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Full text of "Elementare Vorlesungen über Telegraphie und Telephonie"

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Elementare  Vorlesungen 

über 

TelegrapMe  und  Telephonie 

von 

Dr.  Richard  Heilbrun. 

Mit  360  Abbildungen  im  Text  und  auf  Tafeln. 


BERLIN. 

Verlag  von  Georg  Siemens. 

1906. 


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Nichts  besser,  denn  dass 

der    Mensch    fröhlich    sei 

in   seiner  Arbeit. 


Alte   Rechte   —   insbesondere   das   der   Chcisetiiing   --   vorbehalten. 


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115020  „1c7'-^TW 

FEB  ?     1908  .  "        '        " 


Vorrede. 

Das  vorliegende  Buch  giebt  in  erweiterter  und  abgerundeter 
Form  eine  Reihe  von  Vorlesungen  wieder,  die  ich  in  Berlin 
mehrfach  vor  Laien  und  vor  Post-  und  Telegraphenbeamten 
gehalten  habe.  Es  ist  auf  Wunsch  meiner  damaligen  Hörer 
entstanden  und  soll  alle  die  in  die  Technik  des  elektrischen 
Nachrichtenwesens  einführen,  die  sich  aus  Neigung  oder  Beruf 
mit  ihr  beschäftigen  und  keine  Gelegenheit  haben,  Vorlesungen 
zu  hören.  Die  Arbeit  wendet  sich  deshalb  besonders  an  die 
Beamten  der  Reichspostverwaltung.  Doch  dürfte  sie  neben 
Laien  den  Offizieren  der  technischen  Waffen  und  bei  der  nicht 
immer  grossen  Wertschätzung,  deren  sich  der  Schwachstrom 
an  den  technischen  Hoch-  und  Mittelschulen  erfreut,  auch  jungen 
Ingenieuren  und  Technikern  von  Nutzen  sein  können. 

In  sämtlichen  Vorlesungen  ist  den  theoretischen  Grundlagen 
des  Gebietes  ganz  besonderes  Augenmerk  geschenkt  worden. 
Denn  nur  wer  mit  ihrer  gründlichen  Kenntnis  ausgerüstet,  sollte 
sich  mit  der  speziellen  Technik  beschäftigen,  eine  Ansicht,  selbst- 
verständlich zwar,  aber  in  der  elementaren  Schwachstromtechnik 
bisher  nicht  in  allgemeiner  Geltung.  Die  »Theorie«  ist  dabei 
natürlich  nicht  im  Sinne  des  Gelehrten  verstanden,  sondern  nur 
soweit  behandelt,  als  sie  elementaren  Vorkenntnissen  verständlich 
wird.  Lehren,  die  diese  Bedingung  nicht  erfüllen,  wie  zum  Beispiel 
die  Eiektronentheorie,  konnten  keinen  Platz  finden.  Nur  simpelste 
Mathematik  und  Chemie  ist  vorausgesetzt  worden.  Die  Elek- 
tricitätslehre  wurde  ganz  von  unten  aufgebaut.  Wo  immer  not- 
wendig, wurde  die  wissenschaftliche  Genauigkeit  der  leichteren 
Verständlichkeit  geopfert.  Aber  dann  vermeidet  häufig  der 
Ausdruck,  das  geschultere  Auge  zu  beleidigen.  Die  Vorlesungs- 
form,  die  unmittelbare  Anrede  an  den  Leser  soll  ihn  in  den 
Glauben  versetzen,  er  befinde  sich  im  Hörsaale  vor  dem  Experi- 
mentirtische  und,  gemeinsam  mit  der  subjektiven  Art  der  Dar- 
stellung, das  Verständnis  erleichtern  und  sein  Interesse  erhöhen. 


DigitizsdbyGOO'^le 


Den  grösseren  Teil  des  Buches  nimmt  die  spezielle  Tele- 
graphie  und  Telephonie  ein.  Dabei  ist  die  letztere  nur  so  weit 
berücksichtigt,  als  es  das  durchschnittliche  Bedürfnis  des  Lesers 
zu  verlangen  schien  und  bei  dem  über  die  ursprüngliche  Absicht 
gestiegenen  Umfange  Raum  vorhanden  war.  Im  wesentlichen 
sind  die  Einrichtungen  der  Deutschen  Reichspost  zu  Grunde 
gelegt.  Doch  wurde  häufig,  wo  ich  die  des  Auslandes  durch 
Anschauung  oder  Bericht  kannte,  auf  diese  verwiesen.  Das 
Versinken  in  die  Einzelheiten  des  gerade  üblichen  habe  ich 
möglichst  vermieden  und  aus  der  verwirrenden  Fülle  der  Spezial- 
Konstruktionen und  -Schaltungen  die  wichtigeren  oder  einfacheren 
oder  interessanteren  ausgewählt.  Hiermit  ergiebt  sich  der  freilich 
nicht  immer  leichte  Versuch,  aus  dem  nebensachlichen  das 
Prinzip  von  Bau  und  Verwendung  herauszuschälen  und,  wo 
irgend  möglich.  Gründe  hinzuzufügen.  Sie  waren  oft  schwer 
herbeizuschaffen.  Deshalb  wird  mir  die  Kritik,  die  bis  jetzt 
meine  Arbeit  —  bei  ihrem  Erscheinen  in  Lieferungen  —  so 
ausserordentlich  freundlich  beurteilt  hat,  Irrtümer  nicht  zu  hart 
anrechnen  können. 

Historische  Angaben  sind  in  der  Regel  vermieden.  Denn 
der  historische  Entwicklungsgang  pflegt  nicht  der  pädagogisch 
beste  zu  sein  und  zu  rein  idealem  Interesse  an  ihm  fehlt  es  der 
Technik  an  Zeit.  Auch  fragt  es  sich  am  Ende,  ob  das  Hervor- 
heben der  Personen  in  allen  Fällen  ethisch  gerechtfertigt  ist; 
haben  sie  doch  oft  ihren  Lohn  dahin.  Dass  ich  dem  Leser  die 
Erklärung  der  meist  nichtssagenden  Fremdwörter  erspart  habe, 
wird  er  wohl  angenehm  empfinden.  Die  lederne  Philologie  hat 
noch  immer  unsere  besten  Lernjahre;  mag  sie  uns  später  in 
Frieden  lassen. 

Es  bleibt  mir  noch  übrig,  mehreren  Fachgenossen,  Bibliothe- 
karen und  einer  stattlichen  Reihe  von  Firmen  und  Ämtern  bei  uns 
und  im  Auslande,  für  ihre  Unterstützung,  dem  Herrn  Verleger 
filr  sein  freundliches  Eingehen  auf  meine  vielfachen  Wünsche 
namentlich  in  Bezug  auf  die  Abbildungen  und  die  schöne  Aus- 
stattung, die  er  dem  Buche  gegeben  hat,  verbindlichst  zu  danken 
und  jeden  einzelnen  Leser  zu  bitten,  mir  zu  Händen  des  Herrn 
Verlegers  Verbesserungsvorschlage  zugehen  zu  lassen  und  mich 
auf  etwaige  Fehler  und  Unklarheiten  aufmerksam  zu  machen. 

Berlin,  Weihnachten  1905.  H. 


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Inhalt. 


1.  Vorlesung.    Der  elektrische  Strom.    1—14. 

Die  Mechanik  des  elektrischen  Stromes  unbekannt  I.  Ein  Leiter 
zwischen  Klemmen  verschiedener  Spannung.  Der  Strom  2.  Elektromotorische 
Kraft,  Elektricitätsmenge,  Stromstarke  3.  Leitfähigkeit.  Gute  und  schlechte 
Leiter.  Specißsches  Leitvermögen,  Länge  und  Querschnitt  4.  Widerstand, 
specifischer  Widerstand  5.  Ohmsches  Gesetz  6.  Hydraulisches  Bild  6. 
Im  ganzen  Kreise  dieselbe  Stromstarke  7.  Spannungsabfall  8.  Vergleich 
des  elektrischen-  mit  einem  Luftstrom  9.  Skizzen  und  Ausdrucksweise  10. 
GlQhlampenmodell  10.    Diagramme  12. 

2.  Vorlesung.     Die  elektrischen   Maasseinheiten.     15 — 19. 

22—25.    Die  Stromverzweigung.    19—22.    Dasjoulesche 

Gesetz.    25—32. 

Die  Einheiten:  Volt,  Ohm  und  Ampere  und  Beispiele  dafür  aus  der 
elektrotechnischen  Praxis  15.  Elektricitätsmenge  und  ihre  Einheiten :  Coulomb 
und  Amperestunde  18.  Verzweigungsgesetze  19.  Mechanische  Arbeit  und 
Leistung.  Meterkilogramm  22.  Erhallung  der  Energie  22.  Elektrische 
Arbeit  und  Leistung.  Walt  23.  Watt  und  Pferdestarke.  Kilowatt  24. 
Kilowattstunde.  Der  Konsument  verbraucht  Energie,  nicht  Strom  24. 
Elektrischer  Arbeitsverbraueh  in  Tel cgraphenSm lern  25.  Ableitung  und 
experimenteller  Nachweis  des  Jouleschen  Gesetzes  25.  Verlust  an  elektrischer 
Energie  durch  blosse  Forlleitung  und  Mittel,  ihn  zu  vermindern  27.  Trans- 
formation. Die  körperliche  Vorstellung  des  Stromes  erweist  sich  als  unzu- 
reichend 29.  In  jedem  Leiter  darf  der  Strom  nur  bis  zu  einer  bestimmten 
Grenze  ansteigen.  Kurzschluss  30.  Sicherungen.  Reissen  eines  Fernsprech- 
drahtes 32. 

3.  Vorlesung.    Magnetismus.    33 — 44. 

Der  Magnet.  Pole.  Hufeisenmagnet  33.  Magnetisches  Magazin. 
Magnetnadel.  Nord-  und  Südpol  34.  Magnetisches  Grundgesetz  35.  Dii; 
Erde  verhalt  sich  wie  ein  grosser  Magnet.  Magnetische  Influenz  36,  Hcj-- 
stellung  eines  Dauermagneten  durch  Streichen.  Elementarmagnete  37. 
Coercitivkraft  39.     Kraftlinienbilder  40.     Die  Kraftlinie  als  Weg  eines  nord- 


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polaren  Eisen  flitterchens.  Permeabilität  41.  Zahlen  von  KrafUinien.  Kraft- 
liniendichte  als  Maass  der  Feldstarke  42.  Definition  der  Permeabilität  43. 
Magnetisierende  Kraft  H  und  erreichte  Magnetisierung  B  44. 

4.  Vorlesung.     Elektromagnetismus.    45 — 64. 

Der  Oerstedsche  Versuch  45  und  die  Amptresche  Scliwimmregel  46. 
Die  Wirkung  von  Magnet  und  Leiter  ist  gegenseitig.  Ampere  Windungen  47. 
Der  Elektromagnet.  Polarität  48.  Konstruktion  des  Hnfeisenelektromagneten. 
Kraftlinien  50.  Die  Spule  ohne  Eisenkern.  Kraftlinien  um  Stromleiter  51. 
Stärke  des  Spulenfeldes.  Die  Spule  verhält  sich  wie  ein  Magnet  53. 
Spulenmodell  54.  Elektrodynamisches  55.  Grundgesetz  des  magnetischen 
Kreises  56.  Hinkender  und  polarisierter  Elektromagnet  58.  Remanenz  und 
Hysteresis  59.     Hysteresiskurve  62. 

5.  Vorlesung.    Induktion.    65^85. 

Magnet-  und  Ankerinduktion  65.  Voltainduktion  67.  Richtung  des 
induzierten  Stromes  68.  Lenzsches  Gesetz  69.  Die  Induktion  als  Folge  von 
Krafilinienändcrungen.  Wirbelströme  70.  Unterteilung  von  Spulenkernen  72. 
Selbstinduktion  73.  Bifilare  Wickelung  75.  Ruhmkorffscher  Funkeninduktor. 
Transformator  76.  Funke.  Offnungsfunkc  77.  Unterbrecher  78.  Wechsel- 
spannung und  Wechselstrom  79.  Induktanz  und  Scheinbarer  Widersland  82, 
Transformation.  Übersetzungsverhältnis  und  Windungszahlen  83.  Verluste 
im  Transformator  85. 

6.  Vorlesung.     Elektrostatik.    66—118. 

Ftiessende  und  ruhende  ElektricJtät  86.  Elektricitäl  durch  Reibung 
von  Isolatoren.  Zwei  Arten  der  Elektricität  87.  Coulombsches  Geset; 
Auch  Leiter  werden  elektrisch.  Elektricität  auf  beiden  reibenden  Körpern  88. 
Elektroskop  89.  Influenz.  Der  Anziehung  geht  Influenz  voran  90.  Elekti 
siermaschinen  91.  Der  Funke  und  seine  Wechselstrom -artige  Natur  9 
Sitz  der  Ladung  auf  der  Oberfläche  94.  Spitzenwirkung  96.  Gewitter  und 
Blitzableiter  97.  Gewitterneigung.  Leydener  Flasche  98.  Condens 
Capacität96.  Ihre  Einheit:  das  Mikrofarad  102.  Technischer  Condensaior  1(^. 
Moderne  Anschauungsweise:  Dielektrikum.  Dielektricitätsconstanle.  Elek- 
trische Kraßlinicn  104.  Strom  aus  statischer  Quelle  112.  Positiver 
negativer  Strom  113.  Positive  und  negative  Klemme.  Ladung  eines  Con- 
densators  aus  einer  Stromquelle  115.  Ladestrom  und  Eniladestrom 
Erdleitung  117. 

7.  Vorlesung.     Chemische  Stromwirkung.     119^134. 

Stromleitung  in  FlQssigkeiten  1 19,  Gültigkeit  des  Ohmschen  und 
Jouleschen  Gesetzes.  Ablenkung  der  Magnetnadel.  Elektrische  Leitung  und 
chemische  Zersetzung.    Bleibaum  121.    Beförderung  von  Atomen  und  Atom- 


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VII 

gruppen  durch  die  Lösung  122.  Leiter  erster  und  zweiter  Ordnung. 
Elektrolyse.  Elektrolyle.  Elektroden.  Anode.  Kathode,  Jonen  123.  Elektrolyse 
von  Kupfersülfat  zwischen  Platinelektroden  124.  Elektrolyse  der  verdünnten 
Schwefebaure  125.  Voltameter  126.  Hofmannscher  Apparat.  Elektrolyse 
von  Natriumsulfat  unter  Zusatz  von  Lackmus  127.  Faradaysches  Gesetz  128. 
Defiiiition  des  Ampere  130.  96500  Coulomb.  131.  Elektron  132.  Elektro- 
lytische  Dissociation  133. 

8.  Vorlesung.     Chemische  Stromerzeugung.     Erster  Teil. 

135—148. 

Zink  und  Kupfer  in  verdünnter  Schwefelsäure  135.  Galvanische 
Elemente.  Der  Strom  in  der  Flüssigkeit.  Elektrolyt-Galvanometer  136. 
Anwendung  des  Ohmschen  Gesetzes  auf  galvanische  Elemente.  Innerer 
Widerstand  138.  Innerer  Spannungsabfall.  Elektromotorische  Kraft  und 
Klemmenspannung.  Diagramm  139.  Spannungssprtlnge  141.  Stromrichtung 
und  Klemmenbezeichnung.  Positiver  und  negativer  Strom  142.  Elektrolyse 
im  Element.  Auflösung  des  Zinks.  Die  aufgelöste  Zinkmenge  der  gelieferten 
Elektricitatsmenge  proportional.  Amalgamiertes  Zink  145.  Inconstanz. 
Polarisation.    Ihre  Ursache  der  elektrolytisch  abgeschiedene  Wasserstoff  141. 

9.  Vorlesung.    Chemische  Stromerzeugung.    Zweiter  Teil. 

149-174. 

Methoden  der  Depolarisation.  Die  chemische  Methode.  Chromsäurezelle. 
Verbrennung  des  schädlichen  Wasserstoffs  149.  AnwendungzweierElektrolyte. 
Ihre  Trennung  durch  verschiedenes  specifisches  Gewicht  150,  Element  von 
Callaud  151.  Telegraphenelement.  Bau  154.  Elektrochemischer  Vorgang  155. 
Bedienung  156.  Der  chemische  Arbeitsvorrat  des  Zinks,  die  Arbeitsquelle 
des  Elementes  158.  Berechnnng  der  Elektromotorischen  Kraft  159.  Wirk- 
licher Materialverbrauch  160,  Element  von  Meidinger  161,  Telephonelement, 
Bau-  und  chemischer  Vorgang  163.  Depolarisation  durch  Mangan superoxyd 
164.  Trockenelemente.  Bau  165.  Hellesenzelle  166.  Die  Elektromotorische 
Kraft  von  der  Grösse  der  Zelle  unabhängig  161.  Schaltung  der  Elemente 
zu  Batterien  167.  Parallelschaltung  168  und  Hintereinanderschaltung  169. 
Diagramm  113. 

10.  Vorlesung.    Chemische  Stromspeicherung.     175—203. 

Verwertung  der  Polarisation  zu  Polarisationszellen  115  und  secundaren 
Stromquellen  176.  Bleielektroden.  WasserstofF-beschlagenes  Blei  und  Blei- 
superoxyd 178.  Im  Akkumulator  wird  elektrische  Energie  in  chemische 
verwandelt  und  als  solche  aufbewahrt.  Grosse  Oberflache  der  Platten, 
Formieren  nach  Planta  und  Faure.  Beispiele  einiger  Konslruktionon  lld, 
Capacitat.  Maximaler  Lade-  und  Entladestrom  186.  Capaciiat  und  Strom- 
entnahme.   Capacitat  pro  Kilogramm  PI attcnge wicht   187.    Chemische  Vor- 


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VIU 

gange  bei  Entladung  und  Ladung.  Schemata  188.  Grund  gleich  ung.  Be- 
zeichnung der  Klemmen  101.  Sauredichte.  Aräometer  192.  Ladung  bis 
zur  Gasentwicklung  193.  Überladung.  Elektromotorische  Kraft  und  Saure- 
dichte 194.  Sulfatieren.  Lade- und  Entladespannung.  Kurven  195.  Wirkungs- 
grad 197.  Selbstentladung.  Reinheit  der  Materialien.  Nachfollen  von  Säure 
und  Wasser.  Notwendigkeit  sachgemSsser  Bedienung  198.  Geringer  innerer 
Widerstand  und  seine  Ursache  199.  Plattenanordnung.  Schattung  der 
Zellen  zur  Batterie  202.    Zellen  für  Telegraphenbetrieb  203. 

11.  Vorlesung.    Wellen  und  Schall. 

Wasser  wellen  204.  Fortbewegung  der  Welle,  nicht  des  Wassers. 
Seilwellen  205.  Ausbiegung.  Amplitude  206.  Phase.  Wellenlänge.  Periode. 
Wechselstrom  und  -Spannung  ab  Wellen  207.  Wellenberg  und  -thai  208. 
Schwingungszahl  und  -dauer  einander  reziprok.  Grundgleichung  c  =  n  .1. 
Diagramme  209.  Phasenverschiebung  zwischen  Ausbiegungs-  und  Geschwin- 
digkeitswelle 211.  ZurOekwerfung  der  Seil  welle  und  zwar  in  der  entgegen- 
gesetzten Phase  212.  Stehende  Seilwellen  213.  Interferenz  214,  Stehende 
Wellen  mit  dem  Wagnerschen  Hammer.  Beziehung  zwischen  Faden-  und 
Wellenlange  216.  Platindraht  an  einer  Stimmgabelzinke  {Elektrischer  Wider- 
stand und  Temperatur).    Quer-  und  Langswellen  217. 

Schallwellen.  Töne  und  Geräusche  218.  Intensität,  Amphtude.  Höhe, 
Schwingungszahl,  Wellenlange.  Eindruck  der  Tonstarke  219.  Klangfarbe. 
Obertöne.  Deren  Phase  für  die  Klangfarbe,  nicht  für  die  Schwingungsform 
gleichgiltig  220.  Zurückwerfung  des  Schalles.  Schallkammer  des  Klopfers 
221.  Die  Intensit.1t  dem  Quadrat  der  Entfernung  umgekehrt  proportional  222. 
Fortleitung  in  Röhren.  Beispiele  223.  Resonanz.  Beispiele  224.  Freie 
Schwingung  225.  fönende  Luftsäulen.  Pfeifen  226.  Menschliche  Stimme  227. 
Dämpfung.    Fernsprechkabinen  228. 

12.  Vorlesung.     Farbschreiber  und  Klopfer.    230-265. 

Morseprinzip 230.  Morsezeichen.  Reliefschreiber 231.  Farbschreiber 
235-256:  Elektromagnet  235.  Kerne  und  Anker  238.  Magnetischer  Kreis. 
Luftzwischenraum  239  Streuung,  Anke  ranzieh  ung  241.  Maximale  Ampere- 
windungen 242.  Einstellung  244.  Schreibhebel  245.  Uhrwerk.  Übersetzung 
der  Geschwindigkeiten  und  Kräfte.  Windfang  247.  Auslösung  und  Hemmung 
250.  Papier  253.  Französischer  Farbschreiber.  Taste  256,  Klopfer  ^8 
und  Klopfertaste  262.    Einfachste  Schaltungen  263. 

1 3.  Vorlesung.     Telegraphische   Hilfsapparate.    266—  296. 

Galvanoskop  266.  Umschalter  268,  Ausgl eich swid erstände  272.  Blitz- 
ableiter 274.  Relais  278--95:  Notwendigkeit  und  Prinzip  der  Anwendung 
278.  Weicheisenrelais  282.  Polarisierte  Relais  von  Hughes  283,  von  Siemens 
287,  mit  drehbaren  Kernen  290,  Übertragung  mit  Relais  und  mit  Farb- 
schreibern 294, 


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14.  Vorlesung.*    Die  Stromquelle.    297— 3U. 

Telegpaphenelemente.  Mehrere  Leitungen  an  einer  Batterie  291. 
Einschränkung  durch  den  inneren  Widerstand  298  und  zwar  nicht  wegen 
der  gteichmassig  verminderten,  sondern  wegen  der  sehwankenden  Klemmen- 
spannung. Kein  Durchschnitt  299.  Zahknbeispiel  300.  Parallelle  Zellen. 
Leiterschaltung  302.  Akkumulatoren.  Vorteile  303.  Schutzwidcrstand  305. 
Ladung  aus  dem  Stadtnetz  307,  mit  Motorgeneratoren  oder  Umformern  308, 
mit  selbt  angetriebenem  Generator,  mit  Telegraphenelementen  310.  Dynamos 
ohne  Akkumulatoren  311. 

15.  Vorlesung.     Der  Morsebetrieb.    312 — 334. 

Verzinkter  Eisendraht  verschiedener  Starke  als  Telegraphenleitung  312. 
Poizeilandoppelglocke  als  Isolator.  Telegraphen  amter.  Zweiteilung  des 
Morse betriebes  in  den  mit  Arbeits-  und  den  mit  Ruhestrom.  Der  Arbeits- 
sirom  313.  Die  Batterie  und  ihre  Bemessung  314.  Ihr  Materialverbrauch. 
Der  Ruhestrom.  Ämterkreb  315.  Mit  einer  Batterie  nur  mit  Ruhestrom 
möglich  316.  Isolationsfehler  verlangen  Verteilung  der  Batterie.  Strom- 
schwachung,  nicht  -Unterbrechung  317.  Schaltregel.  Praktische  Beispiele 
von  Ruhestromkreisen.  Trennamt  320.  Ruhekontakt  pialiniert  321. 
Zusammenfassung  322,  Amerikanischer  Ruhestrom  323.  Die  wichtigsten 
Schaltungen  für  Arbeits-  und  Ruhestrom  323-330. 

Morseschnellbetrieb :  Automatische  Zeichengebung  331.  Schnelltele- 
graph 332. 

16.  Vorlesung.     Der  Hughes- Apparat    335 — 365. 
Mit  einer  kurzen  Be,sprechung  des  Ferndruckers.    366 — 368. 

Verhältnis  des  Hughes  zu  Farbschreiber  und  Klopfer  335.  Jeder  Buch- 
stabe durch  einen  einzigen  Tastendruck  Übertragen  336.  Zwei  synchrone 
Typenräder  340.  (Postmuseum  340.1  Tasten  342.  Figuren  Wechsel  343. 
Tastenhebel.  StiftbOchse.  Kontaktstifte  344.  Schlitten  345.  Kontakthebel. 
Stromstoss  347.  Elektromagnet  348.  Antrieb  durch  einen  Gleichslrom- 
motor  350.  Motor-  und  Schwungradachse  machen  an  800  Touren  352. 
Typenrad-  und  Schlittenachse  120.  Der  Ausläsehebel  verkuppelt  Schwung- 
rad- und  Druckachse  für  eine  Umdrehung  353.  Die  dann  von  der  Schwung- 
radachse mitgenommene  Druckachse  schlägt  den  Druckhebel  gegen  das 
Typenrad  354.  Die  drei  Erfordernisse  des  Typenrades.  Typen-,  Korrektioiis- 
und  Friktionsrad  355.  Typen-  und  Korrektionsradbuchsc.  Wechselhebel  und 
Klinkenausschnitte,  Zahnklinke  und  Drei  finge  rhebel  356.  Bremsregulator  357. 
Zusammenarbeiten  zweier  Apparate  359.  Der  Korrektionsdaumen  und  seine 
dreifache  Aufgabe:  Anhängen  des  Typenrades  an  das  Fiiktionsrad,  Kontrolle 
des  Sjmchronismus,  Figuren  Wechsel  360.  Erst  die  fünfte  folgende  Taste  darf 
gedruckt  werden  362.  Möglichste  Ausnutzung  jedes  Schlitten  Umlaufes  363. 
Dauer  des  Stromstosses.  Schaltung  364.  Ferndrucker  und  das  Fern- 
druckeramt  366—368. 


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17.  Vorlesung.     Die  Kabelströme.    369—386. 

Das  Ohmsche  Gesetz  gilt  nur  fllr  den  Dauerzustand,  nicht  tür  den 
Telegraphierstrom  369.  Selbstinduktion.  Kurven  aufnähme  370.  CapacitSt. 
Lade-  und  Entladestrom  371.  Oberirdische  Leitungen  und  Kabel.  Zusammen- 
setzung der  Kabel  374.  Strom  verlauf  bei  Widerstand  und  Capacilät  (Wasser- 
modell 378),  bei  Widerstand,  Selbstinduktion  und  Capacitat  380.  Batterie 
scheinbar  kurz  geschlossen.  Bedeutung  ihres  inneren  Widerstandes  382. 
Ladezeit  von  der  EMK  unabhängig  383,  Telegraphiergeschwindigkeit  dem 
Produkte  CW  und  damit  dem  Quadrat  der  Leitungslänge  proportional  384. 

18.  Vorlesung.    Der  Kabelbetrieb  387—420. 

Verhalten  des  Empfangsapparates  387.  Zwei  kritische  Stromstarken 
388.  Kleiner  Ankerspielraum.  Reihe  von  Punkten  389  und  Strichen  390. 
Mittlere  Einstellung.  Hilfsmitte!  bei  grossem  CIK:  St r ecke nt eilung.  Polarisierte 
Relais  und  entgegengesetzt  geschaltete  Klemmen  392.  Beschleunigung  der 
Entladung  durch  unmittelbares  Erden  394.  Induktanz rolle  395-400.  Verlauf 
des  Hughesstromes  4O0.  Nur  eine  kritische  Stromstärke  402.  (Lauf  zweier 
(lughes  streng  genommen  asynchron  402  Fussnote). 

Der  Betrieb  langer  Unterseekabel.  403-420. 
Condensatorabschluss  gegen  Krdströme  und  zur  Versteuerung  der 
Stromkurve  403.  Kleinheit  der  Amplitude  404.  Niedrige  Betriebsspannung. 
Punkte  und  Striche  entgegengesetzte  Stromrichtung  405.  Doppeltaste. 
Schwankender  Nullpunkt  406.  Galvano  metrisch  er  Empfang  407.  Spiegel- 
galvanometer. Astasie  408.  Empfindlichkeit.  Richtmagnet  409.  Prinzip 
der  Drehspule  411.  Heberschreiber  412.  Wellenschrift  414.  Originalstreifen 
415.  Ursache  des  schwankenden  Nullpunktes  416.  Übertragung  auf  Inseln 
417.  Trommelrelais.  Grosse  Empfindlichkeit  durch  Drehtrommel  418.  Un- 
veränderter Nullpunkt  durch  Correküonsströme  420. 

IQ.  Vorlesung.    Der  Vielfachbetrieb.    421—434. 

Baudotprinzip  421:  Umscbichtige  Benutzung  eines  Drahtes  durch 
mehrere  Apparate.  Verteüerhebel  422.  Differential-Gegensprechen: 
Differentialprinzip  bei  Galvanoskop  423  und  Relais  424.  Differenlialschaltung 
425.  (Stöpsel widerstände.  Anordnung.  Manganin,  Bifilare  Wicklung  426 
Kussnote).  Ausgleichs  widerstand  425,  Abgehendes  426  und  ankommendes 
Telegramm,  Taste  des  Empfangsamtes  427.  Ausgl eich scapaci tat  430.  Künst- 
liche Leitung.  Brücken-Gegensprechen;  BrQckengesetz  431.  Zweites 
Schema.  Wirkliehe  Schaltung.  Abgehendes  433  und  ankommendes  Tele- 
gramm.   Keine  gegenseitige  Störung  434. 

20.  Vorlesung.    Telephon  und  Mikrophon.    435—449. 

Telephon  435-438,  Bau  435,  Umsetzung  von  elektrischer-  in 
Schallarbcit.    Gleiche  Periodenzahl  von  Strom  und  Ton  436.    Die  Amplitude 


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XI 

der  Stromwelle  entspricht  der  der  Schallwelle.  Schwächung  durch  Selbst- 
induktion. Empfindlichkeit  437.  (Fernsprecher  und  Fernhörer  438  Fussnote,| 
Mikrophon  438-449.  Bleistiftmodell  438.  WidersUndsanderungen. 
Ihre  Erklärung  aus  dem  Ausbr ei tungswid erstände,  dessen  Grösse  sich  mit 
der  Breite  der  Strom  Übergangsstellen  ändert  439.  Wellenstrom.  Umwandlung 
von  Arbeit  im  Telephon,  Auslösung  im  Mikrophon  442.  Walzenmikrophon 
444.  Die  Vermehrung  der  wirksamen  Contakte  bewirkt  eine  bessere  Aus- 
nutzung der  zugefßhrten  Schallenergie,  eine  etwas  geringere  Strombelastung, 
vermehrte  Betriebssicherheit  und  vermeidet  Contaktverbrennung  durch 
ÖfTnungsTunken  446.  Kohlenstoff  als  mikrophonisches  Material.  Fabrikation 
der  Mikrophonkohle  448. 

21.  Vorlesung.    Die  telephonische  Übertragung.   450—474. 

Übertragung  von  Höhe  450,  Stärke  451  und  Klangfarbe  eines  Tones 
«2.  (Weibliche  Beamte  452  Fussnote).  Die  Kleinheit  der  nützlichen  Strom- 
schwankungen, ohne  452  und  mit  Berücksichtigung  der  Selbstinduktion  des 
Telephons  455,  bei  grossem  Ballastslrom.  Der  Transformator  457.  Mikro- 
phonkreis. Telephonkreis.  Die  drei  Vorteile  des  Transformators:  Der 
kleine  Widerstand  der  Primärwicklung  vergrössert  die  mikrophonischen 
Stromschwankungen  458.  AufdenSekundSrkreis  werden  nur  die  Schwankungen, 
nicht  der  conscante  Ballast  Obertragen.  Die  Spannungserhöhung  verkleinert 
die  Le i tu ngs Verluste  459.    Übersetzung  460.    Prinzipielle  Schaltung  461. 

Die  Leitung  462-474:  Eisendraht.  Hauteffekt  462.  Leitfähigkeit 
und  Festigkeit.  Kupfer-,  Bronze-  463,  Doppelbronze,  Compounddraht.  Einfach- 
und  Doppelleitung  464.  Übertrager  466.  Kabel  467.  Der  schädliche  Einfluss 
der  Capacitat.  Papierkabel  468.  Die  Schwächung  der  Strpmamplitude  470 
und  das  Ansteigen  der  Schwächung  mit  der  Periodcnzahl.  Bedeutung  des 
CW  471.     Pupinspulen  472. 

22.  Vorlesung.     Die  Fernsprechgehäuse  und   die  in  ihnen 

vereinigten  Apparate.    475—511. 

Technische  Formen  von  Telephon  und  Mikrophon  475  484:  Hufeisen- 
telephone  475.  (Stephan  an  Bismarck  475  Fussnote.)  Telephon  von 
lyArsonval  478  und  von  Gower  479.  Deutsches  Kapseltelephon  479. 
Französisches  und  englisches  Walzenmikrophon  480.  Körnermikrophone 
Contaktkammer  481.  Schwedische  Sammlung  482.  Berijnersches  Mikrophon 
483.    Zusammenbacken  der  Körner  484. 

Hilfsapparate484— 501.  Sicherung:  Blitzabki(er4fö.  Grob- und  Fein- 
sicherung 486.  Anruf:  Wecker  für  Gleich- 487  und  Wechselstrom,  Magnet- 
induktor 488.  Drahtwindung  im  Magnetfelde  489.  Kraftlinienanderung  490. 
Wechsebtrom  492.  Arbeitsquelle  493.  Anker.  Elektromotorische  Kraft 
und  Klemmenspannung  494.  Doppel  T-Anker.  Antrieb.  Umschaltung  496. 
Haken  Umschalter  499. 

Gehäuse  501-511:  Schrank  und  Puttgehäuse  501.  Mikrophon  auf 
verstellbarem   Arm  502.     Schaltung   503.     Tischgehäuse  505.    Kurzschluss 


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der  secundaren  Induktionsspule  507.  Telephon  auch  zu  ihr  parallel. 
Schaltung  508.     Patrouillenapparate  509.    Automat  510. 

Aufgaben  des  Fernsprechamtes.    512—516. 
Durch    grosse    Teilnehmerzahl     un verhältnismässig    erschwert    512. 
Klinke.    Stöpsel.    Vielfachprinzip  514.    Dreiecksschrank  516. 

23.  Vorlesung.    Funkentelegraphie.    Erster  Teil.   517 — 528. 

Funkente legraphische  Erscheinungen  nicht  merkwürdiger,  als  alle 
anderen  elektrischen-  auch.  Dazu  Ämter  verbunden,  wenn  auch  nicht  durch 
Draht.  Notwendigkeit  eines  Körpers  zur  Ausbreitung  von  Schall  517,  Licht 
und  Wärme.  Äther.  Ätherqner wellen  518.  Geschwindigkeit  constant. 
Schwingungszahlen  und  Wellenlängen  veränderlich  520.  Freie  elektrische 
Wellen.  Vom  Funken  erregte  Drahtwellen  stossen  den  Äther  zu  freien 
Wellen  an.  Fritter  521.  Antennen  522.  Hertzsche  Versuche  zeigen  Aus- 
breitung, Spiegelung,  Brechung,  Interferenz,  Geschwindigkeit  elektrischer 
Wellen  523-528. 

24.  Vorlesung.   Funkentelegraphie.   Zweiter  Teil.  52Q— 559. 

Entfrittung.  Horsezeichen  529.  Wellenzeiger  530.  Beschreibung  der 
Fritterwirkung  531.     Elektrolytische  Zelle  532.     Entladung  schwingend  oder 

nicht.      Dampfung  533.      W  ^  2  V  ■      ■      Inaktiver    Funke.      Unterteilte 

Funkenstrecke  536.  Eigenperiode  eines  Schwingungskreises:  T  =  2iyi/.'. 
537.  Luftdraht  schwingt  in  einer  viertel  Welle  541.  Zur  Vermeidung  von 
Abfangen  und  Stören  durch  Fremde  Abstimmung  des  Ämterpaares  not- 
wendig 542.  Technische  Anordnung:  Lultdraht.  Gegengewicht  544.  Ver- 
minderung der  Dämpfung  mittelst  zweier  gekuppelter  Kreise  545.  Lose 
Kupplung  548.  Abfangen  und  Stören  trotz  Abstimmung  549.  Funken - 
telegraphische  Massenwirkung.  Apparate  550.  Verwendung  der  Funken- 
telegraphie 558. 

Schlussbemerkung  560. 


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Zusammenstellung  der  Abkürzungen. 

(Mit  Ausnahme  der  chemischen  Symbole). 


I  elektrische  Arbeil. 


A  Arbeit. 

A.'  Eingeladene  | 

A"  Ausgeladene  I  ^ 

A  {Ai  A^      Wicklungsanfang. 

a  Windungszahl  einer  Ankerspule. 

1  Teilnehmeranzahl. 

Amp  Ampere, 

B  Magnetisierung,  Kraftliniendichte  im  Eisen.     Batterie. 

B,  Bg  Batterien  oder  Batterieteile. 

+  B,    -  B     positive  und  negative  Batterie  klemme. 

C  Capacitat. 

Cd,  Cl,  C,  Cjti    Capacitat    eines    Dielektrikums,    der    Luft,    verschied 

Dielektrika. 
0  W  Capacitat  mal  Widerstand  (M  F  .  Megohm). 

(-7a  Cih  Cii-  Ctii.  Capacitaten  von  vier  Schwingungskreisen, 
c  Elektrisches  Wärmeäquivalent  0,24. 

Fortpflanzungsgeschwindigkeit  von  Wellen. 
ä,  d^  d^  dg     Dielektricitatsconstante. 

E  Elektromotorische  Kraft,  Spannungsunterschied. 

E  (£,  E^     Wicklungsende. 

Et  Klemmenspannung. 

Ek'  Mittlere  Ladespannung. 

Ek"  Mittelere  Entladespannung. 

Ei  Ell  Primare  und  sekundäre  Transformatorspannung. 

e  Gegenspannung  durch  Selbstinduktion,  —  in  einer  Windun 

«(  Primäre  Selbstinduktion  des  Transformators. 

F  Kraft  der  Anziehung  oder  Abstossung  .  Farad. 

Fr  Fritter. 

G  Galvanoskop. 

Gl  ffa  Galvanoskope.    Wicklungen  des  DifFerentialgalvanoskops. 

H  Magnetisierende  Kraft.    Kraftliniendichte  in  Luft. 

Haker.umschalter  mit  Federn  I  bis  5. 


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J  Stromstärke.    Gesamtstrom.    Schallintensität  (/|  Jj). 

Magnet  Induktor  {J/  J,i  seine  beiden  isolierten  Klemmen). 

J*  Jp  Strom  aus  hintereinander-  und  aus  parallel  geschalteten  Zellen. 

Ja  Jf  Jii  Ströme  im  GlOhlampenmodell  der  ersten  Vorlesung. 

^i  ^it  Primärer  und  secundärer  Transformatorstrom. 

Jo  Ji  Ja  Mittlerer,  kleinster,  grösster  Mikrophoi 

»1  i'j  bj  i(  Zweigströme.    Ströme  in  den  Bröcker 

Kl  Entfrittungsklöppel, 

i  Leitßlhigkeit.  (iiJ.ä)-  Permeabilität.    Leistung.  Leitung.  Selbst- 
induktion (in  lO'J  cm). 

Lt  Specifische  Leitfähigkeit. 

ZB  Leitungsbatterie, 

io  ii  Telephonische  Leitungen. 

Jjia  Lii  Lila  Lith  Selbstinduktionen  von  vier  Schwingungskreisen. 

Z|  Zf  Z^  Leitungen,  Leitungslängen. 

l  Lange.     Wellenlänge. 

M  Wärmemenge,  (Jlfi  Af^)  Morse,  (Färb  seh  reiber  oder  Klopfer). 

ÜB  Mikrophonbalterie. 

HF  Mikrofarad. 

3K  Mikrophon. 

iH(  Mj  Magnetische  FolstSrken. 

N  Nordpol.    Gesamte  Kraftlinienzahl. 

*>  (•»/■»*>;/)  Windungszahl  von  Spulen.  Anzahl  geschalteter  Elemente. 

Schwingungszahl  von  Wellen. 

nJ  Amperewindungen. 

«1  f^J  ttg  Zellenzahlen. 

0  Osten. 

OB  Ortsbatterie. 

P  Verzweigungspunkt. 

PB  Polarisiertes  Relais. 

Q  Elektricitatsmenge  (^,  Q.^. 

(^  §"  Ein-  und  ausgeladene  Elektricitatsmenge. 

q  Querschnitt. 

fi  Relais  (Ä,  Bj).    Widerstand  der  Farbschreiberspulen. 

r  Abstand,  Entfernung  (r,  r^  r^). 

S  Südpol. 

«  Länge  eines  schwingenden  Fadens  oder  Drahtes.    Höhe  einer 
schwingenden  LuftsSule. 

T  Schwingungsdauer.    Taste  {7'|  1\  T^.    Telephon. 

2V  Trennung. 


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Tim  Tu  Tiia  Tm  Schwingungsdauer  der  verschiedenen  Schwingungskreise. 
(  Zeit. 

Üb  Übertragung. 

V  Verluste  im  Transformator. 

W  Widerstand.    Ohmscher  Widerstand.    Äusserer  Widerstand  des 

Mikrophonkreises.    Bei    der  DifTerentialschaltung:    Widerstand 

zur  Erde  von  Gj  aus.    Westen. 
TP  Scheinbarer    Widerstand,    Widerstand    gegen    Wechselstrom, 

zusammengesetzt  aus  Ohmschem  Widerstand  und  Indulctanz. 

Bei  der  DifTerentialschaltung:    Schutz  widerstand. 
Wk  Widerstand  der  Erdung. 

Wi;  Widerstand  einer  Galvanoskopspule. 

Wl  Widerstand  der  Leitung. 

Wh  Widerstand  einer  Relaisspule. 

IT.  Spezifischer  Widerstand. 

W,   W^  Ausgleichs  widerstände  bei  einer  Trennstelle, 

w  Widerstand  des  ruhenden  Hikrophons- 

■Ti  Innerer  Widerstand  von  Zellen. 

wt  KQnstUcher  Widerstand. 

Kl  Äusserer  Widerstand,  Nutzwiderstand. 

w  Wo  w/  wji  Widerstand   der  GlOhlampe  und    ihrer  Zuleitungen    im    Modell 

der  ersten  Vorlesung, 
le,  lOj  tcg  w«    Widerstände  der  Brockenseiten. 


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D,„i,.,db,Google 


1.  Vorlesung. 

Der  elektrische  Strom. 

Die  Uechanik  <lcs  elektrischen  Strames  unbekannt.  —  Ein  Leiter  zwischen  Klemmen 
verschiedener  Spinnung,  —  Der  Strom.  —  Elektromotorische  Kraft,  ElektriciUts- 
menge,  StromsUrke.  —  Leitfähieiceit.  —  Gute  und  schlechte  Leiter.  —  Specifisches 
LeitvennCgen,  LSnge  und  Querschnitt.  —  Widerstand,  specitiacher  Widerstand.  — 
Ohmsches  Gesetz.  —  Hydraulisches  Bild.  —  Im  ganzen  Kreise  dieselbe  Strom- 
stib^e.  —  Spannungsabfall.  —  Vergleich  des  elektrischen-  mit  ein^m  Luftslrom,  — 
Skiuen  und  Ausdrucks  weise.  —  GlOhlampenmodell.  ^   Diagramme. 

Die  erste  Vorlesung  soll  Sie  in  die  Grundlagen  der  Lehre 
vom  elektrischen  Strome  einführen,  deren  völliges,  durch 
grOndliches  Durchdenken  gefestigtes  Verständnis  für 
alle  weiteren  Studien  unerlässlich  ist.  Allerdings  bereitet 
der  erste  Schritt  dem  Causalitatsbedürfnis  eine  Enttäuschung. 
Denn  so  hoch  auch  der,  Stand,  den  die  Elektrik  einnimmt,  so 
grossartig  ihre  Entwicklung  in  Werk  und  Lehre,  so  wenig  die 
Menschheit  den  elektrischen  Strom  missen  könnte,  ohne  in  einen 
Zustand  der  Barbarei  zurückzusinken,  so  wenig  wissen  wir  von 
dem  inneren  Vorgange,  der  sich  beim  Fliessen  eines  elektrischen 
Stromes  abspielt,  so  unbekannt  ist  noch  seine  Mechanik.    Was  wir 


Demonatratior 


hingegen  kennen  und  vielfach  bis  in  alle  Einzelheiten  beherrschen, 
sind  Wirkungen  des  Stromes.  Eine  solche  hervorzurufen,  sehen 
Sie  vor  sich  unsern  ersten  Versuch  (Fig.  1)  aufgebaut. 


D,ü,i,z.db,Cooglc 


Ein  Eisendraht  wird  mit  seinen  Enden  je  in  eine  dieser 
beiden,  mit  dem  elektrischen  Leitungsnetz  der  Stadt  verbundenen 
Standklemmen  gesteckt,  deren  Schraube  angezogen  und  dieser 
Schalthebel  umgelegt').  Sie  bemerken,  dass  der  Draht  sich  aus- 
dehnt. Ich  fühle,  dass  er  warm  wird.  Die  auf  ihm  sitzenden 
Papierreiterchen  fühlen  es  auch  und  beginnen  zu  schweelen.  Hier 
fängt  sogar  eins  zu  brennen  an.  Der  Draht  wird  rot  — ,  dann 
weissglühend  und  schmilzt  schliesslich  unter  Feuererscheinung 
durch.  Das  Einschalten  des  Drahtes  zwischen  die  Klemmen 
setzt  eine  Wärmeentwicklung  in  Gang,  als  deren  Ursache  wir 
das  Fliessen  eines  elektrischen  Stromes  angeben.  Von 
der  einen  Klemme  zur  andern,  in  unserm  Falle  von  der  linken 
zur  rechten  in  der  Richtung  des  dahinter  stehenden  grossen 
Pfeiles,  wird  nach  unserer  Annahme  ein  Etwas  transportiert, 
das  wir  Elektricität  nennen.  Was  das  Etwas  ist,  wissen  wir 
nicht.  Genug,  es  bewegt  sich  von  der  einen  Klemme  zur 
anderen,  und  ein  solcher  Transport,  eine  solche  Bewegung  von 
Elektricität  heisst  ein  elektrischer  Strom. 

Zum  Fliessen  eines  Stromes  ist  nötig,  dass  die  Elektricität 
in  der  einen  Klemme  einen  grösseren  Druck,  eine  höhere 
Spannung')  besitze,  als  in  der  anderen,  und  dass  dieser  Spannungs- 
unterschied fortgesetzt  aufrecht  erhalten  werde.  Durch  die 
Leitungsdrähte  und  den  Schalthebel  sind  die  Klemmen  mit  dem 
Kupfer-lnnern  zweier  unter  der  Strassenoberfläche  verlaufenden 
Kabel  und  durch  sie  mit  der  elektrischen  Maschine  des  Kraft- 
werkes verbunden.  Das  Werk  ist  durch  Vertrag  verpflichtet, 
Elektricität  der  verabredeten  Spannung  zu  fabrizieren.  In  dem 
Maasse,  in  welchem  sich  der  Spannungsunterschied  der  Klemmen 
durch  ihre  leitende  Verbindung  ausgleicht,  wird  gleichsam  durch 
das  eine  Kabel  gespannte  Elektricität  hergedrückt,  durch  das 
andere  Kabel  die  ihrer  Spannung  beraubte  abgesaugt.  Wie  das 
Werk  das  macht,  kümmere  uns  jetzt  nicht.  Sie  werden  bei 
Gelegenheit  der  Telephoninduktoren  davon  eine  Vorstellung 
bekommen.  Zunächst  sorgen  wir  uns  aber  weder  um  die 
maschinellen,  noch  um  andere  Erzeugungsarten  der  Elektricität 
und  beginnen  unsere  Betrachtung  erst  bei  den  Standklemmen 
hier  auf  dem  Tisch. 

')  NatQrlkh   muss  der  nOlige  Widerstand  vorgeschaltet    sein. 
^)  Die  Engländer  nennen  die  Spannung  direkt  pressure,  Druck. 


D,„i,.,db,Google 


Der  elektrische  Strom.  3 

Der  zwischen  diesen  Klemmen  bestehende  Unterschied  der 
elektrischen  Spannung  drückt  die  Elektricitat  durch  den  Metall- 
draht. Er  verursacht  ihr  Fliessen;  er  setzt  und  erhält  sie  in 
Bewegung;  er  bildet,  wie  das  Fremdwort  heisst,  die  Elektro- 
motorische Kraft  oder,  nach  englischem  Vorbilde  abgekürzt, 
die  EMK.  Zwischen  der  Grösse  der  Spannungsdifferenz  oder 
Elektromotorischen  Kraft  und  der  Menge  der  von  ihr,  als  der 
Ursache,  in  Bewegung  gesetzten  Elektricitat  besteht  eine  ein- 
fache Beziehung.  Wie  man  durch  den  Versuch  erweisen  und 
sich  auch  leicht  vorstellen  kann,  sind  sie  einander  proportional. 
Der  doppelte  Spannungsunterschied  schickt  durch  denselben 
Draht  in  derselben  Zeit  die  doppelte  Menge  Elektricitat,  die 
doppelte  Elektricitätsmenge,  wie  der  einfache.  Man  ist 
gewohnt,  die  in  der  Sekunde  durch  einen  Querschnitt 
des  Drahtes  fliessende  Elektricitätsmenge  als  die  Starke 
des  elektrischen  Stromes,  als  die  Stromstärke  zu  bezeichnen. 
Mithin  ist  auch  sie,  die  Stromstarke,  der  Spannungsdifferenz 
proportional. 

Für  die  mathematische  Darstellung  wird  der  Spannungs- 
unterschied oder  die  Elektromotorische  Kraft  mit  dem  ersten 
Buchstaben  dieses  Wortes  mit  E  und  die  Stromstärke  von  ihrem 
früher  gebräuchlichen  Namen  Intensität  her  mit  •/  bezeichnet. 
/  ist  also  proportional  E. 

J^E 

Beide  Grössen  sind  durch  eine  dritte  verknüpft,  welche  dem 
zwischen  den  Klemmen  eingeschalteten  Leiter  zugeschrieben 
werden  muss  und  seine  Leitfähigkeit  L  genannt  wird.  Sie 
wird  definiert  aus  der  Gleichung: 

J~  E.L 

Auch  die  Leitfähigkeit  oder  das  Leitvermögen  ist  mithin  der 
Stromstärke  proportional.  Je  grösser  das  Leitvermögen,  umso 
grösser  —  bei  gleicher  Spannungsdifferenz  —  der  Strom.  Bei 
grossem  Leitvermögen  des  zwischen  die  Klemmen  geschalteten 
Drahtes  erzeugt  schon  ein  kleiner  Spannungsunterschied  einen 
verhältnismässig  grossen  Strom,  wird  pro  Sekunde  eine  ver- 
hältnismässig grosse  Elektricitätsmenge  vorwärts  geschoben. 
Leitet  der  Draht  in  einem  Falle  nur  halb  so  gut,  als  in  einem 


„Google 


4  l>er  elektrische  Strom. 

andern,    so    treibt  dieselbe  Spannungsdifferenz  nur  den  halben 
Strom  hindurch. 

Die  Grösse  der  Leitfähigkeit  L  hängt,  wie  man  sich  leicht 
denken  kann,  zuerst  von  dem  Material  des  leitenden  Körpers  ab. 
Es  giebt  gute  und  schlechte  Leiter  der  Elektricität.  Einige 
bekannte  Körper  bilden  vom  best  bis  zum  schlechtst  leitenden 
die  Reihe:  Silber,  Kupfer,  Aluminium,  Platin,  Eisen,  Neusilber, 
Quecksilber.  Ihnen  seh  Hessen  sich  die  ganz  schlecht  oder 
praktisch  garnicht  leitenden  Substanzen,  die  Isoliermaterialten 
an.  Solche  sind  Glas,  Porzellan,  Glimmer  und  der  aus  Glimmer- 
abfällen zusammengeleimte  Mikanit,  dann  Theer,  Asphalt,  Gutta- 
percha, Kautschuk,  gewisse  Harz-  und  Gummi präparate,  wie 
Ebonit  oder  andere,  die  je  nach  dem  Fabrikanten  Stabilit,  Isolacit, 
Ambroin  oder  anders  heissen,  endhch  Gespinste  aus  Seide, 
Baumwolle,  Hanf,  Jute  und  noch  eine  grosse  Zahl  anderer 
Körper.  Ein  Maass  für  das  Gut-  oder  Schlechtleiten  einer  Sub- 
stanz bildet  das  spezifische  Leitvermögen  L,,  die  Leit- 
fähigkeit der  Substanz  an  sich,  eine  Materialconstante.  Das 
spezifische  Gewicht  ist  bekannthch  das  Gewicht  der  Volumen- 
einheit. Das  spezifische  Leitvermögen  wird  dementsprechend 
als  das  Leitvermögen  eines  Einheitsstabes  definiert,  dessen  Länge 
1  m  und  dessen  Querschnitt  1  mm^  beträgt.  Am  schlechtesten 
von  den  Metallen  leitet  das  Quecksilber.  Sein  spezifisches  Leit- 
vermögen liegt  nur  wenig  über  I.  Aufsteigend  sind  dann  die 
ungefähren  Zahlen  für 

Neusilber        3.  Eisen       10.  Platin     11. 

Aluminium     33.  Kupfer    57.  Silber    60. 

Eisen  leitet  etwa  lOmal  so  gut  wie  Quecksilber,  Kupfer  etwa 
57  mal  so  gut,  Kupfer  leitet  mithin  etwa  5,7  mal  so  gut  als 
Eisen,  Sie  sehen,  der  Grund  für  die  Verwendung  des  Kupfers 
zu  elektrischen  Leitungen  liegt  in  seinem  grossen  spezifischen 
Leitvermögen.  Kleine  Beimengungen  fremder  Metalle  beein- 
flussen die  Grösse  von  L,  ganz  ausserordentlich.  Es  ist  des- 
halb auf  besonders  reines  Leitungskupfer  grosser  Wert  zu  legen. 
Das  Leitvermögen  hängt  ausser  von  der  Grösse  L,,  dem 
Material  des  Leiters,  noch  von  seinen  Dimensionen  ab.  Je 
dicker  ein  Draht,  umso  besser,  je  länger  er  ist,  umso  schlechter 
leitet  er.     L  ist  also  dem  Querschnitt  q  direkt,  der  Lange  l  um- 


DigitizsdbyGOOgle 


gdtehrt  proportional.  Das  Leitvermögen  L  ist  gleich  dem  des 
Einheitsstabes  L,,  multipliziert  mit  dem  Querschnitt  in  Milli- 
metern, dividiert  durch  die  Lange  in  Metern 


Bei  den  metallischen  Leitern  spricht  man  gewöhnlich  nicht 
von  ihrem  Leitvermögen,  von  der  Fähigkeit,  den  Strom  zu  leiten, 
sondern  von  der,  der  Leitung  des  Stromes  Widerstand  entgegen 
zu  setzen.  Es  ist  nur  eine  verschiedene  Ausdrucksweise  für 
dieselbe  Thatsache,  wenn  wir  sagen,  ein  langer  Telegraphen- 
draht leite  schlecht,  oder  er  besitze  einen  grossen  Widerstand. 
Das  erste  ist  vielleicht  verständlicher,  das  zweite  gebräuchlicher. 
Leitvermögen  und  Widerstand  sind  reciproke  Werte. 

Setzt  man  diesen  Wert  für  L  in  unsere  Gleichung  J  =^  E .  L  ein, 
so  wird  sie  zu 

W. 

Die  Starke  eines  Stromes  ist  gleich  der  ihn  treibenden  Spannung 
dividiert  durch  den  Widerstand  des  durchflossenen  Leiters. 

Dem  spezifischen  Leitvermögen  ist  der  spezifische 
Widerstand  reciprok, 

'■-^ 

Der  spezifische  Widerstand  des  Quecksilbers  liegt  mithin  ein 
wenig  unter  1;  er  ist  etwa  0,94,  Kupfer  mit  dem  /-,  von  55 
bis  57  hat  ein  W,  von  '/m  —  '/n,  etwa  =  0,018,  Silber  mit  einem 
L,  von  etwa  60  hat  W,  =  '/«o  ■=  0,017.  Weitere  ungefähre 
Werte  von  spezifischen  Widerständen  sind:  Aluminium  0,03, 
Platin  0,09,  Eisen  0,1,  Neusilber  0,3,  Nickelin  (eine  Legierung, 
die  etwa  zur  Hälfte  aus  Kupfer  und  zu  je  ein  Viertel  aus  Nickel 
und  Zink  besteht)  0,41,  Manganin  (aus  84"/''  Kupfer,  127»  Mangan 
und  57a  Nickel  zusammengesetzt)  0,47. 
Statt 

.  =  /.,« 


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6  Der   elektrische   Strom. 

heisst  es  jetzt 


Die  beiden  Gleichungen 

./  =  ^   und    W=  W,    ' 
W  q 

sind  von  dem  deutschen  Professor  Ohm  aufgestellt  worden  und 
heissen  nach  ihm  das  Ohmsche  Gesetz.  Sie  besitzen  für  die 
gesamte  Elektrik  die  ailergrösste  Wichtigkeit  und  sind  unbedingt 
dem  Gedächtnis  einzuprägen.  Für  die  Hauptgleichung  wird 
das  durch  die  Form  JS=  JW"  erleichtert,  in  der  sich  die  Buch- 
staben in  alphabetischer  Reihe  folgen. 

Ein  Hilfsmittel  ftlr  das  erste  Verständnis  der  im  Ohmschen 
Gesetz  gegebenen  Beziehungen  ist  der  Vergleich  des  elektrischen 
mit  einem  Wasserstrome,  von  dem  angenommen  wird,  dass  er, 
ohne  unterwegs  Nebenflüsse  aufzunehmen  oder  Wasser  zu  ver- 
lieren, von  der  Quelle  zur  Mündung  herabfliesst.  Der  Höhen- 
unterschied zwischen  Quelle  und  Mündung  spielt  für  den  Wasser- 
strom die  gleiche  Rolle,  wie  der  Spannungsunterschied  für  den 
elektrischen.  Er  setzt  das  Wasser  in  Bewegung;  er  ist  die 
aquamotorische  Kraft.  Quelle  und  Mündung  entsprechen 
deshalb  den  Klemmen.  Die  Wassermenge,  die  pro  Sekunde  unter 
einer  Brücke  hindurchfliesst,  ist  dem  treibenden  Höhenunterschiede 
proportional:  Vom  Gebirge  stürzt  das  Wasser  in  Fällen  herab; 
ein  Fluss  der  Ebene  zieht  gemächlich.  Ausser  von  der  treibenden 
Höhendifferenz  hängt  die  Geschwindigkeit  des  Fliessens  vom 
Widerstände  des  Bettes  ab,  zunächst  von  dessen  Beschaffenheit. 
Ist  das  Bett  mit  Steinen  angefüllt,  gegen  welche  die  Strömung 
anprallt  und  von  denen  sie  gehemmt  wird,  so  giebt  es  ein  Bild 
eines  Leiters  mit  grossem  spezifischen  Widerstände.  Ist  das 
Bett  von  Steinen  befreit,  vielleicht  ausgemauert  wie  ein  Kanal, 
so  deutet  das  einen  kleinen  Widerstand  des  Materiales  an.  Ver- 
teilt sich  dieselbe  Höhendifferenz  über  eine  lange  Flussstrecke, 
so  wird  die  Bewegung  langsam  geschehen:  Der  Fluss  der 
Ebene;  das  Gegenteil  der  Wasserfall.  Ist  das  Bett  breit,  so 
wird  es  natürlich  eine  grössere  Wassermenge  transportieren 
können,  als  wenn  es  eng  ist.  Das  sind  die  Beziehungen  zwischen 
elektrischem  und  Wasserstrom,    die    wohl  nur  deshalb  so  nahe 


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Der  elektrische  Strom.  7 

scheinen,  weil  wir  noch  immer  in  der  Anschauungs-  und  Aus- 
drucksweise leben,  als  ob  die  Elektricität  den  Leiter  wie  eine 
Flüssigkeit  ein  Rohr  durchfliesst.  Solange  aber,  bis  an  Stelle 
der  jetzigen  Anschauung  keine  wissenschaftlich  befriedigendere 
getreten  ist,  muss  man  sich  mit  ihr  behelfen,  sich  des  Bilder- 
haften nur  immer  bewusst  bleiben. 

ZweiThatsachen  sind  hier  noch  besonders  zu  beachten;  zuerst 
die  eine:  Denkt  man  sich  wie  vorhin  von  dem  Wasserstrome 
künstlich  alle  fremden  Zuflüsse  und  alle  Wasserverluste  ab- 
gewehrt und  über  ihn  zwei  Brücken,  die  eine  mehr  stromauf-, 
die  andere  mehr  stromabwärts  geschlagen,  so  fliesst  in  der 
Sekunde  unter  beiden  Brücken  gleichviel  Wasser  hindurch.  Das 
Bild  deckt  sich  etwas  mehr  mit  der  Wirklichkeit,  wenn  sie  den 
Wasserstrom  durch  eine  Wasserleitung  ersetzen.  Die  mächtige 
Pumpe  des  Wasserwerkes  übt  mit  ihrem  Kolben  einen  grossen 
Druck  auf  das  Wasser  aus.  Dieser  Druck  ist  jetzt  die  aqua- 
motorische  Kraft.  Von  ihm,  von  der  Länge  und  dem  Quer- 
schnitt der  unverzweigt  gedachten  Röhrenleilung  wird  die 
in  der  Sekunde  beförderte  Wassermenge  abhängen.  Es  ist  klar, 
dass  in  allen  leilen  der  Leitung  das  Wasser  gleich  schnell  strömt. 
Würde  sich  die  Schnelligkeit  des  Fliessens  mit  der  Entfernung 
vom  Werke  vermindern,  so  würde  mehr  Wasser  nachströmen, 
als  abtliesst,  die  Wasserteilchen  müssten  auf  einander  prallen 
und  sich  zusammendrücken.  Am  Ende  der  Leitung  kann  aber 
auch  nicht  mehr  Wasser  abfliessen  als  nachgepumpt  wird;  sonst 
müsste  mitten  in  der  Röhre  ein  leerer  Raum  entstehen. 
Hieraus  ist  zu  folgern :  Ein  unverzweigter,  ideal  isolierter 
elektrischer  Strom  führt  pro  Sekunde  durch  jeden 
Querschnitt  die  gleiche  Elektricitätsmenge;  in 
seinem  ganzen  Lauf  herrscht  dieselbe  Stromstärke.') 
Weder  ist  die  Elektricität  in  einem  Teile  des  Stromes  dichter 
als  in  einem  andern,  noch  kann  mitten  in  dem  fliessenden  Strome 
eine  Lücke  entstehen.  Im  ganzen  Stromkreis  herrscht  das 
gleiche  ./,  aber  nicht  das  gleiche  E.  Jede  Stelle  des  Wasser- 
stromes hat  ein  höheres  Niveau  als  die  Mündung,  ein  niedrigeres 
als  die  Quelle.  Jeder  Schritt  vorwärts  ist  auch  ein  Schritt  ab-  ' 
wärts.     In  der  Wasserleitung  ist  der  Druck  unter  dem  Pumpen- 

')  Von  den  durch  KabeJ  bewirkten  Komplikalionen  ist  hier  natOrlich  abgesehen. 


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8  Der  elektnsche  Strom. 

kolben  der  grösste,  und  allmählich  wird  er  durch  das  Fliessen 
verzehrt.  Gerade  so  mit  der  elektrischen  Spannung.  Die 
Elektricität  liefernde  Klemme  hat  die  höchste,  die  sie  ableitende 
die  niedrigste  Spannung.  Alle  dazwischen  liegenden  Punkte ' 
des  Stromlaufs  haben  dazwischen  liegende  Spannungen.  Der 
Transport  der  Elektricität  durch  den  Draht  zehrt  ihre  Spannung 
auf.  Es  findet  gemeinsam  mit  dem  Strömen,  weil  durch  das 
Strömen,  ein  Nachlassen  der  Spannung,  ein  Spannungsabfall 
statt.  An  allen  Stellen  gleiches  J,  aber  stete  Abnahme  von  E 
durch  den  Kreislauf. 

Diese  beiden  Thatsachen  sehen  Sie  hier  (Fig.  2)  im 
hydraulischen  Bilde  vor  sich.  Ein  Glascylinder  steht  durch 
eine  seitliche,  in  der  Nähe  des  Bodens  gelegene  Öffnung  mit 


2S. 


1\%.  2.      Hydraulisches   Abbild    des    elektischen  Stromes. 

einer  horizontalen  Glasröhre  in  Verbindung.  Diese  horizontale 
Glasröhre  trägt  in  von  einander  gleichen  Abständen  drei 
vertikale,  die  oben  offen  sind.  Ist  das  freie  Ende  der  horizon- 
talen Röhre  durch  einen  Hahn  verschlossen,  so  steht  nach  dem 
Gesetz  von  den  kommunizierenden  Röhren  das  Wassemiveau 
in  allen  drei  Vertikalröhren  ebenso  hoch  wie  im  Cylinder. 
Wird  der  Hahn  geöffnet,  so  fliesst  durch  jeden  Querschnitt  der 
Röhre  in  der  Sekunde  dieselbe  Wassermenge.  Man  kann  sie 
leicht  messen,  wenn  man  das  während  einer  bestimmten  Zeit 
aus  der  Röhre  ausfliessende  Wasser  in  einem  Maasscylinder 
auffängt  und  die  erhaltene  Anzahl  Kubikcentimeter  durch  die 
Dauer   des    Fliessens    in  Sekunden    dividiert.     Der   Stand    des 


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mpPl^ 


■lektrische   Strom. 


Wassers    in    den  vertikalen  Röhren    zeigt  den    gleich  massigen 
Niveauabfall  vom  Cylinder  bis  zum  Hahn  an. 

Um  uns  die  Grundbegriffe  der  Lehre  vom  elektrischen 
Strome,  wie  sie  im  Ohmschen  Gesetz  ihren  Ausdruck  finden, 
recht  klar  zu  machen,  scheuen  wir  uns  nicht,  einen  weiteren  bild- 
lichen Vergleich,  und  zwar  aus  dem  Alltagsleben,  zu  betrachten:  Ein 
Zimmer  werde  von  einem  geheizten  Ofen  über  die  Temperatur  der 
äusseren  Luft  erwärmt.  Sobald  ein  Fenster  geöffnet  wird,  strömt  die 
warme  Luft  aus  dem  Zimmer  ins  Freie.  Das  entgegengesetzte 
Strömen  des  gleichen  Volumens  kalter  Luft  ist  zur  Zeil  für  den 
Vergleich  ohne  Belang,  Die  warme  Luft  strömt  so  lange  durch  das 
Fenster  hinaus,  als  sie  draussen  abgeführt  und  als  innen  der  Ofen 
genug  erwärmt  und  so  fortwährend  der  Temperaturunterschied 
aufrecht  erhalten  wird.  Ist  es  ja  doch  dieser  Temperatur- 
unterschied, welcher  die  Luftbewegung  verursacht;  man  könnte 
ihn  die  aöromotorische  Kraft  nennen.  Je  grösser  er,  um  so 
heftiger  die  Luftbewegung,  ein  um  so  grösseres  Luftvolumen 
wird  in  einer  bestimmten  Zeit  den  Fensterquerschnitt  passieren. 
Ein  heisser  Ballsaal  wird  durch  ein  in  die  Winterkalte  hinaus 
geöffnetes  Fenster  in  wenigen  gefahrlichen  Augenblicken  ab- 
gekühlt. Die  Tempera turdifferenz  von  30"  C.  oder  mehr  jagt 
die  heisse  Luft  allzu  schnell  ins  Freie.  Im  Frühjahr  bei  einer 
Temperaturdifferenz  von  vielleicht  nur  10°  braucht  ein  Zimmer 
wesentlich  längere  Zeit,  um  zu  lüften,  weil  eben  pro  Sekunde 
nur  ein  kleineres  Luftvolumen  nach  aussen  entweicht.  Sie  fühlen 
das  Analoge  zwischen  dem  mechanischen  und  dem  elektrischen 
Vorgang.  Temperatur-  und  Spannungsdifierenz,  Stärke  der  Luft- 
strömung —  d.  h.  pro  Sekunde  durch  das  Fenster  entweichen- 
des Luftvolumen  —  und  Stärke  der  elektrischen  Strömung  — 
d.h-proSekundedurchdenQuerschnittfliessendeElektricitätsmenge 
—  sind  Analoga.  Das  pro  Sekunde  beförderte  Luftvolumen 
wächst  mit  der  Grösse  der  durchströmten  Fensteröffnung. 
Ein  weit  geöffnetes  Fenster  bewirkt  schnellere  Lüftung  als  eine 
kleine  Ventilationsklappe.  Will  man  die  Leiterlänge  mit  dem 
Spannungsabfall  in  dem  Bilde  wiederfinden,  so  muss  sich  das 
ins  Freie  führende  Fenster  nicht  im  Zimmer  selbst,  sondern  am 
Ende  eines  Ganges  befinden,  der  mit  dem  Zimmer  durch 
eine  offene  Thür  verbunden  ist.  Die  Lüftung  beansprucht 
dann    eine   um    so  grössere  Zeit,  Je  länger  der  Gang  und  je 


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10  Def  elektrische  Strom. 

kleiner  sein  Querschnitt  ist.  Die  den  Gang  hinunter  strömende 
Luft  ist  wärmer,  als  die  im  Freien,  und  kälter,  als  die  im  Zimmer, 
und  zwar  werden  mehrere  auf  dem  Gang  angebrachte  Thermo- 
meter ein  allmähliches  Sinken  der  Temperatur  vom  Zimmer 
zum  Fenster  anzeigen, 

Im  Laufe  der  Vorlesungen  werden  zur  leichteren  Ver- 
ständigung vielfach  Skizzen  zu  zeichnen  sein.  In  ihnen  (Fig.  3) 
bedeuten  zwei  parallele  verschieden  lange  Striche  neben  einander 

die  beiden  Klemmen  verschiedener 
**  Spannung ,  und  zwar  soll  der 
*■     v' V.       grössere     Strich     die     die     höher 

gespannte    Elektricität    zuführende 

Klemme,  der  kleinere  die  die  niedrig 

M ^      gespannte  ableitende  Klemme  dar- 

FiR.  3.    shizze  eines  Stromkreises.     Stellen.     Die  dazu  Senkrechte  Linie 

bedeutet  den  Stromleiter  und  der 
an  ihr  angebrachte  Pfeil  die  Stromrichtung.  Das  Kreuz  stellt 
einen  Ausschalter  vor,  welcher  beim  Umlegen  seines  Hebels 
die  beiden  Enden  der  metallischen  Leitungsbahn  auseinander 
führt  und  zwischen  sie  eine  vom  Strom  nicht  zu  tiberschreitende 
Luftbrücke  legt,  also  den  Strom  unterbricht  oder  öffnet.  Ein 
Zurücklegen  des  Hebels  stellt  den  metallischen  Kreis  wieder 
her  und  schlJesst  den  Strom,  Es  wurde  hier  von  Stromkreis 
gesprochen.  In  der  That  ist  ein  solcher  geschlossener  Kreis 
eigentlich  ohne  Anfang  und  Ende  bei  jedem  elektrischen  Strome 
vorhanden.')  Die  beiden  Klemmen  stehen  auch  ausser  durch 
den  betrachteten  Draht  noch  leitend  in  Verbindung;  doch  soll 
davon  erst  später  die  Rede  sein. 

Die  Versuche,  aus  denen  das  Ohmsche  Gesetz  hergeleitet 
wird,  eignen  sich  mehr  zu  Aufgaben  im  Laboratorium,  als  zur 
Vorführung  im  Hörsaal.  Für  uns  kommen  sie  jetzt  auch  schon 
deshalb  nicht  in  Betracht,  weil  Maasse  für  die  betrachteten 
elektrischen  Grössen  noch  nicht  besprochen  worden  sind.  Viel- 
leicht wird  Ihnen  das  Ohmsche  Gesetz  durch  ein  kleines  Modell 
(Fig.  4)  klarer,  das  ursprünglich  einer  elektrischen  Treppen- 
beleuchtung   nachgebildet    ist,    wie   sie    in    sonst    mit    Gas    be- 

'1  Eine  Ausnahme  davon  wird  später  bei  Gelegenheit  der  Fiinkcntelegraphie 
bcsprocbrn  werden. 


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Der  elekirische  Slro 


11 


leuchteten  Wohnhäusern  den  spät  nach  Hause  Kommenden  der 
Benutzung  von  Streichhölzern  überhebt.  Im  Treppenabsatze 
jedes  Stockwerks  ist  eine  kleine  Glühlampe  angebracht.  Als 
Elektricitätsquelle  dient  eine  gewöhnlich  in  der  Pförtnerwohnung 
untergebrachte  kleine  Akkumulatorenbatterie.  Dünne  Kupferdrähte 
stellen  die  Verbindung  zwischen 
Batterie  und  Lampen  her.  Die  Leitung 
ist  so  lange  unterbrochen,  bis  die  auf- 
gehende Hausthür  einen  Hebel  umlegt 
und  dadurch  ein  Uhrwerk  auslöst. 
Dieses  schliesst  den  Stromkreis  der 
Lampe  im  Erdgeschoss  und  lässt  sie 
ungefähr  so  lange  brennen,  bis  man 
im  ersten  Stockwerk  angekommen  ist. 
Mit  Hilfe  eines  Druckknopfes  wird  der 
Stromkreis  der  zweiten  Lampe  ge- 
schlossen, während  die  erste  ausgeht 
u.  s.  f.  Nun  kommt  es  bei  schlechten 
Anlagen  wohl  vor,  dass  die  unterste 
Lampe  schön  hell,  die  im  ersten  Stock- 
werk schwächer  und  die  im  zweiten 
schlecht  brennt,  obgleich  alle  drei  nach 
einander  von  derselben  Elektricitäts- 
quelle, also  mit  derselben  Elektro- 
motorischen   Kraft    gespeist    werden. 

Die  Helligkeit  einer  Glühlampe  hängt  von  dem  Strome  ab,  der 
sie  durchfliesst.  Trotz  derselben  Elektromotorischen  Kraft  und 
trotzdem  die  drei  Lampen  sich  vollständig  gleichen,  also  auch 
denselben  Widerstand  haben,  werden  sie  von  verschieden  starken 
Strömen  durchflössen.  Das  kann  nur  an  dem  verschiedenen 
Widerstand  der  Zuleitungen  zu  den  drei  Lampen  liegen.  In  der 
That  kommt  dieser  beiden  kleinen  Spannungen  und  den  kleinen 
Lampenwiderständen,  um  die  es  sich  hier  handelt,  schon  in 
Betracht.  Wenn  w  den  Widerstand  einer  Lampe,  Wa  denjenigen 
der  kurzen  Hin-  und  Rückleitung  zum  Erdgeschoss,  tv,  den  schon 
längeren  zum  ersten  Stockwerk  und  iü„  den  längsten  zum 
zweiten  Stockwerk  bedeutet,  so  sind  die  drei  Stromstärken: 

/  -    *    •    /^  -    -^^    ■    ./  -    -^ 


Fig.  4.     Modell  i 


«  +  , 


,  +  w, 


+  "„ 


D,„i,.,db,Google 


12  Der  elektrische   Strom. 

Da  u'„  fast  doppelt  so  gross  als  w,  und  dieses  mehr  als  doppelt 
so  gross  als  ie„  ist,  so  wird  Jo  >  J,  >  -T,,-  Im  Modell  haben  wir 
dieselben  kleinen  Glühlampen  und  dieselbe  Elektricitätsquelle 
wie  in  Wirklichkeit.  Der  Zuleitungsdraht  dagegen  besteht  statt 
aus  Kupfer  aus  Manganin,  dessen  spezifischen  Widerstand  zu  0,42 
angegeben  wurde.  Auch  hier  brennen  die  Lampen  ganz  verschieden 
hell,  wenn  man  sie  durch  Drehen  der  kleinen  Kurbel  nach  einander 
einschaltet.  Das  Modell  zeigt  erstens,  dass  bei  derselben  Elektro- 
motorischen Kraft  eine  Vergrösserung  des  Widerstandes  den 
Strom  schwächt,  zweitens,  dass  der  Widerstand  eines  Drahtes 
mit  seiner  Länge  zunimmt,  drittens,  dass  ein  Material  von 
grossem  W,,  wie  Manganin,  schon  in  kurzen  Leitungen  den- 
selben Widerstand  hat,  wie  lange  Leitungen  an  sich  gut  leitenden 
Kupfers.  Deshalb  sind  eben  die  Kupferleilungen  des  Treppen- 
hauses im  Modell  durch  Manganindrähte  ersetzt. 

Wie  lässt  sich  nun  der  Fehler  der  Anlage  umgehen?  Die 
Lampen  werden  dann  genau  gleich  hell  brennen,  wenn  Jo  = 
Jj  =  Jji,  also  ica  =  M!,  =  w„  ist.  Da  alle  drei  Leitungen  aus 
Kupfer  bestehen,  muss  die  grössere  Länge  von  Zuleitung  I  und  II 
durch  einen  grösseren  Querschnitt  wieder  ausgeglichen  werden, 

SD  dass  sowohl  bei  I  wie  bei  II  der  Quotient        derselbe  bleibt. 

Aus  dem  Modell  lässt  sich  noch  etwas  herauslesen:  Das 
Gesetz  E^=JW  muss  auch  für  den  leuchtenden  Faden  oder 
Draht  einer  Glühlampe  gelten.  Da,  wie  angegeben,  die  Leucht- 
kraft von  der  Grösse  des  Stromes  ./ abhängt,  so  auch  von  JW 
oder  E,  der  Spannungsdifferenz,  die  zwischen  den  Enden  des 
leuchtenden  Fadens  herrscht.  Es  kommt  deshalb  auf  eins  heraus, 
ob  man  sagt,  die  Leuchtkraft  einer  Lampe  hange  von  dem  Strome 
ab,  der  sie  durchfliesst,  oder  von  der  Spannungsdifferenz  an 
ihren  Klemmen.  Das  Dunklerbrennen  von  Lampe  I  und  II 
beweist,  dass  zwischen  ihren  Klemmen  nicht  mehr  der  volle 
Spannungsunterschied  vorhanden,  dass  auf  dem  Wege  zur  Lampe 
ein  Teil  der  Spannung  verloren  gegangen  ist,  dass  ein 
Spannungsabfall  stattgefunden  hat.  Bis  zur  Lampe  0  ist 
dieser  Spannungsabfall  ganz  klein,  bis  zur  Lampe  I  schon  merk- 
bar und  bis  zur  Lampe  II  störend  gross. 

Von  einem  solchen  Spannungsabfall  bekommt  man  sofort 
eine  klare  Vorstellung,  wenn  man  ihn  graphisch  darstellt,  d.  h.  auf- 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  elektrische   Strom.  13 

zeichnet.  Zu  dem  Ende  trägt  man  in  ein  rechtwinkliges  Achsen- 
kreuz (Fig.  5)  vom  Schnittpunkt  der  Achsen  0  nach  rechts 
die  Länge  der  Zuleitungsdrähte  in  irgend  einem  Maassstabe  auf, 
errichtet  in  gewissen  Abständen  Lote  und  macht  diese  so  lang, 
als    —    nach     dem    dafür    angenommenen  Maassstabe  —    der 


J^ 


Fig.   5.     Spannungsabfall  ii 


1  glcichmassigem  Widerstände. 


Spannung  an  der  betreffenden  Stelle  des  Drahtes  entspricht. 
Am  Anfang  herrscht  die  gesamte  Spannungsdifferenz  der 
Klemmen;  am  Ende  ist  sie  aufgebraucht.  In  einem  Leiter  mit 
gleich nnassigem  Widerstände,  d.  h.  aus  demselben  Material  von 
gleichem  Querschnitt,  fällt  die  Spannung  gleichmässig  ab.  Eine 
schräg  abfallende  gerade  Linie  stellt  die  Abhängigkeit  zwischen 
zurückgelegtem  Weg  und  vorhandener  Spannung  dar.  Das 
Bild  für  den  Spannungsabfall  in  einer  Glühlampe  und  ihren 
Kupferzuieitungen  kann  natürlich  nicht  mehr  durch  eine  einzige 


Fig.  6.     Spannungsabfall  in  einer  GlOhlampe  und  ihren  Zuleitungen. 

gerade  Linie  dargestellt  werden.  Der  Widerstand  pro  cm 
Leitungsweg  ist  in  der  Lampe  viel  grösser  als  in  den  Zuleitungen, 
also  auch  der  Spannungsabfall  E=-J\V.  Das  Diagramm  sieht 
so    aus    (Fig.  6).     Die    stark    geneigte  Linie    in  der  Mitte  giebt 


Digitizsdb/GOOgIC 


14 


Der  eleklrsiche  Strom. 


den  Verlauf  der  Spannung  auf  dem  Weg  durch  die  Lampe,  die 
beiden  weniger  geneigten  Linien  rechts  und  links  den  Verlauf 
in  den  beiden  Zuleitungen  an.  Da  jede  von  diesen  aus  Kupfer 
von  gleichem  Querschnitt  besteht,  so  ist  der  Widerstand  pro  cm 
ihrer    Länge,    also    der    Spannungsabfall   pro    cm    gleich.     Die 


*-  LeHungiwee 
Kig.  7.     Verlauf  der  Stromstarke  in  einer  GlOhlampe  und  ihren  Zuleitun^n. 

Neigung  der  beiden  den  Spannungsabfall  in  den  Zuleitungen 
darstellenden  Linien  muss  mithin  die  gleiche,  sie  müssen  ein- 
ander parallel  sein.  Der  Verlauf  der  Stromstärke  in  der 
Lampe  und  ihren  Zuleitungen  würde  als  eine  horizontale  gerade 
Linie  zu  zeichnen  sein  (Fig.  7);  denn  in  jedem  Punkte  der 
Leitungsbahn  ist  die  Stromstarke  die  gleiche. 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  elektrischen  Maas3cinl 


2.  Vorlesung. 

Die  elektrischen  Maasseinheiten. 
Das  Joulesche  Gesetz. 

I>ie  Einheiten:  Voll,  Ohm  und  Ampere  und  Beispiele  damr  aus  der  elektrotechnischen 
Praxis.  —  Elektriciiatsmcnge  nud  ihre  Einheiten :  Coulomb  und  Ampcrestunde.  — 
Veraweigunpsgeaetie.  —  Mechanische  Arbeil  und  Leistung.  —  Meterkilogramm.  — 
Erhaltung  der  Energie.  —  ElefcriBche  Arbeit  und  Leistung.  —  Watt.  —  Walt  und 
Pferdestärke.  Kilowatt.  —  Kilowaltstunde.  —  Der  Konsument  verbraucht  Energie, 
nichl  Slrom.   —   Elektrischer  Aibeilsverbrauch  in  Telegraph enamtem. 

Ableitung  und  experimenteller  Nachweis  des  Joulcschen  Geselies.  —  Verlust  an 
elektrischer  Enei^ie  durch  blosse  Portleilting  und  Mittel,  ihn  zu  vermindern.  -- 
Transrormalion.  —  Die  körperliche  Vorstellung  des  Stromes  erweist  sich  als  un- 
lureichend.  —  In  jedem  Leiter  darf  der  Strom  nur  bis  zu  einer  bestimmten  Grenie 
ansteigen.   —  Kurischluss.   —   Sicherungen.   —   Reissen   eines  Fernsprechdrahles. 


In  der  ersten  Vorlesung  sind  die  drei  elektrischen  Grund- 
begriffe, Elektromotorische  Kraft  oder  Spannung,  Widerstand, 
Stromstärke  abgeleitet  worden.  Heute  sind  die  für  sie  durch 
internationale  Kongresse  und  in  Deutschland  durch  Reichsgesetz 
gewählten  Maasseinheiten  zu  besprechen.  Nach  Volta,  der 
zuerst  die  Bedingungen  für  die  Entstehung  längere  Zeit  andauern- 
der Elektromotorischer  Kräfte  erforschte,  heisst  die  Einheit 
der  Elektromotorischen  Kraft  oder  der  elektrischen 
Spannung  ein  Volt.  Die  Einheit  des  elektrischen 
Widerstandes  erhielt  nach  dem  Entdecker  des  Grundgesetzes 
den  Namen  des  Ohm  und  nach  einem  noch  mehrfach  zu 
erwähnenden  französischen  Physiker,  den  das  Reichsgesetz 
allerdings  seines  Accentes  beraubte,  wurde  das  Ampere  die 
Einheit  der  elektrischen  Stromstärke. 

Beispiele  aus  der  elektrotechnischen  Praxis  werden  Ihnen 
die  drei  Maasse  bald  vertraut  machen.  Zwischen  den  Klemmen 
eines  Daniell-  oder  eines  Telegraphenelements  herrscht  ziemlich 
genau  die  Spannungsdifierenz  von  1  Volt,  zwischen  denen  einer 
Akkumulatorenzelle  ungefähr  die  von  2  Volt,  Die  Batterie 
einer  Hauskiingelanlage  hat  zwischen  ihren  Klemmen  z.  B.  7  Volt, 


DigitizsdbyGOOgle 


16  Die  elektrischen   MoHSSeinheilen.    —   Das  Joiilcschc  Gescli- 

die  der  neulich  erwähnten  Treppenbeleuchtung  etwa  8  Voit, 
ein  Telephoninduktor  bei  üblicher  Drehgeschwindigkeit  der 
Kurbel  etwa  35  Volt,  Batterien  zum  Telegraphieren  haben  z.  B.  20, 
40  oder  mehr  Volt  Spannungsdifferenz.  Zwischen  zwei  Drähten 
der  gewöhnlichen  Lichtleitung  liegen  110,  neuerdings  lieber 
220  Volt,  zwischen  der  Oberleitung  und  den  Schienen  der 
Strassenbahn  etwa  500  Volt.  Die  berühmte  Anlage  zur  Über- 
tragung der  Arbeit  des  Neckarfalles  in  Lauffen  nach  der  elektro- 
technischen Ausstellung  in  Frankfurt  a.  M.  hatte  30000  Volt. 
Zwischen  zwei  Kugeln  in  der  Entfernung  von  1  mm  springen, 
wie  angegeben  wird,  bei  etwa  4000  Volt,  von  5  mm  bei 
18  000  Volt,  von  10  mm  bei  30  000  Volt  Funken  durch  die 
Luft  über.  Grössere  Elektricitätsmengen,  die  von  Tausend  oder 
einigen  Tausend  Volt  durch  den  menschlichen  Körper  getrieben 
werden,  wirken  unbedingt  tötlich.  Auch  schon  wesentlich 
geringere  Spannungen  können  unter  besonderen  Umständen, 
zumal  wenn  der  Betreffende  ohne  viel  Übergangswiderstand 
in  den  Stromkreis  eingeschaltet  ist,  durch  den  den  Körper 
durchfliessenden  Strom  zur  Todesursache  werden. 

Nach  der  Grösse  der  benutzten  Ströme  pflegt  man  die 
Elektrotechnik  in  zwei  Gebiete  zu  scheiden:  in  Schwach-  und 
Starkstromtechnik.  Die  erstere  umfasst  den  Inhalt  dieser 
Vorlesungen,  zu  dem  sich  noch  Signalvorrichtungen  und  einige 
andere  Dinge  gesellen.  Hier  kommen  Ströme  in  Betracht,  die 
nur  geringe  Bruchteile  eines  Ampere  ausmachen.  Die  Stark- 
stromtechnik dagegen  beschäftigt  sich  mit  der  Theorie  und 
Fabrikation  von  Anlagen,  in  denen  Ströme  weit  höherer  Grössen- 
Ordnungen  bis  zu  Tausenden  von  Ampere  benutzt  werden. 
Während  man  auf  ein  Mikrophon  einen  Strom  von  etwa 
0,2  Ampere,  auf  einen  Morseapparat  durchschnittlich  0,013  = 
13  Tausendstel  Ampere  =  13  Milliampere  und  auf  ein  Telephon 
Ströme  rechnet,  die  auf  Zehntel  und  Hundertstel  von  Milliampere 
herabgehen,  braucht  eine  gewöhnliche  Glühlampe  schon 
0,5  Ampere,  der  kleine  Elektromotor  am  Typendrucktelegraphen 
—  je  nachdem  er  zwischen  Leitungen  von  110  Volt  oder  65  Volt 
liegt  —  0,25  oder  0,43  Ampere.  Eine  Bogenlampe  brennt  mit 
6  bis  8  oder  mehr  Ampere.  Ein  Strassen  bahnwagen  von  der 
grossen  in  Berlin  übhchen  Form  gebraucht  durchschnitthch 
etwa  25  bis  30,  bei  der  Anfahrt  etwa  40  Ampere.    Der  schwer- 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  elektrischen  Maasseinheiten.  —  Das  Joulesche  Geselz.  ]7 

fällige,  elektrische  Versuchszug  der  Berliner  Wannseebahn 
nimmt  bei  der  Anfahrt  einen  Strom  auf,  der  bis  zu  1600  Ampere 
ansteigt. 

Das  Ohm  ist  nach  seiner  gesetzlichen  Definition  der  Wider- 
stand einer  Quecksilbersäule  von  106,3  cm  Länge  und  1  mm" 
Querschnitt  (bei  0  °).  Ebenso  wie  alle  anderen  elektrischen 
Maasseinheiten  beruht  auch  das  Ohm  auf  dem  absoluten  Maass- 
system, welches  von  grösstem  wissenschaftlichen  Interesse 
ist,  dessen  Kenntnis  Ihnen  praktisch  aber  wenig  nützen  wird. 
Da  es  überdies  nur  durch  ein  eingehendes  Studium  verständlich 
wird,  thun  Sie  besser,  sich  mehr  mit  den  Maassen  selbst,  als 
mit  ihrer  Herleitung  zu  beschäftigen.  Ehe  man  den  elektrischen 
Maasseinheiten  das  absolute  System  zu  Grunde  legte,  gab  als 
erster  Werner  Siemens  eine  Widerstandseinheit,  seine  berühmte 
Siemens-Einheit  (S.  E.)  heraus.  Sie  war  der  Widerstand  einer 
Quecksilbersäule  von  1  m  Länge  und  1  mm^  Querschnitt  (bei  0"), 
also  unserer  jetzigen  Einheit,  dem  Ohm,  sehr  ähnlich,  nur  etwa 
um  öVn  kleiner.  In  der  Telegraphentechnik  kommen  öfter  noch 
Widerstandsangaben  nach  S-  E.  vor.  Man  braucht  diese  Angaben 
nur  um  etwa  6Vn  zu  verkleinern,  um  sie  in  Ohm  ausgedrückt 
zu  haben.  Man  sieht  jetzt  auch  den  Grund  ein,  warum  der 
spezifische  Widerstand  des  Quecksilbers  etwas  —  6%  —  kleiner 
als  l  ist.  Er  würde  genau  gleich  1  sein,  wenn  wir  noch  nach 
Siemens-Einheiten  rechneten.  Um  uns  von  der  Grösse  des  Ohm 
eine  Vorstellung  zu  machen,  berechnen  wir  mit  Hilfe  des  Ohmschen 
Gesetzes  den  Widerstand  eines  eisernen  Telegraphendrahtes  von 
1  km  Länge  und  5  mm  Durchmesser.  Der  spezifische  Wider- 
stand kann  zu  0,13  angenommen  werden,  d.  h.  ein  Draht  aus 
gleichem  Material  von  1  m  Länge  und  1  mm*  Querschnitt  hat 
0,13  Ohm  Widerstand.     Es  war 

W=W.L=  0,13  4?f-  =  6,6  Ohm. 

Wie  gross  ist  der  Widerstand  eines  Telegraphendrahtes  aus 
demselben  Material  von  4  mm  Durchmesser  und  140  km  Länge, 
etwa  der  Entfernung  von  Berlin  und  Magdeburg? 

■-  1450  Ohm. 


DigitizsdbyGOC^Ie 


18  Die  elektrischen  Maasseinheiten    —  Das  Joulesche  Gesell. 

Der  spezifische  Widerstand  der  Bronze  der  Fernsprechdrähte 
ist  0,019  ^  '/"■  Ein  Kilometer  dieses  Drahtes  von  5  mm  Durch- 
messer hat  folglich,  wie  man  leicht  nachrechnen  kann,  nur 
0,96  Ohm,  ein  solcher  von  4  mm  Durchmesser  1 ,51  Ohm. 
Noch  viel  kleiner  ist  der  Widerstand  des  Fahrdrahtes  der 
elektrischen  Bahn  durch  seinen  grossen  Querschnitt  von 
50  mm'-';  er  geht  bis  auf  etwa  '/b  Ohm  pro  Kilometer 
herab.  Ausserordentlich  gross  sind  die  Widerstände  von 
Elektromagnetspulen,  in  denen  grosse  Längen  dünnen  Drahtes 
aufgewickelt  sind;  so  haben  die  des  Farbschreibers  560  Ohm, 
die  des  Hughesapparates  1200  Ohm  Widerstand. 

Die  Definition  des  Ohm  wurde  eben  angeführt,  diejenige 
des  Ampere  werden  Sie  später  kennen  lernen.  Von  drei 
Grössen,  die  durch  eine  Gleichung  verbunden  sind,  brauchen 
und  dürfen  nur  zwei  festgelegt  werden;  die  dritte  ergiebt  sich 
dann  von  selbst.  Unsere  drei  Maasse  sollen  dem  Ohmschen 
Gesetz  Gentige  leisten.  Da  Ohm  und  Ampere  definiert  sind, 
muss  das  Volt  —  in  Übereinstimmung  mit  dem  Reichsgesetz  — 
diejenige  Elektromotorische  Kraft  sein,  „welche  in  einem  Leiter, 
dessen  Widerstand  1  Ohm  beträgt,  einen  elektrischen  Strom 
von  1  Ampere  erzeugt."  Mathematisch  würde  die  Beziehung 
der  drei  Einheiten  so  zu  schreiben  sein: 

1  Volt  =  1  Ampere  .  1  Ohm, 
eine  rein  mathematische  Form,  bei  der  man  sich  freilich  nichts 
denken  kann. 

Dem  Ampere,  dem  Maass  für  die  Stromstärke,  schliesst  sich 
das  Coulomb  als  die  Einheit  der  Elektricitätsmenge  an, 
das  seinen  Namen  ebenfalls  zu  Ehren  eines  französischen  Physikers 
trägt.  Stromstärke  war  Elektricitätsmenge  pro  Sekunde.  Be- 
zeichnet man  die  Elektricitätsmenge  mit  Q  (von  Quantum)  und 
die  Zeit  mit  (  (von  tempus),  so  ist 

./  =   ^    und  Q  =  J.t. 

Wird    der    Querschnitt    eines    Leiters    pro    Sekunde    von    der 

Elektricitätsmenge  1  Coulomb  durchflössen,  so  herrscht  in  ihm 

die  Stromstärke  1  Ampere 

,    Coulomb  ,    , 

1    ,,  ,       ,       =1  Ampere. 


D,„i,.,db,Google 


Die  elektrischen  Maasseinheiten. 


Das  Jouleach e  Gesetz. 


19 


Herrscht  in  einem  Leiter  auf  die  Dauer  von  t  Sekunden  die 
Stromstärke  von  1  Ampere,  so  sind  durch  seinen  Querschnitt  ( 
Coulomb  geflossen.  Die  letzte  Gleichung  ergiebt  auch  einen 
anderen  Namen  für  das  Coulomb,  den  der  Amperesekunde. 
Eine  gewöhnliche  Glühlampe  ist  von  einer  Elektricitätsquelle 
zwei  Stunden  lang  gespeist  worden.  Wie  gross  ist  die  gelieferte 
Elektricitatsmenge?  Die  Stromstärke  war  0,5  Ampere;  also  sind 
pro  Sekunde  0,5  Coulomb,  pro  Stunde  0,5  .  60  ,  60  und  in  zwei 
Stunden  2  .  0,5  .  60  .  60  ■=  3600  Coulomb  oder  Amperesekunden 
=  1  Amperestunde  geliefert  worden.  Die  Amperestunde  ist 
das  praktisch  gebrauchliche  Maass  für  Elektricitätsmengen.  Die 
in  der  Schwachstromtechnik  gebrauchten  Elektricitätsmengen 
sind  naturgemäss  nur  klein.  Als  Durchschnitt  für  den  täglichen 
Bedarf  einer  Telegraphenleitung  werden  0.06  Amperestunden 
=  0,06  .  3600  —  rund  200  Coulomb  angegeben.  Eine  für  den 
Telegraphenbetrieb  bestimmte  Sammlerzelle  wird  deshalb  keine 
grosse  Elektricitatsmenge  aufzuspeichern  haben;  man  ist  mit 
12  Amperestunden  zufrieden,  während  die  Batterien  grosser 
Kraftwerke  das  Hundert-  oder  Tausendfache  erfordern. 

Die  Betrachtung  der  elektrischen  Maasseinheiten  angenehm 
zu  unterbrechen,  seien  an  dieser  Stelle  kurz  die  Gesetze  der 
Stromverzweigung  behandelt.  Wurde  doch  bis  jetzt  immer 
nur  von  einem  unverzweigten  Stromkreise  gesprochen.  Ein 
unverzweigter  Leiter  verband  die  beiden  verschieden  gespannten 
Klemmen.  Allerdings  scheint  dieser  Fall  der  in  der  Telegraphie 
übliche  zu  sein.  Später  werden  wir  das  Irrige  dieser  Ansicht 
kennen  lernen  und  es  dann  angenehm  empfinden,  wenn 
uns  die  Verzweigungsgesetze    be-  „ 

kannt     sind,      Sie     sind    übrigens      ,| 

sehr  einfach  und  ergeben  sich  aus 
dem  Bilde  der  Wasserleitung  von 
selbst.  Ich  zeichne  das  Schema 
(Fig.  8)  für  eine  Strom  Verzweigung. 
Im  Punkte  A  gabelt  sich  die  Strom- 
bahn in  zwei  Teile,  die  sich  in  B 
wieder  vereinigen.  Entsprechend 
zeigt  dieses  Schema  (Fig.  9)  eine  Teilung  des  Leiters  in  drei 
Zweige.  Dieselbe  Elektricitatsmenge,  welche  pro  Sekunde  den 
Weg  E  A  und  den  Weg  li  E  zurücklegt,  muss  auch  die  beiden 


;.  8.     Einfache   Strom- 


DigitizsdbyGOO'^le 


Irischen  Msasseinheii 


Das  Joulesche  Gesetz. 


lie  drei  Zweige  passieren.  Die  Anzahl  Coulomb,  die  pro 
de  durch  den  unverzweigten  Leiter  zum  Punkte  A  hin- 
an, fliessen  durch  die  Zweige  fort  und  vereinigen  sich  beim 


Fig.  9.      Sirom Verzweigung  mit  drei  Zweigen. 

;  1}  wieder  zu  gemeinschaftlichem  Flusse.  Die  Summe  der 
»der  der  drei  Zweigströme  \  und  i^  oder  i,,  ^  und  tg  ist 
dem  ungeteilten  Strome  J. 

t^  -\-  i^=  J  oder 

erste  der  —  nach  ihrem  Entdecker  —  Kirchhoffsche 

iten  Verzweigungsgesetze  wird  Ihnen  klar  sein,  sobald  sie 

irei  Messinstrumente  (Fig.  10)  betrachten.     Es  sind  Strom- 

Das  Prinzip  ihrer  Einrichtung  werden  wir  später  kennen 


0.      Deingnslralion  des  ersten  KirchholT^chen  Gesetzes:   Der  unverzweiglr 
Strom  isl  gleich   der  Summe  der  Zweipströme. 

Für  jetzt  genügt  es,  dass  sie  die  sie  durchfliessende 
stärke  in  Ampere  angeben.  Das  eine  ist  in  den 
;weigten  Teil  eines  Stromkreises,  die  beiden  andern  sind 
einen  der  beiden  Zweige  eingeschaltet.  Sie  sehen,  wie 
der  einen  Leitung  zusammen  herrschenden  9  Ampere  sicii 
-  3  Ampere  spalten. 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  elektrischen  Maassem heilen.   —  Das  Joulesche  Gesetz.  21 

Das  zweite  Verzweigungsgesetz  betrifft  die  gegenseitige 
Grösse  der  Zweigströme.  Es  sagt  aus,  dass  diese  sich  'wie  die 
Leitungsfahigkeiten  der  Zweige,  also  umgekehrt  wie  ihre  Wider- 
stände verhalten. 

■TT  1  > 

Der  besser  leitende  Zweig  führt  den  grösseren  Strom.  So  war 
es  auch  bei  unserm  Versuche.  Die  Widerstände  der  beiden 
Zweige  sind  absichtlich  so  abgeglichen,  dass  der  Zweig  1  den 
doppelten  Widerstand  hat,  als  der  Zweig  2  und  er  infolgedessen 
nur  von  halb  soviel  Coulomb  pro  Sekunde  durchflössen  wird. 
Bei  drei  Zweigen  gilt  ganz  entsprechend  die  Gleichung 
.  .  _  1  1  1 
»1  :  '2 :  '3  —  ^^    ■  W,    '■  W^   ' 

Findet  die  Gabelung  eines  Leiters  in  zwei  Zweige  von  gleichem 
Widerstände  statt,  so  sind  die  Zweigströme  gleich. 

Um  den  Gesamtwiderstand  W  zweier  Leitungszweige  fest- 
zustellen, bedenke  man,  dass  ihre  Leitfähigkeiten  sich  zu  der 
Gesamtleitfahigkeit  addieren : 

L^  -\-  L^  ■=  L  oder 

W    "•"  W~  ^  W  '  *«''^"s  ^^^^ 

Bei  gleichen  Widerständen  der  Zweige  ist 
L  =2L, 

Der  Widerstand  ist  derselbe,  als  ob  eine  Leitung  von  doppeltem 
Querschnitt  vorhanden  wäre. 

Dass  die  Ströme  sich  umgekehrt  wie  die  Widerstände  ver- 
halten, können  Sie  sich  auch  an  unserm  Glühlampenmodell  klar 
machen.  Die  drei  Klemmen,  die  über  verschiedene  Widerstände 
zu  den  Lampen  führen,  werden  dann  gemeinschaftlich  an  einen 
Draht  gelegt,  und  dieser  Verzweigungspunkt  wird  mit  der  einen 
Klemme  der  Akkumulatorenbatterie  verbunden.  Der  von  ihr 
kommende  Strom  teilt  sich  also  in  die  drei  Zweige  von  ver- 
schiedenem Widerstände.  Auch  jetzt  verhalten  sich  die  Hellig- 
keiten der  Lampen  wie  vorhin.     Die  Lampe  II,  welche  in  dem 


DigitizsdbyGOOgle 


22  Die  elektrischen  Maasseinheiten.   —   Das  Joitlesche  Gesetz. 

Zweige  vom  grössten  Widerstände  liegt,    wird  vom  kleinsten 
Strome  durchflössen.     Alle  drei  Lampen  liegen  jetzt,  wie  man 
sae;t,    parallel    oder    neben  einander,    oder    eine    liegt   zur 
leren  im  Nebenschluss,    gerade    wie  im  Schema  (Fig.  8 
i  9),  die  beiden  oder  die  drei  Zweige  und  wie  (in  Fig.  10) 
beiden  Stromzeiger,    die    3  und  6  Ampere  angeben.     Die 
den  Stromzeiger  dagegen,  welche  von  9  und  6  oder  die,  welche 
1  9  und  3  Ampere    durchflössen    werden,    heissen    hinter- 
lander oder  in  Reihe  geschaltet. 

Wir  kehren  jetzt  zur  Besprechung  der  elektrischen  Maass- 
heitenzurück, In  derselben  BeziehungwieElektricitätsmengeund 
omstärke  stehen  die  beiden  Begriffe  Arbeit  und  Leistung  zu 
ander.  Das  Maass  für  eine  mechanische  Arbeit  ist  das  Meter- 
Dgramm,  abgekürzt  mkg.  DieArbeit  eines  Armes  beträgt  1  mkg, 
nn  er  eine  Masse  von  1  kg  1  m  hoch  oder  0,1  kg  10  m  oder 
end  eine  Masse  so  hoch  hebt,  dass  das  Produkt  der  kg  und 
-  m  =  1  ist.  Die  Arbeit,  welche  der  Chemiker  Wislicenus  bei 
ner  berühmten  Besteigung  desFaulhorn  vollbringen  musste,  lasst 
h  leicht  durch  Multiplikation  seines  Körpergewichtes  von 
kg  mit  der  erstiegenen  Höhe  von  1956  m  zu  148  656  mkg 
rechnen.  Es  sei  noch  hinzugefügt,  dass  man  im  mehr  abstrakt 
isenschaftlichen  Sinne  den  Ausdruck  Arbeit  durch  Energie 
>etzt.  So  nennt  man  das  Gesetz  mit  Vorliebe  das  Gesetz  von 
r  Erhaltung  der  Energie.  Es  sagt  ja  bekanntlich  aus,  dass 
inerlei  Arbeit  oder  Energie  aus  nichts  entstehen,  noch 
rloren  werden  könne.  Scheinbar  verschwundene  Energie 
de  sich  bei  näherem  Zusehen  in  einer  anderen  Form  und 
einer  der  der  scheinbar  verschwundenen  Energie  äquivalenten 
;nge  wieder.  Deshalb  giebt  es  ebenso  wie  mechanische-, 
ch  elektrische-  und  Wärmearbeit.  Wandelt  sich  mechanische 
■beit  in  Wärme  um,  so  entsteht  immer  für  425  verschwundene 
cg  1  Caiorie,  d.  i.  bekanntlich  die  Wärmemenge,  welche  1  kg 
asser  um  1  <*  C  erwärmt.  Ebenso  lässt  sich  auch  die  elektrische 
lergie  in  Wärme  verwandeln.  Wir  werden  diesen  Vorgang 
ch  in  der  heutigen  Vorlesung  betrachten  und  die  den  eben 
nannten  425  mkg  entsprechende  Aquivalentzahl  bestimmen. 
Für  viele  Fälle  der  Praxis  ist  der  Begriff  der  Arbeit  (A) 
miger  wichtig,  als  der  der  Leistung  (L),  d.  h.  Arbeit  pro 
künde. 


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Die  elektrischen  Maasseinheiten.   —   Das  Joulesctie  Gesetz. 


DieEinheit  der  Leistung  ist  mithin  1  mkg  pro  Sekunde  =  1  ^-ü 

Die  bekannte  Einheit  für  Maschinenleistungen,  wi 
über  ein  Gebiet  von  kleinen  Bruchteilen  von  Eins  bis  zu  v 
Tausend  variiert  vorkommt,  ist  die  Pferdestarke.  Sie  ist  g 
75  mkg  pro  Sekunde. 

mkg 
Sekunde 

Dasselbe  Verhältnis  wie  zwischen  mechanischer  Arbeil 
Leistung  waltet  nun  auch  zwischen  elektrischer  Arbeit 
Leistung  ob.  Wie  das  Herabfallen  einer  mechanischen  N 
von  einer  Höhe  die  mechanische,  so  bedeutet  das  Herabsi 
einer  Elektricitätsmenge  von  einer  .Spannung  eine  elektr 
Arbeit.  Eine  elektrische  Arbeit  ,4  ist  das  Produkt 
Elektricitätsmenge  Q  und  Spannung  E. 
A=Q.E. 

Durch  Division  mit  der  Zeit  (  erhält  man  die  elektr: 
Leistung  L  als  Produkt  von  Spannung  und  Strom 

Entsprechend  dem  Meterkilogramm  ist  die  Einheit  der  elektris 
Arbeit  EQ  das  Voltcoulomb  und  die  Einheit  der  elektris 
Leistung  ^J"  das  Voltampere,  das  kürzer  nach  dem  Namen 
Mannes,  dessen  Erfindung  die  Menschen  erst  zu  grt 
technischen  Leistungen  im  modernen  Sinne  befähigt  hat, 
Watt  genannt  wird.  1  Watt  wird  geleistet,  wenn 
Elektricitätsmenge  1  Coulomb  pro  Sekunde  den  Spannt 
abfall  1  Volt  erleidet,  d.  h.  also  wenn  die  Elektromotorische  1 
1  Volt  in  einem  Leiter  den  Strom  von  1  Ampere  erzeugt.  F 
der  vorhin  als  für  den  Morseapparat  normal  angegebene  S 
von  13  Milliampere  durch  einen  Leiter,  so  müsste  diese 
seinen  Klemmen  die  Spannungsdifferenz  von  ...  =  ungi 
77  Volt  "haben,  wenn  in  ihm  gerade  1  Watt  geleistet  we 
sollte.  Der  kleine  Elektromotor  am  Hughesapparat  soll, 
angegeben  wurde,  bei  HO  Volt  0,25  Ampere,  bei  65 
0,43  Ampere    beanspruchen.     Er   nimmt    dann    eine  elektr 


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Die  elektrischen   Maasseüi heilen.   —   Das  Joulesrhe  Gesetz. 

ng  von  110  .  0,25  =  27,5  Watt  oder  von  65  .  0,43  = 
Vatt  auf. 

s  fehlt  uns  noch  der  rechnerische  Übergang  von  der 
mischen  zur  elektrischen  Leistung,  Er  wird  durch  die 
lung  gegeben: 

1    c-T-^j      =9,81  Watt, 
bekunde 

itz,  der  sich  aus  dem  absoluten  Maasssystem  ergiebt  und 

Is  richtig  hingenommen  werden  muss.     Es  ist  dann 

=  "^5  -^'^^^-.      =  75  .  9,81  =  736  Watt  =  0,736  Kilowatt, 
bekunde 

1  Kilowatt  =  1000  Watt.     Man    sieht,    ein  Kilowatt    ist 

gleich     drei    Vierteln     einer     Pferdestärke.       Die    von 

tatistik    zu    etwa    300  000  Kilowatt    angegebene  Leistung 

ingefahr  800  der  wichtigsten  deutschen  Elektricitätswerke 

;  etwas  mehr  als  400  000  PS  ausmachen.    Hiervon  kommen 

etwa   64  000  Kilowatt    auf  die  Maschinen    der  „Berliner 

icitätswerke" . 

He  t  Sekunden    andauernde  Leistung  von  1  Watt  giebt  in 

la  t  Voltcoulomb,    welches  Maass   vorhin    als  Einheit  der 

ischen  Arbeit  genannt  wurde.     Aus  den  eben  abgeleiteten 

lungen 

it  sich: 

EQ  ~E.J.         t 

Volt  .  Coulomb  =  Watt  Sekunde, 
ISS  Voltcoulomb  und  Wattsekunde  die  gleiche  elektrische 
t  bezeichnen.  Die  Praxis  rechnet  nach  Kilowattstunden, 
tausendfachen  der  Arbeit,  welche  —  bei  der  Leistung  von 
Watt  —  in  einer  Stunde  zu  Stande  kommt.  Die  Kilowatt- 
5  ist  mithin  =  1000  .  3600  Wattsekunden.  Sie  ist  das 
1,  in  weichem  die  elektrische  Energie  verkauft  wird.  Denn 
ische  Energie,  und  nicht  elektrischen  Strom,  behält  der 
imeht  für  sich;  fliesst  doch  der  Strom  in  derselben  Stärke, 
eher  er  durch  das  eine  Kabelanlangt,  durch  das  andere  wieder 
Das  Werk  erhalt  seine  gesamte  Elektricitätsmenge  unver- 
rt  wieder  zurück;  keine  Amperestunde  fehlt  daran  Es 
ihalb  falsch,  von  Elektricitätskonsum  oder  von  Strompreisen 


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Die   elektrischen  Maasaeinheiten.    —   Das  Joulesche  Gesell.  25 

ZU  Sprechen.  Was  der  Konsument  wie  eine  Ware  kauft  und 
nützlich  verwertet,  was  ihm  auch  entwendet  werden  kann,  ist 
die  elektrische  Arbeit,  welche  die  sein  Haus  durchfliessende 
Elektricitätsmenge  dadurch  leistet,  dass  sie  ihre  Spannung  her- 
giebt,  die  elektrische  Arbeit,  zu  messen  durch  EQ  ■^  E  .  J .  t, 
praktisch  in  Kilowattstunden.  Ganz  dem  entspricht  die 
mechanische  Arbeit,  die  ein  Mühlrad  dem  treibenden  Bache 
entnimmt.  Die  von  oben  auf  das  Mühlrad  zu-  und  die  nach 
unten  von  ihm  abfliessende  Wassermenge  ist  die  gleiche.  Aber 
jedes  Kilogramm  Wasser  erleidet  beim  Durchgang  durch  die 
Mühle  einen  Fall,  und  das  Produkt  aus  Wassermenge  und  Höhe,  zu 
messen  in  mkg,  ist  die  dem  Wasser  entnommene,  von  dem 
Müller  nützlich  verwertete  Arbeit. 

Das  praktische  Maass  der  elektrischen  Arbeit,  die  Kilowatt- 
stunde, würde  hier  beim  Experimentieren  verbraucht  worden  sein, 
wenn  unsere  Apparate  z.  B.  zehn  Stunden  lang  100  Watt  auf- 
genommen hätten,  also  bei  der  vorhandenen  Spannung  von  etwa 
100  Volt  von  1  Ampere  durchflössen  wären.  Die  jährliche 
elektrische  Arbeit  des  Berliner  Haupttelegraphenamts  wird  zu 
dem  ausserordentlich  gering  scheinenden  Betrag  von  200  Kilo- 
wattstunden, die  derjenigen  in  Hamburg,  Köln,  Frankfurt  a.  M. 
zu  etwa  60  bis  70  angegeben.  Eine  gewöhnliche  Glühlampe 
nimmt  die  elektrische  Leistung  HO  Volt  .  0,5  Ampere  —  55  Watt 
auf.  Könnte  sie  ein  ganzes  Jahr  unverändert  und  ohne  Unter- 
brechung brennen,  so  würde  in  ihr  während  dieser  Zeit  eine 
Arbeit  von  55  .  24  .  365  Wattstunden  =  418,8  Kilowattstunden 
verbraucht  werden.  Das  mächtige  Berliner  Amt  mit  seiner 
ausserordentlich  grossen  Zahl  verkehrsreicher  Leitungen  bean- 
sprucht also  noch  nicht  die  Hälfte  der  Arbeit  einer  einzigen 
Glühlampe.  Das  liegt  eben  an  den  ausserordentlich  kleinen  in 
der  Telegraphie  ausreichenden  Strömen. 


Die  nun  beendeten  Betrachtungen  über  die  elektrischen 
Maasseinheiten  haben  gezeigt,  dass  der  Transport  eines  Coulomb 
bei  der  Spannung  von  einem  Volt  während  einer  Sekunde  die 
Leistung  von  einem  Watt  oder,  wenn  von  der  Zeit  abgesehen 
wird,  die  Arbeit  von  einer  Wattsekunde  in  sich  schliesst.  Die.se 
Arbeit  von  EQ  =  E.J.t  muss  zum  Fliessen  des  elektrischen 


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26  Die   ekktrisclien  Maasseinheitcn.   —   Das  Joulesche   Gesetz. 

Stromes  aufgewendet  werden.  Wo  bleiben  alle  diese  Watt- 
sekuhden?  Scheinbar  verschwinden  sie.  Aber  das  Gesetz  von 
der  Erhaltung;  der  Energie  lehrt,  dass  sie  nur  als  elektrische 
Arbeit  verschwinden  und,  in  eine  andere  Energieform  verwandelt, 
wieder  auftreten.  Die  Erinnerung  an  den  Eisendraht  mit  den 
Papierreiterchen  sagt  uns,  dass  diese  neue  Energieform  die 
Wärme  ist.  Beim  Fliessen  eines  elektrischen  Stromes 
entsteht  Wärme.  Die  Menge  der  verzehrten  elektrischen 
Arbeit  und  der  dafür  entwickelten  Wärme  stehen  natürlich  in 
fester  Beziehung  zu  einander.  Die  entwickelte  Wärmemenge  M 
ist  proportional  der  verschwundenen  elektrischen  Arbeit: 

Setzt  man  statt  E  den  aus  dem  Ohmschen  Gesetz  stammenden 
Wert  J  .  W  ein,  so  wird 

M^  J'W.  t. 
Die  Uebergangszahl,  die  von  Watt  zu  Wärmemenge  führt,  kann 
durch  folgenden  Versuch  festgestellt  werden. 

Ein  cylindrisches  Glasgefäss  (Fig.  11)  wird  gewogen,  zu 
zwei  Dritteln  mit  reinem  Wasser  gefüllt  und  wiederum  gewogen. 
Die  Differenz    beider  Gewichte  ergiebt  die  Wassermenge.     In 


Fig.  11.     Versuch  lur  Bestimmung  des  elektrischen  Wärmeäqiiivalentes. 

das  Wasser  wird,  durch  den  Deckel  gehalten,  eine  Eisendraht- 
spirale  und  ein  Thermometer  hineingesenkt.  Nachdem  man  die 
Temperatur  des  Wassers  und  den  Stand  der  Uhr  abgelesen, 
schickt  man  durch  die  Spirale  einen  unveränderlichen  Strom  von 
bekannter  Grösse.  Der  Strom  erwärmt  die  Spirale,  welche, 
besonders    wenn    mit    einer    Federfahne    umgerührt    wird,    die 


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Die  elektrischen  Haasseinheiten.  —  Das  Joulesche  Gesetz.  27 

erzeugte  Wärmemenge  an  das  Wasser  abgiebt  und  dessen 
Temperatur  steigert.  Nachdem  z.  B.  20  Minuten  vergangen  sind, 
wird  der  Strom  unterbrochen  und  nochmals  die  Temperatur 
abgelesen.  Also  sind  «  g  Wasser  um  o"  C  erwärmt  worden. 
Da  diejenige  Wärmemenge,  welche  1  g  Wasser  um  1"  C  erwärmt, 
bekanntlich  ziemlich  genau  gleich  einer  kleinen  Calorie  (dem 
tausendsten  Teil  der  vorhin  definierten  Calorie)  ist,  so  beträgt 
die  bei  dem  Versuche  entwickelte  Wärmemenge  M  =  n  .  a 
kleine  Calorien.  Andererseits  ist  die  Zeit  i,  die  Stromstärke  J, 
der  Widerstand  der  Drahtspirale  W  bekannt,  so  dass  die 
Übergangsfaktor  c  berechnet  werden  kann. 

M'x>  J'''  W  t  ist  soviel  wie 

M  =  eJ^Wt. 
Der    Versuch    ergiebt ,     wenn    er    sorgfältig    angestellt    wird , 
c  =  0,24  und 

0,24 


Diese  Gleichung  ist  von  dem  Engländer  Joule  durch  den  Versuch 
gefunden  und  heisst  nach  ihm  das  Joulesche  Gesetz.  Der 
Übergangsfaktor  c  =  0,24  ist  die  Wärmemenge,  welche  der 
Strom  1  Ampere  erzeugt,  wenn  er  eine  Sekunde  lang  einen  Leiter 
vom  Widerstände  1  Ohm  durchfliesst  Sie  entsteht  mithin  auch, 
wenn  1  Coulomb  den  Widerstand  1  Ohm  passiert.  Er  bildet  den 
Übergangsfaktor  von  der  elektrischen-  zur  Wärmearbeit  und 
heisst  deshalb  mit  Recht  das  elektrische  Wärmeäquivalent. 
Durch  das  blosse  Fliessen  eines  elektrischen  Stromes  tritt 
ein  Verlust  an  elektrischer  Arbeit  ein,  der  sich  in  Wärme  umsetzt. 
In  den  elektrischen  Heizapparaten  oder  Lampen  wird  diese  Um- 
setzung ausserordentlich  gesteigert  und  die  in  grosser  Menge 
entstehende  Wärme  ausgenutzt.  In  vielen  anderen  Fällen  ist 
der  Verlust  an  elektrischer  Arbeit  nachteilig,  und  man  muss,  da 
die  Fortleitung  des  Stromes  nicht  entbehrt  werden  kann,  auf 
Mittel  sinnen,  den  Verlust  zu  verringern.  Die  Verkleinerung  des 
Leitungs widerstand  ist  nach  dem  Jouleschen  Gesetze  ein  solches 
Mittel.  Denn  dass  in  der  That  die  beim  Durchfliessen  eines 
Leiters  entwickelte  Wärme,  also  der  eintretende  Verlust  an 
Arbeit  vom  Widerstand  des  Leiters  abhängt,  zeigt  Ihnen  diese 


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28  D'c  eJektrischen  Maasseinheiten.  —  Das  Joulesehe  GcseU. 

Kette  (Fig.  12),  welche  abwechselnd  aus  gleich  grossen  Gliedern 
von  Silber  und  von  Platin  besteht.  Beide  Arten  Glieder  werden 
jetzt  von  dem  gleichen  Strome  durchflössen,  und  trotzdem  wird 
in  denen  aus  Platin  vom  spezifischen  Widerstände  0,09  nahezu 
die  doppelte  Wärmemenge  entwickelt,  als  in  denen  aus  Silber 
vom  spezifischen  Widerstände  0,017.   Sie  sehen,  die  Platinglieder 


sind  bis  zur  hellen  Rotglut  erhitzt,  die  Silberglieder  bleiben 
dunkel.  Freilich  lässt  der  Unterschied  der  spezifischen  Wärmen 
von  Platin  (0,032)  und  Silber  (0,056)  den  vorhandenen  grossen 
Unterschied  in  der  Wärmeentwicklung  als  eine  noch  bedeutendere 
Temperaturdifferenz  erscheinen. 

Die  Wärmeentwicklung,  mithin  der  Verlust  an  elektrischer 
Energie,  ist  also  dem  Widerslande  proportional.  Will  man  den 
Widerstand  verkleinern,  so  ist  das.  wie  aus  der  Gleichung 

W=W.    ^ 

hervorgeht,  nur  aut  zweierlei  Art  möglich;  denn  /,  die  Entfernung 
der  beiden  durch  den  Leiter  zu  verbindenden  Orte,  ist  als  un- 
veränderlich gegeben.  Es  bleibt  nur  die  Vergrösserung  des 
Querschnittes  <]  und  die  Verkleinerung  des  spezifischen  Wider- 
standes W.. 

Mechanische-,  wirtschaftliche-  und  Schön heilshindernisse  be- 
schränken die  Querschnitts  vergrösserung,  die  Verwendung 
dickerer  Leitungen;  aber  ein  wenig  hilft  sie  aus.  Ein  wirk- 
sameres Hilfsmittel  ist  die  Verkleinerung  von  Ws-  Statt  Eisen, 
dessen  spezifischer  Widerstand  zu  ungefähr  V'»  angegeben 
wurde,  werden  oberirdische  Leitungen  aus  Kupfer  mit  einem 
geringen  Zusatz  von  SiHcium,  aus  der  sogenannten  Silicium- 
bronze    gebaut.     Dieser  Zusatz    erhöht    zwar   den  spezifischen 


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Die  elektrischen  Maasse  in  heilen.  —   Das  Joiilesche  Gesetz.  29 

Widerstand  des  Materials  ein  wenig  über  den  des  Kupfers  von 
etwa  0,018  =  rund  '/w  auf  0,019  =  '/aj,  welche  Zahlen  schon 
früher  angegeben  wurden.  Durch  ihn  gewinnt  aber  das  Material 
die  für  Freileitungen  notwendige  Festigkeit,  Für  Kabel  wird 
reines  Leitungskupfer  verwendet, 

Aber  die  so  erreichte  Verkleinerung  des  Widerstandes  setzt 
den  Arbeitsverlust  bei  teiephonischen  Übertragungen  noch  nicht 
genügend  herab.  Es  ist  ein  anderer  Weg  einzuschlagen,  den 
die  Gleichung 

A--=  EQ  =  E.J.i 

oder  wenn  wir  uns  nur  an  die  Arbeit  in  einer  Sekunde  halten, 
die  Gleichung 

L  =  EJ 

weist.  Die  in  der  Sekunde  zu  übertragende  Leistung  ist  gleich 
dem  Produkt  von  Spannung  und  Strom,  während  die  bei  der 
Übertragung  zu  verlierende  Leistung  nach  dem  Jouleschen 
Gesetz  überhaupt  nicht  direkt  von  der  Spannung,  sondern  nur 
von  dem  Quadrat  der  Stromstärke  abhängt.  Dieselbe  Leistung 
wird  deshalb  mit  ganz  verschiedenen  Verlusten  elektrisch  trans- 
portiert werden  können,  je  nachdem  in  dem  Produkt  J.  E  der 
Faktor  J  oder  der  Faktor  E  relativ  gross  ist.  Der  Verlust 
wird  ausserordentlich  verkleinert  werden  können,  wenn  es 
gelingt,  den  Faktor  J  klein  und  den  Faktor  E  gross  zu  machen, 
d.  h.  die  Spannung  auf  Kosten  des  Stromes  zu  vergrössern, 
statt  der  vorhandenen  eine  kleinere,  aber  entsprechend  höher 
gespannte  Elektricitätsmenge  zu  Obertragen.  Diese  Trans- 
formation, d.  h.  die  Umwandlung  der  eine  elektrische  Leistung 
zusammensetzenden  beiden  Faktoren :  Spannung  und  Strom  ist 
leicht  auszuführen,  wie  Sie  in  der  Vorlesung  über  die  Induktions- 
erscheinungen erfahren  werden.  So  leicht  sie  auszuführen, 
so  unmöglich  ist  sie  auf  Grund  der  körperlichen  Anschauungs- 
weise des  elektrischen  Stromes  einzusehen.  Diese  körperliche 
Anschauungsweise  ist  und  bleibt  eben  nur  ein  schlechtes  Bild, 
dem  Anfänger  die  elektrischen  Grundbegriffe  klar  zu  machen 
und  einzuprägen.  In  ihr  mehr  zu  sehen,  wäre  ein  Rück- 
fall in  die  Irrtümer  vergangener  Jahrhunderte  und 
nach  Aufstellung  des  Gesetzes  von  der  Erhaltung  der 
Energie  undenkbar. 


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30  Die  elektrischen   Maasseinheiten.    —   Da»  Joulesche  Gpseti. 

Man  wird  sich  jetzt  vorstellen  können,  eine  wie  grosse 
Rolle  die  elektrische  Seite  der  Jouleschen  Gleichung:  der  Verlust 
an  elektrischer  Arbeit  in  derökonomie  elektrischer  Übertragungen 
spielt.  Die  rechte  Seite  der  Gleichung,  welche  die  dem  aus 
dem  elektrischen  Verlust  entstehende  Wärme  angiebt,  hat  eine 
gleich  grosse  Bedeutung  und  nicht  nur  für  den  Fall,  dass  sie  in 
Heizapparaten  und  Lampen  nützlich  verwendet  wird.  Gerade 
die  unerwünschten  Wärmewirkungen  des  elektrischen  Stromes 
erfordern  die  besondere  Aufmerksamkeit  des  Technikers,  weil 
in  der  etwaigen  Erzeugung  hoher  Hitzegrade  eine  Quelle  steter 
Gefahr  vorliegt.  Deshalb  ist  jedem  Leiter  ein  bestimmter 
Maximalwert  des  ihn  durchfliessenden  Stromes  vorgeschrieben. 
Dieser  Maximalwert  wird  in  jedem  einzelnen  Falle  durch  das 
Material  des  Leiters  und  der  Isolation,  die  AbkUhlungsverhältnisse 
und  die  Stromdauer  gegeben;  so  darf  z.  B.  ein  isolierter  Kupfer- 
draht von  1  mm*  Querschnitt  dauernd  nicht  mehr  als  4  Ampere, 
ein  solcher  von  2,5  mm*  nicht  mehr  als  10  Ampere  führen. 
Ströme  von  einer  über  diese  Maximalwerte  hinausgehenden 
Grösse  bringen  Gefahr  für  den  Leiter  und  seine  Umgebung  mit 
sich.  Handelt  es  sich  um  Leiter,  die  mit  Gespinsten  und  gummi- 
oder  harzartigen  Körpern  isoliert  sind,  so  werden  diese  Materialien 
zersetzt  (trocken  destilliert).  Bei  verhältnismassig  wenig  erhöhten 
Temperaturen  werden  sie,  wie  der  Ausdruck  der  Praxis  lautet, 
angeschmort.  Heftigere  Erwärmungen  lassen,  selbst  wenn  sie 
nur  kurze  Zeit  andauern,  die  Zersetzungsprodukte  des  Isolations- 
materials mit  heller  Flamme  verbrennen  und  bilden  eine  ernste 
Brandgefahr. 

Es  ist  deshalb  grosse  Aufmerksamkeit  darauf  zu  verwenden, 
dass  jedem  Leiter  nur  solche  Ströme  zugeführt  werden,  für  die 
er  dimensioniert  ist.  Doch  ist  mannigfaltige  Gelegenheit  sowohl 
dafür  vorhanden,  dass  der  eine  Leitung  durchfliessende  Strom 
plötzlich  zu  unerlaubter  Grösse  anschwillt,  als  dass  von  aussen 
fremde  starke  Ströme  in  eine  nur  für  schwache  bestimmte  Leitung 
gelangen.  Der  erste  Fall  liegt  beim  Kurzschluss  vor.  Elektrische 
Leitungen  werden  nur  verlegt,  damit  der  Strom  irgend  eine 
Arbeit  verrichtet,  z.  B.  in  Lampen  Wärme  und  Licht  erzeugt, 
in  einem  Morseapparat  einen  Wechsel  magnetischer  Wirkungen 
hervorruft.  Tritt  nun  zufälliger  und  unbeabsichtigter  Weise, 
etwa    nach    Durchscheuern    der    Isolation,    der    Fall    ein,    dass 


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DLe  elektrischen  MBasseinli titern.   —   Das  Joul^che  Gesetz.  31 

sich  die  den  Strom  fort-  und  die  ihn  zurückführende  Leitung 
elektrisch  berühren,  so  entsteht  ein  Kurzschluss.  Der  Strom 
umgeht  den  langen,  ihm  eigentlich  vorgeschriebenen  und  Wider- 
stand bietenden  Weg.  Es  tritt  Stromschluss  auf  einer  wesentlich 
kürzeren  Strecke,  eben  Kurzschluss  ein.  Die  Elektromotorische 
Kraft      der    Stromquelle     ist     unverändert;     ordnungsgemäss 

ist   ein    grosser  Widerstand  vorhanden,  und    der  nach  J  ^  „^ 

entstehende  Strom  ist  nur  klein.  Jetzt  wird  durch  die  unmittelbare 
Berührung  von  Hin-  und  Rückleitung  der  Widerstand  der 
Verbrauchsapparate,  z.  B.  der  Lampen  fast  vollständig  vermieden. 
Das  noch  gebliebene  W  ist  ganz  klein,  mithin  bei  unverändertem  E 
das  J  ausserordentlich  gross.  Die  durch  den  Strom  entwickelte 
Wärme  ist  nun  nach  Joule  dem  Quadrat  der  Stromstärke 
proportional.  Der  Kurzschluss  hat  also  eine  ganz  ausserordentlich 
heftige  Wärmeentwicklung  und  damit  Temperatursteigerung  des 
Leiters  und  seiner  Umgebung  zu  Folge  und  wird  oft  genug  die 
Ursache  von  Bränden.  Wie  ausserordentlich  heftig  die  Wärme- 
entwicklung mit  der  Stromstärke  zunimmt,  geht  aus  dieser  Kurve, 
einer  Parabel  (Fig.  13),  hervor.  In  der  Horizontalen  sind  die 
Stromstärken  und  in  der  Vertikalen  die  in  dem  Widerstände  von 
1,7  Ohm,  dem  Widerstand  der  bei  der  Be- 
stimmung des  elektrischen  Wärmeäqui-  ^ 
valentes  benutzten  Eisenspirale,  pro  g,| 
Sekunde  entwickelten  Calorien  aufge-  o% 
tragen.     Es  entsprechen  sich  -.s 


Stromstariten 

2 
4 

Pro 

Sekunii 

e  entwickelte  Calorien 

1.6 
6.5 

11 

6 

14.7 

8 

26.1 

1 

10 

40.8 

12 

58.7 

16 

104.4 

20 

163.2 

! !  MI  1/ 

'  i' '  / 

-^^m 

'   / 1 

ti+T^i^ 

ij/'        ,  ; 

^i ,  1 , 1 ;  1 

Fig.    13. 


Sie  sehen,  wie  ausserordentlich  steil  die  Kurve  ansteigt. 
Das  emzige  Mittel,  die  vom  Kurzschluss  drohende  Gefahr 
im  letzten  Augenblick  zu  beschwören,  sind  exakt  wirkende  Vor- 


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32  Oie  elektrischen  Maass  ein  heilen.   —  Das  Joulesche  Cieseti. 

richtungen,  die  den  gefährdeten  Stromkreis  in  demselben  Augen- 
blick unterbrechen,  da  der  zu  starke  Strom  zu  fljessen  beginnt. 
Die  eine  Gruppe  dieser  Vorrichtungen  findet  in  der  Elektro- 
technik allgemeine  Anwendung.  Es  sind  die  Sicherungen, 
eine  geistvolle  Erfindung  von  Edison.  Jede  Starkstromleitung 
trägt  dicht  hinter  ihrer  Abzweigungsstelle  von  einer  stärkeren 
einen  Bleistreifen.  Steigt  nun  durch  einen  Unfall,  wie  der  Kurz- 
schluss  einer  ist,  die  Stromstärke  in  der  Leitung  über  das  ihr 
bestimmte  Maass  hinaus,  so  schmilzt  die  Joulewärme  plötzlich 
und  augenblicklich  den  Bleistreifen  durch  und  unterbricht  da- 
durch den  Stromlauf,  so  dass  weitere  üble  Folgen  verhindert 
werden  und  nur  an  Stelle  der  durchgeschmolzenen  oder  „durch- 
gebrannten" Sicherung  eine  neue  einzusetzen  ist. 

Auch  in  der  Schwachstromtechnik  kommen  Sicherungen 
zur  Anwendung,  wenn  auch  nicht  aus  Blei  und  in  Ausführungs- 
formen, die  Sie  später  in  der  Vorlesung  über  die  telephonischen 
Hilfsapparate  kennen  lernen  werden.  Zu  Kurzschlüssen  ist  in  der 
Schwachstromtechnik  verhältnismässig  wenig  Gelegenheit.  Da- 
gegen kann  leicht  genug  der  vorhin  als  zweiter  genannte  Fall  ein- 
treten, dass  vonaussen  fremde  starkeStröme  in  die  schwache  Leitung 
hinein  gelangen.  So  ist  es  nie  ganz  zu  verhindern,  dass  hin 
und  wieder  einmal  —  besonders  bei  starkem  Wind  oder  Schnee- 
fall —  ein  Fernsprechdraht  reisst  und  auf  einen  unter  ihm  be- 
findlichen Fahrdraht  der  elektrischen  Strassenbahn  fällt.  Die 
an  500  Volt  betragende  Spannung  des  Fahrdrahtes  hat  dann 
Gelegenheit,  sich  durch  den  Fernsprechdraht  über  die  an  dessen 
Ende  liegenden  Apparate  zur  Erde  auszugleichen  und  so  an 
den  Apparaten  beschäftigte  Personen  unmittelbar  zu  gefthrden. 
Ausserdem  bewirkt  natürlich  die  hohe  Spannung  einen  grossen 
Strom  und  dieser  eine  heftige  Wärmeentwicklung.  Schon  mehr- 
fach sind  aus  dieser  Ursache  ganze  Fernsprechämter  abgebrannt, 
wie  z.  B.  im  Jahre  1898  das  in  Zürich.  Zwar  sind  eine  Reihe 
von  Vorrichtungen  im  Gebrauch,  welche  eine  Berührung  des 
Starkstrom-  mit  dem  Fernsprechdraht,  auch  wenn  dieser  reisst, 
verhindern  sollen.  Dieselben  werden  später  besprochen  werden. 
Sie  sind  aber,  wenigstens  zum  Teil,  recht  unvollkommen  und 
den  besten  und  zuverlässigsten  Schutz  bilden  immer  Sicherungen 
nach  dem  Edisonschen  Prinzip. 


DigitizsdbyGOOgle 


3.  Vorlesung. 

Magnetismus. 


Der  Magncl.  —  Pole.  —  Hufeisenmagnet. 
—  »ord-  und  Södpol.  —  Magnetisches  Gi 
ein  grosser  Magnei.  —  Magnetische  Influeni.  —  Herstellung  eines  I 
durch  Streichen.  —  Eiern enUrmagnele.  —  Coircitiv kraft.  —  Kraftlinien 
Krafliinie  als  Weg  eines  nordpolaren  Eisenflilterchcns.  —  Permeabilil 
von  Kraftlinien.  Kraftlinien  dichte  als  Maass  der  Feldstärke.  —  1 
Permeabilil&t.  ^  Hagnelisierende  Kraft  S  und  erreichte  Magnetisi 


Nachdem  in  den  beiden  vergangenen  Vorlesungen  die 
gesetze  des  elektrischen  Stromes  besprochen  worden  sind 
wir  uns  jetzt  der  Besprechung  der  magnetischen  Erschei 
zuzuwenden. 

Man  versteht  unter  einem  Magneten  bekanntlich  eir 
Stahl,  welches  im  Stande  ist,  kleine  Eisenstückchen  anzi 
Diese  Fähigkeit  wird  einem  Etwas  zugeschrieben,  das  i 
den  Träger  der  magnetischen  Eigenschaften  ansiel 
Magnetismus  nennt.  Der  Magnetimus  ist  nicht  gleichmäss 
den  ganzen  Körper  des  Stahlstabes  verteilt,  sondern 
einem  normal  magnetisierten  Stab  an  zwei  Stellen  nahe 
Ende,  den  Polen,  angehäuft.  Die  Pole  sind  gewisser 
magnetische  Schwerpunkte.  Sie  treten  z.  B.  in  die  Ersch 
wenn  man  den  Stabmagneten  in  Eisenfeile  wälzt  (Fig.  1- 
ihm  bleibt  dann  ein  dichter  Bart  von  Eisenteilchen  häng 


Fig.  14.     Stahlmagnet  mit  Bart  ans  Eisenfeile. 

nach  der  Mitte  zu  dünner  wird  und  in  der  Mitte,  der  neu 
Zone,  fast  ganz  verschwindet.  Aus  dem  Stabmagneter 
man  eine  andere,  häufig  benutzte  Form :  den  Hufeisenma 
wenn  man  sich  die  beiden  Hälften  des  Stabes  um  sein 


DigitizsdbyGOO'^le 


34  Magnelismus. 

gebogen  denkt.  Beim  Stabmagneten  ist  zu  einer  Zeit  gewöhnlich 
nur  ein  Pol  anziehend  thätig;  beim  Hufeisenmagneten  unter- 
stützen sich  beide,  so  dass  er  eine  grössere  Last,  und  zwar 
die  dreifache  und  mehr  tragen  kann,  als  ein  Stabmagnet  gleicher 
Magnetisierung  und  gleichen  Gewichtes. 
Häufig  setzt  man  die  Hufeisenmagnete  aus 
vorher  und  einzeln  magnetisierten  Lamellen 
oder  Blattern  zusammen  und  erhalt  so  ein 
magnetisches  Magazin  (Fig.  15).  Das  vom 
Hufeisen  getragene  Stück  Eisen  heisst  Anker. 
JJ^  |\*-^  j  ^  Wenn  es  dem  Magneten  vorgelegt  ist,  bewahrt 
S^«_j  JÄ\5,  dieser  seinen  Magnetismus  besser  als  sonst. 
^^^^rf-« -■?  E'"^    dritte  Form   des  Magneten  ist  die 

Magnetnadel  (Fig.  16):  ein  dünnes  mag- 
netisches Stahlblech  von  der  Form  eines  lang 
gestreckten  Rhombus  schwebt  mittelst  eines 
Hütchens  aus  Achat  auf  einer  harten  Stahl- 
spitze, so  dass  es  sich  frei  in  der  Horizontalen 
drehen  kann.  Es  besteht  nun  die  ebenso 
,  bekannte,  wie  merkwürdige  Thatsache,  dass 
die  Nadel  von  dieser  Freiheit  keinen  Gebrauch 
macht,  Sie  schwingt  zwar,  wenn  sie  an- 
gestossen  worden  ist,  hin  und  her,  kehrt  aber 
deutlich  immer  wieder  in  eine  bestimmte 
Gleichgewichtslage  zurück.  In  dieser 
Gleichgewichtslage  zeigt  die  längere 
Diagonale  des  Rhombus  —  die  mag- 
netische Achse  —  nahezu  die  Nordsüd- 
richtung an.  Die  Abweichung  der  mag- 
netischen Achse  von  der  wahren  Nord- 
südrichtung heisst  Deklination.  Sie 
wechselt  nach  Zeit  und  Ort  an  Grösse 
und  Richtung,  Die  durch  die  magnetische 
Achse  der  Nadel  gelegte  vertikale  Ebene 
heisst  der  magnetische  Meridian  des 
betreffenden  Ortes,  Die  horizontal 
schwingende  Magnetnadel  ist  das  Urbild 
des  Kompass.  Schon  daraus  geht  die  ungeheure  Bedeutung  der 
magnetischen  Erscheinungen  für  die  menschliche  Kultur  hervor. 


Fig.  16,      Magnetnadel. 


DigitizsdbvGOOgIC 


Magrelismus. 

Wie  das  Verhalten  der  Magnetnadel  zeigt,  sind  die  1 
Pole  eines  Magneten  nicht  gleichwertig.  Der  eine  —  b' 
Nadel  ist  er  blau  angelassen  —  zeigt,  von  der  Dekü 
abgesehen,  nach  Norden,  der  andere  nach  Süden.  M 
gewohnt,  den  nach  Norden  zeigenden  den  Nordpol,  den  at 
den  Südpol  zu  nennen.  Ahmen  wir  den  Kompass  der 
Chinesen  nach  und  lassen  unsern  Magnetstab  auf  einem 
in  einer  Schale  mit  Wasser  schwimmen  (Fig.  17),  so  siel 
der  Stab  in  die  Richtung  des  magnetischen  Meridian 
Auch  der  Stab  hat  also  nicht  zwei  gleich- 
wertige Pole,  sondern  einen  Nord-  und 
einen  Südpol,  die,  wie  man  bei  näherem 
Zusehen  bemerkt,  durch  ein  eingeschlagenes 
-V  und  S  bezeichnet  sind.  Mit  Nadel  und 
Stab  kann  man  nun  leicht  das  magnetische 
Grundgesetz  demonstrieren.  Wie  Sie  s,hwimmJL Ma, 
sehen,  zieht  der  Nordpol  des  Stabes  den 
Südpol  der  Nadel  heftig  zu  sich  hin,  während  deren  Nordp 
demselben  Stabende  flieht,  so  dass  sich  die  Nadel  beque 
ihre  Achse  herumjagen  lässt.  Umgekehrt  stösst  der  S 
des  Stabes  den  Südpol  der  Nadel  ab  und  zieht  ihren  Nordf 
Das  Resultat  der  vier  Versuche  ist:  Gleichnamige  Ma 
pole  stossen  sich  ab,  ungleichnamige  ziehen  sie 
Dies  Gesetz  klärt  in  allen  Fällen  über  die  Richtung  der  Bew 
auf.  Die  Kraft,  welche  Stab-Pol  und  Nadel-Pol  auf  eir 
ausüben,  ist  von  ihrer  Entfernung  r  abhängig,  und  zwa 
Coulomb,  der  schon  früher  genannte  Physiker,  durch  M( 
gezeigt  hat,  dem  Quadrat  der  Entfernung  umgekehrt  propor 
Sie  hängt  ausserdem  von  der  Stärke  der  Pole,  d.  h.  der  in 
wirksamen  Menge  Magnetismus  w,  und  m,^  ab,  und  zwar 
gleich  deren  Produkt,  so  dass  die  anziehende  oder  absto; 
Kraft  zweier  In  der  Entfernung  r  von  einander  befinc 
Magnetpole  von  der  Polstärke  tn^  und  in., 

/'  =      -'  .j  -—        ist,  em  Gesetz,  w 

dem  Newtonischen  über  die  Gravitation  gleicht. 

Die  gegenseitige  Einwirkung  zweier  Magnete  auf  eil 
bietet  eine  Erklärung  der  an  sich  sehr  merkwürdigen  Fäl 


DigitizsdbyGOO'^le 


36  Magnetismus. 

der  Nadel,  die  Himmelsrichtung  anzuzeigen.  Man  braucht  nur 
anzunehmen,  dass  unsere  Erde  sich  wie  ein  grosser  zweipoliger 
Magnet  verhält.  Dann  muss  sie  im  Norden  einen  magnetischen 
Südpol  haben,  damit  nach  dem  Grundgesetz  der  Nordpol  der 
Nadel  dorthin  gezogen  werde.  Hiermit  im  Widerspruch  steht 
aber  die  gewöhnliche  Ausdrucksweise,  dass  im  hohen  Norden, 
auf  der  nordamerikanischen  Halbinsel  Boothia  Felix,  der 
magnetische  Nordpol  liegt.  Dann  muss  der  nach  Norden 
zeigende  Pol  der  Nadel  ein  Südpol  sein.  Physikalisch  wäre 
das  richtig,  widerspräche  aber  dem  Gefühl  und  der  Sprach- 
gewohnheit. Wir  machen  es  deshalb  entweder  wie  die  Eng- 
länder und  nennen  den  Pol  der  blau  angelassenen  Hälfte  der 
Nadel  den  Nord-such  enden  oder  bezeichnen  gewohnter 
aber  inkonsequenter  Weise  beide  Pole: 

Iden  im  Norden  befindlichen  der  Erde 
A  und  den  dorthin  zeigenden  der  Nadel 
n  als  Nordpole,  müssen  uns  dann  aber 
jj  stets  ihres  magnetischen  Gegensatzes 
ji  bewusst  bleiben.  Der  magnetische  Süd- 
pol der  Erde  harrt  übrigens  bekanntlich 
noch  seiner  Entdeckung. 

Eine  weitere  magnetische  Erkenntnis 
werden  Sie  aus  dem  folgenden  Versuche 
(Fig.  18)  schöpfen.  Taucht  man  einen 
Magnetstab  in  ein  mit  eisernen  Nägeln 
gefülltes  Kästchen  und  zieht  ihn  wieder 
empor,  so  sieht  man  den  eingetaucht 
gewesenen  Pol  mit  einer  Kette  von  Nägeln 
behangen,  und  zwar  hängen  Nägel  nicht 
nur  am  Magneten  selbst,  sondern  an 
Nägeln,  die  selbst  erst  vom  Magneten 
oder  von  anderen  Nägeln  getragen 
^'^-  '*■  werden.  Dieursprünglich  unmagnelischen 

Najtelkelle  zur  Demonstralio»       kt..       i     ■     j    ■       j        c^       i  .   ^  j 

d«r  magnetischer,  influcni.  Nägel  smd  m  den  Stand  gesetzt,  andere 
ursprünglich  ebenfalls  unmagnelische  zu 
tragen.  Jeder  einzelne  Nage!  ist  selbst  zu  einem  Magneten 
geworden.  Zur  Erklärung  des  V^ersuches  wird  angenommen, 
dass  ein  Magnetpol  in  einem  benachbarten  Eisenstück  an  dessen 
zugewandtem  Ende  einen  neuen  ihm  selbst  entgegengesetzten  Pol, 


DigitizsdbyGOOgle 


Magnetismus.  37 

am  abgewandten  einen  gleichnamigen  Pol  erzeugt  oder,  wie  man 
sagt,  influenziert.  Jeder  Nagel  wird  zu  einem  Magneten,  der 
die  ihm  zugewandten  Pole  der  Nachbarmagnete  mit  entgegen- 
gesetzten Polen  anzieht.  Die  Annahme  einer  magnetischen 
Influenz  macht  auch  die  magnetische  Anziehung  einleuchtender. 
Der  anziehende  Magnetpol  erregt,  influenziert  in  dem  ursprüng- 
lich unmagnetischen  Eisen  einen  ihm  entgegengesetzten  Pol,  und 
beide  ziehen  sich  dann  nach  dem  Grundgesetz  an.  Wird  der 
ursprüngliche  Magnet  entfernt,  so  verschwindet  auch  der  Magne- 
tismus des  angezogenen  Eisens  fast  vollständig  wieder.  Trotz- 
dem der  erste  Nagel  unverändert  seine  Lage  beibehält,  fallt  bei 
Fortnahme  des  Magneten  —  wie  Sie  sehen  —  die  ganze  bis 
dahin  angezogene  Kette  von  Nägeln  herab.  Ihr  Magnetismus 
ist  vorübergehend  und  an  die  Anwesenheit  des  Stahimagneten 
gebunden. 

Mit  Hilfe  eines  Magneten  kann  auch  ein  neuer  Magnet,  der 
seinen  Magnetismus  nicht  vorübergehend,  sondern  dauernd  bei- 
behält :  ein  neuer  D  a  u  e  rm  a  g  n  e  t  hergestellt  werden.  Dann 
muss  aber  das  Material  des  zu  magnetisierenden  Stabes  Stahl 
sein.  Die  Magnetisierung  geschieht  in  der  Weise,  dass  man 
den  einen  Pol  des  Magneten  auf  die  Mitte  des  unmagnetischen 
Stahlstabes  aufsetzt  und  einige  Male  nach  dem  einen,  z.  B.  dem 
rechten  Ende  hin  streicht  (Fig.  19).     Darauf  thut  man  dasselbe 


Fig.  19.      Herstellung 


mit  dem  anderen  Pole  und  nach  der  anderen  Seite  hin.  Jedes  Ende 
trägt  dann,  wie  man  leicht  mit  der  Nadel  prüfen  kann,  einen 
Pol,  welcher  dem  nach  ihm  streichenden  entgegengesetzt  ist. 

Die  Möglichkeit,  durch  Streichen  neue  Magnete  zu  erzeugen, 
findet  eine  Erklärung  in  der  Anschauung  der  Elementar- 
magnete, deren  Verständnis  durch  Anstellung  eines  einfachen 


DigitizsdbyGOOgle 


;rsuches  erleichtert  wird.  Wir  haben  gesehen,  dass  das 
)uIonibsche  Gesetz  die  gegenseitige  Anziehung  je  eines  Poles 
'eier  verschiedener  Magnete  behandelt,  andererseits  aber  nur 
ngnete  mit  zwei  Polen  kennen  gelernt.  Es  fragt  sich,  giebt 
überhaupt  einpolige  Magnete?  Versuchen  wir,  einen  solchen 
rzustellen.  Hier  ist  ein  dünner  Stahlstab.  Dass  er  unmagnetisch, 
rd  dadurch  erwiesen,  dass  seine  beiden  Enden  die  Magnet- 
del  anziehen.  Durch  Streichen  verwandele  ich  den  Stab  in 
len  Magneten.  Das  eine  Ende  seiner  Enden  —  zur  Unter- 
tieidung  werde  ihm  ein  Stückchen  Papier  aufgesetzt ')  —  stösst 
zt  den  Nordpol  der  Nadel  ab,  zieht  ihren  Südpol  an.  Der 
zeichnete  Pol  ist  also  ein  Nordpol.  Das  andere  Ende  trägt 
tsprechend  den  Südpol.  Das  Stabchen  ist  ein  gewöhnlicher 
reipoliger  Magnet.  Wir  versuchen,  die  beiden  Pole  zu 
mnen  und  kneifen  das  Stäbchen  in  der  Mitte  mit  der  Beiss- 
nge  durch.  Nun  sollte  auf  der  einen  Hälfte  ein  Nord-,  auf 
r  andern  ein  Südpol  isoliert  sein.  So  meinen  wir;  aber 
r  Prüfstein,  die  Magnetnadel,  zeigt,  dass  wir  irren.  An  der 
■uchstelle    sind    zwei    neue  Pole  entstanden  (Fig.  20),  so  dass 


de  Stabhalfte  wieder  Nord-  und  Südpol  trägt.  Es  gelingt  in 
;r  That  nicht,  einen  Magnetpol  zu  isolieren,  und  das  Coulombsche 
esetz  kann  so  ohne  Weiteres  nicht  für  zwei  auf  einander 
irkende  Magnete  gelten,  da  es  ja  nur  die  gegenseitige  Wirkung 
mer  einzelner  Pole  behandelt.  Die  Unmöglichkeit,  einen  Magnet- 
)l  zu  isolieren,  findet  durch  die  Anschauung  der  Elementar- 
a  g  n  e  t  e  eine  einleuchtende  Erklärung.  Diese  Anschauung 
;ht  schon  in  den  kleinen  Teilchen,  aus  den  ein  Magnet  wie 
der  andere  Körper  besteht,  Magnete.  In  der  That  zeigt  die 
there  Betrachtung,  dass  kleine  gleichgerichtete  Magnete,  wie 
5  hier  die  Abbildung  (Fig.  21b)  schematisch  zeigt,  die  Wirkung 
nes  einzigen  grossen  Magneten  haben  würden.  Es  ist  dabei 
eichgiltig,    ob    die  Teilchen  wirklich  die  chemischen  Molekeln 

')  In  Fig.  20  fortgelassen. 


DigitizsdbyGOOgle 


Magnetismus. 

sind,  ober  deren  Grösse  bei  festen  Körpern  übrigens 
etwas  bekannt  ist,  oder  ob  sie  Elemente  einer  anderen  Gi 
Ordnung  darstellen,  ob  wir  mithin  von  Molekular-  od« 
Elementarmagneten  reden  wollen.  Diese  kleinen  Magnete 
als  solche  auch  schon  im  unmagnetischen  Stahl  oder  w 
Eisen  vorhanden  sein.  Nur  liegen  sie  dort  wirr,  ungeordnel 
die  Wirkung  des  anderen  aufhebend,  durcheinander  (Fig 

Fig.  21.     Schematlsche  Darstellung  der  Elementarmagnete 


bl   in   einem   Magneten. 

Obgleich  in  seinem  Inneren  aus  Magneten  zusammeng 
vermag  ein  solcher  Stab  nach  aussen  nicht  magnetisch  zu  \" 
denn  die  Wirkung  eines  jeden  Poles  wird  durch  die  eini 
gegengesetzten  aufgehoben.  Beim  Magnetisieren  zieht  m 
eine  streichende  Pol  die  Elementarmagnete  an  den  ihm 
entgegengesetzten  Polen  nach  der  einen  Seite;  der  ande 
thut  desgleichen.  Die  Elementarmagnete  werden  gleichge 
und  unterstützen  sich  gegenseitig.  Aus  dem  unmagnei 
Stahle  ist  dauernd  ein  Magnet  geworden.  Aber  nur  Stal 
dauernd  magnetisch,  nicht  so  weiches  Eisen.  Zwar  nimmt 
wie  der  Versuch  mit  der  Nagelkette  zeigte,  schnell,  so  g 
augenblicklich  Magnetismus  an,  seine  Teilchen  sind  soft 
richtet;  aber  ebenso  schnell  verliert  es  ihn  wieder.  St 
magnetisch  zäher.  Es  kostet  Arbeit,  ihn  magnetisch  zu  m 
Einmal  ein  Magnet,  behalt  er  aber  seinen  Magnetismu 
lange  bei.  Man  spricht  von  einer  grossen  Coercitivkr: 
Stahles,    einer   kleinen    des   weichen  Eisens,    indem  man 


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40  Magnetismus. 

Cofircitivkraft  die  Fähigkeit,  dauernd  magnetisch  zu  werden, 
versteht.  Als  Ursache  der  verschiedenen  Cofircitivkraft  nimmt 
man  an,  dass  im  weichen  Eisen  die  Elementarmagnete  leichter 
drehbar  sind,  als  im  Stahl.  Sie  sind  magnetisch  gehorsamer  und 
folgen  dem  streichenden  Magneten  schnell,  fallen  aber  bei  dessen 
Abwesenheit  eben  so  schnell  wieder  in  ihren  alten  Zustand 
zurück.  Wir  werden  später  sehen,  eine  wie  grosse  Bedeutung 
diese  und  ihnen  verwandte  Dinge  für  die  Technik  besitzen. 

Das  Kapitel  der  magnetischen  Erscheinungen  dürfen  wir 
nicht  abschliessen,  ohne  die  moderne  Anschauungsweise  des 
Magnetismus:  die  Kraftlinien  besprochen  zu  haben.  Ein 
Kraftlinienbild  lasst  sich  leicht  erzeugen,  indem  man  einen 
Magnetstab  mit  einer  Glasplatte  oder  einer  Pappe  bedeckt  und 
Eisenfeile  darauf  streut.  Diese  ordnen  sich  dann  unter  unsern 
Augen  in  bestimmten  regelmässigen  Kurven  an  {Fig.  22),  welche 


Fig.  22.     Kraflllnienbild  eines  Magnelstabes. 

Kraftlinien  heissen.  Die  Kraftlinien  liefern  ein  Bild  von  der 
Verteilung  der  magnetischen  Kräfte  in  der  Umgebung  des 
Magneten,  von  der  Natur  des  magnetischen  Feldes,  wie 
man  die  Umgebung  des  Magneten  als  das  Feld  seiner  Wirksam- 
keit nennt.  Das  magnetische  Feld,  mit  anderem  Ausdruck 
das  Kraftfeld,  ist  natürlich  nicht  auf  die  Ebene  der  Glasplatte 
oder  Pappe  beschränkt,  sondern  umgiebt  den  Magneten  räumlich, 


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41 


nach  allen  drei  Dimensionen,  Man  definiert  eine  Kraftlinie  eines 
Magneten  als  den  Weg,  den  ein  von  seinem  Nordpole  ab- 
gestossenes  und  seinem  Südpole  angezogenes  Eisenflitterchen 
nehmen  würde.  Streng  genommen  sollte  dieses  Flitterchen, 
damit  es  vom  Ort  bewegt  und  nicht  nur  gedreht  wird,  nur 
einen  Nordpol  tragen,  was  wir  allerdings  als  praktisch  unmöghch 
erkannt  haben.  Wie  Sie  aber  aus  diesem  Lichtbilde  (Fig.  23) 
sehen,  stellt  sich  die  kleine  Magnetnadel,  die  ich  jetzt  vom  Nord- 
zum  Südpole  bewege,  in  die  Richtung  der  Kraftlinien  ein.  Alle 
Kraftlinien  gehen  vom  Nordpole  aus  und  kehren  nach  ihrer 
Wanderung  durch  den  Raum  samtlich  zum  Südpole  zurück. 
Zwar  scheinen  sie  zum  Teil  ohne  Umkehr  in  den  Raum  hinaus  zu 
schweifen.  Wenn  man  aber  ihren  Lauf  mit  Eisenfeile  genügend 
weit  verfolgt,  sieht  man,  dass  auch  sie  zum  Südpol  zurückkehren. 


;.  23.     Eine  Magnetnadel 


Jetzt  bringe  ich  ein  Stück  Eisen  —  etwa  von  der  Form  und 
Grösse  eines  Zweimarkstückes  —  in  die  Nähe  des  Magneten. 
Sie  sehen  (Fig.  24),  die  Kraftlinien  ändern  ihren  ursprünglichen 
Lauf  und  werden  zum  Eisen  hingelenkt,  so  dass  sie.  die  sonst 
verhältnismässig  weit  von  einander  entfernt  sind,  sich  an  den 
Kanten  der  Eisenscheibe  eng  zusammendrängen.  Sie  tauchen  in 
das  Eisen  hinab  und  sind  so  lange  auf  dem  Bilde  nicht  zu  sehen. 
In  der  That  saugt  Eisen  die  Kraftlinien  in  sich  hinein. 
Es  hat,  wie  man  die  Eigenschaft  nennt,  eine  grosse  Permeabilität, 
eine  grosse  Aufnahmefähigkeit  oder  Leitfähigkeit  fttr  Kraftlinien, 
ein  Begriff,    der  in  seiner  Art  an  die  elektrische  Leitfähigkeit 


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42  Magnetismus. 

erinnert.  Das  Eisen  lenkt  die  Kraftlinien  von  ihrem  ursprüng- 
lichen Wege  ab;  aber  an  ihrer  schliesslichen  Rückkehr  zum 
Südpol  des  Magneten  wird  dadurch  nichts  geändert.  Immer 
verlaufen  sie  vom  Nordpol  durch  den  Raum  zum  Südpol. 

Bis  hierher  ist  die  Kraftlinienanschauung  leicht  verstandlich, 
wenn  man  auch  einige  Zeit  braucht,  um  sich  in  sie  hineinzuleben 
und  ihre  grosse  Bedeutungzu  erkennen.  Dagegen  scheint  es  auf  den 
ersten  Anblick  geradezu  widersinnig,  Kraftlinien  zählen  zu 
wollen.     Denn  oflfenbar  hängt  ihre  Zahl  ganz  von  derjenigen  der 


Fig.  24.      MagnetsUb  und   EtsensCSbe. 
Eisen  lenkt  die  Ki'aftlinien  von  ihrem  gewohnten  Wege  ab  und  saugt  sie  in  sich  hinein. 

Eisenflitterchen  ab,  die  den  Weg  vom  Nord-  zum  Südpol  zurück- 
legend gedacht,  oder  hier  im  Bilde  von  der  Menge  der  Eisenfeil- 
spähne,  die  aufgestreut  werden.  Andererseits  steht,  wie 
der  Augenschein  lehrt,  die  Dichtigkeit,  mit  der  die  Kraftlinien 
neben  einander  verlaufen,  in  Beziehung  zu  der  Stärke  der  an 
der  betreffenden  Stelle  des  Feldes  herrschenden  magnetischen 
Kräfte  oder  kurz  der  Feldstärke.  Man  könnte  die  Dichtigkeit 
der  Kraftlinien  als  der  Feldstärke  proportional  und  als  deren 
Maass  ansehen.     Nähme  man  z.  B.  für  ein  Feld  einer  gewissen 


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Magnetismus.  43 

Stärke  an,  dass  auf  einen  Quadratcentimeter  senkrecht  zu  den 
Kraftlinien  geführter  Schnittfläche  so  und  so  viele  Kraftlinien 
kamen,  so  entspräche  der  doppelten  Feldstärke  die  doppelte,  der 
halben  die  halbe  Kraftliniendichte.  Zu  jeder  Feldstärke  gehörte 
dann  eine  bestimmte  Kraftliniendichte,  d.  h.  Krafthnienzahl  pro 
Quadratcentimeter  senkrechter  Schnittfläche,  Diese  Schnittfläche 
könnte  einem  Kabelquerschnitt  ähnlich  gedacht  werden.  Die 
Anzahl  der  Adern  entspräche  dann  der  der  Kraftlinien.  Voraus- 
setzung bleibt  aber  immer,  dass  irgend  ein  magnetisches  Feld 
von  bekannter  Stärke  als  von  einer  bestimmten  Anzahl  Kraftlinien 
(pro  Quadratcentimeter  senkrechter  Schnittfläche)  durchzogen 
angenommen  wird.  Über  beider  gegenseitige  Beziehung  ist  eine 
—  willkürliche  —  Verabredung  zu  treffen.  Ist  das  geschehen, 
so  kann  auch  jede  andere  Feldstärke  durch  eine  Kraftliniendichte 
gemessen  werden.  Die  Annahme  ist  die:  Dem  Felde  der  Stärke 
Eins  entspricht  eine  Kraftlinie  pro  Quadratcentimeter, 
der  Feldstärke  fünfundzwanzig  also  fünfundzwanzig  Kraftlinien 
pro  Quadratcentimeter. 

Die  Bedeutung  der  Kraftliniendichte  leuchtet  ein,  wenn  man 
bedenkt,  dass  im  Eisen  die  Linien  viel  dichter  bei  einander  ver- 
laufen, als  daneben.  Vermöge  seiner  grossen  Permeabilität,  so 
sagten  wir,  sauge  das  Eisen  die  Kraftlinien  des  umgebenden 
Luftraumes  in  sich  hinein.  Bei  derselben  magnetischen  Ursache 
ist  die  Liniendichte  im  Eisen  grösser,  und  zwar  sehr  viel  grösser, 
als  in  der  Luft  oder  anderen  unmagnetischen  Materialien.  Es 
entsteht  mithin  ein  Maass  für  die  Permeabilität,  indem  wir  — 
auf  eine  hier  nicht  zu  erörternde  Weise  —  messen,  wieviel  mal 
grösser  die  Kraftliniendichte  im  Eisen  ist,  als  sie  es  bei  Ab- 
wesenheit von  Eisen  an  derselben  Stelle  des  Feldes  wäre.  Die 
Permeabilität  L  ist  als  diejenige  Zahl  zu  de6nieren,  welche 
angiebt,  wieviel  mal  so  gross  die  Feldstärke  im  Eisen  ist, 
als  in  der  Luft,  Sie  ist  der  Quotient  aus  der  Kraftliniendichte 
in  Eisen  und  derjenigen  in  Luft.    So  erzeugt  z.  B.  ein  magnetisches 

Feld    von    50  ^  -  , .-  in    einem    bestimmten    Eisen 

Quadratcentimeter 

15000         Kraftlmien j^.^  Permeabilität  dieses  Eisens  (bei 

Quadratcentimeter 

der  vorliegenden  Feldstärke)  ist  also  L  =  -Fr,—  =  300. 


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Magnetismiis, 

Kraftlinien  zu  messende  Feldstärke  lässt  ganz  die 
s  Feldes:  den  Magneten  vergessen.  Wie  das  Magnet- 
iden,  wird  zur  spateren  Frage.  Man  betrachtet  die 
in  der  Luft,  als  ob  sie  die  ursprüngliche  Ursache  der 
•ung  des  im  Felde  befindlichen  Eisens  wären.  That- 
t  das  von  Kraftlinien  durchsetzte  Eisen  ein  Magnet, 
tsstelle  der  Linien  bildet  einen  Stid-,  die  Austritts- 
n  Nordpol,  eine  Erscheinung,  die  wir  schon  als 
e  Influenz  kennen  gelernt  haben.  Die  Kraftlinien- 
,uft  wird  als  Magnetisierende  Kraft  angesehen. 
e  Kraftliniendichte  im  Eisen,  die  Magnetisierung 
Das  ist  wohl  zu  merken  und  sei  deshalb  wiederholt: 
lichte  in  Luft,  Ursache,  Magnetisierende  Kraft;  Kraft- 
in Eisen,  Folge,  erreichte  Magnetisierung,  Wir 
ses  schwierige  Kapitel  vorläufig  abschliessen,  wenn 
srnational  gebräuchlichen  Abkürzungen  H  für  Kraft- 
n  Luft,  Magnetisierende  Kraft  und  //  für  Krafthnien- 
sen,    erreichte    Magnetisierung    anführen.      Die    Per- 

j  ist  dann  der  Quotient 
L  = 


li 


II 

die  Kraftlinienanschauung  ist  allerdings  keine  neue 
le  Thatsache  gewonnen.  Aber  sie  lässt  die 
;n  Dinge  einheitlich  und  klar  erscheinen  und  macht 
tinung  zugänglicher.  Die  Grundlagen  der  Telegraphie 
lonie  lassen  sich  wissenschaftlich  nicht  mehr  anders 
Auch  hier  zeigt  sich,  dass  die  Betrachtung  der 
das  wichtigste  Kapitel  der  Elektrotechnik  bildet. 


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4.  Vorlesung. 

Elektromagnetismus. 

Der  Oersledsche  Verauch  und  die  Amp^resche  Schwimmrcgel.  —  Die  Wirkung  von 
Magnet  und  Leiter  ist  gegenseitig.  —  Ampere  Windungen.  —  Der  Elektrom^nel.  — 
Pirfarität.  —  Konstruktion  des  Hufeisenelekiromagneten.  —  Kraftlinien.  -  Die  Spule 
oline  Eisenkern.  —  Kraftlinien  um  Stromleiter.  —  Starke  des  Spulenfeldes.  —  Die 
Spule  verhalt  sich  wie  ein  Magnet.  —  Spulenmodell.  —  Elektrodynamisches.  — 
Grandgeseti  des  m^netischen  Kreises.  —  Hinkender  und  polarisierter  Elektromagnet.  — 
Remanenz  und  Hysteresis.  —  Hysteresiskurve. 


Der  Elektromagnetismus,  mit  dessen  Grundbegriffen  wir 
uns  in  der  heutigen  Vorlesung  zu  beschäftigen  haben,  ist  eins 
der  interessantesten  und  grossartigsten  Gebiete  der  Physik. 
Zumal  für  Sie,  meine  Herren,  giebt  es  kein  wichtigeres  Kapitel; 
schon  allein  deshalb,  weil  der  Hauptteil  aller  Telegraphenapparate 
ein  Elektromagnet  ist.  Ich  bitte  Sie,  deshalb  Ihre  ganze  Auf- 
merksamkeit dem  Versuche  zuzuwenden,  mit  dessen  Hilfe  der 
danische  Professor  Oersted  im  Jahre  1820  die  erste  elektro- 
magnetische Thatsache  entdeckte  (Fig.  25). 


Oerjtedscher  Versuch:  Ablenkung  der  Magnetnadel  durch  einen  Strom -führenden  Leiter, 

Sie  sehen  eine  Magnetnadel  und  über  ihr,  aber  ohne  jede 
elektrische  Verbindung,  parallel  mit  der  Ebene  des  magnetischen 
Meridians,    einen    Leitungsdraht    ausgespannt,    der    über   einen 


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j  mit  einer  Stromquelle  verbunden  ist: 
lem  der  Slromlauf  geschlossen  wird, 
del     die    Ebene    des    magnetischen 

Male  hin  und  herschwingen  und  in 
kommen.     ETine  Verkleinerung  des 

Spannung,  also  eine  Vergrösserung 
lel  sich  weiter  und  weiter  von  ihrer 

nen,  in  die  sie  bei  Aufhören  des 
ehrt,  Umkehrung  der  Stromrichtung 
lenkungssinnes  der  Nadel:  Die  blau 
n  auf  Sie  hinzeigte,  wendet  sich  mir 
adelstandpunktes  durch  einen  unter- 
ss  jetzt  der  Draht  nicht  mehr  über, 
>rbeiführt,  lenkt  das  Nordende  wieder 
jedesmaligen  Ablenkung  ist  voraus- 
1  dem  Ihnen  schon  bekannten  Ampere 
^mpferesche  Schwimmregel,  im 
utel;  Denkt  man  sich  mit  dem 
en  Kopf  nach  vorn,  das  Gesicht 


in  der  Eleklrolcchnik  gani  ausaetordentlich 

häufig  gebraucht.  Sie  dienen  dazu,  einem 
von  derselben  und  unverAnderten  Elektro- 
motorischen Kraft  gelieferten  Strome  be- 
quem eine  gerade  gewOnschle  CrOsse  lU 
geben.  Dieser  fOr  den  Unterricht  gebaute 
Widerstand  hier  (Fig.  26)  zeigt  Ihnen,  wie 
durch  einfaches  Drehen  eines  Handgriffes 
eine  grössere  oder  kleinere  Zahl  von  Draht- 
rollen in  den  Stromkreis  eingeschalte! , 
dadurch  dessen  Gesamt  widerstand  vermehrt 
oder  vermindert  und  der  fliessende  Strom 
verkleinert   oder  \crgrft5serl  werden  kann. 


D,„i,.,db,Google 


IClektromagnetlsiiiiis. 

der  Magnetnadel  zugekehrt,  so  wird  ihr  Nordpol  si 
nach  links  abgelenkt.  Hierin  sind,  wie  man  leicht  pr 
kann,  sämtliche  möglichen  Fälle  einbegriffen. 

Ein  stromführender  Leiter  wirkt  also  auf  die  Magnetn; 
Auch  das  Umgekehrte  ist  der  Fall.  Ein  feststehender  Ma 
lenkt    einen    in  einem  Ampereschen  Gestell  {Fig.  27)  bewef 


aufgehängten  stromführenden  Leiter  ab:  Zwei  mit  Quecksi 
gefüllte  Näpfchen,  die  auf  Messingsäulen  angebracht  sind, 
mittein  den  Stromübergang  zu  einem  Aluminiumbügel,  : 
wenn  er  sich  bewegt.  Sobald  ein  Stabmagnet  in  die  f 
dieses  Stromleiters  gebracht  wird,  verändert  er  seine  Richti 
also  ist  die  Wirkung  von  Magnet  und  Stromleiter  gegense 
Die  Ampferesche  Schwimmregel  legte  den  Sinn  der 
lenkung  der  Magnetnadel  fest.  Wie  der  Oerstedsche  Ven 
zeigte,  ist  die  Grösse  der  Ablenkung  durch  die  im  Li 
herrschende  Stromstärke,  durch  die  Anzahl  der  fliessei 
Ampere  bedingt.  Jetzt  lassen  wir,  wie  vorher,  den  Leiter  1 
der  Nadel  vorbeigehen  und  führen  ihn  ausserdem  unter 
zurück.  Es  tritt  dann  zu  der  ursprünglichen  ablenkenden  h 
eine  neue  hinzu,  und  zwar  verstärken  sich  beide,  wie  aus 
Versuch  und  der  Ampereschen  Schwimmregel  hervorgeht.  V 
mithin  der  Draht  in  vielfachen  einander  parallelen  Windur 
um  die  Nadel  herumgeführt,  so  tritt  eine  Vervielfachung 
Wirkung   ein.    Wie  sich  also  zeigt,  hängt  unter  sonst  gleit 


DigitizsdbyGOO'^le 


48  Elektromagnelismus. 

Umständen  die  Grösse  der  ablenkenden  Kraft  nicht  nur  von 
der  Zahl  der  Ampere,  sondern  auch  davon  ab,  wie  oft  diese 
Ampere  die  Nadel  umfliessen,  mithin  —  mathematisch  gesprochen 
—  vom  Produkte  von  Stromstärke  und  Windungszahl:  den 
Amperewindungen,  einem  elektrotechnisch  ausserordentlich 
wichtigen  Begriff,  der  uns  noch  wiederholt  begegnen  wird. 
Die  ablenkende  Kraft  ist  proportional  den  Ampere  Windungen. 
Die  Ablenkung  der  Magnetnadel  durch  den  Strom  ist  deshalb 
so  wichtig,  weil  sie  die  erste  Thatsache  war,  die  zwei  bis 
dahin  getrennte  und  für  völlig  verschieden  gehaltene  Gebiete 
der  Physik,  die  Elektricität  und  den  Magnetismus,  mit  einander 
verknüpfte.  Praktische  Anwendung  findet  sie  zum  Bau  von 
Messinstrumenten,  über  welche,  wie  schon  erwähnt  wurde, 
später  Einiges  mitzuteilen  sein  wird. 

Eine  andere  elektromagnetische  Thatsache  hat  nun  praktisch 
die  allergrösste  Bedeutung.  Der  stromführende  Leiter  lenkt  nicht 
nur  einen  Dauermagneten  ab ,  sondern  er  vermag,  u  n m ag - 
netisches  Eisen  zu  magnetisieren,  in  ihm  Magnetismus  zu 
erregen.  Bewickelt  man  einen  Stab  aus  unmagnetischem 
(weichen)  Eisen  mit  vielen  Windungen  isolierten  Leitungsdrahtes, 
oder  bringt  man  den  Stab  in  eine  —  etwa  auf  eine  Holzröhre,  den 
Spulentrager,  gewickelte  —  fertige  Spule,  und  schickt  durch 
deren  Windungen  Strom,  so  wird  der  Eisenstab  für  die  Dauer 
des  Stromflusses  zum  Magneten:  zum  Elektromagneten.     Die 


Lage  der  Pole  dieses  Elektromagneten  ergiebt  sich  mit  Hilfe 
der  Magnetnadel  oder  aus  einer  zweiten,  der  ersten  ähnlichen 
Schwimmregel:  Man  denke  sich  in  der  Richtung  des  Stromes 
den  Eisenkern  umschwimmend,  das  Gesicht  ihm  zugewandt; 
dann  entsteht  zur  Linken  der  Nordpol,  zur  Rechten  der  Südpol 
(Fig.  28).  Eine  andere,  gebräuchlichere  Regel,  die  im  Resultat 
mit  der  eben  gegebenen  natürlich  übereinstimmt,  lässt  von  aussen 


DigitizsdbyGOOgle 


E1<:ktromagnctismus.  49 

auf  die  Pole  sehen  und  sagt  aus:  Man  sieht  den  Sodpol 
des  Elektromagneten  in  der  Richtung  des  Uhrzeigers, 
den  Nordpol  in  der  entgegengesetzten  vom  Strome  um- 
flossen (Fig.  29). 


Wie  man  sich  leicht  vorstellen  kann,  hängt  die  Stärke  eines 
Elektromagneten  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  erstens  von 
der  Stärke  des  fliessenden  Stromes    und  zweitens  von  der  An- 


J- 


Fig.  31.      Schema  eines  technischen  Elektromagneten. 

zahl  von  Malen  ab,  welche  dieser  Strom  den  Magneten  um- 
kreist. Die  Stärke  eines  Elektromagneten  ist  den  Ampere- 
windungen seiner  Spule  proportional,  eine  Thatsache,  auf  Grund 


DigitizsdbyGOO'^le 


50  Elektromagnet  ismus. 

deren  jeder  Elektromagnet,  mag  er  nun  einer  Dynamomaschine 
oder  einem  Telegraphenapparate  angehören,  berechnet  werden 
kann. 

Einfache  stabförmige  Elektromagnete  kommen  in  der  Technik 
ebenso  wenig,  wie  stabförmige  Dauermagnete  vor.  Aus  gleichem 
Grunde  wird  in  beiden  Fallen  die  Hufeisenform  bevorzugt  fFig.30). 
Der  Hufeisenelektromagnet  wird  in  der  Technik  gewöhnlich  aus 
zwei  zylindrischen  Kernen  und  einer  sie  verbindenden  Grund- 
platte, dem  Joche,  aufgebaut  (Fig.  31).  Die  Kerne  bewickelt  man 
meist  nicht  direkt  mit  Draht,  sondern  schiebt  ihnen  fertige,  auf 
einen  Träger  gewickelte  Spulen  auf.  Dadurch  wird  die  Fabrikation 
erleichtert;  auch  lässt  sich  ein  Joch  bequemer  an  den  Apparaten 
befestigen,  wenn  es  gerade,  als  wenn  es  halbkreisförmig  gebogen 
ist.     Die  Wicklungsführung  geht  aus  dieser  Zeichnung  (Fig.  32) 


Fig.  32.      Wicklungsschema  fQr  Klektromagnetspiilen. 

hervor.  Man  kann  die  Richtigkeit  der  Wicklung  prüfen,  indem 
man  sich  das  Hufeisen  zum  Stabe  zurückgebogen  denkt  und 
sieht,  wie  die  Windungen  einander  folgen. 

Die  Versuche,  welche  mit  dem  Dauermagneten  angestellt 
wurden,  lassen  sich  mit  dem  Elektromagneten  in  Folge  seiner 
grossen  Polstärke  schöner  und  leichter  wiederholen.  Das  gilt 
besonders  von  den  Kraftlinienbildern.  Auch  was  Theoretisches 
über  Kraftlinien  gesagt  wurde,  ist  auf  den  Elektromagneten  zu 
übertragen;  strahlt  doch  auch  der  Elektromagnet  Kraftlinien  in 
den  umgebenden  Raum  aus  und  erzeugt  dort  ein  magnetisches 
Feld,  dessen  Stärke  in  Kraftlinienanzahlen  pro  Quadratcentimeter 
senkrechter  Schnittflache  gemessen  wird.  Der  früher  entwickelte 
Begriff  der  Permeabilität  lehrte  die  Rolle,  welche  das  Eisen  bei 
magnetischen  Erscheinungen  spielt.  Es  liegt  der  Gedanke  nahe, 
dass  auch  das  Eisen  des  Elektromagneten  nur  den 
Beruf  hat,  Kraftlinien  in  sich  zu  vermehren,  eine  auch 
ohne  Eisen  —  nur  dann  in  geringerem  Maasse  —  vorhandene 
Wirkung  zu  verstärken.     Mit  anderen  Worten  heisst  das:  schon 


DigitizsdbyGOOgle 


die  Stromdurchflossene  Spule  allein,  ohne  Ei 
erzeugt  Kraftlinien.  Dann  muss  es  auch  ein  einfache 
Stromleiter  thun.  Dies  ist,  wie  der  folgende  Versuch 
zeigt,  thatsächlich  der  Fall  Ein  vertikaler  Leiter  durch 
horizontale  durchlöcherte  Glas-  oder  Papptafel.  Auf 
Eisenfeilspahne    ordnen  sich  in  konzentrischen  Kreiser 


Fig.  33.      KrarUimen  iim  einen  Beraden  Leiter. 

Leiter  als    Mittelpunkt.      Die    Kraftlinien    bilden 
Leiter    concentrische    Ringe.     Ist    der  Leiter    sei 
förmig    gebogen,    wie    die  Windung  einer  Spule,   so  g 


Fig.  34.      Krafilinienbilrl  a 


Kraftlinien  in  einer  durch  die  Mitte  gelegten  Ebene  di 
(Fig.  34),    während  sich  auf  einer  Ebene,  die  zu  der 
parallel  ist,  die   Eisenfeile  so  anordnet    (Fig.  35).     Dei 
der  Kraftlinien    um  eine  Windung  wird    Ihnen  klar,    ' 


„Google 


52  Elebtromagnstismus. 

sich  beide  Bilder  {Fig.  34  und  35)  räumlich  combinieren.  Bei 
einer  Spule  scheinen  sich  die  Kraftlinien  der  einzelnen 
Windungen    zu    vereinigen,  und  die  Gesamtwirkung  ist  so,  als 


Fig.  35.     Krafdinfenbild  einer  Windimg  auf  einer  zn  ihr  parallelen  Ebene. 

ob  die  Spule  parallel  zu  ihrer  Achse  von  einem  BUndet  ein- 
ander paralleler  Kraftlinien  durchsetzt  wäre,  die  sich  ausser- 
halb der  Spule  schlössen.     Hier  (Fig.  36)  haben  Sie  eine  Glas- 


Fig.  36.      Die   Kraftlimcti  einer  Spule. 

platte,  durch  deren  Löcher  eine  Spule  aus  Kupferdraht  gewunden 
war.  Wir  haben  dann  Eisenfeilspahne  gestreut  und  sie  in  der 
von  ihnen  eingenommenen  Lage  auf  eine  einfache  Weise  fest- 
gehalten. Schliesslich  wurde  die  Spule  wieder  herausgewunden. 
Sie  sehen  das  parallele  Bündel  gerader  Linien,  welches  die  Spule 
durchzieht.  Eine  von  Strom  durchflossene  Spule  erzeugt 
also  auch  ohne  Eisenkern  Kraftlinien.  Um  es  zu  wieder- 
holen; das  Eisen  hat  nur  den  Beruf,  durch  seine  grosse  Permea- 


Digitizsdb^COO'^IC 


bilitat  die  Kraftlinien  dichte  zu  vervielfältigen, 
dichte  in  der  Spule  ohne  Eisen  ist  in  der  uns  beka 
im  Eisen  Ji  zu  nennen.    Beide  sind  wie  früher  durc 


verbunden,  worin  L  die  Permeabilität  bezeichnet 
das  H  abhängen?  Sicherlich  von  der  fliessenden 
und  der  Windungszahl  «,  also  den  Amperewindunj 
ist  H  proportional;  es  ist  aber,  wie  hier  nur 
Beweis  angegeben  werden  kann,  umgekehrt  pi 
Kraftlinienweg  /.  Je  länger  der  Weg  ist,  durch 
linien  hindurchgedrückt,  hindurchgespritzt  wef-dei 
kleiner  wird  unter  sonst  gleichen  Umständen  H. 
das  Gesetz 

"^      i- 

Bei  einer  Spule  ohne  Eisenkern  lassen  s 
andere  magnetische  Wirkungen,  als  die  Entsteh 
linienbildern  zeigen.  Man  braucht  zum  Beispiel 
einer  mit  ihrer  Achse  zum  magnetischen  Meridi 
Spule  Magnetnadeln  gegenüberstellen  (Fig.  37), 


Fig.  37.      Masnetische   Wirkung 


des  Stromschlusses  drehen  sich  die  Nadeln  par: 
achse  herum.     Der  Ablenkungssinn  ist  derselbe 
wir    den    Elektromagneten,    d.    h.    eine    Spule 
benutzten.    So  wird  z.  B.  zu  diesem  linken  Spuler 


DigitizsdbyGOOgle 


Elektromagnetismus. 

•r  Nadel  hingezogen.  Das  Spulenende  wirkt  also  wie  ein 
1.  In  der  That  ist  es  in  der  Richtung  des  Uhrzeigers 
Itrome  umflossen.  Wenn  sich  eine  Spule  wie  ein  Magnet 
t,  dessen  magnetische  Achse  mit  der  ihrigen  zusammenfällt, 
Ite  eine  bewegliche  und  Strom-durchflossene  Spule  sowohl 
Einwirkung  eines  Dauermagneten  wie  auch  der  des 
ignetismus  folgen.  Um  das  zu  zeigen,  wird  sie  aus 
m  Aluminiumdraht  ohne  Spulenträger  gewunden  und  in 
mperesche  Gestell  gehängt.  Sie  verhält  sich  dann  that- 
:h  wie  eine  Magnetnadel:  sie  wird  von  einem  Dauer- 
;ten  abgelenkt  und  stellt  sich  auch  in  die  Ebene  des 
!tischen  Meridians  ein. 

m  Ihnen  die  magnetischen  Eigenschaften  einer  Spule  auch 
bwesenheit  von  Eisen,  also  die  Kraftlinien-bildende  Natur 
itrom-durchflossenen  Windungen  recht  ins  Gedächtnis 
»ragen,    habe    ich    hier    dieses   Modell    (Fig.  38)   gebaut 


Flg.  38.      Modell  der  Ki  at^linicn   einer  Spi 


ehen  aus  dickem  Aluminiumdraht  eine  Spule  gewickelt, 
e  in  der  Richtung  der  Aluminiumpfeile  vom  Strom  durch- 
1  zu  denken  ist.  Die  Spule  verhält  sich  wie  ein  Magnet. 
1  Nordpol  von  Ihnen  aus  rechts,  dessen  Südpol  links 
was  durch  die  Buchstaben  S  und  A'  bezeichnet  ist.  In 
hat  sieht  man  bei  der  seitlichen  Ansicht  der  Spule  den 
il  im  Sinne  des  Uhrzeigers,  den  Nordpol  im  entgegen- 
:ten  Sinne  von  Strom  umflossen.  Das  von  der  Spule 
fte  Bündel  von  Kraftlinien  ist  durch  die  vier  rot  lackierten 


DigitizsdbyGOOgle 


Etektromagrelismus,  55 

(in  der  Fig^ur  erscheinen  sie  schwarz)  Bügel  dargestellt,  die 
gerade  und  parallel  durch  das  Spuleninnere  verlaufen  und  sich 
aussen  um  die  Spule  im  Bogen  schliessen.  Ausserhalb  verlaufen 
sie,  wie  die  an  ihnen  befestigten  Pfeile  andeuten,  vom  Nord- 
zum  Südpole  also  von  rechts  nach  links  und  kehren  im  Inneren 
von  rechts  nach  links  zurück.')  Bei  dieser  Gelegenheit  sei 
darauf  hingewiesen,  dass  man  in  Analogie  mit  der  Spule  auch 
dem  Körper  des  Dauermagneten  Kraftlinien  zuschreibt,  die  eng 
nebeneinander  vom  Süd-  zum  Nordpol  zurückführen  und  den 
magnetischen  Kreis  schliessen. 

Es  ist  uns  jetzt  geläufig  geworden,  dass  Spulen  sich  wie 
Magnete  verhalten.  Zwei  Spulen  sollten  sich  deshalb  auch 
gegenseitig  beeinflussen.  Ein  einem  Südpole  gleichwertiges 
Spulenende  zieht  dasjenige  Ende  einer  zweiten  Spule  an,  das 
einem  Nordpole  entspricht.  Bei  der  Daraufsicht  von  vorn  wird 
das  erste  Ende  im  Uhrzeigersinne,  das  zweite  ihm  entgegen 
von  Strom  umflossen,  wie  es  die  schematische  Zeichnung 
(Fig.  29)  wiedergab.  Das  hindert  aber  nicht,  dass  beide 
Ströme  parallel  und  gleichgerichtet  fliessen,  wenn  die  Spulen- 
enden sich  gegenüberstehen.  Um  das  zu  sehen,  muss  man  im 
Geiste  die  eine  Windung  vor  die  andere  klappen.  Danach 
müssen  sich  Leiter  anziehen,  wenn  sie  von  gleichgerichteten 
Strömen  durchflössen  werden.  Um  dieses  Gesetz  zu  erweisen, 
schicke  ich  durch  zwei  biegsame  Metallbander  gleichgerichtete 
Ströme.  Sie  sehen,  wie  beide  Bänder  auf  einander  zustreben. 
Sobald  aber  der  Strom  des  einen  Bandes  umgekehrt  wird, 
werden  sie  beide  aus  einander  getrieben.  Hiermit  ist  ein 
deutlicher  Beweis  dafür  geliefert,  dass  parallele,  von  gleich 
gerichteten  Strömen  durchflossene  Leiter  sich  anziehen,  von 
ungleich  gerichteten  durchflossene  sich  abstossen.  Diese  Er- 
scheinungen gehören  eigentlich  nicht  mehr  in  den  Elektro- 
magnetismus, sondern  in  ein  anderes  Kapitel  der  Elektricitäts- 
lehre:  die  Elektrodynamik.  Sie  finden  auch  in  der  Schwach- 
stromtechnik keine  direkte  Anwendung;  doch  haben  sie  theoretisch 
eine  so  grosse  Bedeutung,  dass  sie  hier  nicht  wohl  übergangen 
werden  konnten.     In    so  fern    gehören    sie   aber   auch    in    den 


')  Das  Modell  kann,   ebenso  wie  der  GlQhlampenapparat  d 
n  Mechaniker  Albert  Herbst  in  Berlin  O.  bezogen  werden. 


