Mustergebend war dabei
einerseits der siugular der 1. deklination, wo durch das ver-
stummen des auslautenden m nominativ und akkusativ zusammen-
gefallen waren (vgl. 2 corone), andererseits die feminina der
lat. 3. deklination, bei denen der plural von anfang an nur
eine form {cmiintes — citez, vgl. v. 11) hatte. Die leminina
der lat. 1. deklination haben demnach zuerst von allen Sub-
stantiven die heute im französischen herrschende eiukasusfl.xion
durchgeführt (während die feminina der lat. 3. deklination,
d. b. die konsonantisch ausgebenden feminina, sekundär, im
12. Jb., ein s im rektus sing, annehmen: dttz, corz, tors gegen
obl. citet, cort, tor).
es: en (in) mit enklitifsebem artikel les (los) vgl. 1 al II,
dazu die entspreebende singularform el chuf 10. Neufranzösiscb
noch in erstarrten lormeln wie es mains de qn., docteur es letires,
es sdtnces.
cLies: lies tsies, aus lat. capu + s. Vgl 2 chief und 11 citesH.
21. Vers.
Si i avrat Toz druz «t toz voz conseilliers.
Und dort wird es geben (werden sein) eure vertrauten
und alle eure ratgeber.^)
') Kaiser Karl will einerst^its die vertrauten der kaiserin (v. 21),
andrerseits die ritter seines eigenen hof&taats (v 22) euibieten, um sie
darüber entscheiden zu lassen, üb er oder der fremde küuig sich mit der
krune stattliuher ausnimmt.
I. Laisse. 20. Vers: corones, es. — 21. Vers: voz, toz. 123
Si: siehe vorigen vers.
i: siehe v. 4.
avrat: hahere habet — vulg:ärlat. *aberdt. Vgl. 2 rout,
3 at, 4 Chevaliers II, 1 mostitr III.
toz: vostroSy zu voster, ursprünglich altlat. form des
possessivs, im 1. jh. v. ehr. lautgesrtzlirh (wie vortere, vorsus
'-*■ vertere, versus) zu vester geworden, im vulgärlat. nach nos —
noster zu vos wieder neu gebildet.
Die formen voster, vostrum, vostri entwickeln sich nach
1 Charles regelrecht zu vostre mit aus'aiiteüdem e wegen des
vorausgehenden tr: vgl. 50 vostre*— vostrum. Vostros \\\ hanpt-
toniger Stellung ergibt danach vo.stres (nfr. Jes vötres). Schwach-
tonig hingegen (vor dem Substantiv) wird es verkürzt zu
*oosts — vots — voz (das sekundär auch als hauptlouige form
verwendet wird). Zu dieser redukiiou vgl. noch:
fü'itts-^fvz 80
hostis-*oz (vgl. ost 29)
Christus— *Cnz. '
Kegel: Die lautgruppe sts wird zu ts (z) ver-
einfacht.
Später, mit dem Übergang von auslautendem z in s, wird
voz zu vos (ofr. vos amis, vos consedlitrs)^ wozu dann dialektisch
(besonders pi kardisch) ein neuer nom. plur. und akk. sing, vo
gebildet wird.
druz: zu fränkisch drüt, mhd. trüt, nhd. traut. Germanisch
ß wird wie lat. ü zu ü, vgl. 1 un II.
toz: lat. iöttos für iötos.
Lat. igtos würde zwar altfr. regelrecht auch tos geben, aber
nfr. teas^ und das fem. tota, mit ausfall des iuter vokalen t,
*loe — neufr. *teue. Es heisst indes tote (siehe v. 48) — neufr.
toute. Die erhaltung des intervokalen t weist auf gestutztes
oder doppeltes t (vgl. 4 Chevaliers III gegen 3 e>p-e IIb), die
entwicklung des touvokals zu nfr. o>i auf gesehU»ssene silbe
(vgl. jorn—>-jour 1), also auf iötta, töttum, das bei Consentius
124 Erster Teil: Text.
(5, jahrh,, Gallien) belegt ist und gewöhnlich aus einer Ver-
dopplung des Wortes {*tottotum) erklärt wird. Solche neben-
forraen begegnen aber auch sonst {cuppa — coiApe neben cüpa,
*glutto — glouton neben glütö).
Aus iöttum erklärt sich afr. tot (v. 54), nfr. tout, regel-
mässig, ebenso tos-*— töttos, tote-t—tötta.
conseilliers: lies cösetiers, lat. eonsiUarios.
Vgl. 5 moillier II, 4 Chevaliers I. Die erhaltung des n vor s
scheint das wort als lehnwort zu kennzeichnen. Allerdings
blieb die vorsilbe con- in zahlreichen anderen Zusammensetzungen
erhalten {conduire, conquerre, compaignt) und konnte darnach
in einem erbwörtlichen *coseillier, *coseil (oder mit z-umlaut
*cosil, vgl. s. 67 f.) analogisch wieder hergestellt werden, aber
das fehlen eines simplex seil (sil), seillier neben *coseil musste
doch die ursprüngliche Zusammensetzung mit der vorsilbe con-
verdunkeln, und dazu wird uns die echt erbwörtliche form
des Wortes auch in keiner der übrigen romanischen sprachen
überliefert.
Die ausspräche des mouillierten l als j (i) ist erst neu-
französischen Ursprungs: cösej^, ebenso fij-*—fi,ie<—filia, hataj
-t—hataie 29 <~hattualia.
22. Vers.
Je manderai ma cort de nies bons Chevaliers.
Ich werde entbieten meinen hofstaat von meinen guten rittern.
manderai: lies mäderai, aus mandare haheo. Vgl. 1
mostier III, 3 at, 11 conquerrai II.
ma: lat. meam, in schwach toniger (proklitischer) Ver-
wendung. Vgl. 2 sa, 11 mon, 20 les.
cort: vulgärlat. corteni't—lait cöhörtem gehege, hof, gefolge.
Das intervokale h fällt nach 3 espee IIa, die beiden o
werden zu ö kontrahiert, das ö in geschlossener silbe nach
dem Ten Brink'schen gesetz verkürzt, daher kurz o wie in
I
I. Laisse. 21. Vers: conseilliers. — 22. Vers: cort, bons. 125
jorn -^r- diurnum: altfr. cpr^ — »• neufr, cour wie altfr. forn-^
neufr. jour.
Auffällig ist nur, dass die beiden kurzen (offenen) 8 zu
einem langen geschlossenen o werden. Es scheint, dass
die wenigen in früh lateinischer zeit entstandenen p (dies war
wohl das nächste ergebnis aus ö -{- ö) sich mit p vereinigt
haben. Dies trifft sogar für g aus o + a zu: *coagito—>cogito,
*coapula — > copula (couple).
mes: lat. meos.
Die proklitische (genauer enklitische) form des Possessiv-
pronomens der 1. person: vgl. oben ma, 15 ses, 20 les.
bons: lies bos, aus lat. bonos.
Der ton vokal: lat. ö — valgärlat. q in offener silbe. Es
muss also, nach dem Ten Brink'schen gesetz, dehnung eintreten
und schliesslich, entsprechend der behandlung des ? in der
selben Stellung (3 mier, 9 ciel), diphthongierung.
Regel: Lat. betontes kurzes (offenes) o in freier
Stellung wird lang und diphthongiert
zu uo, das weiterhin zu ue wird.
Beispiele :
*volet (für vuU)-*vueU 31, 213
volunt-^vuelent 225
*potet (vgl. 13 poe^ l)-*puet 43
homo-*huem 122
*ah oc{u)lo -^ avuegle 257.
Darnach gibt auch bonum regelrecht buen. Daneben findet
jsich jedoch häufig die hier gebrauchte monophthongische form,
die jedenfalls in proklitischer, schwachtoniger Verwendung ent-
standen ist (vgl. bonhömme u. ä.). 8o gibt auch homo als
schwachtoniges pronomen om ow = man, neben dem hoehbetonten
huem Omen) = mensch. Während sich hier beide worte in
ihrer ursprüaglichen Verwendung und dementsprechender form
(huem neufr. als obliquus komme = hominem) erhalten haben,
ist bei buen — bon die haupttonige form allmählich ganz durch
die schwaehtonige verdrängt worden.
Chevaliers: siehe v. 4.
^^^ Erster Teil: Text.
23. Vers.
Se Fr«nceis le me diVnt, donc Potreierai bien.
Wenn die Franken mir es sagen, dann werde ich es gewiss
zugeben.
Se: latsi.
Nach 11 citr^, 14 qui wäre si zu erwarten. Se weist auf
eine nebenform *.r, wie auch ital. .., prov. .. (neben sA Im
französischen finden wir neben se auch si, das im neulr. den
sieg über se davongetragen hat.
Franceis: die Franken. Ebenso im Rolandslied dient
fra^ceis (^.192) Francets se taisent (263), Dimt paiien
(450) usw. Vgl. oben v. 18.
le me: vgl. 19 le m'enseigniez.
dient: lies di-ent (zweisilbig), aus lat. dicunt.
L Der endvokal: dieser bleibt vor dem folgenden «i
erhalten, vgl. 18 oirent III.
IL Der intervokale velar {c vor dunkelm vokal).
Regel: Intervokales c und g vor dunkeln
vokalen (ü, ü, o) fällt aus.
Beispiele:
amicum~*-ami
* trau cum —*■ trou
securum~*s€ür (stür)
avgustum-*ao6t (aoüt)
III. Neufranzösiseh disent = diz ist analogiebildunff
nach disoit<~dicibat, disant <~ dicenttm usw.
donc: lies dök, aus lat. domgne, der älteren form von doneo
(vgl. alitr. donque, dortques~val dunque).
Die lautlicbe entwieklung ist regeln.ässig. Der vokal der
panultima fiel schon in romanischer zeit, wie der vergleich
mit den übrigen romanischen sprachen (prov. donc, itaL
dur,que u«w.) zeigt. Vulgärlat. *dof.q,e blieb im franz. zunächst
als dovque, verlor dann den endvokal und infolgedessen auch
aas in den auslaut tretende u (vgl. 2 sa II).
I. Laisse. 23. Vers: Se, Franceis, dYent, done, otreierai. 127
Nach dem muster von onque (siehe v. 9) — onc (ursprÜDg-
lich antevokalische oder vortonige form) wird zu donc ein
donque, mit adverbialem s (9 onques III) dunques gebildet.
Auffällig ist der tibergang von der konjunktionalen ver-
wenduDg (so lange als) in die adverbiale (dann, alsdann),
welche schon vulgärlateinisch üblich gewesen sein muss. Man
nimmt gewöhnlich bedeutungsmischung mit deniqiie oder tunc
an, während Tobler als grundform a tunc 'von da ab' betrachtet,
welches regelrecht zu adonc geworden sein a als bedeutungslos
eiobü-iste und nach dem muster von onc — onques zu donques
erweitert wurde.
1» = le, vgl. V. 17.
otreierai: lies otrej,eräi, aus *autoricare hdbeo.
I. Wegen der futurbildung siehe 11 conquerrai.
II. Lautentwicklung: auctor erscheint schon im lat.
auch als autor, dazu ein verbum au{c)töro verbürgen, be-
kräftigen, bestätigeo. Hiervon ist vulgärlat. *au{c}ioricure eine
Weiterbildung. Daraus, mit schwinden des einen der beiden
unbetonten vortonvokale, *autrecare — otreiier (vgl. prov. autor-
gar — autreiar, katalanisch antorgar, span. otorgar). Vgl. über
AM— >"0 3 or, intervokales c vor a 9 rei, betontes a nach palatal
zu ie 2 Chief. Im futurum *autrecordjo steht das in der
reinen infinitivform haupttonige a vortonig, wird also (nach
1 mostier III) zu e geschwächt: otreierai.
III. Neufranzösiseh octroyer = octrunj^. Das et für
das alte t ist etymologische Schreibung (nach uuctorare, auctor)^
die dann auch die ausspräche beeinflusst hat. Die endung
zeigt die regelrechte furtentwicklung von ßi zu oi — ua, welche
in vortoniger wie in haupttoniger silbe eintritt (vgl. 1 reis III).
bien: siehe y. 10.
128 Erster Teil: Text.
24. Vers.
Se TOS m'avez mentit, vos le comparrez chier.
Wenn ihr mir gelogen habt, werdet ihr es teuer bezahlen.
Se: siehe vorigen vers.
vos: hier als betontes pronomen (gegen vos in 13). Die
entwicklung ist in beiden fällen die gleiche, da ö altfranz.
auch in der tonsilbe als o bewahrt bleibt.
Hingegen sollte später, d. h. vom 12. jh. ab, wo betontes ö zu
ou — eu wird (vgl. 2 corone III, oben s. 29), das betonte pronomen
*veus {*neus) und nur das unbetonte vous (nous) lauten. Diese
letzte form ist verallgemeinert worden.
m'avez: lies mavits, für me (vgl. 19) avez (vgl. 3 at,
12 poez II, 21 avrat).
mentit: lies mätit, regelrecht aus mentitum. Vgl. 13 dist,
12 folement
comparrez: lies coparr^ts, aus comparare habetis.
Compardre ergibt regelrecht comperer mit Schwächung des
unbetonten vorton-a zu e. Hingegen wird comparare habetis
über * comparare'tis zu comparerez. Daneben erscheint comparrez
mit ausfall des zwischen den beiden r stehenden e. Diesen
ausfall eines schwachtonigen aus a entstandenen e finden wir
am häufigsten noch zwischen nasal und r, überhaupt neben r,
das wegen seiner eigenschaft als Sonorlaut den silbenvokal
leicht aufsaugen, ja selbst als silbenträger, an stelle eines
Vokals, auftreten kann (vgl. deutsch vater = fa-tr, bäcker =
be-Tif, ähnlich vogel = fogl).
Weitere beispiele:
minari{-e) habetis -^menerez-^menrez 73
donare habeo~>donerai—*'donrai 169, 186,
woraus weiterhin, mit assimilation des n an das r, die be-
sonders in anglonormannischen handschriften gebräuchlichen
formen merrez, dorrai (durrai) entstehen.
I. Laisse. 24. Vers: comparrez, chier. — 25. Vers: Trencherai vos. 129
So erscheint auch schon im altfranz. neben dem regelrecht
entwickelten sairement (db) -*— sacramentum seitdem 13. jahrh.
die synkopierte form serment.
chier: lies tsier, aus dem lat, neutrum cärum (vgl. ital.
caro) im sinne des adverbs.
Wegen der lautlichen entwicklung vgl. 1 Charles II und
2 Chief IN h. Das a von carum ist von natur lang und bedarf
nicht erst der dehnung wie das a in cäpu — cäpu.
25. Vers.
Trencherai vos la teste od m'espee d'acier'.
Abschneiden werde ich euch das haupt mit meinem schwert
, von stahl'.
Trencherai: lies tratserai, aus truncare hdbeo.
Vgl. 11 conquerrai II, 1 mostier III, 1 Charles II, wegen
nebentonigem vorton -o— >e siehe 4 demeines III. Das so ent-
standene en wird wie ursprüngliches en, em (2 en, 5 emperere,
12 folement) zu ä. — Nach anderer erklärung *trinicare
{= dritteln), wobei aber die entwicklung des Stammvokals
Schwierigkeiten macht.
vos: lat. vos, dient im franz. zugleich als akkusativ und
als dativ.
Trencherai vos: Stellung des pronomens.
Die pronominalobjekte (nähere oder entferntere) können
ebensowohl dem verbum finitum folgen als ihm vorausgehen.
Das letzte ist allerdings das häufigere. Jedoch ist nachstellung
des Objektpronomens die regel, wenn es sonst an die spitze
des Satzes treten würde, da (ausser im fragesatz) kein tonloses
Objektspronomen den satz einleiten darf. Vgl. noch:
169 (= 186) Donrai vos tels reliques.
Voldrent la veintre li JDeo inimi (Eulalia).
la: siehe v. 10.
teste: siehe v- 16.
VoretzBob, Studium d. afrz. Sprache, i. Anfi. , 9
130 Erster Teil: Text.
od: lat. apud, siehe v. 11.
m'espee: für ma espee-t—meam spatham. Vgl. 2 son^
3 s'espee.
d'acier: lies datsier^ aus de *aciario.
Wegeo de siehe v. 8.
*Äciarium ist eine Weiterbildung von acies. Die endung
-arium entwickelt sieh zu -ier, vgl. 4 Chevaliers. Das vor-
tonige a unter dem nebenton bleibt a, vgl. 4 harons. Be-
sondere bespreehuDg verdient nur der inlautende konsonant,
der sieh mit dem folgenden hiatus-i zu cj verbindet: *aciario.
ßegel: ci wird, nach voeal wie nach konsonant,
za. ts (geschrieben c, z).
Beispiele:
*incalciare—> enchalcier 29
lancea—^lance 79
Graecia-^Grice 47
bracc{h)ium—>hrai3 163
faciat—*-facet (496)
Neufranz. acier = asiß zeigt die schon im altfr. eintretende
Vereinfachung des ^5 zu s (vgl. 2 croiz, 3 ceinte) sowie das ins
IG.jahrh. fallende verstummen des auslautenden r.
26. Vers.
*Einperere' dist ele *ne vos en correciez.
'Kaiser', sprach sie, 'erzürnet euch nicht darüber.
Emperere, dist ele: siehe v. 13.
ne: siehe v. 12.
tos: siehe v. 13.
en: siehe v, 14.
correciez: 2. plur. imp., aus *corrupüatis für * corruptiate.
Vgl. 19 enseigniez und 17 correciez.
I. Laisse. 25. Vers: d'acier. — 26. Vers. — 27. Vers: riches. 131
27. Vers.
Plus est riches d'aveir et d'or et de deniers.
Reicher ist er au habe und an gold und an geld.
Plus: siehe v. 6.
est: siehe v. 19.
riches: lies rHses, znm deutschen stamm rihja, ahd. rihhi,
etwa galloromanisch *rlkkius.
I. Der Stammvokal l bleibt als i. Vgl. 13 dist
II. Die inlautende konsonanz: Mk)i. Lat. c vor e und i
war bereits assibiliert, als die hauptmasse der germaniscben
lehnwörter in die romanischen ppraehen aufgenommen wurde,
Das germanische k vor e, i war daher nicht mehr mit lat. c
vor e, i, sondern mit lat. c vor a gleichlautend und wurde wie
dieses behandelt. So wird *shirnjan zu eschernir escharnir (626)
spotten, skella—*eschiele glöckchen (gegen cinctam = ceinte 3
und in früher zeit übernommenes Francisci — Franceis 23).
So wird auch c% [kx) nicht wie in acier 25, enchalder 29 zu ts,
sondern zu is, d. h. das hiatus-« (j) wurde nach dem voraus-
gehenden k behandelt wie nach p, b (vgl. 12 sage II), es wurde
zu is, dem sich der vorausgehende explosivlaut assimilierte:
also *rikjo —**rikiso —*- ritso — > ritse {rieht).
Regel: Germanisches k vor e, i sowie ki wird
in der regel zu ts.
Nur in den ältesten germanischen lehnworten wird k vor
c, * zu ts {Franceis), in noch später entlehnten bleibt es als k
{trinken — trinquer).
III. Der endvokal bleibt nach konsonant + Zisch-
laut erhalten. So auch:
*sahium-*snge (daher = dem fem. sage 12 -^r-^sabia)
somnium —*■ songe.
Andere fälle von erhaltung des endvokals nach bestimmten
konsonanzen siehe 1 Charles III.
9*
132 Erster Teil: Text.
IV. Neufranzösisch riche = ris: ts zu s mit verlast des
t wie im anlaut (1 Charles IV) oder wie dz-^z siehe 1 jorn
V, 12 sage III). — Auch beim adjektiv ist die nominativform
riches durch die akkusativform riche verdrängt worden (vgl.
jorn u. a.).
Plus est riches: Stellung des adverbs.
Im altfr. können adverbien oder adverbiale bestimmungen
jeder art an die spitze des satzes treten, sei es zur anknüpfung
an das vorhergehende (so namentlich bei temporalen und
lokalen bestimmungen), sei es zur emphatischen hervorhebuag
(bei adverbien des modus, der Intensität, auch des orts und
der zeit). Vgl.:
trop vos poez preisier 13
Volentiers le laissast 44
un petit m'entendez 67
En un lointain reialme, se JDieu piaist, en irez 68
De la citet eissirent 90.
Dies auch bei den zusammengesetzten Zeiten, wo nach
unserm empfinden das adverb zum partizip gehört:
molt en est correciez 17
molt en est emhronchifz 18
molt m'avez irascut 53
Assez lor at donet entre or fin et argent 78.
So endlich auch io der Verbindung von copula mit prädikats-
nomen: auch hier werden beide teile des prädikats als zu-
sammengehörig, als einheit aufgefasst. Vgl. noch:
Molt est genz U presenz 112
Molt fut liez U reis Charles 123
Sire^ molt estes her 156
Molt fut liez et joios Charlemaignes li her 858
trop i out grant hontage (659).
Voranstellung des adverbs und ähnlicher bestimmungen hat
Inversion des Subjekts zur folge, siehe v. 1:
XJn jorn fut li reis Charles. . .
I. Laisse. 27. Vers: Pins est riches, aveir, deniers. 133
Sonst können adverbien noch zwischen Subjekt und verbum
finitum stehen (wie noch nfr. en und y).
ayeir: aus lat. habere.
Die regelrecht entwickelte form des infinitivs, hier in der
Verwendung als Substantiv (das haben — die habe). Vgl. wegen
h—^v 4: Chevaliers II, wegen ^—^ei 8 pleine I, wegen neben-
tonigem a 4 barons III. Der diphthong ei wird im 12. jahrh.
zu oi, nfr. oa-ua, vgl. 1 reis III (dazu 18 Franceis III), aber
nicht vor nasal (vgl. 3 ceinie VII, 8 pleine II).
or : siehe v. 3.
deniers: aus lat. denarios.
Zur lautlichen entwicklung vgl. 4 Chevaliers I, 14 legiers.
Der denar war ursprünglich eine römische silbermtinze zu
10, später zu 16 römischen as, ca. 6V2 silbergroschen. In
Frankreich ist daher der silberdenar eine der ältesten geprägten
münzen („heller", „pfennig"), an wert 12 denare = 1 sol (solidus),
240 d. = 1 livre {libra\ daher der Judaslohn französisch irente
deniers = dreissig silberlinge. Im rechtswesen beträgt der von
den minderfreien zu entrichtende kopfzins 4 denare. Darnach
zahlen in der dichtung unterworfene fremde könige einen tribut
von 4 denaren als zeichen ihrer abbängigkeit an den kaiser
In diesem Zusammenhang und auch sonst werden auch gold-
denare erwähnt. Die gewöhnlichen denare werden seit dem
13. jh. aus einer legierung von silber und kupfer, aus billon,
hergestellt, erst seit ende des 16. jhs. ganz aus kupfer.
Das vorherrschen des denars als Zahlungsmittels iü älterer
zeit erklärt den tibergang des plurals deniers (und darnach auch
des sing, denier) in die bedeutung 'geld', wie hier. Die hier
gegebene Zusammenstellung begegnet wörtlich auch im Rulands-
lied V. 1148 (von Ganelon gesagt): Pris en at or et aveir et
deniers. In Verbindung mit der negation dient denier zum aus-
druck der übertriebenen Verkleinerung {ne te pris un denier
= ich achte dich nicht im geringsten).
134 Erster Teil: Text.
28. und 29. Vers.
Mais n'est mie si proz ne si bons cheyaliers
Aber nicht ist er so tapfer oder ein so guter ritter
Por ferir en bataille ne por ost enchalcier'.
Um zu schlagen in der schlaeht oder um ein beer zu verfolgen'.
Mais: latein. magis 'mehr, in höherem grade', altfranz.
'mehr', auch im sinne des lat. und nfr. plus (z. b. en as tu
mais? hast du mehr davon?). Die bedeutung 'aber' erhält mais
zunächst nach negativen Wendungen, um eine einschränkung des
vorhergehenden auszudrücken {d n'est point riche, mais sain),
dann auch nach positiven Wendungen oder Sätzen, wie hier.
Die lautliche entwicklung würde sich völlig in einklang
mit den französischen lautgesetzen erklären: intervokales g
zwischen hellen vokalen zu i wie in regem — rei 9, ausfall
des endsilbenvokals nach dem bekannten gesetz. Indessen
lehrt ein vergleich mit denjenigen romanischen sprachen, welche
das gesetz vom fall der endsilben vokale nicht kennen, dass
auch für diese eine einsilbige form vorausgesetzt werden muss:
vgl. Span, mais — mas, ital. mai — ma, runiän. mai — ma. Wir
haben also bereits von einer vulgärlateinisehen einsilbigen form
mais auszugehen, welche hier noch unverändert vorliegt und
sich erst in der zweiten hälfte des 12. jahrhs. zu m^s, später
zu m^ entwickelt.
n'est mie: lat. non est mica{m).
I. Zu est vgl. V. 17.
IL Zu non — nen — ne vgl. 12 ne — pas. Das apostro-
phierte n' ist die aus ne entstandene antevokalische form, die
sich neben der ursprünglichen antevokalisehen form nen ent-
wickelt hat.
III. Micam — mie dient zunächst zur Verstärkung der
Verneinung: 'nicht ein krümchen', wie dort passum — pas,
wie punctum — point, denarium — denier (s. o.) u. a. Lautlieh
entwickelt sich mie regelrecht nach 13 dist I, 9 rei I.
I. Laisse. 28. und 29. Vers: Mais, n'est mie, proz, bataille, ost. 135
si: siehe 20 si
proz: lies prots, aus vulgärlat. *prödi3 (vgl. ital. prode\
zum stamme prod-, wozu auch lat. prodesse.
I. Zur lautlichen entwickluDg ist nichts zu bemerken (vgl.
2 corone III). Das nach ausfall des endvokals unmittelbar vor
s tretende d wird hier in dieser Verbindung natürlich stimmlos,
also t -{■ s = 2.
IL J^h. preux = pro: altfr. betontes ö (aus lat. ö oder ü
in offener silbe) wird regelrecht zu ou und weiterhin zu eu (so
schon im 12, jabrh.), daraus durch kontraktion ö, teils mehr
offen (namentlich vor r), teils geschlossen (so vor dental oder
im auslaut). Vgl. illorum —*- lor 78 -* leur -> lör, dolorem —*-
dolor — > douleur — »• dulör; dolorosa —*- dolorose 92 — > douloureuse
— > duluröz.
ne: lat. wcc, im negativen satz für 'und, oder'. Vgl. v. 10.
bons: lies lös, aus bonus, wie aus bonos 22.
cheyaliers: lies tsevaliers, aus caballarios. Vgl. v. 4.
Por: siehe v. 18. Die Verbindung mit dem Infinitiv erklärt
sich leicbt aus der präpositionalen bedeutung: 'um des schlagens
willen, zum schlagen'.
en: siehe v. 2.
bataille: lies hatate, aus baUualia (zu hattuo).
TiXJiX lautlichen entwicklung vgl. 2 sa II, 5 moilUer II, 4
barons III.
Nfr. bataille = bafaj zeigt das übliche verstummen des -e
und die nfr. ausspräche des i (vgl. 21 conseilliers).
ost: aus lat. ho dem 'feind' — romanisch 'beer' (vgl. ital.
oste mask., prov. ost fem.).
I. Bedeutung und geschlecht. Schon spät- und mittel-
latein kennen hostis im sinne von exerciius, auch schon, neben
dem ursprünglichen maskulinen gebrauch, als feminin (wohl in
136 Erster Teü: Text.
anlehnung an begriffsverwante worte wie acies, congregatio).
Afr. ost hat ebenso beide geschlechter, aber mit vorwiegen des
feminins.
IL. Betontes ö in geschlossener silbe bleibt, vgl. 15 porteL
III. Nfr. ersetzt durch armee.
enchalcier: lies ätsaltsier, aus incalciare (zu calcem ferse).
Vgl. 1 Charles II, 2 en, 2 cMef IV b, 25 aäer.
Nfr. nicht mehr üblich (dafür poursuivre u. a.).
30. und 31. Vers.
Qnaut 90 Vit la reine que Charles est iriez.
Als die königin sah, dass Karl erzürnt ist,
Forment s'en repentit, vuelt li cheir as piez.
Bereute sie es gar sehr, zu füssen will sie ihm fallen.
Qaant: siehe v. 15.
90: lies tsQ, aus ecce hoc (für klassisch Jiöc).
Eine Verstärkung des neutralen demonstrativs, aber auch
(wie hier) nebentonig verwendet. Daher behandlung des Q
wie in nebentoniger (vortoniger) silbe, d. h. ohne diphthongie-
rung (vgl. 12 folement III) und mit abfall des c (vgl. si 20).
Später Verlust des ^Vorschlags wie in ceinte 3 und unter
Wirkung der schwachtonigkeit Schwächung des 0 zu e: nfr.
ce = sd (mit dumpfem e).
Vit: aus vldit (vgl. 13 dist I, 16 met, 17 entent, dazu
9 veistes).
la: siehe v. 10.
rei'ne: lies reine, aus rßglna.
Vgl. 13 dist I, 9 rei I, 10 seist II.
Ausgangs der altfranz. periode (14./15. jh.) wird dreisilbiges
reine zu zweisilbigem reine (mit diphthong ei) kontrahiert (wi«
I. Laisse. 30. Vers: 50, reine, que, iriez. 137
häine, traitre-^heine, treitre, fuir—*-fuir), im 16. jahrh. zu
monophthongischem reine = r§ne (haine, traitre = "^ne, tr^tre)
und endlich, seit dem 17. Jahrb., durch Verlust des endvokals
(3 ceinte VII) und der nasalierung (2 corowe VI), zu r^n (reine)
entwickelt.
que: lies ke (vgl. ital. che, prov. span. que = he usw.).
Im gpätlatein tibernimmt nach den verben sentiendi, de-
clarandi, volendi u. ä. quod allmählich die funktion des lat.
aecusativum cum inftnitivo, des lat. ut und cum, wobei die verba
der gemtitsbewegUDg, nach denen quod sowohl in kausalem als
in aussagendem sinne verstanden werden konnte, das Vorbild
abgaben. Der lautbildung nach weisen jedoch die romanischen
formen nicht auf quod (das allenfalls im französischen qued — que
geben konnte, vgl. 3 Et, aber nicht ital. che, span. que usw.),
sondern auf eine lat. form mit t oder e, nach Diez und anderen
auf das interrogativ quid (so in den Strassburger Eiden), nach
einer neueren ansieht auf das relativ quem — que, das sich zunächst
zum allgemeinen, unveränderlichen relativ verallgemeinert und
dann mit der konjunktion quod verschmolzen hätte.
Charles: siehe v. 1.
iriez: lies iriets (zweisilbig), aus lat. iratus.
Aus iratus wird zunächst regelrecht irez (vgl. 3 espee IV^
9 ve'istes IIa). Dieses wort erschien seiner form nach identisch
mit dem partizip der lat. I. konjugation {coronez, amez usw.).
Hier wechselt aber mit der endung -ez häufig die endung -iez,
die sich regelrecht nach palatal einstellt (vgl. z. b. 17 correcieZy
18 embronchiez) und gerade bei r {*~j -\- r, r -\- i) häufig
ist (empeiriez, repairiez<—impcjoratus, repatriatus). So wurde
nach solchen mustern, vielleicht nach dem begriffsverwanten
correciez (v. 17), eine nebenform iriez gebildet.
Ein vom präsens aus völlig neugebildetes partizip irascut
findet sich v. 53. Der zu diesen partizipien gehörige Infinitiv
lautet iraistre (von *irascere statt irasci). — Im neufr. ist das
ganze verbum nicht mehr gebräuchlich, auch das Substantiv
ire ist veraltet (dafür colere, se mettre en coVere usw.).
138 Erster Teil: Text.
Forment: lies formät, aus fortimente.
Lautlich regelrecht entwickelt (v^l. 12 folement): forti-
mente—*- fortment, mit Vereinfachung der schweren konsonanz
rtm zu rm forment.
Nfr. fortement ist eine neubildung zu dem analogisch (nach
hei — hele, hon — hone) neugebildeten feminin forte (an stelle
von fort = fortem). Vgl. 12 folement I.
s'en repentit: lies sä repäiit, zu lat. paenitet.
Den tibergang vom impersooale zum persönlich gebrauchten
verbum, sowie den von der e- zur ^-konjugation zeigt auch
italienisch ripentlrsi und provenzalisch se en repentir. Des-
gleichen gehört auch der fall des vocals in der pänultima
{paenitet— ** pentet) der gemeinromanischen periode an. Sonst
bietet die lautliche entwicklung nichts bemerkenswertes. Wegen
des auslautenden t vgl. 1 fut und 3 Et.
vuelt: lies vuelt (einsilbig), aus vulgärlat. *völet für vult.
Die unregelmässigen, alleinstehenden formen sind am ehesten
der ausgleichenden Wirkung der analogie ausgesetzt: so sind
vis vult vtlim velle sämtlich durch neubildungen nach der
regelmässigen konjugatiou ersetzt worden. Hierbei bot sich
als nächstliegendes muster die zweite lat. konjugation: nach
hahui habeham habere bildete man zu volui volebam ein *volere,
dazu *voleo (vueil = vuei 70), *voles, *volet, *üoleam. In
offener Silbe stehendes q wird lang und zu uo diphthongiert,
das nur in den ältesten denkmälern erscheint und dann zu ue
gewandelt wird (vgl. 22 bans). Also aus *völet regelrecht vuelt.
Mit auflösung des l vor konsonant wird daraus später
*vueut — veut = vö. Der diphthong ue wird wie eu (vgl,
28 pros) zu ö kontrahiert, daher nfr. die Schreibung eu für
ursprüngliches ue {peut =puet 4S, nenf = afr. nuef). Wie-
weit die Vereinfachung des triphthongen ueu zu eu (ue) auf
rein lautlichen Vorgängen, wieweit auf analogie (etwa nach
puet, muet und ähnlichen) beruht, ist unsicher.
li: vgl. V. 16.
chei'r: lies iseir (zweisilbig), aus *cadire für cadere.
I. Laisse. 31. Vers: Forment, s'en repentit, vuelt, cheYr, piez. 139
Lat. cadere bietet ein bemerkenswertes beispiel für den
tibergang von einer konjagation zur anderen (konjugations-
tausch). Als ein solcher kann schon die angleiehung der sog.
unregelmässigen verba an die regelmässigen konjugationstypen
betrachtet werden (vgl. das bei vuelt gesagte, ferner 13 poee =
*potetis für potestis, estre = essere für esse). Vermittelt wird
dieser tibergang durch einzelne formen, welche sowol der einen
wie der anderen klasse angehören können {-eham II. und
III. konjugation, -iebam III. und IV., -io III. und IV.); dazu
kommt, dass infolge der vulgärlateinischen vokalverschiebungen
eine reihe endungen, die früher unterschieden waren, zusammen-
fallen oder einander ähnlich werden (teneo —*- ttnio wie fugio,
audio; tenes cadis audis, tenet cadit audit). So wurde cadere
schon gemeinromanisch (vgl. ital. cadere, prov. cazer) nach
dem Imperfekt cadeham und dem neugebildeten perfekt *cadui
(ital. caddi) umgebildet zu cadere, daraus altfranz. cheoir (nfr.
echoir, dechoir). Daneben bildet das französische noch einen
neuen typus nach der i-konjugation aus: *cadire — cJmr.
Zur lautlichen entwicklung vgl. 13 dist, 4 Chevaliers Va.
as: aus a les {ad illos), vgl. 1 al.
piez: lies piets, aus pedes.
Vgl. 3 mier I, 28 pro2.
Der Singular pedem gibt zunächst piet, dann mit fall des
t regelrecht pie, mit etymologischer Schreibung pied, darnach
auch der plural im nfr. pieds geschrieben (aber gesprochen
regelrecht piß, mit Vertiefung des auslautenden §).
Zur konstruktion: vuelt li che'ir as piez vgl. unser
deutsches 'sie will ihm zu füssen fallen'. Dagegen nfr. eile
veut tomher ä ses pieds.
Zweiter Teil.
Systematische Übersicht
über die bisher behandelten Lautgesetze.
Die vorausgehende erläuteiurg der einzelnen worte nach
ihrer etymologischen und lautgeschiebtlichen seite hat eine
reihe von lauterscheinungen zur spräche gebracht, die in den
verschiedensten Worten gleicbmässig wirken, die regelmässig
oder sozusagen gesetzmässig eintreten und darum als laut-
regeln oder lautgesetze bezeichnet zu werden pflegen. Über
diese allgemeinen gesetze soll hier eine zusammenfassende
Übersicht gegeben werden. Sie beziehen sich zum teil auf
die Veränderungen der konsonanten, zum teil auf die der
vokale; ausserdem kommt in einer solchen historischen laut-
lehre noch der accent in betracht, sowol an und für sich als
auch wegen seiner bedeutucg für die vokalische entwicklurg.
Die vokale entwickeln sich zum teil unter dem einfluss
des accents (dehnung und diphthoDgierung unter dem bauptton,
erhaltung unter dem nebenton, Schwächung oder schwund unter
dem schwachton); zum teil unter solchem von nachbarlauten,
von vorausgehenden oder folgenden konsonanten (nasalierung
der vokale vor n, m — freies betontes a zu e, vor n zu a«,
nach c zu ie) oder auch von folgenden vokalen (umlaut,
dissimilation); unter Wirkung der freien oder gedeckten Stellung
(espee gegen Charles, mier gegen teste, vnelt gegen portet).
Die konsonanten ihrerseits unterliegen sowol dem ein-
fluss anderer konsonanten (assimilation, ausfall) als auch dem
von vokalen (stimmhaftwerden von intervokalen konsonanten);
der accent spielt nur insofern eine rolle, als namentlich das
Allgemeines: Lautgesetze. Chronologie. 141
verstummen gewisser konsonanten in tonlosen silben eher oder
leichter einzutreten pflegt als in betonten. Auch ist es nicht
unwesentlich, ob im Zusammenhang des satzes ein vokalisch
oder ein konsonantisch anlautendes wort folgt: gewisse er-
scheinungen, die im letzten falle ohne weiteres eintreten,
besonders verstummen auslautender konsonanten, begegnen im
ersten weit später oder gar nicht.
Die hier behandelten lautgesetze verteilen sich ihrem
eintritt nach auf den ganzen Zeitraum vom latein bis zum
altfranzösisehen der Karlsreise, vom 3. jahrh. vor Chr. bis zum
12. jahrh. nach Chr. Die einen sind früher, die anderen später
eingetreten, und es ist für das Schicksal eines Wortes sehr
wesentlich, ob und welche älteren lautgesetze beim eintreten
eines neuen lautgesetzes schon an ihm gewirkt haben, welche
form es zur zeit, als ein neues lautgesetz in Wirkung tritt,
bereits angenommen hat.
Eine reihe von solchen Veränderungen gehören noch der
lateinischen oder gemeinromanischen periode an:
so noch dem 3. jh. vor Chr.:
das verstummen von auslautendem m in unbetonter endsilbe:
unum—*-unu;
das schwinden von n vor s: mensem—>mese;
dem 1. jh. vor Chr. etwa die folgenden:
das verstummen des h: habere —t- abere;
die accentverlegung in i-e-^ie, i-o—^iö, e-o-^eö: muUerem—*-
mullere, filiolum—*- ßliölu, capreolum —* capreölu;
der Wandel von hiatus-i und -u zu halbvokalen: diurnum-->
dj,urnu, Jiabuit —*- abuit ;
teilweise die Verkürzung der gleiteworte (besonders bei l, r,
nasal, s-t): valde, virdis, oclu, domnu, postu;
die Vereinfachung von x vor konsonant zu s: dexter —> dester\
dem 2. jh. nach Chr.:
die kontraktion der diphthongen ae {== ai) zu ?, oe (= o%) zu f:
caelum—*c^lu, poena—*-pSna;
die entstehuDg des * (e) protheticum: spatha—t-ispata, statu—*-
istatu;
142 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
dem 3. jh. nach Chr.:
der Wandel von m zu p und von t zu e: diurnu-^dj^orno,
in — > f w ;
dem 5. — 6. jh. nach Chr.:
die dehnung der betonten kurzen vokale in freier Stellung und
die ktirzuDg der betonten laugen vokale in gedeckter Stellung:
Caput -^cäpo, fßde—^fede, gola-^güla\ djxi—*d^xi, scrjptu
—>■ iscritio ;
dem 6. jh. nach Chr. :
die assibilierung des c (k) vor e, i: cincta — ceinte, caelu — ciel;
dem 6. — 7. jh. nach Chr.:
die erweichung der intervokalen (stimmlosen) konsonanten:
coronata-* coronada, capiUos-**cabellos, pacare—*-pagare.
Die periode der gemeinromanischen entwicklurg darf mit
dem 6. Jahrhundert im wesentlichen als abgeschlossen gelten.
Andere jüngere erscheinungen erstrecken sich nur über
das gebiet des französischen und provenzalischen und
einzelne nachbargegenden (z. t. gallo-italisehe, z. t. räto-roma-
nische mundarten):
der Wandel von ü zu ü: uno—>-ün, nullo—*nül;
der «-Umlaut: *pre{n)si—*pris, füi~^füi;
die diphthongierung von $, q vor ü und i: melius —*- mielz,
Deus —* Dieus, *voleo — »- vueil ;
der fall der endsilbenvokale und unbetonten vortonvokale:
uno —*- un, cruce -> croiz (corona-* corone) — civitates —*- dtes;
die Vereinfachung der doppelkonsonanten: opptUat—^apele,
annuules — > anvels ;
das stimmloswerden der in den auslaut tretenden stimmhaften
konsonanten: quando—* quant, vivu-^vif;
der tibergang von ca (und germanisch Jce, Jfi) zu isa (fse, ist):
copu—*- Chief, Karlos —* Charles, skirpjan—^-eschernir (mit
aufnähme der nördlichsten und südlichsten striche, pikardisch
und südprovenzalisch).
Diese dem provenzalischen und französischen gemeinsamen
Veränderungen können z. t. noch in der vorhergehenden periode
begonnen haben, reichen aber über das 10. jh. nicht hinab.
Allgemeines: Chronologie der Lautgesetze. 143
Viele Veränderungen endlich sind nur dem französisehen
eigen und demgemäss im allgemeinen als die jüngsten zu
betrachten, wenn auch im einzelnen manche erscheinung noch
in die vorhergehende periode fallen mag. Hierzu gehören:
die kontraktion des lat. diphthongen au zu o: aurum—*-or;
die auf der romanischen vokaldehnung beruhende diphthongierung
von ? (c'e) und g (öö) zu ie und wo — ue: m^ro—*mier, h^no
—*-buon — buen;
die diphthongierung von ^ zu ei (und später auch ö zu ou)t
pJenam-^pleine {proz~*-prouz)\
der Wandel von ö zu ^ (nach palatal zu ie)\ civitate —*■ citet^
{cavo —>- Chief);
die reduktion der triphthongen iei und uoi (uet) zu i und ui:
despedu — despieit—*- despit, nocte — nuoit {■ eit) —> nuit\
die nasalierung der vokale vor w, m und der tibergang von
Sn zu an: un—*ün, corone-^coröne, emperere-^ ämperere.
Die Chronologie der lautgesetze ist daher für die
entwicklung der worte und deren Verständnis von wesentlicher
bedeutuiig. So setzt die entwii-klung des f in chief-t—caput
die vorhergehende erweichung des p— *-}}-* v voraus, da aus
einem in den auslaut tretenden p oder h kein f entsteht. Die
erweichung des p—^h—^v muss ferner eingetreten sein, als
der auslautvokal noch vorhanden war: nur in intervokaler
Stellung werden die labialen explosivlaute erweicht (vgl. capillos
-^chevels 181 gegen *cappdum-^ chapel 146 oder Septem-^
sei 73). Es ergibt sich also aus der inneren lautgeschichte
selbst die folgende relative Chronologie der betreffenden
lautgesetze: p~-*-b-*v — darnach fall des endvokals — als-
dann auslautendes v—*f.
In anderen fällen kommen uns Zeugnisse aus inschriften,^
handpchriften, dicbtwerken oder vergleiche mit den übrigen
romanischen sprachen zu hilfe, um sogar eine absolute
Chronologie der lautgesetze zu ermöglichen. Auf diese weise
lassen sich die alten vulgärlateiuischen lautveränderungen
zeitlich grossenteils fixieren. So liefert uns innerhalb des
französischen das ins ende des 9. jahrhs. fallende Eulalialied
mit den formen buona, ruovet den beweis, dass um jene zeit
144 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
— wenigstens in dem dialektgebiet des Eulalialiedes — das
betonte freie q schoo zu uo diphtongiert, aber noeii nicht bis
zum diphthongen ue fortgeschritten war, den wir um 1100
bereits im Rolandslied und in der Karlsreise finden. So lässt
sich durch Verwertung der relativen und absoluten lautehronologie
mit einiger Wahrscheinlichkeit die reihen folge der lautgesetze
und die art ihrer Wirkung auf die einzelnen worte feststellen.
Die meisten lautgesetze wirken nur innerhalb eines be-
stimmten, mehr oder weniger beschränkten Zeitraums. Einige
erstrecken ihre Wirksamkeit auf längere zeit oder wiederholen
sich im laufe der entwicklung. So gehört die Verkürzung der
gleiteworte den verschiedensten schichten an (vgl. 9 dame I).
So fällt n vor s in dem in christlicher zeit übernommenen
monasterium — * mon{i)sterium ebenso wie in den altlateinischen
consul — cosol, insula — isola. Die abneigung gegen die
häufung von konsonanten hat das französische von anfang an
bis heute bewahrt.
Die Wirkung der lautgesetze kann gehindert oder rück-
gängig gemacht werden durch die macht der analogie,
Namentlich beeinflussen sich sehr leicht verschiedene formen
desselben Stammes (nach Hermann Paul „stofifliche analogie-
gruppen"), sei es innerhalb der deklination, sei es innerhalb
der konjugation oder auch doch kreuzung beider. So wird
*pre(n)sit — *ßreist unter dem einfluss der ersten person
*pre(n)si — pris umgestaltet zu prist, die 2. pluralis vidistis =
*videstes nach der 2. singularis vidisil — *vidist — vt'is zu
vidistes — ve(d)lites; nach den lautgesetzlich umgelauteten
formen füi, füst ('*—fm, füisil) erhalten sämtliche formen des
perfekts und des conj. imperf. den Stammvokal ü. In der
I. lat. deklination fallen durch verstummen des akkusativ m
nomioativ und akkusativ zusammen {corone = Corona und
coronam), und nach diesem muster wird dann auch in den
pluralformen Übereinstimmung hergestellt und der nominativ
coronae zu Coronas umgebildet. Das partizip coronata sollte
zu *cornee werden, der unbetonte vortonvocal bleibt aber
bewahrt (coronee) unter einwirkung der stammbetonten formen
{Coronet-*— cor onat usw.) sowie des Substantivs corone.
Ebenso köunen sich aber auch gleiche oder ähnliche
formen verschiedener stamme gegenseitig beeinflussen (Pauls
Allgemeines: Analogie. — Lehnworte. 145
„formale gruppen"). So werden die seltenen neutralendnngen
■ut, -ud {ciqmt, illud) durch die endung der regelmässigen
neutra auf u{m) ersetzt. So erhalten die zu maskulinen ge-
wordenen neutra auf -u{m) im nom. sing, und akk. plur. ein s
nach dem muster der maskulina der lat. II. deklination. Kaeh
demselben muster verlieren die maskulina der lat. 111. deklination
im nom. plur. ihr -s (homines —> homine-ni nach domini). Eine
anzalil ursprünglich vokalisch oder auf verschiedene konsonanten
auslautender adverbia erhält ein s angefügt nach plus, mais
(onques, sempres, auch sine-^sens — serns gehört hierher).
Besonders stark sind diese beeiLflussungen in der entwicklung
des verhums zu beobachten. So haben unter den starken
perfektbildungen die auf -si und -ui fast alle übrigen ver-
drängt i^prensi für prehendi, *movui und *cognovui für movi,
cognovi, *vtnui für veni), unter den schwachen perfekten hat
dMit mit seinen kompositis {vendiet, perdiet, rendiet) eine
ganze klasse neu hervorgerufen {respondiet, rompiet usw.). Im
ind. präs. haben die formen auf -o, -io, -eo sich gegenseitig
beeinflusst, im infinitiv ist unter Wirkung bestimmter muster
-ere zu -gre (ridere-*ridere—*rire) oder -Ire {tenSre—*tenir),
umgekehrt -ere zu Sre {sapere—* saper e-* saveir) oder auch zu
~ire {rädere-* cadire-*cht'if) geworden. In der regel wird
die angleichung des einen typus an den andern durch schon
vorhandene übereinstimmende formen, durch gewisse tertia
comparatlonis, unterstützt: wie zu meire, escrire, lire ein met,
escrtt, lit gehört, bildet man zu dire ein dit, zu faire ein fait
(für lautgesetzliches *dist, *faist). Wie neben debeham, debui
präs. deüeo, -es, et und infinitiv dthere steht, bildet man zu
volebam, volui ein *ooleo, -es, -et, volcre, zu potes, potui ein
*potet, *potttis, poiSre.
Eine scheinbare ausnähme von den lautgesetzen bilden auch
solche Worte, welche erst in späterer zeit aus der kirchen-
oder gelehrtensprache oder auch aus fremden Idiomen
übernommen sind. Sie lassen in der regel diejenigen laut-
veränderuDgen vermissen, deren Wirkung bereits der Ver-
gangenheit angehört. So nimmt das lehnwort ducem — due
an dem gemeinromanischen wandel von u zu o, sowie an der
assibilierung des c nicht teil. Dominium — demeine bewahrt
regelwidrig den unbetonten cndsilbenvokal, caltce -*— cälicem
Vor et cscb, Studium d. afrz. li'piaohe. 5. Aufl. 10
146 Zweiter Teil: Die Lantgesetze.
ausserdem den vokal der unbetonten pänultima unter Ver-
schiebung des aceents sowie das c vor a (statt ch). Man
bezeichnet solche worte gegenüber den erbworten als lehn-
Worte.
Ausser den lautgesetzen sind noch einige lautver-
änderungen zu konstatieren, die nicht mit derselben regel-
mässigkeit eintreten, weil sie nicht auf derselben Ursache, der
allgemeinen, durchgreifenden Veränderung in der ausspräche
eines lautes an sich, sondern auf anderen Ursachen, gelegent-
lichem versprechen und dergleichen beruhen. Hierher gehört
vor allem die sogenannte metathesis, die Umstellung von
lauten, am häufigsten bei den liquiden, deren ausspräche schon
beim erlernen der spräche Schwierigkeiten macht und auch
später noch häufig Störungen hervorruft. Man pflegt einfache
und reciproke metathesis zu unterscheiden. Bei der einfachen
metathesis handelt es sich um Versetzung eines einzelnen lautes
(wie z.b. des r in lat. temperare—> frz. tremper), bei der reciproken
um die wechselseitige vertauschung zweier laute. So kann
zwischen vokal und konsonant metathesis eintreten, wie bei
pro—>por, imperator —*Smperatro , ])orp —*■ trop , ebenso aber
auch zwischen zwei vokalen, wie in lat. meduUa-^meole-*
moele — moelle = mual, oder zwischen zwei konsonanten, wie in
lat. scintilla — ► *stinciUa — > estencele — etincelle. Auch gewisse
assimilations- und dissimilationserscheinungen
bei liquiden und nasalen gehören hierher, so die assimilation
der vortonsilbe an die tonsilbe in thesaurus —> tresors (222) mit
r, so die dissimilation eines r neben einem zweiten r zu Z in
peregrinum—^pelerin (95), paraveredum—*-palefroi usw.). Im
folgenden werden lautveränderungen solcher art nicht mit
berücksichtigt. *)
1) Hingegen sind der Vollständigkeit wegen noch einige wenige lant-
gesetze, welche im text erst später erwähnnng finden, mit verweisen auf
die betreffenden beispiele herangezogen.
Allgemeines: Metathesis usw. — A. Konsonantismus: I. Anlaut. 147
A.
Konsonantismus.
Für die entwicklung der koDSonanten ist es wesentlich,
ob sie im aolaut, inlaut oder auslaut stehen, ob sie isoliert
oder mit anderen konsonanten, mit hiatus-« oder -u verbunden
sind. Es ist daher am besten nach anlaat, auslaut, inlaut zu
scheiden und innerhalb des letzten den zusammengesetzten
konsonanzen sowie den hiatusverbindungen eine besondere be-
trachtung zu widmen.
I. Konsonanten im Wortanlant.
Die regeln für den wörtanlaut gelten auch für den silben-
anlaut, wenn ein anderer konsonant vorausgeht und die vorher-
gehende Silbe schliesst: das j) in Imperator — emperere bleibt
wie in pugnus — poinz als p, das c vor a in truncare — trenchier
wird zu ts wie in caput — chief, das c vor palatalvokal in
mercedem — mercit zu ts wie in civitatem — ciiet.
1. Im wörtanlaut bleiben die meisten konsonanten
unverändert (vgl. 4 barons IV).
So bleiben (teils isoliert, teils mit folgendem konsonant),
die labiale jp 6 V /", die dentale tds, die gutturale c und
g vor 0, u oder konsonant, endlich die nasale und liquiden
m n l r. Also: pugnum — poin, plenam — pleine, bellum — bei
vidistis — vbistes, fuit — fut; tantum — tant, truncare —
trenchier, de — de, sanctum — saint; coronam — corone, curam
— eure, crucem — croiz, gubernat — governet, grandem — grant;
merum — mier, nullum — nul, Heviarium — legier, regem — rei.
2. Lateinisches h verstummt (vgl. 2 Bout I) :
habuit—* out.
In der schrift teilweise beibehalten: homo—^huem 122.
Germanisches li (vor vokal) hingegen bleibt bewahrt:
*haunipa~^ honte 38.
10*
148 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
Vor konsonant teilweise andere entwicklung (vgl. *Hlnpawig—¥- Lolis,
Cloevin, dazu "Hlupaiüinff—*- Floovent). Die verschiedenheitea der formen
wird durch die veräcbiedene zeit der aufnähme, z. t. auch durch bach-
wüitliche entlehauDg bediogt.
3. Palatallaute werden assibiliert.
Lateinisch c vor e, i wird zu is (geschrieben c — ygL
3 ceinte IV):
cinctam—^ceinte, caelum—t-ciel.
Germanisch Jz vor e, i wird zu ts (geschrieben ch — vgl
27 riches II):
slcirnjan — > eschernir.
Lateinisch oder germanisch c vor a wird zu. tä {ch —
vgl. 1 Charles II):
Caput -> cJiief, Karlos — ► Charles.
Lateinisch oder germanisch ff vor e, i, a wird zu dz (ge-
schrieben g, j):
argenium—*'argent7S, gentem—*-gent7Q, Germ— ► Gm w 63;
gaudia-^joie 118, gard---*jardin.
Lat. j oder dfj {di- vor vokal) wird vor allen vokalen zu
dz (geschrieben j — vgl. 1 Jörn III b):
jam—*-ja, diurnum—*jorri.
4. Lat. qu wird unter verlast des halbvokals zu Ic
(geschrieben qu, seltener q, c oder h, vereinzelt ch — vgL
9 onques II):
qui-*ld {qui, chi), qu,ant-*1cant (quant); don{i)que—*'donc.
5. Die (ursprünglich griechischen) aspi raten werden zu
den entsprechenden tenues (th, ph, ch-^t, p, c — vgl. 3
espee IIa):
ihesaurum — >• tresvr, colaphum -> colp, Christum —*- Crist.
Ebenso im inneren des Wortes, wo alsdann die gleiche behandlung
wie bei den ursprünglichen tenunis eintritt (vgl. 3 espce IIb). — Erst in
lungeren lehnworten ph—*-f {oryhdin, philoHophie).
6. Der germanische reibelaut p wird zur entsprechenden
tenuis (vgl. 13 irop I):
piudish—t-tieis.
A. Konsonantismus: I. Anlaut. — IL Auslaut 149
Germanisches w wird zu gu (später g — vgl. 5 re-
guardet I):
*warden — > guarder, wisa — > guise.
7. Lat. oder germ. « im purum entwickelt i (e) protheticum
(vgl. 3 espee IIIj:
spaiham-^espee, siare-^ester, schola—*-escole;
skirnjan —*■ eschernir, smalt- — > esmail.
II. Konsonanten im Wortauslaut.
Es ist zu scheiden zwischen solchen konsonanten, die schon
im lateinischen im auslaut standen, und solchen, die erst im
galloromanischen oder französischen in den aii^laat traten. Bei
diesen letzten sind die Wandlungen zu berticksichtigen, welche
sie bereits vor dem fall der endvokale erlitten haben.
1. Lateinischer auslaut.
Die zahl der im lateinischen auslaut vorhandenen kon-
sonanten ist beschränkt. Einige, wie h, kommen in dieser
Stellung nur vereinzelt, andere, wie p, g, q, f, v, s überhaupt
nicht vor.
Im lateinischen auslaut stehende r, l, 8 bleiben
im altfranzösischen erhalten:
Chevaliers, citez, vos, ve'istes; cor— * euer, mel—^-miel (mit
metathesis in imperator-^emperere, insemtl -* ensemhlt).
Lat. m und n fallen in unbetonter endsilbe oder in un-
betonten einsilbigen Worten ab (vgl. 1 un I):
unum—*-un, jam~*ja\
nomen—*nom {non)\ non-^ne.
In betonten einsilbigen bleibt m und n als n (vgl. 2 son):
rem—>rien, non (betont) —> wow.
Vor vokal bleibt ursprünglich das n auch in tonlosen Worten erhalten:
daher ven neben ne. Ferner nur en-4 — in, wubl Verallgemeinerung der
antevokalischeu form; ähnlich mon, ton, son, vermutlich analogisch (vgl.
3 8on lU).
apud hoc—*
' avuec
fac—*
fai
sie-*
■si.
150 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
Lat. c verstummt in unbetonten endsilben und Worten; in
haupttonigen bleibt es nach dunkeln vokalen als c, nach hellen
als i, nach i seh windet dieses (vgl. 20 si II):
ecce hoc—>QO
illac-^la
nec—*-ne
Nach Neumann erklärt sich la aus illac ubi, o (fo) aus hoc quod usw.,
vgl. s. 119.
Lat. d und (isoliertes) t in unbetonten endsilben und
Worten verstummen (erst im laufe des 11. jahrhs. — vgl. 1
dl I, 3 JEt):
ad-*a; et—*e (z. t. gesehr. et, cd), portal ■-*porte(t).
Eine anzahl d und t in der nominalflexion sind schon in gemein-
romanischer zeit auf analogischem wege beseitigt worden (ülud-^Hllu,
Caput— >*capu, vgl. 1 al II, 2 chief l). — Vor konsonant hat das ver-
stummen früher begonnen als vor vokal (a cels dis, aber ad une spede
i. d. Ealalia). — Uumittelbar auf den tonvokal folgendes J (fut, seignat,
irat, partit, vendiet) verstummt erst im 12. jahrh. — Gestütztes t (prist,
dist, dient) bleibt bis ins 13., in pausa bis ins 16. jh., in liaison bis heute
(z. t. analogisch übertragen, siehe 3 at).
2. Französischer auslaut.
Bevor die galloromanisehen vokalischen auslautgesetze
wirkten, war intervokales t zu. d ((f), ebenso p und b zu v, c
und g (soweit nicht ausgefallen) zu i (j) geworden. Diese formen
sind daher vorauszusetzen, nicht die lateinischen.
Die im altfranzösischen in den auslaut tretenden
stimmhaften konsonanten werden stimmlos (vgl. 2 chief
nb, 3 dont V):
de unde—^dontj mercedem—^mercit,
pensatum — "^pensado-^ penset;
vivum — > vif, caput — *cabo — *cavo —*■ chief; longum —*- lonc.
Stimmlose konsonanten bleiben als solche erhalten:
sanctum—*- Saint, multum—^moU, s€pt€m—*-*sette—>-set,
colapih)um—>colp, versus— >vers.
A. Konsonantismus : II. Auslaut. — III. Intervokale Konsonanten. 15 1
Ebenso bleiben die liquiden unverändert:
aurum—>or, ferire—*ferir, belhim~>bel, talem—*tel.
n nach konsonant bleibt: jorn.
n nach vokal bewirkt dessen nasalierung und bleibt zu-
nächst (wohl als 'a = ng) erhalten:
unum — >• ajw — > ün ;
ebenso m nach vokal:
nomen—>nom-^nöm (vgl. 1 un IV und sonst).
In der schrift erscheint neben m bald auch n {nom — non, flum — fiun,
uem — uen), vermutlich fielen -m und -w in » zusammen.
III. Konsonanten in intervokaler Stellung.
1. Hauch- und reibelaute.
Lat. und germanisches h verstummt (vgl. 2 Rout I, 2 prise,
3 espee IIa):
prehendere-^prendre, miM—*-mi; speJidn—t-espier.
Lat. s wird stimmhaft {2, gesehrieben s — vgl. 2 prise Y):
pre{n)sam—*- prise, dolorosam —* dolorose.
Ebenso germ. s, soweit dasselbe nicht schon stimmhaft war: wisa—*-
guise usw.
2. Dentale.
Der stimmlose verschlusslaut t wird stimmhaft [d) und
fällt aus (vgl. 3 espee IIb):
coronata -> coronee, spatha — *spata — ► espee;
*imperatro — > emperere.
Desgleichen fällt ursprüngliches d (vgl. 9 vtistes III):
vidistis — > vtistes; cathedra — »• chaiere.
Das intervokale d (t) ist erst nach dem fall der anslautvokale ver-
stummt, daher in den auslaut oder vor s ireteudes d als t (oder als reibe-
laut p) erhalten bleibt und mit 8 zu ts (z) verschmilzt: pensatum—*-
*pensado — *■ pennet 28, civitates — >-citez.
Dem ausfall vor r scbeint assimilation vorausgegangen zu sein: teil-
weise findet sich noch doppel-r: petra —*■ pierre neben piere 179, videre
habeo — *ved{e)rajo—^verrai (verrez 281) neben *vid(e)runt—*-virent 104.
152 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
3. Labiale.
Der stimmlose verschlnpslaut jp wird stimmhaft (&) und
alsdaDn znm reibelaut v (vgl. 2 c/wf/"IIa):
sapetis -^ savez, capillos —*■ chevels ; recipere -*receivre.
Der stimmhafte verschlopslaut b wird zum entsprechenden
reibelaut v (vgl. 4 Chevaliers II):
* caballarios —*■ Chevaliers, habere — > aveir.
Ausfall von b in dem proklitlschen ubi — o, ou (wegen ibi siehe 4 i).
Da ursprüngliches v bleibt (levatum—*-levet 128), so fallen _p, 6, r
in intervokaler Stellung zusammen.
In den auslaut tretendes v jeden »irsprnngs wird f (s. o,).
4. Palatale und velare (gutturale).
Die Buchstaben c und g bezeichnen je nach der vokalischen Umgebung
mehr am vorderen, harten gaumen hervürgebrachte laute (palatale) oder
am hinteren, weichen gaumen, am gaumensegel (velum) bervorgebrüchte
laute (velare, auch gutturale). Vor o, u sind c und g velar, vor ^, i palatal
(vgl. oben die entwicklung im anlaut), vor a mittelpulatai; hier ist der
vorausgebende vokal für das Schicksal des konsonanten mitbestimmend.
J ist seiner ausspräche nach stets palatal.
j bleibt vor allen vokalen als i:
Maium-*Mai (383), 2??jms {{\Xx psjns)-^*pieis—*'pis.
g zwischen hellen vokalen (a, e, i) wird zu i (vgl. 9 rei I):
regem-^rei, paganum—>paiien.
g vor dunklon vokalen (o, u) fällt aus (vgl. 23 dient II):
augustum — ► ao& t
c vor dunkeln vokalen fällt aus (vgl. 23 dient II):
dicunt—*- dient] securum—*seür.
Ebenso wird nach gewöhnlicher annähme c auch zwischen dankelm
Tocal und folgendem a behandelt: jocare—*joer 33. Doch zeigen einige
Wörter i (auca-^oie neben oue u. a.): vgl. die anm. zu joiir 33.
c zwischen vorausgehendem hellen vokal (a, e, i) und
folgendem a wird i (vgl. 9 rei I):
*au{c)toricare—*-otreiier, pacare—t-paiier.
A. Eonsonantismas : IV. Konsonanten mit Hiatas-u oder -i. 153
e Tor e, i wird über ids zu ü (geschr. «5 = » + tönend s\
im auslaut zu üs (geschr. tjs — vgl. 2 croü II):
placere —^plaisir, vicinum — >• veisin;
crucem — * croie.
Unter umständen können also auch hier wie bei p, b, » (s. o ) stimm-
loser verschlnsslaut, stimmhafter verschlusslaut und reibelant in ihrem end-
ergebnis (t) zusammeufallen.
Aus c oder g entstandenes i wird von nebenstehendem vokalischen i
aufgesogen (vj;. 9 m I): micaw — *-nne., regina — *■ reine. In einigen nicht
ganz klaren fällen verstummt es auch vor e: 8iyUlum—*-seel (1J7 seelee).
Wegen placet-->'2'iaist und facit—^fait vgl. 14 faii.
IV. Konsonanten mit Hiatns-t« oder -i.
Im hiatus, d. h. unmittelbar vor einem anderen vokal
stehende unbetonte vokale werden zum halbvokal {% u), im
weiteren laufe der entwieklung teilweise sogar ganz kon-
sonantisch, zum labialen oder palatalen reibelaut (spirans):
V — j. Nach mehrfacher konsonanz ist v früh verstummt.
Gewisse konsonanten gehen mit diesen halbvokalen oder ihren
Produkten keine engere Verbindung ein, alsdann entwickeln
sich diese, da sie im silbenanlaut nach konsonant stehen, ebenso
wie im wortanlaut: v bleibt r, j wird d^. Versehlusslaute
pflegen sich an folgendes v oder dz zu assimilieren und dann,
wie bei anderen doppelkonsonanten, auszufallen. Eine reihe
konsonanten jedoch verschmelzen von anfang an mit dem
folgenden halbvokal, speziell mit %, und ergeben dann jota-
zierte (mouillierte) konsonanten, die sich, je nach ihrer natur
sowie nach ihrer Stellung vor vokal, vor konsonant oder im
auslaut, sehr verschieden entwickeln.
1. Konsonant + hiatus-w.
Hiatus-M verstummt nach mehrfacher konsonanz, zwischen
konsonanten und im auslaut nach konsonant (vgl. 2 sa II):
mortua—*- morie; tenuit—*'*tenvt-* tint\
sanguem — >• sanc.
In der proklise schwindet jf ähnlich wie b — v in ubi — o, <m (s. o):
«IKtm— >8a, ijfMm— >8on.
154 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
Einfacher verschlusslaut vor folgendem hiatus-w
(soweit dieses nicht vorher verstummt) assimiliert sich zu u und
fällt aus (vgl. 2 rout III):
Jiabuit — > * auuit — > out, * recipuit -^ regut;
placuit—*-*plauuit—*'plout, aqua->ewe 106;
vidua — ► veuve, potuit —>pout
Nach n und l bleibt u als v, ausser wenn es vor konsonant
oder in den auslaut zu stehen kommt (vgl. 2 Bout III):
annuales—>anvels 126 1 tenuit—^tint 180
januarium-^janvier | tenui-^tin.
2. Palatal und dental + hiatus-«.
c + I wird, nach vokal wie nach konsonant, zu ts (gesehr.
€, £ — Vgl. 25 acier):
*aciarium —*- acier, *incalciare — > enchalcier.
t -\- i nach konsonant (ausser s) wird zu ts (c, z\ voraus-
gehende explosivlaute schwinden auf dem wege der assimilation
(vgl. 17 correciez II):
corrupiiatus —*- * corroitiatos — ► correciez, fidantia —*- fiance,
*redirectiant—*redrecent 258.
t -\- i zwischen vokalen wird zu is mit stimmhaftem s vor
erhaltenem vokal oder stimmhaftem konsonant, mit stimmlosem s
vor anderen konsonanten oder im auslaut (vgl. 8 araisnier):
rationem -^ raison, * adra tionare —*- araisnier ;
palatium-^palais.
« + I wird zu is {s vor vokal stimmhaft, vor konsonant
und im auslaut stimmlos):
iasiare-^haisier {entrebaisier 147).
SS + i, st^, sei werden zu iss, im auslaut is {s stets
stimmlos):
* adhassiare -* dbaissier (615), *postius—*puis 122,
* piscionem -^ peisson 127.
A. Konsonantismus : IV. Konsonanten mit Hiatns-w oder -i. 155
^ -^ h 9 + i wird zu i (wie einfaches j, s. o.):
podium—*-pm 104, medium— >*miei-^mi 102, 117,
fugiendo —*- fuiant 132.
3. Liquida und nasal -+- hiatus-i.
l -h i wird zu mouilliertem l {t — vgl. 5 moilUer II).
Dieses bleibt vor vokal und im auslaut:
eonsiliarios —*■ conseilliers , consilium-^conseil (663) = cösei.
Es verliert vor konsonant die mouillierung und wird zu l
(vgl. 6 miels III a):
melius -* * mieis — > mieh.
r -\- i wird zu mouilliertem r (/) und hieraus zu ir:
repatriant-^repairent 111, gloria —*■ gloire (405),
corium—>cuir (550).
In einer reilie von worten und formen schwindet i, namentlich im
verbum, auf analogischem wege, in der endung -erium {-arium) — >--ier
statt -ieir — ir durch dissimilation (vgl. s. 18 zu mostier II).
n -\- i wird zu mouilliertem n {fi — vgl. 7 poin I, dazu
2 seignat II).
Dieses bleibt ft zwischen vokalen:
seniores — > seignors, *montanea — > montaigne;
es wird zu in vor konsonant und im auslaut:
testimonium—* tesmoin.
Wie vj, auch ndi: Burgundia—*- Borgoigne 100 wie Hispania—*-
Espaigne, und ngy. *exlongiare —>' esloignier. Vgl. auch unten V 4 über
gn und ng.
4. Hiatus-« verschmilzt nicht mit dem voraus-
gehenden konsonant, sondern wird wie anlautendes j
zu d0.
Das ist der fall nach sämtlichen labialen (p, b, v), auch
nach dem nasalen labial (m), ferner nach n in lehnworten
sowie nach c (k) in germanische d worten. Vorausgehender
labial und palatal assimiliert sich und fällt aus; die nasale
bleiben, m unter assimilation an den folgenden dental als n.
156 Zweiter Teil: Die Lantgesetze.
jp -f ^ wird zu is (vgl. 12 sage II):
. *adpropiat — ► aprochet.
h -\- i, V -\- i wird zu dz (vgl. ebenda):
*sabia-^sage; *leviarium—> legier.
Habeo — »> ai erklärt sich als kurzform, danach auch habeam — > aif,
sapio — *-8ai gleichfalls als kurzfurm oder als analogie nach ai. Hingegen
betrachtet Neumann den Übergang eines in den auslaut tretenden pj., bi
%a i als laurgesetzlich (s. o. s. 103 zu 14 sai).
m -\- i wird über mdz zu ndz:
somniatum-^ songiet 71, commeatum-^ congiÜ 216.
n + ;^' in lehnworten wird zu ndz:
*mentUionea—*'mef) gonge 52, extraneum-^estrange 861.
Germ. U + { wird über ct§ zu is (vgl. 27 riches):
stamm rlkja- —*- riche.
T. Znsammen gesetzte Konsonanzen.
Zwei oder mehr unmittelbar aufeinander folgende kon-
sonanten sind je nach ihrer eigenart und komposition ver-
schiedene nschicksalen ausgesetzt. Im allgemeinen sind die ver-
bundenen konsooanten fester als die isoliert stehenden, gewisse
konsonantengruppen (konsonanzen) wie st, ,^p, rt, rd, rl ver-
ändernsich, wenigstens bis zur zeit unseres gedichtes, überhaupt
nicht. Soweit Veränderungen eintreten, handelt es sieh grossen-
teils um assimilation, Vereinfachung, ausfall. Hierbei kommen
sowol lateinische als auch romanische und galloromanische
(durch den ausfall von zwischenstehenden vokalen neuent-
standene) konsonantengruppen in betracht. Einander verwante
laute pflegen sich zu assimilieren, bei grösserer differenz tritt
ausfall des einen konsonanten oder zur erleiehterung der aus-
spräche ein übergangslaut ein. Verbindungen mit palatallauten
(c, g) führen meist zu jotazierten lauten.
1. Ausfall von konsonanten.
n vor s fällt unter dehnung des vorausgehenden vokala
(vgl. 1 mostier IV):
prensam —>prise, *mon{i)sterium — ► mostier.
A. Konsonantismas: Y. Zasammengesetzte Konsonanzen. 157
Desgleichen r vor s:
sursum-*sus 195, dorsum-^dos.
8 vor stimmhaften konsonanten wird selbst stimmhaft und
Terstummt (im ll.jahrh. — vgl. 1 mostier Y):
*adrationare — > arai{s)nier, fraxinum — > frai(s)ne.
Hingegen vor stimmlosen konsonanten erst im 12. jh.: siehe 1 moatierY.
Schwere konsonantengruppen werden vereinfacht:
X vor konsonant wird schon vulgärlateinisch zu s:
*ext6rquere—*-estortre 43^ dextrarium-^ destrier 81.
8tS ZU tSl
fust{e)s—*'fuz (vgl. 9 ve'isfes IV, 21 voz).
res zu rs, ncs zu ns:
cler{i)cos--*'*clercs--*'Clers 142; *blan]cos-->hlans 85.
ms zu rs (rs):
diurn{u)s—>'*jorns—*-*jornz—*'jors (vgl. 1 jorn V).
rtm zu rm:
fort{i)mente -^ forment 31.
ptm—*-Um zu w:
sepi{i)mana — > semaine.
