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Full text of "Einführung in die Pflanzenpathologie; ein Lehrbuch für Land- und Forstwirte, Gärtner und Biologen"

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Sammlung  Borntraeger  Bd.  1 


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H.  Morstatt 


Einführung 

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Pflanzenpathotogie 


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Sammlung  Borntraeger    Band  I 


Einführung  in  die  Pflanzenpatliologie 

Ein  Lehrbuch 

für 

Land-  und  Forstwirte,  Gärtner  und  Biologen 


Dr.  H.  MORSTATT 

Begierungsrat  an  der  Biologischen  Reichsanstalt  für  Land-  und  Forstwirtschaft 


in  Berlin  -  Dahlem 


Mit   4  Abbildungen 


Berlin 

Verlag   von   Gebrüder   Borntraeger 

W35  Schöneberger  Ufer  12  a 
1923 


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Alle  Rechte  vorbehalten 
Copyright  1923  by  Gebrüder  Borntraeger  in  Berlin 


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Druck   von  E.  Buchbinder  (H.  Duske),  Nenruppin 


Vorwort 

Nach  Entstehung  und  herrschendem  Gebrauch  zerfällt  die 
Pflanzenpathologie  in  zwei  getrennte  Arbeitsfelder,  in  dasjenige  der 
angewandten  Botanik  und  das  der  angewandten  Entomologie.  Hier 
soll  nun  der  Versuch  gemacht  werden,  sie  einheitlich  als  ein  eigenes 
Gebiet  angewandter  Biologie  zusammenzufassen. 

Die  bestehende  Zweiteilung  hat  ihren  natürlichen  Grund  darin, 
daß  die  ätiologische  Seite  der  Forschung  bisher  noch  bei  weitem 
überwiegt  und  daß  diese  sich  nach  der  Vorbildung  der  Arbeitenden 
gewöhnlich  eng  auf  eine  der  beiden  Hilfswissenschaften,  die  Myko- 
logie oder  die  Entomologie,  zu  beschränken  pflegt. 

Man  beginnt  aber  jetzt  allgemein  einzusehen,  daß  eine  solche 
Trennung  auf  die  Dauer  nicht  aufrecht  erhalten  werden  kann.  Das 
Auftreten  von  Krankheiten  wird  nicht  lediglich  von  einer  Einzel- 
ursache oder  einem  Organismus  hervorgerufen,  sondern  es  ist  gleich- 
zeitig vom  Zusammenwirken  vieler  anderer  Bedingungen  abhängig, 
deren  Kenntnis  oft  wichtiger  ist  als  diejenige  der  Hauptursache. 
Nichtparasitäre  Krankheiten  interessieren  beide  Disziplinen  in  gleichem 
Grade  und  die  Fragen  der  Krankheitsüberträger  und  der  kombinierten 
Bekämpfungsmethoden  nötigen  unmittelbar  zur  Zusammenarbeit  und 
verlangen  eine  Beherrschung  des  Nachbargebietes.  Schließlich  ver- 
steht es  sich  auch  von  selbst  und  ist  oft  genug  erörtert  worden, 
daß  eine  angewandte  Wissenschaft  von  so  großer  wirtschaftlicher 
Bedeutung  nicht  dauernd  nur  in  der  Form  von  Teilgebieten  ihrer 
ganz  verschiedenartigen  Hilfsdisziplinen  bestehen  kann. 

Die  bisherigen  Handbücher  auf  pflanzenpathologischem  Gebiet 
sind  sämtlich  Spezialwerke,  die  nur  dem  einen  oder  anderen,   mehr 


IV  Vorwort 

theoretisch  oder  mehr  praktisch  gerichteten  Bedürfnisse  entsprechen. 
Der  Pflanzenschutz  hat  aber  an  Umfang  und  Bedeutung  so  zu- 
genommen, daß  es  für  den  einzelnen  schwer  wird,  alle  Teilgebiete 
zu  übersehen. 

Eine  Übersicht  über  das  Gesamtgebiet  der  Lehre  von  den 
Pflanzenkrankheiten,  so  wie  man  diese  bei  uns  in  Deutschland  und 
in  einigen  anderen  Ländern  als  Pflanzenpathologie  bezeichnet,  fehlt 
bisher.  Sie  ist  nicht  nur  für  den  an  den  Pflanzenschutzstationen 
Tätigen  ein  Bedürfnis,  der  sich,  von  einer  der  Hilfsdisziplinen 
herkommend,  unbeschadet  seiner  Spezialisierung  in  das  Ganze  ein- 
arbeiten muß,  sondern  auch  als  Grundlage  für  die  endlich  eingeleitete 
Ausdehnung  des  Unterrichtes  im  Pflanzenschutz. 

Der  neuere  Ausbau  des  Pflanzenschutzes  in  Deutschland  hat 
zu  einer  Unterscheidung  von  Pflanzenschutzforschung  und  Pflanzen- 
schutzdienst geführt  und  dabei  ist  naturgemäß  der  letztere  bevorzugt 
worden.  Dies  hat  auch  eine  erfreuliche  Ausdehnung  des  Unterrichts- 
wesens mit  sich  gebracht,  das  aber  zunächst  nach  Art  der  Fachschul- 
bildung rein  praktische  Ziele  der  Schädlingskunde  und  -bekämpfung 
verfolgt.  Einen  allgemeinen  Unterricht,  der  eine  Ausbildung  in 
Pflanzenpathologie  als  zusammenfassende  Ergänzung  der  Sonder- 
gebiete zur  Aufgabe  hat,  gibt  es  noch  nicht.  Auf  die  Dauer  kann 
ihn  die  Pflanzenpathologie  nicht  entbehren,  die  als  ein  selbständig 
gewordener  Zweig  der  angewandten  Biologie  diese  Zusammenfassung 
zu  ihrem  eigenen  Ausbau,  zur  Ausgleichung  ihrer  Einzelrichtungen 
und  nicht  zum  wenigsten  zur  Aufdeckung  der  bisher  vernachlässigten 
Teile  ihres  Aufgabenbereiches  braucht.  Nicht  die  Empirie,  sondern 
die  wissenschaftliche  Forschung  hat  den  modernen  Pflanzenschutz 
begründet  und  diese  bedarf  de?  Unterrichts  als  Rückgrat,  wenn  sie 
erhalten  bleiben  soll.  Der  Pflanzenpathologe  darf  nicht  nur  Spezialist, 
sondern  er  muß  auch  allgemeiner  Biologe  sein,  um  dem  heutigen 
Stand  seiner  Aufgaben  und  der  Richtung  des  praktischen  Pflanzen- 
schutzes entsprechend  den  Problemen  in  ihrem  weiteren  Zusammen- 
hang gerecht  zu  werden. 

Als  ein  Versuch  solcher  Zusammenfassung  soll  das  vorliegende 
Buch   gewertet   werden.     Es   verdankt    seine   Entstehung   der    Muße 


Vorwcjrt  V 

der  Kriegsgefangenschaft  in  Ägypten,  welche  —  örtlich  und  zeitlich 
zwischen  einem  tropischen  und  einem  europäischen  Arbeitsfeld  ge- 
legen —  dazu  Zeit  und  Anregung  bot.  Daß  manche  Einzelheiten 
bei  mehrfachen  Anlässen  Erwähnung  finden,  wird  einem  Unterrichts- 
buch nicht  als  Nachteil  angerechnet  werden  können.  Schwerer 
wiegt  wohl  die  manchmal  ungleiche  Behandlung  des  Stoffes,  die 
aber  abgesehen  von  persönlicher  Bedingtheit  ein  Spiegelbild  des 
bisher  Erreichten  ist  und  der  sonstigen  Literatur  entspricht.  Die 
zitierte  Literatur  ist  so  ausgewählt,  daß  sie  zugleich  die  wichtigsten 
Schriften,  mit  denen  der  Pflanzenpathologe  vertraut  sein  soll,  aufführt. 

Ostern  1923 

H.  MORSTATT 


Inhaltsübersicht 


Kapitel  I 
Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

1.    Die  Krankheitserscheinungen  Seite 

Das  Krankheitsbild  als  Symptomenkomplex.  Die  einzelnen  Krank- 
heitserscheinungen: Das  Welken,  die  Verfärbung,  das  Absterben, 
Formveränderungen,  Wunden,  Ausscheidungen,  Krankheitserreger  als 
Symptome.     Einteilung  der  Pflanzenkrankheiten 1 — 12 

2.  Untersuchung  und  Beschreibung 
Das  Krankheitsbild.  Feldbesichtigung:  Krankheitserscheinungen 
und  Umfang,  Kulturverhältnisse,  schädliche  Organismen  und  an- 
organische Ursachen.  Nachweis  und  Bestimmung  der  Parasiten, 
Züchten  der  Parasiten,  Infektionsversuche.  Bedingungen  der  Er- 
krankung. Histologische  Grundlagen.  Gesamtbeurteilung.  An- 
ordnung der  Beschreibung 12 — 18 

Kapitel  II 
Krankheitslehre 

1.  Begriff  und  Wesen  der  Pflanzenkrankheiten 
Begriff,  Vorgänge,  Krankheitserscheinung.  Krankheitsbild  und  Ver- 
lauf, Grundlagen  der  Krankheiten,  Ursachen  und  Bedingungen, 
Formen  des  Auftretens,  Neuauftreten,  Vererbung  und  Übertragung, 
Krankheitsüberträger 19 — 29 

2.  Pathologische  Pflanzenanatomie 
Aufgaben.  Pathologische  Strukturen.  Regressive  Veränderungen: 
Degeneration,  Nekrose,  Zytolyse;  Hemmungsbildungen:  Hypoplasie. 
Progressive  Veränderungen:  Hypertrophie,  Hyperplasie,  Metaplasie. 
Spezielle  pathologische  Anatomie:  Panaschierung,  Etiolement,  hyper- 
hydrische  Gewebe,  Wundgewebe  und  Regeneration,  Gallen :  organoide 
und  histioide  Gallen 30 — 37 

3.  Pathologische  Pflanzenphysiologie 
Abgrenzung  und  Aufgaben:  physiologische  Pathologie.  Methodik 
der  pathologischen  Physiologie.  Bedeutung  der  physiologischen  Er- 
forschung der  Krankheiten  bei  physiologischen,  nichtparasitären, 
parasitären  Krankheiten.  Allgemeine  Probleme  der  pathologischen 
Physiologie:  Konstitution,  Prädisposition,  Disposition  und  Immunität, 
Degeneration,  Infektion,  Intoxikationen 37 — 60 


VIII  Inhaltsübersicht 

Seite 

Kapitel  III 
Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

1.    Schädliche  Organismen 

Der  Parasitismus;  Symbiose,  Saprophyten,  Pseudoparasiten,  Speziali- 

sation,  Überträger 61 — 69 

a)  Pflanzen     als     Schädigungsursachen.       1.     Algen. 

2.  Pilze:  Lebensweise;  Myxomyceten,  Schizomyceten, 
Myxobakterien;  Hyphomyceten:  Sporen-  und  Frucht- 
körperformen; Phykomyceten :  Oomyceten,  Zygomyceten; 
Eumyceteu:  Ascomyceten,  Basidiomyceten;  Fungi  imper- 
fecti.  8.  Flechten.  4.  Gefäßkryptogamen.  5.  Bluten- 
pflanzen             69—87 

b)  Tiere     als    Krankheitserreger     und     Schädlinge. 

1.  Würmer.  2.  Arthropoden:  Milben;  Insekten;  Allge- 
meines; Ordnungen.     3.    Wirbeltiere 89 — 109 

Anhang:    Filtrierbare  Vira  als  Krankheitsursachen    .     .     109 — 110 

2.    Unbelebte  Krankheitsursachen 

a)  Witterungseinfliisse.  1.  Feuchtigkeitsverhältnisse: 
Trockenheit,  übermäßige  Feuchtigkeit,  einzelne  Nieder- 
schlagsformen.   2.    Temperaturverhältnisse:  Kälte,  Wärme. 

3.  Belichtung.     4.   Wind.     5.    Blitz 110—120 

b)  Boden  einflüsse.  1.  Nährstoff  Verhältnisse:  Einzelne 
Nährstoffe;  Bodenreaktion.  2.  Physikalische  Boden- 
beschaffenheit: Leichte  und  schwere  'Böden;  Boden- 
erkrankungen; Beschränkter  Bodenraum 120 — 123 

c)  Chemische  Einflüsse.      1.    Rauchgase   und   Abwässer. 

2.  Düngemittel.     3.    Pflanzenschutzmittel 123 — 127 

Kapitel  IV 
Pflanzenschutz 

Hygiene  und  Therapie  als  Zweck  der  Pflanzenpathologie.  Relative 
Beteiligung  der  verschiedenen  Ursachen  an  den  Schäden.  Statistik 
im    Pflanzenschutz.      Privat-    und    volkswirtschaftliche    Bedeutung. 

Entwicklungsrichtungen  des  Pflanzenschutzes 128 — 132 

Einteilung  der  Methoden.  1.  Mechanische  Verfahren.  2.  Chemische 
Mittel  und  ihre  Anwendungsformen.  3.  Biologische  Bekämpfung; 
Vogelschutz,  räuberische  Insekten,  Schlupfwespen,  T*ilze  und 
Bakterien.  4.  Kulturmaßnahmen;  verschiedene  Bedeutung  bei  ein- 
zelnen Kulturen  und  Krankheiten ;  den  Boden  und  die  Pflanze  be- 
treffende Kulturmaßnahmen 132 — 149 

Sachregister 150  ff. 


Kapitel  I 

Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

i.   Die  Krankheitserscheinungen 

Zur  Kenntnis  der  Pflanzenkrankheiten  gehört  in  erster  Linie 
die  Kenntnis  der  Krankheitserscheinungen  oder  Symptome,  die  zu- 
sammen das  Krankheitsbild  ausmachen.  Dieses  kann  sowohl  gleich- 
zeitig als  auch  in  seinem  Verlauf  ganz  verschiedene  Symptome  um- 
fassen. So  zeigt  sich  z.  B.  die  Reblauskrankheit  in  den  sogen.  Reb- 
lausherden als  eine  Gruppe  erkrankter  Stöcke,  die  im  Gelbwerden 
des  Laubes  und  schließlich  Vertrocknen  und  Absterben  das  Bild 
einer  schweren,  vom  Mittelpunkt  nach  außen  fortschreitenden 
Chlorose  bieten.  Dabei  findet  man  im  Boden  als  die  Ursache  der 
oberirdischen  Erscheinungen  ein  Absterben  der  feineren  Wurzeln 
und  eine  Wurzelfäule,  die  sich  bei  genauerem  Zusehen  als  auf  der 
Fäulnis  der  durch  die  Saugtätigkeit  der  Reblaus  hervorgerufenen 
Gallen,  der  Nodositäten,  beruhend  herausstellt;  gleichzeitig  können 
an  den  Blättern  noch  die  Blattgallen  auftreten.  Das  Krankheits- 
bild ist  also  ein  Symptomenkomplex,  an  welchem  wir  Haupt-  und 
Nebensymptome,  Anfangs-  und  Folgeerscheinungen  unterscheiden 
müssen.  Dabei  können  von  einer  Krankheit  gleichzeitig  verschiedene 
Organe  einer  Pflanze  befallen  sein,  auch  ohne  daß  die  einzelnen 
Symptome  gegenseitig  beeinflußt  sind,  wie  außer  dem  angeführten 
Beispiel  auch  die  Kraut-  und  Knollenfäule  der  Kartoffel  zeigt. 
Den  Wechsel  der  Erscheinungen  im  Verlauf  einer  Krankheit  sehen 
wir  u.  a.  an  den  Welkekrankheiten,  bei  denen  das  Welken  der 
Blätter  nur  das  erste  Anzeichen  einer  sich  meist  in  anderen  Teilen 
der  Pflanze  abspielenden  Störung  ist,  welche  erst  später  andere 
Symptome  am  Stengel  oder  an  der  Wurzel  zeitigt.  Es  kommt  also 
darauf  an,  die  verschiedenen  Krankheitssymptome  in  ihrem  Zu- 
sammenhang und  Verlauf  zu  verfolgen,  um  daraus  das  Krankheits- 

Sammlung  Borntraeger  I:Morstatt  1 


2  I.    Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

bild    im    Ganzen    klarzustellen,    aus    dem    sich    die    Ursachen    und 
weiterhin  die  Bekämpfungsmöglichkeiten  ergeben. 

In  der  folgenden  Übersicht  sind  die  einzelnen  Erscheinungen 
oder  Symptome,  in  welchen  sich  die  Krankheiten  der  Pflanzen  äußern, 
zusammengestellt.  Wir  teilen  sie  ein  in  Welkeerscheinungen,  Ver- 
färbungen, Absterbeerscheinungen,  Formveränderungen, 
Wunden  und  Ausscheidungen,  wozu  noch  Krankheitserreger 
als  Hauptsymptom  von  Krankheiten  hinzukommen.  Diese 
Krankheitserscheinungen  beruhen  teils  im  unzeitigen  Eintritt  physio- 
logischer Vorgänge,  die  schon  vom  normalen  Lebensgang  der  Pflanze 
her  bekannt  sind,  teils  in  eigenartigen  Reaktionen  der  Pflanze  auf 
die  Einwirkungen  von  parasitischen  und  anderen  schädlichen  Ein- 
flüssen, und  zum  Teil  sind  es  auch  postmortale  Veränderungen, 
Vorgänge,  die  sich  erst  nach  dem  Tode  der  Zelle  abspielen.  Da 
ferner  bei  den  Pflanzenkrankheiten  der  Erreger  oder  Parasit  in 
vielen  Fällen  auffälliger  als  seine  Einwirkung  auf  die  Pflanze  in 
Erscheinung  tritt,  kann  er  zum  Hauptsymptom  im  Krankheitsbilde 
werden,  das  für  die  Erkennung  der  Krankheit  zunächst  charakte- 
ristisch ist.  Auch  die  Beschädigungen,  die  man  sonst  vielfach  in 
einem  gewissen  Gegensatz  zu  den  Krankheiten  stellt,  sind  hierbei 
mit  eingeschlossen.  Man  pflegt  davon  auszugehen,  daß  sich  die 
Pflanze  bei  Beschädigungen  anscheinend  rein  passiv  verhält,  während 
beim  Begriffe  der  Krankheit  die  Reaktion  des  leidenden  Organismus 
im  Vordergrund  steht.  Betrachten  wir  extreme  Fälle,  wie  etwa 
einerseits  den  Fraß  von  Insekten  und  höheren  Tieren  an  Blättern 
und  anderseits  die  Wirkung  einer  im  Innern  der  Pflanze  wuchernden 
Pilzkrankheit,  so  erscheint  der  Gegensatz  sehr  auffällig;  aber  eine 
genauere  Beobachtung  der  Wirkung  auf  die  Pflanze  kann  auch  hier 
schon  Übereinstimmung  ergeben.  So  wirkt  eine  pilzliche  Blattfall- 
krankheit, deren  Erreger  nur  in  den  Blättern  haust,  nicht  anders 
auf  den  Organismus  als  ein  Kahlfraß  durch  Insekten.  Wir  sehen 
also  in  dieser  Frage,  auf  die  wir  an  anderer  Stelle  noch  zurück- 
kommen, daß  sich  eine  solche  Trennung  in  der  Gesamtbetrachtung 
nicht  durchführen  läßt,  so  bequem  sie  oft  für  eine  Einteilung  zu 
praktischeren  Zwecken  sein  mag. 

Wir  legen  unserer  Einteilung  den  Anschluß  an  das  normale 
Verhalten  der  Pflanze  und  die  in  ihr  selbst  sich  abspielenden 
Vorgänge   zugrunde.     Dabei  unterscheiden   wir  zunächst  drei   Vor- 


Die  Krankheitserscheinungen  3 

gänge,  das  Welken,  die  Verfärbung  und  das  Absterben,  welche  wir 
auch  schon  beim  normalen  Absterben  der  Pflanze  beobachten  und 
deren  verschiedene  Grade  sich  von  normalen  physiologischen  Er- 
scheinungen ausgehend  abstufen.  Weiterhin  folgt  die  Form  Ver- 
änderung, bei  welcher  nicht  eine  Gefährdung  des  Lebens  überhaupt 
im  Vordergrund  steht,  sondern  ein  anders  gerichteter  Verlauf  der 
Wachstumsvorgänge,  demzufolge  sich  das  Äußere  der  Pflanze  ändert. 
Aber  auch  hier  schließen  sich  die  pathologischen  noch  vielfach  an 
normale  physiologische  Vorgänge  an  und  lassen  sich  nicht  immer 
scharfe  Grenzen  ziehen.  Mit  den  Wunden  gelangen  wir  zu  patho- 
logischen Veränderungen,  bei  denen  die  Pflanze  überwiegend  passiv 
erscheint,  aber  auch  hier  kann  die  Reaktion  der  Pflanze  auf  die 
von  außen  wirkende  Schädigung  nicht  getrennt  von  dieser  behandelt 
werden.  Daran  schließen  sich  die  Ausscheidungen,  die  teils  als 
Folgeerscheinung  von  Wunden,  teils  als  innere  Störung  der  Zellen- 
tätigkeit Zustandekommen  und  ebenfalls  noch  manche  Beziehungen 
zu  normalen  Vorgängen  aufweisen.  Nur  die  letzte  Gruppe  richtet 
sich  nicht  nach  dem  Verhalten  der  Pflanze,  sondern  nach  den 
Parasiten,  die  als  wesentlicher  Teil  des  Krankheitsbildes  und  wegen 
ihrer  diagnostischen  Bedeutung  hier  berücksichtigt  werden  mußten. 

Übersicht  über  die  Kranl<heitserscheinungen  der  Pflanzen 

1.  Welkeerscheinungen  beruhen  auf  unzureichendem  Tur- 
gordruck  (gesteigerte  Verdunstung,  ungenügende  Wasserzufuhr)  und 
treten  häufig  als  sogen.  Welkekrankheiten  auf,  denen  Erkrankungen 
der  Gefäße  zugrundeliegen  (Welkekrankheit  der  Kartoffeln,  Erbsen, 
Kürbisgewächse).  In  anderen  Fällen  handelt  es  sich  um  Wurzel- 
oder Stengelfäulen,  welche  die  Wasserzufuhr  zu  den  Blättern  unter- 
binden (Keimlingsfäulen  und  Fußkrankheiten  der  Kräuter,  Rüben- 
müdigkeit) oder  um  klimatische  Störungen  (Hitze,  Trockenheit, 
Frost). 

2.  Verfärbungen  sind  das  häufigste  Symptom  bei  Pflanzen- 
krankheiten und  eine  Folge  von  Veränderungen  des  Zellinhalts  oder 
des  Absterbens  der  Zellen.  Vielfach  sind  auch  postmortale  Vor- 
gänge daran   beteiligt,   z.  B.  bei  Rotfärbungen   absterbender  Blätter. 

a)  Zu  den  Verfärbungen  von  grünen  Pflanzenteilen  gehört 
das  Gelbwerden  in  seinen  verschiedenen  Formen,  das  durch  Ab- 
nahme des  Chlorophyllgehaltes  entsteht.     Die  Ursachen  können  ver- 

1* 


4  I.    Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

schiedener  Art  sein,  so  beim  Etiolieren  der  Mangel  an  Licht,  bei 
der  Chlorose  oder  Gelbsucht  der  Mangel  an  Eisen  im  Boden  oder 
Ernährungsstörungen  in  der  Wurzel-  oder  Blattätigkeit.  Stoff- 
wechselstörungen, die  zum  Teil  noch  nicht  näher  bekannt  sind, 
liegen  der  übertragbaren  Gelbsucht  und  den  Verfärbungen  bei 
Mosaikkrankheiten  zugrunde.  Auch  bei  Rauchschäden  und  der 
Saugtätigkeit  von  Insekten  und  Milben  kommt  es  zu  Gelbfärbungen. 
Statt  der  Gelbfärbung  tritt  bei  manchen  Pflanzen  Rotfärbung  ein 
(Getreidearten,  Weinrebe,  Hopfen).  Bei  stärkeren  Störungen  des 
Chlorophyllapparates  geht  die  gelbliche  Färbung  in  Weiß  über,  so 
bei  der  Taubährigkeit  und  Weißährigkeit.  Eine  Weißfärbung  durch 
Abhebung  der  Oberhaut  ist  der  Milchglanz  oder  Bleiglanz  der  Obst- 
bäume, der,  wie  sich  herausgestellt  hat,  von  einem  im  Holz  lebenden 
Pilz  herrührt. 

Das  Absterben  des  Laubes  durch  Vertrocknen  ist  dagegen 
von  brauner  Verfärbung  begleitet.  Zu  diesen  Verfärbungen  sind 
auch  noch  die  als  Buntfärbung,  und  Panaschierung  bekannten  Er- 
scheinungen zu  rechnen. 

b)  Als  Flecke  werden  örtlich  begrenzte  Verfärbungen  zu- 
sammengefaßt, die  an  den  verschiedensten  Organen  auftreten  und 
durch  Lokalisation,  Farbe  und  Form,  häufig  auch  durch  besondere 
Abgrenzung  charakterisiert  sind.  In  der  Hauptsache  entstehen  sie 
durch  begrenztes  Wachstum  von  Pilzen;  dazu  gehören  die  zahl- 
reichen Blattfleckenkrankheiten,  auch  Streifenkrankheit  und  Nerven- 
fleckigkeit.  Andere  Flecke  entstehen  durch  saugende  Insekten, 
durch    Hagel    und    andere    Verletzungen    und    durch    Sonnenbrand. 

Besondere  Arten  von  Fleckenbildungen  sind  die  tiefer  ein- 
dringenden Gewebezerstörungen,  die  man  als  Brenner  bezeichnet 
(Brennfleckenkrankheit  der  Bohnen,  Anthraknose  der  Reben);  der 
Rindenbrand,  eine  Zerstörung  innerer  Rindenschichten  und  Ein- 
sinken der  Oberfläche  (Pilze,  Frostwirkungen,  Sonnenbrand);  die 
als  Schorf  bezeichneten  Wurzel-  und  Knollenflecken,  die  meist  nait 
Korkwucherungen  verbunden  sind;  und  innere  Trockenflecken 
in  Früchten  und  Knollen  (Stippflecken,  Eisenfleckigkeit). 

3.  Absterbeerscheinungen  schließen  sich  eng  an  das 
Welken  und  die  Verfärbungen  an.  Dabei  treten  letztere  Erscheinungen 
aber  nur  als  kurzes  Übergangsstadium  auf  und  das  Absterben  be- 
zieht sich  immer  auf  ganze  Organe  oder  schreitet   unbegrenzt  fort. 


Die  Krankheitserscheinungen  6 

Neben    dem    Abwerfen    von    Organen    gehören    hierher    die    Dürren 
und  die  Fäulen. 

a)  Vorzeitiges  Abfallen  von  Blättern,  Blüten  und  Früchten 
kommt  durch  Ausbildung  der  Trennungschicht  infolge  von  stärkeren 
Stoffwechselstörungen  zustande.  Die  Ursachen  sind  teils  Witterungs- 
einflüsse, besonders  Hitze  und  Trockenheit  des  Bodens,  teils  starke 
Schädigungen  durch  Pilze  und  Insekten  (Blattfallkrankheiten). 

b)  Dürre  ist  das  Absterben  von  Pflanzen  oder  Pflanzenteilen 
durch  Vertrocknung  bei  gleichzeitiger  Braunfärbung  und  meist  eine 
Folge  von  Hitze  und  Trockenheit  oder  Parasiten.  Die  Grasarten 
vertrocknen,  ohne  das  Laub  abzuwerfen ;  andere  Arten  von  Dürre 
sind  Blattdürre  und  Blattranddürre  (Wind,  Nährstoffmangel,  Rauch- 
schäden), Vertrocknen  von  Blütenständen,  Spitzendürre  und  Zweig- 
sterben. Das  Absterben  durch  Dürre  infolge  von  Pilzbefall  ent- 
spricht in  seinem  Vorgang  den  Fäulen  und  kann  daher  auch  als 
Trockenfäule  aufgefaßt  werden. 

e)  Die  Fäulen  sind  gegenüber  dem  einfachen  Verdorren  Ge- 
webszerstörungen  durch  parasitische  und  saprophytische  Bakterien 
und  Pilze,  welche  sich  von  der  Infektionsstelle  aus  unbegrenzt  ver- 
breiten. Nach  dem  hauptsächlich  durch  die  äußeren  Umstände  be- 
dingten Verlauf  unterscheidet  man  Naß-  und  Trockenfäulen.  Als 
Fäule  verläuft  die  Mehrzahl  der  Bakterienkrankheiten  der  Pflanzen, 
Da  die  Fäulen  meist  auf  bestimmte  Organe  beschränkt  sind,  lassen 
sie  sich  nach  diesen  in  die  folgenden  Gruppen  einteilen. 

Die  Fäulen  grüner  Pflanzenteile  umfassen  Keimpflanzen-, 
Stengelgrund-,  allgemeine  Sproßfäulen  und  Knospen-  und  Blüten- 
fäulen, Wichtige  Krankheiten  dieser  Art  sind  insbesondere  die 
Fußkrankheiten  einjähriger  Gewächse,  darunter  die  Schwarzbeinigkeit 
der  Kartoffel,  die  Kartoffelkrautfäule,  die  Herzfäule  der  Rüben  und 
in  ihrem  ersten  Stadium  die  Moniliakrankheit   der  Steinobstbäume, 

Zu  den  Wurzelfäulen  gehören  u.  a.  der  Wurzelbrand  der 
Rüben,  die  Reblauskrankheit  und  die  Wurzelfäulen  der  Bäume,  die 
teils  durch  echte  Parasiten,  teils  durch  Schwächeparasiten  (z.  B, 
Hallimasch)  verursacht  werden. 

Die  Holzfäulen  treten  meist  als  Trockenfäulen  auf  und  sind 
teilweise  auf  das  Kernholz  beschränkt.  Sie  können  ungemein 
langsam  verlaufen  und  werden  oft  erst  durch  das  Auftreten  der 
Fruchtkörper  der  betreffenden  Pilze  (Löcherschwämme)   bemerklich. 


6  I.    Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

Zu  dieser  Gruppe  sind  auch  noch  die  auf  die  Rinde  beschränkten 
Rindenfäulen  zu  rechnen. 

Als  Fäulen  fleischiger  Pflanzenteile  werden  die  Knollen-, 
Rhizom-  und  Zwiebelfäulen  und  die  Samen  und  Fruchtfäulen  zu- 
sammengefaßt. Es  sind  meist  Naßfäulen,  die  in  einzelnen  Fällen 
auch  aufwärts  oder  abwärts  auf  andere  Teile  der  Pflanze  übergreifen. 
Aus  dieser  Gruppe  sind  die  Knollenfäule  der  Kartoffeln,  die  Rüben- 
schwanzfäule,  der  Rotz  der  Hyazinthen  und  die  verschiedenartigen, 
durch  Monilia-  und  Botrytisarten  verursachten  Obstfäulen  besonders 
zu  erwähnen. 

4.  Zu  den  Form  Veränderungen  rechnen  wir  alle  diejenigen 
pathologischen  Erscheinungen,  welche  in  einer  Abweichung  von  der 
normalen  Gestalt  oder  Größe  der  Zellen,  der  Gewebe,  einzelner  Or- 
gane oder  der  ganzen  Pflanze  bestehen.  Es  finden  sich  also  hier 
nicht  nur  sehr  zahlreiche  und  verschiedenartige,  sondern  auch  aus 
ganz  verschiedenen  inneren  und  äußeren  Ursachen  entstandene  Bil- 
dungen zusammen.  Nur  die  durch  rein  mechanische  Wirkung  ent- 
stehenden Wunden  und  ihre  Folgeerscheinungen  sind  als  besondere 
Gruppe  abgetrennt. 

Den  Anfang  bilden  auch  hier  wieder  Veränderungen,  die  sich 
direkt  an  normale  Wachstumsreaktionen  der  Pflanze  auf  äußere 
Einflüsse  anschließen  und  nur  in  extremen  Fällen  den  Eindruck 
von  Krankheiten  machen.  Hierher  gehört  der  Zwergwuchs  oder 
Nanismus,  eine  Folge  allgemeinen  Nährstoffmangels,  die  von  manchen 
Unkräutern  auf  ungünstigem  Boden  allgemein  bekannt  ist  und  bei 
den  japanischen  Zwergbäumen  künstlich  hervorgerufen  wird.  Eine 
ähnliche  Wachstumsreaktion  im  Habitus  der  Pflanzen  sind  der 
Windwuchs  und  die  Schattenformen,  die  wir  regelmäßig  an  Bäumen 
beobachten. 

Einfache  Formveränderungen  einzelner  Organe  sind  auch 
die  Blattrollung,  die  als  Blattrollkrankheit  der  Kartoffel  eine  bekannte 
Stoffwechselkrankheit  und  meist  mit  rötlicher  Verfärbung  der  Blätter 
verbunden  ist,  und  die  Kräuselung  und  Verkrümmung  der  Blätter. 
Die  letzteren  Erscheinungen  hängen  meist  schon  mit  Verdickungen 
der  Gewebe  zusammen  und  fallen  dann  bereits  unter  die  gleich  zu 
besprechenden  Gallen. 

Abnorme  Ausbildung  einzelner  Gewebe  liegt  der  Verküm- 
merung, der  Wucherung  und  dem  Etiolement  zugrunde.   Als  Verküm- 


Die  Kraukheitserscheinungen  7 

iiierung  beruht  sie  auf  mangelhafter  Ausbildung  von  Geweben  infolge 
von  Parasitenbefall,  wie  z.  B.  bei  der  von  Aecidium  euphorbicn  be- 
fallenen Euphorbia  cyparissias  oder  bei  der  Rübenmüdigkeit  infolge  von 
Wurzelälchenbefall.  Auf  einzelne  Organe  beschränkt  bleibt  sie  bei  der 
Taubährigkeit  des  Getreides  und  ähnlichen,  durch  Pilze  oder  Tiere 
verursachten  Krankheiten,  bei  der  Stockkrankheit  des  Getreides  und 
bei  dem  Kleinbleiben  von  Obstfrüchten.  Von  den  auf  vermehrter 
Zellbildung  beruhenden  Wucherungen  gehören  hierher  die  sogenannten 
hyperhydrischen  Gewebe  von  Bäumen  und  Sträuchem,  die  als 
Wassersucht  oder  Oedem  bekannt  sind,  die  Lentizellen-  und 
Korkwucherungen  (z.  B.  der  Kartoffel)  und  die  Lohkrankheit  der 
Obstbäume.  Ihnen  ähnlich  sind  die  bei  den  Wunden  zu  be- 
sprechenden Wucherungen  der  Kallusbildung.  Die  übrigen  Wuche- 
rungen gehören  als  parasitische  Erscheinungen  zu  den  Gallen.  Ein 
treffendes  Beispiel  für  das  Zusammentreffen  verschiedener  Symptome 
in  einem  Krankheitsbild  ist  das  Etiolement  durch  Lichtmangel; 
es  besteht  zugleich  im  Vergilben  der  Pflanze,  in  abnormem  Längen- 
wachstum der  Internodien,  im  Kleinbleiben  der  Blätter  und  in  ver- 
kümmerter Gewebedifferenzierung.  Letztere  ist  auch  die  Ursache 
des  Lagerns  des  Getreides. 

Die  Mißbildungen  oder  Bildungsabweichungen  sind  Gegen- 
stand eines  besonderen  Zweiges  der  Botanik,  der  Teratologie.  Es  sind 
meist  aus  inneren  Ursachen  und  ohne  Einwirkung  von  Parasiten 
in  veränderter  Form  angelegte  Organe.  Ihre  wirtschaftliche  Be- 
deutung ist  ganz  gering.  Wir  erwähnen  daher  nur  die  verschiedenen 
Arten  der  Mißbildung,  die  man  als  Verbänderung  (Fadziation), 
Zwangsdrehung  (Torsion),  Durchwachsung,  Pelorien  und  Vergrünung 
oder  Verlaubung  bezeichnet. 

Unter  Neubildungen  versteht  man  das  Entstehen  von  Ge- 
weben und  Organen,  welche  im  normalen  Wachstumsverlauf  nicht 
gebildet  werden,  während  'die  Mißbildungen  nur  die  Umänderung 
normalerweiser  vorhandener  Organe  umfassen.  Zu  den  Neubildungen 
gehören  die  vermehrte  Knospen bildung  und  die  Gallen.  Abnorme 
Knospenbildung,  die  im  Gegensatz  zu  den  zu  den  Gallen  zu 
rechnenden  Fällen  nicht  durch  Parasiten  verursacht  ist,  tritt  als 
Knospensucht  oder  Zweigsucht,  als  Rosettentriebe  und  als  Kropf- 
maserbildung auf.  Die  Ursachen  sind  hier  meist  die  Vernichtung 
der   normalen  Knospen   durch  Hagel   oder   Tierfraß,    teilweise   aber 


8  I.    Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

auch  innere  Wachstumsstörungen.  Die  weitaus  größte  Zahl  der 
Neubildungen  sind  dagegen  Gallen.  Unter  Gallen  oder  Zezidien^) 
versteht  man  Neubildungen,  die  von  fremden  Organismen,  meist 
echten  Parasiten  verursacht  sind  und  diesen  zugleich  zur  Nahrung 
dienen.  Als  Gallenerzeuger  kommen  Bakterien,  Pilze  und  Tiere  in 
Betracht;  unter  den  letzteren  sind  die  Älchen,  Milben  und  Insekten 
wichtig.  Ein  Teil  der  Gallen  besteht  in  der  Veränderung  oder  Neu- 
bildung von  ganzen  Organen  der  Pflanze,  wie  z.  B.  die  Hexenbesen 
und  Wirrzöpfe  durch  übermäßige  Knospenbildung  zustande  kommen. 
Die  Mehrzahl  der  Gallen  entsteht  dagegen  durch  Gewebewucherungen 
an  einzelnen  Organen.  Man  unterscheidet  dabei  Abnormitäten  der 
Haarbildung,  die  Erineum-  oder  Haarfilzgallen;  solche  des  Flächen- 
wachstums, die  Blattrollungs-  und  Blattfaltungsgallen,  Beutelgallen, 
wie  die  Kräuselkrankheit  des  Pfirsichs  und  sehr  viele  Blattlaus- 
gallen; endlich  solche  des  Dickenwachstums,  wie  die  Krebsgallen, 
Umwallungs-  und  Markgallen.  Die  letztere  Gruppe  enthält  viele 
wichtige  Krankheiten,  darunter  die  durch  Bakterien  verursachten 
Krebsknoten  und  ähnliche  Bildungen,  die  Kohlhernie,  den  Kartoffel- 
krebs, den  Apfelbaumkrebs,  die  Knospen-  und  Stengelgallen,  den 
Beulenbrand  des  Maises  usw. 

5.  Die  Wunden  sind  passive  mechanische  Verletzungen,  die 
mit  Gewebetrennung  oder  Gewebsverlust  verbunden  sind.  Dazu  ge- 
hören aber  auch  die  Folgeerscheinungen  der  Verwundung,  die 
Verwachsung  und  Regeneration.  Eine  große  praktische  Bedeutung 
kommt  dieser  Gruppe  deshalb  zu,  weil  sie  den  ganzen  Tierfraß 
umfaßt.  Hierher  gehören  also  neben  einem  Teil  der  Schäden  durch 
parasitische  Tiere  alle  Beschädigungen  durch  pflanzenfressende  Tiere, 
die  man  sonst  den  eigentlichen  Krankheiten  der  Pflanzen  gegen- 
überstellt. Da  die  Fraßformen  meist  für  bestimmte  Tiere  (Wild, 
Käfer,  Raupen  usw.)  charakteristisch  sind,  ist  ihre  Kenntnis  zur 
Feststellung  der  Schädlinge  notwendig.  Wir  unterscheiden  1.  Fraß- 
schäden kauender  Tiere,  wozu  unter  den  Insekten  Heuschrecken, 
viele  Käfer  und  ihre  Larven,  Blattwespenlarven  und  Schmetterlings- 
raupen gehören,  2.  Nagefraß  und  Schabefraß  größerer  oder  kleiner 
Tiere,  der  nur  flache  Wunden  verursacht,  3.  Schäden  saugender 
Insekten,   deren  Folgen   meist  in   anderen,   schon   früher  erwähnten 


*)  Vgl.  E.  Küster,  Die  Gallen  der  Pflanzen,  Jena  1911. 


Die  Krankheitserscheinungen  9 

Symptomen  sich  äußern  und  4.  Bohr-  und  Minierfraß  im  Innern 
von  Pflanzenteilen,  an  dem  Käfer  und  ihre  Larven,  z.  B.  die  Borken- 
käfer, Sägewespen,  Raupen  von  Groß-  und  Kleinschmetterlingen  und 
Fliegenraaden  beteiligt  sind. 

Als  nicht  durch  Tiere  verursachte  Wunden  sind  die  Hagel- 
schlagwunden, Frostspalten  und  Blitzschäden  zu  erwähnen.  Um- 
wallungsvorgänge  liegen  den  Maserknollen  und  zum  Teil  auch  den 
Krebswunden  der  Bäume  zugrunde. 

6.  Die  Ausscheidungen  hängen  zum  Teil  mit  Wunden  zu- 
sammen, wie  das  Tränen  der  Reben  und  der  Schleimfluß  der  Bäume, 
der  durch  die  Ansiedlung  von  ihn  vielfach  färbenden  Bakterien  und 
Pilzen  charakterisiert  ist.  Andere  Ausscheidungen  sind  der  seltene 
echte  Honigtau,  eine  Stoffwechselstörung,  die  von  dem  gewöhnlichen 
Honigtau,  welcher  eine  Ausscheidung  von  Pflanzenläusen  ist,  unter- 
schieden werden  muß,  und  der  Gummi-  und  Harzfluß,  welche  unter 
Auflösung  von  Zellen  Zustandekommen. 

7.  Als  letzte  Gruppe  von  Krankheitssymptomen  müssen, 
wie  oben  erwähnt,  die  Krankheitserreger  selbst  aufgeführt  werden, 
soweit  sie  das  auffälligste  oder  einzige  äußere  Anzeichen  der  Er- 
krankung sind.  Hierher  gehören  hauptsächlich  Pflanzen  in  allen 
Abstufungen  des  Parasitismus  und  eine  Anzahl  von  kleinen  Insekten. 
Nach  der  Lebensweise  und  Erscheinungsform  der  Erreger  lassen 
sich  hier  Epiphyten,  epiphytische  Parasiten  und  Frucht- 
formen und  Dauerzustände  von  Pilzen  unterscheiden. 

Nichtparasitische  Epiphyten  sind,  neben  den  als  Anzeichen 
ungünstigen  Standortes  zu  erwähnenden  Moosen  und  Flechten  die 
Rußtaupilze  und  ein  Teil  der  Schwärzepilze. 

Parasitische  Epiphyten,  wozu  auch  Halbparasiten,  wie  Mistel 
und  Kleeseide  gehören,  sind  die  auf  Wurzeln  schmarotzenden 
Orobanchen  (Hanfwürger)  und  Monotropa  (Fichtenspargel),  und  von 
den  Pilzen  die  echten  Mehltaupilze  (wichtigste  Arten  an  Getreide, 
Reben,  Stachelbeeren,  Eichen).  Auch  die  dunkelvioletten  Überzüge 
des  Wurzeltöters  der  Luzerne  sind  hier  zu  erwähnen.  Von  den 
Insekten  können  Blattläuse,  Schildläuse  und  Mottenschildläuse  hierher 
gerechnet  werden. 

Bei  vielen  im  Innern  der  Pflanzen  lebenden  Pilzen  kommt  es 
zur  Bildung  auffälliger  Sporenträger  oder  Fruchtkörper  auf  der 
Oberfläche.      So  erscheinen   die   Konidienträger  der  falschen   Mehl- 


10  I-    Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

taupilze  als  weißer  Rasen  (Peronospora,  Phytophthora,  Plasmopara), 
die  Sporenlager  des  Fusikladiums  als  grünlichschwarze  Flecken  und 
Pusteln,  die  Sporenmassen  der  Brandpilze  als  dunkelgefärbte,  stäu- 
bende Massen.  Der  feine  Überzug  des  Schneeschimmels  besteht 
dagegen  aus  oberflächlichem  Myzel  und  Konidien.  Große  Frucht- 
körper bilden  die  im  Holz  der  Stämme  und  Wurzeln  lebenden  Pilze, 
wie  Polyporus-  und  Agaricus- Arten  (Hallimasch);  von  kleinen 
Fruchtkörpern  sind  noch  diejenigen  der  Rostpustelkrankheit  (Nectria 
cinndbarina)  an  Bäumen  und  Sträuchern  zu  erwähnen.  Dauer- 
zustände sind  die  Sklerotien  des  Mutterkorns  und  des  Kleekrebses; 
auch  die  von  manchen  Pilzen  gebildeten  Myzelstränge  (Rhizomorphen). 


Hiermit  haben  wir  einen  Überblick  über  die  vielseitigen  Er- 
scheinungsformen gewonnen,  unter  denen  uns  die  Krankheiten  der 
Pflanzen  entgegentreten.  Ihre  Kenntnis  ist  die  erste  Vorbedingung 
für  die  Feststellung  und  Abgrenzung  des  Krankheitsbildes  im  Einzel- 
falle, aus  dem  sich  dann  weiterhin  Ursachen  und  mögliche  Methoden 
der  Bekämpfung  erschließen  lassen.  Zugleich  ist  damit  schon  eine 
gewisse  Einteilung  der  Krankheiten  selbst  gegeben,  die  nicht  von 
den  von  außen  wirkenden  Einflüssen,  sondern  von  den  Veränderungen 
des  normalen  Verhaltens  ausgeht  und  so  einer  wissenschaftlichen 
Einteilung  am  nächsten  kommt.  Ganz  rein  läßt  sich  eine  solche 
nicht  durchführen,  da  sie  an  Stelle  der  äußeren  Symptome  von  den 
grundlegenden  zellularpathologischen  Vorgängen  ausgehen  müßte  und 
dadurch  ein  System  ergeben  würde,  das  die  äußeren  Erscheinungen 
vernachlässigen  müßte  und  eine  so  genaue  Kenntnis  der  Krankheiten 
voraussetzen  würde,  wie  sie  erst  durch  eingehendste  Untersuchung 
erworben  werden  kann  und  zurzeit  überhaupt  in  vielen  Fällen  noch 
nicht  vorhanden  ist.  Daher  bleibt  die  Zusammenstellung  der  augen- 
fälligen Symptome  die  zweckmäßigste  Einführung  in  die  Gesamtheit 
der  Krankheiten. 

Die  Frage  der  Einteilung  der  Pflanzenkrankheiten  hat  bisher 
keine  einheitliche  Lösung  gefunden.  Es  kommt  dabei  auf  den 
Zweck  an,  den  man  verfolgt,  und  dementsprechend  werden  den 
einzelnen  Darstellungen  der  Pflanzenkrankheiten  mit  Recht  ver- 
schiedene Prinzipien  zugrunde  gelegt. 


Die  KrankheitserscheinuDgen  11 

Am  bekanntesten  ist  die  Einteilung  nach  den  Erregern  und 
Ursachen  der  Krankheiten,  die  z.  B.  in  dem  SORAüERschen  Hand- 
buch durchgeführt  ist.  Sie  schließt  sich  an  die  ursprüngliche  Unter- 
scheidung von  Krankheiten  und  Beschädigungen  an  und  bringt  auch 
im  wesentlichen  gleiche  Krankheitsbilder  und  gleiche  Bekämpfungs- 
methoden zusammen.  Die  Berechtigung  dieser  Einteilung  in  nicht- 
parasitäre Krankheiten,  pflanzliche  Feinde  und  tierische  Schädlinge, 
die  wir  im  3.  Kapitel  kennen  lernen  werden,  liegt  darin,  daß  bei 
den  Pflanzenkrankheiten  die  Anwesenheit  und  Gestalt  des  Erregers, 
wie  erwähnt,  sehr  häufig  für  das  Krankheitsbild  charakteristisch  ist 
und  daß  zugleich  die  beste  Bekämpfung  vieler  Krankheiten  in  einer 
Bekämpfung  des  Erregers  besteht.  Damit  hängt  der  Umstand  zu- 
sammen, daß  die  Erforschung  der  Krankheiten  in  den  überwiegenden 
Fällen,  wo  sie  durch  Parasiten  verursacht  sind,  zunächst  und  vor- 
wiegend die  beiden  Disziplinen  der  Botanik  und  Zoologie  beschäftigt, 
was  bisher  der  zusammenfassenden  Behandlung  der  Pflanzenkrank- 
heiten im  Wege  stand.  Der  Nachteil  dieser  Einteilungsweise  liegt 
denn  auch  darin,  daß  sie  die  kranke  Pflanze  selbst  nicht  berück- 
sichtigt und  so  die  Erforschung  der  eigentlichen  Krankheitsvorgänge 
gehemmt  hat.  Dadurch  treten  auch  die  praktisch  meist  entscheiden- 
den Nebenumstände  und  Vorbedingungen  der  Erkrankung  völlig  in 
den  Hintergrund  und  es  wird  eine  einseitige  Auffassung  von  aus- 
schließlicher Bedeutung  der  Erreger  begünstigt.  Die  neuere  Er- 
forschung des  Zusammenwirkens  verschiedener  Umstände  bei  den 
Krankheiten  und  einiger  wichtiger,  ätiologisch  ungeklärter  Krank- 
heiten, sowie  die  Notwendigkeit  gleichzeitiger  Bekämpfung  von  Pilzen 
und  Insekten  wirkt  denn  auch  mehr  und  mehr  dieser  einseitig  nach 
Erregern  trennenden  Behandlung  entgegen. 

Der  eigentlichen  praktischen  Feststellung  und  Bestimmung  von 
Krankheiten  einzelner  Kulturpflanzen  wird  die  ätiologische  Einteilung 
ebenfalls  nicht  völlig  gerecht.  Daher  wdrd  zu  diesem  Zweck  die 
Einteilung  nach  den  JDefallenen  Pflanzenorganen,  nach  Wurzel,  Stamm, 
Blatt,  Blüte  und  Frucht  zugrunde  gelegt,  die  z.  B.  in  KIRCHNERS 
bekanntem  Handbuch  „Die  Krankheiten  der  landwirtschaftlichen 
Kulturpflanzen"^)  durchgeführt  ist.  Über  die  Krankheiten  einer  be- 
stimmten Pflanze  gibt   diese  Einteilung   den   besten  Überblick   und 


*)    2.  Aufl.,  Stuttgart,  E.  Ulmer,  1906. 


12  I-    Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

ist  daher  die  einzig  brauchbare  für  die  Praxis  des  Pflanzenschutzes, 
doch  läßt  sie  sich  für  eine  allgemeine  Zusammenfassung  der  Krank- 
heiten aller  Pflanzen  ebenfalls  nicht  verwenden,  da  die  Pflanzen- 
organe zu  wenig  spezialisiert  sind,  um  jeweils  besonderen  Kjank- 
heiten  zu  unterliegen.  Denn  Stengel  und  Blatt  oder  Leitungs-  und 
Assimilationsgewebe  sind  in  zu  wenigen  Fällen  der  ausschließliche 
Ausgangspunkt  der  Krankheiten,  und  viele  Pilze  durchziehen  die 
ganze  Pflanze  vom  Samenkorn  bis  zur  Blüte.  Auch  die  Mannig- 
faltigkeit der  Symptome  bei  der  einzelnen  Krankheit  spricht  gegen 
den  allgemeinen  Gebrauch  dieser  Einteilung,  obgleich  auch  hier 
wieder  einzelne  Gruppen,  wie  manche  Blattkrankheiten  oder  Wurzel- 
krankheiten, eine  natürliche  Zusammengehörigkeit  zeigen  und  den 
gleichen  Gegenmaßnahmen  zugänglich  sind. 

Andere  Einteilungen,  die  man  versucht  hat,  lassen  überhaupt 
nur  einzelne  Gruppen  von  Krankheiten  zusammenfassen  und  ver- 
sagen gegenüber  dem  Gesamtgebiet.  So  kann  man  z.  B.  Krankheiten 
bestimmter  Alters-  oder  Entwicklungsstadien,  wie  die  Keimlings- 
krankheiten oder  die  Jugendkrankheiten  der  Bäume  für  gewisse 
Zwecke  vergleichender  Betrachtung  zusammenfassen,  aber  ein  der- 
artiges Prinzip  nicht  durchweg  auf  alle  Krankheiten  anwenden. 

2.    Untersuchung  und  Beschreibung 

Die  Feststellung  und  Unterscheidung  der  Krankheiten  geschieht 
auf  Grund  des  Krankheitsbildes,  das  sich  aus  verschiedenen  äußeren 
Erscheinungen  zusammensetzt  und  auf  Veränderungen  in  den  Ge- 
weben und  deren  Funktionen  beruht,  welche  wiederum  durch  be- 
stimmte Ursachen  oder  die  Einwirkung  fremder  Organismen,  der 
Krankheitserreger,  hervorgerufen  sind. 

Die  Untersuchung  hat  also  zunächst  Krankheitsbild  und  Krank- 
heitsverlauf festzustellen  und  dabei  nötigenfalls  auf  die  anatomischen 
und  physiologischen  Veränderungen  einzugehen.  Sodann  hat  sie  die 
Ursachen  der  Erkrankung  bezw.  die  Schadenserfeger  oder  Parasiten 
in  ihrer  Bedeutung  für  die  Krankheit  zu  ermitteln.  Liegen  schäd- 
liche Organismen  aus  dem  Pflanzen-  oder  Tierreiche,  hauptsächlich 
Bakterien,  Pilze  oder  Insekten  vor,  so  ist  deren  Entwicklungsgang 
(Biologie)  und  Lebensweise  (Ökologie)  zu  erforschen.  Schließlich 
müssen  noch  die  Begleitumstände  und  Bedingungen,  die  beim  Ein- 
treten der  Erkrankung  mitwirken,  klargelegt  werden.    Erst  auf  einer 


Untersuchung  und  Beschreibung  X3 

dadurch  gewonnenen  genauen  Kenntnis  der  Krankheit  kann  sich 
die  Auswahl  geeigneter  Bekam pfungsmethoden  und  die  Vorbeugung 
gegen  die  Erkrankung  aufbauen. 

Demgemäß  zerfällt  die  Untersuchung  der  Krankheiten  in  die 
Feldbesichtigung  und  die  eigentliche  Untersuchung  im  Laboratorium, 
an  welche  sich  je  nach  der  Lage  des  Falles  Kultur-  und  Zucht- 
versuche mit  der  Pflanze  oder  den  Krankheitserregern  im  Gewächs- 
haus und  im  Freien  anschließen. 

Die  Feldbesichtigung  stellt  zunächst  das  äußere  Krankheits- 
bild fest.  Hierzu  gehören  die  einzelnen  Symptome  einer  Krankheit, 
wobei  alle  Organe  der  Pflanze  zu  berücksichtigen  sind  und  Anfangs- 
stadien, weiterer  Verlauf  und  Endstadium  verfolgt  werden  müssen, 
um  die  für  die  vorliegende  Krankheit  charakteristischen  Erscheinungen 
klarzulegen.  Zur  Feldbesichtigung  gehört  auch  der  genaue  Vergleich 
mit  gesunden  Pflanzen  oder  anderen  Sorten,  Ermittelung  von  Zeit- 
dauer, Umfang  und  Stärke  der  Erkrankung  und  Größe  des  durch 
sie  hervorgerufenen  Schadens.  Außerdem  sind  zugleich  die  Stand- 
ortsverhältnisse, wie  Boden,  Klima  und  Witterungsverlauf,  und  die 
Kulturmethoden,  wie  Bodenbearbeitung,  Düngung,  Fruchtfolge, 
Pflanzweite,  Schnitt  usw.  zu  berücksichtigen,  da  alle  diese  Be- 
dingungen des  Pflanzen  Wachstums,  wenn  sie  den  Ansprüchen  der 
Pflanze  nicht  entsprechen,  entweder  direkt  Krankheiten  hervorrufen 
oder  deren  Auftreten  mittelbar  begünstigen  können. 

Aus  dem  Krankheitsbild  selbst  oder  aus  der  Beobachtung  der 
Gesamtumstände  ergibt  sich  dann  meist  schon  an  Ort  und  Stelle 
die  Ursache  der  Krankheit.  Am  einfachsten  ist  sie  erkennbar,  wo 
tierische  oder  pflanzliche  Krankheitserreger  und  Schädlinge  vorliegen, 
wenn  diese  entweder  selbst  an  der  Pflanze  und  auf  dem  Felde  vor- 
gefunden werden  oder  aus  charakteristischen  Krankheitszeichen  und 
sonstigen  Erscheinungen  erschlossen  werden  können.  Aus  der 
Kenntnis  der  Lebensweise  der  schädlichen  Tiere  ergibt  sich,  welche 
Arten  bei  einer  bestimmten  Pflanze  oder  Beschädigung  in  Betracht 
kommen  und  welche  der  vorgefundenen  Tiere  nicht  die  Erreger  des 
betreffenden  Schadens  sein  können.  Bei  den  Insekten  sind  ins- 
besondere die  Fraßformen  und  Gallenbildungen,  vielfach  auch  (bei 
Raupen)  der  Kot  für  die  Arten  oder  wenigstens  für  Familien 
charakteristisch.  Bei  Pilzen  sind  es  neben  den  Krankheits- 
erscheinungen,    wie    Flecken,     Fäulen    usw.,    besonders    die    ver- 


14  I-    Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

schiedenen  Sporen-  und  Fruchtkörperbildungen,  die  oft  schon  mit 
bloßem  Auge  die  systematische  Stellung  unterscheiden  lassen.  Gehört 
aber  hier  schon  eine  vielseitige  Kenntnis  und  Erfahrung  zur  richtigen 
Feststellung  der  Krankheiten,  so  ist  dies  noch  mehr  der  Fall  bei 
den  durch  anorganische  Ursachen  hervorgerufenen  Krankheiten.  Zwar 
gibt  es  auch  hier  charakteristische  Fälle,  wie  Hagelschlag  oder  Frost- 
wirkungen, aber  vielfach  liegen  Erscheinungen  vor,  die  durch  ganz 
verschiedene  Ursachen  hervorgerufen  sein  können.  So  können 
z.  B.  die  mannigfaltigen  Formen  der  Blattdürre  durch  Wind,  Trocken- 
heit oder  Mangel  an  gewissen  Nährstoffen  verursacht  sein.  Besonders 
bei  den  Verfärbungen,  die  erst  nach  dem  Tode  der  Zellen  eintreten, 
ist  zu  berücksichtigen,  daß  sie  oft  keinen  Schluß  auf  die  Krankheits- 
ursache zulassen.  Es  gibt  viele  derartige  Erscheinungen,  die  eher 
für  die  betreffende  Pflanze,  als  für  eine  bestimmte  Erkrankung  be- 
zeichnend sind.  Daher  gehört  eine  genaue  Kenntnis  nicht  nur  der 
Parasiten,  sondern  auch  der  Pflanzen  und  ihres  Verhaltens  gegen 
schädliche  Einflüsse  zur  richtigen  Erkennung  der  Krankheiten  und 
oft  kann  nur  die  genaue  Beachtung  aller  Nebenumstände  der  Er- 
krankung bei  der  Feldbesichtigung  Aufschluß  über  die  Ursachen  geben. 
Zur  genauen  Erforschung  der  Krankheiten  muß  die  Feld- 
besichtigung durch  weitere  Untersuchung  im  Laboratorium  er- 
gänzt werden.  An  der  Pflanze  selbst  können  die  grundliegenden 
Krankheitsvorgänge,  die  in  einem  späteren  Kapitel  zu  schildern  sind, 
nur  durch  das  Mikroskop  verfolgt  werden  und  auch  die  Beobachtung 
des  Gesamt  verlauf  es  einer  Krankheit  läßt  sich  oft  im  Laboratorium 
oder  Gewächshaus  besser  durchführen.  Anderseits  kann  ein  großer 
Teil  der  parasitischen  Krankheitserreger  nur  mikroskopisch  fest- 
gestellt werden.  Hierzu  gehören  alle  Bakterien  und  die  meisten  Pilze, 
die  Älchen  (Nematoden),  die  Milben  und  ein  Teil  der  Insekten  oder 
wenigstens  einzelne  Stadien  derselben.  Zuweilen  gibt  aber  erst  die 
mikroskopische  Untersuchung  auch  über  die  Ursachen  nichtparasitärer 
Krankheiten  durch  Feststellung  der  ihnen  zugrundeliegenden  ana- 
tomischen Veränderungen  Aufschluß  oder  sie  ermöglicht  es  wenigstens, 
die  Abwesenheit  von  Parasiten  mit  Sicherheit  festzustellen.  Sie  ist 
ein  Teil  der  pflanzenpathologischen  Diagnostik,  der  noch  sehr  aus- 
baufähig ist  und  einer  zusammenfassenden  Bearbeitung  harrt  ^). 

')    Vgl.  Appel,  Beispiele  zur  mikroskopischen  Untersuchung  von  Pflanzen- 
krankheiten.    3.  Aufl.     J.  Springer,  Berlin  1922. 


Untersuchung  und  Beschreibung  15 

Bei  den  parasitären  Krankheiten  hat  die  Untersuchung  nicht 
nur  den  Erreger  zu  ermitteln,  sondern  auch  den  Nachweis  seiner 
ursächlichen  Beziehung  zu  der  betreffenden  Krankheit  zu  führen. 
Für  beide  Zwecke  bedarf  es  häufig  außer  der  mikroskopischen 
Untersuchung  noch  der  Weiterbeobachtung  und  Züchtung  der  Para- 
siten teils  an  oder  in  der  Nährpflanze,  teils  durch  seine  Reinkultur. 
Hierfür  sind  bei  Bakterien  und  Pilzen  die  gebräuchlichen  Methoden 
der  Isolierung  und  der  künstlichen  Kultur  auf  besonderen  Nähr- 
böden heranzuziehen,  für  die  sich  eine  besondere  umfangreiche 
Technik  herausgebildet  hat  ^).  Handelt  es  sich  um  Pilzkrankheiten, 
so  genügt  es  häufig  als  einfachstes  Verfahren  für  die  Bestimmung 
der  Pilze,  den  betreffenden  Pflanzenteil  bei  Zimmertemperatur 
feucht  zu  legen,  um  die  Bildung  der  zur  Bestimmung  notwendigen 
Sporen,  Konidienträger  oder  Fruchtkörper  oder  eines  charakteristi- 
schen Luftmyzels  zu  erzielen.  Bei  Insekten,  die  in  einem  unfertigen 
Stadium,  als  Larven,  Raupen  oder  Maden  schädlich  sind,  gehört  die 
Züchtung  des  Vollkerfs  zur  Sicherung  der  Bestimmung^). 

Vielfach  finden  sich  bei  Pflanzenkrankheiten  in  vorgeschrittenen 
Stadien  verschiedene  Parasiten  und  Saprophyten  zugleich  vor.  So 
sind  die  Fäulnisprozesse  stets  von  Bakterien  und  oft  von  Gärungs- 
pilzen begleitet  und  an  anderen  kranken  Pflanzenteilen  siedeln  sich 
nachträglich  verschiedene  Insekten  und  Milben  an.  Anderseits  sind 
viele  parasitische  Pilze  und  Bakterien  nur  Wundparasiten  oder 
ursprünglich  saprophytisch  lebende  Schwächeparasiten.  Daher  gehört 
der  Infektionsversuch  zum  Nachweis  eines  Krankheitserregers.  Erst 
wenn  es  gelungen  ist,  durch  Impfung  mit  der  Reinkultur  eines 
Pilzes  oder  Bakteriums  unter  Ausschluß  fremder  Infektionen  die 
Krankheit  auf  gesunde  Pflanzen  zu  übertragen,  kann  dieser  Nachweis 
als  gesichert  gelten.  Auch  bei  Insektenschäden  ist  es  zuweilen  not- 
wendig, die  eigentlichen  Krankheitserreger  durch  isolierte  Übertragung 
auf  gesunde  Pflanzen  von  unbeteiligten  Parasiten  oder  zufälligen  Be- 
wohnern der  betreffenden  Pflanzen  zu  unterscheiden  oder  ihren  Zu- 
sammenhang mit  einer  Krankheit  gegenüber  anderen  möglichen 
Ursachen  klarzustellen. 


*)    Küster,  Anleitnng  zur  Kultur  der  Mikroorganismen.     B.  G.  Teubner, 
Leipzig  und  Berhn,  1907. 

')    SCHOENICHEN,  Praktikum  der  Insektenkunde.    G.  Fischer,  Jena,  1918. 


16  I-    Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

Zu  einer  genauen  Erforschung  der  Krankheiten  und  ins- 
besondere für  die  Auswahl  und  richtige  Gestaltung  der  Abwehr- 
maßregeln gehört  aber  nicht  nur  die  Feststellung  der  Krankheits- 
erreger, sondern  auch  die  Kenntnis  ihres  ganzen  Entwicklungs- 
ganges (Biologie)  und  ihrer  Lebensweise  (Ökologie).  Daher  fällt 
dieser  Teil  der  Pflanzenpathologie  hauptsächlich  unter  die  bak- 
teriologischen, mykologischen  und  entomologischen  Arbeitsmethoden 
und  sie  ist  bisher  von  diesen  Disziplinen  ganz  wesentlich  be- 
herrscht worden,  wie  sie  auch  ihnen  oft  den  Anstoß  zur  Weiter- 
bildung der  theoretischen  Forschung  gegeben  hat.  Es  sind  also  die 
Entwicklungsstadien  und  -Zeiten  der  Schädlinge,  ihre  Vermehrung, 
Fortpflanzung  und  Verbreitungsweise,  ihre  Ernährungsweise  und 
Wachstumsbedingungen  im  Zusammenhang  mit  Klima,  Witterung 
und  anderen  Einflüssen  der  Umwelt,  ihre  Feinde  und  Parasiten  usw. 
zu  ermitteln.  Im  Anschluß  daran  kann  erst  die  Aufklärung  der 
Beziehungen  zwischen  Nährpflanze  und  Parasit  erfolgen,  der  Art 
und  Weise  der  Infektion,  der  Anfälligkeit  der  Pflanze  und  ihrer 
einzelnen  Stadien  oder  Teile,  woraus  sich  dann  die  außer  der 
eigentlichen  Ursache  mitwirkenden  Bedingungen  der  Erkrankung 
ergeben.  Die  letztere  Tatsache,  die  Abhängigkeit  der  Erkrankung 
von  den  Einflüssen  der  Umwelt  und  den  gesamten  Wachstums- 
verhältnissen der  Pflanze,  macht  sich  naturgemäß  bei  den  nicht- 
parasitären Krankheiten  auffälliger  bemerklich  und  ist  bei  diesen 
auch  schon  früher  erforscht  worden,  ehe  man  die  Bedeutung  dieser 
Einflüsse  auch  für  die  parasitären  erkannte. 