D,„i,.,db,Google 


56  Elektromagnetismus. 

Elektromagnetismus,  als  man  sich  die  Anziehung  und  Abstossung 
der  Ströme  auf  Anziehung  und  Abstossung  ihrer  magnetischen 
Kraftlinien  zurückgeführt  denken  kann;  kann  man  doch  auch 
alle  magnetischen  oder  elektromagnetischen  Anziehungen  und 
Abstossungen  auf  solche  von  Kraftlinien  zurückführen.  Hier  ist 
ein  fixiertes  Kraftlinienbild  (Fig.  39)  zweier  Magneten,  von  denen 


Fig.  39.     Kranitbietibild  benachbarter  Fig.  40.     Kraft] tnienbüd  benachbarter 

ungleichnamiger  Ma^eCpole.  gleichnamiger  Magnetpole. 

der  Nordpol  des  einen  dem  Südpote  des  andern  benachbart  ist. 
Sie  sehen  die  Kraftlinien  von  einem  Pole  zum  anderen  hinstreben. 
Sie  suchen  die  Pole  zu  verbinden,  ihre  Entfernung  zu  verkürzen. 
Betrachtet  man  dagegen  das  Kraftlinienbild,  bei  dem  gleich- 
namige Pole  benachbart  sind  (Fig.  40),  so  scheinen  die  Kraft- 
linien sich  gegen  einander  zu  sträuben  und  die  Pole  weiter  von 
einander  entfernen  zu  wollen.  Ganz  ähnlich  machen  es  die 
Kraftlinienringe,  die  zwei  Leiter  umgeben,  je  nachdem  sie  von 
gleich-  oder  von  entgegengesetzt  gerichteten  Strömen  durch- 
flössen werden.  Das  letztere  haben  Sie  auch  schon  an  dem 
Kraftlinienbild  gesehen,  dass  eine  Strom-führende  Windung  auf 
einer  sie  senkrecht  schneidenden  Ebene  erzeugte  (vgl.  Fig.  34l. 
Schon  in  der  vorigen  Vorlesung  wurde  vom  magnetischen 
Kreise  gesprochen,  der  natürlich  ebenso  wie  beim  Dauer- 
magneten auch  beim  Elektromagneten  besteht,  hier  nur  die 
entsprechend  höhere  Wichtigkeit  besitzt.  Die  gesamte  einen 
Kreis     durchfliessende     Kraftlinienzahl      N     ist     gleich      der 

Kraftlinienzahl   „         i^-  i-       ,.      ■,   j       r-  -         j      r- 
■  —    -2  -  —  ^>  multipliziert  mit  der  Grösse    des  Eisenquer- 
schnittes in  Quadratcentimetern  q,   wie  aus    der  Definition  von 
li  folgt. 

N=  B.q. 


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ElektroHiagnelismus 

Es  war  B  =  L.H  und 

woraus  sich  die  Beziehung  ergiebt 

N<^L  ^  .nJ. 

die  offenbar  an  das  Ohmsche  Gesetz  erinnert  und 
das  Ohmsche  Gesetz  des  Magnetismus  genannt  wir 
Aehnlichkeit  mit  dem  elektrischen  Gesetz  ist  aber  einig 
ausserlich  und  deshalb  seine  Bezeichnung  als  Grur 
des  magnetischen  Kreises  vorzuziehen.  Die  G' 
der  erreichten  Kraftlinien  oder,  wie  man  auch  s 
Kraftfluss  hängt  von  der  Grösse  «  J,  den  Amperew 
ab,  welche  das  Treibende  des  Flusses  darstellen.  Im  ) 
an  die  Elektromotorische  nennt  man  sie  deshalb  die  M 
motorische  Kraft.     Kraftfluss  und   Magnetomotoris« 


verknüpft.     Die   Permeabihtät  entspricht  der  spezifisc 
trischen  Leitfähigkeit.    Länge  und  Querschnitt  wirken  ii 
Weise  auf  das  magnetische,  wie  auf  das  elektrische  L 
Die  Gleichung  heisst: 


Der  reciproke  Wert  des  magnetischen  Ausdrucks  L       1 

Recht  der  magnetische  Widerstand  des  Eisenwegi 

Je  grösser  der  magnetische  Widerstand  eines  Kreis' 
weniger  Kraftlinien  werden  von  derselben  Magnetomc 
Kraft,  der  gleichen  Anzahl  Amperewindungen  durch 
durch  getrieben.  Bei  allen  Elektromagneten  wird  mai 
bedacht  sein,  den  magnetischen  Widerstand  zu  verklein« 
erreicht  das  vor  allem  —  und  das  ist  das  Wichtigste  — 
dass  man  die  Kraftlinien,  wo  immer  nur  möglich,  du 
gehen   und    sie    nur    kurze  Luftbrücken  überschrei 


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3 


58  Elektromagnelismus. 

Denn  der  Luftwiderstand  ist  L  mal  so  gross,  wie  der  des  Eisens. 
Den  Widerstand  des  Eisenweges  selbst  setzt  man  dadurch  herab, 
dass  man  Eisen  von  hoher  Permeabilität  und  grossem  Quer- 
schnitt verwendet  und  auch  den  Eisenweg  nicht  unnütz  lang 
macht.  Soll  die  von  einer  bestimmten  Magnetomotorischen  Kraft 
hervorgerufene  Kraftlinienanzahl  verkleinert  werden,  wie  z.  M. 
beim  Schwäch  ungäanker  des  Hughesapparates,  so  ist  es  nur 
nötig,  den  Widerstand  des  magnetischen  Kreises  zu  erhöhen, 
indem  man  den  Querschnitt  des  Eisenweges  verringert  oder 
statt  Eisen  Luft  in  den  Kraftlinienweg  einschaltet. 

Mit  der  Kenntnis  des  magnetischen 

__^      Kreises  ausgerüstet,  werden  Sie  jetzt 

I — »'  *"  ^ — I  auch  an  demjenigen  Elektromagneten 
nichts  Verwunderliches  finden,  den 
man  nach  französischem  Vorbilde 
hinkend  nennt,  dessen  Verwendung 
in  den  Klappenschränken  später  zu 
besprechen  ist.  Der  hinkende  Elektro- 
magnet (Fig.  41)  enthält  eine  Erreger- 
,  spule  nur  auf  einem  Schenkel,  daher 

I        !   i  !        ]        I  sein  Name.     Der  andere  Schenkel  ist 

frei  und  dient  nur  als  eiserner  Leitungs- 
Zl  weg  für  die  Kraftlinien.  Dieser  Elektro- 
Fig.  41.    Schema  eines         magnct    wlrkt    ebenso    gut    wie    ein 
iiinkenden  Eiektromagneien.      zweispuüger,    sofem    nur    genügend 
Amperewindungen  vorhanden  sind. 
Es   sind    noch  verschiedene    andere  Formen    von  Elektro- 
magneten in  der  Schwachstromtechnik  in  Gebrauch,  von  denen 
wir  aber  jetzt  im    allgemeinen  Teil  der  Vorlesungen  nur  den 
ausserordentlich  wichtigen  polarisierten  Elektromagneten  er- 
wähnen.    Er  ist  eine  Kombination  von  Dauermagnet  und 
Elektromagnet  (Fig.  42)  und  dient  nicht  dazu,  unmagnetisches 
Eisen  magnetisch  zu  machen,  sondern  einen  dauernd  vorhandenen 
magnetischen  Zustand  elektromagnetisch  zu  verstarken  oder  zu 
schwächen.    Mit  den  Polen  eines  Stahlmagneten  sind  (in  unserm 
Falle    rechtwinklig   gebogene)  Kerne    aus    weichem   Eisen,    die 
Polschuhe,    verbunden     und,    wie     wir    zu    Anfang    sagten, 
durch    Influenz    dauernd    magnetisch.       Die    Polschuhe    haben 
schon    eine    Polarität.       Ausserdem    sind   sie    mit    Spulen    um- 


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Elektromagnetisi 


59 


geben.  Je  nach  der  Richtung,  in  welcher  ein  Strom  diese 
Spulen  durchfliesst,  wird  der  influenzJerte  Magnetismus  elektro- 
magnetisch verstärkt  oder  geschwächt.  Vom  Standpunkt  des 
magnetischen  Kreises  müssen  wir  sagen,  der  ursprünglich  im 
Stahlmagneten  vorhandenen  Magnetomotorischen  Kraft  gesellt 
sich  eine  neue  der  Spule  hinzu.  Je  nachdem  diese  neue  der 
alten  gleichgerichtet  ist,  sind  es  auch  die  Kraftlinien  verschiedenen 
Herkommens  und  verstärken  sich  oder  heben  sich  auf. 
Es  wird  noch  genügende  Gelegenheit  sein,  sich  mit  der 
Wirkungsweise  der  polarisierten  Elektromagnete  genau  vertraut 
zu  machen.  Hier  sollte  nur  das  allgemeine  Prinzip  erwähnt  werden. 

Dagegen  bleibt  uns,  ehe 
wir  das  Kapitel  des  Elektro- 
magnetismus abschliessen,  eine 
Reihe  von  Erscheinungen  zu 
betrachten,  die  für  die  Stark- 
stromtechnik die  allergrösste 
Bedeutung  haben,  aber  auch  in 
unserem  Gebiete  ihren  Einfluss 
lebhaft  äussern.  Das  sind  die 
Erscheinungen  der  Remanenz 
und  Hysteresis. 

Die  Remanenz  besteht  darin, 
dass  in  jedem  Eisen  auch  dem 
mit  der  kleinsten  CoCrectivkraft 
etwas,  ein  wenig  Magnetismus 
zurückbleibt,  sobald  das  Eisen 
einmalmagnetisiertwar.  Deshalb 
lässt,  wie  Sie  sehen,  ein  Elektro- 
magnet seinen  Anker  nicht  fallen,  i 
wenn  der  Stromfluss  unter-  ' 
brochen  wird.  Der  zurück- 
bleibende, der  remanente  Magnetismus  genügt,  um  den  Anker  zu 
tragen.  Wird  der  Anker  jetzt  abgerissen  und  durch  die  Erschütterung 
auch  die  Remanenz  zum  grossen  Teil  vernichtet,  so  ist  der  Elektro- 
magnet ohne  neue  Erregung  nicht  mehr  im  Stande,  den  Anker  zu 
tragen.  Der  im  Eisenkern  durch  die  Magnetomotorische  Kraft  der 
Spule  erzeugte  Magnetismus  verschwindet  zwar  zum  grossen 
Teil,  aber  nicht  vollständig  mit  dem  Verschwinden  der  Ursache. 


"^ 


D,„i„.db,Google 


60  Elektromaenetismua. 

Der  Strom  hat  die  Elementarmagnete  gerichtet.  Noch  nach  seiner 
Unterbrechung  behalten  sie  ihre  künstliche  Lage  bei.  bis 
Erschütterungen  sie  vernichten.  Die  Remanenz,  der  noch 
im  Eisen  verbleibende  Rückstand  von  Kraftlinien,  kann  natürlich 
auch  dadurch  vernichtet  werden,  dass  ein  dem  ersten  entgegen- 
gesetzt gerichteter  Strom  eine  der  alten  Magnetisierung 
entgegengesetzte  bewirkt.  Es  wird  dann  eine  gewisse  Zahl 
neuer,  entgegengesetzt  gerichteter  -  Krafthnien  dazu  verbraucht, 
den  Rest  der  in  der  ursprünglichen  Richtung  verlaufenden 
aufzuheben.  Erst  wenn  die  remanenten  Linien  unschädlich 
gemacht  sind,  tritt  eine  Magnetisierung  im  neuen  Sinne  ein. 
Zu  der  Ummagnetisierung  wird  eine  kleine  Zeit  gebraucht. 
Die  erreichte  Magnetisierung  H  hinkt  der  magnetisierenden  Kraft 
H  nach,  etwa  wie  ein  Wald  am  heissen  Sommertage  nicht 
gleichzeitig  mit  dem  freiem  Felde  die  wechselnden  Tages- 
temperaturen annimmt,  sondern  erst  einige  Zeit  braucht,  bis  er 
nachfolgt,  so  dass  er  des  Mittags  angenehm  kühl,  des  Abends 
verhältnismässig  warm  ist.  Die  zeitliche  Differenz  hat  der 
magnetischen  Erscheinung,  welche  von  Warburg,  dem  jetzigen 
Professor  der  Physik  an  der  Berliner  Universität,  entdeckt  worden 
ist,,  den  Namen  der  Hysteresis  =  Späterkonimen  eingetragen. 
Die  zeitlicheDifferenz  beim Ummagnetisieren  besitzt  praktisch 
keine  Bedeutung.  Dagegen  ist  die  Thatsache  von  der  allergrössten 
Wichtigkeit,  dass  zur  Überwindung  der  Remanenz,  zwar  nicht 
zum  Aufrechterhalten,  aber  zum  Hervorrufen  eines  magnetischen 
Zustandes  ein  Arbeitsaufwand  erforderlich  ist.  Beim  Magne- 
tisieren  durch  Streichen  wird  dieser  vom  Oberarmmuskel  des 
Streichenden  bestritten.  Beim  Magnetisieren  durch  den  Strom 
wird  im  ersten  Moment  elektrische  Arbeit  verloren.  Die  Ent- 
magnetisierung, die  Überwindung  der  Remanenz  kostet  ebenfalls 
Arbeit  und  das  Magnetisieren  im  neuen  Sinne  desgleichen.  Ein 
beträchtliches  Arbeitsquantum  erfordert  deshalb  eine  Magneti- 
sierung, wenn  sie  fortwährend  ihren  Richtungssinn  wechselt. 
Das  ist  der  Fall,  wenn  ein  Eisenkern  von  einem  Wechselstrome 
umflossen  wird.  Wenn  auch  die  Besprechung  des  Wechselstromes 
späteren  Vorlesungen  vorbehalten  bleiben  muss,  so  können  Sie 
sich  doch  leicht  vorstellen,  dass  ein  Wechselstrom  seine  Richtung 
periodisch  und  ausserordentlich  oft  in  der  Sekunde  ändert.  Die 
Magnetomotorische  Kraft  einer  Spule  pulsiert  dann  in  demselben 


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Elektromagnetismus.  ßl 

Tempo,  wenn  auch  gegen  den  erregenden  Wechselstrom 
ein  wenig  verzögert ,  hin  und  her ,  und  es  tritt  ein 
fortwährendes  Ummagnetisieren  des  Eisenkerns  ein.  Das 
ist  nicht  eine  seltene,  etwa  nur  für  den  theoretischen 
Versuch  herbeizuführende  Erscheinung.  Im  Gegenteil,  sie 
kommt  praktisch  ausserordentlich  häufig,  um  nur  ein  Bei- 
spiel zu  nennen,  im  Telephon  vor  Auch  dort  umfliessen 
Wechselströme  die  Eisenkerne  und  magnetisieren  sie  in  stets 
wechselnder  Richtung.  Die  zum  fortwährenden  Ummagnetisieren 
notwendige  Arbeit  geht  als  elektrische  verloren  und  erscheint 
als  Wärme  wieder.  Die  magnetischen  Elementarteilchen  reiben 
sich  gleichsam  bei  ihrer  Drehung  und  werden  dadurch  warm. 
Die  auf  diese  Weise  gebildete  Warme  kann  in  schlecht 
konstruierten  Starkstromapparaten  so  hohe  Temperaturen  er- 
zeugen, dass  sie  nach  kurzem  Betriebe  schleunigst  ausgeschaltet 
werden  müssen,  um  nicht  ganz  zu  verderben. 

Für  unsere  Zwecke  ist  weniger  die  Entstehung  von  Wärme, 
als  der  Verlust  an  elektrischer  Arbeit  das  Wesentliche.  Er  ist 
auf  das  kleinste  erreichbare  Maass  herabzudrücken,  was  durch 
Verwendung  möglichst  weichen,  magnetisch  folgsamen  Eisens 
erreicht  wird.  Die  Elementarteilchen  müssen  der  richtenden 
magnetischen  Kraft  mit  geringer  Reibung  folgen.  Remanenz, 
Cofirectivkraft  und  damit  auch  die  Hysteresisarbeit  sind  dann 
klein. 

Die  drei  Begriffe:  Remanenz,  Coerectivkraft  und  Hysteresis- 
arbeit müssen,  wie  man  sofort  herausfühlt,  in  naher  Beziehung 
m  einander  stehen.  Eine  Zeichnung  wird  diese  Beziehung 
deutlich  machen.  Wir  halten  uns  an  den  praktischen  Fall, 
dass  ein  Fabrikant  einer  Prüfungsbehörde  seine  Eisensorte 
zuT  magnetischen  Untersuchung  übersendet,  um  auf  Grund 
desselben  einen  Verkauf  abzuschliessen.  Zu  dem  Ende  wird 
das  Eisen  durch  einen  herumgesandten  Strome  magnetisiert, 
dessen  Stärke  man  mittelst  eines  Regulierwiderstandes  sprung- 
weise von  Null  ansteigen  lässt.  Jeder  Strom  hat  ein  magneti- 
sches Feld  bestimmter  Starke  zur  Folge,  und  dieses  Feld  ver- 
ursacht als  magnetisierende  Kraft  H  in  dem  zu  untersuchenden 
Eisen  eine  bestimmte  Magnetisierung  Ji.  Gemessen  werden 
beide  Grössen,  wie  bekannt,  in  Kraftliniendichten.  //  sind 
wieder  Kraftlinien  pro  cm^  in  Luft,    B   in   Eisen.     Nach    ver- 


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enen,  hier  nicht  zu  besprechenden  Methoden  wird  zu  jeder 
iniendichte  in  Luft:  //  die  zugehörige  in  Eisen:  B  bestimmt, 
wesenthchsten  Teil  des  Prüfungsattestes  bildet  die 
letisierungs-  oder  Hysteresiskurve,  eben  die  jetzt 
werfende  Zeichnung.  In  ein  Achsenkreuz  werden  (Fig.  43) 
Schnittpunkte  0  nach  rechts  die  für  //  gewonnenen  Zahlen 


Fig.  43.     Jirngfräi-liche  Magnelisierungakune. 

ach  oben  die  für  B  eingetragen.  Die  Schnittpunkte  der 
zu  einander  gehöriger  Werte  von  B  und  //  werden  mit 
ler  verbunden  und  ergeben  eine  gekrümmte  Linie,  welche 
le  in  Betracht  kommenden  magnetisierenden  Kräfte  die 
em  vorliegenden  Eisen  erreichten  Magnetisierungen  oder 
deren  Worten  die  Abhängigkeit  zwischen  li  und  //  angiebt. 
.eht  man  jetzt  mit  der  magnetisierenden  Stromstärke  wieder 
ts  (Fig.  44),  so  bekommt  man  bei  demselben  i/wie  vorher, 
wieder  dasselbe  7/;  sondern  alle  B  sind  neuerdings  grösser, 
ivor.  Ja,  trotzdem  schliesslich  mit  Unterbrechung  des 
;tisierenden  Stromes  das  H  zu  0  geworden  sein  muss, 
ich  ein  B  vorhanden,  eben  unsere  Remanenz  (Fig.  43, 
0  A).  Diese  remanente  Kraftlinienzahl  ist  dem  Eisen  nur 
eine  entgegengesetzt  gerichtete,  vom  Schnittpunkt  nach 
als  — //  einzutragende  magnetisierende  Kraft  auszutreiben, 
[emanenz  ist  erst  verschwunden,  B  ^  0  geworden,  wenn 
:u  0  C  angewachsen  ist.  0  C  bedeutet  mithin  diejenige 
gnetisierende  Kraft,  welche  aufgewendet  werden  muss,  um 
usen  seinen  Magnetismus    bis  auf  die  letzte  Kraftlinie  zu 


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entziel 

über 

wie  di 

die  C. 

magne 

Kraftli 

-B. 

höchst 

RichtL 

Abern 

magne 


Eisen, 
hande 
-B  : 
Magni 
vollst! 
Seepfi 
Der  z 
darge 


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El  ektrom  agnetismu  h  . 

m  magnedsierenden  Strome  umflossen  worden  ist.  Deshalb 
]  sie  als  die  jungfräuliche  Kurve  bezeichnet.  Alle  späteren 
^netisierungen  verlaufen  auf  der  gefundenen  Schleife  oder 
ähnlichen. 
Je  weicher  das  Eisen,  umso  kleiner  mithin  die  Remanenz 
oder  0  -4,,  und  die  Coerektivkraft  0  C  oder  0  C,,  und  umso 
ir  wird  sich  die  Schleife  der  jungfräulichen  Kurve  nähern, 
raus  lässt  sich  entnehmen,  dass  die  von  der  Magnetisierungs- 
/e  oder  -schleife  eingeschlossene  Flache  ein  Maass  für  die 
Magnetisierung  aufgewendete  — ,  die  Hysteresisarbeit  abgiebt. 
ler  ihre  Bezeichnung  als  Hysteresiskurve  oder  -schleife. 
lässt  sich  streng  beweisen.  Für  unseren  Zweck  genügt  es 
r,  wenn  Sie  verstanden  haben,  dass  Dauermagnete  aus  Stahl, 
ttromagnetkerne  aus  weichem  Eisen  zu  machen  sind,  und 
)  in  allen  Fällen,  indenen  die  Kerne  von  veränderlichen 
r  gar  von  Wechselströmen  umflossen  werden,  auf  weiches 
;n  mit  schlanker  Hysteresiskurve  ganz  besonders  Wert  zu 


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5.  Vorlesung. 

Induktion. 


JJ^ct-  und  Ankerinduktion.  —  Volt  sind  uktion.  —  Richtung  des  induzierten  Stromes. 
Lfnischfs  Gesetz.  —  Die  Induktion  als  Folge  von  Kraftlinie ninderungen.  —  Wirbel- 
strOme.  Unterteilung  von  Spulenkernen.  —  Selbstinduktion.  Bililare  Wickelung.  — 
Ruhmkorffscher  Funken  Induktor.  Transformator.  Öffnungs  funke.  Unterbrecher.  — 
Wethselspannung  und  Wechselstrom.  —  Induktanz  und  Scheinbarer  Widerstand.  — 
Truisfonnation.  Cbersetzungsvertiftltnis  und  Windungszahlen.  Verluste  im  Trans- 
formator. 


In  der  letzten  Vorlesung  wurde  gezeigt,  wie  leicht  es  gelingt, 
durch  den  elektrischen  Strom  magnetische  Erscheinungen  hervor- 
zurufen. Heute  liegt  die  umgekehrte  Aufgabe  vor;  mit  Hilfe 
eines  Magneten  soll  elektrischer  Strom  erzeugt  werden.  Dies 
geschieht  auf  dem  von  Faraday  berühmten  Andenkens  gezeigten 
Wege  der  Magnetinduktion. 

Den  gewünschten  Strom  nachzuweisen,  dient  ein  Gavanoskop, 
wie  es  in  der  Telegraphie  angewandt  wird,  oder  besser  noch 
in  der  hier  vor  Ihnen  stehenden  Form  mit  weithin  sichtbarem 
Zeiger  (Fig.  45).  Ein  Magnetstab,  auf  dem  senkrecht  jener 
Zeiger  sitzt,  ist  von  Drahtwindungen  umgeben.  Sobald  Strom 
dieselben  durchfliesst,  wird  der  Magnet  aus  seiner  ursprünglichen 
Gleichgewichtslage  in  eine  neue  gedreht,  und  der  Zeiger  ver- 
iässt  den  Nullpunkt  der  hinter  ihm  befindlichen  Skala.  Die 
Stellung  des  Zeigers  giebt  mithin  an,  ob  der  Leiterkreis,  in  den 
das  Instrument  eingeschaltet  ist,  von  Strom  durchflössen  wird 
oder  nicht.  Die  Klemmen  des  Galvanoskops  sind  nun  mit  denen 
einer  Spule  verbunden,  derselben  Spule,  die  zu  den  elektro- 
magnetischen Versuchen  gedient  hat.  Neulich  machte  ein  durch 
die  Spule  fliessender  Strom  einen  Eisenkern  magnetisch-  Wie 
die  Nullstellung  des  Galvanoskops  anzeigt,  ist  das  Umgekehrte 
nicht  der  Fall.  Ein  in  der  Spule  befindlicher  Dauermagnet 
erzeugt  keinen  Strom.  Aber  in  demselben  Augenblick,  in  dem 
der  Magnet  bewegt  wird,  zuckt  der  Zeiger  des  Galvanoskops. 


DigitizsdbyGOO'^le 


ä 


66  Induktion. 

Bei  schnellem  Herausziehen  des  Magneten  aus  der  Spule  tritt 
sogar  für  den  Augenblick  eine  heftige  Ablenkung  .nach  der 
einen  Seite  der  Skala  hin  ein  (Fig.  45).  Ein  Hineinstossen  des 
Magneten  in  die  Spule  bewirkt  eine  ebenso  heftige  Zeiger- 
bewegung   nach    der    andern    Seite.      Das    Herausziehen    und 


Flg.  45.     Magnetinduktion.') 

Hineinstossen  wird  in  regelmässigem  Wechsel  fortgesetzt.  Das 
Resultat  ist  ein  regelmassiges  Hin-  und  Herpendeln  des  Zeigers, 
verursacht  durch  elektrische  Stromstösse,  welche  in  demselben 
Takte  wie  der  von  meiner  Hand  geführte  Magnet  ihre 
Richtung  wechseln.  Festhalten  des  Magneten  und  Bewegung 
der  Spule  bewirkt  die  gleiche  Erscheinung,  Es  kommt  auf  die 
gegenseitige  Bewegung  von  Spule  und  Magnet  an. 

Eine  der  Magnetinduktion  ähnliche  Erscheinung  zeigt  sich, 
wenn  man  dem    ruhig  in  der  Spule    stehenden  Magneten  einen 

1)  Um  cire  unmitlelbare  Einwirkung  des  MagnctsUbes  auf  die  Galvanoskopnadel 
aus;usch1ic<>sen.  ist  in  Wirklichkeit  das  Galvanoskop  von  der  Spule  tveiter  entfernt, 
als  es  in  der  Abbildung  sein  konnte. 


D,„i,.,db,Google 


Anker  aus  weichem  Eisen  vorlegt.  Die  Bewegung 
zum  Magneten  erzeugt  in  der  Spule  einen  Stromstc 
Sinne,  die  vom  Magneten  fort  einen  Stromstoss  in 
gesetzten  Sinne.  Auf  dieser  Art  der  Induktion 
Telephon.  Sie  mag  deshalb  von  der  Magneti 
Ankerinduktion  besonders  unterschieden  werde 
sich  auch  mit  dem  von  uns  neulich  benutzten  huft 
Elektromagneten  zeigen,  dessen  Remanenz  auf 
schlagend  nachgewiesen  ist. 

Eine  dritte  Gruppe  von  Induktionserscheinui 
theoretisch  den  beiden  beschriebenen  Arten  nahe 
aber  bei  anderer  Versuchsanordnung  (Fig.  46)  eintre 
induktion.     Der   empfangende    Stromkreis   bleibt 


Flg.  46.     Voltainduktion. 

vorher;  aber  statt  des  induzierenden  Magne 
induzierender  Stromkreis  vorhanden.  Dieser  j 
primäre  Kreis  enthalt  eine  Elektricitätsquelle,  eine  de 
den  oder  sekundären  ähnliche  Spule,  schliesslich  no< 
Schalter  und  einen  Regulierwiderstand.  (Von  ihm 
schematischen  Fig.  46  nur  der  Hebe!  und  die  K 
angedeutet.)  Primärer  und  sekundärer  Leiter  sol 
recht  benachbart  sein.  Deshalb  ist  die  eine  Spule 
mit  kleinerem  Durchmesser  gewickelt,  als  die  andei 
werden  in  einander  gesteckt.  Die  primäre,  von  i 
flossene  Spule  steht  jetzt  in  der  sekundären,  der» 
den  Klemmen  des  Galvanoskops  führen.  Dessen 
den  Nullpunkt  der  Skala  an.     Das  unveränderte  F 


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Stromes  ruft  also  in  einem  benachbarten  Leiter  keine  Induktion 
hervor.  Wird  dagegen  eine  der  Spulen  bewegt,  oder  die  Stärke 
des  primären  Stromes  geändert,  oder  wird  er  ganz  unterbrochen 
oder  erst  geöffnet,  dann  entstehen  im  sekundären  Kreise  Ströme. 
Deren  Richtung  ist  dieselbe  beim  Annähern,  Verstärken, 
Schliessen  des  primären  Stromes  einerseits  und  den  drei  ent- 
gegengesetzten Thätigkeiten :  Entfernen,  Schwächen,  öffnen 
andererseits.  Abwechselndes  Nähern  und  Entfernen  einer  Spule 
oder  periodisches  Verstärken  und  Schwächen  oder  Schliessen 
und  öffnen  des  primären  Stromes  erzeugt,  wie  bei  der  Magnet- 
induktion, sekundäre  Stromstösse  wechselnder  Richtung. 

In  der  Art  ihrer  Wirkung  gleicht  die  Voltainduktion  ganz 
der  Magnetinduktion,  Wie  Sie  beobachtet  haben,  ist  aber  bei 
unserer  Versuchsanordnung  der  Voltainduktionsstrom  schwacher, 
als  der  durch  den  Magneten  induzierte.  Die  Nadelausschläge 
nehmen  wesentlich  an  Grösse  zu,  wenn  beide  Spulen  in  ihrer 
gemeinsamen  Mitte  einen  Kern  aus  weichem  Eisen  enthalten. 
Gewissermassen  sind  dann  Magnet-  und  Voltainduktion  vereinigt. 
Die  induzierende  Wirkung  des  sich  ändernden  Stromes  wird 
durch  die  eines  sich  ändernden  Magneten  unterstützt.  In  der 
That  wird  der  Eisenkern  durch  den  primären  Strom  magnetisch 
und  begleitet  jede  Änderung  dieses  Stromes  mit  einer  Änderung 
seines  Magnetismus.  Der  Voltainduktion  durch  Verschwinden 
(Entstehen)  eines  Stromes  gesellt  sich  so  eine  Magnetinduktion 
durch  sehr  schnelles  Entfernen  (Nähern)  eines  Magneten  hinzu. 
Beide  unterstützen  sich. 

Zu  einem  Versuch  über  die  Richtung  des  Induktionsstromes 
werden  zweckmässig  nicht  zwei  Spulen,  sondern  zwei  gerade, 
parallel  neben  einander  ausgespannte  Leiter  benutzt.  Jetzt  ist 
die  Induktionswirkung  naturgemäss  wesentlich  schwächer.  Um 
sie  trotzdem  weithin  sichtbar  zu  machen,  dient  als  verfeinertes 
Galvanoskop  ein  Spiegelgalvanometer.  Die  Einrichtung  beider 
Instrumente  ist  im  Grunde  sehr  ähnlich.  Hier  ist  der  abzu- 
lenkende Magnet  nur  besonders  leicht  gebaut  und  trägt  keinen 
schweren  Zeiger,  sondern  einen  kleinen  Spiegel,  der  einen 
Lichtstrahl  auf  die  grosse  Skala  dort  an  der  Wand  reflektiert. 
Schon  ganz  kleine  Ablenkungen  des  Magneten  zeigt  der  gewichts- 
lose und  einige  Meter  lange  Lichtzeiger  auf  der  Skala  an.  Mit 
dem  Spiegelgalvanometer    sind    deshalb  schon  ganz  schwache 


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Ströme  nachzuweisen.  Die  Richtung  des  ablenkenden  Strom 
geht  daraus  hervor,  ob  der  Lichtschein  sich  vom  Nullpur 
der  Skala  nach  ihrer  rechten  oder  linken  Seite  zu  bewei 
Der  Versuch  ergiebt,  dass  beim  öffnen,  Schwachen,  Ei 
fernen  des  primären  Stromes  der  sekundäre  ihm  gleich 
beim  Schliessen,  Verstärken  und  Nähern  entgegengesei 
gerichtet  ist.') 

Es  ist  interessant,  dass  die  Richtung  des  Induktionsstrom 
aus  dem  Gesetz  von  der  Erhaltung  der  Energie  gefolgert  werd 
kann.  Zum  Beispiel  muss  die  Energie,  die  als  elektrische  l 
der  Bewegung  eines  der  Leiter  induziert  wird,  als  mechanisc 
vom  Arm  des  Experimentierenden  aufgewendet  werden.  We 
Arbeit  entstehen  soll,  muss  die  Bewegung  des  Leiters  d( 
bewegenden  Arm  ein  Mehr  an  Arbeit  kosten,  das  auf  Rechnu: 
der  Induktion  zu  setzen  ist.  Der  Induktionsstrom  muss  die  i 
erzeugende  Bewegung  zu  hemmen  suchen;  so  sagt  das  na 
seinem  Entdecker  genannte  Lenzsche  Gesetz  aus,  das  all 
dings  nur  einen  Spezialfall  des  Gesetzes  von  der  Erhaltung  d 
Energie  bildet.  Die  gegenseitige  Annäherung  der  Stromleit 
wird  elektrodynamisch  gehemmt,  wenn  induzierender  und  ine 
zierter  Strom  sich  abstossen.  Das  ist,  wie  wir  aus  der  vorig 
Vorlesung  wissen,  bei  entgegengesetzt  gerichteten  Strömen  d 
Fall.  Beim  Nähern  entsteht  folglich,  wie  es  auch  der  Versu 
thatsächlich  gezeigt  hat,  ein  dem  primären  entgegengesei 
gerichteter  Strom.  Auch  dem  Entfernen  beider  Leiter  v 
einander  sollen  induzierender  und  induzierter  Strom  elekti 
dynamisch  entgegenarbeiten.  Das  thun  sie,  wenn  sie  si 
anziehen.  Anziehung  findet  statt  zwischen  gleichgerichtet 
Strömen.  Folglich  sind  beim  Entfernen  der  Stromleiter  ine 
zierender  und  induzierter  Strom  gleichgerichtet,  was  ebenfa 
der  Versuch  bestätigt. 


Die    scharfe    Trennung    der    Induktionserscheinungen 
einzelne    Gruppen   geschieht    nur   zur    Erleichterung   des    Vi 
ständnisses.    Sie  ist  der  fortgeschrittenen  Erkenntnis  ein  unnütz 


'l  Die   in   Fig.  46   durch   Pfeile   beieichncte  Richtung   t 
(ili  mithin  nir  Öfihen,  Schwachen,  Entfernen  des  primären. 


D,„i,.,db,Google 


70  Induktion. 

Gängelband.  Bei  allen  Arten  der  Induktion  ist  ein  Kraftfeld 
vorhanden,  ein  von  Kraftlinien  erfüllter  Raum.  Es  ist  gleich- 
giltig,  ob  die  Kraftlinien  einem  Dauermagneten  oder  einem 
Strom-durchflossenen  Drahte  ihre  Entstehung  verdanken.  Alle 
Arten  der  Induktionserscheinungen  fallen  nun  unter  den  all- 
gemeinen Satz:  In  einem  Leiter  findet  Induktion  statt,  sobald  die 
Anzahl  der  ihn  schneidenden  Kraftlinien  zu-  oder  abnimmt. 
Schärfer  gefasst ,  heisst  das  Induktionsgesetz :  Schneiden 
Kraftlinien  wechselnder  Anzahl  einen  Leiter,  so  wird 
m  ihm  eine  Elektromotorische  Kraft  induziert,  deren 
Richtung  dem  Sinne  und  deren  Grösse  der  Grösse 
(der  Heftigkeit)  der  Änderung  entspricht.  So  wird  bei 
der  Magnetinduktion  die  Zahl  der  die  Spule  schneidenden  Kraft- 
linien schneller  geändert,  wenn  der  Magnet  schneller  bewegt 
wird.  Dementsprechend  ist  dann  auch  die  Induktion  grösser, 
wie  der  weitere  Ausschlag  des  Galvanoskops  anzeigt.  Ebenso 
steht  es  mit  der  Schnelligkeit  der  Unterbrechung  bei  der  Volta- 
induktion.  Eine  schnelle  Unterbrechung  bewirkt  eine  heftigere 
Änderung  der  Kraftlinienzahl  und  damit  eine  grössere  Elektro- 
motorische Kraft  der  Induktion.  Wird  ein  starker  Strom  in 
derselben  Zeit  unterbrochen,  wie  ein  schwacher,  so  ist  auch  die 
Änderung,  mithin  die  induzierte  Elektromotorische  Kraft  grösser. 
Es  ergiebt  sich  auch  jetzt,  warum  das  Eisen  so  ausserordentlich 
verstärkend  wirkt.  Seine  grosse  Permeabilität,  die  Fähigkeit, 
die  Kraftlinien  des  umgebenden  Raumes  in  sich  zu  vervielfältigen, 
vervielfältigt  auch  die  Grösse  der  Krafthnienänderung  und  damit 
die  Induktion. 

Eine  weitere  Induktionserscheinung  soll  Ihnen  dieser  Ver- 
such (Fig.  47)  hier  zeigen.  Zwischen  den  kreisförmig  aus- 
gehöhlten Polschuhen  eines  Elektromagneten  ist  ein  Hohlcylinder, 
eine  Trommel  aus  dickem  Kupferblech  drehbar  gelagert.  Diese 
Kupfertrommel  kann  durch  eine  Zahnradübersetzung  (die 
ebenso,  wie  die  Lager  in  Fig.  47  fortgelassen  ist)  in  schnelle 
Drehung  versetzt  werden,  wie  es  jetzt  geschieht.  Der  Elektro- 
magnet ist,  wie  Sie  beachten  wollen,  noch  nicht  erregt. 
Sobald  nun  der  Schalthebel  des  Erregerstromkreises  umgelegt 
wird  und  Strom  die  Magnetschenkel  umkreist,  wird  die  Kupfer- 
trommel heftig  gebremst.  Sie  bemerken,  welche  grosse  Arbeit 
mein  Arm  leisten  muss,  um  die  Trommel  durchzuziehen.     Dabei 


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72  Induktion. 

Magnetfeld.  Es  ist  klar,  dass  der  Streifen  bald  —  vor  der  Mitte 
der  Polschuhe  —  in  seiner  ganzen  Breite  senkrecht  von  Kraft- 
linien geschnitten  wird,  bald  —  in  seiner  höchsten  und  tiefsten 
Stellung  —  den  Kraftlinien  parallel  läuft.  Es  ist  dann  weiter 
klar,  dass  ein  solcher  Streifen,  da  er  von  Kraftlinien  wechseln- 
der Anzahl  geschnitten  wird,  zum  Sitze  Elektromotorischer 
Kräfte  werden  muss.  Nur  ist  derem  Ausgleich  kein  deutlich 
bestimmter  Weg  vorgeschrieben,  wie  bei  einem  dtlnnen  Draht, 
der  sich  zu  einem  Leitungskreis  schliesst.  Deshalb  wirbeln 
in  dem  sich  drehenden  Kupferblech  die  Induktionsströme  durch 
einander,  und  daher  ihr  Name:  Wirbelströme.  Ihre  Bahn  ist 
nur  insoweit  bestimmt,  als  sie  koncentrisch  die  Schnittpunkte 
der  Kraftlinien  mit  dem  Cylindermantel  umfliessen.  (Vgl.  die 
punktierten  Linien  in  Fig.  47.)  Die  kurzen  Strecken  Kupferblech 
haben  einen  sehr  geringen  elektrischen  Widerstand,  so  dass  die 
induzierten  Wirbelspannungen  grosse  Wirbelströme  im  Gefolge 
haben;  daher  die  Erwärmung  der  Kupfertrommel.  Auch  hier 
setzen  sich  nach  dem  Lenzschen  Gesetze  die  induzierten  Ströme 
der  sie  erzeugenden  Bewegung  entgegen;  daher  die  Bremsung. 
Wirbelströme  werden  nun  nicht  nur  in  solchen  Fallen,  wie 
dem  eben  besprochenen,  induziert,  sondern  auch  in  vielen  anderen, 
so  in  dem  eisernen  Kerne  aller  Spulen,  welche  von  Strömen 
wechselnder  Stärke  oder  von  solchen  wechselnder  Stärke  und 
Richtung  durchflössen  werden.  Denn  auch  ein  solcher  Kern 
stellt  einen  Leiter  vor,  der  von  Kraftlinien  wechselnder  Anzahl 
geschnitten  wird.  Da,  wie  Sie  sich  erinnern  wollen,  die  Kraft- 
linien einer  Spule  ein  gerades,  zur  Spulenachse  paralleles  Bündel 
bilden,  und  da  die  Wirbelströme  die  Kraftlinien  umkreisen,  ver- 
laufen die  im  Kerne  induzierten  Wirbelströme  parallel  den 
Spulenwindungen.  Es  ist  deshalb  unzulässig,  solche 
Spulen,  die  von  Strömen  wechselnder  Stärke  oder 
von  Strömen  wechselnder  Stärke  und  Richtung  durch- 
flössen werden,  mit  massiven,  aus  einem  Stück  be- 
stehenden Eisenkernen  zu  versehen.  Die  Kerne  müssen 
aufgeschlitzt  sein,  wie  z.  ß,  beim  Farbschreiber,  oder  unterteilt, 
d.  h.  aus  einzelnen  Blechen  oder  Drähten  zusammengesetzt.  Durch 
die  natürliche  Oxyd-,  die  sogenannte  Zunderschicht,  einen  Lack- 
anstrich oder  eine  Papiereinlage  wird  verhindert,  dass  von 
einem  Draht  oder  einem  Blech  zum  andern  Wirbelströme  über- 


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Induktion.  73 

treten.  Die  Unterteilung  ist  so  zu  machen,  dass  die  Wirbel- 
Ströme  nicht  den  einzelnen  Draht  oder  das  einzelne  Blech 
entlang  verlaufen,  sondern  dass  die  trennenden  Schichten  senk- 
recht zu  den  induzierten  Wirbelspannungen  liegen  und  so  den 
Wirbelströmen,  die  entstehen  möchten,  der  Weg  verlegt  wird. 
Wenn  der  zu  verhindernde  Lauf  der  Wirbelströme  parallel  den 
Spulenwindungen  gerichtet  ist,  müssen  in  Induktionsspulen  (wie 
z.B.  dem  Ruhmkorff  oder  den  Induktionsrollen  der  Telephonie) 
die  Kerndrähte  wie  das  Kraftlinienbündel  verlaufen.  Die  iso- 
lierenden Schichten  laufen  neben  den  Kraftlinien  her.  Sie  ver- 
langen nicht,  von  diesen  durchsetzt  zu  werden.  Der  magnetische 
Widerstand  des  Kernes  wird  deshalb  durch  die  Unterteilung 
nicht  erhöht. 

In  der  Reihe  der  Induktionserscheinungen  fehlt  noch  die 
letzte:  die  Selbstinduktion.  Ein  Leiter,  der  von  einem  Strome 
wechselnder  Stärke  durchflössen  wird,  induziert  Elektromotorische 
Kräfte  nicht  nur  in  fremden,  ihm  benachbarten  Leitern,  sondern 
auch  in  dem  ihm  am  meisten  benachbarten:  in  sich  selbst. 
Ein  Strom,  der  zu  fliessen  anfängt,  induziert  in  seiner  eigenen 
Strombahn  eine  seiner  eigenen  entgegengesetzt  gerichtete 
Spannung,  welche  ein  sofortiges  Fliessen  des  Stromes  in  der 
vollen,  dem  Ohmschen  Gesetze  entsprechenden  Stärke  verzögert. 
Man  erhält  den  Eindruck,  als  ob  der  Fortbewegung  von 
Elektricitätsmcngen  gerade  so,  wie  der  mechanischen  Massen, 
eine  Trägheit  entgegenwirkte,  eine  Anschauung,  mit  der  auch 
die  Richtung  des  Selbstinduktionsstosses  bei  Stromunterbrechung 
übereinstimmt.  Denn  ein  erlöschender  Strom  erzeugt  eine 
der  seinigen  gleich  gerichtete  Elektromotorische  Kraft,  welche 
der  Unterbrechung  zum  Trotz  sein  Fliessen  zu  verlängern  sucht. 

Die  Selbstinduktion  ist  am  grössten  in  einem  zur  Spule 
gewickelten  Leiter.  Hier  kann  jede  Windung  auf  ihr  Nachbar- 
windungen induzierend  wirken.  Das  ist  bei  einem  gerade  aus- 
gespannten Draht  nicht  möglich.  Ein  solcher  hat  auch  nur 
eine  kleine  Selbstinduktion.  Die  Erscheinung  wird  verständlich, 
wenn  man  daran  denkt,  dass  jeder  Strom  —  ringförmig  um  den 
Leiter  als  Achse  —  Kraftlinien  erzeugt,  deren  Anzahl  sich  mit  dem 
Entstehen  und  Verschwinden  des  Stromes  ändert.  Jeder  Leiter 
befindet  sich  deshalb  bei  Änderungen  des  ihn  durch- 
fliessenden    Stromes    in    einem    zwar    von    ihm    selbst 


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74  Induktion. 

erzeugten,  aber  deshalb  doch  nicht  weniger  vorhandenen 
Kraftfeld  wechselnder  Grösse,  und  es  werden  deshalb 
Spannungen  in  ihm  induziert.  Bei  der  Spule  schneiden  die  von 
einer  Windung  erzeugten  Kraftlinien  die  Nachbarwindungen. 
Ihre  Änderung  ruft  hier  also  eine  viel  grössere  Selbstinduktion 
hervor,  als  bei  einem  geradem  Leiter,  dessen  Kraftlinien  nichl 
wohl  benachbarte  Leiterteile  schneiden  können.  Die  Selbst- 
induktion hängt  deshalb  ausser  von  der  Heftigkeit  der  Strom- 
änderung noch  von  der  geometrischen  Gestalt  des  Leiters  ab. 
Die  Selbstinduktion  einer  Spule  wird  durch  einen  in  ihr  ent- 
haltenen eisernen  Kern  aus  bekanntem  Grunde  ganz  wesentlich 
verstärkt.  Bei  Selbst-  und  Voltainduktion  ist  die  Richtung  der 
induzierten  Spannung  die  gleiche.  Beide  sind,  um  es  zu  wieder- 
holen, der  des  sich  ändernden  Stromes  beim  Schliessen  ent- 
gegengesetzt, beim  Unterbrechen  ihr  gleichgerichtet. 

Mit  der  zuerst  fremdartig  erscheinenden  Selbstinduktion 
werden  Sie  durch  einen  Versuch  vertrauter  werden.  Die 
Selbstinduktion    einer    Eisen-erfüllten    Spule    von    vielen    Win- 


Fig.  48.     Selbstinduktion  einer  Eiscn-crmillen  Spule. 


düngen  soll  einen  Stromstoss  erzeugen  und  durch  ihn  eine 
Glühlampe  zum  hellen  Aufleuchten  bringen.  Die  Spule,  eine 
Stromquelle  und  ein  Ausschalter  bilden,  wie  das  angezeichnete 
Schema  (Fig.  48)  ergiebt,  einen  Stromkreis,  in  den  die  Glühlampe 
als  Brücke  parallel  zur  Spule  eingeschaltet  ist.  Das  Ganze 
wird    in    der  Richtung   der    kleinen  Pfeile    von   einem  Strome 


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Induktion.  75 

durchflössen,  der  gerade  hinreicht,  um  die  Lampe  in  schwaches 
Glühen  zu  versetzen.  Im  Augenblick  der  Stromunterbrechung 
wird  die  Spule  vermöge  ihrer  Selbstinduktion  zum  Sitze  einer 
Spannung,  welche  in  der  Spule  der  ursprünglichen  Spannung 
gleichgerichtet  ist.  Die  Spule  mit  Selbstinduktion  oder,  wie 
man  sie  in  der  Ausdrucksweise  des  Tages  abgekürzt  nennt: 
die  Selbstinduktion  ist  für  den  Augenblick  der  Änderung 
als  eine  Elektricitätsquelle  anzusehen.  Sie  schickt  in  der  Richtung 
der  drei  grossen  stark  gezeichneten  Pfeile  einen  Stromstoss 
durch  die  Lampe  und  bringt  sie  zum  kurzen,  hellen  Aufleuchten. 
Man  kann  einer  Spule  ihre  Selbstinduktion  nehmen,  indem 
man  das  Entstehen  von  Kraftlinien  in  ihr  verhindert.  Dieses 
wird  dadurch  erreicht,  dass  man  die  Spule  gleichsam  in  zwei 
Hälften  teilt,  von  denen  die  eine  Kraftlinien  der  einen  Richtung, 
die  andere  solche  der  entgegengesetzten  erzeugt.  Beide  Gruppen 
von  Kraftlinien  heben  sich  dann  so  gut  wie  vollständig  auf. 
Diese  bifilare  Wicklung  habe  ich  Ihnen  hier  durch  eine 
Skizze  (Fig.  49)   anschaulich    zu   machen  versucht.     Sie  sehen 


zwei  von  einander  getrennte  Drähte,  die  an  dem  einen  ihrer 
beiden  (von  Isolation ')  befreiten)  Enden  zusammengedreht  und 
gemeinsam  mit  einander  zu  einer  Spule  gewickelt  sind.  Die 
Pfeile  geben  die  Richtung  des  die  Drahtwindungen  durch- 
fliessenden  Stromes  an.  Sie  sehen,  dass  die  beiden  Windungen 
jedes  einzelnen  Windungspaares  in  entgegengesetzter  Richtung 
vom  Strome  durchflössen  werden.  Der  gefiederte  Pfeil  bezeichnet 
die  Stromrichtung  in  den  Windungen  des  hinteren  Drahtes, 
der  ungefiederte  in  denen  des  vorderen.  Wie  die  Pfeile 
zeigen,  fliesst  in  beiden  Windungen  jedes  Windungspaares  der 
Strom  in  entgegengesetzter  Richtung.     Mag  mithin  die  Strom- 


r  Einrachheil  halbpr  d 


„Google 


76  Induktion. 

stärke  sein,  welche  sie  will,  die  Kraftlinien  heben  sich  paarweise 
auf,  und  wo  kein  Kraftfeld,  da  keine  Induktion.  Dass 
diese  bifilar  gewickelte  Spule  hier  keine  Selbstinduktion  hat,  ist 
leicht  zu  zeigen,  indem  sie  an  Stelle  der  Spule')  mit  Selbst- 
induktion von  vorhin  (Fig.  48)  geschaltet  wird.  Die  Lampe 
glüht  so  matt,  wie  eben.  Bei  Stromunterbrechung  geht  sie 
aber  ohne  Aufleuchten  einfach  aus.  Bifilar  gewickelte  Spulen 
können  nur  als  Widerstandsrollen  dienen.  Für  alle 
Wirkungen,  zu  denen  ein  magnetisches  Feld  not- 
wendig ist,  sind  sie  verdorben.  Sie  können  keine  elektro- 
magnetischen, elektrodynamischen  oder  induktorischen  Erschei- 
nungen hervorrufen. 

In  der  weiteren  Besprechung  der  Induktionserscheinungen 
ist  jetzt  der  Apparat  zu  beschreiben,  der  nach  seinem  ersten 


Fig,  50.     Fiinkeninduktor.     Elwa  '/*- 

Erbauer  Ruhmkorffscher  Funken  in  duktor,  Induktorium 
oder  kurz  Ruhmkorff  genannt  wird  und  das  Urbild  einer  ganzen 
Klasse  elektrischer  Apparate  oder  Maschinen,  der  Trans- 
formatoren geworden  ist.  Sie  sehen  hier  (Fig.  50)  einen 
Funkeninduktor  vor  sich,  wie  er  dazu  dient,  im  Kleinen 
hochgespannte    Elektricität    zu    erzeugen.      Diese  ist  im  Stande, 

')  Der  Versuch   wird   mit  einer   einiigen   Spule   angestellt,   welche   sowohl   auf 
gewöhnliche,  wie  auf  bifilare  Wicklung  geschaltet  werden  kann. 


D,„i,.,db,Google 


Induktion.  77 

in  Form  eines  Funkens  die  isolierende  Luftschicht  zwischen  den 
etwa  10  cm  entfernten  Spitzen  zu  durchbrechen,  eine  Erscheinung, 
die  bei  diesem  grösseren  Induktor  und  nach  Verdunkelung  des 
Hörsaales  zum  prächtigen  Schauspiele 
wird.  Unter  Licht-  und  Schallentwick- 
lung, unter  Blitzen  und  Knattern  durch- 
bricht die  von  glühenden  Metallteilchen 
getragene  Elektricität  gewaltsam  die 
lange  Luftschicht,  wozu  —  wie  schon 
früher  (S.  16)  angegeben  wurde  —  sehr 
grosse  Spannungsdifferenzen  notwendig 
sind.  Dieses  Lichtbild  (Fig.  51)  zeigt 
ihnen  einen  Ruhmkorff,  wie  er  in 
Funkentelegraphenämtern  benutzt  und 
dort  zweckmässig  an  der  Wand  befestigt 
wird. 

Der  elektrische  Funke  ist  mit  der 
Ausdehnung  der  elektrischen  Bahnen 
i\i  einer  alltäglichen  Erscheinung  ge- 
worden. Die  Bahnmotoren  enthalten, 
wie  alle  elektrischen  Maschinen,  Spulen 
mit  grossen  Windungszahlen  und  eisernen 
Kernen  und  besitzen  daher  eine  sehr 
grosse  Selbstinduktion.  Wird  deshalb 
durch  das  Abgehen  der  Kontaktrolle 
oder  des  Bügels  von  der  Oberleitung 
oder  durch  Schmutz  zwischen  Rädern 
und  Schienen  der  Stromkreis  unter- 
brochen, so  entsteht  eine  Selbst- 
induktionsspannung von  solcher  Grösse, 
dass  sie  sich  über  den  Luftzwischenraum 

hinweg    in    Form    eines    Funkens    aus-        fie.  5i.    Ruhmkorff  mr 
gleicht.     Ein    solcher    Öffnungsfunke  Funkentekgraphie. 

entsteht  beim  öffnen  aller  eine  Selbst-  Eiwa  Vio- 

induktion  enthaltenden  Stromkreise. 

Wir  kehren  jetzt  zur  Besprechung  des  Funkeninduktors 
zurück.  Aus  dem  angezeichneten  Schema  (Fig.  52)  entnehmen 
Sie,  dass  der  Apparat  aus  zwei  in  einander  steckenden  Spulen, 
der  primären  inneren  (1)  und  der  secundären  äusseren  (JJ)  und 


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78  Induktion. 

einem  Bündel  Drähten  aus  weichem  Eisen  als  Kern  besteht. 
Die  secundäre  Spule  endigt  in  zwei  starke  Messingdrähte,  deren 
zugespitzte  Enden  durch  zwei  isolierende  Handgriffe  genähert 
und  entfernt  werden  können.  Die  primäre  Spule  ist  mit  einer 
dreizelligen  Accumulatorenbatterie  und  dem  Unterbrecher, 
einem  Leiterteil,  verbunden,  der  durch  eine  pendelnde  Bewegung 
den  Stromkreis  abwechselnd  schliesst  und  unterbricht.  Der 
Unterbrecher  kann  sehr  verschieden  gebaut  sein,  z.  B.  einen 
Kupferstift  enthalten,  den  ein  kleiner  Elektromotor  abwechselnd 
in  Quecksilber  taucht  und  aus  ihm  herauszieht.  Bei  kleineren 
Induktorien  geschieht  die  Unterbrechung  mit  einem  Wagnerschen 
Hammer  (Fig.  50,  52,  53),  wie  er  auch  bei  den  gewöhnlichen 
Weckern  verwandt  wird.  In  den  Stromlauf  ist  ein  kleiner 
Hammer  eingeschaltet,  dessen  Kopf  aus  weichem  Eisen  und 
dessen  Stiel    aus  Uhrfederstahl  besteht.     Der  Kopf  steht  dem 


53.     Dasselbe.     Strom  untcriirochen. 


Drahtbündel  gegenüber,  das  als  Eisenkern  in  den  Spulen  steckt, 
und  wird  von  ihm  bei  geschlossenem  Stromkreise  elektro- 
magnetisch angezogen.  Dadurch  entfernt  sich  der  Hammer  von 
einem  Kontaktstift,  gegen  den  er  vorher  anliegt,  und  unterbricht 
den  Strom  (Hammerstellung  in  Eig,  53).     Der  Eisenkern  verliert 


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seinen  Magnetismus,  und  der  federnde  Hammei 
Kontaktstift  zurück  (Fig.  52).  Der  Strom  wird 
und  der  Kreislauf:  Magnetisierung  des  Kernes,  Hamn 
Stromunlerbrechung,  Rückkehr  des  Hammers 
Stift,  Stromschluss  wiederholt  sich  fortgesetzt. 
öffnet  und  schliesst  selbstthätig  den  Strom  ') 

Die  Unterbrechung  des  primären  Stromes  ri 
ihm  gleich  gerichteten,  das  Schliessen  einen  ihm  enl 
gerichteten  Induktionsstoss  in  der  sekundären  S 
Durch  abwechselndes  öffnen  und  Schliessen  c 
Stromes  werden  mithin  sekundäre  Slromstösse  v 
Richtung  erzeugt.  Um  es  mit  anderem  Ausdrm 
holen:  Die  vom  primären  Strom  erzeugten  Kraft 
sich  mit  ihm  im  gleichen  Tempo.  Sie  schneiden  de 
Leiter  und  induzieren  in  ihm  Spannungen,  die  dem 
primären  Strom  entgegengesetzt  -,  dem  abnehm 
gerichtet  sind.  Das  wird  besonders  deutlich,  w 
Vorgänge  in  den  beiden  Wicklungen  in  gewohnte 
zeichnet.  Freilich  ist  hervorzuheben,  dass  b 
nungen  (Fig.  54  I  und  II)  durchaus  nicht  die 
Verhältnisse  wiedergeben,  sondern  nur  den: 
dienende  Schemata  sind.  In  ein  Achsenkreuz  w 
der  in  jedem  Augenblick  herrschende  Wert  der  v 
primären  Stromstärke  Jf  und  horizontal  die  zuge 
eingetragen. 

Für  die  Dauer  des  unveränderten  Fliessens 
horizontale  Linien  in  bestimmtem  Abstände  von  dei 
Achse,  für  die  der  vollzogenen  Unterbrechung 
Achse    selbst.     Während    des    Unterbrechens   unc 

')  Dem  L'nlerbrecher  isl  ein  Condensator  parallel  gcsc 
obgleich  die  Besprechung  der  statischen  Elektricjtil  der  nflchslei 
behalten  bleibt,  nicht  gam  übergangen  werden  darf.  Der  Conden 
das  Öffnen  und  Schliessen  des  Primärkreises  und  vergrössert  dai 
Induktion.  Er  Ihut  das  dadurch,  dass  er  als  Puffer  den  Scibslin 
nimmt,  den  der  Primärkreis  beim  Öffnen  erzeugt,  und  der  als  lan) 
die  Unlerbrechungss teile  überspringen  würde.  Die  Veriangsamung 
brechung  wird  mithin  durch  den  Condensator  aufgehoben.  Ebenso 
Stromschluss  beschleunigt.  Denn  die  von  der  Unterbrechung  her  in 
gestapelte  El  ek  tri  dt  ata  menge  enlfliesst  ihm  beim  Stromschluss  unt 
entgegengesetzt  gerichteten  Selbst  induktionsstoss. 


DigitizsdbyGOOgle 


zeigen  schräge  stark  ansteigende  und  stark  abfallende  Linien 
den  primären  Stromveriauf  an.  Es  entsteht  so  primär  das 
Bild  eines  periodisch  an-  und  abschwellenden  Stromes.  Ganz 
anders  sieht  die  Kurve  für  die  im  Sekundärkreis  induzierte 
Spannung  aus.  Die  konstanten  Teile  des  primären  Stromes 
induzieren  nicht,  denn  sie  bewirken  keine  Kraftlinienänderungen. 
Anders  ausgedrückt:  Für  alle  in  I  horizontalen  Strecken  ist  in  II 


Fig.  54.     Graphische  Darstellung  der  Vorgänge  in  den  beiden  Spulen  des  RuhmkorfT. 
(Rein  schematiscli.) 


Fig.  55.     Sinusförmiger 
leitl icher  Verlauf  einer 

Wechsel  span  nung. 

I.OP  ist  die  Dauer  einer 

Periode,     OW   oder  WF  die 

eines  Wechsels.) 


die  Spannung  Null.  Sekundäre  Spannungen  bestehen  nur  in 
den  Zeiten,  in  denen  der  primäre  Strom  sich  ändert.  Die 
Zunahme  der  primären  Stromstärke  J,  induziert  eine  entgegen- 
gesetzt gerichtete  Sekundärspannung  £„.  Ist  J,  von  der  hori- 
zontalen Achse  nach  oben  zu  zeichnen,  muss  E^,  nach  unten, 
im  Negativen  liegen,  so  dass  schliesslich  Schema  II  entsteht. 
Die  Sekundärspannung  E,,  wechselt  periodisch  ihre  Richtung. 


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Induktion.  gl 

Sie  ist  eine  Wechselspannung,  die  bei  geschlossenem 
Sekundärkreis  einen  Wechselstrom  erzeugt.  Der  früher 
betrachtete  elektrische  Strom,  der  Gleichstrom,  besteht  in 
einem  ununterbrochenen  gleichmässigen  Flusse  von 
Elektricitat  nach  der  gleichen  Richtung,  Beim  Wechselstrom 
findet  ein  Hin-  und  Herfliessen  in  taktmässigem  Wechsel 
statt.  Freilich  ist  das  typische  Abbild  einer  Wechselspannung 
oder  eines  Wechselstromes  nicht  dermassen  eckig  wie  unsere 
Schulzeichnung  (Fig".  54 11).  Die  Ecken  sind  abgewölbt,  und 
statt  der  vertikalen  Linien  sind  sanfter  ansteigende  und  abfallende 
vorhanden,  so  dass  die  Kurve  so  (Fig.  55)  aussieht  und  der- 
jenigen ähnelt,  welche  die  Mathematiker  eine  Sinuskurve  nennen. 
Auch  hier  findet  ein  periodischer  Richtungswechsel  in  gleich- 
förmigem Rythmus  statt.  Ein  ganzer  Hin-  und  Hergang  [OP  in 
Fig.  55)  heisst  eine  Periode,  ein  Hin-  oder  Hergang  (OW  oder 
WP)  ein  Wechsel,  so  dass  immer  eine  Periode  zwei  Wechsel 
umfasst. 

Das  zu  Anfang  etwas  schwierige  Verständnis  des  Wechsel- 
stromes zu  erleichtern,  soll  der  allererste  Versuch:  die  elektrische 
Erwärmung  des  Eisendrahtes  noch  einmal  angestellt  werden, 
nur  mit  der  Änderung,  dass  dazu  jetzt  nicht  Gleichstrom,  sondern 
eine  Art  Wechselstrom  verwandt  wird.  Die  Bewegung  eines  Um- 
schalters bewirkt,  dass  der  Eisendraht  bald  von  rechts  nach  links, 
bald  von  links  nach  rechts  von  Strom  durchflössen  wird.  So 
schnell  meine  Hand  den  Umschalter  bewegen  kann,  also  etwa 
vier  mal  in  der  Sekunde,  wechselt  der  Strom  seine  Richtung. 
Sie  sehen,  die  Erwärmung  des  Drahtes  tritt  unter  denselben 
Umstanden  ein,  wie  bei  Gleichstrom.  Allerdings  wird  bei  jedem 
Richtungswechsel  mit  dem  Strome  auch  die  Erwärmung  des 
Drahtes  unterbrochen  und  damit  ein  Flackern  des  von  ihm 
ausgesandten  Lichtes  bewirkt.  Bei  einem  technischen  Wechsel- 
strom, der  nicht  zwei,  sondern  gewöhnlich  fünfzig  Perioden  pro 
Sekunde  macht,  folgen  sich  natürlich  die  Unterbrechungen  zu 
schnell,  als  dass  man  sie  mit  dem  Auge  wahrnehmen  könnte. 
Auch  bei  Wechselstrom  tritt  mit  der  Erwärmung  ein  Spannungs- 
verlust auf;  nur  fällt  die  Spannung  nicht  mehr  unverändert  in 
der  einen  Richtung  ab,  sondern  abwechselnd  erst  auf  dem  Wege 
von  rechts  nach  links,  dann  auf  dem  entgegengesetzten.  Die 
Ursache  des  Spannungsabfalls  im  Draht,  sein  Widerstand  von 


D,ü,i,z.db,Cooglc 


82  Induktion. 

SO  und  so  viel  Ohm  ist  derselbe,  mag  er  von  Gleich-  oder  von 
Wechselstrom  durchflössen  werden. 

Hierin  tritt  eine  Änderung  ein,  sobald  Wechselstrom 
statt  gerade  ausgespannter  Drähte  Spulen,  besonders  solche  mit 
eisernem  Kern,  durchfliesst.  Die  Selbstinduktion  ist  es,  die  den 
von  der  Wechselspannung  gewünschten  Stromflnderungen,  einer 
Trägheit  gleich,  ihre  Elektromotorische  Kraft  entgegenstemmt. 
Die  Elektromotorische  Gegenkraft  oder  die  Gegenspannung  der 
Selbstinduktion,  die  immer  Nein  sagt,  beim  Aufhören  den 
Strom  verlängern,  beim  Entstehen  ihn  verspäten  will,  wirkt  wie 
ein  Widerstand.  Eine  Spule,  deren  Klemmen,  eine 
Wechselspannung  gegen  einander  besitzen,  wird  nicht 
von  dem  Strome  durchflössen,  den  das  Ohmsche  Gesetz 
angiebt.  Dem  Drahtwiderstand,  wie  man  auch  sagt,  dem 
Ohmschen  Widerstand  gesellt  sich  ein  neuer:  der  Widerstand 
durch  Selbstinduktion,  die  Induktanz  hinzu.  Beide  vereinigen 
sich  zu  einem  Scheinbaren  Widersland  der  Spule.  Erst 
dieser  Scheinbare  Widerstand,  nicht  der  Ohmsche  allein,  ergiebt 
den  Quotienten  von  Spannung  und  Strom.     Es  ist  nicht  mehr 

J  =    -  „    >  sondern  J  =  -^^ 

wenn  W  den  Scheinbaren  Widerstand  der  Spule  bedeutet. 
Die  Induktanz  ist  nicht  etwa  nur  klein.  Im  Gegenteil!  Bei 
Spulen  mit  grosser  Selbstinduktion  überragt  sie  und  damit  der 
Scheinbare  Widerstand  den  Ohmschen-,  den  Drahtwiderstand 
bei  Weitem,  Es  wird  sich  noch  mehrfach  Gelegenheit  bieten, 
die  ausserordentliche  Bedeutung  der  Induktanz  auch  für  die 
Schwachstromtechnik  zu  erkennen.  Bifilar  gewickelte  Spulen 
haben  natürlich  keine  Induktanz.  Sie  setzen  Gleich-  und  Wechsel- 
strom denselben,  allein  den  Ohmschen  Widerstand  entgegen. 

Nach  dieser  Abschweifung  kehren  wir  wieder  zum  Ruhm- 
korffschen  Funkeninduktor  zurück.  Es  ist  klar,  dass  man 
einen  Ruhmkorff  statt  mit  unterbrochenem  Gleichstrom  auch 
direkt  mit  Wechselstrom  speisen  kann,  wenn  man  eine 
Wechselstromquelle  zur  Verfügung  hat.  Thatsächlich  hat 
man  angefangen,  für  die  Zwecke  der  Funkentelegraphie 
grosse    Induktorien    mit    Wechselstrom    zu    beschicken.      Der 


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unangenehmste  Teil  des  Apparates,  der  Unterbrecher,  bleibt 
dann  natürlich  fort,  weil  der  Wechselstrom  die  zur  Induktion 
notwendigen  Änderungen  in  sich  selbst  viel  besser  mitbringt, 
als  sie  bei  Gleichstrom  durch  den  Unterbrecher  erzielt  werden 
können.  Ob  der  Induktor  nun  mit  unterbrochenem  Gleichstrom 
oder  mit  Wechselstrom  betrieben  wird,  immer  springen  zwischen 
den  Enden  der  Sekundärspule  Funken  über.  Hierzu  sind,  wie 
angegeben  wurde,  ausserordentlich  hohe  Spannungen  erforder- 
lich, wahrend  der  Primärkreis  mit  niedrig  gespanntem  Strome 
gespeist  wird.  In  der  That  ist  diese  Spannungsänderung 
technisch  ausserordentlich  wichtig;  sahen  wir  doch  schon 
beim  Jouleschen  Gesetz  (S.  29),  dass  für  elektrische  Arbeits- 
übertragungen die  Fortleitung  hoch  gespannter  Ströme  not- 
wendig ist.  Andererseits  muss  die  für  die  Fernleitung  herauf- 
transformierte Spannung  am  Verbrauchsorte  heruntertrans- 
formiert werden,  damit  sie  gefahrlos  benutzt  werden  kann. 
In  der  Schwachstromtechnik  wird  allerdings  nur  die  Spannungs- 
erhöhung gebraucht,  weil  hier  die  Spannungen  nicht  gefährlich 
hoch   werden.      Das  Verhältnis   der   sekundären    zur  primären 

Spannung    -,''    heisst    Übersetzungsverhältnis,     Aus    dem 

Gesagten  geht  hervor,  dass  dieses  in  der  Schwachstromtechnik 
nicht  kleiner  als  Eins  sein  kann.  Es  ist  gewöhnlich  sehr  viel 
grösser  als  Eins  und  nur  in  einem  Falle  gleich  Eins.  Man 
braucht  hier  eben  niemals  herunter  zu  transformieren. 

Wie  kommt  nun  die  Spannungsänderung  im  RuhmkorfF  oder 
im  Transformator  zu  Stande?  Eine  vollständig  klare  Antwort 
auf  diese  Frage  giebt  freilich  nur  die  mathematische  Betrachtung 
der  Vorgänge.  Aber  wenn  Sie  sich  nicht  scheuen,  einem  etwas 
verwickelten  Gedankengange  zu  folgen,  werden  Sie  auch  so 
gut  wie  ohne  Rechnung  eine  befriedigende  Aufklärung  erhalten. 
Wir  nehmen  an,  dass  wir  einen  direkt  mit  Wechselstrom  gespeisten 
Transformator  vor  uns  hätten.  Die  primäre  Spule  hat  keinen 
sehr  grossen  Ohmschen  Widerstand.  Sie  setzt  aber,  wie  wir 
aus  früher  gesagtem  entnehmen  können,  dem  sich  ändernden 
primären  Strome  eine  grosse  Selbstinduktionsspannung  e,  ent- 
gegen, so  dass  von  der  Primärspannung  E,  nur  ein  kleiner 
arbeitender  Teil  E,  — e,  übrig  bleibt,  um  Strom  in  die  Spule 
hineinzuschicken.     Der  Hauptteil    von  E,  wird  von  der  Seibst- 


D,ü,i,z.db,Cooglc 


Induktion  mit  Beschlag  belegt,  aufgehoben,  wie  man  sagt:  aus- 
balanciert. Die  Ursache  der  Selbstinduktion  sind,  wie  wir  wissen, 
die  Änderungen  des  im  Eisenkerne  des  Induktors  erzeugten 
Magnetfeldes.  Bei  gegebenem  Änderungstempo,  für  das  die 
Wechselstromqueüe  sorgt,  muss  deshalb  zur  Herstellung  einer 
bestimmten  Selbstinduktion  eine  grosse  Anzahl  von  Kraftlinien  N 
dann  im  Kerne  vorhanden  sein,  wenn  die  primäre  Spule  nur 
wenige  Windungen  enthält.  Denn  ihre  gesamte  Selbst- 
induktion e,  ist  gleich  der  in  jeder  einzelnen  primären  Win- 
dung c  multipliziert  mit  der  Windungszahl.  Da  weiter  e,  ,  die 
Selbstinduktionsspannung,  beinahe  gleich  E,  ,  der  Primär- 
spannung, also  nahezu  constant  ist,  muss  das  auch  mit  en,  der 
Fall  sein.  Wir  können  deshalb  ohne  zu  grossen  Fehler 
schreiben ; 

cn,  =  fi,  =  E,  =  constans. 

Ein  kleines  w,  verlangt  deshalb  ein  grosses  e  und  dieses  bei 
gegebenem  Änderungstempo  ein  starkes  Feld  N 


Ein  starkes  Feld  ruft  aber  grosse  sekundäre  Induktionen  hervor. 
Je  kleiner  also  die  primäre  Windungszahl,  um  so  grösser  die 
sekundären  Induktionen. 

Andererseits  addieren  sich  die  in  jeder  sekundären  Windung- 
induzierten Einzelspannungen  zu  einer  um  so  höheren  Gesamt- 
spannung, je  mehr  sekundäre  Windungen  vorhanden  sind. 


Das  Endergebnis  ist:  Durch  den  Transformator  wird  die 
Spannung  um  so  mehr  erhöht,  je  weniger  primäre  und  je  mehr 
sekundäre  Windungen  vorhanden  sind.  Das  Übersetzung-s- 
verhältnis  ist  so  gut  wie  gleich  dem  Quotienten  der 
Windungszahlen: 


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E„  :E,  =  n„:n, 

Das  Produkt')  von  Strom  und  Spannung:  die  Watt  müssen 

—  von  den  Verlusten  V  im  Transformator  abgesehen  —  beim 
Ein-  und  Austritt  gleich  bleiben,  denn  Leistung  kann  in  dem 
Transformator  nicht  geschaffen  werden. 

E,Ji  =  V+E„J„. 

Diese  Verluste  V,  welche  für  die  Ökonomie  der  Anlage 
natürlich  von  grosser  Bedeutung  sind,  zerfallen  in  zwei  Gruppen. 
Die  erste  Gruppe  enthält  die  Verluste  im  Kupfer  des  Trans- 
formators, d.  h.  die  durch  Stromwärme  in  den  beiden  Wicklungen. 
Heissen  primärer  und  sekundärer  Drahtwiderstand  W,  und  W,f, 
so  sind  die  Verluste  im  Kupfer 

Die  zweite  Gruppe  von  Verlusten  sind  die  im  Eise n. 
Das  vom  Wechselströme  umflossene  Eisen  wird  fortwährend 
ummagnetisiert,  wozu,  wie  wir  früher  (S,  60)  erkannten,  die 
Arbeit  der  Hysteresis  erforderlich  ist.  Sie  kann  nur  der  in 
den  Transformator  einströmenden  Energie  entnommen  werden. 
Durch  Verwendung  besonders  weichen  Eisens  mit  schmaler 
Hysteresisschleife  wird  sie  auf  ein  kleines  Maass  herab- 
gedrückt. Der  andere  Arbeitsverlust  im  Eisen  ist  der  durch 
Induktion  von  Wirbelströmen,  welcher  durch  die  beschriebene 
Unterteilung  des  Eisenkernes  so  weit  wie  möglich  be- 
schränkt wird. 

Der  Transformator,  dessen  Besprechung  wir  hiermit  leider 
abschliessen  müssen,  ist  die  ideale  elektrische  Maschine.  Ihre 
Bewegungen  sind  aus  der  Grössenordnung  des  Groben,  Sicht- 
baren in  die  des  Feineren,  dem  körperlichen  Auge  unsichtbaren 
verlegt.  Nur  äusserlich  ruht  der  Transformator.*)  In  seinem 
Innern  pulsieren  Kraltlinien  und  verbinden  —  Zahnrädern  ähnlich 

—  zwei  arbeitende  Mechanismen  mit  einander. 

')  Der  Kundige  mSge  skh  erinnern,  dass  es  sich  um  elementare  Vor- 
lesungen handelt. 

*|  Das  einzige  äussere  Zeichen  der  Bewegung  ist  das  brummende  Geräusch 
■nuKher  Transformatoren. 


D,„i,.,db,Google 


6.  Vorlesung. 

Elektrostatik. 


Fliesiende  und  nihcndt  Ekktricitit.  —  Elektriciiat  durch  Reibung  von  Isolatoren.  — 
Zwei    Arien    der    Elettricitat.    —    Coulombsches    Gesetz.    —    Auch    Leiter    werden 

elektriach.  --  Elcklricitfit  auf  beiden  reibenden  KOrpern.  —  Elektroskop.  —  Influenz. 
—  Der  Anziehung  geht  Influenz  voran,  —  Elektrisiermaschinen.  —  Der  Funke  und 
"    E  Wechselstrom-artige  Natur,  —  Sitz  der  Ladung  auf  der  OberflAche.  —  Spitzen- 


wirkung. —  Gewitter    und  Blitiabli 
Condensator.     Capaci 
—   Moderne   Anschaui 


Gewitterneigung.  —  Leydetier  Flasche  und 

:  das  Mikrofarad.     Technischer  Condensator. 

rikum.      Diele  ktricitAtsconslante.     Elektrische 

Kraftlinien.    —    Strom     aus    statischer    Quelle.     —    Positiver    und    negativer    Strom. 

Positive  und  negative  Klemme.  —  Ladung  eines  Condensators  aus  einer  Stromquelle. 

Ladestrom  und  Entifldestrom.   —  Erdleitung. 


Von  elektrischen  Erscheinungen  hat  uns  bis  jetzt  allein  der 
elektrische  Strom  beschäftigt,  den  wir  als  ein  Fiiessen,  eine 
Fortbewegung  von  Elektricität  durch  einen  Leiter  ansahen. 
Heute  liegt  uns  die  Betrachtung  einer  zweiten  Gruppe  von 
Vorgängen  ob,  welche  zu  Recht  oder  zu  Unrecht  unter  dem 
Namen  derer  der  ruhenden  oder  statischen  Elektricität 
zusammengefasst  zu  werden  pflegen.  Zwar  handelt  es  sich 
hier  wie  dort  um  dasselbe  Etwas;  Elektricität.  Aber  die 
Elektricität  tritt  doch  in  beiden  Fällen  in  so  verschiedener 
Weise  in  die  Erscheinung,  dass  die  Zweiteilung  der  Elektricitäts- 
lehre,  den  Vorgängen  der  elektrotechnischen  Praxis  zuwider, 
unvermeidlich  ist. 

Die  Grunderscheinungen  der  Statik  waren  lange  vor  Ent- 
deckung des  elektrischen  Stromes  bekannt;  wissen  Sie  doch, 
dass  der  Bernstein  —  durch  Reiben  in  den  Zustand  versetzt, 
leichte  Körperchen  anzuziehen  —  der  Elektricität  ihren  Namen 
gab;  baute  doch  schon  im  siebzehnten  Jahrhundert  jener 
magdeburgische  Bürgermeister,  der  die  Natur  durch  so  viel 
hellere  Augen  ansah,  als  die  meisten  seiner  Zeitgenossen,  mit 
seiner  drehbaren  Schwefelkugel  die  erste  Elektrisiermaschine. 
Lassen  Sie  uns  jetzt  in  möglichster  Kürze  die  Hauptthatsachen 
■der  Statik  durchgehen. 


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Elektrostatik.  87 

Gewisse  Isolatoren  erhalten  dadurch,  dass  man  sie  mit 
einander  reibt,  vorübergehend  die  Fähigkeit,  leichte  Körper  wie 
Papierschnitzel  oder  Kugeln  aus  HoUundermark  anzuziehen  und 
nach  einem  Augenblick  des  Festhaltens  wieder  abzustossen. 
Diesen  durch  Reiben  hervorgerufenen  Zustand  nennt  man  den 
elektrischen  und  die  in  ihn  versetzten  Körper  elektrisch 
geladen.  Wird  ein  Glasstab  mit  einem  seidenen  Tuche 
gerieben,  so  zieht  er  die  an  einem  Seidenfaden  aufgehängte 
Kugel  aus  HoUundermark  zu  sich  herüber,  hält  sie  einen 
Augenblick  fest  und  stösst  sie  wieder  von  sich.  Dasselbe  thut 
eine  mit  Wolle  geriebene  Stange  aus  Siegellack  mit  einer 
zweiten  Kugel  aus  HoUundermark. 

Nähert  man  nun  der  Kugel  I,  welche  von  der  geriebenen 
Glasstange  angezogen  wurde  und  jetzt  von  ihr  abgestossen 
wird,  den  geriebenen  Siegellack,  so  tritt  nicht  ebenfalls  Ab- 
stossung,  sondern  Anziehung  ein.  Ebenso  wird  die  erneut 
vom  Siegellack  mit  Elektricität  geladene  Kugel  II  vom  Glase 
angezogen.  Beide  elektrischen  Materialien  —  Glas  und  Siegel- 
lack —  stossen  also  die  mit  ihrer  eigenen  Elektricität  geladenen 
Kugeln  ab,  ziehen  die  mit  der  fremden  geladenen  an.  Das  ist 
nur  dann  möglich,  wenn  die  eigene  Elektricität  sich  von  der 
fremden  unterscheidet,  wenn  beim  Reiben  von  Glas  und 
von  Siegellack  zwei  von  einander  verschiedene  Arten  von 
Elektricität  entstehen.  Zwar  ist  beider  Wesen  dasselbe,  und 
die  Art  ihrer  Entstehung  und  W^irkung  ist  gleich;  aber  ein 
Richtungsgegensatz  unterscheidet  ihre  Wirkungen.  Man 
wird  unwillkürlich  an  die  magnetischen  Erscheinungen  erinnert. 
Ehe  die  Kraftlinienanschauung  erdacht  war,  glaubte  man  in  den 
beiden  verschiedenen  Magnetpolen  zwei  verschiedene  Arten 
Magnetismus  angehäuft,  die  auch  wesensgleich  sein  und  nur 
einen  Richtungsgegensatz  aufweisen  sollten.  Die  magnetische 
Eigenschaft  der  Erde  veranlasst  die  Bezeichnung  Nord-  und 
Südmagnetismus.  Mathematisch  würde  man  von  positivem  und 
negativem  Magnetismus  sprechen.  Weicher  dann  von  beiden 
Magnetismen  der  positive  sein  soll,  bleibt  der  Liebhaberei  des 
Einzelnen  oder  willkürlicher  Verabredung  vorbehalten. 

Ähnlich  steht  es  mit  den  beiden  Elektricitäten.  Solange  die 
elektrostatischen  Erscheinungen  keine  so  fortgeschrittene  Dar- 
stellung gefunden    hatten ,    wie    die    uns   schon    bekannte    der 


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magnetischen  Kraftlinien,  nahm  man  zwei  Arten  der  Etek- 
tricität  als  vorhanden  an.  Beide  sollen  zwar  wesensgleich 
sein,  aber  in  der  Richtung  ihrer  Wirkung  einen  Gegensatz 
aufweisen.  Man  hat  sich  geeinigt,  die  Elektricität,  welche  das 
Glas  bedeckt,  wenn  es  mit  einem  seidenen  Tuche  gerieben  wird, 
die  positive,  die  des  mit  Wolle  geriebenen  Siegellacks  die 
negative  zu  nennen.  Aus  den  angestellten  Versuchen  folgt 
dann  das  der  gegenseitigen  Wirkung  von  Magnetpolen  (S.  35) 
entsprechende  Gesetz:  Die  mit  gleichnamigen  Elektrici- 
taten  geladenen  Körper  stossen  sich  ab,  die  mit  un- 
gleichnamigen geladenen  ziehen  sich  an.  Auch  die  Stärke 
der  anziehenden  oder  abstossenden  elektrostatischen  Kraft  /■' 
gleicht  der  der  magnetischen,  wenn  man  die  Polstärken  (die  in 
den  Polen  angehäuften  Mengen  Magnetismus)  w,  und  m^  durch 
die  wirksamen  Elektricitätsmengen  Q^  und  Q^  ersetzt. 


Da   auch    dieses  Gesetz    von  Coulomb    herrührt,    hat  man    die 
Einheit  der  Elektricitätsmenge  mit  Recht  nach  ihm  benannt. 

Kehren  wir  noch  einmal  zu  dem  Vorgange  zurück,  durch 
den  die  statische  Elektricität  entsteht.  Zuerst  ist  zu  bemerken, 
dass  nicht  nur  Isolatoren,  sondern  auch  Leiter  durch  Reiben 
elektrisch  werden.  Nur  fliessen  bei  diesen  die  Elektricitäts- 
mengen, indem  sie  entstehen,  immer  gleich  durch  den  Körper 
des  Leiters  und  den  des  Experimentierenden  zur  Erde  ab, 
so  dass  die  Elektricität  nur  dann  nachzuweisen  ist,  wenn  man 
bei  dem  Versuche  die  Leiter  mit  einem  isolierenden  Handgriffe 
anfasst.  Weiter  ist  zu  beachten,  dass  beim  Reiben  nicht  nur 
der  eine  reibende  Körper  elektrisch  wird,  sondern  dass  beide, 
also  Glas  und  Seidentuch  oder  Siegellack  und  Wolle  elektrisch 
werden,  und  zwar  entsteht  auf  jedem  von  beiden  die  gleiche 
Menge  Elektricität,  aber  von  entgegengesetztem  Vorzeichen. 
Wenn  sich  also  bei  einem  Versuch  der  Glasstab  mit  +  Q  Coulomb 
bedeckt,  werden  auf  dem  Seidentuche  — y  Coulomb  ausgeschieden. 
Zur  Erklärung  hat  man  sich  eine  etwas  kindliche,  aber  recht 
nützliche  Vorstellung  zurecht  gemacht ,  die  an  die  von  den 
Elementarmagneten  (S.  38)  erinnert.     Nach  ihr  sollen  die  Körper 


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im  unelektrischen  Zustand  gleiche  Mt 
Elektricität  mit  einander  gemischt  un 
enthalten,  und  beider  Gemisch  soll 
werden. 

Die    gegenseitige    Abstossung 
ladener  Körper  liefert  im  Elektro 
nachzuweisen  und  ihr  Vorzeichen 
zu    erkennen,       Sie    sehen    ein 
solches  Elektroskop  hier  (Fig.  56) 
vor  sich.    Zwei  dünne  Blättchen 
aus    Aluminium    oder    Stanniol 
hängen  unten  an  einem  Messing- 
stabe, der  oben  in  einen  Knopf 
endigt.  Um  den  Apparat  bewegen 
zu  können  unddieMetallblättchen 
vor  Berührung  und  Luftzug  zu 
schützen,  ist  der  Stab  mit  Hilfe 
einer  isolierenden  Buchse  in  ein 
Standgefäss    eingebaut,    dessen 
Inneres  durch  zwei  ebene  Glas- 
scheiben dem  Auge  unmittelbar 
oder    mittelst    der    Projektions- 
lampe zugänglich  ist.     Mit  dem 
zu    prüfenden    Körper    berührt 
man  den  Knopf  des  Elektroskopes. 
da  ich  den  Knopf  mit  der  vor  län 
Stange  berühre,   die  Blättchen  ausei 
dem  zu  prüfenden  Körper  Elektriciti 
dann  eine  mit  Seide   geriebene  Gla 
Blattchen    vergrössert    oder   verkle 
Körper  positiv  oder  negativ  gelade 
dem  Elektroskop   gemessen  wird, 
Elektricitätsmengen;    denn    der  Au; 
hängt  von  der  Kraft  ab,  mit  der  sii 
und    diese    nach    dem   Coulombsche 
Blättchen    befindlichen    Elektricitäts. 
sind  aber  auch  Spannungszeiger,  de 
abgegebene  Elektricitatsmenge  ist  de 
quelle    proportional.      Man    kann    d 


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ßlattchen  durch  eine  hinter  ihnen  angebrachte  Gradeinteilung 
messen  und  diese  nach  Volt  aichen.  Das  Elelctroskop  wird 
dann  zu  einem  Elektrometer,  wie  sie  nach  diesem  Prinzip,  nur 
in  anderer  Form  und  verfeinerter  Ausführung  thatsächlich  zur 
Spannungsmessung  gebaut  werden. 

Es  wird  Ihnen  nicht  entgangen  sein,  dass  die  Blättchen  des 
Elektroskopes  schon  ausschlagen,  ehe  noch  der  elektrische 
Körper  den  Knopf  berührt,  Sie  gehen  schon  bei  der 
blossen  Annäherung  des  Stabes  aus  einander.  Man  sieht, 
wie  eine  magnetische  (S.  36),  giebt  es  auch  eine  elektro- 
statische Influenz.  Nach  der  alten  Anschauung  bewirkt 
ein  elektrischer  Körper  in  seinem  unelektrischen ,  leitenden 
Nachbarn  eine  Trennung  der  beiden  vermischten  und  so  unwirk- 
samen Elektricitaten  entgegengesetzten  Vorzeichens.  Auf  dem 
benachbarten  Leiter  zieht  er  Etektricität  von  einem  dem  der 
der  seinigen  entgegengesetzten 
Vorzeichen  möglichst  nahe  zu  sich 
hin  und  stösst  die  mit  jener  gemischt 
gewesene,  mit  seiner  gleichen  Vor- 
zeichens von  sich  fort.  Die  dem 
Elektroskop  genäherte  positive 
Stange  zieht  also  negative  Elektri- 
cität  in  den  Knopf  und  stösst 
positive  in  die  Blättchen,  wodurch 
_     _  diese  sich  spreitzen  (Fig.  57).    Wird 

"vt"  der  influenzierende  Körper  entfernt, 

so  vereinigen  sich  die  beiden  durch 
Influenz  getrennten  Elektricitaten 
wieder,  und  die  Blättchen  fallen 
zusammen.  Die  Influenzerscheinung 
ist  die  gleiche  wie  vorher,  wenn 
.  sich  zwischen  Glasstab  und  Elektro- 
Fig.  57.    Influenz.  skop  noch  ein  anderer  Nichtleiter 

als  Luft,  etwa  eine  Hartgummiplatte 
oder  eine  Glasscheibe  befindet.  Ein  leitender  Körper  dagegen, 
wie  dieses  Messingblech,  fängt  die  Wirkung  ab.  Man  nennt 
das  elektrische  Schirmwirkung. 

Wie  der  magnetischen  Anziehung,    kann    man  auch  jeder 
elektrostatischen  eine  Influenz  vorhergehend  annehmen.     Indetn 


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91 


die  Glasstange  die  Kugel  aus  HoUundermark  anzieht,  wirkt  sie 
verteilend  auf  die  Kugel  und  zieht,  wie  ich  das  hier  zeichne 
(Fig.  58),  die  negative  Elektricität  auf  die  ihr  benachbarte  Kugel- 
seite und  stösst  die  positive  auf 

die   von    ihr  abgewandte.     Nun  ^  ^^^^ 

findet  gleichzeitig  eine  Anziehung 
der  beiden  ungleichnamigen  und 
eine  Abstossung  der  beiden 
gleichnamigen  Elektricitäten 

statt.     Da  aber  die  Entfernung  '~'*"      :(V 

zwischen    den    ungleichnamigen  Fig.  58. 

Wesentlichkleinerist,alszwischen         Der  Amiehung  geht  Influem  voran. 
den     gleichnamigen ,     überwiegt 

nach  dem  Coulombschen  Gesetz  die  Anziehung  bei  Weitem 
die  Abstossung.  Die  Kugel  fliegt  an  die  Glasstange.  Indem 
beide  sich  berühren,  tritt  von  der  Stange  auf  die  Kugel 
positive  Elektricität  über,  von  welcher  positiven  Elektricität  ein 
Teil  die  negative  der  Kugel  neutralisiert  und  der  Rest  die 
Kugel  positiv  ladet.  Jetzt  wird  die  positive  Kugel  von  der 
positiven  Stange  abgestossen.  Der  Vorgang  stellt  sich  mit  Hilfe 
der  Influenz  zwar  verwickelt,  aber  ganz  anschaulich  dar. 

Grössere  Mengen  statischer  Elektricität  werden  unter  Be- 
nutzung der  uns  bekannten  Erscheinungen  der  Reibung  und 
Influenz,  nur  in  vollkommenerer  Weise,  mit  den  Elelitrisier- 
maschinen  erzeugt.  Bei  den  Reibungsmaschinen  reibt  eine 
Glasscheibe  gegen  ein  mit  Fett  auf  ein  Lederkissen  geschmiertes 
Metallgemisch.  Bei  den  Influenzmaschinen  wird  die  mechanisch 
wiederholte  verteilende  Wirkung  einer  kleinen  Elektricitätsmenge 
zur  Erzeugung  grösserer  benutzt.  Bei  beiden  Klassen  von 
Elektrisiermaschinen  gelangen  die  entstehenden  Elektricitäten 
schliesslich  je  auf  eine  Hohlkugel  (oder  einen  Hohlcyhnder)  aus 
Messingblech,  die  gleichsam  die  Klemmen  der  Elektrisier- 
maschine darstellen  und  im  Folgenden  kurz  ihre  Endkugeln 
genannt  werden.  Durch  Verbindung  mit  ihnen  werden  der 
Maschine  die  Elektricitäten  entnommen.  Die  elektrische  Leistung 
der  Elektrisiermaschinen  ist  so  klein,  dass  man  ihnen  heute 
kaum  mehr  den  Namen  einer  Maschine  geben  würde.  Ebenso 
klein  ist  jetzt  —  im  Gegensatze  zu  früher  —  das  ihnen  zu- 
gewandte Interesse,    wenngleich  anerkannt  werden  muss,    dass 


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92  Ekktrostatilc. 

die  Influenzmaschinen,  namentlich  die  neueren  (Whimshurst- 
maschinen),  einen  verhällnissmässig  hohen  Grad  technischer 
Vervollkommnung  erreicht  haben. 

Als  einzige  Wirkung  der  statischen  Elektricitat  haben  wir 
bis  jetzt  Anziehungs-  und  Abstossungserscheinungen  besprochen. 
Aber  jeder,  der  mal  eine  Elektrisiermaschine  gesehen  oder  nur 
im  dunklen  Zimmer  sein  wenig  gefettetes  Haar  mit  einem 
Gummikamm  gekämmt  hat,  kennt  das  auffallendste  Merkmal 
statischer  Erscheinungen:  den  Funken.  Wird  diese  kleine 
Influenzmaschine  hier  mit  der  Hand  gedreht  oder  jene  grössere 
dort  durch  einen  kleinen  Elektromotor  angetrieben,  so  springen 
zwischen  den  beiden  Endkugeln  helle  und  knatternde  Funken 
über.  Die  eine  Kugel  des  Paares  wird  fortwährend  positiv,  die 
andere  fortwährend  negativ  geladen.  Schliesslich  ist  der 
Spannungsunterschied  zwischen  beiden  Kugeln  so  hoch  ge- 
stiegen, dass  die  Elektricitat  die  schlecht  leitende  Luftschicht 
zwischen  ihnen  —  die  Funkenstrecke  —  gewaltsam  durch- 
bricht. Dass  die  Elektricitat  zum  Durchbrechen  einer  Luft- 
schicht sehr  hoch  gespannt  sein  mus.s,  ist  Ihnen  bekannt.  Der 
durch  Reibung  oder  Influenz  hergestellten  Elektricitat  ist  mithin 
eine  hohe  Spannung  eigentümlich.  Trotz  dieser  hohen  Spannung 
wird  bei  ihrem  Ausgleich  schon  wegen  seines  schnellen  Verlaufs 
nur  eine  kleine  elektrische  Arbeit  in  Wärme,  {Licht  und  Schall)*) 
verwandelt,  weil  es  sich  bei  den  Versuchen  nur  um  ganz  kleine 
Elektricitatsmengen  handelt. 

Der  elektrische  Funken  ist  uns,  so  werden  Sie  bei  sich 
schon  lange  eingewandt  haben,  aber  garnichts  Neues.  Wir 
kennen  ihn  vom  Ruhmkorff  her,  und  zwischen  jenem  dort  und 
unserm  hier  besteht  im  Wesentlichen  nur  der  Unterschied  der 
Entstehungsweise.  Es  wird  Sie  deshalb  auch  nicht  Wunder 
nehmen,  zu  hören,  dass,  ebenso  wenig  wie  beim  Ruhmkorff",  der 
Funke  bei  den  Elektrisiermaschinen  in  einem  einmaligen  Ausgleich 
in  einer  Richtung,  einer  einfachen  Wanderung  der  Elektricitat 
etwa  von  der  positiven  Kugel  zur  negativen  besteht.  Bei 
jedem  Funken  findet  trotz  seiner  sehr  kurzen  Dauer  ein  ausser- 
ordentlich schnelles,  Wechselstrom-artiges  Hin-  und  Herschwingen 

1)  Von  einer  weiteren  Wirkung  des  Funkens  wird  bei  der  Funkentelegraphie 
die  Rede  sein. 


D,„i,.,db,Google 


ElehtrosUtik.  93 

der  Elektricität  durch  die  Funkenstrecke  hindurch  statt.  Die 
Erschütterung  ist  zu  heftig,  als  dass  sie  augenblicklich  beendigt 
sein  und  nicht  noch  nachzittern  sollte.  Der  eines  fallenden 
Pendels  gleich,  geht  die  Bewegung  über  die  Ruhelage  hinaus, 
mehrmals  hin  und  her,  bis  sie  schliesslich  aufgezehrt  ist.  Der 
Elektricität  wohnt  gleichsam  eine  Trägheit  inne,  eine  Vorstellung, 
die  uns  auch  neulich  (S.  73)  die  Erscheinung  der  Selbstinduktion 
verständlicher  machte.  Hält  man  ein  Kartenblatt  zwischen  die 
Endkugeln  der  gedrehten  Influenzmaschine,  so  wird  es  vom 
Funken  durchschlagen.  Der  Rand  der  Durchschlagsöffuung  ist 
nun  nicht  nach  einer  Seite  aufgewölbt,  wie  man  erwarten 
möchte ,  sondern  nach  beiden,  ein  Beweis  dafür,  dass  der 
elektrische  Ausgleich  nicht  nur  in  einer  Richtung  vor  sich 
gegangen  ist.     Ja,  man  kann  die  einzelnen  Hin-  und  Hergänge 


Fig.  59.      Diagrar 


der  Entladung,  welche  übrigens  auch  die  Rechnung  ergiebt, 
getrennt  von  einander  photographieren.  An  ihrem  Vor- 
handensein darf  deshalb  kein  Zweifel  obwalten.  Ein  graphisches 
Bild,  welches  die  jeweilig  die  Funkenstrecke  durchrasende 
Elektricitatsmenge  <J  in  Abhängigkeit  von  der  Zeit  t  wiedergiebt, 
würde  so  aussehen  (Fig.  59).    Das  ganze  (  stellt  dann  die  Dauer 


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94  Elektro  sUCik. 

des  Funkens  bis  zum  Erlöschen,  d.  h.  einen  viel  kleineren 
Bruchteil  einer  Sekunde  dar,  als  wir  uns  vorzustellen  im 
Stande  sind. 

Es  ist  Ihnen  in  der  heutigen  Vorlesung  gewiss  der  Aus- 
druck aufgefallen,  dass  sich  die  Elektricität  auf  den  Körpern 
befinde.  Es  war  davon  die  Rede:  die  Glasstange  bedecke  sich 
mit  Elektricität,  auf  dem  Seidentuche  würden  eine  Anzahl  Cou- 
lomb ausgeschieden,  während  es  uns  vom  elektrischen  Strome 
geläufig  ist,  dass  er  den  Querschnitt  der  Leiter  durchströmt. 


Fig.  60.     Faradayschca  Rouleau. 


Das  ist  eben  ein  fundamentaler  Unterschied  zwischen  der  gleich- 
massig  fliessenden  und  der  ruhenden  Elektricität.  Da  gleich- 
namige ruhende  Elektricitäten  sich  abstossen,  so  stösst  jedes 
Teilchen  einer  ruhenden  Elektricitätsmenge  die  Nachbarteilchen 


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Elektrostatik.  95 

ab.  Jedes  sucht  sich  von  den  anderen  so  weit,  als  möglich,  zu 
entfernen :  die  ganze  Ladung  kriecht  auf  die  äusserste  Oberfläche 
des  geladenen  Körpers  hinaus.  Das  lässt  sich  schön  mit  dem 
Faradayschen  Rouleau  {Fig.  60)  zeigen.  Ein  Bogen  Stanniol 
kann  nach  Art  eines  Fensterrouleaus  durch  Drehen  einer  Achse 
auf-  und  abgerollt  werden.  Wie  sie  sehen,  ist  das  Stanniol 
durch  Glasfüsse  vom  Erdboden  und  durch  Hartgummi  von  der 
die  Drehung  vermittelnden  Kurbel  isoliert.  Das  herabgerollte 
Rouleau  wird  mit  Elektncitat  geladen  und  die  auf  ihm 
herrschende  Spannung  durch  den  Ausschlag  eines  Kugelpaares 
aus  Hollundermark  angezeigt.  Wird  nun  das  Rouleau  schnell 
zusammengerollt,  so  stossen  sich  die  beiden  Kugeln  immer  heftiger 
ab,  (Beim  Abrollen  zeigen  sie  ungefähr  wieder  den  alten  Aus- 
schlag), Die  Vergrösserung  des  Ausschlages  zeigt  an,  dass 
das  Zusammenrollen  eine  Spannungserhöhung  bewirkt  hat.  Die 
äussere  Oberfläche  des  Stanniols  ist  offenbar  auf  einen  Teil 
ihrer  ursprünglichen  Grösse  verkleinert  und  dieselbe  Elektricitäts- 
menge,  die  sich  früher  über  das  ganze  Stanniolblatt  ausdehnen 
konnte,  gezwungen  worden,  sich  mit  der  äussersten  Schicht  des 
aufgewundenen  Blattes  zu  begnügen.      Dort  sitzt  sie  jetzt  eng 


erobertlachc  sitzt. 


zusammengedrängt.  Die  Spannung  ist  gestiegen.  Die  Kugeln 
schlagen  weiter  aus.  Wäre  das  ganze  Innere  des  Rouleaus  mit 
Elektncitat  erfüllt,    wäre  es   mit  ihr   gleichsam  durchtränkt,    so 


DigitizsdbvGOOgle 


96  ElektrosUtik. 

ist  —  da  durch  das  Zusammenrollen  die  Masse  des  Stanniols 
nicht  geändert  wird  —  zu  einer  Spannungsänderung  keine 
Ursache  verhanden.  Die  ruhende  Elektricität  hat  also 
ihren  Sitz  auf  der  Oberfläche  der  geladenen  Körper, 
nicht  in  ihrem  Innern. 

Ein  zweiter  Apparat  (Fig.  61)  zeigt  noch  schöner,  wie  die 
Teile  einer  elektrischen  Ladung  auseinander  streben.  Er  besteht 
aus  einer  Kugel  aus  Messingblech,  die  auf  einem  isolierenden 
Glasfuss  befestigt  ist,  und  zwei  Halbkugeln  aus  gleichem  Material, 
die  an  isolierenden  Handhaben  gehalten  werden.  Beide  Halb- 
kugeln zusammen  können  gerade  eben  die  Vollkugel  umschliessen, 
wobei  sie  beide  die  Vollkugel  berühren.  Die  Vollkugel  wird 
elektrisch  geladen  und  einen  Augenblick  mit  den  unelektrischen 
Halbkugeln  umschlossen.  Sofort  geht  die  gesamte  Ladung 
auf  die  umschliessenden  Halbkugeln  über.  Sie  bringen  nach 
dem  Abnehmen  die  Blättchen  eines  Elektroskopes  zum  heftigen 
Ausschlagen,  die  Vollkugel  nicht. 

Was  bei  diesem  Versuch  die  beiden  umschliessenden  Halb- 
kugeln augenblicklich  bewirken,  nämlich  das  Entweichen  der 
Ladung    von    der    Kugel,    das    thut    die   umspülende    Luft    all- 


mählich. Am  längsten  hält  sich  die  Elektricität  noch  auf  Kugeln 
und  zwar  auf  solchen  mit  wenig  gekrümmter  Oberfläche  (also 
mit  grossem  Radius)  länger,  als  auf  stärker  gekrümmten.  Hin- 
gegen entlassen    alle  Körper    mit    scharfen  Kanten    und  Ecken 


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E]ektro9tat[k.  Q7 

oder  gar  mit  Spitzen  ihre  elektrische  Ladung  sehr  schnell  in 
die  umgebende  Luft.  Eine  solche  Spitzenwirkung  möchte 
ich  Ihnen  durch  einen  sehr  einfachen  Versuch  zeigen.  Eine 
Messingkugel,  wie  die  eben  benutzte,  trägt  oben  einen  recht- 
winklig umgebogenen  Draht,  der  in  eine  scharfe  Spitze  aus- 
läuft. Durch  eine  Messingkette  wird  die  Kugel  mit  der  Elektrisier- 
maschine verbunden,  und  nun  sehen  Sie  bei  verdunkeltem 
Hörsaal  an  dem  Büschel  matten,  bläulichen  Lichtes,  welches  der 
Spitze  entströmt,  wie  sie  einem  Ventile  gleich,  die  Elektricität 
von  der  Kugel  entweichen  lässt.  Fast  noch  schlagender  wirkt 
es,  wenn  man  eine  brennende  Stearinkerze  vor  die  Spitze  halt. 
Von  dieser  ergiesst  sich  die  Elektricität  auf  die  Luft,  und  die 
einzelnen  (gleichnamig)  elektrisierten  Lufteiichen  stossen  sich  in 
der  Verlängerung  der  Spitze  so  heftig  ab,  dass  in  dem  ent- 
stehenden s,  g.  elektrischen  Wind  die  Kerzenflamme  seitwärts 
geweht  wird.    {Fig  62). 

Die  Spitzenwirkung  hat  noch  ein  besonderes  Interesse, 
weil  sie  beim  Blitzableiter  praktisch  benutzt  wird.  Seit  lange 
weiss  man,  das  dass  Gewitter  eine  elektrostatische  Erscheinung 
ist,  und  jeder  erkennt  in  dem  Funken  der  Influenzmaschine  oder 
des  Ruhmkorff  ein  verkleinertes  Abbild  des  Blitzes.  Durch 
einen  meteorologischen  Vorgang,  von  dem  man  noch  recht  wenig 
zu  wissen  scheint,  erhält  eine  Wolke  eine  elektrische  Ladung, 
die  durch  Influenz  auf  einer  anderen  Wolke  oder  der  Erde  eine 
entgegengesetzte  Ladung  hervorruft.  Die  Spannung  der  beiden 
Ladungen  gegeneinander  wächst  und  wächst,  so  dass  schliesslich 
über  eine  Entfernung  von  bis  zu  mehreren  Kilometern  der  Blitz 
als  mächtiger  elektrischer  Funke  von  Wolke  zu  Wolke  oder  von 
Wolke  zu  Erde  überspringt.  Die  Luft  wird  durch  den  Blitz 
gewaltsam  zerrissen,  und  die  Erschütterung  der  Luftmassen  ver- 
ursacht den  Donner.  Da,  wie  bekannt,  der  Blitz  mechanisch 
zerstört,  zündet  und  Leben  vernichtet,  sucht  man  sich  vor  ihm 
durch  Blitzableiter  zu  schützen.  Hohe  Gebäude  und  ihre  Insassen, 
hohe  Bäume  und  die  thörichter  Weise  unter  ihnen  Schulz 
suchenden  sind  besonders  der  Gefahr  ausgesetzt,  vom  Blitze 
getroffen  zu  werden.  Gleiches  gilt  jetzt  in  den  Städten  von 
den  über  die  Häuser  hinweg  geführten  Fernsprechdrähten. 
Sie  sind  recht  dazu  geeignet,  den  Blitz  aufzufangen  und 
in    die    Aufenthaltsorte    von    Menschen    hineinzuleiten.      Jeder 


.,Cooglc 


Fernsprechdraht  ebenso,  wie  auch  jeder  Telegraphen-  und  Stark- 
stromdraht, wird  deshalb  mit  einem  eigenen,  später  ausführlich 
zu  beschreibenden  Blitzableiter  versehen.  Jetzt  beschäftigen 
uns  nur  die  Gebäudeblitzableiter.  Das  sind  spitze  Metallstangen, 
die  auf  dem  Dache  des  zu  schützenden  Hauses  errichtet  und 
mit  dem  Grundwasser  in  gut  leitende  Verbindung  gesetzt 
werden.  Sobald  die  erwähnten  elektrischen  Ladungen  auftreten 
und  sich  der  Zustand  einstellt,  den  man  Gewitterneigung 
nennt,  beginnt  sofort  die  Arbeit  der  Blitzableiter,  Vermöge  der 
Spitzenwirkung  strahlen  sie  die  Elektricität  der  Erde  gegen  die 
der  Wolke  aus.  Sie  führen  so  einen  allmählichen  Ausgleich 
beider  herbei  und  erschweren,  einem  Sicherheitsventile  ver- 
gleichbar, das  Zustandekommen  eines  Blitzes.  Steigen  aber  die 
Spannungen  zu  schnell  an,  als  dass  zu  ihrem  allmählichen 
Ausgleich  Zeit  vorhanden  wäre,  und  ist  der  Blitz  nicht  mehr 
zu  verhindern,  so  giebt  man  ihm  wenigstens  mit  dem  Blitzableiter 
einen  gutleitenden  Weg  zur  Erde,  so  dass  er  das  Gebäude  und 
seinen  Inhalt  nicht  beschädigen  kann. 

Es  ist  nicht  weiter  verwunderlich  ist,  dass  sich  der  Bütz 
photographieren  lässt.     Auf  einer  solchen  Photographie  vermisst 
man  die  reine  Zickzackform,  die  man  dem  Blitze  nachzusagen 
gewohnt  ist,  wenn  auch  immerhin  eine  Neigung  zum  Zickzacklauf 
deutlich  ausgeprägt  ist.    Weit  auffallender 
sind  aber  die  Verzweigungen,    welche    an 
ein  Baumgeäst  oder  an  einen  Flusslauf  mit 
seinen  Nebenflüssen  erinnern,  und  die  ganz 
ähnlich  für  den  elektrischen  Funken  nach- 
gewiesen sind.     Als  Funke  stellt  der  Blitz 
auch    eine   schwingende  Entladung,    einen 
Wechselstrom  von  sehr  hoher  Periodenzahl 
dar.     Vermöge    seiner   Selbstinduktion     ist 
er    deshalb    nicht    im    Stande,    Spulen     zu 
durchlaufen.     Schon    Spulen  von  wenigen 
Windungen,  ja  selbst  lebhafte  Krümmungen 
,,  versperren  dem  Blitze  den  Weg  und  lassen 

Lcvciener  Flasche.  '^1  suf  einen  anderen  Leiter  abspringen. 

Die  weitere  Besprechung  der  Elektro- 
statik führt  uns  nun  zur  Leydener  Flasche.  Man  sieht  es 
der  unscheinbaren  Flasche  (Fig.  63)  garnicht  an,  dass  sich  an 


.,Coogk- 


sie  Betrachtungen  knüpfen,  welche  für  die  neuere  Elektriciti 
lehre  und  Elektrotechnik,  besonders  auch  für  unser  Gebiet,  i 
grösster  Wichtigkeit  geworden  sind.  Ein  cyhndrisches  G 
gefäss  ist  innen  und  aussen  bis  auf  einige  Centimeter  unterh 
seines  oberen  Randes  mit  Stanniol  beklebt  und  mit  einem  leich 
Holzdeckel  verschlossen.  Die  innere  Stanniolschicht  oder,  ■ 
man  sie  nennt,  die  innere  Belegung  steht  mit  einem  Messings 
in  leitender  Verbindung,  der  durch  den  Deckel  führt  und  ol 
in  einen  Knopf  endigt. 

Zur  Ladung  nimmt  man  die  Flasche  in  die  Hand,  so  d 
die  äussere  Belegung  zur  Erde  abgeleitet  ist,  und  berührt 
dem  Knopf  die  eine  — die  positive  —  Endkugel  der  Elektris 
maschine.  Die  Maschine  wird  eine  Reihe  von  Malen  gedreht  i 
dadurch  die  Flasche  geladen.  Zur  Entladung  benutzt  man  eil 
gebogenen  Messingstab,  der  an  seinen  Enden  Kugeln  trägt  i 
an  einem  Glasgriffe  isoliert  gehalten  werden  kann.  Sobald 
der  einen  Kugel  die  äussere  Belegung  der  Flasche  berührt  i 
die  andere  dem  Knopfe  der  inneren  Belegung  genähert  w 
springt  zwischen  Flaschenknopf  und  Entladerkugel  mit    laut 

Knall  ein  ausserordentlich  heftiger 

Funke  über.     Beim  abermaligen  Nähern 

sehen     Sie     noch     einen ,    freilich     viel 

schwächeren    Funken,   ja    einen    dritten 

noch    schwächeren    überspringen ,    und 

unter  Umständen  gelingt  es,  noch  einige 

feine  Funken    aus   der  Flasche  heraus- 
zuholen.   In  dem  ersten  Funken  entladen 

sich    fast     die    gesamten    Elektricitäts- 

mengen ,    welche    durch    Drehung    der 

Maschine  frei  geworden  sind  und  ohne 

Flasche    bei    ihrem    unmittelbaren  Aus- 
gleich   eine    grosse    Anzahl    einzelner 

Funken    hervorgerufen    hatten.     In   den 

schwächeren     Nachfunken     kommt    ein 

geringer  Rückstand  an  Elektricität  zum 

Ausgleich ,    über    den    später    noch    zu 

sprechen  sein  wird. 

Erklären    wir    uns    das    Arbeiten    der    Leydener   Flas( 

Dem  Flaschenknopf  und  damit  der  inneren  Belegung  wird  n 


^ 


Fig.  64.     Ladung 
ler  Leydener  Flasch 


,,Cooglc 


100  Elektrostatik. 

der  von  uns  noch  immer  festgehaltenen  Anschauung  positive 
Elektricität  wie  ein  materieller  Körper  zugeführt  (Fig.  64). 
Diese  positive  Elektricität  der  inneren  Belegung  wirkt  ver- 
teilend auf  die  äussere,  zieht  negative  Elektricität  so  nahe  an 
sich,  als  die  Glaswand  erlaubt,  und  stösst  positive  in  die  Erde. 
Beide  Stanniolbelegungen  sind  mit  gleichen  Mengen  entgegen- 
gesetzter Elektricitäten  geladen,  und,  um  deren  unmittelbaren 
Ausgleich  zu  verbinden,  darf  die  Flasche  nicht  bis  zu  ihrem 
oberen  Rande  beklebt  sein.  Durch  das  Glas  hindurchhalten 
sich  die  beiden  ungleichnamigen  Elektricitäten  gegenseitig  fest 
und  verhindern  einander  am  schnellen  Entweichen  in  die  Um- 
gebung. Mit  der  Leydener  Flasche  kann  man  mithin  verhältnis- 
massig grosse  Elektricitätsmengen  zu  gemeinsamer  Wirkung 
zusammenfassen,  und  diese  entlaufen  einem  nicht  unter  der  Hand, 
wie  ohne  Flasche. 

Die  Möglichkeit,  dasselbe  Stanniolblatt  bei  derselben 
Spannung  mit  verschieden  grossen  Elektricitätsmengen  zu 
laden,  je  nach  dem,  ob  sich  in  seiner  Nähe  ein  zweites  zur  Erde 
abgeleitetes  befindet  oder  nicht,  erscheint  vielleicht  verwunderlich. 
Man  möchte  im  Gegenteil  erwarten,  dass  die  gleiche  Spannung 
auf  einen  und  denselben  an  sich  unveränderten  Leiter  in  allen 
Fallen  auch  die  gleiche  Elektricitätsmenge,  dieselbe  Anzahl 
Coulomb  hinüberdrücken  müsse.  Dann  hätte  jeder  Leiter  ein 
bestimmtes  Aufnahmevermögen  für  Elektricität,  das  in  ihm  läge, 
das  ihm,  unabhängig  von  der  Umgebung,  als  eigentümlich  zu- 
gehörte. Den  Irrtum  in  dieser  Anschauung  zeigt  die  Leydener 
Flasche.  Denn  bei  ihr  wird  dem  einen  Stanniolblatt  durch  das 
benachbarte  und  zur  Erde  abgeleitete  zweite  das  Aufnahme- 
vermögen für  Elektricität,  die  Capacität  ganz  ausserordentlich 
vergrössert.  Jetzt  kann  bei  derselben  Spannung  der  ladenden 
Kugel  das  Stanniol  ungleich  grössere  Elektricitätsmengen  auf 
sich  sammeln,  als  sonst.  Auf  derselben  Oberfläche  sitzt  die 
Elektricität  viel  dichter,  viel  enger  gedrängt,  als  wenn  die 
Nachbarbelegung  nicht  wäre,  und  mit  Recht  fasst  man  die  ver- 
schiedenen Formen  des  Apparates,  dessen  bekannteste  die 
Leydener  Flasche  ist,  unter  dem  Namen  Condensator  zusammen. 
Das  Wesentliche  der  Leydener  Flasche,  wie  aller  Condensatoren, 
sind  zwei  durch  einen  Isolator  getrennte  Belegungen.  Diese 
auf  beiden    Seiten    mit    Ausnahme    eines    breiten    Randes    mit 


,,Cooglc 


Elektroslatik.  101 

Stanniol  beklebte  Glasscheibe  (Fig.  65)  —  die  Franklinsche  Tafel 
—  ist  deshalb  auch  ein  Condensator.     Gleiches  gilt  von  zwei 
durch  eine  Luftschicht  getrennten  Metallplatten;    hier   ist    eben 
die  Luft  der  Isolator.     Ja,  Sie  werden  spater  sehen,  dass  sich 
jedes  Kabel  wie  ein  Condensator 
verhalt.    Die  Kupferseele  ist  die 
eine      Belegung,      die      äussere 
Metallarmierung    oder    das    um- 
gebende    Wasser     die     andere. 
Beide     sind     durch     isolierende 
Materialien  getrennt. 

Wir  kennen  aber  immer  noch 
nicht  den  Grund,  warum  die  Capacitat 
eines  Leiters  mit  dem  Vorhandensein 
eines  benachbarten  zweiten  wachst. 
Nun  der  Grund  ist  sehr  einfach:  Die 
eine  Endkugel  der  Elektrisiermaschine 
schickt    positive    Elektricitat    auf  die 

innere  Belegung  der  Leydener  pig  eg.  Franklinsche  Tafel. 
Flasche,  wahrend  die  äussere  Be- 
legung zur  Erde  abgeleitet  ist.  Die  schon  in  die  Flasche 
gelangte  Elektricitat  stösst  aber  die  neu  von  der  Maschine 
hineingedrückte,  die  natürlich  mit  ihr  gleichen  Vorzeichens  ist, 
ab.  Sie  sperrt  sich  gegen  weiteres  Einladen  neuer  Coulomb. 
Zwischen  der  hineindrückenden  Spannung  der  Maschine  und  der 
ihr  entgegen  wirkenden  der  inneren  Belegung  würde  folglich 
sehr  schnell  Gleichgewicht  eintreten  und  die  Ladung  zu  Ende 
sein,  wenn  nicht  die  äussere  Belegung  mit  ihrer  negativen 
Elektricitat  vorhanden  wäre.  Die  störende  Abstossung  der 
positiven  Elektricitat  durch  die  positive  wird  von  ihr,  der 
negativen,  die  sie  die  positive  anzieht,  bekämpft.  Sie  hebt  ein  gut 
Teil  des  Rückdruckes  der  schon  eingeladenen  Coulomb  auf  und 
erleichtert  dadurch  der  positiven  Elektricitat  das  Einströmen.  Die 
Anziehung  wird  der  Abstossung  um  so  naher  kommen,  mithin  die 
Capacitat  um  so  grösser  sein,  je  näher  sich  beide  Belegungen  sind, 
d.  h.  je  dünner  das  beklebte  Glas  ist.  Zu  dünn  darf  es  freilich 
schon  aus  rein  mechanischen  Gründen  nicht  sein  und  damit  nicht 
etwa  ein  unmittelbarer  Ausgleich  der  entgegengesetzten  Elektri- 
citäten  das  Glas  durchlöchert  und  die  Flasche  unbrauchbar  macht. 


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ä 


102  Elektrostatik. 

Den  eben  genannten  Begriff  der  Capacität  müssen  wir 
genauer  fassen.  Man  versteht  unter  der  Capacität  eines 
Condensators  diejenige  Elektricitätsmenge,  welche 
die  eine  Belegung  aufnehmen  muss,  damit  sie  gegen 
die  zur  Erde  abgeleitete  zweite  den  Spannungsunter- 
schied von  einem  Volt  erhalt.  Man  wird  an  die  Wärme- 
lehre erinnert.  Die  Wärmecapacität  (oder  die  specifische  Warme) 
verbindet  zwei  jenen  beiden  elektrischen  ähnliche  Begriffe  mit 
einander  und  zwar  Temperatur  und  Wärmemenge.  Die  Wärme- 
capacität ist  die  Wärmemenge,  welche  die  Gewichtseinheit  des 
betreffenden  Materiales  aufnehmen  muss,  damit  seine  Temperatur 
um  einen  Grad  erhöht  wird.  Sie  ist  Wärmemenge,  Anzahl 
Calorien,  pro  Grad  Temperaturerhöhung,  wie  die  elektrostatische 
Capacität  als  Elektricitätsmenge,  Anzahl  Coulomb,  pro  Volt 
Spannungserhöhung  erklärt  werden  kann.  Bezeichnet  G  die 
Capacität  und,  wie  früher,  Q  die  Elektricitätsmenge  und  E  die 
Spannung,  so  gilt  die  Gleichung: 

'^-    E- 

Die  Einheit  der  Capacität,  gleich  Coulomb  pro  Volt,  ist 
Faraday  zu  Ehren  das  Farad  {F)  genannt  worden,  das  freilich 
für  praktische  Verhältnisse  zu  gross  i-st.  In  Wirklichkeit  kommen 
viel  kleinere  Capacitäten  vor.  Zur  Erhöhung  der  Condensator- 
spannung  um  ein  Volt  braucht  es  da  nur  ganz  kleine  Elektricitäts- 
mengen.  Man  rechnet  deshalb  nach  dem  millionsten  Teile  des 
Farad,  nach  Mikrofarad  {MF.).  Die  Capacität  0,3  MF.  hat 
ein  Condensator,  wenn  die  eine  Belegung  durch  Aufnahme  von 
0.00003  Coulomb  gegen  die  zur  Erde  abgeleitete  zweite  einen 
Spannungsunterschied  von  1 00  Volt  annimmt ,  oder  —  was 
dasselbe  ist  —  wenn  der  ladende  Körper  100  Volt  Spannung 
gegen  Erde  besitzt,  denn 


Immer  ist. 


»11      c      j  Coulomb     ,„-( 

Mikrofarad  =  -    ,-7—,  —  10 
Volt 


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ElettrosUtik.  103 

Die  Capacitat  von  Leydener  Flaschen  wird  zu  einigen  Zehn- 
tausendstel Mikrofarad  angegeben.  Einige  weitere  Capacitäten 
werden  später  in  dem  speziellen  Teile  der  Vorlesungen  zu 
nennen  sein. 

Jetzt  möchte  ich  nur  das  zum  Teil  schon  bekannte  all- 
gemeine Gesetz  anführen,  das  mit  einiger  Annäherung  für  alle 
Condensatoren  gilt:  Die  Capacitat  eines  Condensators  ist  der 
gegenseitigen  Entfernung  der  Belegungen  umgekehrt  und  deren 
Oberfläche  direkt  proportional.  Es  ist  deshalb  klar,  warum 
man  bei  technischen  Condensatoren  die  beiden  Belegungen  je 
aus  einer  grösseren  Anzahl  gleichsam  parallel  geschalteter 
Stanniolblätter  zusammengesetzt  und  zwischen  sie  als  dünnen 
{und  leichten)  Isolator  gewachstes  oder  paraffiniertes  oder  geöltes 
Papier  oder  Glimmer  legt.  Eben  zur  Erhöhung  der  Capacitat. 
Der  Aufbau  der  Belegungen  aus  einzelnen  Blattern  findet  sich 
auch  in  dem  Zeichen,  mit  dem  man  technische  Condensatoren 
an  der  Tafel  oder  auf  dem  Papier  wiedergiebt.  Bei  theoretischen 
Erörterungen  zeichnet  man  für  einen  Condensator  einfach  zwei 


Fig.  66.     Wiedergabe  von  Condensatoren  in  Zeichnungen. 

einander  der  Breite  nach  gegenüberstehende  Striche.  (Fig  66a). 
Dagegen  wird  bei  Skizzen  technisch  gebrauchter  Schaltungen 
für  den  mehrplattigen  Condensator  diese  Abkürzung  (Fig  66b) 
verwendet.  Man  kann  sich  daraus  vorstellen,  wie  Belegung  I, 
Isolator,  Belegungll  und  wieder  Isolator  in  vielmals  wieder- 
holter Folge  aufeinander  geschichtet  werden.  Alle  Stanniol- 
blatter I  sind  mit  einander  verbunden,  ebenso  alle  II.  Das 
ganze  Paket  ruht,  zur  Abhaltung  von  Feuchtigkeit  mit  Paraffin 
umgössen,  in  einem  Holzkasten  (Fig,  67).  Die  Enden  beider 
Belegungen  sind  zu  Klemmen  auf  dem  Deckel  des  Kastens 
geführt.  Ein  Messingstöpsel  mit  isoherendem  Handgriff  kann 
beide  Klemmschienen  leitend    mit  einander  verbinden    und    den 


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t04  Elektrostatik. 

Condensator  durch  Kurzschluss  der  Belegungen  ausschalten. 
Man  kann  auch  an  dem  Plattenpaket  vor  den  Enden  mehrere 
Abzweigungen  anbringen  und  zu  besonderen  Kiemmenpaaren 
führen.  Durch  mehrere  Stöpsel  wird  dann  eine  grössere  oder 
kleinere  Anzahl  von  Blättern  beider  Belegungen  kurz  geschlossen 
und  so  nach  Wahl  die  wirksame  Capacität  des  Condensators 
auf  die  neben  den  Stöpsellöchern  angegebene  eingestellt. 


Fig.  el.     Condensator  von  0,5  JlfF. 

Als  Ausgangspunkt  einer  Reihe  neuer  Betrachtungen,  die 
uns  vorübergehend  beschäftigen  sollen,  dient  ein  Versuch 
mit  der  Leydener  Flasche  und  zwar  mit  einer,  bei  der  die 
Belegungen  nicht  aus  Stanniolblättern  bestehen  und  dem  sie 
trennenden  Glase  aufgeklebt  sind,  sondern  besondere  Blech- 
gefässe  bilden.  Diese  Blechgefässe  sind  von  solcher  Grösse, 
dass  sie  sich  innen  und  aussen  dem  Glase  anschmiegen,  das 
Ganze  aber  noch  bequem  auseinander  zu  nehmen  erlauben. 
(Fig  68).  Die  Flasche  arbeitet,  wie  jede  andere,  lässt  sich 
laden  und,  ganz  wie  Sie  es  gewohnt  sind,  in  einem  kräftigen 
und  mehreren  schwachen  Funken  entladen.  Zu  unserm  Ver- 
suche wird  sie  wiederum  geladen  und  auf  eine  Glasplatte 
gestellt.  Nun  nimmt  man  mit  isolierendem  Handgriff  aus  dem 
Glasgefäss  den  Blechkörper,  welcher  die  innere  Belegung  vor- 
stellt, und  dann  aus  dem  äusseren  Metallbecher  das  Glasgefäss 


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Elektroslalik.  ]05 

heraus,  so  dass  die  drei  Teüe  der  Flasche  nebeneinander  auf 
der  Glasplatte  stehen.  Jetzt  geben  merkwürdiger  Weise  beide 
vom  Glasbecher  entfernten  Metallkörper,  einander  genähert, 
keinen  Funken.  Das  geht  gegen  alle  Erwartung,  und  man 
mochte  an  irgend  ein  Versehen  glauben;  aber  eine  Wiederholung 
des  Versuches  hat  das  gleiche  Ergebnis.  Die  elektrische  Ladung 
der  Metallbelegungen  ist  verschwunden.  Wo  ist  sie  geblieben? 
Wenn  sie  in  der  zusammengesetzten  Flasche  vorhanden  war,  sollte 
sie  es  auch  jetzt  noch  sein.  Also  war  sie  dort  auch  nicht  vor- 
handen? Ist  es  denn  garnicht  das  Metall,  was  durch  die  Ladung 
elektrisiert  wird?  Sollte  es  etwa  der  Isolator  sein,  dem  bis 
jetzt  nur  die  passive  Rolle  der  Trennung  beider  Leiter  zu- 
geschrieben wurde?  Dienen  denn,  gerade  umgekehrt,  die  Metall- 
belegungen nur  als  Hilfsmittel  zur  Ladung  des  Isolators? 


Äu«Hr«  Bvl^unff.  Innen  Bclet;inJB. 

Fig.  68.      AuaeLnandernchmbare   Leydener  Flasche. 

Es  erwüchse  uns  in  der  That  aus  diesem  Versuche  eine 
ganz  neue  Erkenntnis  von  weittragendster  Bedeutung,  wenn 
nur  das  eben  gesagte  mehr  wäre,  als  eine  blosse  Behauptung, 
die  noch  dazu  recht  unwahrscheinlich  khngt.  Wäre  diese 
unwahrscheinliche  Behauptung  nicht  aber  bewiesen,  wenn  man 
—  was  freilich  auch  wenig  wahrscheinhch  —  die  nach  der  - 
gegenseitigen  Berührung  der  Belegungen  wieder  zu- 
sammengesetzte Flasche  noch  entladen  könnte?  Ich 
glaube,  ja,  und  nun  sehen  Sie  das  Verblüffende,  dass  man  der 
wieder  zusammengesetzten  Flasche  wirklich  einen  Funken  ent- 
ziehen kann. 


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lOQ  Elektrostatik. 

Der  eben  hier  vor  Ihnen  angestellte  Versuch  ver- 
langt, unsere  Vorstellung  von  der  Leydener  Flasche 
geradezu  umzukehren.  Ihr  bis  jetzt  wenig  beachteter  Teil, 
der  Isolator,  wird  zur  Hauptsache.  Die  Belegungen  sinken  zu 
Handlangern  herab.  Der  Isolator  wird  in  den  elektrischen 
Zustand  versetzt,  nicht,  wie  es  schien,  die  Belegungen. 
Deshalb  nannte  Faraday  die  Isolatoren  Dielektrika,  ein  Name, 
den  wir  künftig  immer  für  die  elektrisch  veränderten  Isolatoren 
gebrauchen  wollen. 

Ist  das  Dielektrikum  wirklich  der  elektrisch  veränderte  Teil 
der  Leydener  Flasche,  dann  müssen  auch  seine  Eigenschaften 
die  ihrigen  bestimmen.  Zweierlei  schon  bekanntes  hesse  sich 
so  deuten.  Eben  hiess  es:  Die  Capacität  eines  Condensators 
ist  der  gegenseitigen  Entfernung  der  Belegungen  umgekehrt, 
ihrer  Flache  direkt  proportional.  Wir  brauchen  die  Worte  nur 
ein  wenig  zu  drehen,  und  der  neuen  Anschauung  ist  genügt:  Die 
Capacität  eines  Condensators  ist  der  Dicke  des  Dielektrikums  um- 
gekehrt, seiner  belegten  Fläche  direkt  proportional.  Man  wird  an 
das  Ohmsche  Gesetz  erinnert.  Je  kürzer  die  Schicht  des  Dielek- 
trikums, die  von  Belegung  zu  Belegung  elektrisch  verändert  wird, 
und  je  grösser  ihr  Querschnitt,  um  so  grösser  die  von  der 
gleichen  Elektricitätsmenge  hervorgerufene  Spannung. 

Auch  das  Material  des  Dielektrikums  hat,  wie  Sie  sogleich 
sehen  werden,  auf  den  aus  ihm  erbauten  Condensator  den 
wesentlichsten  Einfluss,  welcher  in  der  Dielektricitäts- 
constante  d  des  Materiales  seinen  Ausdruck  findet.  Dieses 
schwerfällige  Wort  hat  einen  einfachen  Sinn.  Man  denke 
sich  aus  dem  vorliegenden  Dielektrikum  einen  Condensator 
erbaut  und  einen  genau  gleich  grossen  mit  Luft  als  Dielek- 
trikum. Die  Dielektricitätsconstante  ist  dann  der  Quotient  aus 
der  Capacität  d,  des  Condensators  mit  dem  vorliegenden 
Dielektrikum  und  der  Capacität  Gl  desgleichen  mit  Luft 

-^ 

Die  Dielektricitätsconstante  ist  die  Zahl,  welche  an- 
giebt,  wie  viel  mal  so  gross  die  Capacität  eines  mit 
dem  betreffenden  Dielektrikum  gebauten  Condensators 

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Elektrostatik.  IQ 

ist,  als  die  des  gleich  grossen  Luftcondensators.  Nac 
der  Definition  ist  also  für  Luft  d  gleich  1.  Einige  ander 
ungefähre  Werte  von  d  sind  für: 


Manilapapier 
ParafBn  .  . 
Leicht  schmi 


$  Glas  2  bis  5 


Hätte  also  ein  bestimmter  Condensator  mit  Papier  als  Dielel 
trikum  eine  Capacität  von  0,15  MF,  so  würde  ein  ganz  gena 
gleicher  mit  Glimmer  0,5  MF  haben. 

Damit    Ihnen    die    Bedeutung    der    Dielektricitätsconstanl 
recht  geläufig  wird,  will  ich  einen  Versuch  (Fig  69)  beschreibe: 


-\\-     + 


irariia.  3.  Vulkan  iiiener  Kau 


"ll "" 


# 


Fig.  S9.     Bestimniung  der  DielektricitStsconstante. 

le  aus  der  Beschreibung  des  Versuches  hervorgeht,  ist  jeder  de 
hcondensBtor  4  verbundenen  Vergleichs condensatoren  1,  2  und  3  z 
nach  II  geschaltet. 


wenn  auch  nicht  anstellen,  mit  dem  man  sie  bestimmen  kan 
Es  sollen  verglichen  werden  die  drei  Dielektrika:  Luft,  Paraffi 
und  vulkanisierter  Kautschuk.  Aus  ihnen  sind  drei  Conde 
satoren  1,  2  und  3  aufgebaut,  welche  sich  bis  auf  die  Substai 
des  Dielektrikums  vollständig  gleichen.  Die  drei  Condensatort 
werden  unter  einander  verglichen,    indem  man  jeden  einzelne 


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nach  der  Reihe  mit  einem  Aichcondensator  4  vergleicht.  Dessen 
beide  Platten  sind  durch  eine  Luftschicht  getrennt,  deren  Dicke 
durch  Verschieben  der  einen  Platte  nach  Belieben  verändert 
und  an  einem  Maasstab  abgelesen  werden  kann.  Die  Capacität 
des  Condensators  4  ist,  wie  wir  wissen,  der  Dicke  der  Luft- 
schicht proportional.  Nun  wird  die  eine  Belegung  dieses  Conden- 
sators 4  mit  der  einen  des  Vergleichscondensators  1  verbunden 
und  ihnen  eine  kleine  (positive)  Ladung  mitgeteilt,  während  die 
zwei  anderen  Belegungen  an  Erde  liegen  (I).  Beide  Condensatoren 
haben,  da  sie  mit  einander  verbunden  sind,  gleiche  Spannung, 
so  dass  unsere  frühere  Gleichung  (von  S.  102}  auf  beide  mit  dem 
gleichen  E  angewandt  werden  kann.  Für  den  Aichcondensator  4 
heisst  sie 


und  für  den  Vergleichscondensator  1 


Beide  Gleichungen  vereinigen  sich  zu 

in  Worten:  Die  Capacitaten  beider  mit  einander  verbundener 
Condensatoren  verhalten  sich  wie  die  von  ihnen  aufgenommenen 
Elektricitatsmengen.  Die  Capacitaten  werden  also  gleich,  wenn 
die  Elektricitatsmengen  gleich  gemacht  werden  können.  Ob 
diese  gleich  sind,  sieht  man  sehr  einfach,  wenn  man  den  Ver- 
gleichscondensator so  umschaltet,  dass  seine  positive  Beleg;ung 
mit  der  Erde  und  seine  negative  mit  der  positiven  des  Aich- 
condensators  4  verbunden  ist.  (II)  Es  gleichen  sich  dann  +  Q  und 
—  Qi  vollständig  oder  bis  auf  einen  Rest  aus,  und  ein  an  den 
Verbindungsdraht  gelegtes  Elektroskop  zeigt  durch  seine  Blätt- 
chen an,  ob  bei  dem  Ausgleich  eine  Elektricitätsmenge  übrig 
geblieben  und  eventuell  welchen  Vorzeichens  sie  ist.  Aus 
ihrem  Vorzeichen  ergiebt  sich,    von  welchem    beiden  Conden- 


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Elektrostatik.  lOQ 

satoren  sie  stammt,  wessen  Capacitat  folglich  zu  gross  ist. 
Man  braucht  dann  nur  den  Abstand  der  Platten  des  Conden- 
sators  4  so  lange  zu  verändern  (z.  B.  bei  positivem  Ausschlag 
des  Electroskopes  zu  verkleinern),  bis  bei  Wiederholung  des 
Versuches  kein  Ausschlag  mehr  stattfindet.  Dann  weiss  man, 
dass  Q  -=  Qi  war,  mithin  C  ^  C^  ist,  und  hat  nur  die  Dicke  der 
Luftschicht  des  Aichcondensators  4,  r^  am  Maassstabe  abzulesen. 
Für  jeden  der  drei  Vergleichscondensatoren  stellt  man  eine 
solche  Versuchsreihe  an  und  ermittelt  so  die  drei  Längen  r^, 
r,  und  rg ,  In  ihnen  drückt  sich  die  Capacitat  der  drei  zu  ver- 
gleichenden Condensatoren  aus,  da  der  Aichcondensator  4  auf 
eine,  der  ihrigen  gleiche  Capacitat  eingestellt  war.     Es  ist 

0,  :  (^  :  C;,  =  r,  :  r,  :  r, 

Da  der  Condensator  1  Luft  als  Dielektrikum  enthält,  ergeben 
ach  für  die  beiden  Dielektricitätsconstanten  nach  der  Erklärung 
die  Werte 

d,=  -^    und     dg  —  -ß-  - 
Die  Proportion  wird  deshalb  umgeformt  zu 


:  1: 


d,  :  dj  :  dg  =   1  : 


woraus  als  Endergebnis  folgt: 

d,  =:    ^      und    d,  =  — S-  ■ 

Die  drei  Entfernungen  r„  r^  und  r^  sind  durch  den  Versuch 
ermittelt.  Da  die  Dielektricitätsconstanten  von  Paraffin  und 
vulkanisiertem  Kautschuk  zu  etwa  2  und  3  angegeben  wurden, 
niuss,  wenn  der  Versuch  richtig  angestellt  wird,  r^  ungefähr 
doppelt,  rg  dreimal  so  gross  sein  als  r,. 


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110  Elektrostatik. 

Der  Versuch  mit  der  auseinander  genommenen  Leydener 
Flasche  und  der  Einfluss,  den  die  Dimensionen  und  das 
Material  des  Dielektrikums  auf  die  Capacität  eines  Condensators 
ausüben,  zwingen  uns  dieses  und  nicht  die  Belegungen  als 
Träger  der  elektrischen  Veränderung  anzusehen.  Wenn  wir 
aber  fragen,  worin  denn  die  Veränderung  besteht  und  der 
Zustand,  in  den  das  Laden  des  Condensators  das  Dielektrikum 
versetzt,  so  giebt  es  auch  hierauf  wieder  keine  befriedigende 
Antwort.  Man  stellt  sich  vor,  dass  quer  durch  das  Dielektrikum, 
von  einer  Belegung  zur  anderen,  elektrische  Kraftlinien') 
gehen,  und  legt  diesen  unter  anderem  das  Bestreben  bei,  sich 
zu  verkürzen.  Denken  Sie  sich  die  Kraftlinien  wie  eine  Reihe 
paralleler  elastischer  Gummibänder  das  Dielektrikum  durch- 
setzen und  mit  ihren  Enden  an  den  Belegungen  angeheftet. 
Die  Ladung  des  Condensators  besteht  dann  in  einer  allmählichen 
Anspannung  der  Gummibänder,  die  Funkenentladung  in  einer 
plötzlichen  Abspannung.  Die  Heftigkeit  der  Abspannung  hat 
ein  abwechselndes  Ausdehnen  und  Zusammenziehen  der  Bänder 
zur  Folge,  ehe  wieder  Ruhe  eintritt;  daher  die  pendelnde  Natur 
des  Funkens.  Ein  elastisches  Band  erreicht  auch  dann  nicht 
gleich  seine  volle  Länge  wieder.  Einen  kleinen  Rest  seines 
Längenzuwachses  verliert  es  erst  nach  einiger  Zeit,  gerade  wie 
die  Leydener  Flasche  ihren  kleinen  Ladungsrückstand.  Die 
elektrischen  Kraftlinien  sind  natürlich  wie  die  magnetischen  nur 
gedacht.  Gerade,  wie  streng  genommen  auch  die  Licht- 
strahlen nicht  wirklich  bestehen,  sondern  nur  die  Fortpflanzungs- 
richtung des  Lichtes  angeben,  gerade  so  personificieren  nur 
die  elektrischen  Kraftlinien  die  Spannung,  in  welche  die  Teilchen 
des  Dielektrikums  durch  die  Ladung  des  Condensators  versetzt 
werden,  und  geben  die  Richtung  dieser  Spannung  an. 

Jetzt  leuchtet  es  auch  ein,  dass  jede  statische  Erscheinung 
eine  Condensatorwirkung  ist.  Früher  sprachen  wir  von  einer 
positiv  geladenen  Glas'stange,  ihrer  Inlluenzwirkung  auf  eine 
Hollundermarkkugel  und  einer  Anziehung  beider  ungleichnamiger 
Eiektricitäten.  Jetzt  denken  wir  uns,  von  der  Glasstange  aus- 
gehend, Kraftlinien  das  umgebende  Dielektrikum  —  die  Luft  — 
durchsetzen  und  sich  an  die  Markkugel  anheften.     Die  Kraft- 

elektrischen  KrafUinien 


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Etektrostalik.  1 1 1 

linien  ziehen  sich  zusammen,  d.  h.  die  in  Spannung  versetzten 
Luftteilchen  nähern  sich  einander  und  die  Kugel  folgt.  Gerade, 
wie  der  magnetische  Nord-  und  Südpol  zum  Aus-  und  Eintrittsort 
der  magnetischen  Kraftlinien  herabsanken,  giebt  der  Ausdruck 
positive  und  negative  Elektricitat  auf  den  Belegungen  nur  die 
Richtung  der  dort  angeknüpften  und  im  zwischenliegenden 
Dielektrikum  verlaufenden  Kraftlinien  an.  In  der  neuen  An- 
schauung wird  es  selbstverständlich,  dass  beim  Reiben  beide 
geriebenen  Körper  entgegengesetzt  und  in  gleicher  Menge 
elektrisch  werden,  und  weiter,  dafs  die  statische  Elektricitäl  nicht 
das  Innere  der  Leiter  erfüllen  kann.  Die  Spannung  auf  dem 
Faradayschen  Rouleau  muss  beim  Zusammenrollen  deshalb 
wachsen,  weil  die  zwischen  dem  Rouleau  und  den  benachbarten 
Körpern  —  den  Zimmerwänden,  der  Tafel  —  angehefteten 
Kraftlinien  auf  einen  viel  kleineren  Querschnitt  des  Dielektrikums 
zusammengedrängt  werden, als  vorher.  Auch  die  grosse  Capacität 
der  Condensatoren  erklärt  sich.  Im  Grunde  ist  die  Ladung  eines 
Condensators  eben  nichts  anderes,  als  jede  andere  statische 
Ladung.  Aber  die  Luftschicht  zwischen  dem  Faradayschen 
Rouleau  und  z.  B.  der  Tafel  ist  etwa  anderthalb  Meter  dick, 
während  die  Kraftlinien  bei  der  Leydener  Flasche  eine  Schicht 
von  nur  einigen  Millimetern,  bei  technischen  Condensatoren  eine 
solche  von  Papierdicke  zu  durchsetzen,  zu  spannen  haben. 
Dieselben  Kraftlinien  werden  das  dünne  Dielektrikum  in  eine  viel 
heftigere  Spannung  versetzen  können,  als  die  anderthalb  Meter 
dicke  Schicht, 

Vorläufig  müssen  wir  nun,  so  leid  es  uns  thut,  diese 
Betrachtungen  abbrechen.  Wenn  auch  später  die  Funken- 
telegraphie  Gelegenheit  bieten  wird,  sie  wieder  aufzunehmen,  so 
geht  es  in  Vorlesungen,  wie  unseren,  doch  noch  nicht  an,  die 
stofflich  gedachte  Elektricität  zum  alten  Eisen  zu  werfen,  und  die 
Elektricitätslehre  aus  einem  Gusse  in  moderner  Darsteilungsweise 
zu  lehren.  Wir,  die  wir  praktische  Ziele  verfolgen  und  die 
Theorie  trotz  all  ihren  Reizes  nur  so  weit  berücksichtigen 
können,  als  sie  zum  Verständnis  unserer  Technik  führt,  haben 
mit  einem  kurzen  Einblick  in  die  moderne  Lehre  unserer  Pflicht 
genügt  und  halten,  wo  es  immer  angeht,  an  der  alten  Anschauungs- 
weise ruhig  fest.  Wer  von  Ihnen  Neigung  hat,  sich  eingehen- 
der mit   der  Theorie   zu  beschäftigen,    sei    auf  das  Buch    von 


DigitizsdbyGOOgle 


112  Elektrostatik. 

Sir  Oliver  Lodge:  Neueste  Anschauungen  über  Elektricität  und 
ausserdem,  bei  mathematischer  Vorbildung,  auf  Ferraris,  Wissen- 
schaftliche Grundlagen  der  Elektrotechnik  verwiesen. 


Als  Anhang  zu  dieser  Vorlesung  seien  einige  Betrachtungen 
angestellt,  die  zwar  nicht  eigentlich  in  die  Statik  gehören,  aber 
ungezwungen  an  sie  angeschlossen  werden  können.  Zunächst 
handelt  es  sich  um  die  Identität  der  beiden  Arten  der 
Elektricität,  die  in  so  verschiedener  Weise  in  die  Erscheinung 
treten.  Statische  Elektricität  und  elektrischer  Strom 
sind  Erscheinungen  derselben  Elektricität.  Die  auf  den 
Leitern  ruhende  und  in  den  Leitern  fliessende  Elektricität  ist 
die  gleiche.  Eine  systematische  Vergleichung  beider  Wirkungen 
hat  die  Identität  ergeben.  Hier  werde  nur  an  die  Ähnlichkeit 
des  Funkens  der  Influenzmaschine  und  des  Ruhmkorff  erinnert, 
und  es  seien  zwei  Versuche  angestellt,  von  denen  der  erste  zeigt, 
dass  auch  aus  statischer  Quelle  ein  elektrischer  Strom  fliessen 
kann,  wenn  man  zwischen  sie  und  Erde  schlechte  Leiter,  wie 
z.  B.  längere  Stäbe  von  trocknem  Holz,  schaltet.  Drei  solcher 
Stäbe  (Fig.  70)  sind  hinter  einander  mit  der  positiven  Erdkugel 

V 

b 
Fig.  10.     Elektrischer  Strom  aus  statischer  Quelle. 

der  Elektrisiermaschine  verbunden  und  tragen  an  ihrem  von  der 
Maschine  abgewandten  Ende  Pendel  aus  HoIIundermark  als 
Spannungszeiger.  Das  Ende  des  letzten  Stabes  ist  isoliert. 
Durch  Drehen  der  Maschine  werden  die  Stäbe  auf  die  Spannung 
der  Endkugel  geladen.  Alle  drei  Elektroskope  schlagen  gleich 
weit    aus  (Fig.  70a)    und    zeigen    dadurch  an,    dass  das  ganze 

DigitizsdbyGOOgle 


Elektrostalik.  113 

System  mit  einer  Elektricitätsmenge  derselben  Spannung  bedeckt 
ist.  Dem  entsprechend  stand  bei  unserem  hydraulischen  Abbild 
(S.  8)  das  Wasserniveau  in  den  drei  vertikalen  Röhren  gleich 
hoch,  wenn  der  Hahn  geschlossen  war.  Wird  der  Hahn  geöffnet, 
so  zeigt  der  gleichmässige  Niveauabfall  einen  gleichmässigen  Fluss 
vom  höheren  zum  niederen  Niveau  an.  Sobald  bei  unserem  Ver- 
suche das  Ende  der  dritten  Stange  und  die  negative  Maschinen- 
kugel an  Erde  gelegt  werden,  erweisen  (Fig.  70  b)  ebenso  die 
drei  Pendel  einen  gleichmässigen  Spannungsabfall  von  der 
Maschine  bis  zur  Erde.  Das  erste  Elektroskop  zeigt  noch  fast 
die  hohe  Spannung  der  Maschinenkugel,  das  dritte  die  Spannung 
Null  der  Erde  an.  Schon  dieser  dem  elektrischen  Strome 
eigenttlmliche  Spannungsabfall,  der  so  lange  erhalten  bleibt,  als 
die  Maschine  gedreht  wird,  spricht  dafür,  dass  hier  aus  statischer 
Quelle  ein  Strom  fliesst.  Eigentümlich  ist  diesem  Strome  der 
ausserordentlich  hohe  Spannungsunterschied,  der  ihn  treibt,  und 
die  kleinen  Elektricitätsmengen,  die  er  führt.  Wie  jeder  andere 
Strom,  hat  er  Wärmewirkungen  oder  magnetische  Wirkungen 
im  Gefolge.  So  magnetisiert  er  eine  Stahlnadel,  um  die  man 
ihn  in  mehreren  Windungen  herumführt,  und  zwar  entspricht 
der  Sinn  der  Magnetisierung  der  Schwimmregel,  wenn  man  den 
Fluss  der  positiven  Elektricität  zur  Erde  als  Stromrichtung 
ansieht').  Nun  lässt  man  die  negative  Endkugel  der  Maschine 
sich  durch  die  Holzstangen  und  um  die  Nadel  herum  entladen. 
Die  Magnetisierung  entspricht  auch  jetzt  der  Schwimmregel, 
wenn  die  Wirkung  der  negativen  Elektricität  als  der  der 
positiven  entgegengesetzt  gerichtet  angesehen  wird. 

Aus  diesem  Vorgange  und  anderen  zieht  man  den  Schluss, 
dass  der  elektrische  Strom  durch  das  Fliessen  einer  einzigen 
Elektricität  und  nach  einer  Richtung  nicht  genügend  versinn- 
bildlicht werde.  Es  findet,  so  meint  man,  eine  doppelte 
Bewegung  gleichzeitig  statt.  Einmal  bewege  sich  positive 
Elektricität  in  dem  Sinne,  den  wir  bis  jetzt  als  Stromrichtung 
ansahen,  und,  gleichsam  an  ihr  vorbei,  fliesse  im  entgegen- 
gesetzten Sinne  ein  gleich  starker  Strom  negativer  Elektri- 
cität.   Der  Strom  fliesst  dann    nicht    mehr   als  Ausgleich    der 

')  Die  durch  eine  Funken en Iladung  bewirkte  Magnetisierung  der  Nadel  kennt 
dagegen  kein  festes  Richtun^gesetz ;  sie  erfolgt  bald  in  diesem,  bald  In  jenem  Sinne 
und  liefert  damit  einen  neuen  Beweis  fOr  die  schwingende  Natur  des  Funkens. 


DigitizsdbyGOO'^le 


2 2-     Der 

Spannungsunterschied  ist  natürlich  der  gleiche,    wie  in  der 

früheren  Betrachtung;  denn  E —  0,  ebenso  wie  i+H-)  —  (  —  ö")' 

giebt  E.  Unser  altes  Bild  (Fig.  71)  giebt  dann  die  Abhängigkeit 
der  Spannung  vom  Leitungsweg  nicht  mehr  zutreffend  wieder 
und    ist   so    zu    verändern,    dass    die    schräg   abfallende    Linie 

parallel  mit  sich  (um  „  j  in  das  Negative  verschoben  erscheint. 
(Fig.  72). 


Fig.  71, 
Spannungsabfall  von 


m 
'i 


Frg.  72. 

E  E 

Spannungsabfall  lOn  +         lu  — 

Trotzdem  diese  Auseinandersetzung  die  Gefahr  in  sich 
birgt,  Ihnen  die  klare,  schematische  Vorstellung  des  elektrischen 
Stromes  zu  trüben,  so  war  sie  deshalb  nicht  zu  umgehen,  weil 
sie  bei  der  späteren  Erklärung  von  Stromläufen  und  von  elektro- 
chemischen Thatsachen  nützlich  und  zum  Verständnis  der  all- 
gemein eingebürgten  Bezeichnungen:  positive  und  negative 
Klemmen  unentbehrlich  ist.  Wenn  wir  auch  für  gewöhnlich  fort- 
fahren werden,  nur  von  einem  Strome  —  dem  in  der  positiven 
Richtung  fliessenden  —  zu  sprechen,  so  muss  Ihnen  doch  die  Be- 
zeichnung: positive  und  negative  Klemme  geläufig  sein,  und  ich 


DigitizsdbyGOOgle 


Elektrostatik.  115 

bitte  Sie,  sich  die  folgenden  Regeln  einzuprägen.    Der  Strom 
tritt  aus  der  Stromquelle  zur  positiven  Klemme  heraus 
und  tritt  zur  negativen  in  sie  hinein.    Positive  Klemme, 
langer       Strich       —       negative 
Klemme,  kurzer  Strich.    Für  den 
Stromempfänger,    wie    eine  Glüh- 
lampe oder  einen  Farbschreiber,  liegt 
die  Sache  umgekehrt.  DerStrom 
tritt  in  den  Stromempfänger  zur 
positiven     Klemme     hinein     und 
tritt     aus     ihm     zur     negativen 
heraus.    Beide  Regein  sind  in  diesem 
Schema  (Fig.  73)  enthalten. 

Dem  Versuche,  welcher  darthut, 
dass  auch  aus  statischer  Quelle  ein 

elektrischer  Strom  fliessen  kann,  hat  ein  zweiter  zu  folgen, 
der  das  Umgekehrte  beweist,  nämlich,  dass  eine  Elektricitäts- 
quelle,  aus  der  wir  gewöhnlich  Strom  entnehmen,  statische 
Erscheinungen  zu  bewirken  fähig  ist.  Ich  verbinde  deshalb 
die  Klemmen  am  Experimentiertische,  die  uns  sonst  Strom 
liefern,  mit  denen  eines  Condensators  durch  Leitungsdrähte. 
Dazwischen  wird  noch  ein  Ausschalter  und  ein  Galvanoskop 
gelegt  (Fig.  74).  Das  Galvanoskop  von  früher  (Fig.  45  auf 
Seite  66)  macht  bei  jeder  Ablenkung  einige  Schwingungen 
um  seine  neue  Gleichgewichtslage,  die  das  genaue  Ablesen 
verzögern.  Das  jetzt  benutzte  Galvanoskop,  ein  s.  g.  aperio- 
disches, thut  das  nicht.  Es  ist  so  gedämpft,  dass  es  sich 
ohne  Schwankungen  sofort  auf  jede  neue  Ablenkung  einstellt. 
Werden  nun  durch  den  Ausschalter  die  Tischklemmen  und 
die  des  Condensators  elektrisch  verbunden,  so  kann  natürlich 
ein  Strom  der  uns  geläufigen  Art  nicht  fliessen,  weil  das 
Dielektrikum  des  Condensators  den  metallischen  Kreis  nichtleitend 
unterbricht.  Trotzdem  also  kein  geschlossener  Stromkreis  vor- 
handen ist,  sehen  Sie  mit  dem  Umlegen  des  Ausschalters  eine 
hefijge  Ablenkung  des  Galvanoskopes  eintreten.  Die  Dämpfung 
des  Instrumentes  erlaubt  uns  auch  zu  beobachten,  dass  der 
heftige  Ausschlag  nur  kurz  andauert  und  sofort  an  Grösse 
abnimmt,  bis  er  nach  einigen  Augenblicken  wieder  zu  Null  ge- 
worden ist.     Dieser  Versuch  zeigt,   dass  der  Condensator  mit 


„Google 


116  Elektrostatik. 

Hilfe  der  Tischklemmen,  d.  h.  mit  der  in  dem  Elektricitätswerk 
der  Stadt  durch  Induktion  erzeugten  Elektricität,  gerade  so  ge- 
laden werden  kann,  wie  mit  statischer  Elektricität,  —  der  zweite 
der  versprochenen  Beweise  für  beider  Identität.  Von  der 
positiven  Tischklemme  aus  ergiesst  sich  positive  Elektricität  auf 
die  eine  Belegung  des  Condensators,  von  der  negativen  Klemme 


Fig.  74. 
Ladestrom 

und 
eines  Condensators. 

Fig.  15 
Entladestr 

negative  Elektricität  auf  die  andere  Belegung.  Der  Condensator 
wird  also  ebenso  geladen,  wie  von  einer  Elektrisiermaschine. 
Nur  die  Ladespannung  ist  niedriger,  und  man  kann  deshalb  mit 
dem  gedämpften  Galvanoskop  beobachten,  dass  die  Ladung  zu 
ihrer  Vollendung  Zeit  braucht,  dass  sie  in  Form  eines  Lade- 
stromes einige  Zeil  andauert.  Der  Verlauf  dieses  Ladestromes 
würde  durch  eine  Kurve  wiederzugeben  sein,  die  von  einem 
Höchstwert  zuerst  sehr  schnell,  dann  allmählicher  zu  Null  abfällt. 

Wird  nach  Vollendung  der  Ladung  die  Stromquelle  ab- 
geschaltet und  der  Condensator  durch  das  Galvanoskop  ge- 
schlossen (Fig.  75),  so  flutet  die  eingeladene  Elektricität  wieder 
zurück.  Ein  Entlade-  oder  Rückstrom  lenkt  das  Galvanoskop 
ähnlich,  wie  vorher,  nur  im  entgegengesetzten  Sinne,  ab.  Auch 
die  Entladung  beansprucht  Zeit.  Sie  verläuft  in  derselben  Weise 
wie  der  Ladestrom  und  ebenfalls  nicht  wechselstromartig,  wie  es 
die  Funkenentladung  der  Leydener  Flasche  thut.  Wollten  wir 
die  eingeladene  und  die  ausgeladene  Elektricitätsmenge  messen, 
so  würde  sich  zeigen,  dass  auch  hier  ein  Rückstand  im 
Condensator  verbleibt. 

Die  Ladung  eines  Condensators  aus  einer  Stromquelle  und 
die  Entladung    bitte    ich  Sie,    recht  genau  im  Gedächtnisse  zu 


Digitiz.db^COO'^IC 


Elektrostatik.  1  ] 

behalten.  Es  wird  Ihnen  dann  später  die  Kabeltelegraph 
leicht  verständlich  werden.  Der  Versuch  trägt  aber  auch  no( 
zur  Erklärung  einer  anderen  Thatsache  bei,  zu  deren  Besprechur 
wir  die  willkommne  Gelegenheit  ergreifen. 

Bis  jetzt  haben  Sie  andauernde  Ströme  nur  in  vollstand 
metaihschen  Leiterkreisen  kennen  gelernt.  Von  der  positivt 
Klemme  der  Stromquelle  zur  negativen  führte  ein  ununte 
brochener  Metalldraht.  Man  kann  aber  häufig,  in  der  Telegraph 
immer,  an  Leitungsmaterial  sparen  und  den  Leiterkreis,  der  zw 
von  einander  entfernte  Orte  elektrisch  verbindet,  nur  zur  Hälfl 
aus  Metalldraht  bestehen  lassen  und  für  die  andere  Hälfl 
die  Erde  als  Leiter  benutzen.  In  der  That  ist  das  feuch 
Erdreich  ein  guter  Leiter  der  Elektricität,  und  der  grosse  Que 
schnitt  der  Erde  lässt  ihren  Leitungswiderstand  praktisch  for 
Men.     Diese  Skizze  (Fig.  76)  zeigt  im  Prinzip,  wie  die  Erc 


I 


r-A- 


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/ 


A 


V 


V 


Fig.   '76.      ErdrOckleitung. 


die  Rückleitung  des  Stromes  übernimmt.  Die  beiden  Amt« 
1  und  II  sind  nur  durch  einen  einzigen  Metalldraht  verbünde 
welcher  von  der  positiven  Klemme  der  Stromquelle  ai 
dem  Amte  1  zur  positiven  Klemme  des  Strom-empfangendt 
Apparates  M  (von  Morse)  auf  dem  Amte  II  führt.  Die  negativt 
Klemmen    von    Stromquelle   und    Stromempfänger   liegen    a 


DigitizsdbyGOOgle 


11g  ElektrosUtik. 

Erde.  Man  sagt  auch,  sie  seien  geerdet.  Die  Reichs- 
telegraphie  schreibt  übrigens  als  Erdleitung  für  grössere  Ämter 
ein  unten  eine  Bleiplatte  tragendes  Gasrohr,  für  kleinere  ein 
Drahtseil  vor,  das  unten  in  einen  Drahtring  endigt.  Die  Erd- 
leitung gehört  so  tief  in  das  Grundwasser,  dass  sie  auch  in  der 
trockendsten  Jahreszeit  von  ihm  bedeckt  bleibt. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  in  unserer  Skizze  (Fig.  76)  der  Pfeil 
in  der  Erde  zu  Recht  besteht,  ob  wirklich  die  Erdschicht  zwischen 
den  Erdplatten  zweier  mit  einander  telegraphierender  Ämter  von 
einem  Strome  durchÜGSsen  wird?  Welches  unendliche  Gewirr 
von  Strömen  müsste  dann  den  Erdboden  durchziehen!  Die 
Möglichkeit,  unsern  Condensator  aus  einer  Stromquelle  zu  laden, 
bietet  eine  wissenschaftlichere  Erklärung  der  Erdrückleitung  und 
zeigt,  dass  diese  auch  stattfände,  wenn  beide  Erdplatten  durch 
eine  nichtleitende  Schicht  elektrisch  von  einander  getrennt  wären. 
Die  beiden  Erdplatten  und  ihre  leitende  Umgebung  können  als  die 
Belegungen  eines  Condensators  gelten.  Wegen  der  grossen 
Dimensionen  der  Erde  ist  dessen  Capacität  praktisch  unendlich 
gross.  Er  kann  unendliche  Elektricitätsmengen  aufnehmen,  ohne 
dass  dadurch  seine  Spannung  über  Null  ansteigt.  Solange  die 
Telegraphierbatterie  mit  ihrer  einen  Klemme  unmittelbar  und 
ihrer  anderen  über  das  empfangende  Amt  an  Erde  liegt,  giebt 
sie  sich  gewissermassen  fortgesetzte  Mühe,  einen  Condensator  zu 
laden.  Die  Capacität  des  Condensators  ist  aber  unendlich  gross, 
und  die  Batterie  kann  deshalb  so  viel  Coulomb  in  ihm  hinein- 
schicken, als  sie  will,  an  keiner  von  beiden  Endplatten  steigt 
dadurch  das  Niveau  der  Etekricität  um  ein  einziges  Volt.  Die 
Ladung  ist  nie  zu  Ende  und,  wenn  das  Telegraphieren  nicht 
selbst  sehr  bald  eine  Unterbrechung  des  Stromes  verlangte, 
würde  der  Ladestrom  zu  einem  andauernden  Gleichstrom 
werden. 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Strom  Wirkung. 


7.  Vorlesung. 

Chemische  Stromwirkung. 

Stromleitung  in  FlDssigkeiten.  Giltigkeit  des  Ohm  sehen  und  Joule  sehen  Gegeties. 
Ablenkung  der  Magnetnadel.  —  Elektrische  Leitung  und  chemische  Zerselzimg. 
Bleihaum.  Beförderung  von  Atomen  und  Atomgruppen  durch  die  Lösvmg.  —  Leiter 
erat«  und  iweiler  Ordnung.  Eleklrolyse,  Elektrolytc.  Elektroden,  Anode. 
Kahode.  Jonen.  -  Elektrolyse  von  Kupferaulfat  zwischen  Platinelektioden.  — 
Elektrolyse  der  verdQnnlen  Schwefelsaure.  Vollameler  und  Hofmannseher  Apparat. 
—  Elektrolyse  von  Nalriumsulfat  unler  Zusatz  von  Lackmus.  —  Faradaysches  Gesetz. 
DeünitioD   des   Ampere.      96500  Coulomb.      Elektron.  —  El ektroly tische  Dissociation. 


In  den  vorangegangenen  Vorlesungen  haben  Sie  als  Leiter 
des  elektrischen  Stromes  nur  Metalle,  feste  Körper,  kennen 
gelernt,  denen  sich  das  flüssige,  aber  zu  den  Metallen  gehörende 
Quecksilber  und  die  nicht  metallische,  aber  feste  Kohle  zu- 
gesellte. Allein  die  Benutzung  des  feuchten  Erdreiches  und 
des  Grundwassers  als  Leitungsmaterial  deutete  schon  darauf 
hin,  dass  auch  Flüssigkeiten  den  elektrischen  Strom  leiten. 
Ein  Versuch  soll  Ihnen  das  beweisen. 


^^''f^^M'/T/7jJA/7j>^^, 


fig.  Ti.     Das  Ohmsche  Gesetz  gill  auch  für  die  Leitung  in  FlQssigkeil 


DigitizsdbyGOOgle 


120  Chemische  Slrom Wirkung. 

In  diesem  Glastroge  {Fig.  77)  befindet  sich  eine  verdünnte 
wässerige  Lösung  des  blauen  Kupfervitriols,  mit  chemischem 
Namen  Kupfersulfat,  von  der  Formel  Cu .  60^,  Zwei  Kupfer- 
bleche tauchen  in  die  Flüssigkeit  ein  und  sind  durch  aufgelötete 
Klemmen  über  einen  Ausschalter  und  einen  Strorazeiger,  wie 
er  schon  früher  (S.  20)  benutzt  wurde,  mit  unserer  kleinen 
Accumuiatorenbatterie  verbunden.  Sobald  der  Ausschalterhebel 
umgelegt  wird,  sehen  Sie  das  Instrument  einen  Strom  anzeigen. 
Die  den  festen  Leiterkreis  unterbrechende  Flüssigkeitsstrecke 
wird  mithin  von  Strom  durchflössen. 

Auch  für  die  Stromleitung  in  Flüssigkeiten  gilt,  wenn 
störende  Nebenwirkungen  ausgeschlossen  werden  können,  das 
Ohmsche  Gesetz  E  =  JW.  Verschiedene  SpannungsdifFerenzen 
der  Kupferbleche  lassen  die  Lösung  von  Strömen  durchfliessen, 
die  diesen  Spannungsdifferenzen  proportional  sind:  die  Flüssig- 
keitsschicht hat  wie  ein  Metalldraht  einen  bestimmten  Widerstand. 
Auch  hier  ist  der  Widerstand  der  durchflossenen  Länge  l  direkt 
und  dem  durchflossenen  Querschnitt  q  umgekehrt  proportional. 
So  braucht  man  die  Kupferplatten  nur  auf  die  Hälfte  ihrer 
ursprünglichen  Entfernung  zu  nähern,  um  am  Instrumente  den 
doppelten  Strom  angezeigt  zu  erhalten.  Die  Verminderung  der 
Plattenentfernung  auf  ein  Drittel  verdreifacht  den  Strom.  Lässt 
man  die  Platten  in  ihrer  ursprünglichen  Entfernung  und  füllt  die 
jetzt  nur  bis  zur  Marke  I  des  Glastroges  (in  Fig.  77)  reichende 
Flüssigkeit  bis  zur  Marke  II,  d.  h.  doppelt  so  hoch,  auf,  so 
wird  der  Strom  ebenfalls  verdoppelt.  Ausser  von  den 
Dimensionen  hängt  der  Widerstand  einer  Flüssigkeitssaule 
natürlich  auch  von  einem  ihrer  Substanz  eigentümlichen,  einem 
specifischen  Widerstand  W,  ab.  Allerdings  spricht  inan  bei 
Flüssigkeiten  mehr  von  dessem  reciproken  Wert,  dem  spezi- 
fischen Leitvermögen  X,  (S.  5).     Das  Gesetz 

ist,  wie  sich  bald  zeigen  wird,  für  Flüssigkeiten  deshalb  von 
grosser  praktischer  Bedeutung,  weil  es  die  für  galvanische 
Elemente  und  Accumulatoren  zweckmässige  Bauart  und 
Schaltung  lehrt. 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Stromvi-irkung.  121 

Beim  Durchfliessen  eines  Metalidrahtes  verschwindet  elek- 
trische Arbeit  und  findet  sich,  wie  Ihnen  bekannt,  als  gleich- 
wertige Wärmemenge  wieder.  Wie  das  Ohmsche,  gilt  auch  das 
Joulesche  Gesetz  für  die  Stromleitung  in  Flüssigkeiten.  —  Selbst 
magnetische  Wirkungen  kann  der  eine  Flüssigkeit  durchfliessende 
elektrische  Strom  haben.  Um  das  zu  zeigen,  braucht  man  nur 
beim  Oerstedschen  Versuch  (S.  45)  den  horizontalen  Kupfer- 
draht durch  ein  mit  Kupfersulfatlösung  gefülltes  Glasrohr  er- 
setzen, in  das  durch  durchlöcherte  Gummistopfen  kurze  Kupfer- 
drahte eintreten.')  Nach  Stromschluss  wird  auch  hier  die  Magnet- 
nadel nach  der  Schwimmregel  abgelenkt.  Insoweit  gleicht  sich 
die  Stromleitung  in  Metalldrähten  und  Flüssigkeitssaulen.  Aber 
die  letztere  zeigt  noch  eine  ganz  besondere  Erscheinung  für 
sich.  Jede  Stromleitung  in  einer  Flüssigkeit  ist  nSmlich,  so 
wollen  wir  es  vor  der  Hand  ausdrücken,  von  einer  chemischen 
Zersetzung  begleitet.  Deshalb  fällt  auch  diese  Vorlesung,  wie 
die  beiden  folgenden,  in  die  Elektrochemie,  ein  von  der 
eigentlichen  Elektrik  abgezweigtes  Lehrgebiet,  dem  wir  nun 
trotz  seiner  chemischen  Färbung  für  einige  Zeit  unsere  ganze 
Aufmerksamkeit  zu  widmen  haben. 

Ein  neuer  Versuch  soll  Ihnen  von  der  Verknüpfung  der 
Stromleitung  und  chemischen  Zersetzung  den  ersten  Begriff 
geben.  Ein  Glasgefass  von  der  Gestalt  eines  starken  Notiz- 
buches ist  bis  zu  zwei  Dritteilen  mit  der  verdünnten  Lösung 
von  Bleiacetat  Ph(C^H^O„)^  in  Wasser,  dem  sogenannten 
Bleizucker,  gefüllt.  Zwei  Bleidrähte  dienen  dazu,  die  FItlssigkeit 
von  Strom  durchfliessen  zu  lassen,  und  zwar  ist  der  mit  der 
positiven  Klemme  verbundene  Bleidraht  halbkreisförmig  um 
den  negativen  herumgebogen.  Der  Strom  geht  mithin  in  der 
Bleilösung  von  dem  Umfang  des  Halbkreises  radial  zum  Mittel- 
punkt. Das  Glasgefass,  —  wie  man  es  auch  nennt  —  die 
Zersetzungszelle,  wird  vor  die  Projektionslampe  gestellt.  Deren 
Linsensystem  erzeugt,  wie  immer,  auf  dem  an  der  Wand 
befestigten  weissen  Schirm  ein  vergrössertes  umgekehrtes  Bild, 
Der  Boden  des  Glasgefässes  erscheint  oben,  das  Flüssigkeits- 
niveau unten.  Sobald  nun  der  Strom  geschlossen  wird,  sehen 
Sie,  wie  der  negative  Bleidraht  zu  wachsen  scheint,   wie  sich 

'l  Maiarllch   musg   sich  oben   in  der  GlaarAhrc  eine  grössere  Ölfnung  befinden. 


D,„i,.,db,Google 


122  Chemische  Strom  Wirkung. 

an  ihn  zarte  Zweige  aus  Blei  und  an  sie  wieder  Seitenzweige 
ansetzen,  und  wie  das  Ganze  wächst  und  wächst,  bis  einige 
Zweige  dem  tragenden  Stamme  zu  schwer  werden,  abreissen 
und  zu  Boden  falten.  Auf  dem  Bilde  sieht  es  freilich  so  aus, 
als  ob  sie  nach  oben  stiegen.  Solange  der  Strom  fliesst, 
schiessen  für  die  abgerissenen  Zweige  sofort  neue  an,  und  der 
Bieibaum  hört  nicht  auf,  zu  wachsen. 

Wird  nun  die  Richtung  des  Stromes  umgekehrt,  so  ver- 
schwinden an  dem  mittleren  Draht  die  Zweige  so  schnell,  wie 
sie  gekommen  sind,  und  es  wachsen  neue  an  den  äusseren, 
gebogenen  und  jetzt  negativen  Draht  an.  Der  Strom  bewirkt 
also  in  der  Bleilösung  einen  doppelten  Vorgang.  Er  löst  Blei 
von  dem  Drahte,  durch  den  er  in  die  Flüssigkeit  eintritt,  ab 
und  fügt  Blei  an  den  Draht  an,  zu  dem  er  aus  ihr  heraustritt. 
Der  Strom  befördert  Blei  durch  die  Flüssigkeit  hin- 
durch in  der  Richtung  vom  Orte  seines  Eintritts  zu 
dem    seines    Austritts. 

Vorläufig  deuten  wir  uns  diesen  Vorgang  so:  Das  Blei- 
acetat  Pb  (C,Hß,)^  wird  durch  den  Strom  in  zwei  Teile  gespalten, 
in  Blei  Ph  und  den  Acetatrest,  die  Atomgruppe  (C^H^O^)^.  Das 
Blei  bewegt  sich  in  der  Richtung  des  Stromes  durch  die  Flüssig- 
keit und  lagert  sich  an  dem  Draht  des  Stromaustritts,  am 
negativen  Draht  ab.  Der  Acetatrest  wird  im  entgegengesetzten 
Sinne  —  also  der  Richtung  des  eventuell  anzunehmenden 
negativen  Stromes  —  zum  positiven  Bleidraht  geführt.  A  n 
diesem  stillt  er  seinen  chemischen  Hunger,  indem  er  Blei  herunter- 
löst und  wieder  Bleiacetat  zurückbildet.  Schematisch  könnte 
man  den  Vorgang  so  darstellen: 


TT 

^ 

Die  oberen  Pfeile  geben  die  Richtung  des  positiven  Stromes 
von  dem  positiven  Bleidraht  durch  die  Lösung  zum  negativen 


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Chemische  Stromwirkung.  123 

an,  die  unteren,  dass  die  beiden  Teile  des  gespaltenen  Blei- 
acetates  nach  entgegengesetzten  Richtungen  auseinandergefthrt 
werden.  In  der  Richtung  des  Stromes  bewegt  sich  das  Metall, 
in  der  entgegengesetzten  der  Säurerest.  Oder  im  Sinne  des 
positiven  Stromes  bewegt  sich  das  Metall,  im  Sinne  des 
negativen  Stromes  der  Säureresl.  Endergebnis:  der  negative 
Bleidraht  wächst  zum  Bleibaum,  vom  positiven  wird  Blei  her- 
untergelöst. 

Der  eben  angestellte  Versuch  hat  gezeigt,  dass  die  Strom- 
leitung in  Metallen  und  in  Flüssigkeiten  in  verschiedener  Weise 
stattfindet  und  lässt  es  berechtigt  erscheinen,  dass  man  den 
Metallen  {zusammen  mit  dem  Quecksilber  und  der  Kohle)  als 
Leitern  erster  Ordnung  die  leitenden  Flüssigkeiten  als 
Leiter  zweiter  Ordnung  gegenüberstellt.  Von  Leitern  zweiter 
Ordnung  kommen  für  uns  verdünnte  Lösungen  von  Säuren, 
Basen  und  Salzen  in  Betracht.  Sie  sind  von  den  Leitern 
erster  Ordnung  dadurch  unterschieden,  dass  bei  Ihnen  mit  der 
Stromleitung  eine  chemische  Zersetzung  verknüpft  ist.  Um  die 
Verbindung  von  elektrischer  und  analytischer,  d.  h.  zersetzender 
Wirkung  auszudrücken,  nennt  man  nach  Faraday  den  in  beidem 
bestehenden  Vorgang  Elektrolyse  und  die  Leiter  zweiter 
Ordnung  Elektrolyt e.  Die  beiden  Leiter  erster  Ordnung, 
welche  den  Stromdurchgang  durch  den  Elektrolyten  vermitteln, 
heissen  Elektroden.  Die  positive  Elektrode  oder  die  des 
Stromeintritts  ist  die  Anode  und  die  negative  oder  die  des 
Stromaustritts  die  Kathode.  Der  Bteibaum  bildete  sich  also 
an  der  Kathode  und  fortgelöst  wurde  die  Anode.  Die  durch 
die  Flüssigkeit  zu  den  Elektroden  bewegten  Atome  oder  Atom- 
gruppen heissen  Jonen.  Worin  sie  sich  von  den  Ihnen  bis  jetzt 
bekannten  Atomen  oder  Atomgruppen  unterscheiden,  so  dass 
ihnen  ein  besonderer  Name  gebührt,  wird  später  zu  be- 
sprechen sein.  Es  ist  allgemein  üblich,  die  Bewegung  der 
Jonen  ihre  Wanderung  zu  nennen,  und  Sie  thun  gut,  sich 
dieses  Ausdrucks  zu  bedienen.  Wenn  wir  ihn  kritisieren 
wollten,  was  man  freilich  bei  Namen,  und  noch  dazu  bei  all- 
gemein eingeführten,  besser  lässt,  so  möchte  mir  scheinen,  als 
ob  unter  Wanderung  mehr  die  zwanglose  Bewegung  eines 
einzelnen  oder  weniger  Individuen  verstanden  würde,  als  ein 
durch  äusseren  Befehl  erzwungener  Marsch  eines  ganzen  Heeres, 


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124  Chemische  Strom  Wirkung. 

Kehren  wir  noch  einmal  zu  dem  ersten  Versuche:  der 
Stromleitung  durch  Kupfersulfat  zurück.  Auch  dieser  Vorgang 
ist  eine  Elektrolyse.  Die  beiden  Teile  des  entzwei  gerissenen 
Kupfersulfates  werden  nach  entgegengesetzten  Seiten  auseinander- 
geführt. Im  Sinne  des  Stromes  bewegt  sich  das  Kupfer  und 
schlägt  sich  als  blanker,  schön  rother  Ueberzug  auf  der  etwas 
oxydierten  Kupferkathode  nieder.  Der  saure  Rest  des  Kupfer- 
sulfates (SO^)  wandert  als  Sulfat-Jon  zur  Anode  und  löst  sich 
von  dem  Bleche  die  zugehörige  Kupfermenge  ab; 


Cu/SO^ 


Für  jedes  auf  der  Kathode  niedergeschlagene  Kupferatom 
wird  eins  von  der  Anode  heruntergelöst.  Die  Anode  wird  um 
ebenso  viel  Kupfer  leichter,  als  die  Kathode  schwerer.  Durch 
Wägung  der  Bleche  vor  und  nach  dem  Versuche  kann  das 
leicht  erwiesen  werden.  Der  Kupfergehalt  des  Elektrolyten 
wird  nicht  verändert. 

Jetzt  soll  dieselbe  Kupfersulfatlösung,  wie  eben,  nochmals 
elektrolysiert  werden;  aber  die  Elektroden  bestehen  dieses  Mal 
nicht  aus  Kupfer,  sondern  aus  Platin.  Wie  vorhin,  wird  Kupfer 
zum  negativen  Blech  befördert  und  scheidet  sich  auf  ihm  als 
rote  Haut  ab.  Das  gegen  die  Stromrichtung  schwimmende 
(SOJ  findet  jetzt  aber  die  Anode  statt  aus  löslichem  Kupfer 
aus  unlöshchem  Platin  bestehend  vor.  Es  hält  sich  deshalb  an 
das  Lösungswasser,  nimmt  ihm  den  Wasserstoff  fort  und  ver- 
einigt sich  mit  diesem  zu  Schwefelsäure.  Der  aus  dem  Wasser 
übrig  bleibende  Sauerstoff  entweicht  an  der  Anode  in  Blasen 
in  die  Luft.  Die  Lösung  wird  entkupfert,  was  an  dem  Ver- 
schwinden ihrer  Blaufärbung  zu  erkennen  ist.  Der  ganze  Vor- 
gang kann  durch  dieses  Schema  dargestellt  werden: 


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Chemische  Strom  Wirkung. 

■>■     +     >    -     

Pt  CujSOf.  Pt_ 

Der  horizontale  Strich  unter  jedem  Pt  soll  andeuten, 
die  Elektroden  von  {SO^  nicht  angegriffen  werden. 

Die  chemische  Gleichung  für  die  Zersetzung  des  W 
durch  den  Sulfatrest  würde  lauten: 

,-< 

2  (SO^)  +  2  öj  0  =  2  Fj  SO,  -H  Oj. 


Die  Zersetzung  des  Lösungswassers  ist  wohlgemeri 
secundarer  Vorgang  und  wird  rein  chemisch  durc 
vorher  elektro-chemisch  beförderte  Sulfatgruppe  bewirkt 
findet  auch  nicht  in  einem  beliebigen  Teile  der  Flüssigkeit 
sondern  erst  dann,  wenn  das  ißO^  an  der  Anode  angeko 
ist.  Kehrt  man  den  Strom  um,  so  findet  derselbe  Vo 
in  der  umgekehrten  Richtung  statt.  Jetzt  schlagt  sich  ai 
vorher  rein  gebliebenen  Platinplatte  Kupfer  nieder,  wa 
das  {SO^  zuerst  von  der  jetzt  positiven  Platinplatte  das 
niedergeschlagene  Kupfer  ablöst  und  dann  das  Wasser 
Sauerstoffentwickelung  zersetzt. 

Dem  eben  angestellten  Versuche  entspricht  gan 
Elektrolyse  der  verdünnten  Schwefelsäure.  Aucl 
reisst  —  nach  unserer  vorläufigen  Darstellungsweise  - 
Strom  die  Molekel  entzwei  und  führt  ihre  beiden  Teile 
entgegengesetzten  Seiten  auseinander.  An  Stelle  des  Ki 
im  Kupfersulfat  nimmt  der  Strom  aus  der  verdünnten  Seh 
säure  den  —  chemisch  einem  Metall  ähnlichen  —  Wassei 
mit  sich  und  scheidet  ihn  an  der  Kathode  gasförmig  ab.  ( 
die  Richtung  des  Stromes  bewegt  sich  bei  der  Elektroly; 
verdünnten  Schwefelsaure  ebenso,  wie  bei  der  des  Kupfers 
das  (SOJ  auf  die  Anode  zu.  Da  diese  unlöslich  ist,  w 
beiden    Fällen    in    gleicher   Weise    das    Wasser    zersetzt 


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Chemische  Slro 


Sauerstoff  gasförmig   abgeschieden.      Schema    und    Gleichung- 
entsprechen ganz  denen  von  eben: 


0'H2 


H2/S 


2  H^  {SO^)  -j-  2H^0  =  2H^S0^  +  2H^  +  0,. 

Bei  der  Elektrolyse  der  verdünnten  Schwefelsäure  wird  Wasser- 
stoff und  Sauerstoff  in  Freiheit  gesetzt  und  zwar  in  demselben 
Verhältnis,  in  dem  beide  im  Wasser  vereinigt  sind.  Da  über- 
dies die  verbrauchte  Schwefelsäure  wiedergewonnen  wird,  so 
erhält  man  bei  oberflächlicher  Betrachtung  den  falschen  Ein- 
druck, als  ob  durch  die  Elektrolj'se  das  Wasser  unmittelbar 
nach  der  Gleichung: 

2  //,  0  =  2  //,  +  0, 

zerfiele,  als  ob  es  also  eine  Elektrolyse  des  Wassers  gäbe.  Es 
ist  aber  unbedingt  falsch,  den  Vorgang  so  zu  nennen,  schon 
deshalb,  weil  ganz  reines  Wasser  den  Strom  so  gut  wie  über- 
haupt nicht  leitet  und  das  Ansäuern  des  Wassers,  d.  h.  wie 
hier  ein  Zusatz  von  Schwefelsäure,  für  den  Vorgang  notwendig 
ist.  Es  giebt  nur  eine  Elektrolyse  der  verdünnten  Schwefel- 
säure und  keine  des  Wassers. 

Es  soU  hier  vor  Ihnen  verdünnte  Schwefelsäure  auf  zweierlei 
Art  elektrolysiert  werden,  zuerst  im  Voltameter  (Fig.  78), 
übrigens  ein  Wort,  das  nicht  mit  Voltmeter,  d.  i.  Spannungs- 
messer, zu  verwechseln  ist.  Im  Voltameter  sind  beide  Elek- 
troden in  einer  Flasche  vereinigt  und  beide  Gase  werden 
gemeinsam  aufgefangen.  Sie  bilden  dann  das  unter  dem  Namen 
Knallgas  bekannte  explosible  Gemisch,  das  man  zur  Demon- 
stration   durch    eine  Thonpfeife    in  Seifenwasser   leiten  und  in 


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Chemische  Strom wirl 


den    so  erzeugten  Seifenblasen  zwar  mit  lautem  Knalle,    aber 
gefahrlos  abbrennen  kann. 


Fi;.  18.      Knallgasvollamcter.  Fif;.   19.      Hofmarnscher  Apparat. 


Beide  Gase  getrennt  aufzufangen,  dient  der  Hofmannsche 
Apparat  (Fig.  79),  bei  dem  die  beiden  Platinelektroden  zwar 
elektrisch  durch  verdünnte  Schwefelsaure  verbunden,  aber, 
raumlich  getrennt,  in  den  beiden  Schenkeln  des  Apparates  an- 
geordnet sind.  Nach  Stromschluss  füllen  sich  die  oben  durch 
Hahne  verschlossenen  Schenkel  schnell  mit  den  Gasen,  und 
zwar  der  Anodenschenkel  mit  dem  doppelten  Gasvolumen,  als 
der  Kathodenschenkei.  Das  in  doppelter  Raummenge  vor- 
handene Gas  wird  durch  seine  Brennbarkeit  als  Wasserstoff, 
das  andere  durch  seine  Fähigkeit,  einen  glimmenden  Holzspahn 
zu  entzünden,  als  Sauerstoff  erkannt. 

In  diesem  U-förmig  gebogenen,  dem  am  Hofmannschen 
Apparat  ahnlichen  Rohr  soll  eine  verdünnte  wässerige  Lösung 
von  schwefelsaurem  Natron,  Natriumsulfat  Na^SO^  zwischen 
Platinblechen    elektrolysiert    werden.     Der  Lösung  sind  einige 


„Coogic 


128  Chemische  Slromwirkung. 

Tropfen  blauer  Lackmustinktur ')  zugesetzt,  welche  bekanntlich 
von  Säuren  rot,  von  Basen  tief  blau  gefärbt  wird.  Der  Strom 
reisst  das  Natriumsuifat  in  zwei  Teile,  von  denen  der  metallische 
—  das  Natrium  —  zur  Kathode  geführt  wird.  Dort  zersetzt 
das  Natrium  secundär,  rein  chemisch,  das  Wasser  nach  der 
bekannten  Gleichung: 

2  Na*)  +  2B^0  ~2Na.0H+  H^. 

Das  entstehende  Natriumhydroxyd  Na  (OH)  —  zu  Natron- 
lauge gelöst  —  färbt  die  Gegend  um  die  Kathode  herum  tief 
blau.  Der  Inhalt  des  anderen  Schenkels  wird  dagegen  rot 
gefärbt,  weil  an  der  Anode  das  dem  Na^ .  SO^  entstammende 
und  gegen  die  Stromrichtung  bewegte  {SOJ  unter  Sauerstoff- 
entwicklung  Wasser  zersetzt  und  Schwefelsäure  bildet.  Das 
Schema  des  ganzen  Vorganges  sieht  so  aus: 


^  Na^jSO^  _Pt_ 

0,^2  Y  T  OH  H 

I 


frotj 


(blau) 


Nach  dieser  vorläufigen  Schilderung  der  Stromleitung  durch 
Flüssigkeiten  wenden  wir  uns  dem  Faradayschen  Gesetze 
zu,  welches  —  als  ein  wirkliches  Natiu-gesetz  aus  dem  Wesen 
der  Thatsachen  heraus  folgend  —  die  Erscheinungen  der 
Elektrolyse  souverän  beherrscht.  Das  Faradaysche  Gesetz 
betrachtet  die  Menge  der  durch  die  Elektrolyse  beförderten 
Substanz  und  zeigt,  wovon  sie  abhangt. 

'1  Hat  man  nicht  besonders  gereinigtes  Lackmus,  so  setit  m«n,  um  es  besser 
in  Losung  zu   halten,   der  Natrium sutlatlösung  einige  Kubikcenlimeter  Alkohol   hinzu. 

^  Es  ist  absichtlich  2  Na  statt  Na^  geschrieben  worden,  weil  die  Natriumatonie 
an  der  Kathode  unmittelbar  einwirken,  ohne  erst  zu  Molekeln  vereinigt  gewesen  zu  sein. 


