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IS^
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Elementare Vorlesungen
über
TelegrapMe und Telephonie
von
Dr. Richard Heilbrun.
Mit 360 Abbildungen im Text und auf Tafeln.
BERLIN.
Verlag von Georg Siemens.
1906.
D,„i,.,db,Google
Nichts besser, denn dass
der Mensch fröhlich sei
in seiner Arbeit.
Alte Rechte — insbesondere das der Chcisetiiing -- vorbehalten.
D,„i,„db,Goo<^le
115020 „1c7'-^TW
FEB ? 1908 . " ' "
Vorrede.
Das vorliegende Buch giebt in erweiterter und abgerundeter
Form eine Reihe von Vorlesungen wieder, die ich in Berlin
mehrfach vor Laien und vor Post- und Telegraphenbeamten
gehalten habe. Es ist auf Wunsch meiner damaligen Hörer
entstanden und soll alle die in die Technik des elektrischen
Nachrichtenwesens einführen, die sich aus Neigung oder Beruf
mit ihr beschäftigen und keine Gelegenheit haben, Vorlesungen
zu hören. Die Arbeit wendet sich deshalb besonders an die
Beamten der Reichspostverwaltung. Doch dürfte sie neben
Laien den Offizieren der technischen Waffen und bei der nicht
immer grossen Wertschätzung, deren sich der Schwachstrom
an den technischen Hoch- und Mittelschulen erfreut, auch jungen
Ingenieuren und Technikern von Nutzen sein können.
In sämtlichen Vorlesungen ist den theoretischen Grundlagen
des Gebietes ganz besonderes Augenmerk geschenkt worden.
Denn nur wer mit ihrer gründlichen Kenntnis ausgerüstet, sollte
sich mit der speziellen Technik beschäftigen, eine Ansicht, selbst-
verständlich zwar, aber in der elementaren Schwachstromtechnik
bisher nicht in allgemeiner Geltung. Die »Theorie« ist dabei
natürlich nicht im Sinne des Gelehrten verstanden, sondern nur
soweit behandelt, als sie elementaren Vorkenntnissen verständlich
wird. Lehren, die diese Bedingung nicht erfüllen, wie zum Beispiel
die Eiektronentheorie, konnten keinen Platz finden. Nur simpelste
Mathematik und Chemie ist vorausgesetzt worden. Die Elek-
tricitätslehre wurde ganz von unten aufgebaut. Wo immer not-
wendig, wurde die wissenschaftliche Genauigkeit der leichteren
Verständlichkeit geopfert. Aber dann vermeidet häufig der
Ausdruck, das geschultere Auge zu beleidigen. Die Vorlesungs-
form, die unmittelbare Anrede an den Leser soll ihn in den
Glauben versetzen, er befinde sich im Hörsaale vor dem Experi-
mentirtische und, gemeinsam mit der subjektiven Art der Dar-
stellung, das Verständnis erleichtern und sein Interesse erhöhen.
DigitizsdbyGOO'^le
Den grösseren Teil des Buches nimmt die spezielle Tele-
graphie und Telephonie ein. Dabei ist die letztere nur so weit
berücksichtigt, als es das durchschnittliche Bedürfnis des Lesers
zu verlangen schien und bei dem über die ursprüngliche Absicht
gestiegenen Umfange Raum vorhanden war. Im wesentlichen
sind die Einrichtungen der Deutschen Reichspost zu Grunde
gelegt. Doch wurde häufig, wo ich die des Auslandes durch
Anschauung oder Bericht kannte, auf diese verwiesen. Das
Versinken in die Einzelheiten des gerade üblichen habe ich
möglichst vermieden und aus der verwirrenden Fülle der Spezial-
Konstruktionen und -Schaltungen die wichtigeren oder einfacheren
oder interessanteren ausgewählt. Hiermit ergiebt sich der freilich
nicht immer leichte Versuch, aus dem nebensachlichen das
Prinzip von Bau und Verwendung herauszuschälen und, wo
irgend möglich. Gründe hinzuzufügen. Sie waren oft schwer
herbeizuschaffen. Deshalb wird mir die Kritik, die bis jetzt
meine Arbeit — bei ihrem Erscheinen in Lieferungen — so
ausserordentlich freundlich beurteilt hat, Irrtümer nicht zu hart
anrechnen können.
Historische Angaben sind in der Regel vermieden. Denn
der historische Entwicklungsgang pflegt nicht der pädagogisch
beste zu sein und zu rein idealem Interesse an ihm fehlt es der
Technik an Zeit. Auch fragt es sich am Ende, ob das Hervor-
heben der Personen in allen Fällen ethisch gerechtfertigt ist;
haben sie doch oft ihren Lohn dahin. Dass ich dem Leser die
Erklärung der meist nichtssagenden Fremdwörter erspart habe,
wird er wohl angenehm empfinden. Die lederne Philologie hat
noch immer unsere besten Lernjahre; mag sie uns später in
Frieden lassen.
Es bleibt mir noch übrig, mehreren Fachgenossen, Bibliothe-
karen und einer stattlichen Reihe von Firmen und Ämtern bei uns
und im Auslande, für ihre Unterstützung, dem Herrn Verleger
filr sein freundliches Eingehen auf meine vielfachen Wünsche
namentlich in Bezug auf die Abbildungen und die schöne Aus-
stattung, die er dem Buche gegeben hat, verbindlichst zu danken
und jeden einzelnen Leser zu bitten, mir zu Händen des Herrn
Verlegers Verbesserungsvorschlage zugehen zu lassen und mich
auf etwaige Fehler und Unklarheiten aufmerksam zu machen.
Berlin, Weihnachten 1905. H.
DigitizsdbyGOOglC
Inhalt.
1. Vorlesung. Der elektrische Strom. 1—14.
Die Mechanik des elektrischen Stromes unbekannt I. Ein Leiter
zwischen Klemmen verschiedener Spannung. Der Strom 2. Elektromotorische
Kraft, Elektricitätsmenge, Stromstarke 3. Leitfähigkeit. Gute und schlechte
Leiter. Specißsches Leitvermögen, Länge und Querschnitt 4. Widerstand,
specifischer Widerstand 5. Ohmsches Gesetz 6. Hydraulisches Bild 6.
Im ganzen Kreise dieselbe Stromstarke 7. Spannungsabfall 8. Vergleich
des elektrischen- mit einem Luftstrom 9. Skizzen und Ausdrucksweise 10.
GlQhlampenmodell 10. Diagramme 12.
2. Vorlesung. Die elektrischen Maasseinheiten. 15 — 19.
22—25. Die Stromverzweigung. 19—22. Dasjoulesche
Gesetz. 25—32.
Die Einheiten: Volt, Ohm und Ampere und Beispiele dafür aus der
elektrotechnischen Praxis 15. Elektricitätsmenge und ihre Einheiten : Coulomb
und Amperestunde 18. Verzweigungsgesetze 19. Mechanische Arbeit und
Leistung. Meterkilogramm 22. Erhallung der Energie 22. Elektrische
Arbeit und Leistung. Walt 23. Watt und Pferdestarke. Kilowatt 24.
Kilowattstunde. Der Konsument verbraucht Energie, nicht Strom 24.
Elektrischer Arbeitsverbraueh in Tel cgraphenSm lern 25. Ableitung und
experimenteller Nachweis des Jouleschen Gesetzes 25. Verlust an elektrischer
Energie durch blosse Forlleitung und Mittel, ihn zu vermindern 27. Trans-
formation. Die körperliche Vorstellung des Stromes erweist sich als unzu-
reichend 29. In jedem Leiter darf der Strom nur bis zu einer bestimmten
Grenze ansteigen. Kurzschluss 30. Sicherungen. Reissen eines Fernsprech-
drahtes 32.
3. Vorlesung. Magnetismus. 33 — 44.
Der Magnet. Pole. Hufeisenmagnet 33. Magnetisches Magazin.
Magnetnadel. Nord- und Südpol 34. Magnetisches Grundgesetz 35. Dii;
Erde verhalt sich wie ein grosser Magnet. Magnetische Influenz 36, Hcj--
stellung eines Dauermagneten durch Streichen. Elementarmagnete 37.
Coercitivkraft 39. Kraftlinienbilder 40. Die Kraftlinie als Weg eines nord-
DigitizsdbyGOO'^le
polaren Eisen flitterchens. Permeabilität 41. Zahlen von KrafUinien. Kraft-
liniendichte als Maass der Feldstarke 42. Definition der Permeabilität 43.
Magnetisierende Kraft H und erreichte Magnetisierung B 44.
4. Vorlesung. Elektromagnetismus. 45 — 64.
Der Oerstedsche Versuch 45 und die Amptresche Scliwimmregel 46.
Die Wirkung von Magnet und Leiter ist gegenseitig. Ampere Windungen 47.
Der Elektromagnet. Polarität 48. Konstruktion des Hnfeisenelektromagneten.
Kraftlinien 50. Die Spule ohne Eisenkern. Kraftlinien um Stromleiter 51.
Stärke des Spulenfeldes. Die Spule verhält sich wie ein Magnet 53.
Spulenmodell 54. Elektrodynamisches 55. Grundgesetz des magnetischen
Kreises 56. Hinkender und polarisierter Elektromagnet 58. Remanenz und
Hysteresis 59. Hysteresiskurve 62.
5. Vorlesung. Induktion. 65^85.
Magnet- und Ankerinduktion 65. Voltainduktion 67. Richtung des
induzierten Stromes 68. Lenzsches Gesetz 69. Die Induktion als Folge von
Krafilinienändcrungen. Wirbelströme 70. Unterteilung von Spulenkernen 72.
Selbstinduktion 73. Bifilare Wickelung 75. Ruhmkorffscher Funkeninduktor.
Transformator 76. Funke. Offnungsfunkc 77. Unterbrecher 78. Wechsel-
spannung und Wechselstrom 79. Induktanz und Scheinbarer Widersland 82,
Transformation. Übersetzungsverhältnis und Windungszahlen 83. Verluste
im Transformator 85.
6. Vorlesung. Elektrostatik. 66—118.
Ftiessende und ruhende ElektricJtät 86. Elektricitäl durch Reibung
von Isolatoren. Zwei Arten der Elektricität 87. Coulombsches Geset;
Auch Leiter werden elektrisch. Elektricität auf beiden reibenden Körpern 88.
Elektroskop 89. Influenz. Der Anziehung geht Influenz voran 90. Elekti
siermaschinen 91. Der Funke und seine Wechselstrom -artige Natur 9
Sitz der Ladung auf der Oberfläche 94. Spitzenwirkung 96. Gewitter und
Blitzableiter 97. Gewitterneigung. Leydener Flasche 98. Condens
Capacität96. Ihre Einheit: das Mikrofarad 102. Technischer Condensaior 1(^.
Moderne Anschauungsweise: Dielektrikum. Dielektricitätsconstanle. Elek-
trische Kraßlinicn 104. Strom aus statischer Quelle 112. Positiver
negativer Strom 113. Positive und negative Klemme. Ladung eines Con-
densators aus einer Stromquelle 115. Ladestrom und Eniladestrom
Erdleitung 117.
7. Vorlesung. Chemische Stromwirkung. 119^134.
Stromleitung in FlQssigkeiten 1 19, Gültigkeit des Ohmschen und
Jouleschen Gesetzes. Ablenkung der Magnetnadel. Elektrische Leitung und
chemische Zersetzung. Bleibaum 121. Beförderung von Atomen und Atom-
DigitizsdbyGOOgle
VII
gruppen durch die Lösung 122. Leiter erster und zweiter Ordnung.
Elektrolyse. Elektrolyle. Elektroden. Anode. Kathode, Jonen 123. Elektrolyse
von Kupfersülfat zwischen Platinelektroden 124. Elektrolyse der verdünnten
Schwefebaure 125. Voltameter 126. Hofmannscher Apparat. Elektrolyse
von Natriumsulfat unter Zusatz von Lackmus 127. Faradaysches Gesetz 128.
Defiiiition des Ampere 130. 96500 Coulomb. 131. Elektron 132. Elektro-
lytische Dissociation 133.
8. Vorlesung. Chemische Stromerzeugung. Erster Teil.
135—148.
Zink und Kupfer in verdünnter Schwefelsäure 135. Galvanische
Elemente. Der Strom in der Flüssigkeit. Elektrolyt-Galvanometer 136.
Anwendung des Ohmschen Gesetzes auf galvanische Elemente. Innerer
Widerstand 138. Innerer Spannungsabfall. Elektromotorische Kraft und
Klemmenspannung. Diagramm 139. Spannungssprtlnge 141. Stromrichtung
und Klemmenbezeichnung. Positiver und negativer Strom 142. Elektrolyse
im Element. Auflösung des Zinks. Die aufgelöste Zinkmenge der gelieferten
Elektricitatsmenge proportional. Amalgamiertes Zink 145. Inconstanz.
Polarisation. Ihre Ursache der elektrolytisch abgeschiedene Wasserstoff 141.
9. Vorlesung. Chemische Stromerzeugung. Zweiter Teil.
149-174.
Methoden der Depolarisation. Die chemische Methode. Chromsäurezelle.
Verbrennung des schädlichen Wasserstoffs 149. AnwendungzweierElektrolyte.
Ihre Trennung durch verschiedenes specifisches Gewicht 150, Element von
Callaud 151. Telegraphenelement. Bau 154. Elektrochemischer Vorgang 155.
Bedienung 156. Der chemische Arbeitsvorrat des Zinks, die Arbeitsquelle
des Elementes 158. Berechnnng der Elektromotorischen Kraft 159. Wirk-
licher Materialverbrauch 160, Element von Meidinger 161, Telephonelement,
Bau- und chemischer Vorgang 163. Depolarisation durch Mangan superoxyd
164. Trockenelemente. Bau 165. Hellesenzelle 166. Die Elektromotorische
Kraft von der Grösse der Zelle unabhängig 161. Schaltung der Elemente
zu Batterien 167. Parallelschaltung 168 und Hintereinanderschaltung 169.
Diagramm 113.
10. Vorlesung. Chemische Stromspeicherung. 175—203.
Verwertung der Polarisation zu Polarisationszellen 115 und secundaren
Stromquellen 176. Bleielektroden. WasserstofF-beschlagenes Blei und Blei-
superoxyd 178. Im Akkumulator wird elektrische Energie in chemische
verwandelt und als solche aufbewahrt. Grosse Oberflache der Platten,
Formieren nach Planta und Faure. Beispiele einiger Konslruktionon lld,
Capacitat. Maximaler Lade- und Entladestrom 186. Capaciiat und Strom-
entnahme. Capacitat pro Kilogramm PI attcnge wicht 187. Chemische Vor-
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VIU
gange bei Entladung und Ladung. Schemata 188. Grund gleich ung. Be-
zeichnung der Klemmen 101. Sauredichte. Aräometer 192. Ladung bis
zur Gasentwicklung 193. Überladung. Elektromotorische Kraft und Saure-
dichte 194. Sulfatieren. Lade- und Entladespannung. Kurven 195. Wirkungs-
grad 197. Selbstentladung. Reinheit der Materialien. Nachfollen von Säure
und Wasser. Notwendigkeit sachgemSsser Bedienung 198. Geringer innerer
Widerstand und seine Ursache 199. Plattenanordnung. Schattung der
Zellen zur Batterie 202. Zellen für Telegraphenbetrieb 203.
11. Vorlesung. Wellen und Schall.
Wasser wellen 204. Fortbewegung der Welle, nicht des Wassers.
Seilwellen 205. Ausbiegung. Amplitude 206. Phase. Wellenlänge. Periode.
Wechselstrom und -Spannung ab Wellen 207. Wellenberg und -thai 208.
Schwingungszahl und -dauer einander reziprok. Grundgleichung c = n .1.
Diagramme 209. Phasenverschiebung zwischen Ausbiegungs- und Geschwin-
digkeitswelle 211. ZurOekwerfung der Seil welle und zwar in der entgegen-
gesetzten Phase 212. Stehende Seilwellen 213. Interferenz 214, Stehende
Wellen mit dem Wagnerschen Hammer. Beziehung zwischen Faden- und
Wellenlange 216. Platindraht an einer Stimmgabelzinke {Elektrischer Wider-
stand und Temperatur). Quer- und Langswellen 217.
Schallwellen. Töne und Geräusche 218. Intensität, Amphtude. Höhe,
Schwingungszahl, Wellenlange. Eindruck der Tonstarke 219. Klangfarbe.
Obertöne. Deren Phase für die Klangfarbe, nicht für die Schwingungsform
gleichgiltig 220. Zurückwerfung des Schalles. Schallkammer des Klopfers
221. Die Intensit.1t dem Quadrat der Entfernung umgekehrt proportional 222.
Fortleitung in Röhren. Beispiele 223. Resonanz. Beispiele 224. Freie
Schwingung 225. fönende Luftsäulen. Pfeifen 226. Menschliche Stimme 227.
Dämpfung. Fernsprechkabinen 228.
12. Vorlesung. Farbschreiber und Klopfer. 230-265.
Morseprinzip 230. Morsezeichen. Reliefschreiber 231. Farbschreiber
235-256: Elektromagnet 235. Kerne und Anker 238. Magnetischer Kreis.
Luftzwischenraum 239 Streuung, Anke ranzieh ung 241. Maximale Ampere-
windungen 242. Einstellung 244. Schreibhebel 245. Uhrwerk. Übersetzung
der Geschwindigkeiten und Kräfte. Windfang 247. Auslösung und Hemmung
250. Papier 253. Französischer Farbschreiber. Taste 256, Klopfer ^8
und Klopfertaste 262. Einfachste Schaltungen 263.
1 3. Vorlesung. Telegraphische Hilfsapparate. 266— 296.
Galvanoskop 266. Umschalter 268, Ausgl eich swid erstände 272. Blitz-
ableiter 274. Relais 278--95: Notwendigkeit und Prinzip der Anwendung
278. Weicheisenrelais 282. Polarisierte Relais von Hughes 283, von Siemens
287, mit drehbaren Kernen 290, Übertragung mit Relais und mit Farb-
schreibern 294,
DigitizsdbyGOOgle
14. Vorlesung.* Die Stromquelle. 297— 3U.
Telegpaphenelemente. Mehrere Leitungen an einer Batterie 291.
Einschränkung durch den inneren Widerstand 298 und zwar nicht wegen
der gteichmassig verminderten, sondern wegen der sehwankenden Klemmen-
spannung. Kein Durchschnitt 299. Zahknbeispiel 300. Parallelle Zellen.
Leiterschaltung 302. Akkumulatoren. Vorteile 303. Schutzwidcrstand 305.
Ladung aus dem Stadtnetz 307, mit Motorgeneratoren oder Umformern 308,
mit selbt angetriebenem Generator, mit Telegraphenelementen 310. Dynamos
ohne Akkumulatoren 311.
15. Vorlesung. Der Morsebetrieb. 312 — 334.
Verzinkter Eisendraht verschiedener Starke als Telegraphenleitung 312.
Poizeilandoppelglocke als Isolator. Telegraphen amter. Zweiteilung des
Morse betriebes in den mit Arbeits- und den mit Ruhestrom. Der Arbeits-
sirom 313. Die Batterie und ihre Bemessung 314. Ihr Materialverbrauch.
Der Ruhestrom. Ämterkreb 315. Mit einer Batterie nur mit Ruhestrom
möglich 316. Isolationsfehler verlangen Verteilung der Batterie. Strom-
schwachung, nicht -Unterbrechung 317. Schaltregel. Praktische Beispiele
von Ruhestromkreisen. Trennamt 320. Ruhekontakt pialiniert 321.
Zusammenfassung 322, Amerikanischer Ruhestrom 323. Die wichtigsten
Schaltungen für Arbeits- und Ruhestrom 323-330.
Morseschnellbetrieb : Automatische Zeichengebung 331. Schnelltele-
graph 332.
16. Vorlesung. Der Hughes- Apparat 335 — 365.
Mit einer kurzen Be,sprechung des Ferndruckers. 366 — 368.
Verhältnis des Hughes zu Farbschreiber und Klopfer 335. Jeder Buch-
stabe durch einen einzigen Tastendruck Übertragen 336. Zwei synchrone
Typenräder 340. (Postmuseum 340.1 Tasten 342. Figuren Wechsel 343.
Tastenhebel. StiftbOchse. Kontaktstifte 344. Schlitten 345. Kontakthebel.
Stromstoss 347. Elektromagnet 348. Antrieb durch einen Gleichslrom-
motor 350. Motor- und Schwungradachse machen an 800 Touren 352.
Typenrad- und Schlittenachse 120. Der Ausläsehebel verkuppelt Schwung-
rad- und Druckachse für eine Umdrehung 353. Die dann von der Schwung-
radachse mitgenommene Druckachse schlägt den Druckhebel gegen das
Typenrad 354. Die drei Erfordernisse des Typenrades. Typen-, Korrektioiis-
und Friktionsrad 355. Typen- und Korrektionsradbuchsc. Wechselhebel und
Klinkenausschnitte, Zahnklinke und Drei finge rhebel 356. Bremsregulator 357.
Zusammenarbeiten zweier Apparate 359. Der Korrektionsdaumen und seine
dreifache Aufgabe: Anhängen des Typenrades an das Fiiktionsrad, Kontrolle
des Sjmchronismus, Figuren Wechsel 360. Erst die fünfte folgende Taste darf
gedruckt werden 362. Möglichste Ausnutzung jedes Schlitten Umlaufes 363.
Dauer des Stromstosses. Schaltung 364. Ferndrucker und das Fern-
druckeramt 366—368.
DigitizsdbyGOOgle
17. Vorlesung. Die Kabelströme. 369—386.
Das Ohmsche Gesetz gilt nur fllr den Dauerzustand, nicht tür den
Telegraphierstrom 369. Selbstinduktion. Kurven aufnähme 370. CapacitSt.
Lade- und Entladestrom 371. Oberirdische Leitungen und Kabel. Zusammen-
setzung der Kabel 374. Strom verlauf bei Widerstand und Capacilät (Wasser-
modell 378), bei Widerstand, Selbstinduktion und Capacitat 380. Batterie
scheinbar kurz geschlossen. Bedeutung ihres inneren Widerstandes 382.
Ladezeit von der EMK unabhängig 383, Telegraphiergeschwindigkeit dem
Produkte CW und damit dem Quadrat der Leitungslänge proportional 384.
18. Vorlesung. Der Kabelbetrieb 387—420.
Verhalten des Empfangsapparates 387. Zwei kritische Stromstarken
388. Kleiner Ankerspielraum. Reihe von Punkten 389 und Strichen 390.
Mittlere Einstellung. Hilfsmitte! bei grossem CIK: St r ecke nt eilung. Polarisierte
Relais und entgegengesetzt geschaltete Klemmen 392. Beschleunigung der
Entladung durch unmittelbares Erden 394. Induktanz rolle 395-400. Verlauf
des Hughesstromes 4O0. Nur eine kritische Stromstärke 402. (Lauf zweier
(lughes streng genommen asynchron 402 Fussnote).
Der Betrieb langer Unterseekabel. 403-420.
Condensatorabschluss gegen Krdströme und zur Versteuerung der
Stromkurve 403. Kleinheit der Amplitude 404. Niedrige Betriebsspannung.
Punkte und Striche entgegengesetzte Stromrichtung 405. Doppeltaste.
Schwankender Nullpunkt 406. Galvano metrisch er Empfang 407. Spiegel-
galvanometer. Astasie 408. Empfindlichkeit. Richtmagnet 409. Prinzip
der Drehspule 411. Heberschreiber 412. Wellenschrift 414. Originalstreifen
415. Ursache des schwankenden Nullpunktes 416. Übertragung auf Inseln
417. Trommelrelais. Grosse Empfindlichkeit durch Drehtrommel 418. Un-
veränderter Nullpunkt durch Correküonsströme 420.
IQ. Vorlesung. Der Vielfachbetrieb. 421—434.
Baudotprinzip 421: Umscbichtige Benutzung eines Drahtes durch
mehrere Apparate. Verteüerhebel 422. Differential-Gegensprechen:
Differentialprinzip bei Galvanoskop 423 und Relais 424. Differenlialschaltung
425. (Stöpsel widerstände. Anordnung. Manganin, Bifilare Wicklung 426
Kussnote). Ausgleichs widerstand 425, Abgehendes 426 und ankommendes
Telegramm, Taste des Empfangsamtes 427. Ausgl eich scapaci tat 430. Künst-
liche Leitung. Brücken-Gegensprechen; BrQckengesetz 431. Zweites
Schema. Wirkliehe Schaltung. Abgehendes 433 und ankommendes Tele-
gramm. Keine gegenseitige Störung 434.
20. Vorlesung. Telephon und Mikrophon. 435—449.
Telephon 435-438, Bau 435, Umsetzung von elektrischer- in
Schallarbcit. Gleiche Periodenzahl von Strom und Ton 436. Die Amplitude
DigitizsdbyGOOgle
XI
der Stromwelle entspricht der der Schallwelle. Schwächung durch Selbst-
induktion. Empfindlichkeit 437. (Fernsprecher und Fernhörer 438 Fussnote,|
Mikrophon 438-449. Bleistiftmodell 438. WidersUndsanderungen.
Ihre Erklärung aus dem Ausbr ei tungswid erstände, dessen Grösse sich mit
der Breite der Strom Übergangsstellen ändert 439. Wellenstrom. Umwandlung
von Arbeit im Telephon, Auslösung im Mikrophon 442. Walzenmikrophon
444. Die Vermehrung der wirksamen Contakte bewirkt eine bessere Aus-
nutzung der zugefßhrten Schallenergie, eine etwas geringere Strombelastung,
vermehrte Betriebssicherheit und vermeidet Contaktverbrennung durch
ÖfTnungsTunken 446. Kohlenstoff als mikrophonisches Material. Fabrikation
der Mikrophonkohle 448.
21. Vorlesung. Die telephonische Übertragung. 450—474.
Übertragung von Höhe 450, Stärke 451 und Klangfarbe eines Tones
«2. (Weibliche Beamte 452 Fussnote). Die Kleinheit der nützlichen Strom-
schwankungen, ohne 452 und mit Berücksichtigung der Selbstinduktion des
Telephons 455, bei grossem Ballastslrom. Der Transformator 457. Mikro-
phonkreis. Telephonkreis. Die drei Vorteile des Transformators: Der
kleine Widerstand der Primärwicklung vergrössert die mikrophonischen
Stromschwankungen 458. AufdenSekundSrkreis werden nur die Schwankungen,
nicht der conscante Ballast Obertragen. Die Spannungserhöhung verkleinert
die Le i tu ngs Verluste 459. Übersetzung 460. Prinzipielle Schaltung 461.
Die Leitung 462-474: Eisendraht. Hauteffekt 462. Leitfähigkeit
und Festigkeit. Kupfer-, Bronze- 463, Doppelbronze, Compounddraht. Einfach-
und Doppelleitung 464. Übertrager 466. Kabel 467. Der schädliche Einfluss
der Capacitat. Papierkabel 468. Die Schwächung der Strpmamplitude 470
und das Ansteigen der Schwächung mit der Periodcnzahl. Bedeutung des
CW 471. Pupinspulen 472.
22. Vorlesung. Die Fernsprechgehäuse und die in ihnen
vereinigten Apparate. 475—511.
Technische Formen von Telephon und Mikrophon 475 484: Hufeisen-
telephone 475. (Stephan an Bismarck 475 Fussnote.) Telephon von
lyArsonval 478 und von Gower 479. Deutsches Kapseltelephon 479.
Französisches und englisches Walzenmikrophon 480. Körnermikrophone
Contaktkammer 481. Schwedische Sammlung 482. Berijnersches Mikrophon
483. Zusammenbacken der Körner 484.
Hilfsapparate484— 501. Sicherung: Blitzabki(er4fö. Grob- und Fein-
sicherung 486. Anruf: Wecker für Gleich- 487 und Wechselstrom, Magnet-
induktor 488. Drahtwindung im Magnetfelde 489. Kraftlinienanderung 490.
Wechsebtrom 492. Arbeitsquelle 493. Anker. Elektromotorische Kraft
und Klemmenspannung 494. Doppel T-Anker. Antrieb. Umschaltung 496.
Haken Umschalter 499.
Gehäuse 501-511: Schrank und Puttgehäuse 501. Mikrophon auf
verstellbarem Arm 502. Schaltung 503. Tischgehäuse 505. Kurzschluss
DigitizsdbyGOOgle
der secundaren Induktionsspule 507. Telephon auch zu ihr parallel.
Schaltung 508. Patrouillenapparate 509. Automat 510.
Aufgaben des Fernsprechamtes. 512—516.
Durch grosse Teilnehmerzahl un verhältnismässig erschwert 512.
Klinke. Stöpsel. Vielfachprinzip 514. Dreiecksschrank 516.
23. Vorlesung. Funkentelegraphie. Erster Teil. 517 — 528.
Funkente legraphische Erscheinungen nicht merkwürdiger, als alle
anderen elektrischen- auch. Dazu Ämter verbunden, wenn auch nicht durch
Draht. Notwendigkeit eines Körpers zur Ausbreitung von Schall 517, Licht
und Wärme. Äther. Ätherqner wellen 518. Geschwindigkeit constant.
Schwingungszahlen und Wellenlängen veränderlich 520. Freie elektrische
Wellen. Vom Funken erregte Drahtwellen stossen den Äther zu freien
Wellen an. Fritter 521. Antennen 522. Hertzsche Versuche zeigen Aus-
breitung, Spiegelung, Brechung, Interferenz, Geschwindigkeit elektrischer
Wellen 523-528.
24. Vorlesung. Funkentelegraphie. Zweiter Teil. 52Q— 559.
Entfrittung. Horsezeichen 529. Wellenzeiger 530. Beschreibung der
Fritterwirkung 531. Elektrolytische Zelle 532. Entladung schwingend oder
nicht. Dampfung 533. W ^ 2 V ■ ■ Inaktiver Funke. Unterteilte
Funkenstrecke 536. Eigenperiode eines Schwingungskreises: T = 2iyi/.'.
537. Luftdraht schwingt in einer viertel Welle 541. Zur Vermeidung von
Abfangen und Stören durch Fremde Abstimmung des Ämterpaares not-
wendig 542. Technische Anordnung: Lultdraht. Gegengewicht 544. Ver-
minderung der Dämpfung mittelst zweier gekuppelter Kreise 545. Lose
Kupplung 548. Abfangen und Stören trotz Abstimmung 549. Funken -
telegraphische Massenwirkung. Apparate 550. Verwendung der Funken-
telegraphie 558.
Schlussbemerkung 560.
DigitizsdbyGOOgle
Zusammenstellung der Abkürzungen.
(Mit Ausnahme der chemischen Symbole).
I elektrische Arbeil.
A Arbeit.
A.' Eingeladene |
A" Ausgeladene I ^
A {Ai A^ Wicklungsanfang.
a Windungszahl einer Ankerspule.
1 Teilnehmeranzahl.
Amp Ampere,
B Magnetisierung, Kraftliniendichte im Eisen. Batterie.
B, Bg Batterien oder Batterieteile.
+ B, - B positive und negative Batterie klemme.
C Capacitat.
Cd, Cl, C, Cjti Capacitat eines Dielektrikums, der Luft, verschied
Dielektrika.
0 W Capacitat mal Widerstand (M F . Megohm).
(-7a Cih Cii- Ctii. Capacitaten von vier Schwingungskreisen,
c Elektrisches Wärmeäquivalent 0,24.
Fortpflanzungsgeschwindigkeit von Wellen.
ä, d^ d^ dg Dielektricitatsconstante.
E Elektromotorische Kraft, Spannungsunterschied.
E (£, E^ Wicklungsende.
Et Klemmenspannung.
Ek' Mittlere Ladespannung.
Ek" Mittelere Entladespannung.
Ei Ell Primare und sekundäre Transformatorspannung.
e Gegenspannung durch Selbstinduktion, — in einer Windun
«( Primäre Selbstinduktion des Transformators.
F Kraft der Anziehung oder Abstossung . Farad.
Fr Fritter.
G Galvanoskop.
Gl ffa Galvanoskope. Wicklungen des DifFerentialgalvanoskops.
H Magnetisierende Kraft. Kraftliniendichte in Luft.
Haker.umschalter mit Federn I bis 5.
DigitizsdbyGOOgle
J Stromstärke. Gesamtstrom. Schallintensität (/| Jj).
Magnet Induktor {J/ J,i seine beiden isolierten Klemmen).
J* Jp Strom aus hintereinander- und aus parallel geschalteten Zellen.
Ja Jf Jii Ströme im GlOhlampenmodell der ersten Vorlesung.
^i ^it Primärer und secundärer Transformatorstrom.
Jo Ji Ja Mittlerer, kleinster, grösster Mikrophoi
»1 i'j bj i( Zweigströme. Ströme in den Bröcker
Kl Entfrittungsklöppel,
i Leitßlhigkeit. (iiJ.ä)- Permeabilität. Leistung. Leitung. Selbst-
induktion (in lO'J cm).
Lt Specifische Leitfähigkeit.
ZB Leitungsbatterie,
io ii Telephonische Leitungen.
Jjia Lii Lila Lith Selbstinduktionen von vier Schwingungskreisen.
Z| Zf Z^ Leitungen, Leitungslängen.
l Lange. Wellenlänge.
M Wärmemenge, (Jlfi Af^) Morse, (Färb seh reiber oder Klopfer).
ÜB Mikrophonbalterie.
HF Mikrofarad.
3K Mikrophon.
iH( Mj Magnetische FolstSrken.
N Nordpol. Gesamte Kraftlinienzahl.
*> (•»/■»*>;/) Windungszahl von Spulen. Anzahl geschalteter Elemente.
Schwingungszahl von Wellen.
nJ Amperewindungen.
«1 f^J ttg Zellenzahlen.
0 Osten.
OB Ortsbatterie.
P Verzweigungspunkt.
PB Polarisiertes Relais.
Q Elektricitatsmenge (^, Q.^.
(^ §" Ein- und ausgeladene Elektricitatsmenge.
q Querschnitt.
fi Relais (Ä, Bj). Widerstand der Farbschreiberspulen.
r Abstand, Entfernung (r, r^ r^).
S Südpol.
« Länge eines schwingenden Fadens oder Drahtes. Höhe einer
schwingenden LuftsSule.
T Schwingungsdauer. Taste {7'| 1\ T^. Telephon.
2V Trennung.
DigitizsdbyGOOgle
Tim Tu Tiia Tm Schwingungsdauer der verschiedenen Schwingungskreise.
( Zeit.
Üb Übertragung.
V Verluste im Transformator.
W Widerstand. Ohmscher Widerstand. Äusserer Widerstand des
Mikrophonkreises. Bei der DifTerentialschaltung: Widerstand
zur Erde von Gj aus. Westen.
TP Scheinbarer Widerstand, Widerstand gegen Wechselstrom,
zusammengesetzt aus Ohmschem Widerstand und Indulctanz.
Bei der DifTerentialschaltung: Schutz widerstand.
Wk Widerstand der Erdung.
Wi; Widerstand einer Galvanoskopspule.
Wl Widerstand der Leitung.
Wh Widerstand einer Relaisspule.
IT. Spezifischer Widerstand.
W, W^ Ausgleichs widerstände bei einer Trennstelle,
w Widerstand des ruhenden Hikrophons-
■Ti Innerer Widerstand von Zellen.
wt KQnstUcher Widerstand.
Kl Äusserer Widerstand, Nutzwiderstand.
w Wo w/ wji Widerstand der GlOhlampe und ihrer Zuleitungen im Modell
der ersten Vorlesung,
le, lOj tcg w« Widerstände der Brockenseiten.
DigitizsdbyGOOgle
D,„i,.,db,Google
1. Vorlesung.
Der elektrische Strom.
Die Uechanik <lcs elektrischen Strames unbekannt. — Ein Leiter zwischen Klemmen
verschiedener Spinnung, — Der Strom. — Elektromotorische Kraft, ElektriciUts-
menge, StromsUrke. — Leitfähieiceit. — Gute und schlechte Leiter. — Specifisches
LeitvennCgen, LSnge und Querschnitt. — Widerstand, specitiacher Widerstand. —
Ohmsches Gesetz. — Hydraulisches Bild. — Im ganzen Kreise dieselbe Strom-
stib^e. — Spannungsabfall. — Vergleich des elektrischen- mit ein^m Luftslrom, —
Skiuen und Ausdrucks weise. — GlOhlampenmodell. ^ Diagramme.
Die erste Vorlesung soll Sie in die Grundlagen der Lehre
vom elektrischen Strome einführen, deren völliges, durch
grOndliches Durchdenken gefestigtes Verständnis für
alle weiteren Studien unerlässlich ist. Allerdings bereitet
der erste Schritt dem Causalitatsbedürfnis eine Enttäuschung.
Denn so hoch auch der, Stand, den die Elektrik einnimmt, so
grossartig ihre Entwicklung in Werk und Lehre, so wenig die
Menschheit den elektrischen Strom missen könnte, ohne in einen
Zustand der Barbarei zurückzusinken, so wenig wissen wir von
dem inneren Vorgange, der sich beim Fliessen eines elektrischen
Stromes abspielt, so unbekannt ist noch seine Mechanik. Was wir
Demonatratior
hingegen kennen und vielfach bis in alle Einzelheiten beherrschen,
sind Wirkungen des Stromes. Eine solche hervorzurufen, sehen
Sie vor sich unsern ersten Versuch (Fig. 1) aufgebaut.
D,ü,i,z.db,Cooglc
Ein Eisendraht wird mit seinen Enden je in eine dieser
beiden, mit dem elektrischen Leitungsnetz der Stadt verbundenen
Standklemmen gesteckt, deren Schraube angezogen und dieser
Schalthebel umgelegt'). Sie bemerken, dass der Draht sich aus-
dehnt. Ich fühle, dass er warm wird. Die auf ihm sitzenden
Papierreiterchen fühlen es auch und beginnen zu schweelen. Hier
fängt sogar eins zu brennen an. Der Draht wird rot — , dann
weissglühend und schmilzt schliesslich unter Feuererscheinung
durch. Das Einschalten des Drahtes zwischen die Klemmen
setzt eine Wärmeentwicklung in Gang, als deren Ursache wir
das Fliessen eines elektrischen Stromes angeben. Von
der einen Klemme zur andern, in unserm Falle von der linken
zur rechten in der Richtung des dahinter stehenden grossen
Pfeiles, wird nach unserer Annahme ein Etwas transportiert,
das wir Elektricität nennen. Was das Etwas ist, wissen wir
nicht. Genug, es bewegt sich von der einen Klemme zur
anderen, und ein solcher Transport, eine solche Bewegung von
Elektricität heisst ein elektrischer Strom.
Zum Fliessen eines Stromes ist nötig, dass die Elektricität
in der einen Klemme einen grösseren Druck, eine höhere
Spannung') besitze, als in der anderen, und dass dieser Spannungs-
unterschied fortgesetzt aufrecht erhalten werde. Durch die
Leitungsdrähte und den Schalthebel sind die Klemmen mit dem
Kupfer-lnnern zweier unter der Strassenoberfläche verlaufenden
Kabel und durch sie mit der elektrischen Maschine des Kraft-
werkes verbunden. Das Werk ist durch Vertrag verpflichtet,
Elektricität der verabredeten Spannung zu fabrizieren. In dem
Maasse, in welchem sich der Spannungsunterschied der Klemmen
durch ihre leitende Verbindung ausgleicht, wird gleichsam durch
das eine Kabel gespannte Elektricität hergedrückt, durch das
andere Kabel die ihrer Spannung beraubte abgesaugt. Wie das
Werk das macht, kümmere uns jetzt nicht. Sie werden bei
Gelegenheit der Telephoninduktoren davon eine Vorstellung
bekommen. Zunächst sorgen wir uns aber weder um die
maschinellen, noch um andere Erzeugungsarten der Elektricität
und beginnen unsere Betrachtung erst bei den Standklemmen
hier auf dem Tisch.
') NatQrlkh muss der nOlige Widerstand vorgeschaltet sein.
^) Die Engländer nennen die Spannung direkt pressure, Druck.
D,„i,.,db,Google
Der elektrische Strom. 3
Der zwischen diesen Klemmen bestehende Unterschied der
elektrischen Spannung drückt die Elektricitat durch den Metall-
draht. Er verursacht ihr Fliessen; er setzt und erhält sie in
Bewegung; er bildet, wie das Fremdwort heisst, die Elektro-
motorische Kraft oder, nach englischem Vorbilde abgekürzt,
die EMK. Zwischen der Grösse der Spannungsdifferenz oder
Elektromotorischen Kraft und der Menge der von ihr, als der
Ursache, in Bewegung gesetzten Elektricitat besteht eine ein-
fache Beziehung. Wie man durch den Versuch erweisen und
sich auch leicht vorstellen kann, sind sie einander proportional.
Der doppelte Spannungsunterschied schickt durch denselben
Draht in derselben Zeit die doppelte Menge Elektricitat, die
doppelte Elektricitätsmenge, wie der einfache. Man ist
gewohnt, die in der Sekunde durch einen Querschnitt
des Drahtes fliessende Elektricitätsmenge als die Starke
des elektrischen Stromes, als die Stromstärke zu bezeichnen.
Mithin ist auch sie, die Stromstarke, der Spannungsdifferenz
proportional.
Für die mathematische Darstellung wird der Spannungs-
unterschied oder die Elektromotorische Kraft mit dem ersten
Buchstaben dieses Wortes mit E und die Stromstärke von ihrem
früher gebräuchlichen Namen Intensität her mit •/ bezeichnet.
/ ist also proportional E.
J^E
Beide Grössen sind durch eine dritte verknüpft, welche dem
zwischen den Klemmen eingeschalteten Leiter zugeschrieben
werden muss und seine Leitfähigkeit L genannt wird. Sie
wird definiert aus der Gleichung:
J~ E.L
Auch die Leitfähigkeit oder das Leitvermögen ist mithin der
Stromstärke proportional. Je grösser das Leitvermögen, umso
grösser — bei gleicher Spannungsdifferenz — der Strom. Bei
grossem Leitvermögen des zwischen die Klemmen geschalteten
Drahtes erzeugt schon ein kleiner Spannungsunterschied einen
verhältnismässig grossen Strom, wird pro Sekunde eine ver-
hältnismässig grosse Elektricitätsmenge vorwärts geschoben.
Leitet der Draht in einem Falle nur halb so gut, als in einem
„Google
4 l>er elektrische Strom.
andern, so treibt dieselbe Spannungsdifferenz nur den halben
Strom hindurch.
Die Grösse der Leitfähigkeit L hängt, wie man sich leicht
denken kann, zuerst von dem Material des leitenden Körpers ab.
Es giebt gute und schlechte Leiter der Elektricität. Einige
bekannte Körper bilden vom best bis zum schlechtst leitenden
die Reihe: Silber, Kupfer, Aluminium, Platin, Eisen, Neusilber,
Quecksilber. Ihnen seh Hessen sich die ganz schlecht oder
praktisch garnicht leitenden Substanzen, die Isoliermaterialten
an. Solche sind Glas, Porzellan, Glimmer und der aus Glimmer-
abfällen zusammengeleimte Mikanit, dann Theer, Asphalt, Gutta-
percha, Kautschuk, gewisse Harz- und Gummi präparate, wie
Ebonit oder andere, die je nach dem Fabrikanten Stabilit, Isolacit,
Ambroin oder anders heissen, endhch Gespinste aus Seide,
Baumwolle, Hanf, Jute und noch eine grosse Zahl anderer
Körper. Ein Maass für das Gut- oder Schlechtleiten einer Sub-
stanz bildet das spezifische Leitvermögen L,, die Leit-
fähigkeit der Substanz an sich, eine Materialconstante. Das
spezifische Gewicht ist bekannthch das Gewicht der Volumen-
einheit. Das spezifische Leitvermögen wird dementsprechend
als das Leitvermögen eines Einheitsstabes definiert, dessen Länge
1 m und dessen Querschnitt 1 mm^ beträgt. Am schlechtesten
von den Metallen leitet das Quecksilber. Sein spezifisches Leit-
vermögen liegt nur wenig über I. Aufsteigend sind dann die
ungefähren Zahlen für
Neusilber 3. Eisen 10. Platin 11.
Aluminium 33. Kupfer 57. Silber 60.
Eisen leitet etwa lOmal so gut wie Quecksilber, Kupfer etwa
57 mal so gut, Kupfer leitet mithin etwa 5,7 mal so gut als
Eisen, Sie sehen, der Grund für die Verwendung des Kupfers
zu elektrischen Leitungen liegt in seinem grossen spezifischen
Leitvermögen. Kleine Beimengungen fremder Metalle beein-
flussen die Grösse von L, ganz ausserordentlich. Es ist des-
halb auf besonders reines Leitungskupfer grosser Wert zu legen.
Das Leitvermögen hängt ausser von der Grösse L,, dem
Material des Leiters, noch von seinen Dimensionen ab. Je
dicker ein Draht, umso besser, je länger er ist, umso schlechter
leitet er. L ist also dem Querschnitt q direkt, der Lange l um-
DigitizsdbyGOOgle
gdtehrt proportional. Das Leitvermögen L ist gleich dem des
Einheitsstabes L,, multipliziert mit dem Querschnitt in Milli-
metern, dividiert durch die Lange in Metern
Bei den metallischen Leitern spricht man gewöhnlich nicht
von ihrem Leitvermögen, von der Fähigkeit, den Strom zu leiten,
sondern von der, der Leitung des Stromes Widerstand entgegen
zu setzen. Es ist nur eine verschiedene Ausdrucksweise für
dieselbe Thatsache, wenn wir sagen, ein langer Telegraphen-
draht leite schlecht, oder er besitze einen grossen Widerstand.
Das erste ist vielleicht verständlicher, das zweite gebräuchlicher.
Leitvermögen und Widerstand sind reciproke Werte.
Setzt man diesen Wert für L in unsere Gleichung J =^ E . L ein,
so wird sie zu
W.
Die Starke eines Stromes ist gleich der ihn treibenden Spannung
dividiert durch den Widerstand des durchflossenen Leiters.
Dem spezifischen Leitvermögen ist der spezifische
Widerstand reciprok,
'■-^
Der spezifische Widerstand des Quecksilbers liegt mithin ein
wenig unter 1; er ist etwa 0,94, Kupfer mit dem /-, von 55
bis 57 hat ein W, von '/m — '/n, etwa = 0,018, Silber mit einem
L, von etwa 60 hat W, = '/«o ■= 0,017. Weitere ungefähre
Werte von spezifischen Widerständen sind: Aluminium 0,03,
Platin 0,09, Eisen 0,1, Neusilber 0,3, Nickelin (eine Legierung,
die etwa zur Hälfte aus Kupfer und zu je ein Viertel aus Nickel
und Zink besteht) 0,41, Manganin (aus 84"/'' Kupfer, 127» Mangan
und 57a Nickel zusammengesetzt) 0,47.
Statt
. = /.,«
D,„i,.,db,Google
6 Der elektrische Strom.
heisst es jetzt
Die beiden Gleichungen
./ = ^ und W= W, '
W q
sind von dem deutschen Professor Ohm aufgestellt worden und
heissen nach ihm das Ohmsche Gesetz. Sie besitzen für die
gesamte Elektrik die ailergrösste Wichtigkeit und sind unbedingt
dem Gedächtnis einzuprägen. Für die Hauptgleichung wird
das durch die Form JS= JW" erleichtert, in der sich die Buch-
staben in alphabetischer Reihe folgen.
Ein Hilfsmittel ftlr das erste Verständnis der im Ohmschen
Gesetz gegebenen Beziehungen ist der Vergleich des elektrischen
mit einem Wasserstrome, von dem angenommen wird, dass er,
ohne unterwegs Nebenflüsse aufzunehmen oder Wasser zu ver-
lieren, von der Quelle zur Mündung herabfliesst. Der Höhen-
unterschied zwischen Quelle und Mündung spielt für den Wasser-
strom die gleiche Rolle, wie der Spannungsunterschied für den
elektrischen. Er setzt das Wasser in Bewegung; er ist die
aquamotorische Kraft. Quelle und Mündung entsprechen
deshalb den Klemmen. Die Wassermenge, die pro Sekunde unter
einer Brücke hindurchfliesst, ist dem treibenden Höhenunterschiede
proportional: Vom Gebirge stürzt das Wasser in Fällen herab;
ein Fluss der Ebene zieht gemächlich. Ausser von der treibenden
Höhendifferenz hängt die Geschwindigkeit des Fliessens vom
Widerstände des Bettes ab, zunächst von dessen Beschaffenheit.
Ist das Bett mit Steinen angefüllt, gegen welche die Strömung
anprallt und von denen sie gehemmt wird, so giebt es ein Bild
eines Leiters mit grossem spezifischen Widerstände. Ist das
Bett von Steinen befreit, vielleicht ausgemauert wie ein Kanal,
so deutet das einen kleinen Widerstand des Materiales an. Ver-
teilt sich dieselbe Höhendifferenz über eine lange Flussstrecke,
so wird die Bewegung langsam geschehen: Der Fluss der
Ebene; das Gegenteil der Wasserfall. Ist das Bett breit, so
wird es natürlich eine grössere Wassermenge transportieren
können, als wenn es eng ist. Das sind die Beziehungen zwischen
elektrischem und Wasserstrom, die wohl nur deshalb so nahe
DigitizsdbyGOOgle
Der elektrische Strom. 7
scheinen, weil wir noch immer in der Anschauungs- und Aus-
drucksweise leben, als ob die Elektricität den Leiter wie eine
Flüssigkeit ein Rohr durchfliesst. Solange aber, bis an Stelle
der jetzigen Anschauung keine wissenschaftlich befriedigendere
getreten ist, muss man sich mit ihr behelfen, sich des Bilder-
haften nur immer bewusst bleiben.
ZweiThatsachen sind hier noch besonders zu beachten; zuerst
die eine: Denkt man sich wie vorhin von dem Wasserstrome
künstlich alle fremden Zuflüsse und alle Wasserverluste ab-
gewehrt und über ihn zwei Brücken, die eine mehr stromauf-,
die andere mehr stromabwärts geschlagen, so fliesst in der
Sekunde unter beiden Brücken gleichviel Wasser hindurch. Das
Bild deckt sich etwas mehr mit der Wirklichkeit, wenn sie den
Wasserstrom durch eine Wasserleitung ersetzen. Die mächtige
Pumpe des Wasserwerkes übt mit ihrem Kolben einen grossen
Druck auf das Wasser aus. Dieser Druck ist jetzt die aqua-
motorische Kraft. Von ihm, von der Länge und dem Quer-
schnitt der unverzweigt gedachten Röhrenleilung wird die
in der Sekunde beförderte Wassermenge abhängen. Es ist klar,
dass in allen leilen der Leitung das Wasser gleich schnell strömt.
Würde sich die Schnelligkeit des Fliessens mit der Entfernung
vom Werke vermindern, so würde mehr Wasser nachströmen,
als abtliesst, die Wasserteilchen müssten auf einander prallen
und sich zusammendrücken. Am Ende der Leitung kann aber
auch nicht mehr Wasser abfliessen als nachgepumpt wird; sonst
müsste mitten in der Röhre ein leerer Raum entstehen.
Hieraus ist zu folgern : Ein unverzweigter, ideal isolierter
elektrischer Strom führt pro Sekunde durch jeden
Querschnitt die gleiche Elektricitätsmenge; in
seinem ganzen Lauf herrscht dieselbe Stromstärke.')
Weder ist die Elektricität in einem Teile des Stromes dichter
als in einem andern, noch kann mitten in dem fliessenden Strome
eine Lücke entstehen. Im ganzen Stromkreis herrscht das
gleiche ./, aber nicht das gleiche E. Jede Stelle des Wasser-
stromes hat ein höheres Niveau als die Mündung, ein niedrigeres
als die Quelle. Jeder Schritt vorwärts ist auch ein Schritt ab- '
wärts. In der Wasserleitung ist der Druck unter dem Pumpen-
') Von den durch KabeJ bewirkten Komplikalionen ist hier natOrlich abgesehen.
D,„i,.,db,Google
8 Der elektnsche Strom.
kolben der grösste, und allmählich wird er durch das Fliessen
verzehrt. Gerade so mit der elektrischen Spannung. Die
Elektricität liefernde Klemme hat die höchste, die sie ableitende
die niedrigste Spannung. Alle dazwischen liegenden Punkte '
des Stromlaufs haben dazwischen liegende Spannungen. Der
Transport der Elektricität durch den Draht zehrt ihre Spannung
auf. Es findet gemeinsam mit dem Strömen, weil durch das
Strömen, ein Nachlassen der Spannung, ein Spannungsabfall
statt. An allen Stellen gleiches J, aber stete Abnahme von E
durch den Kreislauf.
Diese beiden Thatsachen sehen Sie hier (Fig. 2) im
hydraulischen Bilde vor sich. Ein Glascylinder steht durch
eine seitliche, in der Nähe des Bodens gelegene Öffnung mit
2S.
1\%. 2. Hydraulisches Abbild des elektischen Stromes.
einer horizontalen Glasröhre in Verbindung. Diese horizontale
Glasröhre trägt in von einander gleichen Abständen drei
vertikale, die oben offen sind. Ist das freie Ende der horizon-
talen Röhre durch einen Hahn verschlossen, so steht nach dem
Gesetz von den kommunizierenden Röhren das Wassemiveau
in allen drei Vertikalröhren ebenso hoch wie im Cylinder.
Wird der Hahn geöffnet, so fliesst durch jeden Querschnitt der
Röhre in der Sekunde dieselbe Wassermenge. Man kann sie
leicht messen, wenn man das während einer bestimmten Zeit
aus der Röhre ausfliessende Wasser in einem Maasscylinder
auffängt und die erhaltene Anzahl Kubikcentimeter durch die
Dauer des Fliessens in Sekunden dividiert. Der Stand des
DigitizsdbyGOOgle
mpPl^
■lektrische Strom.
Wassers in den vertikalen Röhren zeigt den gleich massigen
Niveauabfall vom Cylinder bis zum Hahn an.
Um uns die Grundbegriffe der Lehre vom elektrischen
Strome, wie sie im Ohmschen Gesetz ihren Ausdruck finden,
recht klar zu machen, scheuen wir uns nicht, einen weiteren bild-
lichen Vergleich, und zwar aus dem Alltagsleben, zu betrachten: Ein
Zimmer werde von einem geheizten Ofen über die Temperatur der
äusseren Luft erwärmt. Sobald ein Fenster geöffnet wird, strömt die
warme Luft aus dem Zimmer ins Freie. Das entgegengesetzte
Strömen des gleichen Volumens kalter Luft ist zur Zeil für den
Vergleich ohne Belang, Die warme Luft strömt so lange durch das
Fenster hinaus, als sie draussen abgeführt und als innen der Ofen
genug erwärmt und so fortwährend der Temperaturunterschied
aufrecht erhalten wird. Ist es ja doch dieser Temperatur-
unterschied, welcher die Luftbewegung verursacht; man könnte
ihn die aöromotorische Kraft nennen. Je grösser er, um so
heftiger die Luftbewegung, ein um so grösseres Luftvolumen
wird in einer bestimmten Zeit den Fensterquerschnitt passieren.
Ein heisser Ballsaal wird durch ein in die Winterkalte hinaus
geöffnetes Fenster in wenigen gefahrlichen Augenblicken ab-
gekühlt. Die Tempera turdifferenz von 30" C. oder mehr jagt
die heisse Luft allzu schnell ins Freie. Im Frühjahr bei einer
Temperaturdifferenz von vielleicht nur 10° braucht ein Zimmer
wesentlich längere Zeit, um zu lüften, weil eben pro Sekunde
nur ein kleineres Luftvolumen nach aussen entweicht. Sie fühlen
das Analoge zwischen dem mechanischen und dem elektrischen
Vorgang. Temperatur- und Spannungsdifierenz, Stärke der Luft-
strömung — d. h. pro Sekunde durch das Fenster entweichen-
des Luftvolumen — und Stärke der elektrischen Strömung —
d.h-proSekundedurchdenQuerschnittfliessendeElektricitätsmenge
— sind Analoga. Das pro Sekunde beförderte Luftvolumen
wächst mit der Grösse der durchströmten Fensteröffnung.
Ein weit geöffnetes Fenster bewirkt schnellere Lüftung als eine
kleine Ventilationsklappe. Will man die Leiterlänge mit dem
Spannungsabfall in dem Bilde wiederfinden, so muss sich das
ins Freie führende Fenster nicht im Zimmer selbst, sondern am
Ende eines Ganges befinden, der mit dem Zimmer durch
eine offene Thür verbunden ist. Die Lüftung beansprucht
dann eine um so grössere Zeit, Je länger der Gang und je
DigitizsdbyGOOgle
10 Def elektrische Strom.
kleiner sein Querschnitt ist. Die den Gang hinunter strömende
Luft ist wärmer, als die im Freien, und kälter, als die im Zimmer,
und zwar werden mehrere auf dem Gang angebrachte Thermo-
meter ein allmähliches Sinken der Temperatur vom Zimmer
zum Fenster anzeigen,
Im Laufe der Vorlesungen werden zur leichteren Ver-
ständigung vielfach Skizzen zu zeichnen sein. In ihnen (Fig. 3)
bedeuten zwei parallele verschieden lange Striche neben einander
die beiden Klemmen verschiedener
** Spannung , und zwar soll der
*■ v' V. grössere Strich die die höher
gespannte Elektricität zuführende
Klemme, der kleinere die die niedrig
M ^ gespannte ableitende Klemme dar-
FiR. 3. shizze eines Stromkreises. Stellen. Die dazu Senkrechte Linie
bedeutet den Stromleiter und der
an ihr angebrachte Pfeil die Stromrichtung. Das Kreuz stellt
einen Ausschalter vor, welcher beim Umlegen seines Hebels
die beiden Enden der metallischen Leitungsbahn auseinander
führt und zwischen sie eine vom Strom nicht zu tiberschreitende
Luftbrücke legt, also den Strom unterbricht oder öffnet. Ein
Zurücklegen des Hebels stellt den metallischen Kreis wieder
her und schlJesst den Strom, Es wurde hier von Stromkreis
gesprochen. In der That ist ein solcher geschlossener Kreis
eigentlich ohne Anfang und Ende bei jedem elektrischen Strome
vorhanden.') Die beiden Klemmen stehen auch ausser durch
den betrachteten Draht noch leitend in Verbindung; doch soll
davon erst später die Rede sein.
Die Versuche, aus denen das Ohmsche Gesetz hergeleitet
wird, eignen sich mehr zu Aufgaben im Laboratorium, als zur
Vorführung im Hörsaal. Für uns kommen sie jetzt auch schon
deshalb nicht in Betracht, weil Maasse für die betrachteten
elektrischen Grössen noch nicht besprochen worden sind. Viel-
leicht wird Ihnen das Ohmsche Gesetz durch ein kleines Modell
(Fig. 4) klarer, das ursprünglich einer elektrischen Treppen-
beleuchtung nachgebildet ist, wie sie in sonst mit Gas be-
'1 Eine Ausnahme davon wird später bei Gelegenheit der Fiinkcntelegraphie
bcsprocbrn werden.
DigitizsdbyGOOgle
Der elekirische Slro
11
leuchteten Wohnhäusern den spät nach Hause Kommenden der
Benutzung von Streichhölzern überhebt. Im Treppenabsatze
jedes Stockwerks ist eine kleine Glühlampe angebracht. Als
Elektricitätsquelle dient eine gewöhnlich in der Pförtnerwohnung
untergebrachte kleine Akkumulatorenbatterie. Dünne Kupferdrähte
stellen die Verbindung zwischen
Batterie und Lampen her. Die Leitung
ist so lange unterbrochen, bis die auf-
gehende Hausthür einen Hebel umlegt
und dadurch ein Uhrwerk auslöst.
Dieses schliesst den Stromkreis der
Lampe im Erdgeschoss und lässt sie
ungefähr so lange brennen, bis man
im ersten Stockwerk angekommen ist.
Mit Hilfe eines Druckknopfes wird der
Stromkreis der zweiten Lampe ge-
schlossen, während die erste ausgeht
u. s. f. Nun kommt es bei schlechten
Anlagen wohl vor, dass die unterste
Lampe schön hell, die im ersten Stock-
werk schwächer und die im zweiten
schlecht brennt, obgleich alle drei nach
einander von derselben Elektricitäts-
quelle, also mit derselben Elektro-
motorischen Kraft gespeist werden.
Die Helligkeit einer Glühlampe hängt von dem Strome ab, der
sie durchfliesst. Trotz derselben Elektromotorischen Kraft und
trotzdem die drei Lampen sich vollständig gleichen, also auch
denselben Widerstand haben, werden sie von verschieden starken
Strömen durchflössen. Das kann nur an dem verschiedenen
Widerstand der Zuleitungen zu den drei Lampen liegen. In der
That kommt dieser beiden kleinen Spannungen und den kleinen
Lampenwiderständen, um die es sich hier handelt, schon in
Betracht. Wenn w den Widerstand einer Lampe, Wa denjenigen
der kurzen Hin- und Rückleitung zum Erdgeschoss, tv, den schon
längeren zum ersten Stockwerk und iü„ den längsten zum
zweiten Stockwerk bedeutet, so sind die drei Stromstärken:
/ - * • /^ - -^^ ■ ./ - -^
Fig. 4. Modell i
« + ,
, + w,
+ "„
D,„i,.,db,Google
12 Der elektrische Strom.
Da u'„ fast doppelt so gross als w, und dieses mehr als doppelt
so gross als ie„ ist, so wird Jo > J, > -T,,- Im Modell haben wir
dieselben kleinen Glühlampen und dieselbe Elektricitätsquelle
wie in Wirklichkeit. Der Zuleitungsdraht dagegen besteht statt
aus Kupfer aus Manganin, dessen spezifischen Widerstand zu 0,42
angegeben wurde. Auch hier brennen die Lampen ganz verschieden
hell, wenn man sie durch Drehen der kleinen Kurbel nach einander
einschaltet. Das Modell zeigt erstens, dass bei derselben Elektro-
motorischen Kraft eine Vergrösserung des Widerstandes den
Strom schwächt, zweitens, dass der Widerstand eines Drahtes
mit seiner Länge zunimmt, drittens, dass ein Material von
grossem W,, wie Manganin, schon in kurzen Leitungen den-
selben Widerstand hat, wie lange Leitungen an sich gut leitenden
Kupfers. Deshalb sind eben die Kupferleilungen des Treppen-
hauses im Modell durch Manganindrähte ersetzt.
Wie lässt sich nun der Fehler der Anlage umgehen? Die
Lampen werden dann genau gleich hell brennen, wenn Jo =
Jj = Jji, also ica = M!, = w„ ist. Da alle drei Leitungen aus
Kupfer bestehen, muss die grössere Länge von Zuleitung I und II
durch einen grösseren Querschnitt wieder ausgeglichen werden,
SD dass sowohl bei I wie bei II der Quotient derselbe bleibt.
Aus dem Modell lässt sich noch etwas herauslesen: Das
Gesetz E^=JW muss auch für den leuchtenden Faden oder
Draht einer Glühlampe gelten. Da, wie angegeben, die Leucht-
kraft von der Grösse des Stromes ./ abhängt, so auch von JW
oder E, der Spannungsdifferenz, die zwischen den Enden des
leuchtenden Fadens herrscht. Es kommt deshalb auf eins heraus,
ob man sagt, die Leuchtkraft einer Lampe hange von dem Strome
ab, der sie durchfliesst, oder von der Spannungsdifferenz an
ihren Klemmen. Das Dunklerbrennen von Lampe I und II
beweist, dass zwischen ihren Klemmen nicht mehr der volle
Spannungsunterschied vorhanden, dass auf dem Wege zur Lampe
ein Teil der Spannung verloren gegangen ist, dass ein
Spannungsabfall stattgefunden hat. Bis zur Lampe 0 ist
dieser Spannungsabfall ganz klein, bis zur Lampe I schon merk-
bar und bis zur Lampe II störend gross.
Von einem solchen Spannungsabfall bekommt man sofort
eine klare Vorstellung, wenn man ihn graphisch darstellt, d. h. auf-
DigitizsdbyGOOgle
Der elektrische Strom. 13
zeichnet. Zu dem Ende trägt man in ein rechtwinkliges Achsen-
kreuz (Fig. 5) vom Schnittpunkt der Achsen 0 nach rechts
die Länge der Zuleitungsdrähte in irgend einem Maassstabe auf,
errichtet in gewissen Abständen Lote und macht diese so lang,
als — nach dem dafür angenommenen Maassstabe — der
J^
Fig. 5. Spannungsabfall ii
1 glcichmassigem Widerstände.
Spannung an der betreffenden Stelle des Drahtes entspricht.
Am Anfang herrscht die gesamte Spannungsdifferenz der
Klemmen; am Ende ist sie aufgebraucht. In einem Leiter mit
gleich nnassigem Widerstände, d. h. aus demselben Material von
gleichem Querschnitt, fällt die Spannung gleichmässig ab. Eine
schräg abfallende gerade Linie stellt die Abhängigkeit zwischen
zurückgelegtem Weg und vorhandener Spannung dar. Das
Bild für den Spannungsabfall in einer Glühlampe und ihren
Kupferzuieitungen kann natürlich nicht mehr durch eine einzige
Fig. 6. Spannungsabfall in einer GlOhlampe und ihren Zuleitungen.
gerade Linie dargestellt werden. Der Widerstand pro cm
Leitungsweg ist in der Lampe viel grösser als in den Zuleitungen,
also auch der Spannungsabfall E=-J\V. Das Diagramm sieht
so aus (Fig. 6). Die stark geneigte Linie in der Mitte giebt
Digitizsdb/GOOgIC
14
Der eleklrsiche Strom.
den Verlauf der Spannung auf dem Weg durch die Lampe, die
beiden weniger geneigten Linien rechts und links den Verlauf
in den beiden Zuleitungen an. Da jede von diesen aus Kupfer
von gleichem Querschnitt besteht, so ist der Widerstand pro cm
ihrer Länge, also der Spannungsabfall pro cm gleich. Die
*- LeHungiwee
Kig. 7. Verlauf der Stromstarke in einer GlOhlampe und ihren Zuleitun^n.
Neigung der beiden den Spannungsabfall in den Zuleitungen
darstellenden Linien muss mithin die gleiche, sie müssen ein-
ander parallel sein. Der Verlauf der Stromstärke in der
Lampe und ihren Zuleitungen würde als eine horizontale gerade
Linie zu zeichnen sein (Fig. 7); denn in jedem Punkte der
Leitungsbahn ist die Stromstarke die gleiche.
DigitizsdbyGOOgle
Die elektrischen Maas3cinl
2. Vorlesung.
Die elektrischen Maasseinheiten.
Das Joulesche Gesetz.
I>ie Einheiten: Voll, Ohm und Ampere und Beispiele damr aus der elektrotechnischen
Praxis. — Elektriciiatsmcnge nud ihre Einheiten : Coulomb und Ampcrestunde. —
Veraweigunpsgeaetie. — Mechanische Arbeil und Leistung. — Meterkilogramm. —
Erhaltung der Energie. — ElefcriBche Arbeit und Leistung. — Watt. — Walt und
Pferdestärke. Kilowatt. — Kilowaltstunde. — Der Konsument verbraucht Energie,
nichl Slrom. — Elektrischer Aibeilsverbrauch in Telegraph enamtem.
Ableitung und experimenteller Nachweis des Joulcschen Geselies. — Verlust an
elektrischer Enei^ie durch blosse Portleilting und Mittel, ihn zu vermindern. --
Transrormalion. — Die körperliche Vorstellung des Stromes erweist sich als un-
lureichend. — In jedem Leiter darf der Strom nur bis zu einer bestimmten Grenie
ansteigen. — Kurischluss. — Sicherungen. — Reissen eines Fernsprechdrahles.
In der ersten Vorlesung sind die drei elektrischen Grund-
begriffe, Elektromotorische Kraft oder Spannung, Widerstand,
Stromstärke abgeleitet worden. Heute sind die für sie durch
internationale Kongresse und in Deutschland durch Reichsgesetz
gewählten Maasseinheiten zu besprechen. Nach Volta, der
zuerst die Bedingungen für die Entstehung längere Zeit andauern-
der Elektromotorischer Kräfte erforschte, heisst die Einheit
der Elektromotorischen Kraft oder der elektrischen
Spannung ein Volt. Die Einheit des elektrischen
Widerstandes erhielt nach dem Entdecker des Grundgesetzes
den Namen des Ohm und nach einem noch mehrfach zu
erwähnenden französischen Physiker, den das Reichsgesetz
allerdings seines Accentes beraubte, wurde das Ampere die
Einheit der elektrischen Stromstärke.
Beispiele aus der elektrotechnischen Praxis werden Ihnen
die drei Maasse bald vertraut machen. Zwischen den Klemmen
eines Daniell- oder eines Telegraphenelements herrscht ziemlich
genau die Spannungsdifierenz von 1 Volt, zwischen denen einer
Akkumulatorenzelle ungefähr die von 2 Volt, Die Batterie
einer Hauskiingelanlage hat zwischen ihren Klemmen z. B. 7 Volt,
DigitizsdbyGOOgle
16 Die elektrischen MoHSSeinheilen. — Das Joiilcschc Gescli-
die der neulich erwähnten Treppenbeleuchtung etwa 8 Voit,
ein Telephoninduktor bei üblicher Drehgeschwindigkeit der
Kurbel etwa 35 Volt, Batterien zum Telegraphieren haben z. B. 20,
40 oder mehr Volt Spannungsdifferenz. Zwischen zwei Drähten
der gewöhnlichen Lichtleitung liegen 110, neuerdings lieber
220 Volt, zwischen der Oberleitung und den Schienen der
Strassenbahn etwa 500 Volt. Die berühmte Anlage zur Über-
tragung der Arbeit des Neckarfalles in Lauffen nach der elektro-
technischen Ausstellung in Frankfurt a. M. hatte 30000 Volt.
Zwischen zwei Kugeln in der Entfernung von 1 mm springen,
wie angegeben wird, bei etwa 4000 Volt, von 5 mm bei
18 000 Volt, von 10 mm bei 30 000 Volt Funken durch die
Luft über. Grössere Elektricitätsmengen, die von Tausend oder
einigen Tausend Volt durch den menschlichen Körper getrieben
werden, wirken unbedingt tötlich. Auch schon wesentlich
geringere Spannungen können unter besonderen Umständen,
zumal wenn der Betreffende ohne viel Übergangswiderstand
in den Stromkreis eingeschaltet ist, durch den den Körper
durchfliessenden Strom zur Todesursache werden.
Nach der Grösse der benutzten Ströme pflegt man die
Elektrotechnik in zwei Gebiete zu scheiden: in Schwach- und
Starkstromtechnik. Die erstere umfasst den Inhalt dieser
Vorlesungen, zu dem sich noch Signalvorrichtungen und einige
andere Dinge gesellen. Hier kommen Ströme in Betracht, die
nur geringe Bruchteile eines Ampere ausmachen. Die Stark-
stromtechnik dagegen beschäftigt sich mit der Theorie und
Fabrikation von Anlagen, in denen Ströme weit höherer Grössen-
Ordnungen bis zu Tausenden von Ampere benutzt werden.
Während man auf ein Mikrophon einen Strom von etwa
0,2 Ampere, auf einen Morseapparat durchschnittlich 0,013 =
13 Tausendstel Ampere = 13 Milliampere und auf ein Telephon
Ströme rechnet, die auf Zehntel und Hundertstel von Milliampere
herabgehen, braucht eine gewöhnliche Glühlampe schon
0,5 Ampere, der kleine Elektromotor am Typendrucktelegraphen
— je nachdem er zwischen Leitungen von 110 Volt oder 65 Volt
liegt — 0,25 oder 0,43 Ampere. Eine Bogenlampe brennt mit
6 bis 8 oder mehr Ampere. Ein Strassen bahnwagen von der
grossen in Berlin übhchen Form gebraucht durchschnitthch
etwa 25 bis 30, bei der Anfahrt etwa 40 Ampere. Der schwer-
DigitizsdbyGOOgle
Die elektrischen Maasseinheiten. — Das Joulesche Geselz. ]7
fällige, elektrische Versuchszug der Berliner Wannseebahn
nimmt bei der Anfahrt einen Strom auf, der bis zu 1600 Ampere
ansteigt.
Das Ohm ist nach seiner gesetzlichen Definition der Wider-
stand einer Quecksilbersäule von 106,3 cm Länge und 1 mm"
Querschnitt (bei 0 °). Ebenso wie alle anderen elektrischen
Maasseinheiten beruht auch das Ohm auf dem absoluten Maass-
system, welches von grösstem wissenschaftlichen Interesse
ist, dessen Kenntnis Ihnen praktisch aber wenig nützen wird.
Da es überdies nur durch ein eingehendes Studium verständlich
wird, thun Sie besser, sich mehr mit den Maassen selbst, als
mit ihrer Herleitung zu beschäftigen. Ehe man den elektrischen
Maasseinheiten das absolute System zu Grunde legte, gab als
erster Werner Siemens eine Widerstandseinheit, seine berühmte
Siemens-Einheit (S. E.) heraus. Sie war der Widerstand einer
Quecksilbersäule von 1 m Länge und 1 mm^ Querschnitt (bei 0"),
also unserer jetzigen Einheit, dem Ohm, sehr ähnlich, nur etwa
um öVn kleiner. In der Telegraphentechnik kommen öfter noch
Widerstandsangaben nach S- E. vor. Man braucht diese Angaben
nur um etwa 6Vn zu verkleinern, um sie in Ohm ausgedrückt
zu haben. Man sieht jetzt auch den Grund ein, warum der
spezifische Widerstand des Quecksilbers etwas — 6% — kleiner
als l ist. Er würde genau gleich 1 sein, wenn wir noch nach
Siemens-Einheiten rechneten. Um uns von der Grösse des Ohm
eine Vorstellung zu machen, berechnen wir mit Hilfe des Ohmschen
Gesetzes den Widerstand eines eisernen Telegraphendrahtes von
1 km Länge und 5 mm Durchmesser. Der spezifische Wider-
stand kann zu 0,13 angenommen werden, d. h. ein Draht aus
gleichem Material von 1 m Länge und 1 mm* Querschnitt hat
0,13 Ohm Widerstand. Es war
W=W.L= 0,13 4?f- = 6,6 Ohm.
Wie gross ist der Widerstand eines Telegraphendrahtes aus
demselben Material von 4 mm Durchmesser und 140 km Länge,
etwa der Entfernung von Berlin und Magdeburg?
■- 1450 Ohm.
DigitizsdbyGOC^Ie
18 Die elektrischen Maasseinheiten — Das Joulesche Gesell.
Der spezifische Widerstand der Bronze der Fernsprechdrähte
ist 0,019 ^ '/"■ Ein Kilometer dieses Drahtes von 5 mm Durch-
messer hat folglich, wie man leicht nachrechnen kann, nur
0,96 Ohm, ein solcher von 4 mm Durchmesser 1 ,51 Ohm.
Noch viel kleiner ist der Widerstand des Fahrdrahtes der
elektrischen Bahn durch seinen grossen Querschnitt von
50 mm'-'; er geht bis auf etwa '/b Ohm pro Kilometer
herab. Ausserordentlich gross sind die Widerstände von
Elektromagnetspulen, in denen grosse Längen dünnen Drahtes
aufgewickelt sind; so haben die des Farbschreibers 560 Ohm,
die des Hughesapparates 1200 Ohm Widerstand.
Die Definition des Ohm wurde eben angeführt, diejenige
des Ampere werden Sie später kennen lernen. Von drei
Grössen, die durch eine Gleichung verbunden sind, brauchen
und dürfen nur zwei festgelegt werden; die dritte ergiebt sich
dann von selbst. Unsere drei Maasse sollen dem Ohmschen
Gesetz Gentige leisten. Da Ohm und Ampere definiert sind,
muss das Volt — in Übereinstimmung mit dem Reichsgesetz —
diejenige Elektromotorische Kraft sein, „welche in einem Leiter,
dessen Widerstand 1 Ohm beträgt, einen elektrischen Strom
von 1 Ampere erzeugt." Mathematisch würde die Beziehung
der drei Einheiten so zu schreiben sein:
1 Volt = 1 Ampere . 1 Ohm,
eine rein mathematische Form, bei der man sich freilich nichts
denken kann.
Dem Ampere, dem Maass für die Stromstärke, schliesst sich
das Coulomb als die Einheit der Elektricitätsmenge an,
das seinen Namen ebenfalls zu Ehren eines französischen Physikers
trägt. Stromstärke war Elektricitätsmenge pro Sekunde. Be-
zeichnet man die Elektricitätsmenge mit Q (von Quantum) und
die Zeit mit ( (von tempus), so ist
./ = ^ und Q = J.t.
Wird der Querschnitt eines Leiters pro Sekunde von der
Elektricitätsmenge 1 Coulomb durchflössen, so herrscht in ihm
die Stromstärke 1 Ampere
, Coulomb , ,
1 ,, , , =1 Ampere.
D,„i,.,db,Google
Die elektrischen Maasseinheiten.
Das Jouleach e Gesetz.
19
Herrscht in einem Leiter auf die Dauer von t Sekunden die
Stromstärke von 1 Ampere, so sind durch seinen Querschnitt (
Coulomb geflossen. Die letzte Gleichung ergiebt auch einen
anderen Namen für das Coulomb, den der Amperesekunde.
Eine gewöhnliche Glühlampe ist von einer Elektricitätsquelle
zwei Stunden lang gespeist worden. Wie gross ist die gelieferte
Elektricitatsmenge? Die Stromstärke war 0,5 Ampere; also sind
pro Sekunde 0,5 Coulomb, pro Stunde 0,5 . 60 , 60 und in zwei
Stunden 2 . 0,5 . 60 . 60 ■= 3600 Coulomb oder Amperesekunden
= 1 Amperestunde geliefert worden. Die Amperestunde ist
das praktisch gebrauchliche Maass für Elektricitätsmengen. Die
in der Schwachstromtechnik gebrauchten Elektricitätsmengen
sind naturgemäss nur klein. Als Durchschnitt für den täglichen
Bedarf einer Telegraphenleitung werden 0.06 Amperestunden
= 0,06 . 3600 — rund 200 Coulomb angegeben. Eine für den
Telegraphenbetrieb bestimmte Sammlerzelle wird deshalb keine
grosse Elektricitatsmenge aufzuspeichern haben; man ist mit
12 Amperestunden zufrieden, während die Batterien grosser
Kraftwerke das Hundert- oder Tausendfache erfordern.
Die Betrachtung der elektrischen Maasseinheiten angenehm
zu unterbrechen, seien an dieser Stelle kurz die Gesetze der
Stromverzweigung behandelt. Wurde doch bis jetzt immer
nur von einem unverzweigten Stromkreise gesprochen. Ein
unverzweigter Leiter verband die beiden verschieden gespannten
Klemmen. Allerdings scheint dieser Fall der in der Telegraphie
übliche zu sein. Später werden wir das Irrige dieser Ansicht
kennen lernen und es dann angenehm empfinden, wenn
uns die Verzweigungsgesetze be- „
kannt sind, Sie sind übrigens ,|
sehr einfach und ergeben sich aus
dem Bilde der Wasserleitung von
selbst. Ich zeichne das Schema
(Fig. 8) für eine Strom Verzweigung.
Im Punkte A gabelt sich die Strom-
bahn in zwei Teile, die sich in B
wieder vereinigen. Entsprechend
zeigt dieses Schema (Fig. 9) eine Teilung des Leiters in drei
Zweige. Dieselbe Elektricitatsmenge, welche pro Sekunde den
Weg E A und den Weg li E zurücklegt, muss auch die beiden
;. 8. Einfache Strom-
DigitizsdbyGOO'^le
Irischen Msasseinheii
Das Joulesche Gesetz.
lie drei Zweige passieren. Die Anzahl Coulomb, die pro
de durch den unverzweigten Leiter zum Punkte A hin-
an, fliessen durch die Zweige fort und vereinigen sich beim
Fig. 9. Sirom Verzweigung mit drei Zweigen.
; 1} wieder zu gemeinschaftlichem Flusse. Die Summe der
»der der drei Zweigströme \ und i^ oder i,, ^ und tg ist
dem ungeteilten Strome J.
t^ -\- i^= J oder
erste der — nach ihrem Entdecker — Kirchhoffsche
iten Verzweigungsgesetze wird Ihnen klar sein, sobald sie
irei Messinstrumente (Fig. 10) betrachten. Es sind Strom-
Das Prinzip ihrer Einrichtung werden wir später kennen
0. Deingnslralion des ersten KirchholT^chen Gesetzes: Der unverzweiglr
Strom isl gleich der Summe der Zweipströme.
Für jetzt genügt es, dass sie die sie durchfliessende
stärke in Ampere angeben. Das eine ist in den
;weigten Teil eines Stromkreises, die beiden andern sind
einen der beiden Zweige eingeschaltet. Sie sehen, wie
der einen Leitung zusammen herrschenden 9 Ampere sicii
- 3 Ampere spalten.
DigitizsdbyGOOgle
Die elektrischen Maassem heilen. — Das Joulesche Gesetz. 21
Das zweite Verzweigungsgesetz betrifft die gegenseitige
Grösse der Zweigströme. Es sagt aus, dass diese sich 'wie die
Leitungsfahigkeiten der Zweige, also umgekehrt wie ihre Wider-
stände verhalten.
■TT 1 >
Der besser leitende Zweig führt den grösseren Strom. So war
es auch bei unserm Versuche. Die Widerstände der beiden
Zweige sind absichtlich so abgeglichen, dass der Zweig 1 den
doppelten Widerstand hat, als der Zweig 2 und er infolgedessen
nur von halb soviel Coulomb pro Sekunde durchflössen wird.
Bei drei Zweigen gilt ganz entsprechend die Gleichung
. . _ 1 1 1
»1 : '2 : '3 — ^^ ■ W, '■ W^ '
Findet die Gabelung eines Leiters in zwei Zweige von gleichem
Widerstände statt, so sind die Zweigströme gleich.
Um den Gesamtwiderstand W zweier Leitungszweige fest-
zustellen, bedenke man, dass ihre Leitfähigkeiten sich zu der
Gesamtleitfahigkeit addieren :
L^ -\- L^ ■= L oder
W "•" W~ ^ W ' *«''^"s ^^^^
Bei gleichen Widerständen der Zweige ist
L =2L,
Der Widerstand ist derselbe, als ob eine Leitung von doppeltem
Querschnitt vorhanden wäre.
Dass die Ströme sich umgekehrt wie die Widerstände ver-
halten, können Sie sich auch an unserm Glühlampenmodell klar
machen. Die drei Klemmen, die über verschiedene Widerstände
zu den Lampen führen, werden dann gemeinschaftlich an einen
Draht gelegt, und dieser Verzweigungspunkt wird mit der einen
Klemme der Akkumulatorenbatterie verbunden. Der von ihr
kommende Strom teilt sich also in die drei Zweige von ver-
schiedenem Widerstände. Auch jetzt verhalten sich die Hellig-
keiten der Lampen wie vorhin. Die Lampe II, welche in dem
DigitizsdbyGOOgle
22 Die elektrischen Maasseinheiten. — Das Joitlesche Gesetz.
Zweige vom grössten Widerstände liegt, wird vom kleinsten
Strome durchflössen. Alle drei Lampen liegen jetzt, wie man
sae;t, parallel oder neben einander, oder eine liegt zur
leren im Nebenschluss, gerade wie im Schema (Fig. 8
i 9), die beiden oder die drei Zweige und wie (in Fig. 10)
beiden Stromzeiger, die 3 und 6 Ampere angeben. Die
den Stromzeiger dagegen, welche von 9 und 6 oder die, welche
1 9 und 3 Ampere durchflössen werden, heissen hinter-
lander oder in Reihe geschaltet.
Wir kehren jetzt zur Besprechung der elektrischen Maass-
heitenzurück, In derselben BeziehungwieElektricitätsmengeund
omstärke stehen die beiden Begriffe Arbeit und Leistung zu
ander. Das Maass für eine mechanische Arbeit ist das Meter-
Dgramm, abgekürzt mkg. DieArbeit eines Armes beträgt 1 mkg,
nn er eine Masse von 1 kg 1 m hoch oder 0,1 kg 10 m oder
end eine Masse so hoch hebt, dass das Produkt der kg und
- m = 1 ist. Die Arbeit, welche der Chemiker Wislicenus bei
ner berühmten Besteigung desFaulhorn vollbringen musste, lasst
h leicht durch Multiplikation seines Körpergewichtes von
kg mit der erstiegenen Höhe von 1956 m zu 148 656 mkg
rechnen. Es sei noch hinzugefügt, dass man im mehr abstrakt
isenschaftlichen Sinne den Ausdruck Arbeit durch Energie
>etzt. So nennt man das Gesetz mit Vorliebe das Gesetz von
r Erhaltung der Energie. Es sagt ja bekanntlich aus, dass
inerlei Arbeit oder Energie aus nichts entstehen, noch
rloren werden könne. Scheinbar verschwundene Energie
de sich bei näherem Zusehen in einer anderen Form und
einer der der scheinbar verschwundenen Energie äquivalenten
;nge wieder. Deshalb giebt es ebenso wie mechanische-,
ch elektrische- und Wärmearbeit. Wandelt sich mechanische
■beit in Wärme um, so entsteht immer für 425 verschwundene
cg 1 Caiorie, d. i. bekanntlich die Wärmemenge, welche 1 kg
asser um 1 <* C erwärmt. Ebenso lässt sich auch die elektrische
lergie in Wärme verwandeln. Wir werden diesen Vorgang
ch in der heutigen Vorlesung betrachten und die den eben
nannten 425 mkg entsprechende Aquivalentzahl bestimmen.
Für viele Fälle der Praxis ist der Begriff der Arbeit (A)
miger wichtig, als der der Leistung (L), d. h. Arbeit pro
künde.
DigitizsdbyGOOgle
Die elektrischen Maasseinheiten. — Das Joulesctie Gesetz.
DieEinheit der Leistung ist mithin 1 mkg pro Sekunde = 1 ^-ü
Die bekannte Einheit für Maschinenleistungen, wi
über ein Gebiet von kleinen Bruchteilen von Eins bis zu v
Tausend variiert vorkommt, ist die Pferdestarke. Sie ist g
75 mkg pro Sekunde.
mkg
Sekunde
Dasselbe Verhältnis wie zwischen mechanischer Arbeil
Leistung waltet nun auch zwischen elektrischer Arbeit
Leistung ob. Wie das Herabfallen einer mechanischen N
von einer Höhe die mechanische, so bedeutet das Herabsi
einer Elektricitätsmenge von einer .Spannung eine elektr
Arbeit. Eine elektrische Arbeit ,4 ist das Produkt
Elektricitätsmenge Q und Spannung E.
A=Q.E.
Durch Division mit der Zeit ( erhält man die elektr:
Leistung L als Produkt von Spannung und Strom
Entsprechend dem Meterkilogramm ist die Einheit der elektris
Arbeit EQ das Voltcoulomb und die Einheit der elektris
Leistung ^J" das Voltampere, das kürzer nach dem Namen
Mannes, dessen Erfindung die Menschen erst zu grt
technischen Leistungen im modernen Sinne befähigt hat,
Watt genannt wird. 1 Watt wird geleistet, wenn
Elektricitätsmenge 1 Coulomb pro Sekunde den Spannt
abfall 1 Volt erleidet, d. h. also wenn die Elektromotorische 1
1 Volt in einem Leiter den Strom von 1 Ampere erzeugt. F
der vorhin als für den Morseapparat normal angegebene S
von 13 Milliampere durch einen Leiter, so müsste diese
seinen Klemmen die Spannungsdifferenz von ... = ungi
77 Volt "haben, wenn in ihm gerade 1 Watt geleistet we
sollte. Der kleine Elektromotor am Hughesapparat soll,
angegeben wurde, bei HO Volt 0,25 Ampere, bei 65
0,43 Ampere beanspruchen. Er nimmt dann eine elektr
DigitizsdbyGOOgle
Die elektrischen Maasseüi heilen. — Das Joulesrhe Gesetz.
ng von 110 . 0,25 = 27,5 Watt oder von 65 . 0,43 =
Vatt auf.
s fehlt uns noch der rechnerische Übergang von der
mischen zur elektrischen Leistung, Er wird durch die
lung gegeben:
1 c-T-^j =9,81 Watt,
bekunde
itz, der sich aus dem absoluten Maasssystem ergiebt und
Is richtig hingenommen werden muss. Es ist dann
= "^5 -^'^^^-. = 75 . 9,81 = 736 Watt = 0,736 Kilowatt,
bekunde
1 Kilowatt = 1000 Watt. Man sieht, ein Kilowatt ist
gleich drei Vierteln einer Pferdestärke. Die von
tatistik zu etwa 300 000 Kilowatt angegebene Leistung
ingefahr 800 der wichtigsten deutschen Elektricitätswerke
; etwas mehr als 400 000 PS ausmachen. Hiervon kommen
etwa 64 000 Kilowatt auf die Maschinen der „Berliner
icitätswerke" .
He t Sekunden andauernde Leistung von 1 Watt giebt in
la t Voltcoulomb, welches Maass vorhin als Einheit der
ischen Arbeit genannt wurde. Aus den eben abgeleiteten
lungen
it sich:
EQ ~E.J. t
Volt . Coulomb = Watt Sekunde,
ISS Voltcoulomb und Wattsekunde die gleiche elektrische
t bezeichnen. Die Praxis rechnet nach Kilowattstunden,
tausendfachen der Arbeit, welche — bei der Leistung von
Watt — in einer Stunde zu Stande kommt. Die Kilowatt-
5 ist mithin = 1000 . 3600 Wattsekunden. Sie ist das
1, in weichem die elektrische Energie verkauft wird. Denn
ische Energie, und nicht elektrischen Strom, behält der
imeht für sich; fliesst doch der Strom in derselben Stärke,
eher er durch das eine Kabelanlangt, durch das andere wieder
Das Werk erhalt seine gesamte Elektricitätsmenge unver-
rt wieder zurück; keine Amperestunde fehlt daran Es
ihalb falsch, von Elektricitätskonsum oder von Strompreisen
DigitizsdbyGOOgle
Die elektrischen Maasaeinheiten. — Das Joulesche Gesell. 25
ZU Sprechen. Was der Konsument wie eine Ware kauft und
nützlich verwertet, was ihm auch entwendet werden kann, ist
die elektrische Arbeit, welche die sein Haus durchfliessende
Elektricitätsmenge dadurch leistet, dass sie ihre Spannung her-
giebt, die elektrische Arbeit, zu messen durch EQ ■^ E . J . t,
praktisch in Kilowattstunden. Ganz dem entspricht die
mechanische Arbeit, die ein Mühlrad dem treibenden Bache
entnimmt. Die von oben auf das Mühlrad zu- und die nach
unten von ihm abfliessende Wassermenge ist die gleiche. Aber
jedes Kilogramm Wasser erleidet beim Durchgang durch die
Mühle einen Fall, und das Produkt aus Wassermenge und Höhe, zu
messen in mkg, ist die dem Wasser entnommene, von dem
Müller nützlich verwertete Arbeit.
Das praktische Maass der elektrischen Arbeit, die Kilowatt-
stunde, würde hier beim Experimentieren verbraucht worden sein,
wenn unsere Apparate z. B. zehn Stunden lang 100 Watt auf-
genommen hätten, also bei der vorhandenen Spannung von etwa
100 Volt von 1 Ampere durchflössen wären. Die jährliche
elektrische Arbeit des Berliner Haupttelegraphenamts wird zu
dem ausserordentlich gering scheinenden Betrag von 200 Kilo-
wattstunden, die derjenigen in Hamburg, Köln, Frankfurt a. M.
zu etwa 60 bis 70 angegeben. Eine gewöhnliche Glühlampe
nimmt die elektrische Leistung HO Volt . 0,5 Ampere — 55 Watt
auf. Könnte sie ein ganzes Jahr unverändert und ohne Unter-
brechung brennen, so würde in ihr während dieser Zeit eine
Arbeit von 55 . 24 . 365 Wattstunden = 418,8 Kilowattstunden
verbraucht werden. Das mächtige Berliner Amt mit seiner
ausserordentlich grossen Zahl verkehrsreicher Leitungen bean-
sprucht also noch nicht die Hälfte der Arbeit einer einzigen
Glühlampe. Das liegt eben an den ausserordentlich kleinen in
der Telegraphie ausreichenden Strömen.
Die nun beendeten Betrachtungen über die elektrischen
Maasseinheiten haben gezeigt, dass der Transport eines Coulomb
bei der Spannung von einem Volt während einer Sekunde die
Leistung von einem Watt oder, wenn von der Zeit abgesehen
wird, die Arbeit von einer Wattsekunde in sich schliesst. Die.se
Arbeit von EQ = E.J.t muss zum Fliessen des elektrischen
DigitizsdbyGOOgle
26 Die ekktrisclien Maasseinheitcn. — Das Joulesche Gesetz.
Stromes aufgewendet werden. Wo bleiben alle diese Watt-
sekuhden? Scheinbar verschwinden sie. Aber das Gesetz von
der Erhaltung; der Energie lehrt, dass sie nur als elektrische
Arbeit verschwinden und, in eine andere Energieform verwandelt,
wieder auftreten. Die Erinnerung an den Eisendraht mit den
Papierreiterchen sagt uns, dass diese neue Energieform die
Wärme ist. Beim Fliessen eines elektrischen Stromes
entsteht Wärme. Die Menge der verzehrten elektrischen
Arbeit und der dafür entwickelten Wärme stehen natürlich in
fester Beziehung zu einander. Die entwickelte Wärmemenge M
ist proportional der verschwundenen elektrischen Arbeit:
Setzt man statt E den aus dem Ohmschen Gesetz stammenden
Wert J . W ein, so wird
M^ J'W. t.
Die Uebergangszahl, die von Watt zu Wärmemenge führt, kann
durch folgenden Versuch festgestellt werden.
Ein cylindrisches Glasgefäss (Fig. 11) wird gewogen, zu
zwei Dritteln mit reinem Wasser gefüllt und wiederum gewogen.
Die Differenz beider Gewichte ergiebt die Wassermenge. In
Fig. 11. Versuch lur Bestimmung des elektrischen Wärmeäqiiivalentes.
das Wasser wird, durch den Deckel gehalten, eine Eisendraht-
spirale und ein Thermometer hineingesenkt. Nachdem man die
Temperatur des Wassers und den Stand der Uhr abgelesen,
schickt man durch die Spirale einen unveränderlichen Strom von
bekannter Grösse. Der Strom erwärmt die Spirale, welche,
besonders wenn mit einer Federfahne umgerührt wird, die
DigitizsdbyGOOgle
Die elektrischen Haasseinheiten. — Das Joulesche Gesetz. 27
erzeugte Wärmemenge an das Wasser abgiebt und dessen
Temperatur steigert. Nachdem z. B. 20 Minuten vergangen sind,
wird der Strom unterbrochen und nochmals die Temperatur
abgelesen. Also sind « g Wasser um o" C erwärmt worden.
Da diejenige Wärmemenge, welche 1 g Wasser um 1" C erwärmt,
bekanntlich ziemlich genau gleich einer kleinen Calorie (dem
tausendsten Teil der vorhin definierten Calorie) ist, so beträgt
die bei dem Versuche entwickelte Wärmemenge M = n . a
kleine Calorien. Andererseits ist die Zeit i, die Stromstärke J,
der Widerstand der Drahtspirale W bekannt, so dass die
Übergangsfaktor c berechnet werden kann.
M'x> J''' W t ist soviel wie
M = eJ^Wt.
Der Versuch ergiebt , wenn er sorgfältig angestellt wird ,
c = 0,24 und
0,24
Diese Gleichung ist von dem Engländer Joule durch den Versuch
gefunden und heisst nach ihm das Joulesche Gesetz. Der
Übergangsfaktor c = 0,24 ist die Wärmemenge, welche der
Strom 1 Ampere erzeugt, wenn er eine Sekunde lang einen Leiter
vom Widerstände 1 Ohm durchfliesst Sie entsteht mithin auch,
wenn 1 Coulomb den Widerstand 1 Ohm passiert. Er bildet den
Übergangsfaktor von der elektrischen- zur Wärmearbeit und
heisst deshalb mit Recht das elektrische Wärmeäquivalent.
Durch das blosse Fliessen eines elektrischen Stromes tritt
ein Verlust an elektrischer Arbeit ein, der sich in Wärme umsetzt.
In den elektrischen Heizapparaten oder Lampen wird diese Um-
setzung ausserordentlich gesteigert und die in grosser Menge
entstehende Wärme ausgenutzt. In vielen anderen Fällen ist
der Verlust an elektrischer Arbeit nachteilig, und man muss, da
die Fortleitung des Stromes nicht entbehrt werden kann, auf
Mittel sinnen, den Verlust zu verringern. Die Verkleinerung des
Leitungs widerstand ist nach dem Jouleschen Gesetze ein solches
Mittel. Denn dass in der That die beim Durchfliessen eines
Leiters entwickelte Wärme, also der eintretende Verlust an
Arbeit vom Widerstand des Leiters abhängt, zeigt Ihnen diese
DigitizsdbvGOOgIC
28 D'c eJektrischen Maasseinheiten. — Das Joulesehe GcseU.
Kette (Fig. 12), welche abwechselnd aus gleich grossen Gliedern
von Silber und von Platin besteht. Beide Arten Glieder werden
jetzt von dem gleichen Strome durchflössen, und trotzdem wird
in denen aus Platin vom spezifischen Widerstände 0,09 nahezu
die doppelte Wärmemenge entwickelt, als in denen aus Silber
vom spezifischen Widerstände 0,017. Sie sehen, die Platinglieder
sind bis zur hellen Rotglut erhitzt, die Silberglieder bleiben
dunkel. Freilich lässt der Unterschied der spezifischen Wärmen
von Platin (0,032) und Silber (0,056) den vorhandenen grossen
Unterschied in der Wärmeentwicklung als eine noch bedeutendere
Temperaturdifferenz erscheinen.
Die Wärmeentwicklung, mithin der Verlust an elektrischer
Energie, ist also dem Widerslande proportional. Will man den
Widerstand verkleinern, so ist das. wie aus der Gleichung
W=W. ^
hervorgeht, nur aut zweierlei Art möglich; denn /, die Entfernung
der beiden durch den Leiter zu verbindenden Orte, ist als un-
veränderlich gegeben. Es bleibt nur die Vergrösserung des
Querschnittes <] und die Verkleinerung des spezifischen Wider-
standes W..
Mechanische-, wirtschaftliche- und Schön heilshindernisse be-
schränken die Querschnitts vergrösserung, die Verwendung
dickerer Leitungen; aber ein wenig hilft sie aus. Ein wirk-
sameres Hilfsmittel ist die Verkleinerung von Ws- Statt Eisen,
dessen spezifischer Widerstand zu ungefähr V'» angegeben
wurde, werden oberirdische Leitungen aus Kupfer mit einem
geringen Zusatz von SiHcium, aus der sogenannten Silicium-
bronze gebaut. Dieser Zusatz erhöht zwar den spezifischen
DigitizsdbyGOOgle
Die elektrischen Maasse in heilen. — Das Joiilesche Gesetz. 29
Widerstand des Materials ein wenig über den des Kupfers von
etwa 0,018 = rund '/w auf 0,019 = '/aj, welche Zahlen schon
früher angegeben wurden. Durch ihn gewinnt aber das Material
die für Freileitungen notwendige Festigkeit, Für Kabel wird
reines Leitungskupfer verwendet,
Aber die so erreichte Verkleinerung des Widerstandes setzt
den Arbeitsverlust bei teiephonischen Übertragungen noch nicht
genügend herab. Es ist ein anderer Weg einzuschlagen, den
die Gleichung
A--= EQ = E.J.i
oder wenn wir uns nur an die Arbeit in einer Sekunde halten,
die Gleichung
L = EJ
weist. Die in der Sekunde zu übertragende Leistung ist gleich
dem Produkt von Spannung und Strom, während die bei der
Übertragung zu verlierende Leistung nach dem Jouleschen
Gesetz überhaupt nicht direkt von der Spannung, sondern nur
von dem Quadrat der Stromstärke abhängt. Dieselbe Leistung
wird deshalb mit ganz verschiedenen Verlusten elektrisch trans-
portiert werden können, je nachdem in dem Produkt J. E der
Faktor J oder der Faktor E relativ gross ist. Der Verlust
wird ausserordentlich verkleinert werden können, wenn es
gelingt, den Faktor J klein und den Faktor E gross zu machen,
d. h. die Spannung auf Kosten des Stromes zu vergrössern,
statt der vorhandenen eine kleinere, aber entsprechend höher
gespannte Elektricitätsmenge zu Obertragen. Diese Trans-
formation, d. h. die Umwandlung der eine elektrische Leistung
zusammensetzenden beiden Faktoren : Spannung und Strom ist
leicht auszuführen, wie Sie in der Vorlesung über die Induktions-
erscheinungen erfahren werden. So leicht sie auszuführen,
so unmöglich ist sie auf Grund der körperlichen Anschauungs-
weise des elektrischen Stromes einzusehen. Diese körperliche
Anschauungsweise ist und bleibt eben nur ein schlechtes Bild,
dem Anfänger die elektrischen Grundbegriffe klar zu machen
und einzuprägen. In ihr mehr zu sehen, wäre ein Rück-
fall in die Irrtümer vergangener Jahrhunderte und
nach Aufstellung des Gesetzes von der Erhaltung der
Energie undenkbar.
DigitizsdbyGOOgle
30 Die elektrischen Maasseinheiten. — Da» Joulesche Gpseti.
Man wird sich jetzt vorstellen können, eine wie grosse
Rolle die elektrische Seite der Jouleschen Gleichung: der Verlust
an elektrischer Arbeit in derökonomie elektrischer Übertragungen
spielt. Die rechte Seite der Gleichung, welche die dem aus
dem elektrischen Verlust entstehende Wärme angiebt, hat eine
gleich grosse Bedeutung und nicht nur für den Fall, dass sie in
Heizapparaten und Lampen nützlich verwendet wird. Gerade
die unerwünschten Wärmewirkungen des elektrischen Stromes
erfordern die besondere Aufmerksamkeit des Technikers, weil
in der etwaigen Erzeugung hoher Hitzegrade eine Quelle steter
Gefahr vorliegt. Deshalb ist jedem Leiter ein bestimmter
Maximalwert des ihn durchfliessenden Stromes vorgeschrieben.
Dieser Maximalwert wird in jedem einzelnen Falle durch das
Material des Leiters und der Isolation, die AbkUhlungsverhältnisse
und die Stromdauer gegeben; so darf z. B. ein isolierter Kupfer-
draht von 1 mm* Querschnitt dauernd nicht mehr als 4 Ampere,
ein solcher von 2,5 mm* nicht mehr als 10 Ampere führen.
Ströme von einer über diese Maximalwerte hinausgehenden
Grösse bringen Gefahr für den Leiter und seine Umgebung mit
sich. Handelt es sich um Leiter, die mit Gespinsten und gummi-
oder harzartigen Körpern isoliert sind, so werden diese Materialien
zersetzt (trocken destilliert). Bei verhältnismassig wenig erhöhten
Temperaturen werden sie, wie der Ausdruck der Praxis lautet,
angeschmort. Heftigere Erwärmungen lassen, selbst wenn sie
nur kurze Zeit andauern, die Zersetzungsprodukte des Isolations-
materials mit heller Flamme verbrennen und bilden eine ernste
Brandgefahr.
Es ist deshalb grosse Aufmerksamkeit darauf zu verwenden,
dass jedem Leiter nur solche Ströme zugeführt werden, für die
er dimensioniert ist. Doch ist mannigfaltige Gelegenheit sowohl
dafür vorhanden, dass der eine Leitung durchfliessende Strom
plötzlich zu unerlaubter Grösse anschwillt, als dass von aussen
fremde starke Ströme in eine nur für schwache bestimmte Leitung
gelangen. Der erste Fall liegt beim Kurzschluss vor. Elektrische
Leitungen werden nur verlegt, damit der Strom irgend eine
Arbeit verrichtet, z. B. in Lampen Wärme und Licht erzeugt,
in einem Morseapparat einen Wechsel magnetischer Wirkungen
hervorruft. Tritt nun zufälliger und unbeabsichtigter Weise,
etwa nach Durchscheuern der Isolation, der Fall ein, dass
DigitizsdbyGOOgle
DLe elektrischen MBasseinli titern. — Das Joul^che Gesetz. 31
sich die den Strom fort- und die ihn zurückführende Leitung
elektrisch berühren, so entsteht ein Kurzschluss. Der Strom
umgeht den langen, ihm eigentlich vorgeschriebenen und Wider-
stand bietenden Weg. Es tritt Stromschluss auf einer wesentlich
kürzeren Strecke, eben Kurzschluss ein. Die Elektromotorische
Kraft der Stromquelle ist unverändert; ordnungsgemäss
ist ein grosser Widerstand vorhanden, und der nach J ^ „^
entstehende Strom ist nur klein. Jetzt wird durch die unmittelbare
Berührung von Hin- und Rückleitung der Widerstand der
Verbrauchsapparate, z. B. der Lampen fast vollständig vermieden.
Das noch gebliebene W ist ganz klein, mithin bei unverändertem E
das J ausserordentlich gross. Die durch den Strom entwickelte
Wärme ist nun nach Joule dem Quadrat der Stromstärke
proportional. Der Kurzschluss hat also eine ganz ausserordentlich
heftige Wärmeentwicklung und damit Temperatursteigerung des
Leiters und seiner Umgebung zu Folge und wird oft genug die
Ursache von Bränden. Wie ausserordentlich heftig die Wärme-
entwicklung mit der Stromstärke zunimmt, geht aus dieser Kurve,
einer Parabel (Fig. 13), hervor. In der Horizontalen sind die
Stromstärken und in der Vertikalen die in dem Widerstände von
1,7 Ohm, dem Widerstand der bei der Be-
stimmung des elektrischen Wärmeäqui- ^
valentes benutzten Eisenspirale, pro g,|
Sekunde entwickelten Calorien aufge- o%
tragen. Es entsprechen sich -.s
Stromstariten
2
4
Pro
Sekunii
e entwickelte Calorien
1.6
6.5
11
6
14.7
8
26.1
1
10
40.8
12
58.7
16
104.4
20
163.2
! ! MI 1/
' i' ' /
-^^m
' / 1
ti+T^i^
ij/' , ;
^i , 1 , 1 ; 1
Fig. 13.
Sie sehen, wie ausserordentlich steil die Kurve ansteigt.
Das emzige Mittel, die vom Kurzschluss drohende Gefahr
im letzten Augenblick zu beschwören, sind exakt wirkende Vor-
DigitizsdbyGOOgle
32 Oie elektrischen Maass ein heilen. — Das Joulesche Cieseti.
richtungen, die den gefährdeten Stromkreis in demselben Augen-
blick unterbrechen, da der zu starke Strom zu fljessen beginnt.
Die eine Gruppe dieser Vorrichtungen findet in der Elektro-
technik allgemeine Anwendung. Es sind die Sicherungen,
eine geistvolle Erfindung von Edison. Jede Starkstromleitung
trägt dicht hinter ihrer Abzweigungsstelle von einer stärkeren
einen Bleistreifen. Steigt nun durch einen Unfall, wie der Kurz-
schluss einer ist, die Stromstärke in der Leitung über das ihr
bestimmte Maass hinaus, so schmilzt die Joulewärme plötzlich
und augenblicklich den Bleistreifen durch und unterbricht da-
durch den Stromlauf, so dass weitere üble Folgen verhindert
werden und nur an Stelle der durchgeschmolzenen oder „durch-
gebrannten" Sicherung eine neue einzusetzen ist.
Auch in der Schwachstromtechnik kommen Sicherungen
zur Anwendung, wenn auch nicht aus Blei und in Ausführungs-
formen, die Sie später in der Vorlesung über die telephonischen
Hilfsapparate kennen lernen werden. Zu Kurzschlüssen ist in der
Schwachstromtechnik verhältnismässig wenig Gelegenheit. Da-
gegen kann leicht genug der vorhin als zweiter genannte Fall ein-
treten, dass vonaussen fremde starkeStröme in die schwache Leitung
hinein gelangen. So ist es nie ganz zu verhindern, dass hin
und wieder einmal — besonders bei starkem Wind oder Schnee-
fall — ein Fernsprechdraht reisst und auf einen unter ihm be-
findlichen Fahrdraht der elektrischen Strassenbahn fällt. Die
an 500 Volt betragende Spannung des Fahrdrahtes hat dann
Gelegenheit, sich durch den Fernsprechdraht über die an dessen
Ende liegenden Apparate zur Erde auszugleichen und so an
den Apparaten beschäftigte Personen unmittelbar zu gefthrden.
Ausserdem bewirkt natürlich die hohe Spannung einen grossen
Strom und dieser eine heftige Wärmeentwicklung. Schon mehr-
fach sind aus dieser Ursache ganze Fernsprechämter abgebrannt,
wie z. B. im Jahre 1898 das in Zürich. Zwar sind eine Reihe
von Vorrichtungen im Gebrauch, welche eine Berührung des
Starkstrom- mit dem Fernsprechdraht, auch wenn dieser reisst,
verhindern sollen. Dieselben werden später besprochen werden.
Sie sind aber, wenigstens zum Teil, recht unvollkommen und
den besten und zuverlässigsten Schutz bilden immer Sicherungen
nach dem Edisonschen Prinzip.
DigitizsdbyGOOgle
3. Vorlesung.
Magnetismus.
Der Magncl. — Pole. — Hufeisenmagnet.
— »ord- und Södpol. — Magnetisches Gi
ein grosser Magnei. — Magnetische Influeni. — Herstellung eines I
durch Streichen. — Eiern enUrmagnele. — Coircitiv kraft. — Kraftlinien
Krafliinie als Weg eines nordpolaren Eisenflilterchcns. — Permeabilil
von Kraftlinien. Kraftlinien dichte als Maass der Feldstärke. — 1
Permeabilil&t. ^ Hagnelisierende Kraft S und erreichte Magnetisi
Nachdem in den beiden vergangenen Vorlesungen die
gesetze des elektrischen Stromes besprochen worden sind
wir uns jetzt der Besprechung der magnetischen Erschei
zuzuwenden.
Man versteht unter einem Magneten bekanntlich eir
Stahl, welches im Stande ist, kleine Eisenstückchen anzi
Diese Fähigkeit wird einem Etwas zugeschrieben, das i
den Träger der magnetischen Eigenschaften ansiel
Magnetismus nennt. Der Magnetimus ist nicht gleichmäss
den ganzen Körper des Stahlstabes verteilt, sondern
einem normal magnetisierten Stab an zwei Stellen nahe
Ende, den Polen, angehäuft. Die Pole sind gewisser
magnetische Schwerpunkte. Sie treten z. B. in die Ersch
wenn man den Stabmagneten in Eisenfeile wälzt (Fig. 1-
ihm bleibt dann ein dichter Bart von Eisenteilchen häng
Fig. 14. Stahlmagnet mit Bart ans Eisenfeile.
nach der Mitte zu dünner wird und in der Mitte, der neu
Zone, fast ganz verschwindet. Aus dem Stabmagneter
man eine andere, häufig benutzte Form : den Hufeisenma
wenn man sich die beiden Hälften des Stabes um sein
DigitizsdbyGOO'^le
34 Magnelismus.
gebogen denkt. Beim Stabmagneten ist zu einer Zeit gewöhnlich
nur ein Pol anziehend thätig; beim Hufeisenmagneten unter-
stützen sich beide, so dass er eine grössere Last, und zwar
die dreifache und mehr tragen kann, als ein Stabmagnet gleicher
Magnetisierung und gleichen Gewichtes.
Häufig setzt man die Hufeisenmagnete aus
vorher und einzeln magnetisierten Lamellen
oder Blattern zusammen und erhalt so ein
magnetisches Magazin (Fig. 15). Das vom
Hufeisen getragene Stück Eisen heisst Anker.
JJ^ |\*-^ j ^ Wenn es dem Magneten vorgelegt ist, bewahrt
S^«_j JÄ\5, dieser seinen Magnetismus besser als sonst.
^^^^rf-« -■? E'"^ dritte Form des Magneten ist die
Magnetnadel (Fig. 16): ein dünnes mag-
netisches Stahlblech von der Form eines lang
gestreckten Rhombus schwebt mittelst eines
Hütchens aus Achat auf einer harten Stahl-
spitze, so dass es sich frei in der Horizontalen
drehen kann. Es besteht nun die ebenso
, bekannte, wie merkwürdige Thatsache, dass
die Nadel von dieser Freiheit keinen Gebrauch
macht, Sie schwingt zwar, wenn sie an-
gestossen worden ist, hin und her, kehrt aber
deutlich immer wieder in eine bestimmte
Gleichgewichtslage zurück. In dieser
Gleichgewichtslage zeigt die längere
Diagonale des Rhombus — die mag-
netische Achse — nahezu die Nordsüd-
richtung an. Die Abweichung der mag-
netischen Achse von der wahren Nord-
südrichtung heisst Deklination. Sie
wechselt nach Zeit und Ort an Grösse
und Richtung, Die durch die magnetische
Achse der Nadel gelegte vertikale Ebene
heisst der magnetische Meridian des
betreffenden Ortes, Die horizontal
schwingende Magnetnadel ist das Urbild
des Kompass. Schon daraus geht die ungeheure Bedeutung der
magnetischen Erscheinungen für die menschliche Kultur hervor.
Fig. 16, Magnetnadel.
DigitizsdbvGOOgIC
Magrelismus.
Wie das Verhalten der Magnetnadel zeigt, sind die 1
Pole eines Magneten nicht gleichwertig. Der eine — b'
Nadel ist er blau angelassen — zeigt, von der Dekü
abgesehen, nach Norden, der andere nach Süden. M
gewohnt, den nach Norden zeigenden den Nordpol, den at
den Südpol zu nennen. Ahmen wir den Kompass der
Chinesen nach und lassen unsern Magnetstab auf einem
in einer Schale mit Wasser schwimmen (Fig. 17), so siel
der Stab in die Richtung des magnetischen Meridian
Auch der Stab hat also nicht zwei gleich-
wertige Pole, sondern einen Nord- und
einen Südpol, die, wie man bei näherem
Zusehen bemerkt, durch ein eingeschlagenes
-V und S bezeichnet sind. Mit Nadel und
Stab kann man nun leicht das magnetische
Grundgesetz demonstrieren. Wie Sie s,hwimmJL Ma,
sehen, zieht der Nordpol des Stabes den
Südpol der Nadel heftig zu sich hin, während deren Nordp
demselben Stabende flieht, so dass sich die Nadel beque
ihre Achse herumjagen lässt. Umgekehrt stösst der S
des Stabes den Südpol der Nadel ab und zieht ihren Nordf
Das Resultat der vier Versuche ist: Gleichnamige Ma
pole stossen sich ab, ungleichnamige ziehen sie
Dies Gesetz klärt in allen Fällen über die Richtung der Bew
auf. Die Kraft, welche Stab-Pol und Nadel-Pol auf eir
ausüben, ist von ihrer Entfernung r abhängig, und zwa
Coulomb, der schon früher genannte Physiker, durch M(
gezeigt hat, dem Quadrat der Entfernung umgekehrt propor
Sie hängt ausserdem von der Stärke der Pole, d. h. der in
wirksamen Menge Magnetismus w, und m,^ ab, und zwar
gleich deren Produkt, so dass die anziehende oder absto;
Kraft zweier In der Entfernung r von einander befinc
Magnetpole von der Polstärke tn^ und in.,
/' = -' .j -— ist, em Gesetz, w
dem Newtonischen über die Gravitation gleicht.
Die gegenseitige Einwirkung zweier Magnete auf eil
bietet eine Erklärung der an sich sehr merkwürdigen Fäl
DigitizsdbyGOO'^le
36 Magnetismus.
der Nadel, die Himmelsrichtung anzuzeigen. Man braucht nur
anzunehmen, dass unsere Erde sich wie ein grosser zweipoliger
Magnet verhält. Dann muss sie im Norden einen magnetischen
Südpol haben, damit nach dem Grundgesetz der Nordpol der
Nadel dorthin gezogen werde. Hiermit im Widerspruch steht
aber die gewöhnliche Ausdrucksweise, dass im hohen Norden,
auf der nordamerikanischen Halbinsel Boothia Felix, der
magnetische Nordpol liegt. Dann muss der nach Norden
zeigende Pol der Nadel ein Südpol sein. Physikalisch wäre
das richtig, widerspräche aber dem Gefühl und der Sprach-
gewohnheit. Wir machen es deshalb entweder wie die Eng-
länder und nennen den Pol der blau angelassenen Hälfte der
Nadel den Nord-such enden oder bezeichnen gewohnter
aber inkonsequenter Weise beide Pole:
Iden im Norden befindlichen der Erde
A und den dorthin zeigenden der Nadel
n als Nordpole, müssen uns dann aber
jj stets ihres magnetischen Gegensatzes
ji bewusst bleiben. Der magnetische Süd-
pol der Erde harrt übrigens bekanntlich
noch seiner Entdeckung.
Eine weitere magnetische Erkenntnis
werden Sie aus dem folgenden Versuche
(Fig. 18) schöpfen. Taucht man einen
Magnetstab in ein mit eisernen Nägeln
gefülltes Kästchen und zieht ihn wieder
empor, so sieht man den eingetaucht
gewesenen Pol mit einer Kette von Nägeln
behangen, und zwar hängen Nägel nicht
nur am Magneten selbst, sondern an
Nägeln, die selbst erst vom Magneten
oder von anderen Nägeln getragen
^'^- '*■ werden. Dieursprünglich unmagnelischen
Najtelkelle zur Demonstralio» kt.. i ■ j ■ j c^ i . ^ j
d«r magnetischer, influcni. Nägel smd m den Stand gesetzt, andere
ursprünglich ebenfalls unmagnelische zu
tragen. Jeder einzelne Nage! ist selbst zu einem Magneten
geworden. Zur Erklärung des V^ersuches wird angenommen,
dass ein Magnetpol in einem benachbarten Eisenstück an dessen
zugewandtem Ende einen neuen ihm selbst entgegengesetzten Pol,
DigitizsdbyGOOgle
Magnetismus. 37
am abgewandten einen gleichnamigen Pol erzeugt oder, wie man
sagt, influenziert. Jeder Nagel wird zu einem Magneten, der
die ihm zugewandten Pole der Nachbarmagnete mit entgegen-
gesetzten Polen anzieht. Die Annahme einer magnetischen
Influenz macht auch die magnetische Anziehung einleuchtender.
Der anziehende Magnetpol erregt, influenziert in dem ursprüng-
lich unmagnetischen Eisen einen ihm entgegengesetzten Pol, und
beide ziehen sich dann nach dem Grundgesetz an. Wird der
ursprüngliche Magnet entfernt, so verschwindet auch der Magne-
tismus des angezogenen Eisens fast vollständig wieder. Trotz-
dem der erste Nagel unverändert seine Lage beibehält, fallt bei
Fortnahme des Magneten — wie Sie sehen — die ganze bis
dahin angezogene Kette von Nägeln herab. Ihr Magnetismus
ist vorübergehend und an die Anwesenheit des Stahimagneten
gebunden.
Mit Hilfe eines Magneten kann auch ein neuer Magnet, der
seinen Magnetismus nicht vorübergehend, sondern dauernd bei-
behält : ein neuer D a u e rm a g n e t hergestellt werden. Dann
muss aber das Material des zu magnetisierenden Stabes Stahl
sein. Die Magnetisierung geschieht in der Weise, dass man
den einen Pol des Magneten auf die Mitte des unmagnetischen
Stahlstabes aufsetzt und einige Male nach dem einen, z. B. dem
rechten Ende hin streicht (Fig. 19). Darauf thut man dasselbe
Fig. 19. Herstellung
mit dem anderen Pole und nach der anderen Seite hin. Jedes Ende
trägt dann, wie man leicht mit der Nadel prüfen kann, einen
Pol, welcher dem nach ihm streichenden entgegengesetzt ist.
Die Möglichkeit, durch Streichen neue Magnete zu erzeugen,
findet eine Erklärung in der Anschauung der Elementar-
magnete, deren Verständnis durch Anstellung eines einfachen
DigitizsdbyGOOgle
;rsuches erleichtert wird. Wir haben gesehen, dass das
)uIonibsche Gesetz die gegenseitige Anziehung je eines Poles
'eier verschiedener Magnete behandelt, andererseits aber nur
ngnete mit zwei Polen kennen gelernt. Es fragt sich, giebt
überhaupt einpolige Magnete? Versuchen wir, einen solchen
rzustellen. Hier ist ein dünner Stahlstab. Dass er unmagnetisch,
rd dadurch erwiesen, dass seine beiden Enden die Magnet-
del anziehen. Durch Streichen verwandele ich den Stab in
len Magneten. Das eine Ende seiner Enden — zur Unter-
tieidung werde ihm ein Stückchen Papier aufgesetzt ') — stösst
zt den Nordpol der Nadel ab, zieht ihren Südpol an. Der
zeichnete Pol ist also ein Nordpol. Das andere Ende trägt
tsprechend den Südpol. Das Stabchen ist ein gewöhnlicher
reipoliger Magnet. Wir versuchen, die beiden Pole zu
mnen und kneifen das Stäbchen in der Mitte mit der Beiss-
nge durch. Nun sollte auf der einen Hälfte ein Nord-, auf
r andern ein Südpol isoliert sein. So meinen wir; aber
r Prüfstein, die Magnetnadel, zeigt, dass wir irren. An der
■uchstelle sind zwei neue Pole entstanden (Fig. 20), so dass
de Stabhalfte wieder Nord- und Südpol trägt. Es gelingt in
;r That nicht, einen Magnetpol zu isolieren, und das Coulombsche
esetz kann so ohne Weiteres nicht für zwei auf einander
irkende Magnete gelten, da es ja nur die gegenseitige Wirkung
mer einzelner Pole behandelt. Die Unmöglichkeit, einen Magnet-
)l zu isolieren, findet durch die Anschauung der Elementar-
a g n e t e eine einleuchtende Erklärung. Diese Anschauung
;ht schon in den kleinen Teilchen, aus den ein Magnet wie
der andere Körper besteht, Magnete. In der That zeigt die
there Betrachtung, dass kleine gleichgerichtete Magnete, wie
5 hier die Abbildung (Fig. 21b) schematisch zeigt, die Wirkung
nes einzigen grossen Magneten haben würden. Es ist dabei
eichgiltig, ob die Teilchen wirklich die chemischen Molekeln
') In Fig. 20 fortgelassen.
DigitizsdbyGOOgle
Magnetismus.
sind, ober deren Grösse bei festen Körpern übrigens
etwas bekannt ist, oder ob sie Elemente einer anderen Gi
Ordnung darstellen, ob wir mithin von Molekular- od«
Elementarmagneten reden wollen. Diese kleinen Magnete
als solche auch schon im unmagnetischen Stahl oder w
Eisen vorhanden sein. Nur liegen sie dort wirr, ungeordnel
die Wirkung des anderen aufhebend, durcheinander (Fig
Fig. 21. Schematlsche Darstellung der Elementarmagnete
bl in einem Magneten.
Obgleich in seinem Inneren aus Magneten zusammeng
vermag ein solcher Stab nach aussen nicht magnetisch zu \"
denn die Wirkung eines jeden Poles wird durch die eini
gegengesetzten aufgehoben. Beim Magnetisieren zieht m
eine streichende Pol die Elementarmagnete an den ihm
entgegengesetzten Polen nach der einen Seite; der ande
thut desgleichen. Die Elementarmagnete werden gleichge
und unterstützen sich gegenseitig. Aus dem unmagnei
Stahle ist dauernd ein Magnet geworden. Aber nur Stal
dauernd magnetisch, nicht so weiches Eisen. Zwar nimmt
wie der Versuch mit der Nagelkette zeigte, schnell, so g
augenblicklich Magnetismus an, seine Teilchen sind soft
richtet; aber ebenso schnell verliert es ihn wieder. St
magnetisch zäher. Es kostet Arbeit, ihn magnetisch zu m
Einmal ein Magnet, behalt er aber seinen Magnetismu
lange bei. Man spricht von einer grossen Coercitivkr:
Stahles, einer kleinen des weichen Eisens, indem man
DigitizsdbyGOOgle
40 Magnetismus.
Cofircitivkraft die Fähigkeit, dauernd magnetisch zu werden,
versteht. Als Ursache der verschiedenen Cofircitivkraft nimmt
man an, dass im weichen Eisen die Elementarmagnete leichter
drehbar sind, als im Stahl. Sie sind magnetisch gehorsamer und
folgen dem streichenden Magneten schnell, fallen aber bei dessen
Abwesenheit eben so schnell wieder in ihren alten Zustand
zurück. Wir werden später sehen, eine wie grosse Bedeutung
diese und ihnen verwandte Dinge für die Technik besitzen.
Das Kapitel der magnetischen Erscheinungen dürfen wir
nicht abschliessen, ohne die moderne Anschauungsweise des
Magnetismus: die Kraftlinien besprochen zu haben. Ein
Kraftlinienbild lasst sich leicht erzeugen, indem man einen
Magnetstab mit einer Glasplatte oder einer Pappe bedeckt und
Eisenfeile darauf streut. Diese ordnen sich dann unter unsern
Augen in bestimmten regelmässigen Kurven an {Fig. 22), welche
Fig. 22. Kraflllnienbild eines Magnelstabes.
Kraftlinien heissen. Die Kraftlinien liefern ein Bild von der
Verteilung der magnetischen Kräfte in der Umgebung des
Magneten, von der Natur des magnetischen Feldes, wie
man die Umgebung des Magneten als das Feld seiner Wirksam-
keit nennt. Das magnetische Feld, mit anderem Ausdruck
das Kraftfeld, ist natürlich nicht auf die Ebene der Glasplatte
oder Pappe beschränkt, sondern umgiebt den Magneten räumlich,
DigitizsdbyGOOgle
41
nach allen drei Dimensionen, Man definiert eine Kraftlinie eines
Magneten als den Weg, den ein von seinem Nordpole ab-
gestossenes und seinem Südpole angezogenes Eisenflitterchen
nehmen würde. Streng genommen sollte dieses Flitterchen,
damit es vom Ort bewegt und nicht nur gedreht wird, nur
einen Nordpol tragen, was wir allerdings als praktisch unmöghch
erkannt haben. Wie Sie aber aus diesem Lichtbilde (Fig. 23)
sehen, stellt sich die kleine Magnetnadel, die ich jetzt vom Nord-
zum Südpole bewege, in die Richtung der Kraftlinien ein. Alle
Kraftlinien gehen vom Nordpole aus und kehren nach ihrer
Wanderung durch den Raum samtlich zum Südpole zurück.
Zwar scheinen sie zum Teil ohne Umkehr in den Raum hinaus zu
schweifen. Wenn man aber ihren Lauf mit Eisenfeile genügend
weit verfolgt, sieht man, dass auch sie zum Südpol zurückkehren.
;. 23. Eine Magnetnadel
Jetzt bringe ich ein Stück Eisen — etwa von der Form und
Grösse eines Zweimarkstückes — in die Nähe des Magneten.
Sie sehen (Fig. 24), die Kraftlinien ändern ihren ursprünglichen
Lauf und werden zum Eisen hingelenkt, so dass sie. die sonst
verhältnismässig weit von einander entfernt sind, sich an den
Kanten der Eisenscheibe eng zusammendrängen. Sie tauchen in
das Eisen hinab und sind so lange auf dem Bilde nicht zu sehen.
In der That saugt Eisen die Kraftlinien in sich hinein.
Es hat, wie man die Eigenschaft nennt, eine grosse Permeabilität,
eine grosse Aufnahmefähigkeit oder Leitfähigkeit fttr Kraftlinien,
ein Begriff, der in seiner Art an die elektrische Leitfähigkeit
DigitizsdbyGOOgle
42 Magnetismus.
erinnert. Das Eisen lenkt die Kraftlinien von ihrem ursprüng-
lichen Wege ab; aber an ihrer schliesslichen Rückkehr zum
Südpol des Magneten wird dadurch nichts geändert. Immer
verlaufen sie vom Nordpol durch den Raum zum Südpol.
Bis hierher ist die Kraftlinienanschauung leicht verstandlich,
wenn man auch einige Zeit braucht, um sich in sie hineinzuleben
und ihre grosse Bedeutungzu erkennen. Dagegen scheint es auf den
ersten Anblick geradezu widersinnig, Kraftlinien zählen zu
wollen. Denn oflfenbar hängt ihre Zahl ganz von derjenigen der
Fig. 24. MagnetsUb und EtsensCSbe.
Eisen lenkt die Ki'aftlinien von ihrem gewohnten Wege ab und saugt sie in sich hinein.
Eisenflitterchen ab, die den Weg vom Nord- zum Südpol zurück-
legend gedacht, oder hier im Bilde von der Menge der Eisenfeil-
spähne, die aufgestreut werden. Andererseits steht, wie
der Augenschein lehrt, die Dichtigkeit, mit der die Kraftlinien
neben einander verlaufen, in Beziehung zu der Stärke der an
der betreffenden Stelle des Feldes herrschenden magnetischen
Kräfte oder kurz der Feldstärke. Man könnte die Dichtigkeit
der Kraftlinien als der Feldstärke proportional und als deren
Maass ansehen. Nähme man z. B. für ein Feld einer gewissen
DigitizsdbyGOOgle
Magnetismus. 43
Stärke an, dass auf einen Quadratcentimeter senkrecht zu den
Kraftlinien geführter Schnittfläche so und so viele Kraftlinien
kamen, so entspräche der doppelten Feldstärke die doppelte, der
halben die halbe Kraftliniendichte. Zu jeder Feldstärke gehörte
dann eine bestimmte Kraftliniendichte, d. h. Krafthnienzahl pro
Quadratcentimeter senkrechter Schnittfläche, Diese Schnittfläche
könnte einem Kabelquerschnitt ähnlich gedacht werden. Die
Anzahl der Adern entspräche dann der der Kraftlinien. Voraus-
setzung bleibt aber immer, dass irgend ein magnetisches Feld
von bekannter Stärke als von einer bestimmten Anzahl Kraftlinien
(pro Quadratcentimeter senkrechter Schnittfläche) durchzogen
angenommen wird. Über beider gegenseitige Beziehung ist eine
— willkürliche — Verabredung zu treffen. Ist das geschehen,
so kann auch jede andere Feldstärke durch eine Kraftliniendichte
gemessen werden. Die Annahme ist die: Dem Felde der Stärke
Eins entspricht eine Kraftlinie pro Quadratcentimeter,
der Feldstärke fünfundzwanzig also fünfundzwanzig Kraftlinien
pro Quadratcentimeter.
Die Bedeutung der Kraftliniendichte leuchtet ein, wenn man
bedenkt, dass im Eisen die Linien viel dichter bei einander ver-
laufen, als daneben. Vermöge seiner grossen Permeabilität, so
sagten wir, sauge das Eisen die Kraftlinien des umgebenden
Luftraumes in sich hinein. Bei derselben magnetischen Ursache
ist die Liniendichte im Eisen grösser, und zwar sehr viel grösser,
als in der Luft oder anderen unmagnetischen Materialien. Es
entsteht mithin ein Maass für die Permeabilität, indem wir —
auf eine hier nicht zu erörternde Weise — messen, wieviel mal
grösser die Kraftliniendichte im Eisen ist, als sie es bei Ab-
wesenheit von Eisen an derselben Stelle des Feldes wäre. Die
Permeabilität L ist als diejenige Zahl zu de6nieren, welche
angiebt, wieviel mal so gross die Feldstärke im Eisen ist,
als in der Luft, Sie ist der Quotient aus der Kraftliniendichte
in Eisen und derjenigen in Luft. So erzeugt z. B. ein magnetisches
Feld von 50 ^ - , .- in einem bestimmten Eisen
Quadratcentimeter
15000 Kraftlmien j^.^ Permeabilität dieses Eisens (bei
Quadratcentimeter
der vorliegenden Feldstärke) ist also L = -Fr,— = 300.
DigitizsdbyGOOgle
Magnetismiis,
Kraftlinien zu messende Feldstärke lässt ganz die
s Feldes: den Magneten vergessen. Wie das Magnet-
iden, wird zur spateren Frage. Man betrachtet die
in der Luft, als ob sie die ursprüngliche Ursache der
•ung des im Felde befindlichen Eisens wären. That-
t das von Kraftlinien durchsetzte Eisen ein Magnet,
tsstelle der Linien bildet einen Stid-, die Austritts-
n Nordpol, eine Erscheinung, die wir schon als
e Influenz kennen gelernt haben. Die Kraftlinien-
,uft wird als Magnetisierende Kraft angesehen.
e Kraftliniendichte im Eisen, die Magnetisierung
Das ist wohl zu merken und sei deshalb wiederholt:
lichte in Luft, Ursache, Magnetisierende Kraft; Kraft-
in Eisen, Folge, erreichte Magnetisierung, Wir
ses schwierige Kapitel vorläufig abschliessen, wenn
srnational gebräuchlichen Abkürzungen H für Kraft-
n Luft, Magnetisierende Kraft und // für Krafthnien-
sen, erreichte Magnetisierung anführen. Die Per-
j ist dann der Quotient
L =
li
II
die Kraftlinienanschauung ist allerdings keine neue
le Thatsache gewonnen. Aber sie lässt die
;n Dinge einheitlich und klar erscheinen und macht
tinung zugänglicher. Die Grundlagen der Telegraphie
lonie lassen sich wissenschaftlich nicht mehr anders
Auch hier zeigt sich, dass die Betrachtung der
das wichtigste Kapitel der Elektrotechnik bildet.
DigitizsdbyGOOgle
4. Vorlesung.
Elektromagnetismus.
Der Oersledsche Verauch und die Amp^resche Schwimmrcgel. — Die Wirkung von
Magnet und Leiter ist gegenseitig. — Ampere Windungen. — Der Elektrom^nel. —
Pirfarität. — Konstruktion des Hufeisenelekiromagneten. — Kraftlinien. - Die Spule
oline Eisenkern. — Kraftlinien um Stromleiter. — Starke des Spulenfeldes. — Die
Spule verhalt sich wie ein Magnet. — Spulenmodell. — Elektrodynamisches. —
Grandgeseti des m^netischen Kreises. — Hinkender und polarisierter Elektromagnet. —
Remanenz und Hysteresis. — Hysteresiskurve.
Der Elektromagnetismus, mit dessen Grundbegriffen wir
uns in der heutigen Vorlesung zu beschäftigen haben, ist eins
der interessantesten und grossartigsten Gebiete der Physik.
Zumal für Sie, meine Herren, giebt es kein wichtigeres Kapitel;
schon allein deshalb, weil der Hauptteil aller Telegraphenapparate
ein Elektromagnet ist. Ich bitte Sie, deshalb Ihre ganze Auf-
merksamkeit dem Versuche zuzuwenden, mit dessen Hilfe der
danische Professor Oersted im Jahre 1820 die erste elektro-
magnetische Thatsache entdeckte (Fig. 25).
Oerjtedscher Versuch: Ablenkung der Magnetnadel durch einen Strom -führenden Leiter,
Sie sehen eine Magnetnadel und über ihr, aber ohne jede
elektrische Verbindung, parallel mit der Ebene des magnetischen
Meridians, einen Leitungsdraht ausgespannt, der über einen
DigitizsdbyGOOgle
j mit einer Stromquelle verbunden ist:
lem der Slromlauf geschlossen wird,
del die Ebene des magnetischen
Male hin und herschwingen und in
kommen. ETine Verkleinerung des
Spannung, also eine Vergrösserung
lel sich weiter und weiter von ihrer
nen, in die sie bei Aufhören des
ehrt, Umkehrung der Stromrichtung
lenkungssinnes der Nadel: Die blau
n auf Sie hinzeigte, wendet sich mir
adelstandpunktes durch einen unter-
ss jetzt der Draht nicht mehr über,
>rbeiführt, lenkt das Nordende wieder
jedesmaligen Ablenkung ist voraus-
1 dem Ihnen schon bekannten Ampere
^mpferesche Schwimmregel, im
utel; Denkt man sich mit dem
en Kopf nach vorn, das Gesicht
in der Eleklrolcchnik gani ausaetordentlich
häufig gebraucht. Sie dienen dazu, einem
von derselben und unverAnderten Elektro-
motorischen Kraft gelieferten Strome be-
quem eine gerade gewOnschle CrOsse lU
geben. Dieser fOr den Unterricht gebaute
Widerstand hier (Fig. 26) zeigt Ihnen, wie
durch einfaches Drehen eines Handgriffes
eine grössere oder kleinere Zahl von Draht-
rollen in den Stromkreis eingeschalte! ,
dadurch dessen Gesamt widerstand vermehrt
oder vermindert und der fliessende Strom
verkleinert oder \crgrft5serl werden kann.
D,„i,.,db,Google
IClektromagnetlsiiiiis.
der Magnetnadel zugekehrt, so wird ihr Nordpol si
nach links abgelenkt. Hierin sind, wie man leicht pr
kann, sämtliche möglichen Fälle einbegriffen.
Ein stromführender Leiter wirkt also auf die Magnetn;
Auch das Umgekehrte ist der Fall. Ein feststehender Ma
lenkt einen in einem Ampereschen Gestell {Fig. 27) bewef
aufgehängten stromführenden Leiter ab: Zwei mit Quecksi
gefüllte Näpfchen, die auf Messingsäulen angebracht sind,
mittein den Stromübergang zu einem Aluminiumbügel, :
wenn er sich bewegt. Sobald ein Stabmagnet in die f
dieses Stromleiters gebracht wird, verändert er seine Richti
also ist die Wirkung von Magnet und Stromleiter gegense
Die Ampferesche Schwimmregel legte den Sinn der
lenkung der Magnetnadel fest. Wie der Oerstedsche Ven
zeigte, ist die Grösse der Ablenkung durch die im Li
herrschende Stromstärke, durch die Anzahl der fliessei
Ampere bedingt. Jetzt lassen wir, wie vorher, den Leiter 1
der Nadel vorbeigehen und führen ihn ausserdem unter
zurück. Es tritt dann zu der ursprünglichen ablenkenden h
eine neue hinzu, und zwar verstärken sich beide, wie aus
Versuch und der Ampereschen Schwimmregel hervorgeht. V
mithin der Draht in vielfachen einander parallelen Windur
um die Nadel herumgeführt, so tritt eine Vervielfachung
Wirkung ein. Wie sich also zeigt, hängt unter sonst gleit
DigitizsdbyGOO'^le
48 Elektromagnelismus.
Umständen die Grösse der ablenkenden Kraft nicht nur von
der Zahl der Ampere, sondern auch davon ab, wie oft diese
Ampere die Nadel umfliessen, mithin — mathematisch gesprochen
— vom Produkte von Stromstärke und Windungszahl: den
Amperewindungen, einem elektrotechnisch ausserordentlich
wichtigen Begriff, der uns noch wiederholt begegnen wird.
Die ablenkende Kraft ist proportional den Ampere Windungen.
Die Ablenkung der Magnetnadel durch den Strom ist deshalb
so wichtig, weil sie die erste Thatsache war, die zwei bis
dahin getrennte und für völlig verschieden gehaltene Gebiete
der Physik, die Elektricität und den Magnetismus, mit einander
verknüpfte. Praktische Anwendung findet sie zum Bau von
Messinstrumenten, über welche, wie schon erwähnt wurde,
später Einiges mitzuteilen sein wird.
Eine andere elektromagnetische Thatsache hat nun praktisch
die allergrösste Bedeutung. Der stromführende Leiter lenkt nicht
nur einen Dauermagneten ab , sondern er vermag, u n m ag -
netisches Eisen zu magnetisieren, in ihm Magnetismus zu
erregen. Bewickelt man einen Stab aus unmagnetischem
(weichen) Eisen mit vielen Windungen isolierten Leitungsdrahtes,
oder bringt man den Stab in eine — etwa auf eine Holzröhre, den
Spulentrager, gewickelte — fertige Spule, und schickt durch
deren Windungen Strom, so wird der Eisenstab für die Dauer
des Stromflusses zum Magneten: zum Elektromagneten. Die
Lage der Pole dieses Elektromagneten ergiebt sich mit Hilfe
der Magnetnadel oder aus einer zweiten, der ersten ähnlichen
Schwimmregel: Man denke sich in der Richtung des Stromes
den Eisenkern umschwimmend, das Gesicht ihm zugewandt;
dann entsteht zur Linken der Nordpol, zur Rechten der Südpol
(Fig. 28). Eine andere, gebräuchlichere Regel, die im Resultat
mit der eben gegebenen natürlich übereinstimmt, lässt von aussen
DigitizsdbyGOOgle
E1<:ktromagnctismus. 49
auf die Pole sehen und sagt aus: Man sieht den Sodpol
des Elektromagneten in der Richtung des Uhrzeigers,
den Nordpol in der entgegengesetzten vom Strome um-
flossen (Fig. 29).
Wie man sich leicht vorstellen kann, hängt die Stärke eines
Elektromagneten unter sonst gleichen Verhältnissen erstens von
der Stärke des fliessenden Stromes und zweitens von der An-
J-
Fig. 31. Schema eines technischen Elektromagneten.
zahl von Malen ab, welche dieser Strom den Magneten um-
kreist. Die Stärke eines Elektromagneten ist den Ampere-
windungen seiner Spule proportional, eine Thatsache, auf Grund
DigitizsdbyGOO'^le
50 Elektromagnet ismus.
deren jeder Elektromagnet, mag er nun einer Dynamomaschine
oder einem Telegraphenapparate angehören, berechnet werden
kann.
Einfache stabförmige Elektromagnete kommen in der Technik
ebenso wenig, wie stabförmige Dauermagnete vor. Aus gleichem
Grunde wird in beiden Fallen die Hufeisenform bevorzugt fFig.30).
Der Hufeisenelektromagnet wird in der Technik gewöhnlich aus
zwei zylindrischen Kernen und einer sie verbindenden Grund-
platte, dem Joche, aufgebaut (Fig. 31). Die Kerne bewickelt man
meist nicht direkt mit Draht, sondern schiebt ihnen fertige, auf
einen Träger gewickelte Spulen auf. Dadurch wird die Fabrikation
erleichtert; auch lässt sich ein Joch bequemer an den Apparaten
befestigen, wenn es gerade, als wenn es halbkreisförmig gebogen
ist. Die Wicklungsführung geht aus dieser Zeichnung (Fig. 32)
Fig. 32. Wicklungsschema fQr Klektromagnetspiilen.
hervor. Man kann die Richtigkeit der Wicklung prüfen, indem
man sich das Hufeisen zum Stabe zurückgebogen denkt und
sieht, wie die Windungen einander folgen.
Die Versuche, welche mit dem Dauermagneten angestellt
wurden, lassen sich mit dem Elektromagneten in Folge seiner
grossen Polstärke schöner und leichter wiederholen. Das gilt
besonders von den Kraftlinienbildern. Auch was Theoretisches
über Kraftlinien gesagt wurde, ist auf den Elektromagneten zu
übertragen; strahlt doch auch der Elektromagnet Kraftlinien in
den umgebenden Raum aus und erzeugt dort ein magnetisches
Feld, dessen Stärke in Kraftlinienanzahlen pro Quadratcentimeter
senkrechter Schnittflache gemessen wird. Der früher entwickelte
Begriff der Permeabilität lehrte die Rolle, welche das Eisen bei
magnetischen Erscheinungen spielt. Es liegt der Gedanke nahe,
dass auch das Eisen des Elektromagneten nur den
Beruf hat, Kraftlinien in sich zu vermehren, eine auch
ohne Eisen — nur dann in geringerem Maasse — vorhandene
Wirkung zu verstärken. Mit anderen Worten heisst das: schon
DigitizsdbyGOOgle
die Stromdurchflossene Spule allein, ohne Ei
erzeugt Kraftlinien. Dann muss es auch ein einfache
Stromleiter thun. Dies ist, wie der folgende Versuch
zeigt, thatsächlich der Fall Ein vertikaler Leiter durch
horizontale durchlöcherte Glas- oder Papptafel. Auf
Eisenfeilspahne ordnen sich in konzentrischen Kreiser
Fig. 33. KrarUimen iim einen Beraden Leiter.
Leiter als Mittelpunkt. Die Kraftlinien bilden
Leiter concentrische Ringe. Ist der Leiter sei
förmig gebogen, wie die Windung einer Spule, so g
Fig. 34. Krafilinienbilrl a
Kraftlinien in einer durch die Mitte gelegten Ebene di
(Fig. 34), während sich auf einer Ebene, die zu der
parallel ist, die Eisenfeile so anordnet (Fig. 35). Dei
der Kraftlinien um eine Windung wird Ihnen klar, '
„Google
52 Elebtromagnstismus.
sich beide Bilder {Fig. 34 und 35) räumlich combinieren. Bei
einer Spule scheinen sich die Kraftlinien der einzelnen
Windungen zu vereinigen, und die Gesamtwirkung ist so, als
Fig. 35. Krafdinfenbild einer Windimg auf einer zn ihr parallelen Ebene.
ob die Spule parallel zu ihrer Achse von einem BUndet ein-
ander paralleler Kraftlinien durchsetzt wäre, die sich ausser-
halb der Spule schlössen. Hier (Fig. 36) haben Sie eine Glas-
Fig. 36. Die Kraftlimcti einer Spule.
platte, durch deren Löcher eine Spule aus Kupferdraht gewunden
war. Wir haben dann Eisenfeilspahne gestreut und sie in der
von ihnen eingenommenen Lage auf eine einfache Weise fest-
gehalten. Schliesslich wurde die Spule wieder herausgewunden.
Sie sehen das parallele Bündel gerader Linien, welches die Spule
durchzieht. Eine von Strom durchflossene Spule erzeugt
also auch ohne Eisenkern Kraftlinien. Um es zu wieder-
holen; das Eisen hat nur den Beruf, durch seine grosse Permea-
Digitizsdb^COO'^IC
bilitat die Kraftlinien dichte zu vervielfältigen,
dichte in der Spule ohne Eisen ist in der uns beka
im Eisen Ji zu nennen. Beide sind wie früher durc
verbunden, worin L die Permeabilität bezeichnet
das H abhängen? Sicherlich von der fliessenden
und der Windungszahl «, also den Amperewindunj
ist H proportional; es ist aber, wie hier nur
Beweis angegeben werden kann, umgekehrt pi
Kraftlinienweg /. Je länger der Weg ist, durch
linien hindurchgedrückt, hindurchgespritzt wef-dei
kleiner wird unter sonst gleichen Umständen H.
das Gesetz
"^ i-
Bei einer Spule ohne Eisenkern lassen s
andere magnetische Wirkungen, als die Entsteh
linienbildern zeigen. Man braucht zum Beispiel
einer mit ihrer Achse zum magnetischen Meridi
Spule Magnetnadeln gegenüberstellen (Fig. 37),
Fig. 37. Masnetische Wirkung
des Stromschlusses drehen sich die Nadeln par:
achse herum. Der Ablenkungssinn ist derselbe
wir den Elektromagneten, d. h. eine Spule
benutzten. So wird z. B. zu diesem linken Spuler
DigitizsdbyGOOgle
Elektromagnetismus.
•r Nadel hingezogen. Das Spulenende wirkt also wie ein
1. In der That ist es in der Richtung des Uhrzeigers
Itrome umflossen. Wenn sich eine Spule wie ein Magnet
t, dessen magnetische Achse mit der ihrigen zusammenfällt,
Ite eine bewegliche und Strom-durchflossene Spule sowohl
Einwirkung eines Dauermagneten wie auch der des
ignetismus folgen. Um das zu zeigen, wird sie aus
m Aluminiumdraht ohne Spulenträger gewunden und in
mperesche Gestell gehängt. Sie verhält sich dann that-
:h wie eine Magnetnadel: sie wird von einem Dauer-
;ten abgelenkt und stellt sich auch in die Ebene des
!tischen Meridians ein.
m Ihnen die magnetischen Eigenschaften einer Spule auch
bwesenheit von Eisen, also die Kraftlinien-bildende Natur
itrom-durchflossenen Windungen recht ins Gedächtnis
»ragen, habe ich hier dieses Modell (Fig. 38) gebaut
Flg. 38. Modell der Ki at^linicn einer Spi
ehen aus dickem Aluminiumdraht eine Spule gewickelt,
e in der Richtung der Aluminiumpfeile vom Strom durch-
1 zu denken ist. Die Spule verhält sich wie ein Magnet.
1 Nordpol von Ihnen aus rechts, dessen Südpol links
was durch die Buchstaben S und A' bezeichnet ist. In
hat sieht man bei der seitlichen Ansicht der Spule den
il im Sinne des Uhrzeigers, den Nordpol im entgegen-
:ten Sinne von Strom umflossen. Das von der Spule
fte Bündel von Kraftlinien ist durch die vier rot lackierten
DigitizsdbyGOOgle
Etektromagrelismus, 55
(in der Fig^ur erscheinen sie schwarz) Bügel dargestellt, die
gerade und parallel durch das Spuleninnere verlaufen und sich
aussen um die Spule im Bogen schliessen. Ausserhalb verlaufen
sie, wie die an ihnen befestigten Pfeile andeuten, vom Nord-
zum Südpole also von rechts nach links und kehren im Inneren
von rechts nach links zurück.') Bei dieser Gelegenheit sei
darauf hingewiesen, dass man in Analogie mit der Spule auch
dem Körper des Dauermagneten Kraftlinien zuschreibt, die eng
nebeneinander vom Süd- zum Nordpol zurückführen und den
magnetischen Kreis schliessen.