2. Doppelkonsonanten werden im in- und auslaut ver-
einfacht ausser inlautendem rr (vgl. 4 Chevaliers III):
cahallarium — ► Chevalier, mittere — > metre; terra —*■ terre.
Dies gilt auch für die durch vokalausfall and assimilation entstehenden
doppelkoosonanten (s. u.).
3. Assimilation des vorhergehenden an den folgenden
konsonanten oder umgekehrt:
p, b, V vor t, d, s assimiliert sich und fällt (vgl. 7 desoz I
U ätez II):
Septem —*-*sette —* set, desuhtus —**desottos —► desos,
civ(i)taies — ► citez; psalterium — *• saltier.
c {q) und g zwischen zwei r wird zu t and d:
*exiörquere—*'*estorcre—>estortre 43, surgere —> sordre.
158 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
m vor folgendem dental wird n (vgl. 3 ponz III a):
pomus —i-pons — pon^, somniaium ~^*somgiet~-> songiet.
mn wird mm->m (vgl. 9 dame II):
dom(i)na — > dame, nom{i)naüs-^nome3.
Hierher gehören anch eine reihe von oben besprochenen erscheinnngen:
»tj., 8ci—*ssj,—>%siii); pij., ci%—>tij.~>ts; pi und germ. c),—>ii; bj^
vj — > di u. a.
4. Palatalverbindungen: c und g + dental oder liquida,
sc, gn, ng.
Meist entstehen auch hier (wie bei denselben lauten mit
hiatu8-i) mouillierte laute, aber in weit späterer zeit und nur
teilweise zu denselben ergebnissen führend wie jene. Ob factum
tlbrigens durch allmähliche er weichung des c (ähnlich wie in
intervokaler Stellung) über fu^io — fajto zu fait wird oder ob
das palatale c das folgende t zu einem palatalen (jotazierten)
t umgestaltet {fact'o—^fatt'o — fait), ist noch eine umstrittene
frage. Im einzelnen entwickeln sich die lautverbindungen
wie folgt:
et wird zu it (vgl. 1 reis I):
facta — > faite, octoginia —> oiiante.
Desgleichen gd zu id (im auslaut -it):
rig(i) da — > reide, rig{i)dum — > reit.
nct zu int (siehe ebenda):
sanctum-^ Saint 1.
CS wird zu iss — is (siehe ebenda):
*exiverun t -* eissiren t, rex — > reis.
Vor konsonant ist x schon früher zu s vereinfacht worden (s. o.
unter nr. 1).
Desgleichen scs zu iss — is (vgl. 18 Franceis):
Franciscos — ► Franceis.
sc zu iss — is, vor a zu si§:
Frandscum — > Franceis, Francisca -> Francesche,
cognoscitis—* conoissiez.
Wie weit bei sc vor u, o rein lautliche, wie weit analogische entwicklung
vorliegt, ist unsicher (vgl. 18 Franceis).
A. Konsonantismus: V. Zusammengesetzte Konsonanzen. 159
er, gr wird zu ir (vgl. 1 reis I):
sacramentum — > sairement; nigrum -^ neir.
cl, gl wird zu mouilliertem l und weiter wie /-*— Z^ ent-
wickelt:
mac{u)lam -Emaille, oc{u)lum-*ueil — mit s: ueU;
vigilare — > veilUer.
So auch *veclum (ans *vetlu-<~vetulum) zu vieil = viel, mit s vielz,
*vecla — >■ vieille.
gn sowie ng vor e, i wird zu mouilliertem n und weiter
wie ü-t—ni entwickelt (vgl. 2 seignat II, 7 poin I):
signavit — > se(i)gnat pugnum — > 2?om
pungendo—^po{i)gnant longe—>loin, lointain.
ng vor a wird zu w(?/:
Zow^ra— »-Zow^re.
w(^ vor 0, M bleibt (im auslaut nc):
angustia -* angoisse, longum —> lonc.
Ahnlich entwickelt sich nc: vor a zu «f§, vor o, « bewahrt als nc,
aber vor e, i zu «fs: intncare — tretichier; truncum —*■ tronc; ancilla
— ► ancele.
5. Übergangslaute. Solehe entstehen zwischen zwei
mehr oder weniger untereinander verschiedenen, unmittelbar auf-
einander folgenden koosonanten (vgl. 3 ponz III b, 20 ensemble)
t zwischen l und s, n und s, s und r:
pomus -* ponjz, melius -^*miels-^mieh, ess[e)re—>estre.
Nur so erklären sieh neubildungen wie Normant (-and), obl. zum
rektus Normanz {•*— Normanmis) , romant zum rektus romanz (ursprüng-
lich adverb. romanice).
d zwischen ^r und r, n und r, l und r:
consuere — *c6s{e)re — > cosdre, ven{i)re habemus — *■ vendrons,
vol{e)re }iabent—>voldront
Auch zwischen n und r, daher cingere — *cenere—>ceindre, plangere
—*' plaindre.
b zwischen m und l, m und r:
insemel — *ensemle — > ensemble, cam{e)ra —> chambre. .
6. Prothetischer vokal aus anlautendem s impurum: siehe
oben 1,7.
160 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
B.
Accent.
I. Die Art des Accents.
Der lateinische wortaecent war in historischer zeit ex-
piratorisch (dynamisch), d. h. er beruhte auf der tonstärke wie
im deutschen, nicht auf der touhöhe (musikalischer, chro-
matischer accent, wie er bei uns z. b. in der frage, ausserdem
mundartlich sehr viel begegnet). Die auf musikalischen accent
deutende terminologie des lateinischen ist einlach aus dem
griechischen entlehnt (accenius — zu canere — ist = jcQoacpdla,
acutus = o^t'e, gravis =■ ßaQvg).
Der expiratorische accent scheint im laufe der entwicklung
eine Verstärkung (vielleicht durch keltischen oder germanischen
einfluss) erfahren zu haben, worauf wenigstens der gerade im
französischen und provenzalischen fo aupgedt-hnte ausfall der
unbetonten vokale deutet: die verstäikung der tonsilben hatte
die schwächere betonung der nebensilben zur folge und trug
dadurch, zumal bei raschem sprechen, zum ausfall jener vokale
mit bei.
Neben dem wortaecent und zum teil unabhängig von ihm
besteht in den modernen sprachen der satzaccent. Welcher
art dieser in den alten und mittelalterlichen sprachen ge-
wesen und welche rolle er in ihnen gespielt, wissen wir nicht
Im modernfran/ösischen tritt im gesprochenen satz der wort-
aecent gegenüber dem satzaccent sehr in den hintergrund: da
die unbetonten silben meist verstummt sind, bleibt eine reihe
mehr oder weniger gleicbmässig accentuierter silben übrig.
Expiratorischer wortaecent und musikalischer satzaccent fallen
durchaus nicht immer zuFanimen, sondern kreuzen einander
häufig. So kann in dem satz Je connais cette maison die
Silbe mai- die höchste musikalische note, die silbe -son den
stärksten expiratorischen accent haben.
II. Die Accentabstnfang.
Im mehrsilbigen wort finden wir neben der tonsilbe, d. h.
derjenigen, die den accent im gewöhnlichen sinne des Wortes,
B. Accent: I. Art. — II. Abstufung. 161
den hauptaccent, trägt, ooch andere silben, welche schwächer
betont sind als jene, untereinander aber sich noch durch ver-
schiedene tonstärke unterscheiden können.
Im zweisilbigen wort gibt es eine haupt- und eine end-
silbe: cdput crücem prensam cinctam usw. Die auf den ton-
vokal folgende endsilbe ist nur schwachbetont, ihr vokal
wird geschwächt oder geht ganz verloren: chief croiz Charles
prise ctinte. Dagegen trägt eine dem tonvokal vorausgehende
einzelne silbe einen stärkeren ton als die schwaehtonige naeh-
tonsilbe: sie ist nebentonig. Ihr vokal bleibt daher meist
in seiner ursprünglichen lautung erhalten, d. h. er wird weder
gedehnt und diphthongiert wie unter dem hauptton noch ge-
schwächt oder beseitigt wie unter dem schwachton (vgl. coronam
— ► corone, baronem —*■ baron).
Wenn dem hauptton zwei silben vorausgehen oder folgen,
hat von den beiden vorton- oder nachtonsilben immer die am
.weitesten vom hauptton entfernte silbe den stärkeren accent,
die zwischen ihr und dem hauptton stehende silbe ist schwach-
tonig und wird ähnlich behandelt wie die unmittelbar auf den
ton vokal folgende endsilbe {fortimenie-^forment, femina-^
*femna — ► femme).
Auch bei diesen silben zeigt sich, dass bei sonst gleichen
Verhältnissen die nachtonsilben schwächer betont, vom haupt-
ton stärker gedrückt sind als die silben vor dem ton.
So fällt in der pänultima der gleiteworte auch das a aus
{colaphum—>colp), in der schwachtonigen vortonsilbe wird es
nur zu e geschwächt {btllamente—*belement) wie in der end-
silbe. Die erste von zwei vortonsilben hat den vollen neben-
accent wie die einzige vortonsilbe {cörondta-^coronee wie
Corona— *- corone), die letzte von zwei nachtonsilben hat bloss
einen schwachen nebenaccent, ihre vokale werden geschwächt.
Am schwächsten betont sind also die pänultimasilben in
gleiteworten {colaphum—> colp), demnächst die endsilben vokale
unmittelbar nach dem hauptton {unum—^un, unam—>une) und
die unbetonten (auf den nebenaccent folgenden) vortonvokale
{*V€nirajo—*vendrai, *portarajo—>porterai). Dies sind die so-
genannten Schwundstufen, welche meist völligen Verlust des
Vokals erleiden. Einen schwachen nebenaccent haben die end-
silben in gleiteworten {facere-^ faire mit erhaltenem endvokal
Vorctzsch, Stadium H. afrz. Sprache, 6. Aufl. \\
162 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
gegen nigrum —* neir, aber mit Schwächung von w, o zu e:
numerum—^nomhre, auch a: femina — *femna—*femme); starken
nebenaccent hat die einzige vortonsilbe (cöröna) und die erste
von zwei vortonsilben {cbrondta). Stärker als alle ist die
haupttonsilbe.
Ahnliehe abstufungen finden sich auch innerhalb des
Satzes bei gewissen Worten, die bald stark, bald schwächer
betont im satzzusammenhaog erscheinen oder sieh teils an
vorausgehende, teils an folgende worte aolehnen. So haben die
pronomina meist eine starkbetonte und eine nebentonige
oder schwachtonige form nebeneinander entwickelt: mei, tei,
sei neben me, te, se (nebentonig) und enklitisch m t s (Schwund-
stufe); meie, toe, soe neben ma, ta, sa; il, ele, eis neben le, la^
les, dazu die artikelformen li, le, la, les, und enklitisch Z, {l)s
in del, dl, des, as, nel = ne le, nes = ne les, quis = qui les usw.
Ahnlich stehen bei den adverbien und konjunktionen neben-
einander lai — la, quer — car, non — ne{n). %
Besonders der artikel steht im Verhältnis zum folgenden
Substantiv an und für sich nebentonig, daher zunächst mask.
li, lo, los, fem. la, las mit bewahrung des ursprünglichen vokals.
Vorausgehende präposition zieht den nebenton an sich, daher
lo, los zu le, les geschwächt werden, bei völliger Verschmelzung
mit der präposition unter verlust des vokals wie in unbetonter
vortonsilbe; der rektus li behält naturgemäss sein i wie sonstige
nebentonsilben {citez u. ä.) stets ohne Schwächung. Die feminin-
formen sollten nach präpositionen zu le les werden, aber wir
finden diese schwachtonige form nur im plural, wo sie auch
im nominativ und präpositionslosen akkusativ an stelle de»
nebentonigen las erscheint, während im Singular die neben-
tonige form la die schwachtonige form le verdrängt hat
(welche hingegen im picardischen dialekt durchgedrungen ist).
Auf ähnliche weise, durch entstehung von doppelformen und
sekundäre ausgleichung zu gunsten der einen von beiden,
erklären sich vermutlich auch die Verschiedenheiten in der
entwicklung der Possessivpronomina: nebentonig mon, ton,
son, ma, ta, sa neben sohwachtonig mes, tes ses (dialektisch
auch men, ten, sen, me, te, se). Endlich finden sich solche
vollentwickelte langformen und schwachbetonte kurzformen
auch in Substantiv und verb: in jenem dans — dan für
B. Accent: III. Stelle des Hanptaccents. 163
dom(n)es — dom(n)e (vgl. 9 domina) , sieur (monsieur) neben
seigneurtr— senior em\ in diesem es neben ics (lat. &), ai as
at (habeo -es, -et) für *age, *es, *et (vgl. 2 at), vat neben vet
(vadit).
Auf die konsonantische entwieklung wirkt die aecent-
abstufung insofern ein, als auslautende koDSOuanten, die un-
mittelbar nach dem hauptton erhalten bleiben, in unbetonter
Silbe fallen (wie rem-^rien gegen unum-^un, apud hoc—^avuec
gegen nec—>ne) oder als solche konsonanten in unbetonter
Silbe früher fallen als in betonter [jwrtat -oportet = porte
gegen portavit — *portaut—> portdt). Durch den schwächeren
accent und die damit zusammenhängende kürzere ausspräche
erklärt sich auch der ausfall von sonst festen konsonanten in
proklitischen werten: h in ubi—*-o ou, l in dels-^ des, als—*-as,
eis -^ es, qui les — quils—>qiiis 97.
in. Der Hauptaccent und seine Stelle.
Im lateinischen herrscht das sogenannte dreisilbengesetz,
d. h. der hauptaccent tritt nicht über die drittletzte silbe
zurück. Er ruht in mehrsilbigen werten auf der pänultima,
wenn sie lang ist, auf der antepänultima, wenn jene kurz ist.
Zweisilbige werte haben den accent auf der pänultima.
Diese Verhältnisse haben im französischen nur scheinbar
eine Verschiebung erfahren. Durch den ausfall unbetonter
vokale in der letzten und vorletzten silbe sind eine reihe von
barytonischen werten zu oxy tonischen geworden {monasterium
—*mostier, ratwnem—> raison, civitatts—>citez usw.). In allen
diesen fällen aber hat der lateinische accent seine stelle nicht
verändert.
Eine accentverschiebung findet sich in verschiedenen fallen,
die ihre erklärung teils in phonetischen Ursachen, teils und
zu allermeist in der analogie finden. Nachdem so infolge der
regelmässigen entwieklung die oxytonierenden werte das Über-
gewicht erlangt hatten, ist es erklärlich, dass neu in die
spräche aufgenommene worte diesem betonungpprinzip angepasst
wurden. Daraus erklärt sich, dass gerade die lehn und fremd-
worte häufig eine abweichung von dem ursprünglichen accent
zeigen.
11*
164 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
1. Der lateinisclie accent behält in erbwörtern
«eine stelle (vgl. 5 moillier 1*):
diurnum~*jorn, nionasterium—*mosüer, coronam-^corone.
2. Aecentverlegung infolge lautlicher Vorgänge.
a) In den aus betontem % (e) und unmittelbar fol-
gendem e oder p entstehenden diphthongen ie und io
(eo) rtiekt der accent auf den zweiten, volleren vokal
(vgl. 5 moillier 1^):
muUerem —*■ *mutierem — > moillier
fiUolum —> ßliölum — >• ßlluel
capreolum — > capreölum —*- chevruel.
Diese rein phonetische accentverschiebang ianerhalb eines diphthongen
ist im laufe der entwicklung noch öfter anzunehmen: so in e — >ie.--^ie,
p —*■ üo —*■ üe —*■ ue, üi—*-ui u.a. Dasselbe wiederholt sich später: vgl.
rei—*-r6i-^röe—*-tob — rod. — Nicht hinreichend erklärt ist, weshalb
parietem geschlossenes e entwickelt: *panete—*-parti — paroi (gegen
mulifrem — moillier).
b) In gleiteworten, deren letzte silbe mitmuta -{- r
anlautet, rtiekt der accent auf die pänultima:
cathedra— > cathedra—*- chaier 6 116
tonitru -^ tonitru — »■ toneire (359)
integrum —*■ integrum-^ entier.
Nach Neumann liegt der grund darin, dass r silbisch wurde und
einen vokal aus sich entwickelte {inteyxum —*- integerum) und die nun-
mehr auf der viertletzten silbe betonten worte dem dreisllbengesetz an-
gepasst wurden. Es scheint jedoch, dass die betonung auf der pänultima
von haus aus die natürliche, volksmässige, die auf der antepänultima die
auf der prosodischen messung beruhende betonung der gebildeten
spräche war.
3. Aecentverlegung infolge analogiseher Vorgänge.
a) Die 3. plur. perf. wird an die 1. und 3. sing, an-
geglichen (vgl. 18 o'irent):
hdhuerunt nach hdbui, hdbuit, daher öurent.
b) Angleichung an das simplex (rekomposition — ygl.
11 conquerrai I, 12 respondiet):
vendidit—>vendedit nach dedit, daher vendiet.
ß. Accent : III. Stelle des Hanptaccents. — C. Vokalismus. 165
e) Übergang in andere konjugationsklassen (konju-
gationstauseh — vgl. 31 chtir):
cader e — > cadsre — > cheeir
cader e — >■ *cadire — > che'ir
extorquBre — >• *ext6rquere —*■ estortre.
Diese aoalogisehe accentverlegung ist, wie die angeführten fälle
aeigen, meist die folge anderer vorgäüge, die mit dem accent an und für
sich nichts zu tun haben. Es ist in habaerunt nicht der accent von dem
e auf das a verlegt worden, sondern man hat zu hdbifi, hd^^it eine neue
3. plur. häby,erunt gebildet, ebenso zu füi ein fü{i)sti, fü(i)stu, zu bdtt^o,
e6ni'\io neue Infinitive bdttuere, cönsuere, zu cadis, cadit — cades, cad^t ein
cadsre (wie zu hab^s, habet ein hab^ie vorhanden war).
4. Aceentverlegung in lehn- und fremdwörtern:
fiaQrvQ{a) — mdrtyr -^ martirs 165
cdlicem—^calice 177
rüsticum —*- rustique (gegen ruiste 254)
v6lucrem—>volücre 127.
C.
Vokalismus.
Die entwieklung der vokale hängt, wie schon aus dem
vorigen abschnitt hervorgeht, im wesentlichen vom accent ab.
Dieser entscheidet in erster linie über schwinden oder ver-
bleiben, dehnung oder kürzung eines vokals. Demnächst
kommt silbensehluss und art der umgebenden laute in betracht.
Unbetonte vortonvokale fallen leichter vor einfacher als vor
zusammengesetzter konsonanz, desgleichen bleiben endsilben-
vokale vor -nt sowie nach gewissen ohne vokal schwer sprech-
baren konsooanzen bestehen. Nebentonige vortonvokale ver-
ändern sich an und für sich nicht, wol aber unter eioflass
eines vorausgehenden oder folgenden konsonanten oder auoh
eines folgenden tonvokals. Silbenschliessende haupttonvokale
endlich behalten ihre länge oder werden lang, haupttonvokale
in konsonantisch schliessender silbe bleiben kurz oder werden
gekürzt. Die kurzen vokale behalten dabei meist ihre qualität,
166 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
die langen werden zweigipflig (doppelteilig: da, ob, ee) und
differenzieren ihre beiden glieder meist zu diphthongen.
Neben den spontanen, nur von accentstärke, silbensehluss
und Vokalquantität abhängigen lautwandel der vokale tritt,
namentlich bei den ton vokalen, seltener bei den nebenton-
vokalen, der bedingte, von den umgebenden konsonanten oder
vokalen beeinflusste lautwandel: freies ^ zu ei {plena—> pleine),
vor l infolge umlauts zu i {*prensi—*'pris), nach c, gmi {mercedem
—>mercit); ei in der späteren entwicklang zu oi—*-ua, vor nasal
aber als ^ — ? geblieben (plein, pleine); unterm nebenton
freies a erhalten, nach c palatalisiert zu e (baron — Chevaliers).
Einige änderungen gehen die vokale verschiedenartig be-
tonter Silben an. Der nahezu gemeinromanische Übergang von
t in den nächstverwanten laut ß und ebenso von ü zu o voll-
zieht sich allgemein, in haupttoniger wie in nebentoniger silbe,
und so auch in der schwachtonigen, wo das französische jedoch
den neuen laut entweder zu e verdumpft oder ganz beseitigt
hat. Der galloromanische wandel von ü zu ü tritt in haupt-
toniger wie in nebentoniger silbe ein (schwachtonige kommt
wegen Untergangs der lat IV. deklination nicht in betracht).
Die franzöisische (teilweise auch provenzalische) nasalierung
der vokale vor nasal betrifft wiederum die silben aller accent-
stärken.
I. Allgemeines über die haupttonigen Vokale.
1. Lat. « und u»
Lat. kurzes (offenes) i wird in freier wie in gedeckter
Stellung zu geschlossenem e (vgl. 2 en):
cinctam — > cenda — ► cßinte, ßdem -^ fßde —> feit.
Lat. kurzes (offenes) u wird in freier wie in gedeckter
Stellung zu geschlossenem o (vgl. 1 jorn II):
diurnum -> jgrn, gula — > gole
2. Die Quantität der tonvokale.
Kurzer vokal in offener silbe wird lang, langer vokal in
geschlossener silbe wird kurz (Ten Brink'sches gesetz — vgl.
2 Chief IVsi):
C. Vokalismus: I. Allgemeines über die haupttonigen Vokale. 167
Caput — > cäpo — Chief quaerere — qu^r(e)re — > quqrre
fidtm — > f^de — feit dsbita — deh{i)ta — > dette.
Betonte einsilbige worte haben stets langen vokal, auch vor kon-
sonantischem silbenschluss : irans — träs — *• tres^ rem — r^m — > rien, cor —
c^r — >■ euer.
3. Die spontane diphthongierung.
Die ursprünglich langen oder nach 2) gelängten vokale
neigen zur zweigipfligen ausspräche, deren ergebnis in den
meisten fällen die diphthongierung oder sonst eine qualitative
Veränderung des vokals ist. So wird
vulgärlat. g zu uo — ue:*völet — *vglet—*'VuoU — vuelt
„ ? zu ie: merum — m^ro—^-mier
„ f zu ei: plenam—* pleine.
Die diphthongiernng beruht auf der länge und der daraus hervor-
gehenden Zweigipfligkeit des vokals. Dieser braucht also zur zeit, als
die diflFereDzieruug des 6b zu wo, e'e zu ie eintritt, nicht mehr in freier silbe
zu stehen : daraus erklärt sieh, dass ö, welches in unserem text noch als ö
erhalten ist {proz, lor, color), noch im 12. jabrh. zu ou — eu diphthongieren
kann. Die beim eintreten des galloromanischen endvokalgesetzes vor-
handenen vokallängen bleiben erhalten, sie fallen nicht mehr unter das
viel ältere, gemeinromanische gesetz von der kürzung der langen vokale
in gedeckter Stellung.
4. Der Umlaut.
Vor folgendem « wird geschlossenes e (lat. e oder i) zu i,
geschlossenes o (lat. ü oder ö) zu ü (vgl. 1 fuf, 7 il):
iUi—>il { füi—>fm
'*pre{n)si—>pris j tötti—*tüit_
Wie weit auch folgendes hiatus-i umlaut wirkt, ist noch strittig,
doch scheint der umlaut gesichert bei H, ry. cilium — > cü, ^brium — ►iwre
(65u>, auyünum — *■ tür. In andern fällen war das hiatus-i schon in dem
vorangehenden konsonanten aufgegangen, ehe der i-umlaut eintrat.
5. Die bedingte diphthongierung.
Unter einfluss eines folgenden i (l, % jothaltige konss.)
oder M werden die offenen vokale q und q zu ie und uo — ue
diphthongiert (vgl. 6 mielz II, 11 espitt II):
168
18
Zweiter Teil: Die
Lautgesetze.
melius—^
speot— i
- mieU
- espieut
— espiet
*voleo-io — >
corium — >
■ vuoil—^
■ *cuoir -
. vueil
— cuir.
Diese diphthongierung beruht nicht auf der länge des vokals, sie
tritt daher auch in geschlossener silbe ein. Die ausspräche des u in diesem
diphthong uo — ue war vermutlich ü.
6. Die nasalieruDg.
Die nasalieröDg der vokale vor n oder m tritt altfranzöaiseh
in offener wie geschlossener silbe ein, wenn sie auch in der
letzten vermutlich älter ist. Sie betrifft alle vokale. Doch
werden nur ß und ^ zugleich auch in der klangfarbe verändert,
die übrigen vokale behüten ihre vorherige qualität (gedecktes p
vor nasal ist schon früher zu g geworden).
Also:
unum — ün — > ü, una — > üne — >• üne;
de unde — dont ■—*■ dqt, Corona — »• corone, mgntat — montet —> motet;
tantum — tant—^tät, sanctum—>saU, longitanum—>lo%ta%;
plena-^pltine, cincia—>ceUe, flnem—^ft;
aber : -m^nte — ment —> mät, in — en—* ä;
fem(i)na — >■ ßme — > fäme.
Die nasalierung ging von den folgenden nasalkonsonanten n und m
ans: die zu deren ausspräche nutwendige luckerung des gaumensegels
wurde bereits bei der ausspräche des vorausgehenden vokals voraus-
genommen. In der ältesten zeit wurde jedenfalls auch der nasalkonsonant
noch gesprochen: en = än — äv (mit -vg am ende), plein = pletn — pleXv,
ebenso wie a,nch in offauer aUhe pleine = plrtne, corone = coröne. Im laufe
der zeit ist er in geschlossener silbe verloren gegangen, nur der nasalvokal
ist übrig geblieben (S), während in offener silbe die nasalierung des vokals
seit dem 17. jahrh. wieder verloren ging und nur der nasalkonsonant er-
halten blieb (pleine = pl^n). — lua folgenden ist die nasalierung nur bei
denjenigen vokalen besonders berücksichtigt, welche zugleich qualitative
Veränderungen erlitten haben.
IL Die einzelnen hanpttonigen Vokale.
ü wird in freier und gedeckter Stellung zu ü (vgl. 1 un):
ünum~>un (ü), nüUum—>nul; drüt-—>drut.
C. Vokalisnins: ü. Die einzelnen haupttonigen Vokale. 169
ü wird in gedeckter stellnng zu kurzem o (vgl. 1 jorn II):
diürnum-^jorn, unquam—^cnque (oke),
in freier Stellung zu p (wie ursprüngliches ö, vgl. 2 corone III):
güla —f göle,
vor I (i) in freier oder gedeckter Stellung zu ü (vgl. 1 fut):
füi-^ für, augürium — > eür,
mit sekundärem (aus mouillierten konss. entstandenem) i zu
öl (vgl. 2 cro«>, 7 jpom):
crucem —> croiz, pugnum—t'poin,
in lehn Worten zu ü (vgl. 4 dus):
ducem—*duc.
ö wird in gedeckter Stellung zu kurzem o (vgl. 22 cort):
cohortem — cörtem — ► cgrt (wie oben jorn),
bleibt in freier stellang als ö (vgl. 2 corone III):
Corona— »-coröne {corone), *prodis-*prüz,
wird vor I (^^ zu i* wie oben m:
tötti — >• ^tti^,
mit sekundärem i zu pi:
co^wosci^— > cowpjs^.
Vor folgendem labialkonsonant ist geschlossenes o (lat. ti und 9) zu
offenen o geworden und entwickelt sich wie dieses: Stttm— >"püM— »-«e/,
)ttucw«m —^jgvene —^juevne.
o bleibt in gedeckter Stellung als g (vgl. 15 portet I):
portat -oportet,
wird vor gedecktem oder auslautendem nasal zu p — ö:
*mgntat—^mö{n)tet 133, com{i)tes —*- co(n)tes 137,
hom{i)nes—>-homes — hgtnes 208,
diphthongiert in freier Stellung über wo zu üe (vgl. 22 &o«5):
*i;oZe< — >- vuelt, bonum -* &Mew,
diphthongiert in freier oder gedeckter Stellung vor mouil-
lierten konsonanten zu uo — ue (vgl. 6 mielz II):
*voleo — > vueil,
170 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
mit sekundärem i zu uoi — ui:
*postms — >■ *puois — puis, noctem — > * nuoit — nuit.
Domina— >dame 9 erklärt sich als nebentonige form. — Deo{r)8um
(746, vgl. 8. 11) wird unter einfluss von su(r)tium — sus za jus (vgl. ital. giü).
au wird zu offenem o (vgl. 3 or):
aurum —*■ or,
mit folgendem i zu Qi:
gaudia~->jgie 118.
So auch -abula—>-aula-^*--Qle:pardbola~-*'parole^\ ha* hora-->-gre,fr.
u in gedeckter Stellung bleibt (vgl. 1 Charles I):
Karlo —> Charle, *sabium—*sage\ tantum-^tant,
mit folgendem i zu ai:
facta— *faite, sanctum—*- saint,
in freier Stellung (ausser nach palatal oder vor palatal oder
nasal) zu f (vgl. 3 espee IV):
spaiham -^ esp^*' ; tra{n)s -^ tres,
in freier Stellung nach palatal zu ie (vgl. 2 chief IV b):
Caput—* Chiefs * pretiare-^ preisier,
in freier stelluog vor palatal bleibt a:
pacat — paiet, plaga — plaie,
in freier Stellung vor nasal zu ai — aV.
*longitanum-^lointuin, 68, *remdnet—>rema%nt 92,
vor silbenschliessendem labial zu g (vgl. 2 Rout IV):
habuit — auuit-^out, clavum — clau—>clou.
Der Übergang von freiem a za. e beroht auf der länge oder dehnuog
des a in freier stei ung (vgl. s, 166 f. unter 12, 3) ebenso wie die diph-
thongierung von freiem f, p, f, p, führt also möglicherweise durcu eine
diphthongische Vorstufe hindurch (da — äb — ee — e). — Die endung -arium,
-ariam, nimmt eine besondere entwicklung: vgl. 4 chevaUers I.
ae wird kontrahiert zu ^ (vgl. 9 ciel II):
daraus in freier Stellung der diphthong ie:
caelum—*-c^lo — > ciel,
in gedeckter Stellung kurz ?:
quaerere — > qu^r(e)re -^ querre.
C Vokalismns: IL Die einzelnen haupttonigen Vokale. 171
c in gedeckter Stellung bleibt (vgl. 6 hei I):
hellum—^hel,
wird vor auslautendem oder gedecktem nasal über S zu ä
(vgl. 2 en II, 12 folement II):
* follamente—*' folement = folemät,
diphthongiert in freier Stellung zu ie (3 mier II):
merum-^mier, bene~*bien (biS),
diphthongiert, frei oder gedeckt, vor mouillierten konsonanten
oder vor u zu ie (vgl. 6 mieh II, 11 espiet II):
melius— *-mielj3, monasterium—*-mo stier,
mit sekundärem i zu iei, reduziert zu i:
despecium —> *despieit—* despit,
mit u zu ieu, gewöhnlich zu ie reduziert:
deum — »• dieu, speot—* espieuf — ► espiet
Wegen 1)(m und Dp vgl. v. 32.
e in gedeckter Stellung wird gekürzt zu ^:
deb{i)ta-^d$te,
mit sekundärem i zu ei (vgl. 1 reis II):
rex — >■ re«5, directum — »• cJreiY,
vor gedecktem oder auslautendem nasal über ^ — ^ zu «
(vgl. 2 ew II):
prendit— * prent = prät 86, prendent, prendre,
diphthongiert in freier Stellung zu ei (vgl. 8 pleine):
plenum —yplein, plenam —> pleine ; tres — ► treis,
wird nach palatal in freier Stellung zu i:
mercedem-^mercit 32,
frei oder gedeckt, vor folgendem t (i) umgelautet zu i
(vgl. 7 iiy.
*pre{n)si—*-pris, ebrium—^ivre.
t in gedeckter Stellung wird zu ^ (vgl. 2 «« I):
mittit-^m^t,
172 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
mit sekundärem i zu d:
nigrum—*-neir; cinctam—*'Ceinte,
vor gedecktem oder auslautendem nasal ebenso wie e zu ä
(vgl. 2 en II):
intra—> entra—^ entre = ätre, in—*'en = Ä,
in freier Stellung lang ($) und diphthongiert zu ßi (wie lat. e):
fidem—t-f^it; quid (betont) ->g«f^,
frei oder gedeckt, vor folgendem ? (i) umgelautet zu *:
illi—*-il, cilium—^cii.
i bleibt, frei oder gedeckt, als i erhalten (vgl. 13 dist I):
vidit -r* vit, dixit — > dist
III. Die nebentonigen Vokale.
(Vokale in nichthaupttonigen anlautsilben.)
ü wird wie unter dem haupttqn zu ü (vgl. 1 un II):
jurare —^jurer, Hugonem — > Hugon.
ü, ö wird in freier wie in gedeckter Stellung zu p (nfr. ou):
*diurnata -^jornee, *monistermm — >• möstier —> mgstier.
o bleibt in gedeckter Stellung (nfr. o — vgl. 12 folement II):
*follamente — > fglement,
wird in freier Stellung zu o (nfr. ou — vgl. 2 corone V):
Corona —> corone.
Ö, ö, u vor nasal, frei oder gedeckt, zu e (vgl. 4 demeines III):
dominium —*■ demeine, truncare — > trenchier.
au wird wie unter dem hanptton zu q kontrahiert, vor vokal
zu 0 (nfr. ou — vgl. 3 or I, 18 ouent):
*au{c)toricare — *• gtreiier; audiverunt—*- mrent
Vor folgeEdem betonten u wird au durch dissimilation zu a: auffustum
— >• *agti8tum — > aost, nugurium — > *agurium — >• *aür — dir.
C. Vokalismus: III. Die nebentonigen Vokale. 173
a bleibt in gedeckter Stellung stets erhalten (vgl. 4 harons III):
incalciare —*■ enchalcier, mandare — > mander,
in freier stellang (ausser nach c und g) erhalten:
* baronem — >- baron,
«
wird in freier stellang nach c, g zu e (vgl. 4 Chevaliers Va):
caballarios —*■ Chevaliers, gal(l) ina — > geline.
Vor unmittelbar folgendem betonten ü (nach ausfall dazwischen-
«tehender konsunaaten) wird a zu e: a{u,)gurium — *aür — *-eür, maturvm
— *maür—*-meür. — Zu ca- vgl. noch 73 chameilz, 116 chaieres.
ae wird frei und gedeckt zu e kontrahiert (vgl. 11 con-
querrai III):
conquaerere + habeo -^ conquerrai, ^exlaetitiare—*- esleecier 174.
e bleibt frei und gedeckt als e (14 legiers II):
* leviarium -> legier.
e, * bleibt frei und gedeckt als e (vgl. 2 ew I, 10 5m^ III):
ssdisset — >• seis^, signavit — > seignat.
Die qualität dieser aus ae, e, e, ? entstandenen e ist nicht sicher,
vielleicht war sie zunächst bei allen die gleiche. — Vor r (vereinzelt auch
vor l oder nasal) wird e zu a: mercatum — >• marchiet, per — ► par, parmi usw.
Vorsilbe ra- für re- ist auch sonst häufig (raneiet Eulalia, ramtiSr,
ratenir usw.).
♦ bleibt frei und gedeckt als i (vgl. 9 veistes IIa):
cloitates —> citez,
wird zu ß vor folgendem haupttooigen *:
vi(nnum—>'veisin, vidisti — *vedist--*'Vets.
Nasal vokale. Vor nasal entstehen bei sämtlichen vokalen
die entsprechenden nasal vokale:
Imperator — > emperere == aperere
repentit (zu paenitere) = repätit
manderai = mäderai
truncare — ► trenchier = tr achter s. o.
*respondedit — »■ respödiet, longitanum — > loitai.
174 Zweiter Teil: Die Lautgesetze.
Diphthongen. Mit sekundärem i (ans mouillierten kon-
sonanten) entstehen die entsprechenden diphthongischen Ver-
bindungen:
*adrationare —*- araisnier 8
*pretiare—*-preisier 13
gaudiosum — ► joios 858.
Eine eigentliche diphthongierung findet in nebentoniger silbe nicht
statt, sie ist an die haupttunsilbe gebunden. Daher edeecier gingen litt •*—
laetum, volons voleir gegen vuelt, meillor gegen mieldre mielz, preisier
gegen *prieiset — priset.
IV. Die schwachtonigen Yokale.
1. Hiatusvokale.
Unmittelbar vor vokal stehendes unbetontes u oder i
(oder e) wird zum halbvokal {u — j,), später teilweise ganz
konsonantisch {v — j).
Wegen der einzelheiten vgl oben den konsonantismus, abschnitt IV.
Aus verschlnsslaut + U entstandenes im wird je nach den umgebenden
lauten verschieden behaudelt (wichtig namentlich die «t-perfekta, deren
entwlcklung freilich manche Schwierigkeit bietet). — Hiatus-i lallt nur
nach qu {quietum — >coit) sowie in *paij.etem (vgl. 5 moillier Ib) — *-paroi,
sonst verschmilzt es mit den vorausgehet) den konsonanten zu mouillierten
Verbindungen, worüber konsonantismus IV zu vergleichen.
2. Die pänultima in gleiteworten.
In der unbetonten pänultima fallen sämtliche vokale, aneh o,
ans (vgl. 9 dame 1):
domina -^*domna — > dame, colaphum — ► colp.
Der Vorgang beginnt bereits in lateinischer zeit und setzt sich bis
in die französische sonderperiode fort. Formen wie cewdre = cingere
(prov. cenhtr), juevne =juvenem (prov. joven) sind nur französisch.
3. Unbetonte vortonvokale.
Die vokale der zwischen nebenton und hauptton stehenden
vortonsilben verstummen vor leichter konsonanz, ausgenommen a,
das als e erhalten bleibt (vgl. 1 mostier IV):
*monisterium —* mostier , *baronatus — > barnez;
})ellamente—*-helement.
C. Vokalismus: IV. Die schwachtonigen Vokale. 175
Vor schwerer konsonanz werden die vokale ausser a zu e
geschwächt (vgl. 17 corrtciez I):
*corruptiatus — * correciez; caballarios -> Chevaliers.
Sekundärer ausfall eines aus a entstandenen e neben r:
comparare habetis — >compartrez — *-coniparrez (siehe v. 24).
Erhaltung des vortonvokals unter analogiscbem einfluss:
coronee statt *cornee nach Coronet coröne (siehe v. 6).
Erhaltung des vortonvokals in lehnworten:
Imperator— >emperere (siehe v. 5j, peregrinum—>pelerin.
4. Die vokale der endsilben.
Die vokale der unbetonten endsilben fallen ausser a, das
als e erhalten bleibt (vgl. 1 un III):
unum—>un, habuit—^ont;
prensam-^prise, portal— oportet.
Die unbetonten endsilbenvokale bleiben, in der regel zu e
geschwächt, in folgenden lallen erhalten:
a) vor mehrfacher konsonanz {nt — vgl. 18 öirent)'.
audiverunt —*■ ouent.
b) nach gewissen ohne vokal schwer spreehbaren kon-
sonantengruppen (zwei angleichen liquiden oder nasalen, nasal
-f liquida, l -f nasal, dental + r, labial + r oder l, konsonant
+ Zischlaut, vgl. 1 Charles III, 27 riches III) :
somnum —* somn e, insemel —*■ ensemhle,
d. helm—^helme, pntrem—*-pere, febrem—^fievre,
*sabiuni —* sage.
Also nicht nach r + nasal (diurnum—^jorn, vermem—>verm), palatal
+ r (nigrum—>neir), palatal + l {periclum—>-peril, vigilo—>veil).
c) von den gleiteworten verlieren die in alter zeit redu-
zierten auch den end vokal: plac{i)tum-*plait 860; die später
reduzierten behalten ihn (wol wegen des darauf liegenden
schwachen nebentons): fac{e)re-* faire.
d) auslautendes u oder i verschmilzt mit vorausgehendem
tonvokal zum diphthongen: de-um-^deu — dieu, fu-i—> fui {etwa
deüj dieü, f'üi genprochen);
so auch bei früher gefallenem zwischenlaut:
paucum-^pou, locum~>*lou-^lieu, habui—*'*auui—*'Oi.
176 Übersicht.
*
Übersicht der gebrauchten Zeichen.
geworden zu
entstanden aus (s. 5)
erschlossene, in der schriftliehen tlberlieferung nicht belegte
Worte oder formen (s. 8)
[ freie Stellung des vokals (in einer mit vokal scbliessenden
Silbe)
] gedeckte Stellung des vokals (in einer mit konsonant
scbliessenden silbe) (s. 14 u. 36)
Punkt {? 0 i u) bezeichnet geschlossene ausspräche eines vokals
Häkchen {§ q \ ^) bezeichnet offene ausspräche (s. 6)
iu bez. konsonantische, nicht silbenbildende i und v, (s. 10)
ä ^ 1 5 ü: nasaliertes a e i o ü (s. 8)
»: gutturaler nasalkonsonant (ng)
ie: einsilbige (diphthongierte) ausspräche
ie: zweisilbige ausspräche
■$: stimmloses s, s: stimmloses seh
01 stimmhaftes s, z: stimmloses seh ^^
c', <'u8w.: mouilliertes (jotaziertes) et usw.
t'. mouilliertes l
^: mouilliertes n
l f. sonantisches (silbebildendes) l, r (s. 58)
Eingeklammerte verszahlen, wie (371), bez. verse aus dem hier
nicht behandelten teil der Karlsreise.
Dritter Teil.
Text:
Karls Pilgerfahrt nach Jerusalem
(Laisse II— XV, Vers 32—258)
und die Heimkehr von Konstantinopel
(Laisse L-LIV, Vers 802—870).
Der vorausgehende abschnitt gibt auf grund der im text
«ich bietenden beispiele und regeln eine zusammenhängende
Übersicht über die wichtigsten lautwandlungen des altfran-
zösischen. Es kann daher im folgenden auf eine systematische
betrachtung der einzelnen worte in der bisherigen art ver-
zichtet werden. Jedoch wird tiberall da eine erläuterung ge-
geben, wo die bisher behandelten regeln zur erklärung des
betreffenden Wortes nicht ausreichen. Die Wortbedeutung siehe
im Wörterbuch.
Zur bequemeren tibersieht wird hier die I. laisse im Zu-
sammenhang wiederholt, mit der phonetischen Umschrift, wie
sie im einzelnen oben festgestellt worden ist. Stumme oder
vermutlich stumme sowie zu elidierende laute sind in klammern ( )
gesetzt.
Yorctzach, Studiii u d. afr. Sprache. 5. Aufl. ]2
178 Dritter Teü: Text.
I. Laisse.
Vers 1 — 31.
(Assonanzvokal ie.)
1 Un jorn fut li reis Charles al Saint Denis mostier..
Rout prise sa corone, en eroiz seignat son Chief.
Et at ceinte s'espee dont li ponz fut d'or mier.
Dus i out et demeines, barons et Chevaliers.
5 Charles li emperere reguardet sa moillier,
Ele fut coronee al plus bei et al mielz.
II la prist par le poin desoz un olivier,
De sa pleine parole la prist a araisnier:
'Dame, veistes onques rei nul dedesoz ciel,
10 Tant bien seist espee ne la corone el chief?
Encore conquerrai citez od mon espi^t.'
Cele ne fut pas sage, folement respondi6t:
'Emperere' dist ele 'trop vos poez preisier.
Encore en sai je un qui plus se fait legiers,
15 Quant il portet corone entre ses Chevaliers:
Quant la met sor sa teste, plus belement li siet'.
Quant l'entent li reis Charles, molt en est correciez^
Por Franceis qui l'o'irent, molt en est enbronchiez:
'E, dame, ou est eil reis? Car tost le m'enseigniez!
20 Si porterons ensemble les corones es chies,
Si i avrat voz druz et toz voz conseilliers.
Je manderai ma cort de mes bons Chevaliers.
Se Franceis le me dient, donc l'otreierai bien.
Se vos m'avez mentit, vos le comparrez chier:
25 Trencherai vos la teste od m'espee d'acier'.
'Emperere' dist ele 'ne vos en correciez!
Plus est riches d'aveir et d'or et de deniers,
Mais n'est mie si proz ne si bons Chevaliers
Por ferir en bataille ne por ost enchalcier'.
Quant 90 vit la reine que Charles est iriez,
31 Forment s'en repentit, vuelt li eheir as piez..
I. Laisse (Vers 1—31). 179
1 Üd dzörn ftit li reis tsarles al saint denis mostier,
Rout prize sa corone, äü croits senat söd tsief,
E(t) at tseite sesp^e dönt li pönts ftit dor mier.
Dtig i out e demeines, barons e tsevaliers.
5 Tsarles li ämperere reguarde(t) sa moiier,
Ele füt corönee al plüz b^l e(t) al mielts.
II la prist par le poiD desots ün olivier,
De sa pleine parQle la prist a arai(z)nier:
•Dame, veistes ODkes rei ntil dedesöts tsiel
10 Tänt biea seist espee ne la coron(e) el t§ief?
ÄöCQre eönkerrai tsitets od mön espiet'.
Tsele ne füt pas sadze, folemänt respöndi^t:
'Ämperere' dist ele 'trQp vos poets preizier.
ÄDeQr(e) ä sai dze Ud ki plus se fait ledziers,
15 Cänt il pQrte(t) coröae äntre ses tsevaliers:
Cänt la met sor sa t^ste, plüz belemänt li siet'.
Cänt läntänt li reis tsarles, molt an est corretsiets,
Por fräntseis ki loirent, molt an est ämbröntsiets:
'E, däm(e), u est tsil r^is? Car tQst le mänseniets!
20 Si porteröns änsämble les corSnes es tsies,
Si i avrat vots drüts e tots vots cöseliers,
Dze mänderai ma cort de mes bons tsevaliers.
Se fräntseis le me dient, donc lotreierai bieu.
Se vos mavets mäntit, vos le eömparrets tsier:
25 TräDtserai vos la t^ste od mespee datsier'.
•Ämperere' dist ele 'ne vos äD corretsiets!
•Plüz est ritses dav^ir e d^r e de deniers,
Mais n'est mie si pröts ne si böns tsevaliers
Por ferir äo batale ne por Qst äntsaltsier'.
30 Cänt tsQ Vit la rtioe ke tsarles est iriets,
Formänt sän repäntit, vuelt li tseir as piets.
12*
180 Dritter Teil: Text.
II. Laisse.
Vers 32 — 42.
(Assonanzvokal g = e -<— ä.)
32 'Emperere' dist ele 'mercit por amor Den!
33 Ja sui je vostre femme, si me cuidai joer.
34 Je m'eseondirai ja, se vos le comandez,
35 A jurer sairement o juise a porter:
36 De la plus halte tor de Paris la eit^t
37 Me larrai eontreval par creant devaler
38 Qae por la vostre honte ne fut dit ne penset'.
39 'Non ferez' 90 dist Charles 'mais le rei me nomez!'
40 'Emperere' dist ele 'ja nel puis je trover'.
41 'Par mon chief 90 dist Charles 'orendreit lern direz.
42 0 je vos ferai ja eele teste colper'.
Erläuterungen.
32 mercit: lies mertsit, lat. mercedem.
Nach der allgemeinen regel (9 pleine I) wird freies e
zu ei. Unter einfluss eines vorausgehenden palatals (c. g — i)
wird es aber zu i. Vgl. noch:
Saracenos—*- Sarazins 224
licere-^leisir (445)
placere—^plaisir (592)
page{n)se —* pazs 861
cera —> cire.
Regel: Freies e nach palatal wird zu i (vgl. s. 171).
Mercit „gnade!'*, hier, in ihrer gefährlichen läge, von der
königin im eigentlichen sinn gebraucht, sonst meist in ab-
geschwächtem sinn zur einleitung der rede: „mit verlaub".
por amor Deu;
I. Wegen der konstruktion vgl. v. 1 al saint Denis mostier.
IL Amor lautet neufranzösisch amour, nicht ameur, wie
nach douleur, honneur, leur, douloureux -euse zu erwarten
wäre (vgl. 2 corone III). Man nimmt gewöhnlich an, dass das
II. Laisse (V. 32-7-42): mercit, por amor Deu. 181
adjektiv amoureux, wo das vortonige o regelrecht zu ou wurde,
auf den tonvokal des Stammwortes eingewirkt hat. Immerhin
bleibt es auffällig, dass hier ein vielgebrauchtes Substantiv
durch ein keineswegs häufiger gebrauchtes adjektiv beeinflusst
wird und dass in ähnlichen fällen, wie douleur — douloureux,
die beinflussung nicht wirksam ist. Daher vermutet Neumann
hier provenzalischen einfluss. Schon altfranz. steht amor neben
doleur, grandeur u. a., und amor gerade ist „das hauptwort,
der hauptbegriff der altfranzösischen lyrischen diehtung. Und
wie sich diese im wesentlichen an das provenzalische muster
anlehnt, so tibernimmt sie auch von daher das in frage stehende
wort. Mit dem Import der neuen sache, des neuen begriffs
der höfischen minne, amor, ist zugleich das wort dafür nach
dem norden gekommen." Man kann diese erklärung noch
durch den hinweis stützen, dass auch zwei andere werte,
welche in dem begriffskreise des minnedienstes und der minne-
lyrik zu den häufigst gebrauchten werten gehören, dieselbe
ersch einung zeigen: ^aZos — jaloux, espos — epoux stsiit *jaleux,
*epeux. Schon bei Crestien von Troyes, dem ältesten Vertreter
der höfischen lyrik in Nordfrankreicb, bilden diese worte eine
ausnähme [jalos, espos gegen angoisseus, honteus, perilleus)
sind also wol als provenzalische lehnworte oder wenigstens als
beinflusst durch die entsprechenden prov. formen anzusehen.
Amor, afr. feminin (vgl. oben s. 42), ist unter einfluss des
lat. etymons (besonders des eigennamens Amor) wieder mask.
geworden.
III. Deu-t—Deum. Lat. deum erscheint im altfr. als dieu
(diu), deu, De (lies dieu — diu, dßü, de). Alle drei formen
gehen auf vulgärlat. einsilbiges deu zurück: auslautendes u
verschmolz mit unmittelbar vorhergehendem tonvokal zum diph-
thongen, daher in dieser Verbindung ursprüngliches endungs-w
beim fall der endsilbenvokale als teil der tonsilbe erhalten
blieb. Vgl. noch metis ~^*mieus (wozu das pikardische fem.
miue gehört).
Nach der regel diphthongiert q vor u zu ie, also deum
—>dieu. Daneben finden sich d^u, das wohl als lehnform zu
betrachten ist, und De (dieses nur als eigenname), das aus
jener als nebentonige oder kurzform entstanden ist. In beiden
182 Dritter Teil: Text.
formen wird ? zu c vertieft (beide reimen mit ^-^—ä), wie in
den übrigen lehnworten ähnlichen Charakters (Ändreu, Maheu,
Ebreu, Jud^u u, a.).
33 sui: lies süi, aus lat. sum.
Lat. süm wurde stark betont (als selbständiges verbum
oder bei nachdrücklicher betonung auch als kopula) zu son
mit erhaltenem nasal wie rem-^rien (vgl. ital. 50wo), schwach
betont (als kopula) zu so. Diese form liegt dem prov. soi, sui
und dem franz. stii zu gründe. Nach dem muster von habeo —
^ajo — ai wurde so zu soi (wie ital. son nach amo, temo, vendo
zu sono). Soi (im prov. vorhanden) wurde unter einfluss der
1. perfektform fui franz. und prov. zu sui. ' (Nach Suchiers er-
kläruDg wurde so nach dem muster von amo, vendo usw. zu
soo, unter Verschmelzung der beiden vokale zum diphthongen
zu einsilbig suo, mit i nach fui zu *suoi — sui.) — Nfr. suis
(seit dem 16. jabrh.) hat das für alle ersten personen ind. präs.
(ausser der a-klasse und ai<~haheo) charakteristische s (nach
puis, nais, fais usw.) erhalten.
femme: lies fäme, aus lat. femina.
Wie domina (siehe 9 dame) verlor auch femina früh den vokal
der pänultima: femna^ woraus durch assimilation des zweiten
nasals femma und durch Vereinfachung der doppelkonsonanz
(vgl. 4 Chevaliers III) ferne wurde. Wie in-en-^ä (v. 2) wird
ferne durch die nasalierung des tonvokals über fSme zu fäme.
zur bezeichnung des nasalen a häufig fenme, femme, auch fanme
(daneben fame, ferne) geschrieben. — Durch die im 17. Jahr-
hundert einsetzende entnasalierung in offener silbe (vgl.
2 corone VI) wird fäme zu fame — fam.
me cnidai: lies cüiddi, aus cogitavi.
I. Ursprüngliches *coagito wurde schon im lat. über cggito
zu CQgito (vgl. 22 cort). Hieraus wäre zunächst *cögido —
"^cojdo — *coit (inf *cogidare — *coidier) geworden. Ob in den
stammbetonten formen das i (j) einen umlaut, also regelrecht cuit
(s. u. V. 55) Guides cuidet, hervorrufen konnte, ist sehr zweifel-
haft. Jedenfalls finden wir weder im franz. noch im prov.
eine nebentonige form mit o, während andrerseits auch solche
II. Laisse (V. 32—42) : sui, femme, me cuidai, joer, juise. 183
romanisclie sprachen, welche den i-umlaut nicht kennen, u
zeigen. Daher ist wol eine vulgärlat. form *cügito anzusetzen^
deren U im franz. und prov. regelrecht zu ü wurde, in den
übrigen romanischen sprachen als u blieb.
II. me cuidai: ich gedachte bei mir, mit reflexivem datir
(vgl. se mourir u. ähnl.). Me vertritt im francischen den dativ
und akkusativ, mi = lat. mihi gehört anderen dialekten an.
Cuider findet sich im nfr. noch bei La Fontaine, jetzt ist
es veraltet ausser in den ableitungen outrecuidant, outrecuidance.
joer: lies dzo-er, aus jocare.
Das intervokale c (g) vor a wird hier anders behandelt
als in den unter 9 ml aufgeführten beiepielen {pacare—^pai-
iei', precatum—>preiiet, *regalimen—>reialme). Wie in joer
verstummt der palatale explosivlaut in:
carruca-^charrue (283)
locare-^loer {aloez, Alexius 78)
advocatum-^avoet (Roland 136)
auca — > oe
ruga — * nie.
Regel: Intervokales c und g vor a verstummen nach
vorausgehendem gutturalvokal. Vgl. oben s. 152, Nr. 4.
In manchen, besonders in südliehen mundarten des franz.
entwickelt sich auch in diesem falle i (joiier, loiier, oie usw.).
Die in der francischen mundart begegnenden «-formen erklären
sich z. t. durch dialektische einflüsse, z. t. durch analogie
{vocalem — voel--*-voiiel nach vocem — voie).
35 jni'se: lies dmise, aus Judicium.
Das wort ist lehnwort. Die form der endung entspricht
nicht den lautgesetzen , nach welchen *jüets (jues) entstehen
müsste (wegen inter vokalem d vgl. ^aciarium—^acier, fadem und
fadam-^face, glaciem—* glace). Wahrscheinlich wurde die
endung an die der feminina justise, franchise, richise u. a. an-
geglichen, wo ■ise—*'Uia teils lautgesetzlich (nach palatal: wie
32 mercit, so frank- + -itia—*- franchise, rikj- + -itia-* richise),
teils analogisch (wie in justise statt "^ justeise) ist. Die endungs-
formen -ece. -ice (proece, Service) sind lehnwörtlich.
184 Dritter Teil: Text.
36 Lalte: lat. altam mit unorganischem h.
Das anlautende h wurde tatsächlicli gesprochen, noch im
nfr. ist es h consonne. Die aspirierten h des französischen
gehen meist auf germanisch h zurück, das in das französische
eindrang, nachdem lat. h längst verstummt war, und zunächst
als echter hauchlaut erhalten blieb. Vgl. noch:
*hauni])a-* honte 38, dazu honir (721), hontage (491)
hatjan —*■ ha'ir, dazu part. perf. fem. haie 105
heriberga-^ herber ge{s) 109, dazu herber gier (483)
stamm hast — *■ haste 142, hastif, haster.
Regel: Anlautendes germanisches //- bleibt als h
(hauchlaut) erhalten. Vgl. oben s. 147, nr. 2.
Im nfr. ist h verstummt, wirkt aber noch in der nicht-
elision eines vorausgehenden tonlosen vokals nach.
Das h in halt wird erklärt durch einwirken des begrifl's-
gleichen deutschen hoch, fränkisch *hauh.
37 larrai.
Dieses futurum (nebenformen larai, lairai) gehört zu dem
häufig vorkommenden infinitiv lauer, dazu noch der conditionalis
lairoie, das perf. 3. p. lata sowie die präsensformen lais, lait
nebst dem imperativ lai. Es liegt nahe, an deutsch lassen,
germ. laijan, got. letan, nieder! taten, zu denken. Indes würde
latan frz. laer, *latjan frz. lair (vgl. haijan~*hau) ergeben.
Daher hat Thomas germ, lagjan (neuhd. legen) als passendes
etymon aufgestellt, das der bedeutung 'lassen' nicht zu fern
liegt und formell ^laür oder nach der I. konjug. lauer ergeben
musste. Die präsensformen lais, lait, imp. lai ebenso wie das
futurum würden lantlich besser zum infinitiv *laiir stimmen,
der aber nicht belegt ist.
Das gewöhnliche wort für * lassen' ist schon im altfrz.
laissiert—laxare (= schlaff machen, lösen, nachlassen, vgl. 44
laissast^—laxässet), nfr. laisser. Meyer-Lübke versucht, laiier
mit laissier in Verbindung zu bringen, indem er den imperativ
Im als kurzform aus laisse betrachtet und darauf alle übrigen
formen aufbaut.
II. Laisse (V. 32— 42): halte, larrai, ne— ne, dit, penset, Nön, ferez. 185
Lauer ist nfr. nicht melir vorhanden (das futurum lairray
imd cond. lairrois waren bis ins 17. jahrh., z. b. noch in den
älteren stücken von Corneille, im gebrauch).
38 ne — ne : das erste ne = non, das zweite = nee (vgl. v. 28).
dit: aus analogischem dictum (nach dico) entstanden ^
während dictum — deit (vgl. ital. detto) nur in heneeit (name
Beneeit — Benoit) erhalten ist.
pensät: lies päset^ lat. pensatum.
Die erhaltung des n vor s kennzeichnet das wort als lehn-
wort. In erbwörtlicher entwicklung gibt lat. pensare vielmehr
2)eser = wägen, wiegen, drücken (auch in übertragener be-
deutung), in den stammbetonten formen mit ei wie me{n)sem-^
nieis (häufig die redensart ce peiset mei das bekümmert mich).
39 Non : die haupttonige form der negationspartikel (gegen
nen — ne), im nfr. nur noch vor nominalen oder partikelhaften
begriffen oder absolut stehend in der antwort gebräuchlich.
Im afr. kann non auch noch vor verben gebraucht werden,
wenn es stark betont ist, d. h. in der antwort, namentlich wie
hier bei faire (vereinzelt noch im älteren neufranz.: Non ferai
Molifere).
ferez, dazu 42 ferai.
Der Infinitiv fac{e)re gibt regelrecht faire. Ein davon
abgeleitetes futurum würde *fairai lauten (wie sacramentum
-^sairement, fragrare —> flairier). Der vergleich mit den
übrigen romanischen sprachen zeigt jedoch, dass neben der
vollen infinitivform fac{e)re schon in vulgärlat. zeit eine kürzere
nebenform *fare dagewesen sein muss (vgl. ital. fare, prov. far
neben faire, catalanisch far, altspanisch fare), die gerade im
futurum ihre daseinsberechtigung hatte, wo der Infinitiv vor-
tonig steht {facere hdbeo —*- fare hdbeo). Das so gebildete
futurum ^farajo lautet regelrecht im italienischen farö, im
provenzalischen farai, hingegen im französischen ferai mit e
statt a in der nebentonigen vortonsilbe. Man könnte an ein-
wirkung der infinitivform denken: *fare musste franz. zu */er
werden wie amare—*amer. Aber die reine infinitivform *fer
186 Dritter Teil: Text.
ist im franz. nicht belegt, und so erklärt G. Paris ferai statt
farai durch satzphonetische entwicklung: in si faräi, je fardi
musste sich das unbetonte vorton-a wie in chantarai — chanterai
zu e entwickeln, so dass hier ferai lautgesetzlich entstehen und
schliesslich die parallelform farai ganz verdrängen konnte,
überhaupt wäre die entstebung einer kurzform ferai gerade
bei diesem verbum nicht auffällig, das noch im neufranz. kurz-
forraen wie faisons, faisais, faisant (mit 9 statt ^) entwickelt:
anglonorm. und pikardische texte sind sogar bis zu frai fräs
frat vorgeschritten. Sehr beachtenswert ist aber auch eine
neue, von einem Schüler Neumanns gegebene erklärung, nach
welcher ferai für farai eine analogische angleichung an serai,
esterai wäre (wobei besonders die lautlich tibereinstimmenden
präsensformen fönt — sont, estont als analogiefördernd in be-
tracht kommen).
le rei me nomez: Stellung des Objekts. Vgl. noch:
Por ferir en bataille ne por ost enchalcier 29
0 je vos ferai ja cele teste colper 42
M' amistiet et mon gret en avez tot perdut 54
La crois et le sepulcre vueil aler aorer 70
Et irai im rei querre dont ai o'it parier 72
Set cens chameiU menrez d^or et d'argent trossez 73
Les destriers fönt ferrer et detres et devant 81.
Das heisst: das substantivobjekt kann im altfranz.
aussagesatz vor das verbum treten. Beispiele sind sehr
häufig, aber die nfr. regelrechte Stellung verbum — objekt über-
wiegt doch auch schon im altfranz. Wie im aussagesatz, so
auch — wie in unserem fall — beim imperativ. Vgl. noch:
Vostre congiet, hels sire, se vos piaist, me donez 251.
Auch in dem durch eine konjunktion eingeleiteten nebensatz:
Se mengonge avez dite 52.
Vorausstellung des objekts an die spitze des satzes hat
(wie sonst eingeleiteter satz, vgl. v. 1 Un jorn fut li reis Gh.)
inversion des Subjekts zur folge:
Les mulz et les somiers afeltrent li servant 82
granz vertuz i fait Dens 255.
II. Laisse (V. 32— 42): Wortstellung, nel, puis. 187
40 nel: für ne le.
Wie die formen des artikels nach den präpositionen de,
a, en (vgl. 1 al, 10 el) können auch die formen des unbetonten
(verbundenen) pronomens zu vorausgehenden Worten in das
Verhältnis der enklise treten: hauptsächlich zu vokalisch
endigenden pronominal formen oder partikelo wie ne, que, si.
Dabei verlieren die encliticae, wie die unbetonten endsilben
und wie die artikelformen, ihren vokal, die pluralform les
auch noch das nach ausfall des vokals unmittelbar vor das s
tretende l (vgl. des, as, es). Im übrigen wird die enklise im
altfranzösischen bei weitem nicht so häufig angewendet wie
z. b. im provenzalischen. Vgl. noch:
lern direz = le me d. 41
Nel deüsseis penser = Ne le d. 56
Qms conduit et governet = Qui les c. 97
Altresil fait torner com arbre de molin = Altresi le f. (372)
lA reis Uugue li Forz Charlemaigne apelat,
Lui et les dose pers, sis trait a une pari = si les tr. (419 f.)
mais quel sacket li reis = m. que le s. l. r. * wofern der
könig es wüsste' (491).
Die französische Schriftsprache hat überall die vollen
formen wieder hergestellt. Die Umgangssprache hingegen ver-
wendet die enklise in ziemlich ausgedehntem masse.
puis: lies püis, an stelle des lat. possum.
Lat. pössum müsste französisch *pos geben. Die bisher zur
erkläruDg des diphthongen ui gemachten annahmen sind teils
nicht in einklang mit der lautgeschichte, teils in der annähme
hypothetischer formen zu willkürlich. Poteo, zu potes gebildet
wie *potef, *potetis (vgl. 13 poes) und gelegentlich im spät-
latein belegt, könnte wol *puois — puis geben, aber der zu-
gehörige konjunktiv *pjoteam müsste *puise (mit stimmhaftem
s), nicht puisse ergeben. Die von anderen angenommene ent-
wicklungsreihe *potsum — *potso — *pocso lässt den Übergang
von *potso zu *pocso unerklärt. Das nach gewöhnlicher annähme
zugrunde liegende *posco ist nur aus dem prov. posc puosc
erschlossen, das an die incohativa angeglichen ist (auch konj.
posca, puosca), und könnte im franz. weder im ind. yuis noch
188 Dritter Teil: Text.
im konj. puisse ergeben (statt dessen wäre ^'posc und '^;posche
zu erwarten); man mtisste dazu wieder die oben (s. 113) wider-
legte hypothese von der metathesis sc-* es zu hilfe nehmen.
Lat. possum wurde vulgärlat. regelrecht zu posso (vgl.
ital.jpo5So), dieses wurde vermutlieh zu ^possio, vielleicht unter
einfluss des neugebildeten regelmässigen konjunktivs *possiam
ftlr klassisch possim. Offenes o vor i oder mouillierten kon-
sonanten wird zu uo — ue wie e vor i zu ie: *volio—*vuei
(gesehr. vueil) 70, '^faldastolium—>faldesiueil 85, der germa-
nische stamm urgoli- —> orgueil. Mit folgendem i entsteht der
triphthoDg uoi, daraus der diphthong ui: noctem-**nuoit-->-
nuit 237, *postius-**puois—*puis, so anah ^possio—**puo?s-^
puis, *possiam —- *puoisse —* puisse.
Nfr. peux neben regelmässigem puis erklärt sich als
analogiebildung nach der 2. und 3. person: potes—pues—peux^
'^potet — puet — peut (mit eu für ö, vgl. 22 hons, 31 vuelt).
trover : vulgärlat. Hropare oder lat, turbare.
Diez nahm als grundwort turhare in der bedeutung 'durch-
einanderwerfen, sichten, snchen' an. Neuerdings ist dieses
grundwort von H. Schuchardt in einer reihe von artikeln ver-
treten und speziell als terminus teehnicus der fischersprache
geltend gemacht worden: 'das wasser nach fischen durch-
stöbern — fische erstöbern — finden'. Da jedoch alle roma-
nischen sprachen die metathesis turbare zu Hrohare als gemein-
romanisch und daher als alt voraussetzen, mtisste das 6 auch
im provenzalischen zu v geworden sein, hier aber heisst das
wort trohar. Auch mtisste turhare o, nicht g ergeben (trueves,
truevet). Man wird also mit Thomas an einer grundform Hropare
festhalten müssen (belegt sind die composita contropare = ver-
gleichen, schätzen und attropare = per tropologiam loqui aut
scrihere). Nach Baist wäre dies *tropare die latinisierung des
griechischen zQojcoXoyslv im sinne von 'allegwisch deuten, um-
schreiben, dichten, erfinden — finden'; nach G. Paris wäre es
eine ableitung von tropus {rQOjcog) 'melodie', entweder in der be-
deutung 'eine melodie variieren, componieren, erfinden — finden'
oder (vgl. Baists erklärung) 'figtirlich nehmen, dichterisch ge-
stalten, erfinden — finden'.
II. Laisse (V. 32—42): trover, orendreit, cele t. c, assonanzvokal. 189
41 orendreit: zusammengesetzt aus or (siehe 11 Encore)
und endreit == in directo.
In der Wortzusammensetzung m dtrecto ist das vortonige 7
schwach betont und muss ausfallen wie in *vemrajo—*'vendrw
— vicndrai oder wie t in *momstcnum -^ mostier. Das i fällt
aber auch in dem alleinstehenden directum — > dreit, d. h. auch
wenn es nebentonig ist. Man könnte an beeinflussung durch
endreit, orendreit denken, aber so wie ausfall eines aus a ent-
standenen vorton-e (vgl. 24 comparrez) findet sich auch solcher
eines nebentonigen e oder i gerade neben r : vgl. die vorhin
erwähnten formen frai fräs für ferai feras. ferner H'eraium
— > verai — > vrai.
42 cele teste colper.
Zur Wortstellung vgl. oben 39 le rei me nomez.
colper ist ableitung von colp-*~colaphum*—xöXag)ov (ygl.3
espee IP, 9 dame I).
cele teste: den köpf da, euren köpf. Gel bezeichnet die
vom sprechenden entferntere person, sache, zeit, ort, cest die
näherliegende: vgl. 12 Cele ne fut pas sage (jene), 19 ou est
eil reis (jener könig).^ mit 149 Onques nen osat huem en cest
mosiier entrer, 800 Ne de ceste semaine, Roland 47 Par ceste
meie destre. Daher geht cest leicht in die bedeutung des
artikels über: Et paissent par cez prez amont par les coltures
(318), Cez degrez de la sale vint al palais errant (335).
Der assonanzvokal und seine qualität.
Sämtliche in der assonanz befindlichen e ausser in Deu
gehen auf lat. a zurück. Dieses e<—a hatte eine besondere
klangfarbe, es reimt nicht mit e-vokalen anderer herkunft (ab-
gesehen von einzelf allen wie hier Deu — De, eret — ert = lat.
erat). Lat. e kommt überhaupt kaum in betracht: in ofTener
Silbe wird es zum diphthoogen ei {plena —*■ pleine) , in ge-
schlossener gekürzt zu ^ {dir^ctiat-*dr0cet, dß{i)ta—*-dSte),
häufig mit folgendem i zu ei verbanden {rex—>reis, directum
-^ dreit). Lat. e diphthongiert in offener silbe zu ie, in ge-
schlossener bleibt es als ?: vgl. mier gegen teste. Endlich lat.
190 Dritter Teil: Text.
i teilt in offener silbe das Schicksal von lat e, in geschlossener
bleibt es als kurzes geschlossenes e: vgl. feit gegen de, met.
Es waren also ausser e*-a im altfr. vorhanden f und 0.
Schon im 12.jahrh. wird ^ zu T {wßre-^m^tre), das infolge
der kontraktion von ai zu e {faire~>f^re) qualitativ mit diesem
neuen § zusammenfällt. Das e-^a hingegen fällt nicht mit
^<—m zusammen, pere<—pa(rem reimt nicht mit f§ret~ faire:
et—a war also nicht offen, sondern geschlossen. Diese ge-
schlossene ausspräche hatte es vermutlich schon zur zeit
unseres gedichtes, wenngleich die entwicklung von a zu ge-
schlossenem e über offenes e geführt haben muss: ä—^^—^e.
Die lange quantität dieses e hinderte den zusammenfall
mit ^<—t
Heutzutage ist altfr. e<— lat. a geschlossen im auslaut
{epee, aime, aimer), offen vor konsonant (pere, tel, nef).
III. Laisse.
Vers 43 — 52.
(Assonanzvokal p-e.)
43 Ore entent la reine que ne se puet estortre,
44 Volentiers le laissast, mais que muer nen oset
45 'Emperere' dist ele 'ne me tenez a fole:
46 Del rei Hugon le Fort ai molt oft parole,
47 Emperere est de Grice et de Costantinoble
48 Et si tient tote Perse tresques en Capadoce.
49 N'at taut bei Chevalier de ci en Antioche,
50 Ne fut itels barnez com le suen senz le vostre .
51 'Far mon chief §o dist Charles '90 savrai je eneore.
52 Se mengonge avez dite, a fiance estes morte'.
Erläuterungen.
43 Ore: ha{c) hora, vgl. 11 eneore, dazu 9 onques.
pnet: *pötet fftr potest, vgl. 13 poe^i.
IL Laisse: assonanzvocal. — IIL Laisse (V. 43-52): estortre. 191
estortre: *ext6rquere für extorquere, zu extorqueo — ex-
torquio (vgl. 1 ^orw. Illa) gebildet nach capio — capere u. ähnl.
Ein konjugationstauseh wie cadere-^*cadire-*che'ir 31.
I. Die lautliche entwicklung. Das hiatus-w nach q
schwindet, desgleichen der vokal der unbetonten pänultima,
also *extorcre. Der velarlaut c assimiliert sich den umgebenden
dentalen liquiden (zungenspitzen-r) und wird zum entsprechenden
dentalen explosivlaut f. Vgl. noch:
vinc{e)re — > veintre.
Aus stimmhaftem guttural entsteht stimmhafter dental:
surg{e)re —*■ sordre
ader(i)go — *aderg{e)re — > aerdre (anfassen)
terg{e)re —*■ terdre.
Regel: Velarer oder palataler verschlusslaut zwischen
zwei r wird zum entsprechenden dental (t
— d). Vgl. oben s. 157 nr. 3.
In extorquere war nach ausweis der übrigen romanischen
sprachen das u, vermutlich auf analogischem wege, schon früh
verstummt (vgl. prov. estorcer, ital. storcere). Der ursprüngliche
velar war daher vielleicht bereits zum palatal geworden, ehe
der pänultimavokal ausfiel: es wäre dann von *esior^ere (viel-
leicht schon von estorthre), ebenso von sor^ere — sord'ere
auszugehen. Möglich ist aber auch, dass im französischen die
pänultima ihren vokal schon vor der assibilierung des c und ^
verloren hatte. Das ergebnis musste in beiden fällen das-
selbe sein.