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Chemische  Stromwirkung.  129 

Zuerst  ist  hervorzuheben,  dass  aus  verschieden  starken 
Lösungen  desselben  Salzes  der  gleiche  Strom  immer  die  gleiche 
Metallmenge  abscheidet.  Ich  will  jetzt  den  Bleibaum  nochmals 
vor  Ihren  Augen  entstehen  lassen  und  bei  der  Gelegenheit 
erwähnen,  dass  man  recht  bezeichnend  die  Anode  Lösungs- 
elektrode und  die  Kathode  Ableitungselektrode  nennt. 
Beide  Namen  sind  leichter  zu  verstehen  und  zu  behalten,  freilich 
sehr  viel  schwerfalliger,  als  die  eingeführten  griechischen. 
Hier  wird  die  Lösungselektrode  von  dem  gebogenen  Bleidraht 
gebildet,  wahrend  die  Ableitungselektrode  zum  Bieibaum  wächst. 
Versuchen  wir,  aus  der  Elektrolyse  der  Bleilösung  einen  weiteren 
Teil  des  Faradayschen  Gesetzes  abzuleiten,  so  ist  es  fast 
selbstverständlich  und  durch  Wägung  der  anschiessenden  Zweige 
leicht  zu  erweisen,  dass  die  ausgeschiedene  Bleimenge  der  Dauer  ( 
der  Elektrolyse  proportional  ist.  Sie  ist  ausserdem  der  im  Elektro- 
lyten herrschenden  Stromstärke  J  proportional.  Genau  ergiebt 
das  ebenfalls  die  Wägung.  Aber  schon  der  Augenschein  lehrt 
es;  denn  jetzt  sehen  Sie  den  hinter  die  Bleilösung  geschalteten 
(von  innen  beleuchteten)  Strommesser  einen  grösseren  Strom 
anzeigen  und  zugleich  den  Bleibaum  schneller  wachsen,  als 
vorher. 

Wenn  ein  bestimmter  Strom  während  einer  bestimmten 
Zeit  von  einer  bestimmten  Substanz  eine  bestimmte  Menge 
ausscheidet,  so  kann  für  alle  Elektrolyte  durch  Wägung  fest- 
gestellt werden,  wieviel  Gramm  Metall  oder  Gas  durch  ein 
Ampere  während  einer  Sekunde  ausgeschieden  wird.  Das  ist 
umso  leichter,  als  die  Wage  ein  ausserordentlich  genaues 
Instrument  ist.  So  hat  man  zum  Beispiel  festgestellt,  dass  ein 
Ampere  in  der  Sekunde  aus  einer  Kupfersulfatlösung  0,328  mg 
Kupfer  oder  aus  einer  Silbernitratlösung  1,118  mg  Silber  ab- 
scheidet. Durch  diese  Zahlen  ist  man  in  den  Stand  gesetzt, 
umgekehrt  aus  der  Menge  des  elektrolytisch  abgeschiedenen 
Silbers  oder  Kupfers  eine  unbekannte  Stromstärke  zu  bestimmen. 
Man  braucht  nur  den  (unveränderlichen)  Strom  —  zum  Beispiel 
zehn  Minuten  lang  —  durch  eine  Zersetzungszelle  mit  Kupfer- 
sulfat oder  Silbernitrat,  ein  s.  g.  Kupfer-  oder  Silbervoila- 
meter,  zu  schicken,  die  (trockne)  Platinkathode  vor  und  nach 
der  Elektrolyse  zu  wägen  und  deren  Dauer  mit  der  Uhr  fest- 
zustellen.    Bei    der   Proportionalität   der   Niederschlagsmengen 


D,g,l,z.db,COOglC 


130  Chemische  Strom  Wirkung. 

mit  Strom  und  Zeit  kann  man  dann  ausrechnen,  wieviel  Ampere 
durch  den  Stromkreis  geflossen  sind,  und  ein  zu  gleicher  Zeit 
eingeschaltetes  Galvanometer  auf  Ampere  eichen  und  damit 
zum  Strommesser  (Amperemeier)  machen. 

In  der  That  wird  das,  wie  bekannt,  ursprünglich  auf  dem 
absoluten  Maasssystem  beruhende  Ampere  nach  dem  Reichs- 
gesetz betreffend  die  elektrischen  Maasseinheiten 
„durch  den  unveränderten  elektrischen  Strom  dar- 
gestellt, welcher  bei  dem  Durchgang  durch  eine 
wässrige  Lösung  von  Silbernitrat  in  einer  Sekunde 
0,001118  g  Silber  niederschlägt." 

Die  Erklärung  der  Stromstärke  als  der  in  der  Sekunde 
durch  den  Leiterquerschnitt  fliessenden  Elektricitätsmenge  ergab 
(S.  18)  die  Gleichung 


An  sie  erinnern  wir  uns  jetzt,  da  wir  sehen,  dass  die  Menge 
eines  elektrolytisch  abgeschiedenen  Metalles  nicht  durch  die 
Starke  des  abscheidenden  Stromes  allein,  sondern  gemeinsam 
mit  ihr  durch  die  Zeit  seiner  Dauer  bestimmt  wird.  Massgebend 
ist  der  während  einer  Zeit  —  einer  Anzahl  von  Sekunden  — 
andauernde  Strom,  das  heisst  das  Produkt  von  Stromstärke 
und  Zeit:  die  Elektricitätsmenge.  Aus  einer  Silbernitrat- 
lösung werden  dann  1,118  mg  Silber  niedergeschlagen,  wenn 
durch  sie  die  Elektricitätsmenge  eine  Amperesekunde  oder  ein 
Coulomb  hindurchgeht.  Damit  ist  weder  etwas  über  die  Grösse 
des  elektrolysierenden  Stromes,  noch  über  die  Zeit  seiner  Dauer, 
sondern  nur  ausgesagt,  dass  beider  Produkt  die  Einheit  der 
Elektricitätsmenge  ergiebt. 

Die  Proportionalität  der  durch  den  Elektrolyten  gegangenen 
Elektricitäts-  und  der  abgeschiedenen  Substanzmenge  ist  nicht 
auf  Metalle  beschränkt.  Sie  erstreckt  sich  auf  alle  Ionen,  zum 
Beispiel  auch  auf  die  bei  der  Elektrolyse  der  verdünnten 
Schwefelsaure  beförderten  Wasserstoff-  und  Sulfat-Ionen  imd 
infolge  dessen  auch  auf  den  sekundär  aus  dem  Verdünnungs- 
wasser entbundenen  Sauerstoff,  Sie  alle  sind  der  durch  den 
Elektrolyten  beförderten  Elektricitätsmenge  proportional.  So 
entspricht  dem  Transport  eines  Coulomb  die  Entwicklung  von 


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Chemische  Strom  Wirkung. 


131 


0.0104  mg  Wasserstoff  an  der  Kathode.  Je  nach  dem  ange- 
wandten Elektrolyten  scheidet  die  Elektricitätsmenge  1  Coulomb 
0.0104  mg  Wasserstoff  oder  1,118  mg  Silber  oder  0,328  mg 
Kupfer  aus.  Der  Bleibaum  wächst  durch  jedes  Coulomb  um 
0,071  mg.  Im  geschmolzenen  Kaliumaluminiumchlorid  führt  jedes 
Coulomb  0,093  mg  Aluminium  zur  Kathode. 

Beantworten  Sie  mir  nun  die  Frage,  wie  gross  die 
Elektricitätsmenge  sein  müsste,  welche  gerade  1  g  Wasserstoff 
abscheidet.     Aus  der  Gleichung 


0,0104 


1 


1000 


mg  Wasserstoff   Coulomb 
1000 


mg  ^  1  g  Wasserstoff  Coulomb 


sind  zur  elektrolytischen  Abscheidung  von  1  g  Wasserstoff 
liibrigens  unter  Normalbedingungen  11,2  1)  erforderlich.  Mit 
welcher  Geschwindigkeit  diese  Elektricitätsmenge  fliesst,  ob  zum 
Beispiel  als  1  Ampere  während  96500  Sekunden  {gleich  nahezu 
27  Stunden),  oder  wie  immer,  ist  für  den  Erfolg  der  Elektrolyse 
gleichgiltig. 

■  Da  1  Coulomb  von 

Wasserstoff    Silber     Kupfer    Blei     Aluminium 
0,0104  1,118      0,328      1,071        0,093     mg 

abscheidet,  scheiden  96  500  Coulomb 

1  107,7       31,6       103,2         9,0       g        ab. 

Sobald  Sie  diese  Zahlen  betrachten,  erkennen  Sie  in  ihnen  die 
chemischen  Äquivalentgewichte  der  fünf  Elemente,  das  heisst 
den  Quotienten  aus  Atomgewicht  und  Wertigkeit: 

Wasserstoff       Silber       Kupfer       Blei       Aluminium 


1 

1 

107,7 
I 

63,2 
2    " 

206,4 
2 

27,0 
3 

H' 

1 

Ag' 

1 

O." 
2 

Tb" 
2 

At'" 
3 

")  Weg™   der 

benuuten    abger 
ur  ungefähr. 

undelen    Zahl 

ie   Rerhnu 

D,„i,„db,Goo<^le 


J32  chemische  Stromwirkung. 

Die  Elektricitätsmenge  96  500  Coulomb  scheidet  von  den  ge- 
nannten Elementen  (und  von  allen  anderen)  gerade  ein  Gramm- 
äquivalent  ab.  Allgemeiner  ausgedrückt  lautet  dieser,  der 
zweite  Teil  des  Faradayschen  Gesetzes:  Aus  allen  Elektro- 
lyten scheidet  die  gleiche  Elektricitätsmenge  chemisch 
äquivalente  Substanzmengen  ab. 

Die  Anzahl  Milligramme  eines  Elementes,  welche  durch  die 
Einheit  der  Elektricitätsmenge  abgeschieden  werden,  heissen 
sein  elektrochemisches  Äquivalent.  Die  angeführten  Beispiele 
ergaben  die  Beziehung: 

,       .    ,        V      •     ,               Grammäquivalent 
Elektrochemisches  Äquivalent  ^ nficÄÄ '         worin 

Grammatom 
Grammäquivalent  =     , ,,  — .  ,— . — 

^  Wertigkeit 

Jedes  Grammäquivalent  wird  von  der  Elektricitätsmenge  96  500 
durch  den  Elektrolyten  getrieben,  oder  jede  96  500  Coulomb 
brauchen  für  ihre  Beförderung  durch  einen  Elektrolyten  l  Gramm- 
äquivalent  einer  Substanz.  Die  Elektrolyse  besteht  in 
einem  gemeinsamen  Transport  von  chemischer 
Substanz  und  von  Elektricitätsmengen.  Mit  jedem  ein- 
wertigen Grammatom  durchwandern  96  500  Coulomb  den 
Elektrolyten,  mit  jedem  zweiwertigen  doppelt,  mit  jedem  drei- 
wertigen dreimal  so  viel.  Wenn  man  sich  die  Elektricität  als 
Stoff  vorzustellen  Lust  hat,  wobei  an  das  früher  (S.  29» 
darüber  gesagte  erinnert  sei,  so  mag  man  sie  sich  für 
die  Elektrolyse  ebenso  wie  den  Stoff  aus  Atomen  bestehend 
denken.  Jedes  den  Elektrolyten  durchwandernde  einwertige 
Atom  ist  dann  mit  einem  solchen  Elektricitätsatom  oder  Elektron 
verknüpft,  —  elektrostatisch  gesprochen  —  geladen.  Das  stoff- 
liche Atom  trägt  das  Elektricitätsatom  gleichsam  auf  seinem 
Rücken  durch  die  Flüssigkeit.  Die  Elektricität  fliesst  durch  den 
Elektrolyten  nicht,  wie  in  Leitern  erster  Ordnung  angenommen 
wird,  in  ununterbrochenem  Strome,  sondern  wird  von  den  Ionen, 
wie  von  Lasttieren,  in  einzeln  abgemessenen,  gleichen  Mengen 
durch  die  Flüssigkeitsschicht  getragen.  Will  man  umgekehrt 
die    Elektronen    als    das   Bewegende    ansehen,    so    zieht    jedes 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Strom  Wirkung.  133 

Elektron  ein  Atom  mit  sich,  ohne  welches  es  aber  nicht  im 
Stande  ist,  den  Elektrolyten  zu  durchsetzen.  Man  wird  an 
einen  Ruderer  erinnert,  der  sein  Boot  vorwärts  treibt,  aber 
doch  eben  dieses  von  ihm  getriebene  Boot  nöthig  hat,  um  über 
das  Wasser  zu  setzen.  Die  Arbeit,  welche  die  Ionen  zu  ihrer 
Vorwärtsbewegung  brauchen,  wird  —  im  Gegensatz  zum  ge- 
ruderten Boot  —  von  aussen  zugeführt.  Sie  dient  den  Ionen 
dazu,  den  Widerstand,  dass  heisst  die  Reibung  an  der  Um- 
gebung zu  überwinden,  und  findet  sich  als  Joulesche  Wärme 
wieder.  —  Wüsste  man  genau,  wieviel  wirkliche  Atome  ein 
Grammatom  irgend  eines  Elementes  enthält,  so  würde  die 
Klektricitätsmenge  von  96500  Coulomb,  durch  diese  Zahl  dividiert, 
die  Grösse  eines  Elektrons  in  Coulomb  angeben.  Aus  dieser 
Darstellung  erkennen  Sie  im  Faradayschen  Gesetz  den  klaren 
Ausdruck  der  gemeinschaftlichen  elektroly tischen  Be- 
wegung von  Substanz  und  Elektricität. 

Darf  ich  Sie  bitten,  der  Theorie  noch  einen  Schritt  weiter 
zu  folgen:  Zahlreiche  Gründe  zwingen  zu  der  Annahme,  dass 
nicht  erst  der  elektrische  Strom  die  Molekeln  eines  gelösten 
Elektrolyten  auseinander  spalte,  sondern  dass  sie  schon  durch 
den  Vorgang  der  Lösung  und  Verdünnung  gespalten, 
mit  fremdem  Wort  dissociierl  seien,  zwar  nicht  alle  Molekeln, 
aber  doch  ein  erheblicher  Teil,  welcher  sich  mit  zunehmender 
Verdünnung  der  Lösung  einem  Grenzwerte,  eben  der  Spaltung 
aller  nähert.  Die  unwiderleglichen  Gründe  für  diese  Anschauung 
liegen  in  den  Gesetzen  der  physikalischen  Chemie  und  dem 
Gegenstande  dieser  Vorlesungen  fern.  Aber,  so  gut  wie  Thatsache 
ist,  dass  —  um  ein  Beispiel  zu  wählen  —  in  einer  verdünnten 
wässrigen  Kochsalzlösung  das  Chlornatrium  zu  erheblichem 
Teile  nicht  in  geschlossenen  Molekeln  Na  Cl  besteht,  sondern 
in  Natrium  und  Chlor  zerrissen,  gespalten,  dissociiert  ist.  Je 
grösser  der  Grad  der  Verdünnung,  umso  grösser  auch  der  der 
Spaltung.  Weiter  nimmt  die  Theorie  an,  dass  durch  die  Spaltung 
der  nach  aussen  unelektrischen  Molekel  Chlornatrium  ein  positiv 
geladenes  Natrium  —  und  ein  negativ  geladenes  Chloratom  frei 
werden.  Diese  elektrisch  geladenen  Atome  nennt  sie 
Ionen.  BeiderVerdünnungwürdedieSchwefelsäure  entsprechend 
in  negativ  geladene  Sulfat-  und  positiv  geladene  WasserstolT- 
lonen    zerfallen.      Diese   Dissociation    der  Elektroly te    in 


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134  Chemische  Stromwirkung, 

elektrisch  geladene  Ionen  besteht  aber,  sagt  die  Theorie,  in 
der  Lösung,  ohne  dass  ihr  von  aussen  Elektricität  zugeführt 
worden  ist. 

Von  der  Elektrolyse  macht  man  sich  dann  folgendes  Bild  i 
In  der  Verbindung  der  in  die  Lösung  gesenkten  Elektroden  mit 
den  Klemmen  einer  Stromquelle  kann  man  ein  positives  Laden 
der  Anode,  ein  negatives  der  Kathode  sehen.  Nach  dem 
Coulombschen  Gesetz  {S.  88)  zieht  die  negativ  geladenen 
Kathode  —  bei  der  Elektrolyse  der  verdünnten  Schwefelsäure  — 
die  positiv  geladenen  WasserstofF-Ionen  der  Umgebung  an.  Sie 
nimmt  ihnen  bei  der  Berührung  ihre  positive  Ladung  und  macht 
sie  hiermit  zu  gewöhnlichen  Atomen  und  Molekeln,  welche 
letzteren  als  Wasserstoffgas  entweichen.  Die  positiv  geladene 
Anode  verhält  sich  entsprechend.  Die  Ladung  der  Elektroden 
wird  bei  der  Neutralisierung  der  entgegengesetzten  Elektricität 
der  angezogenen  Ionen  vernichtet.  Die  Elektroden  würden 
deshalb  sofort  wieder  unelektrisch  werden,  wenn  nicht  die  Strom- 
quelle unausgesetzt  neue  Coulomb  zu  ihnen  hinüberdrückte.  Als 
solche  unausgesetzte  Zufuhr  neuer  Ladungen  zu  den  Elektroden 
sieht  man  jetzt  den  elektrischen  Strom  in  den  Zuleitungen  zu  dem 
Elektrolyten  an,  während  er  in  diesem  selbst  in  der  Wanderung 
der  schon  an  sich  geladenen  Ionen  bestehen  soll,  ohne  dass 
die  Elektricität  der  äusseren  Stromquelle  überhaupt  in  den 
Elektrolyten  hineingelangt.  Hier  sind  wir  nun  wieder  an  einer 
der  Grenzen  angelangt,  die  uns  der  Zweck  dieser  Vorlesungen 
vorschreibt.  Es  geht  nicht  an,  die  Theorie  der  Elektrolyse  und 
Elektrolyte  weiter  zu  verfolgen,  und  es  bleibt  nur  übrig,  Ihnen 
zu  etwaiger  weiterer  Belehrung  zunächst  Lüpkes  Grundzüge 
der  Elektrochemie  zu  empfehlen. 


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8.  Vorlesung. 

Chemische  Stromerzeugung. 

Erster  Teil. 

Zink  und  Kupfer  in  verdünnter  Schwefelsäure.  Galvanisrhe  Elemente.  Der  Strom 
in  der  FlOssigkcit.  Elektrolyt^Galvanometer.  —  Anwendung  des  Ohmschen  Gesetzes 
auf  galvanische  Elemente.  Innerer  Widersland  und  Spannungsabfall.  Elektromoto- 
tische  Kraft  und  Klemmenspannung.  Diagramm.  —  SpannungssprOnge.  Strom- 
nchtung  und  Klemmen beieichnung.  Positiver  und  negativer  Strom.  —  Elektrolyse 
im  Element.  Auflösung  des  Zinks.  Die  aufgelöste  Zinkmenge  der  gelieferten  Ekk- 
tricitatsmenge  proportional.  AmalgamierCcB  Zink.  —  Inconstanz.  Polarisation.  Ihre 
Ursache  der  elektrolytisch  abgeschiedene  WasserstotT. 


Die  chemische  Stroniwirkung  ist  im  Wesentlichen  nur  zu 
dem  Zweck  besprochen  worden ,  um  dem  Verständnis  der 
chemischen  Stromerzeugung  und  -speicherung  als  Grundlage  zu 
dienen.  Von  Herstellungsweisen  der  Elektricität  kennen  Sie 
bis  jetzt  nur  die  durch  Reibung  und  Influenz.  Die  dritte 
Methode,  die  chemische,  verdient  schon  deshalb  unsere 
grösste  Aufmerksamkeit,  weil  nach  ihr  die  meisten  Schwach- 
siromanlagen  mit  Strom  versorgt  werden. 

Lassen  Sie  mich  Ihnen  eine  chemische  Stromerzeugung 
durch  den  Versuch  zeigen.  In  einer  Zersetzungszelle  befindet 
sich  verdünnte  Schwefelsäure  und  in  ihr  eine  Kupfer-  und  eine 
Zinkplatte.  Sie  tragen  oben  Klemmen  und  sind  über  ein 
aperiodisches')  Galvanoskop  und  einen  Ausschalter  mit  einander 
verbunden. 

Das  Umlegen  des  Ausschalterhebels  veranlasst  einen  heftigen 
Ausschlag  des  Galvanoskops  und  zwar  nach  derjenigen  Seite, 
Welche  einen  Strom  vom  Kupfer  zum  Zink  anzeigt.  Wir 
haben  eine  neue  Art  einer  Stromquelle  vor  uns,  und  zwar  tritt 
der  Strom    zum  Kupfer   aus   ihr  heraus  und  zum  Zink  in  sie 


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136  Chemische  Slromeneugung. 

hinein.  Das  Kupfer  trägt  ihre  positive  Klemme,  das  Zink  ihre 
negative.  Kupfer,  Zink,  verdünnte  Schwefelsäure  und  Gias- 
gefäss  zusammen  heissen  nach  dem  Manne,  dem  der  zuckende 
Froschschenkel  den  ersten  elektrischen  Strom  anzeigte,  ein 
galvanisches  Element  oder  eine  galvanische  Zelle. 
Das  Eigentümliche  dieses  einfachsten  galvanischen  Elementes 
ist  die  Vereinigung  eines  Leiters  zweiter  Ordnung,  verdünnte 


Fig.   80.      Elektrolytisches  Galianomeler. 

Schwefelsäure,  mit  zwei  Leitern  erster  Ordnung,  Kupfer  und 
Zink.  Diese  müssen  beide  chemisch  verschieden  sein.  Denn 
sobald  wie  jetzt,  zwei  Zink-  oder,  wie  jetzt,  zwei  Kupferplatten 
in  die  Schwefelsäure  tauchen,  entsteht  kein  Strom,  wie  Ihnen 
die  Nullstellung  der  Galvanoskopnadel  anzeigt. 

Nun  haben  Sie  früher  (S.  10)  gelernt,  dass  es  Ströme  nur 
in  Stromkreisen  giebt.  Wenn  auch  hier  ein  solcher  Stromkreis 
vorhanden  sein  soll,  muss  zwischen  Kupfer  und  Zink  nicht  nur 
ausserhalb  der  Zelle,  sondern  auch  in  ihrem  Innern  durch  die 


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Chemische  Stromerzeugung.  137 

verdünnte  Schwefelsäure  Strom  fliessen.  Der  äussere  Strom  ist, 
wie  das  Galvanoskop  anzeigt,  vom  Kupfer  zum  Zink  gerichtet, 
der  innere  Strom  muss  umgekehrt,  mithin  vom  Zink  zum  Kupfer 
gehen.  Dass  dies  thatsächhch  der  Fall  ist,  möchte  ich  Ihnen 
mit  einem  Apparate  zeigen,  den  ich  zu  diesem  Zweck  gebaut 
habe,  und  den  man  elektrolytisches  Galvanometer') 
(Fig.  80)  nennen  kann.  Er  beruht  auf  der  Ihnen  bekannten 
Fähigkeit  (S.  121)  auch  flüssiger  Stromleiter,  die  Magnetnadel 
abzulenken.  Das  Elektrolyt-Galvanometer  enthält  ein  Magnet- 
stabchen  *)  an  einem  Coconfaden  leicht  beweglich  aufgehängt. 
Der  Faden  trägt  einen  Spiegel ,  der  die  Ablenkungen  des 
Magneten  in  der  Ihnen  bekannten  Weise  auf  einer  Skala  sicht- 
bar macht.  Das  Eigenartige  an  dem  Galvanometer  sind  seine 
Spulen.  Sie  sind  nicht  aus  isoliertem  Kupferdraht,  sondern  aus 
dünnem  Glasrohr  gewunden  und  mit  verdünnter  Schwefelsaure 
gefüllt.  Ihre  unteren  Enden  tauchen  in  kleine  G!asnäpfe,  welche 
ebenfalls  verdünnte  Schwefelsäure  enthalten  und  elektrolytisch 
die  Klemmen  eines  Galvanometers  nachahmen.  Ausserdem 
trägt  das  Grundbrett  des  Apparates  noch  Messingklemmen, 
welche  durch  Kupferdrähte  mit  den  Endnäpfen  und  so  mit  den 
Spulen  in  elektrischer  Verbindung  stehen.  Schliesst  man  zuerst 
das  einfache  galvanische  Element  durch  die  Messingklemmen 
des  Elektrolyt-Galvanometers,  so  beobachten  Sie  eine  Ablenkung 
des  Lichtzeigers  nach  der  Seite,  welche  einem  Stromeintritt  zu 
der  —  von  Ihnen  aus  —  rechten  Glasschale,  d.  h.  einem  Strom 
vom  Kupfer  zum  Zink  entspricht.  Darauf  wird  das  Innere  des 
galvanischen  Elementes  über  Glasröhren  und  Gummischläuche 
elektrolytisch  an  die  Endnäpfe  des  Galvanometers  gelegt  (Fig.  81). 
Sobald  das  Element  aussen  geschlossen  wird,  durchfltesst  eine 
elektrolytische  Abzweigung  des  Stromes  im  Innern  des  Elementes 
das  Galvanometer.  Jetzt  findet  die  entgegengesetzte  Ab- 
lenkung des  Lichtzeigers  statt.  Der  elektrolytische  Zweigstrom 
tritt  also  zum  linken  Endnapf  in  das  Instrument,  das  heisst 
der  Strom  im  Innern  des  Elementes  fliesst  vom  Zink  zum 
Kupfer,  was  zu  beweisen  war. 

I|  Vgl.  Zeitschrift  fttr  Elektrochemie  1903  S.  111, 

h  WiTum  (wie  in  Fig.  SO)  statt  eines  zwei  Magnete  vorhanden  sind,  werden 
^ie  in  der  Vorlesung  Ober  Telegraphischc  Mei-sungen  bei  der  genaueren  Beschreibung 
<^  -Spicgelgalvanometer  erfahren. 


D,„i,.,db,Google 


138 


Chemische  Strom  eneugurif;. 


Die  Beziehung  zwischen  den  treibenden  Volt  und]  den 
fliessenden  Ampere  ist  auch  bei  den  galvanischen  Elementen 
durch  das  Ohmsche  Gesetz  geregelt.     Wie  sie  gesehen  haben. 


durchfliesst  der  vom  Element  gelieferte  Strom  nicht  nur  den 
äusseren  Leitungsdraht,  sondern  auch  die  Elektroden  und  den  Elek- 
trolyten. Es  gilt  deshalb  als  Widerstand  W  der  des  gesamten 
Stromkreises,  das  heisst  die  Summe  des  nützlichen  Wider- 
standes Kl  der  äusseren ,  metallischen  Leitung ,  etwa  eines 
Telegraphendrahtes,  und  des  nicht  zu  umgehenden  Wider- 
standes Wi  im  Innern  des  Elementes: 


(F  =    «f,    -f.    tVi 


und 


Der  innere  Widerstand  des  Elementes  setzt  sich  aus  dem 
der  Elektroden  und  dem  des  Elektrolyten  zusammen.  Der  der 
Elektroden  ist  natürlich  nur  gering,  nicht  so  der  des  Elektrolj-ten. 
Diesen  elektrolytischen  Widerstand  muss  der  Strom  überwinden, 
ehe  er  aus  dem  Innern  des  Elementes  an  die  Klemmen  gelangt. 
Hierbei,  auf  diesem  elektrolytischen  Wege  findet  ein  Spannungs- 


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Chemische  Stromerzeugung.  139 

abfall,  nach  Ohm  gleich  Jw-,  statt.  Um  diesen  Betrag  Jw, 
ist  der  an  den  Klemmen  des  Elementes  herrschende 
Spannungsunterschied,  die  Klemmenspannung  i** 
kleiner,  als  die  im  Innern  des  Elementes  wirksame 
Elektromorische  Kraft  E. 


JWi 


r  Spannungsabfall 


•/  gleich  Null  macht  E„  gleich  E.  Also,  nur  wenn  kein  Strom 
fliesst,  wie  man  sagt,  bei  offenen  Klemmen,  erreicht  die 
Klemmenspannung  die  volle  Grösse  der  Elektromotorischen  Kraft. 
Für  die  arbeitende  Zelle  aber  wird  sie  umso  kleiner,  je  mehr 
Strom  entnommen  wird.  Die  Klemmenspannung,  nicht  die 
Elektromotorische  Kraft,  ist  der  nach  aussen  wirksame,  der 
nützliche  Spannungsunterschied.  Sie  allein  kommt  für  die  Grösse 
des  durch  den  äusseren  Widerstand,  etwa  eine  kilomelerlange 
Telegraphenleitung,  fliessenden  Stromes  in  Betracht : 


.Ausser  von  der  Grösse  des  fliessenden  Stromes  hangt  der 
Spannungsabfall  im  Element  natürlich  von  der  des  inneren 
Widerstandes  ab.  Besitzt  deshalb  ein  Element  einen  be- 
trächtlichen inneren  Widerstand,  und  wird  eine  bestimmte 
nicht  zu  unterschreitende  Klemmenspannung  verlangt,  so  darf 
der  Zelle  nur  ein  Strom  bis  zu  einer  bestimmten,  nicht  zu  über- 
schreitenden Grösse  entnommen  werden.  Sie  werden  spater 
die  Bedeutung  dieses  Gesetzes  für  den  Schwachstrombetrieb 
einsehen.  Die  insgesamt  von  der  Zelle  umgesetzte  Leistung 
ist  natürlich  gleich  /^  IV,  die  in  der  Zelle  verlorene  J'^w-,. 

Die  Beziehung  zwischen  Elektromotorischer  Kraft,  Klemmen- 
spannung und  beiden  Teilen  des  gesamten  Widerstandes  wird 
durch  graphische  Darstellung  (Fig.  82)  besonders  anschaulich. 
Der  Widerstand  W  des  gesamten  Stromkreises  wird  horizontal 
gleich  OB,  als  Summe  von  ic;  ^  OA  und  Wi  =  AB  aufgetragen. 


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140 


Chemische  Stromerzeugung. 


Die  Verticale  OC  —  der  deutlichen  Zeichnung  wegen  in  zehn- 
fachem Maasstabe  —  stellt  die  Elektromotorische  Kraft  i'  dar. 
Dann  giebt  die  Hypothenuse  CB  des  rechtwinkligen  Dreiecks  HOC 
den  Verlauf  der  Spannung  im  ganzen  Stromkreise  wieder.     Das 


E'E^-m- 


Fig.  82.     Ohmschps  GeseU  auf  galvanische  Elemente  angewandt. 


in  A  bis  zur  Hypothenuse  errichtete  Lot  AD  stellt  die  Klemmen- 
spannung Et  bei  dem  durch  tvi  vorgeschriebenen  der  Zeile 
entfliessenden  Strome  J  dar.  Dieser  Strom  findet  sich  als 
Neigung  der  Linie  SC  —  genauer  als  Tangente  des  Winkels  H 
für  ein  in  richtigem  Maasstab  gezeichnetes  OC,  demnach  hier 
Viotgi^.  Je  kleiner  bei  derselben  Elektromotorischen  Kraft  und 
demselben  inneren  Widerstände  toi  der  äussere  Widerstand  »v, 
umso  starker  ist  HC  gegen  die  Horizontale  geneigt ,  umso 
grösser  '/lo  tg  li  :=  J.  Umso  grösser  ist  auch  der  Spannungs- 
abfall /.  Wi  und  umso  kleiner  AD  =  E/,,  die  Klemmenspannung. 
Nach  dieser  mehr  äusserlichen  Betrachtung  erinnern  wir 
uns,  dass  als  erste  Ursache  eines  jeden  Stromes,  mithin  auch 
des  im  galvanischen  Elemente  erzeugten,  ein  Spannungsunter- 
schied gilt,  welcher  sich  durch  den  Strom  fortgesetzt  auszu- 
gleichen sucht  und  deshalb  ebenso  fortgesetzt  aufrecht  erhalten 
werden  muss.  Dieser  Spannungsunterschied  tritt,  so  sahen  wir, 
nach  aussen  als  einer  der  Klemmen,  als  Klemmenspannung,  in 
die  Erscheinung,  wahrend  er  selbst,  die  Elektromotorische  Kraft, 


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Chemische  Slromeneugung.  141 

welche  den  Stromfluss  in  Bewegung  setzt  und  erhält,  im  Innern 
der  Stromquelle  liegt.  Bei  einer  galvanischen  Zelle  entsteht 
die  Elektromotorische  Kraft  im  Wesentlichen  an  den  beiden 
Beriihrungsflächen  der  beiden  Leiter  erster  und  dem  zweiter 
Ordnung,  Sie  setzt  sich  folglich  aus  zwei  Teilen  zusammen. 
Für  das  betrachtete  Element  —>  Zink/verdünnte  Schwefelsäure/ 
Kupfer  -  >■  ist  der  Sitz  der  Elektromotorischen  Kraft  erstens  die 
Berührungsfläche  des  Zinks  und  der  verdünnten  Schwefelsäure 
und  zweitens  die  der  verdünnten  Schwefelsäure  und  des  Kupfers. 
An  beiden  Flächen  tritt  unvermittelt,  plötzlich,  sprunghaft  ein 
Spannungsunterschied,  ein  Spannungssprung,  zwischen 
Elektrode  und  Elektrolyt  auf,  und  zwar  wird  das  Zink  gegen 
die  verdünnte  Schwefelsäure  positiv,  das  Kupfer  negativ.  Die 
Grösse  des  Spannungssprunges  ist  an  beiden  Flächen  — 
gewissermassen  zufällig  —  fast  gleich.  Vom  Kupfer  zur  Säure 
besteht  ein  Spannungssprung  von  etwa  +  0,5  Volt,  von  der 
Säure  zum  Zink  ebenfalls  von  etwa  -j-  0,5  Volt,  so  dass  der 
Spannungsunterschied  vom  Zink  zum  Kupfer  im  Ganzen  1  Volt 
ausmacht.  In  der  graphischen  Darstellung  <Fig.  83a|  ist  die 
der  Schwefelsäure  der  Nulllinie  einzuschreiben,  die  Spannung  des 
eingetauchten  Zinks  nach  oben,  positiv,  zu  zeichnen,  die  des 
eingetauchten  Kupfers  nach  unten,  negativ.  Man  sieht  deutlich, 
wie  sich  beide  Spannungssprünge  von  je  0,5  Volt  zur  Elektro- 
motorischen Kraft  der  Zelle  von  1  Voft  addieren.  Es  ist  auch 
jetzt  klar,  warum  zwei  gleiche  Leiter  erster  Ordnung  und  ein 
Elektrolyt  kein  wirksames  Element  geben  können.  Zwar  treten 
auch  hier  zwei  Spannungssprünge  auf.  Aber  sie  nützen 
nichts,  weil  sie  beide  nach  derselben  Seite  der  Nulllinie,  beide 
nach  oben  oder  beide  nach  unten  hegen.  Die  Spannung  beider 
Elektroden  wird  um  den  gleichen  Betrag  erhöht  oder  erniedrigt. 
Ihr  Spannungsunterschied  bleibt  Null,  ob  sie  in  den  Elektrolyten 
tauchen  oder  nicht. 

Lassen  Sie  uns  eine  Skizze  der  Zelle  {Fig.  83b)  entwerfen,  und 
zwar  so,  dass  die  beiden  in  Betracht  kommenden  Berührungsflächen 
zwischen  Metallplatten  und  Elektrolyt  sich  senkrecht  unter  der 
Darstellung  <Fig.  83a  auf  S.  143)  der  an  ihnen  herrschenden 
Spannungssprünge  befinden.  Links  sehen  Sie  die  (stark  ge- 
zeichnete) Zinkplatte  mit  der  Spannung  +  0,5  Volt  an  ihrer 
Berührungsfläche  mit  dem  Elektrolyten,  diesen  selbst  das  Glas 


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142  Chemische  Stromcrzcu^ng. 

erfüllend  mit  0  Volt  und  rechts  die  Kupferplatte  mit  —  0,5  Voll. 
Nun  lehrt  die  Theorie,  dass  die  Spannung  der  Zinkelektrode 
in  den  Elektrolyten  hineiti drückt  und  die  Spannung  der  Kupfer- 
elektrode gleichsam  an  dem  Elektrolyten  saugt.  Bei  geschlossenen 
Klemmen  fliesst  deshalb  ein  Strom,  von  dem  man  sagen  kann, 
dass  er  vom  Zink  in  den  Elektrolyten  hineingedrOckt  und  aus 
diesem  zum  Kupfer  herausgesaugt  wird.  Er  steigt  dann  im  Kupfer- 
blech in  die  Höhe,  gelangt  durch  die  Kupferklemme  in  den 
äusseren  Widerstand  w,,  aus  ihm  durch  die  Zinkklemme  in  das 
Zinkblech.  Der  Kreis  ist  geschlossen.  Das  Kupferblech  tragt 
die  Klemme  des  Stromaustritts,  die  positive,  das  Zinkblech  die 
des  Stromeintritts,  die  negative. 

Diese  Klemmenbezeichnung  scheint  mit  dem  vorhin  gesagtem 
im  Widerspruche  zu  stehen.  Das  Zink  soll  die  negative  Klemme 
und  doch  in  der  Schwefelsäure  die  positive  Spannung  tragen, 
und  ebenso,  nur  umgekehrt,  das  Kupfer?  Der  Widerspruch, 
der  hierin  zu  liegen  scheint,  löst  sich,  wenn  man  sich  der  Lehre 
von  den  zwei  Strömen  (S.  113)  erinnert,  die  sich  im  Leiter  an 
einander  vorbeischieben  sollen,  ohne  sich  zu  stören.  Die  positive 
Spannung  des  eingetauchten  Zinks  schickt  einen  positiven  Strom 
durch  den  Elektrolyten  und  den  Süsseren  Stromkreis.  Dieser 
Strom  J^,  von  der  halben  Elektromotorischen  Kraft  der  Zelle 
durch  die  Widerstände  tv,-  +  tv,  getrieben,  hat  den  halben 
Wert  des  Gesamtslromes 

E 

J    -  2  _    / 


Ebenso  geht  vom  eingetauchten  Kupfer  aus  ein  negativer  Strom 

/■; 

u;  -j-  „;  2 

Beide  Ströme,  so  wird  angenommen,  fliessen  an  einander  vorbei. 
Auf  dem  Wege  durch  den  Elektrolj-ten  erleidet  die  positive 
Spannung  des  eingetauchten  Zinks  einen  Spannungsabfall  gleich 


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veniSdiK^i- 


^ 


Emgetaathl 


'      ßm 


lUbtt  SpannangiaiJaU 


SlMnn. 
-  Krajl 


Fig.  83  a,  b,  c.     Spannungsaprlli^e,  Strom  rieh  tungen,  Klemmenspannungen 

eines  einfachen  g:Blv«niachen  Elementes.  ,  -  . 

D,ü,l,z..b,L.OOglC 


144  Chemische  Stromerzeugung. 

„  «V  und  kommt  um  diesen  Wert  kleiner  an  der  Kupferklemme 
an.  Von  Zink  wegen  hat  also  die  Kupferklemme  die  positive 
Spannung  +  (ö o  "-"'  )  =  +  n  '  Ganz  entsprechend  be- 
wirkt die  negative  Spannung  des  eingetauchten  Kupfers,  dass  die 
Zinkklemme  die  negative  Spannung  —  (- '- =-  (c,  j  =  —    '* 

besitzt.  Die  positive  Spannung  des  eingetauchten  Zinks  teilt 
sich  nicht  etwa  durch  das  Metallblech  der  Zinkklemme  mit, 
sondern  der  vorhin  erwähnte  in  den  Elektrolyten  hinein  ge- 
richtete Druck  befördert  sie  durch  den  Elektrolyten  zur  Kupfer- 
klemme. Die  negative  Spannung  des  Kupfers  pflanzt  sich  ent- 
sprechend durch  die  verdünnte  Schwefelsaure  zur  Zinkklemme 
fort  und  wird  erst  dort  der  Aussenwelt  bemerkbar.  Der  im 
Elektrolyten  eintretende  Spannungsabfall  ist  filr  jede  von  beiden 

Spannungen        w,.     Um   diesen  Betrag    ist    die  Spannung  der 

Kupferklemme  kleiner,  als  die  der  eingetauchten  Zinkplatte 
und  die  der  Zinkklemme,  als  die  der  eingetauchten  Kupfer- 
platte. Die  dritte  Skizze  (Fig.  83c)  soll  diese  Verhältnisse 
wiedergeben.  Die  beiden  Vertikalen  bezeichnen  die  Elek- 
troden, die  linke  die  Zink-,  die  rechte  die  Kupferplatte.  Das 
positive  Ende  der  linken  Vertikalen  stellt  die  Spannung 
des  eingetauchten  Zinks  vor.  Auf  ihrem  Wege  durch  den 
Elektrolyten    zur    Kupferklemme    rechts     fällt     diese    positive 

Spannung  um    _    iCi    Das  Gleiche  thut  die  negative  Spannung 

des  eingetauchten  Kupfers  rechts  unten  auf  ihrem  Wege  zur 
Zinkklemme  links  unten.     Zur  Kupferklemme  rechts  oben  tritt 

J 

2 

kehrt  über  die  Zinkklemme  links  unten  durch  das  Zinkblech 
zum  positiven  Zinkende  zurück.     Entgegengesetzt  verlauft  der 

negative  Strom  —    .-     Sein  Weg  ist  durch  die  Reihenfolge: 

eingetauchtes  Kupferende,  Elektrolyt,  Zinkklemme,  äusserer 
Widerstand,  Kupferklemme,  Kupferblech  bezeichnet. 


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Ctiemische  Stromerzeugung.  ]45 

Diese  Betrachtungsweise  ist  verwickelt  und  soll  nur  ver- 
ständlich machen,  wie  die  Elektroden  am  eingetauchten  und 
am  freien  Ende  Spannungen  verschiedenen  Vorzeichens  tragen. 
Mit  der  früher  abgeleiteten  Gleichung 

E  =  E^  +  Jw, 

steht  sie  natürlich  nicht  im  Widerspruch,     Denn  diese  fasst  nur 
E 


2" 

einzigen  t/^Wj  zusammen.     Für  praktische  Erörterungen  werden 
wir  uns  der  früheren  einheitlichen  Darstellungsweise  bedienen. 

Versuch  und  Überlegung  zeigten,  dass  im  galvanischen 
Element  ein  Elektrolyt  von  Strom  durchflössen  wird.  Wir  sind 
deshalb  verpflichtet,  uns  des  in  der  vorigen  Vorlesung  über  die 
Stromleitung  in  Elektrolyten  gelernten  zu  erinnern.  Denn  in 
der  That  ist  die  Wirkung  des  Stromes  auf  den  Elektrolyten  der 
Zelle,  in  der  er  entsteht,  gerade  so,  als  ob  er  ausserhalb  erzeugt 
und  in  sie  hineingeleitet  würde.  Die  verdünnte  Schwefelsäure 
wird  deshalb,  wie  üblich,  elektrolystert.  Zum  Zink  tritt  der 
Strom  in  die  Flüssigkeit  hinein,  zum  Kupfer  aus  ihr  heraus. 
Sulfat-Ionen  wandern  zum  Zink,  Wasserstoff -Ionen  zum  Kupfer. 
Das  SO^  löst  Zink,  die  Lösungselektrode,  auf,  und  die  Flüssig- 
keit reichert  sich  allmählich  mit  Zink-Ionen  an.  Die  Anzahl 
wandernder  Zink-Ionen,  mithin  die  aufgelöste -Zinkmenge  ist  der 
fliessenden,  das  heisst  der  im  Elemente  erzeugten  Elektricitäts- 
menge,  in  der  Sekunde  also  dem  gelieferten  Strome  proportional. 

Eine  Bemerkung  über  das  in  vielen  galvanischen  Elementen 
verwendete  Zink  ist  hier  einzufügen.  Es  sieht  nicht  blaulich  weiss 
aus,  wie  sonst  Zink,  sondern,  wenigstens  wenn  es  neu  ist, 
spiegelblank.  Es  ist  verquickt,  amalgamiert,  das  heisst  mit 
einer  Quecksilberschicht  Oberzogen,  welche  verhindern  soll,  dass 
es  sich  in  der  Schwefelsäure  auch  rein  chemisch,  das  heisst  in 
grösserer  Menge  auflöst,  als  dem  gelieferten  Strome  entspricht. 
Zwar  löst  sich  ganz  reines  Zink  in  Schwefelsaure  nicht  oder 


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146  Chemische  Strom eneugiing. 

SO  gut,  wie  nicht,  auf.  Aber  das  Zink  des  Handels  pflegt  ein 
wenig  verunreinigt  zu  sein,  so  dass  an  zahlreiclien  Stellen  der 
Oberfläche  kleine  kurz  geschlossene  Elemente  -  >-  Zink/verdünnte 
Schwefelsaure/Fremdkörper  »-  entstehen.  All  diese  kleinen 
Elemente  bewirken  in  ihrer  Gesamtheit  eine  heftige  Auflösung 
des  Zinks.     Diese  beiden  Glascylinder  (Fig.  84)  enthalten  von 


Fig.   84.      Gewölinlichcs   und   amalgicrtes  Zinli   in   verdünnter   Sohwerelsaiire. 

derselben  Schwefelsäure.  In  den  von  Ihnen  aus  rechten  Cylinder 
wird  ein  verquickter,  amalgamiert  er  Zinkblechstreifen,  in  den  linken 
ein  gewöhnlicher,  nicht  amalgamierter  getaucht.  Sie  sehen  die 
heftige  Wasserstoffentwicklung,  welche  die  Auflösung  des  nicht 
verquickten,  nicht  ganz  reinen  Zinks  begleitet.  Der  ganze  obere 
Teil  der  Flüssigkeit  ist  von  Wasserstoffblasen  weiss,  und  FlOssig- 
keitstropfen  sind  an  die  Glaswand  heraufgespritzt.  In  dem  rechten 
Cylinder  steigt  nur  hin  und  wieder  eine  einsame  Glasblase  auf, 
die  der  Unvollkommenheit  der  Amalgamierung  ihre  Entstehung 
verdankt.  Die  Quecksilberschicht  auf  dem  Zink  verhindert  den 
Durchtritt  der  Zink-Ionen  in  die  Flüssigkeit  nicht.  Sie  wird 
selbst  nicht  gelöst  und  lässt  merkwürdiger  Weise  die  elektrische 
Wirkungsweise  des  Zinks  vollständig  unverändert. 

Die  Anwcndnung  des  Ohnischen  Gesetzes  auf  die  galvanische 
Zelle  haben  wir  zwar  an  dem  Zink/verdünnte  Schwefelsäure/ 
Kupfer -Element    abgeleitet.      Sie    gelten    für    dieses    aber    nur 


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Chemische  Strome  neugung. 


147 


sofort  nach  dem  Schliessen  und  dann  nur  für  eine  sehr  kleine 
Zeitdauer.  Dem  Element  fehlt  die  Haupteigenschaft  aller  Arbeits- 
quellen: die  Ausdauer,  die  Constanz.  Es  ist  auch  bekanntlich 
nicht  im  praktischen  Gebrauch.  Der  Gehilfe  hat  unser  Exemplar 
inzwischen  wieder  in  den  Zustand  versetzt,  den  es  vor  der 
Benutzung  hatte.  Es  wird  abermals  über  das  aperiodische 
Galvanoskop  geschlossen.  Sie  sehen  den  heftigen  Ausschlag. 
Aber  im  AugenbUcke  selbst,  binnen  weniger  als  etwa  einer 
Sekunde,  geht  dieser  Ausschlag  weit  unter  die  Hälfte  seines 
ursprünglichen  Werthes  zurück.  Wie  kann  die  Elektricitäts- 
quelle  fast  augenblicklich  versiegen,  obgleich  noch  genug  auf- 
zulösendes Zink  vorhanden  und  auch  an  der  Schwefelsäure  so 
gut  wie  nichts  geändert  ist? 

Bei  der  Betrachtung  der  Elektrolyse  im  Element  haben 
wir  uns  nur  um  den  Verbleib  der  ZJnk-Ionen  gekümmert  und 
die  zum  Kupfer  wandernden  Wasserstoff-Ionen  nicht  beachtet. 
Was  wird  aus  ihnen?  Sie  geben  am  Kupfer  ihre  Ladung  ab, 
werden  zu  Atomen  und  Molekeln  und  bedecken  als  Gasblasen 
das  Kupferblech.  Diese  Wasserstoffablagerung  ist  es,  was 
der  Zelle  die  Constanz  raubt.  Man  braucht  die  Blasen  nur  mit 
einer  Federfahne  vom  Kupferblech  abzuputzen,  um  für  einen 
Augenblick  beinahe  den  alten  Ausschlag  hervorzurufen.  Man 
möchte  zu  der  Annahme  neigen,  der  Wasserstoff"  erhöhe  durch 
seine  Gasblasen  den  inneren  Widerstand  der  Zelle,  und  so 
werde  bei  unveränderter  Elektromotorischer  Kraft  nur  ein 
kleiner  Strom  erzeugt.  Diese  Annahme  ist  aber  ein  Irrtum. 
Denn  ein  einfacher  Versuch  zeigt,  dass  der  innere  Widerstand 
durch  die  Gasblasen  nicht,  wenigstens  nicht  merklich  erhöht 
wird.  Dann  muss  die  Elektromotorische  Kraft  der  Zelle  gesunken 
sein.  Weshalb?  Wasserstoff,  so  wurde  schon  einmal  erwähnt, 
verhält  sich  einem  Metall  ähnlich.  Er  wird  auch  von  Metallen 
absorbiert,  gelöst,  —  wie  man  sagt  —  occludiert.  Das  Produkt 
einer  solchen  Occlusion  erinnert  an  eine  Metalllegierung,  und 
seine  Eigenschaften  sind  von  denen  des  Metalles  allein  ver- 
schieden. In  unserem  Falle  entsteht  eine  Art  Legierung,  die 
man  Kupfer- Wasserstoff  nennen  könnte.  Der  Spannungssprung 
Kupfer -Wasserstoff/ verdünnte  Schwefelsäure  ist  nun  durchaus 
nicht  derselbe  wie  der  Kupfer/verdünnte  Schwefelsäure.  Er  ist 
geradezu  umgekehrt,  so  dass  die  Elektrode  gegen  den  Elektro- 


.,Cooglc 


3  chemische  Stromerzeugung. 

ten  nicht  negativ,  sondern  positiv  wird.  Der  eine  der  beiden 
»annungssprünge,  deren  Summe  die  Elektromotorische  Kraft 
r  Zelle  ausmacht,  verschwindet  also  nicht  nur,  sondern  an 
ine  Stelle  tritt  sogar  ein  entgegengesetzt  gerichteter.  Was 
under  also,  dass  der  Zelle  nur  eine  kleine  Elektromotorische 
-aft  übrigbleibt,  sobald  der  eben  beginnende  Strom  Wasserstoff- 
isen  auf  der  Kupferplatte  abgelagert  hat?  Dieser  dem  ursprüng- 
hen  entgegengesetzt  gerichteten  Spann ungssprung,  weicher 
rch  die  Thätigkeit  der  Zelle  selbst  entsteht,  ist  die  berühmte 
ektromotorische  Kraft  der  Polarisation,  die  Elektromotorische 
igenkraft  oder  kürzer  die  Gegenspannung.  In  der  zehnten 
)rlesung  werden  Sie  die  Polarisation  im  Versuche  sehen  und 
e  nützliche  Verwendung  kennen  lernen.  Heute  ist  sie  uns 
1  Übel,  da  sie  die  galvanischen  Zellen  inconstant  macht, 
ollen  wir  deshalb  Dauerelemente  bauen,  das  heisst  solche, 
:lche  über  einen  langen  Zeitraimi  fort  ohne  wesentliche 
hwächung  wirksam  sind,  so  muss  ihr  elektrolytischer  Wasser- 
)ff  unschädlich  gemacht,  das  Element  muss  depolarisiert 
■rden. 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Stromerzeugung. 


Q.  Voriesung. 

Chemische  Stromerzeugung. 

Zweiter  Teil. 

Methoden  der  Depolarisation,  —  Die  chemische  Methode,  Chromsaurezelle.  Ver- 
brennung des  schädlichen  WasserstoiTs.  —  Anwendung  zweier  Elektrolyte.  Ihre 
Trennung  durch  verschiedenes  spezifisches  Gewicht.  —  Element  von  Callaud.  — 
Telegraphenelement.  Bau.  Elektrochemischer  Vorgang.  Bedienung.  Der  chemische 
Arbeitsvorral  des  Zinks,  die  Arbeilsquelle  des  Elementes.  Berechnung  der  Elektro. 
motorischen  Kraft.  Wirklicher  Materialverbrauch.  —  Element  von  Meidinger.  — 
Telephonelemenl.  Bau  und  chemischer  Vorgang.  Depolariaation  durch  Mangan- 
Eiiperoxyd.  —  Trockenelemente,  Bau.  Hellesenzelle.  —  Die  Elektromotorische  Kraft 
von  der  Grösse  der  Zelle  unabhängig.  —  Schaltung  der  Elemente  zu  Batterien. 
Parallel'  und  Hintereinanderschaltung   und  ihre  Gesetze.     Diagramm. 


In  der  heutigen  Vorlesung  habe  ich  Ihnen  zunächst  über 
die  Methoden  der  Depolarisation  und  damit  über  Bau  und 
Wirkungsweise  der  praktisch  gebrauchlichen  galvanischen  Ele- 
mente zu  berichten.  Mechanisch,  mit  der  Federfahne,  lässt  sich 
im  Betriebe  natürlich  nicht  depolarisieren.  Von  den  praktischen 
Verfahren  liegt  das  chemische  am  nächsten,  wie  es  in  der 
Chromsäurezelle  angewandt  wird.  In  ihr  dient  Zink  als 
Lösungs-,  Kohle  als  Ableitungselektrode  und  als  Elektrolyt  ein 
Gemisch  der  Lösung  von  Kaliumbichromat  K^  Cr^  Oj  und  ver- 
dünnter Schwefelsaure.  In  diesem  Gemisch  wird  das  Vorhanden- 
sein freier  Chromsaure  H^Cr  0^  —  als  Elektrolyt  in  Wasser- 
stoff- und  Chromat-Jonen  {Cr  Oj  zerfallen  —  angenommen.  Die 
Chromsäure  ist  ein  kräftiges  Oxydationsmittel.  Der  in  ihr  nur 
locker  gebundene  Sauerstoff  packt  in  der  Chromsäurezelle  den 
durch  die  Elektrolyse  frei  werdenden  Wasserstoff  und  verbrennt 
ihn  zu  Wasser.  Die  Verbrennung  ist  hier  im  chemischen  Sinne, 
das  heisst  allgemein  als  Vereinigung  mit  Sauerstoff  aufzufassen, 
wenn  sie  sich  auch  nicht  zu  der  Heftigkeit  einer  mit  Flamme 
stattfindenden  gewöhnlichen  Verbrennung  steigert.  Bei  dem 
Vorgang  geht  die  gelbe  Farbe  der  Chromsäure  in  die  grüne 
des  Cromsulfats  Über.     Die  Verbrennung  des  sonst  polarisieren- 


DigitizsdbyGOOgle 


150  Chemische  Stromeneiigung. 

den  Wasserstoffs  ist  der  eigentliche  Zweck  der  Verwendung 
von  Chromsäure.  Daneben  fällt  als  angenehmer  Gewinn  ab, 
dass  die  durch  den  Verbrennungsvorgang  frei  werdende  Arbeit 
nicht  in  Wärme,  sondern  in  elektrische  Arbeit  übergefiihrt 
wird.')  Die  Elektromotorische  Kraft  der  Chronisäurezelle 
erreicht  deshalb  die  stattliche  Höhe  von  1,8  bis  2  Volt.  Das 
Element  eignet  sich  besonders  zur  Entnahme  verhältnismässig 
grosser  Ströme  für  eine  kurze  Zeitdauer  und  findet  deshalb  im 
telegraphischen  Betriebe  keine  Anwendung.  Auch  für  die 
Telephonie  wird  es  von  anderen  Stromquellen  übertroffen. 

Die  Chromsäurezelie  wird  gewöhnlich, 
wie  diese  hier  (Fig.  85),  als  Tauchelement 
ausgebildet.  Zwischen  zwei  parallel  ge- 
schalteten Elektroden  aus  Kohle,  wie  sie 
aus  den  Rückständen  in  den  Retorten  der 
Gasfabrikation  gewonnen  wird,  ist  eine 
Zinkplatte  (in  der  Figur  hell)  auf-  und 
niederschiebbar  angebracht.  Sie  ist  für 
gewöhnlich  heraufgezogen  und  wird  nur 
für  die  verhältnismässig  kurze  Benutzungs- 
dauer  in  die  Flüssigkeit  getaucht,  jetzt 
im  Augenblick  enthält  die  Zelle  keinen 
Elektrolyten,  und  die  Zinkplatte  ist  ohne 
Schaden  herabgelassen.  Durch  die  Ver- 
Fig.  85.  Wendung   zweier  Kohlenplatten  wird    der 

Chromsätire-Tauchetemeni,  Strom  in  der  Zelle  in  zwei  Teile  geteilt, 
folglich  eine  Verdopplung  des  ftlr  den 
inneren  Widerstand  massgebenden  Elektrolytquerschnittes 
erreicht.  Ebenfalls  zur  Verkleinerung  des  tr,-  ist  l  möglichst 
klein  gemacht,  das  heisst  die  Platten  sind  so  benachbart  als 
möglich. 

Das  verbreitetste  Mittel  der  Depolarisation  ist  die  An- 
wendung zweier  Elektrolyte.  Es  ist  nur  schwer,  sie  mit 
einander  in  elektrochemischer  Verbindung  und  doch  mechanisch 
getrennt  zu  halten.  Am  einfachsten,  wenn  auch  wenig  gründhch, 
gelingt    das    mit   Hilfe    verschiedenen    spezifischen    Gewichtes. 

st    durch    das    später    (S.  158  bis   160)    gesagte 


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Chemische  Strom erieugung.  151 

Die  Engländer  und  Amerikaner  nennen  ein  solches  Element 
bezeichnender  Weise  gravity  cell,  Schwerkraftszelle.  Als  Ver- 
treter dieser  Elemente  stelle  ich  Ihnen  hier  (Fig.  86)  das  von 
Callaud  in  seiner  alten  Form  vor. 

Bei      ihm      schwimmt     auf     einer  _  ^ 

schweren  Lösung  von  Kupfersulfat 
eine  leichte  von  Zinksulfat.  Bei 
ruhigem  Stehen  (siehe  auch  S.  157) 
berühren  sich  beide  Flüssigkeiten 
nur  in  einer  scharfen  Trennungs- 
fläche. Die  Ableitungselektrode 
steht  auf  dem  Boden  des  geraden 
Glasbechers,  von  Kupfersulfat- 
lösung  umgeben.  Sie  besteht  aus 
einem  dünnen  Kupferblech ,  das 
zum  Cylinderniantel  gebogen  und 
an  einen  Kupferdraht  angenietet 
ist.     Dieser  Kupferdraht  durchsetzt 

nach  oben  das  ganze  Element  und  wird  vor  Berührung  mit  dem 
Zinksulfal  und  dem  Zinkblech  durch  eine  Guttaperchahülle  ge- 
schützt. Der  obere  Rand  des  Glasgefässes  trägt  an  drei  Kupfer- 
hakchen  als  Lösungselektrode  einen  Zinkcylinder,  von  Zinksulfat- 
lösung umgeben.  Die  Trennungsfläche  beider  Elektrolyte 
befindet  sich  dicht  unter  der  unteren  Kante  des  Zinks.  Von  den 
Spannungssprüngen,  welche  sich  zu  der  Elektromotorischen 
Kraft  der  Zelle  addieren,  kommen  nur  der  zwischen  Zink  und 
Zinksulfat  von  ungefähr  einem  halben  Volt  und  der  zwischen 
Kupfersulfat  und  Kupfer  von  annähernd  ebenso  viel  in  Betracht, 
so  dass  die  Elektromotorische  Kraft  ungefähr  ein  Volt  ausmacht. 
In  der  Zelle  geht  der  Strom  vom  Zink  zum  Kupfer,  also 
von  oben  nach  unten.  Mit  ihm  wandern  im  oberen  Elektrolyten 
die  Zink-Ionen.  Könnten  sie  bis  zur  Kupferelektrode  vordringen, 
würden  sie  die  Zelle  sehr  schnell  polarisieren.  Ordnungsgemäss 
gelangen  sie  aber  nur  bis  zur  Grenzfläche  beider  Elektrolyte. 
Hier  treten  Ihnen  die  Kupfer-Ionen  der  Kupfersulfatlösung  ent- 
gegen und  erhalten  nun  ihrerseits  den  Anstoss,  zu  wandern.  Die 
betreffenden  Zink-Ionen  sind  ihres  Dienstes  quitt  und  beteiligen 
sich  später  bei  Gelegenheit  an  einer  anderen  Stelle  des  Elektro- 
lyten wieder  an  der  Wanderung.     Im  neuen  Elektrolyten  streben 


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152  Chemische  Slrqmerzeugung. 

Kupfer-Ionen  auf  die  Ableitungselektrode  zu  und  geben  schliess- 
lich an  diese  ihre  Ladung  ab.  Gleichzeitig  scheiden  sie  sich 
auf  ihm  als  Kupfermolekeln  aus.  Die  Substanz  der  Elektrode 
bleibt  nach  wie  vor  Kupfer,  so  dass  die  Thatigkeit  des  Elementes 
keine  Elektromotorische  Gegenkraft,  keine  Gegenspannung 
erzeugt.  Die  Ionen ,  von  denen  Polarisation  droht ,  werden 
eben  an  der  Grenze  der  Elektrolyten  abgefangen  und  unschädlich 
nach  Hause  geschickt. 

Aus  dem  Gesagten  entnehmen  Sie,  dass  sich,  solange  das 
Element  geschlossen  ist,  unaufhörlich  Kupfer  auf  dem  Kupfer- 
blech ablagert.  Dieses  nimmt  also  immer  mehr  an  Masse  zu 
und  die  Kupfersulfatlösung  an  Kupfergehalt  ab.  Von  Zeit  zu 
Zeit  muss  deshalb  sowohl  das  Kupferblech  von  allzu  vielem 
Zuwachs  befreit,  als  besonders  und  öfter  neuer  Kupfervitriol 
in  die  Lösung  gegeben  werden.  Wird  das  Letztere  versäumt, 
so  nimmt  die  blaue  Lösung  einen  immer  helleren  Farbenton  an 
(Siehe  S.  124)  und  wird  schliesslich  farblos,  ein  Zeichen  ihrer 
vollständigen  Entkupferung.  Wenn  dann  keine  Kupfer-Ionen 
mehr  vorhanden  sind,  welche  den  andringenden  Zink-Ionen  den 
Weg  verlegen,  werden  diese  bis  zur  Kupferelektrode  vordringen 
und  sie  polarisieren.  Der  ganze  Aufwand  an  zwei  Elektrolyten 
wäre  nutzlos  verschwendet. 

In  der  Richtung  des  negativen  Stromes,  also  von  unten 
nach  oben  auf  den  Zinkcylinder  zu,  streben  die  Sulfat-Ionen 
beider  Elektrolyte.  Das  Zink  wird,  wie  früher  geschildert, 
proportional  der  abgegebenen  Elektricitätsmenge  gelöst.  Auch 
hier  reichert  sich  der  Elektrolj-t  allmählich  mit  Zink-Ionen  an. 
Da  das  Callaudsche  Element  für  lange  andauernde  Stromlieferung 
benutzt  wird,  nimmt  die  Menge  des  Zinksulfats  in  der  Lösung 
immer  mehr  zu,  bis  es  schliesslich  auskrystallisiert.  So  weit 
soll  man  es  aber  gar  nicht  kommen  lassen,  sondern  von  Zeit 
zu  Zeit  die  Zinksulfatlösung  zum  grossen  Teile  durch  reines 
Wasser  ersetzen. 

Das  rechtzeitige  Hinzufügen  von  neuem  Kupfervitriol  und 
Abziehen  der  starken  Zinkvitriollösung  hat  aber  —  so  möchte 
ich  deutlicher,  als  gewöhnlich  geschieht,  bemerken  —  noch  den 
zweiten  Grund,  den  Unterschied  in  den  spezifischen 
Gewichten  beider  Lösungen  aufrecht  zu  erhalten. 
Denn  die  Lösung,  von  der  man  das  grössere  spezifische  Gewicht 


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Chemische  Stromerzeugung. 


153 


verlangt,  wird  immer  leichter  und  die  andere,  die  oben 
schwimmen  soll,  immer  schwerer.  Diese  Verhältnisse  werden 
sofort  durchsichtig,  wenn  man  für  beide  Salzlösungen  das 
spezifische  Gewicht  in  Abhängigkeit  vom  Gehalt  an  krystalli- 
siertem  Salz  graphisch  aufträgt,  wie  es  hier  (Fig.  87)  geschehen 


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Fig.  81.     Die  Elektrolyte  im  arbeitenden  Callaudschen  Element. 

ist.  Die  ausgezogene  Kurve  bezieht  sich  auf  das  Zinksulfat, 
dessen  Gehalt  im  Element  zu-,  und  die  gestrichelte  auf  das 
Kupfersulfat,  dessen  Gehalt  abnimmt.  Sie  erkennen,  dass  man 
die  Kupfersulfatlösung  mit  ihrer  Dichte  nicht  unter  1,10,  das 
heLsst  ihrem  Gehalt  nicht  unter  157«  sinken  lassen  darf  Ebenso 
sollte  das  Zinksulfat  nicht  über  1,09  und  15Vo  ansteigen  dürfen. 
Da  die  Praxis  die  erste,  aber  nicht  wohl  die  zweite  Bedingung 
zu  erftlllen  erlaubt,  nimmt  man  notgedrungen  keinen  Anstoss 
daran,  den  Gehalt  der  Zinksulfatlösung  bis  zu  etwa  27  "/o  an- 
wachsen zu  lassen.  —  Das  Callaudsche  Element  hat  eine  Elektro- 
niotorische  Kraft  von  wenig  mehr  als  ein  Volt  und  in  der 
hier  vor  Ihnen  stehenden  Grösse  (fünf  mal  Fig.  86)  einen 
inneren  Widerstand  von  acht  bis  zehn  Ohm,     Bei  der  ameri- 


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154  Chemische   SlromerzeugunR. 

kanischen  Form  des  Callaudschen  Elementes  (Fig.  88j  wird  durch 
grosse  Eleklrodenflächen  und  dadurch  bewirkten  grossen  Quer- 
schnitt des  durchflossenen  Elektrolyten  der  innere  Widerstand 
ausserordentlich  herabgedrückt. 

Eine  andere  Form  des  Callaud- 
schen Elementes  findet  nun  in  der 
Deutschen  Reichs  -  Telegraphie  all- 
gemeine Anwendung.  Wir  wollen 
es  als  das  Telegraphenelement 
schlechthin  bezeichnen.  Die  Amts- 
sprache nennt  es  —  zum  Unterschied 
von  einem  anderen  —  Kupferelement. 
Freilich  enthält  es  vor  der  Benutzung 
überhaupt  kein  Kupfer  und  unter- 
scheidet sich  vom  Callaudschen 
gerade  dadurch,  dass  dessen  Kupfer- 
Pi     88  elektrode     durch     Blei     ersetzt     ist. 

caiiaudschcs  Element.  Taucht    man    nämlich    einen    reinen 

Amerikanische  Form.  Blcistab    in    Kupfcrvitriollösung,     so 

überzieht  sich  die  eingetauchte  Ober- 
fläche im  Augenblick  mit  einer  Haut  metallischen  Kupfers. 
Hier  ist  ein  blank  geputztes  Bleiblech.     Ich  tauche  einen  Pinsel 


Fig.  89.     Verkupferung  v 


D,„i,.,db,Google 


W^'' 


Chemische  Slramerzeiigung.  155 

in    Kupfersulfatlösung   und    schreibe    damit    auf  das    Bleiblech. 
Sie  sehen,  überall,    wo  die  Kupferlösung  das  Blei  benetzt  hat, 
ist  es  verkupfert  worden.     Weithin  im  ganzen  Hörsaal  können 
Sie  die  röthlich  schwarzen  Schriftztige  (Fig.  89)  erkennen.    Ver- 
kupfertes Blei  wirkt  elektrochemisch  als  Kupfer,  nicht  als  Blei, 
wie    etwa  jemand   aus    dem   Verhalten    des   verquickten  Zinks 
folgern    möchte.       Das    Telegraphenelement 
(Fig.  90)  enthält  also  als  Ableitungselektrode 
eine    kreisförmige    Bleiplatte ,    die    auf    dem 
Boden    des    Glasgefasses    liegt.     Aus    ihrer, 
damit    das    ganze    sicher    steht ,    etwas    auf- 
gewölbten   Mitte    erhebt    sich    vertikal    ein 
Bleistab,     Dieser   durchsetzt    nach    oben    die 
ganze  Zelle  und  endigt  in  eine  messingne  — 
die    positive  —  Klemme,     Auf  dem    oberen 
Rand  des  Glasgefässes  ruht  mit  drei  Nasen 
ein  kräftiger  Zinkcylinder.     Der  in  eine  der 
Nasen    eingegossene    Kupferdraht    trägt    die 
negative  Klemme.     {In  der  Figur  aus  nachher  Fig.  90. 

einleuchtendem  Grunde  fortgelassen.)  Die  Teiegrapheneiement  Vs- 
beiden  Elektrolyten  sind  dieselben  wie  die 
des  Callaudschen  Elementes,  eine  Lösung  von  Kupfersulfat,  auf 
der  eine  Lösung  von  Zinksulfat  schwimmt.  Beider  Trennfläche 
befindet  sich  einige  Millimeter  unter  dem  Zinkring.  Es  könnte 
auffallen,  dass  der  Bleistab  nicht  wie  der  Kupferdraht  im 
Callaudschen  Element  von  einer  Guttaperchahülle  umgeben  ist. 
Für  das  Blei  hat  sich  diese  Hülle  als  unnötig  erwiesen.  Es  ist 
auch  so  unschädlich. 

Die  elektrochemischen  Vorgänge  im  Telegraphenelement 
sind  dieselben  wie  im  Callaudschen.  Wegen  ihrer  praktischen 
Wichtigkeit  sind  sie  auf  dieser  Tafel  (Fig.  91)  einer  Skizze  des 
Elementes  eingeschrieben.  Im  äusseren,  metallischen  Leiter 
verläuft  der  Strom  vom  Kupfer  zum  Zink,  im  inneren,  elektro- 
lytischen —  den  Kreis  vollendend  —  vom  Zink  zum  Kupfer. 
Die  Elektrolyse  befördert  Ionen  im  Sinne  der  gestrichelten 
Pfeile.  Gegen  die  Stromrichtung  oder  mit  dem  negativen 
Strome  wandern  vom  Kupfer  zum  Zink  die  Sulfatgruppen  beider 
Elektrolyte,  und  das  Zink,  das  hier  übrigens  in  Abwesenheit 
freier   Schwefelsäure    nicht    verquickt    ist,    wird    aufgelöst.     Im 


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156 


Chemische  Strome  neufung- 


Sinne  des  Stromes,  vom  Zink  zum  Kupfer,  bewegen  sich  die 
Metall-Ionen,  im  Zinksulfat  Zink,  das  an  der  Grenzfläche  das 
Kupfer  der  Kupfersulfatlösung  in  Bewegung  versetzt.  Das 
Kupfer  kommt  auf  der  Ableitungselektrode  zur  Abscheidung. 
Die  Stromlieferung  ist  mithin  von  vier  Veränderungen  begleitet: 


-wwvw 


Fig.  9 


T  elcgraphenel  en 


Die  Kupfersulfatlösung  wird  immer  verdünnter,  die 
Zinksulfatlösung  immer  stärker,  die  Kupfer  (Blei-)  elek- 
trode  gewinnt,  der  Zinkring  verliert  an  Masse.  Hieraus  ergiebt 
sich  die  Behandlungsweise  der  Elemente  im  Betriebe  von  selbst. 
Gerade  so,  wie  das  verdunstete  Wasser  zu  ersetzen  ist,  muss, 
in  dem  Maasse  als  Kupfersulfat  verbraucht  wird,  neues  nach- 


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chemische  Stromerieugung.  J57 

gefüllt  werden.  Zweckmässig  ISsst  man  es  in  grossen  Stücken 
auf  den  Boden  des  GefSsses  fallen.  Kleine  bieten  die  Gefahr, 
von  der  Zinksulfatlösung  aufgehalten  zu  werden,  und  man 
soll  eine  Vermischung  beider  Elektrolyte  so  weit, 
als  irgend  möglich,  vermeiden.  Mir  fällt  hierbei  immer 
die  Behandlung  grundigen  Kaffees  ein.  Die  Vermischung 
beider  Elektrolyte  verkürzt  die  Lebensdauer  der  Zelle,  das 
heisst  die  Zeit,  bis  man  sie  auseinander  nehmen,  reinigen  und 
neu  ansetzen  muss,  ausserordentlich.  Sobald  namllch  Kupfer- 
sulfat zum  Zinkring  gelangt,  wird  —  aus  ähnlicher  Ursache, 
wie  sie  die  Kupferschrift  auf  dem  Blei  entstehen  Hess  —  Kupfer 
als  voluminöser  Kupferschlamm  ausgeschieden.  Wenn  dieser 
Kupferschlamm  nicht  mit  einem  hakenförmig  gebogenen  Draht 
vom  Zinkring  abgestreift  wird,  wächst  er  schliesslich  in  langen 
Raupen  zum  Boden  herab  und  schliesst  beide  Elektroden  kurz. 
Hin  und  wieder  muss  deshalb  die  Zinkelektrode  gründlich  ab- 
gebürstet und  bei  der  Gelegenheit  mit  einem  messerartigen 
Schaber  ihre  metallische  Oberfläche  frei  gelegt  werden.  An- 
dererseits soll  kein  Zinksulfat  zur  Kupferelektrode  gelangen; 
sonst  würde  sie  durch  Zink  polarisiert  werden.  Elemente, 
welche  viel  Strom  zu  liefern  haben  (Ruhestrom,  Arbeitsstroni 
für  mehrere  Leitungen,  siehe  Telegraphenbetrieb),  brauchen 
natürlich  häufiger  neues  Kupfersulfat,  als  bei  geringerer  Strom- 
beanspruchung (Arbeitsstrom  für  wenig  Leitungen),  und  die 
Gefahr  der  Entkupferung  ist  grösser.  Gleiches  gilt  von  der 
Häufigkeit,  mit  der  die  immer  starker  werdende  Zinksulfat- 
lösung abgehebert  und  durch  Wasser  (am  Besten  destillirtes 
oder  abgekochtes  oder  Regen  -Wasser)  ersetzt  werden  muss. 
Lasst  man  den  Gehalt  der  oberen  Lösung  anwachsen,  so 
verschwindet,  wie  Sie  wissen,  der  Unterschied  im  spezifischen 
Gewichte  beider  Lösungen  immer  mehr.  Ausserdem  krystallisiert 
das  Zinksulfat  an  der  Flüssigkeitsoberfläche,  wo  das  Lösungs- 
wasser verdampft,  aus  und  hat  dabei  die  Unart,  zu  kriechen 
oder  zu  klettern.  Diese  dem  Chemiker  wohlbekannte  Kapil- 
laritätserscheinung besteht  darin,  dass  Krystalle  und  Lösung 
sich  gegenseitig  an  der  inneren  Glaswand  emporhelfen  und 
schliesslich  über  den  oberen  Glasrand  gelangen,  die  Umgebung 
der  Zelle  verschmutzen  und  sie  am  Ende  elektrolytisch  kurz 
schliessen.    Das  Kriechen  lässt  sich  dadurch  verhindern,  dass 


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158  Chemische  Stromerzeugung. 

man  den  oberen  Rand  des  Glasgefässes  und  ungefähr  auf 
einen  Finger  breit  die  an  ihn  grenzende  innere  Wand  —  wenn 
man  will,  auch  das  obere  Ende  des  Bleistabes  —  mit  Ölfarbe 
anstreicht.  Die  dritte  Veränderung,  welche  die  Zelle  durch 
ihre  eigene  Thätigkeit  erfährt,  ist  das  Wachsen  der  Kupfer- 
masse an  der  Ableitungselektrode.  Allerdings  ist  sie  filr  einen 
langen  Zeitraum  gleichgiltig.  Endlich  wird  sie  aber  doch  un- 
bequem. Um  dann  das  Kupfer  leicht  ablösen  zu  können,  besteht 
die  Vorschrift,  vor  der  Benutzung  Bleiplatte  und  unteres  Ende 
des  Bleistabes  mit  erwärmtem  Schweinefett  einzupinseln.  Die 
dünne  Fettschicht  verhindert  dann  allerdings  eine  Abscheidung 
von  Kupfer  nach  Art  der  gezeigten  Kupferschrift,  aber  nicht 
diejenige  durch  den  Strom  des  Elementes.  Gegen  die  vierte 
Veränderung,  die  Auflösung  des  Zinks,  giebt  es  kein  Heilmittel. 
Wenn  der  Zinkring  am  Ende  eines  arbeitsreichen  Lebens  alt 
und  schwach  geworden  ist,  muss  er  durch  einen  neuen  ersetzt 
werden. 

Warum  die  (elektrische)  Auflösung  des  Zinks  nicht  zu  ver- 
hindern ist,  werden  Sie  durch  die  Beantwortung  einer  Frage 
einsehen,  welche  Sie  gewiss  schon  lange  —  mit  klarem  Gedanken 
oder  wenigstens  mit  unbestimmtem  Gefühl  —  beschäftigt  hat, 
nämlich  dieser:  Aus  welcher  Quelle  schöpft  das  galvanische 
Element  die  Arbeit,  die  es  als  elektrische  ab  giebt? 
Zur  Beantwortung  dieser  Frage  erinnern  Sie  sich  bitte  daran, 
dass  die  im  Elemente  —  theoretisch  —  gelöste  Zinkmenge  der 
abgegebenen  Elektricitätsmenge  proportional  ist.  Dieser  Pro- 
portionalität liegt  die  Ursache  zu  Grunde,  dass  die 
Arbeit,  welche  durch  das  Element  als  elektrische  in 
die  Erscheinung  tritt,  dem  chemischen  Arbeitsvorrat 
des  Zinks  entstammt.  Die  Auflösung  des  Zinks  ist  chemisch 
ebenso  eine  Verbrennung,  wie  die  des  Wasserstoffs  durch  die 
Chromsäure,  und  mit  der  Abgabe  von  Arbeit  verbunden.  Die 
Ausscheidung  des  Kupfers  aus  dem  Kupfersulfat,  wie  sie  an 
der  Ableitungselektrode  vor  sich  geht,  ist  das  Gegenteil  einer 
Verbrennung,  eine  Reduktion.  Sie  verzehrt  einen  grossen  Teil 
der  Arbeit  wieder,  welche  durch  Verbrennung  des  Zinks  entsteht. 
Die  durch  Verbrennung  eines  Grammäquivalentes  Zink  ver- 
fügbar werdende  Arbeit  wird  im  Elemente  theoretisch  zu  etwa 
80"/«    zur  Abscheidung  eines  Grammäquivalentes  Kupfer    ver- 


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Chemische  Stromerzeugung.  159 

braucht.  Nur  der  Rest  von  etwa  20  */"  tritt  als  elektrische 
Arbeit  in  die  Erscheinung.  Die  galvanischen  Elemente  müssen 
recht  unwirtschaftlich  arbeitende  Maschinen  sein;  bedürfen  sie 
doch  als  Brennmaterial  das  teure  Zink,  und  von  der  durch 
V'erbrennung  des  Zinks  entstehenden  Warme  werden  bei  der 
Telegraphenzelle  noch  gar  vier  Fünftel  zur  Abscheidung  einiger- 
massen  wertlosen,  weil  wenig  reinen  Kupfers  verwendet. 

Auf  Grund  dieser  Betrachtung  sind  wir  in  die  Lage  versetzt, 
die  Elektromotorische  Kraft  eines  galvanischen  Elementes  zu 
berechnen '),  Ais  Beispiel  sei  die  Telegraphenzelle  gewählt. 
Wir  gehen  davon  aus,  dass  ihre  elektrische  Arbeit  dem  Über- 
schuss  der  beim  Lösen  des  Zinks  in  Freiheit  gesetzten  über 
die  bei  der  Ausscheidung  des  Kupfers  gebundene  chemische 
Arbeit  entstammt.  Beide  Arbeiten  sind  als  Wärmemengen 
gemessen,    und    zwar    ist  diejenige  Wärme,    welche  frei  wird, 

wenn  sich  ein  Grammäquivalent  Zink  I  -„-  =  32,7  gl  mit  dem 

Sulfatrest  zu  Zinksulfat  vereinigt  und  dieses  sich  in  Wasser 
löst,  zu  124  200  kleinen  Calorien  gefunden  worden.  Die  ent- 
sprechende Zahl  für  Kupfer,  also  die  Warme,  welche  frei  wird, 

wenn  sich  ein  Grammäquivalent  Kupfer  I  -^    ^  31,8  gl  mit  dem 

Sulfatrest  zu  Kupfersulfat  vereinigt  und  dieses  sich  in  Wasser 
löst,  wird  zu  99  200  Calorien  angegeben.  Die  Wärme,  welche 
bei  umgekehrtem  Verlauf  des  Vorgangs  verschwindet,  ist  natürlich 
ebenso  gross.  Man  sieht,  die  Zahl  beim  Zink  ist  um  25  000 
Calorien  grösser,  als  beim  Kupfer.  Diese  25000  Calorien  sind 
es,  welche  das  Telegraphenelement  in  elektrische  Arbeit  ver- 
wandelt. Das  Joulesche  Gesetz  (S.  27)  gab  uns  den  Umrechnungs- 
faktor 

Calorien         ,,,  ^,    ,       , 
— ij-^.—  =  Wattsekunden. 


Unsere  Wärmemenge  von  25  000  Calorien  verwandelt  sich  mithin 
25000    „,  „    ,      ^ 


1)  Vgl.  die  erste  Fuasnole  auf  S.  85. 


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150  Chemische  Stromerzeugung. 

Ebenfalls  schon  in  der  zweiten  Vorlesung  (S.  23)  lernten  Sie 
mit  der  Gleichung  A  ==  ^ .  £  die  elektrische  Arbeit  als  das 
Produkt  der  treibenden  Volt  und  der  getriebenen  Coulomb  kennen. 
Der  Faktor  E  des  Produktes  ist  die  gesuchte  Elektromotorische 
Kraft  der  Telegraphenzelle,  Der  Faktor  Q  ist  die  bei  nützlichem 
Verbrauch  eines  Grammäquivalentes  der  galvanischen  Materialien 
erzeugte  Elektricitätsmenge ,  das  heisst  unsere  altbekannten 
96  500  Coulomb.  Es  folgt  aus  der  Betrachtung  demnach  die 
Gleichung : 


"^A-S^  =  96  500  E,  woraus  sich 

0^4 


eine  Zahl,  die  mit  der  wirklichen  fast  ganz  genau  übereinstimmt. 
So  erfreulich  dieses  Ergebnis  der  Theorie,  so  gross  ist 
die  Enttäuschung,  wenn  man  durch  den  Versuch  prüft, 
ob  im  Telegraphenelement  wirklich  nur  so  viel  von  der 
Lösungselektrode  und  dem  die  Ableitungselektrode  um- 
gebenden Elektrolyten  verbraucht  wird,  als  der  die  Zelle 
durchfliessenden  Elektricitätsmenge  nach  dem  Faradayschen 
Gesetz  entspricht.  Ein  Coulomb  sollte  die  Auflösung  eines 
elektrochemischen  Äquivalentes  Zink ,  gleich  0,339  mg,  und 
die  Abscheidung  von  0,328  mg  Kupfer  oder,  wie  man  leicht 
nachrechnen  kann,  die  Zersetzung  von  4,65  mg  krystallisiertem 
Kupfersulfat  bewirken.  Für  die  Amperestunde,  die  bekanntlich 
3600  Coulomb  gleicht,  kämen  1,21  g  Zink-  und  4,65  g  Kupfer- 
sulfat heraus.  Sie  werden  verwundert  sein,  zu  hören,  dass  für 
die  vom  Telegraphenelement  erzeugte  Amperestunde  von  be- 
rufener Seite')  ein  wirklicher  Verbrauch  von  27,7  g  Zink  und 
37,1  g  Kupfervitriol,  also  das  Dreiundzwanzig-  und  Achtfache 
der  berechneten  Zahlen,  festgestellt  worden  ist.  Dieses  Ergebnis 
scheint  jedoch  nur  von  der  Theorie  so  weit  abzuliegen,  und 


1)  Vgl.  Strecker,  Elektrotechnische  Zeitschrift  1893  S.  289. 


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Chemische  Stromerzeugung.  \Q\ 

es  darf  Sie  nicht  zu  deren  Missachtung  verleiten.  Denn  die 
Verhältnisse  liegen  in  Wirklichkeit  viel  verwickelter,  als  wir 
angenommen  haben;  besteht  doch  die  vollständige 
Trennung  beider  Elektrolyte  nur  auf  dem  Papier.  Das 
beweisen  schon  die  Mengen  von  Kupferschlamm,  die  sich  auf 
dem  Zink  ausscheiden.  Ungefähr  in  derselben  Art,  wie  bei 
der  Auflösung  des  unreinen  Zinks,  nur  durch  Amalgamierung 
nicht  zu  verhindern,  finden  bei  Gebrauch  und  Nichtgebrauch 
der  Zelle  in  ihrem  Innern  elektrolytische  Vorgänge  statt,  denen 
man  den  schönen  Namen  Lokalaktionen  gegeben  hat.  Es  dürften 
die  kleinen  kurzgeschlossenen  Elemente  —    >-  Zink/Elektrolyt/ 

Kupfer >    sein,    welche    das    zu    nützlicher    Verwendung 

bestimmte  galvanische  Material  schmarotzerisch  auffressen 
und  das  der  Zelle  für  den  Bedarf  einer  langen  Zeit  mit- 
gegebene grosse  Arbeitsvermögen  ver- 
hältnismässig schnell  vergeuden.  Die 
Grösse  dieser  Vergeudung  entzieht  sich 
aber  jeder  Berechnung  und  ist  nur  aus 
dem  Versuch  zu  entnehmen.  Sie  macht 
natürlich  die  Elemente  noch  viel  unwirt- 
schaftlicher. 

Wir    müssen    noch    angeben,    dass 
der  innere  Widerstand  der  Telegraphen- 
zelle  den   für   den  Betrieb   lästig   hohen 
Betrag  von  durchschnittlich  fünf  Ohm 
erreicht,  und  können  uns  dann  der  Be- 
sprechung des  nächsten  Elementes,  dem  p;    92 
von     Meidinger    (Fig.  92)    zuwenden.        Meidingersch«  Eiemem. 
Zwar    enthält    dieses    dieselben    galva- 
nischen   Materialien    wie    das  Callaudsche,    und   auch    bei  ihm 
hält    die    Schwerkraft   beide    Elektrolyte    getrennt.     Aber    sein 
mechanischer  Aufbau  ist  so  eigentümlich,  dass  er  eine  besondere 
Besprechung  verlangt. 

Das  Glasgefäss  (Fig.  93a|  der  Meidingerschen  Zelle  wird 
durch  eine  von  der  Glaswand  gebildeten  Stufe  in  zwei  über 
einander  liegende  Räume  geteilt.  Der  untere,  niedrigere  Raum 
enthält  in  einem  Einsatzglase  (b),  das  von  unten  bis  eben  an 
die  Stufe  reicht,  den  Kupferblechcylinder  (c)  und  die  Kupfer- 
vitriollösung.    Oben    auf  der  Stufe  ruht  der  Zinkcylinder  (d), 

11 


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Chemische  Stromerzeugung. 

umgeben  von  der  Zinksulfatlösung.')  An 
das  Kupferblech  ist  der  kupferne  Leitungs- 
draht angenietet,  welcher,  mit  Guttapercha 
umgeben,  durch  die  Zelle  nach  aussen  ftihrt. 
Um  nun  die  durch  die  Thätigkeit  der  Zelle 
herbeigeführte  Verminderung  des  Gehaltes 
der  Kupfersulfatlösung  auszugleichen,  ist 
ein  grosser  Glasballon  (e)  von  oben  in  die 
Zelle  hin  eingestülpt.  Dieser  Glasballon 
verleiht  der  Zelle  ihr  eigentümliches  Aus- 
sehen und  hat  ihr  zu  dem  Namen  Ballon- 
element verhelfen.  Er  ist  mit  einem 
grossen  Vorrat  von  Krystallen  (etwa  "/.  kg) 
und  concentrierter  Lösung  von  Kupfersulfat 
vollständig  angefüllt.  Der  unten  in  seine 
Öffnung  eingesetzte  paraffinierte  Kork- 
stopfen umschliesst  eine  kurze  Glasröhre, 
welche  das  Innere  des  Ballons  mit  der 
Kupfersulfatlösung  der  Zelle  in  Verbindung 
setzt.  In  dem  Maasse,  in  welchem  die  Strom- 
entnahme den  Elektrolyten  entkupfert, 
wird  aus  dem  Ballon  Ersatz  an  Kupfer- 
sulfat herausgelöst  und  so  ohne  weitere 
Inanspruchnahme  der  Beamten  dem 
Eintreten  der  Polarisation  vorgebeugt. 
Der  obere  Raum  der  Zelle  ist  so  gross, 
dass  eine  grosse  Flüssigkeitsmenge  darin 
Platz  hat.  In  ihr  kann  sich  viel  Zinksulfat 
lösen,  ehe  die  Concentration  zu  hoch  steigt. 
Das  Meidingersche  Element  eignet  sich 
also  noch  mehr  als  das  Telegraphenelement 
zur  Lieferung  lang  andauernder  Ströme 
(Ruhestrom),  ohne  dass  eine  besondere 
Bedienung  erforderlich  ist.   Es  wird  deshalb 

')  Statt  dieser  enthielt  das  ursprQng liehe  Mei- 
dingersche Element  eine  Lösunp  des  Sulfates  des  dem 
^ink  nahe  verwandten  Metalles  Magnesium,  s.  g.  Bittersalz- 
losung.  Diese  Art  der  Füllung  ist  verlassen.  Durch  die 
Thätigkeit  der  Zelle   wird  ja  ohnehin  Zink  gelOst. 


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Chemische  Stromerieugung. 


163 


von  mehreren  Telegraphenverwaltungen,  besonders  auch  in  der 
Telegraphie  der  deutschen  Eisenbahnen,  angewendet.  Seinen 
inneren  Widerstand  finden  Sie  zu  etwa  drei  Ohm  angegeben. 
Die  Elektromotorische  Kraft  des  Elementes  ist  natürlich  gleich 
der  des  Callaudschen  oder  der  des  Telegraphenelements  mit 
verkupferter  Bleiplatte. 


Als  letztem  Elemententypus  —  die  ganze  Fülle  der  sonst 
noch  gebauten  Elemente  als  für  unsern  Zweck  unwichtig 
übergehend  —  wenden  wir  uns  jetzt  dem  Element  von 
Fleischer  oder  dem  Telephonelement  zu, 
das  sich  aus  dem  für  uns  nicht  in  Betracht 
kommenden  von  Leclanche  entwickelt  hat. 
Wie  die  Chromsäurezelle,  enthalt  es  als 
Ableitungselektrode  Kohle,  als  Lösungs- 
elekcrode  Zink.  Die  doppelte  Rolle  der 
Chromsäure  als  Elektrolyt  und  als  chemischer 
Depolarisator  ist  hier  zwei  verschiedenen 
Substanzen  übertragen.  Den  Dienst  als 
Elektrolyt,  als  Erregerflüssigkeit,  thut  eine 
wässrige  Lösung  von  Ammoniumchlorid 
iV//, .  Cl,  Salmiak  lösung.  Die  chemische 
Depolarisation  wird  von  Mangansuperoxyd, 
Mn  Oj,  Braunstein  besorgt.  Man  mischt  diese 
feste  Substanz  zweckmässig  als  Pulver  mit 
Kohlepulver  und  presst  das  Gemisch  bei 
erhöhter  Temperatur  unter  grossem  Drucke  p-jg  94. 

zu    solchen    Standcylindern    (Fig  94).     Ihnen        Braunstein-Kohie- 
werden  oben  Messingklemmen  aufgeschraubt.        cy'in*)"  aus  dem 
Damit  kletternde  Salmiaklösung  die  Messing-        Tciephoneiement. 
klemme  nicht  zerstört,  werden  zwischen  sie 
und  die  Elektrode  dünne  Bleiplättchen  gelegt.     Um  der  Salmiak- 
lösung das  Klettern  zu  erschweren,  wird  der  obere  Teil  des 
Standcylinders  mit  Paraffin  getränkt. 

Im  metallischen  Kreise  geht  der  Strom  von  der  Kohle  zum 
Zink,  im  Elektrolyten  vom  Zink  zum  Kupfer.  Salmiak  NJl^ .  Cl 
zerfällt  leicht  in  Ammoniak  N  //,  und  Salzsäure  //  Cl.  Es 
werde  angenommen,  nur  das  HCl  beteilige  sich  an  dem  elektro- 


11* 


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164 


Chemische   Stroim 


lytischen  Vorgang.  Mit  dem  negativen  Strom  wandern  dann 
Chlor-Ionen  zum  Zink  und  lösen  es  zu  Zinkchiorid  Zn  Ci^ 
auf,  welches  Zinkchlorid  man  sich  mit  dem  aus  dem  Salmiak: 
abgespaltenen  Ammoniak  zu  der  Verbindung  ZnCI^.2  {N H^) 
vereinigt  denken  mag.  Der  positive  Strom  befördert  Wasserstoff- 
Ionen  durch  die  Flüssigkeit.  Sie  würden  die  Kohlenelektrode 
polarisieren,  wenn  nicht  das  Mangansuperoxyd  vorhanden  wäre. 
Dieses  enthalt,  wie  sein  Name  sagt,  Sauerstoff  über  die  Menge 
dessen  hinaus,  welche  es  fest  zu  binden  vermag.  Es  ist  wie 
die  Chromsaure  ein  Oxydationsmittel  und  verbrennt  den 
elektrolytisch  andringenden  Wasserstoff  zu  Wasser,  während 
es  selbst  —  wohl  zu  Manganoxyd  3fn  0  —  reduziert  wird. 
Schematisch  würden  sich  diese  Vorgänge  so  ausdrücken: 


-vAAA/VNAA/— 


~t^  '"¥'\-J 


f,n4mj    ''m ' 


MnO'O 


')iO] 


Die  depolarisierende,  Wasserstoff-vernichtende  Wirkung  des 
Mangansuperoxydes  lässt  sich  durch  einen  einfachen,  dem 
Lüpkeschen  Buche  entnommenen  Versuch  zeigen.  In  einem 
Hofmannschen  Apparat,  ähnlich  dem  früher  benutzten  (Fig.  79 
auf  S.  127)  ist  das  eine  Platinblech  durch  einen  Stab  aus 
Braunsteinkohle,  dem  eben  geschilderten  Material,  ersetzt.  Der 
Apparat  ist  mit  verdünnter  Schwefelsäure  gefüllt,  und  es  wird 
in  ihn  ein  schwacher  Strom  von  solcher  Richtung  geschickt, 
dass  er  zum  Platin  hinein  und  zur  Braunstein-Kohle  heraustritt. 
Sie  sehen,  wie  sich  zwar  im  Anodenschenkel  Sauerstoff,  aber 
im  Kathodenschenkel  kein  oder  wenig  Wasserstoff  entwickelt. 
Dieser  wird  wie  im  Telephonelement  durch  das  Mangansuper- 
oxyd   zu    Wasser   verbrannt.     Der    Vorgang   findet    aber   nur 


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Chemische  Strom ericiigung.  165 

langsam    statt,    weil    im    Gegensatz    zur    Chromsäurezelle    der 
Wasserstoff  erst  bis  zu  dem  festen,  wenn  auch  durchfeuchteten 
Depolarisator  in  die  Elektrode  hineingelangen  muss.  Das  Element 
ist    deshalb    weder    zur    Lieferung    grosser,    noch    sehr    lang 
andauernder  Ströme  befähigt,  wenn  es  seine  Elektromotorische 
Kraft  von  etwa    1,4  Volt  beibehalten  soll.     Die  Pausen  in  der 
Stromabgabe  sind  deshalb  nützlich,  weil  in  ihnen  die  Oxydation 
des  von  der  porösen  Elektrode  aufgenommenen 
Wasserstoffs    beendigt    werden    kann.      All- 
mahlig,    bei    schwacher   Beanspruchnng    erst 
nach    sehr    langer   Zeit,    tritt    dann    mit    der 
fortschreitenden  Reduktion  des  Mangansuper- 
oxydes eine  Abnahme  der  Elektromotorischen 
Kraft   ein.     Eine  Rück-Oxydation   durch  den 
Luftsauerstoff  findet,    wenn  überhaupt,   nicht 
in  grösserem  Maassstabe  statt.    Hier  {FJg.  95) 
sehen   Sie  ein  solches  Telephonelement  vor 
sich.     Die  Lösungselektrode  kann  von  Zink- 
blech, wie  hier,  oder  dem  bei  den  Telegraphen- 
elementen üblichen  Zinkring  gebildet  werden.  pj    95 
Wie    dort    verhindert    ein    Ölfarberand    das        Telephonelement. 
Klettern  des  Elektrolyten  Ober  die  Gefässwand. 
Die  Unterhaltung  der  Zelle  beschränkt  sich  auf  Nachftlllen  des 
verdunsteten  Wassers.    Nur  in  grossen  Zeiträumen  ist  Reinigung, 
Hinzufügen    neuer    Salmiaklösung    und   Ersatz    schliesslich   ver- 
brauchler Zinkringe    notwendig.     Der    innere  Widerstand    des 
Elementes  wird  zu  dem  niedrigen  Wert  von  0,4  Ohm  angegeben. 
Elektrochemisch  gleichen  dem  Telephonelement  die  T  r  o  ck  e  n  - 
elemente,  welche  nur  durch  ihre  zweckmassige  Aufmachung 
eine  besondere  Gruppe  von  Elementen  bilden.     Sie  sind  leicht 
und  handlich,  gleich  zum  Gebrauch  fertig  und  nach  aussen  ver- 
schlossen, gekapselt,    so    dass  beim  Transport  in  keiner  Lage 
Flüssigkeit  ausfliessen  kann.     Sie  enthalten  zwar  Salmiaklösung. 
Diese  ist  aber  von  einem  porösen  Körper,  wie  Sägemehl,  Sand, 
Gips,  und  was  alles  der  Wettbewerb  der  Firmen  dazu  ersonnen 
hat,  aufgesaugt.')     Es  entsteht  dann    eine    halbflüssige,  breiige 

'I  Die   Franiosen   sprethen   von   pile  ä  liquide   immobilise,   Zeile   mit  unbcivcglicli 
gemachter  FlQssigkeit. 


D,„i,.,db,Google 


166  Chemische  Stromerzeugung. 

Masse,  eine  Paste,  die  elektrochemisch  den- 
selben Dienst  thut,  wie  die  Salmiaklösung  im 
Telephonelement.  Die  Zinkelektrode  ist  meist 
gleich  als  Gefäss  ausgebildet.  In  ihr  wird 
das  ganze  Element  verstaut  und  dann  ein 
Deckel  aus  einer  Asphaltmasse  darauf- 
gegossen. In  der  Mitte  des  Zinkgefässes 
steht  ein  Kohlestab,  Ihn  umgiebt,  von  einem 
Gasebeutei  umschlossen,  der  depolarisierende 
Brei,  gewöhnUch  Mangansuperoxyd.  Der 
Raum  zwischen  Gase  und  Zinkcylinder  ist 
durch  die  Salmiakpaste  ausgefüllt.  Nach 
aussen  ist  das  Ganze,  wie  gesagt,  ab- 
Fig.  96.    Gasebeuid     geschlossen.     Nur  pflegt  eine  kleine  Öffnung 

mit  KolilesUb  und  ,  .    ,  .      '    ■     t     i  ^  i 

Mangansuperoxydbrei,     den     sich    etwa    entwickelnden    Gasen    den 
Abzug    zu    gestatten ,     nachdem    sie    durch 
Sagemehl  gestrichen   sind  und  dort  ihren 
Wassergehalt  abgegeben  haben. 

Freilich  kann  man  in  die  Elemente 
nicht  hineinsehen  und  muss  sich  beim  Ein- 
kauf der  einzelnen  Zellen  auf  den  guten 
Ruf  der  liefernden  Firma  verlassen.  Schon 
deshalb  neigt  man  zu  den  von  Siemens  & 
Halske  gefertigten  Zellen  nach  Hellesen 
(Ton  auf  der  ersten  Silbe).  Hier  (Fig.  96) 
sehen  Sie  aus  einem  dem  Hellesenschen 
ahnlichen  Elemente  den  Beutel  mit  Mangan- 
superoxyd, aus  dem  oben  der  Kohlestab 
mit  der  positiven  Klemme  hervorragt. 
Diese  Tafel  (Fig.  97}  zeigt  Längs-  und 
Querschnitt  durch  die  Hellesensche  Zelle, 
wobei  die  grundsätzlich  weniger  wichtigen 
Teile  fortgelassen  sind.  Auch  die  Trocken- 
elemente von  Gassner  und  andere  sind 
bei  der  Reichspost  im  Gebrauch.  Bei  der 
Hellesenschen  Zelle  ist  der  Zinkcylinder 
noch  in  einen  prismatischen  Pappkasten 
Flg.  91.  LänRs.  und  gcsctzt,  der  slc  besonders  handlich  macht 
HrnesenLhe  zeUe"'^       ^^^  '^r  ein  rccht  gefälliges  Äussere  (Fig.  98) 


DigitizsdbyGOO'^IC 


Chemische  Slromerzeugun 

giebt.  Die  Elektromotorische  Kraft  de; 
tragt  1,5  Volt.  Sie  sinkt  durch  den  Geh 
sich  jedoch  in  Pausen  wieder,  wie  da 
Fleischerelementes  erwähnt  wurde.  E 
einer  mittleren  Type  beträgt  zu 
Anfang  nur  0,2  Ohm.  Er  steigt  durch 
den  Gebrauch. 

Die       Hellesenschen      Elemente 
werden    in    einer  ganzen  Reihe  von 
Grössen  gebaut,  die  sie  hier  wie  die 
Orgelpfeifen    aufgestellt  sehen.     Alle 
Grössen      haben      dieselbe     Elektro- 
motorische Kraft,    ob    sie   nun  einen 
Raum  von  1750  cm"*  oder  von  75  cm' 
einnehmen.        Die      Elektromoto- 
rische Kraft  eines  Elementes  ist 
von    seiner  Grösse    und    seinem 
mechanischen      Aufbau       unab- 
hängig   und    wird    nur   von    der 
chemischen      Natur      der      galva- 
nischen Materialien  bestimmt.     Für 
den      inneren      Widerstand      hingegen 
kommen  Grösse  und  Aufbau  in  wesent- 
lichen   Betracht,    denn    sie   beeinflussen 
Länge  und  Querschnitt    des   zu  durch- 
fliessenden  Elektrolyten,  daher  die  vielen 
einander     widersprechenden     Angaben 
der  inneren  Widerstände.     Das  Gleiche 
gilt    fiir    die    Klemmenspannung,    denn 
sie    folgt    aus    der    Gleichung   (S.  139| 
IC  =  Et  +  Jtc,:      Eine    grössere    Zelle 
wird    natürlich    ohne    Erneuerung    der 
Materialien    längere    Zeit    den    gleichen 
Strom  liefern  können,  als  eine  kleinere, 
wenn  sie  nur  sonst  im  Stande  bleibt  oder 
darin    erhalten  wird.     Sie  enthält  eben 
mehr    Elektricitat-erzeugendes    Material, 
einen  grösseren  Vorrat  an  in  elektrische 
umzusetzender  chemischer  Arbeit. 


DigitizsdbvGOOgle 


168 


Chemische  Stromi 


Jetzt  liegt  uns  die  Aufgabe  ob,  durch  Vereinigung  mehrerer 
Zellen  die  Elektromotorische  Kraft  der  einzelnen  zu  vervielfältigen, 
die  Zellen  zu  Batterien  zusammenzufassen.  Wie  soll  man 
schallen?  Man  kann  zum  Ersten  (Fig.  99)  alle  Kupferklemmen 
von  n  Telegraphenzellen  durch  einen  Draht  verbinden  und 
alle  Zinkklemmen  durch  einen  andern,  mithin  die  Schaltungsart 
wählen,  die  Sie  früher  (S.  22)  als  Parallel-  oder  Neben- 
einanderschaltung kennen  gelernt  haben.  Zwischen  den 
beiden  Drähten  herrscht  dann  aber  nur  derselbe  Spannungs- 
unterschied, wie  zwischen  der  Kupfer-  und  Zinkklemme  eines 
einzigen  Elementes.  Ich  halte  es  nicht  für  Zeitverschwendung, 
Ihnen  das  im  Versuche  zu  zeigen.  Hier  liegen  zwei  Kupfer- 
drahte an  den  Klemmen  eines  Spannungszeigers,  dessen  Ein- 
richtung uns  jetzt  noch  ebenso  gleichgiltig  ist,  wie  seiner  Zeit 
(S.  20)  die  des  Stromzeigers.    Augenblicklich  genügt  es,  dass  die 


Fig.   100,     Diagramm  der  Elektromotorischen  Kraft 
ai  in   l'arallel-  b)  in  I 

(links  Element  I.   rechts  Element 


Teilung,  welche  die  Spannungen  von  Null  bis  fünf  Volt  umfasst, 
und  der  auf  ihr  spielende  Zeiger  weithin  sichtbar  ist.  Zwischen 
beide    Drähte    wird    ein    Telegraphenelement    geschaltet.      Das 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Strome rieugung. 


169 


Instrument  zeigt  ein  Volt  an.  Sie  sehen,  der  Ausschlag  ändert 
sich  nicht,  ob  man  noch  ein  Element  und  noch  eins  und  noch 
eins  parallel  hinzufügt.  Auch  vier  parallele  Zellen  haben  nur 
die  Endspannung  ein  Volt.  Dem  einen  Draht  hat  eben  schon 
die  Kupferklemme  des  ersten  Elementes  die  Spannung  +  0,5  Volt 
erteilt.  Die  andern  Kupferklemmen  haben  die  gleiche  Spannung. 
Sie  können  mithin  die  Elektricität  des  Drahtes  nicht  vermehren, 
seine  Spannung  nicht  erhöhen.  Dasselbe  gilt  von  der  Spannung 
des  die  Zinkklemmen  verbindenden  Drahtes.  Ob  mit  einer 
oder  mit  n  Zinkklemmen  verbunden,  er  hat  die  Spannung 
—  0,5  Volt,  und  der  Spannungsunterschied  beider  Drähte  ist  in 
allen  Fällen  ein  Volt.  Zum  Überfluss  kann  man  das,  wie  Sie 
sehen  (Fig.  100a)  auch  graphisch  darstellen.  Die  Parallel- 
schaltung liefert  keine  Spannungserhöhung.  Trotzdem  wird  sie 
unter  Umständen  verwendet. 

Zum  Zweiten  ist  die  Hintereinander-  oder  Reihen- 
schaltung (S.  22)  der  Elemente  zu  besprechen.  Sie  kommt 
dadurch  zu  Stande,  dass  man  die  positive  Klemme  jedes 
Elementes  mit  der  negativen  des  folgenden  verbindet  (Fig.  101). 


r^Hhhh 


t 


nE- 


^ 


Fig.   101.     Etem< 


nder  geschaltet 


Der  Nutzwiderstand  liegt  zwischen  der  positiven  Klemme  des 
Hten  Elementes  und  der  negativen  des  ersten.  Lassen  Sie  uns 
den  Versuch  zeigen,  wie  gross  der  Spann ungsunterschied 
zwischen  den  (beiden  genannten  Klemmen ,  den  Batterie- 
klemmen  bei  vier  hintereinander  geschalteten  Telegraphen- 
elementen ist.     Sie  sehen,  er  beträgt  vier  Volt.     Unter  Zuhilfe- 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Stramerzeugung. 

nähme  der  graphischen  Darstellung  (Fig.  100b)  kann  man  sich 
diese  Thatsache  folgendermassen  erklaren. 

Dadurch,  dass  die  negative  Klemme  eines  Elementes  II  mit 
der    positiven    des  vorhergehenden  I  verbunden  wird,    erhöht 

sich  ihre  negative  Spannung  —  ^5-  {■=  —  0,5  Volt)')  um  die 
gleiche  positive  +  „  ■     Sie  wird  zu  Null.     Andererseits  besitzt 

die  positive  Klemme  des  Elementes  II  gegen  seine  negative 
einen  Spannungsunterschied  von  -|-  E  \-\-  1  Volt).  Da  dieser 
Spannungsunterschied  aufrecht  erhallen  wird,  so  muss  mit  der 
negativen  Klemme  von  II  auch  die  positive  von  U  ihre  Spannung 

um  +  ~^i  das  heisst  auf  +  E  erhöhen.  Entsprechend  wird 
der  positiven  Klemme  von  I  zu  ihrem  ursprünglichen  +  9 
ein  neues  —  '  aufgedrückt,  die  Spannung  folglich  zu  Null 
gemacht.  Ebenso  wird  der  negativen  Klemme  von  I  ihre 
Spannung  —  'in  —  E  verändert.  Im  graphischen  Bilde 
werden  die  Spannungen  des  Elementes  I  um  „  nach  unten 
und  von  II  um  .-  nach  oben  gerückt.  Die  mit  einander  ver- 
bundenen Klemmen  von  beiden  liegen  auf  Null,  die  positive 
von  II  auf  +  E,  die  negative  von  I  auf  —  E.  Legen  Sie 
bei  unsern  vier  in  Reihe  geschalteten  Elementen  unsern 
Spannungsmesser  zwischen  die  negative  Klemme  des  ersten 
Elementes  und  die  Batteriemitte,  das  ist  die  verbundene  positive 
Klemme  des  zweiten  und  negative  des  dritten,  so  zeigt  das 
Instrument  zwei  Volt  an  und  den  gleichen  Spannungsunterschied 
von  der  Batteriemitte  zur  positiven  Klemme  des  vierten.  Ver- 
such und  Überlegung  lehren,  die  Elektromotorische  Kraft 
einer  Batterie  von  n  hintereinander  geschalteten 
Elementen  von  der  Elektromotorischen  Kraft  E  ist 
gleich  «  E. 

')  Hierbei    ist    lur  Vereinfacliung  wieder  vorausgesetzt  worden,    dass    an   jeder 
Klcklrode   der  .Spann ungssprung   die   Hältlc   der   Elelitromotorischcn   Kraft   der  Zelle 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Stromerzeugung.  171 

Die  Elektricität  erhält  in  jedem  Element  eine  neue  Spannungs- 
erhöhung, oder  denken  Sie  sich,  wie  in  der  ersten  Vorlesung 
(S.  6)  Unterschiede  der  Spannung  durch  solche  eines  elektrischen 
Niveaus  versinnbildlicht,  dann  können  Sie  in  der  Hintereinander- 
schaltung der  Elemente  ein  Aufeinandertürmen  von 
Spannungen  erblicken,  so  dass  die  Mitte  der  Batterie  das 
Niveau  Null  —  das    elektrische  Meeresniveau  —   die  positive 

E 

2 
ebenso    viel    tieferes    besitzt.     Als    gesamter  Höhenunterschied 

kommt  dann  2— „—  =  nE  heraus. 

Bis  lang  war  nur  von  der  offnen  Batterie  die  Rede.  Jetzt 
wird  nach  der  Grösse  des  von  ihr  gelieferten  Stromes  gefragt, 
denn  Stromwirkungen  sind  das  im  Farbschreiber,  im  Fern- 
sprecher nützlich  verwendete.  Es  soll  also  eine  aus  n  hinter- 
einander geschalteten  Elementen,  von  denen  jedes  die  Elektro- 
motorische Kraft  E  und  den  inneren  Widerstand  »,-  hat,  be- 
stehende Batterie  durch  einen  (Telegraphen-)  Draht  vom  Wider- 
stände tci  einen  Strom  schicken.     Das  Ohmsche  Gesetz  (S,  138) 

\Ci   -|-  M-( 

muss  ihn  berechnen  lassen.  Statt  der  Elektromotorischen  Kraft 
einer  Zelle  ist  jetzt  die  n  -  fache  der  Batterie ,  n  E  wirksam. 
Auch  Vi,  der  innere  Widerstand  einer  Zelle,  ist  nicht  der  der 
gesamten  Batterie.  Denn  da  der  Strom  durch  sämtliche  Zellen 
hintereinander  in  einem  einzigen  ungeteilten  Wege  fliesst,  ist 
eine  m  mal  so  lange  Elektrolytschicht  zu  durchlaufen,  mithin  bei 
unverändertem  Querschnitt  ein  »-facher  innerer  Widerstand  w  Wi 
zu  überwinden.  Der  Strom  von  n  hintereinander  geschalteten 
(deshalb  der  Index  h)  durch  den  äusseren  Widerstand  tri 
geschlossenen     Elementen  ergiebt  sich  folglich  zu 

./.=     "J     . 

H  «•/   +  Wi 

Die  (1  Elemente  liefern  zwar  hiernach,  so  viel  ist  sicher,  mehr 
Strom  als  ein  Element,  aber  durchaus  nicht  n  mal  so  viel.    Auf 


DigitizsdbyGOOgle 


172  Chemische  Strome rzeugurg. 

der    rechten    Seite    der    Gleichung    wird   Zahler    und   Nenner 
durch  M  dividiert  und  dadurch  erhalten. 

ICi   +  IC, 


Die  Stromerhöhung,  die  man  durch  Anwendung  von  n  hinter- 
einander geschalteten  Elementen  erreicht,  ist  gerade  so  gross, 
als  ob  der  Wert  des  Nutzwiderstandes  «■;  die  Länge  des 
Telegraphendrahtes,  auf  den  nten  Teil  verkleinert  würde. 

Nun  werden  Sie  auch  erkennen,  dass  die  Ihnen  vorher 
vielleicht  absurd  erschienene  Parallelschaltung  von  Elementen 
Sinn  haben  kann.  Mögen  die  n  nebeneinander  geschalteten 
Elemente  auch  nur  die  Elektromotorische  Kraft  eines  einzelnen 
haben,  so  haben  sie  in  ihrer  Gesamtheit  nur  den  nten  Teil  des 
inneren  Widerstandes  einer  Zelle.  Denken  Sie  sich,  die  neben- 
einander geschalteten  Zellen  (Fig.  99  auf  S.  167)  lieferten  nicht 
selbst  Strom,  sondern  es  seien  n  Zersetzungszellen,  etwa  Kupfer- 
voltameter  (Fig.  77  auf  S.  119),  wie  eine  Batterie  nebeneinander 
geschaltet,  und  durch  die  Enddrähte  würde  Strom  von  aussen  zu 
den  Klemmen  in  sie  hineingeschickt.  Dann  wird  jede  einzelne 
Zelle  nicht  von  dem  ganzen  Strome,  sondern  nur  von  dessen 
«ten  Teil  durchflössen.  Es  besteht  eine  Stromverzweigung. 
Jeder  Zweig  hat  den  inneren  Widerstand  ir,.  Der  Gesamtwider- 
stand ist  folglich  -  ■  Es  ist,  als  ob  ein  elektrolytischer  Leitungs- 
weg vom  »I- fachen  Querschnitt  durchlaufen  würde,  wie  Sie  das 
für  feste  Leiter  schon  längst  wissen  (S.  21).  Ob  man  nun  von 
aussen  Strom  in  parallel  geschaltete  Zersetzungszellen  hinein- 
schickt oder  ihn  in  parallel  geschalteten  Elementen  selbst  erzeugt, 
bleibt  für  die  Grösse  des  elektrol3'tischen  Widerstandes  gleich- 
giltig.  Bei  der  Nebcneinanderschaltung  wird  also  nicht  die 
Länge  der  Elektrolytsäule  ver-H-facht,  wie  bei  der  Hintereinander- 
schaltung, sondern  der  Querschnitt.  Also  keine  Multiplikation 
des  einzelnen  it-,  mit  h,  sondern  Division  durch  n.  Hintereinander- 
geschaltete Elemente  liefern  alle  ein  und  denselben  Strom,  und 
jedes  einzelne  erteilt  ihm  den  »den  Teil  der  Spannung.  Bei 
Parallelschaltung   erzeugt  jedes  Element  einen  Teilstrom,    der 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Stromerzeugung.  173 

sich  mit  den  andern  zum  Gesamtstrom  vereinigt,  und  alle  Zellen 
liefern  die  gleiche  Spannung.  Die  Anwendung  n  parallel- 
geschalteten Zellen  hat  denselben  Erfolg,  als  ob  man  alle  ihre 
Elektroden  in  eine  einzige  grosse  Zelle  setzte,  oder  als  ob  in 
dieser  nur  zwei  Elektroden  mit  n  mal  so  grosser  wirksamer 
Oberfläche  vorhanden  wären.  Daher  der  französische  Ausdruck 
fttr  Parallelschaltung:  groupement  en  surface.  Der  von  einer 
Batterie  parallel  geschalteter  Elemente  erzeugte  Strom  ergiebt 
sich  schliesslich  zu 


/;,    = 


„-  +  »- 

Das  frühere  <7«  = 

«■■  +  -: 

sei  zum  Vergleich  darunter  gesetzt. 

Wie  dieser  Vergleich  lehrt,  ist  für  den  weitaus  häufigeren 
Fall,  dass  der  Nutzwiderstand  Wi  den  inneren  Widerstand  w,- 
einer  Zelle  sehr  stark  überwiegt,  die  Reihenschaltung  die  einzig 
richtige,  es  sei  denn,  dass  uns  zur  Zeit  noch  fremde  Verwicklungen 
eintreten.  Die  Anwendung  des  Ohmschen  Gesetzes  auf  eine 
galvanische  Zelle  war  in  der  vorigen  Vorlesung  (Fig.  82  auf  S.  140) 
graphisch  dargestellt  worden.  Ein  ähnliches  Diagramm  soll  für 
einen  Fall  der  praktischen  Telegraphie  gezeichnet  werden.  Ein 
telegraphischer  Nutzwiderstand  von  2500  Ohm  werde  aus  einer 
vterzigzelligen  Batterie  mit  Strom  gespeist.  Es  ist  kein  Zweifel, 
dass  Reihenschaltung  gewählt  werden  muss,  wenn  ein  nennens- 
werter Strom  fliessen  soll.  Setzt  man  nämlich  in  den  beiden 
Gleichungen 


J^  = 


und  Jp  = 


+  tv, 


!•:  ■=  1,  )(■,■  =  5,  iii  ■=  2500  und  n  =  40,  so  ergiebt  sich  Jm 
zu  0.0148,  Jp  zu  0,0004  Ampere.  J*  ist  in  der  That  von  der 
Grössenordnung  des  Mor.sestromes,  der  (S.  16)  zu  etwa  13  Müli- 


DigitizsdbyGOOgle 


174  Chemische  Stromerzeugung. 

anipere  mitgeteilt  worden  war.  Wollten  Sie  versuchen,  Im 
Diagramm  Volt  und  Ohm  im  gleichen  Masstab  zu  zeichnen,  so 
würde  auch  für  die  in  Reihe  geschaltete  Batterie  die  Linie  CB 
so  gut  wie  horizontal  werden,  denn  für  tg  B  =;  0,0148  finden 
Sie  die  Grösse  des  Winkels  B  zu  etwa  0°  55'  angegeben.  Da 
also  ein  gleicher  Maasstab  für  Volt  und  Ohm  die  Zeichnung 
unmöglich  macht,  so  muss  eben  der  Maasstab  filr  die  Spannung 
viel  grösser  als  der  für  den  Widerstand  gewählt  werden.  In 
unserm  alten  Diagramm  (Fig.  82)  war  er  ja  auch  zehnmal   so 


Fig.   102.     Strom licferiing  n  hintereinander  geschalteter  Elemente. 

gross.  Nehmen  wir  ihn  jetzt  zwanzigfach.  Dann  wird  tg  H  = 
20  .  0,0148  und  B  etwa  16"  40'.  Es  wird  also  (Fig.  102)  vertikal 
OC  =  E  zu  20  Teilstrichen  und  horizontal  OA  =  w^  zu  5  und 
2500 


AB  =  -        zu   -^    =  62,4  aufgetragen.    Das  ist  das  Diagramm 

für  die  Hintereinanderschaltung.     Für  Parallelschaltung  gelingt 

die   Zeichnung    deshalb    nicht,    weil  AB  statt      .-     jetzt  2500 

Ohm  wiedergeben  müsste.  Mehrere  Dutzend  Tafeln  müssten 
neben  einander  hängen,  um  auch  nur  im  Zwanzigstel-Maasstab 
das  ganze,  nicht  durch  n  geteilte  ici  aufzunehmen,  und  BC 
würde  so  gut  wie  horizontal  verlaufen  (Neigung  etwa  0*30')- 
In   kleinerem    Maasstab    kann    aber    lo    auch    nicht    gezeichnet 

werden,  weil  ■    '    schon  bei  V*«  fast  verschwindend  klein  wird. 

Sie  sehen,  wie  wenig  die  Division  des  kleinen  inneren  Wider- 
standes durch  die  Elementcnzahl  im  Vergleich  zu  der  fortfallenden 
Verkleinerung  des  grossen  äusseren  Widerstandes  ausmacht. 
In  Fällen,  wie  dem  angeführten,  ist  eben  nur  Reihenschaltung 
möglich. 


DigitizsdbyGOC^Ie 


Chemische  Stromspcicherung. 


10.  Vorlesung. 

Chemische  Stromspeicherung. 

Verwertung  der  Polarisation  zu  Pol  an  sationsz  eilen  und  seciindäreti  Strom  quellen.  - 
Bleielektroden.  Wasserstoff- beschlagenes  Blei  und  Bleisuperoxyd.  Im  Akkumulator 
wird  elektrische  Energie  in  chemische  verwandelt  und  als  solche  aufbewahrt.  —  Grosse 
Oberfläche  der  Platten.  Formieren  nach  Plante  und  Faure  Beispiele  einiger  Kon- 
struktionen. —  Capacität.  Maximaler  Lade-  und  Entladestrom.  Capaciiat  und  Strom- 
entnahme. Capacität  pro  Kilogramm  Plattengewichl.  —  Chemische  Vorgänge  bei 
Enüadung  und  Ladung.  Schemata.  Grundglcichung.  —  Beieichniing  der  Klemmen.  ~ 
Sfiuredichte.  Aräometer.  Lpdung  bis  zur  Gasentwicklung.  Cberladune,  Sulfalieren. 
—  Lade-  und  Entladespannung.  Kurven.  —  Wirkungsgrad.  Reinheit  der  Materialien, 
Nachnillen  von  Säure  und  Wasser.  Notwendigkeil  sachgemässer  Bedienung.  — 
Geringer  nncrer  Widerstand  und  seine  Ursachen.  Platlenanordnung.  Schallung  der 
Zellen  zur  Batterie.  —  Zellen  für  Telegraphen  betrieb. 


Die  galvanische  Polarisation  ist  uns  bis  jetzt  als  eine  höchst 
lästige  Erscheinung  entgegengetreten.  Sie  raubt  den  chemischen 
Stromquellen  ihre  wichtigste  Eigenschaft,  die  Constanz,  wenn 
man  ihrEintreten  nicht  durch  verwickelte  Anordnungen  verhindert. 
Heute  wird  sie  sich  Ihnen  in  besserem  Lichte  zeigen.  Denn 
es  ist  dieselbe  Polarisation,  welche  erlaubt,  in  den  Akkumulatoren 
oder  Stromsammlern  elektrische  Arbeit  aufzuspeichern  und  sie 
ihnen  zu  passender  Zeit  oder  am  passenden  Ort  zu  nützlicher 
Verwertung  wieder  zu  entnehmen. 

Sie  lernten  die  Polarisation  als  Rückwirkung  des  einem 
galvanischen  Elemente  entfliessenden  Stromes  auf  dieses  Element 
selbst  kennen.  Sie  tritt  ebenso  in  einer  Zersetzungszelle  ein, 
wenn  von  aussen  aus  einer  beliebigen  Elektricitätsquelle  Strom 
in  sie  hineinfliesst.  Hier  (Fig.  103a|  wird,  wie  früher,  verdünnte 
Schwefelsäure  zwischen  Platinblechen  elektrolysiert.  Die  Bleche 
bedecken  sich  alsbald  mit  Gasblasen,  das  des  Stromeintritts 
mit  Sauerstoff,  das  des  Stromaustritts  mit  Wasserstoff.  Sie 
sind  jetzt  einander  chemisch  nicht  mehr  gleich  und  erzeugen 
vermöge  ihres  chemischen  Unterschiedes  eine  Gegenspannung, 
eine  Elektromotorische  Gegenkraft  der  Polarisation  gegen  die 


DigitizsdbyGOO'^le 


176  Chemisthe   Strom speicherung. 

der  äusseren  Elektricitätsquelle.  Ein  Strom  im  alten  Sinne  fährt 
nur  dann  fort  zu  fliessen,  wenn  seine  Spannung  ausreicht,  die 
ihm  aus  der  Zelle  entgegenwirkende  zu  überwinden. 

Reicht  die  äussere  Spannung  dazu  nicht  aus,  so  verriegelt 
ihr  eine  solche  Polarisationszelle  trotz  der  leitenden  Ver- 
bindung den  Weg.  Wenn  Sie  die  Gegenspannung  der  Zelle 
zu  etwa  1,6  Volt  annehmen,  so  können  Sie  durch  Hintereinander- 
schaltung von  II  Polarisationszellen  ungefähr  ii .  1,6  Volt  aufhalten. 
Wohlverstanden,  gelingt  das  nur  bei  Gleichspannungen.  Wechsel- 
ströme können  die  Ionen  immer  nur  über  eine  ganz  kleine 
Strecke  hin-  und  herschieben,  sie  nie  wirksam  vorwärts  bringen 
und  folglich  auch  keine  Gase  ausscheiden.  Wechselströmen 
stellt  sich  deshalb  keine  Polarisation  entgegen.  Sie  werden  von 
der  Polarisationszelle  nicht  aufgehalten.  Die  Zelle  stellt  also 
gleichsam  ein  Sieb  dar,  das  Wechselströme  ungehindert  hindurch- 
lässt  und  Gleichspannungen  aufhält,  eine  Thatsache,  von  der 
jetzt  in  der  Fernsprechtechnik  Gebrauch  gemacht  wird.  Genau 
umgekehrt  wirkt  eine  Spule  mit  grosser  Selbstinduktion.  Sie 
lasst  einen  Gleichstrom  ungehindert  hindurch,  setzt  aber  eben 
vermöge  ihrer  Selbstinduktion  einer  Wechselspannung  einen 
hohen  Widerstand  entgegen. 

Unsere  Zelle  (Fig.  103a)  ist  inzwischen  unter  Überwindung 
der  Polarisation  von  Strom  durchflössen  worden.  Schaltet  man 
die  äussere  Stromquelle  ab  und  beendigt  dadurch  den  gewalt- 
samen Stromlauf,  so  fehlt  der  Zelle  nichts  zu  einem  galvanischen 
Element.  Offenbar  tauchen  in  einen  Elektrolyten  —  verdünnte 
Schwefelsäure  —  zwei  chemisch  verschiedene  Elektroden  — 
Platin  plus  Wasserstoff  und  Platin  plus  Sauerstoff.  Schüesst 
man  jetzt  die  beiden  Elektroden  durch  einen  Metalldraht 
(Fig.  103b),  so  entsteht  für  eine  kurze  Zeit  ein  Polarisations- 
strom, ein  Rückstrom.  Schon  dieeinfache Überlegungsagt, dass 
er  in  einer  Richtung  fliessen  muss,  welche  der  des  ursprünglichen 
Stromes  entgegengesetzt  ist,  durch  den  Draht  also  vom  Sauer- 
stoff-beschlagenen Platin  zum  Wasserstoff-beschlagenen,  im 
Electrolyten  umgekehrt.  Natürlich  bewirkt  auch  der  Rückstrom 
eine  Elektrolyse  und  zwar  eine  ebenfalls  der  ursprünglichen 
entgegengesetzte.  Die  neue  Elektrolyse  führt  demnach  Wasserstoff- 
Ionen  zu  dem  mit  Sauerstoff  beschlagenen  Blech  und  Sulfat- 
Ionen    zu    dem    mit  Wasserstoff  beschlagenen.      Beide  ^Bleche 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Stromspei cherim^. 


177 


werden  dadurch  von  ihrem  Gasbelag  befreit.  Der  Polarisations- 
strom  stellt  die  alten  Verhältnisse  wieder  her.  Mit  dem  chemischen 
Unterschied  der  Elektroden  verschwindet  er  aber  auch  selbst. 
Die  sekundäre  Stromquelle  versiegt  nach  kurzer  Thätigkeit. 
So  zeigt  es  der  Versuch;  so  verlangt  es  auch  das  Gesetz  von 


\ 

'  \ 

+ 
f      f 

- 

:i— _-:H  ■ 

PlBlinbleche  ii 


Eine  äussere  Stromquelle  schickt  unter 

Überwindung  der  Gegen  Spannung  Strom 

durch  die  Zelle. 


Nach  Abschaltung  der  äusseren  Strom- 
quelle und  metallischer  Verbindung  der 
Klemmen  bewirkt  der  chemische  Unter- 
schied der  Platten  einen  RQckstrom. 


der  Erhaltung  der  Energie.  Damit  Sie  sich  die  entgegengesetzte 
Richtung  des  die  Polarisation  verursachenden  und  des  durch  sie 
verursachten  Stromes  recht  einprägen,  will  ich  den  Versuch 
nochmals  ausführen  und  dabei  neben  den  die  Klemmen  ver- 
bindenden Metalldraht  einen  Magneten  stellen.  (Schon  in  Fig.  103 
als  Nadel  gezeichnet).     Im  ersten  Fall  wird  der  Magnet  nach 


DigitizsdbyGOO'^le 


178  Chemische  Stromspeicheriing. 

links,  im  zweiten  nach  rechts  abgelenkt.  Der  zweite  Strom 
fliesst  also  dem  ersten  entgegengesetzt. 

Eine  heftigere  Gegenspannung  und  einen  länger  andauernden 
Gegenstrom  bekommt  man  durch  die  Elektrolyse  der  ver- 
dünnten Schwefelsäure  zwischen  Bleielektroden.  Hier 
tauchen  zwei  Bleiplatten  in  verdünnte  Schwefelsäure.  Nur 
kurze  Zeit  geht  ein  Strom  durch  die  Zelle,  und  schon  reicht, 
nachdem  die  fremde  Stromquelle  abgeschaltet  ist,  die  Polarisation 
aus,  um  einen  grossen  Wecker  diesen  unangenehmen  Lärm  — 
glücklicher  Weise  nicht  lange  —  vollführen  zu  lassen.  Die 
neue  Stromrichtung  ist  auch  hier,  wie  Sie  aus  der  Ablenkung 
der  neben  dem  Leitungsdraht  stehenden  Magnetnadel  ersehen, 
der  ursprünglichen  entgegengesetzt.  Der  Vorgang  ist  dem  bei 
der  Elektrolyse  zwischen  Platinblechen  ähnlich.  Wasserstoff- 
und  Sulfat-Ionen  wandern  einander  entgegen.  Wie  das  Platin- 
wird auch  das  Bleiblech  von  Wasserstoff  bedeckt.  Der  Sauer- 
stoff heftet  sich  aber  nicht  nur  an  der  Bleiplatte,  sondern  er 
verändert  sie  chemisch.  Er  oxydiert  das  Blei  und  zwar  zu  der 
Sauerstoff-reichsten  Verbindung,  die  es  eingehen  kann,  zu 
chokoladenbraunem  Bleisuperoxyd,  FbO^,  das  Sie  an  das 
Mangansuperoxyd  MhO^  erinnert.  Wir  haben  auf  elektrischem 
Wege  ein  galvanisches  Element,  ein  Sekundärelement  her- 
gestellt. Denn  in  den  Elektrolyten:  »verdünnte  Schwefelsäure 
tauchen  die  beiden  chemisch  verschiedenen  Leiter  erster 
Ordnung:  Wasserstoff-getränktes  Blei  und  Bleisuperoxyd,  und 
zwar-  vertritt  das  Wasserstoff-getränkte  Blei  das  Zink  und  das 
Bleisuperoxyd  das  Kupfer  oder  die  Kohle  eines  der  uns  bekannten 
galvanischen  Elemente.  Im  metallischen  Teile  des  Stromkreises 
fliesst  der  Strom  vom  Bleisuperoxyd  zu  Blei  plus  Wasserstoff, 
im  elektolytischen  umgekehrt,  wie  man  wieder  leicht  mit  dem 
Elektrolyt-Galvanometer  zeigen  könnte. 

Sie  haben  schon  gefohlt,  dass  dieses  kleine  Gefäss  mit  den 
ßleiplatten  in  der  verdünnten  Schwefelsäure  das  Modell  eines 
Akkumulators  ist.  Zuerst  wird  Strom  in  ihn  hineingeschickt. 
Der  Strom  bewirkt  die  chemische  Veränderung  der  Bleiplatten. 
Der  Akkumulator  wird  geladen  (Fig.  103a  kann  auch  daftlr  gelten). 
Die  äussere  Stromquelle  wird  abgeschaltet,  und  nun  kann  die 
Zelle  selbst  als  Stromquelle  dienen  |Fig.  103b).  Wahrend  der 
chemische  Unterschied  wieder  verschwindet,  wird  sie  entladen. 


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Chemische  Stroraapeicherung.  179 

Im  Akkumulator  wird  die  elektrische  Energie  in 
chemische  verwandelt  und  als  solche  aufbewahrt.  Bei 
Bedarf  verbindet  man  die  Klemmen  mit  dem  Verbrauchsapparat, 
und  die  Rückverwandlung  der  chemischen  Energie  in  elektrische 
tritt  ein. 

Für  die  Praxis  wird  ein  Akkumulator  nur  dann  verwendbar 
sein,  wenn  er  eine  grössere  Energiemenge  zu  speichern  im 
Stande  ist,  wenn  sich  eine  stattliche  Bleimenge  zum  einen  Teil 
mit  Wasserstoff  tränkt,  zum  anderen  in  Superoxyd  verwandelt. 
Man  bietet  deshalb  durch  Verwendung  von  Bleiplatten  mit 
grosser  Oberfläche  dem  chemischen  Angriff  eine  breite 
Front  dar.     Von  unserm  akademischen  Standpunkte  aus,  bleibt 


Fig.    104.      Gewalzte   Platte  von  Pollak. 

es  sich  dabei  gleichgiltig,  ob  man  —  wie  zum  Beispiel  beim 
Pollakschen  Verfahren  —  den  langen  Bleibändern,  welche 
nachher  quer  in  einzelne  Platten  (Fig.  104)  zerschnitten  werden, 
ein  reiches  Reliefmuster  von  Wellen,   Rippen,  Leisten,  Haken 


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180  Chemische  Slromapcichening. 

oder  Nasen  zwischen  gezahnten  Stahlwalzen  einpresst,  oder 
ob  man,  wie  zum  Beispiel  in  Hagen  (Fig.  108  auf  S.  184),  den 
Platten  eine  ähnliche  Modellierung  erteilt  dadurch,  dass  man 
sie  in  mit  grosser  Kunst  hergestellten  Formen  giesst. 

Aber  massive  Bleiplatten,  mögen  sie  noch  so  reich  modelliert 
sein,  verhalten  sich  gegen  die  andringenden  Gase  immer  noch 
zu  abweisend.  Sie  nutzen  sie  nur  wenig  aus  und  speichern 
nur  eine  kleine  Elektricitatsmenge.  Die  Platten  müssen  von 
ihrer  Oberfläche  aus  erst  ordentlich  aufgelockert  werden.  Das 
geschieht  am  besten  durch  das  Laden  selbst,  so  dass  allmählich 
kleine  Höhlen  und  Zerklüftungen  in  die  Plattenoberfläche  und 
weiter  in  ihr  Inneres  gefressen  werden.  Beim  erneuten  Laden 
dringt  dann  die  chemische  Veränderung  wesentlich  tiefer  in  die 
Platten  ein ,  als  zuvor.  Auch  ist  bald  in  einem ,  bald  im 
anderen  Sinne  zu  laden,  weil  durch  das  Umladen  der  jedes- 
malige chemische  Eingriff  in  die  Platten  besonders  gründlich 
wird.  Dieses  Verfahren,  durch  den  Ladevorgang  selbst  die 
Bleiplatten  elektrisch  gleichsam  aufzuschliessen,  zu  „gerben", 
seine  Bezeichnung  als  Formieren,  wie  überhaupt  ein  grosser 
Teil  der  Grundlagen  unserer  heutigen  Akkumulatorentechnik, 
rührt  von  dem  Erfinder  des  Bleiakkumulators,  Plante,  her. 

Den  Einfluss  des  Formierens  können  Sie  schon  an  unserm 
Modell  sehen.  Die  Platten  von  eben  sind  heute  zum  ersten 
Male  benutzt  worden.  Sie  können  keine  grosse  Elektricitats- 
menge aufspeichern.  Nach  kurzer  Stromabgabe  sind  sie 
erschöpft.  Hier  ist  aber  ein  Paar  ganz  ähnUcher  Platten,  die 
schon  öfter  zu  diesen  Versuchen  gedient  haben  und,  da  ich 
absichtlich  an  den  Klemmen  kein  Plus-  und  Minuszeichen  an- 
gegeben habe,  bald  im  einen,  bald  im  andern  Sinne  geladen 
worden  sind.  Diese  lassen  sich  schon  bedeutend  länger  mit 
Nutzen  laden  und  geben,  wie  der  beharrliche  Galvanoskop- 
ausschlag anzeigt,  einen  lang  andauernden  Entladestrom. 

Im  Wettbewerb  mit  dem  Formierungsverfahren  Plantes  stand 
für  eine  Reihe  von  Jahren  eins,  dessen  Prinzip  sein  Assistent 
Faure  angegeben  hat.  Dieser  benutzte  zwei  Bleioxyde,  die  an 
Sauerstoff-arme,  gelbe  Bleiglatte  Pä  0  und  die  Sauerstoff-reichere, 
feurig  rote  Mennige  P6, 0,.  Mit  einem  Bindemittel  zu  einem 
Brei  angerührt,  werden  diese  Oxyde  in  gitterartig  gegossene 
Bleiplatten,    wie    diese  hier  {Fig.  105)  oder  durch  Walzen  mit 


DigitizsdbyGOOglC 


Chemische  Strom  Speiche  rung. 

Rippen,  Häkchen,  Nasen  und  ähnlichen  Vorsprüngen  vers 
mit  einem  Spatelholz  hinein  geschmiert  und  zwar  die  Me 
in  das  später  positive  und  die  Glätte  in  das  später  nej 
Gitter.  Die  Platten  werden  dann  gehärtet,  in  Zellen  eing 
und  mit  Strom  beschickt.     Der  durch  die  Elektrolyse  dei 


Fig.    105.      Gitter  der  Kölnei-  Alt LumuUtoren werke. 

dünnten  Schwefelsäure  indirekt  gebildete  Sauerstoff  ox; 
die  Mennige  durch  und  durch  zu  Bleisuperoxyd,  und  d 
der  Stromrichtung  bewegte  Wasserstoff  reduziert  die  Glät 
schwammigem  metallischem  Blei.  Der  Vorgang  wird  fü 
positive  Elektrode  durch: 

Ph^  0^  +  20  =  3  n  (K 

Und  für  die  negative  durch: 

PbO  +  2n  ■=  Ph  +  Jl,  0 


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182  Chemische  Strom speieherung. 

wiedergegeben.  Während  das  Plantesche  Verfahren  auch  in  der 
jetzigen  Ausftlhrung  noch  viel  Zeit  und  viel  elektrische  Energie 
kostet,  werden  auf  die  zuletzt  beschriebene  Weise  die  Platten 
in  kurzer  Zeit  und  ohne  grossen  Aufwand  an  elektrischer 
Energie  fertig.  Sie  bestehen  aus  einem  Bleigerüst,  das  mit 
poröser  aktiver,  das  heisst  an  Ladung  und  Entladung  thatig 
teilnehmender  Masse  gefüllt  ist.  Die  sich  an  ihr  vollziehenden 
chemischen  Vorgänge  verändern  die  Platten  so  durch  und  durch, 
dass  an  deren  mechanische  Widerstandsfähigkeit  die  höchsten 
Anforderungen  gestellt  werden.  Den  heftigsten  Angriff  muss 
die  positive  Platte  aushalten,  und  es  kam  bei  positiven  nach 
Faure  hergestellten  Platten  gewöhnlich  vor,  dass  die  bei  den 
chemischen  Vorgangen  ihr  Volumen  verändernde  aktive  Masse 
aus  ihrem  gitterförmigen  Träger  in  Brocken  herausfiel.  Die 
herausgefallene  Masse  bildete  dann  leicht  von  Platte  zu  Platte 
eine  leitende  Brücke  von*  geringem  Widerstände.  Ein  starker 
Kurzschlussstrom  entlud  sofort  die  ganze  Zelle.  Ihre  Elektro- 
motorische Kraft  verschwand, 
die  aufgespeicherte  Arbeit  war 
zu  nutzloser  Schwefelsäurezer- 
setzung verschwendet  worden. 
I  Auch  nach  Entfernung  der  her- 
ausgefallenen Masse  blieben  die 
Platten  doch  durch  die  plötzliche 
Entladung  in  ihrer  Güte  gemin- 
dert und  gaben  bei  nächster 
Gelegenheit  zu  neuen  Störungen 
Anlass.  Mit  einigen  Ausnahmen 
fertigen  leistungsfähige  Firmen 
deshalb  keine  positiven  Platten 
mehr  nach  dem  Faureschen  Ver- 
fahren an.  Zu  diesen  Ausnahmen 
gehört  in  Deutschland  neben  den 
Kölner  Akkumulatorenwerken, 
von  denen  ich  Ihnen  ein  Gilter 
(Fig.  105)  vorzeigte,  die  Bösesche 
Fabrik.  Sie  füllt  einen  Hartblei- 
rahmen dieser  Form  (Fig.  106)  —  Hartblei  ist  eine  Legierung 
von  viel  Blei  und  wenig  Antimon  —  oder  mit  Ausnahme  eines 


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Chemische  Stroms pcicheriing.  183 

Schlitzes  oder  mehrerer  mit  einem  Gemisch  von  Bleiverbindungen 
und  Produkten  der  Theerfabrikation.  Ein  geheimgehaltener 
Vorgang  macht  die  Platten  steinhart,  so  dass  sie  beim  Anschlagen 
geradezu  metallisch  klingen.  Sie  besitzen  offenbar  eine  grosse 
Festigkeit,  wenn  man  sich  auch  über  deren  Ursprung  wundern 
mag.  Bekanntlich  werden  sie  sogar  in  den  Batterien  verwendet, 
mit  denen  das  Reich  seine  Bahnpostwagen')  erleuchtet  (Fig.  107). 


Fig.   101. 
Vierter  Teil  einer  Bflseachen  Batterie  i^ur  Beleuchtung  eines  Bahnpostwagens. 

Trotzdem  die  Zellen  im  Eisenbahnwagen  fortgesetzt  gerüttelt 
und  geschüttelt  werden,  halten  sie  immerhin  ein  Jahr  und  mehr 
aus,  für  eine  Masseplatte  eine  achtungswerte  Lebensdauer. 

Im  Allgemeinen  ist  man,  wie  gesagt,  für  die  positiven 
Platten    auf  das  ursprüngliche,    elektrische,    nur   durch  Kunst- 

')  Ein  merkwOrdigcr  Zufall  lässt  mich  die  Korrektur  dieses  Bogens  in  einem 
ausländischen  Coup«  lesen,  das  von  einer  deutsehen  Firma  mit  zwei  Glühlampen 
verhältnismässig  prSchtig  beleuchtet  ist.  Unsere  Eisenbahn  hSIt  freilich  noch  immer 
an  der  ungenügenden  Flammenbeleiichtimg  fest. 


D,„i,.,db,Google 


Chemische  ätromspekhening. 


^r 


Fig.    108.      HosLtivc  Hagener  PUtte.      (Platte   ',',,   SchnLlle  annähern 


Fig.   109.     Negative  Hagent-r  Platte. 

I,   Sclinitle  ed  und  ab  annähernd  '/j,  ef  ', 


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chemische  Strom spe ich crung.  IS5 

griffe  beschleunigte  Formierungsverfahren  zurückgekommen. 
Höchstens  bedeckt  man  die  Platte  oberflächlich  auf  mecha- 
nischem oder  chemischem  Wege  mit  einer  dünnen  Schicht 
lockeren  Bleies,  welche  ihr  besonders  über  die  erste  Zeit  ihrer 
Thatigkeit,  wo  der  Bleikern  noch  nicht  genügend  zugänglich 
ist,  hinforthelfen  soll.  Zum  Festhalten  der  aufgetragenen  Blei- 
schicht dient  die  Platten  modellierung,  wie  bei  der  PoUakschen 
Platte  (Fig.  104)  die  Häkchen. 

Die  bekannteste  deutsche  Firma,  die  Akkumulatoren-F'abrik 
A.G.  in  Hagen,  formiert  ihre  positiven  Platten,  deren  Modellierung 
Sie  aus  dieser  Zeichnung  (Fig.  108)  erkennen,  elektrisch.  Die 
negativen  Platten  (Fig.  109)  sind  zu  ähnlichen,  nur  weit- 
maschigeren Gittern  ausgebildet  und  werden  nach  dem  für 
negative  Platten  allgemein  beibehaltenen  Verfahren  mit  einem 
Mennigebrei  gefüllt,  geschmiert. 

Ganz  eigenartig  fabriziert  Gülcher. 
Auf  einem  Webstuhl  wird  ein  Gewebe 
mit  dünnen  Bleidrähten  als  Kette  und 
feiner  Glaswolle  als  Schuss  erzeugt. 
Das  Gewebe  wird  zu  Plattengrösse  zu- 
geschnitten, nach  Bloslegung  der  Draht- 
enden mit  einem  Bleirahmen  umgössen 
IFig.  i  10)  und  mit  aktiver  Masse  gefüllt. 
Eine  Schicht  Glaswolle  wird  dann  noch 
zwischen  die  einzelnen  Platten  einer 
Zelle  gefügt  und  das  Ganze  von  aussen 
fest  zusammengehalten.  Die  Masse  ist 
eben  so  locker,  dass  die  chemischen 
Veränderungen  ihr  Volumen  ausdehnen  ^'e-  "*'■ 

können,    ohne   dass   dazu    nach  aussen       '^'"'^1'="  gewebn.-  Platte, 
Platz     gebraucht    würde.      Trotz     des 

lockeren  Gefbges  in  ihrem  Innern  sind  deshalb  die  Gülcherzellen 
sehr  strapezierfahig.  Es  wäre  ihnen  schon  wegen  ihres  geistvollen 
Grundgedankens  und  seiner  glücklichen  technischen  Durchftlhrung 
eine  allgemeinere  Anwendung  wenigstens  für  transportable 
Zellen  zu  wünschen. 

Die  rein  nach  Plante  fabrizierten  positiven  Platten  bieten 
dem  Käufer  noch  den  Vorteil,  dass  durch  den  Gebrauch  die 
Formierung    weiterschreitet,     demnach     das     Aufspeicherungs- 


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186  chemische   Stromspeichcrung. 

vemiögen  der  Zelle  wächst.  Unter  dem  Aufspeichenmgs-  oder 
Fassmigsvermögen  einer  Zelle  versteht  man  nämlich  diejenige 
Elektriciiatsmenge,  welche  man  der  vollkommen  geladenen  Zelle 
entnehmen  kann,  bis  sie  praktisch  als  entladen  angesehen  wird. 
Man  nennt  diese  Zahl  gewöhnlich  die  Capacität  der  Zelle, 
wobei  man  sich  freilich  hüten  muss,  an  statische  Capacitäten, 
gemessen  in  M  F,  zu  denken.  Die  Capacität  einer  Sammlerzelle 
ist  die  von  ihr  abzugebende  Elektricitätsmenge,  zu  messen  in 
Coulomb  gleich  Amperesekunden,  praktisch  in  Amperestunden. 
Sie  bestimmt  sich  nach  Q  ■=:  J  .t  als  der  durchschnittliche 
Entladestrom,  multipliziert  mit  der  Dauer  der  Entladung.  Eine 
Bahnpostzelle,  welche  7  Ampere  10  Stunden  lang  hergiebt,  hat  eine 
Capacität  von  70  Amperestunden.  Für  die  Zellen  einer  grossen 
Berliner  Bahnzentrale  wird  eine  Capacität  von  14  000  Ampere- 
stunden angegeben.  In  der  Schwachstromtechnik  kommt  man 
mit  viel  kleineren  Capacitäten  aus.  In  Deutschland  werden  für 
Telegraphierbatterien  15,  für  Mikrophonzellen  40  Amperestunden 
als  reichlich  angesehen. 

Natürlich  muss  man,  um  aus  einer  Zelle  eine  bestimmte 
Elektricitätsmenge  entnehmen  zu  können,  eine  etwas  grössere 
in  sie  hineingeladen  haben,  um  den  durch  unwirksam  entwickeltes 
Gas  verursachten  Verlust  zu  decken.  Man  kann  annehmen,  dass 
ein  Akkumulator  im  normalen  Betriebe  bis  zu  92 "/«  der  ein- 
geladenen Elektricitätsmenge  wieder  hergiebt. 

Zur  Erhaltung  der  Capacität  ist  es  verboten,  stärkere 
Ströme  ein-  oder  auszuladen,  als  vom  Fabrikanten  für  die 
betreffende  Zelle  als  zulässig  angegeben  ist.  Geht  man  bei  der 
Ladung  oder  Entladung  über  diesen  maximalen  Strom  hinaus, 
so  verlaufen  die  Veränderungen  der  Platten  allzu  heftig.  Diese 
elektrischen  Stösse  sind  dem  Akkumulator  ebenso  verderblich, 
wie  die  mechanischen.  Sie  setzen  seine  Capacität  herab  und 
richten  ihn  allmählich  zu  Grunde.  Man  baut  aber  Zellen  für 
jede  gewünschte  Stromstärke,  durch  Anwendung  einer  grossen 
Anzahl  mächtiger  Platten  selbst  für  mehrere  Tausend  Ampere. 
Jeder  kann  sich  mithin  eine  für  seinen  Zweck  passende  Type 
kaufen  und  sie  dann  ohne  Schaden  so  weit  als  nötig  beanspruchen. 

Nach  dem,  was  Sie  über  die  Schädlichkeit  zu  grosser  Ströme 
gehört  haben,  wird  es  Sie  nicht  Wunder  nehmen,  dass  man  in 
kleineren  Strömen    grö.ssere    Elektricitätsmengen    aus   ein    und 


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Chemische  Stromspeicherung. 


187 


derselben  Zelle  herausbekommt,  als  in  grösseren.  Zu  den 
Vorgängen  im  Akkumulator  gehört,  wie  wir  das  ahnlich  schon 
beim  Hellesenelement  sahen,  Zeit,  und  wenn  man  ihnen 
diese  Zeit  zu  ihrer  Vollendung  lassen  kann,  wird  man  durch 
einen  elektrischen  Gewinn  entschädigt,  gerade  wie  unser  Körper 
die  Nahrung  besser  ausnützt,  wenn  sie  in  Müsse,  als  wenn  sie 
hastig  verzehrt  wird. 

So  erholen  sich  einerseits  häufig  die  Zellen,  wenn  man 
die  Entladung  durch  eine  Pause  unterbricht.  Die  Spannung 
steigt  wahrend  dieser  Pause  wieder  üher  den  Wert  an,  bis  zu 
dem  sie  abgefallen  war.  Andererseits  kommt  man  dadurch  in 
die  Lage,  für  dieselbe  Zelle  verschiedene  Werte  der  Capacität 
anzugeben,  wie  es  die  Firmen  thatsächlich  thun.  Natürlich 
entspricht  einem  kleineren  Entladestrom  eine  grössere  Capacität, 
wie  es  Ihnen  für  eine  bestimmte  Zelle  dieses  Diagramm  (Fig.  III) 
zeigt. 


Fig.  111.     Abhängigkeit 


r  Capacität  vom  Entladestrom.     Nach  Liebenov 


Zum  Vergleich  verschiedener  Zellen  setzt  man  ihre  Capacität 
in  Beziehung  zum  Gewicht  der  Zelle  oder  auch  nur  der  Platten, 
weil  Gefäss,  Zubehör  und  Säure  bei  verschiedenen  Zellen  gleicher 
Capacität  ungefähr  gleich  viel  wiegen.  Diese  Zahl:  Capacität 
pro  Kilogramm  Plattengewicht  muss  bei  den  Bleiakkumulatoren 
immer  klein  bleiben.  Denn,  wie  bekannt,  macht  das  Blei  mit 
seinem  spezifischen  Gewicht  von  über  Elf  die  Platten  ungeheuer 
schwer.     Nicht  minder  bekannt  sind  die  Bemühungen,  das  Blei 


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138  Chemische  Stromapeicherung. 

durch  leichtere  Materialien  zu  ersetzen,  Bemühungen,  welche 
bis  jetzt  noch  zu  keinem  technischen  Ergebnis  geführt  haben. 

Wenn  nun  die  Akkumulatorenindustrie  des  schweren  Bleies 
nicht  erraten  kann,  so  trachtet  sie  seit  ihrem  Bestehen  dahin, 

die  Zahl   ^^-r. r^-  möglichst    zu   erhöhen,    ein  Bestreben, 

Zellengewicnt 

dem  die  notwendige  mechanische  Festigkeit  der  Platten  eine 
baldige  Grenze  setzt.  Stationäre  Zellen,  deren  positive  Platten 
nach  Plante  formiert  sind,  geben  etwa  drei  Amperestunden  pro 
Kilogramm  Zellengewicht  her,  während  man  für  ebensolche 
transportable  Zellen  die  Zahl  bis  auf  das  Doppelte  heraufschraubt. 
Für  transportable  Sammler  mit  Masseplatten  werden  sieben, 
acht  und  noch  höhere  Zahlen  angegeben. 

Zur  Betrachtung  der  chemischen  Vorgange  im  Akku- 
mulator erinnern  Sie  sich  an  den  Versuch,  neue,  noch  nicht 
gebrauchte  Bleiplatten  in  verdünnter  Schwefelsäure  mit  Strom 
zu  beschicken.  In  bekannter  Weise  wandern  mit  dem  Strom 
zum  negativen  Bleiblech  die  Wasserstoff-,  gegen  den  Strom 
zum  positiven  die  Sulfat-Ionen,  Es  entsteht  Wasserstoflf- 
getränktes  Blei  und  durch  die  indirekte  Entbindung  von  Sauerstoff" 
aus  dem  Wasser  Bleisuperoxyd.  Die  erste  Ladung  wird  demnach 
durch  das  Schema: 


Pb 


■mr 


wiedergegeben. 

Bei  der  Entladung  kehrt  der  Strom  seine  Richtung  um, 
so  dass  er  im  Elektrolyten  jetzt  vom  Wasserstoff-getränkten 
Blei  zum  Bleisuperoxyd  fliesst.     Der  Wasserstoff  wandert  zum 


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Chemische  Slromspeichening,  189 

Bleisuperoxyd,  entreisst  ihm  die  Hälfte  seines  Sauerstoffs  und 
verbrennt  ihn  zu  Wasser.  Das  Bleisuperoxyd  geht  in  Bleioxyd 
über,  welches  sich  mit  der  Schwefelsaure  zu  Bleisulfat  und 
Wasser  umsetzt. 

Pb  Oj  +  }!,  =  PbO  +  H^O 
PbO  +  H^  SO^  =  Pb  SO^  +  H^O 

Andererseits  wird  der  negativen  Platte  erst  der  an  ihr  haftende 
Wasserstoff  durch  den  auf  sie  zugefuhrten  Sulfat  rest  fortgenommen 
und  darauf  ihr  Blei  in  Bleisulfat  verwandelt  nach: 


i  +  Wj    +2  {SO^)  —  If^SO^  +  PbS 


Bei  der  gewöhnlichen  Ladung  wird  das  negative  Blei  nur  wenig 
mit  Wasserstoff  getrankt.  Für  die  praktische  Entladung  kann 
man  diesen  Wasserstoff  ganz  vernachlässigen  und  nur  von  Blei- 
superoxyd und  Blei  als  den  wirksamen  Elektroden  ausgehen. 
Es  gilt  dann  Itlr  den  Entladungsvorgang  die  Gesamtgleichung 

/40j  -f  ^  +  2  iy,  SO^  =  2  /%  so,  +  2ff,0 

und  das  Schema: 


p^«'] 


Entladung 

• V 

-^A/\AA/VV^^ 


J      ••- 


rHrlOiO  < iÜSO,  < Pi 


D,„i,.,db,Google 


190  Chemische  Stromspeicheiiing. 

Bei  der  erneuten  Ladung  findet  der  umgekehrte  Vorgang 
statt.  Der  mit  dem  Strom  bewegte  Wasserstoff  reduziert  das 
Bleisulfat  der  negativen  Elektrode  zu  Blei.  Wird  noch  weiter 
geladen,  so  wird  das  Blei  mit  Wasserstoff  getränkt. 


Pb  SO^  +  2  i/j  =    Pb  +  H^    +  H^  SO^. 


Hiervon  werde  aber  wieder  abgesehen.  Die  zur  positiven  Elektrode 
bewegte  Sulfatgruppe  zersetzt  dort  eine  Molekel  Wasser  und 
macht  dessen  Sauerstoff  frei.  Inzwischen  wird  aus  dem  Bleisulfat 
und  einer  zweiten  Molekel  Wasser  Schwefelsäure  und  Bleioxyd, 
welches  Bleioxyd  der  Sauerstoff  in  Bleisuperoxyd  verwandelt. 
Eine  Gleichung  für  den  Ladungsvorgang  an  der  positiven  Elek- 
trode würde  lauten: 


Ph  SO^  +  (SO  J  +  2H.,0  =  PbO„-i-2  //,  S0_^. 

Insgesamt  ergiebt  sich  die  Ladungsgleichung: 

2  Pb  SO^  +  H,_  SO,  +  2  //j  0  =  PbO^  +  Pb  +  3H^  SO, 

oder  einfacher 

2  1*6  SO,  +  2ff^O=  I^O._  +  ^  +  2  i^j  SO^ 

und  das  Ladungsschema: 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische   Strom  speicherung. 

Ladung 


rPb/sa  — *  HlßO,  - 


Ladungs-  und  Entladungsvorgang  werden,  wie  man  sii 
durch  dieselbe  Gleichung  wiedergegeben,  wenn  man  Ausgar 
und  Endprodukt,  rechte  und  linke  Seite,  vertauscht.  1 
Akkumulator  ist  ein  wahres  Kehrelemenl.  Beide  Gleichun] 
lassen  sich  deshalb  zu  einer  Grundgleichung  vereinigen; 
man  für  die  Entladung  von  rechts  nach  links  oder  für  die  Ladi 
von  links  nach  rechts  lesen  kann. 

Entladung 
Ladung 


Die  Klemmenbezeichnung  eines  Akkumulators  ist  bei 
Ladung  und  Entladung  gleich,  trotzdem  in  beiden  Fällen 
Ströme  einander  entgegengesetzte  Richtung  haben.  Bei 
Entladung  stellt  der  Akkumulator  eine  Stromquelle  vor,  ] 
Strom  fliesst  zur  positiven  Klemme  aus  ihm  heraus.  Die  bra 
Bleisuperoxydplatte  trägt  die  positive,  die  graue  Bleiplatte 
negative  Klemme.  Mit  der  Ladung  wird  der  Sammler  aus  ei 
Stromquelle  ein  Stromempfänger.  Zur  positiven  Klemme  flii 
jetzt  der  Strom,  der  Ladestrom,  in  ihn  hinein.  Bei  der  Ladi 
bleibt  deshalb  —  um  es  zu  wiederholen  —  die  Klenm 
Bezeichnung    die    gleiche,    wie    bei    der    Entladung.     De s h . 


DigitizsdbyGOOgle 


192 


Chemische  Strom  speicherung. 


gilt  für  das  Laden  die  Regel,  mit  der  positiven  Klemme 
der  ladenden  Stromquelle  die  positive  Klemme  der 
Akkumulatorenbatterie  und  ebenso  die  beiden  nega- 
tiven zu  verbinden.     (Vgl.  auch  Fig.  103  auf  S.  177.) 

Aus  der  Grundgleichung  für  die  Chemie  des  Akkumulators 
lässt  sich  unter  anderen  folgende  wichtige  Thatsache  erkennen. 
Bei  der  Entladung  verschwinden  zwei  Molekeln  Schwefelsaure 
und  es  entstehen  zwei  Molekeln  Wasser.  Da  auch  Schwefel- 
saure dicker  ist  als  Wasser,  nimmt  das  spezifische  Gewicht 
des  Elektrolyten  bei  der  Entladung  ab.  Beobachtet  man 
eine  Zelle  während  der  Entladung,  so  sieht  man  an  den 
Elektroden  in  der  Flüssigkeit  Schlieren  —  von  verdünnter 
Saure  —  aufsteigen.  Bei  der  Ladung  fliessen  umgekehrt 
Schlieren  —  starker  Saure  —  an  den  Platten  hinab;  entstehen 
doch  jetzt  zwei  Molekeln  Schwefelsäure,  wahrend  zwei  Molekeln 
Wasser  verschwinden.  Bei  der  Ladung  steigt  demnach 
das  spezifische  Gewicht  der  Säure. 

Die  Beobachtung  des  spezifischen  Gewichtes  des  Elektro- 
lyten   liefert    ein    bequemes  Mittel,    über  den  jeweiligen  Lade- 
zustand einer  Batterie  einen  Anhalt  zu  gewinnen. 
nt  \H,so.   In  einer  Zelle  jeder  stationären  Batterie  schwimmt 
deshalb  immer  ein  solches  Aräometer  (Fig.  112). 
„^      Bei  seitlichem  Daraufsehen  (Fig.  1 12  unten  rechts) 
erkennt    man,    dass  der  untere  Teil  des  Aräo- 
"*'      meterkörpers  von  vorn  nach  hinten  plattgedrückt 
sr»      ist,  um  in  der  Zelle  zwischen  den  Platten  Raum 
zu  finden.  Dieses  Instrument  trägt  eine  Einteilung 
von  1,30  bis  1,05,  entsprechend  einem  ungefähren 
~]  Gehalt  des  Elektrolyten  von  39  bis  4Vo  Schwefel- 

säure. Zu  Oberst  steht  natürlich  das  kleinste 
spezifische  Gewicht,  denn  das  Aräometer  muss 
in  die  spezifisch  leichtere  Flüssigkeit  tiefer  ein- 
sinken, um  von  ihr  dasselbe  Gewicht,  wie  von 
der  schwereren,  zu  verdrängen.  Dieses  englische 
Aräometer  (Fig.  113)  eignet  sich  zur  Messung 
der  Säuredichtc  in  allen  Schichten  des  Elektro- 
lyten, nicht  nur  in  der  oberen  und  auch  besonders 
für  transportable  Zellen.  Wie  man  es  benutzt, 
lehrt  der  Augenschein. 


i 


D,„i,.,db,Google 


Chemiache  Stromspeicherung.  ]93 

Die    Änderung    der    Säuredichte    bewegt    sich    in    jedem 
einzelnen  Falle    in  viel    engeren  Grenzen,    als  die  Aräometer- 
teilung vermuten  lässt.     Hat  in  der  geladenen  Batterie  die  Säure 
zum  Beispiel    ein   spezifisches  Ge- 
wicht*) von  1,17,  was  einem  unge- 
fähren Gehalt  von  23,5»/«  H^SO^ 
entspricht,    so   sinkt    bei   der  Ent- 
ladung    das    Aräometer    bis    zur 
Marke  1,14  ein,  weil  im  Elektrolyten 
nur  noch  20  7"  Schwefelsäure  vor- 
handen   sind.     Eine    andere    Zelle 
zeigt  die  Grenzwerte  1,20  (27,3  V) 
und    1,18  {24,8  7o).      Die   verschie- 
denen    Fabriken     schreiben     ihrer  j 
Ausgangssäure    eine    verschiedene 
Dichte  vor,  die  ftlr  jeden  einzelnen 
Fall    aus    der    der  Batterie  beige- 
gebenen   Bedienungsvorschrift    zu 
ersehen  ist. 

Nähert  sich  die  Ladung  ihrem 
Ende,  so  beginnt  an  den  Elektroden 
—  zuerst  an  den  positiven  —  eine 
immer  heftigere  Gasentwicklung, 
welche  anzeigt,  dass  die  Produkte 
der  Elektrolyse  nicht  mehr  nützhch 
verwertet  werden.  Für  gewöhnlich 
wird  die  Ladung  so  weit  getrieben, 
bis  beide  Arten  von  Platten  gleich 
stark  Gas  entwickeln.  Bleibt  eine 
Zelle  hinter  den  andern  in  der  Gas- 
entwicklung   zurück,    obgleich    sie  Fig,  113. 

nicht    stärker    beansprucht    worden       Aräometer  englischer  Konatniktion. 

ist,  als  die  andern,  so  hat  sie  irgend 

ein  Gebrechen,  das  sofort  aufgesucht  werden  muss.  In  jedem 
Akkumulatorenraum  findet  sich  zu  dem  Zweck  eine  bewegliche 
Glühlampe,  mit  der  man  die  Zellen  von  allen  Seiten  und  unten 
ableuchten    kann.      Vorschriftsmässig    soll    das    übrigens    alle 

')  Statt  der  speiifisehen  Gewichte  wi 
Praxis  allgeinein  gebräuchlichen  Beaum^grade 


D,„i,„db,Goo<^le 


194 


Chemische  Stromspeiche ning. 


Woche  mit  sämtlichen  Zellen  der  Batterie  geschehen.  Bei  dieser 
Gelegenheit  sei  daraufhingewiesen,  dass  in  einem  Akkuraulatoren- 
raum  wegen  des  auch  bei  guter  Lüftung  immer  etwas  vor- 
handenen Knallgases  keine  Flamme  entzündet  werden  darf.  Es 
soll  also  geladen  werden,  bis  alle  Platten  Gas  entwickeln.  Nur 
hin  und  wieder  —  bei  täglich  benutzten  Zellen  höchstens  alle 
vierzehn  Tage  —  soll  die  Ladung  trotz  heftiger  Gasentwicklung 
noch  fortgesetzt,  die  Batterie  überladen  werden. 

In  enger  Beziehung  zum  Gehalt  des  Elektrolyten  an 
Schwefelsäure  steht  auch  die  bis  jetzt  noch  nicht  betrachtete 
Elektromotorische  Kraft  eines  Akkumulators  und  damit  seine 
Klemmenspannung.  Da,  wie  noch  zu  besprechen  ist ,  die 
Zellen  einen  ausserordentlich  kleinen  inneren  Wider- 
stand haben,  fallen  Elektromotorische  Kraft  und 
Klemmenspannung  so  gut  wie  zusammen.     Hier  (Fig.  114) 


!  . 

s 

A 

y 

/' 

/' 

y 

-^ 

>-    %  H^SOi. 

Fig.   114.     Abhiagigkeit  der  Elektromotorischen  Kraft  einer  Sammlerzetle  vom 
-SauregehalL     Nach  Dolezalek. 

ist  für  eine  bestimmte  Sammlerzelle  in  demselben  Ladezustand 
die  Elektromotorische  Kraft  in  Abhängigkeit  von  dem  Säuregehalt 
aufgetragen.  Die  Volt  steigen  nahezu  geradlinig  mit  den 
Prozenten  B^SO^  an.  Man  würde  deshalb  im  Akkumulator 
weit  stärkere  Schwefelsäure  als  üblich  anwenden,  wenn  nicht 
die  Gefahr  eines  unmittelbaren  chemischen  Angriffs  der  Platten 
durch  die  Schwefelsäure  davon  abhielte.  Ein  solcher  Angriff, 
nach 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische  Strom Epeicherung.  I95 

n  +  H^  SO^  =  Pb  SO^  +  H„, 

überzieht  die  Platten  mit  einer  zusammenhängenden  weissen 
Schicht  von  Bleisulfat.  Er  ist  als  Sulfatieren  von  jedem 
Akkimiulatorenbesitzer  gefilrchtet  und  tritt  besonders  dann  ein, 
wenn  die  Batterie  längere  Zeit  in  entladenem  Zustande  stehen 
bleibt.  Dieses  ist  also  unbedingt  zu  vermeiden ;  denn  gründlich 
sulfatierte  Platten  nehmen  nicht  mehr  am  Lade-  und  Entlade- 
vorgang teil.  Nur  wenn  rechtzeitig  eingegriffen  wird,  kann 
man  sie  durch  mehrmalige  abwechselnde  Überladung  und  Ent- 
ladung wieder  brauchbar  machen.  Man  nimmt  an,  dass  dann 
der  heftige  chemische  Vorgang,  besonders  die  Gasentwicklung, 
das  Bleisulfat  lockert  und  fortspült.  Übrigens  bleibt  es  merk- 
würdig, dass  derselbe  hier  so  schädliche  Körper  im  normalen 
Betriebe  als  ganz  unschuldig  entstehen  und  nur  durch  seine 
feine  Verteilung  von  der  neuen  Ladung  so  willfährig  in  Blei 
und  Bleisuperoxyd  zurückverwandelt  werden  soll. 


— >-     Enlladtmi  io  Slundtn 

Fig.  1 15.     Verlauf  der  Klemmenspannung  eines  Akkumulators  während  der  Entladung. 

Das  Ansteigen  der  Elektromotorischen  Kraft  mit  der  Säure- 
dichte  erklärt  ein  wenig  die  verschiedenen  Klemmenspannungen 
eines  Akkumulators  bei  verschiedenem  Ladezustande.  Hier 
haben  Sie  im  Lichtbilde  zwei  Diagramme  vor  sich.  Das  erste 
(Fig.  115)  stellt  die  Klemmenspannung  einer  Zelle  bei  Entladung, 


DigitizsdbyGOO'^le 


196  Chemische  Stromspeichening. 

die  Entladespannung  Ei"  in  Abhängigkeit  von  der  Zeit  der 
Entladung  vor.  In  den  ersten  fünf  Minuten  der  Entladung 
stürzt  die  Spannung  auf  1,95  Volt  herunter  und  hält  sich  dann 
durch  drei  Stunden  nahezu  constant.  In  der  ganzen  Zeit  sinkt 
sie  nur  um  etwa  drei  Hundertstel  Volt,  während  sie  dann  in 
immer  schnellerem  Tempo  vollständig  abfällt.  Für  die  technische 
Entladung,  deren  Constanz  ausserordentlich  wichtig  ist,  kommt 
deshalb  nur  die  Strecke  zwischen  1,95  bis  1,90  bis  höchstens 
1 ,85  Volt  in  Betracht.  Tiefere  Entladungen  schädigen  den 
Akkumulator,  abgesehen  von  ihrem  geringen  Ertrag,  und  sind 
verboten. 

Aehnliches,    nur    umgekehrt,    giebt    das   zweite  Diagramm 
(Fig.  116)  wieder.    Bei  Beginn  der  Ladung  steigt  die  Klemmen- 


T4 


lauf  der  Kiemmensp 


Spannung  iV  sofort  auf  2,10  Volt  an  und  verläuft  dann  über 
drei  Stunden  nahezu  constant  unter  der  geringen  Zunahme  von 
nur  fünf  Hundertstel  Volt.  Eine  reichliche  Stunde  weiterer 
Ladung  bringt  dann  die  Spannung  auf  2,5  Volt  und  eine  noch 
längere  Fortsetzung  treibt  sie  schnell  bis  auf  2,7  Volt  hinauf. 
Die  eigentliche  technische  Ladung  liegt  zwischen  2,10  und 
2,15  Volt  und  der  schnell  ansteigende  Ast  von  2,5  in  der  Gas- 
entwicklung, welche  die  Ladung  gewöhnlich  abbrechen  heisst. 
Bei  Üeberladung  steigt  die  Klemmenspannung  bis  2,7  Volt  an. 


DigitizsdbyGOOgle 


Chemische   Slromapeicherung.  \Q1 

Der  Unterschied  der  Lade-  und  Entladespannung  und  die 
Veränderung  der  Spannung  wahrend  des  Lade-  und  Entlade- 
vorgangs wird,  wie  schon  erwähnt,  durch  Aendeningen  im 
Säuregehalte  des  Elektrolyten,  besonders  in  oder  an  den  Platten, 
erklärt.  In  Erinnerung  an  unser  Diagramm  (Fig.  1 14  auf  S.194  ) 
leuchtet  im  Aligemeinen  diese  Erklärung  ein.  Nur  vermisst  man 
einen  wirklichen  Grund  dafür,  warum  Lade-  und  Entladekurve 
gerade  so  eigentümlich  verlaufen  und  je  an  zwei  Stellen  unver- 
mittelt ihre  Richtung  ändern. 

Der  Unterschied  in  der  Klemmenspannung  beim  Laden, 
£/,  und  beim  Entladen,  Et",  drückt  den  Wirkungsgrad')  des 
Akkumulators,  das  heisst  den  Quotienten  aus  der  hergegebenen 
Arbeit  A"  zur  vorher  eingeladenen  A',  herab.  Von  der  ein- 
geladenen Elektricitatsmenge  Q'  sollte  man  normaler  Weise  bis 

Q" 
92  V  wieder  bekommen.    Als  Beispiel  ist  demnach  -  -  =  0,92. 

Nehmen  Sie  die  mittlere  Ladespannung  /i-V  zu  2,2  Volt  und  die 
mittlere  Entladespannung  Et"  zu  1,92  Volt  an,  so  ergiebt  sich 
das  Verhältnis  der  Arbeiten 


%^^'§.o^^o. 


oder  ein  Wirkungsgrad  von  etwa  80"/«-  Von  der  zum  Laden 
des  Akkumulators  aufgewandten  Arbeit  gehen  in  ihm  20"/" 
nutzlos  verloren.  Er  gleicht  auch  darin  einer  Maschine.  Sein 
Nutzeffekt  scheint  als  der  einer  elektrischen  Maschine  nicht 
besonders  gross.  Gegen  den  galvanischer  Elemente  ist  er  aller- 
dings glänzend.  Man  denke  nur  an  die  Verschwendung  an 
Substanz,  das  heisst  an  dem  ihm  chemisch  mitgegebenen  Arbeits- 
vorrat, den  das  Telegraphenelement  treibt;  lösen  doch  in  Folge 
der  Kupferausscheidung  auf  dem  Zink  Lokalströme  die  Zink- 
elektrode ohne  jegliches  nutzbare  elektrische  Entgelt  auf. 
Beim  Akkumulator   sind    die    Produkte  der  Elektrolyse  in  der 

1|  Manche  Lehrbücher  machen  für  die  Akkumulatoren  im  Gegensalie  lu  der  bei 
anderen  Maschinen  Qblichen  Ausdnicks weise  einen  künstlichen  und  verwirre ndi^n 
Unterschied  zwischen  Wirkungsgrad  und  NutzcfTckt.  Beide  Worte  sollten  immer  nur 
den  Quotienten  der  Arbeiten  bezeichnen. 


D,„i,.,db,Google 


198  Chemische  Strom  speicherung. 

Schwefelsaure  wenig  löslich,  und  dann  bestehen  beide  Elektroden 
aus  Blei.  Lokalströme  wie  beim  Telegraphenelement  sind  beim 
Akkumulator  deshalb  solange  ausgeschlossen,  als  nicht  fremde 
Metalle  in  ihn  hineingelangen.  Dann  findet  auch  beim  Akkumu- 
lator, und  zwar  in  kürzester  Zeit,  Selb  Stent  ladung  statt. 
Die  Platten  sind  deshalb  aus  ganz  reinen  Ausgangsmaterialien 
herzustellen.  Auch  ist,  damit  man  wirklich  reine  Schwefelsäure 
erhalte,  beim  Ankauf  ausdrücklich  anzugeben,  dass  sie  zur 
Füllung  von  Akkumulatoren  gebraucht  wird.  Sie  darf  auch 
nicht  in  eisernen  oder  zinkenen  Gefässen  aufbewahrt  werden. 
Die  gleiche  Reinheit  wird  von  der  Schwefelsäure  und  dem 
destillierten  Wasser  verlangt,  welche  in  die  im  Betriebe  befindliche 
Batterie  nachgefüllt  werden.  Beide  dürfen  keine  Salzsäure 
enthalten,  worauf  sie  trotz  aller  Angaben  des  Lieferanten 
mit  Silbernitrat  geprüft  werden  sollen.  Man  hat  für  diese  Prüfung 
durch  Nicht-Chemiker  zweckmässige  Reagenzkästchen  gebaut, 
die  einige  Reagenzglaser  und  ein  Tropfglas  mit  Silbern  itratlösung 
in  praktischer  Anordnung  enthalten.  Die  Akkumulatoren  ent- 
laden sich  aber  auch  dann  ein  wenig  innerlich  von  selbst,  wenn 
alle  diese  Vorsichtsmassregeln  getroffen  sind,  und  zwar  sollen 
pro  Tag  1  bis  2  °/o  der  gespeicherten  Elektricitätsmenge  ver- 
schwinden. Garnicht  oder  wenig  benutzte  Akkumulatoren  sind 
deshalb  mindestens  alle  zwei  Monate  frisch  aufzuladen. 

Dass  die  Zellen  im  Betriebe  ausser  dem  verdunstenden 
Wasser  auch  Schwefelsäure  verlieren,  weiss  jeder,  der  mal  die 
Säure-geschwängerte  Luft  eines  Akkumulatorenraimies  —  man 
erinnere  sich  der  früheren  Berliner  Strassenbahnwagen  — 
geatmet  hat.  Die  sich  entwickelnden  Gase  reissen  flüssige 
Saureteilchen  mit  sich.  Ob  Säure  oder  destilliertes  Wasser 
nachgefüllt  werden  muss,  sagt  der  Stand  des  Aräometers. 
Als  Regel  wird  ein  vier-  bis  filnlinaliges  Nachfüllen  von  Wasser 
auf  einmaliges  von  Säure  als  notwendig  angegeben.  Die 
Flüssigkeit  soll  einen  Centimeter  über  die  Platten  ragen.  Bei 
dieser  Gelegenheit  sei  auf  die  genaue  Befolgung  der 
jeder  Batterie  gedruckt  beigegebenen  Bedienungs- 
vorschriften hingewiesen.  Denn  die  auf  die  Batterie  ver- 
wandte verständige  Sorgfalt  macht  sich  bei  guten  Fabrikaten 
—  man  soll  bei  Akkumulatoren  nicht  auf  den  Preis  sehen  —  in 
ununterbrochener    Betriebsfähigkeit    und    langer    Lebensdauer 


DigitizsdbyGOOgle 


Qiemische  StromspeJcherung.  t9Q 

bezahlt.  Andere  Maschinen  pflegen  bekanntlich  sogenannte 
Kinderkrankheiten  zu  haben,  die  sich  mit  der  Zeit  verlieren. 
Bei  den  Sammlerzellen  ist  es  umgekehrt.  Sie  arbeiten  gewöhnlich 
im  Anfang  befriedigend,  und  bei  schlechter  Fabrikation  oder 
unaufmerksamer  Behandlung  stellen  sich  allmählich  immer  neue 
Gebrechen  ein,  die  kostspielige  und  nicht  abreissende  Reparaturen 
erfordern.  Der  Abschluss  eines  Beaufsichtigungs-  und  Ver- 
sicherungsvertrages mit  der  liefernden  Firma  —  über  die 
Garantiezeit  hinaus  —  ist  deshalb  sehr  zweckmässig. 

Der  Haupt  Vorzug,  den  der  Akkumulator  als 
Schwachstromquelle  vor  allen  anderen  bietet,  ist 
sein  geringer  innerer  Widerstand,  ein  Vorzug,  dessen 
wahre  Bedeutung  Sie  in  den  Vorlesungen  über  Telegraphen- 
betrieb und  über  Physik  des  Fernsprechens  einsehen  werden. 
Der  innere  Widerstand  kleiner  Zellen,  wie  sie  in  der 
Telegraphie  gebraucht  werden,  beträgt  nur  einige 
Hundertstel  Ohm,  der  grösserer  geht  gar  auf  Tausendstel 
Ohm  und  noch  tiefer  hinunter.  Der  erste  Grund  dieser  kleinen 
Werte  liegt  in  der  —  verhältnismässig  —  grossen  spezifischen 
Leitfähigkeit  des  im  Akkumulator  angewandten  Elektrolyten.^) 
30  V»  ige  Schwefelsäure  ist  der  beste  elektrol3tische  Leiter, 
Noch  20 "/»ige  hat  einen  specifischen  Widerstand  von  1540, 
während  der  einer  15  V  »gen  Kupfersulfatlösung  23  900,  etwa 
fünfzehn  mal  so  gross  ist.  Ausserdem  ist  in  den  Akkumulatoren 
alles  darauf  angelegt,  den  inneren  Widerstand  herabzudrücken. 
Um  bei  der  Ladung  möglichst  viel  wirksame  Masse  chemisch 
zu  verändern,  mithin  die  Capacität  zu  erhöhen,  vereinigt  man 
in  jeder  Zahl  eine  Anzahl  von  Platten  und  schaltet  die  mit 
gleichem  Vorzeichen  einander  parallel.  Durch  Einbau  vieler 
Platten  in  eine  Zelle  —  über  drei  Platten  geht  man  in  der 
Schwachstromtechnik  allerdings  bei  uns  gewöhnlich  nicht  hinaus 
—  wird  dasselbe,  wie  mit  einer  Vervielfachung  der  Plattengrösse, 
erreicht.  Diese  lasst  sich  ja  aus  naheliegenden  Gründen  nicht 
unbegrenzt  steigern.  Es  ist  zu  beachten,  dass  man  die  positiven 
Platten,  deren  wirksame  Masse  einem  besonders  heftigen 
chemischen  Angriff  ausgesetzt  ist  und  darauf  mit  beträchtlichen 

'I  Der  Obergangs  widerstand  von  den  (nicht  suifatlerten)  Platten  auf  den  Elektro- 
lyten ist  ebenfalls  nur  klein,  schon  weil  die  Säure  in  die  Plaltenporen  eindringt  und 
das  ganze  Innere  der  aktiven  Masse  erfbllt. 


D,„i,.,db,Google 


200  Chemische  Slromspeichcning. 

Volumändeningen  antwortet,  immer  mit  negativen  Platten  um- 
giebt  und  sie  dadurch  von  beiden  Breitseiten  aus  mit  Strom 
versorgt  oder  nach  beiden  Seiten  Strom  liefern  lasst.  Dann 
geschehen  auch  die  Volumanderungen  nach  beiden  Seiten  hin 
gleichmässig,  und  einer  Verkrümmung  der  Platten  ist  vorgebeugt. 
Positive  und  negative  Platten  wechseln  also  in  der  Zelle  mit 
einander  ab.  Deshalb  ist  stets  eine  negative  Platte  mehr  vor- 
handen, als  positive.  Zusammen  mit  einer  positiven  werden 
zwei  negative,  mit  zwei  positiven  drei  negative,  mit  drei  positiven 
vier  negative  Platten  eingebaut  u,  s.  f.  (Fig.  !17a,  b,  c).     Durch 


Fif.  in 

Jede  Akkumiilalorcnielle  enthält  eine  negative  Platte  mehr,  als  positive. 

die  geschilderte  Vermehrung  der  Platten  vervielfacht  man  gerade 
so,  wie  durch  ihre  unthunliche  Vergrösserung,  den  Querschnitt 
des  Elektrolyten,  worauf  deshalb  schon  bei  dem  Tauchelement 
(S.  150)  vorbereitend  hingewiesen  wurde.  In  der  Zelle  a  (Fig.  117) 
ist  der  durchflossene  Elektrolytquerschnitt  doppelt,  in  b  viermal, 
in  c  sechsmal  so  gross,  als  eine  Plattenoberfläche,  weil  der 
Raum  auf  beiden  Seiten  jeder  positiven  Platte  zur  Stromleitung 
benutzt  wird.  Jeder  Elektrolytquerschnitt  ist  aber  bei  der  Aus- 
bildung der  Elektroden  zu  Platten  und  der  Gegenüberstellung 
ihrer  Breitseiten  schon  an  sich  viele  Male  so  gross,  als  etwa 
bei  einem  Telegraphenelement,  dessen  Elektroden  sich  nur  mit 
ganz  schmalen  Flächen  ansehen,  als  ob  sie  sich  böse  wären. 
Schliesslich  ist  auch  beim  Akkumulator  die  Länge  des  elektro- 
lytischen Leitungsweges  nur  klein.  Denn  die  Platten  sind  — 
durch  Hartgummigabeln  oder  Glasstäbe  (Fig.  108  Schnitt  ef  auf 


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Chemische   Strom  speie  herung.  201 

S.  184  und  Fig.  118)  getrennt  —  einander  so  nahe  gestellt,  als 
es  die  Rücksicht  auf  die  Vermeidung  von  Kurzschlüssen  zulässt.  — 
Sie  haben  sich,  so  darf  ich  hier  hinzufügen,  jetzt  gewiss  überzeugt, 
wie  notwendig  die  Kenntnis  des  Ohmschen  Gesetzes  für  das 
Verständnis  der  chemischen  Stromquellen  ist,  und  werden  zweck- 
mässig nochmals  Gelegenheit  nehmen,  es  sich  einzuprägen. 


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202  Chemische  Stromspeicherung. 

Soll  ich  auch  jetzt  noch,  wie  bei  den  galvanischen  Elementen, 
nach  der  Schaltung  der  einzelnen  Zellen,  ob  hinter  oder  neben 
einander,  fragen?  Praktisch  ist  Wi  Null.  Die  beiden  Gleichungen 
nehmen  deshalb,  auf  Akkumulatoren  angewandt,  die  Gestalt  an 


und 


Man  schaltet  also  immer  hinter  einander,  und  zwar  in  der  Art, 
wie  Sie  es  hier  für  zwei  grössere  Hagener  Zellen  |Fig,  118) 
sehen.     Die    gleichnamigen    Platten  jeder  Zelle   werden    unter 
einander  und  mit  den  ungleichnamigen  der  Nachbarzelle  dadurch 
verbunden,   dass  man  alle  diese  Platten  mit  Blei  an  ein  dach- 
artiges Bleibrettchen  in  der  hohen  Temperatur  einer  Wasserstoff- 
Stichflamme  anschmilzt.     Ein  Löten  in  der  gewöhnlichen  Weise 
ist    deshalb    ausgeschlossen,    weil    das    aus    Blei,    Lötzinn    und 
heraufspritzender       Schwefelsaure       entstehende       galvanische 
Element    die    Lötstelle    zerstört.       Beachten    Sie    auch,    bitte 
(Fig.  118)  die  Bleibügel,  welche  durch  ihre  Federung  ein  Aus- 
dehnen und  Zusammenziehen  des  ganzen,  nur  einen  Teil  des 
Gefässes  ausfüllenden  Plattenpacketes  ge- 
statten und  dadurch  ein  Werfen  oder  Ver- 
ziehen   der    einzelnen  Platten    verhindern. 
Beachten  Sie  ferner,    dass  die  Platten  an 
Nasen  auf  dem  oberen  Gefässrand  hängen, 
und  welcher   grosse  Abstand  der  Platten 
von    dem    Gefässboden    dadurch    erreicht 
wird.     Herausfallende    aktive  Masse   kann 
hier  keinen  Kurzschluss  verursachen. 

Eine  Nebeneinanderstellung  von  Akku- 
mulatorenzellen kommt  nur  dann  in  Frage, 
wenn  man  einer  Batterie  grössere  Ströme 
und  grössere  Elektricitätsmengen  entnehmen 
will,  jals  jede  einzelne  Zelle  hergeben 
Fig.  119.  kann.     Ein  solcher  Fall,  überhaupt  selten, 

Hagener  Teiegraphenzciie.    ist      in      der     Schwachstromtechnik     aus- 
geschlossen.   Denn  hier  werden  den  Zellen 
immer  weit  geringere  Zahlen  an  Ampere  und  Amperestunden 
entnommen,  als  sie  liefern  können. 


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Chemisrhe   Strom  speie  herung.  203 

Auf  alles,  was  sonst  die  Akkumulatoren  in  der  Schwach- 
stromtechnik betrifft,  behalte  ich  mir  vor,  später  in  den  speziellen 
Vorlesungen  einzugehen  und  will  nur  zum  Schluss  Ihnen  einige 


Fig.   120.     Tolegraphen 


Fabrikate  von  telegraphischen  Sammlerzellen,  hier  (Fig.  119) 
von  der  Akkumulatoren-Eabrik  A.-G,  in  Hagen,  hier  (Fig.  120) 
von  Boese  in  Berlin  vorzeigen. 


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11.  Vorlesung. 

Wellen  und  Schall. 

Wasaerwellen.  Fortbewegung  der  Welle,  nicht  des  Wassers.  —  Seilweller.  Aus- 
biegimg. Amplitude.  Phase.  Wellenlange.  Periode.  Wechselstrom  und  'Spannung 
als  Wellen.  Wellenberg  und  -thal.  Schwingitngszahl  und  -dauer  einander  reziprok. 
Grundgleichung  c  :=  n  .  '.  —  Diagramme.  Phasenverschiebung  zwischen  Ausbiegungs- 
und Geschwindigkcils welle.  —  Zurückwerfung  der  Seilwelle  und  zwar  in  der  enl- 
gegengeselilen  Phase.  Stehende  Seilwellen.  Interfereni.  —  Stehende  Wellen  mit  dem 
Wagnerseben  Hammer.  Beziehung  zwischen  Faden,  und  Weltenlänge.  Platindraht 
an  einer  Stimm gabclzinke  (Elektrischer  Widerstand  und  Temperatur).  —  Quer-  und 
Längswellen. 