Es ist uns jetzt geläufig geworden, dass Spulen sich wie
Magnete verhalten. Zwei Spulen sollten sich deshalb auch
gegenseitig beeinflussen. Ein einem Südpole gleichwertiges
Spulenende zieht dasjenige Ende einer zweiten Spule an, das
einem Nordpole entspricht. Bei der Daraufsicht von vorn wird
das erste Ende im Uhrzeigersinne, das zweite ihm entgegen
von Strom umflossen, wie es die schematische Zeichnung
(Fig. 29) wiedergab. Das hindert aber nicht, dass beide
Ströme parallel und gleichgerichtet fliessen, wenn die Spulen-
enden sich gegenüberstehen. Um das zu sehen, muss man im
Geiste die eine Windung vor die andere klappen. Danach
müssen sich Leiter anziehen, wenn sie von gleichgerichteten
Strömen durchflössen werden. Um dieses Gesetz zu erweisen,
schicke ich durch zwei biegsame Metallbander gleichgerichtete
Ströme. Sie sehen, wie beide Bänder auf einander zustreben.
Sobald aber der Strom des einen Bandes umgekehrt wird,
werden sie beide aus einander getrieben. Hiermit ist ein
deutlicher Beweis dafür geliefert, dass parallele, von gleich
gerichteten Strömen durchflossene Leiter sich anziehen, von
ungleich gerichteten durchflossene sich abstossen. Diese Er-
scheinungen gehören eigentlich nicht mehr in den Elektro-
magnetismus, sondern in ein anderes Kapitel der Elektricitäts-
lehre: die Elektrodynamik. Sie finden auch in der Schwach-
stromtechnik keine direkte Anwendung; doch haben sie theoretisch
eine so grosse Bedeutung, dass sie hier nicht wohl übergangen
werden konnten. In so fern gehören sie aber auch in den
') Das Modell kann, ebenso wie der GlQhlampenapparat d
n Mechaniker Albert Herbst in Berlin O. bezogen werden.
D,„i,.,db,Google
56 Elektromagnetismus.
Elektromagnetismus, als man sich die Anziehung und Abstossung
der Ströme auf Anziehung und Abstossung ihrer magnetischen
Kraftlinien zurückgeführt denken kann; kann man doch auch
alle magnetischen oder elektromagnetischen Anziehungen und
Abstossungen auf solche von Kraftlinien zurückführen. Hier ist
ein fixiertes Kraftlinienbild (Fig. 39) zweier Magneten, von denen
Fig. 39. Kranitbietibild benachbarter Fig. 40. Kraft] tnienbüd benachbarter
ungleichnamiger Ma^eCpole. gleichnamiger Magnetpole.
der Nordpol des einen dem Südpote des andern benachbart ist.
Sie sehen die Kraftlinien von einem Pole zum anderen hinstreben.
Sie suchen die Pole zu verbinden, ihre Entfernung zu verkürzen.
Betrachtet man dagegen das Kraftlinienbild, bei dem gleich-
namige Pole benachbart sind (Fig. 40), so scheinen die Kraft-
linien sich gegen einander zu sträuben und die Pole weiter von
einander entfernen zu wollen. Ganz ähnlich machen es die
Kraftlinienringe, die zwei Leiter umgeben, je nachdem sie von
gleich- oder von entgegengesetzt gerichteten Strömen durch-
flössen werden. Das letztere haben Sie auch schon an dem
Kraftlinienbild gesehen, dass eine Strom-führende Windung auf
einer sie senkrecht schneidenden Ebene erzeugte (vgl. Fig. 34l.
Schon in der vorigen Vorlesung wurde vom magnetischen
Kreise gesprochen, der natürlich ebenso wie beim Dauer-
magneten auch beim Elektromagneten besteht, hier nur die
entsprechend höhere Wichtigkeit besitzt. Die gesamte einen
Kreis durchfliessende Kraftlinienzahl N ist gleich der
Kraftlinienzahl „ i^- i- ,. ■, j r- - j r-
■ — -2 - — ^> multipliziert mit der Grösse des Eisenquer-
schnittes in Quadratcentimetern q, wie aus der Definition von
li folgt.
N= B.q.
DigitizsdbyGOOgle
ElektroHiagnelismus
Es war B = L.H und
woraus sich die Beziehung ergiebt
N<^L ^ .nJ.
die offenbar an das Ohmsche Gesetz erinnert und
das Ohmsche Gesetz des Magnetismus genannt wir
Aehnlichkeit mit dem elektrischen Gesetz ist aber einig
ausserlich und deshalb seine Bezeichnung als Grur
des magnetischen Kreises vorzuziehen. Die G'
der erreichten Kraftlinien oder, wie man auch s
Kraftfluss hängt von der Grösse « J, den Amperew
ab, welche das Treibende des Flusses darstellen. Im )
an die Elektromotorische nennt man sie deshalb die M
motorische Kraft. Kraftfluss und Magnetomotoris«
verknüpft. Die Permeabihtät entspricht der spezifisc
trischen Leitfähigkeit. Länge und Querschnitt wirken ii
Weise auf das magnetische, wie auf das elektrische L
Die Gleichung heisst:
Der reciproke Wert des magnetischen Ausdrucks L 1
Recht der magnetische Widerstand des Eisenwegi
Je grösser der magnetische Widerstand eines Kreis'
weniger Kraftlinien werden von derselben Magnetomc
Kraft, der gleichen Anzahl Amperewindungen durch
durch getrieben. Bei allen Elektromagneten wird mai
bedacht sein, den magnetischen Widerstand zu verklein«
erreicht das vor allem — und das ist das Wichtigste —
dass man die Kraftlinien, wo immer nur möglich, du
gehen und sie nur kurze Luftbrücken überschrei
DigitizsdbyGOOgle
3
58 Elektromagnelismus.
Denn der Luftwiderstand ist L mal so gross, wie der des Eisens.
Den Widerstand des Eisenweges selbst setzt man dadurch herab,
dass man Eisen von hoher Permeabilität und grossem Quer-
schnitt verwendet und auch den Eisenweg nicht unnütz lang
macht. Soll die von einer bestimmten Magnetomotorischen Kraft
hervorgerufene Kraftlinienanzahl verkleinert werden, wie z. M.
beim Schwäch ungäanker des Hughesapparates, so ist es nur
nötig, den Widerstand des magnetischen Kreises zu erhöhen,
indem man den Querschnitt des Eisenweges verringert oder
statt Eisen Luft in den Kraftlinienweg einschaltet.
Mit der Kenntnis des magnetischen
__^ Kreises ausgerüstet, werden Sie jetzt
I — »' *" ^ — I auch an demjenigen Elektromagneten
nichts Verwunderliches finden, den
man nach französischem Vorbilde
hinkend nennt, dessen Verwendung
in den Klappenschränken später zu
besprechen ist. Der hinkende Elektro-
magnet (Fig. 41) enthält eine Erreger-
, spule nur auf einem Schenkel, daher
I ! i ! ] I sein Name. Der andere Schenkel ist
frei und dient nur als eiserner Leitungs-
Zl weg für die Kraftlinien. Dieser Elektro-
Fig. 41. Schema eines magnct wlrkt ebenso gut wie ein
iiinkenden Eiektromagneien. zweispuüger, sofem nur genügend
Amperewindungen vorhanden sind.
Es sind noch verschiedene andere Formen von Elektro-
magneten in der Schwachstromtechnik in Gebrauch, von denen
wir aber jetzt im allgemeinen Teil der Vorlesungen nur den
ausserordentlich wichtigen polarisierten Elektromagneten er-
wähnen. Er ist eine Kombination von Dauermagnet und
Elektromagnet (Fig. 42) und dient nicht dazu, unmagnetisches
Eisen magnetisch zu machen, sondern einen dauernd vorhandenen
magnetischen Zustand elektromagnetisch zu verstarken oder zu
schwächen. Mit den Polen eines Stahlmagneten sind (in unserm
Falle rechtwinklig gebogene) Kerne aus weichem Eisen, die
Polschuhe, verbunden und, wie wir zu Anfang sagten,
durch Influenz dauernd magnetisch. Die Polschuhe haben
schon eine Polarität. Ausserdem sind sie mit Spulen um-
DigitizsdbyGOOgle
Elektromagnetisi
59
geben. Je nach der Richtung, in welcher ein Strom diese
Spulen durchfliesst, wird der influenzJerte Magnetismus elektro-
magnetisch verstärkt oder geschwächt. Vom Standpunkt des
magnetischen Kreises müssen wir sagen, der ursprünglich im
Stahlmagneten vorhandenen Magnetomotorischen Kraft gesellt
sich eine neue der Spule hinzu. Je nachdem diese neue der
alten gleichgerichtet ist, sind es auch die Kraftlinien verschiedenen
Herkommens und verstärken sich oder heben sich auf.
Es wird noch genügende Gelegenheit sein, sich mit der
Wirkungsweise der polarisierten Elektromagnete genau vertraut
zu machen. Hier sollte nur das allgemeine Prinzip erwähnt werden.
Dagegen bleibt uns, ehe
wir das Kapitel des Elektro-
magnetismus abschliessen, eine
Reihe von Erscheinungen zu
betrachten, die für die Stark-
stromtechnik die allergrösste
Bedeutung haben, aber auch in
unserem Gebiete ihren Einfluss
lebhaft äussern. Das sind die
Erscheinungen der Remanenz
und Hysteresis.
Die Remanenz besteht darin,
dass in jedem Eisen auch dem
mit der kleinsten CoCrectivkraft
etwas, ein wenig Magnetismus
zurückbleibt, sobald das Eisen
einmalmagnetisiertwar. Deshalb
lässt, wie Sie sehen, ein Elektro-
magnet seinen Anker nicht fallen, i
wenn der Stromfluss unter- '
brochen wird. Der zurück-
bleibende, der remanente Magnetismus genügt, um den Anker zu
tragen. Wird der Anker jetzt abgerissen und durch die Erschütterung
auch die Remanenz zum grossen Teil vernichtet, so ist der Elektro-
magnet ohne neue Erregung nicht mehr im Stande, den Anker zu
tragen. Der im Eisenkern durch die Magnetomotorische Kraft der
Spule erzeugte Magnetismus verschwindet zwar zum grossen
Teil, aber nicht vollständig mit dem Verschwinden der Ursache.
"^
D,„i„.db,Google
60 Elektromaenetismua.
Der Strom hat die Elementarmagnete gerichtet. Noch nach seiner
Unterbrechung behalten sie ihre künstliche Lage bei. bis
Erschütterungen sie vernichten. Die Remanenz, der noch
im Eisen verbleibende Rückstand von Kraftlinien, kann natürlich
auch dadurch vernichtet werden, dass ein dem ersten entgegen-
gesetzt gerichteter Strom eine der alten Magnetisierung
entgegengesetzte bewirkt. Es wird dann eine gewisse Zahl
neuer, entgegengesetzt gerichteter - Krafthnien dazu verbraucht,
den Rest der in der ursprünglichen Richtung verlaufenden
aufzuheben. Erst wenn die remanenten Linien unschädlich
gemacht sind, tritt eine Magnetisierung im neuen Sinne ein.
Zu der Ummagnetisierung wird eine kleine Zeit gebraucht.
Die erreichte Magnetisierung H hinkt der magnetisierenden Kraft
H nach, etwa wie ein Wald am heissen Sommertage nicht
gleichzeitig mit dem freiem Felde die wechselnden Tages-
temperaturen annimmt, sondern erst einige Zeit braucht, bis er
nachfolgt, so dass er des Mittags angenehm kühl, des Abends
verhältnismässig warm ist. Die zeitliche Differenz hat der
magnetischen Erscheinung, welche von Warburg, dem jetzigen
Professor der Physik an der Berliner Universität, entdeckt worden
ist,, den Namen der Hysteresis = Späterkonimen eingetragen.
Die zeitlicheDifferenz beim Ummagnetisieren besitzt praktisch
keine Bedeutung. Dagegen ist die Thatsache von der allergrössten
Wichtigkeit, dass zur Überwindung der Remanenz, zwar nicht
zum Aufrechterhalten, aber zum Hervorrufen eines magnetischen
Zustandes ein Arbeitsaufwand erforderlich ist. Beim Magne-
tisieren durch Streichen wird dieser vom Oberarmmuskel des
Streichenden bestritten. Beim Magnetisieren durch den Strom
wird im ersten Moment elektrische Arbeit verloren. Die Ent-
magnetisierung, die Überwindung der Remanenz kostet ebenfalls
Arbeit und das Magnetisieren im neuen Sinne desgleichen. Ein
beträchtliches Arbeitsquantum erfordert deshalb eine Magneti-
sierung, wenn sie fortwährend ihren Richtungssinn wechselt.
Das ist der Fall, wenn ein Eisenkern von einem Wechselstrome
umflossen wird. Wenn auch die Besprechung des Wechselstromes
späteren Vorlesungen vorbehalten bleiben muss, so können Sie
sich doch leicht vorstellen, dass ein Wechselstrom seine Richtung
periodisch und ausserordentlich oft in der Sekunde ändert. Die
Magnetomotorische Kraft einer Spule pulsiert dann in demselben
DigitizsdbyGOOgle
Elektromagnetismus. ßl
Tempo, wenn auch gegen den erregenden Wechselstrom
ein wenig verzögert , hin und her , und es tritt ein
fortwährendes Ummagnetisieren des Eisenkerns ein. Das
ist nicht eine seltene, etwa nur für den theoretischen
Versuch herbeizuführende Erscheinung. Im Gegenteil, sie
kommt praktisch ausserordentlich häufig, um nur ein Bei-
spiel zu nennen, im Telephon vor Auch dort umfliessen
Wechselströme die Eisenkerne und magnetisieren sie in stets
wechselnder Richtung. Die zum fortwährenden Ummagnetisieren
notwendige Arbeit geht als elektrische verloren und erscheint
als Wärme wieder. Die magnetischen Elementarteilchen reiben
sich gleichsam bei ihrer Drehung und werden dadurch warm.
Die auf diese Weise gebildete Warme kann in schlecht
konstruierten Starkstromapparaten so hohe Temperaturen er-
zeugen, dass sie nach kurzem Betriebe schleunigst ausgeschaltet
werden müssen, um nicht ganz zu verderben.
Für unsere Zwecke ist weniger die Entstehung von Wärme,
als der Verlust an elektrischer Arbeit das Wesentliche. Er ist
auf das kleinste erreichbare Maass herabzudrücken, was durch
Verwendung möglichst weichen, magnetisch folgsamen Eisens
erreicht wird. Die Elementarteilchen müssen der richtenden
magnetischen Kraft mit geringer Reibung folgen. Remanenz,
Cofirectivkraft und damit auch die Hysteresisarbeit sind dann
klein.
Die drei Begriffe: Remanenz, Coerectivkraft und Hysteresis-
arbeit müssen, wie man sofort herausfühlt, in naher Beziehung
m einander stehen. Eine Zeichnung wird diese Beziehung
deutlich machen. Wir halten uns an den praktischen Fall,
dass ein Fabrikant einer Prüfungsbehörde seine Eisensorte
zuT magnetischen Untersuchung übersendet, um auf Grund
desselben einen Verkauf abzuschliessen. Zu dem Ende wird
das Eisen durch einen herumgesandten Strome magnetisiert,
dessen Stärke man mittelst eines Regulierwiderstandes sprung-
weise von Null ansteigen lässt. Jeder Strom hat ein magneti-
sches Feld bestimmter Starke zur Folge, und dieses Feld ver-
ursacht als magnetisierende Kraft H in dem zu untersuchenden
Eisen eine bestimmte Magnetisierung Ji. Gemessen werden
beide Grössen, wie bekannt, in Kraftliniendichten. // sind
wieder Kraftlinien pro cm^ in Luft, B in Eisen. Nach ver-
DigitizsdbyGOOgle
enen, hier nicht zu besprechenden Methoden wird zu jeder
iniendichte in Luft: // die zugehörige in Eisen: B bestimmt,
wesenthchsten Teil des Prüfungsattestes bildet die
letisierungs- oder Hysteresiskurve, eben die jetzt
werfende Zeichnung. In ein Achsenkreuz werden (Fig. 43)
Schnittpunkte 0 nach rechts die für // gewonnenen Zahlen
Fig. 43. Jirngfräi-liche Magnelisierungakune.
ach oben die für B eingetragen. Die Schnittpunkte der
zu einander gehöriger Werte von B und // werden mit
ler verbunden und ergeben eine gekrümmte Linie, welche
le in Betracht kommenden magnetisierenden Kräfte die
em vorliegenden Eisen erreichten Magnetisierungen oder
deren Worten die Abhängigkeit zwischen li und // angiebt.
.eht man jetzt mit der magnetisierenden Stromstärke wieder
ts (Fig. 44), so bekommt man bei demselben i/wie vorher,
wieder dasselbe 7/; sondern alle B sind neuerdings grösser,
ivor. Ja, trotzdem schliesslich mit Unterbrechung des
;tisierenden Stromes das H zu 0 geworden sein muss,
ich ein B vorhanden, eben unsere Remanenz (Fig. 43,
0 A). Diese remanente Kraftlinienzahl ist dem Eisen nur
eine entgegengesetzt gerichtete, vom Schnittpunkt nach
als — // einzutragende magnetisierende Kraft auszutreiben,
[emanenz ist erst verschwunden, B ^ 0 geworden, wenn
:u 0 C angewachsen ist. 0 C bedeutet mithin diejenige
gnetisierende Kraft, welche aufgewendet werden muss, um
usen seinen Magnetismus bis auf die letzte Kraftlinie zu
DigitizsdbyGOOgle
entziel
über
wie di
die C.
magne
Kraftli
-B.
höchst
RichtL
Abern
magne
Eisen,
hande
-B :
Magni
vollst!
Seepfi
Der z
darge
DigitizsdbyGOOgle
El ektrom agnetismu h .
m magnedsierenden Strome umflossen worden ist. Deshalb
] sie als die jungfräuliche Kurve bezeichnet. Alle späteren
^netisierungen verlaufen auf der gefundenen Schleife oder
ähnlichen.
Je weicher das Eisen, umso kleiner mithin die Remanenz
oder 0 -4,, und die Coerektivkraft 0 C oder 0 C,, und umso
ir wird sich die Schleife der jungfräulichen Kurve nähern,
raus lässt sich entnehmen, dass die von der Magnetisierungs-
/e oder -schleife eingeschlossene Flache ein Maass für die
Magnetisierung aufgewendete — , die Hysteresisarbeit abgiebt.
ler ihre Bezeichnung als Hysteresiskurve oder -schleife.
lässt sich streng beweisen. Für unseren Zweck genügt es
r, wenn Sie verstanden haben, dass Dauermagnete aus Stahl,
ttromagnetkerne aus weichem Eisen zu machen sind, und
) in allen Fällen, indenen die Kerne von veränderlichen
r gar von Wechselströmen umflossen werden, auf weiches
;n mit schlanker Hysteresiskurve ganz besonders Wert zu
DigitizsdbyGOOgle
5. Vorlesung.
Induktion.
JJ^ct- und Ankerinduktion. — Volt sind uktion. — Richtung des induzierten Stromes.
Lfnischfs Gesetz. — Die Induktion als Folge von Kraftlinie ninderungen. — Wirbel-
strOme. Unterteilung von Spulenkernen. — Selbstinduktion. Bililare Wickelung. —
Ruhmkorffscher Funken Induktor. Transformator. Öffnungs funke. Unterbrecher. —
Wethselspannung und Wechselstrom. — Induktanz und Scheinbarer Widerstand. —
Truisfonnation. Cbersetzungsvertiftltnis und Windungszahlen. Verluste im Trans-
formator.
In der letzten Vorlesung wurde gezeigt, wie leicht es gelingt,
durch den elektrischen Strom magnetische Erscheinungen hervor-
zurufen. Heute liegt die umgekehrte Aufgabe vor; mit Hilfe
eines Magneten soll elektrischer Strom erzeugt werden. Dies
geschieht auf dem von Faraday berühmten Andenkens gezeigten
Wege der Magnetinduktion.
Den gewünschten Strom nachzuweisen, dient ein Gavanoskop,
wie es in der Telegraphie angewandt wird, oder besser noch
in der hier vor Ihnen stehenden Form mit weithin sichtbarem
Zeiger (Fig. 45). Ein Magnetstab, auf dem senkrecht jener
Zeiger sitzt, ist von Drahtwindungen umgeben. Sobald Strom
dieselben durchfliesst, wird der Magnet aus seiner ursprünglichen
Gleichgewichtslage in eine neue gedreht, und der Zeiger ver-
iässt den Nullpunkt der hinter ihm befindlichen Skala. Die
Stellung des Zeigers giebt mithin an, ob der Leiterkreis, in den
das Instrument eingeschaltet ist, von Strom durchflössen wird
oder nicht. Die Klemmen des Galvanoskops sind nun mit denen
einer Spule verbunden, derselben Spule, die zu den elektro-
magnetischen Versuchen gedient hat. Neulich machte ein durch
die Spule fliessender Strom einen Eisenkern magnetisch- Wie
die Nullstellung des Galvanoskops anzeigt, ist das Umgekehrte
nicht der Fall. Ein in der Spule befindlicher Dauermagnet
erzeugt keinen Strom. Aber in demselben Augenblick, in dem
der Magnet bewegt wird, zuckt der Zeiger des Galvanoskops.
DigitizsdbyGOO'^le
ä
66 Induktion.
Bei schnellem Herausziehen des Magneten aus der Spule tritt
sogar für den Augenblick eine heftige Ablenkung .nach der
einen Seite der Skala hin ein (Fig. 45). Ein Hineinstossen des
Magneten in die Spule bewirkt eine ebenso heftige Zeiger-
bewegung nach der andern Seite. Das Herausziehen und
Flg. 45. Magnetinduktion.')
Hineinstossen wird in regelmässigem Wechsel fortgesetzt. Das
Resultat ist ein regelmassiges Hin- und Herpendeln des Zeigers,
verursacht durch elektrische Stromstösse, welche in demselben
Takte wie der von meiner Hand geführte Magnet ihre
Richtung wechseln. Festhalten des Magneten und Bewegung
der Spule bewirkt die gleiche Erscheinung, Es kommt auf die
gegenseitige Bewegung von Spule und Magnet an.
Eine der Magnetinduktion ähnliche Erscheinung zeigt sich,
wenn man dem ruhig in der Spule stehenden Magneten einen
1) Um cire unmitlelbare Einwirkung des MagnctsUbes auf die Galvanoskopnadel
aus;usch1ic<>sen. ist in Wirklichkeit das Galvanoskop von der Spule tveiter entfernt,
als es in der Abbildung sein konnte.
D,„i,.,db,Google
Anker aus weichem Eisen vorlegt. Die Bewegung
zum Magneten erzeugt in der Spule einen Stromstc
Sinne, die vom Magneten fort einen Stromstoss in
gesetzten Sinne. Auf dieser Art der Induktion
Telephon. Sie mag deshalb von der Magneti
Ankerinduktion besonders unterschieden werde
sich auch mit dem von uns neulich benutzten huft
Elektromagneten zeigen, dessen Remanenz auf
schlagend nachgewiesen ist.
Eine dritte Gruppe von Induktionserscheinui
theoretisch den beiden beschriebenen Arten nahe
aber bei anderer Versuchsanordnung (Fig. 46) eintre
induktion. Der empfangende Stromkreis bleibt
Flg. 46. Voltainduktion.
vorher; aber statt des induzierenden Magne
induzierender Stromkreis vorhanden. Dieser j
primäre Kreis enthalt eine Elektricitätsquelle, eine de
den oder sekundären ähnliche Spule, schliesslich no<
Schalter und einen Regulierwiderstand. (Von ihm
schematischen Fig. 46 nur der Hebe! und die K
angedeutet.) Primärer und sekundärer Leiter sol
recht benachbart sein. Deshalb ist die eine Spule
mit kleinerem Durchmesser gewickelt, als die andei
werden in einander gesteckt. Die primäre, von i
flossene Spule steht jetzt in der sekundären, der»
den Klemmen des Galvanoskops führen. Dessen
den Nullpunkt der Skala an. Das unveränderte F
DigitizsdbyGOOgle
Stromes ruft also in einem benachbarten Leiter keine Induktion
hervor. Wird dagegen eine der Spulen bewegt, oder die Stärke
des primären Stromes geändert, oder wird er ganz unterbrochen
oder erst geöffnet, dann entstehen im sekundären Kreise Ströme.
Deren Richtung ist dieselbe beim Annähern, Verstärken,
Schliessen des primären Stromes einerseits und den drei ent-
gegengesetzten Thätigkeiten : Entfernen, Schwächen, öffnen
andererseits. Abwechselndes Nähern und Entfernen einer Spule
oder periodisches Verstärken und Schwächen oder Schliessen
und öffnen des primären Stromes erzeugt, wie bei der Magnet-
induktion, sekundäre Stromstösse wechselnder Richtung.
In der Art ihrer Wirkung gleicht die Voltainduktion ganz
der Magnetinduktion, Wie Sie beobachtet haben, ist aber bei
unserer Versuchsanordnung der Voltainduktionsstrom schwacher,
als der durch den Magneten induzierte. Die Nadelausschläge
nehmen wesentlich an Grösse zu, wenn beide Spulen in ihrer
gemeinsamen Mitte einen Kern aus weichem Eisen enthalten.
Gewissermassen sind dann Magnet- und Voltainduktion vereinigt.
Die induzierende Wirkung des sich ändernden Stromes wird
durch die eines sich ändernden Magneten unterstützt. In der
That wird der Eisenkern durch den primären Strom magnetisch
und begleitet jede Änderung dieses Stromes mit einer Änderung
seines Magnetismus. Der Voltainduktion durch Verschwinden
(Entstehen) eines Stromes gesellt sich so eine Magnetinduktion
durch sehr schnelles Entfernen (Nähern) eines Magneten hinzu.
Beide unterstützen sich.
Zu einem Versuch über die Richtung des Induktionsstromes
werden zweckmässig nicht zwei Spulen, sondern zwei gerade,
parallel neben einander ausgespannte Leiter benutzt. Jetzt ist
die Induktionswirkung naturgemäss wesentlich schwächer. Um
sie trotzdem weithin sichtbar zu machen, dient als verfeinertes
Galvanoskop ein Spiegelgalvanometer. Die Einrichtung beider
Instrumente ist im Grunde sehr ähnlich. Hier ist der abzu-
lenkende Magnet nur besonders leicht gebaut und trägt keinen
schweren Zeiger, sondern einen kleinen Spiegel, der einen
Lichtstrahl auf die grosse Skala dort an der Wand reflektiert.
Schon ganz kleine Ablenkungen des Magneten zeigt der gewichts-
lose und einige Meter lange Lichtzeiger auf der Skala an. Mit
dem Spiegelgalvanometer sind deshalb schon ganz schwache
DigitizsdbyGOOgle
Ströme nachzuweisen. Die Richtung des ablenkenden Strom
geht daraus hervor, ob der Lichtschein sich vom Nullpur
der Skala nach ihrer rechten oder linken Seite zu bewei
Der Versuch ergiebt, dass beim öffnen, Schwachen, Ei
fernen des primären Stromes der sekundäre ihm gleich
beim Schliessen, Verstärken und Nähern entgegengesei
gerichtet ist.')
Es ist interessant, dass die Richtung des Induktionsstrom
aus dem Gesetz von der Erhaltung der Energie gefolgert werd
kann. Zum Beispiel muss die Energie, die als elektrische l
der Bewegung eines der Leiter induziert wird, als mechanisc
vom Arm des Experimentierenden aufgewendet werden. We
Arbeit entstehen soll, muss die Bewegung des Leiters d(
bewegenden Arm ein Mehr an Arbeit kosten, das auf Rechnu:
der Induktion zu setzen ist. Der Induktionsstrom muss die i
erzeugende Bewegung zu hemmen suchen; so sagt das na
seinem Entdecker genannte Lenzsche Gesetz aus, das all
dings nur einen Spezialfall des Gesetzes von der Erhaltung d
Energie bildet. Die gegenseitige Annäherung der Stromleit
wird elektrodynamisch gehemmt, wenn induzierender und ine
zierter Strom sich abstossen. Das ist, wie wir aus der vorig
Vorlesung wissen, bei entgegengesetzt gerichteten Strömen d
Fall. Beim Nähern entsteht folglich, wie es auch der Versu
thatsächlich gezeigt hat, ein dem primären entgegengesei
gerichteter Strom. Auch dem Entfernen beider Leiter v
einander sollen induzierender und induzierter Strom elekti
dynamisch entgegenarbeiten. Das thun sie, wenn sie si
anziehen. Anziehung findet statt zwischen gleichgerichtet
Strömen. Folglich sind beim Entfernen der Stromleiter ine
zierender und induzierter Strom gleichgerichtet, was ebenfa
der Versuch bestätigt.
Die scharfe Trennung der Induktionserscheinungen
einzelne Gruppen geschieht nur zur Erleichterung des Vi
ständnisses. Sie ist der fortgeschrittenen Erkenntnis ein unnütz
'l Die in Fig. 46 durch Pfeile beieichncte Richtung t
(ili mithin nir Öfihen, Schwachen, Entfernen des primären.
D,„i,.,db,Google
70 Induktion.
Gängelband. Bei allen Arten der Induktion ist ein Kraftfeld
vorhanden, ein von Kraftlinien erfüllter Raum. Es ist gleich-
giltig, ob die Kraftlinien einem Dauermagneten oder einem
Strom-durchflossenen Drahte ihre Entstehung verdanken. Alle
Arten der Induktionserscheinungen fallen nun unter den all-
gemeinen Satz: In einem Leiter findet Induktion statt, sobald die
Anzahl der ihn schneidenden Kraftlinien zu- oder abnimmt.
Schärfer gefasst , heisst das Induktionsgesetz : Schneiden
Kraftlinien wechselnder Anzahl einen Leiter, so wird
m ihm eine Elektromotorische Kraft induziert, deren
Richtung dem Sinne und deren Grösse der Grösse
(der Heftigkeit) der Änderung entspricht. So wird bei
der Magnetinduktion die Zahl der die Spule schneidenden Kraft-
linien schneller geändert, wenn der Magnet schneller bewegt
wird. Dementsprechend ist dann auch die Induktion grösser,
wie der weitere Ausschlag des Galvanoskops anzeigt. Ebenso
steht es mit der Schnelligkeit der Unterbrechung bei der Volta-
induktion. Eine schnelle Unterbrechung bewirkt eine heftigere
Änderung der Kraftlinienzahl und damit eine grössere Elektro-
motorische Kraft der Induktion. Wird ein starker Strom in
derselben Zeit unterbrochen, wie ein schwacher, so ist auch die
Änderung, mithin die induzierte Elektromotorische Kraft grösser.
Es ergiebt sich auch jetzt, warum das Eisen so ausserordentlich
verstärkend wirkt. Seine grosse Permeabilität, die Fähigkeit,
die Kraftlinien des umgebenden Raumes in sich zu vervielfältigen,
vervielfältigt auch die Grösse der Krafthnienänderung und damit
die Induktion.
Eine weitere Induktionserscheinung soll Ihnen dieser Ver-
such (Fig. 47) hier zeigen. Zwischen den kreisförmig aus-
gehöhlten Polschuhen eines Elektromagneten ist ein Hohlcylinder,
eine Trommel aus dickem Kupferblech drehbar gelagert. Diese
Kupfertrommel kann durch eine Zahnradübersetzung (die
ebenso, wie die Lager in Fig. 47 fortgelassen ist) in schnelle
Drehung versetzt werden, wie es jetzt geschieht. Der Elektro-
magnet ist, wie Sie beachten wollen, noch nicht erregt.
Sobald nun der Schalthebel des Erregerstromkreises umgelegt
wird und Strom die Magnetschenkel umkreist, wird die Kupfer-
trommel heftig gebremst. Sie bemerken, welche grosse Arbeit
mein Arm leisten muss, um die Trommel durchzuziehen. Dabei
DigitizsdbyGOOgle
wird ;
man ;
Arbeil
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findet
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den u
tritt I
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einem
ergies
Kraft]
verlai
drehe
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einzel
dem I
und \
DigitizsdbyGOOgle
72 Induktion.
Magnetfeld. Es ist klar, dass der Streifen bald — vor der Mitte
der Polschuhe — in seiner ganzen Breite senkrecht von Kraft-
linien geschnitten wird, bald — in seiner höchsten und tiefsten
Stellung — den Kraftlinien parallel läuft. Es ist dann weiter
klar, dass ein solcher Streifen, da er von Kraftlinien wechseln-
der Anzahl geschnitten wird, zum Sitze Elektromotorischer
Kräfte werden muss. Nur ist derem Ausgleich kein deutlich
bestimmter Weg vorgeschrieben, wie bei einem dtlnnen Draht,
der sich zu einem Leitungskreis schliesst. Deshalb wirbeln
in dem sich drehenden Kupferblech die Induktionsströme durch
einander, und daher ihr Name: Wirbelströme. Ihre Bahn ist
nur insoweit bestimmt, als sie koncentrisch die Schnittpunkte
der Kraftlinien mit dem Cylindermantel umfliessen. (Vgl. die
punktierten Linien in Fig. 47.) Die kurzen Strecken Kupferblech
haben einen sehr geringen elektrischen Widerstand, so dass die
induzierten Wirbelspannungen grosse Wirbelströme im Gefolge
haben; daher die Erwärmung der Kupfertrommel. Auch hier
setzen sich nach dem Lenzschen Gesetze die induzierten Ströme
der sie erzeugenden Bewegung entgegen; daher die Bremsung.
Wirbelströme werden nun nicht nur in solchen Fallen, wie
dem eben besprochenen, induziert, sondern auch in vielen anderen,
so in dem eisernen Kerne aller Spulen, welche von Strömen
wechselnder Stärke oder von solchen wechselnder Stärke und
Richtung durchflössen werden. Denn auch ein solcher Kern
stellt einen Leiter vor, der von Kraftlinien wechselnder Anzahl
geschnitten wird. Da, wie Sie sich erinnern wollen, die Kraft-
linien einer Spule ein gerades, zur Spulenachse paralleles Bündel
bilden, und da die Wirbelströme die Kraftlinien umkreisen, ver-
laufen die im Kerne induzierten Wirbelströme parallel den
Spulenwindungen. Es ist deshalb unzulässig, solche
Spulen, die von Strömen wechselnder Stärke oder
von Strömen wechselnder Stärke und Richtung durch-
flössen werden, mit massiven, aus einem Stück be-
stehenden Eisenkernen zu versehen. Die Kerne müssen
aufgeschlitzt sein, wie z. ß, beim Farbschreiber, oder unterteilt,
d. h. aus einzelnen Blechen oder Drähten zusammengesetzt. Durch
die natürliche Oxyd-, die sogenannte Zunderschicht, einen Lack-
anstrich oder eine Papiereinlage wird verhindert, dass von
einem Draht oder einem Blech zum andern Wirbelströme über-
DigitizsdbyGOOgle
Induktion. 73
treten. Die Unterteilung ist so zu machen, dass die Wirbel-
Ströme nicht den einzelnen Draht oder das einzelne Blech
entlang verlaufen, sondern dass die trennenden Schichten senk-
recht zu den induzierten Wirbelspannungen liegen und so den
Wirbelströmen, die entstehen möchten, der Weg verlegt wird.
Wenn der zu verhindernde Lauf der Wirbelströme parallel den
Spulenwindungen gerichtet ist, müssen in Induktionsspulen (wie
z.B. dem Ruhmkorff oder den Induktionsrollen der Telephonie)
die Kerndrähte wie das Kraftlinienbündel verlaufen. Die iso-
lierenden Schichten laufen neben den Kraftlinien her. Sie ver-
langen nicht, von diesen durchsetzt zu werden. Der magnetische
Widerstand des Kernes wird deshalb durch die Unterteilung
nicht erhöht.
In der Reihe der Induktionserscheinungen fehlt noch die
letzte: die Selbstinduktion. Ein Leiter, der von einem Strome
wechselnder Stärke durchflössen wird, induziert Elektromotorische
Kräfte nicht nur in fremden, ihm benachbarten Leitern, sondern
auch in dem ihm am meisten benachbarten: in sich selbst.
Ein Strom, der zu fliessen anfängt, induziert in seiner eigenen
Strombahn eine seiner eigenen entgegengesetzt gerichtete
Spannung, welche ein sofortiges Fliessen des Stromes in der
vollen, dem Ohmschen Gesetze entsprechenden Stärke verzögert.
Man erhält den Eindruck, als ob der Fortbewegung von
Elektricitätsmcngen gerade so, wie der mechanischen Massen,
eine Trägheit entgegenwirkte, eine Anschauung, mit der auch
die Richtung des Selbstinduktionsstosses bei Stromunterbrechung
übereinstimmt. Denn ein erlöschender Strom erzeugt eine
der seinigen gleich gerichtete Elektromotorische Kraft, welche
der Unterbrechung zum Trotz sein Fliessen zu verlängern sucht.
Die Selbstinduktion ist am grössten in einem zur Spule
gewickelten Leiter. Hier kann jede Windung auf ihr Nachbar-
windungen induzierend wirken. Das ist bei einem gerade aus-
gespannten Draht nicht möglich. Ein solcher hat auch nur
eine kleine Selbstinduktion. Die Erscheinung wird verständlich,
wenn man daran denkt, dass jeder Strom — ringförmig um den
Leiter als Achse — Kraftlinien erzeugt, deren Anzahl sich mit dem
Entstehen und Verschwinden des Stromes ändert. Jeder Leiter
befindet sich deshalb bei Änderungen des ihn durch-
fliessenden Stromes in einem zwar von ihm selbst
DigitizsdbyGOOgle
74 Induktion.
erzeugten, aber deshalb doch nicht weniger vorhandenen
Kraftfeld wechselnder Grösse, und es werden deshalb
Spannungen in ihm induziert. Bei der Spule schneiden die von
einer Windung erzeugten Kraftlinien die Nachbarwindungen.
Ihre Änderung ruft hier also eine viel grössere Selbstinduktion
hervor, als bei einem geradem Leiter, dessen Kraftlinien nichl
wohl benachbarte Leiterteile schneiden können. Die Selbst-
induktion hängt deshalb ausser von der Heftigkeit der Strom-
änderung noch von der geometrischen Gestalt des Leiters ab.
Die Selbstinduktion einer Spule wird durch einen in ihr ent-
haltenen eisernen Kern aus bekanntem Grunde ganz wesentlich
verstärkt. Bei Selbst- und Voltainduktion ist die Richtung der
induzierten Spannung die gleiche. Beide sind, um es zu wieder-
holen, der des sich ändernden Stromes beim Schliessen ent-
gegengesetzt, beim Unterbrechen ihr gleichgerichtet.
Mit der zuerst fremdartig erscheinenden Selbstinduktion
werden Sie durch einen Versuch vertrauter werden. Die
Selbstinduktion einer Eisen-erfüllten Spule von vielen Win-
Fig. 48. Selbstinduktion einer Eiscn-crmillen Spule.
düngen soll einen Stromstoss erzeugen und durch ihn eine
Glühlampe zum hellen Aufleuchten bringen. Die Spule, eine
Stromquelle und ein Ausschalter bilden, wie das angezeichnete
Schema (Fig. 48) ergiebt, einen Stromkreis, in den die Glühlampe
als Brücke parallel zur Spule eingeschaltet ist. Das Ganze
wird in der Richtung der kleinen Pfeile von einem Strome
DigitizsdbyGOOgle
Induktion. 75
durchflössen, der gerade hinreicht, um die Lampe in schwaches
Glühen zu versetzen. Im Augenblick der Stromunterbrechung
wird die Spule vermöge ihrer Selbstinduktion zum Sitze einer
Spannung, welche in der Spule der ursprünglichen Spannung
gleichgerichtet ist. Die Spule mit Selbstinduktion oder, wie
man sie in der Ausdrucksweise des Tages abgekürzt nennt:
die Selbstinduktion ist für den Augenblick der Änderung
als eine Elektricitätsquelle anzusehen. Sie schickt in der Richtung
der drei grossen stark gezeichneten Pfeile einen Stromstoss
durch die Lampe und bringt sie zum kurzen, hellen Aufleuchten.
Man kann einer Spule ihre Selbstinduktion nehmen, indem
man das Entstehen von Kraftlinien in ihr verhindert. Dieses
wird dadurch erreicht, dass man die Spule gleichsam in zwei
Hälften teilt, von denen die eine Kraftlinien der einen Richtung,
die andere solche der entgegengesetzten erzeugt. Beide Gruppen
von Kraftlinien heben sich dann so gut wie vollständig auf.
Diese bifilare Wicklung habe ich Ihnen hier durch eine
Skizze (Fig. 49) anschaulich zu machen versucht. Sie sehen
zwei von einander getrennte Drähte, die an dem einen ihrer
beiden (von Isolation ') befreiten) Enden zusammengedreht und
gemeinsam mit einander zu einer Spule gewickelt sind. Die
Pfeile geben die Richtung des die Drahtwindungen durch-
fliessenden Stromes an. Sie sehen, dass die beiden Windungen
jedes einzelnen Windungspaares in entgegengesetzter Richtung
vom Strome durchflössen werden. Der gefiederte Pfeil bezeichnet
die Stromrichtung in den Windungen des hinteren Drahtes,
der ungefiederte in denen des vorderen. Wie die Pfeile
zeigen, fliesst in beiden Windungen jedes Windungspaares der
Strom in entgegengesetzter Richtung. Mag mithin die Strom-
r Einrachheil halbpr d
„Google
76 Induktion.
stärke sein, welche sie will, die Kraftlinien heben sich paarweise
auf, und wo kein Kraftfeld, da keine Induktion. Dass
diese bifilar gewickelte Spule hier keine Selbstinduktion hat, ist
leicht zu zeigen, indem sie an Stelle der Spule') mit Selbst-
induktion von vorhin (Fig. 48) geschaltet wird. Die Lampe
glüht so matt, wie eben. Bei Stromunterbrechung geht sie
aber ohne Aufleuchten einfach aus. Bifilar gewickelte Spulen
können nur als Widerstandsrollen dienen. Für alle
Wirkungen, zu denen ein magnetisches Feld not-
wendig ist, sind sie verdorben. Sie können keine elektro-
magnetischen, elektrodynamischen oder induktorischen Erschei-
nungen hervorrufen.
In der weiteren Besprechung der Induktionserscheinungen
ist jetzt der Apparat zu beschreiben, der nach seinem ersten
Fig, 50. Fiinkeninduktor. Elwa '/*-
Erbauer Ruhmkorffscher Funken in duktor, Induktorium
oder kurz Ruhmkorff genannt wird und das Urbild einer ganzen
Klasse elektrischer Apparate oder Maschinen, der Trans-
formatoren geworden ist. Sie sehen hier (Fig. 50) einen
Funkeninduktor vor sich, wie er dazu dient, im Kleinen
hochgespannte Elektricität zu erzeugen. Diese ist im Stande,
') Der Versuch wird mit einer einiigen Spule angestellt, welche sowohl auf
gewöhnliche, wie auf bifilare Wicklung geschaltet werden kann.
D,„i,.,db,Google
Induktion. 77
in Form eines Funkens die isolierende Luftschicht zwischen den
etwa 10 cm entfernten Spitzen zu durchbrechen, eine Erscheinung,
die bei diesem grösseren Induktor und nach Verdunkelung des
Hörsaales zum prächtigen Schauspiele
wird. Unter Licht- und Schallentwick-
lung, unter Blitzen und Knattern durch-
bricht die von glühenden Metallteilchen
getragene Elektricität gewaltsam die
lange Luftschicht, wozu — wie schon
früher (S. 16) angegeben wurde — sehr
grosse Spannungsdifferenzen notwendig
sind. Dieses Lichtbild (Fig. 51) zeigt
ihnen einen Ruhmkorff, wie er in
Funkentelegraphenämtern benutzt und
dort zweckmässig an der Wand befestigt
wird.
Der elektrische Funke ist mit der
Ausdehnung der elektrischen Bahnen
i\i einer alltäglichen Erscheinung ge-
worden. Die Bahnmotoren enthalten,
wie alle elektrischen Maschinen, Spulen
mit grossen Windungszahlen und eisernen
Kernen und besitzen daher eine sehr
grosse Selbstinduktion. Wird deshalb
durch das Abgehen der Kontaktrolle
oder des Bügels von der Oberleitung
oder durch Schmutz zwischen Rädern
und Schienen der Stromkreis unter-
brochen, so entsteht eine Selbst-
induktionsspannung von solcher Grösse,
dass sie sich über den Luftzwischenraum
hinweg in Form eines Funkens aus- fie. 5i. Ruhmkorff mr
gleicht. Ein solcher Öffnungsfunke Funkentekgraphie.
entsteht beim öffnen aller eine Selbst- Eiwa Vio-
induktion enthaltenden Stromkreise.
Wir kehren jetzt zur Besprechung des Funkeninduktors
zurück. Aus dem angezeichneten Schema (Fig. 52) entnehmen
Sie, dass der Apparat aus zwei in einander steckenden Spulen,
der primären inneren (1) und der secundären äusseren (JJ) und
DigitizsdbyGOOgle
78 Induktion.
einem Bündel Drähten aus weichem Eisen als Kern besteht.
Die secundäre Spule endigt in zwei starke Messingdrähte, deren
zugespitzte Enden durch zwei isolierende Handgriffe genähert
und entfernt werden können. Die primäre Spule ist mit einer
dreizelligen Accumulatorenbatterie und dem Unterbrecher,
einem Leiterteil, verbunden, der durch eine pendelnde Bewegung
den Stromkreis abwechselnd schliesst und unterbricht. Der
Unterbrecher kann sehr verschieden gebaut sein, z. B. einen
Kupferstift enthalten, den ein kleiner Elektromotor abwechselnd
in Quecksilber taucht und aus ihm herauszieht. Bei kleineren
Induktorien geschieht die Unterbrechung mit einem Wagnerschen
Hammer (Fig. 50, 52, 53), wie er auch bei den gewöhnlichen
Weckern verwandt wird. In den Stromlauf ist ein kleiner
Hammer eingeschaltet, dessen Kopf aus weichem Eisen und
dessen Stiel aus Uhrfederstahl besteht. Der Kopf steht dem
53. Dasselbe. Strom untcriirochen.
Drahtbündel gegenüber, das als Eisenkern in den Spulen steckt,
und wird von ihm bei geschlossenem Stromkreise elektro-
magnetisch angezogen. Dadurch entfernt sich der Hammer von
einem Kontaktstift, gegen den er vorher anliegt, und unterbricht
den Strom (Hammerstellung in Eig, 53). Der Eisenkern verliert
DigitizsdbyGOOgle
seinen Magnetismus, und der federnde Hammei
Kontaktstift zurück (Fig. 52). Der Strom wird
und der Kreislauf: Magnetisierung des Kernes, Hamn
Stromunlerbrechung, Rückkehr des Hammers
Stift, Stromschluss wiederholt sich fortgesetzt.
öffnet und schliesst selbstthätig den Strom ')
Die Unterbrechung des primären Stromes ri
ihm gleich gerichteten, das Schliessen einen ihm enl
gerichteten Induktionsstoss in der sekundären S
Durch abwechselndes öffnen und Schliessen c
Stromes werden mithin sekundäre Slromstösse v
Richtung erzeugt. Um es mit anderem Ausdrm
holen: Die vom primären Strom erzeugten Kraft
sich mit ihm im gleichen Tempo. Sie schneiden de
Leiter und induzieren in ihm Spannungen, die dem
primären Strom entgegengesetzt -, dem abnehm
gerichtet sind. Das wird besonders deutlich, w
Vorgänge in den beiden Wicklungen in gewohnte
zeichnet. Freilich ist hervorzuheben, dass b
nungen (Fig. 54 I und II) durchaus nicht die
Verhältnisse wiedergeben, sondern nur den:
dienende Schemata sind. In ein Achsenkreuz w
der in jedem Augenblick herrschende Wert der v
primären Stromstärke Jf und horizontal die zuge
eingetragen.
Für die Dauer des unveränderten Fliessens
horizontale Linien in bestimmtem Abstände von dei
Achse, für die der vollzogenen Unterbrechung
Achse selbst. Während des Unterbrechens unc
') Dem L'nlerbrecher isl ein Condensator parallel gcsc
obgleich die Besprechung der statischen Elektricjtil der nflchslei
behalten bleibt, nicht gam übergangen werden darf. Der Conden
das Öffnen und Schliessen des Primärkreises und vergrössert dai
Induktion. Er Ihut das dadurch, dass er als Puffer den Scibslin
nimmt, den der Primärkreis beim Öffnen erzeugt, und der als lan)
die Unlerbrechungss teile überspringen würde. Die Veriangsamung
brechung wird mithin durch den Condensator aufgehoben. Ebenso
Stromschluss beschleunigt. Denn die von der Unterbrechung her in
gestapelte El ek tri dt ata menge enlfliesst ihm beim Stromschluss unt
entgegengesetzt gerichteten Selbst induktionsstoss.
DigitizsdbyGOOgle
zeigen schräge stark ansteigende und stark abfallende Linien
den primären Stromveriauf an. Es entsteht so primär das
Bild eines periodisch an- und abschwellenden Stromes. Ganz
anders sieht die Kurve für die im Sekundärkreis induzierte
Spannung aus. Die konstanten Teile des primären Stromes
induzieren nicht, denn sie bewirken keine Kraftlinienänderungen.
Anders ausgedrückt: Für alle in I horizontalen Strecken ist in II
Fig. 54. Graphische Darstellung der Vorgänge in den beiden Spulen des RuhmkorfT.
(Rein schematiscli.)
Fig. 55. Sinusförmiger
leitl icher Verlauf einer
Wechsel span nung.
I.OP ist die Dauer einer
Periode, OW oder WF die
eines Wechsels.)
die Spannung Null. Sekundäre Spannungen bestehen nur in
den Zeiten, in denen der primäre Strom sich ändert. Die
Zunahme der primären Stromstärke J, induziert eine entgegen-
gesetzt gerichtete Sekundärspannung £„. Ist J, von der hori-
zontalen Achse nach oben zu zeichnen, muss E^, nach unten,
im Negativen liegen, so dass schliesslich Schema II entsteht.
Die Sekundärspannung E,, wechselt periodisch ihre Richtung.
DigitizsdbyGOOgle
Induktion. gl
Sie ist eine Wechselspannung, die bei geschlossenem
Sekundärkreis einen Wechselstrom erzeugt. Der früher
betrachtete elektrische Strom, der Gleichstrom, besteht in
einem ununterbrochenen gleichmässigen Flusse von
Elektricitat nach der gleichen Richtung, Beim Wechselstrom
findet ein Hin- und Herfliessen in taktmässigem Wechsel
statt. Freilich ist das typische Abbild einer Wechselspannung
oder eines Wechselstromes nicht dermassen eckig wie unsere
Schulzeichnung (Fig". 54 11). Die Ecken sind abgewölbt, und
statt der vertikalen Linien sind sanfter ansteigende und abfallende
vorhanden, so dass die Kurve so (Fig. 55) aussieht und der-
jenigen ähnelt, welche die Mathematiker eine Sinuskurve nennen.
Auch hier findet ein periodischer Richtungswechsel in gleich-
förmigem Rythmus statt. Ein ganzer Hin- und Hergang [OP in
Fig. 55) heisst eine Periode, ein Hin- oder Hergang (OW oder
WP) ein Wechsel, so dass immer eine Periode zwei Wechsel
umfasst.
Das zu Anfang etwas schwierige Verständnis des Wechsel-
stromes zu erleichtern, soll der allererste Versuch: die elektrische
Erwärmung des Eisendrahtes noch einmal angestellt werden,
nur mit der Änderung, dass dazu jetzt nicht Gleichstrom, sondern
eine Art Wechselstrom verwandt wird. Die Bewegung eines Um-
schalters bewirkt, dass der Eisendraht bald von rechts nach links,
bald von links nach rechts von Strom durchflössen wird. So
schnell meine Hand den Umschalter bewegen kann, also etwa
vier mal in der Sekunde, wechselt der Strom seine Richtung.
Sie sehen, die Erwärmung des Drahtes tritt unter denselben
Umstanden ein, wie bei Gleichstrom. Allerdings wird bei jedem
Richtungswechsel mit dem Strome auch die Erwärmung des
Drahtes unterbrochen und damit ein Flackern des von ihm
ausgesandten Lichtes bewirkt. Bei einem technischen Wechsel-
strom, der nicht zwei, sondern gewöhnlich fünfzig Perioden pro
Sekunde macht, folgen sich natürlich die Unterbrechungen zu
schnell, als dass man sie mit dem Auge wahrnehmen könnte.
Auch bei Wechselstrom tritt mit der Erwärmung ein Spannungs-
verlust auf; nur fällt die Spannung nicht mehr unverändert in
der einen Richtung ab, sondern abwechselnd erst auf dem Wege
von rechts nach links, dann auf dem entgegengesetzten. Die
Ursache des Spannungsabfalls im Draht, sein Widerstand von
D,ü,i,z.db,Cooglc
82 Induktion.
SO und so viel Ohm ist derselbe, mag er von Gleich- oder von
Wechselstrom durchflössen werden.
Hierin tritt eine Änderung ein, sobald Wechselstrom
statt gerade ausgespannter Drähte Spulen, besonders solche mit
eisernem Kern, durchfliesst. Die Selbstinduktion ist es, die den
von der Wechselspannung gewünschten Stromflnderungen, einer
Trägheit gleich, ihre Elektromotorische Kraft entgegenstemmt.
Die Elektromotorische Gegenkraft oder die Gegenspannung der
Selbstinduktion, die immer Nein sagt, beim Aufhören den
Strom verlängern, beim Entstehen ihn verspäten will, wirkt wie
ein Widerstand. Eine Spule, deren Klemmen, eine
Wechselspannung gegen einander besitzen, wird nicht
von dem Strome durchflössen, den das Ohmsche Gesetz
angiebt. Dem Drahtwiderstand, wie man auch sagt, dem
Ohmschen Widerstand gesellt sich ein neuer: der Widerstand
durch Selbstinduktion, die Induktanz hinzu. Beide vereinigen
sich zu einem Scheinbaren Widersland der Spule. Erst
dieser Scheinbare Widerstand, nicht der Ohmsche allein, ergiebt
den Quotienten von Spannung und Strom. Es ist nicht mehr
J = - „ > sondern J = -^^
wenn W den Scheinbaren Widerstand der Spule bedeutet.
Die Induktanz ist nicht etwa nur klein. Im Gegenteil! Bei
Spulen mit grosser Selbstinduktion überragt sie und damit der
Scheinbare Widerstand den Ohmschen-, den Drahtwiderstand
bei Weitem, Es wird sich noch mehrfach Gelegenheit bieten,
die ausserordentliche Bedeutung der Induktanz auch für die
Schwachstromtechnik zu erkennen. Bifilar gewickelte Spulen
haben natürlich keine Induktanz. Sie setzen Gleich- und Wechsel-
strom denselben, allein den Ohmschen Widerstand entgegen.
Nach dieser Abschweifung kehren wir wieder zum Ruhm-
korffschen Funkeninduktor zurück. Es ist klar, dass man
einen Ruhmkorff statt mit unterbrochenem Gleichstrom auch
direkt mit Wechselstrom speisen kann, wenn man eine
Wechselstromquelle zur Verfügung hat. Thatsächlich hat
man angefangen, für die Zwecke der Funkentelegraphie
grosse Induktorien mit Wechselstrom zu beschicken. Der
DigitizsdbyGOOgle
unangenehmste Teil des Apparates, der Unterbrecher, bleibt
dann natürlich fort, weil der Wechselstrom die zur Induktion
notwendigen Änderungen in sich selbst viel besser mitbringt,
als sie bei Gleichstrom durch den Unterbrecher erzielt werden
können. Ob der Induktor nun mit unterbrochenem Gleichstrom
oder mit Wechselstrom betrieben wird, immer springen zwischen
den Enden der Sekundärspule Funken über. Hierzu sind, wie
angegeben wurde, ausserordentlich hohe Spannungen erforder-
lich, wahrend der Primärkreis mit niedrig gespanntem Strome
gespeist wird. In der That ist diese Spannungsänderung
technisch ausserordentlich wichtig; sahen wir doch schon
beim Jouleschen Gesetz (S. 29), dass für elektrische Arbeits-
übertragungen die Fortleitung hoch gespannter Ströme not-
wendig ist. Andererseits muss die für die Fernleitung herauf-
transformierte Spannung am Verbrauchsorte heruntertrans-
formiert werden, damit sie gefahrlos benutzt werden kann.
In der Schwachstromtechnik wird allerdings nur die Spannungs-
erhöhung gebraucht, weil hier die Spannungen nicht gefährlich
hoch werden. Das Verhältnis der sekundären zur primären
Spannung -,'' heisst Übersetzungsverhältnis, Aus dem
Gesagten geht hervor, dass dieses in der Schwachstromtechnik
nicht kleiner als Eins sein kann. Es ist gewöhnlich sehr viel
grösser als Eins und nur in einem Falle gleich Eins. Man
braucht hier eben niemals herunter zu transformieren.
Wie kommt nun die Spannungsänderung im RuhmkorfF oder
im Transformator zu Stande? Eine vollständig klare Antwort
auf diese Frage giebt freilich nur die mathematische Betrachtung
der Vorgänge. Aber wenn Sie sich nicht scheuen, einem etwas
verwickelten Gedankengange zu folgen, werden Sie auch so
gut wie ohne Rechnung eine befriedigende Aufklärung erhalten.
Wir nehmen an, dass wir einen direkt mit Wechselstrom gespeisten
Transformator vor uns hätten. Die primäre Spule hat keinen
sehr grossen Ohmschen Widerstand. Sie setzt aber, wie wir
aus früher gesagtem entnehmen können, dem sich ändernden
primären Strome eine grosse Selbstinduktionsspannung e, ent-
gegen, so dass von der Primärspannung E, nur ein kleiner
arbeitender Teil E, — e, übrig bleibt, um Strom in die Spule
hineinzuschicken. Der Hauptteil von E, wird von der Seibst-
D,ü,i,z.db,Cooglc
Induktion mit Beschlag belegt, aufgehoben, wie man sagt: aus-
balanciert. Die Ursache der Selbstinduktion sind, wie wir wissen,
die Änderungen des im Eisenkerne des Induktors erzeugten
Magnetfeldes. Bei gegebenem Änderungstempo, für das die
Wechselstromqueüe sorgt, muss deshalb zur Herstellung einer
bestimmten Selbstinduktion eine grosse Anzahl von Kraftlinien N
dann im Kerne vorhanden sein, wenn die primäre Spule nur
wenige Windungen enthält. Denn ihre gesamte Selbst-
induktion e, ist gleich der in jeder einzelnen primären Win-
dung c multipliziert mit der Windungszahl. Da weiter e, , die
Selbstinduktionsspannung, beinahe gleich E, , der Primär-
spannung, also nahezu constant ist, muss das auch mit en, der
Fall sein. Wir können deshalb ohne zu grossen Fehler
schreiben ;
cn, = fi, = E, = constans.
Ein kleines w, verlangt deshalb ein grosses e und dieses bei
gegebenem Änderungstempo ein starkes Feld N
Ein starkes Feld ruft aber grosse sekundäre Induktionen hervor.
Je kleiner also die primäre Windungszahl, um so grösser die
sekundären Induktionen.
Andererseits addieren sich die in jeder sekundären Windung-
induzierten Einzelspannungen zu einer um so höheren Gesamt-
spannung, je mehr sekundäre Windungen vorhanden sind.
Das Endergebnis ist: Durch den Transformator wird die
Spannung um so mehr erhöht, je weniger primäre und je mehr
sekundäre Windungen vorhanden sind. Das Übersetzung-s-
verhältnis ist so gut wie gleich dem Quotienten der
Windungszahlen:
DigitizsdbyGOOgle
E„ :E, = n„:n,
Das Produkt') von Strom und Spannung: die Watt müssen
— von den Verlusten V im Transformator abgesehen — beim
Ein- und Austritt gleich bleiben, denn Leistung kann in dem
Transformator nicht geschaffen werden.
E,Ji = V+E„J„.
Diese Verluste V, welche für die Ökonomie der Anlage
natürlich von grosser Bedeutung sind, zerfallen in zwei Gruppen.
Die erste Gruppe enthält die Verluste im Kupfer des Trans-
formators, d. h. die durch Stromwärme in den beiden Wicklungen.
Heissen primärer und sekundärer Drahtwiderstand W, und W,f,
so sind die Verluste im Kupfer
Die zweite Gruppe von Verlusten sind die im Eise n.
Das vom Wechselströme umflossene Eisen wird fortwährend
ummagnetisiert, wozu, wie wir früher (S, 60) erkannten, die
Arbeit der Hysteresis erforderlich ist. Sie kann nur der in
den Transformator einströmenden Energie entnommen werden.
Durch Verwendung besonders weichen Eisens mit schmaler
Hysteresisschleife wird sie auf ein kleines Maass herab-
gedrückt. Der andere Arbeitsverlust im Eisen ist der durch
Induktion von Wirbelströmen, welcher durch die beschriebene
Unterteilung des Eisenkernes so weit wie möglich be-
schränkt wird.
Der Transformator, dessen Besprechung wir hiermit leider
abschliessen müssen, ist die ideale elektrische Maschine. Ihre
Bewegungen sind aus der Grössenordnung des Groben, Sicht-
baren in die des Feineren, dem körperlichen Auge unsichtbaren
verlegt. Nur äusserlich ruht der Transformator.*) In seinem
Innern pulsieren Kraltlinien und verbinden — Zahnrädern ähnlich
— zwei arbeitende Mechanismen mit einander.
') Der Kundige mSge skh erinnern, dass es sich um elementare Vor-
lesungen handelt.
*| Das einzige äussere Zeichen der Bewegung ist das brummende Geräusch
■nuKher Transformatoren.
D,„i,.,db,Google
6. Vorlesung.
Elektrostatik.
Fliesiende und nihcndt Ekktricitit. — Elektriciiat durch Reibung von Isolatoren. —
Zwei Arien der Elettricitat. — Coulombsches Gesetz. — Auch Leiter werden
elektriach. -- Elcklricitfit auf beiden reibenden KOrpern. — Elektroskop. — Influenz.
— Der Anziehung geht Influenz voran, — Elektrisiermaschinen. — Der Funke und
" E Wechselstrom-artige Natur, — Sitz der Ladung auf der OberflAche. — Spitzen-
wirkung. — Gewitter und Blitiabli
Condensator. Capaci
— Moderne Anschaui
Gewitterneigung. — Leydetier Flasche und
: das Mikrofarad. Technischer Condensator.
rikum. Diele ktricitAtsconslante. Elektrische
Kraftlinien. — Strom aus statischer Quelle. — Positiver und negativer Strom.
Positive und negative Klemme. — Ladung eines Condensators aus einer Stromquelle.
Ladestrom und Entifldestrom. — Erdleitung.
Von elektrischen Erscheinungen hat uns bis jetzt allein der
elektrische Strom beschäftigt, den wir als ein Fiiessen, eine
Fortbewegung von Elektricität durch einen Leiter ansahen.
Heute liegt uns die Betrachtung einer zweiten Gruppe von
Vorgängen ob, welche zu Recht oder zu Unrecht unter dem
Namen derer der ruhenden oder statischen Elektricität
zusammengefasst zu werden pflegen. Zwar handelt es sich
hier wie dort um dasselbe Etwas; Elektricität. Aber die
Elektricität tritt doch in beiden Fällen in so verschiedener
Weise in die Erscheinung, dass die Zweiteilung der Elektricitäts-
lehre, den Vorgängen der elektrotechnischen Praxis zuwider,
unvermeidlich ist.
Die Grunderscheinungen der Statik waren lange vor Ent-
deckung des elektrischen Stromes bekannt; wissen Sie doch,
dass der Bernstein — durch Reiben in den Zustand versetzt,
leichte Körperchen anzuziehen — der Elektricität ihren Namen
gab; baute doch schon im siebzehnten Jahrhundert jener
magdeburgische Bürgermeister, der die Natur durch so viel
hellere Augen ansah, als die meisten seiner Zeitgenossen, mit
seiner drehbaren Schwefelkugel die erste Elektrisiermaschine.
Lassen Sie uns jetzt in möglichster Kürze die Hauptthatsachen
■der Statik durchgehen.
DigitizsdbyGOOgle
Elektrostatik. 87
Gewisse Isolatoren erhalten dadurch, dass man sie mit
einander reibt, vorübergehend die Fähigkeit, leichte Körper wie
Papierschnitzel oder Kugeln aus HoUundermark anzuziehen und
nach einem Augenblick des Festhaltens wieder abzustossen.
Diesen durch Reiben hervorgerufenen Zustand nennt man den
elektrischen und die in ihn versetzten Körper elektrisch
geladen. Wird ein Glasstab mit einem seidenen Tuche
gerieben, so zieht er die an einem Seidenfaden aufgehängte
Kugel aus HoUundermark zu sich herüber, hält sie einen
Augenblick fest und stösst sie wieder von sich. Dasselbe thut
eine mit Wolle geriebene Stange aus Siegellack mit einer
zweiten Kugel aus HoUundermark.
Nähert man nun der Kugel I, welche von der geriebenen
Glasstange angezogen wurde und jetzt von ihr abgestossen
wird, den geriebenen Siegellack, so tritt nicht ebenfalls Ab-
stossung, sondern Anziehung ein. Ebenso wird die erneut
vom Siegellack mit Elektricität geladene Kugel II vom Glase
angezogen. Beide elektrischen Materialien — Glas und Siegel-
lack — stossen also die mit ihrer eigenen Elektricität geladenen
Kugeln ab, ziehen die mit der fremden geladenen an. Das ist
nur dann möglich, wenn die eigene Elektricität sich von der
fremden unterscheidet, wenn beim Reiben von Glas und
von Siegellack zwei von einander verschiedene Arten von
Elektricität entstehen. Zwar ist beider Wesen dasselbe, und
die Art ihrer Entstehung und W^irkung ist gleich; aber ein
Richtungsgegensatz unterscheidet ihre Wirkungen. Man
wird unwillkürlich an die magnetischen Erscheinungen erinnert.
Ehe die Kraftlinienanschauung erdacht war, glaubte man in den
beiden verschiedenen Magnetpolen zwei verschiedene Arten
Magnetismus angehäuft, die auch wesensgleich sein und nur
einen Richtungsgegensatz aufweisen sollten. Die magnetische
Eigenschaft der Erde veranlasst die Bezeichnung Nord- und
Südmagnetismus. Mathematisch würde man von positivem und
negativem Magnetismus sprechen. Weicher dann von beiden
Magnetismen der positive sein soll, bleibt der Liebhaberei des
Einzelnen oder willkürlicher Verabredung vorbehalten.
Ähnlich steht es mit den beiden Elektricitäten. Solange die
elektrostatischen Erscheinungen keine so fortgeschrittene Dar-
stellung gefunden hatten , wie die uns schon bekannte der
DigitizsdbyGOOgle
magnetischen Kraftlinien, nahm man zwei Arten der Etek-
tricität als vorhanden an. Beide sollen zwar wesensgleich
sein, aber in der Richtung ihrer Wirkung einen Gegensatz
aufweisen. Man hat sich geeinigt, die Elektricität, welche das
Glas bedeckt, wenn es mit einem seidenen Tuche gerieben wird,
die positive, die des mit Wolle geriebenen Siegellacks die
negative zu nennen. Aus den angestellten Versuchen folgt
dann das der gegenseitigen Wirkung von Magnetpolen (S. 35)
entsprechende Gesetz: Die mit gleichnamigen Elektrici-
taten geladenen Körper stossen sich ab, die mit un-
gleichnamigen geladenen ziehen sich an. Auch die Stärke
der anziehenden oder abstossenden elektrostatischen Kraft /■'
gleicht der der magnetischen, wenn man die Polstärken (die in
den Polen angehäuften Mengen Magnetismus) w, und m^ durch
die wirksamen Elektricitätsmengen Q^ und Q^ ersetzt.
Da auch dieses Gesetz von Coulomb herrührt, hat man die
Einheit der Elektricitätsmenge mit Recht nach ihm benannt.
Kehren wir noch einmal zu dem Vorgange zurück, durch
den die statische Elektricität entsteht. Zuerst ist zu bemerken,
dass nicht nur Isolatoren, sondern auch Leiter durch Reiben
elektrisch werden. Nur fliessen bei diesen die Elektricitäts-
mengen, indem sie entstehen, immer gleich durch den Körper
des Leiters und den des Experimentierenden zur Erde ab,
so dass die Elektricität nur dann nachzuweisen ist, wenn man
bei dem Versuche die Leiter mit einem isolierenden Handgriffe
anfasst. Weiter ist zu beachten, dass beim Reiben nicht nur
der eine reibende Körper elektrisch wird, sondern dass beide,
also Glas und Seidentuch oder Siegellack und Wolle elektrisch
werden, und zwar entsteht auf jedem von beiden die gleiche
Menge Elektricität, aber von entgegengesetztem Vorzeichen.
Wenn sich also bei einem Versuch der Glasstab mit + Q Coulomb
bedeckt, werden auf dem Seidentuche — y Coulomb ausgeschieden.
Zur Erklärung hat man sich eine etwas kindliche, aber recht
nützliche Vorstellung zurecht gemacht , die an die von den
Elementarmagneten (S. 38) erinnert. Nach ihr sollen die Körper
DigitizsdbyGOOgle
im unelektrischen Zustand gleiche Mt
Elektricität mit einander gemischt un
enthalten, und beider Gemisch soll
werden.
Die gegenseitige Abstossung
ladener Körper liefert im Elektro
nachzuweisen und ihr Vorzeichen
zu erkennen, Sie sehen ein
solches Elektroskop hier (Fig. 56)
vor sich. Zwei dünne Blättchen
aus Aluminium oder Stanniol
hängen unten an einem Messing-
stabe, der oben in einen Knopf
endigt. Um den Apparat bewegen
zu können unddieMetallblättchen
vor Berührung und Luftzug zu
schützen, ist der Stab mit Hilfe
einer isolierenden Buchse in ein
Standgefäss eingebaut, dessen
Inneres durch zwei ebene Glas-
scheiben dem Auge unmittelbar
oder mittelst der Projektions-
lampe zugänglich ist. Mit dem
zu prüfenden Körper berührt
man den Knopf des Elektroskopes.
da ich den Knopf mit der vor län
Stange berühre, die Blättchen ausei
dem zu prüfenden Körper Elektriciti
dann eine mit Seide geriebene Gla
Blattchen vergrössert oder verkle
Körper positiv oder negativ gelade
dem Elektroskop gemessen wird,
Elektricitätsmengen; denn der Au;
hängt von der Kraft ab, mit der sii
und diese nach dem Coulombsche
Blättchen befindlichen Elektricitäts.
sind aber auch Spannungszeiger, de
abgegebene Elektricitatsmenge ist de
quelle proportional. Man kann d
DigitizsdbyGOOgle
ßlattchen durch eine hinter ihnen angebrachte Gradeinteilung
messen und diese nach Volt aichen. Das Elelctroskop wird
dann zu einem Elektrometer, wie sie nach diesem Prinzip, nur
in anderer Form und verfeinerter Ausführung thatsächlich zur
Spannungsmessung gebaut werden.
Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass die Blättchen des
Elektroskopes schon ausschlagen, ehe noch der elektrische
Körper den Knopf berührt, Sie gehen schon bei der
blossen Annäherung des Stabes aus einander. Man sieht,
wie eine magnetische (S. 36), giebt es auch eine elektro-
statische Influenz. Nach der alten Anschauung bewirkt
ein elektrischer Körper in seinem unelektrischen , leitenden
Nachbarn eine Trennung der beiden vermischten und so unwirk-
samen Elektricitaten entgegengesetzten Vorzeichens. Auf dem
benachbarten Leiter zieht er Etektricität von einem dem der
der seinigen entgegengesetzten
Vorzeichen möglichst nahe zu sich
hin und stösst die mit jener gemischt
gewesene, mit seiner gleichen Vor-
zeichens von sich fort. Die dem
Elektroskop genäherte positive
Stange zieht also negative Elektri-
cität in den Knopf und stösst
positive in die Blättchen, wodurch
_ _ diese sich spreitzen (Fig. 57). Wird
"vt" der influenzierende Körper entfernt,
so vereinigen sich die beiden durch
Influenz getrennten Elektricitaten
wieder, und die Blättchen fallen
zusammen. Die Influenzerscheinung
ist die gleiche wie vorher, wenn
. sich zwischen Glasstab und Elektro-
Fig. 57. Influenz. skop noch ein anderer Nichtleiter
als Luft, etwa eine Hartgummiplatte
oder eine Glasscheibe befindet. Ein leitender Körper dagegen,
wie dieses Messingblech, fängt die Wirkung ab. Man nennt
das elektrische Schirmwirkung.
Wie der magnetischen Anziehung, kann man auch jeder
elektrostatischen eine Influenz vorhergehend annehmen. Indetn
DigitizsdbyGOOgle
91
die Glasstange die Kugel aus HoUundermark anzieht, wirkt sie
verteilend auf die Kugel und zieht, wie ich das hier zeichne
(Fig. 58), die negative Elektricität auf die ihr benachbarte Kugel-
seite und stösst die positive auf
die von ihr abgewandte. Nun ^ ^^^^
findet gleichzeitig eine Anziehung
der beiden ungleichnamigen und
eine Abstossung der beiden
gleichnamigen Elektricitäten
statt. Da aber die Entfernung '~'*" :(V
zwischen den ungleichnamigen Fig. 58.
Wesentlichkleinerist,alszwischen Der Amiehung geht Influem voran.
den gleichnamigen , überwiegt
nach dem Coulombschen Gesetz die Anziehung bei Weitem
die Abstossung. Die Kugel fliegt an die Glasstange. Indem
beide sich berühren, tritt von der Stange auf die Kugel
positive Elektricität über, von welcher positiven Elektricität ein
Teil die negative der Kugel neutralisiert und der Rest die
Kugel positiv ladet. Jetzt wird die positive Kugel von der
positiven Stange abgestossen. Der Vorgang stellt sich mit Hilfe
der Influenz zwar verwickelt, aber ganz anschaulich dar.
Grössere Mengen statischer Elektricität werden unter Be-
nutzung der uns bekannten Erscheinungen der Reibung und
Influenz, nur in vollkommenerer Weise, mit den Elelitrisier-
maschinen erzeugt. Bei den Reibungsmaschinen reibt eine
Glasscheibe gegen ein mit Fett auf ein Lederkissen geschmiertes
Metallgemisch. Bei den Influenzmaschinen wird die mechanisch
wiederholte verteilende Wirkung einer kleinen Elektricitätsmenge
zur Erzeugung grösserer benutzt. Bei beiden Klassen von
Elektrisiermaschinen gelangen die entstehenden Elektricitäten
schliesslich je auf eine Hohlkugel (oder einen Hohlcyhnder) aus
Messingblech, die gleichsam die Klemmen der Elektrisier-
maschine darstellen und im Folgenden kurz ihre Endkugeln
genannt werden. Durch Verbindung mit ihnen werden der
Maschine die Elektricitäten entnommen. Die elektrische Leistung
der Elektrisiermaschinen ist so klein, dass man ihnen heute
kaum mehr den Namen einer Maschine geben würde. Ebenso
klein ist jetzt — im Gegensatze zu früher — das ihnen zu-
gewandte Interesse, wenngleich anerkannt werden muss, dass
DigitizsdbyGOOgle
92 Ekktrostatilc.
die Influenzmaschinen, namentlich die neueren (Whimshurst-
maschinen), einen verhällnissmässig hohen Grad technischer
Vervollkommnung erreicht haben.
Als einzige Wirkung der statischen Elektricitat haben wir
bis jetzt Anziehungs- und Abstossungserscheinungen besprochen.
Aber jeder, der mal eine Elektrisiermaschine gesehen oder nur
im dunklen Zimmer sein wenig gefettetes Haar mit einem
Gummikamm gekämmt hat, kennt das auffallendste Merkmal
statischer Erscheinungen: den Funken. Wird diese kleine
Influenzmaschine hier mit der Hand gedreht oder jene grössere
dort durch einen kleinen Elektromotor angetrieben, so springen
zwischen den beiden Endkugeln helle und knatternde Funken
über. Die eine Kugel des Paares wird fortwährend positiv, die
andere fortwährend negativ geladen. Schliesslich ist der
Spannungsunterschied zwischen beiden Kugeln so hoch ge-
stiegen, dass die Elektricitat die schlecht leitende Luftschicht
zwischen ihnen — die Funkenstrecke — gewaltsam durch-
bricht. Dass die Elektricitat zum Durchbrechen einer Luft-
schicht sehr hoch gespannt sein mus.s, ist Ihnen bekannt. Der
durch Reibung oder Influenz hergestellten Elektricitat ist mithin
eine hohe Spannung eigentümlich. Trotz dieser hohen Spannung
wird bei ihrem Ausgleich schon wegen seines schnellen Verlaufs
nur eine kleine elektrische Arbeit in Wärme, {Licht und Schall)*)
verwandelt, weil es sich bei den Versuchen nur um ganz kleine
Elektricitatsmengen handelt.
Der elektrische Funken ist uns, so werden Sie bei sich
schon lange eingewandt haben, aber garnichts Neues. Wir
kennen ihn vom Ruhmkorff her, und zwischen jenem dort und
unserm hier besteht im Wesentlichen nur der Unterschied der
Entstehungsweise. Es wird Sie deshalb auch nicht Wunder
nehmen, zu hören, dass, ebenso wenig wie beim Ruhmkorff", der
Funke bei den Elektrisiermaschinen in einem einmaligen Ausgleich
in einer Richtung, einer einfachen Wanderung der Elektricitat
etwa von der positiven Kugel zur negativen besteht. Bei
jedem Funken findet trotz seiner sehr kurzen Dauer ein ausser-
ordentlich schnelles, Wechselstrom-artiges Hin- und Herschwingen
1) Von einer weiteren Wirkung des Funkens wird bei der Funkentelegraphie
die Rede sein.
D,„i,.,db,Google
ElehtrosUtik. 93
der Elektricität durch die Funkenstrecke hindurch statt. Die
Erschütterung ist zu heftig, als dass sie augenblicklich beendigt
sein und nicht noch nachzittern sollte. Der eines fallenden
Pendels gleich, geht die Bewegung über die Ruhelage hinaus,
mehrmals hin und her, bis sie schliesslich aufgezehrt ist. Der
Elektricität wohnt gleichsam eine Trägheit inne, eine Vorstellung,
die uns auch neulich (S. 73) die Erscheinung der Selbstinduktion
verständlicher machte. Hält man ein Kartenblatt zwischen die
Endkugeln der gedrehten Influenzmaschine, so wird es vom
Funken durchschlagen. Der Rand der Durchschlagsöffuung ist
nun nicht nach einer Seite aufgewölbt, wie man erwarten
möchte , sondern nach beiden, ein Beweis dafür, dass der
elektrische Ausgleich nicht nur in einer Richtung vor sich
gegangen ist. Ja, man kann die einzelnen Hin- und Hergänge
Fig. 59. Diagrar
der Entladung, welche übrigens auch die Rechnung ergiebt,
getrennt von einander photographieren. An ihrem Vor-
handensein darf deshalb kein Zweifel obwalten. Ein graphisches
Bild, welches die jeweilig die Funkenstrecke durchrasende
Elektricitatsmenge <J in Abhängigkeit von der Zeit t wiedergiebt,
würde so aussehen (Fig. 59). Das ganze ( stellt dann die Dauer
DigitizsdbyGOOgle
94 Elektro sUCik.
des Funkens bis zum Erlöschen, d. h. einen viel kleineren
Bruchteil einer Sekunde dar, als wir uns vorzustellen im
Stande sind.
Es ist Ihnen in der heutigen Vorlesung gewiss der Aus-
druck aufgefallen, dass sich die Elektricität auf den Körpern
befinde. Es war davon die Rede: die Glasstange bedecke sich
mit Elektricität, auf dem Seidentuche würden eine Anzahl Cou-
lomb ausgeschieden, während es uns vom elektrischen Strome
geläufig ist, dass er den Querschnitt der Leiter durchströmt.
Fig. 60. Faradayschca Rouleau.
Das ist eben ein fundamentaler Unterschied zwischen der gleich-
massig fliessenden und der ruhenden Elektricität. Da gleich-
namige ruhende Elektricitäten sich abstossen, so stösst jedes
Teilchen einer ruhenden Elektricitätsmenge die Nachbarteilchen
DigitizsdbyGOOgle
Elektrostatik. 95
ab. Jedes sucht sich von den anderen so weit, als möglich, zu
entfernen : die ganze Ladung kriecht auf die äusserste Oberfläche
des geladenen Körpers hinaus. Das lässt sich schön mit dem
Faradayschen Rouleau {Fig. 60) zeigen. Ein Bogen Stanniol
kann nach Art eines Fensterrouleaus durch Drehen einer Achse
auf- und abgerollt werden. Wie sie sehen, ist das Stanniol
durch Glasfüsse vom Erdboden und durch Hartgummi von der
die Drehung vermittelnden Kurbel isoliert. Das herabgerollte
Rouleau wird mit Elektncitat geladen und die auf ihm
herrschende Spannung durch den Ausschlag eines Kugelpaares
aus Hollundermark angezeigt. Wird nun das Rouleau schnell
zusammengerollt, so stossen sich die beiden Kugeln immer heftiger
ab, (Beim Abrollen zeigen sie ungefähr wieder den alten Aus-
schlag), Die Vergrösserung des Ausschlages zeigt an, dass
das Zusammenrollen eine Spannungserhöhung bewirkt hat. Die
äussere Oberfläche des Stanniols ist offenbar auf einen Teil
ihrer ursprünglichen Grösse verkleinert und dieselbe Elektricitäts-
menge, die sich früher über das ganze Stanniolblatt ausdehnen
konnte, gezwungen worden, sich mit der äussersten Schicht des
aufgewundenen Blattes zu begnügen. Dort sitzt sie jetzt eng
erobertlachc sitzt.
zusammengedrängt. Die Spannung ist gestiegen. Die Kugeln
schlagen weiter aus. Wäre das ganze Innere des Rouleaus mit
Elektncitat erfüllt, wäre es mit ihr gleichsam durchtränkt, so
DigitizsdbvGOOgle
96 ElektrosUtik.
ist — da durch das Zusammenrollen die Masse des Stanniols
nicht geändert wird — zu einer Spannungsänderung keine
Ursache verhanden. Die ruhende Elektricität hat also
ihren Sitz auf der Oberfläche der geladenen Körper,
nicht in ihrem Innern.
Ein zweiter Apparat (Fig. 61) zeigt noch schöner, wie die
Teile einer elektrischen Ladung auseinander streben. Er besteht
aus einer Kugel aus Messingblech, die auf einem isolierenden
Glasfuss befestigt ist, und zwei Halbkugeln aus gleichem Material,
die an isolierenden Handhaben gehalten werden. Beide Halb-
kugeln zusammen können gerade eben die Vollkugel umschliessen,
wobei sie beide die Vollkugel berühren. Die Vollkugel wird
elektrisch geladen und einen Augenblick mit den unelektrischen
Halbkugeln umschlossen. Sofort geht die gesamte Ladung
auf die umschliessenden Halbkugeln über. Sie bringen nach
dem Abnehmen die Blättchen eines Elektroskopes zum heftigen
Ausschlagen, die Vollkugel nicht.
Was bei diesem Versuch die beiden umschliessenden Halb-
kugeln augenblicklich bewirken, nämlich das Entweichen der
Ladung von der Kugel, das thut die umspülende Luft all-
mählich. Am längsten hält sich die Elektricität noch auf Kugeln
und zwar auf solchen mit wenig gekrümmter Oberfläche (also
mit grossem Radius) länger, als auf stärker gekrümmten. Hin-
gegen entlassen alle Körper mit scharfen Kanten und Ecken
DigitizsdbyGOOgle
E]ektro9tat[k. Q7
oder gar mit Spitzen ihre elektrische Ladung sehr schnell in
die umgebende Luft. Eine solche Spitzenwirkung möchte
ich Ihnen durch einen sehr einfachen Versuch zeigen. Eine
Messingkugel, wie die eben benutzte, trägt oben einen recht-
winklig umgebogenen Draht, der in eine scharfe Spitze aus-
läuft. Durch eine Messingkette wird die Kugel mit der Elektrisier-
maschine verbunden, und nun sehen Sie bei verdunkeltem
Hörsaal an dem Büschel matten, bläulichen Lichtes, welches der
Spitze entströmt, wie sie einem Ventile gleich, die Elektricität
von der Kugel entweichen lässt. Fast noch schlagender wirkt
es, wenn man eine brennende Stearinkerze vor die Spitze halt.
Von dieser ergiesst sich die Elektricität auf die Luft, und die
einzelnen (gleichnamig) elektrisierten Lufteiichen stossen sich in
der Verlängerung der Spitze so heftig ab, dass in dem ent-
stehenden s, g. elektrischen Wind die Kerzenflamme seitwärts
geweht wird. {Fig 62).
Die Spitzenwirkung hat noch ein besonderes Interesse,
weil sie beim Blitzableiter praktisch benutzt wird. Seit lange
weiss man, das dass Gewitter eine elektrostatische Erscheinung
ist, und jeder erkennt in dem Funken der Influenzmaschine oder
des Ruhmkorff ein verkleinertes Abbild des Blitzes. Durch
einen meteorologischen Vorgang, von dem man noch recht wenig
zu wissen scheint, erhält eine Wolke eine elektrische Ladung,
die durch Influenz auf einer anderen Wolke oder der Erde eine
entgegengesetzte Ladung hervorruft. Die Spannung der beiden
Ladungen gegeneinander wächst und wächst, so dass schliesslich
über eine Entfernung von bis zu mehreren Kilometern der Blitz
als mächtiger elektrischer Funke von Wolke zu Wolke oder von
Wolke zu Erde überspringt. Die Luft wird durch den Blitz
gewaltsam zerrissen, und die Erschütterung der Luftmassen ver-
ursacht den Donner. Da, wie bekannt, der Blitz mechanisch
zerstört, zündet und Leben vernichtet, sucht man sich vor ihm
durch Blitzableiter zu schützen. Hohe Gebäude und ihre Insassen,
hohe Bäume und die thörichter Weise unter ihnen Schulz
suchenden sind besonders der Gefahr ausgesetzt, vom Blitze
getroffen zu werden. Gleiches gilt jetzt in den Städten von
den über die Häuser hinweg geführten Fernsprechdrähten.
Sie sind recht dazu geeignet, den Blitz aufzufangen und
in die Aufenthaltsorte von Menschen hineinzuleiten. Jeder
.,Cooglc
Fernsprechdraht ebenso, wie auch jeder Telegraphen- und Stark-
stromdraht, wird deshalb mit einem eigenen, später ausführlich
zu beschreibenden Blitzableiter versehen. Jetzt beschäftigen
uns nur die Gebäudeblitzableiter. Das sind spitze Metallstangen,
die auf dem Dache des zu schützenden Hauses errichtet und
mit dem Grundwasser in gut leitende Verbindung gesetzt
werden. Sobald die erwähnten elektrischen Ladungen auftreten
und sich der Zustand einstellt, den man Gewitterneigung
nennt, beginnt sofort die Arbeit der Blitzableiter, Vermöge der
Spitzenwirkung strahlen sie die Elektricität der Erde gegen die
der Wolke aus. Sie führen so einen allmählichen Ausgleich
beider herbei und erschweren, einem Sicherheitsventile ver-
gleichbar, das Zustandekommen eines Blitzes. Steigen aber die
Spannungen zu schnell an, als dass zu ihrem allmählichen
Ausgleich Zeit vorhanden wäre, und ist der Blitz nicht mehr
zu verhindern, so giebt man ihm wenigstens mit dem Blitzableiter
einen gutleitenden Weg zur Erde, so dass er das Gebäude und
seinen Inhalt nicht beschädigen kann.
Es ist nicht weiter verwunderlich ist, dass sich der Bütz
photographieren lässt. Auf einer solchen Photographie vermisst
man die reine Zickzackform, die man dem Blitze nachzusagen
gewohnt ist, wenn auch immerhin eine Neigung zum Zickzacklauf
deutlich ausgeprägt ist. Weit auffallender
sind aber die Verzweigungen, welche an
ein Baumgeäst oder an einen Flusslauf mit
seinen Nebenflüssen erinnern, und die ganz
ähnlich für den elektrischen Funken nach-
gewiesen sind. Als Funke stellt der Blitz
auch eine schwingende Entladung, einen
Wechselstrom von sehr hoher Periodenzahl
dar. Vermöge seiner Selbstinduktion ist
er deshalb nicht im Stande, Spulen zu
durchlaufen. Schon Spulen von wenigen
Windungen, ja selbst lebhafte Krümmungen
,, versperren dem Blitze den Weg und lassen
Lcvciener Flasche. '^1 suf einen anderen Leiter abspringen.
Die weitere Besprechung der Elektro-
statik führt uns nun zur Leydener Flasche. Man sieht es
der unscheinbaren Flasche (Fig. 63) garnicht an, dass sich an
.,Coogk-
sie Betrachtungen knüpfen, welche für die neuere Elektriciti
lehre und Elektrotechnik, besonders auch für unser Gebiet, i
grösster Wichtigkeit geworden sind. Ein cyhndrisches G
gefäss ist innen und aussen bis auf einige Centimeter unterh
seines oberen Randes mit Stanniol beklebt und mit einem leich
Holzdeckel verschlossen. Die innere Stanniolschicht oder, ■
man sie nennt, die innere Belegung steht mit einem Messings
in leitender Verbindung, der durch den Deckel führt und ol
in einen Knopf endigt.
Zur Ladung nimmt man die Flasche in die Hand, so d
die äussere Belegung zur Erde abgeleitet ist, und berührt
dem Knopf die eine — die positive — Endkugel der Elektris
maschine. Die Maschine wird eine Reihe von Malen gedreht i
dadurch die Flasche geladen. Zur Entladung benutzt man eil
gebogenen Messingstab, der an seinen Enden Kugeln trägt i
an einem Glasgriffe isoliert gehalten werden kann. Sobald
der einen Kugel die äussere Belegung der Flasche berührt i
die andere dem Knopfe der inneren Belegung genähert w
springt zwischen Flaschenknopf und Entladerkugel mit laut
Knall ein ausserordentlich heftiger
Funke über. Beim abermaligen Nähern
sehen Sie noch einen , freilich viel
schwächeren Funken, ja einen dritten
noch schwächeren überspringen , und
unter Umständen gelingt es, noch einige
feine Funken aus der Flasche heraus-
zuholen. In dem ersten Funken entladen
sich fast die gesamten Elektricitäts-
mengen , welche durch Drehung der
Maschine frei geworden sind und ohne
Flasche bei ihrem unmittelbaren Aus-
gleich eine grosse Anzahl einzelner
Funken hervorgerufen hatten. In den
schwächeren Nachfunken kommt ein
geringer Rückstand an Elektricität zum
Ausgleich , über den später noch zu
sprechen sein wird.
Erklären wir uns das Arbeiten der Leydener Flas(
Dem Flaschenknopf und damit der inneren Belegung wird n
^
Fig. 64. Ladung
ler Leydener Flasch
,,Cooglc
100 Elektrostatik.
der von uns noch immer festgehaltenen Anschauung positive
Elektricität wie ein materieller Körper zugeführt (Fig. 64).
Diese positive Elektricität der inneren Belegung wirkt ver-
teilend auf die äussere, zieht negative Elektricität so nahe an
sich, als die Glaswand erlaubt, und stösst positive in die Erde.
Beide Stanniolbelegungen sind mit gleichen Mengen entgegen-
gesetzter Elektricitäten geladen, und, um deren unmittelbaren
Ausgleich zu verbinden, darf die Flasche nicht bis zu ihrem
oberen Rande beklebt sein. Durch das Glas hindurchhalten
sich die beiden ungleichnamigen Elektricitäten gegenseitig fest
und verhindern einander am schnellen Entweichen in die Um-
gebung. Mit der Leydener Flasche kann man mithin verhältnis-
massig grosse Elektricitätsmengen zu gemeinsamer Wirkung
zusammenfassen, und diese entlaufen einem nicht unter der Hand,
wie ohne Flasche.
Die Möglichkeit, dasselbe Stanniolblatt bei derselben
Spannung mit verschieden grossen Elektricitätsmengen zu
laden, je nach dem, ob sich in seiner Nähe ein zweites zur Erde
abgeleitetes befindet oder nicht, erscheint vielleicht verwunderlich.
Man möchte im Gegenteil erwarten, dass die gleiche Spannung
auf einen und denselben an sich unveränderten Leiter in allen
Fallen auch die gleiche Elektricitätsmenge, dieselbe Anzahl
Coulomb hinüberdrücken müsse. Dann hätte jeder Leiter ein
bestimmtes Aufnahmevermögen für Elektricität, das in ihm läge,
das ihm, unabhängig von der Umgebung, als eigentümlich zu-
gehörte. Den Irrtum in dieser Anschauung zeigt die Leydener
Flasche. Denn bei ihr wird dem einen Stanniolblatt durch das
benachbarte und zur Erde abgeleitete zweite das Aufnahme-
vermögen für Elektricität, die Capacität ganz ausserordentlich
vergrössert. Jetzt kann bei derselben Spannung der ladenden
Kugel das Stanniol ungleich grössere Elektricitätsmengen auf
sich sammeln, als sonst. Auf derselben Oberfläche sitzt die
Elektricität viel dichter, viel enger gedrängt, als wenn die
Nachbarbelegung nicht wäre, und mit Recht fasst man die ver-
schiedenen Formen des Apparates, dessen bekannteste die
Leydener Flasche ist, unter dem Namen Condensator zusammen.
Das Wesentliche der Leydener Flasche, wie aller Condensatoren,
sind zwei durch einen Isolator getrennte Belegungen. Diese
auf beiden Seiten mit Ausnahme eines breiten Randes mit
,,Cooglc
Elektroslatik. 101
Stanniol beklebte Glasscheibe (Fig. 65) — die Franklinsche Tafel
— ist deshalb auch ein Condensator. Gleiches gilt von zwei
durch eine Luftschicht getrennten Metallplatten; hier ist eben
die Luft der Isolator. Ja, Sie werden spater sehen, dass sich
jedes Kabel wie ein Condensator
verhalt. Die Kupferseele ist die
eine Belegung, die äussere
Metallarmierung oder das um-
gebende Wasser die andere.
Beide sind durch isolierende
Materialien getrennt.
Wir kennen aber immer noch
nicht den Grund, warum die Capacitat
eines Leiters mit dem Vorhandensein
eines benachbarten zweiten wachst.
Nun der Grund ist sehr einfach: Die
eine Endkugel der Elektrisiermaschine
schickt positive Elektricitat auf die
innere Belegung der Leydener pig eg. Franklinsche Tafel.
Flasche, wahrend die äussere Be-
legung zur Erde abgeleitet ist. Die schon in die Flasche
gelangte Elektricitat stösst aber die neu von der Maschine
hineingedrückte, die natürlich mit ihr gleichen Vorzeichens ist,
ab. Sie sperrt sich gegen weiteres Einladen neuer Coulomb.
Zwischen der hineindrückenden Spannung der Maschine und der
ihr entgegen wirkenden der inneren Belegung würde folglich
sehr schnell Gleichgewicht eintreten und die Ladung zu Ende
sein, wenn nicht die äussere Belegung mit ihrer negativen
Elektricitat vorhanden wäre. Die störende Abstossung der
positiven Elektricitat durch die positive wird von ihr, der
negativen, die sie die positive anzieht, bekämpft. Sie hebt ein gut
Teil des Rückdruckes der schon eingeladenen Coulomb auf und
erleichtert dadurch der positiven Elektricitat das Einströmen. Die
Anziehung wird der Abstossung um so naher kommen, mithin die
Capacitat um so grösser sein, je näher sich beide Belegungen sind,
d. h. je dünner das beklebte Glas ist. Zu dünn darf es freilich
schon aus rein mechanischen Gründen nicht sein und damit nicht
etwa ein unmittelbarer Ausgleich der entgegengesetzten Elektri-
citäten das Glas durchlöchert und die Flasche unbrauchbar macht.
DigitizsdbyGOO'^le
ä
102 Elektrostatik.
Den eben genannten Begriff der Capacität müssen wir
genauer fassen. Man versteht unter der Capacität eines
Condensators diejenige Elektricitätsmenge, welche
die eine Belegung aufnehmen muss, damit sie gegen
die zur Erde abgeleitete zweite den Spannungsunter-
schied von einem Volt erhalt. Man wird an die Wärme-
lehre erinnert. Die Wärmecapacität (oder die specifische Warme)
verbindet zwei jenen beiden elektrischen ähnliche Begriffe mit
einander und zwar Temperatur und Wärmemenge. Die Wärme-
capacität ist die Wärmemenge, welche die Gewichtseinheit des
betreffenden Materiales aufnehmen muss, damit seine Temperatur
um einen Grad erhöht wird. Sie ist Wärmemenge, Anzahl
Calorien, pro Grad Temperaturerhöhung, wie die elektrostatische
Capacität als Elektricitätsmenge, Anzahl Coulomb, pro Volt
Spannungserhöhung erklärt werden kann. Bezeichnet G die
Capacität und, wie früher, Q die Elektricitätsmenge und E die
Spannung, so gilt die Gleichung:
'^- E-
Die Einheit der Capacität, gleich Coulomb pro Volt, ist
Faraday zu Ehren das Farad {F) genannt worden, das freilich
für praktische Verhältnisse zu gross i-st. In Wirklichkeit kommen
viel kleinere Capacitäten vor. Zur Erhöhung der Condensator-
spannung um ein Volt braucht es da nur ganz kleine Elektricitäts-
mengen. Man rechnet deshalb nach dem millionsten Teile des
Farad, nach Mikrofarad {MF.). Die Capacität 0,3 MF. hat
ein Condensator, wenn die eine Belegung durch Aufnahme von
0.00003 Coulomb gegen die zur Erde abgeleitete zweite einen
Spannungsunterschied von 1 00 Volt annimmt , oder — was
dasselbe ist — wenn der ladende Körper 100 Volt Spannung
gegen Erde besitzt, denn
Immer ist.
»11 c j Coulomb ,„-(
Mikrofarad = - ,-7—, — 10
Volt
DigitizsdbyGOOgle
ElettrosUtik. 103
Die Capacitat von Leydener Flaschen wird zu einigen Zehn-
tausendstel Mikrofarad angegeben. Einige weitere Capacitäten
werden später in dem speziellen Teile der Vorlesungen zu
nennen sein.
Jetzt möchte ich nur das zum Teil schon bekannte all-
gemeine Gesetz anführen, das mit einiger Annäherung für alle
Condensatoren gilt: Die Capacitat eines Condensators ist der
gegenseitigen Entfernung der Belegungen umgekehrt und deren
Oberfläche direkt proportional. Es ist deshalb klar, warum
man bei technischen Condensatoren die beiden Belegungen je
aus einer grösseren Anzahl gleichsam parallel geschalteter
Stanniolblätter zusammengesetzt und zwischen sie als dünnen
{und leichten) Isolator gewachstes oder paraffiniertes oder geöltes
Papier oder Glimmer legt. Eben zur Erhöhung der Capacitat.
Der Aufbau der Belegungen aus einzelnen Blattern findet sich
auch in dem Zeichen, mit dem man technische Condensatoren
an der Tafel oder auf dem Papier wiedergiebt. Bei theoretischen
Erörterungen zeichnet man für einen Condensator einfach zwei
Fig. 66. Wiedergabe von Condensatoren in Zeichnungen.
einander der Breite nach gegenüberstehende Striche. (Fig 66a).
Dagegen wird bei Skizzen technisch gebrauchter Schaltungen
für den mehrplattigen Condensator diese Abkürzung (Fig 66b)
verwendet. Man kann sich daraus vorstellen, wie Belegung I,
Isolator, Belegungll und wieder Isolator in vielmals wieder-
holter Folge aufeinander geschichtet werden. Alle Stanniol-
blatter I sind mit einander verbunden, ebenso alle II. Das
ganze Paket ruht, zur Abhaltung von Feuchtigkeit mit Paraffin
umgössen, in einem Holzkasten (Fig, 67). Die Enden beider
Belegungen sind zu Klemmen auf dem Deckel des Kastens
geführt. Ein Messingstöpsel mit isoherendem Handgriff kann
beide Klemmschienen leitend mit einander verbinden und den
DigitizsdbyGOOgle
t04 Elektrostatik.
Condensator durch Kurzschluss der Belegungen ausschalten.
Man kann auch an dem Plattenpaket vor den Enden mehrere
Abzweigungen anbringen und zu besonderen Kiemmenpaaren
führen. Durch mehrere Stöpsel wird dann eine grössere oder
kleinere Anzahl von Blättern beider Belegungen kurz geschlossen
und so nach Wahl die wirksame Capacität des Condensators
auf die neben den Stöpsellöchern angegebene eingestellt.
Fig. el. Condensator von 0,5 JlfF.
Als Ausgangspunkt einer Reihe neuer Betrachtungen, die
uns vorübergehend beschäftigen sollen, dient ein Versuch
mit der Leydener Flasche und zwar mit einer, bei der die
Belegungen nicht aus Stanniolblättern bestehen und dem sie
trennenden Glase aufgeklebt sind, sondern besondere Blech-
gefässe bilden. Diese Blechgefässe sind von solcher Grösse,
dass sie sich innen und aussen dem Glase anschmiegen, das
Ganze aber noch bequem auseinander zu nehmen erlauben.
(Fig 68). Die Flasche arbeitet, wie jede andere, lässt sich
laden und, ganz wie Sie es gewohnt sind, in einem kräftigen
und mehreren schwachen Funken entladen. Zu unserm Ver-
suche wird sie wiederum geladen und auf eine Glasplatte
gestellt. Nun nimmt man mit isolierendem Handgriff aus dem
Glasgefäss den Blechkörper, welcher die innere Belegung vor-
stellt, und dann aus dem äusseren Metallbecher das Glasgefäss
Digitizsdby Google
Elektroslalik. ]05
heraus, so dass die drei Teüe der Flasche nebeneinander auf
der Glasplatte stehen. Jetzt geben merkwürdiger Weise beide
vom Glasbecher entfernten Metallkörper, einander genähert,
keinen Funken. Das geht gegen alle Erwartung, und man
mochte an irgend ein Versehen glauben; aber eine Wiederholung
des Versuches hat das gleiche Ergebnis. Die elektrische Ladung
der Metallbelegungen ist verschwunden. Wo ist sie geblieben?
Wenn sie in der zusammengesetzten Flasche vorhanden war, sollte
sie es auch jetzt noch sein. Also war sie dort auch nicht vor-
handen? Ist es denn garnicht das Metall, was durch die Ladung
elektrisiert wird? Sollte es etwa der Isolator sein, dem bis
jetzt nur die passive Rolle der Trennung beider Leiter zu-
geschrieben wurde? Dienen denn, gerade umgekehrt, die Metall-
belegungen nur als Hilfsmittel zur Ladung des Isolators?
Äu«Hr« Bvl^unff. Innen Bclet;inJB.
Fig. 68. AuaeLnandernchmbare Leydener Flasche.
Es erwüchse uns in der That aus diesem Versuche eine
ganz neue Erkenntnis von weittragendster Bedeutung, wenn
nur das eben gesagte mehr wäre, als eine blosse Behauptung,
die noch dazu recht unwahrscheinlich khngt. Wäre diese
unwahrscheinliche Behauptung nicht aber bewiesen, wenn man
— was freilich auch wenig wahrscheinhch — die nach der -
gegenseitigen Berührung der Belegungen wieder zu-
sammengesetzte Flasche noch entladen könnte? Ich
glaube, ja, und nun sehen Sie das Verblüffende, dass man der
wieder zusammengesetzten Flasche wirklich einen Funken ent-
ziehen kann.
DigitizsdbyGOOgle
lOQ Elektrostatik.
Der eben hier vor Ihnen angestellte Versuch ver-
langt, unsere Vorstellung von der Leydener Flasche
geradezu umzukehren. Ihr bis jetzt wenig beachteter Teil,
der Isolator, wird zur Hauptsache. Die Belegungen sinken zu
Handlangern herab. Der Isolator wird in den elektrischen
Zustand versetzt, nicht, wie es schien, die Belegungen.
Deshalb nannte Faraday die Isolatoren Dielektrika, ein Name,
den wir künftig immer für die elektrisch veränderten Isolatoren
gebrauchen wollen.
Ist das Dielektrikum wirklich der elektrisch veränderte Teil
der Leydener Flasche, dann müssen auch seine Eigenschaften
die ihrigen bestimmen. Zweierlei schon bekanntes hesse sich
so deuten. Eben hiess es: Die Capacität eines Condensators
ist der gegenseitigen Entfernung der Belegungen umgekehrt,
ihrer Flache direkt proportional. Wir brauchen die Worte nur
ein wenig zu drehen, und der neuen Anschauung ist genügt: Die
Capacität eines Condensators ist der Dicke des Dielektrikums um-
gekehrt, seiner belegten Fläche direkt proportional. Man wird an
das Ohmsche Gesetz erinnert. Je kürzer die Schicht des Dielek-
trikums, die von Belegung zu Belegung elektrisch verändert wird,
und je grösser ihr Querschnitt, um so grösser die von der
gleichen Elektricitätsmenge hervorgerufene Spannung.
Auch das Material des Dielektrikums hat, wie Sie sogleich
sehen werden, auf den aus ihm erbauten Condensator den
wesentlichsten Einfluss, welcher in der Dielektricitäts-
constante d des Materiales seinen Ausdruck findet. Dieses
schwerfällige Wort hat einen einfachen Sinn. Man denke
sich aus dem vorliegenden Dielektrikum einen Condensator
erbaut und einen genau gleich grossen mit Luft als Dielek-
trikum. Die Dielektricitätsconstante ist dann der Quotient aus
der Capacität d, des Condensators mit dem vorliegenden
Dielektrikum und der Capacität Gl desgleichen mit Luft
-^
Die Dielektricitätsconstante ist die Zahl, welche an-
giebt, wie viel mal so gross die Capacität eines mit
dem betreffenden Dielektrikum gebauten Condensators
DigitizsdbyGOOgle
Elektrostatik. IQ
ist, als die des gleich grossen Luftcondensators. Nac
der Definition ist also für Luft d gleich 1. Einige ander
ungefähre Werte von d sind für:
Manilapapier
ParafBn . .
Leicht schmi
$ Glas 2 bis 5
Hätte also ein bestimmter Condensator mit Papier als Dielel
trikum eine Capacität von 0,15 MF, so würde ein ganz gena
gleicher mit Glimmer 0,5 MF haben.
Damit Ihnen die Bedeutung der Dielektricitätsconstanl
recht geläufig wird, will ich einen Versuch (Fig 69) beschreibe:
-\\- +
irariia. 3. Vulkan iiiener Kau
"ll ""
#
Fig. S9. Bestimniung der DielektricitStsconstante.
le aus der Beschreibung des Versuches hervorgeht, ist jeder de
hcondensBtor 4 verbundenen Vergleichs condensatoren 1, 2 und 3 z
nach II geschaltet.
wenn auch nicht anstellen, mit dem man sie bestimmen kan
Es sollen verglichen werden die drei Dielektrika: Luft, Paraffi
und vulkanisierter Kautschuk. Aus ihnen sind drei Conde
satoren 1, 2 und 3 aufgebaut, welche sich bis auf die Substai
des Dielektrikums vollständig gleichen. Die drei Condensatort
werden unter einander verglichen, indem man jeden einzelne
DigitizsdbyGOOgle
nach der Reihe mit einem Aichcondensator 4 vergleicht. Dessen
beide Platten sind durch eine Luftschicht getrennt, deren Dicke
durch Verschieben der einen Platte nach Belieben verändert
und an einem Maasstab abgelesen werden kann. Die Capacität
des Condensators 4 ist, wie wir wissen, der Dicke der Luft-
schicht proportional. Nun wird die eine Belegung dieses Conden-
sators 4 mit der einen des Vergleichscondensators 1 verbunden
und ihnen eine kleine (positive) Ladung mitgeteilt, während die
zwei anderen Belegungen an Erde liegen (I). Beide Condensatoren
haben, da sie mit einander verbunden sind, gleiche Spannung,
so dass unsere frühere Gleichung (von S. 102} auf beide mit dem
gleichen E angewandt werden kann. Für den Aichcondensator 4
heisst sie
und für den Vergleichscondensator 1
Beide Gleichungen vereinigen sich zu
in Worten: Die Capacitaten beider mit einander verbundener
Condensatoren verhalten sich wie die von ihnen aufgenommenen
Elektricitatsmengen. Die Capacitaten werden also gleich, wenn
die Elektricitatsmengen gleich gemacht werden können. Ob
diese gleich sind, sieht man sehr einfach, wenn man den Ver-
gleichscondensator so umschaltet, dass seine positive Beleg;ung
mit der Erde und seine negative mit der positiven des Aich-
condensators 4 verbunden ist. (II) Es gleichen sich dann + Q und
— Qi vollständig oder bis auf einen Rest aus, und ein an den
Verbindungsdraht gelegtes Elektroskop zeigt durch seine Blätt-
chen an, ob bei dem Ausgleich eine Elektricitätsmenge übrig
geblieben und eventuell welchen Vorzeichens sie ist. Aus
ihrem Vorzeichen ergiebt sich, von welchem beiden Conden-
DigitizsdbyGOOgle
Elektrostatik. lOQ
satoren sie stammt, wessen Capacitat folglich zu gross ist.
Man braucht dann nur den Abstand der Platten des Conden-
sators 4 so lange zu verändern (z. B. bei positivem Ausschlag
des Electroskopes zu verkleinern), bis bei Wiederholung des
Versuches kein Ausschlag mehr stattfindet. Dann weiss man,
dass Q -= Qi war, mithin C ^ C^ ist, und hat nur die Dicke der
Luftschicht des Aichcondensators 4, r^ am Maassstabe abzulesen.
Für jeden der drei Vergleichscondensatoren stellt man eine
solche Versuchsreihe an und ermittelt so die drei Längen r^,
r, und rg , In ihnen drückt sich die Capacitat der drei zu ver-
gleichenden Condensatoren aus, da der Aichcondensator 4 auf
eine, der ihrigen gleiche Capacitat eingestellt war. Es ist
0, : (^ : C;, = r, : r, : r,
Da der Condensator 1 Luft als Dielektrikum enthält, ergeben
ach für die beiden Dielektricitätsconstanten nach der Erklärung
die Werte
d,= -^ und dg — -ß- -
Die Proportion wird deshalb umgeformt zu
: 1:
d, : dj : dg = 1 :
woraus als Endergebnis folgt:
d, =: ^ und d, = — S- ■
Die drei Entfernungen r„ r^ und r^ sind durch den Versuch
ermittelt. Da die Dielektricitätsconstanten von Paraffin und
vulkanisiertem Kautschuk zu etwa 2 und 3 angegeben wurden,
niuss, wenn der Versuch richtig angestellt wird, r^ ungefähr
doppelt, rg dreimal so gross sein als r,.
DigitizsdbyGOOgle
110 Elektrostatik.
Der Versuch mit der auseinander genommenen Leydener
Flasche und der Einfluss, den die Dimensionen und das
Material des Dielektrikums auf die Capacität eines Condensators
ausüben, zwingen uns dieses und nicht die Belegungen als
Träger der elektrischen Veränderung anzusehen. Wenn wir
aber fragen, worin denn die Veränderung besteht und der
Zustand, in den das Laden des Condensators das Dielektrikum
versetzt, so giebt es auch hierauf wieder keine befriedigende
Antwort. Man stellt sich vor, dass quer durch das Dielektrikum,
von einer Belegung zur anderen, elektrische Kraftlinien')
gehen, und legt diesen unter anderem das Bestreben bei, sich
zu verkürzen. Denken Sie sich die Kraftlinien wie eine Reihe
paralleler elastischer Gummibänder das Dielektrikum durch-
setzen und mit ihren Enden an den Belegungen angeheftet.
Die Ladung des Condensators besteht dann in einer allmählichen
Anspannung der Gummibänder, die Funkenentladung in einer
plötzlichen Abspannung. Die Heftigkeit der Abspannung hat
ein abwechselndes Ausdehnen und Zusammenziehen der Bänder
zur Folge, ehe wieder Ruhe eintritt; daher die pendelnde Natur
des Funkens. Ein elastisches Band erreicht auch dann nicht
gleich seine volle Länge wieder. Einen kleinen Rest seines
Längenzuwachses verliert es erst nach einiger Zeit, gerade wie
die Leydener Flasche ihren kleinen Ladungsrückstand. Die
elektrischen Kraftlinien sind natürlich wie die magnetischen nur
gedacht. Gerade, wie streng genommen auch die Licht-
strahlen nicht wirklich bestehen, sondern nur die Fortpflanzungs-
richtung des Lichtes angeben, gerade so personificieren nur
die elektrischen Kraftlinien die Spannung, in welche die Teilchen
des Dielektrikums durch die Ladung des Condensators versetzt
werden, und geben die Richtung dieser Spannung an.
Jetzt leuchtet es auch ein, dass jede statische Erscheinung
eine Condensatorwirkung ist. Früher sprachen wir von einer
positiv geladenen Glas'stange, ihrer Inlluenzwirkung auf eine
Hollundermarkkugel und einer Anziehung beider ungleichnamiger
Eiektricitäten. Jetzt denken wir uns, von der Glasstange aus-
gehend, Kraftlinien das umgebende Dielektrikum — die Luft —
durchsetzen und sich an die Markkugel anheften. Die Kraft-
elektrischen KrafUinien
DigitizsdbyGOOgle
Etektrostalik. 1 1 1
linien ziehen sich zusammen, d. h. die in Spannung versetzten
Luftteilchen nähern sich einander und die Kugel folgt. Gerade,
wie der magnetische Nord- und Südpol zum Aus- und Eintrittsort
der magnetischen Kraftlinien herabsanken, giebt der Ausdruck
positive und negative Elektricitat auf den Belegungen nur die
Richtung der dort angeknüpften und im zwischenliegenden
Dielektrikum verlaufenden Kraftlinien an. In der neuen An-
schauung wird es selbstverständlich, dass beim Reiben beide
geriebenen Körper entgegengesetzt und in gleicher Menge
elektrisch werden, und weiter, dafs die statische Elektricitäl nicht
das Innere der Leiter erfüllen kann. Die Spannung auf dem
Faradayschen Rouleau muss beim Zusammenrollen deshalb
wachsen, weil die zwischen dem Rouleau und den benachbarten
Körpern — den Zimmerwänden, der Tafel — angehefteten
Kraftlinien auf einen viel kleineren Querschnitt des Dielektrikums
zusammengedrängt werden, als vorher. Auch die grosse Capacität
der Condensatoren erklärt sich. Im Grunde ist die Ladung eines
Condensators eben nichts anderes, als jede andere statische
Ladung. Aber die Luftschicht zwischen dem Faradayschen
Rouleau und z. B. der Tafel ist etwa anderthalb Meter dick,
während die Kraftlinien bei der Leydener Flasche eine Schicht
von nur einigen Millimetern, bei technischen Condensatoren eine
solche von Papierdicke zu durchsetzen, zu spannen haben.
Dieselben Kraftlinien werden das dünne Dielektrikum in eine viel
heftigere Spannung versetzen können, als die anderthalb Meter
dicke Schicht,
Vorläufig müssen wir nun, so leid es uns thut, diese
Betrachtungen abbrechen. Wenn auch später die Funken-
telegraphie Gelegenheit bieten wird, sie wieder aufzunehmen, so
geht es in Vorlesungen, wie unseren, doch noch nicht an, die
stofflich gedachte Elektricität zum alten Eisen zu werfen, und die
Elektricitätslehre aus einem Gusse in moderner Darsteilungsweise
zu lehren. Wir, die wir praktische Ziele verfolgen und die
Theorie trotz all ihren Reizes nur so weit berücksichtigen
können, als sie zum Verständnis unserer Technik führt, haben
mit einem kurzen Einblick in die moderne Lehre unserer Pflicht
genügt und halten, wo es immer angeht, an der alten Anschauungs-
weise ruhig fest. Wer von Ihnen Neigung hat, sich eingehen-
der mit der Theorie zu beschäftigen, sei auf das Buch von
DigitizsdbyGOOgle
112 Elektrostatik.
Sir Oliver Lodge: Neueste Anschauungen über Elektricität und
ausserdem, bei mathematischer Vorbildung, auf Ferraris, Wissen-
schaftliche Grundlagen der Elektrotechnik verwiesen.
Als Anhang zu dieser Vorlesung seien einige Betrachtungen
angestellt, die zwar nicht eigentlich in die Statik gehören, aber
ungezwungen an sie angeschlossen werden können. Zunächst
handelt es sich um die Identität der beiden Arten der
Elektricität, die in so verschiedener Weise in die Erscheinung
treten. Statische Elektricität und elektrischer Strom
sind Erscheinungen derselben Elektricität. Die auf den
Leitern ruhende und in den Leitern fliessende Elektricität ist
die gleiche. Eine systematische Vergleichung beider Wirkungen
hat die Identität ergeben. Hier werde nur an die Ähnlichkeit
des Funkens der Influenzmaschine und des Ruhmkorff erinnert,
und es seien zwei Versuche angestellt, von denen der erste zeigt,
dass auch aus statischer Quelle ein elektrischer Strom fliessen
kann, wenn man zwischen sie und Erde schlechte Leiter, wie
z. B. längere Stäbe von trocknem Holz, schaltet. Drei solcher
Stäbe (Fig. 70) sind hinter einander mit der positiven Erdkugel
V
b
Fig. 10. Elektrischer Strom aus statischer Quelle.
der Elektrisiermaschine verbunden und tragen an ihrem von der
Maschine abgewandten Ende Pendel aus HoIIundermark als
Spannungszeiger. Das Ende des letzten Stabes ist isoliert.
Durch Drehen der Maschine werden die Stäbe auf die Spannung
der Endkugel geladen. Alle drei Elektroskope schlagen gleich
weit aus (Fig. 70a) und zeigen dadurch an, dass das ganze
DigitizsdbyGOOgle
Elektrostalik. 113
System mit einer Elektricitätsmenge derselben Spannung bedeckt
ist. Dem entsprechend stand bei unserem hydraulischen Abbild
(S. 8) das Wasserniveau in den drei vertikalen Röhren gleich
hoch, wenn der Hahn geschlossen war. Wird der Hahn geöffnet,
so zeigt der gleichmässige Niveauabfall einen gleichmässigen Fluss
vom höheren zum niederen Niveau an. Sobald bei unserem Ver-
suche das Ende der dritten Stange und die negative Maschinen-
kugel an Erde gelegt werden, erweisen (Fig. 70 b) ebenso die
drei Pendel einen gleichmässigen Spannungsabfall von der
Maschine bis zur Erde. Das erste Elektroskop zeigt noch fast
die hohe Spannung der Maschinenkugel, das dritte die Spannung
Null der Erde an. Schon dieser dem elektrischen Strome
eigenttlmliche Spannungsabfall, der so lange erhalten bleibt, als
die Maschine gedreht wird, spricht dafür, dass hier aus statischer
Quelle ein Strom fliesst. Eigentümlich ist diesem Strome der
ausserordentlich hohe Spannungsunterschied, der ihn treibt, und
die kleinen Elektricitätsmengen, die er führt. Wie jeder andere
Strom, hat er Wärmewirkungen oder magnetische Wirkungen
im Gefolge. So magnetisiert er eine Stahlnadel, um die man
ihn in mehreren Windungen herumführt, und zwar entspricht
der Sinn der Magnetisierung der Schwimmregel, wenn man den
Fluss der positiven Elektricität zur Erde als Stromrichtung
ansieht'). Nun lässt man die negative Endkugel der Maschine
sich durch die Holzstangen und um die Nadel herum entladen.
Die Magnetisierung entspricht auch jetzt der Schwimmregel,
wenn die Wirkung der negativen Elektricität als der der
positiven entgegengesetzt gerichtet angesehen wird.
Aus diesem Vorgange und anderen zieht man den Schluss,
dass der elektrische Strom durch das Fliessen einer einzigen
Elektricität und nach einer Richtung nicht genügend versinn-
bildlicht werde. Es findet, so meint man, eine doppelte
Bewegung gleichzeitig statt. Einmal bewege sich positive
Elektricität in dem Sinne, den wir bis jetzt als Stromrichtung
ansahen, und, gleichsam an ihr vorbei, fliesse im entgegen-
gesetzten Sinne ein gleich starker Strom negativer Elektri-
cität. Der Strom fliesst dann nicht mehr als Ausgleich der
') Die durch eine Funken en Iladung bewirkte Magnetisierung der Nadel kennt
dagegen kein festes Richtun^gesetz ; sie erfolgt bald in diesem, bald In jenem Sinne
und liefert damit einen neuen Beweis fOr die schwingende Natur des Funkens.
DigitizsdbyGOO'^le
2 2- Der
Spannungsunterschied ist natürlich der gleiche, wie in der
früheren Betrachtung; denn E — 0, ebenso wie i+H-) — ( — ö")'
giebt E. Unser altes Bild (Fig. 71) giebt dann die Abhängigkeit
der Spannung vom Leitungsweg nicht mehr zutreffend wieder
und ist so zu verändern, dass die schräg abfallende Linie
parallel mit sich (um „ j in das Negative verschoben erscheint.
(Fig. 72).
Fig. 71,
Spannungsabfall von
m
'i
Frg. 72.
E E
Spannungsabfall lOn + lu —
Trotzdem diese Auseinandersetzung die Gefahr in sich
birgt, Ihnen die klare, schematische Vorstellung des elektrischen
Stromes zu trüben, so war sie deshalb nicht zu umgehen, weil
sie bei der späteren Erklärung von Stromläufen und von elektro-
chemischen Thatsachen nützlich und zum Verständnis der all-
gemein eingebürgten Bezeichnungen: positive und negative
Klemmen unentbehrlich ist. Wenn wir auch für gewöhnlich fort-
fahren werden, nur von einem Strome — dem in der positiven
Richtung fliessenden — zu sprechen, so muss Ihnen doch die Be-
zeichnung: positive und negative Klemme geläufig sein, und ich
DigitizsdbyGOOgle
Elektrostatik. 115
bitte Sie, sich die folgenden Regeln einzuprägen. Der Strom
tritt aus der Stromquelle zur positiven Klemme heraus
und tritt zur negativen in sie hinein. Positive Klemme,
langer Strich — negative
Klemme, kurzer Strich. Für den
Stromempfänger, wie eine Glüh-
lampe oder einen Farbschreiber, liegt
die Sache umgekehrt. DerStrom
tritt in den Stromempfänger zur
positiven Klemme hinein und
tritt aus ihm zur negativen
heraus. Beide Regein sind in diesem
Schema (Fig. 73) enthalten.
Dem Versuche, welcher darthut,
dass auch aus statischer Quelle ein
elektrischer Strom fliessen kann, hat ein zweiter zu folgen,
der das Umgekehrte beweist, nämlich, dass eine Elektricitäts-
quelle, aus der wir gewöhnlich Strom entnehmen, statische
Erscheinungen zu bewirken fähig ist. Ich verbinde deshalb
die Klemmen am Experimentiertische, die uns sonst Strom
liefern, mit denen eines Condensators durch Leitungsdrähte.
Dazwischen wird noch ein Ausschalter und ein Galvanoskop
gelegt (Fig. 74). Das Galvanoskop von früher (Fig. 45 auf
Seite 66) macht bei jeder Ablenkung einige Schwingungen
um seine neue Gleichgewichtslage, die das genaue Ablesen
verzögern. Das jetzt benutzte Galvanoskop, ein s. g. aperio-
disches, thut das nicht. Es ist so gedämpft, dass es sich
ohne Schwankungen sofort auf jede neue Ablenkung einstellt.
Werden nun durch den Ausschalter die Tischklemmen und
die des Condensators elektrisch verbunden, so kann natürlich
ein Strom der uns geläufigen Art nicht fliessen, weil das
Dielektrikum des Condensators den metallischen Kreis nichtleitend
unterbricht. Trotzdem also kein geschlossener Stromkreis vor-
handen ist, sehen Sie mit dem Umlegen des Ausschalters eine
hefijge Ablenkung des Galvanoskopes eintreten. Die Dämpfung
des Instrumentes erlaubt uns auch zu beobachten, dass der
heftige Ausschlag nur kurz andauert und sofort an Grösse
abnimmt, bis er nach einigen Augenblicken wieder zu Null ge-
worden ist. Dieser Versuch zeigt, dass der Condensator mit
„Google
116 Elektrostatik.
Hilfe der Tischklemmen, d. h. mit der in dem Elektricitätswerk
der Stadt durch Induktion erzeugten Elektricität, gerade so ge-
laden werden kann, wie mit statischer Elektricität, — der zweite
der versprochenen Beweise für beider Identität. Von der
positiven Tischklemme aus ergiesst sich positive Elektricität auf
die eine Belegung des Condensators, von der negativen Klemme
Fig. 74.
Ladestrom
und
eines Condensators.
Fig. 15
Entladestr
negative Elektricität auf die andere Belegung. Der Condensator
wird also ebenso geladen, wie von einer Elektrisiermaschine.
Nur die Ladespannung ist niedriger, und man kann deshalb mit
dem gedämpften Galvanoskop beobachten, dass die Ladung zu
ihrer Vollendung Zeit braucht, dass sie in Form eines Lade-
stromes einige Zeil andauert. Der Verlauf dieses Ladestromes
würde durch eine Kurve wiederzugeben sein, die von einem
Höchstwert zuerst sehr schnell, dann allmählicher zu Null abfällt.
Wird nach Vollendung der Ladung die Stromquelle ab-
geschaltet und der Condensator durch das Galvanoskop ge-
schlossen (Fig. 75), so flutet die eingeladene Elektricität wieder
zurück. Ein Entlade- oder Rückstrom lenkt das Galvanoskop
ähnlich, wie vorher, nur im entgegengesetzten Sinne, ab. Auch
die Entladung beansprucht Zeit. Sie verläuft in derselben Weise
wie der Ladestrom und ebenfalls nicht wechselstromartig, wie es
die Funkenentladung der Leydener Flasche thut. Wollten wir
die eingeladene und die ausgeladene Elektricitätsmenge messen,
so würde sich zeigen, dass auch hier ein Rückstand im
Condensator verbleibt.
Die Ladung eines Condensators aus einer Stromquelle und
die Entladung bitte ich Sie, recht genau im Gedächtnisse zu
Digitiz.db^COO'^IC
Elektrostatik. 1 ]
behalten. Es wird Ihnen dann später die Kabeltelegraph
leicht verständlich werden. Der Versuch trägt aber auch no(
zur Erklärung einer anderen Thatsache bei, zu deren Besprechur
wir die willkommne Gelegenheit ergreifen.
Bis jetzt haben Sie andauernde Ströme nur in vollstand
metaihschen Leiterkreisen kennen gelernt. Von der positivt
Klemme der Stromquelle zur negativen führte ein ununte
brochener Metalldraht. Man kann aber häufig, in der Telegraph
immer, an Leitungsmaterial sparen und den Leiterkreis, der zw
von einander entfernte Orte elektrisch verbindet, nur zur Hälfl
aus Metalldraht bestehen lassen und für die andere Hälfl
die Erde als Leiter benutzen. In der That ist das feuch
Erdreich ein guter Leiter der Elektricität, und der grosse Que
schnitt der Erde lässt ihren Leitungswiderstand praktisch for
Men. Diese Skizze (Fig. 76) zeigt im Prinzip, wie die Erc
I
r-A-
< r
/
A
V
V
Fig. '76. ErdrOckleitung.
die Rückleitung des Stromes übernimmt. Die beiden Amt«
1 und II sind nur durch einen einzigen Metalldraht verbünde
welcher von der positiven Klemme der Stromquelle ai
dem Amte 1 zur positiven Klemme des Strom-empfangendt
Apparates M (von Morse) auf dem Amte II führt. Die negativt
Klemmen von Stromquelle und Stromempfänger liegen a
DigitizsdbyGOOgle
11g ElektrosUtik.
Erde. Man sagt auch, sie seien geerdet. Die Reichs-
telegraphie schreibt übrigens als Erdleitung für grössere Ämter
ein unten eine Bleiplatte tragendes Gasrohr, für kleinere ein
Drahtseil vor, das unten in einen Drahtring endigt. Die Erd-
leitung gehört so tief in das Grundwasser, dass sie auch in der
trockendsten Jahreszeit von ihm bedeckt bleibt.
Es fragt sich nun, ob in unserer Skizze (Fig. 76) der Pfeil
in der Erde zu Recht besteht, ob wirklich die Erdschicht zwischen
den Erdplatten zweier mit einander telegraphierender Ämter von
einem Strome durchÜGSsen wird? Welches unendliche Gewirr
von Strömen müsste dann den Erdboden durchziehen! Die
Möglichkeit, unsern Condensator aus einer Stromquelle zu laden,
bietet eine wissenschaftlichere Erklärung der Erdrückleitung und
zeigt, dass diese auch stattfände, wenn beide Erdplatten durch
eine nichtleitende Schicht elektrisch von einander getrennt wären.
Die beiden Erdplatten und ihre leitende Umgebung können als die
Belegungen eines Condensators gelten. Wegen der grossen
Dimensionen der Erde ist dessen Capacität praktisch unendlich
gross. Er kann unendliche Elektricitätsmengen aufnehmen, ohne
dass dadurch seine Spannung über Null ansteigt. Solange die
Telegraphierbatterie mit ihrer einen Klemme unmittelbar und
ihrer anderen über das empfangende Amt an Erde liegt, giebt
sie sich gewissermassen fortgesetzte Mühe, einen Condensator zu
laden. Die Capacität des Condensators ist aber unendlich gross,
und die Batterie kann deshalb so viel Coulomb in ihm hinein-
schicken, als sie will, an keiner von beiden Endplatten steigt
dadurch das Niveau der Etekricität um ein einziges Volt. Die
Ladung ist nie zu Ende und, wenn das Telegraphieren nicht
selbst sehr bald eine Unterbrechung des Stromes verlangte,
würde der Ladestrom zu einem andauernden Gleichstrom
werden.
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom Wirkung.
7. Vorlesung.
Chemische Stromwirkung.
Stromleitung in FlDssigkeiten. Giltigkeit des Ohm sehen und Joule sehen Gegeties.
Ablenkung der Magnetnadel. — Elektrische Leitung und chemische Zerselzimg.
Bleihaum. Beförderung von Atomen und Atomgruppen durch die Lösvmg. — Leiter
erat« und iweiler Ordnung. Eleklrolyse, Elektrolytc. Elektroden, Anode.
Kahode. Jonen. - Elektrolyse von Kupferaulfat zwischen Platinelektioden. —
Elektrolyse der verdQnnlen Schwefelsaure. Vollameler und Hofmannseher Apparat.
— Elektrolyse von Nalriumsulfat unler Zusatz von Lackmus. — Faradaysches Gesetz.
DeünitioD des Ampere. 96500 Coulomb. Elektron. — El ektroly tische Dissociation.
In den vorangegangenen Vorlesungen haben Sie als Leiter
des elektrischen Stromes nur Metalle, feste Körper, kennen
gelernt, denen sich das flüssige, aber zu den Metallen gehörende
Quecksilber und die nicht metallische, aber feste Kohle zu-
gesellte. Allein die Benutzung des feuchten Erdreiches und
des Grundwassers als Leitungsmaterial deutete schon darauf
hin, dass auch Flüssigkeiten den elektrischen Strom leiten.
Ein Versuch soll Ihnen das beweisen.
^^''f^^M'/T/7jJA/7j>^^,
fig. Ti. Das Ohmsche Gesetz gill auch für die Leitung in FlQssigkeil
DigitizsdbyGOOgle
120 Chemische Slrom Wirkung.
In diesem Glastroge {Fig. 77) befindet sich eine verdünnte
wässerige Lösung des blauen Kupfervitriols, mit chemischem
Namen Kupfersulfat, von der Formel Cu . 60^, Zwei Kupfer-
bleche tauchen in die Flüssigkeit ein und sind durch aufgelötete
Klemmen über einen Ausschalter und einen Strorazeiger, wie
er schon früher (S. 20) benutzt wurde, mit unserer kleinen
Accumuiatorenbatterie verbunden. Sobald der Ausschalterhebel
umgelegt wird, sehen Sie das Instrument einen Strom anzeigen.
Die den festen Leiterkreis unterbrechende Flüssigkeitsstrecke
wird mithin von Strom durchflössen.
Auch für die Stromleitung in Flüssigkeiten gilt, wenn
störende Nebenwirkungen ausgeschlossen werden können, das
Ohmsche Gesetz E = JW. Verschiedene SpannungsdifFerenzen
der Kupferbleche lassen die Lösung von Strömen durchfliessen,
die diesen Spannungsdifferenzen proportional sind: die Flüssig-
keitsschicht hat wie ein Metalldraht einen bestimmten Widerstand.
Auch hier ist der Widerstand der durchflossenen Länge l direkt
und dem durchflossenen Querschnitt q umgekehrt proportional.
So braucht man die Kupferplatten nur auf die Hälfte ihrer
ursprünglichen Entfernung zu nähern, um am Instrumente den
doppelten Strom angezeigt zu erhalten. Die Verminderung der
Plattenentfernung auf ein Drittel verdreifacht den Strom. Lässt
man die Platten in ihrer ursprünglichen Entfernung und füllt die
jetzt nur bis zur Marke I des Glastroges (in Fig. 77) reichende
Flüssigkeit bis zur Marke II, d. h. doppelt so hoch, auf, so
wird der Strom ebenfalls verdoppelt. Ausser von den
Dimensionen hängt der Widerstand einer Flüssigkeitssaule
natürlich auch von einem ihrer Substanz eigentümlichen, einem
specifischen Widerstand W, ab. Allerdings spricht inan bei
Flüssigkeiten mehr von dessem reciproken Wert, dem spezi-
fischen Leitvermögen X, (S. 5). Das Gesetz
ist, wie sich bald zeigen wird, für Flüssigkeiten deshalb von
grosser praktischer Bedeutung, weil es die für galvanische
Elemente und Accumulatoren zweckmässige Bauart und
Schaltung lehrt.
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromvi-irkung. 121
Beim Durchfliessen eines Metalidrahtes verschwindet elek-
trische Arbeit und findet sich, wie Ihnen bekannt, als gleich-
wertige Wärmemenge wieder. Wie das Ohmsche, gilt auch das
Joulesche Gesetz für die Stromleitung in Flüssigkeiten. — Selbst
magnetische Wirkungen kann der eine Flüssigkeit durchfliessende
elektrische Strom haben. Um das zu zeigen, braucht man nur
beim Oerstedschen Versuch (S. 45) den horizontalen Kupfer-
draht durch ein mit Kupfersulfatlösung gefülltes Glasrohr er-
setzen, in das durch durchlöcherte Gummistopfen kurze Kupfer-
drahte eintreten.') Nach Stromschluss wird auch hier die Magnet-
nadel nach der Schwimmregel abgelenkt. Insoweit gleicht sich
die Stromleitung in Metalldrähten und Flüssigkeitssaulen. Aber
die letztere zeigt noch eine ganz besondere Erscheinung für
sich. Jede Stromleitung in einer Flüssigkeit ist nSmlich, so
wollen wir es vor der Hand ausdrücken, von einer chemischen
Zersetzung begleitet. Deshalb fällt auch diese Vorlesung, wie
die beiden folgenden, in die Elektrochemie, ein von der
eigentlichen Elektrik abgezweigtes Lehrgebiet, dem wir nun
trotz seiner chemischen Färbung für einige Zeit unsere ganze
Aufmerksamkeit zu widmen haben.
Ein neuer Versuch soll Ihnen von der Verknüpfung der
Stromleitung und chemischen Zersetzung den ersten Begriff
geben. Ein Glasgefass von der Gestalt eines starken Notiz-
buches ist bis zu zwei Dritteilen mit der verdünnten Lösung
von Bleiacetat Ph(C^H^O„)^ in Wasser, dem sogenannten
Bleizucker, gefüllt. Zwei Bleidrähte dienen dazu, die FItlssigkeit
von Strom durchfliessen zu lassen, und zwar ist der mit der
positiven Klemme verbundene Bleidraht halbkreisförmig um
den negativen herumgebogen. Der Strom geht mithin in der
Bleilösung von dem Umfang des Halbkreises radial zum Mittel-
punkt. Das Glasgefass, — wie man es auch nennt — die
Zersetzungszelle, wird vor die Projektionslampe gestellt. Deren
Linsensystem erzeugt, wie immer, auf dem an der Wand
befestigten weissen Schirm ein vergrössertes umgekehrtes Bild,
Der Boden des Glasgefässes erscheint oben, das Flüssigkeits-
niveau unten. Sobald nun der Strom geschlossen wird, sehen
Sie, wie der negative Bleidraht zu wachsen scheint, wie sich
'l Maiarllch musg sich oben in der GlaarAhrc eine grössere Ölfnung befinden.
D,„i,.,db,Google
122 Chemische Strom Wirkung.
an ihn zarte Zweige aus Blei und an sie wieder Seitenzweige
ansetzen, und wie das Ganze wächst und wächst, bis einige
Zweige dem tragenden Stamme zu schwer werden, abreissen
und zu Boden falten. Auf dem Bilde sieht es freilich so aus,
als ob sie nach oben stiegen. Solange der Strom fliesst,
schiessen für die abgerissenen Zweige sofort neue an, und der
Bieibaum hört nicht auf, zu wachsen.
Wird nun die Richtung des Stromes umgekehrt, so ver-
schwinden an dem mittleren Draht die Zweige so schnell, wie
sie gekommen sind, und es wachsen neue an den äusseren,
gebogenen und jetzt negativen Draht an. Der Strom bewirkt
also in der Bleilösung einen doppelten Vorgang. Er löst Blei
von dem Drahte, durch den er in die Flüssigkeit eintritt, ab
und fügt Blei an den Draht an, zu dem er aus ihr heraustritt.
Der Strom befördert Blei durch die Flüssigkeit hin-
durch in der Richtung vom Orte seines Eintritts zu
dem seines Austritts.
Vorläufig deuten wir uns diesen Vorgang so: Das Blei-
acetat Pb (C,Hß,)^ wird durch den Strom in zwei Teile gespalten,
in Blei Ph und den Acetatrest, die Atomgruppe (C^H^O^)^. Das
Blei bewegt sich in der Richtung des Stromes durch die Flüssig-
keit und lagert sich an dem Draht des Stromaustritts, am
negativen Draht ab. Der Acetatrest wird im entgegengesetzten
Sinne — also der Richtung des eventuell anzunehmenden
negativen Stromes — zum positiven Bleidraht geführt. A n
diesem stillt er seinen chemischen Hunger, indem er Blei herunter-
löst und wieder Bleiacetat zurückbildet. Schematisch könnte
man den Vorgang so darstellen:
TT
^
Die oberen Pfeile geben die Richtung des positiven Stromes
von dem positiven Bleidraht durch die Lösung zum negativen
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromwirkung. 123
an, die unteren, dass die beiden Teile des gespaltenen Blei-
acetates nach entgegengesetzten Richtungen auseinandergefthrt
werden. In der Richtung des Stromes bewegt sich das Metall,
in der entgegengesetzten der Säurerest. Oder im Sinne des
positiven Stromes bewegt sich das Metall, im Sinne des
negativen Stromes der Säureresl. Endergebnis: der negative
Bleidraht wächst zum Bleibaum, vom positiven wird Blei her-
untergelöst.
Der eben angestellte Versuch hat gezeigt, dass die Strom-
leitung in Metallen und in Flüssigkeiten in verschiedener Weise
stattfindet und lässt es berechtigt erscheinen, dass man den
Metallen {zusammen mit dem Quecksilber und der Kohle) als
Leitern erster Ordnung die leitenden Flüssigkeiten als
Leiter zweiter Ordnung gegenüberstellt. Von Leitern zweiter
Ordnung kommen für uns verdünnte Lösungen von Säuren,
Basen und Salzen in Betracht. Sie sind von den Leitern
erster Ordnung dadurch unterschieden, dass bei Ihnen mit der
Stromleitung eine chemische Zersetzung verknüpft ist. Um die
Verbindung von elektrischer und analytischer, d. h. zersetzender
Wirkung auszudrücken, nennt man nach Faraday den in beidem
bestehenden Vorgang Elektrolyse und die Leiter zweiter
Ordnung Elektrolyt e. Die beiden Leiter erster Ordnung,
welche den Stromdurchgang durch den Elektrolyten vermitteln,
heissen Elektroden. Die positive Elektrode oder die des
Stromeintritts ist die Anode und die negative oder die des
Stromaustritts die Kathode. Der Bteibaum bildete sich also
an der Kathode und fortgelöst wurde die Anode. Die durch
die Flüssigkeit zu den Elektroden bewegten Atome oder Atom-
gruppen heissen Jonen. Worin sie sich von den Ihnen bis jetzt
bekannten Atomen oder Atomgruppen unterscheiden, so dass
ihnen ein besonderer Name gebührt, wird später zu be-
sprechen sein. Es ist allgemein üblich, die Bewegung der
Jonen ihre Wanderung zu nennen, und Sie thun gut, sich
dieses Ausdrucks zu bedienen. Wenn wir ihn kritisieren
wollten, was man freilich bei Namen, und noch dazu bei all-
gemein eingeführten, besser lässt, so möchte mir scheinen, als
ob unter Wanderung mehr die zwanglose Bewegung eines
einzelnen oder weniger Individuen verstanden würde, als ein
durch äusseren Befehl erzwungener Marsch eines ganzen Heeres,
DigitizsdbvGOOgle
124 Chemische Strom Wirkung.
Kehren wir noch einmal zu dem ersten Versuche: der
Stromleitung durch Kupfersulfat zurück. Auch dieser Vorgang
ist eine Elektrolyse. Die beiden Teile des entzwei gerissenen
Kupfersulfates werden nach entgegengesetzten Seiten auseinander-
geführt. Im Sinne des Stromes bewegt sich das Kupfer und
schlägt sich als blanker, schön rother Ueberzug auf der etwas
oxydierten Kupferkathode nieder. Der saure Rest des Kupfer-
sulfates (SO^) wandert als Sulfat-Jon zur Anode und löst sich
von dem Bleche die zugehörige Kupfermenge ab;
Cu/SO^
Für jedes auf der Kathode niedergeschlagene Kupferatom
wird eins von der Anode heruntergelöst. Die Anode wird um
ebenso viel Kupfer leichter, als die Kathode schwerer. Durch
Wägung der Bleche vor und nach dem Versuche kann das
leicht erwiesen werden. Der Kupfergehalt des Elektrolyten
wird nicht verändert.
Jetzt soll dieselbe Kupfersulfatlösung, wie eben, nochmals
elektrolysiert werden; aber die Elektroden bestehen dieses Mal
nicht aus Kupfer, sondern aus Platin. Wie vorhin, wird Kupfer
zum negativen Blech befördert und scheidet sich auf ihm als
rote Haut ab. Das gegen die Stromrichtung schwimmende
(SOJ findet jetzt aber die Anode statt aus löslichem Kupfer
aus unlöshchem Platin bestehend vor. Es hält sich deshalb an
das Lösungswasser, nimmt ihm den Wasserstoff fort und ver-
einigt sich mit diesem zu Schwefelsäure. Der aus dem Wasser
übrig bleibende Sauerstoff entweicht an der Anode in Blasen
in die Luft. Die Lösung wird entkupfert, was an dem Ver-
schwinden ihrer Blaufärbung zu erkennen ist. Der ganze Vor-
gang kann durch dieses Schema dargestellt werden:
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom Wirkung.
■>■ + > -
Pt CujSOf. Pt_
Der horizontale Strich unter jedem Pt soll andeuten,
die Elektroden von {SO^ nicht angegriffen werden.
Die chemische Gleichung für die Zersetzung des W
durch den Sulfatrest würde lauten:
,-<
2 (SO^) + 2 öj 0 = 2 Fj SO, -H Oj.
Die Zersetzung des Lösungswassers ist wohlgemeri
secundarer Vorgang und wird rein chemisch durc
vorher elektro-chemisch beförderte Sulfatgruppe bewirkt
findet auch nicht in einem beliebigen Teile der Flüssigkeit
sondern erst dann, wenn das ißO^ an der Anode angeko
ist. Kehrt man den Strom um, so findet derselbe Vo
in der umgekehrten Richtung statt. Jetzt schlagt sich ai
vorher rein gebliebenen Platinplatte Kupfer nieder, wa
das {SO^ zuerst von der jetzt positiven Platinplatte das
niedergeschlagene Kupfer ablöst und dann das Wasser
Sauerstoffentwickelung zersetzt.
Dem eben angestellten Versuche entspricht gan
Elektrolyse der verdünnten Schwefelsäure. Aucl
reisst — nach unserer vorläufigen Darstellungsweise -
Strom die Molekel entzwei und führt ihre beiden Teile
entgegengesetzten Seiten auseinander. An Stelle des Ki
im Kupfersulfat nimmt der Strom aus der verdünnten Seh
säure den — chemisch einem Metall ähnlichen — Wassei
mit sich und scheidet ihn an der Kathode gasförmig ab. (
die Richtung des Stromes bewegt sich bei der Elektroly;
verdünnten Schwefelsaure ebenso, wie bei der des Kupfers
das (SOJ auf die Anode zu. Da diese unlöslich ist, w
beiden Fällen in gleicher Weise das Wasser zersetzt
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Slro
Sauerstoff gasförmig abgeschieden. Schema und Gleichung-
entsprechen ganz denen von eben:
0'H2
H2/S
2 H^ {SO^) -j- 2H^0 = 2H^S0^ + 2H^ + 0,.
Bei der Elektrolyse der verdünnten Schwefelsäure wird Wasser-
stoff und Sauerstoff in Freiheit gesetzt und zwar in demselben
Verhältnis, in dem beide im Wasser vereinigt sind. Da über-
dies die verbrauchte Schwefelsäure wiedergewonnen wird, so
erhält man bei oberflächlicher Betrachtung den falschen Ein-
druck, als ob durch die Elektrolj'se das Wasser unmittelbar
nach der Gleichung:
2 //, 0 = 2 //, + 0,
zerfiele, als ob es also eine Elektrolyse des Wassers gäbe. Es
ist aber unbedingt falsch, den Vorgang so zu nennen, schon
deshalb, weil ganz reines Wasser den Strom so gut wie über-
haupt nicht leitet und das Ansäuern des Wassers, d. h. wie
hier ein Zusatz von Schwefelsäure, für den Vorgang notwendig
ist. Es giebt nur eine Elektrolyse der verdünnten Schwefel-
säure und keine des Wassers.
Es soU hier vor Ihnen verdünnte Schwefelsäure auf zweierlei
Art elektrolysiert werden, zuerst im Voltameter (Fig. 78),
übrigens ein Wort, das nicht mit Voltmeter, d. i. Spannungs-
messer, zu verwechseln ist. Im Voltameter sind beide Elek-
troden in einer Flasche vereinigt und beide Gase werden
gemeinsam aufgefangen. Sie bilden dann das unter dem Namen
Knallgas bekannte explosible Gemisch, das man zur Demon-
stration durch eine Thonpfeife in Seifenwasser leiten und in
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom wirl
den so erzeugten Seifenblasen zwar mit lautem Knalle, aber
gefahrlos abbrennen kann.
Fi;. 18. Knallgasvollamcter. Fif;. 19. Hofmarnscher Apparat.
Beide Gase getrennt aufzufangen, dient der Hofmannsche
Apparat (Fig. 79), bei dem die beiden Platinelektroden zwar
elektrisch durch verdünnte Schwefelsaure verbunden, aber,
raumlich getrennt, in den beiden Schenkeln des Apparates an-
geordnet sind. Nach Stromschluss füllen sich die oben durch
Hahne verschlossenen Schenkel schnell mit den Gasen, und
zwar der Anodenschenkel mit dem doppelten Gasvolumen, als
der Kathodenschenkei. Das in doppelter Raummenge vor-
handene Gas wird durch seine Brennbarkeit als Wasserstoff,
das andere durch seine Fähigkeit, einen glimmenden Holzspahn
zu entzünden, als Sauerstoff erkannt.
In diesem U-förmig gebogenen, dem am Hofmannschen
Apparat ahnlichen Rohr soll eine verdünnte wässerige Lösung
von schwefelsaurem Natron, Natriumsulfat Na^SO^ zwischen
Platinblechen elektrolysiert werden. Der Lösung sind einige
„Coogic
128 Chemische Slromwirkung.
Tropfen blauer Lackmustinktur ') zugesetzt, welche bekanntlich
von Säuren rot, von Basen tief blau gefärbt wird. Der Strom
reisst das Natriumsuifat in zwei Teile, von denen der metallische
— das Natrium — zur Kathode geführt wird. Dort zersetzt
das Natrium secundär, rein chemisch, das Wasser nach der
bekannten Gleichung:
2 Na*) + 2B^0 ~2Na.0H+ H^.
Das entstehende Natriumhydroxyd Na (OH) — zu Natron-
lauge gelöst — färbt die Gegend um die Kathode herum tief
blau. Der Inhalt des anderen Schenkels wird dagegen rot
gefärbt, weil an der Anode das dem Na^ . SO^ entstammende
und gegen die Stromrichtung bewegte {SOJ unter Sauerstoff-
entwicklung Wasser zersetzt und Schwefelsäure bildet. Das
Schema des ganzen Vorganges sieht so aus:
^ Na^jSO^ _Pt_
0,^2 Y T OH H
I
frotj
(blau)
Nach dieser vorläufigen Schilderung der Stromleitung durch
Flüssigkeiten wenden wir uns dem Faradayschen Gesetze
zu, welches — als ein wirkliches Natiu-gesetz aus dem Wesen
der Thatsachen heraus folgend — die Erscheinungen der
Elektrolyse souverän beherrscht. Das Faradaysche Gesetz
betrachtet die Menge der durch die Elektrolyse beförderten
Substanz und zeigt, wovon sie abhangt.
'1 Hat man nicht besonders gereinigtes Lackmus, so setit m«n, um es besser
in Losung zu halten, der Natrium sutlatlösung einige Kubikcenlimeter Alkohol hinzu.
^ Es ist absichtlich 2 Na statt Na^ geschrieben worden, weil die Natriumatonie
an der Kathode unmittelbar einwirken, ohne erst zu Molekeln vereinigt gewesen zu sein.