IL Die Vorsilbe. Lat. ^x- entwickelt sich unter gewöhn-
liehen umständen (nach 1 reis-^—rex) zu eis{s)-, in betonter
silbe unter diphtboogierung des ? (vgl. 6 mieh II) zu ieis(s)-,
so exire—>eissir, *exiverunt—>- eissirent 90, sexaginta—^seissante
{soixante), aber exeunt-**ieissent—*'issent 827, s§x—**sieis—*-
sis (six). Die mouillierung des es tritt jedoch nicht ein vor
konsonant, die hier entstehende dreifache konsonanz ist schon
in latein. zeit durch assimilation oder ausfall zu s -j- konsonant
vereinfacht worden, gleichgiltig ob in betonter oder un-
betonter silbe:
192 Dritter Teil: Text.
dext{e)ra-^destre (264)
dextrarios — > destriers 8 1
extraneum-^estrange 861
juxta — *juxtare -^joste — joster.
Regel: Lat. x vor konsonant wird zu s vereinfacht.
Vgl. oben s. 157.
44 volentiers: volimtarie -\- s. Vgl. 17 correcies 1 und
9 onques III.
45 tenez: vgl. 19 enseigniez und 13 po'ez II.
46 del: vgl. 1 al. — Mi{ auflösung des l ergibt del im
francischen zunächst deu — dou^ das dann merkwürdigerweise
durch die pikardisch-normannische lautform du verdrängt wird.
Hugon : zu deutsch Hugo, akk. Hügon -un. Germanische
namen dieser art wurden ebenso wie die entsprechenden
appellativa an den nächstliegenden lateinischen typus -o — onem
{pulmo- onem, carho-onem, *companio-onem) angeglichen: günd-
fano-on-^gonfanön, gero-on-^gerön 853, wdso-on-^ gason.
hdro-on-^ her 156 — haron 4, ebenso auch Hugo-un —*- Hugo
— Hugöne{m), Fülco — Fülcun -^ Fülco — Fulcönem, daher
obliquus Hu(g)on, Folcon, Naimon 62, ja nach dieser ana-
logie selbst Gharlon 838, 857. Ebenso ergeben die weiblichen
namen germanischer herkunft auf a — ane im franz. e — ain :
Berta — Bertane —> Berte — Bertain, darnach auch Fve — Evam.
none — nonain.
Einen typus Hugus — Hugonem braucht man für das
galloromannisehe nicht anzunehmen, vielmehr weisen die pro-
venzalischen formen Uc — Ugon, Folque ~- Folcon auf eine gallo-
romanische flexion Hugo — Hugonem zurück. Das nominativ-s
der franz. formen beruht also auf jüngerer, erst franz. an-
gleichung an die alten -W5- namen wie Petrus — Pierres (so
Folqu{e), Hu{e) — > Folques, Hues).
Zu erwarten wäre (nach 23 dient) Huon, welches in der
tat die sonst übliche form des namens im französischen ist.
Zu dieser obliquusform würde der lektuB Htc <— Hugo gehören,
der indes nach dem muster von Charles u. ähnl. zu Hue, Hues
umgestaltet worden ist. In unserem gedieht haben wir zu
111. Laisse (V. 43— 52): del, Hugöö, Örice — Antioche, tresques. 19S
Hugon die entsprechende nenbildung, den nominativ Hugue
(810 flF.). Die namensformen mit erhaltenem ^r erklären sich wol
durch einwirken der aus den lateinischen Chroniken geläufigen
formen Hugo — Hugonem.
ai molt oi't parole : zur rektion des partizips vgl. 3 at
ceinte s'espee.
47—49 (xrice, Costantinotole, Perse, Capadoce, Antioche.
Fremde namen spielen in der spräche grossenteils die rolle
von lehn- oder fremdworten. Nur die wenigsten von ihnen
zeigen die regelmässige lautentwicklung, weil solche namen
meist erst in späterer zeit in die Volkssprache aufgenommen
wurden, ja vielfach in dieser überhaupt nicht volkstümlich
waren. So zeigt Antioche (= Antiochia) bewahrung eines
hiatus-^ als eines vollen, silbebildenden vokals, dazu Ver-
wandlung des griechischen x i^ ^^j während es in den alten
Worten zu c vereinfacht wird und dann der entwicklung des
ursprünglichen c folgt (vgl. 3 espee IIa). — Capadoce bewahrt
anlautendes c als c (Ä), unbetontes vorton -a, sowie inter-
vokales d. — Costantinohle lässt n vor s zwar verstummen,
bewahrt aber unbetontes vorton -^, noch dazu als i, inter-
vokales p als b. — Graecia erscheint im französischen in ver-
schiedenen formen, in mehr erbwörtlicher und mehr fremd-
wörtlicher gestalt: als Grece (vgl. 25 acier) und als Grice.
Das i dieser form ist nicht mit Sicherheit zu erklären, viel-
leicht hat Grieu, Griu (<— Graecum) eingewirkt.
et si: vgl. 20 si.
tote: aus tötta, vgl. 21 to^.
tresques: lat. trans~>tras~*tres nach der regel über die
konsonantisch auslautenden einsilbigen Wörter (s. o. s. 167
nr. 2). In der ursprünglichen bedeutung 'jenseits* , hinüber'
erscheint es hier mit que (nach dem muster von usque, {in)deusque
— jusque) 'bis hin nach', als konjunktion 'bis dass' in vers 57.
Sonst dient es zur Verstärkung vor adjektiven und adverbien
(209 trestote, 302 tres volentiers — nfr. tres) und sonst (102
Vor«tzich, Studium d. afrz. Spraoh«. 6. Aufl. j[3
1Ö4 Dritter Teil: Text.
tres parmi = gerade hindurch). — Tresques neben tresque wie
9 onques neben onque.
ci: verkürzt aus ici = ecce hie, vgl. 12 cele, 20 si.
50 itels: verstärkte nebenform zu tels<~talis, nach dem
vorbilde von icil — cil^ icist — eist, igo — f o. Nach anderen
aus aeque talis herzuleiten.
com : lat. quomodo, das jedoch schon im gemeinromanischen
eine kurzform entwickelt sowie eine bedeutungserweiternng
erfahren haben muss: vgl. ital. como — später come, span.
portug. como usw. Es ist also von einer gemeinromanischen
form *quomo — como auszugehen, die im franz. regelrecht zu
com werden musste. Come (nfr. comme) ist eine jüngere,
analogisch gebildete form (nach dem muster von or — ore,
onc — onque).
le suen: die betonte form des Possessivpronomens. Wie
das reflexivum (vgl. 14 se — 61 sei) und das Personalpronomen
(me — mei, te — tei) hat auch das Possessivpronomen eine
starkbetonte und eine schwachbetonte form. Beispiele für die
letzte sind für das mask. sing, mon 11, son 2, für das fem.
sing, sa 2, für den plural mes 22, ses 15, vo0 21. Sind die
possessiva starkbetont, so entwickelt sich der vokal nach den
regeln über die haupttonigen silben. So wird süa zu sö-e 88
gegen schwachbetontes sa 2. In der entsprechenden maskulinen
form suum—*-suen ist der diphthong ue anstelle eines lat. ü — p
auffällig. Dies ue weist vielmehr auf lat. q zurück (vgl. 31
vueU*—*volet, dazu 22 bons). Wahrscheinlich trat in lat. süum
dissimilation der beiden unmittelbar nebeneinander stehenden ü
ein (vgl. auch juvenem—*- jgvenem s. 169), es entstand *sgum
— *suoun — swow — suen mit diphthongierung des g vor
folgendem u (p) wie das ? in meum — *mieun — mien (vgl.
11 espiet). Auslautendes m bleibt in hoehbetonten einsilbigen
Worten regelrecht, und zwar als n, bewahrt (vgl. 2 son).
Vom akk. sing, suen aus sind die übrigen formen neu-
gebildet worden: nom. sing, suens (für *sues -*— süus), nom. plur.
suen, akk. plur. suens. Ebenso entwickelt sich das pronomen
in. Laisse (V. 48—52): itels, com, le stten, savrai, mengonge. 195
der zweiten person: mask. sing*, tuens — tuen, plur. tuen — tuens,
fem. sing, to-e (toue), plur. io-es (toues).
hsitm^mn entwickelt sich regelrecht zu mien (siehe oben),
hiogegen das feminin rn^a über m^a (vielleicht angleicbung an
mg) zu meie. Seit dem 13. jh. begegnet man den neufianzösischen
aus mien neugebildeten formen: fem. mienne (nach hon — honne
u. ä.), 2. person tien — tienne, 3. person sien — sienne.
Syntaktisch wäre der rektus li suens (auf das Subjekt
bezogen) zu erwarten, der auch altfr. durchaus korrekt wäre.
Nach com kann aber der obliquus für den rektus eintreten
(vgl. im Bestiaire Philipps von Thaon v. 1782: Cume mort se
girat 'wie ein toter wird er daliegen'; Aiol 6245: Jesus vous
commanda com Tiome corporel 'als leiblicher mensch'.
senz le vostre: 'ohne die eure, ausgenommen die eure'.
51 sayrai: p oder h zwischen vokal und r wird behandelt
wie zwischen vokalen (vgl. die beispiele zu 2 chief und 4
Chevaliers), daher auch habere habeo—>avrai 57, ebenso debere
habeo—^devrai, reciperc habeo ■-* recevrai. Merkwürdig ist der
Übergang von afr. avrai, savrai (daneben dialektisch arai, sarai)
zu nfr. aurai — ore, saurai — sor^ (seit 16. jh.), mit wandel des
vr zu ur, den Suchier durch provenzalischen einfluss zu erklären
sucht (Neumann hält hingegen Übergang des vortonigen p,b-i-r
zu ur für lautgesetzlich und daher aurai, saurai für die regel-
rechten afr. formen, devrai, recei;ra'/ u. ä. für analogiebildungen).
52 meii^vOnge: eine ableitung von mentiri — mentitum
wozu zunächst ein Substantiv *mentitionem (vgl. prov. mentizo)
gebildet wurde. Hierzu eine adjektivische bildung *mentitioneus
'lügnerisch', die im neutrum pluralis *mentitionea zum Sub-
stantiv wurde, das entsprechend der endung in das weibliche
genus überging und erst im nfr. unter anlehnung an le songe
(somnium) maskulin geworden ist.
Der unbetonte vortonvokal fällt regelrecht (gegen *cor-
riipfiatus — *corrottiatos — correcies, wo schwere konsonanz den
ausfall hindert). Hingegen wäre in der endung statt -onge
vielmehr oüe {-ogne, oigne) zu erwarten, da n + { sich wie
gn (oder ng vor e, i) zwischen vokalen zu mouilliertem n ent-
13*
106 Dritter Teil: Text.
wickelt, z. b. seniores —" S€ignor{s) 67, *crinea-^crigne 823,
veniat-^viegnet, teneat-^tiegnet. Das n-\-i entwickelt sich
hier vielmehr ähnlich wie ng vor a (longa— ^longe = londze)
oder wie m + % {simia-* singe, vgl. somniatum—* songiet 71).
Ahnlich entwickeln sich noch extraneum-^estrange 861,
lineum—*linge, laneum—* lange. Man nimmt an, dass wir hier
fremdwörtliche bildungen vor uns haben. Es sind lauter ver-
hältnismässig junge ableitungen, in denen zwar das hiatus-e
sich noch zu i — i entwickelte, aber nicht mehr mit dem voraus-
gehenden n zum moullierten n verschmolz und infolgedessen
wie silbenanlautendes j zu d^ wurde.
Nach einer anderen erkläritng geht mewfow^e" gemeinsam mit prov.
messorga auf *mentitionica zurück, in welchem das intervokale c vor dem
ausfall des i z\x g erweicht worden sein müsste {*mentitioniga onga,
prov. -orga, frz. -onge). Dagegen spricht jedoch die abweichende behandlung
der endung -^ca in anderen fällen: manica wird über *manca zu manche.
flance: *fidantia. Zu ftdus wird ein neues verbum *fidare
(an stelle des klassischen fidere) gebildet, hierzu das partizip
fidans und dazu (wie zu infans infantia, zu prudens prudentia)
das Substantiv *ßdantia.
Nfr. ersetzt durch confiance.
estes: lat. estis.
Auffällig ist die bewahrung des auslautvokals, es
wäre vielmehr zu erwarten *ests und daraus, nach 21 voz, ein
*ets — *es! (so im provenzalischen: etz). Wie hier bleibt der
endvokal auch in der entsprechenden perfektform fustes (gegen
prov. fotsi), überhaupt in sämtlichen perfekten: chantastes, par-
tistes, oiistes (siehe 2 Eout), veistes (siehe 9), auch in der
1. person fumes, chantames usw. Man erklärt estes als analogie
nach der 1. plur. esmes (■*^*esmus, vom stamm es-), die neben
sons und somes begegnet. Nach estes könnte das perf. fustes,
darnach dann chantastes usw. gebildet sein.
Neufranzösisch etes = ?t ist regelmässig aus der alt-
französischen form entwickelt.
III. Laisse: fianee, estes. — IV. Laisse (V. 53— 57): irascut. 197
IV. Laisse.
Vers 53—57.
(Assouanzvokal ü.)
63 'Par ma feit' dist li reis 'molt m'avez iraseut,
54 M'amistiet e mon gret en avez tot perdut.
55 Encor euit qu'en perdrez la teste sor le buc.
56 Nel detisseiz penser, dame, de ma vertut.
57 Ja n'en prendrai mais fin tresque l'avrai vetit'.
Erläuterungen.
53 irascut: eine partizipiale neubildung zu irascor — irasci
(vulgärlat. *irasco — *«Vascere— »altfr. irais — iraisire) neben
dem gleichfalls erhaltenen partizip, richtiger adjektiv iratus —
ire0, iriez (v. 30).
I. Die partizipialbildungen auf -ütum sind im latei-
nischen nicht allzu zahlreich, haben sich aber im romanischen
ausserordentlich ausgedehnt. Nach mustern wie statui —
statutuni, minui — minukim., consui — consutum, acui — acutum
bildete man zu iw-perfekten wie habui, dehui, tenui die fehlenden
partizipia und supina ^häbutum, *debutum, *tenutum, dann
auch zu anderen stammen wie video vidi — '^vidutum, perdo
perdidi — *perdutum, vendo vendidi — *vendutum (vgl. ital.
veduto, perduto, venduto). Vor allem wurden defektive verba
auf diese weise ergänzt, zum teil aber auch, wie in unserem
beispiel, doppelformen geschaffen (vgl. noch ital. perso und
perduto nebst Substantiv perdita zu perdere) oder die alten
formen durch neubildungen völlig verdrängt (vtsum — vtdutum
-^veü). Wie die beispiele zeigen, gehen die späteren bildungen
meist direkt vom präsensstamm aus: frz. veüt, ital. veduto
weisen auf '^vidutum, nicht vldutum zurück. — Diese bildungs-
weise greift naturgemäss auch beim defektiven deponens platz:
lat. iratus ist ein vom Substantiv ira abgeleitetes adjektiv
(vgl. das wort v. 30), als perfekt wird succensui gebraucht,
und so bildet man vom präsensstamm irasc- das fehlende
partizip *irascutum.
IL Diedeponentia sind entsprechend ihrer meist akti-
vischen (aus der ursprünglichen — reflexivischen — ab-
198 Dritter Teil: Text.
geschwächten) bedeutung sämtlich in die form des aktivs über-
getreten. Schon das latein kennt eine reihe von doppelformen:
mereor — mereo, adulor — adulo n.a. Das romanische hat die
deponentia durchweg beseitigt. So wird irascitur zu *irascit
~->iraist, irasd zu '*'irascere—*iraistre, ebenso nascitur~-*naist,
nasci-^naistre, moritm- —> muert Vgl. noch aus unserem text:
24 avez mentit zu lat. mentiri
73 menres, 206 demeinent zu minari
74 demorer, 218 ai demoHt zu morari.
Wie hier im deponens gehen die entsprechenden formen
auch im passiv unter, d. h. sie werden durch Umschreibungen
ersetzt: amor durch amatus sum, amahar durch amatus eram.
III. *Irascere erscheint im franz. teils absolut, als iraistre,
teils reflexiv, als sei iraistre. Das partizip irasciit bedeutet
'ein erzürnter', daher das verbum mit avoir zusammengesetzt
eine kausative bedeutung gewinnt: m'aves irctscut = ihr habt
mich als einen erzürnten, ihr habt mich zornig gemacht.
Desgleichen begegnet in der alten spräche: il Va mort = er
hat ihn als einen toten, hat ihn getötet. Aus dieser erklärung
ergibt sich, dass die kausative bedeutung auf die zusammen-
gesetzten Zeiten beschränkt ist.
54 m'amisti^t: vgl. v. 3 ^espec.
55 buc: rümpf, leib, von deutseh hük = bauch.
56 Sinn: 'Nicht hättest du es von meiner macht denken
sollen' (nämlich das, was du gedacht hast, dass sie geringer
wÄre als die kaiser Hugos).
deüsseiz: dehuissetis. Dßbui gibt im francisehen düi,
wo sich der auffällige wandel des betonten f zu ü wol zu-
nächst durch Umlaut {b vor * zu i wie 7 il) und dann durch
einwirken des mm erklärt: dBdm-**deum~>'*diuui-*düi. Dar-
nach analogisch dehuit-^düt, *debucrunt zu dürent Für die
endnngsbetonten formen ist im francisehen von der im aceent
an die 1. plnr. debüirmis angeglichenen 2. sing. *d€büisti {*debüstl)
auszugehen, welche mit »-umlaut {-wie ^ßtsti-^fust) und YerXnsi
IV. LaiBse: bnc, detJsseiz. — V. Laisse (V. 58—76). 199
des labials vor ü (wie ^häbutum—feü, *sopuium—*'Seü) regel-
recht deüs ergibt. Hiernach werden an alogisch nengebildet die
1. pl. deümes, 2. pl. deüstes nnd der conj. impf, deüsse, deüsses, deüst,
deüssons, deüssew, deüssent Vgl. auch die ähnliche entwicklung
von hdbui~*oi, *hahusU~*oüs usw., conj. impf, oüsse (8.26).
Die lautgesetzlich entwickelte endung -eist^stis hat sich
in konjunktivformen, ebenso wie im futur {crendreie 718),
länger erhalten als im ind. präs., wo sie schon früh durch
-eet-r-atis ersetzt wurde (s. 13 po'ez II).
57 ayrai: vgl. savrai v. 51.
V. Laisse.
Vers 58 — 75.
(Assonanzvokal B wie in laisse II.)
58 L'emperere de France, com il fut coronez
59 Et out faite s'ofrende a l'alter principel,
60 A la sale a Paris si s'en est retornez.
61 Rollant et Olivier en at ot sei menez
62 Et Guillelme d'Orange et Naimon l'aduret,
63 Ogier de Danemarche, Gerin et Berengier,
64 L'arcevesque Turpin, Ernalt et Aimer
65 Et Bernart de Brusban et Bertran le membr^t
66 Et tels mil Chevaliers qui sont de France net.
67 'Seignor' dist l'emperere 'un petit m'entendez:
68 En un lointain reialme, se Dieu piaist, en irez
69 Jerusalem requerre, la terre Damne-Deu.
70 La croiz et le sepulcre vueil aler aorer,
71 Je Tai treis feiz songi^t, mei i covient aler,^)
72 Et irai un rei querre dont ai oit parier.
') Hiervon war bisher uicht die rede: mau kauu hier die uaohträg-
liche /insammenfUgaDg der zwei verschiedenen erzäblnngsstoffe noch deutlich
beobachten. Die vision mit aufforderung zur pilgerfahrt erinnert an den
eingang des sog. Pseudo-Tiupin, der Historia Caroli Magni et Botholandi
200 Dritter Teil: Text.
73 Set cenz ehameilz menrez d'or et d'argent trossez
74 Por set anz en la terre ester et demorer.
75 Ja ne m'en tornerai tresque l'avrai trovet.'
Erläuterungen.
58 L'emperere : für li emperere (so v. 5 Charles li emperere,
98 Or vait li emperere, 159 Et dist li emperere usw.). Das i
des männlichen artikels sing, zählt in den ältesten texten (so
noch im Alexius mitte des 11. jahrhs.) stets als silbe, wird
also auch vor vokal nicht elidiert oder verschliffen. Später
wird dieses die regel: 1% emperere oder l'emperere viersilbig.
Unser gedieht folgt teils dem ursprünglichen, teils dem jüngeren
brauch (vgl. als beispiele für diesen noch v. 76, 120, 145, 214,
233 usw.). — Das i der pluralform li wird stets als silbe
gezählt (vgl. V. 194, 208).
59 principel: lehn wort, aus lat principale. Das inter-
vokale p müsste bei erhaltung des vorausgehenden vokals zu
V werden, das i der unbetonten mittelsilbe ausfallen oder
wenigstens zu e werden. In der endung zeigt das wort die
form der regelmässig entwickelten worte auf -alem — el. —
Nfr. prindpal ist wieder an die lat. endung angeglichen.
60 sale: wäre deutsch säla vor der gemeinromanischen
vokaldehnung (Ten Brink'sches gesetz) ins romanische auf-
genommen worden, so wäre es zu *säla — *sBle geworden wie
pätrem zu *pätrem — pßre. Es kam jedoch erst später ins
romanische und machte dann natargemäss nicht die entwick-
lung der Wörter mit langem, sondern mit kurzem ton-a mit,
d. h. das ä in sala wurde behandelt wie lat. a in geschlossener
silbe, es blieb unverändert. — Nfr. salle weicht, abgesehen
von dem stummen e, nur in der Schreibung ab.
si: auf die unmittelbar vorausgehende Ortsbestimmung wie
v. 20 auf einen ganzen satz zurückweisend: 'Nach dem palast
nach Paris, so, d.i. dahin, kehrte er zurück.'
s'en est retornez: zu torner, lat. tornare, tornus, griech.
tOQVsvco, roQvog (dreheisen).
V. Laisse: L'emperere, priücipel, sale, retornez, menez, die 12 pers. 201
Retorner ist wie das simplex tomer von haus aus transitiv;
reflexives s'en retorner bedeutet also regelrecht 'sich von dort
umwenden', wie sei esloignier 'sich entfernen'. Die reflexiven
verba können im altfranzösischen in den zusammengesetzten
Zeiten sowohl habere — aveir als auch esse — estre haben, meist
jedoch ist das zweite der fall und heutzutage die regel. Dieser
eigentümliche gebrauch erklärt sich durch die misehung ver-
schiedener ausdrucksweisen: neben ü s'a esloignie stand das
ursprünglich passivische il est esloignier (er ist ein entfernter),
beide formen können als perfektum zum präsens il s'esloigne
gelten. Es lag daher nahe, das reflexiv nach dem muster von
il s'esloigne auch in il est esloignier einzuführen: il s'est es-
loignier, das nunmehr gleichbedeutend mit altem il s'a esloignie
vsdrd. Ahnlich liegt die sache bei tornare — torner, nur dass
hier schon früh neben der ursprünglichen transitiven bedeutung
(wenden, umwenden) die intransitive (sich wenden — retorner
umkehren) erscheint.
Aus dieser entstehungs weise erklärt es sich auch, dass
das partizip der reflexiven, mit estre zusammengesetzten verben
im altfr. auf das Subjekt, nicht auf das objekt bezogen wird
{il s'est esloigniez == *exlongiatus gegen il s'a esloignie =
*exlongiatum). Vgl. auch 14 se fait legiers.
61 menez: zu lat. minari drohen.
Schon im lat, bestand ein aktivisches verbum minare mit
der besonderen bedeutung 'das vieh durch drohungen antreiben',
woraus sich in den romanischen sprachen 'lenken, leiten,
führen' entwickelt hat.
Der Stammvokal dieses verbums zeigt unter dem hauptton
nach 8 pleine den diphthongen ei {meinent [341], demeinent
206, 830), unter dem nebenton e {menrez 73, demener 814(
ein beispiel für die sogenannte Stammabstufung. Im nfr.
ausgleich zugunsten der endungsbetonten formen (vgl. das um-
gekehrte in altfr. coroner v. 6).
61—65 ßollaut, Olivier, Gnillelme usw.
Die hier genannten beiden sind die hervorragendsten
paladine Karls d. Gr., die zwölf pers (lat. pares), wie sie
nachher, v. 121, 205, 232), ausdrücklich genannt werden. Es
202 Dritter Tefl; Text
ist der begriff der germanischen gefolgschaft, der sich in dieser
persgenossenschaft spiegelt. Auch die zwölfzahl stammt ver-
mutlich aus germanischer Überlieferung: so scharen sich um
Siegfried, so um Dietrich von Bern je zwölf beiden. Das christ-
liche beispiel der zwölf apostel kommt für die älteste fränkisch-
französische sage kaum in betracht. Die Übereinstimmung in
der zahl bietet unserm dichter nachher gelegenheit zu der
prächtigen szene in der kirche zu Jerusalem (v. 112 ff.). Die
namen der hier genannten zwölf pers sind sämtlich germanischen
Ursprungs, da der adel in dem von den Merowingern auf dem
boden des alten Galliens begründeten Frankenreich fränkischer
herkunft war.
Ausser der zwölfzahl standen jedenfalls nur die namen
der berühmtesten beiden fest, die der übrigen wurden von
den einzelnen dichtem zum teil nach g*utdttnken ergänzt. Von
den hier genannten erseheinen im ßolandslied nur Roland,
Olivier, Berengier, Gerin unter den zwölf pers, die übrigen
acht pers tragen dort andere namen (Gerier, Aton, Samson,
Engelier, Ivon, Ivoire, Anseis der Alte, Girart). Turpin,
Naimon, Ogier erscheinen gleichfalls im Rolandslied, aber
nicht als pers. Die übrigen hier genannten beiden (Guillelme,
Ernalt, Aimer, Bernart de Brusban und dessen söhn Bertram)
gehören weder im Rolandslied noch sonst zu den zwölf pers,
sie bilden in der späteren epik. eine besondere geste, die des
Wilhelm von Orange oder die nach dem angeblichen Stamm-
vater so genannte geste des Garin de Monglane. Dieser
Zyklus von Wilhelmsdichtungen hat sich erst allmählich ent-
entwickelt, in der älteren epik gibt es keine derartige Scheidung:
in dem Courotmement Louis tritt Wilhelm selbst, in dem so-
genannten Haager Fragment (einem auf ein französisches epos
zurückgehenden lat. prosafragment) treten seine brüder neben
Karl d. Gr. auf.
Dass in dem namen Berengier {Berädsier — nfr. Berauger)
der diphthong ie (vgl. I. laisse) mit e reimt, erklärt sich wohl
durch die reimnot des dichters, welcher die zahlreichen namen
nicht alle im inneren des verses unterbringen konnte.
Ö7 8eiguor: vokativ, in der form gleich dem nomiuativ
(vgl 1 Charles IV, 13 emperere).
V. Laisse: Selgnor, petit, loiutain, se Dieu piaist. 20B
Von den Substantiven der lat. IIL deklination sollten die
beiden kasns des plurals, entsprechend den lateinischen formen,
ursprÜDglieh gleich lauten: peres, seignors = patres , seniores.
Indessen schliessen sich die maskulina dem Vorbild derjenigen
der lat. IL deklination an, welche den obliqnus vom rektus
durch 5 unterscheidet : cäballarü — ► Chevalier, caballarios — >
Chevaliers, dementsprechend peres, seignors nur als obliquus,
im rektus hingegen pere, seignor. Vgl. 82 servant, 208 home^
dazu s. 145.
petit: dies wort ersetzt in einigen romanischen sprachen
das lat. parviis. Es ist keltischer herkunft und gehört zu
demselben stamme ))etf-, auf den frz. piece zurückgeht: ein
romanisches '^peUlttmm oder *petitttum (in stücke geteilt, zer-
kleinert) fuhrt zu ital. pitetto (für petitto), prov. frz. petit.
68 lointain: von *longitanum.
Vor nasal entwickelt sich lat. betontes freies a nicht zu
e, sondern zu ai (siehe Vokalismus II unter a, s. 170):
renianet — ^^remdnet — »• remaint 92
planum— *■ piain 93
de mane-^demain (489),
dazu aparnimnes 163
sanibS—^-sains 195
clamant~*-claiment 208
manum-*main 823.
Nfr. zu ? wie ain in saint<-sanctum, in offener silbe zu
?» (plaine, saine, lointaine usw.).
se Dieu piaist: vgl. dagegen ploiist al rei de gloire (405).
Im altfr. kann bei personenbezeichnungen und persönlich
gedachten begriffen (wie cglise, loi, tiernamen u. ähnl.) der
blosse obliquus (d. h. der alte lat. dativ statt des neuen mit
ad gebildeten: Deo statt ad Beum) stehen. Vgl. noch:
L'arcevesque Turpin comandet son conduit 202
E por 0 fut presentede Maximien (Eulalia 11)
Dieu lo covit (er begehrte ihn für Gott: Leodegw 17).
204 Dritter Teü: Text.
irez: dazu irai 72, iras, irat 91, irons, iront 849.
Das lat. ire lebt nur in diesen vom infinitiv abgeleiteten
futurformen fort. Für den ind. präs. werden zum teil formen
von vadere verwendet (sg. 1. vois 153, 2. vas, 3. vait 98, pl. 3.
vont 147). Die übrigen personen des präsens und seine ab-
leituDgen werden von aler gebildet (vgl. aler 70, alerent 77,
ale0 135, part. alejs 144 u. o.).
69 Jerusalem requerre: zur voranstellung des Objekts
hier wie in den folgenden versen 70, 72, 73, 77 vergleiche
v. 39 le rei me nomes.
70 sepulcre: lehn wort {p statt v, ü zu ü wie in duc).
aler: das in den Schulbüchern gewöhnlich als etymon
angegebene amhulare gibt lautrecht ambler (vgl. 89 amhlane),
nicht al{l)er. Nach Meyer -Ltibke Hesse sich jedoch aler als
eine zunächst im imperativ entstandene kurzform von amhulare
{ambulatis.'-^ales!) denken. Die sonst aufgestellten etymo-
logieen sind sehr zahlreich. Sehr erschwert wird die frage
durch die danebenstehenden formen der übrigen romanischen
sprachen : prov. catalanisch anar, ital. andare, span. port. andar.
Es erscheint nicht möglich, alle diese formen aus derselben
Wurzel (etwa ambitare oder ähnl.) herzuleiten. Im besonderen
das französische aler weist auf einen stamm al-, möglicherweise
ist dieser aus dem keltischen entnommen.
71 feiz: lat. mcem — mces (vgl. 2 croiz III).
Der tibergang des anlautenden v zn f (das prov. behält
V : vete) ist nicht hinreichend erklärt. Die erklärung, dass in
Verbindung mit zahlworten in den weitaus meisten fällen
stimmloser konsonant vorausgehe (dos, treis, eine, sis, set usw.)
und sich das folgende stimmhafte v assimiliert habe, stösst
sich daran, dass solche assimilation im franz. nicht vorwärts,
sondern rückwärts zu wirken pflegt: fraxinum-^fraisne =
frakne (vgl. oben s. 20 zu mostier V), Strassburg—*- Strasbourg
== strazbur, Lisbonne = lizbon, avec vous == avegvu, je passe
devant = zd pazdevä; obtenir = optenir, au-dessous = ostu,
rue de Seine = rüts^n. Die neue erklärung durch einwirkung
V. Laisse (V. 58 — 75): irez, aler, feiz, acc. c. inf., ehameilz. -05
des deutschen fart in der bedeutHDg 'mar (mhd. iuscni vart
= tausendmal) ist wenig wahrscheinlich.
mei i coTient aler: mei ist accusativ, das ganze also die
konstruktion des accusativus cum infinitivo im altfranz. Vgl.
844 nos en covient aler, oder, mit unzweideutiger pronominal-
form: Mors fu; morir le covenoit (Crestien, Cliges 2392).
Daneben begegnet der infmitiv mit a: tei covenist helme e
brunie a porter (Alexius 411). Der acc. c. inf. erscheint im
afr. nach ähnlichen impersonalen verben: estuet (217 En France,
a mon reialme, m'en estuet retorner), loist (licet) u. ä.; nach
verben der sinnlichen Wahrnehmung: veeir, entendre, dir (369
Devers les porz de mer oit un vent venir); nach den verben
des machens, befehlens, zulassens (Eulalia 4: Voldrent la faire
diaule servir).
Das neufranz. hat die zahl der afr. a. c. i., besonders bei
den impersonalen, vermindert {ü convient hat das objekt jetzt,
wie z, t. schon afr., im dativ neben sich), andrerseits den a. c. i.
durch einführung gelehrter bildungen bereichert {II se trouva
devenir la propriete des creanders de son pere; le grand patriote
que tous savaient n'avoir jamais existe).
73 ehameilz: lies tsameiU, aus camelos, neben chameh
-<— camellos.
Nach der regel 4 Chevaliers Va wäre *chemeiU zu er-
warten. Die abweichung erklärt sich durch den lehnwörtliehen
Charakter des wertes: es wurde erst in die spräche auf-
genommen, nachdem die nebentonige vortonsilbe ca- zu che-
ge worden war, nur wurde das anlautende c vor a, welches
der Volkssprache jener zeit durchaus ungeläufig war, durch
das geläufigere cJia (t§a) ersetzt. So werden noch öfter lehn-
worte an erbworte teilweise angeglichen, weil ihre laut-
verbindungen dem volksttimliehen Sprachgefühl oder richtiger
bewegungsgefühl nicht entsprechen. So wird lat. castus zu
chaste: lehn wort wegen erhaltung des auslautvocals und des s
vor t, aber mit anpassung des c vor a an die gewohnte laut-
verbindung; capitulus zu chapitre: lehnwort wegen erhaltung
des intervocalen p, des ^, des a nach palatal, auch wegen der
endung (vgl. *vetulu — *veclu — vieil), aber wie chaste mit
206 Dritter Teil: Text.
anlautendem ch-. Hingegen bleibt in dem rein gelehrten wort
calice 177 das c sogar als c (h) erhalten.
argent: lies ard^ät, aus lat. argentum.
Anlautendes g vor e, i wird schon in gemeinromaniseher,
vor a erst in französischer zeit assibiliert und dann zu di
(vgl. oben s. 148):
gentem-^gent 76
genituS'OS-^gens 112, gentes 95, gentement 77, 87
gaudia-^joie;
auch germ. g:
Gerin— > Gerin 63
gero-on -* geron 853
*giga->gigue (geige).
trossez; zu trosser, von trosse bündel, das man zu thyrsus
<— gr. d^vQöog (der mit epheu und weinranken umwundene
baechusstab) zu stellen pflegt.
Griech. v wird in den lat. lehnwörtern alter zeit regelrecht
zu u, romanisch o: vgl. ßvQöa—>hürsa~^lorse (nfr. bourse),
xQVJiT?] —*■ crupta--> crote (nfr. grgtte nach ital. grotta), Jtv^ig-
i6i.g—>buxida-^boiste {nfr. boUe). Vgl. im übrigen 8.22 Denis.
74 demorer: zu demörari — *demörare{ygl.5Sirascutll).
Nfr. demeurer statt demourer (nebentonig g in freier Stel-
lung zu o—*-ou wie in corone — couronne) erklärt sich durch
einfluss der stammbetonten formen: '^dew^rat (mit rekomposition)
gibt afr. demueret — nfr. demeure. Noch im 16. jahrh. sind
formen wie demourer, demourant zu finden. — Altfranz, be-
gegnet auch die umgekehrte analogie: stammbetont demgret
(z. b. Roland 2021) nach demoröns usw.
VI. Laisse.
Vers 76 — 97.
(Assonanzvocal ä.)
76 L'emperere de France fait conreer sa gent:
77 Geis qui od lui alerent conreat gentement.
V. Laisse. - VI. Laisse (V. n-^Ql): od loi, ©ntre. 2^7
78 Assez lor at don^t entre or fin et argent.
79 N'i oat escuz ne lanees ne espees trenchanz,
80 Mai8 fuz ferrez de fraisne et escrepes pendanz.
81 Les destriers fönt ferrer et detr^s et devant.
82 Les mulz et les somiers afeltrent li servant
83 Et fönt pleines les males entre or fin et argent,
84 De vaissels, de deniers et d'altre guarnement.
85 Faldestuelz d'or i portent et tres de seie blans,
86 A Saint Denis de France li reis s'escrepe prent:
87 L'areevesques Turpins li seignat gentement.
88 Et si prist il la soe et Franceis ensement,
89 Et monterent as mulz qu'il ourent tost amblanz,
90 De la cit^t eissirent, si s'en tornent brochant.
91 Des or s'en irat Charles a Damne-Deu comant,
92 La reine remaint dolorose et plorant. —
93 Tant chevalehet li reis qu'il vint en un piain grant.
94 A une part s'en tornet, si apelet Bertram:
95 'Vez com gentes compaignes de pelerins erranz:
96 Oitante milie sont el premier chief devant!
97 Quis conduit et governet, bien deit estre poanz.'
Erläuterungen.
77 od lui: bei der Verbindung von präposition und pro-
nomen ist jene der schwächer, dieses der stärker betonte teil,
daher altfr. wie neufr. die betonte form des pronomens steht:
vgl. noch avuec eis 138, od lui 203, ot sei 61, 232. Vgl. auch präp.
fors neben Sidv. fuers, beide -«—/"^m; per—*par, ad~-*-a u.a.
78 entre or fln et argent: der gebrauch von entre . . . et
in distributivem sinne 'sowol — als auch' lässt sieh als gemein-
romanisch bezeichnen. Inter in dieser bedeutung findet sich
schon in lateinischen Urkunden vom 7. jahrh. ab {inter aurum
et argentum solidos mille), vgl. italienisch tra con parole e con
atti (sowol mit werten als geberden), span. fablaron entre el y
ella (sie sprachen miteinander, er und sie), altfr. Entre Bembalt
e Hamon de Galice — Les guieront (Raimbalt und Hamon zu-
sammen werden sie führen, Rol. 3013 f.). Die sache erklärt
sich wol zunächst aus jenen fällen, wo — wie in den beiden
letzten beispielen — die beiden teile das Subjekt bildeten und
206 Dritter Teil: Text.
intra — entre ein reeiprokes Verhältnis (intra se) andeutete.
Nachdem sich aus solchen fällen tatsächlich das geftihl ent-
wickelt hatte, dass die beiden substantiva von entre abhängig
seien (nicht niehr subjekt des satzes, weshalb auch Bembalt
— Hamon, nicht Rembah — Haimes), konnte diese ausdrucks-
weise auch auf das objekt übertragen werden, wie hier, oder
auf andere kasusverhältnisse, wie v. 83, wo dieselbe Wendung
einen genetiv vertritt. Vereinzelt noch nfr.: Entre pieces de cinq
francs et pieces de vingt francs ü y avait dans cette bourse
deux Cents francs (s. Littr6, Dict. entre 9).
Zu 80 — 83: die beiden rüsten sich zu einer friedlichen
Pilgerfahrt aus, mit pilgerstab {fust) und pilgertasche (escrepe).
Die erwähnung der streitrosse {destriers) neben den maultieren
(muh) ist daher wenig am platze, im folgenden ist von ihnen
nirgends die rede, auch die ausländischen bearbeitungen des
gedichts kennen den vers 81 nicht. Er ist wohl durch einen
gedankenlosen kopisten hinzugefügt. — Wegen des s in fraisne 80
vgl. s. 19 zu mostier V, s. 204 zu 71 feiz.
82 Wortstellung: Inversion des Subjekts infolge von vor-
anstellung des objekts, vgl. 39 le rei me nomez.
somiers: grieeh, adyna (das aufgepackte, der saumsattel)
ist in das vulgärlat. als sauma (ital. salma — soma, prov. sauma)
übergegangen, woraus frz. some 'last', dazu somier 'lasttier',
servant: nom. plur. servientes mit Übergang zur jotlosen
flexion {*serventes) und analogischem verlust des nominativ-s
(wie 67 seignor). Lat. servientem ergibt serjant — sergent.
Die lat. participia präsentis sind grossenteils zu adjektiven
(wie schon lat. sap{i)entem — savant, wie unten v. 97 potentem
— poant) oder Substantiven (wie hier servant, auch savant u. a.)
geworden. In verbaler bedeutung finden wir solche partizipien
z. b. in den vorausgehenden versen 79 (espees tranchanz) und
80 {escrepes pendanz), weiter unten v. 95 pelerins erranz.
Grossenteils aber ist das pari präs. in verbalem sinne durch
das lat. gerundium ersetzt worden oder mit ihm zusammen-
gefallen (gerade im franz. musste amantem und amando auch
lautlich zusammenfallen in amant). Vgl. noch unten v. 90 si
VI. Laisse (V. 76—97): Wortstellung, somiers, servant nsw, 209
^en tornent hrochant = sie se inde tornant *broccando, 92 La
reine remaint . . . plorant = plorando.
85 Wortstellung: bei mehrteiligem objekt wird häufig nur
das erste vorausgenommen, die folgenden nachgesetzt. Vgl. noch:
Dus i out et demeines, barons et Chevaliers 4
Lohereigne traversent, Baiviere et Honguerie 101.
faldestuelz: germ. faldastgl ('faltstuhl', stuhl zum zu-
sammenlegen, zu altsäehs. siöl, ahd. stuoT), lautgerecht— */aWe-
stuel, mit s faldestuelz (vgl. 6 mieh II, III). Die übliche form
faldestueil {-uel) erklärt sich wol durch sulfixtausch {-oliu für -olu).
tres: plural zu tref^^—trahem wie chies 20 zu chief 2.
86 Wortstellung: Subjekt, objekt, verbum.
Auch diese reihenfolge ist in der alten spräche nicht
selten. Vgl. noch:
Li patriarche en at Charlemagne apelet 250
Li reis Hague li Forz at Charlon apelet 838
Quant il at Dieu preiiet 865.
Wie die beispiele lehren, pflegt in den zusammengesetzten
■Zeiten das objekt zwischen hillsverbum und partizip zu treten.
87 li seignat genteme.it: ergänze la.
Beim zusammentreflFen zweier pronominalobjekte (dat. li,
lor, vos usw. mit acc. le, la, les) kann im altfr. das akkusativ-
objekt wegbleiben. Vgl. noch:
191 Cd li ßst aporter = C. les li f. a. (sc. les reliques)
Eoland 1996 tot li detrenchet = t. le li d. (sc. Veline).
Schon das lat. kannte in gewisser beschränkung (bei den
Verben des sagens, hörens, zeigens) die auslassung des pro-
nominalen akkusativs. Im altfr. aber geht die erscheinung,
wie unsere beippiele zeigen, viel weiter. Auch sonst ist hiei
auslassung eines pronomeos in manchen fällen möglich, wo sie
nfr. nicht mehr gestattet wäre: chascuns Vama et (erg. li)
porta fei; il lor dona armes et (erg. les) apareilla honorablement
88 ensement: eine Weiterbildung von ensi (ainsi), das man
aus aeque sie zu erklären pflegt (die lautliche entwicklung ist
Voretzaoh, Studium d. afrz. Sprache. 5. Aufl. 14
210 Dritter TeU: Text.
nieht ganz klar). Von ensi ist ensement nach dem muster der
adverbia auf -ment (vgl. 12 folement, 16 helement) gebildet,
wie auch comment zu com (von quomodo, vgl. y. 50).
90 brochaiit: zum keltischen stamm brocc- (spitz) — frz.
hroche (spiess, nadel), broch{i)er (stechen, spornen), hrochure usw.
91 des: nach älterer erklärung de ex, entwickelt wie ex
vor konsonant (vgl. 43 estortre, gegen exiverunt-^eissirent 100,
vgl. 1 reis); richtiger (nach Tobler) de ipso (sc. illo tempore u. ä.),
das regelrecht (ps-^ss — s wie pt-^tt — t) zu des werden
musste.
95 vez: häufig gebrauchte kurzform, entweder aus vides
(haupttonig veü), eigentlich 'siehst du?', dann ' siehe 1'; oder
aus veeztr-videtis (für videte, vgl. 19 enseigniez). Zweisilbiges
veez in unserm gedieht: Veez ici Guillelme (739), Veez ici
Bernart (764).
pelerins: lat. peregrinos, mit dissimilation des ersten r
gegen das zweite; christliches lebnwort, mit erhaltung des un-
betonten vorton Vokals, spurlosem verschwinden des g vor r
(gegen nigrum—>neir).
96 oitante: beztigl. des Stammvokals die regelrechte fort-
setzung von octoginta (während odo mit betontem p *uoit — uü,
huit gibt). Die endung ist an quadraginta — quarante u. a.
angeglichen (mittelform *quadrdinta). Daneben schon altfranz.
quatre-vint (ebenso in alter zeit treis vint, acc. treis vinz, sis
vint, acc. sis vinz usw.). Nfr. huitante (mit angleichung des
Stammvokals an huit) ist veraltet ebenso wie nonante<—nona-
ginta. Dialektisch noch gebräuchliches octante sowie septante
(mit lautem c und p!) beruht auf gelehrter Umbildung oder
entlehnung.
97 qnis: flir qui les. Vgl. 1 äl, 40 nel, dazu s. 163.
poanz: die regelrechte fortsetzung des lat. potentem mit
nominativ-5, das schon im lat. zum adjektiv geworden ist.
Poissant — puissant ist eine zu den oben (v. 40) besprochenen
formen puis, puisse gehörige neubildung {■*—*possientem), es ist
VI. Laisse (V. 76—97). — VII. Laisse (V. 98 — 111). 211
gleichfalls zum adjektiv geworden. Neufr. pouvant endlich ist
das aus pouvons, pouves, pouvoir neugeschaffene partizip
und gerundium mit rein verbaler bedeutung.
VII. Laisse.
Vers 98—111.
(Assonanz i-e.)
98 Or vait li emperere ot ses granz compaignies,
99 Devant el premier chief furent oitante milie.
100 II eissirent de France et Borgoigne guerpirent,
101 Lohereigne traversent, Baiviere et Honguerie.
102 Chevalchet l'emperere tres parmi Crobatie,
103 Les bois et les forez, et sont entret en Grice.
104 Les puis et les montaignes virent en Romanie,
105 Les Turs et les Persanz et cele gent haie.
106 La grant ewe del flum passerent a Laiice, i)
107 Et brochent a la terre ou Dieus rcQut martirie,
108 Veient Jerusalem, une cit^t antive.
109 Li jorz fut bels et clers, herberges ont porprises,
110 Et vienent al mostier, lor ofrendes ont mises.
111 As herberges repairent les fieres compaignies.
Erläuterungen.
98 vait: lat. vadit ergibt (hochbetont) regelrecht vet, an
dessen stelle jedoch meist va und vait erscheinen. Wie bei
habere haben sich auch bei dem häufig als hilfsverb und daher
schwachtonig gebrauchten verbum vadere im romanischen kurz-
formen entwickelt, in denen d fiel und einsilbige formen ent-
standen:
*vao (ital. vo, prov. vau vauc) — frz. *voi vois
vas (ital. vai, prov. vo^) — frz. vas
vat (ital. va, prov. va vai) — frz. vat
^vaunt (ital. van vanno, prov. vaun van) — frz. vont.
*) Laiice ist Laodicea in Phrygien, der grosse flnss der Lykos.
14*
212 Dritter Teü: Text.
Die drei letztgenannten frz. formen erklären sich regelrecht
aus den vulgäilat. kurzformen. Die 1. person *vao (vau) sollte
zunächst *vo ergeben (wie aurum-*or 3). Wir finden indes
nur die erweiterte form vois mit analogischem i (nach dem
muster von ai'*—*ajO'*—habeo und sui'*r-sum, das sich schon
früh an ai angeschlossen hat, Tgl. v. 33) und weiter mit ana-
logischem s (nach puis^-^possio, siehe v. 40), wonach auch
eine anzahl anderer erster personen umgebildet worden sind
(truis = *tropo, ruis = rogo — *roguo, estois = sto — *stao).
Neben vois fiadet sich auch vai, das zu vas vat gebildet
ist nach ai as at; umgekehrt nach vai 2. person vais und 3. vaii,
wobei auch Vorbilder wie fais fait mitgewirkt haben können.
Die verschiedenen formen, lautgesetzliche und analogische, be-
stehen nebeneinander, auch die zweiten sind verhältnismässig
alt {vait schon im Alexiuslied neben vat).
compaigoies: lies cöpaUies. Stammwort ist *companio
der 'brotgenosse' {pams\ woraus altfr. compain, obliquas com-
pa(i)gnon, der gefährte. Dazu das kollektivum compaigne
gefolgschaft (oben v. 95, sonst auch 'gefährte') und nach dem
muster der ursprüaglich griechischen worte auf -ia compaignie
(gefolgschaft — gefährte), endlich das verbum compaignier —
accompagner.
100 guerpirent: zu fränkisch werpan werfen.
In der regel gehen die germanischen verba auf -jan zur
»-konjugation, die übrigen zur e-konjugation (lat. a) über. Vgl..
hatjan—^hair 105 j ^warden—^guarder^v^l.Y.^
*Jcrostjan—*'Croissir 194 j witan—*- guier 245
warnjan—> guarnir 240 ! warön—> guarer.
Von werpan siud keine germanischen ^'-formen bekannt
(got. wairpan, ahd. werfan, altsächs. werpan, ags. weorpan, alt-
nord. verpa); es hat sich gleichwohl den i-verben angeschlossen.
Der bedeutungswandel 'werfen'— >•' verlassen' ist ähnlich wie ii
lat. abjicere 'wegwerfen'— >' aufgeben, verloren geben, verlassen'.
100 — 107 Karls weg: dieser führt offenbar in der haupt-
sache zu lande nach Jerusalem — ob nun gerade über Kon-
stantinopel, das die beiden erst auf dem rück weg besuchen.
VII. Laisse: compaignies, guerpirent, ewe, regut. 213
wird oicbt gesagt. Bomanie bezeichnet für gewöhnlich das
oströmische reich oder dessen europäischen teil, an unserer
stelle aber wohl den asiatischen teil, also Kleinasien, da Grice
TOiher besonders genannt wird. Die Vorstellungen des dichters
vom Orient sind Überhaupt nicht sehr bestimmt, er verarbeitet
hier nur, was er vom hörensagen durch Jerusalempilger weiss
(vgl. unten s. 218, 228). So wird man auch den Widerspruch,
daes Karl durch das byzantinische reich zieht, ohne dass des
kaisers Hugo von Konstantinopel gedacht wird, nicht zu schwer
nehmen dürfen.
106 ewe: aqua ergibt zunächst *auua, wird aber nicht
wie (bei silbeschliessendem u) plouuit-^plout, davum—^clou
(vgl. 2 Botit IV) weiter entwickelt, sondern lässt a wie sonst in
freier silbe zu e werden. Nach anderer annähme entstand aus
aqua zunächst aive, daraus eve, wobei aber ai früher als in
anderen werten zu e kontrahiert worden sein mtisste. — Wie
ewe zu taue — eaue wird, ist noch nicht befriedigend erklärt,
doch zeigt ? vor l eine ähnliehe entwicklung (6e?5—»-&eaw5). —
Unmittelbar auf den ton vokal folgendes auslaut-e beginnt seit
dem 13. jh. zu verstummen, was in der schrift nur teilweise
zum ausdruck kommt {estoie — oi — ois, avoie — oi — ois, auroie
— oi — ois, eaue — eau gegen vie = vi, epee = epß). — Der
triphthong eau wurde im 16. jh. zum diphthongen ep, im 17. jh.
zu 60 — 0 (wie beau—^beQ-^beo-^bo).
107 re^ut: vulgärlat. ^recepuit oder *re(^puit für lat
recSpit
Während die perfektbildung auf -evi im gegensatz zu -avi
und -ivi (vgl. 2 seignat, 18 o'irent) ganz untergegangen ist, hat
die daneben in der lat. II. konjugation und ebenso in der 111.
und IV., vereinzelt auch in der I. vorhandene bildung auf -ui
eine weit grössere ausdehnung gewonnen als im latein. Fehlende
perfekta wurden nach diesem verbreiteten typus ergänzt, vor-
handene darnach umgebildet: go wird bibi—**bibui — bui,
movi-->*niovui — mui, crevi—**crevui — crui, veni—^-^venui —
vin, so auch recspi-^*recspui — regui. Auch eine vom praesens
aus neugebildete form *recipul müsste dasselbe ergeben.
Das vollständige paradigma dieses verbums würde lauten
regui, receus, regut, receumes, receustes, regurent
214 Dritter TeU: Text.
Im wesentlichen ist die entwicklung wie bei debui-^dui
(vgl. 56 deüsseis) vor sich gegangen: '^recepiii-^rcQui, darnach
regut, regurent; ^'■recepu[i)sU-*regeus, darnach regmmes, regeustes.
Starke perfektbildung. In der 1. und 3. person sing,
sowie in der 3. plur. dieser verba ruht der accent auf dem
Stammvokal, nur in den drei übrigen formen auf der endung,
während bei den a- und *- perfekten sowie bei denen auf -iet
(vgl. 12 respondiet) überall die endung den accent trägt. Im
gegensatz zu perfekten der zweiten art, die man als schwache
perfekta bezeichnet, nennt man perfekta wie regui starke
perfekta. Zu ihnen gehören ausser den meisten wi-perfekten
noch die auf -si (13 disf) sowie die wenigen, welche die lat.
perfektbildung mit Stammdehnung beibehalten haben (9 ve'istes,
30 Vit), endlich auch das in sämtlichen sechs formen stamm-
betonte fui (siehe 1 fut).
109 jorz: vgl. über die entstehung des ^ 6 mieU III b
und Konsonantismus V, 5. Ende des 12. jahrhs. wird jorz-*
jors, wozu alsdann der neue obliquus jor — jour gebildet wird
(vgl. 1 jorn V).
110 vienent: aus "^venunt für veniunt, das *viegnent er-
geben müsste. Die formen auf -io und -iunt sind auf ana-
logischem wege grossenteils durch solche auf -o und -unt
ersetzt worden. So erklärt sich auch venio -^^^veno —> vien
— nfr. viens, sentio -^'^sento —*■ sent — nfr. sens, sentiunt —*-
^sentunt — >■ sentent, sapiunt —* '^sapunt — > sevent — nfr. savent
(vgl. 14 sai) u. a.
mises: fem. plur. von'^part. perf. mis {zu mgtre'*—miUere),
statt mes (missum), nach analogie des perf. mis<—'*misi (nicht
aus klass.-lat. misi, wie prov. mis, 3. p. mes lehrt).
111 repairent: aus ^repatriant, mit regelrechtem ver-
stummen des t zwischen vokal und r und Wandlung von r%
zu ir (vgl. noch *inclaustreum-*encloistre 821). Dazu das
Verbalsubstantiv repaire wohnsitz, Zufluchtsort (auch als name
in Beaurepaire). Nfr. patrie ist, wie lautgestaltung und be-
tonung zeigen, lehnwort.
VII. Laisse: starke perfektbildung. — VIII. Laisse (V. 112—122). 215
VIII. Laisse.
Vers 112—122.
(Assonanz g-e, wie in laisse III.)
112 Molt est genz li presenz que li reis Charles ofret.
113 Entrat en un mostier de marbre peint a volte,
114 Laenz at nn alter de sainte Paternostre:
115 Dieus i chantat la messe, si firent li apostle,
116 Et les doze chaieres i sont totes encore,
117 La trezime est enmi, bien seelee et elose.
118 Com Charles i entrat, bien out al euer grant joie.
119 Com il vit la chaiere, icele part s'aproehet,
120 L'emperere s'assist, im petit se reposet,
121 Li doze per es altres, environ et en eoste.
122 Ainz nen i sist nuls huem ne onques puis encore.
Erläuterungen.
112 gen/: adj. 'vornehm, kostbar', obl. gent, fem. gente,
komp. gen&or -sor, aus lat. part. perf. genitus in prägnantem
sinn 'edelgeboren'. Weniger wahrscheinlich ist eine neuere
erklärung aus dem Substantiv gens, d. h. aus einem spätlat.
genetivus qualitatis Qiomo gentis 'ein mann von familie'), der
aber schon früh zum adj. *gentis-e nnd weiterhin zum drei-
gesehlechtigen gentus-a-um umgedeutet worden sein mtisstej, da
für franz. prov. span. die femininform genta als gemeinsame
grundform vorausgesetzt wird.
115 flrent: vulgärlat. *fecerunt für lat. fecerunt Hieraus
unter fall des pänultimavokals *fecrunt, das im franz. *feireni
geben sollte wie fac(e)re faire (vgl. noch prov. feiron). Die
tonsilbe wird an die 1. sing. fis*-feci (vgl. 7 II, prist) an-
geglichen, ebenso wie die 3. sing. * feist, die zu fist wird. Andere
formen — wie fistrent, fisent — sind analogisch.
Die bedeutung von firent, ebenso von chantat, ist hier
die des plusquamperfekts: Gott hatte hier die messe ge-
sungen, so hatten die apostel getan. Das lat. Plusquamperfekt
ist nicht spurlos verschwunden, sondern in den ältesten denk-
216 Dritter Teil: Text.
malern in einer reihe von formen erhalten und allmählich im
perfekt aufgegangen, mit dem es formal in der 3. pl. zu-
sammenfiel: vgl. perf. S.sg.fut, 3. pl. /"«rewif mit plupquamperf.
3. p. füret, 3. pl. furent. So könnte auch firent ebensogut auf
*fecerant wie auf *fecerunt zurückgehen. Das Eulalialied zeigt
eine reihe von plopquamperfektformen {auret, füret, voldret u. a.),
meist schon im sinne des perfekts, wodurch der zusammenfall
beschleunigt wurde.
116 — 117 doze — trezime: lies dodse — tredzime (mit
d + stimmhaft s). In diesen wie den ähnlich gebildeten zahl-
worten wurde das intervokale c im romanischen assibiliert
(vgl. ital. dodici, tredici = doditsi, trediisi) und im franz.
erweicht, ehe der vokal der pänultima ausfiel: daher duodedm
—*■ * dodetSe —*■ * dodedke — > dp(d) dze , " tredecim — >• tr^{d)dze mit
stimmhaftem s (2"), desgl. onze = ondse, quatorze, quinze, seze
— später mit dem üblichen verlast des d vor z, onse = öz{e%
douz{e) usw. wie im nfr.
Diese entwicklung war nur möglich, wenn der vokal der
pänultima sich hier länger hielt als in den ähnlich gestalteten
pollicem — polz 811, polce (nfr. pouce), pulicem — pulce ipuce)^
romanice — romanz: augenscheinlich worden die werte noch als
komposita von decimum — dime, decem — ^dieis — dis empfunden
und durch diese beeinflusst. Unwahrscheinlich hingegen ist
nach allen parallelvorgängen , dass das -d- nach fall des
pänultimavokals das folgende stimmlose -ts- stimmhaft gemacht
hätte (^dodetse-*^dodtse—>doddze): vergleiche radicina—^racine,
*pertusiare~*percier, debita~-*dete, dazu oben s. 204 feiz.
Für die erklärung der Ordinalzahlendung -ime ist von
deeimus und den zugehörigen formen auszugehen. Decimum
ergab *dieime — dime (ohne s, vgl fadmus-^faimes, dicimus
—t-dimes), das unter eiofluss der kardinalzabl dis auch als disme
erscheint (wie lautgesetzlich setme <— septimum neben set<~
Septem steht). Ebenso musste undecimum zu *ondime, duodecimum
zu *dodime werden, die sich nach den kardinalzahlen onze und
doze zu onzime und dozime umgestalteten. So erschien in onze
— onzime, doze — dozime -ime als die charakteristische ordinal-
endung, wonach zu treze, quatorze, quinze, seze die ordinalia
trezime, quatorzime, quinzime, sezime, für dis e setme ein dis e
VIII. Laisse: doze — trezime, chaieres, seelee, euer, joie. 217
setime, endlich auch zu dis ein disime und zu den einerzahlen
sis, sei usw. sisime, setime usw. gebildet wurden. — Neben -ime
{-isme) erseheint dialektisch und gerade in hervorragenden
denkmälern der normannischen und der südlich angrenzenden
mundarten -ieme (iesme), entsprechend der entwicklung von ? -H «
in diesen gebieten {lectum-^liet gegen francisch *lieit — lit).
Diese ursprünglich westfranz. endung hat die zentralfranz.
form -ime verdrängt und das nfr. -ieme (troisieme, dixierm,
treisieme usw.) ergeben.
chaieres: lies tsa-ieres, aus cathedras — xad-iögac.
Der griechische aecent ist vermutlich in der volkstüm-
lichen ausspräche bewahrt geblieben (vgl. s. 164). Cathedra
entwickelt sich regelrecht zu chaiere: vortoniges a nach palatal
bleibt vor vocal erhalten, wie in catena — chaeine (statt che-
wie in Chevaliers), ebenso wie in einzelnen noch nicht be-
friedigend erklärten fällen vor liquiden oder nasalen (vgl.
V. 73 chameiU, dazu s. 173 per-*par u.a.). — Nfr. chaise
(neben chaire kanzel, lehrstuhl) verdankt seine form einer im
16. jahrh. entstandenen, aber nicht durchgedrungenen lautver-
änderung (intervokales r zu z, wie damals auch pere-^pese u. a,).
seelee: se-e-le-e (viersilbig, mit elision des auslaut-e vor
et), vgl. s. 153.
118 euer: einsilbiges cor —*- cgr —*■ euer , mit behandlung
des Q wie in offener silbe. Vgl. oben s. 167.
joie: lies dzgie, aus gaudia (nicht gaudium).
Da g nur vor e, i, a zu dS, c nur vor a zu ^ wird, muss
die assibilierung des c und g vor a begonnen haben, ehe au
zu Q kontrahiert wurde (vgl. noch causa— *■ causa— *-chose).
Diese koutraktion ist im franz. verhältnismässig jung (etwa
8. jahrh.); sie findet sich zwar in anderen romanischen sprachen
(it. godio, oro — span. oro usw.), aber nicht im provenzalischen,
ist also keine gemeinromanische erscheinung wie etwa die
koutraktion des ae {ai) zu ?.
Die lat. neutra pluralis werden ihrer endung (und z. t
kollektiven bedeutung) entsprechend im franz. meist zu femininen
218 Dritter Teil: Text.
sing.: hattualia-^la hataille 29, 859, folia-^la fueille — feuille
(neben mask. fueil<—folium), vgl. 52 mengonge.
120 s'assist: se *assesit für assedit.
Nächst der m-bildung hat im romanischen die 5-bildung
des perfekts am meisten an ausdehnung gewonnen. Zum teil
bot das zugehörige s-partizipium den ausgangspunkt: wie misi
zu missum mitter q, risi zu risum ridere, bildete man *sesi zu
sessum sedere, *prensi zu prensum prendere (vgl. 2 prise,
7 prist); zum teil auch das < - partizipium wie *punxi zu
punctu7n pungere nach junxi junctum jüngere u. a. — Aus
*sesi wird mit i-umlaut sis, darnach 3. pers. sist 122, 157 (für
'^ seist), 3. plur. sistrent, pari sis 157 (für *seis wie pris für
''"'preis).
122 Ainz: wird von den einen auf ante id, von den
anderen auf ^antius (eine komparativische, der bedeutung
entsprechende bildung zu ante wie *postius — puis zu post)
zurückgeführt. In beiden fällen macht der diphthong ai
Schwierigkeiten, da ti nach konsonant kein i zu entwickeln
pflegt (besonders für ntj, vgl. '^fidantia — fiance, dazu s. 154).
Ains bedeutet 'früher, vorher', mit ne 'niemals', von der
Vergangenheit gesagt (gegensatz ne onques puis = niemals
seither, nie mehr später). Aus der temporalen bedeutung ent-
wickelt sich im 12. jahrh. die modale 'eher, in höherem
masse', so dass es dann nach negativen Wendungen geradezu
, sondern' bedeuten kann. Vgl. auch die bedeutungsentwicklung
von magis — mais v. 28.
Die hier und im folgenden gebotene beschreibung der
kirche beruht offenbar auf ungenau wiedergegebenen pilger-
berichten. Da Karl ausdrücklich auszieht, um das hl. Kreuz
und das hl. Grab anzubeten (v. 70), ist bei der hier geschilderten
kirche zunächst wol an die kirche des hl. Grabes zu denken.
Der angeblich in dieser kirche befindliche altar zum Pater-
noster scheint eine erinnerung an die ausserhalb der Stadt,
auf dem Ölberg, gelegene kirche zum Paternoster zu sein,
welche dem ort geweiht war, wo der Heiland die jünger
sein gebet gelehrt haben soll. In Wirklichkeit handelt es sich
VIII. Laisse: s'assist, Ainz. — IX. Laisse (V. 123—166). 219
ursprünglich um den ort, wo er vor seiner gefangennahnae
zum Herrn betete, um den garten Gethsemane; erst nachträg-
lieh wurde dieser mit dem ort gleichgesetzt, wo er das Pater-
noster gelehrt hat Endlich mischt sich in die Vorstellung
des dichters noch, wie v. 115—117 zeigt, die erinnerung an
die Abendmahlskirche auf dem berge Zion, wo auch der tisch
des hl. Abendmahls gezeigt wurde.
IX. Laisse.
(Assonanzvokal B wie in II und V.)
123 Molt fut liez li reis Charles de cele grant beltet:
Vit de cleres colors le mostier peintur^t,
125 De martirs et de virgenes et de granz majestez,
Et les cors de la lune et les festes anvels,
Les volueres par aire et les peissons par mer.
124 cleres colors: lat. colorem ist, wie amorem (vgl. oben s. 42),
dolorem, honorem, calorem und die übrigen abstrakta auf -orem, zum feminin
geworden, da die überwiegende zahl der abstrakta im lat. weiblichen
geschlechts war (vgl. namentlich die auf -a, -as, -es). Einige derselben
wie amour, honneur sind unter gelehrtem einfluss später wieder zu
maskulinen geworden (vgl. s. 181).
Cleres ist die regelrechte fortsetzung des lat. ciaras. Vor konsonanten
neigt das e<—a später zur hellen ausspräche, wodurch die Schreibung
clair = cl^r (seit 14. jh.), nach dem muster von /aire = fere, lait = let u.a.,
möglich wird. Bevorzugt wurde diese Schreibung wegen der anlehnung an
lat. clarus, wie auch afr. per und ele im nfr. als pair und alle erscheinen.
125 virgenes: lies virdznes, zweisilbig, wie der vers lehrt; das e
steht nur, um die dental-palatale ausspräche des g (wie in gent, argent u. ä.)
zu bezeichnen. Im übrigen ist das wort (wie auch martir) ein kirchliches
lehnwort. Durch anpassung an die oxytonale betonung des frz. wird es
verkürzt zu virge, woraus mit entwicklung eines übergangslautes vierge,
wie aus dem gleichfalls fremdwörtlichen cirge ein cierge.
majestez: majestet wird zunächst von der herrlichkeit Gottes ge-
braucht, daher es in konkretem sinne 'bild von göttlichen personen oder
dingen', vielleicht auch * heiligenbild ' bedeuten kann. Da die eigentlichen
'heiligen', die martirs und virgenes, daneben ausdrücklich genannt werden,
wird man die erste bedeutung vorziehen, also kurz 'heilige bilder'.
127 mer: während die übrigen neutra sing, (auch die der III. dekl.)
zu maskulinen geworden sind, ist mare im franz. zum feminin geworden,
wol in anlehnung an terra (ebenso prov. la mar, dagegen ital. il mare).
220 Dritter Teil: Text.
Charles out fier le vis, si out le ehief lev^t.
Uns Juieus i entrat, qui bien l'out esguard^t.
130 Com il vit le rei Charle, comeD^at a trembler:
Tant out fier le visage, ne l'osat esguarder.
A pou que il ne chiet, fuiant s'en est tornez,
Et si montet d'eslais toz les marbrins degrez,
Et vint al patriarche, prist Ten a aparler:
135 'Alez, sire, al mostier por les fonz aprester
Worte wie mer, ciel, enfer u. ä. werden, als den eigennamen gleich-
stehend, häufig ohne artikel gebraucht.
131 visage: aus *visaticum, zu visum. Die endung -aticum wird
allgemein zu -age (vgl. 206 barnage, 2(i9 lenguage, ferner folage, eage u. a.).
Sowol t als c müssen erweicht worden sein, ehe der vokal der pänultima
ausfiel.- -adego-->-adejo-->-adjo--^adse, da sonst -at$e (ache) hätte ent-
stehen müssen.
132 A pou que il ne chiet: um weniges, dass er nicht fällt = bei-
nahe wäre er gefallen. Diese und ähnliche Wendungen (a bien pou que^
por pou que, par un petit que, pres ke oder noch kürzer ohne que: pres,
por un pou, a pou) erklären sich als ellipsen anstelle vollstäijdiger haupt-
sätze mit unpersönlichem subjekt: a pou (ce) va (geschiebt es) que il ne
chiet. Da der nebensatz den tatsächlichen nichteintritt der handlong meldet,
steht folgerichtig der Indikativ.
Ppw, aus paucum wie lou (lieu)-*r—locum (s. 175), scheint die im
francischen ursprünglich heimische form zu sein (ähnlich im champagnischen
po). Daneben begegnet poi, das zunächst wohl in mundarten zu hause
ist, die auca — > oie, pauca—^poie entwickelten (s. v. 32 joer) und hieraus eine
neue adverbform poi ableiten konnten. Nfr. peu geht über eine mittel-
stufe pQu auf pgu zurück.
fuiant: fugiendo se (= sibi) inde est tornatus. Fuiant ist gerundium,
daher unveränderlich. Vgl. v. 82 zu servant.
1^3 eslais: von sei eslaissier {*exlaxare) 'sich stürzen, rennen' ab-
geleitetes Verbalsubstantiv. D'eslais: in hast, eiligst.
134 patriarche: lehnwort wegen der behandlung von tri (vgl. 111
repairent). Die maskulina der lat. I. dekl. (meist lehnwörter, wie propheta
— profete, lat. patriarcha-* — gr.naxQiaQyrjq) haben wie die feminina der-
selben deklination rektus und obliquus gleich (vgl. v. 141, 148 u. ö.). Erst
später erhalten sie zum teil ein s im rektus nach dem muster der maskulina
auf s (lat. -US).
135 sire: aus lat. senior. Die zunächst zu erwartende form ist
*8mro — sendro — sendre, so in den Strassburger Eiden (sendra) und ib
der Passion (sendrce). Sire ist die zunächst vor eigennamen gebräuchliche
knrzform. Ebenso stehen im obl. vollform seigneur und kurzform sieur
(mon.sieur) nebeneinander.
IX. Laisse (V. 123—166): 128—139. 221
Orendreit me ferai baptizier et lever.
Doze contes vi ore en cel mostier entrer,
Avaec eis le trezime, onc ne vi si formet:
139 Par le mien escientre, qo est meismes Dens
les fonz: lat. fontem ist altfranz. nur als plurale tantum erhalten in
der bedeutuDg 'taufbecken' (ursprünglich wol 'taufwasser', vermutlich
kircbllches lehn wort). In der bedeutuug 'quelle' wird es durch die weiter-
bilduDg fontana — fontaine vertreten.
136 baptizier: gleichfalls lehnwort, aus lat. baptizare (bapHdiare)
■*—gr. ßanzil^eiv, in erbwörtlicher gestalt als bateier — batoier überliefert.
Im nfr. ist das p völlig verstummt.
137 contes: lat. cgmites. In comitem comites fiel der vokal der
pänultima in gemeinromanischer zeit, bevor der kurze tonvokal lang wurde
(vgl. ital. eon^e), daher dieser hier nicht diphthongiert. Hingegen in
comes, dessen endvokal erst im galloromanischen verstummt, wurde o
lang, daher cgmes — cuens.
13S Avuec: früher meist aus apud hoc, neuerdings von Elise Richter
aus ab hoc erklärt. Ob dieses ab nun freilich mit der lat. präposition ab
gleichzusetzen ist, scheint fraglich, zumal wegen der Schwierigkeiten in
der bedeutungseutwicklung. Prov. ab lässt sich, da hier -d früh fällt
{apud—>*abu-->ab, ap), ohne weiteres auf apud zurückführen (so auch
das ab der Strassburgar Eide). Diese entwicklung war aber auch im
franz. möglich vor konsonant {apud^—^'—>*apu—>*abu, vgl. v. 3 Et),
während sonst apud regelrecht od, ot (v. 11) ergab. Wie od, ot dann
auch vor konsonant, konnte *abu {*avu) sekundär auch vor vokal gebraucht
werden und ergab mit hoc verbunden *aba {h)oc — aboc — avuec. — Seiner
herkunft nach ist dies wort zunächst adverb, wird aber bald als präposition
gebraucht wie hier. Nfr. avec hat nach dem labialkonsonanten v den
labialvokal u eingebüsst.
139 Par le mien escientre: vor dem Substantiv steht in der regel
die unbetonte form des Possessivpronomens (vgl. v. 2, 3, 5, 8, 11, 15 u.a.).
Steht das betonte pronomen, so muss es den artikel haben. Vgl. noch 3S
por la vostre honte (wo vostre = nfr. vötre ist), vgl. ferner toz li miens
gram tresors 222 mit trentoz mes granz tresors 839.
Escientre mit erhaltung des hiatus-i als silbebildenden vokals ist
gelehrten Ursprungs. Es wird auf das lat. adverb sdenter zurückgeführt,
das dann freilich als Substantiv oder infiuitiv aufgefasst worden sein
müsste. Daneben finden wir in gleichem sinne a esc'ient, a mon escient,
par le mien escietit, aus dem lat. gernndium sciendum. Escientre könnte
daher auch eine — an die Infinitive auf -re angeglichene — Weiterbildung
von escient sein.
meismes: geht auf eine Zusammensetzung aus der partikel met
and dem pronomen ipse zurück (vgl. egomet ipse, mihimet ipni). Dieses
metipse ist im prov. als medeps, meteis, mezeis erhalten. Die übrigen
romanischen formen weisen auf eine Weiterbildung *metip8imus zurück:
222 • Dritter Teil: Text.