Schallwellen.  Töne  und  Geräusche.  -  Intensität,  Amplitude.  Höhe,  Schwingiings- 
zahl,  Wellenlänge.  Eindruck  der  Tonstärke.  Klangfarbe.  Obertöne.  Deren  Phase 
fbr  die  Klangfarbe,  nicht  fltr  die  Schwingungsform  gleichgiltig.  —  Zurtlckwerfung  des 
Schalles.  Schallkammer  des  Klopfers.  Die  Intensität  dem  Quadrat  der  Entfernung  umgr- 
kehrt  proportional.  Fortleitung  in  Röhren.  Beispiele.  —  Resonanz.  Beispiele.  Freie 
Schwingung.  —  Tönende  Luftsäulen.  Pfeifen.  Menschliche  Stimme.  —  Dämpfiing. 
Schallsichere  Fernsprechzellen. 


Die  heutige,  letzte  Vorlesung  des  allgemeinen  Teiles  soll 
die  Grundthatsachen  der  Wellenlehre  und  daran  anschliessend 
insoweit  die  Schallwellen  behandeln,  als  sie  zum  Verständnis 
des  Fernsprechers  notwendig  sind.  Sie  werden  dabei  ausser- 
dem unentbehrliche  Vorkenntnisse  für  die  schwierigen  Kapitel 
der  Kabel-  und  Funkentelegraphie  erwerben.  Betrachten  wir 
zunächst  die  Wasserwellen.  Der  in  einen  See  geworfene 
Stein  stört  die  Ruhe  des  Wasserspiegels.  Krümmungen  der 
Oberfläche,  die  wir  Wellen  nennen,  bilden  sich  kreisförmig  um 
die  getroffene  Stelle  als  Mittelpunkt  aus.  In  ihr  hat  der  Stein- 
wurf Wasser  nach  unten  gedrückt  und  dadurch  in  ihrer  nächsten 
Nachbarschaft  Wasser  auf  der  Oberfläche  aufgetürmt.  Der 
Spiegel  ist  zerstört.  Die  Schwere  sucht  ihn  wiederher- 
zustellen. Ihr  folgend,  begeben  sich  die  Wasserteilchen  in  ihre 
Ruhelage  zurück.  Aber  die  Trägheit  lässt  sie  über  das  Ziel 
hinaussch  Jessen  und,  wie  Pendel,  um  die  Gleichgewichtslage  der 
Ebene    herumschwingen.       Ein    Kreis    schwingender    Wasser- 


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Wellen  und  Schall.  205 

teilchen  stösst  den  nächst  grösseren  Nachbarkreis  an.  Auch  er 
gerat  in  Schwingungen  und  so  fort.  Allmähhch  hat  sich  die 
ganze  von  dem  geworfenen  Steine  an  das  Wasser  abgegebene 
Arbeitsmenge  in  Reibungswärme  verwandelt.  Die  Welle  klingt 
ab.     Die  Wasseroberfläche  ist  wieder  eben. 

Unterrichten  wir  uns  über  die  Natur  der  Wasserwellen. 
Sie  scheinen  in  einer  Fortbewegung  von  Wasser  vom  Wellen- 
mittelpunkte aus  nach  aussen  zu  bestehen.  -Aber  wer  beobachtet, 
wie  die  von  einer  Schiffsschraube  zum  Ufer  gewandten  Wellen 
schwimmende  Körper,  wie  eine  Boje  oder  eine  Ente,  nur  auf- 
heben und  niedersenken  und  nicht  auf  das  Ufer  zu  bewegen, 
sieht,  dass  die  Wellen  thatsächlich  in  einem  periodischen  Auf- 
und  Niedergehen,  in  einem  Auf-  und  Niederschwingen 
und  nicht  in  einem  Vorwärtsbewegen  von  Wasser  bestehen. 
Nur  der  Eindruck  einer  Vorwärtsbewegung  wird  hervorgerufen. 
Die  Welle  schreitet  fort,  aber  nicht  das  Wasser. 
Einen  Beweis  dafür  liefern  auch  die  Wellen,  die  der  Wind  in 
einem  Kornfeld  erzeugt.  Wie  die  Wasserteilchen  schwanken 
die  Halme  auf  und  nieder,  und  widersinnig  wäre  der  Gedanke, 
dass  sie  sich  mit  der  Welle  über  das  Feld  fortbewegen  sollten. 
Eine  Welle  (von  der  betrachteten  Art)  ist  kein  Körper,  der 
bleibend  dieselben  Bestandteile  —  Wasserteilchen,  Kornähren  — 
enthält,  sondern  nur  eine  gekrümmte  Form  der  Oberfläche,  und 
eine  Fortbewegung  der  Weile  ist  nur  eine  Fortbewegung  dieser 
Form.  Allerdings  dürfen  Sie  hier  nicht  an  die  von  andauerndem 
Winddruck  gegen  die  Küste  geworfenen  Wellen  denken,  die 
kippend  thatsächlich  Wasser  das  Ufer  heraufspülen.  Diese  Wellen 
scheiden,  als  nicht  im  physikalischen  Sinne  typisch,  hier  aus. 

Die  Wasserwellen  pflanzen  sich  nach  allen  Seiten  der  Ebene 
gleichmässig  fort.  Sehr  ähnlich  sind  ihnen  die  Seilwellen. 
Nur  ist  bei  denen  eine  deutliche  Fortpflanzungsrichtung,  eben 
das  Seil  entlang,  ausgeprägt.  Hier  ist  ein  mehrere  Meter  langes 
Hanfseil  —  eins  aus  Gummi  wäre  besser  —  zwischen  seinen 
Enden  leidlich  straff  ausgespannt.  Ein  auf  das  Seil  gegebener 
Schlag  dehnt  es  aus  und  reisst  es  an  der  getroffenen  Stelle 
nach  unten.  Vermöge  seiner  Elasticität  schwingt  es  wieder  in 
die  Gleichgewichtslage  zurück.  Einmal  in  Bewegung,  durch- 
schreitet es  diese  nach  oben,  so  weit  es  die  Elasticität  erlaubt. 
Inzwischen  hat  das  dem  geschlagenen  benachbarte  Seilstückchen 


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206  Wellen  und  Scl>a1l. 

einen  Anstoss  bekommen,  und  es  entstehen,  wie  wir  an  der 
Hand  dieser  Zeichnung  (Fig.  121)  sehen  wollen,  periodische 
Bewegungen  der  Seilpunkte.     Es  entsteht  eine  Seilwelle. 

Zu  dem  Ende  werden  acht  von  einander  gleich  weit  ent- 
fernte Punkte  eines  Seilstückes  betrachtet.  Seilpunkt  l  erhält 
den  Schlag  und  senkt  sich,  bis  er  von  der  Horizontalen  um  die 
Strecke,  die  Ausbiegung,  a  entfernt  ist.  Während  er  im  Zeit- 
abschnitt II  bis  zur  grössten  vorkommenden  Ausbiegung  b,  der 
Amplitude   weiterschwingt,    setzt   sich  Punkt  2  in  Bewegung 


Fig.   121.     Zustandekommen  einer  Seilwelle. 

und  hat  a  zur  selben  Zeit,  das  heisst  zu  Ende  des  Zeitteilchens  II, 
zurückgelegt,  da  Punkt  I  in  der  Amplitude  angelangt  ist. 
Punkt  1  kommt  in  der  Amplitude  einen  kleinen  Augenblick  zur 
Ruhe,  kehrt  dann  seine  Bewegungsrichtung  um  und  schwingt 
von  unten  bis  zur  Ausbiegung  o  zurück,  während  2  in  die 
Amplitude  vorrückt  und  Seilpunkt  3  von  oben  in  der  Ausbiegung  a 
anlangt.      Das    geschieht    während    des    Zeitteilchens  III.      In 


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Wellen  und  Schall.  207 

Stellung  IV  ist  1  wieder  in  der  Gleichgewichtslage,  2  auf  dem 
Rückweg  in  a,  3  in  der  Amplitude  i,  4  auf  dem  Hinweg  in  a 
und  5  noch  in  Ruhe.  Die  Trägheit  des  Seiles  reisst  Punkt  l 
jetzt  über  die  Gleichgewichtslage  fort,  so  dass  im  Zeitteilchen  V 
Stellung  V  entsteht.  So  schreitet  die  Welle  fort,  bis  mit  Voll- 
endung des  Zeitteilchens  VIII  Punkt  1  die  acht  Achtel  eines 
Hin-  und  Herganges,  eine  ganze  Schwingung  zurückgelegt  hat. 
Teil  2  hat  dann  sieben  Achtel,  Teil  3  sechs  Achtel,  Teil  8  ein 
Achtel  der  ganzen  Bahn  hinter  sich.  Die  einzelnen  Seilpunkte 
gelangen  nach  einander  in  die  entsprechenden  Stellen  ihrer 
Bahnen.  Jeder  Punkt  durchläuft  in  derselben  Zeit  ein- 
mal seine  Bahn,  als  die  Welle  die  ihre.  Punkt  I  erreicht 
nach  einer  ganzen  Schwingung  in  demselben  Augenblick  wieder 
die  Ebene,  in  welchem  die  Welle  in  Punkt  9  angekommen  ist, 
sich  demnach  um  die  Entfernung  der  acht  Punkte  fortgepflanzt 
hat.  Punkt  9  bewegt  sich  jetzt  in  demselben  Sinne,  wie  Punkt  I. 
Dessen  Bewegung  ist  nur  um  eine  ganze  Schwingung  älter.  Beide 
Punkte  ~  1  und  9  —  bewegen  sich  in  demselben  Sinne.  Sie 
befinden  sich  in  dem  gleichen  Schwingungszustand,  in  derselben 
Schwingungsphase.  Unter  Phase,  welche  zu  einem  der 
wichtigsten  Begriffe  der  modernen  Welt  geworden  ist,  versteht 
man  demnach  den  augenbhcklichen  Zustand  einer  periodischen 
Bewegung.  Auch  Teilchen  2  und  10  wären  in  derselben  Phase, 
desgleichen  3  und  II.  Die  Entfernung  zweier  in  derselben 
Phase  schwingenden  Teilchen  heisst  eine  Wellenlänge  l.  Die 
Welle  schreitet  gerade  einmal  um  ihre  Länge  fort,  während 
ein  Teilchen  einmal  hin  und  herschwingt,  eine  volle  Schwingung, 
eine  ganze  Periode  zurücklegt.  Das  muss  so  sein.  Wenn 
zwei  um  eine  Wellenlänge  entfernte  Teilchen  dieselbe  Phase 
haben  sollen,  muss  das  früher  angestossene  gerade  eine  volle 
Schwingung  mehr  gemacht  haben.  Hatte  es  erst  einen  Teil 
der  Schwingung  zurückgelegt,  so  wäre  es  noch  nicht  in  der- 
selben Stellung,  und  hätte  es  mehr,  als  gerade  eine  Schwingung, 
hinter  sich,  so  müsste  es  schon  in  der  Phase  voraus  sein. 

Eine  volle  Schwingung  heisst  auch ,  wie  eben  erwähnt 
wurde,  eine  Periode,  eine  Bezeichnung,  die  Sie  vom  Wechsel- 
strom (S.  81)  her  kennen.  In  der  That  verläuft  ein  Wechselstrom 
nach  Art  einer  Welle.  Auch  er  steigt  von  Null  zu  einem 
Höchstwert,  zu  einer  Amplitude  an,  nimmt  wieder  ab  und  wird 


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208  Wellen  und  Schall. 

in  der  elektrischen  Gleichgewichtslage  zu  Null.  Dann  wird  er 
negativ,  wächst  zu  einem  negativen  Höchstwert  und  wird  nach 
Zurücklegung  einer  ganzen  Periode  wieder  zu  Null.  Ebenso 
kann  eine  Wechselspannung  als  Welle  gedacht  werden, 
Dass  man  deshalb  von  der  Phase  eines  Wechselstromes  oder 
einer  Wechselspannung  redet,  wird  Ihnen  nicht  merkwürdig 
erscheinen. 

Die  Bezeichnungen  Wellenberg  und  Wellenthal  (Fig.  122) 
verstehen  sich  von  selbst.  Wellenberg  ist  die  höchste 
Erhebung  über  die  Gleichgewichtslage,  Wellenthal  das  tiefste 
Versinken  unter  sie.  Abgesehen  vom  Vorzeichen  sind  beide  ein- 
ander gleich.  Ihre  Summe  ist  Null,  ihre  Differenz  der  Maximalwert 


Wellenberg 


mienlhd 

Fig.   122.     Wellenlänge  l.  Wellecithal,  Amplitude. 


der  Schwingung,  die  Amplitude.  Der  Wellenberg  ist  vom 
benachbarten  Wellenthal  gerade  um  eine  halbe  Wellenlänge  Ik 
entfernt.  Sie  befinden  sich  in  entgegengesetzter  Phase.  Sie 
sind  gegeneinander  in  der  Phase  um  eine  halbe  Periode  ver- 
schoben. Die  verschiedenen  Wellenberge  eines  Wellenzuges 
sind  von  einander  um  eine  oder  mehrere  ganze  Wellenlängen, 
oder  eine  gerade  Zahl  halber  Wellenlängen,  entfernt.  Ebenso 
die  Wellenthäler  von  eineinander.  Wellenthäler  und  Wellen- 
berge sind  dagegen  um  '/'  '  oA^r  ^/i  l  oder  V*  '  "•  s.  w.,  also 
um  eine  ungerade  Zahl  halber  Wellenlängen  gegen  einander 
verschoben.  Die  Entfernung  einer  Amplitude  von  dem  nächsten 
in  der  Ruhelage  befindlichen  Wellenpunkt  macht  nur  eine 
Viertel  Wellenlänge  aus. 


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Wellen  und  SchaH.  209 

Für  eine  Welle  heisst  die  Zeit  in  Sekunden,  welcher  jedes 
Teilchen  zur  Vollendung  einer  ganzen  Schwingung  bedarf,  die 
Schwingungsdauer  T.  Ihr  reciproker  Wert  ist  n,  die  Schwingungs- 
anzahl pro  Sekunde: 

T=i-  und  „  =  ^ 

Sie  haben  gesehen,  dass  die  Welle  wahrend  T-Sekunden,  das 
heisst,  wahrend  ein  Teilchen  eine  volle  Periode  zurücklegt, 
gerade  einmal  um  ihre  Lange  fortschreitet.  Mithin  ist  auch  die 
Anzahl  wahrend  einer  Sekimde  zurückgelegter  Wellenlängen 
gleich  der  Schwingungszahl  f(.  Dann  ist  weiter  die  von  der 
Welle  während  einer  Sekunde  durchlaufene  Strecke  oder  ihre 
Fortpflanzungsgeschwindigkeit  c  (von  celeritas)  gleich  der  Länge  l 
einer  Welle  mal  der  Anzahl  n  der  pro  Sekunde  zurückgelegten 
Wellenlängen 

c  =  n  .1  oder  c  ^  -s,- 

Sie  werden  hierin  eine  Grundgleichung  für  die  ganze  Wellen- 
lehre erkennen.  Denn  jede  Wellenart  pflanzt  sich  in  dem  gleichen 
Körper  mit  derselben  Geschwindigkeit  c  fort.  Die  Fortpflanzungs- 
Geschwindigkeit  c  ist  ihr  ein  für  alle  Mal  bestimmt.  Wählen 
kann  sie  sich  deren  beide  Faktoren  n  und  l.  Mit  einer  Ver- 
grösserung  der  Schwingungszhl  ist  dann  untrennbar  eine  Ver- 
kleinerung der  Wellenlänge  verbunden  und  umgekehrt  mit  einem 
kleineren  «  ein  grösseres  /. 

Betrachten  Sie  dieses  Bild  einer  Welle.  (Fig.  123  auf  der 
folgenden  Seite.)  Als  solche  stellt  es  zunächst  die  Ausbiegungen 
der  einzelnen  Punkte  der  ganzen  Welle  in  Abhängigkeit  von 
ihrer  Entfernung  vom  Wellenanfang  dar. 

Sie  können  dem  Bilde  auch  einen  anderen  Sinn  (Fig.  124a) 
beilegen.  Denn  die  jeweiligen  Ausbiegungen  irgend  eines 
Punktes  des  Seiles  in  Abhängigkeit  von  der  Zeit  seiner 
Schwingung  geben  ebenfalls  eine  Welle.  Zur  Zeit  Null  be- 
ginnt der  gerade  gewählte  Seilpunkt  seinen  Weg  und  hat  zur 
Zeit  T  eine  volle  Schwingung  zurückgelegt. 


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Wellen  und  Schall. 


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sbicgiing  (Fig.  a)  und  Gescliwindigltcit  IFig.  b)  eines  Weilenpiinktes  in  Abhängigkeit 

1   der  Schwing  Imgsdauer    werden    giciohfalla  durch  Wellen  dargestellt.      Beide  sind 

gegen  einander  um  eine  Viertel  Periode  in  der  Phase  verschoben. 


D,„i,.,db,Google 


Wellen  und  Sch«il.  211 

Um  über  den  Begriff  der  Phasenverschiebung  zweier 
Welllen  klar  zu  werden,  beachten  Sie  bitte,  dass  noch  eine 
andere  Abhängigkeit  durch  eine  Welle  wiedergegeben  wird. 
Sehen  wir  uns  noch  einmal  das  erste  Wellenbild  (Fig.  121  auf 
S.  206)  an.  Jeder  Punkt  soU  sich  in  derselben  Zeit  aus  der 
Gleichgewichtslage  um  die  Ausbiegung  a  verschieben,  als  er  aus 
dieser  Stellung  in  die  Amplitude  b  gelangt,  obgleich  der  zweite 
Weg  offenbar  viel  kleiner  ist. 

b  —  a  <C  a 

Soll  dieser  Weg  6  —  a  in  derselben  Zeit  durchlaufen  werden, 
als  der  kleinere  Weg  o,  so  kann  das  nur  mit  kleinerer  Ge- 
schwindigkeit geschehen.  Der  immer  wachsende  Gegenzug  des 
Seiles  verlangsamt  die  Bewegung  des  schwingenden  Teilchens 
auf  dem  Wege  von  der  Gleichgewichtslage  zur  Amplitude,  Dort 
wird  die  Geschwindigkeit  einen  Augenblick  Null  und  wächst 
dann  auf  dem  umgekehrten  Wege,  das  heisst  negativ,  bis  sie 
beim  Durcheilen  der  Gleichgewichtslage  ihren  negativen  Höchst- 
wert gewonnen  hat  und  so  fort.  Die  Geschwindigkeit  eines 
beliebigen  Seilpunktes  in  Abhängigkeit  von  der  Schwingungs- 
dauer stellt  demnach  ebenfalls  eine  Welle  dar.  Nur  ist  diese 
neue  Welle  (Fig.  124b)  um  eine  viertel  Wellenlänge  gegen  die 
vorige  (Fig.  124a)  versetzt.  Die  Geschwindigkeitswelle  ist  gegen 
die  Ausbiegungswelle  um  eine  viertel  Periode  in  der  Phase  ver- 
schoben. Begrifflich  stellen  beide  Wellen  natürlich  ganz  ver- 
schiedene Dinge  vor.  Auch  sind  in  der  Zeichnung  (Fig.  124) 
ihre  Amplituden,  die  im  ersten  Falle  Ausbiegungen,  in  zweiten 
Geschwindigkeiten  eines  Seilpunktes  vorstellen,  nur  durch  die 
Wahl  der  Massstäbe  künstlich  gleich  gemacht.  Es  kam  blos 
darauf  an,  Ihnen  für  die  Phasenverschiebung  zweier  Wellen  ein 
Beispiel  zu  geben.  Dieses  ist  leicht  im  Gedächtnis  zu  behalten, 
wenn  man  sich  daran  erinnert,  dass  in  der  Amplitude  die 
Geschwindigkeit  Null,  dass  in  ihr  für  einen  Augenblick -Ruhe 
herrscht,  hingegen  in  der  Ebene,  der  Lage  des  ruhenden  Seiles, 
die  Geschwindigkeit  am  grössten,  die  Bewegung  am  heftigsten  ist. 
Die  Seiiwelle  verlangt  noch  einige  Aufmerksamkeit.  Wieder 
erzeugt  ein  Schlag  eine  Welle.  Sie  schreitet  über  das  Sei!  bis 
zu    seinem  Ende    fort.     Wie  Sie  sehen,  ist  sie  aber  dort  nicht 


DigitizsdbyGOO'^le 


212 


Wellen  und  Schall. 


ZU  Ende ,  sondern  wird  von  dem  befestigenden  Wandhaken 
zurückgeworfen,  wie  ein  Ball  vom  Schlagholz,  wie  der  Schall 
von  der  Bergwand,  wie  ein  Lichtstrahl  vom  Spiegel.  Sie  durch- 
läuft rückwärts  das  Seil,  kehrt  auch  vom  anderen  Ende  wieder 
zurück  und  eilt  in  wechselnder  Richtung  mehrmals  hin  und  her, 
bis  das  Seil  allmähÜch  zxir  Ruhe  kommt.  Ein  auf  einen  Spiegel 
schief  auffallender  Lichtstrahl  wird  bekanntlich  nicht  auf  seine 
alte  Bahn  zurückgeschickt,  sondern  nimmt  einen  auf  der  anderen 
Seite  des  Einfallslotes  hegenden  Weg,  und  zwar  ist  der 
Spiegelungs-  dem  Einfallswinkel  gleich  (Fig.  125).    Aus  gleicher 


Fig.   1 25.     Spiegelung. 


Fig.    126.       Die    SeUwelle    wird    vom 

Wandhaken,    um    eine    halbe    Periode 

verschoben,  zurQckgeworlen. 


Ursache  wirft  der  Befestigungshaken  die  bei  ihm  gerade  nach 
oben  schwingende  Seilwelle  als  nach  unten  schwingende  zurück. 
Wellenthal  wird  als  Wellenberg  gespiegelt  und  umgekehrt. 
Die  Welle  kehrt  vom  Seilende  in  der  entgegengesetzten  Phase, 
um  eine  halbe  Wellenlänge,  eine  halbe  Periode  verschoben, 
zurück  (Fig.  126). 

Bis  jetzt  begnügten  wir  uns  mit  einem  Schlag  auf  das 
Seil  und  warteten  den  Verlauf  der  Welle  ab,  wie  sie  hin  und 
her  das  Seil  durchmass  und  allmählich  verklang.  Nun  wird 
durch  schnelles,  taktmässiges  Schlagen  fortwährend  der  Anstoss 


DigitizsdbyGOOgle 


Wellen  und  Schall.  213 

ZU  neuen  Wellen  gegeben.  Welches  ist  das  Ergebnis?  (Fig.  127.) 
Sie    sehen,    das  Wellenbild   ändert  sich  vollständig.     Die  neue 
Welle  schreitet  nicht  mehr  über  das  Seil  fort,    sondern    behält 
einen  festen  Standort  bei.     Sie  bleibt 
auf  dem  Seile  stehen.      Sie  ist  eine 
stehende  Welle.     Das  Seil    ist  in        _    _    i  : 

gleiche  Teile  geteilt,  von  denen  die 
benachbarten  immer  in  entgegen- 
gesetzter Richtung  schwingen.  Ge- 
wisse Punkte  des  Seiles  {k'  und  k") 
bleiben  unverändert  in  Ruhe  oder 
zeigen  nur  eine  ganz  kleine  Bewegung. 
Es  sind  die  Knoten  der  stehenden 
Welle.  Andere  Teile  des  Seiles 
bleiben  in  fortwahrender  Bewegung 
und  bauchen  sich  abwechselnd  nach 
oben  und  unten  aus.  Es  sind  die 
Bäuche.  Verfolgen  Sie  die  einzelnen 
Stellungen  der  stehenden  Welle 
(Fig.  127).  Bei  I  ist  Ruhe.  Das  als 
Linie  gedachte  Seil  bildet  eine  Hori- 
zontale. Bei  II  erhebt  sich  die  Seil- 
mitte und  die  Enden  senken  'sich. 
Bei  III  dasselbe,  nur  verstärkt.  Bei  IV 
kehrt  das  Seil  wieder  in  die  Stellung  II 
und  bei  V  in  die  Ruhelage  I  zurück. 
Dann  findet  derselbe  Vorgang  nach 
unten  statt,  bis  bei  IX  wieder  Ruhe 
herrscht. 

Lassen  Sie  uns  nun  überlegen, 
wie  die  stehende  Welle  zu  Stande 
kommt,  deren  Verlauf  wir  eben  be- 
trachtet   haben.      Der    erste    Schlag 

meines  Fingers  auf  das  Seil  erzeugt  eine  von  Ihnen  aus 
nach  rechts  fortschreitende  Welle,  welche  vom  Ende,  um 
eine  halbe  Wellenlänge  verschoben,  nach  links  zurück- 
geworfen wird.  Inzwischen  hat  ein  neuer  Schlag  eine  zweite 
Welle  nach  rechts  geschickt.  Es  gehen  demnach  gleichzeitig 
zwei  Wellen  über  das  Seil,  und  dessen  einzelne  Punkte  sollen 


Fig.   121.     Stehende  SeUwelle. 


DigitizsdbyGOOgle 


214  Wellen  und  Schall. 

den  Kraftwirkungen  zweier  Wellen  folgen.  Die  Seilpunkte  soUen 
zween  Herren  dienen,  die  mit  einander  im  Widerspruch  sind,  und 
es  bleibt  ihnen  nichts  übrig,  als  die  berühmte  mittlere  Linie.  Beide 
Wellen  schliessen  einen  Kompromiss.  Es  kombiniert  sich  immer 
die  nach  rechts  verlaufende  ursprüngliche  Welle  von  der 
Nummer  n  mit  der  in  der  entgegengesetzten  Phase  nach  links 
zurückgeworfenen  Welle  n-1.  Sie  kombinieren  sich  oder,  wie 
man  sagt,  sie  interferieren.  Die  Interferenz  besteht  darin, 
dass  die  von  beiden  Wellen  auf  jedes  Seilstückchen  nach  oben 
und  nach  unten  ausgeübten  Zugkräfte  sich  unter  Berücksichtigung 
ihres  Vorzeichens  addieren.  Bei  gleichem  Vorzeichen  unter- 
stützen sich  die  Kräfte.  An  diesen  Stellen  schwingt  das  Seil 
weiter  aus,  als  in  einer  der  beiden  Wellen  allein.  Bei  entgegen- 
gesetztem Vorzeichen  bekämpfen  sich  die  Zugkräfte  an  den 
betreffenden  Punkten.  In  ihnen  schwingt  das  Seil  nach  der 
stärkeren  von  beiden  Kräften.  Sind  die  Zugkräfte  nach  oben 
und  unten  gleich,  so  herrscht  Ruhe.  Hier  liegen  die  Knoten. 
Die  stehende  Welle  ergiebt  sich  also  durch  einfache  Addition 
der  auf  jeden  Punkt  des  Seiles  wirkenden  vertikalen  Zugkräfte 
unter  Berücksichtigung  derer  Vorzeichen.  Dort  sind  die  Bilder 
der  ursprünglichen  und  der  zurückgeworfenen  Welle  auf  Pappe 
gezeichnet  und  so  in  einerh  Rahmen  befestigt,  dass  ich  sie  an 
einander  vorbei  schieben  kann.  Auf  diese  Weise  kann  man 
die  verschiedenen  Stellungen  beider  Wellen  festhalten,  für  jeden 
der  acht  Seilpunkte  die  Ausbiegungen  unter  Berücksichtigung 
des  Vorzeichens  addieren  und  jede  Stellung  der  resultierenden 
stehenden  Welle  Punkt  für  Punkt  aufzeichnen,  wie  das  hier') 
gesehen  ist.  Das  Ergebnis  ist  wirklich  unsere  stehende  Weile 
von  vorhin.  Wollen  Sie  beachten,  dass  die  Länge  der  stehenden 
Welle  der  der  zusammengesetzten  fortschreitenden  Wellen  gleich 
ist.  Denn  der  Abstand  zweier  in  gleichem  Sinne  bewegten 
Teilchen  ist  unverändert  geblieben.  Dasselbe  gilt  von  der 
Schwingungszahl  w.  Die  Amplitude  aber  ist  gegen  die  der 
interferierenden  Wellen  verdoppelt.  Die  Entfernung  von  einem 
Bauch  zum  nächsten  beträgt  eine  halbe  und  die  von  einem 
Bauch  zum  nächsten  Knoten  eine  viertel  Wellenlänge. 

'l  Ein  solches  Pappmodeli  konnte  natOrlich  dem  Buche  nicht  beigegeben  werden. 
Jeder  kann  es  sich  aber  leicht  selbst  machen.  Fig.  128  zeigt  die  einieinen  Siellungen 
der  an  einander  vorbeige schoben en  Pappwelten  und  die  durch  ihre  gemeinschaftliche 
Wirkung  erzeugte  siehende   Welle. 


DigitizsdbyGOOgle 


Wellen  und  Schall. 


DigitizsdbyGOOgle 


216  WeUen  und  Sehall. 

Zum  Versuche  kann  man  stehende  Wellen  statt  mit  der 
Hand  auch  mit  einem  Wagner'schen  Hammer  (S.  78)  hervor- 
rufen. Man  schraubt  einem  elektrischen  Wecker  die  Glocke  ab 
und  bindet  an  den  Klöppel  einen  mit  Kreide  geweissten,  mehrere 
Meter  langen,  ganz  dünnen  Bindfaden,  der  an  seinem  anderen 
Ende  passend  befestigt  ist.  Der  schwingende  Klöppel  versetzt 
den  Faden  in  stehende  Wellen,  wenn  man  die  Wellenlänge  l 
auf  die  vorhandene  Fadenlänge  s  passend  abstimmt.  Der 
Faden  gerät  nur  dann  in  Mitschwingung,  in  Resonanz,  wenn 


i- 
4- 

4- 

4- 

Fig.   129,     Stehende  Wellen  verschiedener  hinge  auf  einem  SeU, 

er  in  einer  halben,  einer  ganzen,  in  anderthalb,  in  zwei,  kurzum 
in  einer  kleinen  ganzen  Anzahl  halber  Wellenlängen  schwingen 
kann  {Fig.  129),  wenn  also  eine  der  Gleichungen 

l,  =  2s         l^  ^  s         l,  =  V»s  l^  =  V»« 

erfüllt  wird.  Da  s,  die  Fadenlänge,  gegeben  ist,  muss  l,  die 
Wellenlange,  auf  sie  passend  eingestellt  werden.  Die  Gleichung 

l ,—  —  ergiebt  die  Wellenlänge  als  Quotienten  von  Fort- 
pflanzungsgeschwindigkeit und  Schwingungszahl,  von  denen  die 
erste  durch  stärkeres  oder  schwächeres  Anspannen  des  Fadens, 
die  zweite  mittelst  der  Stellschraube  des  Wagnerschen  Hammers 
verändert  werden  kann.  Man  ist  dadurch  leicht  im  Stande, 
l  so  zu  treffen,  dass  schöne  stehende  WeUen  verschiedener 
Längen  entstehen.  Andere  Wellen  lassen  sich  dem  Faden  nicht 
aufzwingen. 


DigitizsdbyGOOgle 


Wellen  und  Schall.  217 

Stehende  Wellen  zeigt  Ihnen  auch  folgender  hübsche  Ver- 
such. Ein  vertikaler  Platindraht  wird  von  Strom  durchflössen 
und  dadurch  zum  Glühen  gebracht.  Mit  seinem  unteren  Ende 
ist  er  an  der  einen  Zinke  einer  Stimmgabel  befestigt.  Lässt 
man  die  Stimmgabel  (elektromagnetisch)  erzittern,  so  gerät  bei 
richtiger  Anordnung  der  Platindraht  ebenso  in  stehende 
Wellen,  wie  der  Bindfaden  am  Weckerklöppel.  Alsbald  wird 
der  Draht  an  den  Bäuchen,  welche  die  fortwährende  Bewegung 
wie  ein  Fächer  kühlt,  dunkel.  Um  die  Knoten  hingegen,  die 
Orte  der  Ruhe,  fahrt  er  fort,  zu  glühen.') 

Es  ist  jetzt  an  der  Zeit,  auf  die  grundlegende  Zweiteilung 
aller  Wellen  in  Quer-   und  Längswellen    hinzuweisen.     Die 
Seilwellen    sind    ausgeprägte  Querwellen.     Die    Schwingungs- 
richtung   der    Teilchen    steht    senkrecht    auf 
der  Fortpflanzungsrichtung   der  Welle,    dem      j    l  |  l  i  l  l  |  l 
Wellenstrahl.    Betrachten  Sie  dagegen  diese 
horizontale  Drahtspirale.     Wird  sie  an  einem      '     II  I  I  t  I  I  I 
Ende  parallel  zu  ihrer  Achse  angestossen,  so      g      1 1 1  |  |  j  |  | 
pflanzt  sich  der  Anstoss  als  Welle  durch  die  i  i  II  I  I  I  I 

ganze  Spirale  fort,  so  dass  die  einzelnen  Spiral-  i  1 1 1  l  l  l  l 

Windungen  sich  abwechselnd  einander  nähern      "    I  I  |  1 1  i  I  I 
und  von  einander  entfernen.     Es  findet  genau      j  i  j    j  1 1|  1  | 
dasselbe  statt,  wie  bei  der  Seilwelle;  nur  pflanzt 
sich    die    Welle    parallel    zur    Schwingungs-         I  I   I    II 1 1  I 
richtung,    längs   den  schwingenden  Teilchen      «  1 1  |    |  |  ||| 
fort.     Werden  die  einzelnen  Windungen  der     n   III  I  I   I  II 
Spirale    durch    vertikale    Striche    bezeichnet, 
so    erhält   man    für    die    einander    folgenden    ^'s-  '3o.    Langsweik. 
Schwingungsphasen  diese Bilderreihe(Fig.  130). 
Die  einzelnen  Windungen  sind  in  den  verschiedenen  Teilen  der 
Spirale    bald   mehr,    bald   weniger    von   einander  entfernt  und 
bilden  gleichsam  periodische  Verdichtungen  und  Verdünnungen. 

')  Das  ClQhen  wird  dort  sogar  heftiger.  Denn  der  Widerstand  des  zum  grossen 
TeU  gekohlten  Platindrahtca  ist  kleiner  als  der  des  vollständig  glQhenden.  Der 
Widerstand  der  Metalle  steigt  eben,  wie  bei  der  Gelegenheit  erwähnt  werde,  mit  der 
Temperatur,  und  zwar  pro  Grad  Temperaturerhöhung  im  allgemeinen  3  bis  li^,  ^i. 
Bei  unverindertcm  Spann ungsunterschied  seiner  Klemmen  wird  der  kältere  Draht 
also  von  einem  grösseren  Strome  durchflössen  und  glliht  an  den  nieht  gekühlten 
Stellen  heftiger. 


DigitizsdbyGOOgle 


218  Wellen  und  Schall. 

So  schwingt  denn  auch  die  Luft,  wenn  sie  von  einem 
tönenden  Körper  erregt  wird,  in  Längswellen.  Dies  Lichtbild 
(Fig.  131)  giebt  die  bekannte  schematische  Abbildung  der  Ver- 
dünnungen und  Verdichtungen  wieder,  welche  eine  tönende 
Glocke  im  umgebenden  Lufträume  hervorruft.  Zunächst  mögen 
diese  Verdünnungen  und  Verdichtungen  fortschreiten.  Die 
Glocke  fahrt  aber  fort,  zu  tönen,  und  die  Luftwellen  werden 
von  entgegenstehenden  Wänden  zurückgeworfen.  Demnach 
interferieren  beide  Wellenzüge,  wie  die  des  Seiles,  und  erzeugen 
-Stehende  Wellen,  deren  Verdünnungen  und  Verdichtungen  positive 
und  negative  Bäuche  vorstellen.     Damit  solche  Luftwellen  als 


Schall  auf  unser  Ohr  wirken,  wird  von  ihnen  eine  Schwingungs- 
zahl n  von  mindestens  sechzehn  und  höhstens  vierzig  Tausend 
in  der  Sekunde  verlangt.  Hier  ist  beizufügen,  dass  sich  der 
Schall,  das  heisst  alles  Hörbare,  in  zwei  Arten  teilt,  in  Töne 
und  Geräusche.  Ein  Ton  (Klang)  verläuft  vollkommen  ruhig 
und  —  mit  Ausnahme  der  langsam  abnehmenden  Amplituden  — 
gleichmässig  und  unverändert.  Ein  Geräusch  hingegen  entsteht 
durch  schnellen  unregelmässigen  Wechsel  verschiedenartigen 
Schalles,  wie  es  zum  Beispiel  bei  Wagengerassel,  Blätterrauschen, 
Stimmengewirr  der  Fall  ist. 

Die    erste    Eigenschaft    eines  Tones    ist    seine  Stärke,    die 
Intensität,    mit  der   er   erregt,    das  heisst    angeschlagen,    ge- 


DigitizsdbyGOOgle 


Wellen   und   Schail,  219 

Strichen,  geblasen,  gesungen  wird.  Die  Intensität  beruht  in  der 
Grösse  der  Amplitude.  Eine  kleine  Amplitude  ruft  ein  Piano, 
eine  sehr  grosse  ein  Fortissimo  hervor. 

Ausser  durch  seine  Stärke  wird  ein  Ton  durch  seine  Höhe 
und  diese  durch  die  Schwingungszahl  ii  bestimmt.  Je  höher  der 
Ton,  umso  grösser  die  Schwingungszahl.  Der  Gesang  eines 
Bassisten  besteht  in  langsameren  Luftschwingungen,  als  der 
einer  Sopranistin.  Macht  der  bekannte  Kammerton  a,  vier- 
hundertfänfunddreissig  volle  Schwingungen  in  der  Sekunde,  so 
das  nächst    höhere  a  achthundert  und  siebzig,    doppelt  so  viel: 


»  =    435  810  Schw.-Sek. 

I    =       16  38  cm. 

Erinnern  Sie  sich  an  die  Motoren  der  Strassenbahn,  wie  beim 
Anfahren,  also  bei  wachsender  Drehungszahl,  ihr  pfeifender 
Ton  höher,  beim  Abstellen  tiefer  wird.  Die  Schwingungszahlen 
musikalischer  Töne  bewegen  sich  nach  den  Angaben  zwischen 
den  Grenzen  vierzig  und  höchstens  vier  Tausend,  die  der  mensch- 
lichen Stimme  von  fünfundsechzig  bis  zwei  Tausend.  Unsere 
Grundgleichung  c  —  n  .1  lässt  aus  den  Schwingungszahlen  die 
Wellenlänge  berechnen,  wenn  die  Schallgeschwindigkeit  zu 
constant  drei  Hundert    und    dreissig  Meter    pro  Sekunde  ange- 

330 
nommen  wird.     Für  a,  wäre  dann  l       -;„,   m  --.     etwa    76  cm, 

für  das  höhere  a,  halb  so  viel.  Die  Längen  musikalischer 
Wellen  schwanken  nach  den  eben  angegebenen  Schwingungs- 
zahlen etwa  zwischen  8,25  m  für  den  tiefsten,  und  8  cm  für  den 
höchsten  Ton,  also  über  eine  stattliche  Skala. 

Die  Höhe  hat  für  den  Ton  aber  noch  eine  weitere  Bedeutung. 
Töne  von  mechanisch  gleicher  Intensität,  das  heisst  gleicher 
Amplitude,  machen  auf  das  Ohr  eines  Hörers  einen  umso 
stärkeren  Eindruck,  werden  umso  heftiger  wahrgenommen,  je 
höher  sie  sind.  So  wird  angegeben,  dass  die  dem  Ohre  fühl- 
bare Stärke  eines  Tones  der  dritten  Potenz  seiner  Schwingungs- 


Digitiz.db^COO'^IC 


220  Wellen  und  SchaEI. 

zahl  proportional  sei,  eine  Thatsache,  die  der  Anstellung  der 
Gehilfinnen  im  Fernsprech  dienst  einen  Teil  ihrer  physikalischen 
Begründung  geliefert  hat. 

Die  Tonstärke,  beruhend  in  der  Amplitude,  ist  ein 
Charakteristikum  eines  Tones,  die  Höhe,  begründet  in  der 
Schwingungszahl,  das  zweite,  die  Klangfarbe  das  dritte. 
Denken  Sie  sich  etwa  vor  einem  Wilden  die  beiden  Töne  a,  und 
Oj  auf  dem  Klaviere  angeschlagen.  Er  wird  sie  vielleicht  nicht 
auseinander  halten  können,  wenigstens  in  der  Erinnerung  nicht. 
Streichen  Sie  aber  dasselbe  «,  auf  einer  Violine  an  oder  singen 
es  oder  blasen  es  auf  der  Posaune,  so  werden  ihm  diese  Töne 
völlig  verschieden  vorkommen,  obgleich  sie  alle  die  gleiche  Höhe 
haben.  Verschieden  ist  ihre  Klangfarbe.  Die  Klangfarbe  be- 
ruht auf  der  Beimischung  einer  Reihe  sogenannter  Obertöne, 
das  heisst  von  Tönen  höherer  Oktaven,  die  mit  dem  Grundton 
interferieren  und  den  Klang  des  Tongemisches  ganz  verschieden 
färben.  Die  Vermischung  geschieht  ähnlich,  wie  die  der  Töne 
der  verschiedenen  Instrumente  im  Orchester.  Ein  ganz  reiner 
Ton,  der  keine  Obertöne  beigemischt  enthält,  kann  übrigens 
nur  durch  besondere  Vorrichtungen  hergestellt  werden.  Stellen 
Sie  sich  eine  kräftige  Wasserweile  vor,  deren  Oberfläche  von 
anderen,  kleineren  Wellen  gekräuselt  wird,  und  Sie  haben  ein 
ungefähres  Bild  für  den  Grundton  mit  seinen  Obertönen,  die  in 
ihrer  Vermischung  einen  Ton  (Klang)  erzeugen. 

Es  sei  hier  bemerkt,  dass  diese  Tongemische  auf  unser  Ohr 
den  gleichen  Eindruck  machen,  wenn  die  dem  gleichen  Grundton 
beigemischten  Obertöne  von  gleicher  Höhe  und  Stärke  sind. 
Die  gegenseitige  Lage  ihrer  Phasen  kommt  für  die  Klangfarbe 
nicht  in  Betracht,  während  die  Form  der  gemeinschaftlichen 
Tonwelle  sehr  wohl  von  ihnen  abhängt.  Man  ist  deshalb  nicht 
berechtigt,  als  den  Ausdruck  der  Klangfarbe  die  Schwingungs- 
form anzugeben;  kann  doch  jede  Klangfarbe  durch  unendlich 
viele  Schwingungsformen  hervorgerufen  werden.  Die  Gleich- 
giltigkeit  der  Phasen  für  die  Klangfarbe  möchte  ihren  Grund 
darin  haben,  dass  das  Ohr  die  Teiltöne  des  Gemisches  getrennt 
auffasst  und  diese  erst  in  der  psychischen  Wahrnehmung  ver- 
schmelzen. Zusammenfassend  hat  man  sich  einzuprägen,  dass 
Intensität,  Höhe,  Klangfarbe,  bedingt  durch  Schwingungsweite, 
Schwingungszahl,  Obertöne  einem  Tone  seine  Eigenart  verleihen. 


DigitizsdbvGOOgle 


Wellen  und  Schall.  221 

Es  wurde  schon  angedeutet,  dass  ebenso  wie  andere  Wellen 
auch  die  Schallwellen  von  der  Grenzfläche  entgegenstehender 
Körper  zurückgeworfen  werden,  eine  Erscheinung,  die  besonders 
rein  als  Echo  auftritt.  Zur  möglichst  vollkommnen  ZurOck- 
werfijng  von  Lichtwellen  dienen  Spiegel,  ebene  wie  Hohlspiegel. 
Einen  Hohlspiegel  für  Schallwellen  stellt  die  aus  poliertem  Holz 
gefertigte    Schallkammer    des    Klopfers    (Fig.    132)    dar.      Die 


Fig.   132.     Schallkan 


spiegelnde  Fläche  ist  nach  einem  Zweige  einer  Parabel  gekrümmt. 
In  dessen  Mitte  liegt  der  hölzerne  Boden  der  Schallkammer, 
damit  das  Grundbrett  des  Klopfers  und  die  unter  und  über  ihm 
befindlichen  Luftschichten,  welche  beide  tönen,  der  Brennlinie 
der  Farabelfläche  so  nahe  wie  möglich  sind.  Die  Politur  des 
Holzes  vervollkommnet  die  Zuritck werfung  des  Schalles  geradeso. 


DigitizsdbyGOOgle 


222  Wellen  und  Schall. 

wie  ein  blankgewichster  Stiefel  spiegelt,  ein  berusstes  Glas  nicht. 
Damit  die  Klopfer  durch  ihr  Geräusch  die  an  Nachbarapparaten 
arbeitenden  Beamten  nicht  stören  und  andererseits  deren  Platz 
nicht  unnütz  verdunkelt  wird,  zäunt  man  diesen  zweckmässig 
durch  Glaswände  ein. 

Kann  der  Schall  sich  frei  um  seine  Quelle  ausbreiten,  so 
nimmt  bekanntlich  seine  Intensität,  für  die  es  allerdings  kein 
anderes  Messinstrument  giebt,  als  das  Ohr,  mit  wachsender 
Entfernung  ab,  und  zwar  sind  die  Intensitäten  den  Entfernungen 
von  der  Quelle  umgekehrt  proportional.  Um  die  Schallquelle 
breiten  sich  kugelförmige  Längswellen,  kugelschalenförmige 
Verdichtungen  und  Verdünnungen  der  Luftteilchen  aus.  Da  die 
Oberflächen  dieser  Kugeln  mit  dem  Quadrat  ihrer  Radien 
wachsen  —  denn  ^r^n-.^r^n  ^x'-''^^  — .  werden  in  der 
Entfernung  r^  im  Verhältnis  »"s":»",*  mehr  Luftteilchen  in 
Schwingung  versetzt,  als  in  der  Entfernung  f,.  Die  gleiche 
Schwingungsenergie  bestreicht  bei  r^  eine  im  Verhältnis  rj*:r,* 
mal  so  grosse  Fläche.  Sie  verteilt  sich  auf  r^w^  mal  so  viele 
Luftteilchen.  Die  immer  gleiche  Anzahl  solcher  Luftteilchen, 
welche  auf  des  Hörers  Trommelfell  stösst  und  dadurch  mittelbar 
die  Schallempfindung  hervorruft,  wird  folglich  in  der  grösseren 
Entfernung  mit  einer  im  Verhältnis  r^^ ;  r^  mal  kleineren  Energie 
stossen.  Das  heisst  eben,  die  Schallintensitäten  verhalten  sich 
umgekehrt  wie  die  Quadrate  der  Entfernungen. 


Das  Geometrische  des  Gesetzes  kann  ich  Ihnen  durch  ein 
Modell  (in  Fig.  133  schematisch  gezeichnet)  zeigen,  das  mir 
allerdings  gewöhnlich  dasselbe  Gesetz  iür  die  Lichtintensitäten 
verdeutlichen  hilft.  Der  bequemeren  Ausführung  wegen  sind 
die  Kugelflächen  durch  Ebenen  ersetzt.  Die  eine  Ebene  ist 
von  der  Schallquelle  doppelt  so  weit  entfernt,  als  die  andere 
und,  wie  man  sieht,  vier  mal  so  gross.  Dadurch,  dass  sich  die 
gleiche  Schallmasse  auf  sie  ergiesst,  erhält  dort  eine  Fläche 
gleicher  Grösse  nur  den  vierten  Teil  davon.  Ebenso  erklärt 
sich  das  Verhältnis  der  umgekehrten  Quadrate  in  den  beiden 
Coulombschen  Gesetzen,  wie  in  ihrem  Urbilde,  dem  Newtonischen. 


DigitizsdbvGOOgle 


Wellen  und  Schall. 


223 


F"ür  den  Schall  gilt  das  Gesetz  aber  nur,  wenn  er  sich  um 
seine  Quelle  nach  allen  Seiten  frei  ausbreiten  kann.  Verhindert 
man  die  Ausbreitung,  indem  man  den  Schall  in  eine  Röhre 
emschliesst,   so  ist  seine  Intensität  in  den  verschiedenen  Teilen 


SAidlquelk 

Fig.  133.     Die  Schallintensitäten  verhalten  sich  umgekehrt  wie  die  Quadrate  der 
Entfernungen  vun  der  Schallquelle. 

der  Röhre  ungefähr  gleich.  Er  wird  durch  das  Durchlaufen 
eines  Weges  nur  wenig  geschwächt.  Will  man  deshalb  den 
Schall  fortleiten,  so  muss  man  ihn  durch  eine  Röhre  mit  glatter 
Innenfläche    schicken,    wobei    kegelförmige    Erweiterungen    des 


Fig.   134.     Schalltrichter  des  lautsprechenden  Telephons.  ' 

Röhrenendes  hohlspiegelartig  den  Eintritt  des  Schalles  in  die 
Röhre  und  seinen  Aastritt  aus  ihr  erleichtern.  Beispiele  dafür 
sind    das    jetzt    gewöhnlich    nur    noch    auf  kleineren    Schiffen 


DigitizsdbyGOOgle 


224  Wellen  und  Schall. 

gebrauchte,  sonst  meist  durch  Fernsprecher  und  Kommando- 
apparate  verdrängte  Sprachrohr,  die  Hörmuschel  des  gewöhn- 
lichen Telephons  und  gar  der  Schalltrichter  des  lautsprechenden 
(Fig.  134),  endlich  der  Schallbecher  der  Mikrophone,  wie  hier 
(Fig.  135)  der  des  Berlinerschen. 


Fig.   135.     Schflllbecher  des  Berlinerschen  Mikrophons. 

Eine  Erscheinung,  von  der  schon  eben  die  Rede  war, 
erfordert  noch  weiter  unsere  Aufmerksamkeit.  Ich  meine  die 
Resonanz,  welche  für  ganz  verschiedene  technische  Gebiete 
von  grosser  Bedeutung  ist.  In  der  Akustik  pflegt  sie  in  der 
Weise  gezeigt  zu  werden,  dass  man  eine  tönende  Stimmgabel 
erst  in  der  Hand  hält  und  dann  auf  den  Tisch  oder  einen 
Kasten  aus  elastischem  Holz  aufsetzt.  In  der  Hand  tönt  sie 
leise,  auf  dem  Tisch  oder  dem  Holzkasten  stehend,  ist  sie  im 
ganzen  Saale  hörbar.  Tischplatte  und  Holzkasten  werden  von 
der  Stimmgabel  mit  in  Schwingung  versetzt.  Ihre  Teilchen 
schwingen  mit;  sie  resonieren,  Ihre  Oberflache  ist  sehr  viel 
grösser  als  die  der  Stimmgabel,  und  dadurch  wird  einer  viel 
grösseren  Luftmenge  der  Antrieb  zum  Schwingen  erteilt.  Die 
Resonanzböden  der  Musikinstrumente  —  man  denke  an  Klavier, 
Violine,    Bassgeige    —    haben    den    Zweck,     die    Anzahl    der 


DigitizsdbyGOOgle 


schwingenden  Luftteilchen  zu  \ 
stärke  zu  erhöhen.  Als  solchei 
Grundbrett  des  Klopfers  und  die 
Luftschicht.  Der  Wind  ven 
Telegraphendrahte  in  Schwingun 
der  Telegraphenstangen,  die  danr 
vollfiJhren. 

Die  Resonanz  tritt  am  beste 
resoniert  werden  soll,  mit  den 
resonierende  Körper  giebt,  wenn 
versetzt  wird,  wenn  er  frei  seh' 
Eine  ähnliche  Erscheinung  sahei 
Wagnersche  Hammer  eine  Schni: 
sollte.  Auch  sie  giebt  bei  gegeb 
gewissermassen  einen  Eigenton, 
verlangt  mit  einer  von  ein  Paar 
erschüttert  zu  werden,  wenn  sie 
Fadenlange  .v  und  Wellenlänge  i 
gebenen  Beziehungen  stehen.  A 
anßthren,  dass  ein  Redner  dii 
leichter  in  Mitschwingung  verset 
seines  Vortrages  ihren  Ansichten 
ihrem  Geschmack  anzupassen  vt 

Die  Resonanz  eines  Körper; 
durch  einige  akustische  Versucht 
schlagend  nachweisen.  Hier  sii 
einander  zwei  Stimmgabeln  mit  i 
so  aufgestellt,  dass  deren  seitl 
Beide  Gabeln  sind,  wie  ihre  Auf; 
Ton  abgestimmt.  Ich  schlage 
und  setzt  durch  die  Luft  die  am 
in  der  That  Gabel  II  tönt,  erl 
durch  Festhalten  am  Tönen  i 
Gabel  II  festgehalten,  so  ist  der 
aber  die  Gabel  II  durch  Aufsch 

'I  Der  Resonanzboden  eines  Musikin: 
TAnc  resonkrcn,  und  doch  wird  iiini  Beisp 
fortgeselztes  gutes  oder  sehicchles  Spiel   eii 

2j  Oder  deren  mehrere. 


D,„i,.,db,Google 


Wellen  und  Schall. 

auf  die  eine  Zinke,  so  fällt  es  ihr  nicht 
ein,  auf  die  tönende  Gabel  1  zu  resonieren, 
wie  der  Gegenversuch  zeigt.  Also  eine 
tönende  Stimmgabel  versetzt  eine  zweite 
mit  in  Schwingung,  wenn  und  solange  sie 
auf  den  gleichen  Ton  abgestimmt  ist. 

Ein  zweiter  Versuch!  Wieder  wird 
eine  Stimmgabel  angeschlagen,  jetzt  aber 
in  der  Hand  gehalten.  Sie  tönt  leise. 
Führt  man  sie  (Fig.  136|  über  die  Öffnung 
dieses  leeren  Standcylinders,  so  tritt  keine 
nennenswerte  Resonanz  ein.  Lassen  Sie 
Fig,  136.  "lieh  jetzt  Wasser  in  den  Cylinder  giessen. 

Resonanz  einer  LuftsSiiie     Der  Ton  wird  lauter  und  erreicht  bei  einer 
besiimmter    Länge     auf     bestimmten    —    nicht    von    Wasser    ver- 
eine Stimmgabel.  drSngten  —  Luftsäule  seine  grösste  Starke, 
die    beim    Zugiessen    von    mehr    Wasser 
wieder    abnimmt.       Wird    mit    einem    Heber   das 
Wasser  wieder  abgezogen,   so  findet  die  stärkste 
Resonanz  bei  derselben  Höhe  der  Luftsaule  statt, 
wie  vorher.    Berechnen  Sie  aus  der  in  die  Stimm- 
gabel eingeschlagenen  Schwingungszahl  des  Tones 
seine    Wellenlänge  l    und    vergleichen    damit    die 
Höhe  der  Luftsäule  bei  stärkster  Resonanz  s,  so 
finden  Sie  s        V*/.     Die  Luftsäule  schwingt  mit 
einem  Tone,  dessen  Länge  l  viermal  so  gross  ist, 
als  ihre  eigene  s.     Wie  man  sagt,  schwingt  die 
Luftsäule  in  einer  viertel  Wellenlänge. 

Tönende  Luftsäulen  spielen  in  dem ,  was 
schliesslich  —  selbst  oder  als  Bild  —  alles  zur 
Schwachstromtechnik  gehört,  eine  Rolle.  Die 
Gesetze  ihres  Tünens  offenbaren  sich  am  besten 
in  den  Lippenpfeifen,  die  man,  je  nachdem  ihr 
oberes  Ende  offen  oder  verschlossen  ist,  in  offne 
und  in  gedeckte  —  in  alter  Wortform  gedachte  — 
sondert.  Einen  Schnitt  durch  eine  offne  Lippen- 
Kig.  13T,  pfeife  sehen  Sie  hier  {Fig.  137).  Unserm  Versuche 
i-ippenpfeife,     y^^  eben  entspricht  die  gedeckte  Pfeife,  die  sich 

der   l-Snge  nach  "^  **  ' 

durciisciinittcn.    von    dcr  gezeichneten   nur  durch  den  Verschlub.s 


DigitizsdbyGoÖgle 


Wellen  und  Schall.  227 

des  oberen  Endes  unterscheidet.  Dieser  Verschluss  entspricht 
bei  dem  Cylinder  (Fig.  136)  dem  unteren  Ende  der  Luftsäule, 
da,  wo  sie  an  das  unelastische  Wasser  grenzt.  Die  tonerregende 
Stimmgabel  ist  durch  den  Luftstrom  ersetzt,  der  aus  dem  Mund- 
stück an  dem  Spalt  der  beiden  Lippen  vorbei  bläst.  Dieser 
Luftstrom  versetzt  die  Luftsäule  der  Pfeife  in  stehende  Längs- 
schwingungen. Die  stehenden  Schwingungen  kommen  so  zu 
Stande,  dass,  wie  die  Seilwelle,  auch  die  Luftwelle  um  eine  halbe 
Periode  in  der  Phase  verschoben  zurückgeworfen  wird  und  die 
hingehenden  Wellen  mit  den  zurückgeworfenen  interferieren. 
Die  Luftsäule  der  Lippenpfeifen  ertönt  in  freien,  nicht  in 
erzwungenen  Schwingungen.  Der  erregende  Luftstrom  löst  den 
Eigenton  der  Pfeife  aus  und  ersetzt  die  durch  Reibung  und 
Abgabe  nach  aussen  der  Pfeifenluft  verloren  gehende  Arbeit. 
Das  Gesetz  der  gedeckten  Pfeife  können  Sie  sich  durch  die 
Erwägung  plausibel  machen,  dass  am  gedeckten  Ende  Ruhe 
herrschen,  ein  Knoten  entstehen  wird  und  am  Spalt  ein  Bauch. 
Die  Entfernung  eines  Knotens  vom  benachbarten  Bauch  beträgt 
eine  viertel  Wellenlänge  (S.  214).  Die  gedeckte  Pfeife  erzeugt 
in  der  That  (für  gewöhnlich)  einen  Ton,  dessen  Welle  viermal 
so  lang  ist,  als  sie  selbst,  l  4  s.  Sie  schwingt  in  einer  viertel 
Wellenlange.  Für  das  Gesetz  der  offenen  Pfeife  ist  zu  bedenken, 
dass  sich  zwar  an  der  Lippe  ein  Schwingungsbauch  befindet, 
an  dem  jetzt  offnen  Ende  aber  kein  Knoten  mehr  verlangt  wird, 
mithin  auch  dort  ein  Bauch  entstehen  kann.  Für  gewöhnlich 
schwingt  deshalb  eine  offne  Pfeife  in  einer  halben  Wellenlange 
l  2s.  Ihr  Ton  ist  derselbe,  wie  der  einer  gedeckten  Pfeife 
von  halber  Länge. 

Bei  den  Lippenpfeifen,  von  denen  bis  jetzt  die  Rede  war. 
wird  die  Pfeifenluft  durch  einen  an  dem  Lippenspalt  vorbei- 
streichenden Luftstrom  erregt.  Den  Zungenpfeifen  öffnet 
und  verschiiesst  abwechselnd  ein  hin-  und  herschwingender 
leichter  Körper,  die  Zunge,  den  von  dem  erregenden  Luftstrom 
durchstrichenen  Spalt  und  macht  diesen  Luftstrom  dadurch 
intermittierend.  Die  verwickelten  Gesetze  der  Zungenpfeife 
können  wir  gern  aus  dem  Spiele  lassen.  Sie  selbst  musste 
deshalb  erwähnt  werden,  weil  das  menschliche  Stimmorgan  als 
eine  Zungenpfeife  angesehen  wird.  Zwei  elastische  Muskelbänder, 
die  Stimmbänder,  öffnen  und  verschtiessen  abwechselnd  die  obere 

16* 


DigitizsdbyGOO'^le 


228  Welten   und   Schall. 

Öffnung  des  Kehlkopfes,  die  Stimmritze,  machen  dadurch  den 
aus  der  Lunge  getriebenen  Luftstrom  intermittierend  und  bringen 
die  Luft  des  Rachens  und  der  Mundhöhle  zur  Resonanz.  Die 
verschiedenen  Stellungen  der  Lippen  und  der  Zunge  (nicht  im 
akustischen  Sinne)  helfen  dann  die  Reihe  der  Sprachlaute 
erzeugen.  Die  Vokale  sind  Töne  mit  Ihren  Obertönen,  die 
Konsonanten  kurze  Geräusche,  die  mehr  nur  die  Vokale  ein- 
rahmen. Eine  weitere  Betrachtung  des  menschlichen  Stimm- 
organes  und  des  Ohres,  wie  der  Theorien  über  das  Zustande- 
kommen der  Sprache  wäre  reizvoll,  aber  filr  unseren  Zweck 
überflüssig,  so  dass  nur  noch  auf  eine  akustische  Erscheinung, 
auf  die  Dämpfung,  hingewiesen  werden  muss. 

Bei    der    Schallkammer   des    Klopfers    erfuhren    Sie,    dass 
glatte   und    blank    polierte  Flächen    den  Schall   besonders  gut 
zurückwerfen.     Es   wurde    auch   an  die  entsprechende  optische 
Erscheinung    erinnert    und    im  Gegensatz    zum    blanken  Stiefel 
ein    berusstes   Blech    angeführt.     Diesem   entsprechen  akustisch 
alle  Stoffe  mit  rauher  Oberfläche,    wie  zum  Beispiel  Teppiche, 
die  den  Schall  nicht  zurückwerfen,  sondern  verschlucken,  also 
dämpfen.      Man    denke    an    die    Läufer 
eines  Hotels  und  an  die  blossen  Treppen 
eines  Alpengasthauses,  die  —  dem  eben 
eingeschlafenen  zum  Ärger  —  unter  den 
Tritten     spät    ankommender    Touristen 
erdröhnen.    Im  leeren  Hör-  oder  Konzert- 
saal   schallt    die  Stimme  des  Redners 
oder    des    Sängers.     Die    Stimme    wird 
durch    das    ihr    augenblicklich  folgende 
Echo    gestört.      Die    Zuhörer    dagegen 
erteilen    einem    erheblichen    Teile    des 
Saales  eine  unregelmässige  Oberflache, 
welche    den    Schall    nicht    zurückwirft. 
Die  gleiche  Erscheinung  verwendet  man 
Fig.  138.  bei    den    sogenannten   schallsicheren 

schallsichere  Fernspreei.zdie.  Fernsprechzellen  (Fig.  138),  in  denen 
—  sehr  zweckmässig,  aber  leider 
viel  zu  selten  —  an  geräuschvollen  Orten  der  Fernsprecher 
untergebracht  ist.  Damit  diese  Zellen  auch  wirklich  als  Schall- 
scheidewand  und   nicht   etwa   als  Resonanzkasten   wirken,   sind 


DigitizsdbvGOOgle 


Wellen  und  Schall.  229 

sie  mit  Filz  oder  Fries  oder  ähnlichem  Material,  kurzum  mit 
Körpern  ausgepolstert,  die  gewissermassen  den  Schall  schlecht 
leiten.  Sie  lassen  ihn  weder  von  aussen  nach  innen,  noch  von 
innen  nach  aussen  durch  und  schützen  den  Fenisprechenden 
vor  dem  oft  unerträglichen  Lärm  der  Aussenwelt  und  zugleich 
vor  Lauschern  am  Orte  selbst. 

Das  Bild  einer  stark  gedämpften  Schwingung  entspricht 
dem  des  Funkens,  das  seiner  Zeit  in  der  Elektrostatik  (Fig.  59 
auf  S.  93|  entworfen  wurde.  Die  Amplituden  der  Schwingung 
werden  immer  kleiner,  so  dass  sie  sich  schnell  an  Null  annähern. 
Dass  auch  jede  Resonanz  dämpfend  wirkt,  folgt  aus  dem  Gesetz 
von  der  Erhaltung  der  Energie.  Denn  bei  der  Resonanz  wird 
die  schwingende  Masse  auf  Kosten  der  Schwingungsdauer  ver- 
grössert.  Der  Anstoss  zum  Schwingen  stellt  ein  bestimmtes 
Maass  an  Arbeit  zur  Verfügung,  und  dieses  zehrt  eine  grössere 
schwingende  Masse  natürlich  schneller  auf,  als  eine  kleinere. 


Somit  schliessen  wir  in  der  heutigen  Vorlesung  unsere 
allgemeinen  Betrachtungen,  die  Besprechung  der  physikalischen 
und  chemischen  Thatsachen  und  Theorien  ab,  so  weit  sie  für 
ein  elementares  Verständnis  der  Telegraphie  und  Tetephonie 
notwendig  sind,  und  treten  bei  unserer  nächsten  Zusammenkunft 
in  die  Erörterung  der  speziellen  Technik  ein.  Freilich  konnten 
schon  manche  Einzelheiten  vorweg  genommen  werden  und 
manches  allgemeine  musste,  schon  um  nicht  durch  zu  viel 
Theorie  abzuschrecken,  für  den  speziellen  Teil  aufgespart  bleiben. 
Stossen  Sie  sich  nicht  daran  —  die  Einteilung  ist  schwer  ganz 
schulmeisterlich  richtig  zu  treffen  — ,  und  folgen  Sie  mir  guten 
Mutes  weiter,  zunächst  zu  dem  landläufigsten  Telegraphen- 
apparat, dem  Morse. 


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12.  Vorlesung. 

Farbschreiber  und  Klopfer. 

rsepriniip.  Morseieichen.  Retiefschreiber.  —  Farbschreiber:  Elektroi 
rne  und  Anker,  Magnetischer  Kreis.  Luftz wisch cnraum  und  Ankeranzieht 
ximale  Ampere  Windungen.  —  Einstellung.  —  Schreibhebel.  —  Uhrwerk, 
zung  der  Geschwindigkeiten  und  KrAlte.  Windfang.  Auslösung  und  Hemini 
pier,  —  Französischer  Farbschreiber.  —  Taste.  —  Klopfer  und  Klopfer 
Einfachste  Schaltungen. 


Zu  jeder  telegraphischen  oder  telephonischen  Übertragung 
sind  offenbar  zwei  Hauptapparate  nötig,  einer,  mit  dem  gegeben, 
und  einer,  mit  dem  empfangen  oder  aufgenommen  wird.  So 
besteht  auch  der  Morseapparat  aus  zwei  Teilen,  aus  Geber  und 
Empfänger.  Namentlich  der  Empfänger  hat  während  vieler 
Jahrzehnte  eine  lange  Formenreihe  durchlaufen,  welche,  gleich 
anderen  viel  gebrauchten  Erzeugnissen  der  Werlcstatt,  ganz  an 
die  eines  Lebewesens  erinnert. 


KiR     139.      Schema  des  MorseempfSngers. 

Von  dem  Empfänger  der  alten  Bauart  seien  die  prinzipiell 
wichtigsten  Teile  gezeichnet  (Fig.  139),  zuerst  der  um  seine 
horizontale  Achse  drehbare  Schreibhebel,  dessen  —  von  Ihnen 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbschreiber  und  Klopfer.  231 

aus  —  rechtes  Ende  einen  eisernen  Anker  umschliesst.  Unter  dem 
Anlcer  steht  ein  zweischenkliger  Elektromagnet,  von  dem  hier 
nur  eine  Spule  und  ein  Kern  zu  sehen  ist.  Werden  die  Spulen- 
windungen des  Elektromagneten  von  einem  Strome  durchflössen, 
so  ziehen  die  Eisenkerne  den  Anker  an.  Der  Hebel  dreht  sich 
in  der  Richtung  des  Uhrzeigers  und  der  an  seinem  linken  Ende 
befestigte  Stahlstift  macht  einen  Eindruck  in  ein  an  ihm  vorbei- 
rollendes, von  einer  sich  drehenden  Walze  gestütztes  Papier- 
band. Sobald  der  Strom  zu  fliessen  aufgehört  hat,  gewinnt 
die  dem  elektromagnetischen  Zuge  entgegenwirkende  Spiral- 
feder wieder  die  Oberhand  und  fährt  den  Schreibhebel  in 
seine  ursprüngliche  Lage  zurück.  Die  Länge  des  Papier- 
eindruckes hängt  somit  von  der  Dauer  des  Stromschlusses  ab. 
Bei  langer  Stromdauer  entsteht  ein  langer  Papiereindruck,  ein 
Strich,  bei  kurzer  ein  kurzer,  ein  Punkt.  Aus  Punkten,  ver- 
schieden langen  Strichen  und  der  Länge  der  Zwischenräume 
hat  Morse  ein  Alphabet  erdacht  und  in  Amerika  eingeführt. 
So  drückte  er  zum  Beispiel  durch  •  •  •  das  s,  durch  •  •  » 
das  c  und  durch  •  ••  das  r  aus.  Es  bedeutete  ^  t  und 
^^^»  L  Die  Zwischenräume  verursachten  Irrtümer,  und 
obschon  sie  und  die  verschieden  langen  Striche  für  Amerika 
notgedrungen  bestehen  blieben,  setzte  man  die  für  Europa 
bestimmte  Morseschrift  nur  aus  Punkten  und  einer  Art  Strichen 
zusammen,  ohne  den  Zwischenräumen  eine  besondere  Bedeutung 
beizulegen.  Auf  dieser  Tafel  (S.  232  und  233)  sind  die  in 
Europa  gebräuchlichen  Morsezeichen  aufgeschrieben.  Besonders 
häufig  vorkommende  Buchstaben,  wie  zum  Beispiel  das  c,  sind 
möglichst  einfach  gebaut.  Die  Morseschrift  zu  erlernen,  giebt 
es  nur  ein  Mittel:  Übung.  Gedächtnisregeln  helfen  nur  fttr  ein 
paar  Buchstaben.  Zur  Einübung  hat  man  Apparate  (Fig.  140  auf 
S.234)  ohne  jede  elektrische  Einrichtung  gebaut.  Bei  ihnen  werden 
,  die  Bewegungen  der  gebenden  Taste,  auf  deren  Besprechung 
wir  nachher  kommen,  mechanisch  unmittelbar  auf  den  Schreib- 
hebel übertragen,  und  der  Lernende  ist  in  der  Lage,  auf  dem 
Papierstreifen  zu  prüfen,  ob  er  richtig  gegeben  hat.  Diese 
Kontrolle  fällt  beim  Üben  mit  der  Taste  allein  fort;  sonst  thut 
sie  aber  denselben  Dienst.  Dem  Praktiker  gehen  die  Morse- 
zeichen bald  in  Fleisch  und  Blut  über,  und  er  handhabt  sie 
mit  einer  dem  Unkundigen  imponierenden  Sicherheit. 


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Farbachreiber  und  Kloprer. 


Die  wichtigsten 

Buchstaben. 


P  -■ 

q  — 


Ziffern. 

1  .^-___ 

4  .  ....^ 

5  . 

9  ^-_  -^_ 
0  ^  —  — -- 
Bruchstrich  ^^  « 


Abgelcürzte  Ziffern. 

5..... 

e__. ... 

8__  .  . 


D,„i,.,db,Google 


Farbsch reiber  und  Kloprer. 

Morsezeichen. 

Interpunktion. 

Punkt  -  -  -  -  . 

Semikolon  ^^  •  ^ 

Komma  »  «^k  -  ■ 

Doppelpunkt  ^mm,  ^^ 

Fragezeichen  .  «.  ^^  , 

Ausrufungszeichen  ^^  ^^ 

Apostroph  _  ^^  ^ 

Bindestrich  ^^  .  _  . 

Klammer  lauf  und  zu)  ^^^  _  ^ 

Dienstzeichen. 

Anruf  ^^M  •  ^H 

Auffordern  zum  Geben  ^^  >  «■ 

Warten  m  ^^  *  ■ 

Verstanden  *  •  .  ^^ 

Nicht  verstanden  »  «  ^^  , 

Irrtum  oder  Unterbrechung    «  »  «  »  » 
Schiuss  ^  ^^  .  , 

Quittung  ^  _^  .  . 

Zur  Trennung  {  r«1°?j;«Ä  —  .  .  . 
Dringlich  ld|  ^^  ,  . 

Antwort  bezahlt  IR.  P.)  _  ^_  .  , 


„Google 


234  Farbschreiber  und  Klopfer. 

Die  ursprünglichen  Morseapparate  heissen  nach  ihrer  in 
PapiereindrOcken  bestehenden  Schrift  Reliefschreiber.  Sie 
besassen  der  Üblen  Eigenschaften  mehrere.  Es  war  nötig,  dass 
ihr  Schreibhebel  seine  Spitze  mit  einiger  Kraft  in  das  Papier 
eindrückte.  Dazu  musste  er  heftig  angezogen  werden  und 
gehörig  fest  sein.  Doch  durfte  das  Papierband  auch  nicht 
durchlöchert  werden.  Dies  zu  verhindern  und  wiederum  auch 
genügend  tiefe  Papiereindrücke  zu  erzielen,  erforderte  eine 
fortwährende  Aufinerksamkeit  auf  die  Einstellung.  Aber  auch 
dann  war  die  Schrift  oft  schwer  zu  entziffern,  trotzdem  in-3en 


Kig.   140.     Übiincsappaiai 


Amtern  nur  die  Fensterplatze  benutzt  wurden.  Trübes  Wetter 
oder  künstüche  Beleuchtung  erschwerten  das  Lesen  der  Tele- 
gramme noch  mehr.  Oberlicht  machte  es  ganz  unmöglich.  Der 
Reliefschreibcr  wurde  deshalb  zur  grossen  Freude  der  Beamten 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbsehreiber  und  Klopfer. 


235 


durch  den  Farbschreiber  ersetzt.  Bei  ihm  werden  die  Zeichen 
dem  Papierbande  nicht  eingedrückt,  sondern  mit  Farbe  auf- 
geschrieben. 

Der  Farbschreiber 


steht  hier  (Fig.  141  und  142  auf  den  folgenden  Seiten)  in  zwei 
sehr  ähnlichen  Ausführungsformen  vor  Ihnen.  Zur  besseren 
Übersicht  teilen  wir  seine  Besprechung  in  drei  Abschnitte,  die 
mit  den  drei  Schlagworten:  Elektromagnet,  Schreibhebel, 
Uhrwerk  zu  überschreiben  sind.  Das  Eingehen  auf  vielerlei 
Einzelheiten  ist  durch  die  grosse  Verbreitung  des  Apparates 
und  seine  technische  Durchbildung  gerechtfertigt. 

Der    Elektromagnet    (Fig.  143)    wird    von    zwei    Spulen 
gebildet,  die  über  Eisfyikerne  geschoben  sind.    Diesen  sind  dann 


.m^ 


Polschuhe  aufgeschraubt.  Pro  Spule  hat  man  etwa  500  m  mit 
Seide  umsponnenen  Kupferdrahtes  von  0,2  mm  Durchmesser  in 
6500  Windungen  —   radial  etwa  33,  übereinander  200  Lagen  - 

aufgewickelt.     Der  Widerstand  pro  Spule  ist  nach   W  ■ 


l 


mithin  zu  etwa 


.500 


:  280  Ohm  und  der  von  zwei  hinter- 


DigitizsdbyGOOgle 


D,„i,.,db,Google 


Farbschreiber  und  Klopfer. 


D,„i,.,db,Google 


238  Farbschreiber  und  Klopfer, 

einander  geschalteten  Spulen  i?  zu  560  Ohm  zu  veranschlagen. 
Früher  wurde  er  zu  etwa  300  und  600  S.E.  angegeben. 

Über  den  Elektromagnetkernen  (Fig.  143)  ist  der  Anker 
angebracht.  Kerne,  Polschuhe  und  Anker  bestehen,  um  Remanenz 
und  Hysteresis  nach  Möglichkeit  einzuschränken,  aus  weichem 
Eisen.  Je  schlanker  dessen  Hysteresisschleife,  umso  gehorsamer 
folgen,  wie  Sie  wissen,  den  Stromänderungen  (/)  und  damit  den 
magnetischen  Änderungen  in  Luft  [IJ)  die  im  Eisen  (B),  mithin  die 
Bewegungen  von  Anker  und  Schreibhebel.  Ausserdem  wird  auch 
ein  umso  kleinerer  Teil  der  übertragenen  elektrischen  Arbeit  im 
Eisen  vergeudet.  In  Anker  und  Kernen  sollen  des  Weiteren  keine 
Wirbelströme  zugelassen  werden.  Sie  zu  vermeiden,  sind  alle 
drei  als  Röhren  ausgebildet  und  überdies  der  Länge  nach,  also 
parallel  zu  den  Kraftlinien,  aufges{^htzt.  Hierdurch  wird  den 
Wirbelströmen,  welche  sonst  in  den  massiven  Eisencylindern 
und  in  kleinerem  Maasse  auch  in  den  Eisenröhren  die  Kraft- 
linien umkreisen  würden,  der  Weg  verlegt.  Ausserdem  macht 
die  Röhrenform  den  Anker  leicht,  so  dass  durch  ihn  dem 
Schreibhebel  die  Masse  nur  unwesentlich  vermehrt  und  die 
Beweglichkeit  nicht  vermindert  wird.  Der  Ankerschlitz  dient 
gleich  zum  Einsetzen  der  Schraube,  die  den  Anker  im  Schreib- 
hebel festklemmt. 

Das  Arbeiten  des  Elektromagneten  ist  Ihnen  aus  früher 
gelerntem  verständlich.  Sie  wissen,  dass  ein  in  einer  Spule 
befindlicher  Kern  aus  weichem  Eisen  für  die  Dauer  des  Strom- 
flusses zum  Elektromagneten  wird,  zwar  so,  dass  an  dem  in 
der  Richtung  des  Uhrzeigers  umflossenen  Ende  des  Kernes  ein 
Süd-,  am  anderen  ein  Nordpol  entsteht.  Freihch  kommen  Pole 
nur  dort  wirklich  zu  Stande,  wo  die  Kernenden  an  Luft  grenzen, 
also  in  den  Polschuhen  dem  Anker  gegenüber,  während  die 
beiden  unteren,  durch  die  Jochplatte  vereinigten  Enden  sich 
gleichsam  magnetisch  neutralisieren.  Von  den  beiden  oberen 
Kernenden  stellen,  wie  die  Betrachtung  des  Schemas  (Fig.  143a| 
ergiebl,  das  eine  einen  Nord-,  das  andere  einen  Südpol  vor. 
Beide  influenzieren  den  ihnen  gegenüberliegenden  Eisenanker 
magnetisch  derart,  dass  sich  ungleichnamige  Pole  gegenüber- 
stehen und  Anziehung  stattfindet. 

Soweit  die  alte  Betrachtungsweise.  Erinnern  Sie  sich  nun 
an  die  Kraftlinienanschauung  und  an  das  Gesetz  des  magnetischen 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbschreiber  und  Klopfer.  239 

Kreises.  Das  Produkt  des  Stromes  J  und  der  Windungszahl  n 
übernahm  als  Jw,  als  Amperewjndungen ,  die  Rolle  einer 
Magnetomotorischen  Kraft.  Nehmen  Sie  für  den  Farbschreiber 
J  zu  13  Milliampere  und  n  zu  2  .  6500  =  13000  an,  so  ergiebt  sich 

.7«  =   13.  10-'.  13  .  10»  =  169. 

Diese  169  Amperewindungen  treiben  unter  Überwindung  des 
magnetischen  Widerstandes  den  magnetischen  Kraftfluss  durch 
Kerne,  Polschuhe,  Joch,  Anker  und  —  nicht  zu  vergessen  — 
die  Luftbrücke.  Der  Widerstand  des  magnetischen  Kreises 
setzt  sich  aus  dem  seiner  einzelnen  Teile,  im  Ganzen  also  aus 
dem  des  Eisen-  und  dem  des  Luftweges  zusammen.  Da  die 
spezifische  magnetische  Leitfähigkeit  L,  die  Permeabilität,  fttr 
Eisen  sehr  gross  —  in  unserem  Falle  mögen  Sie  sie  zu  etwa 
3000  annehmen  — ,  für  Luft  nur  1  ist,  wird  der  magnetische 
Widerstand  auch  kleiner  Luftbrücken  unverhältnismässig  gross. 
Die  Einzelheiten  der  übrigens  nur  ganz  ungefähren  Rechnung 
will  ich  Ihnen  ersparen  und  allein  ihr  Ergebnis  anführen. 
Könnte  der  Anker  unmittelbar  ohne  Luftzwischenraum  auf  den 
Polschuhen  aufliegen,  so  würden  die  169  Amperewindungen 
einen  Gesamtkraftfluss  von  etwa  10  000  Linien  durch  den 
Magnetkreis  drücken.  Müssen  aber  die  Kraftlinien  zum  und 
vom  Anker  auf  die  kurze  Strecke  von  nur  0,5  mm  durch  Luft 
gehen,  so  liefern  die  gleichen  Amperewindungen  nur  noch  etwa 
4000  Linien,  und  bei  0,8  mm  sinkt  ihre  Anzahl  gar  auf  2500 
herab.  Für  den  Eisenweg  sind  im  letzteren  Falle  nur  an 
20  Amperewindungen  nötig.  Alle  übrigen,  also  an  150  treiben 
den  Kraftfluss  durch  den  Luftweg  von  2  .  0,8  mm. 

Lassen  Sie  mich  in  dem  Schema  des  Elektromagneten 
(Fig.  143a  auf  S.  235)  den  Schnitt  durch  ein  Kraftlinienbündel  mit 
einer  gestrichelten  Linie  andeuten.  Dann  sind,  weil  Kerne  und 
Anker  hohl  sind  und  nur  die  —  etwa  3  mm  dicken  —  Wandungen 
aus  Kraftlinien-leitendem  Eisen  bestehen,  die  gestrichelten  Linien 
nahe  der  äusseren  Wand  zu  zeichnen.  Absichtlich  zeichne  ich 
in  Kern,  Polschuh  und  Anker  die  innere  Linie  stärker,  als 
die  äussere;  wird  doch  der  kürzere,  innere  Weg  von  mehr 
Linien  benutzt,  als  der  längere,  äussere.     Wie  bei  elektrischen, 


DigitizsdbyGOOgle 


240 


Farbschreiber  iind  Klopfer 


wird  auch  bei  magnetischen  Verzweigungen  der  Weg  des 
kleinsten  Widerstandes  bevorzuget.  Es  verläuft  also  ebenfalls 
die  Mehrzahl  der  Kraftlinien  durch  den  den  Polschuhen  be- 
nachbarten, tieferen  Teil  der  Ankerröhre,  und  nur  ein  kleinerer 
Teil  steigt  in  den  mittleren  und  oberen  Teil  der  Röhre  hinauf 
Deshalb  kann  diese  auch  ohne  merkliche  Erhöhung  des  magne- 
tischen Widerstandes  an  den  beiden  Seiten  dachartig  abgeschrägt 
sein.  Das  dadurch  fortfallende  Eisen  würde  doch  nur  sehr 
wenig  als  magnetisches  Leitungsmaterial  ausgenutzt  werden. 
Den  Zusammenhang  zwischen  Strom-  und  Kraftlinienrichtung 
werden  Sie  leicht  aus  den  früher  dafür  gegebenen  Regeln  ab- 
leiten können. 

Da,  wie  eben  mit  einigen  ungefähren  Zahlen  belegt  wurde, 
der  Luftzwischenraum  zwischen  Polschuhen  und  Anker  den 
weitaus  grössten  Teil  des  magnetischen  Widerstandes  hervor- 
ruft, erkennen  Sie  die  Berechtigung,  Anker  und  Kerne  ohne 
Schaden  auszuhöhlen  und  zu  schlitzen,  und  dadurch  den  Vorteil 
geringerer  Remanenz,  Hysteresis  und  Wirbel- 
ströme zu  erreichen.  Der  Widerstand  des 
j^  Eisenweges    bleibt    trotzdem   gegen  den  des 

l^ji  Luftweges  klein.     Höhlung  und  Schlitz  ver- 

^1  nichten  aber  die  Remanenz  nicht  vollständig. 

Das  wird  beim  Telegraphieren  dann  fühlbar, 
wenn  der  angezogene  Anker  die  Polschuhe 
unmittelbar  ohne  Luftzwischenraum  berührt. 
Die  Remanenz  des  Eisenkreises  ist  dann  noch 
immer  so  gross,  dass  bei  der  nun  folgenden 
Stromunterbrechung  der  Anker  durch  die 
Feder  nicht  abgerissen  wird,  sondern  auf  den 
Polschuhen  gleichsam  kleben  bleibt.  Die 
unmittelbare  Berührung  von  Anker  und  Pol- 
schuh zu  verhindern,  ist  der  Ankerhub  nach 
oben  und  unten  durch  einen  verstellbaren 
Anschlagstift  begrenzt.  Beide  Anschlagstifte 
einem  Bock  (Fig.  144)  untergebracht,  der 
ganz  rechts  der  Grundplatte  aufgeschraubt  ist.  Hat  man  aber 
den  unteren  Anschlag  soweit  gesenkt,  dass  der  Anker  doch 
die  Polschuhe  berührt,  so  verhindert  ein  auf  beide  Polschuhe 
aufgeklebtes  Stück  Papier    als    dünne  Schicht    unmagnetischen 


Hg.   H4. 
Dock   mit  Anschlag- 
stiften. 


sind   verstellbar 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbschreiber  und  Klopfer.  241 

Materiales,  das  heisst  solchen  von  der  Permeabilität  Eins,  das 
magnetische  Kleben  des  Ankers. 

Die  Berechnung  des  magnetischen  Kreises  wird  durch  eine 
Erscheinung  einigermassen  trügerisch,  von  der  noch  garnicht 
die  Rede  war,  durch  die  Streuung.  Es  legen  nämlich  längst 
nicht  alle  in  Spulen  und  Eisenkern  erzeugten  Kraftlinien  wirklich 
den  vollen  von  ihnen  gewünschten  Weg  zurück,  sondern  sie 
springen  zu  erheblichem  Teile  vorher  ab,  ohne  erst  durch  den 
Anker  hindurch  zu  gehen.  Namentlich  die  einander  bis  auf 
1  cm  benachbarten  Polschuhe  geben  zu  einer  derartigen  Zer- 
streuung von  Kraftlinien  Veranlassung,  etwa  so,  wie  es  für  eine 
mittlere  Kraftlinie  in  dem  Schema  von  vorhin  (Fig.  143a  auf 
S.  235)  angedeutet  ist.  Solche  Streulinien  sind  natürlich  gar- 
nichts  nutz,  obgleich  ebenso  gute  Amperewindungen  für  sie 
aufgewendet  werden,  wie  für  die  wirksamen  KraftHnien.  Aber 
sie  lassen  sich  nicht  vermeiden,  und  man  muss  von  der  unter 
Vernachlässigung  der  Streuung  errechneten  KraflUnienzahl  einen 
Teil  abziehen,  um  die  Nutzlinien  zu  erhalten.  Wieviel,  ist  schwer 
zu  sagen.  Ohne  Verbindlichkeit  möchte  ich  das  Streufeld  zu 
20  bis  307"  i^es  Gesammtfeldes  veranschlagen.  Nur  etwa  80 
bis  707"  entfallen  auf  das  Nutzfeld. 

Sie  sollen  mit  dieser  Rechnung  auch  nicht  weiter  behelligt 
werden,  denn  die  Dinge  liegen,  wie  später  klar  werden  wird, 
verwickelter.  Nur  eine  Kurve  möchte  ich  Ihnen  zeigen 
(Fig,  145  auf  der  folgenden  Seite),  welche  die  Änderung  der 
Anziehung  des  Ankers  mit  seiner  Entfernung  von  den  Polschuhen 
wiedergiebt.  Die  Anziehungskraft  ist  für  die  verschiedenen 
Entfernungen  unmittelbar  gemessen  worden.  Wenn  Sie  diese 
Messungen  als  zuverlässig  betrachten  wollen,  so  entnehmen  Sie 
der  Kurve,  dass  im  ungefähren  Abstände  von  2  mm  der  Anker 
mit  1,5  g,  bei  0,8  mm  schon  mit  5  g,  bei  0,5  mm  mit  7  g  und 
bei  0,2  mm  mit  12  g  angezogen  wird.  Der  Anker  wird  ja  deshalb 
auch  bei  seinem  Wege  auf  die  Polschuhe  zu  immer  heftiger 
angezogen  werden  und  den  kurzen  Zwischenraum  mit  immer 
stärker  beschleunigter  Geschwindigkeit  zurücklegen.  Die 
gestrichelte  Kurve  giebt  die  gleiche  Abhängigkeit  bei  einem 
andauernden  Strome  von  nur  4,3  Milliampere,  das  heisst  dem 
dritten  Teile  des  normalen  Morsestromes  wieder.  Sie  sehen, 
eine  wie  kleine  Anziehungskraft  er  ausübt. 


DigitizsdbyGOO'^le 


242 


Farbschreiber  und  Klopfer. 


Eine  einigermassen  wichtige  Frage  ist  noch  zu  erwägen: 
Wovon  hängt  die  Zahl  der  erreichten  Amperewindungen  und 
damit  unter  sonst  gleichen  Umständen  die  Stärke  der  Anker- 
anziehung ab,  und  kann  man  sie  durch  Vergrösserung  der 
Windungszahl  steigern?  Dadurch  wächst  allerdings  der  Faktorn 
des  Produktes  Jn,  aber  mit  ihm  auch  der  Leitungswiderstand  R 
der  Spulen,    und  damit  sinkt  der  Faktor  •/.     Nehmen   Sie  die 


^e 


j-  43.1C''awp 


Fig.   145.     Anheranziehung  und  -abstand. 


Höhe  der  Spule  als  gegeben  an,  so  wird  der  Widerstand  R 
mit  zunehmender  Windungszahl  sogar  stärker  vergrössert,  als 
die  Windungszahl.  Denn  die  Spule  wird  immer  dicker  und  die 
später  aufgewickelten  Windungen  haben  einen  immer  grösseren 
Durchmesser,  mithin  grössere  Länge  als  die  ursprünghchen. 
Hier  (Fig.  146)  ist  für  die  Farbschreiberspulen  der  Widerstand  R 
in  Abhängigkeit    von    der  Windungszahl  n  aufgetragen.     Man 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbschreiber  und  Klopfer. 


243 


sieht,  wieviel  mehr  der  Widerstand  wächst,  als  die  Windungs- 
zahl, Proportionalität  beider  würde  durch  die  gestrichelte 
gerade  Linie  angezeigt. 

Mit    zunehmender  Windungszahl    fällt  also  durch  das  be- 
schleunigte Anwachsen  des  Widerstandes  R  auch  der  Strom  J. 


— y\    .    i 


.   146.     WidersUnd  und  Windungsiahl  der  Farbschreiberspulen 


Es  ist  aber  zu  bedenken,  dass  B  nur  einen  Teil  des  gesamten  in 
das  Ohmsche  Gesetz  eingehenden  Widerstandes  ausmacht,  denn 


tfi  +  wi  +  H 

Widerstand  der  Batterie  und  w,  den  der  Leitung  bezeichnet. 
Bei  grossem  u-j  -|-  hu  ist  deshalb  die  nützliche  Steigerung  von  n 
mit  einer  verhältnismässig  unschädlichen  Verkleinerung  von  J 
erkauft.  Bei  verschiedenem  w,  +  w,  wird  die  grösste  Ampere- 
windungszahl von  verschiedenem  n  geliefert.  Die  Rechnung 
ergiebt,  dass  J»  mit  zunehmendem  n  zuerst  stark,  dann  schwächer 
ansteigt  und  dann  allmählich  abnimmt.  Das  Maximum  liegt  bei 
derjenigen  Anzahl  von  Windungen,  deren  Widerstand  gleich 
der    Summe    der   Widerstände    von    Leitung    und  Batterie    ist. 


DigitizsdbyGOO'^le 


244 


F»ri>schreiber  u 


i  Klopfer. 


Auch  dieser  Zusammenhang  ist  hier  (Fig.  147)  graphisch  auf- 
getragen. Man  sollte  danach  für  jede  Leitungslänge  besonders 
gewickelte  Farbschreiber  haben,  eine  Forderung,  welche  die 
Praxis    nicht    erfüllen    kann.     Die  Reichspost    hat    deshalb    die 


R-i^rlf, 


Fig.   141.     Widerstand  und  Ampere  Windungen. 

Windungszahl  von  13000  mit  einem  Widerstände  von  etwa  560 
als  eine  mittlere  und  in  allen  Fällen  taugliche  ausgewählt  und 
in  langer  Praxis  erprobt. 

Der  wiederholt  als  normal  angegebene  Morsestrom  besteht, 
auch  wenn  wir  vorläufig  bei  der  einfachen  Behandlungsweise 
des  Stromverlaufes  bleiben,  nur  auf  dem  Papier.  Thatsächlich 
werden  die  Farbschreiber  von  einem  Strome  nur  dieser  Grössen- 
ordnung,  nicht  dieser  Grösse  durchflössen.  Die  Gründe  hierfilr 
werden  uns  bald  eingehend  beschäftigen.  Zunächst  haben  wir 
es  mit  einer  Folge  der  wechselnden  Grösse  des  Stromes  zu 
thun.  Das  ist  die  jedem  Praktiker  bekannte  Notwendigkeit,  den 
Apparat  auf  die  Grösse  des  gerade  fliessenden  Telegraphier- 
Stromes  einzustellen. 

Zur  Einstellung  bieten  sich  zwei  Mittel.  Das  einfachste, 
rein  mechanische,  ist  vermehrte  oder  verminderte  Anspannung 
der  dem  elektromagnetischen  Zuge  entgegenwirkenden  Feder. 
Diese  Feder  sitzt  bei  den  modernen  Apparaten  (Fig.  141  und  142) 
oben  rechts  an  der  rechten  Seitenwand  des  Gehäuses,  von 
einem  vertikalen  Messingrohre  (in  Fig.  142  als  Federgehäuse 
bezeichnet)  schützend  umgeben.  Ein  Drehen  des  Schrauben- 
kopfes ändert  die  Federspannung. 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbaclireiber  und  Klopfer.  245 

Zur  zweiten  Verstellung  dient  die  links  daneben  befindliche 
Mutter.  Diese  Verstellung  wirkt  elektromagnetisch  und  besteht 
in  einem  Heben  oder  Senken  des  Joches  und  der  ihm  auf- 
geschraubten Elektromagnetkeme.  Das  Heben  der  Kerne  ver- 
kürzt den  von  den  Kraftlinien  zu  durchsetzenden  Luftraum  und 
verkleinert  damit  den  Widerstand  des  magnetischen  Kreises. 
Die  von  einem  verhältnismässig  kleinen  Strome  bewirkte  Ampere- 
windungszahl erzeugt  als  Magnetomotorische  Kraft  jetzt  bei 
dem  kleineren  magnetischen  Widerstände  annähernd  die  gleiche 
Kraftlinienzahl,  wie  bei  grösserem  Widerstände  das  grössere  J.  n. 
Andererseits  wird  durch  Senken  von  Joch  und  Kernen  auf  einen 
grösseren  Strom  eingestellt.  Da  der  magnetische  Wider- 
stand der  Luft  den  Hauptteil  des  ganzen  Kreises  ausmacht, 
bewirkt  das  Heben  oder  Senken  der  Kerne  gleich  eine  sehr 
heftige  Verstellung  und  ist  mit  besonderer  Vorsicht  anzuwenden. 
Für  gewöhnlich  sollen  sich  die  Kerne  in  ihrer  höchsten  Stellung  be- 
finden, damit  so  die  Amperewindungen  möglichstausgenutzt  werden. 

Nach  der  Besprechung  des  Elektromagneten  wenden  wir 
uns  zu  der  des  Schreibhebels  (Fig.  148,  149  und  150).  An 
neueren  Apparaten  sehen  Sie  von 
ihm  nur  den  am  weitesten  rechts 
gelegenen  Teil  von  reichlich  fünf 
Centimetern ,     dessen     Mitte     den  Fig.  h8.    Schrdbhebei. 

Anker  umschüesst.     Dann  tritt  der 

Schreibhebel  durch  die  rechte  Seitenwand  in  das  Apparatgehäuse 
ein  und  biegt  im  rechten  Winkel  erst  nach  vorn  und  dann 
nach  links  um.  In  dem  nach  vorn  verlaufenden  Stück,  gleich 
links  von  der  Wand,  ist  er  gelagert.  Dann  setzt  er  sich  dicht 
hinter  der  Vorderwand  bis  zur  Achse  (IVb)  des  Farbrades  fort, 
welche  er  mit  seinem  linken,  haken-  oder  fingerförmigen  Ende 
umgreift.  Das  Umgreifen  ist  durch  eine  in  die  Achse  ein- 
geschnittene Nut  gesichert.  Der  durch  das  Wechselspiel  des 
elektromagnetischen  und  des  Federzuges  bald  im  Uhrzeigersinne, 
bald  gegen  ihn  gedrehte  Schreibhebel  führt  mit  seinem  finger- 
förmigen Ende  die  Farbradachse  und  damit  das  von  der  vorderen 
Gehäusewand  liegende  Farbrad  auf  und  nieder.  Der  dazu  not- 
wendige Spielraum  ist  der  Achse  gelassen,  ohne  dass  deshalb 
ihr  fast  um  die  ganze  Gehäusetiefe  dahinter  liegender  Zahnrad- 
antrieb beeinträchtigt  würde. 


DigitizsdbyGOOgle 


n  Punkte  und  Striche  der 


1  Hebel 


Fig.    150.     Schreibhebel. 
(Von    vorn.     Vordere    Apparatwand    fortgedacht.     Die   an 
die  Hebelstellung  fflr  die  Zwischenräume,  diegestriche 
Morse  zeichen   wieder). 

A.  Durch  Heraufschrauben  der  Stellschraube  fQr  Arbeit 
und  Striche  kommen  unter  Strom,  also  während  der 
beiden  Teile  ff,  und  ff,  des  Schreibhebels  bilden  einer 
mit  der  Drehungsachse   /),.      Anschlagstift   «2   nimmt   keinen   Anteil. 

B.  Durch  Hinunterschrauben  der  Stellschraube  iilr  Ruhestrom  eingestellt.  Striche 
und  Punkte  kommen  unter  Ausbleiben  von  Strom,  also  wihrend  der  Anker  von  der 
Feder  heraufgezogen  ist.  Die  beiden  Teilhebel  H,  und  H^  bilden  keinen  festen  zwei- 
armigen Hebel  mehr,  denn  mit  der  Stellschraube  sinkt  auch  der  Teilhebel  ffj  und 
und  schlägt  gegen  den  Anschlagstili  dg.  Der  hoch  schnell  ende  Anker  senkt  das  linke 
Ende  von  ffi  noch  weiter  und  damit'das  rechte  Ende  ffj.  U^  dreht  sich  um  rfj, 
so  dass  Finger  und  Farbrad  steigen. 


D,„i„„i,ÜOO<^lc 


Farbschreiber  und  Kloprer.  247 

Der  aus  drei  Teilhebeln  bestehende  Schreibhebel  —  Knick- 
hebel —  arbeitet  nun  entweder  so,  dass  bei  angezogenem  Anker 
das  Farbrad  gehoben  und  bei  losgerissenem  gesenkt  ist,  Anker 
und  Farbrad  sich  also  einander  entgegengesetzt  bewegen.  Oder 
das  Verstellen  einer  Schraube  ändert  das  Zusammengreifen  der 
Teilhebel  so,  dass  —  gerade  umgekehrt,  wie  eben  —  das  Farb- 
rad bei  angezogenem  Anker  gesenkt,  bei  losgerissenem  gehoben 
ist,  Anker  und  Farbrad  bewegen  sich  dann  in  gleicher  Richtung 
auf  und  nieder.  Die  erste  Einstellung  ist  für  Arbeitsstrom,  die 
zweite  ftlr  Ruhestrom  bestimmt.  Die  Arbeitsweise  der  Teilhebel 
ist  hier  <Fig.  150)  naher  gezeichnet  und  beschrieben.  Doch 
unterlassen  Sie  nicht,  sich  ausserdem  den  Schreibhebel  am 
Farbschreiber  selbst  anzusehen. 

Vollständig  in  das  Apparatgehäuse  eingeschlossen  und 
dadurch  vor  Verletzungen  und  Staub  geschützt,  ist  das  Uhr- 
werk, welches  den  Lauf  des  Papierbandes  und  das  Drehen 
des  Farbrades  bewirkt.  Die  obere  und  die  linke  Seitenwand 
des  Gehäusekastens  sind  herauszuziehen,  die  vordere  und  hintere 
Wand  mit  dem  Boden  und  der  rechten  Seitenwand  fest  ver- 
schraubt. In  Vorder-  und  Hinterwand  sind  die  Zahnräder  des 
Uhrwerks  mit  ihren  Achsen  gelagert.  Höchstens  die  Feder- 
trommel ist,  wie  bei  diesem  Farbschreiber  hier  (Fig.  142)  vor 
der  Vorderwand  angebracht,  so  dass  sie  bei  einem  etwaigen 
Bruch  der  Feder  schnell  durch  eine  in  Vorrat  gehaltene  Trommel 
ersetzt  werden  kann.  Die  Feder  besteht  aus  einem  an  drei 
Meter  langen  Stahlband  und  wird  durch  Drehen  des  kräftigen 
Handgriffes  aufgewunden,  was  bei  andauerndem  Betriebe  etwa 
alle  zwanzig  Minuten  zu  erfolgen  hat.  Die  Federkraft  des 
Stahlbandes  treibt  das  Uhrwerk.  Denken  Sie  sich  den  Farb- 
schreiber vertikal  und  parallel  zur  Vorderwand  aufgeschnitten, 
so  sehen  Sie,  wie  in  diesem  Bilde  (Fig.  151  auf  der  folgenden 
Seitel  die  verschiedenen  Zahnräder  und  Triebe  ineinandergreifen. 
Die  Federkraft  greift  an  der  Achse  I  an  und  dreht  sie  im  Sinne 
des  Uhrzeigers.  Das  auf  dieser  Antriebsachse  sitzende  Zahnrad 
greift  in  die  Stöcke  des  auf  der  Achse  II  sitzenden  Triebes. 
Zahnrad  II  treibt  Achse  III  und  Zahnrad  III  beide  Achsen  IV  an. 
Vor  der  vorderen  Gehäusewand  trägt  die  obere  Achse  IV  (IVa) 
die  Papierwalze  und  die  untere  (IVb|  das  Farbrad.  Man  sieht, 
dass  immer  die  Zahnräder  mit  grossem  Radius  und  vielen  Zahnen 


DigitizsdbyGOOgle 


248  F«rbachreiber  und  Klopfer. 

in  die  Triebe  mit  kleinem  Radius  und  wenig  Stöcken  eingreifen, 
so  dass  Räder  und  Achsen  umso  schneller  laufen,  je  weiter  links 
sie  liegen.  Bekanntlich  verhalten  sich  die  Umdrehungs-  umgekehrt 
wie  die  Zahn-  (oder  Stock-)  zahlen.      Zählen  Sie  auf  unserer 


Abbildung  (Fig.  151)  Zähne  und  Stöcke,  so  finden  Sie,  dass 
Achse  II  ^-jie  =  5,1  mal  so  schnell  umläuft,  als  I,  Achse  111 
"/lo  =  8,4  mal  so  schnell  als  II,  beide  Achsen  IV  '7«)  =  1,8  mal 
so  schnell  als  III  und  so  fort.  Nehmen  Sie  als  Drehungszahl 
pro  Minute  etwa  Vs  für  die  Antriebsachse  an,  so  ergiebt  sich 
etwa  28  für  Papierwalze  und  Farbrad  und  etwa  3000  für  den 
vertikalen  Windfang. 

Dieser  Windfang  (Fig.  151  und  152)  versieht  die  Rolle  von 
Pendel  oder  Unruhe  der  gewöhnlichen  Uhrwerke,  das  heisst  er 
belastet,  er  bremst  das  Uhrwerk  und  verhindert,  dass  es  —  da 
es  sonst  nur  eine  geringe  Last  durchzuziehen  hätte  —  mit 
beschleunigter  Geschwindigkeit  abschnurrt.  An  der  vertikalen 
Achse,    deren   Schraubenspindel    vom    letzten    und    schnellsten 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbschreiber  und  Klopfer.  249 

Zahnrad  (V)  angetrieben  wird,  ist  um  eine  horizontale  Achse 
drehbar  ein  doppelter  Windflügel  angebracht.  In  der  Ruhelage 
steht  er  nahezu  vertikal  (Fig.  152  a).  Während  der  Bewegung 
aber  sucht  ihn  die  Centn  fugalkraft,  welche  übrigens  im  Grunde 
nichts  anderes  ist,  als  die  Trägheit,  gegen  den  Zug  einer  kleinen 
Spiralfeder  mehr  oder  weniger  horizontal  zu  stellen  (Fig.  152b), 


Fig.    152-      Windfang.      Naldrliche  GrOsse. 
a)  bei  Ruhe,  b)  bei   Bewegung  des  Uhrwerk. 

je  nach  dem  die  vertikale  Achse  sich  schneller  oder  langsamer 
dreht.  Je  horizontaler  er  sich  einstellt,  das  heisst,  je  schneller 
er  sich  dreht,  an  einem  umso  längeren  Hebelarm  wirkt  der 
bremsende  Widerstand  der  Luft.  Bei  langsamer  Drehung  und 
deshalb  kleinerer  Centrifugalkraft  vermag  die  kleine  Feder  den 
WindHügel  weiter  in  der  vertikalen  Lage  zurückzuhalten.  Der 
Luftwiderstand  greift  an  einem  kleineren  Hebelarm  an  und  bremst 


DigitizsdbyGOOgle 


250  Farbschreiber  und  Klopfer. 

weniger.  Der  in  der  Horizontalen  und  der  Vertikalen  drehbare 
Windfangflügel  bewirkt  mithin,  dass  auch  bei  abnehmender 
Federspannung  das  Uhrwerk  gleichmässig  abläuft.  Früher 
wurden  die  Morseapparate  statt  durch  den  allmählich  abnehmen- 
den Druck  einer  Feder  durch  den  unveränderten  Zug  eines 
fallenden  Gewichtes  angetrieben.  Bei  ihnen  brauchte  der  Wind- 
fangflügel immer  nur  mit  derselben  Kraft  zu  bremsen.  Er  war 
deshalb  in  einer  bestimmten,  als  richtig  ausgeprobten  vertikalen 
Stellung  befestigt  und  nur  in  der  Horizontalen  drehbar. 

Durch  das  Aufziehen  der  Feder  wird  in  ihr  eine  bestimmte 
Arbeitsmenge  aufgestapelt.  Während  das  Uhrwerk  läuft, 
wandert  sie  durch  seine  einzelnen  Teile  (in  der  Reihenfolge  der 
röitiischen  Ziffern  in  Fig.  151)  hindurch  und  wird  unterwegs 
von  der  Reibung  der  Zähne  an  einander  und  an  den  Trieb- 
stöcken, der  Achsen  in  den  Lagern,  der  Papierwalze  an  der 
KlapproUe  (siehe  weiter  unten)  und  des  Papieres  an  den  ver- 
schiedenen Stellen  seiner  Führung  und  schliesslich  des  Wind- 
fanges an  der  Luft  als  mechanische  Arbeit  vernichtet.  Über 
die  Grösse  der  an  den  Achsen  angreifenden  Kräfte  erhält  man 
Aufklärung,  wenn  man  sich  der  Arbeit  als  des  Produktes  von 
Kraft  und  Weg  erinnert.  Wenn  sich  dann  von  der  Antriebs- 
achse bis  zur  Windfangachse  die  Umdrehungszahlen  ungefähr 
von  V'  aiif  3000,  also  etwa  auf  das  Zehntausendfache  ver- 
mehren, so  muss  die  Kraft  im  gleichen  Verhältnis  kleiner 
werden,  selbst  wenn  das  System  reibungslos  liefe.  Die  mecha- 
nische Beanspruchung  der  Achsen  und  damit  ihr  Durchmesser 
wird  deshalb  mit  wachsender  Entfernung  von  der  Triebfeder 
stark  abnehmen.  Beachten  Sie,  wie  kräftig  Achse  I,  wie 
schwach  die  des  Windfanges  ausgebildet  ist.  Vergleichen  Sie 
mit  dem  kräftigen  Aufzugshandgriff  und  der  dicken  Wandung 
der  FedertrommeJ  die  schwache  Hemmungsfeder  (Fig.  153),  mit 
der  Anstrengung  beim  Aufziehen  das  leichte  Umlegen  des 
1  lemmungshebels. 

Von  dieser  Hemmung  war  noch  nicht  die  Rede.  Sie 
verhindert,  dass  das  Uhrwerk  während  der  Pausen  des  Betriebes 
unnütz  abläuft.  Die  eben  erwähnte  Hemmungsfeder  (Fig.  153| 
drückt  gegen  den  seitlichen  Rand  der  unten  der  Windfangachse 
aufgesetzten  Scheibe,  die  Ihnen  als  Träger  der  die  Flügel 
vertikal    ziehenden    kleinen   Spiralfeder   bekannt    ist,    und    ver- 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbschreiber  und  Klopfer. 


251 


hindert  somit  die  Drehung  des  Windfanges  und  dadurch  des 
ganzen  Uhrwerkes.  Schiebt  man  aber  den  Auslösungshebel  an 
seinem  vorderen,  durch  die  Apparatwand  ragenden  Ende  nach 
rechts,  so  drängt  eine  auf  ihm  sitzende  Nase  die  Hemmungsfeder 
von  der  Scheibe  des  Windfanges  ab  und  giebt  ihn  und  damit 
das  Uhrwerk  frei.     Durch  Legen  des  Hebels  nach  links  wird 


mithin  das  Werk  ausgelöst,  nach  rechts  gesperrt.  Nach  dem, 
was  eben  über  die  Umsetzung  der  Kräfte  durch  die  Zahnräder 
und  Stocktriebe  gesagt  wurde,  wird  niemand  auf  den  sonst 
vielleicht  natürlichen  Gedanken  kommen,  dass  man  die  Bremsung 
nicht  am  Windfang,  sondern  an  der  Antriebsachse  anbringen 
könnte.  Die  Hemmung  würde  hier  eben  an  zehntausend  mal 
so  schwer  sein. 

In  manchen  Fällen,  besonders  für  kleine-  und  für  Funken- 
ämter ist  eine  selbstthätige  Auslösung  des  Uhrwerks  ohne 
Zuthun  eines  Beamten,  allein  durch  den  ankommenden  Tele- 
graphiersirom  erwünscht.  Bei  solchen  Apparaten  fällt  die 
Bremsung  des  Windfanges  fort.  An  ihrer  statt  wird  einer  der 
ihm    benachbarten    horizontalen    Uhrwerksachsen    (in    Fig.  154 


Digitizsdb^COO'^IC 


252 


Farbschreiber  und  Klopfer. 


schwarz)  eine  Hemmungsnase  III  aufgesetzt.  Diese  legt  sich  in 
den  Betriebspausen  (Fig.  154a)  gegen  den  massiven  Teil  einer 
am  Ende  zur  Hälfte  ausgeschnittenen  Drehungsachse  II  und 
hemmt  dadurch  das  Uhrwerk.  Nun  lässt  (Fig.  154  b)  der 
beginnende  Telegraphierstrom  den  Schreibhebel  nach  oben 
gegen  die  Schraube  des  Hebels  I  schlagen,  so  dass  Hebel  I 
sich  gegen  den  Sinn  des  Uhrzeigers  dreht.     Dadurch  wird  der 


b)  Uhrwerk  ausgelost. 


Fig.   154.     SelbsttliAlige  Auslasung. 

vorher  von  I  festgestellte  Hebel  II  freigegeben.  Er  folgt  dem 
Zuge  einer  Feder.  Der  massive  Teil  der  Drehungsachse  II 
kehrt  sich  von  der  Hemmungsnase  111  ab,  und  diese  kann  sich 
gegen  den  Uhrzeigersinn  an  ihr  vorbei  drehen.  Das  Uhrwerk 
ist  frei.  Freilich  nimmt  der  auf  111  sitzende  Stift  das  linke 
Ende  von  Hebel  U  alsbald  wieder  mit  in  die  Höhe  und  die 
Hemmungsnase  wird  wieder  festgelegt.  Sie  ist  aber  mit  der 
Uhrvverksachse  nicht  fest,  sondern  über  eine  der  Achse  auf- 
geschobene (in  der  Figur  nicht  sichtbare)  Feder  verbunden,  so 
dass  das  Uhrwerk  auch  bei  festgelegter  Hemmungsnase  noch 
ein  Stück  weiterläuft.  Inzwischen  hat  ein  neuer  Schlag  des 
Hebels  den  Weg  wieder  frei  gemacht,  so  dass  wahrend  der 
Zwischenräume  der  Morsezeichen  im  Laufe  des  Uhrwerks  keine 
Stockung  eintritt.  Die  Hemmung  tritt  aber  trotz  der  elastischen 
Verbindung  von  Hemmungsnase  und  Achse  111  sehr  bald  ein, 
wenn  kein  neuer  Schlag  des  Schreibhcbels  folgt,  das  heisst  der 
Betrieb  ruht.  Sie  sehen,  die  selbstthätige  Hemmung  ist  einiger- 
massen    verwickelt.      Sie    stört    den    Hauptvorzug   des    Morse- 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbschreiber  und  Klopfer.  253 

apparates,  seine  verhältnismässig  grosse  Einfachheit,  und  wird 
deshalb  nur  bei  besonderem  Bedarf  angewandt. 

Notwendig  ist  das  ganze  Uhrwerk,  seine  Auslösung  und 
sein  gleichmässiger  Gang  ja  nur  zur  gleichmässigen  Bewegung 
des  Papierbandes  und  des  Farbrades.  Die  Papierwalze,  die  sich 
auf  der  Achse  IV  a  dreht,  walzt  das  Papierband  zwischen  sich 
und  einer  mit  Federkraft  auf  sie  drückenden,  aufklappbaren  Rolle 
hindurch.  Dafür,  dass  es  sich  mit  derselben  Geschwindigkeit 
bewegt,  wie  die  Papierwalze,  ohne  auf  ihr  zu  rutschen,  zu 
schlüpfen,  sorgen  die  auf  ihr  parallel  zu  ihrer  Achse,  also 
senkrecht  zum  Papierbande  angebrachten  Riefeln  und  der 
grosse  Federdruck  der  Klapprolle.  Die  Geschwindigkeit,  mit 
der  Papierwalze  und  Klapprolle  das  Papierband  zwischen  sich 
durchschieben,  ergiebt  sich  aus  dem  Durchmesser  der  Papier- 
walze von  1 7,3  mm  und  ihrer  Umdrehungszahl  von  etwa 
28  zu  17,3  71 .  28  mm  =  1,5  m  pro  Minute,  eine  Geschwindigkeit, 
die  als  für  die  Aufnahme  der  Morseschrift  besonders  günstig 
ausgeprobt  worden  ist.  Entnommen  wird  das  Papier  von  einer 
in  der  Schublade  des  Grundkastens  sehr  leicht  drehbar  ange- 
brachten Trommel  (Fig.  155  und  156).     Ein   in  ihn  eingesetztes 


Fig.    155.      Farbschreiber  mit  aufgezogener  Schublade, 

rundes  Glasfensterchen  erlaubt,  von  oben  zu  sehen,  ob  auf  der 
Trommel  noch  genügend  Papier  vorratig  ist  oder  nicht,  Leichter 
ist  das  bei  anderen  Apparaten,  wie  sie  vielfach  von  deutschen 


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254  Farbschreiber  und  Klopfer. 

Eisenbahnen  und  Feuerwehren  und  im  Auslande  gebraucht  werden. 
Bei  ihnen  wird  das  Papier  nicht  der  Schieblade,  sondern  einem 
Haspelartigen  Ständer  entnommen,  der,  wie  Sie  es  bei  dem 
Übungsapparat  (Fig.  140  auf  S.  234)  sahen,  dem  Morseschreiber 
aufgeschraubt  ist.  Das  ungeleimte  Morsepapier  sondert  einen 
Staub  ab,    der  in  die  Apparatfarbe  fällt  und  sie  verschmutzt. 


Fig.   156.     Grundkasten.     (','4  nalQrlicher  Grösse.) 

Auch  macht  das  Unterbringen  der  Papierrolle  im  Schiebkasten 
den  Apparat  gefälliger  und  kleiner,  und  der  Beamte  wird  nicht 
durch  den  sich  dicht  vor  ihm  zwar  langsam,  aber  andauernd 
drehenden  Papierhaspel  belästigt. 

Die  Schrift  wird  durch  das  Farbrad  hervorgerufen,  das  auf 
seiner  unteren,  dem  Papierband  entgegengesetzten  Seite  durch 
einen  Ausschnitt  des  Deckels  in  den  Farbkasten  taucht.    Dieser 


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Farbschreiber  und  Klopfer.  255 

Farbkasten  ist  mit  der  fettigen  blauen  Apparatfarbe  angefüllt  und 
kann  zur  Reinigung  und  NeufUllung  abgeschraubt  werden.')  An 
der  Schreibstelle  ist  das  Papierband  in  spitzem  Winkel  um  einen 
stählernen  Drehstift  herumgelegt,  so  dass  dem  Farbrade  die 
scharfe  Kante  eines  kleinen  Papierkeiles  dargeboten  wird  und 
es  das  Papierband  nur  auf  dieser  ganz  kurzen  Strecke  berührt. 
Dadurch  wird  die  Schrift  scharf  und  bestimmt,  umsomehr,  als 
sich  Farbrad  und  Papierband  in  entgegengesetzter  Richtung  an 
einander  vorbei  bewegen,  und  zwar  können  Sie  aus  dem  Bilde 
der  Zahnrader  (Fig.  151  auf  S.  248)  entnehmen,  dass  sich  die 
Papierwalze  in  der  Uhrzeigerrichtung,  das  Farbrad  ihr  entgegen 
dreht,  an  der  Schreibstelle  sich  also  das  Farbrad  von  rechts 
nach  links,  das  Papierband  von  links  nach  rechts  bewegt.  Die 
frische  Schrift  nicht  zu  verlöschen,  ist  die  Klapprolle  mit  einer 
breiten  Nut  versehen,  so  dass  sie  nur  auf  die  Rander,  nicht  auf 
die  Schrift-bedekte  Mitte  des  Papierbandes  drückt.  Damit  die 
Farbe  vom  Farbrade  nicht  allmählich  an  der  Farbradachse 
entlang  in  das  Uhrwerk  krieche,  verlangt  die  Reichspost  dicht 
hinter  dem  Farbrade  einen  sonst  für  überflüssig  geltenden 
Schutzring  (Fig.  149  auf  S.  246). 

Vom  Schubkastenschlitz  bewegt  sich  das  Papierband 
(Fig.  155)  zuerst  nach  oben  zwischen  dem  Farbkasten  und  dem 
links  daneben  befindlichen  festen  Stifte  hindurch.  Eine  links 
oberhalb  des  Farbkastens  sitzende,  mit  Flanschen  versehene 
Rolle  lässt  das  Band  dann  um  90"  umbiegen.  Hierauf  geht  es 
Ober  einen  zweiten  Stift,  im  spitzen  Winkel  um  den  Drehstift 
herum  und  zwischen  Papierwalze  und  Klapprolle  hindurch.  Es 
verlasst  den  Farbschreiber  über  ein  kleines  Messingpult,  so  dass 
auf  diesem  die  ankommenden  Morsezeichen  bequem  lesbar  sind. 
Das  gelesene  Papierband  wird  auf  einen  Papierhaspel  auf- 
gewickelt, den  man  ganz  neuerdings  mit  einem  besonderen 
kleinen  Uhrwerk  antreibt. 

I)  Der  Merk  ward  igkeit  halber  sei  erwähnt,  wie  die  argentinische  Telegraphen- 
verwaltung der  geringen  Sorgfalt  ihrer  Beamten  bei  der  NeneinfOllung  von  Farbe 
.  begegnet.  Rei  den  dortigen  Farbschreibern  ist  der  Farbkasten  von  einem  zweiten, 
weiteren  umgeben,  welcher  eine  gewisse  Menge  überfliessender  Farbe  aufnehmen 
kann.  Wird  noch  mehr  übergössen,  so  lässt  der  äussere  Kasten  die  Farbe  auf  den 
AufiugshandgrilT  Hiessen,  damit  sich  der  Beamte  beim  Aufziehen  des  Uhrwerkes  die 
Hand  schmulEtg  macht  und  an  grössere  Achtsamkeit  erinnert  wird. 


D,„i,.,db,Google 


256  Farbschreiber  und  Klopfer. 

Darf  ich  Ihnen  hier  (Fig.  157)  die  Abbildung  eines  fran- 
zösischen Morse  zeigen,  der  auf  eine  andere,  primitivere  Art 
schreibt,  als  unserer.  Die  linke  Hälfte  des  Ankerhebels  wird  von 
einem  gekrümmten  Stahle  gebildet,  dessen  Spitze  für  die  Dauer 
der  Anziehung  das  Papierband  gegen  das  Farbrad  drückt  und 
dadurch  die  Schrift  erzeugt.     Das  Farbrad  ist  also  fest  gelagert 


Fig.   157,     Franiösiacher  Farbschreiber. 

und  das  Papier  auf  und  nieder  beweglich.  Bei  seiner  Drehung 
reibt  es  sich  gegen  eine  darüber  gelagerte  Rolle,  deren  Filz- 
mantel mit  Farbe  getrankt  ist  und  von  der  es  so  fortwährend 
Farbe  abnimmt.  Ist  die  Rolle  eine  Weile  im  Betrieb,  braucht 
man  sie  nur  einige  Male  am  Tage  mit  Farbe  einzupinseln. 


Um  auf  dem  Papierbande  des  Farbschreibers  die  Morse- 
zeichen hervorzurufen,  muss  das  gebende  Amt  länger  und  kürzer 
den  Strom  schliessen  oder  unterbrechen.  Dazu  dient  diese  ein- 
fache Vorrichtung  (Fig.  158),  die  man  Taste  oder  Taster  oder 
Schlüssel  nennt.  Auf  einem  Grundbrett  sind  drei  parallele,  mit 
Klemmen  versehene  Messingschienen  befestigt.  Auf  der  Mittel- 
schiene ist  ein  in  der  Vertikalen  drehbarer  zweiarmiger  Messing- 
hebel gelagert.  Die  elektrische  Verbindung  von  Hebel  und 
Mittelschiene  wird  durch  einen  im  Holz  verborgenen  Kupferdraht 
gesichert.  Die  beiden  andern  Schienen  tragen  vertikale  Contakt- 
stifte.  Ihnen  stehen  vorn  und  hinten  in  den  Hebel  eingesetzte 
ähnliche  Contaktstifte  gegenüber,  von  denen  der  vordere  höher 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbachreiber  und  Klopfer. 


257 


und  tiefer  geschraubt  werden  kann.  Eine  ebenfalls  verstellbare 
Feder  zieht  den  Hebel  nach  hinten  herunter,  so  dass  zwischen 
ihm  und  dem  hinteren  Contaktstift,  dem  Ruhecontakt,  also 
zwischen  hinterer-  oder  Ruheschiene  und  Mittelschiene  elektrische 
Verbindung  herrscht,  zwischen  Hebel  und  vorderem-  oder  Arbeits- 
contakt,  also  zwischen  der  Mittelschiene  und  der  vorderen-  oder 


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Ruheschiene  aber  nicht.    Ein  Druck,  den  die  Hand  des  Beamten 
auf  den  Ebonitkopf  des  Hebels  giebt,  kehrt  die  Verhaltnisse  um. 
Zwischen  Mittel-  und  Ruheschiene  wird  die  elektrische  Verbindung 
gelöst,  zwischen  Mil;tel-  und  Arbeits- 
schiene hergestellt.    Beim    Loslassen 
des  Kopfes  zieht  die  Feder  den  Hebel 
in  die  ursprüngliche  Lage  zurück  und 
stellt  damit    die    alten   Verbindungen 
wieder  her.     Die    beiden    Stifte    des 
Ruhecontaktes  sind  platiniert.    Platin 
verbindet    sich    nicht    mit  Sauerstoff. 
Die    mit    ihm    überzogenen    Flachen 
werden     mithin      nicht     durch     den 
Öffnungsfunken    verbrannt ,    und   der 
gute  Contakt  bleibt  erhalten. 

Diese    Taste    arbeitet,    wie    Sie 
hören,  unangenehm  laut  und  hat  dem 

Geben    bei   den  Beamten  den  Spottnamen  des  Klapperns  ein- 
getragen.    Bei  einer  neueren  Tastenform  ist  zwischen  je  zwei 

17 


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DigitizsdbyGOO'^le 


258  Farbschreiber  und  Klopfer. 

ZU  einander  gehörigen  Contaktsliften  an  einer  Blattfeder  ein 
leitendes  Zwischenstück  (Fig.  159  auf  der  vorigen  Seite)  an- 
gebracht, das  beim  Ruhecontakt  ein  Platinplätlchen  trägt.  Die 
Scharfe  des  öffnens  und  Schliessens  darf  natürlich  durch  dieses 
Zwischenstück  nicht  leiden. 


Wie  die  Taste,  besonders  die  ohne  federnde  Zwischen- 
contakte,  arbeitet  auch  der  Ankerhebel  des  Farbschreibers  mit 
Geräusch.  Punkte  und  Striche  sind  durch  schnellere  oder  lang- 
samere Folge  von  Klopftönen  unterschieden,  so  dass  der  geübte 
Beamte  den  Wortlaut  des  ankommenden  Telegrammes  versteht, 
ohne  die  Schriftzeichen  auf  dem  Papierband  zu  beachten.  Er 
hört  das  Telegramm.     Wie  seit  sehr  langem  in  Amerika,  seit 


Fig.    160.      Klopfer. 

langem  in  England,  arbeitet  man  jetzt  deshalb  auch  bei  uns  mit 
dem  Klopfer.  Hier  (Fig.  160)  steht  der  nach  amerikanischem  Muster 
gebaute  Klopfer  der  Reichspost,  im  Grunde  ein  Morseapparat, 
bei  dem  Schreibvorrichtung  und  Uhrwerk  fortgefallen  ist.     Es 


DigitizsdbyGOOgle 


Farbschreiber  und  Klopfer.  259 

ist  Oberhaupt  nur  der  Elektromagnet,  der  Ankerhebel  und  die 

Abreissfeder  geblieben.   Diese  ist  entweder  von  einer  besonderen 

Schutzhülse   umgeben    (Fig.    160)    oder   nicht    (Fig.  161).      Zur 

Vermehrung  des  Geräusches  ist  der 

Ankerhebel  wesentlich    schwerer  als 

beim  Farbschreiber,  so  dass  am  Anfang 

und  Ende  jedes  Morsezeichens   eine 

gehörige  Masse  wuchtig  hin-  und  her- 

schlägl.    Als  Anker  dient  kein  Rohr, 

sondern   ein  dickes  Eisenblech.     Pro 

Spule  werden  als  Widerstand  1400hm  Fig.  lei. 

—  halb  so  viel  als  beim  Farbschreiber      Klopfer  ohne  Federschiuzhoisc. 

—  und  als  Windungszahl  1300  an- 
gegeben, für  beide  hintereinander  geschaltete  Spulen  also 
280  Ohm  und  2600  Windungen.  ■  Die  Anziehung  des  Anker- 
hebels macht  die  untere  von  beiden  Anschlagschrauben  nach 
unten  aufschlagen,  das  Abreissen  das  Hebelende  nach  oben 
gegen  die  obere  Schraube. 

Der  Ton  beider  Anschlage  ist  verschieden,  so  dass  Anfang 
und  Ende  jedes  Morsezeichens  deutlich  erkannt  werden  kann. 
Punkte  und  Striche  werden  durch  die  kürzeren  und  längeren 
Zwischenräume  zwischen  den  beiden  verschiedenen  Klopftönen 
gebildet,  also  durch  längere  oder  kürzere  Ruhepausen  und  nicht 
Töne.  Der  eigentliche  Klopfer  ist  auf  einer  Messingplatte  und  diese 
auf  einem  Grundbrett  so  befestigt,  dass  zwischen  beiden  ein 
Luftraum  bleibt.  Auch  das  Grundbrett  steht  hohl  auf  drei 
spitzen  Füssen.  Sie  haben  schon  gehört,  wie  durch  die  Resonanz 
des  Grundbrettes  und  der  Luftschichten  der  Ton  ausserordentlich 
verstärkt  wird,  und  dass  die  den  Klopfer  umgebende  Schall- 
kammer (Fig.  162),  wie  ein  Hohlspiegel,  die  Schallstrahlen  sammelt, 
dem  hörenden  Beamten  zuwirft  und  von  den  Nachbarn  abhält. 
Auch  von  den  Glaswänden  war  schon  die  Rede.  Dem  Ohre  näher 
zu  sein,  steht  die  Kammer  auf  einem  Messingfuss.  Sie  kann  um 
diesen  nach  halbrechts  oder  halblinks  gedreht  werden,  so  dass 
der  Beamte  seinen  Platz  nach  Bequemlichkeit  wählen  und 
wechseln  kann.  Der  Schal Ikammerfuss  ist  hohl  und  enthält  in 
sich  die  Stromzuführungsdrähte. 

Der  Klopfer  hat  vor  dem  Farbschreiber  die  mannig- 
fachsten Vorzüge,   zuerst  den  der  viel  einfacheren  Bauart; 


DigitizsdbyGOO'^le 


260  Falbschreiber  und  Kloprer. 

kann  doch,  wie  gesagt,  mit  der  Schreibvorrichtung  das  ganze 
Uhrwerk  fortfallen.  Der  Beamte  braucht  keine  Feder  mehr 
aufziehen,  kein  Uhrwerk  ölen,  kein  Papier  einlegen  und  ein  sich 
klemmendes  gerade  ziehen,  keine  Farbe  nachfüllen,  keine  ge- 
brochene Feder  durch  eine  neue  ersetzen.  Der  Klopfer  ist 
natClrlich  viel  billiger,  als  der  Farbschreiber.     Er  kostet  etwa 


nur  den  dritten  Teil.  Auch  die  laufenden  Ausgaben  fllr  Papier, 
Apparatfarbe  und  Schmieröl  fllr  das  Uhrwerk,  die  pro  Apparat 
und  Tag  acht  bis  zehn  Pfennige  ausmachen  sollen,  fallen  fort. 
Der  Hauptvorzug  besteht  aber  darin,  dass  mit  dem 
Klopfer  wesentlich  schneller  aufgenommen  und  des- 
halb gegeben  werden  kann,  als  mit  dem  Farbschreiber. 
Während  der  Farbschreiber  in  der  Stunde  ungefähr  vierhundert 


DigitizsdbyGOOglC 


Farijschreibcr  und  Klopfer.  261 

Worte  bewältigt,  steigt  hier  die  Zahl  auf  etwa  sechshundert- 
filnfzig,  das  heisst  auf  fast  zwei  Drittel  mehr  an.  Der  Beamte 
braucht  eben  seine  Aufmerksamkeit  nicht  zwischen  Papierband 
und  Formular  zu  teilen.  Es  ist  leichter,  dem  Diktat  des  Klopfers 
zu  folgen,  als  vom  Papier  eine  Abschrift  zu  machen.  Der 
Beamte  kommt  wesentlich  schneller  vorwärts,  ähnlich  einem 
Radfahrer,  der  sich  an  seinen  Schrittmacher  anhängt.  Die 
anfänglich  bei  uns  und  in  andern  Ländern  (zum  Beispiel  in  Frank- 
reich) gehegte  Besorgnis,  der  Klopfer  werde  eine  Quelle  steter 
Irrtümer  sein,  hat  sich  als  unberechtigt  und  philisterhaft  erwiesen. 
Im  Gegenteil  wirkt  der  Zwang,  auf  den  verhallenden  Ton  acht 
geben  zu  müssen,  günstig  auf  die  Aufmerksamkeit  des  Beamten 
ein.  Jeden  Augenblick  seiner  Verantwortung  bewusst,  arbeitet 
er  gespannter,  als  sonst.  Kommt  doch  ein  Irrtum  vor,  so  ist 
freilich  kein  Papierstreifen  mehr  da,  der  erkennen  lasst,  ob 
falsch  gegeben  oder  falsch  aufgenommen  worden  ist.  Das  sollte 
dem  Publikum  aber  höchst  gleichgiltig  sein.  Beschwerden  über 
Verstümmelungen  von  Depeschen  haben  doch  keinen  Zweck. 
Im  besten  Falle  bekommt  man  die  bezahlte  Gebühr  wieder,  und 
sie  bildet  niemals  ein  Entgelt  für  Schaden,  Sorge,  Aufregung 
und  Ärger,  die  ein  verstümmeltes  Telegramm  dem  Absender 
und  dem  Empfänger  bereiten  kann.  Beim  Klopfer  bestätigt 
sich  wieder  die  alte,  in  den  Ländern  englischer  Zunge  allgemein 
anerkannte  Wahrheit,  dass  unter  freier  Verantwortlichkeit  besser 
gearbeitet  wird,  als  am  Gängelbande  fortwährender  Aufsicht. 
Darf  ich  Ihnen  noch  anfilhren,  was  der  bekannte  Chef  der 
englischen  Telegraphenverwaltung  schon  im  Jahre  1891  auf  der 
Frankfurter  Ausstellung  sagen  konnte:')  s^Der  Klopfer  ist  der 
beliebteste  und  bei  weitem  genaueste  Apparat,  der  im  Gebrauch 
ist.     Der  Morse-Schreiber  ist  für  uns  ein  Fossil,  das  wir  wegen 

seines  Alters  und  seiner  Unzuverlässigkeit  verwerfen . 

Für  uns  ist  es  amüsant,  das  Argument  im  Gebrauch  zu  finden, 
dass  es  Sicherheit  bietet,  wenn  ein  Beweis  zurückbehalten  wird, 
um  Irrtümer  zu  kontrollieren  und  deren  Urheber  zu  entdecken. 
Thatsachen  sind  hartnäckige  Dinge,  und  ihre  Logik  ist  unwider- 
leglich.« 


5  Deutsch  werden  Qbertragen  könne 


D,„i,.,db,Google 


262  FarbsFhreiber  und  Klopfer. 

Die  im  Klopferbetrieb  gebräuchliche  Taste  (Fig.  163  u.  !64f 
gleicht  prinzipiell  der  gewöhnlichen.  Sie  ist  nur  konstruktiv  etwas 
anders  ausgebildet.')  So  sind  bei  ihr  die  drei  Klemmschienen 
von  den  mit  ihnen  elektrisch  verbundenen  Teilen,  das  heisst 
Ruhe-  und  Arbeitskontakt  und  Tastenhebel,  getrennt  und  auf 
dem  hinteren  Ende  des  Grundbrettes  nebeneinander   befestigt. 


Fig.    163.     Klopr^rtasle. 

Bei  der  gewöhnlichen  Taste  greift  die  Feder  hinter  der  Mittei- 
schiene  an  und  zieht  im  Ruhezustande  den  Hebel  nach  hinten 
herunter.     Bei  der  Klopfertaste  sitzt  die  Feder  vor  der  Mitte  und 
drückt  den  vorderen  Teil  des  Hebels 
nach  oben.     Beides  kommt  natürlich 
auf  dasselbe  hinaus.     Der  Ebonitkopf 
der  Klopfertaste  ist  nicht  kugelförmig, 
sondern  als  leicht  eingewölbter  Teller 
ausgebildet.     Der  Beamte  umfasst  ihn 
Kiopfcru«e!'ftr'amerikani.cho.     "'"^^t  mit  allen  Fingern,  sondern  tippt 
Ruhestrom  geschaltet.  nur  leise  mit  dem  Zeigefinger  darauf, 

weil  der  Hebel  ausserordentlich  leicht 
arbeitet.  Dabei  verursacht  er  wenig  Geräusch  und  stört  die  Nach- 
barbeamten beim  Aufnehmen  nicht.  Seitlich  ist  ein  kleiner  Hilfs- 
hebel angebracht.  Klappt  man  diesen  Hilfshebel  nach  links  unter 
das  am  Arbeitskontakt  sitzende  Blech  (Fig.  164),  so  überbrückt  er 
die  durch  den  Arbeitskontakt  bewirkte  Unterbrechungdes  Leitungs- 
weges, was  für  eine  besondere  Betriebsart,  die  mit  amerikanischem 
Ruhestrom  bestimmt  ist.  Beim  gewöhnlichen  Klopferbetrieb  ist 
dieser  Hilfshebel  überflüssig  und  herausgenommen. 

I)  Eine  neue  Kloplgriaslo   njlherl  sich   auch  construdiv  wieder  der  gewöhnlichen, 
ist  nur  lierlicher. 


D,„i,„db,Goo'^le 


Farbschreiber  und  Klopfer. 


263 


Es  erleichtert  das  Verständnis  der  nächsten  Vorlesungen, 
wenn  Sie  sich  schon  jetzt  eine  ungefähre  Vorstellung  davon 
machen,  wie  zum  Betriebe  die  Apparate  des  gebenden  und  des 
empfangenden  Amtes  mit  einander  elektrisch  verbunden,  ge- 
schaltet werden. 

Die  einfachste  Schaltung  (Fig.  165)  wäre  die,  dass  man  auf 
dem  gebenden  Amt  (I)  die  eine,  zum  Beispiel  die  positive  Klemme 
der  Batterie  an  Erde,  die  andere  an  die  Arbeitsschiene  der 
Taste  legte.  Deren  Mittelschiene  würde  mit  der  Leitung  L  ver- 
bunden, welche  Leitung  isoliert  zum  empfangenden  Amt  (II)  und 


Dm 


Ö 


Fig.   165.     Einfachste  Morseschaltung  (nicht  verwandt). 


dort  über  den  Morse  (M)  zur  Erde  fährte.  Ein  Druck  auf  den 
Tastenhebel  in  I  schlösse  dann  den  Stromkreis,  und  der  Morse 
in  U  würde  in  Tätigkeit  gesetzt.  Man  könnte  so  von  Amt  I 
nach  II,  aber  nicht  in  der  umgekehrten  Richtung  geben.  Die 
Schaltung  wird  erst  praktisch  brauchbar,  wenn  auch  auf  Amt  II 
erstens  die  Leitung  an  die  Mittelschiene  einer  Taste  und  ein 
Morse  an  ihre  Ruheschiene  gelegt  wird  (Fig.  166),  während  auf 
beiden  Ämtern  die  zweite  Morseklemme  zur  Erde  führt,  und 
zweitens  eine  Batterie  steht,  deren  positiver  Pol  geerdet  und 
deren  negativer  an  die  Arbeitsschiene  der  Taste  angeschlossen 
ist.  Amt  I  giebt  gerade  so  wie  vorher.  Morse  II  bekommt  über 
die  Mittelschiene  der  Taste,  den  Tastenhebel  und  die  Ruhe- 
schiene ungehindert  seine  Stromzeichen.  Schweigt  nun  Amt  I, 
so  kann  umgekehrt  Taste  II  geben  und  Morse  1  empfangen. 


DigitizsdbyGOOgle 


264 


Farbschreiber  und  Klopfer, 


Sie  erinnern  sich,  dass  der  Schreibhebel  des  Farbschreibers 
für  zwei  Betriebsarten:  für  Arbeitsstrom  und  für  Ruhe- 
strom eingestellt  werden  kann.  Im  ersten  Falle  schreibt  das 
Farbrädchen,  wenn  der  Anker  angezogen  ist,  Apparat  und 
Leitungen  von  Strom  durchflössen  werden.      Das  ist  die  dem 


Fig    166.     üünfadisle  Arbeilsstrom Schaltung. 

Unbefangenen  natürlich  scheinende  Art  zu  Telegraphieren,  die 
mit  Arbeitsstrom.  Punkte  und  Striche  des  Morsealphabetes 
kommen  unter  Strom.  Beim  Betriebe  mit  Ruhestrom  fliessl 
Strom  durch  die  Leitung,  wenn  nicht  telegraphiert  wird.  Der 
gebende  Beamte  unterbricht  den  bei  ruhendem  Betriebe  ununter- 
brochen   fliessenden    Strom.     Der    Anker    des    Farbschreibers 


Fig.   161.     Einrachste  Ruhe  ström  Schaltung  Inkht  verwandt). 


D,„i,.,db,Google 


Farbachreiber  und   Klopfer.  265 

wird  losgelassen.  Der  für  Ruhestrom  eingestellte  Hebel  lässt 
das  Rädchen  schreiben,  solange  der  Anker  abgerissen  ist. 
Punkte  und  Striche  kommen  unter  Ausbleiben  von  Strom.  Die 
Ruhestrom- Schaltung  zweier  Ämter  im  einfachsten  (praktisch 
nicht  vorkommenden)  Falle  ist  die  folgende  (Fig.  167):  An  der 
Mittelschiene  der  Taste  liegt  auf  beiden  Ämtern  eine  Batterie- 
klemme, und  zwar  auf  beiden  Ämtern  eine  verschiedene.  Die 
zweite  Klemme,  auf  beiden  Ämtern  also  ebenfalls  verschieden, 
liegt  an  Erde.  Die  Ruheschiene  ist  mit  der  einen  Klemme  des 
Morse  und  dessen  andere  Klemme  mit  der  Leitung  verbunden. 
Ruht  der  Betrieb,  so  fliesst  der  Strom  von  der  positiven  Klemme 
der  einen  Batterie  (II)  durch  die  Taste  II  den  Morse  II,  die 
Leitung,  den  Morse  I,  die  Taste  1  zur  negativen  Klemme  von 
Batterie  II  und  zur  Erde.  Beide  Batterien  sind  hinter  einander 
geschaltet.  Bei  der  Ruhestromeinstellung  ihrer  Hebel  schreiben 
während  des  Stromflusses  beide  Morse  nicht.  Wird  jetzt  der 
Strom  durch  einen  Tastendruck  auf  einem  der  beiden  Ämter 
unterbrochen,  so  schreiben  beide  Morse.  Auf  welchem  Amt  die 
unterbrechende  Taste  liegt,  ist  gleichgiltig.  immer  empfängt 
das  fremde  und  das  eigene  Amt.  Auf  dem  gebenden  Amt 
entsteht  natürlich  nur  dann  eine  lesbare  Schrift,  wenn  es  den 
Hemmungshebel  des  eignen  Morse  löst.  —  Über  den  Sinn  der 
Anwendung  des  Ruhestromes  und  über  die  Schaltungen  ftlr  die 
drei  Betriebsarten  wird  spater  Näheres  zu  sagen  sein.  Für 
heute  genügt  es,  wenn  gezeigt  ist,  wie  mit  Morse,  Taste,  Batterie, 
Leitung  und  Erde  im  einfachsten  Falle  telegraphiert  werden  kann. 


DigitizsdbyGOOgle 


Telcgraphische  Hilfsapparate. 


13.  Vorlesung. 

Telegraphische  Hilfsapparate. 

Galvanoskop.  —  Umschalter.   — AusgleidiswiderstSnde.  —  Blitzableiler.  —  Relais: 

Notwendigkeit  und   Priiiiip  der  Anwendung.  —  Weich eisenrelais.  —  Polarisierte  Relais 

von    Hughes,    von    Siemens,    mit    drehbaren    Kemen.  —    Obertragung   mit    Relais    und 

mit    Farbschreibern. 


Eine  Reihe  von  Apparaten,  welche  Farbschreiber  und  Klopfer 
sowohl,  wie  die  anderen  Telegraphenapparate  bei  ihrer  Arbeit 
unterstützen,  seien  in  dieser  Vorlesung  gemeinsam  als  tele- 
graphische Hilfsapparate')  besprochen.  Sie  dürfen  ihrer  an- 
scheinend untergeordneten  Stellung  wegen  nicht  gering  geachtet 
werden.  Denn  zum  geordneten  Betriebe  sind  sie  ebenso  not- 
wendig, wie  die  nur  theoretisch  wichtigeren  Hauptapparate. 


Fig.   168.     Galvanoskop. 
it  Ausnahme  derer  ftlr  die  Kabel-  und  Funkentelegraphie. 


D,„i,.,db,Google 


Telegraphische  Hilfsappsrate.  267 

Da  ist  zuerst  das  Galvanoskop.  Die  Stellung  seiner 
Nadel  soll  erkennen  lassen,  ob  die  Leitung  von  Strom  durch- 
flössen wird,  und  wenn,  ob  dieser  seine  übliche  Stärke  hat. 
Das  Telegraphen-Galvanoskop  {Fig.  168)  beruht  ganz  ähnlich, 
wie  das  früher  zur  Demonstration  benutzte  (Fig.  45  auf  S,  66), 
auf  der  Ablenkung  eines  in  der  Vertikalen  drehbaren  Stahl- 
magneten durch  die  Kraftlinien  einer  horizontal  gewundenen 
Spule.  Die  Klemmschrauben  rechts  und  links  auf  dem  Grund- 
brett fahren  zu  den  Spulenenden  und  werden  beim  Morsebetrieb 
zwischen  die  Leitung  und  die  Mittelschiene  der  Taste  geschaltet. 
Der  vom  Amt  in  die  Leitung  geschickte  oder  von  der  Leitung 
in  das  Amt  fliessende  Strom  —  das  kommt  auf  eins  heraus  — 
durchläuft  deshalb  stets  die  Wicklung  des  Galvanoskops.  In 
das  so  im  Innern  der  Spule  erzeugte  magnetische  Feld  tauchen 
die  Pole  eines  Winkelmagneten, ')  der  an  seinem  Scheitel  einen 
vertikalen  Zeiger  aus  geschwärztem  Blech  trägt.  Der  die 
Windungen  der  Spule  durchfliessende  Strom  lenkt  den  Magneten 
in  eben  dem,  durch  die  Amperesche  Schwimmmregel  gegebenen 
Sinne  ab,  wie  wenn  der  Magnet  nicht  im  Winkel  gebogen, 
sondern  gerade  wäre.  Je  nach  der  Stromrichtung  wird  der  Nord- 
oder der  Südpol  in  die  Spule  hineingezogen  und  zwar  umso 
mehr,  je  grösser  der  kreisende  Strom  J  und  demnach  }l,  die 
Stärke  des  Spulenfeldes  ist.  Es  ist  so  gewickelt,  dass  der  Zeiger 
nach  der  Seite  der  Klemmschraube  ausschlägt,  bei  welcher  der 
Strom  das  Galvanoskop  verlässt,  die  also  zu  einer  negativen 
Batterieklemme  führt.  Die  Spule  ist  aus  dünnem  Kupferdraht  nach 
den  Angaben  in  etwa  600  Windungen  von  einem  Widerstände  von 
15  bis  20  Ohm  gewickelt.  Die  Glasscheibe  ist  in  ihrem  oberen 
Teil  matt  geschliffen.  Nur  die  Teilstriche  sind  dort  durchsichtig 
geblieben.  Bei  auffallendem  Lichte  (wie  in  Fig.  168)  erscheinen 
sie  deshalb  dunkel  auf  hellem  Grunde,  bei  durchscheinendem 
hell  auf  dunklem.  Sie  zeichnen  sich  also  bei  jeder  Beleuchtung 
deutlich  von  ihrer  mattgeschhffenen  Umgebung  ab. 


1)  Die  Wmkeirorm  erlaubt,  den  Magneten  Ober  den  Windungen  lu  lagern  und 
deshalb  mit  einer  Spule  auszukommen,  während  man  bei  Lagerung  zwischen  dtn 
Windungen  zwei  getrennt  gewickelte  Spulen  braucht.  Auch  wird  durch  die  Winkel. 
form  der  Schwerpunkt  des  Magneten  liefer  gelegt  und  damit  erst  das  Gleichgewicht 
genOgend  stabil. 


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268  Tetegraphische  Hilfsapparate. 

Wünscht  man  über  die  Grösse  des  Stromes  Genaueres  zu 
wissen,  so  ersetzt  man  das  Galvanoskop  durch  ein  nach  Milli- 
ampere geaichtes  Instrument  (Fig.  169),  das  unter  dem  Namen 
Stromfeinzeiger  auf  den  Markt  gebracht  wird. 


Fig.   169.     Stromreiniciger, 

Zur  geordneten  Abwicklung  des  Betriebes  sind  weiter  die 
Umschalter  oder  Wechsel  von  grosser  Wichtigkeit,  Sie  dienen 
dazu,  in  den  Ämtern  die  erforderliche  Veränderung  der  Strom- 
wege schnell  und  sicher  vorzunehmen  und  rilckgängig  machen 
zu  können.  Die  Reichspost  verwendet  eine  ganze  Anzahl  von 
Umschaltern  und  versieht  die  gebräuchlichsten  zur  besseren 
Unterscheidung  mit  den  Zahlen  I  bis  VIU.  Sie  sind  hier  auf  dieser 
Tafel  (Fig.  170)  vereinigt. 

Von  allen  ist  nur  Nummer  V  ein  Kurbelumschalter.  Er 
allein  besitzt  die  in  der  Starkstromtechnik  üblichen  Schleif- 
kontakte, welche  eine  besonders  schnelle  Änderung  des  Strom- 
weges gestatten.  Die  anderen  Umschalter  beruhen  auf  dem 
Stöpselsystem :    Zwei  Messingschienen  sind  mit  Hilfe  von  Klemm- 


DigitizsdbyGOOgle 


Tel fgraphi sehe  Hilfsapparate. 


wmi 


I 


5ß- 


Fig.   170.     Umschalter  der  Reichspost. 


DigitizsdbyGOOgle 


270  Telegraphische  Hilfsappirste. 

schrauben  in  den  Stromlauf  eingeschaltet.  Der  Stromübergang 
wird  entweder  durch  den  zwischen  den  Schienen  Hegenden 
Luftraum  gehindert  oder  durch  Einsetzen  eines  solchen  Messing- 
stöpsels, wie  ich  ihn  hier  (Fig.  HOa)  an  seinem  isolierenden 
Kopfe  halte,  in  die  einander  zugelegenen  halbkreisförmigen  Aus- 
bohrungen der  Schienen  bewirkt.  Ausbohrungen  und  Stöpsel 
sind  nach  unten  kegelförmig  verjüngt,  so  dafs  beim  festen  Ein- 
setzen des  Stöpsels  in  die  Ausbohrung  vollkommener  elek- 
trischer Schlufs  erreicht  wird.  Ohne  ims  auf  Einzelheiten 
einzulassen,  können  wir  doch  bemerken,  dass  Umschalter  lU 
bis  VIII  für  die  einzelnen  Apparattische  bestimmt  sind;  III  dient 
als  Ausschalter,  VIII  als  Stromwender,  über  IV  oder  V  wird 
die  Verbindung  mit  einer  Leitung  gelöst  und  mit  einer  zweiten 
hergestellt. 

In  Ämtern  einiger  Grösse  werden  die  eintretenden  Leitungen 
nicht  sofort  zu  den  Apparatetischen,  sondern  erst  zu  gemein- 
samen Umschaltern  oder  Wechseln  oder  Linienwählern  gelührt. 
Als  solcher  diente  bei  wenig  Leitungen  Nummer  II,  bei  mehr  I. 
Umschalter  I  enthalt  zwei  Gruppen  von  zwölf  Schienen,  die  sich 
in  zwei  übereinander  gelegenen  Ebenen  rechtwinklig  kreuzen. 
Jede  der  Schienen  ist  an  den  Stellen,  wo  sie  sich  mit  den  zwölf 
zu  ihr  senkrechten,  darüber  oder  darunter  liegenden  Schienen 
kreuzt,  durchlocht,  so  dass  in  jeder  von  beiden  Ebenen  12- 
Löcher  vorhanden  sind.  In  jedes  dieser  12*  Löcherpaare  kann 
ein  langer  Stöpsel  (Fig.  170b)  mit  gespaltenem  federnden  Fusse 
eingesetzt  und  dadurch  jede  der  zwölf  Schienen  der  einen 
Gruppe  mit  einer  der  zwölf  sie  kreuzenden  der  anderen  Gruppe 
verbunden  werden.  Die  oberen  Schienen  tragen  ausserdem 
nahe  ihrem  rechten  Ende  noch  je  ein  Stöpselloch,  wodurch  der 
an  der  rechten  Klemmschraube  liegende  Apparat  von  der  an  der 
linken  liegenden  Leitung  getrennt  werden  kann.  Die  Einschaltung 
der  unteren  Schienengruppe  erlaubt,  die  Leitungen  unter  sich 
oder  mit  Erde  oder  Aushilfsapparaten  oder  Messinstrumenten 
zu  verbinden,  was,  wie  jeder  Praktiker  weiss,  für  die  wechselnden 
Anforderungen  des  telegraphischen  Betriebes  von  grosser  Be- 
deutung ist.  Ahnliche  Linienwähler  haben  Sie  hier  (Fig.  171) 
vom  Nürnberger  Amt  abgebildet.  Sie  sind  in  besonderen, 
merkwürdiger  Weise  durch  Glasthüren  verschliessbaren  Wand- 
kästen untergebracht.   Seit  einiger  Zeit  beginnt  man,  ftlr  grosse 


DigitizsdbyGOOgle 


Telegraphische  Hilfsapparate. 


D,„i,.,db,Google 


272 


1'elegraphischc  Hilfsappara 


Ämter  Umschalter  zu  bauen,  die  im  Prinzip  denen  des  Fern- 
sprechbetriebes nachgeahmt  sind.')  Es  ist  anzunehmen,  dass 
man  allgemein  zu  diesen  übergehen  wird,  sobald  sich  zweck- 
mässige Typen  herausgebildet  haben  werden. 

In  manchen  Fällen  erfordert  der  telegraphische  Betrieb  die 
Einschaltung  von  Ausgleichswiderständen  {s,  g.  künstlichen 
Widerständen) ,  wie  folgende  Betrachtung  ergiebt :  Es  soll 
(Fig.  172)  von  Amt  I  nach  II  gegeben  werden.     Die  Elektro- 


^ 


H 


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P 


Fig.   172.     Anwendung  eines  Ausgleichs  Widerstandes. 


motorische  Kraft  der  Batterie,  die  Zahl  ihrer  Zellen  wird  so 
bemessen,  dass  bei  dem  Widerstände  der  beide  Ämter  ver- 
bindenden Leitung  und  der  eingeschalteten  Apparate  ein  Tele- 
graphierstrom der  üblichen  Stärke  entsteht.  Nun  verlangt  der 
Betrieb,  dass  mit  dieser  selben  Batterie  nach  einem  wesentlich 
näher  gelegenen  Amte  IIa  gegeben  werden  könne,  ohne  die 
Zahl  der  Zellen  zu  verändern,  noch  den  empfangenden  Farb- 
schreiber IIa  auf  eine  grössere  als  die  gewöhnliche  Stromstärke 
einzustellen.  Zu  dem  Zwecke  wird  auf  dem  Amte  IIa  in  den 
Stromkreis  ein  Ausgleichswiderstand  eingeschaltet,  welcher 
ungefähr  ebenso  gross  ist,  wie  der  der  fortgefallenen  Leitung 
zwischen  den  Ämtern  IIa  und  II.  Der  neue  Leitungswiderstand 
ist  um  eine  Anzahl  Ohm  kleiner,  als  der  ursprüngliche.     Zur 


1  lieispiel  L'elcctricit6  ä 


isitton  de  1900  IX  S.  230—235. 


DigitizsdbyGOOgle 


Telegraphische  Hilfaapparate. 


273 


Ausgleichung  schaltet  man  diese  Anzahl  Ohm  gleichsam  künst- 
lich wieder  ein,  und  ungeachtet  der  geringeren  Ertfemung  der 
sprechenden  Ämter  wird  die  Stromstärke  auf  den  alten,  dem 
Morse  zusagenden  Wert  herabgedrückt.  Wollen  Sie  der 
Deutlichkeit  Übermaass,  so  zeichnen  Sie  wieder  das  alte  Dreieck, 
erst  für  die  volle  Entfernung  I/II  (Flg.  HSa)  und  dann  filr  die 


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Fig.   173. 

nähere  I/IIa  (Fig.  173b).  Die  gestrichelte  Hypothenuse  giebt 
mit  ihrer  Neigung  den  Strom  ohne  Ausgleichswiderstand  Wk, 
die  ausgezogene  mit  ihm  wieder.  Zwar  wird  durch  die  Ein- 
schaltung eines  Ausgleichswiderstandes  von  der  Grösse  Wk  in 
der  Sekunde  J^h;*  an  Energie  verschwendet;  aber  die  erreichte 
Betriebsvereinfachung  ist  so  wertvoll,  dass  man  diesen  übrigens 
unbedeutenden  Verlust  gern  mit  in  den  Kauf  nimmt.    Allerdings 


DigitizsdbyGOO'^le 


274  Telegraphische  Hiirsapparale. 

ist  die  Telegraphie  eine  Arbeitsübertragung  mit  allen 
Merkmalen  einer  solchen.  Doch  spielt  bei  ihr  der 
Nutzeffekt  —  d,  h,  derjenige  Teil  der  auf  dem  gebenden 
Amt  erzeugten  Leistung,  welcher  auf  dem  empfangen- 
den nützlich  verwertet  wird  —  gegenüber  der  Sicher- 
heit und  Schnelligkeit  des  Betriebes  nur  eine  unter- 
geordnete Rolle. 

Die  Ausgleichswiderstände  werden  in  der  Grösse  von 
500  Ohm  und  in  Vielfachen  davon  gebaut.  Früher  verwandte 
man  als  Widerstandsmaterial  Graphitpulver,  zwischen  Stanniol- 
pfropfen in  einer  Glasröhre  eingeschlossen.  Je  lockerer  das 
Pulver  aufgefüllt,  je  dünner  und  länger  seine  Schicht  ist,  umso 
grösser  sein  Widerstand.  Neuerdings  werden  die  Wider- 
stände nicht  mehr  aus  Graphitpulver,  sondern  aus  dünnem 
Manganindraht  gefertigt,  von  dem  man  grosse  Längen  auf  eine 
Holzspule  aufwickelt.  Das  Graphitpulver  ändert  —  vermutlich 
durch  teilweises  Zusammenbacken  —  nach  einiger  Zeit  seinen 
Widerstand  und  verlangt  eine  häufige  Prüfung.  Diese  fallt  beim 
Manganindraht  natürlich  fort.  Dessen  Eigenschaft,  im  Gegensatz 
zu  anderen  Materialien  seinen  Widerstand  mit  der  Temperatur 
nicht  zu  ändern,  spielt  bei  den  künstlichen  Widerständen  keine 
Rolle.  Denn  erstens  steigt  bei  Sommerhitze  der  Widerstand 
des  oberirdischen  Leitungsdrahtes,  so  dass  auch  der  Ersatz- 
widerstand ruhig  steigen  dürfte.  Zweitens  giebt  dieser  nur  den 
ungefähren  Widerstand  der  fortfallenden  Leitung  wieder.  Es 
kommt  auf  seine  Genauigkeit  nicht  an,  da  aus  anderem  Grunde 
der  Telegraphierstrom  doch  erheblich  schwankt. 

Von  telegraphischen  Hilfsapparaten  sind  weiter  die  Blitz- 
ableiter zu  besprechen.  Wie  Ihnen  aus  der  Elektrostatik 
bekannt  ist,  nimmt  der  Blitz  seinen  Weg  möglichst  über  gute 
Leiter,  Er  findet  keine  besseren,  als  oberirdische  elektrische 
Leitungen,  welche  deshalb,  ob  sie  Stark-  oder  Schwachstrom 
führen,  dem  Blitzschlag  besonders  ausgesetzt  sind.  Der  Blitz 
bewegt  sich  aber  nie  weit  auf  einer  Drahtleitung,  Als  Wechsel- 
strom hoher  Periodenzahl  verriegeln  ihm  schon  schärfere 
Krümmungen  den  Weg  und  lassen  ihn  in  Gemeinschaft  mit 
anderen,  oft  nicht  verständlichen  Ursachen  zur  Erde  abspringen. 
Das  beschädigte  Stück  der  Leitung  ist  immer  kurz  und  kann 
leicht    ersetzt    werden.     Blitzableiter    bringt   man    deshalb    nur 


DigitizsdbyGOOgle 


Telegraph  i  sehe   Hilfsapparale.  275 

dort  an,  wo  Leitungen  oberirdisch  in  Ämter  eintreten  oder 
Freileitungen  in  Kabel  übergehen,  so  dass  Menschen,  Gebäude 
und  Apparate  und  die  teuren  und  schwer  auszuwechselnden 
Kabel  geschützt  werden. 

Die  telegraphischen  Blitzableiter  beruhen  auf  einem  Prinzip, 
wie  es  auch  zum  Schutze  aller  anderen  elektrischen  Leitungen 
gegen  BUtzschlag  verwandt  wird.  Man  benutzt  die  Fähigkeit 
des  Blitzes,  vermöge  seiner  hohen  Spannung  zu  guten  Erd- 
leitungen hin  Luftbrücken  zu  überspringen.  Das  vermag  der 
im  regelmässigen  Betriebe  von  der  Leitung  geführte  schwach- 
gespannte  Strom  nicht,  selbst  wenn  die  Brücke  nur  kurz  ist. 
Bei  den  telegraphischen  Blitzableitern  befindet  sie  sich  zwischen 
zwei  Messingplatten,  die  zur  Erzielung  der  früher  besprochenen 


Fig.   114.     TischbliWableiter.     (Nach  ZeUsche.) 


Spitzenwirkung  geriefelt  sind.  Zu-  deren  Vermehrung  sind  die 
Riefeln  der  einen  Messingplatte  denen  der  anderen  nicht  parallel; 
sondern  beide  kreuzen  sich.  Die  Platten  sind  so  über  einander 
befestigt,  dass  zwischen  den  Kämmen  der  Riefelungen  V*  bis 
Y*  mm  Abstand  bleibt.    Die  untere  Platte  wird  vom  Telegraphier- 


„Coogic 


27Ö  Telegraphische  Hilfsapparate. 

Strome  durchlaufen  oder  steht  wenigstens  mit  der  Leitung  in 
Verbindung,  die  obere  liegt  an  Erde.  Kommt  der  Blitz  auf  der 
Leitung  daher,  so  springt  er  durch  die  kurze  Luftschicht  von 
der  an  Leitung  zu  der  an  Erde  liegenden  Platte  über  und  fahrt 


Fig.   nS.     Tischbl[lzableiter,  Decketplatte  abgehoben. 


unschädlich  zur  Erde  ab.  Der  Blitzableiter  ist  darauf  sogleich 
wieder  gebrauchsfähig,  wenn  nicht,  was  wohl  vorkommt,  beide 
Platten  durch  den  Blitz  zusammengeschmolzen  sein  sollten. 


DigitizsdbyGOOgle 


Telegraphisehe  Hilfsapparate. 


277 


Der  Schutz  gegen  den  von  den  Leitungen  in  die  Ämter 
eingeschleppten  Blitz  ist  den  Tischblitzableitern')  (Fig.  174 
und  175)  anvertraut,  die  in  kleineren  Ämtern  auf  jedem  Apparate- 
tische, in  grösseren  wie  die  grossen  Umschalter  besonders  auf- 
gestellt sind.  Die  Erdplatten  ftlhren  dann  gemeinsam  zur  Erde. 
Die  Tischblitzableiter  enthalten,  wie  das  eben  aligemein  aus- 
einandergesetzt wurde ,  geriefelte  Platten ,  deren  geradlinige 
Riefeln  aufeinander  senkrecht  stehen.  Die  untere-,  die  Leitungs- 
platte (Fig.  175)  ist  in  der  Mitte  der  Lange  nach  in  entzwei 
geschnitten.  Beide  Plattenhälflen  sind  durch  einen  Luftschlitz 
getrennt  und  an  den  Enden  durch  Isoliermaterial  mechanisch  mit 
einander  verbunden.     Durch  diese  Teilung  ist  ein  Blitzableiter 


in  den  Stand  gesetzt,  gleichzeitig  vor  den  Entladungen 
zweier  Leitungen  zu  schützen.  Die  obere-,  die  Deckelplatte  ist 
aus  einem  Stück  und  mit  der  neben  den  Linienplatten  isoliert 
befestigten  Erdschiene  verbunden.    Die  Tischblitzableiter  erfüllen 

>i  Ihre  Bezeichnung  als  Platte nbtilzableiter  im  Gegensalz  lu  den  SUngenblitz- 
ableitern  trifft  beider  Unterschied  nicht.  Denn  beide  beruhen  auf  der  Anwendung 
Seriefelter  Platten.  Wühlt  man  den  Ort  ihrer  Thaiigkeit  als  Einteilungsprinzip,  so 
entsprechen  sich  Stange  und  Tisch.  Um  ein  Missverständnis  zwischen  den  an  der 
Telegraphen  Stange  befestigten  und  den  als  Stange  ausgebildeten  Blitzableitern  zu 
vermeiden,  wurden  seiner  Zeit  die  lelitercn  nach  gleichem  Einteilungsprinzip  Gebäudc- 
blitzableiler  genannt. 


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278  Telegraphisehe  Hilfsapparate. 

ausser  ihrem  eigentlichen  Beruf  noch  den  von  Umschaltern. 
Der  beim  Umschalten  verwandte  Stöpsel  steckt,  wenn  er  nicht 
gebraucht  wird,  in  dem  der  Deckelplatte  als  Handhabe  dienenden 
Holzknopf,  Durch  Stöpseln  von  Loch  1  oder  2  wird  die  linke 
oder  die  rechte  Leitung  mit  der  Deckeiplatte  verbunden,  also 
an  Erde  gelegt.  Loch  4  erdet  beide  Leitungen ,  und  das 
innerhalb  der  Deckelplatte  mit  Ebonit  ausgefütterte  Loch  3 
(Fig,  174)  verbindet  beide  Leitungen  mit  einander. 

Der  Stangenblitzableiter  (Fig,  176  und  177)  enthält 
ebenfalls  zwei  Riefelplatten.  Die  untere  längs  geriefelte  steht 
über  eine  Messingstange  mit  einer  Abzweigung  der  Leitung  in 
Verbindung,  deren  atmosphärische  Entladungen  unschädlich 
gemacht  werden  sollen.  Die  obere,  concentrisch  geriefelte 
Erdplatte  führt  über  den  Bajonettverschluss  und  zwei  bifilar 
um  einander  geschlungene  Telegraphendrahte  zur  Erde.  Damit 
der  Blitzableiter  die  Isolation  der  Leitung  nicht  verschlechtert, 
sind  die  an  der  Leitung  und  die  an  Erde  liegenden  Metallteile 
durch  zwei  in  einander  steckende  Ebonitglocken  getrennt. 


Der  letzte  telegraphische  Hilfsapparat  ist  in  einer  sehr 
grossen  Reihe  von  Formen  ausgeführt,  von  denen  eine  Auswahl 
eingehend  zu  besprechen  ist.     Es  sind  die  Relais. 

Das  direkte  Telegraphieren  mit  Arbeits-  oder  Ruhestrom, 
wie  es  im  Prinzipe  am  Schlüsse  der  vorigen  Vorlesung  besprochen 
wurde,  gelingt  nur  zwischen  nahe  gelegenen  Ämtern,  weil  der  vom 
gebenden  Amte  abgesandte  Strom  nicht  in  seiner  vollen  Stärke 
auf  dem  empfangenden  Amt  ankommt.  Auch  im  ordnungsmässigen 
Betriebe,  bei  Abwesenheit  besonderer  Störungen,  hält  die 
Leitung  gleichsam  nicht  dicht.  Sie  leckt.  An  jeder  einzelnen 
Porzellanglocke  unterwegs  findet  auch  bei  trockenem  Wetter 
ein  kleiner  Zweigstrom  seinen  Weg  zur  Erde,  Zwar  ist  er 
winzig  klein,  und  nur  besonders  empfindliche  Messinstrumente 
können  ihn  nachweisen.  Aber  er  ist,  und  die  grosse  Anzahl  von 
Aufhängungspunkten  verleiht  ihm  seine  Bedeutung.  Der  Strom 
wird  unterwegs  nutzlos  ausgegeben  —  vulgär  gesagt  —  ver- 
läppert, und  der  Rest,  der  ins  Empfangsamt  kommt,  ist  zur 
Erfüllung  seiner  eigentlichen  Aufgabe  nicht  mehr  stark  genug. 
Der  ankommenden  Milliampere  sind  zu  wenige.     Die  Ampere- 


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Telegr«phische  Hilfsapparate.  279 

Windungen  und  die  von  ihnen,  als  der  Magnetomotorischen 
Kraft,  durch  den  magnetischen  Kreis  gedrückten  Kraftlinien 
reichen  nicht  hin,  um  den  durch  Schreib-  oder  Klopferhebel 
beschwerten  Anker  zu  bewegen.  Der  grössere  oder  kleinere 
Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  erklärt  übrigens  mit  seinem  Einfluss 
auf  die  Güte  der  Leitungsisolierung  das  schon  öfters  erwähnte 
Schwanken  des  Morsestromes. 

Die  bei  längeren  Leitungen  lästige  Verkleinerung  des 
Stromes  scheint  sehr  einfach  durch  Vergrösserung  der  wirk- 
samen Elektromotorischen  Kraft,  also  der  für  die  vorliegende 
Strecke  benutzten  Zellenzahl  überwunden  werden  zu  können. 
Dadurch  würde  dann  —  so  möchte  man  meinen  —  zwar  nach 
dem  Gesetze  der  Stromverzweigung  an  jedem  Aufhängspunkt 
die  höhere  Spannung  einen  entsprechend  grösseren  Neben- 
schlussstrom zur  Erde  schicken;  aber  der  ans  Ziel  gelangende 
Strom  wäre  auch  entsprechend  grösser.  So  würde  aber  nur 
schliessen,  wem  der  alte  Satz  fremd  ist,  dass  eine  Leitung  um  so 
schwerer  zu  isolieren,  je  höher  gespannten  Strom  sie  führt. 
An  einer  Reihe  von  Stellen  genügt  die  Isolierung  zum  Zusammen- 
halten der  niedrigeren,  nicht  der  höheren  Spannung.  Ein  Heer 
von  vorher  unbekannten  Isolationsfehlern  tritt  jetzt  auf  und 
zehrt  schmarotzerisch  an  dem  fortzuleitenden  Strom,  Die 
Stromverluste,  die  man  ausgleichen  wollte,  werden  weit  mehr 
vergrössert,  als  dem  Verzweigungsgesetze  entspricht.  Viel 
mehr  Strom  als  bei  der  niedrigen  Spannung  kommt  jetzt  auch 
nicht  ans  Ziel,  und  wenn,  so  entspricht  der  erlangte  Gewinn 
nicht  dem  vermehrten  Aufwände.  Andererseits  ist  eine  Ver- 
besserung der  Isolationseinrichtungen  bei  der  erforderlichen 
grossen  Zahl  von  Aufhängungspunkten  zu  teuer.  Für  eine 
Telegraphie  auf  weite  Entfernungen  ist  aus  diesem  und  anderem 
Grunde  die  Einführung  von  etwas  ganz  Neuem  notwendig. 
Dieses  Neue  ist  die  Übertragung,  welche  auf  einem  unter- 
wegs liegenden-  oder  dem  Endamt  eingerichtetet  wird.  Sie 
bedient  sich  eines  Hilfsapparates:  des  Relais. 

Zur  Zeit,  als  es  noch  keine  Eisenbahn  gab  und  man  mit 
der  Host  reiste,  waren  grössere  Entfernungen  natürlich  nicht 
ununterbrochen  mit  denselben  Pferden  zurückzulegen.  An 
bestimmten  Stationen  unterwegs  wurden  die  müden  Pferde 
abgegeben    und    frische,    ausgeruhte    angeschirrt.      Die    neuen 


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280 


Telegraph  [sehe  H[irsapparate. 


Pferde  sowohl,  wie  die  Station,  auf  welcher  der  Pferdewechsel 
stattfand,  wurden  allgemein  mit  dem  französischen  Worte  Relais 
bezeichnet.  Der  treffende  Vergleich  mit  dem  Orte  des  Pferde- 
wechsels hat  dem  Relais  seinen  Namen  eingetragen. 

Der  von  der  Linie  in  das  Empfangsamt  fliessende  Strom 
ist  also  bei  grösseren  Entfernungen  zu  schwach,  um  die  An- 
ziehung des  mit  dem  Schreib-  oder  Klopferhebel  belasteten 
Morseankers  zu  bewirken.  Der  Strom  wird  deshalb  nicht  durch 
die  Elektromagnetwicklung  des  Morse,  sondern  durch  die  des 
Relais   zur  Erde   geschickt  (Fig.  178).     Dieser    Elektromagnet- 


'mMZ7//r/r/////////////////w///mw7^^r//////////// 


ti» 


P 


Fig.   n8,     Relaispririip. 

Wicklung  liegt  ein  zierlicher,  leicht  beweglicher  Anker  vor, 
welchen  anzuziehen,  auch  der  nur  durch  den  schwachen  Linien- 
strom, aber  mit  einer  meist  sehr  grossen  Windungszahl 
erregte  Elektromagnet  im  Stande  ist.  Der  Farbschreiber  oder 
Klopfer  bildet  mit  einer  neuen  auf  dem  empfangenden  Amte 
selbst  aufgestellten  Batterie  von  einigen  Telegraphenelementen 
oder  Akkumulatorenzellen,  der  Ortsbatterie  {Oh  in  Fig.  178)'), 
den  (gestrichelten)  Ortsstromkreis.  Der  Stromkreis  befindet 
sich  eben  am  Orte,  auf  dem  Amte  selber  und  enthalt  keine 
ausserhalb  des  Amtes  befindliche  Leitung.  Einen  Teil  dieses 
Ortsstromkreises  bildet  auch  der  Messinghebel,  in  den  der 
Relaisanker  eingelassen  ist,  und  je  nach  der  Lage  dieses 
Hebels  ist  der  Ortsstromkreis  geöffnet  oder  geschlossen.  Hat 
der  schwache  Linienstrom  den  Relaisanker  umgelegt,  so  fliesst 

')  Ganz  bezeichnend  hat  man  sie  auch  Vorspannbattcrie  genannl. 


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Telegraphische  Hilfsapparaw.  281 

der  Ortsstrom,  der  Morse  schreibt  oder  giebt  den  Klopfton, 
der  dem  Zeichenbeginn  entspricht.  Er  hört  aber  sofort  oder 
nur  unmerklich  später  mit  Schreiben  auf  oder  giebt  den  anderen 
KJopfton,  sobald  kein  Linienstrom  mehr  die  Wickelung  des 
Relais  durchfliesst.  Das  Relais  arbeitet  in  dem  auf  dem 
Empfangsaitite  befindlichen  Stromkreise  wie  eine  Taste,  die  von 
fern  her,  von  dem  auf  dem  anderen  Amte  gebenden  Beamten 
elektrisch  bedient  wird. 

An  jedem  Relais  befinden  sich  ordnungsmassig  fünf  Klemmen. 
Von  diesen  dienen  die  zwei  am  Ende  der  Elektromagnetwicklung 
dem  Linienstrom.  Die  eine  von  ihnen  wird  mit  der  Leitung,  die 
andere  mit  Erde  verbunden.  Man  pflegt  diese  beiden  die 
Primär-  und  die  drei  anderen  die  Secundärklemmen  zu  nennen, 
darf  sich  dadurch  aber  nicht  etwa  zur  Vergleichung  des  Relais 
mit  dem  Transformator  verleiten  lassen.  Bei  diesem  ist  der 
primäre  Stromfluss  die  Ursache  des  secundären.  Beider  Grösse 
steht  in  Beziehung  zu  einander.  Mit  dem  primären  Strom 
wächst  auch  notwendiger  Weise  der  secundäre.')  Beim  Relais 
dagegen  ist  der  primäre  Strom  nicht  die  Ursache,  sondern  die 
Veranlassung  des  secundären.  Er  löst  den  secundären  nur 
aus,  fügt,  wie  ein  Schalter,  dem  fast  fertigen  Stromkreis  ein 
fehlendes  Leiterstück  ein.  Die  Grösse  des  Secundär-  oder 
Ortsstromes  hängt  nicht  von  der  des  Primär-  oder  Linienstromes, 
sondern  allein  von  der  Elektromotorischen  Kraft  und  dem 
inneren  Widerstände  der  Ortsbatterie  und  den  Drahtwiderständen 
des  Ortsstromkreises  ab.  Die  eine  der  drei  Secundärklemmen 
aller  Relais  ist  elektrisch  mit  dem  Relaishebel  oder,  wie  dieser 
bei  langer  und  schmaler  Ausbildung  heisst,  der  Relaiszunge 
verbunden.  (Contakt  IIc.)  Die  beiden  noch  übrigen  Klemmen 
(IIa  und  IIb)  führen  je  zu  einem  der  verstellbaren  Contakte 
(IIa  und  IIb).  Gegen  den  einen  von  diesen  (IIa),  den  Arbeits- 
contakt  schlägt  der  Relaishebel,  wenn  Strom  die  Elektromagnet- 
wicklung durchfliesst  und  der  Anker  angezogen  ist.  Gegen 
den  andern  (IIb),  den  Ruhecontakt,  wird  er  durch  die  Elasticität 
einer  Spiralfeder  geführt,  sobald  der  primäre  Strom  zu  fliessen 
aufgehört  hat.  Die  Spannung  der  Spiralfeder  und  damit  die 
Empfindlichkeit  des  Relais  kann  durch  Verstellen  einer  Schraube 

'1  Die  Reihenfolge  bciiehl  sich  nalflrlich  auf  Schwach slrom-Transformaloren. 


DigitizsdbvGOOgle 


282  Telcgraphische  Hilfsapparate. 

geändert  werden.  Bei  allen  Relais  sind  zum  Schutz  gegen  den 
Offnungsfunken  die  beiden  Contaktstifte  platiniert  und  der 
Relaishebel  ist  an  den  Contakt  machenden  Stellen  mit  Platin- 
plattchen  belegt.  Bis  jetzt  passt  die  Beschreibung  des  Relais 
in  Sonderheit  auf  die  Gruppe,  die  man  Weicheisen-Relais 
nennt.     Als  deren  Vertreter  stelle  ich  Ihnen  hier  {Fig.  179)  das 


s.  g.  gewöhnliche  Relais  der  Reichspost  vor,  das  in  seinem 
Äusseren  stark  an  den  Klopfer  erinnert.  Sein  Name  Schwanen- 
halsrelais stammt  von  der  früheren  eigentümlichen  Form  des 
Bockes,  der  die  secundären  Contakte  trägt.  Kerne  aus  weichem 
Eisen  tragen  zwei  Spulen,  die  zusammen  an  12000  Windungen 
von  etwa  350  0hm  enthalten.  Als  Relaishebel  dient  ein  in  seinem 
Scheitel  gelagerter  Messingwinkel,  der  in  der  Vertikalen  drehbar 
ist.  An  dem  vertikalen  Schenkel  greift  die  Spiralfeder  an,  so  dass 
der  horizontale  von  unten  gegen  den  Ruhecontakt  (IIb)  schlägt. 
Dem  Zug  der  Feder  entgegen  wirkt  die  elektromagnetische  Kraft 
der  Spulen,  welche  den  in  den  horizontalen  Schenkel  des 
Messingwinkels  eingelassenen  Eisenanker  zu  sich  nach  unten 
zieht  und  das  Schenkelende  gegen  den  Arbeitscontakt  (IIa)  legt. 
Zur  Einstellung  kann  man,  ähnlich  wie  beim  Farbschreiber, 
Kernhöhe  und  Federspannung  verändern.  Die  zweite  wichtigere, 
Gruppe  von  Relais,  die 


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Telegraph  [sehe  Hilfsapparate.  283 

Polarisierten  Relais 

enthalten  einen  polarisierten  Elektromagneten.  Am  leichtesten 
verstandlich  ist  dasjenige,  welches  die  Reichspost  das  deutsche 
nennt,  obgleich  es  dem  Elektromagneten  des  Hughes-Apparates 
und  das  auch  zuerst  in  England  nachgebildet  ist.  Bei  diesem 
Hughesrelais  {Fig.  180)    liegt  auf  hölzerner  Grundplatte  ein 


Fig.   180.     Hiighcs-Rclais. 


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284  Telegraph  ische  Hilfsapparate. 

kräftiger  aus  mehreren  Stahllamellen  zusammengesetzter  Huf- 
eisenmagnet. Auf  jedem  der  beiden  Pole  steht  vertikal,  also 
senkrecht  auf  der  Ebene  des  Magneten  und  des  Grundbrettes 
ein  Kern  aus  weichem  Eisen.  Nach  der  alten  Anschauungsweise 
werden  diese  Kerne  durch  den  Dauermagneten  Influenziert,  so 
dass  am  oberen  Ende  des  auf  dem  Nordpole  des  Hufeisens 
stehenden  Kernes  ein  Nordpol,  am  oberen  Ende  des  anderen  ein 
Südpol  entsteht.  Ausserdem  sind  nun  die  Kerne  von  Elektro- 
magnetspulen umgeben,  welche,  wenn  sie  von  einem  Strome 
durchflössen  werden,  je  nach  dessen  Richtung  die  Pole  an  den 
Kernenden  verstärken  oder  schwächen.  Über  den  Kernenden 
sitzt  der  kleine  Anker  aus  weichem  Eisen,  von  dem  in  der 
Vertikalen  drehbaren  Relaishebel  getragen.  Mit  ihm  ist  die 
Klemme  IIc  verbunden.  Über  und  unter  dem  freien  Ende  des 
Relaishebels  sind,  von  einander  isoliert,  die  beiden  anderen 
sekundären  Contakte,  IIa  und  IIb  angebracht.  Eine  verstell- 
bare Feder  hält  den  Hebel  gegen  den  oberen  von  beiden,  IIb. 
Das  Relais  arbeitet  jetzt  auf  Anziehen.  Sobald  Strom 
der  vorgeschriebenen  Richtung  die  Windungen  durchläuft, 
werden  die  beiden  influenzierten  Pole  an  den  Kernenden  elektro- 
magnetisch so  verstärkt,  dass  die  auf  den  Anker  ausgeübte 
Anziehungskraft  den  Relaishebel  gegen  den  2ug  der  Feder  auf 
den  unteren  Contakt  klappen  lässt.  Soll  das  Relais  auf  Ab- 
reissen  eingestellt  werden,  so  lässt  man  durch  Drehen  der 
Stellschraube  die  Feder  soweit  nach,  dass  ihre  Zugkraft  schon 
von  den  influenzierten  Polen  allein  überwunden  werden  kann, 
mithin  bei  Abwesenheit  von  Strom  der  Relaishebel  gegen  den 
unteren  Contakt  IIa  anschlägt.  Wenn  nun  ein  Strom  von 
einer  der  des  vorigen  entgegengesetzten  Richtung  die  Elektro- 
magnetwicklung durchfliesst,  so  werden  die  influenzierten  Pole 
elektromagnetisch  so  geschwächt,  dass  sie  das  Uebergewicht 
über  die  Zugkraft  der  Feder  verlieren  und  den  Anker  loslassen 
müssen.     Der  Hebel  klappt  nach  oben.') 

1)  Man  sollte  diese  Einslellung  nicht  als  die  auf  Abstossung  beieichncn. 
Dadurch  wird  nur  der  falsche  Gedanke  hervorgerufen,  dass  die  Elektromagnetkeme 
den  Anker  abstossen.  Der  Anker  aus  weichem  Eisen  kann  nie  abgesloasen  werden, 
auch  dann  nicht,  wenn  die  elektromagnetische  Wirkung  stark  genug  wäre,  den  Dauer- 
magnetismus  ganz  aufzuheben  und  die  Eisenkerne  entgegengesetzt  zu  magnetisieren, 
was  sie  Qbrigens  nicht  im  Entferntesten  ist. 


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TetegraphUche  Hilfsapparate. 


285 


Beide  Schaltungen,  die  auf  Anziehen  und  die  auf  Abreissen 
des  Ankers,  wurden  eben  stillschweigend  in  einer  Arbeitsstrom- 
leitung gedacht.  Ebenso  gut  können  sie  auch  mit  Ruhestrom 
betrieben  werden.  Soll  dann  das  Relais  auf  Anziehen  arbeiten, 
das  heisst  der  Hebel  mit  den  Punkten  und  Strichen  der  Morse- 
zeichen nach  unten  klappen,  so  muss  der  Strom  den  influenzierten 
Magnetismus  schwächen.  Bei  Stellung  auf  Abreissen  sollen  die 
Punkte  und  Striche  den  Hebel  nach  oben  umlegen.  Der  Ruhe- 
strom muss  mithin    den    influenzierten  Magnetismus  verstärken. 


4^ 


a 

. 

1       1 

i  4    1 

} 

1      1 

\    1 

EinattÜung  ati^ 
Anziehen  Abreissen 

Fig.   181.     Die  auf  dem  Hebel  des  Hughesrelais  wirkenden  Zugkrfifle. 
(Seh wach ungsankcr  unverändert.) 


Das  Arbeiten  des  Hughes-Relais  erklärt  sich  mit  Hilfe  der 
Kraftlinienanschauung  viel  einfacher.  Der  stählerne  Dauer- 
magnet schliesst  einen  kleinen  Teil  seiner  Kraftlinien  als  Streu- 
linien von  Pol  zu  Pol  durch  die  Luft.  Die  grosse  Mehrzahl 
benutzt  als  Leitungsweg  Kerne  und  Anker,  welche  ja  aus  Eisen 
von  hoher  Permeabilität  bestehen.  Dabei  ist  zweimal  die  kurze 
Luftbrücke  zwischen  Kernenden  und  Anker  zu  durchsetzen. 
Nach  alter  Regel  suchen  die  Kraftlinien  den  ihnen  von  dem 
Ankereisen    aufgezwungenen  Luftweg   zu   verkürzen    und   den 


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286  Telegraphische  Hilfsapparale. 

Anker  an  die  Kernenden  heranzuziehen.  Das  geschieht  auch, 
wenn  ihre  Anzahl  genügt,  den  Gegenzug  der  Feder  zu  über- 
winden. Die  Feder  ist  nun  bei  der  Stellung  auf  Anziehen  so 
stark  gespannt,  dass  die  von  dem  Stahlmagneten  ausgesandten 
Kraftlinien  allein  nicht  dazu  ausreichen.  Fliesst  aber  durch  die 
Spulen  ein  Strom  von  solcher  Richtung,  dass  die  von  ihm 
erzeugten  Kraftlinien  denen  des  Stahlmagneten  gleichgerichtet 
sind,  so  reicht  jetzt  die  Kraftlininienzahl  zur  Anziehung  aus. 
Der  Relaishebel  klappt  nach  unten.  Ist  der  Strom  aber  dem 
von  eben  und  sind  damit  seine  Kraftlinien  denen  des  Dauer- 
magneten entgegengesetzt  gerichtet,  so  wird  ein  Teil  der  ur- 
sprünglichen in  ihrer  Wirkung  aufgehoben.  Der  wirksame  Rest 
ist  der  entgegenziehenden  Federkraft  nicht  mehr  gewachsen. 
Das  Relais  arbeitet  auf  Abreissen.  Die  Entstehung  der  resul- 
tierenden Zugkraft  kann  man  sich  mit  einem  solchen  Diagramm 
{Fig.  181)  klar  machen,  dass  allerdings  keine  Versuchsergebnisse, 
sondern  beliebig  angenommene  Werte  wiedergiebt.  Ein  Strom 
von  der  dem  erwarteten  Telegraphierstrome  entgegen- 
gesetzten Richtungverstärkt  in  jedem  Falledie  im  Ruhe- 
zustande auf  den  Anker  ausgeübten  Zugkräfte.  Der 
Anker  wird  durch  ihn  nicht  umgelegt.  Das  ist  ein  Haupt- 
vorzug aller  polarisierten-  vor  den  Weicheisenrelais. 
Zur  Einstellung  des  Hughes-Relais  dient  ausser  der  Ver- 
änderung der  Federspannung  der  Schwächungsanker.  Dieser 
ist  nichts  als  ein  loser,  mit  einem  Messingknopf  versehener  Stab 
aus  weichem  Eisen  —  halb  Kantel,  halb  Türkensäbel  —  der 
den  Polen  des  Dauermagneten  vorgelegt  werden  kann.  Er 
bildet  dann  einen  magnetischen  Nebenschluss.  Den  Kraftlinien 
des  Dauermagneten  sind  zum  Schliessen  zwei  Wege  geboten, 
der  bisherige  durch  Kerne,  Anker  und  etwaige  Luftbrücken  und 
ein  neuer  durch  das  Eisen  des  Schwächungsankers,  ungefähr 
auf  dem  Wege  der  früher  erwähnten  Streulinien.  Die  Kraft- 
linienverteilung  hängt  von  dem  magnetischen  Widerstände  der 
Zweige  ab.  Jedenfalls  wird  das  allein  für  die  auf  den  Relais- 
anker ausgeübte  Zugkraft  in  Betracht  kommende  Kernfeld 
geschwächt  und  zwar  umso  mehr,  je  enger  und  vollständiger 
der  Schwächungsanker  dem  Dauermagneten  anliegt.  Bei  innigem 
Anliegen  bildet  er  einen  magnetischen  Kurzschluss  und  setzt 
bis    auf   einen    kleinen    wirksamen    Rest    das   Dauerfeld    matt. 


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Tetegraphische  Hilfsapparale.  287 

Der  Schwächungsanker  schwächt  den  Einfluss  des  Dauer- 
magneten auf  das  Relais,  nähert  mithin  gleichsam  das  polari- 
sierte- einem  Weicheisen-Instrument.  Für  die  Einstellung  bedeutet 
kleinere  Federspannung  und  innigeres  Anlegen  des  Schwächungs- 
ankers das  Gleiche:  ein  leichteres  Ansprechen  des  Relais.  Der 
Schwächungsanker  bewirkt  durch  die  Veränderung  seiner  Lage 
gleich  eine  ziemlich  heftige  Verstellung,  ähnlich  dem  Heben  und 
Senken  der  Farbschreiberkerne.  Milder  wirkt  die  Veränderung 
der  Federanspannung.  Durch  Verbindung  beider  gelingt  die 
gewünschte  Einstellung. 