Häufig  macht  die  nähere  Erforschung  einer  Krankheit  eine 
genaue  histologische  Untersuchung  der  ihr  zugrunde  liegenden  inneren 
Veränderungen  notwendig.  Sie  gehört  eigentlich  zum  Studium  einer 
jeden  Krankheit  und  ist  bisher  infolge  der  überwiegenden  Parasiten- 
forschung nur  zu  sehr  vernachlässigt  worden.  Die  anatomischen 
Verhältnisse  der  Krankheiten  ergeben  auch  die  Möglichkeit  ihrer 
Zusammenfassung  in  bestimmte  Gruppen,  die  zum  Teil,  wie  die 
Dürren  und  Fäulen,  schon  in  der  Übersicht  der  Krankheitsbilder 
hervorgetreten  sind  und  nicht  nur  in  schwierigen  Fällen  einen 
Schluß  auf  die  Ursachen  der  Krankheiten  zulassen,  sondern  sich 
auch  vielfach  unter  dem  Gesichtspunkt  der  Bekämpfung  und  ins- 
besondere der  Vorbeugung  der  Krankheiten  einheitlich  verhalten. 
Hieraus  wird  sich  im  Laufe  der  Zeit  eine  vergleichende  Darstellung 


Untersuchung  und  Beschreibung  17 

der  Pflanzenkrankheiten  entwickeln  können,  die  bisher  noch  fehlt 
und  durch  die  erst  das  wissenschaftliche  Verständnis  derselben 
grundlegend  gefördert  werden  wird. 

Der  Zweck  der  Krankheitsforschung  ist  in  letzter  Linie  immer 
die  Abwehr  der  Krankheiten.  Bei  vielen  und  zum  Teil  sehr  wichtigen 
Krankheiten  fehlen  uns  noch  die  Mittel  zu  einer  rationellen  Be- 
kämpfung; aber  auch  in  solchen  Fällen  kann  nur  die  gründliche 
Erforschung  die  V^orauseage  über  den  Verlauf,  den  Umfang  und  die 
Bedeutung  der  Krankheiten  ermöglichen,  und  damit  rascher  als 
bloßes  Abwarten  praktischer  Erfahrung  über  den  Wert  einer  Kultur 
und  ihre  Beibehaltung  entscheiden. 

Die  hier  im  Gange  der  Untersuchung  erwähnten  Einzelheiten 
der  Krankheiten,  ihrer  Ursachen  und  Bedingungen  werden  in  den 
folgenden  Abschnitten  eine  eingehende  Darstellung  erfahren.  Zu- 
sammenfassend sei  hier  noch  gesagt,  daß  eine  genaue  Untersuchung 
eine  Krankheitsbeschreibung  zu  ergeben  hat,  welche  die  nachfolgen- 
den Gesichtspunkte  berücksichtigt: 

1.  Die  Krankheit. 

a)  Name,  Geschichte,  geographische  Verbreitung  und  wirt- 
schaftliche Bedeutung;  Wirtspflanzen  und  anfällige  Varie- 
täten. 

b)  Krankheitsbild    und    -verlauf;    pathologische   Histologie. 

2.  Die  Ursachen  bezw.  Erreger. 

a)  Name  und  systematische  Stellung;  Eigenschaften,  Ent- 
wicklungsgang und  Lebensweise;  Vermehrung,  Fort- 
pflanzung und  Verbreitungsweise ;  Verhalten  in  der 
Kultur. 

b)  Beziehungen  zwischen  Wirtspflanze  und  Parasit.  In- 
fektionsweise, Wachstum  und  Ausbreitung  in  der  Pflanze, 
Ausbreitung  der  Krankheit;  künstliche  Übertragung, 
Virulenz  des  Parasiten  und  Anfälligkeit  der  Pflanze 
nach  Alter,  Teilen  und  Sorten.  Verhalten  verwandter 
Parasiten. 

c)  Bedingungen  der  Erkrankung.  Klima,  Witterung,  Boden. 
Kulturmethoden. 

3.  Bekämpfung  und  Vorbeugung. 

a)  Bekämpfung.  Chemische  Mittel:  Spritzen,  Bestäuben, 
Räuchern,      Beizen;      Bodenbehandlung.       Mechanische 

Sammlang  Borntraeger  I:Mor8tatt  2 


18  I.    Die  Erkennung  der  Pflanzenkrankheiten 

Mittel:    Ausschneiden,    Beseitigung   der  Rückstände.  — 
Natürliche  Feinde  des  Parasiten. 

b)  Vorbeugung.  Auslese:  Saatauslese,  Pflanzenauslese  und 
Sortenwahl;  Sortenzüchtung.  Kulturmaßnahmen:  Pflanz- 
weite und  Pflanzzeit,  Schnitt,  Bodenbearbeitung,  Drainage, 
Düngung,  Fruchtwechsel. 

c)  Organisation  der  Bekämpfung.  Gesetzliche  und  Ver- 
waltungsmaßnahmen. 


Kapitel  II 

Krankheitslehre 

I.    Begriff  und  Wesen  der  Pflanzenkrankheiten 

Man  spricht  vielfach  von  Krankheiten  der  Pflanzen  als  in 
einem  gewissen  Gegensatz  stehend  zu  den  Beschädigungen.  Es 
wäre  auch  leicht,  extreme  Fälle  aufzuzählen,  wo  sich  Krankheits- 
vorgänge als  Reaktion  des  Pflanzenorganismus,  wie  z.  B.  bei  In- 
fektionskrankheiten durch  Bakterien  oder  Pilze,  von  einfachen  Ver- 
letzungen, bei  denen  die  Pflanze  eine  anscheinend  rein  passive  Rolle 
wie  bei  vielen  Formen  des  Tierfraßes  spielt,  unterscheiden  lassen. 
Eine  scharfe  und  durchgreifende  Trennung  läßt  sich  aber,  wie  wir 
gleich  sehen  werden,  nicht  durchführen  und  würde  dem  Begriff  der 
Krankheit  widersprechen. 

Diese  bisherige  Unterscheidung  ist  überhaupt  nur  deshalb  auf- 
recht erhalten  geblieben,  weil  sich  die  Pflanzenpathologie  viel  zu 
wenig  mit  dem  Organismus  der  kranken  Pflanze  und  fast  aus- 
schließlich mit  dem  schädigenden  Parasiten  beschäftigte.  Neuerdings 
drängen  aber  die  Fortschritte  der  Forschung  wie  auch  das  praktische 
Bedürfnis  nach  genauerer  Kenntnis  der  Pflanzenkrankheiten  dazu, 
den  kranken  Organismus  in  den  Mittelpunkt  der  Betrachtung 
zu  stellen. 

Dabei  ergibt  sich  die  Vorfrage:  Was  verstehen  wir  unter  dem 
Begriff  der  Krankheit?  In  der  Pathologie  des  Menschen  lautet  die 
Antwort:  Krankheit  heißt  die  Summe  der  in  einem  Körper  ab- 
laufenden abnormen  Lebensprozesse.  Sie  ist  also  streng  genommen 
nicht  ein  bestimmter  Zustand,  sondern  eine  Summe  von  Vorgängen. 
Dementsprechend  ist  auch  die  Pflanzenkrankheit  von  Klebahn  in 
folgender  Weise  umschrieben  worden:  Pflanzenkrankheit  im  allge- 
meinen ist  jede  Abweichung  von  dem  normalen  Verlauf  der  Lebens- 


20  II-  Krankheitslehre 

Vorgänge,  die  in  einem  solchen  Sinne  vor  sich  geht,  daß  das  Leben 
der  Pflanze  oder  ihrer  Teile  bedroht  wird. 

Der  gewöhnliche  Sprachgebrauch  unterscheidet  zwischen  Krank- 
heiten und  Schäden  nur  insofern,  als  bei  der  Krankheit  das  Symptom 
an  der  Pflanze,  bei  dem  Schaden  der  Erreger  oder  die  Ursache  mehr 
betont  wird.  Man  spricht  ebenso  von  Frost-  und  Rauchschaden,  wie 
von  Mäuse-  oder  Wildschaden,  dagegen  von  Welke-,  Blattfall-  oder 
Stockkrankheit,  selbst  von  Reblauskrankheit.  Will  man  Krankheiten 
und  Beschädigungen  begrifflich  unterscheiden,  so  muß  man  zu  den 
letzteren  hauptsächlich  den  passiven  Substanzverlust  rechnen,  während 
die  Krankheit  eine  Reaktion  der  Pflanze  als  Hauptsymptom  vor- 
aussetzt. 

Als  technische  Schäden  gegenüber  den  sogen,  physiologischen 
bezeichnet  man  noch  solche,  durch  die  der  Nutzungswert  eines 
pflanzlichen  Rohstoffes  beeinträchtigt  wird.  Hierzu  gehören  z.  B. 
diejenigen  an  lebendem  oder  totem  Holz,  wie  Borkenkäferfraß  und 
Zerstörungen  durch  Pilze;  ein  anschauliches  Beispiel  sind  auch  die 
Vernarbungen  der  Stiche  der  Weidenzikade,  wodurch  die  Ruten 
brüchig  werden. 

In  Hinsicht  auf  den  praktischen  Pflanzenschutz  fallen  unter 
die  Aufgaben  der  Pflanzenpathologie  auch  noch  solche  Erscheinungen, 
die,  ohne  eigentlich  Krankheiten  zu  sein,  die  Erträge  des  Pflanzen- 
baues vermindern  (z.  B.  Rückschläge  von  künstlich  gezüchteten 
Kulturformen  zu  normalen). 

Die  Abweichungen  vom  normalen  Verlauf  der  Lebens  Vorgänge 
sind  nun  in  erster  Linie  physiologischer  Art.  Es  sind  Störungen 
im  Stoffwechsel,  in  der  Nahrungsaufnahme  und  in  der  Bildung, 
Leitung  und  Speicherung  der  Inhaltsstoffe,  die  auf  die  Ernährung, 
das  Wachstum  und  die  Fortpflanzung  einwirken.  Die  Verfolgung 
ihres  Verlaufs  ist  Sache  der  pathologischen  Physiologie. 

Ihr  gegenüber  hat  die  pathologische  Anatomie  die  krankhaften 
Veränderungen  in  der  Gestalt  der  Pflanze  und  ihrer  Gewebe  zu 
untersuchen.  Sie  beschreibt  die  Abweichungen  im  Bau  einzelner 
Organe  und  Gewebe,  die  mit  der  Krankheit  einhergehen,  die  Ver- 
kümmerung und  den  Schwund  derselben  wie  ihre  Vergrößerung, 
z.  B.  Geschwülste,  Krebsbildungen  und  die  krankhaften  Neubildungen 
von  Organen  oder  Teilen  und  Anhängen  derselben,  die  man  in  der 
Mehrzahl  unter  dem  Namen  Gallen  zusammenfaßt. 


Begriff  und   Wesen  der  Pflanzenkrankheiten  21 

Die  pathologische  Anatomie  und  Physiologie  bilden  die  theo- 
retische Grundlage  der  Pflanzenpathologie  und  werden  daher  in  den 
nachfolgenden  Abschnitten  noch  besonders  behandelt  werden. 

Die  Krankheiten  äußern  sich  in  den  Symptomen  oder  den 
Krankheitserscheinungen,  die  wir  im  1.  Kapitel  bereits  kennen 
gelernt  haben.  Eine  Krankheit  kann  aber  sowohl  gleichzeitig  wie 
in  ihrem  Gesamtverlauf  von  ganz  verschiedenen  Symptomen  be- 
gleitet sein,  wie  z.  B.  beim  Schorf  des  Kernobstes  Blatt-  und  Frucht- 
flecken zugleich  mit  dem  Kleinbleiben  und  Rissigwerden  der  Früchte 
und  mit  Schorfbildungen  an  Früchten  und  Zweigen  auftreten.  Wir 
haben  also  Hauptsymptome  und  Nebensymptome  in  ihrer  ver- 
schiedenen Bedeutung  für  die  Erkennung  der  Krankheiten  und  ihrer 
Ursachen  zu  unterscheiden  und  die  Symptome  ergeben  erst  in  ihrer 
Gesamtheit  das  Krankheitsbild.  Dieses  ist  also  ein  Symptomen- 
komplex und  nicht  identisch  mit  einer  einzelnen  Krankheits- 
erscheinung. Im  Verlauf  der  Krankheit  können  die  Symptome 
wechseln  und  insbesondere  das  entscheidende  Merkmal,  das  Haupt- 
symptom, kann  dabei  ganz  verschieden  sein.  Häufig  ist  es  auch 
bei  Pflanzenkrankheiten  der  Fall,  daß  der  Erreger  der  Krankheit 
selbst  das  Hauptsymptom  darstellt,  wie  bei  Rost-  und  Brandpilzen, 
der  Kleeseide,  bei  ßlattlauskrankheiten  usw. 

Nach  der  Ausdehnung  einer  Krankheit  innerhalb  des  Einzel- 
wesens unterscheidet  man  häufig  zwischen  Lokalerkrankungen 
und  Allgemeinerkrankungen.  Doch  läßt  sich  diese  Unter- 
scheidung nicht  durchführen,  da  schon  der  eigentliche  Begriff  der 
Krankheit  eine  Störung,  die  den  Gesamtorganismus  beeinträchtigt, 
bedeutet.  Man  könnte  also  höchstens  diejenigen  Fälle  als  Lokal- 
erkrankungen bezeichnen,  in  denen  der  Einfluß  auf  die  übrigen 
Organe  ganz  unbedeutend  bleibt,  wie  z.  B.  bei  Verletzungen  ver- 
schiedener Art  und  einem  Teil  der  pilzlichen  Blattfleckenkrankheiten. 
Aber  gerade  bei  diesen  kommt  es  vor,  daß  die  ganze  Pflanze  trotz 
scharfer  Begrenzung  der  Flecke  schwer  geschädigt  wird  (Blattfall- 
krankheit der  Johannisbeere).  Allgemeinerkrankungen  wären  dann 
die  den  ganzen  Organismus  umfassenden  Stoffwechselstörungen,  die 
aus  ungünstigen  Vegetationsbedingungen  (Nährstoffmangel,  Licht-  und 
Wärmemangel,  Standortsverhältnisse  u.  dergl.)  entstehen.  Aber  diese 
ergeben    häufig    dasselbe   Krankheitsbild    wie   örtliche   Krankheiten 


22  II-  Krankheitslehre 

wichtiger  Organe,  besonders  wie  die  Wurzel-  und  Gefäßkrankheiten. 
Eine  Unterscheidung  läßt  sich  also  hier  nicht  durchführen. 

Der  Krankheitsverlauf  setzt  sich  in  der  Regel,  ganz  be- 
sonders bei  den  Allgemeinerkrankungen,  aus  verschiedenen  Stadien 
zusammen,  deren  Kenntnis  zu  einem  vollständigen  Krankheitsbild 
gehört  und  oft  für  den  Nachweis  der  Ursachen  oder  die  Auswahl 
von  Bekämpfungsmethoden  und  insbesondere  für  den  Zeitpunkt 
ihrer  Anwendung  von  Bedeutung  ist. 

Von  den  einzelnen  Stadien,  die  man  etwa  in  Anfangsstadium, 
Hauptstadium  und  Endstadium  gliedern  kann,  ist  das  erste  das  am 
wenigsten  auffällige.  Es  tritt  sogar,  wie  bei  den  innerparasitischen 
Pilzen,  sehr  oft  als  latentes  Stadium  auf.  Bei  diesen  gehen  die  In- 
fektion und  die  erste  Ausbreitung  des  Myzels  in  den  Geweben  der 
Pflanze  ganz  unbemerkt  vor  sich  und  die  Krankheit  tritt  erst  im 
weiteren  Verlauf  in  Erscheinung,  indem  Gewebezerstörungen  oder 
die  Vermehrungsorgane  der  Pilze  äußerlich  sichtbar  werden.  Man 
bezeichnet  dies  dann  als  den  Ausbruch  der  Krankheit.  Dieses 
Hauptstadium  ist  daneben  durch  die  Auffälligkeit  und  den  Umfang 
der  Krankheitserscheinungen  und  das  Eintreten  der  Schädigungen 
der  Pflanze  gekennzeichnet,  indem  die  Erscheinungen  einzelne  Organe 
oder  die  ganze  Pflanze  mehr  oder  weniger  vollständig  umfassen. 
Auch  sekundäre  Erscheinungen  an  anderen  Organen  treten  hier  ein, 
wie  z,  B.  das  Vergilben  und  Welken  der  Blätter  bei  Wurzelkrank- 
heiten, während  im  Endstadium  Stillstand  und  Abgrenzung  der 
Symptome  gegen  das  gesunde  Gewebe  (Blattfleckenkrankheiten)  oder 
aber  das  Absterben  einzelner  Organe  oder  der  ganzen  Pflanze  durch 
Fäulnis  oder  Vertrocknung  eintreten.  In  diesem  Stadium  sind  dem- 
nach auch  schon  postmortale  Vorgänge  mehr  oder  weniger  am 
Krankheits bilde  beteiligt.  An  dem  Beispiel  einer  Peronospora- 
Krankheit  (Krautfäule  der  Kartoffel,  Blattfallkrankheit  der  Rebe) 
lassen  sich  diese  Krankheitsstadien  leicht  veranschaulichen. 

Den  Krankheitsvorgängen  und  den  sie  begleitenden  Er- 
scheinungen liegen  stets  körperliche  Veränderungen  in  den  Zellen 
zugrunde.  Wir  haben  also  außer  dem  Vorgang  und  den  Er- 
scheinungsformen der  Krankheit  noch  ihre  eigentlichen  Grund- 
lagen zu  unterscheiden.  Wie  der  Gesamtkörper  der  Pflanze  sich 
aus  einzelnen   Zellen  zusammensetzt   und   seine   Lebensvorgänge   in 


Begriff  und  Wesen  der  Pflanzenkrankheiten  23 

der  Tätigkeit  dieser  Zellen  bestehen,  so  beruhen  auch  die  Krank- 
heiten in  letzter  Linie  auf  abnormen  Veränderungen  in  den  Zellen. 
Als  solche  kommen  hauptsächlich  in  Betracht:  die  Degeneration, 
die  Nekrose,  die  Hypoplasie  und  die  Hypertrophie.  Sie  werden 
in  anderem  Zusammenhang  bei  der  pathologischen  Anatomie  und 
Physiologie  nochmals  Erwähnung  finden. 

Die  Degeneration  oder  Entartung  von  Zellen  besteht  in 
einer  Veränderung  der  funktionellen  Strukturen  und  äußert  sich  in 
Abnormitäten  des  Stoffwechsels,  wie  z.  B.  im  Welken  grüner 
Pflanzenteile  infolge  von  vermindertem  osmotischem  Druck  des  Zell- 
saftes; in  Verfärbungen,  wie  der  Blaß-  und  Gelbfärbung  (z.  B. 
Chlorose)  infolge  von  ungenügender  oder  unterdrückter  Ausbildung 
des  Chlorophylls  und  Bildung  von  normalerweise  nicht  auftretenden, 
häufig  roten  Farbstoffen;  in  mangelhafter  Assimilation  (Rauchgase) 
oder  Reservestoff bildung,  in  Ausscheidung  von  Fett  und  anderen 
unlöslichen  Stoffen  in  der  Zelle  und  anderen  Veränderungen  des 
Zellinhalts  oder  der  Zellwände. 

Die  Nekrose  oder  der  Zelltod,  das  Absterben  von  Zellen, 
ist  eine  der  häufigsten  Grundlagen  von  Krankheiten  und  insbesondere 
auch  bei  örtlich  begrenzten  Krankheitsvorgängen  das  Endstadium. 
Ein  Absterben  von  Zellen  liegt,  wie  wir  oben  gesehen  haben,  vor 
bei  allen  Fäulnisvorgängen,  beim  Vertrocknen  von  Pflanzenteilen, 
beim  Abwerfen  von  Blättern  und  Früchten  durch  vorzeitige  Aus- 
bildung der  Trennungsschichten,  auch  bei  vielen  Fleckenbildungen. 

Bei  der  Hypoplasie  handelt  es  sich  um  Hemmungsbildungen, 
um  eine  mangelhafte  Entwicklung  der  Zellen  und  um  unvollkommene 
Gewebedifferenzierung,  welche  eine  verminderte  Funktion  der  Organe 
zur  Folge  hat.  Ein  Beispiel  dafür  ist  der  Nanismus  oder  die  Ver- 
zwergung,  die  bei  ungenügender  Ernährung  der  Pflanze  eintritt. 

Außer  diesen  Vorgängen,  welche  alle  das  Gemeinsame  einer 
Herabsetzung  der  Funktion  haben  —  in  dieser  Herabsetzung  liegt 
eigentlich  das  Wesen  der  Krankheit  —  gibt  es  auch  Krankheits- 
vorgänge, bei  denen  eine  Steigerung  der  Funktion  im  Vorder- 
grunde steht. 

Ein  solcher  Vorgang  ist  die  Regeneration,  die  wir  bei  der 
Wundheilung  finden  und  die  in  vermehrtem  Wachstum  und  ver- 
mehrter Teilung  von  Zellen  besteht. 


24  II-  Krankheitslehre 

Ferner  gehört  hierher  die  Hypertrophie:  das  abnorm  ge- 
steigerte Wachstum  von  Zellen,  das  meist  von  Teilungen  begleitet 
ist  und  häufig  zu  Gewebsneubildungen  führt.  Solche  liegen  ins- 
besondere vor  bei  der  Geschwulstbildung.  Geschwülste  oder  Tumore 
sind  in  sich  abgeschlossene  Neubildungen,  die  aus  allen  Geweben 
hervorgehen  können  und  wozu  vor  allem  die  meisten  Gallen  gehören. 

Auch  die  Vorgänge  einer  gesteigerten  Zelltätigkeit  wirken,  von 
wenigen  Ausnahmen  abgesehen,  in  der  Weise,  daß  sie  irgendwelche 
Organe  in  ihrer  normalen  Funktion  stören,  indem  sie  z.  B.  die 
Bildungsstoffe  —  Assimilationsprodukte  und  Reservestoffe  —  ihrer 
eigentlichen  Bestimmung  entziehen  oder  indem  sie  den  schädigenden 
Einflüssen  der  Umgebung  oder  von  Parasiten  mehr  ausgesetzt  sind 
und  deren  Wirkungen  dann  auf  die  normal  gebliebenen  Teile  über- 
greifen (Krebse,  Reblausgallen  usw.).  Also  liegt  letzten  Endes  auch 
hier  das  Wesen  der  Krankheit  in  einer  Herabsetzung  der  Funktion. 

Als  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten  treten  einerseits 
Einflüsse  der  unbelebten  Natur  auf,  die  wir  in  Wirkungen  des 
Bodens,  des  Klimas  oder  der  Atmosphärilien  (Luftfeuchtigkeit,  Luft- 
bewegungen, Temperatur,  Licht),  chemische  Einflüsse  und  Wunden 
einteilen. 

Andernteils  sind  diese  Ursachen  fremde  Organismen.  Von  den 
Krankheitserregern  aus  dem  Pflanzenreiche  spielen  die  zahlreichen 
Pilze  und  daneben  die  Bakterien  die  wichtigste  Rolle;  unter  den 
tierischen  Krankheitserregern  sind  die  Alchen,  die  Milben  und  die 
große  Klasse  der  Insekten  die  wichtigsten.  Die  meisten  Krankheiten 
kommen  durch  parasitische  Lebensweise  der  Erreger  zustande  und 
wir  können  dabei  die  außen  auf  der  Pflanze  lebenden  Ektoparasiten 
von  den  im  Innern  in  den  Geweben  der  Wirtspflanzen  lebenden 
Endoparasiten  unterscheiden. 

Dieses  Kapitel  der  Ätiologie  spielt  in  der  praktischen  Pflanzen- 
pathologie die  Hauptrolle  und  wird  deshalb  ausführlich  im  nach- 
folgenden Abschnitt  behandelt. 

Wir  haben  hier  aber  noch  auf  die  Ursachen  im  allgemeinen 
einzugehen. 

Nicht  in  allen  Fällen  sind  die  Ursachen  einer  Pflanzenkrankheit 
aus  den  Erscheinungen  klar  und  eindeutig  zu  erkennen,  wie  dies 
z.  B.  der  Fall  ist  bei  den  meisten  Schäden  durch  Witterungseinflüsse 


Begriff  und  Wesen  der  Pflanzenkrankheiten  25 

oder  wenn  der  Parasit  selbst  zum  Krankheitsbild  gehört  oder  wenn 
er  charakteristische  Schädigungen  verursacht  oder  Spuren  hinterläßt. 
Es  kommt  häufig  vor,  daß  dieselbe  Erscheinung  als  Folge  ganz 
verschiedener  Ursachen  auftritt.  So  können  die  Allgemeinerkran- 
kungen der  grünen  Organe  teils  durch  ungenügende  Nährstoffzufuhr, 
teils  durch  Krankheiten  der  Wurzeln  oder  des  Stengels,  teils  auch 
durch  Krankheiten  der  Leitungsbahnen  Zustandekommen. 

Wichtiger  ist  aber  der  Umstand,  daß  auch  dort,  wo  bestimmte 
und  eindeutige  Ursachen  vorliegen,  immer  noch  gewisse  Bedingungen 
und  Nebenumstände  zum  Eintreten  der  Krankheit  notwendig  sind. 
Man  war  in  der  Zeit,  als  die  parasitäre  Natur  der  meisten  Pflanzen- 
krankheiten erkannt  und  dabei  vorwiegend  die  Parasiten  erforscht 
wurden,  geneigt,  diesen  eine  ausschließliche  Bedeutung  für  die 
Krankheiten  zuzuschreiben.  Erst  allmählich  stellte  es  sich  heraus, 
daß  sie  nicht  die  einzige  Ursache  sind.  Wie  das  Krankheits- 
bild sich  aus  einem  Symptomenkomplex  zusammen- 
setzt, so  sehen  wir  auch  das  Zustandekommen  der 
Krankheiten  von  einem  Komplex  von  Ursachen  und 
Bedingungen  abhängig.  Diese  liegen  in  den  allgemeinen 
Einflüssen  der  Umwelt  (in  Klima  und  Witterung,  Standort 
und  Bodenbeschaffenheit)  oder  auch  einzelner  Kulturmaßnahmen, 
welche  sich  entweder  direkt  auf  die  Pflanze  oder  indirekt  auf  die 
Parasiten  geltend  machen.  Bei  den  direkten  durch  Witterungs- 
einflüsse verursachten  Schäden,  bei  denen  natürlich  auch  Einflüsse 
aus  dem  jeweiligen  Zusammentreffen  verschiedener  Faktoren  dieselbe 
Rolle  spielen  (z.  B.  hohe  Luftfeuchtigkeit  bei  großer  Wärme,  plötzlich 
einsetzende  Wärme  und  Lufttrockenheit  usw.)  hat  man  die  Ab- 
hängigkeit ihres  Eintretens  von  mehreren  Bedingungen  schon  immer 
erkannt.  Auch  bei  den  parasitären  Krankheiten  lernt  man  jetzt 
immer  zahlreichere  Fälle  kennen,  wo  sich  das  jeweilige  Auftreten 
von  parasitischen  Pilzen  und  Bakterien  an  bestimmte  Witterungs- 
verhältnisse und  Bodenarten  (z.  B.  sandige  oder  lehmige  Böden)  und 
insbesondere  auch  an  den  Säuregrad  des  Bodens  gebunden  zeigt. 
Dieselbe  Bedeutung  kommt  den  Kulturmaßnahmen,  wie  Düngung, 
Bewässerung,  Pflanzweite  usw.  zu.  Mehr  und  mehr  zeigt  sich  die- 
selbe Abhängigkeit  neuerdings  auch  beim  Auftreten  schädlicher  Li- 
sekten.  So  ist  z.  B.  ein  Fall  beschrieben  worden,  wo  der  Befall 
durch   Blattläuse    an   bestimmten   Apfelsorten    in    trockenem   Klima 


26  II-  Krankheitslehre 

durch  entsprechende  Regelung  der  Bewässerung  verhütet  werden 
konnte. 

Anfälligkeit  oder  Immunität  der  Pflanzen  sind  also  nicht 
bloß  Eigenschaften  der  Arten  und  Varietäten,  sondern  sie  stehen  auch 
in  engster  Beziehung  zu  den  Einflüssen  der  Umwelt,  denen  die 
Pflanze  ausgesetzt  ist.  Die  Erkrankung  ist  vielfach  auch  an  be- 
stimmte Alters-  und  Entwicklungsstadien  gebunden.  Nach  den 
Altersstadien  der  Pflanze  unterscheidet  man  daher  die  Keimlings- 
krankheiten, die  nur  an  den  zarten  und  raschwachsenden  Keim- 
pflanzen auftreten  und  ältere  Individuen  nicht  mehr  angreifen.  Auch 
bei  den  Laubbäumen  kennt  man  tierische  oder  pilzliche  Parasiten, 
die  in  den  ersten  Jahren  sehr  heftig  auftreten  und  das  ganze 
Wachstum  hemmen  können,  später  aber  nur  noch  vereinzelt  vor- 
kommen und  ohne  merklichen  Einfluß  auf  das  Wachstum  des 
Baumes  sind.  Verschiedenheiten  im  Befall  der  Entwicklungsstadien 
sind  bei  Blättern  und  Früchten  ganz  allgemein  bekannt.  Eine  große 
Menge  von  Pilzen  und  Insekten  befällt  Blätter  entweder  nur  während 
der  Wachstumsperiode  oder  im  ausgewachsenen  Zustande,  teilweise 
auch  erst  gegen  das  Ende  ihrer  Lebenszeit.  Insbesondere  spielt 
die  jeweilige  Witterung  dann  eine  ganz  wichtige  Rolle,  wenn  ein 
kurzfristiges  Stadium,  wie  die  Keimung  von  Saaten  oder  das  Blühen 
der  Obstbäume,  von  Parasiten  bedroht  ist,  und  sie  entscheidet  dann 
in  wenigen  Tagen  über  den  ganzen  Ertrag  einer  Vegetationsperiode. 

Am  bekanntesten  sind  solche  Bedingungen  der  Erkrankung 
seit  langem  bei  den  sogenannten  Schwächeparasiten,  haupt- 
sächlich denjenigen  Pilzen,  welche  im  allgemeinen  saprophytisch 
auf  abgestorbenen  Pflanzenteilen  leben,  aber  auf  geschwächte  lebende 
Pflanzen  übergehen  und  dann  von  der  Befallstelle  aus  weiter  in  die 
Gewebe  eindringen  und  sie  zerstören. 

Hier  sind  auch  die  Wundparasiten  aufzuführen,  die  in  ge- 
sunde und  unverletzte  Pflanzengewebe  nicht  eindringen,  sondern  auf 
Verletzungen  als  Eingangspforten  für  die  Infektion  angewiesen  sind, 
obwohl  sie  dann  im  gesunden  Innengewebe  weiter  wachsen.  Zu 
diesen  gehören  sehr  viele  Pilze;  als  Beispiel  seien  die  bekannten 
Pilzkrankheiten   der   Holzgewächse  {Nectria,  Polyporaceen)  genannt. 

Man  kann  derartige  Regelmäßigkeiten,  wie  die  Erkrankung 
einzelner  Sorten  oder  Altersstadien  als  normale  Prädisposition 
der  Pflanze  bezeichnen,  welcher  dann  alle  Fälle  des  durch  ungünstige 


Begriff  und  Wesen  der  Pflanzenkrankheiten  27 

Nebenurastände  bedingten  oder  verstärkten  Befalls  (besondere  Witte- 
rungsverhältnisse usw.,  Befall  durch  Schwächeparasiten)  als  temporäre 
oder  abnorme  Prädisposition  gegenüberstehen. 

Während  sich  die  eben  erwähnten  Beispiele  alle  auf  die  Be- 
einflussung der  Pflanze  selbst  beziehen,  so  wirken  dieselben  Faktoren 
natürlich  auch  auf  die  Parasiten  ein.  Viele  solche  Zusammenhänge 
sind  in  ihren  praktischen  Wirkungen  allgemein  bekannt,  wie  die 
Zunahme  der  Pilze  oder  parasitischer  und  sonst  schädlicher  Tiere 
unter  bestimmten  klimatischen  und  Witterungseinflüssen.  Man  weiß, 
wie  die  Trockenheit  die  Vermehrung  von  Feldmäusen,  Milben  und 
kleinen  Insekten,  wie  z.  B.  besonders  Blattläusen  begünstigt,  in 
welcher  Weise  gewisse  Pilzkrankheiten  {Peronospora  der  Reben, 
Krautfäule  der  Kartoffeln,  Rebenmehltau)  nur  bei  entsprechender 
Temperatur  und  Luftfeuchtigkeit  gefährlich  werden.  Hier  hat  die 
Wetterkunde  auch  in  bezug  auf  die  Phänologie  der  Parasiten  noch 
ein  großes  Arbeitsfeld  vor  sich,  das  neuerdings  besonders  in  Nord- 
amerika gepflegt  wird,  aber  auch  bei  uns  in  Angriff  genommen 
worden  ist. 

Bei  den  parasitischen  oder  Infektionskrankheiten  ist  das 
Zustandekommen  außerdem  von  der  Übertragung  der  Infektions- 
keime abhängig,  die  meist  durch  Wind,  Wasser  oder  Boden  geschieht. 
Zuweilen  erfolgt  sie  auch  durch  besondere  Krankheitsüberträger, 
wozu  vor  allem  die  auf  den  Pflanzen  lebenden  Insekten  gehören. 
Im  übrigen  werden  die  auf  das  Verhalten  der  Parasiten  wirkenden 
Einflüsse  noch  im  Kapitel  der  Ätiologie  zu  erwähnen  sein. 

Alle  diese  auf  die  Pflanze  oder  ihre  Parasiten  wirkenden 
Nebenumstände  der  Erkrankung  bestimmen  die  Intensität  und  den 
Umfang  des  Auftretens  der  Krankheiten,  wonach  man  von  seuchen- 
haft  auftretenden  Krankheiten  gegenüber  den  Einzelfällen  und  bei 
den  ersteren  von  endemischen  Krankheiten  in  einem  gewissen 
Gegensatz  zu  Epidemien  reden  kann. 

Endemien  sind  die  an  bestimmte,  örtlich  begrenzte  Verhält- 
nisse gebundenen  Lokalseuchen,  während  die  Epidemien  weiter  aus- 
gebreitete Landesseuchen  darstellen.  Im  gewöhnlichen  Sprach- 
gebrauch pflegt  man  allerdings  unter  epidemischem  Auftreten  einer 
Krankheit  meist  nur  die  gleichzeitig  und  heftig  auftretenden  Massen- 
erkrankungen,   also    eigentlich    das    seuchenhafte    Auftreten    einer 


28  II-  Krankheitslehre 

Krankheit  ohne  Berücksichtigung  der  Größe  ihres  Verbreitungs- 
bezirkes zu  verstehen.  Es  kommt  in  den  meisten  Fällen  durch 
eine  von  besonderen  Klima-  oder  den  Witterungsverhältnissen  be- 
günstigte Vermehrung  der  Parasiten  zustande. 

Im  allgemeinen  ist  das  jährliche  Neuauftreten  der  Er- 
krankungen von  Pflanzen  an  nichtparasitären  und  parasitären  Krank- 
heiten eine  Folge  neuen  Befalles  durch  ihre  Ursachen  und  Erreger. 
Die  Parasiten  überwintern  in  irgend  einem  Entwicklungsstadium 
auf  der  Pflanze  oder  getrennt  von  ihr  und  befallen  sie  aufs  neue 
durch  ihr  infektiöses  Stadium,  Pilze  durch  eine  Sporenform,  In- 
sekten durch  Eiablage,  durch  die  Larve  oder  den  Vollkerf.  Am 
meisten  ist  die  Kontinuität  des  Befalles  bei  den  im  Boden  aus- 
dauernden Parasiten  (Nematoden,  Kohlhernie,  Kartoffelkrebs  usw.) 
gegeben.  Unter  den  Befallsbedingungen,  soweit  sie  in  der  Pflanze 
liegen,  ist  hier  wieder  die  Erblichkeit  der  Disposition  oder  Immunität 
und  die  Nichterblichkeit  der  Prädisposition  zu  berücksichtigen. 

Echte  Vererbung  kommt  bei  manchen  Fällen  von  nicht  in- 
fektiöser Chlorose  und  Mosaikkrankheit  vor,  ebenso  bei  Bildungs- 
abweichungen, z.  B.  der  Zwangsdrehung,  während  bei  der  Mosaik- 
krankheit der  Tomate  und  anderen  (auch  Brandkrankheiten)  eine 
Übertragung  durch  Keiminfektion  vorliegt.  Die  Vererbung  ist 
an  bestimmte  Erbfaktoren  gebunden  und  folgt  den  MENDELschen 
Regeln;  ebenso  die  Vererbung  der  Immunität,  z.  B.  gegen  Lagern 
des  Getreides,  Frostschäden,  Pilzinfektionen.  Teilweise  ist  die 
Immunität  an  zwei  Erbfaktoren  gebunden  (Kartoffelkrebs)  und  läßt 
sich  also  durch   Kombinationszüchtung    unter  Umständen   steigern. 

Auch  die  Übertragung  von  Krankheiten  durch  Übergang  auf 
die  Samen  ist  nicht  häufig.  Eine  wichtige  Rolle  spielt  sie  jedoch 
bei  der  Blüteninfektion  der  Brandpilze.  Während  die  Mehrzahl 
dieser  Pilze  sich  dadurch  verbreitet,  daß  die  Brandsporen  zugleich 
mit  den  Samen  auf  das  Feld  gelangen,  mit  ihnen  auskeimen  und 
die  Keimlinge  infizieren,  liegt  beim  Gersten-  und  Weizenflugbrand 
Blüteninfektion  vor.  Die  Sporen  keimen  noch  im  Sommer  auf  den 
Narben  der  Getreideblüten  aus  und  die  Pilzfäden  durchwuchern 
den  Samen,  ohne  seine  Reifung  und  Keimfähigkeit  zu  schädigen. 
Im  nächsten  Jahre  wachsen  die  Pilzfäden  mit  dem  auskeimenden 
Getreide,  dringen  in  den  Vegetationspunkt  und  zerstören  die  Blüten- 
anlagen   (sog.    erbliche  Mykose).      Daher    sind    die    Brandpilze    mit 


Begriff  und  Wesen  der  Pflanzenkrankheiteu  29 

Blüteninfektion  nur  durch  Warmwasserbehandlung  des  Saatgutes 
zu  bekämpfen,  während  diejenigen  mit  Keimlingsinfektion  durch 
äußerliche  Beizung  der  Saat  bekämpft  werden. 

Ein  besonderer  Fall  von  erblicher  Übertragung  ist  in  der 
unter  dem  Namen  der  EREKSSONschen  Mykoplasmatheorie  bekannten 
Sameninfektion  zu  sehen.  Nach  ERIKSSONS  Theorie  ist  bei  den 
Rostkrankheiten  in  der  Pflanze  und  demzufolge  auch  im  Samen 
eine  Mischung  des  Pilzplasmas  mit  dem  Plasma  der  Wirtszellen 
vorhanden.  Bei  der  Keimung  sollen  sich  erst  sogenannte  Endo- 
haustorien  ausbilden,  aus  denen  Pilzhyphen  hervorgehen,  welche  dann 
in  der  Pflanze  weiterwachsen.  Die  Theorie  wird  jedoch  bestritten 
und  hat  sich  bisher  nicht  durchsetzen  können. 

Eine  häufigere  Übertragung  vollzieht  sich  durch  nachträglichen 
Befall  von  reifenden  Früchten  und  Samen.  Sie  entspricht  der 
Krankheitsverbreitung  bei  der  vegetativen  Vermehrung  durch  be- 
fallene Sprosse  (Ableger,  Edelreiser,  Knollen  usw.).  Hierher  gehört 
die  Brennfleckenkrankheit  der  Bohnen;  bei  dieser  werden  die  Samen 
von  der  Fruchtschale  aus  infiziert  und  der  Pilz  ruft  bei  der  Keimung 
eine  gefährliche  Keimlingskrankheit  hervor. 

Bei  der  erwähnten  Verbreitung  von  Krankheiten  durch  vege- 
tative Vermehrung  von  Pflanzen  liegt  natürlich  keine  Übertragung 
mehr  vor.  Sie  ist  aber  praktisch  von  großer  Bedeutung;  es  sei 
hier  nur  an  die  Verschleppung  des  Kartoffelkrebses  durch  Pflanz- 
kartoffeln und  der  Reblaus  durch  Setzreben  erinnert. 

Neuere  Forschungen^)  zeigen  mehr  und  mehr,  daß  die  In- 
sekten in  vielen  Fällen  eine  entscheidende  Rolle  als  Krankheits- 
überträger und  bei  der  Überwinterung  von  Krankheiten  und  der 
Neuinfektion  im  Frühjahr  spielen.  Man  unterscheidet  dabei  ver- 
schiedene Abstufungen  im  Übertragungsmodus:  einfache  und  mehr 
zufällige,  äußerliche  Verschleppung  der  Keime  mit  oder  ohne  direkte 
Einimpfung;  von  Insekten  gemachte  Wunden,  welche  als  Infektions- 
stellen dienen;  vorwiegende  oder  ausschließliche  Übertragung  von 
Krankheiten  durch  Insekten,  in  denen  der  Krankheitskeim  sich 
entwickelt  oder  vermehrt  (infektiöse  Chlorosen  und  Mosaikkrankheiten). 
In  einem  Fall,  bei  einer  Flagellose  von  Euphorbien,  ist  das  Insekt 
sogar  echter  Zwischenwirt,  in  welchem  sich  ein  Teil  des  Ent- 
wicklungsganges des  Parasiten  abspielt. 

^)  Insects  as  disseminatora  of  plant  diseases.  Phytopathology  12. 
1922,  225  ff. 


30  II-  Krankheitslehre 

2.    Pathologische  Pflanzenanatomie  ^) 

Die  pathologische  Pflanzenanatomie  behandelt  die  abnormen 
Strukturen  der  Pflanzenorgane.  Unter  abnorm  versteht  man  dabei 
solche  Formen,  die  über  die  als  normal  angesehene  Variationsbreite 
hinausgehen.  Dabei  können  diese  Formen  unter  drei  verschiedenen 
Gesichtspunkten  als  abnorm  erscheinen  :  1.  dem  vergleichend  morpho- 
logischen, unter  den  zunächst  die  Größenunterschiede  der  Organe 
fallen,  2.  dem  physiologischen,  der  hauptsächlich  die  Wachstums-  und 
Entwicklungsvorgänge,  wie  z.  B.  Alters-  und  Absterbeerscheinungen, 
umfaßt,  3.  dem  kausalen,  als  Erscheinungen,  die  durch  abnorme 
Ursachen  hervorgerufen  sind.  Unter  diesen  fallen  z.  B.  die  infolge 
von  Witterungseinflüssen,  wie  Frost,  Hitze  usw.  und  die  infolge  von 
parasitischen  Einflüssen  entstehenden  abnormen  Strukturen. 

Die  pathologisch-anatomischen  Bildungen  des  Pflanzenkörpers 
sind  außerordentlich  zahlreich  und  vielgestaltig.  Sie  bestehen  in 
der  Form  und  Differenzierung  der  Gewebe  und  der  Größe  und 
Gestalt  der  Zellen  und  in  besonderen  Struktureigentümlichkeiten 
derselben.  Dabei  lassen  sich  zwei  hauptsächliche  Arten  von  Vor- 
gängen unterscheiden,  je  nachdem  eine  verminderte  oder  vermehrte 
Zellentätigkeit  vorliegt:  Regressive  Veränderungen  oder  Wachstums- 
hemmungen und  progressive  Veränderungen  oder  Wachstums- 
steigerungen. 

Regressive  Veränderungen  beeinflussen  bei  den  Pflanzen  im 
allgemeinen  mehr  die  physiologische  als  die  anatomische  Seite  des 
Krankheitsbildes  und  sind  daher  ausführlicher  dort  zu  behandeln. 
Demgegenüber  enthalten  die  progressiven  Veränderungen  alle  so 
häufigen  Wucherungen  und  Neubildungen,  die  man  z.  B.  als  Ge- 
schwülste, Krebs  oder  Gallen  bezeichnet,  und  die  auch  bei  ge- 
ringerer Einwirkung  auf  das  Gedeihen  des  Gesamtorganismus  das 
äußere  Bild  wesentlich  verändern. 

Wir  werden  im  folgenden  die  feineren  histologischen  Verände- 
rungen nur  insoweit  erwähnen,  als  sie  zu  bekannteren  Krankheits- 
bildern gehören,  zumal  sie  im  Kapitel  der  Physiologie  wieder  zu 
behandeln  sind,  und  mehr  die  morphologisch  auffälligeren  Gewebs- 
veränderungen und  Neubildungen  berücksichtigen. 


*)    Nach  Küster,  Pathologische  Pflanzenanatomie,   2.  Aufl.,  Jena  1916. 


Pathologische  Pflanzenanatomie  31 

Solche  regressiven  Veränderungen,  in  deren  Auswirkung  der 
physiologisch-funktionelle  Charakter  vorwiegt,  sind  z.  B  die  Degene- 
ration, die  Nekrose  und  die  Zytolyse.  Ina  physiologischen  Teil  wird 
auf  diese  noch  zurückzugreifen  sein. 

Die  Degeneration  besteht  in  strukturellen  und  chemischen 
Veränderungen  der  Zellen,  welche  deren  normale  Funktion  beein- 
trächtigen. Sie  geht  häufig  dem  Absterben  voraus,  auch  wenn  dies, 
wie  das  Absterben  der  Blätter  beim  Abschluß  der  Vegetationsperiode, 
normal  ist  (physiologische  Degeneration);  sie  ist  aber  in  ebenso- 
vielen  Fällen  eine  langdauernde,  oft  auch  heilbare  Krankheits- 
erscheinung. Im  einzelnen  lassen  sich  Degeneration  des  Zellkerns, 
des  Zytoplasmas,  der  Chromatophoren  und  der  Membran  unter- 
scheiden, doch  sind  solche  Vorgänge  selbst  bei  den  wichtigsten 
Pflanzenkrankheiten  nur  in  den  seltensten  Fällen  untersucht  worden. 

Die  Nekrose  ist  das  Absterben  der  Zellen  und  Aufhören 
ihrer  Funktion,  das  durch  Verlust  des  Turgors  und  Zersetzung  des 
Zellinhalts  und  der  Membran  charakterisiert  ist.  Ein  wichtiges 
Beispiel  ist  die  der  Blattrollkrankheit  zugrundeliegende  Phloem- 
nekrose  der  Kartoffel.  Eine  Form  der  Nekrose  ist  auch  die  Zyto- 
lyse oder  Auflösung  ganzer  Zellpartien,  die  besonders  bei  der  Gummöse 
(Gummifluß  des  Steinobstes  usw.,  s.  u.)  vorkommt. 

An  die  Nekrose  schließen  sich  noch  die  postmortalen  Vor- 
gänge, wie  Vertrocknung,  Fäulnis  und  Verwesung  an,  die  häufig 
im  Krankheitsbilde  eine  besondere  Rolle  spielen  und  von  den  eigent- 
lichen Krankheitsvorgängen  unterschieden  werden  müssen. 

Zu  den  regressiven  Veränderungen  können  auch  noch  die 
eigentlichen  Hemmungsbildungen  oder  Hypoplasien  gerechnet 
werden.  Sie  bestehen  in  unvollkommener  Entwicklung  von  Zellen 
und  Organen.  Bei  den  quantitativen  Hypoplasien  ist  nur  die 
Größenentwicklung  der  Zellen  oder  ihre  Vermehrung  gehemmt;  sie 
kommen  meist  durch  ^rnährungshemmungen  zustande  (Nährstoff- 
mangel, Einwirkung  von  Parasiten,  z.  B.  saugende  Insekten),  während 
wir  bei  qualitativen  Hypoplasien  die  unvollkommene  Ent- 
wicklung der  Zellen,  die  unvollkommene  Differenzierung  der  Gewebe 
und  die  Hemmung  der  Zellteilung  bei  fortgesetztem  Wachstum 
unterscheiden  können.  Zu  den  Hemmungen  der  Zelltätigkeit  gehört 
die  Blaßfärbung  von  Pflanzen,  die  unter  Mangel  an  Eisen  oder 
Licht  wachsen  (Chlorose,  Etiolement),  Erscheinungen,  die  denen  der 


32  II-  Krankheitslehre 

Degeneration  gleichen  können.  Unvollkommene  Gewebedifferenzierung 
ist  der  eigentlich  wichtigste  Vorgang  des  Etiolements  und  liegt  auch 
dem  Lagern  des  Getreides  bei  zu  dichter  Saat  zugrunde. 

Zu  den  progressiven  Veränderungen  gehören  zunächst  die 
qualitativen  Wachstumsanomalien  (Formanomalien,  Bildung  abnorm 
geformter  und  verzweigter  Zellen,  z.  B.  Steinzellen);  ferner  die  quanti- 
tativen Wachstumsanomalien  oder  Hypertrophien.  Hypertrophie  ist 
jedes  abnorm  gesteigerte  Wachstum,  also  eine  Zellenvergrößerung, 
die  jedoch  meist  von  Zellteilungen  gefolgt  ist.  Sie  kann  an  Zellen 
aller  Gewebesysteme  und  aus  den  verschiedensten  Ursachen,  wie 
Verletzungen,  verstärkte  Nährstoffzufuhr,  Reize  durch  Parasiten, 
eintreten.  Beispiele  einfacher  Hypertrophien  sind  die  Epidermis- 
zellen  der  Perldrüsen,  die  von  Gallmilben  erzeugten  Haarfilz- 
bildungen (Erineumgallen),  die  Riesenzellen  in  den  von  Nematoden 
befallenen  Rübenwurzeln. 

In  Verbindung  mit  Zellteilung  führt  die  Hypertrophie  zur 
Hyperplasie  oder  gesteigerten  Gewebebildung  und  Gewebsneu- 
bildung.  Gesteigerte  Gewebebildung  entsteht  außer  durch  die  er- 
wähnten Ursachen  (Verwundung,  Nährstoffzufuhr,  Parasiten)  sehr 
häufig  durch  Wasserüberschuß  in  den  Geweben  und  bildet  dann 
die  hyperhydrischen  Gewebe,  die  als  Perldrüsen,  Inturaeszenzen 
und  Rinden  Wucherungen  bekannt  sind.  Bei  der  Gewebsneubildung 
liegen  wieder  zwei  Möglichkeiten  vor:  Die  Neubildung  gleichartigen 
Gewebes,  dessen  Zellen  den  normalen  gleichen:  homöoplasmatische 
Neubildung  (abnormes  Dickenwachstum  usw.),  und  die  Neubildung 
andersartiger  oder  verschiedener  Gewebe:  heteroplasmatische  Neu- 
bildung. Die  letztere  Art  der  Neubildung  tritt  außerordentlich 
mannigfaltig  und  häufig  auf  und  liegt  den  Kallus-  und  Wundholz- 
bildungen und  den  meisten  Gallen  zugrunde.  Hierher  gehört  auch 
u.  a.  noch  die  Umdifferenzierung  der  Gewebe  oder  Metaplasie,  eine 
Veränderung  des  Gewebecharakters  bereits  ausgebildeter  Zellen, 
die  nicht  degenerativ  ist  und  bei  den  Pflanzen  fast  nur  in  der 
Veränderung  des  Zellinhaltes  besteht.  Sie  liegt  z.  B.  vor  in  der 
Speicherung  von  Stärke  in  den  Blättern  bei  gehemmtem  Abtransport 
(Blattrollkrankheiten  usw.)  oder  in  der  Speicherung  von  Nähr- 
stoffen durch  übermäßige  Zufuhr  nach  Infektion  durch  Parasiten  oder 
nach  Verwundungen. 


Pathologische  Pflanzenanatömie  33 

In  den  speziellen  Formen  des  Auftretens  pathologisch - 
anatonaischer  Erscheinungen  mischen  sich  die  beschriebenen  Arten 
der  Zellveränderung  auf  die  verschiedenste  Weise.  Sie  werden  von 
KÜSTEli  als  Panaschierung,  Etiolement,  hyperhydrische  Gewebe, 
Wundgewebe  und  Regeneration,  und  als  Gallen  zusammengefaßt. 
Hiervon  sind  das  Etiolement  und  die  hyperhydrischen  Ge- 
webe schon  erwähnt.  Sie  haben  praktisch  als  Krankheiten  eine 
geringe  Bedeutung. 

Die  von  vielen  Zierpflanzen  her  bekannte  Erscheinung  der 
Panaschierung  beruht  im  wesentlichen  auf  einer  unvollkommenen 
Ausbildung  oder  auch  einer  Rückbildung  der  Chlorophyllkörner. 
Sie  tritt  in  ganz  verschiedener  Weise  als  Streifen-  oder  Flecken- 
panaschierung  usw.  auf.  Bei  den  Mosaikkrankheiten  der  Kartoffel, 
der  Tomaten,  des  Tabaks  usw.  ist  die  Panaschierung  das  Haupt- 
symptom; es  handelt  sich  dabei  um  infektiöse  Krankheiten,  die 
durch  Impfung  (Insektenstiche)  übertragbar  sind,  deren  Erreger  man 
aber  noch  nicht  kennt. 

Wundgewebe  und  Regeneration.  Die  Wunden  bieten  wie 
als  Krankheitsbilder  so  auch  in  ihrem  anatomischen  Verhalten  eine 
große  Mannigfaltigkeit.  Für  die  Pflanzenpathologie  hat  nur  ein  Teil 
der  Wundgewebe  eine  größere  praktische  Bedeutung,  die  zuweilen 
auch  nur  eine  diagnostische  ist,  indem  sie  für  die  Unterscheidung 
gewisser  Krankheitsbilder  und  die  Erkennung  ihrer  Ursachen  Auf- 
schlüsse geben. 

Die  einfachste  Art  des  Reagierens  der  Pflanzengewebe  auf 
Verwundung  ist  die  Kallusbildung,  die  in  der  Bildung  lockeren 
parenchymatischen  Gewebes  besteht.  Sie  tritt  häufig  in  Form  von 
auffälligen  Wucherungen  auf  und  wird  durch  hohe  Luftfeuchtigkeit 
besonders  begünstigt.  Sehr  starke  Wucherungen  beobachtet  man 
an  den  Ringelungswunden  und  bei  der  Verwachsung  von  Ver- 
edlungen. Die  häufigsten  Anlässe  zur  Kallusbildung  sind  Insekten- 
fraß und  Frostschäden. 

Wund  holz  und  Wundrinde  sind  im  Gegensatz  zum 
parenchymatischen  Kallus  die  an  den  W^undstellen  gebildeten  und 
aus  dem  Kallus  hervorgehenden  Holz-  und  Rindengewebe.  Uns 
interessiert  hier  nur  das  Wundholz  und  die  ihm  entsprechenden, 
wenn  auch  nicht  von  Wundreizen  verursachten  Gewebe.  Das  Wund- 
holz  ist    insbesondere    durch    abnormen   Faserverlauf    und   Knäuel- 

Sammlnng  Borntraeger  IiMorstatt  3 


34  II-  Krankheitslehre 

bildung  charakterisiert,  die  sich  als  Maserung  des  Holzes  zu  er- 
kennen geben.  Im  Mark  und  in  der  Rinde  treten  solche  Bildungen 
als  Knollenmaser  oder  Rindenknollen  auf.  Auch  die  sogen.  Frost- 
leisten, die  durch  Verheilung  der  längsgerichteten  Frostspalten  der 
Bäume  entstehen,  sind  eine  Wundholzbildung. 

Eine  Avichtige  Rolle  spielt  hierbei  noch  der  Krebs  der  Bäume. 
Man  bezeichnet  damit  die  sich  jährlich  vergrößernden  Überwallungs- 
wülste, die  nach  Abtötung  von  Kambiumstellen  entstehen,  die  Wunde 
unvollkommen  schließen  und  nach  Abtötung  des  unausgereiften 
Wundholzes  durch  Frost  immer  wieder  neugebildet  werden.  Schließt 
sich  die  ursprüngliche  Wunde  bis  auf  einen  schmalen  Spalt,  so 
spricht  man  von  geschlossenem  Krebs;  beim  offenen  Krebs  bleiben 
mehr  oder  weniger  große  Stellen  der  Wunde  frei.  Im  besondern 
unterscheidet  man  noch  den  Frostkrebs,  bei  dem  der  Frost  als 
alleinige  Ursache  angesehen  wird,  und  den  Nectriakrebs,  bei  welchem 
die  Gewebe  und  die  immer  wieder  gebildeten  Überwallungswülste 
durch  den  Pilz  Nectria  galligena,  einen  Wundparasiten,  abgetötet 
werden.  Als  Blutlauskrebs  werden  die  gallenartigen  Wucherungen, 
die  infolge  des  Saugens  dieser  Insekten  entstehen,  bezeichnet.  (Eine 
einfache  Gallenbildung  sind  dagegen  die  blumenkohlartigen  Wuche- 
rungen des  Kartoffelkrebses.) 

Wundkork  besteht  in-  der  Bildung  von  Korkgeweben  statt 
der  Kallusbildungen  an  den  Wundstellen.  Am  bekanntesten  ist 
er  von  der  Kartoffelknolle  und  von  Früchten.  Eine  ähnliche  Er- 
scheinung ist  die  Lithiasis  der  Birnen,  die  in  einer  von  ursprünglichen 
zerstreuten  Vertiefungen  der  Schale  ausgehenden  wuchernden  Stein- 
zellenbildung besteht. 

Zur  Wundreaktion  der  Gummi-  und  Harzbildung  gehört 
das  Schutzholz  der  Laubhölzer,  eine  Imprägnierung  der  Zellwände 
und  Füllung  der  Gefäße  mit  Gummi.  Eine  Gummibildung  durch 
Ausscheidung,  wodurch  die  Gefäße  verstopft  "werden,  liegt  auch  bei 
der  wichtigen  Serehkrankheit  des  Zuckerrohres  vor. 

Im  Gegensatz  dazu  beruht  der  Gummi-  und  Harzfluß  auf 
Verflüssigung  von  Zellen,  hauptsächlich  von  deren  Membranen,  und 
ist  also  eine  Zerstörung  von  Geweben.  Sie  betrifft  ausschließlich 
verholzte  Zellen  und  ist  im  Pflanzenreiche  sehr  verbreitet;  es  sei 
hier  nur  an  den  Harzfluß  der  Nadelhölzer  erinnert.  Eine  große 
Bedeutung    als   Krankheit    hat    sie    beim    Steinobst,    besonders    bei 


Pathologische  Pflanzenanatomie  35 

Kirsche  und  Pfirsich,  wo  sie  unter  den  verschiedensten  Ursachen 
und  Bedingungen  zustandekommt  und  oft  mit  anderen  Krankheiten 
kombiniert  ist. 

Der  Regeneration  und  Restitution,  der  Wiederherstellung 
von  Zellen  und  Geweben,  die  in  letzterem  Fall  zum  Teil  an  die 
Kallus-  und  Wundholzbildung  anschließt,  kommt  für  die  Pflanzen- 
krankheiten abgesehen  von  dem  schon  dort  Erwähnten  keine  be- 
sondere Bedeutung  zu.  Das  bekannteste  Beispiel  für  normale  Re- 
generation von  Wundflächen  aus  ist  die  Neubildung  von  Wurzeln 
und  Sprossen  bei  Stecklingen,  die  auch  durch  Vermittelung  eines 
Kallus  vor  sich  geht. 

Die  Gallen  oder  Zeziclien  bilden  ein  abgeschlossenes  Gebiet 
der  pathologischen  Anatomie,  das  lediglich  unter  einem  gemein- 
samen biologischen  Gesichtspunkt  abgegrenzt  ist.  Sie  sind  Unregel- 
mäßigkeiten der  Formbildung,  die  durch  fremde  Organismen  ver- 
anlaßt werden  und  außerdem  in  bestimmten  physiologischen  Be- 
ziehungen zu  ihren  Erregern  stehen,  wie  z.  B.  die  Haarfilz-  oder 
Erineumbildungen,  eine  der  einfachsten  Gallen,  den  sie  erzeugenden 
Milben  Wohnung  und  Nahrung  bieten.  Es  liegt  also  eine  der  Wir- 
kungen des  Parasitismus  vor  und  man  kann  die  Gallen  daher  kurz 
als  abnorme  Wachstumsreaktionen  auf  parasitische  Reize  bezeichnen. 
Morphologisch  und  in  ihrer  Entstehung  und  Entwicklung  weisen 
sie  die  verschiedenartigsten  pathologischen  Veränderungen  auf. 
Nach  der  Zugehörigkeit  ihrer  Erreger  zum  Tier-  oder  Pflanzenreiche 
unterscheidet  man  von  Tieren  hervorgerufene  Zoozezidien  gegen- 
über Phytozezidieyi,  die  von  Pflanzen  erzeugt  sind,  und  man  kann 
weiterhin  nach  den  einzelnen  Tierklassen  Älchengallen  (Nematoden- 
gallen),  Milbengallen  (Phytoptozezidien)  und  Insektengallen  (Entomo- 
zezidien),  oder  nach  den  Pflanzen  z.  B.  Bakteriengallen  und  Pilz- 
gallen (Mykozezidien)  hoch  besonders  bezeichnen.  Von  den  gallen- 
erzeugenden Pflanzen  wären  noch  die  Myxomyceten  (Kohlheruie) 
und,  als  einzige  Phanerogamen,  die  Loranthaceen  (Mistel)  zu  er- 
wähnen. 

In  allen  Abteilungen  des  Pflanzenreiches  kommen  Gallen- 
bildungen vor.  Von  den  gallentragenden  Pflanzen  oder  Gallen- 
wirten interessieren  uns  hier  nur  die  Blütenpflanzen,  an  denen  die 
praktisch    wichtigsten    Erreger    die    Schleimpilze,    Bakterien,    Pilze 

3* 


36  II-    Krankheitslehre 

aller  Klassen,  wie  Mehltau-,  Rost-  und  Brandpilze,  anderseits  die 
Älchen,  Milben,  Blatt-  und  Rindenläuse,  Gallmücken  und  Gall- 
wespen und  Rüsselkäfer  sind. 

Die  Gallengebilde  selbst  teilt  man,  wie  schon  (S.  8)  erwähnt, 
in  organoide,  die  aus  deutlich  erkennbaren  Organen  bestehen, 
und  die  wichtigeren  histioiden  Gallen,  ungegliederte  Gewebe- 
wucherungen, ein. 

Organoide  Gallen  sind  in  der  Hauptsache  die  als  Hexenbesen 
oder  Zweigsucht  bekannten  Gebilde,  die  an  sehr  vielen  Holz- 
gewächsen auftreten  und  durch  verschiedene  Pilze  {Exoascus  cerasi 
an  Kirsche,  Melampsorella  an  Weißtanne)  oder  auch  durch  Milben 
{Eriophyes)  erzeugt  werden.  Ähnliche  Gebilde  sind  auch  die  Wirr- 
zöpfe der  W^eiden.  Sie  kommen  durch  vermehrte  Knospenbildung 
infolge  der  Reizwirkung  der  Parasiten  zustande.  Andere  organoide 
Gallen  bestehen  in  abnormer  Formbildung  oder  Blattstellung  oder 
Verzweigung;  alle  haben  im  wesentlichen  dieselbe  Gewebestruktur 
wie  die  normalen  Organe. 

Die  zahlreichen  und  mannigfaltigen  histioiden  Gallen  sind 
Gewebewucherungen  an  einzelnen  Organen.  Hierher  gehören  zu- 
nächst die  als  Erineum  oder  Haarfilz  bekannten  Abnormitäten  der 
Haarbildung,  die  durch  Phytoptusmilben  erzeugt  werden,  z.  B.  an 
Reben  blättern,  ferner  die  BlattroUungs-  und  Blattfaltungsgallen  und 
die  Beutelgallen  an  Blättern,  welche  Abnormitäten  des  Flächen- 
wachstums darstellen.  Sie  entstehen  teils  durch  Pilzinfektion,  wie 
die  von  Taphrina  deformans  erzeugte  Kräuselkrankheit  des  Pfirsichs, 
meist  aber  durch  Milben  und  Insekten,  insbesondere  Blattläuse. 
Andere  Gallen  sind  Abnormitäten  des  Dickenwachstums,  welche 
sich  als  Krebsgallen,  Umwallungsgallen  und  Markgallen  unter- 
scheiden lassen.  Aus  der  großen  Menge  dieser  Gallen  seien  als 
Beispiele  erwähnt:  der  Blutlauskrebs  des  Apfelbaumes,  der  Kar- 
toffelkrebs, die  durch  Bakterien  hauptsächlich  an  Holzgewächsen 
erzeugten  krebs-  oder  kröpf  artigen  Wucherungen,  die  Knospengallen 
der  Eriophyesmilben,  die  Gallen  der  Gallenrüsselkäfer,  Gallmücken, 
Gallwespen  und  Älchen  an  den  verschiedensten  Organen,  ebenso 
wie  zahlreiche  Pilzgallen  der  Rost-  und  Brandpilze  und  vieler 
anderer  Pilze. 

In  ihrer  Gewebestruktur  bieten  die  histioiden  Gallen  dieselbe 
Mannigfaltigkeit  wie  in  der  äußeren  Form  Je  nach  ihrem  Ausgangs- 


Pathologische  Pflanzemauatomie  37 

punkt  von  Blatt-,  Stamm-  oder  Wurzelgeweben  und  ihrer  weiteren 
Entwicklung.  Auf  alle  diese  Einzelheiten  soll  hier  nicht  weiter  ein- 
gegangen werden. 

3.    Pathologische  Pflanzenphysiologie 

Behandelt  die  pathologische  Pflanzenanatomie  die  abnormen 
Strukturen,  so  befaßt  sich  die  pathologische  Pflanzenphysiologie  mit 
den  abnormen  Funktionsänderungen  der  Organe.  Da  die  Beschreibung 
von  Organ  und  Funktion  sich  niemals  befriedigend  trennen  läßt, 
woraus  die  immer  wiederholten  Versuche  in  der  Botanik  hervor- 
gehen, beide  in  einer  Organologie  oder  Organographie  zusammen- 
zufassen, so  läßt  sich  auch  bei  den  pathologischen  Veränderungen 
keine  scharfe  Trennung  von  anatomischer  und  physiologischer  Be- 
handlung durchführen.  Immerhin  können  aber  in  der  pathologischen 
Physiologie  diejenigen  Krankheitserscheinungen,  in  deren  Verlauf 
die  physiologische  Störung  im  Vordergrund  des  Krankheitsbildes 
steht,  zusammengefaßt  werden,  ebenso  wie  die  pathologische  Anatomie 
diejenigen  Fälle  behandelt,  welche  hauptsächlich  das  Bild  einer 
Formveränderung  aufweisen.  Eine  solche  Zusammenfassung  der 
physiologischen  Störungen  erweist  sich  schon  aus  dem  Grunde  als 
notwendig,  weil  die  Erforschung  vieler  wichtiger  Krankheiten  erst 
durch  die  vergleichende  Untersuchung  wirklich  vorwärtskommen  wird. 

Wir  sahen,  daß  die  Grundlagen  der  Krankheiten  in  den  Vor- 
gängen, die  sich  in  der  einzelnen  Zelle  abspielen,  gegeben  sein 
müssen.  So  ist  die  Krankheitslehre  wesentlich  pathologische  Phy- 
siologie der  Zelle,  welche  die  Störungen  im  Stoff-  und  Kraftwechsel 
des  Elementarorgans  klarlegt.  Wie  dabei  in  letzter  Linie  die  Kor- 
relation der  Vorgänge  das  Entscheidende  ist,  hat  Grape  in  der 
Einleitung  seiner  „Chemie  der  Pflanzenzelle"  (Berlin,  Borntraeger, 
1922,  S.  5)  treffend  geschildert:  „So  ist  Stoff  und  Kraft  in  der  Zelle 
unlösbar  verknüpft,  die  Konstellation  der  einzelnen  Zellstoffe  bedingt 
nicht  nur  das  Zustandekommen  bestimmter  Reaktionen ,  sondern 
auch  das  Zurwirkunggelangen  bestimmter  Kräfte,  welche  ihrerseits 
im  Zusammenhang  mit  den  eingetretenen  Reaktionen  wieder  das' 
Stoff-  und  Kräftegleichgewicht  nach  der  Richtung  anderer  Reaktionen 
verschieben.  Welche  Reaktionen  und  welche  Kräfte  ausgelöst  werden, 
darüber  wacht  in  der  normal  funktionierenden  Zelle  die  Lebenskraft 
und   wir   können   das  Moment   des  Pathologischen    geradezu  als  ein 


38  II-    Krankheitslehre 

Außerwirksamkeittreten  dieser  harmonisierenden  Kraft  im  Gebiete 
größerer  Zellpartien  definieren,  bis  endlich  im  extremen  Fall  das 
Aufhören  jeder  Zustands-  und  Vorgangskorrelation  den  Tod  zur 
Folge  hat." 