140 II et li doze apostle vos vieDent visiter'.
Quaot l'ot li patriarche, si s'en vait conreer,
Et out mand^t ses elers en haste en la cit^t,
II les fait revestir et chapes afubler,
A graut procession en est al rei alez.
145 L'emperere le vit, si 'st eontre lui levez
Et out trait son ehapel, parfont lui at elinet.
Vont sei entrebaisier, noveles demander.
Et dist li patriarche: 'Sire, dont estes nez?
Ooques nen osat huem en cest mostier entrer,
150 Se ne li comandai o ne li oi rovet'
ital. medesimo , span. mismo , mesmo, ]^toy. medesnie, mezesme, afr. medesme,
meesme, mezsme, nfr. meme. Das i in me'isme (neben meesme) ist noch
unerklärt.
140 apostle, visiter, 144 procession, 160 reliques: sämtlich
lehnwörter.
143 afubler: lat. adfibulare. Der wandel i— >m erklärt sich durch
einwirken der umgebenden labiale f und b, nach anderer annähme durch
teilweise metathesis: adßbülare—^adfübUare.
147 Vont sei entrebaisier: in konstruktionen dieser art (verbum
finitum + Infinitiv + objektspronomen) pflegt das pronomen im altfr.
auf das verbum finitum bezogen zu werden und zwar in der regel in
proklitischer Stellung (vgl, 13 trvp vos po'ez preisier), aber auch enklitisch
(so vait le ferir oder vont s' entrebaisier). Indes kann das pronomen
auch mit dem folgenden infinitiv verbunden werden, muss aber dann die
hochtonige form haben wie hier, — Die an und für sich zulässige form
se vont entrebaisier wäre an dieser stelle ausgeschlossen (vgl. z. 25 tren-
cherai vos), hingegen mit einleitendem adverb durchaus korrekt: Or oder
Si se vont entrebaisier.
148 Et dist li patriarche: ebenso 156, 221, 226 mit Inversion
nach der konjunktion et gleichwie nach einleitenden adverbien (siehe v. 1).
Vgl, ferner: Et dist li emperere 159, 252, 841, 847, Et montent li baron
241, ferner ebenso nach si, et si: Si sont montet Franceis 851, Et si prist
il la so'e 88, Jedoch ist nach et Inversion keineswegs die regel, vielmehr
findet sich mindestens ebenso häufig (in anderen texten, z. b- im Koland,
sogar weitaus häufiger) die normale Wortstellung: Et les doze chaieres i
sont totes encore 116, Et Charles i entrat 118, Et il vint as apostles 174,
et li reis les regut 191, Franceis les esguarderent 812, 818, Hingegen
bildet nach dem adverb si sowie nach et si die Inversion die regel, und
wol erst nach diesem muster ist Inversion nach einfachem et eingeführt
worden.
150 li comandai: für le li comandai, vgl. v. 87.
IX. Laisse (V. 123—166): 140—162. 223
151 'Sire, je ai nom Charles, si sui de France nez.
Doze reis ai conqnis par foree et par barnet,
Le trezime vois qaerre dont ai oit parier.
Vin en Jerusalem por ramist^t de Den,
155 La croiz et le sepulcre sui venuz aorer.'
Et dist li patriarche: 'Sire, molt estes ber.
Sis as en la ehaiere ou sist meismes Dens:
Aies nom Charles Maignes sor toz reis coronez.'
Et dist li emperere: 'Cine cenz mereiz de Deu!
160 De voz saintes reliques, se vos piaist, me donez.
Que porterai en France qu'en vueil enluminer.'
Kespont li patriarche: 'A plentet en avrez:
rov6t: zu rover <—]a,t. rogare. Schon das Eulalialied des 9. jahrhs.
hat ruovet=^rogat, roveret = rogaverat. Vermutlich ist eine noch nicht
genügend erklärte zwischenform *roguare anzunehmen.
151 je ai nom Charles (ähnl. 158): vgl. 14 legiers.
152 conquis: ebenso v. 859, dazu das perf. conquis, eonquesis, con-
quist usw., desgl. auch das simplex quis, quesis usw., part. quis, ähnlich
auch im prov. (l.pers. quis, 3. ques oder quis, part. ques — quis). Der
Wechsel von e xmd i in der Stammsilbe weist auf geschlossenes e. Es
wurde zu den formen quaesi(v)isti — quaesisti usw. wol zunächst eine
stammbetonte 1. pers. *quaesii — '^quaesi gebildet und diese dann, viel-
leicht nach presi, zu *qu^i umgestaltet. Hieraus mit i-umlaut quis, das
übrige analogisch wie bei prist, prise (siehe v. 2, 7).
force: lat. fortia Hesse *fuerce erwarten, wie tertium-^tierz. Force
ist vom verbum forcier abgeleitet, wie oben eslais (v. 153) von eslaissier,
oder durch forcier beeinflusst.
153 vois: zu vado, vgl. 98 vait.
154 Vin: lässt sich direkt aus lat. v^ni erklären, aber ebensogut
ans der neubildnng *vEnui, die von prov. veno und ital. venni gefordert wird.
Die mundartliche (auch in unserer handschrift an dieser stelle über-
lieferte) form vinc verdankt ihr c wol dem präsens vienc (neben vien
-tr-venio) und dieses sein c dem vorbild von cenc<—cingo, planem— plango,
esparc <— spargo.
156 ber: regelrecht aus baro, während baronem mit nebentonigem
a obl. baron gibt (vgl. 4 barons, 46 Mugon).
159 Cinc: lat. qulnque würde nach der regel quinc (= kink) ergeben.
Durch dissimilation ging schon im vulgärlat. das erste der beiden auf-
einander folgenden i} verloren, also quin que— *-*kiv que — *cinque, daher
das erste q (k) entwickelt wurde wie ursprüngliches c vor e, i: ital.
cinque = Uinkve, prov. frz. cinc. Das ton-i ist von natur lang, daher
überall als i bewahrt.
224 Dritter Teil: Text.
Le braz Saint Simeon aparmaines avrez,
Le Chief saint Lazaroa vos ferai aporter
165 Et del sane saint Estiefne qui martirs fut por Deu.'
Charlemaignes Ten rent galaz et aoaistez.
X. Laisse.
(Assonanz ie wie in I.)
167 Et dist li patriarehe: 'Bien avez espleiti^t.
Quant Dieu venistes querre, estre vos deit le mielz.
Donrai vos tels reliques, meillors nen at soz eiel
163ff. le braz saint Simeon, le Chiefs. Lazaron nsw.: Tgl.
1 al Saint Denis motstier.
164 Lazaron: Ldzarum erscheint zunächst mit regelrecht bewahrtem
accent als Läzere, Lazre, Lasdre, auch Ladre. Lazaron erklärt sich am
einfachsten als analogie nach dem mnster der namen auf -onem ebenso
wie Fieron neben Piere, Estevenon neben Estiefne 165 (vgl. 46 Hagon).
Doch kann man bei solchen biblischen, immer wieder von neuem aus der
kirchensprache übernommenen namen auch an fremdwörtliche Umgestaltung
der lat. form Ldzarum zu Lazarüm — Lazaron mit oxytonischem accent
wie martir, calice n. a. denken. Estiefne. Lazere wären dann die erb-
wörtlichen, Estevenon, Lazaron die lehn wörtlichen gestaltungen. — Zu
diesem eigennamen gehören auch afr. prov. ladre aassätzig, ital. lazzaretto
kraukenhaus, lazzarone bettler.
165 Estiefne: Stephanum, mit ph—*-f (gegen älteres colaphum —
colp), aber mit dehnung und diphthongierung des Stammvokals. Aus
Estiefne wird nfr. Etienne mit Verlust des labialen reibelautes vor n wie
juevne (juvenem) — >-nfr. jeune.
166 l'en rent: V apostrophiert aus dem dativ li. Dieser wird nur
vor en apostrophiert. — Lat. reddere wurde schon gemeinromanisch zu
rendere nach dem muster der begriflfsverwanten Worte prendere und vendere.
amistez: amistet ist eine nebenform zu lautgerechtem amistiet,
gebildet nach dem muster solcher feminina auf -atem-et, bei denen der
endnng kein palatal vorausging (rente<em — verfet, bonitatem — hontet).
Vgl. eine ähnliche analogie unter V. 30: me2^ neben tVe^. Im reime werden
die beiden formen nach bediirfuis verwendet, vgl. 182 amistiez in einer
ie-laisse.
167 espleitiet; zu espleitier<—*explic(i)tare, Weiterbildung von
explico — explicitum ins werk setzen, ausführen.
169 „Da ihr in der löblichen Absicht gekommen seid Gott heimzu-
suchen, muss es euch um so besser ergehen (als wenn ihr leichtfertige
Landfahrer wäret)." So Tobler, welcher le miel aus illo melius = eo melius
erklärt und darin einen besonderen anglonormannischen Sprachgebrauch
IX. Laisse. — X. Laisse (V. 167—183). 225
170 Le suaire Jhesu que il out en son chief,
Com il fut al sepulcre et posez et colehiez,
Quant Juieu le guarderent as espees d'aeier
— AI tierz joru relevat, si com out preechidt.
Et il vint as apostles por eis esleecier —
175 Et un des clous avrez que il out en ses piez,
Et la sainte corone que Dieus out en son chief.
Et avrez le ealiee que il beneisqui^t.
L'escuele d'argent vos donrai volentiers,
Entailliee est a or et a pieres preciels,
180 Et avrez le eoltel que Dieus tint al mangier,
De la barbe Saint Piere, des ehevels de son chief.'
Charlemaignes Ten rent saluz et amistiez,
183 Toz li cuers li tressalt de joie et de pitiet.
erblickt und darum an stelle der überlielerten lesart der anglononnannischen
Jiandschrift ein estre vos en deit mielz für das francische original vermutet.
169 donrai: ohne übergangslaut, da erst sekundär aus donerai ent-
standen (vgl. 24 comparrez).
tels — meillors: nach tels wäre que zu erwarten, dessen fehlen sich
durch ursprünglich parataktische satzfdgnng erklärt. Vgl. auch v. 9 — 10.
170 Jhesu: daneben Jesu. Die im mittelalter häufige Schreibung
mit h erklärt sich aus einer missdeutung der griechischen buchstaben
IHSO YS, abgekürzt IHi:. = JHS. Das h hat daher keinen lautwert, auch
nicht als diakritisches zeichen.
173 preechiet: lehnwort. Als erbwort müsste es den vortonvocal
verlieren ; praed(i)care — *prechier oder *pregier.
174 por eis esleecier: vor dem Infinitiv steht im altfr. die betonte
form des pronomens (gegen nfr. pour les rejouir). So de moi desarmer
fu adroite; vos vueil prier de lui servir usw. Vgl. auch anm. zu
V. 147 — Dass esleecier-*— *exlaetitiare den unbetonten vortonvocal behält,
erklärt sich entweder durch einfluss der stammbetonten formen esleecet-*—
*exlaeUtiat, esleecent usw. (vgl, corone für *corne nach Coronet) oder
durch direkte ableitung des verbums aus dem Substantiv leece — laetitia.
177 bene'fsquiet: gelehrte form (für *6endisi), mit metathesis a;—> sc,
iti-perf. (benediscuit) und anpassung an die IIL schwache konjugation.
178 l'escuele d'argent: die abendmahlsschüssel. Diese spielt
als graal eine grosse rolle in den graldichtnngen des 12. und IS.jahrhs.,
wo sie mit der schale identifiziert wird , in welcher Joseph von Arimathia
das blut des Herrn auffing. Sie besitzt da die gäbe speise zu spenden,
wunden zu heilen u. a. Unserem gedichte sind diese Vorstellungen sichtlich
noch völlig fremd.
179 pieres: die gewöhnliche form ist pierres, vgl. s. 151.
183 piti6t: die ursprüngliche (erbwörtliche oder frühlehnwörtliche)
Vorctagoh, Studium d. ate. Sprache. 5. Aufi. 15
226 Dritter Teil: Text.
XL Laisse.
(Assonanz u = ü wie in IV.)
184 Qo dist li patriarche: 'Bien vos est avennt,
Par le mien escientre, Dieus vos i aeondaist.
Donrai vos tels reliques qui feront granz vertuz:
Del lait sainte Marie dont alaitat Jhesn,
Com fat primes en terre entre nos deseenduz,
De la sainte chemise que ele aveit revestut'
190 Charlemaignes Ten rent amistiez et saluz.
Cil li fist aporter, et li reis les reQut.
Les reliques sont forz, Dieus i fait granz vertuz.
Iluec jut uns contraiz — set anz out que nes mut —
Tuit li OS li eroissirent, li nerf li sont tendut:
fortsetzTig des lat. pietatem, wahrscheinlich mit entwicklung eines hiatus-
tilgenden j über *pijetatem — *pijtate, so dass der ton vokal a infolge des
vorausgehenden palatals sich zu ie entwickelt. Daneben findet sich
pietatem schon fiüh in der sicher lehnwörtlichen form p'itUt — so noch
nfr. nebeneinander pitie mitleid und piete frömmigkeit.
185 aconduist: regelrecht aus ad + conduxit entwickelt. Nfr.
conduisit ist eine neubildung nach dem muster der schwachen perfekta.
Ib7 lait: nicht von lue, sondern von lactis, lacti, Hacte-.
188 primes: adverb 'zuerst', Wul durch eine ellipse zu erklären:
primä seil, hora, vice, woraus mit adverbialem s (vgl. 9 oriques) primes
(prov. primas). Ausserdem erscheint lat. primus im franz. nur noch im
Substantiv prime (die erste hora = ca. 6 uhr vormittags), als adjectiv ist
es durch primarius — premiers ersetzt.
189 chemise: das wort bezeichnet ursprünglich, und so meist noch
im mittelalter 'untergewand' (tnnica intenor). Das gruudwort, spätlat.
camisia, sch-^int aus dem germanischen zu stammeii (urgerm. *kamitjo-,
fräuk. *chamisia, hd. hemd)
191 Cil li fist aporter: zur konstruktion vgl, v. 87.
193 Uuec: lat. illo loco — Hllgco. Dabei tällt die verschiedene
behandlung der silbe -oco gegenüber locum — >lieu auf. Dieses scheint
eine kurxform Hgn (mit früh verstummtem c und verschmolzenem «, vgl.
8. 175) vorauszusetzen. Aber auch in *illöco musste das c, wenn anch
später, fallen (vgl. 23 diient II). Man nimmt eine adverbiale nmbildung
*iUöque nach utroque u. ä an. Dass für das anlautende l nicht f, sondern i
erscheint, könnte auf einwirkung der zaliheicben mit i beginnenden demon-
strativpronumina [icil, icist, itels), vor allem aber des ortsadverbs iei
beruhen.
jut — mut: *j^cuit (für jacuit) — *mQvuit (für mgvit). Nach an-
lautendem j ist a zu e geworden 'mjacBre--*-*jecere—*-*jei8ir — gesir (aber
XI. Laisse (V. 184—203). — XU. Laisse (V. 204—213). 227
195 Ore salt sus en piez, onques plus sains ne fut.
Or veit li patriarche, Dieus i fait granz vertuz;
To8t fait le glas soner par la cit^t menut.
Li reis fait faire un fiertre, onques mieldre ue fut:
Del plus flu or d'Arabie i out mil mars fondut.
200 II l'a fait seeler a force et a vertut,
A graoz bendes d'argent l'a fait leiier meout,
L'arcevepque Turpio comandet son conduit.
203 Charlemaignes fut liez et tuit qui sont od lui.
XII. Laisse.
(Assonanz i-e wie in VII.)
204 Quatre meis fut li reis en Jerusalem vile,
II et li doze per, la chiere compaignie.
Demeinent grant barnage — car l'emperere est riches —
prov. jazer) und jactare — >-*jectare — >-*jeitier — jetier, nfr. jeter (prov.
gitar, selten gdar). Nach j scheint a und e gewechselt za haben, vgl.
jam—*-ja, ital. giä stets mit a, januarium-^janvier, aber ital. gennajo.
Aus *j^cet erklärt sich regelrecht *jiei(it — gist — nfr. git. J^cuit
ergab zunächst *jftmet, woraus vitlleicht direkt (wie dieu aus d^utn)
*ji("UHet — *jieut — jüt entstanden ist; wahrscheinlicher ist aber angleichung
an die 1. person *jfcul — *Jif ^}<i — jüi, wo das folgende l jedenfalls
diphthongierung des ton-f bewirkte. '''Mgvui wurde mit t-umlaur zu müi,
wonach 3. pers. müt (Cur *wput); möglicherweise ist auch von *mgimi (vom
präsensstamm) auszugehen, das sich in der 1. und 3 pers., parallel *jecui
— *jecuit, zu müi — müt entwickeln konnte und von prov. mgc gestützt wird.
Ut5 salt: fnT*selt-< — fialit. Muster für analugische neubildung boten
hier nicht nur die endungsbetonten formen (salir, saillant usw.), sondern
auch die mit i gebildeten stammbetonten formen, in welchen a gedeckt
war und unverändert blieb: salio—*-sail (= sal), saliunt -^ saülent
(= salfnt), vgl. 8. 170.
196 veit— fait: nach den verben sentiendi kann que fehlen. Es
handelt sich urpprÜDglich um zwei hauptsätze ^Orveit li patriarche: Dieus
i fait gravz vertuz'. Vgl. v. 1>^9.
197 glas: wird auf *cla88um (für lat. classicum) zurückgeführt, das
zunächst regelrecht das {prov. das, it. chiasno) gibt, daneben schon in
alten texten wie hier glns. Der eintritt des stimmhaften velars für den
stimmlosen bedarf noch der erklärung.
204 en Jerusalem vile: steht parallel ausdrücken wie dl saint
Denis mostier, der städtename ist als personeuname gedacht, also = e«
la vile de Jerusalem.
2U6 car: zur bedeutnngsentwicklnng — 'denn' aus qua re — vgl. 19 car.
15*
228 Dritter Teil: Text.
Comencent un mbstier qui 'st de sainte Marie.
Li home de la terre la claiment la Latine,
Car li lenguage i vienent de trestote la vile.
210 II i vendent lor pailles, lor teiles et lor siries,
Coste, canele, peivre, altres bones espices
Et maintes bones herbes que je ne vos sai dire.
213 Dieus est encore el ciel qui 'n viielt faire justise.
XIII. Laisse.
(Assonanz ^-<— a wie in II, V, IX.)
214 L'emperere de France i out tant demoret,
Le patriarche prist, si Ten at apel6t:
'Vostre congi^t, bels sire, se vos piaist, me donez,
En Franee, a mon reialme, m'en estuet retorner.
208 Latine: es gab tatsächlich in Jerusalem eine solche auf Ver-
anlassung Karls des Grossen erbaute kirche, genannt Sanda Maria
Latina, nebst einem hospiz, das seinen namen trug. Im 10. jahrh. zerstört,
wurde die kirche im beginn des 11. jahrhs. von den Italienern wieder her-
gestellt. Auch der im folgenden erwähnte stoff- und spezereimarkt, wo
leute aller zungen (li lenguage) zusammenkamen, ist historisch, in einer
beschrelbung des 12. jahrhs. wird der platz direkt als nie des herbes
bezeichnet. Nur war er nicht in der kirche selbst, wie der dichter an-
nimmt, der hier von anderen gehörtes unvollkommen wiedergibt und sich
über die angebliche entweihung der kirche ereifert („Gott ist noch im
Himmel, der gericht darüber abhalten wird" v. 213).
209 Car: das folgende soll begründen, weshalb die kirche la Latine
hiess, was der dichter offenbar mit latin = spräche zusammenbrachte (en
mon latin *in meiner spräche', le latin des oisels 'die spräche der vögel').
211 espices: zu espiee, aus species, d.h. an die 1. dekl. angeglichenem
*specia. Die erklärung des i macht hier ähnliche Schwierigkeiten wie ia
Orice <— Graecia.
212 maintes: zamaint, nach älterer erklärung vom deutschen stamm
manag- (menge), nach neuerer von keltisch *manti (grosse anzahl) oder
aus einem angenommenen *manctum (durch krenzüng von deutsch nianag-
und lat. tnultus) herzuleiten. Völlig befriedigend ist keine dieser er-
klärungen.
215 prist: vgl. v. S.
217 estuet: Impersonale 'es ist nötig", perf. estut, iuf. estoveir,
vermutlich (nach Suchier) von unpersönlich gewordenem stupere 'starr
sein', das lautlich zu estoveir werden musste: vor labial wird betontes ü,
0 zu ofiFen o (vgl. oben s. 169 5, anm.), also stgjM—^- estuet. Nach einer
Xn. Laisse. — XIII. Laisse (V. 214—225). 229
Pose at que je n'i fui, si ai molt demor^t,
Et ne set mes barnages quel part je sui tornez.
220 Faites cent mulz reeeivre d'or et d'argent trossez'.
Et dist li patriarche: 'Ja mar en parlerez.
Toz li.miens. granz tresörs vos seit abandonez,
Tant en pregnent Franceis com en voldront porter,
Mais que de Sarazins et paiiens nos gardez,
225 Qui nos vuelent destruire sainte crestient^t'.
von Tobler aufgestellten, aber zuletzt von ihm selbst wieder preisgegebenen
erklärung läge est opus zugrunde, das sich zu es* ues entwickelt und,
als einheitliches wort {eshies) empfunden, das zeichen der dritten person,
t, erhalten hätte: estuet. Von dieser form aus müssten dann die übrigen
erst gebildet worden sein. — Wegen der konstruktion vgl. 71 covient.
219 mes: der kasus rektus des unbetonten Possessivpronomens, aus
lat. meus wie der obl. plur. mes aus meos (vgl. 22 mes). Mittelform war
in beiden fällen »mos (vgl. dazu noch v. 15 ses sowie s. 162). In texten
und handschriften der westlichen dialekte (namentlich auch in anglo-
normannischen hss.) findet sich dafür mis, an rektus plur. mi-<— lat. mei
angeglichen.
220 Faites — reeeivre: das subjekt des Infinitivs ist nicht be-
sonders bezeichnet. Übersetze 'lasset (eure leute) hundert maultiere in
empfang nehmen'.
221 mar: wird erklärt als kurzform von malo augurio, das stark-
tonig maleür (nf r. tnalheur) gibt, also 'unter schlimmem Vorzeichen — zur
Unzeit, zum unglück'. Nach anderer annähme aus mala hora, was aber
lautlichen bedenken unterliegt. Häufig durch Umschreibung wiederzugeben
wie hier: 'unglück — unrecht wird es sein davon zu reden'. Gegensatz
buer {bono augurio) 'zu guter zeit, zum glück'.
223 pregnent: aus prehendant — pr^ndant (vgl. 2 prise) wird
prfndent; pregnent ist daher analogiebildung nach konjunktiven auf -eam
-iam, wie veniant — viegnent, teneant — tiegnent. Nfr. prenne erklärt sich
gleichfalls durch analogie: zu den singularformen prens prent (wo t nicht
als stamm-, sondern als endungs-i erschien) bildete man im Indikativ die
neuen pluralformen prenons prenez, pre{n)nent (s. u. v. 242) für älteres
prendons, prendez, prendent — darnach auch die übrigen zum präsens-
stamm gehörigen formen prenne, prenais, prenant.
225 destruire: von *destrugere statt destruere, zu destruxi destructum
gebildet nach suxi suctum sugere, texi tectum tegere, rexi rectum regere.
Ebenso auch zu traxi tractum ein Hragere für trahere, daher frz. traire.
sainte erestientet: wie eigennamen ohne artikel. Christianitatem
sollte, als lehnwort entwickelt, crestiantSt ergeben, daher crestüntSt wol
als ableitung von crestiien zu erklären ist.
XIV. laisse: genau genommen sind es zwei laissen, deren eine auf i,
deren andere auf ei assoniert. Die zweite, mit der anspielnng auf die
230 Dritter TeU: Text.
XIV. Laisse.
a. (AssoDanz i.)
226 Et dist li patriarche: 'Savez dont je vos priV
De Sarazins destruire, qui nos ont en despit'
228 'Volentiers' 90 dist Charles, sa feit si Ten plevit.
b. (Assonanz ei)
229 'Je manderai mes homes, quant qu'en porrai aveir.
Et irai en Espaigne, ne porrat remaneir.'
Si (ist il puis encore, bien en guardat sa feit,
232 Qaant la fut morz RoUanz, li doze per ot sei.
XV. Laisse.
(Assonanz f, vgl. XIIL)
233 L'emperere de France i out tant demor^t,
De sa mollier li membret qu'il li oit parier:
235 Ore irat le rei querre qu'ele li out loet,
Rolandsschlacht, wird als Interpolation betrachtet, da der patriarch von
Jerusalem natürlich kein besu öderes Interesse daran hatte, dass die
Sarazenen statt in Palästina in Spanien bekämpft wurden.
228 si: deutet auf vorhergehendes zurück, es wieder aufnehmend.
So V. 20 u. ö. zur einleitung eines hanptsatzes (wie unser deutsches so)
in bezug auf einen ganzen satz, der vorausgeht; so auch in bezng auf einen
einzelnen satzteil (v. öO), auch, wie hier und v. 866, zur wideraufnahme
des Objekts, etwa unserer widerholung durch das demonstrativpronomen
entsprechend: seine treue, die verbürgte er ibm in bezug darauf.
plevit: zu plevir, das man wegen des aulauts besser nicht aus lat.
praebere, sondern aus german. plegan herleitet (niederl. plegen, ahd. pflegan,
unser 'pflegen'), das u. a. auch die bedeutung 'versprechen, verbürgen'
angenommen hat. Übergang zur i-konj. wie bei 100 guerpir.
2'iO ne porrat remaneir: 'nicht wird es unterbleiben (eigentl.
zurückbleiben) können'.
232 ot sei: für od lui. Nach präpositionen tritt häufig das
reflexivpronomen für das pronomen der dritten person lui, fem. li ein.
Aber auch umgekehrt : Entre eis (== entre sei) en ont e orgueil e confort
(Roland 1941).
234 wörtlich: in bezug auf seine frau gedenkt es ihm, was er sie
hatte reden hören. Perf. oU im sinne des piqpfs (vgl. v. 115), li für das
von ouir (voir, faire u. ä) + ißf. abhängige objektspronomen.
XIV. Laisse (V. 226—232). — XV. Laisse (V. 283—258). 231
Ja n'en prendrat mais fin tresqu'il l'avrat trov^t.
La nuit le fait noneier as Franceis as osteis:
Com il Tont enteodut, liez oot les euers assez.
AI raatin parsom l'albe, quant li jorz lor apert,
240 Li mal et li somier sont guarnit et tross^t,
Et moütent li baron, el ehemin sont entret.
Vienent en Jerico, palmes preüent assez,
'Oltree, Dieus, aie!' eiient et halt et der.
239 parsom l'albe: 'mit der morgenröte'. Parsom ist eigentlieh
wie pamii und enmi präpositioo mit flektiertem adjektiv, dann erstarrt und
als reine präp. gebrancht: pamii cd palais (51i) = per medium ecceiUud
palatium, darnach aucli parmi les rues (Alexins 513) für per media 8 illas
rugas; parsom le venire (Roland 3922) = per summum illum ventrem,
darnach auch parsom l'albe für per summ am illam albam. Vgl. noch
oben s. 22. Das darchdriagen der unflf-ktierten form wurde wohl durch
die danebenstehenden adverbialen ausdrücke enmi 117 {in media), parmi,
parsom begünstigt.
apert: zvi-apareir-t—apparere (stammabstufung).
242 Vienent en Jerico: der gebrauch von en war in der alten
spräche viel ausgedehnter als heutzutage. Es wurde namentlich in vielen
fällen gebraucht, wo, wie hier, ä stehen würde, aber auch für dans oder
sur (vgl. el ehemin sont entret 241, la corone el chief 10, 2i» u. ö.).
Der brauch von Jericho palmen mitzunehmen wurde im mittelalter
viel geübt, daher der name palmier — paumier für einen pilger, der vom
hl. lande kam.
243 Oltree, Dieus, aie: Oltree! war der refrain eines im mittel-
alter viel gesungenen piigerliedes. Das grundwort ist ultrata (zu vXtra)
sc. itcrra =: das jenseits des meeres gelegene heilige land, das dann (wie
andere länder- und landschaftsnamen) zum kriegsgeschrei wurde und eudlich
in die bedeutung 'auf nach dem lande drüben!' — 'vorwärts!' überging.
Auch Dtus, aie! (Gott hilf!) war ein alter piigerrnf.
Ate gehört zu aidier-* — adjutare. In den endangsbetonten formen
fallt der schwachtonige vortonvocal des nicht mehr als kompositum
empfundenen Wortes aus: adjutdre—*'*<ijuddre—*' aidier. Die stamm-
betonten formen ergeben zutäcbst: adjüto -as -at -ant — aiü(t) atü(d)es
-et -ent, adjuta — aiüe; daneben erscheinen aide — aie, aident, vielleicht
aas den lautgesetzlichen formen durch teilweise angleichuog an die endungs-
betonten aidier usw. entstanden.
crlent: zu crier, gewöhnlich von spätlat. quiritare (schreien) her-
geleitet, das schon in gemeinromanischer zeit zu kiritare — critare (wie
directum — >dreit 41) geworden sein miisste (vgl. ital. gridare, span. gntar),
von Holthausen auf germ. *kntan (ndl. krijten, mhd. krizen, nhd. kreisen
■= schreien) zurückgeführt, was nach lauten und betonung ebenso gut passt.
232 Dritter Teil: Text.
Li Patriarch e montet sor un mul sojornetj
245 Tant com li jorz li duret, Tat conduit et gui^t.
La nuit furent ensemble li baron as osteis.
Nule rien qu'il demandent, ne lor est demor6t.
AI matin parsom l'albe, quant li jorz lor apert,
Remontent li baron, el chemin sont entret.
250 Li patriarche en at Charlemaigne apelet:
'Vostre coDgi^t, bels sire, se vos piaist, me donez.'
Et dist li emperere: 'AI eomant Damne-Deu.'
Vont sei entrebaisier, a tant sont desevr^t,
Chevalchet l'emperere ot son ruiste barnet.
255 Les reliques sont forz, granz vertuz i fait Dens,
Qu'il ne vienent a ewe, n'en partissent li guet.
Ne n'encontrent avuegle, ne seit renluminez,
258 Les contraiz i redrecent et les muz fönt parier.
244 mul sojorn6t: mul, destrier sojornet u. Uhnl. sind, zumal in der
epik, geläufige bezeiehnungen für ein 'ausgeruhtes', also frisches und gut
laufendes tier.
247 ne lor est demoret: nichts ist ihnen zurückgeblieben, aus-
geblieben, verweigert worden (vgl. oben v. 230 remaneir).
nule rien — demoret (statt demoree): „Rien und selbst nule
rien wurden schon früh unter Verkennung der ursprünglich substantivischen
Natur und des Geschlechtes von rien gebraucht, gerade wie man heute
sagt, |jerso««e n'est venu, obgleich personne nebenher als weibliches Nomen
immer noch im Gebrauche ist' (Tobler).
253 desevret: zu desevrer*—*de8eperare(rvir*deseparare, vgl. prov.
sehrar, it. sevrare, sceverare). — Vgl. nfr. sevrer entwöhnen. SSparer ist-
junges lehnwort (14. jahrh.).
sont desevr6t: wörtlich 'hiermit sind sie getrennte' = 'hiermit
sind sie voneinander geschieden '. Vgl. ähnlich noch unten (v. 848") mit
dativobjekt: a Dieu sont comandet.
254 ruiste: eine lehnwörtliche fortbildung des la.t. rusticum mit ab-
geworfener endung. Wie *visaticum zu visage, sollte rusticum zu '^rusche
werden (mit stimmlosen ts wegen des vorausgehenden 8^). Noch jüngeren
Ursprungs (14. jahrh.) ist rustie — rustique mit verlegtem accent (vgl. s. 165).
256 f.: zur konstruktion vgl v. 9f Nach ewe und avuegle ergänze
que (qui).
257 avuegle: nach G. Paris aus ab oeulo (ohne äuge), einer gelehrten
Wörtbildung (ursprünglich ausdruck der gerichtssprache als wiedergäbe
des griech. ccTiöfifiatog — äno/xfiazovv, anofifxarl^eiv der äugen berauben,
blenden). Während im grundwort oc{ii)lum das cl sich regelrecht zu
XV. Laisse. — Inhalt der Laissen XVI— XLIX. 233
An diesen ersten teil des gedichtes scLliesst sich unmittelbar der
zweite, die fahrt znm kaiser Hngo und der aufenthalt in Konstantinopel.
Die helden treffen den kaiser von Konstantinopel, wie er, in prächtiger
sanfte sitzend, mit goldenem pflüge pflügt. Hngo bewillkommnet Karl und
die seinen aufs freundlichste und führt sie nach seinem wunderbar aus-
gestatteten palast, der sich beim wehen des windes um den grossen mittel-
pfeiler dreht und die hörner der an den hundert säulen des saales befind-
lichen metallenen kinderfiguren ertönen lässt. Karl staunt die fremde
pracht an und gedenkt seines weibes. Als aber der palast sich zu drehen
beginnt, fällt er nebst den zwölf pers erschreckt auf den boden. Nachdem
der wind nachgelassen und das drehen des palastes aufgehört hat,
setzt man sich zum mahle nieder. Zum schlafen wird den helden ein
grosser saal mit dreizehn prächtigen betten angewiesen, kaiser Hugo sendet
ihnen noch wein, den sie sich wol munden lassen. Karl selbst ist es, der
nun anfängt zu prahlen (gaber) und die anderen dazu auffordert: er ver-
misst sich, einen doppelt gepanzerten ritter kaiser Hugos von oben bis
unten mit einem schwerthieb zu spalten und das ross, auf dem er sitzt,
dazu. Eoland will mit Hugos elfenbeinhorn so stark blasen, dass in ganz
Konstantinopel die schwersten türen lose werden und aneinanderschlagen,
der erzbisch of Turpin rühmt sich ein kühnes jongleurstück ausführen zu
können, Olivier vergeht sich mit seinem gab sogar an der tngend der
kaiserstochter, und so bringt jeder der helden eine besondere prahlerei vor.
Alles das hört ein in der mittelsäule verborgener späher und berichtet es
getreulich dem kaiser Hugo, Dieser, aufs äusserste erzürnt, fordert am
anderen morgen die fränkischen helden auf, ihre prahlerischen reden durch
die tat zu beweisen, sonst würde er ihnen allen den köpf abschlagen.
Die entschnldigungen Karls helfen nichts, drei der helden müssen ihre
Prahlereien in die tat umsetzen, aber dank den aus Jerusalem mitgebrachten
reliquien und der von oben gewährten hilfe gelingt es den helden. Nachdem
Bernart, wie er sich gerühmt, den fluss aus seinem bett geleitet und die
ganze Stadt damit überschwemmt hat, verspricht kaiser Hugo — hoch
vom türm herab — seine schätze auszuliefern und Karls lehnsmann zu
werden. 'Volez en mais des gas, sire?' fragt Karl der Grosse, und Hugo
der Starke antwortet: '^e de ceste setnaine'. Karl ist aber nicht damit zu-
frieden, er will nun auch noch feststellen, ob seine frau recht hatte oder
nicht, als sie sagte, dass kaiser Hugo sich mit der kröne stattlicher aus-
nehme als er. Hiermit kehrt die dichtung wieder zu ihrem ausgangspunkt
zurück.
mouillierten l entwickelt (*oio — uel), ist cl hier nur zu gl erweicht worden.
Allmählich sind jedoch durch diese neubildung die alten worte für blind
{caecum — cieu, orbum — orb) verdrängt worden. Nach einer neueren,
auch von ärztlicher seite gestützten erklärung ist von albiim oculi aus-
zugehen, das den sog. grauen star bezeichnet und, aus der ärztesprache
in das volk gedrungen, ein wort *alboeulus (mit dissimilation: *aboculus)
— 'am grauen star leidend' oder 'weissauge' — hervorgerufen hätte.
234 Dritter Teil: Text.
L. Laisse.
(Assonanz g)
802 'Sire' dist Charlemaignes al rei Hngon le Fort
'Ore estes vos mes huem veant trestoz les voz.
Hui devons faire feste, barnage et grant deport
805 Et porterons ensemble les corones a or.
Per la vostre amisti^t prez sui, la meie port.'
'Et je, sire, la meie' dist Hugae 'al vostre los.
Ferons procession la dedenz cel enelos.'
Charlemaignes portat la grant corone a or,
810 Li reis Hugue la soe plus bassement un pou:
803 veant trestoz les voz: 'indem alle die eurigen es sehen —
vor ihrer aller äugen'. Wir haben hier das im altfr. häufij^e absolute
gernndinm vor uns, das in seiner Funktion dem lat. ablativus absolutus
entspricht. Wäre veant partizip, so müsste es natürlich veanz lauten.
Auch solche konstruktioneu sind im altfr. nicht unerhört, bilden aber die
ausnahmen. Regel ist das unflektierte gerandium wie auch in ähnlichen
ausdrücken: oiant toz. Vgl. noch soleil levant, soleil colchant (couchant) u. ä.
Der form nach ist die endung -endum ebenso wie die participial-
endnng -entern auf analogischem wege meist durch die enduogen der lat.
I. koDJugation, -andum, -antem, ersetzt worden: auch solche texte, in
welchen en nicht wie in dem unserigen zu an wird, zeigen veant.
les voz: voz ist von haus aus die schwachbetonte form des pro-
nomens (vgl. 21 voz druz) gegenüber vostres, wird aber häufig in sub-
stantivischer funktion (wie das hochtonige les vostres) verwendet, was
sich leicht daraus erklärt, dass in allen übrigen formen des paradigmas
zwischen starktoniger und schwachtoniger entwicklung kein unterschied war.
8U6 la meie port: abhängig von prez sui, ergänze que (vgl. oben
v. 9 — 10). Port ist konjunktiv, regelrecht aus l&t portem entwickelt (wie
812 parolt-* — *paraulet gegen 824 paroUt-*r—*paraulat). Das konjunktiv-«
ist ursprünglich nnr bei den lat. konjunktiven auf -am, -iam berechtigt, in
der I. lat. konjugation nur bei verben wie tremble, entre, wo der eudvokal
aus lautlichen gründen erhalten blieb (vgl. s. 175, nr. 4). Nach diesen
mustern haben später auch die übrigen konjunktive der lat. I. konj., wie
port, aim («mew), chant, das endungs-e erhalten, so dass dieses heute
als charakteristisches konjunktivzeichen gilt.
807 los: nicht aus laudem (das Hot, im rektus loz geben müsste),
sondern aus laus, mit Übergang ins maskulin. Einer der wenigen fälle,
wo von einem feminin der lat. III. dekliuation direkt die nominativform
erhalten ist (sonst neubildung aus dem akkusativ: citet aus civitatem.
später mit analogische in s citez). — Nfr. nicht mehr vorhanden, dafür:
louange, von louer'*-'laudare, in besonderm sinne eloge-*r—elogium.
L. Laisse (V. S02— 815). — LI. Laisse (V. 816—830). 235
Charlemaigoes fut graindre plein piet et quatre polz,
Franeeis les esguarderent, n'i out un, n'en parolt:
*Ma dame la reioe folie dist et tort:
Molt par est Charles ber por demener esforz.
815 Ja ne vendrons en terre, nostre ne seit li los.'
LI. Laisse.
(Assonanz Q-e.)
816 Charles portet corone dedenz Costantinoble,
Li reis Hugue la soe plus bassement encore.
Franeeis les esguarderent, li plusor en parolent:
'Ma dame la reine, ele dist molt que fole,
Sil graindre: lat. grand^or wird über *granro (vgl. 5 emperere I,
Burgundia — > Borgoigne s. 155) zu graindre (vgl. 1 poin I, 2ü ensemble III).
812 parolt: altfr. stammabstufung (parol — parlons), nfr. ausgleich
zugansten der endungsbetonten formen, daher parle.
814 Molt par est Ch. ber: zur Wortstellung vgl. v. 27, dazu v. 147
Sire, molt estes ber. Durch die adverbia molt par wird nicht ber allein,
sondern der Inhalt des ganzen satzes gesteigert. Doch begegnen im afr.
auch fälle, wo worte wie baron, bachelier, prodome, virgene, mestre gleich
einem adjuktiv gebraucht und mit si, bien, mout, pliis u. ä. verbunden
werden : al rei baron = dem mannhaften könig, tant prot e bacheler = so
tapfer und so jung, si virgene == so jungfräulich.
81 H — 820: diese verse enthalten im wesentlichen dasselbe, was in der
vorhergehenden laisse in v. 810 — 15 gesagt war. Auf ähnliche weise
sind nachher laisse LH und LUX und weiter vorn laisse VI und VII ver-
bunden. Diese Wiederholungen oder rekapitulationen bilden eine eigen-
tümlichkeit des epischen stils im altfranzösischen. Sie dienen zunächst
nur daza, die neue laisse inhaltlich an die vorausgehende anzuknüpfen,
wie in zahlreichen franz. Volksliedern die folgende Strophe an die vorher-
gehende. Später aber nehmen diese wiederhuliingen einen immer grösseren
umfang an, so dass zwei oder drei aufeinanderfolgende laissen sich inhalt-
lich zuweilen vollständig oder nahezu vollständig decken (wiederholungs-
laissen, couplets similaires).
818 plusor: zu plures wurde durch anfügen der komparativendung
*pluriores gebildet, unter anlehnung an plus zu *plusiores umgestaltet,
woraus plu(i)sor — plus(i)eurs.
819 ele dist molt que fole: 'sie sprach sehr als törin'. Diese
im altfr. häufige ausdrucksweise erklärt sich durch eine ellipse: dist que
fole dit = sie sprach, was eine törin spricht oder zu sprechen pflegt.
Noch bei La Fontaine (Fables V, 2); Celui-ci s'en excusa, — Disant qu^ü
feroit que sage — De garder le coin du feu.
236 Dritter Teil: Text.
820 Que preisat cel barn^t si bien come le nostre.'
Si fönt procession dedenz en eel encloistre.
La femme al rei Hugon, qui sa corone portet,
Par la main tient sa fiUe, qui at la crigne bloie.
Ou que veit Olivier, volentiers i parolet,
825 Fait li contenant gent et amistiet li portet,
Volentiers le baisast, mais por son pere n'oset.
II entrent el mostier, com issent de l'eneloistre.
L'arcevesques Turpins, qui maistre fut des ordres,
II lor chantat la messe, et li barnez i ofret.
830 Puis vienent al palais, si meinent grant baldorie.
LH. Laisse.
(Assonanz e.)
831 Franceis sont el palais, toz fut prez li disners,
Les tables sont dreciees, si sont mangier aMt.
822 La femme al rei Hugon: 'die dem könig Hugo gehörige frau'
= 'die frau des k. H.'. Zur bezeichnung des besitzers beim Substantiv
kann im altfr. auch der dativ verwendet werden. Vgl. noch v. 852 la fille
al rei Hugon. Die konstruktion steht der oben unter al saint Denis
mostier besprochenen durchaus parallel, sie geht mit ihr auf denselben
lateinischen typus zurück. Am klarsten wird die enge beziehung zwischen
den beiden konstruktionen in apposition eilen Wendungen wie fizErne'is, a utt
duc franc = söhn des E., eines fränk. herzogs (Isembart und Gormont
V. 12).
823 bloie: gehört zu germanisch blaudi, nhd. blöd, eigentlich
'schwach, kraftlos' (in südd. dialekten heutzutage noch 'durchsichtig,
dünn', von abgenützten stoflfen) — im altfr. schwachfarbig, hell, blond.
Wie dies wort stammen noch eine reihe anderer franz. farbenbezeich-
nungen aus dem germanischen: blanc, bleu, brun, gris usw., wahrscheinlich
auch blond, trotzdem dieses in den altgermanischen dialekten nicht nach-
weisbar ist. — Zu blaudi — bloi gehört auch frz. eblouir.
828 ordres: kirchliches lehnwort mit assimilation des n {ordene —
ordne) an das vorhergehende r oder mit anlehnung der endung an mnster
wie prestre, maistre u. ä.
830 baldorie: zu westgerm. bald kühn, wie auch balt — baidos
kühn, baldor kühnheit, esbaldir übermütig sein; endung lehnwörtlich.
831 disners: ein substantivierter infinitiv, aus disner. Als etymon
wird bezeichnet *disjunare für '^disjejunare) das fasten brechen, daher
die ursprüngliche bedeutnng 'morgenmahlzeit', wie hier.
LI. Laisse. — LH. Laisse (V. 831—848). 237
Nule rien qu'il demandent ne lor fut demor^t.
Assez ont venaison de eerf et de sengler,
835 Et ont grues et jantes et paonz empevrez,
A espandant lor portent le vin et le clar^t,
Et chantent et vielent et rotent eil jogler.
Li reis Hugue li Forz at Charlon apel^t:
'Trestoz mes granz tresors vos seit abandonez,
840 Tant en pregnent Franceis com en voldront porter.'
Et dist li emperere: 'Tot 90 laissiez ester.
Ja ne prendront del vostre un denier moneet.
Ja ont il tant del mien qu'il nel pueent porter.
Donez nos le congi^t, nos en eovient aler.'
845 Et dist Hague li Forz: 'Je nel vos os veer.'
835 jantes: gantae nannten die Germanen nach Plinius (Naturalis
Historia X. 52) eine art gänse. Das wort muss also germanisch sein,
trotzdem es in dieser form bei den Germanen nicht nachzuweisen ist.
Doch vgl. niederl. gent gänserich, ags. gandra gänserich, ganot schwan.
Deutsch gans, lat. unser, griech, y^i^r gehen mit diesen auf dieselbe wurzel
zurück.
paonz: lat. pavones. Ausfall eines labialkonsonanten findet ver-
schiedentlich neben labialvokal infolge von dissimilation statt. Vgl.
*tabonem (für tabänum) — > taon. In vivenda — > viande wirkt voraus-
gehendes V dissimilierend.
836 A espandant: widerum ein rest des lat. gerundiums (vgl. 132
fuiant, 803 veant), das hier die stelle eines von einer präposition ab-
hängigen infinitivs übernimmt (ad expandendum = 'mit ausbreiten', unter
Übergang in die adverbiale bedeutung = 'reichlich'). Auch mit anderen
Präpositionen, par, en u.a., kann das gerundium verbunden werden, vgl.
noch nfr. die konstruktion mit en: en croyant = in credendo, en voyant
= in videndo. In Wendungen wie a escient = ad seiendum, par le mien
esc'ient ist das lat. gerundium in substantivische Verwendung übergegangen;
einzelne formen sind völlig zu Substantiven geworden wie oben 825 con-
tenant ('*—contenendo) = haltung, simulando — semblant = miene, pendendo
— pendant = abhang.
837 vielent et rotent: die viele war ein geigenähnliches bogen-
instrument, die rote, in der form der heutigen violine, ursprünglich ein
Zupfinstrument, später ein bogeninstrument.
838 Charlon: deutsch Karl flektiert vulglat. regelrecht nach dem
muster der lat. II. dekl. Karins (vgl. span. Carlos) — Karlum, daraus
franz. Charles (siehe v. 1) — obl. Charle. Charlon ist eine neubildung
nach Htion, Folcon, Pieron u. ä. (s. oben v. 46). Später dazu ein neuer.
rektus Charlons.
238 Dritter Teil: Text.
Les DQülz et les somiers lor tint Ton as degrez
Et dist li emperere: 'Si com vos comaodez.'
848 Vont sei entrebaisier, a Dien sont comand^t.
LIII. Laisse.
(Assonanz o.)
849 Quant Franceis ont m angibt, des ore s'en iront
Lez mulz et les somiers lor tint Ton as perrons,
Si Pont mont^t Franceis qui a joie s'en vont.
La fiile al rei Hugon i cort tot a bandon,
La QU veit Olivier, sil prent par son geron:
'A vos ai je torn^t m'amistiet et m'amor —
855 Car m'en portez en France, si m'en irai od vos.'
'Bele' dist Oliviers 'm'amor vos abandon.
857 Je m'en irai en France od mon seignor Charlon.'
LIV. Laisse.
(Assonanz s.)
858 Molt fut liez et joios Cbarlemaignes li ber,
Qui tel rei at conquis senz bataille cbampel.
846 Nach diesem vers sind allem anschein nach einige verse aus-
gefallen, da Karls rede v. 847 nicht zum vorhergehenden passt.
l'on: die nebentonige form von honio (gegen haupttoniges ÄMPm 121,
149) im sinne des indefinitums wie unser 'man' (= mann). Im gleiches
sinne einfaches on oder auch Vem, l'en, kurzfurm aus l'uem.
848 sont comand^t: die hs. hat sunt cumandfz, was auch s'ont
comandez bedeuten könnte. Das reflexiv mit avoir begegnet noch in einer
reihe von texten, in der Karlsreise ist jedoch ein unzweideutiges beispiel
nicht nachzuweisen.
8"i2ff.: In späteren bearheitungen erscheint die baiserstochter unter
dem nam-tn Jacqueline. Aus ihrer Verbindung mit Olivier geht ein soha
namens Galien hervor, dem eine besondere dichtung {Gnliens li resioies,
d. i. der neu erstandene Galien) gewidmet ist. In dieser bildet eine be-
arbeitung der Karlsreise die eiuleitnng, den weiteren inlialt die Schicksale
des beiden und besonders seine teilualme an der Rolaiidsschlacht, die im
acschluss an das Rolandslied aiisfüirlich geschildert wiid. Gaiitn trifft
noch rechtzeitig auf dem Si hlachtfdd ein, um unter den sieben über-
lebenden Frankenhelden seinen lange gesuchten vater zu finden und mit
Karl räche au den feinden zu nehmen.
Lin. Laisse (V. 849—857). — LIV. Laisse (V. 858—870). 239
860 Qne vos en ai je mais Iodc plait a aconter?
II passent les pais, les estranges regnez,
Venut sont a Paris, a la bone cit^t,
Et vont a saint Denis, el mostier sont antrat.
Charlemaignes se eoichet a oraisons, li ber..
865 Quant il at Dien preii^t, si s'en est relevez,
Le clou et la corone si at mis sor l'alter.
Et les altres reliques depart par son regnet.
Iluee fut la reine, al piet li vuelt aler.
Son maltalent li at li reis tot pardon^t
870 Por l'amor del sepulere que il at aor^t.
861 estranges: wegen der lautlichen entwicklang vgl. 52 mewpon^c.
regnez: lies renets oder ränets. Lat. regnum, afr. regne, und seine
ableitnngen sind im franz. nicht erbwörtlich entwickelt (dafür reialme 68 —
royaume): regnum müsste nach pugnum — pgri — poin *ren — rein, regnatum
reniet — reigniet ergeben. Es reimt hier aber mit ?««— a. Der voraus-
gehende konsonant war nicht mouilliert. Vgl. die assonanz regne : France,
gründe, aimet u. a. (787, 797) und den reim regne : femme.
865 at Dieu preiiet: Dieu steht für a Dieu wie in Den piaist 68.
Preiier 'beten zu jem.' regiert in der alten spräche den dativ, vgl. Et
prlet a Jhesu (79i'); auch in der bedeutnng 'bitten' begegnet der dativ
■eben den sonst üblichen konstruktionen (prier qn. de qch. oder qn. que):
Tgl. tuit li pr'ient, tant li preiierent in anderen texten.
869 maltalent — pardonet: pardoner hat in der alten spräche
oft den sinn des mhd. vergeben: 'weggeben, aufgeben, unterlassen'. Hier:
'er hat fiir sie seinen zorn aufgegeben, fahren lassen'.
Vierter Teil.
Systematische Übersicht über Lautstand,
Formenstand und syntaktische Verhältnisse
der Karlsreise.
Durch das wirken der lautgesetze haben die im lateinischen
vorhandenen laute und lautverbindungen derartige Verände-
rungen erfahren, dass wir im altfranzösischen teils die latei-
nischen lautzeichen in ganz anderer Verwendung, teils völlig neue
laute und lautgruppen finden: wir haben anstelle des alten,
lateinischen einen neuen, französischen lautstand. Schon
hierdurch erhalten die einzelnen worte und wortformen eine
wesentlich veränderte gestalt gegenüber ihren lateinischen Vor-
bildern. Dazu tritt aber in der flexion als weiterer faktor
die analogie, welche teils den stamm, teils die endungen be-
einflusst. Schliesslich gehen von den alten lateinischen formen
und typen viele ganz unter, andere verschieben ihre Verwendung
oder bedeutung, auch neue werden gebildet. So gesellt sich
zu dem neuen lautstand auch ein neuer, in eigentlichem sinn
französischer formenstand. Endlich bleiben auch die syn-
taktischen Verhältnisse nicht die gleichen wie im lateinischen.
Einzelne redeteile verändern ihre funktion, die Wortstellung
wird mehr gefestigt, das entstehen neuer flexionsformen hat
zum teil auch neue syntaktische konstruktionen zur folge. So
bildet sich parallel dem neuen laut- und formenstand auch
eine eigene französische syntax heraus, deren folgerichtige
Weiterentwicklung die modernen Verhältnisse darstellen.
Im folgenden soll für diese verschiedenen gebiete eine
Übersicht über die altfranzösischen Verhältnisse gegeben werden,
I. Lantstand: A. Eonsonantisrnns. 241
soweit sie in der Karlsreise in erscheinung treten. Hierbei
wird auch die herkunft der altfranzösischen laute sowie ihr
weiteres Schicksal im anschluss an die früheren einzel-
erörterungen kurz wiederholt werden. Ein besonderer ab-
schnitt über den accent ist in dieser lautlehre tiberflüssig:
infolge der Verkürzung der gleiteworte, infolge des falls oder
der Schwächung der endsilbenvokale liegt schon im altfranzö-
sischen der hauptaccent überall auf der letzten vollen silbe,
d. h. der wort- und formenschatz besteht lediglich aus oxytonis
und paroxytonis. Diese letzten sind durch verstummen des
auslaat-e im neufr. meist zu oxytonis geworden {prise-^prie,
sage-^sa^, porte—>port).
Die formenlehre hebt die wichtigsten deklinations- und
konjugatioEStypen hervor, mit verweisen auf die früher ge-
gebenen erkiärungen über ihre entstehung und ihre Weiter-
bildung im nfr. Aus der syntax werden die im einzelnen
bereits erwähnten erscheinungen zusammeogestellt, welche für
das altfr. dem latein oder dem neufranzösischen gegenüber
charakteristisch sind.
I. Lautstand.
Das französische, genauer francische, besass um 1100 die
folgenden einfachen oder zusammengesetzten laute:
konsonanten:
reibelaute oder fricative: s ts z dz — {s z) ts dz — fvw
dazu den hauchlaut h
verschlusslaute oder explosivae: t^d — p h — c g
nasale: m n {^) fi
zitterlaute oder liquidae: r l i
halbvokal: i u ü
vokale und nasal vokale:
ü 5 ä i
'VoretBioh, Studium d. afr. Sprache. 6. Aufl. \%
242 Vierter Teil: Lantstand, Formen stand, Syntax.
diphthongen und nasaldiphthoDgen:
ue (üe) üi gi gi gu ai p ßi pu ie (ieu)
uS iüi) gi äi ßi iB
A. Konsonantismns.
1. Die dentalen Reibelaute.
s (stimmlos, geschrieben 5, ss), entstanden im an laut ans
lat. s {saint 1, en-seigniez 19, de-soz 7) — im inlaut aus
lat. SS {deusseiz 66), s vor konsonant {teste 16, auch aus
ursprüDglich intervokalem s: prist 7), x vor konsonant
(estortre 43); mit i aus x vor vokal {eissirent 100), ur-
sprünglich inter vokalem ij, im auslaut (palais 830), ssj.^
sei,, sti, scs, sc vor e und i, c{e)t und c{i)t (peisson, conois-
siez, amistiet, piaist) — im auslaut aus lat. s (plus),
labial + s (chies), x und ähnlichen Verbindungen {reis,
puis, Franceis).
s bleibt im anlaut sowie im inlaut zwischen vokalen
als stimmloses s {ss), verstummt ende des 12. jahrhs. vor
konsonant {mostier l, mit dehnung des tonvokals: prist 7)
sowie allmählich im auslaut {Charles 1),
ts {t + stimmloses s, geschrieben c oder z) entsteht im
anlaut aus lat. c vor c, i (ceinte 3, germ. Je in Franceis)
— im inlaut aus ci sowie aus i^ nach konsonant {acier 25,
correciez 17) — im auslaut aus c vor e, i {croiz 2), t oder
d + s {citez 11, proz 28), st -\- s {voz 21), nach n und l
aus tibergangslaut t + s {ponz 3, mielz 6);
wird vom 12. aufs 13. jahrh. au allen stellen des
Wortes zu s vereinfacht (nfr. c, z, s geschrieben).
s (stimmhaftes 5, geschrieben s oder z) entsteht aus lat
intervokalem 5 {prise 2); aus s vor stimmhaftem konsonant
{meume); mit * aus intervokalem si {entrebaisier) , -c vor
e, i {plaisir), -ti {raison, araisnier);
verstummt im 11. jahrh. vor konsonant (mct<we, arais-
nier), bleibt sonst überall als stimmhaftes s erhalten, auch
wenn der auslautende vokal verstummt (prise = pri^,
rose = roz).
I. Lantstand : A. Eonsonantismus. 243
de {d + stimmhaftes s, gesehrieben z) erscheint nur in den
Zahlworten ome bis seze (nfz. seize) und den entsprechenden
Ordinalzahlen onzime usw.; es entsteht hier aus der gruppe
-d^c- vor folgendem e (z) und verliert den d-vorschlag um
dieselbe zeit wie der entsprechende stimmlose laut 1^5.
2. Die dental-palaialen Reibelaute.
§ (der stimmlose Zischlaut) und z (der stimmhafte Zischlaut)
erscheinen altfranzösisch nur in Verbindung mit t und d
{is—dz).
is (geschrieben ch) entsteht im anlaut aus lat, oder germ. c
vor a {Charles 1, chief 2) sowie aus germ. c (k) vor e, i,
(eschernir) — im inlaut aus pi {aprochet 119) und germ.
^ {riches 27);
wird an allen stellen des Wortes um die wende des
12. und 13. jahrhs, zu s {Charles, riche).
de (geschrieben ^, j) entsteht im anlaut aus j oder dj. {ja 33,
jorn 1, je 14), g vor e, i, a {argent 73, janies 835) — im
inlaut aus 1% vj, {sage 12, legier 14), aus hiatus-* nach mn,
m {songiet 71) sowie in lehn Wörtern nach n {mengonge 52);
verliert wie is, is, dz den d- vorsehlag {jour = zur,
sage = saz).
3. Die labialen Reibelaute.
f (stimmlos, geschrieben f) entsteht aus griech. <p in späteren
lehnworten {Esiiefne, orfelin) — im anlaut aus f {fut),
vereinzelt aus v in feiz 71 — im inlaut (lat. nur in com-
positis) aus f {profundum — profont, lehnwort für älteres
parfoni^-perfundum) — im auslaut aus lat. v oder inter-
vokalem h, p {nerf, chief);
bleibt nfr. im anlaut und inlaut, in der regel auch
im auslaut {chef, vif), verstummt aber hier vor folgendem
konsonant {chef d'ceuvre) sowie sonst in einzelnen fällen
{clef, nerf, vermutlich analogisch nach den pluralformen).
V (stimmhaft, labiodental wie f, geschrieben v, in den hand-
sehriften meist u) entsteht im anlaut aus lat. v {vtistes) —
16*
244 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
im in laut aus lat. v (lever), inter vokalem b oder p {chevaliers
— chevels), hiatus-M nach n (anvels) — im auslaut dafür /";
bleibt im nfr. als v {annuel ist neueres lehnwort).
w (stimmhaft, bilabial) entsteht inlautend aus lat. qu (ewe);
wird vokalisch {eaue — eau), erscheint nfr. wieder in
diphthongen {oi, oui) und fremdworten.
4. Der Hauchlaut.
h erscheint als hörbarer laut altfr. nur in Worten germanischer
herkunft (honte 38, vgl. auch halte 36), während es in
solchen lateinischen Ursprungs stumm ist, selbst wenn es
geschrieben wird (l'huem, Vhonor — aber la honte). Nfr.
ist auch germ. h verstummt, kennzeichnet sich aber als
h aspir^e (consonne) gegenüber h muette durch niehtelision
des vorhergehenden vokals.
5. Die dentalen Verschlusslaute.
t entsteht im anlaut aus t (tant), griech. & (tresor), germ.Ji
(trop) — im inlaut aus tt oder gestütztem t (metre — sei;
faite), aus c oder q zwischen zwei r (estortre), als tiber-
gangslaut zwischen s und r (estre), l oder n und s (vgl.
oben ts) — im auslaut aus isoliertem oder gestütztem t
{seignat — prist, o'irent), aus lat. inlautendem d {feit, dont,
reit-*—rigidum);
im anlaut und inlaut bleibt t nfr. unverändert — im
auslaut war es isoliert in unbetonter silbe schon zur zeit
unseres gedichts verstummt oder im verstummen (wol als
reibelaut ^, daher die wechselnde Schreibung mit t, d, th,
in den handschriften), nach betontem vokal schwindet
isoliertes auslaut-^ im 12. jahrh., festes oder gestütztes t
verstummt erst vom 13. jahrh. ab, zuerst vor konsonant
(in pausa noch jetzt bewahrt in set, fait u. a.).
d entsteht im anlaut aus d (dus) — im inlaut aus dd oder
gestütztem d {adures — reide), aus gestütztem, ursprünglich
intervokalem t {aidier <— adjutare) , aus g zwischen zwei r
{sordre, vgl. estortre), als übergangslaut zwischen ^, l oder
w und r [cosdre, vendrai, voldrai) — im auslaut dafür t;
bleibt nfr. in allen Stellungen als d erhalten.
I. Lantstand: A. Konsonantismus. 245
6. Die labialen Verschlusslaute.
p entsteht im anlaut ansp (poin), im ursprünglichen silben-
anlaut aus griech. 95 {col{a)pJium -* colp) — im Inlaut
aus pp (chapel) oder aus ursprünglich gestütztem p {escrepe
tr-esTcerpe, eskarpe) — im auslau t aus ursprünglich silben-
anlautendem oder gestütztem p (vgl. oben colp, ferner
trop)\
bleibt nfr. im anlaut und inlaut, verstummt im auslaut,
ausgenommen in fremdworten: cap, julep u. a.
l entsteht im anlaut aus b (jbarons) — im inlaut aus hh
oder gestütztem b (abe), als übergangslaut zwischen m und
l oder r (ensemble, nombre) — im auslaut nicht vorhanden
(nur Job u. ähnl.);
bleibt nfr. als b.
7. Die Velaren (palatalen) Verschlusslaute.
^ (geschrieben c, qu, 7c, vereinzelt ch) entsteht im anlaut
aus c vor 0, u oder konsonant {corone, crois), aus qu {quanf,
car, qui — Jci — cht) — im inlaut aus cc vor 0, u — im
auslaut aus c nach betontem 0, ü (avuec), aus ursprüng-
lich silbenanlautendem qu oder gu (onc — sanc), aus g
nach konsonant {lonc);
bleibt nfr. im anlaut und inlaut, verstummt im auslaut
(aber döc neben dö, löc neben lö, dazu fremdwörter).
g^ entsteht im anlaut aus g vor 0, u oder konsonant (ßole
*~gula, grant), germ. g vor a in später entlehnten Wörtern
{gab, gaber), g mit u aus germ. w (guarder, guise) — im
inlaut aus gg vor 0, u — im auslaut nicht vorhanden;
bleibt im nfr. überall als g.
8. Die Nasale.
m entsteht im anlaut aus m (mier) — im inlaut aus ein-
fachem m, mm oder m(i)n {demeines, dame) — im aus-
laut ersetzt durch », geschr. m, n {rien, flum);
bleibt im nfr. als m, schwindet im auslaut.
246 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
n entsteht im an laut aus n {nuT) — im inlaut aus n {corone\
nn (anvel), aus m oder mn vor dental {ponz, songiet) —
im auslaut aus lat. auslautendem «, m oder ursprÜDglieh
inlautendem n {non = non, bon-—bonum, rien^—rem),
auch aus einem in den auslaut tretenden ^ {poin, loin)
anlautend und inlautend bleibt n im nfr,, vor konsonant
und im auslaut (nach vokal) war es schon altfr. zu « ge-
worden (s. u.), nach konsonant (r) schwindet auslautendes
n analogisch {jorn — jour).
« (etwa deutsch ng^ geschrieben n, m) entsteht aus n oder
m vor konsonant und im auslaut aus w, m, fi nach vokal
{tant, emperere, un, non, rien, huem, poin);
ist im nfr. völlig verstummt.
fi (mouilliertes n — geschrieben gn, ign, auch ingn) erscheint
nur inlautend aus gn (seignat), ni, ndi {seignor, Borgogne),
ng vor e, i, ngj, (jpoignant'*—pungentem, esloignier tr--*ex-
longiare) ;
bleibt nfr. als fl erhalten.
9. Die Liquiden.
r entspricht im anlaut, inlaut, auslaut altem r (reis, jorn,
euer, mit metathesis in por, escrepe), im auslaut auch
einem rr (fer) — entsteht durch assimilation in tresor
-^thesaurum, lehn wörtlich für n in ordre;
bleibt nfr. im anlaut und inlaut erbalten, wird ver-
einzelt zu 0 (chaise neben chaire), bleibt in der regel auch
im auslaut (cceur, tresor, pour, avoir, punir), verstummt
aber in den Infinitiven auf -er und den meisten Substan-
tiven und adjektiven auf -ier und -er.
Altfr. rr geht auf iutervokales rr (terre), z. t. auch auf
tr, dr zurUck (pierre neben piere) — wird im 17. jahrh. zu
r vereinfacht {terre= tqr usw., aber mour-rai, conquer-rai).
l entspricht im anlaut, inlaut, auslaut altem l {legier, vuelt,
miel), im inlaut oder auslaut auch altem II {chevahers, bei),
vor konsonant auch mouilliertem l {mielz) — geht infolge
von dissimilation vereinzelt auf n oder r zurück (prphelin
'^*orphamnum, pelerin-'—peregrinuTn) ;
I. Lautstand: A. Konsonantismus. 247
bleibt nfr. im anlaut und intervokal en Inlaut erhalten
— wird vor konsonant im 12. jahrh. aufgelöst zu u {hau%
mieus, heaus) — bleibt im duslaut {miel, cheval), erscheint
hier aber vielfach als u gemäss der antekonsonantischen
entwicklung {beau, fou neben bei, fol) oder unter ana-
logischem einfluss (cheveu, chäteau nach dem plural cheveux,
chäteaux).
(geschrieben ü, ill, II) entsteht im inlaut intervokalisch oder
im auslaut aus U {conseülier, conseil, fblle), cl (maille, ueil,
aus ursprünglichem t{u)l in vieil*—vetulum), gl (veilUer);
bleibt mouilliertes l bis ins 18. jahrh., verliert dann
den l-\a.üt vollkommen und erscheint seitdem als ein-
faches j: cösej^, cösej.
10. Die Halbvokale.
i (geschrieben i, j) entsteht aus inlautendem j (Mai), d% oder
gi (put, fuiant), g zvs^ischen hellen vokalen (m), c zwischen
hellem vokal und a (otreiier), verschmilzt mit voraus-
gehendem einfachen vokal in der regel zum diphthong
{Mai, rei), mit vorausgehendem diphthong zum triphthong
und wird von da aus zum diphthong {podium — *puoi —
*puei~>pui) oder monophthong (p^jus — *pieis—>pis);
als bestandteil eines diphthongen teilt es im nfr. die
Schicksale dieser diphthongen {octroyer = octruaie, payer
= p^ip, aber paien = pal^).
u — ü (geschrieben u) entsteht aus lat. hiatus-M nach q oder g
[quant, lengunge), mit g aus germ. w {guarder, guise), ist
aber um 1100 nach q bereits verstummt und schwindet
im 12. jahrh. auch nach g.
Vor den palatalvokalen e und i hatte u vermutlich
die ausspräche ü (etwa wie im nfr. nuü, lui).
B. Tokalismns.
Da in den nebentonigen silben zum teil dieselben vokale
und diphthongen entstehen wie in den haupttonigen , ist eine
248 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
grnndsätzliclie Scheidung zwischen hauptton und nebenton nicht
notwendig. Es werden demnach die einzelnen vokale und
diphthongen im Zusammenhang betrachtet, zugleich mit be-
rücksichtigung der nasalvokale. Einer besonderen besprechung
bedürfen nur die schwachtonigen vokale, die im altfranz. fast
überall als e erscheinen.
1. Die einfachen Vokale.
ü (geschrieben u) entsteht unter haupt- oder nebenton aus
freiem oder gedecktem u {drut, nul, muer), aus haupt-
tonigem ü, ö vor l, teilweise auch vor i [fui, eür), aus ü in
lehnwörtern {dus, sepulcre), vereinzelt aus * in a/w&Zer 143;
bleibt nfr. überall als ü bewahrt.
ü entsteht in denselben fallen vor nasal {un, une);
"" es wird in freier Stellung entnasaliert zu ü {une = ün),
in gedeckter im 16. und 17. jahrh. allmählich über ö zu p
{un = ö).
Q (geschrieben o, anglonormannisch u) erscheint kurz oder
"" lang:
kurz 0 entsteht haupttonig oder nebentonig aus ge-
decktem u oder ö {jorn, cort — corrant), aus au vor vokal
{aloe — oirent), aus griech. v {borse, trosser 73), neben-
tonig aus freiem ö, ö {plorer, corone);
wird nfr. u (geschrieben ou: jour, couronne).
lang p entsteht haupttonig aus freiem ü oder ö {gole
— projs, dolor);
wird im 12. jahrh. zu ou — eu, weiter zu ö (geschrieben
eu: gueule, preux — wegen sor~^sur vgl. s. 109).
0 entsteht vor nasal aus altfr. gedecktem oder freiem tt, ö
"" sowie aus gedecktem p {dont — ponis — corone; Jiome);
wird nfr. zu p, in freier silbe entnasaliert {baron —
couronne).
p (stets 0 geschrieben) entsteht haupt- oder nebentonig aus
~ gedecktem p {portet, folement), aus au {or, chose — otreiier,
vgl. auch somiers 82), haupttonig aus a -\- u {out, clou);
I. Lantstand: B. Vokalismas. 249
erscheint nfr. in der regel als p (porte, porter), neben-
tonig teilweise als ou (pourceaut—porcellum), im auslaut
sowie vor dentalen als o (chose, oser), mit folgendem u
als u (clou).
a entstellt haupttonig aus gedecktem a (Charles) — neben-
tonig aus freiem oder gedecktem a (baron, parier), aus e
vor liquiden und nasalen (par) oder o vor nasal (dame),
aus au vor haupttonigem u {aost)\
nfr. überall als a bewahrt, nur vor unmittelbar folgendem
vokal verstummt {aoüt).
ä (geschrieben an, am, en, em) entsteht haupttonig oder
nebentonig aus gedecktem a, e, e, i vor nasal (tant,
mander — folement, femme — prent, prendrai — en, em-
perere), nebentonig auch aus o vor gedecktem nasal
[trenchier — dame)\
nfr. vor freiem nasal entnasaliert {femme, dame), sonst
tiberall als ä bewahrt.
^ entsteht haupttonig aus gedecktem e oder ae (bei, teste —
querre)',
erscheint nfr. als ^ oder ? (bei — tete).
i entsteht haupttonig aus gedecktem g^ oder % (dete — metre)',
wird im 12. jahrh. zu ^, fällt also mit altfr. ? zu-
sammen.
e entsteht aus freiem a, dem kein palatal vorausgeht und
kein nasal oder palatal folgt (espee), ausserdem aus ^ vor u
in den gelehrten oder nebentonigen formen Leu — De u. ä.;
nfr. im auslaut f, vor konsonant ? (atme, aimer —
amer, tel).
e nebentonig (unsicher welcher klangfarbe) entsteht aus
freiem oder gedecktem e, ? (seist, seignat), e, ae {legier,
conquerrai), aus freiem a nach palatal {chevdliers), a vor
unmittelbar folgendem ü (eur, meur*—maturum), aus freiem
0 vor nasal (demeine), aus i protheticum (espee), durch
dissimilation aus l (veis'^vldisti) oder o (enor-*— honorem,
neben onor)',
250 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
bleibt im nfr. als e (in verschiedenen klangfarben),
ausser im hiatus, wo ausfall oder kontraktion eintritt
(s'assit — malheur).
€ erscheint in den westlichen dialekten, ist aber im francischen
unserer periode bereits zu ä geworden (siehe dieses).
i entsteht unterm haupt- und nebenton aus freiem oder ge-
decktem % {dist, vit — cite^, wegen iluec vgl. v. 193), unterm
hauptton aus e, t vor folgenden * oder % (ü, pris — cü),
aus freiem e nach c, g (mercit, paus), aus ? + jot (despit),
ferner unterm haupt- und nebenton aus lat. * und grieeh. v
in lehnwörtern {principel, religues — martir) ;
bleibt nfr. in allen Stellungen als i.
% (geschrieben in, ing, im) entsteht aus denselben quellen
vor nasal {veisin, Sarasin, fin — ßne);
wird im 16. und 17. jahrh. über f zu f (ßn = /f), in
freier Stellung entnasaliert (ßne = ßn).
2. Die Diphthongen.
Diphthongen entstehen unter dem hauptton durch spontane
oder bedingte diphthongierung, unter haupt- oder nebenton
durch Verbindung eines vokals mit folgendem jot oder v [j, —
m), ausserdem haupttonig ai unter Wirkung eines folgenden
nasals, ie<—a unter Wirkung eines vorausgehenden palatals.