Die  Reichspost  verwendet  das  Hughes-Relais  in  zwei  Formen, 
einer  kleineren  mit  Magnetwicklungen  von  zusammen  etwa  200 
und  einer  grösseren  von  etwa  1150  Ohm. 

Mit  Vergnügen  wende  ich  mich  nun  zur  Besprechung  des 
Siemensschen  polarisierten  Relais,  das  zugleich  geistvoll 
erdacht  und  bis  zur  Vollendung  durchkonstruiert  ist.  Es  ist  in 
der  ganzen  Welt  verbreitet,  wenn  es  auch  von  der  Reichspost 
nicht  mehr  neu  angeschafft  wird.  Zum  Unterschied  von  den 
vorigen  enthält  dieses  Relais  keine  Feder  und  ist  damit  von 
allen  mit  Federn  verbundenen  Mängeln  befreit.  Der  Dauer- 
magnet des  Relais  ist  im  Winkel  gebogen  (Fig.  182).  Er  ist  so 
in  einer  Messingdose  aufgestellt,  dass  der  den  Südpol  tragende 
Schenkel  vertikal  aufrecht  steht  und  mit  dem  Pol  nach  oben 
zeigt,  während  der  den  Nordpol  tragende  horizontal  und  jetzt 
auf  den  Beschauer  zu  gerichtet  ist. 

Dieser  horizontale  Schenkel  trägt  (Fig.  183)  auf  sich,  und 
dem  vertikalen  Schenkel  parallel,  einen  Hufeisen-förmigen 
Elektromagneten,  das  heisst,  zwei  mit  Spulen  umgebene,  durch 
eine  Grundplatte  vereinigte  Kerne  aus  weichem  Eisen.  Wohl- 
gemerkt, beide  Kerne  sitzen  auf  ein  und  demselben  Pol  des 
Stahlmagneten,  auf  dem  Nordpol.  An  den  oberen  Enden  beider 
Kerne  wird  demnach  je  ein  Nordpol  influenziert.  Die  die  Kerne 
umgebenden  Spulen  sind  in  gewohnter  Weise  gewickelt.  Ware 
gar  kein  influenz  leren  der  Stahlmagnet  vorhanden,  so  würde  ^ 
sobald  Strom  die  Windungen  durchfliesst  —  an  dem  oberen 
Ende  des  einen  Kernes  ein  Nord-,  an  dem  des  anderen  ein 
Südpol  entstehen.  Der  Stahlmagnet  ist  aber  vorhanden.  Bei 
Stromfluss  wirken  deshalb  zwei  verschiedene  Magnetisierungen 
auf  die  Kerne.     Das  Ergebnis  ist  die  elektromagnetische  Ver- 


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288  Telegraphische   Hilfsapparale. 

Stärkung  des  einen  influenzierten  Nordpoles  und  die  Schwächung 
des  anderen.  Das  eine  Kernende  enthält  bei  Stromfluss  mithin 
einen  kräftigen,  das  andere  einen  schwachen  Nordpol.  Welcher 
von  beiden  der  kräftige  und  welcher  der  schwache  sein  wird, 
ob  der  rechte  oder  der  linke,  hängt  natürlich  von  der  Strom- 
richtung ab. 

Der  Relaisanker  ist  nun  zwischen  den  beiden  am  Ende  der 
Eisenkerne  befindlichen  Polen  beweglich  angebracht  und  zwar 


Siemcnssches  Polarisiertes   Relais. 
Dauermagnet.  Fig.   183.     Magnetisches  System. 


SO,  dass  er  sich  um  eine  vertikale  Achse  dreht,  die  in  einem 
gabelförmigen  Ausschnitt  im  oberen  Ende  des  vertikalen 
Schenkels  gelagert  ist.  Auch  der  Anker  wird  influenziert,  aber 
durch  den  Südpol,  so  dass  sich  an  seinem  zwischen  den  beiden 
Nordpolen  beweglichen  Ende  ein  Südpol  befindet.  Da  beide 
Nordpole  bei  Abwesenheit  von  Strom  gleich  stark  sind,  so  wird 
nach  dem  Coulombschen  Gesetz  der  südpolare  Anker  von  dem- 
jenigen von  beiden  am  meisten  angezogen,  der  ihm  am  nächsten 
ist.  Deshalb  sind  den  Eisenkernen  Polschuhe  aufgesetzt,  von 
denen  jeder  durch  Drehung  einer  Schraube  dem  Anker  genähert 
oder  von  ihm  entfernt  werden  kann.     Der  Anker  klappt  immer 


DigitizsdbyGOOglC 


Telegraph  ische  HiKsapparate,  289 

ZU  dem  ihm  am  nächsten  gelegenen  Polschuh  hin.  Nach  vorn 
trägt  der  Anker  eine  zungenförmige  Verlängerung  aus  Neusilber, 
welche  mit  ihrem  Platin-belegten  Ende  nach  rechts  oder  links 
gegen  einen  der  sekundären  Contakte  schlägt.     Das  Relais  ist 


Fig.   184.     Siemenssches  Polarisiertes  Relais  von  oben. 

fast  ganz  in  die  Dose^)  eingebaut  (Fig.  184).  Nur  der  gegabelte 
Südpol,  die  in  der  Gabel  gelagerte  Zunge,  die  beiden  secundaren 
Contakte  IIa  und  IIb  und  die  den  Kernen  aufgesetzten  Polschuhe 

')  Siemens  &  Halslte  bauen  übrigens  auch  noch  immer  ihr  altes,  «llcrdings  von 
der  Rcichapost  nicht  gebrauchtes  Weicheisen-Dosenrelais. 


D,„i,„db,Goo'^le 


290 


Telegraphtsche  Hilfsapparate. 


sind,  durch  eine  Glasscheibe  geschützt,  auf  der  Deckplatte  der 
Dose  sichtbar.  An  derem  Grunde  sind  die  üblichen  fünf 
Klemmen  angebracht.  Von  den  beiden  primären  wird  die  eine, 
und  zwar  eine  bestimmte,  mit  der  Linie,  die  andere  mit  Erde 
verbunden  und  dadurch  die  Elektromagnetwicklung  im  richtigen 
Sinne  vom  Linienstrome  durchflössen.  Der  südpolare  Anker 
klappt  von  dem  geschwächten  Nordpole  zu  dem  verstärkten 
hinüber,  schliesst  mit  seiner  Neusilberzunge  den  Ortsstromkreis 
und  setzt  den  Farbschreiber  in  Gang.  Ein  Strom  entgegen- 
gesetzter Richtung  bewegt  beim  Siemensschen  ebenso  wenig,  wie 
bei  allen  anderen  polarisierten  Relais,  die  Zunge  aus  ihrer 
Ruhelage. 

Sie  werden  leicht  selbst  finden,  wie  einfach  sich  das 
Arbeiten  des  Siemensschen  polarisierten  Relais  auf  Grund  der 
Kraftlinienanschauung  darstellt.  Beachten  Sie  bitte  dabei,  dass 
bei  ihm  sich  die  elektromagnetischen  Linien  ausser  über  die 
Luftbrücken  nur  durch  weiches  Eisen  schliessen,  während  beim 
Hughes-Relais  der  Stahlmagnet  mit  seiner  Remanenz  als  Teil 
des  Leitungsweges  benutzt  wird. 

Ein  drittes  polarisiertes  Relais,  das  mit  drehbaren  Kernen 
(Fig.  185,  186  und  I87(  ist  eigenartig  gebaut.  Die  Kerne  sind  — 
mit  einiger  Reibung  —  um  der  excentrischen  Polschuhe  willen 


Fig.   185.     Relais  mit  drehbaren  Rertien.     (Nach  Crawinkel  und  Strecker.1 


D,„i,.,db,Google 


Telegraphische  Htifsapparate 


ra===q 


So 


Relais  mit  drehbaren  Kernen. 


D,„i,.,„i„  Google 


292 


Telegraphische  Hilfsapparate. 


drehbar,  damit  diese  durch  die  Drehung  den  beiden  Ankern 
genähert  oder  von  ihnen  entfernt  werden  können,  also  zu 
demselben  Zweck,  den  das  Siemenssche  Relais  durch  geradlinige 
Verstellung  der  Polschuhe  erreicht.  ^)  Die  Spulen  des  Elektro- 
magneten haben  die  übliche  Wicklung. '  Aber  die  in  ihnen 
steckenden  Eisenkerne  sind  durch  kein  Joch  mit  einander  ver- 
bunden. Es  treten  Kraftlinien  an  vier  Kernenden  aus  Eisen  in 
Luft.  Alle  vier  tragen  Pole.  Zwischen  je  zwei  in  gleicher  Höhe 
liegenden  Kernenden  ist,  in  der  Horizontalen  drehbar,  ein  Anker 
angebracht,  also  oben  einer  und  unten  der  zweite.  Beide  sind 
durch  eine  senkrechte  Messingstange  starr  mit  einander  verbunden, 
müssen  mithin  gemeinsam  arbeiten.  Der  obere  von  beiden  Ankern 
trägt  als  Zunge  einen  schmalen  Streifen  aus  dünnem  Messingblech, 
aus  gewohntem  Grunde  mit  Platinplättchen  belegt.  Die  Contakt- 
stifte,  gegen  die  er  anschlagt,  können  gemeinschaftlich  nach  rechts 


Fig.   181.     Kraftlinicnverlauf  im  Retais  mit  drehbaren  Kernen. 
id    Polschuhe    fortgelassen .     D 
Polaritlt  NS,  die  eleklrom; 


Dauerkrafllinien    geben    den    Kernen    i 
hetischen  zum  Beispiel  N' S'. 


'1  Die  Bezeichnung  des  Relais  als  das  mit  drehbaren  Kernen  trifft  kein  wescnt. 
liches  Merkmal  und  ist  deshalb  auch  wohl  durch:  neues  deutsches  Retais  ersetzt 
worden.  Es  ist  übrigens  augenscheinlich  dem  Magnetsystem  des  (automatischen) 
Whcatstone-Emplängers  nachgebildet. 


DigitizsdbyGOOgle 


TeEcgTaphi9che  Hilfsapparate.  293 

und  links  verschoben  werden.  Die  Dauerkraftlinien  werden  von 
einem  Hufeisenmagneten  geliefert,  der  wie  eine  an  der  Wand 
ein  Schattenbild  entwerfende  Hand  in  der  Vertikalen  befestigt 
ist.  (Vgl.  Fig.  185  und  187.)  Der  obere  Schenkel  trägt  den 
Süd-,  der  untere  den  Nordpol.  Die  Dauerkraftlinien  (Fig.  187) 
gehen  nun  vom  unteren  Schenkel  des  Hufeisens  durch  den 
unteren  Anker,  verzweigen  sich  nach  den  beiden  unteren  Pol- 
schuhen der  Weicheisen-Kerne,  durchlaufen  diese  nach  oben, 
treten  aus  ihnen  über  die  oberen  Polschuhe  aus,  vereinigen 
sich  im  oberen  Anker,  gehen  gemeinsam  zum  oberen  Schenkel 
und  kehren  durch  das  Hufeisen  zum  Ausgangspunkt  zurück. 
Von  Dauermagnet  wegen  haben  mithin  beide  Kerne  in  ihren 
beiden  oberen  Polschuhen  Nord-,  in  ihren  unteren  Südpole 
{NS  und  NS  in  Fig.  187).  Mit  den  Ankern  ist  es  um- 
gekehrt. Der  obere  trägt  den  Süd-,  der  untere  den  Nordpol. 
Nach  welchen  Polschuhen  die  Anker  hinklappen,  ob  nach  links 
oder  nach  rechts,  hängt,  ähnlich  wie  beim  Siemensschen  Relais, 
von  den  Abstanden,  das  heisst  von  der  Stellung  der  Polschuhe 
und  der  Anschlagstifte  ab.  Die  vom  Telegraphierstrome 
erzeugten  Kraftlinien  verlaufen  in  dem  einen  —  z.  B.  dem  linken 
~  Weicheisen-Kerne  in  derselben  Richtung  wie  die  Dauerkraft- 
linien, im  anderen  —  dem  rechten  —  entgegengesetzt.  Die 
Pole  der  beiden  linken  Polschuhe  werden  demnach  elektro- 
magnetisch verstärkt,  die  beiden  rechten  geschwächt.  Beim 
Hughes-Relais  konnte  der  Schwächungsanker  den  Einfluss  des 
Dauermagneten  verändern.  Hier  kann  man  diesen  durch  Drehen 
der  Schraube  links  hinten  (Fig.  185  auf  S.  290)  von  den  Ankern 
entfernen  und  damit  seinen  Einfluss  ausserordentlich  schwächen. 
So  kann  es  vorkommen,  dass  die  Polarität  des  rechten  Kernes 
durch  die  elektromagnetischen  Kraftlinien  direkt  umgekehrt  wird, 
dass  also  oben  ein  Süd-  und  unten  ein  Nordpol  entsteht  (S'  N'  in 
Fig.  187).  Je  weniger  Milliampere  der  Telegraphierstrom  führt, 
umso  mehr  wird  man  den  Dauermagneten  von  den  Kernen 
abdrehen.  Das  Relais  mit  drehbaren  Kernen  ist  durch  seine 
ganze  Bauart  ausserordentlich  empfindlich.  Besonders  tragen 
dazu  bei  die  Anwendung  des  Doppelankers,  der  grosse  Unter- 
schied, den  man  den  Abständen  der  Anker  von  den  rechten 
und  den  linken  Polschuhen  erteilen  kann,  und  die  Schwächung 
des  Einflusses  des  Dauermagneten. 


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294  Telegraph ische   Hilfsapparate. 

Ausser  den  besprochenen  giebt  es  noch  Relais  die  Holle 
und  Fülle  und  in  den  mannigfachsten  Formen.  Bekommen  Sie 
solche  in  die  Hand,  wird  Sie  aber  das  Gesagte  in  den  Stand 
gesetzt  haben,  sie  sich  selbst  zu  erklaren.  Erwähnen  könnte 
ich  höchstens  noch  das  Post  Office  Standard  Relais  und  zeigen 
ein  neues,  von  Siemens  &  Halske  besonders  empfohlenes  Relais 
(Fig.  188). 


Fjg.   188.     Neues  Relais  von  Siemens  &  Halsice. 

Es  bleibt  uns  nun  noch  übrig,  zu  besprechen,  dass  man 
mit  der  Einschaltung  des  Relais  in  eine  Leitung  häufig  nicht 
bis  zum  Empfangsamte  warten  kann.  Sie  ist  zu  lang,  um  an 
ihrem  Ende  auch  nur  das  Relais  zuverlässig  arbeiten  zu  lassen, 
und  wird  deshalb  in  Teile  zerlegt  und  zwar  in  so  viele,  als 
zur  sicheren  Übertragung  notwendig  sind.  Für  England 
mit  seinem  feuchten  Klima  werden  etwa  600  km,  för  Deutschland 
merkwürdiger  Weise  weniger  als  obere  Grenze  für  die  Länge 
dieser  Teile  angegeben.  Die  berühmte  indoeuropäische  Linie 
London  — Berlin— Teheran  von  etwa  6000  km  hat  nur  fünf 
Übertragungsämter.  Die  Übertragung  aus  einer  Leitung  in  die 
nächste  (Fig.  189)  ist  die  Aufgabe  des  Relais.     Es  bildet  eine 


DigitizsdbyGOOgle 


Telegraphische  Hilfsapparate. 


295 


telegraphische  Kuppelung  zwischen  zwei  Nachbarstromkreisen. 
Linien-  und  Ortsstromkreis  werden  zu  Linienstromkreis  I  und  II, 
Linien-  und  Ortsbatterie  zu  Linienbatterie  I  und  II,  die  letztere 
mit  entsprechend  grösserer  Zellenzahl,  als  bisher.    Zur  Über- 


l&edragunfsami 


sBckmtiMml 


Fig.   189.     Obertragung 


tragung  in  beiden  Richtungen  sind  auf  dem  Übertragungsamte 
für  jede  in  zwei  getrennte  Leitung  zwei  Relais  aufgestellt.    Auf 
dem  Empfangsamt  am  Ende  der  Leitung  wird  der  letzte  Linien- 
strom durch  die  Rollen  eines  neuen  Relais  geschickt,  in  dessen 
Ortsstromkreis  der  empfangende  Farbschreiber 
oder    Klopfer    eingeschaltet    ist.      Auf   dem 
Übertragungsamt    ist  es   natürlich    sehr  viel 
zweckmassiger,  ein  Relais  arbeiten  zu  lassen, 
als  das  Telegramm  mit  dem  Farbschreiber  auf- 
zunehmen und  aufs  Neue  abzutelegraphieren. 
Die    Einschaltung     eines    Menschen     in     die 
Übertragung,  sei  es  auch  der  zuverlässigste 
Beamte,    zumal  wenn    es   sich  um  ein  Tele- 
gramm in  einer  fremden  Sprache  oder  einem 
Code    handelt,    ist    stets    eine    Quelle    von 
Irrtümern ,    die    sich    bei    mehrmaligem    Um- 
telegraphieren   bis    zur  völligen   Unverständ- 
lichkeit    der    Mitteilung    häufen    können.    — 
Will   das  Übertragungsamt  mitlesen  und 
genügen  ihm  dazu  die  Klopftöne  des  Relais 


Fig.   190. 
ilierle  Anschlage 
1  ObertragungS' 
Farbschreiber. 


D,„i,.,db,Google 


296  TclegraphiBche  Hilfsapparate. 

nichlj  so  kann  es  auch  statt  mit  Relais  mit  Farbschreibern  über- 
tragen. Diese  sind  dann  gegen  die  Ihnen  bekannte  Form  etwas 
abgeändert.  Der  Bock  rechts,  der  die  Anschlagschrauben 
trägt,  ist  durch  zwei  getrennte  und  gegen  die  Grundplatte  mit 
Ebonit  isolierte  Säulen  (Fig.  190) 
ersetzt.  Die  obere  Anschlag- 
schraube ist  dadurch  zum  Ruhe-, 
die  untere  zum  Arbeitskontakt,  der 
J"8-  '^^  _  __  Schreibhebel  zugleich  Relaishebel 

(Fig.  191)  geworden  und  deshalb 
mit  einem  Sicherheitskontakt  ver- 
sehen. Während  er  als  Schreibhebel  schreibt,  schliesst  er  als 
Relaishebel  den  Linienstromkreis  II.  Platin  schützt  die  Kontakt- 
stellen. Das  Farbschreibergrundbrett  trägt  ausser  seinen  zwei 
gewöhnliehen  Klemmen  in  diesem  Falle  noch  drei  andere,  die 
den  sekundären  des  Retais  entsprechen. 


Schreibhebcl  zur  Obertragung. 


D,„i,.,db,Google 


14.  Vorlesung. 

Die  Stromquelle. 


Telegraphenelementc.  —  Mehrere  Leitungen  an  einer  Batterie.  Einschrankimg 
durch  den  inneren  Widerstand  und  zwar  nicht  wegen  der  gleichmiasig  verminderten, 
sondern  wegen  der  schwankenden  Klemmenspannung.  Kein  Durch  schnitt.  Zahlenbeispiel. 
Parallele  Zellen.  L  eil  erschal  tu  ng.  —  Ahkumulaloren,  Vorteile.  Schutzwidersland , 
Ladung  aus  dem  Stadtneti,  mit  Molorgeneratoren  oder  Umformern,  mit  selbst  an. 
gelricbcneni  Generator,  mit  Telegraphenelementen.   —   Dynamos  ohne  Akkumulatoren. 


Die  Telegraphierströme  werden  in  den  meisten  Fällen,  in 
Deutschland  in  allen,  aus  chemischer  Quelle,  einer  Batterie 
entnommen.  Deren  guter  Zustand  und  richtige  Bemessung  ist 
natürlich  für  das  Gelingen  des  Ganzen  von  der  grössten 
Bedeutung. 

Auf  allen  kleineren  Ämtern 
der  Reichspost  besteht  die  Batterie 
zur  Zeit  noch  aus  Telegraphen- 
elementen, die  gewöhnlich  in  be- 
sonderen, innen  weiss  gestrichenen 
und  mit  Glasthüren  verschlossenen 
Schränken,  wohl  gereinigt  und  in 
militärisch  ausgerichteten  Reihen 
aufgestellt  sind  (Fig.  192).  Jedes 
Element  kommt  mit  einer  Klemme, 
der  positiven  aus.  In  sie  ist  der 
in  eine  der  Zinknasen  des  Nachbar- 
elementes eingegossene  Leitungs- 
draht eingeklemmt.  Nur  die  Zelle 
am  negativen  Ende  der  Batterie 
tragt  zwei  Klemmen. 

Nun  handelt  es  sich  zunächst 
um  die  Frage;  Muss  jede  der 
von  einem  Amte  ausgehenden 
verschiedenen     Linien     mit     einer         Fig.  192.    Eiemenienschrank. 


IMS 


D,„i,.,db,Google 


298 


Di«   Stromquelle. 


besonderen  Batterie  betrieben  werden  oder  darf  man  mehrere 
Leitungen  parallel  an  ein  und  dieselbe  Batterie  legen?  Das 
darf  man  allerdings.  Aber  es  scheint  notwendig,  die  einander 
parallelen  Leitungen  auch  mit  der  gleichen  Zeilenzahl  zu 
betreiben.  Das  wäre  nur  bei  Leitungen  nahezu  gleichen  Wider- 
standes, das  heisst  —  gleiches  Material  und  gleichen  Querschnitt 
vorausgesetzt  —  bei  Leitungen  gleicher  Länge  möglich  (Fig.  193). 


Jk..^H..-|h,.^H..-|, 


Fig.   193.     Mehrere  Leitungen  gleicher  Lange  an  einer  Batterie. 

Die  Engländer  hängen  allerdings  auch  verschieden  lange 
Leitungen  parallel  an  das  gleiche  Batterieende  und  fügen  den 
ktlrzeren  passende  Ausgleichswiderstände  hinzu.  Es  hindert  aber 
andererseits  garnichts,  die  Leitungen  verschiedenen  Widerstandes 
von  verschiedenen  Punkten  der  Batterie  abzuzweigen  und  so 
jede  mit  der  ihr  ohne  Zuschlagswiderstand  zukommenden  Zellen- 
zahl zu  betreiben  (Fig.  194). 


r::^;:-^:;:: 


H'-H'- -Hh-  -IhHi 


Fig.    194,      Mehrere  Leitungen  verschiedener  Länge  an  einer  Batterie. 

Die  Anzahl  der  parallel  von  einer  Batterie  S^' 
speisten  Leitungen  wird  aber  durch  den  grossen 
inneren    Widerstand     der    Telegraphenelemente    ß'"' 


DigitizsdbyGOO'^le 


Die  Stromquelle.  299 

geschränkt.  Die  Reichspost  erlaubt  höchstens  fünf 
Morseleitungen  an  einer  Batterie.  Der  Grund  dieser 
Einschränkutig  ist  der,  dass  bei  grossem  Batteriewiderstande 
eine  vermehrte  Stromentnahme  die  Klemmenspannung  der 
Batterie  und  damit  die  Stromstärke  in  jeder  der  gespeisten 
Leitungen  herabdrückt.  Eine  einfache  gleich  massig  an- 
dauernde Abnahme  von  Klemmenspannung  und  von  Strom 
pro  Leitung  hätte  zwar  nichts  auf  sich  und  könnte  durch  Zugabe 
einiger  weniger  Zellen  ausgeglichen  werden.  Störend  ist  nicht 
die  gleichmässig  verminderte,  sondern  die  durch  das 
wechselnde  Spiel  der  Tasten  in  einem  fort  regellos  ver- 
änderte Klemmenspannung.  Bald  hat  sie  und  damit  der  Strom 
in  einer  betrachteten  Leitung  den  normalen  Wert,  bald  einen 
wesentlich  kleineren.  Die  Stromstärke  in  der  einen  Leitung 
hängt  vollkommen  davon  ab,  ob  im  Augenbhck  die  Nachbar- 
leitungen reden  oder  schweigen.  Für  solchen  Strom  ist  kein 
Morse  und  kein  Relais  einzustellen.  Jede  Leitung  verbittet 
sich  mit  Recht,  von  ihren  Nachbarn  fortwährend  gestört  zu 
werden. 

Man  möchte  hier  einwenden,  dass  mehrere  an  einer  Batterie 
hängende  Leitungen  sich  deshalb  nicht  stören,  weil  Strom  auf 
einem  Teile  von  ihnen  und  Unterbrechung  auf  dem  anderen 
sich  umschichtig  in  ihrer  Gesamtwirkung  ungefähr  aufhöben.  Von 
dem  Irrigen  dieses  Einwurfes  kann  man  sich  leicht  in  folgender 
Weise  überzeugen:  Man  klebe  auf  ein  Kartenblatt  parallel  zu 
einander  fünf  Morsestreifen ')  auf  und  ziehe  über  sie  senkrecht 
im  Abstände  von  der  durchschnittlichen  Länge  eines  Punktes 
parallele  Linien.  Dann  zählt  man,  auf  wie  vielen  Streifen  sich 
zwischen  je  zwei  solcher  Linien  Schrift,  und  auf  wie  vielen  sich 
keine  befindet.  Man  findet  ganz  verschiedene  Zahlen,  durchaus 
keinen  sich  ungefähr  gleich  bleibenden  Durchschnitt.  Dieses 
Diagramm  (Fig.  195)  giebt  über  eine  Strecke  von  20  Punkt- 
längen, also  etwa  20  . 2  =  40  mm  für  jede  Punktlänge,  die 
Anzahl  der  auf  fünf  Morsestreifen  (siehe  die  Fussnote)  gleich- 
zeitig erscheinenden  Farbzeichen  (Punkte  oder  Striche)  an.     Sie 

')  Statt  wirklicher  Morsestreiftn  mag  man  eine  solche  Schulzeichnung  aus 
Morscietrhen  herstellen,  die  man  unter  BerQcksichtigiing  der  vorschriftsmässigen 
Längen  mit  der  Hand  auf  kariertes  Papier  schreibt.  Einen  passenden  Text  geben 
Telegrammadressen  her. 


DigitizsdbyGOOgle 


300  Die    Slromquellc. 

sehen  (Fig.  195,  wie  ausserordentlich  die  Zahl  der  gleichzeitig 
arbeitenden  Leitungen  schwankt.  Hierbei  ist  noch  vorausgesetzt, 
dass  alle  Leitungen  wirklich  arbeiten  und  nicht  etwa  einige  von 
ihnen  plötzlich  in  oder  ausser  Betrieb  gesetzt  werden. 


Fig    t95.     Schwankende  Beanspruchiuig  einer  Batterie  durch  gemeinsame  Leitungen. 

Wollen  Sie  sich  durch  ein  Zahlenbeispiel  über  die  Grösse  der 

Schwankungen    unterrichten,    so  nehmen  Sie  eine  Leitung  an, 

die  mit  den  eingeschalteten  Apparaten  2000  Ohm  Widerstand 

hat.     Lassen  Sie  die  Batterie  aus  30  Telegraphenelementen  mit 

der  Elektromotorischen  Kraft  .E  =  30  Volt    und  dem  inneren 

Widerstände  Wi  =  150  Ohm    bestehen,    so  fliesst  ein  Strom  J 

30 
von  -öonn  I    ign    =  13,9  Milliampere.    Der  Spannungsabfall  in 
äUUU  -j-  IdU 

der  Batterie  ist  bei  fliessendem  Strome  E  —  E^  —  13,9  .  150  = 

rd.  2  Volt    und   die    Klemmenspannung  Ei,  mithinetwa  28  Volt. 

Nun  betreiben  Sie  mit  derselben  Batterie  gleichzeitig  eine  zweite 

Leitung    gleichen    Widerstandes   (nach    Art    von    Fig.  193    auf 

S.  298).     Das  Leitungsvermögen    beider  zusammen  ist  doppelt 

so  gross,  wie  von  einer  allein,  der  Widerstand  halb  so  gross: 

1000   Ohm.       In     beiden     zusammen    fliesst    ein     Strom    von 

30 
""iffno -i-lAn    ~  0.026,  injedereinzelnen  Leitung  also  0,013  Amp. 

Der  Spannungsabfall  in  der  Batterie  steigt  —  bei  Stromfluss  in 
beiden  Leitungen  —  auf  0,026  .  150  =  3,9  Volt  an.  An  Klemmen- 
spannung bleiben  dann  nur  30  —  3,9  =  rd.  26  Volt  übrig. 
Setzt  man  diese  Rechnung  fort,  so  bekommt  man  —  bei  gleich- 
zeitigem Stromfluss  in  allen  Leitungen  —  für  den  Strom  in 
jeder  Leitung  und  die  Klemmenspannung:  bei  drei  Leitungen 
12  Milliampere  und  24,6  Volt,  bei  vieren  11,5  und  23,1,  bei 
fbnfen  11  und  21,7.  Mit  fünf  Leitungen  ist  die  vorgeschriebene 
Grenze  erreicht.  Rechnet  man  noch  bis  zur  nicht  mehr  erlaubten 
sechsten,  so  ergeben  sich  10  Milliampere  und  20,7  Volt,     Unser 


DigitizsdbyGoOgle 


Die  Stromquelle. 


301 


oft  verwandtes  Dreieck  kann  uns  auch  diese  Verhältnisse  wieder 
veranschauUchen  (Fig.  196).  Wir  brauchen  nur  den  Leitungs- 
widerstand Wi  durch  die  wachsende  Anzahl  der  Leitungen  — 
ihr  Widerstand  ist  ja  als  gleich  angenommen  —  dividieren,  um 
zu    sehen,   wie   die  Klemmenspannung  Ei,  und  der  Strom  pro 


Abnahme   der  Klemmenspannung   einer  Batterie   durch  Speisung  mchrerei 
paralleler  Leitungen  vom  gleichen  Widerstände  iei. 


Leitung  mit  zunehmender  Leitungsanzaht  sinkt.  Freilich  sind 
bei  uns  nicht  fünf  Leitungen  von  gleichem  Widerstände  an  eine 
Batterie  angeschlossen.  Es  ist  deshalb  nicht  der  innere  Wider- 
stand aller  Zellen  von  allen  Teilströmen  zu  überwinden,  und 
die  Klemmenspannungen  schwanken  nicht  um  ganz  so  grosse 
Beträge,  »ae  angegeben.  An  der  Beschränkung  der  Anzahl 
der  von  einer  Batterie  zu  speisenden  Leitungen  überhaupt  wird 
dadurch  aber  nichts  geändert. 


DigitizsdbyGOOgle 


302  Die  Stromquelle. 

Als  Ursache  dieser  Beschränkung  erkannten  Sie  den  grossen 
inneren  Widerstand  der  Telegraphenelemente.  Ihn  unschädlich 
zu  machen,  ergiebt  sich  als  einfaches  Au^unftsmittel  die  Hin- 
zufügung paralleler  Zellen  zur  Batterie.  Man  braucht  gar  nicht 
sämtliche  Elemente  durch  zwei  parallele  ersetzen,  sondern  das 
nur  bei  dem  Grundstock  der  Batterie  zu  thun,  welcher  die 
Hauptanzahl  der  Leitungen  speisen  soll.  Auch  wird  nicht  ver- 
langt, dass  man  allen  parallelen  Zellen  die  positiven  und  nega- 
tiven Klemmen  verbindet;  sondern  es  genügt,  wenn  etwa  alle 
fünf  Elemente  eine  Brücke  zwischen  beiden  Reihen  gelegt  wird. 
Der  Einfachheit  halber  seien  (in  Fig.  197)  je  fünf  hinter  einander 


Hh •• -Ji- ■  • -Hl |h,.Hi--  -|i- 

-IH--V-V---IH         .^.^ 


Fig.    191.      Verwendung  paralleler  Zellen   in  einer  Batterie. 

geschaltete  Elemente  durch  ein  Elementenzeichen  dargestellt. 
Auch  hier  bleibt  die  Leitungsanzahl  natürlich  beschränkt,  und 
gesonderte  Batterien  für  je  fünf  Leitungen  thun  denselben  Dienst. 
Es  möchte  die  in  Frankreich  herrschende  Neigung  zur  Cen- 
tralisation  sein,  welche  die  gemeinschaftliche  Batterie  bis  zu  der 
aus  der  eben  besprochenen  hervorgehenden  Leiter-  oder  Pyra- 
midenschaltung ausgebildet  hat.  Sie  sehen  diese  hier  (Fig.  198) 
mit  derselben  Abkürzung  wie  eben  gezeichnet.  Die  Anzahl  der 
einander  parallel  geschalteten  Elemente  nimmt  durch  die  ganze 
Batterie  hindurch  von  ihrem  Ende  bis  zum  Anfang  leiterförmig  zu. 
Bei  jeder  Sprosse  der  Leiter  oder  Stufe  der  Pyramide  werden  die 
einander  parallel  liegenden  Reihen  um  eine  vermehrt.  Je  mehr 
Leitungen  eine  Zelle  speist,  in  umso  mehr  parallelen  Exemplaren 
ist  sie  vorhanden.  Je  weiter  man  sich  vom  Anfang  der  Batterie 
entfernt,  umso  weniger  Zellengruppen  sind  parallel  geschaltet, 
denn  umso  kleiner  wird  die  Strombeanspruchung.  An  allen 
Abzweigpunkten  bleibt  dadurch  die  Klemmenspannung  so  wenig 
verändert,  als  nötig.    Die  Leiterschaltung  ist  hier  {Fig.  198)  nur 


DigitizsdbyGOOgle 


:   Stromquelle, 


303 


im  Prinzip  gezeichnet.  So  regelmässig  wird  die  Leiter  in 
Wirklichkeit  nie  ansteigen,  weil  nicht  für  jede  Entfernungsstufe 
die  gleiche  Anzahl  von  Leitungen,  sondern  die  durch  die 
zufälligen  Verkehrsbedürfnisse  gegebene  abzweigt.  Die  Be- 
sorgnis, das  Auftreten  eines  Fehlers  in  einer  Leiter.geschalteten 


^lh^Hh^H^I'Tl^l^l^j•Tl'^H'^1^ 
^HHHHt|^ 


D 


Fig.   198,     Batter 


in  Leite rschaltun 


Batterie  wird  in  Frankreich  nicht  geteilt.  Aber  solche  Schaltungen 
kommen  doch  nur  in  grösseren  Ämtern  vor,  und  für  die  giebt 
es  glücklicher  Weise  eine  Stromquelle  mit  kleinem  inneren 
Widerstände,  eine  moderne  Stromquelle,  den  Akkumulator, 

Eine  Akkumulatorenbatterie,  deren  Zellen  einen  inneren 
Widerstand  von  einigen  Hundertstel  —  zum  Beispiel  0,03  bis 
0,05  —  Ohm  haben,  kann  jede  verlangte  Anzahl  von  gleich- 
zeitig arbeitenden  Telegraphenleitungen  speisen,  ohne  dass  die 
Klemmenspannung  merklich  unter  die  Elektromotorische  Kraft 
herabsinkt.  Der  Unterschied  beträgt,  wie  der  innere  Wider- 
stand, höchstens  ein  Prozent  von  dem  bei  Verwendung  von 
Telegraphenzellen.  Deshalb  schrumpfen  die  ungeheuren  Zellen- 
zahlen grosser  Ämter  mit  Einführung  von  Akkumulatoren 
auf  wenige  zusammen,  auf  umso  weniger,  als  die  übrigen 
während  des  grössten  Teiles  der  Entladung  nahezu  unveränderte 


DigitizsdbyGOOgle 


304  »'=    Slromq„dle. 

Elektromotorische  Kraft  des  Akkumulators  fast  doppelt  so  gross, 
als  die  des  Telegraphenelementes  ist.  Durch  die  ausserordent- 
liche Verminderung  der  Zellenanzahl  wird  zunächst  Platz  ge- 
wonnen,   und  bei  der  Notwendigkeit,    grosse  Ämter  gerade  in 


die  begehrtesten  Verkehrsmittelpunkte  der  Grossstädte  mit  ihren 
hohen  Grundpreisen  zu  legen,  ist  Raumersparnis  besonders 
wertvoll.  Auch  ist  Instandhaltung  und  Übersicht  bei  einer 
kleinen    und    an    sich     reinlichen    AkkumiJatorenbalterie    sehr 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  Stromquelle.  305 

viel  leichter  als  bei  einem  Heere  von  Telegraphenelementen. 
Schliesslich  eignen  sich  die  Akkumulatoren  ganz  besonders  zum 
Betriebe  von  Leitungen,  an  denen  Ladungserscheinungen  auf- 
treten. 

Dieses  Lichtbild  (Fig.  199)  giebt  die  Akkumulatorenanlage 
eines  Telegraphenamtes  (Nürnberg)  wieder.  In  einem  gesonderten, 
trockenen  Räume  —  natürlich  nicht  im  Apparatezimmer  —  ist 
auf  Holzgestellen  Zelle  neben  Zelle  aufgestellt,  die  eine  positive 
Platte  der  einen  immer  mit  den  beiden  negativen  der  nächsten 
verbunden.  Die  eine  Endklemme  liegt  an  Erde,  die  andere  an 
den  längsten  Leitungen.  In  gewissen  Abstanden  sieht  man 
Abzweigungen  die  Batterie  verlassen,  um  Leitungen  zu  speisen, 
die  kürzer  sind  und  deshalb  entsprechend  kleinere  Spannungen 
verlangen.  Die  Capacität  der  Zellen  wird  zu  13,5  Amperestunden 
angegeben.  Die  mit  Strohgeflecht  umgebenen  Glasballons  ent- 
halten die  zur  Nachfüllung  notwendige  Schwefelsäure.  Ein 
zweites  Lichtbild  (Fig.  200  auf  der  folgenden  Seite)  zeigt  Ihnen 
die  Batterie  des  General  Post  Office  in  London  mit  ihren  grossen, 
von  der  Eleclrical  Power  Storage  Co.  gelieferten  Zellen.') 

Sie  wissen,  dass  plötzliche  Entladungen  grösserer  als  vor- 
schriftsmässiger  Ströme  wegen  der  durch  sie  bewirkten  rücksichts- 
losen chemischen  Veränderung  der  Platten  den  Akkumulatoren 
erheblich  schaden.  Erhält  deshalb  eine  von  ihnen  gespeiste 
Telegraphenleitung  durch  einen  Unfall  Erdschluss  und  liegt 
dieser  dem  Ausgangsamt  nahe,  so  wäre  der  die  Leitung  speisende 
Teil  der  Batterie  nahezu  durch  Erde  kurzgeschlossen.')  Dies 
zu  vermeiden,  liegt  in  der,  allen  Zellen  der  Batterie  gemeinsamen 
Erdleitung  ein  Schutzwiderstand  von  solcher  Grösse,  dass  auch 
bei  sonstigem  Kurzschluss  nicht  mehr  als  zum  Beispiel  ein 
Ampere  entladen  wird.  Der  Schutzwiderstand  müsste  demnach 
immer  soviel  Ohm  enthalten,  als  Volt  die  betreffende  Leitung 
speisen,  bei  40  Volt  40  Ohm.  Er  ist  natürlich  bei  Bemessung 
der  Zellenzahl  dem  Widerstand  von  Leitung  und  Apparaten 
hinzuzufügen.     Um  einen  Erdschluss  sofort  zu  erkennen,  kann 

I)  Die   Capaciiat    der   einzukaufenden    Zellen    wird    natQrlich    unter    reichlicher 
Rechnung    der    zu    entnehmenden   Eleklriciiaismenge    angepasät    und    die   Reihe   der 
Bedienungsvorschriften  befolgt,  damit  die  Batterie  nieht  etwa  in  eine  so  traurige  Ver- 
fassung gerat,  wie  die  auf  dem   Wiener  Haupttelegriphenamt. 
i)  Ahnlich  wlre  es  beim  Kabelbetriebe. 

'20 


Digitizsdb^COC^Ie 


D,„i,.,db,Google 


Die   Stromquelle.  307 

man  in  die  Erdleitungen  über  ein  im  Nebenschluss  liegendes 
Relais,  das  gerade  bei  einem  Ampere  anspricht,  einen  Wecker 
schalten.  Schutzwiderstand  und  Wecker  können  auch  durch 
eine  Glühlampe  ersetzt  werden,  der  man  zur  Reserve  eine 
zweite,  aber  gewöhnlich  ausgeschaltete,  parallel  legt.  Die 
Glühlampen,  die  übrigens  seiner  Zeit  auf  einer  Abbildung  des 
Nürnberger  Amtes  (Fig.  171  auf  S.  271)  neben  den  Linienwahlern 
sichtbar  waren,  wirken  erstens  als  Schutzwiderstand.  Da  der 
schwache  Telegraphierstrom  den  Lampenfaden  natürlich  nicht 
ins  Glühen  versetzt,  geben  sie  zweitens  durch  ihr  Aufleuchten 
den  Eintritt  eines  Erdschlusses  an.  Weil  nicht  die  gemeinsame 
Erdleitung,  sondern  jede  einzelne  Leitung  eine  Glühlampe  trägt, 
ist  auch  sofort  die  Nummer  der  unterwegs  an  Erde  liegenden 
Leitung  zu  erkennen.  Die  gewöhnlichen  Elemente  bedürfen 
natürlich  keines  äusseren  Schutzwiderstandes.  Ihr  eigener  innerer 
Widerstand  macht  einen  gefährlichen  Kurzschluss  unmöglich. 

Die  einzige  Unbequemlichkeit,  welche  die  Akkumulatoren 
im  Betriebe  haben,  ist  in  ihrem  Wesen  begründet:  Sie  müssen 
in  gewissen  Zwischenräumen  geladen  werden.  Aber  jetzt  giebt 
es  in  jeder  grösseren  Stadt  und  auch  in  vielen  kleinen  und 
ganz  kleinen  Orten  ein  Elektricitätswerk,  dessen  Kabelnetz  die 
Strassen  durchzieht.  Das  Telegraphenamt  entnimmt  ihm 
elektrische  Energie  für  seine  Beleuchtung.  Nichts  ist  einfacher, 
als  das  auch  für  die  Akkumulatorenbatterie  zu  thun.  Mit  Hilfe 
passender  Schaltungen  und  Widerstände  wird  die  Batterie  je 
nach  Capacitat  und  Beanspruchung  allwöchentlich  oder  öfter 
und  je  nach  ihrer  und  der  zur  Verfügung  stehenden  Netzspannung 
ganz  oder  in  Teilen  geladen.  Die  dem  Elektricitätswerk  dafür 
zu  zahlende  Entschädigung  ist  winzig  und  fällt  im  Haushalte 
des  Amtes  fort.  Unter  Betriebsstörungen  des  Werkes  wird 
das  Telegraphenamt  nicht  leiden.  Solche  sind  zwar  nie  ganz 
zu  vermeiden,  aber,  wenn  entstanden,  immer  bald  wieder 
gehoben.  Nun  verbietet  schon  die  Rücksicht  auf  die  Akku- 
mulatoren, sie  erst  zu  laden,  wenn  sie  völlig  erschöpft  sind. 
Sollte  deshalb  ein  unglücklicher  Zufall  die  Betriebsstörung 
gerade  zur  Zeit  der  beabsichtigten  Ladung  eintreten  lassen  — 
ein  gewiss  seltener  Fall  —  so  wird  man  den  telegraphischen 
Betrieb  ohne  Ladung  ruhig  noch  einige  Zeit  fortsetzen  können 
und    erst  laden  brauchen,    wenn  wieder  Starkstrom  zu  haben 

20* 


,,  Google 


308  ^'^  Stromquelle. 

ist.  Die  Möglichkeit,  mit  unter  Störung  des  Kraftwerkes  oder  der 
Batterie  selbst  zu  leiden,  wird  ferner  dadurch  ganz  ausgeschlossen, 
dass  man  eine  Reservebatterie')  aufstellt.  Eine  der  beiden 
Batterien  wird  dann  geladen,  während  die  andere  die  Leitungen 
speist.  Drei  Batterien  sind  natürlich  noch  besser.  Eine  ver- 
sorgt dann  den  Betrieb,  die  zweite  wird  geladen  und  die  dritte 
steht  in  Reserve  und  kann  jeden  Augenblick  als  Ersatz  ein- 
springen. Einen  solchen  Aufwand  mag  man  sich  bei  dem 
billigen  Preise  der  kleinen  Zellen  gern  erlauben.  Will  man 
durchaus  sparen,  so  genügt  es  schliesslich  auch,  wenn  ein  Teil 
der  Batterie  nochmal  als  Reserve  vorhanden  ist.  Diese  Zellen 
werden  geladen  und  dann  als  Teil  in  die  Batterie  eingeschaltet, 
wodurch  ein  anderer  Teil  der  Zellen  zum  Laden  frei  wird. 
Dadurch  werden  aber  unnütz  verwickelte  Umschaltvorrichtungen 
notwendig,  die  die  Betriebssicherheit  vermindern  und  Geld 
kosten,  das  man  besser  zur  Beschaffung  von  mehr  Zellen  ver- 
wendet. 

In  Orten,  deren  Netz  statt  Gleichstrom  ein-  oder  mehr- 
phasigen Wechselstrom  führt  —  das  erstere  ist  zum  Beispiel  in 
Nürnberg  der  Fall  —  kann  man  die  Batterie  nicht  mit  dem 
Netzstrom  laden.  Wenigstens  bis  jetzt  giebt  es  kein  brauchbares 
Mittel,  um  die  Energie  des  fortwährend  seine  Richtung  ändernden 
Wechselstromes  im  Akkumulator  in  chemischer  Form  festzu- 
halten. Bei  Wechselstromnetzen  ist  man  gezwungen,  indirekt: 
mit  Hilfe  eines  Motorgenerators  oder  eines  Umformers  zu  laden. 
Ein  Motorgenerator  ist  ein  mit  einander  gekuppeltes  Maschinen- 
paar. Die  eine  von  beiden  ve^^va^delt  als  Motor  die  elektrische 
Energie  der  vorhandenen  Form  in  mechanische,  die  zweite  als 
Generator  diese  mechanische  in  elektrische  Energie  der  ge- 
wünschten Form.  So  wird  zum  Beispiel  durch  den  Motor- 
generator der  Wechselstrom  eines  Netzes  in  Gleichstrom  zum 
Laden  von  Akkumulatoren  verwandelt.  Hier  (Fig.  201)  sind 
zwei    zu    der   vorhin    gezeigten  Nürnberger  Batterie    gehörige 


1)  Die  Batterie  kann   a 

US 

eir 

em  Sladtne 

z   scho 

deshalb 

nicht  wJhrend  ihres 

Belriebes  geladen 

werden,    v 

i.ei 

it   der  einei 

—   sagen   wir 

mit  der  positiven  - 

Klemme  der  Balle 

ch  die  des 

adende 

Netzes  a 

Erde  yelegt  werden 

mQsste.      Hätte    dann    irgend 

in   der  -Stadt 

eine   v 

cm   dessen 

negativen  I^ilungen 

Erdschluss,  so  wä 

re  das   gan 

ze 

N 

[z    durch   F. 

de    kur 

geschloss 

n.  —  Auch  bei  den 

nderen  Methoden 

wird  man 

nie 

ht 

ohne  Nol  v 

Ährend 

D,„i,.,db,Google 


Die   Stromquelle.  309 

Maschinensätze  abgebildet.  Je  ein  mit  einphasigem  Wechsel- 
strom angetriebener  Motor  von  zwei  Pferdestärken  ist  mit  einem 
Gleichstromgenerator  gekuppelt.  Zwei  von  ihnen  sind  so  ge- 
wickelt, dass  sie  dafltr  11  Ampere  von  etwa  125  Volt,  die 
anderen  zwei  so,  dass  sie  80  Ampere  von  10  Volt  liefern 
können.  Der  125  Volt  gespannte  Strom  ladet  die  Ihnen  be- 
kannte, in  drei  Exemplaren  vorhandene  Linienbatterie,  der 
10  Volt   gespannte  die  Ortsbatterien  von  geringer  Zellenzahl, 


Fig.  201.     Motorgencratoren  mr  Akkumulatoren- Lad img. 

aber  grösserer  Capacität.  Aus  dem  Motorgenerator  wird  ein 
Umformer,  wenn  seine  beiden  Maschinen  innerlich  vereinigt 
sind.  Auf  einer  Seite  wird  Wechselstrom  in  die  rotierende 
Maschine  eingeleitet,  auf  der  anderen  Seite  ihr  Gleichstrom 
entnommen.  An  sich  ist  ein  Umformer  billiger,  als  ein  Motor- 
generator-Satz, und  nimmt  weniger  Platz  ein.  Aber  so  kleine 
Umformer,  wie  sie  die  Telegraphie  braucht,  sind  keine  gangbare 


DigitizsdbyGOOgle 


310  Die  Stromquelle. 

Ware.  Lässt  man  sie  eigens  anfertigen,  so  werden  sie  viel 
teurer  als  die  kleinen,  den  Markt  überschwemmenden  Motoren, 
von  denen  man  je  einen  Wechsel-  und  Gleichstrommotor  zu 
einem  Motorgenerator  zusammenkuppelt.  Auf  die  Maschinen 
selbst  darf  hier  natürlich  nicht  eingegangen  werden.  Wer 
Belehrung  darüber  sucht,  kann  sie  an  anderer  Stelle  finden. 

Will  sich  das  Amt  vom  Elektricitatswerk  ganz  unabhängig 
machen,  so  kann  es  selbst  einen  Generator  aufstellen  und  ihn 
zweckmässig  mit  einem  Gasmotor  antreiben,  wenn  es  nicht  schon 
zur  Erzeugung  des  Lichtes  eine  eigene  Maschinenanlage  hat. 
Es  wird  das  aber  in  der  Regel  nicht  lohnen.  Denn  die  Menge 
der  telegraphisch  gebrauchten  elektrischen  Energie  ist  zu  gering, 
selbst  wenn  die  für  den  Antrieb  von  Hughesmotoren  hinzu- 
kommt. Man  wird  selten  den  Platz  för  eine  Maschinenanlage 
opfern,  noch  die  Kosten  für  Löhne  und  Putz-  und  Schmiermittel 
tragen,  noch  ein  Kapital  verzinsen  und  tilgen  wollen.  Allerdings 
sind  besonders  bei  den  jetzt  gedrückten  Preisen  diese  Ausgaben 
klein  genug  im  Vergleiche  zu  denen  für  Gehälter  von  Beamten 
und  der  in  Gebäuden,  Apparaten  und  Leitungen  steckenden, 
Summen.  Manchmal  wird  sich  die  Maschinenanlage  an  die  der 
Reparaturwerkstatt  für  die  Apparate  angliedern  lassen.  Im 
Allgemeinen  wird  man  aber  aus  dem  Stadtnetz  laden  und  eine 
besondere  Maschinenstation  nur  dann  aufstellen  brauchen,  wenn 
das  Stadtnetz  Wechselstrom  führt. 

Verwunderlich  bleibt  hingegen  die  viel  angegriffene  und 
viel  verteidigte  Methode,  Akkumulatoren  mit  Tetegraphen- 
elementen zu  laden.  Sie  scheint  fhr  ein  kleines  Schullaboratorium, 
dass  kein  Geld  zum  Anschluss  an  das  Stadtnetz  hat,  ganz 
passend.  Aber  in  einem  mit  Gleichstrom  beleuchteten  Amte 
die  altfränkischen  Elemente  eine  Akkumulatorenbatterie  laden 
zu  sehen,  mutet  merkwürdig  an.  Die  Elemente  sind  zwar  vor- 
handen und  verursachen  keine  Anschaffungskosten.  Auch  das 
Laden  ist  einfach  und,  wenn  durchaus  nötig,  während  des 
Betriebes  möglich.  Aber  die  Zellen  müssen  in  Stand  gehalten 
werden  und,  da  man  für  jeden  Akkumulator  mehr  als  zwei 
davon  braucht,  so  nehmen  sie  Platz  fort.  Wenn  nicht  aus 
Gründen  der  Gleichmässigkeit,  sollte  man  diese  Lademethode 
nur  den  Ämtern  in  den  immer  seltener  werdenden  Orten  vor- 
behalten, wo  kein  Strom  zu  haben  ist.     In  denen  —  vielleicht 


DigitizsdbyGOOgle 


Die   Stromquelle.  3U 

mit  Ausnahme  von  Kabelübertragungsämtern  —  wird  man  aber 
vermutlich  keine  Akkumulatoren  brauchen,  sondern  mit  Tele- 
graphenelementen auskommen. 

Als  telegraphische  Stromquelle  benutzt  man  besonders  in 
den  Vereinigten  Staaten  Dynamomaschinen  auch  direkt  ohne 
Zwischenschaltung  von  Akkumulatoren.  Dort  wird  mit  grösseren 
Strömen  telegraphiert,  als  bei  uns,  und  Energie  ist  an  manchen 
Stellen  des  Landes  im  Überfluss  vorhanden.  Das  ist  das  einzige, 
was  nicht  unbedingt  gegen  diese  Betriebsart  zu  sprechen 
scheint.  Die  Amerikaner  sind  aber  hervorragende  Techniker  und 
sollten  ihre  Gründe  haben,  selbst  wenn  diese  von  hier  aus  nicht 
zu  Obersehen  sind.  Vielleicht  ist  auch  nur  die  behauptete  spätere 
Entwicklung  der  dortigen  Akkumulatorenindustrie  daran  Schuld. 
Lästig  genug  muss  es  jedenfalls  sein,  die  Maschinen  während 
der  ganzen  Dauer  des  Betriebes  laufen  zu  lassen.  Die  Betriebs- 
sicherheit hängt  natürUch  vollständig  von  dem  guten  Zustand 
der  antreibenden  Dampf-  oder  Gasmaschine,  bei  Riemen- 
Obertragung  von  dem  des  Riemens  ab.  Die  Spannung  ist 
schwer  genau  zu  halten,  und  für  die  verschiedenen  Betriebs- 
spannungen braucht  man  gleichzeitig  eine  ganze  Reihe  von 
Generatoren.  Es  sind  Anlagen  mit  vier  oder  gar  mit  acht 
Generatoren  —  der  Sicherheit  wegen  jeder  in  zwei  Exemplaren 
—  beschrieben.  Trotzdem  ist  man  mit  der  Spannungsauswahl 
viel  schlechter  daran,  als  bei  einer  Batterie,  die  von  zwei  zu 
zwei  Volt  jede  beliebige  Spannung  hergiebt.  Wieder  ist  man 
auf  die  lästigen  Ausgleichswiderstände  angewiesen,  alles  Übel- 
stände, die  samt  und  sonders  beim  Akkumulatorenbetrieb 
unbekannt  sind.  Der  Akkumulator  bleibt  die  ideale  telegraphische 
Stromquelle. 


DigitizsdbyGOOgle 


15.  Vorlesung. 

Morsebetrieb. 


Verzinkter  Eisendraht  verschiedener  Starke  als  l'elef^raphenleitung,  Ponellandoppel- 
glocke  als  Isolator.  --  Telegraphenämler,  —  Zweiteilung  des  Horsebetriebes  in  den 
mit  Arbeits-  und  den  mit  Kuheslrom.  —  E>er  Arbeitsstrom.  Die  Batterie  und  ihre 
Bemessung.  Ihr  Materialverbrauch.  —  Der  Ruhestrom.  Amterkrets.  Nur  mit  Ruhe- 
strom möglich.  Isolation sfehler  verlangen  Verteilung  der  Batterie  Stromscbwichung, 
nicht  -Unterbrechung.  Schahregel.  Trennami.  Ruhccontakt  platinierl.  —  Zusammen- 
fassung. —  Amerikanischer  Ruhestrom.  — 
Die  wichtigsten   SchaHungen  iür  Arbeits-  und   Ruhestrom. 


Ehe  wir  in  die  Besprechung  des  Morsebetriebes  eintreten, 
erinnern  wir  uns,  dass  zwar  von  Farbschreiber  und  Klopfer, 
von  Taste,  Hilfsapparaten  und  Stromquelle  die  Rede  war,  aber 
noch  nicht  von  deren  wichtigem  Verbindungsglied:  der  Leitung. 
Natürlich  interessiert  sie  uns  hier  nur  als  Teil  des  elektrischen 
Stromkreises,  denn  es  kann  nicht  der  Zweck  dieser  Vorlesungen 
sein,  sich  etwa  mit  den  Einzelheiten  des  Leitungsbaus  abzugeben. 
Überdies  wird  auch  die  Leitung  spater,  sobald  wir  uns  um 
den  Einfluss  ihrer  Capacität  auf  die  telegraphischen  Vorgänge 
kümmern,  noch  reichlichen  Stoff  zur  Besprechung  liefern. 

Zunächst  sei  nur  erwähnt,  dass  die  oberirdischen  Telegraphen- 
leitungen aus  Eisen  bestehen.  Eisen  vereinigt  mit  genügender 
Leitfähigkeit  grosse  Festigkeit  und  billigen  Preis.  Seine  un- 
angenehme Eigenschaft,  an  der  Luft  zu  rosten,  wird  ihm  durch 
einen  Zinküberzug  genommen,  den  man  auf  den  rein  gebeizten 
Draht  aufbringt,  indem  man  ihn  durch  geschmolzenes  Zink 
hindurchzieht.  Für  verschiedenartige  Linien  wird  der  verzinkte 
Eisendraht  in  verschiedenen  Starken  angewandt  und  so  der  Wider- 
stand, den  die  grössere  Entfernung  vermehrt,  durch  grösseren 
Querschnitt  wieder  möglichst  herabgedrückt.  Die  Leitungen  für 
den  ausländischen  und  grossen  inlandischen  Verkehr  erhalten 
sechs  oder  fünf  Millimeter,  die  übrigen  Hauptleitungen  vier,  die 
Nebenleitungen   —   und    die  s.  g.  leichte  Leitung  ^    nur  drei 


DigitizsdbyGOOgle 


Morsebetrieb.  313 

Millimeter  Durchmesser.  Rechnen  Sie  den  spezifischen  Wider- 
stand des  Leitungsdrahtes  zu  etwa  0,13,  so  ergeben  sich  als 
Widerstände  je  eines  Kilometers  der  vier  Drahtstärken  4,6  ,  6,7  , 
10,7 .  18,6  Ohm. 

Als  Isolator  dient  die  bekannte  Porzellan- 
doppelglocke, von  der  Sie  hier  (Fig.  202)  ein 
Muster  im  Schnitt  gezeichnet  sehen. 

Ebenfalls  wenige  Worte  sind  allgemein 
über  die  Telegraphenämter  zu  sagen.  Je 
nach  dem  die  Linien  in  ihnen  zu  Ende  sind 
oder  weiter  gehen,  scheidet  man  sie  in  End- 
oder ZwischenSmter,  gerade  wie  die  Bahnhöfe 
in  Kopf-  und  Durchgangsstationen.  Die  Schei- 
dung ist  nicht  scharf  durchzuführen,  denn  in 
vielen,  besonders  in  grossen  Ämtern,  wird  ein      „     f.'   .  '   , 

"  Poriellandoppel- 

Teil  der  Linien  enden,  em  anderer  nicht.     Man  giocke. 

spricht  dann  zweckmässig  von  dem  einzelnen 
Apparatsystem  als  von  einer  End-  oder  einer 
Zwischenstelle.  Eine  besondere  Art  der  Zwischenstelle  nennt 
sich  Trennstelle.  In  ihr  kann  eine  Linie  in  zwei  getrennt  werden. 
Statt  eines  grösseren  telegraphischen  Kreises  entstehen  dadurch 
zwei  kleinere.  Je  nach  Bedürfnis  verkehren  die  beiden  äusseren 
Endstellen  miteinander  oder  beide  getrennt  mit  der  Trennstelle, 
aus  der  damit  vorübergehend  —  Januskopfartig  —  eine  zwie- 
fache Endstelle  geworden  ist. 

Der  Morsebetrieb,  zu  dessen  Besprechung  wir  nun  über- 
gehen, kann,  wie  Sie  wissen,  auf  zweierlei  Art  geführt  werden: 
mit  Arbeits-  oder  mit  Ruhestrom. 

Hier  (Fig.  203  auf  der  folgenden  Seitel  ist  wieder  das 
Schema  eines  durch  Arbeitsstrom  verkehrenden  Ämterpaares. 
Noch  einmal  sei  es  gesagt,  dass  beim  Betriebe  mit  Arbeits- 
strom die  Arbeit  des  Beamten,  der  Tastendruck  den  Strom 
fliessen  macht,  mit  ihm  zeitlich  zusammenfällt.  Die  gebende 
Hand  schliesst  tür  die  Dauer  von  Punkt  oder  Strich  den 
Arbeitscontakt  der  Taste  und  damit  den  über  Leitung,  Empfangs- 
apparat und  Erde  führenden  Stromkreis.  Der  Morseanker 
wird  elektromagnetisch  gesenkt.  Der  Klopferhebel  giebt 
den  Klopfton  des  unteren  Aufschlages.  Das  Farbrad  des  für 
Arbeitsstrom     eingestellten    Schreibhebels     schreibt.      Ist,     wie 


DigitizsdbyGOOgle 


314  Morsebetrieb. 

meistens,  ein  Relais  eingeschaltet,  so  benimmt  sich  dessen  Anker 
wie  eben  vom  Morseanker  beschrieben.  Gewöhnlich  —  bei 
Entfernungen  unter  500  Kilometer  —  wird  die  negative  Batterie- 
klemme') über  den  Arbeitscontakt  der  Taste  an  die  Leitung, 
die  positive  an  Erde  gelegt.  Es  liegt  deshalb  bei  der  Besprechung 
■  von  Schaltungen    oft    nahe,    den  Lauf  des   negativen  Stromes 

>-  zu  betrachten.     Ob  man  sich  dabei  den  negativen 

Strom  wirklich  als  solchen  bestehend  vorstellen  will  oder  nur 


Fig.  203.     Arbeitsslromschaltiing. 

den  Lauf  des  gewöhnlich  betrachteten  —  positiven  —  in  um- 
gekehrter Richtung  verfolgt,  kommt  praktisch  auf  eins  heraus. 
Auch  wird  Niemand  meinen,  dass  der  aus  der  Batterie  in  die 
Leitung  fliessende  Teil  des  Stromes  für  die  Beförderung  des 
Telegrammes  wichtiger  ist,  als  der  unmittelbar  zur  Erde  fliessende. 
Für  die  Bemessung  der  Linienbatterie  gilt  als  Widerstand 
der  der  Leitung,  einschliesslich  des  Übergangswiderstandes 
von  den  beiden  Endplatten  zur  Erde  plus  dem  aller  ein- 
geschalteter Apparate.  Als  Faustregel  mag  man  sich  merken, 
dass  für  je  siebzig  Ohm  des  so  berechneten  oder  gemessenen 
Widerstandes    eine  Telegraphenzelle    —    deren  Widerstand  zu 

')  Bei  Abiweigungen  aus  der  Batterie   ist    es    natOrlich    gleichgiltig,    ob    man 
zum  Beispiel  die  positive  IClemme  der  zwanzigsten  Zelle   oder  die  mit  ihr  metallisch 
verbundene  negative  der  einundzwanzigsten   herausfbhrt.     Beide   sind,   wie   man   sich 
-  flusdrtlckt,  elektrisch  derselbe  Punkt. 


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Morsebetrieb.  315 

ftlnf  Ohm  angenommen  —  notwendig  ist.  Denn  dann  ist  die 
fliessende  Stromstärke  ungefähr  -^  -y-<  ~  '^'^  '  "^^^  Ampere. 
Die  erhaltene  Zahl  wird  nach  oben  auf  die  nächste  durch  zehn 
teilbare  abgerundet.  Unter  zwanzig  Zellen  sind  für  Linien- 
batterien nicht  im  Gebrauch,  denn  der  Widerstand  von  einem 
Satz  Farbschreiber,  Galvanoskop,  Taste,  Zimmerleitung,  Erd- 
platten macht  schon  ohne  jede  Freileitung  mehr  als  600  Ohm 
aus.  Bei  Verwendung  von  Akkumulatoren  braucht  man  natürlich 
nur  halb  so  viel  Zellen. 

Die  Menge  in  den  Zellen  nützlich  verbrauchten  Zinks 
oder  unwirksam  gewordener  aktiver  Substanz  ist  beim  Betrieb 
mit  Arbeitsstrom  der  Gesamtlänge  der  beförderten  Morsezeichen 
genau,  dieser  kleine  Teil  der  Ausgabe  also  mithin  der  Einnahme 
so  gut  wie  proportional.  Aber  Sie  wissen,  dass  der  nützliche 
Materialverbrauch  in  der  Telegraphenzelle  nur  einen  kleinen 
Teil  des  wirklichen  bildet.  Ob  man  sie  Strom  liefern  lässt 
oder  nicht,  macht  keinen  so  sehr  grossen  Kostenunterschied. 
Sollte  es  deshalb  Vorteil  bringen,  mit  Ruhestrom  zu  telegraphieren, 
so  wird  der  Mehrverbrauch  an  galvanischem  Material  kein 
ernster  Hinderungsgrund  sein. 

In  der  That  haften  dem  Betriebe  mit  Arbeitsstrome  einige 
Unvollkommenheiten  an;  werden  doch  im  Wesentlichen  beim 
Geben  mit  Arbeitsstrom  jedes  Mal  nur  zwei  Amter  mit  einander 
telegraphisch  verbunden.  Auf  jedem  von  beiden  Ämtern  ist 
deshalb  eine,  wie  eben  gezeigt,  für  die  zwischen  ihnen  liegende 
Entfernung  abgeglichene  Batterie  notwendig.  An  dieser  That- 
sache  wird  auch  dadurch  nichts  geändert,  dass  verschiedene 
Leitungen  von  zum  Teil  denselben  Zellen  gespeist  werden. 
Jede  Leitung  verlangt  für  sich  ihre  bestimmte  Zellenzahl  oder, 
wenn  diese,  die  Schaltung  nicht  zu  andern,  überschritten  ist,  die 
Einschaltung  eines  bestimmten  Ausgleichswiderstandes. 

Der  lästigen  Notwendigkeit,  auf  jedem  Amt  für  jedes 
andere,  mit  dem  telegraphiert  wird,  eine  besondere  Zellenzahl 
vorrätig  zu  halten,  ist  man  sofort  Oberhoben,  sobald  es  gelingt, 
eine  ganze  Reihe  von  Ämtern  in  einen  einzigen  Stromkreis  zu 
legen.  Die  Zellenzahl  der  Batterie  müsste  dann  freilich  aus- 
reichen, durch  den  ganzen  Kreis  den  verlangten  Strom  zu 
treiben.     Es  v\'ürden  dann  nicht  nur  jedes  Mal  zwei  Ämter  mit 


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316  Morsebelrieb. 

einander,  sondern  alle  der  ganzen  Reihe  mit  allen  verkehren 
können.  Das  geht,  wenn  es  eben  gelingt,  mit  der  Batterie 
Tasten  und  Farbschreiber  einer  ganzen  Reihe  von  n  Ämtern 
in  einen  einzigen  Stromkreis  zu  legen.  Hier  versagt  der  Arbeits- 
strom. Denn  ein  auf  sämtlichen  n  hinter  einander  geschalteten 
Ämtern  durch  den  Arbeitscontakt  der  Taste  unterbrochener 
Stromkreis  wird  nicht  geschlossen,  wenn  ein  Contakt  sich 
schliesst.  Es  bleiben  eben  alle  anderen  «— /  Contakte  offen. 
Wird  aber  die  Schaltung  so  eingerichtet,  dass  in  den  Betriebs- 
pausen durch  den  ganzen  Ämterkreis  Strom  fliesst,  so  braucht 
nur  die  Taste  eines  Amtes  zu  unterbrechen,  damit  auf  den 
übrigen  « — /  Ämtern,  also  auch  auf  dem  gewünschten,  der 
Strom  ausbleibe.  Ein  durch  eine  Reihe  von  Ämtern  fliessender 
Strom  kann  wohl  auf  jedem  von  ihnen  unterbrochen  werden. 
Man  kann  aber  nicht  einen  auf  jedem  Amt  der  Reihe  unter- 
brochenen Strom  durch  Schliessen  der  Taste  eines  einzigen 
Amtes  fliessen  machen.  Diese  Thatsache  muss  wohl  zu  einfach 
und  selbstverständlich  sein,  als  dass  man  gie  in  der  an  Umfang 
reichen  telegraphischen  Litteratur  besonders  bemerkt  fände. 
Ich  behaupte  aber,  in  ihr  liegt  der  Witz  des  Ruhestromes. 

Bei  der  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  darf  ebenfalls  wieder- 
holt werden,  dass  der  Ruhestrom  bei  ruhendem  Betriebe  und 
während  der  Zwischenräume  von  Punkten  und  Strichen  fliesst 
und  vom  Tastendruck  des  gebenden  Beamten  —  nehmen  wir 
vorläufig  an:  vollständig  —  unterbrochen  wird.  Dadurch  sinkt 
das  11  der  Farbschreiberspulen  auf  Null,  das  li  ihrer  Eisenkerne 
auf  den  Wert  der  Remanenz  herab.  Der  noch  auf  den  Anker 
ausgeübte  elektromagnetische  Zug  vermag  dem  ihm  entgegen- 
wirkenden der  Feder  nicht  mehr  Stand  zu  halten.  Der  Anker 
schnellt  nach  oben.  Das  Farbrad  des  auf  Ruhestrom  eingestellten 
Hebels  schreibt. 

Die  letzte  Ursache  der  Einführung  des  Ruhestromes  er- 
kannten Sie  in  dem  Bedürfnis  nach  einer  Batterieschaltung, 
welche  beim  Geben  nach  einer  Anzahl  verschiedener  Ämter 
keine  Veränderung  verlangte.  Als  Lösung  der  Aufgabe  ergab 
sich  ein  einziger  Stromkreis  für  eine  ganze  Amterreihe  und  sein 
Betrieb  mit  Ruhestrom.  Der  Arbeitsstrom  mit  seinem  besonderen 
Stromkreis  für  jedes  Ämterpaar  betreibt  verkehrsreiche  Morse- 
linien, und  das,  wenn  notwendig,  mit  Klopfern.     Er  gleicht  dem 


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Morsebetrieb.  317 

Schnellzuge,  der  wichtige  von  vielen  Reisenden  besuchte  Städte 
unmittelbar  miteinander  verbindet  und  an  den  kleineren  am 
Wege  liegenden  Orten  vorbeifahrt.  Der  Ruhestrom  dient  dem 
Kleinverkehr  einer  grösseren  Zahl  nahe  gelegener  Orte.  Dem 
langsamen  Zuge'),  dem  train  omnibus  der  Franzosen,  ähnlich, 
speist  er  die  s.  g.  Omnibusleitungen.  Für  ihn  reicht  auch  die 
Aufnahmegeschwindigkeit  des  Farbschreibers  aus.  Dass  der 
Ruhestrom  für  wichtige  oder  auch  nur  zu  gewissen  Stunden 
lebhaft  telegraphierende  Orte  ausgeschlossen  sein  muss,  leuchtet 
sofort  ein.  Denn  solange  ein  einziges  Amt  im  Ruhestromkreise 
giebt,  können  die  anderen  dessen  Nachricht  wohl  aufnehmen, 
sind  aber  selbst  zum  Schweigen  verurteilt.  Sie  geben  natürlich 
nur  Acht  und  lassen  ihren  Papierstreifen  nur  laufen,  wenn  der 
klappernde  Schreibhebel  das  wohlbekannte  Zeichen  ihres  abge- 
kürzten Ortsnamens  ruft.  Besonders  wird  sich  auch  der  Ruhe- 
strom eignen,  um  gleichlautende  Mitteilungen  an  eine  ganze 
Amterreihe  zu  übermitteln,  wie  sie,  um  nur  ein  wichtiges  Beispiel 
zu  nennen,  in  der  Eisenbahntelegraphie  notwendig  sind. 


Fit;.  204.     Ruhestromschaltung. 
Durch  die  VeremigiiHB  der  Batterie  auf  I  im  verwendbar. 

Auf  welchem  Amte  des  Ruhestromkreises  soll  nun  die 
Batterie  aufgestellt  werden?  Man  möchte  meinen,  auf  jedem, 
das  man  aus  irgend  einem  Nebengrunde  bevorzugt,  also  etwa 
auf  einem  der  beiden  Endämter,  so  dass  diese  Schaltung  (Fig.  204) 

1)  Der  Vergleich    mit    der   Eisenbahn    Blimint    etwas    besser,    wem  beide  Arten 

von   Zogen    auf   getrennlen  Gleisen    fahren,    etwa   so,    wie   es    für   den  elektrischen 

Schnellverkehr    der   Zukunft    notwendig    sein    wird,    oder    wie    luni    Teil  im    Berliner 
Vorort,  und  Fernverkehr. 


D,„i,.,db,Google 


318  Morsebetrieb. 

ZU  Stande  käme,  in  der  Amt  I  die  Batterie  erhalten  hat. 
Diese  Anordnung  ist  aber  wegen  der  unvermeidlichen  Isolations- 
fehler der  Leitung  in  Wirklichkeit  nicht  zu  brauchen.  Bei  der 
Einführung  des  Relais  wurde  des  Längeren  besprochen,  dass 
an  jeder  Porzellanglocke  über  die  Telegraphenstange  ein  kleiner 
Zweigstrom  zur  Erde  filhrt.  Jeder  der  Aufhängungspunkte  der 
ganzen  Telegraphen  leitung  thut  dasselbe,  wie  auf  den  beiden 
Endämtern  der  Ruhestromreihe  die  Taste.  Jeder  schliesst  den 
Stromkreis  zur  Erde.  Allerdings  thut  er  es  nur  im  Kleinen, 
über  einen  sehr  grossen  Widerstand.  Aber  Stange  auf  Stange 
fliesst  ein  neuer  Schmarotzerstrom  zur  Erde,  und  die  Gesamt- 
heit der  Ströme  schwillt  schon  zwischen  zwei  Ämtern  zu  — 
telegraphisch  gesprochen  —  betrachtlicher  Grösse  an.  Lassen 
Sie  uns  sehen,  wie  der  Schmarotzerstrom  die  vorgeschlagene 
Batterieanordnung  (Fig.  204)  unmöglich  macht.  Auf  Amt  U 
werde  die  Taste  gesenkt.  Dann  wird  auf  dem  zwischen  ihm 
und  Amt  I  liegenden  Stück  der  Leitung  zwar  der  Hauptteil 
des  Ruhestromes  unterbrochen,  aber  nicht  der  ganze.  Denn 
trotz  des  Tastendruckes  in  II  behalten  sämtliche  Porzellanglocken 
der  Strecke  I/II  ihren  Erdschluss  bei.  Die  Stangenzweigströme 
dieser  Strecke  fliessen  in  ihrer  Gesamtheit  durch  die  Farb- 
schreiberspulen von  I.  Doch  sind  sie  normaler  Weise  nicht 
mehr  stark  genug,  den  Anker  gegen  den  Zug  der  Feder  an- 
gezogen zu  halten,  und  der  Hebel  schreibt  noch  zur  Zufrieden- 
heit. Senkt  nun  statt  des  Amtes  II  erst  Amt  III  seine  Taste, 
so  wird  die  Zahl  der  Ableitungsströme  und  die  Grösse  des 
schädlichen  Stromes  verdoppelt,  wenn  man  zur  Vereinfachung 
die  Ämter  von  einander  gleich  weit  entfernt  annimmt.  Je 
weiter  das  gebende  von  dem  Batterieamt  entfernt  ist,  einen 
umso  grösseren  Anteil  an  dem  Ruhestrome  erlangt  die  Gesamt- 
heit der  Stangenströme,  zumal  bei  Nebel  und  Regen.  Die 
Entfernung  ist  bald  erreicht,  bei  der  das  Arbeiten  der  Taste  auf 
dem  gebenden  Amte  den  Anker  auf  dem  empfangenden  nicht 
mehr  genügend  beeinflusst.  Er  bleibt  ruhig  angezogen  oder  wird 
höchstens  träge  und  unzuverlässig  abgerissen.  Daraus  folgt 
zweierlei:  für  den  Betrieb,  dass  der  Ruhestrom  nur  fljr  ver- 
hältnismässig kurze  Leitungen  geeignet  ist,  und  für  das  Ver- 
ständnis, dass  der  Ruhe-  im  Gegensatz  zum  Arbeitsstrombetrieb 
nicht,  wie  bisher  angenommen  wurde,  mit  einem  umschichtigen 


DigitizsdbyGOOgle 


Morsebetrieb.  319 

Wechsel  von  Stromschlüssen  und  -Unterbrechungen,  sondern 
thatsächlich  mit  StromdifFerenzen  arbeitet.  Die  Morsezeichen 
kommen  nicht  bei  wirklicher  Stromunterbrechung,  bei  J  =  0, 
sondern  nur  bei  einem  gegen  den  derRuhe  erheblich  geschwächten 
Strom. 

Diese  StromdifFerenzen  unter  allen  Umständen  genügend 
gross  zu  machen,  muss  unsere  Ruhestromschaltung  abgeändert 
werden.  Dazu  dient  der  einfache  Kunstgriff,  die  Zellen  der 
Batterie  nicht  gemeinsam  auf  einem  Amte  aufzustellen,  sondern 
über  die  ganze  Ämterreihe  zu  verteilen.  Sie  wird  in  so  viele 
Teile  zerlegt,  als  Ämter  zum  Ruhestromkreis  vereinigt  werden 
sollen.    Jedes  Amt   erhält  seinen  Batterieanteil  (Fig.  205)  und 


3L-.£^,__J^j-d_,i_Jvl^i-31^i_ 


Fig.  205.     Riihestromschaltung.     BHllerie  auf  die  ganie  Ämlerrcihe  verteilt. 

trägt  mit  zur  Lieferung  des  gesamten  Stromes  bei.  Durch  die 
Batterieverteilung  verlieren  die  Isolationsfehler  ihren  Einfluss 
alif  die  Wirkungen  der  gebenden  Taste,  wie  folgendes  Beispiel 
zeigt.  Amt  V  gebe  nach  I.  Von  den  Zellen  auf  V  und  VI 
kommt  dann  sicherlich  keine  Spur  eines  Stromes  nach  I.  Aber 
auch  die  Teilbatterien  II,  III  und  IV  geben  einen  kleineren 
Nebenschlussstrom  her,  als  wenn  sie  auf  I  vereinigt  wären. 
Denn  Batterieteil  IV  hat  schädhchen  Erdschluss  nur  auf  der 
Strecke  IV/V,  III  nur  auf  III  V,  U  nur  auf  U/V.  Die  Zweck- 
mässigkeit der  Batterieverteilung  leuchtet  schon  hieraus  ein.  Die 
Vorschrift  ist,  jedem  Endamt  zehn  Zellen  zu  geben  und  die 
übrigen  auf  die  anderen  Ämter  ungefähr  nach  deren  Entfernung 
zu  verteilen.  Kleinere  Ämter  können  auch  zur  Not  ganz  ohne 
Batterie  bleiben.  Die  filr  sie  bestimmten  Zellen  gehen  an  die 
Nachbarämter.     Das    kann    auf  dem  Lande   von  Vorteil    sein, 


„Google 


320  Morsebetrieb. 

dort,  WO  der  geringe  Verkehr  die  Anstellung  eines  vollständig 
ausgebildeten  Beamten  nicht  lohnt  und  der  Telegraphendienst 
nur  im  Nebenamt  versehen  wird.  Denn  eine  Batterie  verlangt 
sorgsame  Bedienung.  Ähnliches  gilt  auch  von  provisorischen 
Ämtern,  zum  Beispiel  im  Felde.  Doch  wird  in  diesen  Fällen 
die  Verwendung  des  Fernsprechers  immer  allgemeiner. 

Besonders  ist  natürlich  darauf  zu  achten,  dass  die  einzelnen 
Teilbatterien  einer  Ruhestromleitung  richtig  hintereinander 
geschaltet  werden,  damit  sie  sich  in  ihrer  Wirkung  unterstützen 
und  nicht  etwa  teilweise  aufheben.  Die  Befolgung  einer  sehr 
zweckmässigen  amtlichen  Regel  schliesst  falsche  Schaltung  aus: 
Aul  dem  westlichen  Endamt  wird  die  positive-,  die  Kupferklemme 
der  Teilbatterie,  auf  dem  östlichen  Endamt  die  negative-,  die 
Zinkklemme  an  Erde  gelegt.  Auf  den  Zwischenämtem  bekommt 
die  nach  dem  Westamt  führende  Leitung  die  positive  Klemme, 
die  nach  dem  Ostamt  führende  die  negative.  Von  der  Ent- 
fernung der  Amter  in  der  Nordsüdrichtung  abgesehen,  bewegt 
sich  dann  der  Ruhestrom  in  der  Oberleitung,  über  Tag,  von 
Osten  nach  Westen,  ebenso  wie  scheinbar  die  Sonne.  In  der 
Erde  können  Sie  sich  Strom  von  Westen  nach  Osten,  in  der 
Richtung  der  Erddrehung,  zurückfliessend  vorstellen. 

Hier  (Fig.  206)  ist  als  Beispiel  die  Ruhestromlinie  auf- 
gezeichnet, die  von  Fulda  über  Meiningen  nach  Gotha  und 
Erfurt  führt.  Im  Ganzen  sind,  wie  Sie  zählen,  sechzehn  Ämter 
zu  dem  einen  Ruhestromkreise  vereinigt.  Das  ist  eine  ziemlich 
grosse  Zahl.  Gewöhnlich  soll  man  nicht  über  zehn  hinausgehen. 
Dafür  ist  aber  Meiningen  Trennami,  so  dass  das  Ganze  in  zwei 
getrennte  Ruhestromkreise  —  einen  westlichen:  Fulda-Meiningen 
von  acht  Ämtern  und  einen  östlichen:  Meiningen -Erfurt  von 
neunen  —  zerlegt  werden  kann.  In  Erfurt  liegt  die  Zink-,  in 
Fulda  die  Kupferklemme  an  Erde.  Beim  Trennen  in  zwei 
Kreise  wird  in  Meiningen  für  den  westlichen  Kreis  Minus,  für 
den  östlichen  Plus  geerdet.  Beide  Kreise  können  getrennt  von 
einander  und,  ohne  sich  zu  stören,  geben.  Man  sieht,  wie  es 
die  Einführung  einer  Trennstelle  der  Ruhestromleitung  erleichtert, 
sich  durch  Teilung  dem  augenblicklichen  Verkehrsbedürfnisse 
anzupassen.  Von  den  Orten  mit  den  Nummern  3,  4,  5,  12 
gehen  übrigens  seitwärts  noch  kurze  Fernsprechleitungen  ab, 
mit  denen  Telegramme  befördert  werden. 


DigitizsdbvGOOgle 


Auf  meine  Anfrage  in  Meiningen  wird  mir  freundlichst 
mitgeteilt,  dass  die  Ruhestromleitung,  welche  künftig  dieselbe 
Nummer  trägt,  wie  die  geschilderte  bisher,  in  drei  Trennkreisen 
folgenden  Lauf  nimmt:  (vgl.  Fig.  207,  in  der  die  Zwischenämter 
nur  mit  Zifiem  bezeichnet  sind)  Erfurt,  Neudietendorf,  Arnstadt, 
Flaue,  Gräfenroda,  Oberhof,  Zella-St.  Blasii,  Suhl,  Grimmenthal, 

£r/urf 


Fulda 


m ' 

Mtintngfrt. 


Fig.  206.     Ruhesiromkreis  Erfurt/Fulda.     (Alte  Anordnung.) 
Batterien  der  ZwischenSniter  nicht  gezeichnet. 


b 


Nach  der  Allg.   Diei 


Meiningen  (Trennstelle),  Geisa,  Hünfeld,  Fulda  (Trennstelle), 
Grosslüder,  Salxschlirf,  Lauterbach,  Herbstein,  Ulrichstein, 
Giessen.  Im  ganzen  sind  demnach  neunzehn  Ämter  zu  einem 
Ruhestromkreise  vereinigt,  der  in  drei  kleinere  zu  zehn,  vier 
und  sieben  Ämter  getrennt  werden  kann. 

Es  mag  noch  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  dass 
hinter  einander  in  denselben  Ruhestromkreis  soviel  Paare  von 
Morse-  und  Relaisspulen,  als  Ämter,  eingeschaltet  sind,  wahrend 
in  einem  Arbeitsstromkreise  gleichzeitig  nur  ein  Spulenpaar 
liegt.  Dasselbe  ist  mit  der  Wicklung  der  Galvanoskope  der 
Fall.     Die  Selbstinduktion  eines  Ruhestromkreises  ist  demnach 


DigitizsdbyGOO'^le 


322  Morsebetrieb. 

sehr  viel  grösser  und  mit  ihr  der  Öffnungsfunke  am  Ruhe- 
contakt  der  gebenden  Taste.  Deshalb  sind  (vgl.  S.  257)  an  der 
Taste  nur  die  Stifte  des  Ruhecontaktes,  nicht  die  des  Arbeits- 
contaktes  platiniert. 


Fig.  206.     Ruhcstromlinie  Erfurt/Gi 


Die  Zweiteilung  des  Morsebetriebes  in  den  mit  Arbeits- 
und den  mit  Ruhestrom  schien  mir  wichtig  genug,  um  die 
Hauptpunkte  in  dieser  Tabelle  zusammen  zu  stellen: 

Vergleich  der  Betriebseigenschaften  von 
Arbeitsstrom  und  Ruhestrom. 


Ein  Amterpaar  mit  grossem 
Verkehr. 

Ein  Amt  giebt,  das  andere 
empfängt- 

Während  des  Tastendrucks 
Stromfluss. 


Daher  nützlich  verbrauchte 
Menge  galvanischen  Materiales 
der  Einnahme  so  gut  wie  pro- 
portional. 

Je  eine  ftir  die  Entfernung 
beider  Ämter  abgegUchene 
Batterie  auf  jedem  Amt. 


Ganzer  Amterkreis  für  den 
Kleinverkehr. 

Ein  Amt  giebt,  alle  können 
empfangen. 

Wahrend  des  Tastendrucks 
Stromunterbrechung    oder 
wenigstens       starke       Stroni- 
schwächung. 

Verschwendung    galvani- 
schen Materiales. 


Für  den  ganzen  Kreis  ab- 
geglichene Batterie  auf  die 
Amter  verteilt.  Kleine  und 
provisorische  Ämter  ohne 
Batterie. 


D,ü,i,z.db,Cooglc 


Morsebetrieb.  323 

Anhangsweise  muss  hier  der  amerikanische  Ruhestrom 
kurz  erwähnt  werden.  Bei  ihm  liegen,  wie  bei  unserem  Ruhe- 
strom, eine  Reihe  von  Ämtern  —  Klopfer  und  Klopfertasten  —  in 
einem  Stromkreise.  Die  Tasten  haben  aber  ihren  Arbeitscontakt 
eingeschaltet,  dessen  Luftspalt  durch  einen  Hilfshebel  überbrückt 
ist  (Fig.  164  auf  S.  262).  Das  gebende  Amt  klappt  diesen 
Hilfshebel  nach  rechts  {Fig.  163),  unterbricht  damit  den  Ruhe- 
strom und  giebt  nun  allen  eingeschalteten  Ämtern,  also  auch 
dem  gewünschten,  mit  Arbeitsstrom.  Würde  statt  des  Klopfers 
ein  Farbschreiber  verwandt,  so  bliebe  der  auf  Arbeitsstrom 
eingestellt.  Sein  Farbrad  läge  dann  im  Ruhezustande  gegen 
das  Fapierband  und  bei  ausgelöstem  Uhrwerk  entstände  ein 
ununterbrochener  Strich.  Kurz,  in  der  Ruhe  fliesst  Strom  und 
trotzdem  kommen  die  Zeichen  unter  Strom,  die  Zwischenräume 
unter  Stromunterbrechung. 

Morseschaltungen  giebt  es  in  ziemlich  grosser  Zahl. 
Ihre  Besprechung  kann  sich  trotzdem  auf  die  kleine  Auswahl 
von  sieben  beschränken.  Die  übrigen  ergeben  sich  danach  von 
selbst  oder  mögen  andern  Quellen  entnommen  werden.  Über 
die  zum  Verständnis  notwendigen  Schaltungsskizzen  ist  zu 
sagen,  dass  sie  nicht  in  der  früher  geübten  Weise  (wie  zum 
Beispiel  Fig.  203  auf  S.  314)  gezeichnet  sind,  sondern  stets  nur 
die  Apparate  eines  Amtes  und  zwar  möglichst  so  wiedergeben, 
wie  sie  auf  der  Platte  eines  Apparatetisches  stehen.  Die  Draht- 
verbindungen sind  dabei  oben  auf  die  Platte  verlegt,  überhaupt 
die  thatsächlichen  Verhaltnisse  so  abgeändert,  wie  es  zu  einem 
leichteren  Verständnisse')  wünschenswert  schien. 

Allgemein  ist  über  die  Schaltungsskizzen  noch  folgendes 
zu  sagen:  Die  in  der  Mitte  der  hinteren  Tischkante  befindlichen 
Tischklemmen  werden  von  links  nach  rechts  gezählt.  Es  folgen 
sich  so  die  Klemmen  für  Erde,  Leitungen  und  Batterien.  Dabei 
führt  Klemme  1  immer  zur  Erde.^  Klemme  2  trägt  die  Leitung  L 

■)  Zur  EinObung  ist  der  wiederholte  Versuch  nützlich,  die  Schaltungen  unter 
stetem  Augenmerk  auf  ihren  Zweck  aus  dem  Kopfe  aufzuzeichnen,  wozu  Eisen-  und 
Straasenbahnfahrten  sehr  geeignet  sind.  Auch  ist  es  zweckmässig,  die  Anordnung 
auf  dem  Apparatelische  in  die  frohere  Da rstellungs weise  mit  zwei  oder  mehr  Ämtern 
zu  übertragen. 

^  Der  Blitzableiter  ist  der  Einfachheit  halber  in  manchen  Skizzen,  seine 
Erdung  Oberall  fortgelassen. 

21* 


Digitizsdb^COO'^le 


324  Moreebetrieb. 

oder  bei  Trenn-  und  ÜbertragungssteUen  die  Leitung  -L,, 
Klemme  3  dann  L^.  Bei  mehreren  Batterien  speist  die  linke 
Batterie  —  als  Linienbatterie  LB  —  die  Leitimg  L,  die  rechte  — 
als  Ortsbatterie  OB  —  den  Ortsstromkreis,  oder  £,  speist  die 
erste  Leitung  i,  und  B^  die  zweite  L^.  Die  übrigen  Wort-  oder 
Zeichnungsabkürzungen  ergeben  sich  von  selbst. 

Bei  Arbeitsstromschaltungen  liegt  grundsatzlich  (Fig.  208) 
die  speisende  Batterie  an  der  Arbeitsschiene  der  Taste,  die 
Leitung  über  Galvanoskop  und  Blitzableiter  an  der  Mittelschiene 


-Intung-f 


^ 


Liitu."ei  od" 


Arbeits-  und  Ruhestrombetrieb. 

und  der  über  den  Blitzableiter  geerdete  Morse  an  der  Ruhe- 
schiene. Bei  Ruhestromschaltungen  (Fig.  209)  —  und  hieran 
sind  sie  sofort  als  solche  zu  erkennen  —  ist  die  Arbeitsschiene 
frei.  Die  Mittelschiene  führt  über  Galvanoskop  und  Blitzableiter, 
zwischen  denen  gewöhnlich  die  Batterie  liegt,  zur  Leitung  L. 
An  der  Ruheschiene  liegt  der  Farbschreiber,  dessen  zweite 
Klemme  über  den  Blitzableiter  beim  Zwischenamt  zur  zweiten 
Leitung  oder  beim  Endamt  zur  Erde  führt. 

Die  einfache  Arbeitsstromschaltimg  (Fig.  210)  kennen  Sie 
schon  von  früher  her  (Fig.  203  auf  S.  314).  Beim  Geben  durch- 
lauft der  negative  Strom  folgende  Schaltungselemente:  Negative 
Klemme  der  Batterie  B  —  Tischklemme  4  —  Arbeitsschiene. 
Hebel  und  Ruheschiene  der  gedrückten  Taste  —  Galvanoskop  — 
linke  Blitzableiterplatte  —  Tischklemme  2  —  Leitung  L  — 


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Morsebetrieb.  325 

Negative  Klemme  —  Inneres  und  positive  Klemme  der 
Batterie  B  —  Tischklemmen  3  und  1  —  Erde.  —  In  das 
empfangende  Amt  tritt  der  negative  Strom  von  der  Leitung  L 
durch  Tischklemme  2  ein  und  läuft  dann  Ober:  linke  Blitzableiter- 
platte —  Galvanoskop  —  Hebel  und  Ruheschiene  der  Taste  — 
Farbschreiber  zur  Erde.  Der  auf  Arbeitsstrom  eingestellte 
Farbschreiber  schreibt. 


Fig.  210.     Einfachste  Arbeilsstrom Schaltung. 

Die  Schaltung  geht,  sobald  ein  Relais  notwendig  wird,  in 
No.  2  über.  (Fig.  211  auf  Tafel  I)  Die  Batterie  li  wird  zur 
Linienbatterie  LB.  Beim  Geben  bleibt  alles  unverändert.  Der 
ankommende  Strom  fliesst  auch  wie  vorher  von  der  Leitung  L 
über  die  Tischklemme  2,  den  Blitzableiter,  das  Galvanoskop 
und  die  Taste,  dann  aber  durch  die  Wicklung  des  Relais,  statt 
die  des  Farbschreibers  zur  Erde.  In  Folge  dessen  wird  der 
Relaishebel  zum  Arbeitskontakt  (IIa  in  Fig.  178  auf  S.  280) 
geführt  und  schliesst  den  rot  gezeichneten  Ortsstromkreis.  Da- 
mit fliesst  der  Strom  der  Ortsbatterie  OB  von  ihrer  positiven 
Klemme  über  die  Tischklemme  6  —  den  Farbschreiber  —  den 


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326  Morsebetricb. 

Arbeitskontakt  und  den  angezogenen  Hebel  des  Relais  —  die 
Tischklemme  5  —  die  negative  Klemme  und  das  Innere  der 
Ortsbatterie  OB  zu  ihrer  positiven  Klemme  zurück. 

Schaltung  No.  3  (Fig.  212  auf  Tafel  I)  ist  die  einer  Trenn- 
stelle. Sie  erinnern  sich  an  den  Zweck  einer  solchen  (vergl. 
S.  313)  und  auch  an  das,  was  über  die  Anwendung  von  Aus- 
gleichswiderstanden (S.  272  u.  f.)  gesagt  worden  ist.  Es  ist 
angenommen,  dass  die  ganze  Leitung  durch  die  Trennstelle  im 
Verhältnis  L^:  L^,  hier  wie  zwei  zu  drei  geteilt  wird.  W,  ist 
etwa  so  gross,  wie  der  Widerstand  von  L, ,  W^  wie  der  von  L„. 
Von  Bj  sind  zwei  Drittel  der  Zellen  zu  B,  abgezweigt.  Es 
gilt  die  Gleichung 

Z,,  :  ij  =   W,:  R;  =  B,:B^  =  2:3. 

(Ohm   oder  km)  lOhm)  IVolU 


Die  Veränderung  von  Trennung  auf  Durchgang  und  um- 
gekehrt wird  durch  Umschalter  VII  der  Postbenennung  besorgt. 
Der  Stöpsel  stellt  in  Schiene  1  oder  3  die  Schaltung  auf  Durch- 
gang, in  Schiene  2  auf  Trennung. 

Durchgang  (Stöpsel  in  Schiene  1):  Ein  von  der  Leitung  i, 
ankommender  Strom  fliesst  auf  blau  gezeichnetem  Wege  durch 
die  Tischklemme  2  —  das  Galvanoskop  G,  —  den  Hebel  und 
die  Ruheschiene  der  Taste  T^  —  den  schreibenden  Färb  - 
Schreiber  JM,  —  die  gestöpselte  Umschalterschiene  1  —  und 
von  jetzt  an  auf  rotgezeichnetem  Wege  über  die  Taste  T,  — 
das  Galvanoskop  G^  und  die  Tischklemme  3  in  die  Leitung  L,  — 
Bei  Stöpselung  von  Umschalterschiene  3  steht  die  Schaltung 
ebenfalls  auf  Durchgang.     Dann  schreibt  aber  M^. 

Trennung  (Stöpsel  in  Schiene  2):  Rechts  die  Taste  T^ 
giebt  über  L^,  die  längere  von  beiden  Leitungen,  mit  der  ganzen 
Batterie  B^.  Der  Strom  nimmt  folgenden  rot  gezeichneten 
Weg:  Negative  Klemme  von  B,  —  Tischklemme  6  —  Arbeits- 
schiene und  Hebel  der  gedrückten  Taste  T^  —  Galvanoskop  Gj  — 
Tischklemme  3  —  Leitung  i,  —  Negative  Klemme,  Inneres 
und  positive  Klemme  von  B^  —  Tischklemme  4  und  1  —  Erde. 

Ein  von  L^  ankommender  Strom  (rot)  fliesst  über  Tisch - 
klemme  3  —  Galvanoskop  G^  —  ruhende  Taste  T^  —  schreibenden 


DigitizsdbyGOO'^le 


Morsebetrieb.  327 

Farbschreiber  M^  —  obere  Hälfte  der  Umschalterschiene  3  — 
Ausgleichswiderstand  W,  {^L,),  gestöpselte  Umschalterschiene  2 

—  Tischklemme  1  —  Erde.  Ebenso  kann  bei  derselben 
Stöpselung  —  von  Schiene  2  —  der  Farbschreiber  Jtf,  von  Z, 
unter  Einschaltung  von  W^  (=  L^)  auf  blau  gezeichnetem  Wege 
empfangen  mid  jT,  mit  dem  Batterieteile  i,  über  den  blau 
gezeichneten  Stromweg  nach  i,  geben. 

Zur  Übertragung  mit  Relais  ganz  im  Sinne  des  früher 
gesagten  (S.  294  und  295)  dient  Schaltung  No.  4  (Fig.  213  auf 
Tafel  I).  R,  und  R^  seien  dabei  zwei  grosse  Hughesrelais,  auf 
Anziehung  eingestellt.  Wie  bei  der  vorigen  Schaltung  verhalten 
sich  die  Widerstände  der  Leitungen  i,  und  L^  und  die  Zellen- 
zahlen der  Batterien  .B,  und  B^  wie  zwei  zu  drei.  Ein  von  der 
Leitung  X,  kommenden  Strom  legt  folgenden  blau  gezeichneten 
Weg  zurück:  Tischklemme  2  —  Blitzableiter  —  Galvanoskop  G,  — 
Zunge  und  Ruhekontakt  von  Relais  R^  —  Wicklung  von 
Relais  Äj  —  Tischklemme  I  —  Erde.  Dadurch  schliesst  R^  den 
rot  gezeichneten  Stromkreis:  Negative  Klemme  der  roten 
Batterie  Bj  —  Tischklemme  6  —  Arbeitskontakt  und  Zunge  von  B^ 

—  Galvanoskop  G^  —  Blitzableiter  —  Tischklemme  3  — 
Leitung  £j.  —  Es  wird  demnach  ohne  Zuthun  des  Übertragungs- 
amtes von  £,  nach  L^  übertragen.  Die  umgekehrte  Übertragung 
von  £j  nach  i,  ergiebt  sich  von  selbst. 

Dass  auch  Telegraphenschaltungen  leidUch  verwickelt  sein 
können,  sehen  Sie  aus  dieser  hier  (Fig.  214  auf  Tafel  I).  Die 
Schaltung  dient  zur  Übertragung  durch  Farbschreiber  in  der 
Weise,  wie  sie  früher  (S,  295  unten)  geschildert  wurde.  Gleich- 
zeitig verändert  aber  die  Verstellung  der  Kurbeln  der  beiden 
Umschalter  (No.  V)  nach  links  die  Übertragungs-  in  eine 
Trennstelle,  so  dass  getrennt  von  beiden  Seiten  empfangen 
oder  nach  beiden  Seiten  gegeben  werden  kann.  Zunächst  sollen 
die  Kurbeln  der  beiden  Umschalter  nach  rechts,  auf  Üb,  das 
heisst  in  die  Übertragungsstellung,  herübergeklappt  sein.  Es 
komme  ein  Telegraphierstrom  über  die  blaue  Leitung  Z-,  und 
nehme  folgenden  blau  gezeichneten  Verlauf:  Tischklemme  2  — 
Galvanoskop  G,  —  Üb  des  linken  Umschalters  —  Schreibhebel 
und  Ruhekontakt  von  M^  —  Ruhekontakt  von  T,  —  Wicklung 
von  M,  —  Tischklemme  l  —  Erde.  Dadurch  schreibt  Jtf,  und 
schliesst    dabei    den    rot    gezeichneten    Stromkreis:    negative 


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328  Mor^bctri^b. 

Klemme,  Inneres  und  positive  Klemme  von  Bj  —  TischkJemme  7 
—  Arbeitskontakt  und  Hebel  des  schreibenden  M^  —  Üb  des 
rechten  Umschalters  —  Galvanoskop  G^  —  Tischklemme  3  — 
Leitung  Lj.  —  Negative  Klemme  von  B^  —  Tischklemmen  6 
und  1  —  Erde. 

Die    Übertragung   von    L,    nach   £,    erfolgt  entsprechend. 

Denken  Sie  sich  nun,  wie  in  Skizze  V  (Fig.  214)  gezeichnet, 
die  Kurbeln  der  beiden  Umschalter  nach  links  auf  Trennung  JV 
gestellt.  Dann  fliesst  ein  von  der  Leitung  L^  kommender 
Strom  auf  rot  gezeichnetem  Wege  durch  Tischklemme  3  — 
Galvanoskop  G^  —  Tr  des  rechten  Umschalters  —  Mittelschiene, 
Hebel  und  Ruheschiene  von  Taste  T^  —  Spulen  des  Farb- 
schreibers M^  —  Tischklemme  1  in  die  Erde.  M^  schreibt; 
aber,  da  der  blau  gezeichnete  Stromkreis  durch  Cb  des  linken 
Umschalters  unterbrochen  ist,  überträgt  er  jetzt  nicht  nach  L,.  — 
Ein  Strom  von  L^  macht  ebenso  Jlf,  schreiben,  wird  aber  nicht 
nach  ij  übertragen.  —  Der  Druck  auf  die  Taste  T^  schickt 
nach  L^  einen  Strom  auf  dem  rot  gezeichneten  Wege:  positive 


Fig.  215.     Ruhestrom- Endstelle. 


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Morsel«trieb.  329 

Klemme  von  B^  —  Tischklemme  7  —  Arbeitsschiene,  Hebel, 
Mittelschiene  der  gedrückten  Taste  T^  —  2V  des  rechten  Um- 
schalters —  Galvanoskop  G,  —  Tischklemme  3.  —  Positive 
Klemme,  Inneres  und  negative  Klemme  von  B^  —  Tischklemmen  6 
und  1  —  Erde.  —  Ebenso  arbeitet  T^  mit  der  blau  gezeichneten 
Leitung  /»,, 

Die  nächste  Skizze  VI  (Fig.  215)  stellt,-  wie  Sie  sofort  an 
der  freien  Arbeitsschiene  erkennen,  eine  Ruhestromschaltung 
dar.  Der  von  Osten  —  d.  h.  von  einem  jedenfalls  etwas  öst- 
licher gelegenen  Amte  —  kommende  Ruhestrom  fliesst  über 
die  Tischklemmen  2  und  3  durch  die  Teilbatterie  B  —  Tisch- 
klemme 4  —  Galvanoskop  —  Mittelschiene,  Hebel  und  Ruhe- 
schiene der  ruhenden  Taste  —  Farbschreiber  und  Tischklerame  1 
zur  Erde.  Wird  der  Strom  unterbrochen,  so  schreibt  der  auf 
Ruhestrom  eingestellte  Farbschreiber  gerade  so,  wie  seine 
Kollegen  auf  allen  andern  Ämtern  des  Kreises.  Die  gleiche 
Wirkung  hat  ein  Druck  auf  die  Taste  unseres  Amtes.  Aus  der 
Batterieschaltung  ergiebt  sich,  dass  das  Amt  am  westlichen  Ende 
eines  Ruhestromkreises  (wie  Giessen  in  Fig.  207)  liegt.  Lassen 
Sie  in  Skizze  VI  den  Strom  aus  dem  Farbschreiber  nicht  zur 
Erde,  sondern  in  eine  weiter  westlich  führende  Leitung  ij 
fliessen,  so  wird  aus  der  Schaltung  für  eine  End-  die  einer 
Zwischenstelle.')  —  Auch  die  als  möglich  angegebene  Fort- 
lassung der  Batterie  kann  man  sich  ohne  weitere  Skizze  vor- 
stellen. 

Als  letzte  der  Morseschaltungen  sei  Ihnen  mit  Skizze  VII 
(Fig.  216)  eine  Trennstelle  vorgeführt,  wie  sie  ämterreiche  Ruhe- 
stromkreise zur  besseren  Ausnutzung  erhalten.  Der  grosse 
Ruhestromkreis  Erfurt-Giessen  wird,  wie  beschrieben,  in  drei 
kleinere:  Erfurt-Meiningen,  Meiningen-Fulda  und  Fulda-Giessen 
zerlegt.  Dazu  giebt  man  Meiningen  und  Fulda  die  Anordnung 
der  Skizze  VII.  Sobald  der  Stöpsel  des  Umschalters  VI  in  dem 
mit  Tr  bezeichneten  Loche  steckt,  steht  die  Schaltung  auf 
Trennung.  In  Meiningen  fliesst  dann  der  von  £j,  dass  heisst 
aus  den  Teil-Batterien  von  Erfurt  und  den  zwischen  liegenden 
Amtern  kommende  Strom  auf  folgendem  Wege  zur  Erde :  Tisch- 
klemmen 3    und   6   —   Teil-Batterie  B„  —  Tischklemme  7  — 

1)  Freilich  ist  dabei  eine  Ktemmenver^chiebung  notwendig,  weil  Kkmmc  1  (Dr 
die  Blitzableitererdung  belegt  bleibt. 


D,„i,.,db,Google 


330  Morsebelrieb. 

Galvanoskop  Gj  —  Umschalter  —  Mittelschiene,  Hebel,  Ruhe- 
schiene der  Taste  T,  —  Farbschreiber  Sf,  —  Umschalter 
(Stöpsel  Tr)  —  Tischklemme  1  —  Erde.  Unterbrechung  durch 
die  Taste  irgend  eines  der  eingeschalteten  Ämter,  auch  durch 
T,  —  lässt  alle  Farbschreiber  schreiben. 


W- 


Fig.  216.      Ruhcslrom-TrEiinstdli 


Wird  der  Stöpsel  in  eins  der  beiden  Umschalterlöcher  1  oder  2 
gesteckt,  so  wird  der  grosse  Stromkreis  wiederhergestellt,  und 
zwar  ist  mit  1  der  linke  Farbschreiber  3fj  und  die  linke  Taste  T^ 
eingeschaltet.  Der  von  L^  kommende  negative  Strom  durchfliesst 
dann:  Tbchklemme  2  und  5  —  Teil-Batterie  li,  —  Tischklemme  4 

—  Galvanoskop  G,  — Umschalter  —  Taste  T,  —  Farbschreiber  J/, 

—  Umschalter  (Stöpsel  1),  der  Weg  über  M^  und  T^  ist  kurz- 
geschlossen. —  Galvanoskop  G„  ~  Tischklemme  7  —  Teil- 
Batterie  B,  —  Tischklemmen  6  und  3  —  -^j-  —  Ebenso  schaltet 
der  in  das  linke  Umschalterloch  (2)  gesteckte  Stöpsel  Farb- 
schreiber J/,  und  Taste  T^  in  den  grossen  Ruhestromkreis  ein. 


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D,„i,.,db,Google 


D,„i,.,db,Googlc 


Morseschnellbelrieb. 


Morseschnellbetrieb. 


Zum  Schlüsse  bleibt  uns  eine  kurze  Betrachtung  der 
automatischen  Zeichengebung  und  des  Schnelltele- 
graphen von  Poilak  und  Viräg  in  seiner  älteren  Form. 
Beide  können  unter  der  Überschrift  Morseschnellbetrieb  zu- 
sammengefasst  und  der  heutigen  Vorlesung  angegliedert  werden. 
Zwar  handelt  es  sich  in  beiden  Fällen  eher  um  neue  Formen 
des  Morseapparates,  als  um  neue  Betriebsweisen;  doch  bleibt 
der  Schnellbetrieb  an  ihnen  das  Wesentliche, 

Wir  suchen  also  nach  Mitteln,  dem  Morse  die  Betriebs- 
geschwindigkeit zu  erhöhen.  Ein  solches  kennen  wir  schon  in 
der  Umwandlung  des  Farbschreibers  in  den  Klopfer.  Seinem 
Diktate  folgend,  kann  man  eben  die  Morsesprache  schneller  in 
die  gewöhnliche-  übersetzen,  als  beim  Lesen  der  geschriebenen 
Zeichen.  Mit  dem  schnelleren  Aufnehmen  wird  ein  schnelleres 
Geben  möglich. 

Es  lassen  sich  nun  auf  anderem,  automatischem,  maschinellem 
Wege  die  Morsezeichen  ausserordentlich  viel  schneller  über 
den  Draht  jagen  und  mit  einem  dazu  geeigneten  Farbschreiber 
aufnehmen,  sobald  man  sich  damit  einverstanden  erklärt,  eine 
grosse  Zahl  von  Telegrammen  zum  automatischen  Geben  vor- 
bereiten und  die  Übersetzung  nicht  gleichzeitig  mit  der  Aufnahme 
und  nicht  von  einem  einzigen  Beamten  besorgen  zu  lassen. 

Bei  diesen  Morsesystemen  mit  automatischer  Zeichengebung, 
von  denen  eins  unter  dem  Namen  des  Wheatstoneschen  in 
England  für  die  verkehrsreichen  Linien  im  Lande  besonders 
beliebt  ist,  benutzt  man  —  von  Zwischenfragen  und  dergleichen 
abgesehen  —  keine  Taste.  Vielmehr  schlägt  man  mit  Hilfe 
eines  Lochers  die  Morsezeichen  in  zweckmässiger  Form  in  ein 
Papierband  ein.  Viele  solcher  Papierbänder  werden  vorbereitet 
und  dann  hinter  einander  fort  durch  einen  Sender  gezogen, 
der  —  wie  Sie  sich  vorstellen  mögen  —  überall,  wo  das  Papier 
durchlocht  ist,  Strom  in  die  Leitung  schickt  und  an  den  unver- 
letzten Stellen  des  Papieres  den  Strom  unterbricht.  Dass  man 
thatsachÜch  mit  Strömen  wechselnder  Richtung  und  mit  einem 
polarisierten  Farbschreiber,  das  heisst  einem  mit  polarisiertem 
Magneten  {vgl.  Fig.  187  auf  S.  292),  arbeitet,  kümmere  Sie 
nicht.     Es  genüge,  dass  man  mit  dem  Wheatstoneschen  Auto- 


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332  MoraeschueUbctricb. 

maten  im  Stande  sein  soll,  dreihundert  und  fünfzig  englische 
Worte  in  der  Minute  zu  Qbermitteln.  Diese  ausserordentlich 
hohe  Leistungsfähigkeit  wird  aber  nur  durch  die  angespannte 
Thätigkeit  eines  ganzen  Stabes  von  Beamten  möglich.  Denn 
auf  dem  gebenden  Amte  will  eine  sehr  grosse  Zahl  auf- 
gegebener Telegramme  in  Morseschrift  den  Papi^bändem  ein- 
gestanzt und  auf  dem  empfangenden  ■  ein  fortwährend  und 
mit  ausserordentlicher  Geschwindigkeit  hervorquellender  Morse- 
streifen in  gewöhnliche  Schrift  übersetzt  werden. 

Natürlich  erschwert  es  die  grosse  Menge  hinter  einander 
gegebener  Telegramme  den  Ämtern,  sich  über  Unklarheiten 
und  Irrtümer  zu  verständigen.  Vielleicht  liegt  unter  anderem 
hierin  und  in  der  Sorge,  dass  sich  auf  dem  Empfangsamte 
unerledigte  Morsestreifen  anhäufen  möchten,  der  Grund,  der 
die  automatische  Zeichengebung  bei  uns  so  viel  weniger  beliebt 
gemacht  hat,  als  in  England.  Am  Ende  mag  dazu  auch  der 
Wunsch  beigetragen  haben,  lieber  gedruckte  Telegramme  zu 
lesen,  wie  sie  der  Hughes-Apparat  liefert,  als  geschriebene. 

Während  man  die  automatische  Zeichengebiing  dem  Morse- 
apparate schon  in  seiner  frühesten  Jugend  hinzufügte,  wurde 
er  erst  vor  wenigen  Jahren  durch  Pollak  und  Viräg  zu  einem 
wirklichen  Schnelltelegraphen.  Sie  bauten  keinen  bis  ins  Asch- 
graue verwickelten  Apparat,  wie  es  jetzt  sonst  QbUch,  sondern 
brachten  in  die  seit  mehr  als  fünfzig  Jahren  erfinderisch  so 
ausgebeutete  Telegraphie  neue  und  einfache  Gedanken. 

Die  Morsezeichen  werden  automatisch  über  den  Draht 
gejagt.  Den  Punkten  entsprechen  dabei  die  Stromstösse  der 
einen  Richtung,  den  Strichen  solche  der  anderen.  Sie  werden 
in  einem  polarisierten  Empfänger  verwertet.  Dieser,  einem 
Telephon  sehr  ähnlich,  enthält  vor  einem  polarisierten  Elektro- 
magneten eine  dünne  Eisenplatte.  Die  Stromstösse  umkreisen 
die  Magnetspulen  und  lassen  je  nach  ihrer  Richtung  die  Eisen- 
platte sich  mehr  oder  weniger  zum  Magneten  hin  durchbiegen. 
Die  dünne  Platte  folgt  natürlich  den  magnetischen  Schwankungen 
viel  schneller  und  willfähriger,  als  der  Farbschreiberhebel  oder 
auch  die  Zunge  eines  Relais.  Wenn  Sie  sich  nun  der  Spiegel- 
galvanometer erinnern,  werden  Sie  das  geistvolle  Verfahren  ver- 
stehen, nach  welchem  die  kleinen  schwingenden  Bewegungen  der 
dünnen  Platte  auf  Papier  geschrieben  werden.  Dort  ist  der  träge 


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MorsEschnellbetrieb.  333 

Zeiger  des  gewöhnlichen  Galvanometers  durch  den  Lichtstrahl 
ersetzt.  Ähnlich  auch  hier.  Die  Eisenplatte  trägt  einen  kleinen 
Spiegel  und  zwar  durch  einen  Kunstgriff  so,  dass  ihre  hin-  und 
hergehenden  Bewegungen  ihn  hin-  und  herdrehen.  Je  nach 
der  Richtung  des  ober  die  Leitung  ankommenden  Stromstosses 
wird  dadurch  der  gespiegelte  Lichtstrahl  aus  seiner  Gleich- 
gewichtslage nach  oben  oder  nach  unten  abgelenkt.  Der  Licht- 
strahl fällt  nun  auf  einen  photographischen  Film  und  erzeugt 
dort  einen  leuchtenden  Punkt.  Der  Film  wandert  —  nehmen 
wir  an  —  seitwärts,  so  dass  der  den  Spiegeldrehungen  folgende 
leuchtende  Punkt  auf  ihm  eine  wellenförmige  Kurve  abbildet 
(Fig.  217).     Der  Film  durchlauft  sofort  automatisch  Entwickler, 


ab  c  d        e  f 

Flg.  21*7.     Wellenförmige  Moraeschrifl  des  Sehne  11  telegraphen. 

Fixier-  und  Wasserbad  und  kommt  so  gut,  wie  trocken,  als 
handliches  Blatt  heraus.  Die  ausserordentliche  Schnelligkeit 
der  Übermittelung  —  es  werden  dafür  über  tausend  Worte  in 
der  Minute  angegeben  —  liegt  darin,  dass  das  Telegramm 
ebenso  schnell  von  dem  Spiegel  empfangen  und  photographisch 
festgehalten  werden  kann,  als  es  gegeben  wird.  Die  so  erlaubte 
Geschwindigkeit  wird  durch  automatisches  Geben  ausgenutzt. 
Die  Notwendigkeit,  die  photographisch  erhaltene  Morseschrift 
zu  übersetzen,  bleibt  natürlich  und  ist  bei  der  Geschwindigkeit 
des  Arbeitens  umso  lästiger. 

Der  Schnelltelegraph  blieb  aber  hier  nicht  stehen,  und  es 
soll  Ihnen  wenigstens  kurz  das  Prinzip  der  weiteren  Entwicklung 
angegeben  werden,  wenn  auch  mit  ihr  die  Morsetelegraph  ie 
verlassen  ist.  Es  musste  eben  das  Ziel  sein,  die  Morseschrifl 
durch  die  gewöhnliche-  zu  ersetzen. 

Man  lässt  zu  dem  Ende  unter  Benutzung  von  zwei  Leitungen 
und  Erde  auf  den  Spiegel  zwei  Empfänger  statt  eines  wirken. 
Die  eine  Empfängerplatte  dreht  den  Spiegel  so,  dass  sich  auf 


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334  MorsEschnellbelrieb. 

dem  Film  der  leuchtende  Punkt,  wie  vorher,  in  der  Vertikalen, 
der  andere  so,  dass  er  sich  auch  in  der  Horizontalen  bewegt, 
Gleichzeitiges  Arbeiten  beider  Empfänger  bewegt  den  Licht- 
punkt gleichzeitig  in  beiden  Richtungen,  das  heisst  schräge. 
Ist  nun  das  gebende  Papierband  in  der  richtigen  Weise  gelocht, 


Fig.  218.     Schriftprobe  des  Schnelllelegraphen. 

SO  erscheint  das  Telegramm  in  gewöhnlichen  geschriebenen 
Buchstaben  und  der  Film,  wie  Sie  einen  solchen  hier  (Fig.  218) 
im  Lichtbilde  wiedergegeben  sehen,  ist  ohne  jede  weitere  Be- 
arbeitung zum  Austragen  fertig.')  Dadurch  soll  der  Apparat 
in  den  Stand  gesetzt  sein,  in  der  Minute  auch  etwa  tausend 
Worte  zu  bewältigen.     Sein  Name  Schnelltelegraph  ist  verdient. 

')  Es  wird  angegeben,  dass  der  Film  in  0,003  Sekunden  belichtet,  mil  Para- 
amidophenol  in  6  Sekunden  entwickelt  und  etwa  ebenso  schnell  mit  20''/gigvni 
~ "Für    24stQndiges   Arbeilen   enthalt    er   3  1  Entwicklet,    11 


DigitizsdbyGOO'^le 


Der  Hughes-Apparat. 


16.  Vorlesung. 

Der  Hughes-Apparat. 

Mit  einer  kurzen  Besprechung  des  Ferndruckers. 

Verhlltnis  des  Hughes  zu  Farbschreiber  und  Klopfer.  Jeder  Buchstabe  durch  einen 
einzigen  Tastendruck  flbertragen.  —  Zwei  synchrone  TypenrÄder.  —  Tasten.  Figuren- 
wechsel. Tastenhebel.  StiftbQchse.  Contakistifle.  Schlitten.  Contakthebel.  Strom ' 
stoss.  —  Elektromagnet.  —  Antrieb  durch  einen  Gleichstrommotor.  Motor-  und 
Schwungradachse  machen  an  800  Touren,  Typenrad-  und  Schlittenachse  120.  ~- 
Der  Ausläsehebel  verkuppelt  Schwungrad-  und  Druck achse  für  eine  Umdrehung. 
Die  dann  von  der  Schwungradachse  mitgenommene  Dmckachse  schlagt  den  Druck- 
hebel gegen  das  Typenrad.  —  Die  drei  Erfordernisse  des  Typen rades.  Typen-, 
Correktions-  und  Friklionsrad.  Typen-  und  Correklionsradbuchse.  Wechselhebel  und 
KlinkenausBchnitte.  Zahnklinke  und  Dreifingerhebel.  ^  Bremsregulalor.  —  Zusammen- 
art>eiten  zweier  Apparate.  Der  Correktionsdaumen  und  seine  dreifache  Aufgabe; 
Anhängen  des  Typenrades  an  das  Friklionsrad,  Kontrolle  des  Synchronismus,  Figuren- 
wechsel. —  Erst  die  fünfte  folgende  Taste  darf  gedruckt  werden.  Möglichste  Aus- 
nutzung jedes  Schlittenuralaufes.  —  Dauer  des  Strom stosses.  —  Schaltung. 


Femdruckcr  und  die  Fe rnd rucke rcentrale. 


Dem  Morseapparate  bleibt,  wie  Sie  schon  sahen,  bei  aller 
Vollendung  stets  der  Nachteil  anhaften,  dass  er  in  einer  beson- 
deren Sprache  redet,  deren  Kenntnis  zu  seiner  Bedienung  not- 
wendig ist.  Beim  Geben  muss  die  gewöhnhche-  in  die  Morse- 
schrift, beim  Empfangen  in  umgekehrter  Richtung  übersetzt 
werden.  Zwar  kann  man  sich  durch  Übung  die  Morseschrift 
ebenso  vollständig  einprägen,  wie  die  gewöhnliche.  Das  kann 
aber  nur  der  Beamte  oder  wer  sich  sonst  beruflich  mit  der 
Telegraphie  beschäftigt.  Das  Publikum  verlangt  die  Rücküber- 
setzung in  die  gewöhnliche  Schrift,  und  dazu  gehört  Zeit.  Wenn 
man  sich  auf  den  automatischen  Betrieb  nicht  einlassen  will,  ist 
der  Morse  als  Farbschreiber  selbst  mit  Hilfe  von  Vielfach- 
schaltungen nicht  im  Stande,  so  schnell  zu  arbeiten,  als  ftlr 
Leitungen  mit  lebhaftem  Verkehre  besonders  während  der 
Geschäftsstunden  notwendig  ist.  Der  Farbschreiber  bedient 
deshalb,  wie  Sie  wissen,  im  wesentlichen  nur  noch  die  verkehrs- 


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336  Der  Hughes-Apparat. 

armen  Ruhestromleitungen,  bei  denen  eine  ganze  Ämterreihe 
ihre  geringen  telegraphischen  Ansprüche  mit  einem  einzigen 
Drahte  erfttUt.  Der  Klopfer  genügt  zwar  höheren  Anforderungen, 
als  der  Farbschreiber.  Aber  die  Grenze  ist  auch  hier  erreicht, 
sobald  man  seinem  Diktat  nicht  mehr  folgen  kann. 

Nun  arbeitet  der  Morse  nicht  allein  deshalb  so  langsam, 
weil  er  überhaupt  besondere,  von  den  gewöhnlichen  Buchstaben 
abweichende  Zeichen  benutzt.  Der  andere  Grund  seiner  Lang- 
samkeit ist  der,  dass  seine  Schrift  für  einen  Buchstaben 
mehrere  Zeichen  verwendet.  Viel  gewonnen  wäre  mit  einem 
Apparate,  der  jeden  Buchstaben  durch  ein  einziges  elektrisches 
Signal  übertragt. 

Das  ist  beim  Hughesapparate  der  Fall,  welcher  weiter 
dadurch  so  vollkommen  wird,  dass  sich  der  Buchstabe  selbst- 
thätig  auf  dem  empfangenden  Papier  abdruckt,  ohne  dass  zum 
Geben  mehr,  als  ein  einmaliger  kurzer  Druck  auf  eine  einzige 
bestimmte  Taste  erforderlich  ist.  Der  Papierstreifen  des 
Empfangsapparates  enthält  nachher  das  Telegramm  in  den 
Typen    der    gewöhnlichen    Druckschrift    (Fig.  219)    und    zwar 


abcdefgliijkliaoptiPStuviixyz  1234567850. ,;:?!'+-§/=  (}r 

Fig.  219.     Hughesschrift. 


wegen  des  Verkehrs  mit  dem  Ausland  der  s.  g.  lateinischen. 
Der  Papierstreifen  braucht  nur  in  Teile  von  der  Breite  des 
Formulars  zerschnitten  und  aufgeklebt  zu  werden,  und  das 
Telegramm  ist  unmittelbar  zum  Austragen  oder  zur  Versendung 
mit  der  Rohrpost  bereit.  Jeder  Buchstabe  verlangt  nur  ein 
einziges  und  kurzes  elektrisches  Signal,  und  beim  Empfang  ist 
weder  eine  Übersetzung,  noch  auch  nur  ein  Aufschreiben 
erforderlich.  Kein  Wunder  deshalb,  wenn  der  Hughes  wesentlich 
schneller  arbeitet,  als  der  Morse.  Die  Geschwindigkeiten,')  mit 
denen  Farbschreiber,  Klopfer  und  Hughes  telegraphieren,  ver- 
halten sich  ungefähr  wie  die  Zahlen  zwei,  drei  und  fünf 

')  Die  Angaben  darQber  schwanken  ausserordcnttich. 


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Der  Hughes-Apparat. 


Fig.  220.     Hughes-Apparat  mit  Gewichts-  und  elektrischem  Ann 


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Der  Hughes- Apparat. 


Fig.  221.     Heutiger  Hughn-Apparat. 


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Der  HugheS' Apparat. 


4 


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340  ^"  Hughes-Apparat. 

Zwei  Formen  des  Hughesapparates  sehen  Sie  hier  abgebildet: 
(Fig.  220)  eine  ältere  mit  Gewichtsantrieb,  fllr  elektrischen 
Antrieb  umgearbeitet,  so  dass  bei  Störung  des  elektrischen- 
der  Gewichtsantrieb  einspringen  kann,  und  (Fig.  221)  eine 
neuere    nur    mit    elektrischem    Antrieb.      Schliesslich    ist    hier 

[  (Fig.  222)  ein  Teil  aus  dem  Hughes-Saal  des  Berliner  Haupt- 

'  telegraphenamtes  photographiert. 


Der  prinzipiell  wichtigste  Teil  des  Hughesapparates  ist  sein 
Typenrad,  ein  vertikales  um  eine  horizontale  Achse  drehbares 
Stahlrad.  Dessen  äusserer  ringförmiger  Mantel  trägt  Buch- 
staben, Ziffern  und  Zeichen  —  eben  die  Typen  —  wie  die 
Köpfe  von  Buchdruckerlettern.  Denken  Sie  sich  den  Typen- 
besetzten  Ring  um  90"  in  die  Ebene  des  Rades  herumgeklappt, 
so  entsteht  dieses  Bild  (Fig.  223).  Sie  beachten  die  for  den 
Druck  notwendige  Spiegelschrift,  Die  Kunst  des  Apparates 
besteht  nun  darin,  vom  gebenden  Amte  aus  elektromagnetisch 
den  empfangenden  Papierstreifen  gegen  das  sich  drehende 
Typenrad  in  dem  einen  richtigen  Augenblicke  anzudrücken,  in 
dem  sich  die  gewünschte  Type  an  seiner  tiefsten  Stelle  — 
gegenüber  der  Druckvorrichtung  —  befindet.  Hierzu  dient  dem 
Apparate  ein  sinnreicher,  aber  verwickelter  Mechanismus,  welcher 
ihn  kostspielig  macht  und  öfteren  Störungen  unterwirft.  Auch 
erschwert  die  Fülle  der  einzelnen  Teile  und  ihr  verwickeltes 
Zusammenspiel  das  Verständnis.  Ein  gründliches  Studium  am 
Apparate  selbst ')  kann  deshalb  zu  seiner  Kenntnis  nicht  wohl 

')  Dazu  reicht  ein  fltr  den  Gebrauch  fertig  zusammengesetzter  Huglics,  wie  er 
im  Reichspostiiiuseum  in  Berlin  aufgestellt  ist,  nicht  aus.  An  ihm  verdeckt  ein  Teil 
den  andern,  und  man  wird  seine  Anatomie  und  Physiologie  nicht  vollständig  begreifen 
lernen.  Die  Museumsverwaltung  sollte  deshalb  mal  durch  eine  etwas  pädagogische 
Brille  schauen.  Es  wird  ihr  dann  ein  Leichtes  sein,  die  von  aussen  schlecht  oder 
gar  nicht  sichtbaren  Teile  bei  einem  iweitcn  Exemplare  des  Apparates  blossiulegen 
□der  durch  Im  grösseren  Maassstabe  und  unter  Vernachlässigung  der  Einzelheiten 
gebaute  Modelle  und  durch  treffende  Zeichnungen  zu  erliutcra. 

Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich,  wenn  auch  hier  nalOrlich  nur  kurz  —  aus- 
fohrlicher  habe  ich  das  Folgende  schon  vor  drei  Jahren  dem  vorigen  Staatasekretlr 
im  Reiehspostamt  vorgesehlagen  —  darauf  hinweisen,  daSs  das  Postmuseum  fllr  den 
Zweck,  des  Studiums  viel  mehr  thun  konnte.  Was  kennte  es  nicht  allein  durch 
Modellapparale  leisten  1  Zum  Bau  solcher  giebt  es  mehrere  Wege.  Bald  wird  ein 
Schnitt  durch  den  Apparat  zu  legen,  bald   eine  den  Einblick    hindernde   Wand    fort- 


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Der  Hughes- Apparat,  341 

entbehrt  werden,  umso  mehr,  als  wir  uns  hier  versagen  müssen, 
vielerlei  Einzelheiten  des  Baues  auf  den  Grund  zu  gehen. 

Als  Sender  und  Empfänger  dienen  zwei  gleiche  Hughes- 

apparate.     Die  Typenräder    beider    drehen    sich  beständig  mit 

•  genau  derselben  gleichförmigen  Winkelgeschwindigkeit  im  Sinne 


Fig.   223.      Typenrad. 

zunehmen  oder  durch  Glas  zu  ersetzen  sein.  Auch  sollten  für  die  Apparate  kurze 
und  schlagende  Erklflrungen  in  gutem  Deutsch  verfasst  und  in  grosser  und  deutlicher 
.Schrift  unter  Glas,  zweckmässig  an  der  Wand  oder  sonst  erhöht  und  so  gleichzeitig 
mehreren  leshar,  angebracht  werden.  Ob  man  die  Model lappa rate  zu  einer  besonderen, 
von  der  Hauptsammlung  getrennten  Schausammlung  vereinigen  oder  sie  jener  ein- 
gliedern  will,  wird  von  mehreren,  besonders  räumlichen  Gründen  abhängen.  Sehr 
nQlzlich  scheint  es  auch,  zur  Einleitung  den  technischen  Apparaten  eine  Reihe  von 
solchen  voranzustellen,  welche  die  wichtigsten  der  in  Betracht  kommenden  Wirkungen 
des  elektrischen  Stromes  veranschaulichen.  Sie  sollten  zum  Beiriebe  — ■  durch  die 
Aufsichtsbeamten  oder  besser  durch  das  Publikum  selbst  —  in  bekannter  Weise 
mit  DruckknOpfen  versehen  sein.  Erklärungen  und  Abbildungen  von  Apparaten 
wären  in  einem  verständlich  und  flott  geschriebenen  Fahrer  zu  vereinigen,  der  auch  zu 
häuslichem  Nachdenken  anregt.  Schauapparate  und  Erklärungen  mflssten  den  Muscums- 
besucher  zum  Studium  geradezu  verlocken  und  jedem  Verständnis  bringen,  der  es 
ernstlich  sucht.  Dann  würde  der  Besucher  nicht  nur  an  den  grobverständlichen 
Dingen  und  den  Jahrmarkt-artigen  Vorlllhrungen,  sondern  auch  an  den  technischen 
Apparaten  Vergnügen  finden.  Jetzt  hingegen  sagt  ihm  deren  so  ausserordentlich 
reichhaltige  Sammlung,    die   vielleicht    in   der  ganzen  Welt   ihres  Gleichen    nicht  hat, 


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342  0=''  Hughes-Apparat. 

des  Uhrzeigers  um  ihre  horizontale  Achse  und  machen  so 
etwa  hundertundzwanzig  Umdrehungen  in  der  Minute,  oder 
zwei  in  der  Sekunde.  Aber  nicht  nur  die  Geschwindigkeit 
ist  beiden  Rädern  gemeinsam,  sondern,  da  beide  aus  genau 
gleicher  Stellung  zu  genau  derselben  Zeit  ihre  Drehung  beginnen,» 
deren  Phase,  Beide  Typenrader  haben  in  ihrem  Laufe  zu 
gleicher  Zeit  gleiche  Typen  am  gleichen  Ort.  Ist  das  a  des 
einen  Typenrades  gerade  an  der  Druckstelle,  so  ist  es  auch 
das  a  des  andern.  Beide  Räder  laufen  synchron,  wie  die 
Zeiger  zweier  gleich  gehender  Uhren,  Ein  Stromstoss  des 
gebenden  Apparates  (I|  schickt  seine  magnetische  Wirkung 
praktisch  unendlich  schnell  über  die  Leitung,  so  dass  diese 
Wirkung  das  Typenrad  des  empfangenden  Apparates  (II)  gerade 
so  weit  herumgedreht  findet,  wie  das  des  gebenden  I.  Genau 
so,  wie  bei  I,  ist  auch  bei  II  die  gewünschte  Type  eben  im 
Begriff,  sich  an  der  Druckvorrichtung  vorbei  zu  drehen.  Deshalb 
braucht  nur  der  Stromstoss  diese  Druckvorrichtung  elektro- 
magnetisch auszulösen,  damit  das  Papierband  im  richtigen 
Augenblick  gegen  das  Typenrad  geschlagen  und  die  richtige 
Type  abgedruckt  wird. 

Der  Stromstoss  wird  mit  Hilfe  einer  Klaviatur  (Fig.  224) 
erzeugt,  die  der  eines  Klavieres  äusserlich  sehr  ähnlich  ist. 
Sie  enthält  vierzehn  weisse  und  darüber  ebenso  viel  schwarze, 
im  ganzen  achtundzwanzig  Tasten.  Es  ist  selbstverständlich, 
dass  die  Tasten  mit  den  Typen  des  Typenrades  in  Beziehung 
stehen.  Die  Typen  sind  auch  darauf  geschrieben.  Nur  zwei, 
die  erste  und  sechste  der  weissen  Reihe  sind  unbeschrieben, 
blank.  Auch  das  Typenrad  (Fig.  223)  hat  zwei  leere  Stellen, 
und  man  kann  sich  denken,  dass  die  Blanktasten  nicht  für  den 

wenigstens  wenn  er  halbwegs  Laie  ist,  so  gut  wie  nichts.  Die  Fülle  des  Gebotenen 
verblom  und  verwirrt.  Was  soll  jemandem  eine  ganze  Sammlung  von  Relais,  der 
nichts  von  ihrem  Prinzip  weiss?  Er  starrt  die  Schränke,  die  Tische  an  und  geht  mit 
einem  Seufzer  der  Bewunderung  weiter.  Der  (ar  den  Laien  sehr  niedrige,  fJlr  den 
Telegraphcnbeamten  und  den  Elektriker  nicht  eben  hohe  Wirkungsgrad  des  jedenfalls 
sehr  kostspieligen  Museums  lasst  sich  in  der  angegebenen  und  mancherlei  anderen 
Weise  um  vieles  steigern,  ohne  doch  bei  diskreter  Anordnung  das  vornehme  GeprSge 
des  Ganzen  zu  stiren. 

Ähnliche  Gesichtspunkte  werden  Qbrigens  auch  bei  dem  geplanten  tecbniscben 
Museum  in  Mönchen  massgebend  sein  mQssen,  wenn  es  fbr  das  Laienpublikum  einen 
wahren  Nutzen  haben  soll. 


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Der  Hughes-Apparat.  343 

Abdruck  von  Typen,  sondern  für  die  Herstellung  der  Zwischen- 
räume zwischen  den  Worten  des  Telegramms  vorhanden  sind. 
Für  den  Abdruck  von  Tj^en  bleiben  demnach  sechsundzwanzig 
Tasten.  Nun  macht  aber,  wenn  man  »  und  j  trennt,  die  Buch- 
stabengruppe   unter  den  Typen  allein  schon  sechsundzwanzig 


Fig.  224.     Klav[Btur. 


aus.  Dazu  kommen  in  zweiter  Typengruppe  die  Ziffern  von 
Null  bis  Neun  und  sechzehn  sonst  notwendige  oder  wünschens- 
werte Zeichen,  wie  =,  -j-'),  &,  §.  Die  zweite  Gruppe  zählt 
ebenfalls  sechsundzwanzig  Typen.  Es  wären  demnach  eigentlich 
zweiundftlnfzig  Tasten  notwendig.  Abgesehen  von  den  beiden 
Blanktasten,  sind  aber  nur  sechsundzwanzig  da.  Es  muss  dem- 
nach jede  Typentaste  in  zwei  Bedeutungen  gebraucht  werden 
können  und  ein  Wechsel  der  Typengruppe,  ein  Figuren- 
wechsel möglich  sein.  Dieser  Figurenwechsel  ist  die  zweite 
Aufgabe  der  Blanktasten.  So  stellt  die  erste  Blanktaste,  das 
Buchstabenweiss,  das  Typenrad  so  um,  dass  statt  Ziffern  oder 
Zeichen  Buchstaben  gedruckt  werden,  und  die  sechste  weisse, 
ebenfalls  blanke  Taste,  das  Ziifernweiss,  thut  das  Umgekehrte, 

')  Es  sei  hier  beiläufig  erwShnt,  dass  man  bei  Hughestelegrammen  Adresse, 
Text  und  Unterschrift  von  einander  durch  Gleichheitszeichen  =  trennt  und  als  Schliiss 
des  Ganzen  ein  Pluszeichen   +   setzt. 


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344  ^''  Hughes-Apparat. 

An  jeder  Taste  ist  hinten  ein  zweiarmiger  Hebel  ange- 
schraubt Diese  Tastenhebel  besitzen  eine  solche  Länge  und 
Gestalt,  dass  ihre  nach  hinten  liegenden  freien  Enden  in  einem 
Kreise  gruppiert  sind.  Sie  können  das  aus  diesem  Bilde 
(Fig.  225)    sehen,    welches    den    Anblick    wiedergiebt,    den    die 


Fig.   225.      Tastenwerk,  von  unten  gesehen. 

Tischplatte  des  Apparates  einem  sich  unter  sie  bückenden 
Beschauer  darbietet.  Wird  eine  Taste  gedrückt  (Fig.  226),  so 
hebt  sich  das  zugehörige  der  im  Kreise  liegenden  freien  Hebel- 
enden und  stösst  gegen  einen  vertikal  und  über  ihm  stehenden 
stiftartigen  Schieber  aus  Stahl,  den  Contaktstift  (Fig.  227). 
Solcher  sind  für  jede  Taste  einer,  im  ganzen  also  achtund- 
zwanzig Exemplare  kreisförmig  in  der  Stiftbüchse  (Fig.  226) 
angeordnet.  Diese  ist  in  der  Tischplatte  eingelassen,  und  Boden 
(Fig.  228)  und  Deckel  (Fig.  229)  tragen  jeder  achtundzwanzig 


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DtT  Hiighcs-Appara' 


ebenfalls  im  Kreise  an- 
geordneter Ausschnitte. 
Der  nach  unten  und  etwas 
nach  der  Kreismitte  zu 
gerichtete  Zug  einer  Feder 
zieht  jeden  Stift  so  weit 
wie  mögUch  in  den  Boden- 
ausschnitt hinein.  Aber  ein 
Druck  auf  die  zugehörige 
Taste  lässt  das  hintere 
Ende  des  Tastenhebels  von 
unten  gegen  den  Contakt- 
stift  schlagen  und  gegen 
den  Federzug  heben.  Der 
Kopf  des  Contaktstiftes 
sieht  dann  oben  aus  seinem 
Ausschnitt  im  Stiftbüchsen- 
deckel ein  wenig  hervor. 


Fig.  221.      Contak 


Nun  ist  in  diesem 
Deckel  die  vertikale  Schlit- 
tenachse gelagert  und  mit 
ihr  ein  kompliziertes  Hebel- 
werk, der  Contaktschlitten 
(in  Fig.  226  von  der  Seite, 
in  Fig.  230  von  oben)  fest 
verbunden.  ScWittenachse 
und  Schlitten  drehen  sich, 
wobei  der  Schlitten  dicht 
über      dem      Deckel     der 


^^^ 

Digitizsdb^COO'^IC 


Der  Hughes  .Apparat 


Stiftbüchse  hinfährt.     Hat  nun  ein  Tastendruck  den  zugehörigen 
Stift    hochgeschnellt,    so   hebt    dieser   einem    zu  dem  darüber- 


Fig.  228.  Fig.  229. 

Boden  und  Decke] 

der  StinbQchse. 


fahrenden  Schlitten  gehörigen  Winkelhebel  den  äusseren  Arm 
(vgl,  immer    Fig.  226),    und    dessen    innerer   zieht   eine    Hülse 


Fig.  231.     Halse. 


Fig.  230.     StiftbQchsendeckel  mit  Schlitten. 


etwas  nach  unten.    Diese  Hülse  (Fig.  231)  ist  mit  drei  Flanschen 
versehen  und,  wie  eine  Manschette,  lose  auf  die  Schlittenachse 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  Hughes-Apparat.  347 

aufgeschoben.  Auf  der  Hülse  ruht  der  rechte  Arm  des  zwei- 
armigen Contakthebels  (Fig.  226  und  232).  Die  Abwärts- 
bewegung der  Hülse  dreht  demnach  den  Hebel  im  Uhrzeigersinn. 
Eine  seinen  linken  Arm  verlängernde,  mit  Platinplättchen 
belegte  Contaktfeder  wird  dadurch  von  ihrem  unteren  Anschlage 
entfernt  und  gegen  den  oberen  gelegt.     Der  untere  Anschlag 


Fig.  232.      CorUkthebel  in  Teilen. 

liegt  an  Erde,  der  obere  an  der  Batterie,  deren  andere  Klemme 
geerdet  ist.  Demnach  fliesst,  so  lange  der  Schlittenhebel  vom 
Kopf  des  Contaktstiftes ')  gehoben  wird,  über  den  Contakthebel, 
den  Metallkörper  des  eigenen  Apparates  und  dessen  Elektro- 
magnetwicklung, auf  die  wir  gleich  zu  sprechen  kommen,  ein 
Stromstoss  in  die  Leitung.  Dient  umgekehrt  der  Apparat  als 
Empfänger,  so  geht  der  aus  der  Leitung  kommende  Strom  über 
Wicklung,  Apparatkörper,  Contakthebel  und  unteren  Anschlag 
zur  Erde.  Wie  Sie  später  sehen  werden,  drehen  sich  auch 
Typenrad  und  Schlitten  des  gebenden  Apparates  mit  einander 
und  mit  dem  Typenrad  des  empfangenden  synchron,  und  zwar 
befindet  sich  der  Schlitten  immer  über  dem  Contaktstifte  der- 
jenigen Tj'pe,  welche  auf  dem  Typenrade  die  Druckvorrichtung 
passiert.  Das  ist  notwendig,  damit  die  Type,  deren  Taste 
gedrückt  wird,  zum  Abdruck  kommt.  —  Der  Stromstoss 
durchfliesst  übrigens  jetzt  auch  die  Wicklung  des  gebenden 
Apparates.  Bei  älteren  Apparaten  vermeidet  er  die  eigene 
Wicklung,  und  die  eigene  Druckvorrichtung  wird  nicht  elektro- 
magnetisch, sondern  rein  mechanisch  ausgelöst.  In  jedem  Falle 
aber  schreibt  der  eigene  Apparat  das  abgehende  Telegramm 
mit  auf. 


■)  Hu  sieht,  wie  wenig  dem  Conuktatift  seine  Bezeichnung  gebührt.  Denn 
er  Irigt  nur  mechanisch  und  mittelbar  dazu  bei,  den  Contakthebel  umzulegen,  und 
hat  mit  einem  elektrischen  Conukt  nichts  zu  thun.  Sein  französischer  Name  goujon 
spielt  auf  seine  fischarlige  Gestalt  an  und  erinnert  an  unsere  militärische  Bezeichnung 
des  Zeltflockes  als  Hlring. 


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348  Der  Hiighea-AppBral. 

Damit  sind  wir  zu  dem  empfangenden  Teile  des  Hughes- 
apparates,  dem  Elektromagneten  (Fig.  233,  234  und  235) 
gekommen.  Sie  kennen  ihn  von  dem  ihm  nachgebildeten 
Hughesrelais.  Nur  ist  jetzt  der  Hufeisenmagnet  aus  mehr 
Lamellen  zusammengesetzt  und  ist  aufrecht  unter  der  Tischplatte 


Fig.   233.      Elektromagnet. 

des  Apparates  und  von  unten  sichtbar  angebracht.  Die  aus 
bekanntem  Grunde  hohlen  Eisenkerne  stehen  nicht,  wie  beim 
Relais,  auf  den  Hufeisenschenkeln  senkrecht,  sondern  bilden 
ihre  Verlängerung.  Die  Spulen  sind  nach  den  Angaben  aus 
0,15  mm  starkem  Draht  in  zusammen  etwa  17  000  Windungen 
vom  Widerstände  1200  Ohm  gewickelt.     Der  stets  auf  Abreissen 


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Der  Hughes- Apparat. 


349 


eingestellte  Anker  ist  etwas  eigenartig  gestaltet  (Fig.  233). 
Senkrecht  nach  unten  tragt  er  zwei  Ankerfedern,  die  gegen 
zwei  horizontale  Stellschrauben  drücken.  Von  ihnen  wird 
gewöhnlich  nur  die  vordere  verstellt.  Die  Lamellen  des  Huf- 
eisens werden  von  einer  Querverbindung  zusammengehalten, 
die  man  ursprünglich  aus  Eisen  wählt,  so  dass  sie  als  —  nicht 
sehr    starker  —  magnetischer  Nebenschluss   wirkt.     Wird  das 


Fig.  234.     Elektromagnet, 
von  rechts  gesehen. 


Fig.  235.     Elektromagnet 
und  Auslösung  der  Druckachse. 


Hufeisen  mit  der  Zeit  schwächer  magnetisch,  so  lässt  man  es 
von  Messing  statt  von  Eisen  zusammenhalten.  Ausserdem  ist 
als  regulierbarer  magnetischer  Nebenschluss  ein  Schwächungs- 
anker vorhanden.  Um  ihn  bequemer  fassen  zu  können,  ist  er 
sehr  lang  ausgebildet  und  reicht  mit  seinem  vorderen  Messing- 
knopf-besetzten Ende  weit  nach  vorn  vor.  Die  Kraft,  mit 
welcher  der  Dauermagnet  den  Anker  festhält,  und  die  ihr 
entgegenwirkende    Elasticität   der    Ankerfedern    werden    durch 


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350  D*r  Hughes-Appirat. 

Verschieben  des  Schwächungsankers  und  durch  Verstellen  der 
gegen  die  vordere  Ankerfeder  drückenden  Schraube  passend 
eingestellt.  Ganz  wie  beim  Relais  (vgl.  die  rechte  Hälfte  des 
Diagramms  auf  S.  285),  schwächen  dann  in  den  Eisenkernen 
die  vom  Telegraphierstrome  erzeugten  Kraftlinien  die  aus  dem 
Dauermagneten  und  geben  den  drückenden  Ankerfedern  das 
Übergewicht.  Der  Anker  schnellt  in  die  Höhe.  Mit  dem 
Strome  verschvnnden  auch  seine  Kraftlinien.  Die  des  Dauer- 
magneten allein  überwinden  den  Federdruck.  Der  Anker  kehrt 
zurück  und  kann  auf  einen  neuen  Stromstoss  ansprechen.  Um 
ein  durch  Remanenz  bewirktes  Kleben  des  Ankers  zu  ver- 
hindern, sind  in  bekannter  Weise  den  Polschuhen  Papierblatter 
aufgeleimt. 

Die  Wirkung  des  polarisierten  Elektromagneten  verlangt, 
um  das  beschriebene  Abschnellen  des  Ankers  veranlassen  zu 
können,  ihren  Stromstoss  natürlich  in  bestimmter  Richtung. 
Nun  liegt  aber  bald  die  eine  Klemme  der  Batterie,  bald  die 
andere  an  der  Leitung,  so  dass  der  Strom  in  der  Wicklung 
falsch  fliessen  würde.  Es  ist  deshalb  der  Tischplatte  (auf  ihrer 
linken  hinteren  Ecke)  ein  Stromwender  aufgeschraubt.  Seine 
Kurbel  muss  auf  der  hinteren  Contaktschiene  stehen,  wenn  die 
gebende  Batterie  ihre  positive  Klemme  an  der  Leitung  hat. 
Auf  der  Tischplatte  liegt  vor  dem  Stromwender  ein  Ausschalter, 
der  bei  seiner  vorderen  Kurbelstellung  den  Apparat  von  der 
Leitung  abtrennt. 


Sie  wissen  jetzt,  wie  ein  Tastendruck  einen  Stromstoss  in 
die  Leitung  schickt  und  wie  dieser  den  Anker  hochschneUen 
macht,  und  verlangen  von  der  Arbeitsquelle  zu  hören,  welche 
das  ganze  Räderwerk  in  Bewegung  setzt  und  erhält.  Dem 
Farbschreiber  genügte  die  Elasticität  einer  Feder.  Beim  Hughes- 
apparate  sind  grössere  Massen  mit  grösserer  Präzision  zu 
bewegen.  Früher  benutzte  man  dazu  den  Zug  eines  an  sechzig 
Kilo  schweren  Gewichtes  (Fig.  220).  Dabei  war,  ähnlich  wie 
beim  Farbschreiber,  eine  Reihe  von  Zahnradübersetzungen  not- 
wendig, um  die  von  dem  grossen  Gewicht  bei  seinem  langsamen 
Falle  hergegebene  Leistung   in    eine   solche  von  kleiner  Kraft 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  Hughes-Apparat. 


und  grosser  Geschwindigkeit  umzusetzen.     Diese  Zahnradüber- 
setzungen bewirkten  es,  dass  Typenrad  und  Schütten  die  schon 


Fif;.  236.     Gleichstrommotor. 

genannte  Tourenzahl  von  120  in  der  Minute  machen  konnten, 
wenn  das  von  dem  Gewicht  unmittelbar  angetriebene  Rad  sich 

etwas  mehr  als  einmal  —  nämlich  um  

400"  —  drehte. 

Die  neueren  Apparate  werden  nicht 
mehr  von  einem  fallenden  Gewicht, 
sondern  von  einem  kleinen  Gleich- 
strommotor {Fig.  236)  angetrieben, 
dessen  Anker  (Fig.  237)  im  normalen 
Betriebe  in  der  Minute  an  achthundert 
Umdrehungen  macht.  Je  nach  dem  er 
filr  HO  oder  für  65  Volt  gewickelt  ist, 
braucht  er  etwa  0,25  oder  0,43  Ampere,       f«.  231.    Motoranker. 


DigitizsdbyGOOgle 


352  Der  Hughes-Apparat. 

SO  dass  er  eine  elektrische  Leistung  von  rund  28  Watt  aufnimmt 
und  eine  mechanische  von  weniger  als  V"  PS  abgiebt. 

Die  Achse  des  Motorrankers  (Fig.  238)  liegt  horizontal  und 
der  Breitseite  des  Tisches  parallel.  Sie  trägt  ein  Kegelrad 
(Fig.  239),  das  in  ein  anderes,  links  zu  ihm  senkrechtes  und 
gleich  grosses,  aber  doppeltes  (Fig.  240)  eingreift.  So  wird 
eine  zweite,  von  vorn  nach  hinten  gelagerte  Achse  mit  gleicher 


Fig.  238,     Wichtigste  Teile  des  Triebwerks, 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  Hughes-Apparat.  353 

Umdrehungszahl  —  etwa  achthundert  pro  Minute  —  angetrieben. 
Diese  Achse  tragt  zur  Vermehrung  ihres  gleichförmigen  Laufes 
ein  Schwungrad  (Fig.  241).  Es  ist  die  berühmte  Schwungrad- 
achse. Von  ihr  erhält  die  Achse  des  Typenrades  ihre  Drehung. 
Ein  Zahnrad  von  hundertsechsundzwanzig  Zähnen  überträgt 
auf    eins    mit    achtzehn,    so    dass    die    Winkelgeschwindigkeit 


9 


Fig.  239. 

Fig.  240. 

Kegelrad  der 

Kegelrad  der 

Motorachse. 

Schwungrad  achae 

Fig.   241.      Schwungrad. 

von  der  Schwungrad-  auf  die  Typenradachse  auf  ein  Siebentel 
verzögert  wird  und  die  erwähnte  Umdrehungszahl  von  etwa 
hundertundzwanzig  in  der  Minute  zu  Stande  kommt.  Die 
Typenradachse  treibt  über  ein  Paar  Kegelräder  von  gleicher 
Zahnzahl  die  Schlittenachse  an,  so  dass  Typrenrad  und  Schlitten, 
wie  verlangt  wurde,  mit  gleicher  Tourenzahl  laufen.  Wie  die 
Phasen gleichheit  zu  Stande  kommt,  davon  später. 

Eine  Verlängerung  der  Schwungradachse  nach  vorn  bildet 
die  Druckachse;  wenigstens  sind  ihre  Mittellinien  Verlängerungen 
von  einander  (Fig.  238).  Die  Schwungradachse  trägt  auch 
vertikal  ein  mit  scharfen  Zähnen  versehenes  Kuppelungsrad 
und  die  Druckachse  einige  dazu  passende  Kuppelungszähne; 
auch  ist  eine  Feder  bestrebt,  die  Zähne  dem  Rade  anzudrücken. 
Aber  für  gewöhnlich  verhindert  eine  Hemmung,  dass  die  Zähne 
sich,  dem  Federdruck  folgend,  in  das  Rad  schieben,  und  dass 
die  achthundert  Mal  in  der  Minute  rotierende  Schwungradachse 
die  ruhende  Druckachse  mitnimmt.  Der  elektromagnetisch  hoch- 
schnellende  Anker  beseitigt  aber  durch  seinen  Schlag  gegen  den 
Auslösehebel  (Fig.  235  auf  S.  349)  für  die  Dauer  einer  Drehung, 


Digitizsdb^COO'^le 


354  O"   Hufihea-Apparat. 

also  für  etwa  V'»  Sekunde,  diese  Hemmung  (Fig.  238).  Die  Druck- 
achse  kann  sich  gerade  einmal  herumdrehen.  Dann  drängt  die 
Hemmung  die  Kuppelungszähne  von  dem  Kuppelungsrade  wieder 
ab,  und  die  Schwungradachse  giebt  die  Druckachse  wieder  frei. 


Fig.   242.      Druckhebel. 

Nun  sehen  Sie  hier  (Fig.  242)  den  vorn  am  Apparate  be- 
findlichen Druckhebel,  welcher  die  das  Papierband  führenden 
Theile  trägt.  (Der  Papierlauf  geht  aus  Fig.  221  hervor.)  Sein 
linkes  freies  Ende  ist  zu  einem  gekrümmten  Finger  ausgebildet. 
Der  gekrümmte  Finger  liegt  auf  der  sich  unter  ihm  drehenden 
Druckachse  auf  und  wird  bei  jeder  Drehung  einmal  von  einer 
seitlich  an  der  Druckachse  sitzenden  Ausstülpung,  dem  Druck- 
daumen, mitgenommen.  Die  Aufwärtsbewegung  führt  den 
Druckhebel  mit  dem  von  einer  Gummirolle  gestützten  Papier- 
band gegen  das  Typenrad  und  druckt  die  an  der  Druckstelle 
befindliche  Type  ab,  Rechts  oben  ist  dem  Typenrade  ein 
Farbrad  mit  seinem  Farbe-getränkten  Filzüberzuge  angedrückt. 
Hierdurch  wird  das  Typenrad  ähnlich,  wie  beim  französischen 
Farbschreiber  das  Schreibrad,  mit  Farbe  benetzt.  Das  Farbrad 
tragt  den  Filzüberzug  zwischen  vorstehenden  Rändern,  welche 
ein  Überlaufen  der  Farbe  und  eine  unbeabsichtigte  Berührung 
mit  dem  Filz  verhindern.  Mit  jedem  Hochklappen  des  Druck- 
hebels wird  das  Papierband  um  die  Breite  eines  Typenfeldes 
nach  links  vorgeschoben. 

Ein  die  Elektromagnetwicklung  durchfliessender  Stromstoss 
hat  also,  um  es  zu  wiederholen,  folgende  Wirkungen :  Der 
Anker  schnellt  gegen  den  Auslösehebel.  Dieser  beseitigt  die 
Hemmung,  welche  die  Verkuppelung  der  rotierenden  Schwung- 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  HuKbes-Appariit.  355 

rad-  und  der  ruhenden  Druckachse  hindert.  Diese  Achsen 
werden  für  eine  Umdrehung  mit  einander  gekuppelt.  Der  sich 
mit  der  Druckachse  drehende  Druckdaumen  schiebt  den  ge- 
krümmten Finger  und  damit  den  Druckhebel  in  die  Höhe.  Das 
um  ein  Typenfeld  vorgerückte  Papierband  wird  gegen  das 
Typenrad  geschlagen  und  die  an  der  Druckstelle  befindliche 
Type  abgedruckt. 


Betrachten  Sie  nochmals  die  Zeichnung  (Fig.  223  auf  S.  341) 
des  Typenrades  mit  dem  umgeklappten  Rand  und  den  Typen 
in  Spiegelschrift.  Über  den  ganzen  Ring  wechseln  beide 
Typengruppen  mit  einander  ab.  Die  beiden  weiss  gebliebenen 
Felderpaare  entsprechen  den  Blanktasten.  Das  Felderpaar 
zwischen  z  und  1  ist  das  Buchstabenweiss,  das  zwischen  v  und 
dem  Zeichen  für    Klammer-auf    das  Ziffernweiss. 

Es  wird  nun  von  dem  Typenrade  dreierlei  verlangt.     Für 

gewöhnlich     muss    es    von    der    ununterbrochen    rotierenden 

Typenradachse  mitgenommen  werden,  ohne  auf  ihr  zu  schlüpfen. 

Trotzdem  soll  es,  damit  die  Räder  beider  Apparate  synchron 

laufen,  plötzlich  von  der  sich  drehenden  Achse  gelöst,  in  einer 

bestimmten  Stellung  angehalten  und  später  aus  dieser  Stellung 

ebenso    plötzlich     wieder    in    Gang    gesetzt    werden    können. 

Drittens  muss  das  Rad  um  die  Breite  eines  Typenfeldes,  das 

360  ° 
heisst    um    '/"  Kreisumfang    oder    -„     =  rd.  6,5 "  vor    und 

wieder  zurück  geschoben  werden  können,  ohne  dadurch  den 
Halt  auf  der  Achse  zu  verlieren.  Diese  Verschiebung  hat 
natürlich  den  Zweck,  bald  Buchstaben,  bald  Ziffern  oder  Zeichen 
an  der  Druckstelle,  das  heisst  an  der  Stelle  des  Typenrades 
zu  haben,  gegen  die  der  Druckhebel  das  Papierband  schlägt. 
Mit  dem  Typenrade  muss  eben  das  vorgenommen  werden, 
was  wir  früher  den  Figurenwechsel  nannten. 

Diese  drei  Anforderungen  an  das  Typenrad  scheinen 
einander  zu  widersprechen,  Sie  werden  aber  trotzdem  und 
ziemlich  einfach  erfüllt.  Das  Typenrad  ist  seiner  Achse  nämlich 
nicht  unmittelbar  aufgesetzt,  sondern  beide  sind  erst  unter 
Vermittelung  zweier  Buchsen  und  zweier  anderer  Räder,  des 
Correktions-  und  des  Friktionsrades,    mit   einander  verbunden 

23" 


Digitizsdb^COO'^le 


356 


Der  Hughes- Apparat. 


(Fig.  243b).  Die  Reihenfolge  der  drei  ist,  von  vorn  angefangen, 
Typenrad,  Correktionsrad,  Friktionsrad.  Das  Correktionsrad 
sieht  man  mit  seinen  achtundzwanzig  scharfen  Zähnen  hinter 
dem  Typenrad  hervorragen.  Von  den  drei  Rädern  können 
Sie  nur  das  hinterste,  das  Friktionsrad  als  der  Achse  unmittelbar 
aufgeschraubt  ansehen.  Die  beiden  andern  werden  von  Buchsen 
getragen,   die  sich  auf  der  Achse  und   gegen  einander  drehen 


Fifi.  243, 
Zur  Verstellunt  des  Typenrades. 

Correktionsrad,  Nutring  und  Dreifingerhebel  von  vorn. 
Typenradachse  mit  Buchsen  uud  RSdem  von  vorn. 
Figuren  Wechsel  von  rOckwBrls.  Correktionsrad  dreht 
sich  deshalb  gegen  den  Uhrzeiger,  Druckachse  mit 
Correktionsdaumen  mit  ihm.  Typen  in  die  Ebene  des 
CorrektioDsrades  geklappt,  Spiegelschrill  dabei  Qber- 
'  setzt.  Friktionsradklinke  fortgelassen.  Oben  Um- 
stellung Itlr  Buchstaben-,  unten  fbr  ZüTemdruck. 


können,  und  zwar  ist  die  Achse  zunächst  von  der  Typenrad- 
buchse  und  diese  von  der  Correktionsradbuchse  umgeben. 
Die  Typenradbuchse  reicht  mit  ihrem  hinteren  Ende  gerade 
durch  die  Correktionsradbuchse  hindurch,  und  dort  ist  ihr  ein 
eigenartig  geformter  Stahlhebel,  der  Wechselhebel')  aufgelötet 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  Hughes-Apparal.  .    357 

(Fig.  243b  und  c).  Dessen  eines  Ende  ist  zugespitzt  und  passt 
in  jeden  von  zwei  Ausschnitten-  einer  einschnappenden  Klinke, 
welche  Klinke  der  hinteren  Seite  des  Correktionsrades  auf- 
geschraubt ist.  Wird  in  der  nachher  zu  besprechenden  Weise 
der  Wechselhebel  aus  einem  Klinkenausschnitt  in  den  andern 
oder  wieder  zurück  geklappt,  so  dreht  sich  mit  dem  Wechsel- 
hebel auch  Typenradbuchse  und  Typenrad  und  zwar  um  den- 
selben Winkel,  wie  die  Mittellinie  des  Wechselhebels.  Dieser 
Winkel  ist  auf  '/»•  ■  360*  bemessen.  Das  Typenrad  wird  dem- 
nach durch  den  Wechselhebel  gerade  um  ein  Typenfeld  verstellt 
und  die  Typengruppe  gewechselt. 

Also  Correktions-  und  Typenrad  sind  trotz  der  Leichtigkeit 
des  Figurenwechsels  fest  miteinander  verbunden.  Wie  bekommen 
sie  nun  ihren  Halt  auf  der  Achse?  Durch  eine  zweite  und  mit 
Zähnen  versehene  Schnappklinke,  welche  ebenfalls  der  Rück- 
seite des  Correktionsrades  aufgeschraubt  und  in  der  Zeichnung 
fortgelassen  ist.  Diese  zweite  Klinke  packt  das  Friktionsrad 
mit  ihren  Zahnen  und  hält  dadurch  Correktions-  und  Typenrad 
am  Friktionsrad  und  damit  an  der  Achse  fest.  Nun  wird  aber 
verlangt,  dass  trotz  Weiterlaufs  der  Achse  das  Typenrad  in 
bestimmter  Stellung  stillgesetzt  werden  kann.  Die  Kupplung 
Zahnklinke/Friktionsrad  muss  deshalb  in  bestimmter  Stellung 
lösbar  sein.  Dazu  dient  der  vom  am  Apparat  sichtbare  Drei- 
fingerhebel (Fig.  243a).  Dessen  drei  Finger  sind  fest  miteinander 
verbunden.  Ein  Druck  des  Beamten  auf  den  Kopf  des  horizon- 
talen Fingers  lässt  die  beiden  andern  nach  rechts  schlagen. 
Dadurch  drangt  der  längere  von  beiden  die  Zahnklinke  vom 
Friktionsrad  ab  und  lOst  damit  die  Kupplung.  Das  plötzliche 
Feststellen  besorgt  dann  der  kürzere  der  nach  unten  gerichteten 
Finger  dadurch,  dass  er  mit  seinem  Keil  in  die  Nut  des  auf  die 
Correktionsradbuchse  aufgezogenen  Nutringes  eingreift,  sich 
gleichsam  einkrallt. 

Die  Feststellung  des  Typenrades  hat  erst  Zweck,  wenn 
bei  beiden  als  Geber  und  Empfanger  arbeitenden  Apparaten 
die  Typenrader  und  damit  zugleich  die  Schlitten  mit  gleich- 
förmiger und  mit  gleicher  Geschwindigkeit  umlaufen.  Beides 
besorgt  der  Bremsregulator.  Dieser  hat  also  beim  Hughes- 
apparat  ziuiächst  die  gleiche  Aufgabe  zu  versehen,  wie  beim 
Farbsehreiber    der  Windfang.     Er    halt,    unterstützt    von    dem 


DigitizsdbyGOOgle 


358  -  Der  Hughes-App.nH. 

Schwungrade,  die  Geschwindigkeit  des  Laufwerks  über  alle 
Störungen  fort,  peinlich  genau  auf  derselben  unveränderten 
Höhe.  Sie  sehen  ihn  hier  (Fig.  244)  Photographien  und  hier 
(Fig.  245)  gezeichnet.     Seine  vertikale  Achse,  von  einem  guss- 


Rremsregiilator. 

eisernen  Bocke  getragen,  wird  durch  Kegelräder  vom  Gleich- 
strommotor angetrieben.  Mit  ihr  drehen  sich  zwei  mit  Schwung- 
kugeln belastete  und  zur  leichteren  Abgleichung  der  Elastizität 
aus  Blattfedern  zusammengesetzte  Arme.  Je  schneller  die 
Drehung ,  umso  weiter  treibt  ähnlich ,  wie  beim  Wattschen 
Regulator,  die  Trägheit  die  Schwungkugeln  auseinander,  und 
umso  mehr  schleifen  zwei  weiter  oben  an  den  Armen  befestigte 
Bremspfropfen  aus  Leder  gegen  die  innere  Wand  eines  Brems- 
ringes.      Je    schneller    also    die    Drehung,    umso    mehr    wird 


DigitizsdbyGOO'^le 


Der  Huehes-Apparat.  359 

gebremst.')  Die  Geschwindigkeit  behält  demnach,  auch  wenn 
sie  sich  oben  ändern  will,  den  ihr  zukommenden  Wert  bei. 
Nun  soll  man  den  Wert  dieser  gleichförmigen  Geschwindigkeit 
in  gewissen  Grenzen  —  üblich  sind  zwischen  hundert  und 
hundertfttnfundzwanzig  Typenradtouren  in  der  Minute  —  ver- 
ändern können.  Das  geschieht  einfach  durch  Drehen  einer, 
den  Regulator  krönenden,  gesicherten  Regulierschraube.  Ihre 
Drehung  bewirkt  ein  Hochziehen  oder  Herablassen  der  an 
Stahldrähten  hängenden  Schwungkugeln  auf  den  Armen,  damit 
eine  Verkürzung  oder  Verlängerung  des  Hebelarmes  der  Kraft, 
mit  der  die  Kugeln  die  Arme  spreitzen  machen,  und  damit 
schwächere  oder  stärkere  Bremsung,  das  heisst  schnelleren 
oder  tangsameren  Lauf  des  Räderwerks. 


Den  mit  einander  sprechenden  Ämtern  ist  eine  Geschwindig- 
keit des  Räderwerkes  als  zwischen  ihnen  üblich  bekannt.  Der 
gebende  Beamte  erteilt  seinem  Apparat  {I)  durch  Einstellung 
der  Kopfschraube  am  Bremsregulator  ungefähr  diese  übliche 
Geschwindigkeit  und  drückt  eine  beliebige  Taste  mehrmals 
hintereinander.  Apparat  //  hat  die  Geschwindigkeit  I  auf- 
zunehmen. Läufi  er  von  vornherein  ebenso  schnell,  so  erscheint 
auf  seinem  Papierstreifen  wiederholt  ein  und  derselbe  Buchstabe. 
Es  ist  aber  noch  kein  Grund  vorhanden,  dass  das  auch  der  Buch- 
stabe ist,  dessen  Taste  der  Beamte  /  gedrückt  hat.  Wenn  aber 
Apparat  II  noch  nicht  die  Geschwindigkeit  von  /  aufgenommen 
hat,  so  wird  auf  dem  Papierband  II  eine  Reihe  verschiedener 
Buchstaben  abgedruckt.  Die  Folge  der  Buchstaben  zeigt,  welcher 
Apparat  schneller  läuft.  Liest  der  Beamte  II  zum  Beispiel  auf 
seinem  Papierband  r  q  p ,  so  weiss  er  (vergl.  Fig.  223),  dass  sein 
Apparat  mit  dem  des  Amtes  /  nicht  mitkommt.  Denn  dessen 
Typenrad  steht  mit  dem  r  schon  wieder  in  der  Druckstellung, 
das  seinige  erst  mit  q  und  dann  mit  dem  p.  Sein  Typenrad 
läuft  eben  langsamer,  als  das  des  Apparates  /.  Handelte  es 
sich  um  Uhren,  würde  die  seine  nachgehen.  Da  es  —  um  im 
Bilde   zu    bleiben    —  vorläufig    nicht    auf  gleiche    Zeitangabe, 

iisecsetil.    (Ihss    dor    Moloi-    mit    steigender    BelastunK   einen 


DigitizsdbyGOOgle 


360  I^cr  Hughcs-ApparaC. 

sondern  nur  auf  gleiche  Zeigergeschwindiglceit  ankommt,  so 
verstellt  er  nicht  die  Zeiger,  sondern  schiebt  den  Rocker  der 
hemmenden  Unruhe  weiter  auf  A  (Avant)  zu.  Dadurch  wird 
die  Hemmung  vermindert,  der  Lauf  beschleunigt.  Dasselbe 
erreicht  der  Beamte  am  Hughesapparat  //;  indem  er  die  Schwung- 
kugeln des  Bremsregulators  mit  der  Kopfschraube  vorsichtig 
solange  hebt,  bis  sich  auf  seinem  Papierband  immer  der  gleiche 
Buchstabe  wiederholt. 

Wie  erwähnt,  braucht  dieser  mehrfach  kommende  Buchstabe 
nicht  der  gleiche  zu  sein,  wie  der,  dessen  Taste  der  Beamte  I 
drückt.  Dazu  müssen  beide  Apparate  ausser  gleicher  Ge- 
schwindigkeit auch  gleiche  Phase  der  Bewegung  haben.  Ihr 
Lauf  muss  aus  einem  isochronen  zu  einem  synchronen  werden. 
Beide  Beamte  drücken  deshalb  auf  den  Kopf  des  Dreifinger- 
hebels. Sie  haben  gesehen,  dass  dadurch  das  mit  der  Typen- 
radachse  unverändert  weiter  laufende  Friktionsrad  das  mit  dem 
Typenrad  verbundene  Correktionsrad  sofort  fahren  lässt  und 
der  Keil  in  den  Nutring  der  Correktionsradbuchse  einschlägt. 
Das  Typenrad  wird  aus  vollem  Laufe  plötzlich  und  zwar  so 
festgestellt,  dass  sich  das  Buchstabenweiss  in  der  Druckstellung 
befindet. 

Jetzt  drückt  der  Beamte  I  die  erste  Blanktaste,  das  Buch- 
stabenweiss, Der  dadurch  erzeugte  Stromstoss  schnellt  auf 
beiden  Apparaten  gleichzeitig  den  Anker  hoch.  An  beiden 
Apparaten  veranlasst  der  Auslösehebel,  dass  sich  die  rotierende 
Schwungrad-  mit  der  ruhenden  Druckachse  kuppelt.  Früher 
war  der  Druckdaumen  (Fig.  242)  erwähnt  worden,  welcher,  ein 
seitUcher  Vorsprung,  an  der  Druckachse  sitzt  und  den  Druckhebel 
an  seinem  gekrümmten  Finger  mit  hochnimmt.  Die  Druckachse 
trägt  noch  einen  zweiten  seitlichen  Vorsprung:  den  Correktions- 
daumen  (Fig.  243c)  und  zwar  etwas  weiter  rückwärts,  dort,  wo 
sie  die  Ebene  des  Correktionsrades  schneidet.  Der  Correktions- 
daumen  passt  mit  seiner  Länge  eben  in  die  Breite  einer  Lücke 
des  Correktionsrades  hinein.  Ist  nun  durch  den  Stromstoss 
der  Buchstabenweisstaste  /  an  beiden  Apparaten  die  Druckachse 
in  Umdrehung  versetzt,  so  befreit  der  Correktionsdaumen  das 
Correktionsrad  von  seiner  Hemmung  und  hängt  es  gemeinsam 
mit  dem  Typenrade  dem  Friktionsrade  an.  Beide  Typenräder 
beginnen  ihren  gleich  schnellen  Lauf  aus  gleicher  Stellung  in 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  Hughcs-Apparat.  361 

dem  Augenblick,  in  welchem  der  Schlitten  I  auf  den  hoch- 
geschnellten  Contaktstift  des  Buchstabenweiss  stösst.  Sie 
laufen  demnach  mit  dem  Schlitten  /  synchron,  und  zwar  wird 
die  Drehungsphase  vom  Schlitten  J  angegeben  und  den  beiden 
Typenrädern  aufgenommen.  Ein  Schlitten  wirkt  immer  nur 
beim  Geben  mit  und  der  des  empfangenden  Apparates  beteiligt 
sich  gamicht  an  der  Übermittlung  der  Depesche.  Sein  Lauf 
ist  für  sie  gleichgiltig  und,  wenn  er  auch  ebenso  schnell  geschieht, 
wie  der  der  Typenräder  und  des  Schlitten  /,  so  ist  er  doch  — 
von  einem  Zufall  mit  kleiner  Wahrscheinlichkeit  abgesehen  — 
nicht  synchron. 

Der  Correktionsdaumen  dient  also  erstens  dazu,  das  Typen- 
rad im  richtigen  Augenblick  seine  Drehung  beginnen  zu  lassen. 
Zweitens  hat  er  den  Auftrag,  kleine  Abweichungen  des  Syn- 
chronismus zu  korrigieren.  Gerade,  während  gedruckt  wird, 
dreht  sich  der  Correktionsdaumen  gegen  den  Uhrzeiger  durch 
eine  Zahnlücke  des  mit  dem  Uhrzeiger  rotierenden  Correktions- 
rades  hindurch.  (In  der  von  hinten  gesehenen  Fig.  243  c  um- 
gekehrt.) Hierbei  lässt  das  Correktionsrad  bei  seinem,  also  auch 
des  Typenrades  vollendet  synchronen  Lauf  den  Correktions- 
daumen durch  die  Zahnlücke  unberührt  hindurch.  Sind  aber 
Correktions-  und  Typenrad  ein  klein  wenig  zurückgeblieben, 
so  giebt  der  Correktionsdaumen  dem  Correktionsrade  an  einer 
unteren  Zahnkante  einen  kleinen  Anstoss  nach  vorwärts  (auf- 
wärts), im  umgekehrten  Falle  an  einer  oberen  Zahnkante  nach 
rückwärts  (abwärts).  Der  über  alles  wichtige  Synchronismus 
ist  gerade  während  des  Drückens  wiederhergestellt.  Jeder 
Druck  einer  Type  wird  geneigt  sein,  den  Synchronismus  ein 
wenig  zu  stören.  Deshalb  folgt  sofort  die  Controlle  und  etwaige 
Abhilfe  durch  den  Correktionsdaumen.  Die  Unregelmässigkeit 
wird  sofort  wieder  ausgeglichen. 

Damit  ist  die  Thätigkeit  des  Correktionsdaumens  noch 
nicht  erschöpft.  Sie  erinnern  sich  des  Wechselhebels,  der  bei 
seinem  Umklappen  aus  einem  Klinkenausschnitt  in  den  andern 
das  Typenrad  um  ein  Typenfeld  verstellt.  Dieses  Umklappen 
besorgt  nun  auch  der  Correktionsdaumen  und  zwar  so:  Auf 
der  der  Klinke  gegenüberliegenden  Seite  endet  der  Wechsel- 
hebel in  dem  Wechselblatt,  welches  etwa  die  Form  eines  Kreis- 
segmentes  hat    und    um  eine  Schraube  drehbar    ist.     Es   trägt 


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362  Der  HiiEhes-Appaiat. 

zwei  Vorsprünge.  Der  eine  dieser  Vorsprünge  bedeckt  immer 
eine  Locke  zwischen  zwei  Zähnen  des  Correktionsrades,  wenn 
der  andere  nur  bis  an  die  Wurzel  der  beiden  eine  andere 
Lücke  bildenden  Zähne  heranreicht.  Diese  andere,  freie  Lücke 
ist  die  sechste,  wenn  man  die  bedeckte  als  die  erste  zählt. 
Ein  Druck  auf  das  Buchstabenweis  des  Apparates  I  lässt  den 
Correktionsdaumen  beider  Apparate  durch  die  (Fig.  243  c  oben) 
bedeckte,  —  die  Buchstabenlücke  gehen.  Dabei  schlägt  er  das 
Wechselblatt  so  bei  Seite,  dass  sich  das  —  von  hinten  gesehen  — 
gegen  den  Uhrzeigersinn  dreht  und  der  andere  Vorsprung  die 
sechste  Lücke  bedeckt.  Das  Wechseiblatt  nimmt  den  Wechsel- 
hebel mit  sich,  so  dass  er  sich  im  Uhrzeigersinne  dreht  und 
sein  spitzes  Ende  in  den  linken  Klinkenausschnitt  klappt.  Da- 
mit ist  das  Typenrad  zum  Druck  von  Buchstaben  umgestellt. 
Soll  mit  dem  Typenrade  der  umgekehrte  Figurenwechsel  vor- 
genommen werden,  so  drückt  der  gebende  Beamte  sein  Ziffern- 
weiss.  Der  Correktionsdaumen  schlägt  in  die  sechste,  die 
Ziffernlücke.  Das  Wechselblatt  dreht  sich  im  Uhrzeigersinn, 
der  Wechselhebel  dagegen  und  klappt  in  den  Ziffernausschnitt 
■der  Klinke.  Die  Verstellung  des  Typenrades  von  Buchstaben 
auf  Ziffern  und  Zeichen  geschieht,  immer  von  hinten  gesehen, 
gegen  den  Uhrzeiger,  und  so  sind  ja  auch  die  beiden  Bedeu- 
tungen einer  Taste  auf  dem  Typenrade  angeordnet. 

Wie  die  Blanktasten  ausser  dem  Figurenwechsel  der  Her- 
stellung der  Zwischenräume  dienen,  ergiebt  sich  aus  dem 
Vorhergehenden  von  selbst.  Für  Zwischenräume  zwischen 
Worten  wird  das  Buchstabenweiss,  zwischen  Ziffern  oder  Zeichen 
das  Ziffernweiss  gedrückt.  Der  Druckhebel  schlägt  dann  das 
Papierband  gegen  eine  nicht  mit  Typen  besetzte  Stelle  des 
Typenrades.  Gleichzeitig  geht  der  Correktionsdaumen  durch 
die  freie,  nicht  durch  die  vom  Wechselblatt  bedeckte  Lücke 
des  Correktionsrades,  demnach  ohne  Wirkung  hindurch.  Das 
Typenrad  bleibt  auf  die  Typengruppe,  die  es  eben  gedruckt 
hat.  weiter  eingestellt. 


Die  den  Hughesapparat  bedienenden  Beamten  lernen  gleich 
von  Anfang  an  folgende  Regel  kennen:  Während  eines  und 
desselben  Schlittenumlaufes  darf  nach  keiner  Taste  eine  nähere 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  Hughes- Apparat.  363 

gedrückt  werden,  als  die  filnfte  auf  sie  folgende  oder,  wenn 
jene  als  die  erste  gezählt  wird,  als  die  sechste.  Während  des 
gleichen  Schlittenumlaufs  kann,  auf  a  folgend,  nicht  b  oder  c 
oder  d  oder  e  gedruckt  werden,  sondern  erst  f.  Folgt  im 
Wortlaut  des  Telegramms  eine  nähere  Type,  so  ist  der  nächste 
Schlittenumlauf  abzuwarten,  der  —  wie  Sie  wissen  —  etwa 
eine  halbe  Sekunde  später  beginnt.  Immerhin  macht  die  Vor- 
schrift den  Hughesapparat  weniger  leistungsfähig,  als  er  ohne 
sie  sein  würde. 

Um  ihre  Notwendigkeit  einzusehen,  erinnere  man  sich,  dass 
die  Schwungradachse  gerade  sieben  Mal  so  schnell  umläuft, 
als  Typenradachse  und  Schlitten.  Die  Schwungradachse  ist 
pro  Tastendruck  solange  mit  der  Druckachse  gekuppelt,  als 
sie  einmal,  der  Schlitten  also  ein  Siebentel  Mal  umläuft  und 
als  er  dabei  über  ein  Siebentel  des  Umfanges  oder  '/t  .  28  ^= 
4  Contaktstifte  hinfährt.  Schwungrad-  und  Druckachse  sind 
nicht  nur  gekuppelt,  solange  der  Schlitten  sich  über  dem 
Contaktstift  der  gedrückten  Taste,  sondern  auch  noch,  während 
er  sich  aber  den  drei  nächsten  befindet.  In  dieser  Zeit  einen 
neuen  Stromstoss  zu  erzeugen,  hätte  keinen  Sinn.  Denn  der 
einzige  Zweck  des  Stromstosses,  Druck-  und  Schwungradachse 
plötzlich  zu  kuppeln,  ist  unausführbar,  weil  sie  noch  gekuppelt 
sind.  Also  während  eines  Schlittenumlaufes  darf  nach  a  weder 
b  noch  c  noch  d  gedruckt  werden.  Aber  wie  ist  es  mit  c? 
Das  ist  auch  noch  verboten,  und  doch  würde  sein  hoch- 
geschnellter Contaktstift  mit  seinem  Stromstoss  bewirken,  dass 
die  beiden  Achsen,  welche  sich  eben  entkuppeln  wollen,  weiter 
gekuppelt  bleiben.  Man  möchte  glauben,  alles  sei  in  Ordnung, 
und  e  würde  gedruckt.  Man  übersieht  dabei,  dass  zum  Ent- 
und  Wiederkuppeln  der  Achsen  Zeit  gehört.  Trotzdem  sie 
sicherlich  sehr  kurz  ist,  darf  sie  nicht  vernachlässigt  werden. 
Es  ist  der  Verlust  dieser  Zeit,  welcher  beim  Druck  auf  die  der 
gedrückten  (a)  folgende  vierte  Taste  (e)  fortfiele.  Zu  sicherem 
Abdruck  bleibt  nichts  übrig,  als  Ent-  und  Wiederkupplung  der 
Achsen  abzuwarten.  Erst  die  fünfte  folgende  Taste  (f)  darf 
gedrückt  werden.     Die  gegebene  Vorschrift  besteht  zu  Recht. 

Abgesehen  von  diesem  Abwarten  der  filnften  folgenden 
Type,  muss  der  Beamte  natürlich  aus  jedem  Schlittenumlauf 
soviel  Typen    herausholen,    als  ihm  der  Wortlaut  seines  Tele- 


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364 


Der  Hughes- Apparat. 


grammes  erlaubt.  Sobald  er  eine  Type,  deren  Druck  möglich 
ist,  auslässt,  verliert  er  damit  eine  volle  halbe  Sekunde.  Dabei 
finden  dann  sieben  Schwungradumläufe  bei  ruhender  Druck- 
achse und  demnach  statt,  ohne  dass  der  Correktionsdaumen 
den  Synchronismus  von  Correktions-  und  Typenrad  kontroUiert. 
Man  lauft  so  Gefahr,  dass  die  kleinen  Unregelmässigkeiten  des 
Laufes  zu  störender  Grösse  anwachsen. 

Dass  die  Dauer  des  jedesmal  in  die  Leitung  geschickten 
Stromstosses  in  der  That  sehr  klein  ist,  zeigt  folgende  Über- 
legung. Der  Schlitten  mache  hundertundzwanzig  Umdrehungen 
in  der  Minute,  jede  Umdrehung  daure  also  eine  halbe  Sekunde. 
Im  Stiftbüchsendeckel  sind  achtundzwanzig  Ausschnitte  vor- 
handen. Wenn  dann  der  Schlitten  ungefähr  die  doppelte  Breite 
hat  wie  die  Entfernung  zweier  Ausschnitte,  so  bleibt  er  etwa 
für  den  achtundzwanzigsten  Teil  einer  Sekunde  Ober  einem 
gehobenen  Contaktstift  und  solange  dauert  der  Stromstoss. 

Zum  Schlüsse  ist  noch  kurz  über  die  Schaltung  im 
Hughesapparate  zu  sprechen,  dabei  aber,  wie  sonst,  prinzipiell 
weniger  wichtiges  zu  übergehen.  Der  ankommende  Strom  geht, 
wie  die  Skizze  (Fig.  246)  zeigt,  von  der  Leitung  über  die  Magnet- 


Fig.  246.     Schaltung. 

Wicklung,  den  Apparatkörper,  die  Schlittenachse,  den  Contakt- 
hebel  und  dessen  Ruhecontakt  zur  Erde.  Warum  in  den 
Stromweg  eine  vom  Apparatkörper  isolierte  Feder  und  der 
Correktionsdaumen  eingeschaltet  ist,  werden  Sie  gleich  einsehen. 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  Hughes-Appar.t.  365 

Vorher  bitte  ich  noch  zweierlei  zu  beachten.  Erstens 
stösst  der  das  Typenrad  feststellende  Druck  den  Kopf  des 
Dreifingerhebels  auf  die  unter  ihm  angebrachte  s.  g.  Ausschluss- 
feder und  schliesst  dadurch  für  die  Dauer  dieses  Druckes 
auf  dem  oberen  der  beiden  gestrichelten  Stromwege  die  Magnet- 
wicklung kurz.  Für  die  Dauer  des  Feststellens  verhindert 
man  dadurch  eine  etwaige  störende  Verkupplung  der  Druckachse 
und  den  damit  verbundenen  Anstoss  des  Typenrades  durch  den 
Correktionsdaumen.  Ein  zweiter  Kurzschluss  der  Magnet- 
wicklung wird  durch  den  hochgeschnellten  Anker  besorgt. 
Dann  fliesst  ein  unnötig  lange  andauernder  Strom  der  fremden 
oder  der  eigenen  Batterie  auf  dem  unteren  gestrichelten  Wege 
über  Ankergestell,  Anker  und  Auslösehebel  an  der  kurz- 
geschlossenen Wicklung  vorbei  und  halt  den  Anker  nicht 
unnötig  hochgeklappt. 

Die  Abwärtsbewegung  des  Ankers  induziert  nun  in  der 
Magnetwicklung  eine  Elektromotorische  Kraft.  Nach  dem  Schema 
ist  das  ein  Fall  von  Ankerinduktion.  Diese  induzierte  Elektro- 
motorische Kraft  würde  in  der  Wicklung,  wenn  ihr  Kreis 
geschlossen  bliebe,  ein  Strom  hervorrufen.  Der  Induktionsstrom 
müsste  nun  nach  dem  Lenzschen  Gesetze  eine  solche  Richtung 
haben,  dass  er  den  sich  annähernden  Anker  abzustossen  sucht, 
mithin  eine  gleiche,  wie  der  kommende  oder  gehende  Tele- 
graphierstrom. Wir  hätten  denselben  Fall  wie  beim  Abwerfen 
des  Ankers  und  könnten  nicht  verlangen,  dass  dieser  jetzt, 
weil  es  uns  nützt,  auf  den  Polschuhen  haftet.  Er  flöge  eben 
einfach  wieder  ab.  Deshalb  ist  dem  Correktionsdaumen  zu 
seinen  drei  Aufträgen  noch  ein  vierter  geworden.  Sobald  die 
ihn  tragende  Druckachse  ihre  Bewegung  beginnt,  verlässt  er 
die  vom  Apparatkörper  isolierte  Feder.  Er  unterbricht  dadurch 
den  Stromkreis  der  Magnetwicklung  und  verhindert,  dass  die 
vom  Anker  in  ihr  induzierte  Elektromotorische  Kraft  einen 
schädlichen  Strom  hervorruft.  —  Dem  Lauf  des  abgehenden 
Stromes  kennen  Sie.  —  Sollte  man  Hughesapparate  statt  aus 
einer  Sammlerbatterie  noch  mit  Telegraphenelementen  speisen, 
so  gilt  die  Vorschrift,  nicht  mehr  als  drei  Apparate  parallel  an 
dieselbe  Batterie  zu  hängen. 


DigitizsdbyGOOgle 


Ucr   Hiiithef-Appara' 


D,„i,.,db,Google 


Der  Hughes-Apparat.  367 

Von  den  übrigen  Typendruckern  brauche  ich  nur  den 
Ferndrucker  kurz  zu  besprechen.  Er  dient  dem  Bedürfnis 
vieler  Geschäftsleute,  in  augenblicklichen  und  unmittelbaren 
Gedankenaustausch  zu  treten,  in  allen  den  Fällen,  da  der  Fem- 
sprecher versagt.  Der  Femsprecher  hat,  wie  jeder  Benutzer 
weiss,  eine  ganze  Reihe  von  unangenehmen  Eigenschaften :  Die 
gelegentlich  zur  Verzweiflung  bringende  Schwierigkeit,  sich 
deutlich  zu  verständigen,  —  die  Möglichkeit  wirklicher  oder 
absichtlicher  Missverständnisse,  umsomehr,  als  das  verhallende 
Wort  kein  Beweismittel  zurücklässt  und  dadurch  dem  Unehr- 
lichen erlaubt,  eine  Abmachung  nachher  zu  leugnen  oder  in 
seinem  Sinne  abzuändern  —  weiter  die  Leichtigkeit,  mit  der 
telephonische  Verabredungen  und  Aufträge  vergessen  werden, 
weil  eben  nichts  Geschriebenes  an  sie  erinnert  —  schliesslich 
die    mangelhafte  Geheimhaltung.     Alles    das    sind  Gründe,    die 


Fig.  24S.     Femdnickei'. 