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromwirkung. 129
Zuerst ist hervorzuheben, dass aus verschieden starken
Lösungen desselben Salzes der gleiche Strom immer die gleiche
Metallmenge abscheidet. Ich will jetzt den Bleibaum nochmals
vor Ihren Augen entstehen lassen und bei der Gelegenheit
erwähnen, dass man recht bezeichnend die Anode Lösungs-
elektrode und die Kathode Ableitungselektrode nennt.
Beide Namen sind leichter zu verstehen und zu behalten, freilich
sehr viel schwerfalliger, als die eingeführten griechischen.
Hier wird die Lösungselektrode von dem gebogenen Bleidraht
gebildet, wahrend die Ableitungselektrode zum Bieibaum wächst.
Versuchen wir, aus der Elektrolyse der Bleilösung einen weiteren
Teil des Faradayschen Gesetzes abzuleiten, so ist es fast
selbstverständlich und durch Wägung der anschiessenden Zweige
leicht zu erweisen, dass die ausgeschiedene Bleimenge der Dauer (
der Elektrolyse proportional ist. Sie ist ausserdem der im Elektro-
lyten herrschenden Stromstärke J proportional. Genau ergiebt
das ebenfalls die Wägung. Aber schon der Augenschein lehrt
es; denn jetzt sehen Sie den hinter die Bleilösung geschalteten
(von innen beleuchteten) Strommesser einen grösseren Strom
anzeigen und zugleich den Bleibaum schneller wachsen, als
vorher.
Wenn ein bestimmter Strom während einer bestimmten
Zeit von einer bestimmten Substanz eine bestimmte Menge
ausscheidet, so kann für alle Elektrolyte durch Wägung fest-
gestellt werden, wieviel Gramm Metall oder Gas durch ein
Ampere während einer Sekunde ausgeschieden wird. Das ist
umso leichter, als die Wage ein ausserordentlich genaues
Instrument ist. So hat man zum Beispiel festgestellt, dass ein
Ampere in der Sekunde aus einer Kupfersulfatlösung 0,328 mg
Kupfer oder aus einer Silbernitratlösung 1,118 mg Silber ab-
scheidet. Durch diese Zahlen ist man in den Stand gesetzt,
umgekehrt aus der Menge des elektrolytisch abgeschiedenen
Silbers oder Kupfers eine unbekannte Stromstärke zu bestimmen.
Man braucht nur den (unveränderlichen) Strom — zum Beispiel
zehn Minuten lang — durch eine Zersetzungszelle mit Kupfer-
sulfat oder Silbernitrat, ein s. g. Kupfer- oder Silbervoila-
meter, zu schicken, die (trockne) Platinkathode vor und nach
der Elektrolyse zu wägen und deren Dauer mit der Uhr fest-
zustellen. Bei der Proportionalität der Niederschlagsmengen
D,g,l,z.db,COOglC
130 Chemische Strom Wirkung.
mit Strom und Zeit kann man dann ausrechnen, wieviel Ampere
durch den Stromkreis geflossen sind, und ein zu gleicher Zeit
eingeschaltetes Galvanometer auf Ampere eichen und damit
zum Strommesser (Amperemeier) machen.
In der That wird das, wie bekannt, ursprünglich auf dem
absoluten Maasssystem beruhende Ampere nach dem Reichs-
gesetz betreffend die elektrischen Maasseinheiten
„durch den unveränderten elektrischen Strom dar-
gestellt, welcher bei dem Durchgang durch eine
wässrige Lösung von Silbernitrat in einer Sekunde
0,001118 g Silber niederschlägt."
Die Erklärung der Stromstärke als der in der Sekunde
durch den Leiterquerschnitt fliessenden Elektricitätsmenge ergab
(S. 18) die Gleichung
An sie erinnern wir uns jetzt, da wir sehen, dass die Menge
eines elektrolytisch abgeschiedenen Metalles nicht durch die
Starke des abscheidenden Stromes allein, sondern gemeinsam
mit ihr durch die Zeit seiner Dauer bestimmt wird. Massgebend
ist der während einer Zeit — einer Anzahl von Sekunden —
andauernde Strom, das heisst das Produkt von Stromstärke
und Zeit: die Elektricitätsmenge. Aus einer Silbernitrat-
lösung werden dann 1,118 mg Silber niedergeschlagen, wenn
durch sie die Elektricitätsmenge eine Amperesekunde oder ein
Coulomb hindurchgeht. Damit ist weder etwas über die Grösse
des elektrolysierenden Stromes, noch über die Zeit seiner Dauer,
sondern nur ausgesagt, dass beider Produkt die Einheit der
Elektricitätsmenge ergiebt.
Die Proportionalität der durch den Elektrolyten gegangenen
Elektricitäts- und der abgeschiedenen Substanzmenge ist nicht
auf Metalle beschränkt. Sie erstreckt sich auf alle Ionen, zum
Beispiel auch auf die bei der Elektrolyse der verdünnten
Schwefelsaure beförderten Wasserstoff- und Sulfat-Ionen imd
infolge dessen auch auf den sekundär aus dem Verdünnungs-
wasser entbundenen Sauerstoff, Sie alle sind der durch den
Elektrolyten beförderten Elektricitätsmenge proportional. So
entspricht dem Transport eines Coulomb die Entwicklung von
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom Wirkung.
131
0.0104 mg Wasserstoff an der Kathode. Je nach dem ange-
wandten Elektrolyten scheidet die Elektricitätsmenge 1 Coulomb
0.0104 mg Wasserstoff oder 1,118 mg Silber oder 0,328 mg
Kupfer aus. Der Bleibaum wächst durch jedes Coulomb um
0,071 mg. Im geschmolzenen Kaliumaluminiumchlorid führt jedes
Coulomb 0,093 mg Aluminium zur Kathode.
Beantworten Sie mir nun die Frage, wie gross die
Elektricitätsmenge sein müsste, welche gerade 1 g Wasserstoff
abscheidet. Aus der Gleichung
0,0104
1
1000
mg Wasserstoff Coulomb
1000
mg ^ 1 g Wasserstoff Coulomb
sind zur elektrolytischen Abscheidung von 1 g Wasserstoff
liibrigens unter Normalbedingungen 11,2 1) erforderlich. Mit
welcher Geschwindigkeit diese Elektricitätsmenge fliesst, ob zum
Beispiel als 1 Ampere während 96500 Sekunden {gleich nahezu
27 Stunden), oder wie immer, ist für den Erfolg der Elektrolyse
gleichgiltig.
■ Da 1 Coulomb von
Wasserstoff Silber Kupfer Blei Aluminium
0,0104 1,118 0,328 1,071 0,093 mg
abscheidet, scheiden 96 500 Coulomb
1 107,7 31,6 103,2 9,0 g ab.
Sobald Sie diese Zahlen betrachten, erkennen Sie in ihnen die
chemischen Äquivalentgewichte der fünf Elemente, das heisst
den Quotienten aus Atomgewicht und Wertigkeit:
Wasserstoff Silber Kupfer Blei Aluminium
1
1
107,7
I
63,2
2 "
206,4
2
27,0
3
H'
1
Ag'
1
O."
2
Tb"
2
At'"
3
") Weg™ der
benuuten abger
ur ungefähr.
undelen Zahl
ie Rerhnu
D,„i,„db,Goo<^le
J32 chemische Stromwirkung.
Die Elektricitätsmenge 96 500 Coulomb scheidet von den ge-
nannten Elementen (und von allen anderen) gerade ein Gramm-
äquivalent ab. Allgemeiner ausgedrückt lautet dieser, der
zweite Teil des Faradayschen Gesetzes: Aus allen Elektro-
lyten scheidet die gleiche Elektricitätsmenge chemisch
äquivalente Substanzmengen ab.
Die Anzahl Milligramme eines Elementes, welche durch die
Einheit der Elektricitätsmenge abgeschieden werden, heissen
sein elektrochemisches Äquivalent. Die angeführten Beispiele
ergaben die Beziehung:
, . , V • , Grammäquivalent
Elektrochemisches Äquivalent ^ nficÄÄ ' worin
Grammatom
Grammäquivalent = , ,, — . ,— . —
^ Wertigkeit
Jedes Grammäquivalent wird von der Elektricitätsmenge 96 500
durch den Elektrolyten getrieben, oder jede 96 500 Coulomb
brauchen für ihre Beförderung durch einen Elektrolyten l Gramm-
äquivalent einer Substanz. Die Elektrolyse besteht in
einem gemeinsamen Transport von chemischer
Substanz und von Elektricitätsmengen. Mit jedem ein-
wertigen Grammatom durchwandern 96 500 Coulomb den
Elektrolyten, mit jedem zweiwertigen doppelt, mit jedem drei-
wertigen dreimal so viel. Wenn man sich die Elektricität als
Stoff vorzustellen Lust hat, wobei an das früher (S. 29»
darüber gesagte erinnert sei, so mag man sie sich für
die Elektrolyse ebenso wie den Stoff aus Atomen bestehend
denken. Jedes den Elektrolyten durchwandernde einwertige
Atom ist dann mit einem solchen Elektricitätsatom oder Elektron
verknüpft, — elektrostatisch gesprochen — geladen. Das stoff-
liche Atom trägt das Elektricitätsatom gleichsam auf seinem
Rücken durch die Flüssigkeit. Die Elektricität fliesst durch den
Elektrolyten nicht, wie in Leitern erster Ordnung angenommen
wird, in ununterbrochenem Strome, sondern wird von den Ionen,
wie von Lasttieren, in einzeln abgemessenen, gleichen Mengen
durch die Flüssigkeitsschicht getragen. Will man umgekehrt
die Elektronen als das Bewegende ansehen, so zieht jedes
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom Wirkung. 133
Elektron ein Atom mit sich, ohne welches es aber nicht im
Stande ist, den Elektrolyten zu durchsetzen. Man wird an
einen Ruderer erinnert, der sein Boot vorwärts treibt, aber
doch eben dieses von ihm getriebene Boot nöthig hat, um über
das Wasser zu setzen. Die Arbeit, welche die Ionen zu ihrer
Vorwärtsbewegung brauchen, wird — im Gegensatz zum ge-
ruderten Boot — von aussen zugeführt. Sie dient den Ionen
dazu, den Widerstand, dass heisst die Reibung an der Um-
gebung zu überwinden, und findet sich als Joulesche Wärme
wieder. — Wüsste man genau, wieviel wirkliche Atome ein
Grammatom irgend eines Elementes enthält, so würde die
Klektricitätsmenge von 96500 Coulomb, durch diese Zahl dividiert,
die Grösse eines Elektrons in Coulomb angeben. Aus dieser
Darstellung erkennen Sie im Faradayschen Gesetz den klaren
Ausdruck der gemeinschaftlichen elektroly tischen Be-
wegung von Substanz und Elektricität.
Darf ich Sie bitten, der Theorie noch einen Schritt weiter
zu folgen: Zahlreiche Gründe zwingen zu der Annahme, dass
nicht erst der elektrische Strom die Molekeln eines gelösten
Elektrolyten auseinander spalte, sondern dass sie schon durch
den Vorgang der Lösung und Verdünnung gespalten,
mit fremdem Wort dissociierl seien, zwar nicht alle Molekeln,
aber doch ein erheblicher Teil, welcher sich mit zunehmender
Verdünnung der Lösung einem Grenzwerte, eben der Spaltung
aller nähert. Die unwiderleglichen Gründe für diese Anschauung
liegen in den Gesetzen der physikalischen Chemie und dem
Gegenstande dieser Vorlesungen fern. Aber, so gut wie Thatsache
ist, dass — um ein Beispiel zu wählen — in einer verdünnten
wässrigen Kochsalzlösung das Chlornatrium zu erheblichem
Teile nicht in geschlossenen Molekeln Na Cl besteht, sondern
in Natrium und Chlor zerrissen, gespalten, dissociiert ist. Je
grösser der Grad der Verdünnung, umso grösser auch der der
Spaltung. Weiter nimmt die Theorie an, dass durch die Spaltung
der nach aussen unelektrischen Molekel Chlornatrium ein positiv
geladenes Natrium — und ein negativ geladenes Chloratom frei
werden. Diese elektrisch geladenen Atome nennt sie
Ionen. BeiderVerdünnungwürdedieSchwefelsäure entsprechend
in negativ geladene Sulfat- und positiv geladene WasserstolT-
lonen zerfallen. Diese Dissociation der Elektroly te in
DigitizsdbyGOOgle
134 Chemische Stromwirkung,
elektrisch geladene Ionen besteht aber, sagt die Theorie, in
der Lösung, ohne dass ihr von aussen Elektricität zugeführt
worden ist.
Von der Elektrolyse macht man sich dann folgendes Bild i
In der Verbindung der in die Lösung gesenkten Elektroden mit
den Klemmen einer Stromquelle kann man ein positives Laden
der Anode, ein negatives der Kathode sehen. Nach dem
Coulombschen Gesetz {S. 88) zieht die negativ geladenen
Kathode — bei der Elektrolyse der verdünnten Schwefelsäure —
die positiv geladenen WasserstofF-Ionen der Umgebung an. Sie
nimmt ihnen bei der Berührung ihre positive Ladung und macht
sie hiermit zu gewöhnlichen Atomen und Molekeln, welche
letzteren als Wasserstoffgas entweichen. Die positiv geladene
Anode verhält sich entsprechend. Die Ladung der Elektroden
wird bei der Neutralisierung der entgegengesetzten Elektricität
der angezogenen Ionen vernichtet. Die Elektroden würden
deshalb sofort wieder unelektrisch werden, wenn nicht die Strom-
quelle unausgesetzt neue Coulomb zu ihnen hinüberdrückte. Als
solche unausgesetzte Zufuhr neuer Ladungen zu den Elektroden
sieht man jetzt den elektrischen Strom in den Zuleitungen zu dem
Elektrolyten an, während er in diesem selbst in der Wanderung
der schon an sich geladenen Ionen bestehen soll, ohne dass
die Elektricität der äusseren Stromquelle überhaupt in den
Elektrolyten hineingelangt. Hier sind wir nun wieder an einer
der Grenzen angelangt, die uns der Zweck dieser Vorlesungen
vorschreibt. Es geht nicht an, die Theorie der Elektrolyse und
Elektrolyte weiter zu verfolgen, und es bleibt nur übrig, Ihnen
zu etwaiger weiterer Belehrung zunächst Lüpkes Grundzüge
der Elektrochemie zu empfehlen.
DigitizsdbyGOOgle
8. Vorlesung.
Chemische Stromerzeugung.
Erster Teil.
Zink und Kupfer in verdünnter Schwefelsäure. Galvanisrhe Elemente. Der Strom
in der FlOssigkcit. Elektrolyt^Galvanometer. — Anwendung des Ohmschen Gesetzes
auf galvanische Elemente. Innerer Widersland und Spannungsabfall. Elektromoto-
tische Kraft und Klemmenspannung. Diagramm. — SpannungssprOnge. Strom-
nchtung und Klemmen beieichnung. Positiver und negativer Strom. — Elektrolyse
im Element. Auflösung des Zinks. Die aufgelöste Zinkmenge der gelieferten Ekk-
tricitatsmenge proportional. AmalgamierCcB Zink. — Inconstanz. Polarisation. Ihre
Ursache der elektrolytisch abgeschiedene WasserstotT.
Die chemische Stroniwirkung ist im Wesentlichen nur zu
dem Zweck besprochen worden , um dem Verständnis der
chemischen Stromerzeugung und -speicherung als Grundlage zu
dienen. Von Herstellungsweisen der Elektricität kennen Sie
bis jetzt nur die durch Reibung und Influenz. Die dritte
Methode, die chemische, verdient schon deshalb unsere
grösste Aufmerksamkeit, weil nach ihr die meisten Schwach-
siromanlagen mit Strom versorgt werden.
Lassen Sie mich Ihnen eine chemische Stromerzeugung
durch den Versuch zeigen. In einer Zersetzungszelle befindet
sich verdünnte Schwefelsäure und in ihr eine Kupfer- und eine
Zinkplatte. Sie tragen oben Klemmen und sind über ein
aperiodisches') Galvanoskop und einen Ausschalter mit einander
verbunden.
Das Umlegen des Ausschalterhebels veranlasst einen heftigen
Ausschlag des Galvanoskops und zwar nach derjenigen Seite,
Welche einen Strom vom Kupfer zum Zink anzeigt. Wir
haben eine neue Art einer Stromquelle vor uns, und zwar tritt
der Strom zum Kupfer aus ihr heraus und zum Zink in sie
DigitizsdbyGOOgle
136 Chemische Slromeneugung.
hinein. Das Kupfer trägt ihre positive Klemme, das Zink ihre
negative. Kupfer, Zink, verdünnte Schwefelsäure und Gias-
gefäss zusammen heissen nach dem Manne, dem der zuckende
Froschschenkel den ersten elektrischen Strom anzeigte, ein
galvanisches Element oder eine galvanische Zelle.
Das Eigentümliche dieses einfachsten galvanischen Elementes
ist die Vereinigung eines Leiters zweiter Ordnung, verdünnte
Fig. 80. Elektrolytisches Galianomeler.
Schwefelsäure, mit zwei Leitern erster Ordnung, Kupfer und
Zink. Diese müssen beide chemisch verschieden sein. Denn
sobald wie jetzt, zwei Zink- oder, wie jetzt, zwei Kupferplatten
in die Schwefelsäure tauchen, entsteht kein Strom, wie Ihnen
die Nullstellung der Galvanoskopnadel anzeigt.
Nun haben Sie früher (S. 10) gelernt, dass es Ströme nur
in Stromkreisen giebt. Wenn auch hier ein solcher Stromkreis
vorhanden sein soll, muss zwischen Kupfer und Zink nicht nur
ausserhalb der Zelle, sondern auch in ihrem Innern durch die
DigitizsdbvGOOgle
Chemische Stromerzeugung. 137
verdünnte Schwefelsäure Strom fliessen. Der äussere Strom ist,
wie das Galvanoskop anzeigt, vom Kupfer zum Zink gerichtet,
der innere Strom muss umgekehrt, mithin vom Zink zum Kupfer
gehen. Dass dies thatsächhch der Fall ist, möchte ich Ihnen
mit einem Apparate zeigen, den ich zu diesem Zweck gebaut
habe, und den man elektrolytisches Galvanometer')
(Fig. 80) nennen kann. Er beruht auf der Ihnen bekannten
Fähigkeit (S. 121) auch flüssiger Stromleiter, die Magnetnadel
abzulenken. Das Elektrolyt-Galvanometer enthält ein Magnet-
stabchen *) an einem Coconfaden leicht beweglich aufgehängt.
Der Faden trägt einen Spiegel , der die Ablenkungen des
Magneten in der Ihnen bekannten Weise auf einer Skala sicht-
bar macht. Das Eigenartige an dem Galvanometer sind seine
Spulen. Sie sind nicht aus isoliertem Kupferdraht, sondern aus
dünnem Glasrohr gewunden und mit verdünnter Schwefelsaure
gefüllt. Ihre unteren Enden tauchen in kleine G!asnäpfe, welche
ebenfalls verdünnte Schwefelsäure enthalten und elektrolytisch
die Klemmen eines Galvanometers nachahmen. Ausserdem
trägt das Grundbrett des Apparates noch Messingklemmen,
welche durch Kupferdrähte mit den Endnäpfen und so mit den
Spulen in elektrischer Verbindung stehen. Schliesst man zuerst
das einfache galvanische Element durch die Messingklemmen
des Elektrolyt-Galvanometers, so beobachten Sie eine Ablenkung
des Lichtzeigers nach der Seite, welche einem Stromeintritt zu
der — von Ihnen aus — rechten Glasschale, d. h. einem Strom
vom Kupfer zum Zink entspricht. Darauf wird das Innere des
galvanischen Elementes über Glasröhren und Gummischläuche
elektrolytisch an die Endnäpfe des Galvanometers gelegt (Fig. 81).
Sobald das Element aussen geschlossen wird, durchfltesst eine
elektrolytische Abzweigung des Stromes im Innern des Elementes
das Galvanometer. Jetzt findet die entgegengesetzte Ab-
lenkung des Lichtzeigers statt. Der elektrolytische Zweigstrom
tritt also zum linken Endnapf in das Instrument, das heisst
der Strom im Innern des Elementes fliesst vom Zink zum
Kupfer, was zu beweisen war.
I| Vgl. Zeitschrift fttr Elektrochemie 1903 S. 111,
h WiTum (wie in Fig. SO) statt eines zwei Magnete vorhanden sind, werden
^ie in der Vorlesung Ober Telegraphischc Mei-sungen bei der genaueren Beschreibung
<^ -Spicgelgalvanometer erfahren.
D,„i,.,db,Google
138
Chemische Strom eneugurif;.
Die Beziehung zwischen den treibenden Volt und] den
fliessenden Ampere ist auch bei den galvanischen Elementen
durch das Ohmsche Gesetz geregelt. Wie sie gesehen haben.
durchfliesst der vom Element gelieferte Strom nicht nur den
äusseren Leitungsdraht, sondern auch die Elektroden und den Elek-
trolyten. Es gilt deshalb als Widerstand W der des gesamten
Stromkreises, das heisst die Summe des nützlichen Wider-
standes Kl der äusseren , metallischen Leitung , etwa eines
Telegraphendrahtes, und des nicht zu umgehenden Wider-
standes Wi im Innern des Elementes:
(F = «f, -f. tVi
und
Der innere Widerstand des Elementes setzt sich aus dem
der Elektroden und dem des Elektrolyten zusammen. Der der
Elektroden ist natürlich nur gering, nicht so der des Elektrolj-ten.
Diesen elektrolytischen Widerstand muss der Strom überwinden,
ehe er aus dem Innern des Elementes an die Klemmen gelangt.
Hierbei, auf diesem elektrolytischen Wege findet ein Spannungs-
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromerzeugung. 139
abfall, nach Ohm gleich Jw-, statt. Um diesen Betrag Jw,
ist der an den Klemmen des Elementes herrschende
Spannungsunterschied, die Klemmenspannung i**
kleiner, als die im Innern des Elementes wirksame
Elektromorische Kraft E.
JWi
r Spannungsabfall
•/ gleich Null macht E„ gleich E. Also, nur wenn kein Strom
fliesst, wie man sagt, bei offenen Klemmen, erreicht die
Klemmenspannung die volle Grösse der Elektromotorischen Kraft.
Für die arbeitende Zelle aber wird sie umso kleiner, je mehr
Strom entnommen wird. Die Klemmenspannung, nicht die
Elektromotorische Kraft, ist der nach aussen wirksame, der
nützliche Spannungsunterschied. Sie allein kommt für die Grösse
des durch den äusseren Widerstand, etwa eine kilomelerlange
Telegraphenleitung, fliessenden Stromes in Betracht :
.Ausser von der Grösse des fliessenden Stromes hangt der
Spannungsabfall im Element natürlich von der des inneren
Widerstandes ab. Besitzt deshalb ein Element einen be-
trächtlichen inneren Widerstand, und wird eine bestimmte
nicht zu unterschreitende Klemmenspannung verlangt, so darf
der Zelle nur ein Strom bis zu einer bestimmten, nicht zu über-
schreitenden Grösse entnommen werden. Sie werden spater
die Bedeutung dieses Gesetzes für den Schwachstrombetrieb
einsehen. Die insgesamt von der Zelle umgesetzte Leistung
ist natürlich gleich /^ IV, die in der Zelle verlorene J'^w-,.
Die Beziehung zwischen Elektromotorischer Kraft, Klemmen-
spannung und beiden Teilen des gesamten Widerstandes wird
durch graphische Darstellung (Fig. 82) besonders anschaulich.
Der Widerstand W des gesamten Stromkreises wird horizontal
gleich OB, als Summe von ic; ^ OA und Wi = AB aufgetragen.
DigitizsdbyGOOgle
140
Chemische Stromerzeugung.
Die Verticale OC — der deutlichen Zeichnung wegen in zehn-
fachem Maasstabe — stellt die Elektromotorische Kraft i' dar.
Dann giebt die Hypothenuse CB des rechtwinkligen Dreiecks HOC
den Verlauf der Spannung im ganzen Stromkreise wieder. Das
E'E^-m-
Fig. 82. Ohmschps GeseU auf galvanische Elemente angewandt.
in A bis zur Hypothenuse errichtete Lot AD stellt die Klemmen-
spannung Et bei dem durch tvi vorgeschriebenen der Zeile
entfliessenden Strome J dar. Dieser Strom findet sich als
Neigung der Linie SC — genauer als Tangente des Winkels H
für ein in richtigem Maasstab gezeichnetes OC, demnach hier
Viotgi^. Je kleiner bei derselben Elektromotorischen Kraft und
demselben inneren Widerstände toi der äussere Widerstand »v,
umso starker ist HC gegen die Horizontale geneigt , umso
grösser '/lo tg li := J. Umso grösser ist auch der Spannungs-
abfall /. Wi und umso kleiner AD = E/,, die Klemmenspannung.
Nach dieser mehr äusserlichen Betrachtung erinnern wir
uns, dass als erste Ursache eines jeden Stromes, mithin auch
des im galvanischen Elemente erzeugten, ein Spannungsunter-
schied gilt, welcher sich durch den Strom fortgesetzt auszu-
gleichen sucht und deshalb ebenso fortgesetzt aufrecht erhalten
werden muss. Dieser Spannungsunterschied tritt, so sahen wir,
nach aussen als einer der Klemmen, als Klemmenspannung, in
die Erscheinung, wahrend er selbst, die Elektromotorische Kraft,
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Slromeneugung. 141
welche den Stromfluss in Bewegung setzt und erhält, im Innern
der Stromquelle liegt. Bei einer galvanischen Zelle entsteht
die Elektromotorische Kraft im Wesentlichen an den beiden
Beriihrungsflächen der beiden Leiter erster und dem zweiter
Ordnung, Sie setzt sich folglich aus zwei Teilen zusammen.
Für das betrachtete Element —> Zink/verdünnte Schwefelsäure/
Kupfer - >■ ist der Sitz der Elektromotorischen Kraft erstens die
Berührungsfläche des Zinks und der verdünnten Schwefelsäure
und zweitens die der verdünnten Schwefelsäure und des Kupfers.
An beiden Flächen tritt unvermittelt, plötzlich, sprunghaft ein
Spannungsunterschied, ein Spannungssprung, zwischen
Elektrode und Elektrolyt auf, und zwar wird das Zink gegen
die verdünnte Schwefelsäure positiv, das Kupfer negativ. Die
Grösse des Spannungssprunges ist an beiden Flächen —
gewissermassen zufällig — fast gleich. Vom Kupfer zur Säure
besteht ein Spannungssprung von etwa + 0,5 Volt, von der
Säure zum Zink ebenfalls von etwa -j- 0,5 Volt, so dass der
Spannungsunterschied vom Zink zum Kupfer im Ganzen 1 Volt
ausmacht. In der graphischen Darstellung <Fig. 83a| ist die
der Schwefelsäure der Nulllinie einzuschreiben, die Spannung des
eingetauchten Zinks nach oben, positiv, zu zeichnen, die des
eingetauchten Kupfers nach unten, negativ. Man sieht deutlich,
wie sich beide Spannungssprünge von je 0,5 Volt zur Elektro-
motorischen Kraft der Zelle von 1 Voft addieren. Es ist auch
jetzt klar, warum zwei gleiche Leiter erster Ordnung und ein
Elektrolyt kein wirksames Element geben können. Zwar treten
auch hier zwei Spannungssprünge auf. Aber sie nützen
nichts, weil sie beide nach derselben Seite der Nulllinie, beide
nach oben oder beide nach unten hegen. Die Spannung beider
Elektroden wird um den gleichen Betrag erhöht oder erniedrigt.
Ihr Spannungsunterschied bleibt Null, ob sie in den Elektrolyten
tauchen oder nicht.
Lassen Sie uns eine Skizze der Zelle {Fig. 83b) entwerfen, und
zwar so, dass die beiden in Betracht kommenden Berührungsflächen
zwischen Metallplatten und Elektrolyt sich senkrecht unter der
Darstellung <Fig. 83a auf S. 143) der an ihnen herrschenden
Spannungssprünge befinden. Links sehen Sie die (stark ge-
zeichnete) Zinkplatte mit der Spannung + 0,5 Volt an ihrer
Berührungsfläche mit dem Elektrolyten, diesen selbst das Glas
DigitizsdbyGOOgle
142 Chemische Stromcrzcu^ng.
erfüllend mit 0 Volt und rechts die Kupferplatte mit — 0,5 Voll.
Nun lehrt die Theorie, dass die Spannung der Zinkelektrode
in den Elektrolyten hineiti drückt und die Spannung der Kupfer-
elektrode gleichsam an dem Elektrolyten saugt. Bei geschlossenen
Klemmen fliesst deshalb ein Strom, von dem man sagen kann,
dass er vom Zink in den Elektrolyten hineingedrOckt und aus
diesem zum Kupfer herausgesaugt wird. Er steigt dann im Kupfer-
blech in die Höhe, gelangt durch die Kupferklemme in den
äusseren Widerstand w,, aus ihm durch die Zinkklemme in das
Zinkblech. Der Kreis ist geschlossen. Das Kupferblech tragt
die Klemme des Stromaustritts, die positive, das Zinkblech die
des Stromeintritts, die negative.
Diese Klemmenbezeichnung scheint mit dem vorhin gesagtem
im Widerspruche zu stehen. Das Zink soll die negative Klemme
und doch in der Schwefelsäure die positive Spannung tragen,
und ebenso, nur umgekehrt, das Kupfer? Der Widerspruch,
der hierin zu liegen scheint, löst sich, wenn man sich der Lehre
von den zwei Strömen (S. 113) erinnert, die sich im Leiter an
einander vorbeischieben sollen, ohne sich zu stören. Die positive
Spannung des eingetauchten Zinks schickt einen positiven Strom
durch den Elektrolyten und den Süsseren Stromkreis. Dieser
Strom J^, von der halben Elektromotorischen Kraft der Zelle
durch die Widerstände tv,- + tv, getrieben, hat den halben
Wert des Gesamtslromes
E
J - 2 _ /
Ebenso geht vom eingetauchten Kupfer aus ein negativer Strom
/■;
u; -j- „; 2
Beide Ströme, so wird angenommen, fliessen an einander vorbei.
Auf dem Wege durch den Elektrolj-ten erleidet die positive
Spannung des eingetauchten Zinks einen Spannungsabfall gleich
DigitizsdbyGOOgle
veniSdiK^i-
^
Emgetaathl
' ßm
lUbtt SpannangiaiJaU
SlMnn.
- Krajl
Fig. 83 a, b, c. Spannungsaprlli^e, Strom rieh tungen, Klemmenspannungen
eines einfachen g:Blv«niachen Elementes. , - .
D,ü,l,z..b,L.OOglC
144 Chemische Stromerzeugung.
„ «V und kommt um diesen Wert kleiner an der Kupferklemme
an. Von Zink wegen hat also die Kupferklemme die positive
Spannung + (ö o "-"' ) = + n ' Ganz entsprechend be-
wirkt die negative Spannung des eingetauchten Kupfers, dass die
Zinkklemme die negative Spannung — (- '- =- (c, j = — '*
besitzt. Die positive Spannung des eingetauchten Zinks teilt
sich nicht etwa durch das Metallblech der Zinkklemme mit,
sondern der vorhin erwähnte in den Elektrolyten hinein ge-
richtete Druck befördert sie durch den Elektrolyten zur Kupfer-
klemme. Die negative Spannung des Kupfers pflanzt sich ent-
sprechend durch die verdünnte Schwefelsaure zur Zinkklemme
fort und wird erst dort der Aussenwelt bemerkbar. Der im
Elektrolyten eintretende Spannungsabfall ist filr jede von beiden
Spannungen w,. Um diesen Betrag ist die Spannung der
Kupferklemme kleiner, als die der eingetauchten Zinkplatte
und die der Zinkklemme, als die der eingetauchten Kupfer-
platte. Die dritte Skizze (Fig. 83c) soll diese Verhältnisse
wiedergeben. Die beiden Vertikalen bezeichnen die Elek-
troden, die linke die Zink-, die rechte die Kupferplatte. Das
positive Ende der linken Vertikalen stellt die Spannung
des eingetauchten Zinks vor. Auf ihrem Wege durch den
Elektrolyten zur Kupferklemme rechts fällt diese positive
Spannung um _ iCi Das Gleiche thut die negative Spannung
des eingetauchten Kupfers rechts unten auf ihrem Wege zur
Zinkklemme links unten. Zur Kupferklemme rechts oben tritt
J
2
kehrt über die Zinkklemme links unten durch das Zinkblech
zum positiven Zinkende zurück. Entgegengesetzt verlauft der
negative Strom — .- Sein Weg ist durch die Reihenfolge:
eingetauchtes Kupferende, Elektrolyt, Zinkklemme, äusserer
Widerstand, Kupferklemme, Kupferblech bezeichnet.
DigitizsdbyGOOgle
Ctiemische Stromerzeugung. ]45
Diese Betrachtungsweise ist verwickelt und soll nur ver-
ständlich machen, wie die Elektroden am eingetauchten und
am freien Ende Spannungen verschiedenen Vorzeichens tragen.
Mit der früher abgeleiteten Gleichung
E = E^ + Jw,
steht sie natürlich nicht im Widerspruch, Denn diese fasst nur
E
2"
einzigen t/^Wj zusammen. Für praktische Erörterungen werden
wir uns der früheren einheitlichen Darstellungsweise bedienen.
Versuch und Überlegung zeigten, dass im galvanischen
Element ein Elektrolyt von Strom durchflössen wird. Wir sind
deshalb verpflichtet, uns des in der vorigen Vorlesung über die
Stromleitung in Elektrolyten gelernten zu erinnern. Denn in
der That ist die Wirkung des Stromes auf den Elektrolyten der
Zelle, in der er entsteht, gerade so, als ob er ausserhalb erzeugt
und in sie hineingeleitet würde. Die verdünnte Schwefelsäure
wird deshalb, wie üblich, elektrolystert. Zum Zink tritt der
Strom in die Flüssigkeit hinein, zum Kupfer aus ihr heraus.
Sulfat-Ionen wandern zum Zink, Wasserstoff -Ionen zum Kupfer.
Das SO^ löst Zink, die Lösungselektrode, auf, und die Flüssig-
keit reichert sich allmählich mit Zink-Ionen an. Die Anzahl
wandernder Zink-Ionen, mithin die aufgelöste -Zinkmenge ist der
fliessenden, das heisst der im Elemente erzeugten Elektricitäts-
menge, in der Sekunde also dem gelieferten Strome proportional.
Eine Bemerkung über das in vielen galvanischen Elementen
verwendete Zink ist hier einzufügen. Es sieht nicht blaulich weiss
aus, wie sonst Zink, sondern, wenigstens wenn es neu ist,
spiegelblank. Es ist verquickt, amalgamiert, das heisst mit
einer Quecksilberschicht Oberzogen, welche verhindern soll, dass
es sich in der Schwefelsäure auch rein chemisch, das heisst in
grösserer Menge auflöst, als dem gelieferten Strome entspricht.
Zwar löst sich ganz reines Zink in Schwefelsaure nicht oder
DigitizsdbyGOOgle
146 Chemische Strom eneugiing.
SO gut, wie nicht, auf. Aber das Zink des Handels pflegt ein
wenig verunreinigt zu sein, so dass an zahlreiclien Stellen der
Oberfläche kleine kurz geschlossene Elemente - >- Zink/verdünnte
Schwefelsaure/Fremdkörper »- entstehen. All diese kleinen
Elemente bewirken in ihrer Gesamtheit eine heftige Auflösung
des Zinks. Diese beiden Glascylinder (Fig. 84) enthalten von
Fig. 84. Gewölinlichcs und amalgicrtes Zinli in verdünnter Sohwerelsaiire.
derselben Schwefelsäure. In den von Ihnen aus rechten Cylinder
wird ein verquickter, amalgamiert er Zinkblechstreifen, in den linken
ein gewöhnlicher, nicht amalgamierter getaucht. Sie sehen die
heftige Wasserstoffentwicklung, welche die Auflösung des nicht
verquickten, nicht ganz reinen Zinks begleitet. Der ganze obere
Teil der Flüssigkeit ist von Wasserstoffblasen weiss, und FlOssig-
keitstropfen sind an die Glaswand heraufgespritzt. In dem rechten
Cylinder steigt nur hin und wieder eine einsame Glasblase auf,
die der Unvollkommenheit der Amalgamierung ihre Entstehung
verdankt. Die Quecksilberschicht auf dem Zink verhindert den
Durchtritt der Zink-Ionen in die Flüssigkeit nicht. Sie wird
selbst nicht gelöst und lässt merkwürdiger Weise die elektrische
Wirkungsweise des Zinks vollständig unverändert.
Die Anwcndnung des Ohnischen Gesetzes auf die galvanische
Zelle haben wir zwar an dem Zink/verdünnte Schwefelsäure/
Kupfer -Element abgeleitet. Sie gelten für dieses aber nur
DigitizsdbyGOO'^le
Chemische Strome neugung.
147
sofort nach dem Schliessen und dann nur für eine sehr kleine
Zeitdauer. Dem Element fehlt die Haupteigenschaft aller Arbeits-
quellen: die Ausdauer, die Constanz. Es ist auch bekanntlich
nicht im praktischen Gebrauch. Der Gehilfe hat unser Exemplar
inzwischen wieder in den Zustand versetzt, den es vor der
Benutzung hatte. Es wird abermals über das aperiodische
Galvanoskop geschlossen. Sie sehen den heftigen Ausschlag.
Aber im AugenbUcke selbst, binnen weniger als etwa einer
Sekunde, geht dieser Ausschlag weit unter die Hälfte seines
ursprünglichen Werthes zurück. Wie kann die Elektricitäts-
quelle fast augenblicklich versiegen, obgleich noch genug auf-
zulösendes Zink vorhanden und auch an der Schwefelsäure so
gut wie nichts geändert ist?
Bei der Betrachtung der Elektrolyse im Element haben
wir uns nur um den Verbleib der ZJnk-Ionen gekümmert und
die zum Kupfer wandernden Wasserstoff-Ionen nicht beachtet.
Was wird aus ihnen? Sie geben am Kupfer ihre Ladung ab,
werden zu Atomen und Molekeln und bedecken als Gasblasen
das Kupferblech. Diese Wasserstoffablagerung ist es, was
der Zelle die Constanz raubt. Man braucht die Blasen nur mit
einer Federfahne vom Kupferblech abzuputzen, um für einen
Augenblick beinahe den alten Ausschlag hervorzurufen. Man
möchte zu der Annahme neigen, der Wasserstoff" erhöhe durch
seine Gasblasen den inneren Widerstand der Zelle, und so
werde bei unveränderter Elektromotorischer Kraft nur ein
kleiner Strom erzeugt. Diese Annahme ist aber ein Irrtum.
Denn ein einfacher Versuch zeigt, dass der innere Widerstand
durch die Gasblasen nicht, wenigstens nicht merklich erhöht
wird. Dann muss die Elektromotorische Kraft der Zelle gesunken
sein. Weshalb? Wasserstoff, so wurde schon einmal erwähnt,
verhält sich einem Metall ähnlich. Er wird auch von Metallen
absorbiert, gelöst, — wie man sagt — occludiert. Das Produkt
einer solchen Occlusion erinnert an eine Metalllegierung, und
seine Eigenschaften sind von denen des Metalles allein ver-
schieden. In unserem Falle entsteht eine Art Legierung, die
man Kupfer- Wasserstoff nennen könnte. Der Spannungssprung
Kupfer -Wasserstoff/ verdünnte Schwefelsäure ist nun durchaus
nicht derselbe wie der Kupfer/verdünnte Schwefelsäure. Er ist
geradezu umgekehrt, so dass die Elektrode gegen den Elektro-
.,Cooglc
3 chemische Stromerzeugung.
ten nicht negativ, sondern positiv wird. Der eine der beiden
»annungssprünge, deren Summe die Elektromotorische Kraft
r Zelle ausmacht, verschwindet also nicht nur, sondern an
ine Stelle tritt sogar ein entgegengesetzt gerichteter. Was
under also, dass der Zelle nur eine kleine Elektromotorische
-aft übrigbleibt, sobald der eben beginnende Strom Wasserstoff-
isen auf der Kupferplatte abgelagert hat? Dieser dem ursprüng-
hen entgegengesetzt gerichteten Spann ungssprung, weicher
rch die Thätigkeit der Zelle selbst entsteht, ist die berühmte
ektromotorische Kraft der Polarisation, die Elektromotorische
igenkraft oder kürzer die Gegenspannung. In der zehnten
)rlesung werden Sie die Polarisation im Versuche sehen und
e nützliche Verwendung kennen lernen. Heute ist sie uns
1 Übel, da sie die galvanischen Zellen inconstant macht,
ollen wir deshalb Dauerelemente bauen, das heisst solche,
:lche über einen langen Zeitraimi fort ohne wesentliche
hwächung wirksam sind, so muss ihr elektrolytischer Wasser-
)ff unschädlich gemacht, das Element muss depolarisiert
■rden.
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromerzeugung.
Q. Voriesung.
Chemische Stromerzeugung.
Zweiter Teil.
Methoden der Depolarisation, — Die chemische Methode, Chromsaurezelle. Ver-
brennung des schädlichen WasserstoiTs. — Anwendung zweier Elektrolyte. Ihre
Trennung durch verschiedenes spezifisches Gewicht. — Element von Callaud. —
Telegraphenelement. Bau. Elektrochemischer Vorgang. Bedienung. Der chemische
Arbeitsvorral des Zinks, die Arbeilsquelle des Elementes. Berechnung der Elektro.
motorischen Kraft. Wirklicher Materialverbrauch. — Element von Meidinger. —
Telephonelemenl. Bau und chemischer Vorgang. Depolariaation durch Mangan-
Eiiperoxyd. — Trockenelemente, Bau. Hellesenzelle. — Die Elektromotorische Kraft
von der Grösse der Zelle unabhängig. — Schaltung der Elemente zu Batterien.
Parallel' und Hintereinanderschaltung und ihre Gesetze. Diagramm.
In der heutigen Vorlesung habe ich Ihnen zunächst über
die Methoden der Depolarisation und damit über Bau und
Wirkungsweise der praktisch gebrauchlichen galvanischen Ele-
mente zu berichten. Mechanisch, mit der Federfahne, lässt sich
im Betriebe natürlich nicht depolarisieren. Von den praktischen
Verfahren liegt das chemische am nächsten, wie es in der
Chromsäurezelle angewandt wird. In ihr dient Zink als
Lösungs-, Kohle als Ableitungselektrode und als Elektrolyt ein
Gemisch der Lösung von Kaliumbichromat K^ Cr^ Oj und ver-
dünnter Schwefelsaure. In diesem Gemisch wird das Vorhanden-
sein freier Chromsaure H^Cr 0^ — als Elektrolyt in Wasser-
stoff- und Chromat-Jonen {Cr Oj zerfallen — angenommen. Die
Chromsäure ist ein kräftiges Oxydationsmittel. Der in ihr nur
locker gebundene Sauerstoff packt in der Chromsäurezelle den
durch die Elektrolyse frei werdenden Wasserstoff und verbrennt
ihn zu Wasser. Die Verbrennung ist hier im chemischen Sinne,
das heisst allgemein als Vereinigung mit Sauerstoff aufzufassen,
wenn sie sich auch nicht zu der Heftigkeit einer mit Flamme
stattfindenden gewöhnlichen Verbrennung steigert. Bei dem
Vorgang geht die gelbe Farbe der Chromsäure in die grüne
des Cromsulfats Über. Die Verbrennung des sonst polarisieren-
DigitizsdbyGOOgle
150 Chemische Stromeneiigung.
den Wasserstoffs ist der eigentliche Zweck der Verwendung
von Chromsäure. Daneben fällt als angenehmer Gewinn ab,
dass die durch den Verbrennungsvorgang frei werdende Arbeit
nicht in Wärme, sondern in elektrische Arbeit übergefiihrt
wird.') Die Elektromotorische Kraft der Chronisäurezelle
erreicht deshalb die stattliche Höhe von 1,8 bis 2 Volt. Das
Element eignet sich besonders zur Entnahme verhältnismässig
grosser Ströme für eine kurze Zeitdauer und findet deshalb im
telegraphischen Betriebe keine Anwendung. Auch für die
Telephonie wird es von anderen Stromquellen übertroffen.
Die Chromsäurezelie wird gewöhnlich,
wie diese hier (Fig. 85), als Tauchelement
ausgebildet. Zwischen zwei parallel ge-
schalteten Elektroden aus Kohle, wie sie
aus den Rückständen in den Retorten der
Gasfabrikation gewonnen wird, ist eine
Zinkplatte (in der Figur hell) auf- und
niederschiebbar angebracht. Sie ist für
gewöhnlich heraufgezogen und wird nur
für die verhältnismässig kurze Benutzungs-
dauer in die Flüssigkeit getaucht, jetzt
im Augenblick enthält die Zelle keinen
Elektrolyten, und die Zinkplatte ist ohne
Schaden herabgelassen. Durch die Ver-
Fig. 85. Wendung zweier Kohlenplatten wird der
Chromsätire-Tauchetemeni, Strom in der Zelle in zwei Teile geteilt,
folglich eine Verdopplung des ftlr den
inneren Widerstand massgebenden Elektrolytquerschnittes
erreicht. Ebenfalls zur Verkleinerung des tr,- ist l möglichst
klein gemacht, das heisst die Platten sind so benachbart als
möglich.
Das verbreitetste Mittel der Depolarisation ist die An-
wendung zweier Elektrolyte. Es ist nur schwer, sie mit
einander in elektrochemischer Verbindung und doch mechanisch
getrennt zu halten. Am einfachsten, wenn auch wenig gründhch,
gelingt das mit Hilfe verschiedenen spezifischen Gewichtes.
st durch das später (S. 158 bis 160) gesagte
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom erieugung. 151
Die Engländer und Amerikaner nennen ein solches Element
bezeichnender Weise gravity cell, Schwerkraftszelle. Als Ver-
treter dieser Elemente stelle ich Ihnen hier (Fig. 86) das von
Callaud in seiner alten Form vor.
Bei ihm schwimmt auf einer _ ^
schweren Lösung von Kupfersulfat
eine leichte von Zinksulfat. Bei
ruhigem Stehen (siehe auch S. 157)
berühren sich beide Flüssigkeiten
nur in einer scharfen Trennungs-
fläche. Die Ableitungselektrode
steht auf dem Boden des geraden
Glasbechers, von Kupfersulfat-
lösung umgeben. Sie besteht aus
einem dünnen Kupferblech , das
zum Cylinderniantel gebogen und
an einen Kupferdraht angenietet
ist. Dieser Kupferdraht durchsetzt
nach oben das ganze Element und wird vor Berührung mit dem
Zinksulfal und dem Zinkblech durch eine Guttaperchahülle ge-
schützt. Der obere Rand des Glasgefässes trägt an drei Kupfer-
hakchen als Lösungselektrode einen Zinkcylinder, von Zinksulfat-
lösung umgeben. Die Trennungsfläche beider Elektrolyte
befindet sich dicht unter der unteren Kante des Zinks. Von den
Spannungssprüngen, welche sich zu der Elektromotorischen
Kraft der Zelle addieren, kommen nur der zwischen Zink und
Zinksulfat von ungefähr einem halben Volt und der zwischen
Kupfersulfat und Kupfer von annähernd ebenso viel in Betracht,
so dass die Elektromotorische Kraft ungefähr ein Volt ausmacht.
In der Zelle geht der Strom vom Zink zum Kupfer, also
von oben nach unten. Mit ihm wandern im oberen Elektrolyten
die Zink-Ionen. Könnten sie bis zur Kupferelektrode vordringen,
würden sie die Zelle sehr schnell polarisieren. Ordnungsgemäss
gelangen sie aber nur bis zur Grenzfläche beider Elektrolyte.
Hier treten Ihnen die Kupfer-Ionen der Kupfersulfatlösung ent-
gegen und erhalten nun ihrerseits den Anstoss, zu wandern. Die
betreffenden Zink-Ionen sind ihres Dienstes quitt und beteiligen
sich später bei Gelegenheit an einer anderen Stelle des Elektro-
lyten wieder an der Wanderung. Im neuen Elektrolyten streben
DigitizsdbyGOOgle
152 Chemische Slrqmerzeugung.
Kupfer-Ionen auf die Ableitungselektrode zu und geben schliess-
lich an diese ihre Ladung ab. Gleichzeitig scheiden sie sich
auf ihm als Kupfermolekeln aus. Die Substanz der Elektrode
bleibt nach wie vor Kupfer, so dass die Thatigkeit des Elementes
keine Elektromotorische Gegenkraft, keine Gegenspannung
erzeugt. Die Ionen , von denen Polarisation droht , werden
eben an der Grenze der Elektrolyten abgefangen und unschädlich
nach Hause geschickt.
Aus dem Gesagten entnehmen Sie, dass sich, solange das
Element geschlossen ist, unaufhörlich Kupfer auf dem Kupfer-
blech ablagert. Dieses nimmt also immer mehr an Masse zu
und die Kupfersulfatlösung an Kupfergehalt ab. Von Zeit zu
Zeit muss deshalb sowohl das Kupferblech von allzu vielem
Zuwachs befreit, als besonders und öfter neuer Kupfervitriol
in die Lösung gegeben werden. Wird das Letztere versäumt,
so nimmt die blaue Lösung einen immer helleren Farbenton an
(Siehe S. 124) und wird schliesslich farblos, ein Zeichen ihrer
vollständigen Entkupferung. Wenn dann keine Kupfer-Ionen
mehr vorhanden sind, welche den andringenden Zink-Ionen den
Weg verlegen, werden diese bis zur Kupferelektrode vordringen
und sie polarisieren. Der ganze Aufwand an zwei Elektrolyten
wäre nutzlos verschwendet.
In der Richtung des negativen Stromes, also von unten
nach oben auf den Zinkcylinder zu, streben die Sulfat-Ionen
beider Elektrolyte. Das Zink wird, wie früher geschildert,
proportional der abgegebenen Elektricitätsmenge gelöst. Auch
hier reichert sich der Elektrolj-t allmählich mit Zink-Ionen an.
Da das Callaudsche Element für lange andauernde Stromlieferung
benutzt wird, nimmt die Menge des Zinksulfats in der Lösung
immer mehr zu, bis es schliesslich auskrystallisiert. So weit
soll man es aber gar nicht kommen lassen, sondern von Zeit
zu Zeit die Zinksulfatlösung zum grossen Teile durch reines
Wasser ersetzen.
Das rechtzeitige Hinzufügen von neuem Kupfervitriol und
Abziehen der starken Zinkvitriollösung hat aber — so möchte
ich deutlicher, als gewöhnlich geschieht, bemerken — noch den
zweiten Grund, den Unterschied in den spezifischen
Gewichten beider Lösungen aufrecht zu erhalten.
Denn die Lösung, von der man das grössere spezifische Gewicht
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromerzeugung.
153
verlangt, wird immer leichter und die andere, die oben
schwimmen soll, immer schwerer. Diese Verhältnisse werden
sofort durchsichtig, wenn man für beide Salzlösungen das
spezifische Gewicht in Abhängigkeit vom Gehalt an krystalli-
siertem Salz graphisch aufträgt, wie es hier (Fig. 87) geschehen
— '
/
/
^
/
i
/
y
4
\
\
^
N
y
^
^
^
^
N
N
Fig. 81. Die Elektrolyte im arbeitenden Callaudschen Element.
ist. Die ausgezogene Kurve bezieht sich auf das Zinksulfat,
dessen Gehalt im Element zu-, und die gestrichelte auf das
Kupfersulfat, dessen Gehalt abnimmt. Sie erkennen, dass man
die Kupfersulfatlösung mit ihrer Dichte nicht unter 1,10, das
heLsst ihrem Gehalt nicht unter 157« sinken lassen darf Ebenso
sollte das Zinksulfat nicht über 1,09 und 15Vo ansteigen dürfen.
Da die Praxis die erste, aber nicht wohl die zweite Bedingung
zu erftlllen erlaubt, nimmt man notgedrungen keinen Anstoss
daran, den Gehalt der Zinksulfatlösung bis zu etwa 27 "/o an-
wachsen zu lassen. — Das Callaudsche Element hat eine Elektro-
niotorische Kraft von wenig mehr als ein Volt und in der
hier vor Ihnen stehenden Grösse (fünf mal Fig. 86) einen
inneren Widerstand von acht bis zehn Ohm, Bei der ameri-
DigitizsdbyGOOgle
154 Chemische SlromerzeugunR.
kanischen Form des Callaudschen Elementes (Fig. 88j wird durch
grosse Eleklrodenflächen und dadurch bewirkten grossen Quer-
schnitt des durchflossenen Elektrolyten der innere Widerstand
ausserordentlich herabgedrückt.
Eine andere Form des Callaud-
schen Elementes findet nun in der
Deutschen Reichs - Telegraphie all-
gemeine Anwendung. Wir wollen
es als das Telegraphenelement
schlechthin bezeichnen. Die Amts-
sprache nennt es — zum Unterschied
von einem anderen — Kupferelement.
Freilich enthält es vor der Benutzung
überhaupt kein Kupfer und unter-
scheidet sich vom Callaudschen
gerade dadurch, dass dessen Kupfer-
Pi 88 elektrode durch Blei ersetzt ist.
caiiaudschcs Element. Taucht man nämlich einen reinen
Amerikanische Form. Blcistab in Kupfcrvitriollösung, so
überzieht sich die eingetauchte Ober-
fläche im Augenblick mit einer Haut metallischen Kupfers.
Hier ist ein blank geputztes Bleiblech. Ich tauche einen Pinsel
Fig. 89. Verkupferung v
D,„i,.,db,Google
W^''
Chemische Slramerzeiigung. 155
in Kupfersulfatlösung und schreibe damit auf das Bleiblech.
Sie sehen, überall, wo die Kupferlösung das Blei benetzt hat,
ist es verkupfert worden. Weithin im ganzen Hörsaal können
Sie die röthlich schwarzen Schriftztige (Fig. 89) erkennen. Ver-
kupfertes Blei wirkt elektrochemisch als Kupfer, nicht als Blei,
wie etwa jemand aus dem Verhalten des verquickten Zinks
folgern möchte. Das Telegraphenelement
(Fig. 90) enthält also als Ableitungselektrode
eine kreisförmige Bleiplatte , die auf dem
Boden des Glasgefasses liegt. Aus ihrer,
damit das ganze sicher steht , etwas auf-
gewölbten Mitte erhebt sich vertikal ein
Bleistab, Dieser durchsetzt nach oben die
ganze Zelle und endigt in eine messingne —
die positive — Klemme, Auf dem oberen
Rand des Glasgefässes ruht mit drei Nasen
ein kräftiger Zinkcylinder. Der in eine der
Nasen eingegossene Kupferdraht trägt die
negative Klemme. {In der Figur aus nachher Fig. 90.
einleuchtendem Grunde fortgelassen.) Die Teiegrapheneiement Vs-
beiden Elektrolyten sind dieselben wie die
des Callaudschen Elementes, eine Lösung von Kupfersulfat, auf
der eine Lösung von Zinksulfat schwimmt. Beider Trennfläche
befindet sich einige Millimeter unter dem Zinkring. Es könnte
auffallen, dass der Bleistab nicht wie der Kupferdraht im
Callaudschen Element von einer Guttaperchahülle umgeben ist.
Für das Blei hat sich diese Hülle als unnötig erwiesen. Es ist
auch so unschädlich.
Die elektrochemischen Vorgänge im Telegraphenelement
sind dieselben wie im Callaudschen. Wegen ihrer praktischen
Wichtigkeit sind sie auf dieser Tafel (Fig. 91) einer Skizze des
Elementes eingeschrieben. Im äusseren, metallischen Leiter
verläuft der Strom vom Kupfer zum Zink, im inneren, elektro-
lytischen — den Kreis vollendend — vom Zink zum Kupfer.
Die Elektrolyse befördert Ionen im Sinne der gestrichelten
Pfeile. Gegen die Stromrichtung oder mit dem negativen
Strome wandern vom Kupfer zum Zink die Sulfatgruppen beider
Elektrolyte, und das Zink, das hier übrigens in Abwesenheit
freier Schwefelsäure nicht verquickt ist, wird aufgelöst. Im
DigitizsdbyGOOgle
156
Chemische Strome neufung-
Sinne des Stromes, vom Zink zum Kupfer, bewegen sich die
Metall-Ionen, im Zinksulfat Zink, das an der Grenzfläche das
Kupfer der Kupfersulfatlösung in Bewegung versetzt. Das
Kupfer kommt auf der Ableitungselektrode zur Abscheidung.
Die Stromlieferung ist mithin von vier Veränderungen begleitet:
-wwvw
Fig. 9
T elcgraphenel en
Die Kupfersulfatlösung wird immer verdünnter, die
Zinksulfatlösung immer stärker, die Kupfer (Blei-) elek-
trode gewinnt, der Zinkring verliert an Masse. Hieraus ergiebt
sich die Behandlungsweise der Elemente im Betriebe von selbst.
Gerade so, wie das verdunstete Wasser zu ersetzen ist, muss,
in dem Maasse als Kupfersulfat verbraucht wird, neues nach-
DigitizsdbyGOOgle
chemische Stromerieugung. J57
gefüllt werden. Zweckmässig ISsst man es in grossen Stücken
auf den Boden des GefSsses fallen. Kleine bieten die Gefahr,
von der Zinksulfatlösung aufgehalten zu werden, und man
soll eine Vermischung beider Elektrolyte so weit,
als irgend möglich, vermeiden. Mir fällt hierbei immer
die Behandlung grundigen Kaffees ein. Die Vermischung
beider Elektrolyte verkürzt die Lebensdauer der Zelle, das
heisst die Zeit, bis man sie auseinander nehmen, reinigen und
neu ansetzen muss, ausserordentlich. Sobald namllch Kupfer-
sulfat zum Zinkring gelangt, wird — aus ähnlicher Ursache,
wie sie die Kupferschrift auf dem Blei entstehen Hess — Kupfer
als voluminöser Kupferschlamm ausgeschieden. Wenn dieser
Kupferschlamm nicht mit einem hakenförmig gebogenen Draht
vom Zinkring abgestreift wird, wächst er schliesslich in langen
Raupen zum Boden herab und schliesst beide Elektroden kurz.
Hin und wieder muss deshalb die Zinkelektrode gründlich ab-
gebürstet und bei der Gelegenheit mit einem messerartigen
Schaber ihre metallische Oberfläche frei gelegt werden. An-
dererseits soll kein Zinksulfat zur Kupferelektrode gelangen;
sonst würde sie durch Zink polarisiert werden. Elemente,
welche viel Strom zu liefern haben (Ruhestrom, Arbeitsstroni
für mehrere Leitungen, siehe Telegraphenbetrieb), brauchen
natürlich häufiger neues Kupfersulfat, als bei geringerer Strom-
beanspruchung (Arbeitsstrom für wenig Leitungen), und die
Gefahr der Entkupferung ist grösser. Gleiches gilt von der
Häufigkeit, mit der die immer starker werdende Zinksulfat-
lösung abgehebert und durch Wasser (am Besten destillirtes
oder abgekochtes oder Regen -Wasser) ersetzt werden muss.
Lasst man den Gehalt der oberen Lösung anwachsen, so
verschwindet, wie Sie wissen, der Unterschied im spezifischen
Gewichte beider Lösungen immer mehr. Ausserdem krystallisiert
das Zinksulfat an der Flüssigkeitsoberfläche, wo das Lösungs-
wasser verdampft, aus und hat dabei die Unart, zu kriechen
oder zu klettern. Diese dem Chemiker wohlbekannte Kapil-
laritätserscheinung besteht darin, dass Krystalle und Lösung
sich gegenseitig an der inneren Glaswand emporhelfen und
schliesslich über den oberen Glasrand gelangen, die Umgebung
der Zelle verschmutzen und sie am Ende elektrolytisch kurz
schliessen. Das Kriechen lässt sich dadurch verhindern, dass
DigitizsdbyGOOgle
158 Chemische Stromerzeugung.
man den oberen Rand des Glasgefässes und ungefähr auf
einen Finger breit die an ihn grenzende innere Wand — wenn
man will, auch das obere Ende des Bleistabes — mit Ölfarbe
anstreicht. Die dritte Veränderung, welche die Zelle durch
ihre eigene Thätigkeit erfährt, ist das Wachsen der Kupfer-
masse an der Ableitungselektrode. Allerdings ist sie filr einen
langen Zeitraum gleichgiltig. Endlich wird sie aber doch un-
bequem. Um dann das Kupfer leicht ablösen zu können, besteht
die Vorschrift, vor der Benutzung Bleiplatte und unteres Ende
des Bleistabes mit erwärmtem Schweinefett einzupinseln. Die
dünne Fettschicht verhindert dann allerdings eine Abscheidung
von Kupfer nach Art der gezeigten Kupferschrift, aber nicht
diejenige durch den Strom des Elementes. Gegen die vierte
Veränderung, die Auflösung des Zinks, giebt es kein Heilmittel.
Wenn der Zinkring am Ende eines arbeitsreichen Lebens alt
und schwach geworden ist, muss er durch einen neuen ersetzt
werden.
Warum die (elektrische) Auflösung des Zinks nicht zu ver-
hindern ist, werden Sie durch die Beantwortung einer Frage
einsehen, welche Sie gewiss schon lange — mit klarem Gedanken
oder wenigstens mit unbestimmtem Gefühl — beschäftigt hat,
nämlich dieser: Aus welcher Quelle schöpft das galvanische
Element die Arbeit, die es als elektrische ab giebt?
Zur Beantwortung dieser Frage erinnern Sie sich bitte daran,
dass die im Elemente — theoretisch — gelöste Zinkmenge der
abgegebenen Elektricitätsmenge proportional ist. Dieser Pro-
portionalität liegt die Ursache zu Grunde, dass die
Arbeit, welche durch das Element als elektrische in
die Erscheinung tritt, dem chemischen Arbeitsvorrat
des Zinks entstammt. Die Auflösung des Zinks ist chemisch
ebenso eine Verbrennung, wie die des Wasserstoffs durch die
Chromsäure, und mit der Abgabe von Arbeit verbunden. Die
Ausscheidung des Kupfers aus dem Kupfersulfat, wie sie an
der Ableitungselektrode vor sich geht, ist das Gegenteil einer
Verbrennung, eine Reduktion. Sie verzehrt einen grossen Teil
der Arbeit wieder, welche durch Verbrennung des Zinks entsteht.
Die durch Verbrennung eines Grammäquivalentes Zink ver-
fügbar werdende Arbeit wird im Elemente theoretisch zu etwa
80"/« zur Abscheidung eines Grammäquivalentes Kupfer ver-
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromerzeugung. 159
braucht. Nur der Rest von etwa 20 */" tritt als elektrische
Arbeit in die Erscheinung. Die galvanischen Elemente müssen
recht unwirtschaftlich arbeitende Maschinen sein; bedürfen sie
doch als Brennmaterial das teure Zink, und von der durch
V'erbrennung des Zinks entstehenden Warme werden bei der
Telegraphenzelle noch gar vier Fünftel zur Abscheidung einiger-
massen wertlosen, weil wenig reinen Kupfers verwendet.
Auf Grund dieser Betrachtung sind wir in die Lage versetzt,
die Elektromotorische Kraft eines galvanischen Elementes zu
berechnen '), Ais Beispiel sei die Telegraphenzelle gewählt.
Wir gehen davon aus, dass ihre elektrische Arbeit dem Über-
schuss der beim Lösen des Zinks in Freiheit gesetzten über
die bei der Ausscheidung des Kupfers gebundene chemische
Arbeit entstammt. Beide Arbeiten sind als Wärmemengen
gemessen, und zwar ist diejenige Wärme, welche frei wird,
wenn sich ein Grammäquivalent Zink I -„- = 32,7 gl mit dem
Sulfatrest zu Zinksulfat vereinigt und dieses sich in Wasser
löst, zu 124 200 kleinen Calorien gefunden worden. Die ent-
sprechende Zahl für Kupfer, also die Warme, welche frei wird,
wenn sich ein Grammäquivalent Kupfer I -^ ^ 31,8 gl mit dem
Sulfatrest zu Kupfersulfat vereinigt und dieses sich in Wasser
löst, wird zu 99 200 Calorien angegeben. Die Wärme, welche
bei umgekehrtem Verlauf des Vorgangs verschwindet, ist natürlich
ebenso gross. Man sieht, die Zahl beim Zink ist um 25 000
Calorien grösser, als beim Kupfer. Diese 25000 Calorien sind
es, welche das Telegraphenelement in elektrische Arbeit ver-
wandelt. Das Joulesche Gesetz (S. 27) gab uns den Umrechnungs-
faktor
Calorien ,,, ^, , ,
— ij-^.— = Wattsekunden.
Unsere Wärmemenge von 25 000 Calorien verwandelt sich mithin
25000 „, „ , ^
1) Vgl. die erste Fuasnole auf S. 85.
DigitizsdbyGOOgle
150 Chemische Stromerzeugung.
Ebenfalls schon in der zweiten Vorlesung (S. 23) lernten Sie
mit der Gleichung A == ^ . £ die elektrische Arbeit als das
Produkt der treibenden Volt und der getriebenen Coulomb kennen.
Der Faktor E des Produktes ist die gesuchte Elektromotorische
Kraft der Telegraphenzelle, Der Faktor Q ist die bei nützlichem
Verbrauch eines Grammäquivalentes der galvanischen Materialien
erzeugte Elektricitätsmenge , das heisst unsere altbekannten
96 500 Coulomb. Es folgt aus der Betrachtung demnach die
Gleichung :
"^A-S^ = 96 500 E, woraus sich
0^4
eine Zahl, die mit der wirklichen fast ganz genau übereinstimmt.
So erfreulich dieses Ergebnis der Theorie, so gross ist
die Enttäuschung, wenn man durch den Versuch prüft,
ob im Telegraphenelement wirklich nur so viel von der
Lösungselektrode und dem die Ableitungselektrode um-
gebenden Elektrolyten verbraucht wird, als der die Zelle
durchfliessenden Elektricitätsmenge nach dem Faradayschen
Gesetz entspricht. Ein Coulomb sollte die Auflösung eines
elektrochemischen Äquivalentes Zink , gleich 0,339 mg, und
die Abscheidung von 0,328 mg Kupfer oder, wie man leicht
nachrechnen kann, die Zersetzung von 4,65 mg krystallisiertem
Kupfersulfat bewirken. Für die Amperestunde, die bekanntlich
3600 Coulomb gleicht, kämen 1,21 g Zink- und 4,65 g Kupfer-
sulfat heraus. Sie werden verwundert sein, zu hören, dass für
die vom Telegraphenelement erzeugte Amperestunde von be-
rufener Seite') ein wirklicher Verbrauch von 27,7 g Zink und
37,1 g Kupfervitriol, also das Dreiundzwanzig- und Achtfache
der berechneten Zahlen, festgestellt worden ist. Dieses Ergebnis
scheint jedoch nur von der Theorie so weit abzuliegen, und
1) Vgl. Strecker, Elektrotechnische Zeitschrift 1893 S. 289.
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromerzeugung. \Q\
es darf Sie nicht zu deren Missachtung verleiten. Denn die
Verhältnisse liegen in Wirklichkeit viel verwickelter, als wir
angenommen haben; besteht doch die vollständige
Trennung beider Elektrolyte nur auf dem Papier. Das
beweisen schon die Mengen von Kupferschlamm, die sich auf
dem Zink ausscheiden. Ungefähr in derselben Art, wie bei
der Auflösung des unreinen Zinks, nur durch Amalgamierung
nicht zu verhindern, finden bei Gebrauch und Nichtgebrauch
der Zelle in ihrem Innern elektrolytische Vorgänge statt, denen
man den schönen Namen Lokalaktionen gegeben hat. Es dürften
die kleinen kurzgeschlossenen Elemente — >- Zink/Elektrolyt/
Kupfer > sein, welche das zu nützlicher Verwendung
bestimmte galvanische Material schmarotzerisch auffressen
und das der Zelle für den Bedarf einer langen Zeit mit-
gegebene grosse Arbeitsvermögen ver-
hältnismässig schnell vergeuden. Die
Grösse dieser Vergeudung entzieht sich
aber jeder Berechnung und ist nur aus
dem Versuch zu entnehmen. Sie macht
natürlich die Elemente noch viel unwirt-
schaftlicher.
Wir müssen noch angeben, dass
der innere Widerstand der Telegraphen-
zelle den für den Betrieb lästig hohen
Betrag von durchschnittlich fünf Ohm
erreicht, und können uns dann der Be-
sprechung des nächsten Elementes, dem p; 92
von Meidinger (Fig. 92) zuwenden. Meidingersch« Eiemem.
Zwar enthält dieses dieselben galva-
nischen Materialien wie das Callaudsche, und auch bei ihm
hält die Schwerkraft beide Elektrolyte getrennt. Aber sein
mechanischer Aufbau ist so eigentümlich, dass er eine besondere
Besprechung verlangt.
Das Glasgefäss (Fig. 93a| der Meidingerschen Zelle wird
durch eine von der Glaswand gebildeten Stufe in zwei über
einander liegende Räume geteilt. Der untere, niedrigere Raum
enthält in einem Einsatzglase (b), das von unten bis eben an
die Stufe reicht, den Kupferblechcylinder (c) und die Kupfer-
vitriollösung. Oben auf der Stufe ruht der Zinkcylinder (d),
11
DigitizsdbyGOO'^le
Chemische Stromerzeugung.
umgeben von der Zinksulfatlösung.') An
das Kupferblech ist der kupferne Leitungs-
draht angenietet, welcher, mit Guttapercha
umgeben, durch die Zelle nach aussen ftihrt.
Um nun die durch die Thätigkeit der Zelle
herbeigeführte Verminderung des Gehaltes
der Kupfersulfatlösung auszugleichen, ist
ein grosser Glasballon (e) von oben in die
Zelle hin eingestülpt. Dieser Glasballon
verleiht der Zelle ihr eigentümliches Aus-
sehen und hat ihr zu dem Namen Ballon-
element verhelfen. Er ist mit einem
grossen Vorrat von Krystallen (etwa "/. kg)
und concentrierter Lösung von Kupfersulfat
vollständig angefüllt. Der unten in seine
Öffnung eingesetzte paraffinierte Kork-
stopfen umschliesst eine kurze Glasröhre,
welche das Innere des Ballons mit der
Kupfersulfatlösung der Zelle in Verbindung
setzt. In dem Maasse, in welchem die Strom-
entnahme den Elektrolyten entkupfert,
wird aus dem Ballon Ersatz an Kupfer-
sulfat herausgelöst und so ohne weitere
Inanspruchnahme der Beamten dem
Eintreten der Polarisation vorgebeugt.
Der obere Raum der Zelle ist so gross,
dass eine grosse Flüssigkeitsmenge darin
Platz hat. In ihr kann sich viel Zinksulfat
lösen, ehe die Concentration zu hoch steigt.
Das Meidingersche Element eignet sich
also noch mehr als das Telegraphenelement
zur Lieferung lang andauernder Ströme
(Ruhestrom), ohne dass eine besondere
Bedienung erforderlich ist. Es wird deshalb
') Statt dieser enthielt das ursprQng liehe Mei-
dingersche Element eine Lösunp des Sulfates des dem
^ink nahe verwandten Metalles Magnesium, s. g. Bittersalz-
losung. Diese Art der Füllung ist verlassen. Durch die
Thätigkeit der Zelle wird ja ohnehin Zink gelOst.
DigitizsdbyGOO'^le
Chemische Stromerieugung.
163
von mehreren Telegraphenverwaltungen, besonders auch in der
Telegraphie der deutschen Eisenbahnen, angewendet. Seinen
inneren Widerstand finden Sie zu etwa drei Ohm angegeben.
Die Elektromotorische Kraft des Elementes ist natürlich gleich
der des Callaudschen oder der des Telegraphenelements mit
verkupferter Bleiplatte.
Als letztem Elemententypus — die ganze Fülle der sonst
noch gebauten Elemente als für unsern Zweck unwichtig
übergehend — wenden wir uns jetzt dem Element von
Fleischer oder dem Telephonelement zu,
das sich aus dem für uns nicht in Betracht
kommenden von Leclanche entwickelt hat.
Wie die Chromsäurezelle, enthalt es als
Ableitungselektrode Kohle, als Lösungs-
elekcrode Zink. Die doppelte Rolle der
Chromsäure als Elektrolyt und als chemischer
Depolarisator ist hier zwei verschiedenen
Substanzen übertragen. Den Dienst als
Elektrolyt, als Erregerflüssigkeit, thut eine
wässrige Lösung von Ammoniumchlorid
iV//, . Cl, Salmiak lösung. Die chemische
Depolarisation wird von Mangansuperoxyd,
Mn Oj, Braunstein besorgt. Man mischt diese
feste Substanz zweckmässig als Pulver mit
Kohlepulver und presst das Gemisch bei
erhöhter Temperatur unter grossem Drucke p-jg 94.
zu solchen Standcylindern (Fig 94). Ihnen Braunstein-Kohie-
werden oben Messingklemmen aufgeschraubt. cy'in*)" aus dem
Damit kletternde Salmiaklösung die Messing- Tciephoneiement.
klemme nicht zerstört, werden zwischen sie
und die Elektrode dünne Bleiplättchen gelegt. Um der Salmiak-
lösung das Klettern zu erschweren, wird der obere Teil des
Standcylinders mit Paraffin getränkt.
Im metallischen Kreise geht der Strom von der Kohle zum
Zink, im Elektrolyten vom Zink zum Kupfer. Salmiak NJl^ . Cl
zerfällt leicht in Ammoniak N //, und Salzsäure // Cl. Es
werde angenommen, nur das HCl beteilige sich an dem elektro-
11*
DigitizsdbyGOO'^le
164
Chemische Stroim
lytischen Vorgang. Mit dem negativen Strom wandern dann
Chlor-Ionen zum Zink und lösen es zu Zinkchiorid Zn Ci^
auf, welches Zinkchlorid man sich mit dem aus dem Salmiak:
abgespaltenen Ammoniak zu der Verbindung ZnCI^.2 {N H^)
vereinigt denken mag. Der positive Strom befördert Wasserstoff-
Ionen durch die Flüssigkeit. Sie würden die Kohlenelektrode
polarisieren, wenn nicht das Mangansuperoxyd vorhanden wäre.
Dieses enthalt, wie sein Name sagt, Sauerstoff über die Menge
dessen hinaus, welche es fest zu binden vermag. Es ist wie
die Chromsaure ein Oxydationsmittel und verbrennt den
elektrolytisch andringenden Wasserstoff zu Wasser, während
es selbst — wohl zu Manganoxyd 3fn 0 — reduziert wird.
Schematisch würden sich diese Vorgänge so ausdrücken:
-vAAA/VNAA/—
~t^ '"¥'\-J
f,n4mj ''m '
MnO'O
')iO]
Die depolarisierende, Wasserstoff-vernichtende Wirkung des
Mangansuperoxydes lässt sich durch einen einfachen, dem
Lüpkeschen Buche entnommenen Versuch zeigen. In einem
Hofmannschen Apparat, ähnlich dem früher benutzten (Fig. 79
auf S. 127) ist das eine Platinblech durch einen Stab aus
Braunsteinkohle, dem eben geschilderten Material, ersetzt. Der
Apparat ist mit verdünnter Schwefelsäure gefüllt, und es wird
in ihn ein schwacher Strom von solcher Richtung geschickt,
dass er zum Platin hinein und zur Braunstein-Kohle heraustritt.
Sie sehen, wie sich zwar im Anodenschenkel Sauerstoff, aber
im Kathodenschenkel kein oder wenig Wasserstoff entwickelt.
Dieser wird wie im Telephonelement durch das Mangansuper-
oxyd zu Wasser verbrannt. Der Vorgang findet aber nur
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom ericiigung. 165
langsam statt, weil im Gegensatz zur Chromsäurezelle der
Wasserstoff erst bis zu dem festen, wenn auch durchfeuchteten
Depolarisator in die Elektrode hineingelangen muss. Das Element
ist deshalb weder zur Lieferung grosser, noch sehr lang
andauernder Ströme befähigt, wenn es seine Elektromotorische
Kraft von etwa 1,4 Volt beibehalten soll. Die Pausen in der
Stromabgabe sind deshalb nützlich, weil in ihnen die Oxydation
des von der porösen Elektrode aufgenommenen
Wasserstoffs beendigt werden kann. All-
mahlig, bei schwacher Beanspruchnng erst
nach sehr langer Zeit, tritt dann mit der
fortschreitenden Reduktion des Mangansuper-
oxydes eine Abnahme der Elektromotorischen
Kraft ein. Eine Rück-Oxydation durch den
Luftsauerstoff findet, wenn überhaupt, nicht
in grösserem Maassstabe statt. Hier {FJg. 95)
sehen Sie ein solches Telephonelement vor
sich. Die Lösungselektrode kann von Zink-
blech, wie hier, oder dem bei den Telegraphen-
elementen üblichen Zinkring gebildet werden. pj 95
Wie dort verhindert ein Ölfarberand das Telephonelement.
Klettern des Elektrolyten Ober die Gefässwand.
Die Unterhaltung der Zelle beschränkt sich auf Nachftlllen des
verdunsteten Wassers. Nur in grossen Zeiträumen ist Reinigung,
Hinzufügen neuer Salmiaklösung und Ersatz schliesslich ver-
brauchler Zinkringe notwendig. Der innere Widerstand des
Elementes wird zu dem niedrigen Wert von 0,4 Ohm angegeben.
Elektrochemisch gleichen dem Telephonelement die T r o ck e n -
elemente, welche nur durch ihre zweckmassige Aufmachung
eine besondere Gruppe von Elementen bilden. Sie sind leicht
und handlich, gleich zum Gebrauch fertig und nach aussen ver-
schlossen, gekapselt, so dass beim Transport in keiner Lage
Flüssigkeit ausfliessen kann. Sie enthalten zwar Salmiaklösung.
Diese ist aber von einem porösen Körper, wie Sägemehl, Sand,
Gips, und was alles der Wettbewerb der Firmen dazu ersonnen
hat, aufgesaugt.') Es entsteht dann eine halbflüssige, breiige
'I Die Franiosen sprethen von pile ä liquide immobilise, Zeile mit unbcivcglicli
gemachter FlQssigkeit.
D,„i,.,db,Google
166 Chemische Stromerzeugung.
Masse, eine Paste, die elektrochemisch den-
selben Dienst thut, wie die Salmiaklösung im
Telephonelement. Die Zinkelektrode ist meist
gleich als Gefäss ausgebildet. In ihr wird
das ganze Element verstaut und dann ein
Deckel aus einer Asphaltmasse darauf-
gegossen. In der Mitte des Zinkgefässes
steht ein Kohlestab, Ihn umgiebt, von einem
Gasebeutei umschlossen, der depolarisierende
Brei, gewöhnUch Mangansuperoxyd. Der
Raum zwischen Gase und Zinkcylinder ist
durch die Salmiakpaste ausgefüllt. Nach
aussen ist das Ganze, wie gesagt, ab-
Fig. 96. Gasebeuid geschlossen. Nur pflegt eine kleine Öffnung
mit KolilesUb und , . , . ' ■ t i ^ i
Mangansuperoxydbrei, den sich etwa entwickelnden Gasen den
Abzug zu gestatten , nachdem sie durch
Sagemehl gestrichen sind und dort ihren
Wassergehalt abgegeben haben.
Freilich kann man in die Elemente
nicht hineinsehen und muss sich beim Ein-
kauf der einzelnen Zellen auf den guten
Ruf der liefernden Firma verlassen. Schon
deshalb neigt man zu den von Siemens &
Halske gefertigten Zellen nach Hellesen
(Ton auf der ersten Silbe). Hier (Fig. 96)
sehen Sie aus einem dem Hellesenschen
ahnlichen Elemente den Beutel mit Mangan-
superoxyd, aus dem oben der Kohlestab
mit der positiven Klemme hervorragt.
Diese Tafel (Fig. 97} zeigt Längs- und
Querschnitt durch die Hellesensche Zelle,
wobei die grundsätzlich weniger wichtigen
Teile fortgelassen sind. Auch die Trocken-
elemente von Gassner und andere sind
bei der Reichspost im Gebrauch. Bei der
Hellesenschen Zelle ist der Zinkcylinder
noch in einen prismatischen Pappkasten
Flg. 91. LänRs. und gcsctzt, der slc besonders handlich macht
HrnesenLhe zeUe"'^ ^^^ '^r ein rccht gefälliges Äussere (Fig. 98)
DigitizsdbyGOO'^IC
Chemische Slromerzeugun
giebt. Die Elektromotorische Kraft de;
tragt 1,5 Volt. Sie sinkt durch den Geh
sich jedoch in Pausen wieder, wie da
Fleischerelementes erwähnt wurde. E
einer mittleren Type beträgt zu
Anfang nur 0,2 Ohm. Er steigt durch
den Gebrauch.
Die Hellesenschen Elemente
werden in einer ganzen Reihe von
Grössen gebaut, die sie hier wie die
Orgelpfeifen aufgestellt sehen. Alle
Grössen haben dieselbe Elektro-
motorische Kraft, ob sie nun einen
Raum von 1750 cm"* oder von 75 cm'
einnehmen. Die Elektromoto-
rische Kraft eines Elementes ist
von seiner Grösse und seinem
mechanischen Aufbau unab-
hängig und wird nur von der
chemischen Natur der galva-
nischen Materialien bestimmt. Für
den inneren Widerstand hingegen
kommen Grösse und Aufbau in wesent-
lichen Betracht, denn sie beeinflussen
Länge und Querschnitt des zu durch-
fliessenden Elektrolyten, daher die vielen
einander widersprechenden Angaben
der inneren Widerstände. Das Gleiche
gilt fiir die Klemmenspannung, denn
sie folgt aus der Gleichung (S. 139|
IC = Et + Jtc,: Eine grössere Zelle
wird natürlich ohne Erneuerung der
Materialien längere Zeit den gleichen
Strom liefern können, als eine kleinere,
wenn sie nur sonst im Stande bleibt oder
darin erhalten wird. Sie enthält eben
mehr Elektricitat-erzeugendes Material,
einen grösseren Vorrat an in elektrische
umzusetzender chemischer Arbeit.
DigitizsdbvGOOgle
168
Chemische Stromi
Jetzt liegt uns die Aufgabe ob, durch Vereinigung mehrerer
Zellen die Elektromotorische Kraft der einzelnen zu vervielfältigen,
die Zellen zu Batterien zusammenzufassen. Wie soll man
schallen? Man kann zum Ersten (Fig. 99) alle Kupferklemmen
von n Telegraphenzellen durch einen Draht verbinden und
alle Zinkklemmen durch einen andern, mithin die Schaltungsart
wählen, die Sie früher (S. 22) als Parallel- oder Neben-
einanderschaltung kennen gelernt haben. Zwischen den
beiden Drähten herrscht dann aber nur derselbe Spannungs-
unterschied, wie zwischen der Kupfer- und Zinkklemme eines
einzigen Elementes. Ich halte es nicht für Zeitverschwendung,
Ihnen das im Versuche zu zeigen. Hier liegen zwei Kupfer-
drahte an den Klemmen eines Spannungszeigers, dessen Ein-
richtung uns jetzt noch ebenso gleichgiltig ist, wie seiner Zeit
(S. 20) die des Stromzeigers. Augenblicklich genügt es, dass die
Fig. 100, Diagramm der Elektromotorischen Kraft
ai in l'arallel- b) in I
(links Element I. rechts Element
Teilung, welche die Spannungen von Null bis fünf Volt umfasst,
und der auf ihr spielende Zeiger weithin sichtbar ist. Zwischen
beide Drähte wird ein Telegraphenelement geschaltet. Das
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strome rieugung.
169
Instrument zeigt ein Volt an. Sie sehen, der Ausschlag ändert
sich nicht, ob man noch ein Element und noch eins und noch
eins parallel hinzufügt. Auch vier parallele Zellen haben nur
die Endspannung ein Volt. Dem einen Draht hat eben schon
die Kupferklemme des ersten Elementes die Spannung + 0,5 Volt
erteilt. Die andern Kupferklemmen haben die gleiche Spannung.
Sie können mithin die Elektricität des Drahtes nicht vermehren,
seine Spannung nicht erhöhen. Dasselbe gilt von der Spannung
des die Zinkklemmen verbindenden Drahtes. Ob mit einer
oder mit n Zinkklemmen verbunden, er hat die Spannung
— 0,5 Volt, und der Spannungsunterschied beider Drähte ist in
allen Fällen ein Volt. Zum Überfluss kann man das, wie Sie
sehen (Fig. 100a) auch graphisch darstellen. Die Parallel-
schaltung liefert keine Spannungserhöhung. Trotzdem wird sie
unter Umständen verwendet.
Zum Zweiten ist die Hintereinander- oder Reihen-
schaltung (S. 22) der Elemente zu besprechen. Sie kommt
dadurch zu Stande, dass man die positive Klemme jedes
Elementes mit der negativen des folgenden verbindet (Fig. 101).
r^Hhhh
t
nE-
^
Fig. 101. Etem<
nder geschaltet
Der Nutzwiderstand liegt zwischen der positiven Klemme des
Hten Elementes und der negativen des ersten. Lassen Sie uns
den Versuch zeigen, wie gross der Spann ungsunterschied
zwischen den (beiden genannten Klemmen , den Batterie-
klemmen bei vier hintereinander geschalteten Telegraphen-
elementen ist. Sie sehen, er beträgt vier Volt. Unter Zuhilfe-
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stramerzeugung.
nähme der graphischen Darstellung (Fig. 100b) kann man sich
diese Thatsache folgendermassen erklaren.
Dadurch, dass die negative Klemme eines Elementes II mit
der positiven des vorhergehenden I verbunden wird, erhöht
sich ihre negative Spannung — ^5- {■= — 0,5 Volt)') um die
gleiche positive + „ ■ Sie wird zu Null. Andererseits besitzt
die positive Klemme des Elementes II gegen seine negative
einen Spannungsunterschied von -|- E \-\- 1 Volt). Da dieser
Spannungsunterschied aufrecht erhallen wird, so muss mit der
negativen Klemme von II auch die positive von U ihre Spannung
um + ~^i das heisst auf + E erhöhen. Entsprechend wird
der positiven Klemme von I zu ihrem ursprünglichen + 9
ein neues — ' aufgedrückt, die Spannung folglich zu Null
gemacht. Ebenso wird der negativen Klemme von I ihre
Spannung — 'in — E verändert. Im graphischen Bilde
werden die Spannungen des Elementes I um „ nach unten
und von II um .- nach oben gerückt. Die mit einander ver-
bundenen Klemmen von beiden liegen auf Null, die positive
von II auf + E, die negative von I auf — E. Legen Sie
bei unsern vier in Reihe geschalteten Elementen unsern
Spannungsmesser zwischen die negative Klemme des ersten
Elementes und die Batteriemitte, das ist die verbundene positive
Klemme des zweiten und negative des dritten, so zeigt das
Instrument zwei Volt an und den gleichen Spannungsunterschied
von der Batteriemitte zur positiven Klemme des vierten. Ver-
such und Überlegung lehren, die Elektromotorische Kraft
einer Batterie von n hintereinander geschalteten
Elementen von der Elektromotorischen Kraft E ist
gleich « E.
') Hierbei ist lur Vereinfacliung wieder vorausgesetzt worden, dass an jeder
Klcklrode der .Spann ungssprung die Hältlc der Elelitromotorischcn Kraft der Zelle
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromerzeugung. 171
Die Elektricität erhält in jedem Element eine neue Spannungs-
erhöhung, oder denken Sie sich, wie in der ersten Vorlesung
(S. 6) Unterschiede der Spannung durch solche eines elektrischen
Niveaus versinnbildlicht, dann können Sie in der Hintereinander-
schaltung der Elemente ein Aufeinandertürmen von
Spannungen erblicken, so dass die Mitte der Batterie das
Niveau Null — das elektrische Meeresniveau — die positive
E
2
ebenso viel tieferes besitzt. Als gesamter Höhenunterschied
kommt dann 2— „— = nE heraus.
Bis lang war nur von der offnen Batterie die Rede. Jetzt
wird nach der Grösse des von ihr gelieferten Stromes gefragt,
denn Stromwirkungen sind das im Farbschreiber, im Fern-
sprecher nützlich verwendete. Es soll also eine aus n hinter-
einander geschalteten Elementen, von denen jedes die Elektro-
motorische Kraft E und den inneren Widerstand »,- hat, be-
stehende Batterie durch einen (Telegraphen-) Draht vom Wider-
stände tci einen Strom schicken. Das Ohmsche Gesetz (S, 138)
\Ci -|- M-(
muss ihn berechnen lassen. Statt der Elektromotorischen Kraft
einer Zelle ist jetzt die n - fache der Batterie , n E wirksam.
Auch Vi, der innere Widerstand einer Zelle, ist nicht der der
gesamten Batterie. Denn da der Strom durch sämtliche Zellen
hintereinander in einem einzigen ungeteilten Wege fliesst, ist
eine m mal so lange Elektrolytschicht zu durchlaufen, mithin bei
unverändertem Querschnitt ein »-facher innerer Widerstand w Wi
zu überwinden. Der Strom von n hintereinander geschalteten
(deshalb der Index h) durch den äusseren Widerstand tri
geschlossenen Elementen ergiebt sich folglich zu
./.= "J .
H «•/ + Wi
Die (1 Elemente liefern zwar hiernach, so viel ist sicher, mehr
Strom als ein Element, aber durchaus nicht n mal so viel. Auf
DigitizsdbyGOOgle
172 Chemische Strome rzeugurg.
der rechten Seite der Gleichung wird Zahler und Nenner
durch M dividiert und dadurch erhalten.
ICi + IC,
Die Stromerhöhung, die man durch Anwendung von n hinter-
einander geschalteten Elementen erreicht, ist gerade so gross,
als ob der Wert des Nutzwiderstandes «■; die Länge des
Telegraphendrahtes, auf den nten Teil verkleinert würde.
Nun werden Sie auch erkennen, dass die Ihnen vorher
vielleicht absurd erschienene Parallelschaltung von Elementen
Sinn haben kann. Mögen die n nebeneinander geschalteten
Elemente auch nur die Elektromotorische Kraft eines einzelnen
haben, so haben sie in ihrer Gesamtheit nur den nten Teil des
inneren Widerstandes einer Zelle. Denken Sie sich, die neben-
einander geschalteten Zellen (Fig. 99 auf S. 167) lieferten nicht
selbst Strom, sondern es seien n Zersetzungszellen, etwa Kupfer-
voltameter (Fig. 77 auf S. 119), wie eine Batterie nebeneinander
geschaltet, und durch die Enddrähte würde Strom von aussen zu
den Klemmen in sie hineingeschickt. Dann wird jede einzelne
Zelle nicht von dem ganzen Strome, sondern nur von dessen
«ten Teil durchflössen. Es besteht eine Stromverzweigung.
Jeder Zweig hat den inneren Widerstand ir,. Der Gesamtwider-
stand ist folglich - ■ Es ist, als ob ein elektrolytischer Leitungs-
weg vom »I- fachen Querschnitt durchlaufen würde, wie Sie das
für feste Leiter schon längst wissen (S. 21). Ob man nun von
aussen Strom in parallel geschaltete Zersetzungszellen hinein-
schickt oder ihn in parallel geschalteten Elementen selbst erzeugt,
bleibt für die Grösse des elektrol3'tischen Widerstandes gleich-
giltig. Bei der Nebcneinanderschaltung wird also nicht die
Länge der Elektrolytsäule ver-H-facht, wie bei der Hintereinander-
schaltung, sondern der Querschnitt. Also keine Multiplikation
des einzelnen it-, mit h, sondern Division durch n. Hintereinander-
geschaltete Elemente liefern alle ein und denselben Strom, und
jedes einzelne erteilt ihm den »den Teil der Spannung. Bei
Parallelschaltung erzeugt jedes Element einen Teilstrom, der
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromerzeugung. 173
sich mit den andern zum Gesamtstrom vereinigt, und alle Zellen
liefern die gleiche Spannung. Die Anwendung n parallel-
geschalteten Zellen hat denselben Erfolg, als ob man alle ihre
Elektroden in eine einzige grosse Zelle setzte, oder als ob in
dieser nur zwei Elektroden mit n mal so grosser wirksamer
Oberfläche vorhanden wären. Daher der französische Ausdruck
fttr Parallelschaltung: groupement en surface. Der von einer
Batterie parallel geschalteter Elemente erzeugte Strom ergiebt
sich schliesslich zu
/;, =
„- + »-
Das frühere <7« =
«■■ + -:
sei zum Vergleich darunter gesetzt.
Wie dieser Vergleich lehrt, ist für den weitaus häufigeren
Fall, dass der Nutzwiderstand Wi den inneren Widerstand w,-
einer Zelle sehr stark überwiegt, die Reihenschaltung die einzig
richtige, es sei denn, dass uns zur Zeit noch fremde Verwicklungen
eintreten. Die Anwendung des Ohmschen Gesetzes auf eine
galvanische Zelle war in der vorigen Vorlesung (Fig. 82 auf S. 140)
graphisch dargestellt worden. Ein ähnliches Diagramm soll für
einen Fall der praktischen Telegraphie gezeichnet werden. Ein
telegraphischer Nutzwiderstand von 2500 Ohm werde aus einer
vterzigzelligen Batterie mit Strom gespeist. Es ist kein Zweifel,
dass Reihenschaltung gewählt werden muss, wenn ein nennens-
werter Strom fliessen soll. Setzt man nämlich in den beiden
Gleichungen
J^ =
und Jp =
+ tv,
!•: ■= 1, )(■,■ = 5, iii ■= 2500 und n = 40, so ergiebt sich Jm
zu 0.0148, Jp zu 0,0004 Ampere. J* ist in der That von der
Grössenordnung des Mor.sestromes, der (S. 16) zu etwa 13 Müli-
DigitizsdbyGOOgle
174 Chemische Stromerzeugung.
anipere mitgeteilt worden war. Wollten Sie versuchen, Im
Diagramm Volt und Ohm im gleichen Masstab zu zeichnen, so
würde auch für die in Reihe geschaltete Batterie die Linie CB
so gut wie horizontal werden, denn für tg B =; 0,0148 finden
Sie die Grösse des Winkels B zu etwa 0° 55' angegeben. Da
also ein gleicher Maasstab für Volt und Ohm die Zeichnung
unmöglich macht, so muss eben der Maasstab filr die Spannung
viel grösser als der für den Widerstand gewählt werden. In
unserm alten Diagramm (Fig. 82) war er ja auch zehnmal so
Fig. 102. Strom licferiing n hintereinander geschalteter Elemente.
gross. Nehmen wir ihn jetzt zwanzigfach. Dann wird tg H =
20 . 0,0148 und B etwa 16" 40'. Es wird also (Fig. 102) vertikal
OC = E zu 20 Teilstrichen und horizontal OA = w^ zu 5 und
2500
AB = - zu -^ = 62,4 aufgetragen. Das ist das Diagramm
für die Hintereinanderschaltung. Für Parallelschaltung gelingt
die Zeichnung deshalb nicht, weil AB statt .- jetzt 2500
Ohm wiedergeben müsste. Mehrere Dutzend Tafeln müssten
neben einander hängen, um auch nur im Zwanzigstel-Maasstab
das ganze, nicht durch n geteilte ici aufzunehmen, und BC
würde so gut wie horizontal verlaufen (Neigung etwa 0*30')-
In kleinerem Maasstab kann aber lo auch nicht gezeichnet
werden, weil ■ ' schon bei V*« fast verschwindend klein wird.
Sie sehen, wie wenig die Division des kleinen inneren Wider-
standes durch die Elementcnzahl im Vergleich zu der fortfallenden
Verkleinerung des grossen äusseren Widerstandes ausmacht.
In Fällen, wie dem angeführten, ist eben nur Reihenschaltung
möglich.
DigitizsdbyGOC^Ie
Chemische Stromspcicherung.
10. Vorlesung.
Chemische Stromspeicherung.
Verwertung der Polarisation zu Pol an sationsz eilen und seciindäreti Strom quellen. -
Bleielektroden. Wasserstoff- beschlagenes Blei und Bleisuperoxyd. Im Akkumulator
wird elektrische Energie in chemische verwandelt und als solche aufbewahrt. — Grosse
Oberfläche der Platten. Formieren nach Plante und Faure Beispiele einiger Kon-
struktionen. — Capacität. Maximaler Lade- und Entladestrom. Capaciiat und Strom-
entnahme. Capacität pro Kilogramm Plattengewichl. — Chemische Vorgänge bei
Enüadung und Ladung. Schemata. Grundglcichung. — Beieichniing der Klemmen. ~
Sfiuredichte. Aräometer. Lpdung bis zur Gasentwicklung. Cberladune, Sulfalieren.
— Lade- und Entladespannung. Kurven. — Wirkungsgrad. Reinheit der Materialien,
Nachnillen von Säure und Wasser. Notwendigkeil sachgemässer Bedienung. —
Geringer nncrer Widerstand und seine Ursachen. Platlenanordnung. Schallung der
Zellen zur Batterie. — Zellen für Telegraphen betrieb.
Die galvanische Polarisation ist uns bis jetzt als eine höchst
lästige Erscheinung entgegengetreten. Sie raubt den chemischen
Stromquellen ihre wichtigste Eigenschaft, die Constanz, wenn
man ihrEintreten nicht durch verwickelte Anordnungen verhindert.
Heute wird sie sich Ihnen in besserem Lichte zeigen. Denn
es ist dieselbe Polarisation, welche erlaubt, in den Akkumulatoren
oder Stromsammlern elektrische Arbeit aufzuspeichern und sie
ihnen zu passender Zeit oder am passenden Ort zu nützlicher
Verwertung wieder zu entnehmen.
Sie lernten die Polarisation als Rückwirkung des einem
galvanischen Elemente entfliessenden Stromes auf dieses Element
selbst kennen. Sie tritt ebenso in einer Zersetzungszelle ein,
wenn von aussen aus einer beliebigen Elektricitätsquelle Strom
in sie hineinfliesst. Hier (Fig. 103a| wird, wie früher, verdünnte
Schwefelsäure zwischen Platinblechen elektrolysiert. Die Bleche
bedecken sich alsbald mit Gasblasen, das des Stromeintritts
mit Sauerstoff, das des Stromaustritts mit Wasserstoff. Sie
sind jetzt einander chemisch nicht mehr gleich und erzeugen
vermöge ihres chemischen Unterschiedes eine Gegenspannung,
eine Elektromotorische Gegenkraft der Polarisation gegen die
DigitizsdbyGOO'^le
176 Chemisthe Strom speicherung.
der äusseren Elektricitätsquelle. Ein Strom im alten Sinne fährt
nur dann fort zu fliessen, wenn seine Spannung ausreicht, die
ihm aus der Zelle entgegenwirkende zu überwinden.
Reicht die äussere Spannung dazu nicht aus, so verriegelt
ihr eine solche Polarisationszelle trotz der leitenden Ver-
bindung den Weg. Wenn Sie die Gegenspannung der Zelle
zu etwa 1,6 Volt annehmen, so können Sie durch Hintereinander-
schaltung von II Polarisationszellen ungefähr ii . 1,6 Volt aufhalten.
Wohlverstanden, gelingt das nur bei Gleichspannungen. Wechsel-
ströme können die Ionen immer nur über eine ganz kleine
Strecke hin- und herschieben, sie nie wirksam vorwärts bringen
und folglich auch keine Gase ausscheiden. Wechselströmen
stellt sich deshalb keine Polarisation entgegen. Sie werden von
der Polarisationszelle nicht aufgehalten. Die Zelle stellt also
gleichsam ein Sieb dar, das Wechselströme ungehindert hindurch-
lässt und Gleichspannungen aufhält, eine Thatsache, von der
jetzt in der Fernsprechtechnik Gebrauch gemacht wird. Genau
umgekehrt wirkt eine Spule mit grosser Selbstinduktion. Sie
lasst einen Gleichstrom ungehindert hindurch, setzt aber eben
vermöge ihrer Selbstinduktion einer Wechselspannung einen
hohen Widerstand entgegen.
Unsere Zelle (Fig. 103a) ist inzwischen unter Überwindung
der Polarisation von Strom durchflössen worden. Schaltet man
die äussere Stromquelle ab und beendigt dadurch den gewalt-
samen Stromlauf, so fehlt der Zelle nichts zu einem galvanischen
Element. Offenbar tauchen in einen Elektrolyten — verdünnte
Schwefelsäure — zwei chemisch verschiedene Elektroden —
Platin plus Wasserstoff und Platin plus Sauerstoff. Schüesst
man jetzt die beiden Elektroden durch einen Metalldraht
(Fig. 103b), so entsteht für eine kurze Zeit ein Polarisations-
strom, ein Rückstrom. Schon dieeinfache Überlegungsagt, dass
er in einer Richtung fliessen muss, welche der des ursprünglichen
Stromes entgegengesetzt ist, durch den Draht also vom Sauer-
stoff-beschlagenen Platin zum Wasserstoff-beschlagenen, im
Electrolyten umgekehrt. Natürlich bewirkt auch der Rückstrom
eine Elektrolyse und zwar eine ebenfalls der ursprünglichen
entgegengesetzte. Die neue Elektrolyse führt demnach Wasserstoff-
Ionen zu dem mit Sauerstoff beschlagenen Blech und Sulfat-
Ionen zu dem mit Wasserstoff beschlagenen. Beide ^Bleche
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromspei cherim^.
177
werden dadurch von ihrem Gasbelag befreit. Der Polarisations-
strom stellt die alten Verhältnisse wieder her. Mit dem chemischen
Unterschied der Elektroden verschwindet er aber auch selbst.
Die sekundäre Stromquelle versiegt nach kurzer Thätigkeit.
So zeigt es der Versuch; so verlangt es auch das Gesetz von
\
' \
+
f f
-
:i— _-:H ■
PlBlinbleche ii
Eine äussere Stromquelle schickt unter
Überwindung der Gegen Spannung Strom
durch die Zelle.
Nach Abschaltung der äusseren Strom-
quelle und metallischer Verbindung der
Klemmen bewirkt der chemische Unter-
schied der Platten einen RQckstrom.
der Erhaltung der Energie. Damit Sie sich die entgegengesetzte
Richtung des die Polarisation verursachenden und des durch sie
verursachten Stromes recht einprägen, will ich den Versuch
nochmals ausführen und dabei neben den die Klemmen ver-
bindenden Metalldraht einen Magneten stellen. (Schon in Fig. 103
als Nadel gezeichnet). Im ersten Fall wird der Magnet nach
DigitizsdbyGOO'^le
178 Chemische Stromspeicheriing.
links, im zweiten nach rechts abgelenkt. Der zweite Strom
fliesst also dem ersten entgegengesetzt.
Eine heftigere Gegenspannung und einen länger andauernden
Gegenstrom bekommt man durch die Elektrolyse der ver-
dünnten Schwefelsäure zwischen Bleielektroden. Hier
tauchen zwei Bleiplatten in verdünnte Schwefelsäure. Nur
kurze Zeit geht ein Strom durch die Zelle, und schon reicht,
nachdem die fremde Stromquelle abgeschaltet ist, die Polarisation
aus, um einen grossen Wecker diesen unangenehmen Lärm —
glücklicher Weise nicht lange — vollführen zu lassen. Die
neue Stromrichtung ist auch hier, wie Sie aus der Ablenkung
der neben dem Leitungsdraht stehenden Magnetnadel ersehen,
der ursprünglichen entgegengesetzt. Der Vorgang ist dem bei
der Elektrolyse zwischen Platinblechen ähnlich. Wasserstoff-
und Sulfat-Ionen wandern einander entgegen. Wie das Platin-
wird auch das Bleiblech von Wasserstoff bedeckt. Der Sauer-
stoff heftet sich aber nicht nur an der Bleiplatte, sondern er
verändert sie chemisch. Er oxydiert das Blei und zwar zu der
Sauerstoff-reichsten Verbindung, die es eingehen kann, zu
chokoladenbraunem Bleisuperoxyd, FbO^, das Sie an das
Mangansuperoxyd MhO^ erinnert. Wir haben auf elektrischem
Wege ein galvanisches Element, ein Sekundärelement her-
gestellt. Denn in den Elektrolyten: »verdünnte Schwefelsäure
tauchen die beiden chemisch verschiedenen Leiter erster
Ordnung: Wasserstoff-getränktes Blei und Bleisuperoxyd, und
zwar- vertritt das Wasserstoff-getränkte Blei das Zink und das
Bleisuperoxyd das Kupfer oder die Kohle eines der uns bekannten
galvanischen Elemente. Im metallischen Teile des Stromkreises
fliesst der Strom vom Bleisuperoxyd zu Blei plus Wasserstoff,
im elektolytischen umgekehrt, wie man wieder leicht mit dem
Elektrolyt-Galvanometer zeigen könnte.
Sie haben schon gefohlt, dass dieses kleine Gefäss mit den
ßleiplatten in der verdünnten Schwefelsäure das Modell eines
Akkumulators ist. Zuerst wird Strom in ihn hineingeschickt.
Der Strom bewirkt die chemische Veränderung der Bleiplatten.
Der Akkumulator wird geladen (Fig. 103a kann auch daftlr gelten).
Die äussere Stromquelle wird abgeschaltet, und nun kann die
Zelle selbst als Stromquelle dienen |Fig. 103b). Wahrend der
chemische Unterschied wieder verschwindet, wird sie entladen.
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stroraapeicherung. 179
Im Akkumulator wird die elektrische Energie in
chemische verwandelt und als solche aufbewahrt. Bei
Bedarf verbindet man die Klemmen mit dem Verbrauchsapparat,
und die Rückverwandlung der chemischen Energie in elektrische
tritt ein.
Für die Praxis wird ein Akkumulator nur dann verwendbar
sein, wenn er eine grössere Energiemenge zu speichern im
Stande ist, wenn sich eine stattliche Bleimenge zum einen Teil
mit Wasserstoff tränkt, zum anderen in Superoxyd verwandelt.
Man bietet deshalb durch Verwendung von Bleiplatten mit
grosser Oberfläche dem chemischen Angriff eine breite
Front dar. Von unserm akademischen Standpunkte aus, bleibt
Fig. 104. Gewalzte Platte von Pollak.
es sich dabei gleichgiltig, ob man — wie zum Beispiel beim
Pollakschen Verfahren — den langen Bleibändern, welche
nachher quer in einzelne Platten (Fig. 104) zerschnitten werden,
ein reiches Reliefmuster von Wellen, Rippen, Leisten, Haken
DigitizsdbyGOO'^le
180 Chemische Slromapcichening.
oder Nasen zwischen gezahnten Stahlwalzen einpresst, oder
ob man, wie zum Beispiel in Hagen (Fig. 108 auf S. 184), den
Platten eine ähnliche Modellierung erteilt dadurch, dass man
sie in mit grosser Kunst hergestellten Formen giesst.
Aber massive Bleiplatten, mögen sie noch so reich modelliert
sein, verhalten sich gegen die andringenden Gase immer noch
zu abweisend. Sie nutzen sie nur wenig aus und speichern
nur eine kleine Elektricitatsmenge. Die Platten müssen von
ihrer Oberfläche aus erst ordentlich aufgelockert werden. Das
geschieht am besten durch das Laden selbst, so dass allmählich
kleine Höhlen und Zerklüftungen in die Plattenoberfläche und
weiter in ihr Inneres gefressen werden. Beim erneuten Laden
dringt dann die chemische Veränderung wesentlich tiefer in die
Platten ein , als zuvor. Auch ist bald in einem , bald im
anderen Sinne zu laden, weil durch das Umladen der jedes-
malige chemische Eingriff in die Platten besonders gründlich
wird. Dieses Verfahren, durch den Ladevorgang selbst die
Bleiplatten elektrisch gleichsam aufzuschliessen, zu „gerben",
seine Bezeichnung als Formieren, wie überhaupt ein grosser
Teil der Grundlagen unserer heutigen Akkumulatorentechnik,
rührt von dem Erfinder des Bleiakkumulators, Plante, her.
Den Einfluss des Formierens können Sie schon an unserm
Modell sehen. Die Platten von eben sind heute zum ersten
Male benutzt worden. Sie können keine grosse Elektricitats-
menge aufspeichern. Nach kurzer Stromabgabe sind sie
erschöpft. Hier ist aber ein Paar ganz ähnUcher Platten, die
schon öfter zu diesen Versuchen gedient haben und, da ich
absichtlich an den Klemmen kein Plus- und Minuszeichen an-
gegeben habe, bald im einen, bald im andern Sinne geladen
worden sind. Diese lassen sich schon bedeutend länger mit
Nutzen laden und geben, wie der beharrliche Galvanoskop-
ausschlag anzeigt, einen lang andauernden Entladestrom.
Im Wettbewerb mit dem Formierungsverfahren Plantes stand
für eine Reihe von Jahren eins, dessen Prinzip sein Assistent
Faure angegeben hat. Dieser benutzte zwei Bleioxyde, die an
Sauerstoff-arme, gelbe Bleiglatte Pä 0 und die Sauerstoff-reichere,
feurig rote Mennige P6, 0,. Mit einem Bindemittel zu einem
Brei angerührt, werden diese Oxyde in gitterartig gegossene
Bleiplatten, wie diese hier {Fig. 105) oder durch Walzen mit
DigitizsdbyGOOglC
Chemische Strom Speiche rung.
Rippen, Häkchen, Nasen und ähnlichen Vorsprüngen vers
mit einem Spatelholz hinein geschmiert und zwar die Me
in das später positive und die Glätte in das später nej
Gitter. Die Platten werden dann gehärtet, in Zellen eing
und mit Strom beschickt. Der durch die Elektrolyse dei
Fig. 105. Gitter der Kölnei- Alt LumuUtoren werke.
dünnten Schwefelsäure indirekt gebildete Sauerstoff ox;
die Mennige durch und durch zu Bleisuperoxyd, und d
der Stromrichtung bewegte Wasserstoff reduziert die Glät
schwammigem metallischem Blei. Der Vorgang wird fü
positive Elektrode durch:
Ph^ 0^ + 20 = 3 n (K
Und für die negative durch:
PbO + 2n ■= Ph + Jl, 0
DigitizsdbyGOO'^le
182 Chemische Strom speieherung.
wiedergegeben. Während das Plantesche Verfahren auch in der
jetzigen Ausftlhrung noch viel Zeit und viel elektrische Energie
kostet, werden auf die zuletzt beschriebene Weise die Platten
in kurzer Zeit und ohne grossen Aufwand an elektrischer
Energie fertig. Sie bestehen aus einem Bleigerüst, das mit
poröser aktiver, das heisst an Ladung und Entladung thatig
teilnehmender Masse gefüllt ist. Die sich an ihr vollziehenden
chemischen Vorgänge verändern die Platten so durch und durch,
dass an deren mechanische Widerstandsfähigkeit die höchsten
Anforderungen gestellt werden. Den heftigsten Angriff muss
die positive Platte aushalten, und es kam bei positiven nach
Faure hergestellten Platten gewöhnlich vor, dass die bei den
chemischen Vorgangen ihr Volumen verändernde aktive Masse
aus ihrem gitterförmigen Träger in Brocken herausfiel. Die
herausgefallene Masse bildete dann leicht von Platte zu Platte
eine leitende Brücke von* geringem Widerstände. Ein starker
Kurzschlussstrom entlud sofort die ganze Zelle. Ihre Elektro-
motorische Kraft verschwand,
die aufgespeicherte Arbeit war
zu nutzloser Schwefelsäurezer-
setzung verschwendet worden.
I Auch nach Entfernung der her-
ausgefallenen Masse blieben die
Platten doch durch die plötzliche
Entladung in ihrer Güte gemin-
dert und gaben bei nächster
Gelegenheit zu neuen Störungen
Anlass. Mit einigen Ausnahmen
fertigen leistungsfähige Firmen
deshalb keine positiven Platten
mehr nach dem Faureschen Ver-
fahren an. Zu diesen Ausnahmen
gehört in Deutschland neben den
Kölner Akkumulatorenwerken,
von denen ich Ihnen ein Gilter
(Fig. 105) vorzeigte, die Bösesche
Fabrik. Sie füllt einen Hartblei-
rahmen dieser Form (Fig. 106) — Hartblei ist eine Legierung
von viel Blei und wenig Antimon — oder mit Ausnahme eines
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stroms pcicheriing. 183
Schlitzes oder mehrerer mit einem Gemisch von Bleiverbindungen
und Produkten der Theerfabrikation. Ein geheimgehaltener
Vorgang macht die Platten steinhart, so dass sie beim Anschlagen
geradezu metallisch klingen. Sie besitzen offenbar eine grosse
Festigkeit, wenn man sich auch über deren Ursprung wundern
mag. Bekanntlich werden sie sogar in den Batterien verwendet,
mit denen das Reich seine Bahnpostwagen') erleuchtet (Fig. 107).
Fig. 101.
Vierter Teil einer Bflseachen Batterie i^ur Beleuchtung eines Bahnpostwagens.
Trotzdem die Zellen im Eisenbahnwagen fortgesetzt gerüttelt
und geschüttelt werden, halten sie immerhin ein Jahr und mehr
aus, für eine Masseplatte eine achtungswerte Lebensdauer.
Im Allgemeinen ist man, wie gesagt, für die positiven
Platten auf das ursprüngliche, elektrische, nur durch Kunst-
') Ein merkwOrdigcr Zufall lässt mich die Korrektur dieses Bogens in einem
ausländischen Coup« lesen, das von einer deutsehen Firma mit zwei Glühlampen
verhältnismässig prSchtig beleuchtet ist. Unsere Eisenbahn hSIt freilich noch immer
an der ungenügenden Flammenbeleiichtimg fest.
D,„i,.,db,Google
Chemische ätromspekhening.
^r
Fig. 108. HosLtivc Hagener PUtte. (Platte ',',, SchnLlle annähern
Fig. 109. Negative Hagent-r Platte.
I, Sclinitle ed und ab annähernd '/j, ef ',
DigitizsdbyGOOgle
chemische Strom spe ich crung. IS5
griffe beschleunigte Formierungsverfahren zurückgekommen.
Höchstens bedeckt man die Platte oberflächlich auf mecha-
nischem oder chemischem Wege mit einer dünnen Schicht
lockeren Bleies, welche ihr besonders über die erste Zeit ihrer
Thatigkeit, wo der Bleikern noch nicht genügend zugänglich
ist, hinforthelfen soll. Zum Festhalten der aufgetragenen Blei-
schicht dient die Platten modellierung, wie bei der PoUakschen
Platte (Fig. 104) die Häkchen.
Die bekannteste deutsche Firma, die Akkumulatoren-F'abrik
A.G. in Hagen, formiert ihre positiven Platten, deren Modellierung
Sie aus dieser Zeichnung (Fig. 108) erkennen, elektrisch. Die
negativen Platten (Fig. 109) sind zu ähnlichen, nur weit-
maschigeren Gittern ausgebildet und werden nach dem für
negative Platten allgemein beibehaltenen Verfahren mit einem
Mennigebrei gefüllt, geschmiert.
Ganz eigenartig fabriziert Gülcher.
Auf einem Webstuhl wird ein Gewebe
mit dünnen Bleidrähten als Kette und
feiner Glaswolle als Schuss erzeugt.
Das Gewebe wird zu Plattengrösse zu-
geschnitten, nach Bloslegung der Draht-
enden mit einem Bleirahmen umgössen
IFig. i 10) und mit aktiver Masse gefüllt.
Eine Schicht Glaswolle wird dann noch
zwischen die einzelnen Platten einer
Zelle gefügt und das Ganze von aussen
fest zusammengehalten. Die Masse ist
eben so locker, dass die chemischen
Veränderungen ihr Volumen ausdehnen ^'e- "*'■
können, ohne dass dazu nach aussen '^'"'^1'=" gewebn.- Platte,
Platz gebraucht würde. Trotz des
lockeren Gefbges in ihrem Innern sind deshalb die Gülcherzellen
sehr strapezierfahig. Es wäre ihnen schon wegen ihres geistvollen
Grundgedankens und seiner glücklichen technischen Durchftlhrung
eine allgemeinere Anwendung wenigstens für transportable
Zellen zu wünschen.
Die rein nach Plante fabrizierten positiven Platten bieten
dem Käufer noch den Vorteil, dass durch den Gebrauch die
Formierung weiterschreitet, demnach das Aufspeicherungs-
DigitizsdbyGOO'^le
186 chemische Stromspeichcrung.
vemiögen der Zelle wächst. Unter dem Aufspeichenmgs- oder
Fassmigsvermögen einer Zelle versteht man nämlich diejenige
Elektriciiatsmenge, welche man der vollkommen geladenen Zelle
entnehmen kann, bis sie praktisch als entladen angesehen wird.
Man nennt diese Zahl gewöhnlich die Capacität der Zelle,
wobei man sich freilich hüten muss, an statische Capacitäten,
gemessen in M F, zu denken. Die Capacität einer Sammlerzelle
ist die von ihr abzugebende Elektricitätsmenge, zu messen in
Coulomb gleich Amperesekunden, praktisch in Amperestunden.
Sie bestimmt sich nach Q ■=: J .t als der durchschnittliche
Entladestrom, multipliziert mit der Dauer der Entladung. Eine
Bahnpostzelle, welche 7 Ampere 10 Stunden lang hergiebt, hat eine
Capacität von 70 Amperestunden. Für die Zellen einer grossen
Berliner Bahnzentrale wird eine Capacität von 14 000 Ampere-
stunden angegeben. In der Schwachstromtechnik kommt man
mit viel kleineren Capacitäten aus. In Deutschland werden für
Telegraphierbatterien 15, für Mikrophonzellen 40 Amperestunden
als reichlich angesehen.
Natürlich muss man, um aus einer Zelle eine bestimmte
Elektricitätsmenge entnehmen zu können, eine etwas grössere
in sie hineingeladen haben, um den durch unwirksam entwickeltes
Gas verursachten Verlust zu decken. Man kann annehmen, dass
ein Akkumulator im normalen Betriebe bis zu 92 "/« der ein-
geladenen Elektricitätsmenge wieder hergiebt.
Zur Erhaltung der Capacität ist es verboten, stärkere
Ströme ein- oder auszuladen, als vom Fabrikanten für die
betreffende Zelle als zulässig angegeben ist. Geht man bei der
Ladung oder Entladung über diesen maximalen Strom hinaus,
so verlaufen die Veränderungen der Platten allzu heftig. Diese
elektrischen Stösse sind dem Akkumulator ebenso verderblich,
wie die mechanischen. Sie setzen seine Capacität herab und
richten ihn allmählich zu Grunde. Man baut aber Zellen für
jede gewünschte Stromstärke, durch Anwendung einer grossen
Anzahl mächtiger Platten selbst für mehrere Tausend Ampere.
Jeder kann sich mithin eine für seinen Zweck passende Type
kaufen und sie dann ohne Schaden so weit als nötig beanspruchen.
Nach dem, was Sie über die Schädlichkeit zu grosser Ströme
gehört haben, wird es Sie nicht Wunder nehmen, dass man in
kleineren Strömen grö.ssere Elektricitätsmengen aus ein und
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Stromspeicherung.
187
derselben Zelle herausbekommt, als in grösseren. Zu den
Vorgängen im Akkumulator gehört, wie wir das ahnlich schon
beim Hellesenelement sahen, Zeit, und wenn man ihnen
diese Zeit zu ihrer Vollendung lassen kann, wird man durch
einen elektrischen Gewinn entschädigt, gerade wie unser Körper
die Nahrung besser ausnützt, wenn sie in Müsse, als wenn sie
hastig verzehrt wird.
So erholen sich einerseits häufig die Zellen, wenn man
die Entladung durch eine Pause unterbricht. Die Spannung
steigt wahrend dieser Pause wieder üher den Wert an, bis zu
dem sie abgefallen war. Andererseits kommt man dadurch in
die Lage, für dieselbe Zelle verschiedene Werte der Capacität
anzugeben, wie es die Firmen thatsächlich thun. Natürlich
entspricht einem kleineren Entladestrom eine grössere Capacität,
wie es Ihnen für eine bestimmte Zelle dieses Diagramm (Fig. III)
zeigt.
Fig. 111. Abhängigkeit
r Capacität vom Entladestrom. Nach Liebenov
Zum Vergleich verschiedener Zellen setzt man ihre Capacität
in Beziehung zum Gewicht der Zelle oder auch nur der Platten,
weil Gefäss, Zubehör und Säure bei verschiedenen Zellen gleicher
Capacität ungefähr gleich viel wiegen. Diese Zahl: Capacität
pro Kilogramm Plattengewicht muss bei den Bleiakkumulatoren
immer klein bleiben. Denn, wie bekannt, macht das Blei mit
seinem spezifischen Gewicht von über Elf die Platten ungeheuer
schwer. Nicht minder bekannt sind die Bemühungen, das Blei
DigitizsdbyGOO'^le
138 Chemische Stromapeicherung.
durch leichtere Materialien zu ersetzen, Bemühungen, welche
bis jetzt noch zu keinem technischen Ergebnis geführt haben.
Wenn nun die Akkumulatorenindustrie des schweren Bleies
nicht erraten kann, so trachtet sie seit ihrem Bestehen dahin,
die Zahl ^^-r. r^- möglichst zu erhöhen, ein Bestreben,
Zellengewicnt
dem die notwendige mechanische Festigkeit der Platten eine
baldige Grenze setzt. Stationäre Zellen, deren positive Platten
nach Plante formiert sind, geben etwa drei Amperestunden pro
Kilogramm Zellengewicht her, während man für ebensolche
transportable Zellen die Zahl bis auf das Doppelte heraufschraubt.
Für transportable Sammler mit Masseplatten werden sieben,
acht und noch höhere Zahlen angegeben.
Zur Betrachtung der chemischen Vorgange im Akku-
mulator erinnern Sie sich an den Versuch, neue, noch nicht
gebrauchte Bleiplatten in verdünnter Schwefelsäure mit Strom
zu beschicken. In bekannter Weise wandern mit dem Strom
zum negativen Bleiblech die Wasserstoff-, gegen den Strom
zum positiven die Sulfat-Ionen, Es entsteht Wasserstoflf-
getränktes Blei und durch die indirekte Entbindung von Sauerstoff"
aus dem Wasser Bleisuperoxyd. Die erste Ladung wird demnach
durch das Schema:
Pb
■mr
wiedergegeben.
Bei der Entladung kehrt der Strom seine Richtung um,
so dass er im Elektrolyten jetzt vom Wasserstoff-getränkten
Blei zum Bleisuperoxyd fliesst. Der Wasserstoff wandert zum
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Slromspeichening, 189
Bleisuperoxyd, entreisst ihm die Hälfte seines Sauerstoffs und
verbrennt ihn zu Wasser. Das Bleisuperoxyd geht in Bleioxyd
über, welches sich mit der Schwefelsaure zu Bleisulfat und
Wasser umsetzt.
Pb Oj + }!, = PbO + H^O
PbO + H^ SO^ = Pb SO^ + H^O
Andererseits wird der negativen Platte erst der an ihr haftende
Wasserstoff durch den auf sie zugefuhrten Sulfat rest fortgenommen
und darauf ihr Blei in Bleisulfat verwandelt nach:
i + Wj +2 {SO^) — If^SO^ + PbS
Bei der gewöhnlichen Ladung wird das negative Blei nur wenig
mit Wasserstoff getrankt. Für die praktische Entladung kann
man diesen Wasserstoff ganz vernachlässigen und nur von Blei-
superoxyd und Blei als den wirksamen Elektroden ausgehen.
Es gilt dann Itlr den Entladungsvorgang die Gesamtgleichung
/40j -f ^ + 2 iy, SO^ = 2 /% so, + 2ff,0
und das Schema:
p^«']
Entladung
• V
-^A/\AA/VV^^
J ••-
rHrlOiO < iÜSO, < Pi
D,„i,.,db,Google
190 Chemische Stromspeicheiiing.
Bei der erneuten Ladung findet der umgekehrte Vorgang
statt. Der mit dem Strom bewegte Wasserstoff reduziert das
Bleisulfat der negativen Elektrode zu Blei. Wird noch weiter
geladen, so wird das Blei mit Wasserstoff getränkt.
Pb SO^ + 2 i/j = Pb + H^ + H^ SO^.
Hiervon werde aber wieder abgesehen. Die zur positiven Elektrode
bewegte Sulfatgruppe zersetzt dort eine Molekel Wasser und
macht dessen Sauerstoff frei. Inzwischen wird aus dem Bleisulfat
und einer zweiten Molekel Wasser Schwefelsäure und Bleioxyd,
welches Bleioxyd der Sauerstoff in Bleisuperoxyd verwandelt.
Eine Gleichung für den Ladungsvorgang an der positiven Elek-
trode würde lauten:
Ph SO^ + (SO J + 2H.,0 = PbO„-i-2 //, S0_^.
Insgesamt ergiebt sich die Ladungsgleichung:
2 Pb SO^ + H,_ SO, + 2 //j 0 = PbO^ + Pb + 3H^ SO,
oder einfacher
2 1*6 SO, + 2ff^O= I^O._ + ^ + 2 i^j SO^
und das Ladungsschema:
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom speicherung.
Ladung
rPb/sa — * HlßO, -
Ladungs- und Entladungsvorgang werden, wie man sii
durch dieselbe Gleichung wiedergegeben, wenn man Ausgar
und Endprodukt, rechte und linke Seite, vertauscht. 1
Akkumulator ist ein wahres Kehrelemenl. Beide Gleichun]
lassen sich deshalb zu einer Grundgleichung vereinigen;
man für die Entladung von rechts nach links oder für die Ladi
von links nach rechts lesen kann.
Entladung
Ladung
Die Klemmenbezeichnung eines Akkumulators ist bei
Ladung und Entladung gleich, trotzdem in beiden Fällen
Ströme einander entgegengesetzte Richtung haben. Bei
Entladung stellt der Akkumulator eine Stromquelle vor, ]
Strom fliesst zur positiven Klemme aus ihm heraus. Die bra
Bleisuperoxydplatte trägt die positive, die graue Bleiplatte
negative Klemme. Mit der Ladung wird der Sammler aus ei
Stromquelle ein Stromempfänger. Zur positiven Klemme flii
jetzt der Strom, der Ladestrom, in ihn hinein. Bei der Ladi
bleibt deshalb — um es zu wiederholen — die Klenm
Bezeichnung die gleiche, wie bei der Entladung. De s h .
DigitizsdbyGOOgle
192
Chemische Strom speicherung.
gilt für das Laden die Regel, mit der positiven Klemme
der ladenden Stromquelle die positive Klemme der
Akkumulatorenbatterie und ebenso die beiden nega-
tiven zu verbinden. (Vgl. auch Fig. 103 auf S. 177.)
Aus der Grundgleichung für die Chemie des Akkumulators
lässt sich unter anderen folgende wichtige Thatsache erkennen.
Bei der Entladung verschwinden zwei Molekeln Schwefelsaure
und es entstehen zwei Molekeln Wasser. Da auch Schwefel-
saure dicker ist als Wasser, nimmt das spezifische Gewicht
des Elektrolyten bei der Entladung ab. Beobachtet man
eine Zelle während der Entladung, so sieht man an den
Elektroden in der Flüssigkeit Schlieren — von verdünnter
Saure — aufsteigen. Bei der Ladung fliessen umgekehrt
Schlieren — starker Saure — an den Platten hinab; entstehen
doch jetzt zwei Molekeln Schwefelsäure, wahrend zwei Molekeln
Wasser verschwinden. Bei der Ladung steigt demnach
das spezifische Gewicht der Säure.
Die Beobachtung des spezifischen Gewichtes des Elektro-
lyten liefert ein bequemes Mittel, über den jeweiligen Lade-
zustand einer Batterie einen Anhalt zu gewinnen.
nt \H,so. In einer Zelle jeder stationären Batterie schwimmt
deshalb immer ein solches Aräometer (Fig. 112).
„^ Bei seitlichem Daraufsehen (Fig. 1 12 unten rechts)
erkennt man, dass der untere Teil des Aräo-
"*' meterkörpers von vorn nach hinten plattgedrückt
sr» ist, um in der Zelle zwischen den Platten Raum
zu finden. Dieses Instrument trägt eine Einteilung
von 1,30 bis 1,05, entsprechend einem ungefähren
~] Gehalt des Elektrolyten von 39 bis 4Vo Schwefel-
säure. Zu Oberst steht natürlich das kleinste
spezifische Gewicht, denn das Aräometer muss
in die spezifisch leichtere Flüssigkeit tiefer ein-
sinken, um von ihr dasselbe Gewicht, wie von
der schwereren, zu verdrängen. Dieses englische
Aräometer (Fig. 113) eignet sich zur Messung
der Säuredichtc in allen Schichten des Elektro-
lyten, nicht nur in der oberen und auch besonders
für transportable Zellen. Wie man es benutzt,
lehrt der Augenschein.
i
D,„i,.,db,Google
Chemiache Stromspeicherung. ]93
Die Änderung der Säuredichte bewegt sich in jedem
einzelnen Falle in viel engeren Grenzen, als die Aräometer-
teilung vermuten lässt. Hat in der geladenen Batterie die Säure
zum Beispiel ein spezifisches Ge-
wicht*) von 1,17, was einem unge-
fähren Gehalt von 23,5»/« H^SO^
entspricht, so sinkt bei der Ent-
ladung das Aräometer bis zur
Marke 1,14 ein, weil im Elektrolyten
nur noch 20 7" Schwefelsäure vor-
handen sind. Eine andere Zelle
zeigt die Grenzwerte 1,20 (27,3 V)
und 1,18 {24,8 7o). Die verschie-
denen Fabriken schreiben ihrer j
Ausgangssäure eine verschiedene
Dichte vor, die ftlr jeden einzelnen
Fall aus der der Batterie beige-
gebenen Bedienungsvorschrift zu
ersehen ist.
Nähert sich die Ladung ihrem
Ende, so beginnt an den Elektroden
— zuerst an den positiven — eine
immer heftigere Gasentwicklung,
welche anzeigt, dass die Produkte
der Elektrolyse nicht mehr nützhch
verwertet werden. Für gewöhnlich
wird die Ladung so weit getrieben,
bis beide Arten von Platten gleich
stark Gas entwickeln. Bleibt eine
Zelle hinter den andern in der Gas-
entwicklung zurück, obgleich sie Fig, 113.
nicht stärker beansprucht worden Aräometer englischer Konatniktion.
ist, als die andern, so hat sie irgend
ein Gebrechen, das sofort aufgesucht werden muss. In jedem
Akkumulatorenraum findet sich zu dem Zweck eine bewegliche
Glühlampe, mit der man die Zellen von allen Seiten und unten
ableuchten kann. Vorschriftsmässig soll das übrigens alle
') Statt der speiifisehen Gewichte wi
Praxis allgeinein gebräuchlichen Beaum^grade
D,„i,„db,Goo<^le
194
Chemische Stromspeiche ning.
Woche mit sämtlichen Zellen der Batterie geschehen. Bei dieser
Gelegenheit sei daraufhingewiesen, dass in einem Akkuraulatoren-
raum wegen des auch bei guter Lüftung immer etwas vor-
handenen Knallgases keine Flamme entzündet werden darf. Es
soll also geladen werden, bis alle Platten Gas entwickeln. Nur
hin und wieder — bei täglich benutzten Zellen höchstens alle
vierzehn Tage — soll die Ladung trotz heftiger Gasentwicklung
noch fortgesetzt, die Batterie überladen werden.
In enger Beziehung zum Gehalt des Elektrolyten an
Schwefelsäure steht auch die bis jetzt noch nicht betrachtete
Elektromotorische Kraft eines Akkumulators und damit seine
Klemmenspannung. Da, wie noch zu besprechen ist , die
Zellen einen ausserordentlich kleinen inneren Wider-
stand haben, fallen Elektromotorische Kraft und
Klemmenspannung so gut wie zusammen. Hier (Fig. 114)
! .
s
A
y
/'
/'
y
-^
>- % H^SOi.
Fig. 114. Abhiagigkeit der Elektromotorischen Kraft einer Sammlerzetle vom
-SauregehalL Nach Dolezalek.
ist für eine bestimmte Sammlerzelle in demselben Ladezustand
die Elektromotorische Kraft in Abhängigkeit von dem Säuregehalt
aufgetragen. Die Volt steigen nahezu geradlinig mit den
Prozenten B^SO^ an. Man würde deshalb im Akkumulator
weit stärkere Schwefelsäure als üblich anwenden, wenn nicht
die Gefahr eines unmittelbaren chemischen Angriffs der Platten
durch die Schwefelsäure davon abhielte. Ein solcher Angriff,
nach
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom Epeicherung. I95
n + H^ SO^ = Pb SO^ + H„,
überzieht die Platten mit einer zusammenhängenden weissen
Schicht von Bleisulfat. Er ist als Sulfatieren von jedem
Akkimiulatorenbesitzer gefilrchtet und tritt besonders dann ein,
wenn die Batterie längere Zeit in entladenem Zustande stehen
bleibt. Dieses ist also unbedingt zu vermeiden ; denn gründlich
sulfatierte Platten nehmen nicht mehr am Lade- und Entlade-
vorgang teil. Nur wenn rechtzeitig eingegriffen wird, kann
man sie durch mehrmalige abwechselnde Überladung und Ent-
ladung wieder brauchbar machen. Man nimmt an, dass dann
der heftige chemische Vorgang, besonders die Gasentwicklung,
das Bleisulfat lockert und fortspült. Übrigens bleibt es merk-
würdig, dass derselbe hier so schädliche Körper im normalen
Betriebe als ganz unschuldig entstehen und nur durch seine
feine Verteilung von der neuen Ladung so willfährig in Blei
und Bleisuperoxyd zurückverwandelt werden soll.
— >- Enlladtmi io Slundtn
Fig. 1 15. Verlauf der Klemmenspannung eines Akkumulators während der Entladung.
Das Ansteigen der Elektromotorischen Kraft mit der Säure-
dichte erklärt ein wenig die verschiedenen Klemmenspannungen
eines Akkumulators bei verschiedenem Ladezustande. Hier
haben Sie im Lichtbilde zwei Diagramme vor sich. Das erste
(Fig. 115) stellt die Klemmenspannung einer Zelle bei Entladung,
DigitizsdbyGOO'^le
196 Chemische Stromspeichening.
die Entladespannung Ei" in Abhängigkeit von der Zeit der
Entladung vor. In den ersten fünf Minuten der Entladung
stürzt die Spannung auf 1,95 Volt herunter und hält sich dann
durch drei Stunden nahezu constant. In der ganzen Zeit sinkt
sie nur um etwa drei Hundertstel Volt, während sie dann in
immer schnellerem Tempo vollständig abfällt. Für die technische
Entladung, deren Constanz ausserordentlich wichtig ist, kommt
deshalb nur die Strecke zwischen 1,95 bis 1,90 bis höchstens
1 ,85 Volt in Betracht. Tiefere Entladungen schädigen den
Akkumulator, abgesehen von ihrem geringen Ertrag, und sind
verboten.
Aehnliches, nur umgekehrt, giebt das zweite Diagramm
(Fig. 116) wieder. Bei Beginn der Ladung steigt die Klemmen-
T4
lauf der Kiemmensp
Spannung iV sofort auf 2,10 Volt an und verläuft dann über
drei Stunden nahezu constant unter der geringen Zunahme von
nur fünf Hundertstel Volt. Eine reichliche Stunde weiterer
Ladung bringt dann die Spannung auf 2,5 Volt und eine noch
längere Fortsetzung treibt sie schnell bis auf 2,7 Volt hinauf.
Die eigentliche technische Ladung liegt zwischen 2,10 und
2,15 Volt und der schnell ansteigende Ast von 2,5 in der Gas-
entwicklung, welche die Ladung gewöhnlich abbrechen heisst.
Bei Üeberladung steigt die Klemmenspannung bis 2,7 Volt an.
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Slromapeicherung. \Q1
Der Unterschied der Lade- und Entladespannung und die
Veränderung der Spannung wahrend des Lade- und Entlade-
vorgangs wird, wie schon erwähnt, durch Aendeningen im
Säuregehalte des Elektrolyten, besonders in oder an den Platten,
erklärt. In Erinnerung an unser Diagramm (Fig. 1 14 auf S.194 )
leuchtet im Aligemeinen diese Erklärung ein. Nur vermisst man
einen wirklichen Grund dafür, warum Lade- und Entladekurve
gerade so eigentümlich verlaufen und je an zwei Stellen unver-
mittelt ihre Richtung ändern.
Der Unterschied in der Klemmenspannung beim Laden,
£/, und beim Entladen, Et", drückt den Wirkungsgrad') des
Akkumulators, das heisst den Quotienten aus der hergegebenen
Arbeit A" zur vorher eingeladenen A', herab. Von der ein-
geladenen Elektricitatsmenge Q' sollte man normaler Weise bis
Q"
92 V wieder bekommen. Als Beispiel ist demnach - - = 0,92.
Nehmen Sie die mittlere Ladespannung /i-V zu 2,2 Volt und die
mittlere Entladespannung Et" zu 1,92 Volt an, so ergiebt sich
das Verhältnis der Arbeiten
%^^'§.o^^o.
oder ein Wirkungsgrad von etwa 80"/«- Von der zum Laden
des Akkumulators aufgewandten Arbeit gehen in ihm 20"/"
nutzlos verloren. Er gleicht auch darin einer Maschine. Sein
Nutzeffekt scheint als der einer elektrischen Maschine nicht
besonders gross. Gegen den galvanischer Elemente ist er aller-
dings glänzend. Man denke nur an die Verschwendung an
Substanz, das heisst an dem ihm chemisch mitgegebenen Arbeits-
vorrat, den das Telegraphenelement treibt; lösen doch in Folge
der Kupferausscheidung auf dem Zink Lokalströme die Zink-
elektrode ohne jegliches nutzbare elektrische Entgelt auf.
Beim Akkumulator sind die Produkte der Elektrolyse in der
1| Manche Lehrbücher machen für die Akkumulatoren im Gegensalie lu der bei
anderen Maschinen Qblichen Ausdnicks weise einen künstlichen und verwirre ndi^n
Unterschied zwischen Wirkungsgrad und NutzcfTckt. Beide Worte sollten immer nur
den Quotienten der Arbeiten bezeichnen.
D,„i,.,db,Google
198 Chemische Strom speicherung.
Schwefelsaure wenig löslich, und dann bestehen beide Elektroden
aus Blei. Lokalströme wie beim Telegraphenelement sind beim
Akkumulator deshalb solange ausgeschlossen, als nicht fremde
Metalle in ihn hineingelangen. Dann findet auch beim Akkumu-
lator, und zwar in kürzester Zeit, Selb Stent ladung statt.
Die Platten sind deshalb aus ganz reinen Ausgangsmaterialien
herzustellen. Auch ist, damit man wirklich reine Schwefelsäure
erhalte, beim Ankauf ausdrücklich anzugeben, dass sie zur
Füllung von Akkumulatoren gebraucht wird. Sie darf auch
nicht in eisernen oder zinkenen Gefässen aufbewahrt werden.
Die gleiche Reinheit wird von der Schwefelsäure und dem
destillierten Wasser verlangt, welche in die im Betriebe befindliche
Batterie nachgefüllt werden. Beide dürfen keine Salzsäure
enthalten, worauf sie trotz aller Angaben des Lieferanten
mit Silbernitrat geprüft werden sollen. Man hat für diese Prüfung
durch Nicht-Chemiker zweckmässige Reagenzkästchen gebaut,
die einige Reagenzglaser und ein Tropfglas mit Silbern itratlösung
in praktischer Anordnung enthalten. Die Akkumulatoren ent-
laden sich aber auch dann ein wenig innerlich von selbst, wenn
alle diese Vorsichtsmassregeln getroffen sind, und zwar sollen
pro Tag 1 bis 2 °/o der gespeicherten Elektricitätsmenge ver-
schwinden. Garnicht oder wenig benutzte Akkumulatoren sind
deshalb mindestens alle zwei Monate frisch aufzuladen.
Dass die Zellen im Betriebe ausser dem verdunstenden
Wasser auch Schwefelsäure verlieren, weiss jeder, der mal die
Säure-geschwängerte Luft eines Akkumulatorenraimies — man
erinnere sich der früheren Berliner Strassenbahnwagen —
geatmet hat. Die sich entwickelnden Gase reissen flüssige
Saureteilchen mit sich. Ob Säure oder destilliertes Wasser
nachgefüllt werden muss, sagt der Stand des Aräometers.
Als Regel wird ein vier- bis filnlinaliges Nachfüllen von Wasser
auf einmaliges von Säure als notwendig angegeben. Die
Flüssigkeit soll einen Centimeter über die Platten ragen. Bei
dieser Gelegenheit sei auf die genaue Befolgung der
jeder Batterie gedruckt beigegebenen Bedienungs-
vorschriften hingewiesen. Denn die auf die Batterie ver-
wandte verständige Sorgfalt macht sich bei guten Fabrikaten
— man soll bei Akkumulatoren nicht auf den Preis sehen — in
ununterbrochener Betriebsfähigkeit und langer Lebensdauer
DigitizsdbyGOOgle
Qiemische StromspeJcherung. t9Q
bezahlt. Andere Maschinen pflegen bekanntlich sogenannte
Kinderkrankheiten zu haben, die sich mit der Zeit verlieren.
Bei den Sammlerzellen ist es umgekehrt. Sie arbeiten gewöhnlich
im Anfang befriedigend, und bei schlechter Fabrikation oder
unaufmerksamer Behandlung stellen sich allmählich immer neue
Gebrechen ein, die kostspielige und nicht abreissende Reparaturen
erfordern. Der Abschluss eines Beaufsichtigungs- und Ver-
sicherungsvertrages mit der liefernden Firma — über die
Garantiezeit hinaus — ist deshalb sehr zweckmässig.
Der Haupt Vorzug, den der Akkumulator als
Schwachstromquelle vor allen anderen bietet, ist
sein geringer innerer Widerstand, ein Vorzug, dessen
wahre Bedeutung Sie in den Vorlesungen über Telegraphen-
betrieb und über Physik des Fernsprechens einsehen werden.
Der innere Widerstand kleiner Zellen, wie sie in der
Telegraphie gebraucht werden, beträgt nur einige
Hundertstel Ohm, der grösserer geht gar auf Tausendstel
Ohm und noch tiefer hinunter. Der erste Grund dieser kleinen
Werte liegt in der — verhältnismässig — grossen spezifischen
Leitfähigkeit des im Akkumulator angewandten Elektrolyten.^)
30 V» ige Schwefelsäure ist der beste elektrol3tische Leiter,
Noch 20 "/»ige hat einen specifischen Widerstand von 1540,
während der einer 15 V »gen Kupfersulfatlösung 23 900, etwa
fünfzehn mal so gross ist. Ausserdem ist in den Akkumulatoren
alles darauf angelegt, den inneren Widerstand herabzudrücken.
Um bei der Ladung möglichst viel wirksame Masse chemisch
zu verändern, mithin die Capacität zu erhöhen, vereinigt man
in jeder Zahl eine Anzahl von Platten und schaltet die mit
gleichem Vorzeichen einander parallel. Durch Einbau vieler
Platten in eine Zelle — über drei Platten geht man in der
Schwachstromtechnik allerdings bei uns gewöhnlich nicht hinaus
— wird dasselbe, wie mit einer Vervielfachung der Plattengrösse,
erreicht. Diese lasst sich ja aus naheliegenden Gründen nicht
unbegrenzt steigern. Es ist zu beachten, dass man die positiven
Platten, deren wirksame Masse einem besonders heftigen
chemischen Angriff ausgesetzt ist und darauf mit beträchtlichen
'I Der Obergangs widerstand von den (nicht suifatlerten) Platten auf den Elektro-
lyten ist ebenfalls nur klein, schon weil die Säure in die Plaltenporen eindringt und
das ganze Innere der aktiven Masse erfbllt.
D,„i,.,db,Google
200 Chemische Slromspeichcning.
Volumändeningen antwortet, immer mit negativen Platten um-
giebt und sie dadurch von beiden Breitseiten aus mit Strom
versorgt oder nach beiden Seiten Strom liefern lasst. Dann
geschehen auch die Volumanderungen nach beiden Seiten hin
gleichmässig, und einer Verkrümmung der Platten ist vorgebeugt.
Positive und negative Platten wechseln also in der Zelle mit
einander ab. Deshalb ist stets eine negative Platte mehr vor-
handen, als positive. Zusammen mit einer positiven werden
zwei negative, mit zwei positiven drei negative, mit drei positiven
vier negative Platten eingebaut u, s. f. (Fig. !17a, b, c). Durch
Fif. in
Jede Akkumiilalorcnielle enthält eine negative Platte mehr, als positive.
die geschilderte Vermehrung der Platten vervielfacht man gerade
so, wie durch ihre unthunliche Vergrösserung, den Querschnitt
des Elektrolyten, worauf deshalb schon bei dem Tauchelement
(S. 150) vorbereitend hingewiesen wurde. In der Zelle a (Fig. 117)
ist der durchflossene Elektrolytquerschnitt doppelt, in b viermal,
in c sechsmal so gross, als eine Plattenoberfläche, weil der
Raum auf beiden Seiten jeder positiven Platte zur Stromleitung
benutzt wird. Jeder Elektrolytquerschnitt ist aber bei der Aus-
bildung der Elektroden zu Platten und der Gegenüberstellung
ihrer Breitseiten schon an sich viele Male so gross, als etwa
bei einem Telegraphenelement, dessen Elektroden sich nur mit
ganz schmalen Flächen ansehen, als ob sie sich böse wären.
Schliesslich ist auch beim Akkumulator die Länge des elektro-
lytischen Leitungsweges nur klein. Denn die Platten sind —
durch Hartgummigabeln oder Glasstäbe (Fig. 108 Schnitt ef auf
DigitizsdbyGOOgle
Chemische Strom speie herung. 201
S. 184 und Fig. 118) getrennt — einander so nahe gestellt, als
es die Rücksicht auf die Vermeidung von Kurzschlüssen zulässt. —
Sie haben sich, so darf ich hier hinzufügen, jetzt gewiss überzeugt,
wie notwendig die Kenntnis des Ohmschen Gesetzes für das
Verständnis der chemischen Stromquellen ist, und werden zweck-
mässig nochmals Gelegenheit nehmen, es sich einzuprägen.
zsdbyGoOgle
202 Chemische Stromspeicherung.
Soll ich auch jetzt noch, wie bei den galvanischen Elementen,
nach der Schaltung der einzelnen Zellen, ob hinter oder neben
einander, fragen? Praktisch ist Wi Null. Die beiden Gleichungen
nehmen deshalb, auf Akkumulatoren angewandt, die Gestalt an
und
Man schaltet also immer hinter einander, und zwar in der Art,
wie Sie es hier für zwei grössere Hagener Zellen |Fig, 118)
sehen. Die gleichnamigen Platten jeder Zelle werden unter
einander und mit den ungleichnamigen der Nachbarzelle dadurch
verbunden, dass man alle diese Platten mit Blei an ein dach-
artiges Bleibrettchen in der hohen Temperatur einer Wasserstoff-
Stichflamme anschmilzt. Ein Löten in der gewöhnlichen Weise
ist deshalb ausgeschlossen, weil das aus Blei, Lötzinn und
heraufspritzender Schwefelsaure entstehende galvanische
Element die Lötstelle zerstört. Beachten Sie auch, bitte
(Fig. 118) die Bleibügel, welche durch ihre Federung ein Aus-
dehnen und Zusammenziehen des ganzen, nur einen Teil des
Gefässes ausfüllenden Plattenpacketes ge-
statten und dadurch ein Werfen oder Ver-
ziehen der einzelnen Platten verhindern.
Beachten Sie ferner, dass die Platten an
Nasen auf dem oberen Gefässrand hängen,
und welcher grosse Abstand der Platten
von dem Gefässboden dadurch erreicht
wird. Herausfallende aktive Masse kann
hier keinen Kurzschluss verursachen.
Eine Nebeneinanderstellung von Akku-
mulatorenzellen kommt nur dann in Frage,
wenn man einer Batterie grössere Ströme
und grössere Elektricitätsmengen entnehmen
will, jals jede einzelne Zelle hergeben
Fig. 119. kann. Ein solcher Fall, überhaupt selten,
Hagener Teiegraphenzciie. ist in der Schwachstromtechnik aus-
geschlossen. Denn hier werden den Zellen
immer weit geringere Zahlen an Ampere und Amperestunden
entnommen, als sie liefern können.
DigitizsdbyGOOgle
Chemisrhe Strom speie herung. 203
Auf alles, was sonst die Akkumulatoren in der Schwach-
stromtechnik betrifft, behalte ich mir vor, später in den speziellen
Vorlesungen einzugehen und will nur zum Schluss Ihnen einige
Fig. 120. Tolegraphen
Fabrikate von telegraphischen Sammlerzellen, hier (Fig. 119)
von der Akkumulatoren-Eabrik A.-G, in Hagen, hier (Fig. 120)
von Boese in Berlin vorzeigen.
DigitizsdbyGOOgle
11. Vorlesung.
Wellen und Schall.
Wasaerwellen. Fortbewegung der Welle, nicht des Wassers. — Seilweller. Aus-
biegimg. Amplitude. Phase. Wellenlange. Periode. Wechselstrom und 'Spannung
als Wellen. Wellenberg und -thal. Schwingitngszahl und -dauer einander reziprok.
Grundgleichung c := n . '. — Diagramme. Phasenverschiebung zwischen Ausbiegungs-
und Geschwindigkcils welle. — Zurückwerfung der Seilwelle und zwar in der enl-
gegengeselilen Phase. Stehende Seilwellen. Interfereni. — Stehende Wellen mit dem
Wagnerseben Hammer. Beziehung zwischen Faden, und Weltenlänge. Platindraht
an einer Stimm gabclzinke (Elektrischer Widerstand und Temperatur). — Quer- und
Längswellen.