Augenscheinlich  ist  die  pathologische  Physiologie  gegenwärtig 
die  wichtigste  Forschungsrichtung  der  Pflanzenpathologie  und  wir 
sehen  bereits,  daß  man  sich  in  einigen  fremden  Ländern  eingehend 
mit  ihren  Fragen  beschäftigt.  Wir  besitzen  aber  bisher  keine  zu- 
sammenfassende Darstellung  des  Gebietes,  da  die  Pathologie  über- 
haupt, soweit  sie  nicht  experimentelle  Pathologie  ist,  zu  den  ver- 
nachlässigten Gebieten  der  Botanik  gehört  und  die  Pflanzenpathologen 
bisher  durch  die  Erforschung  der  Parasiten  abgelenkt  waren. 

Im  einzelnen  sind  Störungen  der  physiologischen  Funktionen 
wie  Reizbarkeit,  Stoffwechsel,  Wachstum  usw.,  die  dem  speziellen 
Teil  der  pathologischen  Anatomie  entsprechen  würden,  allerdings 
vielfach  bearbeitet  worden.  Ihre  Aufzählung  an  dieser  Stelle  würde 
nur  das  wiederholen,  was  in  anderem  Zusammenhange  erwähnt 
werden  muß,  ohne  die  Behandlung  der  einzelnen  Fragen  zu  vertiefen, 
wozu  vielfach  die  Grundlagen  noch  fehlen.  Auch  darf  nicht  ver- 
kannt werde»,  daß  die  geringe  Spezialisierung  und  Abgrenzung  der 
Organe  des  Pflanzenkörpers  eine  Trennung  der  Pathologie  einzelner 
physiologischer  Funktionen  erschwert.  Dagegen  sollen  im  nach- 
folgenden die  allgemeinen  Probleme  der  pathologischen  Physiologie, 
denen  eine  größere  theoretische  und  praktische  Bedeutung  zukommt, 
erörtert  werden.  Sie  betreffen  die  physiologischen  Beziehungen 
zwischen  der  Pflanze  und  dem  Auftreten  von  Krankheiten  bezw. 
dem  Befall  durch  Parasiten. 

Fassen  wir  das  Gebiet  aus  praktischen  Gründen  weiter,  wie 
es  etwa  dem  Begriff  einer  physiologischen  Pflanzenpathologie  ent- 
sprechen würde,  so  kommt  noch  eine  Anzahl  von  Gegenständen 
hinzu,  die  an  sich  zur  Physiologie  der  Parasiten  gehören  und  dort 
auch  bei  der  Biologie  der  Parasiten  noch  erwähnt  werden  sollen. 
Sie  stehen  aber  in  so  enger  Beziehung  zu  entsprechenden  Fragen 
der  Physiologie  der  Wirtspflanzen,  daß  sie  nicht  aus  deren  Be- 
sprechung ausgelassen  werden  können.  So  müssen  z.  B.  die  Probleme 
der  Wirtswahl  der  Parasiten,  ihrer  Spezialisierung  und  Virulenz  stets 
bei  der  Untersuchung  der  Disposition  und  Immunität  der  von  ihnen 
befallenen  Pflanzen  berücksichtigt  werden.     Auch  die  Einflüsse  der 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  39 

Umgebung,  von  denen  die  Anfälligkeit  und  Erkrankung  der  Pflanzen 
80  vielfach  abhängt,  wirken  zugleich  auf  die  Parasiten  fördernd  oder 
hemmend  ein  und  erst  von  der  Summe  dieser  die  Pflanze  und  die 
Parasiten  ganz  verschieden  treffenden  Einflüsse  hängt  die  Ausbreitung 
und  Stärke  des  Auftretens  von  Krankheiten  ab. 

Methodik   der  pathologischen   Pflanzenphysiologie 

Zur  Methodik  der  pathologischen  Physiologie  gehört  zunächst 
wie  bei  der  Untersuchung  der  Pflanzenkrankheiten  überhaupt  die 
Klarstellung  des  äußeren  Krankheitsbildes  und  -Verlaufes  durch 
Trennung  der  Haupt-  und  Nebenerscheinungen  bezw.  der  primären 
und  sekundären  Symptome  und  eine  scharfe  Unterscheidung  von 
ähnlichen  Krankheitsbildern,  die  oft,  z.  B.  bei  den  Mosaik-  und 
Blattrollkrankheiten,  recht  schwierig  ist.  Zugleich  ist  die  eigentliche 
histologische  Grundlage  der  Krankheit  durch  mikroskopische  Unter- 
suchung aller  in  Frage  kommenden  Gewebe  zu  ermitteln.  Eine 
sehr  wichtige  Rolle  innerhalb  der  pathologischen  Physiologie  spielt 
die  Biochemie.  Wie  sich  die  Biochemie  der  normalen  Pflanzen  mit 
den  Bestandteilen  der  lebenden  Gewebe  und  ihren  Inhaltsstoffen 
befaßt  und  die  chemischen  Veränderungen,  mit  denen  die  Lebens- 
prozesse verbunden  sind,  verfolgt,  so  muß  die  pathologische  Physio- 
logie durch  biochemische  Methoden  die  unter  der  Einwirkung  von 
Parasiten  und  anderen  Krankheitsursachen  abnorm  verlaufenden 
Lebensprozesse  und  veränderten  Inhaltsstoffe  erforschen.  Die  normale 
Physiologie  der  Pflanzen  berührt  sich  hier  sehr  nahe  mit  der  patho- 
logischen, wenn  es  sich  darum  handelt,  festzustellen,  an  welche 
Inhaltsstoffe  oder  Konzentrationsgrade  derselben  der  Eintritt  von 
Schädigungen  durch  äußere  Einflüsse,  wie  z.  B.  das  Erfrieren  der 
Pflanzen,  oder  die  Ernährung  von  Parasiten  und  ihr  Wachstum  in 
der  Wirtspflanze  gebunden  sind.  Ein  großer  Teil  dieser  Immunitäts- 
forschung bewegt  sich  auf  biochemischem  Gebiete,  dem  auch  die 
Untersuchung  der  Abwehrstoffe  der  Pflanzen  und  anderer  Reaktionen 
auf  schädliche  Einflüsse  (z.  B.  Wundhormone  ^))  angehört. 

Die  angeführten  Beispiele  zeigen  jedoch,  daß  alle  solche  Unter- 
suchungen der  Ergänzung  und  Bestätigung  ihrer  Ergebnisse  durch 
das  biologische  Experiment  bedürfen.     Vegetations-  und  Infektions- 


*)    HaBERL.\ndt   in  Beiträge   zur   allsrem.  Botanik,   Bd.  2,  1921,   Heft  1. 


40  II-    Krankheitslehre 

versuche  müssen  die  übrigen  Forschungsmethoden  ständig  begleiten 
und  kontrollieren  und  je  schwieriger  und  komplexer  geartet  die 
Aufgaben  sind,  um  so  zahlreichere  Versuche  sind  nötig,  um  zu 
beweisenden  Ergebnissen  zu  gelangen. 

Bedeutung   der   physiologischen   Erforschung   bei    den 
verschiedenen   Krankheiten 

Wie  schon  die  bisherigen  Abschnitte  dieses  Kapitels  und  die 
Unterscheidung  von  pathologischer  Anatomie  und  Physiologie  er- 
kennen lassen,  macht  sich  das  Bedürfnis  einer  speziell  physiologisch 
gerichteten  Erforschung  bei  den  verschiedenen  Krankheiten  ganz 
verschieden  geltend.  Es  steht  ganz  an  erster  Stelle  bei  den  so- 
genannten physiologischen  Krankheiten^).  Als  solche  be- 
zeichnet man  eine  Gruppe  von  wohlcharakterisierten  Krankheiten 
mit  vorwiegend  physiologischem  Charakter  der  Symptome,  besonders 
die  Blattroll-,  Kräusel-  und  Mosaikkrankheiten  und  die  Panaschierung, 
die  von  einer  inneren  Stoff  Wechselstörung  bedingt  zu  sein  scheinen 
und  keine  ursächliche  Beziehung  zu  äußeren  Einflüssen  oder  zu 
einem  pathogenen  Organismus  erkennen  lassen.  Der  Name  physio- 
logische Krankheiten  ist  ein  Verlegenheitsausdruck,  denn  die  physio- 
logische Abweichung  vom  normalen  Zustand  gehört  zum  Wesen  der 
Krankheit  überhaupt.  Da  aus  dem  an  und  für  sich  unklaren  Be- 
griff außer  den  parasitischen  Infektionskrankheiten  auch  diejenigen 
Stoff  Wechselstörungen ,  die  von  bekannten  äußeren  Ursachen,  wie 
Boden  und  Witterung  usw.  erzeugt  sind,  ausscheiden,  bleibt  eigentlich 
nur  das  negative  Merkmal  der  unbekannten  Ursache  übrig.  So  sind 
denn  auch  einige  früher  hierzu  gerechneten  Erscheinungen  aus- 
geschieden, nachdem  sie  als  parasitisch  verursacht  bekannt  waren, 
wie  z.  B.  der  Milchglanz  der  Obstbäume,  der  eine  Folge  des  Befalls 
durch  den  Pilz  Stereum  yurpureum  ist. 

In  manchen  Fällen  sind  die  chemischen  Vorgänge  der  Stoff- 
wechselstörung näher  bekannt  und  auch  die  Übertragbarkeit  durch 
den  Saft  kranker  Pflanzen  und  im  Freien  durch  saugende  Insekten 
ist  beobachtet  worden.  Da  ihnen  hauptsächlich  Enzyme  (Oxydasen) 
zugrunde  zu  liegen  scheinen,  hat  man  diese  Krankheiten  auch  als 
Störungen   der   enzymatischen   Funktionen   oder   kurzweg   als   enzy- 


Vergl.  Ralph  E.  Smith,  Phytopathology  5.     1915,  S.  8;-i. 


Patholüfi^iscbe  Pflanzenphysiologie  41 

matische  Krankheiten  bezeichnet.  Neuerdings  ist  mehrfach  die 
Übertragbarkeit  durch  ein  filtrierbaree  Virus,  anscheinend  auch 
sogar  durch  aus  erkrankten  Pflanzen  isolierte  Zymasen,  nachgewiesen, 
während  man  andererseits  Protozoen  (Chlamydozoen,  Trypanosomen) 
als  Erreger  gefunden  zu  haben  glaubt.  Es  handelt  sich  also  um 
Stoffwechselkrankheiten  aus  unbekannten  Ursachen,  die  teils  nicht 
infektiös  und  mehr  oder  weniger  erblich  sind,  teils  wie  Infektions- 
krankheiten sich  verhalten.  Letztere  können  aber  nicht  zu  den 
parasitären  gerechnet  werden,  solange  ein  Parasit  nicht  nachgewiesen 
ist.  Die  Möglichkeit  des  Vorkommens  „enzymatischer"  Infektions- 
krankheiten, d.  h.  von  Krankheiten,  die  verursacht  sind  durch  be- 
sondere Enzyme,  welche  ihrerseits  „autokatalytisch"  die  weitere 
Bildung  gleicher  Stoffe  in  der  Pflanze  auslösen,  sich  also  „vermehren", 
bleibt  offen.  Bei  der  Untersuchung  solcher  ungeklärter  Krankheiten 
wäre  zu  beachten,  daß  ein  eventueller  Parasit  wie  beim  Milchglanz 
oder  den  Gefäßkrankheiten  in  anderen  Teilen  der  Pflanze  seinen 
Sitz  haben  oder  auch  zur  Zeit  des  Auftretens  der  äußeren  Er- 
scheinungen wieder  verschwunden  sein  kann.  Jedenfalls  spielt  aber 
bei  der  Untersuchung  dieser  Krankheiten  die  Physiologie  gegenwärtig 
neben  cytologischer  Technik  die  Hauptrolle  und  sie  haben  denn 
auch  neben  der  Immunitätsforschung  am  meisten  den  Anstoß  zur 
Erforschung  der  Physiologie  der  Krankheitsvorgänge  gegeben. 

Bei  den  nichtparasitären  Krankheiten  steht  naturgemäß 
die  physiologische  Seite  des  Krankheitsbildes  ebenfalls  in  den 
meisten  Fällen  im  Vordergrund.  Es  besteht  hier  einerseits  im 
unzeitigen  Eintritt  normaler  Erscheinungen,  teils  in  deren 
Beschleunigung,  wie  zu  frühem  Laubfall,  Notreife  der  Früchte  und 
Abwerfen  unreifer  Früchte,  teils  in  deren  Verzögerung,  wie  verzögerte 
Keimung  von  Samen,  Verzögerung  des  Gesamtwachstums  oder  der 
Fruchtreife,  andererseits  in  direkten  Schädigungen  der  physio- 
logischen Tätigkeit  des  Organismus,  besonders  des  Stoffwechsels. 
Solche  liegen  vor,  um  nur  einige  zu  erwähnen,  z.  B.  bei  Witterungs- 
einflüssen in  Welkeerscheinungen  oder  Dürre,  bei  Bodeneinflüssen 
in  Schädigungen  durch  Mangel  oder  Überschuß  an  wichtigen  Nähr- 
stoffen, wie  den  Erscheinungen  des  Kali-  oder  Kalk-  oder  Eisen- 
mangels usw.  Aber  auch  hier  schon  ist  mit  dem  Zusammen- 
wirken verschiedener  Einflüsse  zu  rechnen,  das  eine  Prä- 
disposition für  nichtparasitäre  Krankheiten  schaffen  kann.     Sie  liegt 


42  II-    Krankheitslehre 

beispielsweise  vor  bei  ungenügend  ausgereiften  Holzgewächsen,  die 
im  Winter  durch  Frost  mehr  als  die  normal  ausgereiften  geschädigt 
werden,  oder  wenn  der  Transpirationsapparat  von  Laubblättern  durch 
längere  Zeit  andauernde  feuchtwarme  Witterung  in  seiner  Anpassungs- 
fähigkeit an  Trockenheit  und  Hitze  gelitten  hat. 

Bei  den  parasitären  Krankheiten  ist  die  Bedeutung  physio- 
logischer Probleme  nur  scheinbar  geringer,  weil  sie  bei  der  alles 
beherrschenden  Parasitenforschung  erst  spät  bearbeitet  worden  sind. 
Wenn  die  Parasiten  auch  die  Ursache  dieser  Krankheiten  sind,  so 
ist  doch  das  Zustandekommen  der  Infektion  und  der  Erkrankung 
an  Vorbedingungen  gebunden,  die  zu  beseitigen  oft  wichtiger  sein 
kann  als  die  Bekämpfung  der  Parasiten.  Die  Erforschung  dieser 
Vorbedingungen  ist  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  der  Physiologie. 
Daneben  hat  sie  den  direkt  mit  dem  Parasitismus  zusammen- 
hängenden Fragen  nachzugehen  und  hier  hängen,  wie  schon  erwähnt, 
die  pathologische  Physiologie  der  Pflanzen  und  die  Physiologie  der 
Parasiten  aufs  engste  zusammen.  Doch  ist  davon  die  erstere  noch 
am  wenigsten  erforscht  und  gerade  die  Art  der  Einwirkung  para- 
sitischer Reize  auf  die  Wirtspflanze  ist  noch  vielfach  ganz  unbekannt 
geblieben. 

Allgemeine  Probleme  der  pathologischen   Physiologie 
Konstitution 

Unter  Konstitution  der  Pflanze  versteht  man  die  Summe  aller 
Einzelheiten  des  physiologischen  Verhaltens  oder  den  physiologischen 
Habitus,  der  sich  in  der  Wüchsigkeit  und  Gesundheit  äußert.  Sie 
ist  sowohl  von  den  inneren,  erblichen  Eigenschaften  der  Pflanze  wie 
von  den  äußeren  Einflüssen,  denen  sie  während  ihres  Wachstums 
unterworfen  ist,  bedingt. 

Zu  der  Konstitution  gehört  auch  das  Verhalten  der  Pflanze 
gegen  die  krankmachenden  Einflüsse.  Die  Pflanzen  sind  bestimmten 
Krankheiten,  seien  es  nun  solche  aus  anorganischen  Ursachen  oder 
parasitische  Krankheiten,  in  ganz  verschiedenem  Grade  unterworfen. 
Gewisse  Krankheiten  kommen  nur  bei  einzelnen,  andere  bei  sehr 
vielen  Arten  vor;  d.  h.  die  Pflanzen  sind  in  verschiedenem  Grade 
anfällig  oder  widerstandsfähig  (resistent)  gegen  die  einzelnen  Krank- 
heiten. Hierin  zeigt  sich  in  erster  Linie  die  Konstitution  den 
Krankheiten  gegenüber. 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  43 

Zugleich  sehen  wir  aber,  daß  diese  Konstitution  unter  dem 
Wechsel  äußerer  Einflüsse  auch  in  bestimmten  Grenzen  veränderlich 
ist.  Am  deutlichsten  zeigt  sich  das  gerade  in  dem  Verhalten  gegen 
infektiöse  Parasiten.  Es  ist  allgemein  bekannt,  daß  der  Befall  durch 
diese  und  der  Grad  der  Erkrankung  nach  dem  Alter  der  Pflanzen, 
ihrem  Standort,  den  herrschenden  Witterungsverhältnissen  usw.  in 
den  weitesten  Extremen  vom  Ausbleiben  der  Infektion  bis  zu 
schwerer  Schädigung  und  Abtötung  der  ganzen  Pflanzen  schwanken 
können.  Wenn  nun  auch  die  ebenso  wechselnde  Vermehrung  der 
Parasiten  hierbei  mitwirkt,  so  geht  doch  schon  aus  dem  fluktuierenden 
Auftreten  der  Krankheiten,  aus  der  Tatsache,  daß  es  z.  B.  besondere 
Rost-  oder  Brandjahre  gibt,  die  wechselnde  Widerstandsfähigkeit  der 
Pflanzen  gegen  die  Krankheit  hervor. 

Wir  sehen  also  zwei  verschiedene  Arten  des  Verhaltens  der 
Pflanze  gegenüber  den  Krankheiten.  Die  erstere  ist  der  normale 
Zustand  einer  Pflanze,  demzufolge  sie  von  den  einzelnen  Krankheiten 
im  Durchschnitt  in  einem  bestimmten  Grade  befallen  wird.  Diese 
natürliche  Empfänglichkeit  der  Pflanzen  für  Krankheiten  nennt  man 
ihre  Disposition  oder,  negativ  ausgedrückt,  ihre  Immunität. 
Die  zweite  Art  des  Verhaltens  zeigt  sich  in  der  wechselnden  Stärke 
des  individuellen  Befalles  durch  die  einzelnen  Krankheiten  infolge 
des  Einflusses  äußerer  Umstände.  Es  liegt  also  hier  eine  ver- 
schiedene indinduelle  Empfänglichkeit  der  Pflanze  gegenüber  den 
Krankheiten  vor,  die  man  als  Prädisposition  bezeichnet. 


Prädisposition 

Die  augenfälligere  Wirkung  hat  die  veränderliche  Prädisposition 
im  Gefolge.  Sie  bedingt  die  jährlichen  Schwankungen,  die  sich 
nicht  voraus  berechnen  lassen,  im  Auftreten  der  Krankheiten  und 
damit  im  Ertrage  der  Kulturen.  SORAüER,  der  den  Begriff  der 
Prädisposition  einführte,  bezeichnete  damit  diejenigen  Zustände  der 
Pflanze,  „welche  gewisse  Individuen  leichter  und  schneller  einer 
Krankheitsursache  zugänglich  machen  als  andere  Individuen  der- 
selben Art".  Er  ging  dabei  von  der  Erkenntnis  aus,  daß  auch  bei 
den  parasitären  Krankheiten  der  Parasit  nicht  die  alleinige  Ursache 
der  Erkrankung  ist.  „Zum  Zustandekommen  einer  parasitären 
Krankheit  und  ihrem  Auswachsen    zu  einer  Epidemie   gehört  nicht 


44  II-    Krankheitslehre 

nur  die  Gegenwart  des  Parasiten,  sondern  stets  auch  eine  bestimmte 
ihn  begünstigende  Beschaffenheit  seines  Nährbodens,  d.  h.  seiner 
Nährpflanze."  Dabei  unterschied  SORAUER  noch  eine  normale  Prä- 
disposition, die  an  bestimmte  regelmäßige  Entwicklungsphasen  ge- 
knüpft ist  und  die  eigentlich  eine  temporäre  Disposition  bezw. 
Immunität  bedeutet,  von  einer  abnormen  Prädisposition,  der  irgend 
eine  vorhergehende  Schädigung  oder  Schwächung  der  Pflanze  zu- 
grunde liegt. 

Wir  verstehen  hier  unter  Prädisposition  nur  den  letzteren  Fall. 
Sie  ist  den  verschiedensten  Einflüssen  unterworfen,  da  alle  äußeren 
Bedingungen  die  Konstitution  der  Pflanze  und  damit  auch  ihre 
Disposition  gegen  Krankheiten  modifizieren. 

Die  größte  Bedeutung  hat  dabei  wohl  die  Zusammensetzung 
des  Zellsaftes  für  das  Eindringen  und  Wachstum  von  Parasiten.  In 
lebhaft  wachsenden  Organen  ist  der  Säuregrad  im  allgemeinen  am 
höchsten;  anderseits  zeigen  reifende  Organe  ein  Minimum  von 
Oxydation  und  Säuregrad.  Je  nach  den  Nahrungsansprüchen  der 
Parasiten  entspricht  dann  die  Anfälligkeit  der  Pflanzen  der  jeweiligen 
Reaktion  des  Zellsaftes. 

Wohl  am  meisten  berühren  sich  hier  bei  den  Fragen  der 
Prädisposition  die  Physiologie  der  Wirtspflanzen  und  die  Physiologie 
der  Parasiten,  wie  das  folgende  Beispiel  erläutern  mag.  Durch 
zahlreiche  neuere  Arbeiten  ist  es  festgestellt,  daß  der  Säuregrad  des 
Bodens  die  Entwicklung  und  Vermehrung  der  im  Boden  lebenden 
Parasiten  beeinflußt.  Es  handelt  sich  also  hierbei  um  die  Physiologie 
der  Parasiten.  Verändert  sich  nun  dadurch  auch  die  Reaktion  in 
der  Pflanze,  so  ist  damit  ebenfalls  nur  der  „Nährboden"  der  Para- 
siten geändert,  die  Wirkung  erscheint  aber  als  Beeinflussung  der 
Prädisposition  und  gehört  in  diesem  Falle  zur  Physiologie  der 
Pflanze.  Im  ersteren  Fall  ist  die  Pflanze  mehr  oder  weniger  der 
Infektion  ausgesetzt,  im  letzteren  wird  sie  mehr  oder  weniger  leicht 
infiziert,  was  zu  demselben  Ergebnis  führt. 

Die  wichtigste  Rolle  bei  der  Prädisposition  spielt  die  Witterung 
mit  den  Hauptfaktoren  der  Temperatur  und  Feuchtigkeit.  Ganz 
allgemein  kann  man  beobachten,  daß  die  Ausbreitung  der  Pilz- 
krankheiten durch  Nässe  begünstigt  und  durch  Trockenheit  gehemmt 
wird,  wobei  dann  noch  die  Temperatur  in  den  einzelnen  Fällen 
ausschlaggebend  ist,   wie  z.  B.  beim  Weinstock    der  echte  Mehltau 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  45 

eine  höhere  Wärme  zu  seiner  Entwicklung  beansprucht  als  die 
Peronospora  (Plasmopara).  Denagegenüber  begünstigt  Trockenheit 
die  Vermehrung  der  Insekten,  z.  B.  der  Blattläuse,  und  bei  höherer 
Temperatur  ganz  besonders  der  Milben  (rote  Spinne  usw.).  Die 
bakteriellen  Krankheiten  scheinen  durch  Extreme  der  Temperatur 
und  Feuchtigkeit  und  insbesondere  durch  extreme  Wechsel  dieser 
Faktoren  begünstigt  zu  werden.  In  der  Witterung  sind  die  Ein- 
wirkungen von  Temperatur  und  Feuchtigkeit  noch  mit  solchen  der 
Belichtung  kombiniert.  Weiteren  Schwankungen  ist  der  Lichtgenuß 
bezw.  die  Beschattung  der  Pflanzen  unter  den  verschiedenen  Ver- 
hältnissen des  Anbaues  unterworfen.  Auch  diese  Einflüsse  äußern 
sich  in  der  Prädisposition  gegen  Krankheiten,  insbesondere  scheint 
die  Beschattung  die  Anhäufung  von  ätherischen  Ölen,  Zucker  und 
Eiweißstoffen  in  den  Pflanzengeweben  gegenüber  dem  vollen  Licht 
zu  hemmen,  während  sie  den  Stärkegehalt  vermehrt.  Doch  ist  es 
oft,  wenn  so  komplexe  Ursachen  zusammenwirken,  sehr  schwierig, 
die  Bedeutung  eines  einzelnen  Faktors  dabei  genau  zu  ermitteln. 
Am  meisten  trifft  dies  bei  parasitären  Krankheiten  zu,  wo  auch, 
wie  gesagt,  die  Prädisposition  der  Wirtspflanze  und  die  Begünstigung 
der  Parasiten  noch  auseinanderzuhalten  sind. 

Von  wesentlichem  Einfluß  auf  die  Prädisposition  ist  auch  die 
Ernährung  der  Pflanzen  aus  dem  Boden  oder  durch  Düngung. 
Hierüber  liegen  zahlreiche  Einzelbeobachtungen  vor,  aus  denen 
sich  ergibt,  daß  ein  Mangel  an  mineralischen  Nährstoffen  die  Wider- 
standsfähigkeit gegen  äußere  Einflüsse,  wie  z.  B.  Frost,  und  gegen 
Parasiten  herabsetzt.  Zum  Teil  spielt  dabei  die  Schwächung  der 
ganzen  Pflanze  bezw.  ihrer  Gewebe  eine  Rolle,  zum  Teil  liegen  auch 
chemische  Veränderungen  des  Zellinhaltes  und  insbesondere  des 
Säuregrades  vor,  die  bei  der  Besprechung  der  Immunität  noch  zu 
erwähnen  sind.  Mit  den  letzteren  hängt  es  zusammen,  daß  nicht 
immer  ein  kräftiges  Wachstum  zugleich  auch  Widerstandsfähigkeit 
gegen  eine  bestimmte  Krankheit  bedeutet.  So  weiß  man  von  den 
Rostpilzen,  daß  eine  verringerte  Wuchskräftigkeit  die  Infektion  durch 
sie  nicht  begünstigt,  sondern  daß  hier  kräftiges  Wachstum  des 
Wirtes  und  des  Parasiten  eng  zusammenhängen. 

Die  wichtigsten  Mineralbestandteile  des  Bodens  sind  Kalk, 
Kali,  Phosphor  und  Stickstoff.  Daß  ein  Mangel  an  Kalk  nicht  nur 
die  Vermehrung  mancher  Bodenparasiten,  wie  des  Kohlherniepilzes 


46  II-    Krankheitslehre 

(Plasmodiophora  hrassicae)  begünstigt,  sondern  auch  die  Pflanzen 
für  viele  andere  Pilze  anfälliger  macht,  ist  bekannt.  Ähnlich  verhält 
es  sich  mit  den  anderen  Nährstoffen.  So  leiden  z.  B.  kaliarme 
Pflanzen  mehr  unter  Frost;  aber  auch  hier  ist  zu  beachten,  daß 
Schwächung  der  Pflanze  und  Prädisposition  nicht  immer  zusammen- 
fallen. Es  kommt  auf  die  Ernährungsansprüche  des  einzelnen  Para- 
siten bezw.  das  nach  seiner  Zusammensetzung  verschiedene  Verhalten 
des  Plasmas  gegenüber  schädigenden  Einflüssen  an  und  daher  kann 
auch  ein  Überschuß  an  einzelnen  Nährstoffen  die  Anfälligkeit 
steigern.  Ein  Mangel  an  löslichem  Stickstoff  im  Boden  soll  u.  a. 
auch  gewisse  „physiologische"  Krankheiten,  wie  Blattverzwergung 
uftd  Zweigspitzensterben  begünstigen,  während  der  Stickstoffüber- 
schuß den  Befall  durch  Pilze  fördert,  wie  in  bezug  auf  Rostpilze 
und  Phytophthora  schon  lange  bekannt  ist. 

Eine  Rolle  als  prädisponierendes  Moment  spielen  auch  Ver- 
letzungen der  Pflanze.  Zahlreiche  pathogene  Pilze  und  Bakterien 
vermögen  durch  die  gesunden  Haut-  und  Rindengewebe  der  Pflanze 
nicht  durchzudringen,  sondern  können  sie  nur  an  Wundstellen  be- 
fallen. Man  nennt  solche  Krankheitserreger  Wundparasiten;  zu 
ihnen  gehört  z.  B.  der  Erreger  des  Obstbaumkrebses,  Nectria  galli- 
gena. Vielfach  spielen  dabei  saugende  Insekten  die  Rolle  von 
Krankheitsüberträgern.  Aber  auch  die  Schwächung  benachbarter 
Gewebe  durch  Wunden,  die  solche  Gewebe  für  Pilze  anfällig  macht, 
ist  beobachtet  worden.  So  werden  gewisse  natürlich  resistente 
Varietäten  von  Gräsern  mehltauanfällig  durch  Verletzung  des  Blattes 
in  einiger  Entfernung  von  der  Angriffsstelle. 

Eine  andere  Gruppe  von  Parasiten  wird  als  Schwächeparasiten 
bezeichnet.  Auch  sie  setzen  eine  besondere  Prädisposition  voraus. 
Zu  ihnen  gehören  die  Pilze,  welche  die  Wurzelfäule  erregen;  von 
Insekten  ist  hier  ein  Teil  der  Borkenkäfer,  z.  B.  der  ungleiche 
Borkenkäfer,  Anisandrus  (Xylehorus)  dispar,  zu  nennen. 

Alle  diese  prädisponierenden  Einflüsse  sind  für  das  Zustande- 
kommen der  Pflanzenkrankheiten  von  fast  derselben  Bedeutung,  wie 
die  Ursachen  und  Erreger  selbst.  Daher  sind  denn  die  Bestrebungen 
der  Pflanzenhygiene,  welche  die  direkte  Abwehr  der  Ursachen  und 
Bekämpfung  des  Parasiten  durch  Kulturmaßnahmen  ergänzen  will, 
gerade  von  der  Erkenntnis  der  Prädisposition  ausgegangen. 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  47 

Disposition   und    Immunität 

Die  genauere  Beobachtung  läßt  neben  der  individuellen  und 
veränderlichen  Prädisposition  der  Pflanzen  noch  ein  natürliches  und 
erbliches  Verhalten  den  Krankheiten  gegenüber,  die  Disposition  oder 
Immunität,  erkennen.  Die  Disposition  bezeichnet  den  normalen 
Zustand  einer  Pflanze,  der  sie  geeignet  macht,  von  einer  parasitären 
oder  sonstigen  Krankheit  befallen  zu  werden;  umgekehrt  bezeichnet 
der  häutiger  gebrauchte  Ausdruck  Immunität  ihre  normale  Wider- 
standsfähigkeit. 

Die  Immunität  ist  neuerdings  im  Zusammenhang  mit  ihrer 
Ausnutzung  durch  die  Pflanzenzüchtung  viel  mehr  bearbeitet 
worden^)  als  die  Prädisposition  und  zwar  am  ausführlichsten  in 
Beziehung  auf  parasitische  Pilze,  insbesondere  die  Rostpilze.  Über 
die  Immunität  gegen  Insektenbefall  ist  im  ganzen  noch  wenig 
bekannt,  doch  gehört  eines  der  wichtigsten  Probleme,  die  Resistenz 
von  Reben  gegen  Reblaus,  hierher.  Die  Immunität  verhält  sich 
jedoch  in  gleicher  Weise  auch  gegenüber  den  nichtparasitären  Krank- 
heiten, wie  z.  B.  den  Frostschäden.  Nach  ERIKSSON  unterscheidet 
man  fünf  Grade  der  Anfälligkeit,  die  sich  bei  dem  Beispiel  der 
Rostpilze  folgendermaßen  abstufen:  0.  absolute  Immunität  (gar  keine 
Pilzpusteln),  1.  sehr  widerstandsfähig  (sehr  vereinzelte  kleine  Pusteln), 
2.  widerstandsfähig  (zerstreute  kleine  Pusteln),  3.  schwach  wider- 
standsfähig (zahlreiche  Pusteln  nur  an  den  mittleren  Blättern),  4.  sehr 
anfällig  (dicht  gedrängte  große  Pusteln).  Ihrem  Wesen  nach  kann 
man  eine  mechanische  und  eine  physiologische  Immunität  unter- 
scheiden. Die  erstere  oder  passive  Immunität  ist  keine  eigentliche 
Immunität,  sondern  sie  beruht  auf  Infektionshindernissen  wie  z.  B. 
die  Brandimmunität  kleistogam  bestäubender  Gerstensorten,  bei  denen 
die  weiblichen  Blütenorgane  dem  Brandstaub  nicht  zugänglich  sind. 
Die  physiologische  oder  aktive  Immunität  beruht  dagegen  auf  dem 
chemischen  Verhalten  der  Pflanzenzelle  gegenüber  den  Parasiten  und 
anderen  Schädigungsursachen.  Sie  zeigt  sich  am  deutlichsten  in  den 
Fällen,  wo  parasitische  Pilze  in  immune  Pflanzen  eindringen,  aber 
dann  abgetötet  werden.  In  anderen  Fällen  bildet  die  Pflanze  unter 
dem  Einfluß  der  Parasiten  neue  Gewebe,  welche  sein  w^eiteres  Ein- 
dringen abschließen.    Das  Wesen  dieser  Immunität  wird  am  besten 


*)   N.  Vavilov,  Immunity  of  plants  to  infectious  diseases.    Moskau  1919. 


48  II-    Krankheitslehre 

verständlich,  wenn  man  die  Pflanzen  wie  bei  der  künstlichen  Kultur 
der  Mikroorganismen  als  deren  Nährboden  betrachtet,  an  den  sie 
ganz  bestimmte  Ansprüche  stellen.  Dabei  kommt  es  nicht  nur  auf 
das  Vorhandensein  einzelner  Nährstoffe  an,  sondern  auch  auf  deren 
Konzentration.  So  ist  besonders  der  Säuregrad  des  Zellsaftes  für 
das  Wachstum  der  Pilze  und  Bakterien  von  Bedeutung.  Ver- 
änderungen in  der  Zusammensetzung  des  Zellinhaltes  erklären  auch 
die  zeitweilige  (temporäre)  Immunität,  die  Tatsache,  daß  die  Pflanze 
und  ihre  Organe  vielfach  nur  in  gewissen  Entwicklungsstadien  für 
Krankheiten  anfällig  sind.  Hierher  gehören  die  Keimlingskrank- 
heiten; ferner  befallen  tnanche  Parasiten  nur  junge  oder  nur  alte, 
absterbende  Blätter  und  ebenso  werden  Früchte  oft  nur  in  be- 
stimmten Reifegraden  von  einzelnen  Parasiten  befallen.  Doch 
können  hierbei  auch  mechanische  Verhältnisse,  wie  die  Ausbildung 
der  Epidermis,  in  Frage  kommen. 

Wo  die  Disposition  einer  Pflanze  nur  zeitweilig  eintritt  und 
auf  ein  bestimmtes  Entwicklungsstadium  beschränkt  ist,  ist  die 
Dauer  der  Anfälligkeit  und  "damit  auch  die  Stärke  des  Befalles  wie 
bei  der  Prädisposition  von  Witterungseinflüssen  abhängig  und  sie 
kann  ebenso  auch  durch  Düngung  und  andere  Kulturmaßnahmen 
beeinflußt  werden. 

Die  Immunität  der  Arten  und  Varietäten  hängt  naturgemäß 
von  denselben  Faktoren  ab,  deren  Veränderungen  sich  bei  der 
Einzelpflanze  in  Unterschieden  ihrer  Prädisposition  ausdrücken. 
Diese  Faktoren  sind  der  in  der  Pflanze  gelegene  Teil  aller  der 
Bedingungen,  aus  denen  eine  Krankheit  zustandekommt.  Außerdem 
gehört  zu  diesen  Bedingungen  bei  den  nichtparasitären  Krankheiten 
noch  die  Intensität  der  äußeren  Ursache,  bei  den  parasitären  die 
mit  dem  Parasiten  zusammenhängenden  Infektionsbedingungen,  seine 
Übertragung,  Wirkungsweise,  Virulenz  usw.,  welche  noch  in  einem 
besonderen  Abschnitt  (s.  Infektion)  erörtert  werden. 

Die  praktische  Bedeutung  der  Immunität  liegt  nun  darin,  daß 
sie  sich  bei  den  Arten  und  besonders  den  Varietäten  und  selbst 
den  Sorten  oder  Rassen  der  Kulturpflanzen  verschieden  verhalten 
kann.  Daher  besteht  die  Möglichkeit,  eine  anfällige  Varietät  durch 
eine  gleichwertige  immune  zu  ersetzen.  Das  typische  Beispiel  dafür 
ist  der  Kartoffelkrebs,  gegen  dessen  Erreger  (Synchytriurn  endo- 
bioticum),  einen  im  Boden  lebenden  Schleimpilz,  es  noch  gar  keine 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  49 

andere  Bekämpfungsmöglichkeit  gibt  als  den  Anbau  krebsfester 
Kartoffelsorten.  Über  das  Vorkommen  gegen  parasitische  Pilze 
immuner  Varietäten  hat  man  einige  Erfahrungssätze  ermittelt,  die 
sich  in  den  gegebenen  Grenzen  auch  auf  nichtparasitäre  Krankheiten 
anwenden  lassen  und  aus  denen  sich  im  einzelnen  Falle  die  Wahr- 
scheinlichkeit, solche  zu  finden,  erschließen  läßt.  Sie  ist  abhängig 
von  dem  Grade  der  Spezialisierung  des  Parasiten,  d.  h.  bei  eng 
spezialisierten  Parasiten  besteht  viel  mehr  Aussicht,  immune  Va- 
rietäten zu  finden,  als  bei  solchen,  die  gleichzeitig  verschiedene  Arten 
oder  Gattungen  befallen.  Außerdem  spielt  der  Verwandtschaftsgrad 
der  Varietäten  eine  Rolle;  entfernter  verwandte  unterscheiden  sich 
eher  in  ihrer  Immunität  als  engverwandte.  Je  enger  also  der 
Parasit  spezialisiert  ist  und  je  größer  die  Verschiedenheit  unter  den 
gegebenen  Pflanzen  Varietäten  ist,  um  so  wahrscheinlicher  ist  das 
Vorkommen  immuner  Varietäten  unter  ihnen.  Außerdem  verhalten 
sich  gleiche  Varietäten  gegenüber  gleich  spezialisierten  Parasiten 
sehr  oft  ähnlich,  nicht  aber  gegen  verschieden  eng  spezialisierte 
Pilze.  In  diesem  Teile  muß  das  Ziel  der  Immunitätsforschung  sein, 
die  entscheidenden  Eigenschaften  der  Pflanze,  wie  z.  B.  Säuregrad 
oder  andere  Inhaltsstoffe,  und  anderseits  die  Ansprüche  des  Parasiten 
genau  zu  ermitteln,  so  daß  der  Immunitätsgrad  durch  eine  Unter- 
suchung beider  auch  ohne  den  Infektionsversuch  exakt  festgestellt 
werden  kann.  Die  Immunität  würde  sich  dann  ebenso  wie  Ertrags- 
eigenschaften, z.  B.  der  Zuckergehalt  der  Rüben,  jederzeit  nach- 
weisen lassen. 

Ermöglicht  wird  die  praktische  Ausnutzung  der  Immunität 
durch  die  Tatsache  ihrer  Vererbbarkeit  und  in  dieser  liegt  auch 
der  wesentliche  Unterschied  von  der  Prädisposition.  Während  wir 
es  bei  dieser  mit  nicht  erblichen  Modifikationen  des  Phänotypus) 
zu  tun  haben,  liegt  bei  der  Immunität  erbliche  Variation  vor.  Es 
hat  sich  gezeigt,  daß  es  besondere  Erbfaktoren  auch  für  die  einzelnen 
Immunitätsfälle  gibt  —  wenn  auch  eine  bestimmte  Eigenschaft  oft 
von  verschiedenen  Erbfaktoren  beeinflußt  wird  —  und  daß  es  <iaher 
möglich  ist,  nicht  nur  durch  Auslese,  sondern  auch  durch  Kom- 
binationszüchtung die  Immunität  gegen  bestimmte  Krankheiten  mit 
anderen  erwünschten  Sorteneigenschaften  zu  vereinigen.  Hierauf 
beruhen  die  berühmten  Svalöfer  Weizenzüchtungen  von  NlLSSON- 
Ehle,   der  besonders   auch   die  Resistenz   gegen  Krankheiten  (Rost, 

Sammlung  Bonitraeg«!  I:  Motstatt  4 


50  II.    Krankheitslehre 

Lagerung,  Frostschäden,  Nenaatoden)  in  seine  Zuchtrichtung  auf- 
nahm. Natürlich  muß  die  Vererbbarkeit  der  Immunität  im  Einzel- 
falle erst  festgestellt  werden.  Sie  ist  bei  der  Aufspaltung  sehr 
häufig  von  anderen  morphologischen  und  physiologischen  Eigen- 
schaften unabhängig,  kann  aber  auch  mit  solchen  zusammenhängen. 


Degeneration 

Als  eine  abnorme  Konstitution  im  Sinne  der  Schwächung  des 
Gesamtzustandes  der  Pflanze  ist  die  Degeneration  („Abbau")  an- 
zusehen. Der  Begriff  bedeutet  auf  die  Kultursorten  angewandt  zum 
Unterschied  von  der  klar  umschriebenen  physiologischen  und  histo- 
logischen Degeneration  der  Zelle  einen  zunehmenden  Rückgang  in 
der  Wüchsigkeit  und  damit  in  Quantität  und  Qualität  des  Ertrages 
und  zunehmende  Anfälligkeit  gegen  Krankheiten.  Er  gehört  zu  den 
viel  gebrauchten,  aber  wenig  geklärten  Ausdrücken,  wie  früher  der 
Begriff  der  Bodenmüdigkeit  u.  a.,  Begriffe,  unter  denen  sehr  ver- 
schiedenartige Erscheinungen  zusammengefaßt  werden.  So  haben 
sich  z.  B.  im  Laufe  der  pflanzenpathologischen  Forschung  die  Fälle 
von  Degeneration  häufig  als  bestimmte  Krankheiten  herausgestellt; 
auch  eine  negative  Auslese,  z.  B.  die  Benutzung  minderwertiger 
Kartoffelknollen  zur  Saat,  kann  Degeneration  vortäuschen.  Der 
Begriff  wird  sowohl  bei  mehrjährigen  Gewächsen,  wie  Obstsorten, 
als  auch  bei  einjährigen,  z.  B.  bei  gewissen  Erscheinungen  der  Kar- 
toffelsorten, die  man  dort  insbesondere  als  Abbau  bezeichnet,  noch 
vielfach  angewendet.  Meist  fehlt  es  aber  an  einer  Definition  des 
Begriffes,  die,  wie  erwähnt,  nicht  nur  die  Abnahme  der  Ertrags- 
fähigkeit, sondern  auch  äußere  Erscheinungen,  also  im  wesentlichen 
verringerten  Wuchs  und  Krankheitszeichen  umfassen  muß.  Es  wird 
auch  behauptet,  daß  die  Degeneration  schließlich  zum  Absterben 
der  Sorten  führt.  Dies  trifft  keineswegs  immer  zu  und  man  kann 
bei  näherer  Betrachtung  der  Einzelfälle  eine  vorübergehende  von 
einer  dauernden  oder  endgültigen  Degeneration  unterscheiden. 

Eine  verbreitete  Annahme  sieht  nun  die  Ursache  der  Degene- 
ration in  einer  Senilität  oder  Altersschwäche  der  nur  vegetativ, 
durch  Ableger,  Knollen  oder  Pfropfung  vermehrten  Kultursorten. 
Man  vergleicht  diese  angeblich  ein  Individuum  bildenden  Kultur- 
sorten   den   Individuen   der   höheren  Tiere   und   schreibt   ihnen   nur 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  51 

eine   begrenzte   Lebensdauer   zu,    da   die    „Verjüngung"    durch    ge- 
schlechtliche Fortpflanzung  ausgeschaltet  ist. 

Abgesehen  davon,  daß  Degeneration  auch  bei  Sorten  vorkommt, 
die  nur  geschlechtlich  durch  Samen  vermehrt  werden  (Getreidearten), 
ist  es  unzulässig,  alle  Einzelwesen  einer  Sorte  zusammen  als  Indi- 
viduum zu  bezeichnen.  Es  liegt  gar  kein  Grund  vor,  von  dem 
Sprachgebrauch  abzugehen,  der  die  höhere  Pflanze  und  also  auch 
den  Baum  mit  seinen  zahlreichen  Wachstumsspitzen  noch  als  Indi- 
viduum bezeichnet,  wenn  auch  der  Begriff  hier  schon  nicht  mehr 
ganz  zutrifft.  Individuum  bedeutet  ursprünglich  die  Unteilbarkeit 
und  dann  auch  die  Selbständigkeit  des  Einzelwesens.  Unteilbarkeit 
liegt  schon  bei  den  in  Frage  stehenden  höheren  Pflanzen  nicht  mehr 
vor,  dagegen  bleibt  die  selbständige  Einheit  (Kontinuität)  gewahrt. 
Sobald  aber  Teile  dieser  Pflanzen,  wie  Zweige  oder  gar  Knollen, 
von  der  Wirtspflanze  losgelöst  und  bewurzelt  sind,  haben  sie  eine 
selbständige  Existenz  und  eigenes  Wachstum  erlangt  und  sind  somit 
auch  jeder  für  sich  den  Einflüssen  der  Umgebung  unterworfen.  Sie 
sind  also  Individuen  geworden  und  es  geht  nicht  an,  sie  alle  zu- 
sammen ebenfalls  als  ein  Individuum  zu  bezeichnen.  Wohl  aber 
besitzen  sie  gemeinsame  Erbmasse  und  können  in  Beziehung  auf 
ihre  Erbeigenschaften  mit  einem  Individuum  verglichen  werden. 
Ist  schon  dadurch  die  Ableitung  der  Degeneration  der  Sorten  aus 
dem  Altern  von  Individuen  ausgeschlossen,  so  ergibt  sie  sich  noch 
aus  folgender  Erwägung  noch  mehr  als  unterhaltbar.  Das  Altern 
der  Pflanzen  geht  von  den  Dauergeweben  aus,  deren  Funktionen 
nachlassen,  die  „degenerieren",  während  die  embryonalen  Gewebe 
oder  Meristeme  theoretisch  „unsterblich"  sind,  d.  h.  an  sich  dauernd 
in  Funktion  bleiben.  Bei  der  Sorte  liegt  nun  der  Fall  vor,  daß  die 
Meristeme  auch  in  Wirklichkeit  dauernd  in  Tätigkeit  bleiben,  weil 
sie  von  stets  neugebildeten,  jungen  Dauergeweben  ernährt  werden. 
Während  also  das  Mutterindividuum  altert  und  abstirbt,  ist  das 
Tochterindividuum  zunächst  diesen  Vorgängen  entzogen,  bezw.  es 
entstehen  immer  neue,  selbständige  Individuen  aus  ihm,  ehe  sie 
vom  Altern  der  Dauergewebe  beeinflußt  werden.  Die  vegetativen 
Vermehrungsformen  sind  ja  gerade  eines  der  Mittel  zur  Erhaltung 
der  Arten,  mit  anderen  Worten  zur  Vermeidung  von  Alter  und  Tod 
der   Arten  ^).     Wenn   es    sich   auch   herausgestellt    hat,    daß   gewisse 

^)  Vergl.  Küster,  Botanische  Betrachtungen  über  Alter  und  Tod.  Ab- 
handl.  z.  theoret.  Biologie,  Heft  10,  1921,  S.  IH. 

4* 


52  II-    Krankheitslehre 

Altersveränderungen,  z.  B.  der  Bäume,  auch  an  den  Blättern  junger 
Zweige  auftreten  und  weiterhin  an  den  davon  gemachten  Stecklingen 
oder  Pfropfreisern  in  gleicher  Weise  gebildet  werden^),  so  liegt  hier 
doch  eine  vom  Mutterindividuum  mitgebrachte  Senilität  vor  und 
nicht  die  von  den  Tochterindividuen  erworbene,  als  welche  eine 
senile  Degeneration  der  Sorten  aufzufassen  wäre.  Bei  einjährigen 
Gewächsen  kommt  eine  solche  übertragene  Senilität  nicht  in  Frage. 

Auch  mannigfache  andere  Gründe  sprechen  noch  gegen  das 
Eintreten  einer  Senilität  bei  vegetativ  vermehrten  Sorten.  Zunächst 
zeigt  eine  große  Zahl  alter  Kulturpflanzen  gar  keine  derartigen 
Degenerationserscheinungen,  wie  z.  B.  die  Weinreben,  viele  Obst- 
sorten und  auch  einzelne  Kartoffel  Sorten,  im  warmen  Klima  die 
Bananen,  bei  denen  eine  geschlechtliche  Fortpflanzung  wegen 
fehlender  Samenbildung  überhaupt  ausgeschlossen  ist.  Sie  be- 
stätigen, daß  auch  die  vegetativ  vermehrte  Art  oder  Sorte  nicht 
nur  eine  bestimmte  Anzahl  von  Generationen  hindurch  lebensfähig, 
sondern  theoretisch  unsterblich  ist. 

Dann  hat  man  mit  Recht  geltend  gemacht,  daß  die  Degene- 
ration der  Sorten,  wenn  sie  auf  Senilität  beruhte,  überall  gleich- 
zeitig eintreten  und  die  Sorten  nicht  nur  in  gewissen  Gegenden 
befallen  müßte,  während  dieselben  Sorten  in  anderen  Gegenden 
gesund  bleiben.  Die  Degeneration  ist  eine  lokale  Erscheinung^). 
Eine  Altersdegeneration  von  Sorten  müßte  auch  in  gleicher  Weise 
wie  die  vegetativen  Teile  schließlich  die  Eizellen  und  Pollenkömer 
ergreifen  und  wäre  somit  durch  geschlechtliche  Vermehrung  nicht 
auszuschalten.  Anderseits  leidet  bekanntlich  bei  den  degenerierenden 
Sorten  auch  ein  Teil  der  Sämlinge  in  mehr  oder  minder  kurzer 
Zeit  an  denselben  Erscheinungen  und  ist  die  Sämlingszucht  not- 
gedrungen auch  eine  Auslesezucht  und  nicht  einfache  Vermehrung 
oder  Nachzucht. 

Schließen  wir  also  die  angebliche  Senilität  als  Degenerations- 
ursache aus,  so  ergibt  sich  einerseits  die  Aufgabe,  die  Degenerations- 
erscheinungen als  Krankheitsbilder  zu  betrachten  und  zu  erforschen. 
Dies  ist  der  Weg,  auf  welchem  bisher  solche  Erscheinungen  geklärt 


^)  Molisch,  Pflanzenphysiologie  als  Theorie  der  Gärtnerei.  2.  Aufl., 
1920,  S.  255. 

*)  Oder  wie  Remy  es  ausdrückt:  „Der  Abbau  tritt  aber  nur  lokal  auf, 
einen  Sortenabbau  gibt  es  nicht".     (Die  Kartoffel,  2,  1922,  S.  162.) 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  53 

und  damit  aus  dem  Sammelnamen  der  Degeneration  herausgelöst 
worden  sind.  So  kommt  denn  auch  SaLAMON  in  einer  neueren 
Abhandlung  über  die  Degeneration  bei  Kartoffeln^)  zu  dem  Ergebnis, 
daß  Degeneration  gleichlautend  mit  Krankheit  ist  und  zwar  in  diesem 
Falle  wahrscheinlich  mit  Mosaikkrankheit,  die  sich  lange  unter  der 
Blattrollkrankheit  verborgen  hat. 

Aber  auch  in  den  Fällen,  wo  sich  die  Degeneration  vorwiegend 
in  zunehmender  Anfälligkeit  gegen  Krankheiten,  also  in  einem 
Nachlassen  der  Immunität  gegenüber  einer  oder  verschiedenen  Krank- 
heiten äußert,  ist  doch  damit  schon  eine  Veränderung  in  der  Kon- 
stitution der  Pflanze  gegeben.  Die  Degeneration  kann  also  nicht 
mit  Krankheit  gleichgesetzt,  sondern  nur  als  Vorbedingung  der 
Erkrankung  aufgefaßt  werden,  wie  sie  sich  auch  in  anderen  Er- 
scheinungen, die  nicht  direkt  als  Krankheiten  anzusprechen  sind, 
wie  Verminderung  der  Wachstumsenergie  und   der  Erträge,   äußert. 

Diese  Konstitutionsänderung  ist  nun  in  erster  JLinie  in  der 
Veränderung  der  das  Wachstum  regulierenden  chemischen  Inhalts- 
stoffe der  Zellen  (Enzyme)  zu  suchen.  Sie  ist  also  in  diesem  Falle 
einer  echten  Degeneration  der  Zellen  vergleichbar,  deren  Ursache  in 
äußeren  Einflüssen  liegt.  Auf  die  Veränderlichkeit  der  Sorten  hat 
besonders  SORAUER  hingewiesen  und  er  betont  auch  das  lokale  und 
vorübergehende  Auftreten  solcher  Erscheinungen.  Die  Ursachen 
können  in  Witterungseinflüssen  liegen,  besonders  wenn  abnorme 
Witterungsverhältnisse  lange  andauern  oder  sich  wiederholen.  Bei 
Veredlungen  kommt  die  Beeinflussung  des  Edelreises  durch  die 
Unterlage  in  Frage.  Am  häufigsten  sind  die  Ursachen  aber  in  den 
Anbauverhältnissen  zu  suchen  (Boden,  Klima-),  Düngung  usw.),  die 
entweder  der  Sorte  keine  zusagenden  Lebensbedingungen  bieten  oder 
eine  einseitige  Steigerung  einer  bestimmten  Entwicklungsrichtung 
begünstigen  und  dadurch  eine  Störung  in  der  Korrelation  des 
Wachstumsfaktoren  herbeiführen  können.  Nach  den  Erfahrungen 
von    E.  Junge ^)   an    Obstsorten    ist   das    „Zurückgehen",   worunter 


*)  R.  N.  SaLaMON,  Degeneration  in  potatoes.  Report  Internat,  potato 
Conference  London  1921,  S.  73. 

^)  Vergl.  die  Erwähnung  der  Degeneration  von  Gemüsepflanzen  in  den 
Tropen,  Kap.  III. 

•)   Festschrift  Geisenhelm,  1922,  S.  370  ff. 


54  II.    Krankheitslehre 

Krankheiten  der  Obstbäume,  geringe  Tragbarkeit,  Befall  durch 
Krankheiten  und  mangelhafte  Ausbildung  der  Früchte  zusammen- 
gefaßt werden,  meist  auf  Kulturfehler  zurückzuführen.  Eine  Vor- 
stellung von  der  Vielseitigkeit  der  Einwirkungen  geben  die  von  JüNGE 
angeführten  Ursachen:  ungeeigneter  Boden  oder  Lage,  Verwendung 
ungeeigneten  Pflanzmaterials,  falscher  Schnitt,  falsche  Unterlage, 
zu  tiefes  Pflanzen,  ungenügende  Düngung,  Bewässerung  und  Be- 
lichtung (zu  dichte  Pflanzung),  mangelhafte  Bodenbearbeitung  und 
Baumpflege,  versäumte  Schädlingsbekämpfung.  Bei  einjährigen 
Kulturen  werden  solche  Erscheinungen  in  der  Hauptsache  schon 
durch  Wechsel  des  Saatgutes,  also  Ortswechsel,  welcher  die  Häufung 
von  Wirkungen  des  Bodens  und  Klimas  ausschaltet,  vermieden. 
Anderseits  muß  sich  die  Degeneration,  wenn  sie  durch  äußere  Ur- 
eachen veranlaßt  ist,  ebenso  wie  die  einfache  Prädisposition  durch 
Änderung  der  Außeneinflüsse  auch  wieder  aufheben  lassen.  Es 
handelt  sich  dann  nicht  um  eine  dauernde,  sondern  um  eine  heil- 
bare Degeneration. 

Mittelbar  kann  eine  anscheinende  Degeneration  einer  Sorte  mit 
der  vegetativen  Vermehrung  zusammenhängen,  weil  durch  diese  mehr 
Krankheiten  übertragen  werden  als  bei  Vermehrung  durch  Samen. 
In  solchen  Fällen  liegt  aber  eine  umgekehrt  wirkende  Selektion  vor 
und  die  richtige  Auslese  gesunder  Nachzucht  beseitigt  dann  die  an- 
scheinende Degeneration. 

Der  Degeneration  oder  dem  Abbau  von  Kartoffelsorten  kann 
ebenfalls  eine  mangelnde  Auslese  in  der  Weise  zugrunde  liegen,  daß 
einzelne  Sproßsysteme  (Ausläufer,  Knollen)  auftreten,  welche  ge- 
schwächte Wüchsigkeit  haben  und  durch  die  vegetative  Vermehrung 
erhalten  bleiben  und  ausgebreitet  werden.  Hier  handelt  es  sich  dann 
in  Wirklichkeit  um  einzelne  Variationen  und  nicht  um  fort- 
schreitende Degeneration  einer  ganzen  Sorte.  In  diesem  Falle  würde 
allerdings  eine  geschlechtliche  Fortpflanzung  die  ursprüngliche  Form 
sofort  wieder  herstellen. 

Gerade  bei  geschlechtlicher  Fortpflanzung  kommt  dagegen  eine 
Degeneration  vor,  die  sich  in  geringer  Wüchsigkeit  und  geringer 
Widerstandsfähigkeit  gegen  Krankheiten  äußert.  Sie  tritt  bei  Inzucht 
durch  Selbstbefruchtung  und  zu  enger  Verwandtschaftszucht  auf 
(z.  B.  bei  Grünkohl  und  Mais),  kann  aber  durch  Kreuzung  ver- 
schiedener Stämme  sofort  wieder  behoben  werden. 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  56 

Ebenso  gibt  es  auch  Sorten,  die  von  Anfang  an  schwach  oder 
nicht  lebensfähig  sind  und  in  kurzer  Zeit  aussterben.  Hierin  ver- 
halten sich  geschlechtlich  und  ungeschlechtlich  vermehrte  Sorten 
gleich,  da  eine  Vererbungserscheinung  vorliegt.  Wir  können  daher 
eine  genotypische  Degeneration  und  eine  phänotypische  unterscheiden. 
Zu  letzterer  gehörte  die  besprochene  Degeneration  der  ungeschlechtlich 
vermehrten  Kultursorten  aus  mangelnder  Anpassung  an  die  Um- 
gebung, da  die  Individuen  „unter  dem  Einfluß  der  Außenfaktoren 
der  fluktuierenden  Variabilität  und  funktionellen  Anpassung,  kurz 
allen  Modifikationen  unterworfen  sind,  die  ihnen  ihre  ererbte  Organi- 
sation gestattet"  ^). 

Dieser  Anpassung  an  die  Umgebung,  ob  man  sie  nun  als 
positive  oder  als  mangelhafte  Anpassung  auffaßt,  sind  alte  und  neu- 
entstandene Sorten  in  gleicher  Weise  unterworfen.  Sie  wird  sich 
aber  bei  neuen  Sorten  am  Orte  ihrer  Entstehung  und  insbesondere 
an  dem  des  Nachbaues  am  raschesten  äußern  und  kann  auch 
in  einer  physiologisch  normalen,  nur  wirtschaftlich  nachteiligen 
Änderung  der  Eigenschaften,  die  den  Ertragswert  bestimmen,  be- 
stehen. 

Genotypische  Degeneration  ist  dagegen  eine  erbliche  Ver- 
änderung der  inneren  Konstitution.  Sie  kann  eine  Folge  von  Inzucht 
sein  oder  auf  einer  unausgeglichenen  Kombination  der  Erbfaktoren 
beruhen  in  ähnlicher  Weise,  wie  dies  bei  den  sogenannten  letalen 
Erbfaktoren  der  Fall  ist. 

Nichts  mit  der  Degeneration  zu  tun  hat  die  bei  Gärtnern  so 
bezeichnete  Erscheinung,  daß  stark  heterozygotische  Sorten  bei  der 
Vermehrung  durch  Samen  aufspalten,  wobei  Eigenschaften  der 
Elterngenerationen  auftreten. 

Die  bekannteren  Beispiele  von  Degeneration  betreffen  die  ver- 
schiedensten Gewächse,  wie  Rosen,  Apfel-  und  Birnsorten,  den 
Abbau  von  Kartoffelsorten  und  das  Absterben  der  Pyramiden- 
pappeln. Sie  gehören  alle  zu  den  ungeschlechtlich  vermehrten 
Pflanzen  und  haben  im  einzelnen  verschiedene  Erklärungen  ge- 
funden, ohne  daß  bisher  eine  einheitliche.  Auffassung  von  der 
Degeneration  erzielt  wurde.  Gerade  die  geschichtliche  Betrachtung 
lehrt   aber   die  Degeneration   in   erster  Linie   als   eine   zeitliche   und 

^)  GoLDSCHMLDT,  Einführung  in  die  Vererbungswissenschaft,  3.  Aufl., 
1920,  S.  69. 


56  II-    Krankheitslehre 

örtliche  Erscheinung  zu  betrachten.  Wir  sehen  jedenfalls,  daß  ihr 
sehr  verschiedene  Vorgänge  und  Ursachen  zugrunde  liegen  können 
und  daß  es  im  Einzelfall  genauer  Untersuchung  und  vergleichender 
Beobachtung  an  anderen  Orten  und  anderen  Pflanzen  bedarf,  um 
solche  Erscheinungen  aufzuklären.  Hierbei  kommt  es  vor  allem  auf 
eine  gründliche  histologische  Erforschung  und  die  Untersuchung  der 
allgemeinen  Wachstumsbedingungen  der  betreffenden  Pflanze  an. 

Infektion 

Einer  besonderen  Erwähnung  bedürfen  hier  noch  die  Umstände 
der  Infektion  wegen  ihres  Zusammenhanges  mit  der  Immunität.  Sie 
sind  bei  den  Pilzen,  auf  die  sich  die  nachfolgende  Darstellung 
bezieht,  und  hauptsächlich  bei  den  Rostpilzen,  am  besten  erforscht^); 
die  Ergebnisse  lassen  sich  jedoch  im  wesentlichen  auch  auf  die 
Bakterien  anwenden,  während  bei  tierischen  Infektionen  wenigstens 
die  Reaktionen  der  Pflanzen  vielfach  dieselben  sind. 

Eingeleitet  wird  die  Infektion  durch  die  Keimung  der  Pilz- 
sporen und  Bildung  eines  Keimschlauches,  welche  naturgemäß  an 
bestimmte  Temperaturen  und  an  das  Vorhandensein  genügender 
Feuchtigkeit  in  Form  von  Nebel  oder  Tau  gebunden  ist,  während 
Regen  die  Sporen  im  allgemeinen  wegspült.  Zahlreiche  Sporen 
lassen  sich  in  reinem  Wasser  zur  Keimung  bringen,  andere  keimen 
jedoch  nur  auf  den  besonderen  Nährpflanzen,  d.  h.  sie  bedürfen  des 
von  diesen  ausgehenden  Reizes,  auf  den  sie  eingestellt  sind,  zur 
Keimung.  Das  Eindringen  des  Keimschlauches  geschieht  entweder 
durch  die  Spaltöffnungen,  z.  B.  bei  den  Peronosporeen,  wobei  dann 
auch  die  Keimung  fast  nur  auf  der  Unterseite  erfolgt.  Bei  Phijto- 
phthora  infestans  durchdringen  die  Sporen  außerdem  noch  die 
Epidermis,  was  bei  den  meisten  Pilzen  der  alleinige  Infektionsweg 
ist.  Die  Wundparasiten  können  dagegen  nicht  durch  die  unverletzte 
Epidermis  eindringen,  wogegen  die  noch  wenig  erforschten  Schwäche- 
parasiten nur  geschwächte  Pflanzen  anzugreifen  vermögen  (Schwärze- 
pilze, Blattfleckenkrankheit  der  Syringen).  Während  also  die 
Epidermis  von  sehr  vielen  Pilzen  durchbohrt  wird  und  einen  In- 
fektionsweg abgibt,   schützt   das  Korkgewebe  die   damit  versehenen 


*)    De  Bary,    Morphologie   und   Physiologie   der  Pilze  usw.      1866. 
Klebahn,  Grandzüge  der  allgemeinen  Phytopathologie.     1912. 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  57 

Pflanzenteile  vor  dor  Infektion  durch  Pilze;  nur  Lücken  in  ihm, 
wie  die  Lenticellen,  z.  B.  bei  Schorf  und  Bakterienfäule  der  Kar- 
toffeln, oder  Verletzungen  können  zu  Eingangspforten  der  Infektion 
werden.  Doch  bildet  in  besonderen  Fällen  schon  die  Ausbildung 
der  Cuticula  durch  Verdickung,  Haare,  Wachsauflagerung  usw.  einen 
Schutz  gegen  Infektion. 

Die  Durchbohrung  der  Epidermis  geschieht  unter  Auflösung 
der  Zellulosemembran  durch  Enzyme,  die  vom  Keimschlauch  aus- 
geschieden werden.  Sie  erfolgt  nur  auf  geeignetem  Substrat  und 
meist  nur  an  bestimmten  Stellen,  z.  B.  an  Keimlingen,  an  jungen 
und  stark  wachsenden  Geweben,  an  Narben  (Mutterkorn).  Hierin  ver- 
halten sich  die  Haustorien  der  epiphytischen  Parasiten  (Erysiphaceen) 
wie  die  Keimschläuche  der  Endoparasiten.  In  einzelnen  Fällen 
dringen  Keimschläuche  zwar  in  die  Zellen  auch  anderer  Pflanzen 
als  ihrer  Wirte  ein,  sterben  aber  dann  ab,  ohne  sich  weiter  zu 
entwickeln  (echte  Immunität);  ebenso  sterben  die  durch  Spalt- 
öffnungen eingedrungenen  Keimschläuche  auf  ungeeigneten  Wirts- 
pflanzen ab,  ehe  sie  em  Myzel  entwickeln  können.  In  den  Nähr- 
pflanzen wächst  das  Myzel  in  der  Regel  interzellular  durch  Auflösen 
der  Mittellamellen  oder  auch  intrazellular  weiter  und  senkt  im 
ersteren  Falle  seine  Haustorien  in  die  Wirtszelle. 