D,„i,.,db,Google 


368  ^^^  Hughes- Apparat. 

den  Femsprecher  häufig,  jedenfalls  zu  wichtigeren  Verhandlungen 
und  Abschlüssen  höchst  ungeeignet  machen  und  für  solche  den 
unmittelbaren  telegraphischen  Verkehr  mit  dem  Femdrucker 
vorziehen  lassen.  Die  Teilnehmer  sind  an  ein  besonderes  Amt, 
angeschlossen,  wie  es  erst  ein  einziges  und  zwar  in  Berlin 
giebt  {Fig.  247).  Von  ihm  erhalten  sie  über  einen  nach 
Art  der  telephonischen  gebauten  Umschalter  den  verlangten 
Anschluss.  Beide  Teilnehmer  können  dann  mit  Hilfe  des 
Femdruckers  (Fig.  248),  der  das  Äussere  einer  Schreibmaschine 
hat  und  ebenso  bedient  wird,  unmittelbar  mit  einander  verkehren. 
Wenn  auch  die  gegenseitige  Aussprache  langsamer  und  weniger 
lebendig  ist,  als  am  Fernsprecher,  so  werden  dafllr  dessen 
Nachteile  vermieden. 

Auf  den  Bau  des  Ferndruckers  einzugehen,  scheint  mir 
nach  der  verhältnismässig  ausführlichen  Betrachtung  des  Hughes- 
apparates  nicht  angezeigt.  Erwähnt  sei  nur,  dass  auch  beide 
mit  einander  arbeitende  Ferndrucker  zwei  s3Tichrone  Typen- 
räder  enthalten,  die  aber  nicht  von  jedem  Apparat  einzeln, 
sondern  gemeinsam  vom  Sender  aus  elektromagnetisch  und 
zwangläufig  gedreht  werden,  ein  Prinzip,  nach  dem  schon  der 
alte  und  seit  Langem  verschwundene  Werner  -  Siemenssche 
Zeigertelegraph  gebaut  war. 

Sehr  zweckmässig  ist  auch  die  Einrichtung,  Ober  das  Fern- 
druckeramt auswärtige  Telegramme  an  das  Haupttelegraphen- 
amt zu  geben  und  von  ihm  zu  empfangen.  Dadurch  wird  die 
Befördemng  erheblich  beschleunigt.  Denn  man  weiss,  dass 
das  Abgeben  am  Schalter  und  das  Austragen  einen  wesent- 
lichen Teil  der  Beförderungszeit  beanspmcht.  Endlich  kann 
man  auf  dem  Amt  die  Apparate  aller  Teilnehmer  so  schalten, 
dass  sie  gleichzeitig  gewisse  gleichlautende  Nachrichten  erhalten, 
wie  etwa  den  Kurszettel  der  Börse  oder  die  Wolffschen 
Depeschen.  In  Bremerhaven  besteht  sogar  schon  seit  Längerem 
eine  Centrale,  die  unter  dem  Namen  Börsendrucker  den 
empfangenden  Teil  des  Ferndruckers  bei  hundert  Teilnehmern 
aufgestellt  hat  und  ihnen  wichtige  SchifFsnachrichten  übermittelt. 
Man  darf  annehmen,  dass  der  Ferndrucker  eine  aussichtsreiche 
Zukunft  hat.  Auch  der  hohe  Preis  wird  unsere  grossen  Berliner 
Unternehmungen  nicht  abhalten,  binnen  kurzem  ihre  Chefbureaus 
an  das  Ferndruckeramt  anzuschliessen. 


DigitizsdbyGOO'^le 


17.  Vorlesung. 

Kabelströme. 


Das  Ohmsche  Gesetz  gilt  nur  für  den  Dauerzustand,  nicht  füe  den  Telegraphierstrom. 
—  Selbstinduktion.  Kurvenaufnahme.  Capacitftl.  Lade-  und  Entladcstrom.  Ober- 
irdische Leitungen  und  Kabel.  —  Zusammensetiung  der  Kabel.  —  Slromverlauf  bei 
Widerstand  und  Selbstinduktion,  bei  Widerstand  und  CapacitSt  (Wassermode II),  bei 
Widerstand,  Selbst  indukUon  und  CapacitSt.  Batterie  scheinbar  kurzgeschlossen. 
Bedeutung  ihres  inneren  Widerstandes.  Ladezeit  von  der  EMK  unabhängig.  — 
Telegraphiergeschwindigkeit  dem   Produkte  GW  proportional. 


Die  heutige  Vorlesung  hat  die  interessante  Frage  nach  dem 
thatsächlichen  Verlaufe  der  Telegraphierströme  zu  beantworten. 
Sie  hat  uns  diesen  Verlauf  in  Bildern  zu  zeigen,  welche  die  im 
telegraphischen  Kreise  fliessende  Stromstarke  J  in  Abhängigkeit 
von  der  Zeit  t  wiedergeben.  Um  diesen  Verlauf  zu  verstehen, 
muss  man  aber  die  gewohnte  Vorstellung  aufgeben,  die  Tele- 
graphierströme seien  dem  Ohmschen  Gesetze  allein  unterworfen. 
Denn  dieses  gilt  in  seiner  gewöhnlichen  Form  nur  für  den 
sogenannten  Dauerzustand.  Nur  der  seit  Längerem  unver- 
ändert fliessende  Strom  ist  gleich  dem  Quotienten  aus  der 
Elektromotorischen  Kraft  der  speisenden  Batterie  und  dem 
gesamten  Widerstand  des  Stromkreises.  Ein  solcher  unverändert 
fliessender  Strom  ist  aber  der  telegraphische  durchaus  nicht. 
Vielmehr  entsteht  und  vergeht  er  fortwährend  durch  das 
wechselnde  Spiel  der  Morsetaste  oder  des  Hughescontakthebels. 
Es  ist  sogar  im  Grunde  gleichgiltig,  ob  mit  Arbeits-  oder  Ruhe- 
strom gearbeitet  wird.  Denn  es  sind  die  Veränderungen  des 
Stromes,  in  denen  der  Betrieb  besteht,  und  je  schneller  die 
Veränderungen,  umso  nützlicher  für  den  Betrieb.  Die  einfachen 
Beziehungen  des  Ohmschen  Gesetzes')  beherrschen  aber  nur 
den  Dauerzustand    und    reichen    für    den  veränderlichen-  nicht 


D,ü,i,z.db,Cooglc 


370  Kabelströme. 

mehr  aus.  Daran  sind  zwei  Eigenschaften  des  telegraphischen 
Stromkreises  Schuld :  Selbstinduktion  und  Capacität.  Sie  dürfen 
jetzt  nicht  langer  vernachlässigt  werden. 

Von  der  Selbstinduktion  ist  Ihnen  noch  in  Erinnerung, 
wie  sie  sich,  als  Gegenspannung  einer  Trägheit  ähnlich,  dem 
Anfangen  und  Aufhören  jedes  Stromes  entgegenstellte.  Be- 
sonders gross  war  sie  in  eisenerfüllten  Spulen,  so  gross,  dass 
ihr  Einfluss  den  des  Ohmschen  Gesetzes  ganz  bei  Seite  drückte 
(vgl.  S.  82),  Es  wird  Sie  darum  nicht  überraschen,  zu  hören, 
dass  die  Telegraphen apparate  durch  die  grosse  Selbstinduktion 
ihrer  Magnetwicklungen  das  plötzliche  Ansteigen  und  Abfallen 
der  Telegraphierströme  zu  verzögern  streben. 

Ein  sinnreiches  Verfahren  ermöglicht,  den  thatsächlichen 
Verlauf  von  Telegraphierströmen  aufzunehmen.  Wir  wollen 
uns  einige  solcher  Aufnahmen  genauer  ansehen.  Die  erste 
(Fig.  249)  zeigt  den  Verlauf  des  Morsestromes  in  einem  Strom- 


wmmmmmmmm^. 


►  Zeit  «tOiScÄneteiä^ 


Fig.  219.     Zeillicher  Verlauf  eines  Telegraph jerstromes. 

Der  Stromkreis   enthalt   den  Widerstand  W  und  die  Selbstinduktion  eitles  Morse  M. 

Nach  Franke. 


DigitizsdbyGOO'^le 


Kabelströme.  37 1 

kreise,  der  (nach  Fig.  249a)  neben  dem  bifilaren  Wider- 
stände TV  den  Farbschreiber  M  mit  seiner  Selbstinduktion 
enthält.  Der  Ort  der  Aufnahme  ist  durch  den  Punkt 
bezeichnet.  Deutlich  (Fig.  249  b)  verhindert  die  Selbst- 
induktion das  plötzliche  Ansteigen  des  Stromes.  Bei  ver- 
änderlichem Strome  gesellt  sich  dem  Ohmschen  Widerstände 
die  Induktanz  hinzu.  Diese  wird  erst  mit  der  allmählichen 
Herstellung  des  Dauerzustandes  Null,  und  ebenso  allmählich 
erreicht  unser  Morsestrom  den  durch  das  Ohmsche  Gesetz 
gegebenen  Wert.  Mit  dem  Loslassen  der  Taste  fällt  der  Strom 
hingegen  plötzlich,  in  0,0004  Sekunden,  zu  Null  ab.  Denn  der 
Stromkreis  wird  in  dieser  Zeit  unterbrochen,  und,  abgesehen 
von  dem  Öffnungsfunken,  der  als  Wechselstrom  in  der  Kurve 
nicht  bemerkbar  wird,  ist  es  zunächst  mit  der  Selbstinduktion 
aus.  Der  Tastenhebe]  klappt  dann,  nachdem  er  an  0,005  Sekunden 
in  der  Luft  geschwebt  hat,  hinten  auf  den  Ruhecontakt  und 
legt  damit  den  Leitungsweg  auch  am  gebenden  Ende  an  Erde. 
Jetzt  ist  wieder  ein  Stromkreis  geschlossen,  und  die  im  magne- 
tischen Kreise  des  Farbschreibers  noch  vorhandenen  Krafllinien 
erzeugen  bei  ihrem  gemächlichen  Verschwinden  einen  leisen 
und  allmählich  abklingenden  Induktionsstrom.  Dieser  erscheint 
als  Wirkung  einer  durch  die  Remanenz  des  Eisens  gleichsam 
aufgesparten  Selbstinduktion. 

Von  noch  grösserem  Einfluss  als  die  Selbstinduktion  ist 
telegraphisch  die  Capacität.  Erinnern  Sie  sich  bitte  daran, 
was  früher  über  Leydener  Flaschen  und  andere  CondensatorÖn 
gesagt  worden  ist,  und  insbesondere  an  den  Condensatorversuch 
(Fig.  74  und  75  auf  S.  116),  der  hier  (Fig.  250a),  ein  wenig 
abgeändert,  nochmals  aufgebaut  steht.  Zwischen  Galvanoskop 
und  Condensator  liegt  jetzt  ein  Widerstand,  der  mit  dem  des 
Galvanometers  zusammen  500  Ohm  ausmacht.  Sonst  kommt  die 
Anordnung  auf  die  von  früher  heraus.  Die  Batterie  hat  die 
Klemmenspannung  10  Volt,  der  Condensator  die  Capacität  1  MF. 
Wird  nun  die  Taste  gedrückt,  so  stürzt  im  selben  Augenblick 
in  den  Condensator  ein  Ladestrom  hinein,  der  aber  gleich 
wieder  und  zwar  zunächst  sehr  schnell,  dann  immer  langsamer 
an  Grösse  abnimmt.  Darauf  schaltet  die  losgelassene  Taste  die 
Stromquelle  ab,  und  der  durch  Widerstand,  Galvanoskop  und 
Erde  geschlossene  Condensator  giebt  seine  Ladung  wieder  her. 


Digitiz.db^COO'^le 


372  Kabelalröme. 

Natürlich    verläuft    der  Entladestrom  rückwärts,    das   heisst  in 
der  dem  Ladestrome  entgegengesetzten  Richtung. 

Offenbar  verlangt  hiernach  die  ursprüngliche  Anschauung, 
dass  es  Ströme  nur  in  metallisch  oder  elektrolytisch  geschlossenen 
Kreisen  gebe,  für  die  in  der  Nähe  des  ÖfFnens  und  Schliessens 


H — äOOOltm  - 


Fig.  250.      Zeitlicher  VerUitr  von  Ladungs-  und  Entladungsstrom 
im  Kreise  mit  WidcrsUnd  und  Capacität.     (Schematisch. 


liegende  Zeit  eine  Abänderung;  benimmt  sich  doch  der  Con- 
densator  vorübergehend  so,  als  ob  sein  Dielektrikum- leitend 
geworden  wäre.  Bei  der  Ladung  des  Condensators  werden, 
wie    Sie    (von    S.  1 10)    wissen,    im    Dielektrikum    die    an    den 


,,Cooglc 


Kahelalröme.  373 

Belegungen  angeKefteten  elektrischen  Kraftlinien  gespannt,  bei 
der  Entladung  abgespannt.  Dieses  zweimalige  Verschieben  der 
elektrischen  Teilchen  findet  auf  dem  Wege  durch  das  Dielektrikum 
in  einer  Art  Strom,  dem  Verschiebungsstrome  statt.  Erst 
wenn  die  Teilchen  der  Ladespannung  entsprechend  verschoben 
sind,  für  den  Dauerzustand,  bildet  der  Condensator  für  den  Strom- 
durchgang einen  Schlagbaum.  Für  Ladung  und  Entladung  aber, 
vorübergehend  ist  eine  Art  geschlossener  Stromkreis  vorhan- 
den, durch  den,  wie  man  es  auch  von  einem  rein  metallischen 
nicht  anders  verlangen  kann,  gleiche  Mengen  positiver  und  nega- 
tiver Elektricitat  aneinander  vorbeifliessen.  Wollte  man  nach  dem 
"vorhin  erwähnten  Verfahren  von  dem  Verlaufe  des  Lade-  und 
Entladestromes  eine  Aufnahme  machen,  so  entstände  ein  Bild 
von  dieser  Art  {Fig.  250b).  Die  Lade-  und  Entladespitze  ist  so 
hoch,  als  ob  thatsächlich  beidemal  der  Condensator  im  ersten 
Augenblick  widerstandslos  durchflössen  würde.  Rechnen  Sie 
ftlr  beide  Spitzen  den  Widerstand  W  des  Stromkreises  aus: 

V  Ifl 

"'=  j  =-2o:io--  =  ^™o'«"- 

Für  das  Dielektrikum  bleibt  kein  Widerstand  übrig.  Um  über 
die  Grösse  der  eingeladenen  ElektricitStsmenge  eine  Vorstellung 
zu  gewinnen,  mögen  Sie  sich  den  fortwahrend  seine  Grösse 
ändernden  Ladestrom  durch  einen  unveränderten  Gleichstrom 
von  mittlerem  Werte  ersetzt  denken.  Diesen  Mittelwert  liefert 
ein  geometrisches  Verfahren  für  unsere  Aufnahme  zu  etwa 
3  Milliampere,  und  so  werde  er  als  gestrichelte  Horizontale  in 
die  Zeichnung  eingetragen.  Fliessen  3  Milliampere  0,0035  Sekun- 
den lang,  so  werden  (nach  Q  t=  J .  i)  1,05.  10-^  Coulomb 
befördert.  Bei  10  Volt  Ladespannung  würde  demnach  der 
Condensator  (vgl.  S.  102)  eine  Capacität  von 


i:  10        Volt 

haben,  was  mit  dem  vom  Lieferanten  auf  ihm  vermerkten 
Werte  stimmt.  Dieses  alles  führe  ich  nur  an,  um  Sie  mit  dem 
merkwürdigen  Ding:  Condensator  ein  wenig  vertraut  zu  machen. 


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374  Kabelströme. 

Capacität  besitzen  nun  nicht  nur  Leydener  Flaschen 
und  Plattencondensatoren,  sondern  alle  Leiter,  Denn 
jeder  Leiter  ist  in  ein  Dielektrikum  eingebettet  und  hat  dort 
andere  Leiter  zu  Nachbarn.  Auch  die  Telegraphenleitung 
spielt  die  Rolle  einer  Flaschenbelegung.  Die  andere  Belegung 
wird  von  einer  Nachbarleitung  gebildet,  oder  vom  feuchten 
Erdreich,  oder  von  einer  Reihe  Häuser,  oder  Säfte-führender 
Bäume.  Abgesehen  von  den  Porzellanglocken,  liefert  die  zwischen 
liegende  Luftschicht  das  Dielektrikum.  Seiner  Zeit  ist  nun  ab- 
geleitet worden,  dass  die  Capacität  eines  Condensators  der 
Grösse  der  belegten  Fläche  des  Isolators  und  der  Dielektricitäts- 
constante  direkt  und  seiner  Dicke  umgekehrt  proportional 
ist.  Die  Capacität  einer  Telegraphenleitung  ist  deshalb  ihrer 
Länge  und  Dicke  proportional.  Die  Erscheinungen,  welche 
die  Capacität  hervorruft,  und  welche  für  kurze  oberirdische 
Leitungen  allenfalls  übersehen  werden  können,  machen  sich  bei 
langen  schon  mehr  bemerkbar,  die  noch  dazu  mit  vergrösserter 
Länge  zur  Widerstandsverminderung  grössere  Dicke  vereinigen. 
Da  es  sich  um  lange  Leitungen  handelt,  können  nur  solche  in 
Frage  kommen,  die  mit  Arbeitsstrom  betrieben  werden.  Denn 
sder  Ruhestrom  dient  dem  Kleinverkehr  einer  grösseren  Zahl 
nahe  gelegener  Orte«.  Auf  den  langen  Leitungen  des  ameri- 
kanischen Ruhestromes  andererseits,  wird  thatsächlich  mit 
Arbeitsstrom  gegeben  (Vgl.  S.  323).  Dass  dabei  vor  Beginn 
des  Telegrammes  Strom  fiiesst,  kann  nur  für  seine  ersten  Zeichen 
von  Einfluss  sein.  Nun  dienen  ausser  den  über  Tag  geführten, 
durch  Luft  und  Porzellan  isolierten  Leitungen  noch  Kabel  zu 
telegraphischer  Verbindung.  Die  Erscheinungen,  die  wir  heute 
mit  einander  zu  besprechen  haben,  treten  nun  allerdings  schon 
in  langen  Oberleitungen  auf  und  sind  bei  denen  wohl  zu  be- 
achten. Aber  ihr  eigentlicher  Sitz  sind  doch  erst  die  Kabel, 
und  erst  dort  gewinnen  sie  ihre  ausserordentliche  Bedeutung. 
Wir  begehen  deshalb  keinen  grossen  Fehler,  wenn  wir  unsere 
heutige,  etwas  mehr  theoretische  Vorlesung,  Kabelströme  und 
unsere  nächste,  etwas  mehr  praktische,  Kabelbetrieb  über- 
schreiben. 

Zuerst  einige  Worte  über  die  Kabel  selbst.  Es  giebt  Land-, 
Flus.s-  und  Seekabel.  Bei  allen  drei  Arten  bildet  Kupfer  das 
Leitungsmaterial,  die  Kabelseele,  sei  es  als  massiver  Draht, 


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Kflbelatrömc.  375 

sei  es  als  aus  dünnen  biegsamen  Faden  hergestellte  Litze.  Die 
Kabelseele  ist  zur  Isolation  mit  getränkter  Pflanzenfaser,  wie 
Jute,  umsponnen,  oder  mit  der  teueren  Guttapercha  umpresst. 
Zu  vermehrter  Festigkeit  kann  die  Guttapercha  in  mehrere 
Cylinder  unterteilt  sein,  welche  durch  ein  Klebegemisch  {Chatter- 
ton Compound)  untereinander  und  auf  dem  Kupferleiter  haften. 
Das  bis  jetzt  beschriebene,  also  Leiter  mit  Isolation,  heisst 
Kabelader.  Die  Kabeladern  werden  zu  mehreren  oder  vielen 
mit  einander  vereinigt  und  zwar  zur  Vermehrung  der  Zug- 
festigkeit, wie  die  Teile  eines  Bindfadens  mit  einander  verseilt. 
Den  verseilten  Adern  verleiht  dann  nach  aussen,  so  weit  not- 
wendig, ein  aufgepresster,  manchmal  doppelter  Mantel  aus  Blei 
und  S"/«  Zinn  chemischen,  ein  Panzer  von  Drähten  oder  Bändern 
aus  Eisen  oder  Stahl,  mechanischen  Schutz.  Damit  der  Panzer 
nicht  den  Bleimantel  oder,  wenn  kein  solcher  vorhanden  ist, 
die  Isolation  verletzen  kann,  liegt  unter  ihm  eine  Schutzdecke 
aus  Jute  oder  Hanf.  Vor  Rost  wird  die  Bewehrung  durch  Ver- 
zinken und  durch  Jute  und  Asphalt  geschützt.  Dass  die  Kabel 
in  jedem  Falle  ganz  dem  besonderen  Zweck  angepasst  sind, 
dem  sie  dienen  sollen,  ist  bekannt,  so  zum  Beispiel,  dass  dasselbe 
Unterseekabel  in  dem  Teile  viel  leichter  gepanzert  ist,  in  dem 
es  auf  dem  tiefen  Grunde  des  Weltmeeres,  als  da,  wo  es  in 
der  zermürbenden  Brandung  der  Küste  ruht. 

Die  unseren  Vorlesungen  gesteckten  Grenzen  erlauben 
nicht,  auf  Zusammensetzung  verschiedener  Typen  der  Kabel, 
auf  Fabrikation  und  Verlegung  einzugehen.  Uns  sind  sie  nur 
Leydener  Flaschen  (vgl.  S.  101).  Die  kupferne  Seele  bildet 
die  innere  Belegung,  der  Bleimantel  oder  der  Panzer  oder  das 
Wasser  oder  das  feuchte  Erdreich  die  äussere.  Das  Dielektrikum 
liegt  in  dünner  Schicht  dazwischen  und  besitzt  dazu  eine 
wesentlich  höhere  Dielektricitatsconstante,  als  die  Luft.  Aus 
beiden  Gründen  haben  Kabel  eine  rund  an  dreissig  mal  so 
grosse  Capacitat,  als  gleich  lange  oberirdische  Leitungen.  Die 
beiden  Capacitäten  pro  Kilometer  Länge  liegen  in  den  Grössen- 
Ordnungen  0,01  und  0,25  MF. 

Nehmen  Sie  an,  dass  die  früher  einmal  betrachtete  Ober- 
leitung von  2500  Ohm,  das  heisst  ein  234  mm  langer,  vier- 
millimetriger  Eisendraht  vollkommen  isoliert  wäre.  Wenn  nach 
der  Angabe  von  eben  die  Capacitat  mit  etwa  2,3  MF  richtig 


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376  Kabdatröme. 

geschätzt  ist,  so  schickt  jedes  Volt  der  speisenden  Batterie 
2,3.10-"  und  die  ganze  vierzigzellige  Batterie  94.10-"  oder 
ungefähr  V">ooo  Coulomb  in  die  Leitung.  Das  mag  wenig  er- 
scheinen. Betrachten  Sie  aber  ein  500  m  langes  Kabel  von 
112  JlfF  Capacität  mit  einer  Speisebatterie  von  etwa  60  Volt. 
Zur  Ladung  des  Kabels,  dessen  Isolation  auch  in  Wirklichkeit 
als  vollkommen  angesehen  werden  kann,  sind  60. 112.  10"  = 
6,7.10-^  Coulomb  erforderlich.  Es  wäre  ein  Irrtum,  diese 
Elektricitätsmenge  telegraphisch  für  klein  zu  halten.  Nähme 
man  zum  Beispiel  nur  an,  die  Ladung  dauere  eine  ganze 
Sekunde  —  thatsächlich  verläuft  sie  sehr  viel  schneller  —  und 
ginge    in    gleichmässigem    Flusse,    in    der    Grösse    des  vorhin 

betrachteten    Mittelwertes    vor    sich,    so  würde    nach  J  =  -^ 

der  Ladestrom  schon  6,7  Milliampere,  die  Hälfte  des  vorschrifts- 
mässtgen  Dauerstromes  ausmachen. 

Nun  verlaufen  aber  Ladeströme  durchaus  nicht  in  gleich- 
mässigem Flusse.  Das  zeigt,  wie  das  schematische  Beispiel  von 
eben  (Fig.  250),  auch  die  zweite  der  thatsächlich  aufgenommenen 
Kurven.  Bei  der  ersten  Aufnahme  war  der  Stromkreis  mit 
Widerstand  und  Selbstinduktion  ausgerüstet.  Jetzt  ist  er  es  mit 
Widerstand  und  Capacität  (Fig.  251a).  Während  aber  vorhin 
das  Dielektrikum  den  Leiterkreis  unterbrach,  sehen  Sie  dieses 
Mal  die  Capacität  im  Nebenschlüsse,  seitlich.  Zwischen  bifilaren 
Widerständen  liegt  die  eine  Belegung  eines  Condensators.  Seine 
zweite  ist  zur  Erde  abgeleitet.  Zur  Vermeidung  von  Selbst- 
induktion ist  der  Farbschreiber  fortgelassen  und  das  Empfangsende 
der  Leitung  unmittelbar  geerdet.  Die  Kurve  (Fig.  251  b)  zeigt  nun 
den  Stromverlauf,  wie  er  gleich  hinter  der  Taste  bei  Punkt  1 
aufgenommen  ist.  Mit  dem  Tastendruck  setzt  augenblicklich  ein 
heftiger  Strom  ein,  der  aber  sehr  bald  —  in  etwa  0,005  Sekunden 
—  zu  dem  Werte  des  Dauerzustandes  abfällt.  Die  Unterbrechung 
der  Taste  macht  ihn  dann  so  gut,  wie  augenblicklich,  zu  Null, 
auf  welchem  Werte  er  während  ihrer  Schwebelage  beharrt. 
Dann  legt  die  zurückgeklappte  Taste  den  Condensator  auch  am 
Leitungsanfang  an  Erde,  und  sofort  stürzt  ein  Teil  der  ein- 
geladenen Coulomb  rückwärts  wieder  heraus.  Ganz  wie  bei 
der  Ladung,  nimmt  der  Strom  schnell  an  Heftigkeit  ab  und 
wird  im  Verlaufe  von  etwa  0,01  Sekunden  praktisch  zu  Null. 


DigitizsdbyGOOgle 


Kflbelströme.  377 

Nun  ist  bei  unveränderter  Schaltung  der  Stromverlauf  noch 
einmal  aufgenommen  worden.  Aber  der  Aufnahmeapparat  lag 
dieses  Mal  statt  im  Punkte  I  im  Punkte  II.  Die  neue  Kurve 
(Fig.  251c)  muss  Ihre  lebhafte  Verwunderung  hervorrufen. 
Denn   sie  unterscheidet  sich,    und  noch  dazu  vollständig,    von 


Fig.  251.      Slromverlauf  in  einen 
ind  und  seillielier  Capacitat.   —   6  ii 
Nach    Franke. 


der  vorigen.  An  zwei  Punkten  ein  und  desselben  Strom- 
kreises ist  der  Strom  verlauf  verschieden,  während  Ihnen 
(vgl,  S.  7)  als  ausgemacht  und  als  Grundgesetz  mitgeteilt  worden 
ist,  dass  durch  jeden  Querschnitt  eines  Stromkreises  jeder  Zeit 
gleiche  Elektricitätsmengen  fliessen.  War  es  doch  auch  nur 
eine    scheinbare  Ausnahme  von   diesem  Grundgesetz,    dass    in 


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378  Kabelströme. 

einer  mangelhaft  isolierten  Telegraphenleitung  der  Strom  am 
Anfang  grösser  ist,  als  am  Ende.  Denn  dort  liegt  eine  fort- 
gesetzte Stromverzweigung  vor.  Bei  unserer  Versuchsanordnung 
sind  aber  erstens  Stromverluste  ausgeschlossen  und  zweitens 
ist  der  Strom  hinter  dem  Condensator  nicht  nur  ein  wenig 
kleiner,  als  vor  ihm,  sondern  er  hat  einen  ganz  anderen 
Charakter.  Denken  Sie  sich  in  eine  lange  Leitung  an  ver- 
schiedenen Stellen  Galvanoskope  eingeschaltet  und  die  gebende 
Taste  dauernd  gedrückt.  Die  Galvanoskope  schlügen  nicht 
zur  gleichen  Zeit  aus.  Vielmehr  würde  jedes  mit  seiner  Ab- 
lenkung um  einen  umso  grösseren  Zeitbruchteil  später  beginnen, 
je  weiter  es  vom  gebenden  Amte  entfernt  ist.  Kehren  wir  nun 
zu  unserer  Stromaufnahme  (Fig.  251)  zurück.  Mit  Stromschluss 
stürzen  die  Coulomb  heftig  in  den  Leiterkreis  hinein  (I).  Aber 
sie  bleiben  zum  grossen  Teile  im  Condensator  haften,  und  nur 
zum  kleinen  und  allmählich  fliessen  sie  heraus  (II).  Beide 
Kurven  erreichen  darauf  gleichzeitig  den  Ohmschen  Dauer- 
wert. Während  aber  dann  bei  I  das  Abschalten  der  Strom- 
quelle den  Stromkreis  augenblicklich  unterbricht  und  das  gleich 
folgende  Erden  den  heftigen  Rückstoss  ergiebt,  entladet  sich 
bei  II  der  Condensator  ganz  gemächlich  und  ziemlich  gleichgiltig 
gegen  die  Vorgänge  am  Leitungsanfang.  Die  Kurvenaufnahme 
liefert  so  das  telegraphisch  bedauerliche  Ergebnis:  Das  Ende 
einer  Capacität  und  Widerstand  führenden  Leitung 
gehorcht  den  frischen  und  lebhaften  elektrischen 
Weisungen  der  Taste  am  Leitungsanfang  nur  träge 
und  schleppend. 

Die  beiden  Kurvenaufnahmen  haben  getrennt  von  einander 
die  Wirkung  von  Widerstand  und  Selbstinduktion  und  von 
Widerstand  und  Capacität  auf  den  Telegraphierstrom  ergeben. 
Ehe  wir  nun  beide  Schaltungen  zu  dem  praktischen  Falle  des 
gemeinschaftlichen  Vorhandenseins  von  Widerstand,  Selbst- 
induktion und  Capacität  vereinigen,  möchte  ich  Ihnen  erst  noch 
ein  bekanntes  Modell  zeigen.  Sie  werden  an  ihm  sehen,  wie 
einfach  —  solange  es  sich  um  eine  elementare  Betrachtung 
handelt  —  die  so  wichtigen  Erscheinungen  sind,  die  die  Capacität 
beim  Telegraphieren  hervorruft.  Aus  einem  erhöht  hängenden 
Vorratsgefäss  wird  über  einen  Hahn  ein  längeres  horizontales 
Glasrohr  mit  gefärbtem  Wasser  gespeist.     Der  Hahn  soll  dabei 


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Kabelströme.  379 

die  Taste,  das  Glasrohr  die  praktisch  capacitätslose  Telegraphen- 
leitung, sein  nach  oben  umgebogenes,  etwas  ausgezogenes  und 
offenes  Ende  das  Empfangsamt  vorstellen.  Durch  Öffnen  und 
Schliessen  des  Hahnes  hier  wird  das  Geben,  durch  den  nach 
dem  Gesetze  der  kommunizierenden  Röhren  hervorspringenden 
Wasserstrahl  dort  der  ankommende  Telegraphierstrom  nach- 
geahmt. Mit  dem  Öffnen  des  Hahnes  springt  am  offenen  Ende 
des  Rohres  der  Strahl  sofort  in  die  Höhe,  mit  dem  Schliessen 
fällt  er  sofort  ab.  Die  mit  dem  Hahn  gegebenen  Morsezeichen 
lesen  Sie  deutlich  aus  dem  springenden  Strahle.  Während  der 
ganzen  Dauer  des  Versuches  wird  jeder  Rohrquerschnitt  von 
einer  gleichen  Wassermenge  durchflössen. 

Lassen  Sie  uns  jetzt  das  horizontale  Giasrohr  durch  einen 
ebenso  langen  Gummischlauch  mit  dünner  elastischer  Wand 
ersetzen,  sonst  aber  die  Versuchsanordnung  beibehalten.  Wie 
früher  das  Rohr,  ist  jetzt  der  Gummischlauch  mit  Wasser 
gefüllt.  Nun  wird  der  Hahn  geöffnet,  aber  noch  spielt  kein 
Strahl.  Das  in  den  Schlauch  eintretende  Wasser  wird  erst 
dazu  verwandt,  seine  Gummihaut,  vom  Schlauchanfang  an  fort- 
schreitend über  die  ganze  Länge,  soweit  zu  dehnen,  als  dem 
Wasserdruck  entspricht.  Erst  nachdem  das  geschehen,  beginnt 
der  Strahl  zu  springen.  Auch  erreicht  er  nur  allmählich,  nicht 
wie  früher,  plötzlich,  die  ihm  zukommende  Höhe.  Dem  ent- 
sprechend macht  das  Schliessen  des  Hahnes  den  Wasserstrahl 
nicht  plötzlich  fallen.  Es  vergeht  einige  Zeit,  bis  er  zu  spielen 
aufhört.  Denn  die  jetzt  zu  Unrecht  gespannte  Gummihaut  muss 
erst  das  unter  dem  früheren  Drucke  aufgenommene  und  jetzt 
überschüssige  Wasser  entlassen. 

Wie  das  Glasrohr  den  idealen  Leiter,  so  stellt  der  Gummi- 
schlauch den  ladungsfahigen  vor.  Sofort  lässt  am  Ende  das 
Glasrohr  so  viel  Wasser,  der  ideale  Leiter  soviel  Elektricität 
austreten,  als  am  Anfang  eintritt.  Der  Gummischlauch  ladet 
sich  erst  mit  Wasser,  das  Kabel  mit  Elektricität,  ehe  am 
Ende  ein  Austritt  erfolgt.  Es  entsprechen  sich  Capacität  und 
Elasticität,  Leiterlänge  und  Schlauchlänge,  elektrische  Spannungs- 
differenz zwischen  den  Enden  der  Leitung  und  mechanische  Druck- 
differenz zwischen  denen  des  Schlauches.  Natürlich  bleiben  wir 
uns  bewusst,  dass  das  Modell  nur  ein  äusserliches  Bild  des 
elektrischen  Vorganges  liefert. 


DigitizsdbyGOOgle 


380  Kabelströme. 

Das  Wassermodell  bestätigt  grob  sinnlich  die  aus  der  zweiten 
Kurvenaufnahme  für  die  Telegraphie  gewonnenen  Erfahrungen. 
Die  Capacität  einer  Leitung  erzwingt  ein  langsameres  Tele- 
graphieren. Zwischen  das  Geben  eines  Zeichens  und  seine 
Ankunft  auf  dem  Empfangsamte,  schiebt  die  Leitung  ihren 
Anspruch  an  Ladung  ein.  Schaltet  dann  die  losgelassene 
Taste  die  Batterie  ab  und  legt  die  Leitung  auch  auf  dem 
gebenden  Amte  an  Erde,  so  strömen  dieser  die  beim  Geben 
eingeladenen  Coulomb  über  die  Morseapparate  beider  Ämter 
zu.     Ein  neues  Zeichen  verlangt  neue  Ladung. 

Der  Verlangsamung  des  Telegraphierens,  der  Möglichkeit, 
kostspielige  Leitungen  umso  weniger  ausnützen  zu  können,  je 
länger  und  damit  kostspieliger  sie  sind,  fügt  sich  ein  weiterer, 
dem  ersten  im  Wesen  eng  verwandter  Nachteil  hinzu.  Bei 
Verwendung  des  Glasrohres  sahen  Sie  den  Wasserstrahl 
ebenso  scharf  und  rythmisch  ansteigen  und  abfallen,  als  es  mir 
möglich  ist,  den  Hahn  zu  bedienen.  Bei  der  Gummileitung 
dauerte  es  erstens  einige  Zeit,  bis  der  Strahl  überhaupt  zu 
spielen  anfängt.  Aber  auch  dann  springt  er  nicht  scharf 
und  energisch,  sondern  nur  allmählich  und  unbestimmt  an  und 
erreicht  seine  Höhe  erst  wahrend  des  Spielens.  Ebenso  ver- 
geht nach  dem  Schliessen  des  Hahnes  nicht  nur  Zeit,  bis  der 
Strahl  abfallt.  Er  thut  das  auch  nicht  scharf  und  in  einem 
Augenblick,  sondern  verkleinert  seine  Höhe  nur  allmählich 
und  verschwindet  erst  ganz,  wenn  das  elastisch  eingeladene 
Wasser  vollständig  wieder  heraus  gedrückt  ist.  Ebenso  geht 
es  mit  den  telegraphischen  Zeichen  im  Capacität -führen  den 
Leiter.  Auch  sie  setzen  nicht  mehr  scharf  und  energisch 
ein  und  reissen  nicht  mehr  deutlich  ab.  Sie  kommen  ver- 
waschen.    Sie  laufen  zusammen. 

Über  den  Stromverlauf  in  Kreisen,  die  getrennt  entweder 
Selbstinduktion  oder  Capacität  enthalten,  sind  Sie  unterrichtet. 
Der  wirkliche  Fall,  der  beide  vereinigt,  ergiebt  sich  nun  von 
selbst.  Dabei  schreiben  wir  die  Selbstinduktion  allein  den 
Apparaten,  die  Capacität  der  Leitung  zu.  Freilich  ist  im 
praktischen  Falle  die  Capacität  nicht,  wie  früher,  auf  einem 
vom  Widerstände  gesonderten  Condensator  zusammengefasst, 
sondern,  in  ihren  kleinsten  Teilen  mit  denen  des  Widerstandes 
vereinigt,  über  die  ganze  Länge  der  Leitung  verteilt. 


DigitizsdbyGOOgle 


Kabelströme.  381 

Zur  Aufnahme  des  der  Wirklichkeit  entsprechenden  Strom- 
verlaufes ist  das  vorhin  erwähnte  Kabel  von  500  km  Länge 
und  112  MF  Capacität  in  einfacher  Morseschaltung  (Fig.  252  a) 
betrieben  worden.     Betrachten  Sie  zunächst  Kurve  I  (Fig.  252b), 


DigitizsdbyGOO'^le 


382  Kabelströme. 

die  beim  Punkte  I  dicht  hinter  der  Taste  aufgenommen  ist. 
Als  Folge  der  grossen  Capacität  tritt  eine  hohe  Ladespitze  auf, 
welche  —  verglichen  mit  der  anderen  Aufnahme  —  hier  aus 
Raummangel  sogar  nur  in  etwa  halber  natürlicher  Grösse 
gezeichnet  ist.  Der  Ladestrom  nimmt  dann  in  gewohnter  Weise 
erst  schnell,  dann  allmählich  ab.  Er  ist  aber  noch  nicht  auf 
den  durch  die  gestrichelte  Horizontale  bezeichneten  Dauerstrom 
gesunken,  als  ihn  das  Loslassen  der  Taste  mit  eins  unterbricht. 
Während  ihrer  Schwebelage  bleibt  er  Null.  Jetzt  liegt  der 
Tastenhebel  auf  dem  Ruhecontakt,  und  trotzdem  beginnt  nun  die 
Entladung  des  Kabels  nicht  in  der  erwarteten  Heftigkeit.  Vielmehr 
ist  die  bei  der  Ladung  so  ausserordentlich  hohe  Spitze  bei  der 
Entladung  zu  einer  verhältnismässig  seichten  Ausbauchung 
abgeflacht.  Jetzt  fliesst  nämlich  der  Rückstoss  nicht  mehr 
unmittelbar  und  ungestört  zur  Erde.  Sondern  die  der  Wirklich- 
keit nachgeahmte  Schaltung  enthält  zwischen  Ruheschiene  der 
Taste  und  Erde  einen  Morse.  Dessen  Selbstinduktion  puffert 
den  Entladungsstoss  ab.  Sie  beachten,  wie  hier  Selbstinduktion 
und  Capacität  einander  entgegenwirken,  wie  die  eine  die  andere 
unschädlich  machen  kann.  Mit  dem  Ende  der  Aufnahme  ist 
der  Entladestrom  noch  nicht  zu  Null  geworden. 

Nochmals  sei  auf  die  ausserordentliche  Höhe  der  Ladespitze 
hingewiesen.  Der  Ladestrom  ist  an  fünfzehn  Mal  so  gross,  als 
der  Ohmsche  Dauerstrom.  Unmittelbar  kurzgeschlossen  lieferte 
die  speisende  Batterie  keinen  grösseren  Strom.  Die  Dinge 
liegen  sehr  ähnlich  dem  früher  betrachteten  schematischen  Bei- 
spiele, bei  dem  der  Condensator  mit  einem  Widerstand  in  Reihe 
geschaltet  war.  Genau  genommen  geht  noch  der  innere  Wider- 
stand der  Batterie  in  die  Rechnung  ein.  —  Je  grösser  der 
Ladestrom,  um  so  schneller  wird  dasselbe  Kabel  geladen,  um  so 
schneller  vermag  der  Telegraphierstrom  durch  die  ihn  fest- 
haltende Capacität  hindurch  an  das  empfangende  Kabelende  zu 
gelangen.  Da  nun  einmal  geladen  werden  muss,  kommt  es  darauf 
an,  dass  es  möglichst  schnell  geschieht.  Demnach  soll  de  r 
innere  Widerstand  von  Batterien,  die  Kabel  speisen, 
möglichst  klein  sein.  Auch  hier  sind  also  Akkumulatoren 
gewöhnlichen  Elementen  überlegen.  Früher  (S.  299  und  365) 
war  erwähnt  worden,  dass  die  Reichspost  verbietet,  aus  einer 
Batterie  gewöhnlicher  Elemente  mehr  als  fünf  Morse-  oder  drei 


DigitizsdbyGOOgle 


Kabelslröme.  383 

Hughesleitungen  zu  speisen.  Handelt  es  sich  um  Kabel,  so 
verlangt  der  Einfluss  des  inneren  Widerstandes  auf  die  Ladung 
eine  weitere  Beschränkung.  Parallel  an  gewöhnlichen  Elementen 
sind  höchstens  zwei  Morse-  oder  ein  Hugheskabel  erlaubt. 
Man  wird  aber  zum  Kabelbetriebe  natürlich,  wenn  irgend 
möglich,  Akkumulatoren  wählen.  Freilich  muss  man  denen, 
wie  früher  (S.  305  Fussnote)  bemerkt,  einen  Schutzwiderstand 
vorschalten,  weil  eben  der  Anschluss  eines  Kabels  auf  die 
Stromquelle  wie  ein  vorübergehender  Kurzschluss  wirkt.  Trotz 
dieses  Schutzwiderstandes  bleibt,  wie  Sie  leicht  nachrechnen 
können,  die  Ladespitze  immer  noch  über  doppelt  so  hoch,  als 
bei  Verwendung  gewöhnlicher  Elemente. 

Während  die  Ladungsdauer  ein-  und  desselben  Kabels,  wie 
wünschenswert,  mit  dem  inneren  Widerstände  der  Telegraphier- 
batterie abnimmt,  ist  sie  von  deren  Elektromotorischer  Kraft 
unabhängig.  Allerdings  liefert  eine  grössere  Zellenzahl  einen 
grösseren  Ladestrom.  Aber  es  muss  nach  Q  =  C  E  auch  eine 
entsprechend  grössere  Anzahl  von  Coulomb  eingeladen  werden. 
Es  wird  zwar  schneller,  aber  auch  entsprechend  reichlicher 
geladen.  Die  Ladezeit  oder  die  Dauer  der  veränderlichen 
Stromstärke  bleibt  dieselbe.  Damit  steht  der  Nutzen  kleinen 
inneren  Widerstandes  nicht  im  Widerspruch.  Denn  der  be- 
schleunigt die  Ladung,  ohne  gleichzeitig  die  Lademenge  zu 
erhöhen. 

Kommen  wir  jetzt  wieder  auf  unseren  Kabelstrom  zurück. 
Kurve  II  (Fig.  252c)  stellt  ihn  dar,  wie  er  im  Punkte  II  hinter 
dem  Empfangsapparat  aufgenommen  wurde.  Sie  sehen,  von 
den  heftigen  Änderungen  der  Stromstärke  am  Kabelanfang  ist 
nur  ein  kleines  Auf-  und  Niederschwanken  übriggeblieben. 
Dem  einstürzenden  Ladestrom  sind  durch  die  über  die  ganze 
Länge  des  Kabels  wirksame  Capacität  der  grösste  Teil  seiner 
Coulomb  entzogen  worden,  und  nur  eine  matte  Welle  kommt 
bis  an  das  Kabelende.  Auch  die  hier  ununterbrochen  ange- 
schlossene Selbstinduktion  der  Empfangsspulen  puffert  die 
schwachen  Stösse  noch  ab.  Hier  wirkt  also  praktisch  die 
Selbstinduktion  im  gleichen  Sinne  schädlich  wie  die  Capacität, 
Wie  zögernd  die  Weisungen  der  Taste  bis  ans  Kabelende 
gelangen,  geht  schon  daraus  hervor,  dass  der  Empfangsstrom 
weder   zum  Dauerwert    anzusteigen,    noch    zu  Null    abzufallen 


DigitizsdbyGOOgle 


384  Kabelstrame. 

vermag.      Die   Welle    erreicht    sogar   ihren    Höchstwert   erst, 
nachdem  die  Stromquelle  vom  Kabelanfang  abgeschaltet  ist. 

Der  Einfluss  der  Capacität  auf  den  Telegraphierstrom  zeigt 
sich  sehr  schön  bei  den  beiden  folgenden  Kurven  (Fig.  253 
und  254).     Zwei  verschiedene  Leitungen  sind  in  gleicher  Weise 


Fig.  253.     Morse-/"  Ober  1 1   MF  iind  7500  Ohm.     Nach  Franke. 


in  einfacher  Morseschaltung  betrieben  worden.  Auf  beiden 
hat  man  die  Zeichen  des  f  ••«•—  maschinell  und  mit  einer 
Geschwindigkeit  von  0,4  Sekunden  pro  f,  das  heisst  mehr  als 
doppelt  so  schnell  gegeben,  als  es  die  mit  der  Hand  bewegte 
Taste  kann.  Die  erste  Leitung,  von  Berlin  nach  Hannover 
und  zurück,  ist  an  600  km  lang.  Sie  besteht  in  ihrem  Haupt- 
tei!  aus  Eisendraht  und  in  den  Städten  aus  Kabeln  und  besitzt 


~w 


^♦ÄC 


Fig.  254.     Morse/ Ober   112  JlfF  und  380O  Ohm.     Nach  Franlte. 


SO  eine  Capacität  von  1 1  MF  bei  einem  Widerstände  von 
7500  Ohm.  Man  sieht,  wie  wunderschön  klar  der  hinter  dem 
Morse  aufgenommene  Empfangsstrom  (Fig.  253)  das  f  wieder- 
giebt.     Auf  solchen  Leitungen  könnte  also  sehr  viel  schneller 


DigitizsdbyGOOgle 


Kabclstratne.  385 

telegraphiert  werden,  als  bei  Handbetrieb  möglich  ist,  ohne  dass 
irgend  welche  Störungen  aufträten.  Hat  doch  hier  der  Strom 
sogar  Zeit,  auf  den  Dauerwert  anzuwachsen.  Vergleichen  Sie 
aber  damit  den  Stromverlauf  (Flg.  254)  wie  er  am  Ende  des 
ebenso  schnell  mit  f  beschickten  Kabels  von  früher,  mit  seinen 
112  ]\}F  und  3800  Ohm  zum  Vorschein  kommt.  Mit  solchem 
Telegraphierstrom  ist  nichts  anzufangen.  Die  beiden  Bilder 
geben  den  klaren  und  handgreiflichen  Beweis,  dass  mit  wachsen- 
der Capacitat  der  Leitung  die  Dauer  der  veränderlichen  Strom- 
stärke zunimmt  und  langsamer  gegeben  werden  muss.  Diese 
Thatsache  lasst  sich  erweitert  als  Gesetz  aussprechen.  Zwar 
gilt  dieses  nicht  ganz  allgemein  und  lässt  sich  leider  nicht 
elementar  ableiten.  Trotzdem  sei  es  jetzt  zum  Schluss  unserer 
heutigen  Vorlesung  als  besonders  wichtig  hervorgehoben. 
Es  lautet:  Die  erreichbaren  Telegraphiergesch windig- 
keiten sind  bei  verschiedenen  Leitungen  dem  Produkt  aus 
deren  Capacitat  und  Widerstand  umgekehrt  pro- 
portional. Die  Angabe  des  Produktes  C^V,  wobei  C  in  Farad 
(=  10~*  mal  der  Anzahl  MF)  und  W  in  Ohm")  gemessen  sein 
möge,  ist  zur  Beurteilung  der  Vorgänge  in  einem  Kabel  zwar 
nicht  ausreichend,  aber  wertvoll.  Je  grösser  CW,  umso  weniger 
Zeichen  können  pro  Minute  gegeben  werden.  Im  vorliegenden 
Falle  verhalten  sich  die  Telegraphiergeschwindigkeiten  um- 
gekehrt wie 

1 1  .  lO-'' .  7500  :  1 12  .  10'  '■ .  3800  =  rd.  0,08  :  0,4  =  1:5. 


l|  Eigentlich   sollte    man  C  in  MF  und  W  in  Megohm   =  Ohm  mal  108 
ilrUckcn.      Beide  Produkte  sind  aber  gleich  gross. 


DigitizsdbyGOO'^le 


der  Oberleitung  kann  etwa  fünf  Mal  so  schnell  gegeben 
len,  wie  auf  dem  Kabel.  Betriebe  man  demnach  die  Ober- 
ig etwa  fünf  mal  so  schnell,  als  das  Kabel,  so  würde  der 
a;raphierstrom  an  ihrem  Ende  etwa  ebenso  verlaufen,  wie 
Kabel.  Das  ist  thatsächlich  durch  eine  Aufnahme  nach- 
esen,  bei  der  die  Oberleitung  mit  800  Morse-/"  pro  Minute 
lickt  worden  ist  (Fig.  255),  Da  übrigens  sowohl  Capacität, 
Widerstand,  proportional  der  Leitungslänge  l  wachsen,  ist  die 
hwindigkeit,  mit  der  ober  gleiche  Leitungen  verschiedener 
re  gegeben  werden  kann,  dem  Quadrat  dieser  Länge  um- 
hrt  proportional. 


DigitizsdbyGOC^Ie 


18.  Vorlesung. 

Kabelbetrieb. 


Verhalten  des  Empfangsapparates.  Zwei  kritische  Stromstärken,  Kleiner  Anker- 
spielraum. Reihe  von  Funkten  und  Strichen.  Mittlere  Einstellung.  —  Hilfsmittel  bei 
{:rossem  C\V;  Strecken leilung.  Polarisierte  Relais  und  enigegengeselzt  geschaltete 
Klemmen.  Beschleunigung  der  Entladung  durch  unmittelbares  Erden.  In duk tanzrolle. 
-  Verlauf  des  Hughesstromes.  Nur  eine  kritische  Stromstirke.  (Lauf  zweier 
Hughes  streng  genommen  asynchron.) 

Betrieb  langer  Unterseekabel. 
Condensalorabschluss  gegen  ErdstrOme  und  zur  Versleilenmg  der  Stromkurve.  — - 
Kleinheit  der  Amplitude.  Niedrige  Betriebsspannung.  —  Punkte  und  Striche  enlgegen- 
Keselzter  Slromrichtung.  Doppeltaste.  Schwankender  Nullpunkt.  —  GalvanomelHscher 
Empfang.  —  Spiegelgalvanometer.  Astasie.  Empfindlichkeit.  Richtmagnet.  —  Prinzip 
der  Drehspule.  Heber  seh  reiber.  Wellenschrilt.  Original  st  reifen.  Ursache  des 
schwankenden  Nullpunktes.  —  Oberlragung  auf  Inseln.  Trommel relais.  Grosse 
Empfindlichkeit  durch  Prehlrommel.    Unveränderter  Nullpunkt  durch  Correktionsströme. 


In  der  vorigen  Vorlesung  haben  Sie  den  Verlauf  einiger 
Telegraphierströme  kennen  gelernt  und  den  Ursachen  solchen 
Verlaufes  nachgespürt.  Heute  ist  zunächst  zu  überlegen,  wie 
sich  diesem  gegenüber  der  Empfangsapparat  benimmt. 
Offenbar  kann  er,  sobald  das  Produkt  CW  der  Leitung  einige 
Grösse  erreicht,  mit  dem  Ansprechen  nicht  darauf  warten,  bis 
der  Strom  auf  den  Dauerwert  angewachsen  ist.  Denn  die 
gebende  Taste  hat  in  ihrer  eiligen  Arbeit  schon  längst  vorher 
den  Kreis  wieder  unterbrochen.  Eben  drum  muss  der  Empfangs- 
apparat so  eingestellt  werden,  dass  er  auf  eine  Stromstärke 
anspricht,  die  wesentlich  unter  dem  Dauerwerte  liegt.  Wir 
nennen  sie  die  kritische  Stromstärke. 

Ebenso  beginnt  die  Taste  schon  wieder  das  nächste  Zeichen, 
ehe  der  Empfangsstrom  zu  Null  geworden  ist.  Der  Anker  hat 
nicht  Zeit,  etwa  solange  angezogen  zu  bleiben,  bis  der  Strom 
erloschen  ist.  Er  muss  abgerissen  werden,  wenn  auch  noch 
Strom  fliesst.  Dabei  ist  leicht  einzusehen,  dass  es  nicht  die 
gleiche    Amperewindungszahl    ist,    welche    zum    Anziehen    des 

25* 


„Coogic 


entfernten  Ankers  überschritten  und  zum  Loslassen  des  benach- 
barten Ankers  unterschritten  werden  muss.  Zum  Loslassen 
gehört  eine  wesentlich  kleinere,  zweite  kritische  Stromstärke. 
Das  wird  Ihnen  an  dieser  Kurve  (Fig.  256)  deutlich  werden, 
die  schematisch  den  Verlauf  eines  Telegraphierstromes  im 
Empfangsapparat  wiedergiebt.  0.4  sei  der  Ohmsche  Dauerwert, 
dem  die  wachsende  Stromstarke  zustrebt,  OB  die  Dauer  des 
Tastendrucks,  dessen  Aufhören  die  Kurve  noch  nicht  von  (', 


Fig.  256.      Telegraphrcrstrom   am   Leituiigscnde. 
Scheraatisch.      Nach  ThomaB. 

sondern  erst  von  D  ab  sinken  lässt.  Der  Empfangsapparat  ist 
so  eingestellt,  dass  der  Anker  gerade  dann  angezogen  wird, 
wenn  der  Telegraphierstrom  die  Grösse  07?  :=  J,  erreicht. 
Hingegen  muss  er  auf  OF  =  J^  sinken,  soll  die  Feder  im  Stande 
sein,  den  angezogenen  Anker  wieder  abzureissen.  Die  Strecken 
UE  und  Ot'  sind  im  Maasstabe  der  Zeichnung  die  beiden  Werte 
J^  und  J^  der  kritischen  Stromstärke  und  G  und  //  die  beiden 
kritischen  Punkte  der  Stromwelle.  Bei  ihnen  wird  der  Anker 
angezogen  und  losgelassen.  Zwischen  ihnen  schreibt  ein  un- 
mittelbar eingeschalteter  Farbschreiber.    Je  näher  diese  kritischen 


DigitizsdbyGOOglC 


Punkte  einander  liegen,  umso  schneller  kann  telegraphiert  werden. 
Man  ist  deshalb  bestrebt,  die  Strecken  ÜE  und  (JF  einander 
so  gleich  als  möglich  zu  machen.  Das  wird  umso  mehr  erreicht, 
mit  je  kleinerem  Spielraum  der  Anker  hin-  und  herschwingt. 

Je  schneller  sich  nun  die  Stromstärke  und  damit  der 
magnetische  Zustand  des  Empfängers  in  der  Nähe  der  beiden 
kritischen  Punkte  ändert,  umso  sauberer  arbeitet  der  Anker. 
Je  steiler  also  die  Stromkurve  ansteigt  und  abfällt,  umso 
besser  die  Schrift.  Könnte  es  einen  Stromkreis  ohne  jede 
Capacität  und  Selbstinduktion  geben,  so  würde  die  Stromstärke 
unendlich  schnell,  in  no  time,  im  Bilde  ganz  senkrecht  ansteigen. 
Die  Dauer  der  veränderlichen  Stromstärke  wäre  eben  Null. 
Aber  Sie  sahen  in  der  letzten  Vorlesung  die  lästigen  Eigen- 
schaften der  Stromkreise,  im  wesentlichen  dargestellt  durch 
ihr  CIV,  die  Dauer  der  veränderlichen  Stromstärke  verlängern, 
also  die  Stromkurve  abflachen  und  die  erwünschte  Steilheit  und 
Geradlinigkeit  verderben.  Hier  bei  unserer  schematischen  Kurve 
ist  nun  der  Anstieg  in  der  Nähe  des  Punktes  0  ziemlich  steil. 
Angezogen  wird  der  Anker  deshalb  schnell  und  scharf.  Aber 
auf  dem  abfallenden  Aste  der  Welle  bei  U  ändert  sich  die 
Stromstärke  etwas  weniger  schnell.  Losgelassen  wird  der 
Anker  verhältnismässig  matt.  Von  den  Befehlen  der  Taste  an 
den  Empfangsapparat  wird  Marsch  I  bereitwilliger  ausgeführt 
als  Haiti.  Das  Produkt  CW,  das  die  Dauer  der  veränderlichen 
Stromstärke  verlängert,  das  heisst  eben  die  Stromkurve  abflacht, 
lässt  leicht  die  Zeichen  länger  werden,  als  beim  Geben  beab- 
sichtigt ist.  Diese  Verlängerung  birgt  dann  die  Gefahr  des 
Zusammenlaufens  der  Zeichen  in  sich. 

Denken  Sie  sich  nun  eine  Reihe  von  Morsepunkten  über 
eine  Leitung  gegeben.  Das  Produkt  CW  sei  so  gross,  dass  — 
bei  der  gewählten  Geschwindigkeit  des  Gebens  —  der  Tele- 
graphierstrom im  Empfangsapparate  in  einer  derartigen  Kurve 
(Fig.  257)  verlauft.  Er  hat  weder  Zeit,  bis  zum  Ohmschen 
Dauerwertc  anzusteigen ,  noch  zu  Null  herabzusinken ,  und 
schwankt  als  Welle  um  einen  Mittelwert  herum,  der  gerade  die 
Hälfte  des  Dauerwertes  ausmacht.  Es  ist  klar,  dass  die  Ampli- 
tuden dieser  Schwingungen  umso  kleiner  sein  werden,  je 
schneller  —  unter  sonst  gleichen  Umständen  —  gegeben  wird. 
Sie  erreichen  übrigens  nicht  sofort  die  ihnen  zukommende  Höhe, 


„Google 


die  Leitung  noch  nicht  vollständig  geladen  ist.  Wellenberg 
Wellenthal  liegen  zu  Anfang  bei  niedrigerer  Stromstärke, 
nachher.  Das  Paar  gestrichelter  Horizontalen,  /,  und  J^. 
;ichnen  die  beiden  kritischen  Stromstärken.  Im  vorliegenden 
e  erreicht  der  erste  Wellenberg  noch  nicht  den  Wert  von 
und  der  erste  Punkt  der  Reihe  bleibt  aus.     Je  nach  dem 


Fig,   251.      Empfang  einer  Reihe  von  Morsepunkten. 
Schematiacli.      Nach  Thomas. 

•te,  den  bei  der  betreffenden  Leitung  das  Produkt  Oll' 
tzt,  muss  so  langsam  gegeben  werden,  dass  —  bei  richtig 
estelltem  Empfangsapparat  —  alle  Wellenberge  bis  über 
grössere  kritische  Stromstärke  J',  ansteigen  und  alle  Thaler 

unter  die  kleinere  J^  hinabsinken.  Wird  der  Morse  zu 
findlich  eingestellt,  so  sind  beide  kritischen  Stromstärken 
1  unten  verschoben.     Liegt  dann  J,  unter  den  Wellenbergen 

/,  unter  den  Thälern,  so  erscheint  auf  dem  Papierband  ein 
iterbrochener  Strich.  Umgekehrt  verschiebt  die  unempfind- 
;  Einstellung  J,  und  J^  nach  oben.  Das  Papier  bleibt 
äschrieben,  sobald  J,  über  den  Wellenbergen,  J^  über  den 
lern    liegt.     Sollen  Zeichen   und  Zwischenräume  in  der  von 

Taste  befohlenen  gegenseitigen  Länge  auf  dem  Streifen 
heinen,  so  hat  J,  ebenso  viel  über  der  Mittellinie  der  Welle 
iegen,  wie  J^  unter  ihr. 

Jetzt  werde   unter    den    gleichen  Bedingungen,    wie  eben, 

Reihe  von  Morsestrichen  gegeben  und  dabei  die  bekannte 


D,ü,i,z.ü,„Cioo'^lc 


KBb«lbetneb.  39| 

Vorschrift  befolgt,  bei  Strichen  die  Taste  dreimal,  bei  Unter- 
brechungen ebenso  lange  zu  drücken,  wie  bei  Punkten.  Der 
Empfangsstrom  {Fig.  258)  verläuft  wesentlich  anders,  als  bei 
der  Punktreihe.  Denn  jetzt  dauert  der  Stromschluss  jedes  Mal 
die  dreifache  Zeit,  als  die  Unterbrechung,  und  die  Leitung  ist 
im  Stande,  sich  höher  aufzuladen  und  dann  aus  ihrem  Ende 
einen  stärkeren  Strom  abzugeben,  als  vorher.  Man  sieht,  die 
(in  der  Figur  nicht  gezeichnete)  Mittellinie,  um  die  die  Strom- 
welle  herumschwingt,  ist  wesentlich  höher,  als  die  Hälfte  des 
Dauerwertes.  Wollte  man  mit  der  alten  Einstellung  (von 
Fig.  257)  jetzt  die  Strichreihe  empfangen,  so  wären,  wie  Sie 
sehen   (Fig.  258)   beide  kritische  Stromstärken  zu  niedrig.  '  Es 


Fig.  258,      EmpfauB  einer  Reihe  von  Morse  strichen. 
Scliemaiisch.      Nach   Tliuma«. 

würde  ein  ununterbrochener  Strich  geschrieben.  Aus  den 
beiden  Stromkurven  folgt  deshalb,  dass  verschieden  lange 
Morsezeichen  nur  dann  glatt  aufgenommen  werden  können, 
wenn  jedem  Zeichen  ein  ebenso  langer  Zwischenraum  folgt. 
Es  sollten  sich  Ladung  beim  Zeichen  und  Entladung  beim 
Zwischenraum  gleichen.  Diese  Forderung  ist  im  Betriebe  nicht 
zu  erfüllen.  Noch  weniger  wird  man  darauf  verfallen,  den 
Morse    für    die    Aufnahme    von    Punkten    und   Strichen    und 


DigitizsdbyGOOgle 


392  Morsebetrieb. 

kurzen  und  langen  Zwischenräumen  fortwährend  verschieden 
einstellen  zu  wollen.  Man  wählt  eine  mittlere  Einstellung  und 
sucht  nach  Kunstgriffen,  die  Störungen  zu  vermeiden, 
welchen  die  Telegraphie  über  Leitungen  von  grossem 
CW  ausgesetzt  ist. 

Das  erste  Mittel,  das  hier  hilft,  ist  die  Zerlegung  der 
ganzen  Telegraphierstrecke  in  mehrere  Teile,  zwischen  denen 
durch  ein  Relais  übertragen  wird.  Wie  Sie  wissen,  nötigen 
bei  Oberleitungen  schon  die  Leitungsverluste  zur  Unterteilung 
der  Strecke,  sobald  sie  über  ein  gewisses  Maass  hinaus  an- 
wachsen. Auf  jedem  Teil  ist  dabei  gleichzeitig  wegen  des 
kleineren  CW  die  Dauer  der  veränderlichen  Stromstärke  kleiner 
und  es  kann  dem  zufolge  schneller  gearbeitet  werden,  als  auf 
der  ungeteilten  Leitung.  Die  Einlegung  einer  einzigen  Über- 
tragung in  der  Mitte  der  langen  Leitung  erhöht  die  erlaubte 
Telegraphiergeschwindigkeit  schon  auf  das  Vierfache.  Man  sieht 
auch  hier  wieder,  ein  wie  unschätzbarer  Apparat  das  Relais 
ist.  Zur  Übertragung  zwischen  kurzen  Oberleitungen  dienen 
Weicheisen-Relais  oder  sogar  Farbschreiber,  also  Apparate, 
die  auf  Ströme  beider  Richtung  ansprechen.  Sobald  aber 
zwischen  Leitungen  übertragen  werden  soll,  deren  Teile  noch 
eine  nennenswerte  Capacität  besitzen,  sind  polarisierte  Relais 
unentbehrlich.     Sie  werden  gleich  sehen,  warum. 

Vorher  ist  noch  auf  Folgendes  aufmerksam  zu  machen. 
Für  den  Arbeitsstrombetrieb  schreibt  die  Reichpsost  vor,  dass 
bei  oberirdischen  Morseleitungen  unter  500  km  Länge  die 
negative  Klemme  der  Batterie  an  die  Leitung,  die  positive  an 
Erde  gelegt  wird.  Der  positive  Telegraphierstrom  läuft  dem 
Telegramm  entgegen.  Anders  lautet  die  Vorschrift  für  Leitungen 
über  500  km  Länge,  eben  für  solche,  bei  denen  die  Capacität 
nicht  mehr  vernachlässigt  werden  kann.  Nach  dieser  Vorschrift 
erden  die  beiden  mit  einander  arbeitenden  Ämter  die  entgegen- 
gesetzten Klemmen  —  ein  Amt  die  positive,  das  andere  die 
negative  (Fig.  259).  Welches  Amt  auch  giebt,  der  Telegraphier- 
strom   fliesst    immer    in    derselben   Richtung').     Des  Weiteren 

I)  Das  Gleiche  isl  natnrlkh  auch  in  der  Hugliestelegraphie  der  Fall,  weil  auf 
jcdein  Ann  sowohl  der  das  abgehende  Te  leg  Lamm,  wie  der  das  ankommende  tru^nde 
Sti'om  den  Anker  abwerfen  soll.  Klwaigc  falsche  Schallung  wird  durch  den  Strom- 
wendci'  berichtigt  (S,  3501, 


DigitizsdbvGOOgle 


Kabdbelricb.  393 

liegen  den  Morseapparaten  polarisierte  Relais  vor,  von  denen 
Sie  {von  S.  286  her)  wissen,  dass  sie  nur  auf  Ströme  einer 
bestimmten  Richtung  ansprechen.  Bei  der  hier  gezeichneten 
Schaltung  dürfen  auf  beiden  Ämtern  die  Hebel  der  polarisierten 
Relais  (P.R.)  nur  von  Strömen  bewegt  werden,  die  mit  ihrer 
positiven  Richtung  von  links  nach  rechts  durch  die  Leitung 
fliessen.  Giebt  Amt  I  nach  II,  so  ladet  sich  die  Leitung  als  die 
eine  Belegung  eines  Condensators  mit  positiver  Elektricität. 
Nun  hat  die  auf  I  gebende  Taste  einen  Strich  oder  Punkt 
beendigt,  und  ihr  auf  den  Ruhestift  klappender  Hebel  legt  die 

Telegramm •- 


^  PM 


m 


^dun^  *■ 


VI 


Fig.   259.      Entgegen gcsetile  Klemmenschaltiing. 

Leitung  über  das  polarisierte  Relais  1  an  Erde.  Dann  entladet 
sich  .die  Leitung  in  einem  Stromstoss,  der  mit  seiner  positiven 
Richtung  zwischen  Leitungsmitte  und  Amt  I  von  rechts  nach 
links,  auf  Amt  I  zu,  fliesst.  Das  polarisierte  Relais  I  spricht  aber 
nur  auf  Ströme  der  entgegengesetzten  Richtung  an  und  wird 
von  den  Entladungsstösscn  nicht  beeinflusst.  Ein  Weicheisen- 
Relais  an  derselben  Stelle  würde  fortwährend,  nach  jedem 
Tastendruck,  durch  die  aus  der  Leitung  fliessenden  Rückströme 
belästigt  werden.  Gleiches  geschähe  einem  polarisierten-, 
wenn    Amt  II    der  Schaltregel    entgegen    die  positive  Klemme 


DigitizsdbyGOOgle 


394  Kabptbctrieb. 

seiner  Batterie  an  der  Leitung  hätte.  Auch  sind  ebenfalls  die 
Rückströme  Schuld,  sobald  für  die  Übertragung,  wie  vorhin 
erwähnt,  polarisierte  Relais  notwendig  werden.  Natürlich  sind 
auch  hier  entgegengesetzt  geschaltete  Batterieklemmen  vor- 
geschrieben. Zum  Beispiel  legt  (wie  in  Fig.  189  auf  S.  295)  die 
Übertragungsbatterie  ihre  negative,  und  jede  Endbatterie  die 
positive  Klemme  an  die  Leitung. 


Fig.  260.      Endstelle 


I mittelbarer  Erdung. 


Neulich  war  von  dem  Vorzug  die  Rede,  den  Batterien  von 
kleinem  Widerstände  verdienen,  weil  sie  die  notwendige  Ladung; 
des  gespeisten  Kabels  beschleunigen.  Ebenso  berechtigt  ist 
ausserdem  das  Bestreben,  die  Entladung  zu  beschleunigen. 
Je  schneller  der  Entladungsstrom  zu  beiden  Leitungsenden 
herausstösst,  umso  steiler  der  abfallende  Teil  der  Telegraphier- 
welle, über  dessen  zu  schräge  Lage  geklagt  werden  musste, 
umso  schärfer  also  der  Durchgang  durch  die  kleinere  kritische 
Stromstärke  J,.  Je  schneller  die  Entladung,  umso  eher  aber 
auch  dieser  Durchgang,  umso  eher  wird  das  alte  Zeichen 
beendigt,    und    umso    eher    kann    das    neue  begonnen  werden. 


DigitizsdbyGOOgle 


Kabelbetrieb.  395 

Eine  Anordnung,  die  Entladung  am  Empfangsende  zu  be- 
schleunigen, zeichne  ich  in  unsere  alte  Schaltungsskizze  (Fig.  213 
auf  Tafel  I)  mit  starkem  Strich  ein  (Fig.  260.)  Das  Relais  ist, 
wenn  es  auch  die  Zeichnung  nicht  besonders  angiebt,  polarisiert. 
Der  Farbschreiber  besitzt  Übertragungscontakte.  Die  das  Tele- 
gramm bringende  Leitung  Hegt,  wie  früher,  über  Galvanoskop 
und  ruhende  Taste  an  der  Relaiswicklung,  Vor  dieser  führt 
eine  Abzweigung  zu  dem  unteren  Übertragungscontakt  des 
Farbschreibers,  während  dessen  Schreibhebel  an  Erde  liegt. 
Der  Sinn  der  Einrichtung  ist  folgender:  Sobald  der  Telegraphier- 
strom die  kritische  Starke  J,  erreicht  hat,  schliesst  der  Relais- 
hebel den  Ortsstromkreis,  und  der  Farbschreiber  schreibt.  So 
war  es  früher  auch.  Bei  seiner  Drehung  schreibt  der  Morse- 
hebel aber  nicht  nur,  sondern  legt  über  seinen  Übertragungs- 
contakt die  Leitung  vor  der  Relaiswicklung  an  Erde.  Sobald 
das  Relais  seine  Schuldigkeit  gethan  hat  und  den  Farbschreiber 
schreiben  lässt,  wird  es  ausgeschaltet  und  an  ihm  vorbei  ein 
Weg  zur  Erde  so  gut  wie  ohne  Widerstand  und  Selbstinduktion 
hergestellt.  Das  Kabelende  ist  jetzt  unmittelbar  geerdet,  und 
die  Entladung  kann  ungehemmt  und  flott  vor  sich  gehen. 
Alsbald  ist  die  Stromstärke  auf  ihren  kritischen  Wert  J^  herab- 
gesunken. Der  Relaishebel  klappt  zurück,  und  der  elektrisch 
von  ihm  geführte  Farbschreiberhebel  unterbricht  die  bequeme 
Verbindung  von  Leitung  zu  Erde  wieder.  Das  schadet  natürlich 
nicht.  Denn  die  eiligere  Entladung  sollte  nur  die  kritische 
Stromstarke  /.  schneller  herbeiführen.  Ist  diese  einmal  da,  so 
beschleunigt  es  nur  die  neue  Ladung,  wenn  sie  noch  einen 
Teil  der  früheren  auf  der  Leitung  antrifft.  Wie  gesagt,  darf 
man  aber  die  Entladung  nicht  früher  unterbrechen,  als  bis 
die  Stromstärke  im  Empfangsapparat  unter  ihrem  kritischen 
Wert  Jj  gesunken  ist.  Sonst  laufen  beide  Zeichen  zusammen. 
Aus  der  Schaltungsskizze  (Fig.  260)  geht  noch  eine  zweite 
Veränderung  gegen  früher  hervor.  Zwar  zeigt,  wie  sonst,  das 
Galvanoskop  den  über  Tischklemme  2  eintretenden  Leitungs- 
strom an.  Aber  gleich  hinter  ihm  wird  dem  Strom  ein  doppelter 
Weg  zur  Erde  geboten  (Fig.  261).  Parallel  zur  Wickelung  des 
polarisierten  Relais  liegt  zwischen  Leitung  und  Erde  eine  Spule 
mit  grosser  Selbstinduktion,  wie  die  Post  sie  Induktanzrolle 
nennt.     Dabei  ist  es  im  Prinzip  gleichgiltig,  was  für  ein  Apparat 


DigitizsdbyGOO'^le 


396  Kabelbctrieb. 

mit  dem  Kabel  betrieben  wird,  und  wo  man  die  Spulen  anlegt, 
ob  an  den  äusseren-  oder  den  Übertragsenden  oder  auch  noch 
unterwegs. 

Um  die  Wirkung  dieser  Selbstinduktion  im  Nebenschluss 
zu  verstehen,  erinnern  Sie  sich  bitte,  dass  das  Kabel  leider 
wahrend  der  Striche  eine  höhere  Ladung  aufnimmt,  als  während 
-  der  Punkte,  und  dass  es  in  den  kurzen  Zwischenräumen 
nicht  eben  so  gründlich  entladen  wird,  als  in  den  langen. 
Helfen  könnte  hier  eine  künstliche  Undichtigkeit  am  Kabelanfang, 
ein  Nebenschluss  zur  Erde,  der  im  ersten  Augenblick  schlecht 
und  mit  fortschreitender  Ladung  des  Kabels  immer  besser  leitet. 
Der  Strich  würde  dann  das  Kabel   kaum  höher  aufladen,  als 


li&dun^ 


wmmmmww/. 


der  Punkt,  Ein  solcher  Nebenschluss  von  wenigstens  scheinbar 
veränderlichem  Widerstand  ist  die  Induktanzrolle.  Denn  dem 
stark  ansteigenden  Strome  des  Zeichenbeginnes  setzt  sie  einen 
hohen  Widerstand  durch  Selbstinduktion,  eine  grosse  Induktanz 
(S.  82)  entgegen.  Je  mehr  dann  der  Telegraphierstrom  seinem 
Dauerwerte  zustrebt,  umso  kleiner  wird  die  Induktanz,  umso 
mehr  beschränkt  sich  der  scheinbare  Widerstand  der  Spule 
auf  ihren  Ohmschen.  Die  Induktanzrolle  leistet  demnach  den 
verlangten  Dienst.     Sie    stört  die  anfängliche  und  notwendige 


DigitizsdbyGOOgle 


Kabelbetrieb.  3Q7 

Ladung  des  Kabels  nicht,  bietet  aber,  wie  ein  Ventil,  derem 
schädlichen  Übermaass  einen  seitlichen  Abfluss. 

Wird  nun  der  Tastenhebel  losgelassen,  so  induziert  die 
Spule  in  sich  selbst  einen  dem  verschwindenden  Strome  gleich 
gerichteten.  Die  ausgezogenen  Pfeile  (Fig.  26 1 1  zeigen  die 
Stromrichtung  am  Ende  der  Ladung,  der  gestrichelte-  die 
während  der  Entladung  an.  Der  Selbstinduktionsstoss  spannt 
sich  gleichsam  der  Entladung  vor.  Die  Induktanz  ist  jetzt 
dem  Ohmschen  Widerstände  gewissermassen  nicht  zuzuzählen, 
sondern  von  ihm  abzuziehen.  Die  Spule  erhält  hier  schein- 
bar einen  negativen  Widerstand.  Sie  zapft  dem  Kabel  die 
sonst  langsam  herausfliessenden  Coulomb  mit  eins  und  in 
schnellem  Stosse  ab.')  Dazu  und  damit  das  Relais  unbehelligt 
bleibt,  muss  für  jeden  einzelnen  Fall  die  Selbstinduktion  einen 
bestimmten  Wert  haben.  Die  Selbstinduktion  der  Spule  wird 
gewissermassen  auf  die  Capacität  des  Kabels  abgeglichen, 
abgestimmt.  Zu  diesem  Zwecke  muss  natürlich  die  Spule  so 
eingerichtet  sein,  dass  man  ihre  Selbstinduktion  verändern  kann, 
und  zwar  wird  sie  gerade  auf  eine  solche  Grösse  eingestellt, 
dass  trotz  der  Entladung  die  Erdleitung  des  Relais  stromlos 
bleibt. 

Um  demnach  jeweilig  auf  die  Capacität  des  Kabels  ab- 
gleichen zu  können,  muss  der  Betrieb  über  eine  Auswahl  an 
Spulen  mit  wesentlich  verschiedener  Selbstinduktion  verfügen, 
und  auch  bei  diesen  muss  die  Selbstinduktion  noch  in  gehörigen 
Grenzen  veränderlich  sein.  Wie  alle  Induktionen,  ist  auch  die 
Selbstinduktion  der  Grösse  der  Kraftlinienänderung  proportional. 
Sie  ist  also  umso  grösser,  eine  je  grössere  Anzahl  magnetischer 
Kraftlinien  erzeugt  oder  zum  Verschwinden  gebracht  werden 
müssen,  wenn  das  Erzeugen  oder  Verschwinden  unter  allen 
Umständen  gleich  lange  dauert.  Es  liegt  folglich  die  Aufgabe 
vor,  mit  Hilfe  eines  gegebenen  Stromes  eine  möglichst  grosse 
Zahl    magnetischer  Kraftlinien   zu   erzeugen.     Deshalb  ist  eine 


')  Beim  Hughes  wird  iwar  bei  den  verschiedenen  Zeichen  der  Strom  gleich 
lange  geschlossen,  also  die  Leitung  jedes  Mal  gleich  lange  aufgeladen.  Dafür  sind 
aber  die  durch  den  Wortlaut  des  Telegramms  bestimmten  Zwischenräume  verschieden 
lang,  und  die  [ndutlanirolle  besorgt  such  bei  den  kleinsten  von  ihnen  grOndliclie 
Entladung. 


D,„i,.,db,Google 


Induktanzrolle  im  Grunde  nicht  viel  anderes,  als  ein  Elektro- 
magnet. Sie  enthält  viele  Windungen  isolierten  Drahtes  auf- 
gewickelt, um  die  die  Kraftlinien  erzeugenden  Amperewindungen 
zu  bilden,  und  für  diese  Kraftlinien  als  Leitung  einen  ge- 
schlossenen Eisenweg,  um  den  magnetischen  Widerstand 
möglichst  herabzudrücken. 

Die  französischen  Induktanzrollen  (Bobines  Godfroy)  die 
die  ersten  waren,  sehen  auch  wie  gewöhnliche  Elektromagnete 
aus:  zwei  Spulen,  gemeinsam  auf  einem  im  Rechteck  ver- 
laufenden Eisenkern,  fast  wie  beim  Farbschreibermagneten. 
Dabei  lässt  eine  Schraube  ein  Schlussstück  von  dem  Eisenkreise 
abdrängen.  Dieser  wird  dann  von  zwei  mehr  oder  weniger 
langen  Luftbrücken  unterbrochen  und  die  von  demselben 
Strome  hervorgerufene  Kraftlinienzahl  und  damit  die  Selbst- 
induktion erheblich  verkleinert. 


Die|Reichspost  verwendet  verschiedene  Formen  einer  ein- 
schenkligen  Induktanzrolle.  Ihr  eiserner  Kern  und  Mantel 
werden  durch  Boden  und  Deckel  zum  magnetischen  Kreise 
vereinigt.  Das  Ganze  ist,  wie  man  sagt,  in  Eisen  gekapselt. 
Zur  Verringerung  der  Hysteresisarbeit  ist  das  Eisen  magnetisch 


DigitizsdbyGOOgle 


Kabelbetrieb.  399 

weich,  zu  der  der  Wirbelströme  unterteilt.  Bei  der  älteren  Form 
der  Rolle  (Fig.  262)  werden  Mantel,  Kern,  Boden  und  Deckel, 
von  einem  durch  die  Mitte  gehenden  Bolzen  mit  Schrauben- 
mutter, zusammengehalten.  Die  (durch  Pfeile  bezeichneten) 
Kraftlinien  durchlaufen  den  Kern  als  paralleles  Bündel,')  ver- 
zweigen sich  radial  durch  den  Boden,  fliessen  durch  den  Mantel 
herauf  und  vereinigen  sich  im  Deckel  wieder  zum  Bündel  oder 
umgekehrt.  Wird  die  Schraubenmutter  angezogen,  so  schliessen 
sich  die  Teile  der  Eisenkapsel  fester  zusammen  und  etwaige 
kleine  Luftbrücken,  die  von  den  Kraftlinien  zu  durchsetzen 
waren,  verschwinden.  Die  Selbstinduktion  wird  vergrössert. 
Andererseits  wird  sie  durch  Lockerung  der  Schraube  verkleinert. 


I    ITI ir^^p 


Fig.  263.     Indiik  tanz  rolle  mit  verschiebbarem  Eiaenpilz. 

Soll  sie  beträchtlicher  verkleinert  werden,  als  es  so  möglich 
ist,  etwa  auf  einen  Teil  ihres  ursprünglichen  Wertes,  muss 
man  Eisenboden,  -decke!  und  -kern  ganz  entfernen. 

Eine  neuere  Form  der  Induktanzrolle  (Fig.  263)  ist  liegend 
und  auf  einem  beweglichen  Schlitten  angeordnet.     Kern,  Deckel 

'l  In  der  Schnittzeichnung  mag  Ihnen  auffallen,  dass  der  Elsenquerschnitt  des 
Mantels  so  viel  kleiner  ist,  als  der  des  Kernes.  Das  erscheint  aber  nur  so.  Denn 
thalsBchlieh  werden,  wie  sicli  leicht  nachrechnen  lüsst,  diirch  den  verschieden 
grossen   Radius  von   Mantel   und   Kern,   beide   Eisenquerschnitle  einander   gleich. 


DigitizsdbyGOOgle 


400  Kabelbetrieb. 

und  Mantel  werden  von  Eisendrähten  gebildet,  die  zu  einer  Art 
Pilz  gebogen  sind;  wie  man  aus  der  in  ihrer  oberen  Hälfte  als 
Schnitt  gedachten  Zeichnung  erkennt.  Durch  einfache  Drehung 
einer  Schraube  wird  der  Eisenpilz  von  der  eisernen  Schlusspiatte 
links  abgezogen  und  Luft  in  den  Weg  der  Kraftlinien  eingeschaltet. 
Hat  man  den  Eisenpilz  so  weit  als  möglich  herausgedreht,  so 
ist  die  Selbstinduktion  auf  den  ausserordentlich  kleinen  Betrag 
von  etwa  4"  o  des  Wertes  gesunken,  den  die  Spule  bei  vollständig 
geschlossenem  Eisenweg  besitzt.  Beachten  Sie  bitte  den  Zeiger, 
der  durch  seine  Stellung  angiebt,  wie  weit  der  Eisenpilz  heraus- 
gedreht und  damit  die  Selbstinduktion  verkleinert  ist. 

Damit  Sie  sich  von  dem  tatsächlichen  Nutzen  der  Induktanz- 
rollen  überzeugen,  ist  hier  (Fig.  264)  der  Verlauf  eines  Morse-/" 


~~^«w. 


I.      Morse-/"  über    112   MF  und   3800   Ohm, 
luf  S.   364,    aber   mit   Induktanzrollen.      Nac 


abgebildet,  wie  es  am  Ende  des  früher  betrachteten  und  wie 
damals  mit  150 /"pro  Minute  beschickten  Kabels  erscheint.  Jetzt 
sind  durch  die  Induktanzrollen  an  den  Kabelenden  Berge  und 
Thäler  der  Stromwelle  ein  wenig  deutlicher  hervorgehoben. 
Auch  diese  kleine  Versteuerung  der  Kurve  bedeutet  einen  Erfolg, 
umsomehr,  als  mir  nicht  bekannt  ist,  ob  bei  der  schon  aus  dem 
Jahre  1891  stammenden  Aufnahme  auf  genaue  Abgleichung  von 
Selbstinduktion  und  Capacität  Wert  gelegt  worden  ist. 

Darf  ich  Ihnen  auch,  wenigstens  kurz,  über  den  Verlauf 
desHughesstromes  berichten.  Der  abgehende  Strom  beginnt 
beim  Morse  mit  einer  hohen  Ladespitze.  Beim  Hughes  (Fig.  265) 
geht  ihr  eine  kurze  Zeit  langsamen  Ansteigens  vorher,  weil 
hier  der  Strom  zunächst  auch  die  Magnetwickelung  des  gebenden 
Apparates  durchfliessen  muss,  und  weil  deren  Widerstand  und 


DigitizsdbyGOOgle 


Selbstinduktion  das  plötzliche  Ein- 
stürzen eines  Ladestromes  verhindert, 
Ist  dann  nach  weniger,  als  '/i«  Sekunde, 
die  kritische  Stromstärke  —  hier  nur 
7  Milliampere  —  erreicht,  bei  der  der 
Anker  abfliegt,  so  tritt  der  früher 
erwähnte  (Fig.  246  auf  S.  364)  Schluss 
über  Auslösehebel  und  Anker  ein. 
Sofort  stürzt  unter  Umgehung  der 
jetzt  seitwärts  liegenden  Hindernisse: 
Widerstand  und  Selbstinduktion  ein 
mächtiger  Stromstoss  in  das  nach 
Ladung  dürstende  Kabel  hinein.  Der 
Ladestrom  nimmt  dann  alsbald  wieder 
ab.  Sobald  er  unter  30  Milliampere 
gesunken  ist,  klappt  der  Contakthebel 
des  gebenden  Hughes  vom  Batterie- 
auf den  Erdeontakt  hinüber  und  unter- 
bricht während  der  Schwebelage  jeden 
Stromfluss.  Ist  der  Hebel  auf  dem 
Erdeontakt  angelangt,  so  entladet  sich 
das  Kabel  in  einer  hohen,  natürlich 
negativen  Spitze.  Ihr  heftiger  Abfall 
wird,  wie  üblich,  gegen  Ende  matter 
und  ganz  zum  Schluss  bremst  ihn 
noch  die  Selbstinduktion  der  wieder 
eingeschalteten  Magnetspulen.  Nach 
etwa  0,09  Sekunden  ist  der  ganze 
Vorgang  —  Ladung  und  Entladung 
—  beendigt. 

Nur  wenig  kommt  von  diesen 
heftigen  elektrischen  Stössen  des 
Kabelanfanges  ans  Ende;  ist  doch 
die  Capacität  auf  der  ganzen  Länge 
bestrebt,  die  Coulomb  gleichsam  fest- 
zukleben. Der  ankommende  Strom 
(Fig,  265b)  steigt  zuerst  langsam  an, 
bis  mit  einer  kritischen  Stromstärke 
von  nur  ungefähr  3  Milliampere  der 


Fig.  265. 
Veriauf  des  Hughes-Siromes. 

6  am  Ende  der  Leitung. 


„Google 


402  Kabelbetrieb. 

Anker  abgeworfen  wird.')  Jetzt  kann  über  Anker  und  Auslöse- 
hebel des  empfangenden  Hughes  dem  Kabelende,  ungehindert 
durch  Widerstand  und  Selbstinduktion,  Elektrizität  enströmen. 
Aber  nur  ein  Tempo  von  etwa  30  Milliampere  wird  erreicht, 
und  längst  hat  am  Kabelanfang  der  Kontakthebel  die  Klemme 
der  speisenden  Batterie  verlassen.  Deshalb  nimmt  der  Empfangs- 
strom alsbald  wieder  ab,  ohne  übrigens  beim  Eintritt  eines 
neuen  Zeichens  den  Nullwert  vollständig  erreicht  zu  haben. 

Vorhin  war  davon  die  Rede,  dass  es  für  den  Morse  zwei 
kritische  Stromstärken  giebt,  die  man  einander  möglichst  gleich 
machen  soll.  Hier  bietet  sich  nun  Gelegenheit,  die  eigenartige 
Anordnung  des  Hughes-Apparates  zu  verstehen,  die  den  Anker 
beim  Abfliegen,  nicht  während  der  Anziehung  arbeiten  lässt. 
Bekanntlich  kommt  beim  Hughes  besonders  viel  auf  die  schnelle 
und  saubere  Arbeit  des  Ankers  an.  Sie  würde  durch  die  Not- 
wendigkeit erschwert  werden,  noch  eine  zweite  kritische  Strom- 
stärke abzuwarten.     Es  ist  deshalb  dieselbe  Stellung,  in  der  der 

')  Auch  beim  Hughes  ist  es  notwendig,  eine  fest  eingeprägte  Anschauung 
abzuändern.  Früher  (S.  342}  war  mitgeteilt  worden,  daas  beide  Typenräder  lu 
gleicher  Zeit  ihre  Drehung  beginnen.  Beide  Räder  laufen  synchrun,  wie  die 
Zeiger  zweier  pl  eich  geh  ender  Uhren,  so  sagten  wir,  Uanials  wusstcn  Sie  aber 
noch  nicht,  wie  Telegraph i erst röme  wirklich  Verla ufcn,  dass  die  Capacität  der 
Leitung  den  Strom  an  ihrem  Ende  hinler  den  am  Anfang  verzögert.  Bei  beiden 
Apparaten  beginnen  die  Typenräder  ihren  Lauf  gleich  schnell  nach  dem  Ablllegtn 
der  Anker.  Beide  Anker  flögen  aber  nur  in  dem  genau  gleichen  Augenbhek  ab, 
wenn  die  Leitnng  ohne  Capacität  wäre.  In  Wahrheit  werden  die  Anker  bei  der 
kritischen  Stromstärke  abgeworfen,  auf  deren  magnetische  Wirkung  sie  eingestellt 
sind,  und  die  kritische  Stromstärke  des  Empfängers  ist  gegen  die  des 
Gebers  verzögert.  Unsere  Kurven  aufnähme  (Fig.  265)  lehrt,  dass  im  vor- 
liegenden Falle  —  bei  irC=rd.  0,1  —  zwischen  beiden  ein  Zeilunterschied  von 
etwa  0,015  Sekunden  vergeht.  Diese  Abweichung  von  der  früheren  einfachen 
renden  Beamten  bemerken  nichts  von 
sie  an  den  Zeilen  misst,  mit  denen 
lalteriecontakt,  wie  Sie  (von  S.  3641 
;  Hälfte  dieser  ganzen  Zeit  bleibt  in 
I  Apparates  hinter  dem  des  gebenden 
n  ist  für  jede  Leitung  ein  bestimmter 
■  etwa  1/3  .  1/28  .  360  =  rd,  6,50  „„5. 
nen,  laufen  also  die  beiden  Hiighesapparate  nicht  synchron, 
on,  das  heisst  mit  gleicher  Geschwindigkeit,  aber  mit  einem  — 
Constanten  —  Unterschied  in  der  Phase.  Fflr  gewöhnlich  wird 
I,   ruhig  von   Synchronismus  zu  reden. 


Anschauung   schein 

klein,   u 

nd 

die    lel 

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Trotzdem    ist 

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D,„i,.,db,Googlc 


Kabelb«,ieb.  403 

Hughesanker  angezogen  und  losgelassen  wird.  Man  kommt 
mit  einer  und  noch  dazu  einer  niedrigen,  kritischen  Strom- 
starke aus.  Oberhalb  dieser  ist  der  Dauermagnet  so  geschwächt, 
dass  er  den  Anker  abfedern  lässt,  und  unterhalb  ist  er  noch 
stark  genug,  den  mechanisch  herangeführten  Anker  festzuhalten. 
Denn  die  Druckachse  dreht  mit  ihrem  Excenter  (Fig.  235  auf 
S.  349)  den  Auslösehebel  gegen  den  Sinn  des  Uhrzeigers, 
damit  dieser  den  Anker  auf  die  Papier-beklebten  Polschuhe 
heraufklappt.  Nur  hierdurch^)  wird  die  Beschränkung  auf 
eine  kritische  Stromstarke  möglich.  Sie  ist  es  nicht  bei  dem 
zuerst  natürlicher  scheinenden  Falle,  den  Anker  elektrisch 
anziehen  und  mechanisch  abreissen  zu  lassen.  Selbst  dann 
nicht,  wenn  man  die  schwere  Arbeit  des  Abreissens  der  Druck- 
achse übertragen  könnte,  von  der  sonst  so  viel  abhängt.  Die 
Anordnung  des  mit  dem  Strome  abfliegenden  Ankers,  ist 
besonders  fein  erdacht  und  kann  unsere  Achtung  vor  dem 
Hughes-Apparate  nur  noch  vermehren. 


Sie  haben  heute  eine  ganze  Reihe  von  Hilfsmitteln  kennen 
gelernt,  den  lähmenden  Einfluss  der  Capacität  auf  den  Telcgra- 
phierstrom  zu  verkleinern:  Batterien  von  kleinem  Widerstände  — 
Streckenteilung  durch  polarisierte  Relais  bei  entgegengesetzter 
Batterieschaltung  —  unmittelbares  Erden  der  Leitung,  sobald  •/, 
erreicht  ist  —  NebenschltSfee  von  grosser  Selbstinduktion. 

Alle  diese  Hilfsmittel  reichen  aber  nicht  mehr  aus, 
sobald  auf  Tausende  von  Kilometern  durch  die  Meere 
gekabelt  werden  soll  und  das  Produkt  C-'W  (Farad,  Ohm) 
erst  einmal  nach  ganzen  Zahlen  rechnet.  Als  Beispiel 
gebe  ich  Ihnen  die  mir  zufallig  gegenwärtigen  Werte  für  eins 
der  direkten  transatlantischen  Kabel  aus  englischem  Besitz. 
Es  verbindet  Waterville  in  Irland  und  Canso  auf  Neu-Schotlland 
und  besitzt  eine  Capacität  von  900  MF  und  einen  Widerstand 
von  5000  Ohm.     Demnach  ist  sein  CW  =  900  .  IQ-" .  5000  =  4,5. 

Zu  den  Störungen,  die  der  Betrieb  langer  Seekabel  durch 
die  Länge  des  leitenden  und  des  sich  ladenden  Materiales  erfährt, 
gesellt  sich  eine  weitere,  gleichsam  fremde  hinzu.  Sobald  nämlich 
die  Kabelenden  gehörig  weit  von  einander  entfernt  sind,   etwa 

■l  NatQrlich  nrbcilet  tlas   lluf^hi^srdaiK   mit  zwei  kritisi-hen  Stromstärken. 


Digitiz^dhyGOC^Ie 


404  Kabelbpirieb. 

von  einem  CW=  2  ab,  wird  der  zwischen  ihnen  im  Erdboden 
herrschende  Spannungsunterschied  störend  gross.  Die  Ursachen 
dieses  Unterschiedes,  verwickelt  und  wenig  aufgeklärt,  kümmern 
uns  hier  nicht.  Genug,  zwischen  den  beiden  Erdungsstellen 
des  Kabels  besteht  ein  Spannungsunterschied,  der  sich  noch  dazu, 
wenn  auch  wohl  erst  im  Laufe  von  Minuten  merklich,  in  Grösse 
und  sogar  in  Richtung  ändert.  An  seinem  Ende  liegt  das  Kabel 
immer,  am  Anfang  zwischen  je  zwei  Zeichen  an  Erde.  Für 
diese  Zeit  ergiesst  sich  demnach,  getrieben  von  dem  schwankenden 
Spannungsunterschied,  ein  Strom  in  den  Kabelanfang,  der  wohl 
gegen  den  Telegraphierstrom  aufkommen  und  ihn  verwirren 
kann.  Vor  dem  störenden  Einfluss  dieser  Erdströme  wird  das 
Kabel  dadurch  geschützt,  dass  man  seine  Enden  durch  Con- 
densatoren  abschliesst,  blockiert.  Die  Kabelseele  führt  auf 
jeder  Seite  zu  der  einen  Belegung  eines  Condensators,  dessen 
andere  Belegung  auf  dem  gebenden  Amt  zum  Sender,  auf  dem 
empfangenden-  zum  Empfänger  führt.  Dass  das  Dielektrikum 
eines  Condensators  sich  gegen  schnell  wechselnde  Ströme  so 
gut  wie  ein  widerstandsloser  Leiter  benimmt  (S.  372),  ist  Ihnen 
ja  bekannt.  Freilich  würden  die  Abschlusscondensatoren  den 
Ohmschen  Dauerstrom  nicht  durch  sich  hindurchlassen.  Aber 
diese  Besorgnis  ist  müssig.  Denn  wenn  der  Dauerzustand  schon 
in  kurzen  Kabeln  nicht  erreicht  wird,  wird  er  es  in  langen  schon 
garnicht.  Es  kommt  deshalb  nur  in  Frage,  wie  sich  die  Abschluss- 
condensatoren gegen  den  schnell  veränderlichen  Telegraphier- 
strom und  gegen  den  verhältnismässig  langsam  schwankenden 
Erdstrom  benehmen.  Nun,  im  Ergebnis  ähnlich,  wie  eine  Batterie 
von  Polarisationszellen  Wechsel-  und  Gleichstrom  unterscheidet 
(S.  176).  Wie  durch  ein  Filter,  lässt  das  Dielektrikum  den 
erwünschten  Telegraphierstrom  hindurch  und  hält  den  lästigen 
Erdstrom  auf  sich  zurück.  Es  muss  noch  hinzugefügt  werden, 
dass  die  Kurve  des  Telegraphierstromes  durch  die  Abschluss- 
condensatoren versteuert  wird.  Diese,  ihre  gewissermassen 
zufällige,  aber  sehr  erwünschte  Wirkung  mag  man  sich  als 
eine  Folge  der  Heftigkeit  vorstellen,  mit  der  sie  die  Elektricität 
auf  ihre  Belegungen  ziehen. 

Aber  alle  unsre  Hilfsmittel,  die  Abschlusscondensatoren  ein- 
gerechnet, können  eben  nicht  verhindern,  dass  von  dem  ganzen 
Telegraphierstrom  nur  eine  Welle  von  sehr  kleiner  Amplitude 


DigitizsdbyGOOgle 


Kabclbetrieb.  405 

bis  an  das  Ende  eines  langen  Seekabels  vordringt.  Dass  eine 
Vermehrung  der  speisenden  Zellenzahl  die  Ladung  und  damit 
das  Telegraphieren  nicht  beschleunigt,  ist  Ihnen  ja  bekannt.  Im 
Gegenteil  zieht  man  im  Kabelbetriebe,  um  die  Isolation  weniger 
zu  beanspruchen,  kleine  Spannungen  vor  und  verhindert  damit 
Kabeldurchschlage,  das  heisst  gewaltsame  Durchbrüche  der 
Elektricität  aus  der  Kabelseele  durch  Stellen  mangelhafter 
Isolation.  In  froher  Zeit  war  nun  schon  die  Kleinheit  der 
Amplituden  Grund  genug,  um  die  Verwendung  der  bisher 
besprochenen  Empfangsapparate  auszuschliessen.  Kein  Relais 
war  auf  so  kleine  und  so  wenig  verschiedene  kritische  Strom- 
stärken einzustellen,  dass  es  am  Ende  langer  Seekabel  an- 
gesprochen hätte.  Was  da  vom  Telegraphierstrom  noch  übrig 
ist,  kann  auch  die  kleine  Arbeit  nicht  mehr  leisten,  den  Hebel 
des  empfindlichsten  der  Ihnen  bekannten  polarisierten  Relais 
umzulegen.  Aber  wenn  auch  die  Kleinheit  der  Amplitude  den 
Empfang  in  einem  Relais  nicht  gehindert  hatte,  so  wäre  das 
durch  eine  andere  Eigenschaft  der  Stromkurve  geschehen. 

Um  diese  zu  begreifen,  erinnern  Sie  sich  bitte,  dass  schon 
bei  einiger  Grösse  des  Produktes  CW  die  verschiedene  Länge 
von  Punkt  und  Strich  und  der  verschiedenen  Zwischenräume 
Unzuträglichkeiten  ergiebt.  Schon  lange  Oberleitungen  imd 
kurze  Kabel  werden  durch  Striche  merklich  höher  aufgeladen, 
als  durch  Punkte.  Aber  man  kann  sich  noch  zur  Zufriedenheit 
helfen,  wenn  man  den  Empfangsapparat  auf  mittlere  kritische 
Stromstärken  einstellt.  Das  findet  mit  weiterem  Anwachsen 
des  CW  alsbald  seine  Grenze.  Dann  wurde  über  die  lange 
Dauer  der  Entladung  geklagt  und  —  damit  verknüpft  — 
den  zu  schräge  abfallenden  Ast  der  Stromkurve.  Beiden 
Schwierigkeiten,  dem  Einfluss  der  verschiedenen  Zeichenlangen 
sowohl,  wie  dem  zu  langsamen  Abfall,  versucht  man  durch  ein 
Mittel  abzuhelfen,  das  zwar  in  unseren  Vorlesungen  nur  kurz 
beim  Morseschnellbetrieb,  der  eben  dadurch  erst  möglich  wird, 
erwähnt,  aber  in  der  Telegraphie  schon  von  jeher  angewandt 
worden  ist.  Die  Punkte  und  Striche  der  Morsezeichen 
werden  nämlich  nicht  mehr  mit  Stromstössen  ver- 
schiedener Länge  und  gleicher  Richtung  gegeben, 
sondern  mit  solchen  von  gleicher  Länge  und  ver- 
schiedener Richtung. 


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406  Kabelbctrieb, 

Diese  Zeichen  wechselnder  Riclitung  werden  mit  Hilfe 
zweier  Tasten  erzeugt,  die  zu  einer  Doppeltaste  vereinigt 
sind.  Aus  dem  Schema  hier  (Fig.  266)  erkennen  Sie,  wie  einfach 
die  Doppeltaste  arbeitet.  Während  der  Ruhe  liegt  die  negative 
Batteriekiemme  über  die  Ruheschienen  beider  Tasten  an  der 
Leitung    und    an    Erde,    die    positive    Klemme    an    den    beiden 


V 


■LeÜUM^ 


Fig.  266.      Prinzip  der  Doppellastc. 

Arbeitsschienen.  Ein  Druck  auf  die  rechte  Taste  legt  nun  die 
positive  Klemme  an  die  Leitung  und  lässt  die  negative  an  Erde. 
Ein  Druck  auf  die  linke  Taste  legt  die  positive  Klemme  an 
Erde  und  lässt  die  negative  an  der  Leitung.  Mit  der  einen 
Taste  werden  also  alle  Morsestriche,  mit  der  anderen  alle 
Morsepunkte  gegeben.  Wohlverstanden,  beide  Arten  Zeichen 
sind  gleich  lang  und  unterscheiden  sich  dafür  durch  ihre  Strom- 
richtung. Natürlich  hindert  nichts,  wenn  sonst  die  Eigenschaften 
des  Kabels  und  des  Erapfangsapparates  so  schnelles  Tele- 
graphieren erlauben,  die  Zeichen  passend  in  Lochstreifen  zu 
stanzen  und  automatisch  zu  geben,  wie  Sie  es  ebenfalls  vom 
Schnellbetrieb,  von  den  Apparaten  von  Wheatstone  und  Pollak- 
Viräg  her  kennen.  Die  Zeichen  werden  dadurch  zugleich 
regelmässiger. 

Aber  auch  mit  der  verschiedenen  Stromrichtung  der  Zeichen 
ist,  besonders  wenn  die  Kabelenden  durch  Condensatoren  ab- 
geschlossen sind,  ein  ernstlicher  Nachteil  verbunden,  der  in 
seinem  Wesen  mit  dem  durch  verschiedene  Stromdauer  ver- 
wandt ist.  Die  Stromkurve  am  Kabelende  pendelt  nämlich 
nicht  um  einen  fest  bestimmten  Nullwert  herum:  sondern  ihr 
Nullwert    wechselt,    schwankt.      Lassen    Sie   uns    die    Ursache 


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Kabelbetrieb.  407 

dieser    Erscheinung    erst   später    besprechen    und    ihre  Folgen 
vorwegnehmen.     Sie    sind   wichtig    genug:    Wenn    die  Strom- 
stärke am  Kabelende  nicht  mehr  zwischen  bestimmten,  kritischen 
Werten  hin-  und  herschwankt,    sondern  willkürlich  bald  nach 
oben  und  bald  nach  unten  rutscht,    dann  ist  eben  keine  Auf- 
nahme mit  Apparaten,  wie  den  bisher  besprochenen,  möglich. 
Solche  Apparate  sind  hier  nicht  zu  brauchen,  deren  wirksamer 
Teil    in    Ruhe    bleibt,    bis    der    Strom    seinen    kritischen  Wert 
erreicht  hat,  und  dann  erst  aus- 
gelöst wird  und  ebenso  bei  be- 
stimmtem Stromwerte  zur  Ruhe 
kommt.  Keinerderbesprochenen 
Telegraphenapparate   kann   hier 
nützen,     wo    der    Strom    keine 
kritischen  Werte  einhält,  wo  die 
Mittellinie  seiner  Schwankungen 
vom  Wortlaute  des  Telegramms 
nach     oben    oder    nach    unten 
verschoben  wird. 

Ein  solcher  Slromverlauf  ist 
direkt  nicht  weiter  zu  verwerten, 
als  ihn  galvanometrisch  anzeigen 
zu  lassen.  Aus  den  angezeigten 
Stromschwankungen  kann  dann 
das  Auge  die  Ausbiegungen 
nach  links  und  nach  rechts,  auch 
bei  schwankender  Nulllage  her- 
auslesen. Aus  dem  Ende  langer 
Seekabel  schickt  man  den  an- 
kommenden Strom  also  über  Gal- 
vanometer zur  Erde.      Ohne 

erst     auf    den    Eintritt     kriti-  y,^    261.     Kabclgalvanomeler. 

scher  Werte  zu  warten,  fol-  Ansicht. 

gen  diese  fortwährend  dem 

Laufe  des  Stromes.     Sie  geben  den  Stromverlauf  entweder 

vorübergehend  durch  die  Bewegungen  eines  Lichtzeigers,  oder 

bleibend,  schriftlich  durch  die,  einer  feinen,  mit  dünnflüssiger 

Farbe  gefüllten  Glasröhre  wieder,  die  auf  einem,  an  ihrer  Mündung 

vorbeiziehenden  Papierstreifen,  eine  wellenförmige  Spur  hinterlässt. 


DigitizsdbyGOOgle 


408  Kabelbetrieb. 

Zu  dem  —  besonders  früher  üblichen  —  vorübergehenden 
Aufzeigen  der  Stromkurve,  dienen  Spiegeigalvanometer, 
von  denen  schon  mehrmals  die  Rede  war  (S.  68).  Eigens  als 
Kabelempfänger,  wurde  von  Lord  Kelvin  das  jetzt  altberühmte 
Instrument  gebaut,  von  dem  Sie  hier  (Fig.  267)  einen  Vertreter 
vor  sich  sehen.  Es  enthält,  drehbar  aufgehängt,  statt  eines 
Magneten,  deren  zwei  (Fig.  268).     Beide  sind  gleich  und   sind 


Flg.   268.      K  abcig  alv-anomel 
ilisches  .Magnetpaar,  Spulcniiniriüs,  SpiL'gcl 


ind  Uämprung-^rudcr. 


zwangläußg  miteinander  durch  eine  Aluminiumstange  verbunden, 
aber  so,  dass  jeder  mit  seinen  Polen  nach  der  anderen  Seite  zeigt. 
Auf  beide  wirkt  demnach  der  Erdmagnetismus  entgegen- 
gesetzt und  annähernd  gleich  stark  ein.  Seine  richtende  Kraft 
auf  das  Magnetpaar  ist  deshalb  zum  grössten  Teile  aufgehoben. 
Das  Paar  ist  so  gut  wie  ohne  magnetische  Ruhelage:  astatisch. 
Der  in  vielen  Windungen  um  ein  solches  Magnetpaar  kreisende 


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KaWbetrteb.  409 

Strom  hat  es  leicht,  das  Paar  abzulenken.  Denn  es  ist  von 
der  sich  sonst  gegen  die  Ablenkung  eines  Magneten  sperrenden 
Richtkraft  der  Erde  fast  ganz  losgelöst.  Sie  werden  dieses 
letztere  zwar  zugestehen,  aber,  wie  ich  fürchte,  bezweifehi, 
dass  überhaupt  noch  eine  Ablenkung  stattfindet.  Wenn  sich 
beide  Magnete  entgegenstehen,  werden  Sie  sagen,  müssen  sie 
auch  vom  Strome  einander  entgegengesetzt  abgelenkt  werden. 
Ganz  gewiss,  wenn  man  so  töricht  wäre,  beide  in  derselben 
Richtung  umfliessen  zu  lassen.  Thatsächlich  sind  die  Magnete 
etwa  um  die  Länge  der  Aluminium  -  Kupptungsstange  von 
58  mm  von  einander  entfernt.  Der  astatisierende  Magnet 
hängt  in  einem  zweiten,  besonderen  Spulenpaar,  welches  zwar 
von  demselben  Strome,  wie  das  erste,  aber  in  entgegengesetzter 
Richtung  {vgl.  die  Pfeile  in  Fig.  268),  durchflössen  wird.  Jeder 
Magnet  befindet  sich  in  entgegengesetzter  Lage  und  wird 
entgegengesetzt  vom  Strome  umflossen.  Beide  werden  folglich 
nach  derselben  Seite  abgelenkt.  Ihre  Zweifel  sind  beseitigt. 
Wenn  Sie  dann  bedenken,  dass  jedes  Spulenpaar  den  ablenken- 
den Strom  in  zweimal  sechstausend  Windungen  kreisen  lässt, 
so  werden  Sie  sich  über  die  grosse  Empfindlichkeit  dieses 
Spiegelgalvanometers  nicht  wundem  dürfen.  Zu  dieser  trägt 
auch  bei,  dass  jeder  von  beiden  Magneten  aus  einer  Gruppe 
kleiner  —  natürlich  gleichgerichteter  —  Einzelmagnete  besteht. 
Denn  dünne  Magnete  können  höher  magnetisiert  werden,  als 
dicke  (vgl.  das  magnetische  Magazin  von  S.  34). 

Um  Ihnen  von  der  Empfindlichkeit  dieses  Galvanometers 
einen  Begriff  zu  geben,  will  ich  Ihnen  eine  Zahl  anführen,  die 
ich  früher  einmal  bei  einem  gleichen  Instrument  bestimmt  habe. 
Der  Richtmagnet,  von  dem  gleich  die  Rede  sein  wird,  war 
dabei  in  einer  mittleren  Stellung.  Dann  wurde  auf  der  2,4  m 
vom  Spiegel  entfernten  Skala  der  Lichtzeiger  um  460  mm,  also 
fast  einen  halben  Meter  von  seiner  Ruhelage  abgelenkt,  wenn 
2 .  10-"  Ampere  durch  das  Galvanometer  flössen.  Zu  der  noch 
recht  ansehnlichen  Ablenkung  von  23  mm  würde  demnach  nur 
1  .  10"'  Ampere  ^  '/umoo  Milliampere  erforderlich  sein,  eine 
Empfindlichkeit,  mit  der  Sie  wohl  zufrieden  sein  werden. 

Nun  ist  noch  von  dem  leicht  gebogenen  Richtmagneten  zu 
sprechen,  den  Sie  (in  Fig.  267)  über  dem  Ganzen  sehen.  Er 
verschafft  dem  Magnetpaar  eine  bestimmte  magnetische  Ruhe- 


DigitizsdbyGOO'^le 


410  Kabelbetrieb. 

läge  wieder,  wie  sie  ihm  die  Astasierung  fast  ganz  genommen 
hat.  Denn  bei  seiner  Entfernung  von  beiden  Magneten,  die 
im  Vergleich  zu  der  der  Magnetpole  der  Erde  von  ihnen  so 
ausserordentlich  klein  ist,  wirkt  er  bei  der  verhältnismassigen 
Kleinheit  seiner  Entfernung  auf  den  benachbarten  oberen 
Magneten  wesentlich  mehr,  als  auf  den  entfernten,  unteren. 
Aber  die  neue,  durch  den  Richtmagneten  gewonnene  Ruhelage 
wird  mit  wesentlich  geringerer  Kraft  festgehalten,  als  die 
durch  die  Astasierung  genommene.  Nun  wird  mit  der  Ent- 
fernung des  Richtmagneten  von  den  beiden  kleinen  Magneten 
auch  der  Unterschied  in  den  Kräflen  verändert,  die  jener  auf 
sie  ausübt.  Mit  anderen  Worten:  durch  Verschieben  des 
Richtmagneten  herauf  oder  herunter  wird  das  Galvanometer 
mehr  oder  weniger  empfindlich.  Man  kann  dadurch  also  auch, 
wenn  die  Schwankungen  des  Telegraphierstromes  eine  andere 
Grösse  haben,  als  bei  einem  früheren,  die  Ausschläge  des 
Spiegels  auf  demselben  Werte  halten.  Natürlich  wird  bei 
dieser  Verschiebung  des  Richtmagneten  das  Magnetpaar  gedreht. 


Fi-.   269.      K.-iW!gah-an(Mt.et.r.      S|iieK<I,  Skala,   Ikkiichlung. 

Aber  durch  Drehung  des  Richtmagneten  kann  man  auch  dem 
Magnetpaar  wieder  die  Ruhelage  erteilen,  die  für  die  Ablesung 
bequem  ist.  Das  Ganze  ist  hier  betriebsmassig  aufgestellt 
(Spiegel,  Skala  und  Beleuchtung')  in  Fig.  269),  und  Sie  können 
daran    besonders    bei    etwas    verdunkeltem    Saal    die    Art    der 


DigitizsdbyGOOgle 


Kobelbetrieb.  411 

Ablesung  erkennen.  Zur  Dämpfung  ist  übrigens  die  untere 
Magnetgruppe  mit  einem  zu  ihr  senkrechten  Glimmer-  oder 
AluminiumflOgel  verbunden,  der  etwa  wie  ein  doppeltes  Steuer- 
ruder aussieht.  An  ihm  puffert  der  Luftwiderstand  in  der  Mitte 
des  unteren  Spulenpaares  die  Heftigkeit  der  Schwingungen  von 
Magneten  und  Spiegel. 

Galvanometer,  wie  das  besprochene,  haben  besonders  einen 
sehr  grossen  Nachteil,  der  die  Industrie  ganz  hat  auf  sie  ver- 
zichten   lassen.      Das    ist    die    Oberaus    lästige    Empfindlichkeit 
gegen  äussere  magnetische  Störungen.      Die  Instrumente    ant- 
worten auf  jede  magnetische  Verschiebung  in  ihrer  Umgebung, 
mag  sie  auch  nur  von  Strömen  herrühren,  die  in  der  weiteren 
Nachbarschaft  veränderlich  fliessen,    oder  auch    nur   von   dem 
Schlüsselbund  in  der  Tasche  eines  am  Hause  Vorbeigehenden. 
Jeder,     der     mit     einem     derartigen 
Instrumente  etwa  in  der  Nähe  einer 
elektrischen  Strassenbahn  hat  arbeiten 
müssen,  kann  ein  Lied  davon  singen. 
Man  ist  deshalb  im  Galvanometerbau 
allgemein    dazu    übergegangen,    das 
Galvanometerprinzip         umzukehren. 
Wie  Sie  sich  erinnern,  werden  nicht 
nur  Magnetnadeln  von  Strom  durch- 
fiossenen  Leitern  abgelenkt,  sondern 
auch    leicht    drehbare    Strom -durch- 
flossene     Leiter     von     feststehenden 
Magneten     (vgl.    den     Versuch     auf 
S.  47).      Der    Sinn    der    Ablenkung 
ergiebt      sich      mittelbar      aus      der 
Schwimmregel.      Ihre    Grösse    hängt 
unter    anderem    von  der  Stärke  des 
feststehenden  Magnetfeldes   und  von 
der  Anzahl  der  abgelenkten  Ampere- 
windungen ab,  gerade  so  wie  sonst 
von    den    ablenkenden.     Die    Strom- 
führende Spule    hangt  drehbar  (Fig.  270)  zwischen  den  Polen 
eines    starken    Dauermagneten    und    ist    dadurch    der    lästigen 
Einwirkung    äusserer    Magnetfelder    entzogen.       Nach    diesem 
Prinzip    der  Drehspule    (Fig.  270)  werden   jetzt    die    meisten 


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Fig.  210. 
rclispiilinstrument. 


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galvanometrischen    Instrumente,    wie   Galvanoskope,')   Spiegel- 
galvanometer, Strom-  und  Spannungszeiger,  gebaut. 

Nach  dem  gleichen  Prinzip  arbeitet  auch  der  geistvolle  und 
in  seinen  Leistungen  vorzügliche  Apparat,  der  jetzt  allgemein 
als  Empfänger  am  Ende  langer  Seekabel  dient.  Wie  gesagt, 
zeigt  er  den  Stromverlauf  nicht  vorübergehend  an,  sondern 
schreibt  ihn  auf  ein.en  Papierstreifen  nieder.  Sein  Name 
Heberschreiber  ist  eine  wörtliche  Übersetzung  des  englischen 
Siphon  recorder.  Ganz  ähnlich  wie  bei  dem  eben  beschriebenen 
Galvanometer  ist  im  Felde  eines  starken  Magneten  leicht  dreh- 
bar eine  zarte  Spule  (Fig.  271b)  aufgehängt.  Sie  besteht  aus 
etwa  20  Windungen  eines  Kupferdrahtes  von  0,08  mm  Dicke, 
natürlich  mit  Seide  umsponnen,  und  hat  etwa  500  Ohm  Wider- 
stand. Die  Drahtwindungen  sind  nicht  auf  einen  stützenden 
Rahmen  gewickelt,  sondern  einfach  mit  einander  verleimt. 
Dadurch  bleibt  das  Gewicht  der  Spule  auf  3  g  beschränkt. 
Wie  üblich,  ist  im  Innern  der  drehbaren  Spule  ein  fester 
Eisenkern  angebracht,  um  den  magnetischen  Widerstand  zu 
verkleinern.  Die  grosse  Permeabilität  des  Eisens  vermehrt  die 
Anzahl  beider  Arten  von  Kraftlinien,  sowohl  die  vom  Magneten, 
wie  die  von  der  Spule  erzeugten.  Die  ersteren  treten  von 
Pol  zu  Kern  und  von  Kern  zu  Pol  durch  den  Luftring  über. 
In  diesem  Luftring  schwingt  nun  die  wohl  centrierte  Spule. 
In  der  Ruhelage  liegt  ihre  Windungsebene  in  der  Richtung 
der  mittleren  Kraftlinien  des  Magneten.  Sie  wird  durch  leiclit 
bewegliche  Spiraldrähte,  die  ihre  Drehung  nicht  hindern, 
zwischen  Kabelende  und  Erde  geschaltet  (vgl.  auch  Fig.  273 
auf  S.  418)  und  von  der  leichten  Welle  des  Empfangsstromes 
durchflössen.  Die  von  ihm  in  geringer  Anzahl  erzeugten, 
magnetischen  Kraftlinien  stehen  natürlich  (Fig.  36  auf  S.  52) 
senkrecht  auf  der  Windungsebene  der  Spule,  also  zunächst 
senkrecht  auf  den  Kraftlinien  des  Magneten.  Sie  suchen  sich 
diesen  parallel  zu  stellen  und  nehmen  dabei  die  Drehspule  soweit 
mit  herum,  als  es  die  Feder  gestattet,  die  die  Spule  in  der 
Ruhelage  zurückzuhalten  bestrebt  ist.  Da  nun  die  Doppeltaste 
Morsepunkte     und     -striche     als     Stromstösse     verschiedener 

1)  Auch  bei  dem  Demonstrationsgalvanoskop  von  S  113  und  133  und  dem  als 
Slromrcinzciger  {vgl.  Fi»;.  169  auf  5.  268)  erwähnten  neueren  telegraphischen  Gal- 
vanoskop ist  das  der  Fall. 


DigitizsdbyGOOgle 


Fig.  271.     Heberschreiber 
Nach   Montillot. 


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414  Kabel  bct.'icb. 

Richtung  in  den  Kabelanfang  hineinschickt,  wird  die  Spule  je 
nach  dem  Wortlaut  des  Telegramms  bald  nach  rechts,  bald  nach 
links  abgelenkt.  Sie  gerät  also  ganz,  wie  vorher  die  Magnet- 
nadel des  Spiegelgalvanometers,  in  feine  Drehbewegungen. 
Nur  liest  man  diese  nicht  aus  den  vergänglichen  Bewegungen 
eines  gespiegelten  Lichtstrahles  ab,  sondern  bringt,  wie 
erwähnt,  die  Spule  dazu,  ihre  Schwingungen  aufzuschreiben. 
Zu  dem  Zweck  ist  ihr  ein  ganz  feines  Glasrohr  (Fig.  271a) 
angeklebt,  etwa  10  cm  lang  und  durch  die  Erwärmung  in  der 
Nähe  eines  Streichholzes  in  die  gezeichnete  Form  gebogen. 
Das  Glasrohr  ist  mit  der  Spule  beweglich,  hebert  aber,  ohne 
in  seinen  Bewegungen  gehindert  zu  werden,  aus  einem  fest- 
stehenden, nämlich  vorn,  dem  Eisenkern  aufgeschraubten  Farb- 
kasten, einen  feinen  Strahl  von  dünnflüssiger,  blauer  Farbe 
ab  und  läfet  ihn,  in  feine  Tröpfchen  aufgelöst,  auf  einen  an 
der  Rohrmündung  vorbeiziehenden  Papierstreifen  fallen.  Bei 
ruhender  Spule  entsteht  so  aus  den  kleinen  blauen  Farb- 
klexchen  ein  gerader  Strich.  Die  seitÜchen  Hin-  und  Hergänge 
werden  in  einer  Art  Wellenlinie  aufgezeichnet,  die  schematisch  der 
Schrift  des  Pollak-Virägschen  Apparates  (Fig.  217  auf  S.  333) 
ähnelt.  Hier  (Fig.  272)  ist  ein  solcher  Originalstreifen,  den  mir 
ein  freundlicher  Schüler  von  der  Chicagoer  Ausstellung  mit- 
gebracht hat.  Sie  können  aus  der  punktierten  Wellenlinie ') 
den  Inhalt  herausbuchstabieren,  wenn  Sie  jede  Ausbauchung 
nach  rechts  als  Punkt  und  jede  nach  links  als  Strich  rechnen. 
Nun  darf  aber  nicht  verhehlt  werden,  dass  so  ohne  Weiteres 
auch  die  dünnflüssige  Farbe  nicht  aus  dem  engen  Heberrohre 
herauströpfelt.  Die  Capillarität  hält  sie  einfach  darin  fest. 
Was  geschieht,  diesen  Übelstand  zu  beseitigen,  der  den  ganzen 
Apparat  in  Frage  stellt?  Mit  demselben  Gleichstrommotor,  der 
den  Papierstreifen  bewegt,  wird  eine  kleine  Influenzmaschine 
angetrieben.  Deren  eine  Endkugel  ladet  durch  Influenz  den 
Inhalt  des  Farbgefässes,  das  von  dem  mit  Erde  verbundenen 

')  Je  senkrechter  die  Wellensdidfl:  zur  Längsrichtung  des  Papierbandea  ver- 
läuft, umso  mehr  entfernen  sich  an  den  bctrcFTcnden  Stellen  die  einzelnen  Färb. 
trOpfchen  von  einander.  Der  Heber  spritzt  nämlich  die  Farblrftpfchen  immer  gleich 
schnell  auf  das  von  ihm  nicht  ganz  berahrte  Papier.  Je  senkrechter  die  Schrift, 
auf  eine  umso  longcrc  Strecke  verteilt  sich  diesdbe  Anzahl  von  Tröpfchen,  und  umso 


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Fig.  272. 
Heberschrift 


Kabclbefieb.  415 

Papierstreifen    isoliert    ist.     Nun  zieht  dieser 

—  f      elektrostatisch  die  Farbe  an.    Sie  tröpfelt  aus 
;  dem  Heber  heraus,  und  alles  ist  in  Ordnung. 
•«  Eine  Elektrisiermaschine    ist    für  Dauer- 
betrieb kein  besonders  angenehmer  Apparat, 
Sie  ist  deshalb  später  durch  eine  andere  Ein- 

_  richtung  ersetzt  worden,  die  nicht  erst  elektro-, 

^C  sondern  rein  mechanisch  die  Farbe  aus  dem 

"  Glasheber  herauschüttelt.     Zu  dem  Ende  ist 

—  g  diesem  neben  der  Öffnung  ein  winziges 
~  Stückchen  Eisen  angeklebt.  Unter  dem 
—m  Papierband   sitzt    ein  kleiner  Elektromagnet, 

der  mit  Hilfe  eines  Unterbrechers  (vgl.  S,  78) 
— ^  mit  unterbrochenem  Gleichstrom  gespeist  wird. 
Das  Eisenstückchen  wird  durch  den  Papier- 
streifen hindurch  abwechselnd  angezogen  und 
losgelassen.  Die  Unterbrechungen  folgen  sich 
aber  so  schnell,  dass  die  elektromagnetische 
Wirkung  sich  nur  in  einer  leisen  Erschütterung 
des  Eisenstückchens  und  damit  des  Hebers 
äussert.  Sie  genügt,  die  Farbtropfen  heraus- 
zuschütteln. 

Wollen  Sie  sich  nun  bitte  den  Original- 
streifen etwas  genauer  ansehen.  Sie  können 
dann  an  ihm  die  Erscheinung  beobachten,  die, 
wie  Sie  erkannten,  die  Verwendung  der  sonst 
üblichen  Empfangsapparate  am  Ende  langer 
Seekabel  verbietet  und  die  von  Galvanometern 
vorschreibt:  den  schwankenden  Nullwert, 
das  variable  zero  der  Engländer.  Die  Be- 
trachtung des  Streifens  ergiebt,  dass  bei  ver- 
schiedenen Buchstaben  die  Nulllage  der  Kurve, 
also  der  Hebermündung,  also  der  Spule,  also 
des  Stromes  nicht  die  gleiche  geblieben  ist. 
Zu  Anfang,  vor  dem  ersten  t,  ist  die  Nulllage 
etwa  7,3  mm  von  der  hnken  Papierkante 
entfernt,  zwischen  den  Punkten  des  darauf- 
folgenden h  etwa  9  mm,  im  c  wieder  etwa  8  mm, 
zwischen  den  Strichen  des  o  etwa  6  mm. 


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416  KabelbftrLeb. 

Die  Erklärung  dieser  merkwürdigen  und  bedeutsamen 
Thatsache  bin  ich  Ihnen  immer  noch  schuldig:  Da  das  Kabel 
zwischen  den  Zeichen  nicht  so  lange  an  Erde  gelegt  werden 
kann,  bis  die  Ladung  entwichen  ist  —  das  ist  ja  der  Haupt- 
grund des  Zeichenwechsels  —  bleibt  zunächst  nach  jedem 
Zeichen  Ladung  auf  dem  Kabel  sowohl,  wie  den  Abschluß- 
condensatoren  übrig.  Tritt  nun  ein  Wechsel  des  Zeichens  ein, 
das  heisst,  folgt  einem  Strich  ein  Punkt,  oder  einem  Punkt  ein 
Strich,  so  wird  die  von  dem  ersten  Zeichen  tlbrig  gebliebene 
Ladung  durch  das  zweite,  entgegengesetzt  gerichtete,  vernichtet, 
gewissermassen  ausgetrieben.  Nehmen  Sie  an,  beim  Geben 
von  Strichen  läge  die  positive  Batterieklemme  an  der  Leitung, 
bei  Punkten  die  negative.  Dann  würde  der  von  einem  Strich 
herrührende,  positive  Ladungsrest  durch  die  negative  Elektricität 
eines  darauf  folgenden  Punktes  zu  Nichte  gemacht.  Nun  habe 
aber  das  zweite  Zeichen  die  gleiche  Stromrichtung,  wie  das 
erste.  Es  folge  dem  Strich  abermals  ein  Strich.  Dann  fehlt 
die  wirksame  Entladung  durch  die  negative  Elektricität  des 
Punktes.  Das  Kabel  bleibt  erstens  positiv  geladen.  Zweitens 
fügt  der  neue  Strich  der  noch  übrigen  positiven  Ladung  eine 
neue  hinzu,  und  gar  ein  etwa  gleich  folgender  dritter  Strich, 
vergrössert  die  Ladung  noch  mehr.  Genau  so,  nur  mit  imi- 
gekehrtem  Vorzeichen,  ist  es  bei  einer  Reihe  sich  unmittelbar 
folgender  Punkte.  Trotzdem  hier  beide  Zeichen  gleich  lange 
dauern,  beeinflusst  ihre  durch  den  Wortlaut  des  Telegramms 
vorgeschriebene  unregelmässige  Reihenfolge,  den  Ladezustand 
des  Kabels  und  damit  den  Strom,  der  aus  dem  Kabelende 
über  dem  Empfangsapparat  zur  Erde  fließt.  So  äußert  sich 
die  durch  eine  Folge  von  Strichen  vermehrte  positive  Ladung 
dadurch  in  der  Stromkurve,  dass  sie  diese  immer  weiter  nach 
der  positiven-,  der  Strichseite  hin  abdrängt.  Genauer  gesagt, 
eine  Folge  von  Strichen  verschiebt  die  Nulllage  für  die  Strich- 
ausbauchungen immer  weiter  auf  die  Strichseite,  eine  Folge  von 
Punkten  immer  weiter  auf  die  Punktseite,  wie  es  auch  unser 
Streifen  zeigte.  Jedes  neue  Zeichen  wird  zwar  selbständig 
gegeben.  Aber  je  nach  seinen  Vorgängern  baut  es  sich  auf  ein 
verschiedenes,  elektrisches  Niveau  auf.  Durch  die  schwankende 
Ladung  des  Kabels  und  des  Condensatorpaares  sind  die  einzelnen 
Zeichen  nicht  selbständig,  sondern  miteinander  gekuppelt,  an- 


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Kabdbetrieb.  417 

einander  gefesselt,  gleichsam  erblich  belastet.  Darin  liegt  der 
Grund  der  wechselnden  Nulllage  und  der  Notwendigkeit, 
zum  Empfang  Galvanometer  zu  verwenden. 

Wenn  Sie  nun  eine  Erdkarte  betrachten,  in  der  die  Unter- 
seekabel eingetragen  sind,  sei  es  auch  nur  das  Reklameblatt 
einer  Kabelgesellschaft,  so  fällt  Ihnen  sofort  auf,  dass  die 
Meere  sehr  häufig  nicht  auf  dem  nächsten  Wege  durchquert 
werden.  Vielmehr  suchen  die  Kabel,  soweit  nur  irgend  möglich, 
Inseln  anzulaufen,  selbst  wenn  die  vom  nächsten  Wege  recht 
weit  ablegen.  Das  vorhin  erwähnte  englische  Kabel  Water- 
ville — Canso  durchquert  den  atlantischen  Ozean  direkt.  Hingegen 
ist  von  dem  deutschen  Kabel  Emden — New  York  bekannt,  dass 
es  den  Umweg  über  die  Inselgruppe  der  Azoren  macht.  Natür- 
lich wird  dadurch  das  Kabel  länger  und  teurer.  Auch  für  den 
Bau  und  Betrieb  des  Azorenamtes  Horta  entstehen  noch  Kosten. 
Aber  der  Grund,  der  die  Kabel  so  mit  häufig  erheblichen 
Mehrkosten  über  Inseln  schickt,  ist  nicht  schwer  zu  erraten. 
Es  ist  der  alte  Kunstgriff  der  Streckenteilung,  Der  ganze 
Kabelweg,  über  den  gegeben  werden  muss,  wird  durch  die 
Inseln  in  Teile  mit  entsprechend  kleinerem  CW  und  entsprechend 
grösserer  Telegraphiergeschwindigkeit')  zerschnitten. 

Aus  jedem  Kabelabschnitt  muss  natürlich  auf  den  nächsten 
übertragen  werden.  Früher  besorgten  das  Beamte.  Aus  der 
Wellenschrift,  die  der  Heberschreiber  am  Ende  des  ersten 
Kabelabschnittes  aufzeichnete,  las  ein  Beamter  die  Zeichen  ab 
und  übergab  sie  zur  Beförderung  über  den  zweiten  Abschnitt 
der  Taste  oder  bei  automatischem  Betriebe  dem  Lochstreifen. 
Aber  Sie  kennen  ja  die  erheblichen  Nachteile  dieser  »human 
transiation^  (vgl.  S.  295).  Eine  vorgeschrittene  Telegraphie 
bedarf  eines  besseren  Relais,  als  des  zu  Irrtümern  geneigten 
menschlichen  Gehirns  und  der  schwerfälligen  Hand.  Sie  benutzt 
das  Trommelrelais^),  das  ich  Ihnen  jetzt  zum  Schluss  unserer 
Besprechung  des  Kabelbetriebes  schildern  muss. 

')  Es  wird  angegeben,  dasa  beim  Betrieb  mit  Heberschreibern  auf  einem  Kabel. 

dessen  CW  in  den  Grenzen  3,5  und  8  liegt,   durchschnittlich  ungefähr  ■  Buchstaben 

pro  Sekunde,  bei  dem  gewihlten  englischen  Beispiel  demnach  Etwa  deren  2  gegeben 
werden  können. 

Z)  Siehe  S.  G.  Brown.     The  Electrician.     Bd.  49,  S.  131.      1902. 


„Google 


418  Kabelbelricb. 

Von  den  beiden  Haupterfordernissen  eines  Kabelrelais 
ist  die  eine  die  ausserordentlich  grosse  Empfindlichkeit.  Wie 
die  überreizten  Sinne  eines  sehr  nervösen  Menschen,  muss  es 
auf  die  kleinsten  Reize  antworten.  Denn  die  Stromschwankungen 
am  Ende  eines  langen  Seekabels,  deren  Kleinheit  Sie  kennen. 


MzcA^^MtbrAr 


Fig.   213.      Kabelflberlmgime  mit   Trommel rclais. 
Mit   Benutzung  einer  Zeichnung  von   S.   G.   Brown. 


sind  nur  zu  Leistungen  befähigt,  die  man  geistvoll  als  von  der 
Grössen  Ordnung  einer  zehntel  Fliegenstärke  bezeichnet  hat. 
Dazu  wird  von  dem  Relais  schnelles  und  jedes  Mal  ganz  sicheres 
Herstellen  und  Lösen  der  Contakte  verlangt.  Sehen  wir,  wie 
diese  harten  Anforderungen  erfüllt  werden. 

Hier  (Fig.  273)  ist  zwischen  den  Polen  eines  Dauermagneten 
die  Drehspule  eines  I  leberschreibers  gezeichnet,  wie  sie  zum 
Beispiel   auf  dem  Azorenamt  Herta    zwischen  Erde   und  dem 


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Kahclbclrieb.  419 

Condensator-verschlossenen  Ende  des  von  Emden  kommenden 
Kabels  liegt.  Mit  dieser  Drehspule  ist  über  zwei  Seiden-  oder 
Quarzfäden  ein  dünnes  Glasrohr  verbunden,  von  der  Art,  wie  es 
sonst  zum  Farbheber  gebogen  wird.  In  das  Rohr  ist  ein  dünner 
Draht  aus  der  festen  und  elastischen  Phosphorbronze  gesteckt, 
dessem  Ende  —  wie  bei  den  Goldfedern  der  Füllhalter  —  eine 
Spitze  aus  dem  harten  Metall  Iridium  aufgelötet  ist.  Diese 
Iridiumspitze  ruht  auf  der  metallischen  Oberfläche  einer  Dreh- 
troiiimel,  die  etwa  150  Mal  pro  Minute,  etwas  schneller  als 
der  llughesschütten,  umläuft.  Die  Drehtrommel  ist  durch  einen 
schmalen  Ring  aus  Isolationsmaterial  elektrisch  in  zwei  Hälften 
I  und  II  geteilt.  Jede  Trommelhälfte  ist  über  eine  auch  bei  der 
Drehung  Contakt  machende  Schleifbürste  mit  der  einen  primären 
Klemme  eines  der,  sagen  wir,  Sicmensschen  polarisierten  Relais  I 
oder  II  verbunden.  Die  zweiten  primären  Klemmen  beider 
Relais  liegen  gemeinsam  an  der  positiven  Klemme  der  Trommel- 
batterie TU.  Mit  deren  negativer  Klemme  steht  über  den 
Draht  im  Heberrohr  die  Iridiumspitze  in  Verbindung. 

Nun  kommt  es  darauf  an,  dass  —  gemäss  den  Befehlen 
des  Stromes  aus  Emden  —  die  Drehspule  die  Iridiumspitze  auf 
den  beiden  Trommelhälften  I  und  II  hin-  und  herschiebt.  Reicht 
denn  dazu  die  winzige  Kraft  der  leichten  Stromsclnvankungen 
aus?  Kann  sie  die  Reibung  der  Spitze  auf  der  Trommelober- 
fläche überwinden?  Bei  ruhender  Trommel  allerdings  nicht. 
Da  bleibt  die  Spitze  dort  haften,  wo  sie  sich  zufällig  befindet. 
Aber  die  Drehung  —  und  das  ist  der  erste  Kunstgriff  —  ver- 
mindert die  Reibung  so  sehr,  dass  die  Spitze  sich  leicht  und 
sicher  von  einer  Hälfte  auf  die  andere  schiebt  und  dabei  natürlich 
den  Contakt  sicher  mit  der  einen  löst  und  mit  der  anderen  herstellt. 
Es  wird  hier  die  alte  Erfahrung  benutzt,  dass  zwei  sich  gegenseitig 
bewegende  Körper  eine  geringere  Reibung  gegen  einander  haben, 
als  ruhende.  Bei  zwei  ruhenden  Oberflächen  haben  die  kleinen 
Unebenheiten  Zeit,  sich  in  einander  gleichsam  einzufressen,  einzu- 
haken, und  sind  dann  entsprechend  schwerer  zu  trennen,  als 
wenn  beim  schnellen  Gleiten  keine  Zeit  dazu  vorhanden  war. 

Die  Iridiumspitze  gleitet  also  zwischen  den  beiden  von 
einander  getrennten  Trommelhälften  in  demselben  Ryihmus  hin 
und  her,  wie  die  Drehspule  sich  nach  rechts  und  nach  links  aus 
ihrer  Ruhelage  herausdreht.     Bei  dieser  Ruhelage  selbst  schleift 


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420  Kabelbdricb. 

die  Iridiumspitze  auf  dem  isolierenden  Ring  der  Trommelmitte. 
Dieser  Ring  bewegt  sich  nun  natürlich  nicht  nach  der  Seile, 
während  die  Nulüage  des  Kabelstromes  fortwährend  schwankt. 
Es  ist  das  zweite  Haupterfordernis  des  Relais,  dass  immer  bei 
der  NulHage  des  Telegraphierstromes,  mag  sie  noch  so  weit 
in  das  Positive  oder  Negative  verschoben  sein,  dass  dann 
immer  die  Iridiumspitze  auf  dem  Isolierring  schleift.  Die  Dreh- 
spule soll  zwar  durch  Ablenkung  nach  rechts  und  links  die 
Ausbauchungen  der  Stromkurve  wiedergeben.  Sie  muss  aber 
verhindert  werden,  deren  Nullpunktsschwankungen  mitzumachen. 
Auch  dieses  Kunststück  bekommt  das  Relais  fertig:  Der  Spulen- 
ablenkung durch  den  Kabelstrom  tritt  eine  neue  korrigierend 
entgegen.  Zu  dem  Ende  enthält  die  Drehspule  ausser  ihren 
vom  Kabelstrome  durchflossenen  Windungen  und  isohert  von 
ihnen  noch  andere.  Durch  diese  wird  der  Correktionsstrom 
geschickt,  und  die  Spule  bewegt  sich  so  hin  und  her,  als  ob  sie 
nur  von  einem  schematischen  Kabelstrome  mit  unverändert 
feststehender  Nulllage  abgelenkt  würde.  Will  ein  Übermass 
von  Kabelladung  die  Nulllage  der  Drehspule  nach  der  einen 
Seite  treiben,  so  drückt  sie  dafür  der  entsprechend  grössere 
Correctionsstrom  nach  der  anderen.  Die  Nulllage  bleibt  in  der 
Mitte.  Wo  der  Correktionsstrom  herkommt,  sei  uns  hier  gleich. 
Es  genüge  die  Thatsache,  dass  bei  jeder  Nulllage  des  Kabel- 
stromes die  Iridiumspitze  auf  dem  Isolierring  schleift  und  bei 
jeder  Ausbauchung  auf  der  entsprechenden  Trommelhatfte. 

Durch  die  erwähnte  Anordnung  der  polarisierten  Relais 
wird  nun  bewirkt,  dass  beide  ihre  Hebel  auf  den  {in  Fig.  273 
nach  aussen  gezeichneten)  Ruhecontakten  haben,  wenn  die 
Iridiumspitze  auf  dem  Isolierring  liegt.  Sobald  aber  die  Spitze  auf 
Trommelhälfte  I  oder  II  hinübergleitet,  wird  der  Hebel  des  Relais  I 
oder  II  umgelegt.  Die  secundären  Relaisklammern  brauchen  nun 
blos  richtig  geschaltet  zu  sein,  und  die  beiden  Hebel  versehen 
den  Dienst  der  Doppeltaste.  Aus  der  Skizze  geht  hervor,  dass, 
solange  die  Spitze  auf  Trommelhälfte  II  schleift,  über  Relaishebel  H 
ein  positiver  Stromstoss  aus  der  Kabelbatterie  KB  auf  die 
äussere  Belegung  des  das  Kabel  nach  New  York  verschliessenden 
Condensators  stürzt.  Der  Telegraphierstrom  wird  trotz  seiner 
geringen  Stärke  und  trotz  der  Schwankungen  seines  Nullpunktes 
aus  einem  Kabelabschnitt  in  den  anderen  übertragen. 


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Der  Vielfachbe trieb. 


IQ.  Vorlesung. 

Der  Vielfachbetrieb. 

BHudotpriniip:  Umschichtige  Benutiung  eines  Drahtes  durch  mehrere  Apparate. 
Verteilerhebel.  —  Differenlial-GegensprecheniDifferenlialpriniipbei  Galvanoskop 
und  Relais.  —  Differential  Schaltung  (Stöpsel  widerstände.  Anordnung.  Msnganin. 
Bifilare  Wicklung).  Ausgleichs  widerstand.  Abgehendes  und  ankommendes  Telegramm. 
Taste  des  Empfangsamtes.  —  Ausgleichscapacität,  Künstliche  Leitung.  —  Brücken- 
Gegensprechen:  BrQclt engesetz,  —  Zweites  Schema.  —  Wirkliche  Schaltung. 
Abgehendes  und  ankommendes  Telegramm,      Keine  gegenseitige  Störung. 


Unsere  heutige  Vorlesung  gilt  dem  Vielfachbetriebe,  den 
Methoden,  gleichzeitig  mehrere  von  einander  unabhängige 
Depeschen  über  einen  und  denselben  Draht  zu  schicken.  Dem 
Unkundigen  scheint  dieses  Beginnen  geradezu  unmöglich,  und 
doch  stammen  die  Vielfachmethoden  zum  Teil  schon  aus  den 
Kindertagen  der  Telegraphie,  Heute  sind  sie  dem  gesteigerten 
Verkehr  dringendes  Bedtlrfnis.  Oberleitungen  und  besonders 
Kabel  erfordern  die  Anlage  allzu  grosser  Kapitalien,  als  dass 
jedes  einzelne  von  mehreren  gleichzeitig  zwischen  denselben 
Ämtern  beförderten  Telegrammen  eine  besondere  Leitung  ftlr 
sich  in  Anspruch  nehmen  dürfte.  Wenn  es  der  Verkehr 
zwischen  zwei  Amtern  verlangt,  werden  die  Leitungen  mehrfach, 
vielfach  ausgenutzt. 

Von  den  Methoden  dieses  Vielfachbetriebes  wird  wegen 
ihrer  Einfachheit  zweckmassig  zuerst  die  Gruppe  kurz  besprochen, 
welche  man  zu  Recht  oder  Unrecht  als  Baudotprinzip  zu- 
sammenzufassen pflegt.  In  der  That  dürfen  Sie  sich  an  der 
Erklärung  des  blossen  Prinzipes  umso  mehr  genügen  lassen, 
als  es  hauptsächlich  in  Frankreich  und  zwar  zum  Vielfachbetriebe 
des  Baudot-Typendruckers  angewendet  wird.  Da  aber  nichts 
hindert,  auch  jeden  anderen  Apparat  nach  der  Baudotmethode 
zu  betreiben,  sei  für  ihre  Erklärung  der  Einfachheit  halber  der 
Klopfer  gewählt. 


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422  D^r  Vielfachbelrieb. 

Die  Apparate  eines  Amtes  I  kennen  Sie  nur  als  mit  denen 
des  Amtes  II  durch  je  einen  Draht,  vier  Apparatpaare  mit 
einander  durch  vier  Drähte  verbunden.  Bei  der  Baudotschen 
Anordnung  ist  nur  ein  Draht  vorhanden  und  die  vier  Apparat- 
paare teilen  sich  in  diesen  einen  Draht  und  benutzen  ihn 
umschichtig.  Zu  dem  Ende  mündet  der  Draht  auf  beiden 
Ämtern  in  einen  Verteilerhebel,  der  fortwährend  und  mit 
gleichförmiger  Geschwindigkeit  umläuft  (Fig.  274).    Dieser  Hebel 


Fig.  214.     Baudotprii 


teilt  die  Leitung  den  vier  Apparatpaaren  abwechselnd  zu,  indem 
er  mit  seiner  Kupferdrahtbürste  auf  einem  in  vier  Teile 
getrennten  Contaktrlng  schleift.  Er  macht  in  der  Sekunde 
H  Umdrehungen.  Jede  von  diesen  dauert  dann  '/,  Sekunde 
und  der  Contakt  mit  jedem  Sektor  des  Ringes  dabei  etwas 
weniger  als  '4«  Sekunde.  Auf  beiden  Ämtern  liegt  an  jedem 
Sektor  ein  Apparatesatz  (Fig.  274  bei  A),  und  beide  Contakt- 
hebel  laufen  synchron.')  Dann  besteht  für  das  erste  '/*"  Sekunde 
zum  Beispiel  folgende  Verbindung:  Apparatsatz  A„  Sektor  A,, 
Contakthebel  I,  Leitung,  Contakthebel  II,  Sektor  A,„  Apparat- 
satz A„.  Für  die  nächsten  drei  '/*"  Sekunde  ist  das  Gleiche 
mit  den  Sektoren  und  ApparatsäCzen  Ji,  C  und  D  der  Fall,  Dann 
kommt  wieder  A   für  das  fünfte  V*"  an  die  Reihe  und  ebenso 


')  Dos    hcissl    natürlich   r 
Einschränkung. 


■    der  S.  4Ü1    her  befcar 


DigitizsdbyGOOgle 


Der  Vielfachbelrieb.  423 

für  das  neunte,  dreizehnte  u.  s.  f.  Jedes  Apparatpaar  bekommt 
umschichtig  für  seinen  Bruchteil  der  Sekunde  die  Leitung 
zugewiesen,  und  während  dieser  Zeit  leistet  es  seine  tele- 
graphische Arbeit,  wobei  sich  von  selbst  versteht,  dass  das 
CW  der  Leitung  eine  so  hohe  Telegraphiergeschwindigkeit 
zulassen  muss.  Eine  Gesellschaft  von  Apparaten  besitzt  gemein- 
sam, kommunistisch  nur  eine  Leitung,  und  die  Erlaubnis,  sie  zu 
benutzen,  geht  herum,  und  zwar  muss  so  schnell  abgelöst  werden, 
als  die  Klarheit  der  Verständigung  verlangt.  Drei  Apparate 
pausieren  immer  einen  Augenblick,  damit  schnell  der  vierte 
telegraphieren  kann.  Dabei  ist  gleichgiltig,  ob  alle  vier  in  der- 
selben Richtung  arbeiten  oder  nicht.  Die  Telegramme  A  und  B 
mögen  zum  Beispie!  von  I  nach  H,  die  C  und  D  von  II  nach  I 
gehen  oder  umgekehrt,  wie  es  gerade  der  Verkehr  verlangt. 
Sie  werden  mir  trotzdem  bestätigen,  dass  beim  Baudotbetrieb 
genau  genommen  in  einem  bestimmten  kleinen  Zeitteilchen 
immer  nur  ein  Telegramm  über  die  Leitung  geht. 

Anders  bei  dem  wahren  Vielfachbetrieb,  bei  dem  tatsächlich 
auch  in  kleinsten  Zeitteilen  gleichzeitig  telegraphiert  wird. 
Meistens  handelt  es 'sich  hier  auch  nur  um  zwei  gleichzeitige 
Telegramme.  Es  macht  auch  einen  grossen  Unterschied,  ob 
diese  beiden  Telegramme  gleiche  Richtung  haben  oder  in 
entgegengesetzter-  an  einander  vorbeilaufen.  Andere  Methoden 
ermöglichen  das  Doppelsprecheii,  den  Diplexbetrieb  und  andere 
das  Gegensprechen,  den  Duplexbetrieb.  Wohl  gemerkt,  handelt 
es  sich  in  beiden  Fällen  um  Telegraphier-  und  nicht  etwa  um 
Fernsprechweisen,  wie  der  Name  vermuten  lassen  könnte. 
Praktisch  unwichtig  ist  das  Doppelsprechen,  wichtig  das  Gegen- 
sprechen, dessen  Betrachtung  den  ganzen  Rest  unserer  heutigen 
Vorlesung  ausfüllen  soll.  Es  wird  durch  zwei  verschiedene 
Schaltungen  ermöglicht;  durch  Differential-  oder  durch  Brücken- 
schaltung. 

Zur  Erklärung  des  Differential-Gegensprechens  dienen 
zwei  einfache  Versuche.  ÄhnUch  der  Anordnung  (Fig.  37  auf 
S.  53)  aus  der  vierten  Vorlesung,  seien  rechts  und  links  von 
einer  Magnetnadel  zwei  kleine  Spulen  aufgestellt,  sodass  deren 
Achse  zum  magnetischen  Meridian  und  zur  Nadel  senkrecht 
steht  (Fig.  275).  Schickt  man  nun  durch  beide  in  gleichem 
Sinne  gewickelte  Spulen  denselben  Strom,    aber  in  entgegen- 


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424  D=r  Vielfachbetrieb. 

gesetzter  Richtung,  so  wird  die  Nadel  nicht  mehr  wie  damals 
abgelenkt.  Vielmehr  bleibt  sie  ruhig  in  der  Meridianebene 
stehen.  Das  ist  am  Ende  nicht  sehr  merkwürdig.  Denn  da- 
durch, dass  beide  Spulen  gleiche  Windungszahl  haben  und 
von  demselben  Strome  durch- 
*  flössen    werden,    erzeugen    sie 

rWWV*'  t  >t'iWJ1^]  J  gleichviel  Kraftlinien.  Da  sie 
ausserdem  von  der  Nadel  beide 
gleich  weit  entfernt  sind,  heben 
sich  die  durch  die  horizontalen 
Pfeile  bezeichneten  Kraftlinien- 
bündel  in  ihrer  Wirkung  auf 
die  Nadel  auf  Zu  ihren  beiden 
Seiten  entstehen  gleich  weit  ent- 
fernt zum  Beispiel  zwei  gleich 
Fig.  21b.  starke    Nordpole.       Mit    diesem 

Prinzip  des  Differeniiaigaivanuskops,  Versuche  haben  Sie  das  Diffe- 
rentialgalvanoskop  kennen 
gelernt.  Dessen  Nadel  bleibt  in  Ruhe,  wenn  die  beiden  (gleich 
weit  entfernten)  Spulen  von  gleichen  und  entgegengesetzt 
gerichteten  Strömen  durchflössen  werden. 


Fig.  276.     Priniip  des  Differenliairdais. 

Nach  ähnlichem  Prinzipe  arbeitet_  der  wichtigste  Teil  der 
Differentialschaltung:  das  Differentialrelais.  Hier  ist  unser 
Elektromagnetstab  von  früher  (Fig.  28  auf  S.  48).  Jetzt  \\ärd 
er  aber  nicht  mit  einem  einfachen  Draht,  wie  damals,  umwickelt. 
sondern    mit    zwei    getrennten,    neben    einander    herlaufenden 


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Der  Vielfachbelrieb.  425 

Drähten  (Fig.  276).  Beide  Drähte,  1  und  2,  führen  getrennt  zu 
zwei  Paar  Klemmen.  Anfang  und  Ende  von  1  und  2  sind  mit  ,4,, 
E^  und  A^,  E,  bezeichnet.  Nun  führt  der  Anfang  von  2  und 
das  Ende  von  1,  also  A^  und  E^,  gemeinsam  zur  positiven 
Klemme  der  Stromquelle.  Andererseits  liegt  A^  und  E^  jedes 
Ober  den  gleichen  Widerstand  W  an  der  negativen  Klemme. 
Es  ist  klar,  dass  die  mit  dem  Einschalten  der  Ströme  in  den 
beiden  Spulen  erzeugten  Magnetfelder  sich  gegenseitig  aufheben 
und  der  Stab  auf  eine  Magnetnadel  ebenso  ohne  EinÄuss  bleibt, 
als  wenn  er  gar  nicht  von  Strom  umkreist  würde.  Aus  zwei 
solchen  von  einander  unabhängigen  Drähten  besteht  nun  die 
Wicklung  eines  Differentialrelais.  Hier  steht  uns  kein  solches 
zur  Verfügung.  Wir  können  uns  aber  einen  Ersatz  schaffen, 
indem  wir  an  einem  beliebigen  Relais  die  Wicklungen  beider 
Schenkel  trennen  und  die  Enden  der  getrennten  Wicklungen 
so  schalten,  wie  eben  die  der  beiden  Drähte  des  Stabes.  Nach 
dem  Einschalten  werden  beide  Schenkel  so  umflossen,  dass  die 
in  ihnen  erzeugten  Kraftlinien  sich  zum  grossen  Teil  und  ähnlich 
wie  bei  der  reinen  Differentialschaltung,  aufheben.  Auch  trotz- 
dem Strom  fliesst,  wird  der  Relaishebel  nicht  umgelegt,  und  ein 
über  ein  Trockenelement  an  die  .secundären  Relaisklemmen 
gelegter  Wecker  bleibt  in  Ruhe.  Er  ertönt  aber  natürlich, 
sobald  der  Strom  in  einer  Wicklung  unterbrochen  wird  oder 
in  beiden  in  der  gleichen  Richtung  fliesst.  Nach  diesen  Vor- 
bemerkungen werden  Sie  die  Differentialschaltung  für  den 
Gegen  sprechbetrieb  leicht  verstehen. 

In  der  Skizze  (Fig.  277  auf  Tafel  II)  erkennen  Sie  an  den 
beigefügten  Buchstaben  A^,  E^  und  A^,  E^  Anfang  und  Ende 
der  beiden  getrennten  Wicklungen  des  Differentialrelais.  -4,  ist 
mit  der  Leitung,  E^  über  den  Widerstand  W  mit  der  Erde  und 
Ky  und  Jj  durch  eine  gemeinsame  Klemme  mit  der  Mittelschiene 
der  Taste  verbunden.  Deren  Arbeitscontakt  liegt  an  der  positiven 
Klemme  der  mit  ihrer  negativen  über  einen  Schutzwiderstand 
geerdeten  Batterie.  Der  Ruhecontakt  der  Taste  führt  über 
einen  Widerstand  TI'',  der  dem  der  Batterie  plus  Schutzwider- 
stand gleich  ist,  zur  Erde. 

Was  geschieht  nun,  wenn  Amt  I  die  Taste  drückt?  Die 
Batterie  I  schickt  ihren  Strom  zu  der  gemeinsamen  Klemme 
der  beiden  Wicklungen  und  spaltet  sich  hier  in  der  Richtung 


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426  D=r  Viclfachbetrieb. 

der  beiden  Pfeile  in  zwei  Teile,  die  sich  umgekehrt  wie  die 
Widerstände  der  beiden  Leitungszweige  verhalten.  Wenn  das 
Relais  auf  I  in  Ruhe  bleiben  soll,  müssen  beide  Ströme,  dazu 
also  auch  die  beiden  Zweigwiderstande  gleich  sein.  Der  Wider- 
stand der  Wicklungen  -E,  ^,  und  A^E^  ist  gleich.  Es  muss 
demnach  auch  der  übrige  Widerstand  der  Leitungszweige  gleich 
sein  und  der  zwischen  i'^  und  Erde  eingeschaltete  Widerstand  11' 
ebenso  gross  gemacht  werden,')  wie  der  Widerstand  der  Leitung/., 
plus  dem  auf  dem  fernen  Amt  (II)  eingeschalteten  Relaisweg. 
Dann  kann  die  Taste  über  die  Leitung  von  Amt  I  nach  11  einen 
Telegraphierstrom  schicken,  ohne  dass  die  Zunge  des  eigenen 
Relais  umgelegt  wird  und  der  über  eine  Ortsbatterie  mit  den 
secundären  Relaisklemmen  verbundene  Klopfer  ertönt. 

;  zu  Messungen,  Widerstände  von  einer  anderen 
r  (S.  46  Fussnote)  her  kennen,  nämlich  StOpstl- 
widersiande,  welche  jene  an  Genauigkeit  und  Leichtigkeit  grosser  Veränderungen 
um  vieles  Qbertreffen.  Die  einzelnen  Widerstandselemente  eines  solchen  StOpselkastens 
sind  Drahtspulen,  die  nach  Art  eines  Gewichlssaties  in  ihrer  Grösse  nach  dem 
Einmaleins  mit  Zehn  ahgestufl  sind.  Der  aus  Isulationsmaterial  bestehende  Deckel 
des  Kastens  ist  mit  mehreren  parallelen  Reihen  von  kleinen  M essin gklölien  besetzt 
(Fig.  2181.  Der  Luftiwischenraum  zwischen  je  zwei  solchen  Klötzen  wird  elektrisch 
durch  eine  im  Innern  des  Kastens  untergebrachte  Widerstandsspule  flbcrbrQcki. 
Schaltet  man  die  beiden  äusscrsten  Klötze  durch  die  mit  ihnen  verbundenen  Klemmen 
in  einen  Stromkreis  ein,  so  wird,  wie  die  Sache  bis  jelit  geschildert  ist,  die  Gesamtheit 
der   Widerstandsspulen   von   Strom    durchflössen,    der  Widerstand   des   Stromkreises 


iderstandsk asten  von  oben.     Alle  Stöpsel  gezogen. 


um  den  dieser  Gesamtheit  vermehrt.  Die  Klötze  sind  nun  rechts  und  links  krcis- 
biiginfürmig  so  ausgebohrt  und  auSK^rieben,  dass  zwischen  je  zweien  von  ihnen  ein 
Messing  Stöpsel   (Fig.  279)    eingesetzt    weiden    kann.     Der  Widerstand    des    Stöpsels 


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Der  ViElfachbetricb. 


427 


So  viel  ist  klar,  Amt  I  kann  nach  II  geben,  ohne  dass  sein 
eigener  Empfänger  auf  den  für  II  bestimmten  Strom  anspricht. 
Zum  Gegensprechen  gehört  aber  auch,  dass  es  nun  den  von  II 
kommenden  Strom  aufnehmen  kann.  Amt  11  hat  dieselbe 
Schaltung  wie  I.  Nur  liegt  die  positive  Klemme  der  Batterie 
an  Erde  und  die  negative  am  Arbeitscontakt  der  Taste.  Von 
der  Capacitätsschaltung  (S.  392)  her  wissen  Sie  aber ,  dass 
nichts  im  Wege  steht,  Ströme,  welche  entgegengesetzt  gerichtete 
Telegramme  tragen,  in  gleicher  Richtung  fliessen  zu  lassen. 
Würden  also  beide  Ämter  gleichlautende  Telegramme  genau 
gleichzeitig  geben,  so  würde  —  auf  einer  Leitung  ohne 
Capacitat  —  von  I  nach  II  ein  Strom  von  der  doppelten  Stärke 
des  einzelnen  fliessen. 

Welchen  Weg  muss  nun  der  von  II  nach  I  gegebene 
negative  Strom  nehmen?  Von  der  Leitung  kommend,  durch- 
messt er  die  eine  Relaisrichtung  Ä,E,  in  der  Richtung  A,  >  E„ 
geht  von  da  in  seinem  Hauptteile  zur  Mittelschiene  der  Taste 
und  nimmt  nun,  je  nachdem  die  Taste  niedergedrückt  ist  oder 
nicht,  seinen  Weg  zur  Erde  über  den  Arbeitscontakt  durch  die 
Batterie  oder  über  den  Ruhecontakt  durch  den  Widerstand  W, 
welcher  dem  der  Batterie  gleich  ist.  Der  Strom  geht  nur  in 
seinem    Hauptteile    zur   Taste,    und    ein    kleiner  Zweigstrom 

selbst  ist  zu  vernachlässigen  unil  bei  festem  Einsetzen  auch  der  des  i'bergatigcg 
^wischen  Stdpsel  und  Kloti.  Durch  Einsetzen  oder  Ziehen  der  SlOpsel  hat  man  es 
deshalb  in  der  Hand,  mehr  oder  weniger  Widerstand  in  den  Stromkreis  einiiisdiallen. 


MesBiineen    sehr   dnraur  an.    da; 

is    der   für  die 

einzelnen     Drahtspiilen     auf    den 

1     Kasten     ver- 

zeichnete  Widerstand  unter  alle 

n  Bedingungen 

richtig     ist.         Deshalb     ist     als 

Drahtmaterial 

Manganin  gewählt,  von  dem  Sic  wissen,  dass 
CS  seinen  Widerstand  mit  der  Temperatur 
nicht  ändert.  Deshalb  sind  ferner  die  Spulen 
bililar  gewickelt  irig.  2791  und  ihr  Widerstand 
ist  gegen  veränilcr)iihe  Ströme  derselbe  wie 
>:,.gen   Gleichstrom. 


Uililare  Spule 

Stßpsel   eines   ' 

Nach   Silva 


I  and  Sande  r< 
I  durch  li 
rcontflktc   I 


ng      nicht      durch      Stfipsei, 


„Google 


428  Der  Vielfflchbetrieb. 

durchfliesst  die  Relaiswicklung  2  in  der  Richtung  A^ v  E,. 

Sie  beachten  diese  Richtung,  vermöge  deren  der  Zweigstrom 
in  der  Wicklung  2  seine  magnetische  Wirkung  der  in  1  hinzu- 
fügt. Wirkung  1  wird  jetzt  nicht  von  einer  gleich  grossen 
Wirkung  2  aufgehoben,  sondern  von  einer,  wenn  auch  kleinen 
Wirkung  2  unterstützt.  Es  wird  in  den  Relaiskernen  ein  wirk- 
sames Kraftlinienbündel  erzeugt,  der  Relaishebel  umgelegt  und 
der  in  den  Ortskreis  geschaltete  Klopfer  in  Thätigkeit  versetzt. 
Nun  kann  aber  der  vom  fremden  Amte  kommende  Strom  die 
Taste  nicht  nur  auf  dem  Ruhecontakt  oder  auf  dem  Arbeits- 
contakt,  sondern  wenigstens  für  kurze  Zeit  noch  in  einer  dritten 
Stellung  antreffen,  in  der  Schwebelage.  Wie  soll  der  Strom 
fliessen  und  seine  magnetische  Relaisarbeit  verrichten,  wenn 
der  Tastenhebel  sich  gerade  auf  dem  Wege  von  einem  zum 
anderen  Contakt  befindet,  wenn  an  beiden  der  Leitungsweg 
zur  Erde  an  Arbeits-  und  Ruhecontakt  durch  Luft  unterbrochen 
ist?  Die  Antwort  darauf  liegt  nahe.  Der  Strom  benutzt  dann 
den  dritten  Weg,  der  sich  ihm  zur  Erde  bietet.  Er  fliesst  ganz 
und  ungeteilt  durch  die  Relaiswicklung  2  in  der  Richtung 
Jj  -  ■>■  E^.  Die  Kraftlinien  beider  Wicklungen  unterstützen 
sich  demnach.  Ja,  Sie  fragen,  ob  jetzt  nicht  die  magnetische 
Wirkung  zu  heftig  geworden  ist,  wo  der  Hauptstrom  die 
doppelte  Windungszahl  durchfliesst,  als  vorher.  Allerdings  ist 
der  Faktor  n  des  Produktes  Amperewtndungen  Jn  zu  2  m  ge- 
worden. Aber  dafür  muss  jetzt  der  Strom  auch  noch  den  Wider- 
stand W  überwinden,  den  wir  ja  ebenso  gross  gemacht  haben, 
wie  den  übrigen  Widerstand  des  Kreises.     Im  Ganzen  sind  es 

also  2  W.    Deshalb  sinkt  /  auf   .  j    und  es  bleibt  die  Grösse 

des  Produktes  Jn,  folglich  die  erzeugte  Anzahl  Kraftlinien 
unverändert.  Die  Besorgnis,  die  Schwebelage  der  Taste,  welche 
man  übrigens  durch  eine  besondere  Einrichtung  vermeiden  kann, 
möchte  zu  Verwicklungen  Anlass  geben,  ist  unbegründet.  Auch 
während  ihrer  —  ohnehin  kurzen  —  Dauer  wird  der  Relais- 
hebel mit  der  gleichen  Kraft  wie  sonst  umgelegt. 

Mit  anderen  Worten:  Mag  die  auf  I  gebende  Taste  eine 
Stellung  einnehmen,  welche  sie  will,  sie  ändert  am  ungestörten 
Empfang  des  von  II  einlaufenden  Telegramms  ebenso  wenig, 
als    vorher    der    von    ihr,    der   Taste  I,    gegebene    Strom    den 


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Der  Vieirachbetrifb.  429 

Empfangsapparat  I  selbst  beeinflusste.  Also  weder  Störung 
des  fremden  Stromes,  noch  störende  Einwirkung  des  eigenen. 
Genau  so  liegen  die  Dinge  natürlich  auf  dem  Amte  II,  wie  Sie 
sich  selbst  leicht  und  zu  nützlicher  Wiederholung  überlegen 
können. 

Unsere  Untersuchung  der  DifFerentialschaltung  hat  mithin 
folgendes  Ergebnis:  Die  Telegraphierströme  beider  Ämter  laufen 
in  gleicher  Richtung  über  die  Leitung.  Sie  addieren  sich  in 
jedem  einzelnen  Augenblick  und  denken  nicht  daran,  sich  zu 
stören.  Vermittelst  einer  kunstvollen  Anordnung  zerlegt  jedes 
Amt  die  Summe  der  Telegraphierströme  in  ihre  beiden  Bestand- 
teile. Gleichsam  mit  derselben  Sicherheit,  als  ob  die  Coulomb 
beider  Batterien  verschieden  gefärbt  wären,  analysiert  es  die 
Stromsumme,  benutzt  den  ihm  zugedachten  Teil  und  lässt  den 
anderen  unbeachtet. 

Unserer  Besprechung  sind  noch  einige  Dinge  hinzuzufügen. 
So  ist  es  nur  selbstverständlich,  dass  jedes  Amt  ein  Galvano- 
skop beansprucht  und  zwar  eins  mit  Differentialprinzip.  Der 
Versuch  von  vorhin  (Fig.  275)  zeigte  ja  ein  solches  Galvano- 
skop mit  seinen  zwei  Spulen,  die  auf  die  Nadel  ebenso  wirken, 
wie  die  Wicklungen  des  DifFerentialrelais  auf  seinen  Hebel. 
Gerade  wie  dieses,  nimmt  auch  die  Galvanoskopnadel  nur 
von  Strom  aus  der  fernen  Batterie  Notiz.  Der  einfacheren 
Zeichnung  wegen,  sind  in  der  Skizze  die  beiden  Wicklungen  G, 
und  öj  des  Galvanoskops  ebenso,  wie  elektrisch,  auch  räumlich 
in  zwei  Hälften  getrennt.  ThatsächÜch  gehören  sie  natürlich 
räumlich  zusammen. 

Für  einen  sauberen  Betrieb  ist  die  richtige  Grösse  des 
Widerstandes  W  Bedingung.  Die  beiden  Wege,  welche  von 
der  gemeinsamen  Relaisklemme  über  die  beiden  Wicklungen 
zur  Erde  führen,  müssen  eben,  damit  das  Relais  vom  Strome 
des  eigenen  Amtes  unbeeinflusst  bleibt,  denselben  Widerstand 
haben.  Bezeichnet  Tr,,  den  wahren  Widerstand  der  Leitung, 
Wn  den  einer  Relais wicklung  und  M'u  den  einer  Galvanoskop- 
spule, so  muß,  wie  Sie  sich  leicht  überlegen  können,  mit  einer 
kleinen  Ungenauigkeit 


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430  L>cr  Vidfaolibetrich. 

gemacht  werden.     Dabei  ist  der  Widerstand  der  Erdleitung  11'^ 
auf  beiden  Ämtern  als  gleich  angenommen^). 

Bei  diesem  W  ist  nun  noch  ein  Aber.  Denn,  wie  die 
Erinnerung  an  die  beiden  letzten  Vorlesungen  vermuten  lässt, 
entstehen  Schwierigkeiten,  sobald  die  Leitung  eine  nennenswerte 
Capacitat  besitzt.  Relais  I  bleibt  vom  Strom  I  nur  unbelästigt, 
wenn  an  der  gemeinsamen  Klemme  der  .Wicklungen  eine  Ver- 
zweigung in  gleiche  Ströme  stattfindet.  Während  des  Dauer- 
zustandes, bei  längerem  Tastendruck,  zwar  sind  (Ür  diese 
Verzweigung  die  Ohmschen  Widerstände  allein  massgebend. 
Ist  das  W  genau  auf  die  eben  angeschriebene  Summe  abgeglichen, 
dann  bewirkt  der  eigene,  aus  dem  Ohmschen  Gesetz  folgende 
Dauerstrom  keine  Ablenkung  der  Galvanoskopnadel,  keinen 
Ausschlag  des  Relaishebels.  Aber  mit  Anwachsen  des  Pro- 
duktes C'ir  wird  bei  der  Arbeit  der  Taste  der  Dauerwert  des 
Stromes  nicht  mehr  erreicht  und  es  herrscht  allein  der  veränder- 
liche Zustand.  Bei  der  Arbeit  der  Taste  findet  deshalb  ohne 
Weiteres  an  der  gemeinsamen  Relaisklemme  keine  Gabelung  in 
gleiche  Ströme  mehr  statt.  In  den  Leitungszweig  saugt  die 
Capacitat  einen  heftigen  Ladestrom  hinein,  von  dem  Sie  aus 
unseren  Kurven  (z.  B.  Fig.  252  auf  S.  381)  wissen,  dass  er  den 
Ohmschen  Strom  um  Vielfaches  übertreffen  kann.  In  den  Aus- 
gleichszweig fliesst  nur  dieser  verhältnismässig  unbedeutende 
Ohmsche  Strom.  Keine  Spur  mehr  von  gegenseitigem  Ausgleich, 
von  DiflTerentialwirkung.  Der  Relaishebel  wird  heftig  umgelegt, 
der  Klopfer  spricht  an.  Aus  dieser  Verlegenheit  hilft  ein  ein- 
facher Kunstgriff.  Wenn  das  Gleichgewicht  durch  die  Capacitat 
der  Leitung  gestört  wird,  fügt  man  dem  Ausgleichs-W  ein 
Ausgleichs-6'  hinzu.  Ist  die  Leitung  mit  Capacitat  begabt,  so 
muss  es  auch  ihr  elektrisches  Gegengewicht  sein.     Weil  aber 

'I   Der  fDr  die  Batteriebein  essung  in  Frape  kommende  Gesamt  widerstand  crgiebl 


=  ar« +  "'.,■)  +  '/3l^■'.-!-3,'2(^^>;+  w) 

wobei  aber  zu  berQeksichligcn  ist,   dass  immer  nur  die  Hälfte  des  von  dei 
gcliercrten  Stromes  m  die  I.eitung  gi'langt. 


D,„i,.,db,Google 


Der  Vielfachbelrieb.  431 

auf  der  Leitung  —  sei  es  eine  Oberleitung  oder  eine  Kabelseele 
—  jedes  kleinste  Stückchen  Draht  zugleich  Träger  des  Wider- 
standes und  der  Capacität  ist,  kann  man  zum  gründlichen  Aus- 
gleich nicht  einfach  neben  den  Widerstand  einen  einzigen 
Condensator  schalten,  dessen  Capacität  gleich  der  gesamten 
der  Leitung  ist.  Vielmehr  ist  die  Capacität  zu  unterteilen  und 
wenigstens  in  zwei  bis  drei  Condensatoren  zu  legen,  so  dass 
das  entsteht,  was  man  eine  künstliche  Leitung  nennt 
(Fig.  280  auf  Tafel  II).  Wenn  man  dann  diese  künstliche 
Leitung  richtig  abgeglichen  und  sie  in  ihren  elektrischen  Eigen- 
schaften der  wirklichen  Leitung  gleichwertig  gemacht  hat,  dann 
erst  sind  die  sich  an  der  gemeinsamen  Relaisklemme  teilenden 
Zweigströme  in  jedem  Augenblick  einander  so  gleich,  dass  ein 
ungestörter  Differentialbetrieb  möglich  ist. 

Auch  nach  der  zweiten  Methode  des  Gegensprechens  kann 
im  Prinzip  jeder  Telegraphenapparat,  auch  der  als  einfaches 
Beispiel  zu  wählende  Klopfer,  betrieben  werden.  Diese  Methode 
benutzt  die  Brückenschaltung,  die  Ihnen  aus  drei  einander 
folgenden  Skizzen  (Fig.  281,  282,  283  auf  Tafel  II)  verständlich 
werden  wird.  Zuerst  das  einfache  Schema  (Fig.  281),  Die  positive 
Klemme  einer  Stromquelle  B  führt  über  einen  Ausschalter  zu 
der  Ecke  A  eines  Schaltungsvierecks  A  B  C  D.  Die  mit  1,  2,  3,  4 
bezeichneten  Seiten  dieses  Vierecks  sind  nicht  einfache  Leitungs- 
drahte, sondern  enthalten  Stöpselwiderstände,  Nun  ist  von  der 
Ecke  li  zur  Ecke  D  ein  Draht  als  Brücke  gelegt  und  in  ihn  ein 
gewöhnliches  Galvanoskop  eingeschaltet.  Im  Allgemeinen 
schlägt,  wie  der  Versuch  zeigt,  mit  dem  Einschalten  der  Strom- 
quelle das  Galvanoskop  aus.  Die  Stärke  dieses  Ausschlages 
und  sogar  seine  Richtung  verändert  sich,  wie  Sie  sehen,  mit 
der  Grösse  der  in  die  Vierecksseiten  eingeschalteten  Widerstände. 
Es  interessiert  zu  wissen,  was  für  Widerstände  gezogen  werden 
müssen,  damit  auch  nach  dem  Einschalten  der  Brückendraht 
stromlos  und  das  Galvanoskop  in  Ruhe  bleibt. 

Der  Widerstand  des  Zweiges  1  werde  mit  tr,  und  der  in 
ihm  lliessende  Strom  mit  i^  bezeichnet  und  dementsprechend 
Widerstand  und  Strom  in  den  drei  anderen  Vierecksseiten  mit 
w^,  ii\,  w^  uud  fj,  »,,  i^.  Soll  in  den  Brückendraht  weder  in 
der  einen,  noch  in  der  anderen  Richtung  Strom  abzweigen,  so 
ist  natürlich  ',  ^»^  und  i^=  i',.    Nun  wissen  Sie,  dass  bei  Strom- 


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432  I'er  Vielfachbetrieb. 

Verzweigungen  sich  die  Zweigströme  umgekehrt  verhalten,  wie 
die  Zweigwiderstände.  Der  von  E  kommende  Strom  verzweigt 
sich  im  Punkte  A  in  die  beiden  Teile  i,  und  i^,  die  sich  in  C 
wieder  vereinigen.  Der  Widersland  des  Weges  AC  über  li  ist 
w,  -|-  Wj,  über  Z)  w,  +  w,.     Demnach 

1)  )',    w,  4-  w^ 

h     ~    Wl  +  Wl 

Der  Brückendraht  BD  kann  nun  nur  dann  stromlos  bleiben, 
wenn  seine  Enden  B  und  B  die  gleiche  elektrische  Spannung 
haben.  Denn  ein  Spannungsunterschied  zwischen  ihnen  würde 
in  der  einen  Richtung  oder  der  anderen  Strom  durch  den  Draht 
drücken.  Unter  der  Annahme,  dass  die  kupfernen  Leitungsdrähte 
EA  und  EC  widerstandslos  durchflössen  werden,  hat  —  so 
wollen  wir  es  ausdrücken  —  A  die  Spannung  E  der  positiven 
Batterieklemme  und  C  die  Spannung  Null  der  negativen.  Der 
Strom  erleidet  also  auf  dem  Wege  von  A  nach  G  den  Spannungs- 
abfall E,  sei  es,  dass  dieser  Weg  über  B  oder  über  />  führt. 
Wenn  B  und  B  gleiche  Spannung  haben  sollen,  muss  der 
Spannungsverlust  auf  dem  Wege  AB  ebenso  gross  sein,  wie 
auf  dem  AD,  und  es  ist  nach  Ohm 

2)  i^u\  =  i^w^. 

Diese  Gleichung  wird   auf  beiden  Seiten  durch  i^%v^   dividiert: 

"  !;  =  s;- 

1)  und  3)  giebt 

w^     Wj  +  ?(■_, 

M',  v)^  -\-  füj 

oder  ausmultipliziert 

w^  w^  +  '"i  *''4  =  «'i  "3  +  *''i  '*'i- 


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Der  Vielfachbetrico.  433 

Die  Rechnung  ergiebt  das  Gesetz  der  Brückenschaltung: 
Wenn  die  Produkte  der  über  Kreuz  liegenden  Widerstände 
gleich  sind,  fliesst  durch  den  Brückendraht  kein  Strom. 

Auf  dieser  im  elektrischen  Messbetriebe  täglich,  und  das 
tausendfältig,  benutzten  Thatsache  beruht  auch  die  Brücken- 
methode des  Gegensprechens.  Doch  ehe  wir  zu  ihr  übergehen, 
sollen  Sie  noch  gesehen  haben,  wie  aus  dem  ersten  Brücken- 
schema (Fig.  281)  das  zweite  {Fig.  282)  hervorgeht.  Punkt  C 
zerfällt  in  zwei  neue:  C,  und  C^.  Sie  werden  jeder  für  sich 
geerdet  und  erhalten  so,  wie  vorher  der  gemeinsame  Punkt  C, 
die  Spannung  Null.  Die  von  C  abgelöste  negative  Klemme 
der  Stromquelle  E  Hegt  an  Erde,  die  positive  an  der  Arbeits- 
schiene einer  Taste,  deren  Mittelschiene  zum  Eckpunkte  A  des 
Schaltungsvierecks  führt.  Ihre  Ruheschiene  ist  geerdet.  Trotz- 
dem ist  elektrisch  nichts  gegen  vorher  verändert,  und  bei 
Tastendruck  bleibt  der  Brückendraht  stromlos,  sobald  die 
Bedingung  ^c^  u\  ■=  n\  w^  erfüllt  ist.  Für  den  Fall ,  dass 
«-,  =  w^  gemacht  ist,  muss  bei  Stromlosigkeit  der  Brücke 
auch  H'j  =  v\  sein. 

Betrachten  Sie  nun  das  dritte  Schema  (Fig.  283),  welches 
fast  die  endgiltige  Schaltung  für  das  Brücken-Gegensprechen 
vviedergiebt.  Lassen  Sie  dabei  zunächst  nur  Amt  I  die  Brücken- 
zweige 1,  3,  4  enthalten  und  die  Leitung  L  plus  allem,  was 
auf  Amt  II  liegt,  den  zugehörigen  Zweig  2  vorstellen.  Wird 
dann  die  Taste  I  gedrückt,  so  fliesst  durch  den  Brückendraht  I 
und  damit  durch  Galvanoskop  I  und  durch  Klopfer  M,,  die  in 
ihn  eingeschahet  sind,  kein  Strom,  wenn  i«,  =  w^  und 
u\  =  tCj  gemacht  worden  sind.  Das  heisst,  w,  muss  so 
gross  wie  der  gesamte  Widerstand  sein,  den  der  aus  der 
Batterie  I  fliessende  Strom  vom  Punkte  H,  aus  auf  seinem 
Wege  durch  die  Leitung  L  und  das  Amt  II  zur  Erde  erfährt. 

Dieser  Strom  hat  also  Amt  I  verlassen,  ohne  dessen  Klopfer 
in  Thätigkeit  versetzt  zu  haben,  und  ist  über  die  Leitung  nach 
Amt  II  gelangt.  Für  ihn  kann  nun  Amt  II  nicht  auch  als 
Brücken anordnung  wirken.  Denn  er  tritt  einseitig  zum 
Punkte  B  ein.  Er  verzweigt  sich  dort,  geht  zum  Teil  unmittel- 
bar nach  A,  Taste  und  Erde,  zum  Teil  über  Galvanoskop  und 
Klopfer  M  dorthin.  Ein  kleiner  Teil  fliesst  auch  von  D  über  3 
zur   Erde    ab.      Demnach    wird    gemäss    den    Weisungen    der 


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434 


D«r  Vielfachbetrieb. 


Taste  I  der  Klopfer  M„  von  Strom  durchflössen.  Mit  gleichem 
Erfolge  giebt  Amt  II  nach  I,  ohne  dass  sein  eigener  Klopfer 
darauf  anspricht,  wenn  nur  auch  auf  II  tp,  ^  u-^  und  ir, 
gleich  der  Summe  der  Widerstände  von  L  und  des  Weges 
gemacht  worden  ist,  der  auf  Amt  I  von  Ji  zur  Erde  führt. 

Also  getrennt  kann  jedes  Amt  geben,  so  dass  der  fremde 
Klopfer  anspricht,  der  eigene  nicht.  Können  nun  auch  beide 
Ämter  gleichzeitig  geben  und  die  Telegramme  ungefährdet  an 
einander  vorbei  gelangen?  Gewiss,  denn  bei  der  gezeichneten 
Batterieschaltung 'I  addieren  sich  die  in  allen  Zweigen  der 
beiden  mit  einander  vereinigten  Schaltungsvierecke  —  ein- 
schliesslich der  Leitung  —  die  Telegraphierströme,  Sie  denken 
nicht  daran  sich  zu  stören,  wie  man  sich  bei  etwaigem  Zweifel 
durch  Nachrechnung  eines  Beispieles  leicht  klar  machen  kann. 

Nach  dem,  was  vorhin  (S.  430)  bei  der  Differentialschaltung 
gesagt  wurde,  ist  es  klar,  dass  die  Zweige  3  auf  beiden  Ämtern 
die  von  ihnen  ausbalancierte  Leitung  in  ihren  elektrischen 
Eigenschaften  vollständig  wiedergeben  müssen.  Nötigen  Falles 
ist  in  sie  auch  Capacität  einzuschalten  und  zwar  so,  dass  die 
künstlichen  Leitungen  die  wirklichen  so  weit,  als  möglich, 
nachbilden.  Besonders  gründlich  hat  das  bei  langen  Seekabeln 
zu  geschehen.  Die  sogenannte  Haarwoodschaltung,  nach  der 
auf  diesen  der  Gegensprechbetrieb  geführt  wird,  ist  nichts,  als 
eine  etwas  abgeänderte  Brückenschaltung. 


Hiermit  schliessen  wir  die  Besprechung  der  Telegraphie 
ab,  soweit  sie  ihre  Nachrichten  mit  dem  alten  Hilfsmittel  des 
elektrischen  Stromes  überträgt.  Ich  schlage  vor,  in  unserer 
nächsten  Zusammenkunft  mit  der  Besprechung  des  Fernsprech- 
wesens zu  beginnen,  und  die  mit  neuen  und  Ihnen  noch  fremden 
Erscheinungen  arbeitende  Funkentelegraphie  für  den  Schluss 
unserer  Vorlesungen  aufzusparen, 

')  Bei   umgekehrter  Schaltung  addieren   sie   sich   mit  umgekehrtem  Vorzeichen. 


D,„i,.,db,Google 


.,db,Google 


D,„i,.,db,Google 


Telephon  und  Mikrophon. 


20.  Vorlesung. 

Telephon  und  Mikrophon. 

Telephon.     Bau.      Umsetzung  von  elchlrisdier.  in  SchalUrbeit.      Gleiche  Periodenzalil 
von  Strom  imil  Ton.      Die  Amplitucie  der  Strom'wellc    entspricht  der  der  Schallwelle. 

SchwSchimK  durch  Selbstinduktion.  Empfindlichkeit. 
Mikrophon.  Bleistiftmodell.  Widers  Land  9  Änderungen.  Ihre  Erklftning  aus  dem 
Ausbreit ungs widerstände,  dessen  GrOsse  sich  mit  der  Breite  der  StromQbergangs- 
stellen  ftndert.  Wellenstrom.  Umwandlung  von  Arbeit  im  Telephon,  Auslosung  im 
Mikrophon.  —  Walienmikrophon.  Die  Vermehrung  der  wirksamen  Contakte  bewirkt 
eine  bessere  Ausnutzung;  der  zugefflhrten  Schallenergie,  eine  etwas  geringere  Strotn- 
belastung,  vermehrte  Belriebssicherheit  und  vermeidet  Contaktverbrennung  durch 
OfTnungsfunkcn.  —  Kohlenstoff  als  mikrophonisches  Material.  —  Fabrikation  der 
Mikrophonkohle. 


^a 


Alle  Telephone,  so  verschieden  sie  aussehen  mögen, 
enthalten  einen  polarisierten  Elektromagneten,  dem  als  Anker 
eine  Platte  aus  weichem  Eisen,  die  Schall- 
platte, vorliegt.  Die  älteste  Form  des 
Telephons  wird  von  diesem  Unterrichts- 
modell vorgestellt,  das,  zum  Aufklappen 
eingerichtet,  die  einzelnen  Teile  (Fig.  284) 
zeigt:  den  Magnetstab  —  dessen  Ver- 
längerung aus  weichem  Eisen  als  Spulen- 
kern —  diesem  aufgeschoben,  die  Spule  — 
dem  freien  Kernende  im  Abstände  einiger 
Zehntel  Millimeter  gegenüber  die  Schall- 
platte, weniger,  als  0,5  Millimeter  dick  und 
mit  ihrem  Rande  in  einen  zum  Schallbecher 
ausgebildeten  Holzring  eingespannt.  Die 
magnetischen  Kraftlinien  gehen  zum  Beispiel 
vom  unteren  Pole  nach  oben  durch  den 
Stabmagneten,  den  Polschuh  aus  weichem 
Eisen,  die  Luftbrücke  von  einigen  Zehntel 
Millimetern,  die  Schallplatte  und  dann  im 
Bogen  durch  die  Luft  zum  Ausgangspol 
zurück.  Wie  Ihnen  bekannt,  sind  Magnet-  pjg  284.  Telephon 
pole  nur  in  der  Nähe  der  Stellen  wirksam,  mit  Siabmagnet. 


„Coogic 


436 


Telephon 


t   Mikrophon 


an  denen  Kraftlinien  aus  dem  magnetischen  Materiale  in  die 
Luft  übertreten.  Der  obere  Pol  des  Stabmagneten  wird  somit 
durch  den  eisernen  Polschuh  um  dessen  Lange  nach  oben  ver- 
schoben. Polschuhende  und  Schallplattenmitte  tragen  entgegen- 
gesetzte Magnetpole. 