Schallwellen. Töne und Geräusche. - Intensität, Amplitude. Höhe, Schwingiings-
zahl, Wellenlänge. Eindruck der Tonstärke. Klangfarbe. Obertöne. Deren Phase
fbr die Klangfarbe, nicht fltr die Schwingungsform gleichgiltig. — Zurtlckwerfung des
Schalles. Schallkammer des Klopfers. Die Intensität dem Quadrat der Entfernung umgr-
kehrt proportional. Fortleitung in Röhren. Beispiele. — Resonanz. Beispiele. Freie
Schwingung. — Tönende Luftsäulen. Pfeifen. Menschliche Stimme. — Dämpfiing.
Schallsichere Fernsprechzellen.
Die heutige, letzte Vorlesung des allgemeinen Teiles soll
die Grundthatsachen der Wellenlehre und daran anschliessend
insoweit die Schallwellen behandeln, als sie zum Verständnis
des Fernsprechers notwendig sind. Sie werden dabei ausser-
dem unentbehrliche Vorkenntnisse für die schwierigen Kapitel
der Kabel- und Funkentelegraphie erwerben. Betrachten wir
zunächst die Wasserwellen. Der in einen See geworfene
Stein stört die Ruhe des Wasserspiegels. Krümmungen der
Oberfläche, die wir Wellen nennen, bilden sich kreisförmig um
die getroffene Stelle als Mittelpunkt aus. In ihr hat der Stein-
wurf Wasser nach unten gedrückt und dadurch in ihrer nächsten
Nachbarschaft Wasser auf der Oberfläche aufgetürmt. Der
Spiegel ist zerstört. Die Schwere sucht ihn wiederher-
zustellen. Ihr folgend, begeben sich die Wasserteilchen in ihre
Ruhelage zurück. Aber die Trägheit lässt sie über das Ziel
hinaussch Jessen und, wie Pendel, um die Gleichgewichtslage der
Ebene herumschwingen. Ein Kreis schwingender Wasser-
DigitizsdbyGOOgle
Wellen und Schall. 205
teilchen stösst den nächst grösseren Nachbarkreis an. Auch er
gerat in Schwingungen und so fort. Allmähhch hat sich die
ganze von dem geworfenen Steine an das Wasser abgegebene
Arbeitsmenge in Reibungswärme verwandelt. Die Welle klingt
ab. Die Wasseroberfläche ist wieder eben.
Unterrichten wir uns über die Natur der Wasserwellen.
Sie scheinen in einer Fortbewegung von Wasser vom Wellen-
mittelpunkte aus nach aussen zu bestehen. -Aber wer beobachtet,
wie die von einer Schiffsschraube zum Ufer gewandten Wellen
schwimmende Körper, wie eine Boje oder eine Ente, nur auf-
heben und niedersenken und nicht auf das Ufer zu bewegen,
sieht, dass die Wellen thatsächlich in einem periodischen Auf-
und Niedergehen, in einem Auf- und Niederschwingen
und nicht in einem Vorwärtsbewegen von Wasser bestehen.
Nur der Eindruck einer Vorwärtsbewegung wird hervorgerufen.
Die Welle schreitet fort, aber nicht das Wasser.
Einen Beweis dafür liefern auch die Wellen, die der Wind in
einem Kornfeld erzeugt. Wie die Wasserteilchen schwanken
die Halme auf und nieder, und widersinnig wäre der Gedanke,
dass sie sich mit der Welle über das Feld fortbewegen sollten.
Eine Welle (von der betrachteten Art) ist kein Körper, der
bleibend dieselben Bestandteile — Wasserteilchen, Kornähren —
enthält, sondern nur eine gekrümmte Form der Oberfläche, und
eine Fortbewegung der Weile ist nur eine Fortbewegung dieser
Form. Allerdings dürfen Sie hier nicht an die von andauerndem
Winddruck gegen die Küste geworfenen Wellen denken, die
kippend thatsächlich Wasser das Ufer heraufspülen. Diese Wellen
scheiden, als nicht im physikalischen Sinne typisch, hier aus.
Die Wasserwellen pflanzen sich nach allen Seiten der Ebene
gleichmässig fort. Sehr ähnlich sind ihnen die Seilwellen.
Nur ist bei denen eine deutliche Fortpflanzungsrichtung, eben
das Seil entlang, ausgeprägt. Hier ist ein mehrere Meter langes
Hanfseil — eins aus Gummi wäre besser — zwischen seinen
Enden leidlich straff ausgespannt. Ein auf das Seil gegebener
Schlag dehnt es aus und reisst es an der getroffenen Stelle
nach unten. Vermöge seiner Elasticität schwingt es wieder in
die Gleichgewichtslage zurück. Einmal in Bewegung, durch-
schreitet es diese nach oben, so weit es die Elasticität erlaubt.
Inzwischen hat das dem geschlagenen benachbarte Seilstückchen
DigitizsdbyGOOgle
206 Wellen und Scl>a1l.
einen Anstoss bekommen, und es entstehen, wie wir an der
Hand dieser Zeichnung (Fig. 121) sehen wollen, periodische
Bewegungen der Seilpunkte. Es entsteht eine Seilwelle.
Zu dem Ende werden acht von einander gleich weit ent-
fernte Punkte eines Seilstückes betrachtet. Seilpunkt l erhält
den Schlag und senkt sich, bis er von der Horizontalen um die
Strecke, die Ausbiegung, a entfernt ist. Während er im Zeit-
abschnitt II bis zur grössten vorkommenden Ausbiegung b, der
Amplitude weiterschwingt, setzt sich Punkt 2 in Bewegung
Fig. 121. Zustandekommen einer Seilwelle.
und hat a zur selben Zeit, das heisst zu Ende des Zeitteilchens II,
zurückgelegt, da Punkt I in der Amplitude angelangt ist.
Punkt 1 kommt in der Amplitude einen kleinen Augenblick zur
Ruhe, kehrt dann seine Bewegungsrichtung um und schwingt
von unten bis zur Ausbiegung o zurück, während 2 in die
Amplitude vorrückt und Seilpunkt 3 von oben in der Ausbiegung a
anlangt. Das geschieht während des Zeitteilchens III. In
DigitizsdbyGOOgle
Wellen und Schall. 207
Stellung IV ist 1 wieder in der Gleichgewichtslage, 2 auf dem
Rückweg in a, 3 in der Amplitude i, 4 auf dem Hinweg in a
und 5 noch in Ruhe. Die Trägheit des Seiles reisst Punkt l
jetzt über die Gleichgewichtslage fort, so dass im Zeitteilchen V
Stellung V entsteht. So schreitet die Welle fort, bis mit Voll-
endung des Zeitteilchens VIII Punkt 1 die acht Achtel eines
Hin- und Herganges, eine ganze Schwingung zurückgelegt hat.
Teil 2 hat dann sieben Achtel, Teil 3 sechs Achtel, Teil 8 ein
Achtel der ganzen Bahn hinter sich. Die einzelnen Seilpunkte
gelangen nach einander in die entsprechenden Stellen ihrer
Bahnen. Jeder Punkt durchläuft in derselben Zeit ein-
mal seine Bahn, als die Welle die ihre. Punkt I erreicht
nach einer ganzen Schwingung in demselben Augenblick wieder
die Ebene, in welchem die Welle in Punkt 9 angekommen ist,
sich demnach um die Entfernung der acht Punkte fortgepflanzt
hat. Punkt 9 bewegt sich jetzt in demselben Sinne, wie Punkt I.
Dessen Bewegung ist nur um eine ganze Schwingung älter. Beide
Punkte ~ 1 und 9 — bewegen sich in demselben Sinne. Sie
befinden sich in dem gleichen Schwingungszustand, in derselben
Schwingungsphase. Unter Phase, welche zu einem der
wichtigsten Begriffe der modernen Welt geworden ist, versteht
man demnach den augenbhcklichen Zustand einer periodischen
Bewegung. Auch Teilchen 2 und 10 wären in derselben Phase,
desgleichen 3 und II. Die Entfernung zweier in derselben
Phase schwingenden Teilchen heisst eine Wellenlänge l. Die
Welle schreitet gerade einmal um ihre Länge fort, während
ein Teilchen einmal hin und herschwingt, eine volle Schwingung,
eine ganze Periode zurücklegt. Das muss so sein. Wenn
zwei um eine Wellenlänge entfernte Teilchen dieselbe Phase
haben sollen, muss das früher angestossene gerade eine volle
Schwingung mehr gemacht haben. Hatte es erst einen Teil
der Schwingung zurückgelegt, so wäre es noch nicht in der-
selben Stellung, und hätte es mehr, als gerade eine Schwingung,
hinter sich, so müsste es schon in der Phase voraus sein.
Eine volle Schwingung heisst auch , wie eben erwähnt
wurde, eine Periode, eine Bezeichnung, die Sie vom Wechsel-
strom (S. 81) her kennen. In der That verläuft ein Wechselstrom
nach Art einer Welle. Auch er steigt von Null zu einem
Höchstwert, zu einer Amplitude an, nimmt wieder ab und wird
DigitizsdbyGOOgle
208 Wellen und Schall.
in der elektrischen Gleichgewichtslage zu Null. Dann wird er
negativ, wächst zu einem negativen Höchstwert und wird nach
Zurücklegung einer ganzen Periode wieder zu Null. Ebenso
kann eine Wechselspannung als Welle gedacht werden,
Dass man deshalb von der Phase eines Wechselstromes oder
einer Wechselspannung redet, wird Ihnen nicht merkwürdig
erscheinen.
Die Bezeichnungen Wellenberg und Wellenthal (Fig. 122)
verstehen sich von selbst. Wellenberg ist die höchste
Erhebung über die Gleichgewichtslage, Wellenthal das tiefste
Versinken unter sie. Abgesehen vom Vorzeichen sind beide ein-
ander gleich. Ihre Summe ist Null, ihre Differenz der Maximalwert
Wellenberg
mienlhd
Fig. 122. Wellenlänge l. Wellecithal, Amplitude.
der Schwingung, die Amplitude. Der Wellenberg ist vom
benachbarten Wellenthal gerade um eine halbe Wellenlänge Ik
entfernt. Sie befinden sich in entgegengesetzter Phase. Sie
sind gegeneinander in der Phase um eine halbe Periode ver-
schoben. Die verschiedenen Wellenberge eines Wellenzuges
sind von einander um eine oder mehrere ganze Wellenlängen,
oder eine gerade Zahl halber Wellenlängen, entfernt. Ebenso
die Wellenthäler von eineinander. Wellenthäler und Wellen-
berge sind dagegen um '/' ' oA^r ^/i l oder V* ' "• s. w., also
um eine ungerade Zahl halber Wellenlängen gegen einander
verschoben. Die Entfernung einer Amplitude von dem nächsten
in der Ruhelage befindlichen Wellenpunkt macht nur eine
Viertel Wellenlänge aus.
DigitizsdbyGOOgle
Wellen und SchaH. 209
Für eine Welle heisst die Zeit in Sekunden, welcher jedes
Teilchen zur Vollendung einer ganzen Schwingung bedarf, die
Schwingungsdauer T. Ihr reciproker Wert ist n, die Schwingungs-
anzahl pro Sekunde:
T=i- und „ = ^
Sie haben gesehen, dass die Welle wahrend T-Sekunden, das
heisst, wahrend ein Teilchen eine volle Periode zurücklegt,
gerade einmal um ihre Lange fortschreitet. Mithin ist auch die
Anzahl wahrend einer Sekimde zurückgelegter Wellenlängen
gleich der Schwingungszahl f(. Dann ist weiter die von der
Welle während einer Sekunde durchlaufene Strecke oder ihre
Fortpflanzungsgeschwindigkeit c (von celeritas) gleich der Länge l
einer Welle mal der Anzahl n der pro Sekunde zurückgelegten
Wellenlängen
c = n .1 oder c ^ -s,-
Sie werden hierin eine Grundgleichung für die ganze Wellen-
lehre erkennen. Denn jede Wellenart pflanzt sich in dem gleichen
Körper mit derselben Geschwindigkeit c fort. Die Fortpflanzungs-
Geschwindigkeit c ist ihr ein für alle Mal bestimmt. Wählen
kann sie sich deren beide Faktoren n und l. Mit einer Ver-
grösserung der Schwingungszhl ist dann untrennbar eine Ver-
kleinerung der Wellenlänge verbunden und umgekehrt mit einem
kleineren « ein grösseres /.
Betrachten Sie dieses Bild einer Welle. (Fig. 123 auf der
folgenden Seite.) Als solche stellt es zunächst die Ausbiegungen
der einzelnen Punkte der ganzen Welle in Abhängigkeit von
ihrer Entfernung vom Wellenanfang dar.
Sie können dem Bilde auch einen anderen Sinn (Fig. 124a)
beilegen. Denn die jeweiligen Ausbiegungen irgend eines
Punktes des Seiles in Abhängigkeit von der Zeit seiner
Schwingung geben ebenfalls eine Welle. Zur Zeit Null be-
ginnt der gerade gewählte Seilpunkt seinen Weg und hat zur
Zeit T eine volle Schwingung zurückgelegt.
„Google
Wellen und Schall.
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sbicgiing (Fig. a) und Gescliwindigltcit IFig. b) eines Weilenpiinktes in Abhängigkeit
1 der Schwing Imgsdauer werden giciohfalla durch Wellen dargestellt. Beide sind
gegen einander um eine Viertel Periode in der Phase verschoben.
D,„i,.,db,Google
Wellen und Sch«il. 211
Um über den Begriff der Phasenverschiebung zweier
Welllen klar zu werden, beachten Sie bitte, dass noch eine
andere Abhängigkeit durch eine Welle wiedergegeben wird.
Sehen wir uns noch einmal das erste Wellenbild (Fig. 121 auf
S. 206) an. Jeder Punkt soU sich in derselben Zeit aus der
Gleichgewichtslage um die Ausbiegung a verschieben, als er aus
dieser Stellung in die Amplitude b gelangt, obgleich der zweite
Weg offenbar viel kleiner ist.
b — a <C a
Soll dieser Weg 6 — a in derselben Zeit durchlaufen werden,
als der kleinere Weg o, so kann das nur mit kleinerer Ge-
schwindigkeit geschehen. Der immer wachsende Gegenzug des
Seiles verlangsamt die Bewegung des schwingenden Teilchens
auf dem Wege von der Gleichgewichtslage zur Amplitude, Dort
wird die Geschwindigkeit einen Augenblick Null und wächst
dann auf dem umgekehrten Wege, das heisst negativ, bis sie
beim Durcheilen der Gleichgewichtslage ihren negativen Höchst-
wert gewonnen hat und so fort. Die Geschwindigkeit eines
beliebigen Seilpunktes in Abhängigkeit von der Schwingungs-
dauer stellt demnach ebenfalls eine Welle dar. Nur ist diese
neue Welle (Fig. 124b) um eine viertel Wellenlänge gegen die
vorige (Fig. 124a) versetzt. Die Geschwindigkeitswelle ist gegen
die Ausbiegungswelle um eine viertel Periode in der Phase ver-
schoben. Begrifflich stellen beide Wellen natürlich ganz ver-
schiedene Dinge vor. Auch sind in der Zeichnung (Fig. 124)
ihre Amplituden, die im ersten Falle Ausbiegungen, in zweiten
Geschwindigkeiten eines Seilpunktes vorstellen, nur durch die
Wahl der Massstäbe künstlich gleich gemacht. Es kam blos
darauf an, Ihnen für die Phasenverschiebung zweier Wellen ein
Beispiel zu geben. Dieses ist leicht im Gedächtnis zu behalten,
wenn man sich daran erinnert, dass in der Amplitude die
Geschwindigkeit Null, dass in ihr für einen Augenblick -Ruhe
herrscht, hingegen in der Ebene, der Lage des ruhenden Seiles,
die Geschwindigkeit am grössten, die Bewegung am heftigsten ist.
Die Seiiwelle verlangt noch einige Aufmerksamkeit. Wieder
erzeugt ein Schlag eine Welle. Sie schreitet über das Sei! bis
zu seinem Ende fort. Wie Sie sehen, ist sie aber dort nicht
DigitizsdbyGOO'^le
212
Wellen und Schall.
ZU Ende , sondern wird von dem befestigenden Wandhaken
zurückgeworfen, wie ein Ball vom Schlagholz, wie der Schall
von der Bergwand, wie ein Lichtstrahl vom Spiegel. Sie durch-
läuft rückwärts das Seil, kehrt auch vom anderen Ende wieder
zurück und eilt in wechselnder Richtung mehrmals hin und her,
bis das Seil allmähÜch zxir Ruhe kommt. Ein auf einen Spiegel
schief auffallender Lichtstrahl wird bekanntlich nicht auf seine
alte Bahn zurückgeschickt, sondern nimmt einen auf der anderen
Seite des Einfallslotes hegenden Weg, und zwar ist der
Spiegelungs- dem Einfallswinkel gleich (Fig. 125). Aus gleicher
Fig. 1 25. Spiegelung.
Fig. 126. Die SeUwelle wird vom
Wandhaken, um eine halbe Periode
verschoben, zurQckgeworlen.
Ursache wirft der Befestigungshaken die bei ihm gerade nach
oben schwingende Seilwelle als nach unten schwingende zurück.
Wellenthal wird als Wellenberg gespiegelt und umgekehrt.
Die Welle kehrt vom Seilende in der entgegengesetzten Phase,
um eine halbe Wellenlänge, eine halbe Periode verschoben,
zurück (Fig. 126).
Bis jetzt begnügten wir uns mit einem Schlag auf das
Seil und warteten den Verlauf der Welle ab, wie sie hin und
her das Seil durchmass und allmählich verklang. Nun wird
durch schnelles, taktmässiges Schlagen fortwährend der Anstoss
DigitizsdbyGOOgle
Wellen und Schall. 213
ZU neuen Wellen gegeben. Welches ist das Ergebnis? (Fig. 127.)
Sie sehen, das Wellenbild ändert sich vollständig. Die neue
Welle schreitet nicht mehr über das Seil fort, sondern behält
einen festen Standort bei. Sie bleibt
auf dem Seile stehen. Sie ist eine
stehende Welle. Das Seil ist in _ _ i :
gleiche Teile geteilt, von denen die
benachbarten immer in entgegen-
gesetzter Richtung schwingen. Ge-
wisse Punkte des Seiles {k' und k")
bleiben unverändert in Ruhe oder
zeigen nur eine ganz kleine Bewegung.
Es sind die Knoten der stehenden
Welle. Andere Teile des Seiles
bleiben in fortwahrender Bewegung
und bauchen sich abwechselnd nach
oben und unten aus. Es sind die
Bäuche. Verfolgen Sie die einzelnen
Stellungen der stehenden Welle
(Fig. 127). Bei I ist Ruhe. Das als
Linie gedachte Seil bildet eine Hori-
zontale. Bei II erhebt sich die Seil-
mitte und die Enden senken 'sich.
Bei III dasselbe, nur verstärkt. Bei IV
kehrt das Seil wieder in die Stellung II
und bei V in die Ruhelage I zurück.
Dann findet derselbe Vorgang nach
unten statt, bis bei IX wieder Ruhe
herrscht.
Lassen Sie uns nun überlegen,
wie die stehende Welle zu Stande
kommt, deren Verlauf wir eben be-
trachtet haben. Der erste Schlag
meines Fingers auf das Seil erzeugt eine von Ihnen aus
nach rechts fortschreitende Welle, welche vom Ende, um
eine halbe Wellenlänge verschoben, nach links zurück-
geworfen wird. Inzwischen hat ein neuer Schlag eine zweite
Welle nach rechts geschickt. Es gehen demnach gleichzeitig
zwei Wellen über das Seil, und dessen einzelne Punkte sollen
Fig. 121. Stehende SeUwelle.
DigitizsdbyGOOgle
214 Wellen und Schall.
den Kraftwirkungen zweier Wellen folgen. Die Seilpunkte soUen
zween Herren dienen, die mit einander im Widerspruch sind, und
es bleibt ihnen nichts übrig, als die berühmte mittlere Linie. Beide
Wellen schliessen einen Kompromiss. Es kombiniert sich immer
die nach rechts verlaufende ursprüngliche Welle von der
Nummer n mit der in der entgegengesetzten Phase nach links
zurückgeworfenen Welle n-1. Sie kombinieren sich oder, wie
man sagt, sie interferieren. Die Interferenz besteht darin,
dass die von beiden Wellen auf jedes Seilstückchen nach oben
und nach unten ausgeübten Zugkräfte sich unter Berücksichtigung
ihres Vorzeichens addieren. Bei gleichem Vorzeichen unter-
stützen sich die Kräfte. An diesen Stellen schwingt das Seil
weiter aus, als in einer der beiden Wellen allein. Bei entgegen-
gesetztem Vorzeichen bekämpfen sich die Zugkräfte an den
betreffenden Punkten. In ihnen schwingt das Seil nach der
stärkeren von beiden Kräften. Sind die Zugkräfte nach oben
und unten gleich, so herrscht Ruhe. Hier liegen die Knoten.
Die stehende Welle ergiebt sich also durch einfache Addition
der auf jeden Punkt des Seiles wirkenden vertikalen Zugkräfte
unter Berücksichtigung derer Vorzeichen. Dort sind die Bilder
der ursprünglichen und der zurückgeworfenen Welle auf Pappe
gezeichnet und so in einerh Rahmen befestigt, dass ich sie an
einander vorbei schieben kann. Auf diese Weise kann man
die verschiedenen Stellungen beider Wellen festhalten, für jeden
der acht Seilpunkte die Ausbiegungen unter Berücksichtigung
des Vorzeichens addieren und jede Stellung der resultierenden
stehenden Welle Punkt für Punkt aufzeichnen, wie das hier')
gesehen ist. Das Ergebnis ist wirklich unsere stehende Weile
von vorhin. Wollen Sie beachten, dass die Länge der stehenden
Welle der der zusammengesetzten fortschreitenden Wellen gleich
ist. Denn der Abstand zweier in gleichem Sinne bewegten
Teilchen ist unverändert geblieben. Dasselbe gilt von der
Schwingungszahl w. Die Amplitude aber ist gegen die der
interferierenden Wellen verdoppelt. Die Entfernung von einem
Bauch zum nächsten beträgt eine halbe und die von einem
Bauch zum nächsten Knoten eine viertel Wellenlänge.
'l Ein solches Pappmodeli konnte natOrlich dem Buche nicht beigegeben werden.
Jeder kann es sich aber leicht selbst machen. Fig. 128 zeigt die einieinen Siellungen
der an einander vorbeige schoben en Pappwelten und die durch ihre gemeinschaftliche
Wirkung erzeugte siehende Welle.
DigitizsdbyGOOgle
Wellen und Schall.
DigitizsdbyGOOgle
216 WeUen und Sehall.
Zum Versuche kann man stehende Wellen statt mit der
Hand auch mit einem Wagner'schen Hammer (S. 78) hervor-
rufen. Man schraubt einem elektrischen Wecker die Glocke ab
und bindet an den Klöppel einen mit Kreide geweissten, mehrere
Meter langen, ganz dünnen Bindfaden, der an seinem anderen
Ende passend befestigt ist. Der schwingende Klöppel versetzt
den Faden in stehende Wellen, wenn man die Wellenlänge l
auf die vorhandene Fadenlänge s passend abstimmt. Der
Faden gerät nur dann in Mitschwingung, in Resonanz, wenn
i-
4-
4-
4-
Fig. 129, Stehende Wellen verschiedener hinge auf einem SeU,
er in einer halben, einer ganzen, in anderthalb, in zwei, kurzum
in einer kleinen ganzen Anzahl halber Wellenlängen schwingen
kann {Fig. 129), wenn also eine der Gleichungen
l, = 2s l^ ^ s l, = V»s l^ = V»«
erfüllt wird. Da s, die Fadenlänge, gegeben ist, muss l, die
Wellenlange, auf sie passend eingestellt werden. Die Gleichung
l ,— — ergiebt die Wellenlänge als Quotienten von Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit und Schwingungszahl, von denen die
erste durch stärkeres oder schwächeres Anspannen des Fadens,
die zweite mittelst der Stellschraube des Wagnerschen Hammers
verändert werden kann. Man ist dadurch leicht im Stande,
l so zu treffen, dass schöne stehende WeUen verschiedener
Längen entstehen. Andere Wellen lassen sich dem Faden nicht
aufzwingen.
DigitizsdbyGOOgle
Wellen und Schall. 217
Stehende Wellen zeigt Ihnen auch folgender hübsche Ver-
such. Ein vertikaler Platindraht wird von Strom durchflössen
und dadurch zum Glühen gebracht. Mit seinem unteren Ende
ist er an der einen Zinke einer Stimmgabel befestigt. Lässt
man die Stimmgabel (elektromagnetisch) erzittern, so gerät bei
richtiger Anordnung der Platindraht ebenso in stehende
Wellen, wie der Bindfaden am Weckerklöppel. Alsbald wird
der Draht an den Bäuchen, welche die fortwährende Bewegung
wie ein Fächer kühlt, dunkel. Um die Knoten hingegen, die
Orte der Ruhe, fahrt er fort, zu glühen.')
Es ist jetzt an der Zeit, auf die grundlegende Zweiteilung
aller Wellen in Quer- und Längswellen hinzuweisen. Die
Seilwellen sind ausgeprägte Querwellen. Die Schwingungs-
richtung der Teilchen steht senkrecht auf
der Fortpflanzungsrichtung der Welle, dem j l | l i l l | l
Wellenstrahl. Betrachten Sie dagegen diese
horizontale Drahtspirale. Wird sie an einem ' II I I t I I I
Ende parallel zu ihrer Achse angestossen, so g 1 1 1 | | j | |
pflanzt sich der Anstoss als Welle durch die i i II I I I I
ganze Spirale fort, so dass die einzelnen Spiral- i 1 1 1 l l l l
Windungen sich abwechselnd einander nähern " I I | 1 1 i I I
und von einander entfernen. Es findet genau j i j j 1 1| 1 |
dasselbe statt, wie bei der Seilwelle; nur pflanzt
sich die Welle parallel zur Schwingungs- I I I II 1 1 I
richtung, längs den schwingenden Teilchen « 1 1 | | | |||
fort. Werden die einzelnen Windungen der n III I I I II
Spirale durch vertikale Striche bezeichnet,
so erhält man für die einander folgenden ^'s- '3o. Langsweik.
Schwingungsphasen diese Bilderreihe(Fig. 130).
Die einzelnen Windungen sind in den verschiedenen Teilen der
Spirale bald mehr, bald weniger von einander entfernt und
bilden gleichsam periodische Verdichtungen und Verdünnungen.
') Das ClQhen wird dort sogar heftiger. Denn der Widerstand des zum grossen
TeU gekohlten Platindrahtca ist kleiner als der des vollständig glQhenden. Der
Widerstand der Metalle steigt eben, wie bei der Gelegenheit erwähnt werde, mit der
Temperatur, und zwar pro Grad Temperaturerhöhung im allgemeinen 3 bis li^, ^i.
Bei unverindertcm Spann ungsunterschied seiner Klemmen wird der kältere Draht
also von einem grösseren Strome durchflössen und glliht an den nieht gekühlten
Stellen heftiger.
DigitizsdbyGOOgle
218 Wellen und Schall.
So schwingt denn auch die Luft, wenn sie von einem
tönenden Körper erregt wird, in Längswellen. Dies Lichtbild
(Fig. 131) giebt die bekannte schematische Abbildung der Ver-
dünnungen und Verdichtungen wieder, welche eine tönende
Glocke im umgebenden Lufträume hervorruft. Zunächst mögen
diese Verdünnungen und Verdichtungen fortschreiten. Die
Glocke fahrt aber fort, zu tönen, und die Luftwellen werden
von entgegenstehenden Wänden zurückgeworfen. Demnach
interferieren beide Wellenzüge, wie die des Seiles, und erzeugen
-Stehende Wellen, deren Verdünnungen und Verdichtungen positive
und negative Bäuche vorstellen. Damit solche Luftwellen als
Schall auf unser Ohr wirken, wird von ihnen eine Schwingungs-
zahl n von mindestens sechzehn und höhstens vierzig Tausend
in der Sekunde verlangt. Hier ist beizufügen, dass sich der
Schall, das heisst alles Hörbare, in zwei Arten teilt, in Töne
und Geräusche. Ein Ton (Klang) verläuft vollkommen ruhig
und — mit Ausnahme der langsam abnehmenden Amplituden —
gleichmässig und unverändert. Ein Geräusch hingegen entsteht
durch schnellen unregelmässigen Wechsel verschiedenartigen
Schalles, wie es zum Beispiel bei Wagengerassel, Blätterrauschen,
Stimmengewirr der Fall ist.
Die erste Eigenschaft eines Tones ist seine Stärke, die
Intensität, mit der er erregt, das heisst angeschlagen, ge-
DigitizsdbyGOOgle
Wellen und Schail, 219
Strichen, geblasen, gesungen wird. Die Intensität beruht in der
Grösse der Amplitude. Eine kleine Amplitude ruft ein Piano,
eine sehr grosse ein Fortissimo hervor.
Ausser durch seine Stärke wird ein Ton durch seine Höhe
und diese durch die Schwingungszahl ii bestimmt. Je höher der
Ton, umso grösser die Schwingungszahl. Der Gesang eines
Bassisten besteht in langsameren Luftschwingungen, als der
einer Sopranistin. Macht der bekannte Kammerton a, vier-
hundertfänfunddreissig volle Schwingungen in der Sekunde, so
das nächst höhere a achthundert und siebzig, doppelt so viel:
» = 435 810 Schw.-Sek.
I = 16 38 cm.
Erinnern Sie sich an die Motoren der Strassenbahn, wie beim
Anfahren, also bei wachsender Drehungszahl, ihr pfeifender
Ton höher, beim Abstellen tiefer wird. Die Schwingungszahlen
musikalischer Töne bewegen sich nach den Angaben zwischen
den Grenzen vierzig und höchstens vier Tausend, die der mensch-
lichen Stimme von fünfundsechzig bis zwei Tausend. Unsere
Grundgleichung c — n .1 lässt aus den Schwingungszahlen die
Wellenlänge berechnen, wenn die Schallgeschwindigkeit zu
constant drei Hundert und dreissig Meter pro Sekunde ange-
330
nommen wird. Für a, wäre dann l -;„, m --. etwa 76 cm,
für das höhere a, halb so viel. Die Längen musikalischer
Wellen schwanken nach den eben angegebenen Schwingungs-
zahlen etwa zwischen 8,25 m für den tiefsten, und 8 cm für den
höchsten Ton, also über eine stattliche Skala.
Die Höhe hat für den Ton aber noch eine weitere Bedeutung.
Töne von mechanisch gleicher Intensität, das heisst gleicher
Amplitude, machen auf das Ohr eines Hörers einen umso
stärkeren Eindruck, werden umso heftiger wahrgenommen, je
höher sie sind. So wird angegeben, dass die dem Ohre fühl-
bare Stärke eines Tones der dritten Potenz seiner Schwingungs-
Digitiz.db^COO'^IC
220 Wellen und SchaEI.
zahl proportional sei, eine Thatsache, die der Anstellung der
Gehilfinnen im Fernsprech dienst einen Teil ihrer physikalischen
Begründung geliefert hat.
Die Tonstärke, beruhend in der Amplitude, ist ein
Charakteristikum eines Tones, die Höhe, begründet in der
Schwingungszahl, das zweite, die Klangfarbe das dritte.
Denken Sie sich etwa vor einem Wilden die beiden Töne a, und
Oj auf dem Klaviere angeschlagen. Er wird sie vielleicht nicht
auseinander halten können, wenigstens in der Erinnerung nicht.
Streichen Sie aber dasselbe «, auf einer Violine an oder singen
es oder blasen es auf der Posaune, so werden ihm diese Töne
völlig verschieden vorkommen, obgleich sie alle die gleiche Höhe
haben. Verschieden ist ihre Klangfarbe. Die Klangfarbe be-
ruht auf der Beimischung einer Reihe sogenannter Obertöne,
das heisst von Tönen höherer Oktaven, die mit dem Grundton
interferieren und den Klang des Tongemisches ganz verschieden
färben. Die Vermischung geschieht ähnlich, wie die der Töne
der verschiedenen Instrumente im Orchester. Ein ganz reiner
Ton, der keine Obertöne beigemischt enthält, kann übrigens
nur durch besondere Vorrichtungen hergestellt werden. Stellen
Sie sich eine kräftige Wasserweile vor, deren Oberfläche von
anderen, kleineren Wellen gekräuselt wird, und Sie haben ein
ungefähres Bild für den Grundton mit seinen Obertönen, die in
ihrer Vermischung einen Ton (Klang) erzeugen.
Es sei hier bemerkt, dass diese Tongemische auf unser Ohr
den gleichen Eindruck machen, wenn die dem gleichen Grundton
beigemischten Obertöne von gleicher Höhe und Stärke sind.
Die gegenseitige Lage ihrer Phasen kommt für die Klangfarbe
nicht in Betracht, während die Form der gemeinschaftlichen
Tonwelle sehr wohl von ihnen abhängt. Man ist deshalb nicht
berechtigt, als den Ausdruck der Klangfarbe die Schwingungs-
form anzugeben; kann doch jede Klangfarbe durch unendlich
viele Schwingungsformen hervorgerufen werden. Die Gleich-
giltigkeit der Phasen für die Klangfarbe möchte ihren Grund
darin haben, dass das Ohr die Teiltöne des Gemisches getrennt
auffasst und diese erst in der psychischen Wahrnehmung ver-
schmelzen. Zusammenfassend hat man sich einzuprägen, dass
Intensität, Höhe, Klangfarbe, bedingt durch Schwingungsweite,
Schwingungszahl, Obertöne einem Tone seine Eigenart verleihen.
DigitizsdbvGOOgle
Wellen und Schall. 221
Es wurde schon angedeutet, dass ebenso wie andere Wellen
auch die Schallwellen von der Grenzfläche entgegenstehender
Körper zurückgeworfen werden, eine Erscheinung, die besonders
rein als Echo auftritt. Zur möglichst vollkommnen ZurOck-
werfijng von Lichtwellen dienen Spiegel, ebene wie Hohlspiegel.
Einen Hohlspiegel für Schallwellen stellt die aus poliertem Holz
gefertigte Schallkammer des Klopfers (Fig. 132) dar. Die
Fig. 132. Schallkan
spiegelnde Fläche ist nach einem Zweige einer Parabel gekrümmt.
In dessen Mitte liegt der hölzerne Boden der Schallkammer,
damit das Grundbrett des Klopfers und die unter und über ihm
befindlichen Luftschichten, welche beide tönen, der Brennlinie
der Farabelfläche so nahe wie möglich sind. Die Politur des
Holzes vervollkommnet die Zuritck werfung des Schalles geradeso.
DigitizsdbyGOOgle
222 Wellen und Schall.
wie ein blankgewichster Stiefel spiegelt, ein berusstes Glas nicht.
Damit die Klopfer durch ihr Geräusch die an Nachbarapparaten
arbeitenden Beamten nicht stören und andererseits deren Platz
nicht unnütz verdunkelt wird, zäunt man diesen zweckmässig
durch Glaswände ein.
Kann der Schall sich frei um seine Quelle ausbreiten, so
nimmt bekanntlich seine Intensität, für die es allerdings kein
anderes Messinstrument giebt, als das Ohr, mit wachsender
Entfernung ab, und zwar sind die Intensitäten den Entfernungen
von der Quelle umgekehrt proportional. Um die Schallquelle
breiten sich kugelförmige Längswellen, kugelschalenförmige
Verdichtungen und Verdünnungen der Luftteilchen aus. Da die
Oberflächen dieser Kugeln mit dem Quadrat ihrer Radien
wachsen — denn ^r^n-.^r^n ^x'-''^^ — . werden in der
Entfernung r^ im Verhältnis »"s":»",* mehr Luftteilchen in
Schwingung versetzt, als in der Entfernung f,. Die gleiche
Schwingungsenergie bestreicht bei r^ eine im Verhältnis rj*:r,*
mal so grosse Fläche. Sie verteilt sich auf r^w^ mal so viele
Luftteilchen. Die immer gleiche Anzahl solcher Luftteilchen,
welche auf des Hörers Trommelfell stösst und dadurch mittelbar
die Schallempfindung hervorruft, wird folglich in der grösseren
Entfernung mit einer im Verhältnis r^^ ; r^ mal kleineren Energie
stossen. Das heisst eben, die Schallintensitäten verhalten sich
umgekehrt wie die Quadrate der Entfernungen.
Das Geometrische des Gesetzes kann ich Ihnen durch ein
Modell (in Fig. 133 schematisch gezeichnet) zeigen, das mir
allerdings gewöhnlich dasselbe Gesetz iür die Lichtintensitäten
verdeutlichen hilft. Der bequemeren Ausführung wegen sind
die Kugelflächen durch Ebenen ersetzt. Die eine Ebene ist
von der Schallquelle doppelt so weit entfernt, als die andere
und, wie man sieht, vier mal so gross. Dadurch, dass sich die
gleiche Schallmasse auf sie ergiesst, erhält dort eine Fläche
gleicher Grösse nur den vierten Teil davon. Ebenso erklärt
sich das Verhältnis der umgekehrten Quadrate in den beiden
Coulombschen Gesetzen, wie in ihrem Urbilde, dem Newtonischen.
DigitizsdbvGOOgle
Wellen und Schall.
223
F"ür den Schall gilt das Gesetz aber nur, wenn er sich um
seine Quelle nach allen Seiten frei ausbreiten kann. Verhindert
man die Ausbreitung, indem man den Schall in eine Röhre
emschliesst, so ist seine Intensität in den verschiedenen Teilen
SAidlquelk
Fig. 133. Die Schallintensitäten verhalten sich umgekehrt wie die Quadrate der
Entfernungen vun der Schallquelle.
der Röhre ungefähr gleich. Er wird durch das Durchlaufen
eines Weges nur wenig geschwächt. Will man deshalb den
Schall fortleiten, so muss man ihn durch eine Röhre mit glatter
Innenfläche schicken, wobei kegelförmige Erweiterungen des
Fig. 134. Schalltrichter des lautsprechenden Telephons. '
Röhrenendes hohlspiegelartig den Eintritt des Schalles in die
Röhre und seinen Aastritt aus ihr erleichtern. Beispiele dafür
sind das jetzt gewöhnlich nur noch auf kleineren Schiffen
DigitizsdbyGOOgle
224 Wellen und Schall.
gebrauchte, sonst meist durch Fernsprecher und Kommando-
apparate verdrängte Sprachrohr, die Hörmuschel des gewöhn-
lichen Telephons und gar der Schalltrichter des lautsprechenden
(Fig. 134), endlich der Schallbecher der Mikrophone, wie hier
(Fig. 135) der des Berlinerschen.
Fig. 135. Schflllbecher des Berlinerschen Mikrophons.
Eine Erscheinung, von der schon eben die Rede war,
erfordert noch weiter unsere Aufmerksamkeit. Ich meine die
Resonanz, welche für ganz verschiedene technische Gebiete
von grosser Bedeutung ist. In der Akustik pflegt sie in der
Weise gezeigt zu werden, dass man eine tönende Stimmgabel
erst in der Hand hält und dann auf den Tisch oder einen
Kasten aus elastischem Holz aufsetzt. In der Hand tönt sie
leise, auf dem Tisch oder dem Holzkasten stehend, ist sie im
ganzen Saale hörbar. Tischplatte und Holzkasten werden von
der Stimmgabel mit in Schwingung versetzt. Ihre Teilchen
schwingen mit; sie resonieren, Ihre Oberflache ist sehr viel
grösser als die der Stimmgabel, und dadurch wird einer viel
grösseren Luftmenge der Antrieb zum Schwingen erteilt. Die
Resonanzböden der Musikinstrumente — man denke an Klavier,
Violine, Bassgeige — haben den Zweck, die Anzahl der
DigitizsdbyGOOgle
schwingenden Luftteilchen zu \
stärke zu erhöhen. Als solchei
Grundbrett des Klopfers und die
Luftschicht. Der Wind ven
Telegraphendrahte in Schwingun
der Telegraphenstangen, die danr
vollfiJhren.
Die Resonanz tritt am beste
resoniert werden soll, mit den
resonierende Körper giebt, wenn
versetzt wird, wenn er frei seh'
Eine ähnliche Erscheinung sahei
Wagnersche Hammer eine Schni:
sollte. Auch sie giebt bei gegeb
gewissermassen einen Eigenton,
verlangt mit einer von ein Paar
erschüttert zu werden, wenn sie
Fadenlange .v und Wellenlänge i
gebenen Beziehungen stehen. A
anßthren, dass ein Redner dii
leichter in Mitschwingung verset
seines Vortrages ihren Ansichten
ihrem Geschmack anzupassen vt
Die Resonanz eines Körper;
durch einige akustische Versucht
schlagend nachweisen. Hier sii
einander zwei Stimmgabeln mit i
so aufgestellt, dass deren seitl
Beide Gabeln sind, wie ihre Auf;
Ton abgestimmt. Ich schlage
und setzt durch die Luft die am
in der That Gabel II tönt, erl
durch Festhalten am Tönen i
Gabel II festgehalten, so ist der
aber die Gabel II durch Aufsch
'I Der Resonanzboden eines Musikin:
TAnc resonkrcn, und doch wird iiini Beisp
fortgeselztes gutes oder sehicchles Spiel eii
2j Oder deren mehrere.
D,„i,.,db,Google
Wellen und Schall.
auf die eine Zinke, so fällt es ihr nicht
ein, auf die tönende Gabel 1 zu resonieren,
wie der Gegenversuch zeigt. Also eine
tönende Stimmgabel versetzt eine zweite
mit in Schwingung, wenn und solange sie
auf den gleichen Ton abgestimmt ist.
Ein zweiter Versuch! Wieder wird
eine Stimmgabel angeschlagen, jetzt aber
in der Hand gehalten. Sie tönt leise.
Führt man sie (Fig. 136| über die Öffnung
dieses leeren Standcylinders, so tritt keine
nennenswerte Resonanz ein. Lassen Sie
Fig, 136. "lieh jetzt Wasser in den Cylinder giessen.
Resonanz einer LuftsSiiie Der Ton wird lauter und erreicht bei einer
besiimmter Länge auf bestimmten — nicht von Wasser ver-
eine Stimmgabel. drSngten — Luftsäule seine grösste Starke,
die beim Zugiessen von mehr Wasser
wieder abnimmt. Wird mit einem Heber das
Wasser wieder abgezogen, so findet die stärkste
Resonanz bei derselben Höhe der Luftsaule statt,
wie vorher. Berechnen Sie aus der in die Stimm-
gabel eingeschlagenen Schwingungszahl des Tones
seine Wellenlänge l und vergleichen damit die
Höhe der Luftsäule bei stärkster Resonanz s, so
finden Sie s V*/. Die Luftsäule schwingt mit
einem Tone, dessen Länge l viermal so gross ist,
als ihre eigene s. Wie man sagt, schwingt die
Luftsäule in einer viertel Wellenlänge.
Tönende Luftsäulen spielen in dem , was
schliesslich — selbst oder als Bild — alles zur
Schwachstromtechnik gehört, eine Rolle. Die
Gesetze ihres Tünens offenbaren sich am besten
in den Lippenpfeifen, die man, je nachdem ihr
oberes Ende offen oder verschlossen ist, in offne
und in gedeckte — in alter Wortform gedachte —
sondert. Einen Schnitt durch eine offne Lippen-
Kig. 13T, pfeife sehen Sie hier {Fig. 137). Unserm Versuche
i-ippenpfeife, y^^ eben entspricht die gedeckte Pfeife, die sich
der l-Snge nach "^ ** '
durciisciinittcn. von dcr gezeichneten nur durch den Verschlub.s
DigitizsdbyGoÖgle
Wellen und Schall. 227
des oberen Endes unterscheidet. Dieser Verschluss entspricht
bei dem Cylinder (Fig. 136) dem unteren Ende der Luftsäule,
da, wo sie an das unelastische Wasser grenzt. Die tonerregende
Stimmgabel ist durch den Luftstrom ersetzt, der aus dem Mund-
stück an dem Spalt der beiden Lippen vorbei bläst. Dieser
Luftstrom versetzt die Luftsäule der Pfeife in stehende Längs-
schwingungen. Die stehenden Schwingungen kommen so zu
Stande, dass, wie die Seilwelle, auch die Luftwelle um eine halbe
Periode in der Phase verschoben zurückgeworfen wird und die
hingehenden Wellen mit den zurückgeworfenen interferieren.
Die Luftsäule der Lippenpfeifen ertönt in freien, nicht in
erzwungenen Schwingungen. Der erregende Luftstrom löst den
Eigenton der Pfeife aus und ersetzt die durch Reibung und
Abgabe nach aussen der Pfeifenluft verloren gehende Arbeit.
Das Gesetz der gedeckten Pfeife können Sie sich durch die
Erwägung plausibel machen, dass am gedeckten Ende Ruhe
herrschen, ein Knoten entstehen wird und am Spalt ein Bauch.
Die Entfernung eines Knotens vom benachbarten Bauch beträgt
eine viertel Wellenlänge (S. 214). Die gedeckte Pfeife erzeugt
in der That (für gewöhnlich) einen Ton, dessen Welle viermal
so lang ist, als sie selbst, l 4 s. Sie schwingt in einer viertel
Wellenlange. Für das Gesetz der offenen Pfeife ist zu bedenken,
dass sich zwar an der Lippe ein Schwingungsbauch befindet,
an dem jetzt offnen Ende aber kein Knoten mehr verlangt wird,
mithin auch dort ein Bauch entstehen kann. Für gewöhnlich
schwingt deshalb eine offne Pfeife in einer halben Wellenlange
l 2s. Ihr Ton ist derselbe, wie der einer gedeckten Pfeife
von halber Länge.
Bei den Lippenpfeifen, von denen bis jetzt die Rede war.
wird die Pfeifenluft durch einen an dem Lippenspalt vorbei-
streichenden Luftstrom erregt. Den Zungenpfeifen öffnet
und verschiiesst abwechselnd ein hin- und herschwingender
leichter Körper, die Zunge, den von dem erregenden Luftstrom
durchstrichenen Spalt und macht diesen Luftstrom dadurch
intermittierend. Die verwickelten Gesetze der Zungenpfeife
können wir gern aus dem Spiele lassen. Sie selbst musste
deshalb erwähnt werden, weil das menschliche Stimmorgan als
eine Zungenpfeife angesehen wird. Zwei elastische Muskelbänder,
die Stimmbänder, öffnen und verschtiessen abwechselnd die obere
16*
DigitizsdbyGOO'^le
228 Welten und Schall.
Öffnung des Kehlkopfes, die Stimmritze, machen dadurch den
aus der Lunge getriebenen Luftstrom intermittierend und bringen
die Luft des Rachens und der Mundhöhle zur Resonanz. Die
verschiedenen Stellungen der Lippen und der Zunge (nicht im
akustischen Sinne) helfen dann die Reihe der Sprachlaute
erzeugen. Die Vokale sind Töne mit Ihren Obertönen, die
Konsonanten kurze Geräusche, die mehr nur die Vokale ein-
rahmen. Eine weitere Betrachtung des menschlichen Stimm-
organes und des Ohres, wie der Theorien über das Zustande-
kommen der Sprache wäre reizvoll, aber filr unseren Zweck
überflüssig, so dass nur noch auf eine akustische Erscheinung,
auf die Dämpfung, hingewiesen werden muss.
Bei der Schallkammer des Klopfers erfuhren Sie, dass
glatte und blank polierte Flächen den Schall besonders gut
zurückwerfen. Es wurde auch an die entsprechende optische
Erscheinung erinnert und im Gegensatz zum blanken Stiefel
ein berusstes Blech angeführt. Diesem entsprechen akustisch
alle Stoffe mit rauher Oberfläche, wie zum Beispiel Teppiche,
die den Schall nicht zurückwerfen, sondern verschlucken, also
dämpfen. Man denke an die Läufer
eines Hotels und an die blossen Treppen
eines Alpengasthauses, die — dem eben
eingeschlafenen zum Ärger — unter den
Tritten spät ankommender Touristen
erdröhnen. Im leeren Hör- oder Konzert-
saal schallt die Stimme des Redners
oder des Sängers. Die Stimme wird
durch das ihr augenblicklich folgende
Echo gestört. Die Zuhörer dagegen
erteilen einem erheblichen Teile des
Saales eine unregelmässige Oberflache,
welche den Schall nicht zurückwirft.
Die gleiche Erscheinung verwendet man
Fig. 138. bei den sogenannten schallsicheren
schallsichere Fernspreei.zdie. Fernsprechzellen (Fig. 138), in denen
— sehr zweckmässig, aber leider
viel zu selten — an geräuschvollen Orten der Fernsprecher
untergebracht ist. Damit diese Zellen auch wirklich als Schall-
scheidewand und nicht etwa als Resonanzkasten wirken, sind
DigitizsdbvGOOgle
Wellen und Schall. 229
sie mit Filz oder Fries oder ähnlichem Material, kurzum mit
Körpern ausgepolstert, die gewissermassen den Schall schlecht
leiten. Sie lassen ihn weder von aussen nach innen, noch von
innen nach aussen durch und schützen den Fenisprechenden
vor dem oft unerträglichen Lärm der Aussenwelt und zugleich
vor Lauschern am Orte selbst.
Das Bild einer stark gedämpften Schwingung entspricht
dem des Funkens, das seiner Zeit in der Elektrostatik (Fig. 59
auf S. 93| entworfen wurde. Die Amplituden der Schwingung
werden immer kleiner, so dass sie sich schnell an Null annähern.
Dass auch jede Resonanz dämpfend wirkt, folgt aus dem Gesetz
von der Erhaltung der Energie. Denn bei der Resonanz wird
die schwingende Masse auf Kosten der Schwingungsdauer ver-
grössert. Der Anstoss zum Schwingen stellt ein bestimmtes
Maass an Arbeit zur Verfügung, und dieses zehrt eine grössere
schwingende Masse natürlich schneller auf, als eine kleinere.
Somit schliessen wir in der heutigen Vorlesung unsere
allgemeinen Betrachtungen, die Besprechung der physikalischen
und chemischen Thatsachen und Theorien ab, so weit sie für
ein elementares Verständnis der Telegraphie und Tetephonie
notwendig sind, und treten bei unserer nächsten Zusammenkunft
in die Erörterung der speziellen Technik ein. Freilich konnten
schon manche Einzelheiten vorweg genommen werden und
manches allgemeine musste, schon um nicht durch zu viel
Theorie abzuschrecken, für den speziellen Teil aufgespart bleiben.
Stossen Sie sich nicht daran — die Einteilung ist schwer ganz
schulmeisterlich richtig zu treffen — , und folgen Sie mir guten
Mutes weiter, zunächst zu dem landläufigsten Telegraphen-
apparat, dem Morse.
DigitizsdbyGOOgle
12. Vorlesung.
Farbschreiber und Klopfer.
rsepriniip. Morseieichen. Retiefschreiber. — Farbschreiber: Elektroi
rne und Anker, Magnetischer Kreis. Luftz wisch cnraum und Ankeranzieht
ximale Ampere Windungen. — Einstellung. — Schreibhebel. — Uhrwerk,
zung der Geschwindigkeiten und KrAlte. Windfang. Auslösung und Hemini
pier, — Französischer Farbschreiber. — Taste. — Klopfer und Klopfer
Einfachste Schaltungen.
Zu jeder telegraphischen oder telephonischen Übertragung
sind offenbar zwei Hauptapparate nötig, einer, mit dem gegeben,
und einer, mit dem empfangen oder aufgenommen wird. So
besteht auch der Morseapparat aus zwei Teilen, aus Geber und
Empfänger. Namentlich der Empfänger hat während vieler
Jahrzehnte eine lange Formenreihe durchlaufen, welche, gleich
anderen viel gebrauchten Erzeugnissen der Werlcstatt, ganz an
die eines Lebewesens erinnert.
KiR 139. Schema des MorseempfSngers.
Von dem Empfänger der alten Bauart seien die prinzipiell
wichtigsten Teile gezeichnet (Fig. 139), zuerst der um seine
horizontale Achse drehbare Schreibhebel, dessen — von Ihnen
DigitizsdbyGOOgle
Farbschreiber und Klopfer. 231
aus — rechtes Ende einen eisernen Anker umschliesst. Unter dem
Anlcer steht ein zweischenkliger Elektromagnet, von dem hier
nur eine Spule und ein Kern zu sehen ist. Werden die Spulen-
windungen des Elektromagneten von einem Strome durchflössen,
so ziehen die Eisenkerne den Anker an. Der Hebel dreht sich
in der Richtung des Uhrzeigers und der an seinem linken Ende
befestigte Stahlstift macht einen Eindruck in ein an ihm vorbei-
rollendes, von einer sich drehenden Walze gestütztes Papier-
band. Sobald der Strom zu fliessen aufgehört hat, gewinnt
die dem elektromagnetischen Zuge entgegenwirkende Spiral-
feder wieder die Oberhand und fährt den Schreibhebel in
seine ursprüngliche Lage zurück. Die Länge des Papier-
eindruckes hängt somit von der Dauer des Stromschlusses ab.
Bei langer Stromdauer entsteht ein langer Papiereindruck, ein
Strich, bei kurzer ein kurzer, ein Punkt. Aus Punkten, ver-
schieden langen Strichen und der Länge der Zwischenräume
hat Morse ein Alphabet erdacht und in Amerika eingeführt.
So drückte er zum Beispiel durch • • • das s, durch • • »
das c und durch • •• das r aus. Es bedeutete ^ t und
^^^» L Die Zwischenräume verursachten Irrtümer, und
obschon sie und die verschieden langen Striche für Amerika
notgedrungen bestehen blieben, setzte man die für Europa
bestimmte Morseschrift nur aus Punkten und einer Art Strichen
zusammen, ohne den Zwischenräumen eine besondere Bedeutung
beizulegen. Auf dieser Tafel (S. 232 und 233) sind die in
Europa gebräuchlichen Morsezeichen aufgeschrieben. Besonders
häufig vorkommende Buchstaben, wie zum Beispiel das c, sind
möglichst einfach gebaut. Die Morseschrift zu erlernen, giebt
es nur ein Mittel: Übung. Gedächtnisregeln helfen nur fttr ein
paar Buchstaben. Zur Einübung hat man Apparate (Fig. 140 auf
S.234) ohne jede elektrische Einrichtung gebaut. Bei ihnen werden
, die Bewegungen der gebenden Taste, auf deren Besprechung
wir nachher kommen, mechanisch unmittelbar auf den Schreib-
hebel übertragen, und der Lernende ist in der Lage, auf dem
Papierstreifen zu prüfen, ob er richtig gegeben hat. Diese
Kontrolle fällt beim Üben mit der Taste allein fort; sonst thut
sie aber denselben Dienst. Dem Praktiker gehen die Morse-
zeichen bald in Fleisch und Blut über, und er handhabt sie
mit einer dem Unkundigen imponierenden Sicherheit.
DigitizsdbyGOOgle
Farbachreiber und Kloprer.
Die wichtigsten
Buchstaben.
P -■
q —
Ziffern.
1 .^-___
4 . ....^
5 .
9 ^-_ -^_
0 ^ — — --
Bruchstrich ^^ «
Abgelcürzte Ziffern.
5.....
e__. ...
8__ . .
D,„i,.,db,Google
Farbsch reiber und Kloprer.
Morsezeichen.
Interpunktion.
Punkt - - - - .
Semikolon ^^ • ^
Komma » «^k - ■
Doppelpunkt ^mm, ^^
Fragezeichen . «. ^^ ,
Ausrufungszeichen ^^ ^^
Apostroph _ ^^ ^
Bindestrich ^^ . _ .
Klammer lauf und zu) ^^^ _ ^
Dienstzeichen.
Anruf ^^M • ^H
Auffordern zum Geben ^^ > «■
Warten m ^^ * ■
Verstanden * • . ^^
Nicht verstanden » « ^^ ,
Irrtum oder Unterbrechung « » « » »
Schiuss ^ ^^ . ,
Quittung ^ _^ . .
Zur Trennung { r«1°?j;«Ä — . . .
Dringlich ld| ^^ , .
Antwort bezahlt IR. P.) _ ^_ . ,
„Google
234 Farbschreiber und Klopfer.
Die ursprünglichen Morseapparate heissen nach ihrer in
PapiereindrOcken bestehenden Schrift Reliefschreiber. Sie
besassen der Üblen Eigenschaften mehrere. Es war nötig, dass
ihr Schreibhebel seine Spitze mit einiger Kraft in das Papier
eindrückte. Dazu musste er heftig angezogen werden und
gehörig fest sein. Doch durfte das Papierband auch nicht
durchlöchert werden. Dies zu verhindern und wiederum auch
genügend tiefe Papiereindrücke zu erzielen, erforderte eine
fortwährende Aufinerksamkeit auf die Einstellung. Aber auch
dann war die Schrift oft schwer zu entziffern, trotzdem in-3en
Kig. 140. Übiincsappaiai
Amtern nur die Fensterplatze benutzt wurden. Trübes Wetter
oder künstüche Beleuchtung erschwerten das Lesen der Tele-
gramme noch mehr. Oberlicht machte es ganz unmöglich. Der
Reliefschreibcr wurde deshalb zur grossen Freude der Beamten
DigitizsdbyGOOgle
Farbsehreiber und Klopfer.
235
durch den Farbschreiber ersetzt. Bei ihm werden die Zeichen
dem Papierbande nicht eingedrückt, sondern mit Farbe auf-
geschrieben.
Der Farbschreiber
steht hier (Fig. 141 und 142 auf den folgenden Seiten) in zwei
sehr ähnlichen Ausführungsformen vor Ihnen. Zur besseren
Übersicht teilen wir seine Besprechung in drei Abschnitte, die
mit den drei Schlagworten: Elektromagnet, Schreibhebel,
Uhrwerk zu überschreiben sind. Das Eingehen auf vielerlei
Einzelheiten ist durch die grosse Verbreitung des Apparates
und seine technische Durchbildung gerechtfertigt.
Der Elektromagnet (Fig. 143) wird von zwei Spulen
gebildet, die über Eisfyikerne geschoben sind. Diesen sind dann
.m^
Polschuhe aufgeschraubt. Pro Spule hat man etwa 500 m mit
Seide umsponnenen Kupferdrahtes von 0,2 mm Durchmesser in
6500 Windungen — radial etwa 33, übereinander 200 Lagen -
aufgewickelt. Der Widerstand pro Spule ist nach W ■
l
mithin zu etwa
.500
: 280 Ohm und der von zwei hinter-
DigitizsdbyGOOgle
D,„i,.,db,Google
Farbschreiber und Klopfer.
D,„i,.,db,Google
238 Farbschreiber und Klopfer,
einander geschalteten Spulen i? zu 560 Ohm zu veranschlagen.
Früher wurde er zu etwa 300 und 600 S.E. angegeben.
Über den Elektromagnetkernen (Fig. 143) ist der Anker
angebracht. Kerne, Polschuhe und Anker bestehen, um Remanenz
und Hysteresis nach Möglichkeit einzuschränken, aus weichem
Eisen. Je schlanker dessen Hysteresisschleife, umso gehorsamer
folgen, wie Sie wissen, den Stromänderungen (/) und damit den
magnetischen Änderungen in Luft [IJ) die im Eisen (B), mithin die
Bewegungen von Anker und Schreibhebel. Ausserdem wird auch
ein umso kleinerer Teil der übertragenen elektrischen Arbeit im
Eisen vergeudet. In Anker und Kernen sollen des Weiteren keine
Wirbelströme zugelassen werden. Sie zu vermeiden, sind alle
drei als Röhren ausgebildet und überdies der Länge nach, also
parallel zu den Kraftlinien, aufges{^htzt. Hierdurch wird den
Wirbelströmen, welche sonst in den massiven Eisencylindern
und in kleinerem Maasse auch in den Eisenröhren die Kraft-
linien umkreisen würden, der Weg verlegt. Ausserdem macht
die Röhrenform den Anker leicht, so dass durch ihn dem
Schreibhebel die Masse nur unwesentlich vermehrt und die
Beweglichkeit nicht vermindert wird. Der Ankerschlitz dient
gleich zum Einsetzen der Schraube, die den Anker im Schreib-
hebel festklemmt.
Das Arbeiten des Elektromagneten ist Ihnen aus früher
gelerntem verständlich. Sie wissen, dass ein in einer Spule
befindlicher Kern aus weichem Eisen für die Dauer des Strom-
flusses zum Elektromagneten wird, zwar so, dass an dem in
der Richtung des Uhrzeigers umflossenen Ende des Kernes ein
Süd-, am anderen ein Nordpol entsteht. Freihch kommen Pole
nur dort wirklich zu Stande, wo die Kernenden an Luft grenzen,
also in den Polschuhen dem Anker gegenüber, während die
beiden unteren, durch die Jochplatte vereinigten Enden sich
gleichsam magnetisch neutralisieren. Von den beiden oberen
Kernenden stellen, wie die Betrachtung des Schemas (Fig. 143a|
ergiebl, das eine einen Nord-, das andere einen Südpol vor.
Beide influenzieren den ihnen gegenüberliegenden Eisenanker
magnetisch derart, dass sich ungleichnamige Pole gegenüber-
stehen und Anziehung stattfindet.
Soweit die alte Betrachtungsweise. Erinnern Sie sich nun
an die Kraftlinienanschauung und an das Gesetz des magnetischen
DigitizsdbyGOOgle
Farbschreiber und Klopfer. 239
Kreises. Das Produkt des Stromes J und der Windungszahl n
übernahm als Jw, als Amperewjndungen , die Rolle einer
Magnetomotorischen Kraft. Nehmen Sie für den Farbschreiber
J zu 13 Milliampere und n zu 2 . 6500 = 13000 an, so ergiebt sich
.7« = 13. 10-'. 13 . 10» = 169.
Diese 169 Amperewindungen treiben unter Überwindung des
magnetischen Widerstandes den magnetischen Kraftfluss durch
Kerne, Polschuhe, Joch, Anker und — nicht zu vergessen —
die Luftbrücke. Der Widerstand des magnetischen Kreises
setzt sich aus dem seiner einzelnen Teile, im Ganzen also aus
dem des Eisen- und dem des Luftweges zusammen. Da die
spezifische magnetische Leitfähigkeit L, die Permeabilität, fttr
Eisen sehr gross — in unserem Falle mögen Sie sie zu etwa
3000 annehmen — , für Luft nur 1 ist, wird der magnetische
Widerstand auch kleiner Luftbrücken unverhältnismässig gross.
Die Einzelheiten der übrigens nur ganz ungefähren Rechnung
will ich Ihnen ersparen und allein ihr Ergebnis anführen.
Könnte der Anker unmittelbar ohne Luftzwischenraum auf den
Polschuhen aufliegen, so würden die 169 Amperewindungen
einen Gesamtkraftfluss von etwa 10 000 Linien durch den
Magnetkreis drücken. Müssen aber die Kraftlinien zum und
vom Anker auf die kurze Strecke von nur 0,5 mm durch Luft
gehen, so liefern die gleichen Amperewindungen nur noch etwa
4000 Linien, und bei 0,8 mm sinkt ihre Anzahl gar auf 2500
herab. Für den Eisenweg sind im letzteren Falle nur an
20 Amperewindungen nötig. Alle übrigen, also an 150 treiben
den Kraftfluss durch den Luftweg von 2 . 0,8 mm.
Lassen Sie mich in dem Schema des Elektromagneten
(Fig. 143a auf S. 235) den Schnitt durch ein Kraftlinienbündel mit
einer gestrichelten Linie andeuten. Dann sind, weil Kerne und
Anker hohl sind und nur die — etwa 3 mm dicken — Wandungen
aus Kraftlinien-leitendem Eisen bestehen, die gestrichelten Linien
nahe der äusseren Wand zu zeichnen. Absichtlich zeichne ich
in Kern, Polschuh und Anker die innere Linie stärker, als
die äussere; wird doch der kürzere, innere Weg von mehr
Linien benutzt, als der längere, äussere. Wie bei elektrischen,
DigitizsdbyGOOgle
240
Farbschreiber iind Klopfer
wird auch bei magnetischen Verzweigungen der Weg des
kleinsten Widerstandes bevorzuget. Es verläuft also ebenfalls
die Mehrzahl der Kraftlinien durch den den Polschuhen be-
nachbarten, tieferen Teil der Ankerröhre, und nur ein kleinerer
Teil steigt in den mittleren und oberen Teil der Röhre hinauf
Deshalb kann diese auch ohne merkliche Erhöhung des magne-
tischen Widerstandes an den beiden Seiten dachartig abgeschrägt
sein. Das dadurch fortfallende Eisen würde doch nur sehr
wenig als magnetisches Leitungsmaterial ausgenutzt werden.
Den Zusammenhang zwischen Strom- und Kraftlinienrichtung
werden Sie leicht aus den früher dafür gegebenen Regeln ab-
leiten können.
Da, wie eben mit einigen ungefähren Zahlen belegt wurde,
der Luftzwischenraum zwischen Polschuhen und Anker den
weitaus grössten Teil des magnetischen Widerstandes hervor-
ruft, erkennen Sie die Berechtigung, Anker und Kerne ohne
Schaden auszuhöhlen und zu schlitzen, und dadurch den Vorteil
geringerer Remanenz, Hysteresis und Wirbel-
ströme zu erreichen. Der Widerstand des
j^ Eisenweges bleibt trotzdem gegen den des
l^ji Luftweges klein. Höhlung und Schlitz ver-
^1 nichten aber die Remanenz nicht vollständig.
Das wird beim Telegraphieren dann fühlbar,
wenn der angezogene Anker die Polschuhe
unmittelbar ohne Luftzwischenraum berührt.
Die Remanenz des Eisenkreises ist dann noch
immer so gross, dass bei der nun folgenden
Stromunterbrechung der Anker durch die
Feder nicht abgerissen wird, sondern auf den
Polschuhen gleichsam kleben bleibt. Die
unmittelbare Berührung von Anker und Pol-
schuh zu verhindern, ist der Ankerhub nach
oben und unten durch einen verstellbaren
Anschlagstift begrenzt. Beide Anschlagstifte
einem Bock (Fig. 144) untergebracht, der
ganz rechts der Grundplatte aufgeschraubt ist. Hat man aber
den unteren Anschlag soweit gesenkt, dass der Anker doch
die Polschuhe berührt, so verhindert ein auf beide Polschuhe
aufgeklebtes Stück Papier als dünne Schicht unmagnetischen
Hg. H4.
Dock mit Anschlag-
stiften.
sind verstellbar
DigitizsdbyGOOgle
Farbschreiber und Klopfer. 241
Materiales, das heisst solchen von der Permeabilität Eins, das
magnetische Kleben des Ankers.
Die Berechnung des magnetischen Kreises wird durch eine
Erscheinung einigermassen trügerisch, von der noch garnicht
die Rede war, durch die Streuung. Es legen nämlich längst
nicht alle in Spulen und Eisenkern erzeugten Kraftlinien wirklich
den vollen von ihnen gewünschten Weg zurück, sondern sie
springen zu erheblichem Teile vorher ab, ohne erst durch den
Anker hindurch zu gehen. Namentlich die einander bis auf
1 cm benachbarten Polschuhe geben zu einer derartigen Zer-
streuung von Kraftlinien Veranlassung, etwa so, wie es für eine
mittlere Kraftlinie in dem Schema von vorhin (Fig. 143a auf
S. 235) angedeutet ist. Solche Streulinien sind natürlich gar-
nichts nutz, obgleich ebenso gute Amperewindungen für sie
aufgewendet werden, wie für die wirksamen KraftHnien. Aber
sie lassen sich nicht vermeiden, und man muss von der unter
Vernachlässigung der Streuung errechneten KraflUnienzahl einen
Teil abziehen, um die Nutzlinien zu erhalten. Wieviel, ist schwer
zu sagen. Ohne Verbindlichkeit möchte ich das Streufeld zu
20 bis 307" i^es Gesammtfeldes veranschlagen. Nur etwa 80
bis 707" entfallen auf das Nutzfeld.
Sie sollen mit dieser Rechnung auch nicht weiter behelligt
werden, denn die Dinge liegen, wie später klar werden wird,
verwickelter. Nur eine Kurve möchte ich Ihnen zeigen
(Fig, 145 auf der folgenden Seite), welche die Änderung der
Anziehung des Ankers mit seiner Entfernung von den Polschuhen
wiedergiebt. Die Anziehungskraft ist für die verschiedenen
Entfernungen unmittelbar gemessen worden. Wenn Sie diese
Messungen als zuverlässig betrachten wollen, so entnehmen Sie
der Kurve, dass im ungefähren Abstände von 2 mm der Anker
mit 1,5 g, bei 0,8 mm schon mit 5 g, bei 0,5 mm mit 7 g und
bei 0,2 mm mit 12 g angezogen wird. Der Anker wird ja deshalb
auch bei seinem Wege auf die Polschuhe zu immer heftiger
angezogen werden und den kurzen Zwischenraum mit immer
stärker beschleunigter Geschwindigkeit zurücklegen. Die
gestrichelte Kurve giebt die gleiche Abhängigkeit bei einem
andauernden Strome von nur 4,3 Milliampere, das heisst dem
dritten Teile des normalen Morsestromes wieder. Sie sehen,
eine wie kleine Anziehungskraft er ausübt.
DigitizsdbyGOO'^le
242
Farbschreiber und Klopfer.
Eine einigermassen wichtige Frage ist noch zu erwägen:
Wovon hängt die Zahl der erreichten Amperewindungen und
damit unter sonst gleichen Umständen die Stärke der Anker-
anziehung ab, und kann man sie durch Vergrösserung der
Windungszahl steigern? Dadurch wächst allerdings der Faktorn
des Produktes Jn, aber mit ihm auch der Leitungswiderstand R
der Spulen, und damit sinkt der Faktor •/. Nehmen Sie die
^e
j- 43.1C''awp
Fig. 145. Anheranziehung und -abstand.
Höhe der Spule als gegeben an, so wird der Widerstand R
mit zunehmender Windungszahl sogar stärker vergrössert, als
die Windungszahl. Denn die Spule wird immer dicker und die
später aufgewickelten Windungen haben einen immer grösseren
Durchmesser, mithin grössere Länge als die ursprünghchen.
Hier (Fig. 146) ist für die Farbschreiberspulen der Widerstand R
in Abhängigkeit von der Windungszahl n aufgetragen. Man
DigitizsdbyGOOgle
Farbschreiber und Klopfer.
243
sieht, wieviel mehr der Widerstand wächst, als die Windungs-
zahl, Proportionalität beider würde durch die gestrichelte
gerade Linie angezeigt.
Mit zunehmender Windungszahl fällt also durch das be-
schleunigte Anwachsen des Widerstandes R auch der Strom J.
— y\ . i
. 146. WidersUnd und Windungsiahl der Farbschreiberspulen
Es ist aber zu bedenken, dass B nur einen Teil des gesamten in
das Ohmsche Gesetz eingehenden Widerstandes ausmacht, denn
tfi + wi + H
Widerstand der Batterie und w, den der Leitung bezeichnet.
Bei grossem u-j -|- hu ist deshalb die nützliche Steigerung von n
mit einer verhältnismässig unschädlichen Verkleinerung von J
erkauft. Bei verschiedenem w, + w, wird die grösste Ampere-
windungszahl von verschiedenem n geliefert. Die Rechnung
ergiebt, dass J» mit zunehmendem n zuerst stark, dann schwächer
ansteigt und dann allmählich abnimmt. Das Maximum liegt bei
derjenigen Anzahl von Windungen, deren Widerstand gleich
der Summe der Widerstände von Leitung und Batterie ist.
DigitizsdbyGOO'^le
244
F»ri>schreiber u
i Klopfer.
Auch dieser Zusammenhang ist hier (Fig. 147) graphisch auf-
getragen. Man sollte danach für jede Leitungslänge besonders
gewickelte Farbschreiber haben, eine Forderung, welche die
Praxis nicht erfüllen kann. Die Reichspost hat deshalb die
R-i^rlf,
Fig. 141. Widerstand und Ampere Windungen.
Windungszahl von 13000 mit einem Widerstände von etwa 560
als eine mittlere und in allen Fällen taugliche ausgewählt und
in langer Praxis erprobt.
Der wiederholt als normal angegebene Morsestrom besteht,
auch wenn wir vorläufig bei der einfachen Behandlungsweise
des Stromverlaufes bleiben, nur auf dem Papier. Thatsächlich
werden die Farbschreiber von einem Strome nur dieser Grössen-
ordnung, nicht dieser Grösse durchflössen. Die Gründe hierfilr
werden uns bald eingehend beschäftigen. Zunächst haben wir
es mit einer Folge der wechselnden Grösse des Stromes zu
thun. Das ist die jedem Praktiker bekannte Notwendigkeit, den
Apparat auf die Grösse des gerade fliessenden Telegraphier-
Stromes einzustellen.
Zur Einstellung bieten sich zwei Mittel. Das einfachste,
rein mechanische, ist vermehrte oder verminderte Anspannung
der dem elektromagnetischen Zuge entgegenwirkenden Feder.
Diese Feder sitzt bei den modernen Apparaten (Fig. 141 und 142)
oben rechts an der rechten Seitenwand des Gehäuses, von
einem vertikalen Messingrohre (in Fig. 142 als Federgehäuse
bezeichnet) schützend umgeben. Ein Drehen des Schrauben-
kopfes ändert die Federspannung.
DigitizsdbyGOOgle
Farbaclireiber und Klopfer. 245
Zur zweiten Verstellung dient die links daneben befindliche
Mutter. Diese Verstellung wirkt elektromagnetisch und besteht
in einem Heben oder Senken des Joches und der ihm auf-
geschraubten Elektromagnetkeme. Das Heben der Kerne ver-
kürzt den von den Kraftlinien zu durchsetzenden Luftraum und
verkleinert damit den Widerstand des magnetischen Kreises.
Die von einem verhältnismässig kleinen Strome bewirkte Ampere-
windungszahl erzeugt als Magnetomotorische Kraft jetzt bei
dem kleineren magnetischen Widerstände annähernd die gleiche
Kraftlinienzahl, wie bei grösserem Widerstände das grössere J. n.
Andererseits wird durch Senken von Joch und Kernen auf einen
grösseren Strom eingestellt. Da der magnetische Wider-
stand der Luft den Hauptteil des ganzen Kreises ausmacht,
bewirkt das Heben oder Senken der Kerne gleich eine sehr
heftige Verstellung und ist mit besonderer Vorsicht anzuwenden.
Für gewöhnlich sollen sich die Kerne in ihrer höchsten Stellung be-
finden, damit so die Amperewindungen möglichstausgenutzt werden.
Nach der Besprechung des Elektromagneten wenden wir
uns zu der des Schreibhebels (Fig. 148, 149 und 150). An
neueren Apparaten sehen Sie von
ihm nur den am weitesten rechts
gelegenen Teil von reichlich fünf
Centimetern , dessen Mitte den Fig. h8. Schrdbhebei.
Anker umschüesst. Dann tritt der
Schreibhebel durch die rechte Seitenwand in das Apparatgehäuse
ein und biegt im rechten Winkel erst nach vorn und dann
nach links um. In dem nach vorn verlaufenden Stück, gleich
links von der Wand, ist er gelagert. Dann setzt er sich dicht
hinter der Vorderwand bis zur Achse (IVb) des Farbrades fort,
welche er mit seinem linken, haken- oder fingerförmigen Ende
umgreift. Das Umgreifen ist durch eine in die Achse ein-
geschnittene Nut gesichert. Der durch das Wechselspiel des
elektromagnetischen und des Federzuges bald im Uhrzeigersinne,
bald gegen ihn gedrehte Schreibhebel führt mit seinem finger-
förmigen Ende die Farbradachse und damit das von der vorderen
Gehäusewand liegende Farbrad auf und nieder. Der dazu not-
wendige Spielraum ist der Achse gelassen, ohne dass deshalb
ihr fast um die ganze Gehäusetiefe dahinter liegender Zahnrad-
antrieb beeinträchtigt würde.
DigitizsdbyGOOgle
n Punkte und Striche der
1 Hebel
Fig. 150. Schreibhebel.
(Von vorn. Vordere Apparatwand fortgedacht. Die an
die Hebelstellung fflr die Zwischenräume, diegestriche
Morse zeichen wieder).
A. Durch Heraufschrauben der Stellschraube fQr Arbeit
und Striche kommen unter Strom, also während der
beiden Teile ff, und ff, des Schreibhebels bilden einer
mit der Drehungsachse /),. Anschlagstift «2 nimmt keinen Anteil.
B. Durch Hinunterschrauben der Stellschraube iilr Ruhestrom eingestellt. Striche
und Punkte kommen unter Ausbleiben von Strom, also wihrend der Anker von der
Feder heraufgezogen ist. Die beiden Teilhebel H, und H^ bilden keinen festen zwei-
armigen Hebel mehr, denn mit der Stellschraube sinkt auch der Teilhebel ffj und
und schlägt gegen den Anschlagstili dg. Der hoch schnell ende Anker senkt das linke
Ende von ffi noch weiter und damit'das rechte Ende ffj. U^ dreht sich um rfj,
so dass Finger und Farbrad steigen.
D,„i„„i,ÜOO<^lc
Farbschreiber und Kloprer. 247
Der aus drei Teilhebeln bestehende Schreibhebel — Knick-
hebel — arbeitet nun entweder so, dass bei angezogenem Anker
das Farbrad gehoben und bei losgerissenem gesenkt ist, Anker
und Farbrad sich also einander entgegengesetzt bewegen. Oder
das Verstellen einer Schraube ändert das Zusammengreifen der
Teilhebel so, dass — gerade umgekehrt, wie eben — das Farb-
rad bei angezogenem Anker gesenkt, bei losgerissenem gehoben
ist, Anker und Farbrad bewegen sich dann in gleicher Richtung
auf und nieder. Die erste Einstellung ist für Arbeitsstrom, die
zweite ftlr Ruhestrom bestimmt. Die Arbeitsweise der Teilhebel
ist hier <Fig. 150) naher gezeichnet und beschrieben. Doch
unterlassen Sie nicht, sich ausserdem den Schreibhebel am
Farbschreiber selbst anzusehen.
Vollständig in das Apparatgehäuse eingeschlossen und
dadurch vor Verletzungen und Staub geschützt, ist das Uhr-
werk, welches den Lauf des Papierbandes und das Drehen
des Farbrades bewirkt. Die obere und die linke Seitenwand
des Gehäusekastens sind herauszuziehen, die vordere und hintere
Wand mit dem Boden und der rechten Seitenwand fest ver-
schraubt. In Vorder- und Hinterwand sind die Zahnräder des
Uhrwerks mit ihren Achsen gelagert. Höchstens die Feder-
trommel ist, wie bei diesem Farbschreiber hier (Fig. 142) vor
der Vorderwand angebracht, so dass sie bei einem etwaigen
Bruch der Feder schnell durch eine in Vorrat gehaltene Trommel
ersetzt werden kann. Die Feder besteht aus einem an drei
Meter langen Stahlband und wird durch Drehen des kräftigen
Handgriffes aufgewunden, was bei andauerndem Betriebe etwa
alle zwanzig Minuten zu erfolgen hat. Die Federkraft des
Stahlbandes treibt das Uhrwerk. Denken Sie sich den Farb-
schreiber vertikal und parallel zur Vorderwand aufgeschnitten,
so sehen Sie, wie in diesem Bilde (Fig. 151 auf der folgenden
Seitel die verschiedenen Zahnräder und Triebe ineinandergreifen.
Die Federkraft greift an der Achse I an und dreht sie im Sinne
des Uhrzeigers. Das auf dieser Antriebsachse sitzende Zahnrad
greift in die Stöcke des auf der Achse II sitzenden Triebes.
Zahnrad II treibt Achse III und Zahnrad III beide Achsen IV an.
Vor der vorderen Gehäusewand trägt die obere Achse IV (IVa)
die Papierwalze und die untere (IVb| das Farbrad. Man sieht,
dass immer die Zahnräder mit grossem Radius und vielen Zahnen
DigitizsdbyGOOgle
248 F«rbachreiber und Klopfer.
in die Triebe mit kleinem Radius und wenig Stöcken eingreifen,
so dass Räder und Achsen umso schneller laufen, je weiter links
sie liegen. Bekanntlich verhalten sich die Umdrehungs- umgekehrt
wie die Zahn- (oder Stock-) zahlen. Zählen Sie auf unserer
Abbildung (Fig. 151) Zähne und Stöcke, so finden Sie, dass
Achse II ^-jie = 5,1 mal so schnell umläuft, als I, Achse 111
"/lo = 8,4 mal so schnell als II, beide Achsen IV '7«) = 1,8 mal
so schnell als III und so fort. Nehmen Sie als Drehungszahl
pro Minute etwa Vs für die Antriebsachse an, so ergiebt sich
etwa 28 für Papierwalze und Farbrad und etwa 3000 für den
vertikalen Windfang.
Dieser Windfang (Fig. 151 und 152) versieht die Rolle von
Pendel oder Unruhe der gewöhnlichen Uhrwerke, das heisst er
belastet, er bremst das Uhrwerk und verhindert, dass es — da
es sonst nur eine geringe Last durchzuziehen hätte — mit
beschleunigter Geschwindigkeit abschnurrt. An der vertikalen
Achse, deren Schraubenspindel vom letzten und schnellsten
DigitizsdbyGOOgle
Farbschreiber und Klopfer. 249
Zahnrad (V) angetrieben wird, ist um eine horizontale Achse
drehbar ein doppelter Windflügel angebracht. In der Ruhelage
steht er nahezu vertikal (Fig. 152 a). Während der Bewegung
aber sucht ihn die Centn fugalkraft, welche übrigens im Grunde
nichts anderes ist, als die Trägheit, gegen den Zug einer kleinen
Spiralfeder mehr oder weniger horizontal zu stellen (Fig. 152b),
Fig. 152- Windfang. Naldrliche GrOsse.
a) bei Ruhe, b) bei Bewegung des Uhrwerk.
je nach dem die vertikale Achse sich schneller oder langsamer
dreht. Je horizontaler er sich einstellt, das heisst, je schneller
er sich dreht, an einem umso längeren Hebelarm wirkt der
bremsende Widerstand der Luft. Bei langsamer Drehung und
deshalb kleinerer Centrifugalkraft vermag die kleine Feder den
WindHügel weiter in der vertikalen Lage zurückzuhalten. Der
Luftwiderstand greift an einem kleineren Hebelarm an und bremst
DigitizsdbyGOOgle
250 Farbschreiber und Klopfer.
weniger. Der in der Horizontalen und der Vertikalen drehbare
Windfangflügel bewirkt mithin, dass auch bei abnehmender
Federspannung das Uhrwerk gleichmässig abläuft. Früher
wurden die Morseapparate statt durch den allmählich abnehmen-
den Druck einer Feder durch den unveränderten Zug eines
fallenden Gewichtes angetrieben. Bei ihnen brauchte der Wind-
fangflügel immer nur mit derselben Kraft zu bremsen. Er war
deshalb in einer bestimmten, als richtig ausgeprobten vertikalen
Stellung befestigt und nur in der Horizontalen drehbar.
Durch das Aufziehen der Feder wird in ihr eine bestimmte
Arbeitsmenge aufgestapelt. Während das Uhrwerk läuft,
wandert sie durch seine einzelnen Teile (in der Reihenfolge der
röitiischen Ziffern in Fig. 151) hindurch und wird unterwegs
von der Reibung der Zähne an einander und an den Trieb-
stöcken, der Achsen in den Lagern, der Papierwalze an der
KlapproUe (siehe weiter unten) und des Papieres an den ver-
schiedenen Stellen seiner Führung und schliesslich des Wind-
fanges an der Luft als mechanische Arbeit vernichtet. Über
die Grösse der an den Achsen angreifenden Kräfte erhält man
Aufklärung, wenn man sich der Arbeit als des Produktes von
Kraft und Weg erinnert. Wenn sich dann von der Antriebs-
achse bis zur Windfangachse die Umdrehungszahlen ungefähr
von V' aiif 3000, also etwa auf das Zehntausendfache ver-
mehren, so muss die Kraft im gleichen Verhältnis kleiner
werden, selbst wenn das System reibungslos liefe. Die mecha-
nische Beanspruchung der Achsen und damit ihr Durchmesser
wird deshalb mit wachsender Entfernung von der Triebfeder
stark abnehmen. Beachten Sie, wie kräftig Achse I, wie
schwach die des Windfanges ausgebildet ist. Vergleichen Sie
mit dem kräftigen Aufzugshandgriff und der dicken Wandung
der FedertrommeJ die schwache Hemmungsfeder (Fig. 153), mit
der Anstrengung beim Aufziehen das leichte Umlegen des
1 lemmungshebels.
Von dieser Hemmung war noch nicht die Rede. Sie
verhindert, dass das Uhrwerk während der Pausen des Betriebes
unnütz abläuft. Die eben erwähnte Hemmungsfeder (Fig. 153|
drückt gegen den seitlichen Rand der unten der Windfangachse
aufgesetzten Scheibe, die Ihnen als Träger der die Flügel
vertikal ziehenden kleinen Spiralfeder bekannt ist, und ver-
DigitizsdbyGOOgle
Farbschreiber und Klopfer.
251
hindert somit die Drehung des Windfanges und dadurch des
ganzen Uhrwerkes. Schiebt man aber den Auslösungshebel an
seinem vorderen, durch die Apparatwand ragenden Ende nach
rechts, so drängt eine auf ihm sitzende Nase die Hemmungsfeder
von der Scheibe des Windfanges ab und giebt ihn und damit
das Uhrwerk frei. Durch Legen des Hebels nach links wird
mithin das Werk ausgelöst, nach rechts gesperrt. Nach dem,
was eben über die Umsetzung der Kräfte durch die Zahnräder
und Stocktriebe gesagt wurde, wird niemand auf den sonst
vielleicht natürlichen Gedanken kommen, dass man die Bremsung
nicht am Windfang, sondern an der Antriebsachse anbringen
könnte. Die Hemmung würde hier eben an zehntausend mal
so schwer sein.
In manchen Fällen, besonders für kleine- und für Funken-
ämter ist eine selbstthätige Auslösung des Uhrwerks ohne
Zuthun eines Beamten, allein durch den ankommenden Tele-
graphiersirom erwünscht. Bei solchen Apparaten fällt die
Bremsung des Windfanges fort. An ihrer statt wird einer der
ihm benachbarten horizontalen Uhrwerksachsen (in Fig. 154
Digitizsdb^COO'^IC
252
Farbschreiber und Klopfer.
schwarz) eine Hemmungsnase III aufgesetzt. Diese legt sich in
den Betriebspausen (Fig. 154a) gegen den massiven Teil einer
am Ende zur Hälfte ausgeschnittenen Drehungsachse II und
hemmt dadurch das Uhrwerk. Nun lässt (Fig. 154 b) der
beginnende Telegraphierstrom den Schreibhebel nach oben
gegen die Schraube des Hebels I schlagen, so dass Hebel I
sich gegen den Sinn des Uhrzeigers dreht. Dadurch wird der
b) Uhrwerk ausgelost.
Fig. 154. SelbsttliAlige Auslasung.
vorher von I festgestellte Hebel II freigegeben. Er folgt dem
Zuge einer Feder. Der massive Teil der Drehungsachse II
kehrt sich von der Hemmungsnase 111 ab, und diese kann sich
gegen den Uhrzeigersinn an ihr vorbei drehen. Das Uhrwerk
ist frei. Freilich nimmt der auf 111 sitzende Stift das linke
Ende von Hebel U alsbald wieder mit in die Höhe und die
Hemmungsnase wird wieder festgelegt. Sie ist aber mit der
Uhrvverksachse nicht fest, sondern über eine der Achse auf-
geschobene (in der Figur nicht sichtbare) Feder verbunden, so
dass das Uhrwerk auch bei festgelegter Hemmungsnase noch
ein Stück weiterläuft. Inzwischen hat ein neuer Schlag des
Hebels den Weg wieder frei gemacht, so dass wahrend der
Zwischenräume der Morsezeichen im Laufe des Uhrwerks keine
Stockung eintritt. Die Hemmung tritt aber trotz der elastischen
Verbindung von Hemmungsnase und Achse 111 sehr bald ein,
wenn kein neuer Schlag des Schreibhcbels folgt, das heisst der
Betrieb ruht. Sie sehen, die selbstthätige Hemmung ist einiger-
massen verwickelt. Sie stört den Hauptvorzug des Morse-
DigitizsdbyGOOgle
Farbschreiber und Klopfer. 253
apparates, seine verhältnismässig grosse Einfachheit, und wird
deshalb nur bei besonderem Bedarf angewandt.
Notwendig ist das ganze Uhrwerk, seine Auslösung und
sein gleichmässiger Gang ja nur zur gleichmässigen Bewegung
des Papierbandes und des Farbrades. Die Papierwalze, die sich
auf der Achse IV a dreht, walzt das Papierband zwischen sich
und einer mit Federkraft auf sie drückenden, aufklappbaren Rolle
hindurch. Dafür, dass es sich mit derselben Geschwindigkeit
bewegt, wie die Papierwalze, ohne auf ihr zu rutschen, zu
schlüpfen, sorgen die auf ihr parallel zu ihrer Achse, also
senkrecht zum Papierbande angebrachten Riefeln und der
grosse Federdruck der Klapprolle. Die Geschwindigkeit, mit
der Papierwalze und Klapprolle das Papierband zwischen sich
durchschieben, ergiebt sich aus dem Durchmesser der Papier-
walze von 1 7,3 mm und ihrer Umdrehungszahl von etwa
28 zu 17,3 71 . 28 mm = 1,5 m pro Minute, eine Geschwindigkeit,
die als für die Aufnahme der Morseschrift besonders günstig
ausgeprobt worden ist. Entnommen wird das Papier von einer
in der Schublade des Grundkastens sehr leicht drehbar ange-
brachten Trommel (Fig. 155 und 156). Ein in ihn eingesetztes
Fig. 155. Farbschreiber mit aufgezogener Schublade,
rundes Glasfensterchen erlaubt, von oben zu sehen, ob auf der
Trommel noch genügend Papier vorratig ist oder nicht, Leichter
ist das bei anderen Apparaten, wie sie vielfach von deutschen
DigitizsdbyGOOgle
254 Farbschreiber und Klopfer.
Eisenbahnen und Feuerwehren und im Auslande gebraucht werden.
Bei ihnen wird das Papier nicht der Schieblade, sondern einem
Haspelartigen Ständer entnommen, der, wie Sie es bei dem
Übungsapparat (Fig. 140 auf S. 234) sahen, dem Morseschreiber
aufgeschraubt ist. Das ungeleimte Morsepapier sondert einen
Staub ab, der in die Apparatfarbe fällt und sie verschmutzt.
Fig. 156. Grundkasten. (','4 nalQrlicher Grösse.)
Auch macht das Unterbringen der Papierrolle im Schiebkasten
den Apparat gefälliger und kleiner, und der Beamte wird nicht
durch den sich dicht vor ihm zwar langsam, aber andauernd
drehenden Papierhaspel belästigt.
Die Schrift wird durch das Farbrad hervorgerufen, das auf
seiner unteren, dem Papierband entgegengesetzten Seite durch
einen Ausschnitt des Deckels in den Farbkasten taucht. Dieser
DigitizsdbyGOOgle
Farbschreiber und Klopfer. 255
Farbkasten ist mit der fettigen blauen Apparatfarbe angefüllt und
kann zur Reinigung und NeufUllung abgeschraubt werden.') An
der Schreibstelle ist das Papierband in spitzem Winkel um einen
stählernen Drehstift herumgelegt, so dass dem Farbrade die
scharfe Kante eines kleinen Papierkeiles dargeboten wird und
es das Papierband nur auf dieser ganz kurzen Strecke berührt.
Dadurch wird die Schrift scharf und bestimmt, umsomehr, als
sich Farbrad und Papierband in entgegengesetzter Richtung an
einander vorbei bewegen, und zwar können Sie aus dem Bilde
der Zahnrader (Fig. 151 auf S. 248) entnehmen, dass sich die
Papierwalze in der Uhrzeigerrichtung, das Farbrad ihr entgegen
dreht, an der Schreibstelle sich also das Farbrad von rechts
nach links, das Papierband von links nach rechts bewegt. Die
frische Schrift nicht zu verlöschen, ist die Klapprolle mit einer
breiten Nut versehen, so dass sie nur auf die Rander, nicht auf
die Schrift-bedekte Mitte des Papierbandes drückt. Damit die
Farbe vom Farbrade nicht allmählich an der Farbradachse
entlang in das Uhrwerk krieche, verlangt die Reichspost dicht
hinter dem Farbrade einen sonst für überflüssig geltenden
Schutzring (Fig. 149 auf S. 246).
Vom Schubkastenschlitz bewegt sich das Papierband
(Fig. 155) zuerst nach oben zwischen dem Farbkasten und dem
links daneben befindlichen festen Stifte hindurch. Eine links
oberhalb des Farbkastens sitzende, mit Flanschen versehene
Rolle lässt das Band dann um 90" umbiegen. Hierauf geht es
Ober einen zweiten Stift, im spitzen Winkel um den Drehstift
herum und zwischen Papierwalze und Klapprolle hindurch. Es
verlasst den Farbschreiber über ein kleines Messingpult, so dass
auf diesem die ankommenden Morsezeichen bequem lesbar sind.
Das gelesene Papierband wird auf einen Papierhaspel auf-
gewickelt, den man ganz neuerdings mit einem besonderen
kleinen Uhrwerk antreibt.
I) Der Merk ward igkeit halber sei erwähnt, wie die argentinische Telegraphen-
verwaltung der geringen Sorgfalt ihrer Beamten bei der NeneinfOllung von Farbe
. begegnet. Rei den dortigen Farbschreibern ist der Farbkasten von einem zweiten,
weiteren umgeben, welcher eine gewisse Menge überfliessender Farbe aufnehmen
kann. Wird noch mehr übergössen, so lässt der äussere Kasten die Farbe auf den
AufiugshandgrilT Hiessen, damit sich der Beamte beim Aufziehen des Uhrwerkes die
Hand schmulEtg macht und an grössere Achtsamkeit erinnert wird.
D,„i,.,db,Google
256 Farbschreiber und Klopfer.
Darf ich Ihnen hier (Fig. 157) die Abbildung eines fran-
zösischen Morse zeigen, der auf eine andere, primitivere Art
schreibt, als unserer. Die linke Hälfte des Ankerhebels wird von
einem gekrümmten Stahle gebildet, dessen Spitze für die Dauer
der Anziehung das Papierband gegen das Farbrad drückt und
dadurch die Schrift erzeugt. Das Farbrad ist also fest gelagert
Fig. 157, Franiösiacher Farbschreiber.
und das Papier auf und nieder beweglich. Bei seiner Drehung
reibt es sich gegen eine darüber gelagerte Rolle, deren Filz-
mantel mit Farbe getrankt ist und von der es so fortwährend
Farbe abnimmt. Ist die Rolle eine Weile im Betrieb, braucht
man sie nur einige Male am Tage mit Farbe einzupinseln.
Um auf dem Papierbande des Farbschreibers die Morse-
zeichen hervorzurufen, muss das gebende Amt länger und kürzer
den Strom schliessen oder unterbrechen. Dazu dient diese ein-
fache Vorrichtung (Fig. 158), die man Taste oder Taster oder
Schlüssel nennt. Auf einem Grundbrett sind drei parallele, mit
Klemmen versehene Messingschienen befestigt. Auf der Mittel-
schiene ist ein in der Vertikalen drehbarer zweiarmiger Messing-
hebel gelagert. Die elektrische Verbindung von Hebel und
Mittelschiene wird durch einen im Holz verborgenen Kupferdraht
gesichert. Die beiden andern Schienen tragen vertikale Contakt-
stifte. Ihnen stehen vorn und hinten in den Hebel eingesetzte
ähnliche Contaktstifte gegenüber, von denen der vordere höher
DigitizsdbyGOOgle
Farbachreiber und Klopfer.
257
und tiefer geschraubt werden kann. Eine ebenfalls verstellbare
Feder zieht den Hebel nach hinten herunter, so dass zwischen
ihm und dem hinteren Contaktstift, dem Ruhecontakt, also
zwischen hinterer- oder Ruheschiene und Mittelschiene elektrische
Verbindung herrscht, zwischen Hebel und vorderem- oder Arbeits-
contakt, also zwischen der Mittelschiene und der vorderen- oder
Ä^
T >pf
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Ruheschiene aber nicht. Ein Druck, den die Hand des Beamten
auf den Ebonitkopf des Hebels giebt, kehrt die Verhaltnisse um.
Zwischen Mittel- und Ruheschiene wird die elektrische Verbindung
gelöst, zwischen Mil;tel- und Arbeits-
schiene hergestellt. Beim Loslassen
des Kopfes zieht die Feder den Hebel
in die ursprüngliche Lage zurück und
stellt damit die alten Verbindungen
wieder her. Die beiden Stifte des
Ruhecontaktes sind platiniert. Platin
verbindet sich nicht mit Sauerstoff.
Die mit ihm überzogenen Flachen
werden mithin nicht durch den
Öffnungsfunken verbrannt , und der
gute Contakt bleibt erhalten.
Diese Taste arbeitet, wie Sie
hören, unangenehm laut und hat dem
Geben bei den Beamten den Spottnamen des Klapperns ein-
getragen. Bei einer neueren Tastenform ist zwischen je zwei
17
""^^
DigitizsdbyGOO'^le
258 Farbschreiber und Klopfer.
ZU einander gehörigen Contaktsliften an einer Blattfeder ein
leitendes Zwischenstück (Fig. 159 auf der vorigen Seite) an-
gebracht, das beim Ruhecontakt ein Platinplätlchen trägt. Die
Scharfe des öffnens und Schliessens darf natürlich durch dieses
Zwischenstück nicht leiden.
Wie die Taste, besonders die ohne federnde Zwischen-
contakte, arbeitet auch der Ankerhebel des Farbschreibers mit
Geräusch. Punkte und Striche sind durch schnellere oder lang-
samere Folge von Klopftönen unterschieden, so dass der geübte
Beamte den Wortlaut des ankommenden Telegrammes versteht,
ohne die Schriftzeichen auf dem Papierband zu beachten. Er
hört das Telegramm. Wie seit sehr langem in Amerika, seit
Fig. 160. Klopfer.
langem in England, arbeitet man jetzt deshalb auch bei uns mit
dem Klopfer. Hier (Fig. 160) steht der nach amerikanischem Muster
gebaute Klopfer der Reichspost, im Grunde ein Morseapparat,
bei dem Schreibvorrichtung und Uhrwerk fortgefallen ist. Es
DigitizsdbyGOOgle
Farbschreiber und Klopfer. 259
ist Oberhaupt nur der Elektromagnet, der Ankerhebel und die
Abreissfeder geblieben. Diese ist entweder von einer besonderen
Schutzhülse umgeben (Fig. 160) oder nicht (Fig. 161). Zur
Vermehrung des Geräusches ist der
Ankerhebel wesentlich schwerer als
beim Farbschreiber, so dass am Anfang
und Ende jedes Morsezeichens eine
gehörige Masse wuchtig hin- und her-
schlägl. Als Anker dient kein Rohr,
sondern ein dickes Eisenblech. Pro
Spule werden als Widerstand 1400hm Fig. lei.
— halb so viel als beim Farbschreiber Klopfer ohne Federschiuzhoisc.
— und als Windungszahl 1300 an-
gegeben, für beide hintereinander geschaltete Spulen also
280 Ohm und 2600 Windungen. ■ Die Anziehung des Anker-
hebels macht die untere von beiden Anschlagschrauben nach
unten aufschlagen, das Abreissen das Hebelende nach oben
gegen die obere Schraube.
Der Ton beider Anschlage ist verschieden, so dass Anfang
und Ende jedes Morsezeichens deutlich erkannt werden kann.
Punkte und Striche werden durch die kürzeren und längeren
Zwischenräume zwischen den beiden verschiedenen Klopftönen
gebildet, also durch längere oder kürzere Ruhepausen und nicht
Töne. Der eigentliche Klopfer ist auf einer Messingplatte und diese
auf einem Grundbrett so befestigt, dass zwischen beiden ein
Luftraum bleibt. Auch das Grundbrett steht hohl auf drei
spitzen Füssen. Sie haben schon gehört, wie durch die Resonanz
des Grundbrettes und der Luftschichten der Ton ausserordentlich
verstärkt wird, und dass die den Klopfer umgebende Schall-
kammer (Fig. 162), wie ein Hohlspiegel, die Schallstrahlen sammelt,
dem hörenden Beamten zuwirft und von den Nachbarn abhält.
Auch von den Glaswänden war schon die Rede. Dem Ohre näher
zu sein, steht die Kammer auf einem Messingfuss. Sie kann um
diesen nach halbrechts oder halblinks gedreht werden, so dass
der Beamte seinen Platz nach Bequemlichkeit wählen und
wechseln kann. Der Schal Ikammerfuss ist hohl und enthält in
sich die Stromzuführungsdrähte.
Der Klopfer hat vor dem Farbschreiber die mannig-
fachsten Vorzüge, zuerst den der viel einfacheren Bauart;
DigitizsdbyGOO'^le
260 Falbschreiber und Kloprer.
kann doch, wie gesagt, mit der Schreibvorrichtung das ganze
Uhrwerk fortfallen. Der Beamte braucht keine Feder mehr
aufziehen, kein Uhrwerk ölen, kein Papier einlegen und ein sich
klemmendes gerade ziehen, keine Farbe nachfüllen, keine ge-
brochene Feder durch eine neue ersetzen. Der Klopfer ist
natClrlich viel billiger, als der Farbschreiber. Er kostet etwa
nur den dritten Teil. Auch die laufenden Ausgaben fllr Papier,
Apparatfarbe und Schmieröl fllr das Uhrwerk, die pro Apparat
und Tag acht bis zehn Pfennige ausmachen sollen, fallen fort.
Der Hauptvorzug besteht aber darin, dass mit dem
Klopfer wesentlich schneller aufgenommen und des-
halb gegeben werden kann, als mit dem Farbschreiber.
Während der Farbschreiber in der Stunde ungefähr vierhundert
DigitizsdbyGOOglC
Farijschreibcr und Klopfer. 261
Worte bewältigt, steigt hier die Zahl auf etwa sechshundert-
filnfzig, das heisst auf fast zwei Drittel mehr an. Der Beamte
braucht eben seine Aufmerksamkeit nicht zwischen Papierband
und Formular zu teilen. Es ist leichter, dem Diktat des Klopfers
zu folgen, als vom Papier eine Abschrift zu machen. Der
Beamte kommt wesentlich schneller vorwärts, ähnlich einem
Radfahrer, der sich an seinen Schrittmacher anhängt. Die
anfänglich bei uns und in andern Ländern (zum Beispiel in Frank-
reich) gehegte Besorgnis, der Klopfer werde eine Quelle steter
Irrtümer sein, hat sich als unberechtigt und philisterhaft erwiesen.
Im Gegenteil wirkt der Zwang, auf den verhallenden Ton acht
geben zu müssen, günstig auf die Aufmerksamkeit des Beamten
ein. Jeden Augenblick seiner Verantwortung bewusst, arbeitet
er gespannter, als sonst. Kommt doch ein Irrtum vor, so ist
freilich kein Papierstreifen mehr da, der erkennen lasst, ob
falsch gegeben oder falsch aufgenommen worden ist. Das sollte
dem Publikum aber höchst gleichgiltig sein. Beschwerden über
Verstümmelungen von Depeschen haben doch keinen Zweck.
Im besten Falle bekommt man die bezahlte Gebühr wieder, und
sie bildet niemals ein Entgelt für Schaden, Sorge, Aufregung
und Ärger, die ein verstümmeltes Telegramm dem Absender
und dem Empfänger bereiten kann. Beim Klopfer bestätigt
sich wieder die alte, in den Ländern englischer Zunge allgemein
anerkannte Wahrheit, dass unter freier Verantwortlichkeit besser
gearbeitet wird, als am Gängelbande fortwährender Aufsicht.
Darf ich Ihnen noch anfilhren, was der bekannte Chef der
englischen Telegraphenverwaltung schon im Jahre 1891 auf der
Frankfurter Ausstellung sagen konnte:') s^Der Klopfer ist der
beliebteste und bei weitem genaueste Apparat, der im Gebrauch
ist. Der Morse-Schreiber ist für uns ein Fossil, das wir wegen
seines Alters und seiner Unzuverlässigkeit verwerfen .
Für uns ist es amüsant, das Argument im Gebrauch zu finden,
dass es Sicherheit bietet, wenn ein Beweis zurückbehalten wird,
um Irrtümer zu kontrollieren und deren Urheber zu entdecken.
Thatsachen sind hartnäckige Dinge, und ihre Logik ist unwider-
leglich.«
5 Deutsch werden Qbertragen könne
D,„i,.,db,Google
262 FarbsFhreiber und Klopfer.
Die im Klopferbetrieb gebräuchliche Taste (Fig. 163 u. !64f
gleicht prinzipiell der gewöhnlichen. Sie ist nur konstruktiv etwas
anders ausgebildet.') So sind bei ihr die drei Klemmschienen
von den mit ihnen elektrisch verbundenen Teilen, das heisst
Ruhe- und Arbeitskontakt und Tastenhebel, getrennt und auf
dem hinteren Ende des Grundbrettes nebeneinander befestigt.
Fig. 163. Klopr^rtasle.
Bei der gewöhnlichen Taste greift die Feder hinter der Mittei-
schiene an und zieht im Ruhezustande den Hebel nach hinten
herunter. Bei der Klopfertaste sitzt die Feder vor der Mitte und
drückt den vorderen Teil des Hebels
nach oben. Beides kommt natürlich
auf dasselbe hinaus. Der Ebonitkopf
der Klopfertaste ist nicht kugelförmig,
sondern als leicht eingewölbter Teller
ausgebildet. Der Beamte umfasst ihn
Kiopfcru«e!'ftr'amerikani.cho. "'"^^t mit allen Fingern, sondern tippt
Ruhestrom geschaltet. nur leise mit dem Zeigefinger darauf,
weil der Hebel ausserordentlich leicht
arbeitet. Dabei verursacht er wenig Geräusch und stört die Nach-
barbeamten beim Aufnehmen nicht. Seitlich ist ein kleiner Hilfs-
hebel angebracht. Klappt man diesen Hilfshebel nach links unter
das am Arbeitskontakt sitzende Blech (Fig. 164), so überbrückt er
die durch den Arbeitskontakt bewirkte Unterbrechungdes Leitungs-
weges, was für eine besondere Betriebsart, die mit amerikanischem
Ruhestrom bestimmt ist. Beim gewöhnlichen Klopferbetrieb ist
dieser Hilfshebel überflüssig und herausgenommen.
I) Eine neue Kloplgriaslo njlherl sich auch construdiv wieder der gewöhnlichen,
ist nur lierlicher.
D,„i,„db,Goo'^le
Farbschreiber und Klopfer.
263
Es erleichtert das Verständnis der nächsten Vorlesungen,
wenn Sie sich schon jetzt eine ungefähre Vorstellung davon
machen, wie zum Betriebe die Apparate des gebenden und des
empfangenden Amtes mit einander elektrisch verbunden, ge-
schaltet werden.
Die einfachste Schaltung (Fig. 165) wäre die, dass man auf
dem gebenden Amt (I) die eine, zum Beispiel die positive Klemme
der Batterie an Erde, die andere an die Arbeitsschiene der
Taste legte. Deren Mittelschiene würde mit der Leitung L ver-
bunden, welche Leitung isoliert zum empfangenden Amt (II) und
Dm
Ö
Fig. 165. Einfachste Morseschaltung (nicht verwandt).
dort über den Morse (M) zur Erde fährte. Ein Druck auf den
Tastenhebel in I schlösse dann den Stromkreis, und der Morse
in U würde in Tätigkeit gesetzt. Man könnte so von Amt I
nach II, aber nicht in der umgekehrten Richtung geben. Die
Schaltung wird erst praktisch brauchbar, wenn auch auf Amt II
erstens die Leitung an die Mittelschiene einer Taste und ein
Morse an ihre Ruheschiene gelegt wird (Fig. 166), während auf
beiden Ämtern die zweite Morseklemme zur Erde führt, und
zweitens eine Batterie steht, deren positiver Pol geerdet und
deren negativer an die Arbeitsschiene der Taste angeschlossen
ist. Amt I giebt gerade so wie vorher. Morse II bekommt über
die Mittelschiene der Taste, den Tastenhebel und die Ruhe-
schiene ungehindert seine Stromzeichen. Schweigt nun Amt I,
so kann umgekehrt Taste II geben und Morse 1 empfangen.
DigitizsdbyGOOgle
264
Farbschreiber und Klopfer,
Sie erinnern sich, dass der Schreibhebel des Farbschreibers
für zwei Betriebsarten: für Arbeitsstrom und für Ruhe-
strom eingestellt werden kann. Im ersten Falle schreibt das
Farbrädchen, wenn der Anker angezogen ist, Apparat und
Leitungen von Strom durchflössen werden. Das ist die dem
Fig 166. üünfadisle Arbeilsstrom Schaltung.
Unbefangenen natürlich scheinende Art zu Telegraphieren, die
mit Arbeitsstrom. Punkte und Striche des Morsealphabetes
kommen unter Strom. Beim Betriebe mit Ruhestrom fliessl
Strom durch die Leitung, wenn nicht telegraphiert wird. Der
gebende Beamte unterbricht den bei ruhendem Betriebe ununter-
brochen fliessenden Strom. Der Anker des Farbschreibers
Fig. 161. Einrachste Ruhe ström Schaltung Inkht verwandt).
D,„i,.,db,Google
Farbachreiber und Klopfer. 265
wird losgelassen. Der für Ruhestrom eingestellte Hebel lässt
das Rädchen schreiben, solange der Anker abgerissen ist.
Punkte und Striche kommen unter Ausbleiben von Strom. Die
Ruhestrom- Schaltung zweier Ämter im einfachsten (praktisch
nicht vorkommenden) Falle ist die folgende (Fig. 167): An der
Mittelschiene der Taste liegt auf beiden Ämtern eine Batterie-
klemme, und zwar auf beiden Ämtern eine verschiedene. Die
zweite Klemme, auf beiden Ämtern also ebenfalls verschieden,
liegt an Erde. Die Ruheschiene ist mit der einen Klemme des
Morse und dessen andere Klemme mit der Leitung verbunden.
Ruht der Betrieb, so fliesst der Strom von der positiven Klemme
der einen Batterie (II) durch die Taste II den Morse II, die
Leitung, den Morse I, die Taste 1 zur negativen Klemme von
Batterie II und zur Erde. Beide Batterien sind hinter einander
geschaltet. Bei der Ruhestromeinstellung ihrer Hebel schreiben
während des Stromflusses beide Morse nicht. Wird jetzt der
Strom durch einen Tastendruck auf einem der beiden Ämter
unterbrochen, so schreiben beide Morse. Auf welchem Amt die
unterbrechende Taste liegt, ist gleichgiltig. immer empfängt
das fremde und das eigene Amt. Auf dem gebenden Amt
entsteht natürlich nur dann eine lesbare Schrift, wenn es den
Hemmungshebel des eignen Morse löst. — Über den Sinn der
Anwendung des Ruhestromes und über die Schaltungen ftlr die
drei Betriebsarten wird spater Näheres zu sagen sein. Für
heute genügt es, wenn gezeigt ist, wie mit Morse, Taste, Batterie,
Leitung und Erde im einfachsten Falle telegraphiert werden kann.
DigitizsdbyGOOgle
Telcgraphische Hilfsapparate.
13. Vorlesung.
Telegraphische Hilfsapparate.
Galvanoskop. — Umschalter. — AusgleidiswiderstSnde. — Blitzableiler. — Relais:
Notwendigkeit und Priiiiip der Anwendung. — Weich eisenrelais. — Polarisierte Relais
von Hughes, von Siemens, mit drehbaren Kemen. — Obertragung mit Relais und
mit Farbschreibern.
Eine Reihe von Apparaten, welche Farbschreiber und Klopfer
sowohl, wie die anderen Telegraphenapparate bei ihrer Arbeit
unterstützen, seien in dieser Vorlesung gemeinsam als tele-
graphische Hilfsapparate') besprochen. Sie dürfen ihrer an-
scheinend untergeordneten Stellung wegen nicht gering geachtet
werden. Denn zum geordneten Betriebe sind sie ebenso not-
wendig, wie die nur theoretisch wichtigeren Hauptapparate.
Fig. 168. Galvanoskop.
it Ausnahme derer ftlr die Kabel- und Funkentelegraphie.
D,„i,.,db,Google
Telegraphische Hilfsappsrate. 267
Da ist zuerst das Galvanoskop. Die Stellung seiner
Nadel soll erkennen lassen, ob die Leitung von Strom durch-
flössen wird, und wenn, ob dieser seine übliche Stärke hat.
Das Telegraphen-Galvanoskop {Fig. 168) beruht ganz ähnlich,
wie das früher zur Demonstration benutzte (Fig. 45 auf S, 66),
auf der Ablenkung eines in der Vertikalen drehbaren Stahl-
magneten durch die Kraftlinien einer horizontal gewundenen
Spule. Die Klemmschrauben rechts und links auf dem Grund-
brett fahren zu den Spulenenden und werden beim Morsebetrieb
zwischen die Leitung und die Mittelschiene der Taste geschaltet.
Der vom Amt in die Leitung geschickte oder von der Leitung
in das Amt fliessende Strom — das kommt auf eins heraus —
durchläuft deshalb stets die Wicklung des Galvanoskops. In
das so im Innern der Spule erzeugte magnetische Feld tauchen
die Pole eines Winkelmagneten, ') der an seinem Scheitel einen
vertikalen Zeiger aus geschwärztem Blech trägt. Der die
Windungen der Spule durchfliessende Strom lenkt den Magneten
in eben dem, durch die Amperesche Schwimmmregel gegebenen
Sinne ab, wie wenn der Magnet nicht im Winkel gebogen,
sondern gerade wäre. Je nach der Stromrichtung wird der Nord-
oder der Südpol in die Spule hineingezogen und zwar umso
mehr, je grösser der kreisende Strom J und demnach }l, die
Stärke des Spulenfeldes ist. Es ist so gewickelt, dass der Zeiger
nach der Seite der Klemmschraube ausschlägt, bei welcher der
Strom das Galvanoskop verlässt, die also zu einer negativen
Batterieklemme führt. Die Spule ist aus dünnem Kupferdraht nach
den Angaben in etwa 600 Windungen von einem Widerstände von
15 bis 20 Ohm gewickelt. Die Glasscheibe ist in ihrem oberen
Teil matt geschliffen. Nur die Teilstriche sind dort durchsichtig
geblieben. Bei auffallendem Lichte (wie in Fig. 168) erscheinen
sie deshalb dunkel auf hellem Grunde, bei durchscheinendem
hell auf dunklem. Sie zeichnen sich also bei jeder Beleuchtung
deutlich von ihrer mattgeschhffenen Umgebung ab.
1) Die Wmkeirorm erlaubt, den Magneten Ober den Windungen lu lagern und
deshalb mit einer Spule auszukommen, während man bei Lagerung zwischen dtn
Windungen zwei getrennt gewickelte Spulen braucht. Auch wird durch die Winkel.
form der Schwerpunkt des Magneten liefer gelegt und damit erst das Gleichgewicht
genOgend stabil.
DigitizsdbyGOOgle
268 Tetegraphische Hilfsapparate.
Wünscht man über die Grösse des Stromes Genaueres zu
wissen, so ersetzt man das Galvanoskop durch ein nach Milli-
ampere geaichtes Instrument (Fig. 169), das unter dem Namen
Stromfeinzeiger auf den Markt gebracht wird.
Fig. 169. Stromreiniciger,
Zur geordneten Abwicklung des Betriebes sind weiter die
Umschalter oder Wechsel von grosser Wichtigkeit, Sie dienen
dazu, in den Ämtern die erforderliche Veränderung der Strom-
wege schnell und sicher vorzunehmen und rilckgängig machen
zu können. Die Reichspost verwendet eine ganze Anzahl von
Umschaltern und versieht die gebräuchlichsten zur besseren
Unterscheidung mit den Zahlen I bis VIU. Sie sind hier auf dieser
Tafel (Fig. 170) vereinigt.
Von allen ist nur Nummer V ein Kurbelumschalter. Er
allein besitzt die in der Starkstromtechnik üblichen Schleif-
kontakte, welche eine besonders schnelle Änderung des Strom-
weges gestatten. Die anderen Umschalter beruhen auf dem
Stöpselsystem : Zwei Messingschienen sind mit Hilfe von Klemm-
DigitizsdbyGOOgle
Tel fgraphi sehe Hilfsapparate.
wmi
I
5ß-
Fig. 170. Umschalter der Reichspost.
DigitizsdbyGOOgle
270 Telegraphische Hilfsappirste.
schrauben in den Stromlauf eingeschaltet. Der Stromübergang
wird entweder durch den zwischen den Schienen Hegenden
Luftraum gehindert oder durch Einsetzen eines solchen Messing-
stöpsels, wie ich ihn hier (Fig. HOa) an seinem isolierenden
Kopfe halte, in die einander zugelegenen halbkreisförmigen Aus-
bohrungen der Schienen bewirkt. Ausbohrungen und Stöpsel
sind nach unten kegelförmig verjüngt, so dafs beim festen Ein-
setzen des Stöpsels in die Ausbohrung vollkommener elek-
trischer Schlufs erreicht wird. Ohne ims auf Einzelheiten
einzulassen, können wir doch bemerken, dass Umschalter lU
bis VIII für die einzelnen Apparattische bestimmt sind; III dient
als Ausschalter, VIII als Stromwender, über IV oder V wird
die Verbindung mit einer Leitung gelöst und mit einer zweiten
hergestellt.
In Ämtern einiger Grösse werden die eintretenden Leitungen
nicht sofort zu den Apparatetischen, sondern erst zu gemein-
samen Umschaltern oder Wechseln oder Linienwählern gelührt.
Als solcher diente bei wenig Leitungen Nummer II, bei mehr I.
Umschalter I enthalt zwei Gruppen von zwölf Schienen, die sich
in zwei übereinander gelegenen Ebenen rechtwinklig kreuzen.
Jede der Schienen ist an den Stellen, wo sie sich mit den zwölf
zu ihr senkrechten, darüber oder darunter liegenden Schienen
kreuzt, durchlocht, so dass in jeder von beiden Ebenen 12-
Löcher vorhanden sind. In jedes dieser 12* Löcherpaare kann
ein langer Stöpsel (Fig. 170b) mit gespaltenem federnden Fusse
eingesetzt und dadurch jede der zwölf Schienen der einen
Gruppe mit einer der zwölf sie kreuzenden der anderen Gruppe
verbunden werden. Die oberen Schienen tragen ausserdem
nahe ihrem rechten Ende noch je ein Stöpselloch, wodurch der
an der rechten Klemmschraube liegende Apparat von der an der
linken liegenden Leitung getrennt werden kann. Die Einschaltung
der unteren Schienengruppe erlaubt, die Leitungen unter sich
oder mit Erde oder Aushilfsapparaten oder Messinstrumenten
zu verbinden, was, wie jeder Praktiker weiss, für die wechselnden
Anforderungen des telegraphischen Betriebes von grosser Be-
deutung ist. Ahnliche Linienwähler haben Sie hier (Fig. 171)
vom Nürnberger Amt abgebildet. Sie sind in besonderen,
merkwürdiger Weise durch Glasthüren verschliessbaren Wand-
kästen untergebracht. Seit einiger Zeit beginnt man, ftlr grosse
DigitizsdbyGOOgle
Telegraphische Hilfsapparate.
D,„i,.,db,Google
272
1'elegraphischc Hilfsappara
Ämter Umschalter zu bauen, die im Prinzip denen des Fern-
sprechbetriebes nachgeahmt sind.') Es ist anzunehmen, dass
man allgemein zu diesen übergehen wird, sobald sich zweck-
mässige Typen herausgebildet haben werden.
In manchen Fällen erfordert der telegraphische Betrieb die
Einschaltung von Ausgleichswiderständen {s, g. künstlichen
Widerständen) , wie folgende Betrachtung ergiebt : Es soll
(Fig. 172) von Amt I nach II gegeben werden. Die Elektro-
^
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Fig. 172. Anwendung eines Ausgleichs Widerstandes.
motorische Kraft der Batterie, die Zahl ihrer Zellen wird so
bemessen, dass bei dem Widerstände der beide Ämter ver-
bindenden Leitung und der eingeschalteten Apparate ein Tele-
graphierstrom der üblichen Stärke entsteht. Nun verlangt der
Betrieb, dass mit dieser selben Batterie nach einem wesentlich
näher gelegenen Amte IIa gegeben werden könne, ohne die
Zahl der Zellen zu verändern, noch den empfangenden Farb-
schreiber IIa auf eine grössere als die gewöhnliche Stromstärke
einzustellen. Zu dem Zwecke wird auf dem Amte IIa in den
Stromkreis ein Ausgleichswiderstand eingeschaltet, welcher
ungefähr ebenso gross ist, wie der der fortgefallenen Leitung
zwischen den Ämtern IIa und II. Der neue Leitungswiderstand
ist um eine Anzahl Ohm kleiner, als der ursprüngliche. Zur
1 lieispiel L'elcctricit6 ä
isitton de 1900 IX S. 230—235.
DigitizsdbyGOOgle
Telegraphische Hilfaapparate.
273
Ausgleichung schaltet man diese Anzahl Ohm gleichsam künst-
lich wieder ein, und ungeachtet der geringeren Ertfemung der
sprechenden Ämter wird die Stromstärke auf den alten, dem
Morse zusagenden Wert herabgedrückt. Wollen Sie der
Deutlichkeit Übermaass, so zeichnen Sie wieder das alte Dreieck,
erst für die volle Entfernung I/II (Flg. HSa) und dann filr die
H/(f< Wiv^j&isi
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^vS.
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^-Wl«„lbali
>^*i-
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Fig. 173.
nähere I/IIa (Fig. 173b). Die gestrichelte Hypothenuse giebt
mit ihrer Neigung den Strom ohne Ausgleichswiderstand Wk,
die ausgezogene mit ihm wieder. Zwar wird durch die Ein-
schaltung eines Ausgleichswiderstandes von der Grösse Wk in
der Sekunde J^h;* an Energie verschwendet; aber die erreichte
Betriebsvereinfachung ist so wertvoll, dass man diesen übrigens
unbedeutenden Verlust gern mit in den Kauf nimmt. Allerdings
DigitizsdbyGOO'^le
274 Telegraphische Hiirsapparale.
ist die Telegraphie eine Arbeitsübertragung mit allen
Merkmalen einer solchen. Doch spielt bei ihr der
Nutzeffekt — d, h, derjenige Teil der auf dem gebenden
Amt erzeugten Leistung, welcher auf dem empfangen-
den nützlich verwertet wird — gegenüber der Sicher-
heit und Schnelligkeit des Betriebes nur eine unter-
geordnete Rolle.
Die Ausgleichswiderstände werden in der Grösse von
500 Ohm und in Vielfachen davon gebaut. Früher verwandte
man als Widerstandsmaterial Graphitpulver, zwischen Stanniol-
pfropfen in einer Glasröhre eingeschlossen. Je lockerer das
Pulver aufgefüllt, je dünner und länger seine Schicht ist, umso
grösser sein Widerstand. Neuerdings werden die Wider-
stände nicht mehr aus Graphitpulver, sondern aus dünnem
Manganindraht gefertigt, von dem man grosse Längen auf eine
Holzspule aufwickelt. Das Graphitpulver ändert — vermutlich
durch teilweises Zusammenbacken — nach einiger Zeit seinen
Widerstand und verlangt eine häufige Prüfung. Diese fallt beim
Manganindraht natürlich fort. Dessen Eigenschaft, im Gegensatz
zu anderen Materialien seinen Widerstand mit der Temperatur
nicht zu ändern, spielt bei den künstlichen Widerständen keine
Rolle. Denn erstens steigt bei Sommerhitze der Widerstand
des oberirdischen Leitungsdrahtes, so dass auch der Ersatz-
widerstand ruhig steigen dürfte. Zweitens giebt dieser nur den
ungefähren Widerstand der fortfallenden Leitung wieder. Es
kommt auf seine Genauigkeit nicht an, da aus anderem Grunde
der Telegraphierstrom doch erheblich schwankt.
Von telegraphischen Hilfsapparaten sind weiter die Blitz-
ableiter zu besprechen. Wie Ihnen aus der Elektrostatik
bekannt ist, nimmt der Blitz seinen Weg möglichst über gute
Leiter, Er findet keine besseren, als oberirdische elektrische
Leitungen, welche deshalb, ob sie Stark- oder Schwachstrom
führen, dem Blitzschlag besonders ausgesetzt sind. Der Blitz
bewegt sich aber nie weit auf einer Drahtleitung, Als Wechsel-
strom hoher Periodenzahl verriegeln ihm schon schärfere
Krümmungen den Weg und lassen ihn in Gemeinschaft mit
anderen, oft nicht verständlichen Ursachen zur Erde abspringen.
Das beschädigte Stück der Leitung ist immer kurz und kann
leicht ersetzt werden. Blitzableiter bringt man deshalb nur
DigitizsdbyGOOgle
Telegraph i sehe Hilfsapparale. 275
dort an, wo Leitungen oberirdisch in Ämter eintreten oder
Freileitungen in Kabel übergehen, so dass Menschen, Gebäude
und Apparate und die teuren und schwer auszuwechselnden
Kabel geschützt werden.
Die telegraphischen Blitzableiter beruhen auf einem Prinzip,
wie es auch zum Schutze aller anderen elektrischen Leitungen
gegen BUtzschlag verwandt wird. Man benutzt die Fähigkeit
des Blitzes, vermöge seiner hohen Spannung zu guten Erd-
leitungen hin Luftbrücken zu überspringen. Das vermag der
im regelmässigen Betriebe von der Leitung geführte schwach-
gespannte Strom nicht, selbst wenn die Brücke nur kurz ist.
Bei den telegraphischen Blitzableitern befindet sie sich zwischen
zwei Messingplatten, die zur Erzielung der früher besprochenen
Fig. 114. TischbliWableiter. (Nach ZeUsche.)
Spitzenwirkung geriefelt sind. Zu- deren Vermehrung sind die
Riefeln der einen Messingplatte denen der anderen nicht parallel;
sondern beide kreuzen sich. Die Platten sind so über einander
befestigt, dass zwischen den Kämmen der Riefelungen V* bis
Y* mm Abstand bleibt. Die untere Platte wird vom Telegraphier-
„Coogic
27Ö Telegraphische Hilfsapparate.
Strome durchlaufen oder steht wenigstens mit der Leitung in
Verbindung, die obere liegt an Erde. Kommt der Blitz auf der
Leitung daher, so springt er durch die kurze Luftschicht von
der an Leitung zu der an Erde liegenden Platte über und fahrt
Fig. nS. Tischbl[lzableiter, Decketplatte abgehoben.
unschädlich zur Erde ab. Der Blitzableiter ist darauf sogleich
wieder gebrauchsfähig, wenn nicht, was wohl vorkommt, beide
Platten durch den Blitz zusammengeschmolzen sein sollten.
DigitizsdbyGOOgle
Telegraphisehe Hilfsapparate.
277
Der Schutz gegen den von den Leitungen in die Ämter
eingeschleppten Blitz ist den Tischblitzableitern') (Fig. 174
und 175) anvertraut, die in kleineren Ämtern auf jedem Apparate-
tische, in grösseren wie die grossen Umschalter besonders auf-
gestellt sind. Die Erdplatten ftlhren dann gemeinsam zur Erde.
Die Tischblitzableiter enthalten, wie das eben aligemein aus-
einandergesetzt wurde , geriefelte Platten , deren geradlinige
Riefeln aufeinander senkrecht stehen. Die untere-, die Leitungs-
platte (Fig. 175) ist in der Mitte der Lange nach in entzwei
geschnitten. Beide Plattenhälflen sind durch einen Luftschlitz
getrennt und an den Enden durch Isoliermaterial mechanisch mit
einander verbunden. Durch diese Teilung ist ein Blitzableiter
in den Stand gesetzt, gleichzeitig vor den Entladungen
zweier Leitungen zu schützen. Die obere-, die Deckelplatte ist
aus einem Stück und mit der neben den Linienplatten isoliert
befestigten Erdschiene verbunden. Die Tischblitzableiter erfüllen
>i Ihre Bezeichnung als Platte nbtilzableiter im Gegensalz lu den SUngenblitz-
ableitern trifft beider Unterschied nicht. Denn beide beruhen auf der Anwendung
Seriefelter Platten. Wühlt man den Ort ihrer Thaiigkeit als Einteilungsprinzip, so
entsprechen sich Stange und Tisch. Um ein Missverständnis zwischen den an der
Telegraphen Stange befestigten und den als Stange ausgebildeten Blitzableitern zu
vermeiden, wurden seiner Zeit die lelitercn nach gleichem Einteilungsprinzip Gebäudc-
blitzableiler genannt.
D,„i,.,db,Google
278 Telegraphisehe Hilfsapparate.
ausser ihrem eigentlichen Beruf noch den von Umschaltern.
Der beim Umschalten verwandte Stöpsel steckt, wenn er nicht
gebraucht wird, in dem der Deckelplatte als Handhabe dienenden
Holzknopf, Durch Stöpseln von Loch 1 oder 2 wird die linke
oder die rechte Leitung mit der Deckeiplatte verbunden, also
an Erde gelegt. Loch 4 erdet beide Leitungen , und das
innerhalb der Deckelplatte mit Ebonit ausgefütterte Loch 3
(Fig, 174) verbindet beide Leitungen mit einander.
Der Stangenblitzableiter (Fig, 176 und 177) enthält
ebenfalls zwei Riefelplatten. Die untere längs geriefelte steht
über eine Messingstange mit einer Abzweigung der Leitung in
Verbindung, deren atmosphärische Entladungen unschädlich
gemacht werden sollen. Die obere, concentrisch geriefelte
Erdplatte führt über den Bajonettverschluss und zwei bifilar
um einander geschlungene Telegraphendrahte zur Erde. Damit
der Blitzableiter die Isolation der Leitung nicht verschlechtert,
sind die an der Leitung und die an Erde liegenden Metallteile
durch zwei in einander steckende Ebonitglocken getrennt.
Der letzte telegraphische Hilfsapparat ist in einer sehr
grossen Reihe von Formen ausgeführt, von denen eine Auswahl
eingehend zu besprechen ist. Es sind die Relais.
Das direkte Telegraphieren mit Arbeits- oder Ruhestrom,
wie es im Prinzipe am Schlüsse der vorigen Vorlesung besprochen
wurde, gelingt nur zwischen nahe gelegenen Ämtern, weil der vom
gebenden Amte abgesandte Strom nicht in seiner vollen Stärke
auf dem empfangenden Amt ankommt. Auch im ordnungsmässigen
Betriebe, bei Abwesenheit besonderer Störungen, hält die
Leitung gleichsam nicht dicht. Sie leckt. An jeder einzelnen
Porzellanglocke unterwegs findet auch bei trockenem Wetter
ein kleiner Zweigstrom seinen Weg zur Erde, Zwar ist er
winzig klein, und nur besonders empfindliche Messinstrumente
können ihn nachweisen. Aber er ist, und die grosse Anzahl von
Aufhängungspunkten verleiht ihm seine Bedeutung. Der Strom
wird unterwegs nutzlos ausgegeben — vulgär gesagt — ver-
läppert, und der Rest, der ins Empfangsamt kommt, ist zur
Erfüllung seiner eigentlichen Aufgabe nicht mehr stark genug.
Der ankommenden Milliampere sind zu wenige. Die Ampere-
DigitizsdbyGOOgle
Telegr«phische Hilfsapparate. 279
Windungen und die von ihnen, als der Magnetomotorischen
Kraft, durch den magnetischen Kreis gedrückten Kraftlinien
reichen nicht hin, um den durch Schreib- oder Klopferhebel
beschwerten Anker zu bewegen. Der grössere oder kleinere
Feuchtigkeitsgehalt der Luft erklärt übrigens mit seinem Einfluss
auf die Güte der Leitungsisolierung das schon öfters erwähnte
Schwanken des Morsestromes.
Die bei längeren Leitungen lästige Verkleinerung des
Stromes scheint sehr einfach durch Vergrösserung der wirk-
samen Elektromotorischen Kraft, also der für die vorliegende
Strecke benutzten Zellenzahl überwunden werden zu können.
Dadurch würde dann — so möchte man meinen — zwar nach
dem Gesetze der Stromverzweigung an jedem Aufhängspunkt
die höhere Spannung einen entsprechend grösseren Neben-
schlussstrom zur Erde schicken; aber der ans Ziel gelangende
Strom wäre auch entsprechend grösser. So würde aber nur
schliessen, wem der alte Satz fremd ist, dass eine Leitung um so
schwerer zu isolieren, je höher gespannten Strom sie führt.
An einer Reihe von Stellen genügt die Isolierung zum Zusammen-
halten der niedrigeren, nicht der höheren Spannung. Ein Heer
von vorher unbekannten Isolationsfehlern tritt jetzt auf und
zehrt schmarotzerisch an dem fortzuleitenden Strom, Die
Stromverluste, die man ausgleichen wollte, werden weit mehr
vergrössert, als dem Verzweigungsgesetze entspricht. Viel
mehr Strom als bei der niedrigen Spannung kommt jetzt auch
nicht ans Ziel, und wenn, so entspricht der erlangte Gewinn
nicht dem vermehrten Aufwände. Andererseits ist eine Ver-
besserung der Isolationseinrichtungen bei der erforderlichen
grossen Zahl von Aufhängungspunkten zu teuer. Für eine
Telegraphie auf weite Entfernungen ist aus diesem und anderem
Grunde die Einführung von etwas ganz Neuem notwendig.
Dieses Neue ist die Übertragung, welche auf einem unter-
wegs liegenden- oder dem Endamt eingerichtetet wird. Sie
bedient sich eines Hilfsapparates: des Relais.
Zur Zeit, als es noch keine Eisenbahn gab und man mit
der Host reiste, waren grössere Entfernungen natürlich nicht
ununterbrochen mit denselben Pferden zurückzulegen. An
bestimmten Stationen unterwegs wurden die müden Pferde
abgegeben und frische, ausgeruhte angeschirrt. Die neuen
DigitizsdbyGOOgle
280
Telegraph [sehe H[irsapparate.
Pferde sowohl, wie die Station, auf welcher der Pferdewechsel
stattfand, wurden allgemein mit dem französischen Worte Relais
bezeichnet. Der treffende Vergleich mit dem Orte des Pferde-
wechsels hat dem Relais seinen Namen eingetragen.
Der von der Linie in das Empfangsamt fliessende Strom
ist also bei grösseren Entfernungen zu schwach, um die An-
ziehung des mit dem Schreib- oder Klopferhebel belasteten
Morseankers zu bewirken. Der Strom wird deshalb nicht durch
die Elektromagnetwicklung des Morse, sondern durch die des
Relais zur Erde geschickt (Fig. 178). Dieser Elektromagnet-
'mMZ7//r/r/////////////////w///mw7^^r////////////
ti»
P
Fig. n8, Relaispririip.
Wicklung liegt ein zierlicher, leicht beweglicher Anker vor,
welchen anzuziehen, auch der nur durch den schwachen Linien-
strom, aber mit einer meist sehr grossen Windungszahl
erregte Elektromagnet im Stande ist. Der Farbschreiber oder
Klopfer bildet mit einer neuen auf dem empfangenden Amte
selbst aufgestellten Batterie von einigen Telegraphenelementen
oder Akkumulatorenzellen, der Ortsbatterie {Oh in Fig. 178)'),
den (gestrichelten) Ortsstromkreis. Der Stromkreis befindet
sich eben am Orte, auf dem Amte selber und enthalt keine
ausserhalb des Amtes befindliche Leitung. Einen Teil dieses
Ortsstromkreises bildet auch der Messinghebel, in den der
Relaisanker eingelassen ist, und je nach der Lage dieses
Hebels ist der Ortsstromkreis geöffnet oder geschlossen. Hat
der schwache Linienstrom den Relaisanker umgelegt, so fliesst
') Ganz bezeichnend hat man sie auch Vorspannbattcrie genannl.
D,„i,.,db,Google
Telegraphische Hilfsapparaw. 281
der Ortsstrom, der Morse schreibt oder giebt den Klopfton,
der dem Zeichenbeginn entspricht. Er hört aber sofort oder
nur unmerklich später mit Schreiben auf oder giebt den anderen
KJopfton, sobald kein Linienstrom mehr die Wickelung des
Relais durchfliesst. Das Relais arbeitet in dem auf dem
Empfangsaitite befindlichen Stromkreise wie eine Taste, die von
fern her, von dem auf dem anderen Amte gebenden Beamten
elektrisch bedient wird.
An jedem Relais befinden sich ordnungsmassig fünf Klemmen.
Von diesen dienen die zwei am Ende der Elektromagnetwicklung
dem Linienstrom. Die eine von ihnen wird mit der Leitung, die
andere mit Erde verbunden. Man pflegt diese beiden die
Primär- und die drei anderen die Secundärklemmen zu nennen,
darf sich dadurch aber nicht etwa zur Vergleichung des Relais
mit dem Transformator verleiten lassen. Bei diesem ist der
primäre Stromfluss die Ursache des secundären. Beider Grösse
steht in Beziehung zu einander. Mit dem primären Strom
wächst auch notwendiger Weise der secundäre.') Beim Relais
dagegen ist der primäre Strom nicht die Ursache, sondern die
Veranlassung des secundären. Er löst den secundären nur
aus, fügt, wie ein Schalter, dem fast fertigen Stromkreis ein
fehlendes Leiterstück ein. Die Grösse des Secundär- oder
Ortsstromes hängt nicht von der des Primär- oder Linienstromes,
sondern allein von der Elektromotorischen Kraft und dem
inneren Widerstände der Ortsbatterie und den Drahtwiderständen
des Ortsstromkreises ab. Die eine der drei Secundärklemmen
aller Relais ist elektrisch mit dem Relaishebel oder, wie dieser
bei langer und schmaler Ausbildung heisst, der Relaiszunge
verbunden. (Contakt IIc.) Die beiden noch übrigen Klemmen
(IIa und IIb) führen je zu einem der verstellbaren Contakte
(IIa und IIb). Gegen den einen von diesen (IIa), den Arbeits-
contakt schlägt der Relaishebel, wenn Strom die Elektromagnet-
wicklung durchfliesst und der Anker angezogen ist. Gegen
den andern (IIb), den Ruhecontakt, wird er durch die Elasticität
einer Spiralfeder geführt, sobald der primäre Strom zu fliessen
aufgehört hat. Die Spannung der Spiralfeder und damit die
Empfindlichkeit des Relais kann durch Verstellen einer Schraube
'1 Die Reihenfolge bciiehl sich nalflrlich auf Schwach slrom-Transformaloren.
DigitizsdbvGOOgle
282 Telcgraphische Hilfsapparate.
geändert werden. Bei allen Relais sind zum Schutz gegen den
Offnungsfunken die beiden Contaktstifte platiniert und der
Relaishebel ist an den Contakt machenden Stellen mit Platin-
plattchen belegt. Bis jetzt passt die Beschreibung des Relais
in Sonderheit auf die Gruppe, die man Weicheisen-Relais
nennt. Als deren Vertreter stelle ich Ihnen hier {Fig. 179) das
s. g. gewöhnliche Relais der Reichspost vor, das in seinem
Äusseren stark an den Klopfer erinnert. Sein Name Schwanen-
halsrelais stammt von der früheren eigentümlichen Form des
Bockes, der die secundären Contakte trägt. Kerne aus weichem
Eisen tragen zwei Spulen, die zusammen an 12000 Windungen
von etwa 350 0hm enthalten. Als Relaishebel dient ein in seinem
Scheitel gelagerter Messingwinkel, der in der Vertikalen drehbar
ist. An dem vertikalen Schenkel greift die Spiralfeder an, so dass
der horizontale von unten gegen den Ruhecontakt (IIb) schlägt.
Dem Zug der Feder entgegen wirkt die elektromagnetische Kraft
der Spulen, welche den in den horizontalen Schenkel des
Messingwinkels eingelassenen Eisenanker zu sich nach unten
zieht und das Schenkelende gegen den Arbeitscontakt (IIa) legt.
Zur Einstellung kann man, ähnlich wie beim Farbschreiber,
Kernhöhe und Federspannung verändern. Die zweite wichtigere,
Gruppe von Relais, die
DigitizsdbyGOOgle
Telegraph [sehe Hilfsapparate. 283
Polarisierten Relais
enthalten einen polarisierten Elektromagneten. Am leichtesten
verstandlich ist dasjenige, welches die Reichspost das deutsche
nennt, obgleich es dem Elektromagneten des Hughes-Apparates
und das auch zuerst in England nachgebildet ist. Bei diesem
Hughesrelais {Fig. 180) liegt auf hölzerner Grundplatte ein
Fig. 180. Hiighcs-Rclais.
DigitizsdbyGOOgle
284 Telegraph ische Hilfsapparate.
kräftiger aus mehreren Stahllamellen zusammengesetzter Huf-
eisenmagnet. Auf jedem der beiden Pole steht vertikal, also
senkrecht auf der Ebene des Magneten und des Grundbrettes
ein Kern aus weichem Eisen. Nach der alten Anschauungsweise
werden diese Kerne durch den Dauermagneten Influenziert, so
dass am oberen Ende des auf dem Nordpole des Hufeisens
stehenden Kernes ein Nordpol, am oberen Ende des anderen ein
Südpol entsteht. Ausserdem sind nun die Kerne von Elektro-
magnetspulen umgeben, welche, wenn sie von einem Strome
durchflössen werden, je nach dessen Richtung die Pole an den
Kernenden verstärken oder schwächen. Über den Kernenden
sitzt der kleine Anker aus weichem Eisen, von dem in der
Vertikalen drehbaren Relaishebel getragen. Mit ihm ist die
Klemme IIc verbunden. Über und unter dem freien Ende des
Relaishebels sind, von einander isoliert, die beiden anderen
sekundären Contakte, IIa und IIb angebracht. Eine verstell-
bare Feder hält den Hebel gegen den oberen von beiden, IIb.
Das Relais arbeitet jetzt auf Anziehen. Sobald Strom
der vorgeschriebenen Richtung die Windungen durchläuft,
werden die beiden influenzierten Pole an den Kernenden elektro-
magnetisch so verstärkt, dass die auf den Anker ausgeübte
Anziehungskraft den Relaishebel gegen den 2ug der Feder auf
den unteren Contakt klappen lässt. Soll das Relais auf Ab-
reissen eingestellt werden, so lässt man durch Drehen der
Stellschraube die Feder soweit nach, dass ihre Zugkraft schon
von den influenzierten Polen allein überwunden werden kann,
mithin bei Abwesenheit von Strom der Relaishebel gegen den
unteren Contakt IIa anschlägt. Wenn nun ein Strom von
einer der des vorigen entgegengesetzten Richtung die Elektro-
magnetwicklung durchfliesst, so werden die influenzierten Pole
elektromagnetisch so geschwächt, dass sie das Uebergewicht
über die Zugkraft der Feder verlieren und den Anker loslassen
müssen. Der Hebel klappt nach oben.')
1) Man sollte diese Einslellung nicht als die auf Abstossung beieichncn.
Dadurch wird nur der falsche Gedanke hervorgerufen, dass die Elektromagnetkeme
den Anker abstossen. Der Anker aus weichem Eisen kann nie abgesloasen werden,
auch dann nicht, wenn die elektromagnetische Wirkung stark genug wäre, den Dauer-
magnetismus ganz aufzuheben und die Eisenkerne entgegengesetzt zu magnetisieren,
was sie Qbrigens nicht im Entferntesten ist.
D,„i,.,db,Google
TetegraphUche Hilfsapparate.
285
Beide Schaltungen, die auf Anziehen und die auf Abreissen
des Ankers, wurden eben stillschweigend in einer Arbeitsstrom-
leitung gedacht. Ebenso gut können sie auch mit Ruhestrom
betrieben werden. Soll dann das Relais auf Anziehen arbeiten,
das heisst der Hebel mit den Punkten und Strichen der Morse-
zeichen nach unten klappen, so muss der Strom den influenzierten
Magnetismus schwächen. Bei Stellung auf Abreissen sollen die
Punkte und Striche den Hebel nach oben umlegen. Der Ruhe-
strom muss mithin den influenzierten Magnetismus verstärken.
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a
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EinattÜung ati^
Anziehen Abreissen
Fig. 181. Die auf dem Hebel des Hughesrelais wirkenden Zugkrfifle.
(Seh wach ungsankcr unverändert.)
Das Arbeiten des Hughes-Relais erklärt sich mit Hilfe der
Kraftlinienanschauung viel einfacher. Der stählerne Dauer-
magnet schliesst einen kleinen Teil seiner Kraftlinien als Streu-
linien von Pol zu Pol durch die Luft. Die grosse Mehrzahl
benutzt als Leitungsweg Kerne und Anker, welche ja aus Eisen
von hoher Permeabilität bestehen. Dabei ist zweimal die kurze
Luftbrücke zwischen Kernenden und Anker zu durchsetzen.
Nach alter Regel suchen die Kraftlinien den ihnen von dem
Ankereisen aufgezwungenen Luftweg zu verkürzen und den
DigitizsdbyGOOgle
286 Telegraphische Hilfsapparale.
Anker an die Kernenden heranzuziehen. Das geschieht auch,
wenn ihre Anzahl genügt, den Gegenzug der Feder zu über-
winden. Die Feder ist nun bei der Stellung auf Anziehen so
stark gespannt, dass die von dem Stahlmagneten ausgesandten
Kraftlinien allein nicht dazu ausreichen. Fliesst aber durch die
Spulen ein Strom von solcher Richtung, dass die von ihm
erzeugten Kraftlinien denen des Stahlmagneten gleichgerichtet
sind, so reicht jetzt die Kraftlininienzahl zur Anziehung aus.
Der Relaishebel klappt nach unten. Ist der Strom aber dem
von eben und sind damit seine Kraftlinien denen des Dauer-
magneten entgegengesetzt gerichtet, so wird ein Teil der ur-
sprünglichen in ihrer Wirkung aufgehoben. Der wirksame Rest
ist der entgegenziehenden Federkraft nicht mehr gewachsen.
Das Relais arbeitet auf Abreissen. Die Entstehung der resul-
tierenden Zugkraft kann man sich mit einem solchen Diagramm
{Fig. 181) klar machen, dass allerdings keine Versuchsergebnisse,
sondern beliebig angenommene Werte wiedergiebt. Ein Strom
von der dem erwarteten Telegraphierstrome entgegen-
gesetzten Richtungverstärkt in jedem Falledie im Ruhe-
zustande auf den Anker ausgeübten Zugkräfte. Der
Anker wird durch ihn nicht umgelegt. Das ist ein Haupt-
vorzug aller polarisierten- vor den Weicheisenrelais.
Zur Einstellung des Hughes-Relais dient ausser der Ver-
änderung der Federspannung der Schwächungsanker. Dieser
ist nichts als ein loser, mit einem Messingknopf versehener Stab
aus weichem Eisen — halb Kantel, halb Türkensäbel — der
den Polen des Dauermagneten vorgelegt werden kann. Er
bildet dann einen magnetischen Nebenschluss. Den Kraftlinien
des Dauermagneten sind zum Schliessen zwei Wege geboten,
der bisherige durch Kerne, Anker und etwaige Luftbrücken und
ein neuer durch das Eisen des Schwächungsankers, ungefähr
auf dem Wege der früher erwähnten Streulinien. Die Kraft-
linienverteilung hängt von dem magnetischen Widerstände der
Zweige ab. Jedenfalls wird das allein für die auf den Relais-
anker ausgeübte Zugkraft in Betracht kommende Kernfeld
geschwächt und zwar umso mehr, je enger und vollständiger
der Schwächungsanker dem Dauermagneten anliegt. Bei innigem
Anliegen bildet er einen magnetischen Kurzschluss und setzt
bis auf einen kleinen wirksamen Rest das Dauerfeld matt.
DigitizsdbyGOOgle
Tetegraphische Hilfsapparale. 287
Der Schwächungsanker schwächt den Einfluss des Dauer-
magneten auf das Relais, nähert mithin gleichsam das polari-
sierte- einem Weicheisen-Instrument. Für die Einstellung bedeutet
kleinere Federspannung und innigeres Anlegen des Schwächungs-
ankers das Gleiche: ein leichteres Ansprechen des Relais. Der
Schwächungsanker bewirkt durch die Veränderung seiner Lage
gleich eine ziemlich heftige Verstellung, ähnlich dem Heben und
Senken der Farbschreiberkerne. Milder wirkt die Veränderung
der Federanspannung. Durch Verbindung beider gelingt die
gewünschte Einstellung.
Die Reichspost verwendet das Hughes-Relais in zwei Formen,
einer kleineren mit Magnetwicklungen von zusammen etwa 200
und einer grösseren von etwa 1150 Ohm.
Mit Vergnügen wende ich mich nun zur Besprechung des
Siemensschen polarisierten Relais, das zugleich geistvoll
erdacht und bis zur Vollendung durchkonstruiert ist. Es ist in
der ganzen Welt verbreitet, wenn es auch von der Reichspost
nicht mehr neu angeschafft wird. Zum Unterschied von den
vorigen enthält dieses Relais keine Feder und ist damit von
allen mit Federn verbundenen Mängeln befreit. Der Dauer-
magnet des Relais ist im Winkel gebogen (Fig. 182). Er ist so
in einer Messingdose aufgestellt, dass der den Südpol tragende
Schenkel vertikal aufrecht steht und mit dem Pol nach oben
zeigt, während der den Nordpol tragende horizontal und jetzt
auf den Beschauer zu gerichtet ist.