In  den  meisten  Fällen  tötet  der  Pilz  die  befallenen  Zellen 
nicht  ab,  sondern  entzieht  ihnen  nur  Nährstoffe  durch  die  Haustorien. 
Während  des  vegetativen  Wachstums  von  Myzelien  zugleich  mit  der 
Wirtspflanze  kann  die  Bildung  von  Haustorien  auch  unterbleiben, 
z.  B.  beim  Wachsen  der  Brandpilze  in  den  Getreidepflanzen;  hier 
verhält  sich  der  Parasitismus  also  ganz  ähnlich  wie  die  Symbiose 
und  man  hat  diese  Phase  im  Leben  des  Parasiten  als  Raum- 
parasitismus bezeichnet.  In  anderen  Fällen  werden  die  Zellen  zu 
lebhafter  Tätigkeit  angeregt  und  es  kommt  zur  Vergrößerung  der 
Zellen,  zur  Entstehung  von  Riesenzellen  und  zur  Gallenbildung, 
womit  die  Pflanze  ebenso  und  oft  in  ganz  ähnlicher  Weise  auch 
auf  den  tierischen  Parasitismus  reagiert  (Älchengallen  und  alle 
anderen  Gallen).  Vielfach  werden  jedoch  die  ergriffenen  Zellen 
durch  Verbrauch  ihres  Inhalts,  oder,  wo  die  Haustorien  fehlen, 
durch  stärkere  Reizung,  die  als  Zellvergiftung  wirkt,  abgetötet.  In 
diesem  Falle  handelt  es  sich  um  einfache  Schädigung  der  Wirts- 
pflanze zugunsten  des  Pilzes,  wie  bei  Erysipheen,  Brandpilzen  usw. ; 


58  II-    Krankheitslehre 

es  kommt  aber  auch  vor,  daß  die  Keimschläuche  mit  den  befallenen 
Epidermiszellen  absterben  oder  daß  sich  erst  ein  Myzel  entwickelt 
und  dann  die  kranken  Gewebepartien  mit  ihm  absterben,  ehe  es 
zur  Sporenbildung  fähig  ist. 

Bei  den  fakultativen  Parasiten  wächst  das  Myzel  interzellular 
und  zerstört  die  umgebenden  Zellen.  Läßt  man  jedoch  die  Sporen 
in  reinem  Wasser  keimen,  so  ist  das  Myzel  nicht  fähig,  die  Pflanze 
anzugreifen,  sondern  dies  geschieht  erst  nach  saprophytischem 
Wachstum  auf  toten  Geweben  oder  deren  Inhaltsstoffen  (Sclerotinia). 
Der  Pilz  vergiftet  die  Zellen  und  löst  die  Mittellamellen  und  Zell- 
wände auf,  vermag  aber  seine  Toxine  erst  nach  saprophytischem 
Wachstum  zu  bilden ;  er  lebt  also  auch  in  der  Pflanze  von  totem 
Material.  Diese  Infektion,  nicht  durch  keimende  Sporen,  sondern 
durch  das  Myzel  findet  auch  bei  Wurzelpilzen,  wie  Arniillaria 
usw.  statt. 

Außer  der  bekannten  Gallenbildung  sehen  wir  auch  bei  der 
Abtötung  eingedrungener  Keimschläuche  eine  Reaktion  der  Pflanze 
gegen  den  Befall  durch  einen  fremden  Organismus.  Eine  andere 
Reaktion  der  Pflanze  sind  die  um  eingedrungene  Hyphen  der 
Haustorien  häufig  gebildeten  Zellulosescheiden;  ihre  Bildung  hängt 
wohl  auch  damit  zusammen,  daß  die  Hyphen  nicht  in  das  Plasma 
eindringen,  sondern  es  nur  einstülpen. 

Da  die  Pilze  vielfach  Toxine  abscheiden,  entsteht  die  Frage, 
ob  die  Pflanzen  zur  Bildung  von  Antikörpern  befähigt  sind.  In 
der  Tat  sind  in  gesunden  und  kranken  Pflanzen  bakterizide  Stoffe 
gefunden  und  es  ist  auch  gelungen,  experimentell  die  Bildung  von 
Antikörpern  (Lysinen  und  Agglutininen)  in  der  Pflanze  hervor- 
zurufen^). Doch  ist  über  solche  Schutzstoffe  noch  wenig  bekannt 
und  man  erschließt  ihr  Vorkommen  im  übrigen  aus  sonst  unerklärten 
Unterschieden  in  der  Heftigkeit  von  Krankheiten.  So  erklärt  man 
das  verderbliche  Auftreten  neueingeführter  Krankheiten,  wie  z.  B. 
des  amerikanischen  Eichenmehltaus,  damit,  daß  die  europäischen 
Eichen  noch  keine  Gelegenheit  hatten,  sich  nach  wiederholter  In- 
fektion zu  immunisieren.  Hier  wären  auch  noch  andere  Epidemien, 
wie  Stachelbeermehltau,  Rebenkrankeiten,  Kaffeerost  und  schließlich 
tierische  Infektion  (Reblaus)   zu   vergleichen.     Im    übrigen   ist  aber 


^)    C.  PiCADO,  Annales  Institut  Pasteur  35,  1921,  S.  893. 


Pathologische  Pflanzenphysiologie  69 

die  Abhängigkeit  der  Immunität  von   den  den  Parasiten    gebotenen 
Nährstoffen  aussichtsreicher  zu  erforschen. 

Zu  den  Reaktionsvorgängen  der  Pflanzen  gehören  auch  die  von 
Haberlandt  entdeckten  Wundhormone  oder  Nekrohormone,  Stoffe 
enzymartigen  Charakters,  die  in  den  Abbauprodukten  des  getöteten 
Protoplasmas  entstehen  und  für  die  Einleitung  der  Zellteilung  bei 
der  Bildung  der  Wundgewebe  notwendig  zu  sein  scheinen. 

Intoxikationen 

Eine  direkte  Giftwirkung  sahen  wir  in  der  Abtötung  von 
Pflanzenzellen  durch  Ausscheidungen  parasitischer  Pilze,  und  auch 
die  Wachstumsreize,  die  z.  B.  die  Gallenbildung  veranlassen,  können 
als  Reize  durch  schwach  wirkende  Giftstoffe  angesehen  werden.  In 
gleicher  Weise  sind  Wachstumsreize  durch  geringe  Mengen  an- 
organischer Gifte,  z.  B.  Kupfer,  Quecksilber,  Blei  beobachtet;  so  wird 
die  Kupferbespritzung  der  Kartoffeln  in  einigen  Gegenden  von 
Amerika  ohne  Rücksicht  auf  das  Auftreten  von  Pilzkrankheiten 
regelmäßig  als  ertragssteigerndes  Mittel  durchgeführt  (vergl.  auch 
über  Beizung,  Kap.  IV). 

Die  Giftwirkung  auf  die  Pflanzenzellen  vollzieht  sich  in  ver- 
schiedener Weise.  In  einfachen  Fällen  tritt  eine  Diffusion  bestimmter 
Inhaltsstoffe  oder  eine  Kontraktion  des  Protoplasmas  (Plasmolyse) 
ein;  bei  stärkerer  Einwirkung  reagiert  der  Zellkern  und  die  Chro- 
matophoren  durch  Vergrößerung  oder  es  treten,  wie  auch  im  Plasma, 
Zersetzungen  (Degeneration)  ein,  die  einerseits  in  der  Auflösung 
von  Strukturen,  anderseits  in  der  Bildung  unlöslicher  Niederschläge 
bestehen. 

In  ähnlicher  Weise  wie  die  Ausscheidungen  von  Pilzen  und 
Bakterien  wirken  auch  tierische  Sekrete  auf  die  Pflanze  ein.  Ab- 
gesehen von  der  Gallenbildung  kommen  hier  hauptsächlich  die 
Sekrete  von  saugenden  Insekten  in  Betracht  (Wanzen,  Zikaden, 
Blattläuse^).  Sie  wirken  teils  einfach  stärkelösend,  teils  bedingen 
oder  übertragen  sie  Erkrankungen  der  ganzen  Pflanze.  Jedenfalls 
entstehen  durch  solche  Dekrete  viel  schwerere  Schädigungen  der 
Pflanze  als  durch  die  Nährstoffentziehung  oder  durch  mechanische 
Verletzungen  bei  der  Saugtätigkeit  von  Insekten. 


^)   F.  Zweigelt,  Centralbl.  Bakt.  usw.,  II.  Abt.,  Bd.  42,  1915. 


60  II-    Krankheitslehre 

Zu  den  Giftwirkungen  anorganischer  Stoffe  gehören  außer 
den  Wirkungen  von  Metallen,  wie  Zink,  Blei  und  Arsen,  auch  die- 
jenigen von  salzhaltigen  Abwässern  und  konzentrierten  Dünge- 
mitteln. Eine  besondere  Bedeutung  haben  die  Spritzschäden,  von 
denen  die  durch  Kupfermittel  hervorgerufenen  nekrotischen  Flecke 
vielfach  untersucht  worden  sind.  Die  umfangreichsten  Beschädi- 
gungen der  Vegetation  entstehen  durch  Rauchgase,  deren  wich- 
tigster Bestandteil  neben  Teerprodukten  oder  Metalloxyden  die 
schweflige  Säure  ist.  Schweflige  Säure  ist  insbesondere  fast  stets 
in  den  Verbrennungsgasen  enthalten  und  wirkt  in  der  Luft  bei 
längerer  Einwirkung  schon  in  einer  Verdünnung  von  1  :  1000000 
schädlich. 

Äußerlich  macht  sich  das  Absterben  von  Zellen  durch  Ver- 
giftung in  Verfärbungen  bemerkbar.  Die  Erscheinungen  sind  aber 
vielfach,  z.  B.  bei  den  Rauchgasschäden,  dieselben  wie  beim  Ab- 
sterben der  Zellen  aus  anderen  Ursachen  (Frost,  Hitze,  Trockenheit). 
Daß  hieran  auch  postmortale  Vorgänge  beteiligt  sein  können,  zeigt 
die  Rotfärbung  von  Kiefernnadeln,  die  durch  Rauchgase  oder 
andere  Einflüsse  getötet  sind;  sie  tritt  nachträglich  durch  Licht- 
wirkung ein. 

Als  eine  Giftwirkung  ist  auch  die  Narkose  durch  anäs- 
thetische Mittel  (Alkohol,  Äther,  Chloroform  usw.)  anzusehen,  welche 
die  Sensibilität  der  Pflanze  herabsetzen.  Als  Nachwirkung  wird 
dabei  eine  Förderung  der  Keimung  und  des  Wachstums  beobachtet, 
die  man  in  der  Frühtreiberei  zur  Abkürzung  der  winterlichen  Ruhe- 
zeit von  Gewächsen  praktisch  ausnützt. 


Kapitel  III 

Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Die  Ursachen  der  Krankheiten  zerfallen  in  die  beiden  Haupt- 
gruppen der  Organismen  als  Krankheitserreger  und  der  unbelebten 
(anorganischen)  Krankheitsursachen.  Die  Organismen  wirken  in  der 
Hauptsache  in  der  Weise  des  Parasitismus  auf  die  Pflanzen  ein, 
wobei  als  die  zahlreichsten  und  wichtigsten  Parasiten  im  Pflanzen- 
reiche die  Pilze  und  Bakterien,  im  Tierreiche  die  Insekten  auf- 
treten. Man  kann  dabei  die  durch  Pilze  verursachten  Krankheiten 
als  Mykosen,  die  durch  Bakterien  verursachten  als  Bakteriosen,  die 
tierischen  als  Zoonosen  zusammenfassen. 

Weiterhin  sind  alle  diejenigen  Krankheiten,  welche  durch 
kleine,  in  das  Pflanzengewebe  eindringende  und  sich  dort  aus- 
breitende Lebewesen  übertragen  werden,  als  Infektionskrankheiten 
zu  bezeichnen,  die  auch  hinsichtlich  der  Disposition  der  Pflanze, 
der  Übertragung  der  Erreger  und  der  Bekämpfungsmethoden  \'iele8 
Gemeinsame  aufweisen.  Sie  gehen  ohne  scharfe  Grenze  in  ein- 
fache Beschädigungen,  wie  z.  B.  den  Tierfraß,  über,  und  pflegen 
eben  wegen  des  auffälligen  Anteiles  des  Erregers  am  Krankheits- 
bilde in  ätiologischer  Anordnung  beschrieben  zu  werden. 

Die  nichtparasitären  Krankheitsursachen  beruhen  in  physi- 
kalischen und  chemischen  Einflüssen  der  Umwelt,  die  man  in  solche 
des  Standortes  und  Klimas  und  chemische  Einflüsse  einteilen  kann. 

Zwischen  diesen  beiden  großen  Gruppen  bleiben  dann  einige 
Krankheiten,  denen  sich  die  Forschung  neuerdings  mehr  zugewandt  hat. 
Dies  sind  die  bisher  als  physiologische,  dann  auch  als  enzymatische 
Krankheiten  beschriebenen,  die  durch  einen  filtrierbaren  Virus 
übertragen  werden,  also  eigentlich  als  nichtparasitäre  Infektions- 
krankheiten zu  bezeichnen  sind. 


62  li^l-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Für  unseren  hier  vorliegenden  Zweck  tritt  die  im  pathologischen 
Teil  behandelte  Beschreibung  der  Krankheiten  selbst  gegenüber  der 
Klassifizierung  und  Beschreibung  der  Ursachen  zurück.  Dies  trifft 
besonders  für  die  parasitären  Krankheiten  zu.  Hier  liegt  der  Zu- 
sammenhang mit  dem  Erreger  meist  klar  zutage  und  nur  bei  ge- 
wissen Allgemeinerkrankungen  und  bei  Mischinfektionen  kommen 
differential-diagnostische  Unterscheidungen  in  Frage,  während  sich 
bei  den  nichtparasitären  Krankheiten  die  Ursache  oft  erst  aus  ge- 
nauer Kenntnis  des  Krankheitsbildes  erschließen  läßt  und  die  Aus- 
einanderhaltung verschiedener  zusammenwirkender  Faktoren  größere 
Schwierigkeiten  bereitet. 

I.    Schädliche  Organismen 

Die  Mehrzahl  der  Schädigrmgen  von  Pflanzen  durch  lebende 
Organismen  fällt  unter  den  Begriff  des  Parasitismus.  Sowohl  im 
Pflanzen-  wie  im  Tierreiche  ist  die  parasitische  Lebensweise  mannig- 
faltig ausgebildet.  Sie  beruht  darin,  daß  sich  Pflanzen  oder  Tiere 
von  lebenden  Organismen  nähren  und  gleichzeitig  als  Ekto-  oder 
Endoparasiten  auf  oder  in  ihren  Wirten  wohnen,  die  dadurch  ge- 
schädigt werden.  Dieser  Lebensweise  entsprechen  bei  ausgeprägtem 
Parasitismus  mehr  oder  minder  weitgehende  Veränderungen  einzelner 
Organe  oder  der  ganzen  Körperform  des  Parasiten  als  sekundäre 
Anpassungen. 

Bei  der  Anpassung  an  den  Parasitismus  bedingt,  wo  es  sich 
um  das  Pflanzenreich  handelt,  das  Aufgeben  der  ursprünglichen  Art 
der  Ernährung  durch  eigene  assimilatorische  Nährstoffbildung  und 
vermittels  einer  ausgedehnten  Oberfläche  eine  weitgehende  Ver- 
änderung der  Form.  Doch  erfahren  auch  die  Tiere  vielfach,  und 
besonders  die  endoparasitischen,  sehr  tiefgreifende  morphologische 
Veränderungen,  während  anderseits  die  tierische  Art  der  Nahrungs- 
aufnahme und  die  Ortsbewegung  eine  parasitische  Lebensweise  bei 
sehr  geringer  morphologischer  Abänderung  ermöglichen.  Die  An- 
passungen der  Form  treten  sowohl  als  Rückbildungen,  wie  z.  B. 
der  Bewegungsorgane  (Beine  und  Flügel)  und  der  Gliederung 
des  Körpers  auf,  wie  auch  als  Umänderung  oder  Neuerwerbung 
von  Organen  ^). 

*)  Vergl.  H.  Francs,  Der  Parasitismus  als  schöpferisches  Prinzip. 
Centralbl.  Bakt.  usw.,  II.  Abt.  50.  1920,  S.  54. 


Schädliche  Organismen  63 

Eine  weitere  mit  dem  Parasitismus  zusammenhängende  An- 
passung liegt  in  dem  Zurücktreten  und  sogar  Unterbleiben  der 
sexuellen  Fortpflanzung  zugunsten  der  Ausbildung  ungeschlechtlicher 
Vermehrungsvorgänge,  wodurch  die  rasche  und  starke  Vermehrung 
und  die  Ausbreitung  kleiner,  in  individuenreichen  Kolonien  auf- 
tretender Organismen  begünstigt  wird  und  zugleich  auch  Dauerformen, 
welche  ungünstige  klimatische  oder  Nahrungeverhältnisse  überstehen 
können,  eingeschaltet  werden.  Man  kann  hierin  besonders  einen 
Teil  der  Schnabelkerfe  (Aphiden  und  Cocciden)  direkt  zu  den  Pilzen, 
wo  die  Pleomorphie  der  Vermehrungsvorgänge  die  Regel  und  in 
einzelnen  Fällen  bis  auf  5  Sporenformen  gesteigert  ist,  in  Parallele 
stellen.  So  tritt  bei  den  Aphiden  und  den  Cynipiden  schon  im 
Larvenstadium  eine  ungeschlechtliche  Vermehrung  ein,  bei  den 
Cocciden  wird  zum  Teil  die  weibliche  Larve  geschlechtsreif,  ohne 
sich  erst  zur  Imago  umzuwandeln.  Man  unterscheidet  hierbei  die 
parthenogenetische  Fortpflanzung  von  Individuen,  die  nicht  das  nor- 
male fortpflanzungsfähige  Stadium  erreichen,  als  Pädogenese,  von 
der  Neotenie,  der  Beibehaltung  larvaler  Eigenschaften  in  geschlechts- 
reifem Zustand.  In  allen  diesen  Fällen  sehen  wir  ein  beschleunigtes 
Eintreten  eines  Vermehrungsstadiums  und  zugleich  äußerst  gesteigerte 
Produktion  von  Nachkommen  im  Zusammenhang  mit  parasitischer 
Lebensweise  ausgebildet.  Von  den  Dauerformen  sei  hier  die  Cysten- 
bildung  der  Nematoden  erwähnt,  die  mit  derjenigen  niederer  Pilze, 
wie  von  Chrysophlyctis,  Ähnlichkeit  bietet. 

Durch  eine  allmähliche  Ausbildung  der  Anpassungen  an  den 
Parasitismus  kommen  Übergangsformen  zwischen  normaler  Lebens- 
weise und  Parasitismus  zustande,  und  man  versteht  dabei  unter 
hemiparasitischen  Tieren  solche,  die  sich  vom  Blute  ihrer 
Wirtstiere  ernähren,  aber  nicht  fest  auf  ihnen  wohnen,  während 
hemiparasitische  Pflanzen  auf  ihrem  Wirte  festsitzen  und  ihm 
zwar  Nährstoffe  entziehen,  aber  daneben  noch  einen  Teil  ihres  Be- 
darfes an  Nährstoffen  durch  eigene  Assimilation  decken  und  auch 
Assimilate  an  den   Wirt  abgeben. 

Ebenso  steht  auch  die  Symbiose  in  sehr  enger  Beziehung  zum 
Parasitismus,  sodaß  vielfach  keine  scharfe  Grenze  zwischen  beiden 
besteht.  Unter  Symbiose  versteht  man  eine  gegenseitige  Anpassung 
von  Organismen,  bei  welcher  keine  Schädigung  eines  der  beiden 
Symbionten  eintritt.     Als  ein  Beispiel  einer  dem  Parasitismus  sehr 


64  III"    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

nahestehenden  Symbiose  können  die  Knöllchenbakterien  der  Legu- 
minosen gelten,  welche  auf  die  besiedelten  Wurzeln  einen  Reiz 
ausüben,  der  diese  zur  Gallenbildung  veranlaßt.  Ein  zeitweiliges, 
der  Symbiose  ähnliches  Verhältnis  besteht  bei  einigen  Rost-  und 
Brandpilzen,  die  vom  Samen  aus  oder  nach  Blattinfektion  lange 
Zeit  mit  der  befallenen  Pflanze  weiterwachsen  können,  ohne  diese 
sichtbar  zu  schädigen,  und  erst,  wenn  sie  fruktifizieren,  Gewebe- 
zerstörungen hervorrufen.  Man  hat  dieses  latente  Verhalten  auch 
als  Raumparasitismus  bezeichnet. 

Auch  unter  den  Fäulnisorganismen  oder  Saprophyten  sind 
diejenigen,  die  ihre  Nahrung  abgestorbenem  Pflanzenmaterial  ent- 
nehmen, pflanzenpathologisch  von  Bedeutung;  entweder  als  sekundäre 
Begleiter  von  Krankheitsprozessen  oder  als  fakultative  Parasiten, 
welche  unter  besonderen  Umständen  auch  lebende  Gewebe  angreifen 
und  zerstören.  Bei  dem  Vorkommen  saprophytischer  Pilze  an 
kranken  Pflanzenteilen  ist  es  daher  zuweilen  schwierig  zu  unter- 
scheiden, ob  sie  nur  sekundär  auftreten  oder  ob  sie  als  fakultative 
Parasiten  die  eigentlichen  Krankheitserreger  sind.  Dies  ist  vor  allem 
bei  den  Fäulniskrankheiten  der  Fall. 

Als  Pseudoparasiten,  oder  ebenfalls  als  Raumparasiten 
(vergl.  jedoch  oben)  bezeichnet  man  im  Pflanzenreiche  die  Epiphyten, 
die  auf  ihrem  Wirte  festsitzen,  ihm  aber  keine  Nährstoffe  entnehmen 
(hauptsächlich  Flechten,  Moose,  Farne).  Sie  können  ihm  gleichwohl 
im  gewissen  Grade  schädlich  werden. 

Eine  Komplikation  des  Parasitismus  ist  der  Wirts  Wechsel, 
der  sich  bei  manchen  höheren  Pilzen  (Rostpilze)  und  auch  bei 
Insekten  (z.  B.  Aphiden  und  Chermesiden)  findet.  In  beiden 
Fällen  sind  es  einzelne  Stadien  eines  mehrstufigen  Entwicklungs- 
ganges, die  sich  auf  verschiedenen  Wirtspflanzen  abspielen  ^).  Dabei 
liegt  dann,  wie  es  beim  Parasitismus  auch  sonst  die  Regel  ist, 
eine  ausgesprochene  Spezialisierung  auf  bestimmte  Nährpflanzen 
vor,  in  der  wir  allgemein  eine  höhere  Stufe  der  Anpassung  an 
parasitische  Lebensweise  erblicken  können.  Doch  gibt  es  daneben 
ebenso  zahlreiche  Parasiten,  die  sich  nicht  auf  eine  einzige  Pflanzenart 
als  Wirt  beschränken,  sondern  Wirte  verschiedener  Arten  oder 
Gattungen  und  selbst  Familien  befallen  (polydome  Pilze,  polyphage 
Insekten). 

*)   Vergl.  hierzu  die  Figuren  auf  S.  66  und  67. 


Schädliche  Organismen  65 

Die  Spezialisation  der  Parasiten  hat  für  die  Bekämpfung 
der  Krankheiten  ihre  Bedeutung,  da  es  wichtig  ist,  zu  wissen,  ob 
einem  Parasiten  noch  andere  Wirtspflanzen  außer  der  gefährdeten 
Kultur|)flanze  zu  Gebote  stehen.  Mit  der  Frage  der  Spezialisation 
hängt  auch  diejenige  der  Rassenbildung  bei  der  Anpassung  an  be- 
stimmte Wirte  d.  h.  an  das  Substrat  zusammen,  die  besonders  bei 
der  Erforschung  der  Immunität  und  bei  der  Immunitätszüchtung 
berücksichtigt  werden  muß.  Auch  hierin  verhalten  sich  parasitische 
Tiere  und  Pflanzen  gleich.  So  ist  es  in  vielen  Fällen  möglich,  aus 
der  Spezialisation  Schlüsse  auf  den  Verwandtschaftsgrad  der  Wirts- 
pflanzen eineröeits  und  der  Parasiten  anderseits  zu  ziehen,  was  in 
gleicher  Weise  für  Insekten,  z.  B.  Blattläuse,  wie  unter  den  Pilzen 
besonders  für  die  Rostpilze  zutrifft. 

Eine  Begrenzung  der  parasitischen  Lebensweise  auf  bestimmte 
Entwicklungsstadien  liegt  bei  den  meisten  holometabolen  Insekten 
vor,  wobei  nur  die  Larvenstadien  parasitisch  leben.  Dies  trifft  vor 
allem  auf  die  Endoparasiten  zu.  In  denjenigen  Fällen,  wo  die  Voll- 
kerfe ebenfalls  Pflanzenfresser  sind,  unterscheidet  man  deren  Schäden, 
die  andere  Organe  betreffen  oder  besondere  Formen  annehmen,  als 
Imaginalfraß  vom  Larvenfraß.  Ähnliches  kommt  bei  Pilzen  vor, 
z.  B.  wenn  die  höhere  Fruchtform  erst  von  dem  saprophytisch  auf 
abgestorbenen  Organen  weiterlebenden  Myzel  gebildet  wird. 

Zufolge  der  mit  ihm  verbundenen  Schädigung  des  Wirtes, 
die  das  Hauptkennzeichen  des  Parasitismus  ist,  fallen  alle  Parasiten 
der  Pflanzen  unter  den  Bereich  der  Pflanzenpathologie.  Dagegen 
können  Beschädigungen  der  Pflanzen  durch  die  normale  Nahrungs- 
aufnahme freilebender  pflanzenfressender  Tiere  nicht  mehr  als 
Parasitismus  bezeichnet  werden,  sie  gehören  aber  als  solche  in  das 
pflanzenpathologische  Gebiet.  Eine  Einteilung  der  Fraßformen  ist 
schon  im  Abschnitt  der  Krankheitsbilder  (Seite  8)  aufgeführt. 

Neben  den  direkt  mit  der  Nahrungsaufnahme  der  Parasiten 
zusammenhängenden  Schädigungen  der  Wirtspflanze  ist  hier  wieder 
die  Gallenbildung  als  eine  der  verbreitetsten  und  wichtigsten  Wir- 
kungen des  Parasitismus  zu  erwähnen,  die  als  Reaktion  auf  Ver- 
letzungen und  mechanische  Reize,  wie  auch  auf  von  den  Parasiten 
ausgeschiedene  chemische  Stoffe  zustandekommt. 

Natürlich  sind  die  Parasiten  den  Einflüssen  der  Umwelt  in 
gleicher  Weise  unterworfen,  wie  ihre  Nährpflanzen.     Daher  hat  die 

Sammlang  Bonitraeger  I:Morstatt  5 


66 


Perithecium 
Fruchthörpeiy^^'^  ^, 


Ascospore 


j\onicfieJi    ^phdce/id 
5derotiunr%^        Y     segetum 
ddvus 


Fruchthnotenkranhheit 
(Honigtdu) 

Fig.  1.     Mutterkornpilz 

Uredol^ger 


Uredo5pore  K     ^  Teleutospore 
[5ommer5pore}j  \.    ( Dduerspore) 


rr    ■      \  Promyzd [ ödsidie) 

lebend 

Sporidie 


Aecidiospore 
fionidie 


idienbecher 
Pyknide 


Fig.  2.     Getreideschwarzrost   (wirtswechselnd) 
Entwicklungsgang  von  Pilzen 


(Orig.) 


67 


(^    MännchcD; 
O    Weibchen ; 


Virgo  fundairix, 
Stammutter, 
Erstform ; 

Virgo,  jungfräu- 
liche Mutter; 

Virgo  sexupara, 
Gattenmutter. 


? 


Fig.  3.    Nicht  wandernde  Blattlaus 


Zeichen  wie  oben; 
außerdem : 


? 


Virgo  fundatri- 
gena,  Zweitform ; 

Virgo  virgino- 
gena,  Drittform ; 

Virgo  virginogena 
sexupara. 


(Orig.  Börner) 


Fig.  4.     AVandernde  (heteroecische)  Blattlaus 
Entwicklangsgang  von  Blattläosen 


63  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzeakrankheitea 

Erforschung  der  Parasiten  sich  nicht  nur  mit  ihrer  Systematik 
(Taxonomie)  und  ihrem  Entwicklungsgang  zu  befassen,  sondern 
auch  mit  ihrer  Physiologie.  Ihre  Lebensintensität,  Entwicklungs- 
dauer und  Fortpflanzung,  kurz  die  Stärke  ihres  Auftretens  ist  von 
klimatischen  Einflüssen,  wie  Temperatur,  Feuchtigkeit,  Licht  und 
von  der  Beschaffenheit  des  Nährsubstrates  abhängig.  Außerdem 
entspricht  der  verschiedenen  Anfälligkeit  der  Pflanzen  nicht  nur 
eine  verschiedene  Spezialisation  der  Parasiten,  sondern  auch  innerhalb 
der  Arten  eine  verschiedene  Virulenz  derselben  Pflanze  gegenüber. 
Daher  gehen  für  die  Erforschung  der  Krankheiten  pathologische 
Physiologie  und  Physiologie  der  Parasiten  ineinander  über. 

Der  Einfluß  der  Witterung  auf  Pflanzenkrankheiten,  direkt 
wie  wir  sehen  werden,  die  umfangreichste  aller  Schaden  Wirkungen, 
ist  auch  indirekt  einer  der  wichtigsten  Faktoren  und  äußert  sich 
ebenso  den  Parasiten  wie  der  Pflanze  gegenüber.  Es  braucht  hier 
nur  an  die  allgemeinsten  Beispiele  erinnert  zu  werden,  daß  in 
trockenem  Klima  und  in  trockenen  Jahren  die  Insekten,  in  feuchten 
die  Pilze  eine  größere  Rolle  spielen,  daß  sich  bei  Trockenheit  ins- 
besondere Milben  und  Blattläuse  vermehren,  oder  daß  Hochsommer- 
temperaturen die  Gefährlichkeit  mancher  Pilze,  wie  der  Phytophihora 
einschränken. 

Außer  ihrer  Lebensweise  als  Parasiten  und  Pflanzenfresser 
treten  Tiere  und  unter  ihnen  besonders  einige  Insekten  indirekt  schäd- 
lich auf,  indem  sie  Krankheiten  übertragen^).  Neben  der  mehr  zu- 
fälligen Übertragung  von  Pilzsporen  und  Bakterien,  die  vielfach  als 
Wundinfektion  vor  sich  geht,  ist  hier  die  Übertragung  der  Virus- 
krankheiten durch  saugende  Insekten  hervorzuheben.  In  solchen 
Fällen  liegt  oft  in  der  Bekämpfung  der  Krankheitsüberträger  das 
wirksamste  Mittel  zur  Einschränkung  der  Krankheiten. 

Wie  sich  bei  wirtswechselnden  Rostpilzen  oder  manchen  durch 
blutsaugende  Insekten  übertragenen  tierischen  und  menschlichen 
Krankheiten  (z.  B.  Malaria)  ein  Teil  des  Entwicklungsganges  der 
Parasiten  in  dem  übertragenden  Zwischenwirt  abspielt,  so  ist  auch 
neuerdings  eine  Pflanzenkrankheit  bekannt  geworden,  bei  welcher 
das  Insekt    nicht    nur   Überträger,    sondern    auch    Zwischenwirt   ist. 


*)    Insects    as    disseminators    of    plant    diseases.      Phytopathology    12. 
1922,  225. 


Schädliche  Organismen  Q9 

Es  ist  die  Flagellatenkrankheit  der  Euphorbien^),  deren  Parasit  im 
Milchsaft  <ler  Euphorbien  lebt  und  als  Zwischenwirt  eine  Wanze  hat. 

a)   Pflanzen  als  Schädigungsursachen 

Hierzu  gehören  Pflanzen  der  verschiedensten  Organisations- 
stufen. Die  wichtigste  ist  diejenige  der  Pilze,  die,  wo  nicht 
Saprophyten,  so  durchweg  Parasiten  sind.  Daneben  sind  Algen, 
Flechten,  Gefäßkryptogamen  und  Blütenpflanzen  nur  in  geringer 
Anzahl  beteiligt,  als  Formenkreise,  bei  denen  parasitische  Lebens- 
weise nur  in  besonderen  Ausnahmefällen  vorkommt  oder  überhaupt 
fehlt,  die  aber  dann  als  Epiphyten  oder  schlechthin  als  Unkräuter 
(Nahrungskonkurrenten)  gelegentlich  zu  Pflanzenschädlingen  werden. 

Schizomjceten,  Spaltpilze,  Bakterien 

Einzelne  oder  in  Fäden  oder  Gruppen  vereinigte  Zellen  von 
primitivem  Bau,  die  sich  durch  Teilung  vermehren  und  Sporen 
direkt  aus  ihrem  vegetativen  Zellkörper  oder  im  Innern  desselben 
bilden.  Hauptsächlich  Saprophyten,  außerdem  Tier-  und  Pflanzen- 
parasiten. 

Die  Bakteriosen  sind  eine  erst  spät  und  vorwiegend  durch 
amerikanische  Forschungen  bekannt  gewordene  Gruppe  von  Pflanzen- 
krankheiten. Sie  treten  hauptsächlich  als  Fäulen  (Naßfäulen  und 
Dürren  =  Trockenfäulen)  auf,  und  da  solche,  auch  wenn  sie  von 
Pilzen  herrühren  oder  erst  nach  dem  Tode  der  Gewebe  eintreten, 
stets  von  saprophytischen  Bakterien  begleitet  sind,  ist  es  oft  schwierig, 
den  Nachweis  der  Bakterien  als  eigentliche  Ursache  zu  führen.  In 
der  Anfangszeit  der  Bakteriologie  neigte  man  daher  der  Anschauung 
zu,  daß  Krankheiten  des  tierischen  Organismus  von  Bakterien,  die- 
jenigen der  Pflanzen  dagegen  nur  von  Pilzen  verursacht  seien. 

Seitdem  hat  sich  jedoch  herausgestellt,  daß  Pflanzenbakteriosen 
sehr  zahlreich  sind  und  daß  zwischen  ihnen  und  den  Mykosen  kein 
prinzipieller  Unterschied  besteht.  Die  Bakterienkrankheiten  sind 
klimatisch  im  allgemeinen  durch  schroffe  Gegensätze  der  Tempe- 
ratur- und  Feuchtigkeitsgrade  begünstigt  und  wohl  deshalb  im  kon- 
tinentalen Klima  von  Nordamerika  besonders  wichtig. 


*)    Zeitschrift  für  Pflanzenkrankheiten   1922,  Heft  2/3. 


70  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Von  den  ungemein  formenreichen  Bakterien  kommen  pflanzen- 
pathologisch hauptsächlich  die  Gattungen  Bacterium,  Bacillus  und 
Pseudomonas  in  Betracht. 

Außer  den  Fäulen  verursachen  die  Bakterien  sehr  oft  auch 
Gallenbildungen  der  Pflanzen.  Der  wichtigste  Gallenerreger  ist  das 
Bacterium  tufnefacieus,  der  an  vielen  verschiedenartigen  Pflanzen 
den  sog.   Bakterienkrebs  (Crown-gall)  erzeugt. 

Bacillus  amylovorus  ist  der  Erreger  der  „fire  blight"  genannten 
Krankheit,  einer  der  wichtigsten  Obstbaum krankheiten  in  Nord- 
amerika; ihr  Auftreten  verursachte  1913  in  Missouri  einen  Schaden 
von  25*^  0  des  Ertrages.  B.  phytophthorus  erzeugt  die  Schwarz- 
beinigkeit  und  neben  anderen  Arten  eine  Knollenfäule  der  Kar- 
toffeln, Pseudomonas  campestris  die  Braunfäule  des  Kohls.  Von 
Interesse  ist,  daß  der  weitverbreitete  Saprophyt  B.  coli  communis 
auch  als  Pflanzenparasit  auftreten  kann. 

Actinomyceten,  Strahlenpilze 

Die  Actinomyceten  werden  vielfach  zu  den  Bakterien  gerechnet, 
nehmen  aber  im  System  eine  selbstständige  Stellung  ein. 

Von  pflanzenpathologischer  Bedeutung  sind  einige  dieser  Pilze 
als  Erreger  des  gewöhnlichen  Schorfes  der  Kartoffeln. 

Myxoinyceten,  Schleimpilze 

Der  vegetative  Körper  besteht  aus  hautlosen  Prdtoplasma- 
massen  (Plasmodien)  und  die  Sporen  entstehen  durch  einfache  Um- 
bildmig  aus  Teilen  dieses  Körpers. 

Plasmodiophora  brassicae,  die  überall  verbreitete  Kohlhernie 
oder  Kropfkrankheit,  ist  der  einzige  wichtige  Vertreter  dieser  Gruppe. 

Al^eu 

Von  den  Algen,  die  an  und  für  sich  keine  Parasiten  sind, 
können  einzelne  Arten  in  Pflanzengewebe  eindringen  und  schädlich 
werden.  Hierzu  gehört  als  wichtigste  Cephaleuros  virescens  am 
Teestrauch. 

Fnng'i,  Pilze 

Chlorophyllfreie  Saprophyten  und  Parasiten  ohne  echte  Gewebe. 
Der  Einteilung  der  Pilze  liegen  die  Unterschiede  im  morphologischen 
Aufbau  und  in  der  Vermehrungsweise  zugrunde. 


Schädliche  Organismen  71 

Die  Pilze  haben  die  Fähigkeit  der  Assimilation  verloren  und 
sind  chlorophyllos.  Sie  beziehen  ihre  organischen  Nährstoffe  un- 
mittelbar aus  ihrem  Substrat  und  ernähren  sich  als  Parasiten  von 
lebenden  Organismen  oder  als  Saprophyten  von  abgestorbener 
organischer  Substanz. 

Als  Parasiten  befallen  sie  im  wesentlichen  Pflanzen  und  zwar 
solche  jeder  Organisationsstufe,  einschließlich  anderer  Pilze,  seltener 
Tiere.  Die  ektoparasitischen  Pilze  verbreiten  ihr  Myzel  auf  der 
Epidermis  der  Ptlanzenorgane  und  entnehmen  ihr  die  Nährstoffe 
durch  Saugwarzen,  Haustorien,  welche  in  die  Zellen  hineinwachsen. 
Das  Myzel  der  Endoparasiten  durchzieht  die  Innengewebe  der  be- 
fallenen Pflanzenteile  meist  interzellular,  wobei  ebenfalls  Haustorien 
die  Zellen  aussaugen  oder  in  selteneren  Fällen  intrazellular,  die 
Zellen  durchbohrend. 

Mit  den  Insekten  zusammen  bilden  die  Pilze  die  überwiegende 
Masse  der  Pflanzenschädlinge  und  verursachen  die  wirtschaftlich 
wichtigsten  Krankheiten  (insbesondere  die  Rostpilze,  Brandpilze  und 
Mehltaupilze).  Die  meisten  durchziehen  das  Assimilationsgewebe 
und  schädigen  das  Wachstum  der  Pflanzen  durch  Nährstoffent- 
ziehung. Andere  wirken  gewebezerstörend  (z.  B.  Blattflecken)  oder  sie 
haben  morphologische  Veränderungen,  Pilzgallen  oder  Mykozezidien 
zur  Folge. 

Normalerweise  werden  gesunde  Pflanzenteile  von  den  Pilzen 
befallen,  doch  findet  sich  eine  große  Anzahl  von  ihnen  nur  an  ab- 
sterbenden Organen,  insbesondere  Blättern;  andere  setzen  sich  als 
Schwächeparasiten  hauptsächlich  an  kranken  Pflanzen  fest.  Viele 
wichtige  Pilze  sind  Wundparasiten,  d.  h.  sie  vermögen  nur  durch 
Verletzungen  in  die  Pflanze  einzudringen. 

Die  Vermehrung  der  Pilze  ist  durch  die  weitgehende  Reduktion 
der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  und  die  Ausbildung  ungeschlecht- 
licher Vermehrungsvorgänge  charakterisiert. 

Die  ungeschlechtliche  Vermehrung  geschieht  durch  Sporen, 
die  in  sehr  verschiedener  Weise,  meist  an  besonderen  Hyphen  und 
häufig  in  Fruchtkörpern,  gebildet  werden.  Dabei  ist  Pleomorphie 
der  Fruktifikation  die  Norm,  da  wenigstens  zwei  Sporenformen  vor- 
kommen und  deren  Anzahl  bei  den  wirtswechselnden  Rostpilzen  bis 
auf  fünf  steigt. 


72  III.    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Der  vegetative  Körper  ist  ein  Myzel  aus  Zellfäden,  den  Hyphen, 
von  normalem  Zellenbau.  Die  Hyphen  sind  einzellige  oder  meist 
mehrzellige,  verzweigte  Fäden  mit  Spitzenwachstum. 

Da  die  Fruktifikationsorgane  der  Einteilung  und  somit  der 
Bestimmung  der  Fadenpilze  zugrunde  liegen,  geben  wir  im  nach- 
folgenden eine  übersichtliche  Zusammenfassung  davon. 

Sporen-  und  Fruchtkörperformen  der  Pilze 

A.  Geschlechtlich  erzeugte  Sporen  (Fortpflanzungssporen) 

1.  Zygosporen,    durch    Kopulation    zweier    Zellen    entstanden. 

2.  Oosporen,  durch  Befruchtung  einer  Eizelle  durch  ein  Sper- 
matozoid  entstanden. 

B.  Ungeschlechtlich  erzeugte  Sporen  (Vermehrungssporen) 

1.  Schwärmsporen,   in    Sporangien   entstanden,    nur   noch    bei 
Phykomyceten. 

2.  Chlamydosporen  (und  Endosporen),  ruhend,    aus  einzelnen 
Hyphengliedern  entstanden. 

3.  Konidien,     exogene    Sporen,     an    den    Enden     bestimmter 
fruktitizierender  Hyphen,  der  Konidienträger,  abgeschnürt. 

a)  Unverzweigte  Konidienträger.  Die  Sporen  werden  in 
Ketten  (Oidium)  oder  einzeln  endständig  abgeschnürt. 
Hierher  gehören  auch  die  Uredo-  oder  Sommersporen, 
Teleuto-  oder  Wintersporen  und  die  Konidien  aus  den 
Pykniden  der  Rostpilze. 

b)  Verzweigte  Konidienträger.  Die  Sporen  werden  in  aus- 
strahlenden Ketten  {Aspergillus)  oder  in  büschelig  ver- 
einigten Ketten  (Piptocephalis)  abgeschnürt,  oder  einzeln 
an  den  Enden  mehrfach  gegabelter  {Penicilliuin)  und 
unregelmäßig  verzweigter  (Peronospora)  Konidienträger 

•gebildet. 

c)  Basidien.  Konidienträger  mit  4  endständigen,  auf  Ste- 
rigmen  stehenden  Sporen,  den  Basidiosporen. 

4.  Endogene  Sporen,  durch  freie  Zellbildung  entstehend. 

a)  In  Sporangien,  köpfchenförmigen  Behältern  in  großer 
Anzahl  entstanden  {Mucor). 

b)  Ascosporen  oder  Schlauchsporen,  in  schlauchförmigen 
Zellen  (Asci)  meist  in  begrenzter  Anzahl  gebildet. 


Schädliche  Organismen  73 

Die  Fruchtträger  (Konidienträger ,  Sporangien,  Asci)  können 
in  Fruchtkörpern  verschiedenster  Art  vereinigt  sein. 

1.  Im   einfachsten    Falle   stehen    sie   in    Bündeln    beisammen. 

2.  Sie  gehen  aus  einer  zusammenhängenden  Schicht,  einem 
Sporenlager  oder  einem  Hymenium  (ßasidio-  und  Asco- 
hymenium)  hervor. 

3.  Sie  entstehen  in  komplizierteren  Früchten,  in  denen  das 
Hymenium  meist  auf  einer  besonderen  Schicht,  dem  Stroma, 
liegt.  Sterile,  zwischen  den  fruktifizierenden  vorkommende 
Hyphen  heißen  Paraphysen. 

Solche  Fruchtkörper  sind: 

a)  Pykniden;  Das  Hymenium  ist  in  krugförmige  Behälter 
eingesenkt;  sie  produzieren  Konidien  (Pyknokonidien). 

b)  Perithecien;  rundliche  oder  krugförmige  (irehäuse,  mit 
enger  Mündung;    die    Schlauchfrüchte   der  Pyrenomyceten. 

c)  Apothecien;  offene,  becherförmige  Schlauchfrüchte  der 
Disco  myceten. 

d)  Äcidien;  offene  Sporenbecher  der  Rostpilze,  in  denen 
Chlamydosporen  entstehen. 

e)  Hutpilze  und  Schwämme;  Fruchtkörper  mit  frei- 
liegendem, Basidiohymenium,  das  auf  besonderen  Er- 
hebungen   oder    Lamellen    und    in    Röhren    lokalisiert   ist. 

Die  Sporen  selbst  sind  in  Größe  und  Form  sehr  verschieden 
ausgestaltet;  ihre  Membran  ist  bei  einigen  noch  besonders  verdickt 
und  mit  warzen-  oder  netzartigen  Erhebungen  versehen;  mehrzellige 
Sporen  werden  als  septiert  (ein-    bis   mehrfach   septiert)   bezeichnet. 

Für  die  Überwinterung  der  Pilze  sind  verschiedene  Ein- 
richtungen ausgebildet.  Zur  Überwinterung  ist  hier  auch  das  Aus- 
dauern der  Art  über  andere  ungünstige  Zeitperioden,  wie  Hitze  und 
Trockenheit,  die  in  warmem  Klima  eine  Vegetationsruhe  bedingen, 
zu  rechnen,  sowie  auch  Nahrungsmangel,  der  durch  Absterben  oder 
Austrocknen  des  Substrates  eintritt.  Sie  geschieht  im  einfachsten 
Falle  als  Ausdauern  des  vegetativen  Myzels  (Uromyces,  Nectria, 
Polijporus)  in  überwinternden  Pflanzenorganen.  Auch  einzelne 
Myzelteile  können  frei  oder  in  abgestorbenen  Pflanzenteilen  über- 
wintern. Anderseits  können  Myzelteile  auch  als  Dauermyzel  zu 
besonders  geformten  Körpern  aus  dichtem  pseudoparenchymatischem 
Gewebe,  den  Sklerotien,    umgebildet   und  erhärtet  sein.     Außerdem 


74  III.    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

ist  die  Sporenbildung  vielfach  eine  Einrichtung  für  Ausdauer  und 
Überwinterung  der  Art.  So  werden  im  Herbst  oder  bei  Eintritt 
sonstiger  ungünstiger  Verhältnisse  von  vielen  Pilzen  Dauersporen 
oder  höhere  Fruchtformen  mit  ausdauernden  Fruchtkörpern  gebildet. 
Dagegen  sind  die  Konidien  meist  nicht  haltbar  und  nur  für  die 
Ausbreitung  der  Art  und  sofortige  Keimung  bestimmt. 

Der  Ausbreitung  der  Pilze  dienen  fast  ausschließlich  die  Sporen, 
die  durch  Wind  und  Insekten,  aber  auch  mit  Pflanzenteilen,  wie 
Früchte,  Samen  oder  Ableger  der  Wirtspflanze  verschleppt  werden 
können.  Eine  besondere  Anpassung  für  die  Verschleppung  von 
Konidien  durch  Insekten  ist  z.  B.  bei  der  Sphaceliaform  des  Mutter- 
kornpilzes vorhanden. 

Die  Benennung  der  Pilze  richtet  sich  bei  den  wirtswechselnden 
und  sonst  pleomorphen  Arten  nach  der  Dauerfruchtform. 

Eingeteilt  werden  die  Fadenpilze  in  4  Hauptgruppen:  Die 
Phykomyceten,  die  noch  den  Algen  nahestehenden  niedrigsten  echten 
Pilze;  dann  die  Ascomyceten  und  Basidiomyceten,  die  beiden  Zweige 
der  höheren  Pilze,  und  als  Anhang  die  Fungi  imperfecti,  die  be- 
sonders zahlreich  und  pflanzenpathologisch  wichtig  sind.  Die  letzteren 
sind  Pilze,  von  denen  keine  höhere  Fruchtform  bekannt  ist  und  die 
daher  nicht  in  das  System  eingereiht  werden  können. 

1.  Klasse.     Phykomyceten,  Algen pilze 

Das  oft  reichverzweigte  Myzel  besteht  aus  einer  einzelligen 
Hyphe.  Vermehrung  durch  Endosporen;  zuweilen  durch  Schwärm- 
sporen und  Konidien.  Fortpflanzung  durch  Kopulation  von  Myzel- 
zweigen, Zygosporenbildung  und  durch  Befruchtung  in  Oogonien 
gebildeter  Oosporen. 

1.  Ordnung.     Oomyceten 

Fortpflanzung  durch  dickwandige,  braune  Oosporen;  Ver- 
mehrung durch  Konidien,  Endosporen  oder  Schwärmsporen. 

Fam.  Chytridiaceen.  Mikroskopisch  kleine  Parasiten.  Syn- 
chytrium  in  der  Oberhaut  von  Samenpflanzen.  Hierher  gehört 
Chrysophlyctis  endohiotica,  der  Kartoffelkrebs,  der  hauptsächlich  in 
England,  Deutschland  und  Nordamerika  in  der  Ausbreitung  begriffen 
und  zurzeit  eine  der  gefährlichsten  Pflanzenkrankheiten  ist. 


Schädliche  Organismen  75 

Fam.  Saprolegniaceen.  Im  allgemeinen  saprophytisch,  aber 
fakultativ  parasitisch.  Pythhim  deharyamim,  sehr  schädlich  auf 
Keimpflanzen,  verursacht  das  Umfallen  (Wurzelbrand). 

Fam.  Peronosporaceen,  falsche  Mehltaupilze.  Die  verzweigten 
bäumchenförmigen  Konidienträger  treten  aus  Spaltöffnungen  hervor 
und  bilden  einen  Rasen,  der  flaumig  aussieht  und  nicht  abwischbar 
ist.  Viele  wichtige  Krankheiten,  unter  ihnen  Phyiophthora  in- 
festans,  die  Kraut-  und  Knollenfäule  der  Kartoffel,  Plasmopara 
viticola,  die  Blattfallkrankheit  und  Lederbeerenkrankheit  der  Wein- 
rebe, Peronoipora  parasitica  auf  Kohlarten  und  Bremia  lactueae 
auf  Salat. 

Fam.  Cystopodiaceen.  Parasitisch  auf  Landpflanzen.  Alhugo 
Candida,  weißer  Schimmel  oder  weißer  Rost  auf  Capsella  bursa 
pastoris  und  anderen  meist  wilden  Kruziferen;  gallenbildend. 

2.  Ordnung.     Zygomyceten 

Fortpflanzung  durch  Kopulation  (Zygosporen);  Vermehrung 
durch  Konidieu  und  in  Sporangien  gebildete  Sporen. 

Fam.  Entomophthoraceen.  Parasitisch  in  Insekten.  Die  Gattung 
Empusa  und  Entomophthora  in  Raupen,  Zikaden,  Fliegen  usw. 

Fam.  Mucoraceen.  Saprophytisch;  Mucor  mucedo,  Köpfchen- 
schimmel, besonders  auf  Mist;  M.  mucedo  und  andere  Arten  treten 
auch  bei  Fruchtfäulen  auf. 

2.  Klasse.     Ascomyceten,  Schlauchpilze 
Die  Hauptfruchtform  sind  die  Asci  oder  Schläuche,  eine  Sonder- 
form des  Sporangiums.     Als  Nebenfruchtformen  kommen  Konidien 
und  Chlamydosporen  vor. 

1.  Unterordnung.     Hemiasceae. 

Zahl  der  Sporen  in  den  Schläuchen  unbestimmt.  Parasitisch 
in  krautigen  Pflanzen;  .ohne  praktische  Bedeutung. 

2.  Unterordnung.     Euasceae. 

Nur  2  bis  8  Sporen  in  einem  Schlauch. 

1.  Protoascineae.     Ohne  Hymenium. 

Fam.  Saccharomyceten,  Hefepilze  (Sproßpilze).  Saprophytische 
Gärungserreger. 

2.  Euascineae.     Mit  Hymenium. 

1.  Gruppe.  Protodiscineae.  Nur  Hymenium,  ohne  besondere 
Fruchtkörper.    Endophytische  Pflanzenparasiten;  z.  T.  mit  Sklerotien. 


76  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Außerdem  Vermehrung  durch  Konidien ;  z.  T.  in  besonderen  Frucht- 
körpern, Pykniden. 

Fam.  Exoascaceen.  Hymenium  unter  der  Cuticula.  Exoascus 
(Taphrina)  pruni,  an  Zwetschen  (Taschenbildung);  E.  deformans, 
Kräuselkrankheit  des  Pfirsichs;  E.  cerasi  und  insititiae,  Hexenbesen. 

2.  Gruppe.  Carpoasceae.  Das  Hymenium  kleidet  die  Hülle 
(Peridie)  der  Schlauchfrüchte  (Perithecien)  aus  und  trägt  neben  den 
Asci  Paraphysen,  die  an  sterilen  Stellen  Periphysen  genannt  werden. 
An  die  Stelle  der  Paraphysen  können  Konidienträger  treten  {Pezi- 
zaceae).  Schläuche  direkt  auf  dem  Myzel  oder  auf^dem  Stroma. 
Konidienfrüchte  zum  Teil  auf  demselben  Stroma,  wie  die  Schlauch- 
früchte. 

1.  U.-Gr.  Plectascineae.  Fruchtkörper  meist  rundlich  und 
geschlossen,  mit  steriler  Oberflächenschicht.  Schläuche  regellos  im 
Fruchtkörper. 

Fam.  Aspergillaceen.  Aspergillus,  Kolbenschimmel,  und  Peni- 
cülium,  Pinselschimmel,  häutige  Schimmelpilze;  P.  glaucum,  grüne 
Fruchtfäule.     Thielavia  basicola,  Wurzelparasit. 

2.  U.-Gr.  Pyrenomyceten,  Kernpilze.  Schläuche  am  Grunde 
des  Fruchtkörpers,  Hülle  geschlossen  oder  sich  nur  mit  einem  Loch 
öffnend. 

Fam.  Erysiphaceen.  Echte  Mehltaupilze.  Die  senkrechten  un- 
verzweigten Konidienträger  schnüren  in  Ketten  eiförmige  Konidien 
ab  (Oidium)  und  bilden  mit  dem  oberflächlich  wachsenden  Myzel 
einen  flachen  mehlähnlichen  Belag,  der  sich  abwischen  läßt.  Er- 
nährung des  Myzels  parasitisch  durch  Haustorien;  Schläuche  kurz 
in  kugeligen  Perithezien;  diese  mit  Anhängseln.  Viele  wichtige 
Arten,  darunter  Podosphaera  leucotricha,  Apfelmehltau,  Sphaerotheca 
humili,  Hopfenmehltau,  S.  pannosa,  Rosenmehltau,  8.  mors  uvae, 
amerikanischer  Stachelbeermehltau  (Stachelbeerpest),  Uncinula  necator 
(Oidium  TucJceri)  echter  Rebenmehltau  {Oidium,  Samenbruch),  Micro- 
sphaera  grossulariae,  europäischer  Stachelbeermehltau,  M.  quercina, 
Eichenmehltau. 

Fam.  Perisporiaceen,  Rußtaupilze.  Saprophy tisch,  ohne  Hau- 
atorien.  Verschiedene  Arten  (als  Apiosporium,  Fumago,  Capnodium 
usw.  bezeichnet)  bilden  die  Rußtau  Überzüge,  die  oberflächlich  auf 
den  Pflanzen  wachsen  und  meist  infolge  des  Honigtaus  der  Blatt- 
läuse erscheinen. 


Schädliche  Organismen  77 

Fam.  Hypocreaceen.  Weiche  lebhaft  gefärbte  Gehäuse.  Hier- 
her gehört  ein  Teil  der  als  Fusarium  bezeichneten  sichelartigen 
Konidienformen  auf  Getreidearten  {Fusarium  roseum) ;  ferner  Nectria 
cinnabarina,  nach  deren  Konidienlagern  die  Rotpustelkrankheit  der 
Laubhölzer  benannt  ist,  und  Nectria  galligena  (N.  ditissima),  der 
Erreger  des  Apfelbaumkrebses;  Polystigma  rubrum,  Rotfiecken- 
krankheit  auf  P?'Wwms- Arten.  Cordiceps  (Isaria)  ist  parasitisch  in 
Insekten. 

Claviceps  purpurea  ist  das  bekannte  Mutterkorn  des  Getreides, 
dessen  verschiedene  Stadien  ursprünglich  unter  besonderen  Namen 
bekannt  geworden  sind.  Die  Konidien  befallen  den  Fruchtknoten 
der  Blüte  und  erregen  den  Honigtau  (Sphacelia);  später  verdickt 
sich  das  Myzel  in  dem  Fruchtknoten  und  verhärtet,  wodurch  das 
überwinternde  Sklerotium,  das  Mutterkorn  {Sclerotium  clavus,  Seeale 
cornutiwi),  entsteht.  Aus  diesem  wachsen  im  nächsten  Jahre  die 
gestielten  Köpfchen,  das  Stroma,  hervor,  in  welche  die  mit  einer 
Mündung  versehenen  Perithezien  eingesenkt  sind.  Die  fadenförmigen, 
einzelligen  Ascosporen  befallen  wieder  die  Getreideblüten  (vergl.  Fig.  1). 

Fam.  Dothideaceen.  Phyllachora  graminis,  Blattschorf  der 
Gräser,  P.  trifolii,  schwarze  Flecken  auf  Klee.  Plowrightia  morbosa, 
schwarzer  Krebs  an  Steinobst  in  Nordamerika. 

Fam.  Sphaeriaceen.  Rosellinia  quercina,  Eichenwurzeltöter; 
R.  (Deniatophora)  necatrix,  der  Wurzelschimmel  der  Weinrebe,  bildet 
im  Kambium  und  im  Holz  Myzelstränge  (Rhizomorphen).  An  diesen 
entstehen  auf  Sklerotien  die  Konidien  und  später  auch  Pykniden 
und  Perithezien. 

Fam.  Mycosphaerellaceen.  Hierher  gehören  viele  Pilze,  deren 
Pyknidenformen  als  Blattfleckenkrankheiten  auftreten  und  zum  Teil 
unter  besonderem  Namen  als  Phyllosticta,  Septoria  usw.  (s.  S.  84) 
bekannt  sind. 

^dycosphaerella  sentina,  Fleckenkrankheit  der  Birnblätter, 
M.  fraganae,  Fleckenkrankheit  der  Erdbeerblätter.  Guignardia 
(Laestadia)  Bidivelli,  black-rot  oder  Schwarzfäule  der  Trauben. 

Fam.  Pleosporaceen.  Verschiedene  wichtige  Gattungen.  Ven- 
iuria  inaequalis  und  V.  pirina  sind  die  Perithezienformen  zu  Fusi- 
cladium  dendriticum  und  F.  pirinum,  der  Fusikladium-  oder  Schorf- 
krankheit (Grind)  des  Kernobstes,  denen  an  Kirschen  die  weniger 
gefährliche  Venturia  (Fusicladium)  cerasi  entspricht;    die  schwarz- 


78  III.    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

grünen  samtartigen  Flecken  werden  durch  die  Konidienträger  ge- 
bildet. Pleospora  trichostonia  ist  in  seiner  Konidienform  Helmintho- 
sporium  grammeum  als  Erreger  der  Streifenkrankheit  der  Gerste 
bekannt.  Leptosphaeria  herpotrichoides  ist  der  Roggenhalmbrecher, 
Hyphen  als  graugrüne  Fäden  an  den  unteren  Blattscheiden  und  im 
Halm;  Ophiobolus  herpotrichus ,  der  Weizenhalm  töter,  beide  als 
„Fußkrankheit"  bezeichnet.  Leptosphaeria  circinans,  der  Wurzel- 
töter  der  Luzerne,  auch  an  Klee  und  Rüben,  ist  unter  dem  Namen 
Rhizoctonia  violacea  (Rh.  medicaginis)  bekannt.  Die  Konidienform 
von  L.  Napi  bildet  die  Schwärze  des  Rapses  an  Blättern,  Stengeln 
und  Schoten.  Dilophia  graminis  (Konidienform  Dilophospora  gra- 
minis)  ist  die  Federbuschsporenkrankheit  des  Getreides. 

Farn.  Gnomoniaceen.  Onomonia  erythro  Stoma,  Erreger  der 
Kirschbaumkrankheit,  in  Blättern  und  jungen  Kirschen,  die  klein 
bleiben ;  O.  veneta  gehört  zu  der  Konidienform  Gloeosporium  nervi- 
sequum,  der  Nervenfleckigkeit  der  Platane. 

Fam.  Valsaceen.  Valsa  leucostoma,  Erreger  des  Kirschbaum- 
sterbens, bei  dem  die  Zweige  absterben  und  Gummi bildung  auftritt. 

3.  U.-Gr.  Discomyceten,  Scheibenpilze.  Schläuche  am  Grunde 
des  Fruchtkörpers,  Hülle  zuletzt  halbkugelig,  Hymenium  bloßliegend. 

Fam.  Hypodermataceen.  Lophodermium  pinastri,  Kiefern- 
schütte,  befällt  die  Nadeln,  besonders  in  Saatkämpen. 

Fam.  Phacidiaceen.  Rhytisma  acerinum,  der  Ahornrunzel- 
schorf, verursacht  die  schwarzen  Flecken  der  Ahornblätter;  sie  be- 
stehen aus  Sklerotien,  in  denen  zuerst  Konidien  gebildet  werden; 
die  Apothezien  entstehen  erst  im  Frühjahr  auf  den  toten  Blättern. 

Fam.  Mollisiaceen.  Pseudopeziza  trifoUi,  Blattäeckenkrankheit 
des  Klees.  P.  tracheiphila,  roter  Brenner  der  Rebenblätter;  Myzel 
in  den  Gefäßen  der  Blattnerven.  P.  ribis  ist  die  Ascusform  von 
Gloeosporium  rihis,  der  Blattfallkrankheit  der  Johannisbeere,  die  in 
Form  zahlreicher,  kleiner  brauner  Blattflecken  auftritt. 

Fam.  Helotiaceen.  Dasyscypha  calycina,  der  Lärchenkrebs, 
ist  ein  Wundparasit  und  wuchert  in  der  Rinde.  Zahlreiche  Krank- 
heiten gehören  zu  der  Gattung  Sclerotinia,  darunter  zu  den 
wichtigsten  die  Obstbaurasklerotinien,  deren  Konidienform  als  Monilia- 
krankheit  bekannt  ist.  An  Äpfeln  und  Birnen  findet  sich  Sei.  fructi- 
gena  (Monilia  fnictigena)  \  an  Aprikosen  Sei.  laxa  (M.  laxa);  an 
anderem  Steinobst,  besonders  an  Kirschen  Sei.  cinerea  (M.  cinerea). 


Schädliche  Urganismen  79 

Die  Pilze  befallen  teils  die  Zweige,  die  eie  zum  Absterben  bringen, 
teils  Blüten  und  Früchte;  an  letzteren  entstehen  Fruchtfäule  oder 
Fruchtmumien.  Sei.  fucJceliana  ist  die  Ascusform  der  bekannten, 
ursprünglich  saprophytischen  Botrytis  cinerea,  die  an  der  Rebe  als 
grauer  Traubenschimmel,  Graufäule,  Sauerfäule,  Edelfäule  auftritt; 
auch  an  vielen  anderen  Pflanzen,  z.B.  an  Rosen,  kommt  diese 
Botrytisfäule  vor.  Sei.  lihertiana  ist  als  Rapskrebs,  Hanfkrebs  und 
von  vielen  anderen  Pflanzen  bekannt.  Sei.  trifoliorum  ist  der 
Erreger  des  Kleekrebses;  er  bildet  auf  der  Oberfläche  der  Pflanze 
Sklerotien  aus. 

3.  Klasse.     Basidiomyceten 

Die  Hauptfruchtform  ist  die  Basidie,  die  in  verschiedener 
Ausbildung  auftritt,  wobei  noch  die  sehr  mannigfaltige  Ausgestaltung 
des  Basidiohymeniums  und  der  dieses  tragenden  Fruchtkörper  hinzu- 
kommt. Zu  den  Basidiomyceten  gehören  die  zahlreichen  Hutpilze 
oder  Schwämme;  pflanzenpathologisch  sind  hauptsächlich  die  Brand- 
und  Rostpilze  von  Bedeutung.  Nebenfruchtformen  sind  nur  bei  den 
letzteren  reich  ausgebildet. 

1.  U.-Ordn.  Hemihasidii .     Basidienähnliche  Konidienträger. 

Farn.  Ustilagineen ,  Brandpilze.  Der  Entwicklungsgang  der 
Brandpilze,  die  auch  als  selbständige  Gruppe  zwischen  den  Asco- 
myceten  und  Basidiomyceten  aufgefaßt  werden  können,  verläuft  in 
der  Weise,  daß  aus  der  Brandspore  (Chlamydospore)  ein  wenigzelliges 
Promyzel  (das  Hemibasidium)  hervorgeht,  an  weichem  die  Konidien 
(Sporidien)  gebildet  werden ;  das  von  diesen  ausgehende  Myzel  in- 
fiziert die  Pflanze.  Schädlich  sind  die  Brandpilze  fast  ausschließlich 
an  Getreidearten,  wo  sie  eine  volkswirtschaftlich  höchst  bedeutende 
Rolle  spielen. 

Man  unterscheidet  Brandpilze  mit  Keimlingsinfektion,  bei  denen 
die  Sporen  dem  Korn  nur  äußerlich  anhaften  und  erst  in  die  keimende 
Pflanze  eindringen,  und  solche  mit  Blüteninfektion,  die  schon  in 
die  Blüte  eindringen  und  als  Myzel  im  Korn  vorhanden  sind.  Der 
Pilz  wächst  interzellular  in  der  Pflanze,  die  dabei  kaum  geschädigt 
wird;  erst  bei  der  Bildung  der  Brandsporen,  die  meist  in  den  Ähren, 
aber  auch  an  den  Halmen  der  Gramineen  erfolgt,  wird  er  sichtbar 
und  zerstört  die  Gewebe. 


80     .  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankbeiten 

Brandpilze  mit  Keimlingsinfektion  (Bekämpfung  durch  Beizen 
mit  Chemikalien)  sind:  Der  Stinkbrand  oder  Steinbrand  des  Weizens, 
Tilletia  tritici;  der  seltenere  Stinkbrand  T.  laevis,  mit  glattwandigen 
Sporen;  der  Haferflugbrand,  Ustilago  avenae;  der  Gerstenhartbrand, 
Usfüago  hordei;  der  Roggenstengel brand,  Urocystis  occulta,  und  der 
Hirsebrand,  U.  panici  miUacei,  der  die  jungen  Rispen  völlig  zerstört. 
Brandpilze  mit  Blüteninfektion  (Bekämpfung  durch  Heißwasser- 
beizung)  sind:  Der  Gerstenflugbrand,  Ustilago  nudo,,  und  der  Weizen- 
flugbrand, U.  tritici. 