Vor nasal ergeben sich die entsprechenden nasalen diphthongen,
die teilweise eine andere entwicklung nehmen als die ent-
sprechenden oralen diphthongen.
u£ (geschrieben ue oder oe) entsteht haupttonig aus freiem Ö
(vuelt), freiem ö oder ü vor labial {uef, juevne s. 169),
freiem oder gedecktem ö vor j. oder mouillierten kon-
sonanten (fueille, vueil — hier vermutlich üe zu lesen);
wird im 13. jahrh. kontrahiert zu ö, fällt also mit
lat. freiem ö in dolor — douleur usw. zusammen und wird
demgemäss mit eu bezeichnet {veut, feuille, mit etymo-
logischem 0 in oeuf, coeur, oeuvre).
w£ (geschrieben uen, uem) entsteht aus ue vor altfr. gedecktem
oder freiem nasal {uem- uen, cuens, buen, buene, neben
bon, bone);
I. Lantstand: B. Vokalismus. 251
nfr. ö (in freier stellang ö), jedoch sind die hierher-
gehörigen formen meist analogisch beseitigt worden.
üi (ü -|- {) entsteht haupt- oder nebentonig aus ü -{• j (früctum
—»■fruit, cuidier 33), haupttonig aus ü oder ö + i {fui,
tuit, mui<—*inovui), aus Q + i oder j {nocui—^nut,
noctem—i'nuit), aus ^, e oder ^ + -uul (wi-perfekta: regui^
dui, jui 193);
wird im 12. jahrh. zu ui (vgl. dagegen in unserem
gedieht acondülst und condült in der w-laisse 184 flF. sowie
den reim lüi zu hruns s. 8) — jetzt ui mit halbvocal ü.
oi entsteht haupt- oder nebentonig aus ü oder ö -{- j {croin,
conois — conoissieis);
wird über öe im 13. jahrh. zu o4, woraus nfr. oa — ua
(croix) oder q (connait).
oi ebenso vor n {poin<~pugnum);
nfr. 0^.
^i entsteht haupt- oder nebentonig aus au -{• j (joie — joioSj
vgl. vois 98), haupttonig aus a + -wwi {oi<—habui, soi, toi);
wird über de zu o4, woraus nfr. oa und ^, wie bei qi.
(Ji* entsteht haupttonig aus a + silbeschliessendem u (clou,
Hout 2) oder au -\~ u {pou<—paucum, trou<~traucum)\
wird nfr. zu u (geschrieben ou: clou, trou) — aber
peu = pö.
di entsteht haupt- und nebentonig aus a + ; {ai, faire —
sairement);
wird im 12, und 13. jahrh. allmählich über ?i zu ?,
zuerst vor schwerer konsouanz {maistre, naistre), dann in
einfacher gedeckter Stellung (fait), schliesslich in freier
Stellung {faite, faire), zuletzt im auslaut {ferai, amai), wo
^ zu ß wird (gesehrieben ai: maitre., faire, aimai —
seltener e: serment).
äi entsteht aus denselben quellen vor nasal (saint) sowie
haupttonig aus freiem a vor nasal {faim, piain — plaine);
wird im 12. jahrh. ^i, im 17. jahrh. l {saint = sq, piain
= pU), vor ungedecktem nasal entnasaliert {plaine =plQn).
252 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
?f entsteht nur in nebentoniger silbe aus lat. e + j {preisier
-t—^pretiare, neuer-*— necare);
wird zu oi — oa {noyer; priser ist analogiseh).
fi entsteht haupttonig aus freiem e oder l (aveir, feit), haupt-
oder nebentonig aus e oäeTt-{-j (reis, franceis — reialme\
vereinzelt unterm nebenton aus ursprüDglichem * +j (veisin
—vicinum, vgl. s. 173 unter ?);
wird über öi zu oi — o^ — oa, ua (gesehrieben oi:
foi, roi, Frangois) oder ? (geschrieben ai\ Frangais, frais).
Es fallen also ßi ^i gi oi in ihrer weiteren entwicklung
zusammen, und zwar zuerst ei (sowie das nur im nebenton
erscheinende $i) mit Qi, dann mit gi.
Si erscheint unter denselben bedingungen vor nasal (ceint,
plein — pleine);
wird hier im 12. jahrh. zu §i und fällt daher mit altem
airt (s. 0.) zusammen (nfr. plein =pl^, pleine = pl^n).
fu erscheint nur in den kurz- oder lehnwortformen D§u
"" Mathßu u. ä. (vgl. v. 32).
ie entsteht nur haupttonig aus freiem a nach palatal {chief),
aus freiem e oder ae (mier — del), aus gedecktem ^ vor
mouillierten konsonanten oder ü {mielz — aus triphthong
ieu reduziert in espiet, mien), aus a {§) vor j in der endung
-arium (chevalier);
wird nach Zischlauten (s, i) im 13. jahrh. zu e reduziert
[cJief — aprocher, aber chien), desgleichen auf analogischem
wege bei den übrigen verben der I. konjugation (laissier
—>-laisser), während es sonst als ie erhalten bleibt {ciel
= si^l, Chevalier) — wie das aus a entstandene e lautet
auch dieses e oder ie nfr. ofiFen vor konsonant, geschlossen
im auslaut {chi^f, ci^l — aprocher, chevalier).
iS entsteht unter ähnlichen bedingungen vor nasal (paiien —
bien);
bleibt nfr., mit offenem e.
Hierher gehört auch der triphthong ieu aus e -\- ver-
schmolzenem u (Dieu, Juieu), in einzelnen nicht ganz klaren
fallen auch ans ö -\- u (liew—locum, jieu^-jocum) — nfr. zu
I. Lantstand: B. Vokalismns. 253
iö (Dieu, lieu) wie eu-*ö; in verschiedenen hierhergehörigen
Worten ist reduktion des ieu zu ie eingetreten (espiet, mien).
Daneben erseheint altfr. iu {Diu, Juiu), auch in francischen
texten (so geht nfr. Juif auf diese form, genauer — wegen
des auslautenden f — auf eine neubildung aus dem fem.
Juive -«— Juieue, zurück).
Andere triphthongen wie uei, iei sind schon in vorlitera-
rischer zeit zum diphthongen oder monophthongen vereinfacht
worden: vgl. oben ui und i.
Eine reihe neuer diphthongen und triphthongen mit u als
zweitem bestandteil entsteht im 12. jahrh. durch auf lösung des
l zu. u: so au {haut*— halt), eau {heau*—hels) , eu {cheveus
•t—chevels), ieu {mieus •*— miels) , qu {fQus*—fols), ou (mout-*—
molt); ferner im 14. und 15. jahrh. durch Verschmelzung
zweier unmittelbar aufeinander folgender vokale wie ui*-u'i
(einsilbiges fuir*—a\th: fu-ir), ei^—t'i {reine*— reine) oder-«— ai'
{haine*—hame), woraus im 16. jahrh. teilweise monophthongen
werden (nfr. reine = rqn, haine = qn).
Wie die nfr. ausspräche zeigt, sind diese neuen diphthongen
und triphthongen analog den alten entwickelt, d. h. in der
regel zu monophthongen oder diphthongen vereinfacht worden
(während beim zusammentreffen von e oder a mit folgendem
tonvokal in der regel ausfall des ersten eintritt: asseist—*- assit,
veeir — veoir^-voir, eage—*'äge, meür—*mür\ aost-^aoüt).
• 3. Die schwachtonigen Vokale.
Die schwachtonigen vokale sind im altfranzösischen ent-
weder ganz verschwunden oder, gleichgiltig welchen Ursprungs,
zu e geworden (ausser gedecktem vorton-a, vgl. s. 175). Er-
weitert wird die zahl der schwachtonigen vokale durch die
Wirkung der analogie: so bei den femininen der adjektiva auf
lat.-*5, die nach dem muster jener auf -a {bon — bone) sämtlich e
bekommen, wie schon a^r.grande neben grant, corteise [f Vir corteis),
s^Mer prudente, teile, forte u.a.m.; so in der konjugation, wo -e
auch in der lat. I. kennzeichen des konjanktivs wird (vgl. 806
port) ebenso wie in der 1. person des Indikativs (chante, aime für
ursprüngliches chant, aim — ain). Dazu treten noch eine
254 Vierter Teil: Lautstand, FonnenBtand, Syntax,
reihe lehn- und fremdwörter wie fideJe für altes feeil, utile,
facile u. a.
Das e der endsilben ist allmählich ganz verstummt: die
ersten spuren weisen Doch in das mittelalter selbst (im 13 jabrh.
nach vokal: eaue — eau, avoie — avoi — avoü), im 16. jabrh.
wurde das auslautende e nur noch schwach artikuliert, im
17. jabrh. ist es völlig verstummt.
In den schwachtonigen vortoDsilben ist e (entstanden
aus a oder vor schwerer konsonanz aus anderen vokalen) neben
liquiden vereinzelt scbon altfranz. verstummt {menrez 73, donrai
169 — später serment), in grösserem umfang jedoch erst in
nfr. zeit: folement^folmä, douc{t)ment, chev{t)lure {ohtv pnnirai
wegen punir, aimerai wegen aimer osw.). Im übrigen sind
im nfr. teils infolge der analogie, teils durch fremdwörter und
neue ableitungen eine grosse zahl neuer vortonvokale ein-
gedrungen, die als solche naturgemäss erhalten bleiben {nour-
riture, ddigence, crudiie u. a.).
IL Formenstand.
A. Das Nomen. ♦
Die hauptsächlichsten Veränderungen im nomen beruhen
auf der Vereinfachung des kasussystems. Es bleiben nur
nominativ und akkusativ (vgl. 9 rei). Der erste vertritt auch
den Vokativ (vgl. 13 emperere), die übrigen kasus werden
durch Umschreibung gebildet. Genetiv und dativ bleiben nur
in einigen pronominalformen erhalten.
Durch diese Vereinfachung wird auch der zusammenfall
der deklinationstypen erleichtert. Bei den femininen der
lat. V. deklination stehen scbon im latein vielfach formen der
I. deklination daneben (luxuries — Ivxuria, darnach rahies —
rabia, fades — ia): soweit diese worte erhalten sind, fallen sie
IL Formenstand: A. Nomen. 255
daher der I. deklination zu, das maskulin dies diem — dis di
hingegen der IL Ebenso vereinigen sich die worte der lat.
IV. deklination {-us, -um) mit der lat. IL, so dass wir es im
wesentlichen mit den ersten drei lat. deklinationen zu tun haben.
Teilweise steht mit diesen Vorgängen auch der geschlech ts-
weehsel von Substantiven in Zusammenhang. Die neutra der
IL und IV. deklination stimmten in wesentlichen formen,
namentlich im obliquus sing., mit den maskulinen der IL und
IV. tiberein (vgl. auru{m) mit cdballariu(m), cornu mit fructu{m)
u. a.), desgleichen fallen die entsprechenden formen im adjektiv,
teilweise auch im pronomen zusammen, und so erscheinen die
substantiva neutrius generis im romanischen als maskulina, ein-
geschlossen die neutra der III. deklination wie chief-*—caput,
cors —>- corpus , tenstr-tempus, lau -»r-lacte- (vergleiche hierzu
mostier I). Die neutra pluralis werden ihrer endung ent-
sprechend zu femininen singularis: vgl. bataille 29, mengonge 52,
joie 118. — Erhalten bleibt das neutrum im pronomen und
beim unpersönlichen gebrauch im adjektiv.
In anderen fällen war nicht die form, sondern die be-
deutung für den geschlechtswechsel massgebend: so bei den
abstrakten auf -or (vgl colors 124), so bei mare — mer (fem.
nach terra). Im nfr. zeigen sich im einzelnen ähnliche Ver-
schiebungen: mensonge wird maskulin nach songe, amour ebenso
unter gelehrtem einfluss.
Die deklination im neufranzösischen. Schon im
altfr. der späteren zeit tritt die entwicklung vom zweikasus-
system zum einkasussystem ein, das im 14. jahrh. durchgeführt
ist. Wie bei der I. deklination von anfang an, wird auch bei
den übrigen deklinationen für jeden numerus nur eine form
gebraucht und zwar in der regel die des häufiger gebrauchten
obliquus. Da nun der obliquus im plural überall, im Singular
nirgends (ausser bei den indeklinabeln) ein s hat, so erscheint
dieses von jetzt ab als kennzeichen des plurals. Vgl. 1 reis^
9 rei, 5 emperere).
Eine anzahl von persönlichen begriffen bewahrt den rektus
als singularform (siehe 1 Charles).
Wie im Substantiv, tritt auch in artikel, pronomen, adjektiv
überall der obliquus an die stelle des rektus (vgl. 1 li, 19 eil,
27 riches).
256 Vierter Teil: Laatsttand, Formenstand, Syntax.
1. Der Artikel.
Der bestimmte artikel entwickelt sich aus proklitisehem
nie (vgl. li al 1, la 10, les 20, dazu s. 162):
Maskulin Feminin
sing, rektus li 1 la 10
obliquus le 39 la 25
plur. rektus li 82 les 111
obliquus les 81 les 20
dazu als genetiv: sing, del 46 de la 36
plur. des 175 des
als dativ: sing, al 1 a la 60
plur. as 31 as 111
mit en die formen: el 10 — C5 20 en la — es.
Vor folgendem vokalischen anlaut wird der vokal von le
und la elidiert: Valter 59 — Valbe 238. Sing, li elidiert in
älterer zeit nicht, in unserem text schwankt der gebrauch (li
emperere und Vemperere, vgl. v. 58).
Der unbestimmte artikel ist identisch mit dem Zahl-
wort un:
Maskulin Feminin
sing, rektus uns 129 une
obliquus un 1 une 94.
Die entsprechenden pluralformen un — uns, unes begegnen
beipluraliatantum (wo nfr. der teilungsartikel stehen würde):
unes fo{u)rches ein galgen, oder im sinne von 'irgend welche':
unes estaches einige säulen (761).
2. Das Substantiv.
Die deklinationsverhältnisse des lateinischen haben, wie
schon bemerkt, hinsichtlich der deklinationstypen durch das
verschwinden der IV. und V. deklination eine grosse Ver-
einfachung erfahren. Aber auch innerhalb der verbliebenen
drei deklinationen haben noch mancherlei Verschiebungen statt-
gefunden.
Für die I. lat. deklination in ihrer französischen gestaltung
war charakteristisch die einheitliche form für den rektus und
II. Formenstand: A. Nomen. 257
obliquus im siagular (corone = Corona und coronam, vgl. v. 2
und 10) sowie im plural (corones, vgl. v. 20). Ausser den
femininen auf -a gehören hierzu von haus aus auch die
abstrakta der lat. III. deklination, welche im Singular die
nominativform zu gunsten der akkusativform aufgeben und
dadurch gleichförmig werden {amör für lat. amor und amorem,
citet für lat. dvitas und civitatem, plural regelrecht amors und
citez)\ erst im 12. jahrh. werden diese worte durch anftigung
eines s im rektus sing, {amors, citez) der lat. IL deklination
angepasst. Von maskulinen gehören hierher die wenigen
meist lehnwörtliehen auf -a (patriarche, profete) sowie die
gleichförmigen der lat. III. deklination {pere = pater und
patrem, im plural jedoch mit verlust des s im nominativ: pere
gegen obl. peres).
Die lat. II. deklination hat im französischen als kenn-
zeichen das s im kasus rektus des Singulars gegenüber dem
obliquus und im obliquus des plurals gegenüber dem rektus:
Chevaliers = caballarius und cdballarios, Chevalier =caballarium
und cdballarii. Diesem typus schliessen sich auch solche
konkreta der lat. III. deklination an, welche ursprünglich im
nominativ s haben, wie reis — rei aus rex — regem; bei den
sachbegriflFen ist der nominativ aus dem akkusativ neugebildet
wie bei or'ienz -*— orientem -\- s, vgl. auch oben rektus citet
-*— civitatem. Die pluralformen werden dem vorbild der lat.
IL angepasst, d. h. der nominativ verliert sein s {li rei).
— Im 12. jahrh. treten hierzu die bisher zur I. deklination
gehörigen feminina auf konsonant, welche im nominativ sing.
s erhalten {amors, citez), aber im plural gleichförmigkeit
bewahren.
Von der lat. III. deklination verbleiben darnach als be-
sondere Masse noch die ungleichförmigen worte, welche
nominativ und akkusativ durch verschiedene betonung oder
sonst verschiedene Stammform unterscheiden: imperdtor-*
emperere, imperatorem—*emper'eor\ hdro--*-ber, baronem—*'
baron\ homo-^huem, hominem-^-home. Es sind persönliche
begriffe, welche zu dieser klasse, der franz. III. dekliuation,
gehören, darunter nur ein femininum: l&t soror —*- ^uer, sororem
-^seror. Auch bei diesen Worten erscheint der rektus des
Voretzsoh, Studium d. afrz. Sprache. 5. Aufl. ^7
258
Vierter Teil: Lautstand, Formenstand. Syntax.
IL
III.
Chevaliers 28
her 156
Chevalier 49
haron
Chevalier
baron 241
Chevaliers 4
harons 4
plurals ohne s: empereor, haron, home gegenüber den obliqnus-
formen empereors, harons, homes.
Nach alledem erhalten wir folgende drei deklinationstypen:
sg. rektus corone v. 10
obl, corone 2
pl. rektus corones
obl. corones 20
Dazu kommen dann noch eine anzahl indeklinabilia (meist
neutra der lat. III. deklination): tens, cors, giens {t—genus)^
auch croisf, voiz u. a.
Zur I. klasse gehören in unserem texte noch espee, dame,
reine, teste, hataille, femme, honte, parole, mengonge, fiance u. a.,
von maskulinen patriarche und pere, von femininen der lat.
III. dekl. moillier, citet (36, plur. citez 11), cort, mercit (32^
dazu plur. merciz 159), amor, tor u. a., von der lat. V. feit. —
Seit dem 12. jahrh. erscheinen im rekt. sing, bei femininen der
letzten art sowie bei maskulinen die analogischen 5- formen:
patriarches, peres, corz, amors, tors u. a.
Zur IL klasse gehören in unserem texte von ursprünglichen
maskulinen reis, dus, Chevaliers u. a., von namen Estiefne 165,
von ehemaligen neutren jorn (rektus jors 109), mostier, chief,
ponz, or, demeine u. a. Sie ist die zahlreichste von allen.
Die III. klasse ist ausser durch her (s. o.) durch folgende
Worte vertreten:
sg. r. emperere 5
sire 135 (sendre)
huem 122
cuens
0. empereor
seignor 857
home
conte
pLr. empereor
seignor 67
home 208
conte
0. empereors
seignors
homes
contes 137
von eigennamen durch:
r. Hugue 810
Naime(s)
Charles 1
Laz{a)res
0. Hugon 46
Naimon 62
Charlon 838
Lazaron 164.
Wegen der bildung anf -on bei eigennamen vgl. 46 Hugon und 164
Lazaron (während 165 Estiefne regelrechtem Stephanum entspricht), unter
46 Hugon auch wegen der yerwanten weiblichen bUdungen auf -ain (nacb
IL Formenstand: A. Nomen.
259
palatalen -ien): Evain, nonain zu Eve, none; Mariien, Blanchien zu Marie,
Blanche. Ihrer bildung nach gehören diese worte in die III. klasse der
feminina, die sonst nur durch suer — seror vertreten wird.
Durch den eintritt des einkasussystems (siehe oben)
werden in späterer zeit diese alten deklinationsunterschiede
völlig verwischt. Im nfr. handelt es sich nur noch um unter-
schiede des geschlechts und der pluralbildung: wie weit
das plural-5 den vorausgehenden stammauslaut beeinflusst
und in welcher weise. Häufig sind neubildungen des plurals
aus dem Singular {chefs für afr. chies nach chef), teilweise
nur in der schreibuog {ceufs = ö). Die Schreibung einer anzahl
pluralformen mit x entbehrt jeglicher lautlichen bedeutung
(vgl. 2 croi^ V).
3. Adjektiv, Komparation, Adverb.
Da das neutrum, soweit erhalten, mit dem maskulin
tibereinstimmt {honu{m), forte{m) — forte), können sich im
franz. nur adjektiva zweier endung und solche einer endung
bilden: die ersten aus denen auf -us -a -um, die letzten
aus den adjektiven der lat. III. deklination. Soweit die
adjektiva auf -us den auslautvokal aus lautlichen gründen
bewahren, werden auch sie in maskulin und feminin (obliquus)
gleichförmig. Die deklination dieser verschiedenen typen ge-
staltet sich, im wesentlichen entsprechend der lautlichen ent-
wicklung, im afr. wie folgt:
I.
mask. sing. rekt. bons 28
obl. hon
plur, rekt. bon
obl. bons 22
fem. sing. rekt. obl, bone 862
plur. rekt. obl. bones 211
Die lat. komparation ist nur in wenigen Worten bewahrt
geblieben: mieldre {-^—melior), graindre {■*— grandior), dazu in
anderen texten pire (p^or), maire (major) und einige andere.
Zur flexion vergleiche:
17*
II.
III.
riches 27
granz 222
riche
grant 93
riche
grant
riches
granz
riche
grant 106
riches
granz 98
260 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
Maskulin Feminin
sing. rekt. mieldre 198 meillor
obl. meillor meillor
plur. rekt. meillor meillors
obl. meillors meillors 169.
Ahnlich graindre 811 — graignor (508) — graignors, pire —
peior — peiors, maire — maior — maiors. Vgl. noch plusor 818.
Sonst wird der komparativ mit plus gebildet: plus legiers
14, plus riches 27, plus sains 195.
Der Superlativ ist mit dem komparativ in der form
identisch oder wird aus diesem mit vorsetzen des artikels
gebildet: de la plus halte tor 36, del plus fin or d'Ärabie 199.
Lateinische Superlative sind so gut wie nicht erhalten: ausser
pesme im sinne des positivs 'schlimm, bös' u. ähnl. begegnen
nur gelehrte bildungen wie sairiUsme, haltisme.
Die adverbia gehen teils auf urspriingliehe bildungen,
teils auf ableitungen aus adjektiven zurück. Zu den ersten
gehören aus unserem texte: hie (ibi) — «4, unquam — onques 9,
ubi — ou 19, sie — si 20, donique (a tunc) — donc 23, jam —
ja 33 u. a. m.
Von den lateinischen ableitungen sind die meisten bildungen
— auf -ter, -im uäw. ganz, die auf -e bis auf wenige reste —
untergegangen {bene — hien 10, vgl. 12 folement I). Eine anzahl
adverbia gehen auf neutralformen zurück, die teilweise schon
im lat. mit dem adverb identisch sind: plus 6, tantum — tant
10, multum — malt 17, carum — chier 24; einige auf lateinische
oder romanische Zusammensetzungen: quare — car 19, 206,
ha{c} hora — ore 43, encore 11.
In vortoniger Stellung, vielleicht auch vor vokalischem
anlaut, entstehen bei den auf -e ausgehenden adverbien ver-
kürzte formen {ore — or), die meist auch vor konsonant ge-
braucht werden {Or vait li emp. 98). Bei vokalischem wie
konsonantischem auslaut kann nach dem muster ursprünglicher
s-adverbien ein s antreten (v^gl. 9 onques III).
Die bildung neuer adverbien erfolgt durch Zusammen-
setzung der femininform mit mente'. vgl. * follamente -* folement
12. Adjektiva der lat. III. verlieren dabei gemäss dem gesetz
11. Formenstand: A. Nomen,
261
über die schwachtonigen vortonvokale den end- oder mittel-
vokal: fortimente — forment 31. Auf grund der analogisch
gebildeten femininformen werden in späterer zeit teilweise auch
neue adverbia gebildet: fortement zu forte (vgl. oben s. 253),
Der komparativ wird auch hier, soweit nicht die lateinischen
formen erhalten sind {mieh 168), mit plus gebildet {plus
helement 16, plus hassement 817), der Superlativ gleich dem
komparativ oder mit le (vgl. al mielz 6).
4. Zahlwörter.
Die afr. kardinalzahlen entwickeln sich im ganzen regel-
recht aus den eotsprechenden lateinischen. Bis auf die zahlen
1 — 3 sind sie indekliDabel. Un (vgl. 14, 175, 812) ist in seiner
flexion identisch mit dem unbestimmten artikel. Duos gibt
dos — dous, dazu als neuer nominativ dui (für duo\ fem. do'es.
Tres gibt treis (71), daraus nach dem muster der zweiten
deklination ein s- loser nominativ: trei. Die folgenden zahlen
lauten:
quatre 204, 811
ow^e(vgl. 116-
-117)
trente (510)
eine 159
doze 116, 121
usw.
quarante (514)
sis
treee
cinquanie
set 73, 74, 193
quatorze
seissante
{h)uit
quinze
setante
nuef
seze (vgl. 116-
-117)
oitante 96, 99
dis
dis e set, huit,
nuef
nonante
vint (267)
Cent, pl. eenz 74
mil 66, pl. milie 96
Neben seissante begegnet irei{s) vint — obl. treis vinz, neben
oitante ebenso quatre vint — quatre vinz.
Die Ordinalzahlen flektieren regelrecht nach hons und
riches. Sie entwickeln sich zunächst lautgerecht aus den lat.
formen (wie tierz <— tertius, quarz-*— quarius usw.), werden aber
z. t. durch die kardinalzahlen heeinüuBst {dime-^disme na.ch.
dis) und vielfach auf analogischem wege neu gebildet. So wird
nach dem muster von set — setme, dis — disme zu sis, huit, nuef
gebildet: sisme, huitme, nuefme, auf der anderen seite nach
onze — onzime, doee — dozime auch treeime, qu^torzime, quinzime,
262 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
se^ime, dis e setime usw., später auch disime und die einerzahlen
sisime, huitime usw. (vgl. 116 — 117 dose — trezime).
Die formen der älteren zeit lauten:
1. Premier <— primarium (für prim-tr-primum, vgl 188
primes), daneben premerain;
2. altre, daneben gelehrt secont — segont;
8 — 5. tiers 178, quart, quint;
6. siste, analogiseh sisme;
7 — 9. setme, darnach uiime (für lat. octavum — dialektisch
oitief), nuefme für nonum (aber la none als tageszeit);
10. dime — disme\
llflF. onzime, dozime, trezime 117 u.ö., quatoreime, quimime,
sezime, ebenso vintime, trentime usw.
Neben -ime erscheint -isme und, namentlich in westfranz.
texten, -ieme — iesme, woraus nfr. -ieme {onzieme, douzieme, ving-
tieme usw.). Die einerzahlen werden meist schon im altfr. mit
der endung -ime ieme aus den kardinalformen neugebildet:
sisi{s)me — sisi€{s)me, seU{s)me — setie{s)me usw., später auch
troisieme, deuxieme zu trois, deux.
5. Die Pronomina.
Die pronomina entwickeln sich je nach ihrer Verwendung
entweder gemäss den gesetzen über die haupttonigen oder
denen über die nebentonigen silben, teilweise (namentlich in
der enklise) auch nach denen der schwachtonigen. Vgl. darüber
s. 162, dazu die bemerkungen zu den einzelnen formen an den
stellen, wo sie zuerst vorkommen.
a) Personalpronomina,
haupttonig nebentonig
1. und 2. person.
sing. rekt. je 807 tu
obl. mei 71 tei
plur. rekt. nos vos
obl. nos 188 vos 854 f.
Die obliquusformen gelten für dativ und akkusativ. Die
reflexiven formen sind identisch mit den hier angegebenen
(vgl. me 38, 34, 37, 75 usw.). — Enklitisch erscheint me als
je 14, 22
tu
me 23, 45
te
nos
vos 24, 803
nos 224, 225
vos 13, 25.
II. Formenstand: A. Nomen.
263
m: lern dir es 41.
m'enseigniez 19.
Vor folgendem vokal wird e elidiert: le
3. person.
haupttonig
nebentonig
mask.
fem.
mask. fem.
sing. rekt. il 140, 205
ele
(il) 7, 15u.ö. (ele) 6, 13 u. 8
dat. lui 146
li
li 16, 31 u. ö. li
akk. lui 77, 203
li
Zel9, 40f.n.ö. la 7 f., 16 u. 8
plur. rekt. il
eles
(il) {eles)
dat. lor
lor
Zor 78, 239 u. 6. lor
akk. eis 138, 174
eles
les 143, 812 les 191
reflexiv sei 61, 147 u
. ö.
se 14, 43, 60 u. 8.
Dazu als neutrum betont rekt. il (nach dem mask. ge-
bildet), nebentonig obl. le 19, 23, 24 u. o.;
ferner als nebentonige genetivform für alle genera und
numeri ew-*— lat. inde (vgl. v. 14, dazu 17, 18, 26, 31 u. o.).
Lui geht auf illui (aus Uli huic oder analogisch, nach dem frage-
pronomen cui, umgebildetes Uli) zurück, haupttoniges li (fem.) auf Hll^i
{'t—Hllaece oder illae + ei), nebentoniges li auf Uli, lor auf den genetiv
illorum (in genetivischer bedeutung noch als Possessivpronomen s. u.). —
Auslautvokale (ausgenommen bestandteile von diphthongen wie t in lui)
werden vor folgendem vokal elidiert: vgl. für mask. le v. 57, 75, 129,
131 usw., für neutrum le 18, 23, 71, 141 usw.; i in li nur vor cn 166, 182,
190 usw. — Wegen der enklitischen formen l = le, 8 = les und se vgl.
die beispiele zu v. 40. — Die oben eingeklammerten formen gehören ur-
sprünglich in die andere reihe. Vgl. unten s. 274.
haupttonig
einzahl:
mask. fem.
sg. rekt. miens 222 meie
obl. mien 139, 185 meie 806
pl. rekt. mien meies
obl. miens meies
b) Possessiva.
nebentonig
1. person.
mask. fem.
mes 219 u.6. ma 813, 819
mon 11, 41 u.6. wa 22, 25 u.6.
mi mes
mes 22 mes
sg. rekt. suens
obl. suen 50
pl. rekt. suen
obl. suens
einzahl: 2. und 3. person.
soe
soe 88
soes
soes
ses
son 2, 146 u. 8.
si
ses 15, 142 u. 6.
sa
sa 2, 5 u. 8.
ses
ses 98.
264
Vierter Teil: Lautstanä, Formenstand, Syntax.
Ebenso wie suens flektiert die 2. person: tuens, toe — tes.
ta
usw.
mehrzahl: 1. und 2. person.
haupttonig
nebentonig
mask. fem.
mask. fem.
sg-
lekt. nostre 81 b nostre
nostre nostre (33)
obl. nostre 820 nostre (38)
nostre (216, 251) nostre
pl.
rekt. nostre nostres
nostre noz
obl. nostres nostres
noz (21) noz (160).
Ebenso flektiert vostre: vgl. im paradigma die in klammern
stehenden verszahlen, dazu betontes m. f. vostre 50, 806 f. Substan-
tiviert erscheinen: les voz 803, del vostre 842 (wie del mien 843).
Die mehrzahl der dritten person lautet in allen Ver-
wendungen lor, aus illorum als genetivus possessivus, daher
unveränderlich. Nebentonig sollte sich nfr. lour neben haupt-
tonigem leur entwickeln, die letzte form hat jene verdrängt
Ma, ta, sa werden vor vokal elidiert: vgl. s'espee 3, dazu
59, 86, m'espee 25, dazu 54, 854, 856.
c) Demonstrativa.
Die lat. demonstrativa sind im franz. in dem ursprünglichen
demonstrativen sinne nur in Zusammensetzungen erhalten: ecce
ille-*icil (jener, dieser, solcher, zur bezeichnung des ferner-
stehenden), ecce iste-^icist (dieser, zur bezeichnung des dem
Subjekt näherliegenden, vgl. 42 cele teste), ecce hoc—^-igo, daraus
die ursprünglich nebentonigen formen eil, eist, go. In der flexion
ist zwischen den vollen und kurzen formen kein unterschied.
eil — icil.
mask.
sg. rekt. eil 19, 191
obl. ceZ137u.ö.
pl. rekt. eil 837
obl. cels 77
Dazu im obl. sing, die ursprünglichen dativformen (vgl.
oben lui — li): mask. celui — cestui, tem. celi, cesti; ferner die
neutra cel — cest.
Lat. hoc erscheint haupttonig entwickelt in avuec, poruec
(s. 0. 8. 150), nebentonig in got—ecce hoc (dieses selbst als haupt-
tonig empfunden und gebraucht, vgl. unten s. 277).
dst-
- icist.
fem.
mask.
fem.
cele 12
eist
ceste
ce?e42u.ö.
cest 149
ceste s. 233
celes
eist
cez
celes
cez
cez
II. Formenstand: A. Nomen. 265
d) Relativum.
Für beide gesehlechter und numeri:
nom. qui 14, 18, 66 u. ö.
gen. dont 3, 72 u. ö. — cui
dat. cui
akk. que, qu^ 89, 112, 161 u. ö. — cui.
Dazu als neutrum que 819 — haupttonig quei.
e) Interrogativum.
Rektus qui — obliquus cui — neutrum que 234 — quei.
Adjektivisch quei 219 — mask. rekt. sg., obl. pl., fem. pl. quels.
r
f) Indefinita.
Nul 9 — nule 247, 833, alcun — alcune, chascun — chascune
wie bon — hone; tot — tote 48, pl. rekt. mask. tuit 203 — obl.
to2 21; tel — itel wie grant; altre wie nostre. Zu bemerken
die analogischen formen nului, altrui. Vgl. auch plusor 818.
B. Das Yerbum.
Die lateinischen konjugationsunterschiede beruhen auf dem
Stammauslaut, auf der Verschiedenheit des auslautenden vokals
oder konsonanten. Diese unterschiede werden im romanischen
durch zusammenfall einer reihe von endungen verwischt, wo-
durch der tibertritt eines verbums zu einer anderen konjugation
befördert wird: der sog. konjugationstausch (vgl. 31 cheir,
43 estortre, dazu respondre, plaire, saveir u. a., siehe auch
s. 165).
Ahnliche angleichungen finden auch sonst in den tempora,
modi und personalendungen statt, so dass die lat. konjngations-
einteilung auf die altfranzösischen Verhältnisse nicht mehr
zutrifft. Charakteristischer als infinitiv und präsensformen
sind hier die perfektformen, welche darum der neueinteilung
im altfranzösischen (und überhaupt im romanischen) zu gründe
gelegt werden. Und zwar unterscheidet man nach dem muster
der deutschen grammatik schwache perfekta, für welche die
endung charakteristisch ist, die hier überall den accent trägt,
und starke perfekta, welche den stamm verändern und
266 Vierter Teil: Lautstand, Formenatand, Syntax.
wenigstens in drei formen — 1. 3. sing., 3. plur. — den accent
auf diesen legen (vgl. 107 regut, dazu 2 Rout VI, 56 deusseiz).
Zu den schwachen perfekten (verben) gehören die zur lat.
I. und IV. konjugation gehörigen verba {seigndt 2 — oü 18)
sowie die aus dedit neugebildeten perfekta {respondiet 12), zu
den starken, die mit dehnung des Stammvokals {vldit — vit 30),
die mit s gebildeten (prist 7) und die auf -ui (Rout 2).
Genera, tempora und modi. Völlig untergegangen sind
die einfachen (nicht zusammengesetzten) formen des lat. passivs,
welche durch Umschreibungen mit estre ersetzt werden, ebenso
die deponentialformen, für welche die aktivischen eintreten
(vgl. 53 irascut II). Durch Umschreibung neu gebildet wird
das futurum nebst imperfektum futuri (siehe 11 conquerrai II);
neu geschaffen wird ein perfektum präsens mit den dazu ge-
hörigen ableitungen, welche den lat. konjunktiv perfekti sowie
ind. und konj. plusquamperfekti ersetzen (siehe 3 at ceinte);
der letzte hat seinerseits die function des konj. imperfekti
übernommen (siehe 10 seist).
Endungen. In diesen hat starker ausgleich stattgefunden.
Im ind. präsens lautet die 1. plur. überall -ons, wol nach sonst—
sumus (siehe 20 porter ons), die 2. plur. überall -ez nach der lat.
I. konj. (siehe 13 poe0 — im osten bleibt -etis als -eiz -oiz).
Im ind. imperf ist das vorbild der lat. IL (III.) konj. überall
durchgedrungen: debebam—*- deveie, vendebam-^vendeie, darnsieh.
parteie, porteie (im normannischen dialekt bleibt portabam als
portoue — portoe). Der konj. imperf. hat von anfang an ana-
logisches -e in der 1. und 2. sing, (portasse, portasses, aber
portast). Die 2. plur. im imperativ ist gleich der entsprechenden
form des ind. präs.: vgl. enseigniez 20, tenez 45. In partizip
präs. und gerundium ist -entern, -endum durch -antem, -andum
(-ant) ersetzt worden: vgl. veant 803. Im perfektum ist be-
merkenswert die bewahrung des vokals der endsilbe in der
1. und 2. plur. (vgl. 9 ve'istes IV), sowie bei den starken per-
fekten die Übertragung des umlaut-* aus der 2. sing, in die
2. plur. (siehe 9 veistes I, vgl. auch 1 fut).
Stammvokal. Der Stammvokal zusammengesetzter verba
hat zum teil schon im Vulgärlatein eine änderung erfahren
durch die sog. rekomposition (siehe 12 respondiet).
II. Formenstand: B. Verbum,
267
Verseliiedene behaudlung des Stammvokals innerhalb des-
selben verbums erfolgt unter der Wirkung des aceents. Man
vergleiche die haupttonige mit der nebentonigen entwieklung
im folgenden:
freies ß: (de)meinent 206, 830 — menrez 73, demener 814
$ vor palatal: issent 827 — eissirent 90, 100
freies a: apert 239 — apareir
freies a vor nasal: claiment 208 — clamer
freies q: puet 43 — poe^i 13, vuelt 31 — voleir {voldront 223);
haupttonige mit schwaehtoniger entwieklung:
o-^—au: parolt 812, parolet 824 — parier 72, parlerez 221.
Vgl. ferner demorer 74, die 243.
Zum teil ist diese Stammabstufung schon altfranzösisch
auf analogischem wege beseitigt worden (vgl. 195 sali für *selt^
auch 6 coronee für *cornee), zum teil erst später (Je parle für
parol(e), demeurer für demourer, aimer für amer), zum teil be-
steht sie noch heute {conquiert — conquerons, meurt — mourons).
1. Das Perfektum und die zugehörigen Formen.
a) Die sehwachen perfekta.
Die lat. typen sind -avit, -ivit, -dedit. Vgl. 2 seignaf, 12
respondiet, 18 o'irent. Zur vergleichung diene folgende über-
sieht:
I. IL III.
parti vendi
partis (vendis)
partit vendiet
partimes (vendimes)
partistes (vendistes)
partirent vendierent.
Hierher gehört auch der konj. im per f. (vom lat. konj.
plusquamperf.):
portasse, portasses, portast, portissons, portisseü, portassent;
ebenso partisse, partisses usw., sowie vendisse. Wegen der
endung vgl. s. 87 zu säst IV.
sg. 1. portal
2. portas
3. portat
pl. 1. portames
2. portastes
3. porterent
268
Vierter Teil: Lautstand, Fonnenstand, Syntax.
Die pari per f. gehen regelrecht auf die lat. oder vulgär-
lat. grundformen zurück:
poriet'*—portatum, partit-*—partiium, vendut-*—*venduium.
Zu der neugebildeten dritten klasse gehören in unserem texte die
folgenden verba (nebst der entsprechenden 3. p. sing, perf.):
beneistre: beneüsquiet 177.
descendre: descendiet — part. perf. descendut 188.
entendre 17, 43, 67: entendiet — part. perf. entendut 238.
fondre: fondiet — part. perf. fondut 199.
pendre: pendlet — part. präs. pendant 80.
perdre: perdiet — fut. pl. 2. perdrez 55. — part perf. perdut 54.
rendre: rendiet — präs. ind. 3. rent 166.
respondre: respondiet 12 — präs. ind. 3. respont 162.
tendre: tendiet — part. perf. tendut 194.
vendre: s. o. paradigma — präs. ind. pl. 3. vendent 210.
b) Die starken perfekta.
Vgl. ve'istes 9, firent 115; dist 13, s'assist 120; rout 2,
deusseiz 56, regut 107, jut mut 193.
Als mustertypen mögen lat.^?^d^, dm (=dtc-s«),Äa&m' dienen:
I.
vidi
sg. 1. vi 187 f.
2. veis (vgl. 9)
3. Vit 30 U.Ö.
pl. 1. vt'imes
2. ve'istes 9
3. virent 104
IL III.
dlxi habui
dis (718) oi 150
desis oüs
dist 13, 26 u.ö. out 4, 59 u.ö.
desimes (666) oümes (665)
desistes (675) oüstes
distrent (632) ourent 89.
In allen formen stammbetont ist fui (siehe 1 fut).
Die entsprechenden konj. imperf. (lat. konj. plusquamperf.)
lauten:
vetsse, veisses, ve'ist usw., desisse, oüsse, fasse
mit derselben abwandlung wie die schwachen verba.
Die participia perfecti entsprechen den lateinischen
formen (wie dit-*— dictum 38, f. dite 52) oder vulgärlateinischen
neubildnngen (wie veü'*—*vidutum 57 und eüt—>*habutumy
Vgl. wegen der partizipialbildung auf -utum 53 irascut L
II. Formenstand: B. Verbum. 269
Übersieht
über die im text vorkommenden formen starker verba.^)
I. klasse.
faire: inf. 198, 213, 804 — präs. ind. sg. 3, fait 14, 76, 143 u. ö., pl.3. fönt
81, 83, 258, 821 — futurum sg. 1. ferai 42, 136, 164, pl. 1. ferona
808, 2. fertz 39, 3. feront 186 — perf. sg. fis, 3. fid 191, 231,
pl. 3. firent 115 — part. perf. fait.
veeir: präs. ind. sg. 3. veit 196, 824, 853, pl. 3. veient 108 — part. präs.
(gerundium) veant (803) — perf. vi s. paradigma.
venir (vgl. aber zur perf ektklasse v. 154): präs. ind. sg. 1. vien, 3. covient
71, 844, pl. 3. vienent 110, 140 u. ö. — fut. vendrai, pl. 1. vendrons
815 — perf. vin (vinc) 154, 3. vint 93, 134, 174, pl. 2. venistes
168 — part. perf. venut 155, avenut 184.
IL klasse.
aconduire: siehe conduire.
asseeir: siehe seeir.
ceindre: perf. ceins — part. perf. ceint, f. ceinte 3.
clore: perf. dos — part. perf. dos, f. dose 117.
conduire: präs. ind. 3. conduit 97 — perf. conduis, 3. aconduist 185 —
part. perf. condwii 245,
conquerre: siehe guerre.
desfrwirc: inf. 225, 227 — perf. destruis.
dire: inf. 212 — präs. ind. pl. 3. dient 23 — fut. dirai, escondirai 34,
pl. 2. direz 41 — perf. s. paradigma — part. perf. dit 38, dite 52.
escondire: wie dire.
eatortre: inf. 43 — perf. estors.
metre: präs. ind. 3. met 16 — perf. mis — part. perf. mis 866, f. mise 110.
jjciwdre: perf. peins — part. perf. peint 113.
prendre: präs. ind. 3. prent 86, 853, pl. Z.prenent 242 — konj. pl. Z.pregnent
223, 840 — fut. prendrai 57, 3. prendrat 236, pl 3. prendront 842
— perf. ^ris, 3. ^risf 7, 88 usw. — part. perf. pris — prise 2.
querre {conquerre, requerre): inf. 69, 72 usw. — fut. conquerrai 11 —
perf. conquis (vgl. 152 part. conquis) — part. perf. conquis, -ise
152, 859.
remaneir: inf. 230 — präs. ind. 3. remaint 92 — perf. remes.
seeir (asseeir): präs. ind. 3. siet 16 — perf. sis, 3. sist 122, 157, s^aasis
120 — konj. imperf. 3. seist 10 — part. perf. sis 157.
traire: (vgl. 225 destruire): perf. trais — part. perf. trait 146.
^) Hinzugefügt sind die im text fehlenden 1. personen des perfekts.
270 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
III. klasse.
apareir: präs. Ind. 3. apert 248 — perf. aparui.
aveir: inf. 229 — präs. ind. ai 46, 71 f. usw., 2. as 157, 3. at 3, 49 usw.,
pl. 1, avons, 2. avez 52 f. usw., 3. ont 79, 109 f. usw. (vgl. v. 3 at) —
konj. 8g. aie, 2. aies 158, 3. ait, pl. aiiens, aiiez, aient — int. avrai
57, 75, 3. avrat 21, 236, pl. 2. avrez 162 f. usw. — perf. s. o. para-
digma, dazu s. 26 — part. perf. eut.
corre: präs. ind. 3. cort 852 (s. anm.) — perf. coruL
deveir: präs. ind. 3. deit 97, 168, pl. 1. devons 804 — perf. dui (vgl. 56
diusseiz) — konj. imperf. plur. 2. deusseiz 56 — part. perf. dSut
estoveir (impers.): präs. ind. estuet 217 — perf. estut.
gesir: präs. ind. 3. gist (vgl. 193) — perf. jwi, 3. jut 193.
moveir: perf. mui, 3. mut 193.
plaire: präs. ind. 3. piaist 68, 160 usw. (vgl. 2 croiz EU) — perf. plo%
3. ^Joui — konj. imperf. ploüst (vgl. v. 68).
poeir: präs. ind. 1. puis 40, 2. p«es, 8. puet 43, pl. 1. poons, 2. jpo^z 13,
3. p^eent 843 — fnt. porrai 229, 3. porrat 230 — perf. ^oi, 3. j?OMf,
pl. 3. fourent — part. perf. peu.
receivre: inf. 220 — perf. regui (vgl. 107), 3. regut.
saveir: präs. ind. sai 14, 212, 3. set 219, pl. 2. savez 226 — konj. sacÄe
(vgl. 12 sage II) — fut. savrai 51 — perf. soi usw. (wie oi).
f e»ir: präs. ind. 3. tient 48, 823 — imp. pl. tenez Ab — perf. tin, 3. tint
180, 846, 850.
venir: s. oben I. klasse.
voleir: präs. ind. 1. vueil 70, 161, 2. v«eZs, 3. vweZ« 31, 213, 868, pl. 1.
volons, 2. volez s. 233, 3. vuelent 225 — fut. voldrai, pl. 3. i7oMrowf
223, 840 — perf. voll, voliis, volt — voldrent (daneben nach kl. 11.
vols, volsis usw.).
Die ui-perfekta nehmen je nach Stammvokal und stammauslaut eine
verschiedene entwicklung, teilweise spielt auch die analogie herein. Be-
tontes a -)- -unl wird oi (vgl. 2 Rout II und III), betontes f und p, ^ und
P + -W^ wird (wie es scheint unier kombinierter Wirkung von umlaut oder
bedingter diphthongierung mit folgendem im) zu ü: d(bui—*-dui, *movui
—*-mui, *cogngvui—*-conui, *jfcui—^jui, ngcui—^nui. Von den be-
tonten formen aus wird der vokal teilweise auch auf die unbetonten über-
tragen: oüs, ploüst (nach ploi<—placui) usw. Umgekehrt scheint bei voil
•< — volui, poi< — potui einfluss der endangsbetonten formen vorzuliegen. —
Einzelne perfekta haben die ursprünglich stammbetonten formen völlig
nach den endungsbetonten umgebildet, so dass sie nur noch endnngsbetonte
formen aufweisen und tatsächlich zur schwachen bildung übergetreten sind,
so namentlich die auf -i und -r: voul{u)8 für altes roii und voi», valu{8)-*—
valui, couru(8)-*r-*currui, mouru{s)'*~*morui, dazu cheü(3) oder chei{8)
für *cadui.
II. Formenstand : B. Verbum.
271
2. Das Präsens und die zugehörigen Formen.
Eine Verschiedenheit zwischen starken und schwachen
verhen besteht hier nicht. Es gentigt, ein verbum der lat
a - konjugation und ein konsonantisch ausgehendes neben-
einander zu stellen.
Präs. ind.
Präs. konj.
porto
sg. 1. port
2. partes
3. portet 15
pl. 1. portons
2. partes
3. portent 85
vendo
vent
venz .
vent
vendons
vendez
vendent210
portem
port 806
porz
port
portons
porteiz
portent
vendam
vende
vendes
vendet
vendons
vendez
vendent
Imperativ: porte — portez, vent — vendez.
Imperf. ind.: porteie, porteies, porteit, portiiens, portiiez^
porteient — ebenso vendeie.
Imperf. konj. siehe unter 1.
Part, präs.: portant, vendant.
Infinitiv: porter 35, vendre.
Futurum: porterai 161, porteras, porterdt, porterons 20, porte-
reiz-ez, porteront — ebenso vendrai.
Imperf. Fut. : porter eie, porter eies, portereit, porteriiens, porteriiez,
portereient — ebenso vendreie.
Die a-verba mit vorausgehendem palatal entwickeln bei
freiem ton-a ie statt e: enseigniez 19, laissiez 841, laissier,
laissiet.
Die ^-verba gehen wie vendre: pari (t—^parto), parz, pari
— parteie usw. Ein teil jedoch wird nach dem muster der
inkohativa umgebildet: finlsco — fenis, fenis, fenist, fenissons,
fenissez, fenissent — konj. fenisse — imperf. fenisseie — part.
präs. fenissant; im übrigen flektieren sie wie jene.
3. Verba verschiedener Stämme.
aler — estre.
Äler (vgl. V. 70) flektiert im allgemeinen nach der
I. schwachen konjugation; perf. alai — alerent 77, pari perf.
272 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
alet 144 u. o., koDJ. jedoch mit i: aille, ailles usw. (analogisch
auch alge, dlges usw.).
Dazu von vadere die indikativformen: sg. 1. vois 153,
3. vait 98, 141, pl 3. vont 147, 253, 848 (vgl. noch die zu
98 vait besprochenen formen), nach vois analogischer kon-
junktiv voise.
Endlich von lat. ire das fut. irai 72, irat 91, 235, ires 68,
iront 849 (siehe 68 irejs).
Estre (von *essere statt esse) ist schon im latein mischverb.
Zu den aus den lat. entwickelten formen treten noch neu-
bildungen aus dem inünitiv *essere — estre (fut. serai — imperf.
esteie). Dazu kommen die beiden von stare abgeleiteten par-
tizipien. Im ganzen gestaltet sich die flexion wie folgt:
Präs. ind.
sum
sg. 1. sui 33 u. ö.
2. ies — es
3. est 17 f. u. 0.
pl. 1. sons — somes
2. estes 52 u. ö.
3. sont 66 u. ö.
Präs. konj.
*siam — Sit
seie
seies
seit 222, 257, 815
seiiens
seiiez
seient.
Imperativ: sg. seies, pl. seiiez.
Infinitiv: estre.
Imperfektum ind.: a) lat. eram: iere — ßre, ieres — ^res, ier{e)t
— ^r{e)t usw.
b) zu est — estre: esteie, -eies, -eit usw. wie
porteie.
Futurum: a) lat. ero: ier — ^r, iers — ßrs, iert — ßrt usw.
b) zu *essere (habeo): serai, seras usw. wie 11 con-
querrai.
Imperf. fut: sereie, -eies, -eit usw.
Part. präs. (ger.): estant.
Part, perf.: estet.
Perfektum: fui, fus, fut, fumes, fustes, furent (vgl. v. 1).
Imperfektum konj.: fasse, fusses, fusset und fast (327 — 361,
374), fussons, fusseiz, fussent.
IIL Syntaktisches: A. Redeteile. 273
III. Syntaktisches.
I
I
A. Die Redeteile.
1. Artikel.
Der gebrauch des bestimmten artikels ist im wesent-
lichen derselbe wie im nfr. Wie bei eigennamen fehlt er bei
werten ähnlichen sinnes [dedesoz ciel 9, jaar mer 127, en terre
188); nach präpositionen auch sonst {en bataiUe 29); ferner in
der regel bei völkernamen im plural (por Franceis 18, aber
as Franceis as osteis 237).
Der unbestimmte artikel ist nicht obligat: vgl. espee 10,
por ost enchalcier 29, jurer sairement 35, se mengonge avez
dite 52, aber üblich bei zeitbestimmuDgen (un Jörn 1), in der
apposition (Jerusalem, une citet antive 108), bei Substantiv
mit adjektiv {en un lointain reialme QS, en un piain grant 93)
und auch sonst häufig {desoz un olivier 7, a une pari 94).
Der teilungsartikel ist altfranz. im allgemeinen selten,
er begegnet zuerst hauptsächlich bei den verben des gebens,
nehmens, habens wie hier bei der aufzählung der reliquien:
de voz saintes reliques, se vos piaist, me donez 160, del sanc
Saint Estiefne 165, de la barbe saint Piere, des chevels de son
Chief 181, del lait sainte Marie 187, de la sainte chemise 189.
Sonst steht das einfache Substantiv ohne nähere bezeichnung:
dus i out et demeines 4, conquerrai citez 11, n'i ont escuz ne
lances ne espees trenchanz 79.
2. Substantiv.
Gewisse substantiva können in adjektivischem sinne ge-
braucht und demgemäss mit anderen Substantiven oder mit
adverbien verbanden werden: rei baron, si virgene. Vgl. 814.
Substantiva können zu anderen Substantiven — ohne rlick-
sicht auf das sonstige Satzgefüge — in beziehung d. h. ab-
hängigkeit treten in der form des dativs oder des obliquus.
Der dativ wird nur zur bezeichnung des besitzers ver-
wendet: la ßlle al rei 852 (vgl. nfr. sa fiUe ä lui).
Voretzsch, Stadium d. afrz. Sprache. 6. Aufl. |g
274 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
Auf dieselbe weisie, d. h. als ursprünglicher dativ, ist auch
der im sinne eines genetivus possessivus oder (seltener) eines
genetivus ohjeetivus gebrauchte obliquus von eigennamen oder
personenbezeichnungen zu erklären: vgl. 1 al saint Denis mostier,
ferner le hras saint Simeon 163 ff., auch bei städtenamen: en
Jerusalem vile 204; als gen. obj. por Vamor Charlemaigne
(791), vgl: auch por amor Deu 32. Der abhängige obliquus
kann vor das regierende nomen treten, das dann den artikel
verlieren kann: al Saint Denis mostier 1 — a Damne Deu
comant 91.
3. Pronomen.
Die meisten pronomina haben eine haupttonige und eine
nebentonige form (vgl. s. 262 ff.).
Die personal pronomina stehen haupttonig nach prä-
positionen: ot sei 61; vor Infinitiv: por eis esleecier 174, vgl. 147;
desgleichen vorm partizip; in absoluter Stellung (wie nfr.), ver-
einzelt auch sonst (mei i covient aler 71, vgl. unten B4).
Das Subjektspronomen ist an und für sich entbehrlieh
(vgl. Bout 2, i out 4), steht daher ursprünglich nur, wo ein
besonderer nachdruck darauf liegt, und hat demgemäss die
haupttonige form. Diese behält es auch später, als der gebrauch
des Subjektspronomens sich verallgemeinert wie schon in unserem
gedieht, daher il la prist par le poin — 'Emperere', dist ele.
In dieser Verallgemeinerung ist das Subjektspronomen neben-
tonig, behält aber die ursprünglich haupttonige form.
Das reflexivum kann für das personale der dritten person
eintreten nach präpositionen: Quant la fut mors Rollanz, li
doze per ot sei 232 (umgekehrt auch das personale für das
reflexiv bei präpositionen oder beim präpositionalen Infinitiv:
Entr' eis en ont e orgoill e confort Roland 1941, De lui (= sich)
vengier jamais ne li iert sez Rol. 1906.
Das Possessivpronomen steht nebentonig vor dem Sub-
stantiv ohne artikel {sa corone — son chief), haupttonig in
absoluter Stellung, als prädikatsnomen oder vor dem Substantiv
(meist mit artikel): par le mien esctentre 139, toz li miens granz
tresors 222.
III. Syntaktisches: A. Redeteile. 275
4. Präpositionen.
Die Präpositionen regieren sämtlich den akkusativ, den
einzigen verbliebenen obliquen kasus (vgl. d!or mier 3). Wegen
abweichenden gebrauchs in gewissen redensarten nnd Wendungen
siehe unten B 7.
Einen eigentümlichen gebrauch zeigt entre . . . et . . . mit
der bedeutung 'sowol — als auch', vgl. entre or fin et argent 78.
En wird altfranzösisch in vielseitiger Verwendung gebraucht,
für nfr. ä, dans, sur usw., vgl. vienent en Jerico 242.
5. Verbum.
Die reflexiven verba transitiver bedeutung werden ur-
sprÜDglich mit avoir, infolge einer kreuzung mit passivischen
oder intransitiven ausdrücken aber schon im afr. in der regel
mit estre konstruiert: vgl. 60 s'en est retornes. — Das reflexiv
kann ersetzt werden durch eine anscheinend intransitive, ur-
sprünglich passivische ausdrucks weise: sont desevret 253. —
Eine grosse zahl neuer reflexiva hat das romanische durch
hinzufügen eines reflexiven dativs (dativus ethicus oder d. com-
modi) geschaffen: s'en repentit 31, me cuidai joer 33.
Das lat. Partizipium präsentis ist grossenteils mit
dem gerundium zusammengefallen oder durch dieses ersetzt
worden: echte partizipien siehe v. 79 f., gerundien 132 fuiant,
803 veant trestoz les voz, 836 a espandant, dazu die an den
beiden letzten stellen verzeichneten beispiele (vgl. zu dem
gerundium ohne präposition lat. konstruktionen wie ridendo
dicere verum).
6. Negation und Adverb.
Die unbetont vor dem verbum stehende negation ist ne
■«—lat. non, vor vokalisehem anlaut nen oder n':
ne vos en correciez 26 — muer nen oset 44;
verstärkt durch ein Substantiv der kleinheit ne — pas, ne —
mie, ne — point usw.:
cele ne fut pas sage 12 — n'est mie si proz 28.
18*
276 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
Haupttonig, vor nomen oder verbum, bleibt non:
Non ferez 39.
Nul bedarf zum ausdruek des negativen 'kein' der ne-
gationspartikel:
ainz nen i sist nuls huem 122, nule rien ne lor fut
demoret 247;
sonst bedeutet es 'irgend einer': veistes ongues rei nul dedesoe
ciel? 9.
Zur wiederaufnähme vorausgegangener Satzteile dient das
adverb si (lat. sie):
A la sale a Paris si s'en est retornez 60
sa feit si l'en plevit 228.
B. Der Satz.
1. Wortstellung im allgemeinen.
Die genau geregelte wortstelluDg des heutigen französisch
hat sich erst in späterer zeit allmählich entwickelt. Das afr.
besitzt demgegenüber noch viele freiheit und steht darin dem
lateio, genauer dem Vulgärlatein, noch nahe. Das Vulgärlatein
liebt es im allgemeinen, das regierte wort dem regierenden,
das determinierende dem determinierten voranzustellen: also
das verbum vor das Subjekt, das objekt vor das verbum, den
abhängigen obliquus vor das regierende nomen (vgl. oben
a Damne-Deu comant u. a.), das adjektiv vor das Substantiv
(vgl. folement = *folla mente, forment = forti mente). Dem
vulgärlat. gebrauch gegenüber zeigt das afr. bereits wesent-
liche abweichungen, andrerseits hat es noch manche freiheit
bewahrt, die dem nfr. abgeht.
Die reihenfolge der drei wichtigsten Satzteile ist
schon im afr. am häufigsten diejenige, welche für das nfr. als
regel gilt: Subjekt — verbum — objekt. Sehr häufig ist auch
die umgekehrte Ordnung, mit Voranstellung des Objekts und
Invertierung des Subjekts: objekt — verbum — subjekt. Andere
Ordnungen sind möglich, aber nur unter bestimmten ein-
schränkungen zulässig und jedenfalls weitaus seltener als die
eben genannten.
m. Syntaktisches: B. Satz. 277
Eingeleitet werden kann der aussagesatz im altfr. durch
Subjekt, Objekt, verbum, adverb, konjunktion, aber nicht durch
ein tonloses pronomen oder ein hilfsverbum. Vgl. anm. v. 147.
2. Stellung des Subjekts.
Die normale Stellung des Subjekts im selbständigen
aussagesatz ist diejenige vor dem verbum d. h. an der spitze
des Satzes:
Charles U emperere reguardet sa moillier 5,
Ele fut coronee 6, II la prist par le poin 7 usw.
Inversion des Subjekts ist afr. häufig und in folgenden
fällen regel (vgl. v. 1):
a) wenn der satz durch ein adverb oder sonst eine nähere
bestimmung eingeleitet wird:
Un jorn fut li reis Charles al saint Denis mostier.
Nach et ist die normale Wortfolge, nach si, et si die Inversion häufiger.
Vgl. 148 Et dist li patriarche.
b) wenn das objekt vorausgenommen ist (vgl. 39 Ze rei
me nomez):
Lez mutz et les somiers afeltrent li servant 82.
Für beide fälle, a) und b), lassen sich vereinzelte ausnahmen auf-
zeigen, wo das Subjekt nicht invertiert ist.
c) daher auch in eingeschobenen Sätzen, wo das voraus-
gehend gesprochene das objekt bildet:
'Emperere' dist ele 13 — 'Seignor' dist Vemperere 67.
Ausser den genannten fällen findet sich Inversion häufig
bei intransitiven oder objektlosen transitiven verben (namentlich
verben des sagen s):
Chevalchet Vemperere 102 — Respont li patriarche 162.
Hingegen ist Inversion im aussagesatz' nicht gestattet, wenn durch
diese ein tonloses pronomen oder ein hilfsverbum an die spitze des satzes
treten würde (vgl. oben unter 1). ^o gilt nicht als tonlose form, daher
^0 dist li patriarche 184 (vgl. s. 264).
Im fragesatz tritt wie im nfr. inversion ein, jedoch auch
bei substantivischem Subjekt nur einfache inversion (während
der nfr. brauch — vorausstellung des substantivsnbjekts und
278 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
Wiederholung desselben hinter dem verbum durch ein pro-
nomen — afr. nur vereinzelt begegnet):
E, dame, ou est eil reis 9 19.
In nebensätzen ist Inversion gestattet, aber nicht die
regel (vgl. 17):
Quant l'entent li reis Charles 17
Quant Franceis ont mangiet 849.
In relativsätzen wie in indirekten fragesätzen wird nicht
invertiert:
Et brochent a la terre ou Dieus regut martirie 107
Et ne set mes harnages quel pari je sui tornez 219.
3. Stellung des Substantivobjekts,
Schon im altfr. ist die Stellung des objekts hinter dem
verbum die häufigere:
Rout prise sa corone, en croiz seignat son chief 2
Et a ceinte s'espee 3
Charles li emperere reguardet sa moillier 5.
Jedoch kann das objekt dem verbum (und meist zugleich
auch dem subjekt) ohne einschränkung vorausgeschickt
werden (vgl. 39 le rei me nomez):
M'amistiet et mon gret en aves tot perdut 54;
mit besonderer Vorliebe bei unpersönlichen ausdrücken:
Bus i out et demeines, barons et Chevaliers 4,
sowie bei infinitivkonstruktionen, wobei das objekt entweder
zwischen verbum finitum und Infinitiv tritt oder jenem vor-
ausgeht:
La croiz et le sepulcre vueil aler aorer 70
Et irai un rei querre dont ai o'it parier 72.
Wie im aussagesatz, so auch beim imperativ:
mais le rei me nomez 39;
desgleichen im nebensatz:
se mengonge avez dite 52, se Dieu piaist 68.
m. Syntaktisches: B. Satz. 279
Bei mehrgliedrigem objekt wird häufig nur das erste
vorausgestellt, die übrigen folgen dem verbum (vgl. 85):
Dus i out et demeines, barons et Chevaliers 4
Loher eigne traversent, Baivier e et Honguerie 101.
Nicht selten ist endlich auch die Stellung des Objekts
zwischen Subjekt und verbum (vgl. 86):
Ä Saint Denis de France U reis s'escrepe prent 86,
bei zusammengesetzten verbalformen dann zwischen hilfsverb
und partizip:
Li patriarche en at Charlemagne apelet 250.
4. Stellung der objektspronomina.
Die objektspronomina gehören zum verbum, stehen ent-
weder proklitiseh oder enklitisch zu diesem und haben daher
die schwachbetonte (konjunktive) form.
Die gewöhnliche Stellung ist die proklitische, vor dem
verbum:
II la prist par le poin 7, Quant la met sor sa teste 16,
L'arcevesgues Turpins li seignat gentement 87.
Statt der schwachbetonten kann zur hervorhebung, am satzanfang,
auch aus metrischen gründen, die betonte form stehen: mei i covient
aler 71. Ohne ersichtlichen grund: par fönt lui at clinet 146.
Seltener enklitisch (bei nicht eingeleitetem aussagesatz
jedoch regel):
Trencherai vos la teste 25.
Beim nicht eingeleiteten positiven imperativ ist die
regel enklitische Stellung, beim eingeleiteten oder negativen
imperativ proklise (vgl. v. 19 und 26):
Donez nos le congiet 844
Gar tost le m'enseigniez 19, mais le rei me nomez 39
ne vos en corredez 26, ne me tenez a fole 45.
Beim zusammentreffen von dativ- und akkusativ-
pronomen steht das letzte voran, auch wenn ein dativ der
1. und 2. person folgt (vgl. 5 Gar tost le m'enseigniez 19):
orendreit lern dires 41.
280 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
Auch bei infinitivkonstruktionen wird das vom in-
finitiv abhängige pronomen zum verbum finitum gezogen, dem
es in der regel vorangeht (vgl. v. 13 und 147):
trop vos poe0 jpreisier 13, ja nel puis je trover 40 —
seltener folgt:
vait le ferir.
Im letzten fall kann in beziehnng auf den folgenden infinitiv auch
die betonte form stehen:
vont sei entrebaisier 147.
Beziehung des pronomens auf das verbum finitum findet auch bei
präpositionalem oder von einem fragesatz abhängigem Infinitiv statt:
pensez vos d'aprester (= pensez ä vous preparer),
ne s'a de quoi reconforter (= il n'a pas de quoi «e reconforter).
5. Stellung des adverbs.
Adverbia oder adverbiale bestimmungen können dem ver-
bum sowol folgen wie im nfr. als auch vorangestellt werden
(vgl. 27):
trop vos poez preisier 13, molt en est correciez 17,
A la sdle a Paris si s'en est retornez 60;
auch bei adjektivischem prädikatsnomen oder gleichwertigem
Substantiv (indem im altfr. nicht dieses allein, sondern der
ganze verbalbegriflF oder der ganze satz durch das adverbium
näher bestimmt wird):
Flus est riches d'aveir 27
Malt par est Charles her 814.
6. Auslassung beim objekt.
a) Das dativobjekt kann ohne a stehen und die form des
blossen obliquus annehmen, wenn es personen oder persönlich
gedachte begriffe (tiernamen u. ä.) bezeichnet:
se Dieu piaist 68.
b) Das pronominale akkusativobjekt (?e, la, Zes) kann
wegbleiben, wenn es mit einem dativpronomen (me, te, li, lor
usw.) zusammentrifft:
Varcevesques Turpins {la) li seignat 87.
III. Syntaktisches: B. Satz. 281
7. Kongruenz.
a) Das Prädikatsnomen richtet sich nach dem Subjekt,
daher auch das partizip bei den mit estre konstruierten reflexiven
Verben (siehe oben A5) mit dem Subjekt übereinstimmt:
A la sale a Paris si s^en est retornez 60.
b) Ebenso wird auch das adjektivische prädikatsnomen
bei reflexiven ausdrücken wie se faire in den rektus
gesetzt:
qui plus se fait legiers 14 (vgl. ebenda);
auch nach präpositionen (bei reflexiven oder passivischen aus-
drücken):
il se tint a paiies — il fut tenus a sages.
e) Das von avoir abhängige partizip richtet sich ur-
sprünglich nach dem objekt ohne rücksicht auf dessen Stellung
im satz:
Et at ceinte s'espee 3 (vgl. ebenda).
Doch begegnet ebenso oft auch die unflektierte form (siehe
die beiepiele unter v. 3), hier und da wol mit rücksicht auf
silbenzahl und reim:
De la sainte chemise que ele aveit revestut 189.
d) Nach com = 'wie' kann das mit dem Subjekt ver-
glichene Domen im akkusativ stehen:
Ne fut itels harnez com le suen seng le vostre 50.
8. Gerundium.
Das lateinische gerundium hat sich in verbaler Ver-
wendung teils als ehemaliger ablativus modi (plorando,
fugiendo), teils in Verbindung mit praepositionen (per creden-
dum, ad expandendum, in fugiendo) erhalten und ist in beiden
fällen unveränderlich (vgl. 82 servant, 132 fuiant, 836 a espan-
dant) :
de la citet eissirent, si s^en tornent brochant 90
La reine remaint dolor ose et plorant 92
Me larrai contreval par creant devaler 37
A espandant lor portent le vin et le claret 836.
282 Vierter Teil: Lautstand, Formenstand, Syntax.
Absolut steht das gerundium, entsprechend dem lat.
ablativus absolutus, wenn es sich auf keinen Satzteil bezieht.
Das Subjekt steht im obliquus, das gerundium bleibt auch hier
unverändert:
veant trestos les voz 803.
Zum Übergang des gerandiums in nominale Verwendung vgl. 82 servant,
836 a espandant.
9. Der zusammengesetzte satz.
Der zusammengesetzte satz (mehrfacher satz, periode)
entsteht durch zusammenfügung mehrerer sätze zu einem
grammatischen ganzen, wobei der eine satz als regierender
oder hauptsatz, die übrigen als untergeordnete oder neben-
sätze erscheinen.
a) Der hauptsatz kann durch ein si, et si oder et ein-
geleitet werden (vgl. 20 si, 48 et si, auch 60 si), sei es in
bezug auf einen vorausgehenden nebensatz:
La ou veit Olivier, sil prent par son geron 853;
sei es, bei parataktischem Satzgefüge, in beziehung auf einen
vorausgehenden hauptsatz (hier meist durch unser 'und' wieder-
zugeben):
Charles out fler le vis, si out le chief levet 128
Emperere est de Grece et de Costantinohle
Et si tient tote Ferse tresques en Capadoce 47—48.
b) Der nebensatz. Die zur einleitung am häufigsten ver-
wendete konjunktion ist que. Sie geht in ihrer funktion auf
lat. quod in seiner spätlat. Verwendung, in ihrer form auf lat.
quid (nach anderer annähme auf quem) zurück. Vgl. 30 que.
In ausgedehnterem umfang als im nfr. kann que im afr.
zur einleitung von Sätzen verwant werden, welche einen das
im hauptsatze ausgesagte begleitenden Sachverhalt vorführen,
im sinne von 'unter den umständen dass, in der art dass,
währenddem dass'. Vgl. im nfr. sätze wie: je lui parlai qu'il
etait encore au lit. Infolgedessen bekommt que — ne ('unter
den umständen, dass — nicht'), zumal nach negativem hauptsatz,
in. Syntaktisches: B. Satz. 283
häufig den sinn des nfr. sans que 'ohne dass, ohne zu': nfr.^'e
ne m'en irai point que vous ne venies avec moi. Vgl. dazu die
beispiele unten mit weglassuug von que.
c) Fehlen von que. In bestimmten fällen kann die kon-
junktion que (je nachdem auch das relativpronomen) wegbleiben
(vgl. 9—10). Teilweise handelt es sich hier um ursprünglich
para taktische satzfügung. Die ellipse ist gestattet:
1. nach den verben sentiendi:
Or veit li patriarche, Dieus i fait granz vertue 196.
2. in konsekutiven Sätzen:
Tant out fier le visage, ne l'osat esguarder 131.
3. in Sätzen, die ein näheres merkmal bezeichnen (vgl. oben),
namentlich wenn der sinn des ganzen negativ ist:
Donrai vos iels reliques, meillors nen at soz ciel 169
n'i out un, n'en paroU 812
Ja ne vendrons en terre, nostre ne seit li los 815, dazu 256 ff.
4. in wünsch- oder befehlssätzen:
prez sui, la meie port 806
ne puis laissier, nel d'ie (683).
d) Accusativus cum infinitivo statt des nebensatzes
erscheint (vgl. 71 covient):
1. nach verben der sinnlichen Wahrnehmung:
Devers les porz de mer o'it un vent venir (369).
2. nach verben des machens, befehlens, zulassens:
Me larrai contreval par creant devaler 37
Voldrent la faire diaule servir Eulalia 4.
3. nach impersonalen verben wie covient, estuet, avient,
miele, vient, leist, faut (dieses erst seit 13. jh. in diesem sinn):
mei i covient aler 71.
Statt des acc. begegoet schon altfranz. aach der dativ (Si lor estut
le champ guerpir), statt des reinen infinitivs praeposition mit Infinitiv (tei
covenist keime e brunie a porter).
284 Vierter Teil: Lautstand usw. — III. Syntaktisches: B. Satz.
10. Ellipse des verbums.
Das verbum des hauptsatzes wird meist unterdrückt in
den Wendungen, welche 'beinahe' bedeuten {a pou, jpor pou, pres
sc. va, ce, va — que, vgl. 132):
Ä pou que il ne cJiiet 132.
Ebenso sind anch fälle zu beurteilen, wo ein satz mit que an adverbiale
ausdrücke der versicheruog, der Verneinung u. ä. angeknüpft wird: Mon
esctent que vos amez — Certes que trettot qo fait ai.
Das verbum des nebensatzes kann unterdrückt werden,
wo es das des hauptsatzes wiederholt oder sonst leicht zu
ergänzen ist:
ele dist moU que fole (dit) 819.
Fünfter Teil.