Nun    lege    ich    die    Spule    des    Modelltelephons   mit    ihren 
beiden  Drahtenden    an    die    Klemmen    eines  Trockenelementes 
und    schalte    Widerstand    und    Taste    dazwischen    (Fig.    284). 
Wird     die    Taste     gedrückt     und    dadurch    der    Spulenstrom 
geschlossen,  so  hören  Sie   ein    lautes    Knacken    im    Telephon, 
verursacht  durch  eine  plötzliche  Durchbiegung  der  Plattenmitte 
auf  den  Polschuh  zu  oder  von  ihm  fort.     Die  Kraftlinien  des 
Spulenstromes  haben  sich  eben  jetzt  denen 
des  Dauermagneten  zugesellt  und,  je  nach 
ihrer  Richtung,  die  Anzahl  jener  um  die 
ihre  vermehrt  oder  vermindert.    Die  Schall- 
platte wird  plötzlich  stärker  oder  weniger 
stark  angezogen,  als  vorher.     Sie  bekommt 
magnetisch     einen     Stoss     und     gerät     in 
Schwingungen,  erreicht  aber   schon    nach 
einem  Augenbhck  ihre  neue  Ruhelage,  in 
der  ihre  Mitte  zum  Polschuh  hin  oder  von 
ihm    fort    gebogen    ist.     Auf  diese  Weise 
kommt  das  Knacken  zu  Stande. 

Soll  das  Telephon  einen  fortgesetzten 
Ton  geben,  so  muss  man  es  mit  Wechsel- 
strom speisen.  Dazu  wird  in  unserer  An- 
ordnung das  Trockenelement  durch  die 
secundäre  Spule  eines  kleinen  Induktions- 
apparates und  das  Modelltelephon  durch 
ein  kräftigeres  mit  Hufeisenmagnet  ersetzt 
(Fig.  285),  Ein  Sclialltrichter  (wie  in 
Fig.  134  auf  S.  223)  vermehrt  die  Laut- 
wirkung. Sobald  nun  das  Induktorium 
arbeitet  und  Wechselstrom  die  Telephon- 
spulen durchfliesst,  vollführt  die  Schall- 
platte dieses  ganz  melodische  Gebrumm, 
dessen  Tonhöhe  natürlich  der  Periodenzahl 
n  Induktorium  gespeist,     des    Wechselstromes     entspricht.       Durch 


Telephon 


Digitizsdb/GOOgle 


Telephon  und  Mikrophon.  437 

Andrehen  der  Contaktschraube  gegen  die  Unterbrecherfeder 
wird  der  jedesmalige  Weg  des  Unterbrechers  verkleinert,  also 
die  Unterbrechungsgeschwindigkeit  und  damit  die  Periodenzahl 
des  secundären  Wechselstromes  und  damit  die  Schwingungszahl 
der  Schallplatte  vergrössert.  Der  Ton  wird  höher,  und  Sie 
hören,  dass  bei  passendem  Drehen  der  Unterbrecherschraube 
das  Telephon  einen  Dreiklang  bläst. 

Was  sodann  die  Stärke  des  von  der  erzitternden  Schallplatte 
gelieferten  Tones  anbetrifft,  so  hängt  sie  natürlich  von  der 
Stärke  des  die  Spulen  durchfliessenden  Wechselstromes  ab. 
Die  Amplitude  der  Stromwelle  bedingt  in  ihrer  Grösse  die  der 
Schallwelle.  Man  brauchte  in  den  Telephonkreis  nur  Widerstand 
einzuschalten,  und  der  Brummton  würde  leiser  werden.  Doch 
kennen  Sie  ein  wirksameres  Mittel,  Wechselstrom  zu  schwächen, 
als  Ohmschen  Widerstand,  nämlich  Selbstinduktion.  In  den 
Telephonkreis  wird  deshalb  eine  Kupferdrahtspule  eingeschaltet 
(in  Fig.  285  schematisch  angedeutet).  Noch  hören  Sie  gegen 
vorhin  keinen  grossen  Unterschied  in  der  Tonstärke.  Sobald 
man  aber  in  das  Innere  der  Spule  einen  Lisenkern  einführt, 
wird  der  Ton  merklich  leiser  und  das  umso  mehr,  je  weiter 
der  Kern  in  die  Spule  hineinreicht.  Die  Selbstinduktion  stellt 
sich  mit  ihrer  Gegenspannung  der  an  den  Klemmen  der 
secundären  Induktorwicklung  wirksamen  Wechselspannung  ent- 
gegen, und  nur,  was  von  dieser  dann  noch  übrig  bleibt,  schickt 
als  Betriebsspannung  Strom  durch  die  Telephonspulen.  Es  ist 
filr  Sie  nur  selbstverständlich,  dass  die  Selbstinduktion  unter 
sonst  gleichen  Verhältnissen  mit  steigender  Kraftlinienzahl, 
also  mit  abnehmendem  magnetischen  Widerstände  wächst. 
Daher  die  Wirkung  des  Eisenkernes.  An  dieser  Stelle  sei 
gleich  auf  die  ganz  ausserordentlich  grosse  Empfindlichkeit 
der  Telephone  hingewiesen.  Zur  deutlichen  Wiedergabe 
der  Sprache  wird  im  Betriebe  ein  Wechselstrom  verlangt,  dessen 
Amplitude  nicht  grösser  zu  sein  braucht,  als  0,1  Milliampere, 
etwa  nur  '  100  des  Morsestromes.  Aber  es  wird  angegeben, 
dass  zum  Ansprechen  eines.  Telephones  der  erstaunlich  geringe 

Wert    von    lO""  Ampere    =    ,nr,-x*"ir     —   ausreichen    kann. 
*^  100  Millionen 

Allerdings  ist  zu  bemerken,  dass  man  von  verschiedenen  Seiten 

recht  verschiedene  Zahlen  dafür  angeführt  findet. 


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438 


Telephon 


ind  Mikrophon. 


Unser  Versuch  hat  Ihnen  als  wichtigste  Ausbeute  die 
Erkenntnis  gebracht,  dass  ein  mit  passendem  Wechsel- 
strom gespeistes  Telephon 
Töne  erzeugt,  die  in  ihrer 
Höhe  von  der  Periodenzahl 
und  in  ihrer  Stärke  von  der 
Amplitude  des  Wechsel- 
stromes abhängen.  Das 
Telephon  ist  eine  Maschine, 
die  elektrische  Arbeit  in 
Schallarbeit  umsetzt.  Es  ist 
der  Empfangsapparat  der 
Telephonie. 

Als  Geber  dient  jetzt 
allgemein  das  Mikrophon,') 
dessen  Wirkungsweise  Ihnen  aus 
diesem  Modell  (Fig.  286)  klar 
werden  soll.  An  einem  hölzernen 
.  Ständer,  der  zugleich  als  Reso- 
nanzboden dient,  sind  mit  Hilfe 
/  kleiner    Messingfassungen    zwei 

Y) "l Klötzchen    aus  Kohle  befestigt. 

Diese  halten  in  zwei  kleinen 
Aushöhlungen  einen  beiderseits 
wenig  angespitzten  Bleistift  zwischen  sich.  Da  die  Seele  eines 
Bleistiftes    bekanntlich    aus    Graphit    besteht,    sind    hier    drei 


Fig.  2S6.     MikrophotiTnodell. 


I)  Die  Reichspost  bezeichnEt  den  Geber,  dos  Mikrophon  als  Fernsprecher  (im 
engeren  Sinne)  und  den  Empianger,  das  Telephon,  als  Fernhörer.  Streng  genommen 
hCrl  nun  allerdings  das  Mikrophon  das  Gesprochene.  Es  bildet  COr  das  Apparalganie 
das  Ohr,  nimmt  die  Schallwellen  aus  der  Luft  auf  und  leitet  sie  elektrisch  weiter. 
Der  erste  Geber  hatte  auch  geradezu  die  Form  eines  Ohres.  Der  Emplänger  hingegen, 
das  Telephon,  wandeil  SlromstOssc  in  Sehall  um.  Es  erzeugt  die  Sprache,  es  spricht. 
Die  Namen  Fernsprecher  und  Fernhörer  mOssten  demnach  gerade  vertauscht  werden. 
Da  nun  aber  der  Namengeber  an  das  praktisch  wichtige  gedacht  haben  mag,  daran, 
dass  mit  dem  Fernhörer  gehört,  in  den  Fernsprecher  gesprochen  wird,  so  ntögen 
Sie  zwar  das  kurie  Wort  Hörer  nicht  ganz  verschmähen,  im  übrigen  aber  ruhig 
die  über  den  Erdkreis  verbreiteten,  wenn  auch  nichtssagenden  Namen:  Telephon  und 
Mikrophon  weiter  gebrauchen.  Gerade  da  wir  hier  im  Altgemeinen  abernossige 
Fremdwörter  vermeiden,  brauchen  wir  die  unleidliche,  auch  in  die  Elektrotechnik 
eingedrungene  FiemdwOrterhetie  nicht  mitiumachen. 


DigitizsdbyGOO'^le 


Telephon  und  Mikrophon.  439 

Stückchen  Kohlenstoff  mit  einander  in  lockerer  Berührung.  Die 
Messingfassungen  fahren  über  Leitungsdrähte  zu  Klemmen. 
Dadurch  ist  es  leicht,  die  drei  Stückchen  Kohlenstoff  zusammen 
mit  einem  (gedämpften)  Galvanoskop  in  den  Stromkreis  eines 
Trockenelementes  einzuschalten.  Nun  beobachten  Sie  bitte  den 
Zeiger  des  Galvanoskops.  Er  steht  nur  so  lange  ruhig,  als  jede 
Erschütterung  des  Modelles  vermieden  wird.  Sobald  man  eine 
tickende  Taschenuhr  auf  den  horizontalen  Fuss  des  Ständers 
legt  oder  neben  ihm  leicht  mit  den  Fingern  auf  den  Tisch 
trommelt,  gerät  der  Zeiger,  der  davon  natürlich  nicht  direkt 
beeinflusst  werden  darf,  in  lebhafte  Bewegung.  Ähnliches  zeigt 
der  in  dieser  Jahreszeit  nicht  ausführbare  Trick,  durch  etwas 
Honig  eine  Fliege  auf  das  Modell  zu  locken.  Deren  Bewegungen 
bewirken  dann  die  notwendigen  Erschütterungen.  Gleiches 
thut  auch  bei  dem  Modell  schon  lauter  Schall.  Es  genügt,  in 
der  Nahe  laut  zu  husten  oder  zu  sprechen,  und  der  Galvanoskop- 
zeiger bewegt  sich. 

Die  Bewegungen  der  Galvanoskopnadel  zeigen  Schwan- 
kungen der  Stromstärke  in  dem  Kreise  an,  in  den  das  Gal- 
vanoskop eingeschaltet  ist.  Das  speisende  Trockenelement 
ändert  seine  Elektromotorische  Kraft  nicht.  Somit  können  die 
Schwankungen  der  Stromstärke  nur  durch  solche  des  Wider- 
standes hervorgerufen  sein.  Der  Widerstand  der  Galvanoskop- 
wicklung, der  Klemmen  und  Verbindungsdrähte  ist  natürlich 
während  des  Versuches  constant.  Die  Widerstandsschwankungen 
müssen  deshalb  ihren  Grund  in  der  lockeren  Berührung  zwischen 
den  Bleistiftenden  und  den  ausgebohrten  Kohlenklötzen  haben. 
Dort  liegen  Contakte  von  der  Art,  wie  sie  sonst  als  Klapper- 
contakte  dem  Praktiker  oft  verdriesslich  sind. 

Hier  freilich  leisten  diese  Contacte  nützliche  technische 
Arbeit.  Aber  es  scheint  mir,  dass  die  landläufigen  Mikrophon- 
erklärungen den  wirklichen  Vorgang  dabei  nicht  richtig  oder 
nicht  erschöpfend  beschreiben.  Sie  sprechen  davon,  dass  die 
Kohlen  contakte  durch  die  Erschütterung  sich  mehr  oder  weniger 
innig  berühren  und  dadurch  einen  kleineren  oder  grösseren 
Widerstand  erhalten.  Man  wird  aber  mit  Recht  einwenden, 
dass  die  Leiter  in  zwei  punktförmigen  Stellen  ihrer  reinen 
Oberfläche  sich  entweder  elektrisch  berühren  oder  es  bleiben 
lassen.    Ein  drittes  giebt  es  nicht,  und  der  gegenseitig  auf  ein- 


„  Google 


■■i-^^r. 


440  Telephon  und  Mikrophon. 

ander  ausgeübte  Druck  ist  gleichgiltig.  Nun  handelt  es  sich 
aber  bei  den  Contakten  nicht  um  punktförmige,  sondern  um 
ausgedehnte  Stellen  der  Leiter,  und  hier  hat  die  Erklärung 
einzusetzen. 

Betrachten  Sie  dieses  Bild  (Fig.  287).  Es  stellt  ein  dünnes 
rechteckiges  Kupferblech  dar,  wie  es  der  Länge  nach  von 
Strom  druchflossen  wird.     Dieser,  in  der  Stärke  von  dreissig 


Fig.  2S7.     Strom-  und  Sfiannungslinien  eines  durchflosscncn  Bleclics. 

Ampere,  tritt  über  die  den  Mitten  der  Schmalseiten  aufge- 
drückten halbkreisförmigen  und  verhältnismässig  schmalen 
Klemmen  ein  und  aus.  Nun  zeigt  das  Bild  als  Ergebnis  einer 
ganzen  Reihe  von  Beobachtungen '),  wie  der  Strom  in  dem 
Kupferblech  verlauft.  Die  Linien,  welche  es  der  Länge  nach 
durchziehen,  die  s.  g.  Stromfäden,  geben  mit  ihrem  Laufe  den 
des  Stromes  an.  Dabei  sind  sie  hier  so  gezeichnet,  dass  in  dem 
schmalen  Blechstreifen  zwischen  zwei  von  ihnen  immer  gerade 
ein  Ampere  fliesst.  Wollen  Sie  jetzt  beachten,  wie  die  schmale 
Eintrittsstelle  den  Strom  veranlasst,  das  Material  des  Bleches 
ganz  ungleichmassig  auszunutzen.  Bei  ihrem  Eintritt  in  das 
Blech  stürzen  die  Coulomb  in  ihrer  Hauptmenge  zunächst  gerade- 
aus vorwärts  und  erfüllen  erst  später    gleichmassig    die    ganze 

>)  Siehe  meinen  Aufsati  nber  Widerstand  tind   Stromverlauf.      Elektrotechnische 
Zeilscliriß  25.     S.   1091.     1904. 


DigitizsdbyGOOgle 


Telephon  nnd  Mikrophon.  441 

Blechbreite.  Dadurch  erleidet  auch  in  der  Nähe  der  Klemmen 
die  Strommitte  einen  stärkeren  Spannungsabfall,  als  die  Flanken. 
Die  Querlinien,  die  Linien  gleicher  Spannung,  sind  zunächst 
an  den  Flanken  sehr  viel  weiter  von  einander  entfernt,  als  in 
der  Strommitte.  Erst  allmählich  werden  sie  zu  Senkrechten 
von  gleichem  Abstände.  Anfänglich  verlaufen  auch  die  Strom- 
fäden in  der  Mitte  der  Blechbreite  sehr  viel  enger  neben  ein- 
ander, als  am  Rande.  Diese  unvollkommene  Materialausnutzung 
erhöht  den  Widerstand  des  Bleches  und  zwar  in  unserem  Falle 
um  etwa  4"/o  seines  Wertes.  Diese  4  '  ••  sind  für  die  vorliegende 
Anordnung  der  Ausbreitungswiderstand,  der  natürlich 
umso  mehr  zunimmt,  je  schmaler  die  Stromeintrittsstelle  im 
Verhältnis  zur  Strombahn  wird.  Denn  ein  umso  grösserer 
Teil  der  Coulomb  fliesst  dicht  gedrängt  gerade  aus  und  ein 
umso  kleinerer  über  den  langen  Weg  der  seitlich  jetzt  noch 
weiter  ausschweifenden  Bogen.  Das  Material  wird  eben  umso 
unvollkommener  ausgenutzt.  Würde  der  Strom  bei  seinem  Ein- 
tritt in  einen  Leiter  zunächst  dessen  ganze  Breite  erfüllen  und 
dann  gewissermassen  seine  ganze  Front  gleichzeitig  antreten 
lassen,  so  wäre  der  Widerstand  des  Leiters  unabhängig  von 
der  Breite  des  Stromeintritts.  Dann  wäre  es  gleichgiltig,  ob 
dieser  in  einer  schmalen  punktförmigen  Stelle  oder  in  einer 
breiteren  oder  in  mehreren  neben  einander  stattfindet.  Immer 
wäre  der  Widerstand  einfach  der  nach  Ohm  für  das  gesamte 
Material  des  Leiters  berechnete.  Tatsächlich  hängt  aber,  wie 
das  Bild  des  Kupferbleches  lehrt,  der  Widerstand  des  Leiters 
sehr  wohl  von"  der  Breite  des  Stromeintrittes  ab. 

Hiermit  scheint  vollkommen  aufgeklärt,  warum  bei  dem 
Mikrophonmodell  die  Erschütterung  der  Kohlenstoffstückchen 
ihren  Widerstand  ändert.  Bei  der  Erschütterung  berühren  sich 
ihre  Oberflächen  bald  in  mehr,  bald  in  weniger  Stellen  von 
grösserer  oder  geringerer  Breite.  Dadurch  wird  überall  in  der 
Nähe  der  Übergangsstellen  der  Kohlenstoff  zur  Stromleitung 
verschieden  ausgenutzt,  und  das  bringt  eine  Veränderung  des 
Widerstandes  mit  sich.  Die  mehr  oder  weniger  innige  Be- 
rührung, von  der  die  Mitrophonerklärungen  zu  sprechen  pflegen, 
beruht  also  nicht  etwa  darauf,  dass  an  sich  der  Strom  umso 
leichter  von  einem  Leiter  auf  den  anderen  übertritt,  je  mehr 
ihre  Oberflächen    auf  einander  gedrückt  werden.     Sie    besteht 


DigitizsdbvGOOgle 


442  Telephon  und  Mikrophon. 

vielmehr  in  der  Vergrösserung  der  sich  berührenden  Ober- 
flächenstellen,  in  der  Verbreiterung  der  Contakte,  nicht  in  der 
Verkleinerung  eines  Überganges  — ,  sondern  eines  Ausbreitungs- 
widerstandes. 

Der  träge  Zeiger  des  Galvanoskops  folgt  natürlich  den 
Änderungen  der  Stromstärke,  wie  sie  von  denen  des  Mikro- 
phonwiderstandes bewirkt  werden,  nur  sehr  unvollkommen. 
Viel  besser  zeigt  sie  ein  Telephon,  dann  natürlich  dem  Ohre  statt 
dem  Auge.  Dazu  wird  zweckmässig  unser  Modellmikrophon 
durch  ein  technisches  ersetzt,  etwa  durch  dieses  Walzen- 
mikrophon, von  dessen  Bau  gleich  die  Rede  sein  soll. 

Es  werden  also  Trockenelement,  Mikrophon  und  Telephon 
in  einem  Stromkreis  hinter  einander  geschaltet.  Das  Mikrophon 
ist  drüben  in  dem  Zimmer  jenseits  des  Flures  aufgestellt,  und 
die  isolierte  Hin  und  Rückleitung  führt  unter  den  beiden  Türen 
hindurch.  Das  Lied,  das  jetzt  das  Telephon  widergiebt,  wird 
drüben  von  dem  Diener  in  das  Mikrophon  hineingepfiflfen.  Bei 
dem  Versuche  geht  folgendes  vor  sich :  Drüben  erzeugt  der 
von  dem  Diener  durch  den  gespitzten  Mund  geblasene  Luftstrom, 
Luftschwingungen  von  der  Art,  dass  sie  ein  benachbartes  Ohr 
als  gepfiffenes  Lied  empfindet.  Hier  hören  wir  es  aber  nicht 
direkt.  Ähnlich  wie  das  Trommelfell  eines  benachbarten  Ohres, 
erschüttern  die  Luftschwingungen  die  Kohlen  contakte  des 
Mikrophons.  Dabei  ändern  sie  rythmisch,  wellenförmig  die 
Ausbreitungswiderstände  an  den  Contakten  und  hiermit  die  Strom- 
stärke im  ganzen  Kreise.  So  werden  auch  die  Telephon- 
spulen von  einem  wellenförmig  auf-  und  abschwankenden  Strome 
durchflössen.  Ein  solcher  Wellenstrom,  der  zwar  seine  Richtung 
beibehalt,  aber  seine  Starke  in  Wellen  zu-  und  abnehmen  lässt, 
bringt  ahnlich,  wie  in  vollkommenerer  Weise  ein  Wechsel- 
strom, das  Telephon  durch  die  magnetisch  bewirkten  Bewe- 
gungen seiner  Schallplatte  zum  Sprechen.  Das  Mikrophon 
wird  als  Geber  den  Schallwellen  ausgesetzt  und  erzeugt  Strom- 
wellen. Diese  gelangen  über  die  Leitung  zum  entfernten  Telephon, 
das  sie  in  Schallwellen  verwandelt. 

Aber  die  Tätigkeiten  von  Geber  und  Empfänger 
sind  nicht  im  Wesen  gleich  und  nur  in  der  Richtung 
entgegengesetzt.  Sondern  zwischen  beiden  besteht 
ein  grundsatzlicher  Unterschied,  auf  den  freilich  bis- 


DigitizsdbyGOO'^le 


Telephon  und  Mikrophon.  443 

her  niemandWert  gelegt  zu  haben  scheint.  Im  Telephon 
wird  die  als  elektrische-  zugeführte  Arbeit  in  Schallarbeit  um- 
gewandelt, wie  beim  Laden  eines  Akkumulators  elektrische 
Energie  in  chemische-.  Beide  sind ,  wenn  man  die  mit  der 
Umwandlung  verknüpften  Verluste  berücksichtigt,  gleich  viel 
wert  Fragen  Sie  hingegen,  woher  die  vom  Mikrophon  über 
die  Leitung  geschickte  elektrische  Arbeit  stammt,  so  muss  ich 
Ihnen  —  vielleicht  zu  ihrer  Ueberraschuug  —  antworten:  Sie 
stammt  nicht  aus  der  dem  Mikrophon  zugeführten 
Schallarbeit.  Halten  Sie  das  Mikrophon  nicht  für 
eine  Maschine,  die  Schallarbeit  in  eine  gleichwertige 
Menge  elektrische  Arbeit  umsetzt.  Vergleichen  Sie  es 
eher  mit  einem  vom  Telegraphierstrom  bewegten  Relais.  Denn 
es  wird  von  den  Schallwellen  nur  veranlasst,  die 
Stromwellen  in  der  richtigen,  verwickelten  -Weise 
auszulösen.  Um  einen,  wenn  auch  schlechten  Vergleich  zu 
brauchen,  macht  es  das  Mikrophon  wie  ein  Steuermann,  der 
durch  seinen  Befehl  die  Arbeit  der  Schiffsmaschinen  auslöst 
oder  unterbricht,  ihre  Richtung  angiebt  und  Starke  regelt. 
Geleistet  aber  wird  die  Arbeit  von  der  unter  den  Kesseln 
verbrannten  Kohle,  Ebenso  entstammt  die  dem  Telephon  über 
die  Leitung  gelieferte  elektrische  Arbeit  der  chemischen-  der 
speisenden  Trockenelemente  oder  Akkumulatoren. 

Nun  könnten  Sie  einwenden,  dass  anscheinend  wahrend  des 
Fernsprechens  den  Zellen  insgesamt  die  gleiche  elektrische 
Arbeit  E.  J.  entnommen  würde,  als  während  der  Ruhe.  Denn 
was  in  der  einen  Hälfte  der  Welle  (vgl,  die  spatere  Fig.  291  b 
auf  S.  453}  mehr  an  Strom  fliesse,  das  fliesse  in  der  anderen 
weniger.  Es  würden  anscheinend  gleich  viel  Coulomb  befördert 
und  gleich  viel  Volt-Coulomb  geleistet,  ob  gesprochen  wird 
oder  nicht. 

Dass  dieser  Einwurf  nicht  richtig  sein  kann,  folgt  aus  dem 
Gesetz  von  der  Erhaltung  der  Energie  oder  schon  aus  dem 
von  Lenz.  Ungefähr  den  wahren  Sachverhalt  hefert  dann 
folgender  Gedankengang,  für  den  ich  Ihre  besondere  Aufmerk- 
samkeit erbitte  (und  der  dem  entsprechenden  beim  Gleichstrom- 
motor nachgebildet  ist):  Stellen  Sie  sich  vor,  die  Bewegungen 
der  Telephonschallplatte  würden  nicht  elektrisch,  sondern  etwa 
ganz  roh  durch  den  schnell  wechselnden  Druck  eines  Fingers 


D,ü,i,z.üh,Coaglc 


444  Tetephon  und  Mikrophon. 

erzeugt.  Dann  müsste  die  Schallplatte  bei  der  Annäherung  an 
den  Polschuh  in  den  (von  Strom  frei  gedachten)  Telephonspulen 
einen  Strom  von  solcher  Richtung  induzieren,  dass  er  die  Platte 
elektromagnetisch  abstiesse.  Umgekehrt  müssle  der  induzierte 
Strom  die  sich  entfernende  Platte  anziehen.  Die  Richtung  des 
jeweilig  induzierten  Stromes  ist  immer  der  des  Stromes  entgegen- 
gesetzt, der  elektromagnetisch  die  betreffende  Plattenbewegung 
bewirken  würde.  Diese  Induktionen  treten  natürlich  bei  allen 
Bewegungen  der  Platte  ein,  unabhängig  von  dem  Mittel,  das 
die  Bewegungen  erzeugt,  also  auch  im  Fernsprechbetriebe. 
Nur  kommt  es  hier  nicht  zur  Ausbildung  eines  Induktions- 
stromes ?'),  sondern  bleibt  bei  einer  induzierten  Spannung  c'), 
von  der  Richtung  einer  Gegenspannung.  Der  die  Telephon- 
platte bewegende  Strom  J„  erzeugt  sich  durch  eben  diese 
Bewegung  eine  Gegenspannung  c,  Soll  er  die  Schallarbeit 
leisten,  so  muss  er  über  die  Gegenspannung  fortfliessen ,  und 
dazu  ist  pro  Sekunde  die  Arbeit  e .  J^  aufzuwenden.  Diese 
« J„  Watt  entstammen  natürlich  den  speisenden  Zellen. 
Die  von  ihnen  gelieferte  Leistung  E  J,  wird  nicht  mehr  voll- 
ständig in  Stromwärme  umgesetzt,  sondern  nur  der  Teil  [E—e)  J... 
Der  andere  Teil  e  J.,  wird  telephonisch  nützlich  verwertet.  Er 
ist  Null,  wenn  nicht  gesprochen  wird. 

EJo  == 


Nach  dieser  Auseinandersetzung  wenden  wir  uns  wieder 
einfacheren  Dingen  zu,  zunächst  dem  vorhin  benutzten  Walzen- 
mikrophon. Es  enthalt  drei  solcher  Kohlenwalzen  (Fig.  288)  über 
einander  und  horizontal,  wie  Reckstangen, 
in  den  Ausbohrungen  zweier  vertikaler 
Kohlepfeiler  steckend,  so  dass  dieses  in 
sich  lockere  Gerüst  aus  Kohle  entsteht 
Fig,  288.  Kohi^nwahc.  (Fig.  289).  Seine  beiden  Pfeiler  sind 
mit  vier  Schrauben  an  einem  dünnen 
Holzbrett,  der  Schallplatte  des  Mikrophons,  befestigt.  Zum  Fern- 
sprechen wird  das  Kohlegerüst  mit  Trockenelement  und  Telephon 

1)  Der  Kundige  mrtge  darunter  die  Effektiviverte  verstehen. 


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Telephon  und  Mikrophon. 


445 


hinter  einander  in  einen  Stromkreis  geschaltet.  Von  den  vier 
Schrauben  dienen  dabei  die  beiden,  an  denen  Sie  die  Unterleg- 
scheiben sehen,  als  Klemmen.  Der  Strom  tritt  also  etwa  durch 
den  Fuss  des  rechten  Pfeilers  ein,  geht  durch  die  drei  Walzen  — 
auf  drei  einander  räumlich  und  elektrisch  parallelen  Wegen  —  zum 
linken  Pfeiler  und  verlässt  an  dessen  oberem  Ende  das  Mikrophon. 


So  weit  bis  jetzt  beschrieben  (und  in  Fig.  289a  gezeichnet), 
liegen  bei  senkrechter  Schallplatte  die  Walzen  mit  ihrem  ganzen 
Gewicht  über  die  Unterkante  ihrer  Zapfen  auf  der  Unterkante 
der  Pfeilerbohrungen  auf.  Damit  mikrophonisch  wirksamer 
Contakt  eintritt,  müssen  die  Walzen  aber  gehoben  und  die 
Zapfen  leicht  gegen  die  Pfeilerbohrungen  angedrückt  werden 
(Fig.  289b).  Das  kann  eine  Feder  besorgen,  die  über  eine 
Filzzwischenlage  auf  alle  drei  Walzen  gemeinsam  wirkt.  Bei 
unserem  Mikrophon,  wie  es  früher  bei  der  Reichspost  eingeführt 
war,  drückt  von  unten  gegen  jede  Walze  eine  besondere  Feder. 


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446  Telephon  und  Uikrophon. 

Durch  Veränderung  des  Federdruckes  können  die  Contakte 
auf  eine  möglichst  grosse  mikrophonische  Wirkung  eingesteUt 
werden. 

Gegen  unser  Anfangsmodell  zeigt  sich  beim  Walzen- 
mikrophon das  Bestreben,  die  Anzahl  der  wirksamen  Contakte 
zu  vermehren.  Nicht  genug,  dass  durch  sie  der  Strom,  in  drei 
parallele  Zweige  geteilt,  hindurch  geführt  wird.  Auch  jeder  Zweig 
durchfliesst  noch  hinter  einander  —  an  beiden  Walzenenden  — 
zwei  Contakte  oder  wohl  Contaktgruppen.  Hierdurch  wird 
zunächst  die  dem  Mikrophon  zugeführte  Schallenergie  besser 
ausgenutzt.  Die  von  ihr  bewirkten  Widerstands-,  also  Strom- 
schwankungen werden  grösser.  Zwar  wirkt  natürlich  bei 
n  Contakten  auf  jeden  nur  der  »ite  Teil  der  gesamten  Energie. 
Aber  zur  Änderung  der  Teilcontakte  braucht  nicht  für  jeden 
dieselbe  Masse  bewegt  zu  werden  wie  für  einen  als  einzelnen 
vorhandenen  Contakt,  sondern  eine  wesentlich  kleinere.  Jeder 
Teilcontakt  gerat  deshalb  in  Schwingungen,  deren  Amplitude 
wesentlich  grösser  ist,  als  der  tite  Teil  der  Schwingung 
eines  Einzelcontaktes,  Die  Häufung  wirksamer  Contakte  ver- 
grössert  die  Amplitude  der  von  derselben  Schallmenge  erzeugten 
Stromschwankung  und  damit  die  nützliche  Wirkung  des 
Mikrophons. 

Ausserdem,  so  wird  immer  angefilhrt,  diene  die  vermehrte 
Anzahl  paralleler  Contakte  dazu,  für  den  einzelnen  Contakt  die 
Slrombelastung  zu  verkleinern,  wodurch  seine  andauernde  Em- 
pfindlichkeit leichter  erhalten  bliebe.  Diese  Verkleinerung  der 
einzelnen  Contakte  durchfliessenden  Stromstärke  findet  sicher- 
lich statt.  Man  hüte  sich  aber,  dem  für  den  wirklichen 
Betrieb  zu  grosse  Bedeutung  beizulegen.  Allerdings  spielt  die 
Widerstands  Verkleinerung  des  Mikrophons,  die  durch  Einführung 
paralleler  Contakte  erreicht  wird,  für  den  Gesamtwiderstand  des 
Stromkreises  nur  eine  kleine  Rolle,  sobald  dessen  Widerstand 
ausserhalb  des  Mikrophons,  der  s.  g.  äussere  Widerstand  gross 
ist.  Es  fliesst  dann  insgesamt  doch  ungefähr  der  gleiche  Strom, 
ob  das  Mikrophon  mit  mehr  oder  weniger  Contakten  gebaut 
ist.  Bei  Verwendung  von  «  Contakten  führt  dann  jeder 
einzelne  nur  den  iiten  Teil  des  nahezu  unveränderten  Gesamt- 
stromes. Enthält  der  Kreis  neben  der  Stromquelle  von  etwa 
0,5  Ohm  Widerstand  ein  Telephon  von  etwa  200,  so  wird  aller- 


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Telephon  und  Uiltrophon 


447 


dings  die  Strombelastung  pro  Contakt  bei  zwei  Parallelcontakten 
von  je  7,5  Ohm  Widerstand  etwa  auf  die  Hälfte,  bei  dreien 
auf  ein  Drittel  usw.  vermindert.  Jede  der  drei  Kurven  dieses 
Diagramms  (Fig.  290)  zeigt  für  verschiedene  Anzahlen  paral- 
leler Contakte  die  Stromstärke  pro  Contakt  in  Prozenten  von 
derjenigen  an,  die  fliessen  würde,  wenn  nur  ein  Contakt  vor- 
handen wäre.     In    der   Tat  geht  die   unterste  Kurve  bei  zwei 


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Fig.  290.     Die  Abhlnciskeil  der  Strombelaatung  von  der  Contaktzahl 


wird  durch  den  II 


1  Widerstand  best  im 


Parallelcontakten  annähernd  durch  507o,  bei  fünfen  durch  207", 
bei  zehnen  durch  10"/o.  Sie  werden  aber  nachher  hören,  dass  der 
äussere  Widerstand  im  Betriebe  sehr  viel  kleiner  zu  sein  pflegt, 
als  200  Ohm.  Gewöhnlich  ist  der  Widerstand  des  Telephons 
durch  einen  von  1  Ohm  oder  einen  noch  kleineren  zum  Bei- 
piel  von  0,5  Ohm  ersetzt.  Dann  wird,  wie  die  beiden  anderen 
Kurven  des  Diagramms  zeigen,  durch  Vermehrung  der  Parallel- 
contakte  die  Strombelastung  weniger  verkleinert,  als  man  ge- 
wöhnlich glaubt.  Bei  zehn  Parallelcontakten  ist  sie  erst  auf 
44,4  bis  48,5  "/o  gesunken,  also  nur  eben  unter  die  Hälfte. 


DigitizsdbvGOOgle 


448  Telephon  und  Mikrophon. 

Sehr  viel  wichtiger,  als  die  Verminderung  der  Strombe- 
.lastung,  scheint  mir  ebenso,  wie  die  erwähnte  bessere  Aus- 
nutzung der  Schallenergie,  noch  die  durch  die  Parallelvermehrung 
der  mikrophonischen  Contakte  vergrösserte  Betriebssicherheit 
zu  sein.  Denn  wenn  vorübergehend  oder  dauernd  einige  Con- 
takte den  Dienst  versagen,  so  sind  andere  da,  die  trotzdem  die 
Stromschwankungen  in  genügender  Heftigkeit  erzeugen.  Ist 
nur  ein  einzelner  Parallelcontakt  vorhanden,  so  könnte  er  auch 
durch  zu  eifrige  Schwingung  nicht  nur  seinen  Widerstand  er- 
höhen, sondern  den  Stromkreis  geradezu  unterbrechen.  Er  würde 
dabei  einen  öffnungsfunken  hervorrufen,  der  ihn  bei  öfterer 
Widerholung  verbrennen  und  bald    untauglich  machen   müsste. 

Warum  wird  nun  für  die  Mikrophoncontakte  immer  gerade 
Kohlenstoff  verwandt?  Worin  besteht  sein  Vorzug  vor  anderen 
Materialien?  Zunächst  rostet  er  nicht.  Er  bedeckt  seine  Ober- 
fläche nicht  mit  nicht  leitenden  Stellen,  nicht  mit  einer  die 
Stromleitung  unierbrechenden  Oxydschicht.  Dann  aber  ist 
Kohlenstoff  sehr  porös.  Er  besitzt  die  Fähigkeit,  durch  seine 
Poren  Gase  in  sich  aufzusaugen,  etwa  wie  ein  Schwamm  Wasser. 
Die  gesamte  Mikrophonkohle  ist  in  ihrem  Innern  mit  Luft 
durchsetzt  und  dadurch  elastisch,  gleichsam,  als  bestände  sie 
aus  lauter  kleinen  Luftkissen.  Die  Contakt-machenden  Teile 
schlagen  deshalb,  wenn  sie  erschüttert  werden,  nicht  hart, 
sondern  federn  weich  und  schmiegsam  gegen  einander.  Da- 
durch vermag  die  ganze  Contaktmasse  den  Schallwellen  so 
gehorsam  und  in  regelmässigen  Schwingungen  zu  folgen  und 
sie  getreu  in  Widerstandswellen  nachzubilden. 

Die  Praxis  hat  den  Kohlenstoff  als  vorzügliches  Mikrophon- 
material erwiesen.  Genauer  betrachtet  besteht  er  aus  einem 
Gemisch  von  wenig  Graphit:  dem  hexagonal  krystallisierenden, 
den  Strom  leitenden  Kohlenstoff  und  viel  Gaskohle:  jener  eben- 
falls leitenden,  aber  amorphen  Form,  die  sich  bei  der  von 
hohen  Temperaturen  hervorgerufenen  Zersetzung  gasförmiger 
Kohlen  stoffverbindun gen  abscheidet. 

Die  Fabrikation  der  Mikrophonkohle,  die  sich  zu  einer 
eigenen  Industrie  ausgebildet  hat,  ähnelt  der  der  Brikets.  Ihr 
Gang  ist  etwa  der  folgende:  Als  Ausgangsmaterial  wird  Re- 
tortenkohle mit  einem  Zusatz  aus  dem  gut  leitenden,  aber  teuren 
und  wenig  festen  Graphit  zerkleinert,  sehr  fein  gemahlen  und 


Digitiz^db^COC^IC 


Telephon  und  Mikrophon.  449 

durch  Seidengaze  gesiebt,  die  bis  zu  2000  Maschen  auf  den 
Quadralcentimeter  besitzt.  Das  feine  Kohlenstoffmehl  wird  dann 
mit  durch  Erwärmen  dünnflüssigem  Teer  in  Maschinen  gründlichst 
gemischt,  durchgeknetet  und  in  handliche  Cylinder  gepresst. 
Diese  werden  zerschnitten  und  die  Schnittstücke  in  die  jeweilig 
gewünschte  Form  gepresst.  So  entstehen  zum  Beispiel  für  das 
Walzenmikrophon  dünne  Cylinder,  die  man  dann  in  Walzen 
zerschneidet  und  deren  Enden  man  auf  der  Drehbank  zu  Zapfen 
abdreht.  Notwendige  Löcher  werden  mit  der  Maschine  oder 
aus  freier  Hand  gestanzt.  Meist  pflegt  man  aus  den  ursprünglichen 
Cylindern  die  gewünschte  Form  durch  doppeltes  Pressen,  erst 
ungefähr  und  dann  genau  herzustellen.  Schallplatten  aus  Kohle 
werden  durch  Zerschneiden  von  Cylindern  und  erneutes  Pressen 
der  einzelnen  Platten  erhalten.  Das  Pressgut  wird  sodann  in 
Kohlepulver  verpackt  und  unter  Luftabschluss  in  feuerfesten 
Tiegeln  bei  langsamem  Anheizen  heftig  geglüht.  Erst  das 
Glühen  erteilt  dem  Materiale  Leitfähigkeit,  Festigkeit  und  Harte. 
Die  Zersetzungsprodukte  des  Teeres  müssen  natürlich  ■  dabei 
entweichen  können.  Auch  muss  vorher  auf  das  dadurch  bewirkte 
Schwinden  der  Masse  Rücksicht  genommen  worden  sein.  Das 
Glühprodukt  wird  noch  abgeschUfFen  und  poliert,  wobei  sehr 
genaue  Arbeit,  zum  Teil  noch  mit  der  Hand  notwendig  ist. 

Auf  diese  Weise  sind  auch  die  ausserordentlich  mannigfach 
geformten,  prächtigen  Stücke  der  hier  ausgelegten  Sammlung 
von  Mikrophonkohlen  (Fig.  313  in  der  22.  Vorlesung)  entstanden, 
die  ich  der  Güte  der  schwedischen  Firma  Rylander  und  Rudolphs 
verdanke. 


Digitizsdb^COO'^le 


Die  lelephonische  Cbertragung. 


21.  Vorlesung. 

Die  telephonische  Übertragung. 

Übertragung  von  Höhe,  SUrke  und  Ktangfarbe  eines  Tones.  (Weibliche  Beamte).  — 
Die  Kleinheit  der  nOtilichen  Stromschwankungen,  ohne  und  mit  BerQcksichtigung 
der  Selbstinduktion  des  Telephons,  bei  grossem  Baliaststrom.  —  Der  Trans- 
forOBtor.  Mikrophon  kreis.  Telephonkreis.  Die  drei  Vorteile  des  Transformators: 
Der  kleine  Widerstand  der  Primärwicklung  vergrOssert  die  mikrophonischen  Strom- 
schwankungen. Auf  den  Sekundärkreis  werden  nur  die  Schwankungen,  nicht  der 
consUnte  Ballast  Obertragen.  Die  Spannungserhohung  verkleinert  die  Leitung sverlusle. 
—  Primi pielle  Schaltung. 

Die  Leitung:   Eisendraht.    Uaulelfekt.    LeitahigkeiC  und  Festigkeit.    Kuprer-,  Bronze-, 
Doppelbronie- ,     Compounddrahl.     - —    Einfach-     und    Doppcl  leitung.       Übertrager.     — 
Kabel.    —     Der    schädliche    Einfluss    der     Capacitflt.      Die    Schwächung    der     Strom- 
amplitude steigt  mit  der  Periodenzahl.      Bedeutung  des  OW.      Pupinspulen. 


EinTon  wird  bekanntlich  durch  drei  Eigenschaften  bestimmmt : 
seine  Stärke,  beruhend  in  der  Amplitude  der  Schwingungen, 
seine  Höhe  beruhend  in  der  Periodenzahl,  und  seine  Klangfarbe, 
begründet  durch  die  dem  Grundton  beigemischten  Obertöne. 

Soll  die  Schallplatte  des  Telephons  am  Ende  der  Über- 
tragung die  Luft  in  dem  gleichen  Tone  erzittern  lassen,  wie  er 
gegen  die  Schallplatte  des  Mikrophons  am  Anfang  gesprochen 
wurde,  so  müssen  selbstverständlich  jene  drei  Eigenschaften 
des  Tones:  Stärke,  Höhe  und  Klangfarbe  möglichst  unverändert 
übertragen  werden,  und  es  ist  zu  untersuchen,  in  wie  weit  das 
thatsächhch  geschieht. 

Die  Höhe  jedes  einzelnen  Tones  wird  ohne  Zweifel  richtig 
wiedergegeben.  Denn  die  übertragenden  Stromschwankungen 
haben  die  gleiche  Periodenzahl  n ,  wie  die  sie  erzeugenden 
Schwingungen  der  Schallplatte  des  Mikrophons  und  wie  die 
von  ihnen  erzeugten  der  Schallplatte  des  Telephons.  Es  voll- 
enden   eine    Schwingung  in    derselben  Zeit    T  =  -  Sekunden 

folgende  sieben  Grössen :  Der  Einzelton,  der  am  Leitungsanfang 
in  das  Mikrophon  hineingesprochen  wird,  dessen  Schallplatte, 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  telephonische  Übertragung.  451 

dessen  Widerstand,  die  übertragende  Stromstärke,  die  nützliche 
Kraftlinienzahl  und  die  Schallplatte  des  Telephons,  und  damit 
schliesslich  auch  der  wiedergegebene  Ton.  Die  Tonhöhe 
bleibt  erhalten. 

Im  Gegensatz  dazu  wissen  wir  von  der  Starke  des  über- 
tragenen Tones  zunächst  garnichts.  Denn,  wie  Ihnen  bekannt,  geht 
die  übertragene  elektrische  Arbeit  nicht  aus  der  vom  Mikrophon 
aufgenommenen  Schallarbeit  hervor,  sondern  wird  von  ihr  nur 
ausgelost.  Im  Prinzip  spricht  demnach  nichts  dagegen,  dass 
der  Ton  auch  verstärkt  wiedergegeben  werden  kann.  Die 
tägliche  Erfahrung  lehrt  freilich,  dass  er  geschwächt  wird. 
Die  Schwächung  an  sich  schadet  auch  nichts,  sobald  sie  nicht 
zu  gross  wird,  und  wenn  nur  die  verschiedenen  auf- 
einander folgenden  oder  miteinander  gemischten  Töne 
in  gleichem  Maasse  geschwächt  werden.  Ihre  Amplituden 
müssen  durch  die  Übertragung  sämtlich  auf  den  gleichen 
Bruchteil  verkleinert,  mit  demselben  Faktor  kleiner  als  Eins 
multipliziert  werden.  Würden  etwa  die  tiefen  Töne  merklich 
mehr  geschwächt,  als  die  hohen,  so  würde  die  Tonfolge  oder 
das  Tongemisch  in  der  Wiedergabe  auf  das  Ohr  einen 
höheren,  im  umgekehrten  Falle  einen  tieferen  Eindruck  machen, 
als  ursprünglich.  Die  Klangfarbe  von  Tonfolgen  oder  Ton- 
gemischen würde  durch  die  Übertragung  erhöht  oder  vertieft 
werden.  Glückhcher  Weise  ist  das  nun  bei  der  üblichen 
Fernsprecheinrichtung,  wie  jeder  weiss,  im  allgemeinen  nicht  der 
Fall,  Bis  zu  gewissen  Entfernungen  verkleinert  die  Übertragung 
den  Tönen  verschiedener  Schwingungszahlen  die  Amplitude 
ungefähr  gleichmässig.  Die  Klangfarbe  der  Tonfolgen  bleibt 
SD  gut  wie  erhalten.  Nun  besitzen  allerdings  die  Schallplatten 
am  hörenden  Mikrophon  und  am  sprechenden  Telephon  Eigen- 
töne (S.  225),  welche  den  übertragenen  Tönen  ihre  eigenartige 
blecherne  Klangfarbe  verschaffen.  Diese  Eigentöne  liegen 
höher,  als  die  männliche  Stimme.  Um  sie  zu  vertiefen,  müsste 
man  die  Platten  dünner  und  grösser  machen,  was  aus  anderen 
Gründen  nicht  angeht.  Wegen  dieser  hohen  Lage  der  Eigen- 
töne der  Schallplatten  —  einen  anderen  Grund  hörten  Sie  schon 
^S,  219)  —  mag  die  weibliche  Stimme  zur  telephonischen  Über- 
tragung geeigneter  sein,  als  eine  gleich  deutliche  männliche.  — 
Aber   bekanntlich    braucht    deshalb    noch    niemand    seine   tele- 

29« 


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452  ^>^  telephonische  Übertragung. 

phonischeh  Gespräche  von  einem  weiblichen  Dolmetscher  führen 
zu  lassen.  Auch  ist  es  nicht  deshalb,  dass  der  Fernsprechdienst, 
bei  dem  es  immer  noch  mehr  auf  das  Verstehen,  als  auf  das 
Verstanden-werden  ankommt,  von  weiblichen  Beamten')  versehen 
wird.  Die  Eigenschwingungen  der  Schallplatten  können  uns 
nicht  hindern  zu  sagen,  dass  im  Wesentlichen  jeder  Ton  in 
seiner  richtigen  Stärke  übertragen  wird. 

Was  nun  der  Erhaltung  der  Klangfarbe  anbetrifft,  so  haben 
wir  schon  vorweggenommen,  dass  die  dem  Tone  beigemischten 
Obertöne  im  Allgemeinen  in  einer  für  den  Betrieb  genügend 
richtigen  Starke  übermittelt  werden.  Häufig  wird  allerdings 
angeführt,  dass  durch  die  Vorgänge  der  Übertragung  die  Phase 
der  Obertonwellen  gegen  einander  und  gegen  den  Grundton  ver- 
schoben und  dass  dadurch  die  Form  der  schliesslichen  Tonwelle, 
welche  ja  durch  Addition  der  jeweiligen  Werte  der  verschie- 
denen Einzel  wellen  entsteht,  verändert  werde.  Derartige  Betrach- 
tungen können  Sie  sich  in  Erinnerung  an  das  ersparen,  was  Sie 
seiner  Zeit  (S.  220)  über  den  telephonischen  Wert  von  Phase 
und  Schwingungsform  von  Tonwellen  erfahren  haben.  Diese 
machen  auf  unser  Ohr  den  gleichen  Eindruck,  sobald  die  dem 
gleichen  Grundton  beigemischten  Obertöne  von  gleicher  Höhe 
und  Stärke  sind.  Die  gegenseitige  Lage  ihrer  Phasen  kommt 
für  die  Klangfarbe,  wie  Sie  wissen,  vermutlich  deshalb  nicht  in 
Betracht,  weil  das  Ohr  die  Teiltöne  des  Gemisches  getrennt 
auffasst  und  sie  erst  in  der  seelischen  Wahrnehmung  verschmilzt. 

Wir  müssen  nun  etwas  nachrechnen,  ob  die  bisher  be- 
schriebene Einrichtung  zur  telephonischen  Übertragung  ausreicht, 
und  uns  deshalb  zunächst  über  die  Grösse  der  Schwankungen 
unterrichten,  die  dem  Ruhestrome  von  den  Schwingungen  der 
Kohlencontakte  aufgedrückt  werden.  Der  Widerstand  w  des 
Mikrophones  schwanke  zwischen  seinem  grössten  Werte  tu,   und 

')  Sicherlich  sind  für  den  Fern  sprechdienst  neben  einer  wlhrend  seiner  gsnicn 
Dauer  nicht  nachlassenden  Aufmerksamkeit  und  freundlichen  Geduld  gutes  Ohr  und 
deutliche  Aussprache  sehr  viel  wichtiger  als  hohe  Stimmlage,  die,  wie  spjter  klar 
werden  wird,  für  das  Sprechen  auf  weile  Entfernung  sogar  eher  nachteilig  ist.  Da  aber 
die  Erfahrung  geieigt  hat,  dass  weibliche  Beamte  den  Dienst  ebensogut  erledigen, 
wie  männliche,  ist  ihre  Anstellung  fDr  die  Verwaltungen  eine  kaufmSnniache  Pflicht 
geworden,  und  die  Elektrotechnik  kann  sich  nur  freuen,  den  Frauen  in  ihrem  so  viel 
schwereren  Daseinstampfe  eine  neue  Erwerbsquelle  geschaffen  zu  haben. 


D,„i,.,db,Google 


Die  teUphonische  Gbertragung.  453 

seinem  kleinsten  w^  hin  und  her.  Der  äussere  Widerstand  sei  W 
und  die  Batterie  habe  die  elektromotorische  Kraft  E.  Wie 
gross  berechnen  sich  denn  die  Schwankungen  der  Stromstärke  J 
zwischen  ihrem  kleinsten  Werte  t7,  und  ihrem  grössten  J,? 
Nehmen  Sie  zunächst  der  Wirklichkeit  entgegen  die  Dauer  der 
Schwingungen  so  gross  an,  dass  nach  Ohm 


wi,.,        ""''        ■^«  =  irf  7 


gesetzt  werden  darf.  Die  Differenz  dieser  beiden  Werte, 
J^ — /,  ist  dann  die  gesuchte  Stromschwankung,  die  während 
ihres  wellenartigen  Verlaufes  im  Empfänger  die  telephonische 
Arbeit  leistet. 

Der  Wert  dieser  Differenz  wird  an  einem  Zahlenbeispiel 
klar  werden.  Die  Batterie  bestehe  aus  zwei  Trockenelementen, 
sodass  £  zu  3  Volt  angenommen  werden  kann.  Der  Widerstand 
des  Mikrophones  betrage  im  Ruhezustande  5  Ohm,  und  er 
schwanke  bei  der  mikrophonischen  Arbeit  wellenförmig  um  je 
1  Ohm  nach  oben  und  nach  unten,  also  zwischen  4  und  6  Ohm 
hin  und  her.  Eine  solche  Widerstandswelle  ist  hier  (Fig.  291  a) 
aufgezeichnet.  Der  ganze  Widerstand  w  bildet  natQrhch  keine 
Welle  mit  positiven-,  negativen-  und  Nullwerten,  sondern 
enthält  auf  dem  kleinsten  Widerstände  ip^  eine  solche  Welle 
nur  aufgeschichtet,  aufgebaut,  gleichsam  aufgepfropft.  So  stellt 
im  Diagramm  für  jeden  Augenblick  der  Schwingung  der 
Abstand  der  Wellenoberfläche  von  der  horizontalen  Achse  die 
jeweilige  Grösse  des  Mikrophonwiderstandes  dar.  Hier  ist  gerade 
eine  Wellenlänge  gezeichnet,  die,  wie  Sie  wissen  (S.  S-  209), 

in   r  ^      -  Sekunden  zurückgelegt  wird. 

Ganz  ahnlich  der  Widerstandswelle  verläuft  die  von  ihr 
erzeugte  Stromwelle.')  Deren  Werte  filr  Berg  und  Thal  hängen 
nun  ausser  von  dem  Mikrophonwiderstande  w  von  W,  dem 
äusseren  Widerstände,  einschliesslich  dem  der  Stromquelle,  ab. 
Um  zu  sehen,   in  wie  grossem  Maasse   das  der  Fall  ist,  und 

1)    Daas  sie  talsachlich  keine  Sinuskurvc  bildet,  darf  hier  übersehen  werden. 


DigitizsdbvGOOgle 


454  ^'^  telephonische  Übertragung. 

welche  Bedeutung  für  das  Fernsprechen  dadurch  die  Grösse 
von  W  gewinnt,  braucht  man  dafür  nur  verschiedene  Werte 
einzusetzen  und  die  Stromschwankung  auszurechnen.  Der  nicht 
zu   verwirklichende    Fall    von    W  =  0    giebt    den    Wert  des 

kleinsten  Stromes  t/l  =  —  =  ^-j-  =  500-,  den  des  Ruhestromes 

'  H»,  0.0 

/„  ^    —    =    _  .-    =■   600-     und    den     des    grössten    Stromes 

"         w„  5.0  ^ 

Jj  =  —  =  j-^  =  750    Milliampere.      Die    Stromschwankung 

macht  250  Milliampere  aus.  Setzen  Sie  nun  ftlr  TV  der  Reihe 
nach  wachsende  Werte  ein,  so  sinkt  /„.  Es  sinken  gleichfalls 
Jf  und  Jj  und,  was  für  unseren  Zweck  das  wichtige,  die  Strom- 
schwankungen Jj  —  J„  wie  es  folgende  leicht  nachzurechende 
Zahlen  erweisen. 


W:     Ol       1.5      2      5       10      50      200      Ohm 

/,.•  600   500  461    428   300  200    54.6     14.61 

}  Milliampere 
y^  — ^,.-  250    172    145    125    60     27       2      0.141  ^ 

Wie  wenig  in  der  That  bei  grossem  W  die  Widerstands- 
schwankungen für  die  Grösse  des  ganzen  Stromes  ausmachen, 
wird  deutlich,  wenn  man,  wie  die  Widerstandswelle,  auch  die 
von  ihr  hervorgerufene  Stromwelle  aufzeichnet  (Fig.  291b). 
Natürlich  ist  der  Strom  dort  gross,  wo  der  Widerstand  klein 
ist,  und  umgekehrt,  und  die  Stromwelle  nimmt  zu  allen  den 
Zeit  ab,  wo  die  Widerstandswelle  zunimmt,  und  umgekehrt. 
Beide  Wellen  sind  um  die  halbe  Dauer  einer  Schwingung,  um 
eine  halbe  Periode  gegen  einander  in  der  Phase  verschoben. 

Was  nun  die  Grösse  der  Stromamplitude  bei  verschiedenem 
TV"  betrifft,  so  schwankt  für  W=0  der  Strom  gehörig  auf  und 
nieder.  Auch  für  W  =  2  Ohm  ist  das  noch  so.  Aber  schon 
ftlr  5  und  10  Ohm  ist  die  Welle  abgeflacht,  und  bei  50  und 
mehr  Ohm  ist  im  Maassstab  unserer  Zeichnung  keine  Schwankung 
mehr  wahrzunehmen.  Aber  man  bedenke,  dass  bei  der  Über- 
tragung des  gepfiffenen  Liedes  das  eingeschaltete  Telephon 
schon  allein  200  Ohm  Widerstand  hatte.  Nun  ist  trotzdem  diese 
Übertragung  gelungen,  weil,  wie  Sie  wissen,  die  Telephone  so 


D,g,l,z.db,COOglC 


Die  telephonische  Obertragung. 


überaus  empfindliche  Instrumente 
sind.  Wir  hatten  ja  hier  ein 
Telephon  von  geringem  Wider- 
stände benutzen  können.  Aber 
auch  dann  enthält  W  ausser  dem 
Widerstände  des  Telephons  noch 
den  der  Hin-  und  RQckleitung. 
Dadurch  werden  die  Strom- 
schwankungen t/j  —  /,  weiter 
herabgedrückt. 

Damit  ist  es  aber  noch  nicht 
genug.  Erinnern  Sie  sich,  dass 
schon  die  sich  verhältnismässig 
langsam  ändernden  Morseströme 
nicht  mehr  dem  einfachen 
Ohmschen  Gesetz  gehorchten. 
Nun  kann  zwar  /,,  der  kleinste 
Wert  des  Mikrophonstromes, 
ohne  Zweifel  als  Dauerwert 
angesehen  und  nach  Ohm  zu 
E 


M'+  , 


berechnet     werden. 


Aber  was  ihn  zum  Mikrophon- 
strom macht,  der  kleine  Strom- 
zuwachs ist  schneller  Änderung 
unterworfen.  Schon  beim(reinen) 
Kammerton  a  durchläuft  dieser 
Zuwachs  435  volle  Wellen  in 
der  Sekunde.  Für  einen  so 
schnell  sich  ändernden  Strom, 
der  im  Telephon  windungsreiche 
Spulen  mit  Eisenkernen  durch- 
fliesst,  kann  daseinfache  Ohmsche 
Gesetz  nicht  gelten.  Während 
der  unveränderte  Teil  /,  des 
Gesamtstromes  auch  dort  nur 
den  Ohmschen  Widerstand  er- 
fährt, stellt  sich  dem  veränder- 
lichen,   an    sich    schon    kleinen 


Fig.  291. 
1.     Widerslandawelie  rincs  Mikrophons, 

her\orgeruren  durch  einen  Einleiten. 

b.     Daiu  gehörige  Stromwelkn  (Ör 
verschiedene    lussere   Widerstände  W. 


DigitizsdbvGOOgle 


456 


Die  telephonische  Obertragung. 


Teile,  auf  den  alles  ankommt,  nun  noch  die  Selbstinduktion 
des  Telephons  entgegen.  Für  ihn  tritt  zu  dem  Ohmschen 
Widerstand  noch  eine  beträchtliche  Induktanz,  ein  Widerstand 
durch  Selbstinduktion  hinzu. 

Auch  das  sehen  Sie  in  einem  Diagramm  (Fig.  292) :  Zunächst 
oben  (a)  die  Widerstandswelle  wie  früher.     Darunter  (b)  sind 
zwei  Stromwellen  gezeichnet.     Davon  ergibt  sich  die  grössere 
ohne  Berücksichtigung  der  Selbstinduktion  für  W  =  200  Ohm 
(aus    der  Tabelle    auf  S.  454.) 
Der  Maassstab  der  Strcmwelien 
ist  aber  jetzt  gegen  früher  etwa 
vertausendfacht,    so    dass    die 
Welle  trotz  ihrer  kleinen  Ampli- 
tude von  0,07  Milliampere  noch 
gross   erscheint.      Natürlich   hat 
auch  hier  die  Stromstärke  ihren 
kleinsten  Wert,  wenn  der  Wider- 
stand am  grOssten  ist. 

Die  kleinere  Welle  stellt  nun 
in  ebenso  stark  vergrössertem 
^M/^aujütt  Maasstabe  den  Lauf  der  Strom- 
stärke dar,  sobald  die  Selbst- 
induktion des  Telephons  berück- 
sichtigt wird.  Bei  dieser  neuen 
Stromwelle  fällt  auf,  dass  die 
Null-  und  Maximalwerte  bei 
grösseren  Zeiten  t,  mithin  spater 
eintreten,  als  sonst.  Die  Selbst- 
induktion drückt  die  Stromwelle 
in  der  Phase  zurück.  Das  hat 
aber,  wie  Sie  erfahren  haben, 
telephonisch  keine  Bedeutung. 
Wichtig  dagegen  ist  die  erneute 
Verkleinerung  der  Amplitude.  Sie  ist  auf  0,0338  Milliampere, 
noc|i  etwa  auf  die  Hälfte  ihres  früheren  Wertes  gesunken. 

Die  Stromschwankung  ist  sehr  klein  geworden.  Wenn  nun 
noch  der  Widerstand  einer  längeren  Hin-  und  Rückleitung  Ober- 
wunden werden  soll,  dann  ist  es  mit  der  Leistungsfähigkeit 
unserer  Einrichtung,  so  wie  sie  bis  jetzt  beschrieben  ist,  schlecht 


Fig.  292, 

Eiotluss  der  Selbsttnduttion  des 

EmpfangsCelephons  auf  die  Stromweltc 


D,„i,.,db,Google 


Die  telcphoniscbe  Dbertragung.  457 

bestellt.  Ein  Sprechen  über  grössere  Entfernungen,  als  etwa  die 
im  Hause,  verlangt  eine  wesentlich  grössere  Stromschwankung. 
Wie  ist  diese  nun  zu  erreichen?  Sie  mögen  eine  Vermehrung 
der  Zellenzahl  vorschlagen.  Selbst  wenn  nicht  andere  wichtige 
Gründe  dagegen  sprächen,  so  würde  aieses  Mittel  versagen, 
weil  mit  der  Zellenzahl  nicht  nur  die  Stromschwankung,  sondern 
selbstverständlich  auch  der  Strom  der  Ruhe  J„  wächst.  Das 
darf  schon  deshalb  nicht  sein,  weil  dann  die  empfindlichen 
Mikrophoncontakte ,  die  man  zu  schonen  allen  Grund  hat, 
schädlich  mit  Strom  belastet  würden.  Des  Weiteren  würde 
der  grosse  Strom  J^  dauernd  eine  starke  Durchbiegung  der 
Schallplatte  bewirken,  was  natürlich  einer  sauberen  Umsetzung 
der  Strom-  in  Schallwellen  hinderlich  wäre.  Schliesslich  ist  es 
noch  deshalb  nachteilig,  die  Stromschwankungen  J. — J",  einem 
2U  grossen  Strome  der  Ruhe  J„  aufzudrücken,  weil  dann  die 
Schwankungen  in  der  Magnetisierung  der  Telephonschallplatte 
sich  über  eine  zu  grosse  Magnetisierung  der  Ruhe  lagern. 
Denn,  wie  Sie  sich  (von  Fig.  44  auf  S,  63  her)  erinnern,  bewirkt 
von  einer  gewissen  Magnetisierung  (dort  etwa  ir=±  40  Kraft- 
liniert pro  cm*  ab  die  Zunahme  von  H  nur  eine  verhäUnis- 
massige  kleine  Zunahme  von  B.  Für  starke  Felder  bewirkt 
die  Vermehrung  der  Kraftlinien  in  Luft  eine  verhältnismässige 
kleine  ■  der  Kraftlinien  im  Eisen.  Bei  grossem  mikrophonischen 
Ruhestrom  erzeugt  ein  doppelt  so  starker  Ton  mit  seiner 
doppelt  so  grossen  Stromschwankung  keine  doppelt  so  grosse 
KraftUnienschwankung  in  der  Telephonplatte  mehr.  Der  doppelt 
so  stark  aufgenommene  Ton  wird  nicht  mehr  doppelt  so  stark 
wiedergegeben.  Die  Vermehrung  der  Zellenzahl  ist  also  aus 
mehreren  Gründen,  darunter  auch  wegen  des  magnetisch 
schädlichen  Stromballastes  nicht  zu  brauchen. 

Der  Fernsprechbetrieb  bedarf  deshalb  einer  neuen  Ein- 
richtung, welche  dem  Mikrophonstrom  seine  nützlichen  Schwan- 
kungen vergrössert  und  womöglich  seinen,  wie  Sie  gesehen 
haben,  nicht  nur  nutzlosen,  sondern  sogar  schädlichen  constanten 
Anteil  nimmt.  Beides  besorgt  der  Edisonsche  Kunstgriff  der 
Einschahung  eines  Transformators,  der  Induktionsrolle 
(Fig.  293).  Mikrophon  und  Telephon  werden  jeder  in 
einen  Stromkreis  für  sich  gelegt.  Die  Trockenelemente 
schicken  ihren  Strom   durch    das  Mikrophon  und  die    primäre 


DigitizsdbyGOOgle 


458 


t  lelephonische  Obenragung. 


-ww 

I 


Transformatorwicklung.  Stromquelle,  Mikrophon,  primäre  Trans- 
formatorwicklung bilden  den  Mikrophonkreis.  Ihn  soll  man 
sich  bei  Femsprechschaltungen  zuerst  aufsuchen ,  sei  es  in 
Wirklichkeit  oder  in  Zeichnung.  Den  Telephonkreis  bilden: 
secundäre  Transformatorwicklung  als  Stromquelle,  ausserdem 
Hin-  und  Rückleitung  und  Tele- 
phon. Beide  Stromkreise  sind 
elektrisch  von  einander  getrennt 
und  dafür  durch  die  magnetischen 
Kraftlinien  des  Transformators 
mit  einander  verkettet ,  die 
gemeinsam  primäre  und  secun- 
däre Wicklung  umschlingen. 

Die  Einführung  der  Induk- 
tionsrolle verschafft  ims  nun 
gleichzeitig  drei  Vorteile :  Zu- 
nächst sind  wir  den  grossen 
Widerstand  von  Telephon  und 
Hin-  und  Rückleitung  aus  dem 
Mikrophonkreis  los.  Der  Wider- 
stand der  primären  Transfor- 
matorwicklung kann  sehr  klein 
gemacht  werden.  Er  soll  etwa 
nur  ein  Zehntel  von  iv„,  dem 
Ruhewiderstande  des  Mikro- 
phons betragen.  Nehmen  Sie 
ihn  aber  für  unser  Beispiel  selbst 
zu  dem  grossen  Wert  von  1  Ohm 
an,  so  spielen  jetzt  die  Wider- 
standswellen  der  schwingenden  Mikrophoncontakte  für  den 
Stromkreis  eine  sehr  viel  grössere  Rolle  als  früher.  So  geht 
aus  der  Tabelle  (auf  S.  454)  hervor,  dass  die  Stromschwankung 
im  Mikrophon  durch  die  gleiche  Widerstandsänderung  von 
früher  etwa  0,14  auf  jetzt  145  Milliampere  vergrössert,  ver- 
tausendfacht wird.  Die  Wellen,  die  eben  nur  leicht  die 
Oberfläche  der  Stromstärke  kräuselten,  wühlen  sie  jetzt  heftig, 
um  den  dritten  Teil  ihrer  Tiefe  auf. 

Die  Induktionsrolle  erhöht  also  durch  den  kleinen  Wider- 
stand  ihrer   primären    Wicklung    den    schwingenden    Teil    des 


Fig.  293. 
Einschaltung   eines  Transformators. 


D,„i,.,db,Google 


Die'  telephonisdie  Übertragung. 


459 


Wellenstromes.  Ferner  wird  bei  der  magnetischen  Übertragung 
aus  der  primären-  in  die  secundäre  Wicklung  der  constante 
Anteil  ganz  abgestossen,  der  Wellenstrom  in  einen  Wechsel- 
strom ohne  Constanten  Ballast  verwandelt.  Zwar  erzeugt  der 
Wellenstrom  beim  Durchfliessen  der  primären  Wicklung  ein 
Magnetfeld,  das,  wie  er  selbst,  einen  constanten  Teil  und  darüber 
eine  Welle  enthalt.  Aber  der  constante  Teil  des  Magnetfeldes 
und  damit  der  des  Stromes  hat  keinerlei  secundäre  Wirkung, 
Nur  Kraftlinien  wechselnder 
Anzahl  rufen  Induktion  hervor. 
Nur  der  veränderliche  Teil 
des  Magnetfeldes  induziert  in 
jeder  secundären  Windung  eine 
Spannung,  deren  Richtung  dem 
Sinne  und  deren  Grösse  der 
Heftigkeit  der  Änderung  ent- 
spricht. Sie  erinnern  sich  der 
Diagramme  (Fig.  54  auf  S.  80), 
die  schematisch  die  Vorgänge 
in  den  beiden  Wicklungen  eines 
Funkeninduktors  wiedergeben. 
Dabei  bildet  die  secundäre  Kurve 
die  Heftigkeit  der  primären 
Änderungen  ab.  Folgt  man  einer 
Welle  über  ihren  Lauf  und 
bestimmt  unterwegs  in  vielen 
Punkten,  wie  sehr  sich  dort  die 
Stromstärke  ändert,  so  erhalt 
man  (Fig.  294),  wie  leicht  auszu- 

proben  und  zu  beweisen,  für  die  secundäre  Spannung  wiederum 
eine  Welle  und  zwar  eine  um  ';*  Periode  verschobene,  vor  allen 
Dingen  aber  reine  Welle  mit  positiven-,  Null-  und  negativen 
Werten,  nicht  nur  ein  wellenförmiges  Anwachsen  und  Abnehmen 
einer  immer  gleichgerichteten  Spannung.  Der  primäre  Wellen- 
strom induziert  eine  Wechselspannung  in  der  secundären 
Wicklung,  und  die  Wechselspannung  schickt  durch  die  Hin-  und 
Ruckleitung  und  das  empfangende  Telephon  einen  Wechselstrom. 
Der  Transformator  bringt  nun  ftlr  das  Fernsprechen  noch 
einen  weiteren,    den  dritten  Vorteil  mit  sich.     Er  formt  die  zu 


Fig.  294.     Primärer  Strom  und 

secundäre  Spannung  des  Femiprech- 

Iransformalors.      ScheniBtisch. 


D,„i,.,db,Google 


'^:<'flm 


460  Die   telephonische   Obertragang. 

übertragende  elektrische  Leistung  so  um,  dass  von  den  beiden 
Faktoren  E  und  J  die  Spannung  £  gross  und  damit  die  für 
den  Leitungsverlust  >PW  massgebende  Stromstarke  J  klein  ist. 
Dazu  müssen  sich,  wie  Ihnen  von  früher  (S.  83)  her  bekannt  ist, 
die  Windungszahlen  der  beiden  Wicklungen  wie  die  verlangten 
Spannungen  verhalten,  wie  es  das  ungefähr  geltende  Gesetz 
ausdrückt; 

E, :  E„  =  n,  :  ti„. 


Für  die  Induktionsrollen  der  Telephonie  sind  verschiedene 
Übersetzungsverhaltnisse  im  Gebrauch,  wie  zum  Beispiel 


5400        ,„       ,      4200  .    oa     A      '*200  ,    „_ 

300    =  '^  °^^'  185    =  '^-  ^  °*^^''  13Ö-   '^  '^-  ^2- 


In  diesen  Fällen  ist  mithin  die  Wechselspannung  an  den  Klemmen 
der  Secundärspule  ungefähr  18  oder  23  oder  32  mal  so  gross, 
wie  die  Welle,  die  sich  an  den  Primarklemmen  über  den 
Constanten  Teil  der  Spannung  lagert.  Im  selben  Verhältnis 
wird  der  Strom  durch  die  Transformation  verkleinert.     Erheben 

Sie  die  angegebenen  Werte  für  das  Übersetzungsverhältnis     ' 

ins  Quadrat,  so  werden  Sie  finden,  dass  die  Transformation 
den  Verlust  an  elektrischer 
Leistung  auf  ungefähr  0,3  oder 
0,2  oder  0,1  "/o  seines  sonstigen 
Wertes  herabdrückt.  Wenn 
auch  thatsächlich  die  Dinge  nicht 
so  einfach  liegen,  wie  wir  hier 
vorgeben  dürfen,  so  gewähren 
doch  die  Zahlen  ein  Bild  von 
diesem  weiteren  Vorteil  des 
,  j  ,  .        '^' .     '         ,  .  Transformators. 

Induklionsrolle  im  Längsschnitt,  .. 

Über  semen  Bau  ist  nur  wenig 
hinzuzufügen.     Hier  im  Längs- 
schnitt (Fig.  295)  sieht  man,  wie  die  sekundäre  Wicklung  die 
primäre-    und    diese    den    geraden    Eisenkern    umgiebl.      Der 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  tclephonische  Obertragung.  461 

magnetische  Kreis  besteht  also  wie  beim  Ruhmkorff  nur  zum 
kleineren  Teile  aus  Eisen,  zum  grösseren-  aus  Luft.  Dadurch 
können  die  Kraftlinien  leichter  den  mikrophonischen  Strom- 
anderungen folgen:  entstehen,  zerfallen  und  die  entgegengesetzte 
Richtung  annehmen.  Auch  sind,  wenn  wenig  Eisen  vorhanden, 
die  Arbeitsverluste  im  Eisen  klein.  Dabei  versteht  sich  von 
selbst,  dass  möglichst  magnetisch  weiches,  und  —  senkrecht 
zu  den  Wirbelspannungen  —  unterteiltes  Eisen  verwandt  wird. 
Das  Kernbündel  auf  dem  Teller  hier  entstammt  dieser  Induktions- 
rolle (Fig.  296).  Die  Drähte  haben  einen  Durchmesser  von 
nur  0,25  mm. 


Flg.  29e.     Induktionsrolie. 

Um  es  zu  wiederholen,  bestehen  die  Vorteile  des  Trans- 
formators in  dreierlei:  Erstens  wird  der  äussere  Widerstand  des 
Kreises,  in  den  das  Mikrophon  eingeschaltet  ist,  ausserordentlich 
herabgedrückt  und  dadurch  die  Grösse  der  mikrophonischen 
Stromschwankungen  sehr  stark  erhöht.  Zweitens  wird  auf  die 
secundäre  Wicklung  nur  die  Strom we 1 1 e  übertragen ,  der 
constante  Ballaststrom  nicht.  Drittens  erhöht  die  Transformation 
die  Spannung  und  verkleinert  dadurch  die  Verluste  an  elektrischer 
Leistung  durch  die  Fortleitung. 


Fig.  297.     Priniipiellc  Femsprechschaltung. 


D,„i,„db,Goo'^le 


462  I^ie  telephoDische  Obertnigung. 

Wie  beim  Morsebetriebe  wollen  wir  auch  hier  gleich  eine 
vorläufige  Schaltung  entwerfen  {Fig.  297),  wie  sie  im  Prinzip 
zum  Femsprechen  dienen  kann.  Zwei  Teilnehmer  sind  durch 
Hin-  und  Rückleitung  vom  Amte  verbunden  worden.  Bei  beiden 
ist  der  Mikrophonkreis,  bestehend  aus  Batterie,  Mikrophon, 
primärer  Transformatorwicklung,  geschlossen.  Damit  nun  jeder 
den  anderen  hören  kann,  muss  sein  Telephon  und  des  anderen 
secundäre  Wicklung  in  den  Leitungskreis  eingeschaltet  sein, 
wie  es  die  Skizze  zeigt. 


Lassen  Sie  uns  nun  kurz  von  der  Fernsprechleitung  reden. 
Zwar  setzt,  wie  eben  gezeigt  wurde,  die  Spannungserhöhung 
durch  den  Transformator  die  Leitungsverluste  wesentlich  herab. 
Aber  diese  bleiben  natürlich  immer  noch  vom  Widerstände 
der  Leitung  abhangig.  Es  war  nur  natürlich,  dass  man  zu  An- 
fang über  die  eisernen  Telegraphenleitungen  sprach,  und  für 
kleine  Entfernungen  thun  diese  auch  ihren  Dienst.  Aber  für 
grosse  versagen  sie  wegen  des  grossen  spezifischen  Wider- 
standes, der  früher  zu  0,13  angegeben  worden  ist.  Sie  ver- 
sagen aber  umso  mehr,  als  die  Sprechströme  nicht  einmal  in 
der  Lage  sind,  den  ganzen  Querschnitt  des  Eisendrahtes  zur 
Leitung  auszunutzen.  Bei  Wechselströmen  hoher  Perioden- 
zahlen drängen  sich  die  einzelnen  sonst  nebeneinander  her- 
laufenden Stromfäden  durch  die  Selbstinduktion  gegenseitig  aus 
dem  Innern  des  Drahtes  nach  der  Oberfläche  hin,  und 
zwar  nimmt  diese  technisch  lastige  Erscheinung  mit  der 
Periodenzahl  des  Stromes  und  dem  Quadrat  der  Dicke  des 
Leiters  zu.  Es  kann  schliesslich  so  weit  kommen,  dass  der 
Wechselstrom  gar  nicht  mehr  in  das  Innere  des  Leiters  ein- 
dringt, den  Cylinder  des  Drahtes  zur  Leitung  benutzt,  sondern 
in  einer  gewissen  Ähnlichkeit  mit  statischer  Elektricität  nur 
die  alleräusserste  Oberflächenschicht  benutzt ,  den  Leiter 
gleichsam  mit  einer  elektrischen  Haut  umkleidet.  Die  Erscheinung 
hat  daher  den  Namen  Hauteffekt  bekommen.  Natürlich  ist 
das  Leitvermögen  des  Drahtes  dadurch,  dass  sein  massives 
Innere  zur  Leitung  wenig  benutzt  wird,  ausserordentlich  ver- 
ringert. Wenn  der  Draht  thatsächlich  auch  seinen  vollen  Quer- 
schnitt behält,  so  macht  ihn  der  Hauteffekt  für  die  Leitung  der 


DigitizsdbvGOOgle 


Die  telephonische  Obertragpimg.  463 

Sprechströme  gleichsam  zu  einer  Rohre.  Nur  die  äussere 
Schicht  des  Leitungsmaterials  wird  ausgenutzt.  Der  Wider- 
stand des  Drahtes  gegen  Sprechströme  ist  dadurch  natürlich 
sehr  viel  grösser,  als  gegen  Gleichstrom.  Nach  dem  eben  an- 
geführten Gesetz  ist  das  in  umso  höherem  Grade  der  Fall, 
je  mehr  man  etwa  die  Vergrösserung  des  Widerstandes  durch 
eine  solche  des  Querschnittes  auszugleichen  suchte.  Nun  ist 
allerdings  für  ein  unmagnetisches  Leitungsmaterial  der  Haut- 
efFekt  und  die  von  ihm  bewirkte  Widerstandsvergrösserung 
nur  klein.  Im  allerstärksten  Falle  macht  sie  für  einen  Telephon- 
strom wenige  Prozent,  meist  sehr  viel  weniger  aus.  Aber  gerade 
bei  Eisen  mit  seiner  grossen  Permeabilität  ^t  man  wesentlich 
schlimmer  daran.  Zusammen  mit  dem  hohen  spezifischen  Wider- 
stände') schliesst  deshalb  der  Hauteffekt  das  Eisen  als 
telephonisches  Leitungsmaterial  für  alle  grösseren  Entfernungen 
aus.  Er  thut  das  umso  mehr,  als,  wie  gesagt,  die  Widerstands- 
wirkung auf  Ströme  niedrigerer  Periodenzahl  geringer  ist,  als 
auf  solche  höherer.  Der  Hauteffekt  begünstigt  die  Ströme,  die 
den  tieferen  Tönen  entsprechen.  Er  hat  das  Bestreben,  die 
Klangfarbe  der  übermittelten  Sprache  in  eine  tiefere  Lage  zu 
verschieben,  was  mit  wachsender  Länge  des  Eisendrahtes  zu 
einer  Verzerrung  der  Sprache  führen  muss. 

Nun  ist  för  freigespannte  Leitungen  neben  der  elektrischen 
Leitfähigkeit  grosse  mechanische  Festigkeit  Bedingung.  Be- 
sonders stark  sind  die  Beanspruchungen  auf  Zug,  denen  eine 
solche  Leitung  unterliegt,  und  andererseits  ist  schon  (S.  32) 
geschildert  worden,  was  das  Reissen  eines  Fernsprechdrahtes 
besonders  in  Städten  für  Unheil  anrichten  kann.  Wenn  also  auch 
das  Kupfer  die  elektrischen  Bedingungen  eines  Fernsprech- 
drahtes vorzüglich  erfüllt,  so  ist  dafür  im  gewöhnlichen  Zustande 
seine  Festigkeit  zu  genng.  Es  muss  hartgezogen  oder  unter 
Zusatz  geringer  Mengen  Silicium  in  SiUciumbronze  verwandelt 
werden.  Rechnen  Sie  die  Festigkeit  des  für  Telegraphen- 
leitungen üblichen  verzinkten  Eisendrahtes  zu  4000,  so  ist  die 
des  Siliciumbronzedrahtes  etwa  7000.  Die  Leitfähigkeit  ist 
freilich  auf  annähernd  ein  Drittel  der  des  reinen  Kupfers  gesunken. 


1)  Der  allerdings  seinerseits   den  Hauteffekt  verkleinert. 


D,„i,.,db,Google 


464  ^'^  telephonische  Übertragung. 

Statt  zu  legieren,  kann  man  für  höhere  Festigkeiten  lieber 
zwei  verschiedene  Materialien  mit  einander  zu  einem  Draht 
vereinigen.  Umgiebt  man  zum  Beispiel  eine  Seele  aus  Alu- 
miniumbronze  mit  einem  Kupfermantel,  so  ist  die  Festigkeit  des 
gesamten  Drahtes  noch  etwas  höher  als  die  der  Silizlumbronze, 
etwa  7600,  und  trotzdem  hält  sich  die  Leitfähigkeit  immer  noch 
auf  der  Höhe  von  zwei  Dritteln  des  reinen  Kupfers.  Ein  im 
Prinzip  sehr  glücklicher  Gedanke  lehrte,  wie  man  sich  im 
s.  g.  Compounddraht  die  grosse  Festigkeit  eines  Stahldrahtes 
zu  Nutze  machen  kann,  ohne  dass  der  Hauteffekt  den 
Widerstand  erhöht.  Man  uragiebt  zum  Beispiel  einen  2  mm 
dicken  Stahldraht  mit  einem  Bronzemantel  von  0,5  mm  Wand- 
stärke. Der  Hauteffekt  drückt  die  Sprechströme  aus  der  Stahl- 
seele in  den  Mantel,  wo  sie  die  gut  leitende  Bronze  vorfinden. 
Doch  scheinen  einer  allgemeinen  Anwendung  der  Compound- 
drähte  ihre  hohen  Fabrikationskosten  im  Wege  zu  stehen. 

Nachdem  wir  uns  so  über  das  Material  der  Freileitungen 
verständigt  haben ,  verlangt  des  Weiteren  die  naheliegende 
Frage  Beantwortung,  warum  denn  in  der  Fernsprechtechnik 
nicht  ebenso,  wie  in  der  Telegraphie,  die  Erde  als  Rückleitung 
benutzt  wird.  Das  sollte  .  hier  doch  gerade  so  gut ,  wie  dort 
gehen.  Die  Erde  wird  den  telephonischen  Wechselströmen 
keinen  anderen  Widerstand  entgegensetzen,  als  den  telegraphi- 
schen Wellenströmen.  In  der  That  hat  man  auch  telephonisch 
früher  allgemein  die  Erde  als  Rückleitung  benutzt.  Aber 
man  empfand  bald,  dass  die  gegenseitige  Störung  mehrerer  neben 
einander  her  geführter  Fernsprechleitungen,  dass  die  Störung 
durch  in  der  Nähe  geführte  elektrische  Bahnen  mit  ihrem 
fortwährenden  Ein-  und  Ausschalten  die  Verständigung  über 
das  erlaubte  Maass  hinaus  erschwert.  Denn,  wo  Kraftlinien- 
änderung, da  Induktion. 

Stellen  Sie  sich  zwei  neben  einander  an  demselben  Gestänge 
geführte  Drähte  einer  Einfachleitung  vor,  ftlr  die  beide  die  Erde 
die  Rückleitung  bildet.  Wenn  nun  über  den  einen  der  beiden 
Drähte  gesprochen  wird,  so  wirkt  der  das  Gespräch  tragende 
Wechselstrom  auf  den  parallelen  Nachbardraht  indiuierend.  Er 
erzeugt  in  diesem  Nachbardraht  einen  neuen  Strom,  der  ihm 
selbst  zwar  in  jedem  Augenblick  entgegengerichtet  ist,  dessen 
so  entgegengesetzte  Phase    aber  nichts    daran  ändert,    dass  er 


DigitizsdbyGOOgle 


Uie  telephonisclie  Übertragung.  465 

ein  genaues,  nur  etwas  schwächeres  Spiegelbild  des  ursprüng- 
lichen Stromes  vorstellt.  Da  auch  der  zweite  Draht  zwischen 
seinem  Ende  und  Erde  ein  Telephon  enthält,  ist  bei  der  Empfind- 
lichkeit der  Telephone  auch  in  ihm  das  von  dem  induzierenden 
Strom  getragene  Gespräch  sehr  wohl  hörbar.  Das  auf  Draht 
Eins  geführte  Gespräch  wird  von  Telephon  Zwei  ausgeplaudert, 
unbekümmert  darum,  ob  die  Sprechenden  den  berechtigten 
Wunsch  haben,  Ihr  Gespräch  geheim  zu  halten.  Für  den  un- 
freiwilligen Lauscher  ist  —  akustisch  gesprochen  —  das  fremde 
Gesprach  ziemlich  gleichgültig.  Er  hört  es  nur,  solange  er  auf 
Anschluss  wartet.  Nachher  wird  es  von  dem  Gespräch  auf 
dem  eignen  Draht  übertönt.  Dagegen  rufen  die  durch  die 
Schienen  zurückgeleiteten  starken  Anfahrströme  elektrischer 
Bahnwagen  —  durch  Induktion  und  wohl  auch  direkt  —  im 
Telephon  höchst  lästige  pfeifende  Töne  hervor. 

Aus  diesen  Gründen  ist  man  davon  abgekommen,  die  Erde 
telephonisch  als  Leitungsmaterial  zu  benutzen,  und  trotz  der 
damit  verknüpften  hohen  Kosten  von  der  Einzelleitung  zur 
Doppelleitung  oder  Schleifenleitung  übergegangen.  Denn 
auf  einer  Doppelleitung  heben  sich  die  Induktionen  auf.  Nehmen 
Sie  an,  auf  einer  von  Westen  nach  Osten  führenden  Linie 
seien  an  denselben  Gestängen  eine  Einfach-  und  eine  Doppel- 
leitung gespannt.  In  der  Einfachleitung  begänne  eben  ein 
Stromstoss  nach  Westen  zu  fliessen.  Dann  induziert  er  in  jedem 
der  beiden  von  ihm  gleich  weit  entfernten  Doppelleitungs- 
drähten eine  gleich  starke  nach  Osten  gerichtete  Spannung. 
Beide  nach  Osten  drückende  Spannungen  heben  sich  in  der 
Schleife  auf,  besonders  wenn  die  beiden  Drähte  an  den  Gestängen 
öfter  ihren  Platz  miteinander  vertauschen.  Sie  thun  es  allerdings 
nicht,  sobald  ein  Draht  der  Doppelleitung  wesenthch  besser 
isoliert  ist,  als  der  andere.  Dann  wird  der  schlechter  isolierte 
mehr  Strom  in  die  Erde  verlieren,  als  der  aridere.  Von  seiner 
Spannung  geht  mehr  verloren.  Sie  kann  der  des  anderen 
Drahtes  nicht  mehr  das  Gleichgewicht  halten.  Diese  überwiegt, 
und  das  in  die  Doppelleitung  eingeschaltete  Telephon  spricht. 
Andererseits  werden  —  gleiche  Isolation  und  richtige  Leitungs- 
führung vorausgesetzt  —  die  induzierten  Spannungen  erst 
recht  aufgehoben,  wenn  die  Induktion  auch  von  einer  Doppel- 
leitung ausgeht,  also  dasselbe  Gestänge  mehrere  Drahtpaare 


„Coogic 


466  !'<'  tetephonische  Obertragung. 

tragt.     Je   mehr  das  sind,    umso  besser  wird  jede  Induktions- 
störung ausgeschlossen. 

Nehmen  Sie  nun  einmal  an,  es  soll  über  zwei  Apparatsätze 
gesprochen  werden,  von  dem  der  eine  noch  Einfach-,  der  andere 
schon  Doppelleitung  hat  (Fig.  298).  An  den  Enden  links  und 
rechts  liegen  die  beiden  Fernsprecher,  der  linke  dem  durch  die 
zwei  dicken  Punkte  bezeichneten  Amte  näher,  als  der  rechte. 
Sie  sehen  beide  Mal  gestrichelt  den  Mikrophonkreis,  bestehend 
aus  Mikrophon,  Mikrophonbatterie  und  primärer  Wicklung  der 
Induktionsspule  und  ausgezogen  den  Telephonkreis  mit  der 
secundären  Wicklung  und  dem  Telephon  T.  Links  ist  die 
secundäre  Spule  unten  geerdet,  oben  führt  die  Einfachleitung 
zum  Amt.    Rechts  ist  das  Gleiche  mit  der  Doppelleitung  der  Fall. 


Fig.   288.      Verbindung   von   Uoppcl-   und   Einzellcilung. 
a.    direkt,  b.    durch  Dbertrager. 

Nun  würde  der  Unbefangene  die  Verbindung  einfach  so 
machen,  wie  oben  (Fig.  298a)  gezeichnet.  Er  würde  die  Einfach- 
leitung mit  einem  Zweige  der  Doppelleitung  verbinden  und 
beider  andere  Klemmen  an  Erde  legen. 

Aber  die  Erfahrung  hat  gezeigt,  dass  der  Fernsprecherfolg 
einer    solchen    Schaltung    derselbe    ist,     als    ob    nach    beiden 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  lelephonische  Übertragung.  467 

Seiten  nur  Einfachleitung  vorhanden  wäre.  Der  Nutzen  der 
Doppelleitung  z.  B.  gegen  Induktion  von  aussen  verschwindet. 
Es  ist  gerade  so,  als  ob  der  an  Erde  gelegte  von  den  beiden 
Drähten  wesentlich  schlechter  isoliert  wäre.  Man  erhält  sich 
den  Vorteil  der  teilweisen  Doppelleitung,  indem  man  beide 
Telephon  kreise  nicht  zu  einem  verschmilzt,  sondern  sie  mit 
einander  elektromagnetisch  kuppelt,  wie  es  unmittelbar  dar- 
unter (Fig.  298b)  gezeichnet  ist.  Die  eine  (rechte)  Wicklung 
eines  Transformators  mit  dem  Übersetzungsverhältnis  1:1, 
eines  Übertragers,  wird  an  die  Doppelleitung,  die  andere 
an  Erde  und  die  Einfachleitung  gelegt.  Dann  werden  die 
Sprechströme  in  beiden  Richtungen  aus  einem  Telephonkreise 
in  den  andern  übertragen  und  der  Vorteil  der  langen  Doppel- 
leitung bleibt  erhalten.  Abgesehen  davon  gewinnt  der  Über- 
trager für  Fernleitungen  auch  deshalb  besondere  Wichtigkeit, 
weil  er,  wie  das  Relais  in  der  Telegraphie,  die  gesamte  Leitungs- 
länge l  in  zwei  Teile  zerlegt.  Bei  Halbierung  von  l  hat 
bekanntlich  jede  Hälfte  nur  den  vierten  Teil  des  frtlheren  CW. 
Kurz,  die  Vorteile  des  Übertragers  sind  so  gross,  dass  man 
den  mit  ihm  verknüpften  Arbeitsverlust  mit  in  den  Kauf 
nehmen  darf. 

Gleichzeitig  mit  der  Umwandlung  der  Einfach-  in  die 
Doppelleitung  ging  und  geht  in  Berlin  und  anderen  Städten  der 
Ersatz  der  oberirdischen  Fernsprechleitungen  durch  Kabel  vor 
sich.  Dieser  Ersatz  wurde  notwendig,  als  die  Zahl  der  An- 
schlüsse so  ausserordentlich  zunahm  und  besonders  in  der  Gegend 
der  Ämter  die  Dächer  die  Last  der  auf  ihnen  verspannten  Drähte 
nicht  mehr  tragen  wollten.  Die  Kabel  haben  dabei  zwei 
Vorzüge:  Sie  entziehen  den  Leiter  allen  Einflüssen  der 
Witterung,  Die  atmosphärische  Elektricität  kann  auf  ihnen  nicht 
mehr  durch  Entladungen,  die  Niederschlage  nicht  durch  die 
Verschlechterung  der  hier  übrigens  sehr  vollkommenen  Isolation 
den  Betrieb  stören.  Ferner  sind  bei  Kabeln  alle  die  Folgen 
ausgeschlossen,  die  mit  dem  Reissen  eines  Oberleitungsdrahtes 
verknüpft  sein  können.  Dadurch  ersparen  sie  auch  die  Schutz- 
vorrichtungen, die  die  Strassenbahn  sonst  gegen  etwa  herab- 
fallende Fernsprechdrähte  notwendig  hat.  Das  sind  dicht  unter 
diesen  ausgespannte  geerdete  Schutznetze.  Das  sind  namentlich 
jene   Oberaus  hässlichen  Holzleisten,    die    dem  Fahrdraht    auf- 

30* 


DigitizsdbyGOOgle 


468  '^'^  telephonische  L'bertrHgung. 

geklemmt  werden,  und  die  viel  mehr,  als  dieser  aüein,  die  Städte 
verunzieren.  Mittelbar  thut  das  demnach  die  Fernsprech Ober- 
leitung auch.  Aber  niemand  wird  ein  Städtebild,  das  die  Bahn- 
oberleitung ertragen  muss,  von  den  dünnen,  meist  in  luftiger 
Höhe  gespannten  Fernsprechdrähten  selbst  verdorben  finden. 
Ruft  doch  in  ihnen  sogar  öfters  die  Sonne  prächtige  Farben- 
spiele hervor. 

Dafür  haben  für  das  Fernsprechen  die  Kabel  gegenüber 
der  Oberleitung  einen  empfindlichen  Nachteil:  die  grosse 
Capacitat.  Sie  werden  gleich  sehen,  warum  grosse  Capacität 
der  Leitung  für  die  Verständigung  auf  ihr  tOtlich  ist  und  man 
für  telephonische  Fernleitungen  von  vornherein  auf  Kabel 
verzichten  muss.  Denn  bekanntlich  ist  die  Capacität  der  Länge 
und  das  auch  hier  in  Betracht  kommende  Produkt  aus  Capacität  C 
und  Widerstand  W  sogar  dem  Quadrat  der  Länge  proportional. 
Ferner  (s,  S.  106)  hängt  die  Capacitat  eines  Condensators, 
mithin  auch  eines  Kabels  von  d,  der  Dielektricitätsconstante  der 
isolierenden  Materialien  ab.  Ein  Condensator  mit  dem  Dielektri- 
kum D  hat  eine  d  mal  so  grosse  Capacität  Cu,  als  der  con- 
gruente  Luftcondensator: 

C„  =  d  .  C. 

Soll  Gl)  verkleinert  werden,  muss  man  sich  demnach  an  die 
Grösse  von  ä  halten.  Die  Ihnen  bis  jetzt  als  Kabeldielektrika 
bekannten  Stoffe  haben  ein  d  von  nicht  unter  Drei. 

Die  heutigen  Fernsprechkabel  (Fig.  299)  umhüllen 
deshalb  ihre  Kupferleiter  mit  einem  Spiralbande  aus  Manila- 
papier, ähnlich,  wie  es  für  Cigaretten  gebraucht  wird.  Das 
Papier  hat  schon  d  =  1,5.  Das  Papier  bewahrt  allerdings 
die  Leiter  vor  gegenseitiger  Berührung.  Es  isoliert  sie. 
Aber  der  grösste  Teil  des  Raumes  zwischen  ihnen  wird  von 
Luft  eingenommen.  Das  eigentliche  Dielektrikum  des  Kabels, 
als  Condensator  betrachtet,  ist  mehr  Luft  als  Papier,  und  seine 
Capacität  ist  demnach  so  klein,  als  die  eines  Kabels  nur  sein 
kann.  Die  Capacität  eines  Telegraphenkabels  wurde  pro  Kilo- 
meter eines  Leiters  zu  0,25  MF  angegeben.  Für  Fernsprech- 
papierkabel  sinkt  sie  auf  etwa  0,06  MF  herab.  Dass  sie  immer 
noch  sehr  viel  grösser  ist,  als  die  eines  ebenfalls  mit  Luft  um- 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  telephonische  Obertragung.  469 

gebenen  Oberleitungsdrahtes,  nimmt  Sie  nicht  Wunder.  Beim 
Kabel  sind  die  Entfernungen  von  einem  Leiter  zum  anderen  und 
bis  zur  leitenden  Umgebung  (Mantel)  natürlich  sehr  viel  kürzer, 


Fig.  299.      Papierkabel. 

als  bei  der  Oberleitung.  Demnach  sind  die  Schichten  des 
Dielektrikums,  durch  die  hindurch  bei  der  Ladung  elektrische 
Kraftlinien  gespannt  werden,  beim  Kabel,  wie  aus  dem  Quer- 
schnitt   (Fig.  300)    zu  ersehen,    sehr  viel  dünner.     Die    kurzen 


DigitizsdbvGOOgle 


470 


Die  lelephonische  Übertragung. 


Kraftlinien  werden  von  der  gleichen  Batteriespannung  entsprechend 
straffer  gespannt,  als  die  langen.  Das  heisst  es  werden  mehr 
Coulomb  eingeladen. 

Die  Papieradern  werden  erst  zu  Paaren,  dann  alle  mit- 
einander verseilt,  wodurch  die  Aufhebung  der  gegenseitigen 
Induktion  gesichert  und  die  Zugfestigkeit  vermehrt  wird.  Dann 
werden  sie  getrocknet  und  mit  einem  Bleimantel  umpresst.  Die 
grauen  Kabel,  die  nur  noch  zu  prüfen  sind  und  dann  ohne 
Weiteres  in  Cementkanäle  eingezogen  werden  können,  fordern 
nach  Farbe  und  Form  zu  dem  vulgären  Vergleiche  mit  über- 
langen Leberwürsten  heraus. 

Der  Grund,  der  eine  grosse  Capacität  telephonisch  von 
so  sehr  viel  grösserem  Nachteil  sein  lässt,  als  telegraphisch,  ist 
einfach  genug.  Auch  jetzt  werden  die  die  Nachricht  über- 
mittelnden Coulomb,  die  durch  das  Kabel  bis  zu  seinem  Ende 
hindurchgehen  sollen,  unterwegs  von  seiner  CapScitat  fest- 
gehalten. Aber  jetzt  ist  die  Störung  schlimmer,  weil  die  rasch 
schwingenden  Sprechströme  so  sehr  viel  weniger  Zeit  haben, 
sich  dieser  Capacitat  zu  erwehren,  sich  durch  das  Kabel 
hindurchzuarbeiten,  als  die  verhältnismässig  langsam  verlaufenden 
Telegraphierströme.  Es  war  deshalb  nicht  übertrieben ,  wenn 
die  grosse  Capacitat  einer  Fernsprechleitung  für  die  Verständigung 
auf  ihr  tötlich  genannt  wurde. 

Hier  das  Diagramm  (Fig.  301)  giebt  mit  seiner  unleren 
Kurve  an,  wieviel   bei  einer  Versuchsreihe  von  einem  jedesmal 


- 

" 

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"fiadfliä^ff'-  {mn  täücHlHta^^J 


Fig.  301.     Die  Ampti'tude  eines  Wechsel siromes  auf  dem  Wege  dnrcli  ein  Papierkabel 
mit  und  ohne  Pupinspulen,     Nach  Dolezalek  und  Ebeling. 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  telephonischc  Dbertragung. 


471 


am  Kabelanfang  gleichen  Wechselstrom  für  verschiedene  Längen 
eines  Papierkabels  bis  zum  Ende  durchgekommen  ist.  Der  Strom 
hat  die  Periodenzahl  400,  entspricht  also  einem  etwas  tieferen 
Tone,  als  das  Kammer-a,  Die  Kurve  zeigt,  dass  der  Strom 
schon  nach  10  km  der  im  selben  Kabel  verlaufenden  Hin-  plus 
Rückleitung  auf  die  Hälfte,  nach  30  km  auf  den  vierten  Teil 
gesunken  ist.  Nun  war  schon  davon  die  Rede,  dass  bei  der 
grossen  Empfindlichkeit  der  Telephone  die  Abnahme  der  Strom- 
amplitude an  sich  nicht  so  viel  bedeutet,  wenn  nur  die  Ströme 
verschiedener  Periodenzahlen  gleichmässig  geschwächt  werden. 
Überlegen  Sie,  ob  das  wohl  der  Fall  sein  kann.  Das  Produkt  CW, 
Capacität  mal  Widerstand,  einer  Leitung  lernten  Sie  als  Maass 
für  die  erreichbare  Telegraphiergeschwindigkeit  kennen.  Schneller 
gegebene  Zeichen  kommen  mit  so  stark  verkleinerter  Amplitude 
an,  dass  sie  nicht  mehr  entziffert  werden  können.  In  derselben 
Leitung  werden  mithin  Berg  und  Tal  der  Telegraphierwelle  um- 
so mehr  abgeflacht,  je  schneller  sie  verläuft,  je  kleiner  ihr  T,  je 
grösser    ihr   n   ist.     Ins    Telephonische    übersetzt,    heisst    das: 


^      4»v  «Ml    4«»  4M»  «MF  r^  ^7   lfm   »fi  >^  ^'jff.Mymkm 

— Tjr 

Fig.  302.     Halbierendes  CW  in  Abhängigkeit  von  der  Schwingungszahl  n. 


D,„i,.,db,Google 


472  Di*  telephoniache  Übertragung. 

Ähnlich,  wie  durch  den  Hauteffekt  des  Eisendrahtes,  werden 
durch  die  Capacität  aller  Leiter  die  Sprechströme  höherer 
Periodenzahlen  stärker  geschwächt,  als  die  niedriger.  Die  hohen 
Töne  kommen  nicht  so  weit  durch  das  Kabel  hindurch,  als  die 
tiefen,  und  zwar  steigt  der  Unterschied  mit  dem  CW  des  Kabels. 
Diese  Kurve  (Fig.  302)  giebt  bei  einem  bestimmten  Kabel  für 
verschiedene  Periodenzahlen  n  die  Werte  des  Produktes  CW 
an,  die  ausreichen,  um  die  Amplitude  der  Sprechströme  auf  die 
Hälfte  zu  verkleinern.  Sie  sind  gewiss  über  die  Kleinheit  der 
Werte  von  CW  verwundert,  die  hier  in  Frage  kommen.  In  der 
Telegraphie  wurden  galvanometrische  Empfänger  nötig,  als  das 
Produkt  CW  {MF  .Megohm)  anfing,  nach  ganzen  Zahlen  zu 
rechnen.  Hier  handelt  es  sich  nur  um  Tausendstel.  Der  Sprech- 
strom der  Periodenzahl  100  wird  bei  CW=0fi\l8,  der  ftir 
1000  bei  0.00118  und  der  für  2000  gar  schon  bei  0,0006 
MF .  Megohm  halbiert.  Man  kann  sich  vorstellen,  dass  der 
Stärkenunterschied  der  verschiedenen  Tonlagen  schon  bei  einem 
ausserordentlich  kleinen  Werte  von  CW  —  als  Erfahrungszahl 
wird  dafür  0,015  angegeben  —  nicht  mehr  erträglich  ist.  Ober- 
halb 0,012  wird  die  Sprache  so  verzerrt  wiedergegeben,  dass 
die  Verständigung  aufhört. 

Bis  vor  kurzem  war  man  dagegen  machtlos.  Ausser  der 
Verwendung  der  Luft-isolierten  Kabel  zur  Verminderung  der 
Capacität  blieb  nur  das  Mittel,  längere  Telephonleitungen  ober- 
irdisch zu  führen.  Mehr  und  mehr  brach  sich  aber  der  Gedanke 
Bahn  und  bekam  durch  Professor  Pupin  von  der  Columbia- 
Universität  in  NewYork  scharfen  theoretischen  Ausdruck,  wie 
in  der  Telegraphie,  so  auch  hier  die  schädliche  Capacität  durch 
künstliche  Selbstinduktion  zu  bekämpfen.  Sie  erinnern  sich  des 
in  den  Primärkreis  des  RuhmkorfT  eingeschalteten  Condensators, 
der  den  Selbstinduktionsstoss  beim  Öffnen  in  sich  aufnimmt,  den 
beim  Schliessen  durch  die  aufgespeicherte  Ladung  bricht.  (Vgl. 
S.  79  Fussnote.)  Sie  erinnern  sich  ferner,  wie  den  Telegraphen- 
kabeln, an  die  Enden  oder  auch  unterwegs  Inductanzrollen  an- 
gelegt werden,  deren  Selbstinduktion  auf  die  Kabelcapacität 
abgestimmt  ist.  Ebenso  kann  man  in  der  Telephonie  aus  der 
Selbstinduktion  den  grössten  Nutzen  ziehen,  wenn  man  die  sie 
tragenden  Spulen  unterwegs  der  Kabeiseele  einfügt.  Für  den 
Erfolg  ist  es  dabei  notwendig,    die   über  die  ganze  Kabellänge 


DigitizsdbyGOO'^le 


Die  trlcphonische  Übertragt! 

einheitlich  verteilte  Capacität  mit  ebenfa 
Selbstinduktion  zu  bekämpfen.')  So  erhi 
auf  der  Strecke  Berlin  ^Potsdam  das  l 
bei  jeder  zweiten  Muffe.*),    das  heJsst    in 


Fig.  303.     Kabelmuffe. 

jedes  Mal  1300  m  angelegt.  Hier  die  Abi 
wie  vierzehn  Doppeladern  des  Kabels  durcl 
und  vierzehn  Doppelspulen  in  sich  einges 
Fernsprechleistung  der  Kabelseele 
auf  die  einer  Oberleitung  von  vieri 
also  ausserordentlich  erhöht.  In  d 
(Fig.  301)  giebt  die  obere  Kurve  die  Grö; 
für  verschiedene  Längen  des  jetzt  mit  Puf 
Kabels  an.  Die  Schwächung  ist  wese 
halbe  Stromstärke  wird  erst  bei  45  km,  i 
90  km  erreicht.  Die  Pupinspulen  verg; 
Kabellängen,  über  die  gesprochen  vverd' 


>|   Eine  wiasensrhaftlidierc   Krkbn 

ung    ist   u.  a.    U 

Stellung  enthalten,    welclie   1..   Kellslab 

nber   die   Piipins 

schlickenden    Arbeiten     (wie     die    von 

Brcisie    und    D 

Physikalisehen   Zeilschrift   IV.   S.   211, 

1902  verftffentlit 

=1  Kabelmuffen    (Fig    303>    dienen 

lum    Aneinandt 

oder,   entsprechend   gebaut,   iiir  Vcriwi 

Jigung  der  Kabc 

D,„i,.,db,Google 


474  I*i^  tel epiionische  Obertragung. 

auch  wohl  für  Oberleitungen  (Fig.  305)  in  Frage,  bei  denen  sie 
die  Verständigung  verbessern    oder  Leitungsmaterial    ersparen. 


Fig.  304,      Pupinspiilen.      Nach   Dolei 


Aber  ihre  Hauptbedeutung  behalten  sie  für  Kabel,  und  es  ist 
zu  hoffen,  dass  sich  mit  ihrer  Hilfe  eine  Unterseetelephonie 
über  weite  Entfernungen  ermöglichen  lassen  wird. 


Fig.  305,     Pupinspule  filr  Oberleitung,      Nach  Dolezatek  und  Ebebng. 


D,„i,.,db,Google 


Di«  FernsprechgchBuse  und  die  in  ihne 


22.  Vorlesung. 

Die  Fernsprechgehäuse  und 
die  in  ihnen  vereinigten  Apparate. 

Technische  Formen  von  Telephon  und  Mikrophon, 

Üie  Hiirsapparate  zu  Sidierung,  Anruf  und  Umschaltung. 

Wichtige  Cehiiisefornien  und  ihr  Stromlaur.   —   Der  Automat. 

Lassen  Sie  uns  heute  zuerst  die  verschiedenen  Formen  von 
Telephon  und  Mikrophon  betrachten,  wie  sie  jetzt  die  Technik 
baut.  Sie  haben  schon  bemerkt,  dass  der  zuerst  verwandte 
leichte  Stabmagnet  des  Telephons  —  übrigens  nach  Werner 
Siemens'  Vorschlage,  -~  einem  kräftigen  Hufeisenmagnet  Platz 
gemacht  hat.  Es  leuchtet  ein,  dass  der  an  sich  stärkere  Magnet 
überdies  umso  mehr  Kraftlinien  erzeugen  wird,  als  diese  nur 
über  eine  zweimalige  sehr  kleine  Luftbrücke  zu  gehen  haben 
und  dadurch  der  magnetische  Widerstand  gegen  früher  stark 
verkleinert  ist. 

Das  Telephon  (Fig.  285  auf  S.  436),  das  neulich  bei  dem 
Dreiklang-Versuch  in  Benutzung  war,  ist  das  alte  Muster  der 
Reichspost,  das  vor  kaum  fünfundzwanzig  Jahren  —  damals 
übrigens  ebenso,  wie  als  Empfänger,  auch  als  Geber  dienend  — 
unserm  überraschten')  Ohr  das  erste  Ferngespräch  vermittelte. 

■l  Unsere  schnetllebige  Zeil  weiss  freilich  jelct,  wo  sich  in  Berlin  W.  schon 
die  Schuljungen  Ober  die  Resultate  ihrer  Hausaufgaben  teiephonisch  verstand  Igen. 
nichts  mehr  von  jener  Obcrraschung.  Ich  mOchte  Ihnen  deshalb  einen  Bericht  vor. 
lesen,  den  Heinrich  Stephan  am  9.  November  ie'7'7  Ober  das  damals  neue 
Telephon  an  den  Fürsten  Bismarck  gerichtet  hat.  Die  Reichskanzlei  hat  die 
Gate  gehabt,  mir  die  Quelle  dafOr  mitiuteilen. 

Mit  der  höflichen  Einleitung:  .Ew.  Durchlaucht  ist  bekannt'  seCit  Stephan  dem 
FQnten  Bismarck  einige  elektrische  Grund thatsachen  auseinander  und  fahrt  dann  fort: 

und  gegenwärtig  haben  diese  Forschungsergebnisse  im  Verein  mit  den  schon 

langer  bekannten  Lehrsftlien  der  Akustik  lu  der  Erfindung  des  Telephons  grfnhrt, 
welcher  nach  meiner  Obeneugung  noch  eine  grosse  Zukunt)  im  Bereich  des  mensch. 
liehen  Verkehrs   bevorsteht [n  der   letzten  Woche   des  Oktober  begannen 


DigitizsdbyGOOgle 


476  !*'<  Fernsprechgchfiuse  und  die  in  ihnen  vereinigten  Appar«le. 

Der  grosse  Magnet  macht  das  Instrument  ungefähr  ein  Kilogramm 
schwer.  Dazu  muss  man  beim  Gebrauch  die  haltende  Hand 
bis  in  die  Höhe  des  Ohres  heben,  so  dass  einem  bald  der  Arm 
lahm  wird.  Die  Englander  zum  Beispiel  haben  sich  damit 
begnügt,  einen  leichteren  Hufeisenmagneten  zu  verwenden 
(Fig.  305).  Die  Hand  muss  man  beim  Hören  mit  ihrem  Telephon 
noch  bis  zur  Höhe  des  Ohres  aufheben. 

hier  die  Versuche,  zuerst  zwischen  meinem  Centralbureau  in  der  Leipziger  Strasse  und 
dem  General-Telegraphenamt  in  der  Fra mos i sehen  Strasse.  Da  dieselben  durchaus 
befriedigend  ausfielen,  so  wurde  ein  Beamter  mit  dem  Instrument  zunächst  zum  Postamt 

mündliche  Verständigung  ergab,  ao  erfolgte  noch  an  demselben  Tage  die  Entsendung 
nach  Potsdam.  Auch  mit  Potsdam  war  die  Verständigung  vollkammen.  Mftnner. 
Frauen,  Kinder,  welche  wir  sprechen  Hessen,  verslanden  sofort  und  beantworteten 
die  gegenseitigen  Fragen.  Gesungene  Lieder,  gespielte  Instrumente  wurden  deutlich 
vernommen,  und  Bekannte  und  Verwandte  erkannten  sich  an  dem  individuellen 
Charakter  der  Stimme. 

Am  nächsten  Tage  wurden  Beamte  und  Instrumente  nach  Brandenburg  an  der 
Havel  entsendet.  Aueli  an  diesem  Ort  (61,3  km)  war  die  Verständigung  mit  Berlin 
noch  möglich,  obwohl  die  Stimme  etwas  forciert  werden  musste.  Der  Versuch  mit 
Magdeburg  ergab  noch  Töne,  aber  keine  Laute  mehr,  folglich  keine  Verständigung. 
Dies  beweist  indes  nicht,  dass  die  Verwendung  der  Erfindung  auch  für  weitere 
Entfernungen  ausgeschlossen  sei,  da  dieselbe  noch  in  der  Kindheit  liegt,  und  man 
jedenfalls  sehr  bald  potentere  Instrumente  wird  herstellen  können.  Das  jetzige  gleicht 
an  Form  und  Grösse  etwa  einem  mittelgrossen  Fliegen  schwamm.  (Die  Versuchs, 
apparatc  hatten  sehr  grosse  Schallbecher  und  -platten.)  An  den  Stiel  fasst  man  an, 
und  spricht  da,  wo  die  rote  FlSche  ist,  und  ebendaselbst  hört  man  auch.  Es  ist 
kaum  etwas  Einlachcrcs  zu  denken. 

Wir  haben  sofort  die  praktische  Verwendung  ausgeführt;  seit  einigen  Tagen 
ist  zwischen  dem  Geneial-Telegraphenamtsdirektor  und  mit  ein  Telephon  in  dienst- 
lichem Gebrauch.  Wir  verkehren  mittelst  desselben  mQndlich  unmittelbar  von  der 
Leipziger  bis  zur  Französischen  Strasse  auf  einer  2  km  langen  Drahtleitung,  machen 
imsere  Hocksprachen  auf  diese  Weise  ab,  und  ersparen  Akten,  Sekretäre  und 
Kanileidiener. 

Weiter  ist  die  Absicht,  Telephone  auf  allen  denjenigen  Postorten  aufzustellen, 
an  welchen  sich  noch  keine  Telegraphen- Anstalten  befinden,  um  von  dort  die  auf- 
gegebenen Depeschen  an  die  nächste  Telegraph enstation  hinOberrufen  lu  lassen, 
während  bisher  stets  ein  Bote  geschickt  werden  musste-  Wenn  diese  Maassregel, 
welche  schon  in  den  nächsten  Tagen  um  Berlin  und  um  Potsdam  ins  Werk  gesetzt 
werden  soll,  gelingt,  dann  worden  wir,  da  die  Kosten  sehr  gering  sind,  die  Zahl  der 
Rcichs-Telegraphenämtcr  ganz  erheblich  vermehren  können. 

Bei  dem  Interesse,  welches  die  Erfindung  dir  das  Verkehrswesen  des  Keiches 
darbietet,  möchte  es  vielleicht  genehm  sein,  mir  lu  gestatten,  einen  Beamten  mit  dem 
Instrument  nach  Varzin  lu  entsenden,  um  in  Ew.  Durchlaucht  Gegenwart  Proben 
seiner  Leisiungsiahigkett  abzulegen Stephan. 


D,„i,.,db,Google 


Die  Fernsprechgehause 


477 


Bei  uns  hat  man  auch  immer  leichtere  Hufeisenmagnete 
gebaut  und  ausserdem  die  Polschuhe  im  rechten  Winkel  gebogen 
(Fig.  306  und  307).  Die  Kraftlinien  werden  dadurch  um  die 
Ecke  geführt  und  die  Schallplatte  steht  zu  den  Magnetschenkeln 


Fig.  305.     Englisches  Telephon.     Nach  Crolch. 

nicht  mehr  senkrecht,  sondern  läuft  ihnen  parallel.     Die  Hand 
hält  mithin  diese  Schenkel  der  Ohrmuschel  parallel,  und  von  der 
Höhe,  bis  zu  der  man  sie  aufheben  muss,  geht  fast  die  ganze 
Länge  des  Magneten  ab,  ähnlich 
wie  man  neuerdings  den  Opern- 
gläsern der  Damen  zum  leichteren 
Halten     einen     vertikalen    Stiel 
angeschraubt  hat. 

Die  Leiter,  auf  denen  den 
Telephonen  Strom  zugeführt 
wird,  pflegen  alsLeitungsschnüre 
ausgebildet  zu  werden.  Das 
heisst ,  sie  enthalten ,  um  die 
Beweglichkeit  des  Telephons 
nicht  zu  beengen,  noch  unter  den 
Bewegungen  selbst  zu  leiden, 
nicht  massiven  Kupferdraht, 
sondern  Litze  aus  schmalem  und  ^'S-  3oe.  Flg.  307. 

dünn  ausgewalztem  Kupferband,     '^""'  '^""»^''"  Telephone  (hangendi. 
5.  g.  Lahn.    Diese  Lahnlitze  wird 

mit  Baumwolle  erst  umsponnen  und  dann  zweimal  umklöppelt. 
Bei  dem  neueren  unserer  PostmodeJle  (aus  dem  Jahre  1893, 
Fig.  307)  tritt  dazu  die  Leitungsschnur  nicht  wie  früher  oben, 
sondern  schon  unten  beim  Magnetjoche  in  die  Schutzhülse  des 


DigitizsdbvGOOgle 


478 


Die  Fernsprcchgchluse 


vereinigten  Apparate. 


Telephons  ein  und  hangt  deshalb  beim  Hören  direkt  herunter, 
ohne  Knick  und  ohne  zu  stören.  Auch  ist  der  Aufhängehaken 
dem  Telephon  oben  angeschraubt,  damit  man  es  so,  wie  es 
während  der  Nichtbenutzung  hängt  (Fig.  307),  ohne  es  erst 
umzudrehen,  ans  Ohr  halten  kann. 

Das  Telephon  von  d'Arsonval  (Fig.  308)  verdankt  seinen 
eigenartigen  Bau  dem  Bestreben ,  die  Kraftlinien  über  einen 
grösseren  Teil  der  Schallplatte  möglichst  gleichmässig  zu  ver- 
teilen. Denn,  wenn  die  ganze 
Platte  magnetisch  in  Schwingungen 
versetzt  wird,  ist  die  Tonerzeugung 
natürlich  vollkommener,  als  wenn 
dabei  aktiv  nur  ein  beschränkter 
Bezirk  beteihgt  ist.  D'Arsonval 
kommt  dem  Ideal  einer  gleich- 
massigen  Magnetisierung  der  ganzen 
Schallplatte  dadurch  nahe,  dass  er 
den  einen  der  beiden  Polschuhe 
unter  ihre  Mitte  setzt  und  ihn  von 
dem  anderen,  der  zum  ringförmigen 
Mantel  ausgebildet  ist,  umgeben 
lässt.  Das  ist  durch  Verwendung 
eines  hinkenden  Elektromagneten 
ermöglicht.  Nur  der  Polschuh  in 
der  Mitte  trägt  eine  Spule,  der 
Schnitt  gezeichnet)  —  selbst  ohne  Spule 
Der    zum    kräftigen  Ring 


Fig.  308. 
D'Arsonvalschea  Telephon 


andere  (in  Fig.  i 

—  umgiebt    sie    eben    concentrisch, 

ausgebildete  Dauermagnet  dient  der  Hand  zum  Halten, 

Es  bleibt  uns  noch  die  Besprechung  der  Kapseltelephone, 
von  denen  Sie  das  von  Gower  hier  im  Lichtbilde  (Fig.  3091 
vor  sich  sehen.  Ausserlich  fällt  am  meisten  an  ihm  auf,  dass 
der  Schalltrichter  durch  einen  langen,  als  Hörrohr  dienenden 
elastischen  Schlauch  ersetzt  ist.  Nur  dessen  Ende,  nicht  das 
Telephon  selbst,  wird  ans  Ohr  gehalten.  Sodann  ist  das  Telephon 
sehr  viel  kleiner,  als  die  Ihnen  bis  jetzt  hier  gezeigten.  Der 
Magnet  ist  zu  einem  schmächtigen,  steigbügelartigen  Halbring 
zusammengeschrumpft,  sodass  er  in  eine  kleine  Messingkapsel 
hineinpasst.  Wenn  ein  solches  Kapseltelephon,  wie  es  that- 
sächlich  der  Fall  ist,  befriedigend  arbeitet,  muss  das  Bedürfnis 


DigitizsdbvGOOgle 


Die  Femspreehgehäiise  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  479 

nach  jenen  mächtigen,  zugleich  schweren,  umfangreichen  und 
teuren  Magneten  nicht  dringend  sein,  Man  kommt  mit  kleinen, 
kräftigen  Magneten  telephonisch  ebenfalls  aus. 

Deshalb  hat  auch  die  Reichs- 
post    ein     Kapseltelephon     an- 
genommen (Fig.  310  auf  Tafel  III). 
Es  wiegt  nur  455  g.    Wenn  man 
dem  den  Holzring  vorn,  der  wie 
üblich  gleich  zum  Schalltrichter 
ausgearbeitet  ist,  abschraubt  und 
die    Schallplatte    fortnimmt ,    so 
sieht   man  (Fig.  310b)  auf  dem 
Boden  der  Kapsel  zwei  Halbring- 
magnete von  der  Art  des  Gower- 
schen  befestigt.     Natürlich  sind 
sie  so  eingesetzt,  dass  die  benach- 
barten Pole  magnetisch  gleiches 
Vorzeichen  haben.     Im  anderen 
Falle  würden  die  Kraftlinien  von 
einem  Pol  zum  anderen  hinüber- 
gezogen (vgl.  Fig.  39    auf  S.  56)    und   geradezu  aus  den  Pol- 
schuhen,   in    die   sie    hineingehören,    abgesaugt  werden.     Jetzt 
hingegen  sträuben  sich  —  rechts  sowohl  wie  links  —  die  über- 
einander   befestigten    gleichnamigen  Pole   gegen    die    aus  dem 
Nachbarn    austretenden    Kraftlinien.     Auf  jeder  Seite    drücken 
sich  beide  Bündel    gegenseitig    in    die    verlangte  Bahn:    durch 
Polschuhe  und  Schallplatte  (Figur  310d}. 

Dass  die  Polschuhe  hier,  wie  an  den  übrigen  Posttelephonen, 
breit  ausgebildet  sind,  hat  den  Ihnen  von  dem  d'Arsonvalschen 
her  bekannten  Zweck  einer  gleichmässigen  Magnetisierung  eines 
grösseren  Teiles  der  Schallplatte.  Die  Kraftlinien  verteilen  sich 
so  über  ein  abgerundetes  Rechteck  von  etwa  17  mm .  12  mm 
Inhalt.  Wenn  das  auch  etwa  nur  der  zehnte  Teil  der  Schall- 
platte ist,  so  liegt  es  doch  in  ihrem  für  die  Schwingungen 
hauptsächlich  in  Betracht  kommenden  mittleren  Teile.  Denn 
je  mehr  man  sich  dem  festgeklemmten  und  folglich  einen 
Schwingungsknoten  bildenden  Rande  nähert,  umsoweniger 
können  sich  die  Plattenpunkte  bei  der  Schwingung  aus  ihrer 
Ruhelage  entfernen.    Natürlich  sind  die  Polschuhe  aus  magnetisch 


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480  ^'^  Fernsprechgehause  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate. 

weichem  Eisen  gemacht  und  gewöhnlich  unterteilt.  Da  die 
Wirbelströme  den  Spulen  Windungen  parallel  laufen,  ist  die 
Unterteilung  so  weit,  als  auf  einfache  Weise  möglich,  zu  diesen 
senkrecht  zu  machen.  Daher  diese  zinken-  oder  kammartigen 
Polschuhe.  Deren  Breite  erlaubt  auch  nicht,  kreisrunde  Spulen 
zu  verwenden,  sondern  zwingt  zu  elliptischer  Form,  trotzdem 
so  die  gleiche  Windungszahl  einen  längeren  Draht  verlangt, 
also  sowohl  mit  einer  grösseren  Ausgabe,  wie  einer  Widerstands- 
erhöhung verknüpft  ist. 

Zur  Handhabung  ist  dem  Kapsel  telephon  ein  Holz  griff 
angeschraubt,  der  In  sich  gleich  die  Leitungsschnüre  (aber 
natürlich  kein  magnetisches  Material)  enthält.  Der  lange  Griff 
bringt  die  schon  bei  beiden  früheren  Telephonen  der  Reichspost 
angedeutete  Löffelform  fast  noch  mehr  zum  Ausdruck,  und  mar 
muss  dem  volkstümlichen  Namen  Ho r c hl ö f fei  zugestehen, 
dass  er  Verwendungszweck  und  Form  treffend  bezeichnet. 
Nebenbei  sei  noch  bemerkt,  dass  die  Telephone  gewöhnlich 
eine  einfache  Einrichtung  erhalten,  um  durch  Drehen  einer 
Schraube  (in  den  Fig.  285  und  310c  sichtbar)  die  Grösse  der 
Luftbrücke  zwischen  Schallplatte  und  Polschuhe  nach  Wunsch 
zu  verändern.  Dadurch  können  sie  auf  grössere  oder  geringere 
Empfindlichkeit  eingestellt  werden. 


Fig.  311.      FranzOsiBches  Walzcnmikrophon.      Nach    Montillol. 

Von  den  Telephonen  wenden  wir  uns  nun  zu  den 
Mikrophonen,  wie  sie  die  fortschreitende  Technik  weiter 
entwickelt  hat.  Die  französischen  (Fig.  311)  und  das  des 
englischen  Post  Office  (Fig.  312)  sind  Walzenmikrophone,  wie 
das  früher  bei  der  Reichspost  gebräuchliche.  Nur  ist  die 
Vermehrung  der  Contakte  weiter  getrieben. 


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D,„i,.,db,Google 


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Die  Fernsprechgehäiiac   und  die  in   ihnen  vereinigten  Apparate.  481 

Mit  einer  solchen  Vermehrung  der  Contaktanzahl  wird, 
wie  Sie  erfahren  haben,  die  auf  den  einzelnen  Contakt  entfallende, 
in  Schwingung  zu  setzende  Masse  vermindert.  Beides: 
Vermehrung  der  Contaktanzahl  und  Verkleinerung  der  Masse 
des    einzelnen  Contaktmachers    führt  in  ihrer   äussersten  noch 


Fig.   312.      Knglisches   Walienmikrophon.      Nach   Croich. 

technisch  möglichen  Grenze  —  Kohiepulver  ist  kein  brauchbares 
mikrophonisches  Material  mehr  —  zur  Verwendung  von 
Kohlenkörnern  etwa  von  Stecknadelkopfgrösse.  Die  kleine 
Masse  des  contaktandernden  Kornes  und  die  ausserordentlich 
grosse  Zahl  der  sich  ändernden  Contakte  verbürgt  eine  sehr 
viel  gründlichere  Aufnahme  auch  zarter  Feinheiten  der  Schall- 
schwingungen, als  bei  den  im  Vergleiche  recht  plumpen  Kohlen- 
walzen ,  sodass  die  Überlegenheit  der  Körnermikrophone 
ganz  natürlich  erscheint. 

Schon  bei  den  Walzenmikrophonen  zeigte  sich  die  Not- 
wendigkeit, die  einzelnen  Contaktmacher  durch  einen  leichten 
Druck  in  eine  solche  gegenseitige  Lage  zu  bringen,  dass  die 
Schwingungen  des  Schalles  sie  nicht  in  regelloses  Geklapper, 
sondern  in  regelmassige  Schwingungen  versetzen.  Einer  solchen 
Dämpfung,  die  ihnen  den  elastischen  Halt  in  sich  giebt,  bedürfen 
die  Kohlenkörner  natürlich  in  verstärktem Maasse,  ganz  abgesehen 
davon,  dass  man  sie  zum  Einbau  in  das  Mikrophon  irgendwie 
zusammenfassen  muss.  Man  schüttet  die  Körner  deshalb  zwischen 
zwei  Platten  aus  Kohle.  So  entsteht  der  wichtigste  Teil  der 
Körnermikrophone,  die  Contaktkammer.  Die  beiden  Kohlen- 
platten pflegt  man  verschieden  stark  zu  machen.  Die  dem 
Schallbecher  zugekehrte  äussere  wird  der  Schallplatte  aufgeklebt 


DigitizsdbyGOO'^le 


482  ^'^  Fernsprectigcliütise  und  ille  in  ihnen  vereinigten  Apparate. 

oder  selbst  als  solche  ausgebildet.  In  beiden  Fällen  muss  sie 
dünner,  als  1  mm  sein.  Die  hintere,  innere  Kohlenplatte  wird 
schon  aus  Gründen  der  Festigkeit  stärker  gehalten,  sodass  sie 
weniger,  als  eine  Kohlenplatte,  einen  Kohlenkörper  oder  einen 


.  313.      Schwedische  Mikrophonkohlen. 


Kohlenkiotz  vorstellt.  Die  erwähnte  schwedische  Sammlung 
(Fig.  313)  zeigt  in  der  Mitte  vier  Kohlenschallplatten  und  darüber 
und  darunter  die  dicken  Kohlenkörper.  Sie  sehen,  wie 
verschiedene  Grössen  und  Formen  die  im  Wettbewerb  stehenden 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  Fe  rn  Sprech  geh  äuse  und  die  in   ihnen   vereinigten   Apparate.  483 

Körnermikrophone  für  ihre  Kohlenkörper  gebildet  haben.  Manche 
von  ihnen  sehen  dabei  beinahe  aus,  wie  die  Holzformen,  mit 
denen  die  Kinder  in  Sand  backen.  So  starke  Riefeln  sind  in 
sie  eingearbeitet.  Gleicligiltig,  ob  am  fertig  montierten  Mikrophon 
die  Contaktkammer  horizontal  oder  vertikal  liegt,    die  Riefeln 


Fig.   3\4.      Berlintrsches   Mikrophon. 

a.  .\n3ichl:    Kapsel   mit  SehalUritlUor  und   Schienen,    die   zugleich  der  Sti omiuführung 

und  der  Befestigung  dienen. 

b.  Schnitt:  Die  Kapsel  hält  unten  !U-ischen  sich  und  Deckel  die  schwari  geieichnetc 
Kohlcnschaltplatte,  Cber  ihr  der  Kohlcnklotz  Ivgl.  den  EcfckloU  links  unten  in  Fig.  313). 
.Seine  concentrischen  Riefeln  erscheinen  im  Schnitt  als  Zahnlücken.  Die  dort  liegenden 
Kohlenkömcr  sind  nicht  geieithnet.      Die  Schallplatte  liegt  elektrisch   Ober  die  Kapsel 

an  der  linken  Schiene,    der   Klotz  an  der  von   der  Kapsel   isolierten  rechten-. 

31' 


DigitizsdbyGOO'^le 


484 


D[e  Fernsprechge  hause  u 


n  ihnen  vereinigten  Apparate. 


befinden  sich  auf  der  inneren-,  der  Kömerseite  des  Kohlen- 
körpers. Ihr  Zweck  ist,  sowohl  die  Contaktoberfläche  zu  ver- 
grössern,  als  vor  allem  den  Körnern  Halt  zu  geben.  Nun  muss 
der  Raum  der  Contaktkammer  rundum  nach  aussen  abgeschlossen 
werden.  Das  geschieht  durch  eine  zylindrische  Wand  aus 
isolierendem,  auf  der  Kohle  festzuklebenden  elastischen  und 
strapezierfähigen  Materiale,  wie  Filz,  Woll-  oder  Seidenstoff. 
Natürlich  engt  schon  diese  Wand  die  Schwingungen  der  —  fast 
wie  ein  Herz  —  durch  ihr  ganzes  Inneres  pulsierenden  Kammern 
ein.  Die  Dämpfung  wird  noch  durch  einen  leichten  Druck  auf 
die  dünnere  Kohlenplatte  vervollständigt,  sei  es,  dass  der  von 
einer  innen  mit  einem  Wattepfropf  ausgefüllten  kleinen  Spiral- 
feder (Siemens  &  Halske)  oder  von  einer  auf  ein  aufgeklebtes 
Filzscheibchen  drückenden  Blattfeder  (Berliner)  ausgeübt  wird. 

Eine  Untugend  pflegen  die  Kohlenkörner  zu  haben.  Nach 
längerem  Gebrauch,  in  Folge  sei  es  aus  der  Luft  angezogenen 
Wassers,  sei  es  der  Stromwärme,  backen  sie  leicht  zusammen, 
und  ihre  Sprechfähigkeit  lasst  nach.  Dagegen  hilft  öftere 
Erschütterung.  Bei  einigen  Konstruktionen  ist  deshalb  die 
Contaktkammer  rund  herum  oder  innerhalb  zweier  Anschlage 
drehbar.  Durch  die  leichte  Erschütterung  beim  Drehen  und 
die  veränderte  Einwirkung  der  Schwere  lösen  sich  die  zusammen- 
gebackenen Körner  von  einander,  und  der  ursprüngliche 
befriedigende  Zustand  ist  wieder  hergestellt. 

Prinzipiell  sind  die  verschiedenen  Körnermikrophone 
ähnlich  gebaut.  Hier  (Fig.  314)  ist  nur  das  Berlinersche- 
gezeichnet.  Es  wird  Ihnen  leicht  sein,  sich  über  die  beiden 
wichtigsten  anderen  Fabrikate  (Mix  &  Genest,  Siemens  &  Halske) 
aus  anderer  Quelle  zu  unterrichten. 


Jetzt  sind  Sie  nun  über  die  Fernsprechapparate  aufgeklart, 
soweit  sie  ftir  die  vorläufige  Schaltung  von  früher  (Fig.  297 
auf  S.  461)  notwendig  sind.  Aber  ein  praktischer  Betrieb 
zwischen  zwei  mit  einander  verbundenen  Fernsprechanschlüssen 
erfordert  ausser  Mikrophon,  Induktionsrolle  und  Telephon  noch 
eine  Reihe  von  Hilfsapparaten,  von  deren  Bedeutung  Ahnliches 
gilt,  wie  bei  denen  der  Telegraphie.  Zunächst  handelt  es  sich 
um  Sicherung  und  Anruf. 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  Fernsprechgehäitse  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  485 

Die  Sicherungsapparate  hat  die  Reichspost,  um  jeden 
Rest  von  Gefahr  zu  vermeiden,  aus  den  Gehäusen  entfernt  und,  in 
einem  Kastchen  (Fig.  315  auf  Tafel  IV)  vereinigt,  in  der  Nähe  der 
Leitungseinfbhrung  angebracht.  Das  Kästchen  enthält  gemeinsam 
Bhtzableiter  und  zwei  Sicherungen  gegen  Fremdstrom,  und  zwar 
schützt  die  Grobsicherung  gegen  Stromstärken  von  mindestens 
4  bis  7  Ampere,  wie  sie  etwa  ein  gerissener  und  auf  die  Bahn- 
leitung gefallener  Draht  führt,  die  Feinsicherung  gegen  einen 
wesentlich  kleineren  Strom,  der  erst  bei  längerem  Füessen  den 
Fernsprechapparaten  gefährlich  werden  würde,  den  s.  g. 
Schleichstrom.   Die  Feinsicherung  geht  bei  etwa  Vi  Ampere  durch. 

Zuerst  muss  jede  Fern  Sprechleitung,  ehe  sie  in  das  Apparat- 
gehäuse eintritt,  einen  Blitzableiter  durchlaufen,  der  etwaige 
atmosphärische  Ladungen  zur  Erde  schickt  und  dadurch  das 
Gehäuse,  und  den  etwa  an  ihm  beschäftigten  Menschen  vor 
Schaden  bewahrt.  Was  das  letztere  anbetrifft,  so  ist  es  bei 
uns  üblich,  bei  Gewitter,  ja  schon  bei  Gewitterneigung  den 
Fernsprechbetrieb  einzustellen,  während  das  durchaus  nicht 
überall  geschieht,  ohne  dass  sich  dadurch  Unglücksfälle  ereignen. 
Noch  kürzlich  schrieb  eine  bekannte  englische  Zeitschrift,') 
dass  man  es  sich  kaum  vorstellen  könnte,  was  in  London 
werden  sollte,  wenn  man  wegen  einem  bischen  Gewitter  etwa 
in  den  Hauptgeschäftsstunden  auf  eine  halbe  Stunde  die  Fern- 
sprechämter zumachen  wollte. 

Die  telephonischen  Blitzableiter  beruhen,  wie  die  telegra- 
phischen-, auf  der  Fähigkeit  des  Blitzes,  vermöge  seiner  hohen 
Spannungen  zu  guten  Erdleitungen  hin  nichtleitende  Brücken 
zu  überspringen.  Jede  zu  schützende  Leitung  —  bei  Doppel- 
leitung natürlich  jeder  Draht  —  fllhrt  über  ein  Prisma  aus  einer 
Art  Kohle,  ganz  wie  Sie  sie  für  Mikrophonkohlen  in  der 
schwedischen  Sammlung  vereinigt  gesehen  haben.  Dieses 
Kohlenprisma  (Fig.  315d)  ist  von  einem  zweiten  ähnlichen,  nur 
etwas  dünneren  durch  eine  dünne  Papierzwischenlage  getrennt, 
und  das  zweite  Prisma  liegt  gegen  eine  messingne  mit  Erde 
verbundene  Schiene.  Das  dünne  Papier  reicht  wohl  aus,  einen 
Sprech-  oder  Weckstrom  mit  ihrer  verhältnismässig  niedrigen 
Spannung    von    Erde    zu    isolieren.     Es   wird    aber  von   atmo- 

I)  The  Electrician.     Bd.  55.     S,  2.      1905. 


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486  ^'^  Fernsprechgehause  und  die  m  ihnen  vereinigten  Apparate. 

Sphärischen  Entladungen  glatt  durchschlagen  und  lässt  diese 
dadurch  unschädlich  zur  Erde  abfahren.  Die  körnige  Oberfläche 
der  Kohlenprismen  mag  noch  durch  eine  kleine  Spitzenwirkung 
das  Durchschlagen  des  Papieres  erleichtern. 

Die  Grobsicherung  (Fig.  315a,  b  und  c)  besieht  aus  einem 
Rheotandraht  von  etwa  0,3  mm  Durchmesser.  Rheotan,  eine 
Legierung  von  Kupfer,  Zink  und  Nickel,  ändert,  wie  das  Ihnen 
bekannte  Manganin,  seinen  hohen  spezifischen  Widerstand  von 
0,47  mit  der  Temperatur  so  gut,  wie  gar  nicht.  In  allen  Jahres- 
zeiten hat  in  ihm  die  gleiche  Stromstärke  eine  gleiche  Wärme- 
entwicklung zur  Folge.  Gleiche  Drähte  schmelzen  demnach 
immer  bei  derselben  angegebenen  Stromstärke  durch.  Nun  ist 
trotz  dieses  Durchschmelzens  zu  besorgen,  dass  auf  der  Brücke 
des  durch  die  Hitze  zum  Teil  gasförmig  gewordenen  Draht- 
materials der  Starkstrom  als  s,  g.  Lichtbogen  die  künstliche 
Lücke  des  Stromkreises  überspringt,  und  dass  dadurch  das 
Unheil  noch  vermehrt  wird.  Um  dieses  zu  verhindern,  ist  nur 
der  mittlere  Teil  des  Schmelzdrahtes  auf  5  mm  frei  gelassen. 
Der  Rest  der  Glasröhre,  die  das  ganze  einhüllt,  ist  mit  trockenem 
Schmirgel  gefüllt  (in  Fig.  315c  nicht  gezeichnet),  und  das  Über- 
setzen eines  Lichtbogens  wird  verhindert.  Die  Enden  der  Glas- 
röhre sind  Kupferkappen,  zwischen  denen  innen  der  Schmelz- 
draht ausgespannt  ist  und  die  aussen  mittelst  Klemnifedern 
leichtes  Einsetzen  und  Herausnehmen  der  Glasröhre  mit  Inhalt, 
der  s.  g.  Grobsicherungspatrone  erlauben.  Das  Ganze  ist  auf 
Porzellan  montiert. 

Die  Feinsicherung  enthalt  keinen  Schmelzdraht,  weil  kein 
solcher  von  genügender  Leitfähigkeit  und  Haltbarkeit  bei  Strömen 
der  Grössenordnung  hundert  Milliampere  durchgeht.  Deshalb 
lässt  man  den  Draht,  der  von  dem  abzuwehrenden  Strome 
durchflössen  wird,  nicht  selbst  schmelzen,  sondern  die  von  ihm 
erzeugte  Wärme  wirkt  auf  eine  Lötstelle  aus  Woodscheni 
Metall.  Dieses  Metall,  eine  Legierung  aus  Wismuth,  Cadmium. 
Zinn  und  Blei,  schmilzt  schon  bei  65 ".  Sie  erlassen  mir,  Ihnen 
den  bekannten  Versuch  zu  zeigen,  bei  dem  ein  aus  Woodschem 
Metall  gegossener  Löffel,  wenn  man  ihn  in  ein  Glas  heissen 
Thee  taucht,  wie  Quecksilber  zerrinnt.  Mit  diesem  Material 
als  Lot  ist  eine  Art  Reissnagel  (Fig.  215d  und  a)  innerhalb  der 
Heizspule    eingelötet.     Eine  Feder   zieht    kräftig   an  ihm,    und 


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Die  Fernsprechgehäuse  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  487 

sobald  das  Lot  gehörig  erwärmt  ist,  reisst  die  Feder  den  Nagel 
heraus  und  der  Stromkreis  ist  unterbrochen.  Weil  die  Wärme 
aus  dem  Innern  der  Patrone  schlecht  abgeleitet  wird,  genügen 
auch  noch  kleinere  Ströme,  wenn  sie  nur  längere  Zeit  andauern, 
dazu,  das  Lot  aufzutauen  und  den  Kreis  zu  unterbrechen. 
Einsetzen  einer  neuen  Patrone  stellt  den  ursprünglichen  Zustand 
unverändert  wieder  her. 

Hiermit  können  wir  das  Sicherungskästchen  verlassen  und 
uns  den  zum  Anruf  dienenden  beiden  Apparaten,  dem  Geber 
und  dem  Empfänger,  zuwenden.  Der  Empfänger  ist  beim 
Teilnehmer  stets  eine  elektrische  Klingel,  amtlich  gesprochen  ein 
Wecker,  z.  B.  nach  dem  Prinzip' des  Wagnerschen  Hammers, 
der  Ihnen  als  Unterbrecher  des  Ruhmkorff  bekannt  ist.  Gestalten 
Sie  das  Hammerende  zu  einem  Klöppel  um,  der  bei  jeder 
Schwingung  gegen  eine  Glocke  schlägt,  so  ist  der  Wecker 
fertig  und  der  anrufende  Teilnehmer  hat  nur  nötig,  mit  einer 
Taste  den  zum  Betriebe  notwendigen  Strom  einzuschalten.  Um 
den  unvermeidlichen  Widerstand  der  Leitung  überwinden  zu 
können,  muss  aber  die  speisende  Stromquelle  schon  für  den 
Stadtbetrieb  im  Durchschnitt  eine  Klemmenspannung  von 
mindestens  10  bis  15  Volt,  für  den  Fernbetrieb  eine  höhere 
haben.  Ob  man  dazu  statt  Leclanche-  oder  Trockenelementen 
Akkumulatoren  verwendet,  ändert  nicht  viel,  denn  immer  bleiben 
die  Unzuträglichkeiten,  die  mit  der  Verwendung  grosser  Zellen- 
zahlen verknüpft  sind.  Abgesehen  von  Haustelephonen,  bei 
denen  nur  ein  kleiner  Leitungswiderstand  zu  überwinden  ist 
und  man  demnach  mit  wenigen  Zellen  auskommt,  ist  es  nicht 
zweckmässig,  für  den  Anruf  Batterien  zu  verwenden.  Vielmehr 
erzeugt  man  den  Strom  auf  mechanischem  Wege:  durch  Induktion. 
Die  dazu  notwendige  Maschine,  der  Magnetinduktor,  ist 
zuverlässig  billig  und  nimmt  wenig  Raum  ein.  Ausser,  dass 
sie  in  grossen  Zeitabschnitten  geölt  werden  muss,  braucht  sie 
keinerlei  Wartung,  und  die  zu  ihrem  Antrieb  notwendige  Arbeit 
wird  der  Post  vom  Arm  des  Teilnehmers  unentgeltlich  geliefert. 

Der  Magnetinduktor  erzeugt,  wie  Sie  gleich  sehen  sollen, 
Wechselstrom,  und  obgleich  auch  ein  gewöhnlicher  Wecker, 
der  keinen  Dauermagneten  enthält,  auf  Wechselstrom  anspricht, 
thut  man  besser,  einen  besonders  für  Wechselstrom  gebauten 
Wecker  zu  verwenden. 


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Die   Fern  Sprech  geh 


inigten  Apparate. 


Einen  neuen  Wechselstromwecker,  von  der  Firma 
uchardt  &  Co.  in  Berlin  gebaut,  sehen  Sie  hier  (Fig.  316 
317),     Zwischen  zwei  Glocken  einen  Klöppel,  getragen  von 


Fig.  316.     Wechselstrom' 


m  Anker,  der  zwischen  zwei  Paar  Polschuhen  von  der  einen 
len  Welle  des  Wechselstromes  im  Uhrzeigersinne,  von  der 
eren-  ihm  entgegen  gedreht  wird.  Bei  näherer  Betrachtung 
innen  Sie,  wie  die  beiden  Eisenkerne  mit  den  auf  ihnen 
;nden  Spulen  herauf-  und  herunter  geschoben  werden  können, 
lurch  ist  es  möglich,  zwei  von  den  drei  Luftbrücken,  die 
Kraftlinien  von  Dauermagnet  und  Spulen  durchsetzen 
sen,  zu  verkürzen  oder  zu  verlängern  und  so  den  Wecker 
schwächere  oder  stärkere  Wechselströme  einzustellen. 
Der  Magnetinduktor,  der  den  Wechselstrom  liefert,  erfordert 
ausführlichere  Besprechung.  Erinnern  Sie  sich  zunächst 
;res  ersten  Induktionsversuches  (Fig.  45  auf  S.  66|.  Der 
massig    in  die  Spule  hincingestossene  und  aus  ihr  heraus- 


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Die  FernsprechgehSiisc  und  d 


1  vereinigten  Apparate. 


gezogene  Magnetstab  versetzt  den  Galvanoskopzeiger  in 
Schwingungen  von  gleichem  Tempo.  Eben  die  Wirkung  hatte 
bei  feststehendem  Magneten  die  Hin-  und  Herbewegung  der  Spule. 
Es  kommt  nur  darauf  an,  dass  die  Kraftlinien,  die  den  zur  Spule 
gewickelten  Leiter  schneiden,  ihre  Anzahl  ändern.  Die  Richtung 
der  in  dem  Leiter  induzierten  Elektromotorischen  Kraft  entspricht 
dann  dem  Sinne  der  Änderung.  Ist  sie  bei  Kraftlinienabnahme 
positiv,  wird  sie  bei  Zunahme  negativ.  Die  Grösse  der 
induzierten  Spannung  ist  der  Heftigkeit  der  Kraftlinienanderung 
proportional.     Das  sind  Ihnen  ganz  geläufige  Dinge. 

Die  hin-  und  hergehende 
Bewegung  der  Spule  oder 
des  Magneten  kann  nun  leicht 
in  eine  drehende  verändert 
werden,  ohne  die  Induktions- 
wirkung zu  beeinträchtigen. 
Dies  zeigt  folgender  Versuch, 
den  ich  nicht  ausführen, 
sondern  nur  beschreiben  will. 
Stellen  Sie  sich  einen  kraftigen 
Hufeisenmagneten  vor.  Seine 
horizontal  liegenden  Pole 
tragen     nach     innen     gegen 

einander  Polschuhe,  deren  freie  innere  Fläche  kreisförmig  aus- 
gedreht ist.  Da  der  Nordpol  des  Hufeisens  oben,  der  Südpol 
unten  liegt,  durchsetzen  die  Kraftlinien  den  zwischen  den  Pol- 
schuhen liegenden  Luftraum  vertikal  von  oben  nach  unten.  Sie 
sind  dabei  einander  so  gut,  wie  parallel.  In  diesem  von  parallelen 
Kraftlinien  durchsetzten  Räume  befindet  sich  ein  Bügel  aus 
(I  mm  starkem)  Kupferdraht,  der  von  einer  Kurbel  um  seine 
horizontale  Achse  gedreht  werden  kann,  und  dessen  Enden  — 
mit  Hilfe  Von  Schleifringen  und  Bürsten  —  zu  einem  gedämpften 
Galvanoskop  führen.  Dessen  Zeiger  giebt  dann  für  jeden 
Augenblick  an,  erstens,  ob  in  der  Windung  induziert  wird, 
und  zweitens,  wenn  dies  der  Fall  ist,  wie  gerichtet  und  wie 
gross  der  induzierte  Strom,  also  bei  unverändertem  Widerstände 
des  Kreises  die  induzierte  ■  Elektromotorische  Kraft  ist. 

Die  Induktion  hängt  nun  davon  ab,  ob  und  etwaigen  Falles 
wie  die  Kraftlinien,  die  die  Ebene  der  Windung  schneiden,  ihre 


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490  üie   Fern  Sprech  gehSuse  und  die  in  ihnen   vereinigter   Apparate. 

Anzahl  ändern.  Dieses  Lichtbild  (Fig.  318)  wird  die  Frage 
beantworten.  Es  stellt  einen  Schnitt  durch  die^beiden  Magnet- 
pole dar.  Oben  ist  der  Nordpol  N  und  unten  der  Südpol  S. 
Der  Kreis  A  HC  0  A  ist  der  Schnitt  durch  den  Cylinder,  den 
die  rechteckige  Kupferdraht win düng  bei  ihrer  im  Uhrzeigersinne 
stattfindenden  Drehung  von  A  nach  B,  C  und  so  weiter  ein- 
schliesst.  Die  beiden  längeren  Seiten  des  Drahtrechteckes 
stehen  dabei  senkrecht  zur  Bildebene,  die  kürzeren  laufen  ihr 


Fig.  318.      Drahtwindung  im   Magnetfelde. 

Die  Vertikalen  zwischen  den  Polen   geben  mit  ihrer  Anzabl  die  der  jeweilig  die 

Windung  schneidenden  Kraftlinien  wieder. 

parallel  und  werden  durch  die  in  den  Kreis  eingezeichneten 
Durchmesser  in  ihren  verschiedenen,  von  zehn  zu  zehn  Grad 
gedrehten  Lagen  dargestellt.  Nun  sollen  die  vertikalen  Linien, 
die  in  gleichem  Abstände  vom  Nord-  zum  Südpol  gezogen 
sind,  das  magnetische  Feld  wiedergeben.  Man  kann  dann  aus 
der  Anzahl  vertikaler  Linien,  die  den  sich  drehenden  Kreis- 
durchmesser in  jeder  dieser  Lagen  schneiden,  auf  die  Gesamtzahl 
der  Kraftlinien  schliessen,    die  der  Kupferdrahtbügel  jede-smal 


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Die  Fernsprechgehause  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  491 

einschliesst.  Nehmen  Sie  an,  eine  im  Schema  den  Durchmesser 
schneidende  Millimeterlinie  entspricht  N  thatsächlich  die  Ebene 
des  Bügels  schneidenden  Kraftlinien.  In  der  horizontalen 
Lage  A  bei  0  "  wird  der  Durchmesser  von  60  Millimeterlinien 
und  damit  der  Bügel  von  60 .  N  Kraftlinien  geschnitten.  In  der 
vertikalen  Lage  Ji  bei  90"  ist  der  Durchmesser  den  Millimeter- 
linien parallel.  Er  wird  überhaupt  nicht  mehr,  oder  rechnerisch 
ausgedrückt,  von  0  Linien  und  der  Bügel  ebenfalls  von  0 
geschnitten.^}  Die  Zwischenlagen  haben  Zwischenwerte.  Wenn 
Sie  zählen,  finden  Sie  für  die  Stellungen  von  0  bis  90 ",  für 
das  erste  Viertel  des  Kreisbogens  folgende  Schnittzahlen; 


Lage   des  | 


10     20     30     40     50     60     70     80     90 


Aniahl  der  den  Durc^ho 

"''Teni^e'T.en'"''"     ^     ^^    56,4!  52     46  38,6   30  20,6  10,4     0 

Millimelerlinien       |  (I)      (2,6)    (4,4)      (6)      (7,4)     (8,6)     (9,4)   (10,2)  (10,4) 

Aus  ihnen  geht  hervor,  dass  die  Anzahl  der  gesamten  die 
Windung  durchsetzenden  Kraftlinien  während  der  Drehung  über 
das  erste  Viertel  des  Kreisbogens  stetig  von  60  N  auf  0  abnimmt. 
In  dem  Bügel  wird  somit  eine  Elektromotorische  Kraft  und 
zwar,  nach  unserm  Abkommen,  von  positiver  Richtung,  induziert. 
Was  nun  ihre  Grösse  betrifft,  so  ist  sie  der  Heftigkeit  pro- 
portional, mit  der  sich  die  Kraftlinienanzahl  ändert.  Würde  sie 
sich  gleichmassig  ändern,  etwa  bei  jedem  Grade  um  den  gleichen 
Betrag  abnehmen,  so  wäre  die  induzierte  Elektromolorische 
Kraft  constant,  und  es  flösse  bei  der  Drehung  durch  Bügel  und 
Galvanoskop  ein  Gleichstrom.  Wie  aber  die  in  Klammern 
angegebenen  Zahlen  beweisen,  ist  die  Änderung  durchaus  nicht 
constant  und  der  induzierte  Strom  kein  Gleichstrom.     Vielmehr 

')  Hier  pneg;en  Anlinger,  sei  es  auch  nur  durch  ihr  ungläubiges  Gesicht,  einzu- 
wenden, dass  auch  in  der  Stellung  £  der  Kupferdraht  von  Kraftlinien  geschnitten 
wird,  weil  man  sich  diese  doch  thatsächlich  nicht  etwa  mit  einem  Zwischenraum 
neben  einander  herlaufend  denken  darf.  Die  Zerspailung  eines  Kraftfeldes  in  Kraft- 
linien findet  allerdings  nicht  in  Wirklichkeit,  sondern  nur  zum  Zwecke  der  Betrachtung 
auti,  wie  es  schon  frDher  (S.  1 10)  tUr  die  elektrischen  KralUinien  und  die  Lichtstrahlen 
angedeutet  wurde.  Aber  selbst  wenn  auf  die  einzelnen  Drahtseiten  des  Bllgels 
Induktionen  stattfänden,  wdrden  sie  sich  paarweise  wie  bei  einer  Fernsprechdoppei- 
leitung  aufheben. 


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ereinigten  Apparate. 


entsteht,  wie  die  Bewegung  des  Galvanoskopzeigers  veran- 
schaulicht, in  dem  Kupferbügel  ein  Wechselstrom,  der  mit 
einer  Umdrehung  des  Bügels  gerade  eine  Periode  zurücklegt. 
Lassen  Sie  uns  sehen,  wie  dieser  Wechselstrom  zu  Stande 
kommt.  Von  0  bis  10"  beziffert  sich  die  Abnahme  der  Kraft- 
linienzahl auf  1  .  N  Kraftlinien  oder  anders  ausgedrückt:  In  der 
Gegend  zwischen  0  und  10  ",  das  heisst  im  Mittel  bei  5  ",  bewirkt 
die  Drehung   um    einen    Grad    eine  Krafthnienabnahme    von 


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Die  Fernaprechgehäuse   und  die  in  ihnen   vereinigten  Apparatp.  493 

0,1  N.  Gehen  wir  weiter.  Zwischen  10  und  20"  —  im  Mittel 
bei  15  "  —  wird  die  Abnahme  pro  Grad  zu  0,26  N,  zwischen 
20  und  30 "  zu  0,44  N  und  so  fort,  bis  sie  schliesslich  zwischen 
80  und  90  den  Wert  1,04  N  erreicht.  Tragen  wir  diese  Werte 
in  Abhängigkeit  von  dem  zurückgelegten  Viertel  Kreisumfange 
graphisch  auf  {Fig.  319),  so  entsteht  eine  Viertelwelle.  Von  0 
bis  90  "  nimmt  die  induzierte  Spannung  wellenförmig  von  Null 
bis  zu  einem  Höchstwerte  zu. 

Dreht  sich  nun  der  Durchmesser  weiter  über  den  Punkt  IB 
hinaus,  so  treffen  ihn  die  Millimeterltnien  von  den  anderen  Seiten 
als  bisher.  Eben  schnitten  sie  zuerst  noch  auf  seiner  rechten 
Seite.  Jetzt  ist  ihnen  seine  linke  entgegengestellt.  Natürlich 
muss  dann,  wenn  die  Kraftlinienänderung  im  alten  Sinne  vor 
sich  geht,  die  induzierte  Spannung  ihre  Richtung  umkehren. 
Aber  der  Sinn  der  Änderung  ist  nicht  der  alte.  Die  Kraftlinien, 
die  eben  noch  abgenommen  haben,  nehmen  jetzt  wieder  zu. 
Also  eine  abermalige  Umkehrung  der  Induktionsrichtung.  Zwei 
Verneinungen  sind  eine  Bejahung.  Minus  mal  Minus  giebt  Plus. 
Die  Spannung  behält  ihre  ursprüngliche  Richtung  bei.  Da  die 
Anderungswerte  dieselben  sind,  wie  vorher,  verläuft  die 
Induktion  (Fig.  319)  auf  dem  zweiten  Viertel  des  Kreisumfanges 
zu  der  auf  dem  ersten  symmetrisch.  Sie  bildet  das  zweite 
Viertel  einer  Welle.  Im  Kreisviertel  C  D  treffen  die  Linien  die 
Durchmesser  von  derselben  Seite  wie  bei  li  C.  Aber  die 
Kraftlinienzunahme  hat  sich  in  eine  -abnähme  verwandelt.  Die 
induzierte  Spannung  hat  die  entgegengesetzte  Richtung  wie 
vorher.  Der  Übergang  zwischen  beiden,  die  Induktion  Null 
findet  in  der  Lage  C  und  nachher,  nachdem  eine  zweite  halbe 
Welle  zurückgelegt  ist,  in  A  statt.  Dann  beginnt  der  Kreislauf 
von  neuem.  Wenn  Sie  sich  so  für  jedes  Kreisviertel  Richtung 
und  Grösse  der  Induktion  überlegen,  werden  Sie  sehen,  dass 
thatsächlich  ein  Wechselstrom  zu  Stande  kommt. 

Nach  alter  Gewohnheit  bleibt  uns  noch  die  Frage  zu 
beantworten,  woher  die  Arbeit  stammt,  die  durch  die  Induktion 
als  elektrische  erscheint.  Es  wurde  schon  angedeutet,  dass  der 
den  Bügel  drehende  Arm  die  Quelle  ist.  Ist  der  gedrehte 
Leiter  zu  einem  Kreise  geschlossen,  in  dem  sich  die  induzierte 
Elektromotorische  Kraft  als  Strom  ausgleichen  kann,  so  verur- 
sacht   das  Drehen    ein  wenig  mehr  Arbeit,    der  Arm  hat  ein 


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494  Die  Fernsprechgehlus*   und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate. 

wenig  schwerer  durchzuziehen,  als  bei  offnen  Klemmen,  wo  es 
gewissermassen  bei  der  Absicht  der  Induktion  bleibt.  Der 
fliessende  Strom  setzt  sich  mit  dem  von  ihm  inmitten  des  Bügels 
erzeugten  Kraftlinienbündel  der  Drehung  durch  den  mit  jenen 
gleichgerichteten  primären  Kraftlinien  erfüllten  Raum  einen 
gewissen  mechanischen  Widerstand  entgegen.  Die  gleich- 
gerichteten Kraftlinien  ziehen  sich  an,  und  diese  Anziehungskraft 
muss  bei  der  Drehung  überwunden  werden. 

Genau  nach  dem  Multiplikationsprinzip,  das  iür  die  Erzeugung 
von  magnetischen  Kraftlinien  an  Stelle  eines  einfachen  Drahtes 
Spulen  verwendet,  wird  nun  ebenso  auch  für  die  Induktion  der 
Kupferbügel  durch  eine  Spule ,  einen  sog,  Anker  ersetzt. 
Wird  dann  in  dem  pro  Windung  in  jedem  Augenblick  die 
Elektromotorische  Kraft  e  erzeugt,  so  erhöhen  «  zu  einer  Spule 
hinter  einander  gewickelte  Windungen  ihre  Grösse  zu  £  =  u  .  c 
Das  ist  die  induzierte  Elektromotorische  Kraft.  Die  Spannung 
an  den  Ankerklemmen  ist  natürlich  kleiner,  denn  es  geht  von 
der  im  Anker  erzeugten  Elektromotorischen  Kraft  der  Spannungs- 
abfall auf  dem  Wege  aus  dem  Ankerinneren  zu  den  Klemmen 
ab.  Wie  die  Klemmenspannung  Ei,  einer  Zelle  um  das  Produkt 
J .  «v  =  Strom  mal  Zellenwiderstand  kleiner  ist,  als  die  EMK, 
so  auch  hier.  In  jedem  Augenblick  findet  auch  hier  im  Anker 
ein  Spannungsabfall  gleich  dem  Produkt  des  Stromes  J  und 
des  Ankerwiderstandes  w,t  statt.     Es  ist 


eine  Gleichung,  die,  ebenso,  wie  iür  alle  anderen  elektrischen 
Maschinen,  auch  für  unsern  Magnetinduktor  gilt.  Die  Klemmen- 
spannung nähert  sich  umsomehr  der  induzierten  Elektro- 
motorischen Kraft  und  ist  damit  um  so  constanter,  je  kleiner 
der  Ankerwiderstand  und  je  kleiner  der  entnommene  Strom  ist. 
Der  Anker  ist  auf  einen  Eisenkörper  gewickelt,  damit  dessen 
hohe  Permeabihtät  aus  der  gegebenen  Magnetisierenden  Kraft  H 
eine  grosse  die  Ankerwindungen  schneidende  Kraftlinienzahl  und 
damit  durch  deren  Änderung  eine  grosse  Induktion  erzeugt. 
Natürlich  ist  das  Eisen  auch  der  Wirkung  des  Kraftlinienwechsels 
ausgesetzt,     und    die   beiden    alten    Forderungen:    magnetische 


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Die  Feritsprechgehause  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  495 


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496  ^i'  FemsprechgehSuse  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate. 

Weichheit  zur  Verkleinerung  der  Hysteresis  und  Unterteilung 
....  jgj.  (jgp  Wirbelströme  müssen  erfüllt  sein.  Der  Ankerkörper 
US  einzelnen,  wohl  ausgeglühten,  schmiedeeisernen  Blechen 
mmengesetzt.  Im  Schnitt  zeigt  er  eine  gewisse  Ähnlichkeit 
einem  doppelten  T  (Fig.  320b),  woher  der  Name  Doppel-T- 
er  entstanden  ist.  Die  beiden  grossen  Einschnitte  sind  mit 
ferdrahl  vollgewickelt,  sodass  jede  Windung  dem  Rechteck 
vorhin  gleicht.  Die  Wicklung  ist  durch  einen  Leder- 
zug geschützt  und  das  Doppel-T  mit  Hilfe  seitlicher  Backen 
g;ert.  Der  Eisenkörper  nähert  sich  dabei  ganz  dicht  den 
edrehten  Polschuhen  dreier  kraftiger  Hufeisenmagnete. 
e  stehen  nebeneinander  und  verdreifachen  die  geschnittene 
Uinienzahl.  Die  Erinnerung  an  die  Magnete  des  Kapsel- 
ihons  sagt  Ihnen,  dass  auch  hier  die  gleichnamigen  Pole 
ichbart  sind  und  so  die  Kraftlinien  in  den  Raum  drOckeii, 
sie  Verwendung  finden  sollen. 

Der  Antrieb  des  Ankers  erfolgt  von  einer  Kurbel  aus  über 
.  Zahnräder.  Die  bei  drei  Kurbeldrehungen  pro  Sekunde 
zierte  Elektromotorische  Kraft  wird  zu  etwa  60  Volt  ange- 
;n.  Elektrisch  liegt  das  eine  Ende  der  Wicklung  am  Anker- 
ler  und  damit  über  die  Lager  am  Körper  des  Induktors 
haupt.  Das  andere  führt,  von  einer  Hartgummibuchse 
2rt,  an  das  Ende  der  freien  Achse.  Die  Leitung,  in  die 
Wechselstrom  hineingeschickt  werden  soll,  muss  deshalb 
eben  den  Induktorkörper  und  die  gegen  das  isolierte 
senende  schleifende  gebogene  Feder  geschaltet  werden. 
Wir  sind  mit  der  Betrachtung  des  Induktors  noch  nicht 
Lnde,  denn  der  Betrieb  verlangt  natürlich,  dass,  während 
Ankerwicklung  auf  die  Leitung  geschaltet  ist,  das  eigene 
rphon  sowohl,  wie  der  eigene  Wecker  ausgeschaltet  oder 
;  geschlossen  wird.  Der  eigene  Weckstrom  muss  entweder 
;h  Unterbrechung  verhindert  werden,  Telephon  oder  Wecker 
durchlaufen  oder  unschädlich  an  ihnen  vorbeifliessen. 
ererseits  darf  der  eigene  Anker  oder  Wecker  den  fremden 
;chstrom  nicht  stören.  Wahrend  der  Unterhaltung  muss 
er  und  Wecker  von  der  Leitung  abgeschaltet  oder  kurz 
rhiossen  sein.  Aus  diesen  Gründen  ist  der  Induktor  mit 
m  Umschalter  vereinigt. 


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Die  Fernsprecbgehause  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  497 

Als  solcher  dient  (vgl,  weiter  Fig.  320a)  die  erwähnte 
gebogene  Feder.  Ihr  oberer  Teil  oder,  wir  können  ruhig  sagen, 
ihre  obere  Hälfte  schleift  gegen  den  linken,  isolierten  Kopf  der 
Ankerachse,  ihre  untere-  drückt  nach  rechts  gegen  die  Kurbel- 
achse. Das  heisst,  das  letztere  ist  nur  bei  ruhender  Kurbel 
der  Fall.  Zu  Beginn  der  Drehung,  noch  ehe  Zahnräder  und 
Anker  an  ihr  teilnehmen,  rückt,  wie  die  drehende  Hand  fühlt, 
und  auf  eine  gleich  zu  besprechende  Weise  die  Kurbelachse 
nach  rechts,  Ihr  linker  Kopf  verlässt  damit  die  Feder,  und 
diese  klappt  vermöge  ihrer  Elasticität  auf  die  vom  Induktor- 
körper isolierte  Klemme  J^  (Fig,  321  bei  II). 

Die  Kurbelachse  ist  somit  in  ihren  Lagern  verschiebbar. 
Dazu  hat  man  die  rechte  Lagerbuchse  nach  rechts -aufwärts, 
der  SlT-J^O-Richtung  der  Landkarte,  mit  eiriem  Ausschnitt  ver- 
sehen, und  in  diesem  Ausschnitt  bewegt  sich  ein  in  die  Kurbel- 
achse geschraubter  Stahlstift.  Beginnt  diese  nun  ihre  Drehung, 
so  drückt  der  Stahlstift  nach  oben  gegen  die  Wand  des  Aus- 
schnittes. Die  Kurbelachse  nimmt  aber  trotzdem  die  Lager- 
buchse noch  nicht  mit,  weil  der  Stift  in  dem  Ausschnitt  nach 
rechts-oben  ausweichen  kann.  Damit  gleitet  sie  um  die  horizontale 
Entfernung  der  beiden  Rinnenenden  nach  rechts,  und  die  untere 
Federhalfte  klappt  auf  J^.  Erst  jetzt  ist  für  die  Dauer  der 
Drehung  die  Lagerbuchse  mit  der  Kurbelachse  fest  verbunden, 
und  das  grosse  Zahnrad  auf  der  Buchse  dreht  das  kleine  der 
Ankerachse.  Die  Umdrehungszahl  des  Ankers  ist  .dabei  gegen 
die  der  Kurbel  natürlich  im  umgekehrten  Verhältnis  der  Zahnrad- 
durchmesser (vgl,  S.  248)  beschleunigt.  Die  Hand  braucht  die 
Kurbel  nur  gemächlich  zu  drehen.  Trotzdem  läuft  der  Anker 
verhältnismässig  schnell  um  und  es  wird  in  seiner  Wicklung 
eine  grosse  Spannung  induciert.  Dass  nun  nicht  schon  im  ersten 
Augenblick  Buchse,  Zahnräder  und  Anker  an  der  Drehung 
teilnehmen,  daran  ist  der  mechanische  Widerstand  Schuld,  den 
die  Ankerdrehung  auf  den  Umfang  des  grossen  Zahnrades  und 
damit  auf  die  Buchse  ausübt,  während  dem  Rechtsrücken  der 
Achse  in  der  Buchse  nur  eine  geringe  Reibung  entgegensteht. 
Eteshalb  ist  auch  die  den  Stahlstift  nach  unten  ziehende  Feder 
nur  schwach.  Sie  dient  eben  zu  weiter  nichts,  als  nach  dem 
Loslassen  der  Kurbel  die  Kurbelachse  und  damit  die  Schaltfeder 
wieder  in  ihre  Ruhelagen  zurückzuführen.     Für  das  Ausrücken 


„Coogic 


Die  FeinsprechgchSuse  und  d 


9  ihnen  vereinigten  Apparate. 

der  Kurbelachse  muss  natürlich 
die  Wirkung  von  Federzug  plus 
Reibung  kleiner,  als  die  des 
Ankerwiderstandes,  zum  Wieder- 
einrücken  der  Federzug  grösser 
sein,  als  die  Reibung. 

Da  nun,  wie  erwähnt,  das 
eine  Ende  der  Ankerwicklung 
an  dem  isolierten,  linken  Kopfe 
der  Ankerachse,  das  andere 
über  deren  rechten  Teil  am 
Induktorkörper  liegt,  schliesst 
bei  Kurbelruhe  die  Schaltfeder 
mit  ihrer  ganzen  Länge ,  wie 
gewünscht,  den  Anker  kurz. 
Dadurch  fliesst  (in  Fig.  321  bei  I) 
ein  fremder  Weckstrom  über 
Leitung    o,  Induktorkörper, 

Kurbelachse,  untere  Federhälfte 
und  Klemme  J,  durch  den 
eigenen  Wecker  W,  zur  Leitung  b 
und  zum  fremden  Induktoranker 
zurück.  Unser  Anker  stört 
den  fremden  Weckstrom  nicht. 
Andererseits  läuft  der  durch  die 
Kurbeldrehung  in  unserem 
Induktoranker  erzeugte  Weck- 
strom (vgl.  in  Fig.  321  bei  II) 
über  den  isolierten  Kopf  der 
Ankerachse,  die  ganze  Feder 
bis  zur  Klemme  J^,  über  die 
Leitung  6,  den  fremden  Wecker, 
Leitung  «  und  den  Induktor- 
körper zum  Anker  zurück. 
Der  eigene  Wecker  ist  dabei 
über  die  Klemmen  Jj  und  J, 
von  der  nach  rechts  geschnellten 
unteren  Federhälfte  kurz  ge- 
schlossen.   Der  mit  dem  Induktor 


DigitizsdbyGOOglC 


Die  Femsprecheehauae  und   die   in  ihnen  vereinigten  Apparate.  499 

vereinigte  Schalter   erfllllt  demnach  die  an  ihn  gestellten  An- 
forderungen. 

Diese  genügen  nun  wohl  für  das  gegenseitige  Wecken. 
Für  den  vollständigen  Betrieb  aber  hat  die  Umschaltung  auch 
auf  Sprechströme  und  Telephone  Rücksicht  zunehmen.  Weder 
dürfen  Sprechströme  die  schwächenden  Selbstinduktionen  von 
Ankerwicklung  und  Weckerspulen,  noch  Weckströme  die  von 
Telephonen  durchlaufen,  die  sie  überdies  durch  ihre  heftige 
Wirkung  verderben  könnten.  Die  beiden  Aufgaben  und  dazu 
noch  eine  dritte  werden  einfach  und  zwingend  von  dem 
Hakenumschalter    erfüllt.      Dieser   ist    mir    immer   als   das 


Fig.  322.     Alterer  Hakenumschalter. 

Muster  einer  sinnreichen  Erfindung  erschienen.  Im  Grunde  fast 
noch  einfacher,  als  der  Schalter  am  Induktor,  wird  er,  wie  dieser 
durch  Drehen,  durch  Abnehmen  und  Anhängen  des  Hörers 
bedient.  Die  Mehrzahl  der  Teilnehmer  thut  das  einfach  un- 
bewusst.  In  dieser  unbewussten  Mitwirkung  des  Publikums  und 
der    möglichsten    Ausschliessung    falscher  Bedienung    liegt  die 


„Coogic 


Die  Fernsprechgehaiise  und  die  En  ihnen  vereinigten  Apparate. 

iino-   i^PF   AnnamtP     Sic    Sind    das,    was  im    Englischen 
larren  sicher,  genannt  wird, 

es  in  vielen  Ausführungen,  Hier 
id  hier  (Fig.  323)  die  jetzt  bei  der 
ziere  zeigt  fünf  von  einander  isoliert 
ienen  die  drei  rechten  die  gewünschte 
nd  Wecker  besorgen.  Vollständig 
ing  erst  nachher  werden,  aber  ein 
sich  schon  jetzt  machen. 


Neuer  Umschalter. 
len  Buchstaben  geben  elektrische  Verbindung, 
elektrische  Trennung  an.) 

,  also  gesenktem  Haken  (Fig.  323a| 
ier,  auf  die  die  Leitung  La  mündet 
ecker  W  führt.  Der  fremde  Weck- 
j  La  in  den  Wecker  und  nicht  in  das 
:zt  freien  dritten  Feder  liegt.  Das 
den  Haken  hochklappen  (Fig.  323b). 
on  der  Weckerfeder  W  getrennt  und 
T  geführt.  Die  erwähnte  dritte 
Iters  besteht  in  der  Öffnung  der 
[eil,  in  der  nicht  gesprochen  wird. 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  Femsprechgehause  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  501 

Dadurch  wird  ihre  unnütz  schnelle  Erschöpfung  verhindert. 
Zu  dem  Zweck  sind  ihre  Klemmen  an  die  beiden  Federn  M 
geführt,  die  sich,  wie  man  sieht,  nur  bei  abgenommenem  Hörer 
berühren,  bei  angehängtem-  nicht. 

Mikrophon,  Transformator  und  Telephon,  Induktor,  Wecker 
und  Hakenumschalter,  alle  sechs  Apparate  werden  zu  einer 
technischen  Einheit  zusammen- 
gefasst,  Ihr  früherer  Name 
Station  ist  mit  Gehäuse  ver- 
deutscht worden.  Das  Gehäuse 
ist  recht  eigentlich  das,  womit 
das  Publikum  zu  thun  hat,  was 
es  sich  unter  einem  Telephon, 
einem  Fernsprecher  vorstellt. 
Die  sechs  Apparate  können  durch 
ihre  Vereinigung  im  Gehäuse 
bequem  und  ohne  Verlust  ver- 
schickt und  da,  wo  man  sie 
braucht,  auf  einfache  Weise  an- 
gebracht werden.  Besonders 
liegen  so  die  ziemlich  ver- 
wickelten Drahtverbindungen 
ein  für  alle  Mal  fest,  und  ihre 
Anlage  erfordert  weder  Über- 
legung, noch  Zeit,  Auch  sind 
Irrtümer  leichter  ausgeschlossen. 
Von  der  längeren  Entwicklungs- 
reihe, die  die  Gehäuse  durch- 
gemacht haben,  verlangen  hier 
nur  die  zur  Zeit  letzten  Glieder 
Besprechung. 

Die   ältere    und    auch  jetzt  Fig.  324.    Sdu  ankgehause. 

noch    am    meisten    übliche    Art 

hängt  die  Gehäuse  von  der  Form  eines  kleinen  Schrankes 
(Fig.  324)  oder  Pultes  (Fig.  325)  an  der  Wand  in  passender 
Höhe  für  den  Sprechenden  auf.  An  Schrank  oder  Pult  trägt 
links  der  Haken  des  Umschalters  sein  Löffeltelephon.  Der 
Wecker  ist  mit  seiner  einfachen  oder  doppelten  Glocke  ganz 
oder  teilweise  sichtbar;    Die  vom  Teilnehmer  aus  rechte  Wand 


DigitizsdbyGOO'^le 


I  ihnen  vereinigten  Apparate- 

juktors  durchbrochen,  der  die 
1  der  Mitte  sitzt  das  Mikrophon, 
hür,  über  dem  Pult  auf  einem 
rett.  Der  Pultdeckel  dient 
natürlich  nicht  etwa,  wie  bei 
manchen    älteren   Apparaten, 

als  Mikrophonschallplatte, 
sondern  als  Stütze  oder 
Schreibunterlage.  Zu  letz- 
terem Zweck  trägt  er  (wie  in 
Fig.  325)  eine  Schreibtafel  aus 
Marmor  oder  zwei  Schienen 
zum  Einschieben  eines  Papier- 
biockes. 

Neuerdings  ist  zur  Bequem- 
lichkeit für  besonders  kleine 
oder  grosse  Leute  das  Mikro- 
phon auf  einem  in  der  Verti- 
kalen drehbaren  Ann  (Fig. 
326)  angebracht.  Die  beiden 
Schienenpaare  aus  vernickel- 
tem Messing,  die  diesen  Arm 
zusammensetzen,  sind  an 
Grundbrett  und  Mikrophon- 
kapsel in  gleicher  Entfernung 
von  einander  angebracht.  Da 
sie  auch  gleich  lang  sind, 
schliessen  je  zwei  übereinan- 
der liegende  Schienen  mit 
ihren  Achsen  in  jeder  Stellung 
ein  Viereck  mit  zwei  Paar 
gleichen  Seiten,  mithin  ein 
Parallelogramm  ein.  Da 
ferner  die  Enden  jener  Achsen 
an  der  Grundplatte  senkrecht 
über  einander  liegen,  müssen 
iphonkapsel  thun.  Das  heisst 
der  Drehung  der  Schienen  in 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  Fem  sprechgeh  auae  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  503 

Hier   (Fig.  327    auf  Tafel    V)    ist    nun    im    Schema    die 
Schaltung   eines    solchen    Pultgehauses   (Postmodell    1903) 
dargestellt.     Wie  häufig,  sind  auch  hier  zur  leichteren  Übersicht 
zeichnerisch  einige  Vereinfachungen    wünschenswert    gewesen. 
Wenn  Sie  aber  dieses  Schema  verstanden  haben,  werden  Sie 
auch    der    Wirklichkeit    gegenüber    nach    kurzer    Überlegung 
Bescheid    wissen.      Zur    ersten 
Aufklärung     mögen     Sie     hier, 
wie    sonst ,    den    —   gestrichelt 
gezeichneten  —  Mikrophonkreis 
und  von  der  sekundären  Wick- 
lung   des    Transformators    aus 
den  Telephonkreis  aufsuchen. 

Lassen  Sie  uns  noch  einmal 
im  Zusammenhang  die  Erforder 
nisse  durchgehen,  die  eine  Ge- 
hauseschaltung erfüllen  muss. 
Der    fremde    Weckstrom     soll,  Fig.  326. 

wenn    das    eigene    Telephon    am      Mikrophon  auf  verstellbarem  Arm. 

Haken     hängt,      den     eigenen 

Wecker  durchfliessen.  Der  eigene  Weckstrom  soll  bei  ange- 
hängtem und  bei  abgenommenem  Hörer  aus  dem  gedrehtem 
Induktor  in  die  Leitung  gehen,  während  der  ruhende  Induktor- 
anker kurz  geschlossen  ist.  Der  fremde  Sprechstrom  soll  in  das 
eigene  Telephon  und  der  in  der  sekundären  Transformatorwicklung 
induzierte  eigene  Sprechstrom  in  die  Leitung  gehen.  Verfolgen 
wir  nun  in  der  Zeichnung  die  Ströme,  um  zu  sehen,  ob  das  der 
Fall  ist.  Die  Abkürzungen  sind,  wie  sonst,  leicht  verständlich. 
Es  bedeutet  M  li  die  Mikrophonbatterie,  Mi  das  Mikrophon, 
P  einen  Verzweigungspunkt,  J  den  Induktor  mit  seinen  beiden 
Klemmen  J\  und  J2,  H\  bis  //5  die  fünf  Federn  des  Haken- 
umschalters. Das  Telephon  T  liegt  in  der  Mitte  der  sekundären 
Transformatorwicklung,  welche  dadurch  links  und  rechts  in  zwei 
Teile:  TrsfJIl  und  Trsf  llr  zerfäUt.  Was  mit  dieser  Teilung 
beabsichtigt  wird,  sagt  Ihnen  die  Erinnerung  an  unsere  frühere 
prinzipielle  Schaltungsskizze  (Fig.  297  auf  S.  461).  Der  Widerstand 
der  secundaren  Transformatorwicklung  wird  dadurch  rechts  und 
links  vom  Telephon  gleichmassig  verteilt,  und  beide  Teile  des 
Telephonkreises,  Hin-  und  Rückleitung,  erhalten  ein  gleiches  ('W. 


DigitizsdbyGOOgle 


504  ^ic  FemsprecbgehBuse  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate. 

Der  fremde  Weckstrom  nimmt  bei  angehängtem 
Hörer  folgenden  Weg:  La  —  /Körper.  —  JAchse.  —  JFeder 

—  Jl  —  JJ4  .5  —  W —  J2  —  Lb.  Er  geht  durch  den  eigenen 
Wecker.  (Dabei  endigt  blind  der  Weg  P  —  Trsfllr  —  T  — 
Trsflll  —  //3).  Bei  abgenommenem  Hörer  durchfliesst  der 
fremde  Weckstrom  zuerst  unverändert:  Ln  —  JKörper  —  JAchse 

—  JFeder  —  Jl  —  H4,   geht  dann  aber  HS,  Trsflll  —  T 

—  TrsflJr  —  P  —  J2,  U.  (während  der  Weg  P—  W—  IIb 
bhnd  endigL).  Der  fremde  Weckstrom  fliesst  durch  den  ab- 
genommenen Hörer,  in  dem  er  als  starker  Wechselstrom  niedriger 
Periodenzahl  ein  heftiges  Scharren  hervorruft,  das  den  hörenden 
Teilnehmer  oder  die  nach  der  gewünschten  Verbindung  fragende 
Gehilfin  belästigt.  Deshalb  drehe  man  die  Induktorkurbel 
nicht,  sobald  das  Gespräch  einmal  begonnen  ist.  Auch  sonst 
drehe  man  sie  nur  langsam,  damit  die  erzeugte  Wechselspannung 
hübsch  niedrig  bleibt.  Der  Zweck  des  Weckens  wird  dadurch 
auch  erreicht  und  die  Möglichkeit  einer  Belästigung  vermieden. 

Der  gedrehte  Induktor  schickt  den  eigenen  Weckstrom 
vom  Anker  durch  JKörper  —  La  —  Lb  —  J2  —  /Feder  zum 
Anker  zurück.  Nicht  gangbar  ist  der  Weg:  /Feder  —  /i  — 
HA,  weil  bei  angehängtem  Hörer  der  Weckerweg  Hb  —  W 

—  P  —  J2  durch  J2  —  J\  —  HA  —  Hb  kurz  geschlossen 
ist,  (während  blind  endigt  der  Zweig  P  -^  Trsfllr  —  T  — 
Tn-flll  —  //3)  und  weil  bei  abgenommenem  Hörer  der  Weg 
H3—  Trsflll  —  T—  Trsfllr  —  /2  wie  vorher  den  eigenen 
Wecker  jetzt  den  eigenen  Hörer  kurzschliesst,  (während  P —  W 
in  IIb  blind  endigt).  Bei  der  betrachteten  Schaltung  geht  der 
eigene  Weckstrom  mithin  nur  in  die  Leitung  und  weder  in  den 
eigenen  Wecker,  noch  den  eigenen  Hörer,  gleichgiltig,  ob  der 
abgenommen  ist  oder  nicht. 

Der  Verlaufder  Sprechströme  ist  ebenso  leicht,  zunächst  der 
des  eigenen:  AfJi  —  Mi  (durch  zwei  Kohlenstückchen  dargestelltl 

—  Trsfl  —  //2  .  1  —  MB,  Der  Induktionsstrom,  der  die  secun- 
däre  Transformatorwicklung  zur  Quelle  hat,  nimmt  den  Weg: 
Trsflll   -   T  —  Trsfllr  —  p  —  J2  —  Lb  —  La  —  /Körper 

—  /Achse  —  /Feder  —  /l  —  W4  .  3  —  Trsflll.  Der  eigene 
Sprechstrom  fliesst  über  den  eigenen  Hörer  in  die  Leitung. 

Dass  nun  der  fremde  Sprechstrom  über  die  eigene 
secundäre  Wicklung   in    das  eigene  Telephon  gelangt,    wo  er 


„Coogic 


1 


Die  FernsprechgeliSiise  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  505 

hingehört,  geht  aus  folgendem  Stromlauf  hervor:  La  —  /Körper 
—  JAchse  —  JFeder  —  Jl  —  //4.3  —  Trsflll  —  T  — 
TrsfJIr  ~P—J2  —  Za{P—  W  endigt  wieder  blind  in  7/5). 
Man  beachte,  der  fremde  Sprechstrom  durchläuft  die  Secundar- 
Wicklung  des  eigenen  Transformators,  deren  grosse  Selbst- 
induktion ihn  erheblich  schwächt. 

Hier  (Fig.  328)  die  Abbildung  zeigt  ein  Wandgehäuse  der 
englischen  Post,  noch  rait  den  alten  Hörern,  Walzenmikrophon 


Fig.  328.      Englisches  Wandgehäuse.      Nach  Cmtch. 

und,  wie  der  Knopf  an  der  linken  Wand  anzeigt,  mit  Batterie- 
anruf versehen.  Es  sind  aber  in  England  auch  neuere  Gehäuse 
in  grosser  Anzahl  im  Betrieb. 

Im  Gegensatz  zu  den  Wandgehäuse  erlauben  die  Tisch- 
gehäuse unmittelbar  vom  Arbeitsplatz  aus  zu  sprechen.  Sie 
sind  mit  einem  an  passender  Stelle  der  Wand  befestigten 
Klemmbrett,  durch  eine  Leitungsschnur  verbunden,  aber  selbst 
beweglich  und  stehen  auf  oder  neben  dem  Schreibtisch  bequem 
zur  Hand.  Man  braucht  seine  Arbeit  oder  Unterhaltung  kaum  zu 
unterbrechen  und  kann  mit  wenig  Zeitverlust  und  in  Müsse  und 
Behaglichkeit  telephonieren.  Die  körperliche  Ruhe  erleichtert 
es  vielen  auch,  die  Gedanken  so  zusammen  zu  nehmen,  wie 
es  die  Kürze  eines  telephonischen  Gespräches  verlangt.     Man 


Digitizsdb^COO'^le 


506  Die   Fernsprecheehflusc   und   die   in   ihnen   vereinigten   Apparsle. 

wird  ferner  mit  der  Annahme  nicht  fehl  gehen,  dass  bei  der 
Benutzung  von  Tischgehäusen  weniger  Ungeduld  zur  Erlangung 
des  richtigen  Anschlusses  verraten  wird,  als  es  sonst  wohl 
besonders  besetzten  oder  besonders  verstockten  Nummern 
gegenüber  vorkommen  mag. 

Hier  (Fig.  329)  steht  das  Tischgehäuse  der  Post,  zu  einer 
aesthetisch  so  befriedigenden  Form  durchgebildet,  vor  Ihnen, 
Der  schwarz  lakierte  Blechkasten  mit  dem  Reichsadler  ist  nach 


Fig.  329.      Deutsches  Tiscitge hause. 

meiner  Empfindung  geradezu  ein  Schmuck  geworden  und  den 
Spielereien  vorzuziehen,  bei  denen  der  Fernsprecher  mit  einem 
kunstgewerblichen  Gegenstand,  wie  einem  Photographierahmen 
oder  ähnlichem  in  Verbindung  gebracht  ist  und  dem  Beschauer 
verhüllt  werden  soll.  Diese  widersprechen  den  beiden  technisch- 
aesthetischen  Gesetzen,  die  im  Grunde  mit  einander  verwandt 
sind:  Schon  weil  sich  mit  der  höchsten  Zweckmässigkeit  von 
selbst  Schönheit  verbindet,  darf  keine  Maschine  mit  ihr  fremden 
Verzierungen  künstlich  beladen  werden.  Die  bei  Gebrauchs- 
gegenständen üblichen  Verzierungen  sollen  den  Verwendungs- 
zweck nicht  nur  nicht  verhüllen,  sondern  ihn  möglichst  deutlich 
hervortreten  lassen. 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  Femsprechgehftuse  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  507 

Bei  diesem  Tischgehäuse  und  anderen,  wie  zum  Beispiel 
dem  hier  {Fig.  330)  abgebildeten  schwedischen-,  ruht  oben  auf 
einer  die  Dienste  des  Hakenumschalters  leistenden  Gabel  der 
Handapparat.  Er  vereinigt  in  sich  mechanisch  Mikrophon 
und  Telephon  und  wird  deshalb  auch  Mikrotelephon  genannt. 
Die  Hand  umgreift  seinen  Hals,  wie  den  einer  Geige,  und  hält 
ihn  so,  dass  man  in  derselben  Stellung  in  das  Mikrophon 
hineinspricht  und  am  Telephon  hört.  Der  Hals  des  Hand- 
apparates kann  zur  Einstellung  auf  verschieden  lange  Köpfe, 
wie  ein  Fernrohr,  ausziehbar  eingerichtet  sein. 