Anders  als  die  genannten  verhält  sich  der  Maisbrand  oder 
Beulenbrand  des  Mais,  Ustilago  maj/dis,  der  große,  mit  einer  silber- 
grauen Haut  überzogene  Brandbeulen  (Gallen)  an  den  Stengeln  und 
kleinere  an  Blättern,  Blütenrispen  und  Kolben  erzeugt.  Er  befällt 
die  noch  jungen  Teile  der  Pflanze  durch  Triebinfektion  während 
der  ganzen  Wachstumszeit. 

Von  anderen  Brandpilzen  verdierien  noch  der  besonders  in 
Nordamerika  schädliche  Zwiebelbrand,  Urocystis  cepidae,  der  auf 
den  Zwiebelschalen  und  auch  auf  anderen  Organen  schwarze  Brand- 
beulen bildet,  und  der  Brand  der  Dattelpalmenblätter,  Graphiola 
phoenicis,  der  kleine  harte  Schwielen  erzeugt,  Erwähnung. 

2.  U.-Ordn.    Euhasidii.     Echte  Basidien  mit  Sterigmen. 
I.Gruppe.     Protobasidiomyceten.     Geteilte    Basidien   aus   vier 
übereinanderstehenden  Zellen. 

Uredineen,  Rostpilze.  Noch  schädlicher  als  die  Brandpilze, 
und  zwar  in  der  Hauptsache  ebenfalls  an  Getreidearten,  sind 
die  sehr  zahlreichen  Rostpilze.  Charakteristisch  für  sie  ist  die 
besonders  weitgehende  parasitische  Anpassung,  die  in  der  Bildung 
von  bis  zu  fünf  verschiedenen  Sporenformen,  im  Vorkommen  des 
Wirtswechsels  und  der  meist  sehr  engen  Spezialisierung  ihren  Aus- 
druck findet.  Die  Schädlichkeit  der  Rostpilze  beruht  darauf,  daß 
das  interzellulare  Myzel  die  Zellen  der  Wirtspflanze  aussaugt  und 
die  zahlreichen  Sporenlager  die  assimilierende  Fläche  zerstören.  Die 
befallenen  Pflanzen  wachsen  schwächlich  und  geben  nur  geringen 
Ertrag.     Vielfach  treten  auch  Gallenbildungen  auf. 

Der  Entwicklungsgang  der  Rostpilze  geht  im  Frühjahr  von 
den  Teleutosporen  (Teliosporen) ,  die  den  Brandsporen  der  Usti- 
lagineen  entsprechen,  aus.     Sie  keimen  zu  den  Basidien,  einem  vier- 


Schädliche  Organismen  gl 

zelligen  Promyzel  aus,  an  dem  die  Sporidien  (Basidiosporen)  ent- 
stehen, welche  die  Nährpflanze  infizieren.  Aus  dem  Myzel  gehen 
dann  verschiedene  Fruchtkörper  hervor,  die  Becherfrüchte  (Aecidien) 
und  die  Uredolager  mit  den  reihenweise  gebildeten  Aecidio-  (Aecio-) 
Sporen  und  den  einzeln  auf  Stielen  entstehenden  Uredosporen, 
und  die  kleinen  Pykniden  (Spermogonien)  mit  den  Konidien  (Sper- 
matien).  Diese  letzteren  keimen  nicht;  ihre  Funktion  ist  unbekannt. 
Während  die  Uredosporen  die  Sommersporen  darstellen,  sind  die 
meist  auf  denselben  Lagern  später  entstehenden  Teleutosporen 
(Teliosporen)  die  Herbst-  oder  Wintersporen.  Sie  sind  zweizeilig, 
sehr  dickwandig  und  keimen  erst  nach  Überwinterung  im  Früh- 
jahr aus. 

Der  Wirtswechsel  (Heteroecie)  besteht  nun  darin,  daß  zur 
Vollendung  des  vollständigen  Entwicklungsganges  zwei  verschieden- 
artige Nährpflanzen  notwendig  sind.  So  können  beim  Getreide- 
schwarzrost, Pucc'mia  graminis,  die  Keimschläuche  der  Sporidien 
nur  die  Blätter  der  Berberitze  infizieren.  Dort  entstehen  oberseits 
Pykniden,  unterseits  Aecidien.  Die  Aecidiosporen  infizieren  aber 
nicht  die  Berberitze,  sondern  nur  das  Getreide,  auf  welchem  erst 
die  Uredo-  und  die  Teleutosporen  entstehen  können.  Aus  den 
Teleutosporen,  bezw.  der  Basidie  gehen  wieder  Sporidien  hervor, 
welche  nicht  das  Getreide,  sondern  nur  die  Berberitze  befallen 
können.  Die  Berberitze  ist  also  in  diesem  Falle  der  Z wischen wirt 
für  den  Getreiderost.  Es  muß  jedoch  erwähnt  werden ,  daß  auch 
Uredolager  überwintern  können  und  daher  z.  B.  in  unserem  Klima 
die  Erhaltung  des  Schwarzrostes  nicht  ausschließlich  auf  den  voll- 
ständigen Entwicklungsgang  über  den  Zwischenwirt  angewiesen  ist, 
wogegen  andere  Arten  auch  noch  durch  perennierendes  Myzel  über- 
wintern (vergl.  Fig.  2). 

Die  Spezialisierung  der  Rostpilze  erstreckt  sich  nicht  nur 
darauf,  daß  wie  bei  anderen  Pilzen  eine  Art  auf  eine  bestimmte 
Nährpflanze  beschränkt  ist,  sondern  sie  geht  hier  noch  weiter,  indem 
zu  einer  an  einen  Aecidienwirt  gebundenen  Art  Spezialformen  ge- 
hören, die  ihre  Teleutosporen  auf  verschiedenen  Wirtspflanzen  ent- 
wickeln. Diese  morphologisch  nicht  unterscheidbaren  Formen  be- 
zeichnet man  als  biologische  Arten  erder  auch  als  Gewohnheitsrassen. 
So  gibt  es  beim  Schwarzrost  für  die  gemeinsame  Aecidienform  auf 
der  Berberitze  eine    besondere  Teleutosporenform   auf   Roggen   und 

Sammlung  Borntraeger  I;Mor8tatt  6 


82  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkraukheiten 

Gerste  und  einigen  anderen  Gramineen,  eine  andere  Telentosporen- 
form  auf  Hafer,  Raygras  usw. 

Zu  den  wirtswechselnden  Rostpilzen  gehören  vor  allem  die 
Getreideroste:  der  Schwarzrost,  Puccinia  graminis,  auf  Roggen, 
Gerste,  Weizen  und  Hafer,  Aecidien  auf  Berheris  vulgaris;  der 
Braunrost  des  Roggens,  P.  dispersa,  Aecidien  auf  Änchusa  arvensis 
und  A.  officinalis ;  der  Braunrost  des  Weizens,  P.  triticina,  Aecidien 
unbekannt;  der  Gelbrost,  P.  glumarum,  auf  Weizen,  Roggen  und 
Gerste,  Aecidien  unbekannt;  der  Zwergrost  der  Gerste,  P.  simplex, 
Aecidien  auf  Ornithogalum  umbeUatum ;  der  Kronenrost  des  Hafers, 
P.  coronifera,  Aecidien  auf  Rhamniis  cathartica. 

Die  wichtigeren  Rostpilze  verteilen  sich  auf  die  zwei  folgenden 
Familien : 

Farn.  Melampsoraceen.  Teleutosporen  ungestielt.  Zu  Cronar- 
tium  ribicola  gehört  als  Aecidienform  Peridermium  strohi,  der 
Weymouthskiefernblasenrost;  beide  Formen  sind  in  Nordamerika 
sehr  schädlich.  Melampsora  caryophyllacearum  hat  als  Aecidien- 
form das  Aecidium  elatinum,  den  Hexenbesen  und  Krebs  der  Weiß- 
tanne ;  M.  pinitorqua  auf  der  Zitterpappel  das  Caeoma  pinitorquum, 
den  Kieferndreher  oder  Drehrost.  Ohne  Wirtswechsel  (autoecisch) 
ist  der  Leinrost,  M.  Uni. 

Fam.  Pucciniaceen.  Teleutosporen  gestielt.  Bei  Oymnosporan- 
gium  sabinae  fehlen  die  Uredosporen,  das  Aecidium  ist  als  Roestelia 
cancellata,  Birnengitterrost,  bekannt.  Die  Aecidien  sind  dagegen 
bei  Hemileia  vastatrix,  dem  Kaffeerost,  unbekannt.  Aus  der  Gattung 
Uromyces  sind  schädliche  Arten:  U.  appendiculatus  auf  Bohnen, 
U.  fabae  auf  Pferdebohnen,  U.  trifolii  auf  Klee,  U.  betae  auf  Rüben 
und  U.  pisi  auf  Erbsen ;  zu  letzterem  gehört  Aecidium  euphorbiae 
auf  E.  cyparissias.  Zur  Gattung  Puccinia  gehören  außer  den 
Getreiderosten :  P.  asparagi,  der  Spargelrost,  und  P.  apii,  der  Sellerie- 
rost, beide  autoecisch.  P.  Pringsheimiana  auf  Carea;- Arten  hat  als 
Aecidienform  den  Stachelbeerrost.  Andere  wichtigere  Arten  sind  auch 
der  Chrysanthemum -Rost,  der  Malvenrost  und  aus  der  Gattung 
Phragmidium  der  Rosenrost,  Ph.  subcorticium. 

2.  Gruppe.  Autobasidiomyceten.  Einzellige  keulenförmige 
Basidien  mit  vier  endständigen  Sterigmen. 

1.  U.-Gr.  Exobasidiinae.  Basidien  keulenförmig,  auf  frei- 
liegendem Hymenium. 


Schädliche  Organismen  33 

Farn.  Exobasidiaceen.  Entsprechen  durch  die  freihegenden 
Basidien  den  Exoascaceae  bei  den  Ascomyceten  und  sind  wie  diese 
Gallenerreger.     Exobasidium  vaccinii  auf  der  Preißelbeere. 

2.  U.-Gr.  Hymenomyceten.  Basidiohymenium  auf  einem 
Fruchtkörper,  der  aus  vielfach  verzweigten  und  verflochtenen  Hyphen 
besteht.     Konidien  selten. 

Farn.  Corticiaceen,  Rindenpilze.  Fruchtkörper  schimmelartig. 
Hijpochnus  solani,  der  Grind  der  Kartoffeln,  mit  Corticium  vagum 
var.  solani  und  Rhizoctonia  solani  identisch. 

Fam.  Thelephoraceen,  Rindenpilze.  Fruchtkörper  lederig  oder 
holzig.  Stereum  purpureutn  im  Holz,  Ursache  des  Milch-  oder 
ßleiglanzes  der  Obstbäume;  St.  hirsutum,  Holzzerstörer.  Thelephora 
laciniata ;  die  Fruchtkörper  überziehen  oft  große  Strecken  und  können 
dabei  Saatbeete  ersticken. 

Fam.  Clavariaceen,  Keulenpilze.  Fruchtkörper  fleischig,  keulig 
oder  baumförmig.  Typhula  graminum,  Typhulafäule  des  Getreides; 
Sklerotien  an  den  abgestorbenen  jungen  Blättern. 

Fam.  Polyporaceen,  Löcherschwämme.  Hymenium  auf  Falten 
oder  in  Röhren.  Die  artenreiche  und  vielgestaltige  Familie  der 
Löcherschwämme  enthält  viele  Holzzerstörer,  von  denen  ein  Teil 
auch  parasitisch  auftritt.  Merulius  lacrymans,  Hausschwamm; 
Fomes  annosus  {Trametes  radieiperda).  Wurzelschwamm,  Stockfäule, 
Rotfäule,  an  Nadeln  und  Laubhölzern  schädlich.  Polyporus  cau- 
dicinus  (P.  sulfureus),  besonders  an  Obstbäumen ;  P.  squamosus  an 
Obstbäumen.  Trametes  pini,  der  Kiefernbaumschwamm,  erzeugt 
die  Rot-  oder  Kernfäule. 

Fam.  Agaricaceen,  Hutpilze,  Blätterschwämme.  Hymenium 
auf  Lamellen.  Von  den  Hutpilzen  hat  nur  Armillaria  mellea,  der 
Hallimasch,  größere  Bedeutung;  er  befällt  Laub-  und  Nadelholz 
und  bildet  sträng-  oder  bandartige,  braune  bis  schwarze  Rhizo- 
morphen. 

3.  U.-Gr.  Gasteromyceten.  Fruchtkörper  vor  der  Reife  ge- 
schlossen. Hierzu  nur  eine  Art,  die  gelegentlich  parasitisch  auf- 
treten kann,  Ithyphallus  impudictis,  die  Gichtmorchel,  an  Reben 
aus  der  Fam.  Phallaceen,  zu  der  im  übrigen  holzzerstörende  Pilze 
gehören. 

6* 


84  IIJ^-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Anhang.     Fungi   imperfecti 

Hierher  gehören  neben  einer  Anzahl  steriler  Myzelien  die  un- 
gemein zahlreichen  Pilze,  von  denen  nur  Konidienfruktifikationen 
bekannt  sind.  Sie  sind  ursprünglich  teils  von  Ascomyceten,  teils 
von  Basidiomyceten  abzuleiten,  können  aber,  da  die  höhere  Frucht- 
form fehlt,  nicht  in  das  System  eingereiht  werden. 

Pflanzenpathologisch  spielen  sie  durch  einige  umfangreiche 
Gattungen,  die  bis  über  1000  Arten  zählen,  eine  wichtige  Rolle. 
Die  meisten  Blattfieckenkrankheiten  gehören  hierher;  besonders  auch 
in  Nordamerika  treten  viele  Arten  sehr  schädlich  auf. 

Die  Einteilung  erfolgt  nach  der  Bildungsweise,  weiterhin  nach 
Form  und  Farbe  der  Sporen,  und  die  Namen  der  Familien  sind 
teilweise  von  denjenigen  der  Familien  von  Asco-  und  auch  Basidio- 
myceten, zu  welchen  sie  nach  der  Fruktifikationsform  in  näherer 
Beziehung  stehen,  abgeleitet. 

Sphaeropsidales.  Konidien  in  Pykniden  oder  kammer- 
artigen Höhlungen. 

Farn.  Sphaerioidaceen.  Mit  kugeligen  schwarzen  Pykniden. 
Phyllosticta  und  Phoma,  die  in  zahllosen  Arten  auftreten,  bilden  be- 
grenzte Flecken,  erstere  auf  Blättern,  letztere  auf  anderen  Organen. 
Sphaeropsis  malorum  ist  ein  Krebserreger  des  Apfelbaumes  in  Nord- 
amerika; Äscochyta  pisi  verursacht  die  Brennfleckenkrankheit  der 
Erbsen  auf  Blättern  und  Hülsen;  hauptsächlich  auf  der  Oberfläche 
der  Blätter  lebt  Adinonema  rosae.  Aus  der  großen  Gattung  Sep- 
toria  mit  linsenförmigen  Pykniden  in  Blattflecken  sind  wichtigere 
Arten  8.  graminum  und  S.  tritici,  Schwarzfleckigkeit  der  Weizen- 
blätter; .S.  petroselini  ist  an  Petersilie  und  mehr  noch  die  var.  apii 
an  Sellerie  schädlich;  andere  Arten  sind  schon  bei  den  Ascomyceten 
aufgeführt,   da   sie  sich  als  zu  diesen   gehörig   herausgestellt  haben. 

Melanconiales.  Konidien  auf  zuletzt  freiliegenden  Konidien- 
lagem. 

Fam.  Melanconiaceen.  Oloeosporium,  eine  sehr  große  Gattung 
mit  flach  scheibenförmigen  oder  etwas  polsterförmigen  Lagern  und 
oft  durch  ihren  Schleim  zu  Klumpen  zusammengeklebten  Sporen, 
verursacht  meist  Anthraknosen  oder  Schwärzen,  die  teilweise  schon 
unter  verschiedenen  Ascomycetenfamilien  aufgeführt  sind.  Wich- 
tiger sind   außerdem:   Ol.   fructigenum,   die   Bitterfäule   der  Äpfel; 


Schädliche  Organismen  85 

Ol.  cmdivorum,  der  Stengelbrenner  des  Klees;  Gl.  lindemuthiantun, 
die  ßrennfleckenkrankheit  der  Bohnen;  Gl.  ampelophagnm,  der 
schwarze  Brenner  der  Reben;  G.  tiliae,  eine  Blattkrankheit  der 
Linde,  bei  der  die  befallenen  Blattstiele  abbrechen. 

Hyphomyceten.  Konidien  an  einzeln  stehenden  oder  zu 
Strängen  (Koremien)  verbundenen  Trägern. 

Farn.  Mucedinaceen.  Hierher  gehören  die  schon  bei  den 
Ascomyceten  erwähnten  Gattungen  Oidium,  Monilia  (Polsterschimmel) 
und  Botrytis  (Traubenschimmel).  Als  Saprophyten  sind  die  Asper- 
gillusarten  wichtig.  VerticiUium  alboatrum  lebt  in  den  Gefäßen 
der  KartoffelpManzen  und  verursacht  die  Welkekrankheit. 

Fam.  Dematiaceen.  Fusidadium  und  Fumayo  sind  schon  ge- 
nannt (s.  Ventiiria,  S.  77).  Cladosporiwm  herhariim,  ein  häufiger 
Schimmelpilz,  tritt  als  Schwächeparasit  auch  schädlich  auf  und  ver- 
ursacht die  Schwärze  der  Getreidearten;  Cl.  fulvum  erzeugt  eine 
Welkekrankheit  der  Tomaten.  Clasterosporium  carpophilutn  ist  die 
Ursache  der  Schußlöcherkrankheit  und  eines  Gummiflusses  beim 
Steinobst.  Helminthospormni  gramineum,  die  Streifenkrankheit  der 
Gerste,  ist  schon  als  Konidienform  von  Pleospora  trichostoma  er- 
wähnt; H.  teres  ist  die  Blattfleckenkrankheit  der  Gerste,  während 
auf  Hafer  H.  avenae  vorkommt.  Die  Silberflecken  der  Kartoffeln 
rühren  von  Spondylocladium  atrovirens  her.  Eine  Fleckenkrankheit 
des  Sellerie  verursacht  Cercospora  apii,  C.  beticola  diejenige  der 
Rüben.  Alternaria  {Macrosporium)  solani  erzeugt  die  Dürrflecken- 
krankheit der  Kartoffeln,  die  besonders  in  Nordamerika  schädlich 
auftritt  {early  hlight  oder  potato  hliyht). 

Fam.  Stilbaceen.  Außer  Saprophyten  und  einigen  Pflanzen- 
parasiten gehört  hierher  die  zum  Teil  auf  Insekten  parasitische 
Gattung  Isaria.  I.  {Metarhizium)  anisopliae  ist  ein  weitverbreiteter 
Parasit,  der  zur  Vertilgung  von  Nashornkäferlarven  praktische  Ver- 
wendung gefunden  hat. 

Fam.  Tuberculariaceen.  Hiervon  sind  Tuhercularia  bei  dem 
Ascomyceten  Nectria,  Sphacelia  bei  Claviceps  schon  erwähnt.  Eine 
sehr  wichtige,  hierher  gehörige  Gattung  ist  Fusarium,  von  der 
ebenfalls  bei  einigen  Arten  die  betreffenden  Ascomyceten  bekannt 
sind.  Die  Gattung  ist  durch  ihre  sichelförmigen,  septierten,  ver- 
schiedenartig hellen  Konidien  und  das  häufig  auffällig  gefärbte 
Stroma   charakterisiert.      Eine   neuere  Übersicht   nach   dem   Krank- 


86  III.    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

heitsbild^)  unterscheidet  KartoffelknoUenfäule  erregende  Fusarien, 
Fusarium-Welken  oder  Tracheomykosen,  zu  welchen  der  Schnee- 
schimmei  {Calonectria  graminicola  =  Fusarium  nivale)  gehört,  und 
Spitzendürre  und  Rindenfäule  der  Gehölze  erregende  Fusarien. 

Sterile  Myzelien.  Von  der  hierher  gehörigen  Gattung 
Rhizoctonia  sind  Rh.  violacea  bei  den  Pleosporaceen,  Rh.  solani  bei 
den  Corticiaceen  schon  erwähnt.  Moniolopsis  aderholdi,  der  Ver- 
mehrungspilz, ist  einer  der  Erreger  der  Keimlingskrankheiten. 

Nebenklasse.     Lichenes,  Flechten 

Die  Flechten  sind  Pilze,  die  in  enger  Symbiose  mit  Algen 
leben.  Zu  ihnen  gehören,  ihrer  Organisation  gemäß,  keine  Parasiten, 
doch  leben  viele  ihrer  Arten  epiphytisch  und  kommen  davon  einige 
pflanzenpathologisch  in  Betracht.  Aber  auch  diese  sind  mehr  als 
Anzeichen  ungünstiger  Bedingungen  (Luftfeuchtigkeit  des  Klimas 
und  Standortes),  denn  als  direkte  Schädlinge  zu  betrachten. 
Außerdem  begünstigen  sie  die  Vermehrung  schädlicher  Insekten, 
denen  sie  Unterkunft  oder  Plätze  für  Eiablage  und  Larvenent- 
wicklung bieten. 

Der  Thallus  der  Flechten  ist  krusten-  laub-  oder  strauch- 
förmig.  Die  Vermehrung  findet  durch  Soredien  statt,  runde  Körper, 
die  von  Hyphen  umsponnen  und  durchzogen  sind  und  nach  Spren- 
gung der  Rindenschicht  hervortreten  und  vom  Winde  verweht 
werden.  Auch  Fruchtkörper  der  an  den  Flechten  beteiligten  Pilze 
kommen  vor;  sie  entsprechen  den  Früchten  der  betreffenden  Pilze 
und  sind  frei  auf  der  Oberfläche  entstehende  Apothecien  oder  ge- 
schlossene Perithecien.  Außerdem  finden  sich  noch  Konidienfrüchte 
in  Pykniden. 

Gefäßkryptogainou 

Diese  Abteilung  enthält  keine  Parasiten,  doch  können  Moose 
als  Epiphyten  ähnlich  wie  die  Flechten  und  als  Unkräuter  schäd- 
lich auftreten. 

Auch  die  Farne  kommen  als  Unkräuter  in  Frage;  besonders 
ist  hier  der  überall  verbreitete  Adlerfarn,  Pteridium  aquilinum,  zu 
erwähnen.  Von  den  Schachtelhalmen  ist  Equisetum  arvense 
ein  bekanntes  Unkraut. 


^)   Wollenweber,  in  Sorauers  Handbuch,  4.  Aufl. 


Schädliche  Organismen  87 

Blutenpflanzen 

Während  die  Gymnospermen  keine  Parasiten  enthalten,  ge- 
hören zu  den  Angiospermen  Parasiten  und  Hemiparasiten  ver- 
schiedener Grade.  Reine  Epiphyten  spielen  dagegen  bei  Kultur- 
pflanzen kaum  eine  Rolle.  Außerdem  sind  die  zahlreichen  Unkräuter 
im  praktischen  Pflanzenschutz  wichtig. 

Halbschmarotzer  sind  die  Santalaceen,  Loranthaeeen  (Mistel) 
und  Scrophulariaceen.  Chlorophyllfreie  echte  Schmarotzer  sind  die 
Cuscutaceen,  besonders  Cuscuta  trifolii,  die  Kleeseide,  und  die 
Orobanchaceen,   zu  denen  Orohanche  minor,   der  Kleeteufel  gehört. 

b)   Tiere  als  Krankheitserreger  und  Schädlinge 

Alle  Tiere,  die  sich  von  lebenden  Pflanzen  ernähren,  müssen 
als  Schädlinge  der  Gewächse  angesehen  werden.  Davon  verdienen 
aber  nur  diejenigen  Beachtung,  welche  Nutzpflanzen  angreifen  und 
dadurch  wirtschaftlich  schädigend  wirken.  Hierzu  gehören  allerdings 
schon  viele  Tiere  von  sehr  großer  pflanzenpathologischer  Bedeutung. 
Zu  den  eigentlichen  Pflanzenkrankheiten  sind  dagegen  nur  solche 
tierische  Schädigungen,  welche  die  Folge  besonderer  Anpassung, 
also  im  wesentlichen  des  Parasitismus  sind,  zu  rechnen. 

Von  den  landbewohnenden  Tierklassen,  die  hier  nur  in  Frage 
kommen,  sind  vorwiegend  Wirbeltiere  und  Insekten  unter  den  schäd- 
lichen Arten  vertreten.  Erstere  werden  teils  durch  ihren  Fraß,  oft 
aber  auch  durch  ihre  sonstigen  Lebensgewohnheiten,  wie  z.  B.  unter- 
irdische Lebensweise  (oder  Nestbau)  schädlich,  während  die  Insekten, 
die  für  uns  bei  weitem  wichtigste  Tierklasse,  sich  in  außerordentlich 
vielen  Arten  als  freilebende  Tiere  von  Pflanzenteilen  nähren  und 
anderseits  fast  ebenso  zahlreich  durch  mehr  oder  minder  ausgeprägte 
parasitische  Lebensweise  zu  wichtigen  Pflanzenfeinden  und  Krank- 
heitserregern werden.  In  ihrem  Parasitismus  ergeben  sich  dabei,  wie 
schon  erwähnt,  manche  Parallelen  zu  den  ähnlich  artenreichen  und 
schädlichen  Pilzen. 

Urtiere 

Obwohl  zu  den  Protozoen  viele  wichtige  Krankheitserreger  des 
Menschen  und  der  Tiere  gehören,  sind  bisher  keine  Pflanzen- 
parasiten unter  ihnen  bekannt  gewesen.  Erst  neuerdings  ist  ein 
Flagellat,    der   in   den   Milchsaftröhren   von   Euphorbien    lebt,    als 


88  lil-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Krankheitserreger  einer  Pflanze  beschrieben  worden.  In  einzelnen 
Fällen  glaubt  man  auch  bei  Blattroll-  und  Mosaikkrankheit  Protozoen 
entdeckt  zu  haben,  über  deren  Bedeutung  jedoch  noch  nichts  Näheres 
feststeht. 

Weichtiere 

Aus  der  Ordnung  der  Lungenschnecken,  Klasse  der  Gastropoden 
oder  Schnecken,  können  einige  Arten  gelegentlich  schädlich  auftreten. 
Die  wichtigsten  sind  unter  den  nackten  Limaeiden  Agriolimax 
agrestis,  die  graue  Ackerschnecke,  und  unter  den  gehäusetragenden 
Heliciden  Helix  pomatia,  die  Weinbergschnecke. 

Wärmer 

Nematoden,  Rundwürmer 

Farn.  Anguilluliden.  Die  Alchen  sind  mikroskopisch  kleine, 
farblose  Würmer,  meist  an  beiden  Seiten  zugespitzt.  Der  Mund  ist 
endständig,  die  Mundhöhle  enthält  bei  einigen  Gattungen  einen 
Mundstachel;  die  Kloake  liegt  nahe  dem  Hinterende.  Die  Alchen  — 
meist  bezeichnet  man  sie  mit  dem  Namen  der  Ordnung  als  Nema- 
toden —  leben  teils  frei  in  der  Erde,  teils  ektoparasitisch  an 
Pfllanzen  oder  endoparasitisch  in  den  Pflanzen.  Sie  erzeugen  an  den 
befallenen  Pflanzen  Fäulen  und  vielfach  auch  Gallen;  meist  sind 
sie  polyphag,  als  weitgehend  angepaßte  Parasiten  aber  auch  vielfach 
in  biologische  Rassen  gespalten.  Beim  Rübenälchen  wird  das 
Weibchen  zur  Cyste,  in  der  die  Eier  lange  Zeit  ausdauern  können. 

Verschiedene  Arten  erzeugen  an  Kartoffelknollen  die  sogen. 
Älchenkrätze.  Die  wichtigsten  Alchen  sind  Tylenchus  dipsaci 
(T.  devastatrixj,  das  Stock-  oder  Stengelälchen  (Stockkrankheit  an 
Getreide  und  Klee);  T.  tritici,  das  Weizenälchen  (Radekrankheit 
oder  Gicht  des  Weizens);  Heterodera  radicicola,  das  sehr  polyphage 
Wurzelälchen ;  H.  schachtii,  das  Rübenälchen  (Rübennematode), 
Ursache  der  Rübenmüdigkeit,  ebenfalls  polyphag  und  rassenbildend ; 
Aphelenchus  olesistus,  Erreger  von  Flecken  und  Fäulen  an  vielen 
Zierpflanzen. 

Anneliden,  Gliederw*urmer 

Die  Regenwürmer,  Lumhricus  terrestris  und  andere  Arten, 
werden  besonders  in  Gartenbeeten  und  Rübenäckern  dadurch 
schädlich,  daß  sie  Keimpflanzen  in  ihre  Gänge  ziehen. 


Schädliche  Ur>i;anismen  89 

(»liederfüßler 
Zu  diesem  Tierstamm  gehören  als  gelegentliche  Schädlinge  die 
Asseln,  Krebse,  Tausendfüße  und  Spinnen;  zahlreiche  und  wichtige 
Schädlinge  enthält  dagegen  die  Ordnung  der  Milben  und  die  Klasse 
der  Insekten. 

Acariden,  Milben 

Die  Milben  sind  durchweg  sehr  kleine  Tiere;  Kopf  brüst  und 
Hinterleib  sind  meist  zu  einem  einheitlichen  Körper  verschmolzen, 
die  Mundteile  sind  stechend  und  saugend  oder  beißend;  meist  sind 
vier,  —  bei  den  Gallmilben  nur  zwei  — ,  in  den  Jugendstadien  nur 
drei  Beinpaare  vorhanden. 

Die  Milben,  die  teils  frei  von  lebenden  und  toten  Stoffen,  teils 
parasitisch  an  und  in  Pflanzen  (auch  Tieren)  leben,  verhalten  sich 
in  pflanzenpathologischer  Hinsicht  ähnlich  wie  manche  kleinere  In- 
sekten. Sie  sind  als  Saprozoen  Begleiter  von  Zoonosen  und  Phytonosen, 
besonders  von  Trockenfäulen,  aber  auch  wichtige  Parasiten.  Ein 
sehr  großer  Teil  der  Gallen  rührt  von  Milben  her. 

Farn.  Tetranychiden,  Spinnmilben.  Ovale,  oberflächlich  den 
Spinnen  ähnliche,  freilebende  Pflanzenfresser  mit  Spinnvermögen. 
Bryohia  praetiosa  (B.  ribis),  die  Stachelbeermilbe;  Tetranychus 
telarius,  die  Lindenspinnmilbe,  an  Linden,  Roßkastanien  und  an- 
deren Bäumen;  Epitetranychus  althaeae,  die  Eibischspinnmilbe,  an 
vielen  Kulturpflanzen  und  besonders  an  Hopfen  (Kupferbrand)  und 
an  Bohnen  schädlich ;  Paratetranychus  pilosus,  die  Rosenspinnmilbe, 
an  Rosen  und  Obstbäumen  und  -sträuchern. 

Fam.  Tarsonemiden.  Längliche  Milben;  Kopf  brüst  und  Hinter- 
leib geschieden,  deutliche  Verschiedenheit  der  Geschlechter.  Tarso- 
nemus  spirifex  und  Fediculoides  graminuyn  aus  einer  nahestehenden 
Familie  als  Hafermilben  bekannt  und  schädlich;  letztere  Art  auch 
an  anderem   Getreide. 

Fam.  Tyroglyphiden.  Blaß  gefärbt,  von  kugeligem  Körperbau. 
Aleurohius  farinae,  die  Mehlmilbe;  Rhizoglyphus  echinopus,  Er- 
reger der  Milbenkrätze  der  Kartoffeln,  auch  an  anderen  Pflanzen 
Echädlich. 

Fam.  Eriophyiden,  Gallmilben.  Zwei  Beinpaare,  Hinterleib 
wurmartig,  feingeringelt.  Sehr  zahlreiche  Arten,  die  außerordentlich 
mannigfaltige  Gallen,  hauptsächlich  Knospenschwellungen,  Haarfilze 


90  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

und  Pocken,  verursachen.  Eriophyes  (Phytoptus)  avellanae  an 
Haselnuß,  E.  vitis,  die  Weinblattgallmilbe  (Milben-  oder  Pocken- 
krankheit), E.  ribis,  Johannisbeergallmilbe,  E.  piri,  ßirnblattgall- 
milbe,  E.  löun,  Syringengallmilbe;  Phyllocoptes  vitis  und  Epitn- 
merus  vitis,  Ursache  der  Kurzknotigkeit  oder  Kräuselkrankheit  des 
Weinstockes. 

Hexapoden,  Insekten  (Kerfe) 

In  ihrem  Körperbau  sind  die  Insekten  charakterisiert  durch 
die  Gliederung  in  Kopf,  Brust  und  Hinterleib,  das  aus  Chitin  be- 
stehende Hautskelett  und  drei  aus  verschiedenartigen  Abschnitten 
zusammengesetzte  Beinpaare.  Bei  den  meisten  Insekten  sind  außer- 
dem noch  zwei  Flügelpaare  vorhanden. 

Körperbau.  Der  Kopf  trägt  seitlich  die  beiden,  je  aus  vielen 
Fazetten  zusammengesetzten  Augen,  über  oder  zwischen  diesen  häufig 
noch  kleine  Punktaugen,  und  die  paarigen  Fühler  (Antennen).  Die 
letzteren  sind  sehr  verschieden  gestaltet,  z.  ß.  borsten-,  keulen-, 
knopfförmig  oder  durchblättert,  und  aus  einer  verschiedenen  Anzahl 
von  Einzelgliedern  zusammengesetzt.  Bei  den  sogenannten  geknieten 
Fühlern  unterscheidet  man  Schaft  und  Geißel.  Form,  Gliederzahl 
und  Länge  der  Fühler  sind  wichtige  Unterscheidungsmerkmale. 

An  der  Unterseite  des  Kopfes  befindet  sich  der  Mund  mit 
den  Mundgliedmaßen.  Diese  bestehen  aus  der  Oberlippe  (labrum) 
und  drei  Kieferpaaren,  von  denen  das  erste  die  Oberkiefer  (Man- 
dibeln),  das  zweite  die  Unterkiefer  (Maxillen)  und  das  dritte  die 
Unterlippe  (labium)  bildet.  Die  Unterkiefer  und  die  Unterlippe 
tragen  Taster  (Palpen). 

Je  nach  ihrer  Verwendung  sind  die  Mundwerkzeuge  verschieden 
ausgebildet,  als  kauende  oder  beißende  hauptsächlich  bei  den  Käfern, 
als  leckende  bei  den  Bienen,  als  saugende  bei  den  Schmetterlingen 
und  Fliegen,  als  stechende  bei  den  Schnabelkerfen  (Wanzen  usw.). 
Bei  der  Feststellung  von  Schädlingen  spielt  die  Berücksichtigung 
des  Baues  der  Mundwerkzeuge  eine  besondere  Rolle. 

Die  Brust  (Thorax)  besteht  aus  drei  Teilen,  der  Vorder-,  Mittel- 
und  Hinterbrust  (Pro-,  Meso-  und  Metathorax).  An  jedem  Brust- 
ringe unterscheidet  man  wieder  den  Rückenschild  (notum),  die  beiden 
Seiten  (pleurae)  und  den  Brustschild  (sternum).  So  ist  z.  B.  bei  den 
Käfern    der    als    Rücken    oder   Rückenschild    bezeichnete   Teil    der 


Schädliche  Organismen  91 

Oberseite  zwischen  Kopf  und  Flügeldecken  in  Wirklichkeit  der 
Rückenschild  des  ersten  Brustringes,  das  Pronotum. 

Den  drei  Brustringen  entspringt  an  der  Unterseite  je  ein 
Beinpaar.  Die  Beine  bestehen  aus  fünf  Teilen,  sie  gliedern  sich  in 
das  kurze  Hüftglied  (coxa),  den  kleinen  Schenkelring  (trochanter), 
den  großen  Oberschenkel  (Schenkel,  femur),  den  dünneren  Unter- 
schenkel (Schiene,  tibia),  und  den  meist  aus  fünf  kurzen  Einzel- 
gliedern bestehenden  Fuß  (tarsus),  dessen  letztes  Glied  in  zwei 
Krallen  endigt. 

An  der  Oberseite  der  Brust  sind  die  Flügel  angeheftet  und 
zwar  sitzen  die  Vorderflügel  am  zweiten,  die  Hinterflügel  am  dritten 
Brustring.  In  vielen  Gruppen  der  Insekten  sind  die  Adern  der 
Flügel  ein  Einteilungsmerkmal,  während  die  Ordnungen  der  Klasse 
sich  an  der  verschiedenen  Beschaffenheit  von  Vorder-  und  Hinter- 
flügeln erkennen  lassen.  So  finden  wir  bei  den  Geradflüglern  und 
Schnabelkerfen  die  Vorderflügel  pergamentartig  verstärkt,  bei  den 
Käfern  werden  sie  zu  harten,  hornigen  Flügeldecken  (Elytren).  Bei 
den  Schmetterlingen  sind  die  häutigen  Flügel  mit  farbigen  Schuppen 
besetzt,  bei  den  Hautflüglern,  wozu  die  Bienen,  Wespen  und  Ameisen 
gehören,  bleiben  sie  nackt,  ebenso  b.ei  derl  Netzflüglern  (Libellen), 
bei  denen  eine  dichte  Aderung  der  Flügel  sehr  deutlich  sichtbar 
ist.  Bei  den  Fliegen  ist  nur  das  vordere  Flügelpaar  häutig  aus- 
gebildet, das  hintere  ist  zu  ganz  kleinen  Schwingkölbchen  (Halteren) 
verkümmert.  Gänzlich  flügellos  sind  die  Urinsekten;  bei  manchen 
anderen  fehlen  die  Flügel  infolge  weitgehender  Anpassung  an  die 
Lebensweise  ebenfalls. 

Der  Hinterleib  (abdomen)  enthält  den  Darm  und  die  Ge- 
schlechtsorgane und  besteht  aus  einer  Anzahl  von  bis  zu  elf  Ringen. 
Er  trägt  bei  den  erwachsenen  Insekten  niemals  Beine.  Am  Ende 
des  Hinterleibes  sind .  vielfach  Anhänge,  die  Raife  oder  Schwanz- 
borsten (cerci),  vorhanden. 

Fortpflanzung  und  Entwicklung.  Die  Fortpflanzung  der 
Insekten  ist  geschlechtlich,  vielfach  kommt  jedoch  Parthenogenese 
vor,  die  mit  der  ersteren  vereinigt  zu  regelmäßigem  Generations- 
wechsel führen  kann.  Die  Insekten  legen  entweder  Eier  oder  sie 
sind  lebendig  gebärend  (vivipar).  Fast  alle  Insekten  machen  während 
ihrer  Entwicklung  eine  Verwandlung  durch.  Nach  dem  Ausschlüpfen 
aus  dem  Ei  durchläuft  das  Insekt  zwischen  verschiedenen  Häutungen 


92  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

die  Jugendstadien  und  wird  dann  erst  zum  vollkommenen  Insekt, 
dem  Vollkerf  oder  der  Imago.  Dieser  geht  häufig  ein  Ruhestadium 
voraus,  die  Puppe,  welche  keine  Nahrung  zu  sich  nimmt  und  in 
der  große  Veränderungen  des  Körperbaues  und  der  inneren  Organe 
vor  sich  gehen.  Wegen  ihres  Hautskelettes  vermögen  die  Insekten 
auch  nur  vermittels  der  Häutungen  zu  wachsen,  deshalb  wächst 
das  fertig  ausgebildete,  geflügelte  und  geschlechtsreife  Insekt 
nicht  mehr. 

Unvollkommen  oder  halbvollkommen  (hemimetabol)  nennt  man 
die  allmähliche  Verwandlung,  bei  welcher  die  Jugendstadien  im 
Verlaufe  der  Häutungen  allmählich  und  stufenweise  in  das  aus- 
gewachsene Stadium  übergehen.  Die  Körperform  bleibt  im  wesent- 
lichen dieselbe,  wie  sie  schon  beim  Verlassen  des  Eies  ist,  nur  die 
Flügel  kommen  hinzu  und  die  Geschlechtsorgane  Averden  ausgebildet. 
Das  Puppenstadium  fehlt.  Hierher  gehören  z.  B.  die  Heuschrecken 
und  die  Wanzen.  Man  nennt  in  diesem  Fall  die  jungen  Insekten 
auch  nicht  Larven,  sondern  bezeichnet  sie  einfach  als  Jugendstadien 
oder  des  näheren  als  1.,  2.,  3.  (postembryonales)  Stadium  usw. 

Bei  der  vollkommenen  Verwandlung  (holometabol)  sind  die 
jungen  Insekten,  die  Larven,  in  Körperform  und  Lebensweise  vom 
Vollkerf  wesentlich  verschieden.  Die  Larven  verwandeln  sich  in  die 
Puppen,  aus  denen  nach  einer  Ruhezeit,  d.  h.  nach  Vollendung  der 
im  Innern  vor  sich  gehenden  Verwandlung,  die  fertigen  Insekten 
hervorkommen.  Die  wurmförmigen,  mit  Beinen  versehenen  Larven 
der  Schmetterlinge  heißen  Raupen,  diejenigen  der  Blattwespen  After- 
raupen, diejenigen  der  Käfer,  sofern  sie  drei  normale  Beinpaare  und 
sackförmig  verdickten  Hinterleib  besitzen,  Engerlinge.  Die  fußlosen, 
einen  zum  Teil  eingestülpten  Kopf  tragenden  Larven  der  Fliegen 
und  Hautflügler  nennt  man  Maden. 

Bei  den  Puppen  der  Schmetterlinge  sind  die  äußeren  Körper- 
teile nur  wenig  angedeutet;  solche  Puppen  heißen  gedeckte  oder 
Mumienpvippen.  Bei  den  gemeißelten  oder  freien  Puppen  der  Käfer 
liegen  die  Extremitäten  frei.  Bei  den  kurzen  ovalen  Tönnchen- 
puppen  der  Fliegen  ist  die  eigentliche  Puppe  noch  von  der  er- 
härteten Larvenhaut  umschlossen. 

Ernährung  und  Lebensweise.  Die  Insekten  ernähren  sich 
von  den  verschiedenartigsten  toten  und  lebenden  Stoffen.  Für  die 
Pflanzenpathologie  kommen  sie  als  Pflanzenfresser  und  äußere  oder 


Schädliche  Organismen  93 

innere  Parasiten,  als  Begleiter  von  Krankheits-  und  Fäulnisvorgängen 
und  als  Vorratsschädlinge  sowie  als  Überträger  von  Krankheiten  in 
Betracht.  Außerdem  sind  sie  vielfach  als  räuberische  Insekten  oder 
als  Parasiten  anderer  Insekten  wichtige  Nützlinge.  Die  verschiedenen, 
dem  Bau  der  Mundwerkzeuge  entsprechenden  Fraßformen  sind  schon 
im  ersten  Kapitel  erwähnt.  Der  Parasitismus  ist  in  allen  Graden 
von  gelegentlichem  bis  zu  ausschließlichem  Parasitismus,  von  freier 
bis  zu  festsitzender  und  zu  endoparasitischer  Lebensweise,  von 
Polyphagie  bis  zu  enger  Bpezialisation  und  kompliziertem  Gene- 
rationswechsel, der  mit  Wirtswechsel  verbunden  sein  kann,  ver- 
treten. Bei  vollkommener  Verwandlung  unterscheiden  sich  die 
einzelnen  Stadien  oft  erheblich  in  ihrer  Lebensweise  und  daher  in 
ihrer  Schädlichkeit  (z.  B.  Raupen  und  Schmetterlinge,  Engerlinge 
und  Maikäfer,  Fliegenmaden  und  Fliegen)  und  somit  ist  die  genaue 
Kenntnis  der  Lebensweise  und  Entwicklung  oft  die  Voraussetzung 
einer  wirksamen  Bekämpfung.  Ebenso  wie  die  Lebensweise  ist 
auch  die  Lebensdauer  des  Einzelstadiums  wie  der  ganzen  Generation 
sehr  verschieden ;  man  unterscheidet  mehrjährige  und  einfache  sowie 
mehrfache  jährliche  Generationen.  Die  Überwinterung  ist  nicht  an 
ein  bestimmtes  Stadium  gebunden;  einzelne  Insekten  überwintern 
im  Eizustand,  andere  als  Larve,  Puppe  oder  Vollkerf.  Dabei  werden 
die  Insekten  von  trockener  Kälte  weniger  beeinflußt  als  von  feuchter 
Witterung  und  schroffem  Temperaturwechsel.  Dagegen  ist  die 
Intensität  der  Nahrungsaufnahme  und  der  Vermehrung  sehr  von 
der  Temperatur  abhängig.  Im  allgemeinen  begünstigen  Trockenheit 
und  Wärme  das  Auftreten  der  Insekten,  w^obei  jedoch  im  ein- 
zelnen die  Familien  und  Arten  weitgehende  Sonderanpassungen 
aufweisen. 

Einteilung  der  Insekten.  Man  teilt  die  Insekten  in  eine 
Anzahl  von  Ordnungen  ein,  wobei  die  Beschaffenheit  der  Flügel 
und  der  Mundwerkzeuge  sowie  die  Art  der  Verwandlung  die 
wichtigsten  und  in  der  Regel  sehr  leicht  erkennbaren  Merkmale 
bilden.  Die  Namen  der  Ordnungen  sind  meist  von  der  Beschaffenheit 
der  Flügel  genommen. 

Die  alten  neun  Ordnungen  sind  neuerdings  in  eine  verschieden 
große  Anzahl  von  Ordnungen  aufgeteilt,  wovon  aber  die  wichtigsten 
als  Ordnungsgruppen  erhalten  geblieben  sind.  Für  unsere  Zwecke 
genügt  die  Aufzählung  der  folgenden  Ordnungen: 


94  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

I.  Apterygota,  Flügellose. 

II.  Orthoptera,  Geradflügler. 

III.  Corrodentia,  Nagekerfe. 

IV.  Thysanoptera,  Fransenflügler. 
V.  Bhynchota,  Schnabelkerfe. 

VI.  Coleoptera,  Käfer. 

VII.  Hymenoptera,  Hautflügler. 

VIII.  Lepidoptera,  Schmetterlinge. 

IX.  Diptera,  Zweiflügler. 

I.    Apterygota,   Flügellose 

Flügellose  Urinsekten,  die  auch  im  ausgewachsenen  Stadium 
niemals  Flügel  tragen.  Die  niedrigsten  Formen  unter  allen  In- 
sekten; die  Mundwerkzeuge  sind  unvollständig  ausgebildet,  eine  Ver- 
wandlung fehlt. 

Zwei  Unterordnungen: 

1.  Thysanura,  Borstenschwänze,  mit  großen  Borsten  am 
Hinterleibsende.  Fam.  Lepismatidae.  Lepisma  saccharina,  Silber- 
fischchen, Zuckergast. 

2.  CoUembola,  Springschwänze,  mit  einem  nach  vorne  ge- 
richteten gegabelten  Springapparat  am  vorletzten  Hinterleibsring. 
Einzelne  Arten  von  Aphorura  und  Sminthurus  werden  zuweilen 
an  Wurzeln  schädlich. 

II.    Orthoptera,   Geradflügler 

Gerade  Flügel,  Vorderflügel  als  schmale,  verdickte  und  gefärbte 
Flügeldecken  ausgebildet,  Hinterflügel  groß  und  häutig,  fächerförmig 
zusammengefaltet;  kauende  Mundteile ;  unvollkommene  Verwandlung. 

Fam.  Dermatopteren,  Ohrwürmer.  Körper  flach,  lang;  Flügel- 
decken schuppenförmig ;  am  Hinterleibsende  zwei  Zangen;  alle 
Beine  gleich  groß;  leben  von  pflanzlichen  oder  tierischen  Abfällen. 
Forficiila  auricularia,  Ohrwurm. 

Fam.  Blattiden,  Kakerlaken.  Körper  flach,  oval;  Flügeldecken 
groß  oder  fehlend;  Hinterleib  mit  Ralfen;  alle  Beine  gleich  groß. 
Leben  von  pflanzlichen  Abfällen;  gelegentlich  in  Gewächshäusern 
schädlich. 

Fam.  Acrididen,  Feldheuschrecken.  Hinterbeine  lang  (Spring- 
beine); Fühler  kurz  und  dick;  Weibchen  ohne  Legeröhre;  die  Eier 


Schädliche  Organismen  95 

werden  in  Paketen  in  den  Boden  abgelegt;  Füi3e  dreigliederig. 
Pflanzenfresser  bezw.  Allesfresser.  Zu  den  wichtigsten  aller  Insekten 
gehören  die  besonders  in  trockenen  Gebieten  auftretenden  Wander- 
heuschrecken, von  denen  hier  nur  Stauronotus  maroccanus,  die 
marokkanische,  und  Pachytüus  migratorius,  die  europäische  Wander- 
heuschrecke, erwähnt  werden. 

Farn.  Locustiden,  Laubheuschrecken.  Hinterbeine  lang;  Fühler 
sehr  lang  und  dünn;  Weibchen  mit  Legeröhre;  die  Eier  werden  in 
der  Regel  einzeln  an  Pflanzen  abgelegt;  Füße  viergliederig.  Pflanzen- 
fresser.    Locusta  viridissima,  großes  grünes  Heupferd. 

Farn.  Grylliden,  Grillen.  Hinterbeine  lang  (Springbeine) ;  Fühler 
lang;  Weibchen  mit  langer  Legeröhre  (mit  Ausnahme  der  Maulwurfs- 
grillen); Flügeldecken  auf  die  Seite  des  Körpers  umgebogen;  Füße 
meist  dreigliederig.  Oryllus  campestris,  Feldgrille;  Gryllotdlpa 
vulgaris,  Maulwurfsgrille  oder  Werre. 

III.    Corrodentia,   Nagekerfe 

Fam.  Termitiden,  Termiten.  Soziale  Insekten  mit  mehreren 
Ständen,  von  denen  nur  die  Geschlechtstiere  Flügel  besitzen,  die 
aber  sehr  bald  abfallen.  Die  beiden  Flügelpaare  sind  lang,  häutig, 
ungefähr  gleich  groß;  Mundteile  kauend;  unvollkommene  Ver- 
wandlung. In  warmen  Klimaten  als  Holzzerstörer  und  Pflanzen- 
schädlinge wichtig. 

(Eine  besondere  Ordnung  bilden  die  Hemer ohiidae,  Flor- 
fliegen. Flügel  groß,  gleichförmig,  vieladerig;  Fühler  faden-  oder 
perlschnurförmig;  vollkommene  Verwandlung;  Körper  grün.  Die 
Eier  auf  Stielen  an  Blättern  angeheftet;  die  Larven  leben  haupt- 
sächlich von  Blattläusen  (Blattlauslöwen).  Chrysopa  vulgaris, 
Florfliege.) 

IV.    Thysanoptera  (Physapoda),   Fransenflügler 
(Blasenfüße) 

Sehr  kleine  Insekten  mit  vier  schmalen  Flügeln,  die  mit  einem 
aus  langen  Wimpern  bestehenden  Fransensaum  besetzt  sind;  Fühler 
fadenförmig;  Mundteile  zum  Kauen  und  Saugen  an  der  Oberhaut 
von  Pflanzen  eingerichtet;  Füße  zweigliederig,  mit  einer  Haftblase. 
Allmähliche  Verwandlung;  leben  zugleich  mit  ihren  Jugendstadien 
an  Blättern  und  Blüten. 


96  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Verschiedene  Arten  verursachen  die  Weißährigkeit  des  Ge- 
treides, andere  sind  an  Flachs,  Tabak  und  anderen  Nutzpflanzen 
schädlich;  in  Gewächshäusern  Heliothrips  haemorrhoidalis,  schwarze 
Fliege  genannt. 

V.    Rhynchota,   Schnabelkerfe 

Die  stechenden  und  saugenden  Mundteile  bilden  einen  ge- 
gliederten Schnabel,  den  Stechrüssel.  In  der  Regel  sind  vier  Flügel 
vorhanden,  von  denen  die  vorderen  bei  einem  Teil  am  Grunde  ver- 
dickt {Hemiptera,  Halbflügler),  bei  den  übrigen  gleichmäßig  häutig 
(Ho'tnoptera,  Gleichflügler)  sind.  Allmähliche  Verwandlung.  Para- 
sitisch an  Tieren  und  Pflanzen,  an  letzteren  freilebend  oder  fest- 
sitzend und  vielfach  Gallen  erzeugend.  Wir  führen  ohne  Rücksicht 
auf  weitergehende  Aufteilungen  drei  Unterordnungen  auf,  die  Wanzen, 
Zikaden  und  Pflanzenläuse. 

Unterordnung  Heteroptera,   Hemiptera,   Halbflügler,   Wanzen. 

Vier,  nur  selten  fehlende,  Flügel;  die  vorderen  als  Halbdecken 
am  Grunde  verdickt,  an  der  Spitze  in  der  Regel  häutig,  auf  dem 
Rücken  flach  zusammengelegt.  Schnabel  vorn  am  Kopfe,  entfernt 
von  den  Vorderhüften  entspringend.  Sehr  zahlreich  und  besonders 
in  wärmeren  Gegenden  schädlich. 

Fam.  Pentatomiden,  Schildwanzen,  Baumwanzen.  Die  gewöhn- 
lichen Pflanzenwanzen,  meist  schildförmig.  Dolicoris  haccariim, 
Beerenwanze;   Eurydema  oleracea  und  andere  Arten,   Kohlwanzen. 

Fam.  Lygaeiden,  Langwanzen.  Blissus  leucopterus,  die  nord- 
amerikanische Getreidewanze  (chinch  hug),  ist  einer  der  wichtigsten 
Getreideschädlinge. 

Fam.  Tingitiden,  Buckelwanzen.  Kleine,  zierliche  Wanzen, 
leben  in  Gesellschaften  auf  Pflanzen.  Zosmenus  (Piesma)  capitatus, 
die  Rübenblattwanze;  Tingis  piri,  Birnblattwanze. 

Fam.  Capsiden,  Blindwanzen.  Ebenfalls  meist  kleine,  zahlreich 
auftretende  Arten.  Lygus  canipestris,  grüne  Wiesenwanze,  sehr 
polyphag,  durchlöchert  die  Blätter. 

Unterordnung  Cicadoidae,  Zirpen. 

Vier  gleichmäßig  ausgebildete  Flügel,  in  der  Ruhe  dem  Körper 
schräg  dachförmig  anliegend,  Vorderflügel  jedoch  öfter  härter  als 
die  Hinterflügel;  Schnabel  an  der  Kehle  dicht  bei  den  Vorderhüften 
entspringend;  Füße  in  der  Regel  dreigliederig. 


Schädliche  Organismen  97 

Fam.  Cercopiden,  Schaumzirpen.  Aphrop/iora  Salicis  auf 
Weiden  und  Pappeln ;  A.  spumaria  auf  zahlreichen  anderen  Pflanzen 
(Kuckuckspeichel). 

Fam.  Jassiden,  Kleinzirpen.  Neuerdings  mehrfach  als  Krank- 
heitsüberträger erkannt.  Cicadula  sexnotata,  an  krautigen  Pflanzen 
gelegentlich  stark  schädlich;  Chlorita  solani  und  andere  Arten  an 
Kartoffeln;  Typhlocjjba  rosae,  Rosenzikade. 

Unterordnung  Phytophthires,  Pflanzenläuse. 

Mit  vier  oder  zwei  Flügeln  oder  ungeflügelt;  Flügel,  wenn 
vorhanden,  gleichmäßig  häutig,  dem  Körper  schräg  dachförmig  an- 
liegend ;  Schnabel  an  der  Kehle  entspringend  und  mit  der  Vorder- 
brust verwachsen;  Füße  zwei-  oder  eingliederig.  Die  Pflanzenläuse 
scheiden  Honigtau  ab  und  sind  vielfach  Gallenerzeuger. 

Fam.  Psylliden,  Blattflöhe.  Springbeine;  Larven  plattgedrückt, 
wanzenartig.  Psylla  7nali,  Apfelblattsauger,  in  seiner  Schädlichkeit 
erst  neuerdings  mehr  beachtet ;  Fs.  piri  (pirisuga),  großer  Birnsauger, 
an  jungen  Trieben,  Knospen  und  Blättern;  Ps.  buxi,  an  Buchs 
häufig  kugelige  Blattkrümmungen  verursachend;  Trioza  viridula 
an  Kräutern. 

Fam.  Aleurodiden,  Mottenschildläuse.  Sehr  kleine  Insekten; 
Flügel  bei  beiden  Geschlechtern  gleich  groß,  weiß  bepudert;  Jugend- 
stadien schildlausähnlich.  Aleurodes  vaporiarorum,  Gewächshaus- 
Mottenschildlaus,   „weiße  Fliege";  A.  brassicae  an  Kohl. 

Aphididen,  Blattläuse.  Flügel,  wenn  vorhanden,  lang  und 
durchsichtig,  Vorderflügel  größer;  Fühler  drei-  bis  siebengliederig ; 
meist  mit  zwei  Rückenröhren.  Regelmäßiger  Wechsel  zwischen  ein- 
und  zweigeschlechtlichen  Generationen  (Heterogonie);  große  Frucht- 
barkeit der  parthenogenetischen  Individuen  (Paedogenese),  die  zahl- 
reiche Generationen  hervorbringen  und  in  Kolonien  leben.  Teils 
nur  eierlegend,  teils  auxjh  lebendgebärend.  Wandernde  (Wirtswechsel) 
und  nicht  wandernde  Arten  (vergl.  Fig.  3  und  4  S.  67).  Vielfach 
und  sehr  verschiedenartige  Gallen  erzeugend  und  dann  teils  auf, 
teils  in  diesen  lebend.  Überwinterung  durch  Wintereier  oder  par- 
thenogenetische  Formen.  Natürliche  Feinde  der  Blattläuse  sind 
außer  insektenfressenden  Vögeln  (Meisen)  Marienkäfer  und  ihre 
Larven,  die  Larven  von  Schwebfliegen  und  Florfliegen  und  als  innere 
Parasiten  viele  Schlupfwespen. 

Sammlang  Borntraeger  I:Mor8tatt  7 


98  IIl-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Bei  den  nicht  wandernden  Blattläusen  kommen  bis  zu  fünf 
verschiedene  Typen  vor.  Aus  dem  befruchteten  Winterei  geht  die 
bei  den  meisten  Arten  flügellose  fundatrix  (Stammutter)  hervor, 
aus  ihr  die  parthenogenetisch  entstandenen  und  selbst  partheno- 
genetischen  geflügelten  und  ungeflügelten  virgines  und  aus  diesen 
schließlich  die  sexuparae,  die  geflügelten  Erzeugerinnen  der  sexuales 
(Männchen  und  Weibchen),  die  in  beiden  Geschlechtern  oder  nur 
im  weiblichen  ungeflügelt  sind. 

Bei  den  wirts wechselnden  Blattläusen,  die  auf  Holzgewächsen 
überwintern  und  im  Sommer  auf  krautige  Pflanzen  überwandern, 
leben  die  ersten  Generationen  auf  der  Nährpflanze  der  fundatrix^ 
dem  Hauptwirt,  die  späteren  auf  dem  Zwischenwirt.  Auf  diesem 
werden  dann  die  sexuparae  (Wanderfliegen)  erzeugt,  die  ihre  weib- 
lichen Eier  auf  dem  Hauptwirt  ablegen ;  wo  die  Männchen  geflügelt 
sind,  entstehen  sie  schon  auf  dem  Zwischenwirt. 

Die  Blattläuse  werden  in  die  folgenden  vier  Familien  eingeteilt, 

Fam.  Aphididen.  Äphis  (Brevicoryne)  hrassicae,  Kohlblattlaus; 
A.  pomi  (mall),  Apfelblattlaus ;  Myzoides  cerasi,  schwarze  Kirschen- 
laus (Verkrümmung  der  Blätter);  Myzus  ribis,  Johannisbeerblattlaus 
(gerötete  Beulen  der  Blätter);  Siphonophora  rosoe,  Rosenblattlaus. 
Aphis  papaveris  (neuerdings  A.  fahae),  die  schädliche  „schwarze 
Blattlaus",  auf  Saubohnen,  Rüben,  Bohnen  usw.,  überwintert  auf 
Evonyymis;  A.  pruni,  Blattrollungen  an  Pflaumen  und  Zwetschen; 
Rhopalosiphum  dianthi  (persicae),  Blattrollungen  an  Pfirsich,  zugleich 
in  Gewächshäusern    schädlich;    Phorodon  humuli,   Hopfenblattlaus. 

Fam.  Pemphigiden.  Tetraneura  ulmi  und  andere  Arten  er- 
zeugen an  Ulmen  verschiedenartige  Blattgallen.  Schizoneura  (Erio- 
soma)  lanigera,  die  bekannte  Blutlaus,  aus  Nordamerika  in  alle 
obstbautreibenden  Länder  verschleppt  (Blutlauskrebs);  Überwinterung 
bei  uns  als  Junglarve  an  der  Rinde  oder  im  Boden,  in  Nordamerika 
sexuparae  und  sexuales  an  Ulmus  americana.  Pemphigus  hur- 
sarius  erzeugt  die  Blattstielgallen  an  Pappeln;  Prociphüus-Arten 
die  Triebspitzendeformationen  an  Esche. 

Fam.  Chermesiden.  Mit  kompliziertem  Generationswechsel; 
hauptsächlich  an  Nadelhölzern.  Pineus  strobi  an  Kiefern;  Drey- 
fiisia- Arten  an  Weißtannen;  Chermes  abietis  und  Cnaphälodes 
strobüobius  auf  Fichten,  Triebe  deformierend;  beide  wandern  auf 
die  Lärche  über. 


Schädliche  Organismen  99 

Farn.  Phylloxeriden.  Außer  verschiedenen  Eichenläusen  gehört 
hierher  die  Reblaus,  Phylloxera  vastatrix  (Perittj'mhia  vitifoliij, 
der  gefährlichste  Schädling  des  Weinbaus  und  danait  eines  der 
volkswirtschaftlich  wichtigsten  Insekten.  Neuerdings^)  werden  zwei 
biologische  Rassen,  Ph.  vastatrix  und  pervastatrix,  unterschieden, 
von  denen  nur  die  letztere  in  Deutschland  vorkommt.  Sie  stirbt 
an  den  immunen  Rebsorten  ab,  kann  also  durch  den  Anbau  solcher 
VVurzelreben  (Unterlagen)  ausgerottet  werden. 

Aus  dem  Winterei  schlüpft  die  fundatrix,  welche  Blattgallen 
bildet  und  in  diesen  eine  zweite  Gallengeneration  erzeugt.  Aus  den 
späteren  Eiern  der  fundatrix  gehen  Jungläuse  hervor,  die  an  die 
.Rebwurzeln  abwandern.  Auch  die  Gallenläuse  vermehren  sich  weiter 
(bis  zu  zwölf  Generationen),  von  denen  ein  Teil  ebenfalls  an  die 
Rebwurzeln  wandert.  Aus  den  Generationen  der  Wurzelläuse,  die 
unbegrenzt  weitergehen,  entstehen  daneben  im  Sommer  geflügelte 
sexuparen,  welche  die  Erde  verlassen  und  an  den  oberirdischen 
Teilen  der  Rebe  die  sexualis-'EÄex  ablegen.  In  dem  befruchteten 
Weibchen  entwickelt  sich  ein  Winterei,  das  den  Zyklus  abschließt. 
In  Deutsehland  pflanzt  sich  die  Reblaus,  von  Ausnahmen  abgesehen, 
nur  durch  die  Wurzelläuse  fort. 

Farn.  Cocciden,  Schildläuse.  Ebenfalls  kleine,  meist  nur  einige 
Millimeter  große  Insekten.  Weibchen  ungeflügelt,  meist  schildförmig; 
Männchen  mit  einem  Flügelpaar.  Bei  den  Schildläusen  verläuft  die 
Steigerung  parasitischer  Anpassung  in  anderer  Weise  als  bei  den 
Blattläusen,  indem  festsitzende  Formen  mit  weitgehender  Rück- 
bildung der  Bewegungsorgane  entstehen.  Die  dem  Ei  entschlüpfenden 
Junglarven  sind  freibeweglich  und  saugen  sich  an  der  Nährpflanze 
fest.  Aus  ihnen  gehen  einesteils  fortpflanzungsfähige  Larven  hervor, 
die  Weibchen,  ohne  Augen,  Fühler  und  Beine,  die  nach  Befruchtung 
oder  vielfach  ohne  solche  Eier  legen  (Neotenie).  Die  Männchen 
durchlaufen  eine  vollständige  Verwandlung,  ebenfalls  mit  unbeweg- 
lichem larvalem  Zwischenstadium  und  folgendem  Puppenstadium; 
sie  sind  normal  ausgebildete,  meist  geflügelte  Insekten,  aber  ohne 
Saugrüssel.  Die  Larven  und  Weibchen  scheiden  Honigtau  aus, 
vielfach  auch  wachsartige  Massen  (bei  der  indischen  Lacklaus  den 
Schellack).     Die   meisten   Arten   schützen  sich   durch   einen   Schild, 

*)  BöRNER,  Nachrichtenblatt  f.  d.  deutsch.  Pflanzenschutzdienst  1,  1921, 
Nr.  4-5. 

7* 


100  III.    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

nach  dessen  Entstehungsweise  man  die  Familien  einteilt.  Er  ist 
im  einfachsten  Falle  nur  eine  lose  Wachshülle  oder  eine  dicke 
Wachsschieht  (bei  den  beweglichen  Arten);  bei  den  Diaspinen  besteht 
er  aus  Wachsabsonderungen  und  der  Rückenhaut  der  Larven,  bei 
den  Lecaniinen  wird  er  von  der  verdickten  Rückenhaut  des 
Weibchens  gebildet.  Die  Schildläuse  leben  nur  auf  Rinde,  zuweilen 
auch  an  Wurzeln;  nur  die  beweglichen  Arten  oder  die  Larven  auch 
auf  grünen  Pflanzenteilen.     Hauptsächlich  in  wärmerem  Klima. 

Phenacoccus  aceris  (Dactylopius),  Schmierlaus,  an  Rebstöcken 
und  vielen  anderen  Pflanzen;  Aspidioius  ostreiformis,  gelbe  austern- 
förmige  Schildlaus,  an  Obstbäumen;  sehr  ähnlich  die  San-Joselaus, 
A.  perniciosus,  einer  der  gefährlichsten  Obstbaumschädlinge,  nach 
Nordamerika  und  vielen  anderen  Ländern  verschleppt;  Epidiaspis 
betulae,  rote  Obstbaumschildlaus,  in  wärmeren  Lagen  und  dort  sehr 
schädlich;  Lepidosaphes  ulmi  (Mytilaspis  pomorum),  Komma- 
schildlaus; Lecanium  corni,  fast  kugelig,  an  der  Robinie  und  sehr 
vielen  anderen  Holzgewächsen;  Pulvinaria  hetulae,  Wollaus,  auf 
Weinreben  und  vielen  Bäumen  und  Sträuchern;  Eier  in  einer  sack- 
förmigen Masse  von  Wachsausscheidungen. 

VI.    Coleoptera,  Käfer 

Die  Vorderflügel  bilden  verdickte  Decken  für  die  häutigen, 
zusammengefalteten  Hinterflügel,  welche  allein  beim  Flug  benutzt 
werden.  Vollkommene  Verwandlung  (gemeißelte  Puppe;  häufig  in 
einem  Kokon);  der  Prothorax  bildet  das  große,  freibewegliche  Hals- 
schild, der  Mesothorax  das  Schildchen.  Larven  verschieden  ge- 
staltet, meist  mit  drei  Beinpaaren;  kauende  Mundteile. 