Proben aus den ältesten Sprachdenkmälern.
Die Karlsreise gehört zu den ältesten epischen diehtungen
in französischer spräche, aber diesen selbst gehen noch eine
reihe geistlicher französischer gedichte voraus und diesen
wiederum die ältesten denkmäler für die Verwendung des
französischen überhaupt. Das Studium dieser ältesten Sprach-
denkmäler — die zum teil, wie Eulaliasequenz, Passion, Leo-
degar, zugleich literatur denkmäler sind — ist um so lehrreicher,
als sie verschiedenen, nichtfrancischen mundarten des fran-
zösischen angehören.
Die ältesten spuren eigenen französischen Wortschatzes
und auch schon französischer lautformen treten uns in den
glossaren des 8. und 9. Jahrhunderts entgegen, in denen
Worte des hochlatein durch romanische worte erläutert oder
lateinische worte in teilweise volkssprachlicher form wieder-
gegeben werden. Das älteste zusammenhängende Sprachdenkmal
sind die StrassburgerEide (842), das älteste literatur-
denkmal die Eulaliasequenz (um 882). Es folgen im
10. Jahrhundert das bruchstUck einer predigt, das sog. Jonas-
fragment, und die, beiden teilweise in provenzalische spraeh-
formen umgeschriebenen gedichte von der Passion Christi
und dem Leben des heiligen Leodegar. Schon in die
mitte des 11. Jahrhunderts führt das (hier nicht berücksichtigte)
Alexiuslied, in das ende des 11. oder den anfang des 12. Jahr-
hunderts die ältesten epen (Roland, Isembart und Gormont,
Chan9on de Guillelme, Karlsreise, Ludwigs krönung).
I. Die ältesten Glossare.
Das sog. Reichenauer glossar (handschrift ursprünglich
im kloster Reichenau am Bodensee, jetzt in Karlsruhe), im
8. Jahrhundert, spätestens anfang des 9. jhs. geschrieben, enthält
im ersten teil eine präparation zur Vulgata (von der Genesis
286 Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
bis zu den Psalmen), im zweiten teil ein alphabetisch geordnetes
glossar, in welchem eine anzahl hoehlateinischer worte und
Wendungen durch die in der vulgären Umgangssprache üblichen
umschrieben werden: so vulnera durch plaga (vgl. frz. plaie),
meridiem durch diem medium (midi), aridam und are facta
durch sic{c)am-a (seche), ebenso is — ille (li, le), id — hoc (o, auch
in go — ce), orta — nata (riee), optimos — meliores (meilleurs),
ita — sie (si), gratis — sine pretio {sans prix = sans recompense),
peperit — infaniem Jiahuit {eile eut un enfant); auch worte
germanischer herkunft begegnen in den Umschreibungen, wie
brunia für thorax, helmus für galea, auch bei namen, wie
Langobardia für Italia, Frantia für Gallia. Auch lautliche Ver-
änderungen lassen sich beobachten, so fall unbetonter vokale:
rit {rede), manaces {minacias), colpus {colaphus), cuhet {collocet —
cuUzet), carcati {carricaii); erweichung intervokaler konsonanten:
eastradus {castratus), brogas {bracas); gelegentlich auch formale
Verschiebungen: caderunt {ceciderunt), fugire (fugere), geschlechts-
wechsel: pontus {punctum), vestimenta regalis {v. regalia), oder
syntaktisches: gerundium in equiiando (für equitans oder equi-
tantes). Darüber dass dies glossar seinem wesentlichen bestand-
teil nach dem nordfranzösischen Sprachgebiet angehört, besteht
kein zweifei.
Ein zweites, gleichfalls aus Reichenau stammendes und
jetzt in Karlsruhe befindliches glossar des 8. Jahrhunderts er-
läutert in ähnlicher weise eine anzahl lateinischer bibelworte.
Aus dem 9. Jahrhundert stammen die Kasseler glossen
(früher in Fulda), welche ein systematisch angelegtes latein-
romanisches Vokabular mit deutscher Übersetzung enthalten
und dadurch zugleich bedeutung für die deutsche Sprach-
geschichte gewinnen. So werden nacheinander behandelt: teile
des menschlichen leibes, haustiere, haus und was dazu gehört,
Meldung, hausrat u. ä. und eine anzahl sätze. Auch hier sind
die romanischen Wörter möglichst dem schriftlateinischen typus
angeglichen, wie die unromanischen endungen -um, -em, -am,
-ibus zeigen. Daneben macht sich in der Schreibung ger-
manischer einfluss bemerkbar wie f für v, c für g, p für b
{fidelli, callus, parba für videlli, gallus, barba), was wol auf
rechnung eines deutschen kopisten kommt, der auch den
sehlussteil des glossars mit dem bairischen selbstlob zugefügt
I. Glossare. — II. Die Strassburger Eide. 287
haben mag: stulii sunt Romani, sapienti sunt paioari — tole
sint uualha, spähe sint peigira. Mehr aber als in den Reichenauer
glossen kommt hier romanische und besonders französische
laut form zum Vorschein. So ist fehlen des endvokals häufig:
cälamel (lat. calamellus v. calamus) = frz. chalumeau, hanap
(deutsch hnap — napf), vestid (lat. vestitum), mantun (lat. *mew-
tonem v. mentum) = nfr. menton. Man vergleiche ferner die
erweichung des intervokalen t in fidelli (aus lat. vitelli für vituli)
= afr. veel nfr. veau, pridias (lat. parietes) = frz. paroi, sedella
{*sitella für situla eimer) — vgl. frz. seel — seau, desgleichen
des b in cavallus f. cahallus] auch rein vulgäre formen wie va
= lat. vade sind vereinzelt zu finden. Lautform und Wort-
schatz weisen auch dies glossar nach Nordfrankreich. Ein
versuch, das glossar dem rätoromanischen Sprachgebiet zu-
zuweisen, ist nicht als gelungen zu betrachten.
IL Die Strassburger Eide.»)
Die sog. Strassburger Eide wurden im jähre 842 zwischen
Ludwig dem Deutschen und Karl dem Kahlen behufs eines
bündnisses gegen Lothar gewechselt. Zuerst schwor Ludwig
seinen eid in französischer, darnach Karl denselben eid in
deutscher spräche (damit jeder der beiden von dem volk des
andern verstanden würde); endlich schworen die vornehmen
des beiderseitigen heeres einen eid, diejenigen Karls auf fran-
zösisch, diejenigen Ludwigs auf deutsch. Diese Eide sind uns
in dem gesehichtswerk Nithards (eines enkels Karls des Grossen),
in den Historiarum libri tres, tiberliefert. Für die mundart
der französischen Eide kommen nur südliehe, dem proven-
zalischen benachbarte gebiete in betracht: am ehesten das
von Lyon, d. h. das sogenannte franco-provenzalische, dem
auch die erhaltung des betonten a in offener silbe als a
(fradre, saluar, returnar) eigen ist.
Die sonstigen eigentümlichkeiten der Eide erklären sich
teils durch das hohe alter des denkmals, das von der Karls-
reise durch mehr als zweieinhalb Jahrhunderte getrennt ist,
teils durch die Schwierigkeit, welche der Verfasser oder
*) Hier und im folgenden verweise auf oben gegebene erklärongen
unter KR (Karlsreise) und verszahl.
288
Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
Schreiber hatte, um die ausspräche der bisher schriftlich nicht
niedergelegten vulgärsprache genau widerzugeben. So be-
zeichnet er mit i nicht nur das auch sonst als i erseheinende
geschlossene i (wie in di = tag), sondern auch das kurze ge-
schlossene e (in = ^n, ist eist = est cQst, quid = qued, int = ent
lat. inde) sowie das lange geschlossene e, das später als ei (oi)
erscheint {sauir podir = saveir po{d)eir lat. *sapere *potSre,
dift = dei{f)t lat. dehet, mi = mei lat. me, sit = seit lat. sU)
und hier vielleicht noch als e* zu lesen ist, jedenfalls noch
vom diphthongen ei aus ß + jot geschieden war, wie die
Schreibung dreit = lat. directum zeigt. Die bezeichnung des
geschlossenen o durch u {amur, dunat, cum usw.) ist auch später
in franz. (zumal anglonorm.), auch in prov. hss. vielfach üblich.
Als altertümlichkeit ist hervorzuheben die erhaltung des inter-
vokalen t als d (dh) sowie die qualitative Verschiedenheit der
(nach dem eintreten der vokalischen auslautpgesetze) erhalten
gebliebenen endvokale, von denen lat. ü fast ausschliesslich
durch 0, lat. a regelmässig durch a (einmal — nach palatal, in
fazet — durch e), lat. e durch e (einmal a) wiedergegeben wird.
Der von den beiden fürsten geschworene eid lautet (links
in sog. diplomatischem abdruck, daneben in hergerichteter,
zur erleichterung des Verständnisses bestimmter Schreibung,
rechts auf deutsch, d. h. rheinfränkisch):
Pro d.5 amnr &
$xplan poblo & nrö
cüinun saluament. dist di
en anant : inquantds
saair & podir medti-
nat . sisalaaraieo. eist
meon fradre karlo . & in
ad iudba & in cad hu-
na cosa . sicü um p dreit.
son fradra saluar dist . I
no quid ilinialtre si faz& .
E t abludher nul plaid nü-
qnä prindrai qui meon
uol eist meon fradre karle
in damno sit.^)
Por Deo amor et por
Christian poblo et nostro
commnn saluament d'est di
en anant, en quant deus
sane^r et pode'r me donat,
si salvarai eo cest
meon fradre Karlo et ea
aiudba et en cadbu-
na cosa si com om per dreit
son fradre saiaar deUt, en o
qned il (el) me' altresi fazet.
Et ab Ludher nul plaid non-
qua preodrai qui meon
vol cest meon fradre Karlo
en damno sf'i.*)
In godes minna ind in
thes christiaoes foluhes ind
unser bedhero gehaltnissi,
fon thesemo dage fram-
mordes, so fram so mir got
geuuizci indi mahd furgibit,
so haldih thesan minan
brnodher soso man mit
rebtu sinan bruodber scal,
in thiu thaz er mig so sama
dao, indi mit Ladberen in
nohheiniathiognegegaogo,
the minan willon imo
ce scadhen werdhen.»)
^) Die kürzungen sind die auch sonst üblichen, schon im lat. ge-
bräuchlichen. Der strich oder geschweifte längsstrich wie in du = deo,
IL Die Strassburger Eide. 289
Der zweite eid lautet folgendermassen:
Silodhunigs sagrament. j SeLodhovigssagrament
qu^ son fradre karlo iu- qne son fradre Karlo JU'
rat conseruat . Et karlus | rät, conservat et karlus
Oba Karl theo eid, then
er slnemo bruodher Lu-
dhunige gesuor, geleistit,
nro = nostro, cü—cum ist allgemeines kürzUDgszeichen, um anzudeuten,
dass überhaupt eine auslassung vorgenommen wurde, am häufigsten ge-
braucht zur bezeichnung eines fehlenden n oder m (wie noch heute bei
unserem doppel-w und -m). Ein pnnkt unter einem buchstaben macht
diesen ungültig: so hat der Schreiber adiudha zu aiudha, en zu in
gebessert, ein beweis, wie sorgfältig er seine vorläge kopiert hat. Der
i-punkt erscheint in den alten hss. noch nicht, später zuerst als schräger
strich, dann als punkt. Häufig ist es daher in alten hss. ungewiss, ob
drei grundstriche nebeneinander als m, in oder ni zu lesen sind. Vgl.
auch den abdrnck der ersten laisse der Karlsreise nach der handschrift
im anhang.
2) Zur erläuterung im einzelnen: Pro für Por ist ein blosser latinismus
der Schreibung; das gleich darauf folgende zeichen p wurde in der lat.
kurzschrift für pro und demgemäss im französischen auch für por gebraucht,
daher ein ^ des Originals leicht mit pro aufgelöst werden konnte. — Deo:
soviel wie Deu (daneben später Dieu), im sinne des genetivs (im deutschen
text in godes minna): vgl. KR 1 al Saint Denis montier; ebenso nachher
chriatian poblo. — Christian: lehn wort. — poblo: vielleicht pöbblo
oder pooblo zu lesen, vgl. das oben über savir et podir gesagte. — est
aus lat. istum, im franz. nur noch vereinzelt zu belegen, sonst durch
icest, cest (ecce istuni) ersetzt. Zum ganzen ausdruck d'est di en auant
vgl. nfr. dorenavant = rf'ore en avant {de ha{c) hora in ab ante). — i o :
wechselt in der Schreibung mit eo (lat. ego); der accent lag daher wol
auf dem o, wie auch lyonesisch jo und die schriftfranz. entwicklung zu
je=^dii vermuten lässt. — et en aiudha et en cadhuna cosa:
„sowol bei (etwa notwendig werdender) hilfeleistung als auch in jeder
(anderen) sache* — fehlt im deutschen text. — per: wie für pro hatte
das lat. kurzschriftsystem auch für ^er eine kürzung, nämlich j5, die im
franz meist mit ^par, iu den südl. dialekten ebenso wieiin prov. mit j3<'r aufzu-
lösen ist. — dist — deift: an eine form disf = lat. decet ist nicht zu denken,
hiügegen ein verschreiben dist für dift bei der ähnlichkeit des langen s
mit /', zumal bei folgendem t, sehr leicht oiöglich {debet — >devet — >de*vt
—> deift —*■ dtit — doit. — en o qned: wörtlich in hoc quid (= quod)
'unter der bedingung dass'. — il: kann nach der Orthographie des Schreibers
sowol echtes i (wie in di) oder p sein (wie in est, cest). Im ersten fall
wäre es die im franz. übliche umgelautete form aus Uli, im zweiten die im
provenzalischen und in franz. nachbardialekten regelrecht aus iiZe entwickelte
form et. — fazet: ist hier wie so oft sog. verbum vicarium, als welches
es in die koustruktion des von ihm vertretenen verbums (hier salvar)
eintritt, daher mei akkusativ ist, wie auch die entsprechende deutsche
Wendung mig duo (= mich tue, d. i. mich schütze) lehrt. — ab: die
Voretzaoh, Studium d. afrz. Sptache. 5. Aufl. 19
290
Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
meossendra desno partn
lostanit . si ioreturnar
non lint pois . neio ne-
neuls cui eo returnar
int pois . in nnlla a iu^ha
contra lodhuuuig nunli
iuer. ^)
meos sendra de sua part
lo fraint — se io retnrnar
non l'ent pois — ne io ne
neuls cui eo returnar
ent pois, en nnlla aiudha
contra Lodhouig non lui
ier. *)
indi Ludhuuig min herro
then er imo gesuor for-
brihchit, ob ih inan es
irwenden ne mag, noh ih
noh thero nohhein the ich
es irwenden mag, widhar
Karle imo ze foUusti ne
wirdhit.
provenzalische form der lat präp. apud (frz. od — ot), begegnet aber
auch in den franz. grenzdialekten von Poitou und Burgund. Vgl. v, 138
(s. 221). — nüquä: aufgelöst nunquam, ist latinismus oder Schreibfehler
fürnüqua = nunqua. — meon vol: „adverbialer akkusativ des Substantivs
vol, entsprechend dem deutschen minan willon, auch später noch sehr
üblich, aber auch mit vorgesetzter präposition gebraucht: ä mon vuel,
au mien voll" (Diez). — cest meon fradre: obliquus für den dativ bei
personenbegriflfen, vgl. KR 68.
^) Im deutschen text der hs. finden sich einige Schreibfehler und
versehen , die oben gebessert worden sind : gealtnissi — madh — tesan —
bruher — luheren — soso ma (f. so sama) — werken.
') Erläuterungen: si (wenn) kann nach der vom Schreiber angewanten
Orthographie sg oder si zu lesen sein. Beide formen sind altfr. gebräuch-
lich, die erste allerdings häufiger, vgl. KR 23. — sagrament: das
fehlen des artikels ist weniger altertümlichkeit als latinismus; sagrament
mit gr statt ir (sairement) ist gewiss lehnw örtlich, da in plaid<—plac(i)tum
lat. d bereits als id — it erscheint. — que: § dient im mittelalter-
lichen latein meist als Vertreter des lat. ae und ist hier wol nur ein
schreibversehen. — son fradre Karlo: dativ wie oben cest meon
fradre Karlo. — jurat: perfekt (lat. juravit), wie das deutsche gesuor
zeigt. — sendra: daneben sendre {sendrce in der Passion Christi), die
regelrecht entwickelte vollform aus lat. senior, entsprechend dem obliquus
seignor (seigneur) <— seniorem. Rektns sire und obl. sieur (monsieur) sind,
zunächst im gebrauch vor eigennamen entwickelte, kurzformen. — suo:
zweifellos verschrieben für sua. — non lostanit: muss dem sinne nach
bedeuten 'ihn bricht' (vgl. deutsch forbrihchit) oder 'ihn nicht hält'. Eine
entsprechende form von tenere — teneir lässt sich aber nicht herausdeuten,
sie müsste tient, allenfalls t6{b)nt lauten, daher man stanit als verschrieben
für franit == frant oder für fraint (lat. frangit) nimmt (vgl. oben dist =
dift) und das überflüssige non als gedankenlosigkeit eines kopisten auffasst,
der nach dem vorangegangenen ein non conservat im sinne hatte. — ent:
die ältere und vollere form des lat. inde, später noch so im pikardischen,
sonst en. — pois: die undiphthongierte form von vulglat. *possio, sonst
*puois — puis. — neuls: nebenform von nuls (nüllus), aas ne{c) ullus,
vgl. niule kose in der Enlalia (s. u.), — nun li iuer: Diez erklärte non
U iv er = non Uli ibi ero, wobei iv eine mittelstufe zwischen lat. ibi und
frz. i (y) darstelle (vgl. ital. vi), also 'ich werde ihm darin nicht (zu hilfe)
sein'. Diese erklärung lässt sich auch heute noch halten, trotzdem die
IL Strassburger Eide. — III. Eulaliasequenz. 291
IIL Die Enlaliasequenz.
Die Sequenz war eine besonders in der lateinisch - christ-
liehen literatur ausgebildete, aus dem kirehengesang hervor-
gegangene dichtform. Die französische Eulaliasequenz ist in
der tat metrisch nach dem Vorbild einer in derselben hand-
schrift tiberlieferten lateinischen Eulaliasequenz gebaut, während
sie den Inhalt, den märtyrertod der spanischen heiligen Eulalia,
im wesentlichen einem lateinischen hymnus von Prudentius
(4. jahrh.) entnimmt. Verfasst wurde das gedieht bald nach
881 im wallonischen Sprachgebiet.
Die sprachliehen eigenttimliehkeiten dieses textes gegen-
über der francischen Schriftsprache der 'Karlsreise' erklären
sich teils durch den älteren sprachzustand, teils durch den
abweichenden dialekt, teils als latinismen des Schreibers oder
des dichters. Zu diesen letzten gehören jedenfalls völlig
lateinische Schreibungen, wie anima, rex, dementia, Christus
(neben Krist) für an{e)me, reis, clemence, halb latinisierte wie
Corps für cors, auch regiel und pagiens für reiiel und paiiens,
die bewahrung des endungs-a in huona, pulcella usw., des
doppel-Z in pulcelle, polle, eile u.a. Das i für e in inimi,
domnizelle, in ist möglicherweise nur bezeichnung für ge-
schlossen ^ (vgl. die Eide) oder lehnwörtlich wie in virginitet.
— Als altertümliche züge erseheinen uo-^—^ für späteres ue
in huona, suon, ruovet; bewahrung des intervokalen d {t) in
presentede\ die plusquamperfektformen (im sinne des Prä-
teritums) auret, pouret, füret, voldret, roveret aus hahuerat,
potuerat, fuerat, voluerat, rogaverat. — Dialektisch (besonders
wallonisch und lothringisch) ist das unterbleiben der bedingten
diphthongierung bei 4 und p: melz für mieh, lei für Hiei — li,
wol auch Beo für Bleu (neben Deu)\ coist <— coxit (fou für
*fuou auch francisch infolge von dissimilation). Auch die
formen auret, auuisset mit au (gegen francisch out, ourent,
form iv {(v) singulär bleibt. Aber auch Lückings erklärung non lui ier
('nicht werde ich ihm sein') ist nicht von der hand zu weisen, zumal
dabei das schwierige iv wegfällt. Das betonte pronomen lui wäre syn-
taktisch hier ebenso zulässig wie das nebentonige li, vgl. KR 146 sowie
unten Leodegar v. 222, 232; lat. ero wird ursprünglich starktonig zu ier,
nebentonig zu er.
19*
292
Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
oüst) gehören dem ostfraozösischem gebiet. Cose kann, ebenso
wie ehielt, cJiief, mittelstufe sowol für westliches (pikardisch,
normannisch) Jcose, kielt, kief wie für östliches, überhaupt
gemeinfranzösisches cJwse (= i§ose), ehielt, chief sein. Ebenso
muss auch unentschieden bleiben, ob c in ciel und celle ts wie
im wallonischen und francischen oder ts wie im pikardischen
bedeutet. — Za beachten bleibt noch: die bezeiehnuog des o
durch ou {hellezour, souve), des mouillierten stimmhaften ^
(später -«>-) durch einfaches z {bellezour, domniselle), des ent-
sprechenden stimmlosen lautes (später -iss-) durch zs {laszier),
sowie das schon in diesem denkmal häufige vorkommen des
analo^ischen konjanktiv-e {raneiet, degnet; perdesse, auuisset,
vgl. KR 10 seist). Auffällig ist das fehlen des auslautenden t
in den konjunktivformen perdesse, arde (im letzten fall aller-
dings vor titost)', sonst ist es regelmässig geschrieben.
Der literarhistorisch und sprachlich so wichtige text folgt
hier zunächst in sogenanntem diplomatischen abdruck, d. h.
in der Orthographie, Silbentrennung und Interpunktion der
handschrift, daneben in einem regulierten text mit wort-
trennung, Interpunktion, auflösung der abkürzungen, Scheidung
von i und j, u und v, von grossen und kleinen anfangsbueh-
staben usw., sowie mit bezeichnung der versakzente (nach
M. Enneccerus). Ein sogenannter kritischer text findet sich in
Koschwitz' 'Textes critiques'.
I Biiona pulcella fut eulalia.
Bei auret Corps bellezour anima
II Uoldrent laueiütre li dö laimi.
Uoldrent lafairo diaule seruir
1 Biiona pulc61a fat Ealalia,
Bei auret cörs, bölezour aaimä.
3 Völdreat la veiatre li Deo inioii,
Völdrent la faire diävle servir.
Bemerkungen im einzelnen. Vers 2 auret corps: für das
fehlen des artikels in dieser redensart lassen sich noch andere beispiele
aus altfraozösischen uüd provenzalischen deakinälern beibringen (s. Diez). —
3 Deo: einsilbig, gleich dem sonst üblichen deu (dieu). Der obliquns
hier im sinne des genetivas ohjectivns, vgl. KR 1 Saint Denis. —
4 diavle: lehn wort wie fraacisch diable wegen erhaltang des dt""''
anstatt j (dreisilbig: diade zu lesen), sowie wegen behaadliing der silbe
-abolum (vg]. tabula— ff öle) , aber mit dialektischem (nordostfranzösischem)
Wandel des b vor l zu v (neawallonisch dial). Der artikel kann bei
diable in der älteren spräche fehlen wie regelmässig bei Deu, Dieu, vgl.
auch V. 6 en ciel und ähnl. (vgl. KR 127). — servir: in der älteren
spräche mit dativ wie im lat., daher hier diavle für a diavle steht, vgl. KR 68.
• III. Eulaliasequenz. 293
III Elle nont eskoltet les mals 5 Ele nönt esköltet les mäls con-
conselliers.
. BUS en ciel.
Quelle du raneiet chi maent.
IV Ne por or . ned ar gent . ne-
paramenz.
Por manatce regiel nepreie-
ment.
V Niule cose non lapouret omq,
pleier.
La poUe sempre ü amast lo
(Jö ^ menestier
VI E poro fut psentede maxi-
miien.
seli^rs,
Qu'elle D6o raneiet chi mäent
BUS en ci61,
7 Ne por ör ned arg^at n6 para-
m6nz,
Por manätce regi61 ne preie-
m6nt.
9 Neule cöse non la pöaret onque
plei[i]dr,
La pole sempre non amäst lo
D6o menestifir.
11 E por ö fut present^de Mäxi-
miidn,
5 nont: = no'nt für no ent (=non inde): „Sie hört darum nicht
auf die schlechten ratgeber (sc. li Deo inimiY. — eskoltet: lat. aus-
cultare — >*ascultare (wie augustum — *-*agustum — aost— aoüt, oben s. 172),
dieses zu *escoltare nach dem muster der zahlreichen mit es- (ex-) be-
ginnenden Wörter. — 6 raneiet: abgesehen vom analogischen e der
endung wäre ans renegd (mit rekomposition; oben s. 89) *renieiet — reniet
wie im francischen zu erwarten, da hier ^ schon durch spontane diph-
thoDgieruDg zu ie werden musste; möglicherweise liegt einfluss der eudungs-
betonten formen (renegdre — reneiier usw.) vor. Vortoniges e zu a wie in
per—>par (oben s. 173, vgl. auch unten v. 8 manatce = t'ia.ß<i. menace). —
chi: das h als diakritisches zeichen bedeutet, dass nicht ci = tsi zu lesen
ist, also jedenfalls ki, welche Schreibung auch sonst neben qui zu finden
ist. — maent: soviel wie maint, aus manet. Das wort wird oft gerade
von Gott in diesem sinne gebraucht (vgl. unten Passion v. 509). —
7 ned: analogische neubildung zu ne nach et — c 11, gued 14, 27 — que
26; die ersten sind die antevokalischen, die letzten die antekonsonan-
tischen formen (vor vokal aber auch schon que mit elision: 6 qu'elle). —
paramenz: kostbare gewänder (sonst auch kirchenscbmuck); das wort
zeigt sonst lautgerecht die form paremenz, daher das a der pänultima
hier wol nicht als fremdwörtlich, sondern als latinismus zu betrachten ist. —
9 Niule: = ngwZe (dreisilbig) •*—we{c)Mna, im sinne von nule {*—nulla)
= irgend ein, daher niule cose. non = nichts. Wie im nfr. bedarf nul
(neul) in negativem sinn auch schon im afr. der negation. — 10 polle:
nfr. poule, eigentlich 'junges', bes. 'junges tier', von pulla, zu pullus,
also eng verwant mit puella mädchen. Das deminutiv püUicella, dessen ü
(aus Me) ursprünglicher scheint als das ü von pullus, gibt pulcele — nfr.
pucelle. — sempre: hier noch in der alten bedentung 'immer', sonst
'sogleich, alsbald'. — Über das fehlen von que vor dem nebensatz vgl.
oben s. 283. Diez übersetzt; 'Nichts konnte sie dahin bringen, dass sie
nicht stets den Dienst Gottes liebte'. — 11 por o: daneben poruec<—pro
hoc wie avuec-^—apud hoc; -uec ist die hochbetonte, o die nebenbetonte
294
Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
vn
Chi rex eret acels dis soure
pagiens
Uli en ortet dont lei nonq,
ehielt.
Qned eile fuiet lo nom xpiien.
VIII Ellent adunet lo suon element.
Melz sostehdreiet les empede-
mentz
IX Quelle pdesse sa uirginitet.
Porös füret morte a grand
honestet.
X Enz enl fou lo getterent com
arde tost.
. nos coigt.
Elle colpes fi auret poro
Ki r6is eret a c61s dis sövre
pagi6ns.
23 II li enörtet dont 16i nonque
chielt-
Qued ele füiet lo nöm chrestiien.
15 El'ent adunet lo suon element.
M6Iz sostendreiet les empede-
m6nz
17 Qu'ele perd63se[t] sa virginit6t.
Per o s fiiret mörte a gränd
honestet.
19 Enz enl föu la getörent com
arde[t] tost:
Ele cölpes non äuret, por o no s
cöist.
form von hoc (vgl. oben s. 119 zu si). — Maximiien: für a M., vgl.
oben 4 servir. — 12 pagiens: ohne artikel, vgl. KR 18 Franceis II. —
13 li enortet: enorter mit dativ, während nfr. exhorter nur mit acc. —
lei: die betonte form des weibl. pron. der 3. person, vermutlich aus
*ülae-\-ei — Hll^i oder einer ähnlichen analogiebildung, während li dem un-
betonten lat. Uli entspricht, daher auch das mask. vertritt. Im franc. mussten
Uli — li und Hll^i — *liei — li lautlich zusammenfallen, daher dort li zu-
gleich als betontes pronomen des fem. erscheint. — nonque: 'niemals', hier
verallgemeinert 'in keiner weise'. — ehielt: Impersonale *es kümmert', zu
chaloir, lat. calere, vgl. ital. noncalere, nfr. nonchalant, nonchalance. —
14 chrestiien: die abkürzung xpiien, desgl. xp(s) = ChrisHus), er-
klärt sich ähnlich wie Jh in Jhesu (vgl, KR 170), aus falscher auf-
fassung der griechischen buchstaben: XPISTO^, gekürzt ZP=lat. XP
{xp). — 15 lo suon element: suon ist die betonte form des Possessiv-
pronomens, francisch suen (analogisch sien). Sinn; „sie sammelt darum
ihr element, ihre kraft" Jedoch ist element in dieser bedeutung sonst
nicht zu belegen, daher Boehmer vorschlägt: lo suon e la ment = „sie
vereinigt davon, vom Christennamen, den Klang und den Sinn". —
16 empedementz: lehn wort der form nach; sinn: die hindernisse, die
folterqualen. — 17 Qu': que = quam 'als dass'; das zweite que = quod
bleibt in dieser Verbindung weg. — 18 s füret morte: se, an voraus-
gehenden vocal (o) inkliniert, verliert den vokal (vgl. KR 97 quis).
Morirse mit dativus ethicus, wie im ital. (oben s. 275), Füret morte: starb
(vgl. oben anm.). — 19 Enz enl fou: hinein in das feuer. Solche Ver-
bindungen von adverb + präposition auch sonst häufig (dedenz en usw.) —
enl: ans enlo{le), mit enklise; nachher e2, noch später ot*. — lo: Schreib-
fehler für la. — com arde(t) tost: com = com si „als ob sie sogleich
brennen sollte"; ardeir (ardre) sonst meist transitiv. — 20 nos: no(n)
mit enklitischem se. Negation, auch unbetont, ist in diesem denkmal
durchgängig non — no (nicht nen, ne, n'). — coist: coxit mit reflexiv-
III. Ealaliasequenz.
295
XI Aczo DOS noldret con creidre
li rex pagiens.
tolir lo Chief
Ad nne spede li roueret .
XII La domnizelle cellekose n
contredist.
. krist
Uolt lo seule lazsier si rnouet.
Xni Infigure de colomb uolat aciel,
Tait oram quepornos degnet
preier.
XVI Quedanuissetdenosxpsmercit.
Post la mort & alai dos laist
nenir.
Par souue dementia.
21 A go no s völdret concröidre li
r6is pagi6ns,
Ad une spede li roveret toHr
lo chiöf.
23 La domuezele cele cöse nön
contredist,
Volt lo seule lassier: si rüovet
krist.
25 En figüre de colömb völat a cifel.
Tuit oräm qua por nös d6gnet
prei[i]6r
27 Qaed annisset de nös Christas
mercit
Post la mört et a liii nös laist
venir
Par söuve dementia.
pronomen „sie brannte sich nicht, sie brannte nicht an". — 21 A go nos
voldret concreidre: dem wollte er sich nicht anvertrauen, d. i. darein
wollte er sich nicht ergeben. — 22 Ad une spede: lat. ad, mit er-
haltenem d vor vokal (wie et, qued), hier in instrumentalem sinn wie ä
häufig. — une spede: nicht un'espede, da i protheticum ursprünglich nur
nach konsonant eintritt (vgl. KR 3 espee). Noch in späteren hss. liest
man häufig la spee. — roveret: aus rogaverat. Zum v vgl. KR 150. —
23 cele cose non contredist: auch in diesem fall, wo nfr. ä stehen
würde, zieht das afr. den acc. vor. — 24 Volt: voluit, da *volet in der
spräche unseres denkmals vtwlt geben müsste. — si ruovet krist:
entspricht einem sie rogat Christus. Die schwere konsonantenfolge sts
in *Chri8ts wird sonst vereinfacht zu Criz, wie hosti8—>-oz; Crist ist wol
jüngere, lehn wörtliche form. — 26 oram: falls die form nicht als latinismus
zu betrachten ist, hätten wir hier einen rest der endung -amus des ind.
präs. der I. lat. konjugation, die sonst durch -ons ersetzt wird. Oram ist
jedenfalls der imperativ in der form des Indikativs (vgl. allons). — 27
auuisset: wahrscheinlich awisset zu lesen, mit einem dem germanischen
w ähnlichen laut (aus lat. -by,-). Beachte den konj. imperf. trotz oram,
degnet und 28 laist. — 28 Post: nur hier, daher möglicherweise latinismus;
sonst durch puis {*po8tius) und aprös ersetzt. — lui: für reflexives sei
(vgl. oben 8.274), das älteste beispiel aus dem franz. — 29 souve:
francisch sge, lat. sua. Dem francischen o entspricht hier ou (vgl. bellezour),
also 8o(u)ue oder so(u)ve. Die anwendung der haupttonigen form an stell©
der syntaktisch zu erwartenden nebentonigen (sa) erklärt sich wol durch
den starken emphatischen akzent, der hier auf dem wort liegt.
296 Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
IV. Das Jonasfragment.
Gleichfalls in das wallonische Sprachgebiet gehört das
sog. Jonasfragment, das wegen seines lückenhaften zustandes
nur als Sprachdenkmal gelten kann: es war wie so mancher
mittelalterliche text in späterer zeit als bueheinband ver-
wendet worden und ist, zumal auf der Vorderseite (recto),
nur teilweise lesbar. Inhaltlich ist es ein predigtentwurf
zum text des propheten Jonas, halb in französisch, halb in
latein, beides z. t. in tironischen noten, d. i. in der von Ciceros
freigelassenem Tiro erfundenen Stenographie des altertums ge-
schrieben, für deren anwendung im mittelalter unsere handschrift
das letzte zeugnis bildet (abgesehen von bestimmten kürzungen,
die erhalten blieben und auch auf die vulgärsprachliehen formen
tibertragen wurden, wie oben s. 288 ff.). Der Verfasser gibt
zuerst in freiem anschluss an die Vulgata, teilweise auch an
des Hieronymus commentar zum Jonas den lat. text, dann die
französische paraphrase und die texterklärung, am schluss des
ganzen die moralische nutzanwendung für seine zuhören Als
beispiel folgen die Zeilen verso 6 — 12, welche dem bibeltext
cap. IV5 — 6 entsprechen •), unter auflösung der abkürzungen
(durch kursivdruck bezeichnet), beifügung von accenten und
ergänzung des fehlenden in eckigen klammern. Die zeilen-
anfänge sind durch ||, unter beifügung der Zeilenzahl am rande,
bezeichnet. 2)
6 . ... Et egressMS est Jonas de ciuitate et sedit [contra orientem
7 ciuitatis || donec] uideret quid accideret ciuitati. dune co dicit: cum
Jonas profeta cel populum habuit preti6t e conuersei [et] en cele
8 [civitate || log-]i6t, si escit foers de la ciuitate e si sist contra Orienten»
9 ciuitatis e si auardeuet cum deus per seren || astreiet u ne
fereiet. et preparauit dominus ederam super caput Jone ut faceret ei
*) Der Vulgatatext lautet: IV 5. Et egressns est Jonas de civitate
et sedit contra orientem civitatis et fecit sibimet umbraculum ibi et sede-
bat subter illnd in umbra, donec videret, quid accideret civitati. 6. Et
praeparavit Dominus Deus hederam, et ascendit super caput Jonae, ut
esset umbra super caput ejus, et protegeret eum (laboraverat enim), et
laetatus est Jonas super hedera, laetitia magna.
*) Die lat. worte im franz. text erklären sich dadurch, dass in der
hs. dafür die üblichen lateinischen abkürzungen stehen, — Im einzelnen:
7 dunccodicit(= dit) sc. li Uwes, l'escriture = das sagt also die schrift,
IV. Jonas. — V. Passion Christi. 297
umbram. laborauerat [enim. dune] || co dicit: Jonas profeta habebat 10
mult labor6t e malt pen^t a cel populum e faciebat grant iholt. et eret
malt las [et fecit || deus] im edre sore sen ebene quet umbre li fesist e 11
repanser s'i podist. et letatus est Jonas super ederam || mult 12
letattis. CO dicit, porque detis cel edre li donat a sun soveir et a snn
repaMsement li donat.
T. Passion Christi.
Die beiden gedichte von der Passion Christi und vom
Leben des hl. Leodegar sind in derselben handsehrift (aus
Clermont-Ferrand in der Auvergne, 10. jahih.) tiberliefert, wo
sie in die leergebliebenen stellen eines lateinischen glossars
eingetragen sind. Beide gedichte sind ursprünglich in einer
französischen mundart abgefasst und durch provenzalische
kopisten teilweise in das provenzalische umgesetzt worden. Die
das heisst also (stehende redensart mit ellipse des snbjekts) ; co =go (nfr.
ce). — preti6t: für prediiet, lehnwörtlich ans lat. praedicare (sonst
preechier, prechier); mit akkusativ der person wie nfr. precher. — 8 si: so,
zur einleitung des nachsatzes (vgl. oben s. 282). — escit: allem anschein
nach die mittelform zwischen vulgärlat. exivit (für exiit) und afr. eissit,
etwa essjit zu lesen. — foers: die regelrechte entwicklang von föris als
adverb, d. i. haupttonig, gegen nebentoniges fors als präposition. —
&VLSiTde\xet = atvardevet: wäre francisch aguardeit (aorm. -out) = esguar-
deii(-out). Die endnog -evet<—ht -abat ist dem osten, die bewahrnng
des germ. w {warden) als v dem nordosten des französischen Sprach-
gebietes eigentümlich. — 8 — 9 seren — astreiet — fereiet: die ergänzung
des unvollkommen tiberlieferten satzes ist unsicher (sinn nach Kosciiwitz
„ob Gott nach seinem Worte die Stadt vernichten oder ob er barmherzig
sein und es nicht tun würde"); astreiet ist conditionalis zu estre, nord-
östliche form für sonstiges estreiet (neben gewöhnlichem sereiet); fereiet
condit. zu faire, vgl. KR v. 39 ferez. — 10 iholt: ih (jh) ist wohl be-
zeichnung des vor a palatalisierten c (etwa c' = kj oder t' = tj), wieder-
holt in zeile 15 {si vint gravcesmes ihoU), daneben ch (11 cheue), das
später das aus c vor a entstandene /§ bezeichnet (vgl. ehalt — chaud); a vor
l--*-o ist mandartlicbe Verschiebung des a vor dem vermutlich velar ge-
sprochenen l. — 11 edre: lat. hedera, franz. als baumname mask. geworden.
Nfr. lierre aus l'ierre, mit agglutiniertem arlikel. — sen: eigentlich die
schwachtonige form (vgl. KR 15 ses und 20 les), daneben auch sun (s. u.). —
cheue: merkwürdige Schreibung, vielleicht nm die ausspräche t'ev — kiev
zu bezeichnen (francisch chief). — podist: ostfranz. form, aus lat. potuisset
(francisch poüst). — 12 porque: sonst jjor ce que darum dass, weil. —
soveir: wohl für *sovir -«— lat. sopire einschläfern, hier intransitiv 'ein-
schlafen, schlaf' (vgl. assouvir, assoupir).
298 Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
Passion zeigt — z. t. durch assonanzen gestützte — mundart-
liche Züge des Ostens (imperf. I auf -evet: 189 eswardevet: Pedre),
des Westens (157 og-ot : vol-voU, gegen ostfr. aut) neben über-
wiegenden provenzalismen (z. t. selbst in der assonanz: perf. I
auf '§t wie 73 mostred ijudeus). Da eine alle diese eigentüm-
lichkeiten vereinigende mundart nicht nachgewiesen ist,- muss
das gedieht nacheinander durch angehörige verschiedener mund-
arten abgeschrieben und z. t. umgearbeitet worden sein.
Eine reihe von eigentümlichkeiten des folgenden textes
erklären sich als provenzalische lautformen. So von den be-
tonten vokalen: 1. a = lateinisch freiem a an stelle des
französischen ^ (remembrar, saluad, carnals, uoluntaz usw.) oder
des ie nach palatal (peccad, pitad) oder des ai vor nasal
{man •«— manet). — 2. f = lateinisch freiem e, i für französisch
ei {uera, tres, lez = leist) oder für i nach palatal (mercet). —
3. ? (vor nasal e) = lateinisch freiem ? für französisch ie
(ben 507). — 4. p (vor nasal o) = lateinisch freiem q gegen
französisch uo-ue {hom 8, uol Ih-r-'^volet). Von den unbetonten
vokalen ist namentlich a = lat. a gegen französisch e hervor-
zuheben (Hora, uera, trenta, terra, sua usw.), von den kon-
sonantischen eigenheiten die erhaltung des c nach « im
prov^enzalischen auslaut {die gegen französisch di wie amic
gegen ami), das verstummen des auslautenden t {es, fu, pres
= prist, fez = fist, lez, redenps) ausser im schwachen perfekt
{ohr4d'*~operavit), endlich der wandel von intervokalem tr
{dr) zu ir {patrem ~* paire). Mouillierung wird (wie im
prov. Boethiuslied) nicht ausdrücklich bezeichnet {Ion 505 =
lofi,-*r-longe, französisch loin\ uol d = voi <—*voleo, französisch
vuoil — vueil; sans 517 = saus t^ sanctus , französisch sainz).
Wie in der Eul. begegnen auch hier ganze oder teilweise
latinismen: uerus {deus), adducere, fili, ßnimunz, gratiae u. a.
Unter den formen ist als provenzalisch die frühzeitige
Übertragung des nominativ-5 auf die feminina der lat.
III. deklination {morz, passiuns, redemptions), das festhalten
der lateinischen konjugationsunterschiede sowie das fehlen
des s in der 1. plur. präs. {avem, aiam, devem, fagam, guerpissem),
das 1. schwache perf. auf -§i, -iest, -qt (s. o.) gegen frz. -ai, -as,
-at, und das Ä-perfektum in den wi-verben {sosteg = sostenc
<—sustinuit, wie venc -t—^venuit) hervorzuheben; regelrecht
V. Passion Christi.
299
gegenüber analogischem fist prist im franz. sind prov. die un-
umgelanteten 3. personen perf. fez, pres sowie das part. perf.
mespres (gegen franz. mespris). — Unter den inflexibeln rede-
teilen ist zu bemerken: per = französisch par, ab = französisch
ot {apud), vgl. dazu oben s. 289f; non hoch- und nebentonig
= französisch non, ne und nen.
In der folgenden herstellung sind die reinen provenzalismen
beseitigt, c vor a aber beibehalten (vor ie als ch), da es in der
urdichtung möglicherweise noch nicht zu ts geworden war (vgl.
oben JousiS jhoU und cheue, auch das zur Eulalia gesagte). Freies q
ist durch uo wiedergegeben, da die assonanz v. 355 f. ngus : om
(prov. und franz. = om) sich nur durch nuos : uom erklärt;
demgemäss auch freies ^ durch ie. Monophthongen assonieren
mit diphthongen, a mit ai, $ mit ie\ e aus a hatte noch offene
klangfarbe (vgl. oben s. 190), assoniert daher mit lat. e. Vgl.
auch den kritischen text von Lticking, Die ältesten franz.
Mundarten s. 49 — 63, aach bei Koschwitz, Les plus anciens
monuments de la langue fran^aise, Textes critiques s. 11 — 37,
und die besserungsvorschläge im Altfranz. Übungsbuch von
Foerster und Koschwitz.
Überlieferter text:
I Hora uos die uera raizan.
de Jesu xpi passiun.
lossos . affanz . uol remembrar
per qa§ cest mund tot asaluad :,
II Trenta. tres. ant. et al ques. plus
des qne carn pres. in terra fu.
per tot obred que uerus deus
per tot sosteg qu§ hom carnals.
Französische herstellung:
1 Ore vos di veire raizon
De Jesu Christi passion:
Les snons ahanz vaoil remembrer,
Per que cest mont tot at salv6t.
5 Trente treis anz et alques plus
Des que carn prist, en terre fut:
Per tot ovrat que verais deus,
Per tot sostint que huom carnels.
Vers 2 X p i := Christi , vgl. Eul. 14. — 3 los sos affanz: sos ist
im provenzalischen gewöhnlich die schwachtonige form des pronomens
(entsprechend französisch sos — ses), ursprünglich aber auch die regelrecht
entwickelte haupttonige: son — sos, fem. soa — soas gegen französisch
stton — suons (später suen — suews), fem. so^ — soes; als haupttonige wird
sie jedoch bald durch eine analogiebildnng nach der 1. person (meu mieu
•<— mewm), durch sew sie« ersetzt. — 5 alques: l&temisch. aliquid —>■ alque,
mit adverbialem s alques 'etwas, ein wenig' (häufig im sinne des nfr. un
peu, quelque chose gebraucht). — 7, 8 obred que — sosteg que: zu
dieser elllpse vgl. KR 819.
300
Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
III Peccad negun . nnqu^ non fez
per eps los nostres . fa aucis
la sua morz uida dos rend.
sa passians toz nos redepns.
rV Cum aproismed sapassians
cho fa nfä redeuptioos.
apismer nol alaciutat
afanzperno susteg': [m'lt granz]
V Cum el pneing abet fage
uües desoz mont oliuer
anant dels sos dos enueied
unasn§ addacere seroned.,
VI Cum cel asnez fn amenaz
delor mantelz ben lant parad
d<»lor mantelz delor uestit.
bell aprestunt ossassis;
VII Per sua grand bnmilitad!
iesus rex magnes sns monted
sicam propbetes anz mulz dis
canted aueien de iesu erist.
Vm Anz peti« dis que cho fus fait
ihs. lo lazer suscitet
9 Pechi6t neul onque non fist,
Par e(p)8 los nostres fnt ocis.
La soe mort vide nos rent,
Sa passiun toz nos redenst.
13 Com aproismat sa passion —
^o fut nostre redemption,
Ahanz sostint per nos salver —
Aproismier volt a la cit6t.
17 Com il parvint a Beffage —
Vile est desoz mont Oliver —
Avant dels suons dos enveiat,
Un asne aduire se rovat.
21 Com eil asnes fut amenez,
De lor mantelz bien l'ont par^t,
De lor mantelz, de lor vestiz,
Bien li aprestent o s'assist.
25 Par soe grant humilitöt
Li reis magnes est sus montez,
Si com prophete, anz at e dis,
Dit aveiet de Jesu Crist.
29 Anz petiz dis que §o fut fait,
Jesus lo lazre suscitat,
9 negun: aus nee unutn, dafür altfr. meistens nSul niul-*—nee
ullum (vgl. Eul.) und nul •«— nullum. — 10 eps: lateinisch ipse —>■ eps
— es ist im französischen ausser in Zusammensetzungen {meesme < —
*metipsimum, eneslepas •*— in ipso illo passu) seifen, häufig aber im pro-
venzalischen als eps — eis und namentlich im italienischen (esso, stesso etc.)
sowie in anderen romanischen sprachen. — 11 La sua morz: der
artikel mit dem haupttonigen possessivum, vgl. KR 139. — 12 redepns:
Eweifellos Schreibfehler für redevps-* — redempsit. — 15 uol-volt: perfekt
(volt < — voluit), nicht praesens, wie die perfekta aproismed, susteg,
parueing lehren. — 15 — 16 Umstellung: v. IV^ gehört zu v. IV'', den
er erläutert. — 16 lesart m'lt granz: am rande hinzugesetzt, die letzten
buchstaben nicht sicher zu deuten. — 18 mont oliuver: kann montem
olivarum sein (vgl. Marcus XI 1 Et cum appropinquarent Jerosolymae et
Bethaniae, ad Montem olivarum), ist aber wahrscheinlicher mont Olivä,
(vgl. Matth. XXI 1 Bethphage ad Montem Oliveti, Lucas XIX 37 ad des-
censum Moniis Oliveti), da r und t der handscbrift sich ähneln und es
später (v. 465 ff.) heisst: Sus en u mont donches montet — que Holivet
numnat vos ai). — 27 anz at e dis: 'vor jähr und tag', zur bezeichnung
einer langen zeit. — 28 Dit: vgl. Matth. XXI 4 . . . ut adimpleretur, quod
dictum est per Prophetam ... — 30 lo lazer: den aussätzigen, nach
V. Passion Christi.
301
chi qna tre dis enmoniment
iagud aveie toz pudenz.,
IX Cam CO andid tota lagent.
qne, ihs ue loreis poden z
chi eps lomorz fai se reuiuere
agrand honor eN coa traxirent
X al quaat dels palmes pren-
dent rams
dels oliaers aIaquaNt las
branches
encontral rei qui fez locel
issid lodii le poples lez,
XI Ganten ligran elipetit
fili dauit fiti dauit
paus uesiit paus mantenls
dauant. extendent assos pez,
XII Gran folcs aredre graN dauaN.
gran epetit den uan. laudant
ensobre tot petiz eufan
osanna semp uaa clamant.
Qui quatre dis en monument
jeiit aveiet toz pudenz.
33 Com qo odit tote la gent
Qae iesus vient li reis podenz,
Qui eps los morz fait sei revivre,
A grant honor encontre eissireut
37 Alqaant prendent les rains dels
palmes,
Alqaant dels oliviers les
branches,
Encontre al rei qui fist lo ciel,
Eissit lo di li poples liez.
41 Cantent li grant e li petit:
„Fili David, fili David!"
Palies, vestiz, peliz, mantels
Davant estendent a sos piez.
45 Granz folcs ariedre, granz dauant,
Grant e petit Deu vont lodant,
Eüsuvre toz petit enfant,
Osanna sempre vont clamant.
Auf die leidensgeschichte Christi folgt höllenfahrt, auf-
erstehuug, himmelfahrt, ausbreituog des glauben« durch die
apostel. An ihren märtyrertod knüpft der dichter seine
schkssstrophen (CXXVI— CXXIX) an:
dem Lazarus Lucas XXVI 20flf.; gemeint ist aber Lazarus von Bethanien:
vgl. Joh. XI und XII 1 (Jeius ergo ante sex dies Puschae venu Bethaniamf
ubi Lazarus fuerat mortuus, quem siiscitaoit Jesus), Vgl. KK 164. —
36 eissirent, 40 eissit: zur staminabstufung vgl. oben s. 267. Das
enconfra ^xirent der hs. zeigt eine im prov. vorkomuiende aphärese des
anlantvukals (vgl. neuprov. la gleiso mit frz. Veglise). — 37 palmes: vgL
KR 242. — 43 peliz: sonst fem. pelice ■* — lat. pellicia, und masc. pdigon. —
45 folcs: afr. u prov. folc, wegen dfS p nicht aus deutsch rö/c, sundern
aus altnordisch fö k (leute, heerhaufe) herzuleiten. — Zu 37 — 4b vgl.
Matth. XXI b— 9: Flurima autein turba straverunt vestimenta sua in via:
alii autem caedebant ramos de arboribus et sternebant in via. — Turbae
autem, quae praecedebant et quie sequebantur, clamabant dicentes: Hosanna
filio David! Benedict us qui venit in nomine Domini! Hosanna in
altissimis! Johannes XII, 13: Acceperunt ramos palmarum et processerunt
obviam ei, et clamabant: Hosanna, benedictus, qui venit in nomine
Domini, rex Israel. Ähnlich Marcus XI, 8 — 10.
302
Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
Nos cestes pngnes non aue.
contra nos eps pugnar deuS
frainde dene nostrae uoluKtaz
que part aiam ab nos den fidels ;
Quar finimunz nones mult Ion
& regnü den fort ment es prob
drontre nos lez facä lo beN
gnrpisse mund & som peccad;
Xps ihs qui maN eK sus
merc& aias depechedors
entals raizon siam mespraes
ptapitad lö p dones;
Te pos che r& drse gfae
dauaNt to paire glorise
sanz spm posehe laudar
& nunc ptot in scla. AMHN.
501
505
509
513
Nos cestes pugnes non aveins:
Contre nos e(p)s pugner de-
veins,
Fraindre deveins noz volontez
Qa'aiiens part od los Deu fidels.
Quar finimonz non est molt loin
Et regnes Den for(t)ment est
prof.
Dontre nos leist, fagiens le bien,
Guerpisseins mont et son pe-
chi6t!
Cristus, qui mains en sas toz
jorz,
Mercit aies de pechedors.
Se ont mespris en tels raizons,
Par ta pitiet lo [lor] par-
dons.
Puisse te rendre gratiae
Davant ton pedre gloriae!
Puisse Sa(i)nt Spiritum loder
516 Nunc et in saecula! Amen.
504 fidels: lehnwort, daher tonvokal als e bewahrt. — 507 drontre:
verschrieben für dontre = domentre <— dum interim 'so lange als'. —
509 man: vgl. Eni. v. 6. — 509 — 510 sus — pechedors: der reim
ist verloren gegangen. Lücking vermutet: Qui mains en sus, o Jesu
Crist — de pechedors aies mercit. Einfacher ist es, den vers 510
unangetastet zu lassen und 509 entsprechend anzupassen. — 511 am
mespraes: „für an m. durch Assimilation" (Diez). Prov. an, ant
ist = lat. *habunt, franz. ont. Subjekt die pechedor. — 512 lö: ist un-
sicher, ob lo oder lor zu lesen. Liest man pardons (konj. = lat. perdones),
so ergibt sich die lesart lo lor p. von selbst ; nach lo konnte lor leicht
vom Schreiber übersehen werden. Der assonanzvokal war sichtlich o
(G.Paris: Si an mespres en tal raizon, Fer ta pited perdone lo ou lor;
Lücking: Sed ont mespris en tels raizons, per ta pitiet perdone lor). —
513 Puisse: Subjekt ist der redende, d. h. der dichter selbst. — 516 Wenn
Amen (nach Boehmer) das reimwort bildet (was wahrscheinlich, da saecula
nicht passt), so ist partot, allenfalls nunc et zu streichen. — AMHN
(Amen) = griech. 'JiWfliV (vgl. KR 170). — Beachte die vielen latinismen
in der schlussstrophe.
V. Passion Christi. — VI. Leodegarlied.
303
Tl. Das Leodegarlied.
Das gedieht vom heiligen Leodegar behandelt das leben
des historischen bisehofs Leodegar von Autun, der, zuerst abt
von Saint -Maixent, dann bisehof von Autun, auch in die
politischen geschicke Frankreichs verwickelt war und 678
auf befehl seines alten gegners und nebenbuhlers Ebroin ge-
blendet und dann enthauptet wurde. Sein leben wurde bald
nach seinem tode, 681 gelegentlich seiner translatio nach
Saint- Maixent, von einem mönch dieses klosters in einer
lateinischen vita beschrieben; eine jüngere bearbeitung dieser
vita durch den prior Ursinus von Ligugd bildet die quelle
unseres gedichts.
Suchier hat den sicheren nachweis erbracht, dass die
mundartlichen formen des Originalgedichts nach dem norden,
in das wallonische gebiet, gehören; die zu gründe liegenden
assonanzen und reime lassen sich meist ohne Schwierigkeit
wieder herstellen. Bezeichnend ostfranzösische formen in den
folgenden versen sind: imperf. L schw. koDJ. regnevet 15
(vgl. oben s. 297 u. 298) gegen francisch (analogisches) -eit,
normannisch -outj -ot\ die -M»-perfekta reciut 21, 27, 237
{^rec^pui-**reciuui~^reciu), aut 25, 227, 229, aurent 4, 225,
plusqpf. auret 8, 216 (vgl. Eulalia auret, auuisset) gegen
franeiseh requt (1. p. regui), out, ourent (vgl. oben s.270). Wegen
der provenzalismen vgl. das zur Passion bemerkte. Ob es in
der mundart des dichters devem(p)s oder *deveins oder schon
devons hiess, ob sant (= saut) oder saint: solche und ähnliche
fragen lassen sich nicht entscheiden. In diesen fällen ist im
hergestellten text möglichst die Schreibung der handschrift
beibehalten. Wegen c vor a {cantoms) vgl. Eulalia, Jonas (zu
iholt, cheue), Passion und unten die form queu 229.
Zu den folgenden textproben vergleiche den kritischen
text von Gaston Paris (Romania 2, 273 ff.), auch bei Koschwitz,
Les plus anciens monuments (s. o.) s. 39 — 51, und die
besseruDgsvorschläge im Afr. Übungsbuch von Foerster und
Koschwitz.
Überlieferter text:
I Domine dea deuemps lauder.
et asos sancz honor porter.
Hergestellter text:
1 Domine Deu deveins loder
Et a SOS sa(i)nz honor porter;
304
Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler.
insuamor cantomps delsanz
quae por lai aogreNt granz aanz.
etores temps etsiest biena.
quaenos ' cantumps desant leth-
gier.
II Primos didraiuos dels honors
quae il aunret abdaos seniors-
apres ditrainos dels ääuz.
que li siios corps sustiog si granz.
& euuruins eil deu meotiz
quelui a grand torment occist:
III Quant infans fud donc a ciels
temps.
alrel lo döistrent soi parent.
quidonc regneuet aciel di.
13
En soe amor cantoms dels sa(i)nz
Qui pur lui aarent granz aanz.
Et or est temps et si est biens
Que nos cantoms de sa(i)nt Led-
gier.
Primes dirai vos dels honors
Que 11 anret od dous seinors;
Apr^s dirai vus dels aanz
Que li suos cors sostint si granz,
Et d Evro'in cel Den mentit,
Qai lui a grand torment ocist.
Quant enfes fut, donc a cels
tems
AI rei lo duistrent si parent
Qui donc regnevet a cel di:
Vers 3 En soe amor: beim Substantiv kann das attributive pro-
nomen in der liaupttonigen oder nebentooigen form stehen, nur nach dem
artikel muss die haupttouige stehen. — 4 quae — qui: quae ist blosse
Schreibung für que (wie in zeile 6), das als konjunktion „weil, denn"
einen passenden sinn gibt. Da aber im prov. que auch den nominativ des
relativums vertritt, kann es wol für französisch qui eingetreten sein. ^
augrent: rein prov. agron\ zu aurent vgl. unten v. 8 auuret sowie in der
Eulalia auret, powet. — 7 primos: vermutlich für primes verschrieben;
vgl. noch KR 188. — didrai (9 ditrai): wird zu dictare (dichten) gestellt,
das aber im futur diterai ergeben müsste, im übrigen altfranzösisch als
ditier erscheint. — II Deu mentit: erscheint auch sonst als D(i)eu
mentit, ähnlich foi mentit, zu vergleichen einerseits Deu fidda (Passion
504), andrerseits ausdrücke wie fervesti, ferarme. „Es sind Participien
Passivi mit activer Bedeutung und die Nomina sind Accusative, die von
den Verben regiert sind" (Foerster zu Aiol 857). Vgl. noch Tobler, Verm.
Beitr. z. franz. Gram. 1« 146-60, und E Herzog, 26. Beiheft zur ZrP (l9lü)
129 — 35 — 13 infans — enfes: infans ist latinismus, prov. müsste es
tnfas (efas) lauten. Das wort gehört zur 111. afr. deklinationsklasse (obl.
etifdnt-*~irifantein — nfr. evfant). — ciels: ebenso lö, 20, 23, 25 ciel mit
diphthoDg ie für gedecktes lateinisches f (li), vgl. auch 23 savier •*—*sopSre,
24 fi^'d •* — fldem mit freiem f, sowie seruier für servir. Der prov kopist,
dem die diphthongen ie für freies f und ei für freies f nicht gt-läufig waren
(prov. fer gegen franz. fier, prov. fe gegen franz. feit), hat allem anschein
nach diphthongen auch da eingesetzt, wo sie ursprünglich nicht hin-
gehörten, ebenso wie er andererseits diphthongische furmen durch mono-
phthongische ersetzt (6en 21 für bien 5, i3, bvna 24 für buone) — 14 soi:
erscheint im prov. als nebentonige form, wofür im franz. si {*—sui, wie
sa<r—sun) — 15 regnevet: osifranzösische form, vgl. oben atüOfdeuenm
Jonas, daza s. 298 eswardeuet Passion.
VI. Leodegarlied.
305
cio fud lothiers fils baldequi.
ille amat deu . lo couit.
roaatq; litteras apresist.
IV Didun lebisq: depeitieus.
lailcomandat ciel reis lothiers.
illo reciut tamben enfist.
ab 0 magis tre semprel mist.
qnil lo doist bien deciel sanier
dondeu seraier por bona fied:
V Et cum illaut doit deciel art.
rendel quilui lo comandat.
il lo reciu bien lo non rit.
cio fud lonx tiemps obse losting.
dens lexaltat cui el seruid
desanct MAXENZ abbas diuint;
Qo fud Lodiers fils Baldequi.
II renamat, Den lo covit,
Rovat qua letres apresist.
19 Didon l'evesque de Peitieus,
Luil comandat eil reis Lodiers.
II lo reciut, tant bien en fist:
Od nn magistre semprel mist,
Qui lo doist bien de cel saveir
Dont Deu servir par buone feit.
25 Et com il Taut doit de cele art,
Eendel qni lui lo comandat.
II lo reciut, bien lo nodrit.
Qo fud loncs tems, ot sei lo tint.
Dens l'exaltat cui il servit:
30 De sant Maxenz abes devint.
16 Lodiers fils Baldequi: der dichter vermischt hier Chlothar IL
(unter dem L. an den hof kam) mit Chlothar III., söhn Chlodwigs IL
und der Baldechildis (unter dem er bisehof von Autun wurde). Bal-
dequi zeigt lehnwörtliche (d. h. aus der lateinisch -chronistischen form
gebildete) gestaltung, erbwörtlich entsteht Baldehelt — Baudeheut (•*— Bal-
dahild) oder Baltelt — Bauteut {<— Baldhild). — 17 ille amat: das
unbetonte pronomen heisst sonst lo in unserem denkmal, daher le
wol für U = len, d. i. l'en, verschrieben ist. — Deu lo couit:
couit zu covir ■<— *cupire ■*— cupere, provenzalisch cobir, französisch
sonst encovir. Sinn: 'er begehrte ihn für Gott' (vgl. KR 6S). —
19 Didon: wieder akkusativ für dativ. — l'ebisque: die form mit b
ist vereinzelt, auch prov. heisst es evesque, ebenso ital. vescovo. —
Peitieus: das lautliche ergebnis von Pictavis wie Angieus von Andegavis,
woraus erst Feitiers — Poitiers und Anglers — Angers durch suffixtausch
entstanden sind. Poitou und Anjou gehen auf Pictavum Andegavum
zurück wie clou auf clatum. Vgl. Förster zu Aiol v. 890. — 23 doist:
aus *docsit für docuit, francisch duist, ebenso 25 doit <~ doctum. — 24 Dont
Deu servir: 'in dem wissen, vermittels dessen (oder: auf welche weise)
in rechter treue Gott zu dienen' (ergänze om suelt 'man pflegt', deveit
'er sollte' od. ähnl). Blosser Infinitiv im abhängigen fragesatz oder relativ-
satz (il ne sait oü s' adresser — il n'a pas de quoi vivre). — 25 l'aut
doit: 'nachdem er (bisehof Dido) ihn hatte unterrichten lassen'. Zu aut
vgl. oben v. 4 sowie Eulalia. — 26 Rendel — comandat: 'gab er (der
bisehof) ihn (Leodegar) dem (ergänze a cel) zurück, der ihn ihm an-
befohlen hatte (d. i. dem könig)', vgl. oben v. 20. Bendel assimiliert aus
rendet 1(6). — 28 9 o — tint: 'das war eine lange zeit, dass (die) er ihn
bei sich behielt'. Wegen des fehlens von que vgl. oben s. 283. —
tiemps: vgl. oben v. 13 ciels.
VoretzBob, Stadium d. afrz. Sprache. 6. Aufl. 20
306
Fünfter Teil: Älteste Sprachdenkmäler,
Der sehluss erzählt leiden und sterben Leodegars, den die
wunder des himmels schon zu seinen lebzeiten als heiligen
kennzeichnen:
XXXVI tnit liomnedeeiel pais.
trestuitapresdreNtauenir.
etso. 1, lisprediat.
dne denilles lucrat.
rendet ciel fruit spiritiel.
quaedeus liaur& pdonat.
XXXVII Et euuruins cü illaudit.
credere nelpot antro qael-
uid.
eil biens quel fist cillipesat.
occidere locommandat.
qaatrom n es itr amist afm ez.
que lui alessunt decoller.
XXXVIII Litres uindrent asc .1.
ius se giterent asospe z
de lor pechietz que aurent
fliz
illos absola etpdonet.
loquarz uns fei nom
auadart
ab UN inspieth lo decoUat
XXXIX Et cü illaud toUut loqueu.
locorps esterasobrelspiez.
211 Tuit li omne de cel paYs
Trestuit §a prisdrent a venir.
Et sa(i)nz Ledgiers les prediat.
Domine Üeu il les lucrat.
Rendiet cel fruit espiritel
Que Dens li auret pardon6t.
217 Et Evruins com il l'odit,
Creidre nel pot entroquel vit.
Cil biens qu'il fist, eil li pesat,
A ocidre lo comandat:
Qnatre omnes i tramist armez
Qui lui alassent decoler.
223 Li trei(8) vindrent a sa(i)nt
Ledgier,
Jus se giterent a sos piez.
De lor pecbiez que aurent
faiz,
II los asolst et pardonat.
Li quarz, uns fei, nom aut
Vadart,
Od un espi6t lo decolat.
229 Et com il aut tolut lo quiev,
Li cors estevet sovrels piez:
212 (a)presdrent: prov. preiron prez^ron, frz. prisdrent pristrent
prirent. Der lautgerechte übergangslaut ist d, vgl. oben s. 159 (cosdre).
Späteres pristrent analogisch nach distrent (mit t wie estre), prirent nach
firent. — 213 les prediat: zu lautform und konstruktion vgl. oben
Jonas 7 pretiet. — 214: zur konstruktion vgl. oben v. 17 covit. — 218:
credere: latinismus. — 219: pesat: vgl. KR 38 penset. — 220: comander
kann den reinen Infinitiv wie den inf. mit a regieren, vgl. oben s. 2S3. —
223 treis: über den analogisch gebildeten rektus trei vgl. oben s. 261. —
226 pardonat: wegen des fehlens von lor vgl. die beispiele zu 87 li
seignat. — 228 inspieth: beim decoler würde man zunächst nicht espiet,
sondern espede erwarten, das aber durch den versbau ausgeschlossen ist
Dass aber mit dem speer auch gehauen und geschnitten werden konnte,
zeigt eine stelle in Isembart und Gormont (v. 390 ff.): Encontremont
drecha l'espiS, — Si l'at fem parmi le chief — Que le heaume ad detrenchi6
— E de l'haubert le chapelier, — Gesqu'al braiel le porfendie — Qu'en
pr6 en chieent les meitiez — En terre en cola li espies. — 229 quea:
VI. Leodegarlied.
307
cio fad lonxdis quenon
cadit.
laisaprosmat quelüifirid :
entro litalia los pez deius.
locorps stera sempresus.
XL Delcorps asaz lauez audit.
et dels flaiels quegrand
sustint.
lanima reciant domine
deus.
als altres sanz ennai encel.
il DOS aind ob ciel senior,
porcui sustinc tels pas-
sioDS.
FINIT. FINIT FINIT
LUDENDO DICIT;
Qo fad loncs dis que ne cadit.
Lai s'aprosmat qui lui ferit:
Entro taillat les piez dejus,
Li cors estevet senapre sus.
235 Del cors assez l'aveiz odit
Et dels flaiels que granz so-
stint.
L'an(e)me reciut domin es Dieus,
Als altres sa(i)nz en vait en cieL
II nos aiut ot cel seignor
240 Por cui sostint tels passions!
vgl. Jonas cheue, beide vermutlich mit k'ev, zwischenform zwischen c'avo
und Uief (vgl. oben s. 143) zu interpretieren, daher auch 225 pechietz ==
pekiets (6. Paris pequiez), nicht = petSiets zu setzen. — 230: e stera:
prov. est^ra ist ursprünglich Plusquamperfekt ('*-~*staverat), das in der
bedeutung des conditionalis verwendtt wird. Franz. würde das der be-
deutung nach hier wol mögliche plusqpf. (vgl. oben Eulalia, dazu KR 115)
vermutlich esturet {•*—*stetuerat f. steter at) lauten, wie perf. estui-<—*8tetui.
Estevet ist die regelrechte ostfranz. entwicklung von stabat (vgl. oben
V. 15 regnevet) und konnte von dem prov. kopisten leicht in estera um-
gedeutet werden. Ebenso v. 234. — 232 ferit: 'geschlagen hatte', vgl.
KR 115. — 233 Entro: aus inter hoc, eigentlich adverb {entro en ciel
bis in den Himmel), hier = entro que (vgl. oben v. 21b) 'bis dass'. —
235 aveiz: -eiz die ursprüngliche, im ostfranz. auch späternoch bewahrte
lautform von -Etis. Vgl. auch KR 56 deüsseiz. — 239 aiut ot: aiut zu
aidier, vgl. KR 243 aie; ot *bei', vgl. die bitte am schluss der Enlalia-
sequenz.
20*
Bibliographischer Anhang.
Vorbemerkung. Die häufiger vorkommenden verlagsorte sind
gekürzt wie folgt: B. = Berlin, Ha. = Halle, Hei. = Heidelberg, L. =
Leipzig, P. = Paris, Str. = Strassburg. — Die für einige Zeitschriften
gebrauchten kürzungen s. unten s. 3 1 3 f. Sonstige kürzungen : DL = Deutsche
Literaturzeitung, LC = Literarisches Centralblatt, Zs. = Zeitschrift. — Die
Exponenten %^,* bezeichnen die aufläge.
A. EinzeHiteratur zu dem Gedicht ron Karls des Grossen
Reise nach Jerusalem und Eonstantinopel.
I. Ausgaben, Bearbeitungen, Übersetzungen.
Chariemagne. An anglo-norman poem of the twelfth Century now first
pnblished with an introduction and a glossarial index by Francisque
Michel. London u. P. 1836.
Karls des Grossen Eeise nach Jerasalem und Constantinopel. Ein alt-
französisches Heldengedicht, herausgegeben von Eduard Koschwitz
(Altfranz. Bibliothek, hgg. von Prof. Dr. Wendelin Foerster. II. band).
Heilbronn, Gebr. Henninger 1880 (ausgegeben 1879).
Vgl. dazu die recensionen: Zs. f. d. öst. Gymnasien 1879, XXXI 195
—200 (Adolf Mussafia). — LC 1880, Nr. 26 (Sg.). — Taalstudie. Tjid-
schrift voor de Studie der nieuwe Talen III 22 — 24 (L. M. B.) — Revue
des Langues Romanes Ille serie, IV 196 (A. Boucherie). — Academy
1881, 19. febr. s. 139f. (H. Nicol). — Magazin für die Literatur des
Auslands 18S0. Nr. 9 (icp.). — Archiv LXIII 451.— ZrP 4(1880)401— 15
(Hermann Suchier). — LgrP 2 (1881) sp. 286 (Edmund Stengel). —
Nordisk tidskrift for filologie 1881, V 171 (Nyrop).
— Zweite, vollständig umgearbeitete und vermehrte Auflag«. Heil-
bronn 1883.
Vgl. dazu die recensionen: DL 1883, sp. 1808 (Morf). — LgrP 4
(1883) 429 (E. Stengel). — Romania 13 (18S4) 126—33 (Gaston Paris). —
Revue critique 1884, Nouvelle s6rie XVIII 149 (A. Darmesteter). —
Revue des Lang. Rom. lUe s6rie, XI 98 (C. C). — American Journal
of Philology IV 501 (H. C. G. von Jagemann).
— Dritte Auflage. L., Reisiand 1895.
Bibliographischer Anhang. 309
Karls des Grossen Reise nach Jerusalem und Constantinopel.
Vierte, verbesserte Auflage. L. 1900 (ausgegeben ende 1901, nach
erscheinen der „Einführung").
Vgl. dazu die recension von Eugen Herzog, LgrP 23 (1902) sp. 16 — 19.
— Fünfte, verb. Auf läge, besorgt von Gustav Thurau. L. 1907.
— Sechster, unveränderter Abdruck der fünften Auflage, besorgt von
Dr. Gustav Thurau, L. 1913.
Bruchstücke in den Chrestomathien (s. n. s. 312) von Bartsch
(v. 435 — 628), Bartsch und Horning (v. 1—166), C16dat (v. 106
—166, 335—483), Constans (v. 453 — 633).
Galiens li restor^s. Schlnssteil des Cheltenhamer Guerin de Monglane
unter Beifügung sämtlicher Prosabearbeitungen zum ersten Male ver-
öffentlicht von Edmund Stengel. Marburg, El wert 1890 (Ausgaben u.
Abhandlungen z. rom. Phil. Nr. 84). Vgl. anm. zu KR 852.
II viaggio di Carlo Magno in Ispagna pubblicato per cura di A.
Cernti. Bologna 1871, 2 volumi. Scelta di cnriositä letterarie inedite
o rare, dispensa 123 e 124. (Die italienische bearbeitung des Gallen).
Eduard Koschwitz, Sechs Bearbeitungen des altfranzösischen Gedichts
von Karls des Grossen Reise nach Jerusalem und Constantinopel.
Heilbronn, Gebr. Henninger 1879. (Enthält 3 franz. prosafassungen,
die kymrische, altnordische und faröische bearbeitung).