Fig.  330.     Schwediächea  TIschgehaiise.     Von  Ericsson. 

Sie  beachten  an  ihm  (in  Fig.  329  im  Gehäusedeckel)  einen 
Knopf,  der  auch  als  Hebel  ausgebildet  wird.  Die  haltende 
Hand  ist  nur  mit  einiger  Unbequemlichkeit  im  Stande,  ihn 
niederzudrücken.  Es  giebt  Gehäuse,  bei  denen  der  Hebel  die 
sonst  von  der  Gabel  versehenen  Umschaltungen  teilweise  oder 
ganz  besorgt.  Im  letzteren  Falle  ist  dann  die  Gabel  fest 
und  schaltet  überhaupt  nicht.  In  beiden  Fällen  muss  man  den 
Hebel  natürlich  während  der  ganzen  Dauer  des  Gespräches 
niederdrücken.  Beim  Gehäuse  der  Post  dagegen  hat  der  Knopf 
einen  anderen  Zweck.  Er  schliesst,  wenn  er  niedergedrückt 
wird,  die  secundäre  Transformatorwicklung  kurz.  Dadurch 
bleibt  der  fremde  Sprechstrom  vor  ihrer  Selbstinduktion  bewahrt 


DigitizsdbyGOOgle 


508  ^'"  FernsprechgehAuse  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate. 

und  wird  folglich,  wie  die  meisten  von  Ihnen  aus  Erfahrung 
wissen  werden,  weniger,  als  sonst,  geschwächt.  Das  ist  von 
besonderer  Bedeutung  für  Ferngespräche  mit  ihren  schon  ohne- 
hin durch  den  Widerstand  der  langen  Fernleitung  geschwächten 
Sprechströmen.  Man  darf  aber  den  Knopf  nur  während  des 
eigenen  Hörens  niederdrücken  und  für  das  eigene  Sprechen 
nicht  vergessen,  ihn  loszulassen.  Sonst  können  Sie  durch 
Fragen  wie  =Sind  Sie  noch  dort«  belehrt  werden,  dass  Sie  in 
den  Wind  gesprochen  haben.  Denn  der  durch  die  Schwankungen 
Ihres  Mikrophones  in  Ihrer  secundären  Transformatorwicklung 
induzierte  eigene  Sprechstrom  ist  so  gut,  wie  ganz,  über  ihren 
Kurzschluss,  anstatt  über  den  grossen  Widerstand  der  Leitung 
geflossen. 

Hier  mag  noch  eine  bei  der  Post  nicht  gebräuchliche 
Schaltungsweise  erwähnt  werden,  die  das  Telephon,  statt  hinter 
die  secundäre  Transformatorwicklung,  ihr  parallel,  an  ihre 
Klemmen  legt.  Dann  geht  freilich  im  gebenden  Gehäuse  nur 
ein  Zweigstrom  in  die  Leitung  und  im  empfangenden-  von 
diesem  Zweigstrom  wieder  nur  ein  Teil  in  das  Telephon.  Aber 
anderseits  ist  ein  sehr  viel  geringerer  Widerstand,  und  zwar 
Ohmscher  Widerstand,  wie  Induktanz,  wirksam. 

In  der  Schaltungsskizze  des  Tischgehauses  (Fig.  331  auf 
Tafel  V)  sehen  Sie  auf  der  Schaltgabel  den  Handapparat,  durch 
eine  —  sagen  wir  —  vieradrige  Leitungsschnur  mit  den  Klemmen 
verbunden,  die  am  Gehäuse  hier  rechts  erscheinen.  Die  links 
führen  Ober  eine  zweite  Leitungsschnur  zu  einem  an  einer 
passenden  Stelle  der  Wand  befestigten  Klemmbrett,  an  dem 
die  von  draussen  kommende  Hin-  und  Rückleitung  und  die 
Mikrophonbatterie  mit  ihren  beiden  Klemmen  liegen.  In  der 
Skizze  ist  das  Klemmbrett  mit  der  zu  ihm  führenden  Leitungs- 
schnur fortgelassen  und  Leitung  und  Batterie  gleich  an  den 
Gehäuseklemmen  links  angreifend  gedacht. 

Suchen  Sie  sich  zunächst  wieder  den  gestrichelt  gezeichneten 

Mikrophon  kreis  auf:  il/7f+ \- D —  unteres  Jf — Mikrophon 

des    Handapparates    —    oberes  M   —    Gabel  2    —    Trsf  I  — 
—  I!  links MB   —  MJi  —  MB +. 

Ist  der  Handapparat  von  der  Gabel  genommen,  so  ist  über 
2  der  Mikrophonkreis  geschlossen.  Die  durch  das  Sprechen 
dem  Mikrophonstrome  aufgedrückten  Schwankungen  induzieren 


DigitizsdbyGOOgle 


Die  Fcrnsprechgehiuse  und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate.  509 

in  der  secundären  Wicklung  des  Transformators  den  nach 
aussen  bestimmten  Sprechstrom,  der  folgenden  Weg  nimmt; 
Tifif  II —  oberes  T —  Telephon  des  Handapparates  —  unteres  T 
~  J2  ~  Lb  —  La  —  Induktor  (Körper,  Achse,  Feder,  Jl)  — 
Gabel  1  o .  J  —  Trsf  II  —  (der  Weg  Lb  ~  W  endigt  in  Gabel  1  c 
blind).  Bei  abgenommenem  Handapparat  geht  der  eigene 
Sprechstrom  über  das  eigene  Telephon  in  die  Leitung.  — 

Der  fremde  Sprechstrom  verläuft  folgendermassen :  La  — 
Induktor  (Körper,  Achse.  Feder,  J\)  —  Gabel  \t<,h  —  Tr^' II 
—  oberes  T —  Telephon  —  unteres  T — Lb{L'i —  TV  endigt 
wieder  in  Gabel  1  c  blind). 

Der  eigene  Weckstrom  nimmt  folgenden  Weg:  Induktor 
{Anker,  Feder,  J2)  —  L6  —  Fremdes  Gehäuse  —  La  — 
Induktor  (Körper,  Anker).  Der  eigene  TTist  bei  gesenkter  Gabe 
kurz  geschlossen,  bei  gehobener  von  G  \a  abgetrennt.  Beim 
Wecken  läutet  mithin,  wie  früher,  der  eigene  Wecker  nicht  mit. 


Fig.  332.     Unser  Patrouillenapparat. 

Fremder  Weckstrom:  La  —  Induktor  (Körper,  Achse, 
Feder,  J\)  —  Gabel  1  a  und  entweder  I  c  —  W —  Lö  oder  1  h  — 
Trsf  II  ~  T  —  Telephon  —  T—  L6.  Ebenfalls  wie  früher, 
durchfliesst  der  fremde  Weckstrom  nur  den  in  der  Hand 
gehaltenen  Hörer  und  sonst  den  Wecker. 

Thatsachlich  enthalt  die  Leitungsschnur  noch  eine  fünfte 
Ader.     Sie  führt  von  der  linken  Klemme  des  Trsf  II  zum  Knopf 


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Die  Fernsprechgehäuse   und  die  in  ihnen  vereinigten  Apparate. 

Handapparates,  der  bei  Druck  die  von  dem  oberen  T 
imenden  Leiter  berührt  und  so  den  besprochenen  Kurzschluss 
I  Trsf  11  herstellt. 
Ein  ähnlicher  Handapparat  mit  umklappbarem  Mikrophon, 
unter  Verwendung  des  s.  g.  Summerprinzipes  als  Morse- 
jfänger  dient,  ist  hier  (Fig.  332)  seiner  militärischen  Bedeutung 
jen  abgebildet.     Mit  dieser  anderen  von  Ericsson  fabrizierten 


Fig.  333.     Patrouillenapparal  der  englischen  Armee. 

■m  (Fig.  333)  sollen  im  Burenkriege  englische  Patrouillen  mit 
ikem,  nur  auf  der  Erde  hegenden  Kupferdraht  auf  über 
km  telegraphiert  haben. 

Die  Besprechung  der  Gehäuse  dürfen  wir  nicht  abschliessen, 
le  die  Automaten  (Fig.  334)  erwähnt  zu  haben,  die  an 
;emein  zugänglichen  Orten  aufgestellt  sind  und  gegen  Einwurf 

ein  oder  zwei  Zehnpfennigstücken  jedem  das  Fernsprechen 
öglichen.  Das  Geld  wird,  wie  bei  anderen  Automaten  auch, 
inen  Schlitz  passender  Grösse  geworfen.  Der  Ton,  den  es 
ei  erzeugt,  dient  auf  dem  Amte  als  Kontrolle  der  Bezahlung. 

Automaten  sollten  bei  uns  noch  verbreiteter  sein,  sodass 
1  nur  ein  Paar  Schritte  zu  thun  braucht,  wo  einem  auch 
ler  der  Wunsch  nach  einem  telephonischen  Gespräche  kommt, 
1  man  nicht  erst  genötigt  ist,  die  Freundlichkeit  eines  Laden- 


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c  FernsprechgehSuse  und  die  u 


1  Apparate. 


511 


Inhabers  durch  einen  unbeabsichtigten  Einkauf  zu  gewinnen. 
Freilich  wird  falschlicher  Weise  ein  automatisches  Gespräch  als 
teuer')    angesehen,    seit    die   wenig   glückliche   Einrichtung   der 


EinzelgebQhr,  die,  Stephans  Geiste  zuwider,  so  garnicht  in 
unsere  Zeit  des  Einheitsportos  und  der  Einheitstarife  passt,  die 
Möglichkeit  bietet,  schon  für  fünf  Pfennig  zu  sprechen. 


1  London  kostet  c 


1   Innern   der  Stad 


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Die  Aufgaben  des  Fernsprechamtes 


ie  Aufgaben  des 

Fernsprechamtes. 


Herstellung  und  Losung  eines  Doppelcontaktea  durch  die  grosse  Anzahl  luiverhUtniS' 

massig  eischwert.   —  Bei  Vielfachschaltung  haben  a  Leitungen  aia — 1)  Verbindungen. 

—  Klinke.     StOpsel.     Vielfachprinzip.   —  Dreiecks  schrank. 


Wollen  zwei  Teilnehmer  einer  Fernsprechanlage  mit  einander 
telephonisch  sprechen,  so  müssen  vorher  die  aus  ihren  Gehäusen 
hervorgehenden  Drahtpaare  Ln  und  £i  mit  einander  leitend 
verbunden  werden.  Diesen  Doppelcontakt  schnell  und  sicher 
herzustellen  und  nach  Beendigung  des  Gespräches  zu  lösen, 
das  ist  eigentlich  die  ganze  Aufgabe  des  Amtes. 

Aber:    Leicht  bei  einander  wohnen  die  Gedanken, 

Doch  hart  im  Räume  stossen  sich  die  Sachen. 

Bei  den  Fernsprechämtern  zeigt  sich  mehr,  als  vielleicht 
irgend  wo  anders  in  der  Technik,  dass  Absicht  und  Ausführung 
zwei  sehr  verschiedene  Dinge  sind.  So  einfach  im  Prinzipe  die 
Herstellung  und  Lösung  eines  Contaktes,  so  ausserordentlich 
verwickelt  die  Fernsprechämter.  Ihre  Entwicklung  durch  weniger 
als  dreissig  Jahre,  hervorgerufen  durch  die  Anforderungen  der 
Praxis,  getrieben  von  der  Peitsche  des  Wettbewerbes,  ist  so 
recht  ein  Beispiel  für  die  Schnelligkeit  des  heutigen  technischen 
Fortschrittes.  Ihr  Verständnis  erfordert  geradezu  ein  eigenes  und 
eingehendes  Studium,  und  nur,  wer  von  Ihnen  zu  einem  solchen 
entschlossen  ist,  möge  sich  näher  mit  den  Amtern  beschäftigen. 
Wir  haben  nicht  einen  Teil  der  dafür  notwendigen  Zeit.  Dazu 
kommt,  dass  das  Amt  in  diesem  Augenblicke  weit  mehr,  als 
alles  bis  jetzt  besprochene,  im  Flusse  der  Entwicklung  steht. 
Was  eben  kaum  gebaut,  ist  schon  wieder  veraltet.  Überdies 
will  die  gemeinsame  Amtsbatterie,  die  beim  Teilnehmer 
Zellen  und  Induktor  erspart,   alles  gewohnte  über  den  Haufen 


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Die  Aufgaben  des  Fernsprechamtes.  513 

werfen.  In  der  jetzigen  Zeit  des  Überganges  ist  es  daher  umso 
angenehmer,  sich  auf  ganz  wenige  Bemerkungen  beschränken 
zu  dürfen. 

Beantworten  wir  zunächst  die  Frage,  weshalb  die  an  sich 
einfache  Aufgabe,  zwei  Drahtpaare  mit  einander  zu  verbinden, 
fernsprechtechnisch  so  ausserordentUch  verwickelt  wird?  Nun 
aus  eben  dem  Grunde,  der  die  Organisation  und  Leitung  aller 
Betriebe  mit  steigender  Grösse  unverhaltnismässig  erschwert, 
mag  es  sich  dabei  um  Staaten  oder  Heereskörper,  Fabriken 
oder  Warenhäuser  oder  anderes  handeln. 

Die  Thätigkeit  eines  Fernsprechamtes,  auf  dem  o  Anschlüsse 
einmünden,  scheint,  mathematisch  betrachtet,  in  der  Kombination 

von  o  Grössen    zu    zweien  zu  bestehen.     Das  wären -„ — - 

verschiedene  Kombinationen,  wenn  man  Verbindungen  wie  1  mit  2 
und  2  mit  1  als  die  gleichen  ansieht.  TTiatsächlich  geschieht  das 
aber  bei  der  üblichen  Vielfachschaltung  nicht.  Nummer  1 
und  2  werden  auf  verschiedene  Weise  mit  einander  verbunden, 
je  nachdem  1  oder  2  anruft.  So  kann  thatsächlich  jeder  der 
vorhandenen  a  Anschlüsse  mit  einem  der  übrigen  {a  —  \)  ver- 
bunden werden.  Das  giebt  o  (a— 1)  oder  bei  grossem  o  so  gut, 
wie  «^  Verbindungen.  Stellen  wir  uns  einige  Zahlen  von  Teil- 
nehmern und  den  dazu  gehörigen  Verbindungen  zusammen: 

Teilnehmer:       0    1    2   3    5     10      100         1000  20000 

Verbindungen:  0   0   2   6   20   90    10000    l  Million  400  Millionen 

Eine  Kurve  für  die  Abhängigkeit  beider  können  Sie  sich  bei 
gleichem  Massstabe  für  a  und  a*  nur  für  kleine  Werte  zeichnen. 
Bei  grösseren-  steigt  die  Zahl  der  Verbindungen  zu  stark  an. 
Auf  einem  Amt  mit  zwanzigtausend  Teilnehmern,  ist  eben  die 
ungeheure  Zahl  von  nahezu  vierhundert  Millionen  Verbindungen 
möglich.  Dabei  ist  noch  von  allen  denen  zu  einem  anderen 
Amte  abgesehen. 

Die  Verbindung  der  Fernsprechleilungen  geschieht  nun 
nicht  in  der  alten,  in  der  Telegraphie  noch  fast  allgemein 
üblichen  Weise,  dass  die  beiden  Leitungen  in  gleichartigen 
sich  kreuzenden  Schienen  endigen  und  diese  durch  einen,  sie 
beide  berührenden  Messingstöpsel  verbunden  werden.     Vielmehr 


„Coogic 


514  ^'^  Aufgaben  des  Fernsprechamtes. 

endigt  die  anzurufende  Leitung  in  einer  röhrenförmigen  Ver- 
einigung von  Blattfedern,  die  man  Klinke  nennt,  obschon  sie 
mit  dem,  was  man  sonst  unter  Klinke  versteht,  nichts  zu  thun 


Fig.  335.     Klinke  und  Stöpsel. 

hat.  Hier  {Fig.  335)  ist  eine  solche  Fernsprechklinke  und  da^u 
der  elektrisch  dreiteilige  Stöpsel,  in  dem  die  anrufende  Leitung 
endigt. 

Der  Verbindung  beider  Leitungen,  das  heisst  dem  Einsetzen 
des  Stöpsels  der  rufenden  Leitung  in  die  Klinke  der  gerufenen-, 
muss  natürlich  der  Anruf  des  Amtes  und  die  Verständigung 
mit  ihm  vorhergehen.  Das  alte  Mittel  des  Anrufs  ist  die  Klappe. 
Der  Weckstrom  des  anrufenden  Teilnehmers  durchfliesst  die 
Wicklung  eines  gewöhnlich  hinkenden  Elektromagneten,  Der 
Anker  wird  angezogen,  und  ein  mit  diesem  verbundener  Haken 
giebt  die  Klappe  frei.  Sie  fällt  und  die  bis  jetzt  von  der  Klappe 
bedeckte  Nummer  des  weckenden  Teilnehmers  wird  sichtbar. 
Neuerdings  sind  die  fallenden  Klappen  auch  durch  hervor- 
springende Elfenbeinstiftchen,  die  s.g.  Springzeichen  und  durch 
ins  Leuchten  geratende  Glühlampen  ersetzt  worden. 

Auf  den  Anruf  hin  setzt  nun  die  Gehilfin  {siehe  die  Vig- 
nette auf  S.  514)  Kopfhörer  und  Brustmikrophon  ihres  Abfrage- 
apparates, wie  man  in  Anklang  an  die  Schule  sagt,  mit  dem 
rufenden  Teilnehmer  in  Verbindung  und  erfährt  die  gewünschte 
Nummer.  Damit  sie  nun  im  Stande  ist,  den  rufenden  Teilnehmer 
mit  jedem  anderen  des  Amtes  zu  verbinden,  müssen  auf  ihrem 
Platz  neben  einer  kleinen  Zahl  von  ihr  bedienter  rufender 
Leitungen,  die  »auf  Klappe  liegen«  und  wie  erwähnt,  in  Stöpseln 
münden,  die  sämtlichen  anderen  Leitungen  in  Klinken  endigen. 
Denn  sie  kann  für  die  verlangte  Verbindung  nicht  erst  die  Mit- 
wirkung einer  Nachbarin  erbitten.  Es  bleibt  eben  nichts  übrig, 
als  Vielfachschaltung  zu  verwenden,  das  heisst  samtliche 
Leitungen  durch  sämtliche  Arbeitsplätze  zu  führen  und  jede 
Leitung    auf  Jedem  Platze  in  einer  Klinke  endigen  zu  lassen. 


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Die  Aufgaben  des  Fernsprechamtes. 


D,„i,„db,Goo<^le 


A 


mf  den  verschiedenen  Plätzen 
allel.  Aus  diesem  einfachen 
chen  Kunstwerke  der  heutigen 
n,  wie  Sie  hier  (Fig.  336)  eins 

:r  Dreiecksschrank  von  Mix 
er,  als  ein  Fernsprechamt  en 
miniature,  bei  vielen  Teil- 
nehmern neben  dem  Gehäuse 
an  der  Wand  hängt.  Er  dient 
dazu,  dieses  Gehäuse  mit 
anderen  nicht  unmittelbar  an 
das  Amt  angeschlossenen- 
oder  diese  untereinander  oder 
mit  dem  Amt  zu  verbinden. 
Hier  ist  ein  Dreiecksschrank 
für  fünf  Leitungen.  Schreiben 
sie  sich  die  Verbindungs- 
mögiichkeiten  auf:  (1  und  2 
bis  1  und  5)  darunter  (2  und  1 
bis  2  und  5)  bis  (5  und  1  bis 
5  und  4)  und  streichen  Sie 
von  den  doppelt  vorhandenen- 
die  spätere  wieder  aus.  Es 
bleiben  —  unserer  früheren 
Angabe  entsprechend  —  nur 

und   zwar,    wie  auch  auf  dem 

form  angeordnet.  Jede  Klinke 
de  zu  verbindende  Leitungen. 
I  besorgt  so  die  Verbindung, 
ur  zu  tragen  braucht.  Hierin 
•reiecksschrankes. 


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Funkentelegraphie. 


23.  Vorlesung. 

Funkentelegraphie. 

Erster  Teil. 

Funkentelegraphische  Erscheinungen  nicht  merkwürdiger,  ata  alle  anderen  elclttrischen- 
auch.  Dazu  Ämter  verbunden,  wenn  auch  nicht  durch  Draht.  Notwendigkeit  eines 
Körpers  lur  Ausbreitung  von  Schall,  Licht  nnd  Wflrme.  Äther.  —  Atherquerwellen, 
Geschwindigkeit  conslant.  Schwingungszablen  und  Wellenlangen  mit  einander  ver- 
änderlich. Freie  elektHsche  Wellen.  Vom  Funken  erregte  Drahtwellen  stossen  deo 
Äther  lu  freien  Wellen  an.  Fritter.  Antennen.  ~  Hertische  Versuche  zeigen  Aus- 
breitung,  Spiegelung,  Brechung,  Interferenz,  Geschwindigkeit  elektrischer  Wellen. 


Unsere  beiden  letzten  Vorlesungen  behandeln  die  Funken- 
telegraphie, jene  neue  Art  der  Telegraphie,  die  bei  unserer 
sonst  an  ausserordentliche  technische  Leistungen  so  gewöhnten 
Zeit  lebhaftes  Staunen  erregt  hat.  Das  Merkwürdige  scheint 
darin  zu  liegen,  dass  Ämter  mit  einander  telegraphisch  ver- 
kehren, ohne  doch  durch  ein  wahrnehmbares  Hilfsmittel,  durch 
einen  Leitungsdraht  verbunden  zu  sein. 

Diese  drahtlose  Telegraphie,  wie  sie  in  Anlehnung  an 
die  englische  Bezeichnung  oft  genannt  wird,  benutzt  aber 
Erscheinungen,  die  in  Wahrheit  nur  ebenso  merkwürdig  sind, 
als  alle  anderen  elektrischen-  auch.  Genau  genommen,  ist  sogar 
das  Staunen  erregende  gar  nicht  einmal  vorhanden.  Die  Amter 
sind  sehr  wohl  mit  einander  verbunden,  wenn  auch  nicht  gerade 
durch  einen  dem  Auge  sichtbaren  Leitungsdraht.  Denn  hier 
ebenso  wenig,  wie  in  irgend  einem  anderen  Falle,  könnte  es 
sich  der  gesunde  Menschenverstand  vorstellen,  dass  Körper 
auf  einander  wirken,  wenn  sie  sich  nicht  entweder  unmittelbar 
cder  durch  ein  vermittelndes  Bindeglied  berühren.  Zwei  Boxer 
(ohne  Handschuhe)  würden  die  unmittelbare  Berührung  ver- 
sinnbildlichen, zwei  Schulzen  die  mittelbare.  —  Wählen  Sie  ein 
anderes  Beispiel:  Der  Ton  dieses  Weckers  kann  praktisch  nur 
dann  an  Ihr  Ohr  gelangen,  wenn  eine  Luftschicht  eine  ununter- 


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518  Funkenlelegraphie. 

brochene  Verbindung  zwischen  Wecker  und  Ohr  bewirkt.  Der 
von  seinem  Klöppel  erschütterte  Wecker  versetzt  die  Luft  in 
seiner  Nähe  in  Schwingungen.  Diese  pflanzen  sich  bis  zu 
Ihrem  Ohre  fort  und  erzeugen  dort  den  Eindruck  des  Schalles. 
Der  Wecker  steht  auf  dem  Teller  einer  Luftpumpe,  Die  Ober 
ihn  gestülpte  Glasglocke  verhindert  das  Herausdringen  des 
Schalles  nur  wenig.  Sobald  aber  die  Pumpe  arbeitet  und  die 
Luftschicht  um  die  Glocke  entfernt,  wird  der  Ton  leiser  und 
erstirbt  bald  vollständig.  Der  Versuch  beweist  unzweideutig, 
dass  der  Wecker  nur  dann  auf  unser  Gehörorgan  wirken  kann, 
wenn  sich  zwischen  Wecker  und  uns  ein  vermittelnder  StofiF, 
hier  die  Luft,  befindet. 

Ein  anderes,  sehr  ähnUches  Beispiel:  Sollen  Licht  und 
Wärme  von  der  Sonne  zur  Erde  strahlen,  so  dürfen  sich  Sonne 
und  Erde  nicht  durch  einen  leeren  Raum  bewegen.  Wie  sollen 
wir  Kenntnis  von  der  Sonne  haben ,  wenn  kein  Stoff  die 
Nachricht  ihres  Daseins  zu  uns  herüberträgt?  Wir  könnten 
ihre  Scheibe  nicht  sehen,  ihre  Wärme  nicht  fühlen,  wenn  nicht 
eine  von  ihr  stammende,  zu  uns  fortgepflanzte  Bewegung  unsere 
Seh-  und  Hautnerven  schlüge.  Diese  Bewegung  muss  von 
einem  Körper  übertragen  werden,  wie  der  Schall  des  Weckers 
von  der  Luft.  Die  Physik  nennt  diesen  Körper  Äther  und 
behauptet,  dass  er  als  ein  ausserordentlich  fein  verteilter  Stoff 
den  Weltenraum  und  alle  anderen  Körper  durchdringt.  Sie 
denkt  ihn  sich  so  fein,  dass  sich  gegen  ihn  nicht  nur  die  Luft, 
sondern  die  Wände  dieses  Hörsaales,  der  Experimentiertisch, 
überhaupt  alle  Körper,  fest,  flüssig  oder  gasförmig,  wie  weit- 
maschige Netze  verhalten.  Natürlich  giebt  es  kein  Gefäss,  Äther 
zu  bewahren,  zu  verdichten  oder  zu  verdünnen,  und  keine 
Wage,  ihn  zu  wägen,  wenn  er  auch  unserem  Geiste  wägbar 
bleibt. 

Das  Licht  besteht,  so  wissen  wir  schon  lange,  in  Quer- 
wellen dieses  Äthers.  Natürlich  beansprucht  ebenso,  wie  die 
Fortpflanzung  der  Schallwellen  vom  Wecker  zum  Ohre,  auch 
die  Fortpflanzung  der  Lichtwellen  von  der  Sonne  zur  Erde 
Zeit,  beiläufig  fünfhundert  Sekunden.  Beide  Wellenarten  haben 
eine  Geschwindigkeit,  wenn  auch  bekanntlich  von  sehr  ver- 
schiedener Grösse.  Da  die  Sonne  im  Durchschnitt  150  Millionen 
Kilometer  =  15.  10'-  cm  von  der  Erde  entfernt  ist,  berechnen 


DigitizsdbyGOOgle 


FmKentelfgraphie.  519 

Sie  die  Geschwindigkeit  des  Lichtes  zu  300  000  km'sec.  = 
3.10'"  cm/sec.  Das  ist  die  vor  Langem  nach  verschiedenen 
Versuchsmethoden  übereinstimmend  gefundene  Zahl. 

Sie  haben  früher  (S.  209)  erfahren,  dass  jeder  Körper  unter 
den  gleichen  Bedingungen  die  in  ihm  erzeugten  Wellen  stets 
und  unveränderlich  mit  der  gleichen  Geschwindigkeit  c  fort- 
pflanzt. Veränderlich  waren  aber  die  beiden  Faktoren  dieser 
Geschwindigkeit  c:  die  Wellenlange  l  und  die  Schwingungszahl ». 
Eine  Ätherwelle  mit  der  ungeheuren  Schwingungszahl  von 
ungefähr  750  Billionen  gleich  7,5. 10'*  pro  Sekunde  erzeugt  in 
unserem  Auge  die  Empfindung  violetten  Lichtes.  Dessen 
Wellenlänge  ergiebt  unsere  Gleichung  i  =  c/n  zu  3  ,  \0"'P,5.  10" 
=:  4.  10"^  cm  =  0,4  Tausendstel  Millimeter. 

Das  am  langsamsten  schwingende  Licht,  das  rote,  macht 
nur  etwa  halb  so  viele  Schwingungen  in  der  Sekunde,  als  das 
violette,  nämlich  375  Billionen.  Bei  derselben  Fortpflanzungs- 
geschwindigkeit muss  mithin  seine  Wellenlänge  doppelt  so  gross 
sein,  als  die  des  Violett,  das  heisst  0,8  Tausendstel  Millimeter. 
Schwingungszahl  halb,  Wellenlänge  doppelt,  Geschwindigkeit 
ebenso  gross.  Vergleichen  Sie  die  verschiedenen  Farben  mit 
den  Stufen  einer  Tonleiter,  so  ist  Violett  die  nächst  höhere 
Oktave  von  Rot.     Rot  entspricht  dem  Ton  a,.  Violett  a^. 

Aber  Rot  ist  längst  nicht  der  tiefste  Ätherton-  Der  Äther 
kann  sehr  viel  langsamer  schwingen.  Schon  die  von  einem 
dunklen  warmen  Körper  ausgesandten  Strahlen  zeigen  eine 
weitere  Abnahme  der  Schwingungszahl  und  entsprechende 
Zunahme  der  Wellenlänge.  Denn  auch  die  Geschwindigkeit 
dieser  Wellen  ist  3.10'"  cm/sec.  In  ihrem  Wesen  sind  die 
Wellen,  die  Licht  und  die,  die  Wärme  zu  uns  tragen,  keineswegs 
verschieden.  Beide  sind  Querwellen  des  Äthers  von  der  diesen 
zukommenden  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  3.  10'"  cm/sec, 
die  Lichtwellen  schneller  schwingend  und  kürzer,  die  Wärme- 
wellen langsamer  schwingend  und  länger.  Dass  sie  sich  in 
ihrer  physiologischen  Wirkung  unterscheiden,  dass  wir  zu  ihrer 
Wahrnehmung  zweier  verschiedener  Sinnesorgane:  Auge  und 
Haut  bedürfen,  ist  weniger  ihre,  als  unseres  Körpers  Schuld. 

Für  noch  längere  Ätherwellen  fehlt  ihm  nun  überhaupt 
ein  Organ,  sie  aufzunehmen,  ein  Sinn,  sie  zu  fühlen.  Dieses 
sind    die    elektrischen  Wellen.     Auch    sie    sind    im  Wesen 


DigitizsdbvGOOgle 


520  Funkcntelegraphic. 

nicht  von  den  anderen  Querwellen  des  Äthers  unterschieden. 
Auch  sie  haben  bei  derselben  Fortpflanzungsgeschwindigkeit 
von  3.  10  "^  cm'sec.  nur  eine  grössere  Wellenlänge  l  und  eine 
entsprechend  kleinere  Schwingungszahl  »i. 

Elektrische  Wellen  sind  Ihnen  nichts  eigentlich  neues  mehr. 
Denn  die  Teiegraphierströme  und  erst  recht  die  Sprechströme 
verlaufen  wellenartig.  Unter  Wellentelegp-aphie  schlechthin 
ohne  weiteren  Zusatz  sollte  man  deshalb  niemals  die  Funken- 
telegraphie  verstehen.  Jede  Telegraphie  ist  Wellentelegraphie. 
Der  schon  erwähnte  Name  drahtlose  Telegraphie  ist  zwar 
insofern  bezeichnend,  als  das  Fehlen  eines  Leitungsdrahtes 
zwischen  den  beiden  mit  einander  telegraphierenden  Ämtern 
allerdings  das  Hauptmerkmal  der  Methode  ist.  Hingegen  ver- 
langt sie  sonst  Draht  genug,  und  eine  Station  für  drahtlose 
Telegraphie  besteht,  bei  Lichte  besehen,  zum  grösseren  Teile 
aus  Draht. 

Ein  ähnlicher  Vorwurf  trifft  den  amtlichen  deutschen  Namen: 
Funkentelegraphie  nicht.  Denn  ihr  Betrieb  wird  mit  Hilfe  von 
elektrischen  Wellen  geführt,  wie  sie  vom  elektrischen  Funken 
und  nicht  anders  erregt  werden.  Dabei  erscheint  mir  die 
Erwägung  nicht  Ausschlag  gebend,  dass  der  Funken  auch  eine 
störende  Eigenschaft  besitzt,  und  ob  unter  Bedingungen,  wie 
sie  in  der  Natur  nicht  vorhanden  sind,  oder  mit  Hilfe  noch 
unbekannter  Erscheinungen  eine  Erregung  der  Wellen  auch 
ohne  ihn  möglich  wäre.  Thatsächlich  ist  es  zur  Zeit  immer 
der  Funke,  der  den  umgebenden  Äther')  Wellen  schlagen  lässl, 
gerade  wie  die  angeschlagene  Stimmgabel  oder  die  gestrichene 
Geigensaite  die  umgebende  Luft. 

Was  nun  die  wichtigste  Eigenschaft  des  elektrischen  Funkens 
betrifft,  so  besteht  er,  wie  Ihnen  bekannt,  nicht  in  einem 
sofortigen  Ausgleich  des  elektrischen  Gegensatzes  zwischen 
den  beiden  Endkugeln  von  Ruhmkorff  oder  Influenzmaschine. 
Vielmehr  lässt  eine  Art  Trägheit  die  Elektricitätsmenge,  die 
den  Ausgleich  besorgen  will,  wie  ein  Pendel  über  das  Ziel  hinaus- 
schiesscn.  Zurückschwingend,  wiederholt  sich  das  Gleiche  in 
geringerem  Grade,  bis  nach  einigen  Hin-  und  Hergängen  Ruhe 
eintritt.     Zur    Erläuterung    des  Vorganges   wurde   seiner   Zeil 

')  Der  Name  Alhtrleltgraphie  isl  nicht  besser  gewählt.  Ohne  Äther  kftnnlc 
auch  keine  Morsespule  arbeiten. 


DigitizsdbyGOOgle 


Funkentelegrapflie.  521 

(Fig.  59  auf  S.  93)  ein  Funkendiagramm  entworfen,  an  das  Sie 
sich  bitte  erinnern  wollen.  Es  stellte  den  Verlauf  der  Strom- 
stärke /  dar  in  Abhängigkeit  von  der  2eit  t,  die  der  Funken 
andauert. 

Sehen  Sie  nun  dieses  wellenförmige  Hin-  und  Herpendeln 
der  Elektricitat  in  dem  durch  die  Funkenstrecke  unterbrochenen 
Drahtkreis  als  eine  elektrische  Drahtwelle  an.  Sie  ist  zwar 
selbst  an  den  Leiter  gebunden.  Aber  sie  stösst  den  den  Leiter 
umgebenden  Äther  zu  elektrischen  Wellen  an,  die  frei  in  den 
Raum  hinauswandern.  Nun  verklingt ,  die  Drahtwelle  schnell. 
Das  Pendeln  in  Draht  und  Funkenstrecke  dauert  nur  kurze 
Zeit  an.  Schon  wenige  Hin-  und  Hergange  bedeuten  eine  der- 
artige Ausgabe  an  Energie,  dass  alsbald  wieder  Ruhe  eintritt. 
Das  wird  darunter  verstanden,  wenn  man  die  Drahtwelle  stark 
gedämpft  nennt,  während  die  von  einem  Magnetinduktor 
gelieferte  Wechselstromwelle  solange  ungedämpft  andauert,  als 
die  Kurbel  gedreht  wird.  Die  gedämpfte  Drahtwelle  hört 
natürlich  mit  ihrem  Dasein  auch  sehr  schnell  wieder  auf,  freie 
Wellen  auszusenden.  Wo  die  Welle  eben  erst  eingesetzt  hat, 
beruhigt  sich  gleich  darauf  der  Äther  wieder.  Die  Bewegung 
ist  weitergezogen,  Sie  werden  am  nächsten  Male  sehen,  auf 
welche  Weise  die  Funkentelegraphie  die  ihr  unerwünschte 
Dämpfung  ihrer  Wellen  bekämpft. 

Wie  erwähnt,  fehlt  es  unserem  Körper  an  einem  Sinnes- 
organ zur  unmittelbaren  Wahrnehmung  elektrischer  Wellen. 
Die  Drahtwellen  werden  nun  freilich  von  Wechselstrommessern 
angezeigt.  Aber  zum  Nachweise  freier  elektrischer  Wellen 
waren  auf  Grund  neuer  Thatsachen  Wellenzeiger  erst  zu 
erfinden.  Heute  giebt  es  deren  eine  ganze  Reihe,  von  denen 
wir  uns  einige  nachher  genauer  ansehen  werden.  Für  jetzt 
bitte  ich  Sie,  mir  zu  glauben,  dass  der  Inhalt  dieser  kleinen 
Glasröhre,  eines  Fritters,  seinen  an  sich  hohen  Leitungs- 
widerstand plötzlich  und  sehr  stark  verringert,  sobald  elektrische 
Wellen  auf  ihn  treffen.  Leichtes  Klopfen  auf  die  Röhre  lässt 
den  gut  leitenden  Zustand  ihres  Inhaltes  ebenso  plötzlich  wieder 
verschwinden,  wie  er  gekommen. 

Ein  solcher  Fritter  ist  nun  hier  (Fig.  338)  mit  einem 
Trockenelement  und  einem  Galvanometer  hinter  einander  in 
einen    Stromkreis  geschaltet.     Der    hohe   Ruhewiderstand    des 


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522 


Funtentelegraphic. 


Flitters  hält  den  Galvanometerzeiger  nahezu  auf  Null.  Sie 
sehen  aber  den  starken  Ausschlag,  sobald  zwischen  den  End- 
kugeln des  Ruhmkorffs  ein  kurzer  Funke  überspringt,  und 
andererseits  die  Rückkehr  des  Zeigers,  wenn  auf  den  Fritter 
geklopft  wird.  Natürlich  sind  Funkenstrecke  und  Fritter  durch 
keinen  Leiter  des  elektrischen  Stromes  mit  einander  verbunden. 


funJfenstrec^ 


Fig.  338.     Nachwi 


Frilter 

-BIEES 


i  freier  elektrischer  Wellen. 


Aber  sie  werden,  von  der  hier  bedeutungslosen  Luft  abgesehen, 
gemeinsam  von  demselben  Äther  umspült,  von  Äther  durchsetzt. 
Dabei  stehen  sie  sich  mit  den  Breitseiten  gegenüber  und  sehen 
sich  gewissermassen  an.  Überdies  trägt  jeder  von  ihnen 
symmetrisch  zwei  horizontale  Kupferdrähte.  Man  hat  das 
Drahtpaar  am  Ruhmkorff  äusserlich  treffend  mit  dem  durch- 
löcherten Rohre  eines  Sprengwagens,  das  am  Fritter  und  dann  beide 
mit  den  Fühlern,  den  Antennen,  eines  Insektes  verglichen.  That- 
sächlich  liegt  eine  Resonanzerscheinung')  vor.     Eine  Stimm- 


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Funkertelegraphie.  523 

gabel  bedarf  des  Resonanzkastens,  damit  ihre  Schwingungen  weit- 
hin durch  den  Saal  hörbar  werden.  Die  vergrösserte  Oberfläche 
giebt  eben  die  Schwingungsenergie  in  ganz  anderem  Maassstabe 
an  die  Umgebung  ab,  als  die  ursprüngliche-.  Ebenso  vergrössern 
die  Drahtpaare  an  RuhmkorfF  und  Fritter  die  die  elektrischen 
Wellen  aussendende  und  die  sie  aufnehmende  Fläche  ausser- 
ordentlich. Es  ist  deshalb  erklärlich,  dass  diese  hier  horizontal, 
in  der  Technik  vertikal  gespannten  Drahte,  die  Luftdrähte 
oder  Antennen  ein  notwendiger  Bestandteil  jeder  funken- 
telegraphischen  Station  oder,  wie  wir  uns  ausdrücken  wollen, 
jedes  Funkenamtes  geworden  sind. 

Mit  der  vor  Ihnen  stehenden  einfachen  Einrichtung  {Fig.  338): 
RuhmkorfF  mit  Funkenstrecke  und  Sendedrähten  von  Ihnen  aus 
links  und  Fritter  mit  Auffangedrahten,  Trockenelement  und 
Galvanometer  rechts  ist  es  leicht  zu  beweisen,  dass  der  Funke 
elektrische  Wellen  anstösst.  Diese  Versuche  sind  jetzt  seit 
Langem  in  jedem  physikalischen  Lehrplan  aufgenommen.  Wir 
sahen  sie  einst  voller  Begeisterung  in  ihrer  damaligen  schwierigen 
Form  von  ihrem  Erfinder  Heinrich  Hertz,  dessen  Namen  Sie 
jenen  grössten  aller  Zeiten  zurechnen  dürfen,  und  der  bei  aller 
Grösse  und,  obwohl  ein  Universitätslehrer,  voller  Güte  und 
Bescheidenheit  war.  Mit  Wehmut  gedenken  wir  seines  frühen 
Todes,  der  der  Menschheit  eine  Fülle  zu  erwartenden  Lichtes 
raubte,  eines  Verlustes,  besonders  schwer  in  einer  Zeit,  da  die 
grossen  Talente  vermutlich  nicht  häufiger,  als  früher,  aber  um 
der  breiten  Masse  Erfolg-hungriger  Arbeiter  neue  Wege  zu 
bahnen,    so  sehr  viel  notwendiger  geworden  sind. 

Die  Hertzschen  Versuche  zeigen  das  Vorhandensein  vom 
Leiter  losgelöster,  frei  durch  den  Raum  ziehender  elektrischer 
Wellen,  Sie  zeigen,  dass  vom  elektrischen  Funken  in  gerader 
Richtung  eine  Strahlung  ausgeht,  die  alle  jene  Erscheinungen 
aufweist,  die  wir  an  Wellen,  in  Sonderheit  an  Lichtwellen 
gewohnt  sind.  Wiederholen  wir  den  Versuch  von  eben.  Ein 
kurzer  Druck  auf  die  in  den  Primärkreis  des  RuhmkorfF  ein- 
geschaltete Morsetaste  lässt  zwischen  den  Endkugeln  einen 
Funken  überspringen.  Der  Funken  peitscht  mit  Hilfe  der 
elektrisch  schwingenden  Sendedrahte  Wellen  in  den  Äther. 
Diese  pflanzen  sich  durch  den  Raum  über  dem  Experimentier- 
tisch   fort    und  versetzen  den  Fritterinhalt  in  seinen  leitenden 


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524  FuDkenteleKraphie. 

Zustand.  Sichtbares  Ergebnis:  das  Galvanometer  schlagt  aus. 
Klopfen  auf  den  Fritter  stellt  seinen  schlecht  leitenden  Zustand 
wieder  her.     Der  Zeiger  kehrt  zurück. 

Sie  werden  als  Zeichen,  dass  elektrische  Wellen  auf  den 
Fritter  gefallen  sind,  der  Ablenkung  des  Galvanometers  den 
Anschlag  eines  Weckers  vorziehen.  Hierzu  ist  aber  ein  zu 
starker  Strom  notwendig,  als  dass  ihn  der  empfindliche  Fritter- 
inhalt  ungefährdet  ertragen  könnte.  Der  Wecker  kommt  deshalb 
nicht  unmittelbar  in  den  Fritterkreis,  sondern  (vgl.  Fig.  339)  mit 


Fig.  339.      Empfang  cleklrischcr   Wellen  mit  Fritter  und  ReULs. 

seiner  Akkumulatorenzelle  in  den  secundaren  Kreis  eines  Relais, 
dessen  primäre  Wicklung  im  Fritterkreis  liegt.  Die  mit  dem 
Einschalten  des  RuhmkorfFs  von  Funkenstrecke  und  Antennen 
ausgesandten  Wellen  stellen  sofort  den  leitenden  Zustand  des 
Fritters  wieder  her,  so  dass  das  Trockenelement  durch  Fritter 
und  primäre  Relaiswicklung  einen  nennenswerten  Strom  schickt. 
Der  Rclaisanker  wird  angezogen,  und  der  Wecker  schlagt  an. 
Das  Klingeln  dauert  natürlich  so  lange  an,  bis  der  Fritter  durch 
Klopfen  nichtleitend  gemacht,  wie  man  sagt,  entfrittet  wird 


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Fiiiikenteleeraphie.  525 

►  I 


Fig.  340,     Spiegelung  elektrischer  Wellen. 


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526  Funkentelegraph  ie. 

Für  den  Versuch  ist  es  gleichgiltig,  wie  lange  der  Funke 
zwischen  den  RuhmkorfFkugeln  spielt.  Auch  ein  kurzer  Funke 
macht  den  Fritter  leitend  und  lasst  den  Wecker  so  lange 
ertönen,  bis  entfrittet  wird.  Mehr  kann  ein  lang  andauernder 
Funke  auch  nicht  bewirken. 

Auf  diesen  Punkt  werden  wir  nächstens  zurückkommen.  Vor- 
her sollen  Sie  erst  sehen,  dass  sich  die  von  dem  Funken  aus- 
gesandten Strahlen,  wenn  sie  auch  nicht  unmittelbar  auf  das 
Auge  wirken,  doch  sonst  wie  Lichtstrahlen  verhalten.  Da  aber 
dieses  Verhalten  in  der  Wellennatur  des  Lichtes  begründet  ist, 
wird  durch  das  gleiche-  der  elektrischen  Strahlimg  auch  deren 
Wellen  natur  erwiesen. 

Undurchsichtig  für  elektrische  Strahlen  sind  alle  Leiter  des 
elektrischen  Stromes.  Der  Wecker  schlägt  nicht  an,,  sobald 
zwischen  Funkenstrecke  und  Sendedrähte  einerseits  und  Fritter 
und  Empfangsdrähte  andererseits  ein  Weissblech  oder  eine  mit 
Stanniol  beklebte  Papptafel  eingeschoben  wird.  Nach  Entfernung 
der  für  elektrische  Wellen  undurchlässigen  Metallschicht  hören 
Sie  den  Wecker  wieder.  Dieser  Versuch  lässt  sich  hübscher 
anstellen,  wenn  man  die  Antennen  fortlässt ')  und  Funkenstrecke, 
sowohl  wie  Fritter,  in  den  Brennpunkt  je  eines  parabolisch 
gebogenen  Metallbleches  setzt  (Fig.  340a).  Diese  wirken  dann 
genau  wie  Parabelspiegel,  das  heisst:  die  aus  dem  Brennpunkt 
{Funkenstrecke}  auf  sie  fallenden  Strahlen  werden  einander 
parallel  gespiegelt  und  in  umgekehrter  Richtung  die  parallel 
auffallenden  Strahlen  im  Brennpunkt  (Fritter)  vereinigt.  Sie 
sehen,  wie  jetzt  schon  ein  kleines  Metallblech  den  Strahlen- 
durchgang verhindert  (Fig.  340b).  Die  Fritterwirkung  bleibt 
auch  ohne  Metallblech  aus,  wenn  man  einen  Spiegel  (um  etwa 
30'')  mit  ihrer  Öffnung  aufwärts  dreht  (Fig.  340c).  Der  Wecker 
ertönt  aber  wieder,  sobald  das  auch  mit  dem  zweiten  Spiegel 
geschieht  und  das  Metallblech  horizontal  über  die  Spiegelmitte 
gehalten  wird  (Fig.  340d),  ein  deutlicher  Beweis,  dass  auch 
hier  Spiegelung  mit  Gleichheit  von  Auffalls-  und  Spiegelungs- 
winkel eintritt  (vgl.  S.  212).  Das  Gesetz  geht  natürlich  auch 
bei    näherer    Betrachtung    schon    aus    der  Spiegelung  an   den 

')  Es  ist  hier  zu  beachten,  dass  der  Fritter  von  den  unmittelbar  auf  ihn 
treffenden  freien  Wellen  gerade  so  angeregt  wird,  wie  vorher  vod  den  ihm  auf  den 
Antennen  zugcfQhrten  Draht  wellen. 


D,„i,.,db,Google 


Funkentelegraphie.  527 

parabolischen  Flächen  hervor.  In  dem  letzten  Versuch  kann 
ich  das  spiegelnde  Metallblech  einfach  durch  meine  Hand- 
fläche ersetzen.  Auch  dann  läutet  der  Wecker.  Die  Ver- 
wunderung, die  dieser  Versuch  erregt,  wenn  man  ihn  zum 
ersten  Male  sieht,  ist  aus  folgenden  Gründen  nicht  berechtigt. 
Erstens  ist  der  menschliche  Körper  mit  seinen  Lösung  durch- 
setzten Geweben  ein  Leiter  des  Stromes.  Zweitens  sind  die 
Unebenheiten  der  Handfläche  zwar  an  sich  gross,  aber  im  Ver- 
hältnis zur  Länge  der  zu  spiegelnden  elektrischen  Wellen  klein. 
Sie  vermögen  die  scharfe  Spiegelung  viel  weniger  zu  trüben, 
als  viel  kleinere  Unebenheiten  es  mit  den  kurzen  Lichtwellen 
thun  würden. 

Während  sich  also  die  Leiter  des  elektrischen  Stromes  als 
für  elektrische  Wellen  undurchsichtig  erwiesen  haben,  sind  die 
Dielektrika  für  sie  durchsichtig.  Ich  halte  ebene  Platten  aus 
Paraffin,  aus  Glimmer,  aus  Pappe,  aus  Glas  in  den  Strahlengang. 
Die  Wellen  nehmen  von  ihnen  keine  Notiz.  Sobald  aber  ein 
Prisma  aus  einem  Dielektrikum  verwandt  wird,  tritt  dasselbe 
ein,  wie  bei  Lichtstrahlen,  wenn  sie  aus  Luft  auf  ein  Prisma 
aus  durchsichtigem  Stoffe  fallen,  nämlich  Brechung.  Hertz, 
der  mit  längeren  Wellen  arbeitete,  als  wir  es  jetzt  für 
Demonstrationsversuche  thun,  verwandte  ein  mannshohes  Prisma 
aus  Pech,  wie  auch  seine  vertikal  gestellten  Spiegel  reichlich 
Mannshöhe  hatten.  Wir  stellen  dieses  kleine  in  eine  Holzform 
gegossene  Stearinprisma  in  den  Strahlengang,  und  der  Wecker 
schweigt.  Sobald  aber  der  Fritter  in  den  Lauf  der  abge- 
lenkten Wellen  gebracht  wird,  schlägt  der  Wecker  an. 

Man  kann  noch  weitergehen  und  das  Vorhandensein 
elektrischer  Wellen  schlagend  durch  ihre  Interferenz  zeigen. 
Die  von  der  Funkenstrecke  gegen  ein  Metallblech  gesandten 
Wellen  werden  von  ihm  zurückgeworfen,  und  die  fortgehenden 
Wellen  interferieren  mit  den  zurückgehenden-.  Ergebnis: 
stehende  elektrische  Wellen.  Um  ihre  Wellenlänge  zu  bestimmen, 
braucht  man  nur  den  Fritter  von  der  Funkenstrecke  zur 
Metallwand  verschieben  und  kann  durch  sein  Verhalten  ab- 
wechselnd elektrische  Bewegung  und  Ruhe,  Bäuche  und  Knoten 
der  stehenden  elektrischen  Wellen  nachweisen.  Der  Abstand 
zwischen  benachbartem  Knoten  und  Bauch ,  bekanntlich 
(S.  S.  214  unten)  gleich  einer  viertel  Wellenlänge,    kann  mit 


DigitizsdbyGOOgle 


528  Funkentelegraphie. 

dem  Metermaass  gemessen  werden.  Dann  ist  die  Länge  einer 
elektrischen  Welle  experimentell  bestimmt.  Durch  Multiplikation 
der  gemessenen  Wellenlänge  l  —  zum  Beispiel  9  m  —  und  der 
dazu  gehörigen  berechneten  Schwingungszahl  »i  =  33  Millionen 
ergiebt  sich  als  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  elektrischer  Wellen 
9. 10-.  33. 10«  =  rd.  3.10"'  cm,  die  Lichtgeschwindigkeit.  Da, 
wie  mehrfach  erwähnt,  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  von 
Wellen  durch  die  Eigenschaften  des  Wellenträgers  bedingt 
wird  und  die  Interferenz  versuche  zeigen,  dass  sich  Licht-  und 
elektrische  Wellen  mit  derselben  Geschwindigkeit  fortpflanzen, 
so  sehen  wir  unsere  frühere  Behauptung,  dass  beide  Wellen- 
arten von  demselben  Stoffe  durch  den  Raum  getragen  werden, 
als  erwiesen  an. 


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Funkentelegraphte. 


24.  Vorlesung. 

Funkentelegraphie. 

Zweiter  Teil. 

Entfritlutig.  Morseieichen  —  Wellenzeiger.  Beschreibung  der  Frittenvirkung.  Elek- 
trolytische  Zelle  —  Entladung  schwingend  oder  nicht.  TT  =  2  V  ■—  ■  Inaktiver 
Funke.  Unterteilte  Funkenstrecke.  —  Eigenperiode  eines  Schwingungskreises: 
T  =27i\LC.  Luftdrahl  schwingt  in  einer  viertel  Welle.  —  Zur  Vermeidung  von 
Abfangen  und  Slflren  durch  Fremde  Abstimmung  des  Amterpaares  notwendig.  — 
Technische  Anordnung:  LuFIdraht.  Gegengewicht.  Verminderung  der  DSmprung 
miltelsl  zweier  gekuppelter  Kreise.  —  Lose  Kupplung.  —  Abfangen  und  Stören 
trotz  Abstimmung.  Funkentelegraphische  Massen  Wirkung.  —  Apparate.  —  Ver- 
wendung der  Funkentelegraphie. 


Sie  haben  in  der  vorigen  Vorlesung  beobachtet,  dass  auch 
ein  kurzer  Funken  den  Fritterinhalt  dauernd  in  den  leitenden 
Zustand  versetzt.  Man  sieht  deshalb  nicht  recht  ein,  wie  zur 
Übertragung  von  Morsezeichen  kurz  und  lange  andauernde 
Funken  kurz  und  lang  andauernde  Klingelzeichen  hervorrufen 
sollen.  Ein  ganz  einfacher  Kunstgriff  löst  die  Schwierigkeit. 
Während  mein  Gehilfe  aus  kurz  und  lange  dauernden  Funken 
Morsezeichen  bildet,  klopfe  ich  fortwahrend  auf  den  den  Fritter 
in  sich  bergenden  Spiegel.  Jener  wird  dadurch  nach  kurzem 
Ansprechen  immer  sofort  wieder  nichtleitend  gemacht,  entfrittet. 
Jetzt  ist  die  -Zeitdauer  der  Funken  nicht  mehr  gleichgiltig. 
Vielmehr  bewirkt  ein  Funken  von  kurzer  Dauer  ein  kurzes 
Klingeln,  einer  von  langer  Dauer  eine  Reihe  schnell  auf  ein- 
ander folgender  Zeichen  oder  bei  einiger  Trägheit  des  Weckers 
ein  entsprechend  langes,  fortgesetztes  Klingeln.  Damit  ist 
die  Möglichkeit  einer  Funkentelegraphie  über  eine 
Entfernung  von  der  Länge  des  Experimentiertisches 
gegeben.  Für  den  praktischen  Betrieb  wird  das  Entfritten 
natürlich  nicht  mit  dem  Finger,  sondern  einem  nach  Art  eines 
Weckers  elektromagnetisch  bewegten  Klöppel  besorgt,  (Fig.  341.) 


„Google 


^^?S? 


530 


runkenl  elegraphie. 


Die  Spule  lieget  parallel  zum  Weekerkreise.  Sobald  mithin 
das  Relais,  also  der  Wecker  anspricht,  sofort  schlägt  auch 
schon  der  Klöppel  Kl  von  unten  gegen  die  Frittermitte  und 
unterbricht  damit  den  primären  Relaiskreis.')  Kommen  weitere 
Wellenzüge,  so  ist  bei  genügend  grosser  schwingender  Masse 


Fig.  341.     Entfrittung. 

gar  nicht  so  viel  Zeit  vorhanden,  als  dass  der  Wecker  vorher 
zu  Ruhe  kommen  könnte,  und  er  setzt  sein  Läuten  ununter- 
brochen fort,  solange  noch  Funken  übergehen. 


Fig.  342.     Fritler. 
(Schematisch.     Kömer  nicht  gezeicbne 


Zunächst  verlangen  Sie  nun  Aufklärung  über  die  Weilen- 
zeiger. Der  älteste  und  meist  benutzte  ist  der  Fritter  (Fig.  342), 
den  Sie  vorhin  in  Thätigkeit  gesehen  und  von  dem  Sie  gewiss 

']  Thatsichlich  ist  die  Einrichtung  noch  etwas  verwickelter.  Der  mit  der 
Unterbrechung  des  Frillerkreises  verknüpfte  Öffnungafunken  soll  nimlich  nicht  iwischen 
den  Frilterkörnern  Qbcrgchcn.  Deshalb  öffnet  eben,  ehe  der  Fritter  vom  Kopf  des 
Klöppels  gelroflen  wird,  dessen  Stiel  einen  Contaki  im  Frittcr^reis  (vgl.  die  spSlere 
Fig.  358  auf  S.  556). 


DigitizsdbyGOOgle 


Funkenlelegraphie.  53 1 

auch  sonst  schon  öfter  gehört  haben.  Er  enthalt,  eingeschlossen 
in  eine  enge  Glasröhre,  zwei  Metallkolben  und  zwischen  ihnen  eine 
kleine  Menge  von  Metallkörnern.  Vermutlich  damit  diese  und 
die  Kolbenoberfläche  nicht  rosten,  wird  gewöhnlich  die  Glas- 
röhre leicht  ausgepumpt.  Obwohl  die  beiden  Metallkolben  in 
den  Stromkreis  eingeschaltet  sind,  findet  trotzdem  für  gewöhn- 
lich so  gut,  wie  kein  Stromübergang,  durch  die  Körnerschicht 
statt.  Ihr  Widerstand  ist  zu  gross.  Sobald  aber  elektrische 
Wellen  auf  sie  treffen  —  und  zwar  gleichgiltig  elektrische 
Wellen  welcher  Länge  —  richten  sich,  wie  man  unter  dem 
Mikroskop  beobachtet  hat,  die  Metallkörner  zu  Reihen,  sich 
gegenseitig  mit  den  Spitzen  berührend.  Man  wird  fast  an 
die  gerichteten  Elementarmagnete  (der  Fig.  21b  auf  S.  39)  oder 
an  eine  Kette  elektrolytisch  bewegter  Ionen  erinnert.  Ausser- 
dem springen  Funken  zwischen  ihnen  über.  Ob  diese  nun, 
wie  es  der  Name  Fritter  ausdrucken  soll,  die  Körnerspitzen 
leicht  aneinander  schweissen,  oder  ob  die  geringe  Menge  des 
von  den  Funken  erzeugten  Metalldampfes  zur  Stromleitung 
genügt,  ist  nicht  aufgeklärt.  Kurz,  es  entsteht  von  Kolben  zu 
Kolben  eine  leitende  Brücke.  Der  elektrische  Widerstand  des 
Fritters  sinkt  auf  einen  kleinen  Betrag  herab.  Klopfen  bringt 
die  Körnerbrücke  wieder  zum  Einsturz,  und  der  Leitungs- 
widerstand erhält  seinen  hohen  ursprünglichen  Wert  zurück. 

Um  entsprechend  der  Amplitude  der  anzuzeigenden  elek- 
trischen Wellen    die  Empfindlichkeit    des  Fritters   schnell    ver- 
ändern   zu   können,    sind   beide  Kolben  oder  einer  von  ihnen 
keilartig  zugeschärft.    Je  nach- 
dem man  die  Glasröhre  so  dreht, 
dass  die  Keilspitze  oben  (Fig.  343) 
oder  unten  liegt,  verteilen  sich 
die    vorhandenen     Körner     auf         f«  3*3.    Friiter  mit  Keiispait. 
einen    grösseren  oder  kürzeren 

Raum.  Sie  liegen  weiter  von  einander  entfernt  oder  enger 
zusammengedrängt.  Die  Wellen  haben  die  Herstellung  der 
leitenden  Ketten  schwerer  oder  leichter.  Die  Fritter  sind  im 
Allgemeinen  zuverlässige  Instrumente.  Doch  verweigert  hin 
und  wieder  einer  auch  bei  gutem  Zureden  seinen  Dienst,  und 
man  hat  für  alle  Fälle  eine  Reihe  von  ihnen  in  einem  Etui 
vereinigt  vorrätig  (Fig.  344). 


Digitiz^dhyGOC^Ie 


532  Funke  ntelegraphie. 

Der  Fritter  ist  nicht  der  einzige  Wellenzeiger  geblieben. 
Sein  Hauptnebenbuhler  ist  die  elektroly tische  Zeile,  die 
im  Grunde  nichts  anderes  ist,  als  eine  telephonische  Polari- 
sationszelle mit  mikroskopisch  kleiner  positiver  Elektrode.  (Länge 
des  Drahtes  0,01  mm,  Durchmesser  0,001  mm).  Wenn  die 
Klemmenspannung  der  Stromquelle  nicht  wesentlich  grösser  ist. 


Fig.  344.      Friller  in  Etui. 

als  die  entgegengerichtete  der  Zersetzungszelie,  wird,  wie  Sie 
wissen,  der  erste  kurze  Stromdurchgang  nur  dann  fortgesetzt, 
wenn  die  Zelle  auf  irgend  eine  Weise  depolarisiert  wird.  Sie 
erinnern  sich  des  Versuches  (von  S.  147),  bei  dem  einfach  eine 
Federfahne  die  Wasserstoffblasen  von  der  Elektrode  abputzte. 
Eine  ähnliche  mechanische  Depolarisation  bewirken  nun,  so 
merkwürdig  das  auch  zuerst  klingen  mag,  die  elektrischen 
Wellen,  wenn  sie  auf  die  Zelle  treffen.  Unmittelbar  oder  mittel- 
bar erschüttern  sie  die  auf  den  Elektroden  abgeschiedenen  Gase 
und  fegen  sie,  wie  die  Federfahne,  von  ihr  fort.  Bei  starken 
Wellen  kann  man  sogar  mit  blossem  Auge  beobachten,  wie  die 


Digitizsdb/GOO'^le 


Funkentelegraphie.  533 

Gasblasen  durch  den  Elektrolj'ten  hochsteigen,  und  man  wird 
an  Sömmerings  ersten  Gedanken  einer  Telegraphiermöglichkeit 
erinnert.  Die  Depolarisation  findet  statt,  solange  Wellen  auf 
die  Zelle  treffen.  Für  diesen  Zeitraum  hört  sie  auf,  den 
Stromweg  zu  verriegeln.  Sind  die  Wellen  vorbeige2ogen,  tritt 
die  Verriegelung  von  selbst  wieder  aufs  Neue  ein.  Die  elektro- 
lytische Zelle  verlangt  mithin  nichts  dem  Entfritten  ähnhches. 
Sie  zeigt  an,  wenn  ein  Wellenzug  sie  trifft,  und  kehrt  von 
selbst  ohne  weitere  Behandlung  wieder  in  ihren  ursprünglichen 
Zustand  zurück. 

Freilich  sind  die  Ströme,  die  eine  solche  Zelle  vertragen 
kann  und  die  die  Stromquelle  der  erforderlichen  niedrigen 
Spannung  durch  ihren  hohen  Widerstand  hindurchdrückt,  klein, 
zu  klein,  um  ein  Relais  in  Gang  zu  setzen.  Sie  eignen  sich 
aber  vorzüglich,  um  unter  Ersparung  eines  Relais  in  einem 
eingeschalteten  Telephon ')  ein  Knacken  hervorzurufen.  Wie 
Fritter  und  primäre  Relaiswicklung,  so  gehören  demnach  elektro- 
lytische Zelle  und  Telephon  zusammen.  Damit  ist  zugleich  das 
Klopferprinzip  in  die  Funkentelegraphie  eingeführt.  Der  empfan- 
gende Beamte  hört  das  Telegramm  mittelst  eines  Kopfhörers  ab 
und  bringt  es  während  dessen  in  gewöhnlicher  Schrift  zu  Papier. 

Darf  ich  nun  zunächst  nochmals  daran  erinnern,  dass 
Funkenentladungen  schwingend,  in  Form  eines  Wechselstromes 
sehr  hoher  Periodenzahl,  vor  sich  gehen.  Andererseits  haben 
Sie  aber  aus  statischer  Quelle  einen  Gleichstrom  fliessen  sehen 
(S.  112).  Auch  bei  diesem  Versuche  fand  ein  Ausgleich  stark 
gespannter  Elektricitätsmengen  statt,  und  trotzdem  war  er 
nicht  schwingend.  Die  Ursache  davon  bildeten  die  in  den 
Leiterkreis  eingeschalteten  Holzstangen.  Ihr  ausserordentlich 
grosser  Ohmscher  Widerstand  legte  sich  bremsend,  dämpfend 
auf  die  elektrische  Strömung. 

Lassen  Sie  uns  das  durch  ein  einfaches  mechanisches 
Beispiel  versinnbildlichen.  Hier  (Fig.  345a)  ist  ein  bis  zur  halben 
Höhe  mit  gefärbtem  Wasser  gefülltes  U-förmiges  Glasrohr  von 
1,5  cm  lichter  Weite.     Ich  verschliesse  die  linke  Öffnung  mit 

')  Das  Tdfphon  erlaubt  auch  aehr  einfach,  die  Spannung  der  Stromquelle 
gerade  auf  die  Gegenspannung  des  Wellenzeigers  abzugleichen.  Man  verwendet  dazu 
mehrere  Zellen  und  drosselt  von  deren  Klemmenspannung  mit  einem  Schieber- 
widerstand soviel  ab,  bis  das  schwache  Rascheln  im  Telephon  gerade  aufhArl. 


D,„i,.,db,Google 


534 


Funken  telcgrsphie. 


meinem  Daumen,  neige  das  Rohr  so  weit  nach  links,  dass  die 
Wassermenge  in  den  linken  Schenkel  fiiesst,  und  richte  es 
wieder  auf.  Im  Augenblick,  da  ich  meinen  Daumen  entferne, 
hört  der  einseitige  Luftdruck  auf  das  Wasser  auf,  und  es  stürzt 


Schaukel  Schwingungen 


laiger  Fluas   im  verengten  U-Rohr. 


in  den  leeren  rechten  Schenkel  zurück.  Dabei  vollführt  es  eine 
Reihe  schaukelnder  Schwingungen  und  kommt  erst  allmählich 
zur  Ruhe. 

Hier  ist  nun  ein  zweites  U-Rohr  (Fig.  345b).  Es  unter- 
scheidet sich  von  dem  ersten  nur  durch  eine  plötzliche  und 
starke  Verengung,  mit  der  es  der  Glasbläser  an  der  Umbiege- 


— — ^iiuiiiifr&ivajiiitjtn  */hmihl  dtrScMiftligtillgtTt 

Fig.  346.     Dampfungskurven.     Nach  Zenneck. 


D,„i,.,db,Google 


Funkenlelegraphie.  535 

Stelle  versehen  hat.  Wird  nun  mit  diesem  Rohre  der  Versuch 
von  eben  wiederholt,  so  sehen  Sie  jetzt  das  Wasser  in  gleich- 
massigem  Flusse  aus  dem  gefüllten  Schenkel  in  den  leeren 
überströmen.  Der  grosse  Widerstand,  den  die  Rohrverengung 
dem  Durchfluss  des  Wassers  bietet,  unterdrückt  die  schaukelnden 
Schwingungen  von  vorhin. 

Diese  beiden  Diagramme  (Fig.  346)  geben  Ihnen  ein  klares 
Bild  von  der  Wirkung  verschieden  starker  Dampfung.  Sie 
zeigen  eben,  wie  mit  der  Anzahl  zurückgelegter  Schwingungen 
deren  Amplituden  verschieden  schnell  abnehmen.  Eine  Ver- 
mehrung des  Ohmschen  Widerstandes  beschleunigt  die  Abnahme, 
bis  schliesslich  der  Wechselstrom  in  einen  Gleichstrom  über- 
geht. Wann  dies  eintritt,  hängt  freilich  nicht  allein  vom 
Widerstände  ab,  sondern  genauer  ausgedrückt  vom  Verhältnis 
des  Ohmschen  Widerstandes  W  zu  den  beiden  anderen  Eigen- 
schaften des  Leiterkreises:  der  Selbstinduktion  i')  und  der 
Capacität  C.  Alle  Leiter  besitzen  ja  Capacität  (S.  374.) 
Die  Entladung  wird  schwingend,  sobald  W  unter  den  Wert 
herabsinkt,  der  sich  aus  folgender  Formel  ergiebt,  die  ich  Ihnen 
leider  nicht  elementar  ableiten  kann: 


'I  Bis  jeUt  habe  ich  Ihnen  die  merkwürdige,  zuerst  vielleicht  absurd  erscheinende 
Thatsache  vorenthalten,  dass  die  Selbstinduktion  eines  Stromkreises  nach  Längen,  in 
der  Einheit  von  10»  cm  =  10000  km  gemessen  wird.  So  ergiebf  es  die  Rechnung, 
und,  wenn  Sie  auch  vergeblich  nach  einer  physikalischen  Deutung  suchen,  mOssen  Sie 
sich  damit  abflnden.  Man  schreibt  einem  Stromkreise  dann  die  Einheit  der  Selbst- 
induktion 10^  cm  ^  10000  km  zu,  wenn  der  in  ihm  Hiessende  Strom  dadurch,  dass 
er  sich  pro  Sekunde  um  ein  Ampere  Bndert,  eine  Gegenspannung  von  einem  Volt 
hervorraft. 

So  wird  die  Selbstinduktion  des  Parbschreibers  zu  ungeHllir  16  Einheiten  oder 
160000  km  angegeben.  Aus  einer  froheren  Kurve  (Fig.  249  auf  S.  370)  entnehmen 
Sie,  dass  der  Telegraphierstrom  von  —  s^en  wir  —  10  Milliampere  am  Empfangsende 
der  Leitung  in  elw»  0,004  Sekunden  erlischt.  Nach  der  Erklärung  der  Einheit  der 
Selbstinduktion   muss   dabei   —   Arbeitsstrom   ohne   Relais  und   Galvanoskop   voraus- 

16  .  10  .  lO-SAmp' 
gesetzt    —    eine    Gegenspannung    von — --- — j-j— '^  *"  Volt  entstehen. 

Schrauben  Sie  dem  Farbschreiber  den  Anker  ab,  so  sinkt  seine  Selbstinduktion 
auf  90000  km,  und  die  Spulen  allein  ohne  Eisen  haben  nur  7000  km.  Diese  Zahlen 
liefern  den  Beweis  für  unsere  frühere  Behauptung,  dass  die  Vergrösserung  des 
magnetischen  Widerstandes  mit  der  KralUinienzahl  auch  die  Selbstinduktion  verkleinert. 
Die  Selbstinduktionen  der  Funkenlelegraphie  sind,  wie  hier  gleich  bemerkt 
werden  mOge,  ausserordentlich  viel  kleiner. 


DigitizsdbyGOOgle 


Fun  kentekgraph  ie . 


4L 

e 


■=2\l'. 


Übersteigt  W  diesen  Wert,    so    wird    aus   dem  Wechselstrom 
ein  Gleichstrom. 

Da  es  in  der  Funkentelegraphie  auf  die  Erzeugung  von 
Schwingungen  ankommt,  denn  nur  Schwingungen  im  Leiter 
können  Wellen  in  den  Raum  aussenden,  muss  der  Ohmsche 
Widerstand  der  Schwingungskreise  möglichst  klein  gewählt 
werden.  Der  Hauptwiderstand  liegt  natürlich  in  der  Funken- 
strecke') in  der  in  den  Drahtkreis  eingeschalteten  Luftschicht. 
Überschreitet  diese  eine  gewisse  Lange  (etwa  1,5  cm),  so  nähert 

sich  ihr  Widerstand  dem  Werte  2  1/   „-  ■     Die  Entladung  ver- 

Q\j^  liert  ihre  schwingende  Natur, 

$^ 1 , 1 7-)         und  der  Funke  geht  in  einen 

Lichtbogen    über.      Er   wird 
inaktiv. 

Hier  ist  nun  die  wichtige 
Thatsache  zu  beachten,  deren 
Ursache  hier  nicht  erörtert  zu 
werden  braucht,  dass  für  die 
vom  Funken  durchschlagene 
Luftschicht  das  Ohmsche  Ge- 
setz nicht  gilt.  Bei  kleinen 
Funkenstrecken  ■)  nimmt  mit 
wachsender  Länge  der  Wider- 
stand langsam,  bei  grösseren 
schneller  zu.  Lange  Funken- 
strecken haben  einen  unver- 
hältnismässig grossen  Wider- 
stand. Andererseits  wächst 
—  ebenfalls  ganz  im  Wider- 
spruch   mit    dem    Ohmschen 

')  Der  Arbeits  verbrauch  in  der  Funk  enst  recke  offenbart  sich  auch  in  der  hti 
längerem  Lctricbe  beträ chilichen  Erwärmung  der  Funkenkugeln. 

^  Allerdings  nimmt  bei  noch  kleineren,  der  Widerstand  mit  wachsender  Llngc 
ab,  so  dass  fllr  jeden  Schwingungskreis  von  bestimmter  Capacität  eine  bestirointc 
gnnstiRste  Funkenlängc  besteht  (vgl.  Fig.  341|. 


?    ■> 


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j 

V 

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\ 

Hf' 

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L 

g^ 

I.M' 

\^ 

(JiS. 

»*£_ 

*-  Funhtnl&nae 

Fig.  341.     Abhängigkeit  des 
en  Widerstandes  von  der  Funken  länge. 
Nach  Rempp. 


D,„i,.,db,Google 


Funke  ntelegraphie . 


537 


Gesetz  —  der  Spannungsunterschied,  der  im  Funken  zur 
Entladung  kommt,  wohl  bei  kleinen  Funkenstrecken  deren 
Länge  entsprechend,  bei  grossen  aber  weniger.  Die  Funken- 
spannung ist  bei  langen  Funkenstrecken  un verhältnismässig 
niedrig,  wie  das  auch  aus  den  drei  früher  (S.  16)  angegebenen 
Werten  hervorgeht.  Lange  Funkenstrecken  haben  somit  zwei 
Nachteile:  Ihre  schädliche  Eigenschaft,  der  Widerstand,  ist 
un  verhältnismässig  gross,  ihre  nützliche,  um  deren  Willen 
sie  vorhanden  sind,  die  zur  Entladung  kommende  Spannung, 
unverhältnismässig  klein.  Sie  werden  sich  deshalb  nicht  darüber 
wundern,  dass  man  die  Funkenstrecke  in  Teile  zerlegt,  unter- 
teilt. Die  Spannungsunterteilung  geschieht  dabei  durch  kleine 
Hilfscondensatoren  (Fig.  348).     So  wird  zum  Beispiel  ein  Fall 


angegeben,  in  dem  eine  10  mm  lange  Funkenstrecke,  die  bei 
einem  Spannungsunterschiede  der  Kugeln  von  etwa  30000  Volt 
durchschlagen  wird,  einen  Widerstand  von  15  Ohm  aufweist. 
Ersetzt  man  diese  eine  grosse  Funkenstrecke  durch  drei  kleine 
von  je  2,5  mm  hintereinander,  so  ist  die  Funkenspannung  mit 
dreimal  10000  Volt  die  alte.  Aber  der  Widerstand  hat  nur 
den  kleinen  Betrag  von  dreimal  0,2  =  0,6  Ohm,  nur  den  fünf- 
undzwanzigsten  Teil  von  früher,  ein  ausserordentlicher  Gewinn. 
Der  Ohmsche  Widerstand  des  Leiterkreises  bestimmt  nun 
nicht  nur  überhaupt,  ob  die  Entladung  schwingend  verläuft 
oder  nicht.  Auch  wenn  sie  schwingend  verlauft,  beeinflusst 
er  Amplitude  und  Schwingungszahl.  Für  den  Fall  aber  der 
Widerstand  als  sehr  klein  angesehen  werden  kann,  hängt 
angenähert    die    Schwingungszahl    allein    von    den    beiden 


DigitizsdbvGOOgle 


538  Funkenlelegraphic. 

anderen  Eigenschaften  des  Kreises:  von  Selbstinduktion  L  und 
Capacität  C  ab,  Sie  möchten  einwenden,  die  Schwingungszahi 
in  dem  Kreise;  secundäre  Spule  des  Ruhmkorff,  Funkenstrecke, 
Sendedrähte  werde  zwangläufig  von  der  Anzahl  der  primären 
Unterbrechungen  bestimmt.  Das  wäre  ein  Irrtum.  Die  Unter- 
brechungen wirken  nur  als  Anstoss.  Sie  lösen  nur  die  Eigen- 
schwingung des  secundären  Kreises  aus,  und  gerade  die  Perioden- 
zahl dieser  Eigenschwingung  ist  es,  wonach  wir  fragen.  Die 
Eigenschwingung  kann  dann  stattfinden,  wenn  sie  so  gut  wie 
gar  keinen  Widerstand  erfährt.  Den  Ohmschen  Widerstand 
haben  wir  schon  sehr  klein  gemacht.  Aber  unser  Schwingungs- 
kreis ist  voller  Selbstinduktion,  und  diese  ist  bestrebt,  die 
Wechselstrom  welle  abzudrosseln.  Den  gleichen  Wunsch  hat 
die  Capacität,  wie  Sie  es  ja  von  Telegraphier-  und  Sprech- 
strömen her  gewohnt  sind.  Aber  Sie  kennen  auch  den  Gegen- 
satz beider,  wie  er  in  den  Induktanzrollen  und  Pupinspulen 
der  Kabel  zum  schönen  Ausdruck  kam.  Wenn  man  Selbst- 
induktion und  Capacität  gerade  so  gross  macht,  dass  beide  sich 
gegenseitig  aufheben,  so  entsteht  ein  Zustand,  als  wenn  keine 
von  beiden  Störungsursachen  vorhanden  wäre  und  für  den 
geradezu  wieder  das  Ohmsche  Gesetz  gilt.  Die  Elektricitäts- 
mengen  können  ungehindert  und  leicht  über  den  Leiter  pendeln. 
Der  Kreis  ist  auf  seine  Eigenschwingung  eingestellt,  auf  den 
elektrischen  Eigenton  abgestimmt. 

Der  Widerstand  durch  Selbstinduktion  und  der  durch 
Capacität  heben  sich,  wie  Sie  mir  glauben  wollen,  gerade  dann 
auf,  wenn  die  Gleichung  gilt 

2'"'^  =  2„'„C 

Die  Produkte  aus  2  n,  der  Schwingungszahl  n  und  der  Selbst- 
induktion L  einerseits,  der  Capacität  C  andererseits  haben 
reziproke  Werte. 

Der  ausserordentlich  bedeutende  Einfluss,  den  trotz 
unveränderter  Spannung  der  Wert  der  Capacität  in  einem 
Schwingungskreise  auf  die  Grösse  der  pendelnden  Elektricitäts- 
mengen  ausübt,  wird  von  dieser  Kurve  hier  (Fig.  349)  veran- 
schaulicht.    Sie  bezieht  sich  auf  einen  Stromkreis,  der  von  einem 


DigitizsdbyGOOgle 


Funke  ntelegraphic. 


539 


technischen  Wechselstrome  von  »  =  50  Perioden  pro  Sekunde 
durchflössen  wird.  Die  Selbstinduktion  L  beträgt  3830  km 
=  0,383  Einheiten,  mithin  dies  Produkt  2nnL  =  2n.^.  0,383 
=  120.     Die    Kurve    zeigt    die    Abhängigkeit    der    fliessenden 


Fig.  349.     Resonanzkurve. 
Die  StromsUrlie  J  \a  einem  Kreise  mit  dem  Selbstinduktion s widerstand 

2  n  n  .  L  =   120  in  Abhängigkeit  vom  CspacitttswidcraUnd  ~ ,-  ■  Slromspitie, 

wenn  letzterer  ebenfalls   120.     Nach  Zenneck. 

Stromstärke  /  von  dem  Werte  der  in  den  Kreis  eingeschalteten 
■  Capacität.  Sie  sehen,  wie  die  Zunahme  von  C  den  Wert  von 
J  ausserordentlich  beeinfiusst  und  gerade  der  Wert  von  C 
=  26,5  M  F  eine  heftige  Stromsteigerung  hervorruft,  weil  jetzt 
die  Grösse 


1 


I 


2  71 .  n  .  C  ^  2  TT .  50  .  26,5  lO"« 

eben  den  Wert  von  2  7inL  erreicht,  Selbstinduktion  und  Capa- 
cität heben  sich  in  ihrer  Wirkung  gerade  auf.  Die  Schwingungs- 
bahn   ist   von  den  Hindernissen  gleichsam  reingefegt  und  das 


DigitizsdbyGOO'^le 


540  Funtentelegraphie. 

mächtige  Anwachsen  des  Stromes  die  Folge.  Jetzt  findet 
ein  nur  durch  den  geringen  Ohmschen  Widerstand  allmählich 
beendigtes  Pendeln  der  Coulomb  durch  den  Kreis  statt. 

Aus  der  angegebenen  Gleichung  berechnet  sich  —  immer 
unter  der  Annahme  eines  sehr  kleinen  Ohmschen  Widerstandes 
—  die  Schwingungszahl  zu 

1 


2  TT  Vlc 
und  folglich  die  Dauer  einer  einzelnen  Schwingung 


Setzen  Sie  hierin  L  in  Selbstinduktionseinheiten  =  10000  km 
und  C  in  Farad  ein,  so  erhalten  Sie  n  als  die  secundliche 
Schwingungszahl  und  T  als  die  Dauer  der  einzelnen  Schwingung 
in  Sekunden.     Es  ist  die 


1 


Berechnen  Sie  zum  Beispiel  die  Dauer  der  Eigenschwingung 
eines  Kreises,  dessen  Selbstinduktion  lO"'^  Einheiten  =  100  m 
und  dessen  Capacität  10"*  Farad  =  0,01  MF  betragt. 

T  =  2,TriO"^''.  10-^  =  2?rVl0."lT0-'*  =  rd.2.  10"« 
_   2  Sekunden 
~       1   Million 

In  der  Sekunde  würden 
«=:_,   =  -     "  9  "'     =  500000  Schwingungen  ausgeführt. 

Das  zur  Erläuterung  der  wichtigen  Formel,  die  uns  in  den 
Stand   setzt,    Leiterkreise   mit    einer    bestimmten    gewünschten 


DigitizsdbyGOOgle 


Funke  ntelegraphie.  541 

Eigenschwingung  herzustellen ,  dadurch ,  dass  sie  das  dafür 
notwendige  Produkt  Selbstinduktion  mal  Capacität  voraus- 
berechnen lasst. 

Zwei  einfache  Versuche  sollen  Ihnen  nämlich  nachher  die 
Notwendigkeil  zeigen,  mit  Wellen  bestimmter  Längen  zu  tele- 
graphieren, und  die  Länge  der  ausgesandten  freien  Wellen 
hängt  natürlich  von  der  Schwingungszahl  der  sie  erregenden 
Drahtwellen  ab.     Unsere  alte  Wellenformel  ergiebt: 


l  =  —  =  cT  =  3.  10'".2;i>ii"o(»ok™.  6V„ad  cm 

oder  etwas  praktischer  geformt 

1  =  ön  VWL^TC^  m. 

In  dem  eben  angeführten  Beispiel  haben  demnach  die  aus- 
gesandten Wellen  eine  Länge  von 

l  =  6jr/lÖ.TÖ'TTÖ'-^  -  öO;iHO  =  rd.  600  m. 

Die  gleiche  Länge  erhalten  Sie  natürlich,  wenn  Sie  die  vorhin 
berechnete  Schwingungszahl  einsetzen: 

,        c  3 .  10'"  cm/Sec  cm.       ic  u    ■ 

(  =    -  —    - -rns-cL— ■ -^—  —  0. 10*  cm/hchwmgung. 

n         5.10'  Schwingungen,  See  *     '' 

Soll  mithin  ein  Schwingungskreis  eine  Welle  von  600  m  aus- 
senden, so  muss  seine  Eigenschwingung  die  Periodenzahl 
500000  pro  Sekunde  besitzen,  und  dazu  ist  für  das  Produkt  LC 
der  Wert  100  cm  .  MF  notwendig. 

Wenn  man  nun  für  einen  geraden  senkrechten  Draht  von 
der  Länge  s    die  Dauer  T  und  die  Wellenlänge  l  der  Eigen- 
schwingung   berechnet    und    dazu    die    aus    der    theoretischen 
Betrachtung    für  Selbstinduktion    und  Capacität    eines  Drahtes 
.  folgenden  Werte  einsetzt,  so  erhält  man,  wie  Sie  mir  ebenfalls 


DigitizsdbyGOOgle 


542  Funkentelegraphie. 

glauben  wollen,  das  verblüffend  einfache  Ergebnis,  dass  der 
Draht  elektrisch  in  einer  viertel  Wellenlänge  schwingt. 

l  ^  s/4. 

Am  Fusse  des  Drahtes  hat  die  Welle  der  elektrischen  Spannung') 
einen  Knoten,  an  der  Spitze  einen  Bauch.  Die  Entfernung  von 
benachbartem  Knoten  und  Bauch  ist  eben  eine  viertel  Wellen- 
länge. Der  Draht  schwingt  elektrisch  gerade  so,  wie  ein 
elastischer  Blechstreifen  mechanisch,  den  sie  am  unteren  Ende 
in  einen  Schraubstock  spannen  und  am  oberen  senkrecht  zur 
Blechoberfläche  anstossen.  Zwischen  den  Klemmbacken  liegt 
ein  Knoten,  am  oberen  Ende  des  Blechstreifens  ein  Bauch  der 
Schwingung. 

Doch  lassen  wir  diese  Dinge  auf  sich  beruhen  und  stellen 
lieber  die  beiden  Versuche  an,  die  Sie  überzeugen  sollen,  dass 
die  Wellen  der  praktischen  Funkentelegraphie  auf  bestimmte 
Längen  abgestimmt  werden  müssen.  Hier  steht  noch  der 
Aufbau  von  vorhin,  unterstützt  von  Luftdrähten,  Wellen  — 
ohne  Rücksichtnahme  auf  ihre  Länge  —  von  einer  Funkenstrecke 
auszusenden  und  sie  mit  einem  Fritter  anzuzeigen.  Aus  den 
kürzeren  und  längeren  Klingelzeichen  hören  Sie  das  Morse- 
telegramm, das  ich  mit  der  im  Primärkreise  des  RuhmkorfT 
liegenden  Taste  gebe.  Nun  wird  auf  der  anderen  Seite  von 
der  Funkenstrecke  in  eben  der  Entfernung,  wie  der  erste  Fritter, 
ein  zweiter  aufgestellt.  Auch  er  trägt  Luftdrähte  und  liegt 
im  Primärkreise  eines  Relais.  Nur  enthält  dieses  secundär  statt 
des  Trockenelementes  und  Weckers  eine  kleine  Akkumulatoren- 
batterie und  eine  Glühlampe.  Der  zweite  Fritter  empfängt 
genau,  wie  der  erste,  und  kurzes  und  längeres  Aufleuchten 
seiner  Glühlampe  fällt  ebenso,  wie  das  Läuten  des  Weckers, 
mit  den  Funkenzeichen  und  der  Arbeit  meiner  Taste  zusammen. 
Ergebnis:  Eine  in  der  bis  jetzt  geschilderten  Weise  betriebene 
Funkentelegraphie  gestattet,  von  einem  Punkte  aus  die  gleiche 
Nachricht  gleichzeitig  an  eine  Reihe  von  Empfängern  zu  geben, 

1)  Da  elektrische  Drahtwellen  nichts  anderes  sind,  aU  WechseUtrAme  hoher 
Periodeniahlen,  so  bestehen  natOrlich  (ür  sie  die  Begriffe  Spannung  und  Strom  lu 
Recht,  und  ebenso  gilt  das  Gesetz  des  Transformators  ("E,  :  JEn  =  B/  .■  tinJ. 


DigitizsdbyGOOgle 


Funkcnlelegraphie.  543 

was  in  manchen  Fällen  nützlich  ist.  Sie  gestattet  aber  auch 
jedem,  die  nicht  chiffrierte  Nachricht  abzufangen,  der  mit  oder 
ohne  Absicht  seinen  Fritter  in  das  Bereich  der  sich  in  einer 
Halbkugel  nach  allen  Seiten  ausbreitenden  Wellen  bringt. 
Schon  damit  hätte  die  Funkentelegraphie  einen  Teil  ihrer 
Brauchbarkeit  verloren. 

Ihr  Todesurteil  würde  aber  gesprochen,  wenn  jeder  bös- 
willig oder  nur  dadurch,  dass  er  auch  telegraphiert,  den  Betrieb 
des  anderen  stört.  Das  zeigt  Ihnen  der  zweite  Versuch. 
Funkenstrecke  I  soll  ein  Telegramm  nach  Fritter  I,  ein  zweiter 
dem  ersten  gleicher  Ruhmkorff  und  eine  ebenfalls  gleiche,  neue 
Funkenstrecke  II  ein  anderes  nach  Fritter  II  geben.  Ich  arbeite 
mit  Taste  I,  mein  Gehülfe  unabhängig  von  mir  mit  Taste  II, 
Was  ist  die  Folge?  Die  Zeichen  stören  sich  gegenseitig. 
Der  zu  I  gehörende  Wecker  sowohl,  wie  die  zu  II  gehörende 
Glühlampe,  geben  beide  ein  unentwirrbares  Gemisch  von 
Zeichen,  Keiner  von  beiden  Empfängern  kann  sein  Telegramm 
entziffern,  weil  der  andere  —  ohne  bösen  Willen,  rein  in  Ver- 
folgung seines  eigenen  Interesses  —  immer  dazwischen  giebt. 
Es  ist,  als  ob  Sie  auf  einer  Schützenwiese  in  der  Mitte  zwischen 
zwei  Karoussels  ständen,  deren  Leierkasten  gleichzeitig  und 
gleich  laut  ihre  besondere  Melodie  spielen.  Man  hört  keine 
von  beiden  ordentlich,  sondern  nur  einen  unentwirrbaren  Lärm. 

Jede  praktische  Funkentelegraphie  verlangt  mit- 
hin gegenseitige  Abstimmung  der  zu  einander  ge- 
hörigen Geber  und  Empfänger,  so  dass  eine  Störung  dieser 
letzteren  durch  fremde  Wellen  ganz  oder  möglichst  aus- 
geschlossen wird.  Die  Abstimmung  besteht  zur  Zeit  darin, 
dass  jedes  Ämterpaar  —  gleichzeitig  —  nur  mit  Wellen  einer 
bestimmten  Länge  arbeitet ,  dass  Amt  I  nur  Wellen  dieser 
bestimmten  Länge  ausschickt  und  das  zugehörige  Amt  II  nur 
Wellen  eben  dieser  Länge  aufnimmt  und  keine  oder  möglichst 
keine  anderen.  Wie  das  zu  erreichen,  lehrt  unsere  Formel, 
Geber  und  Empfänger  erhalten  bestimmte  Selbstinduktionen  und 
Capacitäten,  so  dass  deren  Produkt  L .  C  den  verlangten  Wert 
besitzt.  Dann  werden  nur  Wellen  der  verlangten  Länge  aus- 
gesandt und  —  möglichst  —  nur  solche  aufgenommen.  Die 
Einstellung  auf  das  richtige  L  C  geschieht  sehr  einfach  mit 
Apparaten,  die  Sie  nachher  kennen  lernen  werden. 


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344  Funkentelegraphic. 

Um  nun  eine  technische  Funkentelegraphie  zu  ermöglichen, 
muss  die  einfache  Anordnung  unserer  Versuche  des  weiteren 
in  mehrfacher  Hinsicht  verändert  werden.  Zunächst  wird,  wie 
erwähnt,  je  einer  der  beiden  Sender-  und  Empfangsdrahte  aus 
der  horizontalen  Lage  in  die  vertikale-  gebracht.  So  entsteht 
der  Luftdraht  oder,  um  mit  dem  Namen  auch  verwickeitere 
Gebilde  als  einen  einfachen  Draht  zu  begreifen,  der  Luftleiter. 
Um  durch  Abgabe  grosser  Energiemengen  weite  Entfernungen 
zu  überbrücken,  hat  man  capacitätsreiche  Luftleiter  von  ausser- 
ordentlicher Grösse  aufgeführt,  wie  Sie  sie  hier  in  der  Abbildung 
einer    grossen  Marconistation    (Fig.  350)  vor  sich  sehen.    Der 


zweite  Sender-  und  Empfangsdraht  wird  unterdrückt  und  durch 
ein  Ca  pacitäts- Gegen  gewicht  ersetzt,  das  heisst  einen 
Leiter  von  gleicher  Capacität,  wie  der  Luftleiter.  Als  Gegen- 
gewicht spannt  man  auf  der  Erde,  doch  von  ihr  isohert,  ein 


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Funk«Dtelegraphie,  545 

Drahtnetz  von  mehreren  Quadratmetern  Fläche  aus.  Früher 
wurden  statt  dessen  Funkenstrecke  und  Fritter  an  Erde  gelegt. 
Aber  durch  das  Gegengewicht  erreicht  man  eine  schön 
symmetrische  Schaltung  und  vermeidet  die  Schwierigkeit,  gute 
Erde')  zu  finden  oder  die  sonst  häufig  eintretenden  Störungen 
durch  Luftelektricität. 

Nun  erlaubt  unsere  Anordnung  noch  keine  Abstimmung, 
weil  die  Wellen  im  Luftdraht  zu  stark  gedampft  sind.  Ihre 
Amplituden  nehmen  auch  bei  geringem  Ohmschen  Widerstände 
der  Leiter  sehr  schneit  ab.  Beim  Sendedraht  sieht  man  leicht, 
dass  daran  die  grossen  Energiemengen  Schuld  sind,  die  er  in 
den  elektrischen  Wellen  nach  aussen  abgeben  muss  und  die 
ihm  nicht  schnell  genug  nachgeliefert  werden  können.  Die 
stark  gedämpten  Drahtwellen  vermögen  dann  ihrerseits  nur  kurze 
Wellenstösse  in  den  Raum  auszusenden,  und  diese  erregen  in 
dem  Empfangsdraht  auch  nur  schnell  verklingende  Wellen. 
Hingegen  dauern  diese  lange  an,  sobald  ein  lang  andauernder 
Zug  freier  Wellen  der  richtigen  Länge  den  Empfangsdraht 
trifft,  gerade,  wie  man  eine  Schaukel  am  wirksamsten  durch 
eine  Anzahl  zur  richtigen  Zeit  abgegebener,  das  heisst  auf 
die  Schwingungsdauer  der  Schaukel  abgestimmter,  wenn  auch 
schwacher  Stösse  »in  Schwung  bringt«.  Das  ist  ja  der  Sinn 
der  Resonanz. 

Die  somit  vorliegende  Aufgabe,  im  Geber  wenig  gedämpfte 
Schwingungen  zu  erzeugen,  kann  nur  gelöst  werden,  wenn  die 
in  den  Wellen  nach  aussen  fortstrahlende  elektrische  Energie 
immer  schleunigst  wieder  ersetzt  wird.  Der  Schwingungskreis 
muss  gehörig  mit  elektrischer  Energie  geladen  und  dazu  seine 
Capacität  vergrössert  werden.  Hinter  die  Funkenstrecke  werden 
deshalb  Condensatoren  eingeschaltet.  Verhältnismässig  grosse 
Elektricitatsmengen  finden  in  diesen  Platz  und  pendeln  in  dem 
durch  unsere  Formel  gegebenen  Takte  durch  den  Schwingungs- 
kreis hin  und  her.  Die  Condensatoren  vermindern  nicht  nur  die 
Dämpfung,  das  heisst  die  Abnahme  der  Amplitude  der  elektrischen 
Schwingung,  sondern  vergrössern  auch  deren  Anfangswert. 
Sie    verhelfen    dazu,    mit  nahezu  derselben  und  zwar  grossen 

Ij  B«i  Schiffen  ist  das  noch  am  leichtesten.  Sonst  wirkt  ein  einige rmassen 
belrlchüicher  Widerstand  der  Erdung  natOrlich  stark  dSmpfend.  Das  hat  kOnlich  den 
englischen  Versuch,  im  trockenen  Sadafrika  drahtlos  zu  telegraphieren,  scheitern  lassen. 


DigitizsdbyGOO'^le 


54S 


Funkentel  ^raphie. 


Amplitude  andauernde  Draht-  und  somit  kräftige  und  andauernde 
freie  Wellen  zu  erzeugen. 

Es  ist  zweckmässig,  den  Sender  noch  weiter  zu  ver- 
andern. Die  beiden  Aufgaben,  die  er  bis  jetzt  gemeinsam 
erfüllte:  Erzeugung  von  Drahtwellen  und  Aussendung  freier 
Wellen  werden  an  zwei  verschiedene  Schwingungskreise  über- 
tragen. Mit  anderen  Worten:  Man  entfernt  den  Luftdraht  aus 
dem  Kreise,  der  die  Schwingungen  erzeugt,  und  übertragt  auf 
ihn  die  Drahtwellen  durch  Induktion. 

So  besteht  jetzt  der  Geber,  wenn  Sie  von  der  Unterteilung 
der   Funkenstrecke    absehen,    wie    hier   (Fig.  351)    gezeichnet. 


*5  u 


Fig.  351.     Prinzipielle  Schaltung. 

aus  zwei  elektrisch  getrennten,  elektromagnetisch  gekuppelten 
Kreisen.  Kreis  la  erzeugt  wenig  gedämpfte  Drahtwellen,  das 
heisst  solche  mit  nur  langsam  abnehmender  Amplitude.  Diese 
werden  von  Kreis  la,  wie  aus  einer  Vorratskammer,  fortgesetzt 


DigitizsdbyGOOgle 


Funkentelegraphie,  547 

durch  Induktion  auf  Ib  übertragen,  so  dass  der  Luftdraht 
andauernd  freie  Wellen  aussenden  kann. 

Wenn  möglich,  wird  man  bestrebt  sein,  diese  Induktion 
mit  einer  Spannungserhöhung  der  Welle  zu  verknüpfen.  Denn 
der  Fritter  verlangt  zum  kraftigen  Ansprechen  möglichst  hohe 
Spannungen.  Auch  vertragt  er  nur  kleine  Ströme.  Man  wird 
deshalb  geneigt  sein,  die  Windungszahlen  so  zu  bemessen,  dass 
die  Amplitude  der  Spannungsschwingung  herauftransformiert 
wird. 

Nun  versteht  es  sich,  dass  beide  Kreise')  nur  dann  wirkungs- 
voll arbeiten,  wenn  sie  dieselbe  Eigenschwingung  besitzen. 
Für  beide  muss  das  Produkt  L  C  auf  den  gleichen  Wert  ab- 
gestimmt sein.  Im  Kreise  la  machen  die  Condensatoren  den 
Faktor  C  des  Produktes  LC  gross.  L  muss  daher  entsprechend 
klein  sein,  wenn  T,  die  Dauer  einer  Schwingung  und  damit  /, 
die  Wellenlange  nicht  unangemessen  gross  werden  sollen.  Die 
Selbstinduktion  des  Kreises  la  ist  deshalb  klein  zu  halten. 
Auch  zu  diesem  Zweck  hat  mithin  die  primäre  Transformator- 
spule  wenig  Windungen  und  der  Transformator  kein  Eisen. 
Anders  im  Kreise  Ib.  Seine  Selbstinduktion  muss  gross  sein, 
weil  die  Capacität  des  Luftdrahtes  und  die  gleiche  des  Gegen- 
gewichtes klein  ist.  Der  Transformator  hat  secundär  auch  dem 
Produkt  LC  zu  Liebe  eine  beträchtliche  Windungszahl. 

Ahnliche  Erwägungen,  wie  sie  zum  Einschalten  einer 
Capacität  hinter  die  Funkenstrecke  und  zur  Zerlegung  des 
Gebers  in  zwei  elektromagnetisch  lose  gekuppelte  Kreise  fiihren, 
sind  nun  ebenfalls  für  den  Empfänger  anzustellen.  Auch  er 
wird  in  zwei  Kreise:  IIa  den  Luftdrahtkreis  und  IIb  den  Fritter- 
kreis  gespalten,  die  durch  einen  Transformator  ohne  Eisen  ver- 
knüpft sind.  Hier  trifft  abermals  der  Wunsch  einer  weiteren 
Erhöhung  der  Spannungsamplitude  mit  den  Anforderungen  des 
Produktes  LC  glücklich  zusammen.  Der  Empfänger  ist  nicht 
etwa  ein  Spiegelbild  des  Gebers.  Vielmehr  liegt  die  grössere 
Capacität  auch  bei  ihm  im  Primärkreise  (IIa),  weil  dieser  dadurch 
von  aussen  zu  möglichst  ungedämpftem  Schwingen  angeregt 
werden  soll.     Zur  Herstellung  des  alten  Wertes  von  L  C  hat 

*)  Hrh  slossc  sich  nicht  daran,  dass  Ib,  ebenso  wie  nachher  Ha,  auch  als 
Schwingungskreis  bezeichnet  isL  Sie  sind  gcwisseroiassen  dielektrisch  durch  Luft 
geschlossen. 


„Coogic 


548  Funkentelegraphie. 

dann  IIa  eine 'kleine  Selbstinduktion,  IIb  eine  grosse.  Es  sind  so 
—  vom  primären  Ruhmkorfif  abgesehen  —  alle  vier  Schwingungs- 
kreise auf  dasselbe  T  abgestimmt: 

T,a         =  Tn         =  Tna  =  T,a  weil 

Jjia  Cit  ^=  X/&  Cth  ^  Lila  Ciia  =  Liit  Ciif 

Bei  einer  früheren  Gelegenheit  war  von  der  Streuung 
der  Kraftlinien  die  Rede.  Ein  Transformator  hat  eine  grosse 
Streuung,  wenn  die  vom  Strome  in  der  einen  Wicklung 
erzeugten  Kraftlinien  sich  in  beträchtlicher  Anzahl  durch  die 
Luft  schliessen,  ohne  vorher  die  Windungen  {oder  die  um- 
wundene Fläche)  der  anderen  Spule  zu  schneiden.  Diese  Kraft- 
linien sind  insofern  technisch  verloren,  als  sie  an  der  Arbeits- 
übertragung von  einer  Spule  zur  anderen  keinen  Anteil  nehmen. 
Trotzdem  müssen,  wie  wir  damals  {S.  241)  sagten,  ftlr  diese 
Streulinien  natürlich  ebenso  gute  Amperewindungen  aufgewandt 
werden,  wie  für  die  nützlich  thätigen  Kraftlinien.  Der  hierin 
begründete  Verlust  an  Stromwärme  in  der  Wicklung  ist  für  die 
Streulinien  nicht  geringer,  als  für  die  Nutzlinien.  Aber  wenn 
sie  nicht  induzieren,  weil  sie  eben  keine  fremden  Windungen 
schneiden,  so  geben  sie  auch  keine  Induktionsarbeit  aus.  Ihre 
Erzeugung  bedeutet  keine  grosse  Verschwendung. 

Das  hat  filr  die  Funkentelegraphie  Bedeutung.  Denn  bei 
ihren  Transformatoren  zwingt,  wie  Sie  schon  hörten,  kein  Eisen 
durch  seine  hohe  Permeabilität  die  Kraftlinien  in  den  vor- 
geschriebenen Weg.  Diese  streuen  daher  in  sehr  viel  grösserer 
Anzahl  als  bei  den  gewöhnlichen,  Eisenkemhaltigen  Trans- 
formatoren. Beim  Geber  sowohl,  wie  beim  Empfänger  sind 
beide  Schwingungskreise  mit  einander  nur  lose  elektro- 
magnetisch gekuppelt.  Dadurch  wird  allerdings  die  aus 
einer  Transformatorspule  in  die  andere  Übertragene  Leistung 
verkleinert.  Denn  die  induzierte  Spannung  ist  ja  der  Kraft- 
linienänderung  proportional,  bei  weniger  sich  in  gleichem  Takte 
ändernder  Kraftlinien  also  kleiner.  Aber,  und  das  ist  das 
Geheimnis  der  losen  Kupplung,  sie  macht  die  Abstimmung 
schärfer.  Folgende  einfache  Überlegung  wird  Ihnen  das 
bestätigen. 


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Funkenlelegraphie.  549 

Die  Wicklungen  eines  Transformators  seien  ziemlich  eng 
gekuppelt.  Die  secundare-  habe,  so  sei  gemessen  worden,  eine 
Selbstinduktion  von  L  Einheiten.  Wahrend  der  Messung  waren 
die  Klemmen  dieser  secundären  Wicklung  oflfen.  Im  Betriebe 
hingegen  fliesst  durch  sie  ein  Induktionsstrom.  Der  bildet 
natürlich  um  sich  herum  auch  Kraftlinien,  die  zum  grösseren 
Teile  nun  rückwärts  die  primäre  Spule  schneiden.  Deren 
Selbstinduktion  fügt  sich  eine  Fremdinduktion  hinzu.  Mag  dann 
auch  jede  von  beiden  Wicklungen  für  sich  allein  das  richtige 
L  C  und  damit  das  verlangte  T  besitzen,  die  Rückwirkung  der 
secundären  Schwingungen  lässt  verwickelte  Erscheinungen  ein- 
treten. Durch  das  gemeinsame  elektrische  Erklingen  beider 
eng  benachbarter  Kreise  geht  die  scharfe  Abstimmung  verloren. 
Um  diese  zu  erhalten,  ist  es  notwendig,  beide  Wicklungen  beim 
Geber  ebenso,  wie  beim  Empfänger,  lose  zu  kuppeln.  Schneiden 
zum  Beispiel  von  den  in  der  einen  Spule  erzeugten  Kraftlinien 
nur  10  ^/o  die  Windungen  der  anderen  Spule,  so  würden  die 
primären  Kraftlinien  nur  von  1  "/o')  solcher  aus  der  secundären 
Spule  rückwirkender  gestört  werden.  Diese  Abbildung  eines 
Empfangstransformators  (in  Fig.  359  auf  S.  537  auf  der  Konsole 
links)  zeigt  Ihnen,  dass  man  die  weiter  gewickelte,  secundare 
Spule  aus  der  Windungsebene  der  enger  gewickelten,  primären- 
ganz  herausschieben  und  so  die  ohnehin  schon  lose  Kupplung 
beider  noch  weiter  lockern  kann. 

Wir  haben  nun  kurz  auf  die  wichtige  Frage  einzugehen, 
inwieweit  die  Abstimmung  der  Wellenlänge  die  Funken- 
telegramme vor  Abgefangenwerden  und  Störung  schützt.  Im 
Frieden  wird  sich  das  im  allgemeinen  erreichen  lassen,  weniger 
im  Kriege.  Hier  ist  es  für  einen  Gegner  nicht  schwer,  wenn 
er  die  Wellenlänge  nicht  schon  kennt,  sie  durch  Messung  oder 
schlimmsten  Falles  durch  Probieren  zu  ermitteln  und  seine 
Apparate  auch  auf  sie  einzustellen.  Er  kann  dann  abfangen, 
was  ihm  aber  bei  chiffrierten  Depeschen  nur  nützen  wird, 
wenn  er  im  Besitze  des  ChifFreschlüssels  ist.  Einen  Schutz 
dagegen  bilden  schnelle  Veränderungen  der  Wellenlänge,  auf 

'(  Genauer  betrachtet  ist  das  allerdings  nur  bei  einem  Trans formBlor  mit  dem 
Umsetiungsverhaltnia  1  :  1  der  Fall.  Bei  Heran ftransrormation  wird  secundir  der 
Strom  und  damit  die  Kraltlinieniabl  und  damit  die  störende  Rückwirkung  auf  den 
PrimBrkreis  im  Verhältnis  n,.'no  verkleinert. 


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550  Funhenlelegraphic. 

die  die  befreundeten  Ämter  eingeübt  sein  müssen,  so  dass  der 
Gegner  nicht  mitkommt.  Schnelle  Langenänderung  schützt  auch 
vor  Störung  —  einschliesslich  absichtlich  falscher  Meldungen  — 
durch  den  Gegner,  denn  gegen  genügend  kräftige  Wellen 
der  richtigen  Länge  ist  kein  Empfänger  immun.  Ein  benach- 
barter Gegner  wird  sogar  durch  Wellen  fremder  Länge  stören 
können,  wenn  er  über  einen  hervorragend  kräftigen  Sender 
verfügt. 

Es  gibt  nämlich  in  der  Funkentelegraphie  ein  Gesetz,  das 
äusserlich  Ähnlichkeit  mit  dem  Gesetz  der  Massenwirkung 
aufweist,  von  dem  die  chemischen  Vorgänge  beherrscht  werden, 
und  das  ich  das  Gesetz  der  funkentelegraphischen 
Massenwirkung  nennen  möchte.  Ob  nämlich  zwischen  zwei 
Stoffen  eine  chemische  Umsetzung  stattfindet  oder  nicht,  wird 
nicht  nur  von  ihrer  chemischen  Natur  bedingt,  sondern  ebenso 
von  der  Menge,  in  der  beide  Stoffe  aufeinander  treffen.  Ob 
ein  funkentelegraphischer  Empfänger  auf  andere  Wellenlängen, 
als  auf  die  er  abgestimmt  ist,  anspricht,  hängt  von  der  Ampli- 
tude dieser  Wellen,  gleichsam  von  ihrer  Masse,  ihrer  Concen- 
tration  ab.  Wellen  von  einem  benachbarten  kräftigen  Sender 
werden  sich  auch  bei  recht  verschiedener  Länge  noch 
bemerkbar  machen. 

Wollen  Sie  nun  bitte  Ihre  Aufmerksamkeit  den  Apparaten 
zuwenden ,  wie  sie  die  technische  Funkentelegraphie ')  aus- 
gebildet hat.  Jeder  Apparatesatz  vereinigt  natürlich  Geber 
und  Empfänger  in  sich,  gerade  wie  bei  der  Stromtelegraphie. 

Was  zunächst  die  Stromquelle  anbetrifft,  so  wird  der 
Ruhmkorff  nur  für  kleine  Leistungen  bis  etwa  350  Watt,  das 
ist  filr  ein  Geben  auf  etwa  150  km  Entfernung  mit  Gleichstrom 
gespeist  und  sein  Primärstrom  mit  einem  Wagnerschen  Hammer 

')  Dabei  halten  wir  uns  an  die  Fabrikate  der  Gesellschaft  fOr  Drahtlose 
Telegraphie  Berlin,  schon  weil  diese  in  der  conslructivcn  Durchbildung  augen- 
scheinlich hervorragendes  geleistet  hal.  Die  alten  schwerßlligen  und  gebrechlichen 
Apparate  der  physikalischen  Cabinelte  sind  modern,  gebrauchsfähig  und  srhOn 
geworden.  Bei  dieser  Gelegenheil  sei  Übrigens  bemerkt,  dass  im  Rahmen  unserer 
zusammenrassenden  Vorlesungen  natQrlich  nicht  aufdie  zahlreichen  runkenlelegraphiscben 
'Systeme'  eingegangen  werden  kann.  Zu  eingehenderem  Studium  des  Gebietes. 
namentlich  nach  der  physikalischen  Seile  hin,  ist  Zenneck*  neues  umrangreicfaes 
Buch  geeignet.  Doch  ist  dazu  physikalisch- mathematische  Schulung,  wenn  auch 
keine  Kenntnis  der  höheren  Mathematik  erforderlich. 


D,„i,.,db,Google 


Funkentelegraphie.  551 

unterbrochen.  Von  anderen  Unterbrecherformen  abgesehen, 
benutzt  man  ftlr  grössere  Leistungen  und  Entfernungen  zweck- 
mässig kleine  Motorgeneratoren  oder  Umformer,  Jetzt  treibt 
aber  umgekehrt,  wie  bei  den  zur  Ladung  von  Sammlern  aus 
Wechselstromnetzen  verwendeten  Maschinen  (Fig.  201  auf  S.  309), 
natürlich  der  Gleichstrom  an,  und  erzeugt  wird  Wechselstrom. 
Dabei  ist  eine  Einrichtung  getroffen,  die  den  Motor  dann  an- 
laufen lässt,  wenn  das  Amt  seinen  Apparat  von  Empfangen  auf 
Geben  umstellt.  Die  entgegengesetzte  Umschaltung  setzt  den 
Motor  wieder  stiU.  Für  militärische  Verwendung,  besonders 
durch  Patrouillen,  wird  neuerdings  auch  ein  kleiner  Generator 
auf  einem  Fahrradgestell  durch  Treten  angelrieben  (Fig.  352). 


Fig.  352.     Trelgeneralor  für  Palrouillcn. 

Der  Kreis,  der  die  Stromquelle  und  die  primäre  Wicklung 
des  Ruhmkorff,  bei  Gleichstrom  ausserdem  den  Unterbrecher 
enthält,  bekommt  als  Schlussstück  die  Taste,  die  die  Wellen- 
züge die  Morsezeichen  nachbilden  heisst.  Es  kann  kein  Zweifel 
darüber  sein,  dass  sie  in  den  Niederspannungskreis  des  Ruhm- 
korff" gelegt  werden  muss.  Aber  auch  dann  kann  der  öfFnungs- 
funken  noch  die  Platincontakte  der  Taste  verbrennen  und 
durch  die  mit  ihm  verknüpfte  Verlängerung  des  Stromflusses 


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552  Funkentelegraphie. 

das  Geben  unnütz  verlangsamen.  Um  deshalb  den  Öffnungs- 
funken zu  vermeiden,  unterbricht  man  den  Stromkreis  gerade 
in  einem  der  Augenblicke,  in  denen  der  speisende  Strom  — 
sei  es  unterbrochener  Gleichstrom,  sei  es  Wechselstrom  —  einen 
Nullwert  durchläuft.  Das  wird  durch  folgende  Anordnung 
erreicht  (Fig.  353).    Der  obere  Stift  des  Arbeitscontaktes  wird 


— '  Stromquflle--. 

—  Xahnfior^—^ 
Fig.  353,     Funkentelegraphischc  Taste. 

vom  Tastenhebel  getrennt  und  an  einer  besonderen  diesem 
Hebel  untergeklemmten  Blattfeder  befestigt.  Die  Blattfeder 
trägt  hinter  dem  Contaktstift  einen  Eisenanker,  dem  unten  eine 
Magnetwicklung  mit  Eisenkern  gegenübersteht.  Die  Wicklung 
ist  mit  in  den  zu  unterbrechenden  Strom  geschaltet.  Wenn 
nun  auch  beim  Geben  die  Hand  des  Beamten  auf  den  Tasten- 
hebel zu  drücken  aufhört  und  der  Tastenhebel  hochklappt,  so 
hält  trotzdem  die  Blattfeder  den  Contakt  noch  solange  ge- 
schlossen, bis  mit  dem  Nullwert  des  Stromes  die  Kraftlinien 
erlöschen  und  der  Eisenanker  abschnellen  kann.  Die  gebende 
Hand  schÜesst  zwar  den  Contakt.  Sie  öffnet  ihn  aber  nicht, 
sondern  erlaubt  nur,  dass  er  geöffnet  wird,  sobald  der  Strom 
zu  Null  geworden.     So  wird  der  Öffnungsfunke  vermieden. 

Besonders  hübsch  sind,  auch  die  Condensatoren  gebaut. 
(Fig.  354  und  Fig.  359  rechts.)  Es  sind  Leydener  Flaschen 
von  der  Form  ^)  grosser  Reagenzgläser  und,  wie  jene,  auf 
Gestellen  in  leicht  veränderlicher  Anzahl  gruppiert. 

Unterteilte  Funkenstrecke,  Leydener  Batterie  und  Selbst- 
induktion sind  zu  einem  solchen  Geber  vereinigt  (Fig.  355), 
Oben    liegt    die    Funkenstrecke    (Fig.  356)   zur  Dämpfung    des 

')  Vermutlich  wird  diese  die  alle  Form  auch  sonst  verdrEngen. 


D,„i,.,db,Google 


Funkentelegraphie.  553 

Geräusches  in  einen  Kasten  eingebaut,  aber  durch  ein  Fenster 
sichtbar.  Aussen  sehen  Sie  die  Selbstinduktion  und,  wie  von 
ihr  mehr  oder  weniger  Windungen  sprungweise  durch  Stöpsel ') 
eingeschaltet  werden  können.  Die  Lange  der  ausgesandten 
Wellen  ändert  sich  dadurch  in  den  ungefähren  Grenzen  hundert 
bis  tausend  Meter. 


Fig.  354.     Leydener  Flaschen. 

An  dem  Empfangsapparate  (Fig.  357)  sehen  Sie  vorn  den 
Farbschreiber,  links  oben  das  Siemenssche  Relais  und  rechts 
daneben  den  Fritter.     Der  schwarze  Schalter  ist  zum  Empfang 

')  Mm  würde  Schi  ei  tcon  takte  vorliehen,  wenn  sie  nicht  leicht  durch  Obergangs- 
widerstftnde  die  Dämpfung  des  Schwingungshreises  vermehrten. 


D,„i,.,db,Google 


554  FunkenWlegraphie. 

niedergelegt.')  Für  das  eigene  Geben  wird  er  hochgeklappt 
und  schliesst  dadurch  den  Primärkreis  des  RuhmkorflF,  natürlich 
mit  Ausnahme  der  Taste,  oder  lasst  den  Umformer  oder  Motor- 


Fig.  356.     Unterteilte  Funkenstrecke. 


Fig.  355.     Geber  für  SetiilTsämler. 

■l  Beim  Morse  -  Slrombclrieb  wird  die  entsprechende  Unischaltung,  wie  Sie 
wissen,  mit  der  Taste  besor^I.  Dort  liegt  diese  ja  immer  an  der  Leitung  und 
ausserdem,  je  nith  ihrer  Stelhme,  an  der  gebenden  Batterie  oder  dem  empfangenden 
Relais.  Beim  Funkenbetrieb  muss  die  l^astc  aber  in  den  PrimBrkreis  des  Ruhmkorfls, 
und  daher  ist  die  besondere  Umschaltung  notwendig.  Hier  i(t  auch  nicht  so  grosse 
Eile  von  nölen. 


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Funken  telFgraphie.  555 

generator  anlaufen.  Ausserdem  löst  er  beim  Hochklappen  die 
Empfangsschaltung  vom  Luftdraht  und  unterbricht  sie  an  einer 
ganzen  Reihe  von  Stellen.  In  der  Stromlaufsskizze  (Fig.  358) 
sind  diese  Unterbrechungsstellen  durch  kleine  Kreuze  bezeichnet. 
Obgleich  thatsächiich  von  einem  Hebel  bedient,  erscheinen  sie 
hier  der  einfacheren  Zeichnung  halber  getrennt 


Fig.  351.     Eniprangsapparat. 

Die  Skizze  zeigt  des  Weiteren  die  aus  wenig  Windungen 
bestehende  primäre  Wicklung  des  Transformators,  an  ihrem 
einen  Ende  den  Luftdraht,  am  anderen  den  Condensator 
veränderlicher  Capacität  und  das  Gegengewicht.  In  loser 
Kupplung  wird  die  windungsreiche  secundäre  Spule  L  erregt. 


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558 


Funkcntclegraph  ie. 


Sie  bildet  mit  dem  Fritter  und  dem  Condensator  C  den  früher 
als  IIb  bezeichneten  Schwingungskreis.  Von  denFritterklemmen, 
genauer  von  der  rechten  Klemme  des  Fritters  und  der  oberen 
—  der  secundaren  Transformatorwicklung  zweigt  sich  der 
primäre  Kreis  des  Relais  H  ab.  Er  enthalt  neben  dem  (in  der 
Fussnote  v,  S.  530  erwähnten)  Klöppelunterbrecher  und  einem 


Fig.  358.     Empfangssrhaitung. 


Schutzwiderstand  von  einigen  Tausend  Ohm  als  wesentlich 
Fritter,  primäre  Relaiswicklung  und  Fritterelement.  An  den 
secundaren  Relaisklemmen  liegen  dann,  von  dem  von  ihr 
betatig^ten  Klöppel  getrennt  angegeben,  die  Klöppelspule  Kl 
und  der  Farbschreiber  M,  beide  einander  parallel  und  von 
derselben  Batterie  gespeist. 

Es  sei  noch  erwähnt,  dass  man  (in  Fig.  358  nicht  gezeichnet) 
dem  Fritter  einen  Condensator  parallel  legt,  damit  die  Capacitat 
des  Kreises,  unabhängig  von  dem  wechselnden  Fritterzustand, 
einen  unveränderlichen  Wert  behält.  Für  den  Gleichstrom  des 
Fritterelementes  ist  der  parallele  Condensator  natürlich  praktisch 
nicht  vorhanden.  Die  Berliner  Gesellschaft  pflegt  ihre  Apparate 
jetzt  für  den  doppelten  Empfang  mit  Fritter  und  mit  elektro- 
lytischer Zelle  einzurichten,  sodass  das  Telegramm  gleichzeitig 
ertönt  und  niedergeschrieben  wird.    Dabei  eignet  sich  die  Zelle 


DigitizsdbyGOOgle 


Funk  entelegraph  ic . 


D,„i,.,db,Google 


558  Funkentelegraphie. 

besonders  gut  zur  schnellen  Einstellung  auf  die  richtige  Wellen- 
länge. Auch  der"  Zelle  liegt  ein  Condensator  parallel,  aber 
mit  anderem  Zweck,  als  beim  Fritter.  Die  Zelle  würde  mit 
ihrem  beträchtlichen  Ohmschen  Widerstände,  wie  eine  schlechte 
Erde,  den  Schwingungskreis  dämpfen,  was  durch  den  ihr 
parallelen  Condensator  verhindert  wird. 

Neuerdings  hat  man  übrigens  Geber  -und  Empfänger,  zu 
einem  Ganzen  vereinigt,  in  und  auf  einem  Schreibtisch-artigen 
Aufbau  untergebracht.     Nur  der  RuhmkorfF  bleibt  an  der  Wand. 

Hier  sehen  Sie  noch  das  Funkenamt  Scheveningen  (Fig.  359) 
und  die  in  unserem  Heere  eingeführten  zweiteiligen  Funken- 
wagen (Fig.  360),  abgeprotzt  und  bei  der  Arbeit  auf  eine  durch- 
schnittliche Entfernung  von  vierzig  bis  fünfzig  Kilometer.  Links 
steht  der  Hinterwagen,  in  ihm  Ruhmkorff  und  Leydener  Batterie 
sichtbar,  rechts  der  Vorderwagen  mit  dem  Empfangsapparat. 
Den  Luftdraht  führte  man  früher  durch  Wasserstoffballon  oder 
Drachen  hoch.  Jetzt  wird  dazu  eine  Eisenkonstruktion,  in 
Verbindung  mit  dem  Tretgenerator  sogar  nur  ein  auf  etwa 
15  m  auseinander  schiebbares  Magnaliumrohr  verwendet. 

Zum  Schluss  möchte  ich  noch  einige  Worte  über  die  Ver- 
wendung der  Funkentelegraphie  hinzufügen.  Man  wird  niemals 
dort  drahtlos  telegraphieren,  wo  man  zuverlässiger  und  schneller, 
geheim  und  ohne  die  Möglichkeit,  durch  fremde  Zeichen  gestört 
zu  werden,  über  einen  Draht  oder  ein  Kabel  geben  kann. 
Es  bleiben  demnach  die  Fälle  übrig,  in  denen  Geber  und 
Empfänger  ihre  gegenseitige  Entfernung  ändern  oder  ein 
zwischen  ihnen  liegendes  Hindernis  oder  Mangel  an  Zeit  die 
Herstellung  von  Leitungen  verbietet.  Im  Frieden  verkehren 
Funkentelegramme  hauptsächlich  über  See.  Zwischen  Schiffen 
unter  einander  und  zwischen  Schiffen  und  Küsten  oder  Inseln 
tragen  sie  Nachrichten,  warnen  besonders  vor  Gefahr.  Im 
Kriege  geben  sie  Meldungen  aufklärender  Schiffe  oder  Kavallerie 
zurück  und  vermeiden  dabei  Zeitverlust  und  Aufgabe  der 
Beobachtung,  die  mit  dem  früher  notwendigen  Rückmarsch 
verknüpft  waren.  Zu  Wasser  und  zu  Lande  tragen  sie  auch 
bei  Nacht  und  Nebel  Befehle  des  Führers  und  Besprechungen 
mit  den  Unterführern  und  ermöglichen  damit  erst,  die  Leitung 
der  heutigen  Flotten  und  Riesenheere  in  einer  Hand  zusammen- 
zufassen. 


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Funkentelegraphie.  559 

So    scheint   die  Funkentelegraphie,  wie   der  ältere  Funke 

des  Feuers,    erhaltend    und   zerstörend  zugleich,    zunächst  für 

den  Krieg  grössere  Bedeutung,  als  für  den  Frieden  zu  haben. 


Aber  sie  vermehrt  die  Waffenrüstung  und  damit  die  Besorgnis 
■der  Gegner  und  hilft  so  vielleicht  mittelbar  den  Abschnitt 
friedlicher  Kultur  zu  verlängern,  dem  sie  ihr  Dasein  verdankt. 


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560  Funken  lelegraphie. 

Hiermit  sind  wir  am  Ende  unserer  Vorlesungen  angelangt. 
Ob  Sie  das  Gelernte  in  Ihrem  Berufe  fördert  oder  nicht,  mit 
gleicher  Ausdauer  sind  Sie  mir  Vorlesung  auf  Vorlesung  über 
das  ganze  grosse  Gebiet  gefolgt.  Haben  Sie  dafür  freundlichen 
Dank.  Sei  nun  mehr  die  That  oder  mehr  das  Denken  Ihr 
Mutier,  Sie  werden  sich  aufs  Neue  von  der  heute  manchmal 
vergessenen  Wahrheit  überzeugt  haben,  dass  trotz  aller  Jagd 
nach  Erfolg  und  allem  Schein  und  aller  Selbstanpreisung  jedes 
einzelnen,  der  Nationen  und  der  Menschheit  wahrer  Fortschritt 
in  dem  Treiben  einer  Sache  um  ihrer  selbst  willen  und  im 
liebevollen,  gründlichen  Versenken  in  sie  liegt.  Das  ist  es 
auch,  was  mir  immer  als  im  vornehmsten  Sinne  deutsch 
gegolten  hat. 


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Register. 


StUt 

Abkitungselektrode 129 

Ablenkende  Kraft 48 

Ablenkung  einer  Magnetnadel  .  45 
Ablenkung    eines  Stromföhren- 

den  Leiters 47 

Abschmelzsicherungen ....      32 

Abstimmung 543-550 

Abstossung  von  Kraftlinien  .     .      56 

■Spulen 55 

•Stromleitern 55 

Aether 518 

Akkumulatoren     ....     175—203 
Akkum.  F.  A.  G.  .     .      185.  203 

Aräometer 192 

Bahnpost  beleuch  tu  ng .     .     .     183 
Boesesche  Platte    ....     182 
Chemie,     Constanten     Be- 
triebsvorschriften   .     185-203 

Entladung 178 

Fauresches  Verfahren     .     .     180 

Formierung 180 

Gewebte  Platte      ....     185 

Gitterplatlen 182 

Gülchersche  Platte     ...     183 

Hagener  Platte 184 

Innerer  Wdstd. .     .  199.  303.  382 
Ladung.     .     -     .      178.307-311 

Masseplatten 183 

Plantesehes  Verfahren    .     .     180 

Prinzip       175-179 

Pollaksehe  Platte  ....     179 

Rahmenplatte 182 

Technische  Ausführung  179—186 
Im  Telegraphenbetr.  .    303—31 1 

Aktive  Masse 182 

Amal^amiertes  Zink  ....  145 
Amerikanische  Morsezeichen  231 
Amerikanischer  Ruhestrom  .  .  323 
Amerikanisches  Element  ...     154 

Ampere 15.  18 

Definition  nach  dem  Reichs- 
gesetz      130 

Amfwremetcr    =^    Stromzeiger 

oder  Strommesser  20.  48.  129 

AmpfirescIieSchwrimmregel  46. 48.267 

Amplitude 206 

Antennen 524 

Antrieb  des  Hughes  ....  350 
Anziehung  von  Kraßlinien    .     .      56 


Anziehung  von  Spulen      ...      55 

■Stromleitern 55 

Amp&resches  Gestell     ....      47 

Amperestunden 19 

Amperesekunde 19 

Amperewindungen    ....  48.  239 

Anker 34 

des  Farbschreibers     .     .     .    238 

des  Hughes 349 

des  Hughesmotors      .     .     .    351 

des  Klopfers 259 

des  Magnetinduktors .  .  .  494 
Ankerachse  des  Hughes  .  .  .  352 
Ankerinduktion     ......      67 

Anode 123 

Antennen 522.  544 

Aperiodisches  Galvanoskop    115.  i:^ 

Apparatfarbe 255 

Apparatetisch 270.  323 

Aräometer 192 

Arbeit 22 

Arbeitsquelle  der  galvanischen 

Elemente 158 

Arbeitsstrom 

Batterie  beanspruch«  ng  ,  .  315 
Betriebseigenschaften  .  .  322 
Capacität  d.  Kreises  ...  374 
Schaltregel  .  .  .  .  314,  392 
Schaltungen  263.  313  Tafel  1.  324 

Schreibhebel 246 

I  Taste 324 

I   Arbeitaobertragung  .     .     29.  83.  274 
I   Argentinische    Telegraph enver- 

I       waltung 255 

j  D'Arsonval 478 

I   Asphalt 375 

Astasie 408 

I  Asynchron    ....      402  Fussnote 
I  Aufnahmen    von   Telegraphier- 
strömen      370 

I  Au  fspeicherungs vermögen     .     .     185 

,   Ausbie^ng 206 

'  Ausbreitungswid  erstand  .  .  .  441 
Ausgleichswiderstände  ^272.  298.  326 
Auslösung  der  Druckachse 

Fig.  235  auf  S.  349 
Auslösehebel  Fig.  235  auf  S.  349.  353 

Ausschalter 10 

I  Automat 512 

36 


DigitizsdbyGOO'^le 


562 

Sdle 
Automatische  Zeichengebung 

331.  332.  406 
Azoren 417 

Bahnpostbeleuchtung  ....  183 
Bahnströme. 

Grösse 16 

Störung  durch  —  .     .     .     .    465 

Ballonelement 161 

Batteriebeanspruchung      .     .     .     299 

Batteriebemessung 314 

-beim    Differential  -  Gegen- 
sprechen    .    .      430  Fussnote 

Bandotprinzip 421 

Beanspruchung    einer    Tele- 
graphierbatterie     299 

Berlin  16.  186.  339.  368.  475  Fussnote 
Berliner  Elektricitäts-Werke  .  24 
Berliner  Strassen  bahn  wagen    16.  198 

Berlin -Magdeburg 17 

Berlinersches  Mikrophon  .     483.  224 

Bernstein 86 

Besteigung  des  Faulhorns     .     .      22 
Betriebseigenschaften    von   Ar- 
beits- und  Ruhestrom    .     .     .    322 
Bifilare  Wicklung     75.  427  Fussnote 

Bismarck 475 

Bittersalz 162 

Blanktasten 342,  355 

Bteiacetat 121 

Bleibaum 121 

Bleiglätle V     .     .     180 

Bleimantel 375.  470 

Bleisulfat 195 

Bleisuperoxyd 178 

Blitz 97.  274 

Blitzableiter. 

Gebäude- 97 

Telegraphische-  274. 323  Fussnote 

Telephon!  sc  he- 485 

Börsendrucker 368 

Boesesche  Platte 182 

Bobines  Godfroy 398 

Braunstein 163 

Breisig 401.  473 

Bremerhafen 368 

Bremsregulator 357 

Bronzedraht     ....      18.  28.  463 

Brown 418 

Brück  engegensprechen      ,    431—434 

Brückengesetz 432 

Brückenschaltung 431 

Buchstabenweiss  ....     343.  355 

Fig.  243  auf  356 

Callaudisches  Element ....     151 

Calorie 22 

Canso-Waterwille     ...     403.  417 


SdM 

Capacität  (electrochemische)  185.  305 
Capacitat  (electro statische)     100.  102 

telegraphisch 371 

telephonisch 468 

von  Leydener  Flaschen  103 

von  Telegraphen  kabeln  375 

von  Fernsprech kabeln  .  .  468 
Capacitatsg^nge  wicht  .  .  .  544 
Chatterton  Compound  ....  375 
Chemische  Stromerzeugung  135—174 
C  hemisch  eStr  omspei  cherungI75 — 203 
Chemische  Stromwirkung     119—134 

Chemnitz 515 

ChlomatriumlOsung 133 

Chromsäureelement 149 

Code 295 

Coercitivkraft 39.  61 

Coharer  (=  Fritter) ,     .     .     521.  530 

Compounddraht 464 

Condensator 98—111 

am  Ruhmkorff 79 

Condensatorabschluss  ....  403 
Condensator-RQckstand  99.  110.  116 

Consonanten 228 

Contakthebel 347 

Contaktschlitten   .,..,.    345 

Contaktstifle    des    Hughes    344.  347 

Fussnote 

Constante  Elemente      .     .     149—167 

Contaktkammer 481 

Correctionsdaumen  .  .  .  360.  364 
Correlttionsrad  355.  Fig.  243  auf  356 

Coulomb 18 

Coulorobsches  Gesetz 

magnetisches 3b 

statisches 88 

CW  ...  385-  403.  417.  468.  471 
Dampfung  ....  228.  481.  533 
Dampfungsruder  ....      408.  411 

D'Arsonval 478 

Dauer  des  Hughesstromes    .    .    364 

Dauermagnet 37 

Deklination 34 

Depolarisation 148 

Deutsches  Relais  .  283.  403  Fussn. 
Dielektricitatsconstante     ...     106 

Dielektrikum 106 

Differentialgalvanoskop  .  .  .  424 
Differential-Ge^ensprechen   423-431 

DifTerentialretais 424 

Diplexbetrieb 423 

Dissociation  der  Elektrolyte  .  133 
Dolezalek     ...  194.  470.  473.  474 

Doppeldraht 464 

Doppelglocke 313 

Doppelfeitung 464 

Doppelsprechen 423 


DigitizsdbyGOOgle 


satt 

Doppel-T-Anker 496 

Doppeltaste 406 

Drahtlose  Telegraphie  517-559.  520 

Drehspule 41 1 

Dosenrelais  ,     .     .    .      289  Fussnote 

Dreiecksschrank 516 

Dreifingerhebel 357 

Drei  Hughesleitungen  an  einer 

Battene 365.  298 

Druckfehler 573-576 

Druckachse 353 

Druckdaumen 354.  360 

Druckhebel 354 

Duplexbetrieb 423-434 

Durchmesser  von  Telegraphen- 
leitungen   312 

Dynamomaschinen  als  telegr. 

Stromquelle 311 

Ebeling 470.  473.  474 

Eigenton 225.  538.  547 

Eisenbahntelegraphie  .  .  .  .  317 
Eisendraht    ....       17.    312.  462 

Eisenfeile 33 

Elektricial  Rover  Storage  Co.  .  305 
Eleklrician  .  .  417.  485  Fussnoten 
Elektricitätsmenge     .     .       3.  18.  130 

Elektricitälswerk 2.  307 

Elektrische  Arbeit  ....  23.  24 
Elektrische  Auslösung  desHughes  347 
Elektrische  Ladung  ....  87 

Elektrische  Lei  stur)  g  ....  23 
Elektrische  Leitfähigkeit  ...  3 
Elektrischer  Funken  .  77.  92.  520 
Elektrischer  Strom  ....  1  —  14 
Elektrischer  Widerstand  ...  5 
Elektrische  Schirmwirkung  .  .  90 
Elektrische  Spannung  ....  2 
Elektrisches  Wärmeäquivalent  22.  27 
Elektr.  Warmewirkung  2.  25—32,  71 
Elektrische  Wellen  .  .  -  519-528 
Elektrischwerdendureh  Reibung  87 
—  durch  Influenz  ....  90 
Elektrisiermaschinen     .     .     .91.  414 

Elektrochemie 119-203 

Elektrochemisches  Aequivalent      132 

Elektrode 123 

Elektrodj'namik 55 

Elektrolyse 123-134 

von  Bleiacetat 121 

von  Kupfersulfat    .     .     120.  124 
von  verd.  Schwefels.  125. 175. 178 
von  Natriumsulfat  unter 
Lackmuszusatz    ....     128 

Elektrolyte 123.  133 

Elektrolytische  Dissociation .  .  133 
Elektrolyt.  Galvanometer  .  137.  178 
Elektrolytische  Zelle    ....    532 


Seite 

Elektromagnet  48 

des  Farbschreibers     .    .     -    235 

des  Hughes 348 

Elektromagnetismus      .     .     .  45—64 

Elektromotorische  Gegenkraft  82.  148 

Elektromotorische  Kraft   ...        3 

Berechnung  bei  galvanischen 

Elementen 159 

Elektron 132 

Elektroskop 89.  95.  1 12 

Elektrostatik 86-118 

Elektrostasische  Influenz  ...      90 

Elektrostatisches  Grundgesetz  .      88 

Elektrotechnische  ZeitscTirift     .    440 

Fussnote 

Elementarmagnete 38 

Elemente 135-174 

Elementenschaltung 168 

Elementenschrank 297 

Emden-New  York 417 

Empfindlichkeit  eines  Galvano- 


409 
437 


—  eines  Telepht 

Endamter ou 

Endstelle 313 

Arbeitsstrom.     .      324.  Fig.  210 

Arbeitsstrom  mit  Relais     .    325 
Fig.  211 

Ruhestrom     .     .      329.  Fig.  215 

Energie "" 

Englisches  ArSometer 

—  Telephongehäuse 
^  Walzenmikrophon 
Engl.  Schaltung  paralleler  Leitung  298 
Entfrittung  ....  521.  524.  529 
530  Fussnote.  556 

Entkupferung 124.  152 

Entia deStrom  eines  Conden- 

sators 116.  371.  377 

Entladung  von  Akkumulatoren      178 
Erdrückleitung      ....      117.  464 

Erdschluss 305 

Erfurt-Fulda 320 

Erfurt-Giessen 321 

Erhaltung  der  Energie  22.  26.  69.  70 
85.  158.  443.  460.  493 
Erhöhung  der  Telegraphier- 
geschwindigkeit 260.  331.  335.  392 
Ernolen  der  Spannung  .  .  -  187 
Fabrikation  der  Mikrophonkohle  448 

Farad 102 

Faradaysches  Gesetz    ....     128 
Faradaysches  Rouleau ....      94 

Farbschreiber 235-256 

Ampere  Windungen     .     .     .    239 
Anker 238 


„Coogic 


564 

Sdte 

Anziehung 241 

Auslösung 250 

Einstellung 244 

Elektromagnet    .     .     .    235—245 

Farbkasten 254 

Farbrad 245 

Feder 250 

Französischer- 256 

Funkentelegraphischer    .     .    554 

Hebel 245 

Hemmung 250 

Kerne 238.  245 

Magnet 235-245 

Papier 253 

Polarisierter- 331 

Schublade 253 

Selbstauslösung 251 

Spulen 235-244 

Streuung 241 

Taste     ....      256.  322.  324  j 
Übertragung  .      295.  321  jNo.  5|  I 

Uhrwerk 247 

Windfang 248 

Fassungsvermögen 185 

Faulhorn 22  ' 

Faure 180  ! 

Faustregel  über  Batteriebemes- 
sung      314  I 

Feinsicherung 486 

Feldstärke 42  I 

Ferndrucker 367  i 

Femdruckeramt 368  i 

Fernhörer 438  i 

Fernsprech-Amt   ....    514—518  ' 

■Automat 512  ' 

-Blitzableiter 485  : 

-Draht 32.  462 

-Gehäuse 501-511    , 

-Gehilfinnen    ....     219.  452  ' 

■Kabel 467 

■Kabine 228 

-Klinke 516  , 

■Leitung 462 

■Schaltung,  Princip     .     .     .    461    1 

■Sicherungen 485 

-Stöpsel 516 

Femsprecher    .     .     .      438  Fussnole  ' 
Nachteile  des  Fernsprechers  367  | 

Ferraris 112 

Festigkeit 463  , 

Figurenwechsel     ....     343.  355  , 

Fifm 333  , 

Fleisch  ersches  Element     ...     163 

Formierung 180  I 

Fortissimo 219  | 

Franke     370.  377.  381.  384.  3&5.  400  ■ 
Frankfurter  Ausstellung    ,     ,  16.  261   I 


Seite 

Franklinsche  Tafel 101 

Französischer  Farbschreiber  .  256 
Französisches  Mikrophon  .  .  480 
Freie  Schwingung  ,  225.  538.  547 
Freileitungen    .     .  278.  312.  318.  463 

Frictionsrad 356 

Fritter 521.  530 

Fritter  mit  Keilspalt     ....    531 

Fulda 329  (No.  7| 

Fulda-Erfurt 320 

Fünf  Morse  1  ei tungen    an    einer 

Batterie 299 

Funken 77.  92.  520 

Funkenamt  Scheveningen      .     .    557 

Funkendiagramm 93 

Funken  Induktor 76 

Funken  Spannungen  ....  16.  537 
Funkensireeke  ....  92,  536.  554 
Funkentelegraphie    .     .     ,    517—559 

Abfangen 543.  549 

Abstimmung  ....    543—550 
Amt  Scheveningen     .     .     ,    557 

Antennen 522.  544 

Anwendung 558 

Apparate 550—558 

Dampfung 533-537 

Elektrolytische  Zelle  ...    532 

Empfänger  554 

EntlVittung      .     -   521.    524.    529 
530  Fussnote.  556 

Fritter 521.  530 

Funkenstrecke    .     .     .     536.  554 

Geber 553 

Gegengewicht 544 

Gesellschaft    für    drahtlose 

Telegraphie  550  Fussnote 

Hertzsche  Versuche   .    523—528 
Inaktiver  Funken  ....    536 

Kupplung 546-549 

Leydener  Flaschen     .     .     .    553 

Marconistation 544 

Namen 520 

Resonanz 538—542 

Schaltungen    ....     546.  556 

Stören 543.  549 

Stromquelle 550 

Systeme     .     .    .      550  Fussnote 

Taste 551 

Tretgenerator Kl 

Wellenzeiger      .     .     .     521.  530 

Funkenwagen 558 

Funkenwiderstand 536 

Forst  Bismarck 475 

Oalvanische  Elemente  .  .  135 — 174 
Galvanometrischer  Empfang  .  407 
Galvanoskop 65 


DigitizsdbyGOOgle 


Seite   I 
Calvanoskvp,  aperiodisches   115.  135  i 
telegraphisches266.  412Fussnote 

Gasmotor 310  | 

Gassnersches  Trockenelement .     166  ; 
Gedämpfte  Schwingung  .     .    93.  229  I 
Gedämpftes  Galvanoskop     .  115.   135 
Gefährlichkeit  der  Elektricität .       16  | 
Gegenspannung    ...   73.  148.  444   i 

Gegengewicht 544 

Gegensprechen     ....    423-434 

Gehäuse 501-511 

Gekrümmter  Finger      ....    354 
Generat  Post  Office      .  294.  305.  480 

Geräusch 218 

Geschwindigkeit  elektrischer 

Wellen 520 

—  des  Farbschreiberpapiers  ,     253 

—  von  Wellen 209 

—  von  Lichtwellen   ....    519 
Gesellschaft  für  Drahtlose  Tele- 

graphie 550  Fussnote 

Gewebte  Platte 185 

Gewichtsantrieb 350 

Gewitter 97  | 

Gewöhnliches  Relais     ....    282  ' 

Giessen-Erfurt 321    1 

Gilterplatten 182  , 

Glaswolle 185  ^ 

Gleichheitszeichen  bei  Hughes-  j 

telegrammen  343  Fussnote  I 

Gleichstromgenerator    ....    309  , 
Gleichstrommotor  des  Hughes      351    | 

Godfroy 398  ' 

Gower 479  I 

Graphische  Darstellung    .    ,  12  | 

Gravity  cell 151   i 

Grobsicherung 486  i 

Gflicher 185  I 

Günstigste   Windungszahl    von  1 

Spulen 242  ' 

Guttapercha 4.  375  , 

Haarwood -Schaltung     ...    434 

Hagener  Platten 184  i 

Haicenumsch  alter 501 

Handapparate 509  ' 

Hanf 375 

Hartblei 182  . 

Hauptleitungen 312  ! 

Haupttelegraphenamt  Berlin   25.  339 
368.  476  Fussnote  , 

Hauteffekt 462  | 

Heberschreiber    ....     412-417 

Heberschrift 415 

Hellesenelement 166 

Hertz 523 

Hertzsche  Versuchte  .    523-528 


565 

Seite 

Heutige  Anschauungsweise  der 
magnetischen  Erscheinungen       40 
der  statischen  Erscheinungen     104 
Hilfsapparate 

telegraphische  .  .  .  266-296 
telephonische  .  .  .  484—501 
Hilfshebel  der  Klopfertaste  .  .  262 
Hinkender  Elektromagnet  .  .  58 
Hintereinander-Schaltung  ,  22.  168 
Hofmannscher  Apparat    .     .     .     127 

Höhe  eines  Tones 219 

Hohlspiegel 221.  525 

Horchlöffel 480 

Hörer 438 

Herta 417 

Hufeisenmagnet 34.  49 

Hughe  sapparat : 

Abdruck  der  Type    ...    353 

Anker 349 

Ankeraehse 352 

Antrieb 350 

Auslösehebel  Fig.  235  auf  349. 353 
Auslösung  d.  Druckachse  .  353 
Ausnutzung  jedes  Sc  Witten - 

Umlaufes 362 

Blanktasten    ....     342.  355 

Bremsregulator      ....    357 

Buchstabenweiss    ,     .     343.  355 

Fig.  243  auf  356 

Contakthebel 347 

Contaktschlitten  ....  345 
Contaktstifte  344.  347  Fussnote. 
Correktionsdaumen    .     360.  364 

Correktionsrad 355 

Fig.  243  auf  356 

Dreifingerhebel 357 

Druckachse 353 

Druckdaumen    .     .     .     364,  360 

Druckhebel 354 

Elektromagnet  .  ...  348 
Empfangsteile  .  .  .  348-355 
Elektrische  Auslösung  .  .  347 
Erzeugung  d.  Stromstosses 

Figurenwechsel      ..     343.  355 

Frictionsrad 356 

Gekrümmter  Finger  .  -  .  354 
Gewichtsantrieb  ....  350 
Gleichstrommotor  ....  351 
Herstellung  d.  Synchronismus  359 

Klaviatur 342 

Kontakthebel 347 

Kontaktschlitten  ....  345 
Kontaktstifte  344.  347  Fussnote 
Korrektionsdaumen    .     360.  364 

Korrektionsrad 355 

Fig.  243  auf  356 


„Coogic 


566 

Seite 
Kupplung  ...      353.  ^7.  363 

Magnet 348 

Mechanische  Auslösung  347 

Motor 351 

Regel  d.  fünften  Taste  .     .     362 

Schlitten 345 

Schaltung 364 

Schwächunesanker     .     .     .     349 

Schwungrad 353 

Schwungradachse  ....    353 

Stromdauer 364 

Strom  verlauf 400 

Synchronismus  34 1 .359.402  Fussn. 

Taslenhebel 344 

Telegraphiergeschwindigkeit  336 

Triebwerk 351 

Typen 336 

Typendruek 353 

Typenfeld 355 

Typenrad 340.  355 

Wechselblatt 356 

Wechselhebel 356 

Ziffernweiss  ....     343.  355 

Fig.  243  auf  356 

Hughesrelais    .     .  283.  403  Fussnote 

Human  translation    ,     .     .     295.  417 

Hydraulisches  Bild  d.  Stromes  8.  1 13 

—  des  Telegraph ierens  über 

eine  Capacitat  ....    378 

Hysteresis 60 

Hysteresiskurve 62 

Identität    von    statischer-    und 

Stromelektricitat 112 

Inaktiver  Funke 536 

Inconstante  Elemente    ....     146 
Indoeuropäische  Telegraphenlinie  294 

Induktanz 82 

InduktanzroUe 395—400 

Induktion 65-85 

Induktion  von  Telephonleitungen  464 

Induktionsgesetz 70 

Induktionsrolle      ....    457—462 

Induktor 76.  487 

Influenz 37.  90 

Irmerer  Widerstand  von  Ele- 
menten    .     138.  150.  153.  154.  161 
163,  165.  167.  298 

—  von  Akkumulatoren  199.  382.  303 
Intensität  eines  Stromes  ...        3 

eines  Tones 218 

Interferenz 214 

Joch 50 

Ionen 123.  133 

Ionen  Wanderung 123 

Isochron 360 

Isolierte  Feder      ....     364.  365 
Isolationsfehler  d.  Freileitung  278, 318 


I  Joulesches  Gesetz     .    .    .     .   2S 

I  Iridium 

I  Jungfrauliche    Magnetisierungs- 

I       kurven      

!  Jute 


375 


I   Kabel: 

!  Telegraphen- 374 

Telephon- 467 

I  Kabelader 375 

i  Kabel  als  Leydener  Flaschen    101.375 

[  Kabelbetrieb 387-420 

\  Kabelcapacität      ....     375.  468 

I  Kabeigalvanometer 407 

Kabelmuffen 473 

Kabel  panzer 375 

Kabelrelais 418 

Kabelseele 374 

Kabelströme 369-386 

Kabel  Übertragung 417 

Kalorie 22 

Kammerton 219 

Kapacität  (electroehem.)    .      185.  305 
Kapacität  jelectrostatischef     100.  102 

telegraphiseh 37 1 

telephonisch 468 

Kapacität  von  Leydener  Flaschen  103 
von  Telegraphenkabeln      ,     375 
von  Fe msprech kabeln    .     .    468 
Kapacität  von  Telegraphen- 
akkumulatoren ....      186.  305 
Kapaci  tat  sgegenge  wicht    .     .     .    544 
Kapselteiephone   .     .      478.  Tafel  III 

Kathode 123 

Kehlkopf 228 

Kehrelement 191 

Kelvin 408 

Kilowatt 24 

Kilowattstunde 24 

Kirchhoffsche  Gesetze  ,     .     -    19—22 

Klangfarbe 220.  451 

Klappe 514 

257 
342 


Klemmenbezeichnung    .     .     . 

—  bei  Akkumulatoren    .     .     191 
Klemmenspannung  galvanischer 

Elemente 139 

Klettern  von  Lösungen      ...     157 

Klopfer 258-261 

Klopferschatlkammer     ....     221 

Klopferta.'ite 262 

Knallgasvoltameter 127 

Koercitivkraft 39.  61 

Koharer  (Fritter)      .     .     .     521.  530 

Kohlenelcment 163 

Kohlenkömer 481 


DigitizsdbyGOOgle 


Seite 

Kohlenstoff  als  mikrophonisches 

Material 448 

Kohlenwalzen 444 

Kompass 34 

Kondensator  im  Ruhmkorff.     .      19 
Kondensatorabschluss  ....    403 

Konsonanten 228 

Kontaklschlitten 345 

Kontakihebel  des  Hughes     .     .     347 
Kontaktstifte    des    Hughes  344. 

347  Fussnote 
Korrektionsdaumen  .  .  .  360.  364 
Korrektionsrad  355.  Fig.  243  auf  356 

Kraftfeld 40 

KrafWluss 57 

Kraftlinien  elektrische   .     .     110.  372 
Kraftlinien  magnetische ; 

benachbarter  Pole      ...      56 
Bilder         ...     40.  42.  51.  52 

Definition 41 

einer  Spule 52.  54 

einer  Windung 51 

eines  Leiters 51 

eines  Magneten      ....      40 
im  Dauermagneten     ...      55 

Kraftlinienflnderung 70 

Kraftliniendichte 42.  53 

Krafllinienzahl 57 

Kraftwerk 2.  307 

Kriechen  v.  Lösungen  ....     157 
Künstliche  Widerstände    .     272.  326 
Kupferblech  von  Strom  durch- 
flössen   440 

Kupplung  der  Hurfiesaehsen  353.  357 
Kupplung  in  der  Funken- 

telegraphie 546-549 

Kurbetinduktor     ,.,...    487 

Kurbelumschalter 268 

Kurbel  widerstände    ,     .  46  Fussnote 
427  Fussnote 

Kurzschluss 30.  286 

Ladestrom  eines  Condensators 

115.  371.  375 
-  eines  Kabels,    ....    381 

Lackmustinktur 128 

Ladung  von  Akkumulatoren  190.  178 
im  Telegraphenbetriebe  307— 311 

Lahnlitze 477 

Langswellen 217 

Leelanche 163 

Leichte  Leitung 312 

Leistung 22 

Leiter 4 

Leiter  zweiter  Ordnung    .     .     .     123 

Leiterschaltung 302 

Leitfähigkeit 3 

Spezifische  — 4 


Leitungen  fQr  den  auslandischen 

Verkehr 3 

Leitungsdurchmesser  ....  2 
Leitungsundichtigkeiten  .  278.  3 
Lenzsches  Gesetz  .  .  .  .  69.  4 
Leydener  Flaschen  .     .   98.  104.  E 

Lichtaether 5 

Lichtgeschwindigkeit     .     ,     .     .    £ 

Linienstrom 2 

Linienbatterie 3 

Linienwähler i 

Lippenpfeifen 2 

Litze 375.4 

Lochstreifen 331.  4 

Lord  Kelvin 4 

Lokalaktionen 161.  I 

London— Berlin — Teheran  .  .  5 
Lösbare  Kuppelung  der  Hughes- 

achsen 353.  2 

LöslichkeitvonZink  in  Schwefel- 
Lösungselektrode      1 

Luftbrücken 57.  4 

Luf^draht 522.  E 

Luftwiderstand 

Lüpke I 

Magnesiumsulfat I 

Magnctinduktion 

Magnetinduklor    ....    487  —  f 

Magnetische  Achse 

Magnetische  Arbeit 

Magnetische  Influenz  ,  ,  ,  . 
Magnetischer  Kreis  .  .  .  ,  56.  i 
Magnetischer  Kurzschi uss  .  .  i 
Magnetischer  Meridian  .  .  34. 
Magnetischer  Nebensehluss  286.  Ij 
Magnetischer  Nordpol  der  Erde 
Magnetischer  Widerstand 
Magnetisches  Feld  .... 
Magnetisches  Grundgesetz  . 
Magnetisches  Kleben  .  .  . 
Magnetisches  Magazin .  .  . 
Magnetische  Streuung  .  .  , 
Magnetische  Verzweigung  . 
Magnetische  Wärme  Wirkung 
Magnetisierende  Kraft  .    .     . 

Magnetisierung 

Magnetisierung  durch  d.  Funken 

durch  Streichen     .     . 

durch  Gleichstrom 

durch  Wechselstrom 
Magnetisierungsarbeit  .  . 
Magnetisierungs kurve  .     , 

Magnetismus 

Magnetnadel 


DigitizsdbyGOOgle 


568 

Seite 

Magnetpole 33 

Magnetstab 33 

Manganin 5.  274.  427 

Mangansuperoxyd 163 

Marconistacion 544 

Masseinheiten      15—19.    22-25.  102 
385  Fussnote.     535  Fussnote 

Massenwirkung 550 

Masseplatten 183 

Mechanische  Auslösung  d. Hughes  347 
Meidingersches  Element    ...     161 

Megohm 385  Fussnote 

Meiningen    .     ,      320.  321.  329  jVII) 

Mennige 180 

Menschliches  Stimmorgan     .     .    227 

Meterkilogramm 22 

MF 102 

Mikrofarad 102 

Mikrophon    .     .     438-449.  480-484 
Berlinersches  —      ....    483 

Contaktanzahl 447 

Contaktvermehrung   .     .     .    446 

Englisches- 481 

Französisches- 480 

—  Kohle 448.  482 

Körner  — 481-484 

Kreis 458 

Mix  ix  Genestsches  —    .     .    484 

Modell 438 

Siemens  &  Halskesches  488 

Strombelastung 446 

Stromschwankungen  .    439—442 

452-459 

Verstellbarer  Arm      ...    504 

Walzen 444.  480 

Wi  derstandssch  wankungen 

439-442.  452-458 
Wirkungsweise      ....    439 

Milliampere 16 

Mix  &  Genest  ,     .     .     .484.  515.  518 

mkg 22 

Modellmikrophon 438 

Modelltelephon 435 

Morseapparat 230 

Morsebetrieb 312—334 

Morseempfänger 230 

Morsesehaltungen  263-265.  313—330 
Tafel  I 
Arbeitsstrom: 

I.  Endsteile 324 

II.  EndsteUe  mit  Relais    .     .    325 

III.  Trennstelle 326 

JV.  Übertragung  mit  Relais  .    327 
V.  Übertragung    mit    Farb- 
schreibern   327 

VIII.  Endstelle  mit  Induktanz- 

rolle  und  Erdung    .     .    .    394 


Seite 

Ruhestrom : 

VI.  Endstelle 329 

VII.  Trennstelle 329 

Morseschnelibetrieb 331 

Morseschrift 231-233 

Morsestrom ; 

Grösse 173,  239 

VerUuf.     .     .  381.  384.  385.  390 
Morsetaste : 

Zweck  und  Bau     ....  256 

i           Klopfertaste 262 

1           Platinierung 322 

j           Schaltung 324 

(           Ooppeltasie 406 

Morsezeichen    .    .     .     231-233.  405 

I  Motor  des  Hughes 351 

Motorgenerator 308 

Natriumsulfat 127 

Nebeneinander- Schaltung  ...  22 

—  von  Elementen      .     .     .  168 
— ;  V.  Telegraphenleilungen  297 

—  von  Telegraphen  Zellen  .  302 

Nebenleitungen 312 

Nebenschluss 22 

Neckarfall  in  LaufTen    ....  16 

Negative  Elektricitat     ....  88 

Negative  Klemme 115 

Neues  deutsches  Relais  ...  290 
Neues   Relais  von    Siemens  & 

Halske 294 

Neusilber 5 

New  York-Emden 417 

Nickelin 5 

Nu  11  Wertsschwankungen    .     406.  415 

Nürnberg 270.  304 

Nutzfeld 241 

Obertöne 220 

Ötfnungsfunken 77 

Oersteds  Versuch 45 

Ohm 15.  17 

Ohmsehes  Dreieck  139.  174.  273.  301 
Ohmsehes  Gesetz  ....  4—10 
Ohmsehes  Gesetz  d.  Magnetismus  57 
Ohmsehes     Gesetz     giltig     für 

Elektrolyte 119 

Ohmsehes  Gesetz  in  Anwendung 

auf  galvanische  Elemente   138.  171 

auf  Telegraphierbatterien  298—303 
Ohmsehes   Gesetz    ungiltig   für 

veränderliche  Ströme    ,     .  8a  369 

Omnibusleitungen 317 

Ortsbatterie 280 

Ortsstromkreis 280 

Papierhaspel 254.  255 

Papierkabel 469 

Parabelspiegel 221 


DigitizsdbyGOOglC 


Paraffin 


107 


Parallele  Leitungen 

Parallelschaltung 22 

—  von  Elementen      ...     168  [ 
Patrouillen-Apparate  509. 510.551.558 

Pb  (C,  Ha  O..), 12! 

Pb  O ".     .     . ". 180  1 

Pb  O3 178  I 

Pb.  O4 180  . 

Pb  S  O4 195 

Periode 81.  207 

Permeabilität 41.  43.  52 

Pfeifen 226 

Pfeifen  der  Strassenbahnmotoren  219 

Pferdestarke 23 

Phase  .    207.  342.  360.  402  Fussnote  1 
Phasenverschiebung.      208.210.211    ' 

Phosphorbronze 419 

Photographischer  Fihn      ...     333  i 
Physikalische  Zeitschrift  473  Fussnote  \ 

Piano 219 

Plante 180  ; 

Platinierung251.  258.  289.  292.322.347 

Platinsilberkette 28 

Plattenblitzableiter 275  ^ 

Pluszeichen  bei  Hughestele-  I 

grammen 343  Fussn.  ■ 

Pol 


147 

Polarisationsstrom 176 

Polarisationszellen 176 

Polarisierte  Relais    .     .     ,     283—294 

Anwendung 393 

Deutsches  .  .  .  283.  403  Fussn. 
Hughes  283.    403  Fussnote 

Kabel 418 

Mit  drehbar.  Kernen .  .  .  290 
Neues  deutsches  —  ...  290 
Neues  —  v.  S.  &  H. .     ,     .    294 

Siemenssches- 287 

Trommel- 418 

Vorzug  vor  Weicheisen —  286 
Polarisierter  Elektromagnet  .  .  58 
Polarität  der  Elektromagnete    .      48 

Pollaksche  Platte 179 

Pollak  und  Viräg 332 

Polschühe 58 

Polstärke 88 

Porzellandoppelglocke  ....    313 

Porzellanisolator 313 

Positive  Elektriciiat      ....      88 

Positive  Klemme 115 

Postmuseum  .  .  .  340  Fussnote 
Post  Office  ....  294.  306.  480 
Post  Office  Standard  Relais     .    294 

Preece 261 

P.  S 23 

Pul^ehäuse 502 


569 

Srite 

Pu  pinspulen 472—474 

Pyramidenschaltung  ....  302 
Quer«-elien 217 

Rahmenplatten 182 

Reagenskästchen 198 

Reduktion 158 

Regel  der  fünften  Taste  ...  362 
Regulier  widerstände  ....  46 
ReichspoBtmuseum  .  340  Fussnote 
Reihenschaltung 22 

—  von  Elementen  ....  168 
Reissen  eines  Fernsprechdrahtes  32 
Relais  ....  278^295.  325  (No.  2) 

Anker 280 

Anwendung 278 

Deutsches  — 283 

Differential— 424 

Einstellung  ....  281.  284 
Gewöhnliches-      ....    282 

Hebel 280 

Hughes  -  .     .  283.  403  Fussnote 

Kabel- 418 

Klemmen 281 

Mit  drehb.  Kernen  ...  290 
Neues  deutsches  —  ...  290 
Neues  -  v.  S.  &  H.  ,  .  .  294 
Polarisierte-  .  .  .  283-294 
Post  Office  Standard  -      .    294 

Prinzip 280 

Schwanenhals—  ....  282 
Siemenssches—  ....  287 
Trommel  —    ...  418 

Übertragung  .     .  294.  327  (No.  4) 

Weieheisen— 282 

Zunge 281 

Reliefschreiber 234 

Remanenz 59,  61 

Rempp     ...         536 

Resonanz      .  216.  224.  524.  538-542 

Resonanzboden 224 

Resonanzkurve 539 

Richtmagnet 409 

Richtung  des  induzierten  Stromes  68 
Richtung  desTelegraphierstromes  392 

Rot 521 

Rückstand 99.  110.  116 

Rückstrom 116,  176 

Ruhestrom 

Amerikanischer  -  .     ,     323.  374 

Ämterkreis 315 

Batterie  an  Ordnung  ....    317 

—  beanspr 315 

Betriebseigenschaften      .     .    322 

Beispiele 320 

Capac.  d.  Kreises  gering  .  374 
Schaltungen   .     .     .264.  317.  329 


DigitizsdbyGOOgle 


570 

Seile 

Schreibhebel 246 

Selbstind.  d.  Kreises  ...    321 
Stromdifferenzen    ....    311 

Taste 324.  321 

Zweck 315 

Ruhmkorff 76 

Rylander  und  Rudolphs   .     449,  462 

Salmiaklösung 163 

Schall 218-229 

Schaugeschwindigkeit  ....    219 

Schallintensität 222 

Schallkammer  des  Klopfers  .  .  221 
Schallsichere  Fernsprechzelle    .    228 

Schalltrichter 223 

Schaltregel    für    Arbeitsstrom- 

batterien 314.  392 

—  für  Ruhestrombatterien  320 
Scheinbarer  Widerstand  ...  82 
Schieberwiderstände      427  Fussnote 

Schirmwirkung 90 

Schlei  fenleitung 465 

Schlitten 345 

Schmelzsicherungen      ....      32 
Schmieren  von  Akkumulatoren- 
platten 185 

SchneUtclegraph 332 

Schrankgehäuse    501 

Schreibhebel  ....      230.  245.  296 

Schuchardt  &  Co 488 

Schutzwiderstand  .  .  .  305.  383 
Schwachstromtechnik  ....  16 
SchwSchungsanker 

des  Hughesapparates     .     .    349 
des  Hughcsrelais  ....     286 

Schwanenhalsrelais 282 

Schwankender  Nullwert  .  406.  415 
Schwedische  Mikrophonkohlen     482 

Schwimmregel 46 

Schwingende  Natur  d.  Funkens  92. 1 13 

Schwingungsdauer 209 

Schwingungsform     .    .     ,     220.  452 

Schwingungsformel 540 

Schwingungsphase 207 

Schwingungszahl      .     ,     .     209.  537 

Schwungrad 353 

Schwungradachse 353 

Selbstauslösung   des  Farb- 

Bchreibers 252 

Selbstentladung 198 

Seilwellen 205 

Sckundftrelement 178 

Selbstinduktion 73-76 

Einheit 535  Fussnote 

Selbsttätige  Auslösung  des  Farb- 
schreibers      252 

Sicherungen 32.  485 

Sicherungskästchen  .    .  485.  Tafel  IV 


I.  294 
484 


Siemens  &  Halske  166.  287.  i 


i  Siemenssches  Polarisiertes  Relais  287 

Siemens- Einheit 17 

Siliciumbronze 28.  463 

I  Sinuskurve 81.  453 

I  Siphonrecorder  ....  412—417 
'  Sitz  der  statischen  Elektricität 

auf  der  Oberfläche    ....      94 

I  Skineffect 462 

Sömmering 533 

I  Spannungsabfall 12.  300 

I  Spannungslinien 440 

i  Spannungssprung 141 

^pannungsunterschied  ....  2 
'  Spezifischer  Widerstand  ...  5 
I  Spezifisches   Gewicht   von 

Kupfer-  und  Zinksulfat  ,  .  143 
'  —  von  Schwefelsäure  ...  192 
I  Spezifisches  Leitvermögen    .     .        4 

Spezifische  Wärme 28 

I  Spiegelgalvanometer     .   68.  332.  407 

I  Spiegelung 212.  527 

i  Spitzenwirkung    ...    96,  275.  486 

Sprachrohr 224 

I   Springzeichen 514 

I  Spule  als  Magnetnadel  ...  54 
'  Sputen  des  Farbschreibers  .  .  235 
I       —  des  Hughesapparates   .     .     348 

—  des  Hughesrelais  .  ,  .  287 
:       -  des  Klopfers 259 

—  des  Telephons  ....  480 
I       —  des  Weicheisenrelais    .     .     282 

Günstigste  Windungszahl  .     242 
I  Verwendungszweck   .     .  47.  494 

I  Stabmagnet 33 

1  Stangenblitzableiter 278 

I   Starkstromtechnik 16 

I   Statik 86-118 

'  Statische  Influenz 90 

j  Statisches  Grundgesetz     ...      88 

Steilheit  der  Stromkur\'e  ...  389 
1   Stehende  Wellen     .    .     .     213— 

I   Stephan        475.  512 

I   Stiftbüchse 344 

.   Stimmbänder 227 

'   Stimmgabel 225 

Stimmorgan 227 

I  Stimmritze 228 

I  Stöpselumschalter 268 

Stöpselwiderstände  .      426  Fussnote 
I  Störung  von  Funken- 
I       telegrammen      ....     543.  550 

Strahl 217 

Streufeld 241 

'  Streuung 241,  548 

.  Strom  aus  statischer  Quelle      .     112 


DigitizsdbyGOOgle 


Stromfäden 440 

Stromfeinzeiger 268 

Stromlinien 440 

Strommesser    ....     20.  48    129 

Stromstarke 3 

Stromverluste 278 

Strom  Verzweigung    ....    19—21 

Stromwärme 27 

Stromzeiger  20.46.  65.  129.  266.  412 
Fussnote  i 

Sulfatieren 195  i 

Synchron  34 1. 359. 368. 402  Fussn.  422 
Taste.  I 

Zweck  und  Bau      ....     256   i 
F  unken  telegraphische^  .     .     551    ' 

Klopferiasle 262   I 

Platinierung  der  Ruhestifle    322  | 

Schaltung 324 

Doppeltaste 406  | 

Taslenhebel  des  Hughes .     .     .    344  i 
Tastenwerk  des  Hughes  ,     .     .     344  ] 

Tauchelemenl 150  ; 

Technisches  Museum  inMünchen  i 

342  Fussnote   I 

Teheran 294  . 

Telegraphenämter 3!3 

Telegraphenamt  Nürnberg     270.  304  '. 
Telegraphenelement     .     .      154.  297 

Telegraphenkabel 374  | 

Telegraphenleitung 312  i 

Telegraphenumschalter     .    .     .    268  I 
Telegraphie  als  ArbeitsQber- 

tragung 274 

Telegraphierbatterien  .  .  297—31 1 
Telegraphie  rgesehwindigkeit 

260.  331.  335 

Gesetz 384 

TelegraphischeHilfsapparate266  —296 
Tclegraphisehe  Stromquelle  297—  31 1 
Telephon. 

AUgemeines  ....    435-438 

Amt 512 

Automat 512  ' 

Blitzableiter 4^ 

Draht 32.  462  , 

Element 163 

Gehäuse 501-511 

Kabel 467 

Knacken 436 

Kreis 458  , 

Leitung 462 

Magnet  .     .     435.  436.  476-480 

Modell 435 

Schallplatte    ....    435-437 
Schaltung  ,     .     .      461.  503,  508 

Sicherungen 485 

Strom 437   ; 


Telephonische  Übertragung  450—474 

Thermisches  Bild  des  Stromes        9 

Tischblitzableiter 275 

Tischgehäuse 505-509 

Ton 218 

Tönende  Luftsaulen      ....    226 

Tonhöhe 219.  450 

Tonstärke 218.  451 

Transformation    .     ,     ,      29.  83.  459 
Transformator 76,  281 

Telephonischer—  .  .  457—462 
Trennamter.  .  .  .  313.320.321 
Trennstelle 313.  320 

Arbeitsstrom.     .     .  326.  Fig  212 

Gleichzeitig  Übertragung 

Sil.Tig.  214 

Ruhestrom     ,     .      329.  Fig.  216 

Tretgenerator 551 

Triebwerk  des  Farbschreibers      247 

Triebwerk  des  Hughes    ...    ^1 

Fig.  238  auf  352 

Trockenelemente 165 

Trommelrelais 418 

Typendruck 353 

Typendrucker  s.  Hughesapparat 

u.  Ferndrucker. 

Typenfeld 355 

Typenrad 340.  355 

Obergangs  widerstand  ....    442 

Überladung 194 

Übersetzungsverhältnis      .     .  83.  460 

Übertrager 467 

Überiragung  bei  Kabeln  .     .     .    417 

-  durch  Beamte  .    .     .     295.  417 

-  durch  Farbschreiber      295.  327 

(No.  5) 

-  durch  Relais      294.  327  (No.  4) 
Notwendigkeit 279 

ü'benragungs.'schrcibhcbcl     .     .    296 

Übungsmorse 234 

L'hrzeigerregel 49 

Umformer 308 

Ummagnetisierung 60 

Umschalter,  telegraphische  .     .     268 

tck'phonische—       .     .    496-  501 

Undichtigkeit  der  Freileitung  278.318 

Unruhe 248.  360 

Unterbrecher 78 

Unterseekabel 403    420 

Unterteilung  der  Funkenstrceke    536 

Unterteilung  der  Telegraphier^ 

strecke 392.  417 

Unterteilung  von  Spulenkernen      72 

Variable  zero 415 

Verbesserungen    ....    573—576 


DigitizsdbyGOO'^le 


Verbrauch    galvanischen  Mate- 
riales    156-161.  164.  191.  315.  322 

Verbrennung   von  Zink    ...     158 
—  von  V7asserstoff  ....     149 

Verlauf  des  Morsestromes  381.  384. 


-  Hugh. 

Verluste  im  Transformator  .     .      85 

Verquicktes  Zink 145 

Verriegelung  von  Gleichstrom  .     176 

von  Wechselstrom     .      116.  274 

Verschiebungsstrom      ....     373 

Verteiler 422 

Verzerrung  der  Sprache  .  463.  472 
Verzinkter  Eisendraht  ....  312 
Verzweigiin^gesetz  .  19—21.  240 
Vielfachbetrieb  derTelegraphen- 

leitimgen 421—434 

Vi  elfachse  Haltung     der      Fern- 
sprechämter   514 

Violett 521 

Vokale 228 

Volt 15.  18 

Voltainduktion 67 

Voltameter 126 

Voltampere 23 

Voltcoulomb 23 

Wagnerscher  Hammer  .  .  78,  216 
Walzenmikrophon     .     .    .     444.  480 

Warburg 60 

Wärme  Wirkung   der   Magneti- 
sierung       61 

Wärmewirkungen  des  Stromes 

1-  22.  26-32 
Wasserstofi  abläge  rung      .     .     ,     147 

Wasser  wellen 204 

Waterville-Canso      .     .     .     403.  417 

Watt 23 

Wattsekunde 24 

Wechsel  (halbe  Periode)  ...  81 
Wechsel  (Umschalter)  ....     268 

Wechselblait 356 

Wechselhebel 356 

Wechselspannung 80 

Wechsektrom  artige    Natur  des 

Kunkens 92.  113.  522 

Wechselstrom    .  60.  68.  79.  308.  492 

Wechselstrommotor 309 

Wechselstrom  weck  er  .  .  .  488 
Wechselstromwiderstand  82.  370.  538 

Wecker 487 

Weibliche  Angestellte  im  Fern- 
sprechdienst     .     .     ,          219.  452 
Wcicheisen-Dosenrelais  289  Fussnote 
Wcicheisen-Relais 282 


I  Seite 

I   Wellen 204—229 

Wellenberg 208 

I   Wellenlange 207.  541 

'   Wellenschrift 331.  415 

I   Wellenstrahl 217 

>  Wellental 208 

:  Wellenzeiger 521.  530 

'  Wheatstonesche  Brücke  ...  431 
I  Wheatstonescher  Automat  .  .  331 
I  292  Fussnote 

.    Wicklung  von  Elektromagneten      50 

Widerstand 5 

Widerstand  durch  Selbstinduktion  82 
Widerstand  pro  Kilometer  .  .  313 
Widerstand  und  Temperatur  .  217 
Widerstand     von    Fernsprech- 

leitungen 462 

Widerstand    von   Telegraphen- 
leitungen   313 

I   Widerstände 46 

Ausgleichs— 272 

KünstUche— 272 

I  Kurbel  —  .     .     .     .46  Fussnote 

Regulier  —    ...   46  Fussnote 

Stöpsel  —  ....  426  Fussnote 

'  Widerstandskasten  ,     .  426  Fussnote 

.   Widerstandsschwankungen  des 

1       Mikrophons 439.  452 

I   Windfang 248 

'  Windungszahl  von  Spulen  .  .  242 
'   Winkelgeschwindigkeit     .     .     .341 

Winkelmagnet 267 

Wirbelströme 70—73 

,  Wirkungsgrad  von   Akkumula- 
toren      197 

;  —  d.  telegraphischen  Über- 

!  tragung 274 

!  —  des  Postmuseums  342  Fussn. 

Wislicenus 22 

WitterungseinflQsse  .  .279.  318.  485 
WoUfsche  Depeschen    ....    368 

Woodsches  Metaii 486 

j   Zeitschrift     für     Elektrochemie 

137  Fussnote 

Zenneck  .     .   534.  539.  550  Fussnote 

Ziffernweiss      ...'..     343.  355 

Fig.  243  auf  S.  356 

Zinksulfat 151 

Zink  und  Kupfer  in  verdünnter 

Schwefelsaure 135 

Zungenpfeifen 227 

Zurückgeworfene  Welle  212.  221.  227 

Zwischenämter 313 

Zwischenstelle  313  abgeänderte 
Schaltung  VI 329 


DigitizsdbyGOOglC 


Verbesserungen  und  Zusätze. 

Seite 

1  In  Fig.  I  ist  der  Schalter  doppelt  so  gross  gezeichnet  zu  denken. 

2  Zeile  5  von  unten  statt  der  Telephoninduktoren :  des  Telephoninduktors. 

3  Zweiter  Absatz  Z.  2  statt  mit:  von. 

4  Z.  14  zwischen  endlich  und  Gespinste:  Papier  und, 

1    Z.  4  nach  befriedigendere:  und  doch  leicht  verständliche. 
Z.  18  V.  n.  statt  schnell:  viel  Wasser  durch  den  Querschnitt. 

10  Die  Fussnote  fällt  fort. 

11  Z.  I  statt  Kommenden:  kommenden. 

15    Z.  5  des  Testes  statt  nach  Volta:  zu  Ehren  Voltas. 

21  Ende  des  ersten  Absatzes  hinzuzulegen:  ,  und  jeder  ist  halb  so  gross, 
als  der  Gesamtstrom. 

22  Z,  10  V,  u.  statt  und  Warmcarbeit:  ,  Wärme-  und  Lkhtarbeit. 

24  Z.  II  statt  drei  Vierteln:  vier  Dritteln. 

Z.  12  muss  es  seit  dem  1.  April  1904  heissen:  der  Statistik  zu  etwas 
Qber  500  000  Kilowatt  angegebene  Leistung  von  ungeffihr  1000  .... 
würde  etwa  100  000  PS  ausmachen. 
Z.  15  statt  64000:  100000. 

25  Z.  II  statt  Höhe:  Fallhöhe. 

26  Vorletzte  Z.  des  1.  Absatzes  statt  Walt:  Wattsekunde. 
30    Z.  4  statt  rechte:  linke. 

32    Zweiter  Absatz  Z.  3  statt  in  der  Vorlesung  über  die:  unter  den. 
35    Z.  7  statt  Kork:  Korken. 

Z.  16  nach  Grundgesetz  einschieben:  das  Coulombsche  Gesetz. 
38    Z.  9  zu  streichen:  Ende. 
42     Unter  Fig.  24  statt  Eisenstabe:  Eisenscheibe. 

48  Ende  des  ersten  Absatzes:  statt  der  .  .  -  .  wird:  denn  es  ist  klar,  dass 
man  aus  dem  Ausschlag  einer  Magnetnadel  auf  die  Anzahl  der  ab- 
lenkenden Ampere  wird  schliessen  können. 

49  Z.  2  V.  u.  zwischen  ist  und  den:  praktisch. 
55    Die  Fussnote  fSUt  fort. 

58  In  Fig.  41  dürfen  die  Kernenden,  die  oben  und  unten  aus  der  Spule 
herausragen,  nicht  gestrichelt  sein.    Sie  sind  ausgezogen  zu  denken. 

60  Z.  13  bis  18.  Der  Vergleich  mit  der  Waldestemperatur  ist  zwar 
poetisch,  aber,  wie  Herr  Dr.  Brion  von  der  Technischen  Hochschule 
Dresden  mich  freundlichst  aufmerksam  macht,  hinkt  er  doch  stark 
und  ist  zu  streichen. 

Z.  20.  Statt  Professor  ....  Universität:  Präsidenten  der  Reichsanstalt. 
Z.  4  des  2.  Absatzes  nach  Hervorrufen:  (allgemein  zur  Änderung). 


DigitizsdbyGOOgle 


574 

Seite 

62  Z.  8  V.  u.  statt  Fig.  43:  44. 

63  Z.  3  V.  u.    Das  Seepferd  hat  ein  e  zu  viel. 

67    Z.  4  und  5.    Statt  Auf  ....  deshalb:  Diese  Art  der  Induktion  kann. 
10    Z.9nachLeiter:  (oder  werden  Kraftlinien  wechselnder  Anzahl 

von  einem  Leiter  umschlungen). 
71     Das  Objekt  der  Fig.  47  steht  Kopf,    Die  Grundplatte  gehört  natürlich 

73  Schluss  des  1.  Absatzes:  Der  magnetische  Widerstand  wird  aller- 
dings insofern  erhöht,   als  die  isolierenden  Schichten    den  Eisenquer- 

82    Z,  1  zwischen  ist  und  derselbe:  praktisch. 

Letzte  Zeilen  statt  hat  man  angefangen  zu  beschicken:  beschickt  man. 
85    Z.  7  statt  Ökonomie:  Ökonomie  oder  zu  deutsch:  Haushalt. 
87    Z.  10  des  2.  Absatzes  nach  Glas:  mit  Seide. 

Z.  II  des  2.  Absatzes  nach  Siegellack:  mit  Wolle. 
97     Z.  9  nach  sie:  , 
103    Z.  10  V.  u.  nach  Condensator:  hauhg. 

108  Z.  6.  Wie  das  Archiv  für  Post  und  Telegraphie  vom  April  1904 
richtig  bemerkt,  ist  auch  hier  die  CapacitSt  natOrlich  der  Schichtendicke 
des  Dielektrikums  umgekehrt  proportional. 

109  In  Folge  dessen  lautet  die  Ausgangsgleichung 

C.:C^:Cs^-'    :     -'-:! 

und  das  Schlussergebnis 

ifn  =   —    und  dg  ^=  — 
H  ''s 

Auf  der  letzten  Zeile  muss  es  auch  statt  doppelt  und  dreimal  heissen: 
halb  und  ein  Drittel  mal. 

112    Z.  Ober  Fig.  70.    Statt  Erdkugel:  Endkugel. 

115    Z.  7  V.  u.  nach  also:  anscheinend. 

121     Z.  4  V.  u.  des  ersten  Absatzes  statt  beiden:  drei. 

137  2.  Fussnote  statt  Telegraphische  Messungen  bei  der  genaueren  Be- 
schreibung der  Spiegelgalvanometer:  den  Kabelbetrieb. 

143    Vorletzte  Z.  Klemmenspannung,  Singular  statt  des  Plurals, 

148    Z.  8  statt  gerichteten;  gerichtete. 

150    Z.  8  nach  deshalb:  jetzt. 

165    Z.  10  mählich. 

182    Zu  Fig.  106:  Boesescher  Rahmen,  nicht  Gitter. 

196    Z.  3  V.  u.  zwischen  von  und  2,5:  dort  bis. 

199    Z.  5  des  2.  Absatzes  statt  Physik  des  Fernsprechens:  Kabelbetrieb. 

202    Z.  I  des  letzten  Absatzes:  Nebeneinanderschaltung. 

204    Z.  6  des  Textes  zu  streichen:  Kabel-  und. 

204    Z.  5  des  2.  Absatze.s:  gesandten. 

208    Z.  5  und  6  des  2.  Absatzes:  der  doppelte  Maximalwert  der  Schwingung, 
die  doppelte  Amplitude. 
In  Fig.  122  ist  mit  Amplitude  ihr  doppelter  Wert  bezeichnet 


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Seite 
219    Unter  den  Noten  statt  Schw.-Sek.:  Schw./Sek. 
222    Z.  10  des  2.  Absatzes  statt  mehr:  mal  so  viel. 
226    Z.  b  V.  u.  statt  gedachte:  gedackte. 
235    In  Fig.  143c  darf  der  Kern  nicht  bis  zum  Grunde  geschlitzt  gezeichnet 

249    In  Fig.  152b;  Uhrwerks. 

254    In  Fig.  156  darr  man  die  Kernschlitze  nicht  sehen. 

269    In  Fig.  170  ist  Umschalter  VI  und  Via  vertauscht. 

285  Fig.  181  enthalt  zwar,  wie  ausdrücklich  angegeben,  beliebig  an- 
genommene Werte.  Aber  bei  der  Einstellung  auf  Abreissen  darf  die 
Zugkraft  durch  Dauerkraftlinien  nicht  den  gleichen  Wert  und  die 
durch  Stromkraftlinien  nicht  den  gleichen  umgekehrten  Wert  haben^ 
wie  bei  der  Einstellung  auf  Anziehen.  Vielmehr  werden  bei  Ab- 
reissen —  der  grösseren  Ankernahe  wegen  —  die  magnetische  und 
die  ihr  entgegengesetzte  elektromagnetische  Zugkraft  wesentlich 
grösser  sein  müssen,  als  bei  Anziehen. 
Zu  Fig.  181  statt  dem:  den. 

294    Z.  3  V.  u.  statt  nur  fllnf:  zehn. 

305    2.  5  V.  u.  statt  mOsste:  muss. 

311     Z.  II  V.  u.  nach  Übertragung:  noch. 

316  Das  Archiv  für  Post  und  Telegraphie  vom  April  1904  ist  in  einer 
übrigens  freundlichen  Besprechung  mit  meiner  Erklärung  des  Ruhe- 
stromes nicht  einverstanden  undhält  mir  >die  gebräuchlichen  Schallungen 
filr  Zwischenamter  mit  Arbeitsslrom<  entgegen.  Es  hat  mich  interessiert 
zu  erfahren,  dass  solche  und  sogar  mehrere  gebrauchlich  sind.  Bis 
jetzt  war  mir  nur  die  Schaltung  für  die  Berliner  Quetschen,  die  s.  g. 
Berliner  Schaltung  bekannt.  Gewiss  scheint  sie  ein  Betreiben  mehrerer 
Ämter  mit  Arbeitstrom  zu  gestatten.  Das  soll  sie  ja.  Aber  sie  spricht 
garnicht  gegen  meine  Argumentation,  denn  wir  suchen  gerade  nach 
einem  Ersatz  der  Gesamtbatterie  auf  jedem  Amt;  wird  doch  S.  315 
ausdrücklich  gesagt:  »Der  lastigen  Notwendigkeit,  auf  jedem  Amt  .... 
eine  besondere  Zellenzahl  vorratig  zu  halten,  ist  man  sofort  überhoben, 
sobald  es  gelingt,   eine   ganze  Reihe  von  Ämtern   in    einen   einzigen 

Stromkreis  zu  legen  ....    Das  geht,  wenn  es  eben  gelingt, 

Hier  versagt  der  Arbeitsstrom.'  Der  Gedankengang  geht  davon 
aus,  dass  man  die  Gesamtbatterie  auf  jedem  Amt  loswerden  möchte. 
Das  ist  die  klar  gedachte  und,  wie  mir  scheint,  auch  klar  ausgesprochene 
Grundabsichl  der  ganzen  Überlegung.  Soweit  mir  bekannt  ist,  kann 
man  das  nur  mit  Ruhestrom.  Ja,  wie  weiter  ausgeführt  wird,  halte 
ich  das  Gegenteil  für  logisch  unmöglich. 

Sehen  wir  uns  aber  die  Berliner  Schaltung,  die  allerdings 
mehrere  Ämter  —  wenn  auch  kernen  grösseren  Kreis  —  mit  Arbeits- 
strom verbindet,  naher  an.  Ich  habe  sie  wegen  des  unnützen  Batterieauf- 
wandes nie  recht  ernst  genommen,  sie  vor  Langem  auch  in  der 
amtlichen  Apparatbeschreibung,  die  doch  für  Ruhestrom  drei  Schal- 
tungen  für    Zwischenstellen   enthalt,    einschliesslich    den    Nachtragen 


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mehrfach  vergeblich  gesucht.  Als  ich  das  betreffende  Kapitel  schrieb, 
ging  ich  auf  ein  Amt,  wo  die  Berliner  Schaltung  benutzt  werden 
sollte.  Man  wollte  es  mir  nicht  zeigen.  Auf  eine  Anfrage  bei  einem 
massgebenden  Beamten,  wie  verhalt  es  sich  mit  dieser  Schaltung, 
wurde  mir  ausweichend  geantwortet.  In  dem  Buch  von  Estauniö, 
Td^communication  aus  dem  Jahre  1903  ist  die  Schaltung  als  montage 
thöorique  überschrieben  und  im  Text  als  theoriquemenl  süffisant,  zu 
deutsch  als  praktisch  eben  nicht  ausreichend  bezeichnet. 

Ich  richte  deshalb  an  das  Archiv  die  freundliche  Bitte,  die 
Gelegenheit  zu  benutzen  und  die  «gebräuchlichen  Schaltungen  für 
Zwisehenamter  mit  Arbeitsstrom«  in  aller  Gründlichkeit  und  mit  wo 
und  wie  aus  einander  zu  setzen  und  vielleicht  auch  die  Telegraphen- 
ämter beizufügen,  auf  denen  sie  mit  Erfolg  in  praktischer  Verwendung 
stehen.  Vorläufig  aber  bitte  ich  die  Leser,  bei  meiner  hier  noch 
einmal  pracisierten  Auffassung  zu  bleiben. 
Z.  7  des  Textes  nach  Betriebsweisen:  des  alten  Apparates. 
Fussnote  vorletzte  Z.  statt  er:  der  Apparat. 

In  Fig.  223  sollten  die  Typen  mit  einem  äusseren  Rande  umgeben  sein. 
In  Fig.  232  müssen  die  beiden  rechten  Teile  des  Contakthebels  ge- 
meinsam um  180"  gedreht  werden. 

Z.  8  V.  u.  Bremerhafen.  ' 

Z.  3  V.  u.  statt  mm:  km. 
Überschrift:  Kabelbetrieb. 
Z.  2  statt  213:  211. 
Z.  2  Übertragungsenden. 
Z.  II  V.  u.  statt  Farad.  Ohm:  MF.  Megohm. 
Fussnote  statt  401:  402. 

Schluss.     Dieser  Draht    ist  natürlich   nicht   derselbe,    wie  der   früher 
(S.  18   und   29)  erwähnte    mit   noch  geringerem   Siliziumgehaitc    und 
dann  grösserer  Leitfähigkeit  und  kleinerer  Festigkeit. 
Z.  5  nach  Drahtes:  ,  des  Doppelbronzedrahtes. 
Z.  9  statt  Kammern:  Kammer. 


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