Eine  sehr  große  Ordnung  mit  etwa  60  Familien,  die  in  eine 
Anzahl  von  nicht  sehr  scharf  getrennten  Reihen  zusammengefaßt 
werden.  Doch  sind  die  größeren  und  wichtigen  Familien,  gerade 
auch  der  Pflanzenschädlinge,  leichter  abzugrenzen  und  zu  erkennen. 

Schadensweise  höchst  verschieden:  als  Laubfresser,  Holz-  und 
Rindenbewohner,  teilweise  gallenerzeugend;  vielfach  auch  im  Larven- 
stadium schädlich,  seltener  nur  in  diesem.  Hier  können  nur  die 
wichtigsten  einheimischen  Arten  angeführt  werden. 

Fam.  Carabiden,  Laufkäfer.  Zabrus  tenebrioides,  Getreidelauf- 
käfer, benagt  die  milchreifen  Körner,  die  Larven  zerkauen  die 
jungen  Pflanzen. 


Schädliche  Organismen  101 

Fam.  Silphiden,  Aaskäfer.  Phosphiiga  (Süpha)  atraia,  der 
schwarze  Aaskäfer,  Rübenschädling  (Larvenfraß). 

Fam.  Byturiden.  Byturus  tomentosus  und  B.  fumatiis,  Him- 
beerkäfer, fressen  die  Blüten  aus. 

Fam.  Nitiduliden,  Glanzkäfer.  Meligethes  aeneus,  Rape- 
glanzkäfer. 

Fam.  Coccinelliden,  Marienkäfer,  Blattlauskäfer.  In  Deutschland 
nur  ausnahmsweise  Pflanzenfresser,  sonst  zoophag;  Käfer  und  Larven 
fressen  Blattläuse. 

Fam.  Elateriden,  Schnellkäfer.  Die  zylindrischen,  dünnen  und 
harten  Larven  von  Agriotes  lineatus  und  A.  obscurus  und  anderen 
Arten  sind  als  Drahtwürmer  bekannt  und  an  Getreide,  Kartoffeln, 
Rüben  usw.  schädlich. 

Fam.  Buprestiden,  Prachtkäfer;  Larven  im  Holz.  Agrilus 
sinuatus,  gebuchteter  Birnbaum-Prachtkäfer,  Ringelwurm. 

Fam.  Meloiden  (Canthariden),  Ölkäfer.  Lytta  vesicatoria,  die 
spanische  Fliege,  hauptsächlich  in  Südeuropa;  die  Käfer  sind  Laub- 
schädlinge. 

Fam.  Cerambyciden,  Bockkäfer;  Larven  im  Innern  von  Holz- 
gewächsen. Cerambyx  cerdo,  großer  Eichenbock;  Monochammus 
sartor  und  M.  sutor  in  Fichten ;  Saperda  carcharias,  großer  Pappel- 
bock, S.  populnea,  kleiner  Pappel-  oder  Aspenbock;  Oherea  linearis, 
Haselbock. 

Fam.  Chrysomeliden ,  Blattkäfer.  Löcherfraß  in  Blättern, 
Schabefraß  der  Larven.  Lema  cyanella  und  L.  melanopus,  Getreide- 
hähnchen; Crioceris  asparagi  und  Cr.  1'2 -punctata,  Spargelkäfer; 
Bromius  (Adoxus)  vitis,  Rebstock-Fallkäfer;  Phaedon  cochleariae, 
Meerrettich -Blattkäfer;  Leptinotarsa  decemlineata ,  der  Kartoffel- 
oder Koloradokäfer;  Phyllodecta-Arten,  Weidenblattkäfer;  Psylliodes 
chrysocephala,  Raps-Erdfloh;  Phyllotreta  undulata  und  Ph.  nemo  nun, 
Kohl-Erdflöhe. 

Fam.  Cassidinen,  Schildkäfer.  Cassida  nebidosa,  nebeliger 
Schildkäfer,  an  Rüben;  Käfer  und  Larven  schädlich. 

Fam.  Bruchiden,  Samenkäfer.  Br.  atomarius,  Bohnenkäfer; 
Br.  pisorum.  Erbsenkäfer;  Br.  lentis,  Linsenkäfer. 

Fam.  Curculioniden,  Rüsselkäfer.  Zahlreiche  Arten  der  großen 
Familie  sind  als  Laub-  und  Blütenzerstörer,  die  Larven  in  Samen, 
Hölzern  und  Wurzeln  schädlich.     Sitotia  Jineata,  Blattrandkäfer  an 


102  lil-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheften 

Erbsen  und  Bohnen;  Otio7-rhynchus- Arten  an  Knospen  und  Blättern 
vieler  Pflanzen;  ähnlich  die  Phyllobius- Arten,  besonders  an  Holz- 
gewächsen ;  Hylohius  abietis,  der  große  braune  Rüsselkäfer  an  Nadel- 
hölzern ;  H.  pini  an  Kiefern ;  Pissodes- Arten  an  Nadelhölzern ;  Apion- 
Arten,  Spitzmäuschen,  vielfach  als  Larven  schädlich,  auch  gallen- 
erzeugend; Rhynchites- Arten,  schädlich  durch  Einrollen  der  Blätter 
zur  Eiablage  {Rh.  hetuleti,  Rebstichler,  Cigarrenwickler) ;  Balaninus 
nucum,  Haselnußbohrer;  Anthonomus  pomorxim,  Apfelblütenstecher, 
Larven  in  den  Blütenknospen;  A.  cinctus,  Birnknospenstecher;  A.  rubi, 
Himbeer-  oder  Erdbeerstecher;  Orchestes  fagi.  Buchenspringrüßler ; 
Cryptorrhynchus  lapathi,  Larve  in  Erlen  und  Weiden;  Ceutor- 
rhynchus  sulcicollis,  Kohlgallenrüßler;  C.  assimüis  und  Baris 
chlorizans.  ebenfalls  an  Kohl,  Raps  usw.;  Calandra  granaria, 
schwarzer  Kornwurm,  flugunfähig,  nur  in  Speichern;  in  wärmeren 
Ländern  die  flugfähige  C.  oryzac  auch  auf  dem  Felde. 

Fam.  Ipiden  (Scolytiden),  Borkenkäfer.  Hauptsächlich  in  Rinde 
und  Holz;  wichtige  Forstschädlinge  mit  charakteristischen  Fraß- 
figuren der  Brut-  und  Larvengänge;  teilweise  Schwächeparasiten; 
physiologisch  und  technisch  schädlich.  Blastophagus  (Myelophilus) 
piniperda,  Waldgärtner;  Eccoptogaster  mali  und  E.  rugulosus, 
Obstbaum-Splintkäfer;  Anisandrus  (Xyleborus)  dispar,  ungleicher 
Holzbohrer,  in  Obstbäumen;  X.  saxeseni,  in  Laub-  und  Nadel- 
hölzern; fys  iypographiis,  der  Buchdrucker. 

Fam.  Platypodiden ;  ähnlich  der  vorigen.  Piatypus  cylindrus, 
Kernkäfer  in  Eichen. 

Fam.  Melolonthinen,  Laubkäfer.  Rhizotrogus  solstitialis,  Juni- 
käfer; Polyphylla  /V<7^,  Walker,  Rebenschädling;  Melolontha  vulgaris 
und  M.  hippocastani,  Feld-  und  Waldmaikäfer,  durch  ihre  Menge 
gleich  schädlich  als  Käfer  wie  als  Engerling,  3 — 5jährige  Ent- 
wicklungsdauer, Flugjahre;  Phijllopertha  horticola,  Gartenlaubkäfer. 

VII.  Hymenoptera,  Hautflügler 
Häutige  Flügel,  klein,  mit  wenigen  Adern;  beißende  oder 
leckende  Mundteile.  Vollkommene  Verwandlung;  Larven  maden- 
förmig,  seltener  raupenähnlich.  Große  und  vielgestaltige  Ordnung 
mit  verhältnismäßig  wenigen  Pflanzenschädlingen  und  zahlreichen 
Insektenfeinden  ^). 

*)  Vergl.  Die  Insekten  Mitteleuropas,  insbesondere  Deutschlands,  herausg. 
von  Prof.  Dr.  CHR.  SCHRÖDER.     Bd.  I-III.     Stuttgart  1914. 


Schädliche  Organismen  103 

1.  Symphyta.     Mit  sitzendem  Hinterleib 

(Phytophaga,  Pflanzenwespen) 

Breite  Verbindung  zwischen  Brust  und  Hinterleib;  Schenkel- 
ring aus  zwei  Gliedern  bestehend.  Weibchen  mit  Sägebohrer;  Larven 
raupenartig  (Afterraupen),  durch  ihren  Fraß  schädlich,  mit  meist 
acht  Paaren  von  Bauchfüßen. 

Fam.  Tenthrediniden,  Blattwespen.  Empkytus  cinctus,  Rosen- 
blattwespe;  Äthalia  colibri  (spinanonj,  Rübenblattwespe,  meist  an 
Kreuzblütlern,  besonders  Raps;  Hoplocampa  minuta  (fidvicornisj, 
Pflaumensägewespe,  Larve  im  Kern  der  jungen  Früchte;  Ccdiroa 
cerasi  (Eriocampoides  limacina),  Kirschblattwespe ;  Pteronus  rihesii 
(Nematics  ventricosus),  gelbe  Stachelbeerblattwespe;  Lophyrus  pini 
Kiefernblattwespe ;  Arge  (Hylotoma)  rosae,  Rosen-Bürstenhornwespe; 
Neurotoma  flaviventris,  gesellige  Birnblattwespe;  Cephaleia  (Lyda) 
abietis  und  andere  Arten,  Gespinstblattwespen,  an  Nadelhözern. 

Fam.  Cephiden,  Halmwespen,  Ceplius  pygmaeus,  Getreide- 
halmwespe; Janus  (Cephus)  compressus,  Birntriebwespe. 

Fam.  Siriciden,  Sägewespen.  Larven  im  .Holz.  Sirex  gigas 
und  S.  (Paururus)  juvencus,  Holzwespen,  in  Nadelhölzern. 

2.  Apocrita.     Mit  gestieltem  Hinterleib 

Der  erste  Hinterleibsring  ist  an  der  Bildung  der  Brust  beteiligt; 
Schenkelring  aus  zwei  Gliedern  bestehend. 

a)    Terebrantia,  mit  Legebohrer 

Fam.  Cynipiden,  Gallwespen.  Die  Larven  der  phytophagen 
Cynipiden  leben  in  Gallen  und  ernähren  sich  von  der  Gallensubstanz 
entweder  als  echte  Gallenerzeuger  oder  als  Einmieter  in  Pflanzen - 
gallen;  die  Larven  der  zoophagen  Cynipiden  leben  als  Entoparasiten 
in  anderen  Insekten.  Zahlreiche  Arten,  aber  von  geringer  praktischer 
Bedeutung.     Rhodites  rosae,  in  den  Rosenbedeguaren. 

Entomophagen,  Schlupfwespen.  Die  außerordentlich  zahlreichen 
Schlupfwespen  zerfallen  in  einige  Familien,  von  denen  die  Chalci- 
diden  (Zehrwespen),  Evaniiden  (Hungerwespen),  Ichneumoniden 
(echte  Schlupfwespen)  und  Braconiden  (Schlupfwespenverwandte,  mit 
der  Unterfamilie  der  Aphidiinen,  Blattlausparasiten)  zu  erwähnen 
sind.  Zu  den  Chalcididen  gehört  auch  eine  Anzahl  von  Pflanzen- 
parasiten. 


104  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

b)   Äculeata,  mit  Stachel 

Hinterleib  gestielt,  Schenkelring  aus  einem  Glied  bestehend; 
Weibchen  mit  zurückziehbarem  Giftstachel. 

Fossores,  Grabwespen.  Hierzu  gehören  die  als  Insekten-,  be- 
sonders als  Raupenfeinde  bekannten  Dolchwespen  und  Sandwespen. 

Diploptera,  echte  Wespen.  Von  den  Feldwespen,  Lehmwespen 
und  Papierwespen  sind  nur  die  letzteren  an  Früchten  schädlich. 
Vespa  germanica,  deutsche  Wespe;   V.  crahro,  Hornisse. 

Fam.  Apiden,  Bienen.  Keine  wesentlich  schädlichen  Arten. 
Megachüe,  Blattschneidebiene. 

Fam.  Formiciden,  Ameisen;  Unterfam.  Ponerinen  (Stachel- 
ameisen), Dolichoderinen  und  Camponotinen  mit  eingliederigem 
Stielchen,  Myrmicinen  (Knotenameisen)  mit  zweigliederigem  Stielchen. 
In  Europa  nicht  direkt  pflanzenschädlich,  aber  an  Vorräten  und 
auch  in  Gewächshäusern  lästig;  indirekt  durch  die  Pflege  von 
Pflanzenläusen  schädlich, 

VIII.  Lepidoptera,  Schmetterlinge 
Schuppenflügler;  die  Flügel  und  der  Körper  sind  mit  feinen 
Schuppen  bekleidet;  beide  Flügelpaare  sind  groß.  Vollkommene 
Verwandlung.  Mundteile  saugend,  bei  den  Larven  (Raupen)  beißend. 
Die  Raupen  haben  drei  Paar  Brustbeine  und  zwei  oder  fünf  Paar 
ungegliederter  Bauchfüße;  letztes  Paar  =  Nachschieber.  Die  Raupen 
nähren  sich  von  den  verschiedensten  Pflanzenorganen,  am  meisten 
als  Laubfresser,  viele  jedoch  im  Innern  von  Pflanzenteilen.  Sehr 
wichtige  Schädlinge. 

Man  teilt  die  Schmetterlinge  in  zwei  große  Gruppen,  Groß- 
schmetterlinge und  Kleinschmetterlinge,  ein.  Von  den  ersteren 
werden  zwei  Untergruppen  unterschieden,  die  Tagfalter  und  die 
Dämmerungs-  und  Nachtschmetterlinge, 

1.    Mat-rolepidoptera,  Großschmetterlinge 
a)    Rhopalocera,  Tagfalter.    Fühler  an  der  Spitze  keulenförmig. 
Flügel  breit,  in  der  Ruhe  aufrecht.    Leib  schlank.    Meist  bei  Tage 
fliegend. 

Fam.  Pieriden,  Weißlinge.  Fieris  brassicae,  großer  Kohl- 
weißling; Aporia  crataegi,  Baumweißling. 


Schädliche  Organismen  105 

b)  Heterocera,  Dämmerungs-  und  Nachtschmetterlinge.  Fühler 
verschiedenartig,  spindel-,  borsten-,  fadenförmig,  oft  gekämmt,  Flügel 
in  der  Ruhe  flach  oder  dachig  um  den  Leib  gelegt.  Die  Warzen 
der  Bauchbeine  bei  den  Raupen  in  zwei  Reihen. 

Fam.  Sphingiden,  Schwärmer.  Chaeroeampa  celerio,  großer 
Weinschwärmer. 

Fam.  Notodontiden,  Zahnspinner.  Cnethocampa  (Thaumatopoea) 
proeessionea,  Eichen-Prozessionsspinner;  C.  pinivora,  Kiefern-Pro- 
zessionsspinner; C.  pityocampa,  Fichten-Prozessionsspinner. 

Fam.  Lymantriiden  (Lipariden).  Lijmantria  (Psilura)  monacha, 
Nonne;  polyphag,  von  Zeit  zu  Zeit  in  ungeheuren  Mengen  (Fraß- 
perioden)  auftretend  und  besonders  an  Fichten  verderblich ;  L.  dispar, 
Schwammspinner,  polyphag;  in  Nordamerika  eingeschleppt  und  dort 
einer  der  gefährlichsten  Schädlinge  (gipsy  moth);  Euproctis  chrij- 
sorrhoea,  Goldafter  (große  Raupennester),  ebenfalls  in  Nordamerika 
eingeschleppt  und  ähnlich  schädlich  (brown-tail  moth), 

Fam.  Psychiden,  Sackträger.  Weibchen  ohne  Flügel,  in  dem 
Raupensack,  in  den  Pflanzenteile  eingesponnen  sind.  Psyche  (Pachy- 
telia)  unicolor,  in  Weinbergen  schädlich. 

Fam.  Lasiocampiden.  Dendrolimus pini,  Kiefernspinner;  Mala- 
cosoma  neust ria,  Ringelspinner,  an  Obstbäumen. 

Fam.  Geometriden,  Spanner.  Raupen  nackt,  dürren  Zweigen 
ähnlich;  Bauchfüße  in  der  Regel  am  neunten  und  zwölften  Ring. 
Bwpalus  piniarhis,  Kiefernspanner;  Hibernia  defoliaria,  großer 
Frostspanner,  Weibchen  ungeflügelt;  Cheimatohia  hrumata  und 
boreata,  kleine  Frostspanner,  Weibchen  mit  ganz  kurzen  Flügeln, 
Falter  im  Winter,  Raupen  im  Frühjahr;  Abraxas  grossidariata, 
Stachelbeerspanner. 

Fam.  Noctuiden,  Eulen;  Raupen  glatt,  düster  gefärbt;  Puppen 
in  der  Erde.  Viele  stark  schädliche,  besonders  auch  ausländische 
Arten  (army  worms,  cut  worms).  Plusia  gamma,  Gammaeule, 
polyphag.  Panolis  griseovariegata,  Kiefern-  oder  Forleule;  Hadena 
secalis,  Getreideeule ;  H.  hasüinea,  Queckeneule ;  Mamestra  hrassicae, 
Kohleule;  Ägrotis,  Erdeulen,  als  „Erdraupen"  wichtige  polyphage 
Schädlinge,  besonders  A.  segetum,  die  Wintersaateule,  an  Getreide, 
Rüben,  Kartoffeln, 

Fam,  Cossiden,  Holzbohrer.  Zeuzera pirina,  Blausieb;  Cossus 
cossus  (ligniperda),  Weidenbohrer. 


106  in.    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Fam.  Sesiiden,  Glasflügler;  Raupen  ebenfalls  im  Holz.  Bem- 
becia  hißaeiformis,  Himbeerglasflügler;  Sesia  myopaeformis,  Apfel- 
baumglasflügler. 

Fam.  Hepialiden,  Wurzelbohrer.  Hepialus  humuli,  Hopfen- 
spinner. 

2.    Microlepidoptera,  Kleinschmetterlinge 

Meist  kleine  Arten;  Flügel  in  der  Ruhe  flach  oder  dachig  um 
den  Leib  gelegt;  Fühler  lang,  borstenförmig;  Hinterschienen  mit 
doppeltem  Sporenpaar.  Bei  den  Raupen  sind  die  Warzen  der 
Bauchbeine  kreisförmig  angeordnet.  Sehr  zahlreiche  an  den  ver- 
schiedensten Pflanzenteilen  und  -produkten  schädliche  Arten,  vielfach 
auch  im  Innern  oder  unter  der  Oberhaut  minierend.  Die  folgenden 
vier  Familien  sind  jetzt  in  viele  kleinere  Familien  aufgelöst. 

Fam.  Pterophoriden ,  Federmotten,  Geistchen;  Flügel  in  je 
sechs  Federn  gespalten. 

Fam.  Tineiden,  Motten,  Schaben.  An  Obstbäumen:  Cemiostoma 
scitella  und  Lyonetia  derJcella,  Apfelminiermotte ;  Blastodacna 
putripennella,  Apfelmarkschabe,  Apfeltriebmotte;  Anarsia  lirieateUa, 
Pfirsichmotte;  Argyresthia  conjugella,  Apfelmotte,  ursprünglich  in 
der  Eberesche,  feine  Gänge  im  Fruchtfleisch;  Hyponomeuta  mali- 
nellus,  Apfelbaum-Gespinstmotte;  Simaethis  pariana,  Apfelblatt- 
wickler (Skelettierfraß). 

An  anderen  Pflanzen:  Oracilaria  syringella,  Syringenmotte ; 
Coleophora  lariceUa,  Lärchenminiermotte  (Sackmotte);  Phthorimaea 
operculella,  Kartoffelmotte,  in  wärmeren  Gegenden  verbreitet,  Fraß- 
gänge unter  der  Schale;  Plutella  cruciferarmn  (maculipennis), 
Kohlschabe. 

An  Saatgut:  Tinea  graneUa,  Kornmotte,  weißer  Kornwurm; 
Siiotroga  cerealella,  französische  Kornmotte. 

Fam,  Tortriciden,  Wickler.  An  Obstbäumen:  Carpocapsa 
(Cydia)  pomonella,  Apfelwickler,  die  bekannte  „Obstmade";  Tmeto- 
cera  ocellona,  roter  Knospenwickler  und  Oleihreutes  variegana, 
grauer  Knospen wickler;  Grapholita  rvoeheriana,  verursacht  Krebs- 
wucherungen. 

An  Weinreben:  Cochylis  amhiguella  und  Polychrosis  (Eudemis) 
botrana,  einbindiger  und  bekreuzter  Traubenwickler;  zwei  (bezw. 
drei)  Generationen;  als  Heuwurm  in  den  Gescheinen,  als  Sauerwurm 


Schädliche  Organismen  107 

in  den  Beeren;  überwintern  als  Puppen;  Oenophthira  pilleriana 
(Pyralis  vitana),  Springwurm  wickler. 

An  Laubhölzern:  Tortrix  viridana,  grüner  Eichenwickler. 

An  Nadelhölzern:  Grapholitha  zebeana,  Lärchengallenwickler; 
Evetria  resinella,  Kiefernharzgallenwickler;  E.  huoliana,  Kiefern- 
triebwickler ;  E.  turionana,  Kief ernknospenwickler ;  Cacoecia  muri- 
nana,  Weißtannentriebwickler  und  C.  histrionana,  Fiehtentrieb- 
wickler. 

An  Erbsen :  Grapholitha  dorsana,  Gr.  nehritana  und  Gr.  nigii- 
cana,  Erbsenwickler. 

Farn.  Pyraliden,  Zünsler.  Pyrausta  nuhilalis.  Hirsezünsler, 
Gliedwurm,  in  Mais,  Hopfen,  Hanf;  neuerdings  nach  Nordamerika 
verschleppt  und  dort  ein  sehr  gefährlicher  Maisschädling;  Pionea 
forficalis.  Kohlzünsler;  Phlyctaenodes  (Lo.rostege)  sticticalis,  Wiesen- 
zünsler, neuerdings  gefährlicher  Rübenschädling;  Evergestis  exthnalis, 
Rüben  saatpfeif  er;  Zophodia  convolutella,  Stachelbeerzünsler. 

An  Saatgut  und  Vorräten:  Ephestia  kühniella,  Mehlmotte; 
Asopia  farinalis,  Mehlzünsler;  Plodia  interpuncteUa,  Dörrobstschabe. 

IX.    Diptera,  Zweiflügler 

Die  Zweiflügler  oder  Fliegen  haben,  von  einigen  Ausnahmen, 
die  flügellos  sind,  abgesehen,  stets  nur  zwei  entwickelte  Flügel,  die 
Vorderflügel;  das  zweite  Paar  ist  zu  gestielten  Knöpf chen,  den 
Schwingkölbchen  oder  Halteren,  verkümmert.  Die  Mundteile  sind 
beim  Vollkerf  saugend;  die  Verwandlung  ist  vollkommen;  die 
Larven  sind  meist  Maden,  fußlos  und  ohne  deutlichen  Kopf;  die 
Puppe   ist    häufig   oval,    ungegliedert,    eine    sogen.    Tönnchenpuppe. 

Nur  ein  Teil  der  großen  Ordnung  ist  pflanzenschädlich  durch 
die  Tätigkeit  der  Maden,  die  meist  minierend  in  allen  nicht  ver- 
holzten Pflanzenteilen,  vorkommen  und  vielfach  Fäulen  oder  Gallen 
erzeugen,  seltener  frei  leben;  sonst  an  totem  Material,  aber  auch 
in  Insekten  und  höheren  Tieren  parasitisch.  Unter  den  Vollkerfen 
wichtige  Blutsauger  und  Krankheitsüberträger  des  Menschen  und 
der  Tiere. 

Einteilung  nach  der  Form  der  Puppe,  der  Ausbildung  der 
Fühler  und  der  Art  des  Ausschlüpfens  aus  der  Puppenhaut. 

Fam.  Osciniden.  Oscinis  frit  und  0.  pusilla,  Fritfliegen,  im 
Sproßgipfel,  besonders  am  Wintergetreide  schädlich ;  Chlorops  taeni- 


108  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

opus,  Halmfliege,  meist  an  Weizen  (Gicht  oder  Podagra  des 
Getreides). 

Fam.    Psiliden.      Psila   rosae,    Möhrenfliege    (Eisenmadigkeit). 

Farn.  Trypetiden,  Fruchtfliegen.  Hauptsächlich  in  wärmeren 
Ländern;  z.  B.  Daeus  oleae,  Olivenfliege,  und  Ceratitis  capitata  an 
Citrusfrüchten.  Rhagoletis  (Spüographa)  cerasi,  Kirschenfliege, 
Kirschenmade;  Flatyparaea  poecüoptera,  Spargelfliege. 

Fam.  Anthomyiden.  Anthomyia  radicum,  Wurzelfliege,  in 
Raphanus-  und  Brassica- Kxiew;  Chortophila  brassicae,  Kohlfliege; 
Pegomyia  hyoscyami,  Runkeifliege  (Blattminen);  Hylemyia  antiqua, 
Zwiebelfliege ;  IT.  coarctata,  Getreideblumenfliege,  Schädlichkeit  wie 
bei  der  Fritfliege. 

Fam.  Syrphiden,  Schwebfliegen;  Larven  zum  Teil  Blattlaus- 
feinde.    Eumerus  strigatiis,  Zwiebelmondfliege. 

Fam.  Tipuliden,  Schnaken.  Langbeinige  Fliegen,  deren 
Larven  im  Boden  leben  und  an  Wurzeln  fressen;  besonders  an 
Keimpflanzen  schädlich,  polyphag.  Tipula-  und  Pachyrhina- Arten. 

Fam.  Cecidomyiden,  Gallmücken.  Clinodiplosis  oculiperda, 
Rosenokulatengallmücke,  Okuliermade,  in  Wundstellen  von  Rosen 
und  auch  von  Obstbäumen;  Cl.  rosiperda,  Rosengallmücke  in  den 
Blütenknospen;  Contarinia  {Diplosis)  tritici,  Weizengallmücke,  zer- 
stört einzelne  Körner;  C.  pyrivora,  Birngallmücke,  in  den  jungen 
Früchten;  C.  viticola,  Rebenblüten-Gallmücke,  in  Blütenknospen; 
Mayetiola  destructor,  Hessenfliege,  im  unteren  Teile  des  Halmes 
von  Getreide;  Dasyneura  brassicae,  Kohlgallmücke,  in  den  Schoten; 
D.  j?2/n,  Birnblatt-Gallmücke,  in  Blattrollungen ;  Rhabdophaga 
saliciperda  und  Rh.  Salicis,  an  Weiden  in  Rinde  und  Mark. 

Fam,  Bibioniden,  Haarmücken.  Bibio  hortidanus,  Garten- 
haarmücke, und  verwandte  Arten;  die  raupenähnlichen,  borstigen 
Larven  im  Boden  an  Wurzeln  aller  Art. 

Wirbeltiere 

Aves,  Vögel 
Die  Vögel,  von  denen  viele  als  Insektenfresser  nützlich  sind, 
(s.  Vogelschutz),  werden  an  Kulturpflanzen  selbst  selten  schädlich; 
so  gelegentlich  durch  Abfressen  von  Knospen  und  jungen  Trieben. 
Wichtiger  ist  ihr  Schaden  an  Früchten  (Amsel,  Staar)  und  am 
meisten    derjenige    durch    das    Fressen    von    Sämereien,    besonders 


Schädliche  Organismen  109 

Getreidekörnern  und  keimenden  Saaten  (Tauben,  Sperlinge  und  die 
sonst  nützliche  Saatkrähe). 

Mammalia,  Säugetiere 

Insectivoren,  Insektenfresser.  Daß  der  umstrittene  Maulwurf 
gelegentlieh  durch  Bloßlegen  von  Wurzeln  schädlich  und  .sonst 
durch   das  Aufwerfen    seiner  Haufen    sehr  lästig  wird,    ist  bekannt. 

jRodentia,  Nagetiere.  Ein  gefährlicher  Schädling,  weniger  an 
Pflanzen,  als  durch  ihre  Wühlarbeit,  ist  die  aus  Nordamerika 
stammende  und  in  ihrer  Ausbreitung  begriffene  Bisamratte,  Fiber 
zibethicHS.  Hasen,  Eichhörnchen  und  Bilche  (Siebenschläfer)  brauchen 
hier  nur  erwähnt  zu  werden;  ebenso  der  am  meisten  durch  Ein- 
sammeln von  Körnerfrüchten  schädliche  Hamster. 

Von  den  Mäusen  (Muriden)  gehört  die  Feldmaus  {Arvicola 
arvalis)  durch  ihre  periodische,  von  der  Witterung  abhängige 
Massenvermehrung  zu  den  allerschädlichsten  Tieren.  Besonders  an 
Obst-  und  Forstbäumen  durch  Entrinden  und  Zernagen  der  Wurzeln 
schädlich  ist  die  Wühl-  oder  Mollmaus  {Arvicola  terrestris  und 
A.  amphihius).  Durch  Abbeißen  von  Getreidehalmen  schadet  die 
Zwergmaus  {Mus  tniniäus). 

CJngulaten,  Huftiere.  Von  den  Cerviden  sind  Hirsche  und 
Rehe  am  meisten  durch  Schälen  der  Rinde  forstschädlich.  Der 
Schaden  von  Weidevieh,  besonders  Ziegen,  ist  bekannt;  zu  er- 
wähnen sind  dabei  noch  die  besonderen  Wuchsformen,  die  durch 
Wildverbiß  zustande  kommen. 

Anhang 

Filtrierbare  Vira  als  Krankheitsursachen 

(Viruskrankheiten ;  sog.  physiologische  oder  enzymatische  Krankheiten) 

Bei  manchen  Pflanzenkrankheiten,  die  man  früher  als  aus  un- 
bekannten Ursachen  entstandene  Störungen  der  physiologischen 
Funktionen  ansah,  hat  sich  herausgestellt,  daß  sie  sich  hinsichtlich 
ihrer  Übertragbarkeit  genau  wie  Infektionskrankheiten  verhalten, 
nur  mit  dem  Unterschied,  daß  es  nicht  gelungen  ist,  Organismen 
als  Erreger  dieser  Krankheiten  einwandfrei  nachzuweisen.  Da  das 
übertragende  Agens,  soweit  bekannt,  die  Eigenschaft  hat,  Bakterien- 
filter zu  passieren,  bezeichnet  man  es  als  filtrierbares  Virus.  Zum 
Teil  wird  die   Ursache   solcher   Krankheiten   lediglich   in   Enzymen 


110  III-    Die  Ursachen  der  Pflauzenkrankheiten 

gesehen,  die  infolge  von  Stoffwechselstörungen  gebildet  und  durch 
katalytische  Wirkung  in  der  Pflanze  vermehrt  werden,  doch  sprechen 
andere,  auch  die  bei  der  Erforschung  entsprechender  Tierseuchen 
gewonnenen  Erfahrungen  dagegen;  so  konnte  z.  B,  das  Virus  der 
Maul-  und  Klauenseuche  durch  Weiterimpfung  in  künstlichen 
Medien  bis  zur  5.  Generation  virulent  weitergezüchtet  werden. 
Auch  die  Übertragung  dieser  Krankheiten  durch  saugende  Insekten 
und  die  teilweise  Überwinterung  in  ihnen  entspricht  ganz  der  Über- 
tragung von  Mikroorganismen,  ebenso  die  Ausbreitung  in  den 
Pflanzen  und  ihre  Vererbung  durch  Samen  (z.  B.  einige  Mosaik- 
krankheiten) oder  Ableger.  Mit  den  Enzymen  (zugleich  auch  mit 
den  Organismen)  teilt  das  Virus  die  Eigenschaft,  durch  bestimmte 
Wärmegrade  zerstört  zu  werden. 

Krankheiten  dieser  Art,  die  man  auch  als  nichtparasitäre 
Infektionskrankheiten  bezeichnen  kann,  sind  Mosaikkrankheiten,  in- 
fektiöse Chlorose,  Blattroll-  und  Kräuselkrankheiten.  Für  die  Be- 
kämpfung kommt  neben  Sortenwahl  und  Saaatgutwechsel  die  Im- 
munitätszüchtung und  die  Vertilgung  gleichzeitiger  anderer  Wirte, 
neuerdings  die  Bekämpfung  der  übertragenden  Insekten  (Zikaden, 
Blattläuse,  seltener  fressende  Insekten)  in  Frage. 

2.    Unbelebte  Krankheitsursachen 

(Nichtparasitäre  Krankheiten) 

Wirtschaftlich  kommt  den  nichtparasitären  Krankheiten  eine 
viel  größere  Bedeutung  zu,  als  den  durch  Organismen  hervor- 
gerufenen. Wir  können  unter  ihren  Ursachen  die  in  der  Natur  ge- 
gebenen Einflüsse  des  Bodens  und  der  Witterung  von  chemischen 
durch  menschliche  Tätigkeit  entstehenden  Einflüssen  unterscheiden, 
wozu  einesteils  die  mit  der  Industrie  zusammenhängenden  der  Rauch- 
gase und  Abwässer,  andemteils  die  mit  dem  Pflanzenbau  selbst  ver- 
bundenen von  ungeeigneter  Düngung  und  der  Nebenwirkung  von 
Schädlingsbekämpfungsmitteln  gehören. 

Zu  den  nichtparasitären  Krankheiten  pflegt  man  auch  noch 
die  Wunden  zu  rechnen.  Als  Krankheitsformen  haben  wir  sie 
schon  in  den  Abschnitten  über  Krankheitsbild  und  über  patho- 
logische Anatomie  kennen  gelernt.  Ihre  Ursachen  sind  dagegen  in 
dem  vorliegenden  Kapitel  jeweils  an  der  gehörigen  Stelle  aufzuführen ; 


Unbelebte  Krankbeitsursachen  Hl 

es  kommen  als  solche  hauptsächlich  in  Betracht:  Hagel,  Frost.  Wind, 
Blitzschlag,  das  Beschneiden  der  kultivierten  Bäume  und  schließlich 
die  zahlreichen  Formen  des  Tierfraßes. 

Unter  den  oben  genannten  Ursachen  sind  es  die  Witterungs- 
einflüsse, welche  die  größten  Schädigungen  bedingen  und  sie  sind 
zugleich  diejenigen,  denen  man  am  wenigsten  entgegenwirken  kann, 
die  auch  unter  sonst  günstigen  Kulturbedingungen  einen  unberechen- 
baren und  unbeeinflußbaren  Faktor  bilden.  Nichtsdestoweniger  ist 
die  Erkennung  und  Unterscheidung  der  unbelebten  Krankheits- 
ursachen eine  wichtige  Aufgabe.  Sie  ist  in  vielen  Fällen,  besonders 
dann,  wenn  es  sich  um  langdauernde  Einwirkungen  oder  Nach- 
wirkungen handelt,  auf  das  Krankheitsbild  allein  angewiesen  und 
wird  noch  dadurch  erschwert,  daß  viele  der  hierher  gehörigen  Er- 
scheinungen, wie  z.  B.  die  Dürren,  durchaus  nicht  eindeutige  Symp- 
tome sind,  sondern  infolge  der  verschiedenartigsten  Schädigungen 
auftreten  können.  Weiterhin  muß  hier  auch  stets  mit  dem  Zu- 
sammentreffen verschiedener  Krankheitsursachen,  wie  Nässe  und 
Kälte,  Trockenheit  und  Wärme,  deren  Wirkung  oft  noch  durch 
Bodeneinflüsse  verstärkt  wird,  gerechnet  werden,  unter  denen  das 
entscheidende  Moment  aufzudecken  ist. 

Vielleicht  mehr  noch  als  bei  den  von  Organismen  herrührenden 
Krankheiten  und  Beschädigungen  berühren  wir  hier  das  Grenzgebiet 
zwischen  Krankheit  oder  krankhaftem  Zustand  und  physiologischer 
Anpassungsreaktion  auf  äußere  Einflüsse.  Wenn  sich  die  Wuchs- 
form eines  Baumes  der  Lichtverteilung  entsprechend  seiner  Um- 
gebung anpaßt  oder  wenn  Kulturpflanzen  auf  Struktur  und  Nähr- 
stoffgehalt des  Bodens  und  das  Gesamtklima  unverkennbar  durch 
mehr  oder  weniger  freudiges  Wachstum  reagieren,  so  kann  man 
nicht  ohne  weiteres  alle  Abweichungen  von  der  Norm,  auch  nicht 
alle  Abweichungen  nach  der  Minusseite  hin,  als  krankhaft  bezeichnen. 
Sehr  wohl  können  aber  schon  allerkleinste  Veränderungen  ein- 
schneidende Bedeutung  in  wirtschaftlicher  Hinsicht  haben  und  für 
die  Rentabilität  einer  Kultur  entscheidend  sein.  Daher  muß  hier 
die  praktische  Aufgabe  der  Pflanzenpathologie  bei  der  Ent- 
scheidung über  den  Umfang  des  zu  behandelnden  Stoffes  mit 
berücksichtigt  werden. 

Wenn  wir  auch  in  diesem  Kapitel  nur  die  direkte  Einwirkung 
der  genannten  unbelebten  Krankheitsursachen  zu  erörtern  haben,  so 


112  III.    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

kann  dabei  doch  die  indirekte  Einwirkung,  nämlich  die  Begünstigung 
parasitärer  Krankheiten,  nicht  außer  Betracht  gelassen  werden. 
Denn  auch  ihr  kommt  eine  fast  ebenso  große  Bedeutung  zu,  auf 
die  in  unserer  Darstellung  immer  wieder  hingewiesen  wird.  Sie 
äußert  sich  in  einer  doppelten  Weise,  einmal  als  Schwächung  der 
Pflanzen  und  Steigerung  ihrer  Anfälligkeit,  z.  B.  durch  Verlang- 
samung des  Wachstums  und  damit  Verlängerung  der  kritischen, 
anfälligen  Altersstufe,  zum  anderen  in  der  Begünstigung  der  Para- 
siten. So  bedürfen  Pilze  stets  einer  gewissen  Feuchtigkeit  zur  Ent- 
wicklung, insbesondere  der  Luftfeuchtigkeit  zur  Sporenkeimung,  die 
der  Infektion  vorangeht;  oder  es  vermehren  sich  Tiere  am  stärksten 
bei  Trockenheit,  wie  gerade  von  den  gefährlichsten  Massenschädlingen, 
den  Feldmäusen  und  Heuschrecken  bekannt  ist. 

Da  in  dem  vorliegenden  Kapitel  von  den  Ursachen  die  Rede 
sein  soll,  die  Krankheitserscheinungen  aber  in  anderem  Zusammen- 
hang Erwähnung  fanden,  und  da  es  sich  im  Gegensatz  zu  den 
Organismen  nicht  um  ein  Eingehen  auf  die  Beschreibung  der  Ur- 
sachen selbst  handeln  kann,  wird  hier  im  wesentlichen  ein  kurzer 
Überblick  über  die  Zusammenhänge  an  Hand  der  angedeuteten 
Einteilung  zu  geben  sein. 

a)    WitterungseinflUsse 

1.    Feuchtigkeitsverhältnisse  (Hydrometeore) 

Trockenheit.  Die  folgenschwersten  aller  Kulturschädigungen 
ruft  Trockenheit  hervor.  Sie  äußert  sich  zunächst  in  gesteigerter 
Transpiration  und  verminderter  Zufuhr  des  Wassers,  sei  es  des 
durch  die  Wurzeln  aus  dem  Boden  oder  des  durch  die  Blätter  aus 
der  Luft  entnommenen,  und  in  verminderter  Ernährung.  In  leichten 
Fällen  und  bei  unvermitteltem  Eintritt  der  Trockenheit  tritt  das 
Welken  ein,  der  Turgor  sinkt  und  die  Gewebe  werden  schlaff. 
Hat  das  Welken  noch  nicht  zum  Absterben  der  Gewebe  geführt, 
so  richten  sich  die  Organe  nach  Wasserzufuhr  wieder  auf.  Weiterhin 
wird  das  Wachstum  verlangsamt  und  die  Pflanzen  bleiben  klein 
und  die  Erträge  an  Reservestoffen  oder  Früchten  gering.  Bei  in- 
tensiver Trockenheit  und  längerer  Dauer  geht  dieser  Mißwachs  in 
Dürre  über,  es  kommt  zum  Absterben  (Nekrose)  erst  der  Blätter 
und  übrigen  Assimilationsflächen,  dann  der  ganzen  Pflanze.    Extreme 


Unbelebte  Krankheitsursachen  113 

Trockenjahre  bedingen  daher  Hungersnöte;  solche  Jahre  sind  in 
unserem  Klima  selten,  häufiger  in  kontinentalem  Klima  und  in 
Monsunklima. 

Klimatisch  fällt  die  Trockenheit  meist  mit  höherer  Temperatur 
zusammen,  da  bei  letzterer  der  relative  Feuchtigkeitsgehalt  der 
Luft  rasch  abnimmt  (mittägliches  Welken  des  Laubes);  anderseits 
treten  ihre  Wirkungen  rascher  ein  auf  leichten  Sandböden. 

Indirekte  Wirkungen  sind  die  schon  wiederholt  erwähnte 
Begünstigung  der  Vermehrung  tierischer  Schädlinge,  besonders  auch 
kleiner  Tiere,  wie  der  Blattläuse,  Blasenfüße  und  Milben,  und  von 
Trockenfäulen,  zu  denen  ja  auch  schon  die  Dürre  selbst  zu  rechnen 
ist,  wie  z.  B.  der  Herz-  und  Trockenfäule  der  Rüben. 

Einzelerscheinungen  der  Trockenheit  sind,  außer  dem  all- 
gemeinen Zuwachsverlust  und  dem  Verdorren,  das  meist  an  den 
Blattspitzen  beginnt,  die  Hemmung  der  Entfaltung  der  Knospen 
und  das  Absterben  der  jüngsten,  aus  den  Knospen  hervorbrechenden 
Triebe,  der  Hitzelaubfall,  bei  manchen  Pflanzen  das  Abwerfen  von 
Blütenknospen  oder  jungen  Früchten,  und  in  seltenen  Fällen  der 
eigentliche  Honigtau,  eine  tropfenförmige  Ausscheidung  zuckerhaltiger 
Flüssigkeit  aus  Spaltöffnungen  von  Blüten-  oder  Laubblättern. 
Andere  bekannte  Folgen  der  Trockenheit  an  Kulturgewächsen  sind 
das  Verscheinen  des  Getreides,  wenn  die  Dürre  während  der  Blüte 
einsetzt  und  die  Befruchtung  verhindert,  die  Fadenkeimbildung  und 
das  Durchwachsen  der  Kartoffeln  (Kindelbildung),  an  Früchten  aller 
Art  die  Notreife  und  an  Wurzeln  das  Verholzen  von  Parenchym- 
geweben.  Auch  das,  Steinigwerden  oder  die  Steinzellenkrankheit 
der  Birnen  (Lithiasis)  und  die  Stippflecken  der  Äpfel,  unter  Bräu- 
nung abgestorbene,  bitter  schmeckende  Gewebspartien,  werden  auf 
Trockenheit  zurückgeführt. 

Übermäßige  Feuchtigkeit.  Wirkungen  übermäßiger  Luft- 
feuchtigkeit treten  erst  bei  längerer  Dauer  der  Einwirkung  in  Er- 
scheinung und  werden  meist  nur  an  Gewächshauskulturen  zu  be- 
obachten sein.  Eine  Folge,  die  auch  im  Freien  öfter  auftritt,  ist 
die  Perldrüsenbildung  der  Weinreben.  Überhaupt  handelt  es  sich 
in  diesen  Fällen,  soweit  nicht  ähnlich  wie  beim  Etiolement  infolge 
der  unzureichenden  Transpiration  eine  mangelhafte  Gewebediffe- 
renzierung (Ausbleiben  der  Verholzung  der  Membranen  usw.)  ein- 
tritt,  um   Bildung  von  Intumeszenzen,   wie  Korkwucherung,  Lenti- 

Sammlung  Borntraeger  I:Morstatt  8 


114  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Zellenwucherung  oder  Korksucht,  die  besonders  auch  Blätter  und 
Früchte  betrifft  und  an  ersteren    zur  Durchlöcherung   führen    kann. 

Wirkungen  des  Wasserüberschusses  im  Boden  hängen  wohl 
meist  mit  Bodenverhältnissen  zusammen  und  treten  am  häufigsten 
auf  schweren  Böden  ein,  wo  das  Wasser  stagniert.  Die  Wurzel- 
tätigkeit wird  dabei  durch  Sauerstoffmangel  gehemmt  und  die  un- 
genügende Nährstoffzufuhr  führt  erst  zu  einem  Gelbwerden  des 
Laubes,  weiterhin  treten  Wurzelfäulen  ein,  bei  denen  meist  nicht 
zu  unterscheiden  ist,  ob  sie  von  Schwächeparasiten  oder  nach  dem 
Absterben  der  Gewebe  von  Saprophyten  hervorgerufen  sind.  Es 
können  aber  auch  an  oberirdischen  Organen  Folgekrankheiten  über- 
mäßiger Wasserzufuhr  auftreten,  die  dann  mit  ungenügender 
Transpiration  zusammenhängen.  So  kommt  es  bei  fleischigen 
Pflanzenteilen  zum  Aufplatzen,  das  nicht  nur  von  Obstfrüchten, 
sondern  auch  von  krautigen  Stengeln,  wie  z.  B.  der  Bohnenpflanzen, 
bekannt  ist.  Eine  andere  Erscheinung,  die  mit  unzureichender 
Verdunstung  bei  starker  Wasserzufuhr  zusammenhängt,  ist  die  an 
Obststräuchern  und  -bäumen  auftretende  Wassersucht,  die  in  dem 
streifen-  oder  flächenförmigen  Aufplatzen  von  Rindenschichten  und 
nachfolgenden  Korkwucherungen  besteht. 

Einzelne  Niederschlagsformen.  Der  Tau,  der  den 
Pflanzen  vielfach  das  Gedeihen  noch  ermöglicht,  wo  andere  Nieder- 
schläge und  Bodenfeuchtigkeit  nicht  ausreichen,  dürfte  als  direkt 
schädlich  nicht  in  Betracht  kommen.*  Mittelbar  ist  er  aber  einer 
der  wichtigsten  Faktoren  beim  Zustandekommen  von  Pilzkrankheiten, 
da  er  das  zur  Keimung  der  angewehten  und  sonst  verschleppten 
Pilzsporen  auf  den  Pflanzenorganen  nötige  tropfbare  Wasser  liefert. 

Der  Nebel  entspricht  in  seiner  Wirkung  der  übermäßigen 
gelösten  Luftfeuchtigkeit,  wobei  noch  Lichtmangel  hinzukommen 
kann.  In  unserem  Klima  kommt  ihm  keine  besondere  pflanzen- 
pathologische Bedeutung  zu. 

Regengüsse  schaden  mehr  indirekt  durch  Verschlemmung 
des  Bodens  als  durch  ihre  mechanische  Wirkung  auf  die  Pflanzen, 
da  diese  auch  an  starke  Regen  im  allgemeinen  hinreichend  ange- 
paßt sind. 

Die  normale  Wirkung  des  Schnees  ist  eine  frostschützende. 
Wenn  jedoch  größere  Schneemengen  auf  Bäumen  liegen  bleiben, 
kommt   durch   ihr  Gewicht  der   Schneebruch,    das   Abbrechen    von 


Unbelebte  Krankheitsursachen  115 

Ästen  und  selbst  von  Stämmen  zustande,  das  als  Waldbeschädigung 
großen  Umfang  annehmen  kann,  während  bei  weichem  Boden  und 
besonders  an  Abhängen  die  Stämme  geworfen  werden  können. 
Ähnliche  mechanische  Wirkungen  können  auch  infolge  von  Duft- 
anhang  und  Rauhreif  eintreten. 

Eine  mit  der  Luftfeuchtigkeit  unter  der  Schneedecke  zusammen- 
hängende indirekte  Schädigung  ist  die  Begünstigung  des  Schnee- 
schimmels bei  den  Wintersaaten,  wogegen  die  Schneedecke  aber 
auch  direkt  schaden  kann,  wenn  sie  zu  lange  liegen  bleibt  und 
überwinternde   krautartige   Pflanzen    dadurch   zum  Ersticken    bringt. 

Hagel.  Die  Hagelschäden  gehören  zu  den  schwersten  Schädi- 
gungen des  Pflanzenlebens  und  damit  der  Landwirtschaft.  Die  re- 
lative Häufigkeit  ihres  Eintretens  hängt  mit  der  Oberflächen- 
gestaltung der  Erde  zusammen;  es  gibt  „Hagelstriche",  die  ganz 
eng  begrenzt  sein  können  und  häufiger  als  ihre  Umgebung  vom 
Hagel  heimgesucht  werden.  Die  Schadenwirkung  des  Hagels  ist 
eine  rein  mechanische  und  von  der  Größe  und  Anzahl  der  Körner 
abhängig,  indem  durch  den  Aufschlag  Pflanzengewebe  entweder  ge- 
quetscht oder  zerrissen  werden.  Charakteristisch  sind  die  ent- 
stehenden Hagelflecken  und  -wunden;  für  den  Nachweis  ist  dabei 
auch  die  einseitige  Schlagrichtung  von  Bedeutung.  Getreide  und 
krautartige  Pflanzen  werden  am  meisten  geschädigt;  an  den  Blättern 
und  Halmen  sind  die  Hagelflecken  weiß,  weil  die  Gewebe  unter 
der  Epidermis  gequetscht  und  von  ihr  abgelöst  sind.  Auch  an 
holzigen  Stengeln  treten,  wenn  sie  nicht  zerrissen  werden,  Schlag- 
wunden ein,  die  besonders  in  späteren  Stadien  leicht  daran  zu  er- 
kennen sind,  daß  die  weichen  Rindenschichten  zerstört,  aber  die 
Faserbündel  erhalten  geblieben  sind.  Die  letzteren  heben  sich  dann 
als  helle  Streifen  in  dem  grünen  oder  gebräunten  Gewebe  ab.  Bei 
größeren  Bäumen  bilden  sich  nach  starken  Hagelwettern,  die  das 
Laub  und  die  jungen  Zweige  zerschlagen  haben,  durch  das  Aus- 
treiben von  Adventivknospen  charakteristische  Wuchsformen  aus, 
die  sich  zuweilen  erst  nach  mehreren  Jahren  wieder  ausgleichen. 
Die  Quetschungen,  die  an  grünen  Pflanzenteilen  oder  an  Früchten, 
aber  auch  an  stärkerer  Rinde  auftreten,  bieten  häufig  zu  Anfang 
wenig  Charakteristisches  außer  ihrer  einseitigen  Lokalisation.  Erst 
späterhin  werden  sie  durch  ihre  Begrenzung  und  die  Beschränkung 
auf    weiche    Gewebe    unterhalb    der    härteren    Haut-    oder    Rinden- 


116  III.    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

schichten  eindeutig.  Selbstverständlich  bilden  die  Hagelwunden  bei 
nachfolgendem  feuchtem  Wetter  eine  besondere  Gefahr  wegen  der 
Ansiedlung  von   Wundparasiten,   insbesondere   von   Fäulniserregern. 

2.    Temperaturverhältnisse 

Ebenso,  wie  an  bestimmte  Feuchtigkeitsgrade,  sind  die  Pflanzen 
auch  an  bestimmte  Temperaturgrade  angepaßt  und  die  Abweichung 
von  der  normalen  Variationsbreite  führt  zu  entsprechenden  Schädi- 
gungen. Wir  bezeichnen  dem  Sprachgebrauch  folgend  die  über 
der  jeweiligen  Norm  oder  dem  Optimum  liegenden  Temperaturen 
als  Wärme,  die  unterhalb  liegenden  als  Kälte.  Die  wichtigsten 
Temperaturschäden  sind  die  Frostwirkungen,  die  in  einer  ungemeinen 
Mannigfaltigkeit  auftreten. 

Kälte.  Wir  gehen  hier  nicht  auf  die  überwiegend  in  das 
Gebiet  der  Physiologie  gehörenden  Erscheinungen  beim  Gefrieren 
und  Erfrieren  an  sich  ein,  sondern  befassen  uns  nur  mit  den  Kultur- 
schädigungen, die  durch  niedere  Temperaturen  hervorgerufen  werden. 
Wir  unterscheiden  dabei  Wirkungen  der  Kälte  im  allgemeinen, 
hauptsächlich  der  Winterkälte,  und  die  besonderen  Schädigungen 
durch  Spätfröste  im  Frühjahr  und  Frühfröste  im  Herbst. 

Temperaturen,  die  unterhalb  des  Optimums  liegen,  wirken 
wachstumshemmend;  sie  verlangsamen  den  Zuwachs  und  verzögern 
die  Reife.  Das  Absterben  von  Pflanzen  und  ihren  Teilen  (Erfrieren) 
rufen  aber  erst  Temperaturen  hervor,  die  unterhalb  des  spezifischen 
Minimums  liegen;  dieses  fällt  jedoch  nicht  mit  dem  Gefrierpunkt 
des  Wassers  zusammen,  sondern  kann  höher  oder  auch  viel  nie- 
driger sein. 

Eine  der  einfachsten  Kältewirkungen  ist  das  Süßwerden 
der  Kartoffeln  bei  schwachen  Kältegraden  oberhalb  des  Gefrier- 
punktes, das  darauf  beruht,  daß  der  den  Zucker  verbrauchende 
Atmungsprozeß  gehemmt  ist,  während  die  Umbildung  von  Stärke 
in  Zucker  noch  weitergeht.  Ebenfalls  als  Wirkung  andauernder 
zu  niederer  Temperaturen  tritt  das  Gelbbleiben  junger  Blätter  auf, 
wenn  ihnen  nach  dem  Austreiben  nicht  die  zu  ihrer  Ernährung 
nötige  Wärme  geboten  wird.  Unter  den  direkten  Frostschäden  ist 
das  Erfrieren  einjähriger  Triebe  bei  mangelnder  Holzreife  wichtig, 
die  eine  Folge  ungenügender  Sommerwärme  oder  der  zu  späten 
Neubildung  von  Trieben,   aber  auch  von  Schwächung  durch  Laub- 


Unbelebte  Krankheitsorsachen  117 

krankheiten  sein  kann.  Beim  Fehlen  der  Schneedecke  und  starker 
Kälte  kann  es  in  nassen  Lagen  zum  Erfrieren  der  Wurzeln  von 
Gehölzen  kommen,  ohne  dai3  die  oberirdischen  Teile  erfrieren,  da 
jene  weicher  gebaut  sind  als  das  Stammholz.  An  den  Stämmen 
und  Ästen  sonst  winterharter  Bäume  treten  Schädigungen  haupt- 
sächlich durch  schroffe  und  große  Temperaturwechsel  ein.  Auf  diese 
Weise  kommen  besonders  die  bekannten  senkrechten  Frostrisse 
zustande,  da  die  Rinde  und  das  äußere  Holz  sich  unter  der  Tem- 
peraturerniedrigung stark  zusammenziehen,  während  der  Kern  noch 
unter  höherer  Temperatur  ausgedehnt  ist;  solche  Frostrisse  verheilen 
dann  durch  Überwallung  unter  Bildung  von  sogen.  Frostleisten. 
Die  auch  als  Brand  bezeichneten  Frostplatten  sind  dagegen  tote 
Rindenstellen  von  mehr  oder  weniger  rundlicher  Form;  an  ihrem 
Zustandekommen  ist  vielfach  die  Erwärmung  durch  Sonnenstrahlen 
im  Wechsel  mit  starker  Kälte  beteiligt.  Erwähnung  verdient  hier 
auch  noch  der  an  vielen  Bäumen  in  jeweils  verschiedener  Form 
auftretende  Frost  krebs,  der  durch  alljährlich  wiederholtes  Er- 
frieren des  parenchymatischen  unausgereiften  Wundholzes  entsteht; 
die  ursprüngliche  Veranlassung  können  dabei  außer  Frostschäden 
auch    durch  Insekten   verursachte   Wunden   oder   Pilzinfektion   sein. 

Ein  ganz  andersartiger  direkter  Frostschaden  liegt  dem  eigent- 
lichen Auswintern  der  Wintersaaten  zugrunde.  Auf  schweren 
Böden  werden  durch  das  Gefrieren  des  Wassers  die  oberen  Schichten 
und  mit  ihnen  die  junge  Saat  in  die  Höhe  gehoben,  wodurch  ein 
Teil  der  Wurzeln  abreißt.  Wiederholt  sich  dieser  Vorgang  mehr- 
mals, so  wird  die  Saat  dadurch  oft  in  solchem  Umfang  geschädigt, 
daß  sie  untergepflügt  werden  muß. 

Eine  besonders  große  wirtschaftliche  Bedeutung  haben  die  bei 
Kälterückfällen  im  Frühjahr  auftretenden  Spätfröste.  Sie  sind 
am  schädlichsten,  wenn  sie  in  die  Blütezeit  fallen;  hauptsächlich 
die  Obsternte  wird  dadurch  in  vielen  Jahren  geschädigt  oder  zer- 
stört, aber  auch  die  Getreideernte  kann  in  gleicher  Weise  durch 
Erfrieren  der  Blüten  vernichtet  werden.  Ebenfalls  eine  häufige  Er- 
scheinung ist  das  Erfrieren  von  Frühjahrssaaten,  jungen  Trieben 
an  Kartoffeln  und  an  Gehölzen,  wenn  warme  Witterung  die  Vege- 
tation vorher  sehr  gefördert  hat.  Als  eigenartige  Form  des  Er- 
frierens  ist  die  Zerschlitzung  von  Laubblättern,  die  während  des 
Austreibens  der  Knospen  von  Frost  befallen    werden,    bekannt;    am 


118  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

häufigsten  wird  sie  bei  der  Roßkastanie  beobachtet.  Der  Nach- 
wirkung von  Spätfrösten  wird  auch  das  Auftreten  von  Schoßrüben 
zugeschrieben,  die  schon  im  ersten  Jahre  an  Stelle  der  Reservestoff- 
speicherung  zur  Samenbildung  schreiten;  man  führt  die  Erscheinung 
auf   eine    Unterbrechung    der   Vegetation    durch    die    Kälte    zurück. 

Die  Frühfröste  oder  Herbstfröste  werden  am  schädlichsten 
durch  das  schon  erwähnte  Erfrieren  unausgereiften  Jungholzes,  das 
am  meisten  den  Weinbau  betrifft.  Eine  bekannte  und  häufige 
Erscheinung  ist  das  Hängenbleiben  des  Laubes  infolge  von  Früh- 
frösten, welche  die  Blätter  abtöten,  ehe  sie  normalerweise  abge- 
storben sind  und  die  Trennungsschicht  ausgebildet  haben.  Solches 
Laub  bleibt  oft  bis  zum  neuen  Austrieb  im  Frühjahr  an  den 
Bäumen.  Dieselbe  Erscheinung  tritt  aber  auch  aus  anderen  Ur- 
sachen ein;  z.  B.  wenn  der  normale  Abschluß  der  Vegetationszeit 
durch  dauernd  kühle  Witterung  bis  zum  Eintritt  der  Kälte  ver- 
zögert worden  ist. 

Wärme.  Praktisch  sind  die  Schädigungen  durch  Wärme 
weniger  häufig  und  umfangreich,  als  diejenigen  durch  Kälte,  sofern 
die  Wärme  nicht  in  Verbindung  mit  Trockenheit  auftritt,  worüber 
das  Nötige  oben  schon  gesagt  ist.  Beachtenswert  ist  dieses  Zu- 
sammenwirken der  Faktoren,  wenn  auf  längere  feuchtkalte  Perioden 
plötzlich  warmes  Wetter  folgt.  Die  eintretenden  Schäden  sind  dann 
dadurch  verursacht,  daß  die  Pflanze  sich  nicht  rasch  genug  der  ge- 
steigerten Transpiration  anzupassen  vermag,  und  die  scheinbare 
Wärmewirkung  ist  nur  eine  Schädigung  durch  die  rasch  vermin- 
derte Luftfeuchtigkeit.  Auch  die  Boden  beschaff  enheit  ist  oft  an  den 
Schädigungen  mitbeteiligt,  und  während  wir  Kälteschäden  mehr  auf 
schweren  Böden  finden,  treten  die  Wärmeschäden  häufiger  auf 
leichten  Böden  auf. 

Hitzelaubfall  und  Notreife  sind  solche  Erscheinungen,  bei 
denen  die  Wärmewirkung  nur  mitbeteiligt  ist.  Eine  fast  reine 
Wärmeschädigung  liegt  dagegen  vor  beim  Sonnenbrand,  den  man 
zuweilen  an  saftigen  Früchten  (Äpfel,  Tomaten)  beobachtet;  schon 
die  Lokalisierung  der  Brandflächen  erweist  hier  den  Zusammenhang 
mit  der  Sonnenbestrahlung.  Bei  Kulturen  unter  Glas  treten 
ähnliche  Brennflecken  an  Blättern  auf,  wenn  durch  Unregelmäßig- 
keiten in  den  Glasscheiben  oder  durch  Wassertropfen  eine  Linsen- 
wirkung zustande  kommt.      Als  Wärmewirkung  sei  auch  noch  das 


Unbelebte  Krankheitsursachen  119 

Giftigwerden  von  Kartoffeln  erwähnt,  wenn  sie  bei  nicht  genügend 
niedriger  Temperatur  aufbewahrt  werden.  Die  Giftigkeit  entsteht 
durch  Anhäufung  von  Solanin,  das  für  die  Keimung  gebildet,  aber 
bei  der  Lagerung  der  Kartoffeln  nicht  rasch  genug  verbraucht  wird. 

Die  physiologische  Wirkung  andauernder  höherer  Wärme  auf 
Kulturpflanzen  wird  am  besten  an  der  Entwicklung  unserer  Ge- 
müsepflanzen in  den  Tropen  beobachtet;  es  kommt  zu  vermehrter 
Blüten-  und  Fruchtbildung,  wogegen  die  Ausbildung  von  Blättern 
und  Knollen  gehemmt  wird.  In  dieser  unerwünschten  Anpassung 
liegt  ein  anschauliches  extremes  Beispiel  für  einen  Teil  der  als 
Degeneration  oder  Abbau  bekannten  Erscheinungen. 

Die  Lebensfähigkeit  des  pflanzlichen  Plasmas  hat  ihre  spe- 
zifisch verschiedenen  Grenzen ;  oberhalb  der  maximalen  Temperatur 
stirbt  das  Plasma  ab.  Bei  der  Warmwasserheizung  des  Getreides 
wird  ein  solcher  Unterschied  benützt,  indem  das  Brandmyzel  in 
den  Getreidekörnern  bei  einer  Temperatur  von  52^  getötet  wird, 
während  diese  selbst  bei  kurzer  Einwirkung  noch  keine  Schädi- 
gung erleiden, 

3.    Belichtung 

In  den  Wuchsformen  der  Pflanzen,  besonders  auffällig  bei  am 
Waldrande  stehenden  Bäumen,  drückt  sich  ihr  Lichtbedürfnis  und 
ihre  Anpassungsfähigkeit  an  den  gebotenen  Lichtgenuß  aus. 

Der  Lichtmangel  hat  das  Etiolieren  (Vergeilen,  Verspillern) 
zur  Folge,  dessen  extremes  Auftreten  von  dem  Wachstum  im  Dunkeln 
erzogener  Keimlinge  bekannt  ist.  Ein  leichter  Fall  von  Etiolement 
liegt  beim  Lagern  des  Getreides  infolge  zu  dichter  Saat  oder  zu 
starker  Laubausbildung  vor,  bei  welcher  die  Ausbildung  der 
Sklerenchymfasern  unterbleibt,  die  den  Halm  festigen;  durch 
Kalidüngung  kann  eine  Vermehrung  der  Faserelemente  erreicht 
werden. 

Daß  der  Lichtmangel  eine  gesteigerte  Disposition  der  Pflanzen 
für  den  Befall  durch  Schädlinge  zur  Folge  haben  kann,  ergibt  sich 
aus  der  mangelhaften  Gewebedifferenzierung  und  der  veränderten 
Zusammensetzung  des  Zellinhaltes.  Einer  Schattenwirkung  schreibt 
man  auch  die  Verlängerung  der  Vegetationsdauer  infolge  von  Be- 
spritzungen mit  Kupfermitteln  zu;  unter  Umständen,  z.  B.  bei 
Kartoffeln,  kann  diese  Nebenwirkung  des  Bespritzens  erwünscht  sein. 


120  III-    I^i^  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

Übermäßige  Belichtung,  an  welche  die  Pflanzen  sich  nicht 
rasch  genug  anpassen  können,  äußert  sich  in  Gelblaubigkeit  durch 
gesteigerte  Zersetzung  des  Chlorophylls.  Im  übrigen  ist  ihre  Wir- 
kung stets  mit  Trockenheit  und  anderen  Faktoren  kombiniert,  deren 
Einfluß  dabei  überwiegt. 

4.  Wind 

Windbruch  und  Windwurf,  die  auffälligste  Wirkung  starker 
Stürme,  sind  rein  mechanische  Wirkungen. 

Am  Laube  bewirken  andauernde  Winde  dagegen  durch  über- 
mäßige Verdunstung  ein  Vertrocknen,  das  sich  durch  die  charakte- 
ristische Blattranddürre  von  anderen  Dürren  unterscheidet.  Dagegen 
ist  Zerschlitzung  der  Blätter  eine  weniger  häufige  Erscheinung. 
Gegenüber  dieser  direkten  Schädigung  tritt  als  Folge  dauernder  und 
in  einseitiger  Richtung  herrschender  Winde  (Winddruck)  die  schiefe 
Richtung  der  Stämme  und  die  einseitige  fahnenartige  Ausbildung 
der  Krone  mit  exzentrischem  Wachstum  des  Holzkörpers  auf. 
Ähnlich  kommen  auch  die  Krüppelformen  der  Bäume  an  Küsten 
und  an  den  Höhegrenzen  des  Baumwuchses  zustande,  doch  wirken 
hier  andere  Faktoren,  wie  Kälte  und  Trockenheit,  mit  dem  Winde 
zusammen. 

5.  Blitz 

Die  Wirkung  der  Blitzschläge  ist  teils  eine  mechanische,  teils 
eine  chemische.  Sie  folgt  den  wasserreicheren  Geweben,  wodurch 
bei  Bäumen  die  streifenförmige  Absprengung  der  Rinde  zustande 
kommt;  daß  diese  Absprengung  durch  plötzliche  Dampfbildung  zu- 
stande kommt,  wird  vermutet,  ist  aber  nicht  sicher  bewiesen.  Im 
übrigen  handelt  es  sich  um  Hitzewirkung.  Zu  beachten  ist,  daß 
häufig  auch  Streublitze  vorkommen,  die  in  Weinbergen  und  auf 
Feldern  umfangreiche  Zerstörungen  anrichten  können. 

b)    Bodenverhältnisse 

Unter  den  schädlichen  Einflüssen  des  Bodens  können  wir 
Wirkungen  seiner  chemischen  und  solche  seiner  physikalischen  Be- 
schaffenheit unterscheiden.  Direkte  Schädigungen  werden  haupt- 
sächlich durch  Nachteile  der  ersteren  hervorgerufen,  denn  die  Pflanze 
ist  von  der  Zusammensetzung  des  Bodens  abhängig,  da  sie  aus  ihm 
die   mineralischen  Nährstoffe  und   den   größten   Teil   ihres   Wasser- 


Unbelebte  Erankheitsarsacben  121 

bedarfes  bezieht.  Ungünstige  physikalische  Beschaffenheit  des  Bodens 
verursacht  dagegen  Schädigungen  meist  nur,  wenn  sie  mit  anderen 
Faktoren,  wie  besonders  Trockenheit  und  Nässe  zusammentrifft, 
worauf  bei  deren  Besprechung  schon  wiederholt  hingewiesen  wurde. 