Dieser horizontale Schenkel trägt (Fig. 183) auf sich, und
dem vertikalen Schenkel parallel, einen Hufeisen-förmigen
Elektromagneten, das heisst, zwei mit Spulen umgebene, durch
eine Grundplatte vereinigte Kerne aus weichem Eisen. Wohl-
gemerkt, beide Kerne sitzen auf ein und demselben Pol des
Stahlmagneten, auf dem Nordpol. An den oberen Enden beider
Kerne wird demnach je ein Nordpol influenziert. Die die Kerne
umgebenden Spulen sind in gewohnter Weise gewickelt. Ware
gar kein influenz leren der Stahlmagnet vorhanden, so würde ^
sobald Strom die Windungen durchfliesst — an dem oberen
Ende des einen Kernes ein Nord-, an dem des anderen ein
Südpol entstehen. Der Stahlmagnet ist aber vorhanden. Bei
Stromfluss wirken deshalb zwei verschiedene Magnetisierungen
auf die Kerne. Das Ergebnis ist die elektromagnetische Ver-
DigitizsdbyGOOgle
288 Telegraphische Hilfsapparale.
Stärkung des einen influenzierten Nordpoles und die Schwächung
des anderen. Das eine Kernende enthält bei Stromfluss mithin
einen kräftigen, das andere einen schwachen Nordpol. Welcher
von beiden der kräftige und welcher der schwache sein wird,
ob der rechte oder der linke, hängt natürlich von der Strom-
richtung ab.
Der Relaisanker ist nun zwischen den beiden am Ende der
Eisenkerne befindlichen Polen beweglich angebracht und zwar
Siemcnssches Polarisiertes Relais.
Dauermagnet. Fig. 183. Magnetisches System.
SO, dass er sich um eine vertikale Achse dreht, die in einem
gabelförmigen Ausschnitt im oberen Ende des vertikalen
Schenkels gelagert ist. Auch der Anker wird influenziert, aber
durch den Südpol, so dass sich an seinem zwischen den beiden
Nordpolen beweglichen Ende ein Südpol befindet. Da beide
Nordpole bei Abwesenheit von Strom gleich stark sind, so wird
nach dem Coulombschen Gesetz der südpolare Anker von dem-
jenigen von beiden am meisten angezogen, der ihm am nächsten
ist. Deshalb sind den Eisenkernen Polschuhe aufgesetzt, von
denen jeder durch Drehung einer Schraube dem Anker genähert
oder von ihm entfernt werden kann. Der Anker klappt immer
DigitizsdbyGOOglC
Telegraph ische HiKsapparate, 289
ZU dem ihm am nächsten gelegenen Polschuh hin. Nach vorn
trägt der Anker eine zungenförmige Verlängerung aus Neusilber,
welche mit ihrem Platin-belegten Ende nach rechts oder links
gegen einen der sekundären Contakte schlägt. Das Relais ist
Fig. 184. Siemenssches Polarisiertes Relais von oben.
fast ganz in die Dose^) eingebaut (Fig. 184). Nur der gegabelte
Südpol, die in der Gabel gelagerte Zunge, die beiden secundaren
Contakte IIa und IIb und die den Kernen aufgesetzten Polschuhe
') Siemens & Halslte bauen übrigens auch noch immer ihr altes, «llcrdings von
der Rcichapost nicht gebrauchtes Weicheisen-Dosenrelais.
D,„i,„db,Goo'^le
290
Telegraphtsche Hilfsapparate.
sind, durch eine Glasscheibe geschützt, auf der Deckplatte der
Dose sichtbar. An derem Grunde sind die üblichen fünf
Klemmen angebracht. Von den beiden primären wird die eine,
und zwar eine bestimmte, mit der Linie, die andere mit Erde
verbunden und dadurch die Elektromagnetwicklung im richtigen
Sinne vom Linienstrome durchflössen. Der südpolare Anker
klappt von dem geschwächten Nordpole zu dem verstärkten
hinüber, schliesst mit seiner Neusilberzunge den Ortsstromkreis
und setzt den Farbschreiber in Gang. Ein Strom entgegen-
gesetzter Richtung bewegt beim Siemensschen ebenso wenig, wie
bei allen anderen polarisierten Relais, die Zunge aus ihrer
Ruhelage.
Sie werden leicht selbst finden, wie einfach sich das
Arbeiten des Siemensschen polarisierten Relais auf Grund der
Kraftlinienanschauung darstellt. Beachten Sie bitte dabei, dass
bei ihm sich die elektromagnetischen Linien ausser über die
Luftbrücken nur durch weiches Eisen schliessen, während beim
Hughes-Relais der Stahlmagnet mit seiner Remanenz als Teil
des Leitungsweges benutzt wird.
Ein drittes polarisiertes Relais, das mit drehbaren Kernen
(Fig. 185, 186 und I87( ist eigenartig gebaut. Die Kerne sind —
mit einiger Reibung — um der excentrischen Polschuhe willen
Fig. 185. Relais mit drehbaren Rertien. (Nach Crawinkel und Strecker.1
D,„i,.,db,Google
Telegraphische Htifsapparate
ra===q
So
Relais mit drehbaren Kernen.
D,„i,.,„i„ Google
292
Telegraphische Hilfsapparate.
drehbar, damit diese durch die Drehung den beiden Ankern
genähert oder von ihnen entfernt werden können, also zu
demselben Zweck, den das Siemenssche Relais durch geradlinige
Verstellung der Polschuhe erreicht. ^) Die Spulen des Elektro-
magneten haben die übliche Wicklung. ' Aber die in ihnen
steckenden Eisenkerne sind durch kein Joch mit einander ver-
bunden. Es treten Kraftlinien an vier Kernenden aus Eisen in
Luft. Alle vier tragen Pole. Zwischen je zwei in gleicher Höhe
liegenden Kernenden ist, in der Horizontalen drehbar, ein Anker
angebracht, also oben einer und unten der zweite. Beide sind
durch eine senkrechte Messingstange starr mit einander verbunden,
müssen mithin gemeinsam arbeiten. Der obere von beiden Ankern
trägt als Zunge einen schmalen Streifen aus dünnem Messingblech,
aus gewohntem Grunde mit Platinplättchen belegt. Die Contakt-
stifte, gegen die er anschlagt, können gemeinschaftlich nach rechts
Fig. 181. Kraftlinicnverlauf im Retais mit drehbaren Kernen.
id Polschuhe fortgelassen . D
Polaritlt NS, die eleklrom;
Dauerkrafllinien geben den Kernen i
hetischen zum Beispiel N' S'.
'1 Die Bezeichnung des Relais als das mit drehbaren Kernen trifft kein wescnt.
liches Merkmal und ist deshalb auch wohl durch: neues deutsches Retais ersetzt
worden. Es ist übrigens augenscheinlich dem Magnetsystem des (automatischen)
Whcatstone-Emplängers nachgebildet.
DigitizsdbyGOOgle
TeEcgTaphi9che Hilfsapparate. 293
und links verschoben werden. Die Dauerkraftlinien werden von
einem Hufeisenmagneten geliefert, der wie eine an der Wand
ein Schattenbild entwerfende Hand in der Vertikalen befestigt
ist. (Vgl. Fig. 185 und 187.) Der obere Schenkel trägt den
Süd-, der untere den Nordpol. Die Dauerkraftlinien (Fig. 187)
gehen nun vom unteren Schenkel des Hufeisens durch den
unteren Anker, verzweigen sich nach den beiden unteren Pol-
schuhen der Weicheisen-Kerne, durchlaufen diese nach oben,
treten aus ihnen über die oberen Polschuhe aus, vereinigen
sich im oberen Anker, gehen gemeinsam zum oberen Schenkel
und kehren durch das Hufeisen zum Ausgangspunkt zurück.
Von Dauermagnet wegen haben mithin beide Kerne in ihren
beiden oberen Polschuhen Nord-, in ihren unteren Südpole
{NS und NS in Fig. 187). Mit den Ankern ist es um-
gekehrt. Der obere trägt den Süd-, der untere den Nordpol.
Nach welchen Polschuhen die Anker hinklappen, ob nach links
oder nach rechts, hängt, ähnlich wie beim Siemensschen Relais,
von den Abstanden, das heisst von der Stellung der Polschuhe
und der Anschlagstifte ab. Die vom Telegraphierstrome
erzeugten Kraftlinien verlaufen in dem einen — z. B. dem linken
~ Weicheisen-Kerne in derselben Richtung wie die Dauerkraft-
linien, im anderen — dem rechten — entgegengesetzt. Die
Pole der beiden linken Polschuhe werden demnach elektro-
magnetisch verstärkt, die beiden rechten geschwächt. Beim
Hughes-Relais konnte der Schwächungsanker den Einfluss des
Dauermagneten verändern. Hier kann man diesen durch Drehen
der Schraube links hinten (Fig. 185 auf S. 290) von den Ankern
entfernen und damit seinen Einfluss ausserordentlich schwächen.
So kann es vorkommen, dass die Polarität des rechten Kernes
durch die elektromagnetischen Kraftlinien direkt umgekehrt wird,
dass also oben ein Süd- und unten ein Nordpol entsteht (S' N' in
Fig. 187). Je weniger Milliampere der Telegraphierstrom führt,
umso mehr wird man den Dauermagneten von den Kernen
abdrehen. Das Relais mit drehbaren Kernen ist durch seine
ganze Bauart ausserordentlich empfindlich. Besonders tragen
dazu bei die Anwendung des Doppelankers, der grosse Unter-
schied, den man den Abständen der Anker von den rechten
und den linken Polschuhen erteilen kann, und die Schwächung
des Einflusses des Dauermagneten.
DigitizsdbyGOOgle
294 Telegraph ische Hilfsapparate.
Ausser den besprochenen giebt es noch Relais die Holle
und Fülle und in den mannigfachsten Formen. Bekommen Sie
solche in die Hand, wird Sie aber das Gesagte in den Stand
gesetzt haben, sie sich selbst zu erklaren. Erwähnen könnte
ich höchstens noch das Post Office Standard Relais und zeigen
ein neues, von Siemens & Halske besonders empfohlenes Relais
(Fig. 188).
Fjg. 188. Neues Relais von Siemens & Halsice.
Es bleibt uns nun noch übrig, zu besprechen, dass man
mit der Einschaltung des Relais in eine Leitung häufig nicht
bis zum Empfangsamte warten kann. Sie ist zu lang, um an
ihrem Ende auch nur das Relais zuverlässig arbeiten zu lassen,
und wird deshalb in Teile zerlegt und zwar in so viele, als
zur sicheren Übertragung notwendig sind. Für England
mit seinem feuchten Klima werden etwa 600 km, för Deutschland
merkwürdiger Weise weniger als obere Grenze für die Länge
dieser Teile angegeben. Die berühmte indoeuropäische Linie
London — Berlin— Teheran von etwa 6000 km hat nur fünf
Übertragungsämter. Die Übertragung aus einer Leitung in die
nächste (Fig. 189) ist die Aufgabe des Relais. Es bildet eine
DigitizsdbyGOOgle
Telegraphische Hilfsapparate.
295
telegraphische Kuppelung zwischen zwei Nachbarstromkreisen.
Linien- und Ortsstromkreis werden zu Linienstromkreis I und II,
Linien- und Ortsbatterie zu Linienbatterie I und II, die letztere
mit entsprechend grösserer Zellenzahl, als bisher. Zur Über-
l&edragunfsami
sBckmtiMml
Fig. 189. Obertragung
tragung in beiden Richtungen sind auf dem Übertragungsamte
für jede in zwei getrennte Leitung zwei Relais aufgestellt. Auf
dem Empfangsamt am Ende der Leitung wird der letzte Linien-
strom durch die Rollen eines neuen Relais geschickt, in dessen
Ortsstromkreis der empfangende Farbschreiber
oder Klopfer eingeschaltet ist. Auf dem
Übertragungsamt ist es natürlich sehr viel
zweckmassiger, ein Relais arbeiten zu lassen,
als das Telegramm mit dem Farbschreiber auf-
zunehmen und aufs Neue abzutelegraphieren.
Die Einschaltung eines Menschen in die
Übertragung, sei es auch der zuverlässigste
Beamte, zumal wenn es sich um ein Tele-
gramm in einer fremden Sprache oder einem
Code handelt, ist stets eine Quelle von
Irrtümern , die sich bei mehrmaligem Um-
telegraphieren bis zur völligen Unverständ-
lichkeit der Mitteilung häufen können. —
Will das Übertragungsamt mitlesen und
genügen ihm dazu die Klopftöne des Relais
Fig. 190.
ilierle Anschlage
1 ObertragungS'
Farbschreiber.
D,„i,.,db,Google
296 TclegraphiBche Hilfsapparate.
nichlj so kann es auch statt mit Relais mit Farbschreibern über-
tragen. Diese sind dann gegen die Ihnen bekannte Form etwas
abgeändert. Der Bock rechts, der die Anschlagschrauben
trägt, ist durch zwei getrennte und gegen die Grundplatte mit
Ebonit isolierte Säulen (Fig. 190)
ersetzt. Die obere Anschlag-
schraube ist dadurch zum Ruhe-,
die untere zum Arbeitskontakt, der
J"8- '^^ _ __ Schreibhebel zugleich Relaishebel
(Fig. 191) geworden und deshalb
mit einem Sicherheitskontakt ver-
sehen. Während er als Schreibhebel schreibt, schliesst er als
Relaishebel den Linienstromkreis II. Platin schützt die Kontakt-
stellen. Das Farbschreibergrundbrett trägt ausser seinen zwei
gewöhnliehen Klemmen in diesem Falle noch drei andere, die
den sekundären des Retais entsprechen.
Schreibhebcl zur Obertragung.
D,„i,.,db,Google
14. Vorlesung.
Die Stromquelle.
Telegraphenelementc. — Mehrere Leitungen an einer Batterie. Einschrankimg
durch den inneren Widerstand und zwar nicht wegen der gleichmiasig verminderten,
sondern wegen der schwankenden Klemmenspannung. Kein Durch schnitt. Zahlenbeispiel.
Parallele Zellen. L eil erschal tu ng. — Ahkumulaloren, Vorteile. Schutzwidersland ,
Ladung aus dem Stadtneti, mit Molorgeneratoren oder Umformern, mit selbst an.
gelricbcneni Generator, mit Telegraphenelementen. — Dynamos ohne Akkumulatoren.
Die Telegraphierströme werden in den meisten Fällen, in
Deutschland in allen, aus chemischer Quelle, einer Batterie
entnommen. Deren guter Zustand und richtige Bemessung ist
natürlich für das Gelingen des Ganzen von der grössten
Bedeutung.
Auf allen kleineren Ämtern
der Reichspost besteht die Batterie
zur Zeit noch aus Telegraphen-
elementen, die gewöhnlich in be-
sonderen, innen weiss gestrichenen
und mit Glasthüren verschlossenen
Schränken, wohl gereinigt und in
militärisch ausgerichteten Reihen
aufgestellt sind (Fig. 192). Jedes
Element kommt mit einer Klemme,
der positiven aus. In sie ist der
in eine der Zinknasen des Nachbar-
elementes eingegossene Leitungs-
draht eingeklemmt. Nur die Zelle
am negativen Ende der Batterie
tragt zwei Klemmen.
Nun handelt es sich zunächst
um die Frage; Muss jede der
von einem Amte ausgehenden
verschiedenen Linien mit einer Fig. 192. Eiemenienschrank.
IMS
D,„i,.,db,Google
298
Di« Stromquelle.
besonderen Batterie betrieben werden oder darf man mehrere
Leitungen parallel an ein und dieselbe Batterie legen? Das
darf man allerdings. Aber es scheint notwendig, die einander
parallelen Leitungen auch mit der gleichen Zeilenzahl zu
betreiben. Das wäre nur bei Leitungen nahezu gleichen Wider-
standes, das heisst — gleiches Material und gleichen Querschnitt
vorausgesetzt — bei Leitungen gleicher Länge möglich (Fig. 193).
Jk..^H..-|h,.^H..-|,
Fig. 193. Mehrere Leitungen gleicher Lange an einer Batterie.
Die Engländer hängen allerdings auch verschieden lange
Leitungen parallel an das gleiche Batterieende und fügen den
ktlrzeren passende Ausgleichswiderstände hinzu. Es hindert aber
andererseits garnichts, die Leitungen verschiedenen Widerstandes
von verschiedenen Punkten der Batterie abzuzweigen und so
jede mit der ihr ohne Zuschlagswiderstand zukommenden Zellen-
zahl zu betreiben (Fig. 194).
r::^;:-^:;::
H'-H'- -Hh- -IhHi
Fig. 194, Mehrere Leitungen verschiedener Länge an einer Batterie.
Die Anzahl der parallel von einer Batterie S^'
speisten Leitungen wird aber durch den grossen
inneren Widerstand der Telegraphenelemente ß'"'
DigitizsdbyGOO'^le
Die Stromquelle. 299
geschränkt. Die Reichspost erlaubt höchstens fünf
Morseleitungen an einer Batterie. Der Grund dieser
Einschränkutig ist der, dass bei grossem Batteriewiderstande
eine vermehrte Stromentnahme die Klemmenspannung der
Batterie und damit die Stromstärke in jeder der gespeisten
Leitungen herabdrückt. Eine einfache gleich massig an-
dauernde Abnahme von Klemmenspannung und von Strom
pro Leitung hätte zwar nichts auf sich und könnte durch Zugabe
einiger weniger Zellen ausgeglichen werden. Störend ist nicht
die gleichmässig verminderte, sondern die durch das
wechselnde Spiel der Tasten in einem fort regellos ver-
änderte Klemmenspannung. Bald hat sie und damit der Strom
in einer betrachteten Leitung den normalen Wert, bald einen
wesentlich kleineren. Die Stromstärke in der einen Leitung
hängt vollkommen davon ab, ob im Augenbhck die Nachbar-
leitungen reden oder schweigen. Für solchen Strom ist kein
Morse und kein Relais einzustellen. Jede Leitung verbittet
sich mit Recht, von ihren Nachbarn fortwährend gestört zu
werden.
Man möchte hier einwenden, dass mehrere an einer Batterie
hängende Leitungen sich deshalb nicht stören, weil Strom auf
einem Teile von ihnen und Unterbrechung auf dem anderen
sich umschichtig in ihrer Gesamtwirkung ungefähr aufhöben. Von
dem Irrigen dieses Einwurfes kann man sich leicht in folgender
Weise überzeugen: Man klebe auf ein Kartenblatt parallel zu
einander fünf Morsestreifen ') auf und ziehe über sie senkrecht
im Abstände von der durchschnittlichen Länge eines Punktes
parallele Linien. Dann zählt man, auf wie vielen Streifen sich
zwischen je zwei solcher Linien Schrift, und auf wie vielen sich
keine befindet. Man findet ganz verschiedene Zahlen, durchaus
keinen sich ungefähr gleich bleibenden Durchschnitt. Dieses
Diagramm (Fig. 195) giebt über eine Strecke von 20 Punkt-
längen, also etwa 20 . 2 = 40 mm für jede Punktlänge, die
Anzahl der auf fünf Morsestreifen (siehe die Fussnote) gleich-
zeitig erscheinenden Farbzeichen (Punkte oder Striche) an. Sie
') Statt wirklicher Morsestreiftn mag man eine solche Schulzeichnung aus
Morscietrhen herstellen, die man unter BerQcksichtigiing der vorschriftsmässigen
Längen mit der Hand auf kariertes Papier schreibt. Einen passenden Text geben
Telegrammadressen her.
DigitizsdbyGOOgle
300 Die Slromquellc.
sehen (Fig. 195, wie ausserordentlich die Zahl der gleichzeitig
arbeitenden Leitungen schwankt. Hierbei ist noch vorausgesetzt,
dass alle Leitungen wirklich arbeiten und nicht etwa einige von
ihnen plötzlich in oder ausser Betrieb gesetzt werden.
Fig t95. Schwankende Beanspruchiuig einer Batterie durch gemeinsame Leitungen.
Wollen Sie sich durch ein Zahlenbeispiel über die Grösse der
Schwankungen unterrichten, so nehmen Sie eine Leitung an,
die mit den eingeschalteten Apparaten 2000 Ohm Widerstand
hat. Lassen Sie die Batterie aus 30 Telegraphenelementen mit
der Elektromotorischen Kraft .E = 30 Volt und dem inneren
Widerstände Wi = 150 Ohm bestehen, so fliesst ein Strom J
30
von -öonn I ign = 13,9 Milliampere. Der Spannungsabfall in
äUUU -j- IdU
der Batterie ist bei fliessendem Strome E — E^ — 13,9 . 150 =
rd. 2 Volt und die Klemmenspannung Ei, mithinetwa 28 Volt.
Nun betreiben Sie mit derselben Batterie gleichzeitig eine zweite
Leitung gleichen Widerstandes (nach Art von Fig. 193 auf
S. 298). Das Leitungsvermögen beider zusammen ist doppelt
so gross, wie von einer allein, der Widerstand halb so gross:
1000 Ohm. In beiden zusammen fliesst ein Strom von
30
""iffno -i-lAn ~ 0.026, injedereinzelnen Leitung also 0,013 Amp.
Der Spannungsabfall in der Batterie steigt — bei Stromfluss in
beiden Leitungen — auf 0,026 . 150 = 3,9 Volt an. An Klemmen-
spannung bleiben dann nur 30 — 3,9 = rd. 26 Volt übrig.
Setzt man diese Rechnung fort, so bekommt man — bei gleich-
zeitigem Stromfluss in allen Leitungen — für den Strom in
jeder Leitung und die Klemmenspannung: bei drei Leitungen
12 Milliampere und 24,6 Volt, bei vieren 11,5 und 23,1, bei
fbnfen 11 und 21,7. Mit fünf Leitungen ist die vorgeschriebene
Grenze erreicht. Rechnet man noch bis zur nicht mehr erlaubten
sechsten, so ergeben sich 10 Milliampere und 20,7 Volt, Unser
DigitizsdbyGoOgle
Die Stromquelle.
301
oft verwandtes Dreieck kann uns auch diese Verhältnisse wieder
veranschauUchen (Fig. 196). Wir brauchen nur den Leitungs-
widerstand Wi durch die wachsende Anzahl der Leitungen —
ihr Widerstand ist ja als gleich angenommen — dividieren, um
zu sehen, wie die Klemmenspannung Ei, und der Strom pro
Abnahme der Klemmenspannung einer Batterie durch Speisung mchrerei
paralleler Leitungen vom gleichen Widerstände iei.
Leitung mit zunehmender Leitungsanzaht sinkt. Freilich sind
bei uns nicht fünf Leitungen von gleichem Widerstände an eine
Batterie angeschlossen. Es ist deshalb nicht der innere Wider-
stand aller Zellen von allen Teilströmen zu überwinden, und
die Klemmenspannungen schwanken nicht um ganz so grosse
Beträge, »ae angegeben. An der Beschränkung der Anzahl
der von einer Batterie zu speisenden Leitungen überhaupt wird
dadurch aber nichts geändert.
DigitizsdbyGOOgle
302 Die Stromquelle.
Als Ursache dieser Beschränkung erkannten Sie den grossen
inneren Widerstand der Telegraphenelemente. Ihn unschädlich
zu machen, ergiebt sich als einfaches Au^unftsmittel die Hin-
zufügung paralleler Zellen zur Batterie. Man braucht gar nicht
sämtliche Elemente durch zwei parallele ersetzen, sondern das
nur bei dem Grundstock der Batterie zu thun, welcher die
Hauptanzahl der Leitungen speisen soll. Auch wird nicht ver-
langt, dass man allen parallelen Zellen die positiven und nega-
tiven Klemmen verbindet; sondern es genügt, wenn etwa alle
fünf Elemente eine Brücke zwischen beiden Reihen gelegt wird.
Der Einfachheit halber seien (in Fig. 197) je fünf hinter einander
Hh •• -Ji- ■ • -Hl |h,.Hi-- -|i-
-IH--V-V---IH .^.^
Fig. 191. Verwendung paralleler Zellen in einer Batterie.
geschaltete Elemente durch ein Elementenzeichen dargestellt.
Auch hier bleibt die Leitungsanzahl natürlich beschränkt, und
gesonderte Batterien für je fünf Leitungen thun denselben Dienst.
Es möchte die in Frankreich herrschende Neigung zur Cen-
tralisation sein, welche die gemeinschaftliche Batterie bis zu der
aus der eben besprochenen hervorgehenden Leiter- oder Pyra-
midenschaltung ausgebildet hat. Sie sehen diese hier (Fig. 198)
mit derselben Abkürzung wie eben gezeichnet. Die Anzahl der
einander parallel geschalteten Elemente nimmt durch die ganze
Batterie hindurch von ihrem Ende bis zum Anfang leiterförmig zu.
Bei jeder Sprosse der Leiter oder Stufe der Pyramide werden die
einander parallel liegenden Reihen um eine vermehrt. Je mehr
Leitungen eine Zelle speist, in umso mehr parallelen Exemplaren
ist sie vorhanden. Je weiter man sich vom Anfang der Batterie
entfernt, umso weniger Zellengruppen sind parallel geschaltet,
denn umso kleiner wird die Strombeanspruchung. An allen
Abzweigpunkten bleibt dadurch die Klemmenspannung so wenig
verändert, als nötig. Die Leiterschaltung ist hier {Fig. 198) nur
DigitizsdbyGOOgle
: Stromquelle,
303
im Prinzip gezeichnet. So regelmässig wird die Leiter in
Wirklichkeit nie ansteigen, weil nicht für jede Entfernungsstufe
die gleiche Anzahl von Leitungen, sondern die durch die
zufälligen Verkehrsbedürfnisse gegebene abzweigt. Die Be-
sorgnis, das Auftreten eines Fehlers in einer Leiter.geschalteten
^lh^Hh^H^I'Tl^l^l^j•Tl'^H'^1^
^HHHHt|^
D
Fig. 198, Batter
in Leite rschaltun
Batterie wird in Frankreich nicht geteilt. Aber solche Schaltungen
kommen doch nur in grösseren Ämtern vor, und für die giebt
es glücklicher Weise eine Stromquelle mit kleinem inneren
Widerstände, eine moderne Stromquelle, den Akkumulator,
Eine Akkumulatorenbatterie, deren Zellen einen inneren
Widerstand von einigen Hundertstel — zum Beispiel 0,03 bis
0,05 — Ohm haben, kann jede verlangte Anzahl von gleich-
zeitig arbeitenden Telegraphenleitungen speisen, ohne dass die
Klemmenspannung merklich unter die Elektromotorische Kraft
herabsinkt. Der Unterschied beträgt, wie der innere Wider-
stand, höchstens ein Prozent von dem bei Verwendung von
Telegraphenzellen. Deshalb schrumpfen die ungeheuren Zellen-
zahlen grosser Ämter mit Einführung von Akkumulatoren
auf wenige zusammen, auf umso weniger, als die übrigen
während des grössten Teiles der Entladung nahezu unveränderte
DigitizsdbyGOOgle
304 »'= Slromq„dle.
Elektromotorische Kraft des Akkumulators fast doppelt so gross,
als die des Telegraphenelementes ist. Durch die ausserordent-
liche Verminderung der Zellenanzahl wird zunächst Platz ge-
wonnen, und bei der Notwendigkeit, grosse Ämter gerade in
die begehrtesten Verkehrsmittelpunkte der Grossstädte mit ihren
hohen Grundpreisen zu legen, ist Raumersparnis besonders
wertvoll. Auch ist Instandhaltung und Übersicht bei einer
kleinen und an sich reinlichen AkkumiJatorenbalterie sehr
DigitizsdbyGOOgle
Die Stromquelle. 305
viel leichter als bei einem Heere von Telegraphenelementen.
Schliesslich eignen sich die Akkumulatoren ganz besonders zum
Betriebe von Leitungen, an denen Ladungserscheinungen auf-
treten.
Dieses Lichtbild (Fig. 199) giebt die Akkumulatorenanlage
eines Telegraphenamtes (Nürnberg) wieder. In einem gesonderten,
trockenen Räume — natürlich nicht im Apparatezimmer — ist
auf Holzgestellen Zelle neben Zelle aufgestellt, die eine positive
Platte der einen immer mit den beiden negativen der nächsten
verbunden. Die eine Endklemme liegt an Erde, die andere an
den längsten Leitungen. In gewissen Abstanden sieht man
Abzweigungen die Batterie verlassen, um Leitungen zu speisen,
die kürzer sind und deshalb entsprechend kleinere Spannungen
verlangen. Die Capacität der Zellen wird zu 13,5 Amperestunden
angegeben. Die mit Strohgeflecht umgebenen Glasballons ent-
halten die zur Nachfüllung notwendige Schwefelsäure. Ein
zweites Lichtbild (Fig. 200 auf der folgenden Seite) zeigt Ihnen
die Batterie des General Post Office in London mit ihren grossen,
von der Eleclrical Power Storage Co. gelieferten Zellen.')
Sie wissen, dass plötzliche Entladungen grösserer als vor-
schriftsmässiger Ströme wegen der durch sie bewirkten rücksichts-
losen chemischen Veränderung der Platten den Akkumulatoren
erheblich schaden. Erhält deshalb eine von ihnen gespeiste
Telegraphenleitung durch einen Unfall Erdschluss und liegt
dieser dem Ausgangsamt nahe, so wäre der die Leitung speisende
Teil der Batterie nahezu durch Erde kurzgeschlossen.') Dies
zu vermeiden, liegt in der, allen Zellen der Batterie gemeinsamen
Erdleitung ein Schutzwiderstand von solcher Grösse, dass auch
bei sonstigem Kurzschluss nicht mehr als zum Beispiel ein
Ampere entladen wird. Der Schutzwiderstand müsste demnach
immer soviel Ohm enthalten, als Volt die betreffende Leitung
speisen, bei 40 Volt 40 Ohm. Er ist natürlich bei Bemessung
der Zellenzahl dem Widerstand von Leitung und Apparaten
hinzuzufügen. Um einen Erdschluss sofort zu erkennen, kann
I) Die Capaciiat der einzukaufenden Zellen wird natQrlich unter reichlicher
Rechnung der zu entnehmenden Eleklriciiaismenge angepasät und die Reihe der
Bedienungsvorschriften befolgt, damit die Batterie nieht etwa in eine so traurige Ver-
fassung gerat, wie die auf dem Wiener Haupttelegriphenamt.
i) Ahnlich wlre es beim Kabelbetriebe.
'20
Digitizsdb^COC^Ie
D,„i,.,db,Google
Die Stromquelle. 307
man in die Erdleitungen über ein im Nebenschluss liegendes
Relais, das gerade bei einem Ampere anspricht, einen Wecker
schalten. Schutzwiderstand und Wecker können auch durch
eine Glühlampe ersetzt werden, der man zur Reserve eine
zweite, aber gewöhnlich ausgeschaltete, parallel legt. Die
Glühlampen, die übrigens seiner Zeit auf einer Abbildung des
Nürnberger Amtes (Fig. 171 auf S. 271) neben den Linienwahlern
sichtbar waren, wirken erstens als Schutzwiderstand. Da der
schwache Telegraphierstrom den Lampenfaden natürlich nicht
ins Glühen versetzt, geben sie zweitens durch ihr Aufleuchten
den Eintritt eines Erdschlusses an. Weil nicht die gemeinsame
Erdleitung, sondern jede einzelne Leitung eine Glühlampe trägt,
ist auch sofort die Nummer der unterwegs an Erde liegenden
Leitung zu erkennen. Die gewöhnlichen Elemente bedürfen
natürlich keines äusseren Schutzwiderstandes. Ihr eigener innerer
Widerstand macht einen gefährlichen Kurzschluss unmöglich.
Die einzige Unbequemlichkeit, welche die Akkumulatoren
im Betriebe haben, ist in ihrem Wesen begründet: Sie müssen
in gewissen Zwischenräumen geladen werden. Aber jetzt giebt
es in jeder grösseren Stadt und auch in vielen kleinen und
ganz kleinen Orten ein Elektricitätswerk, dessen Kabelnetz die
Strassen durchzieht. Das Telegraphenamt entnimmt ihm
elektrische Energie für seine Beleuchtung. Nichts ist einfacher,
als das auch für die Akkumulatorenbatterie zu thun. Mit Hilfe
passender Schaltungen und Widerstände wird die Batterie je
nach Capacitat und Beanspruchung allwöchentlich oder öfter
und je nach ihrer und der zur Verfügung stehenden Netzspannung
ganz oder in Teilen geladen. Die dem Elektricitätswerk dafür
zu zahlende Entschädigung ist winzig und fällt im Haushalte
des Amtes fort. Unter Betriebsstörungen des Werkes wird
das Telegraphenamt nicht leiden. Solche sind zwar nie ganz
zu vermeiden, aber, wenn entstanden, immer bald wieder
gehoben. Nun verbietet schon die Rücksicht auf die Akku-
mulatoren, sie erst zu laden, wenn sie völlig erschöpft sind.
Sollte deshalb ein unglücklicher Zufall die Betriebsstörung
gerade zur Zeit der beabsichtigten Ladung eintreten lassen —
ein gewiss seltener Fall — so wird man den telegraphischen
Betrieb ohne Ladung ruhig noch einige Zeit fortsetzen können
und erst laden brauchen, wenn wieder Starkstrom zu haben
20*
,, Google
308 ^'^ Stromquelle.
ist. Die Möglichkeit, mit unter Störung des Kraftwerkes oder der
Batterie selbst zu leiden, wird ferner dadurch ganz ausgeschlossen,
dass man eine Reservebatterie') aufstellt. Eine der beiden
Batterien wird dann geladen, während die andere die Leitungen
speist. Drei Batterien sind natürlich noch besser. Eine ver-
sorgt dann den Betrieb, die zweite wird geladen und die dritte
steht in Reserve und kann jeden Augenblick als Ersatz ein-
springen. Einen solchen Aufwand mag man sich bei dem
billigen Preise der kleinen Zellen gern erlauben. Will man
durchaus sparen, so genügt es schliesslich auch, wenn ein Teil
der Batterie nochmal als Reserve vorhanden ist. Diese Zellen
werden geladen und dann als Teil in die Batterie eingeschaltet,
wodurch ein anderer Teil der Zellen zum Laden frei wird.
Dadurch werden aber unnütz verwickelte Umschaltvorrichtungen
notwendig, die die Betriebssicherheit vermindern und Geld
kosten, das man besser zur Beschaffung von mehr Zellen ver-
wendet.
In Orten, deren Netz statt Gleichstrom ein- oder mehr-
phasigen Wechselstrom führt — das erstere ist zum Beispiel in
Nürnberg der Fall — kann man die Batterie nicht mit dem
Netzstrom laden. Wenigstens bis jetzt giebt es kein brauchbares
Mittel, um die Energie des fortwährend seine Richtung ändernden
Wechselstromes im Akkumulator in chemischer Form festzu-
halten. Bei Wechselstromnetzen ist man gezwungen, indirekt:
mit Hilfe eines Motorgenerators oder eines Umformers zu laden.
Ein Motorgenerator ist ein mit einander gekuppeltes Maschinen-
paar. Die eine von beiden ve^^va^delt als Motor die elektrische
Energie der vorhandenen Form in mechanische, die zweite als
Generator diese mechanische in elektrische Energie der ge-
wünschten Form. So wird zum Beispiel durch den Motor-
generator der Wechselstrom eines Netzes in Gleichstrom zum
Laden von Akkumulatoren verwandelt. Hier (Fig. 201) sind
zwei zu der vorhin gezeigten Nürnberger Batterie gehörige
1) Die Batterie kann a
US
eir
em Sladtne
z scho
deshalb
nicht wJhrend ihres
Belriebes geladen
werden, v
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— sagen wir
mit der positiven -
Klemme der Balle
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Erde yelegt werden
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in der -Stadt
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Erdschluss, so wä
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[z durch F.
de kur
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n. — Auch bei den
nderen Methoden
wird man
nie
ht
ohne Nol v
Ährend
D,„i,.,db,Google
Die Stromquelle. 309
Maschinensätze abgebildet. Je ein mit einphasigem Wechsel-
strom angetriebener Motor von zwei Pferdestärken ist mit einem
Gleichstromgenerator gekuppelt. Zwei von ihnen sind so ge-
wickelt, dass sie dafltr 11 Ampere von etwa 125 Volt, die
anderen zwei so, dass sie 80 Ampere von 10 Volt liefern
können. Der 125 Volt gespannte Strom ladet die Ihnen be-
kannte, in drei Exemplaren vorhandene Linienbatterie, der
10 Volt gespannte die Ortsbatterien von geringer Zellenzahl,
Fig. 201. Motorgencratoren mr Akkumulatoren- Lad img.
aber grösserer Capacität. Aus dem Motorgenerator wird ein
Umformer, wenn seine beiden Maschinen innerlich vereinigt
sind. Auf einer Seite wird Wechselstrom in die rotierende
Maschine eingeleitet, auf der anderen Seite ihr Gleichstrom
entnommen. An sich ist ein Umformer billiger, als ein Motor-
generator-Satz, und nimmt weniger Platz ein. Aber so kleine
Umformer, wie sie die Telegraphie braucht, sind keine gangbare
DigitizsdbyGOOgle
310 Die Stromquelle.
Ware. Lässt man sie eigens anfertigen, so werden sie viel
teurer als die kleinen, den Markt überschwemmenden Motoren,
von denen man je einen Wechsel- und Gleichstrommotor zu
einem Motorgenerator zusammenkuppelt. Auf die Maschinen
selbst darf hier natürlich nicht eingegangen werden. Wer
Belehrung darüber sucht, kann sie an anderer Stelle finden.
Will sich das Amt vom Elektricitatswerk ganz unabhängig
machen, so kann es selbst einen Generator aufstellen und ihn
zweckmässig mit einem Gasmotor antreiben, wenn es nicht schon
zur Erzeugung des Lichtes eine eigene Maschinenanlage hat.
Es wird das aber in der Regel nicht lohnen. Denn die Menge
der telegraphisch gebrauchten elektrischen Energie ist zu gering,
selbst wenn die für den Antrieb von Hughesmotoren hinzu-
kommt. Man wird selten den Platz för eine Maschinenanlage
opfern, noch die Kosten für Löhne und Putz- und Schmiermittel
tragen, noch ein Kapital verzinsen und tilgen wollen. Allerdings
sind besonders bei den jetzt gedrückten Preisen diese Ausgaben
klein genug im Vergleiche zu denen für Gehälter von Beamten
und der in Gebäuden, Apparaten und Leitungen steckenden,
Summen. Manchmal wird sich die Maschinenanlage an die der
Reparaturwerkstatt für die Apparate angliedern lassen. Im
Allgemeinen wird man aber aus dem Stadtnetz laden und eine
besondere Maschinenstation nur dann aufstellen brauchen, wenn
das Stadtnetz Wechselstrom führt.
Verwunderlich bleibt hingegen die viel angegriffene und
viel verteidigte Methode, Akkumulatoren mit Tetegraphen-
elementen zu laden. Sie scheint fhr ein kleines Schullaboratorium,
dass kein Geld zum Anschluss an das Stadtnetz hat, ganz
passend. Aber in einem mit Gleichstrom beleuchteten Amte
die altfränkischen Elemente eine Akkumulatorenbatterie laden
zu sehen, mutet merkwürdig an. Die Elemente sind zwar vor-
handen und verursachen keine Anschaffungskosten. Auch das
Laden ist einfach und, wenn durchaus nötig, während des
Betriebes möglich. Aber die Zellen müssen in Stand gehalten
werden und, da man für jeden Akkumulator mehr als zwei
davon braucht, so nehmen sie Platz fort. Wenn nicht aus
Gründen der Gleichmässigkeit, sollte man diese Lademethode
nur den Ämtern in den immer seltener werdenden Orten vor-
behalten, wo kein Strom zu haben ist. In denen — vielleicht
DigitizsdbyGOOgle
Die Stromquelle. 3U
mit Ausnahme von Kabelübertragungsämtern — wird man aber
vermutlich keine Akkumulatoren brauchen, sondern mit Tele-
graphenelementen auskommen.
Als telegraphische Stromquelle benutzt man besonders in
den Vereinigten Staaten Dynamomaschinen auch direkt ohne
Zwischenschaltung von Akkumulatoren. Dort wird mit grösseren
Strömen telegraphiert, als bei uns, und Energie ist an manchen
Stellen des Landes im Überfluss vorhanden. Das ist das einzige,
was nicht unbedingt gegen diese Betriebsart zu sprechen
scheint. Die Amerikaner sind aber hervorragende Techniker und
sollten ihre Gründe haben, selbst wenn diese von hier aus nicht
zu Obersehen sind. Vielleicht ist auch nur die behauptete spätere
Entwicklung der dortigen Akkumulatorenindustrie daran Schuld.
Lästig genug muss es jedenfalls sein, die Maschinen während
der ganzen Dauer des Betriebes laufen zu lassen. Die Betriebs-
sicherheit hängt natürUch vollständig von dem guten Zustand
der antreibenden Dampf- oder Gasmaschine, bei Riemen-
Obertragung von dem des Riemens ab. Die Spannung ist
schwer genau zu halten, und für die verschiedenen Betriebs-
spannungen braucht man gleichzeitig eine ganze Reihe von
Generatoren. Es sind Anlagen mit vier oder gar mit acht
Generatoren — der Sicherheit wegen jeder in zwei Exemplaren
— beschrieben. Trotzdem ist man mit der Spannungsauswahl
viel schlechter daran, als bei einer Batterie, die von zwei zu
zwei Volt jede beliebige Spannung hergiebt. Wieder ist man
auf die lästigen Ausgleichswiderstände angewiesen, alles Übel-
stände, die samt und sonders beim Akkumulatorenbetrieb
unbekannt sind. Der Akkumulator bleibt die ideale telegraphische
Stromquelle.
DigitizsdbyGOOgle
15. Vorlesung.
Morsebetrieb.
Verzinkter Eisendraht verschiedener Starke als l'elef^raphenleitung, Ponellandoppel-
glocke als Isolator. -- Telegraphenämler, — Zweiteilung des Horsebetriebes in den
mit Arbeits- und den mit Kuheslrom. — E>er Arbeitsstrom. Die Batterie und ihre
Bemessung. Ihr Materialverbrauch. — Der Ruhestrom. Amterkrets. Nur mit Ruhe-
strom möglich. Isolation sfehler verlangen Verteilung der Batterie Stromscbwichung,
nicht -Unterbrechung. Schahregel. Trennami. Ruhccontakt platinierl. — Zusammen-
fassung. — Amerikanischer Ruhestrom. —
Die wichtigsten SchaHungen iür Arbeits- und Ruhestrom.
Ehe wir in die Besprechung des Morsebetriebes eintreten,
erinnern wir uns, dass zwar von Farbschreiber und Klopfer,
von Taste, Hilfsapparaten und Stromquelle die Rede war, aber
noch nicht von deren wichtigem Verbindungsglied: der Leitung.
Natürlich interessiert sie uns hier nur als Teil des elektrischen
Stromkreises, denn es kann nicht der Zweck dieser Vorlesungen
sein, sich etwa mit den Einzelheiten des Leitungsbaus abzugeben.
Überdies wird auch die Leitung spater, sobald wir uns um
den Einfluss ihrer Capacität auf die telegraphischen Vorgänge
kümmern, noch reichlichen Stoff zur Besprechung liefern.
Zunächst sei nur erwähnt, dass die oberirdischen Telegraphen-
leitungen aus Eisen bestehen. Eisen vereinigt mit genügender
Leitfähigkeit grosse Festigkeit und billigen Preis. Seine un-
angenehme Eigenschaft, an der Luft zu rosten, wird ihm durch
einen Zinküberzug genommen, den man auf den rein gebeizten
Draht aufbringt, indem man ihn durch geschmolzenes Zink
hindurchzieht. Für verschiedenartige Linien wird der verzinkte
Eisendraht in verschiedenen Starken angewandt und so der Wider-
stand, den die grössere Entfernung vermehrt, durch grösseren
Querschnitt wieder möglichst herabgedrückt. Die Leitungen für
den ausländischen und grossen inlandischen Verkehr erhalten
sechs oder fünf Millimeter, die übrigen Hauptleitungen vier, die
Nebenleitungen — und die s. g. leichte Leitung ^ nur drei
DigitizsdbyGOOgle
Morsebetrieb. 313
Millimeter Durchmesser. Rechnen Sie den spezifischen Wider-
stand des Leitungsdrahtes zu etwa 0,13, so ergeben sich als
Widerstände je eines Kilometers der vier Drahtstärken 4,6 , 6,7 ,
10,7 . 18,6 Ohm.
Als Isolator dient die bekannte Porzellan-
doppelglocke, von der Sie hier (Fig. 202) ein
Muster im Schnitt gezeichnet sehen.
Ebenfalls wenige Worte sind allgemein
über die Telegraphenämter zu sagen. Je
nach dem die Linien in ihnen zu Ende sind
oder weiter gehen, scheidet man sie in End-
oder ZwischenSmter, gerade wie die Bahnhöfe
in Kopf- und Durchgangsstationen. Die Schei-
dung ist nicht scharf durchzuführen, denn in
vielen, besonders in grossen Ämtern, wird ein „ f.' . ' ,
" Poriellandoppel-
Teil der Linien enden, em anderer nicht. Man giocke.
spricht dann zweckmässig von dem einzelnen
Apparatsystem als von einer End- oder einer
Zwischenstelle. Eine besondere Art der Zwischenstelle nennt
sich Trennstelle. In ihr kann eine Linie in zwei getrennt werden.
Statt eines grösseren telegraphischen Kreises entstehen dadurch
zwei kleinere. Je nach Bedürfnis verkehren die beiden äusseren
Endstellen miteinander oder beide getrennt mit der Trennstelle,
aus der damit vorübergehend — Januskopfartig — eine zwie-
fache Endstelle geworden ist.
Der Morsebetrieb, zu dessen Besprechung wir nun über-
gehen, kann, wie Sie wissen, auf zweierlei Art geführt werden:
mit Arbeits- oder mit Ruhestrom.
Hier (Fig. 203 auf der folgenden Seitel ist wieder das
Schema eines durch Arbeitsstrom verkehrenden Ämterpaares.
Noch einmal sei es gesagt, dass beim Betriebe mit Arbeits-
strom die Arbeit des Beamten, der Tastendruck den Strom
fliessen macht, mit ihm zeitlich zusammenfällt. Die gebende
Hand schliesst tür die Dauer von Punkt oder Strich den
Arbeitscontakt der Taste und damit den über Leitung, Empfangs-
apparat und Erde führenden Stromkreis. Der Morseanker
wird elektromagnetisch gesenkt. Der Klopferhebel giebt
den Klopfton des unteren Aufschlages. Das Farbrad des für
Arbeitsstrom eingestellten Schreibhebels schreibt. Ist, wie
DigitizsdbyGOOgle
314 Morsebetrieb.
meistens, ein Relais eingeschaltet, so benimmt sich dessen Anker
wie eben vom Morseanker beschrieben. Gewöhnlich — bei
Entfernungen unter 500 Kilometer — wird die negative Batterie-
klemme') über den Arbeitscontakt der Taste an die Leitung,
die positive an Erde gelegt. Es liegt deshalb bei der Besprechung
■ von Schaltungen oft nahe, den Lauf des negativen Stromes
>- zu betrachten. Ob man sich dabei den negativen
Strom wirklich als solchen bestehend vorstellen will oder nur
Fig. 203. Arbeitsslromschaltiing.
den Lauf des gewöhnlich betrachteten — positiven — in um-
gekehrter Richtung verfolgt, kommt praktisch auf eins heraus.
Auch wird Niemand meinen, dass der aus der Batterie in die
Leitung fliessende Teil des Stromes für die Beförderung des
Telegrammes wichtiger ist, als der unmittelbar zur Erde fliessende.
Für die Bemessung der Linienbatterie gilt als Widerstand
der der Leitung, einschliesslich des Übergangswiderstandes
von den beiden Endplatten zur Erde plus dem aller ein-
geschalteter Apparate. Als Faustregel mag man sich merken,
dass für je siebzig Ohm des so berechneten oder gemessenen
Widerstandes eine Telegraphenzelle — deren Widerstand zu
') Bei Abiweigungen aus der Batterie ist es natOrlich gleichgiltig, ob man
zum Beispiel die positive IClemme der zwanzigsten Zelle oder die mit ihr metallisch
verbundene negative der einundzwanzigsten herausfbhrt. Beide sind, wie man sich
- flusdrtlckt, elektrisch derselbe Punkt.
DigitizsdbvGOOgle
Morsebetrieb. 315
ftlnf Ohm angenommen — notwendig ist. Denn dann ist die
fliessende Stromstärke ungefähr -^ -y-< ~ '^'^ ' "^^^ Ampere.
Die erhaltene Zahl wird nach oben auf die nächste durch zehn
teilbare abgerundet. Unter zwanzig Zellen sind für Linien-
batterien nicht im Gebrauch, denn der Widerstand von einem
Satz Farbschreiber, Galvanoskop, Taste, Zimmerleitung, Erd-
platten macht schon ohne jede Freileitung mehr als 600 Ohm
aus. Bei Verwendung von Akkumulatoren braucht man natürlich
nur halb so viel Zellen.
Die Menge in den Zellen nützlich verbrauchten Zinks
oder unwirksam gewordener aktiver Substanz ist beim Betrieb
mit Arbeitsstrom der Gesamtlänge der beförderten Morsezeichen
genau, dieser kleine Teil der Ausgabe also mithin der Einnahme
so gut wie proportional. Aber Sie wissen, dass der nützliche
Materialverbrauch in der Telegraphenzelle nur einen kleinen
Teil des wirklichen bildet. Ob man sie Strom liefern lässt
oder nicht, macht keinen so sehr grossen Kostenunterschied.
Sollte es deshalb Vorteil bringen, mit Ruhestrom zu telegraphieren,
so wird der Mehrverbrauch an galvanischem Material kein
ernster Hinderungsgrund sein.
In der That haften dem Betriebe mit Arbeitsstrome einige
Unvollkommenheiten an; werden doch im Wesentlichen beim
Geben mit Arbeitsstrom jedes Mal nur zwei Amter mit einander
telegraphisch verbunden. Auf jedem von beiden Ämtern ist
deshalb eine, wie eben gezeigt, für die zwischen ihnen liegende
Entfernung abgeglichene Batterie notwendig. An dieser That-
sache wird auch dadurch nichts geändert, dass verschiedene
Leitungen von zum Teil denselben Zellen gespeist werden.
Jede Leitung verlangt für sich ihre bestimmte Zellenzahl oder,
wenn diese, die Schaltung nicht zu andern, überschritten ist, die
Einschaltung eines bestimmten Ausgleichswiderstandes.
Der lästigen Notwendigkeit, auf jedem Amt für jedes
andere, mit dem telegraphiert wird, eine besondere Zellenzahl
vorrätig zu halten, ist man sofort Oberhoben, sobald es gelingt,
eine ganze Reihe von Ämtern in einen einzigen Stromkreis zu
legen. Die Zellenzahl der Batterie müsste dann freilich aus-
reichen, durch den ganzen Kreis den verlangten Strom zu
treiben. Es v\'ürden dann nicht nur jedes Mal zwei Ämter mit
DigitizsdbvGOOgle
316 Morsebelrieb.
einander, sondern alle der ganzen Reihe mit allen verkehren
können. Das geht, wenn es eben gelingt, mit der Batterie
Tasten und Farbschreiber einer ganzen Reihe von n Ämtern
in einen einzigen Stromkreis zu legen. Hier versagt der Arbeits-
strom. Denn ein auf sämtlichen n hinter einander geschalteten
Ämtern durch den Arbeitscontakt der Taste unterbrochener
Stromkreis wird nicht geschlossen, wenn ein Contakt sich
schliesst. Es bleiben eben alle anderen «— / Contakte offen.
Wird aber die Schaltung so eingerichtet, dass in den Betriebs-
pausen durch den ganzen Ämterkreis Strom fliesst, so braucht
nur die Taste eines Amtes zu unterbrechen, damit auf den
übrigen « — / Ämtern, also auch auf dem gewünschten, der
Strom ausbleibe. Ein durch eine Reihe von Ämtern fliessender
Strom kann wohl auf jedem von ihnen unterbrochen werden.
Man kann aber nicht einen auf jedem Amt der Reihe unter-
brochenen Strom durch Schliessen der Taste eines einzigen
Amtes fliessen machen. Diese Thatsache muss wohl zu einfach
und selbstverständlich sein, als dass man gie in der an Umfang
reichen telegraphischen Litteratur besonders bemerkt fände.
Ich behaupte aber, in ihr liegt der Witz des Ruhestromes.
Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes darf ebenfalls wieder-
holt werden, dass der Ruhestrom bei ruhendem Betriebe und
während der Zwischenräume von Punkten und Strichen fliesst
und vom Tastendruck des gebenden Beamten — nehmen wir
vorläufig an: vollständig — unterbrochen wird. Dadurch sinkt
das 11 der Farbschreiberspulen auf Null, das li ihrer Eisenkerne
auf den Wert der Remanenz herab. Der noch auf den Anker
ausgeübte elektromagnetische Zug vermag dem ihm entgegen-
wirkenden der Feder nicht mehr Stand zu halten. Der Anker
schnellt nach oben. Das Farbrad des auf Ruhestrom eingestellten
Hebels schreibt.
Die letzte Ursache der Einführung des Ruhestromes er-
kannten Sie in dem Bedürfnis nach einer Batterieschaltung,
welche beim Geben nach einer Anzahl verschiedener Ämter
keine Veränderung verlangte. Als Lösung der Aufgabe ergab
sich ein einziger Stromkreis für eine ganze Amterreihe und sein
Betrieb mit Ruhestrom. Der Arbeitsstrom mit seinem besonderen
Stromkreis für jedes Ämterpaar betreibt verkehrsreiche Morse-
linien, und das, wenn notwendig, mit Klopfern. Er gleicht dem
DigitizsdbyGOOgle
Morsebetrieb. 317
Schnellzuge, der wichtige von vielen Reisenden besuchte Städte
unmittelbar miteinander verbindet und an den kleineren am
Wege liegenden Orten vorbeifahrt. Der Ruhestrom dient dem
Kleinverkehr einer grösseren Zahl nahe gelegener Orte. Dem
langsamen Zuge'), dem train omnibus der Franzosen, ähnlich,
speist er die s. g. Omnibusleitungen. Für ihn reicht auch die
Aufnahmegeschwindigkeit des Farbschreibers aus. Dass der
Ruhestrom für wichtige oder auch nur zu gewissen Stunden
lebhaft telegraphierende Orte ausgeschlossen sein muss, leuchtet
sofort ein. Denn solange ein einziges Amt im Ruhestromkreise
giebt, können die anderen dessen Nachricht wohl aufnehmen,
sind aber selbst zum Schweigen verurteilt. Sie geben natürlich
nur Acht und lassen ihren Papierstreifen nur laufen, wenn der
klappernde Schreibhebel das wohlbekannte Zeichen ihres abge-
kürzten Ortsnamens ruft. Besonders wird sich auch der Ruhe-
strom eignen, um gleichlautende Mitteilungen an eine ganze
Amterreihe zu übermitteln, wie sie, um nur ein wichtiges Beispiel
zu nennen, in der Eisenbahntelegraphie notwendig sind.
Fit;. 204. Ruhestromschaltung.
Durch die VeremigiiHB der Batterie auf I im verwendbar.
Auf welchem Amte des Ruhestromkreises soll nun die
Batterie aufgestellt werden? Man möchte meinen, auf jedem,
das man aus irgend einem Nebengrunde bevorzugt, also etwa
auf einem der beiden Endämter, so dass diese Schaltung (Fig. 204)
1) Der Vergleich mit der Eisenbahn Blimint etwas besser, wem beide Arten
von Zogen auf getrennlen Gleisen fahren, etwa so, wie es für den elektrischen
Schnellverkehr der Zukunft notwendig sein wird, oder wie luni Teil im Berliner
Vorort, und Fernverkehr.
D,„i,.,db,Google
318 Morsebetrieb.
ZU Stande käme, in der Amt I die Batterie erhalten hat.
Diese Anordnung ist aber wegen der unvermeidlichen Isolations-
fehler der Leitung in Wirklichkeit nicht zu brauchen. Bei der
Einführung des Relais wurde des Längeren besprochen, dass
an jeder Porzellanglocke über die Telegraphenstange ein kleiner
Zweigstrom zur Erde filhrt. Jeder der Aufhängungspunkte der
ganzen Telegraphen leitung thut dasselbe, wie auf den beiden
Endämtern der Ruhestromreihe die Taste. Jeder schliesst den
Stromkreis zur Erde. Allerdings thut er es nur im Kleinen,
über einen sehr grossen Widerstand. Aber Stange auf Stange
fliesst ein neuer Schmarotzerstrom zur Erde, und die Gesamt-
heit der Ströme schwillt schon zwischen zwei Ämtern zu —
telegraphisch gesprochen — betrachtlicher Grösse an. Lassen
Sie uns sehen, wie der Schmarotzerstrom die vorgeschlagene
Batterieanordnung (Fig. 204) unmöglich macht. Auf Amt U
werde die Taste gesenkt. Dann wird auf dem zwischen ihm
und Amt I liegenden Stück der Leitung zwar der Hauptteil
des Ruhestromes unterbrochen, aber nicht der ganze. Denn
trotz des Tastendruckes in II behalten sämtliche Porzellanglocken
der Strecke I/II ihren Erdschluss bei. Die Stangenzweigströme
dieser Strecke fliessen in ihrer Gesamtheit durch die Farb-
schreiberspulen von I. Doch sind sie normaler Weise nicht
mehr stark genug, den Anker gegen den Zug der Feder an-
gezogen zu halten, und der Hebel schreibt noch zur Zufrieden-
heit. Senkt nun statt des Amtes II erst Amt III seine Taste,
so wird die Zahl der Ableitungsströme und die Grösse des
schädlichen Stromes verdoppelt, wenn man zur Vereinfachung
die Ämter von einander gleich weit entfernt annimmt. Je
weiter das gebende von dem Batterieamt entfernt ist, einen
umso grösseren Anteil an dem Ruhestrome erlangt die Gesamt-
heit der Stangenströme, zumal bei Nebel und Regen. Die
Entfernung ist bald erreicht, bei der das Arbeiten der Taste auf
dem gebenden Amte den Anker auf dem empfangenden nicht
mehr genügend beeinflusst. Er bleibt ruhig angezogen oder wird
höchstens träge und unzuverlässig abgerissen. Daraus folgt
zweierlei: für den Betrieb, dass der Ruhestrom nur fljr ver-
hältnismässig kurze Leitungen geeignet ist, und für das Ver-
ständnis, dass der Ruhe- im Gegensatz zum Arbeitsstrombetrieb
nicht, wie bisher angenommen wurde, mit einem umschichtigen
DigitizsdbyGOOgle
Morsebetrieb. 319
Wechsel von Stromschlüssen und -Unterbrechungen, sondern
thatsächlich mit StromdifFerenzen arbeitet. Die Morsezeichen
kommen nicht bei wirklicher Stromunterbrechung, bei J = 0,
sondern nur bei einem gegen den derRuhe erheblich geschwächten
Strom.
Diese StromdifFerenzen unter allen Umständen genügend
gross zu machen, muss unsere Ruhestromschaltung abgeändert
werden. Dazu dient der einfache Kunstgriff, die Zellen der
Batterie nicht gemeinsam auf einem Amte aufzustellen, sondern
über die ganze Ämterreihe zu verteilen. Sie wird in so viele
Teile zerlegt, als Ämter zum Ruhestromkreis vereinigt werden
sollen. Jedes Amt erhält seinen Batterieanteil (Fig. 205) und
3L-.£^,__J^j-d_,i_Jvl^i-31^i_
Fig. 205. Riihestromschaltung. BHllerie auf die ganie Ämlerrcihe verteilt.
trägt mit zur Lieferung des gesamten Stromes bei. Durch die
Batterieverteilung verlieren die Isolationsfehler ihren Einfluss
alif die Wirkungen der gebenden Taste, wie folgendes Beispiel
zeigt. Amt V gebe nach I. Von den Zellen auf V und VI
kommt dann sicherlich keine Spur eines Stromes nach I. Aber
auch die Teilbatterien II, III und IV geben einen kleineren
Nebenschlussstrom her, als wenn sie auf I vereinigt wären.
Denn Batterieteil IV hat schädhchen Erdschluss nur auf der
Strecke IV/V, III nur auf III V, U nur auf U/V. Die Zweck-
mässigkeit der Batterieverteilung leuchtet schon hieraus ein. Die
Vorschrift ist, jedem Endamt zehn Zellen zu geben und die
übrigen auf die anderen Ämter ungefähr nach deren Entfernung
zu verteilen. Kleinere Ämter können auch zur Not ganz ohne
Batterie bleiben. Die filr sie bestimmten Zellen gehen an die
Nachbarämter. Das kann auf dem Lande von Vorteil sein,
„Google
320 Morsebetrieb.
dort, WO der geringe Verkehr die Anstellung eines vollständig
ausgebildeten Beamten nicht lohnt und der Telegraphendienst
nur im Nebenamt versehen wird. Denn eine Batterie verlangt
sorgsame Bedienung. Ähnliches gilt auch von provisorischen
Ämtern, zum Beispiel im Felde. Doch wird in diesen Fällen
die Verwendung des Fernsprechers immer allgemeiner.
Besonders ist natürlich darauf zu achten, dass die einzelnen
Teilbatterien einer Ruhestromleitung richtig hintereinander
geschaltet werden, damit sie sich in ihrer Wirkung unterstützen
und nicht etwa teilweise aufheben. Die Befolgung einer sehr
zweckmässigen amtlichen Regel schliesst falsche Schaltung aus:
Aul dem westlichen Endamt wird die positive-, die Kupferklemme
der Teilbatterie, auf dem östlichen Endamt die negative-, die
Zinkklemme an Erde gelegt. Auf den Zwischenämtem bekommt
die nach dem Westamt führende Leitung die positive Klemme,
die nach dem Ostamt führende die negative. Von der Ent-
fernung der Amter in der Nordsüdrichtung abgesehen, bewegt
sich dann der Ruhestrom in der Oberleitung, über Tag, von
Osten nach Westen, ebenso wie scheinbar die Sonne. In der
Erde können Sie sich Strom von Westen nach Osten, in der
Richtung der Erddrehung, zurückfliessend vorstellen.
Hier (Fig. 206) ist als Beispiel die Ruhestromlinie auf-
gezeichnet, die von Fulda über Meiningen nach Gotha und
Erfurt führt. Im Ganzen sind, wie Sie zählen, sechzehn Ämter
zu dem einen Ruhestromkreise vereinigt. Das ist eine ziemlich
grosse Zahl. Gewöhnlich soll man nicht über zehn hinausgehen.
Dafür ist aber Meiningen Trennami, so dass das Ganze in zwei
getrennte Ruhestromkreise — einen westlichen: Fulda-Meiningen
von acht Ämtern und einen östlichen: Meiningen -Erfurt von
neunen — zerlegt werden kann. In Erfurt liegt die Zink-, in
Fulda die Kupferklemme an Erde. Beim Trennen in zwei
Kreise wird in Meiningen für den westlichen Kreis Minus, für
den östlichen Plus geerdet. Beide Kreise können getrennt von
einander und, ohne sich zu stören, geben. Man sieht, wie es
die Einführung einer Trennstelle der Ruhestromleitung erleichtert,
sich durch Teilung dem augenblicklichen Verkehrsbedürfnisse
anzupassen. Von den Orten mit den Nummern 3, 4, 5, 12
gehen übrigens seitwärts noch kurze Fernsprechleitungen ab,
mit denen Telegramme befördert werden.
DigitizsdbvGOOgle
Auf meine Anfrage in Meiningen wird mir freundlichst
mitgeteilt, dass die Ruhestromleitung, welche künftig dieselbe
Nummer trägt, wie die geschilderte bisher, in drei Trennkreisen
folgenden Lauf nimmt: (vgl. Fig. 207, in der die Zwischenämter
nur mit Zifiem bezeichnet sind) Erfurt, Neudietendorf, Arnstadt,
Flaue, Gräfenroda, Oberhof, Zella-St. Blasii, Suhl, Grimmenthal,
£r/urf
Fulda
m '
Mtintngfrt.
Fig. 206. Ruhesiromkreis Erfurt/Fulda. (Alte Anordnung.)
Batterien der ZwischenSniter nicht gezeichnet.
b
Nach der Allg. Diei
Meiningen (Trennstelle), Geisa, Hünfeld, Fulda (Trennstelle),
Grosslüder, Salxschlirf, Lauterbach, Herbstein, Ulrichstein,
Giessen. Im ganzen sind demnach neunzehn Ämter zu einem
Ruhestromkreise vereinigt, der in drei kleinere zu zehn, vier
und sieben Ämter getrennt werden kann.
Es mag noch darauf aufmerksam gemacht werden, dass
hinter einander in denselben Ruhestromkreis soviel Paare von
Morse- und Relaisspulen, als Ämter, eingeschaltet sind, wahrend
in einem Arbeitsstromkreise gleichzeitig nur ein Spulenpaar
liegt. Dasselbe ist mit der Wicklung der Galvanoskope der
Fall. Die Selbstinduktion eines Ruhestromkreises ist demnach
DigitizsdbyGOO'^le
322 Morsebetrieb.
sehr viel grösser und mit ihr der Öffnungsfunke am Ruhe-
contakt der gebenden Taste. Deshalb sind (vgl. S. 257) an der
Taste nur die Stifte des Ruhecontaktes, nicht die des Arbeits-
contaktes platiniert.
Fig. 206. Ruhcstromlinie Erfurt/Gi
Die Zweiteilung des Morsebetriebes in den mit Arbeits-
und den mit Ruhestrom schien mir wichtig genug, um die
Hauptpunkte in dieser Tabelle zusammen zu stellen:
Vergleich der Betriebseigenschaften von
Arbeitsstrom und Ruhestrom.
Ein Amterpaar mit grossem
Verkehr.
Ein Amt giebt, das andere
empfängt-
Während des Tastendrucks
Stromfluss.
Daher nützlich verbrauchte
Menge galvanischen Materiales
der Einnahme so gut wie pro-
portional.
Je eine ftir die Entfernung
beider Ämter abgegUchene
Batterie auf jedem Amt.
Ganzer Amterkreis für den
Kleinverkehr.
Ein Amt giebt, alle können
empfangen.
Wahrend des Tastendrucks
Stromunterbrechung oder
wenigstens starke Stroni-
schwächung.
Verschwendung galvani-
schen Materiales.
Für den ganzen Kreis ab-
geglichene Batterie auf die
Amter verteilt. Kleine und
provisorische Ämter ohne
Batterie.
D,ü,i,z.db,Cooglc
Morsebetrieb. 323
Anhangsweise muss hier der amerikanische Ruhestrom
kurz erwähnt werden. Bei ihm liegen, wie bei unserem Ruhe-
strom, eine Reihe von Ämtern — Klopfer und Klopfertasten — in
einem Stromkreise. Die Tasten haben aber ihren Arbeitscontakt
eingeschaltet, dessen Luftspalt durch einen Hilfshebel überbrückt
ist (Fig. 164 auf S. 262). Das gebende Amt klappt diesen
Hilfshebel nach rechts {Fig. 163), unterbricht damit den Ruhe-
strom und giebt nun allen eingeschalteten Ämtern, also auch
dem gewünschten, mit Arbeitsstrom. Würde statt des Klopfers
ein Farbschreiber verwandt, so bliebe der auf Arbeitsstrom
eingestellt. Sein Farbrad läge dann im Ruhezustande gegen
das Fapierband und bei ausgelöstem Uhrwerk entstände ein
ununterbrochener Strich. Kurz, in der Ruhe fliesst Strom und
trotzdem kommen die Zeichen unter Strom, die Zwischenräume
unter Stromunterbrechung.
Morseschaltungen giebt es in ziemlich grosser Zahl.
Ihre Besprechung kann sich trotzdem auf die kleine Auswahl
von sieben beschränken. Die übrigen ergeben sich danach von
selbst oder mögen andern Quellen entnommen werden. Über
die zum Verständnis notwendigen Schaltungsskizzen ist zu
sagen, dass sie nicht in der früher geübten Weise (wie zum
Beispiel Fig. 203 auf S. 314) gezeichnet sind, sondern stets nur
die Apparate eines Amtes und zwar möglichst so wiedergeben,
wie sie auf der Platte eines Apparatetisches stehen. Die Draht-
verbindungen sind dabei oben auf die Platte verlegt, überhaupt
die thatsächlichen Verhaltnisse so abgeändert, wie es zu einem
leichteren Verständnisse') wünschenswert schien.
Allgemein ist über die Schaltungsskizzen noch folgendes
zu sagen: Die in der Mitte der hinteren Tischkante befindlichen
Tischklemmen werden von links nach rechts gezählt. Es folgen
sich so die Klemmen für Erde, Leitungen und Batterien. Dabei
führt Klemme 1 immer zur Erde.^ Klemme 2 trägt die Leitung L
■) Zur EinObung ist der wiederholte Versuch nützlich, die Schaltungen unter
stetem Augenmerk auf ihren Zweck aus dem Kopfe aufzuzeichnen, wozu Eisen- und
Straasenbahnfahrten sehr geeignet sind. Auch ist es zweckmässig, die Anordnung
auf dem Apparatelische in die frohere Da rstellungs weise mit zwei oder mehr Ämtern
zu übertragen.
^ Der Blitzableiter ist der Einfachheit halber in manchen Skizzen, seine
Erdung Oberall fortgelassen.
21*
Digitizsdb^COO'^le
324 Moreebetrieb.
oder bei Trenn- und ÜbertragungssteUen die Leitung -L,,
Klemme 3 dann L^. Bei mehreren Batterien speist die linke
Batterie — als Linienbatterie LB — die Leitimg L, die rechte —
als Ortsbatterie OB — den Ortsstromkreis, oder £, speist die
erste Leitung i, und B^ die zweite L^. Die übrigen Wort- oder
Zeichnungsabkürzungen ergeben sich von selbst.
Bei Arbeitsstromschaltungen liegt grundsatzlich (Fig. 208)
die speisende Batterie an der Arbeitsschiene der Taste, die
Leitung über Galvanoskop und Blitzableiter an der Mittelschiene
-Intung-f
^
Liitu."ei od"
Arbeits- und Ruhestrombetrieb.
und der über den Blitzableiter geerdete Morse an der Ruhe-
schiene. Bei Ruhestromschaltungen (Fig. 209) — und hieran
sind sie sofort als solche zu erkennen — ist die Arbeitsschiene
frei. Die Mittelschiene führt über Galvanoskop und Blitzableiter,
zwischen denen gewöhnlich die Batterie liegt, zur Leitung L.
An der Ruheschiene liegt der Farbschreiber, dessen zweite
Klemme über den Blitzableiter beim Zwischenamt zur zweiten
Leitung oder beim Endamt zur Erde führt.
Die einfache Arbeitsstromschaltimg (Fig. 210) kennen Sie
schon von früher her (Fig. 203 auf S. 314). Beim Geben durch-
lauft der negative Strom folgende Schaltungselemente: Negative
Klemme der Batterie B — Tischklemme 4 — Arbeitsschiene.
Hebel und Ruheschiene der gedrückten Taste — Galvanoskop —
linke Blitzableiterplatte — Tischklemme 2 — Leitung L —
DigitizsdbyGOOgle
Morsebetrieb. 325
Negative Klemme — Inneres und positive Klemme der
Batterie B — Tischklemmen 3 und 1 — Erde. — In das
empfangende Amt tritt der negative Strom von der Leitung L
durch Tischklemme 2 ein und läuft dann Ober: linke Blitzableiter-
platte — Galvanoskop — Hebel und Ruheschiene der Taste —
Farbschreiber zur Erde. Der auf Arbeitsstrom eingestellte
Farbschreiber schreibt.
Fig. 210. Einfachste Arbeilsstrom Schaltung.
Die Schaltung geht, sobald ein Relais notwendig wird, in
No. 2 über. (Fig. 211 auf Tafel I) Die Batterie li wird zur
Linienbatterie LB. Beim Geben bleibt alles unverändert. Der
ankommende Strom fliesst auch wie vorher von der Leitung L
über die Tischklemme 2, den Blitzableiter, das Galvanoskop
und die Taste, dann aber durch die Wicklung des Relais, statt
die des Farbschreibers zur Erde. In Folge dessen wird der
Relaishebel zum Arbeitskontakt (IIa in Fig. 178 auf S. 280)
geführt und schliesst den rot gezeichneten Ortsstromkreis. Da-
mit fliesst der Strom der Ortsbatterie OB von ihrer positiven
Klemme über die Tischklemme 6 — den Farbschreiber — den
DigitizsdbvGOOgle
326 Morsebetricb.
Arbeitskontakt und den angezogenen Hebel des Relais — die
Tischklemme 5 — die negative Klemme und das Innere der
Ortsbatterie OB zu ihrer positiven Klemme zurück.
Schaltung No. 3 (Fig. 212 auf Tafel I) ist die einer Trenn-
stelle. Sie erinnern sich an den Zweck einer solchen (vergl.
S. 313) und auch an das, was über die Anwendung von Aus-
gleichswiderstanden (S. 272 u. f.) gesagt worden ist. Es ist
angenommen, dass die ganze Leitung durch die Trennstelle im
Verhältnis L^: L^, hier wie zwei zu drei geteilt wird. W, ist
etwa so gross, wie der Widerstand von L, , W^ wie der von L„.
Von Bj sind zwei Drittel der Zellen zu B, abgezweigt. Es
gilt die Gleichung
Z,, : ij = W,: R; = B,:B^ = 2:3.
(Ohm oder km) lOhm) IVolU
Die Veränderung von Trennung auf Durchgang und um-
gekehrt wird durch Umschalter VII der Postbenennung besorgt.
Der Stöpsel stellt in Schiene 1 oder 3 die Schaltung auf Durch-
gang, in Schiene 2 auf Trennung.
Durchgang (Stöpsel in Schiene 1): Ein von der Leitung i,
ankommender Strom fliesst auf blau gezeichnetem Wege durch
die Tischklemme 2 — das Galvanoskop G, — den Hebel und
die Ruheschiene der Taste T^ — den schreibenden Färb -
Schreiber JM, — die gestöpselte Umschalterschiene 1 — und
von jetzt an auf rotgezeichnetem Wege über die Taste T, —
das Galvanoskop G^ und die Tischklemme 3 in die Leitung L, —
Bei Stöpselung von Umschalterschiene 3 steht die Schaltung
ebenfalls auf Durchgang. Dann schreibt aber M^.
Trennung (Stöpsel in Schiene 2): Rechts die Taste T^
giebt über L^, die längere von beiden Leitungen, mit der ganzen
Batterie B^. Der Strom nimmt folgenden rot gezeichneten
Weg: Negative Klemme von B, — Tischklemme 6 — Arbeits-
schiene und Hebel der gedrückten Taste T^ — Galvanoskop Gj —
Tischklemme 3 — Leitung i, — Negative Klemme, Inneres
und positive Klemme von B^ — Tischklemme 4 und 1 — Erde.
Ein von L^ ankommender Strom (rot) fliesst über Tisch -
klemme 3 — Galvanoskop G^ — ruhende Taste T^ — schreibenden
DigitizsdbyGOO'^le
Morsebetrieb. 327
Farbschreiber M^ — obere Hälfte der Umschalterschiene 3 —
Ausgleichswiderstand W, {^L,), gestöpselte Umschalterschiene 2
— Tischklemme 1 — Erde. Ebenso kann bei derselben
Stöpselung — von Schiene 2 — der Farbschreiber Jtf, von Z,
unter Einschaltung von W^ (= L^) auf blau gezeichnetem Wege
empfangen mid jT, mit dem Batterieteile i, über den blau
gezeichneten Stromweg nach i, geben.
Zur Übertragung mit Relais ganz im Sinne des früher
gesagten (S. 294 und 295) dient Schaltung No. 4 (Fig. 213 auf
Tafel I). R, und R^ seien dabei zwei grosse Hughesrelais, auf
Anziehung eingestellt. Wie bei der vorigen Schaltung verhalten
sich die Widerstände der Leitungen i, und L^ und die Zellen-
zahlen der Batterien .B, und B^ wie zwei zu drei. Ein von der
Leitung X, kommenden Strom legt folgenden blau gezeichneten
Weg zurück: Tischklemme 2 — Blitzableiter — Galvanoskop G, —
Zunge und Ruhekontakt von Relais R^ — Wicklung von
Relais Äj — Tischklemme I — Erde. Dadurch schliesst R^ den
rot gezeichneten Stromkreis: Negative Klemme der roten
Batterie Bj — Tischklemme 6 — Arbeitskontakt und Zunge von B^
— Galvanoskop G^ — Blitzableiter — Tischklemme 3 —
Leitung £j. — Es wird demnach ohne Zuthun des Übertragungs-
amtes von £, nach L^ übertragen. Die umgekehrte Übertragung
von £j nach i, ergiebt sich von selbst.
Dass auch Telegraphenschaltungen leidUch verwickelt sein
können, sehen Sie aus dieser hier (Fig. 214 auf Tafel I). Die
Schaltung dient zur Übertragung durch Farbschreiber in der
Weise, wie sie früher (S, 295 unten) geschildert wurde. Gleich-
zeitig verändert aber die Verstellung der Kurbeln der beiden
Umschalter (No. V) nach links die Übertragungs- in eine
Trennstelle, so dass getrennt von beiden Seiten empfangen
oder nach beiden Seiten gegeben werden kann. Zunächst sollen
die Kurbeln der beiden Umschalter nach rechts, auf Üb, das
heisst in die Übertragungsstellung, herübergeklappt sein. Es
komme ein Telegraphierstrom über die blaue Leitung Z-, und
nehme folgenden blau gezeichneten Verlauf: Tischklemme 2 —
Galvanoskop G, — Üb des linken Umschalters — Schreibhebel
und Ruhekontakt von M^ — Ruhekontakt von T, — Wicklung
von M, — Tischklemme l — Erde. Dadurch schreibt Jtf, und
schliesst dabei den rot gezeichneten Stromkreis: negative
DigitizsdbyGOOgle
328 Mor^bctri^b.
Klemme, Inneres und positive Klemme von Bj — TischkJemme 7
— Arbeitskontakt und Hebel des schreibenden M^ — Üb des
rechten Umschalters — Galvanoskop G^ — Tischklemme 3 —
Leitung Lj. — Negative Klemme von B^ — Tischklemmen 6
und 1 — Erde.
Die Übertragung von L, nach £, erfolgt entsprechend.
Denken Sie sich nun, wie in Skizze V (Fig. 214) gezeichnet,
die Kurbeln der beiden Umschalter nach links auf Trennung JV
gestellt. Dann fliesst ein von der Leitung L^ kommender
Strom auf rot gezeichnetem Wege durch Tischklemme 3 —
Galvanoskop G^ — Tr des rechten Umschalters — Mittelschiene,
Hebel und Ruheschiene von Taste T^ — Spulen des Farb-
schreibers M^ — Tischklemme 1 in die Erde. M^ schreibt;
aber, da der blau gezeichnete Stromkreis durch Cb des linken
Umschalters unterbrochen ist, überträgt er jetzt nicht nach L,. —
Ein Strom von L^ macht ebenso Jlf, schreiben, wird aber nicht
nach ij übertragen. — Der Druck auf die Taste T^ schickt
nach L^ einen Strom auf dem rot gezeichneten Wege: positive
Fig. 215. Ruhestrom- Endstelle.
DigitizsdbyGOOgle
Morsel«trieb. 329
Klemme von B^ — Tischklemme 7 — Arbeitsschiene, Hebel,
Mittelschiene der gedrückten Taste T^ — 2V des rechten Um-
schalters — Galvanoskop G, — Tischklemme 3. — Positive
Klemme, Inneres und negative Klemme von B^ — Tischklemmen 6
und 1 — Erde. — Ebenso arbeitet T^ mit der blau gezeichneten
Leitung /»,,
Die nächste Skizze VI (Fig. 215) stellt,- wie Sie sofort an
der freien Arbeitsschiene erkennen, eine Ruhestromschaltung
dar. Der von Osten — d. h. von einem jedenfalls etwas öst-
licher gelegenen Amte — kommende Ruhestrom fliesst über
die Tischklemmen 2 und 3 durch die Teilbatterie B — Tisch-
klemme 4 — Galvanoskop — Mittelschiene, Hebel und Ruhe-
schiene der ruhenden Taste — Farbschreiber und Tischklerame 1
zur Erde. Wird der Strom unterbrochen, so schreibt der auf
Ruhestrom eingestellte Farbschreiber gerade so, wie seine
Kollegen auf allen andern Ämtern des Kreises. Die gleiche
Wirkung hat ein Druck auf die Taste unseres Amtes. Aus der
Batterieschaltung ergiebt sich, dass das Amt am westlichen Ende
eines Ruhestromkreises (wie Giessen in Fig. 207) liegt. Lassen
Sie in Skizze VI den Strom aus dem Farbschreiber nicht zur
Erde, sondern in eine weiter westlich führende Leitung ij
fliessen, so wird aus der Schaltung für eine End- die einer
Zwischenstelle.') — Auch die als möglich angegebene Fort-
lassung der Batterie kann man sich ohne weitere Skizze vor-
stellen.
Als letzte der Morseschaltungen sei Ihnen mit Skizze VII
(Fig. 216) eine Trennstelle vorgeführt, wie sie ämterreiche Ruhe-
stromkreise zur besseren Ausnutzung erhalten. Der grosse
Ruhestromkreis Erfurt-Giessen wird, wie beschrieben, in drei
kleinere: Erfurt-Meiningen, Meiningen-Fulda und Fulda-Giessen
zerlegt. Dazu giebt man Meiningen und Fulda die Anordnung
der Skizze VII. Sobald der Stöpsel des Umschalters VI in dem
mit Tr bezeichneten Loche steckt, steht die Schaltung auf
Trennung. In Meiningen fliesst dann der von £j, dass heisst
aus den Teil-Batterien von Erfurt und den zwischen liegenden
Amtern kommende Strom auf folgendem Wege zur Erde : Tisch-
klemmen 3 und 6 — Teil-Batterie B„ — Tischklemme 7 —
1) Freilich ist dabei eine Ktemmenver^chiebung notwendig, weil Kkmmc 1 (Dr
die Blitzableitererdung belegt bleibt.
D,„i,.,db,Google
330 Morsebelrieb.
Galvanoskop Gj — Umschalter — Mittelschiene, Hebel, Ruhe-
schiene der Taste T, — Farbschreiber Sf, — Umschalter
(Stöpsel Tr) — Tischklemme 1 — Erde. Unterbrechung durch
die Taste irgend eines der eingeschalteten Ämter, auch durch
T, — lässt alle Farbschreiber schreiben.
W-
Fig. 216. Ruhcslrom-TrEiinstdli
Wird der Stöpsel in eins der beiden Umschalterlöcher 1 oder 2
gesteckt, so wird der grosse Stromkreis wiederhergestellt, und
zwar ist mit 1 der linke Farbschreiber 3fj und die linke Taste T^
eingeschaltet. Der von L^ kommende negative Strom durchfliesst
dann: Tbchklemme 2 und 5 — Teil-Batterie li, — Tischklemme 4
— Galvanoskop G, — Umschalter — Taste T, — Farbschreiber J/,
— Umschalter (Stöpsel 1), der Weg über M^ und T^ ist kurz-
geschlossen. — Galvanoskop G„ ~ Tischklemme 7 — Teil-
Batterie B, — Tischklemmen 6 und 3 — -^j- — Ebenso schaltet
der in das linke Umschalterloch (2) gesteckte Stöpsel Farb-
schreiber J/, und Taste T^ in den grossen Ruhestromkreis ein.
DigitizsdbyGOO'^le
D,„i,.,db,Google
D,„i,.,db,Googlc
Morseschnellbelrieb.
Morseschnellbetrieb.
Zum Schlüsse bleibt uns eine kurze Betrachtung der
automatischen Zeichengebung und des Schnelltele-
graphen von Poilak und Viräg in seiner älteren Form.
Beide können unter der Überschrift Morseschnellbetrieb zu-
sammengefasst und der heutigen Vorlesung angegliedert werden.
Zwar handelt es sich in beiden Fällen eher um neue Formen
des Morseapparates, als um neue Betriebsweisen; doch bleibt
der Schnellbetrieb an ihnen das Wesentliche,
Wir suchen also nach Mitteln, dem Morse die Betriebs-
geschwindigkeit zu erhöhen. Ein solches kennen wir schon in
der Umwandlung des Farbschreibers in den Klopfer. Seinem
Diktate folgend, kann man eben die Morsesprache schneller in
die gewöhnliche- übersetzen, als beim Lesen der geschriebenen
Zeichen. Mit dem schnelleren Aufnehmen wird ein schnelleres
Geben möglich.
Es lassen sich nun auf anderem, automatischem, maschinellem
Wege die Morsezeichen ausserordentlich viel schneller über
den Draht jagen und mit einem dazu geeigneten Farbschreiber
aufnehmen, sobald man sich damit einverstanden erklärt, eine
grosse Zahl von Telegrammen zum automatischen Geben vor-
bereiten und die Übersetzung nicht gleichzeitig mit der Aufnahme
und nicht von einem einzigen Beamten besorgen zu lassen.
Bei diesen Morsesystemen mit automatischer Zeichengebung,
von denen eins unter dem Namen des Wheatstoneschen in
England für die verkehrsreichen Linien im Lande besonders
beliebt ist, benutzt man — von Zwischenfragen und dergleichen
abgesehen — keine Taste. Vielmehr schlägt man mit Hilfe
eines Lochers die Morsezeichen in zweckmässiger Form in ein
Papierband ein. Viele solcher Papierbänder werden vorbereitet
und dann hinter einander fort durch einen Sender gezogen,
der — wie Sie sich vorstellen mögen — überall, wo das Papier
durchlocht ist, Strom in die Leitung schickt und an den unver-
letzten Stellen des Papieres den Strom unterbricht. Dass man
thatsachÜch mit Strömen wechselnder Richtung und mit einem
polarisierten Farbschreiber, das heisst einem mit polarisiertem
Magneten {vgl. Fig. 187 auf S. 292), arbeitet, kümmere Sie
nicht. Es genüge, dass man mit dem Wheatstoneschen Auto-
DigitizsdbyGOOgle
332 MoraeschueUbctricb.
maten im Stande sein soll, dreihundert und fünfzig englische
Worte in der Minute zu Qbermitteln. Diese ausserordentlich
hohe Leistungsfähigkeit wird aber nur durch die angespannte
Thätigkeit eines ganzen Stabes von Beamten möglich. Denn
auf dem gebenden Amte will eine sehr grosse Zahl auf-
gegebener Telegramme in Morseschrift den Papi^bändem ein-
gestanzt und auf dem empfangenden ■ ein fortwährend und
mit ausserordentlicher Geschwindigkeit hervorquellender Morse-
streifen in gewöhnliche Schrift übersetzt werden.
Natürlich erschwert es die grosse Menge hinter einander
gegebener Telegramme den Ämtern, sich über Unklarheiten
und Irrtümer zu verständigen. Vielleicht liegt unter anderem
hierin und in der Sorge, dass sich auf dem Empfangsamte
unerledigte Morsestreifen anhäufen möchten, der Grund, der
die automatische Zeichengebung bei uns so viel weniger beliebt
gemacht hat, als in England. Am Ende mag dazu auch der
Wunsch beigetragen haben, lieber gedruckte Telegramme zu
lesen, wie sie der Hughes-Apparat liefert, als geschriebene.
Während man die automatische Zeichengebiing dem Morse-
apparate schon in seiner frühesten Jugend hinzufügte, wurde
er erst vor wenigen Jahren durch Pollak und Viräg zu einem
wirklichen Schnelltelegraphen. Sie bauten keinen bis ins Asch-
graue verwickelten Apparat, wie es jetzt sonst QbUch, sondern
brachten in die seit mehr als fünfzig Jahren erfinderisch so
ausgebeutete Telegraphie neue und einfache Gedanken.
Die Morsezeichen werden automatisch über den Draht
gejagt. Den Punkten entsprechen dabei die Stromstösse der
einen Richtung, den Strichen solche der anderen. Sie werden
in einem polarisierten Empfänger verwertet. Dieser, einem
Telephon sehr ähnlich, enthält vor einem polarisierten Elektro-
magneten eine dünne Eisenplatte. Die Stromstösse umkreisen
die Magnetspulen und lassen je nach ihrer Richtung die Eisen-
platte sich mehr oder weniger zum Magneten hin durchbiegen.
Die dünne Platte folgt natürlich den magnetischen Schwankungen
viel schneller und willfähriger, als der Farbschreiberhebel oder
auch die Zunge eines Relais. Wenn Sie sich nun der Spiegel-
galvanometer erinnern, werden Sie das geistvolle Verfahren ver-
stehen, nach welchem die kleinen schwingenden Bewegungen der
dünnen Platte auf Papier geschrieben werden. Dort ist der träge
DigitizsdbyGOOgle
MorsEschnellbetrieb. 333
Zeiger des gewöhnlichen Galvanometers durch den Lichtstrahl
ersetzt. Ähnlich auch hier. Die Eisenplatte trägt einen kleinen
Spiegel und zwar durch einen Kunstgriff so, dass ihre hin- und
hergehenden Bewegungen ihn hin- und herdrehen. Je nach
der Richtung des ober die Leitung ankommenden Stromstosses
wird dadurch der gespiegelte Lichtstrahl aus seiner Gleich-
gewichtslage nach oben oder nach unten abgelenkt. Der Licht-
strahl fällt nun auf einen photographischen Film und erzeugt
dort einen leuchtenden Punkt. Der Film wandert — nehmen
wir an — seitwärts, so dass der den Spiegeldrehungen folgende
leuchtende Punkt auf ihm eine wellenförmige Kurve abbildet
(Fig. 217). Der Film durchlauft sofort automatisch Entwickler,
ab c d e f
Flg. 21*7. Wellenförmige Moraeschrifl des Sehne 11 telegraphen.
Fixier- und Wasserbad und kommt so gut, wie trocken, als
handliches Blatt heraus. Die ausserordentliche Schnelligkeit
der Übermittelung — es werden dafür über tausend Worte in
der Minute angegeben — liegt darin, dass das Telegramm
ebenso schnell von dem Spiegel empfangen und photographisch
festgehalten werden kann, als es gegeben wird. Die so erlaubte
Geschwindigkeit wird durch automatisches Geben ausgenutzt.
Die Notwendigkeit, die photographisch erhaltene Morseschrift
zu übersetzen, bleibt natürlich und ist bei der Geschwindigkeit
des Arbeitens umso lästiger.
Der Schnelltelegraph blieb aber hier nicht stehen, und es
soll Ihnen wenigstens kurz das Prinzip der weiteren Entwicklung
angegeben werden, wenn auch mit ihr die Morsetelegraph ie
verlassen ist. Es musste eben das Ziel sein, die Morseschrifl
durch die gewöhnliche- zu ersetzen.
Man lässt zu dem Ende unter Benutzung von zwei Leitungen
und Erde auf den Spiegel zwei Empfänger statt eines wirken.
Die eine Empfängerplatte dreht den Spiegel so, dass sich auf
DigitizsdbyGOOgle
334 MorsEschnellbelrieb.
dem Film der leuchtende Punkt, wie vorher, in der Vertikalen,
der andere so, dass er sich auch in der Horizontalen bewegt,
Gleichzeitiges Arbeiten beider Empfänger bewegt den Licht-
punkt gleichzeitig in beiden Richtungen, das heisst schräge.
Ist nun das gebende Papierband in der richtigen Weise gelocht,
Fig. 218. Schriftprobe des Schnelllelegraphen.
SO erscheint das Telegramm in gewöhnlichen geschriebenen
Buchstaben und der Film, wie Sie einen solchen hier (Fig. 218)
im Lichtbilde wiedergegeben sehen, ist ohne jede weitere Be-
arbeitung zum Austragen fertig.') Dadurch soll der Apparat
in den Stand gesetzt sein, in der Minute auch etwa tausend
Worte zu bewältigen. Sein Name Schnelltelegraph ist verdient.
') Es wird angegeben, dass der Film in 0,003 Sekunden belichtet, mil Para-
amidophenol in 6 Sekunden entwickelt und etwa ebenso schnell mit 20''/gigvni
~ "Für 24stQndiges Arbeilen enthalt er 3 1 Entwicklet, 11
DigitizsdbyGOO'^le
Der Hughes-Apparat.
16. Vorlesung.
Der Hughes-Apparat.
Mit einer kurzen Besprechung des Ferndruckers.
Verhlltnis des Hughes zu Farbschreiber und Klopfer. Jeder Buchstabe durch einen
einzigen Tastendruck flbertragen. — Zwei synchrone TypenrÄder. — Tasten. Figuren-
wechsel. Tastenhebel. StiftbQchse. Contakistifle. Schlitten. Contakthebel. Strom '
stoss. — Elektromagnet. — Antrieb durch einen Gleichstrommotor. Motor- und
Schwungradachse machen an 800 Touren, Typenrad- und Schlittenachse 120. ~-
Der Ausläsehebel verkuppelt Schwungrad- und Druck achse für eine Umdrehung.
Die dann von der Schwungradachse mitgenommene Dmckachse schlagt den Druck-
hebel gegen das Typenrad. — Die drei Erfordernisse des Typen rades. Typen-,
Correktions- und Friklionsrad. Typen- und Correklionsradbuchse. Wechselhebel und
KlinkenausBchnitte. Zahnklinke und Dreifingerhebel. ^ Bremsregulalor. — Zusammen-
art>eiten zweier Apparate. Der Correktionsdaumen und seine dreifache Aufgabe;
Anhängen des Typenrades an das Friklionsrad, Kontrolle des Synchronismus, Figuren-
wechsel. — Erst die fünfte folgende Taste darf gedruckt werden. Möglichste Aus-
nutzung jedes Schlittenuralaufes. — Dauer des Strom stosses. — Schaltung.
Femdruckcr und die Fe rnd rucke rcentrale.
Dem Morseapparate bleibt, wie Sie schon sahen, bei aller
Vollendung stets der Nachteil anhaften, dass er in einer beson-
deren Sprache redet, deren Kenntnis zu seiner Bedienung not-
wendig ist. Beim Geben muss die gewöhnhche- in die Morse-
schrift, beim Empfangen in umgekehrter Richtung übersetzt
werden. Zwar kann man sich durch Übung die Morseschrift
ebenso vollständig einprägen, wie die gewöhnliche. Das kann
aber nur der Beamte oder wer sich sonst beruflich mit der
Telegraphie beschäftigt. Das Publikum verlangt die Rücküber-
setzung in die gewöhnliche Schrift, und dazu gehört Zeit. Wenn
man sich auf den automatischen Betrieb nicht einlassen will, ist
der Morse als Farbschreiber selbst mit Hilfe von Vielfach-
schaltungen nicht im Stande, so schnell zu arbeiten, als ftlr
Leitungen mit lebhaftem Verkehre besonders während der
Geschäftsstunden notwendig ist. Der Farbschreiber bedient
deshalb, wie Sie wissen, im wesentlichen nur noch die verkehrs-
DigitizsdbyGOOgle
336 Der Hughes-Apparat.
armen Ruhestromleitungen, bei denen eine ganze Ämterreihe
ihre geringen telegraphischen Ansprüche mit einem einzigen
Drahte erfttUt. Der Klopfer genügt zwar höheren Anforderungen,
als der Farbschreiber. Aber die Grenze ist auch hier erreicht,
sobald man seinem Diktat nicht mehr folgen kann.
Nun arbeitet der Morse nicht allein deshalb so langsam,
weil er überhaupt besondere, von den gewöhnlichen Buchstaben
abweichende Zeichen benutzt. Der andere Grund seiner Lang-
samkeit ist der, dass seine Schrift für einen Buchstaben
mehrere Zeichen verwendet. Viel gewonnen wäre mit einem
Apparate, der jeden Buchstaben durch ein einziges elektrisches
Signal übertragt.
Das ist beim Hughesapparate der Fall, welcher weiter
dadurch so vollkommen wird, dass sich der Buchstabe selbst-
thätig auf dem empfangenden Papier abdruckt, ohne dass zum
Geben mehr, als ein einmaliger kurzer Druck auf eine einzige
bestimmte Taste erforderlich ist. Der Papierstreifen des
Empfangsapparates enthält nachher das Telegramm in den
Typen der gewöhnlichen Druckschrift (Fig. 219) und zwar
abcdefgliijkliaoptiPStuviixyz 1234567850. ,;:?!'+-§/= (}r
Fig. 219. Hughesschrift.
wegen des Verkehrs mit dem Ausland der s. g. lateinischen.
Der Papierstreifen braucht nur in Teile von der Breite des
Formulars zerschnitten und aufgeklebt zu werden, und das
Telegramm ist unmittelbar zum Austragen oder zur Versendung
mit der Rohrpost bereit. Jeder Buchstabe verlangt nur ein
einziges und kurzes elektrisches Signal, und beim Empfang ist
weder eine Übersetzung, noch auch nur ein Aufschreiben
erforderlich. Kein Wunder deshalb, wenn der Hughes wesentlich
schneller arbeitet, als der Morse. Die Geschwindigkeiten,') mit
denen Farbschreiber, Klopfer und Hughes telegraphieren, ver-
halten sich ungefähr wie die Zahlen zwei, drei und fünf
') Die Angaben darQber schwanken ausserordcnttich.
D,„i,.,db,Google
Der Hughes-Apparat.
Fig. 220. Hughes-Apparat mit Gewichts- und elektrischem Ann
D,„i,.,„i„ Google
Der Hughes- Apparat.
Fig. 221. Heutiger Hughn-Apparat.
DigitizsdbyGOOgle
Der HugheS' Apparat.
4
D,„i,„db,Goo<^le
340 ^" Hughes-Apparat.
Zwei Formen des Hughesapparates sehen Sie hier abgebildet:
(Fig. 220) eine ältere mit Gewichtsantrieb, fllr elektrischen
Antrieb umgearbeitet, so dass bei Störung des elektrischen-
der Gewichtsantrieb einspringen kann, und (Fig. 221) eine
neuere nur mit elektrischem Antrieb. Schliesslich ist hier
[ (Fig. 222) ein Teil aus dem Hughes-Saal des Berliner Haupt-
' telegraphenamtes photographiert.
Der prinzipiell wichtigste Teil des Hughesapparates ist sein
Typenrad, ein vertikales um eine horizontale Achse drehbares
Stahlrad. Dessen äusserer ringförmiger Mantel trägt Buch-
staben, Ziffern und Zeichen — eben die Typen — wie die
Köpfe von Buchdruckerlettern. Denken Sie sich den Typen-
besetzten Ring um 90" in die Ebene des Rades herumgeklappt,
so entsteht dieses Bild (Fig. 223). Sie beachten die for den
Druck notwendige Spiegelschrift, Die Kunst des Apparates
besteht nun darin, vom gebenden Amte aus elektromagnetisch
den empfangenden Papierstreifen gegen das sich drehende
Typenrad in dem einen richtigen Augenblicke anzudrücken, in
dem sich die gewünschte Type an seiner tiefsten Stelle —
gegenüber der Druckvorrichtung — befindet. Hierzu dient dem
Apparate ein sinnreicher, aber verwickelter Mechanismus, welcher
ihn kostspielig macht und öfteren Störungen unterwirft. Auch
erschwert die Fülle der einzelnen Teile und ihr verwickeltes
Zusammenspiel das Verständnis. Ein gründliches Studium am
Apparate selbst ') kann deshalb zu seiner Kenntnis nicht wohl
') Dazu reicht ein fltr den Gebrauch fertig zusammengesetzter Huglics, wie er
im Reichspostiiiuseum in Berlin aufgestellt ist, nicht aus. An ihm verdeckt ein Teil
den andern, und man wird seine Anatomie und Physiologie nicht vollständig begreifen
lernen. Die Museumsverwaltung sollte deshalb mal durch eine etwas pädagogische
Brille schauen. Es wird ihr dann ein Leichtes sein, die von aussen schlecht oder
gar nicht sichtbaren Teile bei einem iweitcn Exemplare des Apparates blossiulegen
□der durch Im grösseren Maassstabe und unter Vernachlässigung der Einzelheiten
gebaute Modelle und durch treffende Zeichnungen zu erliutcra.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich, wenn auch hier nalOrlich nur kurz — aus-
fohrlicher habe ich das Folgende schon vor drei Jahren dem vorigen Staatasekretlr
im Reiehspostamt vorgesehlagen — darauf hinweisen, daSs das Postmuseum fllr den
Zweck, des Studiums viel mehr thun konnte. Was kennte es nicht allein durch
Modellapparale leisten 1 Zum Bau solcher giebt es mehrere Wege. Bald wird ein
Schnitt durch den Apparat zu legen, bald eine den Einblick hindernde Wand fort-
D,„i,.,db,Google
Der Hughes- Apparat, 341
entbehrt werden, umso mehr, als wir uns hier versagen müssen,
vielerlei Einzelheiten des Baues auf den Grund zu gehen.
Als Sender und Empfänger dienen zwei gleiche Hughes-
apparate. Die Typenräder beider drehen sich beständig mit
• genau derselben gleichförmigen Winkelgeschwindigkeit im Sinne
Fig. 223. Typenrad.
zunehmen oder durch Glas zu ersetzen sein. Auch sollten für die Apparate kurze
und schlagende Erklflrungen in gutem Deutsch verfasst und in grosser und deutlicher
.Schrift unter Glas, zweckmässig an der Wand oder sonst erhöht und so gleichzeitig
mehreren leshar, angebracht werden. Ob man die Model lappa rate zu einer besonderen,
von der Hauptsammlung getrennten Schausammlung vereinigen oder sie jener ein-
gliedern will, wird von mehreren, besonders räumlichen Gründen abhängen. Sehr
nQlzlich scheint es auch, zur Einleitung den technischen Apparaten eine Reihe von
solchen voranzustellen, welche die wichtigsten der in Betracht kommenden Wirkungen
des elektrischen Stromes veranschaulichen. Sie sollten zum Beiriebe — ■ durch die
Aufsichtsbeamten oder besser durch das Publikum selbst — in bekannter Weise
mit DruckknOpfen versehen sein. Erklärungen und Abbildungen von Apparaten
wären in einem verständlich und flott geschriebenen Fahrer zu vereinigen, der auch zu
häuslichem Nachdenken anregt. Schauapparate und Erklärungen mflssten den Muscums-
besucher zum Studium geradezu verlocken und jedem Verständnis bringen, der es
ernstlich sucht. Dann würde der Besucher nicht nur an den grobverständlichen
Dingen und den Jahrmarkt-artigen Vorlllhrungen, sondern auch an den technischen
Apparaten Vergnügen finden. Jetzt hingegen sagt ihm deren so ausserordentlich
reichhaltige Sammlung, die vielleicht in der ganzen Welt ihres Gleichen nicht hat,
D,„i,.,db,Google
342 0='' Hughes-Apparat.
des Uhrzeigers um ihre horizontale Achse und machen so
etwa hundertundzwanzig Umdrehungen in der Minute, oder
zwei in der Sekunde. Aber nicht nur die Geschwindigkeit
ist beiden Rädern gemeinsam, sondern, da beide aus genau
gleicher Stellung zu genau derselben Zeit ihre Drehung beginnen,»
deren Phase, Beide Typenrader haben in ihrem Laufe zu
gleicher Zeit gleiche Typen am gleichen Ort. Ist das a des
einen Typenrades gerade an der Druckstelle, so ist es auch
das a des andern. Beide Räder laufen synchron, wie die
Zeiger zweier gleich gehender Uhren, Ein Stromstoss des
gebenden Apparates (I| schickt seine magnetische Wirkung
praktisch unendlich schnell über die Leitung, so dass diese
Wirkung das Typenrad des empfangenden Apparates (II) gerade
so weit herumgedreht findet, wie das des gebenden I. Genau
so, wie bei I, ist auch bei II die gewünschte Type eben im
Begriff, sich an der Druckvorrichtung vorbei zu drehen. Deshalb
braucht nur der Stromstoss diese Druckvorrichtung elektro-
magnetisch auszulösen, damit das Papierband im richtigen
Augenblick gegen das Typenrad geschlagen und die richtige
Type abgedruckt wird.
Der Stromstoss wird mit Hilfe einer Klaviatur (Fig. 224)
erzeugt, die der eines Klavieres äusserlich sehr ähnlich ist.
Sie enthält vierzehn weisse und darüber ebenso viel schwarze,
im ganzen achtundzwanzig Tasten. Es ist selbstverständlich,
dass die Tasten mit den Typen des Typenrades in Beziehung
stehen. Die Typen sind auch darauf geschrieben. Nur zwei,
die erste und sechste der weissen Reihe sind unbeschrieben,
blank. Auch das Typenrad (Fig. 223) hat zwei leere Stellen,
und man kann sich denken, dass die Blanktasten nicht für den
wenigstens wenn er halbwegs Laie ist, so gut wie nichts. Die Fülle des Gebotenen
verblom und verwirrt. Was soll jemandem eine ganze Sammlung von Relais, der
nichts von ihrem Prinzip weiss? Er starrt die Schränke, die Tische an und geht mit
einem Seufzer der Bewunderung weiter. Der (ar den Laien sehr niedrige, fJlr den
Telegraphcnbeamten und den Elektriker nicht eben hohe Wirkungsgrad des jedenfalls
sehr kostspieligen Museums lasst sich in der angegebenen und mancherlei anderen
Weise um vieles steigern, ohne doch bei diskreter Anordnung das vornehme GeprSge
des Ganzen zu stiren.
Ähnliche Gesichtspunkte werden Qbrigens auch bei dem geplanten tecbniscben
Museum in Mönchen massgebend sein mQssen, wenn es fbr das Laienpublikum einen
wahren Nutzen haben soll.
D,„i,.,db,Google
Der Hughes-Apparat. 343
Abdruck von Typen, sondern für die Herstellung der Zwischen-
räume zwischen den Worten des Telegramms vorhanden sind.
Für den Abdruck von Tj^en bleiben demnach sechsundzwanzig
Tasten. Nun macht aber, wenn man » und j trennt, die Buch-
stabengruppe unter den Typen allein schon sechsundzwanzig
Fig. 224. Klav[Btur.
aus. Dazu kommen in zweiter Typengruppe die Ziffern von
Null bis Neun und sechzehn sonst notwendige oder wünschens-
werte Zeichen, wie =, -j-'), &, §. Die zweite Gruppe zählt
ebenfalls sechsundzwanzig Typen. Es wären demnach eigentlich
zweiundftlnfzig Tasten notwendig. Abgesehen von den beiden
Blanktasten, sind aber nur sechsundzwanzig da. Es muss dem-
nach jede Typentaste in zwei Bedeutungen gebraucht werden
können und ein Wechsel der Typengruppe, ein Figuren-
wechsel möglich sein. Dieser Figurenwechsel ist die zweite
Aufgabe der Blanktasten. So stellt die erste Blanktaste, das
Buchstabenweiss, das Typenrad so um, dass statt Ziffern oder
Zeichen Buchstaben gedruckt werden, und die sechste weisse,
ebenfalls blanke Taste, das Ziifernweiss, thut das Umgekehrte,
') Es sei hier beiläufig erwShnt, dass man bei Hughestelegrammen Adresse,
Text und Unterschrift von einander durch Gleichheitszeichen = trennt und als Schliiss
des Ganzen ein Pluszeichen + setzt.
D,„i,.,db,Google
344 ^'' Hughes-Apparat.
An jeder Taste ist hinten ein zweiarmiger Hebel ange-
schraubt Diese Tastenhebel besitzen eine solche Länge und
Gestalt, dass ihre nach hinten liegenden freien Enden in einem
Kreise gruppiert sind. Sie können das aus diesem Bilde
(Fig. 225) sehen, welches den Anblick wiedergiebt, den die
Fig. 225. Tastenwerk, von unten gesehen.
Tischplatte des Apparates einem sich unter sie bückenden
Beschauer darbietet. Wird eine Taste gedrückt (Fig. 226), so
hebt sich das zugehörige der im Kreise liegenden freien Hebel-
enden und stösst gegen einen vertikal und über ihm stehenden
stiftartigen Schieber aus Stahl, den Contaktstift (Fig. 227).
Solcher sind für jede Taste einer, im ganzen also achtund-
zwanzig Exemplare kreisförmig in der Stiftbüchse (Fig. 226)
angeordnet. Diese ist in der Tischplatte eingelassen, und Boden
(Fig. 228) und Deckel (Fig. 229) tragen jeder achtundzwanzig
DigitizsdbyGOOgle
DtT Hiighcs-Appara'
ebenfalls im Kreise an-
geordneter Ausschnitte.
Der nach unten und etwas
nach der Kreismitte zu
gerichtete Zug einer Feder
zieht jeden Stift so weit
wie mögUch in den Boden-
ausschnitt hinein. Aber ein
Druck auf die zugehörige
Taste lässt das hintere
Ende des Tastenhebels von
unten gegen den Contakt-
stift schlagen und gegen
den Federzug heben. Der
Kopf des Contaktstiftes
sieht dann oben aus seinem
Ausschnitt im Stiftbüchsen-
deckel ein wenig hervor.
Fig. 221. Contak
Nun ist in diesem
Deckel die vertikale Schlit-
tenachse gelagert und mit
ihr ein kompliziertes Hebel-
werk, der Contaktschlitten
(in Fig. 226 von der Seite,
in Fig. 230 von oben) fest
verbunden. ScWittenachse
und Schlitten drehen sich,
wobei der Schlitten dicht
über dem Deckel der
^^^
Digitizsdb^COO'^IC
Der Hughes .Apparat
Stiftbüchse hinfährt. Hat nun ein Tastendruck den zugehörigen
Stift hochgeschnellt, so hebt dieser einem zu dem darüber-
Fig. 228. Fig. 229.
Boden und Decke]
der StinbQchse.
fahrenden Schlitten gehörigen Winkelhebel den äusseren Arm
(vgl, immer Fig. 226), und dessen innerer zieht eine Hülse
Fig. 231. Halse.
Fig. 230. StiftbQchsendeckel mit Schlitten.
etwas nach unten. Diese Hülse (Fig. 231) ist mit drei Flanschen
versehen und, wie eine Manschette, lose auf die Schlittenachse
DigitizsdbyGOOgle
Der Hughes-Apparat. 347
aufgeschoben. Auf der Hülse ruht der rechte Arm des zwei-
armigen Contakthebels (Fig. 226 und 232). Die Abwärts-
bewegung der Hülse dreht demnach den Hebel im Uhrzeigersinn.
Eine seinen linken Arm verlängernde, mit Platinplättchen
belegte Contaktfeder wird dadurch von ihrem unteren Anschlage
entfernt und gegen den oberen gelegt. Der untere Anschlag
Fig. 232. CorUkthebel in Teilen.
liegt an Erde, der obere an der Batterie, deren andere Klemme
geerdet ist. Demnach fliesst, so lange der Schlittenhebel vom
Kopf des Contaktstiftes ') gehoben wird, über den Contakthebel,
den Metallkörper des eigenen Apparates und dessen Elektro-
magnetwicklung, auf die wir gleich zu sprechen kommen, ein
Stromstoss in die Leitung. Dient umgekehrt der Apparat als
Empfänger, so geht der aus der Leitung kommende Strom über
Wicklung, Apparatkörper, Contakthebel und unteren Anschlag
zur Erde. Wie Sie später sehen werden, drehen sich auch
Typenrad und Schlitten des gebenden Apparates mit einander
und mit dem Typenrad des empfangenden synchron, und zwar
befindet sich der Schlitten immer über dem Contaktstifte der-
jenigen Tj'pe, welche auf dem Typenrade die Druckvorrichtung
passiert. Das ist notwendig, damit die Type, deren Taste
gedrückt wird, zum Abdruck kommt. — Der Stromstoss
durchfliesst übrigens jetzt auch die Wicklung des gebenden
Apparates. Bei älteren Apparaten vermeidet er die eigene
Wicklung, und die eigene Druckvorrichtung wird nicht elektro-
magnetisch, sondern rein mechanisch ausgelöst. In jedem Falle
aber schreibt der eigene Apparat das abgehende Telegramm
mit auf.
■) Hu sieht, wie wenig dem Conuktatift seine Bezeichnung gebührt. Denn
er Irigt nur mechanisch und mittelbar dazu bei, den Contakthebel umzulegen, und
hat mit einem elektrischen Conukt nichts zu thun. Sein französischer Name goujon
spielt auf seine fischarlige Gestalt an und erinnert an unsere militärische Bezeichnung
des Zeltflockes als Hlring.
D,„i,.,db,Google
348 Der Hiighea-AppBral.
Damit sind wir zu dem empfangenden Teile des Hughes-
apparates, dem Elektromagneten (Fig. 233, 234 und 235)
gekommen. Sie kennen ihn von dem ihm nachgebildeten
Hughesrelais. Nur ist jetzt der Hufeisenmagnet aus mehr
Lamellen zusammengesetzt und ist aufrecht unter der Tischplatte
Fig. 233. Elektromagnet.
des Apparates und von unten sichtbar angebracht. Die aus
bekanntem Grunde hohlen Eisenkerne stehen nicht, wie beim
Relais, auf den Hufeisenschenkeln senkrecht, sondern bilden
ihre Verlängerung. Die Spulen sind nach den Angaben aus
0,15 mm starkem Draht in zusammen etwa 17 000 Windungen
vom Widerstände 1200 Ohm gewickelt. Der stets auf Abreissen
DigitizsdbyGOOgle
Der Hughes- Apparat.
349
eingestellte Anker ist etwas eigenartig gestaltet (Fig. 233).
Senkrecht nach unten tragt er zwei Ankerfedern, die gegen
zwei horizontale Stellschrauben drücken. Von ihnen wird
gewöhnlich nur die vordere verstellt. Die Lamellen des Huf-
eisens werden von einer Querverbindung zusammengehalten,
die man ursprünglich aus Eisen wählt, so dass sie als — nicht
sehr starker — magnetischer Nebenschluss wirkt. Wird das
Fig. 234. Elektromagnet,
von rechts gesehen.
Fig. 235. Elektromagnet
und Auslösung der Druckachse.
Hufeisen mit der Zeit schwächer magnetisch, so lässt man es
von Messing statt von Eisen zusammenhalten. Ausserdem ist
als regulierbarer magnetischer Nebenschluss ein Schwächungs-
anker vorhanden. Um ihn bequemer fassen zu können, ist er
sehr lang ausgebildet und reicht mit seinem vorderen Messing-
knopf-besetzten Ende weit nach vorn vor. Die Kraft, mit
welcher der Dauermagnet den Anker festhält, und die ihr
entgegenwirkende Elasticität der Ankerfedern werden durch
DigitizsdbyGOOgle
350 D*r Hughes-Appirat.
Verschieben des Schwächungsankers und durch Verstellen der
gegen die vordere Ankerfeder drückenden Schraube passend
eingestellt. Ganz wie beim Relais (vgl. die rechte Hälfte des
Diagramms auf S. 285), schwächen dann in den Eisenkernen
die vom Telegraphierstrome erzeugten Kraftlinien die aus dem
Dauermagneten und geben den drückenden Ankerfedern das
Übergewicht. Der Anker schnellt in die Höhe. Mit dem
Strome verschvnnden auch seine Kraftlinien. Die des Dauer-
magneten allein überwinden den Federdruck. Der Anker kehrt
zurück und kann auf einen neuen Stromstoss ansprechen. Um
ein durch Remanenz bewirktes Kleben des Ankers zu ver-
hindern, sind in bekannter Weise den Polschuhen Papierblatter
aufgeleimt.
Die Wirkung des polarisierten Elektromagneten verlangt,
um das beschriebene Abschnellen des Ankers veranlassen zu
können, ihren Stromstoss natürlich in bestimmter Richtung.
Nun liegt aber bald die eine Klemme der Batterie, bald die
andere an der Leitung, so dass der Strom in der Wicklung
falsch fliessen würde. Es ist deshalb der Tischplatte (auf ihrer
linken hinteren Ecke) ein Stromwender aufgeschraubt. Seine
Kurbel muss auf der hinteren Contaktschiene stehen, wenn die
gebende Batterie ihre positive Klemme an der Leitung hat.
Auf der Tischplatte liegt vor dem Stromwender ein Ausschalter,
der bei seiner vorderen Kurbelstellung den Apparat von der
Leitung abtrennt.
Sie wissen jetzt, wie ein Tastendruck einen Stromstoss in
die Leitung schickt und wie dieser den Anker hochschneUen
macht, und verlangen von der Arbeitsquelle zu hören, welche
das ganze Räderwerk in Bewegung setzt und erhält. Dem
Farbschreiber genügte die Elasticität einer Feder. Beim Hughes-
apparate sind grössere Massen mit grösserer Präzision zu
bewegen. Früher benutzte man dazu den Zug eines an sechzig
Kilo schweren Gewichtes (Fig. 220). Dabei war, ähnlich wie
beim Farbschreiber, eine Reihe von Zahnradübersetzungen not-
wendig, um die von dem grossen Gewicht bei seinem langsamen
Falle hergegebene Leistung in eine solche von kleiner Kraft
DigitizsdbyGOOgle
Der Hughes-Apparat.
und grosser Geschwindigkeit umzusetzen. Diese Zahnradüber-
setzungen bewirkten es, dass Typenrad und Schütten die schon
Fif;. 236. Gleichstrommotor.
genannte Tourenzahl von 120 in der Minute machen konnten,
wenn das von dem Gewicht unmittelbar angetriebene Rad sich
etwas mehr als einmal — nämlich um
400" — drehte.
Die neueren Apparate werden nicht
mehr von einem fallenden Gewicht,
sondern von einem kleinen Gleich-
strommotor {Fig. 236) angetrieben,
dessen Anker (Fig. 237) im normalen
Betriebe in der Minute an achthundert
Umdrehungen macht. Je nach dem er
filr HO oder für 65 Volt gewickelt ist,
braucht er etwa 0,25 oder 0,43 Ampere, f«. 231. Motoranker.
DigitizsdbyGOOgle
352 Der Hughes-Apparat.
SO dass er eine elektrische Leistung von rund 28 Watt aufnimmt
und eine mechanische von weniger als V" PS abgiebt.
Die Achse des Motorrankers (Fig. 238) liegt horizontal und
der Breitseite des Tisches parallel. Sie trägt ein Kegelrad
(Fig. 239), das in ein anderes, links zu ihm senkrechtes und
gleich grosses, aber doppeltes (Fig. 240) eingreift. So wird
eine zweite, von vorn nach hinten gelagerte Achse mit gleicher
Fig. 238, Wichtigste Teile des Triebwerks,
DigitizsdbyGOOgle
Der Hughes-Apparat. 353
Umdrehungszahl — etwa achthundert pro Minute — angetrieben.
Diese Achse tragt zur Vermehrung ihres gleichförmigen Laufes
ein Schwungrad (Fig. 241). Es ist die berühmte Schwungrad-
achse. Von ihr erhält die Achse des Typenrades ihre Drehung.
Ein Zahnrad von hundertsechsundzwanzig Zähnen überträgt
auf eins mit achtzehn, so dass die Winkelgeschwindigkeit
9
Fig. 239.
Fig. 240.
Kegelrad der
Kegelrad der
Motorachse.
Schwungrad achae
Fig. 241. Schwungrad.
von der Schwungrad- auf die Typenradachse auf ein Siebentel
verzögert wird und die erwähnte Umdrehungszahl von etwa
hundertundzwanzig in der Minute zu Stande kommt. Die
Typenradachse treibt über ein Paar Kegelräder von gleicher
Zahnzahl die Schlittenachse an, so dass Typrenrad und Schlitten,
wie verlangt wurde, mit gleicher Tourenzahl laufen. Wie die
Phasen gleichheit zu Stande kommt, davon später.
Eine Verlängerung der Schwungradachse nach vorn bildet
die Druckachse; wenigstens sind ihre Mittellinien Verlängerungen
von einander (Fig. 238). Die Schwungradachse trägt auch
vertikal ein mit scharfen Zähnen versehenes Kuppelungsrad
und die Druckachse einige dazu passende Kuppelungszähne;
auch ist eine Feder bestrebt, die Zähne dem Rade anzudrücken.
Aber für gewöhnlich verhindert eine Hemmung, dass die Zähne
sich, dem Federdruck folgend, in das Rad schieben, und dass
die achthundert Mal in der Minute rotierende Schwungradachse
die ruhende Druckachse mitnimmt. Der elektromagnetisch hoch-
schnellende Anker beseitigt aber durch seinen Schlag gegen den
Auslösehebel (Fig. 235 auf S. 349) für die Dauer einer Drehung,
Digitizsdb^COO'^le
354 O" Hufihea-Apparat.
also für etwa V'» Sekunde, diese Hemmung (Fig. 238). Die Druck-
achse kann sich gerade einmal herumdrehen. Dann drängt die
Hemmung die Kuppelungszähne von dem Kuppelungsrade wieder
ab, und die Schwungradachse giebt die Druckachse wieder frei.
Fig. 242. Druckhebel.
Nun sehen Sie hier (Fig. 242) den vorn am Apparate be-
findlichen Druckhebel, welcher die das Papierband führenden
Theile trägt. (Der Papierlauf geht aus Fig. 221 hervor.) Sein
linkes freies Ende ist zu einem gekrümmten Finger ausgebildet.
Der gekrümmte Finger liegt auf der sich unter ihm drehenden
Druckachse auf und wird bei jeder Drehung einmal von einer
seitlich an der Druckachse sitzenden Ausstülpung, dem Druck-
daumen, mitgenommen. Die Aufwärtsbewegung führt den
Druckhebel mit dem von einer Gummirolle gestützten Papier-
band gegen das Typenrad und druckt die an der Druckstelle
befindliche Type ab, Rechts oben ist dem Typenrade ein
Farbrad mit seinem Farbe-getränkten Filzüberzuge angedrückt.
Hierdurch wird das Typenrad ähnlich, wie beim französischen
Farbschreiber das Schreibrad, mit Farbe benetzt. Das Farbrad
tragt den Filzüberzug zwischen vorstehenden Rändern, welche
ein Überlaufen der Farbe und eine unbeabsichtigte Berührung
mit dem Filz verhindern. Mit jedem Hochklappen des Druck-
hebels wird das Papierband um die Breite eines Typenfeldes
nach links vorgeschoben.
Ein die Elektromagnetwicklung durchfliessender Stromstoss
hat also, um es zu wiederholen, folgende Wirkungen : Der
Anker schnellt gegen den Auslösehebel. Dieser beseitigt die
Hemmung, welche die Verkuppelung der rotierenden Schwung-
DigitizsdbyGOOgle
Der HuKbes-Appariit. 355
rad- und der ruhenden Druckachse hindert. Diese Achsen
werden für eine Umdrehung mit einander gekuppelt. Der sich
mit der Druckachse drehende Druckdaumen schiebt den ge-
krümmten Finger und damit den Druckhebel in die Höhe. Das
um ein Typenfeld vorgerückte Papierband wird gegen das
Typenrad geschlagen und die an der Druckstelle befindliche
Type abgedruckt.
Betrachten Sie nochmals die Zeichnung (Fig. 223 auf S. 341)
des Typenrades mit dem umgeklappten Rand und den Typen
in Spiegelschrift. Über den ganzen Ring wechseln beide
Typengruppen mit einander ab. Die beiden weiss gebliebenen
Felderpaare entsprechen den Blanktasten. Das Felderpaar
zwischen z und 1 ist das Buchstabenweiss, das zwischen v und
dem Zeichen für Klammer-auf das Ziffernweiss.
Es wird nun von dem Typenrade dreierlei verlangt. Für
gewöhnlich muss es von der ununterbrochen rotierenden
Typenradachse mitgenommen werden, ohne auf ihr zu schlüpfen.
Trotzdem soll es, damit die Räder beider Apparate synchron
laufen, plötzlich von der sich drehenden Achse gelöst, in einer
bestimmten Stellung angehalten und später aus dieser Stellung
ebenso plötzlich wieder in Gang gesetzt werden können.
Drittens muss das Rad um die Breite eines Typenfeldes, das
360 °
heisst um '/" Kreisumfang oder -„ = rd. 6,5 " vor und
wieder zurück geschoben werden können, ohne dadurch den
Halt auf der Achse zu verlieren. Diese Verschiebung hat
natürlich den Zweck, bald Buchstaben, bald Ziffern oder Zeichen
an der Druckstelle, das heisst an der Stelle des Typenrades
zu haben, gegen die der Druckhebel das Papierband schlägt.
Mit dem Typenrade muss eben das vorgenommen werden,
was wir früher den Figurenwechsel nannten.
Diese drei Anforderungen an das Typenrad scheinen
einander zu widersprechen, Sie werden aber trotzdem und
ziemlich einfach erfüllt. Das Typenrad ist seiner Achse nämlich
nicht unmittelbar aufgesetzt, sondern beide sind erst unter
Vermittelung zweier Buchsen und zweier anderer Räder, des
Correktions- und des Friktionsrades, mit einander verbunden
23"
Digitizsdb^COO'^le
356
Der Hughes- Apparat.
(Fig. 243b). Die Reihenfolge der drei ist, von vorn angefangen,
Typenrad, Correktionsrad, Friktionsrad. Das Correktionsrad
sieht man mit seinen achtundzwanzig scharfen Zähnen hinter
dem Typenrad hervorragen. Von den drei Rädern können
Sie nur das hinterste, das Friktionsrad als der Achse unmittelbar
aufgeschraubt ansehen. Die beiden andern werden von Buchsen
getragen, die sich auf der Achse und gegen einander drehen
Fifi. 243,
Zur Verstellunt des Typenrades.
Correktionsrad, Nutring und Dreifingerhebel von vorn.
Typenradachse mit Buchsen uud RSdem von vorn.
Figuren Wechsel von rOckwBrls. Correktionsrad dreht
sich deshalb gegen den Uhrzeiger, Druckachse mit
Correktionsdaumen mit ihm. Typen in die Ebene des
CorrektioDsrades geklappt, Spiegelschrill dabei Qber-
' setzt. Friktionsradklinke fortgelassen. Oben Um-
stellung Itlr Buchstaben-, unten fbr ZüTemdruck.
können, und zwar ist die Achse zunächst von der Typenrad-
buchse und diese von der Correktionsradbuchse umgeben.
Die Typenradbuchse reicht mit ihrem hinteren Ende gerade
durch die Correktionsradbuchse hindurch, und dort ist ihr ein
eigenartig geformter Stahlhebel, der Wechselhebel') aufgelötet
DigitizsdbyGOOgle
Der Hughes-Apparal. . 357
(Fig. 243b und c). Dessen eines Ende ist zugespitzt und passt
in jeden von zwei Ausschnitten- einer einschnappenden Klinke,
welche Klinke der hinteren Seite des Correktionsrades auf-
geschraubt ist. Wird in der nachher zu besprechenden Weise
der Wechselhebel aus einem Klinkenausschnitt in den andern
oder wieder zurück geklappt, so dreht sich mit dem Wechsel-
hebel auch Typenradbuchse und Typenrad und zwar um den-
selben Winkel, wie die Mittellinie des Wechselhebels. Dieser
Winkel ist auf '/»• ■ 360* bemessen. Das Typenrad wird dem-
nach durch den Wechselhebel gerade um ein Typenfeld verstellt
und die Typengruppe gewechselt.
Also Correktions- und Typenrad sind trotz der Leichtigkeit
des Figurenwechsels fest miteinander verbunden. Wie bekommen
sie nun ihren Halt auf der Achse? Durch eine zweite und mit
Zähnen versehene Schnappklinke, welche ebenfalls der Rück-
seite des Correktionsrades aufgeschraubt und in der Zeichnung
fortgelassen ist. Diese zweite Klinke packt das Friktionsrad
mit ihren Zahnen und hält dadurch Correktions- und Typenrad
am Friktionsrad und damit an der Achse fest. Nun wird aber
verlangt, dass trotz Weiterlaufs der Achse das Typenrad in
bestimmter Stellung stillgesetzt werden kann. Die Kupplung
Zahnklinke/Friktionsrad muss deshalb in bestimmter Stellung
lösbar sein. Dazu dient der vom am Apparat sichtbare Drei-
fingerhebel (Fig. 243a). Dessen drei Finger sind fest miteinander
verbunden. Ein Druck des Beamten auf den Kopf des horizon-
talen Fingers lässt die beiden andern nach rechts schlagen.
Dadurch drangt der längere von beiden die Zahnklinke vom
Friktionsrad ab und lOst damit die Kupplung. Das plötzliche
Feststellen besorgt dann der kürzere der nach unten gerichteten
Finger dadurch, dass er mit seinem Keil in die Nut des auf die
Correktionsradbuchse aufgezogenen Nutringes eingreift, sich
gleichsam einkrallt.
Die Feststellung des Typenrades hat erst Zweck, wenn
bei beiden als Geber und Empfanger arbeitenden Apparaten
die Typenrader und damit zugleich die Schlitten mit gleich-
förmiger und mit gleicher Geschwindigkeit umlaufen. Beides
besorgt der Bremsregulator. Dieser hat also beim Hughes-
apparat ziuiächst die gleiche Aufgabe zu versehen, wie beim
Farbsehreiber der Windfang. Er halt, unterstützt von dem
DigitizsdbyGOOgle
358 - Der Hughes-App.nH.
Schwungrade, die Geschwindigkeit des Laufwerks über alle
Störungen fort, peinlich genau auf derselben unveränderten
Höhe. Sie sehen ihn hier (Fig. 244) Photographien und hier
(Fig. 245) gezeichnet. Seine vertikale Achse, von einem guss-
Rremsregiilator.
eisernen Bocke getragen, wird durch Kegelräder vom Gleich-
strommotor angetrieben. Mit ihr drehen sich zwei mit Schwung-
kugeln belastete und zur leichteren Abgleichung der Elastizität
aus Blattfedern zusammengesetzte Arme. Je schneller die
Drehung , umso weiter treibt ähnlich , wie beim Wattschen
Regulator, die Trägheit die Schwungkugeln auseinander, und
umso mehr schleifen zwei weiter oben an den Armen befestigte
Bremspfropfen aus Leder gegen die innere Wand eines Brems-
ringes. Je schneller also die Drehung, umso mehr wird
DigitizsdbyGOO'^le
Der Huehes-Apparat. 359
gebremst.') Die Geschwindigkeit behält demnach, auch wenn
sie sich oben ändern will, den ihr zukommenden Wert bei.
Nun soll man den Wert dieser gleichförmigen Geschwindigkeit
in gewissen Grenzen — üblich sind zwischen hundert und
hundertfttnfundzwanzig Typenradtouren in der Minute — ver-
ändern können. Das geschieht einfach durch Drehen einer,
den Regulator krönenden, gesicherten Regulierschraube. Ihre
Drehung bewirkt ein Hochziehen oder Herablassen der an
Stahldrähten hängenden Schwungkugeln auf den Armen, damit
eine Verkürzung oder Verlängerung des Hebelarmes der Kraft,
mit der die Kugeln die Arme spreitzen machen, und damit
schwächere oder stärkere Bremsung, das heisst schnelleren
oder tangsameren Lauf des Räderwerks.
Den mit einander sprechenden Ämtern ist eine Geschwindig-
keit des Räderwerkes als zwischen ihnen üblich bekannt. Der
gebende Beamte erteilt seinem Apparat {I) durch Einstellung
der Kopfschraube am Bremsregulator ungefähr diese übliche
Geschwindigkeit und drückt eine beliebige Taste mehrmals
hintereinander. Apparat // hat die Geschwindigkeit I auf-
zunehmen. Läufi er von vornherein ebenso schnell, so erscheint
auf seinem Papierstreifen wiederholt ein und derselbe Buchstabe.
Es ist aber noch kein Grund vorhanden, dass das auch der Buch-
stabe ist, dessen Taste der Beamte / gedrückt hat. Wenn aber
Apparat II noch nicht die Geschwindigkeit von / aufgenommen
hat, so wird auf dem Papierband II eine Reihe verschiedener
Buchstaben abgedruckt. Die Folge der Buchstaben zeigt, welcher
Apparat schneller läuft. Liest der Beamte II zum Beispiel auf
seinem Papierband r q p , so weiss er (vergl. Fig. 223), dass sein
Apparat mit dem des Amtes / nicht mitkommt. Denn dessen
Typenrad steht mit dem r schon wieder in der Druckstellung,
das seinige erst mit q und dann mit dem p. Sein Typenrad
läuft eben langsamer, als das des Apparates /. Handelte es
sich um Uhren, würde die seine nachgehen. Da es — um im
Bilde zu bleiben — vorläufig nicht auf gleiche Zeitangabe,
iisecsetil. (Ihss dor Moloi- mit steigender BelastunK einen
DigitizsdbyGOOgle
360 I^cr Hughcs-ApparaC.
sondern nur auf gleiche Zeigergeschwindiglceit ankommt, so
verstellt er nicht die Zeiger, sondern schiebt den Rocker der
hemmenden Unruhe weiter auf A (Avant) zu. Dadurch wird
die Hemmung vermindert, der Lauf beschleunigt. Dasselbe
erreicht der Beamte am Hughesapparat //; indem er die Schwung-
kugeln des Bremsregulators mit der Kopfschraube vorsichtig
solange hebt, bis sich auf seinem Papierband immer der gleiche
Buchstabe wiederholt.
Wie erwähnt, braucht dieser mehrfach kommende Buchstabe
nicht der gleiche zu sein, wie der, dessen Taste der Beamte I
drückt. Dazu müssen beide Apparate ausser gleicher Ge-
schwindigkeit auch gleiche Phase der Bewegung haben. Ihr
Lauf muss aus einem isochronen zu einem synchronen werden.
Beide Beamte drücken deshalb auf den Kopf des Dreifinger-
hebels. Sie haben gesehen, dass dadurch das mit der Typen-
radachse unverändert weiter laufende Friktionsrad das mit dem
Typenrad verbundene Correktionsrad sofort fahren lässt und
der Keil in den Nutring der Correktionsradbuchse einschlägt.
Das Typenrad wird aus vollem Laufe plötzlich und zwar so
festgestellt, dass sich das Buchstabenweiss in der Druckstellung
befindet.
Jetzt drückt der Beamte I die erste Blanktaste, das Buch-
stabenweiss, Der dadurch erzeugte Stromstoss schnellt auf
beiden Apparaten gleichzeitig den Anker hoch. An beiden
Apparaten veranlasst der Auslösehebel, dass sich die rotierende
Schwungrad- mit der ruhenden Druckachse kuppelt. Früher
war der Druckdaumen (Fig. 242) erwähnt worden, welcher, ein
seitUcher Vorsprung, an der Druckachse sitzt und den Druckhebel
an seinem gekrümmten Finger mit hochnimmt. Die Druckachse
trägt noch einen zweiten seitlichen Vorsprung: den Correktions-
daumen (Fig. 243c) und zwar etwas weiter rückwärts, dort, wo
sie die Ebene des Correktionsrades schneidet. Der Correktions-
daumen passt mit seiner Länge eben in die Breite einer Lücke
des Correktionsrades hinein. Ist nun durch den Stromstoss
der Buchstabenweisstaste / an beiden Apparaten die Druckachse
in Umdrehung versetzt, so befreit der Correktionsdaumen das
Correktionsrad von seiner Hemmung und hängt es gemeinsam
mit dem Typenrade dem Friktionsrade an. Beide Typenräder
beginnen ihren gleich schnellen Lauf aus gleicher Stellung in
DigitizsdbyGOOgle
Der Hughcs-Apparat. 361
dem Augenblick, in welchem der Schlitten I auf den hoch-
geschnellten Contaktstift des Buchstabenweiss stösst. Sie
laufen demnach mit dem Schlitten / synchron, und zwar wird
die Drehungsphase vom Schlitten J angegeben und den beiden
Typenrädern aufgenommen. Ein Schlitten wirkt immer nur
beim Geben mit und der des empfangenden Apparates beteiligt
sich gamicht an der Übermittlung der Depesche. Sein Lauf
ist für sie gleichgiltig und, wenn er auch ebenso schnell geschieht,
wie der der Typenräder und des Schlitten /, so ist er doch —
von einem Zufall mit kleiner Wahrscheinlichkeit abgesehen —
nicht synchron.
Der Correktionsdaumen dient also erstens dazu, das Typen-
rad im richtigen Augenblick seine Drehung beginnen zu lassen.
Zweitens hat er den Auftrag, kleine Abweichungen des Syn-
chronismus zu korrigieren. Gerade, während gedruckt wird,
dreht sich der Correktionsdaumen gegen den Uhrzeiger durch
eine Zahnlücke des mit dem Uhrzeiger rotierenden Correktions-
rades hindurch. (In der von hinten gesehenen Fig. 243 c um-
gekehrt.) Hierbei lässt das Correktionsrad bei seinem, also auch
des Typenrades vollendet synchronen Lauf den Correktions-
daumen durch die Zahnlücke unberührt hindurch. Sind aber
Correktions- und Typenrad ein klein wenig zurückgeblieben,
so giebt der Correktionsdaumen dem Correktionsrade an einer
unteren Zahnkante einen kleinen Anstoss nach vorwärts (auf-
wärts), im umgekehrten Falle an einer oberen Zahnkante nach
rückwärts (abwärts). Der über alles wichtige Synchronismus
ist gerade während des Drückens wiederhergestellt. Jeder
Druck einer Type wird geneigt sein, den Synchronismus ein
wenig zu stören. Deshalb folgt sofort die Controlle und etwaige
Abhilfe durch den Correktionsdaumen. Die Unregelmässigkeit
wird sofort wieder ausgeglichen.
Damit ist die Thätigkeit des Correktionsdaumens noch
nicht erschöpft. Sie erinnern sich des Wechselhebels, der bei
seinem Umklappen aus einem Klinkenausschnitt in den andern
das Typenrad um ein Typenfeld verstellt. Dieses Umklappen
besorgt nun auch der Correktionsdaumen und zwar so: Auf
der der Klinke gegenüberliegenden Seite endet der Wechsel-
hebel in dem Wechselblatt, welches etwa die Form eines Kreis-
segmentes hat und um eine Schraube drehbar ist. Es trägt
DigitizsdbyGOOgle
362 Der HiiEhes-Appaiat.
zwei Vorsprünge. Der eine dieser Vorsprünge bedeckt immer
eine Locke zwischen zwei Zähnen des Correktionsrades, wenn
der andere nur bis an die Wurzel der beiden eine andere
Lücke bildenden Zähne heranreicht. Diese andere, freie Lücke
ist die sechste, wenn man die bedeckte als die erste zählt.
Ein Druck auf das Buchstabenweis des Apparates I lässt den
Correktionsdaumen beider Apparate durch die (Fig. 243 c oben)
bedeckte, — die Buchstabenlücke gehen. Dabei schlägt er das
Wechselblatt so bei Seite, dass sich das — von hinten gesehen —
gegen den Uhrzeigersinn dreht und der andere Vorsprung die
sechste Lücke bedeckt. Das Wechseiblatt nimmt den Wechsel-
hebel mit sich, so dass er sich im Uhrzeigersinne dreht und
sein spitzes Ende in den linken Klinkenausschnitt klappt. Da-
mit ist das Typenrad zum Druck von Buchstaben umgestellt.
Soll mit dem Typenrade der umgekehrte Figurenwechsel vor-
genommen werden, so drückt der gebende Beamte sein Ziffern-
weiss. Der Correktionsdaumen schlägt in die sechste, die
Ziffernlücke. Das Wechselblatt dreht sich im Uhrzeigersinn,
der Wechselhebel dagegen und klappt in den Ziffernausschnitt
■der Klinke. Die Verstellung des Typenrades von Buchstaben
auf Ziffern und Zeichen geschieht, immer von hinten gesehen,
gegen den Uhrzeiger, und so sind ja auch die beiden Bedeu-
tungen einer Taste auf dem Typenrade angeordnet.
Wie die Blanktasten ausser dem Figurenwechsel der Her-
stellung der Zwischenräume dienen, ergiebt sich aus dem
Vorhergehenden von selbst. Für Zwischenräume zwischen
Worten wird das Buchstabenweiss, zwischen Ziffern oder Zeichen
das Ziffernweiss gedrückt. Der Druckhebel schlägt dann das
Papierband gegen eine nicht mit Typen besetzte Stelle des
Typenrades. Gleichzeitig geht der Correktionsdaumen durch
die freie, nicht durch die vom Wechselblatt bedeckte Lücke
des Correktionsrades, demnach ohne Wirkung hindurch. Das
Typenrad bleibt auf die Typengruppe, die es eben gedruckt
hat. weiter eingestellt.
Die den Hughesapparat bedienenden Beamten lernen gleich
von Anfang an folgende Regel kennen: Während eines und
desselben Schlittenumlaufes darf nach keiner Taste eine nähere
DigitizsdbyGOOgle
Der Hughes- Apparat. 363
gedrückt werden, als die filnfte auf sie folgende oder, wenn
jene als die erste gezählt wird, als die sechste. Während des
gleichen Schlittenumlaufs kann, auf a folgend, nicht b oder c
oder d oder e gedruckt werden, sondern erst f. Folgt im
Wortlaut des Telegramms eine nähere Type, so ist der nächste
Schlittenumlauf abzuwarten, der — wie Sie wissen — etwa
eine halbe Sekunde später beginnt. Immerhin macht die Vor-
schrift den Hughesapparat weniger leistungsfähig, als er ohne
sie sein würde.
Um ihre Notwendigkeit einzusehen, erinnere man sich, dass
die Schwungradachse gerade sieben Mal so schnell umläuft,
als Typenradachse und Schlitten. Die Schwungradachse ist
pro Tastendruck solange mit der Druckachse gekuppelt, als
sie einmal, der Schlitten also ein Siebentel Mal umläuft und
als er dabei über ein Siebentel des Umfanges oder '/t . 28 ^=
4 Contaktstifte hinfährt. Schwungrad- und Druckachse sind
nicht nur gekuppelt, solange der Schlitten sich über dem
Contaktstift der gedrückten Taste, sondern auch noch, während
er sich aber den drei nächsten befindet. In dieser Zeit einen
neuen Stromstoss zu erzeugen, hätte keinen Sinn. Denn der
einzige Zweck des Stromstosses, Druck- und Schwungradachse
plötzlich zu kuppeln, ist unausführbar, weil sie noch gekuppelt
sind. Also während eines Schlittenumlaufes darf nach a weder
b noch c noch d gedruckt werden. Aber wie ist es mit c?
Das ist auch noch verboten, und doch würde sein hoch-
geschnellter Contaktstift mit seinem Stromstoss bewirken, dass
die beiden Achsen, welche sich eben entkuppeln wollen, weiter
gekuppelt bleiben. Man möchte glauben, alles sei in Ordnung,
und e würde gedruckt. Man übersieht dabei, dass zum Ent-
und Wiederkuppeln der Achsen Zeit gehört. Trotzdem sie
sicherlich sehr kurz ist, darf sie nicht vernachlässigt werden.
Es ist der Verlust dieser Zeit, welcher beim Druck auf die der
gedrückten (a) folgende vierte Taste (e) fortfiele. Zu sicherem
Abdruck bleibt nichts übrig, als Ent- und Wiederkupplung der
Achsen abzuwarten. Erst die fünfte folgende Taste (f) darf
gedrückt werden. Die gegebene Vorschrift besteht zu Recht.
Abgesehen von diesem Abwarten der filnften folgenden
Type, muss der Beamte natürlich aus jedem Schlittenumlauf
soviel Typen herausholen, als ihm der Wortlaut seines Tele-
DigitizsdbyGOOgle
364
Der Hughes- Apparat.
grammes erlaubt. Sobald er eine Type, deren Druck möglich
ist, auslässt, verliert er damit eine volle halbe Sekunde. Dabei
finden dann sieben Schwungradumläufe bei ruhender Druck-
achse und demnach statt, ohne dass der Correktionsdaumen
den Synchronismus von Correktions- und Typenrad kontroUiert.
Man lauft so Gefahr, dass die kleinen Unregelmässigkeiten des
Laufes zu störender Grösse anwachsen.
Dass die Dauer des jedesmal in die Leitung geschickten
Stromstosses in der That sehr klein ist, zeigt folgende Über-
legung. Der Schlitten mache hundertundzwanzig Umdrehungen
in der Minute, jede Umdrehung daure also eine halbe Sekunde.
Im Stiftbüchsendeckel sind achtundzwanzig Ausschnitte vor-
handen. Wenn dann der Schlitten ungefähr die doppelte Breite
hat wie die Entfernung zweier Ausschnitte, so bleibt er etwa
für den achtundzwanzigsten Teil einer Sekunde Ober einem
gehobenen Contaktstift und solange dauert der Stromstoss.
Zum Schlüsse ist noch kurz über die Schaltung im
Hughesapparate zu sprechen, dabei aber, wie sonst, prinzipiell
weniger wichtiges zu übergehen. Der ankommende Strom geht,
wie die Skizze (Fig. 246) zeigt, von der Leitung über die Magnet-
Fig. 246. Schaltung.
Wicklung, den Apparatkörper, die Schlittenachse, den Contakt-
hebel und dessen Ruhecontakt zur Erde. Warum in den
Stromweg eine vom Apparatkörper isolierte Feder und der
Correktionsdaumen eingeschaltet ist, werden Sie gleich einsehen.
DigitizsdbyGOOgle
Der Hughes-Appar.t. 365
Vorher bitte ich noch zweierlei zu beachten. Erstens
stösst der das Typenrad feststellende Druck den Kopf des
Dreifingerhebels auf die unter ihm angebrachte s. g. Ausschluss-
feder und schliesst dadurch für die Dauer dieses Druckes
auf dem oberen der beiden gestrichelten Stromwege die Magnet-
wicklung kurz. Für die Dauer des Feststellens verhindert
man dadurch eine etwaige störende Verkupplung der Druckachse
und den damit verbundenen Anstoss des Typenrades durch den
Correktionsdaumen. Ein zweiter Kurzschluss der Magnet-
wicklung wird durch den hochgeschnellten Anker besorgt.
Dann fliesst ein unnötig lange andauernder Strom der fremden
oder der eigenen Batterie auf dem unteren gestrichelten Wege
über Ankergestell, Anker und Auslösehebel an der kurz-
geschlossenen Wicklung vorbei und halt den Anker nicht
unnötig hochgeklappt.
Die Abwärtsbewegung des Ankers induziert nun in der
Magnetwicklung eine Elektromotorische Kraft. Nach dem Schema
ist das ein Fall von Ankerinduktion. Diese induzierte Elektro-
motorische Kraft würde in der Wicklung, wenn ihr Kreis
geschlossen bliebe, ein Strom hervorrufen. Der Induktionsstrom
müsste nun nach dem Lenzschen Gesetze eine solche Richtung
haben, dass er den sich annähernden Anker abzustossen sucht,
mithin eine gleiche, wie der kommende oder gehende Tele-
graphierstrom. Wir hätten denselben Fall wie beim Abwerfen
des Ankers und könnten nicht verlangen, dass dieser jetzt,
weil es uns nützt, auf den Polschuhen haftet. Er flöge eben
einfach wieder ab. Deshalb ist dem Correktionsdaumen zu
seinen drei Aufträgen noch ein vierter geworden. Sobald die
ihn tragende Druckachse ihre Bewegung beginnt, verlässt er
die vom Apparatkörper isolierte Feder. Er unterbricht dadurch
den Stromkreis der Magnetwicklung und verhindert, dass die
vom Anker in ihr induzierte Elektromotorische Kraft einen
schädlichen Strom hervorruft. — Dem Lauf des abgehenden
Stromes kennen Sie. — Sollte man Hughesapparate statt aus
einer Sammlerbatterie noch mit Telegraphenelementen speisen,
so gilt die Vorschrift, nicht mehr als drei Apparate parallel an
dieselbe Batterie zu hängen.
DigitizsdbyGOOgle
Ucr Hiiithef-Appara'
D,„i,.,db,Google
Der Hughes-Apparat. 367
Von den übrigen Typendruckern brauche ich nur den
Ferndrucker kurz zu besprechen. Er dient dem Bedürfnis
vieler Geschäftsleute, in augenblicklichen und unmittelbaren
Gedankenaustausch zu treten, in allen den Fällen, da der Fem-
sprecher versagt. Der Femsprecher hat, wie jeder Benutzer
weiss, eine ganze Reihe von unangenehmen Eigenschaften : Die
gelegentlich zur Verzweiflung bringende Schwierigkeit, sich
deutlich zu verständigen, — die Möglichkeit wirklicher oder
absichtlicher Missverständnisse, umsomehr, als das verhallende
Wort kein Beweismittel zurücklässt und dadurch dem Unehr-
lichen erlaubt, eine Abmachung nachher zu leugnen oder in
seinem Sinne abzuändern — weiter die Leichtigkeit, mit der
telephonische Verabredungen und Aufträge vergessen werden,
weil eben nichts Geschriebenes an sie erinnert — schliesslich
die mangelhafte Geheimhaltung. Alles das sind Gründe, die
Fig. 24S. Femdnickei'.
D,„i,.,db,Google
368 ^^^ Hughes- Apparat.
den Femsprecher häufig, jedenfalls zu wichtigeren Verhandlungen
und Abschlüssen höchst ungeeignet machen und für solche den
unmittelbaren telegraphischen Verkehr mit dem Femdrucker
vorziehen lassen. Die Teilnehmer sind an ein besonderes Amt,
angeschlossen, wie es erst ein einziges und zwar in Berlin
giebt {Fig. 247). Von ihm erhalten sie über einen nach
Art der telephonischen gebauten Umschalter den verlangten
Anschluss. Beide Teilnehmer können dann mit Hilfe des
Femdruckers (Fig. 248), der das Äussere einer Schreibmaschine
hat und ebenso bedient wird, unmittelbar mit einander verkehren.
Wenn auch die gegenseitige Aussprache langsamer und weniger
lebendig ist, als am Fernsprecher, so werden dafllr dessen
Nachteile vermieden.
Auf den Bau des Ferndruckers einzugehen, scheint mir
nach der verhältnismässig ausführlichen Betrachtung des Hughes-
apparates nicht angezeigt. Erwähnt sei nur, dass auch beide
mit einander arbeitende Ferndrucker zwei s3Tichrone Typen-
räder enthalten, die aber nicht von jedem Apparat einzeln,
sondern gemeinsam vom Sender aus elektromagnetisch und
zwangläufig gedreht werden, ein Prinzip, nach dem schon der
alte und seit Langem verschwundene Werner - Siemenssche
Zeigertelegraph gebaut war.