Adelbert (von) Keller, Altfranzösische Sagen. 2 bände, Tuebingen
1839—40. 2. aufl. in 1 bd. Heilbronn 1876, s. 19—42.
K. M er wart, Reckenspässe. Eine heitere Märe. Mit Benutzung einer
altfranzösischen Sage. L., Literarische Anstalt 1896 (vergriffen).
Anatole France, Le gab d'Olivier, in: Les Contes de Jacques Tourne-
broche, P. 1907, s. 1—21.
IL Abhandlungen allgemeinen Inhalts.
Amaury Duval, Anonyme auteur du Voyage de Charlemagne ä Jeru-
salem. In: Histoire litt^raire de la France t. XVIII, 704 — 14.
Paulin Paris, Notice sur la chanson de geste intitul6e: Le voyage de
Charlemagne ä Jerusalem. Jahrb. f. rom. u. engl. Litt. I (1859) 198—211.
Gaston Paris, Histoire po6tique de Charlemagne. P. 1865. S. 54—58,
337—44.
, La Chanson du P^lerinage de Charlemagne. Romania 9 (1880) 1 — 50.
, La po6sie du moyen-äge. I. P. 1885 (seitdem öfter neu auf-
gelegt) s. 119—149 (z, t. identisch mit dem Romaniaartikel).
L6on Gautier, Les 6pop6es fran^aises. Etudes sur les origines et
l'histoire de la litterature nationale. II, 260ff., "HI, 270—315.
Heinrich Morf, Etüde sur la date, le caractöre et l'origine de la chanson
du P61erinage de Charlemagne. Romania 13 (1884) 185—222.
310 Bibliographischer Anhang.
Cristöforo Nyrop, Storia dell' epopea francese nel medio evo. Tra-
duzione di Egidio Gorra. Torino 1888. S. 115—120.
Gustav Gröber, Französische Literatur in: Grundriss der romanischen
Philologie II, 1. abteilung s. 4H5f.
Hermann Suchier, Geschichte der französischen Literatur (mit Birch-
Hirschfeld). L. Bibliographisches Institut 1907, 21913. S. 26— 28.
Jules Coulet, Etudes sur l'aacien poeme franQais du Voyage de Ghar-
lemagne en Orient. Montpellier 1907 (Publications de la Soci6t6 pour
l'Etude des Langues romanes).
III. Sprache und Textkritik.
Vgl. die zur ausgäbe angeführten recensionen, namentlich die aus-
führlichen von Mnssafia, G. Paris, Sachier, Herzog.
Eduard Koschwitz, Über die Chanson du voyage de ^Dharlemagne ä
Jerusalem. Rom. Siud. 2, 1—60 (1875), s. 1 — 18 gleichzeitig als Breslauer
Diss. erschienen.
, Überlieferung und Sprache der Chanson du voyage de Charlemagne
ä J6r. et ä Const. Eine kritische Untersnchung. Heilbronn 1876.
E. J. Groth, Vergleich zwischen der Rhetorik im altfranzösischen Rolands-
liede und in Karls Pilgerfahrt, Archiv 69 (1883) 391—418.
Hermann Suchier, La XIV^ laisse du Voy. de Ch., in Le moyen äge
1888, s. lOf.
Joseph Heitmann, Die Pronomina in dem altfranzösischen Epos »Karls
d. Gr. Reise nach Jer. und Const". Progr. d, Realschule Krefeld 1891.
Ovidiu Densusianu, Romania 25 (1886) 481 — 96 (s.u.).
Hugo Andresen, Zur Karlsreise. ZrP 25 (1901) 110-112, 26 (1912) 228f.
Gottfried Baist, Variationen über Roland 2074, 2165 (Beiträge zur Rom.
u. Engl. Phil. Festgabe für W. Foerster. Ha. 1901. S. 221, anm. 2
zu v. 101 ff.).
Antoine Thomas, Sur un vers du Pelerinage de Charlemagne (v. 406).
Romania 32 (1903) 442—44.
Franz Saran, Der Rhythmus des französischen Verses. Ha. 1904, s. 338 ff.
Wendelin Foerster, Der Pflug in Frankreich und Vers 296 in Karls des
Grossen Wallfahrt nach Jerusalem. ZrP 29 (1905) 1—18.
Georg Steffens, Zur Karlsreise (v. 261 und 263). ZrP 30 (1906) 286—94.
IV. Sagengeschichtliches.
Gustav Gröber, ZrP 4 (1880) 469f. (zu G.Paris' Romaniaartikel).
Pio Rajna, Origini dell' epopea francese. Firenze 1884. S. 404 ff., 414ff.
Rudolf Thurneysen, Keltoromanisches. Ha. 1884. S. 18— 20.
G. Osterhage, Anklänge an die germanische Mythologie in der alt-
französischen Karlssage. IL ZrP 11 (1887) 208—11.
Ovidiu Densusianu, Ay meri de Narbonne dans la Chanson du Pelerinage
de Charlemagne. Romania 25 (1896) 481—96. Vgl. dazu G. Gröber,
ZrP 21 (1879) 575.
Bibliographischer Anhang. 311
CarlVoretzsch, Epische Studien I (Ha. 1900)315 (Hngon=Chlodovech).
Joseph Bedier, Legendes 6piqaes IV (Paris 1913) 119— 75 (L'abbeye de
Saint Denis et les chansons de geste).
Zum ritterbrauch des prahlens:
Adolf Tobler, ZrP 4 (1880) 80ff. — Proverbe au vilain, L. 1895, s. 130.
Erhard Lommatzsch, Archiv 134 (1916) 14—27.
B. Literatur zu den ältesten Denkmälern.
Photographien und Faksimiles:
Gaston Paris, Album de la Soci6t6 des anciens textes. P. 1885 (Eide,
Eulalia, Passion, Leodegar, Jonas).
Ernesto Monaci, Facsimili di antichi manoscritti, Eom 1881—92
(Kasseler Glossen, Eul., Passion v. 290—421, Leodegar v. 13—150,
die letzten drei nach G.Paris' 'Album'). — Facsimili di documenti
per la storia delle lingne e delle letterature romanze. I. II. 1911 u.
1913 (115 blätter in kleinerem forraat, in mappe I: Kasseler glossen,
Eide, Eul., Jonas, Leod., Passion).
Ausserdem Eide, Eulalia, anfang von Passion und Leodegar bei Ko sch-
witz (s.u.), dieselben nebst Jonas bei Foerster und Koschwitz
(s. u,), einzelnes in literaturgeschichten und in einzelausgaben.
Ausgaben:
Friedrich Diez, Altromanfsche Sprachdenkmale. Bonn 1846 (Eide,
Eulalia, prov. Boethius). — Zwei altromanische Gedichte. Bonn 1852,
^1S76 (Passion und Leodegar). — Altromanische Glossare berichtigt
und erklärt. Bonn 1865.
Eduard Koschwitz, Les plus anciens monuments de la langue
fraoQaise. Heilbronn 1879, Leipzig '' 1907 (Textes diplomatiques), dazu
Textes critiques et glossaire. Leipzig 21907.
Wendelin Foerster und Eduard Koschwitz, Altfranzösisches
Übungsbuch (Die ältesten Sprachdenkmäler mit einem Anhang), Heil-
broun J8S4, 4. Aufl. Leipzig 1911.
Edmund Stengel, Die ältesten franz. Sprachdenkmäler (Marburger
Ausgaben und Abhandlungen 8). Marburg 1884. ^1901.
Ernesto Monaci, I piü antichi monumenti della lingua francese.
Rom 1894.
Giulio Bertoni, Testi antichi francesi per uso delle scuole di filologia
romanza, Roma-Milano 1908.
Erläuterungsschriften :
Gustav Lücking, Die ältesten franz. Mundarten. Eme sprachgeschicht-
liche Untersuchung. B. 1877.
Ed. Koschwitz, Commentar zu den ältesten franz. Sprachdenkmälern I
(Eide, Eulalia, Joüas, Hohes Lied, Stephansepistel). Heilbronn 1886
(10. Band der Altfranz. BibUothek).
812 Bibliographischer Anhang.
E. Stengel, Wörterbuch zu den ältesten franz. Sprachdenkmälern (Mar-
bnrger Ausgaben und Abhandlungen I 2). Marburg 1882.
Weitere einzelliteratur ist am ausführlichsten verzeichnet im Übungs-
buch von Foerster und Koschwitz, 4. Aufl. (zu beachten die nach-
trage s. 273 flf.). Zu den poetischen denkmälern vgl. noch die
Einführung in das Studium der altfranzösischen Literatur; zu den
Reichenauer Glossen: Wend. Foerster, ZrP 36 (1912) 47—71.
C. Auswahl altfranzösischer Ausgaben zum weiteren
Selbststudium.
Mit rücksicht auf die bedürfnisse des anfängers:
6. Paris, Extraits de la Chanson de Roland, Paris, Hachette. 10. Aufl. 190&
(mit grammatik, anmerkungen, glossar).
0. Schultz- Gora, Zwei altfranzösische Dichtungen. Mit Einleitungen,
Anmerkungen und Glossar. Halle 1899, ^1916 (bes. anmerkungen
syntaktischen Inhalts).
H. Suchier, Ancassin et Nicolette. Texte critique accompagn6 deparadigmes
et d'un lexique, 8^ 6d. Paderborn 1913 (zugleich zur einführung in
die pikardische mundart dienlich).
Textstücke nebst formenlehre und Wörterbuch bei Bartsch,
Chrestomathie de l'ancien fran^ais (lOe ed. p. Leo Wiese, L. 1911), mit
laut- und formenlehre nebst glossar bei Bartsch et Horning, La
langue et la litterature franQaises depuis le 9^ jusqu'au 14« si^cle
(Pa., Str. 1887).
Ausgaben mit reichhaltigem Wörterbuch:
Chanson de Roland p. p. Leon Gautier. Edition classique, Tours
1872 u. ö. (in anglonorm. sprachformen, mit nfr. übers, und sachkom-
mentar), p. p. L6on C16dat, P. *1887 (in francischer mundart).
Wendelin Foersters Crestienausgaben in der Romanischen
Bibliothek {Ha., 1888flf.): Christian von Troyes, Cligös 1888, »1910,
Yvain 1891, *1912, Erec 1896 »1909. Dazu Foersters grosse Crestien-
ausgaben mit kritischem apparat und anmerkungen (CligSs 1S84,
Yvain 1887, Erec 1890, Lancelot und Wilhelm 1899). Foersters
Wörterbuch zu sämtlichen Werken (Rom. Bibl. 21, 1914) und das
Yvainglossar von Alfred Schulze, Berlin 1902. Über die cham-
pagnische mundart s. Foerster im Clig6s und im Wörterbuch.
Ausfiihrliche Wörterbücher bieten auch die meisten bände der von Suchier
hgg. Bibliotheca Normannica (Ha. 1879ff., 8 bände). Wichtig
wegen der eingehenden darstellung der spräche (normannisch): Die
Fabeln der Marie de France, hgg. von Karl Warnke (1898),
dazu die Lais derselben dichterin, hgg. von demselben (1895, '»1900).
Gute Wörterbücher mit etymologien in der Chresthomathie de l'ancien
frauQais von L6on Constans (1885, »1905), in Koschwitz' Les plus
Bibliographischer Anhang. 313
anciens monnments, Textes critiques (s. o.), und in der ausgäbe des
lyrikers Conon de Bethune durch Axel Wallensköld (Helsing-
fors 1891). __^___
Ausgaben mit reichlichen erläuterungen:
La vie de St. Alexis p. p. G. Paris et L. Pannier, P. 1872 und 1887
(wichtig für die principien der textkritik).
Aiol et Mirabel und Elie de St. Gille hgg. von W. Foerster, Heil-
bronn 1876—82.
Eduard Mätzner, Altfranzösische Lieder berichtigt u. erläutert. B. 1855.
Li dis dou vrai aniel (die Ringparabel) hgg. von Adolf Tobler, L.
1872, M884.
Auberee, Altfranz. Fabel, hgg. von Georg Ebeling, Ha. 1895 (in den
letztgenannten bes. syntaktisch wichtige anmerkungen).
D. Encyclopädische und grammatisclie Hilfsmittel.
Grundriss der Romanischen Philologie, hg. von Gustav Gröber,
2 bände in 4 abteilungen, Str. 1888 — 1901. L Band (allgemeines und
sprachen) in 2. aufl. 1906 (für vorgerückte).
Gustav Körting, Handbuch der Roman. Philologie, L. 1896 (zur ein-
führ ung).
Fritz Neumann, Die Roman. Philologie. Ein Grundriss, Leipzig 1886
(unterrichtet kurz sachlich und bibliographisch).
Eduard Koschwitz, Anleitung zum Studium der franz. Philologie,
3. aufl. von Gustav Thurau, Marburg 1907.
Kritischer Jahresbericht über die Fortschritte der Roman. Phil. hg.
von Karl Vollmöller, Erlangen 1890ff. Bisher 13 bände. Kürzung:
Jahresbericht.
Die bekanntesten und auch unter G unten häufiger zitierten Zeit-
schriften sind:
Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Braun-
schweig 1846 ff., hg. von Alois Brandl und Oskar Schultz-Gora.
Kürzung : Archiv
Revue des langues romanes. Paris et Montpellier 1870 flf. Rdlr
Romania, Recueil trimestriel, Paris 1872fF., p.p. Paul Meyer. Rom.
Romanische Studien, hg. von Ed. Boehmer, Strassburg, Bonn, 1875
—1895, 6 bände. Rom. Stud.
Zeitschrift für romanische Philologie, Halle 1876ff., hg. von Eduard
Hoepffner. Nebst jährlichen bibliographischen Supplement-
heften und zwanglos erscheinenden Beiheften. ZrP
Romanische Forschungen, hg. von Karl Vollmöller, Erlangen
1882 ff. Rom. Fo.
Zeitschrift für französische Sprache und Literattir, Oppeln 1880 ff., hgg.
von Dietrich Behrens. ZfSL
314 Bibliographischer Anhang.
Literaturblatt fiir germanische und ronjanische Philologie, hgg. von
Otto Behaghel und Fritz Neumann. L. 1880ff. LgrP
Germanisch - romanische Monatsschrift, hgg. von Dr. Heinrich
Schröder, Heidelberg 1909 flf. GRM
Für die allgemeine und speziell romanische Sprachbetrachtung:
Hermann Paul, Principien der Sprachgeschichte, Ha. 1880, *1909 (vgl.
dazu Fr. Neumann, Roman. Phil. s. 20 ff).
Eduard Wechssler, Gibt es Lautgesetze? Ha. 1900.
Wilhelm Meyer-Lübke, Einführung in das Studium der roman. Sprach-
wissenschaft, Hei. 1901 (Roman. Elementarbücher I, 1), ^1909.
Eugen Herzog, Streitfragen der roman. Philol. L Ha. 1905.
Romanische Sprachen:
Friedrich Diez, Romanische Grammatik, Bonn 1836 — 1844, M876 — 77
(grundlegend für die romanische Sprachwissenschaft).
Wilhelm Meyer-Lübke, Grammatik der romau. Sprachen, 4 bände,
L. 1894—1902. Franz. Übers. 1890— 19U6, 4 bde.
Adolf Zauner, Die roman. Sprachwissenschaft (Sammlung Göschen).
L. 1899, ^1914 (kurz, zur ersten Orientierung geeigoet).
Emile Bourciez, Elements de linguistique romane. P. 1910.
Georg Ebeling, Probleme der romanischen Syntax. I. Ha. 1905.
Latein und Vulgärlatein:
Friedrich Stolz und Schmalz, Abrfss d. latein. Grammatik, in Iwan
Müllers Handbuch d. klass. Altertumswissenschaft II, 2. Abt. '•1910.
Historische Grammatik der lat. Sprache, bearbeitetet von H. Blase,
G. Landgraf n. a, L. 1894 ff., 3 bände.
Raphael Kühner, Ausführliche Grammatik der lat. Sprache, Hannover
1877, 2. aufl. von Holzweissig und Stegmann, 3 bde., 1912 — 14.
W. M. Lindsay, Die lat. Sprache, ihre Laute, Stämme und Flexionen in
sprachgeschichtlicher Darstellung. Übers, von M. Nohl, L. 1897.
Ferd. Sommer, Handbuch der lat. Laut- und Formenlehre. Eine Ein-
führung in das sprachwiss. Studium des Lateins (Indogerm. Lehr-
bücher I, 3). Hei. 1902.
Max Nieder mann, Historische Lautlehre des Lateinischen, ^1911. —
Alfred Ernout, Hist. Formenlehre des Lat, deutsch von Hans
Meltzer, 1913 (beide Heidelberg, Indogerman. Bibliothek IT, 1 u. 5).
Wilh. Meyer-Lübke, Die lat. Sprache in den roman. Ländern, in
Gröbers Grundriss I''', 451 ff.
HugoSchuchardt, Der Vocalismus des Vulgärlateins. 3 bde., L. 1866— 68.
Emil Seelmann, Die Aussprache des Lateins nach physiologisch-
historischen Grundsätzen, Heilbronn 1885.
Bibliographischer Anhang. 315
Gustav Gröber, Sprachquellen und Wortquellen des lat. Wörterbuchs,
in Wölflflins Archiv für lat. Lexikographie I, 35 ff.
, Vnlg'ärlat. Substrate romanischer Wörter, ebenda I— VI.
W. Heraeus und H. Morf, Sammlung vulgärlat. Texte, Hei. 19ü9ff.
Ernst Diehl, Vulgärlat. Inschriften, Bonn 1910.
Friedrich Slotty, Vulgärlat. Übungsbuch, Bonn 1918.
Historische Grammatik u. Geschichte des Französischen:
Hermann Suchier, Die französische und provenzalische Sprache (in
Gröbers Gruudriss, I. band, s. o.). Auch separat, Str. 1906.
Ferdinand Brunot, Histolre de la langue fran9aise des origines ä 1900.
Bisher 3 bände (I. Le moyen äge, IL Le seizieme siecle, III. La
formation de la langue classique, 1600 — 60), Paris 1901 — II.
Kristoffer Nyrop, Grammaire historique de la langue frangaise, bisher
4 bände (I. Hist. g6n. und Phon6cique in 2. aufl., II. Morphologie,
III. Formation des mots, IV. Semantique), Kopenhagen lS99ff.
Arsene Darmesteter, Cours de gram. hist. de la langue frangaise p. p.
Leopold Sudre, 4 bändchen (I. Piionötique, II. Morphologie,
III. Formation des mots et vie des mots, IV. Syntaxe), P., Delagrave,
oft aufgelegt (in umfang und anläge für Studenten und lehrer).
Wilhelm Meyer-Ltibke, Historische Grammatik der franz. Sprache.
I. Laut- und Flexionslehre. Hei. 1908, n913.
Karl Voss 1er, Frankreichs Kultur im Spiegel seiner Sprachentwicklung.
Hei. 1913.
Für teilgebiete:
E. Bourciez, Pr6cis historique de phon6tique frangaise. P. '1907.
Gustav Körting, Formenlehre der französischen Sprache. I. Das Verbum,
Paderborn 1893. IL Das Nomen, ebenda 1S98.
Adolf Tobler, Vermischte Beiträge zur franz. Grammatik, Leipzig,
5 bände: I 1886, ''1902, II 1894, »190t), IIE 1899, ^1908, IV 1908, V 1912.
Josef Haas, Französische Syntax. Ha. 1916.
Altfranzösische Grammatik:
Schwan-Behrens, Grammatik des Altfranzösischen (Laut- und Formen-
lehre), von Ed. Schwan, neu bearbeitet von D. Behrens, Leipzig,
10. verm. aufl. 1914, III. teil 1914 (mundartliche materialien).
H. Suchier, Altfranzösische Grammatik. I. Ha. 1893 (die betonten vokale
i. d. Schriftsprache). Franz. Übers. (Les voyelles toniques) P. 1905.
Benno Röttgers, Die altfranzösischen Lautgesetze in Tabellen. L. 1897.
£. Lexikalische Hilfsmittel.
Mittelalterliches Latein:
Du Gange, Glossarium mediae et infimae latinitatis (zuerst 1678). Editio
nova aucta pluribus verbis aliorum scriptorum a Leopold Favre,
Niort 1883, 10 bde. (bd. IX: Glossarium gallicum).
316 Bibliographischer Anhang.
Romanische Etymologie:
Fr. Diez, Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen, 2 bände,
Bonn 1853, 5. aufl. (von Scheler) 1887 (grundlegend für die romanische
etymologie überhaupt). Dazu index von Jarnik, Prag 1889.
Gustav Körting, Lateinisch-romanisches Wörterbuch, Paderborn 1891,
»1907.
Wilhelm Meyer-Lübke, Romanisches etymologisches Wörterbuch,
Hei. 1911, 10 lieferangen.
Dazu zu vergleichen die arbeiten über die fremden demente im roman.
u. franz. Sprachschatz: Heinrich Berger, Die Lehnwörter in der
französischen Sprache in ältester Zeit, L. 1899, vgl. dazu G.Paris,
Journal des Savants 1900, jetzt G. P., M61anges lingnistiqnes, Paris
1909, s. 315flf. — Theodor Claussen, Die griechischen Wörter im
Französischen. Rom. Fo. 15, 774flf. — Rudolf Thurneysen,
Keltoromanisches , Ha. 1884. — Emil Mackel, Die germanischen
Elemente in der franz. u. prov. Sprache, Heilbronn 1887 (Franz.
Studien VI, 1). — Gottfried Baist, German. Seemannsworte in der
franz. Sprache, Str. 1903 (Zeitschr. f. Deutsche Wortforschung IV). —
Werner Kalbow, Die german. Personennamen des altfranz. Helden-
epos und ihre lautliche Entwicklung, Ha. 1913.
Altfranzösische Wörterbücher:
Fred6ric Godefroy, Dictionnaire de l'ancienne langue frangaise et de
tous ses dialectes du IX« au XV siecle. P. 1881—1902, 10 bände.
Fr. Godefroy, Lexique de l'ancien frangais p. p. les soins de MM. J.
Bonnard et Am. Salmon, P. 1901.
Adolf Toblers Altfranzösisches Wörterbuch, ans dem Nachlass hgg.
von Erhard Lommatzsch 1915flf. Bisher 3 lieferungen (a—apartenir).
Gute dienste leisten auch die Wörterbücher zu den Chrestomathien
von Bartsch, Bartsch-Horning, Constans (s. o. s. 312), sowie ge-
legentlich die älteren Wörterbücher von Du Gange (Glossarium
gallicum s.o.) und La Curne de Sainte-Palaye (Dictionnaire
historique de l'ancien langage frangois, 1756, gedruckt 1882). — Für
das ältere Neufranzösisch: Dictionnaire gSn^ral de la langue
franQaise p. MM. Adolphe Hatzfeld, Arsene Darmesteter et
Antoine Thomas (mit etymologien), P., 2 bde.
F. Altfranzösische Literaturgeschichten.
Histoire litteraire de la France, bisher 32 quartbände, 1735ff.,
jetzt von der Acad. des Inscriptions et Beiles -Lettres in Paris hgg.
(Die umfangreichste darstellung der afr. literaturwerke).
Onstav Gröber, Französische Literatur, in Gröbers Grundriss II. band,
1. abt., s. 433— 1247.
Bibliographischer Anhang. 317
Für weitere kreise:
Sachier und Birch- Hirschfeld, Geschichte der franz. Litteratur (Mittel-
alter von Suchier), L. 1900, '1913, 2 bde. (mit zahlreichen faksimiles
n. ä.).
Histoire de langue et de la litt^ratnre frangaises, pnbliSe soas
la direction dePetitde.Tulleville, 8 bände, P. 1895—99 (gleich-
falls mit faksimiles usw.). Bd. I — II mittelalter, III 16. jahrh.
Kompendien für den gebrauch des studierenden:
Gaston Paris, La litt6ratnre fran§aise au moyen äge (XI«— XIV* siecle),
P. 1888, 4. aufl. (v. P.Meyer und J. B6dier) 1909. Nach gattungen
dargestellt.
Gaston Paris, Esquisse historique de la litt6rature frangaise au moyen
äge (depuis les origines jnsqu'ä la fin du XVe siecle), P. 1907 (hg. v.
P. Desjardins u. P. Meyer). Darstellung in chronologischer Ordnung.
Carl Voretzsch, Einführung in das Studium der altfranz. Literatur.
Im Anschluss an die Einführung in das Studium der altfranzösischen
Sprache. Ha. 1905, 21913.
Ph. Aug. Becker, Grundriss der altfranz. Literatur. I. Teil: Älteste Denk-
mäler. Nationale Heldendichtung Hei. 1907 (Elementarbücher II. 1, 1).
G. Bibliographische Erläuterungen zu einzelnen Kegeln
und Angaben der yorliegenden Einführung.
Systematische bibliographien zur grammatik siehe in den grammatischen
darstellungen von Meyer- Lübke, Suchier, ßrunot, Nyrop, Schwan-
Behrens, dazu die referate in Vollmöllers Kritischem Jahresbericht.
Einzelnes auch in den reiensionen und anzeigen dieses
buches, auf die im folgenden gelegentlich bezug genommen ist:
I.Auflage: K. Vossler, LgrP (s.o.) 22 (1901) sp. 284ff. — Lit. Beüage
zur Köln. Volkszeitung 1901, No. 32, s. 242. — Wallensköld, Neu-
philol. Mitteilungen (Helsingfors) 1901, No. 15. Sept. — 15. Oct. —
S. de Grave, Museum (Groningen) 1901, No. 8, s. 218flF. —
B. Röttgers, Neue Phil. Rundschau 1902, no. 5, s. 108 ff. —
E. Bourciez, Revue critique 1902, no. 17, s. 329ff. — LG 1902,
no. 24, sp. 809f. — A. Tob 1er, Archiv 108 (1902) 255ff. — G.Paris,
Romania (s.o.) 31 (1902) s. 476. — H. Suchier, DL 1902, no. 40,
sp. 2528 ff. — Wawra, Zs. l d. Realschulwesen (1902) 27, 9. —
L. Brandin, Le Moyen-äge 15 (1902) 46 ff. — Kanzler, Südwest-
deutsche Schnlblätter 1903, s. 190f. — Nils Flaten, Modern
Langaage Notes 18 (1903) s. 176ff. — M. Friedwagner, Zs. f. d.
öst. Gymn. 1903, 6. heft, s. 513 ff. — E. Stengel, Jahresbericht 6
(1899—1901) 1, s. 12 n. 319, G. Rydberg, ebenda, s. 214f.
2. Auflage: K. Vossler, LgrP 24 (1903), sp. 401f. — A. Wallensköld,
Neuphilol. Mitteilungen 1904, no. 1, s. 23 ff. — H. Morf, Archiv 111
318 Bibliographischer Anhang.
(1904) s. 465. — B. Röttgers, Neue Phil. Rundschau 1904, no. 5,
8. 113. — A. Jeanroy, Revue criiique 1904, no. 23, s. 453.
3. Auflage: A. Wallensköld, Nenphiiol. Mitteilungen 1907, No. 7/8,
s. 136 f. — A. Jeanroy, Revue eritique 1907, no. 38, s. 238. —
B. Röttgers, Neue Phil. Rundschau 1908, no. 12, s. 277. —Vgl.
noch LgrP 28 (1907) sp. 262, Archiv 119 (1907) s. 267, LC 1907,
sp. 1101 (no. 34).
4, Auflage: A. Wallensköld, Neuphilol. Mitteilungen 1911, No. 7/8,
s. 184— 87. — Meyer-Lübke, LC 1912, sp. 22f. — J. Acher,
Rdir (s.o.) 56 (1913) 118—23. — E. Herzog, Zs. f. d. öst. Gymn.
64 (1913) 150—52.
Bibliographische verweise (solche in eckigen klammem ver-
weisen auf einzelne während der drucklegung erschienene arbeiten):
I.Teil. S. 5 zu I, Auslaut-m: Ernst Diehl, De m finali epigraphica,
Jahrbuch f. class. Phil., 25. Suppl.-Band (1899) 1—327 (vgl. auch des-
selben Verfassers für eine reihe von erscheinungen wichtigen ' Vulgär-
lateinischen Inschriften' Bonn 1910). — S. 6 zu II, ü—>ü: G. Gröber
(s. Koschwitz, Überlieferung u. Sprache s. 36); G. Paris, Rom. 7
(1878) s. 129 f.; Gr. Ascoli, Una lettera glottologica, 1881, s. 19flF.
(deutsch 1887, s. 18f.); R. Thurneysen, Keltoromanisches, s. lOf. ;
H. Suchier in Gröbers Grundriss l^llQt; W. Meyer-Lübke, Ein-
führung« 207 ff., Melanges Wilmotte(19lO) 377 ff., ZfSL41 (1913) Iff.,
44 (1916) 75flf.; E. Philipon, Romania 40 (1911) IflF.; E. Gierach,
ZfSL 40 (1912—13) 103ff.; E. Jacoby, Zur Geschichte des Wandels
von lat. U zn y im Galioromanischen, Diss. B. 1916. — S. 7 zu III,
Endvocale: Shepard, A contribution to the history of the un-
accented vowels in old French, Heidelberger Diss., Easton 1897;
H. Suchier, Gröbers Grnndriss P 7ö2fif.; Hugo Wendel, Die Ent-
wicklung der Nachtonvokale aus dem Latein ins Altprovenzalische,
Tübinger Diss. 1906; H. Herford, Die lat. Proparoxytona im Alt-
pro venzalischen, Diss. Königsberg 1907; J. Cornu, Chute de la
voyelle finale, in M61anges Chabaneau, Erlangen 1907, s. 105 — 117;
A. Wallensköld, Neuphil. Mitteilungen (Helsingfors) 1 SOS, 7— 26. —
S. 8 zu IV, Nasaliernng: die hier gegebene darstellnng im wesent-
lichen nach Suchier, Altfr. Gram. s. 63 (vgl. auch Grnndriss I*,
731 f.). Anders G. Paris, Vie de St. Alexis, s. 82 f., Extraits d. 1. eh.
d. Roland, s. 3 ff., Romania 27 (1S9S) 300 ff. Über die Untersuchungen
von Uschakoff (Helsingfors 1S97), Berghold (Diss. L. 1898) und
Klahn (Diss. Kiel 1898) vgl. die ausführlichen besprechungen von
E. Herzog, ZrP 22 (1898) 536ff , ZfSL 21 (1899) 160ff. und G. Ryd-
berg, Jahresbericht 6 (1899—1901) I, 229ff. — S. 15 zu Charles lil,
Endvokale, vgl. anm. zu 8.7. — S. 18 zu mostier I: über ge-
schlechtswechsel des neutrums siehe W. Meyer(-Lübke), Die
Schicksale des lat. Neutrums im Romanischen, Ha. 1883; E. Appel,
De genere neutro intereunte in lingua latina, Erlangen 1883. Über
Bibliographischer Anhang, 319
sonstigen geschlechtswechsel: H.Sachs, Geschlechtswechsel im Franz.,
Dlss. Göttingen 1886; K. Armbrnster, Geschlechtswandel im Franz.,
Diss. Hei. 18S8; P. Jörfs, über den Genuswechsel lat. Maskulina
und Feminina im Franz., Progr. Ratzeburg 1892. — S. 18 zu mostier III,
Darmesteter'sches gesetz: A. Darmesteter, La protoniqne non
initiale, non en position, Rom. 5 (1876) 140ff.; E. Herzog, Streitfragen
s. lOJfif. Vgl. noch A. Thomas, La loi de Darmesteter en proveD§al,
Romania 2! (1892) 7flF.; A. Fröse, Die lat. Vortonvokale im Altproven-
zaliscben, Diss. Königsberg 1908; A. Stimming, ZrP ,37 (1913) 4«6— 71.
— S 20 « vor s: F. Sommer, Handbach (s. o.) s. 254 flf. — S. 20 Saint
Denis: vgl. Alfred Westholm, Etüde historique sur la construction
du type „li filz le rei" en fran^ais, Vesteräs 1899 (Tb^se de doctorat,
Upsala). A. Tob 1er, Vermischte Beiträge P, 68 ff. Zum lat. Sprach-
gebrauch vgl. Kühner, Lat. Grammatik (s. o.) II l'* s. 376. — S. 24 zu
Rout 1, Verstummen des h: G.Paris, Rom. 11 (1882) 899, ebenda
3ü (1901) 626flf.; G. Gröber in Commentationes Wölfiflinianae, L.
1891, s. 169flf.; F. Sommer, Handbuch s. 2!5flf. — S. 24 und 25: über
die entwicklang von konsonant + hiatus-],* siehe Neumannn in
Miscellanea di filologia linguislica in memoria di N. Caix e ü. A. Canello,
Firenze 1886, s. 167—174. — S.26 zu Rout VII: über Stellung und
bedeutung von re- vgl. Max Meinicke, Das Präfix Re- im Fran-
zösischen. B. 1904. — S. 32: zur entwicklung von -avi, avit vgl.
Meyer-Lübke, Rom. Gram. II, §272, und Suchier im Grund-
riss P, 778. — S. 34: über laut- und bedeutungsentwicklung von caput
vgl. Paul Friedrich Bernitt, Lat. caput und *capum nebst ihren
Wortsippen im Franz., Diss. Kiel 1905. [A. Stimming, ZrP 39 (1918)
129 flf. erklärt chieu lür das lautgesetzliche ergebnis von caput, chief
für eine neubildung]. — S. 36: Über die romanische vokaldehnung
und -kürzung: Bernhard tenBrink, Dauer und Klang im Alifranz.,
Str. 1879, dazu Suchier, ZrP 3 (1879) 135—43, u. E. Mackel, ZrP 20
(1896) 514—19. — S. 88 — 39: Über auslautendes -t s. G.Paris,
St. Alexis s.34f; Suchier, Reimpredigt (Blbl. Norm. I) s. XXI f. — S 40
zu aveir mit partizip: Thielmann, Archiv f. lat. Lexikographie 2
(1885) 372flf., 509 flf.; J. Busse, Die Kongruenz des Part. Prät. in aktiver
Verbalkonstruktion, Diss. Göttingen 18'52; E. Herzog, 26. Beiheft
zur ZrP (1910) 106 ff. — S. 42: über son für sa nach ante vokalischem
bon — bonne vgl. E. Herzog, ZrP 20 (1896) 84-85, Jahresbericht
13 (1911/12) I 188—90; P. Högberg ZrP 36 (1912) 491 ff , 37 (1913)
382f., Voretzsch ZrP 36, 60of , 37, 38:if. — S. 44 e protheticum:
die neue erklärung bei E. Herzog, Streitfragen (oben D) § 31 (s 45) —
S. 48 übergangslaut t zw. l, n — s: vgl. H. Schuchardt, Romania 3
(IS74) 2^5, G. Gröber, ZrP 6 (1882) 486, Koschwitz, Überlieferung
(s. oben A) s. 64, und Kommentar zu den ältesten franz. Sprach-
denkmälern (Altfranz. Bibl. 10) s. 78. — S. 60: über duc als lehnwort
vgl. noch Berger, Lehnworte (s. oben E).
S. 52 zu demeines III: vgl. zum lautwandel W. Foerster, ZrP 13
(1889) 533—43; über das grundwort vgl. G. Cohn, Suffixwandlungen
320 Bibliographischer Anhang.
im Vulgärlatein (1891) s. 169, Dictionnaire g6n6ral (s. oben s. 316)
unter domaine, Meyer-Lübke, Einführung *241; annähme eines
präfixtausches bei Schwan-Behrens" s. 15. — S. 53 zu ftarons:
C. A. Westenblad, Baro et ses d6riv6s dans les langues romanes,
üpsala 1910 (thöse de doctorat); Fr. Settegast, ZrP 37 (1918)
186 — 95. — S. 55: zum suffix -arius vgl. über die älteren Unter-
suchungen von A. Zimmermann (Diss. Hei. 1895), H. Morf
(Archiv 1895, bd. 94), G. Körting (ZfSL 1895, bd. 17), E. Staaff
(Diss. Upsala 1896) die referate von Meyer-Lübke, Jahresbericht 4
(1895—96) I, 102flF., und Risop ebenda I, 221ff. Ferner A. Thomas,
Romania 31 (1902) 491 ff., und Suchier, Grundriss I", 796f., zuletzt
R. Haberl, ZrP 34 (1910) 129ff. — S. 60 germ, w->gu: vgl. noch
Wallensköld, Rec* s. 184f., J. Schwarz ZrP 36 (1912) 236ff. —
S,64f. bedingte diphthongierung: vgl. Voretzsch in Forschungen
z. Rom. Phil., Festgabe für H. Suchier, Ha. 1900 (auch sep.), s. 575£f.,
Meyer-Lübke, Sitz.-Berichte d. Akad. d. Wiss. B. 1916, XIII 342 flf. —
S. 67 Umlaut (s. auch fut s. llf.): vgl. W. Foerster, ZrP 3 (1879)
481ff. Fr. Neumann ebenda 8 (1884) 259ff., dazu d'Ovidio ebenda
476f. Ferner Voretzsch, Forschungen z. Rom. Phil, (s.o.) s. 634 ff. (60 ff.),
E.Herzog ZfSL 23 (1901) 301ff., Savj-Lopez, Dell' „Umlaut*
provenzale, Budapest 1902, H. Suchier, Grundriss I", 730; zu
ebrium—fivre Meyer-Lübke ZrP 36 (1912) 230—32. — S. 74f. zu
-abula — abla: über das nebeneinander von synkopierten und nicht-
synkopierten worten im latein s. Sommer, Handbuch s. 146ff., bes.
über tabula Gierach (s. folg. anm.) s. 81 f. — S.'78 dame: über den
fall der pänultima s. E. Gierach, Synkope und Lautabstufung,
24. Beiheft zur ZrP (1910), Karl v. Ettmayer, Archiv 128 (1912)
127 — 42, [A. Stimming ZrP 39, 145ff.], dazu die oben zu s. 7 angeführte
lit. — S. 79 entwicklung vonwn: Klahn, Über die Entwicklung
des lat. primären und secundären mn im Franz., Diss. Kiel 1898. Vgl.
auch anm. zu s. 8 nasalierung. — S. 88 encore: über ore = ha(c) hora
Suchier, ZrP 3 (1879) 149, über *antque = atque Havet, Rom. 8
(1879) 93, Gröber, Archiv f. lat. Lexikographie 1,241, im übrigen
vgl. Körting, L.-R. Wb., zu hie haec hoc und ad hanc horam,
Meyer-Lübke, REWb uater *anque. — S. 92 espiet; über die
formen des wortes s. Suchier, ZrP 1 (1877) 429—31. — S. 94 sage:
über das Verhältnis zu sapidus s. H. Schuchardt, Romanische Ety-
mologien, i. d. Sitzungsberichten d. phil.-hist. Klasse d. Wien. Akad.
d. Wiss., bd. 138 (1898) und ZrP 27 (1903) 110—12; Adolf Horning,
Die Behandlung der lat. Proparoxytona in den Mundarten der Vogesen
u. im Wallonischen, Progr. Str. 1902; E. Herzog, Archiv 109 (1902)
130 ff. — S. 95 folement: zur lat. adverbbildnng mit mente vgl. noch
Leo Wiener, ZrP 37 (1913) 576—79. — S. 99 trop: über germ. ^ro^
vgl. Theodor Braune, ZrP 22 (1898) 212—15. — S. 100 poez II:
über -ez für -eiz vgl. Meyer-Lübke, ZfSL 44 (1916) 85—91.
S. 103 sai: Neumanns fassung der regel über labial 4-i siehe
ZrP 14 (1890) 566. —je: vgl. zuletzt Rydberg, Zur Geschichte des
Bibliographischer Anhang. 321
trauz. a il. 4. Monosyllaba: lat. eyo, Upsala lUOH. — S. 106 fait: vgl.
wegen fait — piaist H. Suchier, Grundriss I^, 774; wegen kon-
traktion von ai zu e W. Foerster, Clig6s 1884, s. LVIIIff. —
S. 106 Objektsprädikatsnomeu im rektus statt obliqnus:
vgl. A. Tobler, Dis dou vrai aniel (oben unter C) zu v. 147, dazu
Verm. Beitr. II», 65ff. — S. 109 sor->8ur: vgl. Rydberg, Jahres-
bericht 6 (1899—1001) I, 225—27, auch Wallensköld Rec. 1901
s. 13. — li: vgl. über li und lui G. Rydberg in Bausteine zur Roman.
Philologie, Festgabe f. Adolf Mussafia, Ha. 1905, — S. 111 correciez:
die Paris'sche etymologie siehe Romania 28 (1899) 287—89. Zum
zwisehenvökal s. noch A. Stimming ZrP 37 (1913) 470f. — S. 113 meta-
thesis von sc: diese erklärung wird von G.Paris, Romania 18
(1889) 157, und A. Wallensköld (in d. M^langes Wahlund, Mäcon 1895,
s. 145 flf.) vertreten. Vgl. weiter G. Rydberg, Jahresbericht 6
(1899 — 1901) I,235f. und Meyer-Lübke, Eist, franz. Gram. I*
s. 161 f. [Gegen die metathesis neuerdings auch A. Stimming
ZrP 39, 137 ff., der vor s früheren fall des endvokals als im auslaut
annimmt: lacus —>■ laes —-*' lais, laeum —*■ lacu -^ *lau]. — Vhev Fran-
ciscum (nicht "" Francensem) als etymon von Franceis s. Suchier,
Grundriss I, 624, ^^789 anm. — S. 115 zu otrent IV (s der 1. person):
R. Schubert, Probleme der bist, franz. Formenlehre I, B. 1906, s. 1 ff.,
F. Sandmann, Zur Formenlehre des Verbums im Neufranz., Diss.
Giessen 1909. — S. 117 car bei auffordernng oder wünsch: vgl. Diez,
Roman. Gram. III*, 2l4f., über kausales aar Tobler, Verm. Beitr.
in, 79, 290, Meyer-Lübke, Rom. Gram. III § 585, Ebeling, Probleme
s. 154. — 8.120 porterons: über die herkunft der endung -ons
s.Meyer-Lübke und G. Paris, Romania21 (1892) 337ff., FranzSette-
gast, ZrP 19 (1895) 266 ff.; F. G. Mo hl, La premiere personne du pluriel
en galloroman, Prag 1900, dazu G.Paris, Rom. 30 (1901) 578ff., und
Rydberg, Jahresbericht 6 (1899—1901) T, 206 ff.; zuletzt H. Suchier,
Grundriss I^ 775 f. — ensemble: etymon inseniel belegt von Hamp,
Archiv f. lat. Lex. 5, 364, vgl. Gröber ebenda 3, 268 u. 6, 391, über
altlat. s^mol Meyer-Lübke, Grundriss P, 488. — S. 123 töttus: vgl.
E. Gier ach, Synkope s. 21f.; die ältere erklärung aus Hottotus bei
Karsten, Zur Gesch. d. altfranz. Konsonantenverbindungen, Diss.
Freiburg 1884, s. 24f., und Gröber, Archiv f. lat. Lex. 6, 129; sehr un-
wahrscheinlich ist R. Haber Is erklärung aus totus als lehnwort (ZrP
34, 1910, s. 37 f.). — S. 126 donc aus a tunc: s. Tobler, Rec. s. 258. —
S. 129 trencherai vos: über die Stellung der objektsprono-
mina in historischer entwicklung s. Meyer-Lübke, ZrP 21 (1897)
313ff. — S. 131 riche: vgl. noch Rydberg, Zur Gesch. des franz.
9 I, 95. Durch Übertragung aus dem feminin erklärt die maskülinform
H. Suchier in Miscellanea linguistica in onore di Gr. Ascoli, Torino
1901 (Estratto s. 5—7). — S. 133 deniers: vgl. G. Beiz, Die MUnz-
bezeichnungen in der altfr. Literatur, Diss. Strassburg 1914. Zum
kopfzins und tribut: Rolf Seyfang, Quellen u. Vorbilder des Epos
Gaufrey, Diss. Tübingen 1908, s. 72—89. M. Dreyling, Die über-
VoretzBch, Studium d. afrz. Sprache. 6. Aufl. 21
d22 Bibliographischer Anhang.
triebene Verkleinerung im altfr. Karlsepos, Diss. Marburg 1S8& (Marb.
Ausg. u. Abh. 82). — S. 134 Mais: über die bedeutungsentwicklung
Tobler, Verm. Beitr. III, 68ff., bes. 82ff., nsff. a. 93ff., dazu
J. Melander, Etüde sur Magis et les expressions adversatives dans
les langues romanes, Diss. Upsala 1916. — S. 135 ost: über lat. hostis
vgl. Du Gange, Glossarium, über afr. ost Schultz-Gora, Archiv
134 (1916) 139—43. — S.137 que: vgl. zu. quem — que Jeaujaquet,
Recherches sur l'origine de la eonjonction que, Diss. Zürich 1894;
vgl. noch R. L. Graeme Ritchie, Recherches sur la syntaxe de la
eonjonction ,Que" dans l'ancien francais, These, Paris 1907.
II. Teil. S. 140fif.: zu den hier behandelten allgemeinen fragen vgl.
die oben unter D aufgeführte literatur, über die Schicksale der
germanischen und griechischen laute die unter E genannten
Untersuchungen von Mackel, Baist, Kalbow, Claussen. — S. 160 flf. zum
accent: G. Paris, Sur le role de i'accent latin dans la langue fran^aise,
P. 1862, — S. 164: zur accentverschiebung innerhalb von
diphthongen vgl. Suchier, ZrP 2 (1878) 292f., Neumann,
ZrP 14 (1890) 547; zu den gleiteworten mit muta 4- r Neumann,
ZrP 20 (1896) 519—22, G.Paris, Rom. 26 (1897) 140f., Meyer-
Lübke, Einführung -114.
III. Teil. S. 180 : zum gebrauche vonmercit in"der anrede vgl. H. S u c h i e r,
ChanQun de Guillelme (Bibl. Norm. VIII) zu v. 72. — S. 182 zu v. 33
sui: Suchiers erklärung aus sgo siehe Altfr. Gram. § 33, Grundriss
P, 773, auch Rec. (D. Litz.). — cuidai: cUgito setzt Foerster,
ZrP 2 (1878) 169, an, während er ZrP 3 (1879) 601 die formen cuit usw.
als belege für den nmlaut anführt, den auch Suchier, Altfr. Gram.
§24, Gruüdriss I-, 730 annimmt; Neumann vermutet mit Paul
Marchot (Petite phonetique du frangais prelitteraire I, Fribourg
1901, s. 85) und Meyer-Lübke (Rom. Gram. I, s. 140) anpassnng
von *coidier an voidier (*vocitare) — vuide; für vulgat. *cügito auch
A.Thomas, Rom. 34 (1905) 332. Über die entwicklung von g — t
—>id s. Gierach, Synkope s. 53 f. — S. 183 joer: vgl. H. Suchier,
Altfranz. Gramm, s. 36 f. (§26); Fr. Neumann, Lat. aitca —> altfr. oie,
oue und Verwandtes, in Beiträge z. rom. u. engl. Phil, Festgabe f.
W. Foerster, 1902, s. 247—52 (erklärt die formen mit i für regelrecht,
dagegen G. Paris, Romania 31 (1902) 617f.); Meyer-Lübke, ZrP 26
(1902) 727—32; Josef Bruch, ZrP 36 (1912) 312—31, dazu Ernest
Langlois, Rom. 41 (1912) 605—7. — S. 184 larrai: s. Meyer-
Lübke, Rom. Gram. II s. 269 (§ 235) u. Franz. Gram. s. 43 u. 215,
Thomas, Essais de philologie frangaise (Paris 1897) s. 322 ff., Nyrop,
Gramm. II s. 154f. — S. 186, zu v. 39 Non bei verbalformen:
vgl. Diez, Rom. Gram. III* 436; F. Perle, ZrP 2 (1878) Iff., bes.
a.2. — ferez: vgl. im allgemeinen Rydberg, Le d6veloppemeut de
facere dans les langues romanes, these p. 1. doctorat, P. 1893; wegen
ferai s. G. Paris, Rom. 22 (1893) 570, die erklärung von Neumanns
Schüler Friedmann bei Frau Eckardt, Beitr. zu einer Gesch. der Klang-
Bibliographischer Anhang. 323
veräuderungeu altfr. Vortonvokale , Diss. Hei. 1904, s. 47. — S. 187
puls: die älteren erklärungen siebe bei A. W^allensköld i. d.
M61ange3 Wahlund (oben zu s. 113) s. 152 f.; über *possio Voretzsch
in Forschungen z. roman. Phil., Ha. 1900, s. 605, so jetzt auch Snchier,
Grundriss I'^ 773. — S. 188 trover: s. die letzten erörterungen über
Hropare und turbare bei Schuchardt, Romanische Etymologien II,
Wien 1899 (i. d. Sitzungsber. d. Kais. Ak. d. W.), ZrP 27 (1903) 97 ff.,
101 ff., 28 (1904) 36 ff., 31 (1907) 5 ff., 34 (1910) 377 f.; Baist, ZrP 24
(1900) 410; Meyer-Lübke, LgrP 22 (1901) 117—19; Thomas,
Romania31 (1902) 6ff., 625ff.; A. Kluyver, Rom. 38 (1909) 137. —
S. 189 cele: vgl. Charles E. Mathews, Cist and CiL A syntactical
study. Baltimore 1907. — S. 192 dcl: die richtige erklärung des nfr.
du bei Rydberg, Jahresbericht 6 (1899—1901) I, 225—27. — Hugon:
vgl. G.Paris, Les accusatifs en -ain, Rom. 23 (1894) 321—48 (hier
die gesamte ältere lit), E. Philip on, Les accusatifs en -on et en
-ain, Rom. 31 (1902) 201—51, Suchier, Grundriss I^ 827—29,
Salvioni, Rom. 85 (1906) 190 — 257, zuletzt und abschliessend Jakob
Jud, Recherches sur la genese et la diffusion des accusatifs en -ain
et en -on I, Halle 1907. — S. 194 v. 50 com: vgl. G. Pirson, Quo-
modo en latin vulgaire, in Philologische u. volksknndliche Arbeiten,
Festgabe für Karl Vollmöller, Erlangen 1908, s. 164—71. — S. 195:
über akkusativ nach com siehe W. Foerster zu Aiol 6245 und
Ivain 1322 (1327), E.Herzog, LgrP 24 (1903) 17, Suchier, Changan
de Guillelme s. XXVII. — savrai: Neumann, ZrP 14 (1890) 558,
Foerster, Cliges^ (Rom. Bibl. 1) s. XLIV, Suchier, Grundriss I^,
836. Vgl. auch F. Holle, Avoir und savoir in den altfr. Mundarten,
Diss. Marburg 1900. — v. 52: men gonge: die herleitung aus *menti-
tionica bei Tobler, Rec. s. 258 [dagegen neuestens auch A. Stimmin g,
ZrP 39,148]. — S. 196 estes: s. G.Paris, Rom. 21 (1892) 353ff.);
auf lautlichem wege will A. Wallen sköld, Nenphil. Mitteilungen
1908, 8. 23 ff., die erhaltung des -e- erklären.
S. 200 V. 65 sale: vgl. E. Mackel, ZrP 20 (1896) 514ff. (dazu
lit. oben zu s. 36). — s'en est retornez: über die kongruez des
particips bei reflexiven verben siehe A. Tobler, Verm.
Beitr. IP, s. 65ff. Beispiele für avoir bei reflexiven gibt Tobler,
Dis dou vrai aniel, zu v. 166. — menez: zum bedeutungswandel s.
Meyer-Lübke ZrP 35 (1911) 242. — S. 201: die zwölf pers: vgl.
G. Paris, Histoire poötique de Charlemagne, Paris 1865 (1905) s. 416ff.,
507; Pio Rajna, Origini dell' epopea francese, Florenz 1884, s. 417ff.;
Voretzsch, Epische Studien I, Halle 1900, s. 83 ff. Über die zugrunde
liegenden germanischen namen siehe W. Kalbow, Die germ. Personen-
namen des altfranz. Heldenepos und ihre lautliche Entwicklung. Ha.
1913. — S.20H petit: vgl. über das keltische grundwortT hur neysen,
Keltoromanisches s. 71f. — S. 204 aler: über die keltische herleitung
von aller siehe Thurneysen, Keltoromanisches s. 31 ff., die übrigen
etymologien siehe bei G. Stucke, Französisch aller und seine Ver-
wandten, Diss. Hei. 1902, Körting, Lat.-rom. Wörterbuch 3, Meyer-
21*
324 Bibliographischer Anhang.
Liibke, ßoia. Et. Wörterbuch unter ambulare: L. Wieuer, ZrP 36
(1912) 385 flf., 37 (1917) 569 flf. -- v. 71 feiz: die satzphonetische er-
klärang von F. Holthausen s. ZrP 10 (1886) 292 f., die aus deutsch
fart von F. Settegast ZrP 37 (1913) 197-99. — S. 205 mei i
covient aler: über den acc. c. inf. s. Erwin Stimmin g, Der Accu-
sativus cum infinitivo im Französischen, 59. Beiheft zur ZrP, Halle 1915;
über die impersonalia Kj eilmann, La constructiou de Tinfinitif d6-
pendant d'une locution impersonelle en fran^ais, Diss. üpsala 1913. —
V. 73 chameilz: vgl. über buchworte mit anlautendem cha- Meyer-
Lübke, Rom. Gram. I § 23, und H. Berger, Lelinworte s. 13 u. 78. —
S. 207 entre — et: vgl. Diez, Roman. Gramm. III* 408f., Foerster
zu Aiol 2167 (s. 462), Tobler, Verm. Beitr. I^ 273f., G. Ebeling,
Probleme s. 166flF. — S. 209 faldestuelz: vgl. E. Mackel, Germ.
Elemente s. 30. — v. 87 li seignat: vgl. Tobler, Verm. Beitr. V 429,
Ebeling, Auberee s. 137 flf. zu v. 655, zum weiteren Tobler, Verm.
Beitr. P 111— 13. — S. 210 v. 95 vez: Tobler, Rec. s. 258, W. Foerster,
Aiol, Anm. zu v. 1428. — v. 96 oitante: über die zehnerzahlen
Rydberg i. d. Melanges Wahlund (s.o.) s. 337flF., und Jakob Jud,
Die Zehnerzahlen i. d. rom. Sprachen, Halle 1905 (i. d. Festgabe für
H. Morf, Aus rom. Sprachen u. Lit., auch separat), dazu Morf, Archiv
115 (1905) 26 flf.; die herkunft der gewöhnlich für keltisch erklärten
zählweise nach 20 {quatre-vint) ist unsicher, vgl. Margarete R Osler,
Das Vigesimalsystem im Roman., 26. Beiheft zur ZrP (1910) 187 ff. —
S. 213, V. 106 etce: vgl, über das schwierige wort Snchier, Afr.
Gram, s. 38, Brand, Studien zur Geschichte von inlautendem qu in
Nordfrankreich, Diss. Münster 1897, Clara Hürlimann, Die Ent-
wicklung von lat, aqua in den romanischen Sprachen, Diss. Zürich 1903,
Fr. Frademann, Die Entwicklung der lat. Lautverbindung qu
(= k + u) im Französischen, Diss. Kiel 1904, s. 27 ff. — Über ver-
stummen des -e nach vokal s. Tobler, Versbau* 39ff. — S. 215,
V. 112 genz: die neue erklärung von K. v. Ettmayer s, Archiv 128
(1912) 138. — V. 115 firent: vgl. noch Adolf Mussafia, Rom. 27
(1898) 290f. — S. 216, v. 116f, doze-trezime: zur entw, der
ordinalsuffixe s, Paul Marchot, ZrP 21 (1897) 102ff,, und Erik
Staaf, Le suffixe -ime, -ieme en frangais, Stockholm 1S98 (Separat-
abdruck), dazu E. Herzog, ZfSL 21, 165 ff., Rydberg, Jahres-
bericht 6 (1899—1901) I, 279ff., vgl. auch Thomas, Rom. 30 (1901)
398 ff.; wegen des^rMeyer-Lübke, Einführung" 28 f., Franz. Gram.
§ 124, Gierach, Synkope 161. — S. 219, zu v. 127 wer: zum
fehlen des artikels überhaupt vgl. Tobler, Verm. Beitr. IP
108 ff., Gustav Humpf, Beiträge z. Gesch. des bestimmten Artikels im
Franz., Diss. Marburg 1904. — S. 220, znv.m a pou que: vgl.Tobler,
Verm. Beitr. P 57 ff. Zur lautentwicklung s. die lit, zu v. 32 joir,
dazu Haberl, ZrP 36 (1912) 309 [neuestens noch A. Stimming
ZrP 39 (1918) 138]. — S. 221, zu v. 138: avueet—ab hoc vertritt
Elise Richter, ZrP 26 (1902) 532ff., und Ab im Romanischen,
Ha. 1904, s. 103; dagegen (mit anderer begründung als oben) Gustav
Bibliographischer Anhang. 325
Konkai, Etymologische Streifzüge, Wien 1911, s. 3 — 6. — zu v. 139
escientre: die erklärung aussciewferbeiTobler, Rec. s.258. — S.223.
zu 150 rovet: vgl. Foerster, ZrP 3 (1879) 259, Meyer-Lübke
ebenda 11 (1888) 539. — S. 224 zn 166 Ven: s. Tobler, Vers-
bau* 59. — V. 168 le mielz: s. Tobler, Verm. Beitr. Il48flf.,'* 55ff. —
S. 228, zu V. 212 maintes: vgl. Thurneysen, Keltoromanisches
s. Iü5f., Dictionnaire gen^ral I unter maint, Wallensköld,
Neuphil. Mitteilungen 1910 Nr. 1/2 s. 16. — zu v. 217 estuet: vgl.
Suchier, Grundriss P 8031, auch Miscellanea Ascoli (oben zu s. 131);
Tobler, Ztschr. f. vgl. Sprachforschung 23, 421, dazu Sitznngsber. d.
kgl. preuss. Ak, d. Wiss. zu Berlin 1902, VIII, s. 6f. anm.; Walberg
Rom. 40 (1911) 610—17. — S. 230, zu v. 234 U: über den dativ
vgl. Tobler, Verm. Beitr. II, 167 fif., ^ 200 ff. — zu v. 239 parsom:
vgl. A. Tobler, Verm. Beitr. V 362f. über parmi, erimi, enson. —
zu V. 243 aie: vgl. Cornu, Romania 7 (1878) 420ff., Foerster,
ZfSL 20 (1898) II 113 ff. [A. Stimming ZrP 39, 151 nimmt eine gallo-
romanische nebenform attare an]. — crient: vgl. Körtings Wb.
unter quiritare, Ferd. Holtbausen in Indogerm. Forschungen 14
(1902) 339 ff.; Meyer- Lübk es sprachgeographische bedenken (Unter-
suchungen und Quellen z. germ. u. rom. Püil., Joh. von Kelle dar-
gebracht, Prag 1908, s. 77 f.) reichen allein nicht aus, die neue
etymologie unmöglich erscheinen zu lassen. — S. 232, zu v. 247 nule
rien: vgl. Tobler, Rec. s. 259. — zu v. 253 sont desevret:
*8eperare mit Wallensköld Rec. 1911, s. 186. — zu v, 257 avuegle:
siehe Herzog, ZrP 26 (1902) 732f., dazu 0. Gerloff ebenda 30
(1906) 85. — S. 234, zu v. 803 veant: über das Verhältnis von
gerundium u. part. präs. s. Tobler, Verm. Beitr. II, 32ff., ^36 ff.,
bes. 51 f. — zu V. 807 los: s. Tobler, Rec. s. 259, auch Wallen-
sköld, Rec. 1901 s. 14. — S. 235, zu 816—20 widerholungs-
laissen: vgl. Einf. i. d. Stud. d. altfranz. Lit. 2i89f. und die dort
angeführte lit. [dazu W. Mulertt, Laissenverbindung u. Wiederholungs-
laissen im afr. Heldenepos, Diss. Ha. 1918]. — S. 237, zu v, 837
viele — rote: vgl. J. Levy, ZrP 35 (1911) 494. — S. 238, zu v. 848
avoir bei reflexiven: beispiele bei Tobler, Vrai aniel, zu v. 166. —
zu 852 Galien: s. die ausgäbe oben unter A. — S. 239, zu 861
regnez: vgl. Suchier, Altfr. Gram. s. 6, Berger, Lehnworte s. 227 f.,
284. — V. 865 at Dieu preii6t: über die altfranz. möglichen kon-
struktionen von preiier s, Ebeling, Auberöe s. 62 zu v. 21.
IV. Teil. S. 255 über den genuswechsel siehe die zu s. 17 (v. 1
mostier) citierte lit. — S. 268 über das feminin -s siehe Suchier,
Grundriss I« s. 787f. (anders Foerster, Clig^s 1884, s. LXXV). —
S. 259 zur komparativbildung: Eduard Wölfflin, Lat. und
roman. Comparation, Erlangen 1879; A. Wallensköld, La con-
strnction du complement des comparatifs dans les langues romanes,
Helsingfors 1909 (Extrait des M6moires de la Sociöte n^ophilo-
logique V). — S. 264 Demonstrativ- und relativpronomina:
vgl. noch Rydberg, Geschichte des franz. ,> II 5 (1907), dazu oben
326 Bibliographischer Anhang.
zu 8.109 li. — S. 273 teilungsartikel: vgl. Elsbeth Appel, Bei-
träge zur Geschichte der Teilnngsform im Franz., Diss. Münster 1915. —
S. 277 Ausnahmen von der inversionsregel hat Ebeling,
ZfSL 25 (1903) II, 10 f. zusammengestellt. Vgl. noch Heinrich R a b e ,
Die Inversion des Subjekts im Französischen des XIX. Jahrhunderts,
Diss. Tübingen 1910; W. Kropmann, Die Inversion des Subjekts
im Franz., Diss. Göttingen 1910.
Anhang zum Text.
Die I. Laisse nach der Handschrift.
(Diplomatischer Abdruck.)
Der folgende abdruck soll eine vergleichung des hergestellten kritischen
textes (oben s. 176) mit den sprachformen und Schreibarten der handschriften
ermöglichen. Die abkürznngen derselben sind beibehalten (sog. diplo-
matischer abdruck), es sind die auch in anderen hss. üblichen: ' = re
oder er; ä, e usw. = an, en usw., mt = ment. — Vokal über der linie bez.
vorausgehendes r (p^st = prist) oder u (q»nt = quant). — o = us oder os
(pP=plus, u^ = vus, vos); g = con, com, co (gsilers = conseilliers);
p == per, par; g = por, pour; 7 (oder &) = et, ed, e; mVt = molt. —
Zwischen u imd v, i und j wird nicht unterschieden (uus = vits — vos,
iur = jur — jorn, vncore = uncore). — Eigentümlichkeiten des anglo-
normannischen sind besonders m für p, e für ie, aun für an, ca neben eh.
1 Un iur fu karleun al seint denis muster
Keout p'se sa eorune en eroiz seignat sun chef
E ad ceinte sa espee li ponz fud dormer
Dux i out 7 demeines e baruns e cheualers
5 Li emperes reguardet la reine sa muillers
Ele fut ben eorunee al plus bei et as meuz
II la prist par le poin desuz un oliuer
De sa pleine parole la p'st areisuner
Dame ueistes unkes hume nul de desuz ceil
10 Tant ben seist espee ne la grone el chef
Uneore cunquerrei io citez ot mun espeez
Gele ne fud pas sage folement respondeit
Empere dist ele trop uus poez p'iser.
Vncore en sai io un ki plus se fait leger
Bibliographischer Anhang. 327
15 Quant il porte corune ent^ ses cheualers
Kaunt il la met sur sa teste pl9 belemet lui set
Q*nt lentend charle mult est curecez
Pur f^'nceis ki loirent ml't est enbrunchez
E dame u est eil reis Kar le menseinez
20 Si porterü ensemble les eorunes as cheis
Si i serrünt uos druz e tuz uos 9 silers
Jo maund'ai ma court de mes bons cheualers
Si f'^nceis le me dient dune le ot' io ben
Se uns me auez iTitid u^ le cüpez eher
25 Trencherai u^ la teste od me espee daeer
Empere dist ele ne u^ en eurucez
Plus est riebe de auer dor e de deners
Mais nest mie si pruz ne si bon cheualers
Pur ferir en bataile ne pur encaucer
Q^nt ce out la reine ke eharles est si irrez
31 Formt sen repent uuelt li chair as pez
Wörterbuch.
Das Wörterbuch enthält sämtliche in den texten vorkommenden Wörter,
jedoch sind die pronominalformen sowie die verschiedenen flexionsformen
von Verben und Substantiven oben unter den paradigmen zu suchen.
Nomina sind hier lediglich in der form des obliquus, verba in der des
Infinitivs aufgeführt. Starke verba sind mit st., sehwache mit sie. und der
nnmmer der konjugationsklasse, substantiva mit m. (mask.) oder f. {fem.),
die maskulina noch mit der nummer der deklinationsklasse bezeichnet.
Die zahlen bedeuten, wo nicht anders angegeben, die verszahl der
Karlsreise, die fettgedruckten denjenigen vers, wo das wort ausführlicher
besprochen wurde. Belegstellen aus den ältesten denkmälern sind be-
sonders bezeichnet [Eide = Strassburger Eide, Eul = Eulaliaseqnenz, Jon =
Jonas, Pa = Passion Christi, Leo = Leodegarlied].
A.
[ad Eul 12] präp. {lat. ad), mit
artikel al 1, as 31: 1. lokal, auf
die frage wohin? 60, 89 u. ö., Leo:
auf, nach, zu, an; auf die frage
wo? 1., 59 u. ö,: in, an, bei, zu. —
2. zur bezeichnung des entfernteren
Objekts 237, 802, 848, 854 (vgl.
68). — 3. zur bezeichnung des
besitzers 822, 852. — 4. temporal
173 u. ö. : an. — 5. zur bezeich-
nung des mittels oder begleitenden
umstandes: durch, dadurch dass,
mit 35, 179, 201, Eul 22; gemäss,
nach, auf 91, 252; unier, mit
144, 253, 851 (864). — 6. zur be-
zeichnung des Zweckes 864: zu. —
7. vorm in f. nach gewissen verben
8, 130, 860 u. ö.: zu. — 8. in
redensarten: tenir a fol(e) für
töricht halten 45.
aanz = ahanz.
ab präp. (apnd) mit Eide, Pa, Leo,
vgl. avnec.
abandoner sw. I {zu deutsch bann —
rom. bando) 222, 839, 856 über-
lassen, zurücklassen.
ab6t m. III (abbatem), rektus äbes
Leo 30.
absoldre st. II (absolvere) Leo 226
Vergebung der Sünden erteilen.
acier m. II (*aciarium) 25, 172
stahl.
aconduire st. II (ad + conducere)
185 herführen.
aconter sw. I (zu computare) 860 er-
zählen.
ad = a.
adüire st. II (adducere) Pa 20 herbei-
führen.
adnner sw. I (adunare) sammeln
Eul 15.
adurer sw. I (zu durus) 62 abhärten.
Wörterbuch.
329
afanz s. ahanz.
afeltrer sw. I {zu germ. feit — filz)
mit der Satteldecke bekleiden 82.
afabler stv. I (adfibulare) anziehen,
anlegen 143.
ahanz afanz m. II (etytn. unsicher)
mühe, plur. mühen, leiden Pa. 3,
15, Leo 4, 9.
aidier sw. 1 (adjutare) 243, Leo 239
helfen.
AYmer 64 {von deutsch Hadamär),
Aimer, per von Frankreich, hnider
Wilhelms von Orange.
ainz anz [Pa 29] adv. (*antins) vorher,
früher 122.
aiudha /. {abl. v. aindar -<— adjutare)
hilfe Eide,
aire m. II (aerem) luft 127.
alaitier sw. I {zu lac) säugen 187.
albe /. (albam, vo7i adj. albus)
morgendämmerung 239, 248.
aler stc. 1 70 {dazu 68, 98, auchs. 271 f.)
gehen 71, 77 u. ö., Leo; zur Um-
schreibung mit in f. 72 u. ö., mit
ger. Pa 46, 48 ; en aler 68 u. ö., sei
en aler 91 u. ö. fortgehen.
alqnant pron. indef. pl. (*aliquanti)
manche, die einen — die andern
Pa 37 f.
alques adv. (aliqnid + s) etwas
Pa 5.
alter m. II (altare) altar 59 u. ö.
altre (alterum) pron. u. adj. 84 n. ö.,
Leo 238 ander.
altresi adv. (alterum sie) ebenso
Eide,
ambler sw. I (ambulare) im passgang
gehen, bequem gehen 89.
amener sw. I (ad + minari) herbei-
führen Pa 21.
amer sw. I (amare) lieben Eul lü.
ami8t(i)et /". (*amicitatem) freund-
schaft, liebe 54, 154, 166 u. ö.
amor f. (amorem) liebe 32, 854 u. ö.
{vgl. 3 s', 124 colors).
an m. II (annum) jaÄr 74, 193, Pa 27.
aneme /'. (animam) seele Leo 237.
anima lat. f. seele Eul 2.
antif-ive adj. (antiquum) alt 108.
anvel adj. (annualem) jährlich 126.
anz adv. s. ainz.
aorer sw. 1 (adorare) anbeten 70
u. ö.
apareir st. III (apparere) erscheinen
239, 248.
aparler sw. I {komp. von parier) an-
reden 134.
aparmaines adv. {von mane od. manum
mit per und ad) sogleich 163.
apelerstö. I (appellare) anreden 94 u. ö.
aporter sw. 1 (apportare) herbeiholen
164, 191.
apostle m. II (apostolum) apostel
115 u. ö.
aprendre s^. II (apprehendere) lernen
Leo 18.
apres adv. u. präp. (ad pressum)
nachher, nach Leo 9.
aprester sw. I {zu praestare) bereit
stellen 135.
aprochier sio. I (*adpropiare) refl.
sei aprochier sieh nähern 119.
aproismier sw. I (approximare) nahe
kommen, sich nähern Pa, Leo.
Arabie /. (Arabia) 119 Arabien.
araisnier siv. I (adrationare) 8 an-
reden.
arcevesque ni. II {aQ^isnlaxoTiov)
erzbischof 64, 87 u. 8.
ardeir sw, II (ardere) brennen, ver-
brennen Eul. 19.
argent m. II (argentum) silber 73 u.ö.
ariedre adv. (ad + retro) hinten,
dahinter Pa 45.
armer sw. I (armare) bewaffnen
Leo 221.
art /. (artem) kunst Leo 25.
asne m. II (asinum) esel Pa 20 f.
asseeir st. II (assidere) ref.. sei asseeir
sich setzen 120.
assez adv. (*adsätis) in menge, viel
78 u. ö., genug Leo 235, mit adj.
sehr 238.
astreiet, zu estre Jon.
330
Wörterbuch.
auardeaet, zu auarder Jon, vgl.
reguarder.
avant adv. u. präp. (ab ante) voram,
vor Pa 19, en avant in Zukunft
Eide,
aveir st. III (habere) haben, besitzen
79, 151 u.ö. bekommen 163, 175 a ö.
— unpersönlich a, i a es gibt 4,
21 u. ö. — häufig als hilfsverbum
3, 24, 46 u. ö. (vgl. rout 2, at 3).
aveir m. II (habere) die habe 27.
avenir st. 1, III (advenire) geschehen
184.
avuec präp. (apud-ab 4- hoc) 138
mit {vgl. 10 ne, 20 si).
avuegle adj. blind 257.
B.
baisier sw. 1 (*basiare v. *basium /.
suavium) küssen 826.
Bai viere f. (Bajuvaria) Baiern 101.
Baldequi {d. Baldechilde) Baldehilde,
mutter Chlothars III, Leo lö.
baldorie m. II (zu wgerm. bald) 830
freude, lust.
bandon m. II (zu germ. bann) gewalt,
tvillkür — eile 852.
baptizier siv. 1 (ßamiCsiv) taufen
136.
barbe f. (barbam) 181 bart.
barnage m. II (*baronaticum , zu
baron) ritterschaft 219; ritterliche
art, ritterlichkeit 206, 804.
barnet m. II (*baronatum, zu baron)
ritterschaft 50, 254 u. ö. ; ritter-
liches wesen, r. tiichtigkeit 152.
baron m. III (^r. bar — lat. baro) held,
baron 4, 156 u. ö.
bassement adv. (zu adj. bassus)
niedrig 810, 817.
bataille f. (battualia) 29, 859 schlaeht.
bei -e adj. (bellum) 6, 49 u. ö. schön.
belement adv. (bella mente) 16
schön.
bellezour adj. comp. (*bellatiorem)
schöner Eul 2.
beltet /. (*bellitatem) 123 Schönheit,
pracht.
bende f. (germ. binda) 201 band.
beneistre — bene"ir sie III (bene-
dicere) 177 segnen.
ber s. baron.
Berengier (g. Beringer^ Berengar,
per von Frankreich 63.
Bernart de Brasban (g. Berinhard)
Bernhard v. Br., per v. Frankreich,
bruder Wilhelms von Orenge 65.
Bertram (g. Bertram) Bertram., per v.
Frankreich, söhn Bernhards 65, 94.
bien adv. (bene) 10, 23 u. ö., Pa
gut, wol, gern, sehr. — subst. m.
II das gute Leo 219.
blanc-che adj. (germ. blank) 85
weiss.
bloi -e (g. blauö-) adj. 823 hellfarbig,
blond.
bois m. indekl. (*buscum) 103 busch,
gehölz, wald.
bon -e (bönum) adj. 22, 28 u. ö. gut
[buon Eul 1, Leo 24].