1.    Nährstoffverhältnisse 

Mit  der  Wirkung  der  einzelnen  Nährstoffe  auf  das  Pflanzen- 
wachstum und  dem  Bedarf  der  Pflanzen  an  ihnen  befaßt  sich  die 
Düngungslehre.  Wir  haben  hier  nur  die  Schädigungen,  die  infolge 
eines  Mangels  oder  Übermaßes  an  einzelnen  Stoffen  in  den  natür- 
lichen Böden  eintreten  können,   zu  erwähnen. 

Da  der  Wassergehalt  des  Bodens  meist  unmittelbar  atmo- 
sphärischen Ursprungs  ist  und  die  hierzugehörigen  Schädigungen 
von  der  Witterung  abhängen,  sind  die  Folgen  von  Nässe  und  Wasser- 
mangel schon  bei  der  Besprechung  der  atmosphärischen  Einflüsse 
erörtert  worden. 

Ein  allgemeiner  Nährstoffmangel  bewirkt  das  Kleinbleiben 
der  Pflanzen  (Verkümmerung,  Xanismus). 

Die  wesentlichen  mineralischen  Nährstoffe  kommen  in 
natürlichen  kulturfähigen  Böden  nicht  in  einem  Übermaß  vor,  es 
kann  sich  bei  ihnen  also  nur  um  Mangelerscheinungen  handeln,  die 
aber  im  einzelnen  nicht  scharf  charakterisiert  sind.  Doch  zeigt  sich 
Kalimangel  an  Blättern  durch  braun-  oder  weißwerdende  zerstreute 
Flecken,  während  vom  Kalkhunger  verschiedenartige  Einzelsymptome 
aufgeführt  werden,  die  im  ganzen  eben  das  Bild  des  Nährstoffmangels 
ergeben.  Auch  Phosphormangel  führt  zu  Fleckenbildung;  seine 
allgemeine  Wirkung  ist  mangelhafte  Blüten-  und  Samenbildung, 
während  ein  Stickstoffmangel  mehr  die  Ausbildung  der  vegetativen 
Organe  hemmt.  Eisenmangel  ruft  das  als  Chlorose  bekannte  Gelb- 
werden des  Laubes,  das  Fehlen  des  Chlorophyllfarbstoffes,  hervor, 
ist  aber  physiologisch  in  mangelhafter  Aufnahme  von  Eisen  bedingt, 
da  jeder  Boden  die  nötigen  äußerst  geringen  Mengen  enthält. 

Ein  Überfluß  an  Mineralbestandteilen  kommt  an  dieser  Stelle 
nur  in  Frage,  soweit  es  sich  um  Pflanzen  handelt,  die  gegen  einzelne 
Stoffe,  wie  Kalk,  Schwefel,  Chlor  usw.  empfindlich  sind,  oder  um 
pflanzenschädliche  Stoffe,  wie  Eisenverbindungen  oder  mineralische 
Gifte  (Arsen,  Blei  usw.).  In  der  Chlorose  der  Weinreben  liegt  eine 
indirekte   Wirkung  von  Kalküberschuß  vor,    indem    der  Eisengehalt 


122  l^II-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiteii 

des  Bodens  durch  den  Kalk  ausgefällt  wird  und  die  Pflanze  infolge- 
dessen kein  Eisen  aufnehmen  kann. 

Einen  wichtigen  Einfluß  übt  die  Pflanzenernährung  sodann 
noch  durch  ihre  Beziehung  zum  Auftreten  von  nichtparasitären  und 
parasitären  Krankheiten,  besonders  von  Pilzen  und  Bakterien,  aus. 
Dabei  steigert  der  Mangel  an  den  einzelnen  Nährstoffen  meist  die 
Disposition  für  die  Erkrankung,  während  umgekehrt  auch  z.  B.  eine 
reichliche  Düngung  mit  Stickstoff  manche  Krankheiten  begünstigen 
kann.  Einige  Angaben  hierüber  werden  bei  der  Besprechung  der 
Kulturmaßnahmen  im  Pflanzenschutz  zu  machen  sein.  Als  eine 
der  wichtigsten  indirekten  Wirkungen  des  Nährstoffmangels  muß 
hier  noch  erwähnt  werden,  daß  er  durch  Verlangsamung  des  Wachs- 
tums die  bei  vielen  Kulturen  entscheidende  kritische  Befallsperiode 
des  Jugendstadiums  verlängert. 

Neben  den  Nährstoffen  ist  noch  die  Bodenreaktion  von 
großer  Bedeutung,  weniger  dadurch,  daß  ihr  direkte  Schädigungen 
zuzuschreiben  wären,  als  vielmehr  durch  die  Begünstigung  der  ver- 
schiedenartigsten Krankheiten.  Durch  alkalische  Reaktion  bei  reich- 
lichem Kalkgehalt,  die  soeben  schon  erwähnt  wurde,  kommt  auch 
die  Dörrfleckenkrankheit  des  Hafers  zustande,  ebenso  sind  die  Schorf- 
krankheiten der  Kartoffeln  und  Rüben  auf  alkalischen  oder  neutralen 
Böden  häufig,  wie  auch  die  Herz-  und  Trockenfäule  der  Rüben. 
Saure  Reaktion  des  Bodens,  die  oft  eine  Folge  der  dauernden  An- 
wendung chemischer  Düngemittel  (Kalisalze,  Superphosphat,  Sulfate) 
ist,  bedingt  Wachstumsstörungen  und  außerdem  die  Vermehrung 
von  Pilzkrankheiten,  die  in  solchen  Fällen  schon  durch  einfache 
Kalkung  des  Bodens  eingeschränkt  werden  können. 

2.    Physikalische   Bodenbeschaffenheit 

Die  physikalische  Bodenbeschaffenheit  kann  durch 
Hinzutreten  anderer  Faktoren  zur  Ursache  wesentlicher  Schädigungen 
der  Pflanzen  werden.  Auf  leichten  Böden  kommt  es  wegen  ihres 
geringen  Wassergehaltes  häufiger  zu  Schäden  durch  Trockenheit  und 
zu  Frostschäden.  Auch  die  durch  Trockenheit  begünstigten  Parasiten, 
wie  Milben,  Blasenfüße  und  Blattläuse,  treten  hier  häufiger  und 
zahlreicher  auf.  Auf  schweren  Böden  wirkt  sich  dagegen  der  nach- 
teilige Einfluß  der  Nässe  am  meisten  aus  und  begünstigt  besonders 
Naßfäulen  und  Fußkrankheiten,  auch  die  Stockkrankheit  an  Getreide 


Unbelebte  Krankheitsursachen  123 

und  Klee.  Schwere  tonige  Böden  nehmen  leicht  saure  Reaktion  an ; 
trocken  verhärten  sie  stark,  so  daß  das  Eindringen  der  Wurzeln 
unmöglich  wird. 

Unter  Bodenerkrankungen  versteht  man  gewisse  physi- 
kalische und  chemische  Umsetzungen  der  Böden,  die  sie  für  die 
Vegetation  ungeeignet  machen.  Hierher  gehört  die  Ortsteinbildung, 
das  Entstehen  einer  harten,  undurchlässigen,  eisenhaltigen  Sandstein- 
schicht. Bei  der  Bildung  des  Ortsteins,  wie  auch  des  Klebsandes, 
sind  Humussäuren  beteiligt,  die  zugleich  die  Nährstoffe  des  Bodens 
auslaugen.  Derartige  Schädigungen  machen  sich  hauptsächlich  an 
Bäumen,  in  der  Forstwirtschaft  und  im  Obstbau,  geltend. 

Beschränkter  Bodenraum,  der  zu  Wurzelkrümmungen 
führt,  hat  an  sich  keine  nachteiligen  Folgen,  solange  nicht  Nähr- 
stoffmangel hinzukommt.  In  letzterem  Falle  tritt  Verzwergung  ein, 
an  deren  Zustandekommen  auch  Wassermangel  beteiligt  ist.  Eine 
ähnliche  Erscheinung  liegt  in  den  künstlich  gezogenen  japanischen 
Zwergbäumen  vor,  wobei  jedoch  kaum  mehr  von  Krankheit,  sondern 
eher  von  extremer  Anpassung  die  Rede  sein  kann. 

c)   Chemische  Einflüsse^) 
1.    Rauchgase  und  Abwässer 

Die  Rauchschadenfrage  bildet  ein  Sondergebiet  der  Pflanzen- 
pathologie, an  welchem  neben  der  Botanik  die  Chemie  in  gleicher 
Weise  mitbeteiligt  ist.  Rauchschäden  betreffen  am  meisten  die 
Forstwirtschaft  und  ihre  Bedeutung  erhellt  aus  der  Angabe,  daß  der 
Schaden  durch  industrielle  Abgase  an  den  Forstkulturen  in  Deutsch- 
land im  Jahre  1907  auf  90000  ha  im  Zuwachs  stark  gestörte 
Waldungen  und  9000  ha  zerstörte  Bestände  mit  einem  laufenden 
Gesamtverlust  von  etwa  3  Millionen  Mark  im  Jahre  geschätzt  wurde. 
Speziell  in  Sachsen  unterlagen  1908  bereits  2,6 °/o  der  Gesamtwald- 
fläche einer  merklichen  Schädigung  durch  Rauch. 

Da  die  Feststellung  und  Abschätzung  von  Rauchschäden  be- 
sondere Schwierigkeiten  bietet,  existiert  über  sie  eine  ausführliche 
Literatur'"^).     Wir   werden   im   folgenden   wie    bei   den    übrigen   Ab- 


*)    Vergl.  hierzu  den  Abschnitt  „Intoxikationen"  S.  59. 
*)    Vergl.   besonders    die   „Sammlung    von   Abhandlungen    über  Abgase 
und  Rauchschäden".     Berlin,  P.  Parey. 


124  III-    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

schnitten  dieses  Kapitels  nur  einen  Überblick  über  das  prinzipiell 
Wichtige  geben. 

Wie  bei  den  meisten  lange  Zeit  einwirkenden  Schädigungen 
lassen  sich  auch  bei  den  Rauchschäden  Wachstumshemmungen,  d.  h. 
im  Falle  der  Holzarten  Zuwachsverluste,  und  Absterben  der  Pflanzen 
unterscheiden  und  obwohl  der  erstere  Teil  des  Schadens  weit  er- 
heblicher ist,  entgeht  er  doch  leichter  der  Beobachtung. 

In  weitaus  den  meisten  Fällen  handelt  es  sich  bei  den  Rauch- 
schäden, wie  insbesondere  bei  dem  Steinkohlenrauch,  um  die  Wirkung 
der  schwefligen  Säure,  neben  welcher  andere  Rauchbestandteile 
nicht  oder  wenig  in  Betracht  kommen.  Schon  ein  Gehalt  von  einem 
Millionstel  des  Volumens  der  Luft  an  schwefliger  Säure  erweist  sich 
bei  längerer  Einwirkung  als  schädlich.  Die  Symptome  der  Rauch- 
schäden treten  hauptsächlich  an  den  die  Luft  aufnehmenden  grünen 
Pflanzenteilen  ein  und  bestehen  in  unregelmäßigen  Blattflecken,  an 
denen  das  Gewebe  abgestorben  ist  und  bräunlich  verfärbt  ist.  Die 
Flecken  sind  von  einem  helleren  Rande  umgeben  und  liegen  zwischen 
den  Blattnerven,  welche  ihre  hellgrüne  Farbe  länger  behalten.  Bei 
Nadelhölzern  beobachtet  man  eine  Rotfärbung  der  Nadeln;  beide 
Erscheinungen  treten  natürlich  am  schnellsten  bei  neugebildeten, 
stark  atmenden  und  zarten  Blättern  ein.  Sie  sind  aber  nicht  aus- 
schließlich für  Rauchschäden  charakteristisch,  da  Frost,  Trockenheit 
und  andere  Einwirkungen  dasselbe  Absterben  der  Blätter  herbei- 
führen und  die  Rötung  der  Nadeln  ein  allgemein  nach  dem  Absterben 
eintretender  Vorgang  ist.  Als  entscheidendes  Merkmal  hat  dagegen 
neuerdings  NEGER  ^)  eine  Schädigung  der  Lentizellen  an  der  Rinde 
junger  Zweige  beschrieben :  Die  Lentizellen  umgeben  sich  mit  einem 
eingesunkenen  Hof,  unter  dem  das  Gewebe  abgestorben  ist,  und 
das  Rindengewebe  unterhalb  der  Lentizellen  ist  gebräunt. 

Bei  der  Beurteilung  der  Rauchschäden  muß  aber  auch  die 
Einwirkung  der  schwefligen  Säure  auf  den  Boden  beachtet  werden, 
da  sie  sich  bei  langer  Dauer  auch  in  solchen  Fällen  geltend  macht, 
wo  die  Konzentration  der  Säure  zu  gering  ist,  um  die  auffälligen 
Symptome  am  Laub  hervorzurufen.  Gerade  diesem  Schaden  wird 
neuerdings  eine  große  Bedeutung  zugeschrieben;  er  besteht  in  der 
Ansäuerung  des  Bodens  und  in  der  Auswaschung  des  durch  die 
Säure  gelösten  Kalkes. 

^)    In  „Angewandte  Botanik",  Bd.  1.     1919,  S.  129  ff. 


Unbelebte  ErankheitsarsacbeD  125 

Andere  schädliche  Abgase  von  weniger  allgemeiner  Bedeutung 
sind  die  Salzsäure,  welche  mehr  ein  scharf  abgegrenztes  Absterben 
des  Blattrandes  herbeiführt,  das  Ammoniak,  das  eine  Schwarz- 
färbung der  entstandenen  Blattflecken  zur  Folge  hat,  Flußsäure, 
Teerdämpfe  usw. 

Mehr  örtliche  begrenzte  Schäden  werden  durch  Abwässer 
angerichtet,  wenn  durch  sie  der  Boden  überschwemmt  oder  berieselt 
wird.  Sie  schaden  teils  durch  Verschlammung  des  Bodens,  teils 
durch  direkte  Zerstörung  der  Faserwurzeln.  Im  einzelnen  richtet 
sich  die  Schädigung  natürlich  nach  der  Art  und  Konzentration  der 
gelösten  Stoffe,  von  denen  hauptsächlich  Kochsalz,  außerdem  Ma- 
gnesium, Zink,  Blei  und  Arsen  in  Frage  kommen. 

2.    Düngemittel 

Unrichtige  Düngung  ist  eine  nicht  seltene  Ursache  von  Pflanzen- 
krankheiten, wenn  auch  hierbei  weniger  direkte  Schädigungen  ein- 
treten, sondern  die  Wirkung  mehr  in  einer  mittelbaren  Begünstigung 
von  Krankheitsursachen  und  Schädlingen  liegt.  Am  häufigsten 
kommt  es  dabei  zu  einer  Ansäuerung  des  Bodens  durch  sauer 
reagierende  Düngemittel,  worauf  oben  schon  hingewiesen  wurde. 
Andererseits  machen  zu  starke  Kalkgaben  den  Boden  alkalisch  und 
wirken  austrocknend. 

Gegenüber  den  mineralischen  Düngern  machen  sich  bei  ein- 
seitiger Stallmistdüngung  die  Folgen  des  hohen  Stickstoffgehaltes 
geltend.  Dieser  begünstigt  die  Lagerung  des  Getreides,  erhöht  die 
Brand-  und  Rostempfänglichkeit  und  fördert  die  Vermehrung  der 
im  Boden  lebenden  Insekten. 

3.    Pflanzenschutzmittel 

Die  Pflanzenschutzmittel,  um  die  es  sich  hier  handelt,  sollen 
an  der  Pflanze  angewendet  werden,  um  schädliche  Organismen  ab- 
zutöten, ohne  dabei  der  Pflanze  zu  schaden.  Man  spricht  hierbei 
neuerdings  von  dem  Unterschied  zwischen  dosis  curativa,  der  Menge 
bezw.  Konzentration,  die  zum  Erfolg  nötig  ist,  und  dosis  toxica, 
derjenigen,  die  Schädigungen  der  Pflanze  hervorruft.  Die  Über- 
nahme dieses  Ausdrucks  aus  der  Medizin  ist  nicht  gerade  empfehlens- 
wert, weil  es  sich  dort  um  innere  Therapie  handelt,  die  es  bei  der 
Pflanze  —  noch?  —  nicht  gibt,  und  weil  dort  die  Gesamt  Wirkung 


126  III.    Die  Ursachen  der  Pflanzenkrankheiten 

der  Dosis,  nicht  ihre  Konzentration  und  Einwirkungsdauer  in  Frage 
kommt. 

Die  am  meisten  angewendeten  Mittel,  bei  denen  schädliche 
Wirkungen  auftreten  können,  sind  Beizmittel  und  Spritzmittel.  Die 
Warmwasserheizung  des  Getreides  beruht  auf  der  geringen  Differenz 
zwischen  der  Temperatur,  bei  welcher  das  Brandmyzel  in  den 
Getreidekörnern  abgetötet  wird,  und  derjenigen,  bei  welcher  die 
Getreidekörner  selbst  die  Keimkraft  verlieren,  d.  h.  abgetötet  werden. 
Bei  den  chemischen  Beizmitteln  ist  die  Konzentration  und  Ein- 
wirkungsdauer genau  einzuhalten,  die  so  gewählt  sein  müssen,  daß 
die  Brandsporen  getötet  werden,  ehe  das  Mittel  so  tief  in  die  Körner 
eingedrungen  ist,  daß  es  sie  schädigt.  Solche  Schädigungen  (Tot- 
beizen) werden  hauptsächlich  beim  Kupfervitriol  beobachtet,  kommen 
aber  auch  z.  ß.  bei  Formalin  leicht  vor,  besonders  wenn  die  Körner 
sehr  trocken  geerntet  und  beim  Dreschen  verletzt  worden  sind. 

Die  Spritzschäden,  auch  fälschlich  als  Verbrennungen  be- 
zeichnet, sind  Ätzwirkungen  auf  der  Epidermis  der  Pflanzen  und 
kommen  praktisch  wohl  meist  durch  lösliche  saure  Verbindungen, 
seltener  durch  alkalische,  zustande.  Besonders  empfindlich  sind 
natürlich  junge  Blätter  und  Früchte;  bei  den  letzteren  können  auch 
schon  Flecken,  die  keine  Wachstumsschädigung  zur  Folge  haben, 
eine  Wertminderung  bedeuten.  Vielfach  tritt  jedoch  an  Früchten 
infolge  der  Flecken  einseitiges  Wachstum  und  Verkümmerung  ein; 
seltener  kommt  es,  wie  bei  manchen  Steinobstarten,  zur  Durch- 
löcherung der  Blätter.  Zur  Vermeidung  der  Spritzschäden  werden 
die  Spritzbrühen  durch  Kalk  schwach  alkalisch  gemacht,  was  ihre 
Wirkung  gegen  Pilze  natürlich  herabmindert.  Junges  Laub  kann 
nur  mit  verdünnten  Brühen,  z.  B.  höchstens  mit  einprozentiger 
Kupferkalkbrühe  behandelt  werden.  Eine  gewisse  wachstumsfördernde 
Wirkung  des  Kupferbelages  auf  den  Blättern  ist  schon  oben  erwähnt. 

Besonders  leicht  rufen  Arsenbehandlungen  solche  Schäden 
hervor,  wenn  die  Mittel  lösliches  Arsen  (arsenige  Säure  usw.)  ent- 
halten. Man  setzt  auch  hier  einen  Überschuß  von  Kalk  zu  und  ver- 
wendet neuerdings  das  unlösliche  Kalziumarsenit,  in  anderen  Ländern 
auch  Bleiarseniat.  Bei  der  immer  mehr  in. Aufnahme  kommenden 
Verwendung  von  Arsenmitteln  werden  auf  die  Dauer  auch  Schädi- 
gungen des  Pflanzenwachstums  durch  das  in  den  Boden  gelangende 
Arsen  nicht  ausbleiben. 


Unbelebte  Krankheitsursachen  127 

Die  bei  Anwendung  von  Karbolineum  beobachteten  Schäden 
beruhen  ebenfalls  auf  einem  Gehalt  an  sauren  Verbindungen  (Phe- 
nolen), von  denen  nur  bestimmte  Handelssorten  (wasserlösliches 
Karbolineum)  frei  sind. 

Ähnliche  Schäden,  wie  durch  Säuren,  entstehen  auch  durch 
stark  alkalische  Verbindungen,  zu  denen  z.  B.  die  Schwefelkalkbrühe 
gehört.  Zu  den  sonstigen  Mitteln,  die  bei  unrichtiger  Anwendung 
schädlich  wirken,  gehören  u.  a.  noch  Raupenleim  und  Holzteer. 

Räucherungen  in  Gewächshäusern  erfordern  wegen  der  in 
der  feuchten  Luft  besonders  zart  ausgebildeten  Epidermis  der  Pflanzen 
besonders  vorsichtige  Anwendung.  Aber  auch  für  die  Räucherung 
im  Freien  mit  dem  sog.  Blausäurezeltverfahren  mußte  erst  eine  eigene 
Technik  entwickelt  werden,  bei  der  es  nur  durch  genaue  Dosierung 
und  Arbeiten  an  bewölkten  Tagen  oder  bei  Nacht  gelingt,  Schädi- 
gungen der  Bäume  zu  vermeiden. 


Kapitel  IV 

Pflanzenschutz 

Ziel  und  Zweck  der  Pflanzenpathologie  ist  der  Pflanzenschutz. 
Er  umfaßt  die  auf  der  Erforschung  der  Krankheiten,  ihrer  Ursachen 
und  Erreger  aufgebaute  Bekämpfung  der  Pflanzenkrankheiten  und 
die  Maßnahmen  zur  Verhütung  derselben. 

Weitaus  die  größte  Ertragsminderung  verursachen  ungünstige 
Witterungseinflüsse,  worunter  Trockenheit  und  Nässe  an  erster  Stelle 
stehen,  während  die  Schäden  durch  Kälte  und  Hitze  jenen  gegen- 
über weniger  umfangreich  sind.  Der  Rest  sind  tierische  und  pflanz- 
liche, schließlich  die  durch  andere  Ursachen,  wie  z.  B.  Abgase  der 
Industrie,  hervorgerufenen  Schäden.  Die  verhältnismäßige  Beteili- 
gung aller  dieser  Ursachen  an  den  Ernteverlusten  ist  je  nach  der 
Art  der  Kulturen  und  insbesondere  bei  einjährigen  Gewächsen  und 
Bäumen  verschieden  und  auch  wesentlich  vom  Klimacharakter  ab- 
hängig. Dabei  lassen  sich  die  Witterungseinflüsse  am  wenigsten 
durch  Abwehrmaßnahmen  ausschalten^),  während  tierische  und 
pflanzliche  Schädlinge  meist  mit  Erfolg  bekämpft  werden  können, 
weshalb  sich  auch  der  Pflanzenschutz  bisher  hauptsächlich  in  dieser 
Richtung  entwickelt  hat. 

Der  Pflanzenschutz  ist  eine  Rentabilitätsfrage  wie  die  Düngung. 
Die  Auswahl  und  Anwendung  seiner  Mittel  hängt  nicht  nur  von 
ihrer  Wirksamkeit  an  sich  ab,  sondern  zugleich  auch  von  dem  Ver- 
hältnis des  Kostenaufwandes  zu  dem  erreichbaren  Mehrertrag  unter 
den  Gesamtbedingungen  einer  Kultur.  Hochwertige  Kulturen 
können     daher      kostspieligere     Pflanzenschutzmaßnahmen     tragen; 


^)  „Wenn  man  Temperatur  und  Wasser,  die  wichtigsten  Kulturfaktoren, 
regulieren  könnte,  so  würde  man  den  Ackerbau  vor  seinen  größten  Gefahren 
schützen  können."     (Frank  und  Sorauer,  Pflanzenschutz.) 


Hygiene  und  Therapie  129 

Massenkulturen  und  Einzelkulturen,  extensive  und  intensive  Wirt- 
schaft bedingen  jeweils  eine  besondere  Anpassung  des  Pflanzen- 
schutzes. 

Als  ein  Zweig  der  praktischen  Pflanzenbaulehre  bedarf  der 
Pflanzenschutz  nicht  nur  für  die  Maßnahmen  im  einzelnen,  sondern 
für  seine  Notwendigkeit  und  Zweckmäßigkeit  überhaupt  ein^r  sta- 
tistischen Begründung.  In  Deutschland  bestehen  nur  die  Anfänge 
einer  derartigen  Statistik.  In  den  Vereinigten  Staaten,  wo  sie  schon 
lange  betrieben  wird,  werden  die  Ernteverluste  durch  Schäden  und 
Krankheiten  im  Gesamtdurchschnitt  auf  über  SO^/o  des  möglichen 
Ertrages  geschätzt,  wovon  erheblich  mehr  als  die  Hälfte  von 
Witterungseinflüssen  herrühren. 

Von  solcher  Pflanzenschutzstatistik  wird  bei  uns  bisher  eine 
Abschätzung  von  Hagel-  und  Auswinterungsschäden  aufgestellt. 
Außerdem  sucht  die  begonnene  Schädlingsstatistik  zunächst  das 
Auftreten  einzelner  Plagen  wie  z.  B.  der  Mäuse  oder  Maikäfer  in 
den  verschiedenen  Jahren  überhaupt  und  sodann  ihren  Umfang  zu 
erfassen. 

Auch  aus  der  Saatenanerkennung  der  Deutschen  Landwirt- 
schaftsgesellschaft ergeben  sich  statistische  Zahlen  über  den  Umfang 
von  Pflanzenkrankheiten,  und  es  ist  interessant,  daß  die  Aberkennung 
infolge  von  Pflanzenkrankheiten  bei  Getreide  und  Kartoffeln  im 
Gesamtdurchschnitt  ll°/o  der  angemeldeten  Fläche  ausmacht.  Auch 
hier  tritt  also  wieder  die  Zahl  von  etwa  10 "/o  auf,  die  man  im 
großen  ganzen  als  den  Durchschnitt  der  Ertragsminderung  ansehen 
kann,  welche  durch  Pflanzenkrankheiten  abgesehen  von  Witterungs- 
schäden verursacht  ist. 

Eine  gewisse  Ergänzung  kann  diese  Statistik  auch  in  der  Fest- 
stellung des  Verbrauches  an  Pflanzenschutzmitteln  finden,  die  zu- 
gleich den  jeweils  erreichten  Grad  der  praktischen  Durchführung 
einzelner  Maßnahmen  wiedergibt.  Aber  wie  im  Einzelfalle  bei  der 
Schädlingsbekämpfung  Umfang  des  Schadens,  erzielter  Mehrertrag 
und  Kosten  der  Bekämpfung  für  die  Beurteilung  eines  Verfahrens 
maßgeblich  sind,  so  muß  auch  die  ganze  Pflanzenschutzstatistik  in 
der  Richtung  einer  Ertrags-  und  Schadenstatistik  ausgebaut  werden. 
Hierbei  müssen  festgestellt  werden:  Mögliche  Höchsternten,  Durch- 
schnittserträge, Umfang  der  einzelnen  Schäden  und  ihr  Verhältnis 
zur  Herabminderung  des  Ertrages   und  die  Aufwendungen   für  den 

Sammlung  Bonitraeger  I:Morstatt  9 


130  IV.    Pflanzenschutz 

Pflanzenschutz.  Dabei  ist  zu  berücksichtigen,  daß  erhebliche  Schä- 
digungen vorkommen  können,  ohne  daß  die  Ernte  dadurch  unter 
den  Durchschnitt  herabgedrückt  wird;  sinkt  sie  unter  diesen  Durch- 
schnitt, der  die  Rentabilität  einer  Kultur  bestimmt,  so  entstehen 
direkte  Verluste  an  Geld  für  den  Produzenten^). 

•■Erst  eine  ausreichende  Statistik  wird  es  ermöglichen,  die 
volkswirtschaftliche  Bedeutung  des  Pflanzenschutzes  hervortreten  zu 
lassen,  welche  allein  das  Eingreifen  des  Staates  zu  seiner  Förderung 
und  Organisation  im  ganzen  wie  einzelnen  Schädlingen  und  Krank- 
keiten gegenüber  rechtfertigt.  An  den  einzelnen  Schäden  scheint 
nur  der  Produzent  beteiligt;  die  Gesamternte  beeinflußt  aber  die 
Volkswirtschaft  im  ganzen,  in  deren  Interesse  die  Steigerung  der 
Durchschnittserträge  und  ihre  möglichste  Annäherung  an  den  theo- 
retischen Höchstertrag  des  Pflanzenbaues  liegt.  Im  höchsten  Grad  ist 
die  Volkswirtschaft  unter  den  gegenwärtigen  deutschen  Verhältnissen 
von  den  Ernteerträgnissen  abhängig  und  daher  an  wirksamem 
Pflanzenschutz  interessiert,  weil  die  landwirtschaftliche  Produktion 
den  Nahrungsbedarf  des  Volkes  nicht  deckt  und  die  industrielle 
Ausfuhr  nicht  ausreicht,  um  damit  die  Einfuhr  an  landwirtschaft- 
lichen Produkten  zu  bezahlen.  Dieser  Verarmung  gegenüber  kann 
nur  Produktionssteigerung  der  Landwirtschaft  die  Abhängigkeit  von 
industrieller  Ausfuhr  und  vom  Auslande  verringern.  Eine  derartige 
Lage  rechtfertigt  sogar  eine  Ausdehnung  des  Pflanzenschutzes  weit 
über  den  gewöhnlichen  Umfang  hinaus.  Denn,  je  näher  die  Auf- 
wendungen für  Pflanzensnhutzmaßnahmen  dem  Werte  der  durch  sie 
erzielten  Ertragssteigerung  kommen,  um  so  mehr  sinkt,  privatwirt- 
wirtschaftlich  betrachtet,  seine  Rentabilität  und  damit  seine  Not- 
wendigkeit. Unter  volkswirtschaftlichem  Gesichtspunkt  muß  der 
Pflanzenschutz  in  der  heutigen  Lage  aber  auch  dann  noch  betrieben 
werden,  wenn  Aufwendungen  und  Ertragssteigerung  sich  decken, 
weil  der  Aufwand  an  (reld  und  Arbeit  der  inneren  Wirtschaft  zu- 
gute kommt,  während  die  Zahlungen  für  Lebensmitteleinfuhr  in  das 
Ausland  abfließen.  Denn  der  Pflanzenschutz  vermag  nicht  nur  in 
der  Landwirtschaft  vermehrte  Arbeitskräfte  zu  beschäftigen,  sondern 
auch  eine  beträchtliche  Industrie  zur  Herstellung  der  nötigen  Appa- 
rate und  chemischen  Mittel  zu  unterhalten.     So  nimmt  der  Pflanzen- 


*)   Vergl.  Etudes  sur  la  diminution  da  rendement.     Bull.  mens,  agricole,. 
Rom,  1922,  S.  472. 


Hygiene  und  Therapie  181 

schütz  unter  den  ertrageteigernden  Faktoren  prinzipiell  dieselbe 
Stellung  ein,  wie  die  Pflanzenzüchtung  und  künstliche  Düngung,  und 
verdient  damit  auch  die  gleiche  Förderung  von  Seiten  des  Staates 
und  der  landwirtschaftlichen  Organisationen. 

Wenn  nun  auch  die  nächste  Aufgabe  des  Pflanzenschutzes  in 
einer  direkten  Bekämpfung  der  Krankheiten  besteht,  insbesondere 
in  der  Fernhaltung,  wo  nicht  Vertilgung  schädlicher  Organismen 
—  die  eigentliche  Behandlung  der  kranken  Pflanze,  die  man  als 
Therapie  bezeichnen  könnte,  ist  nur  ausnahmsweise  möglich  —  so 
ist  doch  eine  auf  die  Gesunderhaltung  gerichtete  rationelle  Hygiene, 
welche  dem  Eintritt  der  Erkrankung  überhaupt  vorbeugt,  sein  letztes 
Ziel.  Vorbeugen  ist  besser  als  Heilen.  Derartige  Maßnahmen  sind 
oft  viel  älter,  als  man  gemeinhin  anzunehmen  pflegt,  und  viele 
Einzelheiten  unserer  Kulturmethoden  sowie  die  Hauptsorten  der 
Kulturpflanzen  sind  zweifellos  in  Berücksichtigung  von  Krankheiten 
durch  Anpassung  an  die  Bedürfnisse  der  Pflanzen  und  Auswahl 
dauernd    ertragreicher,    d.  h.    widerstandsfähiger   Sorten    entstanden. 

Im  ganzen  hat  der  Pflanzenschutz  dieselbe  Entwicklung  wie 
die  Kenntnis  der  Krankheiten  durchgemacht.  Während  er  ursprüng- 
lich auf  Maßnahmen  in  einzelnen  Fällen,  wo  die  Schäden  besonders 
ernst  und  eine  Möglichkeit  der  Abwehr  gegeben  war,  beschränkt 
blieb,  herrschte  später  mit  der  zunehmenden  Kenntnis  der  schäd- 
lichen Insekten  und  Pilze  deren  Bekämpfung  durch  chemische  Mittel 
vor.  Zeitweilig  glaubte  man  auch  in  der  Vernichtung  schädlicher 
Insekten  durch  ihre  natürlichen  Feinde  —  räuberische  Insekten  und 
innere  Parasiten  — ,  einen  allgemein  gangbaren  Weg  gefunden  zu 
haben,  und  als  neuestes  solcher  vorherrschenden  Arbeitsziele  kann 
wohl  die  Züchtung  immuner  Sorten  angesehen  werden.  Im  prak- 
tischen Pflanzenschutz  steht  gegenwärtig  und  im  Zusammenhang 
damit  wieder  die  auf  der  Tatsache  der  Prädisposition  beruhende 
Hygiene  im  Vordergrund,  die  an  Stelle  des  direkten  Einschreitens 
gegen  Schädlinge  eine  Kräftigung  der  Pflanzen  und  die  Ausschaltung 
der  in  ihnen  liegenden  Bedingungen  für  den  Eintritt  der  Erkrankung 
anstrebt.  Aber  auch  die  Hygiene  ist  am  wirksamsten  nur  bei  ein- 
jährigen Gewächsen  mit  der  Möglichkeit  raschen  Sortenwechsels,  des 
Abräumens  der  Felder  nach  der  Ernte,  des  Fruchtwechsels  und 
nicht  in  letzter  Linie  dem  geringen  Wert  der  Einzelpflanze  durch- 
führbar.    Die  ausdauernden  Gewächse  stellen  vielfach  ganz  andere 

9* 


132  J^^'    Pflanzenschutz 

Anforderungen  an  die  Methoden  und  daher  erweist  sich  bei  ihnen 
die  Schädlingsbekämpfung  in   der  Regel  als   zweckmäßiger. 

So  muß  man  sich  davor  hüten,  ein  jeweils  herrschendes 
Prinzip  zu  überschätzen.  Denn  so  verschiedenartig  wie  Ursachen 
und  Bedingungen  der  Erkrankung,  sind  auch  die  Maßnahmen  gegen 
Pfianzenkrankheiten,  und  nur  die  Sachlage  des  einzelnen  Falles  ent- 
scheidet über  das  Vorgehen,  nicht  irgend  ein  technisches  Prinzip. 
Die  richtige  Auswahl  der  Verfahren  setzt  eine  bis  ins  kleinste 
gehende  Kenntnis  der  Krankheitserreger  und  Krankheitsbedingungen 
voraus.  Oft  kann  dieselbe  Krankheit  auf  ganz  verschiedene  Weise 
bekämpft  werden,  oft  erweist  sich  nur  ein  an  eine  ganz  bestimmte 
Eigenschaft  angepaßtes  Verfahren  als  erfolgreich,  ebenso  wie  auch 
die  einzelnen  Stadien  von  Parasiten  in  ganz  verschiedener  Weise  der 
Bekämpfung  zugänglich  sind.  Daher  hat  die  Bekämpfung  eine 
gründliche  Erforschung  sowohl  der  Krankheiten  an  der  Pflanze  wie 
der  Schädlinge  zur  Voraussetzung  und  so  lösen  sich  in  der  Ge- 
schichte der  einzelnen  Krankheiten  wie  des  ganzen  Pflanzenschutzes 
die  drei  Stufen  der  Schädiingsforschung,  der  direkten  Schädlings- 
bekämpfung und  der  vorbeugenden  Hygiene  immer  wieder  ab. 

Diese  Verschiedenheit  des  Vorgehens  wird  am  besten  durch 
eine  Übersicht  über  die  Pflanzenschutzmaßnahmen  beleuchtet.  Man 
kann  sie  nach  dem  jeweiligen  Zweck  des  Vorgehens  oder  nach  der 
Art  der  Maßnahmen  und  Mittel  einteilen.  Im  ersten  Falle  können 
wir  als  Hauptgesichtspunkte  die  Bekämpfung  der  Schädlinge  und 
den  Schutz  der  Pflanzen  vor  Erkrankung  unterscheiden,  die  man 
früher  wohl  auch  als  direkte  und  indirekte  Bekämpfung  bezeichnet 
hat;  doch  lassen  sich  bei  allen  solchen  Versuchen  keine  scharfen 
Grenzen  zwischen  Therapie  und  Hygiene  ziehen,  da  im  Pflanzen- 
schutz Krankheitsbehandlung  und  Schädlingsbekämpfung  fast  stets 
zusammenfallen  und  besonders  die  chemischen  Mittel  nicht  eigent- 
lich die  Pflanze  behandeln,  sondern  die  Schädlinge  abtöten  sollen. 
So  wirken  streng  genommen  die  Spritzmittel  und  chemischen  Beiz- 
mittel prophylaktisch,  wobei  im  allgemeinen  die  Pflanze  selbst  nur 
soweit  berücksichtigt  wird,  als  Beschädigungen  derselben  durch  die 
Mittel  (z.  B.  Spritzschäden)  vermieden  werden  sollen.  APPEL  hat 
dafür  folgende  Einteilung  gegeben^): 

*)    Die  wirtschaftliche  Bedeutung  der  Pflanzenkrankheiten  und  die  Mittel 
zu  ihrer  Bekämpfung.     Arh.  D.  L.  G.,  Heft  ;^14,  1921. 


Hygiene  und   Therapie  133 

A.    Bekämpf  ungßmittel : 

1.  Vernichtung   des   Schädlings    vor   der   Erkrankung   der 
zu  schützenden   Pflanzen. 

2.  Vernichtung  des  Schädlings  an  oder  in  der  erkrankten 
Pflanze  unter  Erhaltung  der  Pflanze. 

3.  Vernichtung  des  Schädlings   mit  samt  der  erkrankten 
Pflanze  oder  den  erkrankten  Teilen. 

4.  Vernichtung    einzelner    Teile    des    Parasiten    zur    Ver- 
hinderung weiterer  Ausbreitung. 

5.  Förderung  der  natürlichen  Feinde  des  Parasiten. 
ß.    Schutzmittel: 

1.  Abhaltung  von  Schädlingen. 

2.  ßodenverbesserung  und  -düngung  zur  Gesunderhaltung 
der  Pflanzen. 

3.  Geeignete  Saat-  und  Pflanzzeit. 

4.  Auswahl  der  richtigen  Frucht   und  geeigneten  Frucht- 
folge für  jede  Bodenart. 

5.  Auswahl   gesunder   Pflanzen    oder    gesunder   Bestände. 

6.  Auswahl  und  Züchtung  widerstandsfähiger  Sorten. 
Die  Einzelbesprechung  folgt  dagegen  aus  den  oben  erwähnten 

Gründen  besser  in  der  gebräuchlichen  Weise  nicht  dem  Zweck, 
sondern  der  Art  des  Vorgehens,  wobei  1.  mechanische  Verfahren, 
2.  chemische  Mittel,  3.  biologische  Bekämpfung  und  4.  Kulturmaß- 
nahmen unterschieden  werden.  Hiervon  dienen  die  drei  ersten  fast 
ausschließlich  der  direkten  und  indirekten  Schädlingsbekämpfung, 
wogegen  den  Kulturmaßnahmen  zum  größten  Teil  vorbeugende 
Wirkung  zukommt. 

1.  Mechanische  Verfahren 
Hierzu  gehört  das  Fangen  und  Absammeln  der  Schädlinge, 
das  meist  nur  bei  beschränktem  Umfang  der  Kulturen  oder  des 
Auftretens  von  Schädlingen  oder  in  dessen  Anfängen  lohnend  ist, 
das  Entfernen  kranker  Pflanzen  oder  Abschneiden  kranker  Teile  von 
solchen,  auch  die  Unkrautvertilgung.  Die  radikale  Ausrottung  von 
Kulturpflanzen  oder  Zwischenwirten,  wobei  man  gleichzeitig  die 
Schädlinge  vertilgt  und  ihnen  den  Nährboden  entzieht,  ist  bei  uns 
von  der  Bekämpfung  der  Reblaus  (Extinktionsverfahren)  und  des 
Koloradokäfers  bekannt.     Dieses  kostspielige   und  tief  in  die  Wirt- 


134  IV.    Pflanzenschutz 

schaftsweise  eingreifende  Verfahren  ist  besonders  gegen  neu  ein- 
geschleppte Schädlinge  anwendbar  und  setzt  einen  wohlorganisierten 
Pflanzenschutz  voraus.  Es  ist  in  anderen  Ländern  neuerdings  in 
verschiedenen  Fällen  mit  Erfolg  durchgeführt  worden,  z.  ß.  gegen 
Citruskrebs,    ßaumwoUkapselwurm    und   Berberitze   in  Nordamerika. 

Außer  der  einfachen  Handarbeit  gibt  es  hier  eine  Menge  von 
Vorrichtungen,  wie  Tierfallen,  Madenfallen,  Fanggürtel,  die  Ver- 
wendung von  Raupenleim  (Klebringe  und  Klebfächer),  Lichtfallen 
usw.  Besondere  Methoden  für  den  Massenfang  sind  am  eingehend- 
sten bei  der  Heuschreckenvertilgung  ausgebildet  worden. 

In  vielen  Fällen  bedient  man  sich  bei  den  Fangmethoden  der 
Hilfe  von  Ködern,  um  die  Tiere  durch  Nahrungs-  oder  Riechstoffe 
(auch  Licht)  anzulocken.  Auch  bei  Giften  wird  die  Wirkung  oft 
durch  Köder  verstärkt.  Eine  Kombination  mechanischer  und  bio- 
logischer Bekämpfung  ist  die  am  meisten  durch  die  KÜHNsche  Be- 
kämpfung der  Rübenmüdigkeit  bekannte  Fangpflanzenmethode,  wo- 
bei zur  Anlockung  des  Schädlings,  in  diesem  Falle  der  Nematoden, 
eine  besondere  Aussaat  der  Kulturpflanze  oder  anderer  bevorzugter 
Nährpflanzen  vorgenommen  wird,  die  dann  nach  Besiedlung  durch 
den  Schädling  untergepflügt  oder  sonstwie  unschädlich  gemacht  wird. 

In  diesen  Zusammenhang  gehören  auch  Verfahren,  wie  die 
Fangbaummethode,  die  zur  Bekämpfung  der  Borken-  und  Rüssel- 
käfer in  der  Forstwirtschaft  im  großen  und  gelegentlich  auch  im 
Obstbau  angewandt  wird.  Sie  beruht  darauf,  daß  diese  Käfer  von 
dem  absterbenden,  bezw.  eintrocknenden  Holz  angezogen  werden  und 
es  mit  Vorliebe  befallen;  mit  den  Fangbäumen  wird  dann  ihre  Brut 
vernichtet.  Ein  ähnliches  Verfahren  ist  die  künstHche  Anlage  von 
Brutplätzen,  sog.  Fanghaufen,  in  den  tropischen  Kokospflanzungen 
zur  Bekämpfung  des  Nashornkäfers  durch  Vernichtung  seiner  Larven. 

2.  Chemische  Mittel 
Wohl  das  umfangreichste  Gebiet  im  praktischen  Pflanzenschutz 
ist  das  der  chemischen  Mittel  zur  Bekämpfung  von  Schädlingen^). 
Sie  finden  Anwendung  als  Gifte  gegen  größere  Tiere  und  zur  Ver- 
tilgung von  Unkräutern,  als  Insektizide  und  Fungizide  und  als  Des- 
infektionsmittel. 

*)  Vogt,  Methoden  der  Schädlingsbekämpfung.  Centralbl.  Bakt.  usw., 
II.  Abt.,  Band  58,  1922. 


Chemische  Mittel  135 

Bei  den  insektentötenden  Mitteln  unterscheidet  man  noch  nach 
der  Wirkungsweise  Kontaktgifte,  die  durch  die  Haut  oder  durch  die 
Atemöffnungen  (Stigmen)  wirken,  wie  Petroleum,  Seifen  und  Nikotin- 
brühen, und  hauptsächlich  gegen  saugende  Insekten  Anwendung 
finden,  und  Magengifte,  die  von  den  Insekten  mit  den  Pflanzen  oder 
mit  Ködern  gefressen  oder  aufgesogen  werden  und  vom  Verdauungs- 
kanal aus  wirken.  Ebenso  vielseitig  sind  auch  die  Anwendungs- 
formen, deren  wichtigste  Bespritzen  und  Bestäuben,  Beizen,  Räuche- 
rungen und  Bodendesinfektion  sind.  Zu  erwähnen  ist  hier  noch  die 
sogenannte  innere  Therapie  der  Pflanzen,  wie  z.  B.  das  Einführen 
von  Eisensalzen  in  Bäume,  die  aber  noch  nicht  über  das  Versuchs- 
stadium hinausgekommen  ist,  da  eben  bei  der  Pflanze  der  Stoff- 
transport durch  einen  Kreislauf  fehlt. 

Den  Anwendungsformen  entspricht  auch  eine  umfangreiche 
Technik  der  Apparate.  Weitaus  am  meisten  im  Gebrauch  sind 
davon  die  Pflanzenspritzen,  die  von  einfachen  Hand-  und  tragbaren 
Spritzen  für  Gärtnerei  und  Weinbau  bis  zu  komplizierten  fahrbaren 
Kraftmaschinen  für  ausgedehnte  Feldkulturen  und  hohe  Bäume  ge- 
baut werden.  Für  die  Verstäubung  pulverförmiger  Mittel,  die  wegen 
der  Ersparnis  an  Arbeits-  und  Transportkosten  teilweise  schon  das 
Bespritzungsverfahren  verdrängt,  sind  an  Stelle  der  ursprünglichen 
Schwefelquaste  und  einfachen  Blasebalge  ebenfalls  leistungsfähige 
Maschinen  für  Obstbau  und  Feldkulturen  entstanden.  Hieran 
schließen  sich  Apparate  an,  die  geschmolzenen  Schwefel  und  andere 
Mittel  mit  überhitztem  Wasserdampf  verstäuben,  um  dadurch  eine 
besonders  feine  Verteilung,  gleichmäßige  Bedeckung  der  Pflanzen- 
oberfläche und  größere  Reichweite  zu  erzielen.  Für  die  Getreide- 
beizung  gegen  Brandpilze,  wozu  neuerdings  an  Stelle  des  ursprüng- 
lichen Kupfervitriols  hauptsächlich  Formalin  und  Quecksilbersalze 
verwendet  werden^),  sind  verschiedene  Apparate  zur  Behandlung 
großer  Mengen  konstruiert;  bei  der  Beizung  gegen  die  im  Innern 
der  Körner  lebenden  Brandpilze  wird  nur  heißes  Wasser  von  50  bis 
52°  C  verwendet,  das  die  Pilze  abtötet,  ohne  die  Keimfähigkeit  zu 
schädigen.  Zu  den  Räucherungsverfahren  leitet  die  Saatgutdesinfek- 
tion mit  heißer  Luft  gegen  Insektenschädlinge  über,  während  für 
die  eigentliche  Räucherung  hauptsächlich  Blausäure,  Schwefelkohlen- 

*)    Merkbl.  2  des  Deutschen  Pflanzenschutzdienstes. 


136  IV.    Pflanzenschutz 

Stoff  und  Chlorverbindungen,  im  Kleinen  in  Gewächshäusern  auch 
Schwefel,  in  Frage  kommen.  Ausgegangen  ist  diese  Technik  von 
dem  sog.  Blausäurezeltverfahren,  das  in  Amerika  zur  Abtötung  von 
Obstbaumschildläusen  ausgebildet  wurde. 

Eines  der  wichtigsten  gegenwärtigen  Probleme  ist  die  Boden- 
desinfektion, die  ursprünglich  zur  Reblausvertilgung  mit  Schwefel- 
kohlenstoff angewandt  wurde  und  dort  auch  teilweise  unter  Scho- 
nung der  Reben  auf  geeigneten  Böden  als  sog.  Kulturalverfahren 
betrieben  wird.  Sie  wird  neuerdings  zur  Abtötung  im  Boden  leben- 
der Pilze,  wie  des  Erregers  des  Kartoffelkrebses,  versucht,  ist  aber 
bisher  im  Felde  nicht  ausführbar  und  kann  nur  in  Gewächshäusern 
durch  Heizröhren  oder  Wasserdampf  durchgeführt  werden. 

Bei  allen  in  direkte  Berührung  mit  der  Pflanze  kommenden 
Mitteln  liegt  neben  den  Erfordernissen  der  feinen  Verteilung,  der 
Benetzungsfähigkeit  und  Haftbarkeit  eine  Hauptschwierigkeit  darin, 
daß  sie  bei  möglichster  Wirksamkeit  gegen  die  Schädlinge  und 
Krankheitserreger  keinen  schädigenden  Einfluß  auf  die  Pflanze  aus- 
üben sollen  (Spritzschäden). 

Bei  der  Beizung  von  Sämereien  mit  quecksilberhaltigen  Mitteln 
hat  sich  eine  Nebenwirkung  herausgestellt,  die  von  höchster  Be- 
deutung für  die  allgemeine  Einführung  des  Beizverfahrens  ist.  Es 
ist  die  aus  der  Toxikologie  bekannte  Reizwirkung  sehr  kleiner 
Mengen  von  Stoffen,  die  in  größeren  Mengen  schädlich  auf  die 
Organismen  wirken.  Die  Saaten  erfahren  in  diesem  Falle  eine 
Wachstumsförderung  und  es  ergibt  sich  eine  Steigerung  der  Erträge, 
die  selbst  einen  gewissen  Krankheitsbefall  ausgleichen  kann  und 
jedenfalls  die  Beizung  rein  unter  diesem  Gesichtspunkt  der  Ertrags- 
steigerung als  ein  wertvolles  Kulturhilfsmittel  erscheinen  läßt. 

Ihrer  Beschaffenheit  nach  fallen  die  chemischen  Pflanzen- 
schutzmittel^) unter  anorganische  und  organische  Stoffe  und  pflanz- 
liche und  tierische  Rohstoffe. 

Anorganische  Stoffe.  Von  dem  wichtigsten  Fungizid,  dem 
Kupfer,  dessen  Wirkung  gegen  die  Blattfallkrankheit  der  Weinreben 

•)  Vergl.  H.OLLRUNG,  Die  Mittel  zur  Bekämpfung  der  Pflanzenkrauk- 
heiten,  6.  Aufl.,  1928;  Schw.\rtz.  Erprobte  Mittel  gegen  Schädlinge,  Flugblatt 
Nr.  46  der  Biologischen  Reichsanstalt;  Scherpe,  Die  Kupferkalkbrühe,  ihre 
Bereitung  und  Verwendung  und  andere  kupferhaltige  Pflanzenschutzmittel, 
Flugblatt  Nr.  52  der  Biologischen  Reichßanstalt. 


Chemische  Mittel  137 

zufällig  entdeckt  wurde,  geht  sozusagen  die  ganze  Industrie  der 
chemischen  Pflanzenschutzmittel  aus,  und  seine  ursprüngliche  An- 
wendung als  Kupfervitriolkalkbrühe  (Bordeauxbrühe)  ist  auch  heute 
noch  trotz  vieler  ähnlicher  Ersatzmittel  die  gebräuchlichste.  Auch 
als  Beizraittel  ist  der  Kupfervitriol  lange  Zeit  gebraucht  worden. 
Das  zweite  wichtige  Fungizid  ist  der  Schwefel,  der  teils  rein  in 
Pulverform,  teils  in  Schwefelkalkbrühen  hauptsächlich  gegen  die 
echten  Mehltaupilze  angewandt  wird  und  zugleich  auch  gegen 
manche  Insekten  wirksam  ist. 

Von  den  Insektiziden  spielen  die  Arsensalze  die  größte  Rolle, 
besonders  das  Schweinfurter-  oder  Parisergrün  (üraniagrün),  ein 
Kupferazetatarsenit,  während  in  Nordamerika  das  Kalziumarsenit  und 
das  weit  gefährlichere  arsensaure  Blei  wegen  ihrer  Unlöslichkeit 
bevorzugt  werden;  dort  wird  der  Verbrauch  an  Arsenik  im  Pflanzen- 
schutz neuerdings  auf  15  Millionen  Pfund  jährlich  eingeschätzt. 
Arsenmittel  werden  im  Wein-  und  Obstbau,  in  Amerika  auch  gegen 
Kartoffelschädlinge  uml  insbesondere  gegen  den  Baumwollkapsel- 
käfer  verwendet. 

Die  neueren  Bestrebungen  gehen  dahin,  alle  Mittel  zur  Er- 
sparnis an  Arbeits-  und  Transportkosten  pulverförmig  anzuwenden 
und  zugleich  Insektizide  und  Fungizide  in  einer  Anwendung  zu 
vereinigen.  Von  kombinierten  Spritzmitteln  haben  sich  bisher 
Arsen-Kupferkalkbrühen  am   besten  bewährt. 

Der  Schwefelkohlenstoff  ist  schon  oben  erwähnt.  Ähnlich, 
aber  wesentlich  schwächer  wirkt  der  nicht  explosive  Tetrachlor- 
kohlenstoff; beide  Mittel  wirken  als  Gase  und  sind  wichtig  zur  Ab- 
tötung  von  Vorratsschädlingen  in  geschlossenen  Räumen. 

Von  Metallgiften  haben  noch  die  Quecksilberverbindungen 
große  Bedeutung  durch  ihre  Verwendung  zur  Getreidebeizung  ge- 
wonnen, während  neuerdings  die  Fluorverbindungen  als  Pilz-  und 
Tiergifte  versucht  werden. 

Organische  Stoffe.  Lange  Zeit  hat  das  Petroleum  in  Form 
von  Petroleumseifenemulsionen  als  Kontaktgift  vielfache,  wohl  jetzt 
€twas  zurückgegangene  Verwendung  gefunden.  Daneben  sind  als 
wichtige  Mittel  der  Formaldehyd  zur  Abtötung  von  Brandsporen 
bei  der  Getreidebeizung  und  die  Blausäure  für  Räucherungen  in 
Gebäuden  und  unter  Zelten  zu  nennen.  Früher  hat  auch  das 
Karbolineum    viel    von    sich    reden    gemacht.      Seiner    allgemeinen 


138  IV.    Pflanzenschutz 

Verwendung  steht  hauptsächlich  die  wechselnde  Zusammensetzung 
entgegen,  doch  haben  sich  einige  Handelsmarken  von  sog.  wasser- 
löslichem Obstbaumkarbolineum  gegen  Obstschädlinge,  besonders 
zur  Winterbehandlung  bewährt. 

Zu  den  wichtigsten  Insektiziden  gehören  die  Seifenlösungen, 
die  teils  wegen  ihrer  direkten  Wirkung,  teils  zur  Emulgierung  un- 
löslicher Stoffe  (Petroleum,  Karbolineum)  und  wegen  ihrer  Be- 
netzungsfähigkeit  in  sehr  vielen  Zusammensetzungen  im  Gebrauch  sind 

Von  pflanzlichen  Rohstoffen  hat  das  altbekannte  Insekten- 
pulver auch  im  Pflanzenschutz  Eingang  gefunden.  Einer  allgemeinen 
Verbreitung  steht  sein  hoher  Preis  im  Wege,  doch  sind  neuerdings 
vielfache  Versuche  der  Kultur  der  Pflanze  und  der  zweckmäßigsten 
Anwendungsform  im  Gange.  Ein  wichtiges  Kontaktgift  sind  sodann 
die  Tabakslaugen  (Nikotinbrühen),  jedoch  ebenfalls  wegen  ihres 
hohen  Preises  in  der  Verwendung  beschränkt  und  jetzt  meist  durch 
Arsenmittel  ersetzt.  Zu  erwähnen  ist  noch  das  Bitterholz,  dessen 
Extrakt  als  Quassiaseifen brühe  sich  besonders  gegen  blattfressende 
Insekten  bewährt  hat. 

Als  tierischer  Rohstoff  verdient  hier  nur  der  Walfischtran 
wegen  seiner  umfangreichen  Verwendung  zu  Seifenemulsionen  in 
Amerika  genannt  zu  werden. 

3.    Biologische  Bekämpfung 

Mit  dem  Ausdruck  „biologische  Bekämpfung"  können  alle 
Fälle  der  Bekämpfung  schädlicher  Organismen  durch  Benutzung  und 
Begünstigung  ihrer  natürlichen  Feinde  und  durch  Vertilgung  ihrer 
Wirte  und  Überträger  zusammengefaßt  werden.  Häufig  wird  der 
Begriff  auch  enger  verstanden,  so  daß  er  nur  den  Spezialfall  der 
Bekämpfung  schädlicher  Insekten  mittels  ihrer  Parasiten  einschließt. 
Da  die  biologische  Bekämpfung  einerseits  direkte  Schädlingsvertilgung, 
andererseits  eine  Vorbeugung  gegen  weitere  Vermehrung  ist,  steht 
sie  in  der  Mitte  zwischen  technischer  direkter  Bekämpfung  und 
Kulturmaßnahmen. 

Im  wesentlichen  richtet  sich  die  biologische  Bekämpfung  gegen 
schädliche  Insekten,  außerdem  noch  gegen  Nagetiere,  hauptsächlich 
Feldmäuse.  Einzelne  Versuche  liegen  auch  vor  zur  Vertilgung  von 
Unkräutern  mit  Hilfe  ihrer  Parasiten,  während  gegen  Pilze  und 
Bakterien  noch  keine  praktische  Anwendung  dieser  Methode  erreicht 


Biologische  Bekämpfung  139 

worden  ist,  obwohl  z.  ß.  manche  Pilze  auch  ihrerseits  von  Parasiten 
zweiten  Grades  befallen  werden.  Sie  bedient  sich  zunächst  der 
natürlichen  Feinde  im  engeren  Sinne,  der  insektenfressenden  Wirbel- 
tiere und  räuberischen  Insekten,  und  sodann  der  eigentlichen  Para- 
siten der  Schädlinge  unter  den  Insekten,  Pilzen  und  Bakterien.  Im 
besonderen  hat  die  Erfahrung  über  die  biologische  Insektenbekämpfung 
ergeben,  daß  sie  wesentliche  Erfolge  nur  in  den  Fällen  erwarten 
läßt,  wo  Insekten  ohne  ihre  natürlichen  Feinde  in  neue  Gebiete 
verschleppt  worden  sind^).  Können  diese  dann  ebenfalls  eingeführt 
werden  und  finden  sie  dort  sonst  zusagende  Lebensbedingungen,  so 
vermögen  sie  die  abnorme  Massenvermehrung  der  Schädlinge  oft 
erstaunlich  rasch  zu  unterdrücken.  Man  pflegt  die  Massenvermehrung 
eingeschleppter  Insekten  dem  Fehlen  ihrer  Feinde  oder  Parasiten  in 
den  neuen  Ländern  zuzuschreiben.  Daß  hieran  aber  andere  Fak- 
toren mindestens  gleich  stark  beteiligt  sind,  beweist  u.  a.  die  Aus- 
breitung von  Pflanzen  (Unkräutern)  und  auch  von  Pilzkrankheiten, 
die  in  fremde  Länder  verschleppt  worden  sind. 

Im  ganzen  kann  gesagt  werden,  daß  die  biologische  Be- 
kämpfung wegen  einzelner  bedeutender  Ergebnisse  vielfach  über- 
schätzt wird.  Es  hat  sich  gezeigt,  daß  damit  immer  nur  in  Einzel- 
fällen wesentliche  Erfolge  erreichbar  sind  und  die  Erforschung 
anderer  Bekämpfungsmaßnahmen  deshalb  nicht  vernachlässigt  werden 
kann.  Da  sie  sich  die  in  der  freien  Natur  vorliegende  Regulierung 
des  biologischen  Gleichgewichts  dienstbar  zu  machen  sucht,  setzt 
sie  eine  genaue  Kenntnis  aller  Lebensbedingungen  der  Schädlinge 
und  ihrer  Feinde  oder  Parasiten  voraus.  Daher  haben  denn  gerade 
solche  Untersuchungen  die  allgemeine  Biologie  außerordentlich  an- 
geregt und  gefördert. 

Ein  Gebiet  für  sich,  das  hierher  gehört,  ist  der  Vogelschutz^). 
Seine  Bedeutung  ist  noch  vielfach  umstritten,  zumal  er  auch  noch 
aus  anderen  Gesichtspunkten  als  dem  reinen  Nützlichkeitsprinzip 
betrieben  wird.     Doch  hat  auch  hier  der  Widerstreit  der  Meinungen 


^)  Vgl.  Escherich,  Die  angewandte  Entomologie  in  den  Vereinigten 
Staaten.  Berlin  1913;  Knoche,  Die  biologische  Bekämpfungsmethode  als  Kampf- 
mittel gegen  Forstinsekten.  Zeitschr.  f.  Forst-  und  Jagdwesen,  Bd.  52,  1920, 
S.  168  ff. 

*)  Vergl.  HlESEMANN,  Die  Lösung  der  Vogelschutzfrage  nach  Frlir. 
VON  Berlepsch,  Leipzig  1915. 


140  IV.    Pflanzenschutz 

viel  zur  Vertiefung  der  Forschungen  beigetragen.  Solche  sind  haupt- 
sächlich dort  notwendig  und  betrieben  worden,  wo  es  sich  um 
gleichzeitig  nützliche  und  schädliche  Vögel,  wie  z.  B.  Raubvögel  und 
Saatkrähen   handelt. 

Unter  den  Säugetieren  ist  in  diesem  Zusammenhang  nur  der 
teils  nützliche,  teils  lästige  Maulwurf  zu  erwähnen. 

Als  räuberische  Insekten  sind  in  Einzelfällen  die  sonst  wegen 
ihrer  Pflege  von  Blatt-  und  Schildläusen  lästigen  Ameisen  nützlich, 
auch  Raubwanzen  und  Raubkäfer  spielen  eine  gewisse  Rolle  als 
Insektenfeinde.  Bekannter  sind  die  blattlausvertilgenden  Larven  der 
Florfliegen,  Schwebfliegen  und  Marienkäfer.  An  die  letzteren  knüpft 
sich  das  berühmteste  Beispiel  biologischer  Bekämpfung,  das  zugleich 
am  meisten  zur  Förderung  dieser  Richtung  den  Anstoß  gegeben  hat, 
die  Einführung  des  Coccinelliden  Novius  cardinalis  durch  KÖBELE 
in  Kalifornien.  Dorthin  war  die  Zitronenrindenlaus  Tccrya  purchasi 
im  Jahre  1896  aus  Australien  eingeschleppt  worden  und  hatte  sich 
in  wenigen  Jahren  so  verbreitet,  daß  sie  ungeheure  Schäden  an  den 
Citruskulturen  anrichtete.  KÖBELE  erkannte,  daß  sie  in  ihrer 
Heimat  durch  den  Novius  cardinalis  im  Schach  gehalten  wird,  der 
sich  dann  nach  seiner  Einführung  in  Amerika  einbürgerte  und  die 
Plage  rascher  beendete,  als  sie  sich  ausgebreitet  hatte.  Auch  in 
neuester  Zeit  noch  hat  sich  dieser  Käfer  in  Marokko  in  ganz  ähn- 
licher Weise  bewährt. 

Unter  den  Parasiten  der  Insekten  spielen  die  zahllosen  Arten 
der  Schlupfwespen  die  größte  Rolle  ^).  Bekannte  Vertreter  derselben 
sind  die  Schlupfwespen  der  Kohlweißlingsraupen,  Apanteles  glome- 
ratus,  und  die  Blattlausparasiten.  Die  Schlupfwespen  sind  Parasiten 
aller  Insektenstadien  vom  Ei  bis  zum  Vollkerf.  Kompliziert  wird 
ihre  Wirksamkeit  noch  dadurch,  daß  sie  vielfach  selbst  in  Schlupf- 
wespen als  Hyperparasiten,  Parasiten  zweiten  und  dritten  Grades, 
auftreten.  In  der  freien  Natur  werden  die  meisten  Massenver- 
mehrungen von  Insekten  schließlich  durch  Schlupfwespen  wieder  ein- 
gedämmt, aber  im  allgemeinen  verhindern  sie  das  Massenauftreten 
nicht,  sondern  beendigen  es  nur.  Ein  berühmtes  Beispiel  biologischer 
Bekämpfung  durch  Schlupfwesen  ist  die  Bekämpfung  der  Maulbeer- 
schildlaus Diaspis  pentagona   durch   die  Schlupfwespe  Prospaltella 

^)  Vergl.  F.  Stellwaag,  Die  Schmarotzerwespen  (Schlupfwespen)  als 
Parasiten.     Monogr.  zur  angew.  Entomologie,  Nr.  6,  Berlin   1921. 


Biologische  Bekämpfung  141 

herlesei.  Die  Schildlaus  hatte  in  Norditalien  durch  ihre  Vermehrung 
und  ihre  Schädigung  der  Maulbeerbäume  in  kurzer  Zeit  die  ganze 
Existenz  der  Seidenzucht  in  Frage  gestellt;  ihr  Parasit  wurde  durch 
Berlese  eingeführt  und  hat  sich  vollständig  bewährt,  so  daß  seine 
Verwendung  allgemein  geworden  und  die  Maulbeerkultur  gesichert  ist. 

In  größtem  Maßstab  wurde  die  Einführung  und  Zucht  und 
zugleich  auch  die  biologische  Erforschung  der  Schlupfwespen  durch 
die  Gründung  des  amerikanischen  Parasitenlaboratoriums  gefördert^). 
Diese  war  veranlaßt  durch  die  ungeheure  Ausbreitung  des  Schwamm- 
spinners und  (loldafters,  zweier  aus  Europa  eingeschleppter  Schäd- 
linge. Die  Amerikaner  versuchen  nun  mit  teilweisem  Erfolge  die 
I'arasiten  der  Raupen  einzuführen,  von  der  Erwägung  ausgehend, 
daß  diese  in  Europa  durch  Parasiten  in  Schach  gehalten  werden 
und  ihre  Massenvermehrung  in  Amerika  eine  Folge  des  Fehlens 
der  Parasiten  ist.  So  werden  auch  neuerdings  in  verschiedenen 
Ländern  Versuche  gemacht,  den  Parasiten  Aphelinus  mali  der 
Blutlaus  aus  Amerika  einzuführen,  woher  die  Blutlaus  stammt,  die 
sich  mit  dem  Obstbau  überall  verbreitet  hat.  Diese  Beispiele  zeigen, 
daß  die  biologische  Bekämpfung  durch  Schlupfwespen  am  ersten 
dort  Erfolge  verspricht,  wo  Schädlinge  in  fremde  Länder  verschleppt 
werden  und  ohne  ihre  ursprünglichen  Parasiten  sich  ungehemmt 
ausbreiten. 