Sehr zweckmässig ist auch die Einrichtung, Ober das Fern-
druckeramt auswärtige Telegramme an das Haupttelegraphen-
amt zu geben und von ihm zu empfangen. Dadurch wird die
Befördemng erheblich beschleunigt. Denn man weiss, dass
das Abgeben am Schalter und das Austragen einen wesent-
lichen Teil der Beförderungszeit beanspmcht. Endlich kann
man auf dem Amt die Apparate aller Teilnehmer so schalten,
dass sie gleichzeitig gewisse gleichlautende Nachrichten erhalten,
wie etwa den Kurszettel der Börse oder die Wolffschen
Depeschen. In Bremerhaven besteht sogar schon seit Längerem
eine Centrale, die unter dem Namen Börsendrucker den
empfangenden Teil des Ferndruckers bei hundert Teilnehmern
aufgestellt hat und ihnen wichtige SchifFsnachrichten übermittelt.
Man darf annehmen, dass der Ferndrucker eine aussichtsreiche
Zukunft hat. Auch der hohe Preis wird unsere grossen Berliner
Unternehmungen nicht abhalten, binnen kurzem ihre Chefbureaus
an das Ferndruckeramt anzuschliessen.
DigitizsdbyGOO'^le
17. Vorlesung.
Kabelströme.
Das Ohmsche Gesetz gilt nur für den Dauerzustand, nicht füe den Telegraphierstrom.
— Selbstinduktion. Kurvenaufnahme. Capacitftl. Lade- und Entladcstrom. Ober-
irdische Leitungen und Kabel. — Zusammensetiung der Kabel. — Slromverlauf bei
Widerstand und Selbstinduktion, bei Widerstand und CapacitSt (Wassermode II), bei
Widerstand, Selbst indukUon und CapacitSt. Batterie scheinbar kurzgeschlossen.
Bedeutung ihres inneren Widerstandes. Ladezeit von der EMK unabhängig. —
Telegraphiergeschwindigkeit dem Produkte GW proportional.
Die heutige Vorlesung hat die interessante Frage nach dem
thatsächlichen Verlaufe der Telegraphierströme zu beantworten.
Sie hat uns diesen Verlauf in Bildern zu zeigen, welche die im
telegraphischen Kreise fliessende Stromstarke J in Abhängigkeit
von der Zeit t wiedergeben. Um diesen Verlauf zu verstehen,
muss man aber die gewohnte Vorstellung aufgeben, die Tele-
graphierströme seien dem Ohmschen Gesetze allein unterworfen.
Denn dieses gilt in seiner gewöhnlichen Form nur für den
sogenannten Dauerzustand. Nur der seit Längerem unver-
ändert fliessende Strom ist gleich dem Quotienten aus der
Elektromotorischen Kraft der speisenden Batterie und dem
gesamten Widerstand des Stromkreises. Ein solcher unverändert
fliessender Strom ist aber der telegraphische durchaus nicht.
Vielmehr entsteht und vergeht er fortwährend durch das
wechselnde Spiel der Morsetaste oder des Hughescontakthebels.
Es ist sogar im Grunde gleichgiltig, ob mit Arbeits- oder Ruhe-
strom gearbeitet wird. Denn es sind die Veränderungen des
Stromes, in denen der Betrieb besteht, und je schneller die
Veränderungen, umso nützlicher für den Betrieb. Die einfachen
Beziehungen des Ohmschen Gesetzes') beherrschen aber nur
den Dauerzustand und reichen für den veränderlichen- nicht
D,ü,i,z.db,Cooglc
370 Kabelströme.
mehr aus. Daran sind zwei Eigenschaften des telegraphischen
Stromkreises Schuld : Selbstinduktion und Capacität. Sie dürfen
jetzt nicht langer vernachlässigt werden.
Von der Selbstinduktion ist Ihnen noch in Erinnerung,
wie sie sich, als Gegenspannung einer Trägheit ähnlich, dem
Anfangen und Aufhören jedes Stromes entgegenstellte. Be-
sonders gross war sie in eisenerfüllten Spulen, so gross, dass
ihr Einfluss den des Ohmschen Gesetzes ganz bei Seite drückte
(vgl. S. 82), Es wird Sie darum nicht überraschen, zu hören,
dass die Telegraphen apparate durch die grosse Selbstinduktion
ihrer Magnetwicklungen das plötzliche Ansteigen und Abfallen
der Telegraphierströme zu verzögern streben.
Ein sinnreiches Verfahren ermöglicht, den thatsächlichen
Verlauf von Telegraphierströmen aufzunehmen. Wir wollen
uns einige solcher Aufnahmen genauer ansehen. Die erste
(Fig. 249) zeigt den Verlauf des Morsestromes in einem Strom-
wmmmmmmmm^.
► Zeit «tOiScÄneteiä^
Fig. 219. Zeillicher Verlauf eines Telegraph jerstromes.
Der Stromkreis enthalt den Widerstand W und die Selbstinduktion eitles Morse M.
Nach Franke.
DigitizsdbyGOO'^le
Kabelströme. 37 1
kreise, der (nach Fig. 249a) neben dem bifilaren Wider-
stände TV den Farbschreiber M mit seiner Selbstinduktion
enthält. Der Ort der Aufnahme ist durch den Punkt
bezeichnet. Deutlich (Fig. 249 b) verhindert die Selbst-
induktion das plötzliche Ansteigen des Stromes. Bei ver-
änderlichem Strome gesellt sich dem Ohmschen Widerstände
die Induktanz hinzu. Diese wird erst mit der allmählichen
Herstellung des Dauerzustandes Null, und ebenso allmählich
erreicht unser Morsestrom den durch das Ohmsche Gesetz
gegebenen Wert. Mit dem Loslassen der Taste fällt der Strom
hingegen plötzlich, in 0,0004 Sekunden, zu Null ab. Denn der
Stromkreis wird in dieser Zeit unterbrochen, und, abgesehen
von dem Öffnungsfunken, der als Wechselstrom in der Kurve
nicht bemerkbar wird, ist es zunächst mit der Selbstinduktion
aus. Der Tastenhebe] klappt dann, nachdem er an 0,005 Sekunden
in der Luft geschwebt hat, hinten auf den Ruhecontakt und
legt damit den Leitungsweg auch am gebenden Ende an Erde.
Jetzt ist wieder ein Stromkreis geschlossen, und die im magne-
tischen Kreise des Farbschreibers noch vorhandenen Krafllinien
erzeugen bei ihrem gemächlichen Verschwinden einen leisen
und allmählich abklingenden Induktionsstrom. Dieser erscheint
als Wirkung einer durch die Remanenz des Eisens gleichsam
aufgesparten Selbstinduktion.
Von noch grösserem Einfluss als die Selbstinduktion ist
telegraphisch die Capacität. Erinnern Sie sich bitte daran,
was früher über Leydener Flaschen und andere CondensatorÖn
gesagt worden ist, und insbesondere an den Condensatorversuch
(Fig. 74 und 75 auf S. 116), der hier (Fig. 250a), ein wenig
abgeändert, nochmals aufgebaut steht. Zwischen Galvanoskop
und Condensator liegt jetzt ein Widerstand, der mit dem des
Galvanometers zusammen 500 Ohm ausmacht. Sonst kommt die
Anordnung auf die von früher heraus. Die Batterie hat die
Klemmenspannung 10 Volt, der Condensator die Capacität 1 MF.
Wird nun die Taste gedrückt, so stürzt im selben Augenblick
in den Condensator ein Ladestrom hinein, der aber gleich
wieder und zwar zunächst sehr schnell, dann immer langsamer
an Grösse abnimmt. Darauf schaltet die losgelassene Taste die
Stromquelle ab, und der durch Widerstand, Galvanoskop und
Erde geschlossene Condensator giebt seine Ladung wieder her.
Digitiz.db^COO'^le
372 Kabelalröme.
Natürlich verläuft der Entladestrom rückwärts, das heisst in
der dem Ladestrome entgegengesetzten Richtung.
Offenbar verlangt hiernach die ursprüngliche Anschauung,
dass es Ströme nur in metallisch oder elektrolytisch geschlossenen
Kreisen gebe, für die in der Nähe des ÖfFnens und Schliessens
H — äOOOltm -
Fig. 250. Zeitlicher VerUitr von Ladungs- und Entladungsstrom
im Kreise mit WidcrsUnd und Capacität. (Schematisch.
liegende Zeit eine Abänderung; benimmt sich doch der Con-
densator vorübergehend so, als ob sein Dielektrikum- leitend
geworden wäre. Bei der Ladung des Condensators werden,
wie Sie (von S. 1 10) wissen, im Dielektrikum die an den
,,Cooglc
Kahelalröme. 373
Belegungen angeKefteten elektrischen Kraftlinien gespannt, bei
der Entladung abgespannt. Dieses zweimalige Verschieben der
elektrischen Teilchen findet auf dem Wege durch das Dielektrikum
in einer Art Strom, dem Verschiebungsstrome statt. Erst
wenn die Teilchen der Ladespannung entsprechend verschoben
sind, für den Dauerzustand, bildet der Condensator für den Strom-
durchgang einen Schlagbaum. Für Ladung und Entladung aber,
vorübergehend ist eine Art geschlossener Stromkreis vorhan-
den, durch den, wie man es auch von einem rein metallischen
nicht anders verlangen kann, gleiche Mengen positiver und nega-
tiver Elektricitat aneinander vorbeifliessen. Wollte man nach dem
"vorhin erwähnten Verfahren von dem Verlaufe des Lade- und
Entladestromes eine Aufnahme machen, so entstände ein Bild
von dieser Art {Fig. 250b). Die Lade- und Entladespitze ist so
hoch, als ob thatsächlich beidemal der Condensator im ersten
Augenblick widerstandslos durchflössen würde. Rechnen Sie
ftlr beide Spitzen den Widerstand W des Stromkreises aus:
V Ifl
"'= j =-2o:io-- = ^™o'«"-
Für das Dielektrikum bleibt kein Widerstand übrig. Um über
die Grösse der eingeladenen ElektricitStsmenge eine Vorstellung
zu gewinnen, mögen Sie sich den fortwahrend seine Grösse
ändernden Ladestrom durch einen unveränderten Gleichstrom
von mittlerem Werte ersetzt denken. Diesen Mittelwert liefert
ein geometrisches Verfahren für unsere Aufnahme zu etwa
3 Milliampere, und so werde er als gestrichelte Horizontale in
die Zeichnung eingetragen. Fliessen 3 Milliampere 0,0035 Sekun-
den lang, so werden (nach Q t= J . i) 1,05. 10-^ Coulomb
befördert. Bei 10 Volt Ladespannung würde demnach der
Condensator (vgl. S. 102) eine Capacität von
i: 10 Volt
haben, was mit dem vom Lieferanten auf ihm vermerkten
Werte stimmt. Dieses alles führe ich nur an, um Sie mit dem
merkwürdigen Ding: Condensator ein wenig vertraut zu machen.
DigitizsdbyGOOgle
374 Kabelströme.
Capacität besitzen nun nicht nur Leydener Flaschen
und Plattencondensatoren, sondern alle Leiter, Denn
jeder Leiter ist in ein Dielektrikum eingebettet und hat dort
andere Leiter zu Nachbarn. Auch die Telegraphenleitung
spielt die Rolle einer Flaschenbelegung. Die andere Belegung
wird von einer Nachbarleitung gebildet, oder vom feuchten
Erdreich, oder von einer Reihe Häuser, oder Säfte-führender
Bäume. Abgesehen von den Porzellanglocken, liefert die zwischen
liegende Luftschicht das Dielektrikum. Seiner Zeit ist nun ab-
geleitet worden, dass die Capacität eines Condensators der
Grösse der belegten Fläche des Isolators und der Dielektricitäts-
constante direkt und seiner Dicke umgekehrt proportional
ist. Die Capacität einer Telegraphenleitung ist deshalb ihrer
Länge und Dicke proportional. Die Erscheinungen, welche
die Capacität hervorruft, und welche für kurze oberirdische
Leitungen allenfalls übersehen werden können, machen sich bei
langen schon mehr bemerkbar, die noch dazu mit vergrösserter
Länge zur Widerstandsverminderung grössere Dicke vereinigen.
Da es sich um lange Leitungen handelt, können nur solche in
Frage kommen, die mit Arbeitsstrom betrieben werden. Denn
sder Ruhestrom dient dem Kleinverkehr einer grösseren Zahl
nahe gelegener Orte«. Auf den langen Leitungen des ameri-
kanischen Ruhestromes andererseits, wird thatsächlich mit
Arbeitsstrom gegeben (Vgl. S. 323). Dass dabei vor Beginn
des Telegrammes Strom fiiesst, kann nur für seine ersten Zeichen
von Einfluss sein. Nun dienen ausser den über Tag geführten,
durch Luft und Porzellan isolierten Leitungen noch Kabel zu
telegraphischer Verbindung. Die Erscheinungen, die wir heute
mit einander zu besprechen haben, treten nun allerdings schon
in langen Oberleitungen auf und sind bei denen wohl zu be-
achten. Aber ihr eigentlicher Sitz sind doch erst die Kabel,
und erst dort gewinnen sie ihre ausserordentliche Bedeutung.
Wir begehen deshalb keinen grossen Fehler, wenn wir unsere
heutige, etwas mehr theoretische Vorlesung, Kabelströme und
unsere nächste, etwas mehr praktische, Kabelbetrieb über-
schreiben.
Zuerst einige Worte über die Kabel selbst. Es giebt Land-,
Flus.s- und Seekabel. Bei allen drei Arten bildet Kupfer das
Leitungsmaterial, die Kabelseele, sei es als massiver Draht,
DigitizsdbyGOOgle
Kflbelatrömc. 375
sei es als aus dünnen biegsamen Faden hergestellte Litze. Die
Kabelseele ist zur Isolation mit getränkter Pflanzenfaser, wie
Jute, umsponnen, oder mit der teueren Guttapercha umpresst.
Zu vermehrter Festigkeit kann die Guttapercha in mehrere
Cylinder unterteilt sein, welche durch ein Klebegemisch {Chatter-
ton Compound) untereinander und auf dem Kupferleiter haften.
Das bis jetzt beschriebene, also Leiter mit Isolation, heisst
Kabelader. Die Kabeladern werden zu mehreren oder vielen
mit einander vereinigt und zwar zur Vermehrung der Zug-
festigkeit, wie die Teile eines Bindfadens mit einander verseilt.
Den verseilten Adern verleiht dann nach aussen, so weit not-
wendig, ein aufgepresster, manchmal doppelter Mantel aus Blei
und S"/« Zinn chemischen, ein Panzer von Drähten oder Bändern
aus Eisen oder Stahl, mechanischen Schutz. Damit der Panzer
nicht den Bleimantel oder, wenn kein solcher vorhanden ist,
die Isolation verletzen kann, liegt unter ihm eine Schutzdecke
aus Jute oder Hanf. Vor Rost wird die Bewehrung durch Ver-
zinken und durch Jute und Asphalt geschützt. Dass die Kabel
in jedem Falle ganz dem besonderen Zweck angepasst sind,
dem sie dienen sollen, ist bekannt, so zum Beispiel, dass dasselbe
Unterseekabel in dem Teile viel leichter gepanzert ist, in dem
es auf dem tiefen Grunde des Weltmeeres, als da, wo es in
der zermürbenden Brandung der Küste ruht.
Die unseren Vorlesungen gesteckten Grenzen erlauben
nicht, auf Zusammensetzung verschiedener Typen der Kabel,
auf Fabrikation und Verlegung einzugehen. Uns sind sie nur
Leydener Flaschen (vgl. S. 101). Die kupferne Seele bildet
die innere Belegung, der Bleimantel oder der Panzer oder das
Wasser oder das feuchte Erdreich die äussere. Das Dielektrikum
liegt in dünner Schicht dazwischen und besitzt dazu eine
wesentlich höhere Dielektricitatsconstante, als die Luft. Aus
beiden Gründen haben Kabel eine rund an dreissig mal so
grosse Capacitat, als gleich lange oberirdische Leitungen. Die
beiden Capacitäten pro Kilometer Länge liegen in den Grössen-
Ordnungen 0,01 und 0,25 MF.
Nehmen Sie an, dass die früher einmal betrachtete Ober-
leitung von 2500 Ohm, das heisst ein 234 mm langer, vier-
millimetriger Eisendraht vollkommen isoliert wäre. Wenn nach
der Angabe von eben die Capacitat mit etwa 2,3 MF richtig
DigitizsdbvGOOgle
376 Kabdatröme.
geschätzt ist, so schickt jedes Volt der speisenden Batterie
2,3.10-" und die ganze vierzigzellige Batterie 94.10-" oder
ungefähr V">ooo Coulomb in die Leitung. Das mag wenig er-
scheinen. Betrachten Sie aber ein 500 m langes Kabel von
112 JlfF Capacität mit einer Speisebatterie von etwa 60 Volt.
Zur Ladung des Kabels, dessen Isolation auch in Wirklichkeit
als vollkommen angesehen werden kann, sind 60. 112. 10" =
6,7.10-^ Coulomb erforderlich. Es wäre ein Irrtum, diese
Elektricitätsmenge telegraphisch für klein zu halten. Nähme
man zum Beispiel nur an, die Ladung dauere eine ganze
Sekunde — thatsächlich verläuft sie sehr viel schneller — und
ginge in gleichmässigem Flusse, in der Grösse des vorhin
betrachteten Mittelwertes vor sich, so würde nach J = -^
der Ladestrom schon 6,7 Milliampere, die Hälfte des vorschrifts-
mässtgen Dauerstromes ausmachen.
Nun verlaufen aber Ladeströme durchaus nicht in gleich-
mässigem Flusse. Das zeigt, wie das schematische Beispiel von
eben (Fig. 250), auch die zweite der thatsächlich aufgenommenen
Kurven. Bei der ersten Aufnahme war der Stromkreis mit
Widerstand und Selbstinduktion ausgerüstet. Jetzt ist er es mit
Widerstand und Capacität (Fig. 251a). Während aber vorhin
das Dielektrikum den Leiterkreis unterbrach, sehen Sie dieses
Mal die Capacität im Nebenschlüsse, seitlich. Zwischen bifilaren
Widerständen liegt die eine Belegung eines Condensators. Seine
zweite ist zur Erde abgeleitet. Zur Vermeidung von Selbst-
induktion ist der Farbschreiber fortgelassen und das Empfangsende
der Leitung unmittelbar geerdet. Die Kurve (Fig. 251 b) zeigt nun
den Stromverlauf, wie er gleich hinter der Taste bei Punkt 1
aufgenommen ist. Mit dem Tastendruck setzt augenblicklich ein
heftiger Strom ein, der aber sehr bald — in etwa 0,005 Sekunden
— zu dem Werte des Dauerzustandes abfällt. Die Unterbrechung
der Taste macht ihn dann so gut, wie augenblicklich, zu Null,
auf welchem Werte er während ihrer Schwebelage beharrt.
Dann legt die zurückgeklappte Taste den Condensator auch am
Leitungsanfang an Erde, und sofort stürzt ein Teil der ein-
geladenen Coulomb rückwärts wieder heraus. Ganz wie bei
der Ladung, nimmt der Strom schnell an Heftigkeit ab und
wird im Verlaufe von etwa 0,01 Sekunden praktisch zu Null.
DigitizsdbyGOOgle
Kflbelströme. 377
Nun ist bei unveränderter Schaltung der Stromverlauf noch
einmal aufgenommen worden. Aber der Aufnahmeapparat lag
dieses Mal statt im Punkte I im Punkte II. Die neue Kurve
(Fig. 251c) muss Ihre lebhafte Verwunderung hervorrufen.
Denn sie unterscheidet sich, und noch dazu vollständig, von
Fig. 251. Slromverlauf in einen
ind und seillielier Capacitat. — 6 ii
Nach Franke.
der vorigen. An zwei Punkten ein und desselben Strom-
kreises ist der Strom verlauf verschieden, während Ihnen
(vgl, S. 7) als ausgemacht und als Grundgesetz mitgeteilt worden
ist, dass durch jeden Querschnitt eines Stromkreises jeder Zeit
gleiche Elektricitätsmengen fliessen. War es doch auch nur
eine scheinbare Ausnahme von diesem Grundgesetz, dass in
DigitizsdbyGOOgle
378 Kabelströme.
einer mangelhaft isolierten Telegraphenleitung der Strom am
Anfang grösser ist, als am Ende. Denn dort liegt eine fort-
gesetzte Stromverzweigung vor. Bei unserer Versuchsanordnung
sind aber erstens Stromverluste ausgeschlossen und zweitens
ist der Strom hinter dem Condensator nicht nur ein wenig
kleiner, als vor ihm, sondern er hat einen ganz anderen
Charakter. Denken Sie sich in eine lange Leitung an ver-
schiedenen Stellen Galvanoskope eingeschaltet und die gebende
Taste dauernd gedrückt. Die Galvanoskope schlügen nicht
zur gleichen Zeit aus. Vielmehr würde jedes mit seiner Ab-
lenkung um einen umso grösseren Zeitbruchteil später beginnen,
je weiter es vom gebenden Amte entfernt ist. Kehren wir nun
zu unserer Stromaufnahme (Fig. 251) zurück. Mit Stromschluss
stürzen die Coulomb heftig in den Leiterkreis hinein (I). Aber
sie bleiben zum grossen Teile im Condensator haften, und nur
zum kleinen und allmählich fliessen sie heraus (II). Beide
Kurven erreichen darauf gleichzeitig den Ohmschen Dauer-
wert. Während aber dann bei I das Abschalten der Strom-
quelle den Stromkreis augenblicklich unterbricht und das gleich
folgende Erden den heftigen Rückstoss ergiebt, entladet sich
bei II der Condensator ganz gemächlich und ziemlich gleichgiltig
gegen die Vorgänge am Leitungsanfang. Die Kurvenaufnahme
liefert so das telegraphisch bedauerliche Ergebnis: Das Ende
einer Capacität und Widerstand führenden Leitung
gehorcht den frischen und lebhaften elektrischen
Weisungen der Taste am Leitungsanfang nur träge
und schleppend.
Die beiden Kurvenaufnahmen haben getrennt von einander
die Wirkung von Widerstand und Selbstinduktion und von
Widerstand und Capacität auf den Telegraphierstrom ergeben.
Ehe wir nun beide Schaltungen zu dem praktischen Falle des
gemeinschaftlichen Vorhandenseins von Widerstand, Selbst-
induktion und Capacität vereinigen, möchte ich Ihnen erst noch
ein bekanntes Modell zeigen. Sie werden an ihm sehen, wie
einfach — solange es sich um eine elementare Betrachtung
handelt — die so wichtigen Erscheinungen sind, die die Capacität
beim Telegraphieren hervorruft. Aus einem erhöht hängenden
Vorratsgefäss wird über einen Hahn ein längeres horizontales
Glasrohr mit gefärbtem Wasser gespeist. Der Hahn soll dabei
DigitizsdbyGOOgle
Kabelströme. 379
die Taste, das Glasrohr die praktisch capacitätslose Telegraphen-
leitung, sein nach oben umgebogenes, etwas ausgezogenes und
offenes Ende das Empfangsamt vorstellen. Durch Öffnen und
Schliessen des Hahnes hier wird das Geben, durch den nach
dem Gesetze der kommunizierenden Röhren hervorspringenden
Wasserstrahl dort der ankommende Telegraphierstrom nach-
geahmt. Mit dem Öffnen des Hahnes springt am offenen Ende
des Rohres der Strahl sofort in die Höhe, mit dem Schliessen
fällt er sofort ab. Die mit dem Hahn gegebenen Morsezeichen
lesen Sie deutlich aus dem springenden Strahle. Während der
ganzen Dauer des Versuches wird jeder Rohrquerschnitt von
einer gleichen Wassermenge durchflössen.
Lassen Sie uns jetzt das horizontale Giasrohr durch einen
ebenso langen Gummischlauch mit dünner elastischer Wand
ersetzen, sonst aber die Versuchsanordnung beibehalten. Wie
früher das Rohr, ist jetzt der Gummischlauch mit Wasser
gefüllt. Nun wird der Hahn geöffnet, aber noch spielt kein
Strahl. Das in den Schlauch eintretende Wasser wird erst
dazu verwandt, seine Gummihaut, vom Schlauchanfang an fort-
schreitend über die ganze Länge, soweit zu dehnen, als dem
Wasserdruck entspricht. Erst nachdem das geschehen, beginnt
der Strahl zu springen. Auch erreicht er nur allmählich, nicht
wie früher, plötzlich, die ihm zukommende Höhe. Dem ent-
sprechend macht das Schliessen des Hahnes den Wasserstrahl
nicht plötzlich fallen. Es vergeht einige Zeit, bis er zu spielen
aufhört. Denn die jetzt zu Unrecht gespannte Gummihaut muss
erst das unter dem früheren Drucke aufgenommene und jetzt
überschüssige Wasser entlassen.
Wie das Glasrohr den idealen Leiter, so stellt der Gummi-
schlauch den ladungsfahigen vor. Sofort lässt am Ende das
Glasrohr so viel Wasser, der ideale Leiter soviel Elektricität
austreten, als am Anfang eintritt. Der Gummischlauch ladet
sich erst mit Wasser, das Kabel mit Elektricität, ehe am
Ende ein Austritt erfolgt. Es entsprechen sich Capacität und
Elasticität, Leiterlänge und Schlauchlänge, elektrische Spannungs-
differenz zwischen den Enden der Leitung und mechanische Druck-
differenz zwischen denen des Schlauches. Natürlich bleiben wir
uns bewusst, dass das Modell nur ein äusserliches Bild des
elektrischen Vorganges liefert.
DigitizsdbyGOOgle
380 Kabelströme.
Das Wassermodell bestätigt grob sinnlich die aus der zweiten
Kurvenaufnahme für die Telegraphie gewonnenen Erfahrungen.
Die Capacität einer Leitung erzwingt ein langsameres Tele-
graphieren. Zwischen das Geben eines Zeichens und seine
Ankunft auf dem Empfangsamte, schiebt die Leitung ihren
Anspruch an Ladung ein. Schaltet dann die losgelassene
Taste die Batterie ab und legt die Leitung auch auf dem
gebenden Amte an Erde, so strömen dieser die beim Geben
eingeladenen Coulomb über die Morseapparate beider Ämter
zu. Ein neues Zeichen verlangt neue Ladung.
Der Verlangsamung des Telegraphierens, der Möglichkeit,
kostspielige Leitungen umso weniger ausnützen zu können, je
länger und damit kostspieliger sie sind, fügt sich ein weiterer,
dem ersten im Wesen eng verwandter Nachteil hinzu. Bei
Verwendung des Glasrohres sahen Sie den Wasserstrahl
ebenso scharf und rythmisch ansteigen und abfallen, als es mir
möglich ist, den Hahn zu bedienen. Bei der Gummileitung
dauerte es erstens einige Zeit, bis der Strahl überhaupt zu
spielen anfängt. Aber auch dann springt er nicht scharf
und energisch, sondern nur allmählich und unbestimmt an und
erreicht seine Höhe erst wahrend des Spielens. Ebenso ver-
geht nach dem Schliessen des Hahnes nicht nur Zeit, bis der
Strahl abfallt. Er thut das auch nicht scharf und in einem
Augenblick, sondern verkleinert seine Höhe nur allmählich
und verschwindet erst ganz, wenn das elastisch eingeladene
Wasser vollständig wieder heraus gedrückt ist. Ebenso geht
es mit den telegraphischen Zeichen im Capacität -führen den
Leiter. Auch sie setzen nicht mehr scharf und energisch
ein und reissen nicht mehr deutlich ab. Sie kommen ver-
waschen. Sie laufen zusammen.
Über den Stromverlauf in Kreisen, die getrennt entweder
Selbstinduktion oder Capacität enthalten, sind Sie unterrichtet.
Der wirkliche Fall, der beide vereinigt, ergiebt sich nun von
selbst. Dabei schreiben wir die Selbstinduktion allein den
Apparaten, die Capacität der Leitung zu. Freilich ist im
praktischen Falle die Capacität nicht, wie früher, auf einem
vom Widerstände gesonderten Condensator zusammengefasst,
sondern, in ihren kleinsten Teilen mit denen des Widerstandes
vereinigt, über die ganze Länge der Leitung verteilt.
DigitizsdbyGOOgle
Kabelströme. 381
Zur Aufnahme des der Wirklichkeit entsprechenden Strom-
verlaufes ist das vorhin erwähnte Kabel von 500 km Länge
und 112 MF Capacität in einfacher Morseschaltung (Fig. 252 a)
betrieben worden. Betrachten Sie zunächst Kurve I (Fig. 252b),
DigitizsdbyGOO'^le
382 Kabelströme.
die beim Punkte I dicht hinter der Taste aufgenommen ist.
Als Folge der grossen Capacität tritt eine hohe Ladespitze auf,
welche — verglichen mit der anderen Aufnahme — hier aus
Raummangel sogar nur in etwa halber natürlicher Grösse
gezeichnet ist. Der Ladestrom nimmt dann in gewohnter Weise
erst schnell, dann allmählich ab. Er ist aber noch nicht auf
den durch die gestrichelte Horizontale bezeichneten Dauerstrom
gesunken, als ihn das Loslassen der Taste mit eins unterbricht.
Während ihrer Schwebelage bleibt er Null. Jetzt liegt der
Tastenhebel auf dem Ruhecontakt, und trotzdem beginnt nun die
Entladung des Kabels nicht in der erwarteten Heftigkeit. Vielmehr
ist die bei der Ladung so ausserordentlich hohe Spitze bei der
Entladung zu einer verhältnismässig seichten Ausbauchung
abgeflacht. Jetzt fliesst nämlich der Rückstoss nicht mehr
unmittelbar und ungestört zur Erde. Sondern die der Wirklich-
keit nachgeahmte Schaltung enthält zwischen Ruheschiene der
Taste und Erde einen Morse. Dessen Selbstinduktion puffert
den Entladungsstoss ab. Sie beachten, wie hier Selbstinduktion
und Capacität einander entgegenwirken, wie die eine die andere
unschädlich machen kann. Mit dem Ende der Aufnahme ist
der Entladestrom noch nicht zu Null geworden.
Nochmals sei auf die ausserordentliche Höhe der Ladespitze
hingewiesen. Der Ladestrom ist an fünfzehn Mal so gross, als
der Ohmsche Dauerstrom. Unmittelbar kurzgeschlossen lieferte
die speisende Batterie keinen grösseren Strom. Die Dinge
liegen sehr ähnlich dem früher betrachteten schematischen Bei-
spiele, bei dem der Condensator mit einem Widerstand in Reihe
geschaltet war. Genau genommen geht noch der innere Wider-
stand der Batterie in die Rechnung ein. — Je grösser der
Ladestrom, um so schneller wird dasselbe Kabel geladen, um so
schneller vermag der Telegraphierstrom durch die ihn fest-
haltende Capacität hindurch an das empfangende Kabelende zu
gelangen. Da nun einmal geladen werden muss, kommt es darauf
an, dass es möglichst schnell geschieht. Demnach soll de r
innere Widerstand von Batterien, die Kabel speisen,
möglichst klein sein. Auch hier sind also Akkumulatoren
gewöhnlichen Elementen überlegen. Früher (S. 299 und 365)
war erwähnt worden, dass die Reichspost verbietet, aus einer
Batterie gewöhnlicher Elemente mehr als fünf Morse- oder drei
DigitizsdbyGOOgle
Kabelslröme. 383
Hughesleitungen zu speisen. Handelt es sich um Kabel, so
verlangt der Einfluss des inneren Widerstandes auf die Ladung
eine weitere Beschränkung. Parallel an gewöhnlichen Elementen
sind höchstens zwei Morse- oder ein Hugheskabel erlaubt.
Man wird aber zum Kabelbetriebe natürlich, wenn irgend
möglich, Akkumulatoren wählen. Freilich muss man denen,
wie früher (S. 305 Fussnote) bemerkt, einen Schutzwiderstand
vorschalten, weil eben der Anschluss eines Kabels auf die
Stromquelle wie ein vorübergehender Kurzschluss wirkt. Trotz
dieses Schutzwiderstandes bleibt, wie Sie leicht nachrechnen
können, die Ladespitze immer noch über doppelt so hoch, als
bei Verwendung gewöhnlicher Elemente.
Während die Ladungsdauer ein- und desselben Kabels, wie
wünschenswert, mit dem inneren Widerstände der Telegraphier-
batterie abnimmt, ist sie von deren Elektromotorischer Kraft
unabhängig. Allerdings liefert eine grössere Zellenzahl einen
grösseren Ladestrom. Aber es muss nach Q = C E auch eine
entsprechend grössere Anzahl von Coulomb eingeladen werden.
Es wird zwar schneller, aber auch entsprechend reichlicher
geladen. Die Ladezeit oder die Dauer der veränderlichen
Stromstärke bleibt dieselbe. Damit steht der Nutzen kleinen
inneren Widerstandes nicht im Widerspruch. Denn der be-
schleunigt die Ladung, ohne gleichzeitig die Lademenge zu
erhöhen.
Kommen wir jetzt wieder auf unseren Kabelstrom zurück.
Kurve II (Fig. 252c) stellt ihn dar, wie er im Punkte II hinter
dem Empfangsapparat aufgenommen wurde. Sie sehen, von
den heftigen Änderungen der Stromstärke am Kabelanfang ist
nur ein kleines Auf- und Niederschwanken übriggeblieben.
Dem einstürzenden Ladestrom sind durch die über die ganze
Länge des Kabels wirksame Capacität der grösste Teil seiner
Coulomb entzogen worden, und nur eine matte Welle kommt
bis an das Kabelende. Auch die hier ununterbrochen ange-
schlossene Selbstinduktion der Empfangsspulen puffert die
schwachen Stösse noch ab. Hier wirkt also praktisch die
Selbstinduktion im gleichen Sinne schädlich wie die Capacität,
Wie zögernd die Weisungen der Taste bis ans Kabelende
gelangen, geht schon daraus hervor, dass der Empfangsstrom
weder zum Dauerwert anzusteigen, noch zu Null abzufallen
DigitizsdbyGOOgle
384 Kabelstrame.
vermag. Die Welle erreicht sogar ihren Höchstwert erst,
nachdem die Stromquelle vom Kabelanfang abgeschaltet ist.
Der Einfluss der Capacität auf den Telegraphierstrom zeigt
sich sehr schön bei den beiden folgenden Kurven (Fig. 253
und 254). Zwei verschiedene Leitungen sind in gleicher Weise
Fig. 253. Morse-/" Ober 1 1 MF iind 7500 Ohm. Nach Franke.
in einfacher Morseschaltung betrieben worden. Auf beiden
hat man die Zeichen des f ••«•— maschinell und mit einer
Geschwindigkeit von 0,4 Sekunden pro f, das heisst mehr als
doppelt so schnell gegeben, als es die mit der Hand bewegte
Taste kann. Die erste Leitung, von Berlin nach Hannover
und zurück, ist an 600 km lang. Sie besteht in ihrem Haupt-
tei! aus Eisendraht und in den Städten aus Kabeln und besitzt
~w
^♦ÄC
Fig. 254. Morse/ Ober 112 JlfF und 380O Ohm. Nach Franlte.
SO eine Capacität von 1 1 MF bei einem Widerstände von
7500 Ohm. Man sieht, wie wunderschön klar der hinter dem
Morse aufgenommene Empfangsstrom (Fig. 253) das f wieder-
giebt. Auf solchen Leitungen könnte also sehr viel schneller
DigitizsdbyGOOgle
Kabclstratne. 385
telegraphiert werden, als bei Handbetrieb möglich ist, ohne dass
irgend welche Störungen aufträten. Hat doch hier der Strom
sogar Zeit, auf den Dauerwert anzuwachsen. Vergleichen Sie
aber damit den Stromverlauf (Flg. 254) wie er am Ende des
ebenso schnell mit f beschickten Kabels von früher, mit seinen
112 ]\}F und 3800 Ohm zum Vorschein kommt. Mit solchem
Telegraphierstrom ist nichts anzufangen. Die beiden Bilder
geben den klaren und handgreiflichen Beweis, dass mit wachsen-
der Capacitat der Leitung die Dauer der veränderlichen Strom-
stärke zunimmt und langsamer gegeben werden muss. Diese
Thatsache lasst sich erweitert als Gesetz aussprechen. Zwar
gilt dieses nicht ganz allgemein und lässt sich leider nicht
elementar ableiten. Trotzdem sei es jetzt zum Schluss unserer
heutigen Vorlesung als besonders wichtig hervorgehoben.
Es lautet: Die erreichbaren Telegraphiergesch windig-
keiten sind bei verschiedenen Leitungen dem Produkt aus
deren Capacitat und Widerstand umgekehrt pro-
portional. Die Angabe des Produktes C^V, wobei C in Farad
(= 10~* mal der Anzahl MF) und W in Ohm") gemessen sein
möge, ist zur Beurteilung der Vorgänge in einem Kabel zwar
nicht ausreichend, aber wertvoll. Je grösser CW, umso weniger
Zeichen können pro Minute gegeben werden. Im vorliegenden
Falle verhalten sich die Telegraphiergeschwindigkeiten um-
gekehrt wie
1 1 . lO-'' . 7500 : 1 12 . 10' '■ . 3800 = rd. 0,08 : 0,4 = 1:5.
l| Eigentlich sollte man C in MF und W in Megohm = Ohm mal 108
ilrUckcn. Beide Produkte sind aber gleich gross.
DigitizsdbyGOO'^le
der Oberleitung kann etwa fünf Mal so schnell gegeben
len, wie auf dem Kabel. Betriebe man demnach die Ober-
ig etwa fünf mal so schnell, als das Kabel, so würde der
a;raphierstrom an ihrem Ende etwa ebenso verlaufen, wie
Kabel. Das ist thatsächlich durch eine Aufnahme nach-
esen, bei der die Oberleitung mit 800 Morse-/" pro Minute
lickt worden ist (Fig. 255), Da übrigens sowohl Capacität,
Widerstand, proportional der Leitungslänge l wachsen, ist die
hwindigkeit, mit der ober gleiche Leitungen verschiedener
re gegeben werden kann, dem Quadrat dieser Länge um-
hrt proportional.
DigitizsdbyGOC^Ie
18. Vorlesung.
Kabelbetrieb.
Verhalten des Empfangsapparates. Zwei kritische Stromstärken, Kleiner Anker-
spielraum. Reihe von Funkten und Strichen. Mittlere Einstellung. — Hilfsmittel bei
{:rossem C\V; Strecken leilung. Polarisierte Relais und enigegengeselzt geschaltete
Klemmen. Beschleunigung der Entladung durch unmittelbares Erden. In duk tanzrolle.
- Verlauf des Hughesstromes. Nur eine kritische Stromstirke. (Lauf zweier
Hughes streng genommen asynchron.)
Betrieb langer Unterseekabel.
Condensalorabschluss gegen ErdstrOme und zur Versleilenmg der Stromkurve. — -
Kleinheit der Amplitude. Niedrige Betriebsspannung. — Punkte und Striche enlgegen-
Keselzter Slromrichtung. Doppeltaste. Schwankender Nullpunkt. — GalvanomelHscher
Empfang. — Spiegelgalvanometer. Astasie. Empfindlichkeit. Richtmagnet. — Prinzip
der Drehspule. Heber seh reiber. Wellenschrilt. Original st reifen. Ursache des
schwankenden Nullpunktes. — Oberlragung auf Inseln. Trommel relais. Grosse
Empfindlichkeit durch Prehlrommel. Unveränderter Nullpunkt durch Correktionsströme.
In der vorigen Vorlesung haben Sie den Verlauf einiger
Telegraphierströme kennen gelernt und den Ursachen solchen
Verlaufes nachgespürt. Heute ist zunächst zu überlegen, wie
sich diesem gegenüber der Empfangsapparat benimmt.
Offenbar kann er, sobald das Produkt CW der Leitung einige
Grösse erreicht, mit dem Ansprechen nicht darauf warten, bis
der Strom auf den Dauerwert angewachsen ist. Denn die
gebende Taste hat in ihrer eiligen Arbeit schon längst vorher
den Kreis wieder unterbrochen. Eben drum muss der Empfangs-
apparat so eingestellt werden, dass er auf eine Stromstärke
anspricht, die wesentlich unter dem Dauerwerte liegt. Wir
nennen sie die kritische Stromstärke.
Ebenso beginnt die Taste schon wieder das nächste Zeichen,
ehe der Empfangsstrom zu Null geworden ist. Der Anker hat
nicht Zeit, etwa solange angezogen zu bleiben, bis der Strom
erloschen ist. Er muss abgerissen werden, wenn auch noch
Strom fliesst. Dabei ist leicht einzusehen, dass es nicht die
gleiche Amperewindungszahl ist, welche zum Anziehen des
25*
„Coogic
entfernten Ankers überschritten und zum Loslassen des benach-
barten Ankers unterschritten werden muss. Zum Loslassen
gehört eine wesentlich kleinere, zweite kritische Stromstärke.
Das wird Ihnen an dieser Kurve (Fig. 256) deutlich werden,
die schematisch den Verlauf eines Telegraphierstromes im
Empfangsapparat wiedergiebt. 0.4 sei der Ohmsche Dauerwert,
dem die wachsende Stromstarke zustrebt, OB die Dauer des
Tastendrucks, dessen Aufhören die Kurve noch nicht von (',
Fig. 256. Telegraphrcrstrom am Leituiigscnde.
Scheraatisch. Nach ThomaB.
sondern erst von D ab sinken lässt. Der Empfangsapparat ist
so eingestellt, dass der Anker gerade dann angezogen wird,
wenn der Telegraphierstrom die Grösse 07? := J, erreicht.
Hingegen muss er auf OF = J^ sinken, soll die Feder im Stande
sein, den angezogenen Anker wieder abzureissen. Die Strecken
UE und Ot' sind im Maasstabe der Zeichnung die beiden Werte
J^ und J^ der kritischen Stromstärke und G und // die beiden
kritischen Punkte der Stromwelle. Bei ihnen wird der Anker
angezogen und losgelassen. Zwischen ihnen schreibt ein un-
mittelbar eingeschalteter Farbschreiber. Je näher diese kritischen
DigitizsdbyGOOglC
Punkte einander liegen, umso schneller kann telegraphiert werden.
Man ist deshalb bestrebt, die Strecken ÜE und (JF einander
so gleich als möglich zu machen. Das wird umso mehr erreicht,
mit je kleinerem Spielraum der Anker hin- und herschwingt.
Je schneller sich nun die Stromstärke und damit der
magnetische Zustand des Empfängers in der Nähe der beiden
kritischen Punkte ändert, umso sauberer arbeitet der Anker.
Je steiler also die Stromkurve ansteigt und abfällt, umso
besser die Schrift. Könnte es einen Stromkreis ohne jede
Capacität und Selbstinduktion geben, so würde die Stromstärke
unendlich schnell, in no time, im Bilde ganz senkrecht ansteigen.
Die Dauer der veränderlichen Stromstärke wäre eben Null.
Aber Sie sahen in der letzten Vorlesung die lästigen Eigen-
schaften der Stromkreise, im wesentlichen dargestellt durch
ihr CIV, die Dauer der veränderlichen Stromstärke verlängern,
also die Stromkurve abflachen und die erwünschte Steilheit und
Geradlinigkeit verderben. Hier bei unserer schematischen Kurve
ist nun der Anstieg in der Nähe des Punktes 0 ziemlich steil.
Angezogen wird der Anker deshalb schnell und scharf. Aber
auf dem abfallenden Aste der Welle bei U ändert sich die
Stromstärke etwas weniger schnell. Losgelassen wird der
Anker verhältnismässig matt. Von den Befehlen der Taste an
den Empfangsapparat wird Marsch I bereitwilliger ausgeführt
als Haiti. Das Produkt CW, das die Dauer der veränderlichen
Stromstärke verlängert, das heisst eben die Stromkurve abflacht,
lässt leicht die Zeichen länger werden, als beim Geben beab-
sichtigt ist. Diese Verlängerung birgt dann die Gefahr des
Zusammenlaufens der Zeichen in sich.
Denken Sie sich nun eine Reihe von Morsepunkten über
eine Leitung gegeben. Das Produkt CW sei so gross, dass —
bei der gewählten Geschwindigkeit des Gebens — der Tele-
graphierstrom im Empfangsapparate in einer derartigen Kurve
(Fig. 257) verlauft. Er hat weder Zeit, bis zum Ohmschen
Dauerwertc anzusteigen , noch zu Null herabzusinken , und
schwankt als Welle um einen Mittelwert herum, der gerade die
Hälfte des Dauerwertes ausmacht. Es ist klar, dass die Ampli-
tuden dieser Schwingungen umso kleiner sein werden, je
schneller — unter sonst gleichen Umständen — gegeben wird.
Sie erreichen übrigens nicht sofort die ihnen zukommende Höhe,
„Google
die Leitung noch nicht vollständig geladen ist. Wellenberg
Wellenthal liegen zu Anfang bei niedrigerer Stromstärke,
nachher. Das Paar gestrichelter Horizontalen, /, und J^.
;ichnen die beiden kritischen Stromstärken. Im vorliegenden
e erreicht der erste Wellenberg noch nicht den Wert von
und der erste Punkt der Reihe bleibt aus. Je nach dem
Fig, 251. Empfang einer Reihe von Morsepunkten.
Schematiacli. Nach Thomas.
•te, den bei der betreffenden Leitung das Produkt Oll'
tzt, muss so langsam gegeben werden, dass — bei richtig
estelltem Empfangsapparat — alle Wellenberge bis über
grössere kritische Stromstärke J', ansteigen und alle Thaler
unter die kleinere J^ hinabsinken. Wird der Morse zu
findlich eingestellt, so sind beide kritischen Stromstärken
1 unten verschoben. Liegt dann J, unter den Wellenbergen
/, unter den Thälern, so erscheint auf dem Papierband ein
iterbrochener Strich. Umgekehrt verschiebt die unempfind-
; Einstellung J, und J^ nach oben. Das Papier bleibt
äschrieben, sobald J, über den Wellenbergen, J^ über den
lern liegt. Sollen Zeichen und Zwischenräume in der von
Taste befohlenen gegenseitigen Länge auf dem Streifen
heinen, so hat J, ebenso viel über der Mittellinie der Welle
iegen, wie J^ unter ihr.
Jetzt werde unter den gleichen Bedingungen, wie eben,
Reihe von Morsestrichen gegeben und dabei die bekannte
D,ü,i,z.ü,„Cioo'^lc
KBb«lbetneb. 39|
Vorschrift befolgt, bei Strichen die Taste dreimal, bei Unter-
brechungen ebenso lange zu drücken, wie bei Punkten. Der
Empfangsstrom {Fig. 258) verläuft wesentlich anders, als bei
der Punktreihe. Denn jetzt dauert der Stromschluss jedes Mal
die dreifache Zeit, als die Unterbrechung, und die Leitung ist
im Stande, sich höher aufzuladen und dann aus ihrem Ende
einen stärkeren Strom abzugeben, als vorher. Man sieht, die
(in der Figur nicht gezeichnete) Mittellinie, um die die Strom-
welle herumschwingt, ist wesentlich höher, als die Hälfte des
Dauerwertes. Wollte man mit der alten Einstellung (von
Fig. 257) jetzt die Strichreihe empfangen, so wären, wie Sie
sehen (Fig. 258) beide kritische Stromstärken zu niedrig. ' Es
Fig. 258, EmpfauB einer Reihe von Morse strichen.
Scliemaiisch. Nach Tliuma«.
würde ein ununterbrochener Strich geschrieben. Aus den
beiden Stromkurven folgt deshalb, dass verschieden lange
Morsezeichen nur dann glatt aufgenommen werden können,
wenn jedem Zeichen ein ebenso langer Zwischenraum folgt.
Es sollten sich Ladung beim Zeichen und Entladung beim
Zwischenraum gleichen. Diese Forderung ist im Betriebe nicht
zu erfüllen. Noch weniger wird man darauf verfallen, den
Morse für die Aufnahme von Punkten und Strichen und
DigitizsdbyGOOgle
392 Morsebetrieb.
kurzen und langen Zwischenräumen fortwährend verschieden
einstellen zu wollen. Man wählt eine mittlere Einstellung und
sucht nach Kunstgriffen, die Störungen zu vermeiden,
welchen die Telegraphie über Leitungen von grossem
CW ausgesetzt ist.
Das erste Mittel, das hier hilft, ist die Zerlegung der
ganzen Telegraphierstrecke in mehrere Teile, zwischen denen
durch ein Relais übertragen wird. Wie Sie wissen, nötigen
bei Oberleitungen schon die Leitungsverluste zur Unterteilung
der Strecke, sobald sie über ein gewisses Maass hinaus an-
wachsen. Auf jedem Teil ist dabei gleichzeitig wegen des
kleineren CW die Dauer der veränderlichen Stromstärke kleiner
und es kann dem zufolge schneller gearbeitet werden, als auf
der ungeteilten Leitung. Die Einlegung einer einzigen Über-
tragung in der Mitte der langen Leitung erhöht die erlaubte
Telegraphiergeschwindigkeit schon auf das Vierfache. Man sieht
auch hier wieder, ein wie unschätzbarer Apparat das Relais
ist. Zur Übertragung zwischen kurzen Oberleitungen dienen
Weicheisen-Relais oder sogar Farbschreiber, also Apparate,
die auf Ströme beider Richtung ansprechen. Sobald aber
zwischen Leitungen übertragen werden soll, deren Teile noch
eine nennenswerte Capacität besitzen, sind polarisierte Relais
unentbehrlich. Sie werden gleich sehen, warum.
Vorher ist noch auf Folgendes aufmerksam zu machen.
Für den Arbeitsstrombetrieb schreibt die Reichpsost vor, dass
bei oberirdischen Morseleitungen unter 500 km Länge die
negative Klemme der Batterie an die Leitung, die positive an
Erde gelegt wird. Der positive Telegraphierstrom läuft dem
Telegramm entgegen. Anders lautet die Vorschrift für Leitungen
über 500 km Länge, eben für solche, bei denen die Capacität
nicht mehr vernachlässigt werden kann. Nach dieser Vorschrift
erden die beiden mit einander arbeitenden Ämter die entgegen-
gesetzten Klemmen — ein Amt die positive, das andere die
negative (Fig. 259). Welches Amt auch giebt, der Telegraphier-
strom fliesst immer in derselben Richtung'). Des Weiteren
I) Das Gleiche isl natnrlkh auch in der Hugliestelegraphie der Fall, weil auf
jcdein Ann sowohl der das abgehende Te leg Lamm, wie der das ankommende tru^nde
Sti'om den Anker abwerfen soll. Klwaigc falsche Schallung wird durch den Strom-
wendci' berichtigt (S, 3501,
DigitizsdbvGOOgle
Kabdbelricb. 393
liegen den Morseapparaten polarisierte Relais vor, von denen
Sie {von S. 286 her) wissen, dass sie nur auf Ströme einer
bestimmten Richtung ansprechen. Bei der hier gezeichneten
Schaltung dürfen auf beiden Ämtern die Hebel der polarisierten
Relais (P.R.) nur von Strömen bewegt werden, die mit ihrer
positiven Richtung von links nach rechts durch die Leitung
fliessen. Giebt Amt I nach II, so ladet sich die Leitung als die
eine Belegung eines Condensators mit positiver Elektricität.
Nun hat die auf I gebende Taste einen Strich oder Punkt
beendigt, und ihr auf den Ruhestift klappender Hebel legt die
Telegramm •-
^ PM
m
^dun^ *■
VI
Fig. 259. Entgegen gcsetile Klemmenschaltiing.
Leitung über das polarisierte Relais 1 an Erde. Dann entladet
sich .die Leitung in einem Stromstoss, der mit seiner positiven
Richtung zwischen Leitungsmitte und Amt I von rechts nach
links, auf Amt I zu, fliesst. Das polarisierte Relais I spricht aber
nur auf Ströme der entgegengesetzten Richtung an und wird
von den Entladungsstösscn nicht beeinflusst. Ein Weicheisen-
Relais an derselben Stelle würde fortwährend, nach jedem
Tastendruck, durch die aus der Leitung fliessenden Rückströme
belästigt werden. Gleiches geschähe einem polarisierten-,
wenn Amt II der Schaltregel entgegen die positive Klemme
DigitizsdbyGOOgle
394 Kabptbctrieb.
seiner Batterie an der Leitung hätte. Auch sind ebenfalls die
Rückströme Schuld, sobald für die Übertragung, wie vorhin
erwähnt, polarisierte Relais notwendig werden. Natürlich sind
auch hier entgegengesetzt geschaltete Batterieklemmen vor-
geschrieben. Zum Beispiel legt (wie in Fig. 189 auf S. 295) die
Übertragungsbatterie ihre negative, und jede Endbatterie die
positive Klemme an die Leitung.
Fig. 260. Endstelle
I mittelbarer Erdung.
Neulich war von dem Vorzug die Rede, den Batterien von
kleinem Widerstände verdienen, weil sie die notwendige Ladung;
des gespeisten Kabels beschleunigen. Ebenso berechtigt ist
ausserdem das Bestreben, die Entladung zu beschleunigen.
Je schneller der Entladungsstrom zu beiden Leitungsenden
herausstösst, umso steiler der abfallende Teil der Telegraphier-
welle, über dessen zu schräge Lage geklagt werden musste,
umso schärfer also der Durchgang durch die kleinere kritische
Stromstärke J,. Je schneller die Entladung, umso eher aber
auch dieser Durchgang, umso eher wird das alte Zeichen
beendigt, und umso eher kann das neue begonnen werden.
DigitizsdbyGOOgle
Kabelbetrieb. 395
Eine Anordnung, die Entladung am Empfangsende zu be-
schleunigen, zeichne ich in unsere alte Schaltungsskizze (Fig. 213
auf Tafel I) mit starkem Strich ein (Fig. 260.) Das Relais ist,
wenn es auch die Zeichnung nicht besonders angiebt, polarisiert.
Der Farbschreiber besitzt Übertragungscontakte. Die das Tele-
gramm bringende Leitung Hegt, wie früher, über Galvanoskop
und ruhende Taste an der Relaiswicklung, Vor dieser führt
eine Abzweigung zu dem unteren Übertragungscontakt des
Farbschreibers, während dessen Schreibhebel an Erde liegt.
Der Sinn der Einrichtung ist folgender: Sobald der Telegraphier-
strom die kritische Starke J, erreicht hat, schliesst der Relais-
hebel den Ortsstromkreis, und der Farbschreiber schreibt. So
war es früher auch. Bei seiner Drehung schreibt der Morse-
hebel aber nicht nur, sondern legt über seinen Übertragungs-
contakt die Leitung vor der Relaiswicklung an Erde. Sobald
das Relais seine Schuldigkeit gethan hat und den Farbschreiber
schreiben lässt, wird es ausgeschaltet und an ihm vorbei ein
Weg zur Erde so gut wie ohne Widerstand und Selbstinduktion
hergestellt. Das Kabelende ist jetzt unmittelbar geerdet, und
die Entladung kann ungehemmt und flott vor sich gehen.
Alsbald ist die Stromstärke auf ihren kritischen Wert J^ herab-
gesunken. Der Relaishebel klappt zurück, und der elektrisch
von ihm geführte Farbschreiberhebel unterbricht die bequeme
Verbindung von Leitung zu Erde wieder. Das schadet natürlich
nicht. Denn die eiligere Entladung sollte nur die kritische
Stromstarke /. schneller herbeiführen. Ist diese einmal da, so
beschleunigt es nur die neue Ladung, wenn sie noch einen
Teil der früheren auf der Leitung antrifft. Wie gesagt, darf
man aber die Entladung nicht früher unterbrechen, als bis
die Stromstärke im Empfangsapparat unter ihrem kritischen
Wert Jj gesunken ist. Sonst laufen beide Zeichen zusammen.
Aus der Schaltungsskizze (Fig. 260) geht noch eine zweite
Veränderung gegen früher hervor. Zwar zeigt, wie sonst, das
Galvanoskop den über Tischklemme 2 eintretenden Leitungs-
strom an. Aber gleich hinter ihm wird dem Strom ein doppelter
Weg zur Erde geboten (Fig. 261). Parallel zur Wickelung des
polarisierten Relais liegt zwischen Leitung und Erde eine Spule
mit grosser Selbstinduktion, wie die Post sie Induktanzrolle
nennt. Dabei ist es im Prinzip gleichgiltig, was für ein Apparat
DigitizsdbyGOO'^le
396 Kabelbctrieb.
mit dem Kabel betrieben wird, und wo man die Spulen anlegt,
ob an den äusseren- oder den Übertragsenden oder auch noch
unterwegs.
Um die Wirkung dieser Selbstinduktion im Nebenschluss
zu verstehen, erinnern Sie sich bitte, dass das Kabel leider
wahrend der Striche eine höhere Ladung aufnimmt, als während
- der Punkte, und dass es in den kurzen Zwischenräumen
nicht eben so gründlich entladen wird, als in den langen.
Helfen könnte hier eine künstliche Undichtigkeit am Kabelanfang,
ein Nebenschluss zur Erde, der im ersten Augenblick schlecht
und mit fortschreitender Ladung des Kabels immer besser leitet.
Der Strich würde dann das Kabel kaum höher aufladen, als
li&dun^
wmmmmww/.
der Punkt, Ein solcher Nebenschluss von wenigstens scheinbar
veränderlichem Widerstand ist die Induktanzrolle. Denn dem
stark ansteigenden Strome des Zeichenbeginnes setzt sie einen
hohen Widerstand durch Selbstinduktion, eine grosse Induktanz
(S. 82) entgegen. Je mehr dann der Telegraphierstrom seinem
Dauerwerte zustrebt, umso kleiner wird die Induktanz, umso
mehr beschränkt sich der scheinbare Widerstand der Spule
auf ihren Ohmschen. Die Induktanzrolle leistet demnach den
verlangten Dienst. Sie stört die anfängliche und notwendige
DigitizsdbyGOOgle
Kabelbetrieb. 3Q7
Ladung des Kabels nicht, bietet aber, wie ein Ventil, derem
schädlichen Übermaass einen seitlichen Abfluss.
Wird nun der Tastenhebel losgelassen, so induziert die
Spule in sich selbst einen dem verschwindenden Strome gleich
gerichteten. Die ausgezogenen Pfeile (Fig. 26 1 1 zeigen die
Stromrichtung am Ende der Ladung, der gestrichelte- die
während der Entladung an. Der Selbstinduktionsstoss spannt
sich gleichsam der Entladung vor. Die Induktanz ist jetzt
dem Ohmschen Widerstände gewissermassen nicht zuzuzählen,
sondern von ihm abzuziehen. Die Spule erhält hier schein-
bar einen negativen Widerstand. Sie zapft dem Kabel die
sonst langsam herausfliessenden Coulomb mit eins und in
schnellem Stosse ab.') Dazu und damit das Relais unbehelligt
bleibt, muss für jeden einzelnen Fall die Selbstinduktion einen
bestimmten Wert haben. Die Selbstinduktion der Spule wird
gewissermassen auf die Capacität des Kabels abgeglichen,
abgestimmt. Zu diesem Zwecke muss natürlich die Spule so
eingerichtet sein, dass man ihre Selbstinduktion verändern kann,
und zwar wird sie gerade auf eine solche Grösse eingestellt,
dass trotz der Entladung die Erdleitung des Relais stromlos
bleibt.
Um demnach jeweilig auf die Capacität des Kabels ab-
gleichen zu können, muss der Betrieb über eine Auswahl an
Spulen mit wesentlich verschiedener Selbstinduktion verfügen,
und auch bei diesen muss die Selbstinduktion noch in gehörigen
Grenzen veränderlich sein. Wie alle Induktionen, ist auch die
Selbstinduktion der Grösse der Kraftlinienänderung proportional.
Sie ist also umso grösser, eine je grössere Anzahl magnetischer
Kraftlinien erzeugt oder zum Verschwinden gebracht werden
müssen, wenn das Erzeugen oder Verschwinden unter allen
Umständen gleich lange dauert. Es liegt folglich die Aufgabe
vor, mit Hilfe eines gegebenen Stromes eine möglichst grosse
Zahl magnetischer Kraftlinien zu erzeugen. Deshalb ist eine
') Beim Hughes wird iwar bei den verschiedenen Zeichen der Strom gleich
lange geschlossen, also die Leitung jedes Mal gleich lange aufgeladen. Dafür sind
aber die durch den Wortlaut des Telegramms bestimmten Zwischenräume verschieden
lang, und die [ndutlanirolle besorgt such bei den kleinsten von ihnen grOndliclie
Entladung.
D,„i,.,db,Google
Induktanzrolle im Grunde nicht viel anderes, als ein Elektro-
magnet. Sie enthält viele Windungen isolierten Drahtes auf-
gewickelt, um die die Kraftlinien erzeugenden Amperewindungen
zu bilden, und für diese Kraftlinien als Leitung einen ge-
schlossenen Eisenweg, um den magnetischen Widerstand
möglichst herabzudrücken.
Die französischen Induktanzrollen (Bobines Godfroy) die
die ersten waren, sehen auch wie gewöhnliche Elektromagnete
aus: zwei Spulen, gemeinsam auf einem im Rechteck ver-
laufenden Eisenkern, fast wie beim Farbschreibermagneten.
Dabei lässt eine Schraube ein Schlussstück von dem Eisenkreise
abdrängen. Dieser wird dann von zwei mehr oder weniger
langen Luftbrücken unterbrochen und die von demselben
Strome hervorgerufene Kraftlinienzahl und damit die Selbst-
induktion erheblich verkleinert.
Die|Reichspost verwendet verschiedene Formen einer ein-
schenkligen Induktanzrolle. Ihr eiserner Kern und Mantel
werden durch Boden und Deckel zum magnetischen Kreise
vereinigt. Das Ganze ist, wie man sagt, in Eisen gekapselt.
Zur Verringerung der Hysteresisarbeit ist das Eisen magnetisch
DigitizsdbyGOOgle
Kabelbetrieb. 399
weich, zu der der Wirbelströme unterteilt. Bei der älteren Form
der Rolle (Fig. 262) werden Mantel, Kern, Boden und Deckel,
von einem durch die Mitte gehenden Bolzen mit Schrauben-
mutter, zusammengehalten. Die (durch Pfeile bezeichneten)
Kraftlinien durchlaufen den Kern als paralleles Bündel,') ver-
zweigen sich radial durch den Boden, fliessen durch den Mantel
herauf und vereinigen sich im Deckel wieder zum Bündel oder
umgekehrt. Wird die Schraubenmutter angezogen, so schliessen
sich die Teile der Eisenkapsel fester zusammen und etwaige
kleine Luftbrücken, die von den Kraftlinien zu durchsetzen
waren, verschwinden. Die Selbstinduktion wird vergrössert.
Andererseits wird sie durch Lockerung der Schraube verkleinert.
I ITI ir^^p
Fig. 263. Indiik tanz rolle mit verschiebbarem Eiaenpilz.
Soll sie beträchtlicher verkleinert werden, als es so möglich
ist, etwa auf einen Teil ihres ursprünglichen Wertes, muss
man Eisenboden, -decke! und -kern ganz entfernen.
Eine neuere Form der Induktanzrolle (Fig. 263) ist liegend
und auf einem beweglichen Schlitten angeordnet. Kern, Deckel
'l In der Schnittzeichnung mag Ihnen auffallen, dass der Elsenquerschnitt des
Mantels so viel kleiner ist, als der des Kernes. Das erscheint aber nur so. Denn
thalsBchlieh werden, wie sicli leicht nachrechnen lüsst, diirch den verschieden
grossen Radius von Mantel und Kern, beide Eisenquerschnitle einander gleich.
DigitizsdbyGOOgle
400 Kabelbetrieb.
und Mantel werden von Eisendrähten gebildet, die zu einer Art
Pilz gebogen sind; wie man aus der in ihrer oberen Hälfte als
Schnitt gedachten Zeichnung erkennt. Durch einfache Drehung
einer Schraube wird der Eisenpilz von der eisernen Schlusspiatte
links abgezogen und Luft in den Weg der Kraftlinien eingeschaltet.
Hat man den Eisenpilz so weit als möglich herausgedreht, so
ist die Selbstinduktion auf den ausserordentlich kleinen Betrag
von etwa 4" o des Wertes gesunken, den die Spule bei vollständig
geschlossenem Eisenweg besitzt. Beachten Sie bitte den Zeiger,
der durch seine Stellung angiebt, wie weit der Eisenpilz heraus-
gedreht und damit die Selbstinduktion verkleinert ist.
Damit Sie sich von dem tatsächlichen Nutzen der Induktanz-
rollen überzeugen, ist hier (Fig. 264) der Verlauf eines Morse-/"
~~^«w.
I. Morse-/" über 112 MF und 3800 Ohm,
luf S. 364, aber mit Induktanzrollen. Nac
abgebildet, wie es am Ende des früher betrachteten und wie
damals mit 150 /"pro Minute beschickten Kabels erscheint. Jetzt
sind durch die Induktanzrollen an den Kabelenden Berge und
Thäler der Stromwelle ein wenig deutlicher hervorgehoben.
Auch diese kleine Versteuerung der Kurve bedeutet einen Erfolg,
umsomehr, als mir nicht bekannt ist, ob bei der schon aus dem
Jahre 1891 stammenden Aufnahme auf genaue Abgleichung von
Selbstinduktion und Capacität Wert gelegt worden ist.
Darf ich Ihnen auch, wenigstens kurz, über den Verlauf
desHughesstromes berichten. Der abgehende Strom beginnt
beim Morse mit einer hohen Ladespitze. Beim Hughes (Fig. 265)
geht ihr eine kurze Zeit langsamen Ansteigens vorher, weil
hier der Strom zunächst auch die Magnetwickelung des gebenden
Apparates durchfliessen muss, und weil deren Widerstand und
DigitizsdbyGOOgle
Selbstinduktion das plötzliche Ein-
stürzen eines Ladestromes verhindert,
Ist dann nach weniger, als '/i« Sekunde,
die kritische Stromstärke — hier nur
7 Milliampere — erreicht, bei der der
Anker abfliegt, so tritt der früher
erwähnte (Fig. 246 auf S. 364) Schluss
über Auslösehebel und Anker ein.
Sofort stürzt unter Umgehung der
jetzt seitwärts liegenden Hindernisse:
Widerstand und Selbstinduktion ein
mächtiger Stromstoss in das nach
Ladung dürstende Kabel hinein. Der
Ladestrom nimmt dann alsbald wieder
ab. Sobald er unter 30 Milliampere
gesunken ist, klappt der Contakthebel
des gebenden Hughes vom Batterie-
auf den Erdeontakt hinüber und unter-
bricht während der Schwebelage jeden
Stromfluss. Ist der Hebel auf dem
Erdeontakt angelangt, so entladet sich
das Kabel in einer hohen, natürlich
negativen Spitze. Ihr heftiger Abfall
wird, wie üblich, gegen Ende matter
und ganz zum Schluss bremst ihn
noch die Selbstinduktion der wieder
eingeschalteten Magnetspulen. Nach
etwa 0,09 Sekunden ist der ganze
Vorgang — Ladung und Entladung
— beendigt.
Nur wenig kommt von diesen
heftigen elektrischen Stössen des
Kabelanfanges ans Ende; ist doch
die Capacität auf der ganzen Länge
bestrebt, die Coulomb gleichsam fest-
zukleben. Der ankommende Strom
(Fig, 265b) steigt zuerst langsam an,
bis mit einer kritischen Stromstärke
von nur ungefähr 3 Milliampere der
Fig. 265.
Veriauf des Hughes-Siromes.
6 am Ende der Leitung.
„Google
402 Kabelbetrieb.
Anker abgeworfen wird.') Jetzt kann über Anker und Auslöse-
hebel des empfangenden Hughes dem Kabelende, ungehindert
durch Widerstand und Selbstinduktion, Elektrizität enströmen.
Aber nur ein Tempo von etwa 30 Milliampere wird erreicht,
und längst hat am Kabelanfang der Kontakthebel die Klemme
der speisenden Batterie verlassen. Deshalb nimmt der Empfangs-
strom alsbald wieder ab, ohne übrigens beim Eintritt eines
neuen Zeichens den Nullwert vollständig erreicht zu haben.
Vorhin war davon die Rede, dass es für den Morse zwei
kritische Stromstärken giebt, die man einander möglichst gleich
machen soll. Hier bietet sich nun Gelegenheit, die eigenartige
Anordnung des Hughes-Apparates zu verstehen, die den Anker
beim Abfliegen, nicht während der Anziehung arbeiten lässt.
Bekanntlich kommt beim Hughes besonders viel auf die schnelle
und saubere Arbeit des Ankers an. Sie würde durch die Not-
wendigkeit erschwert werden, noch eine zweite kritische Strom-
stärke abzuwarten. Es ist deshalb dieselbe Stellung, in der der
') Auch beim Hughes ist es notwendig, eine fest eingeprägte Anschauung
abzuändern. Früher (S. 342} war mitgeteilt worden, daas beide Typenräder lu
gleicher Zeit ihre Drehung beginnen. Beide Räder laufen synchrun, wie die
Zeiger zweier pl eich geh ender Uhren, so sagten wir, Uanials wusstcn Sie aber
noch nicht, wie Telegraph i erst röme wirklich Verla ufcn, dass die Capacität der
Leitung den Strom an ihrem Ende hinler den am Anfang verzögert. Bei beiden
Apparaten beginnen die Typenräder ihren Lauf gleich schnell nach dem Ablllegtn
der Anker. Beide Anker flögen aber nur in dem genau gleichen Augenbhek ab,
wenn die Leitnng ohne Capacität wäre. In Wahrheit werden die Anker bei der
kritischen Stromstärke abgeworfen, auf deren magnetische Wirkung sie eingestellt
sind, und die kritische Stromstärke des Empfängers ist gegen die des
Gebers verzögert. Unsere Kurven aufnähme (Fig. 265) lehrt, dass im vor-
liegenden Falle — bei irC=rd. 0,1 — zwischen beiden ein Zeilunterschied von
etwa 0,015 Sekunden vergeht. Diese Abweichung von der früheren einfachen
renden Beamten bemerken nichts von
sie an den Zeilen misst, mit denen
lalteriecontakt, wie Sie (von S. 3641
; Hälfte dieser ganzen Zeit bleibt in
I Apparates hinter dem des gebenden
n ist für jede Leitung ein bestimmter
■ etwa 1/3 . 1/28 . 360 = rd, 6,50 „„5.
nen, laufen also die beiden Hiighesapparate nicht synchron,
on, das heisst mit gleicher Geschwindigkeit, aber mit einem —
Constanten — Unterschied in der Phase. Fflr gewöhnlich wird
I, ruhig von Synchronismus zu reden.
Anschauung schein
klein, u
nd
die lel
gra
ph
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Trotzdem ist
sie bede
d, sobald
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Hughes son-it
arbeitet.
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rd. 0,036 Sekunde.
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sennnterschied
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Hier m
ch
d
D,„i,.,db,Googlc
Kabelb«,ieb. 403
Hughesanker angezogen und losgelassen wird. Man kommt
mit einer und noch dazu einer niedrigen, kritischen Strom-
starke aus. Oberhalb dieser ist der Dauermagnet so geschwächt,
dass er den Anker abfedern lässt, und unterhalb ist er noch
stark genug, den mechanisch herangeführten Anker festzuhalten.
Denn die Druckachse dreht mit ihrem Excenter (Fig. 235 auf
S. 349) den Auslösehebel gegen den Sinn des Uhrzeigers,
damit dieser den Anker auf die Papier-beklebten Polschuhe
heraufklappt. Nur hierdurch^) wird die Beschränkung auf
eine kritische Stromstarke möglich. Sie ist es nicht bei dem
zuerst natürlicher scheinenden Falle, den Anker elektrisch
anziehen und mechanisch abreissen zu lassen. Selbst dann
nicht, wenn man die schwere Arbeit des Abreissens der Druck-
achse übertragen könnte, von der sonst so viel abhängt. Die
Anordnung des mit dem Strome abfliegenden Ankers, ist
besonders fein erdacht und kann unsere Achtung vor dem
Hughes-Apparate nur noch vermehren.
Sie haben heute eine ganze Reihe von Hilfsmitteln kennen
gelernt, den lähmenden Einfluss der Capacität auf den Telcgra-
phierstrom zu verkleinern: Batterien von kleinem Widerstände —
Streckenteilung durch polarisierte Relais bei entgegengesetzter
Batterieschaltung — unmittelbares Erden der Leitung, sobald •/,
erreicht ist — NebenschltSfee von grosser Selbstinduktion.
Alle diese Hilfsmittel reichen aber nicht mehr aus,
sobald auf Tausende von Kilometern durch die Meere
gekabelt werden soll und das Produkt C-'W (Farad, Ohm)
erst einmal nach ganzen Zahlen rechnet. Als Beispiel
gebe ich Ihnen die mir zufallig gegenwärtigen Werte für eins
der direkten transatlantischen Kabel aus englischem Besitz.
Es verbindet Waterville in Irland und Canso auf Neu-Schotlland
und besitzt eine Capacität von 900 MF und einen Widerstand
von 5000 Ohm. Demnach ist sein CW = 900 . IQ-" . 5000 = 4,5.
Zu den Störungen, die der Betrieb langer Seekabel durch
die Länge des leitenden und des sich ladenden Materiales erfährt,
gesellt sich eine weitere, gleichsam fremde hinzu. Sobald nämlich
die Kabelenden gehörig weit von einander entfernt sind, etwa
■l NatQrlich nrbcilet tlas lluf^hi^srdaiK mit zwei kritisi-hen Stromstärken.
Digitiz^dhyGOC^Ie
404 Kabelbpirieb.
von einem CW= 2 ab, wird der zwischen ihnen im Erdboden
herrschende Spannungsunterschied störend gross. Die Ursachen
dieses Unterschiedes, verwickelt und wenig aufgeklärt, kümmern
uns hier nicht. Genug, zwischen den beiden Erdungsstellen
des Kabels besteht ein Spannungsunterschied, der sich noch dazu,
wenn auch wohl erst im Laufe von Minuten merklich, in Grösse
und sogar in Richtung ändert. An seinem Ende liegt das Kabel
immer, am Anfang zwischen je zwei Zeichen an Erde. Für
diese Zeit ergiesst sich demnach, getrieben von dem schwankenden
Spannungsunterschied, ein Strom in den Kabelanfang, der wohl
gegen den Telegraphierstrom aufkommen und ihn verwirren
kann. Vor dem störenden Einfluss dieser Erdströme wird das
Kabel dadurch geschützt, dass man seine Enden durch Con-
densatoren abschliesst, blockiert. Die Kabelseele führt auf
jeder Seite zu der einen Belegung eines Condensators, dessen
andere Belegung auf dem gebenden Amt zum Sender, auf dem
empfangenden- zum Empfänger führt. Dass das Dielektrikum
eines Condensators sich gegen schnell wechselnde Ströme so
gut wie ein widerstandsloser Leiter benimmt (S. 372), ist Ihnen
ja bekannt. Freilich würden die Abschlusscondensatoren den
Ohmschen Dauerstrom nicht durch sich hindurchlassen. Aber
diese Besorgnis ist müssig. Denn wenn der Dauerzustand schon
in kurzen Kabeln nicht erreicht wird, wird er es in langen schon
garnicht. Es kommt deshalb nur in Frage, wie sich die Abschluss-
condensatoren gegen den schnell veränderlichen Telegraphier-
strom und gegen den verhältnismässig langsam schwankenden
Erdstrom benehmen. Nun, im Ergebnis ähnlich, wie eine Batterie
von Polarisationszellen Wechsel- und Gleichstrom unterscheidet
(S. 176). Wie durch ein Filter, lässt das Dielektrikum den
erwünschten Telegraphierstrom hindurch und hält den lästigen
Erdstrom auf sich zurück. Es muss noch hinzugefügt werden,
dass die Kurve des Telegraphierstromes durch die Abschluss-
condensatoren versteuert wird. Diese, ihre gewissermassen
zufällige, aber sehr erwünschte Wirkung mag man sich als
eine Folge der Heftigkeit vorstellen, mit der sie die Elektricität
auf ihre Belegungen ziehen.
Aber alle unsre Hilfsmittel, die Abschlusscondensatoren ein-
gerechnet, können eben nicht verhindern, dass von dem ganzen
Telegraphierstrom nur eine Welle von sehr kleiner Amplitude
DigitizsdbyGOOgle
Kabclbetrieb. 405
bis an das Ende eines langen Seekabels vordringt. Dass eine
Vermehrung der speisenden Zellenzahl die Ladung und damit
das Telegraphieren nicht beschleunigt, ist Ihnen ja bekannt. Im
Gegenteil zieht man im Kabelbetriebe, um die Isolation weniger
zu beanspruchen, kleine Spannungen vor und verhindert damit
Kabeldurchschlage, das heisst gewaltsame Durchbrüche der
Elektricität aus der Kabelseele durch Stellen mangelhafter
Isolation. In froher Zeit war nun schon die Kleinheit der
Amplituden Grund genug, um die Verwendung der bisher
besprochenen Empfangsapparate auszuschliessen. Kein Relais
war auf so kleine und so wenig verschiedene kritische Strom-
stärken einzustellen, dass es am Ende langer Seekabel an-
gesprochen hätte. Was da vom Telegraphierstrom noch übrig
ist, kann auch die kleine Arbeit nicht mehr leisten, den Hebel
des empfindlichsten der Ihnen bekannten polarisierten Relais
umzulegen. Aber wenn auch die Kleinheit der Amplitude den
Empfang in einem Relais nicht gehindert hatte, so wäre das
durch eine andere Eigenschaft der Stromkurve geschehen.
Um diese zu begreifen, erinnern Sie sich bitte, dass schon
bei einiger Grösse des Produktes CW die verschiedene Länge
von Punkt und Strich und der verschiedenen Zwischenräume
Unzuträglichkeiten ergiebt. Schon lange Oberleitungen imd
kurze Kabel werden durch Striche merklich höher aufgeladen,
als durch Punkte. Aber man kann sich noch zur Zufriedenheit
helfen, wenn man den Empfangsapparat auf mittlere kritische
Stromstärken einstellt. Das findet mit weiterem Anwachsen
des CW alsbald seine Grenze. Dann wurde über die lange
Dauer der Entladung geklagt und — damit verknüpft —
den zu schräge abfallenden Ast der Stromkurve. Beiden
Schwierigkeiten, dem Einfluss der verschiedenen Zeichenlangen
sowohl, wie dem zu langsamen Abfall, versucht man durch ein
Mittel abzuhelfen, das zwar in unseren Vorlesungen nur kurz
beim Morseschnellbetrieb, der eben dadurch erst möglich wird,
erwähnt, aber in der Telegraphie schon von jeher angewandt
worden ist. Die Punkte und Striche der Morsezeichen
werden nämlich nicht mehr mit Stromstössen ver-
schiedener Länge und gleicher Richtung gegeben,
sondern mit solchen von gleicher Länge und ver-
schiedener Richtung.
DigitizsdbyGOOgle
406 Kabelbctrieb,
Diese Zeichen wechselnder Riclitung werden mit Hilfe
zweier Tasten erzeugt, die zu einer Doppeltaste vereinigt
sind. Aus dem Schema hier (Fig. 266) erkennen Sie, wie einfach
die Doppeltaste arbeitet. Während der Ruhe liegt die negative
Batteriekiemme über die Ruheschienen beider Tasten an der
Leitung und an Erde, die positive Klemme an den beiden
V
■LeÜUM^
Fig. 266. Prinzip der Doppellastc.
Arbeitsschienen. Ein Druck auf die rechte Taste legt nun die
positive Klemme an die Leitung und lässt die negative an Erde.
Ein Druck auf die linke Taste legt die positive Klemme an
Erde und lässt die negative an der Leitung. Mit der einen
Taste werden also alle Morsestriche, mit der anderen alle
Morsepunkte gegeben. Wohlverstanden, beide Arten Zeichen
sind gleich lang und unterscheiden sich dafür durch ihre Strom-
richtung. Natürlich hindert nichts, wenn sonst die Eigenschaften
des Kabels und des Erapfangsapparates so schnelles Tele-
graphieren erlauben, die Zeichen passend in Lochstreifen zu
stanzen und automatisch zu geben, wie Sie es ebenfalls vom
Schnellbetrieb, von den Apparaten von Wheatstone und Pollak-
Viräg her kennen. Die Zeichen werden dadurch zugleich
regelmässiger.
Aber auch mit der verschiedenen Stromrichtung der Zeichen
ist, besonders wenn die Kabelenden durch Condensatoren ab-
geschlossen sind, ein ernstlicher Nachteil verbunden, der in
seinem Wesen mit dem durch verschiedene Stromdauer ver-
wandt ist. Die Stromkurve am Kabelende pendelt nämlich
nicht um einen fest bestimmten Nullwert herum: sondern ihr
Nullwert wechselt, schwankt. Lassen Sie uns die Ursache
DigitizsdbyGOOgle
Kabelbetrieb. 407
dieser Erscheinung erst später besprechen und ihre Folgen
vorwegnehmen. Sie sind wichtig genug: Wenn die Strom-
stärke am Kabelende nicht mehr zwischen bestimmten, kritischen
Werten hin- und herschwankt, sondern willkürlich bald nach
oben und bald nach unten rutscht, dann ist eben keine Auf-
nahme mit Apparaten, wie den bisher besprochenen, möglich.
Solche Apparate sind hier nicht zu brauchen, deren wirksamer
Teil in Ruhe bleibt, bis der Strom seinen kritischen Wert
erreicht hat, und dann erst aus-
gelöst wird und ebenso bei be-
stimmtem Stromwerte zur Ruhe
kommt. Keinerderbesprochenen
Telegraphenapparate kann hier
nützen, wo der Strom keine
kritischen Werte einhält, wo die
Mittellinie seiner Schwankungen
vom Wortlaute des Telegramms
nach oben oder nach unten
verschoben wird.
Ein solcher Slromverlauf ist
direkt nicht weiter zu verwerten,
als ihn galvanometrisch anzeigen
zu lassen. Aus den angezeigten
Stromschwankungen kann dann
das Auge die Ausbiegungen
nach links und nach rechts, auch
bei schwankender Nulllage her-
auslesen. Aus dem Ende langer
Seekabel schickt man den an-
kommenden Strom also über Gal-
vanometer zur Erde. Ohne
erst auf den Eintritt kriti- y,^ 261. Kabclgalvanomeler.
scher Werte zu warten, fol- Ansicht.
gen diese fortwährend dem
Laufe des Stromes. Sie geben den Stromverlauf entweder
vorübergehend durch die Bewegungen eines Lichtzeigers, oder
bleibend, schriftlich durch die, einer feinen, mit dünnflüssiger
Farbe gefüllten Glasröhre wieder, die auf einem, an ihrer Mündung
vorbeiziehenden Papierstreifen, eine wellenförmige Spur hinterlässt.
DigitizsdbyGOOgle
408 Kabelbetrieb.
Zu dem — besonders früher üblichen — vorübergehenden
Aufzeigen der Stromkurve, dienen Spiegeigalvanometer,
von denen schon mehrmals die Rede war (S. 68). Eigens als
Kabelempfänger, wurde von Lord Kelvin das jetzt altberühmte
Instrument gebaut, von dem Sie hier (Fig. 267) einen Vertreter
vor sich sehen. Es enthält, drehbar aufgehängt, statt eines
Magneten, deren zwei (Fig. 268). Beide sind gleich und sind
Flg. 268. K abcig alv-anomel
ilisches .Magnetpaar, Spulcniiniriüs, SpiL'gcl
ind Uämprung-^rudcr.
zwangläußg miteinander durch eine Aluminiumstange verbunden,
aber so, dass jeder mit seinen Polen nach der anderen Seite zeigt.
Auf beide wirkt demnach der Erdmagnetismus entgegen-
gesetzt und annähernd gleich stark ein. Seine richtende Kraft
auf das Magnetpaar ist deshalb zum grössten Teile aufgehoben.
Das Paar ist so gut wie ohne magnetische Ruhelage: astatisch.
Der in vielen Windungen um ein solches Magnetpaar kreisende
DigitizsdbyGOOgle
KaWbetrteb. 409
Strom hat es leicht, das Paar abzulenken. Denn es ist von
der sich sonst gegen die Ablenkung eines Magneten sperrenden
Richtkraft der Erde fast ganz losgelöst. Sie werden dieses
letztere zwar zugestehen, aber, wie ich fürchte, bezweifehi,
dass überhaupt noch eine Ablenkung stattfindet. Wenn sich
beide Magnete entgegenstehen, werden Sie sagen, müssen sie
auch vom Strome einander entgegengesetzt abgelenkt werden.
Ganz gewiss, wenn man so töricht wäre, beide in derselben
Richtung umfliessen zu lassen. Thatsächlich sind die Magnete
etwa um die Länge der Aluminium - Kupptungsstange von
58 mm von einander entfernt. Der astatisierende Magnet
hängt in einem zweiten, besonderen Spulenpaar, welches zwar
von demselben Strome, wie das erste, aber in entgegengesetzter
Richtung {vgl. die Pfeile in Fig. 268), durchflössen wird. Jeder
Magnet befindet sich in entgegengesetzter Lage und wird
entgegengesetzt vom Strome umflossen. Beide werden folglich
nach derselben Seite abgelenkt. Ihre Zweifel sind beseitigt.
Wenn Sie dann bedenken, dass jedes Spulenpaar den ablenken-
den Strom in zweimal sechstausend Windungen kreisen lässt,
so werden Sie sich über die grosse Empfindlichkeit dieses
Spiegelgalvanometers nicht wundem dürfen. Zu dieser trägt
auch bei, dass jeder von beiden Magneten aus einer Gruppe
kleiner — natürlich gleichgerichteter — Einzelmagnete besteht.
Denn dünne Magnete können höher magnetisiert werden, als
dicke (vgl. das magnetische Magazin von S. 34).
Um Ihnen von der Empfindlichkeit dieses Galvanometers
einen Begriff zu geben, will ich Ihnen eine Zahl anführen, die
ich früher einmal bei einem gleichen Instrument bestimmt habe.
Der Richtmagnet, von dem gleich die Rede sein wird, war
dabei in einer mittleren Stellung. Dann wurde auf der 2,4 m
vom Spiegel entfernten Skala der Lichtzeiger um 460 mm, also
fast einen halben Meter von seiner Ruhelage abgelenkt, wenn
2 . 10-" Ampere durch das Galvanometer flössen. Zu der noch
recht ansehnlichen Ablenkung von 23 mm würde demnach nur
1 . 10"' Ampere ^ '/umoo Milliampere erforderlich sein, eine
Empfindlichkeit, mit der Sie wohl zufrieden sein werden.
Nun ist noch von dem leicht gebogenen Richtmagneten zu
sprechen, den Sie (in Fig. 267) über dem Ganzen sehen. Er
verschafft dem Magnetpaar eine bestimmte magnetische Ruhe-
DigitizsdbyGOO'^le
410 Kabelbetrieb.
läge wieder, wie sie ihm die Astasierung fast ganz genommen
hat. Denn bei seiner Entfernung von beiden Magneten, die
im Vergleich zu der der Magnetpole der Erde von ihnen so
ausserordentlich klein ist, wirkt er bei der verhältnismassigen
Kleinheit seiner Entfernung auf den benachbarten oberen
Magneten wesentlich mehr, als auf den entfernten, unteren.
Aber die neue, durch den Richtmagneten gewonnene Ruhelage
wird mit wesentlich geringerer Kraft festgehalten, als die
durch die Astasierung genommene. Nun wird mit der Ent-
fernung des Richtmagneten von den beiden kleinen Magneten
auch der Unterschied in den Kräflen verändert, die jener auf
sie ausübt. Mit anderen Worten: durch Verschieben des
Richtmagneten herauf oder herunter wird das Galvanometer
mehr oder weniger empfindlich. Man kann dadurch also auch,
wenn die Schwankungen des Telegraphierstromes eine andere
Grösse haben, als bei einem früheren, die Ausschläge des
Spiegels auf demselben Werte halten. Natürlich wird bei
dieser Verschiebung des Richtmagneten das Magnetpaar gedreht.
Fi-. 269. K.-iW!gah-an(Mt.et.r. S|iieK<I, Skala, Ikkiichlung.
Aber durch Drehung des Richtmagneten kann man auch dem
Magnetpaar wieder die Ruhelage erteilen, die für die Ablesung
bequem ist. Das Ganze ist hier betriebsmassig aufgestellt
(Spiegel, Skala und Beleuchtung') in Fig. 269), und Sie können
daran besonders bei etwas verdunkeltem Saal die Art der
DigitizsdbyGOOgle
Kobelbetrieb. 411
Ablesung erkennen. Zur Dämpfung ist übrigens die untere
Magnetgruppe mit einem zu ihr senkrechten Glimmer- oder
AluminiumflOgel verbunden, der etwa wie ein doppeltes Steuer-
ruder aussieht. An ihm puffert der Luftwiderstand in der Mitte
des unteren Spulenpaares die Heftigkeit der Schwingungen von
Magneten und Spiegel.
Galvanometer, wie das besprochene, haben besonders einen
sehr grossen Nachteil, der die Industrie ganz hat auf sie ver-
zichten lassen. Das ist die Oberaus lästige Empfindlichkeit
gegen äussere magnetische Störungen. Die Instrumente ant-
worten auf jede magnetische Verschiebung in ihrer Umgebung,
mag sie auch nur von Strömen herrühren, die in der weiteren
Nachbarschaft veränderlich fliessen, oder auch nur von dem
Schlüsselbund in der Tasche eines am Hause Vorbeigehenden.
Jeder, der mit einem derartigen
Instrumente etwa in der Nähe einer
elektrischen Strassenbahn hat arbeiten
müssen, kann ein Lied davon singen.
Man ist deshalb im Galvanometerbau
allgemein dazu übergegangen, das
Galvanometerprinzip umzukehren.
Wie Sie sich erinnern, werden nicht
nur Magnetnadeln von Strom durch-
fiossenen Leitern abgelenkt, sondern
auch leicht drehbare Strom -durch-
flossene Leiter von feststehenden
Magneten (vgl. den Versuch auf
S. 47). Der Sinn der Ablenkung
ergiebt sich mittelbar aus der
Schwimmregel. Ihre Grösse hängt
unter anderem von der Stärke des
feststehenden Magnetfeldes und von
der Anzahl der abgelenkten Ampere-
windungen ab, gerade so wie sonst
von den ablenkenden. Die Strom-
führende Spule hangt drehbar (Fig. 270) zwischen den Polen
eines starken Dauermagneten und ist dadurch der lästigen
Einwirkung äusserer Magnetfelder entzogen. Nach diesem
Prinzip der Drehspule (Fig. 270) werden jetzt die meisten
" W 'M ' i
"■-<.•:
i
aM
Fig. 210.
rclispiilinstrument.
„Google
galvanometrischen Instrumente, wie Galvanoskope,') Spiegel-
galvanometer, Strom- und Spannungszeiger, gebaut.
Nach dem gleichen Prinzip arbeitet auch der geistvolle und
in seinen Leistungen vorzügliche Apparat, der jetzt allgemein
als Empfänger am Ende langer Seekabel dient. Wie gesagt,
zeigt er den Stromverlauf nicht vorübergehend an, sondern
schreibt ihn auf ein.en Papierstreifen nieder. Sein Name
Heberschreiber ist eine wörtliche Übersetzung des englischen
Siphon recorder. Ganz ähnlich wie bei dem eben beschriebenen
Galvanometer ist im Felde eines starken Magneten leicht dreh-
bar eine zarte Spule (Fig. 271b) aufgehängt. Sie besteht aus
etwa 20 Windungen eines Kupferdrahtes von 0,08 mm Dicke,
natürlich mit Seide umsponnen, und hat etwa 500 Ohm Wider-
stand. Die Drahtwindungen sind nicht auf einen stützenden
Rahmen gewickelt, sondern einfach mit einander verleimt.
Dadurch bleibt das Gewicht der Spule auf 3 g beschränkt.
Wie üblich, ist im Innern der drehbaren Spule ein fester
Eisenkern angebracht, um den magnetischen Widerstand zu
verkleinern. Die grosse Permeabilität des Eisens vermehrt die
Anzahl beider Arten von Kraftlinien, sowohl die vom Magneten,
wie die von der Spule erzeugten. Die ersteren treten von
Pol zu Kern und von Kern zu Pol durch den Luftring über.
In diesem Luftring schwingt nun die wohl centrierte Spule.
In der Ruhelage liegt ihre Windungsebene in der Richtung
der mittleren Kraftlinien des Magneten. Sie wird durch leiclit
bewegliche Spiraldrähte, die ihre Drehung nicht hindern,
zwischen Kabelende und Erde geschaltet (vgl. auch Fig. 273
auf S. 418) und von der leichten Welle des Empfangsstromes
durchflössen. Die von ihm in geringer Anzahl erzeugten,
magnetischen Kraftlinien stehen natürlich (Fig. 36 auf S. 52)
senkrecht auf der Windungsebene der Spule, also zunächst
senkrecht auf den Kraftlinien des Magneten. Sie suchen sich
diesen parallel zu stellen und nehmen dabei die Drehspule soweit
mit herum, als es die Feder gestattet, die die Spule in der
Ruhelage zurückzuhalten bestrebt ist. Da nun die Doppeltaste
Morsepunkte und -striche als Stromstösse verschiedener
1) Auch bei dem Demonstrationsgalvanoskop von S 113 und 133 und dem als
Slromrcinzciger {vgl. Fi»;. 169 auf 5. 268) erwähnten neueren telegraphischen Gal-
vanoskop ist das der Fall.
DigitizsdbyGOOgle
Fig. 271. Heberschreiber
Nach Montillot.
DigitizsdbyGOOgle
414 Kabel bct.'icb.
Richtung in den Kabelanfang hineinschickt, wird die Spule je
nach dem Wortlaut des Telegramms bald nach rechts, bald nach
links abgelenkt. Sie gerät also ganz, wie vorher die Magnet-
nadel des Spiegelgalvanometers, in feine Drehbewegungen.
Nur liest man diese nicht aus den vergänglichen Bewegungen
eines gespiegelten Lichtstrahles ab, sondern bringt, wie
erwähnt, die Spule dazu, ihre Schwingungen aufzuschreiben.
Zu dem Zweck ist ihr ein ganz feines Glasrohr (Fig. 271a)
angeklebt, etwa 10 cm lang und durch die Erwärmung in der
Nähe eines Streichholzes in die gezeichnete Form gebogen.
Das Glasrohr ist mit der Spule beweglich, hebert aber, ohne
in seinen Bewegungen gehindert zu werden, aus einem fest-
stehenden, nämlich vorn, dem Eisenkern aufgeschraubten Farb-
kasten, einen feinen Strahl von dünnflüssiger, blauer Farbe
ab und läfet ihn, in feine Tröpfchen aufgelöst, auf einen an
der Rohrmündung vorbeiziehenden Papierstreifen fallen. Bei
ruhender Spule entsteht so aus den kleinen blauen Farb-
klexchen ein gerader Strich. Die seitÜchen Hin- und Hergänge
werden in einer Art Wellenlinie aufgezeichnet, die schematisch der
Schrift des Pollak-Virägschen Apparates (Fig. 217 auf S. 333)
ähnelt. Hier (Fig. 272) ist ein solcher Originalstreifen, den mir
ein freundlicher Schüler von der Chicagoer Ausstellung mit-
gebracht hat. Sie können aus der punktierten Wellenlinie ')
den Inhalt herausbuchstabieren, wenn Sie jede Ausbauchung
nach rechts als Punkt und jede nach links als Strich rechnen.
Nun darf aber nicht verhehlt werden, dass so ohne Weiteres
auch die dünnflüssige Farbe nicht aus dem engen Heberrohre
herauströpfelt. Die Capillarität hält sie einfach darin fest.
Was geschieht, diesen Übelstand zu beseitigen, der den ganzen
Apparat in Frage stellt? Mit demselben Gleichstrommotor, der
den Papierstreifen bewegt, wird eine kleine Influenzmaschine
angetrieben. Deren eine Endkugel ladet durch Influenz den
Inhalt des Farbgefässes, das von dem mit Erde verbundenen
') Je senkrechter die Wellensdidfl: zur Längsrichtung des Papierbandea ver-
läuft, umso mehr entfernen sich an den bctrcFTcnden Stellen die einzelnen Färb.
trOpfchen von einander. Der Heber spritzt nämlich die Farblrftpfchen immer gleich
schnell auf das von ihm nicht ganz berahrte Papier. Je senkrechter die Schrift,
auf eine umso longcrc Strecke verteilt sich diesdbe Anzahl von Tröpfchen, und umso
DigitizsdbyGOOgle
Fig. 272.
Heberschrift
Kabclbefieb. 415
Papierstreifen isoliert ist. Nun zieht dieser
— f elektrostatisch die Farbe an. Sie tröpfelt aus
; dem Heber heraus, und alles ist in Ordnung.
•« Eine Elektrisiermaschine ist für Dauer-
betrieb kein besonders angenehmer Apparat,
Sie ist deshalb später durch eine andere Ein-
_ richtung ersetzt worden, die nicht erst elektro-,
^C sondern rein mechanisch die Farbe aus dem
" Glasheber herauschüttelt. Zu dem Ende ist
— g diesem neben der Öffnung ein winziges
~ Stückchen Eisen angeklebt. Unter dem
—m Papierband sitzt ein kleiner Elektromagnet,
der mit Hilfe eines Unterbrechers (vgl. S, 78)
— ^ mit unterbrochenem Gleichstrom gespeist wird.
Das Eisenstückchen wird durch den Papier-
streifen hindurch abwechselnd angezogen und
losgelassen. Die Unterbrechungen folgen sich
aber so schnell, dass die elektromagnetische
Wirkung sich nur in einer leisen Erschütterung
des Eisenstückchens und damit des Hebers
äussert. Sie genügt, die Farbtropfen heraus-
zuschütteln.
Wollen Sie sich nun bitte den Original-
streifen etwas genauer ansehen. Sie können
dann an ihm die Erscheinung beobachten, die,
wie Sie erkannten, die Verwendung der sonst
üblichen Empfangsapparate am Ende langer
Seekabel verbietet und die von Galvanometern
vorschreibt: den schwankenden Nullwert,
das variable zero der Engländer. Die Be-
trachtung des Streifens ergiebt, dass bei ver-
schiedenen Buchstaben die Nulllage der Kurve,
also der Hebermündung, also der Spule, also
des Stromes nicht die gleiche geblieben ist.
Zu Anfang, vor dem ersten t, ist die Nulllage
etwa 7,3 mm von der hnken Papierkante
entfernt, zwischen den Punkten des darauf-
folgenden h etwa 9 mm, im c wieder etwa 8 mm,
zwischen den Strichen des o etwa 6 mm.
DigitizsdbyGOOgle
416 KabelbftrLeb.
Die Erklärung dieser merkwürdigen und bedeutsamen
Thatsache bin ich Ihnen immer noch schuldig: Da das Kabel
zwischen den Zeichen nicht so lange an Erde gelegt werden
kann, bis die Ladung entwichen ist — das ist ja der Haupt-
grund des Zeichenwechsels — bleibt zunächst nach jedem
Zeichen Ladung auf dem Kabel sowohl, wie den Abschluß-
condensatoren übrig. Tritt nun ein Wechsel des Zeichens ein,
das heisst, folgt einem Strich ein Punkt, oder einem Punkt ein
Strich, so wird die von dem ersten Zeichen tlbrig gebliebene
Ladung durch das zweite, entgegengesetzt gerichtete, vernichtet,
gewissermassen ausgetrieben. Nehmen Sie an, beim Geben
von Strichen läge die positive Batterieklemme an der Leitung,
bei Punkten die negative. Dann würde der von einem Strich
herrührende, positive Ladungsrest durch die negative Elektricität
eines darauf folgenden Punktes zu Nichte gemacht. Nun habe
aber das zweite Zeichen die gleiche Stromrichtung, wie das
erste. Es folge dem Strich abermals ein Strich. Dann fehlt
die wirksame Entladung durch die negative Elektricität des
Punktes. Das Kabel bleibt erstens positiv geladen. Zweitens
fügt der neue Strich der noch übrigen positiven Ladung eine
neue hinzu, und gar ein etwa gleich folgender dritter Strich,
vergrössert die Ladung noch mehr. Genau so, nur mit imi-
gekehrtem Vorzeichen, ist es bei einer Reihe sich unmittelbar
folgender Punkte. Trotzdem hier beide Zeichen gleich lange
dauern, beeinflusst ihre durch den Wortlaut des Telegramms
vorgeschriebene unregelmässige Reihenfolge, den Ladezustand
des Kabels und damit den Strom, der aus dem Kabelende
über dem Empfangsapparat zur Erde fließt. So äußert sich
die durch eine Folge von Strichen vermehrte positive Ladung
dadurch in der Stromkurve, dass sie diese immer weiter nach
der positiven-, der Strichseite hin abdrängt. Genauer gesagt,
eine Folge von Strichen verschiebt die Nulllage für die Strich-
ausbauchungen immer weiter auf die Strichseite, eine Folge von
Punkten immer weiter auf die Punktseite, wie es auch unser
Streifen zeigte. Jedes neue Zeichen wird zwar selbständig
gegeben. Aber je nach seinen Vorgängern baut es sich auf ein
verschiedenes, elektrisches Niveau auf. Durch die schwankende
Ladung des Kabels und des Condensatorpaares sind die einzelnen
Zeichen nicht selbständig, sondern miteinander gekuppelt, an-
DigitizsdbyGOOgle
Kabdbetrieb. 417
einander gefesselt, gleichsam erblich belastet. Darin liegt der
Grund der wechselnden Nulllage und der Notwendigkeit,
zum Empfang Galvanometer zu verwenden.
Wenn Sie nun eine Erdkarte betrachten, in der die Unter-
seekabel eingetragen sind, sei es auch nur das Reklameblatt
einer Kabelgesellschaft, so fällt Ihnen sofort auf, dass die
Meere sehr häufig nicht auf dem nächsten Wege durchquert
werden. Vielmehr suchen die Kabel, soweit nur irgend möglich,
Inseln anzulaufen, selbst wenn die vom nächsten Wege recht
weit ablegen. Das vorhin erwähnte englische Kabel Water-
ville — Canso durchquert den atlantischen Ozean direkt. Hingegen
ist von dem deutschen Kabel Emden — New York bekannt, dass
es den Umweg über die Inselgruppe der Azoren macht. Natür-
lich wird dadurch das Kabel länger und teurer. Auch für den
Bau und Betrieb des Azorenamtes Horta entstehen noch Kosten.
Aber der Grund, der die Kabel so mit häufig erheblichen
Mehrkosten über Inseln schickt, ist nicht schwer zu erraten.
Es ist der alte Kunstgriff der Streckenteilung, Der ganze
Kabelweg, über den gegeben werden muss, wird durch die
Inseln in Teile mit entsprechend kleinerem CW und entsprechend
grösserer Telegraphiergeschwindigkeit') zerschnitten.
Aus jedem Kabelabschnitt muss natürlich auf den nächsten
übertragen werden. Früher besorgten das Beamte. Aus der
Wellenschrift, die der Heberschreiber am Ende des ersten
Kabelabschnittes aufzeichnete, las ein Beamter die Zeichen ab
und übergab sie zur Beförderung über den zweiten Abschnitt
der Taste oder bei automatischem Betriebe dem Lochstreifen.
Aber Sie kennen ja die erheblichen Nachteile dieser »human
transiation^ (vgl. S. 295). Eine vorgeschrittene Telegraphie
bedarf eines besseren Relais, als des zu Irrtümern geneigten
menschlichen Gehirns und der schwerfälligen Hand. Sie benutzt
das Trommelrelais^), das ich Ihnen jetzt zum Schluss unserer
Besprechung des Kabelbetriebes schildern muss.
') Es wird angegeben, dasa beim Betrieb mit Heberschreibern auf einem Kabel.
dessen CW in den Grenzen 3,5 und 8 liegt, durchschnittlich ungefähr ■ Buchstaben
pro Sekunde, bei dem gewihlten englischen Beispiel demnach Etwa deren 2 gegeben
werden können.
Z) Siehe S. G. Brown. The Electrician. Bd. 49, S. 131. 1902.
„Google
418 Kabelbelricb.
Von den beiden Haupterfordernissen eines Kabelrelais
ist die eine die ausserordentlich grosse Empfindlichkeit. Wie
die überreizten Sinne eines sehr nervösen Menschen, muss es
auf die kleinsten Reize antworten. Denn die Stromschwankungen
am Ende eines langen Seekabels, deren Kleinheit Sie kennen.
MzcA^^MtbrAr
Fig. 213. Kabelflberlmgime mit Trommel rclais.
Mit Benutzung einer Zeichnung von S. G. Brown.
sind nur zu Leistungen befähigt, die man geistvoll als von der
Grössen Ordnung einer zehntel Fliegenstärke bezeichnet hat.
Dazu wird von dem Relais schnelles und jedes Mal ganz sicheres
Herstellen und Lösen der Contakte verlangt. Sehen wir, wie
diese harten Anforderungen erfüllt werden.
Hier (Fig. 273) ist zwischen den Polen eines Dauermagneten
die Drehspule eines I leberschreibers gezeichnet, wie sie zum
Beispiel auf dem Azorenamt Herta zwischen Erde und dem
DigitizsdbyGOOgle
Kahclbclrieb. 419
Condensator-verschlossenen Ende des von Emden kommenden
Kabels liegt. Mit dieser Drehspule ist über zwei Seiden- oder
Quarzfäden ein dünnes Glasrohr verbunden, von der Art, wie es
sonst zum Farbheber gebogen wird. In das Rohr ist ein dünner
Draht aus der festen und elastischen Phosphorbronze gesteckt,
dessem Ende — wie bei den Goldfedern der Füllhalter — eine
Spitze aus dem harten Metall Iridium aufgelötet ist. Diese
Iridiumspitze ruht auf der metallischen Oberfläche einer Dreh-
troiiimel, die etwa 150 Mal pro Minute, etwas schneller als
der llughesschütten, umläuft. Die Drehtrommel ist durch einen
schmalen Ring aus Isolationsmaterial elektrisch in zwei Hälften
I und II geteilt. Jede Trommelhälfte ist über eine auch bei der
Drehung Contakt machende Schleifbürste mit der einen primären
Klemme eines der, sagen wir, Sicmensschen polarisierten Relais I
oder II verbunden. Die zweiten primären Klemmen beider
Relais liegen gemeinsam an der positiven Klemme der Trommel-
batterie TU. Mit deren negativer Klemme steht über den
Draht im Heberrohr die Iridiumspitze in Verbindung.
Nun kommt es darauf an, dass — gemäss den Befehlen
des Stromes aus Emden — die Drehspule die Iridiumspitze auf
den beiden Trommelhälften I und II hin- und herschiebt. Reicht
denn dazu die winzige Kraft der leichten Stromsclnvankungen
aus? Kann sie die Reibung der Spitze auf der Trommelober-
fläche überwinden? Bei ruhender Trommel allerdings nicht.
Da bleibt die Spitze dort haften, wo sie sich zufällig befindet.
Aber die Drehung — und das ist der erste Kunstgriff — ver-
mindert die Reibung so sehr, dass die Spitze sich leicht und
sicher von einer Hälfte auf die andere schiebt und dabei natürlich
den Contakt sicher mit der einen löst und mit der anderen herstellt.
Es wird hier die alte Erfahrung benutzt, dass zwei sich gegenseitig
bewegende Körper eine geringere Reibung gegen einander haben,
als ruhende. Bei zwei ruhenden Oberflächen haben die kleinen
Unebenheiten Zeit, sich in einander gleichsam einzufressen, einzu-
haken, und sind dann entsprechend schwerer zu trennen, als
wenn beim schnellen Gleiten keine Zeit dazu vorhanden war.
Die Iridiumspitze gleitet also zwischen den beiden von
einander getrennten Trommelhälften in demselben Ryihmus hin
und her, wie die Drehspule sich nach rechts und nach links aus
ihrer Ruhelage herausdreht. Bei dieser Ruhelage selbst schleift
DigitizsdbyGOO'^le
420 Kabelbdricb.
die Iridiumspitze auf dem isolierenden Ring der Trommelmitte.
Dieser Ring bewegt sich nun natürlich nicht nach der Seile,
während die Nulüage des Kabelstromes fortwährend schwankt.
Es ist das zweite Haupterfordernis des Relais, dass immer bei
der NulHage des Telegraphierstromes, mag sie noch so weit
in das Positive oder Negative verschoben sein, dass dann
immer die Iridiumspitze auf dem Isolierring schleift. Die Dreh-
spule soll zwar durch Ablenkung nach rechts und links die
Ausbauchungen der Stromkurve wiedergeben. Sie muss aber
verhindert werden, deren Nullpunktsschwankungen mitzumachen.
Auch dieses Kunststück bekommt das Relais fertig: Der Spulen-
ablenkung durch den Kabelstrom tritt eine neue korrigierend
entgegen. Zu dem Ende enthält die Drehspule ausser ihren
vom Kabelstrome durchflossenen Windungen und isohert von
ihnen noch andere. Durch diese wird der Correktionsstrom
geschickt, und die Spule bewegt sich so hin und her, als ob sie
nur von einem schematischen Kabelstrome mit unverändert
feststehender Nulllage abgelenkt würde. Will ein Übermass
von Kabelladung die Nulllage der Drehspule nach der einen
Seite treiben, so drückt sie dafür der entsprechend grössere
Correctionsstrom nach der anderen. Die Nulllage bleibt in der
Mitte. Wo der Correktionsstrom herkommt, sei uns hier gleich.
Es genüge die Thatsache, dass bei jeder Nulllage des Kabel-
stromes die Iridiumspitze auf dem Isolierring schleift und bei
jeder Ausbauchung auf der entsprechenden Trommelhatfte.
Durch die erwähnte Anordnung der polarisierten Relais
wird nun bewirkt, dass beide ihre Hebel auf den {in Fig. 273
nach aussen gezeichneten) Ruhecontakten haben, wenn die
Iridiumspitze auf dem Isolierring liegt. Sobald aber die Spitze auf
Trommelhälfte I oder II hinübergleitet, wird der Hebel des Relais I
oder II umgelegt. Die secundären Relaisklammern brauchen nun
blos richtig geschaltet zu sein, und die beiden Hebel versehen
den Dienst der Doppeltaste. Aus der Skizze geht hervor, dass,
solange die Spitze auf Trommelhälfte II schleift, über Relaishebel H
ein positiver Stromstoss aus der Kabelbatterie KB auf die
äussere Belegung des das Kabel nach New York verschliessenden
Condensators stürzt. Der Telegraphierstrom wird trotz seiner
geringen Stärke und trotz der Schwankungen seines Nullpunktes
aus einem Kabelabschnitt in den anderen übertragen.
DigitizsdbyGOO'^le
Der Vielfachbe trieb.
IQ. Vorlesung.
Der Vielfachbetrieb.
BHudotpriniip: Umschichtige Benutiung eines Drahtes durch mehrere Apparate.
Verteilerhebel. — Differenlial-GegensprecheniDifferenlialpriniipbei Galvanoskop
und Relais. — Differential Schaltung (Stöpsel widerstände. Anordnung. Msnganin.
Bifilare Wicklung). Ausgleichs widerstand. Abgehendes und ankommendes Telegramm.
Taste des Empfangsamtes. — Ausgleichscapacität, Künstliche Leitung. — Brücken-
Gegensprechen: BrQclt engesetz, — Zweites Schema. — Wirkliche Schaltung.
Abgehendes und ankommendes Telegramm, Keine gegenseitige Störung.
Unsere heutige Vorlesung gilt dem Vielfachbetriebe, den
Methoden, gleichzeitig mehrere von einander unabhängige
Depeschen über einen und denselben Draht zu schicken. Dem
Unkundigen scheint dieses Beginnen geradezu unmöglich, und
doch stammen die Vielfachmethoden zum Teil schon aus den
Kindertagen der Telegraphie, Heute sind sie dem gesteigerten
Verkehr dringendes Bedtlrfnis. Oberleitungen und besonders
Kabel erfordern die Anlage allzu grosser Kapitalien, als dass
jedes einzelne von mehreren gleichzeitig zwischen denselben
Ämtern beförderten Telegrammen eine besondere Leitung ftlr
sich in Anspruch nehmen dürfte. Wenn es der Verkehr
zwischen zwei Amtern verlangt, werden die Leitungen mehrfach,
vielfach ausgenutzt.
Von den Methoden dieses Vielfachbetriebes wird wegen
ihrer Einfachheit zweckmassig zuerst die Gruppe kurz besprochen,
welche man zu Recht oder Unrecht als Baudotprinzip zu-
sammenzufassen pflegt. In der That dürfen Sie sich an der
Erklärung des blossen Prinzipes umso mehr genügen lassen,
als es hauptsächlich in Frankreich und zwar zum Vielfachbetriebe
des Baudot-Typendruckers angewendet wird. Da aber nichts
hindert, auch jeden anderen Apparat nach der Baudotmethode
zu betreiben, sei für ihre Erklärung der Einfachheit halber der
Klopfer gewählt.
DigitizsdbyGOOgle
422 D^r Vielfachbelrieb.
Die Apparate eines Amtes I kennen Sie nur als mit denen
des Amtes II durch je einen Draht, vier Apparatpaare mit
einander durch vier Drähte verbunden. Bei der Baudotschen
Anordnung ist nur ein Draht vorhanden und die vier Apparat-
paare teilen sich in diesen einen Draht und benutzen ihn
umschichtig. Zu dem Ende mündet der Draht auf beiden
Ämtern in einen Verteilerhebel, der fortwährend und mit
gleichförmiger Geschwindigkeit umläuft (Fig. 274). Dieser Hebel
Fig. 214. Baudotprii
teilt die Leitung den vier Apparatpaaren abwechselnd zu, indem
er mit seiner Kupferdrahtbürste auf einem in vier Teile
getrennten Contaktrlng schleift. Er macht in der Sekunde
H Umdrehungen. Jede von diesen dauert dann '/, Sekunde
und der Contakt mit jedem Sektor des Ringes dabei etwas
weniger als '4« Sekunde. Auf beiden Ämtern liegt an jedem
Sektor ein Apparatesatz (Fig. 274 bei A), und beide Contakt-
hebel laufen synchron.') Dann besteht für das erste '/*" Sekunde
zum Beispiel folgende Verbindung: Apparatsatz A„ Sektor A,,
Contakthebel I, Leitung, Contakthebel II, Sektor A,„ Apparat-
satz A„. Für die nächsten drei '/*" Sekunde ist das Gleiche
mit den Sektoren und ApparatsäCzen Ji, C und D der Fall, Dann
kommt wieder A für das fünfte V*" an die Reihe und ebenso
') Dos hcissl natürlich r
Einschränkung.
■ der S. 4Ü1 her befcar
DigitizsdbyGOOgle
Der Vielfachbelrieb. 423
für das neunte, dreizehnte u. s. f. Jedes Apparatpaar bekommt
umschichtig für seinen Bruchteil der Sekunde die Leitung
zugewiesen, und während dieser Zeit leistet es seine tele-
graphische Arbeit, wobei sich von selbst versteht, dass das
CW der Leitung eine so hohe Telegraphiergeschwindigkeit
zulassen muss. Eine Gesellschaft von Apparaten besitzt gemein-
sam, kommunistisch nur eine Leitung, und die Erlaubnis, sie zu
benutzen, geht herum, und zwar muss so schnell abgelöst werden,
als die Klarheit der Verständigung verlangt. Drei Apparate
pausieren immer einen Augenblick, damit schnell der vierte
telegraphieren kann. Dabei ist gleichgiltig, ob alle vier in der-
selben Richtung arbeiten oder nicht. Die Telegramme A und B
mögen zum Beispie! von I nach H, die C und D von II nach I
gehen oder umgekehrt, wie es gerade der Verkehr verlangt.
Sie werden mir trotzdem bestätigen, dass beim Baudotbetrieb
genau genommen in einem bestimmten kleinen Zeitteilchen
immer nur ein Telegramm über die Leitung geht.
Anders bei dem wahren Vielfachbetrieb, bei dem tatsächlich
auch in kleinsten Zeitteilen gleichzeitig telegraphiert wird.
Meistens handelt es 'sich hier auch nur um zwei gleichzeitige
Telegramme. Es macht auch einen grossen Unterschied, ob
diese beiden Telegramme gleiche Richtung haben oder in
entgegengesetzter- an einander vorbeilaufen. Andere Methoden
ermöglichen das Doppelsprecheii, den Diplexbetrieb und andere
das Gegensprechen, den Duplexbetrieb. Wohl gemerkt, handelt
es sich in beiden Fällen um Telegraphier- und nicht etwa um
Fernsprechweisen, wie der Name vermuten lassen könnte.
Praktisch unwichtig ist das Doppelsprechen, wichtig das Gegen-
sprechen, dessen Betrachtung den ganzen Rest unserer heutigen
Vorlesung ausfüllen soll. Es wird durch zwei verschiedene
Schaltungen ermöglicht; durch Differential- oder durch Brücken-
schaltung.
Zur Erklärung des Differential-Gegensprechens dienen
zwei einfache Versuche. ÄhnUch der Anordnung (Fig. 37 auf
S. 53) aus der vierten Vorlesung, seien rechts und links von
einer Magnetnadel zwei kleine Spulen aufgestellt, sodass deren
Achse zum magnetischen Meridian und zur Nadel senkrecht
steht (Fig. 275). Schickt man nun durch beide in gleichem
Sinne gewickelte Spulen denselben Strom, aber in entgegen-
DigitizsdbyGOOgle
424 D=r Vielfachbetrieb.
gesetzter Richtung, so wird die Nadel nicht mehr wie damals
abgelenkt. Vielmehr bleibt sie ruhig in der Meridianebene
stehen. Das ist am Ende nicht sehr merkwürdig. Denn da-
durch, dass beide Spulen gleiche Windungszahl haben und
von demselben Strome durch-
* flössen werden, erzeugen sie
rWWV*' t >t'iWJ1^] J gleichviel Kraftlinien. Da sie
ausserdem von der Nadel beide
gleich weit entfernt sind, heben
sich die durch die horizontalen
Pfeile bezeichneten Kraftlinien-
bündel in ihrer Wirkung auf
die Nadel auf Zu ihren beiden
Seiten entstehen gleich weit ent-
fernt zum Beispiel zwei gleich
Fig. 21b. starke Nordpole. Mit diesem
Prinzip des Differeniiaigaivanuskops, Versuche haben Sie das Diffe-
rentialgalvanoskop kennen
gelernt. Dessen Nadel bleibt in Ruhe, wenn die beiden (gleich
weit entfernten) Spulen von gleichen und entgegengesetzt
gerichteten Strömen durchflössen werden.
Fig. 276. Priniip des Differenliairdais.
Nach ähnlichem Prinzipe arbeitet_ der wichtigste Teil der
Differentialschaltung: das Differentialrelais. Hier ist unser
Elektromagnetstab von früher (Fig. 28 auf S. 48). Jetzt \\ärd
er aber nicht mit einem einfachen Draht, wie damals, umwickelt.
sondern mit zwei getrennten, neben einander herlaufenden
DigitizsdbyGOOgle
Der Vielfachbelrieb. 425
Drähten (Fig. 276). Beide Drähte, 1 und 2, führen getrennt zu
zwei Paar Klemmen. Anfang und Ende von 1 und 2 sind mit ,4,,
E^ und A^, E, bezeichnet. Nun führt der Anfang von 2 und
das Ende von 1, also A^ und E^, gemeinsam zur positiven
Klemme der Stromquelle. Andererseits liegt A^ und E^ jedes
Ober den gleichen Widerstand W an der negativen Klemme.
Es ist klar, dass die mit dem Einschalten der Ströme in den
beiden Spulen erzeugten Magnetfelder sich gegenseitig aufheben
und der Stab auf eine Magnetnadel ebenso ohne EinÄuss bleibt,
als wenn er gar nicht von Strom umkreist würde. Aus zwei
solchen von einander unabhängigen Drähten besteht nun die
Wicklung eines Differentialrelais. Hier steht uns kein solches
zur Verfügung. Wir können uns aber einen Ersatz schaffen,
indem wir an einem beliebigen Relais die Wicklungen beider
Schenkel trennen und die Enden der getrennten Wicklungen
so schalten, wie eben die der beiden Drähte des Stabes. Nach
dem Einschalten werden beide Schenkel so umflossen, dass die
in ihnen erzeugten Kraftlinien sich zum grossen Teil und ähnlich
wie bei der reinen Differentialschaltung, aufheben. Auch trotz-
dem Strom fliesst, wird der Relaishebel nicht umgelegt, und ein
über ein Trockenelement an die .secundären Relaisklemmen
gelegter Wecker bleibt in Ruhe. Er ertönt aber natürlich,
sobald der Strom in einer Wicklung unterbrochen wird oder
in beiden in der gleichen Richtung fliesst. Nach diesen Vor-
bemerkungen werden Sie die Differentialschaltung für den
Gegen sprechbetrieb leicht verstehen.
In der Skizze (Fig. 277 auf Tafel II) erkennen Sie an den
beigefügten Buchstaben A^, E^ und A^, E^ Anfang und Ende
der beiden getrennten Wicklungen des Differentialrelais. -4, ist
mit der Leitung, E^ über den Widerstand W mit der Erde und
Ky und Jj durch eine gemeinsame Klemme mit der Mittelschiene
der Taste verbunden. Deren Arbeitscontakt liegt an der positiven
Klemme der mit ihrer negativen über einen Schutzwiderstand
geerdeten Batterie. Der Ruhecontakt der Taste führt über
einen Widerstand TI'', der dem der Batterie plus Schutzwider-
stand gleich ist, zur Erde.
Was geschieht nun, wenn Amt I die Taste drückt? Die
Batterie I schickt ihren Strom zu der gemeinsamen Klemme
der beiden Wicklungen und spaltet sich hier in der Richtung
DigitizsdbyGOOgle
426 D=r Viclfachbetrieb.
der beiden Pfeile in zwei Teile, die sich umgekehrt wie die
Widerstände der beiden Leitungszweige verhalten. Wenn das
Relais auf I in Ruhe bleiben soll, müssen beide Ströme, dazu
also auch die beiden Zweigwiderstande gleich sein. Der Wider-
stand der Wicklungen -E, ^, und A^E^ ist gleich. Es muss
demnach auch der übrige Widerstand der Leitungszweige gleich
sein und der zwischen i'^ und Erde eingeschaltete Widerstand 11'
ebenso gross gemacht werden,') wie der Widerstand der Leitung/.,
plus dem auf dem fernen Amt (II) eingeschalteten Relaisweg.
Dann kann die Taste über die Leitung von Amt I nach 11 einen
Telegraphierstrom schicken, ohne dass die Zunge des eigenen
Relais umgelegt wird und der über eine Ortsbatterie mit den
secundären Relaisklemmen verbundene Klopfer ertönt.
; zu Messungen, Widerstände von einer anderen
r (S. 46 Fussnote) her kennen, nämlich StOpstl-
widersiande, welche jene an Genauigkeit und Leichtigkeit grosser Veränderungen
um vieles Qbertreffen. Die einzelnen Widerstandselemente eines solchen StOpselkastens
sind Drahtspulen, die nach Art eines Gewichlssaties in ihrer Grösse nach dem
Einmaleins mit Zehn ahgestufl sind. Der aus Isulationsmaterial bestehende Deckel
des Kastens ist mit mehreren parallelen Reihen von kleinen M essin gklölien besetzt
(Fig. 2181. Der Luftiwischenraum zwischen je zwei solchen Klötzen wird elektrisch
durch eine im Innern des Kastens untergebrachte Widerstandsspule flbcrbrQcki.
Schaltet man die beiden äusscrsten Klötze durch die mit ihnen verbundenen Klemmen
in einen Stromkreis ein, so wird, wie die Sache bis jelit geschildert ist, die Gesamtheit
der Widerstandsspulen von Strom durchflössen, der Widerstand des Stromkreises
iderstandsk asten von oben. Alle Stöpsel gezogen.
um den dieser Gesamtheit vermehrt. Die Klötze sind nun rechts und links krcis-
biiginfürmig so ausgebohrt und auSK^rieben, dass zwischen je zweien von ihnen ein
Messing Stöpsel (Fig. 279) eingesetzt weiden kann. Der Widerstand des Stöpsels
DigitizsdbyGOOgle
Der ViElfachbetricb.
427
So viel ist klar, Amt I kann nach II geben, ohne dass sein
eigener Empfänger auf den für II bestimmten Strom anspricht.
Zum Gegensprechen gehört aber auch, dass es nun den von II
kommenden Strom aufnehmen kann. Amt 11 hat dieselbe
Schaltung wie I. Nur liegt die positive Klemme der Batterie
an Erde und die negative am Arbeitscontakt der Taste. Von
der Capacitätsschaltung (S. 392) her wissen Sie aber , dass
nichts im Wege steht, Ströme, welche entgegengesetzt gerichtete
Telegramme tragen, in gleicher Richtung fliessen zu lassen.
Würden also beide Ämter gleichlautende Telegramme genau
gleichzeitig geben, so würde — auf einer Leitung ohne
Capacitat — von I nach II ein Strom von der doppelten Stärke
des einzelnen fliessen.
Welchen Weg muss nun der von II nach I gegebene
negative Strom nehmen? Von der Leitung kommend, durch-
messt er die eine Relaisrichtung Ä,E, in der Richtung A, > E„
geht von da in seinem Hauptteile zur Mittelschiene der Taste
und nimmt nun, je nachdem die Taste niedergedrückt ist oder
nicht, seinen Weg zur Erde über den Arbeitscontakt durch die
Batterie oder über den Ruhecontakt durch den Widerstand W,
welcher dem der Batterie gleich ist. Der Strom geht nur in
seinem Hauptteile zur Taste, und ein kleiner Zweigstrom
selbst ist zu vernachlässigen unil bei festem Einsetzen auch der des i'bergatigcg
^wischen Stdpsel und Kloti. Durch Einsetzen oder Ziehen der SlOpsel hat man es
deshalb in der Hand, mehr oder weniger Widerstand in den Stromkreis einiiisdiallen.
MesBiineen sehr dnraur an. da;
is der für die
einzelnen Drahtspiilen auf den
1 Kasten ver-
zeichnete Widerstand unter alle
n Bedingungen
richtig ist. Deshalb ist als
Drahtmaterial
Manganin gewählt, von dem Sic wissen, dass
CS seinen Widerstand mit der Temperatur
nicht ändert. Deshalb sind ferner die Spulen
bililar gewickelt irig. 2791 und ihr Widerstand
ist gegen veränilcr)iihe Ströme derselbe wie
>:,.gen Gleichstrom.
Uililare Spule
Stßpsel eines '
Nach Silva
I and Sande r<
I durch li
rcontflktc I
ng nicht durch Stfipsei,
„Google
428 Der Vielfflchbetrieb.
durchfliesst die Relaiswicklung 2 in der Richtung A^ v E,.
Sie beachten diese Richtung, vermöge deren der Zweigstrom
in der Wicklung 2 seine magnetische Wirkung der in 1 hinzu-
fügt. Wirkung 1 wird jetzt nicht von einer gleich grossen
Wirkung 2 aufgehoben, sondern von einer, wenn auch kleinen
Wirkung 2 unterstützt. Es wird in den Relaiskernen ein wirk-
sames Kraftlinienbündel erzeugt, der Relaishebel umgelegt und
der in den Ortskreis geschaltete Klopfer in Thätigkeit versetzt.
Nun kann aber der vom fremden Amte kommende Strom die
Taste nicht nur auf dem Ruhecontakt oder auf dem Arbeits-
contakt, sondern wenigstens für kurze Zeit noch in einer dritten
Stellung antreffen, in der Schwebelage. Wie soll der Strom
fliessen und seine magnetische Relaisarbeit verrichten, wenn
der Tastenhebel sich gerade auf dem Wege von einem zum
anderen Contakt befindet, wenn an beiden der Leitungsweg
zur Erde an Arbeits- und Ruhecontakt durch Luft unterbrochen
ist? Die Antwort darauf liegt nahe. Der Strom benutzt dann
den dritten Weg, der sich ihm zur Erde bietet. Er fliesst ganz
und ungeteilt durch die Relaiswicklung 2 in der Richtung
Jj - ■>■ E^. Die Kraftlinien beider Wicklungen unterstützen
sich demnach. Ja, Sie fragen, ob jetzt nicht die magnetische
Wirkung zu heftig geworden ist, wo der Hauptstrom die
doppelte Windungszahl durchfliesst, als vorher. Allerdings ist
der Faktor n des Produktes Amperewtndungen Jn zu 2 m ge-
worden. Aber dafür muss jetzt der Strom auch noch den Wider-
stand W überwinden, den wir ja ebenso gross gemacht haben,
wie den übrigen Widerstand des Kreises. Im Ganzen sind es
also 2 W. Deshalb sinkt / auf . j und es bleibt die Grösse
des Produktes Jn, folglich die erzeugte Anzahl Kraftlinien
unverändert. Die Besorgnis, die Schwebelage der Taste, welche
man übrigens durch eine besondere Einrichtung vermeiden kann,
möchte zu Verwicklungen Anlass geben, ist unbegründet. Auch
während ihrer — ohnehin kurzen — Dauer wird der Relais-
hebel mit der gleichen Kraft wie sonst umgelegt.
Mit anderen Worten: Mag die auf I gebende Taste eine
Stellung einnehmen, welche sie will, sie ändert am ungestörten
Empfang des von II einlaufenden Telegramms ebenso wenig,
als vorher der von ihr, der Taste I, gegebene Strom den
DigitizsdbyGOOgle
Der Vieirachbetrifb. 429
Empfangsapparat I selbst beeinflusste. Also weder Störung
des fremden Stromes, noch störende Einwirkung des eigenen.
Genau so liegen die Dinge natürlich auf dem Amte II, wie Sie
sich selbst leicht und zu nützlicher Wiederholung überlegen
können.
Unsere Untersuchung der DifFerentialschaltung hat mithin
folgendes Ergebnis: Die Telegraphierströme beider Ämter laufen
in gleicher Richtung über die Leitung. Sie addieren sich in
jedem einzelnen Augenblick und denken nicht daran, sich zu
stören. Vermittelst einer kunstvollen Anordnung zerlegt jedes
Amt die Summe der Telegraphierströme in ihre beiden Bestand-
teile. Gleichsam mit derselben Sicherheit, als ob die Coulomb
beider Batterien verschieden gefärbt wären, analysiert es die
Stromsumme, benutzt den ihm zugedachten Teil und lässt den
anderen unbeachtet.
Unserer Besprechung sind noch einige Dinge hinzuzufügen.
So ist es nur selbstverständlich, dass jedes Amt ein Galvano-
skop beansprucht und zwar eins mit Differentialprinzip. Der
Versuch von vorhin (Fig. 275) zeigte ja ein solches Galvano-
skop mit seinen zwei Spulen, die auf die Nadel ebenso wirken,
wie die Wicklungen des DifFerentialrelais auf seinen Hebel.
Gerade wie dieses, nimmt auch die Galvanoskopnadel nur
von Strom aus der fernen Batterie Notiz. Der einfacheren
Zeichnung wegen, sind in der Skizze die beiden Wicklungen G,
und öj des Galvanoskops ebenso, wie elektrisch, auch räumlich
in zwei Hälften getrennt. ThatsächÜch gehören sie natürlich
räumlich zusammen.
Für einen sauberen Betrieb ist die richtige Grösse des
Widerstandes W Bedingung. Die beiden Wege, welche von
der gemeinsamen Relaisklemme über die beiden Wicklungen
zur Erde führen, müssen eben, damit das Relais vom Strome
des eigenen Amtes unbeeinflusst bleibt, denselben Widerstand
haben. Bezeichnet Tr,, den wahren Widerstand der Leitung,
Wn den einer Relais wicklung und M'u den einer Galvanoskop-
spule, so muß, wie Sie sich leicht überlegen können, mit einer
kleinen Ungenauigkeit
DigitizsdbyGOO'^le
430 L>cr Vidfaolibetrich.
gemacht werden. Dabei ist der Widerstand der Erdleitung 11'^
auf beiden Ämtern als gleich angenommen^).
Bei diesem W ist nun noch ein Aber. Denn, wie die
Erinnerung an die beiden letzten Vorlesungen vermuten lässt,
entstehen Schwierigkeiten, sobald die Leitung eine nennenswerte
Capacitat besitzt. Relais I bleibt vom Strom I nur unbelästigt,
wenn an der gemeinsamen Klemme der .Wicklungen eine Ver-
zweigung in gleiche Ströme stattfindet. Während des Dauer-
zustandes, bei längerem Tastendruck, zwar sind (Ür diese
Verzweigung die Ohmschen Widerstände allein massgebend.
Ist das W genau auf die eben angeschriebene Summe abgeglichen,
dann bewirkt der eigene, aus dem Ohmschen Gesetz folgende
Dauerstrom keine Ablenkung der Galvanoskopnadel, keinen
Ausschlag des Relaishebels. Aber mit Anwachsen des Pro-
duktes C'ir wird bei der Arbeit der Taste der Dauerwert des
Stromes nicht mehr erreicht und es herrscht allein der veränder-
liche Zustand. Bei der Arbeit der Taste findet deshalb ohne
Weiteres an der gemeinsamen Relaisklemme keine Gabelung in
gleiche Ströme mehr statt. In den Leitungszweig saugt die
Capacitat einen heftigen Ladestrom hinein, von dem Sie aus
unseren Kurven (z. B. Fig. 252 auf S. 381) wissen, dass er den
Ohmschen Strom um Vielfaches übertreffen kann. In den Aus-
gleichszweig fliesst nur dieser verhältnismässig unbedeutende
Ohmsche Strom. Keine Spur mehr von gegenseitigem Ausgleich,
von DiflTerentialwirkung. Der Relaishebel wird heftig umgelegt,
der Klopfer spricht an. Aus dieser Verlegenheit hilft ein ein-
facher Kunstgriff. Wenn das Gleichgewicht durch die Capacitat
der Leitung gestört wird, fügt man dem Ausgleichs-W ein
Ausgleichs-6' hinzu. Ist die Leitung mit Capacitat begabt, so
muss es auch ihr elektrisches Gegengewicht sein. Weil aber
'I Der fDr die Batteriebein essung in Frape kommende Gesamt widerstand crgiebl
= ar« + "'.,■) + '/3l^■'.-!-3,'2(^^>;+ w)
wobei aber zu berQeksichligcn ist, dass immer nur die Hälfte des von dei
gcliercrten Stromes m die I.eitung gi'langt.
D,„i,.,db,Google
Der Vielfachbelrieb. 431
auf der Leitung — sei es eine Oberleitung oder eine Kabelseele
— jedes kleinste Stückchen Draht zugleich Träger des Wider-
standes und der Capacität ist, kann man zum gründlichen Aus-
gleich nicht einfach neben den Widerstand einen einzigen
Condensator schalten, dessen Capacität gleich der gesamten
der Leitung ist. Vielmehr ist die Capacität zu unterteilen und
wenigstens in zwei bis drei Condensatoren zu legen, so dass
das entsteht, was man eine künstliche Leitung nennt
(Fig. 280 auf Tafel II). Wenn man dann diese künstliche
Leitung richtig abgeglichen und sie in ihren elektrischen Eigen-
schaften der wirklichen Leitung gleichwertig gemacht hat, dann
erst sind die sich an der gemeinsamen Relaisklemme teilenden
Zweigströme in jedem Augenblick einander so gleich, dass ein
ungestörter Differentialbetrieb möglich ist.
Auch nach der zweiten Methode des Gegensprechens kann
im Prinzip jeder Telegraphenapparat, auch der als einfaches
Beispiel zu wählende Klopfer, betrieben werden. Diese Methode
benutzt die Brückenschaltung, die Ihnen aus drei einander
folgenden Skizzen (Fig. 281, 282, 283 auf Tafel II) verständlich
werden wird. Zuerst das einfache Schema (Fig. 281), Die positive
Klemme einer Stromquelle B führt über einen Ausschalter zu
der Ecke A eines Schaltungsvierecks A B C D. Die mit 1, 2, 3, 4
bezeichneten Seiten dieses Vierecks sind nicht einfache Leitungs-
drahte, sondern enthalten Stöpselwiderstände, Nun ist von der
Ecke li zur Ecke D ein Draht als Brücke gelegt und in ihn ein
gewöhnliches Galvanoskop eingeschaltet. Im Allgemeinen
schlägt, wie der Versuch zeigt, mit dem Einschalten der Strom-
quelle das Galvanoskop aus. Die Stärke dieses Ausschlages
und sogar seine Richtung verändert sich, wie Sie sehen, mit
der Grösse der in die Vierecksseiten eingeschalteten Widerstände.
Es interessiert zu wissen, was für Widerstände gezogen werden
müssen, damit auch nach dem Einschalten der Brückendraht
stromlos und das Galvanoskop in Ruhe bleibt.
Der Widerstand des Zweiges 1 werde mit tr, und der in
ihm lliessende Strom mit i^ bezeichnet und dementsprechend
Widerstand und Strom in den drei anderen Vierecksseiten mit
w^, ii\, w^ uud fj, »,, i^. Soll in den Brückendraht weder in
der einen, noch in der anderen Richtung Strom abzweigen, so
ist natürlich ', ^»^ und i^= i',. Nun wissen Sie, dass bei Strom-
DigitizsdbyGOOgle
432 I'er Vielfachbetrieb.
Verzweigungen sich die Zweigströme umgekehrt verhalten, wie
die Zweigwiderstände. Der von E kommende Strom verzweigt
sich im Punkte A in die beiden Teile i, und i^, die sich in C
wieder vereinigen. Der Widersland des Weges AC über li ist
w, -|- Wj, über Z) w, + w,. Demnach
1) )', w, 4- w^
h ~ Wl + Wl
Der Brückendraht BD kann nun nur dann stromlos bleiben,
wenn seine Enden B und B die gleiche elektrische Spannung
haben. Denn ein Spannungsunterschied zwischen ihnen würde
in der einen Richtung oder der anderen Strom durch den Draht
drücken. Unter der Annahme, dass die kupfernen Leitungsdrähte
EA und EC widerstandslos durchflössen werden, hat — so
wollen wir es ausdrücken — A die Spannung E der positiven
Batterieklemme und C die Spannung Null der negativen. Der
Strom erleidet also auf dem Wege von A nach G den Spannungs-
abfall E, sei es, dass dieser Weg über B oder über /> führt.
Wenn B und B gleiche Spannung haben sollen, muss der
Spannungsverlust auf dem Wege AB ebenso gross sein, wie
auf dem AD, und es ist nach Ohm
2) i^u\ = i^w^.
Diese Gleichung wird auf beiden Seiten durch i^%v^ dividiert:
" !; = s;-
1) und 3) giebt
w^ Wj + ?(■_,
M', v)^ -\- füj
oder ausmultipliziert
w^ w^ + '"i *''4 = «'i "3 + *''i '*'i-
DigitizsdbyGOOgle
Der Vielfachbetrico. 433
Die Rechnung ergiebt das Gesetz der Brückenschaltung:
Wenn die Produkte der über Kreuz liegenden Widerstände
gleich sind, fliesst durch den Brückendraht kein Strom.
Auf dieser im elektrischen Messbetriebe täglich, und das
tausendfältig, benutzten Thatsache beruht auch die Brücken-
methode des Gegensprechens. Doch ehe wir zu ihr übergehen,
sollen Sie noch gesehen haben, wie aus dem ersten Brücken-
schema (Fig. 281) das zweite {Fig. 282) hervorgeht. Punkt C
zerfällt in zwei neue: C, und C^. Sie werden jeder für sich
geerdet und erhalten so, wie vorher der gemeinsame Punkt C,
die Spannung Null. Die von C abgelöste negative Klemme
der Stromquelle E Hegt an Erde, die positive an der Arbeits-
schiene einer Taste, deren Mittelschiene zum Eckpunkte A des
Schaltungsvierecks führt. Ihre Ruheschiene ist geerdet. Trotz-
dem ist elektrisch nichts gegen vorher verändert, und bei
Tastendruck bleibt der Brückendraht stromlos, sobald die
Bedingung ^c^ u\ ■= n\ w^ erfüllt ist. Für den Fall , dass
«-, = w^ gemacht ist, muss bei Stromlosigkeit der Brücke
auch H'j = v\ sein.
Betrachten Sie nun das dritte Schema (Fig. 283), welches
fast die endgiltige Schaltung für das Brücken-Gegensprechen
vviedergiebt. Lassen Sie dabei zunächst nur Amt I die Brücken-
zweige 1, 3, 4 enthalten und die Leitung L plus allem, was
auf Amt II liegt, den zugehörigen Zweig 2 vorstellen. Wird
dann die Taste I gedrückt, so fliesst durch den Brückendraht I
und damit durch Galvanoskop I und durch Klopfer M,, die in
ihn eingeschahet sind, kein Strom, wenn i«, = w^ und
u\ = tCj gemacht worden sind. Das heisst, w, muss so
gross wie der gesamte Widerstand sein, den der aus der
Batterie I fliessende Strom vom Punkte H, aus auf seinem
Wege durch die Leitung L und das Amt II zur Erde erfährt.
Dieser Strom hat also Amt I verlassen, ohne dessen Klopfer
in Thätigkeit versetzt zu haben, und ist über die Leitung nach
Amt II gelangt. Für ihn kann nun Amt II nicht auch als
Brücken anordnung wirken. Denn er tritt einseitig zum
Punkte B ein. Er verzweigt sich dort, geht zum Teil unmittel-
bar nach A, Taste und Erde, zum Teil über Galvanoskop und
Klopfer M dorthin. Ein kleiner Teil fliesst auch von D über 3
zur Erde ab. Demnach wird gemäss den Weisungen der
DigitizsdbyGOO'^le
434
D«r Vielfachbetrieb.
Taste I der Klopfer M„ von Strom durchflössen. Mit gleichem
Erfolge giebt Amt II nach I, ohne dass sein eigener Klopfer
darauf anspricht, wenn nur auch auf II tp, ^ u-^ und ir,
gleich der Summe der Widerstände von L und des Weges
gemacht worden ist, der auf Amt I von Ji zur Erde führt.
Also getrennt kann jedes Amt geben, so dass der fremde
Klopfer anspricht, der eigene nicht. Können nun auch beide
Ämter gleichzeitig geben und die Telegramme ungefährdet an
einander vorbei gelangen? Gewiss, denn bei der gezeichneten
Batterieschaltung 'I addieren sich die in allen Zweigen der
beiden mit einander vereinigten Schaltungsvierecke — ein-
schliesslich der Leitung — die Telegraphierströme, Sie denken
nicht daran sich zu stören, wie man sich bei etwaigem Zweifel
durch Nachrechnung eines Beispieles leicht klar machen kann.
Nach dem, was vorhin (S. 430) bei der Differentialschaltung
gesagt wurde, ist es klar, dass die Zweige 3 auf beiden Ämtern
die von ihnen ausbalancierte Leitung in ihren elektrischen
Eigenschaften vollständig wiedergeben müssen. Nötigen Falles
ist in sie auch Capacität einzuschalten und zwar so, dass die
künstlichen Leitungen die wirklichen so weit, als möglich,
nachbilden. Besonders gründlich hat das bei langen Seekabeln
zu geschehen. Die sogenannte Haarwoodschaltung, nach der
auf diesen der Gegensprechbetrieb geführt wird, ist nichts, als
eine etwas abgeänderte Brückenschaltung.
Hiermit schliessen wir die Besprechung der Telegraphie
ab, soweit sie ihre Nachrichten mit dem alten Hilfsmittel des
elektrischen Stromes überträgt. Ich schlage vor, in unserer
nächsten Zusammenkunft mit der Besprechung des Fernsprech-
wesens zu beginnen, und die mit neuen und Ihnen noch fremden
Erscheinungen arbeitende Funkentelegraphie für den Schluss
unserer Vorlesungen aufzusparen,
') Bei umgekehrter Schaltung addieren sie sich mit umgekehrtem Vorzeichen.
D,„i,.,db,Google
.,db,Google
D,„i,.,db,Google
Telephon und Mikrophon.
20. Vorlesung.
Telephon und Mikrophon.
Telephon. Bau. Umsetzung von elchlrisdier. in SchalUrbeit. Gleiche Periodenzalil
von Strom imil Ton. Die Amplitucie der Strom'wellc entspricht der der Schallwelle.
SchwSchimK durch Selbstinduktion. Empfindlichkeit.
Mikrophon. Bleistiftmodell. Widers Land 9 Änderungen. Ihre Erklftning aus dem
Ausbreit ungs widerstände, dessen GrOsse sich mit der Breite der StromQbergangs-
stellen ftndert. Wellenstrom. Umwandlung von Arbeit im Telephon, Auslosung im
Mikrophon. — Walienmikrophon. Die Vermehrung der wirksamen Contakte bewirkt
eine bessere Ausnutzung; der zugefflhrten Schallenergie, eine etwas geringere Strotn-
belastung, vermehrte Belriebssicherheit und vermeidet Contaktverbrennung durch
OfTnungsfunkcn. — Kohlenstoff als mikrophonisches Material. — Fabrikation der
Mikrophonkohle.
^a
Alle Telephone, so verschieden sie aussehen mögen,
enthalten einen polarisierten Elektromagneten, dem als Anker
eine Platte aus weichem Eisen, die Schall-
platte, vorliegt. Die älteste Form des
Telephons wird von diesem Unterrichts-
modell vorgestellt, das, zum Aufklappen
eingerichtet, die einzelnen Teile (Fig. 284)
zeigt: den Magnetstab — dessen Ver-
längerung aus weichem Eisen als Spulen-
kern — diesem aufgeschoben, die Spule —
dem freien Kernende im Abstände einiger
Zehntel Millimeter gegenüber die Schall-
platte, weniger, als 0,5 Millimeter dick und
mit ihrem Rande in einen zum Schallbecher
ausgebildeten Holzring eingespannt. Die
magnetischen Kraftlinien gehen zum Beispiel
vom unteren Pole nach oben durch den
Stabmagneten, den Polschuh aus weichem
Eisen, die Luftbrücke von einigen Zehntel
Millimetern, die Schallplatte und dann im
Bogen durch die Luft zum Ausgangspol
zurück. Wie Ihnen bekannt, sind Magnet- pjg 284. Telephon
pole nur in der Nähe der Stellen wirksam, mit Siabmagnet.
„Coogic
436
Telephon
t Mikrophon
an denen Kraftlinien aus dem magnetischen Materiale in die
Luft übertreten. Der obere Pol des Stabmagneten wird somit
durch den eisernen Polschuh um dessen Lange nach oben ver-
schoben. Polschuhende und Schallplattenmitte tragen entgegen-
gesetzte Magnetpole.
Nun lege ich die Spule des Modelltelephons mit ihren
beiden Drahtenden an die Klemmen eines Trockenelementes
und schalte Widerstand und Taste dazwischen (Fig. 284).
Wird die Taste gedrückt und dadurch der Spulenstrom
geschlossen, so hören Sie ein lautes Knacken im Telephon,
verursacht durch eine plötzliche Durchbiegung der Plattenmitte
auf den Polschuh zu oder von ihm fort. Die Kraftlinien des
Spulenstromes haben sich eben jetzt denen
des Dauermagneten zugesellt und, je nach
ihrer Richtung, die Anzahl jener um die
ihre vermehrt oder vermindert. Die Schall-
platte wird plötzlich stärker oder weniger
stark angezogen, als vorher. Sie bekommt
magnetisch einen Stoss und gerät in
Schwingungen, erreicht aber schon nach
einem Augenbhck ihre neue Ruhelage, in
der ihre Mitte zum Polschuh hin oder von
ihm fort gebogen ist. Auf diese Weise
kommt das Knacken zu Stande.
Soll das Telephon einen fortgesetzten
Ton geben, so muss man es mit Wechsel-
strom speisen. Dazu wird in unserer An-
ordnung das Trockenelement durch die
secundäre Spule eines kleinen Induktions-
apparates und das Modelltelephon durch
ein kräftigeres mit Hufeisenmagnet ersetzt
(Fig. 285), Ein Sclialltrichter (wie in
Fig. 134 auf S. 223) vermehrt die Laut-
wirkung. Sobald nun das Induktorium
arbeitet und Wechselstrom die Telephon-
spulen durchfliesst, vollführt die Schall-
platte dieses ganz melodische Gebrumm,
dessen Tonhöhe natürlich der Periodenzahl
n Induktorium gespeist, des Wechselstromes entspricht. Durch
Telephon
Digitizsdb/GOOgle
Telephon und Mikrophon. 437
Andrehen der Contaktschraube gegen die Unterbrecherfeder
wird der jedesmalige Weg des Unterbrechers verkleinert, also
die Unterbrechungsgeschwindigkeit und damit die Periodenzahl
des secundären Wechselstromes und damit die Schwingungszahl
der Schallplatte vergrössert. Der Ton wird höher, und Sie
hören, dass bei passendem Drehen der Unterbrecherschraube
das Telephon einen Dreiklang bläst.
Was sodann die Stärke des von der erzitternden Schallplatte
gelieferten Tones anbetrifft, so hängt sie natürlich von der
Stärke des die Spulen durchfliessenden Wechselstromes ab.
Die Amplitude der Stromwelle bedingt in ihrer Grösse die der
Schallwelle. Man brauchte in den Telephonkreis nur Widerstand
einzuschalten, und der Brummton würde leiser werden. Doch
kennen Sie ein wirksameres Mittel, Wechselstrom zu schwächen,
als Ohmschen Widerstand, nämlich Selbstinduktion. In den
Telephonkreis wird deshalb eine Kupferdrahtspule eingeschaltet
(in Fig. 285 schematisch angedeutet). Noch hören Sie gegen
vorhin keinen grossen Unterschied in der Tonstärke. Sobald
man aber in das Innere der Spule einen Lisenkern einführt,
wird der Ton merklich leiser und das umso mehr, je weiter
der Kern in die Spule hineinreicht. Die Selbstinduktion stellt
sich mit ihrer Gegenspannung der an den Klemmen der
secundären Induktorwicklung wirksamen Wechselspannung ent-
gegen, und nur, was von dieser dann noch übrig bleibt, schickt
als Betriebsspannung Strom durch die Telephonspulen. Es ist
filr Sie nur selbstverständlich, dass die Selbstinduktion unter
sonst gleichen Verhältnissen mit steigender Kraftlinienzahl,
also mit abnehmendem magnetischen Widerstände wächst.