Borgoigne /. (Burgundia) 100 Bur-
gund (vgl. s. 155).
brauche f. (brancam) zweig Pa 38.
braz m. indekl. (bracchium) 163 arm.
brochier sw. I (kelt. brocc-) 90, 107
spornen, spornstreichs reiten.
buc m. II (g. buk - bauch) 56 rümpf.
buon s. bon.
c.
ca- s. auch ch-.
ga adv. (ecce hac) dorthin Leo 212.
cadir (cadere) s. cheir.
calice m. II (calicem) 177 kelch.
cadhun -a pron indef. (cata [griech.
xaia] unum) jeder Eide,
canele f. (deminutiv von canna röhr)
211 zimmet.
Capadoce /. 48 Cappadocien.
car konj. (quare) 19, 206 u. ö. denn;
beim imp. u. opt. wolan, doch.
carn f. (carnem) fleisch Pa 6.
Wörterbach.
331
carnel adj. (carnalem) fleischlich,
sterblich Pa 8.
ceindre st. II (eingere) 3 umgürten.
cel — cele (ecce illum-illa) pronomen
{siehe paradigmen s. 264) jener.
Cent zahlw. (centum) 73 u. ö. hundert.
eerf m. II (cervum) 834 hirsch.
cest — ceste (ecce istum-ista) pron.
(siehe paradigmen s. 264) dieser.
chaiere /. (xa&iSQa) 116 u. 8. stuhi,
Sessel.
chaleir (calere) unpers. es liegt daran,
kümmert [ehielt Eul 13].
chameil m. II (camelnm — xäfxrikov)
73 kameel.
champel adj. {von campum) zum
feld gehörig, bataille eh. feld-
schlacht 859.
chanter sw. 1 (cantare) singen 837
[canter Pa], eh. la messe die messe
lesen 115, 829.
chape f. {spätlat. cappa, eigentl.
mantel mit kapuze) 143 mantel.
chapel m. II {deminutiv von cappa:
*cappellum) 146 hut.
Charle — Charlon, rektus Charles 1,
17, 30 u. 0. {vgl. 46 Hugon) kaiser
Karl, könig von Frankreich.
Charlemaigne, rekt. -es, Karl d.Grosse,
vom Patriarchen v. 1 58 so genannt
und demgemäss im folgenden oft
so bezeichnet 166, 182 u. ö.
cheir [cadir Leo 231] st. III — sw. II
(eadere) 31, 132 fallen.
ehemin m. II (caminum) 241 , 249
weg.
chemise f. (camisia) 189 Unterkleid.
chevalchier sw. I (caballicare) 93 u. ö.
reiten.
Chevalier m. II (caballarium) 4, 15
u. ö. ritter {vgl. par. s. 258).
chevel m. II "(capilluiu) 181 haupt-
haar.
Chief m. II (caput) 2, 10 n. ö. haupt
[ebene Jon, queu Leo 229]; el
Premier chief 96, 99 vom an der
spitze.
chier -e adj. (carum) 205, adv. 24
teuer, wert.
chrestiien adj. (christianum) christ-
lich Eni 14, Christian Eide.
Christian s. chrestiien.
Christus (X^iorög) Christus Eul 27.
ci adv. (ecce hie) 49 hier.
ciel m. II (caelum) 9, 169, 213,
Leo 238 himmel.
eine zahlw. (quinque) 159 fünf.
cit^t f (civitatem) 11, 36 u. ö.
Stadt.
clamer sw. 1 (clamare) 208, Pa 48
rufen, nennen {vgl. s. 267).
claret m. ,11 (spätlat. claratum) 836
meth.
dementia lat. f. grossmut, gnade
Eul 29.
eler -e adj. (darum) 109, 124, adv.
243 hell.
clerc m. II (clericum) 142 geistlicher.
cliner sw. I (clinare) intrans. 146
sich verneigen.
clore st. II (daudere) 1 1 7 schliessen,
verschliessen.
clou m. II (clavum) 175, 8G6 nagel.
CO (ecce hoc) pron. demonstr. (s. par.
s. 259) dieses [co Jon].
coist s. cuire.
colchier sw. I (coUocare) 171 nieder-
legen; refl. sei c. 864 sich nieder-
werfen (culzet Gloss., s. 286).
colomb m. II (columbum) taube
Eul 25.
color f. (colorem) 124 färbe.
colpe f. (culpam) schuld Eul 20.
colper siv. I {zu colp •<— x6Xa<pog)
42 abschlagen, abschneiden.
coltel m. II (cultellum) 180 messer.
com, come konj. (quomodo) 50, 58,
95 u. ö. wie {nach (i)tel, si, tant);
temporal 58, 119 u. ö., Leo als;
bei adj. im ausruf als adv. 95 wie,
welch.
comander sw. I (komp. von mandare)
34, 150 u. 8. befehlen, anvertrauen,
empfehlen, mit a u. inf. Leo 220.
332
Wörterbuch,
comant m. II [ahl. von comander)
91, 252 hefehl, geheiss.
come siehe com.
comencier sw. I (komp. von initiare)
130, 207 beginnen, anfangen.
commun adj. (communem) gemein-
sam Eide.
compaigne f. 95 gefolgschaft.
eompaigüie /'. {zu *compaiiio) 98,
111, 205 gefolgschaft, geführte.
eomperer sw. I (comparare) 24 be-
zahlen, büssen.
concreidre (concredere) st. III an-
vertrauen Eul 2J.
conduire sf. II (conducere) 97, 245
führen, leiten.
condait m. II (conduetuin) 202 füh-
rung, bewährung.
congiöt m. II (commeatum) 216 u. ö,
abschied.
conquerre st. II (komp. von quaerere)
11 u. ö. erobern, überwinden.
conreer sw. 1 (komp. zu germ. redan)
76 u. ö. ausrüsten, atisstatten, an-
kleiden.
conseillier m. II (consiliarium) 21,
Eni 5 ratgeber.
conservar sw. I (conservare) be-
wahren, halten Eide.
conte »u, III (comitem) 137 graf.
contenant w. II (vgl. a espandant
836) 825 miene, haltung.
contra [Eide] = contre.
contrait adj. (contractnm) 193, 258
lahm.
contre präp. (contra) 145 gegen, ent-
gegen.
contredire st. II (contradicere) wider-
sprechen Eul 23.
contreval adv. (contra vallem) 37
hinab.
con verser sw. I (conversari) ver-
weilen Jon.
eorone /". (corona) 2, 10 n. ö.
kröne.
coroner sw. I (coronare) 6 u. ö.
krönen.
corre st. (sw.) in (currere) 852 laufen,
herbeieilen.
correcier sw. 1 (*corruptiare) 17, 26
erzürnen.
cors m. indekl. (cursum) 126 lauf,
Wechsel.
cors m. indekl. (corpus) körper Eul 2,
Leo 230, 234f.
cort f. (eohortem) 22 hof.
cose f. (causam) sache, angelegenheit
Eul 23, cosa Eide.
Costantinoble f. (Constantinopolim)
47 Konstantinopel.
coste /'. (costam) 121 seite.
coste /. (neben m. cost ■«— costum)
211 gewürz, eine art ingwer.
covenir st. I (co[n] venire) impers. 7 1 ,
844 zukommen, müssen.
covir sw. II (cupere — *cupire) be-
gehren Leo 17.
creire [craidre Leo 218] st. III (cre-
dere) glauben, par creant in dem
glauben 37.
crestient6t f. (christianitatem) 22,5
Christenheit.
crier sw. I 243 schreien, rufen.
crigne f. (crinea von adj. crineus)
823 haupthaar.
croissir sw. II (germ. *krostjan) 194
krachen.
croiz f. indekl. (crucem) 2, 70 n. ö.
kreuz, kreuzeszeichen.
euer m. II (cor) 118, 238 herz.
cuidier sw. II (*cügitare) 33, 55
denken, gedenken.
cuire st. II (coquere — *cocere)
kochen, brennen, sei c. verbrennen
Eul. 20.
D.
dame /. (domina) 9, 19, 56 u. ö.
herrin, frau.
Damne Deu [Domine Deu Leo]
m. II (dominum deum) 69 u. ö.,
Leo Herrgott, Gott (vgl. Deu 32).
damno m. II (damuum) schade Eide.
Wörterbuch
333
davant adv. (de + ab + ante) vorn Fa
44, 45; präp. vor Pa 514.
de jjjröp. (de), vor vokal d' 3, 8,
25 u. ö. 1. lokal, auf die frage,
tvoher? 36, 49, 90 u. ö.: von . . .
her, von . . . aus, von . . . herab,
aus. — 2. zur bezeichnung der
herkunft oder des Stoffes 3, 25,
G2 u. ö.: von, aus. — 3. zur be-
zeichnung eines teiles (teilungs-
artikel): von (oder deutsch Sub-
stantiv ohne präp. und art.) 160,
165 u. ö. — 4. zur bezeichnung
des geneiivs 95, 106, 114 u. ö. —
5. kausal, zur bezeichnung der
Ursache, des mittels oder loerk-
zeuges 8, 73, 84 u. ö.; von, infolge-
von, mit. — 6. temporal : in, inner-
halb s. 233 unten. — 7. verall-
gemeinert: inbezug auf, in betreff,
über, an 27, 46, 56 u. ö.
decoler siv. I (decollare) entliaupten
Leo 222, 228.
dedenz präp. (de + denz = de intus)
816 innerhalb. — adv. 808, 821
drinnen.
dedesoz präp. (de 4- desoz = de
subtus) 9 unter.
degnier sie. I (dignari) würdigen,
geruhen Eul 26.
degr6t m. II (komp. von gradus) 133,
846 stufe — pl. treppe.
dejus adv. (de + deorsum) darunter
Leo 233.
demander sw. I (komp. von man-
dare) 147, 247, 833 verlangen —
fragen.
demeiue m. II (dominium) 4
herr.
demener sw. 1 (zu mener <— minari
-e) sehen lassen, äussern, beweisen
206, 814.
demorer sie. I (demorari) 74, 214,
247 u. ö.: verweilen, bleiben — aus-
bleiben, versagt werden.
denier m. II (denarium) 27 u. ö.
denar, heller, p fennig, pl. gdd.
Denis J (Dionysium), saint D. sG,
863 Ortsname St.-Denis.
Deo siehe Dien,
departir siv. II [komp. von partire)
967 teilen, verteilen.
deport m. II (abl. v. deporter -«—de-
portare) 804 belustigung, freude.
des präp. (de ipso) von — an, d. or(e)
nunmehr 91, 849. — des que konj.
seitdem Pa 6.
descendre sto. III (descendere) 188
herabsteigen.
desevrer sw. I (komp. v. seperare)
253 trennen, scheiden.
desoz präp. (de -|- snbtus) 7, Pa 18
tmter.
despit m. II (despectnm) 227 Ver-
achtung, hass.
destrier m. II (dextrarium) 81 streit-
ross.
deetruire st. II (*destrugere) 226,
227 vernichten.
detres adv. (de + trans) 81 hinten.
Den siehe Dien.
Deumentit adj., subst. m. II (Deo
mentitum) Gottesleugnerisch, Got-
tesleugner Leo 11.
devaler sio. I (derivat von vallem)
37 herabfallen.
devantadv. (de + ab 4- ante) 81 u.ö.
vorn.
deveir st. III (debere) 56, 97 n, ö.
müssen, sollen.
di m. II (diem) tag Eide, Eni. 12, Pa
27 u. ö., Leo 15, 231.
diavle m. II (dia,holiim t— diaßo?.ov)
teufel Eul. 4.
Didon (Didonem) Didon, biachof
von Poitiers Leo 19.
Dieu Deu m. II (deum) 32, 68 u. ö.
Gott [Deo Eide, Eni],
dire st. II (dicere) 13, 23 u. ö. sagen,
reden, nennen [fut. didrai Leo 7].
disnerm. II (disjejunare) 831 morgen-
muhlzeit.
doire st. II (döcere f. docere) lehren
Leo 23, 25.
834
Wörterbuch.
(ioloros-eücij.(dolorosum) 92 traurig.
Domiue Deu s. Damne Deu.
domnezele /'. (dominicellam) mädcÄew,
fräulein Eul 23.
donc konj. 23 dann, alsdann Leo
13, 15.
doner [duiiar Eide] sw. I (donare)
78, 160 u. ö. geben.
dont adv. interrog., pron. rel. (de
unde) 3, 72, 148 u. ö. woher,
wessen, warum; dessen, deren {vgl.
par s. 265).
dontre konj. (dum interim) so lange
als Pa 507.
dous dos zahlw. (duos) zivei Pa 19,
Leo 8.
do2Q zahlw. (duodecim)116ff. zwölf.
drecier sie. I (*directiare) 832 richten,
aufstellen.
dreit m. II (directum) recht.
drut m. II (g. drüt) 21 vertrauter.
dne m. II (ducem) 4: herzog.
duire st. II (ducere) führen Leo 14.
durer sir. I (dürare) 245 währen,
dauern.
E.
e interj. 19, /la, wolan!
edre »n. II (hederam) epÄei* Jon.
eissir sw. II (exire) 90, 100, 827 {vgl.
s. 267) Jon, Pa 36, 40 herausgehen,
ausziehen.
Clement m. II (elemeutum) kraft
Eul 15.
empedement m. II (impedimentum)
hindernis Eul 16.
empereorm. III (imperatorem), reÄiws
emperere 5, 13 u. ö. kaiser.
empevrer siv.l(abl. v.-pipei) pfeffern,
in pfefferbrühe zurichten, 835.
en präp. (in) mit art. el, es 2, 10,
20 u. ö. {vgl. 1 al): 1. lokal, auf
die frage wo ? 29, 74 u. ö. : in, an,
auf. — auf die frage wohin ? 49,
68 u. ö. : in, auf, nach, bis nach. —
2. übertragen: en croiz 2 mit. —
3. redensarten: en coste 121 zur
Seite, neben; en haste 142 in eile;
avoir en despit 227 verachten,
hassen.
en [ent Eide, Eul] adv. pron. (inde)
14, 17 f., 26 u. ö.: 1. lokal 60 f.,
68, 75 u. ö. von da, daraus {häufig
pleonastisch bei aler, torner u. ähnl.)
— 2. kausal 17 f., 26, 55 u. ö.: in-
folge davon, deshalb, darüber. —
S. temporal IM, 215, 250: darauf,
alsdann. — 4. zur bezeichnung
eines teiles 14, 162 u. ö. davon,
dessen, deren, welche, solche. —
5. allgemein: in bezug darauf;
daher auch in Vertretung des ge-
netivs, als pron. {vgl. par. s. 263)
166, 182, 190.
enamer sw. I (inamare) liebgewinnen
Leo 17.
enbronchier sw. I 18 bekümmern,
betrüben.
enchalcier sw. I (incalciare) 29 ver-
folgen.
encloistre m. II (*inclaustreum) 821,
827 eingefriedigter räum {eines
klosters).
-enclos m. indekl. (*inclausum) ein-
gefriedigter räum 808.
encontre adv. (in + contra) entgegen
Pa 36, 39.
encontrer sw. I (*incontrare) 257 be-
gegnen.
encor(e) adv. 11, 14, 51 u. ö. 7ioch.
enfant m. III (infantem) ki^id {rektus
6nfea) Leo 13.
enluminer sw. I {abl. v. lumen -inis)
161 erleuchten, verherrlichen.
enmi adv. (in medio) 117 in der mitte.
enorter sw. I (in + hortari) ermahnen
Eul 13.
enseignier sw;. I (insignare) 19 nenne7i.
ensemble adv. (insemel) 20, 246,
805 zusammen.
ensement adv. 88 ebenso, gleichfalls.
ensovre präp. (in + supra) Pa 47
über, vor.
Wörterbuch.
dSl
entaillier siv. (derivat von talea)
179 einschneiden, ciselieren.
entendre siv. III (intendere) 17, 43 u. ö.
hören, merken, anhören.
entre ^j»-äp. (intra) 15, 188 unter,
zwischen. — adv. mit et 78, 83
soivohl ... als auch.
entrebaisier siv. I (komp. von basiare)
147 u. ü. einander küssen, um-
armen.
entrer sw. I (intrare) 103, 113 u, ö.
eintreten, betreten, entrer el chemin
241 sich auf den weg machen.
entro adv. konj. (inter hoc) Leo 233
bis, bis dass; entro que konj. bis
dass Leo 218.
enveiier siv. I (*mviare) Pa 19
senden.
environ adv. (etym. imsicher) 121
rings herum.
eps pron. (ipsum) selbst, gerade
Pa 10, 35.
Ernalt 64 Arnalt, per von Frank-
reich, bruder Wilhelms von Orenge.
errer sw. I (*iterare von iter) 95
Wandertl.
escientre m. 139, 185 das wissen.
escolter sw. I (auscultare) hören
[eskolter Eul 5].
escondire st. II (komp. von dicere)
34 sich entschuldigen, recht-
fertigen.
escrepe f. {germ. skerpa — skarpa)
80, 86 pilgertasche.
escuele f. (scütellam) 178 schale,
Schüssel.
escut m. II (seutum) 79 schild.
esforz m. indekl. {abl. v. esforcier ■< —
*exfortiare) 814 macht.
esguarder sw. (komp. von germ.
warden) 129, 131 etc. (vgl. s. 298
eswardevet) anblicken, betrachten.
eskolter s. escolter.
eslais m. indekl. (abl. von es-
laissier) 133 eile, d'eslais eiligst.
esleecier st«;. I (abl. v. laetitia) 174
erfreuen.
Espaigne f. (Hispaaia) 230 Spanien.
espandre sw. III (expandere) aus-
breiten, dazu a espandant 836
reichlich.
espee f. {ana^rf) 3, 10 u. ö. schwert.
espice f. (speciem) 211 spezerei,
gewiirz.
espiet m. II {g. speot) 11 , Leo 228
Speer.
espiritel adj. (spiritualem) Leo 215
geistig.
espleitier sw. I (*explicitare) 167
ausführen.
est pron. dem. (istum) dieser Eide,
estendre sw. III (extendere) Pa 44
ausbreiten.
ester st. III (stare) 74, 841, Leo 230,
234 stehen, bleiben.
Estiefne m. 165 (vgl. 164 Lazaron)
der hl. Stephan, der erste blutzeuge.
estortre st. II (extorquere) 43
herauswinden, sei e. sich h.
estoveir st. III impers., estuet 217
es ist nötig.
estrange (extraneum) 861 fremd.
estre (essere f. esse) irreg. verbum
(siehe par. s. 272) sein, sich be-
finden, werden (meist hilfsverbum).
et konj. 3, 4 u. o. und; zuweilen zur
blossen einleitung des hauptsatzes
148, 221 n. ö., et si 48, 88, 133 u.o.
— entre ... et s. entre.
evesque m. II (episcopum <— ini-
oxonov) Leo 19 bischof.
Evroin (Ebruinum) Leo 11 Ebruin,
graf, hausmeier Lothars III.
exalter sw. I (exaltare) erhöhen
Leo 29.
ewe f. (aqua) 106, 256 wasser.
F.
faire st. I (facere, vgl. par. s. 269,
dazu s. 186) machen, tun, ver-
richten, schaffen (Pa 39), bewirken,
mit inf. lassen; verbum vicarinm
Eide.
336
Wörterbuch.
faldeslueil m. 11 (genu. Ialda8t(ii+-j^-)
85 faltstuhl, lehnstnhl.
feit /'. (fidem) treite; par ma f. 53
meiner treu; plevir, gnarder sa f.
228, 231 sem wort verbürgen,
halten.
feiz f. (vicem) 71 indekl. mal {bei
zahlen).
felon m. III (germ. fillo) Schurke
[rektus fei Leo 227j.
femme f. (femina) 33, S22 frau,
gattin.
fefusw. II (ferire) 29 Leo 232 schlagen,
kämpfen.
ferrer sw. I {abl. von ferrum) 80 f.
mit eisen beschlagen.
feste f. (festam sc. diem) 126, 804
festlag, fest.
fiance f. (fidantia) 62 vertrauen, ver-
sprechen, a. f. sicherlich.
fidel adj. (fidelem) treu Pa 504.
fier -e adj. (ferum) 111, 128, 131
kühn, stolz.
fiertre m. II (feretrum) 198 schrein,
reliquicnschrein.
figure f. (figuram) gestalt Eul 25.
fili = lat. Vokativ filT söhn Pa 42.
fille f (filiam) 823, 852 tochter.
fin f. (finem m.) 57, 236 ende,
fin -e adj. (*finum) 78 u. ö. feiji,
lauter.
finimonz = finis muudi weltende
Pa 505.
flaiel m. II (flagellum) leiden, quäl
Leo 236.
flum m. II (flumen) 106 fiuss.
foers adv. (fÖris) hinaus Jon.
fol -e adj. (*foilam, v. 12) 45, 819
töricht, tor.
folc m. 11 (altnord. folk) Pa 46 iew^e,
me«5'c.
folement adv. 12 töricht.
toMef {zu fol) 813 for/teif.
fondre sjü. Ill (fandere) 199 giessen,
schmelzen.
fonz m. II ^?Mr. (fontes) 136 tauf-
becken.
force /; {abl. v. forcier) 162, 200 kraft,
gewalt.
forest f. (*forestem zu foris) 103
ivald.
forraent [fortment Pa 506] adv. (forti
mente) 81 sehr, heftig.
former sw. I (fomiare) 138 bilden,
gestalten.
fort -e adj. (fortem) 46, 89 u. ö.
kräftig, stark, mächtig, wirksam.
fou m. II (focum) feuer Eul 1 9.
fradre -dra m. I (fratrem) bruder
Eide,
fraindre st. II (frangere) brechen
Eide, Pa 503.
fraisne m. II (fraxinum) 80 esche.
France f. (Francia) 58 u. ö. Francien
{= Isle de France), Frankreich.
Franceis m. indekl. {d. frankisk) 18,
23 n. ö. Franke.
fruit m. II (früctum) Leo 215 frucht.
fu'fr sw. II (fugere — *fugire) 132
fliehen.
fust m, II (füstem) 80 stab.
G.
gab w. II {altnord. gabb) s. 233
Prahlerei, scherz.
gent/". (gentem) 76, 105 volk, leute.
gent -e adj. (genitum) 95, 112, 825
vornehm, kostbar, edel, freundlich.
gentement adv. {zu gent) 77, 87 edel,
vornehm, stattlich, geziemend.
Gerin {germ. Gerin) 63 Gerin, per
von Frankreich.
geron m. {germ. gero) 853 zipfel des
gewandes.
gesirsf. III (*jecere /«y jacere) 193,
Pa 32 liegen.
geter giter sw. I (jactare) werfen
Eul 19, Leo 224.
glas m. indekl. (*classum) 197 glocken-
zeichen, glockengeläut.
governer sw. I (gubernare) 97 be-
herrschen,
graindre siehe grant.
Wörterbncli.
337
grant adj. (grandem) 93, 98 u. ö. (vgl.
par. s. 259 f.) gross, weit, gewaltig,
grant et petit gross u. klein Pa 41,
46 — komp. rekt. sivg. graindre
(graodior) 811 grösser.
gret ni. 11 (gratum) 54 wolwollen.
(ince f. (Graecia) 47, 103 Griechen-
land, byzantinisches reich.
grue f. (*grüam statt gruem) 835
krnnich.
gnarder sw. I (germ. wardön) 172,
221. 2.'M {vgl. 5 reguardet) wahren,
schützen, beivachen.
gnarueuaent m. II {zu guarnir) 84
ausrüstung.
gnarnir sto. II (germ. warnjan —
warcofl = warnen, behüten) 240
ausrüsten.
guerpir sw. II {d. werpan) 100 ver-
lassen.
guet m. II {germ. stamm wad-) 256
fürt.
guier sw. I {germ. wTtaD) 245 weisen,
führen.
Ouilielme d'Orenge (germ. Wilihelm
— gallorom. Aureuca für Arausio)
62 Wilhelm von Orartge, so ge-
nannt nach der eroberung dieser
Stadt {epos: Prise d'Orange), per
von Frankreich, söhn des grafen
Aimeri.
H.
hair stv. II (germ. hatjan) 1 05 hassen.
halt -e adj. (altum + /VA;, hanh) 36
hoch:, adv. 243 hell, laut.
haste f. (germ. haist) 142 eile, hast.
herbe/, (heibam) 212 haut.
herberge f. {fränk. heriberga) 109,
1 1 1 herberge.
home [omue Leo] m. III (bominem)
122, 149 u. ö., Leo 211, 221 (vgl.
par. s. 258) mensch, mann, vasall,
pl. leute.
honest 6t f. (honestatem) ehrbarkeit
Eul 18.
Honguerie/". (Hungaria) 101 Ungarn.
Voretzsoh, Studium d. afrz. Sprache.
hoDor f. (honorem) ehre, pl. ehren-
stellen Pa 3ß, Leo 2, 7.
honte f. {germ. *hanuif'a) 38 schände,
schimpf.
Hugon 46, 802 ff., s. 233 (vgl. par.
s. 258) könig Hugo der Starke,
kaiser von Konstantinopel.
hui adv. (hodie) 804 heute.
humilitet/". (hamilitatem)Pa25 demut.
I.
i adv. (hie — ibi) 4, 21, 71 u. ö. lokal:
1. auf die frage wo? 4, 21,19 u. ö. :
daselbst, dort, darin. — 2. auf die
frage wohin? 71, 85 u. ö.: dorthin,
hinein, hierher.
iholt m 11 (caüdum) Jon 10 wärme.
iluec adv. 193, 8ti8 dort.
iraistre (*irascere) 53 sich erzürnen
(mit aveir in zorn versetzen).
iriet -ee adj. (iraturn) 30 erzürnt.
itel adj. pron. (zu tel-«— taleai) 50
80 beschaffen, solch.
J.
ja adv. (jam) 33 f., 40, 42, 57 u. ö.
{vgl. 2 son 111) schon, nun, doch;
mit ne doch nicht, durchaus nicht ;
ne . . . ja mais nicht mehr, nimmer.
jante /. {germ. ganta) 835 wilde gans.
Jerico 242 Jericho.
Jerusalem 108, 154, 204 Jerusalem.
Jesn, JesuCrist Pa 2 ff Jesus Christus.
jeüt part. per f. von gesir.
Jhesu 170, 187 Jesus.
joer sw. I (jocarei 33 scherzen.
jogier m. II (jucularem) 837 spiel-
mann.
joie f. (gaudia) 118, 851 freude.
joios -6 adj. (*gaadiosum) 858
freudig, vergnügt.
jorn m. II (diurnum) 1, 109 u.ö, tag,
tageslicht.
Juiea m. II (Judaeum) 129, 172
Jude.
5. Aufl. 22
338
Wörterbuch.
juYse m. II 35 gericht, Strafgericht,
Gottesurteil, porter j. sich dem
Gottesurteil (durch tragen glühen-
den eisens) unterwerfen.
jarar sw. I (jurare) 35 schwören
Eide.
jus adi}. (deorsnm) Leo 224 nieder.
jiistise f. (justitijitu) 213 g^rechtig-
' keit, gericht, faire j. gericht ab-
halten.
K.
Karlo -e (d. Karl), rektus Karlus
Karl der Kahle Eide.
Krlst (Christum) Christus Eul 24,
Eide.
L.
la adv. (illac, vgl 20 si II) 232, 808,
S53 dort, da.
laborer sw. 1 (laborjire) Jon ar-
beiten.
laenzarZy. (illac intus) 114 dort drinnen.
lai adv. (illäc) Leo 232 dorthin, dort.
lauer sw. 1 37 lassen.
laissier sw. I (laxare, vgl. 37 larrai)
14,841 lansen, unterlassen Eü\ 28.
lait m. (lacte-) 187 ruilch.
Laiice f. Iii6 Laodicäa in Kleinasien.
lance /. (lanceam) 79 Innze, speer.
las-se adj. (lassum) Jon müde, vgl.
19 E.
Latine f. (zu latin ■«— la'inum) 208
L , kirche in JtruHnlem.
Lazaron m. III (Lazaruin) 164 La-
zarus.
lazre adj. (Lazarum) aussä^^^^ Pa 30.
Ledgier m. II (Lt-odegarium) der
heilige Leodegar Leo (i ff.
legier -e adj. (*le7iarium) 14 leicht,
schmuck.
leiier sw. I (Ugare) 201 binden, um-
winden.
leisir sf. III (Heere) Pa 507 erlaubt
Sfin, freidfhen.
lenguage m. II (♦linguaticum) 209
(vgl. 2ü8) Zunge, spräche.
letre f. (litteram) buchstabe, schrifty
plur. Wissenschaften Leo. 18.
lever sw. I (levare) 128, 136, 145
heben, aus der taufe heben.
llet -ee adj. (laetum) 123 u. ö., Pa40
froh, fiöldich.
loder = loer.
Lüdbnii(u)ig m. II (d. Chlodowich)
Ludwig der Deutliche Eide.
Lodier m. II (d. Chlothari) König
Clothar II. Leo 16.
loer sw. I (laudare) 235 rühmen
[loder Pa 4K, 515, Leo 1].
logier 8w. I (von löge-« — (i. laubja —
laube) wohnen Jon.
Lohereigue f. inl Lothringen,
loinTain -e adj. (*longitanum) 68 ent-
fernt,
lou — loin adv. (longe) fern, in zeitl.
sinn Pa 505.
Ton s. on.
louc adj. (longum) 860 lang.
los m. indtkl. (laus) 807, 815 loh,
preis.
lucrer sw. I (lucrari) Leo 214 ge-
winnen.
Ludher m. II (Chlothari) Lothar,
söhn Ludwigs des Frommen
Eide.
lune /. (lunam) 126 mond.
M.
magistre s. maistre.
magne maigne adj. (magnum) Pa 26
gross, vgl. Cliarlemaigne.
main /. (maniuu) 82$ hand.
maint -e adj 212 manch.
mais adv. konj. imagis) 28, 39, 57 u. ö.
mehr, weiter; vieUnthr, sondern,
aber — ja ne m. nicht mehr,
nimmer — mais que 44, 224 nur
dass, wofern nur.
maistre [ojagistre Leo 22] m I
(magistrum) 828 meister, lehrer.
majesiet /. (majestatem) 125 heiliges
bild.
Wörterbnch.
339
mal -e adj. (malnm) schlecht, schlimm
Eni 5.
male f. (germ. mahala) 83 reisekoffer.
malialent m. II (maluui talentum)
8H9 Zorn.
manace -tce f. (minacia) drohung
Eul 8.
maoder sw. I (mandare) 22, 142, 229
entbieten.
maneir st II (manere) wohnen, sein
Eul 6, Pa 509.
maogier sw. I (manducare) 832, 819
essen — subst m. II 1 bO abmdmakl,
mantel m. II {dem. v. mantum) Pa
22, 43 mnntd.
mar adv. 221 zur unzeit, unrechter
weise.
marbre m. II (marmor) 113 {vgl. 20
ensemble III) niarmor.
marbrin -e adj. (*inarmorinum) 133
marmorn.
marc m. II {germ. marc) 199 mark.
Marie f. 187, "207 Marie, mutter
Gottes, vyl. Latine 2U8.
martir m. II {ij.äQtvQ-a) 165 blut-
zeuge, märfyrer.
martirie m. II {uaQzvQiov) 107
niärtyrtum.
matin m. IlXmatutinum) 239, 248 der
morgen.
Maxeuz, Sant (St. Maxentium) abtei
St. M. Leo 30.
Maxiiiiiien m. II (Maximianum)
röinisch<'r kaiser M. Eni 11.
meillor komp. (melioreui) 169, 198
vgl. par. s. 260) besser; mielz
(melius) neutr. u. adv. 6 besser,
litber [inelz Eal 16j, le mielz 168
um so besser, al m. 6 avf.i beste.
meis m. indfkl. (mensem) 20 1 monat.
meiern:* adj. pron. (*metipsimam)
189, 157 selbst.
melz = mielz s. meillor.
membrer uvp. (memorare) 234 es ge-
denkt jem einer sache.
membr6t part.-adj.' {von membrum)
stark 65.
men gonge /. 52 lüge.
mener sw. II (minari) Gl, 73, 830,
fuhren, fortfuhren, äussern.
menestier m. II (ministeriam) dienst
Eul 10.
meniir sw. II (mentiri) 24 lügen, vgl.
Leo 11
menut adv. (minutnm) 197, 201 oft,
häufig.
mer /. (mare) 127 meer.
mercit /. (mercedem) 32, 1 59, Eal 27
gnade, eibarmen, dank.
mesprebdre st. II {komp. von pren-
dere) Pa 511 fehlgreifen, irren.
messe f. (missam) 115, 829 messe.
metre st. II (uiittere) 16, lio, 866
setzen, niederlegen, opfern, bringen
Leo 22.
mi -6 (medium) adj. mitten, im adv,
parmi 102, enmi 117.
mie f. (micam), nur in Verbindung
mit He: durchaus nicht 28.
mielz s. meillor.
mier e adj. (merum) 3, 179 rein
lauter.
mil, pl. milie zahlw. (mille — milia)
66, 96 u. ö. lausend.
molllier f. (mulierem) 5, 234 frau^
gemahlin.
molt [uQuIt Jon, mulz Pa 27] adv.
(multiim) 17, 18 n.ö. sehr, viel,
lange.
moneer sw. I {derivat von moneta)
842 prägen.
mont m. II (mnndum) weit Pa 4;
vgl finimouz
mont m. II (inontem) Pa 18 berg. —
mont Oliver (Olivaram) od. Olivet
(Oliveti) Pa 18 ÖLberg.
montaigne/". (*montanea) lOigebirge,
berg.
monter sw. I {derivat von montem)
89, 133 u. ö., Pa 26 steigen, hinauf-
- steigen.
monumeut [mOniment Pa 31] m. II
(moDumeutum) grab.
morir st. [sw.) 111 (*morire f. mori) 62,
22*
340
Wörterbuch.
232 (vgl. s. 270) sterben, part.
perf. inort tot Eni 1«, Pa 3i.
mort f. (mortem) iod [Eul 28, Pa 1 1].
mostier m. 11 (*uioiji8teriam) 1, 110
u. ö. mütister, kitche.
moveir st. III (movere) 193 bewegen,
sei m. sich bewegen.
mner sw. I (mütare) 44 ändern, rück-
gängig machen.
mul m. II (mülnm) 82 n. ö maulesel.
muit mulz s. molt
mut -üe adj. (mütum) 258 stumm.
N.
Naimon m. III (germ. Namo) 62
{vgl. par. s. 258) htrzog Naimes
von Baiern, per von Frankreich,
der weise berater Karls.
naistre (*nascere für nasci) geboren
werden, imrt. net 66 n. ö. geboren.
ne Partikel (non), vor vokalen nen
oder a' : nicht 12, 26, 40, 43, 45 u. ö.,
verstärkt ne . . . pas 12, ne . . .
mie 28.
ne ned [Eul 7] konj. (nee), gebraucht
in negativem satz oder solchem
mit nfgatioem sinn 10, 28 f., 38,
79 u. ö. oder, noch; ne . . . ne
entweder . . . oder, weder . . . noch.
negun pron. (nee unum) Pa 9 = neul.
nen s. ne.
nerf m. II (nervum) 194 sehne, nerv.
neul niul -e pron. (nee nllum) irgend
ein, mit ne kein Eide, Eul 9, Pa 9.
nodrir sw. II (uutrire) ernähren, auf-
ziehen Leo 27.
nom m. II (nomen) 151, 158 name
aveir n heissen.
nomer sw. I (nominare) 39 nennen.
non part. (non) nicht {statkbetont,
Eide und Pa auch schwächt onig).
noncier sw. I (nuntiare) 237 ver-
künden, melden.
nouqua adv. (nunquam) niemals Eide.
novele f. (novelia von adj. noveilum)
147 neuigkeit, nachricht.
nuit f. (noctem) 237, 246 nacht, la
n. des nachts.
nnl -e adj. pron. (nüllum) 9, 122,
247, 833 irgendein, ne . . . nnl
kein, ne . . . nule rlen nichts.
0.
o pron. neutr. (hoc) dieses [por o
Eul 11, en 0 qned Eide] vgl.
s. 264.
o adv. s. ou.
o konj. (aut) 35, 42, 150 oder.
ocidre st. II (occTdere) töten Leo 12,
220.
od ot präp. (apud) 11, 25 n. ö., Leo
bei, mit.
odir s. oir.
ofrir sw. II (*oflFerrire f. offerre) 112,
829 darbringen, opfern.
ofrende f. (ofiferenda) 59, 110 opf er-
gäbe.
Ogier de Danemarche [qerm. Aude-
garl od. Otgeri — Danamarkia) 63
herzog Ogier von Dänemark, per
von Frankreich.
oir [odir Pa, Leo] sw. II (andire)
18, 46 u. Ö. hören, oir parier oder
paroIe reden, hören, vernehmen.
Oliver 01iv6t s. mont.
oitante zahlw. (octoginta) 96, 99
achtzig.
olivier m. II (olivarium) 7, Pa 38
ö'baum.
Olivier {germ., vielleicht Olitguarium)
61, 824, 85;{, 856, s. 233 Olivier,
per von Frankreich, Waffenbruder
Rolands.
oltree interj. (ultrata) 243 vorwärts!
ome omne s. home.
on, om Eide pron. (homo), mit art.
l'on 816, 850, Eide man.
onc, onques, onque adv. (unquam)
9, 1 22 u. Ö., Eul 9 jemals, o. ne
niemals.
er m. II (anrum) 3, 27, 73 u. ö.
gold.
Wörterbuch.
341
or Ttovj. siehe ore,
oraison f. (orationem) 864 gehet.
ordre m. II (ordinem) 828 {geist-
licher) Orden.
ore, or korij. (*ha hora, vgl. 11 en-
core) 43, 9S n. ö. nun, nunmehr.
orendreit adv. (*ha hora + in directo)
41, 136, auf der stelle, sofort.
Orenge siehe Guillelme.
orer sw. I (orare) beten Eul 26.
OS m. indekl. (os) 194 knochen.
Osanna zuruf (hehr, „gib ihm heil!")
Pa 48 Hosianna!
oser sw. I {abl. v. ansum) 44, 131
u. ö. wagen.
ost f.-m. II (hostem) 29 heer.
ostel m. II (hospitale) 237, 246
herberge.
ot s. od.
otreiier sw. 1 (autoricare) 23 zu-
geben.
ou 0 [Pa 24] adv. interrog. u. rel.
(ubl) 19, 107, 157, 853 wo; on que
824 wo immer, sobald als.
ovrer sw. I (operare) handeln Pa 7.
P.
paiien m. II (paganuni) 224 heide.
paiile palie [Pa 4:^] m. II (pallium)
210 Seidenstoff, kostbares tuch.
pais m. indekl. (*pagense) 861, Leo
211 land.
palais m. indekl. (palatiam) 830 f.
palast.
palme f. (palma) palme Pa 37,
palmzweig 242.
paon m. II (pavonein) 835 pfau.
par [per Eide] präp. adv. (per) 7,
37, 41 u. ö. 1. lokal Vn, i97: durch,
hivdwch, über . . . hin. — 2. tem-
poral 239, 248: gegen, um,, mit. —
3. instrumental 7, hl, 152, 823
Eul 27 : durch, vermittels, mit, an.
— 4. adv. zur Verstärkung von adj.
und adv.: sehr, gar, molt p. gar
sehr 814.
parament m. II (paramentum) kost-
bares gewand, schmuck Eul 7.
pardoner sw. 1 (perdonare) 869, Leo
2H), 226 vergeben, aufgeben, ver-
zeihen, schenken.
parenz m. II pl. (parentes) eitern
Leo 14.
parer sw. I (parare) ausrüsten,
schmücken Pa 22.
parfont adv. (*perfunde -um) 1 46 tief.
parier sw. I (parabolare, vgl. parole,
dazu s. 26 "i) 72, 221 u. Ö. sprechen.
parmi präp. (per medium) 102
mitten durch.
parole f. {nagaßolrf) 8, 46 rede, de
sa pleiae p. 8 mit lauter spräche,
stimme.
parsom präp. (per summum) 239,
248 oben auf, eeitlich mit.
part f (partem) 94, 119, 219, Eide,
Pa 504 anteil, seite, richtung, mit
demonstr. oder interrrg. pron.:
dahin, wohin.
partir sw. II (partire) 256 scheiden,
auseinandergehen.
partot adv. (per tottum) durchaus,
überall Pa ni6.
parvenir st. I, III (pervenire) ge-
langen Pa 17.
pas m. (passutti) 12 schritt, zur Ver-
stärkung der negation ne p. 12
nicht im mindesten, nicht.
passer sio. 1 (abl. v. passum) 106,
861 überschreiten, durchziehen.
passion f. (passionem) leiden Pa 2,
Leo 240.
Paternostre/". (Paternoster) 114 Vater-
unser.
patriarche m. I (TiarQiccQXV?) 134
a. ö. Patriarch.
pechedor m. III (peccatorem) sünder
Pa 510.
pechi6t m. II (peccatnm) Sünde Pa
9, 508.
pedre s. pere.
peindre st. II (pingere) 113 malen,
bemalen.
342
Wörterbuch.
peintnrer sw I (ahl. v. peintnre
•* — *piücturaa)) 124 bemalen.
peisson m. II (*pisci()Deiii) 127 fisch.
Peitieus (Pictavos) Poitiers Leo 19.
peivrrt m. II (piper, pipere-) 211
pMer.
peleriü m. II (peregrintim) 95 pt7^er.
peliz m. indtcl. (*pellicium f. pelli-
cia) pelz Pa 43.
pendre aw. III (pendere) 80 hängen,
herabhängen.
pener sw. I (*poenare) quälen, intr.
sich abmühen Joa.
penser sw. I (pensare) 38, 5fi denken.
per m. II (pareiu) J2l u. ö per, ii
doze per die zwö'f pers, Karls
des Gr. vornehmste kämpf genossen.
per präp. s. par.
perdre sw III (perdere) 54, 55, Eul
17 volleren.
pere m. I (patrem) 826, Pa 514
(pedie) Vater.
perron m. II (abl. v. petra — nixQo)
850 steivstufe, rampe — pl trejjpe.
Persanz m {abl v. Perse) 1(J5 Perser.
Perse f. (Pt-rsia) 48 Persien.
peser sw I (pensare), mit dativ be-
drücken, bekümmern Leo 219, vgl.
38 penser.
petit-6 adj (kelt. pett) 67, 120,
Pa 29 klein, pl. wenige, un p. ein
wenig.
pierc /'. (ntXQo) 179 stein, edelstein.
Piere (Petruiu) 181 Petrus.
piet m. II (pedem) 31 u. ö., Pa, Leo
fuHS, als maans 81 I.
piliöt f (pietateui) 183 frömmigkeit,
fromme rührung, gnade Pa 512.
plaid s. plalt.
piain m. II (plannm) 93 ebene.
plaire st. III (*pläcere f. placere)
68 u ö. gefallen, belieben.
plait [plaid EideJ m. II (placitum)
8tiO Verhandlung , vertrag, erzäh-
lung.
pleiier sw. I (plicare) beugen, dazu
bringen Eul 9.
plein -e adj. (plennm) 8, 83, 811
voll, ganz, laut.
plenter /". (plenitatem) 1 62 menge, fülle.
plfvir sw. II (fZ. plegan) 228 ver-
bürgen.
plorer sw. I (plorare) 92 weinen.
plus adv. (plus) 6, 14, u. ö. mehr, mit
adj. komp. m.' superl. (vgl. s. 26ii).
plusor pron. 818 mehrere, li p. die
meinten.
poant [podent Pa 34] adj. (potentem)
mächtig 97, Pa.
poblo pople m. II (populum) volk
Eide, Pa 40.
poeir st. III (*potere) 13, 40, 43 u. ö.
(par. s. 27(1) können, mögen, ver-
mögen; subst. vermögen, macht
[podir Eide].
poi s. pou.
poin m. II (pngnum) 7 hand.
poUe f (pullam) mädchen [Eul. 10].
polz m. indekl. (poUicem) 8 1 1 daumen,
zoll.
pom m. II (pomum) 3 apfel, schwert-
knauf.
pople s. poblo.
por präp. (pro) 18, 29, 32 u. ö. um
. . . willen, wegen, aus — mit inf.
um zu, zu\ por que konj. weil
Jon.
porprendre st. II {komp. v. prendre)
1U9 nehmen.
porter sw. l (portare) 15, 20 u. ö.
(vgl. par. s. 267) tragen, forttragen,
übertr. hegen, bezeugen Leo 2.
pose f. (pausam) 2l8 ruhe, zeit.
poser sw. I (pausare) 171 zur ruhe
bringen, niederlegen.
post präp- (post) nach Eul 28.
puu adv. (paucum) 132, 810 wenig.
preciel adj. {abl. von pretium) 179
koütbar.
prediier Leo 213 = preechier.
preecbier sw. I (praedicare) 173 vor-
hersagen, predigen.
preiement m. II {von precari —
preiier) bitte Eul 8.
Wörterbuch.
343
preiier sw, I (*precare f. precari)
22fi, 865, Eul 26 bitten, beten.
preisier sw. I {abl. v. pretium) 13,
821) schätzen.
Premier zahlw. (primarium, vgl. 188)
9K u. ü erster.
prendre st. II (prehendere) 2, 7, 8
u. ü , Pa 37, Leo 212 nehmen, er-
greifen, pr. fia aufhören, ruhen,
pr. plaid vertrag eivgehn [Eide],
prendre a mit itif. beginnen.
present m. II (abl. von presenter)
1 1 2 gäbe.
presenter sw. I (praesentare) vor-
stellen, vorfahren Eul II.
prest -e alj {zu adv. praesto) 806,
831 fertig, bereit.
pretiit-r Jon = preechier.
primes adv. (priuiä + s) 188 zuerst,
vormals.
principe! adj. (prTncipalem> 59 haupt-
sächlich, alter pr. hochaltar.
procession f. (processionem) 144 u. 8.
feierlicher umzug, Umgang.
prof adv. (pr«ipe) nahe Pa 506.
prophete f.-m. I (prophetam) Pa 27
proftt.
prut -üde adj. (*prodem) 28 tapfer.
pudir sw. 11 (putere -*putire) stinken
Pa 32.
pugne f. (pugnam) kämpf Pa 501.
pugner sw. 1 (pugnare) kämpfen
Pa 502.
pai m. II rpodiam) 104 hügel.
puis adv. kovj (*postiiis i'ow post) 122,
231, 830 später, nachher, alsdann.
pulcella f. (*püilicellam) mädchen
Eall.
Q.
quant konj. (quando) 15 ff., 30 u. ö.
wann, wenn, als.
quant pron rel. u. interr. (quantum)
wieviel, q. que 2 .'9 soviel ah
immer, en qumt sofern als Eide,
quart zahlw. (quartum) Leo 227 der
vierte.
quatre zahlw. (quattuor) 204, Pa31,
Leo 221 vier.
que pron. (quem, qnod) s. pur.
s. 260 f. wdihen, -e, -es, was.
que [qiied Eul 14, quet Jon] konj.
80, ;i8, 43 u. ö. 1. dass, sodass, zur
einleitung der abhängigen aussage,
des kousekutivsatzef, nach den
Verben des wollens und fürchtens.
— 2. denn, weil 820.
quel pron. adj. (qualem) welch, q.
part 2 19 wohin.
querre st. II (quaerere) 72, 153, 235
suchen, aufsuchen.
queu [Leo 229] s. chief.
R.
raina m. II (ramunj) Pa 37 ast, zweig.
raizon f. (rationem) rede, erzählung,
erörterung Pa 1 , 511.
raneiier sw. 1 (renegare) verleugnen
Eul 6.
raveir st. III (komp. von habere) 2
wieder haben {hilfsvet bum).
receivre st. III (recipere) 107, 191,
220, Leo 21, 27, 237 in empfang
nehmen, erleiden.
redreeier sw. I {komp. von drecier
■« — *directiare) 258 wieder auf-
richten.
redeuibre st. II (redimere) loskaufen,
erlösen Pa 12.
redeuaption /". (redemptionem) Pa 14
ertösung.
regiel = reliel adj. (regalem) könig-
lich Eul 8.
regne m II (regnum) reich Pa 506.
regnöc m. II (regnatum) bfil, 867 reich.
regnier sw. 1 (reguare) herrschen
Leo 15.
reguarder sw?. I {komp. von guarder
— germ. wardeu) 5 anblicken.
rei m. II (regem) 1, 9 u ö., Pa könig.
reialiue m. II (regalimen) 68, 217
reich.
re'fne f. (reginam) 30, 43 u. 8. königin.
344
Wörterbuch.
relever sw. I (relevare) 173, 865 auf-
heben, refl. sich erheben, auf-
erstehen, sei r. aufstehen.
reliques f. pl. (reliquias) 160 u. ö.
reliquien.
remaneir st. II (remanere) 92, 230
zurückbleiben, unterbleiben.
remembrer sw. 1 (re- + memorare)
wieder in erinnerung bringen
Pa3.
remoüter sw. I {komp. von monter,
zu moutem) 249 wieder aufsteigen.
rendre sw. III (reddere) 166 n. ö.,
Leo 215 zurückgeben, erstatten,
r. saluz et amistiet seinen dank
abstatten.
renluminer {komp. von enlnminer, zu
lumtn) 257 wieder erleuchten, das
augenlicht wiedergeben.
repairier sw. I (*repatriare) 111 zu-
rückkehren.
repausement m. II (abl. v. repauser)
Jon ruhe, erholung.
repauser s. reposer.
repentir sw. II (paenitet) 31 sei r.
bereuen.
reposer [repauser Jon] sw. I {komp.
von poser) I2(i, sei r. ausruhen.
requerre st. 11 (*requaerere) 69 auf-
suchen.
respondre sw. III (*respöndere) 12,
162 erwidern, antworten.
retorner sw. I (gr. zoQvog) 60, 217,
auch sei r. zurückkehren [retornar
zurückbringen Eide].
revestir sw. II (komp. von vestire)
143, 189 bekleiden, anziehen.
revivre sw. III {komp. v. vivere) Pa 35
sei r. wieder lebendig werden.
riebe adj. {d. rikj-) 27, 206 reich,
mächtig.
rien f. (rem) irgend etwas, nule r.
mit ne 247, 833 nichts.
Rollant {germ. Kuj^oland) 61, 232,
s. 2iJ Roland, Karls d. Gr. neffe,
per von Frankreich.
Romanie f. 104 Bomanien.
roter sw. I (zu rote, kelt. crwth-crot)
837 auf der rote spielen.
raver sw. I (*rognare) 150 bitten^
heissen Eul 22, Pa 20, Leo 18,
ruiste adj. (rusticnm) 254 stark,
tapfer.
s.
sage adj. (*sabinm) 12 weise, klug.
sagrament m. II (sacramentum) eid,
schwur Eide.
saillir sw. II (salire) 195 aufspringen.
Saint -e adj. (sanctum) 1, 86 u. ö.
heilig [sanct saoz Leo].
sairement m. II (sacramentum) 35
schwur, eid.
sale f. {d. säla) 60 saal, palast.
Saint m. II (salatem) 166 u. ö. gruss,
dank.
salvament m. II (salvamentum) heil
Eide.
salver sw. I (saWare) unterstützen
[salvar Eide], erlösen Pa 4, 15.
sanc m. II (sangnem) 165 blut.
Sarazins m. II 224, 226 Sarazenen.
saveir st. III (*sapere f. sapere) 14,
51, 212 u. ö. wissen, kennen, er-
fahren; in f. subst. &d>.wix das wissen
Eide.
se konj. (si) 23 f., 34 u. ö. wenn.
seeir st. II (sedere) 10, 16, 1 22 u. ö.
sitzen, {von kleidern u. ä) stehen.
seeler sw. I (derivat von sigillum)
127, 200 versiegeln, schliessen.
seie f. (seta) 85 seide.
seignier sw. I (signare) 2, 87 be-
zeichnen, segnen.
seignor senior m. III (seniorem) 67,
135 u. ö., Eide, Leo 8, 239 herr.
semaine /. (septimana) s. 233 woche.
sempre adv. (semper) immer, so-
gleich Eul 10, Pa 48, Leo 22, 234.
sengler m. II (singularem) 834 eber.
senz präp. (sine + s) 50, 859 ohne.
sepulcre m. II (sepulcrum) 70 u. 6.
grab.
Wörterbach.
345
servant m. II (*serventem) 82 diener,
kriecht.
servir sw. II (servire) dienen Eni. 4,
Leo 24, 29.
set zahlw. (septem) 73 f. n. ö. sieben.
seule m. II (saecalum) Eni 24 weit.
si konj. (sTc) 20, 28, 33 n. ö. so, si
come so wie 173.
SJmeon (Siuaeon) 163 Simeon.
sirie m. II (syriam) 210 syrischer
Stoff.
sojorner sw. 1 (derivat von diurnam)
244, part. per f. ausgeruht, munter.
somier m. II (gr. aäy/xa) 82, 240 u. ö.
Saumtier,
soner sw. 1 (sonare) 197 läuten.
songier sw. I (somniare) 71 träumen.
sor jpräp. (supra) 16, 55 u. ö. über,
auf [>i0vre Eni 12, sore Jod].
sostenir st. III (sustinere) aushalten,
ertragen Eul 16, Pa, Leo.
soveir m. II (sopire) schlaf Jon.
sovre s. sor.
soz präp. (subtus, vgl. desoz) 169
unter.
spede [Eul 22] = espee.
suaire m. II (sndarium) 170 schweiss-
tuch.
sus adv. (sursum) 195, Pa 26, Leo 234
empor, hinauf oben.
susciter sw. I (suscitare) auferwecken
Pa30.
T.
table f. (tabulam) 832 tisch.
talier = taillier sw. 1 (taliare) Leo 233
schneiden, abschneiden.
tant (tantum) 10, 49 u. ö. 1. adj.pron.
a tant 253 hiermit, hierauf. —
2. adv. so sehr, so viel, so lange,
so 10, 49 n. ö. — 3. konj. in zu-
8am,mensetzungen: tant com soviel
als 223, tant que so sehr dass, so
lange bis 93.
teile/', (tela) 210 linnen.
tel adj.pron. (talem) 66, 169 u. ö. so
beschaffen, solch, t mil etwa 1000.
temps = tens m.indekl. (tempns) zeit
Leo 5, 13, 28
tendre sw. III (tendere) ausdehnen,
tendut 194 schlaff.
tenir st. III (tenere) 45, 48, 180 u. ö.
halt>'n, behalten [Leo 28], haben,
besitzen, t. a halten für.
terre f. (terram) 69 n. ö. land.
teste f. (testam) 16, 25 u. ö. köpf.
tierz -rce zahlw. (tertium) 173 der
dritte.
tolir sw. II (tollere) wegnehmen
Eul 22.
tor f. (tnrrem) 36 türm.
torment m. II (tormentum) quäl
Leo 12.
torner sw. (xoqvoq, vgl. 60 retorner)
75, 90 u. ö. wenden, zuwenden, reß.
sich wenden, sei t. sich wenden
sich wegivenden, umkehren.
tort m. II (tortum von torquere) 813
unrecht.
tost adv. (tostum von torrere) 19,
S9, 197 EqI 19 rasch, ahbald.
tot -e adj. pron. (tottum) 21, 48,
116 u. ö , Eul 26, Pa, Leo ganz,
jeder, pl. alle — adv. tot 852,
Pa 4 ganz, völlig.
traire st. 11 ('trägere f. trahere, vgl.
225) 116 ziehen, abziehen.
trametre st. II (transuiittere) Leo
schicken, senden.
traverser sw. I (derivat von trans-
versum) 101 durchqueren, durch-
ziehen.
tref m. II (trabem) 85 zeit.
treis zahlw. (tres) 7 1 drei Pa 5.
trembler sw. I" (tremulare) 130
zittern.
trenchier sw. I (truncare) 25, 79
schneiden, abschneiden.
trente Zahlwort (trigiuta) dreissig
Pa5.
tres adv. (trans) sehr, t. parmi 102
gerade durch; tresques präp. 48
bis, bis nach — konj. 57, 75, 236
bis dass, bis.
346
Wörterbuch.
tresor m. II i&^aavQo?) 222, 839
schätz.
tresque siehe tres.
Iressaillir sw. II (trans und salire)
IbS zittern, beben.
trestüt -e pron. adj (trans. + tot-
tum) 2(19, 803, 839, Leo 21 2 ganz,
pl. alle.
treziine zahliv. (tredecim + -ime)
117 u. 0. der dreizehnte.
trop adv. (d. f'orp — Jrop) 13 zu
sehr.
trosser sw. I (abl. v. gr. d-iQoog) 73,
220, 240 btladen.
trover sw, I (*tropare — turbare) 40,
75 u. ö. finden, auffinden.
Turpin (Turpinum) 64, 87, 202, 82S,
s. 233 erzbischof Turpin v.Rheims,
per von Fiankreich.
Turs 105 (zu sg. Türe) Türken.
u.
umbre f. (umbraoi) schatten Jon.
un -e zahlw. und unbest. art. (unum)
1, 7, 14 0. ö. ein, irgendein.
Y.
Vadart m, II (germ. wad- + hard)
Vadart, mörder Leodegars Leo 227.
vaissel m. II (vascellum) 84 gefäss.
Teer sw. 1 (vetare) 845 verbitten,
wehren.
veeir st. 1 (videre) 9, 30 a. ö., Leo 218
{vgl. s. 2ö8 /.) sehen erblicken,
bemerken.
veintre sw. III, II (vlncere) besiegen
Eul 3.
veir adj. (verum) wahr Pa. 1.
venaisoa f. (venatlonem) 834 wild-
pret.
vendre sw. III (vendere) verkaufen
210.
venir st. I, III (venire) 9.'^, 110 u. ö ,
Eul 28, Pa 34, Leo 212 kommen,
gelangen.
verai adj. (*verajam) wahrhaftig
Pa 7.
vertut f (virtutem) 56, ISR u. ö. kraft,
Wunderkraft, faire v. wunder ver-
richten, bewirken.
vestit m. II (vestitum) Pa 23, 48
gewand.
vide = vie f. (vitam) leben Pa 11.
vieler sw. I (zu vitula, vgl. deutsch
fiedel) 837 fieddn, geigen.
vile f. (vTllauj) 204, 209, Pa 18 Stadt.
via m. II (viüum) 836 tvein.
virgene f. (virgineni) 125 Jungfrau.
virginitöt f. (virginitateiu) Jung-
fräulichkeit Eul 17.
vis m. indekl. (vTsum) 128 aussehen,
antlitz.
visage m. II (vTsaticum) 131 aus-
sehen, antlitz.
visiter sw. 1 (vTsitare) 140 besuchen.
vol m. II (von voleir) wille Eide.
voleir st. III, II (volere f. velle) 31,
70 u. ö , Eul 3 u ö., Pa 16 wollen.
volentiers ado. (voluatarie 4- s) 44,
178 u. ö. gern.
voler sw. I (volare) fliegen Eul 25.
volontet = vuient6t /'. (voluntatem)
wille, wünsch Pa 503.
Volte f. {abl. v. volvere) H3 ge-
wölbe, Wölbung.
volucre m. II (volucrem) 127 vogel.
I
Alphabetisches Sachregister.
Die zahlen beziehen sich auf die Seiten, beigefügter stern (*) bezeichnet
bibliugraphiscüen zusatz.
Accent 'IGOfif., 241, abstufung 10,
18f., *78, HO ff., regelKl, 164, acc-
wechsel 60 f., *163ff., in griech.
Worten 74.
Accusativas cum Infinitive
*-'0.), 2h;}.
Adverbialbildung 86, 95 f., ana-
log. 127, 13'*, 20H, mit -s 83; be-
tonung 71, 1^2, 297.
Analogie 10 1 f., 14 »f., im Sub-
stantiv 1 1, :-5, 52, 84, 12.', 180 f.. 22 4,
243, *25T f., adjektiv 9R, 1 1 3, ad verb
Si, 9fi, 127, 138, l.i4, pronomen
12 f., 16, I94f, Zahlwort *2lfi,
verbum 11 f., 25 f., 26, 38, 52,
62 f., 68, 87, 97, 100, 101, 103, Mii5,
114, *1 15, +120, 126, 137,138,182,
185, *187f., 191, *lt6, 197, 19» f.,
211, 214 usw.
-arius — *'-ier8 *55.
Artikel 12, 256, *273, betonung
17, 69, 162, fehlen 22, 11^, *219.
Assibilierung 31, 4'if, 148, 152 f.
Assimilation 25, 35, 146, 15"f,
vokalische ass. 'hT, koüson. 7it, 91,
12>s, 151, 236, zw. 2 aufeinander
folg. Worten 2ii4.
Assonanz 3, 73, 189 f., 229 f., 298,
303.
Aussetzung des subjektspro-
nomens 51, 66, 274.
Bedeutung: abschwächnng 4fi,
Übergang 47, 99, 1U8, 109,*lil, 117,
118, *134,'135, 188, 201, 206,,208,
212, 218.
Buchsprache s. Lehnwort.
Cäsur 71 f.
Chronologie der lautgesetze 27,
37, 141 flf.
Darmestetersches gesetz *18.
Deklination 254fiF., vgl. analogie.
Defektive verba 26, 87, 109, 115,
197 (iat).
Deponentia 197 f, 201, 2ö6.
Deutsch s. Germanisch.
Diphthong 2.T0if., spontane d.
50, 74, 85, 125, 167, bedingte d.
18, *64f, 92, 167 f.; d. aus triph-
thong 92, 189, 252 f., aus vokal +
palatal 1 4, 22, 32, 4 1 , 169 ff., 1 74, aus
anachpal 36f, ans vok.-fw 18,253;
fallende di. — »-steigenden di ol, 251 ;
moDophthongierung 38, 253.
Dissimilation 146, vokalische 18,
8t, 172, 173, 194, konsonantische
116, 223 (eine), kons.-vokal. 221
(avuec), 237 (paons).
Einkasussystem 84, 255, 259,
lautl. zusammenfall 28, ^8, 122, 220
(v. 134), obliqiius für rektus 13,
14, 8lf, 116, li2 (fem pliir.), l;»2,
bei pers-öul. begriffen erhaltung des
rektus 16 (des obliquus 59), erh.
des weibl. rektus *2j4.
348
Alphabetisches Sachregister.
Einsilbige worte 28, 34, 167,
217.
Elision 38, 41, 48, 200, *224
(v. 166).
Endvokale *7, 37, 167, 175, *213,
253 f., Stützvokale 15 f., 114, 120,
126, 131, analog. 81, 87, *196,
253.
Enklise 16f., 1S7, einzelnes 69,
116, 122, 162, 222 (v. 147).
entre distributiv *207.
Erbwörter 50f., 52, 145, 164.
Erstarrte formein 122, 231
(parsom), im gerichtsstil 87.
Formenstand 254ff.
Francoprovenzalisch 46, 287.
Frei — gedeckt s. Vokale.
Funktionsverschiebung 117
(car), 210 {vez) , 215 (gem); vgl.
gerundiam u. Plusquamperfekt.
Gallo-italisch 7, 142.
Gallo-romanisch 7, 8, 19, 95,
221.
Gemeinromanisch s. Romanisch,
Vulgärlatein.
Genus s. Geschlechtswechsel.
Germanische laute u. Wörter 6
(it), 15 (k), 44 (s imp.), 59
(w), 92 (eo), *131 (kj), I47ff., 184
(h), *2()0 (ä), 297 (w = w-v), 301
ifolc), g. namen 14, *192, *201f.,
237, g. Schreibung 286.
Gerundium 208, 220 (v. 132),
*2U, 237 (v. 836), 275, 281 f.
Geschlechtswechsel 255, nen-
trum — > mask. *18, 34, 47, — > fem.
1P5, 217, 219, mask. -> fem. 42,
*135, 219, fem.->mask. 181, 195,
234.
Gleiteworte *74f., *78f., 141,
174, 221 {conte), accent *164,
217.
Griechische laute u. Wörter 22
(f), 42 f, 74, 148 (aspiraten), 206(8;),
208 (aäyfxa), 212 (-/«), 217, 302,
*316, accent 74, 217, gr. buch-
staben falsch gedeutet 223, 294,
299.
Hiatusvokale 10, *24, 25, 27,
153 ff., 175, 253.
Inversion des Subjekts 23, 222,
*2-7 f.
i protheticum *44, 149.
Italienische belege 7, 10, 20,
39, 95, 110, 116, 120, 126, 134,
182, 191, *204, *207, 211, 216,
217, 219 (mer), 221 (conte), 221
(metsmes).
Kasus: Untergang u. ersatz lat.
kasus 11, 48f., 254, erhaltung des
dativs *21, *109, 203, 236, 239,
305.
Katalanische belege 127, *204.
Keltische eiuflUsse *6f., 115, *203,
*2ü4, 210 (v. 90, *96), *228
{maintes), *316.
Klangfarbe (Qualität) s. Vokale.
Konsonanten 140f, 147ff, 163,
242 ff, anlautende k. *24, 53 f.,
147 ff, inlautende 151 ff., aus-
lautende *5, *3«, 149 ff., doppel-k.
56, 137, gestützte k. 22, 91, 150,
156 ff.
Konjugation 265 ff., vgl Perfekt.
Konjugationstausch 138, 139,
165, 191, 265, 3i'5 (covit).
Kreuzung s. Wortmischung.
Kurzformen 39, 162, einzelnes
*78, 93, 103, 181, *184, *185, 194,
210, 211 f., 226 (v. 193), 229 (mar),
260.
Laisse (Tirade) 3.
Lautgesetz, Lautregel, Lautwandel
5, 45, 140ff., *314.
Lautstand 241 ff.
Lehnwort, Fremdwort, Buch- und
Kultwort 145, *316, accent 165,
einzelnes 20, 22, *5ü, *ö2, 58, 71,
Alphabetisches Sachregister.
349
124, 181, 183, 185, 196, 200, 204,
205, 210, 214, 219flF , namen 22,
19:i; franz. lehn Wort er im Deatschen
15, im Eüglischen 15, 20.
Metathesis 58, 146, einzelnes *99 f.,
112, *113, 120, 222 (v. 143), 225
(v. 177).
Monophthongierung lat. dl-
phthoDgen 49, 85, franz. tri-
phtbüDgen 65, franz. diphthongen
38, 41, 74, 103, 105, 114, 136f.,
250 ff.
Mundarten 2, mundartl. Schreibung
29, Anglonormannisch 3, 29, 37,
82, 104, 224, 229, 248, 326, Cham-
pagnisch 104, Lotbringisch291, Nor-
mannisch 29,217, 292, Ost fr mz. 1 04,
292, -297, 298, 301, ^07, Pikardisch
103, 104, 118, 122, 123, 181, 2i^2,
südliche mundarten 183, Wallo-
nisch b2, 104, 291 f., 303, West-
franz. 217, 292, 298.
Münzwesen *133,
Musikinstrumente 237.
Nasalierung *8, 70, 168, 173,
248 ff., zeit d. nas. 9, Veränderung
der klangfarbe 9, 29, 31, 47, ent-
nasalierung 30, 74, 80, 182, 248 ff.
Negation 93, 134, *185, 276f.
Neutrum: Untergang 9, *18, er-
haltung im pron. u. adj. HO.
Offen — geschlossen s. Silbe,
Vokale.
Pausaformen 39, 150, 244.
Perfektbilc[ung2ti5flf., schwache
33, 97, 114, starke 25f., 213f.,
215, 218, 223 (v. 152).
Plusquamperfekt (lat.) erhalten
215 f, 291, 303, 307 (v. 230), nach-
wirkuDg im perf. 2^5, 307 (v. 232).
Portugiesische belege 204.
Proklise 12, 17, 27, 33, 69, 88,
92, 100, 104, 107, 116, 124, 222
' (v. 147)j bei Substantiv 79, 220
(sire), adjektiv 125, präposition
108, 297 (foers).
Pronomina *103 O'e), *109, 162,
262 ff. (vgl. Enklise, Proklise),
reflexiv 101, 222, son für sa *42.
Proparoxytona s. Gleite worte.
Prosodie, lat. 5, 24.
Provenzalisch 297ff.,303ff, laut-
liche abgrenzuug *46, prov. ein-
flüsse 181, *195, 297 ff., 303 ff.,
prov. belege 1 1 f., 78, 80, 81, 96,
106,110, 126,127,142, 181, l82f.,l 87,
*188, 191, 192, *l95-f., *204, 211,
214, 215, 217, *221 (avuec), 222
(v. 139), 289 f. (ab).
Rätoromanisch 142, 287.
Reim 3, 721".
Rekomposition 89, 97, 164.
Rektion des partizips *40, 281,
des Prädikatsnomens *106, 275,
281, bei reflexiven verben *20l.
Romanische sprachen, roiuan.
lautwandel 1, 5, 9, 20, *24, 30,
*44, 141 f., *3I4.
Rumänisch 30, 134
Sardisch 30.
Satzphonetik: accent 27, 117,
121, 123, 125, I62ff., *1S6, 207,
vgl. kurzformen; antevokalisch-
antekonsonantisch 17, 18, 34, 39,
64, 94, 106, 108, 134, 150, *221
(avuec), 2 0, nachkonsonautisch
*44, assimilation 2a4.
Satzverbindung 77, 110, 230,
282 ff.
Schreibung: mundartliche 29,
historische 32 (oi), etymologische
24, 32, 107, 108, 112, 127, 139;
ausgleich 103.
Schriftsprache 2f, 40, einfluss
d. schr.-spr. auf Volkssprache 51,
Schwabenstreiche s. 2.s3, 306.
Silbe: tonsilbe usw. s. Accent;
offeu — geschlossen (frei — ge-
deckt) 7, 9, 14, 30, 65, 95, 140.
350
Alphabetisches Sachregister.
Silbenanlaut = wortaDlaut 54, 82,
95, 147.
8 im purum *44. 149, 159.
Spauische beleg« 127, 134, *201,
207, 217, 222 (v. 139).
Staujinabst ufung und -aus-
gleich 2Rt;f, eiuzeloes r>2 f , lol,
191, 2(11, 20rt, 225 (v. 174), 227
(v. 195), 231 (v. 239, v. *243), 235
(v. 812).
Substantivierung von adjek-
tiven, pirtizipien und geruudien
9, 2n8, 2.M7, prou. poss. 234,
iofiuifiven 13i, 2.(6, 297.
Suftixtausch 18, 209, 236 (v. 828).
Syntax 273ff., *315.
Tempora 266 ff., nntereang und
ersarz 86, zusaujmeiifall215f., neu-
bildiing >»9.
ten Brink'sches gesetz 36, 50,
74, 1(6 f., *2i»0.
Tirade s. Laisse.
Tonsilbe s Accent.
Tripbthong 65, 92, 188, 213,
252 f.
Übergan gs laute r?0f., 159, ein-
zelnes *47, 101, 219 (v. 125).
Umlaut 12, *67f., 80, 167.
Verbum vicarium {faire) 289.
Vers 3, 71 ff.
Vokale 141», 165ff., 247ff, klang-
farbe oder qualiiär (offt-ue — ge-
schlossene ausspräche) 6, 8 f., 9,
12, 29 f. u ö , Quantität (länge —
kürze) 6, 165 f., freie und gedeckte
Stellung 11, 14, 29f., 165f. (vglten
Brink'sches gesetz).
Völkernamen ohne artikel 113,
126.
Volkssprache, Pariser, einfluss
auf die gebildete spräche 14.
Vulgärlatein 1, 3.i, 39, 78, 94,
95, 141 f., 2Süf., *314.
Wortbildung: Weiterbildung von
Substantiven mit -arinm 130, 208,
mit -ia '212, von adjrktiven mit
-nrius 105, von verben 127, 224
(v 167); adjtktiv abgeleitet von
Substantiv 195, Substantiv v adj.
2i6 (v. 8:i(i), von particip 111,
220 (v.- l.n), von verbum 196,
214, 220 (V. i;s3), 223 (v. 152);
verbum von adj. 115, 196, von
Substantiv 75, lOI, Hl, 136, 188,
206, 210, 214, 225 (v. 174); bes.
fälle *221 (facte7,tre), *228 {fstuet);
•Wortzusammensetzung 46, 76, 88,
93, 193; vgl. adverbialbildung,
rekompositiiin.
Wortersatz 9, ?0, 62, 6.'?, 83, 91,
i:i6, Untergang IM, 112, 115, 183.
Wortmischung *53, *109, 184,
228 (v. 212).
Wortstellung 23, 102, 110,116,
118, *129, 132, 186, 2u8, 209,
276ff.
Zahlwort *210, *216f., 261 f.
Zweikasussystem II, 84, 257 f.,
Vokativ = rektus 98, 202; vgl
Deklination, Kasus.
S. 37
z.
S. 84
z.
S 13;
z.
S. 173
z.
S. lag
z.
S.319
z
Berichtigungen und Nachträge. 351
Berichtigungen und Nachträge.
7 V. u. lies f statt f.
17 lies 5 emperere statt semperere.
9 lies acciisativns statt accusativum.
7 V. u. lies S: stimmhaftes sc/t statt stimmloses.
5 lies *h'ilni^ti statt hnliü4i.
8 V. u. füge hinzu: S 4U n—*-e, franz.-prov. Sprachgrenze:
Tourtoiilon et Bringuier, Etiide sur la iimite g6os;raphiqiie de la
laiigue d'oc et de la laogue d'uii, Archives des MissioLS scienti-
fiques IIles6rie, tome 111, auch st'p. P. 1876; 11 Suchier, ZrP 2
(187S) 325 — -^7, Franz. u. iTov. (s. oben s. 315) 759 — H2; Edith
Blankenstein, Mitteiluugen u. Abhandlungen aus d. Gebiet d.
rom. Phil., veröff. vom Seminar f. rom. Sprachen u. Kultur in
Hamburg UI (1915) Iff.
Druck von Ehrhardt Karras G. m. b. H, in Halle (Saale).
PC
2823
V67
1918
Voretzsch, Carl
EinftÜirung in das Studium
der altfranzösischen Sprache
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