Eine  andere  Gruppe  von  Parasiten  bildet  eine  Familie  von 
Fliegen,  die  Tachinen.  Ähnlich  wie  bei  den  Schlupfwespen  ent- 
wickeln sich  ihre  Larven  im  Innern  der  befallenen  Insekten;  eine 
praktische  Bedeutung  haben  sie  aber  bisher  nicht  gewonnen.  Das- 
selbe gilt  von  den  weniger  zahlreichen  Raubwespen,  welche  andere 
Insekten,  hauptsächlich  Raupen,  durch  einen  Stich  lähmen  und  als 
Nahrung  für  ihre  Brut  eintragen. 

Insektentötende  Pilze  sind  ebenfalls  weit  verbreitet  und  von 
dem  Beispiel  des  im  Herbst  an  Stubenfliegen  häufigen  Pilzes  Empiisa 
muscae  bekannt.  Ihre  Verwendung  zur  Bekämpfung  von  Pflanzen- 
schädlingen ist  wiederholt,  so  besonders  gegen  Wanderheuschrecken, 
versucht  worden;  ein  wirklicher  Erfolg  ist  jedoch  nur  in  einem 
Falle  infolge  günstiger  Nebenumstände  erzielt  worden.  Friederichs 
hat  den  Pilz  Metarrhizum  anisopliae   künstlich  vermehrt  und   zur 


^)    Vergl.  die  erwähnte  Schrift  von  Escherich. 


142  IV.    Pflanzenschutz 

Infizierung  von  Fanghaufen  bei  der  Bekämpfung  des  nach  Samoa 
eingeschleppten  und  dort  an  Kokospalnaen  ungeheuer  schädlich  ge- 
wordenen Nashornkäfers  verwendet. 

ßakterienkrankheiten  der  Schädlinge.  Eine  Zeitlang  hat  der  von 
dem  Franzosen  D'Herelle  gezüchtete  CoccobaciUus  acridiorum  von 
sich  reden  gemacht,  der  zur  Bekämpfung  von  Heuschreckenplagen 
wirksam  sein  soll.  Die  bisherigen  Nachprüfungen  haben  jedoch  die 
gemachten  Angaben  nicht  bestätigt  und  die  bekannten  Methoden 
der  Heuschreckenvertilgung  nicht  geändert. 

Im  Zusammenhang  mit  den  Bakterienkrankheiten  ist  noch  die 
sogenannte  Polyederkrankheit  der  Nonnenraupen  zu  erwähnen,  eine 
der  infektiösen  Krankheiten,  deren  Erreger  noch  nicht  bekannt 
ist.  Eine  Bedeutung  für  die  praktische  Bekämpfung  der  Nonne 
kommt  ihr  nicht  zu,  sie  ist  jedoch  von  diagnostischem  Wert,  da 
das  Auftreten  der  Polyeder-  oder  Wipfelkrankheit  ein  Vorzeichen 
für  die  Beendigung  der  Nonnenplagen  ist. 

Große  praktische  Bedeutung  hat  dagegen  die  Bekämpfung  von 
Nagetieren,  Feldmäusen  und  Ratten,  mit  Bakterienkulturen.  Sie 
datiert  von  der  Entdeckung  des  Bacillus  typhi  munum  durch 
LÖFFLER  und  seiner  erfolgreichen  Anwendung  bei  einer  Mäuseplage 
in  Thessalien.  Wenn  auch  dem  Verfahren  manche  Mängel  anhaften, 
so  werden  doch  heutzutage  Kulturen  verschiedener  Krankheitserreger 
vielfach  hergestellt  und  im  großen  verwendet. 

Ganz  neuerdings  wird  noch  von  der  Entdeckung  einer  in 
Bakterien  parasitisch  lebenden  Organismenart,  der  Bakteriophagen, 
berichtet,  in  denen  man  schon  eine  neue  Möglichkeit  der  praktischen 
Bekämpfung  bakterieller  Krankheiten  gefunden  zu  haben  behauptet. 
Eine  Bestätigung  dieser  Entdeckung  bleibt  abzuwarten. 

4.  Kulturmaßnahmen 
Den  bisher  beschriebenen  Bekämpfungsmaßnahmen,  die  sich 
ausschließlich  gegen  tierische  und  pflanzliche  Schädlinge  richten, 
stehen  die  Kulturmaßnahmen  gegenüber,  worunter  alle  prophylakti- 
schen Aufgaben  der  Hygiene  zur  Gesunderhaltung  der  Pflanzen  zu- 
sammengefaßt werden  können.  Es  sind  teils  Maßnahmen  zur  Nieder- 
haltung der  Parasiten,  teils  solche  zur  Kräftigung  der  Pflanzen,  um 
ihnen  das  Optimum  von  Lebensbedingungen  zu  gewähren,  in  welchem 
zugleich  die  größtmögliche  Resistenz  gegen  Krankheiten  liegt. 


Eulturmaßnahmen  X43 

Der  moderne  praktische  Pflanzenschutz  arbeitet  hauptsächlich 
in  dieser  Richtung,  nicht  so  sehr  die  direkte  Bekämpfung  der 
Schädlinge  zu  betreiben,  als  vielmehr  die  Bedingungen  des  Auf- 
tretens von  Krankheiten  zu  erkennen  und  zu  beseitigen;  sein  Ziel 
ißt  die  vorbeugende  Behandlung,  die  Pflanzenhygiene.  Naturgemäß 
liegt  das  Schwergewicht  dieser  Bestrebungen  bei  den  einjährigen 
Gewächsen,  wo  Mussenanbau,  Kurzlebigkeit  und  geringer  Wert  des 
Individuums  eine  direkte  Bekämpfung  von  Krankheiten  oft  un- 
rentabel machen.  Aber  auch  bei  ausdauernden  Kulturen,  wie  Wein- 
reben und  Obstbäumen,  wendet  man  sich  neuerdings  der  Vorbeugung 
und  Hygiene  mehr  und  mehr  zu,  um  der  Verteuerung  der  Produktion 
durch  Bekämpfungsmaßnahmen  zu  entgehen.  Überall  aber  ist  der 
Pflanzenschutz  eine  Frage  der  Rentabilität,  daher  kann  nicht  genug 
betont  werden,  daß,  wie  es  bei  der  Düngung  schon  lange  der  Fall 
ist,  langjährige  Vergleichsversuche  mit  exakter  zahlenmäßiger  Fest- 
stellung der  Ergebnisse  eingeleitet  werden  müssen. 

Diese  Maßnahmen  wenden  sich  nicht  nur  gegen  die  nicht- 
parasitären Krankheiten,  von  deren  Abwehr  sie  ihren  Ausgang  ge- 
nommen haben,  wie  schädliche  Wirkungen  von  Boden  und  Klima 
oder  Infektionskrankheiten,  deren  Erreger  man  nicht  kennt,  sondern 
in  weitestem  Umfang  auch  gegen  schädliche  Organismen,  wie  die 
nachfolgenden  Beispiele  zeigen  werden.  Unter  den  schädlichen 
Organismen  sind  es  hauptsächlich  Bakterien,  Pilze  und  kleine,  in 
Massen  auftretende  Insekten,  bei  denen  sowohl  die  Abhängigkeit 
ihrer  Vermehrung  wie  auch  diejenige  der  Anfälligkeit  der  Pflanzen 
von  äußeren  Bedingungen  am  klarsten  in  die  Erscheinung  tritt. 
Doch  muß  erwähnt  werden,  daß  sich  neuerdings  umgekehrt  bei 
manchen  nichtparasitären  Infektionskrankheiten  in  der  direkten  Be- 
kämpfung der  diese  Krankheiten  übertragenden  Insekten  eine  neue 
Abwehrmöglichkeit  eröffnet.  Nur  in  wenigen  Ausnahmefällen  lassen 
sich  die  Witterungseinflüsse  abwehren;  daher  kann  überall,  wo  sie 
direkt  oder  indirekt  Schäden  hervorrufen,  nur  die  Kräftigung  der 
Pflanzen  in  ihrer  Widerstandsfähigkeit  angestrebt  werden. 

Bei  den  Kulturmaßnahmen  lassen  sich  solche,  die  den  Boden 
und  Standort  der  Pflanzen  und  solche,  die  die  Pflanzen  selbst,  ihren 
Anbau,  ihre  Pflege  und  Auswahl  betreffen,  unterscheiden.  Der  erste 
Teil  umfaßt  die  Bodenbearbeitung,  Drainage,  Düngung  und  die 
schon  erwähnte  Bodendesinfektion;  zum  zweiten  gehören  Pflanzweite 


144  iV.    Pflanzenschutz 

und  Saattiefe,  Pflanzzeit,  Schnitt,  Fruchtwechsel,  Auslese,  Saat-  und 
Sortenauswahl  und  schließlich  die  Immunitätszüchtung.  Davon  sollen 
hier  nur  die  wichtigsten  in  direkter  Beziehung  zu  bestimmten  Krank- 
heiten stehenden  Maßnahmen,  bezw.  die  ebenso  wichtige  Vermeidung 
entsprechender  Kulturfehler,  kurz   besprochen   werden. 

Eine  nochmalige  Erwähnung  unter  den  prophylaktischen  Maß- 
nahmen verdient  hier  die  Bekämpfung  oder  Ausrottung  von  Zwischen- 
wirten und  Krankheitsüberträgern.  In  der  Wahl  der  Mittel  je  nach 
dem  einzelnen  Fall  verschieden,  bezweckt  sie  den  Schutz  der  Pflanze 
dadurch,  daß  sie  den  Parasiten  außerhalb  seines  Zusammenhanges 
mit  der  Pflanze  angreift,  indem  sie  ihm  durch  Vertilgung  seiner 
anderen  Wirte  die  Möglichkeit  der  Weiterverbreitung,  Überwinterung 
oder  Fortpflanzung  entzieht.  Im  einfachsten  Falle  handelt  es  sich 
dabei  um  Unkräuter,  welche  gleichzeitig  von  den  Parasiten  (z.  B. 
Mehltau  u.  a.  Pilzen  oder  Blattläusen)  einer  Pflanze  befallen  werden 
und  dadurch  diese  Parasiten  weiterverbreiten  oder  ihnen  die  Über- 
winterung ermöglichen.  Manche  Pflanzen  sind  aber  in  der  Weise 
Zwischenwirte,  daß  sich  auf  ihnen  ein  Teil  des  Entwicklungsganges 
des  Parasiten,  der  zu  seiner  Fortpflanzung  mehr  oder  weniger  not- 
wendig ist,  vollzieht.  So  lebt  die  Aecidiengeneration  des  Getreide- 
schwarzrostes auf  der  Berberitze  und  verschiedene  Länder  haben 
daher  die  Ausrottung  der  Berberitzensträucher  zur  Rostbekämpfung 
gesetzlich  vorgeschrieben  ;  in  Nordamerika  wurden  von  1918 — 1922 
in  13  Staaten  mehr  als  5  Millionen  Sträucher  beseitigt.  Der  in 
Amerika  besonders  gefährliche,  dort  um  1900  aus  Europa  ein- 
geschleppte Blasenrost  der  Weymouthkiefer  hat  seine  Teleutosporen- 
form  auf  wilden  und  kultivierten  Ribesarten;  man  rottet  dort,  wo 
die  Kiefern  geschützt  werden  sollen,  die  Beerensträucher  in  einem 
Umkreise  von  300  m  aus  und  hat  den  Versand  von  Sträuchern  aus 
den  infizierten  Landesteilen  verboten.  Von  tierischen  Zwischeuwirten 
eines  Pflanzenparasiten  ist  erst  ein  Fall  von  theoretischem  Interesse 
bekannt,  die  Flagellatenkrankheit  der  Euphorbien,  bei  welcher  der 
Parasit  einen  Teil  seiner  Entwicklung  in  einer  Wanze  durchmacht 
und  von  dieser  wieder  auf  die  Euphorbien  übertragen  wird.  Da- 
gegen sind  Insekten  als  Überträger  von  Pflanzenkrankheiten,  ohne 
eigentliche  Zwischenwirte  zu  sein,  neuerdings  mehrfach  bekannt 
geworden.  Es  handelt  sich  dabei  nicht  um  die  rein  äußerliche 
Verschleppung  von  Infektionskeimen,  sondern  um  eine  Übertragung 


Kulturmaßnahmen  145 

des  Virus  beim  JSaugakt,  die  Infektionskrankheiten,  deren  Erreger 
unbekannt  sind,  wie  die  Mosaikkrankheit  und  Blattrollkrankheit, 
betrifft  und  durch  Blattläuse,  Zikaden  u.  a.  Schnabeikerfe  geschieht 
(vergl.  oben,  S.  110).  In  allen  diesen  Fällen  kann  die  Pflanze  durch 
Vertilgung   des    Krankheitsüberträgers   vor  Befall   geschützt   werden. 

Kulturmaßnahmen,  die  den  Boden  betreffen.  Zunächst 
gehört  hierher  die  Auswahl  der  für  bestimmte  Kulturen  oder  Sorten 
geeigneten  Böden  bezw.  die  Vermeidung  nachteiliger  Böden,  die 
durchaus  nicht  so  einfach  und  selbstverständlich  ist,  wie  es  den 
Anschein  hat.  Sodann  ist  für  den  häufigen  Zusammenhang  von 
normalen  Arbeitsmethoden  mit  dem  Pflanzenschutz  schon  die  Boden- 
bearbeitung ein  Beispiel.  Durch  das  Pflügen  oder  Umgraben  des 
Bodens  werden  viele  dort  überwinternde  Insekten  an  die  Oberfläche 
gebracht,  wo  sie  von  ihren  Feinden  vernichtet  werden  oder  Witterungs- 
einflüssen erliegen.  Ebenso  haben  andere  Begleiterscheinungen  der 
Bodenbearbeitung,  wie  die  Lockerung  und  Durchlüftung  neben  der 
das  Pflanzenwachstum  begünstigenden  Wirkung  auf  die  ßoden- 
organismen  (das  Edaphon)  ihre  direkte  oder  indirekte  Beziehung  zur 
Verhütung  von  Pflanzenkrankheiten.  Da  sich  die  Nährstoffaufnahme 
der  Pflanzen  im  Boden  vollzieht,  ist  hier  in  ihrer  Regulierung  eine 
der  wichtigsten  Möglichkeiten  der  Krankheitsvorbeugung  gegeben. 
Die  Bedeutung  der  Drainage,  welche  durch  Ableitung  stauender 
Nässe  eine  normale  Wurzeltätigkeit  wiederherstellt,  braucht  hier  nur 
erwähnt  zu  werden.  Auch  manche  Unkräuter,  wie  Huflattich,  und 
Pilzkrankheiten  werden  dadurch  beseitigt.  Umgekehrt  werden  durch 
Wasserzufuhr  auf  trockenen  Böden  verschiedene  Pilzkrankheiten  der 
Bäume  direkt  verhindert. 

Die  umfangreichste  Betätigung  der  Pflanzenhygiene  in  bezug 
auf  den  Boden  liegt  aber  auf  dem  Gebiete  der  Düngung.  Durch 
die  verschiedenen  hierher  gehörenden  Maßnahmen  ist  es  vor  allem 
vielfach  möglich,  die  Nachteile  einzelner  Bodenarten,  wie  der  leichten 
und  der  schweren  Böden,  für  eine  Kultur  teilweise  auszugleichen. 
Erstere  begünstigen  alle  Trockenheitsschäden  und  damit  auch  die 
Vermehrung  von  Milben  usw.,  während  auf  schweren  Böden  Fuß- 
krankheiten und  Fäulen  häufig  sind.  Auch  die  Bodenreaktion, 
deren  Beziehungen  neuerdings  mehr  erforscht  werden,  steht  zu  vielen 
Krankheiten,  vor  allem  Stoffwechselkrankheiten,  manchen  tierischen 
Schädlingen  und  vielen  Pilzen  in  enger  Beziehung.    Stark  alkalische 

Sammlung  Borntraeger  I:Mor8tatt  10 


146  IV.    Pflanzenschutz 

Reaktion  fördert  z.  ß.  das  Auftreten  der  Herz-  und  Trockenfäule 
bei  den  Rüben  und  der  Dörrfleckenkrankheit  des  Hafefs,  auch  der 
Mehltaupilze  und  der  Blattrollkrankheit  der  Kartoffeln.  Dabei  lassen 
sich  schon  aus  dem  Auftreten  mancher  Unkräuter  Schlüsse  auf  die 
Bodenreaktion  ziehen. 

Hier  ist  schon  eine  Reihe  wichtiger  Erfahrungen  gewonnen, 
wenn  auch  diese  Fragen  noch  wenig  im  besonderen  Hinblick  auf 
Krankheiten  zusammenfassend  bearbeitet  sind.  Der  Kalk  vermindert 
oft  in  auffälliger  Weise  das  Auftreten  von  Pilzkrankheiten,'  wie 
Monilia  und  Mehltaupilze,  andererseits  auch  die  Resistenz  gegen 
ßakterienfäule.  Kali  macht,  abgesehen  von  der  Vermeidung  der 
typischen  Kalimangelerscheinungen,  widerstandsfähig  gegen  Frost- 
gefahr, Lagerfrucht  und  auch  gegen  die  Angriffe  tierischer  und 
pflanzlicher  Schädlinge.  Phosphorsäure  vermindert  die  Rostgefahr 
und  steigert  auch  die  Widerstandsfähigkeit  gegen  Bakterienfäule, 
besonders  wenn  zugleich  die  Stickstoffzufuhr  vermindert  wird.  Ein- 
seitige Stickstoffdüngung  steigert  überhaupt  die  Anfälligkeit  gegen 
Pilze  und  Bakterien. 

Die  Anwendung  von  Kalkstickstoff  oder  Ätzkalk  gegen  tierische 
Schädlinge  und  Pilze  greift  schon  in  das  Gebiet  der  Bodendesinfektion 
über;  ersterer  und  auch  Kainit  werden  zugleich  vielfach  zur  Unkraut- 
vertilgung gebraucht.  Die  Bodendesinfektion,  eine  eigentlich  pro- 
phylaktische Maßnahme,  ist  aufs  engste  mit  der  direkten  Schädlings- 
bekämpfung verknüpft  und  daher  schon  oben  erwähnt. 

Die  Kulturmaßnahmen,  welche  die  Pflanzen  direkt 
betreffen,  gruppieren  sich  um  Aussaat  oder  Anbau,  Pflege  und 
Auswahl  der  Pflanzen  und  stehen,  wie  Boden  und  Düngung,  in  mehr 
oder  weniger  direkter  Beziehung  zu  einzelnen  Krankheiten.  So  soll 
die  Pflanzweite,  wie  bei  Bäumen  der  Schnitt,  eine  gleichmäßige 
Belichtung  und  Durchlüftung  der  Kulturen  sichern,  da  sich  viele 
Pilze  und  Insekten,  aber  auch  Moose  und  Flechten  bei  schwachem 
Licht  und  andauernder  Feuchtigkeit  stärker  entwickeln.  Ebenso 
kann  ungeeignete  Saattiefe  eine  Rolle  spielen,  indem  sie  die  Keime 
und  jungen  Pflanzen  verschiedenen  Schädigungen  aussetzt.  Die 
Wahl  der  Saat-  und  Pflanzzeit  steht  in  Beziehung  zu  direkten 
klimatischen  Einflüssen,  wie  Auswinterungsschäden,  aber  auch  zum 
Befall  durch  manche  Schädlinge.  Das  bekannteste  Beispiel  ist  hier 
die  Fritfliege.     Sät  man  die  Wintersaat  erst  nach  der  Hauptflugzeit 


Knlturmattnahmen  147 

der  Fliege,  also  bei  uns  nach  denn  20.  September  aus,  so  lassen 
sich  Schäden  durch  sie  in  der  Hauptsache  vermeiden.  In  Amerika 
ist  so  für  die  Beobachtung  der  Hessenfliege  ein  besonderer  Dienst 
eingerichtet  und  die  Landwirte  sind  durch  genaue  phänologische 
Karten  und  Kalender  instand  gesetzt,  nach  den  ihnen  innerhalb 
24  Stunden  übermittelten  Beobachtungen  der  Stationen  die  Flugzeit 
für  ihre  besondere  Gegend  genau  zu  ermitteln  und  sich  mit  der 
Aussaat  danach  einzurichten.  In  den  Kalendern  ist  gleichzeitig  das 
späteste  Datum  für  die  Aussaat  mitverzeichnet,  um  auch  die  Frost- 
schäden zu  vermeiden.  Im  Staate  Ohio  ist  durch  diese  Organisation 
im  Jahre  1921  bei  einem  drohenden  starken  Auftreten  der  Fliege 
durch  richtige  Auswahl  der  Saatzeit  eine  doppelt  so  große  Weizen- 
ernte erzielt  worden,  als  sie  sonst  möglich  gewesen  wäre. 

Die  Bedeutung  des  Fruchtwechsels  liegt  nicht  nur  im  Ver- 
meiden einseitiger  Bodenerschöpfung,  sondern  auch  besonders  in  der 
Bekämpfung  uneingeschränkter  Vermehrung  mancher  auf  bestimmte 
Kulturen  angewiesener  Parasiten  und  Schädlinge.  Gewächse,  die 
von  denselben  Schädlingen  befallen  werden,  dürfen  daher  nicht  auf- 
einander folgen.  In  gleicher  Richtung  wirken  vielfach  die  Unkraut- 
vertilgung und  das  Abräumen  der  Felder  nach  der  Ernte,  so  daß 
in  diesen  drei  Maßnahmen  zusammen  die  wichtigste  Vorbeugung 
gegen  Insektenschäden  überhaupt  zu  sehen  ist. 

Mit  der  Auswahl  der  Pflanzen  kommen  wir  zu  einem  Gebiet, 
auf  dem  der  Pflanzenschutz  schon  allgemein  eine  bewußte  Be- 
rücksichtigung findet  und  das  zu  seinen  aussichtsreichsten  Arbeits- 
gebieten gehört.  Es  umfaßt  die  Saatauswahl  und  -anerkennung,  die 
Saatgutbehandlung,  die  Sortenwahl  und  die  Immunitätszüchtung. 

Daß  mit  der  Saat  und  entsprechend  mit  anderem  Pflanzgut, 
wie  Setzlingen,  Stecklingen,  Ablegern  usw.  viele  Krankheiten  über- 
tragen werden  können,  ist  allgemein  bekannt,  aber  nicht  immer 
genügend  beachtet.  So  können  die  wichtigsten  Kartoffelkrankheiten, 
Krautfäule,  Blattrollkrankheit,  Schorf  und  Krebs  dadurch  übertragen 
werden,  und  beim  Getreide  gehören  die  verschiedenen  Brandkrank- 
heiten hierher.  Daher  hat  auch  die  Saatenanerkennung  ihre  große 
Bedeutung  für  den  Pflanzenschutz,  wie  die  oben  mitgeteilte  Zahl 
beweist,  wonach  im  Durchschnitt  11  °/o  der  angemeldeten  Flächen 
wegen  Krankheiten  aberkannt  werden.  Die  Maßnahmen  gegen 
Krankheitsübertragung  durch  die  Saat  beruhen  in  der  Auslese,  ent- 

10* 


148  I^-    Pflanzenschutz 

weder  der  Auswahl  gesunder  Saat  oder  der  Entfernung  der  befallenen 
oder  minderwertigen,  in  der  maschinellen  Saatgutreinigung  zur  Ent- 
fernung der  befallenen  Körner  und  der  fremden  Beimengungen,  wie 
der  Unkrautsamen,  und  in  der  Desinfektion  von  Saatgut  und  Saat- 
pflanzen zur  Abtötung  der  äußerlich  anhaftenden  oder  im  Innern 
lebenden  Parasiten.  Die  gebräuchliche  Desinfektion  der  Getreide- 
arten ist  als  Beizung  bekannt  und  schon  oben  erwähnt;  die  Des- 
infektion zur  Abtötung  von  Insekten  geschieht  bei  Saaten  sonst 
vielfach  durch  trockene  Wärme  oder  durch  Gase,  bei  Pflanzenteilen 
nur  durch  letztere  (Blausäure,  Schwefelkohlenstoff).  In  allen  Fällen 
kommt  es  dabei  darauf  an,  Verfahren  zu  wählen,  welche  die  Parasiten 
abtöten,  ohne  die  Lebensfähigkeit  der  Saaten  oder  Pflanzen  zu 
zerstören. 

Der  Saatfrage  als  individueller  Auslese  steht  die  Sortenfrage 
als  kollektive  gegenüber,  die  sich  die  verschiedene  Anfälligkeit  der 
Sorten  gegen  Krankheiten  zunutze  macht.  Auch  sie  arbeitet  zu- 
nächst mit  der  Auslese,  indem  bei  der  Auswahl  der  Sorten,  die 
sonst  nach  Boden-  oder  Klimaansprüchen  in  bezug  auf  Wüchsigkeit 
und  Ertragshöhe  gehandhabt  wird,  auch  die  Krankheiten  berück- 
sichtigt werden.  Beispiele  hierfür  sind  beim  Getreide  die  Rost-  und 
Brandkrankheiten,  bei  der  Kartoffel  Krautfäule  und  besonders  der 
Krebs,  gegen  den  es  noch  kein  anderes  Bekämpfungsmittel  gibt. 
Aber  auch  gegenüber  dem  Insekten  befall  bestehen  oft  starke  Sorten- 
unterschiede, wie  man  von  der  Anfälligkeit  des  Getreides  für  Getreide- 
fliegen oder  der  Apfelbäume  für  die  Blutlaus  und  der  Reben  für 
die  Reblaus  weiß.  Gegenüber  Witterungseinflüssen  wie  Frost,  Nässe 
oder  Trockenheit  liegt  oft  die  alleinige  Abwehr  in  der  Auswahl  ge- 
eigneter widerstandsfähiger  Sorten. 

In  der  Sortenfrage  berührt  sich  der  Pflanzenschutz  mit  der 
modernen  Pflanzenzüchtung  ^).  Da  die  Immunität  gegen  Krankheiten 
in  den  meisten  Fällen  ein  nach  den  MENDELschen  Regeln  vererbter 
Faktor  ist,  so  ist  es  möglich,  sie  durch  Züchtung  mit  den  anderen 
wertvollen  Eigenschaften  anderer  Varietäten  zu  verbinden.  Die 
Arbeit    und   die   Erfolge    der   Immunitätszüchtung    betreffen    bisher 


*)  E.  MoLZ,  Über  die  Züchtung  widerstandsfähiger  Sorten  unserer  Kultur- 
pflanzen.    Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  5.     1917,  Heft  2,  S.  31. 

E.  BaUR,  Die  wissenschaftlichen  Grundlagen  der  Pflanzenzüchtung. 
Berlin  1921. 


Kultlirmaßnahmen  149 

hauptsächlich  einjährige  Kulturen ,  am  meisten  Getreidearien ,  wo 
in  der  Steigerung  der  Winterhärte  und  der  Resistenz  gegen  Rost 
und  Lagerung  große  Fortschritte  erzielt  worden  sind.  Bei  mehr- 
jährigen Gewächsen  sind  solche  Arbeiten  durch  die  Zeitdauer  und 
den  Aufwand  an  Versuchsflächen  außerordentlich  erschwert,  doch 
sind  sie  auch  bei  Weinreben  zur  Erzielung  hochwertiger  peronospora- 
fester  und  reblausresistenter  Sorten  seit  langem  aufgenommen.  Die 
Immunität  erstreckt  sich  nicht  nur  gegen  Witterungseinflüsse  und 
Pilze,  sondern  auch  gegen  tierische  Parasiten.  So  hat  man  in 
Amerika,  nachdem  die  hochwertige  Sea-Island-Baum wolle  infolge 
der  V^erwüstungen  durch  den  Kapselkäfer  dauernd  im  Anbau  zurück- 
gegangen war,  eine  langstapelige  Upiandvarietät  als  Ersatzsorte  ge- 
züchtet, die  weniger  stark  befallen  wird  und  daher  viel  höhere 
Erträge  gibt.  Eines  der  interessantesten  Beispiele  auf  diesem  Gebiete 
ist  die  züchterische  Bekämpfung  der  Hafernematoden,  die  in  Schweden 
den  Ertrag  bis  um  40  °/o  verringern,  durch  NilssON-Ehle.  Es  hatte 
sich  herausgestellt,  daß  keine  resistente  Hafersorte  existierte,  wohl 
aber  solche  von  Gerste,  die  in  Schweden  stets  vor  Hafer  gebaut 
wird  und  an  welcher  sich  die  Nematoden  vermehren,  ohne  daß  sie 
darunter  leidet.  Durch  Heranzüchtung  einer  resistenten  Gerste  wurde 
nun  die  Nematodenvermehrung  im  Boden  so  stark  eingedämmt,  daß 
Hafer  fast  gänzlich  von  Schädigungen  verschont  blieb. 

Für  das  Vorkommen  immuner  Varietäten  gegenüber  einzelnen 
Krankheiten  gilt  im  allgemeinen  der  von  WaWILOW  formulierte 
Satz:  Je  enger  der  Parasit  spezialisiert  ist  und  je  größer  die  Ver- 
schiedenheit unter  den  Pflanzenvarietäten  ist,  um  so  mehr  besteht 
Aussicht,  immune   Varietäten  zu  finden. 

Die  Bedeutung  der  Immunitätszüchtung  für  den  Pflanzenschutz 
liegt  mehr  noch  als  bei  den  anderen  Kulturmaßnahmen  darin,  daß 
sie  uns  instand  setzt,  den  Krankheiten  erfolgreich  zu  begegnen,  ohne 
die  betriebstechnisch  oft  sehr  schwer  durchführbare  und  den  Pflanzen- 
bau mit  großem  Material-  und  Arbeitsaufwand  belastende  direkte 
Schädlingsbekämpfung  in  Anspruch  zu  nehmen. 


Sachregister 


Aaskäfer  101 

Abbau  50  ff. 

Abnorme  Strukturen  iO 

Abraxas  105 

Absterbeerscheinungen  4, 

124 
Abwässer  125 
Abwerfen  von  Organen  5 
Acariden  89 
Aokerschnecke  88 
Acrididen  94 
Actinomyceten  70 
Actinonema  84 
Aculeata  104 
Adlerfarn  86 
Adoxus  101 
Aecidieu  78,  81 
Aecidium  82 
Agaricaceen  83 
Agglutinine  58 
Agrilus  101 
Agriolimax  88 
Agriotes  101 
Agrotis  105 
Ahornrunzelschorf  78 
Albugo  75 
liehen  88 
Aleurobius  89 
Aleurodes  97 
Algen  70 
Algenpilze  74 
Allgemeinerkrankungen 

21 


t  Alternaria  85 
Altersschwäche  50 
Altersstadien  26 
Ameisen   104 
Ammoniak   125 
Anaesthesierung  60 
Anarsia  106 
Anfälligkeit  26,  42 
Anguilluliden  88 
Anisandrus  102 
Annelliden  88 
Anthomyia  108 
Anthouomus   102 
Anthraknose  4,  84 
Antikörper  58 
Apanteles  140 
Apfelblütenstecher  102 
Aphelenchus  88 
Aphelinus  141 
Aphididen  97 
Aphidiinen   103 
Aphis  98 
Aphorura  94 
Aphrophora  97 
Apiden   104 
Apion   101 
Apiosporium  76 
Apocrita  103 
Aporia  104 
Apothecien  73,  86 
Apparate  135 
Apterygota  94 
Arge  103 
Argyresthia  106 


Armillaria  83 
army  worms  105 
Arvicola  109 
Arsen  126,  137 
Ascochyta  84 
Ascomyceteu  75 
Ascus  72 
Asopia  107 

Aspergillus  72,  76,  85 
Aspidiotus  100 
,  Athalia  103 
Aufplatzen  114 
Ausbruch  22 
Auslese  54,  148 
Ausrottung  133 
Ausscheidungen  9 
Auswintern   117 
Autobasidiomyceten  82 
Aves  108 

B 

Bacillus  70,  142 
Bakterien  69,  142 
Bakteriophagen  142 
Bakteriosen  61,  69 
Balaninus  102 
Baris  102 
Basidie  72 
Basidiomyceten  79 
Becherfrüchte  81 
Bedingungen  der  Er- 
krankung 25,  131 

i  Beizmittel  126 

I  Beizung  119,  135,  136 


Sachregister 


151 


Rekämpf  ungsmittel   183 
Belichtung  119 
Hembecia  106 
Berberitze  81.  82,  144 
Beschädigungeu  2,   19 
Beschattung  45 
Bestäubung  185 
Beulenbrand  80 
Bibio  108 
Bienen   104 

Bildungsabweichungen  7 
Biochemie  89 
Biologie  16,  81 
biologische  Bekämpfung 

188 
Bisamratte  109 
Bitterfäule  84 
black  rot  77 
Blasenfüße  95 
Blastodacna  106 
Blastophagus  102 
Blattdürre  14 
Blattfallkrankheit5, 75, 78 
Blattfleckenkrankheit     4, 

77,  78,  84,  85 
Blattflöhe  97 
Blattiden  94 
Blattkäfer  101 
Blattlauslöwen  95 
Blattlausparasiten  108 
Blattläuse  67,  97 
Blattranddün-e  120 
Blattrollkrankheit  110 
Blattschorf  77 
Blattwespen   103 
Blätterschwämme  83 
Blausieb  105 
Bleiglanz  83 
blight  85 
Blissus  96 
Blitz  120 
Blutlaus  98,   141 
Hlutlauskrebs  84 
P.lüteninfektion  28 
Blütenpflanzen  87 


Bockkäfer  101 
Bodenbearbeitung  145 
Bodenbeschaffenheit  122 
Bodendesinfektion    186, 

146 
Bodenerkrankung  123 
Bodenreaktion  122,  145 
Bodenverhältnisse  120 
Borkenkäfer  102 
Borstenschwänze  94 
Botrytis  79,  85 
Botrytisfäule  79 
Braconiden   108 
Brandpilze  79 
Braunfäule  70 
Braunrost  82 
Bremia  75 
Brenner  4,  78 
Brennfleeken  118 
Brennfleckenkrankheit   4, 

84,  85 
Brevicoryne  98 
Bromius  101 
browu  tail  moth   105 
Bnichus  101 
Bryobia  89 
Bupalus  105 
Buprestiden  101 
Byturus  101 


Cacoecia  107 
Caeoma  82 
Calandra  102 
Caliroa  108 
Calonectria  86 
Canthariden  101 
Capnodium  76 
Capsella  75 
Capsiden  96 
Carabiden  100 
Carpoasceae  76 
Carpocapsa  106 
Cassida  101 
Cecidomyiden  108 


Cemiostoma  106 

Cephaleia  103 

Cephaleuros  70 

Cephus  108 

Cerambyx  101 

Ceratitis   108 

Cercopiden  97 

Cercospora  85 

Cerviden  109 

Ceutorrhynchus  102 

Chaerocampa  105 

Chalcididen  103 

Cheimatobia  105 

chemische  Mittel  184 

Chermesiden  98 

chinch  bug  96 

Chlamydosporen  72 

Chlorita  97 

Chlorops  107 

Chlorose  4,   110,  121 

Chortophila  108 
1  Chrysomeliden  101 
[  Chrysopa  95 
:  Chrysophlyctis  74 
j  Chytridiaceen  74 
'  Cicadula  97 

Cladosporium  85 
I  Clasterosporium  85 
I  Clavariaceen  83 

Claviceps  6,  66,  77,  85 

Clinodiplosis   108 

Cnaphalodes  98 
[  Cnethocampa  105 
I  Cocciden  99 
;  Coccinelliden  101,  140 

Coccobacillus  142 

Cochylis  106 

Coleophora  106 
!  Coleopteren  100 
i  CoUembola  94 

Contarinia  108 

Cordiceps  77 

Corrodentia  95 
j  Corticium  83 
'  Cossus  105 


162 


Sachregister 


Crioceris  101 
Cronartium  82 
Cryptorrhynchus  102 
Curculioniden  101 
Cnscuta  87 
cut  Worms  105 
Cycadoiden  96 
Cydia  106 
Cynipiden  10'6 
Cystopodiaceen  75 

D 

Dactylopius  100 
Dacus  108 
Dasyneura  108 
Dasyscypha  78 
Dauermyzel  78 
Dauersporen  74 
Degeneration  23, 31, 50, 59 
Dematiaceen  85 
Dematophora  77 
Dendrolimus  105 
Dermatopteren  94 
Desinfektion  136,  146,  148 
Diagnostik  14 
Diaspis  100,  140 
Dilophia  78 
Dilophospora  78 
Diploptera  104 
Diplosis  108 
Dipteren  107 
Discomyceten  78 
Disposition  28,  43,  47 
Dolicoris  96 
Dothidaceen  77 
Drahtwürmer  101 
Drainage  145 
Drehrost  82 
Dreyfusia  98 
Düngemittel  123 
Düngung  145 
Durchwachsung  7,  113 
Dürre  5,  112 
Dürrfleckenkrankheit  85 


E 

Eccoptogaster  102 

Edelfäule  79 

Einteilung   der   Krank- 
heiten 10 

Eisenfleckigkeit  4 

Eisenmadigkeit  108 

Eisenmangel  121 

Ektoparasiten  24,  62 

Elateriden  101 

Empfänglichkeit  43 

Emphytus  103 

Empusa  75,  141 

endemische  Krankheiten 
27 

Endoparasiten  24,  62 

Endosporen  77 

Entartung  23 

Entomophagen  103 

Entomophthora  75 

enzymatische  Krankheiten 
j      40,  61,  109 
I  Ephestia   107 
j  Epidemien  27 
!  Epidiaspis  100 
t  Epiphyten  9,  64,  86 

Epitetranychus  89 

Epitrimerus  90 
j  Equisetum  86 
,  Erdfloh  101 

Erdraupen  105 

Erfrieren  116 

Erineum  35.  36 

Erineumgallen  8,  32 

Eriocampoides  103 

Eriophyiden  89 

Eriosoma  98 

Erysiphaceen  76 

Etiolement  7,  33,  119 

Euasceae  75 

Eubasidii  80 

Eudemis  106 

Eulen  105 

Eumerus  108 

Euproctis  105 


Eurydema  96 
Evaniiden  103 
Evergestis  107 
Evetria  107 
Exoascus  76 
Exobasidium  83 

F 

Fadenkeinibildung  113 
Fadenpilze  72 
fakultative  Parasiten  64 
Fangpflanzen   134 
Farne  86 
Fasziation  7 
Fäulen  5,  23,  31 
Federbuschsporenkrank- 

heit  78 
Federmotten  106 
Feldbesichtigung  13 
Feldgrille  95 
Feldheuschrecken  94 
Feldmaus  109 
Feuchtigkeit  112 
Fiber  109 
fire  blight  70 
Flagellat  69,  87,  144 
Flechten  86 

Fleckenkrankheiten  4,  77 
Fliegen  107 
Florfliegen  95 
Flugbrand  80 
Flügellose  94 
Fluor  137 
Fomes  83 
Forficula  94 
Formaldehyd  137 
Formiciden  104 
Formveränderungen  6 
Fossores  104 
Fransenflügler  95 
Fraßformen  8 
Fritfiiege  107,  146 
Frost  116 
Frostkrebs  34,  117 
Frostspalten  34,  117 


Sachregister 


153 


Froütspanner   10") 
Frurhtfäule  6,  75,  76 
Frachtfliegen   LOS 
Fruchtkörper  72 
Fruchtträger  72 
Fruchtwechsel   147 
Frühfröste  117 
Fumago  76,  85 
Fungi  70 

Fungi  imperfecti  84 
Fungizide  134,  136 
Funktionsänderung  37 
Funktionsstörung  23 
Fusarium  77,  85 
Fusicladium  77,  85 
Fußkrankheit  78 

Gallen  8,  35 
Gallmilhen  89 
Gallmücken  108 
Gallwespen   103 
Gasteromyceten  83 
Gefäßkryptogamen  86 
Gelbfärbung  4 
Gelbrost  «2 
Gelbsucht  4 
Geometriden  105 
Geradflügler  94 
Geschwulstbildung  24 
Getreidehähuchen   101 
Getreideschwarzrost  66, 

81 
Gewohnheitsrassen  81 
Gicht  88,  108 
Gichtmorchel  83 
Giftwirkung  59 
gipsy  moth   105 
Gitterrost  82 
Glasflügler  106 
Gliedwurm  107 
Gloeosporium  78,  84 
Gnomonia  78 
Goldafter  105,  141 
Grabwespen  104 


Gracilaria  106 
Graphiola  80 
Grapholita  106.   107 
Graufäule  79 
Grind  77,  83 
Grundlagen  der  Krank- 
heiten 22 
Gryllotalpa  95 
Gryllus  95 
Guignardia  77 
Gummibildung  34 
Gummifluß  9,  31,  85 
Gummöse  31 
Gymnosporangium  82 

H 

Haarfilz  32,  35,  36 
Haarfilzgallen  8 
Haarmücken  108 
Hadena  105 

Hafernematoden  88,  149 
Hagel  1 1 5 
Halbschmarotzer  87 
Hallimasch  83 
Halmwespen  103 
Hamster  109 
Hanfkrebs  79 
Hartbrand  80 
Harzbildung  34 
Harzfluß  9,  34 
Hauptsymptome  21 
Hausschwamm  83 
Haustori en  71 
Hautflügler  102 
Hefepilze  75 
Heliothrips  96 
Helix  yy 

Helminthosporium  78,  85 
Helotiaceen  78 
Hemerobiiden  95 
Hemiasceae  75 
Hemibasidii  79 
Hemileia  82 
Hemiparasiten  63 
Hemipteren  96 


HemmungsbilduDgeu  23, 

31 
Hepialus  106 
Hessenfliege   108,   147 
Heterocera   105 
Heterodera  88 
Heteroecie  81 
Heterogonie  97 
Heuwurm   106 
Hexapoden  90 
Hexenbesen  8,  36,  76,  82 
Hibernia  105 
Himbeerkäfer  101 
Hitzelaubfall  113,  118 
Holzbohrer  102,  105 
Holzfäule  5 
Holzwespen   103 
Homopteren  96 
Honigtau  9,  97,  113 
Hoplocampa  103 
Hornisse  104 
Hutpilze  73,  83 
Hygiene  131,  143,  145 
Hylemyia  108 
Hylobios  101 
Hylotoma  103 
Hymenium  73 
Hymenomyceten  83 
Hymenoptera  102 
Hydrometeore   112 
hyperhydrische  Gewebe  33 
Hyperparasiten   140 
Hyperplasie  32 
Hypertrophie  23.  32 
Hyphen  72 
Hyphomyceten  85 
j  Hypochnus  83 
Hypocreaceen  77 
Hypodermataceen  78 
Hyponomeuta  106 
Hypoplasie  23,  31 

I 

Icerya   140 

Ichneumonideu  103 


154 


Sachregister 


Immunität  26,  48,  47 
Immunitätszüchtung  148 
Individualität  51 
Infektion  56 
Infektionskrankheiten  27, 

61,   HO 
Infektionsversuch  14 
Insekten  90 
Insektenpulver  138 
Insektentötende  Pilze  141 
Insektivoren  109 
Insektizide  134,  137 
Intoxikationen  59 
Ipiden  102 
Isaria  77,  85 
Ityphallus  83 


Janus  103 
Jassiden  97 

K 

Käfer  100 
Kaffeerost  82 
Kali  121,  146 
Kalk  121,  146 
Kallus  32,  33 
Kälte  116 

Karholineum  127,  137 
Kartoffelkäfer  101 
Kartoffelkrehs  34.  74 
Keiminfektion  28,  29 
Keimlingskrankheiten  26, 

75,  86 
Keimung  der  Pilze  56 
Kerfe  90 
Kernfäule  83 
Kernkäfer  103 
Kernpilze  76 
Keulenpilze  83 
Kiefernhaumschwamm  83 
Kieferndreher  82 
Kiefernschütte  78 
Kirsch  bäum  krankheit  78 


Kirschbaumsterben  78 

Kleekrebs  79 

Kleeseide  87 

Kleeteufel  87 

Knollenfäule  6,  70 

Knollenmaser  34 

Knospensuf'ht  7 

Kohlhernie  70 

Koloradokäfer  101 

Konidien  72 

Konstitution  42 

Kontaktgifte  135 

Koremien  85 

Korkwucherung  113 

Kornmotte  106 

Kornwurm   102,  106 

Korrelationsstörungen  33 

Krankheit: 

u.  Beschädigung  20 
Beschreibung  17 
Definition  19 
Einteilung  3,  10 
Grundlagen  22 
Symptome  1 

Krankheitsbild  1.  9,  21 

Krankheitserreger,  Fest- 
stellung 14 

—  als  Symptome  9 

Krankheitserscheinungen , 
sekundäre  22 

Krankheitsüberträger  27, 
29,  144 

Krankheitsverlauf  22 

Kräuselkrankheit   8,  36, 
76,  90,  HO 

Krautfäule  73 

Krebs  34,  77,  82,  84,  106 

Krebsgallen  8 

Kronenrost  82 

Kropfkrankheit  70 

Kropfmaserbildung  7 

Kuckucksspeichel  97 

Kultur  der  Krankheits- 
erreger 15 

Kultural  verfahren  136 


j  Kulturmaßnahmen   142 

Kupfer  126 

Kupferbrand  89 
I  Kurzknotigkeit  90 


Lagern  des  Getreides  7, 

32,  146 
Lärchenkrebs  78 
Lasiocampiden  105 
Laestadia  77 
latentes  Stadium  22 
Laubheuschrecken  95 
Laubkäfer  102 
Laufkäfer  100 
Lecauiiueu   100 
Lederbeerenkrankheit  75 
Leinrost  82 
Lema  101 
Lepidosaphes  100 
Lepidoptera  104 
Lepisma  94 
Leptinotarsa  101 
Leptosphaeria  78 
Lichenes  86 
Lichtmangel   119 
Liparideu   105 
Lithiasis  34 
Löcherschwämme  83 
Locusta  95 
Lohkrankheit  7 
lokale  Erkrankungen  21 
Lophodermium  78 
Lophyrus  103 
Loranthaceen  87 
Loxostege  107 
Lumbricus  88 
Lyda  103 
Lygaeiden  96 
Lygus  96 
Lymantria  105 
Lyonetia  106 
Lysine  58 
Lytta  101 


Sachregister 


155 


M 

Macrosporium  85 
Magengifte  135 
Maikäfer  102 
Malacosoma  10") 
Mamestra  105 
Mammalia  109 
Marienkäfer  101 
Maserknollen  9 
Maserung  34 
Maulwurf  109 
Maulwurfsgrille  95 
Mayetiola  108 
mechanische  Verfahren 

133 
Megachile  104 
Mehltaupilze,  echte  76 
— ,  falsche  75 
Melampsora  82 
Melanconiales  84 
Meligethes  101 
Meloiden   101 
Melolontha  102 
Merulius  83 
Metamorphose  91 
Metarrhizium  85,  141 
Microsphaera  76 
Milben  89 

Milchglanz  4,  40,  83 
Mißbildungen  7 
Mistel  87 
Mollisiaceen  78 
Mollmaus  109 
Monilia  78,  85 
Moniliopsis  86 
Monochammus  101 
Moose  86 
Motten  105 
Mottenschildläuse  97 
Mucedinaceen  85 
Mucor  72,  75 
Mundwerkzeuge  90 
Mus  109 

Mutterkorn  66,  77 
Mycosphaerella  77 


Myelophilus  102 
Mykoplasmatheorie  29 
Mykosen  61 
Mytilaspis  100 
Myxomyceten  70 
Myzoides  98 
Myzus  98 

N 

Nagekerfe  95 

Nagetiere  109 

Nährstoff  Verhältnisse  121 

Nanisraus  6 

Narkose  60 

Naßfäule  5 

natürliche  Feinde  139 

Nebel    114 

Nectria  73,  77,  85 

Nectriakrebs  34 

Nekrohormone  59 

Nekrose  23,  31 

Nematoden  88,  149 

Nematus  103  . 

Neotenie  63 

Nervenfleckigkeit  78 

Neuauftreten  von  Krank- 
heiten 28 

Neubildungen  7,  23,  32 

Neuinfektion  29 

Neurotoma   103 

nichtparasitäre  Krank- 
heiten 110 

Nikotin  138 

Nitiduliden  101 

Noctuiden  105 

Nonne  105,  142 

Notodontideu  105 

Notreife  113,  118 

Novius  140 

0 

Oberea  101 
Ob8tmade  106 
Ökologie  der  Parasiten  16 
Ölkäfer  101 


Oenophthira   107 
Ohrwurm  94 
Oidium  72,  76,  85 
Olethreutes  106 
Oomyceten  74 
Oosporen  72 
Ophiobolus  78 

i  Orchestes  102 

I  Orobanche  87 
Orthoptera  94 

{  Ortstein   123 

I  Oscinis  107 

'  Otiorrhynchus  101 


Pachyrhina  108 
Pachytelia  105 
Pachytilus  95 
Pädogenese  63,  97 
Panaschierung  4,  33 
Panolis  105 
Paraphysen  73,  76 
Parasitismus  62 
Paratetranychus  89 
Paururus  103 
Pediculoides  89 
Pegomyia  108 
Pelorien  7 
Pemphigus  98 
Penicillium  72,  76 
Pentatomiden  96 
Peridermium  82 
Periphysen  76 
Perisporiaceen  76 
Perithecien  73 
Peritymbia  99 
Perldrüsen  32,  113 
Peronospora  10,  72,  75 
Petroleum  137 
Pezizaceen  76 
Pflanzenläuse  97 
Pflanzenschutz   128 
Pflanzenschutzmittel    125 
Pflanzenwespen  108 
Pflanzenzüchtung   148 


156 


Sachregister 


Phacidiaceen  78 

Phaedon   101 

Phaenologie  der  Parasiten 
27 

Phallaceen  83 

Phenacoccus  100 

Phlyctaenodes  107 

Phoma  84 

Phorodon  W 

Phosphor  121,  146 

Phosphuga  102 

Phragmidium  82 

Phthorimaea  106 

Phykomyceten  74 

Phyllachora  77 

Phyllobius  102 

Phyllocoptes  90 

Phyllodecta  101 

Phyllopertha  102 

Phyllosticta  77,  84 

Phyllotreta  101 

Phylloxera  99 

Physapoden  95 

physiologische  Degene- 
ration 31 

—  Krankheiten    40,   61, 
109 

—  Pathologie  38,  44 
Phytophaga  103 
Phytophthires  97 
Phytophthora  10,  75 
Phytoptus  90 
Phytozezidien  35 
Pieris  105 

Piesma  96 
Pilze  70 
Pineas  98 
Pionea  107 
Piptocephalis  72 
Pissodes  101 
Plasmodiophora  70 
Plasmodium  70 
Plasmopara  10,  75 
Platyparaea  108 
Piatypus  102 


Plectascineae  76 

Pleospora  77,  85 

Plodia  107 

Plowrightia  77 

Plasia   105 

Plutella  106 

Pocken  90 

Podosphaera  76 

Polychrosis  106 

polydome  Pilze  64 

Polyederkrankheit  142 

polyphage  Insekten  64 

Polyphylla  102 

Polyporus  73,  83 

Polystigma  77 

postmortale  Vorgänge  2, 
22,  31 

Prachtkäfer  101 

Prädisposition   26,  41,  43 

Prociphilas  98 

progressive  Veränderun- 
gen 32 

Prospaltelia   140 

Protoascineae  75 

Protobasidiomyceten  80 

Protodiscineae  75 

Protozoen  87 

Pseudomonas  70 

Pseudoparasiten  64 

Pseudopeziza  78 

Psila  108 

Psilura  105 

Psyche  105 

Psylla  97 

Psylliodes  101 

Pteridium  86 

Pteronus  103 

Pterophoriden  106 

Puccinia  66,  81,  82 

Pulvinaria  100 

Pykniden  73 

Pyralis  106 

Pyrausta  107 

Pyrenomyceten  76 

Pythium  75 


Quassia  138 
Quecksilber  137 

I  ^ 

Radekrankheit  88 

I  Rapsglanzkäfer  101 

I  Rapskrebs  79 
räuberische  Insekten    140 
Raubwespen  104,  141 
Räucherung  127,  135 
Rauchgase  60,   123 

I  Raumparasiten  64 

'  Reblaus  1,  99 

,  Rebstichler  101 
Regen   114 

Regeneration  8,  23,  33,  35 
Regenwurm  88 
regressive  Veränderungen 

i      30 

Reinkultur  15 

Reizwirkung   136 
j  Resistenz  42 
j  Restitution  35 

Rhabdophaga  108 

Rhagoletis  108 

Rhizoctonia  78,  83,  86 

Rhizoglyphus  89 

Rhizomorphen  77,  83 

Rhizotrogus  102 

Rhodites  103 

Rhopalocera  104 

Rhopalosiphum  98 

Rhynchites  102 

Rhynchüten  96 

Rhytisma  78 

Riesenzellen  32 

Rindenbrand  4 

Rindenfäule  6 

Rindenknollen  34 

Rindenpilze  83 

Rodentia  109 

Roestelia  82 

Roggenhalmbrecher  78 

Rosellinia  77 


Sachregister 


157 


Rostpilze  80 
Rost,  weißer  75 
Rotfärbung  4 
Rotfäule  88 

Rotfleckenkraiikheit  77 
Rotpustelkrankheit  10,  77 
Rübenmüdigkeit  7,  88 
Rübensaatpfeifer  107 
Rückschläge  20 
Rüsselkäfer  101 
Rußtaupilze  76 

S 
Saatenanerkennung      129, 

147 
Saatenauswahl  147 
Saccharomyceten  75 
Sackträger  105 
Sägewespen  103 
Salzsäure  125 
Samenbruch  76 
Samenkäfer  101 
San-Joselaus  100 
Santalaceen  87 
Saperda  101 
Saprolegniaceen  75 
Saprophyten  64 
Sauerfäule  79 
Sauerwurm  106 
Säugetiere  109 
Schaben  105 
Schachtelhalme  86 
Scheibenpilze  78 
Schellack  99 
Schildkäfer  101 
Schildläuse  99 
Schimmelpilze  75,  76 
Schizomyceten  69 
Schizoneura  98 
Schlauchpilze  75,  85 
Schleimfluß  9 
Schleimpilze  70 
Schlupfwespen  103,  140 
Schmetterlinge  104 
Schmierlaus  100 


Schnabelkerfe  96 
Schnaken  108 
Schnecken  88 
Schnee  114 
Schneeschimmel  86 
Schnellkäfer  101 
Schorf  4,  77 

Schußlöcherkrankheit    85 
Schutzholz  34 
Schutzmittel   113 
Schutzstoffe  58 
Schwächeparasiten  26 
Schwammspinner  105,  141 
Schwämme  73,  83 
Schwärmer  105 
Schwärmsporen  72 
Schwarzbeinigkeit  70 
schwarze  Fliege  96 
Schwärze  78,  84,  85 
Schwarzfäule  77 
Schwarzfleckigkeit  31 
Schwarzrost  81 
Schwebfliegen  108 
Schwefel  137 
Schwefelkohlenstoff  137 
schweflige  Säure  124 
Sclerotinia  78 
Sclerotium  77 
Scolytiden  102 
Scropbulariaceen  87 
Seeale  cornutum  77 
Seife  138 

Sekrete  der  Parasiten  59 
sekundäre        Krankheits- 
erscheinungen 22 
Senilität  50 
Septoria  77,  84 
Serehkrankheit  34 
Sesia  106 
Seuchen  27 
Silberflecken  85 
Silberfischchen  94 
Silpha  101 
Simaethis  106 
Siphonophora  98 


Sirex   103 
Sitona  101 
Sitotroga  106 
Sklerotien  73 
Sklerotinien  78 
Sminthurus  94 
Sommersporen  72 
Sonnenbrand  118 
Sortenauswahl  148 
Spaltpilze  69 
spanische  Fliege  101 
Spanner  105 
Spätfröste  117 
Spermogonien  81 
Spezialisierung  49,  64,  81, 

149 
Sphacelia  77,  85 
Sphaeriaceen  77 
Sphaerioidaceen  84 
Sphaeropsidales  84 
Sphaerotheca  76 
Sphingiden   105 
Spilographa  108 
Spinner  105 
Spinnmilben  89 
Spitzmäuseben  102 
Splintkäfer  102 
Springschwänze  94 
Spritzmittel  135,  137 
Spritzschäden  126,   136 
Sproßpilze  75 
Stachelbeerpest  76 
Statistik  129 
Stauronotus  85 
Steinbrand  80 
Steinigwerden  113 
Stengelbrand  80 
Stengelbrenner  85 
Stereum  40,  83 
sterile  Myzelien  86 
Stickstoff  121,  146 
Stilbaceen  85 
Stinkbrand  80 
Stippflecken  4,  113 
Stockfäule  83 


158 


Sachregister 


Stockkrankheit  7,  88 
Stoffwechsel  krankheiten 

41 
Stoffwechselstörungen    40 
Strahlenpilze  70 
Streifenkrankheit  78 
Stroma  73 
Symbiose  63 
Symphyta  103 
Synchytrium  74 
Syrphiden   108 

T 

Tachinen  141 
Tagfalter  104 
Taphrina  76 
Tarsonemus  89 
Taschenbildung  76 
Tau  114 

Taubährigkeit  4,  7 
technische  Schäden  20 
Teleutosporen  72,  80 
Temperatur  116 
Tenthrediniden  103 
Teratologie  7 
Terebrantia  103 
Termiten  95 

Tetrachlorkohlenstoff  137 
Tetraneura  98 
Tetranychus  89 
Thaumatopoea  105 
Thelephora  83 
Therapie  125,  131,  135 
Thielavia  76 
Thysanoptera  95 
Thysanura  94 
Tierfraß  8 
Tilletia  80 
Tinea  106 
Tingitiden  96 
Tipula  108 
Tmetocera  106 
Torsion  7 
Tortrix  106 
Toxine  58 


Trametes  83 
Tränen  der  Reben  9 
Traubenschimmel  79 
Trioza  97 
Trockenfäule  5 
Trockenflecke  4 
Trockenheit  112 
Trypetiden  108 
Tubercularia  85 
Tumore  23 
Tylenchus  88 
Typhlocyba  97 
Typhula  83 
Tyroglyphiden  89 

U 

Übertragung  28 
Überwinterung  28,  29,  73 
Umfallen  75 
Umwallung  9 
Uncinula  76 
Unkräuter  69,  86,  144 
Untersuchung  12,  16 
Uredineen  80 
Uredosporen  72,  81 
Urinsekten  94 
Urocystis  80 
Uromyces  73,  82 
Ursachen  der  Krankheiten 

13,  15,  24,  61 
Urtiere  87 
Ustilagineen  79 


Valsa  78 
Venturia  77,  85 
Veränderlichkeit  von  Sor- 
ten 53 
Verbänderung  7 
Vererbung  28,  49 
Verfärbungen  3 
Vergiftung  59 
Vergrünung  7 
Verkümmerung  6 


Verlaubung  7 
Vermehrungspilz  86 
Verscheinen  113 
Verschleppung  139 
Verticillium  85 
Vertrocknung  31 
Verwachsung  8 
Verwandlung  90 
Verwesung  31 
Vespa  104 
Vira  61,  109 
Vogelschutz  139 
Vögel  108 
Vorbeugung  131,  147 

W 

Wachstumsreize  59 
Waldgärtner  102 
Wanderheuschrecken  95 
Wanzen  96 
Wärme  118 
Wassersucht  7,  114 
Wasserüberschuß  114 
Weideubohrer  105 
Weidenzikade  20 
,  Weinbergschnecke  88 
Weißährigkeit  4,  96 
weiße  Fliege  97 
weißer  Rost  75 
Weißlinge  104 
Weizenhalmtöter  78 
Werre  95 
Wespen  104 
Weymouthskiefernrost 

82,  144 
Welkeerscheinungen    3, 

112 
Welkekrankheit  1,  3,  85 
Wickler  106 
Widerstandsfähigkeit  42 
Wind  120 
Wintersporen  72 
Wipfelkrankheit  142 
Wirrzöpfe  8,  36 
Wirtswechsel  64,  81 


Sachregister 


169 


Witterungseinflüsse  68, 

112,  128 
Wollaus  100 
Wühlmaus  109 
Wunden  8,   HO 
Wundgewebe  33 
Wundholz  32,  33 
Wundhormone  39,  59 
Wund  kork  34 
Wundparasiten  26,  71 
Wundrinde  33 
Würmer  88 
Wurzelbohrer  106 
Wurzelbrand  75 
Wurzel  faule  5 
Wurzelschimmel  77 
Wurzelschwamm  83 
Warzeltöter  77,  78 


X 

Xyleborus  102 


Zabrus  100 
Zellsaft  44 
Zelltod  23 
Zellulosescheiden  58 
Zeuzera  105 
Zezidien  8,  35 
Zirpen  97 
Zoonosen  61 
Zoozezidien  35 
Zophodia  107 
Zosmenus  96 

Züchtung  der  Krankheits- 
erreger 15 


Znckergast  94 
Zünsler  107 
Zurückgehen    von    Sorten 

53 
Zwangsdrehung  7 
Zweiflügler  107 
Zweigsucht  36 
Zwergbäume  6,  123 
Zwergmaus  104 
Zwergrost  82 
Zwergwuchs  6 
Zwiebelbrand  80 
Zwiebelfäule  6 
Zwischenwirte  29,  68,  144 
Zygomyceten  75 
Zygosporen  72 
Zytolyse  31 


Sammlung  Borntraeger 


liehe  Fachbildung  zu  ergänzen  und  überhaupt  erst  abzurunden 
berufen  ist.  Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  sich  auf  diese  Weise 
gerade  beim  Naturwissenschaftler  im  Wissen  leicht  Lücken  ein- 
stellen werden,  deren  Beseitigung  unbedingt  anzustreben  ist. 

Diesem  Zwecke  suchen  die  geplanten  Bücher  der  vorstehenden 
Sammlung,  die  in  einem  Umfang  von  etwa  15  Druckbogen 
erscheinen  werden,  mit  in  erster  Linie  zu  dienen.  Ferner  sind 
sie  gewissermaßen  als.  Repetitorien  geeignet,  altes  Wissen  neu 
zu  befestigen,  endlich  wollen  sie  unter  ausführlicher  Nennung  der 
wichtigsten  Literatur  die  Kenntnisse  des  Naturwissenschafters 
vor  allem  erweitem  und  vertiefen,  sowie  neue  Anregungen  für 
Forschung  und  Beruf  geben.  Jedes  einzelne  Gebiet,  das  in 
einem  Bande  behandelt  wird,  ist  in  sich  abgeschlossen,  aber 
dennoch  stehen  alle  Bände  in  innigem  Zusammenhang  unter- 
einander. Selbstverständlich  sucht  die  Sammlung  ihre  Aufgabe 
nicht  in  der  Vorführung  von  unbewiesenen  Hypothesen,  sondern 
ihre  Bände  sollen  einen  klaren  Überblick  über  die  gefestigten 
Ergebnisse  der  Forschung  nach  ihrem  neuesten  Stande  bieten. 
Bei  dem  mäßigen  Umfange  der  einzelnen  Bände,  in  denen  hervor- 
ragende Fachmänner  ihr  Bestes  bieten,  wird  auch  besonderes 
Gewicht  darauf  gelegt,  daß  der  Preis  der  Bücher  für  jeden  Akade- 
miker erschwinglich  ist. 


*  Satzprobe. 

Zur  Kenntnis  der  Pflanzenkrankheiten  gehört  in  erster  Linie 
die  Kenntnis  der  Krankheitserscheinungen  oder  Symptome,  die  zu- 
sammen das  Krankheitsbild  ausmachen.  Dieses  kann  sowohl  gleich- 
zeitig als  auch  in  seinem  Verlauf  ganz  verschiedene  Symptome  um- 
fassen. So  zeigt  sich  z.  B.  die  Reblauskrankheit  in  den  sogen.  Reb- 
lausherden als  eine  Gruppe  erkrankter  Stöcke,  die  im  Gelbwerden 
des  Laubes  und  schließlich  Vertrocknen  und  Absterben  das  Bild 
einer  schweren,  vom  Mittelpunkt  nach  außen  fortschreitenden 
Chlorose  bieten.  Dabei  findet  man  im  Boden  als  die  Ursache  der 
oberirdischen  Erscheinungen  ein  Absterben  der  feineren  Wurzeln 
und  eine  Wurzelfäule,  die  sich  bei  genauerem  Zusehen  als  auf  der 
Fäulnis  der  durch  die  Saugtätigkeit  der  Reblaus  hervorgerufenen 
Gallen,  der  Nodositäten,  beruhend  herausstellt;  gleichzeitig  können 
an  den  Blättern  noch  die  Blattgallen  auftreten.  Das  Krankheits- 
bild ist  also  ein  Symptomenkomplex,  an  welchem  wir  Haupt-  und 
Nebensymptome,  Anfangs-  und  Folgeerscheinungen  unterscheiden 
müssen.  Dabei  können  von  einer  Krankheit  gleichzeitig  verschiedene 
Organe  einer  Pflanze  befallen  sein,  auch  ohne  daß  die  einzelnen 
Symptome  gegenseitig  beeinflußt  sind,  wie  außer  dem  angeführten 
Beispiel  auch  die  Kraut-  und  Knollenfäule  der  Kartoffel  zeigt. 
Den  Wechsel  der  Erscheinungen  im  Verlauf  einer  Krankheit  sehen 
wir  u.  a.  an  den  Welkekrankheiten,  bei  denen  das  Welken  der 
Blätter  nur  das  erste  Anzeichen  einer  sich  meist  in  anderen  Teilen 
der  Pflanze  abspielenden  Störung  ist,  welche  erst  später  andere 
Symptome  am  Stengel  oder  an  der  Wurzel  zeitigt.  Es  kommt  also 
darauf  an,  die  verschiedenen  Krankheitssymptome  in  ihrem  Zu- 
sammenhang und  Verlauf  zu  verfolgen,  um  daraus  das  Krankheits- 
bild im  Ganzen  klarzustellen,  aus  dem  sich  die  Ursachen  und 
weiterhin  die  Bekämpfungsmöglichkeiten  ergeben. 

In  der  folgenden  Übersicht  sind  die  einzelnen  Erscheinungen 
oder  Symptome,  in  welchen  sich  die  Krankheiten  der  Pflanzen  äußern, 
zusammengestellt.  Wir  teilen  sie  ein  in  We Ikeerscheinungen, Ver- 
färbungen, Absterbeerscheinungen,  Formveränderungen, 
Wunden  und  Ausscheidungen,  wozu  noch  Krankheitserreger 
als  Hauptsymptom  von  Krankheiten  hinzukommen.  Diese 
Krankheitserscheinungen  beruhen  teils  im  unzeitigen  Eintritt  physio- 
logischer Vorgänge,  die  schon  vom  normalen  Lebensgang  der  Pflanze 
her  bekannt  sind,   teils   in  eigenartigen  Reaktionen  der  Pflanze  auf 


3B         Mor statt,  Hermann  Albert 
731  'üinführung  in  die 

M6         Pflanzenpathologie 


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