Daher die Wirkung des Eisenkernes. An dieser Stelle sei
gleich auf die ganz ausserordentlich grosse Empfindlichkeit
der Telephone hingewiesen. Zur deutlichen Wiedergabe
der Sprache wird im Betriebe ein Wechselstrom verlangt, dessen
Amplitude nicht grösser zu sein braucht, als 0,1 Milliampere,
etwa nur ' 100 des Morsestromes. Aber es wird angegeben,
dass zum Ansprechen eines. Telephones der erstaunlich geringe
Wert von lO"" Ampere = ,nr,-x*"ir — ausreichen kann.
*^ 100 Millionen
Allerdings ist zu bemerken, dass man von verschiedenen Seiten
recht verschiedene Zahlen dafür angeführt findet.
DigitizsdbyGOOgle
438
Telephon
ind Mikrophon.
Unser Versuch hat Ihnen als wichtigste Ausbeute die
Erkenntnis gebracht, dass ein mit passendem Wechsel-
strom gespeistes Telephon
Töne erzeugt, die in ihrer
Höhe von der Periodenzahl
und in ihrer Stärke von der
Amplitude des Wechsel-
stromes abhängen. Das
Telephon ist eine Maschine,
die elektrische Arbeit in
Schallarbeit umsetzt. Es ist
der Empfangsapparat der
Telephonie.
Als Geber dient jetzt
allgemein das Mikrophon,')
dessen Wirkungsweise Ihnen aus
diesem Modell (Fig. 286) klar
werden soll. An einem hölzernen
. Ständer, der zugleich als Reso-
nanzboden dient, sind mit Hilfe
/ kleiner Messingfassungen zwei
Y) "l Klötzchen aus Kohle befestigt.
Diese halten in zwei kleinen
Aushöhlungen einen beiderseits
wenig angespitzten Bleistift zwischen sich. Da die Seele eines
Bleistiftes bekanntlich aus Graphit besteht, sind hier drei
Fig. 2S6. MikrophotiTnodell.
I) Die Reichspost bezeichnEt den Geber, dos Mikrophon als Fernsprecher (im
engeren Sinne) und den Empianger, das Telephon, als Fernhörer. Streng genommen
hCrl nun allerdings das Mikrophon das Gesprochene. Es bildet COr das Apparalganie
das Ohr, nimmt die Schallwellen aus der Luft auf und leitet sie elektrisch weiter.
Der erste Geber hatte auch geradezu die Form eines Ohres. Der Emplänger hingegen,
das Telephon, wandeil SlromstOssc in Sehall um. Es erzeugt die Sprache, es spricht.
Die Namen Fernsprecher und Fernhörer mOssten demnach gerade vertauscht werden.
Da nun aber der Namengeber an das praktisch wichtige gedacht haben mag, daran,
dass mit dem Fernhörer gehört, in den Fernsprecher gesprochen wird, so ntögen
Sie zwar das kurie Wort Hörer nicht ganz verschmähen, im übrigen aber ruhig
die über den Erdkreis verbreiteten, wenn auch nichtssagenden Namen: Telephon und
Mikrophon weiter gebrauchen. Gerade da wir hier im Altgemeinen abernossige
Fremdwörter vermeiden, brauchen wir die unleidliche, auch in die Elektrotechnik
eingedrungene FiemdwOrterhetie nicht mitiumachen.
DigitizsdbyGOO'^le
Telephon und Mikrophon. 439
Stückchen Kohlenstoff mit einander in lockerer Berührung. Die
Messingfassungen fahren über Leitungsdrähte zu Klemmen.
Dadurch ist es leicht, die drei Stückchen Kohlenstoff zusammen
mit einem (gedämpften) Galvanoskop in den Stromkreis eines
Trockenelementes einzuschalten. Nun beobachten Sie bitte den
Zeiger des Galvanoskops. Er steht nur so lange ruhig, als jede
Erschütterung des Modelles vermieden wird. Sobald man eine
tickende Taschenuhr auf den horizontalen Fuss des Ständers
legt oder neben ihm leicht mit den Fingern auf den Tisch
trommelt, gerät der Zeiger, der davon natürlich nicht direkt
beeinflusst werden darf, in lebhafte Bewegung. Ähnliches zeigt
der in dieser Jahreszeit nicht ausführbare Trick, durch etwas
Honig eine Fliege auf das Modell zu locken. Deren Bewegungen
bewirken dann die notwendigen Erschütterungen. Gleiches
thut auch bei dem Modell schon lauter Schall. Es genügt, in
der Nahe laut zu husten oder zu sprechen, und der Galvanoskop-
zeiger bewegt sich.
Die Bewegungen der Galvanoskopnadel zeigen Schwan-
kungen der Stromstärke in dem Kreise an, in den das Gal-
vanoskop eingeschaltet ist. Das speisende Trockenelement
ändert seine Elektromotorische Kraft nicht. Somit können die
Schwankungen der Stromstärke nur durch solche des Wider-
standes hervorgerufen sein. Der Widerstand der Galvanoskop-
wicklung, der Klemmen und Verbindungsdrähte ist natürlich
während des Versuches constant. Die Widerstandsschwankungen
müssen deshalb ihren Grund in der lockeren Berührung zwischen
den Bleistiftenden und den ausgebohrten Kohlenklötzen haben.
Dort liegen Contakte von der Art, wie sie sonst als Klapper-
contakte dem Praktiker oft verdriesslich sind.
Hier freilich leisten diese Contacte nützliche technische
Arbeit. Aber es scheint mir, dass die landläufigen Mikrophon-
erklärungen den wirklichen Vorgang dabei nicht richtig oder
nicht erschöpfend beschreiben. Sie sprechen davon, dass die
Kohlen contakte durch die Erschütterung sich mehr oder weniger
innig berühren und dadurch einen kleineren oder grösseren
Widerstand erhalten. Man wird aber mit Recht einwenden,
dass die Leiter in zwei punktförmigen Stellen ihrer reinen
Oberfläche sich entweder elektrisch berühren oder es bleiben
lassen. Ein drittes giebt es nicht, und der gegenseitig auf ein-
„ Google
■■i-^^r.
440 Telephon und Mikrophon.
ander ausgeübte Druck ist gleichgiltig. Nun handelt es sich
aber bei den Contakten nicht um punktförmige, sondern um
ausgedehnte Stellen der Leiter, und hier hat die Erklärung
einzusetzen.
Betrachten Sie dieses Bild (Fig. 287). Es stellt ein dünnes
rechteckiges Kupferblech dar, wie es der Länge nach von
Strom druchflossen wird. Dieser, in der Stärke von dreissig
Fig. 2S7. Strom- und Sfiannungslinien eines durchflosscncn Bleclics.
Ampere, tritt über die den Mitten der Schmalseiten aufge-
drückten halbkreisförmigen und verhältnismässig schmalen
Klemmen ein und aus. Nun zeigt das Bild als Ergebnis einer
ganzen Reihe von Beobachtungen '), wie der Strom in dem
Kupferblech verlauft. Die Linien, welche es der Länge nach
durchziehen, die s. g. Stromfäden, geben mit ihrem Laufe den
des Stromes an. Dabei sind sie hier so gezeichnet, dass in dem
schmalen Blechstreifen zwischen zwei von ihnen immer gerade
ein Ampere fliesst. Wollen Sie jetzt beachten, wie die schmale
Eintrittsstelle den Strom veranlasst, das Material des Bleches
ganz ungleichmassig auszunutzen. Bei ihrem Eintritt in das
Blech stürzen die Coulomb in ihrer Hauptmenge zunächst gerade-
aus vorwärts und erfüllen erst später gleichmassig die ganze
>) Siehe meinen Aufsati nber Widerstand tind Stromverlauf. Elektrotechnische
Zeilscliriß 25. S. 1091. 1904.
DigitizsdbyGOOgle
Telephon nnd Mikrophon. 441
Blechbreite. Dadurch erleidet auch in der Nähe der Klemmen
die Strommitte einen stärkeren Spannungsabfall, als die Flanken.
Die Querlinien, die Linien gleicher Spannung, sind zunächst
an den Flanken sehr viel weiter von einander entfernt, als in
der Strommitte. Erst allmählich werden sie zu Senkrechten
von gleichem Abstände. Anfänglich verlaufen auch die Strom-
fäden in der Mitte der Blechbreite sehr viel enger neben ein-
ander, als am Rande. Diese unvollkommene Materialausnutzung
erhöht den Widerstand des Bleches und zwar in unserem Falle
um etwa 4"/o seines Wertes. Diese 4 ' •• sind für die vorliegende
Anordnung der Ausbreitungswiderstand, der natürlich
umso mehr zunimmt, je schmaler die Stromeintrittsstelle im
Verhältnis zur Strombahn wird. Denn ein umso grösserer
Teil der Coulomb fliesst dicht gedrängt gerade aus und ein
umso kleinerer über den langen Weg der seitlich jetzt noch
weiter ausschweifenden Bogen. Das Material wird eben umso
unvollkommener ausgenutzt. Würde der Strom bei seinem Ein-
tritt in einen Leiter zunächst dessen ganze Breite erfüllen und
dann gewissermassen seine ganze Front gleichzeitig antreten
lassen, so wäre der Widerstand des Leiters unabhängig von
der Breite des Stromeintritts. Dann wäre es gleichgiltig, ob
dieser in einer schmalen punktförmigen Stelle oder in einer
breiteren oder in mehreren neben einander stattfindet. Immer
wäre der Widerstand einfach der nach Ohm für das gesamte
Material des Leiters berechnete. Tatsächlich hängt aber, wie
das Bild des Kupferbleches lehrt, der Widerstand des Leiters
sehr wohl von" der Breite des Stromeintrittes ab.
Hiermit scheint vollkommen aufgeklärt, warum bei dem
Mikrophonmodell die Erschütterung der Kohlenstoffstückchen
ihren Widerstand ändert. Bei der Erschütterung berühren sich
ihre Oberflächen bald in mehr, bald in weniger Stellen von
grösserer oder geringerer Breite. Dadurch wird überall in der
Nähe der Übergangsstellen der Kohlenstoff zur Stromleitung
verschieden ausgenutzt, und das bringt eine Veränderung des
Widerstandes mit sich. Die mehr oder weniger innige Be-
rührung, von der die Mitrophonerklärungen zu sprechen pflegen,
beruht also nicht etwa darauf, dass an sich der Strom umso
leichter von einem Leiter auf den anderen übertritt, je mehr
ihre Oberflächen auf einander gedrückt werden. Sie besteht
DigitizsdbvGOOgle
442 Telephon und Mikrophon.
vielmehr in der Vergrösserung der sich berührenden Ober-
flächenstellen, in der Verbreiterung der Contakte, nicht in der
Verkleinerung eines Überganges — , sondern eines Ausbreitungs-
widerstandes.
Der träge Zeiger des Galvanoskops folgt natürlich den
Änderungen der Stromstärke, wie sie von denen des Mikro-
phonwiderstandes bewirkt werden, nur sehr unvollkommen.
Viel besser zeigt sie ein Telephon, dann natürlich dem Ohre statt
dem Auge. Dazu wird zweckmässig unser Modellmikrophon
durch ein technisches ersetzt, etwa durch dieses Walzen-
mikrophon, von dessen Bau gleich die Rede sein soll.
Es werden also Trockenelement, Mikrophon und Telephon
in einem Stromkreis hinter einander geschaltet. Das Mikrophon
ist drüben in dem Zimmer jenseits des Flures aufgestellt, und
die isolierte Hin und Rückleitung führt unter den beiden Türen
hindurch. Das Lied, das jetzt das Telephon widergiebt, wird
drüben von dem Diener in das Mikrophon hineingepfiflfen. Bei
dem Versuche geht folgendes vor sich : Drüben erzeugt der
von dem Diener durch den gespitzten Mund geblasene Luftstrom,
Luftschwingungen von der Art, dass sie ein benachbartes Ohr
als gepfiffenes Lied empfindet. Hier hören wir es aber nicht
direkt. Ähnlich wie das Trommelfell eines benachbarten Ohres,
erschüttern die Luftschwingungen die Kohlen contakte des
Mikrophons. Dabei ändern sie rythmisch, wellenförmig die
Ausbreitungswiderstände an den Contakten und hiermit die Strom-
stärke im ganzen Kreise. So werden auch die Telephon-
spulen von einem wellenförmig auf- und abschwankenden Strome
durchflössen. Ein solcher Wellenstrom, der zwar seine Richtung
beibehalt, aber seine Starke in Wellen zu- und abnehmen lässt,
bringt ahnlich, wie in vollkommenerer Weise ein Wechsel-
strom, das Telephon durch die magnetisch bewirkten Bewe-
gungen seiner Schallplatte zum Sprechen. Das Mikrophon
wird als Geber den Schallwellen ausgesetzt und erzeugt Strom-
wellen. Diese gelangen über die Leitung zum entfernten Telephon,
das sie in Schallwellen verwandelt.
Aber die Tätigkeiten von Geber und Empfänger
sind nicht im Wesen gleich und nur in der Richtung
entgegengesetzt. Sondern zwischen beiden besteht
ein grundsatzlicher Unterschied, auf den freilich bis-
DigitizsdbyGOO'^le
Telephon und Mikrophon. 443
her niemandWert gelegt zu haben scheint. Im Telephon
wird die als elektrische- zugeführte Arbeit in Schallarbeit um-
gewandelt, wie beim Laden eines Akkumulators elektrische
Energie in chemische-. Beide sind , wenn man die mit der
Umwandlung verknüpften Verluste berücksichtigt, gleich viel
wert Fragen Sie hingegen, woher die vom Mikrophon über
die Leitung geschickte elektrische Arbeit stammt, so muss ich
Ihnen — vielleicht zu ihrer Ueberraschuug — antworten: Sie
stammt nicht aus der dem Mikrophon zugeführten
Schallarbeit. Halten Sie das Mikrophon nicht für
eine Maschine, die Schallarbeit in eine gleichwertige
Menge elektrische Arbeit umsetzt. Vergleichen Sie es
eher mit einem vom Telegraphierstrom bewegten Relais. Denn
es wird von den Schallwellen nur veranlasst, die
Stromwellen in der richtigen, verwickelten -Weise
auszulösen. Um einen, wenn auch schlechten Vergleich zu
brauchen, macht es das Mikrophon wie ein Steuermann, der
durch seinen Befehl die Arbeit der Schiffsmaschinen auslöst
oder unterbricht, ihre Richtung angiebt und Starke regelt.
Geleistet aber wird die Arbeit von der unter den Kesseln
verbrannten Kohle, Ebenso entstammt die dem Telephon über
die Leitung gelieferte elektrische Arbeit der chemischen- der
speisenden Trockenelemente oder Akkumulatoren.
Nun könnten Sie einwenden, dass anscheinend wahrend des
Fernsprechens den Zellen insgesamt die gleiche elektrische
Arbeit E. J. entnommen würde, als während der Ruhe. Denn
was in der einen Hälfte der Welle (vgl, die spatere Fig. 291 b
auf S. 453} mehr an Strom fliesse, das fliesse in der anderen
weniger. Es würden anscheinend gleich viel Coulomb befördert
und gleich viel Volt-Coulomb geleistet, ob gesprochen wird
oder nicht.
Dass dieser Einwurf nicht richtig sein kann, folgt aus dem
Gesetz von der Erhaltung der Energie oder schon aus dem
von Lenz. Ungefähr den wahren Sachverhalt hefert dann
folgender Gedankengang, für den ich Ihre besondere Aufmerk-
samkeit erbitte (und der dem entsprechenden beim Gleichstrom-
motor nachgebildet ist): Stellen Sie sich vor, die Bewegungen
der Telephonschallplatte würden nicht elektrisch, sondern etwa
ganz roh durch den schnell wechselnden Druck eines Fingers
D,ü,i,z.üh,Coaglc
444 Tetephon und Mikrophon.
erzeugt. Dann müsste die Schallplatte bei der Annäherung an
den Polschuh in den (von Strom frei gedachten) Telephonspulen
einen Strom von solcher Richtung induzieren, dass er die Platte
elektromagnetisch abstiesse. Umgekehrt müssle der induzierte
Strom die sich entfernende Platte anziehen. Die Richtung des
jeweilig induzierten Stromes ist immer der des Stromes entgegen-
gesetzt, der elektromagnetisch die betreffende Plattenbewegung
bewirken würde. Diese Induktionen treten natürlich bei allen
Bewegungen der Platte ein, unabhängig von dem Mittel, das
die Bewegungen erzeugt, also auch im Fernsprechbetriebe.
Nur kommt es hier nicht zur Ausbildung eines Induktions-
stromes ?'), sondern bleibt bei einer induzierten Spannung c'),
von der Richtung einer Gegenspannung. Der die Telephon-
platte bewegende Strom J„ erzeugt sich durch eben diese
Bewegung eine Gegenspannung c, Soll er die Schallarbeit
leisten, so muss er über die Gegenspannung fortfliessen , und
dazu ist pro Sekunde die Arbeit e . J^ aufzuwenden. Diese
« J„ Watt entstammen natürlich den speisenden Zellen.
Die von ihnen gelieferte Leistung E J, wird nicht mehr voll-
ständig in Stromwärme umgesetzt, sondern nur der Teil [E—e) J...
Der andere Teil e J., wird telephonisch nützlich verwertet. Er
ist Null, wenn nicht gesprochen wird.
EJo ==
Nach dieser Auseinandersetzung wenden wir uns wieder
einfacheren Dingen zu, zunächst dem vorhin benutzten Walzen-
mikrophon. Es enthalt drei solcher Kohlenwalzen (Fig. 288) über
einander und horizontal, wie Reckstangen,
in den Ausbohrungen zweier vertikaler
Kohlepfeiler steckend, so dass dieses in
sich lockere Gerüst aus Kohle entsteht
Fig, 288. Kohi^nwahc. (Fig. 289). Seine beiden Pfeiler sind
mit vier Schrauben an einem dünnen
Holzbrett, der Schallplatte des Mikrophons, befestigt. Zum Fern-
sprechen wird das Kohlegerüst mit Trockenelement und Telephon
1) Der Kundige mrtge darunter die Effektiviverte verstehen.
DigitizsdbyGOOgle
Telephon und Mikrophon.
445
hinter einander in einen Stromkreis geschaltet. Von den vier
Schrauben dienen dabei die beiden, an denen Sie die Unterleg-
scheiben sehen, als Klemmen. Der Strom tritt also etwa durch
den Fuss des rechten Pfeilers ein, geht durch die drei Walzen —
auf drei einander räumlich und elektrisch parallelen Wegen — zum
linken Pfeiler und verlässt an dessen oberem Ende das Mikrophon.
So weit bis jetzt beschrieben (und in Fig. 289a gezeichnet),
liegen bei senkrechter Schallplatte die Walzen mit ihrem ganzen
Gewicht über die Unterkante ihrer Zapfen auf der Unterkante
der Pfeilerbohrungen auf. Damit mikrophonisch wirksamer
Contakt eintritt, müssen die Walzen aber gehoben und die
Zapfen leicht gegen die Pfeilerbohrungen angedrückt werden
(Fig. 289b). Das kann eine Feder besorgen, die über eine
Filzzwischenlage auf alle drei Walzen gemeinsam wirkt. Bei
unserem Mikrophon, wie es früher bei der Reichspost eingeführt
war, drückt von unten gegen jede Walze eine besondere Feder.
DigitizsdbyGOOgle
446 Telephon und Uikrophon.
Durch Veränderung des Federdruckes können die Contakte
auf eine möglichst grosse mikrophonische Wirkung eingesteUt
werden.
Gegen unser Anfangsmodell zeigt sich beim Walzen-
mikrophon das Bestreben, die Anzahl der wirksamen Contakte
zu vermehren. Nicht genug, dass durch sie der Strom, in drei
parallele Zweige geteilt, hindurch geführt wird. Auch jeder Zweig
durchfliesst noch hinter einander — an beiden Walzenenden —
zwei Contakte oder wohl Contaktgruppen. Hierdurch wird
zunächst die dem Mikrophon zugeführte Schallenergie besser
ausgenutzt. Die von ihr bewirkten Widerstands-, also Strom-
schwankungen werden grösser. Zwar wirkt natürlich bei
n Contakten auf jeden nur der »ite Teil der gesamten Energie.
Aber zur Änderung der Teilcontakte braucht nicht für jeden
dieselbe Masse bewegt zu werden wie für einen als einzelnen
vorhandenen Contakt, sondern eine wesentlich kleinere. Jeder
Teilcontakt gerat deshalb in Schwingungen, deren Amplitude
wesentlich grösser ist, als der tite Teil der Schwingung
eines Einzelcontaktes, Die Häufung wirksamer Contakte ver-
grössert die Amplitude der von derselben Schallmenge erzeugten
Stromschwankung und damit die nützliche Wirkung des
Mikrophons.
Ausserdem, so wird immer angefilhrt, diene die vermehrte
Anzahl paralleler Contakte dazu, für den einzelnen Contakt die
Slrombelastung zu verkleinern, wodurch seine andauernde Em-
pfindlichkeit leichter erhalten bliebe. Diese Verkleinerung der
einzelnen Contakte durchfliessenden Stromstärke findet sicher-
lich statt. Man hüte sich aber, dem für den wirklichen
Betrieb zu grosse Bedeutung beizulegen. Allerdings spielt die
Widerstands Verkleinerung des Mikrophons, die durch Einführung
paralleler Contakte erreicht wird, für den Gesamtwiderstand des
Stromkreises nur eine kleine Rolle, sobald dessen Widerstand
ausserhalb des Mikrophons, der s. g. äussere Widerstand gross
ist. Es fliesst dann insgesamt doch ungefähr der gleiche Strom,
ob das Mikrophon mit mehr oder weniger Contakten gebaut
ist. Bei Verwendung von « Contakten führt dann jeder
einzelne nur den iiten Teil des nahezu unveränderten Gesamt-
stromes. Enthält der Kreis neben der Stromquelle von etwa
0,5 Ohm Widerstand ein Telephon von etwa 200, so wird aller-
DigitizsdbyGOOgle
Telephon und Uiltrophon
447
dings die Strombelastung pro Contakt bei zwei Parallelcontakten
von je 7,5 Ohm Widerstand etwa auf die Hälfte, bei dreien
auf ein Drittel usw. vermindert. Jede der drei Kurven dieses
Diagramms (Fig. 290) zeigt für verschiedene Anzahlen paral-
leler Contakte die Stromstärke pro Contakt in Prozenten von
derjenigen an, die fliessen würde, wenn nur ein Contakt vor-
handen wäre. In der Tat geht die unterste Kurve bei zwei
. V
^
s
k^
N
^
^
^
^4
r^
\
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b-
■^
\
s
\
^
'~-
JK
ItS)
,
Fig. 290. Die Abhlnciskeil der Strombelaatung von der Contaktzahl
wird durch den II
1 Widerstand best im
Parallelcontakten annähernd durch 507o, bei fünfen durch 207",
bei zehnen durch 10"/o. Sie werden aber nachher hören, dass der
äussere Widerstand im Betriebe sehr viel kleiner zu sein pflegt,
als 200 Ohm. Gewöhnlich ist der Widerstand des Telephons
durch einen von 1 Ohm oder einen noch kleineren zum Bei-
piel von 0,5 Ohm ersetzt. Dann wird, wie die beiden anderen
Kurven des Diagramms zeigen, durch Vermehrung der Parallel-
contakte die Strombelastung weniger verkleinert, als man ge-
wöhnlich glaubt. Bei zehn Parallelcontakten ist sie erst auf
44,4 bis 48,5 "/o gesunken, also nur eben unter die Hälfte.
DigitizsdbvGOOgle
448 Telephon und Mikrophon.
Sehr viel wichtiger, als die Verminderung der Strombe-
.lastung, scheint mir ebenso, wie die erwähnte bessere Aus-
nutzung der Schallenergie, noch die durch die Parallelvermehrung
der mikrophonischen Contakte vergrösserte Betriebssicherheit
zu sein. Denn wenn vorübergehend oder dauernd einige Con-
takte den Dienst versagen, so sind andere da, die trotzdem die
Stromschwankungen in genügender Heftigkeit erzeugen. Ist
nur ein einzelner Parallelcontakt vorhanden, so könnte er auch
durch zu eifrige Schwingung nicht nur seinen Widerstand er-
höhen, sondern den Stromkreis geradezu unterbrechen. Er würde
dabei einen öffnungsfunken hervorrufen, der ihn bei öfterer
Widerholung verbrennen und bald untauglich machen müsste.
Warum wird nun für die Mikrophoncontakte immer gerade
Kohlenstoff verwandt? Worin besteht sein Vorzug vor anderen
Materialien? Zunächst rostet er nicht. Er bedeckt seine Ober-
fläche nicht mit nicht leitenden Stellen, nicht mit einer die
Stromleitung unierbrechenden Oxydschicht. Dann aber ist
Kohlenstoff sehr porös. Er besitzt die Fähigkeit, durch seine
Poren Gase in sich aufzusaugen, etwa wie ein Schwamm Wasser.
Die gesamte Mikrophonkohle ist in ihrem Innern mit Luft
durchsetzt und dadurch elastisch, gleichsam, als bestände sie
aus lauter kleinen Luftkissen. Die Contakt-machenden Teile
schlagen deshalb, wenn sie erschüttert werden, nicht hart,
sondern federn weich und schmiegsam gegen einander. Da-
durch vermag die ganze Contaktmasse den Schallwellen so
gehorsam und in regelmässigen Schwingungen zu folgen und
sie getreu in Widerstandswellen nachzubilden.
Die Praxis hat den Kohlenstoff als vorzügliches Mikrophon-
material erwiesen. Genauer betrachtet besteht er aus einem
Gemisch von wenig Graphit: dem hexagonal krystallisierenden,
den Strom leitenden Kohlenstoff und viel Gaskohle: jener eben-
falls leitenden, aber amorphen Form, die sich bei der von
hohen Temperaturen hervorgerufenen Zersetzung gasförmiger
Kohlen stoffverbindun gen abscheidet.
Die Fabrikation der Mikrophonkohle, die sich zu einer
eigenen Industrie ausgebildet hat, ähnelt der der Brikets. Ihr
Gang ist etwa der folgende: Als Ausgangsmaterial wird Re-
tortenkohle mit einem Zusatz aus dem gut leitenden, aber teuren
und wenig festen Graphit zerkleinert, sehr fein gemahlen und
Digitiz^db^COC^IC
Telephon und Mikrophon. 449
durch Seidengaze gesiebt, die bis zu 2000 Maschen auf den
Quadralcentimeter besitzt. Das feine Kohlenstoffmehl wird dann
mit durch Erwärmen dünnflüssigem Teer in Maschinen gründlichst
gemischt, durchgeknetet und in handliche Cylinder gepresst.
Diese werden zerschnitten und die Schnittstücke in die jeweilig
gewünschte Form gepresst. So entstehen zum Beispiel für das
Walzenmikrophon dünne Cylinder, die man dann in Walzen
zerschneidet und deren Enden man auf der Drehbank zu Zapfen
abdreht. Notwendige Löcher werden mit der Maschine oder
aus freier Hand gestanzt. Meist pflegt man aus den ursprünglichen
Cylindern die gewünschte Form durch doppeltes Pressen, erst
ungefähr und dann genau herzustellen. Schallplatten aus Kohle
werden durch Zerschneiden von Cylindern und erneutes Pressen
der einzelnen Platten erhalten. Das Pressgut wird sodann in
Kohlepulver verpackt und unter Luftabschluss in feuerfesten
Tiegeln bei langsamem Anheizen heftig geglüht. Erst das
Glühen erteilt dem Materiale Leitfähigkeit, Festigkeit und Harte.
Die Zersetzungsprodukte des Teeres müssen natürlich ■ dabei
entweichen können. Auch muss vorher auf das dadurch bewirkte
Schwinden der Masse Rücksicht genommen worden sein. Das
Glühprodukt wird noch abgeschUfFen und poliert, wobei sehr
genaue Arbeit, zum Teil noch mit der Hand notwendig ist.
Auf diese Weise sind auch die ausserordentlich mannigfach
geformten, prächtigen Stücke der hier ausgelegten Sammlung
von Mikrophonkohlen (Fig. 313 in der 22. Vorlesung) entstanden,
die ich der Güte der schwedischen Firma Rylander und Rudolphs
verdanke.
Digitizsdb^COO'^le
Die lelephonische Cbertragung.
21. Vorlesung.
Die telephonische Übertragung.
Übertragung von Höhe, SUrke und Ktangfarbe eines Tones. (Weibliche Beamte). —
Die Kleinheit der nOtilichen Stromschwankungen, ohne und mit BerQcksichtigung
der Selbstinduktion des Telephons, bei grossem Baliaststrom. — Der Trans-
forOBtor. Mikrophon kreis. Telephonkreis. Die drei Vorteile des Transformators:
Der kleine Widerstand der Primärwicklung vergrOssert die mikrophonischen Strom-
schwankungen. Auf den Sekundärkreis werden nur die Schwankungen, nicht der
consUnte Ballast Obertragen. Die Spannungserhohung verkleinert die Leitung sverlusle.
— Primi pielle Schaltung.
Die Leitung: Eisendraht. Uaulelfekt. LeitahigkeiC und Festigkeit. Kuprer-, Bronze-,
Doppelbronie- , Compounddrahl. - — Einfach- und Doppcl leitung. Übertrager. —
Kabel. — Der schädliche Einfluss der Capacitflt. Die Schwächung der Strom-
amplitude steigt mit der Periodenzahl. Bedeutung des OW. Pupinspulen.
EinTon wird bekanntlich durch drei Eigenschaften bestimmmt :
seine Stärke, beruhend in der Amplitude der Schwingungen,
seine Höhe beruhend in der Periodenzahl, und seine Klangfarbe,
begründet durch die dem Grundton beigemischten Obertöne.
Soll die Schallplatte des Telephons am Ende der Über-
tragung die Luft in dem gleichen Tone erzittern lassen, wie er
gegen die Schallplatte des Mikrophons am Anfang gesprochen
wurde, so müssen selbstverständlich jene drei Eigenschaften
des Tones: Stärke, Höhe und Klangfarbe möglichst unverändert
übertragen werden, und es ist zu untersuchen, in wie weit das
thatsächhch geschieht.
Die Höhe jedes einzelnen Tones wird ohne Zweifel richtig
wiedergegeben. Denn die übertragenden Stromschwankungen
haben die gleiche Periodenzahl n , wie die sie erzeugenden
Schwingungen der Schallplatte des Mikrophons und wie die
von ihnen erzeugten der Schallplatte des Telephons. Es voll-
enden eine Schwingung in derselben Zeit T = - Sekunden
folgende sieben Grössen : Der Einzelton, der am Leitungsanfang
in das Mikrophon hineingesprochen wird, dessen Schallplatte,
DigitizsdbyGOOgle
Die telephonische Übertragung. 451
dessen Widerstand, die übertragende Stromstärke, die nützliche
Kraftlinienzahl und die Schallplatte des Telephons, und damit
schliesslich auch der wiedergegebene Ton. Die Tonhöhe
bleibt erhalten.
Im Gegensatz dazu wissen wir von der Starke des über-
tragenen Tones zunächst garnichts. Denn, wie Ihnen bekannt, geht
die übertragene elektrische Arbeit nicht aus der vom Mikrophon
aufgenommenen Schallarbeit hervor, sondern wird von ihr nur
ausgelost. Im Prinzip spricht demnach nichts dagegen, dass
der Ton auch verstärkt wiedergegeben werden kann. Die
tägliche Erfahrung lehrt freilich, dass er geschwächt wird.
Die Schwächung an sich schadet auch nichts, sobald sie nicht
zu gross wird, und wenn nur die verschiedenen auf-
einander folgenden oder miteinander gemischten Töne
in gleichem Maasse geschwächt werden. Ihre Amplituden
müssen durch die Übertragung sämtlich auf den gleichen
Bruchteil verkleinert, mit demselben Faktor kleiner als Eins
multipliziert werden. Würden etwa die tiefen Töne merklich
mehr geschwächt, als die hohen, so würde die Tonfolge oder
das Tongemisch in der Wiedergabe auf das Ohr einen
höheren, im umgekehrten Falle einen tieferen Eindruck machen,
als ursprünglich. Die Klangfarbe von Tonfolgen oder Ton-
gemischen würde durch die Übertragung erhöht oder vertieft
werden. Glückhcher Weise ist das nun bei der üblichen
Fernsprecheinrichtung, wie jeder weiss, im allgemeinen nicht der
Fall, Bis zu gewissen Entfernungen verkleinert die Übertragung
den Tönen verschiedener Schwingungszahlen die Amplitude
ungefähr gleichmässig. Die Klangfarbe der Tonfolgen bleibt
SD gut wie erhalten. Nun besitzen allerdings die Schallplatten
am hörenden Mikrophon und am sprechenden Telephon Eigen-
töne (S. 225), welche den übertragenen Tönen ihre eigenartige
blecherne Klangfarbe verschaffen. Diese Eigentöne liegen
höher, als die männliche Stimme. Um sie zu vertiefen, müsste
man die Platten dünner und grösser machen, was aus anderen
Gründen nicht angeht. Wegen dieser hohen Lage der Eigen-
töne der Schallplatten — einen anderen Grund hörten Sie schon
^S, 219) — mag die weibliche Stimme zur telephonischen Über-
tragung geeigneter sein, als eine gleich deutliche männliche. —
Aber bekanntlich braucht deshalb noch niemand seine tele-
29«
DigitizsdbyGOO'^le
452 ^>^ telephonische Übertragung.
phonischeh Gespräche von einem weiblichen Dolmetscher führen
zu lassen. Auch ist es nicht deshalb, dass der Fernsprechdienst,
bei dem es immer noch mehr auf das Verstehen, als auf das
Verstanden-werden ankommt, von weiblichen Beamten') versehen
wird. Die Eigenschwingungen der Schallplatten können uns
nicht hindern zu sagen, dass im Wesentlichen jeder Ton in
seiner richtigen Stärke übertragen wird.
Was nun der Erhaltung der Klangfarbe anbetrifft, so haben
wir schon vorweggenommen, dass die dem Tone beigemischten
Obertöne im Allgemeinen in einer für den Betrieb genügend
richtigen Starke übermittelt werden. Häufig wird allerdings
angeführt, dass durch die Vorgänge der Übertragung die Phase
der Obertonwellen gegen einander und gegen den Grundton ver-
schoben und dass dadurch die Form der schliesslichen Tonwelle,
welche ja durch Addition der jeweiligen Werte der verschie-
denen Einzel wellen entsteht, verändert werde. Derartige Betrach-
tungen können Sie sich in Erinnerung an das ersparen, was Sie
seiner Zeit (S. 220) über den telephonischen Wert von Phase
und Schwingungsform von Tonwellen erfahren haben. Diese
machen auf unser Ohr den gleichen Eindruck, sobald die dem
gleichen Grundton beigemischten Obertöne von gleicher Höhe
und Stärke sind. Die gegenseitige Lage ihrer Phasen kommt
für die Klangfarbe, wie Sie wissen, vermutlich deshalb nicht in
Betracht, weil das Ohr die Teiltöne des Gemisches getrennt
auffasst und sie erst in der seelischen Wahrnehmung verschmilzt.
Wir müssen nun etwas nachrechnen, ob die bisher be-
schriebene Einrichtung zur telephonischen Übertragung ausreicht,
und uns deshalb zunächst über die Grösse der Schwankungen
unterrichten, die dem Ruhestrome von den Schwingungen der
Kohlencontakte aufgedrückt werden. Der Widerstand w des
Mikrophones schwanke zwischen seinem grössten Werte tu, und
') Sicherlich sind für den Fern sprechdienst neben einer wlhrend seiner gsnicn
Dauer nicht nachlassenden Aufmerksamkeit und freundlichen Geduld gutes Ohr und
deutliche Aussprache sehr viel wichtiger als hohe Stimmlage, die, wie spjter klar
werden wird, für das Sprechen auf weile Entfernung sogar eher nachteilig ist. Da aber
die Erfahrung geieigt hat, dass weibliche Beamte den Dienst ebensogut erledigen,
wie männliche, ist ihre Anstellung fDr die Verwaltungen eine kaufmSnniache Pflicht
geworden, und die Elektrotechnik kann sich nur freuen, den Frauen in ihrem so viel
schwereren Daseinstampfe eine neue Erwerbsquelle geschaffen zu haben.
D,„i,.,db,Google
Die teUphonische Gbertragung. 453
seinem kleinsten w^ hin und her. Der äussere Widerstand sei W
und die Batterie habe die elektromotorische Kraft E. Wie
gross berechnen sich denn die Schwankungen der Stromstärke J
zwischen ihrem kleinsten Werte t7, und ihrem grössten J,?
Nehmen Sie zunächst der Wirklichkeit entgegen die Dauer der
Schwingungen so gross an, dass nach Ohm
wi,., ""'' ■^« = irf 7
gesetzt werden darf. Die Differenz dieser beiden Werte,
J^ — /, ist dann die gesuchte Stromschwankung, die während
ihres wellenartigen Verlaufes im Empfänger die telephonische
Arbeit leistet.
Der Wert dieser Differenz wird an einem Zahlenbeispiel
klar werden. Die Batterie bestehe aus zwei Trockenelementen,
sodass £ zu 3 Volt angenommen werden kann. Der Widerstand
des Mikrophones betrage im Ruhezustande 5 Ohm, und er
schwanke bei der mikrophonischen Arbeit wellenförmig um je
1 Ohm nach oben und nach unten, also zwischen 4 und 6 Ohm
hin und her. Eine solche Widerstandswelle ist hier (Fig. 291 a)
aufgezeichnet. Der ganze Widerstand w bildet natQrhch keine
Welle mit positiven-, negativen- und Nullwerten, sondern
enthält auf dem kleinsten Widerstände ip^ eine solche Welle
nur aufgeschichtet, aufgebaut, gleichsam aufgepfropft. So stellt
im Diagramm für jeden Augenblick der Schwingung der
Abstand der Wellenoberfläche von der horizontalen Achse die
jeweilige Grösse des Mikrophonwiderstandes dar. Hier ist gerade
eine Wellenlänge gezeichnet, die, wie Sie wissen (S. S- 209),
in r ^ - Sekunden zurückgelegt wird.
Ganz ahnlich der Widerstandswelle verläuft die von ihr
erzeugte Stromwelle.') Deren Werte filr Berg und Thal hängen
nun ausser von dem Mikrophonwiderstande w von W, dem
äusseren Widerstände, einschliesslich dem der Stromquelle, ab.
Um zu sehen, in wie grossem Maasse das der Fall ist, und
1) Daas sie talsachlich keine Sinuskurvc bildet, darf hier übersehen werden.
DigitizsdbvGOOgle
454 ^'^ telephonische Übertragung.
welche Bedeutung für das Fernsprechen dadurch die Grösse
von W gewinnt, braucht man dafür nur verschiedene Werte
einzusetzen und die Stromschwankung auszurechnen. Der nicht
zu verwirklichende Fall von W = 0 giebt den Wert des
kleinsten Stromes t/l = — = ^-j- = 500-, den des Ruhestromes
' H», 0.0
/„ ^ — = _ .- =■ 600- und den des grössten Stromes
" w„ 5.0 ^
Jj = — = j-^ = 750 Milliampere. Die Stromschwankung
macht 250 Milliampere aus. Setzen Sie nun ftlr TV der Reihe
nach wachsende Werte ein, so sinkt /„. Es sinken gleichfalls
Jf und Jj und, was für unseren Zweck das wichtige, die Strom-
schwankungen Jj — J„ wie es folgende leicht nachzurechende
Zahlen erweisen.
W: Ol 1.5 2 5 10 50 200 Ohm
/,.• 600 500 461 428 300 200 54.6 14.61
} Milliampere
y^ — ^,.- 250 172 145 125 60 27 2 0.141 ^
Wie wenig in der That bei grossem W die Widerstands-
schwankungen für die Grösse des ganzen Stromes ausmachen,
wird deutlich, wenn man, wie die Widerstandswelle, auch die
von ihr hervorgerufene Stromwelle aufzeichnet (Fig. 291b).
Natürlich ist der Strom dort gross, wo der Widerstand klein
ist, und umgekehrt, und die Stromwelle nimmt zu allen den
Zeit ab, wo die Widerstandswelle zunimmt, und umgekehrt.
Beide Wellen sind um die halbe Dauer einer Schwingung, um
eine halbe Periode gegen einander in der Phase verschoben.
Was nun die Grösse der Stromamplitude bei verschiedenem
TV" betrifft, so schwankt für W=0 der Strom gehörig auf und
nieder. Auch für W = 2 Ohm ist das noch so. Aber schon
ftlr 5 und 10 Ohm ist die Welle abgeflacht, und bei 50 und
mehr Ohm ist im Maassstab unserer Zeichnung keine Schwankung
mehr wahrzunehmen. Aber man bedenke, dass bei der Über-
tragung des gepfiffenen Liedes das eingeschaltete Telephon
schon allein 200 Ohm Widerstand hatte. Nun ist trotzdem diese
Übertragung gelungen, weil, wie Sie wissen, die Telephone so
D,g,l,z.db,COOglC
Die telephonische Obertragung.
überaus empfindliche Instrumente
sind. Wir hatten ja hier ein
Telephon von geringem Wider-
stände benutzen können. Aber
auch dann enthält W ausser dem
Widerstände des Telephons noch
den der Hin- und RQckleitung.
Dadurch werden die Strom-
schwankungen t/j — /, weiter
herabgedrückt.
Damit ist es aber noch nicht
genug. Erinnern Sie sich, dass
schon die sich verhältnismässig
langsam ändernden Morseströme
nicht mehr dem einfachen
Ohmschen Gesetz gehorchten.
Nun kann zwar /,, der kleinste
Wert des Mikrophonstromes,
ohne Zweifel als Dauerwert
angesehen und nach Ohm zu
E
M'+ ,
berechnet werden.
Aber was ihn zum Mikrophon-
strom macht, der kleine Strom-
zuwachs ist schneller Änderung
unterworfen. Schon beim(reinen)
Kammerton a durchläuft dieser
Zuwachs 435 volle Wellen in
der Sekunde. Für einen so
schnell sich ändernden Strom,
der im Telephon windungsreiche
Spulen mit Eisenkernen durch-
fliesst, kann daseinfache Ohmsche
Gesetz nicht gelten. Während
der unveränderte Teil /, des
Gesamtstromes auch dort nur
den Ohmschen Widerstand er-
fährt, stellt sich dem veränder-
lichen, an sich schon kleinen
Fig. 291.
1. Widerslandawelie rincs Mikrophons,
her\orgeruren durch einen Einleiten.
b. Daiu gehörige Stromwelkn (Ör
verschiedene lussere Widerstände W.
DigitizsdbvGOOgle
456
Die telephonische Obertragung.
Teile, auf den alles ankommt, nun noch die Selbstinduktion
des Telephons entgegen. Für ihn tritt zu dem Ohmschen
Widerstand noch eine beträchtliche Induktanz, ein Widerstand
durch Selbstinduktion hinzu.
Auch das sehen Sie in einem Diagramm (Fig. 292) : Zunächst
oben (a) die Widerstandswelle wie früher. Darunter (b) sind
zwei Stromwellen gezeichnet. Davon ergibt sich die grössere
ohne Berücksichtigung der Selbstinduktion für W = 200 Ohm
(aus der Tabelle auf S. 454.)
Der Maassstab der Strcmwelien
ist aber jetzt gegen früher etwa
vertausendfacht, so dass die
Welle trotz ihrer kleinen Ampli-
tude von 0,07 Milliampere noch
gross erscheint. Natürlich hat
auch hier die Stromstärke ihren
kleinsten Wert, wenn der Wider-
stand am grOssten ist.
Die kleinere Welle stellt nun
in ebenso stark vergrössertem
^M/^aujütt Maasstabe den Lauf der Strom-
stärke dar, sobald die Selbst-
induktion des Telephons berück-
sichtigt wird. Bei dieser neuen
Stromwelle fällt auf, dass die
Null- und Maximalwerte bei
grösseren Zeiten t, mithin spater
eintreten, als sonst. Die Selbst-
induktion drückt die Stromwelle
in der Phase zurück. Das hat
aber, wie Sie erfahren haben,
telephonisch keine Bedeutung.
Wichtig dagegen ist die erneute
Verkleinerung der Amplitude. Sie ist auf 0,0338 Milliampere,
noc|i etwa auf die Hälfte ihres früheren Wertes gesunken.
Die Stromschwankung ist sehr klein geworden. Wenn nun
noch der Widerstand einer längeren Hin- und Rückleitung Ober-
wunden werden soll, dann ist es mit der Leistungsfähigkeit
unserer Einrichtung, so wie sie bis jetzt beschrieben ist, schlecht
Fig. 292,
Eiotluss der Selbsttnduttion des
EmpfangsCelephons auf die Stromweltc
D,„i,.,db,Google
Die telcphoniscbe Dbertragung. 457
bestellt. Ein Sprechen über grössere Entfernungen, als etwa die
im Hause, verlangt eine wesentlich grössere Stromschwankung.
Wie ist diese nun zu erreichen? Sie mögen eine Vermehrung
der Zellenzahl vorschlagen. Selbst wenn nicht andere wichtige
Gründe dagegen sprächen, so würde aieses Mittel versagen,
weil mit der Zellenzahl nicht nur die Stromschwankung, sondern
selbstverständlich auch der Strom der Ruhe J„ wächst. Das
darf schon deshalb nicht sein, weil dann die empfindlichen
Mikrophoncontakte , die man zu schonen allen Grund hat,
schädlich mit Strom belastet würden. Des Weiteren würde
der grosse Strom J^ dauernd eine starke Durchbiegung der
Schallplatte bewirken, was natürlich einer sauberen Umsetzung
der Strom- in Schallwellen hinderlich wäre. Schliesslich ist es
noch deshalb nachteilig, die Stromschwankungen J. — J", einem
2U grossen Strome der Ruhe J„ aufzudrücken, weil dann die
Schwankungen in der Magnetisierung der Telephonschallplatte
sich über eine zu grosse Magnetisierung der Ruhe lagern.
Denn, wie Sie sich (von Fig. 44 auf S, 63 her) erinnern, bewirkt
von einer gewissen Magnetisierung (dort etwa ir=± 40 Kraft-
liniert pro cm* ab die Zunahme von H nur eine verhäUnis-
massige kleine Zunahme von B. Für starke Felder bewirkt
die Vermehrung der Kraftlinien in Luft eine verhältnismässige
kleine ■ der Kraftlinien im Eisen. Bei grossem mikrophonischen
Ruhestrom erzeugt ein doppelt so starker Ton mit seiner
doppelt so grossen Stromschwankung keine doppelt so grosse
KraftUnienschwankung in der Telephonplatte mehr. Der doppelt
so stark aufgenommene Ton wird nicht mehr doppelt so stark
wiedergegeben. Die Vermehrung der Zellenzahl ist also aus
mehreren Gründen, darunter auch wegen des magnetisch
schädlichen Stromballastes nicht zu brauchen.
Der Fernsprechbetrieb bedarf deshalb einer neuen Ein-
richtung, welche dem Mikrophonstrom seine nützlichen Schwan-
kungen vergrössert und womöglich seinen, wie Sie gesehen
haben, nicht nur nutzlosen, sondern sogar schädlichen constanten
Anteil nimmt. Beides besorgt der Edisonsche Kunstgriff der
Einschahung eines Transformators, der Induktionsrolle
(Fig. 293). Mikrophon und Telephon werden jeder in
einen Stromkreis für sich gelegt. Die Trockenelemente
schicken ihren Strom durch das Mikrophon und die primäre
DigitizsdbyGOOgle
458
t lelephonische Obenragung.
-ww
I
Transformatorwicklung. Stromquelle, Mikrophon, primäre Trans-
formatorwicklung bilden den Mikrophonkreis. Ihn soll man
sich bei Femsprechschaltungen zuerst aufsuchen , sei es in
Wirklichkeit oder in Zeichnung. Den Telephonkreis bilden:
secundäre Transformatorwicklung als Stromquelle, ausserdem
Hin- und Rückleitung und Tele-
phon. Beide Stromkreise sind
elektrisch von einander getrennt
und dafür durch die magnetischen
Kraftlinien des Transformators
mit einander verkettet , die
gemeinsam primäre und secun-
däre Wicklung umschlingen.
Die Einführung der Induk-
tionsrolle verschafft ims nun
gleichzeitig drei Vorteile : Zu-
nächst sind wir den grossen
Widerstand von Telephon und
Hin- und Rückleitung aus dem
Mikrophonkreis los. Der Wider-
stand der primären Transfor-
matorwicklung kann sehr klein
gemacht werden. Er soll etwa
nur ein Zehntel von iv„, dem
Ruhewiderstande des Mikro-
phons betragen. Nehmen Sie
ihn aber für unser Beispiel selbst
zu dem grossen Wert von 1 Ohm
an, so spielen jetzt die Wider-
standswellen der schwingenden Mikrophoncontakte für den
Stromkreis eine sehr viel grössere Rolle als früher. So geht
aus der Tabelle (auf S. 454) hervor, dass die Stromschwankung
im Mikrophon durch die gleiche Widerstandsänderung von
früher etwa 0,14 auf jetzt 145 Milliampere vergrössert, ver-
tausendfacht wird. Die Wellen, die eben nur leicht die
Oberfläche der Stromstärke kräuselten, wühlen sie jetzt heftig,
um den dritten Teil ihrer Tiefe auf.
Die Induktionsrolle erhöht also durch den kleinen Wider-
stand ihrer primären Wicklung den schwingenden Teil des
Fig. 293.
Einschaltung eines Transformators.
D,„i,.,db,Google
Die' telephonisdie Übertragung.
459
Wellenstromes. Ferner wird bei der magnetischen Übertragung
aus der primären- in die secundäre Wicklung der constante
Anteil ganz abgestossen, der Wellenstrom in einen Wechsel-
strom ohne Constanten Ballast verwandelt. Zwar erzeugt der
Wellenstrom beim Durchfliessen der primären Wicklung ein
Magnetfeld, das, wie er selbst, einen constanten Teil und darüber
eine Welle enthalt. Aber der constante Teil des Magnetfeldes
und damit der des Stromes hat keinerlei secundäre Wirkung,
Nur Kraftlinien wechselnder
Anzahl rufen Induktion hervor.
Nur der veränderliche Teil
des Magnetfeldes induziert in
jeder secundären Windung eine
Spannung, deren Richtung dem
Sinne und deren Grösse der
Heftigkeit der Änderung ent-
spricht. Sie erinnern sich der
Diagramme (Fig. 54 auf S. 80),
die schematisch die Vorgänge
in den beiden Wicklungen eines
Funkeninduktors wiedergeben.
Dabei bildet die secundäre Kurve
die Heftigkeit der primären
Änderungen ab. Folgt man einer
Welle über ihren Lauf und
bestimmt unterwegs in vielen
Punkten, wie sehr sich dort die
Stromstärke ändert, so erhalt
man (Fig. 294), wie leicht auszu-
proben und zu beweisen, für die secundäre Spannung wiederum
eine Welle und zwar eine um ';* Periode verschobene, vor allen
Dingen aber reine Welle mit positiven-, Null- und negativen
Werten, nicht nur ein wellenförmiges Anwachsen und Abnehmen
einer immer gleichgerichteten Spannung. Der primäre Wellen-
strom induziert eine Wechselspannung in der secundären
Wicklung, und die Wechselspannung schickt durch die Hin- und
Ruckleitung und das empfangende Telephon einen Wechselstrom.
Der Transformator bringt nun ftlr das Fernsprechen noch
einen weiteren, den dritten Vorteil mit sich. Er formt die zu
Fig. 294. Primärer Strom und
secundäre Spannung des Femiprech-
Iransformalors. ScheniBtisch.
D,„i,.,db,Google
'^:<'flm
460 Die telephonische Obertragang.
übertragende elektrische Leistung so um, dass von den beiden
Faktoren E und J die Spannung £ gross und damit die für
den Leitungsverlust >PW massgebende Stromstarke J klein ist.
Dazu müssen sich, wie Ihnen von früher (S. 83) her bekannt ist,
die Windungszahlen der beiden Wicklungen wie die verlangten
Spannungen verhalten, wie es das ungefähr geltende Gesetz
ausdrückt;
E, : E„ = n, : ti„.
Für die Induktionsrollen der Telephonie sind verschiedene
Übersetzungsverhaltnisse im Gebrauch, wie zum Beispiel
5400 ,„ , 4200 . oa A '*200 , „_
300 = '^ °^^' 185 = '^- ^ °*^^'' 13Ö- '^ '^- ^2-
In diesen Fällen ist mithin die Wechselspannung an den Klemmen
der Secundärspule ungefähr 18 oder 23 oder 32 mal so gross,
wie die Welle, die sich an den Primarklemmen über den
Constanten Teil der Spannung lagert. Im selben Verhältnis
wird der Strom durch die Transformation verkleinert. Erheben
Sie die angegebenen Werte für das Übersetzungsverhältnis '
ins Quadrat, so werden Sie finden, dass die Transformation
den Verlust an elektrischer
Leistung auf ungefähr 0,3 oder
0,2 oder 0,1 "/o seines sonstigen
Wertes herabdrückt. Wenn
auch thatsächlich die Dinge nicht
so einfach liegen, wie wir hier
vorgeben dürfen, so gewähren
doch die Zahlen ein Bild von
diesem weiteren Vorteil des
, j , . '^' . ' , . Transformators.
Induklionsrolle im Längsschnitt, ..
Über semen Bau ist nur wenig
hinzuzufügen. Hier im Längs-
schnitt (Fig. 295) sieht man, wie die sekundäre Wicklung die
primäre- und diese den geraden Eisenkern umgiebl. Der
DigitizsdbyGOOgle
Die tclephonische Obertragung. 461
magnetische Kreis besteht also wie beim Ruhmkorff nur zum
kleineren Teile aus Eisen, zum grösseren- aus Luft. Dadurch
können die Kraftlinien leichter den mikrophonischen Strom-
anderungen folgen: entstehen, zerfallen und die entgegengesetzte
Richtung annehmen. Auch sind, wenn wenig Eisen vorhanden,
die Arbeitsverluste im Eisen klein. Dabei versteht sich von
selbst, dass möglichst magnetisch weiches, und — senkrecht
zu den Wirbelspannungen — unterteiltes Eisen verwandt wird.
Das Kernbündel auf dem Teller hier entstammt dieser Induktions-
rolle (Fig. 296). Die Drähte haben einen Durchmesser von
nur 0,25 mm.
Flg. 29e. Induktionsrolie.
Um es zu wiederholen, bestehen die Vorteile des Trans-
formators in dreierlei: Erstens wird der äussere Widerstand des
Kreises, in den das Mikrophon eingeschaltet ist, ausserordentlich
herabgedrückt und dadurch die Grösse der mikrophonischen
Stromschwankungen sehr stark erhöht. Zweitens wird auf die
secundäre Wicklung nur die Strom we 1 1 e übertragen , der
constante Ballaststrom nicht. Drittens erhöht die Transformation
die Spannung und verkleinert dadurch die Verluste an elektrischer
Leistung durch die Fortleitung.
Fig. 297. Priniipiellc Femsprechschaltung.
D,„i,„db,Goo'^le
462 I^ie telephoDische Obertnigung.
Wie beim Morsebetriebe wollen wir auch hier gleich eine
vorläufige Schaltung entwerfen {Fig. 297), wie sie im Prinzip
zum Femsprechen dienen kann. Zwei Teilnehmer sind durch
Hin- und Rückleitung vom Amte verbunden worden. Bei beiden
ist der Mikrophonkreis, bestehend aus Batterie, Mikrophon,
primärer Transformatorwicklung, geschlossen. Damit nun jeder
den anderen hören kann, muss sein Telephon und des anderen
secundäre Wicklung in den Leitungskreis eingeschaltet sein,
wie es die Skizze zeigt.
Lassen Sie uns nun kurz von der Fernsprechleitung reden.
Zwar setzt, wie eben gezeigt wurde, die Spannungserhöhung
durch den Transformator die Leitungsverluste wesentlich herab.
Aber diese bleiben natürlich immer noch vom Widerstände
der Leitung abhangig. Es war nur natürlich, dass man zu An-
fang über die eisernen Telegraphenleitungen sprach, und für
kleine Entfernungen thun diese auch ihren Dienst. Aber für
grosse versagen sie wegen des grossen spezifischen Wider-
standes, der früher zu 0,13 angegeben worden ist. Sie ver-
sagen aber umso mehr, als die Sprechströme nicht einmal in
der Lage sind, den ganzen Querschnitt des Eisendrahtes zur
Leitung auszunutzen. Bei Wechselströmen hoher Perioden-
zahlen drängen sich die einzelnen sonst nebeneinander her-
laufenden Stromfäden durch die Selbstinduktion gegenseitig aus
dem Innern des Drahtes nach der Oberfläche hin, und
zwar nimmt diese technisch lastige Erscheinung mit der
Periodenzahl des Stromes und dem Quadrat der Dicke des
Leiters zu. Es kann schliesslich so weit kommen, dass der
Wechselstrom gar nicht mehr in das Innere des Leiters ein-
dringt, den Cylinder des Drahtes zur Leitung benutzt, sondern
in einer gewissen Ähnlichkeit mit statischer Elektricität nur
die alleräusserste Oberflächenschicht benutzt , den Leiter
gleichsam mit einer elektrischen Haut umkleidet. Die Erscheinung
hat daher den Namen Hauteffekt bekommen. Natürlich ist
das Leitvermögen des Drahtes dadurch, dass sein massives
Innere zur Leitung wenig benutzt wird, ausserordentlich ver-
ringert. Wenn der Draht thatsächlich auch seinen vollen Quer-
schnitt behält, so macht ihn der Hauteffekt für die Leitung der
DigitizsdbvGOOgle
Die telephonische Obertragpimg. 463
Sprechströme gleichsam zu einer Rohre. Nur die äussere
Schicht des Leitungsmaterials wird ausgenutzt. Der Wider-
stand des Drahtes gegen Sprechströme ist dadurch natürlich
sehr viel grösser, als gegen Gleichstrom. Nach dem eben an-
geführten Gesetz ist das in umso höherem Grade der Fall,
je mehr man etwa die Vergrösserung des Widerstandes durch
eine solche des Querschnittes auszugleichen suchte. Nun ist
allerdings für ein unmagnetisches Leitungsmaterial der Haut-
efFekt und die von ihm bewirkte Widerstandsvergrösserung
nur klein. Im allerstärksten Falle macht sie für einen Telephon-
strom wenige Prozent, meist sehr viel weniger aus. Aber gerade
bei Eisen mit seiner grossen Permeabilität ^t man wesentlich
schlimmer daran. Zusammen mit dem hohen spezifischen Wider-
stände') schliesst deshalb der Hauteffekt das Eisen als
telephonisches Leitungsmaterial für alle grösseren Entfernungen
aus. Er thut das umso mehr, als, wie gesagt, die Widerstands-
wirkung auf Ströme niedrigerer Periodenzahl geringer ist, als
auf solche höherer. Der Hauteffekt begünstigt die Ströme, die
den tieferen Tönen entsprechen. Er hat das Bestreben, die
Klangfarbe der übermittelten Sprache in eine tiefere Lage zu
verschieben, was mit wachsender Länge des Eisendrahtes zu
einer Verzerrung der Sprache führen muss.
Nun ist för freigespannte Leitungen neben der elektrischen
Leitfähigkeit grosse mechanische Festigkeit Bedingung. Be-
sonders stark sind die Beanspruchungen auf Zug, denen eine
solche Leitung unterliegt, und andererseits ist schon (S. 32)
geschildert worden, was das Reissen eines Fernsprechdrahtes
besonders in Städten für Unheil anrichten kann. Wenn also auch
das Kupfer die elektrischen Bedingungen eines Fernsprech-
drahtes vorzüglich erfüllt, so ist dafür im gewöhnlichen Zustande
seine Festigkeit zu genng. Es muss hartgezogen oder unter
Zusatz geringer Mengen Silicium in SiUciumbronze verwandelt
werden. Rechnen Sie die Festigkeit des für Telegraphen-
leitungen üblichen verzinkten Eisendrahtes zu 4000, so ist die
des Siliciumbronzedrahtes etwa 7000. Die Leitfähigkeit ist
freilich auf annähernd ein Drittel der des reinen Kupfers gesunken.
1) Der allerdings seinerseits den Hauteffekt verkleinert.
D,„i,.,db,Google
464 ^'^ telephonische Übertragung.
Statt zu legieren, kann man für höhere Festigkeiten lieber
zwei verschiedene Materialien mit einander zu einem Draht
vereinigen. Umgiebt man zum Beispiel eine Seele aus Alu-
miniumbronze mit einem Kupfermantel, so ist die Festigkeit des
gesamten Drahtes noch etwas höher als die der Silizlumbronze,
etwa 7600, und trotzdem hält sich die Leitfähigkeit immer noch
auf der Höhe von zwei Dritteln des reinen Kupfers. Ein im
Prinzip sehr glücklicher Gedanke lehrte, wie man sich im
s. g. Compounddraht die grosse Festigkeit eines Stahldrahtes
zu Nutze machen kann, ohne dass der Hauteffekt den
Widerstand erhöht. Man uragiebt zum Beispiel einen 2 mm
dicken Stahldraht mit einem Bronzemantel von 0,5 mm Wand-
stärke. Der Hauteffekt drückt die Sprechströme aus der Stahl-
seele in den Mantel, wo sie die gut leitende Bronze vorfinden.
Doch scheinen einer allgemeinen Anwendung der Compound-
drähte ihre hohen Fabrikationskosten im Wege zu stehen.
Nachdem wir uns so über das Material der Freileitungen
verständigt haben , verlangt des Weiteren die naheliegende
Frage Beantwortung, warum denn in der Fernsprechtechnik
nicht ebenso, wie in der Telegraphie, die Erde als Rückleitung
benutzt wird. Das sollte . hier doch gerade so gut , wie dort
gehen. Die Erde wird den telephonischen Wechselströmen
keinen anderen Widerstand entgegensetzen, als den telegraphi-
schen Wellenströmen. In der That hat man auch telephonisch
früher allgemein die Erde als Rückleitung benutzt. Aber
man empfand bald, dass die gegenseitige Störung mehrerer neben
einander her geführter Fernsprechleitungen, dass die Störung
durch in der Nähe geführte elektrische Bahnen mit ihrem
fortwährenden Ein- und Ausschalten die Verständigung über
das erlaubte Maass hinaus erschwert. Denn, wo Kraftlinien-
änderung, da Induktion.
Stellen Sie sich zwei neben einander an demselben Gestänge
geführte Drähte einer Einfachleitung vor, ftlr die beide die Erde
die Rückleitung bildet. Wenn nun über den einen der beiden
Drähte gesprochen wird, so wirkt der das Gespräch tragende
Wechselstrom auf den parallelen Nachbardraht indiuierend. Er
erzeugt in diesem Nachbardraht einen neuen Strom, der ihm
selbst zwar in jedem Augenblick entgegengerichtet ist, dessen
so entgegengesetzte Phase aber nichts daran ändert, dass er
DigitizsdbyGOOgle
Uie telephonisclie Übertragung. 465
ein genaues, nur etwas schwächeres Spiegelbild des ursprüng-
lichen Stromes vorstellt. Da auch der zweite Draht zwischen
seinem Ende und Erde ein Telephon enthält, ist bei der Empfind-
lichkeit der Telephone auch in ihm das von dem induzierenden
Strom getragene Gespräch sehr wohl hörbar. Das auf Draht
Eins geführte Gespräch wird von Telephon Zwei ausgeplaudert,
unbekümmert darum, ob die Sprechenden den berechtigten
Wunsch haben, Ihr Gespräch geheim zu halten. Für den un-
freiwilligen Lauscher ist — akustisch gesprochen — das fremde
Gesprach ziemlich gleichgültig. Er hört es nur, solange er auf
Anschluss wartet. Nachher wird es von dem Gespräch auf
dem eignen Draht übertönt. Dagegen rufen die durch die
Schienen zurückgeleiteten starken Anfahrströme elektrischer
Bahnwagen — durch Induktion und wohl auch direkt — im
Telephon höchst lästige pfeifende Töne hervor.
Aus diesen Gründen ist man davon abgekommen, die Erde
telephonisch als Leitungsmaterial zu benutzen, und trotz der
damit verknüpften hohen Kosten von der Einzelleitung zur
Doppelleitung oder Schleifenleitung übergegangen. Denn
auf einer Doppelleitung heben sich die Induktionen auf. Nehmen
Sie an, auf einer von Westen nach Osten führenden Linie
seien an denselben Gestängen eine Einfach- und eine Doppel-
leitung gespannt. In der Einfachleitung begänne eben ein
Stromstoss nach Westen zu fliessen. Dann induziert er in jedem
der beiden von ihm gleich weit entfernten Doppelleitungs-
drähten eine gleich starke nach Osten gerichtete Spannung.
Beide nach Osten drückende Spannungen heben sich in der
Schleife auf, besonders wenn die beiden Drähte an den Gestängen
öfter ihren Platz miteinander vertauschen. Sie thun es allerdings
nicht, sobald ein Draht der Doppelleitung wesenthch besser
isoliert ist, als der andere. Dann wird der schlechter isolierte
mehr Strom in die Erde verlieren, als der aridere. Von seiner
Spannung geht mehr verloren. Sie kann der des anderen
Drahtes nicht mehr das Gleichgewicht halten. Diese überwiegt,
und das in die Doppelleitung eingeschaltete Telephon spricht.
Andererseits werden — gleiche Isolation und richtige Leitungs-
führung vorausgesetzt — die induzierten Spannungen erst
recht aufgehoben, wenn die Induktion auch von einer Doppel-
leitung ausgeht, also dasselbe Gestänge mehrere Drahtpaare
„Coogic
466 !'<' tetephonische Obertragung.
tragt. Je mehr das sind, umso besser wird jede Induktions-
störung ausgeschlossen.
Nehmen Sie nun einmal an, es soll über zwei Apparatsätze
gesprochen werden, von dem der eine noch Einfach-, der andere
schon Doppelleitung hat (Fig. 298). An den Enden links und
rechts liegen die beiden Fernsprecher, der linke dem durch die
zwei dicken Punkte bezeichneten Amte näher, als der rechte.
Sie sehen beide Mal gestrichelt den Mikrophonkreis, bestehend
aus Mikrophon, Mikrophonbatterie und primärer Wicklung der
Induktionsspule und ausgezogen den Telephonkreis mit der
secundären Wicklung und dem Telephon T. Links ist die
secundäre Spule unten geerdet, oben führt die Einfachleitung
zum Amt. Rechts ist das Gleiche mit der Doppelleitung der Fall.
Fig. 288. Verbindung von Uoppcl- und Einzellcilung.
a. direkt, b. durch Dbertrager.
Nun würde der Unbefangene die Verbindung einfach so
machen, wie oben (Fig. 298a) gezeichnet. Er würde die Einfach-
leitung mit einem Zweige der Doppelleitung verbinden und
beider andere Klemmen an Erde legen.
Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass der Fernsprecherfolg
einer solchen Schaltung derselbe ist, als ob nach beiden
DigitizsdbyGOOgle
Die lelephonische Übertragung. 467
Seiten nur Einfachleitung vorhanden wäre. Der Nutzen der
Doppelleitung z. B. gegen Induktion von aussen verschwindet.
Es ist gerade so, als ob der an Erde gelegte von den beiden
Drähten wesentlich schlechter isoliert wäre. Man erhält sich
den Vorteil der teilweisen Doppelleitung, indem man beide
Telephon kreise nicht zu einem verschmilzt, sondern sie mit
einander elektromagnetisch kuppelt, wie es unmittelbar dar-
unter (Fig. 298b) gezeichnet ist. Die eine (rechte) Wicklung
eines Transformators mit dem Übersetzungsverhältnis 1:1,
eines Übertragers, wird an die Doppelleitung, die andere
an Erde und die Einfachleitung gelegt. Dann werden die
Sprechströme in beiden Richtungen aus einem Telephonkreise
in den andern übertragen und der Vorteil der langen Doppel-
leitung bleibt erhalten. Abgesehen davon gewinnt der Über-
trager für Fernleitungen auch deshalb besondere Wichtigkeit,
weil er, wie das Relais in der Telegraphie, die gesamte Leitungs-
länge l in zwei Teile zerlegt. Bei Halbierung von l hat
bekanntlich jede Hälfte nur den vierten Teil des frtlheren CW.
Kurz, die Vorteile des Übertragers sind so gross, dass man
den mit ihm verknüpften Arbeitsverlust mit in den Kauf
nehmen darf.
Gleichzeitig mit der Umwandlung der Einfach- in die
Doppelleitung ging und geht in Berlin und anderen Städten der
Ersatz der oberirdischen Fernsprechleitungen durch Kabel vor
sich. Dieser Ersatz wurde notwendig, als die Zahl der An-
schlüsse so ausserordentlich zunahm und besonders in der Gegend
der Ämter die Dächer die Last der auf ihnen verspannten Drähte
nicht mehr tragen wollten. Die Kabel haben dabei zwei
Vorzüge: Sie entziehen den Leiter allen Einflüssen der
Witterung, Die atmosphärische Elektricität kann auf ihnen nicht
mehr durch Entladungen, die Niederschlage nicht durch die
Verschlechterung der hier übrigens sehr vollkommenen Isolation
den Betrieb stören. Ferner sind bei Kabeln alle die Folgen
ausgeschlossen, die mit dem Reissen eines Oberleitungsdrahtes
verknüpft sein können. Dadurch ersparen sie auch die Schutz-
vorrichtungen, die die Strassenbahn sonst gegen etwa herab-
fallende Fernsprechdrähte notwendig hat. Das sind dicht unter
diesen ausgespannte geerdete Schutznetze. Das sind namentlich
jene Oberaus hässlichen Holzleisten, die dem Fahrdraht auf-
30*
DigitizsdbyGOOgle
468 '^'^ telephonische L'bertrHgung.
geklemmt werden, und die viel mehr, als dieser aüein, die Städte
verunzieren. Mittelbar thut das demnach die Fernsprech Ober-
leitung auch. Aber niemand wird ein Städtebild, das die Bahn-
oberleitung ertragen muss, von den dünnen, meist in luftiger
Höhe gespannten Fernsprechdrähten selbst verdorben finden.
Ruft doch in ihnen sogar öfters die Sonne prächtige Farben-
spiele hervor.
Dafür haben für das Fernsprechen die Kabel gegenüber
der Oberleitung einen empfindlichen Nachteil: die grosse
Capacitat. Sie werden gleich sehen, warum grosse Capacität
der Leitung für die Verständigung auf ihr tOtlich ist und man
für telephonische Fernleitungen von vornherein auf Kabel
verzichten muss. Denn bekanntlich ist die Capacität der Länge
und das auch hier in Betracht kommende Produkt aus Capacität C
und Widerstand W sogar dem Quadrat der Länge proportional.
Ferner (s, S. 106) hängt die Capacitat eines Condensators,
mithin auch eines Kabels von d, der Dielektricitätsconstante der
isolierenden Materialien ab. Ein Condensator mit dem Dielektri-
kum D hat eine d mal so grosse Capacität Cu, als der con-
gruente Luftcondensator:
C„ = d . C.
Soll Gl) verkleinert werden, muss man sich demnach an die
Grösse von ä halten. Die Ihnen bis jetzt als Kabeldielektrika
bekannten Stoffe haben ein d von nicht unter Drei.
Die heutigen Fernsprechkabel (Fig. 299) umhüllen
deshalb ihre Kupferleiter mit einem Spiralbande aus Manila-
papier, ähnlich, wie es für Cigaretten gebraucht wird. Das
Papier hat schon d = 1,5. Das Papier bewahrt allerdings
die Leiter vor gegenseitiger Berührung. Es isoliert sie.
Aber der grösste Teil des Raumes zwischen ihnen wird von
Luft eingenommen. Das eigentliche Dielektrikum des Kabels,
als Condensator betrachtet, ist mehr Luft als Papier, und seine
Capacität ist demnach so klein, als die eines Kabels nur sein
kann. Die Capacität eines Telegraphenkabels wurde pro Kilo-
meter eines Leiters zu 0,25 MF angegeben. Für Fernsprech-
papierkabel sinkt sie auf etwa 0,06 MF herab. Dass sie immer
noch sehr viel grösser ist, als die eines ebenfalls mit Luft um-
DigitizsdbyGOOgle
Die telephonische Obertragung. 469
gebenen Oberleitungsdrahtes, nimmt Sie nicht Wunder. Beim
Kabel sind die Entfernungen von einem Leiter zum anderen und
bis zur leitenden Umgebung (Mantel) natürlich sehr viel kürzer,
Fig. 299. Papierkabel.
als bei der Oberleitung. Demnach sind die Schichten des
Dielektrikums, durch die hindurch bei der Ladung elektrische
Kraftlinien gespannt werden, beim Kabel, wie aus dem Quer-
schnitt (Fig. 300) zu ersehen, sehr viel dünner. Die kurzen
DigitizsdbvGOOgle
470
Die lelephonische Übertragung.
Kraftlinien werden von der gleichen Batteriespannung entsprechend
straffer gespannt, als die langen. Das heisst es werden mehr
Coulomb eingeladen.
Die Papieradern werden erst zu Paaren, dann alle mit-
einander verseilt, wodurch die Aufhebung der gegenseitigen
Induktion gesichert und die Zugfestigkeit vermehrt wird. Dann
werden sie getrocknet und mit einem Bleimantel umpresst. Die
grauen Kabel, die nur noch zu prüfen sind und dann ohne
Weiteres in Cementkanäle eingezogen werden können, fordern
nach Farbe und Form zu dem vulgären Vergleiche mit über-
langen Leberwürsten heraus.
Der Grund, der eine grosse Capacität telephonisch von
so sehr viel grösserem Nachteil sein lässt, als telegraphisch, ist
einfach genug. Auch jetzt werden die die Nachricht über-
mittelnden Coulomb, die durch das Kabel bis zu seinem Ende
hindurchgehen sollen, unterwegs von seiner CapScitat fest-
gehalten. Aber jetzt ist die Störung schlimmer, weil die rasch
schwingenden Sprechströme so sehr viel weniger Zeit haben,
sich dieser Capacitat zu erwehren, sich durch das Kabel
hindurchzuarbeiten, als die verhältnismässig langsam verlaufenden
Telegraphierströme. Es war deshalb nicht übertrieben , wenn
die grosse Capacitat einer Fernsprechleitung für die Verständigung
auf ihr tötlich genannt wurde.
Hier das Diagramm (Fig. 301) giebt mit seiner unleren
Kurve an, wieviel bei einer Versuchsreihe von einem jedesmal
-
"
^ r
l-\
-
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"fiadfliä^ff'- {mn täücHlHta^^J
Fig. 301. Die Ampti'tude eines Wechsel siromes auf dem Wege dnrcli ein Papierkabel
mit und ohne Pupinspulen, Nach Dolezalek und Ebeling.
DigitizsdbyGOOgle
Die telephonischc Dbertragung.
471
am Kabelanfang gleichen Wechselstrom für verschiedene Längen
eines Papierkabels bis zum Ende durchgekommen ist. Der Strom
hat die Periodenzahl 400, entspricht also einem etwas tieferen
Tone, als das Kammer-a, Die Kurve zeigt, dass der Strom
schon nach 10 km der im selben Kabel verlaufenden Hin- plus
Rückleitung auf die Hälfte, nach 30 km auf den vierten Teil
gesunken ist. Nun war schon davon die Rede, dass bei der
grossen Empfindlichkeit der Telephone die Abnahme der Strom-
amplitude an sich nicht so viel bedeutet, wenn nur die Ströme
verschiedener Periodenzahlen gleichmässig geschwächt werden.
Überlegen Sie, ob das wohl der Fall sein kann. Das Produkt CW,
Capacität mal Widerstand, einer Leitung lernten Sie als Maass
für die erreichbare Telegraphiergeschwindigkeit kennen. Schneller
gegebene Zeichen kommen mit so stark verkleinerter Amplitude
an, dass sie nicht mehr entziffert werden können. In derselben
Leitung werden mithin Berg und Tal der Telegraphierwelle um-
so mehr abgeflacht, je schneller sie verläuft, je kleiner ihr T, je
grösser ihr n ist. Ins Telephonische übersetzt, heisst das:
^ 4»v «Ml 4«» 4M» «MF r^ ^7 lfm »fi >^ ^'jff.Mymkm
— Tjr
Fig. 302. Halbierendes CW in Abhängigkeit von der Schwingungszahl n.
D,„i,.,db,Google
472 Di* telephoniache Übertragung.
Ähnlich, wie durch den Hauteffekt des Eisendrahtes, werden
durch die Capacität aller Leiter die Sprechströme höherer
Periodenzahlen stärker geschwächt, als die niedriger. Die hohen
Töne kommen nicht so weit durch das Kabel hindurch, als die
tiefen, und zwar steigt der Unterschied mit dem CW des Kabels.
Diese Kurve (Fig. 302) giebt bei einem bestimmten Kabel für
verschiedene Periodenzahlen n die Werte des Produktes CW
an, die ausreichen, um die Amplitude der Sprechströme auf die
Hälfte zu verkleinern. Sie sind gewiss über die Kleinheit der
Werte von CW verwundert, die hier in Frage kommen. In der
Telegraphie wurden galvanometrische Empfänger nötig, als das
Produkt CW {MF .Megohm) anfing, nach ganzen Zahlen zu
rechnen. Hier handelt es sich nur um Tausendstel. Der Sprech-
strom der Periodenzahl 100 wird bei CW=0fi\l8, der ftir
1000 bei 0.00118 und der für 2000 gar schon bei 0,0006
MF . Megohm halbiert. Man kann sich vorstellen, dass der
Stärkenunterschied der verschiedenen Tonlagen schon bei einem
ausserordentlich kleinen Werte von CW — als Erfahrungszahl
wird dafür 0,015 angegeben — nicht mehr erträglich ist. Ober-
halb 0,012 wird die Sprache so verzerrt wiedergegeben, dass
die Verständigung aufhört.
Bis vor kurzem war man dagegen machtlos. Ausser der
Verwendung der Luft-isolierten Kabel zur Verminderung der
Capacität blieb nur das Mittel, längere Telephonleitungen ober-
irdisch zu führen. Mehr und mehr brach sich aber der Gedanke
Bahn und bekam durch Professor Pupin von der Columbia-
Universität in NewYork scharfen theoretischen Ausdruck, wie
in der Telegraphie, so auch hier die schädliche Capacität durch
künstliche Selbstinduktion zu bekämpfen. Sie erinnern sich des
in den Primärkreis des RuhmkorfT eingeschalteten Condensators,
der den Selbstinduktionsstoss beim Öffnen in sich aufnimmt, den
beim Schliessen durch die aufgespeicherte Ladung bricht. (Vgl.
S. 79 Fussnote.) Sie erinnern sich ferner, wie den Telegraphen-
kabeln, an die Enden oder auch unterwegs Inductanzrollen an-
gelegt werden, deren Selbstinduktion auf die Kabelcapacität
abgestimmt ist. Ebenso kann man in der Telephonie aus der
Selbstinduktion den grössten Nutzen ziehen, wenn man die sie
tragenden Spulen unterwegs der Kabeiseele einfügt. Für den
Erfolg ist es dabei notwendig, die über die ganze Kabellänge
DigitizsdbyGOO'^le
Die trlcphonische Übertragt!
einheitlich verteilte Capacität mit ebenfa
Selbstinduktion zu bekämpfen.') So erhi
auf der Strecke Berlin ^Potsdam das l
bei jeder zweiten Muffe.*), das heJsst in
Fig. 303. Kabelmuffe.
jedes Mal 1300 m angelegt. Hier die Abi
wie vierzehn Doppeladern des Kabels durcl
und vierzehn Doppelspulen in sich einges
Fernsprechleistung der Kabelseele
auf die einer Oberleitung von vieri
also ausserordentlich erhöht. In d
(Fig. 301) giebt die obere Kurve die Grö;
für verschiedene Längen des jetzt mit Puf
Kabels an. Die Schwächung ist wese
halbe Stromstärke wird erst bei 45 km, i
90 km erreicht. Die Pupinspulen verg;
Kabellängen, über die gesprochen vverd'
>| Eine wiasensrhaftlidierc Krkbn
ung ist u. a. U
Stellung enthalten, welclie 1.. Kellslab
nber die Piipins
schlickenden Arbeiten (wie die von
Brcisie und D
Physikalisehen Zeilschrift IV. S. 211,
1902 verftffentlit
=1 Kabelmuffen (Fig 303> dienen
lum Aneinandt
oder, entsprechend gebaut, iiir Vcriwi
Jigung der Kabc
D,„i,.,db,Google
474 I*i^ tel epiionische Obertragung.
auch wohl für Oberleitungen (Fig. 305) in Frage, bei denen sie
die Verständigung verbessern oder Leitungsmaterial ersparen.
Fig. 304, Pupinspiilen. Nach Dolei
Aber ihre Hauptbedeutung behalten sie für Kabel, und es ist
zu hoffen, dass sich mit ihrer Hilfe eine Unterseetelephonie
über weite Entfernungen ermöglichen lassen wird.
Fig. 305, Pupinspule filr Oberleitung, Nach Dolezatek und Ebebng.
D,„i,.,db,Google
Di« FernsprechgchBuse und die in ihne
22. Vorlesung.
Die Fernsprechgehäuse und
die in ihnen vereinigten Apparate.
Technische Formen von Telephon und Mikrophon,
Üie Hiirsapparate zu Sidierung, Anruf und Umschaltung.
Wichtige Cehiiisefornien und ihr Stromlaur. — Der Automat.
Lassen Sie uns heute zuerst die verschiedenen Formen von
Telephon und Mikrophon betrachten, wie sie jetzt die Technik
baut. Sie haben schon bemerkt, dass der zuerst verwandte
leichte Stabmagnet des Telephons — übrigens nach Werner
Siemens' Vorschlage, -~ einem kräftigen Hufeisenmagnet Platz
gemacht hat. Es leuchtet ein, dass der an sich stärkere Magnet
überdies umso mehr Kraftlinien erzeugen wird, als diese nur
über eine zweimalige sehr kleine Luftbrücke zu gehen haben
und dadurch der magnetische Widerstand gegen früher stark
verkleinert ist.
Das Telephon (Fig. 285 auf S. 436), das neulich bei dem
Dreiklang-Versuch in Benutzung war, ist das alte Muster der
Reichspost, das vor kaum fünfundzwanzig Jahren — damals
übrigens ebenso, wie als Empfänger, auch als Geber dienend —
unserm überraschten') Ohr das erste Ferngespräch vermittelte.
■l Unsere schnetllebige Zeil weiss freilich jelct, wo sich in Berlin W. schon
die Schuljungen Ober die Resultate ihrer Hausaufgaben teiephonisch verstand Igen.
nichts mehr von jener Obcrraschung. Ich mOchte Ihnen deshalb einen Bericht vor.
lesen, den Heinrich Stephan am 9. November ie'7'7 Ober das damals neue
Telephon an den Fürsten Bismarck gerichtet hat. Die Reichskanzlei hat die
Gate gehabt, mir die Quelle dafOr mitiuteilen.
Mit der höflichen Einleitung: .Ew. Durchlaucht ist bekannt' seCit Stephan dem
FQnten Bismarck einige elektrische Grund thatsachen auseinander und fahrt dann fort:
und gegenwärtig haben diese Forschungsergebnisse im Verein mit den schon
langer bekannten Lehrsftlien der Akustik lu der Erfindung des Telephons grfnhrt,
welcher nach meiner Obeneugung noch eine grosse Zukunt) im Bereich des mensch.
liehen Verkehrs bevorsteht [n der letzten Woche des Oktober begannen
DigitizsdbyGOOgle
476 !*'< Fernsprechgchfiuse und die in ihnen vereinigten Appar«le.
Der grosse Magnet macht das Instrument ungefähr ein Kilogramm
schwer. Dazu muss man beim Gebrauch die haltende Hand
bis in die Höhe des Ohres heben, so dass einem bald der Arm
lahm wird. Die Englander zum Beispiel haben sich damit
begnügt, einen leichteren Hufeisenmagneten zu verwenden
(Fig. 305). Die Hand muss man beim Hören mit ihrem Telephon
noch bis zur Höhe des Ohres aufheben.
hier die Versuche, zuerst zwischen meinem Centralbureau in der Leipziger Strasse und
dem General-Telegraphenamt in der Fra mos i sehen Strasse. Da dieselben durchaus
befriedigend ausfielen, so wurde ein Beamter mit dem Instrument zunächst zum Postamt
mündliche Verständigung ergab, ao erfolgte noch an demselben Tage die Entsendung
nach Potsdam. Auch mit Potsdam war die Verständigung vollkammen. Mftnner.
Frauen, Kinder, welche wir sprechen Hessen, verslanden sofort und beantworteten
die gegenseitigen Fragen. Gesungene Lieder, gespielte Instrumente wurden deutlich
vernommen, und Bekannte und Verwandte erkannten sich an dem individuellen
Charakter der Stimme.
Am nächsten Tage wurden Beamte und Instrumente nach Brandenburg an der
Havel entsendet. Aueli an diesem Ort (61,3 km) war die Verständigung mit Berlin
noch möglich, obwohl die Stimme etwas forciert werden musste. Der Versuch mit
Magdeburg ergab noch Töne, aber keine Laute mehr, folglich keine Verständigung.
Dies beweist indes nicht, dass die Verwendung der Erfindung auch für weitere
Entfernungen ausgeschlossen sei, da dieselbe noch in der Kindheit liegt, und man
jedenfalls sehr bald potentere Instrumente wird herstellen können. Das jetzige gleicht
an Form und Grösse etwa einem mittelgrossen Fliegen schwamm. (Die Versuchs,
apparatc hatten sehr grosse Schallbecher und -platten.) An den Stiel fasst man an,
und spricht da, wo die rote FlSche ist, und ebendaselbst hört man auch. Es ist
kaum etwas Einlachcrcs zu denken.
Wir haben sofort die praktische Verwendung ausgeführt; seit einigen Tagen
ist zwischen dem Geneial-Telegraphenamtsdirektor und mit ein Telephon in dienst-
lichem Gebrauch. Wir verkehren mittelst desselben mQndlich unmittelbar von der
Leipziger bis zur Französischen Strasse auf einer 2 km langen Drahtleitung, machen
imsere Hocksprachen auf diese Weise ab, und ersparen Akten, Sekretäre und
Kanileidiener.
Weiter ist die Absicht, Telephone auf allen denjenigen Postorten aufzustellen,
an welchen sich noch keine Telegraphen- Anstalten befinden, um von dort die auf-
gegebenen Depeschen an die nächste Telegraph enstation hinOberrufen lu lassen,
während bisher stets ein Bote geschickt werden musste- Wenn diese Maassregel,
welche schon in den nächsten Tagen um Berlin und um Potsdam ins Werk gesetzt
werden soll, gelingt, dann worden wir, da die Kosten sehr gering sind, die Zahl der
Rcichs-Telegraphenämtcr ganz erheblich vermehren können.
Bei dem Interesse, welches die Erfindung dir das Verkehrswesen des Keiches
darbietet, möchte es vielleicht genehm sein, mir lu gestatten, einen Beamten mit dem
Instrument nach Varzin lu entsenden, um in Ew. Durchlaucht Gegenwart Proben
seiner Leisiungsiahigkett abzulegen Stephan.
D,„i,.,db,Google
Die Fernsprechgehause
477
Bei uns hat man auch immer leichtere Hufeisenmagnete
gebaut und ausserdem die Polschuhe im rechten Winkel gebogen
(Fig. 306 und 307). Die Kraftlinien werden dadurch um die
Ecke geführt und die Schallplatte steht zu den Magnetschenkeln
Fig. 305. Englisches Telephon. Nach Crolch.
nicht mehr senkrecht, sondern läuft ihnen parallel. Die Hand
hält mithin diese Schenkel der Ohrmuschel parallel, und von der
Höhe, bis zu der man sie aufheben muss, geht fast die ganze
Länge des Magneten ab, ähnlich
wie man neuerdings den Opern-
gläsern der Damen zum leichteren
Halten einen vertikalen Stiel
angeschraubt hat.
Die Leiter, auf denen den
Telephonen Strom zugeführt
wird, pflegen alsLeitungsschnüre
ausgebildet zu werden. Das
heisst , sie enthalten , um die
Beweglichkeit des Telephons
nicht zu beengen, noch unter den
Bewegungen selbst zu leiden,
nicht massiven Kupferdraht,
sondern Litze aus schmalem und ^'S- 3oe. Flg. 307.
dünn ausgewalztem Kupferband, '^""' '^""»^''" Telephone (hangendi.
5. g. Lahn. Diese Lahnlitze wird
mit Baumwolle erst umsponnen und dann zweimal umklöppelt.
Bei dem neueren unserer PostmodeJle (aus dem Jahre 1893,
Fig. 307) tritt dazu die Leitungsschnur nicht wie früher oben,
sondern schon unten beim Magnetjoche in die Schutzhülse des
DigitizsdbvGOOgle
478
Die Fernsprcchgchluse
vereinigten Apparate.
Telephons ein und hangt deshalb beim Hören direkt herunter,
ohne Knick und ohne zu stören. Auch ist der Aufhängehaken
dem Telephon oben angeschraubt, damit man es so, wie es
während der Nichtbenutzung hängt (Fig. 307), ohne es erst
umzudrehen, ans Ohr halten kann.
Das Telephon von d'Arsonval (Fig. 308) verdankt seinen
eigenartigen Bau dem Bestreben , die Kraftlinien über einen
grösseren Teil der Schallplatte möglichst gleichmässig zu ver-
teilen. Denn, wenn die ganze
Platte magnetisch in Schwingungen
versetzt wird, ist die Tonerzeugung
natürlich vollkommener, als wenn
dabei aktiv nur ein beschränkter
Bezirk beteihgt ist. D'Arsonval
kommt dem Ideal einer gleich-
massigen Magnetisierung der ganzen
Schallplatte dadurch nahe, dass er
den einen der beiden Polschuhe
unter ihre Mitte setzt und ihn von
dem anderen, der zum ringförmigen
Mantel ausgebildet ist, umgeben
lässt. Das ist durch Verwendung
eines hinkenden Elektromagneten
ermöglicht. Nur der Polschuh in
der Mitte trägt eine Spule, der
Schnitt gezeichnet) — selbst ohne Spule
Der zum kräftigen Ring
Fig. 308.
D'Arsonvalschea Telephon
andere (in Fig. i
— umgiebt sie eben concentrisch,
ausgebildete Dauermagnet dient der Hand zum Halten,
Es bleibt uns noch die Besprechung der Kapseltelephone,
von denen Sie das von Gower hier im Lichtbilde (Fig. 3091
vor sich sehen. Ausserlich fällt am meisten an ihm auf, dass
der Schalltrichter durch einen langen, als Hörrohr dienenden
elastischen Schlauch ersetzt ist. Nur dessen Ende, nicht das
Telephon selbst, wird ans Ohr gehalten. Sodann ist das Telephon
sehr viel kleiner, als die Ihnen bis jetzt hier gezeigten. Der
Magnet ist zu einem schmächtigen, steigbügelartigen Halbring
zusammengeschrumpft, sodass er in eine kleine Messingkapsel
hineinpasst. Wenn ein solches Kapseltelephon, wie es that-
sächlich der Fall ist, befriedigend arbeitet, muss das Bedürfnis
DigitizsdbvGOOgle
Die Femspreehgehäiise und die in ihnen vereinigten Apparate. 479
nach jenen mächtigen, zugleich schweren, umfangreichen und
teuren Magneten nicht dringend sein, Man kommt mit kleinen,
kräftigen Magneten telephonisch ebenfalls aus.
Deshalb hat auch die Reichs-
post ein Kapseltelephon an-
genommen (Fig. 310 auf Tafel III).
Es wiegt nur 455 g. Wenn man
dem den Holzring vorn, der wie
üblich gleich zum Schalltrichter
ausgearbeitet ist, abschraubt und
die Schallplatte fortnimmt , so
sieht man (Fig. 310b) auf dem
Boden der Kapsel zwei Halbring-
magnete von der Art des Gower-
schen befestigt. Natürlich sind
sie so eingesetzt, dass die benach-
barten Pole magnetisch gleiches
Vorzeichen haben. Im anderen
Falle würden die Kraftlinien von
einem Pol zum anderen hinüber-
gezogen (vgl. Fig. 39 auf S. 56) und geradezu aus den Pol-
schuhen, in die sie hineingehören, abgesaugt werden. Jetzt
hingegen sträuben sich — rechts sowohl wie links — die über-
einander befestigten gleichnamigen Pole gegen die aus dem
Nachbarn austretenden Kraftlinien. Auf jeder Seite drücken
sich beide Bündel gegenseitig in die verlangte Bahn: durch
Polschuhe und Schallplatte (Figur 310d}.
Dass die Polschuhe hier, wie an den übrigen Posttelephonen,
breit ausgebildet sind, hat den Ihnen von dem d'Arsonvalschen
her bekannten Zweck einer gleichmässigen Magnetisierung eines
grösseren Teiles der Schallplatte. Die Kraftlinien verteilen sich
so über ein abgerundetes Rechteck von etwa 17 mm . 12 mm
Inhalt. Wenn das auch etwa nur der zehnte Teil der Schall-
platte ist, so liegt es doch in ihrem für die Schwingungen
hauptsächlich in Betracht kommenden mittleren Teile. Denn
je mehr man sich dem festgeklemmten und folglich einen
Schwingungsknoten bildenden Rande nähert, umsoweniger
können sich die Plattenpunkte bei der Schwingung aus ihrer
Ruhelage entfernen. Natürlich sind die Polschuhe aus magnetisch
DigitizsdbyGOOgle
480 ^'^ Fernsprechgehause und die in ihnen vereinigten Apparate.
weichem Eisen gemacht und gewöhnlich unterteilt. Da die
Wirbelströme den Spulen Windungen parallel laufen, ist die
Unterteilung so weit, als auf einfache Weise möglich, zu diesen
senkrecht zu machen. Daher diese zinken- oder kammartigen
Polschuhe. Deren Breite erlaubt auch nicht, kreisrunde Spulen
zu verwenden, sondern zwingt zu elliptischer Form, trotzdem
so die gleiche Windungszahl einen längeren Draht verlangt,
also sowohl mit einer grösseren Ausgabe, wie einer Widerstands-
erhöhung verknüpft ist.
Zur Handhabung ist dem Kapsel telephon ein Holz griff
angeschraubt, der In sich gleich die Leitungsschnüre (aber
natürlich kein magnetisches Material) enthält. Der lange Griff
bringt die schon bei beiden früheren Telephonen der Reichspost
angedeutete Löffelform fast noch mehr zum Ausdruck, und mar
muss dem volkstümlichen Namen Ho r c hl ö f fei zugestehen,
dass er Verwendungszweck und Form treffend bezeichnet.
Nebenbei sei noch bemerkt, dass die Telephone gewöhnlich
eine einfache Einrichtung erhalten, um durch Drehen einer
Schraube (in den Fig. 285 und 310c sichtbar) die Grösse der
Luftbrücke zwischen Schallplatte und Polschuhe nach Wunsch
zu verändern. Dadurch können sie auf grössere oder geringere
Empfindlichkeit eingestellt werden.
Fig. 311. FranzOsiBches Walzcnmikrophon. Nach Montillol.
Von den Telephonen wenden wir uns nun zu den
Mikrophonen, wie sie die fortschreitende Technik weiter
entwickelt hat. Die französischen (Fig. 311) und das des
englischen Post Office (Fig. 312) sind Walzenmikrophone, wie
das früher bei der Reichspost gebräuchliche. Nur ist die
Vermehrung der Contakte weiter getrieben.
DigitizsdbyGOOgle
D,„i,.,db,Google
.,db,Google
Die Fernsprechgehäiiac und die in ihnen vereinigten Apparate. 481
Mit einer solchen Vermehrung der Contaktanzahl wird,
wie Sie erfahren haben, die auf den einzelnen Contakt entfallende,
in Schwingung zu setzende Masse vermindert. Beides:
Vermehrung der Contaktanzahl und Verkleinerung der Masse
des einzelnen Contaktmachers führt in ihrer äussersten noch
Fig. 312. Knglisches Walienmikrophon. Nach Croich.
technisch möglichen Grenze — Kohiepulver ist kein brauchbares
mikrophonisches Material mehr — zur Verwendung von
Kohlenkörnern etwa von Stecknadelkopfgrösse. Die kleine
Masse des contaktandernden Kornes und die ausserordentlich
grosse Zahl der sich ändernden Contakte verbürgt eine sehr
viel gründlichere Aufnahme auch zarter Feinheiten der Schall-
schwingungen, als bei den im Vergleiche recht plumpen Kohlen-
walzen , sodass die Überlegenheit der Körnermikrophone
ganz natürlich erscheint.
Schon bei den Walzenmikrophonen zeigte sich die Not-
wendigkeit, die einzelnen Contaktmacher durch einen leichten
Druck in eine solche gegenseitige Lage zu bringen, dass die
Schwingungen des Schalles sie nicht in regelloses Geklapper,
sondern in regelmassige Schwingungen versetzen. Einer solchen
Dämpfung, die ihnen den elastischen Halt in sich giebt, bedürfen
die Kohlenkörner natürlich in verstärktem Maasse, ganz abgesehen
davon, dass man sie zum Einbau in das Mikrophon irgendwie
zusammenfassen muss. Man schüttet die Körner deshalb zwischen
zwei Platten aus Kohle. So entsteht der wichtigste Teil der
Körnermikrophone, die Contaktkammer. Die beiden Kohlen-
platten pflegt man verschieden stark zu machen. Die dem
Schallbecher zugekehrte äussere wird der Schallplatte aufgeklebt
DigitizsdbyGOO'^le
482 ^'^ Fernsprectigcliütise und ille in ihnen vereinigten Apparate.
oder selbst als solche ausgebildet. In beiden Fällen muss sie
dünner, als 1 mm sein. Die hintere, innere Kohlenplatte wird
schon aus Gründen der Festigkeit stärker gehalten, sodass sie
weniger, als eine Kohlenplatte, einen Kohlenkörper oder einen
. 313. Schwedische Mikrophonkohlen.
Kohlenkiotz vorstellt. Die erwähnte schwedische Sammlung
(Fig. 313) zeigt in der Mitte vier Kohlenschallplatten und darüber
und darunter die dicken Kohlenkörper. Sie sehen, wie
verschiedene Grössen und Formen die im Wettbewerb stehenden
DigitizsdbyGOOgle
Die Fe rn Sprech geh äuse und die in ihnen vereinigten Apparate. 483
Körnermikrophone für ihre Kohlenkörper gebildet haben. Manche
von ihnen sehen dabei beinahe aus, wie die Holzformen, mit
denen die Kinder in Sand backen. So starke Riefeln sind in
sie eingearbeitet. Gleicligiltig, ob am fertig montierten Mikrophon
die Contaktkammer horizontal oder vertikal liegt, die Riefeln
Fig. 3\4. Berlintrsches Mikrophon.
a. .\n3ichl: Kapsel mit SehalUritlUor und Schienen, die zugleich der Sti omiuführung
und der Befestigung dienen.
b. Schnitt: Die Kapsel hält unten !U-ischen sich und Deckel die schwari geieichnetc
Kohlcnschaltplatte, Cber ihr der Kohlcnklotz Ivgl. den EcfckloU links unten in Fig. 313).
.Seine concentrischen Riefeln erscheinen im Schnitt als Zahnlücken. Die dort liegenden
Kohlenkömcr sind nicht geieithnet. Die Schallplatte liegt elektrisch Ober die Kapsel
an der linken Schiene, der Klotz an der von der Kapsel isolierten rechten-.
31'
DigitizsdbyGOO'^le
484
D[e Fernsprechge hause u
n ihnen vereinigten Apparate.
befinden sich auf der inneren-, der Kömerseite des Kohlen-
körpers. Ihr Zweck ist, sowohl die Contaktoberfläche zu ver-
grössern, als vor allem den Körnern Halt zu geben. Nun muss
der Raum der Contaktkammer rundum nach aussen abgeschlossen
werden. Das geschieht durch eine zylindrische Wand aus
isolierendem, auf der Kohle festzuklebenden elastischen und
strapezierfähigen Materiale, wie Filz, Woll- oder Seidenstoff.
Natürlich engt schon diese Wand die Schwingungen der — fast
wie ein Herz — durch ihr ganzes Inneres pulsierenden Kammern
ein. Die Dämpfung wird noch durch einen leichten Druck auf
die dünnere Kohlenplatte vervollständigt, sei es, dass der von
einer innen mit einem Wattepfropf ausgefüllten kleinen Spiral-
feder (Siemens & Halske) oder von einer auf ein aufgeklebtes
Filzscheibchen drückenden Blattfeder (Berliner) ausgeübt wird.
Eine Untugend pflegen die Kohlenkörner zu haben. Nach
längerem Gebrauch, in Folge sei es aus der Luft angezogenen
Wassers, sei es der Stromwärme, backen sie leicht zusammen,
und ihre Sprechfähigkeit lasst nach. Dagegen hilft öftere
Erschütterung. Bei einigen Konstruktionen ist deshalb die
Contaktkammer rund herum oder innerhalb zweier Anschlage
drehbar. Durch die leichte Erschütterung beim Drehen und
die veränderte Einwirkung der Schwere lösen sich die zusammen-
gebackenen Körner von einander, und der ursprüngliche
befriedigende Zustand ist wieder hergestellt.
Prinzipiell sind die verschiedenen Körnermikrophone
ähnlich gebaut. Hier (Fig. 314) ist nur das Berlinersche-
gezeichnet. Es wird Ihnen leicht sein, sich über die beiden
wichtigsten anderen Fabrikate (Mix & Genest, Siemens & Halske)
aus anderer Quelle zu unterrichten.
Jetzt sind Sie nun über die Fernsprechapparate aufgeklart,
soweit sie ftir die vorläufige Schaltung von früher (Fig. 297
auf S. 461) notwendig sind. Aber ein praktischer Betrieb
zwischen zwei mit einander verbundenen Fernsprechanschlüssen
erfordert ausser Mikrophon, Induktionsrolle und Telephon noch
eine Reihe von Hilfsapparaten, von deren Bedeutung Ahnliches
gilt, wie bei denen der Telegraphie. Zunächst handelt es sich
um Sicherung und Anruf.
DigitizsdbyGOOgle
Die Fernsprechgehäitse und die in ihnen vereinigten Apparate. 485
Die Sicherungsapparate hat die Reichspost, um jeden
Rest von Gefahr zu vermeiden, aus den Gehäusen entfernt und, in
einem Kastchen (Fig. 315 auf Tafel IV) vereinigt, in der Nähe der
Leitungseinfbhrung angebracht. Das Kästchen enthält gemeinsam
Bhtzableiter und zwei Sicherungen gegen Fremdstrom, und zwar
schützt die Grobsicherung gegen Stromstärken von mindestens
4 bis 7 Ampere, wie sie etwa ein gerissener und auf die Bahn-
leitung gefallener Draht führt, die Feinsicherung gegen einen
wesentlich kleineren Strom, der erst bei längerem Füessen den
Fernsprechapparaten gefährlich werden würde, den s. g.
Schleichstrom. Die Feinsicherung geht bei etwa Vi Ampere durch.
Zuerst muss jede Fern Sprechleitung, ehe sie in das Apparat-
gehäuse eintritt, einen Blitzableiter durchlaufen, der etwaige
atmosphärische Ladungen zur Erde schickt und dadurch das
Gehäuse, und den etwa an ihm beschäftigten Menschen vor
Schaden bewahrt. Was das letztere anbetrifft, so ist es bei
uns üblich, bei Gewitter, ja schon bei Gewitterneigung den
Fernsprechbetrieb einzustellen, während das durchaus nicht
überall geschieht, ohne dass sich dadurch Unglücksfälle ereignen.
Noch kürzlich schrieb eine bekannte englische Zeitschrift,')
dass man es sich kaum vorstellen könnte, was in London
werden sollte, wenn man wegen einem bischen Gewitter etwa
in den Hauptgeschäftsstunden auf eine halbe Stunde die Fern-
sprechämter zumachen wollte.
Die telephonischen Blitzableiter beruhen, wie die telegra-
phischen-, auf der Fähigkeit des Blitzes, vermöge seiner hohen
Spannungen zu guten Erdleitungen hin nichtleitende Brücken
zu überspringen. Jede zu schützende Leitung — bei Doppel-
leitung natürlich jeder Draht — fllhrt über ein Prisma aus einer
Art Kohle, ganz wie Sie sie für Mikrophonkohlen in der
schwedischen Sammlung vereinigt gesehen haben. Dieses
Kohlenprisma (Fig. 315d) ist von einem zweiten ähnlichen, nur
etwas dünneren durch eine dünne Papierzwischenlage getrennt,
und das zweite Prisma liegt gegen eine messingne mit Erde
verbundene Schiene. Das dünne Papier reicht wohl aus, einen
Sprech- oder Weckstrom mit ihrer verhältnismässig niedrigen
Spannung von Erde zu isolieren. Es wird aber von atmo-
I) The Electrician. Bd. 55. S, 2. 1905.
DigitizsdbyGOOgle
486 ^'^ Fernsprechgehause und die m ihnen vereinigten Apparate.
Sphärischen Entladungen glatt durchschlagen und lässt diese
dadurch unschädlich zur Erde abfahren. Die körnige Oberfläche
der Kohlenprismen mag noch durch eine kleine Spitzenwirkung
das Durchschlagen des Papieres erleichtern.
Die Grobsicherung (Fig. 315a, b und c) besieht aus einem
Rheotandraht von etwa 0,3 mm Durchmesser. Rheotan, eine
Legierung von Kupfer, Zink und Nickel, ändert, wie das Ihnen
bekannte Manganin, seinen hohen spezifischen Widerstand von
0,47 mit der Temperatur so gut, wie gar nicht. In allen Jahres-
zeiten hat in ihm die gleiche Stromstärke eine gleiche Wärme-
entwicklung zur Folge. Gleiche Drähte schmelzen demnach
immer bei derselben angegebenen Stromstärke durch. Nun ist
trotz dieses Durchschmelzens zu besorgen, dass auf der Brücke
des durch die Hitze zum Teil gasförmig gewordenen Draht-
materials der Starkstrom als s, g. Lichtbogen die künstliche
Lücke des Stromkreises überspringt, und dass dadurch das
Unheil noch vermehrt wird. Um dieses zu verhindern, ist nur
der mittlere Teil des Schmelzdrahtes auf 5 mm frei gelassen.
Der Rest der Glasröhre, die das ganze einhüllt, ist mit trockenem
Schmirgel gefüllt (in Fig. 315c nicht gezeichnet), und das Über-
setzen eines Lichtbogens wird verhindert. Die Enden der Glas-
röhre sind Kupferkappen, zwischen denen innen der Schmelz-
draht ausgespannt ist und die aussen mittelst Klemnifedern
leichtes Einsetzen und Herausnehmen der Glasröhre mit Inhalt,
der s. g. Grobsicherungspatrone erlauben. Das Ganze ist auf
Porzellan montiert.
Die Feinsicherung enthalt keinen Schmelzdraht, weil kein
solcher von genügender Leitfähigkeit und Haltbarkeit bei Strömen
der Grössenordnung hundert Milliampere durchgeht. Deshalb
lässt man den Draht, der von dem abzuwehrenden Strome
durchflössen wird, nicht selbst schmelzen, sondern die von ihm
erzeugte Wärme wirkt auf eine Lötstelle aus Woodscheni
Metall. Dieses Metall, eine Legierung aus Wismuth, Cadmium.
Zinn und Blei, schmilzt schon bei 65 ". Sie erlassen mir, Ihnen
den bekannten Versuch zu zeigen, bei dem ein aus Woodschem
Metall gegossener Löffel, wenn man ihn in ein Glas heissen
Thee taucht, wie Quecksilber zerrinnt. Mit diesem Material
als Lot ist eine Art Reissnagel (Fig. 215d und a) innerhalb der
Heizspule eingelötet. Eine Feder zieht kräftig an ihm, und
DigitizsdbyGOOgle
D,„i,.,db,Google
D,„i,.,db,Google
Die Fernsprechgehäuse und die in ihnen vereinigten Apparate. 487
sobald das Lot gehörig erwärmt ist, reisst die Feder den Nagel
heraus und der Stromkreis ist unterbrochen. Weil die Wärme
aus dem Innern der Patrone schlecht abgeleitet wird, genügen
auch noch kleinere Ströme, wenn sie nur längere Zeit andauern,
dazu, das Lot aufzutauen und den Kreis zu unterbrechen.
Einsetzen einer neuen Patrone stellt den ursprünglichen Zustand
unverändert wieder her.
Hiermit können wir das Sicherungskästchen verlassen und
uns den zum Anruf dienenden beiden Apparaten, dem Geber
und dem Empfänger, zuwenden. Der Empfänger ist beim
Teilnehmer stets eine elektrische Klingel, amtlich gesprochen ein
Wecker, z. B. nach dem Prinzip' des Wagnerschen Hammers,
der Ihnen als Unterbrecher des Ruhmkorff bekannt ist. Gestalten
Sie das Hammerende zu einem Klöppel um, der bei jeder
Schwingung gegen eine Glocke schlägt, so ist der Wecker
fertig und der anrufende Teilnehmer hat nur nötig, mit einer
Taste den zum Betriebe notwendigen Strom einzuschalten. Um
den unvermeidlichen Widerstand der Leitung überwinden zu
können, muss aber die speisende Stromquelle schon für den
Stadtbetrieb im Durchschnitt eine Klemmenspannung von
mindestens 10 bis 15 Volt, für den Fernbetrieb eine höhere
haben. Ob man dazu statt Leclanche- oder Trockenelementen
Akkumulatoren verwendet, ändert nicht viel, denn immer bleiben
die Unzuträglichkeiten, die mit der Verwendung grosser Zellen-
zahlen verknüpft sind. Abgesehen von Haustelephonen, bei
denen nur ein kleiner Leitungswiderstand zu überwinden ist
und man demnach mit wenigen Zellen auskommt, ist es nicht
zweckmässig, für den Anruf Batterien zu verwenden. Vielmehr
erzeugt man den Strom auf mechanischem Wege: durch Induktion.
Die dazu notwendige Maschine, der Magnetinduktor, ist
zuverlässig billig und nimmt wenig Raum ein. Ausser, dass
sie in grossen Zeitabschnitten geölt werden muss, braucht sie
keinerlei Wartung, und die zu ihrem Antrieb notwendige Arbeit
wird der Post vom Arm des Teilnehmers unentgeltlich geliefert.
Der Magnetinduktor erzeugt, wie Sie gleich sehen sollen,
Wechselstrom, und obgleich auch ein gewöhnlicher Wecker,
der keinen Dauermagneten enthält, auf Wechselstrom anspricht,
thut man besser, einen besonders für Wechselstrom gebauten
Wecker zu verwenden.
DigitizsdbyGOOgle
Die Fern Sprech geh
inigten Apparate.
Einen neuen Wechselstromwecker, von der Firma
uchardt & Co. in Berlin gebaut, sehen Sie hier (Fig. 316
317), Zwischen zwei Glocken einen Klöppel, getragen von
Fig. 316. Wechselstrom'
m Anker, der zwischen zwei Paar Polschuhen von der einen
len Welle des Wechselstromes im Uhrzeigersinne, von der
eren- ihm entgegen gedreht wird. Bei näherer Betrachtung
innen Sie, wie die beiden Eisenkerne mit den auf ihnen
;nden Spulen herauf- und herunter geschoben werden können,
lurch ist es möglich, zwei von den drei Luftbrücken, die
Kraftlinien von Dauermagnet und Spulen durchsetzen
sen, zu verkürzen oder zu verlängern und so den Wecker
schwächere oder stärkere Wechselströme einzustellen.
Der Magnetinduktor, der den Wechselstrom liefert, erfordert
ausführlichere Besprechung. Erinnern Sie sich zunächst
;res ersten Induktionsversuches (Fig. 45 auf S. 66|. Der
massig in die Spule hincingestossene und aus ihr heraus-
DigitizsdbyGOOgle
Die FernsprechgehSiisc und d
1 vereinigten Apparate.
gezogene Magnetstab versetzt den Galvanoskopzeiger in
Schwingungen von gleichem Tempo. Eben die Wirkung hatte
bei feststehendem Magneten die Hin- und Herbewegung der Spule.
Es kommt nur darauf an, dass die Kraftlinien, die den zur Spule
gewickelten Leiter schneiden, ihre Anzahl ändern. Die Richtung
der in dem Leiter induzierten Elektromotorischen Kraft entspricht
dann dem Sinne der Änderung. Ist sie bei Kraftlinienabnahme
positiv, wird sie bei Zunahme negativ. Die Grösse der
induzierten Spannung ist der Heftigkeit der Kraftlinienanderung
proportional. Das sind Ihnen ganz geläufige Dinge.
Die hin- und hergehende
Bewegung der Spule oder
des Magneten kann nun leicht
in eine drehende verändert
werden, ohne die Induktions-
wirkung zu beeinträchtigen.
Dies zeigt folgender Versuch,
den ich nicht ausführen,
sondern nur beschreiben will.
Stellen Sie sich einen kraftigen
Hufeisenmagneten vor. Seine
horizontal liegenden Pole
tragen nach innen gegen
einander Polschuhe, deren freie innere Fläche kreisförmig aus-
gedreht ist. Da der Nordpol des Hufeisens oben, der Südpol
unten liegt, durchsetzen die Kraftlinien den zwischen den Pol-
schuhen liegenden Luftraum vertikal von oben nach unten. Sie
sind dabei einander so gut, wie parallel. In diesem von parallelen
Kraftlinien durchsetzten Räume befindet sich ein Bügel aus
(I mm starkem) Kupferdraht, der von einer Kurbel um seine
horizontale Achse gedreht werden kann, und dessen Enden —
mit Hilfe Von Schleifringen und Bürsten — zu einem gedämpften
Galvanoskop führen. Dessen Zeiger giebt dann für jeden
Augenblick an, erstens, ob in der Windung induziert wird,
und zweitens, wenn dies der Fall ist, wie gerichtet und wie
gross der induzierte Strom, also bei unverändertem Widerstände
des Kreises die induzierte ■ Elektromotorische Kraft ist.
Die Induktion hängt nun davon ab, ob und etwaigen Falles
wie die Kraftlinien, die die Ebene der Windung schneiden, ihre
DigitizsdbyGOOgle
490 üie Fern Sprech gehSuse und die in ihnen vereinigter Apparate.
Anzahl ändern. Dieses Lichtbild (Fig. 318) wird die Frage
beantworten. Es stellt einen Schnitt durch die^beiden Magnet-
pole dar. Oben ist der Nordpol N und unten der Südpol S.
Der Kreis A HC 0 A ist der Schnitt durch den Cylinder, den
die rechteckige Kupferdraht win düng bei ihrer im Uhrzeigersinne
stattfindenden Drehung von A nach B, C und so weiter ein-
schliesst. Die beiden längeren Seiten des Drahtrechteckes
stehen dabei senkrecht zur Bildebene, die kürzeren laufen ihr
Fig. 318. Drahtwindung im Magnetfelde.
Die Vertikalen zwischen den Polen geben mit ihrer Anzabl die der jeweilig die
Windung schneidenden Kraftlinien wieder.
parallel und werden durch die in den Kreis eingezeichneten
Durchmesser in ihren verschiedenen, von zehn zu zehn Grad
gedrehten Lagen dargestellt. Nun sollen die vertikalen Linien,
die in gleichem Abstände vom Nord- zum Südpol gezogen
sind, das magnetische Feld wiedergeben. Man kann dann aus
der Anzahl vertikaler Linien, die den sich drehenden Kreis-
durchmesser in jeder dieser Lagen schneiden, auf die Gesamtzahl
der Kraftlinien schliessen, die der Kupferdrahtbügel jede-smal
DigitizsdbyGOO'^le
Die Fernsprechgehause und die in ihnen vereinigten Apparate. 491
einschliesst. Nehmen Sie an, eine im Schema den Durchmesser
schneidende Millimeterlinie entspricht N thatsächlich die Ebene
des Bügels schneidenden Kraftlinien. In der horizontalen
Lage A bei 0 " wird der Durchmesser von 60 Millimeterlinien
und damit der Bügel von 60 . N Kraftlinien geschnitten. In der
vertikalen Lage Ji bei 90" ist der Durchmesser den Millimeter-
linien parallel. Er wird überhaupt nicht mehr, oder rechnerisch
ausgedrückt, von 0 Linien und der Bügel ebenfalls von 0
geschnitten.^} Die Zwischenlagen haben Zwischenwerte. Wenn
Sie zählen, finden Sie für die Stellungen von 0 bis 90 ", für
das erste Viertel des Kreisbogens folgende Schnittzahlen;
Lage des |
10 20 30 40 50 60 70 80 90
Aniahl der den Durc^ho
"''Teni^e'T.en'"''" ^ ^^ 56,4! 52 46 38,6 30 20,6 10,4 0
Millimelerlinien | (I) (2,6) (4,4) (6) (7,4) (8,6) (9,4) (10,2) (10,4)
Aus ihnen geht hervor, dass die Anzahl der gesamten die
Windung durchsetzenden Kraftlinien während der Drehung über
das erste Viertel des Kreisbogens stetig von 60 N auf 0 abnimmt.
In dem Bügel wird somit eine Elektromotorische Kraft und
zwar, nach unserm Abkommen, von positiver Richtung, induziert.
Was nun ihre Grösse betrifft, so ist sie der Heftigkeit pro-
portional, mit der sich die Kraftlinienanzahl ändert. Würde sie
sich gleichmassig ändern, etwa bei jedem Grade um den gleichen
Betrag abnehmen, so wäre die induzierte Elektromolorische
Kraft constant, und es flösse bei der Drehung durch Bügel und
Galvanoskop ein Gleichstrom. Wie aber die in Klammern
angegebenen Zahlen beweisen, ist die Änderung durchaus nicht
constant und der induzierte Strom kein Gleichstrom. Vielmehr
') Hier pneg;en Anlinger, sei es auch nur durch ihr ungläubiges Gesicht, einzu-
wenden, dass auch in der Stellung £ der Kupferdraht von Kraftlinien geschnitten
wird, weil man sich diese doch thatsächlich nicht etwa mit einem Zwischenraum
neben einander herlaufend denken darf. Die Zerspailung eines Kraftfeldes in Kraft-
linien findet allerdings nicht in Wirklichkeit, sondern nur zum Zwecke der Betrachtung
auti, wie es schon frDher (S. 1 10) tUr die elektrischen KralUinien und die Lichtstrahlen
angedeutet wurde. Aber selbst wenn auf die einzelnen Drahtseiten des Bllgels
Induktionen stattfänden, wdrden sie sich paarweise wie bei einer Fernsprechdoppei-
leitung aufheben.
D,„i,.,db,Google
ereinigten Apparate.
entsteht, wie die Bewegung des Galvanoskopzeigers veran-
schaulicht, in dem Kupferbügel ein Wechselstrom, der mit
einer Umdrehung des Bügels gerade eine Periode zurücklegt.
Lassen Sie uns sehen, wie dieser Wechselstrom zu Stande
kommt. Von 0 bis 10" beziffert sich die Abnahme der Kraft-
linienzahl auf 1 . N Kraftlinien oder anders ausgedrückt: In der
Gegend zwischen 0 und 10 ", das heisst im Mittel bei 5 ", bewirkt
die Drehung um einen Grad eine Krafthnienabnahme von
DigitizsdbyGOOgle
Die Fernaprechgehäuse und die in ihnen vereinigten Apparatp. 493
0,1 N. Gehen wir weiter. Zwischen 10 und 20" — im Mittel
bei 15 " — wird die Abnahme pro Grad zu 0,26 N, zwischen
20 und 30 " zu 0,44 N und so fort, bis sie schliesslich zwischen
80 und 90 den Wert 1,04 N erreicht. Tragen wir diese Werte
in Abhängigkeit von dem zurückgelegten Viertel Kreisumfange
graphisch auf {Fig. 319), so entsteht eine Viertelwelle. Von 0
bis 90 " nimmt die induzierte Spannung wellenförmig von Null
bis zu einem Höchstwerte zu.
Dreht sich nun der Durchmesser weiter über den Punkt IB
hinaus, so treffen ihn die Millimeterltnien von den anderen Seiten
als bisher. Eben schnitten sie zuerst noch auf seiner rechten
Seite. Jetzt ist ihnen seine linke entgegengestellt. Natürlich
muss dann, wenn die Kraftlinienänderung im alten Sinne vor
sich geht, die induzierte Spannung ihre Richtung umkehren.
Aber der Sinn der Änderung ist nicht der alte. Die Kraftlinien,
die eben noch abgenommen haben, nehmen jetzt wieder zu.
Also eine abermalige Umkehrung der Induktionsrichtung. Zwei
Verneinungen sind eine Bejahung. Minus mal Minus giebt Plus.
Die Spannung behält ihre ursprüngliche Richtung bei. Da die
Anderungswerte dieselben sind, wie vorher, verläuft die
Induktion (Fig. 319) auf dem zweiten Viertel des Kreisumfanges
zu der auf dem ersten symmetrisch. Sie bildet das zweite
Viertel einer Welle. Im Kreisviertel C D treffen die Linien die
Durchmesser von derselben Seite wie bei li C. Aber die
Kraftlinienzunahme hat sich in eine -abnähme verwandelt. Die
induzierte Spannung hat die entgegengesetzte Richtung wie
vorher. Der Übergang zwischen beiden, die Induktion Null
findet in der Lage C und nachher, nachdem eine zweite halbe
Welle zurückgelegt ist, in A statt. Dann beginnt der Kreislauf
von neuem. Wenn Sie sich so für jedes Kreisviertel Richtung
und Grösse der Induktion überlegen, werden Sie sehen, dass
thatsächlich ein Wechselstrom zu Stande kommt.
Nach alter Gewohnheit bleibt uns noch die Frage zu
beantworten, woher die Arbeit stammt, die durch die Induktion
als elektrische erscheint. Es wurde schon angedeutet, dass der
den Bügel drehende Arm die Quelle ist. Ist der gedrehte
Leiter zu einem Kreise geschlossen, in dem sich die induzierte
Elektromotorische Kraft als Strom ausgleichen kann, so verur-
sacht das Drehen ein wenig mehr Arbeit, der Arm hat ein
DigitizsdbyGOOgle
494 Die Fernsprechgehlus* und die in ihnen vereinigten Apparate.
wenig schwerer durchzuziehen, als bei offnen Klemmen, wo es
gewissermassen bei der Absicht der Induktion bleibt. Der
fliessende Strom setzt sich mit dem von ihm inmitten des Bügels
erzeugten Kraftlinienbündel der Drehung durch den mit jenen
gleichgerichteten primären Kraftlinien erfüllten Raum einen
gewissen mechanischen Widerstand entgegen. Die gleich-
gerichteten Kraftlinien ziehen sich an, und diese Anziehungskraft
muss bei der Drehung überwunden werden.
Genau nach dem Multiplikationsprinzip, das iür die Erzeugung
von magnetischen Kraftlinien an Stelle eines einfachen Drahtes
Spulen verwendet, wird nun ebenso auch für die Induktion der
Kupferbügel durch eine Spule , einen sog, Anker ersetzt.
Wird dann in dem pro Windung in jedem Augenblick die
Elektromotorische Kraft e erzeugt, so erhöhen « zu einer Spule
hinter einander gewickelte Windungen ihre Grösse zu £ = u . c
Das ist die induzierte Elektromotorische Kraft. Die Spannung
an den Ankerklemmen ist natürlich kleiner, denn es geht von
der im Anker erzeugten Elektromotorischen Kraft der Spannungs-
abfall auf dem Wege aus dem Ankerinneren zu den Klemmen
ab. Wie die Klemmenspannung Ei, einer Zelle um das Produkt
J . «v = Strom mal Zellenwiderstand kleiner ist, als die EMK,
so auch hier. In jedem Augenblick findet auch hier im Anker
ein Spannungsabfall gleich dem Produkt des Stromes J und
des Ankerwiderstandes w,t statt. Es ist
eine Gleichung, die, ebenso, wie iür alle anderen elektrischen
Maschinen, auch für unsern Magnetinduktor gilt. Die Klemmen-
spannung nähert sich umsomehr der induzierten Elektro-
motorischen Kraft und ist damit um so constanter, je kleiner
der Ankerwiderstand und je kleiner der entnommene Strom ist.
Der Anker ist auf einen Eisenkörper gewickelt, damit dessen
hohe Permeabihtät aus der gegebenen Magnetisierenden Kraft H
eine grosse die Ankerwindungen schneidende Kraftlinienzahl und
damit durch deren Änderung eine grosse Induktion erzeugt.
Natürlich ist das Eisen auch der Wirkung des Kraftlinienwechsels
ausgesetzt, und die beiden alten Forderungen: magnetische
DigitizsdbyGOOgle
Die Feritsprechgehause und die in ihnen vereinigten Apparate. 495
:->
D,„i,.,db,Google
496 ^i' FemsprechgehSuse und die in ihnen vereinigten Apparate.
Weichheit zur Verkleinerung der Hysteresis und Unterteilung
.... jgj. (jgp Wirbelströme müssen erfüllt sein. Der Ankerkörper
US einzelnen, wohl ausgeglühten, schmiedeeisernen Blechen
mmengesetzt. Im Schnitt zeigt er eine gewisse Ähnlichkeit
einem doppelten T (Fig. 320b), woher der Name Doppel-T-
er entstanden ist. Die beiden grossen Einschnitte sind mit
ferdrahl vollgewickelt, sodass jede Windung dem Rechteck
vorhin gleicht. Die Wicklung ist durch einen Leder-
zug geschützt und das Doppel-T mit Hilfe seitlicher Backen
g;ert. Der Eisenkörper nähert sich dabei ganz dicht den
edrehten Polschuhen dreier kraftiger Hufeisenmagnete.
e stehen nebeneinander und verdreifachen die geschnittene
Uinienzahl. Die Erinnerung an die Magnete des Kapsel-
ihons sagt Ihnen, dass auch hier die gleichnamigen Pole
ichbart sind und so die Kraftlinien in den Raum drOckeii,
sie Verwendung finden sollen.
Der Antrieb des Ankers erfolgt von einer Kurbel aus über
. Zahnräder. Die bei drei Kurbeldrehungen pro Sekunde
zierte Elektromotorische Kraft wird zu etwa 60 Volt ange-
;n. Elektrisch liegt das eine Ende der Wicklung am Anker-
ler und damit über die Lager am Körper des Induktors
haupt. Das andere führt, von einer Hartgummibuchse
2rt, an das Ende der freien Achse. Die Leitung, in die
Wechselstrom hineingeschickt werden soll, muss deshalb
eben den Induktorkörper und die gegen das isolierte
senende schleifende gebogene Feder geschaltet werden.
Wir sind mit der Betrachtung des Induktors noch nicht
Lnde, denn der Betrieb verlangt natürlich, dass, während
Ankerwicklung auf die Leitung geschaltet ist, das eigene
rphon sowohl, wie der eigene Wecker ausgeschaltet oder
; geschlossen wird. Der eigene Weckstrom muss entweder
;h Unterbrechung verhindert werden, Telephon oder Wecker
durchlaufen oder unschädlich an ihnen vorbeifliessen.
ererseits darf der eigene Anker oder Wecker den fremden
;chstrom nicht stören. Wahrend der Unterhaltung muss
er und Wecker von der Leitung abgeschaltet oder kurz
rhiossen sein. Aus diesen Gründen ist der Induktor mit
m Umschalter vereinigt.
DigitizsdbyGOOgle
Die Fernsprecbgehause und die in ihnen vereinigten Apparate. 497
Als solcher dient (vgl, weiter Fig. 320a) die erwähnte
gebogene Feder. Ihr oberer Teil oder, wir können ruhig sagen,
ihre obere Hälfte schleift gegen den linken, isolierten Kopf der
Ankerachse, ihre untere- drückt nach rechts gegen die Kurbel-
achse. Das heisst, das letztere ist nur bei ruhender Kurbel
der Fall. Zu Beginn der Drehung, noch ehe Zahnräder und
Anker an ihr teilnehmen, rückt, wie die drehende Hand fühlt,
und auf eine gleich zu besprechende Weise die Kurbelachse
nach rechts, Ihr linker Kopf verlässt damit die Feder, und
diese klappt vermöge ihrer Elasticität auf die vom Induktor-
körper isolierte Klemme J^ (Fig, 321 bei II).
Die Kurbelachse ist somit in ihren Lagern verschiebbar.
Dazu hat man die rechte Lagerbuchse nach rechts -aufwärts,
der SlT-J^O-Richtung der Landkarte, mit eiriem Ausschnitt ver-
sehen, und in diesem Ausschnitt bewegt sich ein in die Kurbel-
achse geschraubter Stahlstift. Beginnt diese nun ihre Drehung,
so drückt der Stahlstift nach oben gegen die Wand des Aus-
schnittes. Die Kurbelachse nimmt aber trotzdem die Lager-
buchse noch nicht mit, weil der Stift in dem Ausschnitt nach
rechts-oben ausweichen kann. Damit gleitet sie um die horizontale
Entfernung der beiden Rinnenenden nach rechts, und die untere
Federhalfte klappt auf J^. Erst jetzt ist für die Dauer der
Drehung die Lagerbuchse mit der Kurbelachse fest verbunden,
und das grosse Zahnrad auf der Buchse dreht das kleine der
Ankerachse. Die Umdrehungszahl des Ankers ist .dabei gegen
die der Kurbel natürlich im umgekehrten Verhältnis der Zahnrad-
durchmesser (vgl, S. 248) beschleunigt. Die Hand braucht die
Kurbel nur gemächlich zu drehen. Trotzdem läuft der Anker
verhältnismässig schnell um und es wird in seiner Wicklung
eine grosse Spannung induciert. Dass nun nicht schon im ersten
Augenblick Buchse, Zahnräder und Anker an der Drehung
teilnehmen, daran ist der mechanische Widerstand Schuld, den
die Ankerdrehung auf den Umfang des grossen Zahnrades und
damit auf die Buchse ausübt, während dem Rechtsrücken der
Achse in der Buchse nur eine geringe Reibung entgegensteht.
Eteshalb ist auch die den Stahlstift nach unten ziehende Feder
nur schwach. Sie dient eben zu weiter nichts, als nach dem
Loslassen der Kurbel die Kurbelachse und damit die Schaltfeder
wieder in ihre Ruhelagen zurückzuführen. Für das Ausrücken
„Coogic
Die FeinsprechgchSuse und d
9 ihnen vereinigten Apparate.
der Kurbelachse muss natürlich
die Wirkung von Federzug plus
Reibung kleiner, als die des
Ankerwiderstandes, zum Wieder-
einrücken der Federzug grösser
sein, als die Reibung.
Da nun, wie erwähnt, das
eine Ende der Ankerwicklung
an dem isolierten, linken Kopfe
der Ankerachse, das andere
über deren rechten Teil am
Induktorkörper liegt, schliesst
bei Kurbelruhe die Schaltfeder
mit ihrer ganzen Länge , wie
gewünscht, den Anker kurz.
Dadurch fliesst (in Fig. 321 bei I)
ein fremder Weckstrom über
Leitung o, Induktorkörper,
Kurbelachse, untere Federhälfte
und Klemme J, durch den
eigenen Wecker W, zur Leitung b
und zum fremden Induktoranker
zurück. Unser Anker stört
den fremden Weckstrom nicht.
Andererseits läuft der durch die
Kurbeldrehung in unserem
Induktoranker erzeugte Weck-
strom (vgl. in Fig. 321 bei II)
über den isolierten Kopf der
Ankerachse, die ganze Feder
bis zur Klemme J^, über die
Leitung 6, den fremden Wecker,
Leitung « und den Induktor-
körper zum Anker zurück.
Der eigene Wecker ist dabei
über die Klemmen Jj und J,
von der nach rechts geschnellten
unteren Federhälfte kurz ge-
schlossen. Der mit dem Induktor
DigitizsdbyGOOglC
Die Femsprecheehauae und die in ihnen vereinigten Apparate. 499
vereinigte Schalter erfllllt demnach die an ihn gestellten An-
forderungen.
Diese genügen nun wohl für das gegenseitige Wecken.
Für den vollständigen Betrieb aber hat die Umschaltung auch
auf Sprechströme und Telephone Rücksicht zunehmen. Weder
dürfen Sprechströme die schwächenden Selbstinduktionen von
Ankerwicklung und Weckerspulen, noch Weckströme die von
Telephonen durchlaufen, die sie überdies durch ihre heftige
Wirkung verderben könnten. Die beiden Aufgaben und dazu
noch eine dritte werden einfach und zwingend von dem
Hakenumschalter erfüllt. Dieser ist mir immer als das
Fig. 322. Alterer Hakenumschalter.
Muster einer sinnreichen Erfindung erschienen. Im Grunde fast
noch einfacher, als der Schalter am Induktor, wird er, wie dieser
durch Drehen, durch Abnehmen und Anhängen des Hörers
bedient. Die Mehrzahl der Teilnehmer thut das einfach un-
bewusst. In dieser unbewussten Mitwirkung des Publikums und
der möglichsten Ausschliessung falscher Bedienung liegt die
„Coogic
Die Fernsprechgehaiise und die En ihnen vereinigten Apparate.
iino- i^PF AnnamtP Sic Sind das, was im Englischen
larren sicher, genannt wird,
es in vielen Ausführungen, Hier
id hier (Fig. 323) die jetzt bei der
ziere zeigt fünf von einander isoliert
ienen die drei rechten die gewünschte
nd Wecker besorgen. Vollständig
ing erst nachher werden, aber ein
sich schon jetzt machen.
Neuer Umschalter.
len Buchstaben geben elektrische Verbindung,
elektrische Trennung an.)
, also gesenktem Haken (Fig. 323a|
ier, auf die die Leitung La mündet
ecker W führt. Der fremde Weck-
j La in den Wecker und nicht in das
:zt freien dritten Feder liegt. Das
den Haken hochklappen (Fig. 323b).
on der Weckerfeder W getrennt und
T geführt. Die erwähnte dritte
Iters besteht in der Öffnung der
[eil, in der nicht gesprochen wird.
DigitizsdbyGOOgle
Die Femsprechgehause und die in ihnen vereinigten Apparate. 501
Dadurch wird ihre unnütz schnelle Erschöpfung verhindert.
Zu dem Zweck sind ihre Klemmen an die beiden Federn M
geführt, die sich, wie man sieht, nur bei abgenommenem Hörer
berühren, bei angehängtem- nicht.
Mikrophon, Transformator und Telephon, Induktor, Wecker
und Hakenumschalter, alle sechs Apparate werden zu einer
technischen Einheit zusammen-
gefasst, Ihr früherer Name
Station ist mit Gehäuse ver-
deutscht worden. Das Gehäuse
ist recht eigentlich das, womit
das Publikum zu thun hat, was
es sich unter einem Telephon,
einem Fernsprecher vorstellt.
Die sechs Apparate können durch
ihre Vereinigung im Gehäuse
bequem und ohne Verlust ver-
schickt und da, wo man sie
braucht, auf einfache Weise an-
gebracht werden. Besonders
liegen so die ziemlich ver-
wickelten Drahtverbindungen
ein für alle Mal fest, und ihre
Anlage erfordert weder Über-
legung, noch Zeit, Auch sind
Irrtümer leichter ausgeschlossen.
Von der längeren Entwicklungs-
reihe, die die Gehäuse durch-
gemacht haben, verlangen hier
nur die zur Zeit letzten Glieder
Besprechung.
Die ältere und auch jetzt Fig. 324. Sdu ankgehause.
noch am meisten übliche Art
hängt die Gehäuse von der Form eines kleinen Schrankes
(Fig. 324) oder Pultes (Fig. 325) an der Wand in passender
Höhe für den Sprechenden auf. An Schrank oder Pult trägt
links der Haken des Umschalters sein Löffeltelephon. Der
Wecker ist mit seiner einfachen oder doppelten Glocke ganz
oder teilweise sichtbar; Die vom Teilnehmer aus rechte Wand
DigitizsdbyGOO'^le
I ihnen vereinigten Apparate-
juktors durchbrochen, der die
1 der Mitte sitzt das Mikrophon,
hür, über dem Pult auf einem
rett. Der Pultdeckel dient
natürlich nicht etwa, wie bei
manchen älteren Apparaten,
als Mikrophonschallplatte,
sondern als Stütze oder
Schreibunterlage. Zu letz-
terem Zweck trägt er (wie in
Fig. 325) eine Schreibtafel aus
Marmor oder zwei Schienen
zum Einschieben eines Papier-
biockes.
Neuerdings ist zur Bequem-
lichkeit für besonders kleine
oder grosse Leute das Mikro-
phon auf einem in der Verti-
kalen drehbaren Ann (Fig.
326) angebracht. Die beiden
Schienenpaare aus vernickel-
tem Messing, die diesen Arm
zusammensetzen, sind an
Grundbrett und Mikrophon-
kapsel in gleicher Entfernung
von einander angebracht. Da
sie auch gleich lang sind,
schliessen je zwei übereinan-
der liegende Schienen mit
ihren Achsen in jeder Stellung
ein Viereck mit zwei Paar
gleichen Seiten, mithin ein
Parallelogramm ein. Da
ferner die Enden jener Achsen
an der Grundplatte senkrecht
über einander liegen, müssen
iphonkapsel thun. Das heisst
der Drehung der Schienen in
DigitizsdbyGOOgle
Die Fem sprechgeh auae und die in ihnen vereinigten Apparate. 503
Hier (Fig. 327 auf Tafel V) ist nun im Schema die
Schaltung eines solchen Pultgehauses (Postmodell 1903)
dargestellt. Wie häufig, sind auch hier zur leichteren Übersicht
zeichnerisch einige Vereinfachungen wünschenswert gewesen.
Wenn Sie aber dieses Schema verstanden haben, werden Sie
auch der Wirklichkeit gegenüber nach kurzer Überlegung
Bescheid wissen. Zur ersten
Aufklärung mögen Sie hier,
wie sonst , den — gestrichelt
gezeichneten — Mikrophonkreis
und von der sekundären Wick-
lung des Transformators aus
den Telephonkreis aufsuchen.
Lassen Sie uns noch einmal
im Zusammenhang die Erforder
nisse durchgehen, die eine Ge-
hauseschaltung erfüllen muss.
Der fremde Weckstrom soll, Fig. 326.
wenn das eigene Telephon am Mikrophon auf verstellbarem Arm.
Haken hängt, den eigenen
Wecker durchfliessen. Der eigene Weckstrom soll bei ange-
hängtem und bei abgenommenem Hörer aus dem gedrehtem
Induktor in die Leitung gehen, während der ruhende Induktor-
anker kurz geschlossen ist. Der fremde Sprechstrom soll in das
eigene Telephon und der in der sekundären Transformatorwicklung
induzierte eigene Sprechstrom in die Leitung gehen. Verfolgen
wir nun in der Zeichnung die Ströme, um zu sehen, ob das der
Fall ist. Die Abkürzungen sind, wie sonst, leicht verständlich.
Es bedeutet M li die Mikrophonbatterie, Mi das Mikrophon,
P einen Verzweigungspunkt, J den Induktor mit seinen beiden
Klemmen J\ und J2, H\ bis //5 die fünf Federn des Haken-
umschalters. Das Telephon T liegt in der Mitte der sekundären
Transformatorwicklung, welche dadurch links und rechts in zwei
Teile: TrsfJIl und Trsf llr zerfäUt. Was mit dieser Teilung
beabsichtigt wird, sagt Ihnen die Erinnerung an unsere frühere
prinzipielle Schaltungsskizze (Fig. 297 auf S. 461). Der Widerstand
der secundaren Transformatorwicklung wird dadurch rechts und
links vom Telephon gleichmassig verteilt, und beide Teile des
Telephonkreises, Hin- und Rückleitung, erhalten ein gleiches ('W.
DigitizsdbyGOOgle
504 ^ic FemsprecbgehBuse und die in ihnen vereinigten Apparate.
Der fremde Weckstrom nimmt bei angehängtem
Hörer folgenden Weg: La — /Körper. — JAchse. — JFeder
— Jl — JJ4 .5 — W — J2 — Lb. Er geht durch den eigenen
Wecker. (Dabei endigt blind der Weg P — Trsfllr — T —
Trsflll — //3). Bei abgenommenem Hörer durchfliesst der
fremde Weckstrom zuerst unverändert: Ln — JKörper — JAchse
— JFeder — Jl — H4, geht dann aber HS, Trsflll — T
— TrsflJr — P — J2, U. (während der Weg P— W— IIb
bhnd endigL). Der fremde Weckstrom fliesst durch den ab-
genommenen Hörer, in dem er als starker Wechselstrom niedriger
Periodenzahl ein heftiges Scharren hervorruft, das den hörenden
Teilnehmer oder die nach der gewünschten Verbindung fragende
Gehilfin belästigt. Deshalb drehe man die Induktorkurbel
nicht, sobald das Gespräch einmal begonnen ist. Auch sonst
drehe man sie nur langsam, damit die erzeugte Wechselspannung
hübsch niedrig bleibt. Der Zweck des Weckens wird dadurch
auch erreicht und die Möglichkeit einer Belästigung vermieden.
Der gedrehte Induktor schickt den eigenen Weckstrom
vom Anker durch JKörper — La — Lb — J2 — /Feder zum
Anker zurück. Nicht gangbar ist der Weg: /Feder — /i —
HA, weil bei angehängtem Hörer der Weckerweg Hb — W
— P — J2 durch J2 — J\ — HA — Hb kurz geschlossen
ist, (während blind endigt der Zweig P -^ Trsfllr — T —
Tn-flll — //3) und weil bei abgenommenem Hörer der Weg
H3— Trsflll — T— Trsfllr — /2 wie vorher den eigenen
Wecker jetzt den eigenen Hörer kurzschliesst, (während P — W
in IIb blind endigt). Bei der betrachteten Schaltung geht der
eigene Weckstrom mithin nur in die Leitung und weder in den
eigenen Wecker, noch den eigenen Hörer, gleichgiltig, ob der
abgenommen ist oder nicht.
Der Verlaufder Sprechströme ist ebenso leicht, zunächst der
des eigenen: AfJi — Mi (durch zwei Kohlenstückchen dargestelltl
— Trsfl — //2 . 1 — MB, Der Induktionsstrom, der die secun-
däre Transformatorwicklung zur Quelle hat, nimmt den Weg:
Trsflll - T — Trsfllr — p — J2 — Lb — La — /Körper
— /Achse — /Feder — /l — W4 . 3 — Trsflll. Der eigene
Sprechstrom fliesst über den eigenen Hörer in die Leitung.
Dass nun der fremde Sprechstrom über die eigene
secundäre Wicklung in das eigene Telephon gelangt, wo er
„Coogic
1
Die FernsprechgeliSiise und die in ihnen vereinigten Apparate. 505
hingehört, geht aus folgendem Stromlauf hervor: La — /Körper
— JAchse — JFeder — Jl — //4.3 — Trsflll — T —
TrsfJIr ~P—J2 — Za{P— W endigt wieder blind in 7/5).
Man beachte, der fremde Sprechstrom durchläuft die Secundar-
Wicklung des eigenen Transformators, deren grosse Selbst-
induktion ihn erheblich schwächt.
Hier (Fig. 328) die Abbildung zeigt ein Wandgehäuse der
englischen Post, noch rait den alten Hörern, Walzenmikrophon
Fig. 328. Englisches Wandgehäuse. Nach Cmtch.
und, wie der Knopf an der linken Wand anzeigt, mit Batterie-
anruf versehen. Es sind aber in England auch neuere Gehäuse
in grosser Anzahl im Betrieb.
Im Gegensatz zu den Wandgehäuse erlauben die Tisch-
gehäuse unmittelbar vom Arbeitsplatz aus zu sprechen. Sie
sind mit einem an passender Stelle der Wand befestigten
Klemmbrett, durch eine Leitungsschnur verbunden, aber selbst
beweglich und stehen auf oder neben dem Schreibtisch bequem
zur Hand. Man braucht seine Arbeit oder Unterhaltung kaum zu
unterbrechen und kann mit wenig Zeitverlust und in Müsse und
Behaglichkeit telephonieren. Die körperliche Ruhe erleichtert
es vielen auch, die Gedanken so zusammen zu nehmen, wie
es die Kürze eines telephonischen Gespräches verlangt. Man
Digitizsdb^COO'^le
506 Die Fernsprecheehflusc und die in ihnen vereinigten Apparsle.
wird ferner mit der Annahme nicht fehl gehen, dass bei der
Benutzung von Tischgehäusen weniger Ungeduld zur Erlangung
des richtigen Anschlusses verraten wird, als es sonst wohl
besonders besetzten oder besonders verstockten Nummern
gegenüber vorkommen mag.
Hier (Fig. 329) steht das Tischgehäuse der Post, zu einer
aesthetisch so befriedigenden Form durchgebildet, vor Ihnen,
Der schwarz lakierte Blechkasten mit dem Reichsadler ist nach
Fig. 329. Deutsches Tiscitge hause.
meiner Empfindung geradezu ein Schmuck geworden und den
Spielereien vorzuziehen, bei denen der Fernsprecher mit einem
kunstgewerblichen Gegenstand, wie einem Photographierahmen
oder ähnlichem in Verbindung gebracht ist und dem Beschauer
verhüllt werden soll. Diese widersprechen den beiden technisch-
aesthetischen Gesetzen, die im Grunde mit einander verwandt
sind: Schon weil sich mit der höchsten Zweckmässigkeit von
selbst Schönheit verbindet, darf keine Maschine mit ihr fremden
Verzierungen künstlich beladen werden. Die bei Gebrauchs-
gegenständen üblichen Verzierungen sollen den Verwendungs-
zweck nicht nur nicht verhüllen, sondern ihn möglichst deutlich
hervortreten lassen.
DigitizsdbyGOOgle
Die Femsprechgehftuse und die in ihnen vereinigten Apparate. 507
Bei diesem Tischgehäuse und anderen, wie zum Beispiel
dem hier {Fig. 330) abgebildeten schwedischen-, ruht oben auf
einer die Dienste des Hakenumschalters leistenden Gabel der
Handapparat. Er vereinigt in sich mechanisch Mikrophon
und Telephon und wird deshalb auch Mikrotelephon genannt.
Die Hand umgreift seinen Hals, wie den einer Geige, und hält
ihn so, dass man in derselben Stellung in das Mikrophon
hineinspricht und am Telephon hört. Der Hals des Hand-
apparates kann zur Einstellung auf verschieden lange Köpfe,
wie ein Fernrohr, ausziehbar eingerichtet sein.
Fig. 330. Schwediächea TIschgehaiise. Von Ericsson.
Sie beachten an ihm (in Fig. 329 im Gehäusedeckel) einen
Knopf, der auch als Hebel ausgebildet wird. Die haltende
Hand ist nur mit einiger Unbequemlichkeit im Stande, ihn
niederzudrücken. Es giebt Gehäuse, bei denen der Hebel die
sonst von der Gabel versehenen Umschaltungen teilweise oder
ganz besorgt. Im letzteren Falle ist dann die Gabel fest
und schaltet überhaupt nicht. In beiden Fällen muss man den
Hebel natürlich während der ganzen Dauer des Gespräches
niederdrücken. Beim Gehäuse der Post dagegen hat der Knopf
einen anderen Zweck. Er schliesst, wenn er niedergedrückt
wird, die secundäre Transformatorwicklung kurz. Dadurch
bleibt der fremde Sprechstrom vor ihrer Selbstinduktion bewahrt
DigitizsdbyGOOgle
508 ^'" FernsprechgehAuse und die in ihnen vereinigten Apparate.
und wird folglich, wie die meisten von Ihnen aus Erfahrung
wissen werden, weniger, als sonst, geschwächt. Das ist von
besonderer Bedeutung für Ferngespräche mit ihren schon ohne-
hin durch den Widerstand der langen Fernleitung geschwächten
Sprechströmen. Man darf aber den Knopf nur während des
eigenen Hörens niederdrücken und für das eigene Sprechen
nicht vergessen, ihn loszulassen. Sonst können Sie durch
Fragen wie =Sind Sie noch dort« belehrt werden, dass Sie in
den Wind gesprochen haben. Denn der durch die Schwankungen
Ihres Mikrophones in Ihrer secundären Transformatorwicklung
induzierte eigene Sprechstrom ist so gut, wie ganz, über ihren
Kurzschluss, anstatt über den grossen Widerstand der Leitung
geflossen.
Hier mag noch eine bei der Post nicht gebräuchliche
Schaltungsweise erwähnt werden, die das Telephon, statt hinter
die secundäre Transformatorwicklung, ihr parallel, an ihre
Klemmen legt. Dann geht freilich im gebenden Gehäuse nur
ein Zweigstrom in die Leitung und im empfangenden- von
diesem Zweigstrom wieder nur ein Teil in das Telephon. Aber
anderseits ist ein sehr viel geringerer Widerstand, und zwar
Ohmscher Widerstand, wie Induktanz, wirksam.
In der Schaltungsskizze des Tischgehauses (Fig. 331 auf
Tafel V) sehen Sie auf der Schaltgabel den Handapparat, durch
eine — sagen wir — vieradrige Leitungsschnur mit den Klemmen
verbunden, die am Gehäuse hier rechts erscheinen. Die links
führen Ober eine zweite Leitungsschnur zu einem an einer
passenden Stelle der Wand befestigten Klemmbrett, an dem
die von draussen kommende Hin- und Rückleitung und die
Mikrophonbatterie mit ihren beiden Klemmen liegen. In der
Skizze ist das Klemmbrett mit der zu ihm führenden Leitungs-
schnur fortgelassen und Leitung und Batterie gleich an den
Gehäuseklemmen links angreifend gedacht.
Suchen Sie sich zunächst wieder den gestrichelt gezeichneten
Mikrophon kreis auf: il/7f+ \- D — unteres Jf — Mikrophon
des Handapparates — oberes M — Gabel 2 — Trsf I —
— I! links MB — MJi — MB +.
Ist der Handapparat von der Gabel genommen, so ist über
2 der Mikrophonkreis geschlossen. Die durch das Sprechen
dem Mikrophonstrome aufgedrückten Schwankungen induzieren
DigitizsdbyGOOgle
Die Fcrnsprechgehiuse und die in ihnen vereinigten Apparate. 509
in der secundären Wicklung des Transformators den nach
aussen bestimmten Sprechstrom, der folgenden Weg nimmt;
Tifif II — oberes T — Telephon des Handapparates — unteres T
~ J2 ~ Lb — La — Induktor (Körper, Achse, Feder, Jl) —
Gabel 1 o . J — Trsf II — (der Weg Lb ~ W endigt in Gabel 1 c
blind). Bei abgenommenem Handapparat geht der eigene
Sprechstrom über das eigene Telephon in die Leitung. —
Der fremde Sprechstrom verläuft folgendermassen : La —
Induktor (Körper, Achse. Feder, J\) — Gabel \t<,h — Tr^' II
— oberes T — Telephon — unteres T — Lb{L'i — TV endigt
wieder in Gabel 1 c blind).
Der eigene Weckstrom nimmt folgenden Weg: Induktor
{Anker, Feder, J2) — L6 — Fremdes Gehäuse — La —
Induktor (Körper, Anker). Der eigene TTist bei gesenkter Gabe
kurz geschlossen, bei gehobener von G \a abgetrennt. Beim
Wecken läutet mithin, wie früher, der eigene Wecker nicht mit.
Fig. 332. Unser Patrouillenapparat.
Fremder Weckstrom: La — Induktor (Körper, Achse,
Feder, J\) — Gabel 1 a und entweder I c — W — Lö oder 1 h —
Trsf II ~ T — Telephon — T— L6. Ebenfalls wie früher,
durchfliesst der fremde Weckstrom nur den in der Hand
gehaltenen Hörer und sonst den Wecker.
Thatsachlich enthalt die Leitungsschnur noch eine fünfte
Ader. Sie führt von der linken Klemme des Trsf II zum Knopf
DigitizsdbyGOOgle
Die Fernsprechgehäuse und die in ihnen vereinigten Apparate.
Handapparates, der bei Druck die von dem oberen T
imenden Leiter berührt und so den besprochenen Kurzschluss
I Trsf 11 herstellt.
Ein ähnlicher Handapparat mit umklappbarem Mikrophon,
unter Verwendung des s. g. Summerprinzipes als Morse-
jfänger dient, ist hier (Fig. 332) seiner militärischen Bedeutung
jen abgebildet. Mit dieser anderen von Ericsson fabrizierten
Fig. 333. Patrouillenapparal der englischen Armee.
■m (Fig. 333) sollen im Burenkriege englische Patrouillen mit
ikem, nur auf der Erde hegenden Kupferdraht auf über
km telegraphiert haben.
Die Besprechung der Gehäuse dürfen wir nicht abschliessen,
le die Automaten (Fig. 334) erwähnt zu haben, die an
;emein zugänglichen Orten aufgestellt sind und gegen Einwurf
ein oder zwei Zehnpfennigstücken jedem das Fernsprechen
öglichen. Das Geld wird, wie bei anderen Automaten auch,
inen Schlitz passender Grösse geworfen. Der Ton, den es
ei erzeugt, dient auf dem Amte als Kontrolle der Bezahlung.
Automaten sollten bei uns noch verbreiteter sein, sodass
1 nur ein Paar Schritte zu thun braucht, wo einem auch
ler der Wunsch nach einem telephonischen Gespräche kommt,
1 man nicht erst genötigt ist, die Freundlichkeit eines Laden-
DigitizsdbyGOOgle
c FernsprechgehSuse und die u
1 Apparate.
511
Inhabers durch einen unbeabsichtigten Einkauf zu gewinnen.
Freilich wird falschlicher Weise ein automatisches Gespräch als
teuer') angesehen, seit die wenig glückliche Einrichtung der
EinzelgebQhr, die, Stephans Geiste zuwider, so garnicht in
unsere Zeit des Einheitsportos und der Einheitstarife passt, die
Möglichkeit bietet, schon für fünf Pfennig zu sprechen.
1 London kostet c
1 Innern der Stad
DigitizsdbyGOOgle
Die Aufgaben des Fernsprechamtes
ie Aufgaben des
Fernsprechamtes.
Herstellung und Losung eines Doppelcontaktea durch die grosse Anzahl luiverhUtniS'
massig eischwert. — Bei Vielfachschaltung haben a Leitungen aia — 1) Verbindungen.
— Klinke. StOpsel. Vielfachprinzip. — Dreiecks schrank.
Wollen zwei Teilnehmer einer Fernsprechanlage mit einander
telephonisch sprechen, so müssen vorher die aus ihren Gehäusen
hervorgehenden Drahtpaare Ln und £i mit einander leitend
verbunden werden. Diesen Doppelcontakt schnell und sicher
herzustellen und nach Beendigung des Gespräches zu lösen,
das ist eigentlich die ganze Aufgabe des Amtes.
Aber: Leicht bei einander wohnen die Gedanken,
Doch hart im Räume stossen sich die Sachen.
Bei den Fernsprechämtern zeigt sich mehr, als vielleicht
irgend wo anders in der Technik, dass Absicht und Ausführung
zwei sehr verschiedene Dinge sind. So einfach im Prinzipe die
Herstellung und Lösung eines Contaktes, so ausserordentlich
verwickelt die Fernsprechämter. Ihre Entwicklung durch weniger
als dreissig Jahre, hervorgerufen durch die Anforderungen der
Praxis, getrieben von der Peitsche des Wettbewerbes, ist so
recht ein Beispiel für die Schnelligkeit des heutigen technischen
Fortschrittes. Ihr Verständnis erfordert geradezu ein eigenes und
eingehendes Studium, und nur, wer von Ihnen zu einem solchen
entschlossen ist, möge sich näher mit den Amtern beschäftigen.
Wir haben nicht einen Teil der dafür notwendigen Zeit. Dazu
kommt, dass das Amt in diesem Augenblicke weit mehr, als
alles bis jetzt besprochene, im Flusse der Entwicklung steht.
Was eben kaum gebaut, ist schon wieder veraltet. Überdies
will die gemeinsame Amtsbatterie, die beim Teilnehmer
Zellen und Induktor erspart, alles gewohnte über den Haufen
DigitizsdbyGOOgle
D,„i,.,db,Google
D,„i,.,db,Google
Die Aufgaben des Fernsprechamtes. 513
werfen. In der jetzigen Zeit des Überganges ist es daher umso
angenehmer, sich auf ganz wenige Bemerkungen beschränken
zu dürfen.
Beantworten wir zunächst die Frage, weshalb die an sich
einfache Aufgabe, zwei Drahtpaare mit einander zu verbinden,
fernsprechtechnisch so ausserordentUch verwickelt wird? Nun
aus eben dem Grunde, der die Organisation und Leitung aller
Betriebe mit steigender Grösse unverhaltnismässig erschwert,
mag es sich dabei um Staaten oder Heereskörper, Fabriken
oder Warenhäuser oder anderes handeln.
Die Thätigkeit eines Fernsprechamtes, auf dem o Anschlüsse
einmünden, scheint, mathematisch betrachtet, in der Kombination
von o Grössen zu zweien zu bestehen. Das wären -„ — -
verschiedene Kombinationen, wenn man Verbindungen wie 1 mit 2
und 2 mit 1 als die gleichen ansieht. TTiatsächlich geschieht das
aber bei der üblichen Vielfachschaltung nicht. Nummer 1
und 2 werden auf verschiedene Weise mit einander verbunden,
je nachdem 1 oder 2 anruft. So kann thatsächlich jeder der
vorhandenen a Anschlüsse mit einem der übrigen {a — \) ver-
bunden werden. Das giebt o (a— 1) oder bei grossem o so gut,
wie «^ Verbindungen. Stellen wir uns einige Zahlen von Teil-
nehmern und den dazu gehörigen Verbindungen zusammen:
Teilnehmer: 0 1 2 3 5 10 100 1000 20000
Verbindungen: 0 0 2 6 20 90 10000 l Million 400 Millionen
Eine Kurve für die Abhängigkeit beider können Sie sich bei
gleichem Massstabe für a und a* nur für kleine Werte zeichnen.
Bei grösseren- steigt die Zahl der Verbindungen zu stark an.
Auf einem Amt mit zwanzigtausend Teilnehmern, ist eben die
ungeheure Zahl von nahezu vierhundert Millionen Verbindungen
möglich. Dabei ist noch von allen denen zu einem anderen
Amte abgesehen.
Die Verbindung der Fernsprechleilungen geschieht nun
nicht in der alten, in der Telegraphie noch fast allgemein
üblichen Weise, dass die beiden Leitungen in gleichartigen
sich kreuzenden Schienen endigen und diese durch einen, sie
beide berührenden Messingstöpsel verbunden werden. Vielmehr
„Coogic
514 ^'^ Aufgaben des Fernsprechamtes.
endigt die anzurufende Leitung in einer röhrenförmigen Ver-
einigung von Blattfedern, die man Klinke nennt, obschon sie
mit dem, was man sonst unter Klinke versteht, nichts zu thun
Fig. 335. Klinke und Stöpsel.
hat. Hier {Fig. 335) ist eine solche Fernsprechklinke und da^u
der elektrisch dreiteilige Stöpsel, in dem die anrufende Leitung
endigt.
Der Verbindung beider Leitungen, das heisst dem Einsetzen
des Stöpsels der rufenden Leitung in die Klinke der gerufenen-,
muss natürlich der Anruf des Amtes und die Verständigung
mit ihm vorhergehen. Das alte Mittel des Anrufs ist die Klappe.
Der Weckstrom des anrufenden Teilnehmers durchfliesst die
Wicklung eines gewöhnlich hinkenden Elektromagneten, Der
Anker wird angezogen, und ein mit diesem verbundener Haken
giebt die Klappe frei. Sie fällt und die bis jetzt von der Klappe
bedeckte Nummer des weckenden Teilnehmers wird sichtbar.
Neuerdings sind die fallenden Klappen auch durch hervor-
springende Elfenbeinstiftchen, die s.g. Springzeichen und durch
ins Leuchten geratende Glühlampen ersetzt worden.
Auf den Anruf hin setzt nun die Gehilfin {siehe die Vig-
nette auf S. 514) Kopfhörer und Brustmikrophon ihres Abfrage-
apparates, wie man in Anklang an die Schule sagt, mit dem
rufenden Teilnehmer in Verbindung und erfährt die gewünschte
Nummer. Damit sie nun im Stande ist, den rufenden Teilnehmer
mit jedem anderen des Amtes zu verbinden, müssen auf ihrem
Platz neben einer kleinen Zahl von ihr bedienter rufender
Leitungen, die »auf Klappe liegen« und wie erwähnt, in Stöpseln
münden, die sämtlichen anderen Leitungen in Klinken endigen.
Denn sie kann für die verlangte Verbindung nicht erst die Mit-
wirkung einer Nachbarin erbitten. Es bleibt eben nichts übrig,
als Vielfachschaltung zu verwenden, das heisst samtliche
Leitungen durch sämtliche Arbeitsplätze zu führen und jede
Leitung auf Jedem Platze in einer Klinke endigen zu lassen.
DigitizsdbyGOOgle
Die Aufgaben des Fernsprechamtes.
D,„i,„db,Goo<^le
A
mf den verschiedenen Plätzen
allel. Aus diesem einfachen
chen Kunstwerke der heutigen
n, wie Sie hier (Fig. 336) eins
:r Dreiecksschrank von Mix
er, als ein Fernsprechamt en
miniature, bei vielen Teil-
nehmern neben dem Gehäuse
an der Wand hängt. Er dient
dazu, dieses Gehäuse mit
anderen nicht unmittelbar an
das Amt angeschlossenen-
oder diese untereinander oder
mit dem Amt zu verbinden.
Hier ist ein Dreiecksschrank
für fünf Leitungen. Schreiben
sie sich die Verbindungs-
mögiichkeiten auf: (1 und 2
bis 1 und 5) darunter (2 und 1
bis 2 und 5) bis (5 und 1 bis
5 und 4) und streichen Sie
von den doppelt vorhandenen-
die spätere wieder aus. Es
bleiben — unserer früheren
Angabe entsprechend — nur
und zwar, wie auch auf dem
form angeordnet. Jede Klinke
de zu verbindende Leitungen.
I besorgt so die Verbindung,
ur zu tragen braucht. Hierin
•reiecksschrankes.
DigitizsdbyGOOgle
Funkentelegraphie.
23. Vorlesung.
Funkentelegraphie.
Erster Teil.
Funkentelegraphische Erscheinungen nicht merkwürdiger, ata alle anderen elclttrischen-
auch. Dazu Ämter verbunden, wenn auch nicht durch Draht. Notwendigkeit eines
Körpers lur Ausbreitung von Schall, Licht nnd Wflrme. Äther. — Atherquerwellen,
Geschwindigkeit conslant. Schwingungszablen und Wellenlangen mit einander ver-
änderlich. Freie elektHsche Wellen. Vom Funken erregte Drahtwellen stossen deo
Äther lu freien Wellen an. Fritter. Antennen. ~ Hertische Versuche zeigen Aus-
breitung, Spiegelung, Brechung, Interferenz, Geschwindigkeit elektrischer Wellen.
Unsere beiden letzten Vorlesungen behandeln die Funken-
telegraphie, jene neue Art der Telegraphie, die bei unserer
sonst an ausserordentliche technische Leistungen so gewöhnten
Zeit lebhaftes Staunen erregt hat. Das Merkwürdige scheint
darin zu liegen, dass Ämter mit einander telegraphisch ver-
kehren, ohne doch durch ein wahrnehmbares Hilfsmittel, durch
einen Leitungsdraht verbunden zu sein.
Diese drahtlose Telegraphie, wie sie in Anlehnung an
die englische Bezeichnung oft genannt wird, benutzt aber
Erscheinungen, die in Wahrheit nur ebenso merkwürdig sind,
als alle anderen elektrischen- auch. Genau genommen, ist sogar
das Staunen erregende gar nicht einmal vorhanden. Die Amter
sind sehr wohl mit einander verbunden, wenn auch nicht gerade
durch einen dem Auge sichtbaren Leitungsdraht. Denn hier
ebenso wenig, wie in irgend einem anderen Falle, könnte es
sich der gesunde Menschenverstand vorstellen, dass Körper
auf einander wirken, wenn sie sich nicht entweder unmittelbar
cder durch ein vermittelndes Bindeglied berühren. Zwei Boxer
(ohne Handschuhe) würden die unmittelbare Berührung ver-
sinnbildlichen, zwei Schulzen die mittelbare. — Wählen Sie ein
anderes Beispiel: Der Ton dieses Weckers kann praktisch nur
dann an Ihr Ohr gelangen, wenn eine Luftschicht eine ununter-
DigitizsdbyGOOgle
518 Funkenlelegraphie.
brochene Verbindung zwischen Wecker und Ohr bewirkt. Der
von seinem Klöppel erschütterte Wecker versetzt die Luft in
seiner Nähe in Schwingungen. Diese pflanzen sich bis zu
Ihrem Ohre fort und erzeugen dort den Eindruck des Schalles.
Der Wecker steht auf dem Teller einer Luftpumpe, Die Ober
ihn gestülpte Glasglocke verhindert das Herausdringen des
Schalles nur wenig. Sobald aber die Pumpe arbeitet und die
Luftschicht um die Glocke entfernt, wird der Ton leiser und
erstirbt bald vollständig. Der Versuch beweist unzweideutig,
dass der Wecker nur dann auf unser Gehörorgan wirken kann,
wenn sich zwischen Wecker und uns ein vermittelnder StofiF,
hier die Luft, befindet.
Ein anderes, sehr ähnUches Beispiel: Sollen Licht und
Wärme von der Sonne zur Erde strahlen, so dürfen sich Sonne
und Erde nicht durch einen leeren Raum bewegen. Wie sollen
wir Kenntnis von der Sonne haben , wenn kein Stoff die
Nachricht ihres Daseins zu uns herüberträgt? Wir könnten
ihre Scheibe nicht sehen, ihre Wärme nicht fühlen, wenn nicht
eine von ihr stammende, zu uns fortgepflanzte Bewegung unsere
Seh- und Hautnerven schlüge. Diese Bewegung muss von
einem Körper übertragen werden, wie der Schall des Weckers
von der Luft. Die Physik nennt diesen Körper Äther und
behauptet, dass er als ein ausserordentlich fein verteilter Stoff
den Weltenraum und alle anderen Körper durchdringt. Sie
denkt ihn sich so fein, dass sich gegen ihn nicht nur die Luft,
sondern die Wände dieses Hörsaales, der Experimentiertisch,
überhaupt alle Körper, fest, flüssig oder gasförmig, wie weit-
maschige Netze verhalten. Natürlich giebt es kein Gefäss, Äther
zu bewahren, zu verdichten oder zu verdünnen, und keine
Wage, ihn zu wägen, wenn er auch unserem Geiste wägbar
bleibt.
Das Licht besteht, so wissen wir schon lange, in Quer-
wellen dieses Äthers. Natürlich beansprucht ebenso, wie die
Fortpflanzung der Schallwellen vom Wecker zum Ohre, auch
die Fortpflanzung der Lichtwellen von der Sonne zur Erde
Zeit, beiläufig fünfhundert Sekunden. Beide Wellenarten haben
eine Geschwindigkeit, wenn auch bekanntlich von sehr ver-
schiedener Grösse. Da die Sonne im Durchschnitt 150 Millionen
Kilometer = 15. 10'- cm von der Erde entfernt ist, berechnen
DigitizsdbyGOOgle
FmKentelfgraphie. 519
Sie die Geschwindigkeit des Lichtes zu 300 000 km'sec. =
3.10'" cm/sec. Das ist die vor Langem nach verschiedenen
Versuchsmethoden übereinstimmend gefundene Zahl.
Sie haben früher (S. 209) erfahren, dass jeder Körper unter
den gleichen Bedingungen die in ihm erzeugten Wellen stets
und unveränderlich mit der gleichen Geschwindigkeit c fort-
pflanzt. Veränderlich waren aber die beiden Faktoren dieser
Geschwindigkeit c: die Wellenlange l und die Schwingungszahl ».
Eine Ätherwelle mit der ungeheuren Schwingungszahl von
ungefähr 750 Billionen gleich 7,5. 10'* pro Sekunde erzeugt in
unserem Auge die Empfindung violetten Lichtes. Dessen
Wellenlänge ergiebt unsere Gleichung i = c/n zu 3 , \0"'P,5. 10"
=: 4. 10"^ cm = 0,4 Tausendstel Millimeter.
Das am langsamsten schwingende Licht, das rote, macht
nur etwa halb so viele Schwingungen in der Sekunde, als das
violette, nämlich 375 Billionen. Bei derselben Fortpflanzungs-
geschwindigkeit muss mithin seine Wellenlänge doppelt so gross
sein, als die des Violett, das heisst 0,8 Tausendstel Millimeter.
Schwingungszahl halb, Wellenlänge doppelt, Geschwindigkeit
ebenso gross. Vergleichen Sie die verschiedenen Farben mit
den Stufen einer Tonleiter, so ist Violett die nächst höhere
Oktave von Rot. Rot entspricht dem Ton a,. Violett a^.
Aber Rot ist längst nicht der tiefste Ätherton- Der Äther
kann sehr viel langsamer schwingen. Schon die von einem
dunklen warmen Körper ausgesandten Strahlen zeigen eine
weitere Abnahme der Schwingungszahl und entsprechende
Zunahme der Wellenlänge. Denn auch die Geschwindigkeit
dieser Wellen ist 3.10'" cm/sec. In ihrem Wesen sind die
Wellen, die Licht und die, die Wärme zu uns tragen, keineswegs
verschieden. Beide sind Querwellen des Äthers von der diesen
zukommenden Fortpflanzungsgeschwindigkeit 3. 10'" cm/sec,
die Lichtwellen schneller schwingend und kürzer, die Wärme-
wellen langsamer schwingend und länger. Dass sie sich in
ihrer physiologischen Wirkung unterscheiden, dass wir zu ihrer
Wahrnehmung zweier verschiedener Sinnesorgane: Auge und
Haut bedürfen, ist weniger ihre, als unseres Körpers Schuld.
Für noch längere Ätherwellen fehlt ihm nun überhaupt
ein Organ, sie aufzunehmen, ein Sinn, sie zu fühlen. Dieses
sind die elektrischen Wellen. Auch sie sind im Wesen
DigitizsdbvGOOgle
520 Funkcntelegraphic.
nicht von den anderen Querwellen des Äthers unterschieden.
Auch sie haben bei derselben Fortpflanzungsgeschwindigkeit
von 3. 10 "^ cm'sec. nur eine grössere Wellenlänge l und eine
entsprechend kleinere Schwingungszahl »i.
Elektrische Wellen sind Ihnen nichts eigentlich neues mehr.
Denn die Teiegraphierströme und erst recht die Sprechströme
verlaufen wellenartig. Unter Wellentelegp-aphie schlechthin
ohne weiteren Zusatz sollte man deshalb niemals die Funken-
telegraphie verstehen. Jede Telegraphie ist Wellentelegraphie.
Der schon erwähnte Name drahtlose Telegraphie ist zwar
insofern bezeichnend, als das Fehlen eines Leitungsdrahtes
zwischen den beiden mit einander telegraphierenden Ämtern
allerdings das Hauptmerkmal der Methode ist. Hingegen ver-
langt sie sonst Draht genug, und eine Station für drahtlose
Telegraphie besteht, bei Lichte besehen, zum grösseren Teile
aus Draht.
Ein ähnlicher Vorwurf trifft den amtlichen deutschen Namen:
Funkentelegraphie nicht. Denn ihr Betrieb wird mit Hilfe von
elektrischen Wellen geführt, wie sie vom elektrischen Funken
und nicht anders erregt werden. Dabei erscheint mir die
Erwägung nicht Ausschlag gebend, dass der Funken auch eine
störende Eigenschaft besitzt, und ob unter Bedingungen, wie
sie in der Natur nicht vorhanden sind, oder mit Hilfe noch
unbekannter Erscheinungen eine Erregung der Wellen auch
ohne ihn möglich wäre. Thatsächlich ist es zur Zeit immer
der Funke, der den umgebenden Äther') Wellen schlagen lässl,
gerade wie die angeschlagene Stimmgabel oder die gestrichene
Geigensaite die umgebende Luft.
Was nun die wichtigste Eigenschaft des elektrischen Funkens
betrifft, so besteht er, wie Ihnen bekannt, nicht in einem
sofortigen Ausgleich des elektrischen Gegensatzes zwischen
den beiden Endkugeln von Ruhmkorff oder Influenzmaschine.
Vielmehr lässt eine Art Trägheit die Elektricitätsmenge, die
den Ausgleich besorgen will, wie ein Pendel über das Ziel hinaus-
schiesscn. Zurückschwingend, wiederholt sich das Gleiche in
geringerem Grade, bis nach einigen Hin- und Hergängen Ruhe
eintritt. Zur Erläuterung des Vorganges wurde seiner Zeil
') Der Name Alhtrleltgraphie isl nicht besser gewählt. Ohne Äther kftnnlc
auch keine Morsespule arbeiten.
DigitizsdbyGOOgle
Funkentelegrapflie. 521
(Fig. 59 auf S. 93) ein Funkendiagramm entworfen, an das Sie
sich bitte erinnern wollen. Es stellte den Verlauf der Strom-
stärke / dar in Abhängigkeit von der 2eit t, die der Funken
andauert.
Sehen Sie nun dieses wellenförmige Hin- und Herpendeln
der Elektricitat in dem durch die Funkenstrecke unterbrochenen
Drahtkreis als eine elektrische Drahtwelle an. Sie ist zwar
selbst an den Leiter gebunden. Aber sie stösst den den Leiter
umgebenden Äther zu elektrischen Wellen an, die frei in den
Raum hinauswandern. Nun verklingt , die Drahtwelle schnell.
Das Pendeln in Draht und Funkenstrecke dauert nur kurze
Zeit an. Schon wenige Hin- und Hergange bedeuten eine der-
artige Ausgabe an Energie, dass alsbald wieder Ruhe eintritt.
Das wird darunter verstanden, wenn man die Drahtwelle stark
gedämpft nennt, während die von einem Magnetinduktor
gelieferte Wechselstromwelle solange ungedämpft andauert, als
die Kurbel gedreht wird. Die gedämpfte Drahtwelle hört
natürlich mit ihrem Dasein auch sehr schnell wieder auf, freie
Wellen auszusenden. Wo die Welle eben erst eingesetzt hat,
beruhigt sich gleich darauf der Äther wieder. Die Bewegung
ist weitergezogen, Sie werden am nächsten Male sehen, auf
welche Weise die Funkentelegraphie die ihr unerwünschte
Dämpfung ihrer Wellen bekämpft.
Wie erwähnt, fehlt es unserem Körper an einem Sinnes-
organ zur unmittelbaren Wahrnehmung elektrischer Wellen.
Die Drahtwellen werden nun freilich von Wechselstrommessern
angezeigt. Aber zum Nachweise freier elektrischer Wellen
waren auf Grund neuer Thatsachen Wellenzeiger erst zu
erfinden. Heute giebt es deren eine ganze Reihe, von denen
wir uns einige nachher genauer ansehen werden. Für jetzt
bitte ich Sie, mir zu glauben, dass der Inhalt dieser kleinen
Glasröhre, eines Fritters, seinen an sich hohen Leitungs-
widerstand plötzlich und sehr stark verringert, sobald elektrische
Wellen auf ihn treffen. Leichtes Klopfen auf die Röhre lässt
den gut leitenden Zustand ihres Inhaltes ebenso plötzlich wieder
verschwinden, wie er gekommen.
Ein solcher Fritter ist nun hier (Fig. 338) mit einem
Trockenelement und einem Galvanometer hinter einander in
einen Stromkreis geschaltet. Der hohe Ruhewiderstand des
DigitizsdbyGOOgle
522
Funtentelegraphic.
Flitters hält den Galvanometerzeiger nahezu auf Null. Sie
sehen aber den starken Ausschlag, sobald zwischen den End-
kugeln des Ruhmkorffs ein kurzer Funke überspringt, und
andererseits die Rückkehr des Zeigers, wenn auf den Fritter
geklopft wird. Natürlich sind Funkenstrecke und Fritter durch
keinen Leiter des elektrischen Stromes mit einander verbunden.
funJfenstrec^
Fig. 338. Nachwi
Frilter
-BIEES
i freier elektrischer Wellen.
Aber sie werden, von der hier bedeutungslosen Luft abgesehen,
gemeinsam von demselben Äther umspült, von Äther durchsetzt.
Dabei stehen sie sich mit den Breitseiten gegenüber und sehen
sich gewissermassen an. Überdies trägt jeder von ihnen
symmetrisch zwei horizontale Kupferdrähte. Man hat das
Drahtpaar am Ruhmkorff äusserlich treffend mit dem durch-
löcherten Rohre eines Sprengwagens, das am Fritter und dann beide
mit den Fühlern, den Antennen, eines Insektes verglichen. That-
sächlich liegt eine Resonanzerscheinung') vor. Eine Stimm-
DigitizsdbyGOOgle
Funkertelegraphie. 523
gabel bedarf des Resonanzkastens, damit ihre Schwingungen weit-
hin durch den Saal hörbar werden. Die vergrösserte Oberfläche
giebt eben die Schwingungsenergie in ganz anderem Maassstabe
an die Umgebung ab, als die ursprüngliche-. Ebenso vergrössern
die Drahtpaare an RuhmkorfF und Fritter die die elektrischen
Wellen aussendende und die sie aufnehmende Fläche ausser-
ordentlich. Es ist deshalb erklärlich, dass diese hier horizontal,
in der Technik vertikal gespannten Drahte, die Luftdrähte
oder Antennen ein notwendiger Bestandteil jeder funken-
telegraphischen Station oder, wie wir uns ausdrücken wollen,
jedes Funkenamtes geworden sind.
Mit der vor Ihnen stehenden einfachen Einrichtung {Fig. 338):
RuhmkorfF mit Funkenstrecke und Sendedrähten von Ihnen aus
links und Fritter mit Auffangedrahten, Trockenelement und
Galvanometer rechts ist es leicht zu beweisen, dass der Funke
elektrische Wellen anstösst. Diese Versuche sind jetzt seit
Langem in jedem physikalischen Lehrplan aufgenommen. Wir
sahen sie einst voller Begeisterung in ihrer damaligen schwierigen
Form von ihrem Erfinder Heinrich Hertz, dessen Namen Sie
jenen grössten aller Zeiten zurechnen dürfen, und der bei aller
Grösse und, obwohl ein Universitätslehrer, voller Güte und
Bescheidenheit war. Mit Wehmut gedenken wir seines frühen
Todes, der der Menschheit eine Fülle zu erwartenden Lichtes
raubte, eines Verlustes, besonders schwer in einer Zeit, da die
grossen Talente vermutlich nicht häufiger, als früher, aber um
der breiten Masse Erfolg-hungriger Arbeiter neue Wege zu
bahnen, so sehr viel notwendiger geworden sind.
Die Hertzschen Versuche zeigen das Vorhandensein vom
Leiter losgelöster, frei durch den Raum ziehender elektrischer
Wellen, Sie zeigen, dass vom elektrischen Funken in gerader
Richtung eine Strahlung ausgeht, die alle jene Erscheinungen
aufweist, die wir an Wellen, in Sonderheit an Lichtwellen
gewohnt sind. Wiederholen wir den Versuch von eben. Ein
kurzer Druck auf die in den Primärkreis des RuhmkorfF ein-
geschaltete Morsetaste lässt zwischen den Endkugeln einen
Funken überspringen. Der Funken peitscht mit Hilfe der
elektrisch schwingenden Sendedrahte Wellen in den Äther.
Diese pflanzen sich durch den Raum über dem Experimentier-
tisch fort und versetzen den Fritterinhalt in seinen leitenden
DigitizsdbyGOOgle
524 FuDkenteleKraphie.
Zustand. Sichtbares Ergebnis: das Galvanometer schlagt aus.
Klopfen auf den Fritter stellt seinen schlecht leitenden Zustand
wieder her. Der Zeiger kehrt zurück.
Sie werden als Zeichen, dass elektrische Wellen auf den
Fritter gefallen sind, der Ablenkung des Galvanometers den
Anschlag eines Weckers vorziehen. Hierzu ist aber ein zu
starker Strom notwendig, als dass ihn der empfindliche Fritter-
inhalt ungefährdet ertragen könnte. Der Wecker kommt deshalb
nicht unmittelbar in den Fritterkreis, sondern (vgl. Fig. 339) mit
Fig. 339. Empfang cleklrischcr Wellen mit Fritter und ReULs.
seiner Akkumulatorenzelle in den secundaren Kreis eines Relais,
dessen primäre Wicklung im Fritterkreis liegt. Die mit dem
Einschalten des RuhmkorfFs von Funkenstrecke und Antennen
ausgesandten Wellen stellen sofort den leitenden Zustand des
Fritters wieder her, so dass das Trockenelement durch Fritter
und primäre Relaiswicklung einen nennenswerten Strom schickt.
Der Rclaisanker wird angezogen, und der Wecker schlagt an.
Das Klingeln dauert natürlich so lange an, bis der Fritter durch
Klopfen nichtleitend gemacht, wie man sagt, entfrittet wird
DigitizsdbyGOOgle
Fiiiikenteleeraphie. 525
► I
Fig. 340, Spiegelung elektrischer Wellen.
DigitizsdbyGOOgle
526 Funkentelegraph ie.
Für den Versuch ist es gleichgiltig, wie lange der Funke
zwischen den RuhmkorfFkugeln spielt. Auch ein kurzer Funke
macht den Fritter leitend und lasst den Wecker so lange
ertönen, bis entfrittet wird. Mehr kann ein lang andauernder
Funke auch nicht bewirken.
Auf diesen Punkt werden wir nächstens zurückkommen. Vor-
her sollen Sie erst sehen, dass sich die von dem Funken aus-
gesandten Strahlen, wenn sie auch nicht unmittelbar auf das
Auge wirken, doch sonst wie Lichtstrahlen verhalten. Da aber
dieses Verhalten in der Wellennatur des Lichtes begründet ist,
wird durch das gleiche- der elektrischen Strahlimg auch deren
Wellen natur erwiesen.
Undurchsichtig für elektrische Strahlen sind alle Leiter des
elektrischen Stromes. Der Wecker schlägt nicht an,, sobald
zwischen Funkenstrecke und Sendedrähte einerseits und Fritter
und Empfangsdrähte andererseits ein Weissblech oder eine mit
Stanniol beklebte Papptafel eingeschoben wird. Nach Entfernung
der für elektrische Wellen undurchlässigen Metallschicht hören
Sie den Wecker wieder. Dieser Versuch lässt sich hübscher
anstellen, wenn man die Antennen fortlässt ') und Funkenstrecke,
sowohl wie Fritter, in den Brennpunkt je eines parabolisch
gebogenen Metallbleches setzt (Fig. 340a). Diese wirken dann
genau wie Parabelspiegel, das heisst: die aus dem Brennpunkt
{Funkenstrecke} auf sie fallenden Strahlen werden einander
parallel gespiegelt und in umgekehrter Richtung die parallel
auffallenden Strahlen im Brennpunkt (Fritter) vereinigt. Sie
sehen, wie jetzt schon ein kleines Metallblech den Strahlen-
durchgang verhindert (Fig. 340b). Die Fritterwirkung bleibt
auch ohne Metallblech aus, wenn man einen Spiegel (um etwa
30'') mit ihrer Öffnung aufwärts dreht (Fig. 340c). Der Wecker
ertönt aber wieder, sobald das auch mit dem zweiten Spiegel
geschieht und das Metallblech horizontal über die Spiegelmitte
gehalten wird (Fig. 340d), ein deutlicher Beweis, dass auch
hier Spiegelung mit Gleichheit von Auffalls- und Spiegelungs-
winkel eintritt (vgl. S. 212). Das Gesetz geht natürlich auch
bei näherer Betrachtung schon aus der Spiegelung an den
') Es ist hier zu beachten, dass der Fritter von den unmittelbar auf ihn
treffenden freien Wellen gerade so angeregt wird, wie vorher vod den ihm auf den
Antennen zugcfQhrten Draht wellen.
D,„i,.,db,Google
Funkentelegraphie. 527
parabolischen Flächen hervor. In dem letzten Versuch kann
ich das spiegelnde Metallblech einfach durch meine Hand-
fläche ersetzen. Auch dann läutet der Wecker. Die Ver-
wunderung, die dieser Versuch erregt, wenn man ihn zum
ersten Male sieht, ist aus folgenden Gründen nicht berechtigt.
Erstens ist der menschliche Körper mit seinen Lösung durch-
setzten Geweben ein Leiter des Stromes. Zweitens sind die
Unebenheiten der Handfläche zwar an sich gross, aber im Ver-
hältnis zur Länge der zu spiegelnden elektrischen Wellen klein.
Sie vermögen die scharfe Spiegelung viel weniger zu trüben,
als viel kleinere Unebenheiten es mit den kurzen Lichtwellen
thun würden.
Während sich also die Leiter des elektrischen Stromes als
für elektrische Wellen undurchsichtig erwiesen haben, sind die
Dielektrika für sie durchsichtig. Ich halte ebene Platten aus
Paraffin, aus Glimmer, aus Pappe, aus Glas in den Strahlengang.
Die Wellen nehmen von ihnen keine Notiz. Sobald aber ein
Prisma aus einem Dielektrikum verwandt wird, tritt dasselbe
ein, wie bei Lichtstrahlen, wenn sie aus Luft auf ein Prisma
aus durchsichtigem Stoffe fallen, nämlich Brechung. Hertz,
der mit längeren Wellen arbeitete, als wir es jetzt für
Demonstrationsversuche thun, verwandte ein mannshohes Prisma
aus Pech, wie auch seine vertikal gestellten Spiegel reichlich
Mannshöhe hatten. Wir stellen dieses kleine in eine Holzform
gegossene Stearinprisma in den Strahlengang, und der Wecker
schweigt. Sobald aber der Fritter in den Lauf der abge-
lenkten Wellen gebracht wird, schlägt der Wecker an.
Man kann noch weitergehen und das Vorhandensein
elektrischer Wellen schlagend durch ihre Interferenz zeigen.
Die von der Funkenstrecke gegen ein Metallblech gesandten
Wellen werden von ihm zurückgeworfen, und die fortgehenden
Wellen interferieren mit den zurückgehenden-. Ergebnis:
stehende elektrische Wellen. Um ihre Wellenlänge zu bestimmen,
braucht man nur den Fritter von der Funkenstrecke zur
Metallwand verschieben und kann durch sein Verhalten ab-
wechselnd elektrische Bewegung und Ruhe, Bäuche und Knoten
der stehenden elektrischen Wellen nachweisen. Der Abstand
zwischen benachbartem Knoten und Bauch , bekanntlich
(S. S. 214 unten) gleich einer viertel Wellenlänge, kann mit
DigitizsdbyGOOgle
528 Funkentelegraphie.
dem Metermaass gemessen werden. Dann ist die Länge einer
elektrischen Welle experimentell bestimmt. Durch Multiplikation
der gemessenen Wellenlänge l — zum Beispiel 9 m — und der
dazu gehörigen berechneten Schwingungszahl »i = 33 Millionen
ergiebt sich als Fortpflanzungsgeschwindigkeit elektrischer Wellen
9. 10-. 33. 10« = rd. 3.10"' cm, die Lichtgeschwindigkeit. Da,
wie mehrfach erwähnt, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit von
Wellen durch die Eigenschaften des Wellenträgers bedingt
wird und die Interferenz versuche zeigen, dass sich Licht- und
elektrische Wellen mit derselben Geschwindigkeit fortpflanzen,
so sehen wir unsere frühere Behauptung, dass beide Wellen-
arten von demselben Stoffe durch den Raum getragen werden,
als erwiesen an.
DigitizsdbyGOOgle
Funkentelegraphte.
24. Vorlesung.
Funkentelegraphie.
Zweiter Teil.
Entfritlutig. Morseieichen — Wellenzeiger. Beschreibung der Frittenvirkung. Elek-
trolytische Zelle — Entladung schwingend oder nicht. TT = 2 V ■— ■ Inaktiver
Funke. Unterteilte Funkenstrecke. — Eigenperiode eines Schwingungskreises:
T =27i\LC. Luftdrahl schwingt in einer viertel Welle. — Zur Vermeidung von
Abfangen und Slflren durch Fremde Abstimmung des Amterpaares notwendig. —
Technische Anordnung: LuFIdraht. Gegengewicht. Verminderung der DSmprung
miltelsl zweier gekuppelter Kreise. — Lose Kupplung. — Abfangen und Stören
trotz Abstimmung. Funkentelegraphische Massen Wirkung. — Apparate. — Ver-
wendung der Funkentelegraphie.
Sie haben in der vorigen Vorlesung beobachtet, dass auch
ein kurzer Funken den Fritterinhalt dauernd in den leitenden
Zustand versetzt. Man sieht deshalb nicht recht ein, wie zur
Übertragung von Morsezeichen kurz und lange andauernde
Funken kurz und lang andauernde Klingelzeichen hervorrufen
sollen. Ein ganz einfacher Kunstgriff löst die Schwierigkeit.
Während mein Gehilfe aus kurz und lange dauernden Funken
Morsezeichen bildet, klopfe ich fortwahrend auf den den Fritter
in sich bergenden Spiegel. Jener wird dadurch nach kurzem
Ansprechen immer sofort wieder nichtleitend gemacht, entfrittet.
Jetzt ist die -Zeitdauer der Funken nicht mehr gleichgiltig.
Vielmehr bewirkt ein Funken von kurzer Dauer ein kurzes
Klingeln, einer von langer Dauer eine Reihe schnell auf ein-
ander folgender Zeichen oder bei einiger Trägheit des Weckers
ein entsprechend langes, fortgesetztes Klingeln. Damit ist
die Möglichkeit einer Funkentelegraphie über eine
Entfernung von der Länge des Experimentiertisches
gegeben. Für den praktischen Betrieb wird das Entfritten
natürlich nicht mit dem Finger, sondern einem nach Art eines
Weckers elektromagnetisch bewegten Klöppel besorgt, (Fig. 341.)
„Google
^^?S?
530
runkenl elegraphie.
Die Spule lieget parallel zum Weekerkreise. Sobald mithin
das Relais, also der Wecker anspricht, sofort schlägt auch
schon der Klöppel Kl von unten gegen die Frittermitte und
unterbricht damit den primären Relaiskreis.') Kommen weitere
Wellenzüge, so ist bei genügend grosser schwingender Masse
Fig. 341. Entfrittung.
gar nicht so viel Zeit vorhanden, als dass der Wecker vorher
zu Ruhe kommen könnte, und er setzt sein Läuten ununter-
brochen fort, solange noch Funken übergehen.
Fig. 342. Fritler.
(Schematisch. Kömer nicht gezeicbne
Zunächst verlangen Sie nun Aufklärung über die Weilen-
zeiger. Der älteste und meist benutzte ist der Fritter (Fig. 342),
den Sie vorhin in Thätigkeit gesehen und von dem Sie gewiss
'] Thatsichlich ist die Einrichtung noch etwas verwickelter. Der mit der
Unterbrechung des Frillerkreises verknüpfte Öffnungafunken soll nimlich nicht iwischen
den Frilterkörnern Qbcrgchcn. Deshalb öffnet eben, ehe der Fritter vom Kopf des
Klöppels gelroflen wird, dessen Stiel einen Contaki im Frittcr^reis (vgl. die spSlere
Fig. 358 auf S. 556).
DigitizsdbyGOOgle
Funkenlelegraphie. 53 1
auch sonst schon öfter gehört haben. Er enthalt, eingeschlossen
in eine enge Glasröhre, zwei Metallkolben und zwischen ihnen eine
kleine Menge von Metallkörnern. Vermutlich damit diese und
die Kolbenoberfläche nicht rosten, wird gewöhnlich die Glas-
röhre leicht ausgepumpt. Obwohl die beiden Metallkolben in
den Stromkreis eingeschaltet sind, findet trotzdem für gewöhn-
lich so gut, wie kein Stromübergang, durch die Körnerschicht
statt. Ihr Widerstand ist zu gross. Sobald aber elektrische
Wellen auf sie treffen — und zwar gleichgiltig elektrische
Wellen welcher Länge — richten sich, wie man unter dem
Mikroskop beobachtet hat, die Metallkörner zu Reihen, sich
gegenseitig mit den Spitzen berührend. Man wird fast an
die gerichteten Elementarmagnete (der Fig. 21b auf S. 39) oder
an eine Kette elektrolytisch bewegter Ionen erinnert. Ausser-
dem springen Funken zwischen ihnen über. Ob diese nun,
wie es der Name Fritter ausdrucken soll, die Körnerspitzen
leicht aneinander schweissen, oder ob die geringe Menge des
von den Funken erzeugten Metalldampfes zur Stromleitung
genügt, ist nicht aufgeklärt. Kurz, es entsteht von Kolben zu
Kolben eine leitende Brücke. Der elektrische Widerstand des
Fritters sinkt auf einen kleinen Betrag herab. Klopfen bringt
die Körnerbrücke wieder zum Einsturz, und der Leitungs-
widerstand erhält seinen hohen ursprünglichen Wert zurück.
Um entsprechend der Amplitude der anzuzeigenden elek-
trischen Wellen die Empfindlichkeit des Fritters schnell ver-
ändern zu können, sind beide Kolben oder einer von ihnen
keilartig zugeschärft. Je nach-
dem man die Glasröhre so dreht,
dass die Keilspitze oben (Fig. 343)
oder unten liegt, verteilen sich
die vorhandenen Körner auf f« 3*3. Friiter mit Keiispait.
einen grösseren oder kürzeren
Raum. Sie liegen weiter von einander entfernt oder enger
zusammengedrängt. Die Wellen haben die Herstellung der
leitenden Ketten schwerer oder leichter. Die Fritter sind im
Allgemeinen zuverlässige Instrumente. Doch verweigert hin
und wieder einer auch bei gutem Zureden seinen Dienst, und
man hat für alle Fälle eine Reihe von ihnen in einem Etui
vereinigt vorrätig (Fig. 344).
Digitiz^dhyGOC^Ie
532 Funke ntelegraphie.
Der Fritter ist nicht der einzige Wellenzeiger geblieben.
Sein Hauptnebenbuhler ist die elektroly tische Zeile, die
im Grunde nichts anderes ist, als eine telephonische Polari-
sationszelle mit mikroskopisch kleiner positiver Elektrode. (Länge
des Drahtes 0,01 mm, Durchmesser 0,001 mm). Wenn die
Klemmenspannung der Stromquelle nicht wesentlich grösser ist.
Fig. 344. Friller in Etui.
als die entgegengerichtete der Zersetzungszelie, wird, wie Sie
wissen, der erste kurze Stromdurchgang nur dann fortgesetzt,
wenn die Zelle auf irgend eine Weise depolarisiert wird. Sie
erinnern sich des Versuches (von S. 147), bei dem einfach eine
Federfahne die Wasserstoffblasen von der Elektrode abputzte.
Eine ähnliche mechanische Depolarisation bewirken nun, so
merkwürdig das auch zuerst klingen mag, die elektrischen
Wellen, wenn sie auf die Zelle treffen. Unmittelbar oder mittel-
bar erschüttern sie die auf den Elektroden abgeschiedenen Gase
und fegen sie, wie die Federfahne, von ihr fort. Bei starken
Wellen kann man sogar mit blossem Auge beobachten, wie die
Digitizsdb/GOO'^le
Funkentelegraphie. 533
Gasblasen durch den Elektrolj'ten hochsteigen, und man wird
an Sömmerings ersten Gedanken einer Telegraphiermöglichkeit
erinnert. Die Depolarisation findet statt, solange Wellen auf
die Zelle treffen. Für diesen Zeitraum hört sie auf, den
Stromweg zu verriegeln. Sind die Wellen vorbeige2ogen, tritt
die Verriegelung von selbst wieder aufs Neue ein. Die elektro-
lytische Zelle verlangt mithin nichts dem Entfritten ähnhches.
Sie zeigt an, wenn ein Wellenzug sie trifft, und kehrt von
selbst ohne weitere Behandlung wieder in ihren ursprünglichen
Zustand zurück.
Freilich sind die Ströme, die eine solche Zelle vertragen
kann und die die Stromquelle der erforderlichen niedrigen
Spannung durch ihren hohen Widerstand hindurchdrückt, klein,
zu klein, um ein Relais in Gang zu setzen. Sie eignen sich
aber vorzüglich, um unter Ersparung eines Relais in einem
eingeschalteten Telephon ') ein Knacken hervorzurufen. Wie
Fritter und primäre Relaiswicklung, so gehören demnach elektro-
lytische Zelle und Telephon zusammen. Damit ist zugleich das
Klopferprinzip in die Funkentelegraphie eingeführt. Der empfan-
gende Beamte hört das Telegramm mittelst eines Kopfhörers ab
und bringt es während dessen in gewöhnlicher Schrift zu Papier.
Darf ich nun zunächst nochmals daran erinnern, dass
Funkenentladungen schwingend, in Form eines Wechselstromes
sehr hoher Periodenzahl, vor sich gehen. Andererseits haben
Sie aber aus statischer Quelle einen Gleichstrom fliessen sehen
(S. 112). Auch bei diesem Versuche fand ein Ausgleich stark
gespannter Elektricitätsmengen statt, und trotzdem war er
nicht schwingend. Die Ursache davon bildeten die in den
Leiterkreis eingeschalteten Holzstangen. Ihr ausserordentlich
grosser Ohmscher Widerstand legte sich bremsend, dämpfend
auf die elektrische Strömung.
Lassen Sie uns das durch ein einfaches mechanisches
Beispiel versinnbildlichen. Hier (Fig. 345a) ist ein bis zur halben
Höhe mit gefärbtem Wasser gefülltes U-förmiges Glasrohr von
1,5 cm lichter Weite. Ich verschliesse die linke Öffnung mit
') Das Tdfphon erlaubt auch aehr einfach, die Spannung der Stromquelle
gerade auf die Gegenspannung des Wellenzeigers abzugleichen. Man verwendet dazu
mehrere Zellen und drosselt von deren Klemmenspannung mit einem Schieber-
widerstand soviel ab, bis das schwache Rascheln im Telephon gerade aufhArl.
D,„i,.,db,Google
534
Funken telcgrsphie.
meinem Daumen, neige das Rohr so weit nach links, dass die
Wassermenge in den linken Schenkel fiiesst, und richte es
wieder auf. Im Augenblick, da ich meinen Daumen entferne,
hört der einseitige Luftdruck auf das Wasser auf, und es stürzt
Schaukel Schwingungen
laiger Fluas im verengten U-Rohr.
in den leeren rechten Schenkel zurück. Dabei vollführt es eine
Reihe schaukelnder Schwingungen und kommt erst allmählich
zur Ruhe.
Hier ist nun ein zweites U-Rohr (Fig. 345b). Es unter-
scheidet sich von dem ersten nur durch eine plötzliche und
starke Verengung, mit der es der Glasbläser an der Umbiege-
— — ^iiuiiiifr&ivajiiitjtn */hmihl dtrScMiftligtillgtTt
Fig. 346. Dampfungskurven. Nach Zenneck.
D,„i,.,db,Google
Funkenlelegraphie. 535
Stelle versehen hat. Wird nun mit diesem Rohre der Versuch
von eben wiederholt, so sehen Sie jetzt das Wasser in gleich-
massigem Flusse aus dem gefüllten Schenkel in den leeren
überströmen. Der grosse Widerstand, den die Rohrverengung
dem Durchfluss des Wassers bietet, unterdrückt die schaukelnden
Schwingungen von vorhin.
Diese beiden Diagramme (Fig. 346) geben Ihnen ein klares
Bild von der Wirkung verschieden starker Dampfung. Sie
zeigen eben, wie mit der Anzahl zurückgelegter Schwingungen
deren Amplituden verschieden schnell abnehmen. Eine Ver-
mehrung des Ohmschen Widerstandes beschleunigt die Abnahme,
bis schliesslich der Wechselstrom in einen Gleichstrom über-
geht. Wann dies eintritt, hängt freilich nicht allein vom
Widerstände ab, sondern genauer ausgedrückt vom Verhältnis
des Ohmschen Widerstandes W zu den beiden anderen Eigen-
schaften des Leiterkreises: der Selbstinduktion i') und der
Capacität C. Alle Leiter besitzen ja Capacität (S. 374.)
Die Entladung wird schwingend, sobald W unter den Wert
herabsinkt, der sich aus folgender Formel ergiebt, die ich Ihnen
leider nicht elementar ableiten kann:
'I Bis jeUt habe ich Ihnen die merkwürdige, zuerst vielleicht absurd erscheinende
Thatsache vorenthalten, dass die Selbstinduktion eines Stromkreises nach Längen, in
der Einheit von 10» cm = 10000 km gemessen wird. So ergiebf es die Rechnung,
und, wenn Sie auch vergeblich nach einer physikalischen Deutung suchen, mOssen Sie
sich damit abflnden. Man schreibt einem Stromkreise dann die Einheit der Selbst-
induktion 10^ cm ^ 10000 km zu, wenn der in ihm Hiessende Strom dadurch, dass
er sich pro Sekunde um ein Ampere Bndert, eine Gegenspannung von einem Volt
hervorraft.
So wird die Selbstinduktion des Parbschreibers zu ungeHllir 16 Einheiten oder
160000 km angegeben. Aus einer froheren Kurve (Fig. 249 auf S. 370) entnehmen
Sie, dass der Telegraphierstrom von — s^en wir — 10 Milliampere am Empfangsende
der Leitung in elw» 0,004 Sekunden erlischt. Nach der Erklärung der Einheit der
Selbstinduktion muss dabei — Arbeitsstrom ohne Relais und Galvanoskop voraus-
16 . 10 . lO-SAmp'
gesetzt — eine Gegenspannung von — --- — j-j— '^ *" Volt entstehen.
Schrauben Sie dem Farbschreiber den Anker ab, so sinkt seine Selbstinduktion
auf 90000 km, und die Spulen allein ohne Eisen haben nur 7000 km. Diese Zahlen
liefern den Beweis für unsere frühere Behauptung, dass die Vergrösserung des
magnetischen Widerstandes mit der KralUinienzahl auch die Selbstinduktion verkleinert.
Die Selbstinduktionen der Funkenlelegraphie sind, wie hier gleich bemerkt
werden mOge, ausserordentlich viel kleiner.
DigitizsdbyGOOgle
Fun kentekgraph ie .
4L
e
■=2\l'.
Übersteigt W diesen Wert, so wird aus dem Wechselstrom
ein Gleichstrom.
Da es in der Funkentelegraphie auf die Erzeugung von
Schwingungen ankommt, denn nur Schwingungen im Leiter
können Wellen in den Raum aussenden, muss der Ohmsche
Widerstand der Schwingungskreise möglichst klein gewählt
werden. Der Hauptwiderstand liegt natürlich in der Funken-
strecke') in der in den Drahtkreis eingeschalteten Luftschicht.
Überschreitet diese eine gewisse Lange (etwa 1,5 cm), so nähert
sich ihr Widerstand dem Werte 2 1/ „- ■ Die Entladung ver-
Q\j^ liert ihre schwingende Natur,
$^ 1 , 1 7-) und der Funke geht in einen
Lichtbogen über. Er wird
inaktiv.
Hier ist nun die wichtige
Thatsache zu beachten, deren
Ursache hier nicht erörtert zu
werden braucht, dass für die
vom Funken durchschlagene
Luftschicht das Ohmsche Ge-
setz nicht gilt. Bei kleinen
Funkenstrecken ■) nimmt mit
wachsender Länge der Wider-
stand langsam, bei grösseren
schneller zu. Lange Funken-
strecken haben einen unver-
hältnismässig grossen Wider-
stand. Andererseits wächst
— ebenfalls ganz im Wider-
spruch mit dem Ohmschen
') Der Arbeits verbrauch in der Funk enst recke offenbart sich auch in der hti
längerem Lctricbe beträ chilichen Erwärmung der Funkenkugeln.
^ Allerdings nimmt bei noch kleineren, der Widerstand mit wachsender Llngc
ab, so dass fllr jeden Schwingungskreis von bestimmter Capacität eine bestirointc
gnnstiRste Funkenlängc besteht (vgl. Fig. 341|.
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*- Funhtnl&nae
Fig. 341. Abhängigkeit des
en Widerstandes von der Funken länge.
Nach Rempp.
D,„i,.,db,Google
Funke ntelegraphie .
537
Gesetz — der Spannungsunterschied, der im Funken zur
Entladung kommt, wohl bei kleinen Funkenstrecken deren
Länge entsprechend, bei grossen aber weniger. Die Funken-
spannung ist bei langen Funkenstrecken un verhältnismässig
niedrig, wie das auch aus den drei früher (S. 16) angegebenen
Werten hervorgeht. Lange Funkenstrecken haben somit zwei
Nachteile: Ihre schädliche Eigenschaft, der Widerstand, ist
un verhältnismässig gross, ihre nützliche, um deren Willen
sie vorhanden sind, die zur Entladung kommende Spannung,
unverhältnismässig klein. Sie werden sich deshalb nicht darüber
wundern, dass man die Funkenstrecke in Teile zerlegt, unter-
teilt. Die Spannungsunterteilung geschieht dabei durch kleine
Hilfscondensatoren (Fig. 348). So wird zum Beispiel ein Fall
angegeben, in dem eine 10 mm lange Funkenstrecke, die bei
einem Spannungsunterschiede der Kugeln von etwa 30000 Volt
durchschlagen wird, einen Widerstand von 15 Ohm aufweist.
Ersetzt man diese eine grosse Funkenstrecke durch drei kleine
von je 2,5 mm hintereinander, so ist die Funkenspannung mit
dreimal 10000 Volt die alte. Aber der Widerstand hat nur
den kleinen Betrag von dreimal 0,2 = 0,6 Ohm, nur den fünf-
undzwanzigsten Teil von früher, ein ausserordentlicher Gewinn.
Der Ohmsche Widerstand des Leiterkreises bestimmt nun
nicht nur überhaupt, ob die Entladung schwingend verläuft
oder nicht. Auch wenn sie schwingend verlauft, beeinflusst
er Amplitude und Schwingungszahl. Für den Fall aber der
Widerstand als sehr klein angesehen werden kann, hängt
angenähert die Schwingungszahl allein von den beiden
DigitizsdbvGOOgle
538 Funkenlelegraphic.
anderen Eigenschaften des Kreises: von Selbstinduktion L und
Capacität C ab, Sie möchten einwenden, die Schwingungszahi
in dem Kreise; secundäre Spule des Ruhmkorff, Funkenstrecke,
Sendedrähte werde zwangläufig von der Anzahl der primären
Unterbrechungen bestimmt. Das wäre ein Irrtum. Die Unter-
brechungen wirken nur als Anstoss. Sie lösen nur die Eigen-
schwingung des secundären Kreises aus, und gerade die Perioden-
zahl dieser Eigenschwingung ist es, wonach wir fragen. Die
Eigenschwingung kann dann stattfinden, wenn sie so gut wie
gar keinen Widerstand erfährt. Den Ohmschen Widerstand
haben wir schon sehr klein gemacht. Aber unser Schwingungs-
kreis ist voller Selbstinduktion, und diese ist bestrebt, die
Wechselstrom welle abzudrosseln. Den gleichen Wunsch hat
die Capacität, wie Sie es ja von Telegraphier- und Sprech-
strömen her gewohnt sind. Aber Sie kennen auch den Gegen-
satz beider, wie er in den Induktanzrollen und Pupinspulen
der Kabel zum schönen Ausdruck kam. Wenn man Selbst-
induktion und Capacität gerade so gross macht, dass beide sich
gegenseitig aufheben, so entsteht ein Zustand, als wenn keine
von beiden Störungsursachen vorhanden wäre und für den
geradezu wieder das Ohmsche Gesetz gilt. Die Elektricitäts-
mengen können ungehindert und leicht über den Leiter pendeln.
Der Kreis ist auf seine Eigenschwingung eingestellt, auf den
elektrischen Eigenton abgestimmt.
Der Widerstand durch Selbstinduktion und der durch
Capacität heben sich, wie Sie mir glauben wollen, gerade dann
auf, wenn die Gleichung gilt
2'"'^ = 2„'„C
Die Produkte aus 2 n, der Schwingungszahl n und der Selbst-
induktion L einerseits, der Capacität C andererseits haben
reziproke Werte.
Der ausserordentlich bedeutende Einfluss, den trotz
unveränderter Spannung der Wert der Capacität in einem
Schwingungskreise auf die Grösse der pendelnden Elektricitäts-
mengen ausübt, wird von dieser Kurve hier (Fig. 349) veran-
schaulicht. Sie bezieht sich auf einen Stromkreis, der von einem
DigitizsdbyGOOgle
Funke ntelegraphic.
539
technischen Wechselstrome von » = 50 Perioden pro Sekunde
durchflössen wird. Die Selbstinduktion L beträgt 3830 km
= 0,383 Einheiten, mithin dies Produkt 2nnL = 2n.^. 0,383
= 120. Die Kurve zeigt die Abhängigkeit der fliessenden
Fig. 349. Resonanzkurve.
Die StromsUrlie J \a einem Kreise mit dem Selbstinduktion s widerstand
2 n n . L = 120 in Abhängigkeit vom CspacitttswidcraUnd ~ ,- ■ Slromspitie,
wenn letzterer ebenfalls 120. Nach Zenneck.
Stromstärke / von dem Werte der in den Kreis eingeschalteten
■ Capacität. Sie sehen, wie die Zunahme von C den Wert von
J ausserordentlich beeinfiusst und gerade der Wert von C
= 26,5 M F eine heftige Stromsteigerung hervorruft, weil jetzt
die Grösse
1
I
2 71 . n . C ^ 2 TT . 50 . 26,5 lO"«
eben den Wert von 2 7inL erreicht, Selbstinduktion und Capa-
cität heben sich in ihrer Wirkung gerade auf. Die Schwingungs-
bahn ist von den Hindernissen gleichsam reingefegt und das
DigitizsdbyGOO'^le
540 Funtentelegraphie.
mächtige Anwachsen des Stromes die Folge. Jetzt findet
ein nur durch den geringen Ohmschen Widerstand allmählich
beendigtes Pendeln der Coulomb durch den Kreis statt.
Aus der angegebenen Gleichung berechnet sich — immer
unter der Annahme eines sehr kleinen Ohmschen Widerstandes
— die Schwingungszahl zu
1
2 TT Vlc
und folglich die Dauer einer einzelnen Schwingung
Setzen Sie hierin L in Selbstinduktionseinheiten = 10000 km
und C in Farad ein, so erhalten Sie n als die secundliche
Schwingungszahl und T als die Dauer der einzelnen Schwingung
in Sekunden. Es ist die
1
Berechnen Sie zum Beispiel die Dauer der Eigenschwingung
eines Kreises, dessen Selbstinduktion lO"'^ Einheiten = 100 m
und dessen Capacität 10"* Farad = 0,01 MF betragt.
T = 2,TriO"^''. 10-^ = 2?rVl0."lT0-'* = rd.2. 10"«
_ 2 Sekunden
~ 1 Million
In der Sekunde würden
«=:_, = - " 9 "' = 500000 Schwingungen ausgeführt.
Das zur Erläuterung der wichtigen Formel, die uns in den
Stand setzt, Leiterkreise mit einer bestimmten gewünschten
DigitizsdbyGOOgle
Funke ntelegraphie. 541
Eigenschwingung herzustellen , dadurch , dass sie das dafür
notwendige Produkt Selbstinduktion mal Capacität voraus-
berechnen lasst.
Zwei einfache Versuche sollen Ihnen nämlich nachher die
Notwendigkeil zeigen, mit Wellen bestimmter Längen zu tele-
graphieren, und die Länge der ausgesandten freien Wellen
hängt natürlich von der Schwingungszahl der sie erregenden
Drahtwellen ab. Unsere alte Wellenformel ergiebt:
l = — = cT = 3. 10'".2;i>ii"o(»ok™. 6V„ad cm
oder etwas praktischer geformt
1 = ön VWL^TC^ m.
In dem eben angeführten Beispiel haben demnach die aus-
gesandten Wellen eine Länge von
l = 6jr/lÖ.TÖ'TTÖ'-^ - öO;iHO = rd. 600 m.
Die gleiche Länge erhalten Sie natürlich, wenn Sie die vorhin
berechnete Schwingungszahl einsetzen:
, c 3 . 10'" cm/Sec cm. ic u ■
( = - — - -rns-cL— ■ -^— — 0. 10* cm/hchwmgung.
n 5.10' Schwingungen, See * ''
Soll mithin ein Schwingungskreis eine Welle von 600 m aus-
senden, so muss seine Eigenschwingung die Periodenzahl
500000 pro Sekunde besitzen, und dazu ist für das Produkt LC
der Wert 100 cm . MF notwendig.
Wenn man nun für einen geraden senkrechten Draht von
der Länge s die Dauer T und die Wellenlänge l der Eigen-
schwingung berechnet und dazu die aus der theoretischen
Betrachtung für Selbstinduktion und Capacität eines Drahtes
. folgenden Werte einsetzt, so erhält man, wie Sie mir ebenfalls
DigitizsdbyGOOgle
542 Funkentelegraphie.
glauben wollen, das verblüffend einfache Ergebnis, dass der
Draht elektrisch in einer viertel Wellenlänge schwingt.
l ^ s/4.
Am Fusse des Drahtes hat die Welle der elektrischen Spannung')
einen Knoten, an der Spitze einen Bauch. Die Entfernung von
benachbartem Knoten und Bauch ist eben eine viertel Wellen-
länge. Der Draht schwingt elektrisch gerade so, wie ein
elastischer Blechstreifen mechanisch, den sie am unteren Ende
in einen Schraubstock spannen und am oberen senkrecht zur
Blechoberfläche anstossen. Zwischen den Klemmbacken liegt
ein Knoten, am oberen Ende des Blechstreifens ein Bauch der
Schwingung.
Doch lassen wir diese Dinge auf sich beruhen und stellen
lieber die beiden Versuche an, die Sie überzeugen sollen, dass
die Wellen der praktischen Funkentelegraphie auf bestimmte
Längen abgestimmt werden müssen. Hier steht noch der
Aufbau von vorhin, unterstützt von Luftdrähten, Wellen —
ohne Rücksichtnahme auf ihre Länge — von einer Funkenstrecke
auszusenden und sie mit einem Fritter anzuzeigen. Aus den
kürzeren und längeren Klingelzeichen hören Sie das Morse-
telegramm, das ich mit der im Primärkreise des RuhmkorfT
liegenden Taste gebe. Nun wird auf der anderen Seite von
der Funkenstrecke in eben der Entfernung, wie der erste Fritter,
ein zweiter aufgestellt. Auch er trägt Luftdrähte und liegt
im Primärkreise eines Relais. Nur enthält dieses secundär statt
des Trockenelementes und Weckers eine kleine Akkumulatoren-
batterie und eine Glühlampe. Der zweite Fritter empfängt
genau, wie der erste, und kurzes und längeres Aufleuchten
seiner Glühlampe fällt ebenso, wie das Läuten des Weckers,
mit den Funkenzeichen und der Arbeit meiner Taste zusammen.
Ergebnis: Eine in der bis jetzt geschilderten Weise betriebene
Funkentelegraphie gestattet, von einem Punkte aus die gleiche
Nachricht gleichzeitig an eine Reihe von Empfängern zu geben,
1) Da elektrische Drahtwellen nichts anderes sind, aU WechseUtrAme hoher
Periodeniahlen, so bestehen natOrlich (ür sie die Begriffe Spannung und Strom lu
Recht, und ebenso gilt das Gesetz des Transformators ("E, : JEn = B/ .■ tinJ.
DigitizsdbyGOOgle
Funkcnlelegraphie. 543
was in manchen Fällen nützlich ist. Sie gestattet aber auch
jedem, die nicht chiffrierte Nachricht abzufangen, der mit oder
ohne Absicht seinen Fritter in das Bereich der sich in einer
Halbkugel nach allen Seiten ausbreitenden Wellen bringt.
Schon damit hätte die Funkentelegraphie einen Teil ihrer
Brauchbarkeit verloren.
Ihr Todesurteil würde aber gesprochen, wenn jeder bös-
willig oder nur dadurch, dass er auch telegraphiert, den Betrieb
des anderen stört. Das zeigt Ihnen der zweite Versuch.
Funkenstrecke I soll ein Telegramm nach Fritter I, ein zweiter
dem ersten gleicher Ruhmkorff und eine ebenfalls gleiche, neue
Funkenstrecke II ein anderes nach Fritter II geben. Ich arbeite
mit Taste I, mein Gehülfe unabhängig von mir mit Taste II,
Was ist die Folge? Die Zeichen stören sich gegenseitig.
Der zu I gehörende Wecker sowohl, wie die zu II gehörende
Glühlampe, geben beide ein unentwirrbares Gemisch von
Zeichen, Keiner von beiden Empfängern kann sein Telegramm
entziffern, weil der andere — ohne bösen Willen, rein in Ver-
folgung seines eigenen Interesses — immer dazwischen giebt.
Es ist, als ob Sie auf einer Schützenwiese in der Mitte zwischen
zwei Karoussels ständen, deren Leierkasten gleichzeitig und
gleich laut ihre besondere Melodie spielen. Man hört keine
von beiden ordentlich, sondern nur einen unentwirrbaren Lärm.
Jede praktische Funkentelegraphie verlangt mit-
hin gegenseitige Abstimmung der zu einander ge-
hörigen Geber und Empfänger, so dass eine Störung dieser
letzteren durch fremde Wellen ganz oder möglichst aus-
geschlossen wird. Die Abstimmung besteht zur Zeit darin,
dass jedes Ämterpaar — gleichzeitig — nur mit Wellen einer
bestimmten Länge arbeitet , dass Amt I nur Wellen dieser
bestimmten Länge ausschickt und das zugehörige Amt II nur
Wellen eben dieser Länge aufnimmt und keine oder möglichst
keine anderen. Wie das zu erreichen, lehrt unsere Formel,
Geber und Empfänger erhalten bestimmte Selbstinduktionen und
Capacitäten, so dass deren Produkt L . C den verlangten Wert
besitzt. Dann werden nur Wellen der verlangten Länge aus-
gesandt und — möglichst — nur solche aufgenommen. Die
Einstellung auf das richtige L C geschieht sehr einfach mit
Apparaten, die Sie nachher kennen lernen werden.
DigitizsdbyGOOgle
344 Funkentelegraphic.
Um nun eine technische Funkentelegraphie zu ermöglichen,
muss die einfache Anordnung unserer Versuche des weiteren
in mehrfacher Hinsicht verändert werden. Zunächst wird, wie
erwähnt, je einer der beiden Sender- und Empfangsdrahte aus
der horizontalen Lage in die vertikale- gebracht. So entsteht
der Luftdraht oder, um mit dem Namen auch verwickeitere
Gebilde als einen einfachen Draht zu begreifen, der Luftleiter.
Um durch Abgabe grosser Energiemengen weite Entfernungen
zu überbrücken, hat man capacitätsreiche Luftleiter von ausser-
ordentlicher Grösse aufgeführt, wie Sie sie hier in der Abbildung
einer grossen Marconistation (Fig. 350) vor sich sehen. Der
zweite Sender- und Empfangsdraht wird unterdrückt und durch
ein Ca pacitäts- Gegen gewicht ersetzt, das heisst einen
Leiter von gleicher Capacität, wie der Luftleiter. Als Gegen-
gewicht spannt man auf der Erde, doch von ihr isohert, ein
DigitizsdbyGOOgle
Funk«Dtelegraphie, 545
Drahtnetz von mehreren Quadratmetern Fläche aus. Früher
wurden statt dessen Funkenstrecke und Fritter an Erde gelegt.
Aber durch das Gegengewicht erreicht man eine schön
symmetrische Schaltung und vermeidet die Schwierigkeit, gute
Erde') zu finden oder die sonst häufig eintretenden Störungen
durch Luftelektricität.
Nun erlaubt unsere Anordnung noch keine Abstimmung,
weil die Wellen im Luftdraht zu stark gedampft sind. Ihre
Amplituden nehmen auch bei geringem Ohmschen Widerstände
der Leiter sehr schneit ab. Beim Sendedraht sieht man leicht,
dass daran die grossen Energiemengen Schuld sind, die er in
den elektrischen Wellen nach aussen abgeben muss und die
ihm nicht schnell genug nachgeliefert werden können. Die
stark gedämpten Drahtwellen vermögen dann ihrerseits nur kurze
Wellenstösse in den Raum auszusenden, und diese erregen in
dem Empfangsdraht auch nur schnell verklingende Wellen.
Hingegen dauern diese lange an, sobald ein lang andauernder
Zug freier Wellen der richtigen Länge den Empfangsdraht
trifft, gerade, wie man eine Schaukel am wirksamsten durch
eine Anzahl zur richtigen Zeit abgegebener, das heisst auf
die Schwingungsdauer der Schaukel abgestimmter, wenn auch
schwacher Stösse »in Schwung bringt«. Das ist ja der Sinn
der Resonanz.
Die somit vorliegende Aufgabe, im Geber wenig gedämpfte
Schwingungen zu erzeugen, kann nur gelöst werden, wenn die
in den Wellen nach aussen fortstrahlende elektrische Energie
immer schleunigst wieder ersetzt wird. Der Schwingungskreis
muss gehörig mit elektrischer Energie geladen und dazu seine
Capacität vergrössert werden. Hinter die Funkenstrecke werden
deshalb Condensatoren eingeschaltet. Verhältnismässig grosse
Elektricitatsmengen finden in diesen Platz und pendeln in dem
durch unsere Formel gegebenen Takte durch den Schwingungs-
kreis hin und her. Die Condensatoren vermindern nicht nur die
Dämpfung, das heisst die Abnahme der Amplitude der elektrischen
Schwingung, sondern vergrössern auch deren Anfangswert.
Sie verhelfen dazu, mit nahezu derselben und zwar grossen
Ij B«i Schiffen ist das noch am leichtesten. Sonst wirkt ein einige rmassen
belrlchüicher Widerstand der Erdung natOrlich stark dSmpfend. Das hat kOnlich den
englischen Versuch, im trockenen Sadafrika drahtlos zu telegraphieren, scheitern lassen.
DigitizsdbyGOO'^le
54S
Funkentel ^raphie.
Amplitude andauernde Draht- und somit kräftige und andauernde
freie Wellen zu erzeugen.
Es ist zweckmässig, den Sender noch weiter zu ver-
andern. Die beiden Aufgaben, die er bis jetzt gemeinsam
erfüllte: Erzeugung von Drahtwellen und Aussendung freier
Wellen werden an zwei verschiedene Schwingungskreise über-
tragen. Mit anderen Worten: Man entfernt den Luftdraht aus
dem Kreise, der die Schwingungen erzeugt, und übertragt auf
ihn die Drahtwellen durch Induktion.
So besteht jetzt der Geber, wenn Sie von der Unterteilung
der Funkenstrecke absehen, wie hier (Fig. 351) gezeichnet.
*5 u
Fig. 351. Prinzipielle Schaltung.
aus zwei elektrisch getrennten, elektromagnetisch gekuppelten
Kreisen. Kreis la erzeugt wenig gedämpfte Drahtwellen, das
heisst solche mit nur langsam abnehmender Amplitude. Diese
werden von Kreis la, wie aus einer Vorratskammer, fortgesetzt
DigitizsdbyGOOgle
Funkentelegraphie, 547
durch Induktion auf Ib übertragen, so dass der Luftdraht
andauernd freie Wellen aussenden kann.
Wenn möglich, wird man bestrebt sein, diese Induktion
mit einer Spannungserhöhung der Welle zu verknüpfen. Denn
der Fritter verlangt zum kraftigen Ansprechen möglichst hohe
Spannungen. Auch vertragt er nur kleine Ströme. Man wird
deshalb geneigt sein, die Windungszahlen so zu bemessen, dass
die Amplitude der Spannungsschwingung herauftransformiert
wird.
Nun versteht es sich, dass beide Kreise') nur dann wirkungs-
voll arbeiten, wenn sie dieselbe Eigenschwingung besitzen.
Für beide muss das Produkt L C auf den gleichen Wert ab-
gestimmt sein. Im Kreise la machen die Condensatoren den
Faktor C des Produktes LC gross. L muss daher entsprechend
klein sein, wenn T, die Dauer einer Schwingung und damit /,
die Wellenlange nicht unangemessen gross werden sollen. Die
Selbstinduktion des Kreises la ist deshalb klein zu halten.
Auch zu diesem Zweck hat mithin die primäre Transformator-
spule wenig Windungen und der Transformator kein Eisen.
Anders im Kreise Ib. Seine Selbstinduktion muss gross sein,
weil die Capacität des Luftdrahtes und die gleiche des Gegen-
gewichtes klein ist. Der Transformator hat secundär auch dem
Produkt LC zu Liebe eine beträchtliche Windungszahl.
Ahnliche Erwägungen, wie sie zum Einschalten einer
Capacität hinter die Funkenstrecke und zur Zerlegung des
Gebers in zwei elektromagnetisch lose gekuppelte Kreise fiihren,
sind nun ebenfalls für den Empfänger anzustellen. Auch er
wird in zwei Kreise: IIa den Luftdrahtkreis und IIb den Fritter-
kreis gespalten, die durch einen Transformator ohne Eisen ver-
knüpft sind. Hier trifft abermals der Wunsch einer weiteren
Erhöhung der Spannungsamplitude mit den Anforderungen des
Produktes LC glücklich zusammen. Der Empfänger ist nicht
etwa ein Spiegelbild des Gebers. Vielmehr liegt die grössere
Capacität auch bei ihm im Primärkreise (IIa), weil dieser dadurch
von aussen zu möglichst ungedämpftem Schwingen angeregt
werden soll. Zur Herstellung des alten Wertes von L C hat
*) Hrh slossc sich nicht daran, dass Ib, ebenso wie nachher Ha, auch als
Schwingungskreis bezeichnet isL Sie sind gcwisseroiassen dielektrisch durch Luft
geschlossen.
„Coogic
548 Funkentelegraphie.
dann IIa eine 'kleine Selbstinduktion, IIb eine grosse. Es sind so
— vom primären Ruhmkorfif abgesehen — alle vier Schwingungs-
kreise auf dasselbe T abgestimmt:
T,a = Tn = Tna = T,a weil
Jjia Cit ^= X/& Cth ^ Lila Ciia = Liit Ciif
Bei einer früheren Gelegenheit war von der Streuung
der Kraftlinien die Rede. Ein Transformator hat eine grosse
Streuung, wenn die vom Strome in der einen Wicklung
erzeugten Kraftlinien sich in beträchtlicher Anzahl durch die
Luft schliessen, ohne vorher die Windungen {oder die um-
wundene Fläche) der anderen Spule zu schneiden. Diese Kraft-
linien sind insofern technisch verloren, als sie an der Arbeits-
übertragung von einer Spule zur anderen keinen Anteil nehmen.
Trotzdem müssen, wie wir damals {S. 241) sagten, ftlr diese
Streulinien natürlich ebenso gute Amperewindungen aufgewandt
werden, wie für die nützlich thätigen Kraftlinien. Der hierin
begründete Verlust an Stromwärme in der Wicklung ist für die
Streulinien nicht geringer, als für die Nutzlinien. Aber wenn
sie nicht induzieren, weil sie eben keine fremden Windungen
schneiden, so geben sie auch keine Induktionsarbeit aus. Ihre
Erzeugung bedeutet keine grosse Verschwendung.
Das hat filr die Funkentelegraphie Bedeutung. Denn bei
ihren Transformatoren zwingt, wie Sie schon hörten, kein Eisen
durch seine hohe Permeabilität die Kraftlinien in den vor-
geschriebenen Weg. Diese streuen daher in sehr viel grösserer
Anzahl als bei den gewöhnlichen, Eisenkemhaltigen Trans-
formatoren. Beim Geber sowohl, wie beim Empfänger sind
beide Schwingungskreise mit einander nur lose elektro-
magnetisch gekuppelt. Dadurch wird allerdings die aus
einer Transformatorspule in die andere Übertragene Leistung
verkleinert. Denn die induzierte Spannung ist ja der Kraft-
linienänderung proportional, bei weniger sich in gleichem Takte
ändernder Kraftlinien also kleiner. Aber, und das ist das
Geheimnis der losen Kupplung, sie macht die Abstimmung
schärfer. Folgende einfache Überlegung wird Ihnen das
bestätigen.
DigitizsdbyGOOgle
Funkenlelegraphie. 549
Die Wicklungen eines Transformators seien ziemlich eng
gekuppelt. Die secundare- habe, so sei gemessen worden, eine
Selbstinduktion von L Einheiten. Wahrend der Messung waren
die Klemmen dieser secundären Wicklung oflfen. Im Betriebe
hingegen fliesst durch sie ein Induktionsstrom. Der bildet
natürlich um sich herum auch Kraftlinien, die zum grösseren
Teile nun rückwärts die primäre Spule schneiden. Deren
Selbstinduktion fügt sich eine Fremdinduktion hinzu. Mag dann
auch jede von beiden Wicklungen für sich allein das richtige
L C und damit das verlangte T besitzen, die Rückwirkung der
secundären Schwingungen lässt verwickelte Erscheinungen ein-
treten. Durch das gemeinsame elektrische Erklingen beider
eng benachbarter Kreise geht die scharfe Abstimmung verloren.
Um diese zu erhalten, ist es notwendig, beide Wicklungen beim
Geber ebenso, wie beim Empfänger, lose zu kuppeln. Schneiden
zum Beispiel von den in der einen Spule erzeugten Kraftlinien
nur 10 ^/o die Windungen der anderen Spule, so würden die
primären Kraftlinien nur von 1 "/o') solcher aus der secundären
Spule rückwirkender gestört werden. Diese Abbildung eines
Empfangstransformators (in Fig. 359 auf S. 537 auf der Konsole
links) zeigt Ihnen, dass man die weiter gewickelte, secundare
Spule aus der Windungsebene der enger gewickelten, primären-
ganz herausschieben und so die ohnehin schon lose Kupplung
beider noch weiter lockern kann.
Wir haben nun kurz auf die wichtige Frage einzugehen,
inwieweit die Abstimmung der Wellenlänge die Funken-
telegramme vor Abgefangenwerden und Störung schützt. Im
Frieden wird sich das im allgemeinen erreichen lassen, weniger
im Kriege. Hier ist es für einen Gegner nicht schwer, wenn
er die Wellenlänge nicht schon kennt, sie durch Messung oder
schlimmsten Falles durch Probieren zu ermitteln und seine
Apparate auch auf sie einzustellen. Er kann dann abfangen,
was ihm aber bei chiffrierten Depeschen nur nützen wird,
wenn er im Besitze des ChifFreschlüssels ist. Einen Schutz
dagegen bilden schnelle Veränderungen der Wellenlänge, auf
'( Genauer betrachtet ist das allerdings nur bei einem Trans formBlor mit dem
Umsetiungsverhaltnia 1 : 1 der Fall. Bei Heran ftransrormation wird secundir der
Strom und damit die Kraltlinieniabl und damit die störende Rückwirkung auf den
PrimBrkreis im Verhältnis n,.'no verkleinert.
DigitizsdbyGOOgle
550 Funhenlelegraphic.
die die befreundeten Ämter eingeübt sein müssen, so dass der
Gegner nicht mitkommt. Schnelle Langenänderung schützt auch
vor Störung — einschliesslich absichtlich falscher Meldungen —
durch den Gegner, denn gegen genügend kräftige Wellen
der richtigen Länge ist kein Empfänger immun. Ein benach-
barter Gegner wird sogar durch Wellen fremder Länge stören
können, wenn er über einen hervorragend kräftigen Sender
verfügt.
Es gibt nämlich in der Funkentelegraphie ein Gesetz, das
äusserlich Ähnlichkeit mit dem Gesetz der Massenwirkung
aufweist, von dem die chemischen Vorgänge beherrscht werden,
und das ich das Gesetz der funkentelegraphischen
Massenwirkung nennen möchte. Ob nämlich zwischen zwei
Stoffen eine chemische Umsetzung stattfindet oder nicht, wird
nicht nur von ihrer chemischen Natur bedingt, sondern ebenso
von der Menge, in der beide Stoffe aufeinander treffen. Ob
ein funkentelegraphischer Empfänger auf andere Wellenlängen,
als auf die er abgestimmt ist, anspricht, hängt von der Ampli-
tude dieser Wellen, gleichsam von ihrer Masse, ihrer Concen-
tration ab. Wellen von einem benachbarten kräftigen Sender
werden sich auch bei recht verschiedener Länge noch
bemerkbar machen.
Wollen Sie nun bitte Ihre Aufmerksamkeit den Apparaten
zuwenden , wie sie die technische Funkentelegraphie ') aus-
gebildet hat. Jeder Apparatesatz vereinigt natürlich Geber
und Empfänger in sich, gerade wie bei der Stromtelegraphie.
Was zunächst die Stromquelle anbetrifft, so wird der
Ruhmkorff nur für kleine Leistungen bis etwa 350 Watt, das
ist filr ein Geben auf etwa 150 km Entfernung mit Gleichstrom
gespeist und sein Primärstrom mit einem Wagnerschen Hammer
') Dabei halten wir uns an die Fabrikate der Gesellschaft fOr Drahtlose
Telegraphie Berlin, schon weil diese in der conslructivcn Durchbildung augen-
scheinlich hervorragendes geleistet hal. Die alten schwerßlligen und gebrechlichen
Apparate der physikalischen Cabinelte sind modern, gebrauchsfähig und srhOn
geworden. Bei dieser Gelegenheil sei Übrigens bemerkt, dass im Rahmen unserer
zusammenrassenden Vorlesungen natQrlich nicht aufdie zahlreichen runkenlelegraphiscben
'Systeme' eingegangen werden kann. Zu eingehenderem Studium des Gebietes.
namentlich nach der physikalischen Seile hin, ist Zenneck* neues umrangreicfaes
Buch geeignet. Doch ist dazu physikalisch- mathematische Schulung, wenn auch
keine Kenntnis der höheren Mathematik erforderlich.
D,„i,.,db,Google
Funkentelegraphie. 551
unterbrochen. Von anderen Unterbrecherformen abgesehen,
benutzt man ftlr grössere Leistungen und Entfernungen zweck-
mässig kleine Motorgeneratoren oder Umformer, Jetzt treibt
aber umgekehrt, wie bei den zur Ladung von Sammlern aus
Wechselstromnetzen verwendeten Maschinen (Fig. 201 auf S. 309),
natürlich der Gleichstrom an, und erzeugt wird Wechselstrom.
Dabei ist eine Einrichtung getroffen, die den Motor dann an-
laufen lässt, wenn das Amt seinen Apparat von Empfangen auf
Geben umstellt. Die entgegengesetzte Umschaltung setzt den
Motor wieder stiU. Für militärische Verwendung, besonders
durch Patrouillen, wird neuerdings auch ein kleiner Generator
auf einem Fahrradgestell durch Treten angelrieben (Fig. 352).
Fig. 352. Trelgeneralor für Palrouillcn.
Der Kreis, der die Stromquelle und die primäre Wicklung
des Ruhmkorff, bei Gleichstrom ausserdem den Unterbrecher
enthält, bekommt als Schlussstück die Taste, die die Wellen-
züge die Morsezeichen nachbilden heisst. Es kann kein Zweifel
darüber sein, dass sie in den Niederspannungskreis des Ruhm-
korff" gelegt werden muss. Aber auch dann kann der öfFnungs-
funken noch die Platincontakte der Taste verbrennen und
durch die mit ihm verknüpfte Verlängerung des Stromflusses
DigitizsdbyGOOgle
552 Funkentelegraphie.
das Geben unnütz verlangsamen. Um deshalb den Öffnungs-
funken zu vermeiden, unterbricht man den Stromkreis gerade
in einem der Augenblicke, in denen der speisende Strom —
sei es unterbrochener Gleichstrom, sei es Wechselstrom — einen
Nullwert durchläuft. Das wird durch folgende Anordnung
erreicht (Fig. 353). Der obere Stift des Arbeitscontaktes wird
— ' Stromquflle--.
— Xahnfior^—^
Fig. 353, Funkentelegraphischc Taste.
vom Tastenhebel getrennt und an einer besonderen diesem
Hebel untergeklemmten Blattfeder befestigt. Die Blattfeder
trägt hinter dem Contaktstift einen Eisenanker, dem unten eine
Magnetwicklung mit Eisenkern gegenübersteht. Die Wicklung
ist mit in den zu unterbrechenden Strom geschaltet. Wenn
nun auch beim Geben die Hand des Beamten auf den Tasten-
hebel zu drücken aufhört und der Tastenhebel hochklappt, so
hält trotzdem die Blattfeder den Contakt noch solange ge-
schlossen, bis mit dem Nullwert des Stromes die Kraftlinien
erlöschen und der Eisenanker abschnellen kann. Die gebende
Hand schÜesst zwar den Contakt. Sie öffnet ihn aber nicht,
sondern erlaubt nur, dass er geöffnet wird, sobald der Strom
zu Null geworden. So wird der Öffnungsfunke vermieden.
Besonders hübsch sind, auch die Condensatoren gebaut.
(Fig. 354 und Fig. 359 rechts.) Es sind Leydener Flaschen
von der Form ^) grosser Reagenzgläser und, wie jene, auf
Gestellen in leicht veränderlicher Anzahl gruppiert.
Unterteilte Funkenstrecke, Leydener Batterie und Selbst-
induktion sind zu einem solchen Geber vereinigt (Fig. 355),
Oben liegt die Funkenstrecke (Fig. 356) zur Dämpfung des
') Vermutlich wird diese die alle Form auch sonst verdrEngen.
D,„i,.,db,Google
Funkentelegraphie. 553
Geräusches in einen Kasten eingebaut, aber durch ein Fenster
sichtbar. Aussen sehen Sie die Selbstinduktion und, wie von
ihr mehr oder weniger Windungen sprungweise durch Stöpsel ')
eingeschaltet werden können. Die Lange der ausgesandten
Wellen ändert sich dadurch in den ungefähren Grenzen hundert
bis tausend Meter.
Fig. 354. Leydener Flaschen.
An dem Empfangsapparate (Fig. 357) sehen Sie vorn den
Farbschreiber, links oben das Siemenssche Relais und rechts
daneben den Fritter. Der schwarze Schalter ist zum Empfang
') Mm würde Schi ei tcon takte vorliehen, wenn sie nicht leicht durch Obergangs-
widerstftnde die Dämpfung des Schwingungshreises vermehrten.
D,„i,.,db,Google
554 FunkenWlegraphie.
niedergelegt.') Für das eigene Geben wird er hochgeklappt
und schliesst dadurch den Primärkreis des RuhmkorflF, natürlich
mit Ausnahme der Taste, oder lasst den Umformer oder Motor-
Fig. 356. Unterteilte Funkenstrecke.
Fig. 355. Geber für SetiilTsämler.
■l Beim Morse - Slrombclrieb wird die entsprechende Unischaltung, wie Sie
wissen, mit der Taste besor^I. Dort liegt diese ja immer an der Leitung und
ausserdem, je nith ihrer Stelhme, an der gebenden Batterie oder dem empfangenden
Relais. Beim Funkenbetrieb muss die l^astc aber in den PrimBrkreis des Ruhmkorfls,
und daher ist die besondere Umschaltung notwendig. Hier i(t auch nicht so grosse
Eile von nölen.
DigitizsdbyGOOgle
Funken telFgraphie. 555
generator anlaufen. Ausserdem löst er beim Hochklappen die
Empfangsschaltung vom Luftdraht und unterbricht sie an einer
ganzen Reihe von Stellen. In der Stromlaufsskizze (Fig. 358)
sind diese Unterbrechungsstellen durch kleine Kreuze bezeichnet.
Obgleich thatsächiich von einem Hebel bedient, erscheinen sie
hier der einfacheren Zeichnung halber getrennt
Fig. 351. Eniprangsapparat.
Die Skizze zeigt des Weiteren die aus wenig Windungen
bestehende primäre Wicklung des Transformators, an ihrem
einen Ende den Luftdraht, am anderen den Condensator
veränderlicher Capacität und das Gegengewicht. In loser
Kupplung wird die windungsreiche secundäre Spule L erregt.
DigitizsdbyGOOgle
558
Funkcntclegraph ie.
Sie bildet mit dem Fritter und dem Condensator C den früher
als IIb bezeichneten Schwingungskreis. Von denFritterklemmen,
genauer von der rechten Klemme des Fritters und der oberen
— der secundaren Transformatorwicklung zweigt sich der
primäre Kreis des Relais H ab. Er enthalt neben dem (in der
Fussnote v, S. 530 erwähnten) Klöppelunterbrecher und einem
Fig. 358. Empfangssrhaitung.
Schutzwiderstand von einigen Tausend Ohm als wesentlich
Fritter, primäre Relaiswicklung und Fritterelement. An den
secundaren Relaisklemmen liegen dann, von dem von ihr
betatig^ten Klöppel getrennt angegeben, die Klöppelspule Kl
und der Farbschreiber M, beide einander parallel und von
derselben Batterie gespeist.
Es sei noch erwähnt, dass man (in Fig. 358 nicht gezeichnet)
dem Fritter einen Condensator parallel legt, damit die Capacitat
des Kreises, unabhängig von dem wechselnden Fritterzustand,
einen unveränderlichen Wert behält. Für den Gleichstrom des
Fritterelementes ist der parallele Condensator natürlich praktisch
nicht vorhanden. Die Berliner Gesellschaft pflegt ihre Apparate
jetzt für den doppelten Empfang mit Fritter und mit elektro-
lytischer Zelle einzurichten, sodass das Telegramm gleichzeitig
ertönt und niedergeschrieben wird. Dabei eignet sich die Zelle
DigitizsdbyGOOgle
Funk entelegraph ic .
D,„i,.,db,Google
558 Funkentelegraphie.
besonders gut zur schnellen Einstellung auf die richtige Wellen-
länge. Auch der" Zelle liegt ein Condensator parallel, aber
mit anderem Zweck, als beim Fritter. Die Zelle würde mit
ihrem beträchtlichen Ohmschen Widerstände, wie eine schlechte
Erde, den Schwingungskreis dämpfen, was durch den ihr
parallelen Condensator verhindert wird.
Neuerdings hat man übrigens Geber -und Empfänger, zu
einem Ganzen vereinigt, in und auf einem Schreibtisch-artigen
Aufbau untergebracht. Nur der RuhmkorfF bleibt an der Wand.
Hier sehen Sie noch das Funkenamt Scheveningen (Fig. 359)
und die in unserem Heere eingeführten zweiteiligen Funken-
wagen (Fig. 360), abgeprotzt und bei der Arbeit auf eine durch-
schnittliche Entfernung von vierzig bis fünfzig Kilometer. Links
steht der Hinterwagen, in ihm Ruhmkorff und Leydener Batterie
sichtbar, rechts der Vorderwagen mit dem Empfangsapparat.
Den Luftdraht führte man früher durch Wasserstoffballon oder
Drachen hoch. Jetzt wird dazu eine Eisenkonstruktion, in
Verbindung mit dem Tretgenerator sogar nur ein auf etwa
15 m auseinander schiebbares Magnaliumrohr verwendet.
Zum Schluss möchte ich noch einige Worte über die Ver-
wendung der Funkentelegraphie hinzufügen. Man wird niemals
dort drahtlos telegraphieren, wo man zuverlässiger und schneller,
geheim und ohne die Möglichkeit, durch fremde Zeichen gestört
zu werden, über einen Draht oder ein Kabel geben kann.
Es bleiben demnach die Fälle übrig, in denen Geber und
Empfänger ihre gegenseitige Entfernung ändern oder ein
zwischen ihnen liegendes Hindernis oder Mangel an Zeit die
Herstellung von Leitungen verbietet. Im Frieden verkehren
Funkentelegramme hauptsächlich über See. Zwischen Schiffen
unter einander und zwischen Schiffen und Küsten oder Inseln
tragen sie Nachrichten, warnen besonders vor Gefahr. Im
Kriege geben sie Meldungen aufklärender Schiffe oder Kavallerie
zurück und vermeiden dabei Zeitverlust und Aufgabe der
Beobachtung, die mit dem früher notwendigen Rückmarsch
verknüpft waren. Zu Wasser und zu Lande tragen sie auch
bei Nacht und Nebel Befehle des Führers und Besprechungen
mit den Unterführern und ermöglichen damit erst, die Leitung
der heutigen Flotten und Riesenheere in einer Hand zusammen-
zufassen.
DigitizsdbyGOOgle
Funkentelegraphie. 559
So scheint die Funkentelegraphie, wie der ältere Funke
des Feuers, erhaltend und zerstörend zugleich, zunächst für
den Krieg grössere Bedeutung, als für den Frieden zu haben.
Aber sie vermehrt die Waffenrüstung und damit die Besorgnis
■der Gegner und hilft so vielleicht mittelbar den Abschnitt
friedlicher Kultur zu verlängern, dem sie ihr Dasein verdankt.
DigitizsdbyGOOgle
560 Funken lelegraphie.
Hiermit sind wir am Ende unserer Vorlesungen angelangt.
Ob Sie das Gelernte in Ihrem Berufe fördert oder nicht, mit
gleicher Ausdauer sind Sie mir Vorlesung auf Vorlesung über
das ganze grosse Gebiet gefolgt. Haben Sie dafür freundlichen
Dank. Sei nun mehr die That oder mehr das Denken Ihr
Mutier, Sie werden sich aufs Neue von der heute manchmal
vergessenen Wahrheit überzeugt haben, dass trotz aller Jagd
nach Erfolg und allem Schein und aller Selbstanpreisung jedes
einzelnen, der Nationen und der Menschheit wahrer Fortschritt
in dem Treiben einer Sache um ihrer selbst willen und im
liebevollen, gründlichen Versenken in sie liegt. Das ist es
auch, was mir immer als im vornehmsten Sinne deutsch
gegolten hat.
DigitizsdbyGOOgle
Register.
StUt
Abkitungselektrode 129
Ablenkende Kraft 48
Ablenkung einer Magnetnadel . 45
Ablenkung eines Stromföhren-
den Leiters 47
Abschmelzsicherungen .... 32
Abstimmung 543-550
Abstossung von Kraftlinien . . 56
■Spulen 55
•Stromleitern 55
Aether 518
Akkumulatoren .... 175—203
Akkum. F. A. G. . . 185. 203
Aräometer 192
Bahnpost beleuch tu ng . . . 183
Boesesche Platte .... 182
Chemie, Constanten Be-
triebsvorschriften . 185-203
Entladung 178
Fauresches Verfahren . . 180
Formierung 180
Gewebte Platte .... 185
Gitterplatlen 182
Gülchersche Platte ... 183
Hagener Platte 184
Innerer Wdstd. . . 199. 303. 382
Ladung. . - . 178.307-311
Masseplatten 183
Plantesehes Verfahren . . 180
Prinzip 175-179
Pollaksehe Platte .... 179
Rahmenplatte 182
Technische Ausführung 179—186
Im Telegraphenbetr. . 303—31 1
Aktive Masse 182
Amal^amiertes Zink .... 145
Amerikanische Morsezeichen 231
Amerikanischer Ruhestrom . . 323
Amerikanisches Element ... 154
Ampere 15. 18
Definition nach dem Reichs-
gesetz 130
Amfwremetcr =^ Stromzeiger
oder Strommesser 20. 48. 129
AmpfirescIieSchwrimmregel 46. 48.267
Amplitude 206
Antennen 524
Antrieb des Hughes .... 350
Anziehung von Kraßlinien . . 56
Anziehung von Spulen ... 55
■Stromleitern 55
Amp&resches Gestell .... 47
Amperestunden 19
Amperesekunde 19
Amperewindungen .... 48. 239
Anker 34
des Farbschreibers . . . 238
des Hughes 349
des Hughesmotors . . . 351
des Klopfers 259
des Magnetinduktors . . . 494
Ankerachse des Hughes . . . 352
Ankerinduktion ...... 67
Anode 123
Antennen 522. 544
Aperiodisches Galvanoskop 115. i:^
Apparatfarbe 255
Apparatetisch 270. 323
Aräometer 192
Arbeit 22
Arbeitsquelle der galvanischen
Elemente 158
Arbeitsstrom
Batterie beanspruch« ng , . 315
Betriebseigenschaften . . 322
Capacität d. Kreises ... 374
Schaltregel . . . . 314, 392
Schaltungen 263. 313 Tafel 1. 324
Schreibhebel 246
I Taste 324
I Arbeitaobertragung . . 29. 83. 274
I Argentinische Telegraph enver-
I waltung 255
j D'Arsonval 478
I Asphalt 375
Astasie 408
I Asynchron .... 402 Fussnote
I Aufnahmen von Telegraphier-
strömen 370
I Au fspeicherungs vermögen . . 185
, Ausbie^ng 206
' Ausbreitungswid erstand . . . 441
Ausgleichswiderstände ^272. 298. 326
Auslösung der Druckachse
Fig. 235 auf S. 349
Auslösehebel Fig. 235 auf S. 349. 353
Ausschalter 10
I Automat 512
36
DigitizsdbyGOO'^le
562
Sdle
Automatische Zeichengebung
331. 332. 406
Azoren 417
Bahnpostbeleuchtung .... 183
Bahnströme.
Grösse 16
Störung durch — . . . . 465
Ballonelement 161
Batteriebeanspruchung . . . 299
Batteriebemessung 314
-beim Differential - Gegen-
sprechen . . 430 Fussnote
Bandotprinzip 421
Beanspruchung einer Tele-
graphierbatterie 299
Berlin 16. 186. 339. 368. 475 Fussnote
Berliner Elektricitäts-Werke . 24
Berliner Strassen bahn wagen 16. 198
Berlin -Magdeburg 17
Berlinersches Mikrophon . 483. 224
Bernstein 86
Besteigung des Faulhorns . . 22
Betriebseigenschaften von Ar-
beits- und Ruhestrom . . . 322
Bifilare Wicklung 75. 427 Fussnote
Bismarck 475
Bittersalz 162
Blanktasten 342, 355
Bteiacetat 121
Bleibaum 121
Bleiglätle V . . 180
Bleimantel 375. 470
Bleisulfat 195
Bleisuperoxyd 178
Blitz 97. 274
Blitzableiter.
Gebäude- 97
Telegraphische- 274. 323 Fussnote
Telephon! sc he- 485
Börsendrucker 368
Boesesche Platte 182
Bobines Godfroy 398
Braunstein 163
Breisig 401. 473
Bremerhafen 368
Bremsregulator 357
Bronzedraht .... 18. 28. 463
Brown 418
Brück engegensprechen , 431—434
Brückengesetz 432
Brückenschaltung 431
Buchstabenweiss .... 343. 355
Fig. 243 auf 356
Callaudisches Element .... 151
Calorie 22
Canso-Waterwille ... 403. 417
SdM
Capacität (electrochemische) 185. 305
Capacitat (electro statische) 100. 102
telegraphisch 371
telephonisch 468
von Leydener Flaschen 103
von Telegraphen kabeln 375
von Fernsprech kabeln . . 468
Capacitatsg^nge wicht . . . 544
Chatterton Compound .... 375
Chemische Stromerzeugung 135—174
C hemisch eStr omspei cherungI75 — 203
Chemische Stromwirkung 119—134
Chemnitz 515
ChlomatriumlOsung 133
Chromsäureelement 149
Code 295
Coercitivkraft 39. 61
Coharer (= Fritter) , . . 521. 530
Compounddraht 464
Condensator 98—111
am Ruhmkorff 79
Condensatorabschluss .... 403
Condensator-RQckstand 99. 110. 116
Consonanten 228
Contakthebel 347
Contaktschlitten .,..,. 345
Contaktstifle des Hughes 344. 347
Fussnote
Constante Elemente . . 149—167
Contaktkammer 481
Correctionsdaumen . . . 360. 364
Correlttionsrad 355. Fig. 243 auf 356
Coulomb 18
Coulorobsches Gesetz
magnetisches 3b
statisches 88
CW ... 385- 403. 417. 468. 471
Dampfung .... 228. 481. 533
Dampfungsruder .... 408. 411
D'Arsonval 478
Dauer des Hughesstromes . . 364
Dauermagnet 37
Deklination 34
Depolarisation 148
Deutsches Relais . 283. 403 Fussn.
Dielektricitatsconstante ... 106
Dielektrikum 106
Differentialgalvanoskop . . . 424
Differential-Ge^ensprechen 423-431
DifTerentialretais 424
Diplexbetrieb 423
Dissociation der Elektrolyte . 133
Dolezalek ... 194. 470. 473. 474
Doppeldraht 464
Doppelglocke 313
Doppelfeitung 464
Doppelsprechen 423
DigitizsdbyGOOgle
satt
Doppel-T-Anker 496
Doppeltaste 406
Drahtlose Telegraphie 517-559. 520
Drehspule 41 1
Dosenrelais , . . . 289 Fussnote
Dreiecksschrank 516
Dreifingerhebel 357
Drei Hughesleitungen an einer
Battene 365. 298
Druckfehler 573-576
Druckachse 353
Druckdaumen 354. 360
Druckhebel 354
Duplexbetrieb 423-434
Durchmesser von Telegraphen-
leitungen 312
Dynamomaschinen als telegr.
Stromquelle 311
Ebeling 470. 473. 474
Eigenton 225. 538. 547
Eisenbahntelegraphie . . . . 317
Eisendraht .... 17. 312. 462
Eisenfeile 33
Elektricial Rover Storage Co. . 305
Eleklrician . . 417. 485 Fussnoten
Elektricitätsmenge . . 3. 18. 130
Elektricitälswerk 2. 307
Elektrische Arbeit .... 23. 24
Elektrische Auslösung desHughes 347
Elektrische Ladung .... 87
Elektrische Lei stur) g .... 23
Elektrische Leitfähigkeit ... 3
Elektrischer Funken . 77. 92. 520
Elektrischer Strom .... 1 — 14
Elektrischer Widerstand ... 5
Elektrische Schirmwirkung . . 90
Elektrische Spannung .... 2
Elektrisches Wärmeäquivalent 22. 27
Elektr. Warmewirkung 2. 25—32, 71
Elektrische Wellen . . - 519-528
Elektrischwerdendureh Reibung 87
— durch Influenz .... 90
Elektrisiermaschinen . . .91. 414
Elektrochemie 119-203
Elektrochemisches Aequivalent 132
Elektrode 123
Elektrodj'namik 55
Elektrolyse 123-134
von Bleiacetat 121
von Kupfersulfat . . 120. 124
von verd. Schwefels. 125. 175. 178
von Natriumsulfat unter
Lackmuszusatz .... 128
Elektrolyte 123. 133
Elektrolytische Dissociation . . 133
Elektrolyt. Galvanometer . 137. 178
Elektrolytische Zelle .... 532
Seite
Elektromagnet 48
des Farbschreibers . . - 235
des Hughes 348
Elektromagnetismus . . . 45—64
Elektromotorische Gegenkraft 82. 148
Elektromotorische Kraft ... 3
Berechnung bei galvanischen
Elementen 159
Elektron 132
Elektroskop 89. 95. 1 12
Elektrostatik 86-118
Elektrostasische Influenz ... 90
Elektrostatisches Grundgesetz . 88
Elektrotechnische ZeitscTirift . 440
Fussnote
Elementarmagnete 38
Elemente 135-174
Elementenschaltung 168
Elementenschrank 297
Emden-New York 417
Empfindlichkeit eines Galvano-
409
437
— eines Telepht
Endamter ou
Endstelle 313
Arbeitsstrom. . 324. Fig. 210
Arbeitsstrom mit Relais . 325
Fig. 211
Ruhestrom . . 329. Fig. 215
Energie ""
Englisches ArSometer
— Telephongehäuse
^ Walzenmikrophon
Engl. Schaltung paralleler Leitung 298
Entfrittung .... 521. 524. 529
530 Fussnote. 556
Entkupferung 124. 152
Entia deStrom eines Conden-
sators 116. 371. 377
Entladung von Akkumulatoren 178
Erdrückleitung .... 117. 464
Erdschluss 305
Erfurt-Fulda 320
Erfurt-Giessen 321
Erhaltung der Energie 22. 26. 69. 70
85. 158. 443. 460. 493
Erhöhung der Telegraphier-
geschwindigkeit 260. 331. 335. 392
Ernolen der Spannung . . - 187
Fabrikation der Mikrophonkohle 448
Farad 102
Faradaysches Gesetz .... 128
Faradaysches Rouleau .... 94
Farbschreiber 235-256
Ampere Windungen . . . 239
Anker 238
„Coogic
564
Sdte
Anziehung 241
Auslösung 250
Einstellung 244
Elektromagnet . . . 235—245
Farbkasten 254
Farbrad 245
Feder 250
Französischer- 256
Funkentelegraphischer . . 554
Hebel 245
Hemmung 250
Kerne 238. 245
Magnet 235-245
Papier 253
Polarisierter- 331
Schublade 253
Selbstauslösung 251
Spulen 235-244
Streuung 241
Taste .... 256. 322. 324 j
Übertragung . 295. 321 jNo. 5| I
Uhrwerk 247
Windfang 248
Fassungsvermögen 185
Faulhorn 22 '
Faure 180 !
Faustregel über Batteriebemes-
sung 314 I
Feinsicherung 486
Feldstärke 42 I
Ferndrucker 367 i
Femdruckeramt 368 i
Fernhörer 438 i
Fernsprech-Amt .... 514—518 '
■Automat 512 '
-Blitzableiter 485 :
-Draht 32. 462
-Gehäuse 501-511 ,
-Gehilfinnen .... 219. 452 '
■Kabel 467
■Kabine 228
-Klinke 516 ,
■Leitung 462
■Schaltung, Princip . . . 461 1
■Sicherungen 485
-Stöpsel 516
Femsprecher . . . 438 Fussnole '
Nachteile des Fernsprechers 367 |
Ferraris 112
Festigkeit 463 ,
Figurenwechsel .... 343. 355 ,
Fifm 333 ,
Fleisch ersches Element ... 163
Formierung 180 I
Fortissimo 219 |
Franke 370. 377. 381. 384. 3&5. 400 ■
Frankfurter Ausstellung , , 16. 261 I
Seite
Franklinsche Tafel 101
Französischer Farbschreiber . 256
Französisches Mikrophon . . 480
Freie Schwingung , 225. 538. 547
Freileitungen . . 278. 312. 318. 463
Frictionsrad 356
Fritter 521. 530
Fritter mit Keilspalt .... 531
Fulda 329 (No. 7|
Fulda-Erfurt 320
Fünf Morse 1 ei tungen an einer
Batterie 299
Funken 77. 92. 520
Funkenamt Scheveningen . . 557
Funkendiagramm 93
Funken Induktor 76
Funken Spannungen .... 16. 537
Funkensireeke .... 92, 536. 554
Funkentelegraphie . . , 517—559
Abfangen 543. 549
Abstimmung .... 543—550
Amt Scheveningen . . , 557
Antennen 522. 544
Anwendung 558
Apparate 550—558
Dampfung 533-537
Elektrolytische Zelle ... 532
Empfänger 554
EntlVittung . - 521. 524. 529
530 Fussnote. 556
Fritter 521. 530
Funkenstrecke . . . 536. 554
Geber 553
Gegengewicht 544
Gesellschaft für drahtlose
Telegraphie 550 Fussnote
Hertzsche Versuche . 523—528
Inaktiver Funken .... 536
Kupplung 546-549
Leydener Flaschen . . . 553
Marconistation 544
Namen 520
Resonanz 538—542
Schaltungen .... 546. 556
Stören 543. 549
Stromquelle 550
Systeme . . . 550 Fussnote
Taste 551
Tretgenerator Kl
Wellenzeiger . . . 521. 530
Funkenwagen 558
Funkenwiderstand 536
Forst Bismarck 475
Oalvanische Elemente . . 135 — 174
Galvanometrischer Empfang . 407
Galvanoskop 65
DigitizsdbyGOOgle
Seite I
Calvanoskvp, aperiodisches 115. 135 i
telegraphisches266. 412Fussnote
Gasmotor 310 |
Gassnersches Trockenelement . 166 ;
Gedämpfte Schwingung . . 93. 229 I
Gedämpftes Galvanoskop . 115. 135
Gefährlichkeit der Elektricität . 16 |
Gegenspannung ... 73. 148. 444 i
Gegengewicht 544
Gegensprechen .... 423-434
Gehäuse 501-511
Gekrümmter Finger .... 354
Generat Post Office . 294. 305. 480
Geräusch 218
Geschwindigkeit elektrischer
Wellen 520
— des Farbschreiberpapiers , 253
— von Wellen 209
— von Lichtwellen .... 519
Gesellschaft für Drahtlose Tele-
graphie 550 Fussnote
Gewebte Platte 185
Gewichtsantrieb 350
Gewitter 97 |
Gewöhnliches Relais .... 282 '
Giessen-Erfurt 321 1
Gilterplatten 182 ,
Glaswolle 185 ^
Gleichheitszeichen bei Hughes- j
telegrammen 343 Fussnote I
Gleichstromgenerator .... 309 ,
Gleichstrommotor des Hughes 351 |
Godfroy 398 '
Gower 479 I
Graphische Darstellung . , 12 |
Gravity cell 151 i
Grobsicherung 486 i
Gflicher 185 I
Günstigste Windungszahl von 1
Spulen 242 '
Guttapercha 4. 375 ,
Haarwood -Schaltung ... 434
Hagener Platten 184 i
Haicenumsch alter 501
Handapparate 509 '
Hanf 375
Hartblei 182 .
Hauptleitungen 312 !
Haupttelegraphenamt Berlin 25. 339
368. 476 Fussnote ,
Hauteffekt 462 |
Heberschreiber .... 412-417
Heberschrift 415
Hellesenelement 166
Hertz 523
Hertzsche Versuchte . 523-528
565
Seite
Heutige Anschauungsweise der
magnetischen Erscheinungen 40
der statischen Erscheinungen 104
Hilfsapparate
telegraphische . . . 266-296
telephonische . . . 484—501
Hilfshebel der Klopfertaste . . 262
Hinkender Elektromagnet . . 58
Hintereinander-Schaltung , 22. 168
Hofmannscher Apparat . . . 127
Höhe eines Tones 219
Hohlspiegel 221. 525
Horchlöffel 480
Hörer 438
Herta 417
Hufeisenmagnet 34. 49
Hughe sapparat :
Abdruck der Type ... 353
Anker 349
Ankeraehse 352
Antrieb 350
Auslösehebel Fig. 235 auf 349. 353
Auslösung d. Druckachse . 353
Ausnutzung jedes Sc Witten -
Umlaufes 362
Blanktasten .... 342. 355
Bremsregulator .... 357
Buchstabenweiss , . 343. 355
Fig. 243 auf 356
Contakthebel 347
Contaktschlitten .... 345
Contaktstifte 344. 347 Fussnote.
Correktionsdaumen . 360. 364
Correktionsrad 355
Fig. 243 auf 356
Dreifingerhebel 357
Druckachse 353
Druckdaumen . . . 364, 360
Druckhebel 354
Elektromagnet . ... 348
Empfangsteile . . . 348-355
Elektrische Auslösung . . 347
Erzeugung d. Stromstosses
Figurenwechsel .. 343. 355
Frictionsrad 356
Gekrümmter Finger . - . 354
Gewichtsantrieb .... 350
Gleichstrommotor .... 351
Herstellung d. Synchronismus 359
Klaviatur 342
Kontakthebel 347
Kontaktschlitten .... 345
Kontaktstifte 344. 347 Fussnote
Korrektionsdaumen . 360. 364
Korrektionsrad 355
Fig. 243 auf 356
„Coogic
566
Seite
Kupplung ... 353. ^7. 363
Magnet 348
Mechanische Auslösung 347
Motor 351
Regel d. fünften Taste . . 362
Schlitten 345
Schaltung 364
Schwächunesanker . . . 349
Schwungrad 353
Schwungradachse .... 353
Stromdauer 364
Strom verlauf 400
Synchronismus 34 1 .359.402 Fussn.
Taslenhebel 344
Telegraphiergeschwindigkeit 336
Triebwerk 351
Typen 336
Typendruek 353
Typenfeld 355
Typenrad 340. 355
Wechselblatt 356
Wechselhebel 356
Ziffernweiss .... 343. 355
Fig. 243 auf 356
Hughesrelais . . 283. 403 Fussnote
Human translation , . . 295. 417
Hydraulisches Bild d. Stromes 8. 1 13
— des Telegraph ierens über
eine Capacitat .... 378
Hysteresis 60
Hysteresiskurve 62
Identität von statischer- und
Stromelektricitat 112
Inaktiver Funke 536
Inconstante Elemente .... 146
Indoeuropäische Telegraphenlinie 294
Induktanz 82
InduktanzroUe 395—400
Induktion 65-85
Induktion von Telephonleitungen 464
Induktionsgesetz 70
Induktionsrolle .... 457—462
Induktor 76. 487
Influenz 37. 90
Irmerer Widerstand von Ele-
menten . 138. 150. 153. 154. 161
163, 165. 167. 298
— von Akkumulatoren 199. 382. 303
Intensität eines Stromes ... 3
eines Tones 218
Interferenz 214
Joch 50
Ionen 123. 133
Ionen Wanderung 123
Isochron 360
Isolierte Feder .... 364. 365
Isolationsfehler d. Freileitung 278, 318
I Joulesches Gesetz . . . . 2S
I Iridium
I Jungfrauliche Magnetisierungs-
I kurven
! Jute
375
I Kabel:
! Telegraphen- 374
Telephon- 467
I Kabelader 375
i Kabel als Leydener Flaschen 101.375
[ Kabelbetrieb 387-420
\ Kabelcapacität .... 375. 468
I Kabeigalvanometer 407
Kabelmuffen 473
Kabel panzer 375
Kabelrelais 418
Kabelseele 374
Kabelströme 369-386
Kabel Übertragung 417
Kalorie 22
Kammerton 219
Kapacität (electroehem.) . 185. 305
Kapacität jelectrostatischef 100. 102
telegraphiseh 37 1
telephonisch 468
Kapacität von Leydener Flaschen 103
von Telegraphenkabeln , 375
von Fe msprech kabeln . . 468
Kapacität von Telegraphen-
akkumulatoren .... 186. 305
Kapaci tat sgegenge wicht . . . 544
Kapselteiephone . . 478. Tafel III
Kathode 123
Kehlkopf 228
Kehrelement 191
Kelvin 408
Kilowatt 24
Kilowattstunde 24
Kirchhoffsche Gesetze , . - 19—22
Klangfarbe 220. 451
Klappe 514
257
342
Klemmenbezeichnung . . .
— bei Akkumulatoren . . 191
Klemmenspannung galvanischer
Elemente 139
Klettern von Lösungen ... 157
Klopfer 258-261
Klopferschatlkammer .... 221
Klopferta.'ite 262
Knallgasvoltameter 127
Koercitivkraft 39. 61
Koharer (Fritter) . . . 521. 530
Kohlenelcment 163
Kohlenkömer 481
DigitizsdbyGOOgle
Seite
Kohlenstoff als mikrophonisches
Material 448
Kohlenwalzen 444
Kompass 34
Kondensator im Ruhmkorff. . 19
Kondensatorabschluss .... 403
Konsonanten 228
Kontaklschlitten 345
Kontakihebel des Hughes . . 347
Kontaktstifte des Hughes 344.
347 Fussnote
Korrektionsdaumen . . . 360. 364
Korrektionsrad 355. Fig. 243 auf 356
Kraftfeld 40
KrafWluss 57
Kraftlinien elektrische . . 110. 372
Kraftlinien magnetische ;
benachbarter Pole ... 56
Bilder ... 40. 42. 51. 52
Definition 41
einer Spule 52. 54
einer Windung 51
eines Leiters 51
eines Magneten .... 40
im Dauermagneten ... 55
Kraftlinienflnderung 70
Kraftliniendichte 42. 53
Krafllinienzahl 57
Kraftwerk 2. 307
Kriechen v. Lösungen .... 157
Künstliche Widerstände . 272. 326
Kupferblech von Strom durch-
flössen 440
Kupplung der Hurfiesaehsen 353. 357
Kupplung in der Funken-
telegraphie 546-549
Kurbetinduktor ,.,... 487
Kurbelumschalter 268
Kurbel widerstände , . 46 Fussnote
427 Fussnote
Kurzschluss 30. 286
Ladestrom eines Condensators
115. 371. 375
- eines Kabels, .... 381
Lackmustinktur 128
Ladung von Akkumulatoren 190. 178
im Telegraphenbetriebe 307— 311
Lahnlitze 477
Langswellen 217
Leelanche 163
Leichte Leitung 312
Leistung 22
Leiter 4
Leiter zweiter Ordnung . . . 123
Leiterschaltung 302
Leitfähigkeit 3
Spezifische — 4
Leitungen fQr den auslandischen
Verkehr 3
Leitungsdurchmesser .... 2
Leitungsundichtigkeiten . 278. 3
Lenzsches Gesetz . . . . 69. 4
Leydener Flaschen . . 98. 104. E
Lichtaether 5
Lichtgeschwindigkeit . , . . £
Linienstrom 2
Linienbatterie 3
Linienwähler i
Lippenpfeifen 2
Litze 375.4
Lochstreifen 331. 4
Lord Kelvin 4
Lokalaktionen 161. I
London— Berlin — Teheran . . 5
Lösbare Kuppelung der Hughes-
achsen 353. 2
LöslichkeitvonZink in Schwefel-
Lösungselektrode 1
Luftbrücken 57. 4
Luf^draht 522. E
Luftwiderstand
Lüpke I
Magnesiumsulfat I
Magnctinduktion
Magnetinduklor .... 487 — f
Magnetische Achse
Magnetische Arbeit
Magnetische Influenz , , , .
Magnetischer Kreis . . . , 56. i
Magnetischer Kurzschi uss . . i
Magnetischer Meridian . . 34.
Magnetischer Nebensehluss 286. Ij
Magnetischer Nordpol der Erde
Magnetischer Widerstand
Magnetisches Feld ....
Magnetisches Grundgesetz .
Magnetisches Kleben . . .
Magnetisches Magazin . . .
Magnetische Streuung . . ,
Magnetische Verzweigung .
Magnetische Wärme Wirkung
Magnetisierende Kraft . . .
Magnetisierung
Magnetisierung durch d. Funken
durch Streichen . .
durch Gleichstrom
durch Wechselstrom
Magnetisierungsarbeit . .
Magnetisierungs kurve . ,
Magnetismus
Magnetnadel
DigitizsdbyGOOgle
568
Seite
Magnetpole 33
Magnetstab 33
Manganin 5. 274. 427
Mangansuperoxyd 163
Marconistacion 544
Masseinheiten 15—19. 22-25. 102
385 Fussnote. 535 Fussnote
Massenwirkung 550
Masseplatten 183
Mechanische Auslösung d. Hughes 347
Meidingersches Element ... 161
Megohm 385 Fussnote
Meiningen . , 320. 321. 329 jVII)
Mennige 180
Menschliches Stimmorgan . . 227
Meterkilogramm 22
MF 102
Mikrofarad 102
Mikrophon . . 438-449. 480-484
Berlinersches — .... 483
Contaktanzahl 447
Contaktvermehrung . . . 446
Englisches- 481
Französisches- 480
— Kohle 448. 482
Körner — 481-484
Kreis 458
Mix ix Genestsches — . . 484
Modell 438
Siemens & Halskesches 488
Strombelastung 446
Stromschwankungen . 439—442
452-459
Verstellbarer Arm ... 504
Walzen 444. 480
Wi derstandssch wankungen
439-442. 452-458
Wirkungsweise .... 439
Milliampere 16
Mix & Genest , . . .484. 515. 518
mkg 22
Modellmikrophon 438
Modelltelephon 435
Morseapparat 230
Morsebetrieb 312—334
Morseempfänger 230
Morsesehaltungen 263-265. 313—330
Tafel I
Arbeitsstrom:
I. Endsteile 324
II. EndsteUe mit Relais . . 325
III. Trennstelle 326
JV. Übertragung mit Relais . 327
V. Übertragung mit Farb-
schreibern 327
VIII. Endstelle mit Induktanz-
rolle und Erdung . . . 394
Seite
Ruhestrom :
VI. Endstelle 329
VII. Trennstelle 329
Morseschnelibetrieb 331
Morseschrift 231-233
Morsestrom ;
Grösse 173, 239
VerUuf. . . 381. 384. 385. 390
Morsetaste :
Zweck und Bau .... 256
i Klopfertaste 262
1 Platinierung 322
j Schaltung 324
( Ooppeltasie 406
Morsezeichen . . . 231-233. 405
I Motor des Hughes 351
Motorgenerator 308
Natriumsulfat 127
Nebeneinander- Schaltung ... 22
— von Elementen . . . 168
— ; V. Telegraphenleilungen 297
— von Telegraphen Zellen . 302
Nebenleitungen 312
Nebenschluss 22
Neckarfall in LaufTen .... 16
Negative Elektricitat .... 88
Negative Klemme 115
Neues deutsches Relais ... 290
Neues Relais von Siemens &
Halske 294
Neusilber 5
New York-Emden 417
Nickelin 5
Nu 11 Wertsschwankungen . 406. 415
Nürnberg 270. 304
Nutzfeld 241
Obertöne 220
Ötfnungsfunken 77
Oersteds Versuch 45
Ohm 15. 17
Ohmsehes Dreieck 139. 174. 273. 301
Ohmsehes Gesetz .... 4—10
Ohmsehes Gesetz d. Magnetismus 57
Ohmsehes Gesetz giltig für
Elektrolyte 119
Ohmsehes Gesetz in Anwendung
auf galvanische Elemente 138. 171
auf Telegraphierbatterien 298—303
Ohmsehes Gesetz ungiltig für
veränderliche Ströme , . 8a 369
Omnibusleitungen 317
Ortsbatterie 280
Ortsstromkreis 280
Papierhaspel 254. 255
Papierkabel 469
Parabelspiegel 221
DigitizsdbyGOOglC
Paraffin
107
Parallele Leitungen
Parallelschaltung 22
— von Elementen ... 168 [
Patrouillen-Apparate 509. 510.551.558
Pb (C, Ha O..), 12!
Pb O ". . . ". 180 1
Pb O3 178 I
Pb. O4 180 .
Pb S O4 195
Periode 81. 207
Permeabilität 41. 43. 52
Pfeifen 226
Pfeifen der Strassenbahnmotoren 219
Pferdestarke 23
Phase . 207. 342. 360. 402 Fussnote 1
Phasenverschiebung. 208.210.211 '
Phosphorbronze 419
Photographischer Fihn ... 333 i
Physikalische Zeitschrift 473 Fussnote \
Piano 219
Plante 180 ;
Platinierung251. 258. 289. 292.322.347
Platinsilberkette 28
Plattenblitzableiter 275 ^
Pluszeichen bei Hughestele- I
grammen 343 Fussn. ■
Pol
147
Polarisationsstrom 176
Polarisationszellen 176
Polarisierte Relais . . , 283—294
Anwendung 393
Deutsches . . . 283. 403 Fussn.
Hughes 283. 403 Fussnote
Kabel 418
Mit drehbar. Kernen . . . 290
Neues deutsches — ... 290
Neues — v. S. & H. . , . 294
Siemenssches- 287
Trommel- 418
Vorzug vor Weicheisen — 286
Polarisierter Elektromagnet . . 58
Polarität der Elektromagnete . 48
Pollaksche Platte 179
Pollak und Viräg 332
Polschühe 58
Polstärke 88
Porzellandoppelglocke .... 313
Porzellanisolator 313
Positive Elektriciiat .... 88
Positive Klemme 115
Postmuseum . . . 340 Fussnote
Post Office .... 294. 306. 480
Post Office Standard Relais . 294
Preece 261
P. S 23
Pul^ehäuse 502
569
Srite
Pu pinspulen 472—474
Pyramidenschaltung .... 302
Quer«-elien 217
Rahmenplatten 182
Reagenskästchen 198
Reduktion 158
Regel der fünften Taste ... 362
Regulier widerstände .... 46
ReichspoBtmuseum . 340 Fussnote
Reihenschaltung 22
— von Elementen .... 168
Reissen eines Fernsprechdrahtes 32
Relais .... 278^295. 325 (No. 2)
Anker 280
Anwendung 278
Deutsches — 283
Differential— 424
Einstellung .... 281. 284
Gewöhnliches- .... 282
Hebel 280
Hughes - . . 283. 403 Fussnote
Kabel- 418
Klemmen 281
Mit drehb. Kernen ... 290
Neues deutsches — ... 290
Neues - v. S. & H. , . . 294
Polarisierte- . . . 283-294
Post Office Standard - . 294
Prinzip 280
Schwanenhals— .... 282
Siemenssches— .... 287
Trommel — ... 418
Übertragung . . 294. 327 (No. 4)
Weieheisen— 282
Zunge 281
Reliefschreiber 234
Remanenz 59, 61
Rempp ... 536
Resonanz . 216. 224. 524. 538-542
Resonanzboden 224
Resonanzkurve 539
Richtmagnet 409
Richtung des induzierten Stromes 68
Richtung desTelegraphierstromes 392
Rot 521
Rückstand 99. 110. 116
Rückstrom 116, 176
Ruhestrom
Amerikanischer - . , 323. 374
Ämterkreis 315
Batterie an Ordnung .... 317
— beanspr 315
Betriebseigenschaften . . 322
Beispiele 320
Capac. d. Kreises gering . 374
Schaltungen . . .264. 317. 329
DigitizsdbyGOOgle
570
Seile
Schreibhebel 246
Selbstind. d. Kreises ... 321
Stromdifferenzen .... 311
Taste 324. 321
Zweck 315
Ruhmkorff 76
Rylander und Rudolphs . 449, 462
Salmiaklösung 163
Schall 218-229
Schaugeschwindigkeit .... 219
Schallintensität 222
Schallkammer des Klopfers . . 221
Schallsichere Fernsprechzelle . 228
Schalltrichter 223
Schaltregel für Arbeitsstrom-
batterien 314. 392
— für Ruhestrombatterien 320
Scheinbarer Widerstand ... 82
Schieberwiderstände 427 Fussnote
Schirmwirkung 90
Schlei fenleitung 465
Schlitten 345
Schmelzsicherungen .... 32
Schmieren von Akkumulatoren-
platten 185
SchneUtclegraph 332
Schrankgehäuse 501
Schreibhebel .... 230. 245. 296
Schuchardt & Co 488
Schutzwiderstand . . . 305. 383
Schwachstromtechnik .... 16
SchwSchungsanker
des Hughesapparates . . 349
des Hughcsrelais .... 286
Schwanenhalsrelais 282
Schwankender Nullwert . 406. 415
Schwedische Mikrophonkohlen 482
Schwimmregel 46
Schwingende Natur d. Funkens 92. 1 13
Schwingungsdauer 209
Schwingungsform . . , 220. 452
Schwingungsformel 540
Schwingungsphase 207
Schwingungszahl . , . 209. 537
Schwungrad 353
Schwungradachse 353
Selbstauslösung des Farb-
Bchreibers 252
Selbstentladung 198
Seilwellen 205
Sckundftrelement 178
Selbstinduktion 73-76
Einheit 535 Fussnote
Selbsttätige Auslösung des Farb-
schreibers 252
Sicherungen 32. 485
Sicherungskästchen . . 485. Tafel IV
I. 294
484
Siemens & Halske 166. 287. i
i Siemenssches Polarisiertes Relais 287
Siemens- Einheit 17
Siliciumbronze 28. 463
I Sinuskurve 81. 453
I Siphonrecorder .... 412—417
' Sitz der statischen Elektricität
auf der Oberfläche .... 94
I Skineffect 462
Sömmering 533
I Spannungsabfall 12. 300
I Spannungslinien 440
i Spannungssprung 141
^pannungsunterschied .... 2
' Spezifischer Widerstand ... 5
I Spezifisches Gewicht von
Kupfer- und Zinksulfat , . 143
' — von Schwefelsäure ... 192
I Spezifisches Leitvermögen . . 4
Spezifische Wärme 28
I Spiegelgalvanometer . 68. 332. 407
I Spiegelung 212. 527
i Spitzenwirkung ... 96, 275. 486
Sprachrohr 224
I Springzeichen 514
I Spule als Magnetnadel ... 54
' Sputen des Farbschreibers . . 235
I — des Hughesapparates . . 348
— des Hughesrelais . , . 287
: - des Klopfers 259
— des Telephons .... 480
I — des Weicheisenrelais . . 282
Günstigste Windungszahl . 242
I Verwendungszweck . . 47. 494
I Stabmagnet 33
1 Stangenblitzableiter 278
I Starkstromtechnik 16
I Statik 86-118
' Statische Influenz 90
j Statisches Grundgesetz ... 88
Steilheit der Stromkur\'e ... 389
1 Stehende Wellen . . . 213—
I Stephan 475. 512
I Stiftbüchse 344
. Stimmbänder 227
' Stimmgabel 225
Stimmorgan 227
I Stimmritze 228
I Stöpselumschalter 268
Stöpselwiderstände . 426 Fussnote
I Störung von Funken-
I telegrammen .... 543. 550
Strahl 217
Streufeld 241
' Streuung 241, 548
. Strom aus statischer Quelle . 112
DigitizsdbyGOOgle
Stromfäden 440
Stromfeinzeiger 268
Stromlinien 440
Strommesser .... 20. 48 129
Stromstarke 3
Stromverluste 278
Strom Verzweigung .... 19—21
Stromwärme 27
Stromzeiger 20.46. 65. 129. 266. 412
Fussnote i
Sulfatieren 195 i
Synchron 34 1. 359. 368. 402 Fussn. 422
Taste. I
Zweck und Bau .... 256 i
F unken telegraphische^ . . 551 '
Klopferiasle 262 I
Platinierung der Ruhestifle 322 |
Schaltung 324
Doppeltaste 406 |
Taslenhebel des Hughes . . . 344 i
Tastenwerk des Hughes , . . 344 ]
Tauchelemenl 150 ;
Technisches Museum inMünchen i
342 Fussnote I
Teheran 294 .
Telegraphenämter 3!3
Telegraphenamt Nürnberg 270. 304 '.
Telegraphenelement . . 154. 297
Telegraphenkabel 374 |
Telegraphenleitung 312 i
Telegraphenumschalter . . . 268 I
Telegraphie als ArbeitsQber-
tragung 274
Telegraphierbatterien . . 297—31 1
Telegraphie rgesehwindigkeit
260. 331. 335
Gesetz 384
TelegraphischeHilfsapparate266 —296
Tclegraphisehe Stromquelle 297— 31 1
Telephon.
AUgemeines .... 435-438
Amt 512
Automat 512 '
Blitzableiter 4^
Draht 32. 462 ,
Element 163
Gehäuse 501-511
Kabel 467
Knacken 436
Kreis 458 ,
Leitung 462
Magnet . . 435. 436. 476-480
Modell 435
Schallplatte .... 435-437
Schaltung , . . 461. 503, 508
Sicherungen 485
Strom 437 ;
Telephonische Übertragung 450—474
Thermisches Bild des Stromes 9
Tischblitzableiter 275
Tischgehäuse 505-509
Ton 218
Tönende Luftsaulen .... 226
Tonhöhe 219. 450
Tonstärke 218. 451
Transformation . , , 29. 83. 459
Transformator 76, 281
Telephonischer— . . 457—462
Trennamter. . . . 313.320.321
Trennstelle 313. 320
Arbeitsstrom. . . 326. Fig 212
Gleichzeitig Übertragung
Sil.Tig. 214
Ruhestrom , . 329. Fig. 216
Tretgenerator 551
Triebwerk des Farbschreibers 247
Triebwerk des Hughes ... ^1
Fig. 238 auf 352
Trockenelemente 165
Trommelrelais 418
Typendruck 353
Typendrucker s. Hughesapparat
u. Ferndrucker.
Typenfeld 355
Typenrad 340. 355
Obergangs widerstand .... 442
Überladung 194
Übersetzungsverhältnis . . 83. 460
Übertrager 467
Überiragung bei Kabeln . . . 417
- durch Beamte . . . 295. 417
- durch Farbschreiber 295. 327
(No. 5)
- durch Relais 294. 327 (No. 4)
Notwendigkeit 279
ü'benragungs.'schrcibhcbcl . . 296
Übungsmorse 234
L'hrzeigerregel 49
Umformer 308
Ummagnetisierung 60
Umschalter, telegraphische . . 268
tck'phonische— . . 496- 501
Undichtigkeit der Freileitung 278.318
Unruhe 248. 360
Unterbrecher 78
Unterseekabel 403 420
Unterteilung der Funkenstrceke 536
Unterteilung der Telegraphier^
strecke 392. 417
Unterteilung von Spulenkernen 72
Variable zero 415
Verbesserungen .... 573—576
DigitizsdbyGOO'^le
Verbrauch galvanischen Mate-
riales 156-161. 164. 191. 315. 322
Verbrennung von Zink ... 158
— von V7asserstoff .... 149
Verlauf des Morsestromes 381. 384.
- Hugh.
Verluste im Transformator . . 85
Verquicktes Zink 145
Verriegelung von Gleichstrom . 176
von Wechselstrom . 116. 274
Verschiebungsstrom .... 373
Verteiler 422
Verzerrung der Sprache . 463. 472
Verzinkter Eisendraht .... 312
Verzweigiin^gesetz . 19—21. 240
Vielfachbetrieb derTelegraphen-
leitimgen 421—434
Vi elfachse Haltung der Fern-
sprechämter 514
Violett 521
Vokale 228
Volt 15. 18
Voltainduktion 67
Voltameter 126
Voltampere 23
Voltcoulomb 23
Wagnerscher Hammer . . 78, 216
Walzenmikrophon . . . 444. 480
Warburg 60
Wärme Wirkung der Magneti-
sierung 61
Wärmewirkungen des Stromes
1- 22. 26-32
Wasserstofi abläge rung . . , 147
Wasser wellen 204
Waterville-Canso . . . 403. 417
Watt 23
Wattsekunde 24
Wechsel (halbe Periode) ... 81
Wechsel (Umschalter) .... 268
Wechselblait 356
Wechselhebel 356
Wechselspannung 80
Wechsektrom artige Natur des
Kunkens 92. 113. 522
Wechselstrom . 60. 68. 79. 308. 492
Wechselstrommotor 309
Wechselstrom weck er . . . 488
Wechselstromwiderstand 82. 370. 538
Wecker 487
Weibliche Angestellte im Fern-
sprechdienst . . , 219. 452
Wcicheisen-Dosenrelais 289 Fussnote
Wcicheisen-Relais 282
I Seite
I Wellen 204—229
Wellenberg 208
I Wellenlange 207. 541
' Wellenschrift 331. 415
I Wellenstrahl 217
> Wellental 208
: Wellenzeiger 521. 530
' Wheatstonesche Brücke ... 431
I Wheatstonescher Automat . . 331
I 292 Fussnote
. Wicklung von Elektromagneten 50
Widerstand 5
Widerstand durch Selbstinduktion 82
Widerstand pro Kilometer . . 313
Widerstand und Temperatur . 217
Widerstand von Fernsprech-
leitungen 462
Widerstand von Telegraphen-
leitungen 313
I Widerstände 46
Ausgleichs— 272
KünstUche— 272
I Kurbel — . . . .46 Fussnote
Regulier — ... 46 Fussnote
Stöpsel — .... 426 Fussnote
' Widerstandskasten , . 426 Fussnote
. Widerstandsschwankungen des
1 Mikrophons 439. 452
I Windfang 248
' Windungszahl von Spulen . . 242
' Winkelgeschwindigkeit . . .341
Winkelmagnet 267
Wirbelströme 70—73
, Wirkungsgrad von Akkumula-
toren 197
; — d. telegraphischen Über-
! tragung 274
! — des Postmuseums 342 Fussn.
Wislicenus 22
WitterungseinflQsse . .279. 318. 485
WoUfsche Depeschen .... 368
Woodsches Metaii 486
j Zeitschrift für Elektrochemie
137 Fussnote
Zenneck . . 534. 539. 550 Fussnote
Ziffernweiss ...'.. 343. 355
Fig. 243 auf S. 356
Zinksulfat 151
Zink und Kupfer in verdünnter
Schwefelsaure 135
Zungenpfeifen 227
Zurückgeworfene Welle 212. 221. 227
Zwischenämter 313
Zwischenstelle 313 abgeänderte
Schaltung VI 329
DigitizsdbyGOOglC
Verbesserungen und Zusätze.
Seite
1 In Fig. I ist der Schalter doppelt so gross gezeichnet zu denken.
2 Zeile 5 von unten statt der Telephoninduktoren : des Telephoninduktors.
3 Zweiter Absatz Z. 2 statt mit: von.
4 Z. 14 zwischen endlich und Gespinste: Papier und,
1 Z. 4 nach befriedigendere: und doch leicht verständliche.
Z. 18 V. n. statt schnell: viel Wasser durch den Querschnitt.
10 Die Fussnote fällt fort.
11 Z. I statt Kommenden: kommenden.
15 Z. 5 des Testes statt nach Volta: zu Ehren Voltas.
21 Ende des ersten Absatzes hinzuzulegen: , und jeder ist halb so gross,
als der Gesamtstrom.
22 Z, 10 V, u. statt und Warmcarbeit: , Wärme- und Lkhtarbeit.
24 Z. II statt drei Vierteln: vier Dritteln.
Z. 12 muss es seit dem 1. April 1904 heissen: der Statistik zu etwas
Qber 500 000 Kilowatt angegebene Leistung von ungeffihr 1000 ....
würde etwa 100 000 PS ausmachen.
Z. 15 statt 64000: 100000.
25 Z. II statt Höhe: Fallhöhe.
26 Vorletzte Z. des 1. Absatzes statt Walt: Wattsekunde.
30 Z. 4 statt rechte: linke.
32 Zweiter Absatz Z. 3 statt in der Vorlesung über die: unter den.
35 Z. 7 statt Kork: Korken.
Z. 16 nach Grundgesetz einschieben: das Coulombsche Gesetz.
38 Z. 9 zu streichen: Ende.
42 Unter Fig. 24 statt Eisenstabe: Eisenscheibe.
48 Ende des ersten Absatzes: statt der . . - . wird: denn es ist klar, dass
man aus dem Ausschlag einer Magnetnadel auf die Anzahl der ab-
lenkenden Ampere wird schliessen können.
49 Z. 2 V. u. zwischen ist und den: praktisch.
55 Die Fussnote fSUt fort.
58 In Fig. 41 dürfen die Kernenden, die oben und unten aus der Spule
herausragen, nicht gestrichelt sein. Sie sind ausgezogen zu denken.
60 Z. 13 bis 18. Der Vergleich mit der Waldestemperatur ist zwar
poetisch, aber, wie Herr Dr. Brion von der Technischen Hochschule
Dresden mich freundlichst aufmerksam macht, hinkt er doch stark
und ist zu streichen.
Z. 20. Statt Professor .... Universität: Präsidenten der Reichsanstalt.
Z. 4 des 2. Absatzes nach Hervorrufen: (allgemein zur Änderung).
DigitizsdbyGOOgle
574
Seite
62 Z. 8 V. u. statt Fig. 43: 44.
63 Z. 3 V. u. Das Seepferd hat ein e zu viel.
67 Z. 4 und 5. Statt Auf .... deshalb: Diese Art der Induktion kann.
10 Z.9nachLeiter: (oder werden Kraftlinien wechselnder Anzahl
von einem Leiter umschlungen).
71 Das Objekt der Fig. 47 steht Kopf, Die Grundplatte gehört natürlich
73 Schluss des 1. Absatzes: Der magnetische Widerstand wird aller-
dings insofern erhöht, als die isolierenden Schichten den Eisenquer-
82 Z, 1 zwischen ist und derselbe: praktisch.
Letzte Zeilen statt hat man angefangen zu beschicken: beschickt man.
85 Z. 7 statt Ökonomie: Ökonomie oder zu deutsch: Haushalt.
87 Z. 10 des 2. Absatzes nach Glas: mit Seide.
Z. II des 2. Absatzes nach Siegellack: mit Wolle.
97 Z. 9 nach sie: ,
103 Z. 10 V. u. nach Condensator: hauhg.
108 Z. 6. Wie das Archiv für Post und Telegraphie vom April 1904
richtig bemerkt, ist auch hier die CapacitSt natOrlich der Schichtendicke
des Dielektrikums umgekehrt proportional.
109 In Folge dessen lautet die Ausgangsgleichung
C.:C^:Cs^-' : -'-:!
und das Schlussergebnis
ifn = — und dg ^= —
H ''s
Auf der letzten Zeile muss es auch statt doppelt und dreimal heissen:
halb und ein Drittel mal.
112 Z. Ober Fig. 70. Statt Erdkugel: Endkugel.
115 Z. 7 V. u. nach also: anscheinend.
121 Z. 4 V. u. des ersten Absatzes statt beiden: drei.
137 2. Fussnote statt Telegraphische Messungen bei der genaueren Be-
schreibung der Spiegelgalvanometer: den Kabelbetrieb.
143 Vorletzte Z. Klemmenspannung, Singular statt des Plurals,
148 Z. 8 statt gerichteten; gerichtete.
150 Z. 8 nach deshalb: jetzt.
165 Z. 10 mählich.
182 Zu Fig. 106: Boesescher Rahmen, nicht Gitter.
196 Z. 3 V. u. zwischen von und 2,5: dort bis.
199 Z. 5 des 2. Absatzes statt Physik des Fernsprechens: Kabelbetrieb.
202 Z. I des letzten Absatzes: Nebeneinanderschaltung.
204 Z. 6 des Textes zu streichen: Kabel- und.
204 Z. 5 des 2. Absatze.s: gesandten.
208 Z. 5 und 6 des 2. Absatzes: der doppelte Maximalwert der Schwingung,
die doppelte Amplitude.
In Fig. 122 ist mit Amplitude ihr doppelter Wert bezeichnet
DigitizsdbyGOO'^le
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Seite
219 Unter den Noten statt Schw.-Sek.: Schw./Sek.
222 Z. 10 des 2. Absatzes statt mehr: mal so viel.
226 Z. b V. u. statt gedachte: gedackte.
235 In Fig. 143c darf der Kern nicht bis zum Grunde geschlitzt gezeichnet
249 In Fig. 152b; Uhrwerks.
254 In Fig. 156 darr man die Kernschlitze nicht sehen.
269 In Fig. 170 ist Umschalter VI und Via vertauscht.
285 Fig. 181 enthalt zwar, wie ausdrücklich angegeben, beliebig an-
genommene Werte. Aber bei der Einstellung auf Abreissen darf die
Zugkraft durch Dauerkraftlinien nicht den gleichen Wert und die
durch Stromkraftlinien nicht den gleichen umgekehrten Wert haben^
wie bei der Einstellung auf Anziehen. Vielmehr werden bei Ab-
reissen — der grösseren Ankernahe wegen — die magnetische und
die ihr entgegengesetzte elektromagnetische Zugkraft wesentlich
grösser sein müssen, als bei Anziehen.
Zu Fig. 181 statt dem: den.
294 Z. 3 V. u. statt nur fllnf: zehn.
305 2. 5 V. u. statt mOsste: muss.
311 Z. II V. u. nach Übertragung: noch.
316 Das Archiv für Post und Telegraphie vom April 1904 ist in einer
übrigens freundlichen Besprechung mit meiner Erklärung des Ruhe-
stromes nicht einverstanden undhält mir >die gebräuchlichen Schallungen
filr Zwischenamter mit Arbeitsslrom< entgegen. Es hat mich interessiert
zu erfahren, dass solche und sogar mehrere gebrauchlich sind. Bis
jetzt war mir nur die Schaltung für die Berliner Quetschen, die s. g.
Berliner Schaltung bekannt. Gewiss scheint sie ein Betreiben mehrerer
Ämter mit Arbeitstrom zu gestatten. Das soll sie ja. Aber sie spricht
garnicht gegen meine Argumentation, denn wir suchen gerade nach
einem Ersatz der Gesamtbatterie auf jedem Amt; wird doch S. 315
ausdrücklich gesagt: »Der lastigen Notwendigkeit, auf jedem Amt ....
eine besondere Zellenzahl vorratig zu halten, ist man sofort überhoben,
sobald es gelingt, eine ganze Reihe von Ämtern in einen einzigen
Stromkreis zu legen .... Das geht, wenn es eben gelingt,
Hier versagt der Arbeitsstrom.' Der Gedankengang geht davon
aus, dass man die Gesamtbatterie auf jedem Amt loswerden möchte.
Das ist die klar gedachte und, wie mir scheint, auch klar ausgesprochene
Grundabsichl der ganzen Überlegung. Soweit mir bekannt ist, kann
man das nur mit Ruhestrom. Ja, wie weiter ausgeführt wird, halte
ich das Gegenteil für logisch unmöglich.
Sehen wir uns aber die Berliner Schaltung, die allerdings
mehrere Ämter — wenn auch kernen grösseren Kreis — mit Arbeits-
strom verbindet, naher an. Ich habe sie wegen des unnützen Batterieauf-
wandes nie recht ernst genommen, sie vor Langem auch in der
amtlichen Apparatbeschreibung, die doch für Ruhestrom drei Schal-
tungen für Zwischenstellen enthalt, einschliesslich den Nachtragen
DigitizsdbyGOOgle
mehrfach vergeblich gesucht. Als ich das betreffende Kapitel schrieb,
ging ich auf ein Amt, wo die Berliner Schaltung benutzt werden
sollte. Man wollte es mir nicht zeigen. Auf eine Anfrage bei einem
massgebenden Beamten, wie verhalt es sich mit dieser Schaltung,
wurde mir ausweichend geantwortet. In dem Buch von Estauniö,
Td^communication aus dem Jahre 1903 ist die Schaltung als montage
thöorique überschrieben und im Text als theoriquemenl süffisant, zu
deutsch als praktisch eben nicht ausreichend bezeichnet.
Ich richte deshalb an das Archiv die freundliche Bitte, die
Gelegenheit zu benutzen und die «gebräuchlichen Schaltungen für
Zwisehenamter mit Arbeitsstrom« in aller Gründlichkeit und mit wo
und wie aus einander zu setzen und vielleicht auch die Telegraphen-
ämter beizufügen, auf denen sie mit Erfolg in praktischer Verwendung
stehen. Vorläufig aber bitte ich die Leser, bei meiner hier noch
einmal pracisierten Auffassung zu bleiben.
Z. 7 des Textes nach Betriebsweisen: des alten Apparates.
Fussnote vorletzte Z. statt er: der Apparat.
In Fig. 223 sollten die Typen mit einem äusseren Rande umgeben sein.
In Fig. 232 müssen die beiden rechten Teile des Contakthebels ge-
meinsam um 180" gedreht werden.
Z. 8 V. u. Bremerhafen. '
Z. 3 V. u. statt mm: km.
Überschrift: Kabelbetrieb.
Z. 2 statt 213: 211.
Z. 2 Übertragungsenden.
Z. II V. u. statt Farad. Ohm: MF. Megohm.
Fussnote statt 401: 402.
Schluss. Dieser Draht ist natürlich nicht derselbe, wie der früher
(S. 18 und 29) erwähnte mit noch geringerem Siliziumgehaitc und
dann grösserer Leitfähigkeit und kleinerer Festigkeit.
Z. 5 nach Drahtes: , des Doppelbronzedrahtes.
Z. 9 statt Kammern: Kammer.
DigitizsdbyGOOgle
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